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Full text of "Geschichte der Jesuiten in den Ländern Deutscher Zunge"

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https://archive.org/details/geschichtederjes21duhr 


öefcbidjte  ber  Jefuiten 

in  ben  Cänbern  beutfdi er  3unge 


Don 


Bernijarb  Duljr  S.  ]. 


3  weiter  Banb 

öefctjidjte  ber  Jefuiten  in  ben  Cänbern  beutfetjer  3unge 
in  ber  erften  fjälfte  bes  XVII.  Jatjrtjunberts 

Cr  ft  er  Teil 


£23 


Freiburg  im  Breisgau 
fjerberfdie  Derlagsbanblung 

1913 

Berlin,  Karlsruhe,  TTIüncben,  Strasburg,  Wien,  Eonbon  unb  St  Couis,  JTTo. 


öefcbicbte  ber  Jcfuiten 
in  ben  Cänbern  beutfcber  3unge 

in  ber  erften  fjälfte  bes  XVII.  Jafirbunberts 


Don 


Berntiarb  Duljr 


Cr  ft  er  Teil 


mit  90  H  b  b  i  I  b  u  n  g  e  n 


BOSTON  COLLEGE  LIBRARY 
CHESTNUT  HILL,  MASS, 


Freiburg  im  Breisgau 
fjerberfctje  Perlagsba  nblung 

1913 

Berlin,  Karlsruhe,  JTTünchen,  Strafiburg,  IDien,  Conbon  unb  St  Couis,  TITo. 


ßx 

Zlö(o 


Stile  Siedete  borkfyalten 


140032 


Sudlbruderei  her  Jperberfdien  SDerlagSbanblmtg  in  Srtetbutg 


$  o  r  to  o  r  t 


CITVie  ber  erfte  Banb  biefer  ©efdjicfjte  ungefähr  ben  Zeitraum  eines  falben 

fjunbertS  umfaßte,  fo  rnirb  auch  biefer  jmeite  Banb  bie  ©rennen  eines  fjctlben 
^atjrljunbertS  nicfjt  überfcfjreiten  unb  fid)  auf  bie  erfte  §älfte  beS  17.  QahrtjunbertS 
befd^ränfen. 

SDiefe  Befdjräntung  mar  geforbert  üor  allem  burcfj  ben  großen  Umfang  beS  ju 
betjanbetnben  ©toffeS.  ©rftredt  ftcf>  ja  bie  Sarfteßung  auf  oier  grofje  OrbenS» 
prooinaen  mit  ga^Ireicfjen  atten  Biebertafjungen  unb  faft  ebenfoüieten  9?eugrünbungeit. 
gubem  mußten  einige  Sänber  in  ben  $reiS  ber  Bearbeitung  gezogen  merben,  metdje 
ftrenggenommen  nidjt  in  ben  9kf)tnen  ber  Arbeit  faßen.  ©S  finb  aufjer  SBetfdjtirol 
nocf)  Kärnten,  $rain,  bie  SHiftenlanbe  unb  ^ftrien,  bie  aße  jur  öfterreidjifcfjen  ißroöinj 
gehörten.  Saju  fommt  im  9?orboften  aud)  baS  ehemals  potnifcfje  Breuf3en/  SBeft« 
unb  Oftpreufjen.  ßmar  finb  bie  beiben  festeren  Broüin^en  fdjon  oon  bem  ©e- 
fd)id)tfcf)reiber  ber  potnifcfjen  Broöinäen  befjanbett;  fie  tonnten  aber  megen  beS 
beutfcfjen  ©rmefaitbS  unb  ber  beutfcfjen  ©tabte  in  ißreufjen  tjier  nic^t  ganj  über» 
gangen  merben. 

©ine  Befdjräntung  beS  Zeitraumes  tnar  ferner  geboten  burdj  bie  SBidjtigfeit 
ber  Beriobe  unb  ber  fie  bemegenben  fragen.  2SaS  bergen  nid^t  aßeS  biefe  50  Zatjre? 
®ie  Borbereitung,  SBedjfetfäße  unb  ben  Slbfdjtufj  eines  ber  grauenhafteren  Kriege, 
metdje  bie  gioilifierte  2Belt  gefefjen.  Stß  bie  ©reuet  höben  nidjt  £>att  gemacht  üor 
ber  ©djmeße  ber  3efuüen:  fengenb  unb  brennenb  ftürjten  bie  geinbe  über  bie 
ßoßegien  her,  unb  mancher  3efuü  verblutete  unter  ihrem  ©djroerte.  Bon  mieoiet 
SIrbeit  meifj  biefe  ißeriobe  ju  berichten  in  ©djute  unb  ®irdje,  in  ben  ifktäften  ber 
©ro^en  unb  in  ben  Jütten  ber  Firmen,  oon  mie  dielen  Opfern  bis  jur  freubigen 
Preisgabe  beS  eigenen  SebenS  in  ben  ©pitätern  ber  fßeftfranfeit  unb  im  mitben 
^riegSgetümmet!  ©S  ift  etroaS  ©rofjeS,  ja  §etbenljafteS  um  bie  SEätigfeit  ber  ^e* 
fuiten  in  biefer  Beri°^e-  Befh  junger  unb  ®rieg  müten;  üertierte,  beutegierige 
SanbSfnedjte  ptünbern  unb  bejubeln  bie  ^oßegien;  diele  Qefuiten,  jumeiten  bie  ^älfte 
ober  noch  mehr,  faßen  ®rieg  unb  ©eudjen  jum  Opfer :  bie  menigen  übriggebliebenen 
fepen  mit  bemfelben  Sftut  ihr  2öerf  bei  ben  Fronten  unb  Strmen  fort,  reinigen  bie 
oermüftete  unb  befdjmutjte  SEBofjnung  unb  ©chute,  unb  atsbatb  gibt  bie  ©chutgtode 
baS  ßeichen  gum  SBieberbeginn  beS  UnterridjtS  mitten  in  ben  ©reuetn  beS  Krieges 
unb  mährenb  ringsum  noch  bie  flammen  jutn  §immet  tobern. 

Slber  aucf)  rein  futturgefdjichttich  unb  literarifd)  gefafjt,  mie  diele  herüorragenbe 
Männergeftalten  finb  nidjt  ju  fd)ilbern  in  ihrer  mächtigen  ©iumirtung  auf  bie  Zeit; 
5Da  begegnen  uns  ^ofbeidjtüäter  mie  Becan,  Samormaini,  ©onpen,  Beroaup  in  ihrer 
tiefgreifenben  STütigfeit  an  ben  £)öfen  oon  SBieit  unb  München,  Xheologen  mie  Stbam 
Banner  unb  Baut  Sapmann,  ©efdjidjtfdjreiber  mie  ©reifer,  Baber,  Brunner,  2)idjter 
mie  Bibermann,  ©pe,  Batbe.  liefen  üßiännern  gerecht  ju  merben,  mar  nicht  fo 
leicht  unb  tonnte  nicht  baS  SBert  meniger  3eton  fein.  ®aS  ütftateriat  muffte  Oor« 
gelegt  merben,  bie  Sefer  foßten  felbft  flauen,  empfinben  unb  urteilen. 


VI 


SBorioort. 


die  ©lieber  ung  be§  großen  Stoffes  i(t  eine  einfache  unb  natürliche.  Stuf 
bem  £)intergrunb  ber  politifdjen  nnb  religiöfen  Sage  deutfcf)lanbg  rnirb  oor  allem 
bie  äußere  ©ntmidlung  ber  nieberr^einifcfien,  o6errf)einifcf»en,  oberbeutfchen  unb 
öfterreid)ifd)en  OrbenSprooinj  unb  beren  Slnteil  an  förieg  unb  ^rieben  im  allgemeinen 
gefcfjilbert;  baran  fcfjließt  fiel)  bie  eingehenbe  darftedung  ber  däti gleit  auf  ben 
üerfdjiebenen  Gebieten  ber  Schule,  Seelforge,  Siteratur  unb  Kultur;  bann  folgt  bie 
innere  ©efcfjic^te,  meldje  Slufnaljme,  SluSbilbung,  Seben  unb  Streben  unb  23er* 
maltung  umfaßt;  ben  Sd)luß  bilben  jmei  Kapitel,  bie  ber  Beurteilung  burct)  geinb 
unb  greunb  unb  ber  Zeichnung  ber  innerften  Striebfebern  an  ber  §anb  einiger 
(Sfjorafterbilber  gemibmet  finb. 

die  Quellen  bilben  mieberum  üor  adern  bie  oertraulidjen  OrbenSforrefpon* 
benjen  au§  ben  üerfdjiebenen  Slrdjiüen  be§  OrbenS.  Seiber  finb  bie  meiften  23riefe 
unb  53Denffct)riften ,  bie  in  unferer  au§  SDeutfcfjIanb  nad)  Born  gefanbt 

mürben,  öernid^tet  morben,  unb  jmar  fdjon  oor  Slbtauf  be§  uns  befchäftigenben 
Zeitraumes. 

Über  bem  Slrdjiü  ber  ©efeüfd^aft  f)at  nämlich  Jur  Zeit  beS  ©eneralS  BitedeSdji 
lein  guter  Stern  gemattet.  2118  Samormaini  für  fein  Seben  beS  ®aiferS  gerbinanb 
beftimmte  Briefe  oerlangte,  mußte  ihm  BitedeSdji  am  6.  92oüember  1638  jurüd* 
fchreiben:  „^dj  fürchte,  baß  Sie  aus  unferem  Slrdjio  für  Zhre  ©efdjidjte  menig 
|>ilfe  haben  merben.  Sdjon  habe  ich  baSfelbe  genau  burdjfudjen  laffen,  aber  meber 
bie  gemünfdjten  Briefe  beS  ^erjogS  üon  grieblanb  nod)  bie  über  Sebaftian  Briart 
lonnteu  aufgefunben  merben;  bie  älteren  Briefe,  ungefähr  oor  bem  Zaljre  1620, 
finb  fdjon  längft  oerbrannt  morben.  ©inigeS  menige,  baS  unter  ben  an  P.  BufaeuS 
gerichteten  Briefen  gefunben  mürbe,  fchide  ich  mit  biefem  Briefe." 

So  müffen  mir  befonberS  auch  ben  Berluft  ber  nach  ^°m  gerichteten  Briefe 
unb  dentfcfjriften  eineö  P.  Spe,  Balbe,  Sapmann,  Brunner  ufm.  betragen.  der 
Berluft  mancher  Briefe  üon  Obern  an  einzelne  SJlitglieber  ift  menigftenS  teilmeife 
auf  eine  Berfügung  beS  ©eneralS  BitedeSdji  gurüd^ufüßren.  BitedeSdji  oerorbnete 
nämlidj  am  2.  Sluguft  1636  jur  SBatjrung  ber  Freiheit  beS  brieflichen  BertefjrS  mit 
ben  Obern  unb  jur  Sicherung  beS  BriefgeljeimniffeS,  beim  dobe  eines  SftitgliebeS 
fodten  fämtliche  Briefe  ber  ©enerale,  ber  Slffiftenten  unb  ^rooinjialobern  an  ben 
Berftorbenen  ton  bem  Obern  beS  £>aufeS  auS  bem  Nachlaß  auSgefchieben  unb  um 
gelefen  oerbrannt,  bie  übrigen  bem  Brc)Ddwal  jur  Bernidjtung  ober  Stufbemaljrung 
übergeben  merben.  der  ledere  Seit  ber  Berfügung  hatte  baS  ©ute,  baß  mirtlidj 
ber  eine  ober  anbere  briefliche  üftadjlaß  jur  Slufbemaljrung  an  baS  ^ßrooin^ialardjio 
abgegeben  unb  fo  gerettet  mürbe,  mie  bieS  j.  B.  mit  bem  9?adjlaß  gorerS  ber  gad 
mar.  2öäre  bie  Mahnung  BitedeSd^iS  beffer  befolgt  morben,  fo  mürben  mir  nicht 
ben  Berluft  mancher  überaus  midjtigen  Oueden  für  bie  ©efdjidjte  ju  betlagen  haben. 
Schon  Seibnij  hQt  bie  Sorglofigteit  bebauert,  bie  über  bem  dladjlaß  berühmter 
Zefuiten  gemaltet  hat.  ÜDtandje  Obern  maren  ju  fehr  mit  ben  Sorgen  beS  dageS 
belaftet  unb  badjten  ju  menig  an  bie  literarifcfje  ober  tulturhiftorifche  Bebeutung 
für  bie  3utunft.  2)je  Rettung  märe  in  ben  meiften  gäden  bie  Slufbematjrung  im 
^ßrooin§ialar<h io  gemefen. 

©in  Heiner  SOeit  üon  ben  Briefen,  bie  auS  deutfdjlanb  nach  ^om  gingen, 
mürbe  aufbemafjrt,  fo  5.  B.  bie  Briefe  an  ben  Slffiftenten  dßeobor  BufaeuS,  001t 
benen  BitedeSdji  in  feinem  Briefe  an  Samormaini  fpridjt.  BufaeuS  ftanb  mährenb 
beS  dreißigjährigen  Krieges  in  fleißiger  ®orrefponben§  mit  oielen  BatreS;  er  notiert 
bei  ben  Briefen  ftetS  ©mpfang  unb  datum  ber  Beantmortung.  2luf  eine  Slnfrage 
bei  bem  greifen  £)iftoriter  beS  dreißigjährigen  Krieges,  Onno  £lopp,  ob  fidj  biefe 
Briefe  mofjl  jur  Beröffentlidjung  eigneten,  antmortete  berfelbe  am  3.  SJtärj  1902: 


SBonoort. 


VII 


„SSiefe  biefer  Briefe  erachte  id)  für  gerichtlich  feßr  mertood,  uamenttid)  junädjft 
für  ben  Orben  fetbft.  ©ofdje  SSetfpiefe  beg  opfermidigen  ^etbenmuteg  finb  ja  Ijerr* 
Itcfje  SDenfmäter,  beren  Kenntnis  jebem  SRitgtieb  beg  Orbeng  jum  Prüfte  unb  jur 
greube  gereidjen  mirb.  2I6er  aud)  für  beit  Verlauf  ber  SDinge  im  großen  unb 
ganjen  entsaften  bie  Briefe  höchft  fdjäßengmerte  Beiträge." 

®urd)  bie  große  Sütfe  in  ber  Korrefponbenj  aug  SDeutfdjtanb  merben  bie  Briefe 
ber  ©enerate  nad)  ®eutfcf)tanb  um  fo  mertooder,  meil  mir  nur  aug  ihnen  oiete 
ÜRad)rid)ten,  bie  aug  ®eutfd)tanb  itacfj  fRorn  gingen,  fennen  lernen.  ®iefe  Briefe 
ber  ©enerate  finb  aber  in  ben  Originatregiftern  faft  oodftänbig  erhalten.  Außer 
ben  fcfjon  früher  befteßenben  Abteilungen  gibt  eg  für  itnfere  $eit  nod)  ein  eigeneg 
Originatregifter  non  gaitj  Vertraulichen  ©riefen  „Soli“,  b.  t).  burdjgefjenbg  bie  Ant» 
roorten  auf  bie  ©riefe,  metdje  alg  befonberg  vertraulich  mit  ber  Auffdjrift  Soli 
(Praeposito  Generali)  nach  Vom  gefdjidt  morben  maren.  ®aju  fommt  nod)  ein 
meitereg  Vegifter  „Ad  Externos“ ;  eg  hatten  fid)  nämlid)  bie  ©riefe  an  Augmärtige, 
b.  h-  Vid)tmitgtieber  ber  ©efedfdjaft,  befonberg  dürften,  Vifdjöfe,  «Stabte  ufm.,  fo 
gehäuft,  baß  man  eg  für  geraten  fanb,  ein  eigeneg  fRegifter  bafür  anjutegen. 

©ine  feßr  micßtige  ©rgänjung  ju  biefen  ©riefen  ber  ©enerate  bieten  bie  ßanb» 
fcßriftticßen  Kataloge,  bie  fcßon  aug  ber  gaiihseit  beg  Orbeng  ftammen,  oon  Aqua» 
oioa  aber  $u  größerer  ©intjeittidjfeit  unb  Vegetmäßigfeit  gebracht  mürben.  9iicht 
adein  für  ijßerfonenfragen,  and;  für  bie  oerfd)iebenen  Ämter,  Arbeiten,  ißrofeffuren, 
für  Vermattung  unb  ffinan^en  finb  fie  manchmal  bie  einzigen  Oueden.  Außer  ben 
Catalogi  breves  ober  Catalogi  personarum  et  officiorum,  bie  adjößrticf)  für  jebeg 
einzelne  £)aug  ade  ^nfaffen,  feien  eg  ifktreg,  ©djotaftifer  ober  Vritber,  mit  ihren 
oerfdjiebenen  Ämtern  angaben,  mußten  oon  alten  Orbengprooinjen  ade  brei  ^aßre 
bie  fog.  Catalogi  triennales  angefertigt  unb  an  ben  ©enerat  nad)  Vom  ge» 
fanbt  merben.  SDiefe  Catalogi  triennales  enthaften  brei  Kataloge,  einen  Catalogus 
primus,  secundus  unb  tertius.  ®er  Catalogus  primus  gibt  im  Vat)men  ber  ein» 
jetnen  £>ciebertaffungen  bie  äußeren  ißerfouatnoti^en  oder  ^nfaffen  an:  tarnen,  Atter, 
©eburtgort;  bie  Angaben  über  ©eburt,  ©intritt,  ©tubien,  Ämter  ufm.  ftammen  oon 
ben  einzelnen  ißerfonen  fetbft  unb  finb  besßatb  burcßgeßenbg  bitrcßaug  §uüertäffig. 
2)er  Catalogus  secundus  mürbe  oon  ben  Obern  oerfertigt  unb  gibt  ganj  adgemein 
gehaltene  Votiven  über  latent,  ©ßaraftereigenfdjaften  unb  Komptejion  ber  einzelnen 
ÜRitgtieber.  ®a  biefer  Katalog  ganj  fdfematifd)  gehalten  (gut,  mittelmäßig,  gering  ufm.), 
hat  er  atg  ßiftorifche  Ouede  menig  SBert,  jumat  bie  an  unb  für  ficf)  feßr  fdpoierigen 
Angaben  oielfad)  meßr  ben  fubjeftioen  ©inbrud  ber  einzelnen  Obern  miberfpiegetn. 
SReßr  SBert  ßat  mieber  ber  Catalogus  tertius  ober  temporalis,  ber  über  bie 
ginanstage  jebeg  §aufeg  unterrichtet,  bie  ©röße  ber  ©infünfte,  ber  ©d)utben,  ber 
Seiftungen  ufm. 

3u  biefen  Katalogen  fam  bann  nod)  im  ^ahre  1649  ein  befonberer  Katalog 
für  ben  Arbeitgnacfjmeig  ber  einzelnen  Kodegien,  unb  jmar  mit  genauen  ftatiftifdjen 
Angaben  über  bie  Art  unb  3af)t  ber  Arbeiten,  $aht  bet  ©djuten  unb  Schüler, 
Kongregationen  unb  Kongreganiften.  Seiber  mar  biefer  Katalog  nicht  für  ade  ißro» 
oinjen  auf^ufinben;  für  bie  öfterreidüfdje  liegt  er  üodftänbig,  für  bie  oberbeutfdje 
ißrooinj  nur  in  einem  unoodftänbigen  Konzept  oor. 

©ine  midjtige  Ouede  Gilben  aud)  bie  fog.  2)iarien.  An  einzelnen  Orten 
mürben  mehrere  fotcfjer  Xagebüdjer  geführt,  eineg  für  bag  Kotteg  von  bem  Viinifter 
beg  Kaufes,  ein  jmeiteg  für  bag  ©pmnafium  oom  Stubienpräfeften,  ein  britteg  für 
bie  Kirche  oom  Kircfjenpräfeften,  enbtid)  ein  oierteg  oon  bem  ^ßräfeg  ber  Kongregation, 
äumeiten  fogar  ein  fünfteg  oon  bem  ißrofurator.  ©iete  ©injetßeiten,  befonberg  über 
bag  innere  Seben  beg  ^aufeg,  Stubienbetrieb,  Vermattung  ufm.,  erfahren  mir  nur  aug 

$uljr,  ®e(4itf|te  bei  3e)uiten.  II.  1.  a** 


VI II 


SBortoort. 


biefen  SEagebüchern.  SDiefefben  ftrtb  nur  jum  Steil  befannt,  ba  mand)e  oerforen  ge« 
gangen,  anbere  nod)  in  öffentlichen  nnb  priüaten  Slrdjioen  üerborgen  rn^en. 

Stuwer  fefjr  gat)Ireicf;en  £>anbfd)riften  in  ben  OrbenSardjiüen  tnurben  and)  für 
biefen  Sanb  bie  micf)tigften  römifcE)en  Sfrdjioe  unb  eine  ganje  3^eit)e  oon  Slrd^ioen 
in  ©eutfcfjfanb,  £)fterreid)  unb  ber  ©d}mei,$  benüjjt. 

(Sbenfo  fanb  bie  gebrudte  ßiteratur  ausgiebige  Sermertung.  Sei  ber  großen 
SfuSbefjnung,  mefcfje  bie  bieSbe^ügTic^e  £)iftorifc^e  ßiteratur  angenommen  —  befijjt  ja 
nicht  allein  jebeS  ßanb,  fonbern  faft  jebe  Sr°mni$/  jebe  größere  ©tabt  ihre  befonbern 
fjiftorifdjen  Sereitte,  .geitfchriften  unb  SOUtteifungen  — ,  mar  eS  faum  ju  oermeiben,  bafj 
bie  eine  ober  anbere  Arbeit  bem  Sadjforfdjen  entging  ober  nicht  beigefdjafft  merben 
fonnte.  Sfbfidjtfid)  ift  feine  ©dfjrift,  fein  Sfuffat)  unb  feine  STcotig,  bie  fadjfidje  ÜDfit* 
teilungen  enthält,  unbenüjjt  geblieben.  Sein  fubjeftioe  unb  unfarf)Iid^e  SDarfteßungen 
mürben  nid)t  ermähnt,  fdjon  aus  bem  ©runbe,  um  überffüffige  ißofcmif  ju  oer« 
meiben.  SBenn  unrichtige  Sluffaffungen  burch  bie  Statfadjen  ihre  SBiberfegung  ftnben, 
fcf)ien  bieS  b)inreicf)enb ;  jubern  mürbe  eine  pofemifcf)e  SluSeinanberfejjung  ben  ruhigen 
©ang  ber  ®arfteffung  ftören  unb  für  bie  meiften  ßefer  menig  erfreulich  fein. 

gitr  bie  2frt  unb  Sßeife  ber  SDarfteffung  mürbe  an  ben  im  Sormort  junt 
elften  Sanbe  entmideften  ©runbfäpen  feftgehaften. 

©S  ift  fchmer,  allen  ju  genügen.  ®eit  einen  mirb  ein  ©ingehen  auf  fjäuSficfjeS 
SDetaif  unb  baS  innere  ßeben  als  gan^  überffüffige  Sreite  erfdjeinett,  anbere  mieber 
merben  mehr  über  biefe  SDinge  ju  erfahren  münfchen.  ®ie  einen  finben  bie  ©nt« 
midfung  ber  Kollegien,  bie  äußere  SEätigfeit,  ®ampf  unb  ©treit  ju  ausführlich,  bie 
anbern  ju  menig  eingehenb  gefd)ilbert.  Sllfe  biefe  Urteile  richten  fid)  je  nach  bem 
©tanbpunft  unb  gntereffenfreife  beS  Urteifenben.  Um  aßen  2öünfcf)en  gerecht  gu 
merben,  rnufjte  eine  gemiffe  ÜDUtteffteffung  eingehalten  merben.  gn  feinem  gaffe  burfte 
baS  gntereffe  ber  DrbenSmitgfieber,  für  melcfje  biefe  ©efdjichte,  mie  früher  bereits 
ermähnt,  in  erfter  ßinie  beftimmt  ift,  ju  furj  fommen.  Übrigens  finb  auch  manche 
häusliche  SDetaifS,  bie  auf  ben  erften  Sfid  nur  bie  DrbenSmitgfieber  ju  intereffieren 
fcheinen,  hoch  aucf)  für  ben  braunen  ftehenben  ^ritifer  oon  Sföert ;  benn  in  biefen 
ffeinen  gügen  fpiegeft  fidh  gumeifen  ber  ©eift  beS  ©anjen  ffarer  afS  in  großen  Staten. 

2Bie  im  erften  Sanbe  fchien  auch  m  biefem  Sanbe  grofje  Sorfidfjt  im  Urteife 
geboten,  gft  eS  fdjon  fo  fdjmer,  einen  Sftenfcfjen,  mit  bem  man  tägfid)  umgeht  unb 
ben  man  genau  beobachten  fann,  gerecht  §u  beurteilen,  fo  mäcfjft  biefe  ©cfjmierig« 
feit  um  ein  bebeutenbeS,  menn  man  einem  fängft  Serftorbenen  gegenüberfteht,  beffen 
SBirfen  unb  SBorte  unS  nur  teifmeife  befannt,  über  ben  Sfateriafien  überliefert  finb, 
bie  oft  nur  eine  ©eite  beS  ÜÖfanneS  geigen  ober  nur  fofcfje  Urteife,  bie  burch  Ä'offifion 
ber  gntereffen,  UnfenntniS,  Abneigung  ufm.  getrübt  finb.  ©in  farbenreid)eS  ©Ijarafter« 
bifb  ift  ja  bafb  entmorfen,  aber  eS  fontmt  bod)  atfeS  barauf  an,  ob  bie  garben 
gut  gemähft,  ßid)t  uub  ©chatten  richtig  oerteift  finb.  Socf)  fchmieriger  ift  gumeilen 
ein  fixeres  Urteif  über  allgemeine  ©trömungen,  bie  fidh  nur  au§  ber  Sufammen« 
faffung  öon  einzelnen  Sfufjerungen  unb  Sorgüngen  geminnen  faffen.  Sei  biefer 
pragmatifdjen  gufammenfaffung  fommt  bod)  mieber  alles  barauf  an,  ob  bie  ©injef* 
erfdjeinung  unb  ©ingefäufjerung  richtig  erfaßt,  ob  mirffidj  ein  gufammenljang  gmifdjen 
biefen  ©ingeferfcheinungen  beftefjt  ober  ob  äufjere  Umftänbe,  gufalf  u.  bgf.  int  ©piefe 
maren.  2öie  leicht  fann  eS  ba  gefdjefjen,  bafj  biefer  jßragmatiSmuS  mehr  bie  fub« 
jeftioen  SorauSfetjungen  unb  Sfnfidjten  beS  ©efcfjichtfchreiberS  afS  bie  mirffichen 
Xatfadjeu  miberfpiegeft.  SDeSfjafb  fdhiett  audj  hie1'  Sorficpt  unb  ßurüdljaltung  ge« 
boten:  ber  aufmerffame  ßefer  mirb  um  fo  ungestörter  burd)  fubjeftioe  Seeinffuffung 
fich  fefbft  ein  Urteif  bifben  fönnen,  fomeit  bieS  bie  angeführten  SEatfadjen  er* 
mögfidjen. 


Bormort. 


ix 


$>ie  größte  gurüdfjattung  f)at  fidj  ber  93erfaffer  in  feinen  Urteilen  über  bie 
gelter  anberer,  bem  Orben  nidjt  angefjörenber  ißerfönlidjfeiten,  ingbefonbere  anberer 
Orbengteute  auferlegt.  Qeber  SDtenfd)  fann  ofjne  Slnftoff  unb  oft  fogar  mit  @r» 
bauung  oon  feinen  eigenen  getflern  unb  ©djroädjen  reben,  aber  bie  gefjter  anberer 
fott  er  nidjt  fdjitbern,  ofjne  baju  gejmungen  ju  fein.  ®ag  gilt  aitcf)  üon  jeber 
©enoffenfdjaft.  £>ier  mirb  bie  ©efdjicfjte  ber  Qefuiten  getrieben  unb  nidjt  bie  @e- 
fcfjic^te  anberer  Orben.  Unb  ba  erfdjeint  ber  @rnnbfai$  burdjaug  richtig,  ben  ber 
(General  Stquaoioa  in  einem  Briefe  oom  8.  üftooember  1606  an  P.  ©djeren  aug* 
fpridjt:  ®ie  SDominifaner  ober  gran^igfaner  mögen  ifjre  getjter  fdjitbern,  bag  ift 
aber  nidjt  unfere  Stufgabe;  mir  fönnen  unfere  gefjter  fc^ilbern,  nidjt  aber  bie  ber 
anbern  Orben. 

Qn  allem  mürbe,  mie  fidj  ja  oon  fetbft  oerftefjt,  an  bem  erften  @runbfa|e 
ber  ©efdjidjte  burdjaug  feftgefjatten :  Söafjrfjeit.  S3albe  tjat  in  einer  feiner  Oben 
mit  fdjarfem  (Griffet  fidj  für  bie  SSafjrtjeit  unb  gegen  ade  ©djminfe  erftärt: 

28a3  mirflid)  ittar,  mufj  of)ne  Bemäntelung 
Unb  Bomp  gejagt  fein.  Sernet  ben  ftrengen  Srnft 
2)er  SBatjrfjeit  prenl  9tie  mit  SBiffen 
Soff’  idj  fRomane  bafiir  mir  bieten. 

3u  ^ama§  Bufjterfiinftcn  erniebrige 

3dj  meinen  ©eift  nidjt;  ©djminfe  bereit’  idj  nidjt, 

Jydj  fämbfe  nidjt  mit  ftotjen  SKaSfen, 

9J?ag  nidjt  erlogene  greife  geben. 

SDenfetben  ©ebanfen  fteibet  33atbe  an  einer  anbern  ©teile  furj  unb  treffenb  in 
bie  SBorte:  SSiffe,  bie  ©efcfjidjte  ift  bie  33otfdjaft  ber  Soten  an  bie  Sebenben, 
nicfjt  aber  umgefefjrt. 

®aran  barf  ancf)  bie  ßugefjörigfeit  beg  ©efdjidjtfdjreiberg  ju  einem  beftimmten 
Orben  nidjtg  anbern.  @g  märe  gemifj  oon  oornfjerein  unfritifdj  unb  infonfequent, 
roottte  mau  beifpietgmeife  für  eine  SDarftettung  ber  $ßerfon  Suttferg  atg  unbebingteg 
©rforbernig  bie  ßugefjörigfeit  jum  ißroteftantigmug  üertangen,  für  eine  ©efcfjidjte 
beg  $efuitenorbeng  bagegen  in  ber  gugefjörigfeit  pe§  $gerfafferg  gu  biefem  Orben 
ein  unüberminblidjeg  ^jinbernig  erblicfen.  £>ag  fjie^e  nicfjtg  anbereg,  alg  oor  einer 
eingetjenben  ^iftorifdjen  Uuterfudjung  ben  eigenen  ©tanbpunft  §um  SJtafjftab  beg 
bodj  erft  ju  erforfdjenben  unb  ju  meffenben  STatfadjenmateriatg  anjunefimen  unb 
feftgubjalten. 

SJieine  ßugefjörigfeit  gur  ©efetlfdjaft  Qefu  tjat  midj  nirgenbg  genötigt,  ben 
Sßoben  ber  rein  tjiftorifdjen  gorfdjung  ju  oertaffen.  ©emifj  befenne  idj  offen,  baff 
idj  bie  ©efetlfdjaft  $efu,  ber  idj  nunmetjr  40  Satjre  angeljöre,  liebe  unb  üerefjre. 
SDie  ©infidjt  in  bie  gefjeimften  Vorgänge,  mie  fie  mir  ein  25jät)rigeg  gorfdjen  in 
ben  getjeimen  Strdjioen  beg  Orbeng  unb  in  nieten  öffenttidjen  ©taatgardjioen  oer* 
mittelte,  fjat  micf)  jmar  im  Urteil  oorfidjtiger  gemalt,  aber  meine  Siebe  unb  SBerefjrung 
nidjt  im  geringften  geminbert.  ®iefe  Siebe  unb  SSeretjrung  mar  ein  um  fo  ftürferer 
Stntrieb,  nur  bie  aug  ben  Ouetten  fidj  ergebenben  £atfadjen  ^ur  SDarftettung  ju 
bringen  fomoljl  aug  Siüdfidjt  für  ben  Orben  fetbft  atg  aud}  um  eine  fritifc^ere 
Söürbigung  für  ben  Orben  anjubatjuen.  ®enn  bag  Satfadjenmateriat  muff  bie  not* 
menbige  Unterlage  für  jebeg  fjiftorifdje  ltrteif  bitben.  üfiur  auf  bem  S3oben  ber 
£atfadjen  mirb  fidj,  bei  nodj  fo  üerfdjiebener  Sßertung  je  nadj  bem  ©tanbpunft  beg 
33eurteiterg,  eine  Slnnäfjerung  ober  ein  Sluggleidj  finben  taffen. 

$ür  bie  nadjfidjtige  unb  moljtmotlenbe  Stufnafjme,  metdje  ber  erfte  23anb  biefer 
©efdjidjte  nidjt  allein  bei  fatljotifdjen,  foitbern  aud}  bei  fjeroorragenben  proteftantifdjen 
©etefjrten  gefunben  ^at,  fprecfje  icfj  aufrichtigen  ®anf  aug.  f^ie  SSiinfdje,  bie  funbige 


X 


SBortoort. 


gadjleute  geäußert,  finb  banfbar  berüdfidjtigt  morben,  fotoeit  nidjt  anbere  fd^roer» 
miegenbe  ©riinbe  entgegenftanben. 

äftefjreren  meiner  SJfitbrüber,  bie  meine  Slrbeiten  in  felbflfofer  unb  opfermilliger 
Söeife  unterftüjjt  fjaben,  bin  idj  ju  großem  2)anf  o'erpflicfitet,  jo  befonberS  ben 
PP.  3;of)anne§  9JhtnbmiIer  unb  SluguftinuS  SSringmann. 

Slucf)  für  bie  nielfeitige  görberung  in  ben  gaf)Ireid)en  Strc^ioen  unb  23ibliotf)efen 
füfjle  i d)  mid)  gebrängt,  erneuert  fjerjlid)  ju  banfen,  unb  biefer  SDanf  gilt  mieberum 
an  erfter  ©teile  ben  Herren  Sorftänben  unb  Beamten  ber  fg(.  2lrd)itie  unb  S3ibliotf)efen 
in  9Jiünd)en. 

®a§  S3ormort  biefeS  53anbe§  glaube  idj  nicfjt  beffer  befdjliejjen  unb  mein 
Streben  nidjt  beffer  fennjeidjnen  §u  fönnen  als  mit  ben  SBorten,  mit  benen  Slbam 
Banner  bie  $orrebe  eine§  feiner  großen  SbBerfe  gefrönt  fjat:  Vigeat  caritas,  vincat 
veritas,  möge  blüfjen  bie  Siebe,  möge  fiegen  bie  2Bafjrf)eit. 

Sflündjen,  SSincentinum,  18.  fernher  1912. 


SBernfjarb  $ufjr  S.  J. 


SnfialtSüer^etcfjniö 


©eite 

S  o  r  m  o  r  t 

. 

V 

Serseicbnii  ber 

benüpten  Slrdjiöe  unb  einiger  Slblürgungen 

.  xv 

Serjeidjnii  ber 

Slbbilbungen . 

XVII 

©rftei  Äapitel. 

Solitifdje  unb  religiöfe  Sage  Seutfdjlanbi  .... 

.  1—13 

fRüdblid  auf  bai  16.  Sabrbunbert  1—5.  —  llrfacbe  unb  Sntafj  bei  Sreifjigiäbrigeu 
firiegei  5 — 13. 


3 tt> e i t e §  Sapitel.  Sie  nieberrbeinifcbe  Sßrobinj . 14—142 

Sie  beutfdjen  Crbeniproöinjen  14.  —  Umfang  ber  r^einifdjert  Sroöinj  14.  —  Ser> 
fd)iebene  $Iäne  übet  it)re  Seilung  14 — 17.  —  Teilung  in  nieberrbeinifcbe  uitb  ober*  • 
rffeinifcfje  Srooinj  (1626)  17.  —  Sie  nieberrbeinifcbe  Sroöins  17—142.  —  Sitte  ®oI= 
legien:  Söln  ((äffen)  17—24.  —  Stier  24—28.  —  Soblenj  28—31.  —  §ilbe§f)eint 
($alberftabt)  32—37.  —  Saberborn  (galfenbagen,  fliietberg,  Sippftabt,  Sortmunb)  37 
bii  50.  —  SJlünfter  (9Reppcn ,  SSecpta,  Dftfrieilanb)  50—64.  —  ©mmerid)  (Santen, 

SBefel)  64—75.  —  Stachen  75—80.  —  Steue  92ieberlaffungen :  Süffelborf  80 — 84.  — 
Dinabrücf  (gburg,  SBiebenbrücf,  9ReHe,  Quafeubriicf)  84—92.  —  (Siegen  92—98.  — 
§abamar  98—102.  —  Slocifelb  102—105. —  97eufj  105 — 111.  —  Süren  Cgülid))  112 
bii  118.  —  SDtünftereifel  (Sdjleiben)  118—124.  —  Sonn  124 — 126.  —  Siieberlaffungen 
im  9torben:  Sftinben  126—127.  —  §ameln  127—128.  —  Stabe  128 — 130.  —  Serben 
130—131.  —  ©oitar  131—133.  —  §amburg>2Utona  134-139.  —  Sübed  139—140. 

—  Sremen  140 — 142. 

Srittei  Kapitel.  Sie  oberrbeinifdje  fßroPinj . 143—198 

©ntfteljung  unb  Stuibebnung  143.  —  Sie  Kollegien,  Sefibenjen  unb  9Jtiffionen: 
SDlaina  (fironberg,  Sreusnad),  granffurt  a.  9) l.)  143—148.  —  Slfdjaffenburg  148—152. 

—  tpeiligenftabt  (grifjlar)  152 — 157.  —  (Srfurt  157 — 158.  —  gulba  (Jperifelb)  158  bii 
162.  —  SBürgburg  162—164.  —  Samberg  164—169.  —  ©peier  (©ermeribeim,  Srud)* 
fal,  Sretten,  9teuftabt)  169—174.  —  28ormi  (granfental)  174—178.  —  Ipeibelberg 
178 — 182.  —  Saben  (fRaftatt,  ©tttingen,  Dtteriroeier)  182—187.  —  Stolibeim  (Socfem 
beim)  187 — 190.  —  Hagenau  (Selgj  190 — 194.  —  ©cbtettftabt  (Sufacb)  194—198. 

Siertei  Sapitel.  Sic  oberbeutfdje  fjirobiitj  .......  199—312 

Umfang,  9lntoad)fen  unb  Seilungipläne  199—200.  —  Sifitationeu  200—202.  — 

Sitte  unb  neue  97ieberlaffungen :  ^ngolftabt  (Siburg)  202 — 204.  —  9Ründ)en  (®beri* 
berg,  Slltötting)  204—210.  —  Snnibrud  (SReran)  210-217.  —  £>atl  217-220.  — 
Srient  (SRoüerebo)  220—224.  —  Slugiburg  224—228.  —  Sillingen  (güffen,  öttingen, 
©ttroangeij)  228—233.  —  SRegeniburg  233—235.  —  ©idjftätt  235—239.  —  Steuburg 
239—241.  —  Slntberg  242 — 244.  —  SRinbelbeim  (SRemmingen,  S?aufbeurett)  244—250. 

—  Surgbaufen  250—253.  —  fianbibut  253—255.  —  Straubing  255—257.  —  fianbi* 
berg  257 — 259.  —  Äonftanj  (Siubau)  259—267.  —  greiburg  im  Sreiigau  268—270. 

—  ©nfiibeint  (Solmar)  270—277.  —  (Rottenburg  277—278.  —  SBürttembergifdje  ©ta* 
tiouen  278—282. —  ©cbtociä:  Supern  (Settinjona)  282—289.—  ©olotburit  289—291. 
greiburg  291 — 294.  —  fßruntrut  294—297.  —  SBattii  297—306.  —  ©raubünben 
306—309.  —  Sorartberg:  getbfird)  309—312. 


xii  SufialtSberjeitfintS. 

Seite 

fünftes  kapitel.  Sie  öftemtdjifcfje  ißrontnj . 313—391 

©tanb  bei-  öfterreidjifdfen  igrobin,!  313.  —  SSifitationen  313—315.  —  33erl)anblungen 
über  bie  Teilung  ber  5ßrotiinä  315 — 317.  —  Sie  Seihtng  in  bie  öfterreirf)ifd)e  unb  bie 
böljmifdje  Ißrobinj  1622  317.  —  Stieberlaffungen  in  fRieberöfterreicf) :  SBien  318—322. 

—  kremS  322—325.  —  Sßaffau  325—327.  —  Dberöfterreid) :  ßinj  327—332.  —  ©tepr 
332 — 333.  —  ©teiermarf:  ©raj  333—337.  —  fieoben  337 — 338.  —  gubenburg  338 
bi§  340.  —  körnten :  klagenfurt  340—345.  —  kräht :  Saibacf)  345—347.  —  Sftrien : 

©örj  348—350.  —  STrieft  350-352.  —  giurne  352—353.  —  ©dEjleften :  ©lab  353 
bis  357.  —  Reifte  357—361.  —  ©rofr®logau  361—362.  —  Sroppau  362—366.  - 
©ogan  366 — 367.  —  ©djtneibnib  367 — 368.  —  Dber=©logau  368 — 369.  —  S3reSlau 
369—375.  —  öftpreufjen:  S3raunSberg  375 — 378.—  Löffel  378—380. —  £>eiligelinbe 
380—381.  —  SBeftpreufsen :  Sanjig  381—384.  —  Slltfdjottlanb  384—386.  —  Sf)orn 
386—388.  —  33romberg  388—389.  —  ©raubenj  389.  —  HRarienburg  389—391. 

© e cf) ft e S  Kapitel.  firiegSuot .  392—451 

Sie  böfjmifdppfctfätfcbe  ^Seriobe  392—393.  —  ©intoirfung  beS  Krieges  auf  bie  gefuiten 
in  ©cf)lefien,  in  ber  fßfalj  unb  in  SBeftfalen  393 — 403.  —  Sie  fcbtoebifdje  Sleriobe: 

ÜRot  unb  Seiben  in  ber  nieberrf)einifd)en,  oberrf)einifd)en  unb  oberbeutfdjen  Sßroöinj 
404 — 442.  —  ©inmifdfen  in  kriegSunternefjmungcn  442—443.  —  SaS  lebte  iyabrsebnt 
1638—1648  443—444.  —  Sie  grage  ber  glucpt  444—447.  —  Unterbringung  ber  glüdjt* 
linge  447—448.  —  Sroft  unb  SluSbauer  448 — 451. 

Siebtes  Kapitel.  SfriebenSbeftrebuttgen  unb  ©egenfhötnungeu  .  .  .  452—493 

Verträge  mit  tpäretifern  452—456.  —  ©iiltigfeit  ober  Ungültigfeit  beS  SlugSburger 
fReligionSfriebenS  456 — 460.  —  SaS  fReftitutionSebift  1629  460 — 465.  —  Ser  fRegenS* 
burger  fReicpStag  1630  466—468.  —  Ser  fßrager  Triebe  1635  468 — 471.  —  Sie 
SImueftiefrage  1641  471—474.  —  Sie  griebenSüerffanblungen  in  SRünfter  unb  Stürm 
berg  1646—1650  474—493. 

21d)teS  kapitel.  ©pmnaftcn  unb  Unimfitateu .  494—606 

kultureller  Stiebergang  Seutfd)IanbS  494.  —  folgen  für  bie  ©tubien  494—495.  — 

Sie  Surcbfüfjrung  ber  neuen  ©tubienorbnung  495.  —  SaS  ©pmnafium.  ©cfjul« 
jeit  unb  gerien  495 — 500.  —  ^Religion  501 — 503.  —  Satein  503 — 504.  —  ©riedjifcb 
504 — 506.  —  Seutfcf)  506.  —  ©efang  506—507.  —  ©dfulbüdjer  507.  —  SluSfteflung 
non  ©d)üferarbeiten  507 — 508.  —  2tufnal)me,  Sluffteigen  unb  ©ntlaffung  508  bis 
510.  —  fßrämien  unb  ©trafen  510—516.  —  Srad)t  512—514.  —  grequens  unb  Über* 
füHung  ber  klaffen  516—518.  —  fßroteftantifcfie  ©d)üler  518.  —  UnterridjtSmonopol 
518—519.  —  Unentgeltlidjfeit  519 — 520.  —  fßäbagogen  520—521.  —  2el)rer  521  bis 
523.' —  Sie  Unioerfität.  $f)ilofopl)ie:  SRetffobe  523 — 524. —  SlriftoteleS.  —  §anb= 
büdjer.  —  fRepetitionen.  —  SiS^iplin  524—526.  —  Sriennium  ober  93iennium  526  bis 
529.  —  Sfjeotogie:  Safyt  unb  9Irt  ber  Sorlefungen  529.  —  Sogma:  Ser  bl-  SfjomaS 
529.  —  §eilige  ©djrift.  —  £ebräifcf)  529—531.  —  kird)engefd)id)te  531—534.  —  9lb= 
gefügter  kurS  534—535.  —  9ted)tSftreitigfeiten  535 — 536.  —  Sepofition  unb  ißro* 
motion  536—541.  —  ©injelne  Unitierfitäten :  SBien  541—553.  —  ®raj  553—558.  — 
^ngolftabt  558—567.  —  SiHingen  568 — 577.  —  greiburg  im  93reiSgau  577—580.  — 
Sujern  580—582.  —  köln  582 — 586.  —  fßaberborn  586 — 588.  —  fünfter  588  bis 
590.  —  DSnabrüd  590—592.  —  SRoISljeim  592—593.  —  SSamberg  593 — 595.  — 
©orge  für  arme  ©tubenten:  SSerfdjiebene  Slrtett  ber  Unterftüftung  595—602. 

—  Slrmenorbnungen  602—603.  —  Slufmunterung  unb  S$erteibigung  603—605.  — 
fötufter  eines  S3ettelftubenten  605—606. 

SteunteS  kapitel.  konbifte .  607 — 656 

S3ebenfen  607.—  SIHgemeine  konbifte:  köln.  Süffelborf.  ^ngolftabt  607—610.  — 

Sie  Slufnafjme  oon  Suriften  610—613.  —  SiHingen  613 — 618.  SBien.  ©raj.  Seoben. 
3>ubenburg  618 — 620.  —  SJäpftlidje  ©eminarien  620—635.  —  SSifitation  burcf)  Slquaoiöa 
621—622.  —  ©ingreifen  ber  ißropaganba :  SSerpflidjtungen  unb  SSifitationen  622—624. 

—  ÜRenbegrünbnitg  burd)  Urban  VIII.  624—625.  —  gulba.  SiHingen.  SBien.  ©ras 
625—628.  —  SIraunSberg  628 — 629.  —  ©ermanifum  629—635.  —  33ifd)öflid)e  s4?riefter* 


SinhaltSberjeichniS. 


XIII 


©eite 

fentinare:  SMett  635—637.  Raffan  638—639.  Rruntrut  639—641.  Sitlingen  641. 
gngolftabt  641 — 643.  SanbSljut  643.  Samberg  643—644.  Köln  644—646,  fünfter 
646 — 647.  —  21rmenfonbilte :  SSten  647.  ©raj  647—648.  SreSlau  648.  ©Iah  648 
bi§  649.  §all  649—650.  ©ör^  650.  Sillingen  650 — 651.  SKündjcit  651 — 654.  Re= 
geitSburg.  Reuburg.  2lmberg.  SJtünfter  654—655.  —  grage  beS  Eigentumsrechtes  655 
bis  656.  -  Urteile  656. 

BeljnteS  Kapitel.  Sie  Sdjulfontöbic .  657—703 

Allgemeine  Semertung.  Stoffe.  3eit-  ®auer  657 — 664.  —  Sefcpräufungen,  Unfälle 
unb  gabeln  664—669.  —  ©inmürfe  669.  —  Arten  nnb  Stoffe  ber  ©chutbramen  669 
bis  670.  —  2Beihnad)tSfpiele.  —  SaffionSfpiele.  —  Ofterfpiele.  —  grottleichnamSfpiele 
670—672.  —  Sipfterienfpiele  aus  bem  Alten  unb  Reuen  Seftament  672—676.  — 
Segettbe  676—677.  —  ©efd)id)te  678—679.  —  SaS  nationale  unb  patriotifdje  Element 
679 — 680.  —  SRoralitäteu  680 — 681.  —  Soteutanj  681—683.  —  Oratorien  683 — 685. 

—  Sie  £>auptbid)ter :  Abattcini,  StRafen,  Salbe,  Sibermamt  685—703. 


Sa  urfpriinglid)  eine  3roeiteitil«g  nidjt  borgefepen  mar,  fiub  im  erften  Seil  einige  Riale  bie  Kapitel 
in  ber  alten  Reihenfolge  1—25  zitiert.  Sa  ber  erfte  Seil  baS  1.— 10.  Kapitel,  ber  ätoeite  Seil  baS 
11.— 25.  Kapitel  enthält,  ift  mithin  bei  Sertoeifungen  auf  11—25  ftetS  ein  3eh'ter  abju^iehen, 
alfo  11.  Kap.  =  2.  Sl,  1.  Kap.,  17.  Kap.  =  2.  St,  7.  Kap.,  25.  Kap.  =  2.  Seil,  15.  Kap.  ufm. 


$eräeid)tti§  ber  bemi^tert  2lrd)tne  mt b  einiger 

2lbfürpngen. 


*  Acta  Congr.  Prov.  =  Acta  Congregationum 

Provincialium  S.  J. 

Acta  S.  Sedis  f.  Synopsis. 

2Iug§burg,  ®tabtardnD,  $Diöje[anard)io. 

*  Austr.  Epp.  =  Epistolae  e  Provincia  Austria 

ad  Generalem. 

SBamberg,  ®rei§ord)iö,  55iöjefan=  unb  Kapitell 
ard)iü. 

*  Barb.  Lat.  =  Barberini  Latin,  in  beit  §anb» 

fdjriften  ber  $atifanifd)en  SBibliotfjef. 

23ern,  Staat3ard)io. 

Sörüffel,  £anbfd)riften  ber  $.  33ibliotf)ef. 

*  Catal.  Austr.,  Germ.,  Rhen.  etc.  —  §anb= 

fdjriftlidje  ißerfoualfataloge  ber  einzelnen  $ro= 
binnen  ober  Kollegien. 

*  Catalogi  triennales,  $erfonaI>  unb  93ermögen3- 

regifter  über  brei  S^re. 

*  Cgm  =  Codex  german.  in  ber  ©toatSbiblio« 

tt)e!  31t  SDlüncben. 

ß()ur,  2>iöjefanard)io  unb  ©eljeimardjiD. 

*  Clm  =  Codex  latinus  in  ber  6taat§bibliotI)ef 

ju  SUtündjen. 
ßoblenj,  6taat3ard)iü. 

*  Codex  Bamberg.  =  Archivium  CollegiiBam- 

bergensis  int  ßapitelardjio  ju  Samberg. 
Congr.  (1)  D  (91)  =  Congregationis  gene¬ 
ralis  (lae)  decretum  (91)  in  bcn  2lu3gaben 
be§  Institutum  (Constitutiones  S.  J.). 

Const.  P.  6;  3,  5  =  Constitutiones  S.  J., 
Pars  6,  Caput  3,  Nr  5.  gn  allen  21u§gaben 
ber  Sonftitutionen  gleid) ;  neuefte  2lu3gabe 
Florentiae  1892 — 1893,  3  vol. 

Cordara  =  Jul.  Cordara,  Historia  S.  J.  1616 
ad  1625  unb  1615 — 1633.  2  vol.  Romae 
1750  1859. 

®üffe!borf,  6taat3ard)ib. 

©idjftätt,  örbinariat3ard)io. 

*Epp.  ad  Busaeum  =  Epistolae  ad  P.  Theod. 
Busaeum.  Sriefe  Don  Igefuiten  au§  $eutfdp 
Ianb  ufto.  au§  ber  3eit  be3  S)ret§igjä^rigen 
Krieges. 

*Epp.  Cardinalium  =  Epistolae  varior.  Car- 
dinalium  ad  Generales  S.  J.  scriptae. 
*Epp.  Episc.  =  Epistolae  Episcoporum  ad 
Generales  S.  J. 

*Epp.  Lamormaini  =  Epistolae  P.  Guil.  La- 
mormaini  ad  diversos. 


Epp.  Praep.  General.  =  Epistolae  Praeposi- 
torum  Generalium  ad  Patres  et  Fratres  S.  J. 
Romae  1615,  Pragae  1711,  neue  2lu§gabett 
Gandavi  1847  unb  Rollarii  1909. 

*  Epp.  Princip.  =  Epistolae  Principum  ad  Ge¬ 

nerales  S.  J.  scriptae. 

Flotto  =  Adam.  Flotto,  Historiae  Provinciae 
S.  J.  Germaniae  Superioris  a  P.  Ign.  Agri- 
cola  olirn  coeptae,  nunc  continuatae  Pars 
tertia  ab  anno  1601  ad  1610.  Augustae 
Vind.  1734. 

greiburg  in  ber  ©djtoeis,  6taat§ard)io,  San= 
tonalbibliotfjef. 

*  Fund.  Austr.,  Germ.,  Rhen.  =  Fundationes 

Provinciae  Austriae,  Germaniae  Sup.,  Rhe- 
nanae. 

*  Germ.  Epp.  =  Epistolae  e  Germania  ad  Ge¬ 

nerales  S.  J.  scriptae. 

§ilbe§l)eim,  föanbfdjriften  ber  ©tjmnafiab  unb 
23eoerianifd)en  Sibliotljef. 

Sunsbrud,  6tattf)altereiard)i0. 

Juvencius  =  Jos.  Juvencius,  Historia  Soc. 
lesu  1591 — 1616.  Romae  1710. 

*  Juvencius  =  Historia  Soc.  Iesu  1616 — 1646 

in  Clm  774. 

®arl§ruf)e,  ©eneraLSanbe3ard)iD  uttb  ©eljeimeS 
§au§ard)io. 

®öln,  6tabtard)io,  ipfarrard)ib  Don  6t  Ulpofteln. 

Ipanbfdjriften  ber  ®eminarbib[iotf)ef. 

Kropf  =  Franc.  Xav.  Kropf,  Historia  Pro¬ 
vinciae  S.  J.  Germaniae  Superioris.  I  =  Pars 
quarta  1611 — 1630.  II  =  Pars  quinta  1631 
ad  1640.  Augustae  Yindel.  1746  —  1754. 

*  Litt.  ann.  =  Litterae  annuae,  uttgebrudt. 
Litterae  annuae  Soc.  lesu  1600 — 1614.  14  vol. 

Antverpiae  etc.  1618 — 1619. 

Supern,  6taat3ard)ib,  6täbtifd)e§  SlrdjiD,  2Ird)iD 
ber  Familie  Slmrljün. 

SCRainj,  3ef.«2lrd)iD  in  ber  6täbtifd)eu  93ibliotJ)ef. 
SDlündjen,  SReidjSardiiü  (SR.  9t.),  Ärei§ard)iD 
(SLR.  S.),  6taat3ard)io  (SR.  ®t.),  $au§ard)ib 
(SR.  $.),  UniDerfität§ard)iü  (SR.  U.);  aufjer* 
bem  6täbtifd)e§  2Ird)ib ,  ÄonfiftoriatardjiD 
unb  bie  2lrd)ibe  be§  ©regorianumä ,  ber 
SSürger»  unb  größeren  lateinifdjen  Sougre= 
gation. 

*Ordin.  Gen.  =  Ordinationes  Generalium. 


XVI 


SkrjeidjniS  ber  bcniifetcu  9Ird)ibe  imb  einiger  Slbfürgungen. 


*0rig.=9!eg.  Ad  Austr.,  Germ.,  Rhen,  (etc.) 
=  0rigiuab9tegifter  ber  SSriefe  ber  ©enerab 
obern  an  bie  0bern  uub  SJtitglieber  ber  öer= 
fdjiebeuett  OrbenSprobinjen. 

*0rig.=91eg.  Ad  Externos,  biefelbett  an  9Hd)G 
Sefuiten. 

fßaberborit,  £anbfd)riften  ber  THfeoboriattifcben 
93ibIiotI)ef. 

Ratio  studiorum  =  Ratio  studiorum  et  Insti- 
tutiones  scholasticae  S.  J.  per  Germaniam 
olim  vigentes.  Ed.  Pachtler.  4  vol.  Berlin 
1887—1894. 

9tegen§burg,  OrbinariatSardnü. 

Reiffenberg  =  Reiffenberg,  Frid.,  Historia  S.  J. 
ad  Rbenum  inferiorem.  Coloniae  1764. 

*  Reiffenberg  =  Historia  etc.,  2.  93b  ©tabt= 
ard)iö  in  fiötn  unb  paginierte  Slbfdjrift  in 
fßriüatbefifc. 

9tl)einifd)e  Sitten  =  3°f-  hänfen,  9tf)einifd)e 
Sitten  jur  ©efdjicfite  beS  QtefuitenorbenS  1542 
bi§  1582.  93onn  1896. 


9tom,  Slrdjit»  unb  Sibliotpef  im  SSatifan,  Slrdnt» 
ber  fßropagattba,  ©taatSard)©,  tpanbfdjriften 
in  ber  93ibliotf)ef  C£l)igi. 

Schmidt  =  Ioan.  Schmidt  S.  J.,  Historiae  S.  J. 
Provinciae  Bohemiae  1555 — 1653.  5  vol. 
Pragae  1747  ff. 

©intancaS,  ©taatSarcpiü. 

Sommervogel  =  Carlos  Sommervogel  S.  J., 
Bibliotheque  de  la  Compagnie  de  Jdsus. 
9  vol.  Bruxelles  1890 — 19Ü0. 

Sotvellus  =  Nathan.  Sotvellus,  Bibliotheca 
Scriptorum  Soc.  Iesu  .  .  .  recognitum  et 
productum  ad  annum  1675.  Romae  1676. 
©peier,  ©tübtifdjeS  Slrd)io. 

©t  ©allen,  ©tiftSardjiü. 

Synopsis  =  Synopsis  actorum  S.  Sedis  in  causa 
Societatis  Jesu  1540 — 1773.  2  vol.  Flo- 
rent.iae  1887  uub  Lovanii  1895. 

Saiblingen,  ^Sfarrardjiü. 

Sßien,  ©taatSard)in,  §offannnerard)ib,  ®riegS> 
ard)ib,  £aubfd)riften  ber  igofbibliotlfef. 


9(uf$erbem  mürben  bie  üerfdjiebenen  0rbenSard)ibe  in  §oüaub,  Sfterreicf)  unb  Italien  bemifct. 
2luS  biefen  $riüatard)ibeit  entftantmen  alle  2lrd)it>alien  ,  bei  benen  feine  gunbftetle  angegeben 

ift.  —  $a§  ©terndjen  (•)  bebeutet  §anbfd)rift. 


^eräetcf)tti§  Der  5lDDiIDmtgeit. 


©eite 


1.  ©eneral  9P.  PiteHeMji ,  mit  Puto* 

grapp . 11 

2.  ©ddufjoignette . 13 

3.  Plan  berSeüung  ber  rpeinifepen  pro* 

Pin$  1622  .  15 

4.  ©eneral  25.  ßarrafa,  mit  Slutograpp  27 


5.  Porübergepenbe  imb  bauernbe  Pieber* 

lafjungen  in  Seutfcplanb  1601—1650  34 

6.  ©ptnnafium  p  Paberborn  ....  38 

7.  gürftbifepof  Sietricp  Pott  gürftenberg  39 

8.  ^ßfatsgraf  SBoIfgang  333il£)elm  Poit  Peu* 


bürg . 81 

9.  Äurfiirft  gerbinanb  Pon  ft'öln  .  .  107 

10.  ©eneral  gratis  Piccolomini,  mit  21uto= 

grapp . 122 

11.  3;opanne3  Sferclaeei  Pon  Silit)  .  .  129 

12.  ©cplufjPignette . 142 

13.  §anbfd)rift  be§  P.  3°P-  Sietnf).  gigler  149 

14.  ffiurfürft  gobanu  Pbam  ooit  9Pains  153 

15.  gürftbifepof  Sopann  ©ottfrieb  Pon 

Pfcppaufen . 165 

16.  P.  SBilfjelm  SBoIff  Pletternicp  S.  J., 

mit  Putograpp . 170 

17.  §anbfcprift  be§  P.  2Bilp.  Pletternicp  17i 

18.  Ptarlgraf  SBilpelm  Pon  23aben  .  .  183 

19.  ft'otleg  itnb  Äircpe  ju  SOJoISfjeirrt  1618  187 

20.  ©cplujjoignette . 198 

21.  ltnterfepriften  ber  Profeffett  ber  ober* 

beutfdien  ProPinj . 201 

22.  £>anbfcprift  be§  P.  Ptaj  Sercpenfelbt  206 

23.  Sitelbilb  pr  @efd)icbte  ber  Ptutter 
©otte§  Pon  Pltötting,  1643  .  .  .  209 

24.  Gcrjperjog  SPajimilian,  Seutfcpmeifter  212 

25.  Sie  3nn§bruder  ®omöbie  Parlaatn 

unb  !yofappat  1614 . 214 

26.  Sie  3nn§britder  Äomöbie  Ser  heilige 

Säufer  1623  215 

27.  Sa§  Srienter  Ä'ongregation^fpiel  So- 

dalis  Parthenicus  1637  ....  222 

28.  Srei  Prinjen  Pabsitoill  .  .  .  225 

29.  Sie  Siflinger  Somöbie  Otto  Redi- 

vivus,  1614 . 229 

30.  Sic  PegcttSburger  Ä'ombbie  Iodocus, 

1650  .  234 

31.  gürftbifepof  Sopann  Gpriftopp  Pon 

6id)ftätt . 237 


©eite 


32.  Sialog  Pon  ber  Pufridjtung  be§  ©pm* 

nafiumS  p  Peuburg  1617  .  .  .  240 

33.  Sie  Peuburger  Sragöbie  1619  .  .  241 

34.  Sie  2anb3puter  Kotnöbie  Salomon, 

1630  .  253 

35.  8ur  ©intoeipung  ber  Sefuitentircbe  in 

Sonftans  1607  .  260 

36.  Sie  Äonftonjer  Komöbie  Pliilemon 

1618 . 261 

37.  3pp  Äonfetration  be§  33ifcpof3  Sopantt 

p.  SPoIbburg  1629  .  265 

38.  Sitel  ber  (SnfiSbeirner  Äomöbie  1623  273 

39.  Sie  Summer  Äomöbie  Pom  1)1.  Dgtoalb 

1621  .  284 

40.  Sanbfcprift  unb  Potariatlpidjen  Pott 

P.  ©pfat . 288 

41.  Sie  ©olotpurner  Äomöbie  Psittacus 

1650  .  291 

42.  Sie  Pruntruter  Stomöbie  Sbeobalb 

1630  .  295 

43.  tpanbfcprift  be§  P.  Sbeobor  23ufaeu§  314 

44.  Sa§  SBiencr  gaftnocpt^fpiel  Pofi* 

munba  1648  318 

45.  Profef)pau§  in  333ien . 319 

46.  ®rem§  (1649) .  323 

47.  Sins  (1649)  .  . .  328 

48.  Sie  ©ra^er  Tragicomoedia  Pom 

bl.  SBilpelm  1612 . 334 

49.  ßin  Qubenburger  2Beipnacpt3fpiel  mit 
§anbfdprift  be§  ©poraguei,  1650  .  .  339 

50.  Älagenfurt  (1649) .  342 

51.  ©räborpg  Sari,  Pifcpof  Pon  PreStau  354 

52.  Sa§  Peiffer  g-eftfpiel  1636  ...  360 

53.  gur  geftfeier  be3  ÄollegS  in  Peiffe 

1636  .  361 

54.  Sitelblatt  ber  Pöffeler  Äomöbie  Jason 

1643,  mit  §anbfcprift  be3  SSerfafferS 
(©lagiu§) . 380 

55.  Sitelblatt  ber  Linda  Mariana  1659  381 

56.  ©eplufjoignette . 391 


57.  Potiobilb  ber  Ptündjener  ©eifein  in 

ber  2BatIfaprt§fird)e  ju  Pamer^borf  428 

58.  Ser  oberrpeinifepe  ProPingiat  Soadjim 
§amman  über  bie  SriegSbebrängniffe 


1639  .  443 

59.  ©cplupPignette . 451 


SSerseidfjntg  ber  21bbilbungen. 


XYIII 

©eite 

60.  P.  gorer,  mit  2lutograpb  ....  458 

61 .  93rief  bei  P.  2lbcmt  Gottheit  au!  9tegen!= 

bürg . 465 

62.  Shtrfürft  SHnfelm  Safimir  oon  2Painj  477 

63.  ©cpulbilb  au!  bem Alphabetum  Christi 

1618 . 512 

64.  ©cpulbilb  au!  bem  Alphabetum  Dia- 

boli  1618 . 513 

65.  Titel  eine!  Igngolftabter  Xbjefenäettelö 

über  ba!  ©ecb!tagett>erf  1636  .  .  528 

66.  Ta!  afabemifebe  SoKeg  mit  Sird)e  ju 

SBien . 550 

67.  Tiüinger  Thefenjettel  1608  .  .  .  570 

68.  Titel  eine!  Thefenjettel!  Don  fünfter 

1621  588 

69.  gürftbifefjof  SRelcpior  Otto  S8oit  Don 

©aljburg . 593 

70.  SSürgburger  Sttjefenjettel  1616  .  .  595 

71.  ©cplufsoignette . 606 

72.  ffionüift  in  Tillingen  1627  .  .  .  614 

73.  Äonüift  in  Tillingen  1627  .  .  .  615 

74.  gürftbifebof  grjtjer3og  Seopolb  SBil» 

beim . 638 


•  ©eite 

75.  ©cbfufjoignette . =  .  .  656 

76.  ©runbriff  unb  2lufrifj  ber  gefuitem 

bübne  gu  SSien . 662 

77.  Srunner!  geftfpicl  „SRabucbobonofor" 

1635  .  673 

78.  Tie  gnnlbrucfer  Äotnöbie  Dom  ^Reichen 

qSraffer  1646  .  675 

79.  Ter  gngolftäbter  Totentang  1606  .  682 

80.  Ta!  -JRüncbener  ©ingbrama  Tbeo> 

pt)ilu!  1643  684 

81.  £>anbfcf)rift  be!  P.  9tü.  2lDancinu!  .  686 

82.  £)anbfd)rift  be!  P.  gafob  StRafen  687 

83.  IBitb  unb  §anbfd)rift  Don  P.  S3albe  691 

84.  Titelblatt  Don  93albe,  Jephtias  .  .  692 

85.  Titelblatt  ber  Gpigramme  23iber> 

mann! . 694 

86.  93ibermann!  „Tottor  gu  tßaril"  1609  695 

87.  Grfte  üluffübrung  Don  23ibermamt! 

„Sot).  Gatpbita"  1618 . 698 

88.  ©rfte  2tuffübruug  Don  SHbermanu! 

„Selifar"  1607  699 

89.  ©cblufjoignette . 703 


Ta!  ©iegel  auf  bem  Titelblatt  nmrbe  Don  ben  erften  ©eneralen  unb  teiüoeife  uodj  unter  bem 

©eneral  Stqnaüiua  gebraucht. 


©rfte!  Kapitel. 

^olttifdje  itnb  reltßtöfe  Sage  2)eutfdjlanb^ 

fRürfblicf  auf  ba!  16.  ^aprpunbert.  —  Urfacpe  unb  Stntafj  be!  jDreifjigjäprigen  Kriege!. 

SRur  mit  tiefem  ©eptner^  !amt  ber  beutfcpe  ©efcpicptfcpreiber  bie  folgen  bcr 
©tauben!trennung  für  unfer  beutfcpe!  Sktertanb  betrachten. 

35ie  retigiöfe  ©pattung  im  erften  Viertel  be!  16.  ^iaprpunbert!  fjat  ben  bürger* 
ticpen  ^rieben  auf!  unpeitoottfte  gefcfjäbigt,  bie  fReicp!oerfaffung  untergraben,  ben 
SRiebergang  be!  beutfcfjen  Üieicpe!  für  lange  $eit  befiegelt.  ®ie  retigiöfen  23ruber-- 
fämpfe  napmen  niete  Prüfte  nottftänbig  in  Stnfprucp  unb  entzogen  biefetben  ben 
großen  futturetlen  unb  potitifcpen  Stufgaben  be!  Steicpe!.  9ticf)t  brei  ^a^rge^nte 
nach  ber  ißroftamierung  be!  Stbfatt!  nom  fircpticpen  Oberpaupte,  bem  Zapfte,  ftanben 
bie  im  ©cpmalfatbifcpen  23unbe  bereinigten  Stnpänger  ber  neuen  Sepre  um  bie  äRitte 
be!  16.  ^oprpunbert!  offenen  Kriege  gegen  ba!  wettticpe  Oberhaupt,  ben  ®aifer. 
Stt!  bie  proteftantifcpen  dürften  be!  Üaifer!  allein  niept  SReifter  geworben,  Oer* 
bünbete  fiep  einer  berfetben  wenige  3aPre  fpater  mit  ^ranfreiep.  SDiefer  Verrat 
foftete  bem  beutfepen  fReicpe  bie  brei  reiepsbeutfepen  ©täbte  9Rep,  STout  unb  23erbun. 
©!  war  bie  erfte,  aber  niept  bie  tepte  territoriate  SBunbe  infolge  be!  ©tauben!* 
jwifte!.  ©etbft  bie  grauenöotten  ©infätte  ber  Xürten  in!  fReicp  oermögen  beutfepe 
dürften  nid^t  an  ipre  fReicp!*  unb  ©priftenpftiept  ju  gemapnen:  fie  maepen  bie  ©r* 
füttung  iprer  ^SfHcpt  gegen  ba!  fReicp  abpängig  non  ßugeftänbniffen  für  ipre  retigiöfe 
Neuerung. 

$>er  ÜRiebergang  be!  beutfepen  fReicpe!,  ber  fepon  öor  bem  beginn  ber  retigiöfen 
©ntjweiung  offenfunbig  war  unb  woju  bie  Trennung  ber  germanifepen  ©cpmeijer 
unb  Stiebertänber,  ber  Verfall  ber  §anfa,  ba!  ©infen  be!  SDeutfcpen  Orben!,  bie 
Umgeftattung  be!  wefteuropäifepen  |>anbet!  unb  anbere  Umftänbe  niet  beigetragen 
patten,  würbe  burep  bie  retigiöfe  Steuerung  wefenttiep  gefteigert. 

Stn  biefer  Serwicfetung  pat  ber  2tug!burger  9tetigion!friebe  (1555)  mit  feinen 
gotgeerfepeinungen  niept  unwefenttiepen  Stnteit. 

®urcp  ben  Slug!burger  fRetigion!frieben  erpietten  bie  Sanbe!perren  unb  non  ben 
freien  ©täbten  biejenigen,  wetepe  fiep  bereit!  gänjticp  unb  ungeteilt  jur  Stug!burgifcpeu 
ßonfeffion  betannten,  ba!  fRecpt,  in  ipren  ©ebieten  ju  reformieren  (ius  reformandi), 
unb  im  übrigen  gteiepe  fRecpte  mit  ben  ber  alten  ßirepe  treugebtiebenen  fatpolifepen 
9teicp!ftänben.  ®er  geifttiepe  SSorbepatt  (reservatum  ecclesiasticum)  beftimmte  aber, 
bafj  geifttiepe  fReicp!ftänbe  (Sifcpöfe  unb  S(bte)  bei  iprem  Übergang  jum  fßroteftan* 
ti!mu!  Söürbe  unb  ©intunfte  Oertieren  fottten. 

tiefer  geifttiepe  Söorbepatt  würbe  non  manepen  proteftantifcpen  dürften  um 
bebenftiep  oertept;  fie  jogeit  23i!tümer  unb  Stbteien  für  ipr  §au!  ein.  ©ie  gingen 
babei  fo  noran:  non  ben  Kapiteln  liefen  fie  einen  ^rinjeit  ipre!  £>aufe!  jum  Stb* 
miniftrator  be!  93i!tum!  Wäpten,  ober  fie  befteüten,  wie  Ü'urfürft  Qoacpint  II.,  au! 
eigener  ÜDtacptootlfommenpeit  einen  fotepen ;  gelangte  bann  ber  Slbminiftrator  3ur 
£anbe!regierung,  fo  würbe  ba!  53Ütum  auf  immer  mit  bem  £anbe  oereinigt. 

$ul|r,  (Sejdjidjte  ber  Jjefutfett.  II.  1 


2 


ßrftc»  Äapitet.  tßolitifdje  unb  religiöfe  Soge  $eut[d)Ianb§. 


©o  entzog  man  mit  Sertefjung  beg  Setigiongfriebeng  ber  fatpolifepen  £ird)e 
bie  ^Bistümer  |>avetberg,  Sranbenburg,  Sebug,  9J2erfe6urg ,  Naumburg,  SReifjeit, 
Äamin  unb  ©djmerin.  3n  •5er  erften  §ätfte  ber  Regierung  Subolfg  II.  gingen 
verloren  bie  Sigtiimer  SSagbeburg,  Bremen,  Serben,  Sübed,  ©gnabrüd,  Safjeburg, 
^palberftabt  unb  Stinben,  unb  geitmeitig  fdjien  ber  Sertuft  auep  von  fünfter,  ^ßaber- 
born,  fpitbegpeim  unb  £tötn  unabmenbbar 1. 

jDie  ißroteftanten  verte|ten  ben  geifttiepen  Sorbepatt  nid)t  allein  tatfädjticp,  fie 
Verlangten  auep  beffen  Abfcpaffmtg.  üüiit  aßen  ÜDtittetn  fugten  fie  bie  greifteüung, 
b.  p.  bie  ißreiggabe  ber  fat^olifc^en  Sigtümer  unb  «Stifte  an  dürften  unb  Herren 
gu  ergingen,  ©ie  felbft  übten  unb  verlangten  bag  Ius  reformandi,  ben  Anpängern 
ber  alten  ft'irdje  aber  fucpten  fie  bie  Augübung  begfelben  Secpteg  auf  jebe  Aßeife  gu 
vermepren  unb  gu  erfdjmeren. 

„Unb  boep",  fo  fdjreibt  S) ö  Hing  er,  „mufjte  jebem  bie  natürliche  Sittigfeit 
beg  ©runbfapeg  einteuepten,  baf;  ber  Sermatter  eineg  ipm  von  ber  föirdje  über» 
tragenen  Amteg,  tvenn  er  fich  von  ber  $ircpe  logfage,  hiermit  auep  biefem  Amte 
entfage,  unb  auf  bie  barnit  verfniipfte  ©eroatt  unb  Söürbe  feinen  Anfprud)  mepr  gu 
madjen  pabe.  2)ag  Secpt,  gu  reformieren,  morunter  man  bag  Secpt,  bie  IHeligion 
ber  Untertanen  gu  beftimmen,  verftanb,  übten  bie  proteftautifepen  dürften  opne  ©djeu 
unb  ohne  ©djonung  aug.  ©o  führte  ber  föurfiirft  griebriep  III.  1563  in  ber  Sfatg, 
metepe  bigper  tutperifd)  getvefen  mar,  ben  ©alvinigmug  ein,  gmang  alte  ©emeinben, 
ben  auf  feinen  Sefept  verfaßten  (peibelberger  fö'atedjigmug  unb  ben  reformierten 
®uttug  angunepmen,  unb  vertrieb  bie  ©eifttidjen,  metepe  fidj  nicht  fügen  mottten, 
aug  bem  Sanbe.  Attein  fein  ©opn  Submig,  ein  eifriger  Sutperaner,  lieh  naep  bem 
2obe  feineg  Saterg  1576  bie  leeren  föirdjen  mieber  mit  Silbern  gieren,  ben  ©otteg» 
bienft  mieber  nad)  lutperifdjer  SSeife  palten,  bie  catvinifdjen  ^rebiger  unb  Seprer 
mufften  aug  bem  Sanbe  meinen  unb  bie  fämtlicpen  Untertanen  fiep  von  lutperifepen 
Seprern  unterridjten  taffen,  ©r  ftarb  aber  fepon  1583,  unb  nun  lieft  fein  Sruber 
Ä’afimir,  atg  Sormunb  feineg  itnmünbigen  ©opneg,  biefen  ^ringen  mieber  in  ber 
calvinifcpen  Seligion  ergiepen  unb  biefetbe  im  gangen  Sanbe  mit  ©ematt  mieber  ein» 
füpren.  ©o  patte  bie  innerhalb  60  $apren  viermal  bie  Seligion  gemeepfett. 
$n  gleicher  SSeife  mürbe  1596  bem  gürftentum  Anpatt  unb  1604  ber  Sanbgraf» 
fepaft  ,fpeffen»SIaffet  ftatt  ber  tutperifdjen  bie  eatvinifdje  Seligion  aufgebrungen.  Söenn 
bagegen  fatpotifdje  dürften  biefeg  Secpt,  gu  reformieren,  in  ipren  Säubern  augübten, 
mie  bieg  ber  Sifdjof  Quting  von  SBürgburg  feit  1585  unb  ber  ÜDIarfgraf  fßpitipp 
von  Sabeit-Saben  feit  1571  taten,  fo  erfüllten  bie  ißroteftanten  2>eutfcptanb  mit  iprem 
©efeprei  über  Serteftung  beg  Setigiongfriebeng." 2 

ifkaftifcp  unb  tpeoretifdj  forberten  bie  )}3fätger  unbefdfränfte  Seligiongfreipeit 
für  ben  ßatvinigmug,  Unterbrüdnng  ber  Sutperaner  unb  ßatpotifen.  311g  bem  ®ur» 
fürften  fyriebriep  III.  von  ber  ipfatg  gegen  bie  perbe  Sebrüdung  feiner  tutperifdjen 
Untertanen  vorgeftettt  mürbe,  baft  er  baburd)  bag  Sorgepen  ber  fatpotifepen  ©tänbe 
redjtfertige,  erroiberte  er  (16.  ®egember  1575),  baft  eg  viel  ein  anber  ®ing  fei,  einen 
gum  ©uten  unb  gu  ©otteg  2Bort  unb  gur  SSaprpett,  atg  gum  Söfen,  gut  Abgötterei 
unb  gur  Süge  gu  treiben,  biemeit  bag  eine  von  ©ott  geboten,  bag  anbere  aber  ftracfg 
von  ipm  verboten3,  [yriebridj  IV.  von  ber  ^fUg  Uefapl  am  19.  Quni  1608  feinen 
föirdjenräten  unb  ber  tpeotogifdjen  fyafuttät  gu  §eibetberg,  in  einer  eigenen  ©eprift 
gu  geigen,  „mag  ber  Unterfcpieb  fei,  barum  bie  ^Pap>ifteu  ben  ©vangetifdjen,  fo  unter 

1  @id)f}orn,  $eutfd)e  Staate  unb  Sed)t3=  2  §ortig»S)öIIinger,  ®ird)engefd)id)te 

gefd)id)te  IV6  (1844)  142  146.  Sgl.  Sitter,  II  (1828)  467  f. 

$eut|d)e  ©efd)id)tc  im  Seitalter  ber  ©egenrefor»  3  ®ludt)of)n,  Sriefe  fgriebrid)§  be§  grom» 

matton  II  (1895)  420.  inen  II  (1872)  926. 


fRüdblid  auf  ba3  16.  3;al)rl)unbert.  —  llrfadje  unb  SInlafj  bc§  Sreifjigjäljrtgen  friegc§.  3 

i^nen  Wohnen,  baS  Exercitium  suae  religionis  ju  nerftatten  fdjulbig,  bie  (St)ange= 
lifdjen  ober  fofcfjeS  hingegen  ju  tun  nicfjt  fcfjulbig" 1. 

Bei  folgen  Slnfdjauungen  brauet  eS  bann  nicf)t  31t  öerwunbern,  wenn  bie 
Bfälser  banad)  trachteten,  beit  SlatholisiSmuS  oötlig  auSsurotten.  ®aS  ging  aber 
nicht  ohne  ©turj  beS  ®aiferS  unb  ber  9Ieich§oerfaffung,  unb  aucf)  baoor  fcfjredten 
fie  nicht  juriicf. 

Bei  ber  gufammenfunft  beS  fiichhfchen  ^urfiirften  S^riftian  unb  beS  fßfals* 
grafen  Johann  ®afimir  in  flauen  ant  2.  ÜDMrs  1590  beftritt  man  nicht  allein 
mehrere  Beftimmungen  beS  SlugSburger  9^etigiongfrieben§,  fonberri  griff  aud)  offen 
bie  faiferlidfe  ©erid)tSbar!eit  an.  infolge  tiefer  Slbmadjungen  fprengten  bie  ^fäljer, 
©adjfen  unb  Branbenburger  eine  orbnungSmäffig  berufene  9teicf)Soerfammluug  ($ranf* 
furter  SDeputationStag,  September  1590).  SDie  Sttafjlofigfeit  Johann  ÄafimirS  fannte 
laum  itod)  eine  ©renje2. 

Stuf  ber  oon  ben  meiften  proteftantifdjen  dürften  befcfjidten  proteftantifdjen  Xag* 
fapung  31t  Sorgau  (gebruar  1591)  mürbe  ein  BünbniS  ber  proteftantifdjen  ©tänbe 
mit  granfreid)  gefdjloffen,  unb  fdfjon  Sluguft  1591  fonnte  ein  |jeer  oon  15000  SRann 
nadj  granlreid)  geführt  werben.  Heinrich  IV.  muffte  fich  üerpflidjten,  ben  pro* 
teftantifchen  tReichsftänben,  falls  er  bie  Slrone  erlangt  unb  bie  ©tänbe  felber  be* 
brängt  würben,  mit  einem  (peer  oon  8000  Sftann  3U  (pilfe  3U  fommen3.  MeS  war 
fertig  für  einen  groffen  Slnfdjlag  gegen  ben  $aifer,  als  ber  £ob  ber  leitenben  fßer* 
fönlichfeiten,  beS  ^Sfalggrafett  $of)ann  ^afimir  unb  beS  ^urfürften  ©hriftian  oon 
©acfjfen,  beibe  rolfe  unb  wüfte  ßedjer,  einen  ©trich  burcf)  bie  forgfältig  vorbereitete 
fRedjnung  ma^te  (1591/1592). 

3hre  Begebungen  würben  auf  ber  Xagfapung  oon  (peilbronn  (9Rärs  1594) 
unb  auf  beut  9IegenSburger  ^Reichstag  ($uni  1594)  wieber  aufgenommen.  2ln  ber 
©pipe  ber  oorantreibenben  Partei  ber  Bfälser,  ber  fpäteren  „®orrefponbenten",  ftanb 
Spriftian  oon  Slnpalt,  „ein  Agitator  beS  politifcpen  UmfturseS".  ©ein  catoinifcfjer 
£mff  gegen  bie  fatholifcfje  ^ircpe  „half  itjm  über  all  bie  fRedjtS*  unb  BertrauenS- 
brüdje,  bie  in  feinen  Umftur3plänen  als  unentbehrliche  Mittel  erfcpienen,  hinweg"4. 
Berfagung  feber  Sürfenpilfe  unb  ffrupellofe  Berbinbung  mit  bem  StuSlanb  waren 
gan3  felbftoerftänbliche  SRittel.  Slucp  hier  trat  für  ^en  Slugenblicf  wieber  eine  Ber* 
3Ögerung  ein,  unb  3War  bieSmal  burcp  ben  ©treit  perfönlidjen  ©IjrgeiseS  einiger 
beteiligten  dürften  um  ben  Oberbefehl.  ®er  fortwuchernbe  Bierflofterftreit  goff  neues 
Öl  in  bie  flamme.  9?ach  langen  Beratungen  unb  Bersögerungen  hotte  baS  Kammer» 
gericfjt  in  einer  fö’lage  über  wiberredjtlicfj  eingesogene  ^löfter  enblid)  (1600)  bie  aud) 
für  Br°teftanten  einleucptenbe  ©ntfcfjeibung  getroffen,  baff  ber  Beligionsfriebe  nur 
eine  Slnorbmtng  über  bie  oor  bem  Baffauer  Bertrag  eingesogenen  ®löfter  unb  ©tifte 
enthalte  unb  beSfjalb  für  bie  fpäter  eingesogenen  Älöfter.  baS  gemeine  Siecht  su  be* 
fragen  fei.  Slber  baoon  wollten  bie  ipfälser  natürlich  nichts  wiffen.  „Sin  fidjereS 
Mittel  bot  ihnen  sunätfjft  bie  fo  lange  geübte  Hunft,  bie  Befugniffe  ber  ihnen  un¬ 
gültigen  fReicpSgewalten  mit  ben  oerwegenften  BedjtSbebultionen  ansugreifen."  2)a* 
burcf)  würbe  aber  „bie  fRedjtfprecfjung  beS  ^ammergeridjteS,  auf  ber  bie  9Röglid)feit 
eines  georbneten  fRedjtSsuftanbeS  oornehmlich  beruhte,  in  ben  wichtigeren  Sachen 
ftreitiger  ©eridjtsbarfeit  lahmgelegt".  ®ie  Äorrefponbierenben  erreichten  bamit  ben 
3ufammenbruch  ber  3uftt5Derfaffung  beS  fReicpeS. 

S)iefer  Stampf  gegen  ben  dufferen  unb  inneren  Beftanb  beS  fReicfjeS  würbe  noch 
öerfcfjärft  burd)  bie  Steigerung  ber  ffkoteftanten,  ben  oerbefferten  Slalenber  ansunehmen. 


1  (Ritter,  Briefe  unb  Sitten  pr  ©efd)icf)te  2  Dtitter,  2)cutfd)e  ©efcfjidite  II  47  ff. 

be§  dreißigjährigen  Krieges  II  (1874)  27.  3  ßbb.  II  54.  4  Sbb.  II  147 ;  ogl.  149. 


4 


©rfte§  Ä'Qpitel.  Jßolitifdje  unb  religiöfe  Sage  2)eutfd)tanb§. 


9iacp  Vefraguttg  faft  fämttidjer  djriftlicfjen  dürften  unb  Unioerfitöten  fjatte  ©regor  XIII. 
burdj  Vuße  oom  24.  gebruar  1582  angeorbitet,  bafj  jur  Sluggleicpung  ber  aftro- 
nomifcpen  unb  ber  ^alenberjeit  am  4.  Oftober  1582  bei  3^fung  beg  fofgenben 
Sageg  je^n  Sage  iiberfprungett  werben  füllten.  Italien,  Spanien  unb  ^ranfreicp 
nahmen  ben  neuen  Äalenber  fofort  an.  3m  September  1583  befaf»!  auch  föaifer 
Ülubolf  bie  ^nnapme.  ©eit  17.  Januar  1584  finb  ade  faiferlicfjen  Schreiben  nah 
bem  neuen  ßalenber  batiert.  Sie  fatpolifcpen  ©tänbe  folgten  bem  föaifer,  nicpt  fo 
bie  ^roteftanten.  Ser  letzte  ©runb  mar  ber  Ijafj  gegen  bag  ^ßapfttum.  Sie  Vro’ 
teftanten  rechtfertigten  bie  Ablehnung  mit  nicfjtsfagenben  unb  oft  recht  gepäffigen 
©rünben;  fie  behaupteten,  jebe  päpftliche  ?(uperung  bejtnecfe  bie  Vernichtung  beg 
9Ieicpe§  Gprifti.  ©o  warb  neben  ber  politifdjen  ©paltung  ein  weiterer  ®eil  in  bag 
bürgerliche  Seben  unb  ben  täglichen  Verfepr  getrieben  —  jum  ©(haben  eine!  ein* 
trächtigen  patriotifcpen  Söirfeng. 

Verfdjärfenb  wirften  weiterhin  bie  fortgefepten  fonfeffionelleit  ©treitigfeiten  fo* 
wopl  ber  ißroteftanten  unter  fich  alg  auch  Ziepen  ^roteftanten  unb  ^atpolifen. 

Unter  ben  ^Sroteftanten  wütete  ein  unerbittlicher,  häßlicher  ©treit  über  einzelne 
©laubengwaprljeiten.  Vanfe  pat  einige  3üge  biefeg  föampfeg  gezeichnet:  „Qn  ®önigg* 
berg  hoi  man  nicht  allein  auggefprengt,  Ofianber  werbe  oon  jwei  Seufeln  in  ©eftalt 
ftfjwarjer  §unbe  begleitet,  man  hot  geprebigt,  ,b«  Slnticprift  fei  ihm  erfhienen1. 
©eine  Anhänger  gingen  mit  gewaffneter  £>anb  einher;  feine  ©egner  fpien  oor  beneit 
aug,  bie  in  feiner  ^irdje  gemefen  —  eg  waren  ihre  9iacpbarn  unb  nädjften  greuttbe. 
Sie  Uuioerfität  oerfiel;  bag  ganze  Sattb  fpaltete  fih  in  fyaftionen.  3n  \5ena  rücften 
einmal  zePn  gäpnlein  ©olbaten  ein,  um  ein  paar  ©egner  beg  glaciug  aufzuheben 
unb  nah  bem  ©rimmenftein  in  ©ewahrfam  abzuführen,  ©ben  biefe  würben  wieber 
frei  unb  bagegen  30  Sßrebiger  aug  ber  gal)!  ihrer  SBiberfadjer  zufammen  abgefept. 
Ser  föurfürft  oon  ©ahfen  oerjagte  einmal  fämtlihe  fflacianer  aug  Shüringen. 
Herzog  3°ponn  Söilpelm  nahm  fie  fämtlidj  wieber  auf.  3ufommen  fontmen  bie 
Parteien  empor,  überwältigen  ihre  ©egner,  werben  Oon  anbern  überwältigt,  bie 
bann  ben  Vefiegten  wieber  einmal  ^lap  mähen  müffen."  1 

Qn  ber  Vefämpfung  ber  alten  ßirdje  fühlen  manhe  ^ßroteftanten  eg  Sutper 
gleihzuluit.  SBüfte,  nicht  feiten  gerabezu  efelhafte  Vefdjimpfungen  ber  ^äpfte, 
Vifhöfe  unb  ißriefter  waren  etwag  SUItäglidfeg  unb  entzweiten  unb  oerbitterten  bie 
©emiiter  immer  mehr.  Sie  ÜUJagbeburger  3enturien  mit  ihren  2lmmenmär<hen  unb 
gifcpartg  Satiren  mit  ihren  fdjmupigen  Slnfpieluttgen  gaben  oielfad)  ÜDiufter  unb  21n* 
leitung  zur  Weiteren  Verpepung.  Seiber  liefen  fih  auch  ^atpotifen  oerleiten,  im 
Sienfte  ber  Verpepung  zu  arbeiten.  Slnftatt  fih  Zu  begnügen,  ben  iQntmn  zu 
wiberlegett  unb  bie  ÜBaprpeit  zu  oerteibigett,  oergriffen  fie  fih  in  nidjt  Zu  bißigenber 
Söeife  an  ber  Verf°n  beg  ©egnerg. 

©alten  oielen  ^roteftanten  ber  VaPft  alg  SIntidjrift  unb  bie  fö’atpolifen  alg 
Seufelgbiener,  fo  pleiten  manhe  Watpolifen  ben  oon  ber  föircpe  ftetg  betonten  Unter* 
fhieb  ber  formellen  unb  materiellen  fpärefie  praltifdj  nidjt  feft.  ^atpolifcpe  ^olentifer 
begingen  ben  gefjler,  ben  Vegriff  ber  Äeperei  alg  einer  ftfjmer  fdjulbooßen  §alg* 
ftarrigfeit  gegen  ben  ©Tauben  auf  aße  ifßroteftanten  zu  übertragen,  für  bereit  9JMjr* 
peit  bie  Slnwenbbarfeit  beg  Vorwurfeg  ber  $eperei  in  biefem  formeßen  Sinne  nidjt 
Zu  erweifen  war.  Stuf  ben  beiberfeitigen  falfdjen  Stuffaffungen  berupt  ein  guter  Seil 
ber  pipigen,  lieblofen  ^olemif,  aug  ihnen  entfprangen  manche  SÖJafjnapmett  fowopl 
bei  ben  ^roteftanten  wie  bei  beit  ß'atpolifen,  bie  unfere  Vißiguttg  nidjt  zu  finben 
üermögen. 


1  Manie,  Sämtt.  Söerfe  VII  (1874)  57  f. 


SRiicfblicf  auf  bag  16.  SaJjrljunbert.  —  Urfadje  unb  Stnlafj  beg  Sreifjigjäffrigen  Krieges.  5 

Sin  ber  fathotifdjen  ©ad)e  feijr  abgeneigter  ©efd)id)tfchreiber  faßt  bie  Srgebniffe 
beg  16.  $af)rf)unbert§  in  bie  SSorte  jufammen:  „$n  bem  Auggburger  fRetigiong« 
unb  Sanbfrieben  üerjichteten  bag  Oberhaupt  unb  bie  !atf)o!i[cf)en  ©tänbe  beg  beutfcfjen 
fReidfeg  enbgültig  auf  bie  gemattfame  Verfolgung  beg  £utf)ertumg.  ©ie  geftanben 
beffen  Anhängern  ftaattidje  ©teid)bered)tigung  zu,  üerfprad)en,  beten  big  bafjin  ge« 
madjte  Srmerbungen  an  geiftlicfjem  ©ute  nicf)t  anzufedjten,  unb  ftellten  für  bie  $u« 
funft  allen  roettticfjen  fReidjgftänben  frei,  jur  Auggburgifchen  ^onfeffion  übertreten 
unb  beren  Betenntnig  beit  Untertanen  aufzunötigen."  „Unbefümmert  um  bie  Der« 
einbarten  ©aj$ungen  z°9en  bie  ißroteftanten  erft  je^t  in  ber  9Ref)rheit  ber  ©ebiete 
bag  ®ird)engut  ein,  unterbriicften  bie  fRefte  beg  &’at£)oti§igmug,  foroeit  ihre  SOZac^t 
reichte,  unb  bemächtigten  fid)  im  korben  deutfchtanbg  nidjt  meniger  reicf)gunmittel= 
barer  ©tifte  unb  Bigtitmer."  „die  ißroteftanten  behaupteten  fed  ihre  Berechtigung, 
bag  Üirdjengut  einzuziehen  ober  ju  reformieren,  fdfrien  eg  alg  empörenbe  ©ematttat 
aug,  menn  bie  ftattjolifen  gleirf)  ihnen  bie  Untertanen  jum  eigenen  Befenntnig 
jmangen,  unb  oertangten  für  ihre  ©taubenggenoffen  in  ben  fReicffgftäbten  bie  Freiheit, 
eine  fatf)otifd)e  SRinberfjeit  'ju  unterbrüdeit  ober  einer  anberggläubigen  äRehrheit  jum 
drope  ihre  fRetigiongübung  aufjurichten.  9Rit  Ingrimm  beftritten  fie  ferner  bie 
^onfurrenj  beg  9teicf)ghofrateg  mit  bem  ®ammergerid)te,  unb  ohne  ©cheu  leugneten 
fie  fpäter  bie  Berbinbtidjfeit  ber  Befdhtüffe,  metche  bei  ^Reichstagen  Don  ber  9Ref)r» 
heit  in  ©etb«  unb  fRetigiongangetegenheiten  gefaxt  mürben.  3a  fprachen  zuteßt 

fogar  bem  £ammergerid)t  bie  Befugnig  ab,  in  ©adjen,  metche  nach  ihrer  Stuffaffung 
ben  ©tauben  berührten,  ein  Urteil  ju  fallen  ober  ben  fRetigiongfrieben  augjutegen, 
unb  mollteit  beibeg  einer  gütlichen  Bergteicfjung  ber  fReidjgftänbe  oorbehatten  miffen. 
©ie  ftellten  fomit  bie  Söirlfamfeit  alter  jener  Sinridjtungen,  in  metchen  fich  bag 
tReid)  noch  betätigte,  in  ffrage  unb  üernid)teten  biefetbe,  fomeit  ihre  9Rad)t  reifte. 
ÜSSenngteid)  nicht  eben  im  Bemußtfein,  fo  hoch  in  ber  dat  übermiegenb,  trieben 
potitifche  Abficf)ten  Dormärtg.  Sg  fjunbette  fid;  um  bie  meitere  ©tärfnng  ber  burd) 
bie  Berträge  Don  1552  unb  1555  geförderten  derritoriatmadjt,  menn  bie  ©tänbe 
bag  in  it;ren  ©ebieten  gelegene  Äirdjengut  einigen,  unb  um  bie  Berfjütnng  ihreg 
finanziellen  fRuing,  menn  fie  jebe  richterliche  Sntfdjeibung  über  ben  neu  gemonnenen 
Befiß  abmehrten.  @g  ^anbelte  fich  um  bie  Besorgung  nachgeborner  ©ohne  unb 
dödjter  unb  um  bie  Srmeiterung  ber  fpaugmadü,  menn  ber  geifttidje  Borbehatt  an« 
gefodjten  unb  bie  Anerfennung  ber  ©tiftgabminiftratoren  ober  ber  proteftantifdjen 

Äbte  unb  Äbtiffimten  geforbert  mitrbe."1 

©otange  bie  fatfjolifchen  ©tänbe  allen  Bertepungen  beg  fRetigiongfriebeng  unb 
alten  tättidjen  Übergriffen  gufahen,  „ohne  ©timme  ober  fpanb  ju  erheben",  blieb 

alteg  ruhig-  ©obalb  aber  bie  fft'atfjotifen  fich  für  siRed;t  unb  bag  ©efep  jur 

2öet)r  festen,  mußte  ber  &ampf  entbrennen  juerft  in  Söort  unb  ©djrift  unb  fcßtieß« 

lieh  und)  burd)  bie  dat. 

Qn  biefen  h'er  furz  gezeichneten  Borgängen  beg  16.  ^afjtljunbertg  liegt  bie 
Urfadje  beg  greulichen  föriegeg,  ber  in  unerhörter  SBeife  breiig  3af)re  fQng  unfer 
beutfeßeg  Batertanb  oerfjeeren  unb  jum  dummetptaß  beutegieriger  Abenteurer,  jum 
ßanfapfet  frember  (Eroberer  madjen  füllte. 

% 

2öie  bei  jebent  Kriege  müffen  aud;  beim  dreißigjährigen  Kriege  Urfache  unb 
Anlaß  augeinanbergehatten  merben.  der  teßte  ©runb  maren  potitifche  9Rad)tfragen. 
„die  [frage  ber  nach  1555  (Augsburger  fRetigiongfriebe)  erzielten  unb  noch  fernerhin 


1  ©tieöe,  ft'ampf  um  Sonauroörtf)  (1875)  1  5  ff. 


6  Erfteä  ftapüel.  fßolitifdje  uttb  religiöfe  Sage  2)eutfdjlanb0. 

ermatteten  SRadjterm etter ung  ber  ißroteftanten  mar  in  bem  großen  ©treit  ber  Parteien 
bie  §auptfad)e." 1  ©S  fonnte  aber  feine  pofitifcße  SRachtoerfcßiebung  eintreten,  of)ne 
bie  fonfeffionellen  Serf)äftniffe  in  SJcitleibenfd^aft  ju  sieben,  tueil  bie  föonfeffion  ber 
derritoria(f)erren  beftimmenb  für  bie  ber  Untertanen  mar:  SBeffen  baS  2anb,  beffen 
and;  ber  ©taube. 

SBie  bie  Urfadje,  fo  mar  aucf)  ber  entferntere  unb  nähere  Sfnfaß  gunt  dreißig* 
jährigen  Kriege  äunädfft  eine  pofitifcße  9Jiad)ttierfd)iebung. 

der  entferntere  Sfnfaß  mar  bie  ©innafjme  Oon  donaumörth  bnrd)  ben 
§erjog  RJajimifian  non  Sapern  am  17.  de^ember  1607.  2ffS  baprifcßer  |)iftorio= 
grapf)  pat  fid)  aucf)  Qafob  Salbe  mit  ber  fjrage  nad)  bem  llrfprung  beS  dreißig* 
jährigen  Krieges  befdßiftigt.  ©r  fief)t  in  ber  ©innahme  non  donaumörth  bie  SBurjel 
beS  dreißigjährigen  Krieges.  die  ReicfjSftabt  donaumörth  —  fo  führt  er  auS  —  fjatte 
im  Qaf)re  1607  ^er^og  9J?ap  oon  Sapern  im  Auftrag  be§  5?aiferS  jur  ©träfe  für 
ifjren  Ungeporfant  gegen  ben  fö'aifer  mit  gemaffneter  £>anb  eingenommen.  die  ©tabt 
mürbe  bem  §erjog  afS  ißfanb  jugefprocpen,  bis  ber  Äaifer  bie  $riegSfoften  be^apft 
f)ätte.  diefe  Übergabe  erregte  Reib  gegen  ben  dürften  unb  §aß  gegen  bie  Äatpofifen. 
denn  bie  übrigen  ReicpSftäbte  mürben  Oon  donaumörtp  aufgeftadjeft,  meil  eS  fid) 
um  gemeinfame  geuerSgefapr  panbfe.  SUtf  aßen  folgenben  Reichstagen  brach  ber 
©cpmerj  ber  ißroteftanten  über  biefe  Sergemaftigung  oon  neuem  foS.  2Ber  foßte  eS 
glauben,  bie  3urüdbepaftung  donaumörtpS  burcp  Sapern  mar  bie  ^aupturfacpe 
biefeS  dreißigjährigen  Krieges,  daher  fam  eS,  baß  bie  erbitterten  dürften  fid;  auf 
Rüftungen  oerfegten,  bie  reichen  ©täbte  fid)  üerfdjmoren,  baS  gegenfeitige  Vertrauen 
Oerforen  ging  unb  bie  ^atpofifen  ben  ©oangefifchen,  aber  nocp  oief  mehr  biefe  ben 
^athofifen  mißtrauten2,  diefe  darfteßung  SafbeS  ift  nur  teifmeife  gutreffenb,  bie 
Urfad)eu  liegen  tiefer,  reichen  meiter  jurüd  unb  hätten  auch  opne  donaumörth 
fchfießfidj  jum  Kriege  führen  müffen.  Richtig  ift,  baß  ber  £ampf  um  donaumörth 
ben  Angriff  befdhfeunigte.  durch  bie  ©innahme  oon  donaumörth  (1607)  erhielt 
bie  aggreffioe  ißolitif  ber  ^fäfjer  mieber  Obermaffer.  daS  geigte  fid)  auf  bem  ReidjStag 
ju  RegenSburg  (1608) 3.  @S  gelang  ben  ^fäf^ern,  im  -fpinbfid  auf  donaumörth 
mieber  aße  ^roteftanten,  auch  ©acpfen,  gu  einigen  unb  jur  Sfnnapnte  beS  Oon  ©acpfen 
befämpften  pfäfjifchen  ©runbfaßeS  ju  bringen,  bie  Sercißigung  ber  dürfenfteuer  oon 
ber  Sefriebigung  ber  proteftantifcßen  Sfnfprütße  abhängig  ju  madjen.  „der  Sorfcßfag 
ber  ©achfen  ging  oon  ber  Unterfcfjeibung  jmifchen  friebfertigen  föntpolifen  unb  ^efuiten 
auS.  da,  mie  fie  meinten,  bie  Qefuiten  madjfenben  ©inftuß  am  faiferfidjen  £>of 
unb  bei  fathofifdjen  dürften  gemännen,  ipr  unoerrüdteS  3iet  aber  bie  Zertrümmerung 
beS  RefigionSfriebenS  fei,  fo  müffe  afS  Sebingung  jeglicher  ©teuerbemißigung  ge* 
forbert  merbeu,  baß  erft  ber  RefigionSfriebe  im  Reid)StagSabfcf)ieb  förmlich  beflätigt 
unb  bie  Seftreitung  feiner  unüerbrücljfichen  ©eftung  in  Sücßern  unb  ifkebigten  unter 
©träfe  gefteßt  merbe."4  ©cpließfid)  oerließen  bie  ^Sfäfger  unb  ißr  Sfnßang  ben 
ReidjStag,  unb  fo  mürbe  baS  feßte  Organ  ber  ReicpSterfaffung,  ber  Reichstag,  fapm* 
gelegt,  der  nädjfte  ©dpritt  mar  bie  Silbung  einer  friegSbereiten  Partei,  um  auch 
gegen  ®aifer  unb  Reich  bie  gorberungen  ber  Sßroteftanten  burdjjufeßen,  mie  man 
bieS  fdjon  früher  üerfudpt  fjatte. 

daß  bie  ®atf)ofifen  auf  bem  Reichstag  oon  RegenSburg  auf  eine  ©rmeiterung 
beS  SlugSburger  RefigionSfriebenS  unb  auf  bie  Ser^icptfeiftung  ber  feit  1556  entrifjenen 
£ircf)engüter  nid)t  eiitgepen  moßten,  rechtfertigt  ein  ßeroorragenber  ©efdjichtfdjreiber 


1  Sfitter,  ®eutfd)e  ©efcpicpte  II  225.  3  Sgl.  3 a tt ff e n* ip a ft o r ,  ©efiß.  be§  beut= 

2  93  a  d) ,  Sofob  Salbe.  Interpretatio  Soranii  fcpen  Sollet  V16  (1902)  304  ff. 

de  cursu  Historiae  Bavaricae  (1904)  120.  4  fRitter  a.  a.  D.  II  224. 


iRüdblid  auf  baS  16.  ^al)rt)unbert.  —  Urfactje  uitb  Ütntafj  be§  ^reifjigiäfjrigeit  Krieges.  7 

btejer  3eit  mit  ben  SBorten:  „2öogu  fonnte  ihnen  [beit  ßalljolifen]  ein  Vertrag 
bienen,  menn  if)re  ©egner  in  einem  Eltern  erflären :  2öag  mir  eud)  genommen  haben, 
bemalten  mir,  unb  mag  mir  eucf)  nodj  nehmen  fönnen,  bag  merben  mir  nehmen. 
Qm  oorfjinein  ermeitern  biefe  ihr  fdeformationgredjt  nidjt  blofj  auf  ihren  gegen* 
märtigen  23efij3,  iticfjt  bloji  auf  bag,  mag  ihnen  burdj  ©rbfdjaft  gufaden  fönnte, 
fonberit  aucf)  auf  bag,  mag  ihnen  ,auf  anbere  fffieife*  ju  teil  merben  mürbe.  (Diefe 
,anbere  2Beife‘  mar  eg,  meldje  ifjnen  gum  S3efi^  fo  Dieter  reidjgunmittelbarer  fSigtiimer 
Oerljolfen  f)atte;  biefelbe  , anbere  2öeife‘  mar  eg,  meldje  fte  erft  oor  furgem  in  ber 
©üfularifierung  non  Sturlöln  nerfucf)t  Ratten  unb  bie,  nadt  fjerauggefagt,  nidjtg  alg 
©emalt  mar.  Unb  nun  bebenfe  man,  bafj  bie  Urheber  unb  Vertreter  ber  pfälgifdjen 
Qnftrultion,  ädänner  mie  ©amerariug,  ißleffen,  oor  allem  aber  ber  Qiirft  ton  Slnljalt, 
fic^  nidjt  entblöbeten,  gegen  Qefuitigmug,  papiftifdjen  ®efpotigmug,  gegen  ben  ge* 
loaltfamen  Unterbrüder  ber  ,etangelifd)en  23atjrt)eit‘  Qerbinanb  oon  ©rag  gu  bonnertt, 
fie,  bie  bocf)  ©runbfälje  aufftedten,  in  benen  ber  ©emiffengfreifjeit  beg  35oIfe§  minbefteng 
ebenfomenig  Ütedjnung  getragen  mürbe,  alg  bieg  bei  jenen  ber  Qad  mar,  metdje  fie 
nidjt  mübe  mürben  gu  oerläftern  unb  an  ben  fßraitger  gu  fteden."1 

©in  23eifpiel,  mie  aug  ben  fßfälger  Greifen  bie  Qefuiten  atg  bie  eigentlichen 
Qriebengftörer  oerfdjrieit  mürben,  bietet  ber  23rief  beg  ©rafen  SSilljelm  ton  9iaffau, 
batiert  ^peibelberg,  25.  Qanuar  1608,  an  feinen  3>ater  ©raf  Qofjanneg:  ,,©g  ift  flarer 
alg  bag  dageglidjt,  bafs  bie  Qefuiten  (bie  fdjeufjlidjfte  Stdeufcfjenart,  bie  ber  Teufel 
felbft  gur  ©tülge  beg  finfenben  )]3apfitumg  aug  ber  §öde  gerufen  fjnt)  nur  eing  er* 
ftreben,  nämlidj  ben  Qrieben  gu  oernid)teu  unb  SDeutfdjlaub  in  einen  furchtbaren 
$rieg  gu  üermicfeln."  Qunt  föemeig  fügte  er  bie  angeblidjen  Söorte  eineg  jefuitifchen 
fö’angelrebnerg  an:  ©inb  mir  ßatljolifen  nidjt  geriiftet  mit  ©elb,  ©olbaten  unb 
SBaffen?  2Bag  gögern  mir  nodj?  Söarum  erheben  mir  ung  nidjt,  bie  .päretifer  mit 
©tumpf  unb  ©tiel  auggurotten?2 

Slm  4.  äftai  1608  brachte  ber  ißfälger  Äurfürft  Qriebridj  IY.  bie  Union  gu 
ftanbe.  ©g  traten  bei  aufjer  ^urpfalg:  fßfalg-Dieuburg,  33ranbenburg*2tnsbadj  unb 
Sapreuth,  Söürttemberg  unb  23aben*®urladj;  etmag  fpiiter  Sturbranbenburg,  Reffen* 
Staffel  unb  bie  ©täbte  ©trafeburg,  Nürnberg  unb  Ulm.  ©rft  ein  Qafjr  fpiiter,  am 
10.  Quli  1609,  mürbe  gur  Slbmeljr  ber  oon  ber  proteftantifdjen  Union  brohenben 
©efahren  bie  fadjolifdje  Union  gegrünbet,  bie  fpiiter  ben  kanten  Siga  erhielt.  Qn 
biefer  fatholifchen  Union  oereinigten  fich  £)ergog  Sdaj;  oon  Söatjern  unb  fieben  geift* 
liehe  Qürften,  Söürgburg,  Stonftang,  Sluggburg,  ©rgljergog  Seopolb  alg  SBifdjof  oon 
©trafjburg  unb  ^Saffau,  Stegengburg,  ©dmangen  unb  St'empten;  einen  üütonat  fpüter 
fchloffen  fich  bie  brei  geiftlidjen  Sturfürften  unb  ©rgljergog  Qerbinanb  oon  ©teiermarf 
an.  Slnfnüpfenb  an  frühere  SBerfudje  fdjlof?  bie  proteftantifche  Union  am  11.  Qe* 
bruar  1610  ein  förmlidjeg  Sitnbnig  mit  Qranfreid)3.  ßmei  Qafjre  nacf)  ber  ©rün* 
bung  biefer  Union  fädte  ber  Sturfürft  oon  ©acfjfen  am  18.  üülärg  1610  über  bie 
bigherigen  ©rfolge  bag  Urteil:  „®er  oon  ben  linierten  angegebene  Qmed  ber  Union : 
©rleidjterung  ber  Sonaumörther  3)rangfale,  Qriebe  im  fHeidj,  ißeförberung  beg 
eoangelifchen  Söefeng,  ift  nidjt  erreicht,  bie  Union  hat  bie  eoangelifdje  ©adje  oielfadj 
in  größere  ©efahr  gefegt,  ©g  liegt  am  Sage,  bafj  ber  Union  ganje  Qntention  allein 
bahin  geht,  ben  faiferltcfjen  befreien  nicht  gu  parieren.  ®ah,  oeranla^t  burdj  bag 


1  ©inbell),  Stubolf  II.  1  (1862)  160.  Bur 
Süuftration  biefer  2Borte  mag  beigefügt  merben, 

bah  bon  1602  bis  1618  ber  fatf)oIifcf)en  ®ird)e 
nod)  fünf  Bistümer  entzogen  mürben:  Stamin 

1602,  ©djmerin  1603,  Sübed  1607,  31abeburg 
1610,  §alberftabt  1616  —  ade  burd)  proteftan* 


tifebe  g-ürften  unb  grinsen.  9titter  a.  a.  0. 
II  420. 

2  £ateinifd)er  SBortlaut  bei  ©trübe,  9(uS* 
fübrlicbe  ^tftorie  ber  9{eIigionSbefd)merben  I 
(1722)  427  f.  3  über  frühere  Skrfudje  bgt. 
Sutfjr,  Sd’uitenfabein*  (1904)  163  f. 


8  SrfteS  Äapitel.  SoIitifd)e  unb  religiöse  Sage  $eutfd)lanb3. 

beginnen  ber  Union,  bie  ®atf)olifd)en  fich  aud;  gefaxt  machen,  ift  ihnen  nicht  311 
Derbenfen." 1 

3luf  eine  9iecf)tfertigungSfd)rift  ber  Union  antworteten  am  30.  1610  brei 

nicf)tfatholifd)e  dürften,  ^er  Äurfiirft  non  ©adjfen,  ber  £>ergog  §einricf)  Julius  001t 
Sraunfcf)Weig  unb  ber  Sattbgraf  Subwig  Don  £>effen*Sarmftabt  u.  a. :  „GS  liegt  jjept 
am  Jage,  bap  bie  Union,  bie  Aufwedung  frember  Potentaten  unb  bieS  oorftepenbe 
ÄriegSwefen  eigentlich  unb  allein  baf)in  gerietet  ift,  ben  Sefreten  beS  föaiferS  nicht 
gu  gehorcfien  unb  bie  fatpolifchen  ©tänbe  heimgufudjen."2 

©djon  im  ^apre  ber  Grünbung  ber  Union  patte  fid)  bei  ben  Pfälgern  baS 
©treben  nad;  ber  böhmifchen  ®rone  funbgegebett,  unb  ber  ©treit  um  biefe  ®rone 
füllte  bann  ben  nädjften  Anlap  gum  Kriege  geben3. 

$n  Söpmen  hatten  bie  proteftantifdfien  Abeligen  eine  immer  brohenbere  Haltung 
gegen  ben  Äaifer  angenommen,  ©ie  warteten  nur  auf  eine  Gelegenheit,  bie  böpmifdje 
förone  einem  proteftantifepen  dürften  aufs  ^aupt  gu  fepen.  Siefe  Gelegenheit  boten 
ihnen  bie  befannten,  Dollftänbig  rechtlichen  SRapregeln  gegen  ben  Sau  proteftantifdjer 
Kirchen  auf  bem  Gebiete  fatpolifcper  geiftlicpen  Herren4.  Gin  podjDerräterifdjer 
ÜRorb  an  ben  pöcpften  Seamten  brachte  bie  Abfidjten  ber  böhmifchen  Sefenforen  mit 
fchredticher  Seutlicpfeit  an  ben  Sag.  3uerft  tooUte  man  bie  beiben  Statthalter  in 
ber  föniglichen  ßanglei  nieberftechen,  bann  aber  wählte  man  ben  barbarifepen  „alten 
Sraucp"  unb  ftürgte  fie  am  23.  ÜDtai  1618  aus  ben  genftern  hinunter  in  ben  Surg* 
graben.  Sie  ^Rechtfertigung  beS  ÜRorboerfucpS  enthält  bie  offene  Grflärung  beS 
Aufruhrs,  unb  nunmehr  beginnt  bie  offene  Serbinbung  mit  ber  proteftantifepen  Union. 
Sie  Union  begnügte  fidj  nicht  allein  bamit,  bie  böpmifdjen  fHebellen  aufgumuntern, 
fie  oerbürgte  fich  für  eine  Anleihe  Don  200000  Gulben  an  bie  Gmpörer  (Quni  1618). 
SaS  (paupt  ber  Union,  g-riebrid)  Don  ber  Pfalg,  nahm  bann  bie  Don  ben  Aufrührern 
angebotene,  nicht  erlebigte  böpmifdje  $rone  an.  Gr  erflärte  babei  feierlich:  „2öir 
bezeugen  aber  babei  nodjmalS  mit  reinem  Gewiffen,  bap,  im  galle  wir  einige  SRittel 
ober  Gewippeit  gefehen,  burd^  unfere  Üiepubiation  biefer  unfelige  $rieg  in  continenti 
gelegt,  ber  eble  f^rieb  gugleicp  mit  Seftanb  erhalten,  aud)  beffen  allen  baS  gange 
römifdje  Üteidj  genugfam  hätte  Derfichert  werben  fönnen,  bap  unS  alle  ber  Söelt  Gpr 
unb  Gut  nicht  Derleitet  höben  füllte,  fonbern  wir  wollten  aisbann  nicht  allein  bie 
offerierte  ®ron  auSgefcplagen,  fonbern  auch  nodj  unfer  äuperfteS  Vermögen  bagu 
gern  angewenbet  hoben/'  Ser  proteftantifdje  £)iftorifer  ©enfenberg,  beffen  ©pmpatpien 
ben  Gebellen  mehr  gehören  als  ihren  Gegnern,  urteilt  über  biefeS  ©djreiben:  „^ft 
eS  möglidj,  Gott  gum  $eugen  gu  nehmen,  man  höbe  nicht  nad)  Grhöhung  getrachtet, 
mau  höbe  nicht»  beSpalb  praftigiert,  wenn  man  bodj  felbft  beS  Gegenteiles  fich  &e* 
wupt  ift?  SBenn  ^riebridj  biefen  AuSbrud  feines  SRanifefteS  felbft  gelefen  unb 
alfo  gebilligt  hot,  war  nicht  bieS  allein  genug,  um  bie  ©träfe  ber  fälfdjlich  an* 
gerufenen  Gottheit  auf  fein  §aupt  perabgugiepen?"6 

Gine  Abmapnung  ber  fünf  Ä'urfiirften,  alfo  aud;  ©achfenS  unb  SranbenburgS, 
Dom  26.  Oftober  1619  an  griebrid)  Don  ber  Pfalg  hebt  peroor:  „Sie  Grotte  Don 
Söpmen  ift  nidjt  erlebigt.  Sen  ©tänben  Don  Söhnten  fiept  nicht  baS  Redjt  gu, 
auS  eigener  SRacpt  ihren  gefrönten  uttb  anerfannten  föönig  wieber  gu  üermerfen. 


1  Sitter,  93riefe  unb  Elften  jur  ©efdjidjte 
be§  Sreifjigjäfir.  ®riege§  III  (1877)  209 2.  Sgl. 
Sitter,  3)eutfd)e  ©efd)id)te  II  247  ff  332. 

2  ©enfenberg,  £äberlin§  SenereJeutfdie 
9{eicb»gefd)id)te  XXIII  (1792)  288. 

3  Sfaljildje  2(u§blide  nad)  Söfjtnen  batieren 


fdjon  bom  ^afjre  1605,  alfo  nod)  nor  bem 
$ouantbörtf)er  ßreigui§.  Sgl.  .spiftor.  3eitfd)r. 
LXXIX  241  ff. 

4  Säffereö  iutjr,  Sefuitcnfabeln4  167  ff. 

5  ©enfenberg,  ^äbertinS  teuere  Seutfcfje 
9ieid)§gefd)id)tc  XXIV  (1793)  388  2(. 


SUicfblicf  auf  ba§  16.  8af)rf)unbert.  —  Urfacfje  unb  2fnlaf)  be§  S)rei§igjäf)rigen  Krieges.  9 

Kurpfalg  ift  oon  bem  Kaifer  nidjt  offenbiert  morben.  gerbinanb  mirb  fid)  fein  ©rb> 
fönigreid)  nidjt  aus  ben  (pänben  reihen  faffen,  fonbern  baS  Sufferfte  babei  auffehen. 
Jie  ffteidjSftänbe  werben  if)n  babei  nidjt  hilflos  taffen.  21uch  anbere  Potentaten, 
bie  bisfjer  ber  Sache  gugefetjen,  merben  ber  gefätjrlidjen  Konfequengen  halber  biefen 
9)?obum  nid)t  gut^ei^en,  fonbern  als  in  gemeinfamer  ©efaljr  bent  Kaifer  bie  (panb 
bieten.  21uS  meinem  allem  bann  ein  foldjer  allgemeiner  Krieg  unb  21ufftanb  im 
9ieicf)  fid)  ergeben  unb  begeben  möchte,  baff  öon  bem  erfcfjrecflidjen  Slutoergiefjen, 
2anb«  unb  ßeute*23erberben  unb  beffen  23erurfacf)ern  bie  ^piftorien  gu  reben  haben 
merben,  folange  bie  Sßelt  fteljt."1 

211S  bann  griebrid)  bie  91nnaf)me  ber  böfjmifchen  Krone  in  einem  offenen  21uS< 
fdjreiben  oerteibigte,  erlief)  gerbinanb  II.  eine  proteftation,  in  roeldfer  er  ben 
©harafter  ber  Jefenfion  betont  unb  ben  23ormanb  ber  Religion  entfcfiieben  gurüd= 
meift.  „|)ierentgegen  uns  gang  fchmerglicf)  gu  ©ernüte  gefjt,  maS  bigfjero  burd) 
fBerurfadjen  etlicher  meniger  SSibermärtigen,  fo  unter  bem  Hantel  ber  Religion  if)re 
abfdjeuliche  Rebellion  bebeden,  unfern  armen  Untertanen  für  23ebrängniS  an  Seib 
unb  ®ut  oon  beS  einen  unb  beS  anbern  JeileS  KriegSüoIle  gugefügt  mirb:  211S 
begeugen  mir  hiermit  gleichfalls,  baff  mir  an  allem  bem  unfcfjulbigen  231ute,  21rmut 
unb  23erberben,  fo  biefer  leibige  Krieg,  babei  niemanb  mehr  als  mir  ©dfaben  leiben, 
meil  eS  um  unfer  £anb  unb  Seute  gu  tun,  oerurfadjt  unb  auch  ferner  mit  fid) 
bringen  möchte,  unfcfjulbig  fein  roollen,  fintemal  mir  oor  ©ott  in  unferem  chriftlichen 
©emiffen  beffen  unS  mohl  befriebigt  finben,  bah  tuir  gu  allem  foldjem  Unheil  leine 
Urfadje  gegeben."2 

gn  bemfelben  21ugenblid,  in  meldjern  bie  Böhmen,  Mähren,  Scfjlefier,  Ungarn 
bie  gähne  beS  91ufruf)rS  gegen  ihren  redjtmähigen  gürften  erhoben  unb  bie  gadel 
beS  Krieges  entgünbeten,  erhoben  fie  gegen  bie  gefuiten  bie  21nflage  auf  (Störung 
beS  griebenS.  Sie  blieben  auch,  gleich  bem  SBotf  in  ber  gabef,  nicht  bei  ber  2ln* 
Hage  beS  SBaffertrübcnS  ftehen,  fie  festen  ihre  SSorte  in  Jäten  um.  üöenige  Jage 
nad)  bem  genfterfturg  oermiefen  bie  böhmifchen  Jireftoren  in  „unerhörter  Kühnheit 
ben  fatholifchen  (Srgbifcfiof,  bie  21bte  non  Straljom  unb  oon  ißraunau  unb  anbere 
Prälaten  aus  bem  Sanbe  unb  fanbten  in  alle  Greife  eine  fdiarfe  .  .  .  ißerorbnung 
gegen  bie  gefuiten.  J)aS  Jefret  ber  Stänbe  ift  Oom  9.  guni.  So  muhten  bie 
gefuiten  ihre  Kollegien,  bie  fie  gu  Prag,  Krumau,  9ieuf)auS  (unb  ©la^)  hatten,  aufs 
fchleunigfte  räumen  unb  binnen  14  Jagen  auS  bem  gangen  Königreiche  meidjen. 
ÜUidfeljr  mürbe  ihnen  bei  JobeSftrafe  oerboten.  2öer  einem  gefuiten  21ufentf)alt 
geftatten  ober  für  fie  gürbitte  einlegen  mürbe,  follte  als  geinb  beS  ißaterlanbeS 
geachtet  fein"3,  ißon  biefen  Gebellen  mürben  bie  gefuiten  befc^ulbigt,  bah  fie  „21uf= 
rühr  unb  ©mpörung  anridjten,  bie  Obrigfeiten  miber  bie  Untertanen  unb  fjergegen 
bie  Untertanen  miber  bie  Obrigfeit  aufgemiegelt,  bie  Könige  unb  ©efalbete  beS  fperrn, 
bie  ihren  böfen  fRat  ©otteS  unb  ©emiffenS  halber  nachgufolgen  immer  Scheu  ge= 
tragen,  einem  jeglichen  Jotfdjläger  angutaften  erlaubet"4. 

Jie  möhrifcfjen  „ J)ireftoren"  Überboten  nodj  ihre  böhmifchen  23rüber  an  ©ifer 
gegen  bie  gefuiten.  21m  6.  ÜOiai  1619  geboten  fie  ben  gefuiten,  fie  füllten  fiel)  „auS 
biefem  äftarfgrafentum  Mähren  hinmegpaden,  unfer  liebes  SSaterlanb  fliehen  unb 
meiben.  2Bofern  aber  einer  fid)  ferner  mürbe  finben  taffen,  berfelbe  foüe  ohne  alle 
©nabe  unb  rechtliches  fßerljör  am  Seben  geftraft  merben".  Jie  fdjlefifdjen  gürften 
unb  Stänbe,  bie  einen  palt  mit  ben  böhmifchen  Gebellen  gemadjt  hatten,  erliefen 


1  Londorp,  Acta  publica  I  (1627)  684.  23öf)men  I  (1844)  340.  211.  ^roefj,  ©efcf). 

2  @6b.  II  439.  ber  böf)mifcf)en  ißrobinj  ber  ©efeüfcfjaft  3lefu  I 

3  Sßefcfjef,  ©efcf).  ber  ©egenreformation  in  (1910)  907  ff.  4  f)3efd)ef  q.  q.  0.  I  342. 


10  •  ©ifteS  Kapitel.  fßolitifdje  unb  religiöfe  Sage  $eutfd}IanbS. 

am  24.  ^uni  ein  patent  jur  Slugtreifcung  ber  ^efuiten,  meil  bag  ^Srafti^ieren  unb 
Verfolgen  berfelbett  offenbar  itnb  am  Stag  fei.  Sin  bie  fßatreg  erging  ber  Sefeljl, 
bei  £ei£>-  unb  SebenSftrafe  aug  bem  Sanbe  ju  meinen,  an  bie  ©inmofjner  bag  Serbot, 
tfjnett  Unterfcfylupf  ju  gemäßen,  bei  Serluft  öon  §ab  unb  ©ut1. 

®ag  mar  bag  Sog  ber  ^efuiten  im  Stnfange  beg  SDreifeigjä^rigen  Krieges.  ®ie 
Qefuiten  f)aben  bie  böljmtfdjen  sperren  gemiji  nid^t  jum  SüRorböerfudj  gegen  bie  faif er¬ 
liefen  Beamten  gebrängt,  unb  alg  bag  ©räjiltcfje  gefefefen,  tonnten  fie  bod)  rnotjl 
feine  Partei  für  bie  SRörber  ergreifen.  SDaff  fie  fdfon  im  ^ntereffe  beg  SRecfjteg, 
fomofjl  beg  faiferlicfen  alg  beg  irrigen,  entfdjiebeneg  SSorgefen  gegen  bie  fRebellen 
münfd) ten,  fann  ifjnen  nidjt  oerargt  merben,  nadjbem  eg  einmal  fo  meit  gefommen 2. 

fffiäfrenb  bie  Stimmung  meiter  proteftantifefer  Greife  beim  Slugbrud)  ber  böf- 
mifdfen  Sebellion  bie  auggelaffener  greube  mar3,  ferrfefte  bei  ben  ^efuiten  alleg 
meniger  alg  Übermut.  ®er  ©erteral  Sitellegdji  gab  am  23.  ^uni  1618  in  einem 
Sörief  an  ben  fßroüinjial  ©eorg  fRumer  feinem  Sdjmerje  unb  feiner  Söeforgnig  Slug* 
bruef  über  biefe  traurigen  ©reigniffe,  beren  ©nbe  ft  cf  nidf)t  abfefen  taffe ;  er  empfieflt 
eifrigeg  ©ebet,  bafs  ©ott  alleg  jum  beften  lenfe.  Qn  äfnlicfem  Sinne  fcfreibt  er 
unter  bemfelben  SDatum  an  P.  Valentin  ©oroniug4.  ©in  ^afr  fpäter,  am  15.  ^uni 
1619,  rief tete  ber  ©eneral  ein  fRunbfcfreiben  an  bie  ganje  ©efellfcfaft,  in  melcfem 
er  ju  ©ebet  unb  Suffe  aufforbert,  um  bie  großen  ©efafren  oon  Söfmen  unb  SDentfcf-- 
lanb  abjumenben5. 

©ntfefieben  für  bie  ^efuiten  trat  ^erjog  SRagimitian  oon  Sofern  auf.  ^n 
bem  Sefcfeib  tiont  24.  Quli  1618  tief  er  bie  böfmiftfen  Stänbe  barauf  aufmerffam 
maefen,  baf  bie  Qefuiten  burcf  ben  ^aifer  gtrbinanb  mit  beg  ganjen  Sanbeg  Ser- 


1  L  o  n  d  o  r  p ,  Acta  publica  I  427  f. 

2  Stau  beruft  fid)  bielfad)  auf  eineu  Vrief 
beS  P.  91umer  auS  ißaffau  au  P.  Samormaini 
in  ©rag.  2)iefer  Vrief  inurbe  abgebrudt  in  ber 
Vrager  glugfdjrift  „§ufitenglocfe"  unb  in  ber 

„©rofjen  ober  anbern  Slpotogia  ber  Vöf)mifd)en 

©tänbe  sub  utraque"  (394  f),  beibe  auS  bem 
gafre  1619.  Scanner  antwortete  in  ber  Apo- 
logia  auctior  (85  ff),  baf?  er  nod)  nidjt  tniffe, 

ob  ber  Vrief  ed)t  ober  wenigftenS  ofne  frembe 
Sufäße  fei.  ©ollte  ber  Vrief  ed)t  fein,  fo  be= 
weife  er  bod)  nid)t,  was  bie  ©egner  loottten. 
Senn  eS  »erbe  barin  bie  Hoffnung  auf  Erfolg 
auSgebrücft,  toenn  gegen  einen  fffeinb,  ber  fdjon 
in  SBaffen  ftelje,  aud)  mit  2Baffengewalt  bor- 
gegangen  toerbe.  Übrigens  feien  alles  perfön- 
lidje  SBünfcpe  unb  Meinungen  eines  einzelnen, 
aud)  wenn  eS  fjeijje,  bafj  jefet  bie  geiube  feIbft 
bie  ©elegenfjeit  perbeigefüljrt,  ipneu  bie  bem 
Trieben  beS  SanbeS  fo  fd)äblid)eu  ißrioilegien 
gu  entgiepen.  9)tit  SRedjt  betont  Sanner,  mie 
bie  ©egner  eS  bann  bod)  magen  bürften,  bie 
Vertreibung  ber  Sfefuiten  mit  einem  Vriefe  gu 
rechtfertigen,  ber  erft  n  a  d)  ber  Vertreibung  ge- 
fdjrieben  fei.  Über  ben  Vrief  SRunterS  fcfreibt 
P.  Valent.  EoroniuS  an  ben  ©eneral  auS  SBien 
am  20.  Oft.  1618:  Litteras  R.  P.  Y.  15.  Sept. 
dat.  accepi,  ad  quas  rescribendum  nihil  occur- 
rebat  nisi  quod  litterae  P.  Provlis  (Rumer) 
ab  aequo  lectore  lectae  reprebendi  quidem 
non  possunt;  ab  iis  vero,  qui  omnia  nostra 
sinistre  accipiunt,  male  explicantur.  Sie  Vöfp 


mett  pätten  mieberum  eine  (Schrift  perauS- 
gegeben,  in  meldjer  fie  unter  ben  Urfadjen  für 
bie  Vertreibung  ber  ^efuiten  aud)  biefen  Vrief 
anfüprten.  Sie  ©cplefier  gäben  unter  ben  ür- 
faepen  für  bie  Unterftüßung  ber  Vöpmen  an, 
baß  fie  einen  Vrief  eines  ^efuiten  gefep  en,  auS 
bem  Har  perborgepe,  bafj  eS  fid)  um  einen  91e= 
ligionSfrieg  panble.  Sie  Sage  in  Vöfmen  unb 
VSien  ftelfe  oergtoeifelt.  Has  calamitates  R.  P.  V. 
volui  (quod  dolens  feci)  insinuare  ut  eo  magis 
communibus  precibus  Soctis  R.  P.  V.  nos  ad- 
iuvet  ut  bonus  Dominus  qui  suos  castigat 
sua  sancta  consolatione  etiam  ditet.  *  Orig. 
Über  mtbere  Ulnflagen  gegen  bie  gefuiten  wegen 
Verlegung  beS  SJtajeftätSbriefeS  ufw.  f.  Sufr, 
^efuitenfabeln4  160  f. 

3  ©o  g.  V.  in  Erfurt.  VitelleScfji  an  Ea- 
linuS  in  Erfurt,  29.  ©ept.  1619.  *  Drig.äReg. 
Ad  Rhen.  4  *  Orig.-Veg.  Ad  Austr. 

5  *  SBien,  ©efj .  ©taatSard)io,  ©eiftl.  Slrdjiö 
91r  488.  Slud)  fd)on  üorfer  war  bie  Stimmung 
ber  gefuiten  bielfad)  eine  fefr  gebrüdte.  2luS 
9lnlaß  ber  Vorgänge  in  ©cflefien  fdjreibt  g.  V. 
P.  3°f)-  $eder  am  18.  9Joü.  1612  auS  ©rag 
an  ©tobaeuS :  Res  ista  vereor  ne  longius  ser- 
pat  et  ista  prooemia  quantum  auguror  tragi- 
cam  dabunt  catastroplien.  Scenam  mox  ex- 
hibebit  Moravia ;  si  illam  bene  novi,  nec 
conticescet  Austria  nisi  de  macliina  succurrat 
Deus  et  tragoediam  nobis  vertat  in  cornoe- 
diam.  Quod  optare  magis  libet  quam  sperare 
(Stobaei  Epistolae  378). 


Stücfbticf  auf  ba§  16.  3abtf)unbert.  —  Urfacbe  unb  9tntaf>  be3  $reif}igjäbrigen  &riege§.  1 1 


midigung  unb  fräftiglid)  oerfprodjenem  ©chufj  unb  ©djirnt  eingeführt,  aud)  im  öffent¬ 
lichen  SDrud  befennen  unb  befenbierert,  ben  2InberSgIäubigett  müfje  bie  Streue  bemafjrt 
merbeu.  3tucf)  ber  größte  Übeltäter  fönne  nach  bem  9iaturred)t  nicht  berurteilt  unb 
eyeguiert  tu  erben,  er  fei  juoor  gehört  unb  legitim  öerurteilt  mürben1,  ^n  ber  ^n> 
ftruftion  für  feine  ©efanbten,  bie  er  auf  Verlangen  beS  ÄaiferS  ju  ben  griebeuS» 
oerhattblungen  an  bie 
©tänbe  fdjidte,  oer- 
langte  er  unbebingt  bie 
fofortige  fReftilution 
ber  Patres  Societatis, 
bie  formlos  offne  ^3ro* 
geh  unb  of)ne  Vertei- 
bigung  geächtet  mor- 
ben;  bergleicfjen  i}3ro> 
jeff  fei  felbft  bei  dürfen 
unb  Reiben  unerhört. 

@S  fei  funbbar,  baf? 
bie  S’efcer  jur  Unter- 
briidung  ber  fatfjoli- 
fd)en  Üteligion  allent¬ 
halben  fein  größeres 
.fpinberniS ,  bagegen 
bie  fatf)olifd)e9ieIigion 
feinen  befferen  ©dftein 
hätten  als  eben  bie 
Patres  Societatis ;  bie 
Äefcer  fähen  eS  nur 
barauf  ab,  biefe  Päch¬ 
ter  uon  bem  ©cfjafftad 
megjubringen,  um  fo 
hernach  beS©d)afftadS 
äfteifter  ju  merben. 

Söerbe  bei  einem  or« 
bentlichen  ^Srojeh  be- 
funben,  bajj  einer, 
mehrere  ober  ade  in 
bem  einen  ober  anbern 
©tüd  fich  uergriffett, 
aisbann  fode  man 
miber  fie  ihrem  Ver¬ 
brechen  nach  mit  oer- 
bienter  ©träfe  öerfaf)- 
ren.  SIber  bah  ohne 

Unterfudjung  unb  Urteil  ein  nidjt  juftänbiger  9tidjter  ejequiere,  fei  „miber  adeS  9ied)t, 
miber  bie  Vernunft,  meldje  fogar  bie  milben  Stiere,  gefdjmeige  bie  9Henfd)eu  gelten 
laffen  foden  unb  muffen"2. 


$er  ©eneval  SßiteDeMji.  Stich  (5/s). 
Stutograph  ait§  einem  Söriefe. 


* 


1  Gfjr.  b’Eioert,  SBeitere  Beiträge  jur  @e-  (1868)134.  Sßgl. f|S. $b-SBolf, SJlagimilianl. IV 

fdjidjtc  ber  böt»mifcf)en  Sauber  im  17.  gatjrbimbert  (181 1)  135.  2  ßeitfdjr.  f.  fatf).  3Tf>eoI.  1896,187  ff. 


12 


Grfied  Kapitel,  fßolitifcfje  imb  rcligiöfe  Sage  $eutfd)Ianb§. 


$n  ber  gangen  neueren  (55efcf)icf)te  gibt  eS  lein  Veifpiel,  bafg  ein  $rieg  gmifdjen 
ben  9LT2äcf)ten  nur  megen  einer  ^bee  geführt  tourbe;  eS  maren  ftetS  SBefi^fragen,  bie 
ben  $rieg  oerurfachten.  Dicht  anberS  üerhält  eS  fiel)  mit  bem  ®rei^igjiif)rigen  Kriege. 

„9?ic^t  um  ®ird)entümer,  fonbern  um  $ürftentiimer  unb  Königreiche  f)anbelt  eS 
fich,  unb  als  ein  DeligionSfrieg  fann  ber  fjeillofe  ®ampf,  meldfer  um  baS  ^afjr  1648 
geenbigt  mirb,  nur  infomeit  gelten,  als  er  freilief)  aus  ber  Deformation  peroorging, 
als  bie  ftreitenben  Parteien  bie  religiöfen  ©efinnungen  ber  Dlaffen  bei  Veredlung 
ihrer  SIngriffS*  ober  SBiberftanbSfraft  mit  in  Slnfdjlag  brachten,  als  einzelne  Streitenbe 
roirflich  burd)  religiöfe  Vemeggrüitbe  gum  ^anbeln  getrieben  mürben."  1 

Vorbereitung  unb  SluSbrud)  beS  Kriegen  fallen  in  erfter  Sinie  ber  pfälgifdfen 
Partei  gur  Saft.  „®ie  pfälgifdje  Partei  fonnte,  §ugfeidf)  im  Vunbe  mit  ben  Dieber* 
lanben,  im  3af)re  1613  burd)  Sprengung  beS  DeidjStagS  gu  DegenSburg  bie  SD?a§fe 
oöüig  abmerfen.  ®ie  linierten  ober  fö'orrefponbierenben  oermarfen  bie  ©eltung  ber 
Stimmenmehrheit  auf  Deicf)Stagen:  in  Vegug  auf  DeligionS»  unb  ©emiffenSfadfen, 
KontributionS»  unb  ®ammergerid)tsfachen,  Gß-emtionen,  ißrioilegien,  in  Sachen,  barin 
oon  beS  gemeinen  VaterlanbeS  SBoIflftanb,  |>eil  unb  Duhe  gehanbelt  mirb,  in 
Streitigfeiten  gmifdjen  Katholifchen  unb  ©oangelifdjen ,  Deid)S*&onftitutionen,  Ver¬ 
trägen  ber  ©efcplechter,  Verhanblungen  unb  Verbünbniffen.  2llfo  mit  einem  SBorte: 
in  allem.  Sprechen  foldje  gorberungen  nicht  jebern  ftaatSrechtlichen  ©runbfape  gang 
offen  §ohn?  Qft  nicht  burd)  ihre  Veljauptung  baS  Deich  tatfädjlid)  aufgelöft?  ^ft 
ein  föampf  gegen  eine  foldje  frangöfifch=h°ltäubifche  gaftion  ein  DeligionSfampf?"2 

„®er  nädjfte  Urheber  beS  dreißigjährigen  Krieges  ift  griebrid)  oon  ber  )}3falg, 
mit  beffen  KriegS§ug  gegen  ben  Kaifer  ber  Krieg  beginnt,  die  böhmifchen  Unruhen, 
oon  benen  man  ihn  auSgef)en  läßt,  mären  entmeber  frieblich  beigelegt  morben  ober 
hätten  fich  nicht  über  bie  ©rennen  VöhmenS  oerbreitet,  menn  fyriebrid)  be§  2)reifronem 
raubeS  fiep  enthalten  hätte.  ViS  gu  feinem  KonfeffionSraechfel  ftanb  baS  pfälgifdje 
HauS  mit  bem  Kaifer  in  gutem  Grinüernehmen ;  eS  ermieS  fid)  ihm  treu  unb  ergeben. 
SCber  genau  oon  ber  $eit  an,  als  eS  fich  3um  ©orte  unb  Vorfämpfer  beS  GaloiniSmuS 
aufmarf  unb  feine  ißolitif  oon  ©enf  fich  oorgeichnen  ließ,  ftellte  eS  fich  in  erfter  Deifje  gu 
ben  ©egnern  ber  Habsburger,  ftrebte  heimlich  burch  Siicfe  unb  Verleumbung  bem  Kaifer 
ffeinbe  gu  erregen,  mo  eS  fonnte,  unb  übte  gegen  Spanien  offene  ffeinbfeligfeit  unb 
©emalttaten.  9Jät  meldjen  Kriegs^  unb  UntmälgungSplünen  fcpoit  güiebridjS  Vater 
(fyriebrich  IV.)  unb  fein  Datgeber  (5hriftion  oon  Slnpalt  fich  trugen,  mie  beibe  für 
bie  Slusführung  berfelben  gleich  bon  oornf)erein  in  einer  für  baS  nationale  ©efüljl 
unb  ^ntereffe  oöllig  rüdfidjtSlofen  SBeife  fich  mit  He>nrid)  IV.  oon  granfreiclj  in 
Verbinbung  fepten  unb  auf  baS  3uftanbefommen  ber  oon  ihm  entroorfenen  Union 
proteftantifd)er  dürften  unter  frangöfifchem  Ißroteftorate  losarbeiteten,  liegt  feit  fordern 
enthüllt  oor.  üffiie  ber  (Sntfcßluß,  ben  Kaifer  gu  befriegen,  feßon  bei  ^riebrid)  IV. 
feftftanb,  fo  hatte  ihn  fein  Sohn  ebenfalls,  unb  gmar  oier  .^ahre  üor  bem  21uSbrucf)e 
ber  böhmifchen  Unruhen,  mithin  unabhängig  oon  ber  Annahme  ber  böhmifchen  förone 
erfaßt.  35en  VemeiS  hierfür  bietet  unS  baS  9(ufforberungSfd)reiben,  meldjeS  ^rieb* 
rieh  V.  im  3af)re  1614  oon  Heilbronn  burd)  einen  feiner  diener  an  ©uftao  Slbolf 
gum  Veitritte  in  bie  Union  unb  gur  tätigen  Teilnahme  an  ben  ©ntmiirfen  ber  oer- 
bünbeten  beutfehen  dürften  abfanbte.  51uS  allem  Slngefiihrten  gel)t  heroor,  bap  baS 
pfülgifcfje  Haa^  ben  Eingriff  fdjon  feit  degennien  im  Sd)ilbe  führte."3 


1  21.  ÜJtiiller,  günf  Söiidjer  Dom  bö^mi=  3  911.  ®od),  ©efef).  bc§  beutfdjen  91eid)e3 

icfjeit  frieg  1618—1621  (1841)  xxxi.  unter  fgerbinanb  III.  (1865)  in  f.  SB  gl.  ©in* 

2  ßbb.  xxxv.  beit),  ©efef).  be§  ® reifeigjäf)rigert  SriegeS  IV 

(1880)  3  ff. 


fRücfbttcf  auf  bag  16.  $3af)r^unbert.  —  Urfadje  unb  SInlafi  be#  $reifjigiäl)rtgen  ffirtegeg.  13 

Äurj:  9iitf)t  megjufeugnenbe  Xatfadjen  erroeifen  al§  le^te  llrfacffen  be§  ÄriegeS 
bie  ficf)  an  ben  2Iug§burger  fReligion^frieben  anfdfliefcenben  23efi|sfragen  unb  bie  im 
(£almni§mu§  auf§  äufterfte  gefteigerte  Slngriffgtenbenj,  bie  oor  feiner  ißerletjung  non 
®efe|  unb  9iecf)t,  aud)  nidjt  nor  bem  ©turj  ber  beutfdjen  9feid)3öerfaffung  unb  be§ 
beutjdjen  9feid)e§  gurüdfdjredte.  — 

®a3  Verhalten  ber  ^efuiten  im  Verlaufe  be§  Krieges  mirb  un§  fpäter  be= 
fd^äftigen ;  einftroeilen  müffen  mir  baju  übergeben,  bie  äußere  @efc§id)te,  unb  jmar 
junädjft  bie  Slusbreitung  ber  uerfdfiebencn  Orbengpronin^en  unb  ifjrer  Siieberlaffungen 
ju  fcfjilbern. 


3  tu  e  i  t  e  §  Kapitel. 

3)te  n t eb er r ^ einif df) e  Sßroirittg. 

®ie  beutfcßen  Orbengprobinjen.  —  Umfang  ber  r^einifcfjen  fßrobtnj.  —  SSerfcfjiebene 
ißläne  über  ißre  Leitung.  —  Steilung  in  nieberrßeinifdfe  unb  oberrßeinifcße  ^rDDinj  (1626). 

—  ®ie  nieberrßeinifdje  Probinj.  —  Sllte  Kollegien:  Köln  (Sffen).  —  Xrier.  —  Koblenj. 

—  ^nlbegßeim  (£>alberfiabt).  —  tßaberborn  (galfenßagen ,  Sftietberg,  Sippftabt ,  ®ort« 
ntunb).  —  SRünfter  (SReppen,  ülecßta,  Oftfrie»Ianb).  —  (Smmericl)  (Xanten,  SSefel).  — 
2lacf)en.  —  Steue  SRteberlaffungen :  ®üffelborf.  —  Ognabrücf  (36urg,  SSiebenbriicf,  SRefle, 
Ouafenbriicf).  —  Siegen.  —  §abantar.  —  Koegfelb.  —  Steuß.  —  ®üren  (Sülicf)).  — 
SRünftereifel  (Scfjleiben).  —  33onn.  —  SRieberlaffungen  im  Storben:  SRittben.  —  Jameln.  — 

Serben.  —  Stabe.  - —  ©oglar.  —  §amburg=Stttona.  —  Sübecf.  —  Bremen. 

33eim  Q3egimt  beg  17.  Qafir^unbertS  gab  eg  im  beutfcfjen  [Reicße  brei  Orbeng« 
prouinjen,  bie  rßeiitifcße,  oberbeutfdje  unb  öfterreicßifcße  fßrobinj;  bie  Kollegien  unb 
Siieberlaffungen  in  Oft«  unb  SBeftpreußen  gehörten  gu  ben  polnifcfjen  fJSrooinjen  K 
3e  nteßr  bie  fßrobinjen  anmucßfen,  um  fo  bringenbet  [teilte  ficf)  bag  23ebürfnig  ein, 
biefetben  mieberum  gu  teilen.  Solche  Leitungen  fanten  ju  [taube  bei  ber  rßeinifcßen 
unb  öfterreicfjifcßen  fßrobinj;  bei  ber  oberbeutfcfjen  t^robinj  blieb  eg  beim  ^51ane. 

®>ie  rßeinifdje  fßrobinj  ßatte  [icf)  fräftig  entmicfelt.  33on  381  SRitgliebern  im 
3a^re  1601  mar  [ie  im  3a^re  1609  auf  508,  im  Qaßre  1614  auf  579  unb  im 
Qaßre  1626  auf  über  800  geftiegen2.  ^mmer  tbieber  mürben  neue  SRieberlaffungeit 
angeboten,  aber  mieberßolt  marnten  bie  ©eneräle  bor  einem  3u°iel3.  ©o  fcßrieb 
33itellegcf)i  am  1.  Quli  1626  an  ben  f|3robinjial  Sabing:  93ei  ber  Slnnaßme  neuer 
Sßieberlaffungen  finb  jmei  fünfte  ganj  befonberg  ju  beamten.  1.  SDarf  aug  über¬ 
großem  ©ifer,  allen  §u  ßelfen,  bie  ©efeüfcßaft  nicfjt  an  Orte  gefettet  merben,  bie  unferem 
Qnftitut  meniger  entfprecßen;  2.  [ollen  mir  nicßt  mefjr  9£ieberlaffungen  anneßmen, 
alg  mir  mit  tauglichen  fßerfonen  befepen  fönnen.  ltnb  am  10.  ^uni  1628  briicfte 
SSiteUegclii  bemfelben  fßrobinjial  feine  bolle  ßbftimmung  aug,  meil  er  gefcßrieben, 
man  müffe  langfam  unb  nur  mit  großer  Slugmal)!  neue  lieber  laff  ungen  anneßmen, 
aucß  menn  bebeutenbe  ©infiinfte  unb  Stiftungen  angeboten  mürben4. 

®ie  rßeinifcße  fJSrooinjialfongregatiou  bon  1622  befcßloß  faft  einftimmig,  beut 
©eneral  bie  SBitte  um  Leitung  ber  ^robinj  oor^nlegen.  Über  bie  Slrt  unb  Söeife 
ber  Teilung,  ob  in  eine  linfg*  unb  recßtgrßeinifcße  (cisrhenana  unb  transrhenana) 
ober  in  eine  ober«  unb  nieberrßeinifcße  fßrobinj,  ßerrfcßten  große  ÜSReinungsberfcßieben« 
ßeiteu:  für  bie  erftere  Slrt  ber  Steilung  [timmten  18,  für  bie  leßtere  19  äRitglieber5. 


1  Pgl.  33b  I,  <B.  92  ff.  2  Rad)  ben  Litt  ann. 

3  ®ie  ©eneräle  finb:  Glaubiuä  21quaoiöa, 

19.  gebr.  1581  big  31.  San.  1615  (©eneral« 
üifar  gerb.  Silber) ;  9Rut.  SSiteHeScpi,  15.  9tot>. 

1615  big  8.  @ept.  1644  (f  9.  gebr.  1645;  ©e« 
neraltiifar  Sari  Sangro);  33inc.  (Xarrafa,  7.  San. 


1646  bt:3  8.  Su>ti  1619  (©eneraloifar  glor. 
be  SRontmorenct));  granc.  Piccolomini,  21.  ®ej. 
1649  bi§  17.  Suni  1651. 

*  *  0rig.=9leg.  Ad  Rhen. 

5  ‘Original  in  ben  Acta  Congr.  Prov.  1622 
II  20. 


8iücite§  Kapitel.  2)ie  nicberrfjeinifdje  ^roain.v  Umfang  ber  rljcinifdjcn  ^rooinj.  15 


3n  einem  augfüfjrlidjcn  ©utacfjten  für  beit  ©eneral  merbeit  bie  Sor>  unb 
9iad)teile  ber  beiben  Setlungen  augeinanbergeiegt.  Sie  Iinf3rl)einifd)e  fjßroüinj  follte 
alle  Kollegien  biesfeitg  be£  fH^eineö  utnfaffen:  ©djlettftabt,  Sftolgffeint,  Hagenau, 
0peier,  SBorntg,  föoblenj,  fö'öln  mit  ber  fRefibenj  Sonn,  ütieuff,  Srier  unb  ba§ 


Septenlrio 


©  ©  Hoc  Signum  Academiam  \ 

5j-  Uenotut 

OHocCollpgiücum  Oymnasio 
O  O  Residentiam  i’elrmßmnem 
o  Designaten  qua?  sperantur. 


O  Hamburg 


O 

Lüneburg 


4. 


O Larven  bürg 


Meridies 


|Unn  ber  Leitung  ber  r^einifdjeu  ^roDiitj  1622. 

ffite  $djreit>weife  Lona  fiit  Lana,  Herbipoli  für  Herbipolm  ufro.  faßt  bem  3et$ner  ber  alten  Karte  jur  Saft. 


iftomjiat,  enblidf  ?ladjen;  bie  reditgrfjeinifdje  Samberg,  Söürjburg,  $ulba,  fjkberborn, 
SDZünfter,  £)ilbe§f)eim,  £>eiligenftabt,  Erfurt,  Slfdjaffenburg.  2Bof)in  ©mmerid)  unb 
Siiffelborf  fomnten,  mirb  nod)  nidjt  entfdjieben.  Sei  ber  anbern  Slrt  ber  Seilung 
erhält  bie  oberrfjeinifcfje  ^roninj  Samberg,  SSürjburg,  2lfd)affenburg,  ©djlettftabt, 
SKolsfjeim,  ^pagenau,  ©peier,  2Borm§,  3J?ainj,  ^oblenj,  Srier  unb  ba§  Srierer 


16 


3tt)eite§  ftapitel.  Sie  nieberrtieiitifc^e  JßroPinä. 


9Joöijiat;  bie  nieberr^einifd^e  3tacf)en,  Emmeridj,  Tüffetborf,  ffieufj,  $ötn  mit  Sonn, 
äftünfter,  ^aberborn,  |jitbeSf)eim,  £>eitigenftabt,  Erfurt,  gutba.  Tie  fedjS  Slfabemiett 
fönnen  nicf)t  gteidjmäfjig  »erteilt  merben,  bie  eine  ^rooinj  mirb  oier,  bie  anbere 
jmei  erhalten. 

gür  bie  SIrt  ber  Teilung  ift  nicfjt  allein  mafjgebenb  gemefett,  fo  betont  ein 
©utac|ten,  bie  gatjt  ber  ißerfonen  unb  bie  ©röfje  ber  Entfernungen,  fonbertt  aucfj 
bie  gafjt  ber  Raufer  unb  infolgebeffen  bie  SDienge  ber  ©efcfiäfte.  $ür  bie  Teilung  in 
eine  tinfS*  unb  redjtSrljeinifdje  ^rooin^  fpricfjt  bie  beffere  SIrt  ber  fHefrutierung,  bie 
leichtere  Vermattung,  bie  größere  ©eetenfrucfjt  megen  ber  ©pracfje.  Sföegen  ber 
geringen  gafjt  ber  $anbibaten,  bie  am  Oberrfjein  eintreten,  mirb  bie  oberrfjeinifcfje 
Vrooup  ifjre  oier  Stfabemien  aus  eigener  ®raft  nicf)t  Ratten  fönnen,  fonbern  auS 
anbern  Vrooinjen  tpitfe  erbitten  miiffen.  Söegen  ber  Entfernungen  unb  befferen 
9?eifegelegenf)eit  fann  ber  fßroüinjiat  bie  fßrooins  leichter  »ifitieren.  Tie  ^rebiger 
üotn  Oberrfjein  merben  am  92ieberrl)ein  gern  gefjört  unb  gut  oerftanben,  fönnen  atfo 
and)  mefjr  mirfett 1. 

gür  bie  Leitung  in  eine  nieberrfjeinifcfje  unb  oberrfjeinifdje  ißroüinj  fpred^en 
fotgenbe  ©rünbe:  1.  bie  leichtere  Vermattung  unb  ber  leichtere  Verfefjr  megen  ber 
mefjr  jufammenfjängenben  Kollegien ;  2.  ©pracfje  unb  SebenSroeife  finb  am  lieber- 
rfjein  anberS  atS  am  Oberrfjein.  Von  ben  nieberrfjeinifdien  Vauern  unb  ®inberit 
merben  Sßrebiger,  $atecfjeten  unb  Veicfjtüäter  oom  Oberrfjein  nicfjt  oerftanben.  $n 
ben  nieberbeutfdjen  Kollegien  mirb  überall  Vier  getrunfen,  bort  merben  Vutter 

unb  anbere  ©peifen  gebraudjt,  am  Oberrfjein  mirb  meift  VSein  getrunfen,  Vutter  ufro. 
ift  menig  gebräucfjticf).  Verfefjr  unb  Verbinbungen  gmifdjen  Siieberrfjein  unb  Ober* 
rfjein  finb  megen  ber  Verfdjiebenfjeit  in  Efjarafter  unb  SebenSmeife  nicfjt  befonberS 
grofj.  ßötn  fjat  großen  Verfefjr  mit  SBeftfalen,  unb  ntandje  feiner  beften  5am^en 
flammen  auS  SBeftfaten;  eS  üerfefjrt  aber  menig  mit  bem  Oberrfjein,  mit  SluSnafjme 
ber  reichen  SSeinfjänbter,  bie  oom  Oberrfjein  bie  feinen  VSeine  bejiefjen2;  3.  ber 

Däeberrfjein  umfaßt  äufammenfjängenbe  Territorien;  bie  |jauptpoft  für  ben  ganzen 
SJieberrfjein  ift  Ä'ötn,  für  ben  Oberrfjein  ©peier;  4.  bie  firdjfidje  unb  bie  politifcfje 
Einteilung  (meftfätifdjer  ÄreiS)  erftreden  ficfj  über  beibe  Ufer  beS  VfjeineS;  baSfetbe 
gilt  oon  ben  VrDütn5en  ber  anbern  Orben,  nirgenbS  finbet  ficfj  bie  Einleitung  oon 
tinfS*  unb  redjtSrfjeinifcf) 3. 

Tie  Teitung  fam  nodj  nicfjt  juftanbe,  benit  VitetteSdji  antmortete  am  31.  Te= 
jember  1622:  Ta  bie  fatfjotifcfje  ^ircfje  am  ttffjein  grofje  ^ortfdjritte  üerfprecfje  unb 
fomit  audj  ber  ©efettfdjaft  fiel)  ein  größeres  SfrbeitSfelb  bieten  merbe,  fei  eS  beffer,  bie 
neue  Entmicffung  abjuraarten  unb  bann  erft  ju  teilen,  bamit  nicfjt  halb  mieber 

geänbert  merben  müffe.  ©päter  merbe  ftcfj  and)  ftarer  geigen ,  roetdjer  oon  ben 
beiben  Teilungen  ber  Vorzug  ju  geben  fei4. 

Söeit  bie  Verfjaltniffe  immer  mefjr  gitr  Teilung  brängten,  fpradjen  ftcfj  bie  1626 
in  Vfainj  oerfammetten  Vn^re§  mieberum  einmütig  für  bie  Teilung  auS  unb  baten 
ben  ©enerat,  bie  näfjeren  Veftimmungen  ju  treffen,  ^n  feiner  Sfntmort  oom 
23.  ÜDJai  1626  briiefte  VitetteSdji  bem  ^prooingiat  Vaoing  feine  grofje  $reube  barüber 
auS,  bafj  bie  fdjmierige  Verfjanbtung  mit  fo  grofjer  fffufje  unb  Siebe  oor  ficfj  ge* 
gangen5.  Stuf  bie  mir  jur  Entfdjeibung  oorgetegten  fragen  antroorte  idj :  1.  Tie 


1  *  Original  in  b.  Acta  Congv.  Prov.  162211 24.  3  *  Original  in  ben  Acta  Congr.  Prov.  1622 

2  93eigefiigt  toirb  al3  ©runb  fjierfür:  cum  II  26  f. 

Colonia  rubellum  tantum  propignat,  albo  vino,  4  *  Original  ebb.  II  38. 

sicubi  circa  Coloniam  nascatur,  vix  bonam  3  Sitjnlidj  an  ben  ißroPinjiat  Sopper  am 

aliquam  notam  merente.  22.  Slnguft  1626.  *  Orig.*9teg.  Ad  Rhen. 


Reifung  in  nieberrfjeinifd)e  unb  oberrffeinifcpe  ißroötnj.  —  Kollegien:  Äöln  (Sifen).  17 

Steilung  fott  fobalb  atg  möglicf)  ftattfinben;  2.  trop  ber  entgegenftefjenben  ©utadjten 
fcfjeint  mir  bie  Steifung  in  eine  oberrfjeinifcfjc  unb  nieberrfjeinifdje  fJSrooins  ben 
SSorjug  ju  Derbienen.  Um  bie  Ungleichheit  für  bie  nieberrfjeinifdje  ^roninj  ju  tjebeu, 
billige  id)  gern  ben  Sorfdjtag,  itjr  bag  ganje  Strierifdje  ©ebiet  beijufügen.  2S3eit 
aber  fo  bie  oberrfjeinifdje  )J3roüin,$  fein  SZoDijiat  fjat,  foden  alle  Stooijen,  big  51t 
SDZotgfjeim  ober  anbergroo  ein  eigeneg  SßoDijiat  errietet  mirb,  im  Strierer  Dionijiat 
bleiben.  (Sine  ©ntfdjiibigung  für  bag  SZoDigiat  an  bie  oberrtjeinifdje  ißroDinj  311 
Satjten,  fdjeint  nidjt  notmenbig,  ba  ja,  roie  bie  oberrtjeinifdje  bag  SZooijiat,  bie 
nieberrljeinifdje  faft  alle  Seminare  für  bie  Scfjotaftifer  (®ogma,  9)forat,  Humanität), 
bie  in  ber  oberrfjeinifdjen  ^ronin^  oerbfeiben,  Dertiert.  Söeif  jebod)  ade  ju  9fat 
gezogenen  ^atreg  fid)  für  eine  ©ntfdjäbigung  auggefprocfjen,  fo  beftimme  id),  bafj 
aug  ben  ©infünften  beg  Strierer  ^iooijiatg  mätfrenb  jetjn  fahren  ber  oberrtjeinifdjen 
jätjrtid)  taufenb  @u(ben  gejault  merbeit.  ®a  nunmehr  ber  Steilung  nidjtg  metjr  im 
2Bege  ftetjt,  mögen  ©m.  jpodjtoiirben  nad)  ©mpfang  biefeg  93riefeg  bie  Seitung  ber 
oberrfjeinifdjen  ^rooinj  bem  P.  ^;of).  ©opper  übergeben,  Sie  fetbft  aber  bie  Seitung 
ber  nieberrtjeinifcfjen  ^rooinj  befjatten1. 

Stie  Leitung  erfolgte  bereite  am  22.  ^uli  1626.  SDer  nieberrf)einifd;en  fßroDing 

mürben  406  SÜZitgtieber  ungeteilt,  unb  Don  ben  22  Kollegien  erhielt  fie  10,  unb  jmar 

bie  am  9Zieberrf)ein,  im  Strierifdjen  unb  SBeftfaten,  aufjerbem  nodj  bie  Üiefibenjen 
Sonn,  Sippftabt,  Söarenborf,  Xanten,  9Zeufj  unb  ad)t  9JZiffionen2.  — 

Söemt  mir  nun  baju  übergefjen,  einen  Slid  auf  bie  ©ntmitftung  ber  einzelnen 

föodegien  unb  SZieberlaffungen  ju  merfen,  müffen  mir  ung  megen  ber  großen  gafjt 
berfetben  notmenbigerroeife  eine  gemiffe  Sefc^ränfung  auferlegen;  eine  lüdentofe  St)ar= 
fteüung  ift  bjier  unmögtid),  nur  einige  SDaten  unb  9iid)tlinien  fönnen  geboten  roerben. 
2öir  beginnen  mit  ber  nieberrtjeinifcfjen  ‘prooinj,  unb  jmar  mit  ben  alten  ßodegien 
unb  DZiebertaffungen,  benen  fidj  bann  bie  ÜZeugrünbungeti  burdjgefjenbg  nad)  bem 
3af)r  i^rer  ©ntftefjung  anreifjen  foden3. 

*  * 

2)ag  elfte  ^efuitenfodeg  auf  beutfcffem  Soben,  in  itöln,  ^atte  ficf)  im  16.  3a^r* 
fjunbert  trop  großer  äußerer  unb  innerer  Sdjmierigfeiten  ju  einem  bebeutenben  SoU= 
merf  ber  fat^ofifcfjen  Sacfje  entmideft4.  SDag  neue  ^Q^^DDbert  brachte  Dor  adern 
eine  feftere  finangiede  Unterlage  bnrdj  bie  greigebigfeit  beg  baprifdjen  gürftenfjaufeg 
unb  anberer  SBoljftäter.  Sdjon  im  3a^re  1611  ^eic^ten  bie  ©infünfte  für  ben 
Unterhalt  ber  bamafg  im  $odeg  befinbfidjen  40  ißerfonett5.  Siete  ber  früheren 
Sdjulben  beg  föodegg  f»atte  tperjog  Söiffjetm  Don  Sapern,  ber  1609  fedjg  Stage  atg 
@aft  im  ßodeg  meitte,  be^atjlt  unb  jubem  nodj  ein  jäfjrfidjeg  üffmofen  Don  1000  ft. 
oerbürgt6.  Seinem  Sotjne,  bem  ^erjog  SDZajimitian,  unb  beffen  Srnber,  bem  ft'ur= 


1  *  Drig.»9?eg.  Ad  Rhen. 

2  *luvencius,  Historia  Soc.  Iesu,  1616 
bil  1646.  Clin  774. 

8  Sic  jproOinjiale  ber  nieberrfjeiniidien  jpro> 
Pinj  mären:  Sl)eob.  33ufaeul,  10.  Oft.  1598; 
&einr.  ©djeren,  22.  Suni  1606;  gol).  Sopper, 
27.  Sluguft  (17.  Oft.)  1616;  ©erf).  Sßenpler, 
SJtai  1624  (f  30.  Sept.  1624);  $erm.  93aoing. 
24.  S’C&r-  1625;  @o3ro.  Stictet,  18.  2)e,v  1630; 
$et.  «RuibiuS,  24.  2tug.  1637  (+  19.  Scpt.  1638); 

©olm.  Stiefel,  30.  San.  1639  (oorper  Sßise= 
iProo.);  Sot)-  s4}anf)auB,  30.  Slug.  1643;  ©ottfr. 

Otterftebt ,  29.  Slug.  1646;  S°f)-  SßflTtJjaufj, 

S)ul)t,  ©efi^tcftte  ber  3efuitcn.  II. 


8.  Sltai  1650.  —  33ifitator:  Serb.  Silber,  ®ej. 
1602  bil  7.  Sehr.  1604,  unb  1608. 

4  3$gl.  33b  I,  ©.  33  ff.  giir  bie  ©efd)icf)te  ber 
rpeinifepen  Kollegien  Perbanfe  id)  fepr  mertpofle 
33eiträge  meinem  SJtitbruber  P.  §einr.  33remer. 

5  *(Jatalogus  triennalis  1611. 

c  *  Historia  Coli.  Colon,  im  Kölner  ©tabt= 
ard)iP,  Jes.  7.  $er  erfte  Seil  biefer  ©efdjidjte 
(bil  1625)  ftammt  aul  bem  erften  drittel  bei 
17.  Saprbnnbertl  unb  enthält  Sufäße  pott  ber 
§anb  bei  Üteftorl  Slbr.  Iporn.  Ser  gmeite 
Seil  (poit  1626  bil  1657)  ift  pou  ber  £>anb  bei 
P.  Äri^rabt. 


2 


18 


gweiteg  Äapitcl.  Sie  nicberrfjeinifdjc  ^Srooins. 


fürften  gerbinanb,  berbanfte  baS  Kolleg  aud)  bie  SOZögticfjfeit,  enblicft  am  15.  SJtai  1618 
mit  bem  Sau  einer  mürbigeit  $ircf)e  beginnen  p  fönnen1. 

®ie  um  baS  f^ünffacfje  bergröfterte  unb  mit  ©mporen  öerfefjene  21cf>atiu§fapeIIe 
fonnte  je  länger  je  meniger  bem  madjfenben  SInbrang  genügen,  ©cfjon  1609  fjatte 
ber  Steftor  ^einricf;  ©eueren  ben  fßlan  gefaxt,  eine  größere  ßirdfje  ju  bauen,  fünf 
galjre  fpäter  nahm  baS  fßrojeft  greifbare  ©eftalt  an.  Slnfang  1614  bermanbte 
fidj  ®urfürft  gerbinanb  beim  SDomfapitel  um  Überlaffung  non  einigen  Käufern 
unb  einem  ©tüd  SSeinberg  an  bie  fßatreS  für  ihren  Neubau,  er  lieft  bie  ©acfje  be> 
treiben,  „als  ob  eS  unfer  eigen  üüBoftlfafjrt  anging".  31m  15.  gebruar  1615 
bemilligten  ©rjbifdjof  unb  SDomlapitel  ben  gefuitert  für  ihren  Neubau  mehrere 
Heine  Raufer  troft  aller  entgegenftefjenben  ©djmierigfeiten:  „^Demnach  bie  Patres 
Societatis  Iesu  eine  geraume  $eit  fter  binnen  ber  ©tabt  ©oeln  in  SteligionSfadjen 
aud)  ©bucation  unb  gnftitution  ber  gugenb  gemeiner  Söoftlfaftrt  gum  beften  biel 
©utS  getftan  unb  biefelben  bei  ©.  Slcfjatio  mit  ihrer  Äircften  ©ollegio  unb  ©cftulen 
faft  eingefpannen  unb  beSmegen  mit  oorjeitigem  Slbfterben  oieler  Patrum  unb  fünften 
aüerftanb  Ungelegenheit  aulgeftanben  ftaben,  beroftalben  benn  mir  ...  für  eine  Stot» 
burft  ermeffen,  baft  obgebadjte  ber  Patrum  ^ireften  unb  Kollegium  auf  ein  anberer 
Ort  unb  ihrem  jeftigen  ©ollegio  gegenüber,  alles  auf  @.  ÜDtarcelli  ©traften  nad) 
bem  Often  gu  unb  jur  anberer  ©eiten  jeftiger  ©traften  tranSferirt  unb  oon  neuem 
gebaut  raerben  möchte."2  ®er  Hurfürft  bat  feinen  Sruber,  ben  ^erjog  SJfaj,  um 
eine  Seiftilfe  für  ben  Sau  unb  um  bie  ©enbung  „eines  erfahrenen  Slrdjitecti,  ber 
foldjem  Sau  mit  duften  Oorftänbig  fein  fönnte,  felbiger  aber  biefer  Sanben  nicht 
erfinblidj  ift".  SluS  bem  Slnfang  1616  ftammt  aucf)  ein  f|31an,  ben  P.  Steinl).  giegler 
au§  31fcftaffenburg  gefdjicft  ftatte3.  gm  gahre  iß17  murbeu  berfdfjiebene  fJSIäne  unb 
©utadjten  unb  ganuar  1618  ein  neuer  fßlan  nach  Stont  gefanbt.  ®ie  guftimmung 
beS  ©eneralS  ju  biefem  leftten  fßlan  erfolgte  am  24.  Februar  1618.  gür  biefen 
neuen  fßlan  fjatte  bie  im  §erbft  1617  fertig  geftellte  Äoüegsfircfte  in  SÖtolSheim 
a(§  Sorbilb  gebient.  ®er  Saumeifter  biefer  rcie  ber  Kölner  föirdje  ift  ©hriftopf) 
SBamfer  auS  ©tolstjeim.  Slm  15.  ÜDtai  1618  fanb  bie  ©runbfteinlegung  bureft  ben 
StuntiuS  Stlbergati  ftatt.  £>erbft  1619  er!) oben  fid)  fefton  bie  UmfaffungSmauern 
au§  ben  gunbamenten.  ®ie  ©eele  beS  SaueS  mar  mieber  P.  ©cfjeren.  Slm 
27.  ©ejember  1620  feftreibt  er  bem  ^erjog  SOtay,  baft  ber  ®ircf)enbau  glüdlid)  Poran« 
fcfjreite  unb  bem  fö'urfürften  überaus  gefalle4,  ©r  bittet,  bei  ber  grühjaftrSmeffe 
beSfelben  gebenlen  gu  mollen.  SJtap,  beffen  ginanjen  bureft  ben  böftmifeften  f^elbgug 
fefjr  in  Slnfprucf)  genommen,  antmortete  am  14.  Januar  1621,  im  grüfjjahr  !önne  er 
maljrfcfteinlidj  nichts  fd^iefen,  er  merbe  aber  mo  möglich  ben  besprochenen  Seitrag 
für  biefeS  galjr  5ur  -fperbftmefje  leiften5. 

©in  grofteS  Ungtiid  im  felben  gahre  fonnte  auf  ben  Sau  nidjt  förbernb  ein» 
mirfen.  Slm  f|3almfonntag,  4.  Slpril  1621,  fd)tugen  abenbS  gegen  10  Uhr  plöfttid) 
bie  glommen  an  mehreren  ©teilen  beS  Kollegs  empor;  innerhalb  jmeier  ©tunben  maren 
bie  SldjatiuSfapelle,  bie  reiche  Sibliothef  mit  einem  groften  £eil  beS  Kollegs  ein  Staub 
beS  geuerS,  baS  bon  proteftantifdjen  ganatifern  gelegt  morben  fein  füllte6,  ©ine 


1  giir  bag  golgenbe  33  r  a  u  n ,  Sie  Sircfjen» 
bauten  ber  beutfdjen  Qefuiten  I  (1908)  64  ff,  unb 
Stimmen  aug  9Jtaria=2aacf)  1909  I  282  ff.  SSgt. 
95.  (£1  e  m  e  n ,  ßunftbenfmäler  ber  SttjeinproDins 
Äöln  II,  1.  2lbt.  (1911),  125  ff :  ©tDlariäiüimmel« 
fafjrt;  166  ff:  Sag  ehemalige  SefuitenfoIIeg. 

2  *Arch.  coli.  Colon.  II  147.  *iftöln,  Stabb 

ardjib,  Jes.  1. 


3  *®opie  ebb.  II  113  ff.  Ilbbrud  in  ben 
Stimmen  aug  9)taria=£aacb  a.  a.  0.  286  ff. 

4  *  Original.  UI.  91.  2t.  2lften  beg  Sreifeig« 
jäljrigen  ßricgcg  103. 

6  ^Äonjept,  a.  a.  0. 

6  25iteEegrf)i  ait  Scheren,  22.  9Jtai  1621: 
uti  apparet  haereticorum  furore.  *0rig.-9{eg. 
Ad  Rhen.  Ser  Äurfürft  gerbinanb  tröftet 


SoHegien:  Sollt  (Cgffert). 


19 


mahre  Srauerbotfdjaft  mar  eS,  fo  fc^rieö  ber  ©eneral  am  22.  üö?ai  1621  bem  Üleftor 
©djeren,  maS  ©m.  ^odjmürben  mir  am  10.  Slpril  über  bie  ©inäfcfjerung  eines  guten 
Seils  beS  Kollegs,  ber  ®ird)e  unb  ber  reichen  Bibliotljef  gefcfjrieben  unb  moran  id) 
nicfjt  ohne  baS  größte  üüfitleiben  benfeit  fanit.  ©S  tröftet  mich  babei  ber  tapfere 
©inn,  mit  bem  bie  Kötner  üö?itbriiber  ben  furchtbaren  ©djlag  ertragen,  unb  bie 
©tanbljaftigfeit,  mit  ber  fie  baS  Seelenheil  beS  9iäd)ften  in  einer  fremben  fö'irdje 
gu  beforgen  fortfahren* 1.  Siefe  frembe  Kirche  mar  bie  fdjöne  ©t  3lnbreaSfird)e.  Sie 
©tiftsfjerren  Ratten  fie  bereitroidig  ben  Qefuiteit  für  ben  ©otteSbienft  angeboten. 
Siefelbe  blieb  adjt  3jaf)re  im  ©ebrauch  ber  ^efuiten,  bis  jurn  9Jlattf)iaStage  1629, 
mo  baS  2ÜIerf)eiligfte  in  feierlicher  projeffion  in  bie  nunmehr  öoCfenbete  neue  Äirdje 
übertragen  mürbe. 

Bis  eS  fo  meit  fam,  hatte  eS  mitten  in  ben  ^riegSmirren  einer  gerabeju  heroifcfjert 
SluSbauer  gebraucht,  um  an  ber  Söeiterführung  beS  Baues  nidjt  ju  Oerjmeifeln.  2llS 
ju  bem  Kriege  nod)  infolge  ber  SD^üngoerfchlechterung  eine  allgemeine  Seuerung  auS= 
bradj,  brüdte  felbft  ber  ftanbhafte  fReftor  Scheren  am  11.  ^uni  1622  bem  ©eneral 
feine  Befürchtung  aus,  bie  SBeiterführung  beS  Baues  einftellen  gu  rnüffen.  Bereit* 
millig  befürmortete  ber  ©eneral  bei  bem  prooingial  bie  Bermenbung  oon  Patrimonien 
ber  ^efuiten  für  ben  SBeiterbau.  Sen  neuen  Beftor  ©oSm.  9tidel  mahnte  ber  ©eneral 
am  23.  Januar  1627,  bei  Mangel  an  Mitteln  für  ben  Söeiterbau  lieber  ben  Bau 
§u  oerlangfamen,  als  baS  ÄoKeg  mit  ©chulben  ju  belüften  ober  bie  Patrimonien 
jum  ©d)aben  attberer  armen  Kollegien  ju  feljr  in  Slnfprud)  ju  nehmen2.  Slnfaitg 
1629  fonnte  bann  92idel  bie  freubige  ®unbe  nad)  Stom  melben,  bie  ®ird)e  fei  fomeit 
fertig,  baff  ber  ©otteSbienft  barin  abgehalten  merben  fönne. 

^n  einer  faft  elfjährigen  Bauzeit  unb  mit  einem  ß’oftenaufmanb  oon  ettoa 
130000  Beid)3talern  patten  bie  Oereinten  Bemühungen  beS  StteifterS  SBamfer,  beS 
BeftorS  ©djeren  unb  ber  funftfinnigen  Kölner  Saienbrüber  ein  mtrflid)  bebeutenbeS 
©otteShauS  in  fpätgotijdjem  ©til  fjingeftellt.  Sie  ßeitgenoffen  Rollten  bem  Bau  ihre 
Bemunberung 3.  ©in  neuerer  föunftfenner  urteilt :  „Sie  mädjtige  SBirfung  beS  Baues 
muh  man  im  3nnern  fuchen.  §ier  macht  er  einen  gerabeju  padenben  ©inbrud, 
einen  ©inbrud,  mie  ihn  aufjer  bem  Som  feine  anbere  ber  oielen  ®ird)en  fö’ölnS 
heroorbringt.  Ser  ©runb  hierfür  liegt  ohne  gmeifel  nicht  junt  geringften  Seit  in 
ber  SBeite  unb  §öhe  beS  ÜDlittelraumeS,  in  bem  frifdjen  BhpthmuS  ber  fdjlanfen, 
bidjt  aufeinanber  folgenben  ©äulen  unb  in  ber  äufjerft  ftimmungSooüen,  gerabe^u 
magifchen  Beleuchtung  beS  ^nnern.  Qm  reichgeglieberten,  brillant  ornamentierten 
SanghauS  gebämpft,  flutet  baS  Sicht  im  ©hör  in  oollen  Sßellen  ju  ben  hohen  Qenftern 
hinein.  3lber  alles  baS  ift  eS  nidjt  allein,  maS  bem  Bau  eine  fo  bebeutenbe  iBirfung 
oerleiht  unb  ben  ©intretenben  unmillfürlidj  toie  mit  einem  Qauber  umfängt,  ©benfo* 
fehr  ift  barauf  oon  ©influfj  bie  berounberungSmürbige  ©inheit  unb  Harmonie  jmifdjen 
bem  Bau  als  folgern  unb  feinem  Mobiliar.  Ser  eine  fpätgotifclj  unb  faft  nodj 
ftilrein,  baS  anbere  barod  unb  ohne  jebe  ©rinnerung  an  bie  ©otif,  unb  bodj  ein 
fo  gliidlidjeS  Qufammenmirfen  beiber,  mie  ein  gotifcheS  SJlobiliar  eS  faum  beffer 
juroege  ju  bringen  oermöchte.  ÜDfan  hat  eS  mit  feinfinnigem  ©mpfinben  oerftanben, 
burdj  ben  ©tud,  ben  man  in  ben  Saibungen  unb  um  bie  ütiifdjen  ber  Qenfter  herum, 
an  beit  ftapitälen,  ßonfolen,  ©cheibbogen,  ©mporenarfaben,  ber  Sriumphbogemoanb 
unb  fonft  aubradjte,  bie  ©egenfäpe  jmifdjen  ber  ernften,  feftgefügten  ©otif  beS  Baues 


öfter«  1621  ben  fKeftor  über  ba§  infortunium 
vel  potius  flagitiuni  illatum  (Reiffenberg 
1  523).  93gl.  SBiattco,  Uniberfität  Söln  I 

(1885)  339  948  f. 

1  *Drig.=9leg.  Ad  Rhen. 


2  ®bb. 

3  9SgI.  Carafa,  Legatio  apostolica  ad  Tract. 
Rhen.  1624 — 1634  (1840)  129;  Gelenius, 
De  admiranda  magnitudine  Coloniae  (1645) 
505  f. 


20 


3roeite§  Kapitel.  Sie  nteberrfjeirtifcfje  ^rotutift. 


unb  bem  üppigen,  frei  fiep  entfaltenbett  33arocf  beg  SRobitiarg  in  gtücfticpfter  SBeife 
augzugteiepen  unb  einen  öermittetnben  Übergang  non  ber  einen  zum  anbern  zu  fepaffen. 
.  . .  Q;n  iprer  SSirfung  ift  bie  Kölner  föircpe  jtneifeüoS  bie  bebeutenbfte  unter  ben  nieten 
^efuitenfirepen  in  Xeutfcptanb."  1 

ÜDUt  bem  Sau  ber  irtirepe  patte  man  gleichzeitig  bie  ißtäne  für  einen  Neubau 
beg  ®ot(egg  entmorfen.  Sftacp  einem  jmifdjen  bem  )ßrooinziat  Gopper  unb  bem 
Seftor  ©epereu  nereinbarten  Gntmurf  Dom  14.  Oftober  1017  foltte  bag  erfte  §aug 
an  ber  ÜUtorzettenftrape  brei  ©toefroerfe  erpatten,  bag  zweite  Hier  ©toefroerfe.  Xie 
£>öpe  biefer  ©toefroerfe  mit  ber  Salfentage  fotlte  beim  erften  18,  beim  zweiten  14 
unb  bei  ben  beiben  tepten  12  gup  betragen,  bie  ©efamtpöpe  ber  Stauern  56,  um 
ber  £röpe  ber  ©eitenfepiffe  ber  Äircpe  zu  entfpreepen.  Xag  zweite  §aug  fotlte  ben 
§of  beg  £ottegg  oorn  £rofe  ber  Gpternen  trennen2.  2tm  11.  9cot>ember  1617 
fepenfte  ber  fRat  oon  ß’öfn  ben  Qefuüen  zu  iprent  fürpabenben  Sau  eineg  neuen 
fö'ottegg  bie  gemeine  ©ap,  roelcpe  aug  ber  Xranfgaffen  zu>ifcpen  iprem  Steingarten 
unb  ©t  äRapimingftofter  pergept,  „barin  opnebag  niete  laftertiepe  ©epanb  unb  Ult* 
tpaten  betrieben  mürben"  3. 

Stm  13.  Dezember  1617  beantragten  bie  $J3atreg  beim  SOtagiftrat,  ipnen  bag 
<paug,  bie  Sabftub  mit  gubepör  auf  ber  SRapiminenftrape  für  ben  Neubau  zu  über* 
taffen.  Xie  Sitte  mürbe  burep  Sefcptup  beg  Sftagiftratg  Dom  20.  Xezember  1617 
gemäprt:  „Obroopt  ein  eprfamer  9tat  fiep  erinnert,  baff  innerpatb  roenig  ^apren 
niete  anfepntiepe  metttiepe  iJUüpe  beu  ©eifttidpen  übertaffen  unb  in  bergteiepen  Se> 
gepren  nidpt  teiept  zu  bemittigen,  fo  ift  boep  um  ber  Qnftitution  ber  Q;ugettb  unb 
®inber  unb  anberer  gottfeligen  Übungen  unb  Urfacpen  mitten,  bamit  bie  töbtiepe 
©ocietät  ben  Gin*  unb  Stugmärtigen  unaufpörtiep  bient,  befeptoffen,  bap  ipnen  noep 
für  biegmat  in  iprem  Segepren  ©ott  zu  Gpren  aug  gnäbiger,  fonbertidper  Slffection 
gemittfaprt  merbe."4 

25er  Sau  beg  neuen  Äoflegg  zog  fiep  aug  ÜOtanget  an  Mitteln  fepr  in  bie 
Sänge.  2tnt  24.  Stprit  1627  tobte  ber  ©enerat,  bap  an  bem  fßtane  für  ben  ^otteggbau 
oon  bem  Sr°oinziat  Saüing  nicptg  geänbert  morben  fei,  unb  am  7.  Stprit  1629  fpraep 
er  bem  fReftor  Mietet  bie  Grroartung  aug,  bap  ebenfo  mie  bie  ®ircpe  auep  bag  Äotteg 
halb  fertig  merbe,  um  ben  Umzug  alter  )ßatreg  aug  ber  bigperigen  Gnge  zu  er* 
mögtiepen5.  Xiefer  Umzug  tonnte  zmei  ^apre  fpäter,  am  14.  Sluguft  1631,  ftattfinben. 

^e  mepr  burep  biefe  Sauten  bie  ^efuiten  eine  fefte  ©tüpe  gemanneit,  um  fo 
rupiger  tonnten  fie  bie  bieperige  fegengreiepe  Xätigfeit  fortfepen  unb  meiter  ent* 
falten,  ©epr  zu  ftatten  tarn  ipnen  babei,  bap  ber  9?at  je  tanger  je  mepr  bie 
Arbeiten  ber  ißatreg  unterftiipte,  ba  er  einfap,  mie  biefe  Slrbeiten  niefjt  atteiu  im 
religiöfen,  fonbern  im  foziaten  unb  ftäbtifepen  Qntereffe  tagen.  Septereg  zeigte  fiep 
befonberg  bei  bem  Slufrupr,  ber  im  üiapre  1609  in  $ötn  gegen  ben  Üiat  aug* 
Zubrecpen  bropte6.  Galoinifcpe  Ü^iebertciuber  patten  bag  Sott  gegen  ben  9iat  auf* 
Zureizen  gefuept,  um  zugteiep  mit  gröperer  bürgertieper  greipeit  auep  ipre  Stnfprücpe 
auf  retigiöfe  greipeit  burepzufepen.  Xie  ©ärung  mar  fepon  meit  gebiepen  unb  bie 
Sorbereitungen  für  einen  Xumutt  getroffen,  atg  einige  eifrige  SJiitgtieber  ber 
9)Jarianifcpen  Sürger » ©obalität 7  unb  befonberg  ber  Gifer  beg  Xomprebigerg 


1  3.  SSrautt,  Sie  Äirdjenbauten  ber  beut* 
fcfien  Sefuiten  I  101  f. 

2  *  Arch.  coli.  Colon.  II  118.  ftölit,  ©tabt* 
ardfiö. 

a  *  Arcli.  coli.  Colon.  II  205. 

4  ©bb. 

5  *Drig.=9Ieg.  Ad  Rhen.  9tad)  ben  *  Litt. 


ann.  begann  man  ben  föotlcgSbau,  als  bie  Sirdje 
unter  Sad)  mar. 

6  33gl.  bie  CueUen  bei  Reif fenberg  I 
456  ff  unb  ßnnen,  ©efd).  ber  ©tabt  Äölit  V 
(1880)  535  ff. 

7  21.  9JtülIer,  Sie  Kölner  55ürger*@obaIität 
(1909)  20  f. 


ÄoHegien:  ®öln  (Sffett).  21 

P.  Joß.  fKutger  fid)  mit  ©rfolg  bemühten,  baS  geuer  3U  erfticfen.  Sie  Simburger 
©ßronif  beridjtet  barüber: 

„Jn  (Sollen  entftefjet  ein  großer  unb  gefährlicher  DJlißoerftanb  jioifcfjen  bent 
9iatß  unb  beit  ©affelen  um  bie  Sßaßl  berer,  jo  im  9iatf)  ermäßet  morben.  Senn 
Slnno  1582  bet  beS  Srud)feß  3ed  mit  fRatf)  Francisci  Episcopi  Yercellensis  et 
Nuntii  Apostolici  ßeilfamig  oerfeßen  unb  uff»  fünftig  oerorbnet  morben,  baß  oon 
beu  ©affelen  feiner  jutn  9tatf)  möge  ernennt  toerben,  er  habe  bann  14  Öfteren  uff 
ßatßolifcße  2Beiß  communicirt  juoor,  baß  er  felbigeS  erftlidj  befcheinige,  bamit  ben 
ßalüiniften  unb  Sutßeranern  bie  Sßur  üerfdjloffen  toorben.  SiefeS  Statutuni  haben 
etliche  fpißfinbige  Neulinge  ben  gemeinen  ©affelen,  als  märe  eS  nachtheilig  burger* 
lieber  Freiheit,  ßodj  aufgehoben  unb  fo  meit  gebracht,  baß  auch  ben  ©atßolifcßen  bie 
Singen  bonfei  morben.  @3  lief}  fiel)  aud)  um  bie  (Stabt  ©oellen  ein  große  äfteing 
Staabifcßen  Volts  feßen,  ebenba  ber  Tumult  am  heftigften  mar.  ©nblicß  anno  1608 
. . .  mieber  ein  gut»  Vertrauen,  jeber  bem  Vati)  mieber  fdjmöreit  ober  ber  Stabt  ent* 
meichen  muffen,  ißater  9iutgeru§  gemefener  Praefectus  S.  J.  31t  (Soblenj,  ber  3e't 
31t  ©oellen  in  ber  Stabt  Sontprebiger,  hat  fid)  bie  Sach  laffen  ße^licf)  angelegen 
fein,  heftig  uff  ber  Kabeln  oermahnet  3ur  ©inigfeit  faft  mit  biefen  Söorten:  Jfjr 
Katßolifdje,  Jfjr  ^atholifche  feit  einig,  feit  einig!  benn  eS  gehet  über  Suren  fällig; 
baruff  ein  anberer  gejagt,  man  füllte  bem  uffrurifd)en  Jefuiten  bie  Junge  aus  bem 
£mlS  reifen,  ©r  aber  ehe  mehr  gefeßrieen  unb  gerufen:  Jrieb,  Jrieb,  ihr  Katßo* 
Iifchen  I  ftefjet  bei  ein,  haltet  sufammen!"1 

Sie  feelforglidjen  Slrbeitett  ermeiterten  fid)  immer  mehr,  bie  regelmäßigen  Kate* 
d)efen  mueßfen  auf  25,  oon  benen  12  innerhalb  unb  13  außerhalb  ber  Stabt  ge* 
halten  mürben,  bie  Slnsaßl  ber  SRarianifcßen  Kongregationen  ftieg  auf  11.  3U> 
fammenfaffenb  e^äßlen  bie  Jahresberichte  311m  Jahre  1639,  unb  baS  gilt  für  jebeS 
Jahr:  2Bir  fpenbeten  ^ilfe  ben  Kranfen  unb  Sterbenben,  bie  mir  bei  Sag  unb 
bei  9?ad)t  befueßten,  tröfteten  unb  3um  leßten  Kampf  ermutigten,  ben  3um  Sobe  Ver* 
urteilten,  bie  mir  3U  einem  ftarfmütigen,  guten  Sob  oorbereiteten,  ben  ©efangenen 
unb  ben  Jnfaffen  ber  Verbergen  unb  Kranfenßäufer,  bie  mir  tröfteten  unb  mit  511* 
mofen  unterftüßten,  ben  gremben  unb  Verbannten,  benen  ber  Krieg  §ab  unb  ©ut 
unb  ^eimat  genommen  unb  beren  9iot  mir  burd)  Veforgung  oon  Obbad),  Vetten, 
^»auSgerät  unb  Sammlung  oon  Sllmofen  3U  linbern  juchten 2.  Ser  ©mpfang  ber 
heiligen  Safrantettte  ftieg.  Jn  ber  neuen  Kirche  maren  att  ben  Vorabenbett  ber 
Sonn*  unb  Jefttage  unb  an  biefen  felbft  22  Veicßtftüßle  befeßt3. 

Sroß  ber  beftehenben  äußerft  fcßmierigen  Verßältniffe  unb  fRioalitäten  entmidelte 
fid)  aud)  bie  Sdjultütigfeit  auf  ber  Unioerfität  unb  im  ©ßmnafium  in  erfreulicher 
SBeife.  Jm  Jaßre  1606  mürbe  bie  unterfte  Klaffe  geteilt  unb  1616  eine  Unter* 
flaffe  angegliebert.  Jm  Surdjfcßnitt  3äl)lte  baS  Tricornatum  1000  Sd)üler.  3um 
Jaßre  1640  heißt  eS  in  ben  Jahresberichten :  Unfer  ©pmnafium,  baS  blüßenbfte 
unter  ben  btei  ©pmnafien  ber  Stabt,  hatte  biefeS  Joßr  über  1000  Schüler,  eine 
Jaßl,  bie  bisher  meber  bei  nnS  noch  bti  ben  anbern  ©ßmnafien  erreicht  morben; 
baüon  fatnen,  maS  bisher  ebenfalls  noch  meßt  bagemefen,  auf  bie  üDtetapßhfif  50, 
auf  ^ßpfif  unb  Sogif  je  100  £>örer4. 

Slud)  bie  3aßl  ber  fid)  3ur  Slufnaßme  in  bie  ©efelljdjaft  melbenben  Scßüler 
mar  fo  groß,  baß  oiele  surüdgeroiefen  merben  mußten.  Jm  Jaßre  1627  traten 


1  Chronicon  Limburgense.  Hontheim,  *  *  Litt.  ann.  1639. 

Prodromus  Hist.  Trevirensis  Diplomaticae  3  Gelenius,  De  admiranda  magnitudine 

1156.  97äbere§  über  ben  Snßatt  ber  ißrebigt  Coloniae  507. 

bei  Reiff enb erg  I  458  f.  4  *Litt.  ann.  1640. 


22 


3meite§  Sapitet.  SPie  nieberrheinifche  fproPinj. 


15  Magistri  artium  ein,  im  $ahre  1632  mürben  üon  30,  bie  fiel)  gemelbet,  nur 
8  ©djolaftifer  unb  3  23rüber  aufgenommen 4  Unter  ben  ÜDJännern,  inefcfje  bie 
Kötner  ©dpite  bem  0rben  geliefert,  mären  u.  a.  ÜDZartin  23ecan,  (S^riftop^  23romer, 
Cornelius  23od)oIh  (a  Sapibe),  Qoh-  23oHanbuS,  Slbam  ©on|en,  Slbam  ©d)atl,  griebrid) 
(£pe  unb  ber  fpätere  ©euerat  ©oSmitt  Mietet. 

Über  bie  attgemeine  STätigfeit  beS  Kötner  KottegS  enthält  ber  Katalog  auS  bem 
^affre  1649  folgenbe  Angaben :  ®aS  Kotleg  unterhält  jetzt  73  ÜUJitglieber,  baoon 
finb  45  ^Sriefter,  5  Setjrer  ber  Humaniora,  bie  übrigen  Saienbrüber;  eS  ^at  13  2}or« 
lefungen:  3  ©rammatif,  1  Humanität,  1  ülfjetorif,  1  für  ©riedjifch,  3  für  $f)itofopf)ie 
aufjer  einer  für  ©dpt  unb  einer  für  SJfatljematif,  enblid)  2  für  fchotaftifdje  Stjeologie 
an  ber  Uniüerfität1  2.  ^n  bem  fßerfonaÜatalog  üon  1650 3  merben  aufter  ben  ijSro* 
fefforen  unb  ben  Katecheten  für  bie  einzelnen  Kirchen  unb  einem  ‘ißräfeften  aller 
KatedjiSmen4  je  ein  ißater  aufgeführt,  ber  bie  Werfer  unb  bie  tpofpitäter  befudjt, 
bann  bie  ^3räfibe§  für  bie  üerfcfpebenen  Kongregationen,  ferner  gmei  SDomprebiger 
für  Vormittag  unb  Nachmittag,  ein  tateinifdjer  fßrebiger,  ber  §ugteid)  ^ßräfeft  beS 
2)tufi!choreS  ift,  ein  ^rebiger  im  Kapitol,  ein  fßrebiger  für  bie  ^ofpitäler  unb  jmei 
2}oIfSmiffionäre:  alle  biefe  Stmter  beuten  auf  eine  meit  auSgreifenbe  SCätigfeit  in 
©djute  unb  Kirdfje  f)in. 

Sei  ber  erften  ^a^rljunbertfeier  im  Qahre  1645  fonnte  besfjalb  mit  Necfjt  ber 
Kölner  KanonifuS  ÜgibiuS  ©eteniuS  fcf^reiben :  „f£)ie  Ijunbertfäljrige  @efcf)icf)te  beS 
KollegS  mit  feinem  munberbaren  28ed)fel  üon  Ungtüd  unb  ©tüd,  feiner  gemaltigen 
2trbeitSIeiftung  unb  feinen  reichen  unb  mannigfachen  ©rfotgen,  bie  eS  in  guten  unb 
böfen  Sagen  errungen  hot,  geigt,  bah  burcf)auS  maf)r  ift,  maS  ber  hl-  SßuatiuS  3U 
fagen  pflegte:  bah  nämlich  bie  Kollegien,  bie  anfangs  üon  ben  ftärfften  ©türmen 
gefdjüttett  merben,  fpäterljin  bie  größte  f^rucfjtbarfeit  entfalten,  $n  ber  2at  mürben 
bei  biefent  in  Kirche  unb  ©djute  bisher  fo  üiele  Früchte  geerntet,  bah  man  eS  auf 
ein  paar  ©eiten  gar  nicht  barlegen  fann.  28er  fann  gälten  bie  üiefen,  bie  burch 
baS  SSSirfen  ber  ^atreS  üom  ^rrtum  zur  2Bahi'heit,  üom  Safter  zur  STugenb,  üom 
gemöhnlicljen  Seben  zum  Seben  ber  Sollfommenheit  geführt  finb?  ©leich  ferner  mürbe 
eS  fein,  bie  gafft  unk  tarnen  ber  ausgezeichneten  SDtänner  aufzuführen,  bie,  in 
ihren  ©cfjulen  hier  gebilbet,  fich  in  ganz  ©uropa  9iuf  ermorben,  ben  cpriftlichen 
tarnen  burch  28ort  unb  Stat  geehrt  unb  ©hrifti  ©ache  burdh  ihre  $eber,  ihren  ©in« 
fl  uh  unb  ihr  Seben  geförbert  hoben. " 5 

Son  Köln  aus  mürbe  eine  neue  Niebertaffung  in  ©ffen  üorbereitet.  ©djon 
im  ^ahre-1562  mar  ber  ^51an  aufgetaucht,  in  bem  üon  bem  ißroteftantiSmuS  ge« 
fäfjrbeten  ©ffen  ein  gefuitenfotteg  zu  grünben.  $te  neue  gürftäbtiffin  beS  gräflich 
freimeltlichen  ©tifteS  zu  Offen,  grmgarb  ü.  ®iepf)otz,  hflde  mit  ihren  Kapitularen 
fdjon  alles  üereinbart,  auch  ken  <©tabtrat  nidjt  abgeneigt  gefunben  unb  Slnfang  1563 


1  *Hist.  coli.  Colon,  ju  1627  unb  1632. 

2  *Catalogus  rerum  et  personarum  coli. 
Colon.  1649. 

3  *  Catalogus  personarum  Rhen.  inf.  1650. 

4  Praefectus  cateckismorum. 

5  Gelenius  a.  a.  0.  505  f.  Stach  bem 
Catalogus  trienn.  Pom  Fahre  1645  maren  bie 
jährlichen  ©infünfte  auf  ca  5000  Staler  geftieejen, 
mit  benen  in  ruhigen  Seiten  80  ^erfonen  unter« 
halten  merben  tonnten,  infolge  ber  SriegS« 
luirren  hatte  ba§  Solleg  aber  zeitmeilig  jahre« 
lang  130—170  ißerf orten  unterhalten,  abgefehen 
Port  ben  Pielen  Flüchtlingen,  bie  e§  beherbergen 


muffte.  Stach  bem  *  Catalogus  Pon  1649  gingen 
bie  meiften  ©infünfte  gar  nicht  ein,  teils  megett 
Sßermüftung  ber  S’tcfer.  Stber  auch  nur  bie  ©elb« 
auSftänbe  einzutreiben  zeigte  fich  feine  £>off« 
nuttg.  —  ®ie  Steftoren  maren :  £>einr.  ©cheren, 

14.  Slpril  1600;  Sah-  Gopper,  22.  Funi  1608; 
Foh-  Seffel  (3tize=31ettor),  Oft.  1616;  £>einr. 
©cheren,  31.  Suli  1618;  ßraSm.  ©elbrop, 

15.  Febr.  1624;  ©oSm.  Stiefel,  28.  Oft.  1626; 
2lbr.  §orrt,  14.  Oft.  1631;  ©oSm.  Stiefel, 
29.  Stoß.  1637;  §erm.  Saoittg,  3.  ^uli  1639; 
Soh-  3mcnbrüggen,  11.  Funi  1644;  33ertth.  $ab« 
bei,  31.  Fuli  1647 ;  Slrn.  SJtpliu^,  31.  guli  1650. 


Kollegien:  Äöln  Offen). 


23 


mit  ben  gefuiten  ju  &öln  bie  Verhanbtungen  eingeleitet.  Sodj  mar  ber  iß  tan  aug 
©cfjeu  üor  ben  nieten  Soften  halb  mieber  falten  getaffen  toorben L  günfjig  gatjre 
fpäter,  als  bie  neue  Sehre  fdjou  ootlftänbig  bie  0berl)anb  f;atte  unb  fetbft  fcfjou 
©tiftgbamen  fid^  ju  itjr  befannten,  fam  bie  eifrige  Slbtiffin  ©tifabetp  oan  ben  Serg 
auf  ben  ißtan  juriitf,  um  gemäfj  ihrem  bei  ber  Söafjt  geteifteten  ©ib  bie  „feljr 
abgenommene  fRetigiou  mieber  in  oorigen  ©ifer  unb  SBoljIftanb  ju  bringen",  ©ie 
marb  im  galjre  1605  burdj  bie  Semütjung  beg  ©rafen  gotj.  ö-  fRietberg  jur  Slb- 
tiffin  non  gredenhorft  geraäljtt  unb  hatte  mit  §itfe  beg  P.  gaf.  Vpgmid,  ber  ba= 
malg  in  fRietberg  tätig  mar,  oieleg  jur  ^Reformation  unb  tpebung  biefeg  ©tifteg  ge> 
tan.  Sa  fie  bie  gefuiten  nätjer  fennen  gelernt,  erfat)  fie  biefetben  aucf)  für  (Sffen  aug. 
©nbe  1613  famen  auf  itjr  ©efudj  jmei  ißatreg  aug  $ötn,  P.  gotj.  Saumeifter  unb 
P.  Söitt).  Sopfj1 2.  Siefe  nahmen  ficf)  auch  iffrer  Stufgabe  fo  eifrig  unb  erfolgreich 
an,  bafi,  mie  eg  in  einem  ©cfjriftftücf  ber  ßapitutare  oom  11.  gebruar  1614  Reifst,  bie 
©acfje  „altbereitö  einen  guten  gortgang  genommen"3.  Ser  am  14.  Januar  1614 
erfolgte  Sob  ber  Slbtiffin,  bie  nodj  in  ihrem  Seftamente  burcf)  eine  gahregrente  oon 
700  Veidjgtalern  bie  ©rünbung  beg  Äottegg  ju  fidjern  gefudjt  hatte,  brohte  jmar 
bei  ber  Stufregung  ber  fßroteftanten  adeg  mieber  ju  nichte  ju  madjen;  hoch  hatte 
bie  gteichgefinnte  unb  nod)  tatfräftigere  Sedjantin,  SRaria  tfttara  ©räfin  ju  ©paur, 
gleich  nad)  ^ern  Sobe  bag  ©tiftgfapitet  oerfammett,  unb  am  11.  gebruar  1614  marb 
„einhellig  capitulariter  batjin  befd^loffen,  baff  bie  füuftige  grau  Slbtiffin  mof)tgemetbte 
ißatreg  atthier  ju  ©ffen  erhalten  unb  befdjüfjen,  fie  in  ihren  gottfetigen  Übungen 
förbern,  auch  auf  SRittel  unb  SBege  bebacht  fein  fotte",  bie  gunbation  ju  oottenben, 
unb  gum  „Sau  ber  ©djuten,  Kirche  unb  Kolleg  ißläfje  aug  unfern  Ä'apitutarljäufern, 
metdje  ju  bem  ©nbe  am  bequetnften  fein  merben",  einjuräunten  unb  gu  aUommobieren  unb 
fdjtiefjtid)  „alles,  mag  gur  gortpftanjung  ber  fathotifcffen  fRetigion  bientief)  fein  mirb, 
taut  ber  fö'apitutation  in  ©tabt  unb  ©tift  beförbern  fotte"4.  SttS  nun  batb  barauf 
bie  ©räfin  ju  ©paur  fetbft  einfiimniig  jur  Sfbtiffin  gemähtt  mürbe,  „gingen  fie  unb 
mir",  fo  berichten  bie  gefuiten5,  „emfig  baran,  bie  fathotifd)e  Veligion  ju  feftigen 
unb  bie  retigiöfe  gud)t  mieberherjuftetten.  ©ie  entfernte  bie  nieten  ißroteftanten 
aug  ihrer  nädjften  Umgebung,  bie  ihre  Vorgängerin  megen  ber  Ungunft  ber  geiten 
nod;  hatte  butben  müffen".  gm  ©tift  mürbe  bann  bie  atte  Sebengmeife  unb  ber 
feierliche  ©hör*  unb  ©otteSbienft  in  feinem  ganzen  Umfange  mieber  eingerichtet  unb 
mit  ©rfolg  jugleid)  an  ber  Untermeifung  beS  Volfeg  gearbeitet. 

Sod)  jur  ©rünbung  eineg  ®odegg  ober  einer  fRefibenj  fottte  eg  troij  ber  emfigen 
^Bemühungen  ber  Slbtiffin  nicht  fommen.  „Sie  eifrige  Sätigfeit  ber  Unfrigen  in 
©ffen",  fo  fchrieb  am  22.  Vooember  1614  Slquaoioa  bem  ißrooinjiat  ©cheren,  „en 
füllt  mid)  mit  greube.  ©g  ift  aber  gut,  baf3  ©m.  §od)mürben  Verhanblungen  be* 
treffg  eineg  fiottegg  oerhinbert  haben,  ba  ja  bie  oon  ©m.  £>odjmiirben  angeführten 
©rünbe  mirflid)  oortiegen."  Unb  atg  ber  ^ßroüingiat  feinen  ©ntfchlufj,  nidjt  ftänbig 
)ßatreg  in  ©ffen  ju  taffen,  nach  Vom  berichtete,  billigte  bieg  am  21.  9Rärj  1615 
ber  ©eneratoifar  Silber  mit  bem  Seifügen,  ftatt  beffen  mögen  fßatreg  ab  unb  31t 
ju  beftimmten  geiten  beg  gahreg  hingefanbt  merben 6.  Ser  ©runb  für  bie  Stbtehnung 
fdjeint  oor  adern  ber  grofse  SRanget  an  Leuten  gemefen  §u  fein ",  unter  bem  bamatg 
bie  rheinifcfje  fßrooinj  litt,  bann  aber  aud)  bie  geringe  Slugficht,  in  ©ffen  mit  irgenb= 


1  9tbeinifcf)e  Sitten  447  461  464  467.  Sgl. 
Reiffenberg  I  94. 

2  Litt.  ann.  1614,  163  f.  Catal.  Rhen.  1614. 
Reiffenberg  I  478  f. 

3  Reiffenberg  I  104. 

4  ßbb.  SBgl.  3-  ei  bem  amt,  Sie  33e> 


guinenfonDente  ßffen§,  itt  Beiträge  äur  ®efd)id)te 
ber  ©tabt  @f|en  (1886)  16  f. 

5  *  Litt.  ann.  1614. 

6  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

7  Sßgl.  *  Litt.  ann.  coli.  Colon.  1615. 


24 


ßtDcitc#  fabitel.  $ie  nicbcrr^einifcfje  «roDinj. 


ruie  nennenSmertem  @rfolg  ju  arbeiten,  ba  bie  Slbtiffin  ber  «Stabt  gegenüber  ganj 
ohnmächtig  tnar  unb  nidft  einmal  bie  geraubten  föircßen  unb  fircßlicßen  Vefißungen 
jurüderßalten  fonnte.  @S  famen  nun  feit  1615  ab  unb  ju  fßatreS  auS  bern  Kolleg 
in  fünfter  jum  Stift.  91ucf>  ging  bie  fromme  unb  eifrige  ?lbtiffin,  gerabe  mie 
i^re  Vorgängerin,  oon  Stiftsbainen  begleitet  öfter  nach  fünfter,  fei  eS,  um  bie 
©aframente  gu  empfangen  ober  großen  fircßlidjen  ^eierlic^feiten  beUumoßnen 1. 

911S  enblicß  breijeßn  ^aßre  fpäter,  Slnfang  1628,  bie  Slbtiffin,  geftüßt  auf  ein 
faiferlicßeS  SDefret  unb  mit  §itfe  fpanifcßer  Gruppen,  ißre  ooÜftänbige  0berßoßeit 
über  bie  Stabt  miebererlangt,  bie  ©ertrubenfircße  unb  jmei  anbere  ben  ^Sroteftanten 
genommen  unb  bie  fßrebiger  auSgemiefen  fjatte,  bat  fie  bie  Qefuiten  öon  neuem  um 
(Srricßtung  einer  9Zieberlaffung.  ®ocß  meinte  ber  ©eneral,  baß  „eS  moßl  hinreiche, 
roenn  fßatreS  auf  fo  lange  bort  mirften,  bis  baS  Volf  für  bie  fatßolifcße  fö'ircße 
miebergemonnen  fei" 2.  ^m  ©ommer  1628  mürben  nun  bie  gmei  tüchtigen  äftiffionäre 
P.  ^einricß  ©cßacßt  unb  P.  Ä’onrab  Pranger  gefanbt3.  ©ie  arbeiten  „bei  bem 
menig  unterrichteten  Volfe  mit  foldjem  (Erfolge,  baß  in  furjer  3eit  (nocß  im  gleichen 
^af)re)  60  Familien  jur  fatholifcfjen  &'ircße  jurüdfeßrten".  ®ocß  machten  bem  glücf- 
liehen  SEBirfen  feßon  im  §erbft  beS  folgenben  QaßreS  bie  hollänbifc^en  Gruppen  ein 
©nbe,  melche  nach  &er  Eroberung  SEßefelS  auch  ®ffcn  einnahmen,  bie  Qefuiten  Oer» 
trieben  unb  alles  mieber  in  ben  früheren  ßuftanb  jurüdoerfeßten.  ®ie  Ubtiffin  felbft 
ging  nadj  Stöln,  mo  fie  am  13.  ©eptember  1644  ftarb.  2)ie  ^efuiten  füllten  erft 
nach  fier  ®ejennien  mieber  nach  ®ffen  jurüdfeßren.  — 

SSäßrenb  ®öln  ben  ganzen  fö'rieg  ßinbureß  nie  ein  feinblicßeS  £>eer  in  feinen 
dauern  fah,  mußte  2rier  mieberholt  jum  lummelplaß  beS  Kampfes  merben.  £roß» 
bem  mürbe  babureß  bie  bisherige  ©ntroidlung  nidjt  mefentlicß  aufgehalten4. 

Über  bie  Sage  unb  bie  Arbeiten  beS  ÄollegS  ju  £rier  fjei^t  eS  im  Qaßre  1603: 
2)aS  Äolleg  unterhält  29  fßerfonen:  16  ^5riefter,  3  fDiagiftri  unb  10  Saienbrüber. 
Bmölf  oon  ißnen  finb  fßrofefforen :  einer  für  fcßolaftifcße  Rheologie,  einer  für  ^eilige 
©cßrift  unb  ÜDioral;  beibe  gäcßer  merben  abmecßfelnb  einen  um  ben  anbern  Sag 
geleßrt  merben;  brei  für  ^ßßilofopßie,  einer  für  @tßU  un^  9Jiatßematif,  einer  für  bie 
fRßetorif,  einer  für  bie  Humanität,  einer  für  ©riecßifcß  unb  brei  für  bie  brei  ©ram» 
matifflaffen.  ®ie  ©infünfte  an  ©elb,  (betreibe  unb  Söein  belaufen  fieß  auf  1800  £aler 
unb  burcßfcßnittlid^  200  ialer  an  91lmofen.  9?acß  Slbjug  ber  Saften  fönnen  24  fßer« 
fonen  unterhalten  merben5. 

3af)I  unb  Arbeiten  ber  ^efuiten  änberten  fieß  in  ben  näcßften  50  $aßren 
nur  menig.  ®ie  3af)t  Per  3e?uüen  im  Kolleg  mar  im  1650  nur  um  jrnei 

ßößer,  unb  bie  Arbeiten  hatten  fieß  nur  an  ber  Unioerfität  ermeitert.  3m  £>erbft  1618 
mar  nämlich  nocß  eine  gmeite  Vorlefung  über  fcßolaftifcße  SEßeologie  unb  im  §erbft 
1647  eine  für  ^ebräifd)  eingefüßrt  morben.  f^ür  bie  ©cßulen,  bie  40  Qaßre  lang 
getrennt  oom  fö'olleg  in  ber  Unioerfität  gehalten  merben  mußten,  mürbe  ein  neues 
©cßulgebäube  in  ben  3at)ren  161 1 — 1615  hießt  neben  bem  Kolleg  errichtet. 

®ie  Erfolge  ber  Arbeiten  in  ©djule  unb  Äircfje  maren  aueß  im  neuen  Qaßr» 
ßunbert  gliicf ließ.  93ei  ben  fßrebigten  unb  Hatedjefen  ftanben  bie  Seute  $opf  an 
föopf6.  Unb  51t  ber  ^ateeßefe,  bie  im  3flt)re  1604  auf  Sitten  beS  ©tabtratS  im 


1  *  Litt.  ann.  coli.  Monast.  1626  1615  1611. 

2  *  33  i  te  1  le§  d)  i  an  P.  §einr.  SRotthaufen, 
15.  San.  1628. 

3  *  Litt.  ann.  1628.  *  Hist.  coli.  Sigen. 

*  Catal.  Rhen.  1628.  Reiften b erg  I  480. 

«gl.  auch  *  «iteüeSchi  an  ben  «roDiujial  «a= 

Ding,  21.  Suli  1629. 


4  «gl.  33b  1,  95  ff. 

5  *  Catal.  trienn.  1603.  «gl.  beit  ähnlich 
lautenben  *  Catal.  trienn.  1611.  gür  ba3  3'Oh 
genbe  Dgl.  *Litt.  ann.  31t  ben  betreffenben 
Sahren. 

6  Litt.  ann.  1600,  370. 


Kollegien:  Xrier. 


25 


£>ofpital  üor  einer  großen  ©d)ar  ©ettler  begonnen  würbe,  ftrömte  eine  folc^e  Un» 
maffe  oon  Kinbern  ^er6ei,  wie  in  feindlichen  übrigen  ^ircfjen  ber  ©tabt  nid)t  ge» 
febjen  würben1.  £>er  Smpfang  ber  ©aframente  in  ber  Koüeggürche,  bie  im  ^afjre 
1626  reftauriert  worben  unb  13  neue  ©eicfjtftühle  erhalten  hatte,  würbe  immer  größer, 
unb  mehrmals  würbe  ber  ©eneral  t>on  ben  9teftoren,  freilich  oergebeng,  um  ©er» 
mef)rung  ber  Kräfte,  oor  ollem  ber  ©eidjtoäter,  gebeten2.  iJSfingften  allein,  fo  fyeifjt 
e§  im  Uüf)re  1627  3,  fommunijierten  in  unferer  Kird)e  2700.  ©elegentlid)  ber 
Zentenarfeier  beg  Orbeng  (1640)  flieg  bie  Zahl  ber  Kommunionen  burd)  bag  Zu» 
ftrömen  oon  augwärtg  auf  22  000.  ©ielleicf)t  nod)  erfreulicher  war  bie  SBtüte  unb 
ber  3luffd)Wung  ber  Schulen.  „Sg  tat  ung  wohl7',  fdjrieb  P.  Slquaoiüa  am  20.  0f* 
tober  1607  bem  ©eftor  ißaul  Seugler,  „oon  ber  ©lüte  ber  ©djulen  gu  hören  unb 
ber  fo  gasreichen  Promotion  oon  SDoftoren  unb  Baccalaurei  ber  ^S^üofop^ie. " 4 
„5Die  ©cfjulen  blühen",  fo  fjetht  eg  int  Zahre  1611 5,  „fräftiger  alg  man  glauben 
unb  erwarten  foHte :  eg  würben  6  2)oftoren  ber  Rheologie,  39  ber  ©hilofopSe  unb 
70  Baccalaurei  promooiert."  ®ie  ©dfülergahl,  bie  im  Zahre  1601  fiel)  auf  750 
belief,  war  im  Zaljre  1617  „auf  1000  geftiegen,  tro^bem  einige  hocfjgeftellte  Herren, 
welche  in  ihrem  ungeitigen  Sifer  bie  ©dfulgucht  bei  ben  fßhilofopfjen  gu  lodern 
juchten,  barnalg  gerabe  ber  ©chule  einen  ferneren  ©c^lag  oerfejd  hatten"6.  ®ie  Zahl 
erreichte  bie  l)öd)fte  jpöf)e  im  §erbft  1631,  wo  man  nad)  ber  feierlichen  Eröffnung 
beg  neuen  @d)uljahreg  gegen  1200  ©cf)üler  gäl)lte:  Jünglinge,  überaug  lenffam, 
eifrig  in  ben  ©tubien  unb  ben  Übungen  ber  grömmigfeit,  barunter  ©ötjne  oom 
2lbel,  ©arone  unb  ©rafen,  unb  oon  fürftlichem  ©lute. 

®ie  unglüdliche,  reid)güerräterifcf)e  ©olitif  jeboch,  welche  ber  Trierer  Kurfürft 
Philipp  ©hriftoph  oon  ©ötern  (1623 — 1652)  bei  bem  ©orbringen  ber  Schweben 
(1632)  gegen  ben  ©Sillen  beg  Sanbeg  einfehlug  unb  Welche  fo  oiel  Seib  unb  (Slenb 
über  ©tabt  unb  Stift  brachte,  fnidte  bie  ©lüte  ber  Schulen7.  Um  fid)  oor  ben 
©chweben  gu  fd^ü^en,  hatte  fich  ber  Kurfürft  unter  ben  Schuh  $ranfreid)§  geftellt 
unb  auher  ben  geften  ©hrenbreitftein  unb  ißhtlippSfmrg  aud)  Syrier  unb  Kobleng 
ben  jyrangofen  übergeben.  2luf  feine  Sinlabung  war  im  Uuguft  1632  bag  franjöfifcfje 
£>eer  oor  £rier  gerüdt  unb  hatte  bie  ©tabt,  bie  burd)  bie  ©ürger  unb  eine  fleine 
fpanifdje  ©efafcung  oerteibigt  würbe,  nach  gweiwödjiger  ©elagerung  am  26.  Sluguft 
erobert.  9J2it  einem  Schlage  war  nun  bie  ©djule  wie  oeröbet.  9Jfan  gäl)lte  „faum 
mehr  nod)  alg  bie  wenigen  ©chüler  aug  ber  ©tabt  unb  ber  nächften  Umgebung". 
Zwar  lehrten  fpäter  manche  wieber  gurüd,  befonberg  nadjbem  bie  ©tabt  burd)  Über¬ 
rumpelung  am  26.  9J?är§  1635  eine  faiferlid)  fpanifche  ©efafjung  erhalten  hatte.  ®ocf) 
liehen  bie  fdpoeren  Krieggbrangfale,  unter  benen  ©tabt  unb  Sanb  faft  big  gum  Snbe 
beg  Kriegeg  furchtbar  gu  leiben  hatten,  bie  ©djülergahl  big  1650  nie  mehr  gu  ber 
bigfjerigen  jpöf)e  emporfommen.  Sin  ©lücf  war  eg  noch,  bah  ber  Unterridjt  felbft 
infolge  beg  ©djupbriefeg  König  Subwigg  XIII.  unb  burd)  bie  gmrforge  beg  fran» 
göfifdjen  gelbmarfcfjallg  Slnnibal  b’Sftree  auch  in  ben  fahren  1632 — 1635  un» 
gefchmälert  weiter  gehalten  werben  fonnte. 


1  Ebb.  1604. 

2  SSgl.  bie  *  93riefe  Dom  23.  2lug.  1618  unb 

29.  Suni  1624. 

5  *Hist.  coli.  Tievir.  1625 — 1627.  £rier 
mar,  ruie  ber  bamalige  Kölner  9tuntiu3  fßeter 

9tIot)fiu§  Sarafa  fepreibt,  nicht  grofj,  weniger 

ftart  beoöllert  al£  Sftainj,  ba3  felbft  nicht  Diele 
Einwohner  aufweift  unb  nicht  Diel  mehr  al§ 
3000  Bürger  wählte.  Carafa,  Legatio  apost. 

187.  1  »  0rig.»9teg.  Ad  Rhen. 


5  *  Litt.  ann.  1611. 

0  *  Ebb.  1617.  *  Siteüe^chi  an  SReftor  9tofen» 
bäum,  1 .  2Ipril  1617.  Drig.=fReg.  Ad  Rhen. 
Über  bie  Einmifchung  in  bie  $anbf)abung  ber 
©chulpcht  f.  Brower-Masen,  Annal.  Tre- 
vir.  II  (1670)  46. 

7  SBgl.  k  n  i  p  f  ch  a  a  r ,  Äurfiirft  Philipp 

Epriftoph  (1895)  66  97.  Brower-Masen 
a.  a.  0.  II  505  ff.  *  Litt.  ann.  1632  ff.  33rief  Dom 
27.  SOlörj  1635  bei  *Reiffenberg  IIMantissa. 


26 


3toeite3  Kapitel.  2>ie  nieberrpeimfcbe  ©robins. 


Sepr  fcf)äbigenb  mirfte  bie  Qeinbfdjaft  beS  gegen  £anb,  Kapitel  unb  ®aifer 
ftreitenben  $urfürften  ein,  ber  bie  Qefuiten  feinen  ganzen  ©roll  füllen  Iiefj  V  (Seine 
©efangennepmung  int  Qapre  1635  fcprieb  er  nicpt  feiner  ungliicf[icf)en  ^Sotitif,  fonbertt 
ben  Qefuiten  51t.  Unb  als  er  nacp  äepnjäpriger  ©efangenfdjaft  üom  $aifer  enblicp 
freigelaffen  tnurbe  unb  am  18.  Voüember  1645  nacp  Xrier  fant,  feilten  biefe  ben 
tiefen  ©roll  beS  argmöpnifcpen  unb  »erbitterten  dürften  füllen.  SDer  Veftor  beS 
ßotlegS  mürbe  jur  Segrüpuitg  nicf)t  jugelaffen.  Qm  9Vär,$  1646  griff  ber  grollenbe 
Qürft  ungeachtet  ber  Sitten  beS  VonijenmeifterS  P.  SSeibenfelbt  in  baS  ©igentumSrecpt 
beS  VoüijiateS  ein,  üon  bem  im  Qapre  1635  ber  üermeintlicpe  Verrat  ausgegangen 
fein  füllte,  ©r  liefj  ohne  meitereS  am  borgen  beS  19.  Viär^  einen  Seil  ber  Puffern 
mauer  beS  Vom^iatSgartenS  nieberreifjen,  um  Vaum  ju  geminneit  für  bie  (Errichtung 
eines  neuen  QeftungSmerfeS,  raelcpeS  baS  Voüijiat  beperrfdjen  füllte,  bamit,  mie  er 
in  gepüfftger  Söeife  auSftreute,  Stabt  unb  Qürft  oor  ben  Qefuiten  fieser  feien,  falls 
bie  Spanier  mieber  einmal  mit  einem  Überfall  fiep  nahen  füllten.  211S  nun  P.  SBeibem 
felbt  ju  übereilt  ben  Arbeitern  ihr  QerftörungSmerf  üerbot,  meil  baS  £>auS  unmittel’ 
bar  bem  Sßapft  unterftellt  fei,  unb  ihnen  zugleich  bie  ©pfommunifation  angefünbigt 
patte,  mürbe  ber  Qorn  beS  dürften  aufs  pöcpfte  entflammt1 2.  £>aS  Voüijiat  mürbe 
mehrere  SCage  üon  Solbaten  umfteüt  gepalten,  unb  noep  ScplimmereS  ftanb  gu  er= 
märten,  Qn  ihrer  Vot  fanbten  bie  Qefuiten  jmei  ^atreS  nach  ^atiS.  ®er  $ro> 
t)in§ial  begab  fiep  unüerjüglicp  nach  ®üffe!borf  ^um  ^faljgrafen  SBoIfgang  Söilpelm, 
ber  üon  allen  beutfdjen  dürften  beim  Äurfürft  am  meiften  galt.  ®ie  fofortige 
Vermittlung  biefer  beiben  dürften  unb  befonberS  bie  jmeiftünbige  SluSfpracpe  beS 
Äurfürften  mit  bem  neuernannten  Veftor  beS  ^ollegS,  P.  ©erarb  ©rapol,  ber  ipm 
üon  Speier  unb  fö’oblenj  per  mopl  befannt  unb  üon  ipm  gern  gefepen  mar,  befänf* 
tigten  enblicp  ben  Qorn  beS  ßurfürften.  Stuf  Sitten  beS  VeftorS  üerfpradj  er  fogar, 
bem  üerarmten  Kolleg  §u  helfen,  maS  er  aud)  in  Heineren  Stücfen  tat3,  Qpre 
Vecpte  auf  baS  Ü^oüi^iat  erpielten  bie  Qefuiten  erft  fpäter  mieber,  naepbem  bie  üom 
Äurfürften  erbauten  Sefeftigungen  auf  faiferlicpen  Sefepl  niebergeriffen  morben. 

Qm  fiiepte  beS  eigenfinnigen  unb  ftreitfücptigen  ©parafterS  beS  ®urfürften  unb 
feiner  beutfcpfeinblicpen  ^oliti!  müffen  all  bie  üielen  3(nflagen  betrachtet  merben,  bie 
er  mie  gegen  alle  unb  alles,  auep  gegen  bie  Trierer  Qefuiten  erpoben  pat.  ®er 
Nuntius  ©pigi  feprieb  am  18.  Januar  1647  auS  fünfter  naep  Vom:  Vom  Kapitel, 
üon  ben  faiferlicpen  Seüollmäcptigten  unb  üom  Trierer  Klerus  pöre  icp  täglich  neue 
Klagen  gegen  ben  ^urfürften  üon  Syrier,  ber  auf  feineu  üernünftigen  Vat  pört  unb 
nur  feinem  ©igenfinn  unb  ben  Qrangofen  folgt.  ®ie  Qefuiten  »erfolgt  er  unüer» 
föpnlicp  in  SGöort  unb  STat,  mie  auep  alle,  üon  benen  er  meint,  irgenb  ein  Unrecpt 
erfapren  ju  paben4.  ^urj  üor  feiner  ©efangennapme  patte  er  ben  ^Slan,  bie  Qefuiten 
auS  £rier  ju  »erjagen,  mie  ber  Kölner  VuntiuS  Sllfieri  am  13.  Slpril  1635  nacp 
Vom  berieptet5.  Vad)  feiner  ©efangennapme  befcpulbigte  ber  ^'urfürft  mieberpolt 
ben  P.  Samormaini,  baff  er  feiner  Sefreiung  Scpmierigfeiten  entgegenfepe 6.  Slucp 
pegte  er  Verbacpt,  baff  bie  Qefuiten  in  feinem  Streit  mit  S.  SVayimin  auf  feiten 
beS  21bteS  ftänben.  Qm  Qapre  1646  baepte  er  mieberum  baran,  bie  Qefuiten  auS 
ber  Stabt  31t  üertreiben7. 


1  ©gl.  B  r  0  w  er-M  a  s  en  a.  a.  0.  II  475  ff; 
Hontheim,  Hist.  Trevir.  Dipl.  III  276  ff; 
9Jt  a  r  p ,  @efd).  bes>  QcraftiftS  STrier  I  (1858)  335  ff. 

2  *  Dtterftebt,  31.  9Jiärs  unb  8.  Slprit  1646. 
Rhen.  Inf.  Fund.  II  11  ff. 

3  ©gl.  bie  brei  *  ©riefe  GarrafaS  Dom  16.  gebr. 

u.  11.  Sdlärä  1647  unb  Dom  20.  fyebr.  1649. 

*  Drig.’fReg.  Ad  Rhen.  inf. 


4  *  3Iom,  Arch.  Vatic.,  Nunziatura  di  Paci 
vol.  XXI. 

5  *Arch.  Vatic.,  Nuntiatura  di  Colonia, 
arm.  1,  vol.  XIV. 

6  *  9Ilfieri  an  ©arberini ,  9.  gebruar  unb 
3.  ©tat  1636.  Barberini  Lat.  6756  in  ber 
Bibi.  Vatic. 

7  *  Dtterftebt,  8.  Slprit  1646. 


Kollegien:  Jrier. 


27 


Vergebens  Ratten  bie  Obern,  befonberS  bie  ©eneräte,  ben  ftörrifcfien  SJJJann  ju 
üerföf)nen  gefudjt.  2tt§  ber  Kurfürft  im  gafjre  1627  ficf)  fetjr  erjürnt  auf  bie  gefuiten 
jeigte,  toeit  er  glaubte,  bajj  einige  gefuiten  gegen  ifjn  unb  für  feine  ©egner  gearbeitet, 
entfdjutbigte  3>itette§d)i  am  2.  Januar  1627  bie  ettua  begangenen  gelter  unb  bat 
um  Eingabe  ber  ©djutbigen,  bie  ber  tierbienten  ©träfe  nidjt  entgegen  fällten.  5tSa§ 
unb  tnie  aber  aud)  gefehlt  toorben  fei,  fo  möge  ber  ©rjbifdjof  bie  getjter  einzelner 
nidjt  ber  ganjen  ©e* 
fettfdjaft  jufdjreiben 
unb  biefetbe  rticfjt  öon 
feinem  SBofjlrootlen 
au§fd)Iie^en,  benn  e§ 
ttürbe  gegen  bie  33il- 
tigteitoerftofien,  unter 
ben  geblern  einzelner 
eine  ganje  ©enoffen- 
fdjaft  leiben  ju  taffen1. 

©päter  fletjte  (Sarrafa 
mieberljolt  ben  Kur* 
fürften  an,  er  möge 
bocf)  bie  Unftugfjeit 
einzelner  oerjeitjen 
unb  bie  gelter  ber* 
fetben  nidjt  äße  gefui* 
ten  entgelten  taffen 2. 

gm  übrigen  fanb 
bie  SBirffamfeit  in 
Syrier  oietfacfie  ?tn= 
erfennung.  gn  einem 
©djreiben  be§  Kur* 
fürften  Sotfjar  ü.  2J?et* 
ternicf)  Dom  20.  0f« 
tober  1603  an  ben 
©enerateinnefjmer  be§ 
oberen  ©tift§  tjeifjt  e§, 
bie  patres  feien  üon 
ben  Kontributionen  ju 
befreien,  meiten  fie, 
mie  männigtidj  befen= 

nett  mu|,  im  2öein=  QOfl  CCn?li<J  CJ CWAm 

berge  be§  £>errn  merf*  " 

tidjen  großen,  unt)er=  $cr  (Seneial  2i.  Garvafa.  @tid)  (s/s)-  Stutograpf)  au§  einem  Söriefe. 

broffenengteifffomofjt 

mit  ^Srebigen  als  and)  gnftituierung  ber  gugenb  3U  @t)ren  @otte§  unb  be§  ganjen 
£anbe§  Sßofjtfafjrt  anmenben3.  ©päter,  am  22.  ©eptember  1639,  begrünben  2)ed)ant 
unb  ®omfapitet  oon  Xrier  bie  ßpemtion  be»  gefuitenfotteg§  Xrier  mit  ben  SBorten : 
Ofjnebem  aud)  tunbbar  ift,  raa§  mefjr  angeregte  patres  mit  gottfetigen  djrifttidjen 


1  *0rig.=9teg.  Ad  Extern.  1627. 

2  *  Garrafa  an  6ötern ,  23.  Sunt  164G. 

0rig.=9ieg.  Ad  Extern. 


3  *  Kopie  Köln,  Stabtarcpiö,  Jes.  21,  aud) 
gebrudt  in  bem  „Slftenmäfjigen  Status",  fielje 
folg.  Sinnt. 


28 


Streitet  Kapitel.  $ie  niebcrrtjeinifctje  ijßrobing. 


Sehren  unb  uitoerbroffener  müljfamer  Unterteilung  ber  Qugenb  audj  fonften  hiefiger 
©tabt  unb  ganzem  (Sr^ftift  für  erfpriehtidjen  Spulen,  |ogar  mit  Beibehaltung  ber 
früheren  Stngaht  trol^  ber  in  biefen  betrübten  Qeiten  f°  befdjroerticfjen  unb  foft* 
fpietigen  Unterhaltung  ber  Sßerfonen  mit  fonberbarem  (Sifer  befchaffen  tun R  — 

Unter  beit  bitrcf)  ©ötern  oerantahten  ©chmierigfeiten  hatte  audj  fraS  ®otteg  in 
Noblen, 5  oief  31t  leiben,  hoch  mürben  biefe  BMbcrmärtigfeiten  gelinbert  burd)  baS 
überaus  2öot)tmoIIen,  baS  bie  Bürger  biefer  ©tabt  roie  früher,  fo  auch  jefjt 

unauSgefetjt  ben  patres  entgegenbrachten 2. 

Qnfotge  ber  ungtücffeligen  Sßotitit  beS  ^urfürften  mürbe  ®obleng  am  2.  Quti  1632 
nach  furger  Betagerung  non  ben  ©chmeben  unter  .Sporn  befetjt,  oier  Jahre  fpUter, 
am  4.  9)iai  1636,  nach  gehnmonatiger  Belagerung  non  faifertidjen  Gruppen  guriicf- 
erobert  unb  nach  einer  meiteren  Belagerung  non  einem  Jahre,  am  27.  Juni  1637, 
auch  baS  non  ben  grangofen  im  Jahre  1632  in  Befi§  genommene  ©Ijrenbreitftein. 
2tm  Jefte  Beter  unb  Baut  hatte  ber  ^urfürft,  atS  im  Jahre  1632  bie  ©roberung 
ber  ©tabt  burd)  bie  ©chmeben  benorftanb,  alten  OrbenSteuten  ©chupriefe  gu» 
ftetten  taffen,  nur  nicht  ben  Jefuiten,  benen  er  fidj  feinbfetiger  benn  je  geigte. 
|)ätte  bamatS  nicht  ber  frangöfifche  ßornmanbant  non  (Shrenbreitftein,  §err  be  ©a» 
tubie,  auf  bie  briitgenben  Borftettungen  beS  P.  föafpar  S'Jaget  nach  gmeimatiger 

abfdjtägiger  Stntmort  enbtid)  beim  britten  997ate  bem  ®urfürften  ben  ©diuprief 
förmtid)  abgerungen,  fo  märe  baS  ^otteg  non  ben  ©djmeben  nottftänbig  geptünbert 
morben3.  Stud;  mährenb  ber  Befepng  ber  ©tabt  geigte  fidj  ber  Jürft  ihnen 

abgeneigt i.  freilich  hatte  baS  Kolleg  ftatt  feiner  an  bem  frangöftfchen  Jetbmarfdjatt 
Stnnibat  b’©ftre'e  einen  @d)üpr  erhalten,  ber  ihm  in  ber  bebrängten  Jeit  mehr 
©uteS  ermieS,  atS  ber  föurfiirft  nietteidjt  gu  tun  nermodjt  hätte,  ©eine  SDagmifchen» 
funft  unb  bann  ber  ©cfjuprief  feines  Königs,  ben  er  halb  bem  Kolleg  überreichte,  be» 
freiten  baS  Äotteg,  mooon  fonft  faft  niemanb  freibtieb,  fogar  non  jeglicher  (Einquartierung 
unb  allen  Saften,  fo  bah  baS  $oQeg  alte  Arbeiten  in  nottem  Umfang  fortfepn 

fonnte,  mie  ber  Bericht  fagt,  unb  unter  ben  allgemeinen  ®rangfaten  mie  eine  Jnfet  im 

mogenben  ÜDteer  atten,  ©eifttichen,  OrbenSteuten  unb  Saien,  immer  ein  fefter  §ort 
unb  eine  fidlere  JuftuchtSftätte  btieb.  Ju  jeher  8eü/  auch  bei  Berteumbungen  megen 
SanbeSnerrat,  geigten  bie  ^obtenger  Bürger  ben  Jefuiten  großes  SBohlmotten. 

Qm  Jahre  1602  heijjt  eS  in  ben  Jahresberichten,  freilich  mit  bem  gemohnten 
Optimismus:  SCBir  haben  burch  unfere  oerfcfjiebenen  Arbeiten  aller  bergen  fo  ge» 
monnen,  bah  m  ber  gangen  ©tabt  moljt  faum  jemanb  gibt,  ber,  mie  eS  fonft 
faft  gemöhnlicf)  ift,  unS  meniger  günftig  gefinnt  märe.  3)aS  fö'otteg  ftep  attgemein 
als  §ort  beS  JriebenS  unb  ber  ©intracht  unb  als  Jörberin  beS  öffentlichen  2öof)IeS 


’  3l!teitmähiger  Status  Causae  iit  Sachen 
bepbcr  Collegiorum  S.  J.  gu  STrier  unb  ©oblenß 
contra  bie  Sanbftänbe  be?  ßrgbiStfjum?  Jrier 
puncto  bie  Immunität  berer  .  .  .  ßfyurf.  Ca- 
meral  ©iiter  betreffenb.  $rucffd)r.  opite  3af)r< 
f.  63  f.  Staat?ard)io  Eobleng ,  3ef-  ®oüeg 
£rier  32.  53gl.  bie  Urfunbe  be§  (fomfapitel? 
üom  12.  9)tai  1639  mit  großem  2ob  für  bie 
Sefuiten  in  ben  *  Trierer  fgunbationlurfnnben, 
Ätöln,  Stabtarcpio,  Jes.  705.  —  Sie  9teftoren 
waren:  ißet.  SRofenbanm,  Ott.  1599;  Sobofu? 
93arIo,  9too.  1603;  Spaiil  Seueder,  1606;  2tm* 
brof.  ßarolug,  1608;  gof).  9MU)ufinu§  (©pi$» 
na§),  1609;  grang  fUnpcbiu?,  1609  ;  sRet.  Siefen« 
banm,  1614;  SBilf).  ÜDtetternid),  Slnfang  1619; 


Stet.  2tlbcitf)ooen,  25.  guni  1625;  Syof).  S8er> 
oanp,  (Sommer  1630;  9)et.  9t[benßooen  (®ige> 
reftor),  Sommer  1631;  SBernf).  SBimpfting, 
1632;  SBilf).  ft’nauftiu?,  1638;  Steinweg, 
6.  $e§.  1642;  ©er t).  ©rapol,  1.  ^uti  1646; 
9tit.  Seßm ,  1649;  ipeinr.  Sürd,  13.  9too. 
1650. 

2  3?gl.  93b  I,  S.  100  ff.  *  Annal.  coli.  Conti. 
1579 — 1688  im  Äötner  StabtarcpiP,  Jes.  685. 
3)  0  m  i  n  i  c  u  3 ,  ©efd).  be§  Äotleginm?  S.  J.  gu 
Äobleng  II  (1872). 

3  *  Litt.  ann.  1632  1635. 

1  93gl.  *  93iteüe?d)i  an  ben  fReftor  Sebm, 
5.  9too.  1633  unb  20.  9J?ai  1634.  *  Orig. ©leg. 
Ad  Rhen. 


Kollegien:  Koblenj. 


29 


in  £ocßacßtung.  Hub  fo  blieb  eg  bie  folgenben  Qaßre.  Qm  Qaßre  1640  mürbe 
bie  Qentenarfeier  ber  ©rünbung  beg  Orbeng  non  ber  ganjeit  «Stabt,  ÜBagiftrat  unb 
S3off,  in  fo  großartiger  SSeife  unb  unter  fo  allgemeiner  Beteiligung  gefeiert,  baß  bie 
Qefuiten  ganj  iiberrafcßt  maren.  2lm  Qefte  beg  ßl.  Qgnatiug  prangte  alleg  in  ©riiu 
unb  Blumen,  unb  eg  fcfjien  nicßt  Söerftag,  fonbern  ein  Qefttag  ju  fein,  „ein 
glänjenber  Berneig",  fo  fügt  ber  Bericßt  bei1,  „ber  aufrichtigen  Siebe  ber  Stabt 
^u  ung".  Ser  ißrebiger  ooit  St  Saftor  tjatte  Sonntagg  oorßer  auf  ber  Kansel  bie 
©efellfcßaft  Qefu  mit  ben  größten  Sobfprücßen  bebacßt  unb  ging,  fo  erjäßlt  ber 
Bericßt,  in  feinem  (Sifer  fo  roeit,  baß  er  frei  unb  offen  behauptete,  Fohlens  märe 
ooöftänbig  eine  Beute  ber  Qrrleßre  gemorben,  menn  nicßt  burd)  ©otteg  gnäbige 
Qiigung  bie  ©efellfcßaft  Qefu  eg  burcß  ißre  Sugenb  unb  ©eleßrfandeit  Oerßinbert  ßätte, 
unb  biefer  gans  allein  gebüßre  bag  Berbienft.  @r  bäte  begßalb  briugenb,  baß  alle 
in  unferer  Kircße  ©ott  anfleßten,  er  molle  gnäbig  bod)  audj  in  ben  fiinftigen  Qaßr- 
ßunberten  einen  folcßen  Orben  ber  Stabt  unb  bem  Sanbe  erßalten  unb  bemaßren. 

Bei  foldjer  Stimmung  in  ber  Stabt  mußte  bag  BSirfen  ber  Qefuiten  reidfe 
Qrücßte  tragen.  Sie  regelmäßigen  fßrebigten  in  ber  eigenen  Kircße  unb  ber  Sieb- 
frauenfircße,  bie  breijeßn  Katecßefen  in  unb  außerhalb  ber  Stabt2,  bie  fünf  Kon- 
gregationen,  ber  Befucß  ber  £>ofpitäler  unb  ©efängniffe,  bie  oielen  Bolfsmiffionen, 
für  bie  fpäter  jmei  ftänbige  SBiffionäre  mirften,  boten  ein  ebenfo  anftrengenbeg  roie 
fegengreicßeg  Slrbeitgfelb.  Sdßon  im  Qaßre  1602  (9.  9J?ärs)  ßatte  Slquaoioa  auf 
einen  Bericßt  beg  Beftorg  SOJufer  ermibert:  Spießt  geringe  Qreube  braeßten  ung  bie 
SOcitteilungen  oon  ben  feelforgerlidjen  Srfolgen  unb  bem  ftarfen  Befucß  ber  Kircße. 
Qmölf  Qaßre  fpäter  (8.  ÜBai  1614)  ßeißt  eg  in  einem  feiner  Briefe  an  ben  Beftor 
P.  Bleftorff :  Sag  SBacßfen  ber  Kommunionen  an  ben  leßten  Sagen  beg  abgelaufenen 
Qaßreg  unb  ben  erften  beg  angebrodjenen  ift  ein  beutlicßer  Beroeig,  baß  bie  Seelen¬ 
ernte  oon  Sag  ju  Sag  bort  reießließer  roirb3.  Qm  Qaßre  1616  empßngen  am 
Ofterfeft  über  1000  unb  am  Sßeißnacßtgfeft  über  1500  bie  ßeilige  Kommunion  in 
bem  Saale  unter  ben  Scßulflaffen,  moßin  man  am  25.  Oftober  1608  ben  ©otteg- 
bienft  aug  ber  gans  baufälligen  unb  bacßlofen  Kircße  oerlegt  ßatte.  Bidjt  raenige 
ßatten  an  BSeißnadjten  megen  beg  engen  Baumeg  bort  überhaupt  nid)t  bie  Kommunion 
empfangen  fönnen  4.  Bocß  bebeutenb  ftärfer  mürbe  ber  Qubrang  nad)  bem  Umbau 
ber  Kircße.  Sie  große  Qaßl  ber  Kommunionen  in  unferer  Kircße,  fo  fdjrieb  ber 
©eneral  am  9.  Qebruar  1619  naeß  Koblens,  ßat  mieß  ungemein  getröftet.  @g  ift 
mir  bag  ein  Qeidjen,  baß  bie  Unfrigen  bort  mit  großem  Qleiß  unb  ©ifer  arbeiten 5. 
Slucß  fpäter  mirb  ber  große  Qubrang  su  ben  Beicßtftüßlen  mieberßolt  ßeroor- 
geßoben  6.  Qn  all  ben  Qaßren  ßatten  bie  Qefuiten  in  Koblens  aueß  einige,  fei  eg  Sin- 
ßeimifdje  fei  eg  Qrembe,  sur  alten  Kircße  surücffüßren  fönnen.  Qm  Qaßre  1601 
maren  eg  16,  im  folgenben  Qaßre  37,  im  Qaßre  1605  50,  unb  fo  ging  eg  all  bie 
Qaßre  mecßfelnb  meiter,  big  in  ben  oiersiger  Qaßren  bie  Qaßlen  surüefgeßen.  — 
Sie  Qaßf  ber  Kräfte  im  Kolleg  mar  oon  17  im  Qaßre  1601  auf  23  im  Qaßre  1617 
oermeßrt  morben  unb  belief  fieß  im  Qaßre  1650  auf  27 :  14  Sßatreg,  4  SBagiftri 
unb  9  Saienbrüber7. 

Ser  oben  ermäßnte  Umbau  mar  burcß  bie  Baufälligfeit  ber  alten  Bonnen- 
fireße  sur  unabroeigbaren  Botmenbigfeit  gemorben8.  Qm  Qaßre  1607  befdjloß 
man,  bag  fcßabßafte  Sacß  s11  erneuern  unb  ftatt  ber  flacßen  Sede  bie  Kircße  su 


1  *  Litt.  ann.  1640.  6  33gt.  j.  33.  ®Litt.  ann.  1641. 

!  *Annal.  coli.  Confl.  ad  ann.  1650.  7  *  Catal.  trienn. 

3  *Drig.-9leg.  Ad  Rhen.  8  $a3  golgenbe  naef)  33 raun,  2)ie  Kirnen« 

4  *  Litt.  ann.  1616.  5  *  £rig.-9leg.  Ad  Rhen.  bauten  ber  beutfd)en  Qefuiten  1  33  ff. 


30 


3tocite§  Äapitel.  Sie  nieberrtjeinifcfje  ißroOinj. 


mölben.  folgenben  .^apre  mürbe  megen  ber  ©rridjtung  beS  SDacpftupfeS  ber 
©otteSbienft  in  bie  Slula  beS  ©pmnafiumS  oerlegt.  Salb  barauf  fapte  ber  3f{eftor 
Bop-  SReftorff  ben  ipian  eines  ©rmeiterungsbaueS,  moburcp  bie  föircpe  um  bie 
Hälfte  breiter,  um  ein  drittel  länger  mcrben  unb  auper  einem  ©etoölbe  ©mporen 
über  ben  ©eitenfcpiffen  erhalten  füllte.  Sltn  16.  9Q2är§  1609  bat  ber  fReftor  in 
einem  Stufruf  bie  Setoopner  üon  fö'oblenj  um  Seipilfe  für  ben  Sau.  ©S  gelte  niept 
bem  Leiter  ober  ber  Kammer  beS  ^ollegS,  nic^t  fterblicpen  SRenfcpen.  ®em  ©prift= 
finb  fotte  eine  Verberge,  ber  Fjeitigften  ®reifaltigfeit  ein  Stempel,  ben  ©laubigen 
ein  SetpauS  erridjtet  raerben ;  fiep  aber  bauten  bie  ©eher  eine  einige  Söopnung  unb 
machten  fid^  alles  ©uten  teilpaft,  baS  im  neuen  ©otteSpaufe  gefcpepe.  ®ie  ©in- 
meiner  ber  ©tabt  mosten  ber  Opfermilligfeit  ifjrer  Sorfapren  gebeuten  unb  fidj 
erinnern,  baff  Sttmofen,  jur  ©pre  ©otteS  gegeben,  niept  arm  maepen.  Slucp  füllten 
fie  fiep  in§  ©eböcptniS  rufen,  meldje  f^reube  fie  über  bie  Slnfunft  ber  ißatreS  gehabt 
unb  mit  melcper  ©enugtunng  fie  bemertt,  bap  bie  Oteligion  burdj  biefe  geroaprt  unb 
bie  Bug^*5  f°  ttmpl  unterridf)tet  merbe.  ©cplieplicp  folgt  bie  Sitte,  alte  mosten 
ipren  ÜRamen  unter  Stngabe  if>rer  ©penbe  in  eine  Sifte  eintragen  ober  eintragen 
taffen,  bamit  bie  patres  niept  ju  ungelegener  ßeit  an  iprer  £üre  anttopften.  2)aS 
Sucp  merbe  im  ©otteSpaufe  oerbteiben,  bamit  ber  Sßopltäter  ftetS  im  ©ebete  gebadet 
merbe.  Stber  bie  Seute  Ratten  menig  ©etb.  SBegen  äRangelS  an  SRitteln  mupte  ber 
Sau  halb  unterbrochen  merben.  ©rft  als  bem  fReftor  P.  SReftorff  1612  eine 
menngleicp  feineSmegS  bebeutenbe  ©umme  aus  feinem  oäterlicpen  ©rbe  jugefatteit 
mar,  tonnte  man  an  bie  SBieberaufnapme  benfen.  ^n  ben  fahren  1613  unb  1614 
fdjritt  baS  Söerf  nur  tangfam  fort.  £>ie  ©aben  jum  Sau  tiefen  fo  fpärlid;  ein, 
bap  bie  patres  am  6.  SRooember  1613  alten  noch  übrigen  Sorrat  an  2Bein  im 
©rtrag  oon  1200  ft.  üerfaufen  mußten.  @S  fehlte  nicht  allein  an  SRitteln  für 
ben  Sau,  fonbern  auch  für  ben  Unterhalt  ber  patres.  SEropbem  oerjagte  ber 
tapfere  fReftor  nicht,  ©r  baute  meiter.  ®iefe  StuSbauer  mürbe  mit  ©rfotg  gefrönt. 
Stm  3.  ©eptember  1617  mürbe  bie  Kirche  oon  bem  Kötner  SBeipbifdjof  Otto  o.  ©ut* 
mann,  einem  gebornen  Äobtenjer,  eingemeiht.  BopanneS  ber  Käufer,  ipr  neuer 
Patron,  tonnte  mit  ber  ftattlicpen,  prächtig  gemötbten  unb  reichbemalten  £ircpe 
mopl  jufrieben  fein. 

„2>ie  ^obtenjer  föoIlegSfircpe  fiept  gleich  ber  ^ottegSfircpe  ju  SRiinfter  nocp 
burcpauS  auf  bem  Soben  ber  ©otif,  menngteiep  einer  reept  fpäten  unb  ftarf  entarteten. 
Stbgefepen  oom  portal  gibt  eS  in  ipr  nur  menige  ©temente,  bie  ber  fRenaiffance 
entnommen  finb,  unb  fetbft  bei  biefen  panbett  eS  fiep  überall  nur  nm  nebenfäcpticpeS 
Detail.  Baptreicper  faft  noch  al§  bie  fRenaiffancebitbungen  finb  bie  Slnflänge  an 
ben  romanifdjen  ©tit,  namentlich  *n  ben  Profiten  ber  ©efimfe  unb  Sogen.  .  .  . 
Stuffaltenb  ift  in  ber  ^obtenjer  ^ottegSfircpe  bie  auperorbentlidje  Sreite  beS  SRittel« 
fcpiffeS.  SDiefelbe  ift  pier  freitiep  niept  fomopt  bie  golge  beS  SeftrebenS,  ber  an» 
bäcptigen  äRenge  oöttig  unbepinberten  Süd  auf  ben  ©por  unb  £>ocpattar  ju  ermög= 
tidjen,  atS  oietmepr  beS  UmftanbeS,  bap  man  für  baS  SRittetfcpiff  bie  Sreite  ber 
alten  ÜRonnenfircpe  beigubepalten  gejmungen  mar.  ^nbeffen  biefe  glüdlicpe 
9iotmenbigteit  burdjauS  ben  beftepenben  £enbenjen  entgegen,  im  ^ntereffe  einer 
befferen  Slnteilnapme  ber  ©läubigen  an  ben  gotteSbienftlicpen  gunftionen  ein  meiteS 
SRittelfcpiff  ju  fepaffen.  gm*  bie  äftpetifepe  SBirfung  beS  SaiteS  ift  bie  üerpältniS« 
mäpig  geringe  £)öpe  oon  einigem  9?acpteil.  ®aS  innere  erfepeint  etmaS  ju  niebrig. 
Son  alp$u  groper  Sebeutung  ift  biefer  ÜJRangel  feboep  niept,  meil  überhaupt  ber 
Slnlage  ein  frifcpeS  Sluffteigen  fremb  ift.  2öie  bem  aber  auep  fein  mag,  jebem 
falls  ift  bie  föirdje  fepr  ftimmungSooK,  ftimmungSooller  oieüeicpt,  als  menn  baS 
SRittelfcpiff  um  einige  SReter  pöper  pinaufginge.  ©ie  ift  im  eigentlidjen  ©inne 


Kollegien:  Äoblenj.  31 

be§  SBorteS  eine  Kirdje,  bie  zur  Slnbacßt  einlabet,  eine  mirflicf)  trauliche  ©ebetS* 
ftätte."  1 

Uber  baS  ©hmnafium  fjeijgt  eS  im  ^ahre  1601:  „Untere  ©djuljugenb  muß 
meßr  nad)  ißrer  Stücßtigteit  als  nach  ber  .Qahl  bemeffen  merben,  menngleid)  fie  im 
|)inblicf  auf  bie  ©inneSart  ber  Seute  unb  bie  Slttfcßauungen  in  ber  ©tabt  biefeS 
3af)r  giemlid)  gafjlreicf)  mar."2  $)odß  mirb  in  ber  golge  mehrmals  Don  einer 
ßunafjme  ber  ©rfiiiler  berietet  unb  im  ^alfre  1624  gejagt:  ®aS  ©pninafiutn  blül)t 
je^t  burd)  Xiicfjtigfeit  unb  galf!  feiner  ©cßüler  mie  nie  junor3.  Slnfang  ber  Diesiger 
3af)re,  al§  nad)  bem  ftarfen  ÜJZiebergang  beS  ©pmnafiumS  infolge  ber  Kämpfe  um 
Koblenz  Ijerum  mäffrenb  ber  3aßre  1632 — 1637  mieber  ein  neues  Slufblüljen  ber 
©d)ulen  eintrat,  Reifet  eS  einmal:  „£roß  ber  Verheerung  beS  SanbeS  roeit  unb  breit 
blüf)t  urtfer  ©tjmnafium  fo  fefjr,  baß  eS  für  geroöhnlid)  ungefähr  breißunbert  ©d)üler 
jä^It,  unb  jmar  ausgezeichnete." 4  ®iefe  Zunahme  rührte  teilmeife  oon  bem  (Singehen 
ber  ©chule  in  Simburg  her5. 

©ine  fegenSreidje  Stätigfeit  entfaltete  baS  Kolleg  in  roeitent  Umfreife  außerhalb 
ber  ©tabt.  „95iel  merben  mir",  fo  hei^t  eS  im  ^ußre  1604 6,  „nach  braunen  begehrt. 
@S  finb  Slbelige,  2lbte  unb  anbere  ßeroorragenbe  SJtänner,  raeidje  unS  auf  fechS  bis 
neun  9)?eilen  rufen.  ^lofter  (9Jtaria«2aad))7  haben  mir  bie  ©perjitien  gegeben." 
Unb  im  3ahre  1649  fagt  ber  Veridjt:  „2öir  fudjen  nicht  nur  bie  ©tabt,  in  meldjer 
mir  außer  ben  ftar!  befuchten  ißrebigteit  unb  Katedjefen  fünf  Kongregationen  haben 
unb  auch  bie  Verbergen,  Kerfer  unb  bie  ©tanbguartiere  ber  ©olbaten  häufig  befugen, 
jur  Vefferung  beS  SebenS  aufzumuntern,  fonbern  auch  Vororte,  bie  Dörfer  unb 
alles,  maS  an  ben  Ufern  beS  9tf)einS  unb  ber  ÜÖiofet  mohnt,  unb  zmar  mit  gutem 
©rfolg."8  VefonberS  roaren  eS  Stnbernadß,  SKontabaur  unb  Sinz,  mo  ihre  |jilfe 
feit  1601  regelmäßig  lange  3aßre  h’uburdj  in  ber  Karmodje  unb  in  ben  £agen 
um  SBeihuadßten  in  Slnfprud)  genommen  mürbe  unb  burdjmeg  mit  guter  $rud)t. 
„$5ie  SJadfridßten  über  bie  nicht  zu  oeracßtenben  Früchte  ber  Arbeiten  in  Slnbernacf)", 
fo  fdjrieb  ber  ©eneral  P.  Slquaüina  am  9.  Qunt  1611  an  ben  Stettor  P.  SJteftorff, 
„taten  uns  ungemein  mohl,  unb  mir  bitten  ©ro.  fjodjmürben,  fid)  berartige  ÜJJiiffionen 
redjt  angelegen  fein  zu  laffen. " 9  fjn  Sinz,  mo  ber  ißroteftantiSmuS  fdjon  ziemlich 
ftarf  um  ficf)  gegriffen  hatte,  ging  alles  fo  glüdlidß  oon  ftatten,  baß  z-  SS-  im  3aß*e 
1608  oiele  zur  alten  Kirdje  zurüdgefüßrt  mürben10  unb  im  3uhre  1624  zu  SBeihnadjten 
eine  folcße  ÜDienge  bie  heiligen  ©aframente  empßng,  baß  ber  Pfarrer  öffentlich  oon 
ber  Kanzel  fagte:  „©eitbem  ich  ßier  Pfarrer  bin,  finb  noch  nie  fo  Diele  an  biefem 
jfefttage  zur  heiligen  Kommunion  gegangen."  ©S  maren  ihrer  ungefähr  oierßunbert 
gemefen11.  ©eit  1605  mürben  bie  ^SatreS  aud)  öfter  nacß  Simburg  unb  fpäter  nad) 
Oberlaßnftein  unb  9JJünfiermaifelb  gerufen.  ®aS  3aßr  1628  faß  SJtiffionen  in 
DJtontabaur,  ffreuSburg,  Kircßen,  SDaaben,  Velbenz  ufro.  3,n  3aßre  1638  arbeiteten 
bie  patres  in  bem  früßer  ftarf  caloinifcßen  StßenS 12.  ©anze  Orte  im  näßeren  unb 
entfernteren  UnifreiS  füßrten  fie  zur  fatßolifcßen  Kircße  zuriid.  ©o  erftredte  fid) 
bie  fegenSreicße  Slrbeit  beS  Koblenzer  KollegS  nicfjt  allein  auf  bie  ©tabt,  fonbern 
auf  baS  ganze  Sanb  um  9Jiittelrßein,  ÜDiofel  unb  Saßn13.  — 


1  93 raun,  2)ic  ft'ircfjenbauten  ber  beutfcfjeu 

lyefuiten  I  45  f. 

2  *  Litt.  ann.  1601,  610.  3  *®bb.  1624. 

4  *  Hist.  coli.  1642—1645. 

5  *Annal.  coli.  Confl.  ad  ann.  1646. 

6  *  Litt.  ann.  1604. 

7  93gl.  *  SlquaoiDa  an  P.  93ercf)eber,  10.  Suli 

1604.  0rig.-9teg.  Ad  Rhen. 


8  *  Litt.  ann.  1619. 

H  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

10  Litt.  ann.  1608,  475. 

11  *Litt.  ann.  1624. 

12  *Annal.  coli.  Confl.  ad  ann.  1628  u.  1638. 

13  $ie  finansietle  Page  blieb  wegen  SDtangelS 
einer  bütreidjenbcn  gunbation  ftetS  eine  fefjr 
bebrängte.  9U3  ber  Ärieg  feit  1632  alle3  runb 


32 


Sroeited  Sapitet.  5J)ie  nieberrheinifche  fJJroOina. 


Über  bie  Sage  ber  Qefuiten  in  ^itbeäfjetni1  ergäbt  ein  23eridjt  aug  beut 

Qatfre  1600:  Unfere  geiuöhntidje  STätigfeit  umfaßt  bie  fßrebigten  im  Som  unb  ben 
ltnterricfjt  in  ber  ©djute.  Über  1000  empfingen  bei  ung  bie  ©aframente,  unb 
36  Sutfjeraner  über  (üatoiner  fefjrten  gur  Äircfje  gurüd.  Sie  ^onoertiten  f)aben 

manchmal  öiet  gu  leiben.  Qhre  ütamen  merben  non  ben  fßrebigern  mit  ©cf)impf 
non  ber  Mangel  nerfünbigt  unb  allen  üfiadfbarn  ber  fßerfetfr  mit  ihnen  unterfagt; 

ihre  Gangtüren  inerben  burd)  ©cfj läge  mit  ©eiten  bearbeitet  unb  mit  ß'ot  beraorfen; 

fie  fetbft  aber  auch  tnof)t  mit  Ohrfeigen  unb  Qauftfdjlägen  übet  mitgenommen.  Stm 
meiften  ergrimmt  finb  unfere  ©egner  über  bie  Qortfdiritte  unferer  ©d)üter  in 
SSiffenfdjaft  unb  Qrümniigfeit.  Sefjtereg  todt  Stüter  aug  ihren  ©djuten  gu  ung 
herüber  ober,  fallg  ihnen  babei  ^inberniffe  in  ben  2Beg  gelegt  merben,  gu  anbern 
Kollegien  unferer  ©efedfcfjaft2.  Siefer  23erid)t  bietet  in  föiirge  ein  getreueg  Slbbitb 
ber  Arbeiten,  ber  ßrfotge  unb  ^emmniffe  beg  $ottegg  in  ben  nädjften  50  Qaffren: 
gtiidtidje  ©ntmidtung  ber  ©djute,  tangfame  aber  erfyebenbe  ©rfotge  in  ber  ©eetforge 
unb  anbauernbe  gefjäffige  SInfeinbung  feiteng  ber  ißroteftanten. 

Sie  gerftreut  untergebradjten  ©djutftaffen  mürben  1603  in  einem  9£ad)barf)aufe 
vereinigt  unb  ber  Unterricht  ermeitert.  9)?it  bem  Qatjre  1604  mürbe  in  ben  oier 
Staffen  anftatt  üon  brei  nunmehr  öon  oier  Selfrern  unterrichtet,  1607  auch  b©  fünfte 
fomie  tägliche  23ortefungen  über  SiateÜif  begonnen.  SSier  Qaljre  fpäter,  im  Qatjre 
1611,  afg  oom  Somfapitet  neue  91äume,  g.  33.  eine  Sotnfurie  unb  ber  grofje  ©aat 
oorn  am  Äreuggang,  gu  ©chutgmeden  übergeben  maren,  eröffnete  man  nod)  33ortefungeu 
über  ©emiffengfätle,  unb  im  fotgenben  Qalfre  über  bie  ^ontrooerfen3.  GMeidjgeitig 
mar  aud;  bag  Äolteg  fetbft  fo  ermeitert  raorben,  bafg  eg  30  Qimmer  gäfftte4.  Sie 
Slngietjunggfraft  ber  ©djuten  mar  nicht  gering.  Qm  Qahre  1603  berichten  bie  Qefuiten5: 
2tug  ben  oerfchiebenen  Orten  fommen  auggegeidjnete  Qüngtinge  herbei,  freilich  gum 
2trger  ber  hiefigen  s^5rebiger.  Ser  ©uperintenbent  fudjt  forgfam  tpeimat  unb  9iamen 
ber  ©djüter  auggufunbfdjaften,  um  burd)  feine  Bottegen  bie  Ütüdrufung  berfelben  bei 
bem  betreffenben  Sanbesfürften  gu  ermirfen.  Socf)  taffen  ficf)  bie  meiften  ©tubenten 


herum  gu  öerheeren  begann,  mürbe  bie  9tot 
immer  briicfenber.  „3)ad  SoHeg",  fo  lautet  ber 
58erid)t  über  bie  58ermögenslage  im  3al)te  1639, 
„fann  bie  22  ihm  notmeubigeu  $erfouen  nicht 
mehr  unterhalten,  toenn  ed  nicht  ©elb  aufnimmt. 
Unfere  ©djulbuer  fönnett  auf  feine  SSeife  junt 
3ahleu  gebracht  merben.  Unfere  Sänbereien 
miiffen  mir  fetbft  beacfern,  um  58rot  ju  haben" 
(*  Catal.  trienn.  1639).  2)ie  ©djulbeit  fliegen 
immer  höher,  unb  bie  ©laubiger  bräugten  immer 
mehr.  ®ie  fdjlimmften  58eläftigungeit  muffte 
man  fid)  Don  ihnen  gefallen  laffen,  unb  fein 
Üludmeg  unb  fein  DJtittet  mar  borhaubeit,  fie 
ju  befcpmichtigen  (*Hist.  coli.  Conti.  1645  bid 
1648).  3m  Sabre  1649  maren  bie  ©d)ulbcit 
auf  17  903  9teid)ötaler  gemachten,  „fo  bah  unfer 
Srebit",  fagt  ber  58erid)t  (*  Catal.  trienn.  1649), 
„gemaltig  gelitten  hat  unb  gar  nicht  mehr  baran 
ju  beuten  ift,  bafj  fetnaub  und  ©elb  leiht. 
Ulud)  gibt  ed  feine  Sltmofen,  ald  höchftend  ganj 
geringe."  ©rft  ber  neue  Soabjutor  unb  fpätere 
Kurfürft  Sari  Safpar  Pott  ber  Sehen,  ber  am 
11.  Sum  1650  gemäblt  morbeit  mar,  unb  anbere 
©ömter  bradjten  bem  finfenben  Solleg  eublich 
bie  erfchutc  Ipilfe.  —  $ie  fReftoren  maren: 


fjlet.  SDtufer,  9)tai  1600;  ©eorg  58ergheber,  Suli 
1603  bid  Suni  1608;  Sah-  9)teftorff,  12.  9too. 
1608;  §erm.  Senitep,  6.  ©ept.  1617  bid 
1618  (f);  Sah-  Seffel,  19.  9toD.  1618;  ©erf). 
Grapol,  10.  Sunt  1625;  fßet.  fRuibiud,  $eg. 
1629;  9tif.  Sehnt,  Sej.  1630;  Sah-  föeinr. 
fPrad,  14.  fötärä  1638  bid  1641;  9llb.  ©pid), 

7.  Oft.  1641;  Sah-  £>audbranbt,  3.  ©ept.  1646 
bid  1650;  §ei:tr.  Gobonaeud,  24.  S‘eör.  1650. 

1  Sgl.  58b  I,  ©.  113  ff. 

2  *Litt.  ann.  1600.  Uber  beit  $»afe  gegen 
bie  Sefuitenfdiule  ogl.  auch  *Sra$,  ©efcp. 
bed  Sefuitcafollegd  in  §ilbedheim  f.  19,  §ilbed= 
heim,  93eöer.  58ibl.  unb  9t.  SJtüIIer,  58eitr. 
Sur  ©efd).  bed  ©d)ultheaterd  (fßrogr.),  $ilbed= 
heim  1901,  6  f. 

8  *  Catal.  Rheni  1599  ff  uttb  *  Litt.  ann. 
1603  ff.  $gl.  58 er tr am,  55)ie  58ifd)öfe  oou 
§ilbedheint  (1896)  199;  58aIfettI)oII,  ©efd). 
bed  Sollegd  unb  ©pmttafiumd  Sofephinum  ju 
§ilbedheim  (1898)  31. 

4  *  2(quaoioa  an  ben  fproOittjial  ©djeren, 

8.  ffltärä  1614  (ad  Rhen.);  *  Litt.  ann. 

6  Litt.  ann.  1603,  555. 


Äoüegien :  §ilbell)etm. 


33 


tr»enig  fcfirecfen.  Smei  Saf)re  fpäter  bringt  ber  53ericpt  nocp  genauere  Angaben: 
®ie  ©cputen  blühen  tuiber  atleS  (Srmarten.  SDie  SQpt  ber  ©dpüter  unb  ipr  (Sifer 
nimmt  immer  mepr  ju1.  SRancpe  ©dpüter  ber  beiben  proteftantifcpen  ©pmnafien 
mürben  gern  ju  unS  fommen,  menn  ipnen  nur  bie  SBopnung  nidpt  genommen  mürbe. 
SDie  proteftantifcpen  Bürger  nämticp,  metcpe  eS  roagen,  unfere  Stüter  ju  beherbergen, 
merben  öffentlich  bon  ber  Kantet  bertefen,  bont  proteftantifc^en  Slbenbmapl  auS* 
gefchtoffen  unb  burcp  bie  f}3rebiger  fo  lange  gequält,  bis  fie  unfere  ©dpüter  aus  bem 
fpaufe  jagen.  Slls  im  ^afjre  1(331  auper  ber  ®iateftif  SBortefungen  über  bie  gefamte 
ßogif  eingeführt  mürben,  fügt  ber  33ericpt  pin^u:  ®ie  ©dputjugenb  mächft  felbft  bei 
ben  Kriegsgefahren.  SIbelige  unb  bürgerliche  fommen  in  nicht  geringer  Saht2. 
®ie  ©cpüterjapt  betrug  fdjon  im  Sapre  1610  300;  int  Sapre  1616  belief  ficfj  bie 
Saht  ber  armen  ©dpüter  aüein,  für  beren  Unterhaltung  man  mitforgte,  auf  170 3. 

SRepr  ©ebutb  atS  bie  ©cpute  erforberten  bie  Slrbeiten  in  ber  ©eetforge.  ®er 
unfruchtbare  boben,  fo  peipt  eS  im  Saf)re  1608 4,  bringt  nur  fpärticpe  unb  ber  auf» 
gemanbten  Slnftrengung  nicht  entfprecpenbe  grüdpte.  ®ie  menigen  Katpotifen  maren 
eben  ju  furchtfam  unb  ju  fehr  eingefcfjüchtert ,  bie  fßroteftanten  aber  biet  ju  fepr 
berpept5.  SBegen  ber  ©efapren  non  feiten  ber  fßroteftanten,  fo  fcpreiben  bie  patres 
im  Satjre  1603 6,  hielten  mir  bislang  nur  in  einer  Kapette  in  ber  ©tabt  Katecpefe. 
(Srft  biefeS  Sapr  begannen  mir  bie  Katecpefe  aucp  braunen  bei  bem  ganj  unmiffenben 
botf  in  ben  Dörfern,  unb  jmar  in  oier  Ortfdfjaften.  Stuf  ihren  (Sängen  maren  bie 
Sefuiten  felbft  üor  btutigen  SRippanbtungen  nicpt  ficfjer.  ©anj  erftaunt  maren  mir, 
fo  fdjrieb  am  15.  Souuar  1614  ber  ©enerat  nach  £)iIbeSpeim,  über  baS,  rnaS  oon 
ben  ©efapren  ber  llnfrigen  mitgeteitt  mürbe,  bap  fie  nicht  nur  geflogen,  fonbern 
felbft  mit  ©teinen  unb  SR  eff  er  tt  angegriffen  mürben,  ©ut  mar  eS,  bap  man  fiep 
nidjt  jur  SBepr  gefept,  fonbern  fotepen  SöutauSbrücpen  bor^ubauen  unb  fiep  fieper  ju 
ftetten  fudpt.  Übrigens  poffe  icp,  bap  man  einmal  mit  ga'euben  ernten  mirb,  mo 
man  jept  mit  tränen  fäen  mup7.  Stucp  in  Sufunft  btieben  bie  ^efuiten  bor  fotepen 
Sätticpfeiten  niept  gefepüpt8.  Sm  Sa^re  1632  fagt  ber  Söericpt:  45  Sapre  feufjen 
mir  unter  einem  fepmeren  unb  brüefenben  S0CPe-  SBir  finb  überpäuft  morben  mit 
©dpmäpungen,  tßerteumbungen  unb  SSerfpottungen,  ©teinmürfen,  ©epfägen  unb 
SBunben  unb  einer  Slnjapt  äpnlicper,  faft  täglicher  llngered^tigfeiten 9.  Slucp  bie 
Strbeiten  in  ben  Stmtern  fßeine  unb  Sterpen  unb  ©ropnbe  maren  mit  bieten  Opfern 
unb  ©efaprett  berbunben.  P.  ©pe  bietet  ein  23eifpiel  bafitr10.  SRocp  inbenSapren  1646 
unb  1647  mirb  bon  fepmeren  SRippanbtungen  unb  fHopeiten  berieptet. 

Sttt  biefen  ®rangfaten  fepten  bie  ^efuiten  Hoffnung,  SRut  unb  StuSbauer  ent> 
gegen.  Slnt  30.  Quni  1618  ermiberte  SSitetteScpi  auf  ein  ©dbjreiben  beS  fReftorS 
^uneefen :  Sidp  fepe,  frofi  unfere  Slrbeiten  naep  unb  naep  gan^  erfreuliche  grücpte  ju 
tragen  beginnen.  ÜRocp  reieper  merben  fie  poffenttiep  merben  burep  bie  in  neun  Ort* 
fefjaften  mieber  aufgenommene  Katecpefe.  ©epon  am  24.  SRär^  1603  patte  Stquaoioa 
naep  fpitbeSpeim  gefeprieben:  Siidpt  menig  erfreut  maren  mir  über  bie  bebeutenbe  SaPt 
ber  Übertritte  n.  @S  maren  im  Sapre  1602  im  ganzen  51  gemefen,  faft  hoppelt  fobiet 
atS  in  ben  Snpren  borper12.  3DaS  retigiöfe  Seben  felbft  pob  fiep  jmar  ganj  tangfam, 

1  ebb.  1605,  729.  8  SBflt.  5.  93.  bie  *93riefe  bom  13.  ®ej.  1614, 

2  ‘Litt.  ann.  1631.  7.  ©ept.  1619,  7.  ®ej.  1619.  *  Litt.  ann.  1615 

3  *  Sbb.  1616.  1631. 

4  Litt.  ann.  1608,  484.  9  *  Litt.  ann.  1632. 

5  93gl.  aud)  gor  ft,  ißdit-  Sorrefponbenj  10  93gl.  über  P.  ©pe  bal  lepte  Äopitet. 

bei  ©rafen  grj.  2BiI0-  b.  SBartenberg  (1897)  11  *  Drig.*9teg.  Ad  Rhen. 

230  312  374  397  ic.  12  Mel,  aud)  bal  golgenbe,  nad)  ben* Litt. 

6  Litt.  ann.  1603,  553.  ann.  1600  ff  unb  ben  *  93riefett  ber  ©eneröte 

1  *  örig.‘3teg.  Ad  Rhen.  nad)  ^itbelpeim. 

Su^r,  ©efe^tebte  ber  ^efutten.  II. 


3 


34 


groeiteg  tapitel.  Sie  rtieberr^einifdje  Sßrobins. 


aber  ftetig.  ®er  Empfang  ber  ^eiligen  ©aframente  [lieg  non  $af)r  §u  Qalfr.  ®ie  ,gal)l 
ber  Kommunionen  betrug  im  $af)re  1600  1000,  im  ^a^re  1601  1376,  im  ^jafjre 
1602  2300,  ftieg  bann  nad)  30  Qaljren,  im  Sa^re  1632,  auf  8700,  atfo  ba§  §ld)tfad)e 
gegen  ben  SBeginn  be§  $af)rf)unbert§,  unb  erreichte  im  folgenben  $af)re,  als  üiete  fatfjo« 


flollesie«  (C),  aFtefibenjen  (R),  SBtiJfionen  (M),  9lo6i}iate  (N),  $rofejjl)auä  (P). 

falls  ein  Srfolg  unter  fdjmierigen  Sßerf)ältniffen,  jumal  bie  ^efuiten  nicfjt  über  eineKirdje, 
fonbern  nur  eine  Kapelle,  bie  SlntoniuSfapelle,  im  füblidjen  fyliigel  beS  ©om-KreujgangeS 
oerfügten.  @S  Ratten  beim  aud)  bie  Sieftoren  beS  KotlegS  feit  bem  ^af)re  1621  mieber* 
fjolt  freubig  üon  „ben  reichen  grüdjten"  ber  Arbeiten  an  ben  DrbenSgeneral  berietet1. 


1  $ie  Sieltoren  Don  ^»ilbe^^eim  umreit :  Sol).  $uneden  ,  1610;  £>einr.  tRottfjaufen ,  1618; 

.viommer,  1601;  $et.  ßrbiu?,  ©ept.  1603;  Stil.  2twg.  Surrian,  1620;  Sob-  Ouinfen,  1629; 


Kollegien:  Jpilbelbeim. 


35 


SDie  Qreube  über  bie  erfotgreidje  Sätigfeit  nnirbe  nodp  befonberg  gehoben  burcp  bie  int* 
erfcfjiitterficfje  Stanbpaftigteit  unb  Streue  ber  ®atpotiten  unb  namentlich  ber  ®onoertiten, 
welche  trop  aller  Verfolgungen  unb  Seiben,  wie  oft  bie  Veridjte  anerfennenb  perDor* 
heben,  nicpt  wanften  unb  treu  ant  tatpolifdjen  ©tauben  feftpietten.  Stucp  in  noch 
fcpwereren  Qeiten  fottte  biefe  Sreue  fid)  bewähren. 

Sag  $otteg,  bag  fid)  aug  befcpeibenen  SInfängen  tüchtig  emporgearbeitet  hotte,  feit 
1621  burdpweg  19  Qefuiten  gäptte:  8  fßatreg,  6  äßagiftri  unb  5  Saienbriiber,  unb 
§erbft  1630  and)  Sip  beg  Sergiateg  geworben  war,  würbe  batb  ein  Opfer  beg^riegeg. 
<Sd)on  Sttifang  1632  patte  berfetbe  mit  wenigen  Unterbredjungen  um  (pitbegpeim  herum 
gu  wüten  begonnen.  Stm  22.  Quti  1634  war  bie  Stabt  nach  faft  einjähriger  Vetagerung 
gum  gweitenmat  Don  braunfcpweigifcpen  Struppen  befept,  unb  einige  Stage  fpäter,  am 
27.  Quti,  würben  fämtticpe  Qefuiten  „in  giemtich  unmenfcpticper  SEBeife"* 1  mit  Vertuft 
iprer  gangen  £>abe  unb  aller  (pabfeligteiten  aug  ber  Stabt  gejagt,  „.fperggerreifjenb",  fo 
fcpliefjt  ber  Veridjt  hierüber2,  „war  bag  SBeinen  unb  Sdjtudjgen  ber  Seute,  alg  unfer 
^riefter  bem  in  großer  Qapt  Derfammetten  fatpotifcpen  Volte  ben  Segen  gab  unb  alten 
bag  tepte  Sebewopt  fagte."  ©rft  neun  Qapre  fpäter,  ^jerbft  1643,  feprten  bie  erften 
Qefuiten  in  bag  auggeptünberte  S'otteg  wieber  guriid.  @g  hatten  bie  trieggmüben 
^ergoge  Don  Vraunfcfjweig  im  Qapre  1642/1643  gu  ©ogtar  mit  bem  ßaifer  unb  bem 
Qiirftbifdjof  Don  £)itbegpeim,  ®urfiirft  Qerbinanb  Don  Ä'ötn,  Qriebeit  gefdptoffen  unb 
nicpt  btofj  bie  jüngft  ottupierten  |)itbegpeimifdjen  ©ebiete,  fonbern  auch  ben  größten 
Seit  jeneg  großen  ©ebieteg  Don  19  Ämtern,  5  ©raffcfjaften,  8  Stäbten  ufw.,  wetdpeg 
fie  in  ber  grofjeit  Stiftgfepbe  1519/1523  an  fid;  geriffen  hatten,  wieber  auggetiefert3. 
föurfürft  Qerbinanb  hatte  gteid)  nach  Stbfdptufj  ber  Qriebengoerpanbtungen  pje  9tüd= 
berufung  ber  Qefuiten  in  bie  SBege  geleitet,  bamit  „bie  tatpotifdje  Religion  nicht 
btofj  in  ber  fReicpgftabt  ^itbegheim,  fonbern  audj  im  gangen  Stift  allgemach  befto 
fiiglicher  wieberum  ptantiert  werben  möge",  unb  am  29.  Quti  1643  bem  Kolleg  burcp 
bie  ©inoerteibung  ber  Drei  fö'töfter  SDorftabt,  ^einingen  unb  SSöltingerobe  anftatt 
ber  bigper  nur  bebingunggweife  überwiefenen  fircpticpen  Venefigien  enbtid;  einen 
bauernben,  feften  Veftanb  gegeben4. 

21m  17.  Stuguft  1644  fucpten  bie  ißatreg  beim  Somtapitet  um  bie  ©rtaubnig 
nadj,  in  jebem  Qenfter  ber  niebrigen,  gweifcpiffigen  Stntoniugfapetle  ein  Qadj  gum 
Offnen  einricpten  gu  bürfen,  ba  bie  Seute  eg  fonft  Wegen  beg  übetn  ©erucpg 
nicpt  augpatten  tonnten.  Qm  fotgenben  Qapre  baten  fie  unter  bem  16.  SJfärg  um 
Übertaffuitg  ber  pinter  ber  fö'apette  fiep  befinbenben  ®optentammer,  beren  fie  gur 
Stntegung  einer  Satriftei  benötigten.  Stnt  2.  Stprit  witlfaprte  bag  Kapitel  bem 
Vhtnfcpe.  Qm  Qapre  1646  würbe  ben  Qefuiten  geftattet,  eine  fteine  ©tode  auf 
bem  Sadj  beg  SDormitoriumg,  bag  über  ber  ßoptenfanimer  tag,  angubringen,  am 
4.  Diooember  1650,  einen  Qugang  gur  ®apette  Dom  fteinen  Sompof  per  angutegen, 
bamit  man  nidjt  mepr  burep  ben  SDorn  gu  gepeit  brauchte5. 

Qm  Scooember  1643  eröffneten  bie  Qefuiten  bie  Scputen  mit  50  Sdjütern. 
Siefe  patten  fid)  aber  fepon  innerhalb  gweier  iöionate  auf  130  oermeprt6  unb  tarnen 
fo  gaptreidj,  bafj  im  ^erbft  1645  alte  fünf  Ätaffen,  wetepe  anfangg  tombiniert  gepalten 


2tug.  Surrian,  1630;  fgreucfingf),  29.  Oft. 
1630  bi§  1634  (@jil);  SDtattf).  falcooen,  1643; 
§erm.  93ufenbaum,  1644;  Micron.  9JMImann, 
12.  ®tai  1647;  Sfrit.  £ontbum,  1650. 

1  *  23iteHeld)i  an  P.  grenefingfj ,  20.  gan. 
1635.  Orig.-9teg.  Ad  Rhen. 

2  *Litt.  ann.  1634. 

s  23  er  tr  am,  Sie  23ifd)öfe  hon  ^pilbeS» 


heim  (1896)  168  ff.  Sauenftein,  Siblomat. 
§iftorie  bei  23iltuml  Jpilbelfjeim  II  (1740) 
115  ff. 

4  *Sopie  in  Fund.  Rhen.  inf.  I  212  ff. 

5  23  r  a  u  n ,  Sie  Äirdjenbauten  ber  beutfdjen 
Qefuiten  I  123. 

6  23alfenf)o  ff,  ©efd).  bei  ÄoHegl  unb 
©hmnafium  Sofebhinum  ju  £>ilbelf)eim  6. 


36 


groeiteS  Sapitel.  Sie  uieberrbeinifdje  Srouinj. 


mürben,  mieber  gang  getrennt  mären.  1646  begann  man  aucf)  mieber  bie  Sortejungen 
über  ®iateftif.  2)er  Suf  ber  ©djuten  50g  troß  ber  mieberermacßenbett  geinbfetigfeiten 
ber  ißroteftanten  Qaßr  um  Qaßr  neue  ©djüter  ßerbei1.  Son  Hamburg,  ^annoüer, 
Jameln  ltnb  anbern  ©täbten  ber  SDiö^efe,  fo  ßeißt  eS  im  Qaßre  1646,  fonimen 
tutßerifcfje  Jünglinge  ju  uns,  beren  Sefdjeibenßeit  unb  gteiß  gute  Hoffnung  für  bie 
Seligion  gibt.  ©ie  erregen  burcß  bie  ermorbenen  Kenntniffe,  meint  aucf)  nur  mittet* 
mäßig  auSgebitbet,  in  ißrer  ^jeirnat  Semunberung,  ba  biefe  ^ädjer  nadjtäffig  bei 
ifjnen  betrieben  merbett.  ©etbft  atS  im  ^aßre  1650  jum  Strger  bieter  Sürger  burcf) 
ben  Stagiftrat  ben  Kinbern  ber  Sürger  ber  Sefucß  unferer  ©djuten  ftrengftenS 
unterfagt  mürbe,  btieb  bennodj  bie  ©cßüterjaßt  im  ©teigen.  Socß  erßebenber  maren 
bie  feelforgticfjen  Strbeiten.  Stuwer  brei  regelmäßigen  ißrebigten  unb  brei  EKarianifdjen 
Kongregationen  fjatten  bie  ^efuiten  megen  beS  großen  EftangetS  an  ißrieftern  jugteicf) 
nod)  außerhalb  fünf  Pfarreien  gu  oerfeßeit:  §arfunt,  Sorffum,  Eftarienrobe,  Joppen* 
bürg  unb  ©teuermatb.  Uber  ißre  erfotgreidjen  Arbeiten,  ben  (Sifer  unb  bie  ^reue  ber 
Katßolifen  in  ber  ©tabt,  metdje  mäßrenb  ber  ^aßre  1634/1643  ßart  bebrüdt  morben 
maren,  berichten  fie  mieberfjott  mit  großer  ©enugtuung:  „©§  ttingt  faft  uugtaubtidj", 
fo  fdjreiben  fie  im  $aßre  1650,  „baß  bei  ber  geringen  ßatjt  ber  Katfjotifen  9000 
in  unferem  Kirdjtein  bie  ßeitige  Kommunion  empfangen  ßaben."  ©S  mar  bieS  um 
gefößr  biefetbe  gatjt  mie  furg  Por  ber  Sertreibung;  atfo  ein  beutticßeS  ßeidjen, 
bie  Konoertiten  treu  geblieben,  ber  Gsifer  ber  Katfjotifen  in  ben  neun  ^aßren  fernerer 
SebrängniS  nicf)t  erfattet  mar. 

£)aS  Kolleg  gäßtte  im  Qaßre  1650  mieber  21  ^efuiten:  13  patres,  3  Eftagiftri 
unb  5  Saienbrüber.  Siet  ßatte  man  teiben  müffen  oon  ben  ©egnern,  in  ben  teßten 
igafjren  aud)  nidjt  menig  unter  geitticßer  Sftot,  ba  etma  3/4  ber  inforporierten  ßänbereien 
unbebaut  mareu  unb  infotgebeffen  große  Strmut  ßerrfcfjte2.  Elfter  mit  großer  Se* 
friebigung  fonnte  man  aucfj  gurüdbtiden  auf  bie  gtüdtidjen  ©rfotge.  Unb  mit 
©enugtuung  mußte  eS  bie  ^efuiten  erfüllen,  gu  fefjen,  mie  motjtmottenb  unb  banfbar 
gefinnt  bie  Katfjotifen  |jitbeSf)eimS  gegen  fie  maren.  „®ie  Katßotifen",  fo  fdjreiben 
fie  im  ^afjre  1648,  „finb  gegen  uns  überaus  freunblicß  unb  treten  fräftig  für  unS 
ein,  allen  tiorauf  aber  baS  ©omfapitet."  Seßterem  fjatten  bie  ^efuiten  mofjt  baS 
meifte  gu  Oerbanfen.  ®aS  SDomfapitet  mar  ifjnen  immer  bie  mädjtigfte  ©tüße  ge* 
mefen,  menn  ßie  unb  ba  alles  gu  raanfen  fcßien  unb  bent  Kotleg  fdjon  ber  Untergang 
brotjte.  Qnt  ^aßre  1620,  am  28.  Eftärg,  Ijatte  g.  S.  ber  OrbenSgenerat  nadj  £>ilbeS= 
tjeim  fdjreiben  fönnen:  ,,^d)  feße  beutticß,  baß  bie  SDomßerren  eS  finb,  burdj  bie  baS 
£icßt  beS  ©taubenS  inmitten  ber  ginfterniS  beS  Irrglaubens  erßatten  mirb,  unb 
baß  mir  unter  fo  oieten  geinben  oßne  fie  faum  fidler  mären,  nocß  audj  oiet  in  ben 
Strbeiten  für  baS  ^eit  ber  ©eeten  noranfommen  mürben."  3 

Sadj  ber  Sertreibuug  ber  Qefuiten  aus  falber  ft  abt4  ßatten  fid)  bie  §itbeS* 
ßeimer  patres  ber  Katßotifen  in  ^»atberftabt  angenommen.  Soit  biefer  Saitigfeit 
mürben  fie  abgetöft,  als  @nbe  1629  bei  ber  SDitrcßfüßrung  beS  SeftitutionSebifteS 
bie  fatßolifcßen  Kommiffäre  jmei  patres  mit  einem  Saienbruber  in  bie  ©tabt  führten 
unb  ißiten  bie  ißrebigten  im  ®om  übertrugen5.  ®er  ^roöinjial  P.  Saoing,  ber 


1  2lHe3,  and)  ba3  golgenbe,  nadi  *Catal. 
Rhen.  inf.  1643  ff;  *Hist.  coli.  1645 — 1648; 
*  Litt.  ann.  1646  ff,  unb  beit  *  Briefen  ber 
Drben§generale. 

2  *  Catal.  trienn.  Rhen.  inf.  1645  ff. 

8  *  Drig.-9teg.  Ad  Rhen. 

4  Sgl.  Sb  I,  <3.  426. 

5  Sn  einer  Ütelation  über  baS  $8i§tum  falber* 
ftabt,  mcldje  Sifd)of  granj  SCBilbelm  boit 


ö^nabrücf  am  20.  gebr.  1629  an  beit  9?uiitiu§ 
Suigi  (Sarafa  fd)ic!te,  beißt  c§:  Staterlingburg 
desolatum  et  in  alios  usus  hactenus  con- 
versum  commodam  sustentationem  et  funda- 
tionem  dare  posset  Patribus  Societatis,  qui 
ultra  43  annos  clam  palamve,  ut  occasio 
ferebat,  saepe  non  absque  praesenti  captivi- 
tatis  et  vitae  periculo,  utriusque  Dioecesis 
Halberstadiensis  et  Magdeburgensis  Monaste- 


Kollegien :  jfjilbeSfjeint  Opalbcrftabt). 


37 


gleich  nacp  SBeipnadjten  1629  nad)  |>allierftabt  gefommen  mar,  bemühte  fiep  barum, 
ob  nidjt  in  ber  ©tabt  ©djufen  eröffnet  toerben  fönnten1.  ©d)on  einige  ÜRonote 
forper  patte  er  bent  Orbenggeneral  gefeprieben:  „©tabt  unb  fOiöjefe  oerbienten  in 
ber  Xat  ein  Kolleg  unferer  ©efedfdjaft;  benn  fie  liegt  inmitten  Oon  üliieberfacpfen, 
fo  bap  fid)  oon  fjier  aug  ber  ©egen  fatf)o!ifcf)er  ©cpuien  auf  oiele  ©ebiete  pin  aug* 
bepnen  fömtte."2 

©eine  Semüpungen  patten  Erfolg.  fyür  ben  Unterhalt  forgte,  big  oom  päpft* 
lidjen  ©tuple  fircplidje  Einfünfte  angemiefen  mürben,  ber  Herzog  Oon  griebfanb. 
®ie  2Sopnung  aber,  bie  ben  Qefuiten  übergeben  mürbe,  mar  fo,  mie  man  fie  nid)t 
beffer  münfepen  fonnte3.  §erbft  1630  mürben  bie  ©djufen  mit  jraei  klaffen  er* 
öffnet4.  ÜUian  jäplte  gleicp  über  50  ©cpüler,  barunter  oiele  Kinber  proteftantifeper 
©Itern.  ®er  9fuf  ber  ©cpule  flieg,  alg  oon  ben  ©cpiilern  einigemal,  mag  bort 
gan^  ungemopnt  mar,  fleine  ©cpaufpiele  aufgefüprt  mürben.  9lud)  in  ber  ©eetforge 
patten  bie  Qefuiteu  Erfolg.  Slufmerffam  pörte  man  ber  ißrebigt  unb  ber  1631  ein* 
gefüprten  Katecpefe  ju,  unb  ber  Empfang  ber  ©aframente  pob  fiep  fo  rafcp,  bap 
man  oon  Januar  big  ©eptember  1631  über  600  Kommunionen  jäplte.  SJfeprere 
Kanonifer,  Sifare  unb  anbere  Klerifer  feprten  jur  fatpolifepen  Kirdje  jurüd,  ferner 
manepe  Saien,  barunter  jmei  fiirftlicpe  9iäte  mit  ipren  Familien,  im  gangen  57  inner* 
pafb  lA/2  Qapren.  9Jfan  baepte  fepon  barait,  bie  ßapf  ber  ^efuiten,  bie  barnalg  fiep 
auf  feepg  belief  (2  patres,  2  ÜKagiftri  unb  2  Saienbrüber),  31t  üermepren,  alg  bie 
©djladjt  bei  Sreitenfelb  ade  Hoffnungen  oernid^tete.  Slrn  22.  ©eptember  1631 
mußten  bie  Qefuiten  Halberftabt  oertaffen.  Stuf  SBunfcp  be§  abroefenben  93ifcpof§ 
oon  Hafberftabt,  beg  Erjperjogg  Seopolb  Söilpelm,  oerfudjte  gmar  ber  ©uperior 
^op.  Hau3branbt  4m  3af)re  1638  bie  SCBieberaufridptung  ber  9tieberlaffung,  boep 
mupte  er  im  folgenben  ^apre  oor  bent  fepmebifepen  ^efbntarfdpall  Sauer  mieber  aug 
Hafberftabt  ffücpten5.  groei  Sapre  fpäter  (1641)  maepte  er  einen  neuen  Serfudj. 
Eg  mcilten  in  ber  ©tabt,  bie  nur  noep  ein  groölftel  iprer  Semopner  jäplte6,  fepon 
mieber  5  ^jefuiten:  4  ißatreg  unb  1  Saienbrüber,  afg  im  Her&ft  1643  bie  lieber* 
faffung  junt  brittenmal  aufgelöft  merben  mupte7. 

S)ie  ^efuiten  in  ipaberbortt 8  merben  im  neuen  ^laprpunbert  enblicp  bie  güüdfte 
iprer  Slugbauer  ernten,  boöp  füllten  biefe  grüdjte  mieber  unter  neuen  unb  noep  gröperen 
Seiben  unb  ®rangfalen  aller  9lrt  peranreifen. 


ria  et  Catliolicorum  reliquias,  qua  exhorta- 
tionis  vei’bo  qua  sacramentorum  munimine 
tamquam  racemos  post  vindemiam  college- 
rint,  colligarint  et  Stae  Matri  Ecclesiae  pro 
posse  conservarint ,  eorumque  autem  opera 
ad  iuventutem  et  plebem  erudiendam  com- 
moda  censeatur,  atque  adeo  Catbedrale  ca- 
pitulum  optet  de  Collegio  componendo  et 
fundando  ex  Imperatoris  etiam  voluntate, 
illos  introduximus,  qui  etiam  tum  concio- 
nando  tum  scholas  incipiendo  vocationi  suae 
magno  Catliolicorum  gaudio,  et  non  minori 
fructu  initium  dederunt  (*Sot>ie  Barb.  Lat. 
6202).  91m  8.  fütürä  1630  überfanbte  ßarafa  biefe 
Relation  au  ben  Karbinal  Barberiiti.  *  Original 
int  Arch.  Vatic.,  Nunz.  di  Colonia  I,  vol.  12. 

1  *  ©erf).  Erapol ,  ber  ^Begleiter  beg  fßro* 
biu^ialS,  an  Bufaeug,  SDtünfter,  14.  SDlärj  1630. 
*  Original  Epp.  ad  Bus. 


2  *  Narratio  compendiosa  (Docum.  hist. 

Prov.  Rhen.) ,  of)tte  Saturn  unb  Unterfcf)rift, 
bod)  ergibt  fiel)  beibeg  aug  bem  93riefe  Bitei* 
[egdjig  an  Baoing  üom  21.  1629.  *Orig.= 

9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

3  *9Iug.  Surrian  an  Bufaeug,  §ilbegl)eim, 
4.  9toü.  1630.  Original  a.  a.  0. 

4  *  Litt.  ann.  1631  unb  *Catal.  Rhen.  inf. 
1630  f. 

6  *Hist.  coli.  Monaster.  1636 — 1639.  Sögt, 
fpieper,  ®ie  $robagauba*S?ongregation  unb 
bie  norbifdjen  füliffionen  (1886)  53. 

6  91nftatt  ber  2416  Bürger  be»  3al)re3  1624 
jäÜlte  man  nur  nod)  200  (ßeitfd^r.  be§  Iparj* 
Bereing  für  ©efd)id)te  XXXVIII  [1905]  174). 

7  *Catal.  Rhen.  inf.  1642  ff.  *  Biteüeldji 
au  ^erting ,  24.  DIob.  1643.  Drig.*9?eg.  Ad 
Rhen. 

8  Bgl.  93b  I,  <3.  136  ff. 


38 


3wcite§  Äapitef.  Sie  nieberrljeinifd)e  5ßroöinj. 


Sie  äußere  Sage  änberte  fid)  teitmeife  burd)  bie  Sftiebermerfung  bei  Stufftanbel 
ber  noch  immer  faft  ganj  proteftantifd^en  ©labt,  bie  im  Aufträge  bei  ^ürftbifdjofl 
SDietricf)  im  3>af)re  1604  oon  bem  Ä'rieglöotf  bei  fonoertierten  ©rafen  Qof)anit 
non  9?ietberg  eingenommen  mitrbe.  ®al  £>aupt  bei  SXufftanbel,  ber  23iirgermeifter 
SßidEfart,  naf)m  (oor  feiner  quatootten  Einrichtung)  infolge  mehrerer  Unterrebungen 
mit  P.  griebricf)  SSadfjtenboncf  ben  fat^olifcfjen  ©tauben  an 1.  Stuc^  für  bal  $otteg 
mar  bal  Qafjr  1604  in  mehrfacher  Erficht  bebeutunglootl.  9?adj  23eenbigung  ber 
tiefgreifenben  Sößieberherfteflunglarbeiten  an  ber  ehemaligen  ÜDiinoritett*  ober  Qohanni!» 
Xircfje  mürbe  biefe  nunmehrige  ^efuitentirche  am  8.  September  1604  oom  28eihbifd)of 
non  fünfter  neu  eingemeif)t.  SBälfrenb  ber  firdftichen  geier  legte  ber  ^ürftbifdjof 
bei  ber  Opferung  bie  ©tiftunglurfunbe  bei  ßottegl  auf  ben  Stttar.  $n  biefer 


6t)muaftum  JU  *4taber6ont.  ©tid)  auS  ben  Monumenta  Paderborn.  1672  (7/s)- 


©tiftunglurfunbe,  batiert  8.  ©eptember  1604,  betont  ®ietrid),  baff  er  bem  Verfall  ber 
fathotifchen  Religion  in  SBeftfalen  burd)  ^Berufung  oon  fittenreinen,  treuen  Selfrern 
unb  tüchtigen,  tugenbhaften  fßrebigern  habe  entgegenarbeiten  motten.  ©eltfatb  hübe 
er  bie  Don  ©ott  gefanbten  SSäter  ber  ©efetlfdjaft  berufen,  unb  burch  niete  Qatjre 
hinburdh  f)dbe  er  ihre  SEugenb  unb  höcfjft  erfpriefjtidhe  Strbeit  erprobt  unb  ftifte  ihnen 
belhatb  ein  Kolleg  in  ^Saberborn.  Stuwer  ben  ©infiinften  oom  SDomfapitet  übermeift 
er  ihnen  feine  reiche  23ibtiotf)ef',  bie  Eätfte  ber  ©infünfte  bei  ehemaligen  ßtofterl 
gatfenfjagen,  jmei  23encfi§ien  unb  ein  Äapitat  oon  10000  Katern.  SXucf)  erteilt  er 
ben  IfSatrel  bie  Stpprobation  für  bie  ganje  tiDiojefe  für  atte  feetforgtidjen  Strbeiten2. 


1  33gl.  bie  ©d)rift  beS  33ilbl)auer§  ©  r  ö< 

ninger,  ber  als  Slugem  unb  Dljrenseitge  be= 
richtet:  SSarljafftige  Söefeljrung  beS  Siborit 
Söidjarp,  ijjaberbont  1604.  9lbgebrucft  bei  9Iid)= 
ter,  ©efd).  ber  ißaberborner  Sefuiten  I  153 
bi§  178. 


2  Ser  befte  Srud  nad)  bem  Original  im  ipaber= 
borner  ©tubienfonbS-9lrd)iü  bei  9i  i  d)  t  e  r ,  ©efd). 
ber  IJSaberborner  lyefuiten  1  194 — 199.  Ser 
ülbbrud  bei  Seiler  (©egenreformation  in 
Sßejlfalen  II  [1895],  9tr  494)  ungenau,  bei 
©  t  r  u  n  d  (Annal.  Paderborn.  III  658  ff)  unb 


Kollegien:  $aberbortt. 


39 


@iit  ^af)r  barauf  (9Jtai  1605)  fonnten  bie  ^efuitett  in  ba§  feit  1596  im  23ait 
bcgiiffene  neue  Atolleg  einjietjen,  beffeit  9iol)£>au  1602  fertiggeftellt  morben.  ®er 
Sceubau  mar  befonberS  merlmürbig  burcf)  einen  55  m  f)of)en  £urm,  ber  mit  feiner 
öftlidfien  Sftauer  an  bie  ehemalige  ^ofjannigfirdfe  ftieff.  ®er  SluSbau  be§  neuen 
Atollegg  naffm  ttocf)  mehrere  ^a^re  in  Slnfprucf) ;  nur  aHmäfjlicf)  erhielten  alle  üiäunte 
fyuffböben  unb  fünfter,  bag  untere  ©todmerf  ein  fteinerneg  fßflafter1. 

2)ie  Spulen 
blieben  einftroei* 
len  nod)  in  ben 
alten  Räumen  am 
®ompürting,  big 
fie  1609  in  bag 
neu  ermorbene 
Gratofcfje  £aug 
öerlegt  mürben. 

21nton  Grato,  ein 
eifriger  )ßrote< 
ftant  unb  heftiger 
©egner  ber  ^e> 
fuiten  f)atte  fidj 
gerabe  ber  Qo« 

Ifanniglirdje  ge« 
geniiber  ein  fdf)ö« 
neg  §aug  gebaut, 
bag  aber  nacl) 
feinem  £obe  bon 
feiner  Sffiitme  ber« 
lauft  merben 
muffte.  „21m_ 

20.  ^uni  1609 
berfammelten  fidj 
in  bemfelben  jum 
erftenmalauf  bag 
gegebene  ©loden« 
jeictjen  —  ein  ba« 
malgeingefüfjrter 
©ebraucf)  —  bie 
@cf)üler  jum  Uit« 
terridjt.  ,©o  gef)t 

eg  mit  ben  planen  unb  SBünfdjen  ber  SRenfdjen1,  fjei^t  eg  bei  biefer  (Gelegenheit  in 
ben  Slnnalen.  Unb  fürmabr,  feltfam  genug  mochte  ber  ganje  Vorgang  gar  mannen 
bünfen.  Grato  hatte  feinerjeit  ein  ©cf)riftcf)en  veröffentlicht  mit  bem  Stitel :  $aitu  ein 
rechtgläubiger  9Rann  mit  gutem  ©emiffen  feine  @ö£)ne  ben  ^efuiten  in  bie  ©dfule 


g-xirftbifefjof  Sietritf)  uou  Siiifteuberg. 

©tid)  au§  ben  Monumenta  Paderborn.  1672  ( s/7 ). 


9teiffenberg  I  (Mantissa  89  ff)  mit  bem 
fatfdjen  Saturn  8.  Sej.  Sie  Slnnabtne  ber 
(Stiftung  burd)  SlquaBioa  erfolgte  am  2.  Steril 
1605;  Srud  bei  Setter  a.  a.  £>.  II,  für  505. 
Bieter  (öeben  unb  SBirfen  Safpar3  Bon 
gürftenberg  [1873])  notiert  aus!  bem  Sage« 
bud)  unter  bem  12.  ülprit :  „Ser  83ifitator 
Societatis  fdjreibt  abn  fj.  ©.,  luitt  nod)  mefjr 


über  bie  10000  91tf)tr  betteln,  Berberbt  ben 
ganzen  Raubet  bamit"  (9t  i  d)  t  e  r  a.  a.  ö.  1 77  4). 

1  9t  i  d)  t  e  r  a.  a.  0.  57  81  103  145.  Sie  £;e= 
fuiten  batten  bisher  in  ber  engen  unb  baufälligen 
Somprebiger=Surie  am  Sfenberg  gemot)nt.  ©rft 
im  3a^re  1609  mürben  in  einem  Slnbau  au 
ber  Oftfeite  bie  bei  ber  Stntage  Bergeffenen  2tb« 
orte  angelegt. 


40 


3taeite§  Sapitel.  Sic  nieberrljeinifdje  iproBinj. 


geben?  Sr  f)atte  feinen  tarnen,  fein  itnb  feiner  $rau  Sßappen  an  bem  neuen 
Ipaufe  angebracht,  itnb  nun  mar  gerabe  bag  £)aug  beg  SRanneg,  ber  in  Söort  unb 
©chrift  gegen  bie  ^efuitenfdjule  geeifert,  fdjoit  menige  ^af)re  nadj  feinem  £obe  ber 
©ip  bcrfelben  gemorben."1 

£>rei  ^afjre  fpäter,  am  31.  Quli  1612,  legte  giirftbiftfjof  SDietridj  ben  ©runb- 
ftein  ju  einem  neuen,  grof3en  ©pmnafialgebäube,  bag  ficf)  nach  Sföeften  unmittelbar 
an  bag  Kolleg  anfcfjlop.  ©cpon  Slnfang  1614  fonnten  bie  ©epilier  in  bag  neue, 
prächtige  ©pmnafiitm  mit  feinen  großen  ^Räumen  überfiebeln.  SDer  Slulaflügel  ent- 
hielt  in  febent  ©todmerf  nur  einen  fRaurn,  im  Srbgefdjofj  ben  Sljeaterfaal,  im  jmeiten 
©tod  bie  Slula,  im  brüten  bie  SBibliothef 2. 

Sllleg  bieg  hotten  ^efuiten  oorjügtid)  bem  ^iirftbifdfjof  Dietrich  gu  oerbanfen, 
bem  bie  ^aberborner  ^jefuiten  ftetS  ein  banfbareg  Slnbenfen  beroahrten.  „2öag  hotte 
ber  Qefuitenorben",  fo  führt  ber  ©efdjidjtfchreiber  ber  ffkberboriter  ^efuiten  aug, 
„ihm  nicht  alleg  §u  oerbanfen!  Sei  feinem  fRegierunggantritt  befafj  berfelbe  in 
fßaberborn  eine  fRefibenj  mit  noch  nicht  gehn  fßerfonen.  ^|n  feinem  STobegjahr  (1618) 
bagegen  moljnten  45  fßerfonen  in  einem  prächtigen  Kollegium,  melcheg  nicht  nur 
einen  auggebeljnten  ©arten  unb  eine  geräumige  Stircffe  umfaßte,  fonbern  auch  bie 
notmenbigen  üfäume  für  bag  SJooijiat,  bag  ©pmnafium,  bie  Unioerfität.  Unter  unb 
burdj  Stpeobor  ift  ^aberbont  ein  (pauptfip  beg  Orbeitg  in  9?orbmeftbeutfdjlanb  ge- 
morben,  gemiffermafjen  ein  fefteg  Säger,  oon  meinem  aug  bie  ^efuiten  nicht  nur 
bie  ©täbte,  Ortfdjaften  unb  fölöfter  beg  $aberborner  Sanbeg,  fonbern  audj  bag 
Sippefdje,  bag  SRietbergifclje,  bag  furfölnifdje  SSeftfalen  ltfro.  leicht  erreichen  fonnten."3 
Slnbere  hoben  ^oberborn  bag  „meftfölifdje  Qngolftabt"  genannt. 

Qfjre  SDanfbarfeit  fudjteu  bie  ))kberborner  ^efuiten  befonberg  burch  immer  eifrigere 
Slrbeit  in  ©eelforge  unb  ©djule  ju  betätigen.  Slufjer  fßrebigt  unb  Äatecfjefe  im  ®om 
unb  in  ber  eigenen  föirdje  übernahmen  fie  1605  auch  bie  fö'atedjefe  in  ber  eben  noch 
proteftantifdjeu  SRarffirdje,  im  ^aljre  1609  Äatedjefen  auf  fünf  benadjbarten  Dörfern4. 

Sin  Slugbauer  unb  gleifj  lieh  man  eg  nicht  fehlen.  Slm  15.  ^uni  1613  fcfjrieb 
Slquaoioa  bem  fReftor  Saüing :  „SRit  ^reube  fehe  idj,  baff  alle  im  Kolleg  nicht  nur 
an  Seib  unb  ©eele  gefunb  finb,  fonbern  audj  emfig  im  (paug  unb  braupen,  in  «Stabt 
unb  Sanb  an  ber  Sefeljrung  ber  Seute  arbeiten  trop  beg  ©rolleng  ber  ■«pöretifer." 5 
Sig  nach  9iiel)eim  unb  Srafel,  nadj  SRargberg  unb  Slrngberg,  ©efefe,  SBerl  unb 
©oeft  mürben  bie  Satreg  begehrt6.  2)ie  Slrbeiten  blieben  auch  nidfjt  unbelohnt. 
SDer  ©rünber  beg  Äollegg,  SDietricp  o.  f^iirftenberg,  felbft  erflärte  im  Qapre  1612: 
SDie  grüßte,  meldje  mir  oon  unferer  ©rünbung  erhofften,  fehen  mir  mit  groper 
greube  unfereg  £>erjeng  offen  baliegen,  ©elbft  unfere  geinbe  bezeugen,  mieoiel  in 
menigen  ^aljren  in  biefem  faft  ganj  oerrailberten  SBeinberge  beg  |>errn  erreicht  ift  unb 
mieoiel  mir  begpalb  fünftig  nod)  erhoffen  fönnen7.  ®och  erfolgten  feine  befonberg 
gahlreicfje  Übertritte  jur  fatfjolifdjen  ®irdje,  menigfteng  nidjt  in  Sßaberborn  felbft, 
bag  im  $apre  1611  nach  einer  ©cpäpung  beg  oertriebeuen  ©tabtfpnbifug  ©üntljer 
nod)  über  1000  mehrhofte  proteftantifdje  Sürger  gählte8,  auch  bann  nidjt,  alg  ber 
Sifdjof  in  ben  ^apren  1609 — 1612  burdj  ftrengere  Srlaffe  bie  SDätigfeit  ber  ^efuiten 
ju  unterftüpen  fudjte9.  SDie  SRipftimmung  in  ber  Siirgerfcpaft,  melcper  nach  bem 


1  91 1  cp t er,  ©efd).  ber  5Paberborner  Sefuiten 

I  96  f.  2  ebb.  I  124  f  146.  3  ebb.  1 139  f. 

4  *  Litt.  ann.  1605  u.  1609. 

5  *  örig.=9icg.  Ad  Rhen. 

6  *  Litt.  ann.  1610  u.  1616. 

1  ©üftung§urfunbe  be§  'Paberborner  91oBi- 

äiate§,  bat.  28.  guni  1612.  5)iefe  aud)  bei 

31id)ter  a.  a.  0.  I  199  ff. 


s  Seiler,  ©egenreformation  in  SSeftfalen 
III  (1895)  656. 

3  *  Litt.  ann.  1609  ff.  9!od)  im  3af)re  1619 
Ragt  ber  üloBijenmeifter  P.  $iep:  Necdum 
frugis  copiam  in  civitate  respondere  nostro- 
rum  laboribus ;  Bgl.  *  3?itetteörf)i  an  benfelben, 
7.  ©ept.  1619.  0rig.-91eg.  Ad  Rhen.  3JgI. 
91  i  d)  t  e  r ,  ©efd).  ber  ©tabt  Ißaberborn  II  (1903) 


$ ollegien :  Saberbortt. 


41 


Slufftanbe  alle  Freiheiten  uab  9iecf)te  entzogen  mürben,  unb  bie  Unterftüpung  ber 
benachbarten  ißroteftanten,  naelcfje  fid)  ftarf  in  bie  ^Saberborner  55er^ättni[fe  ein» 
mifdften,  mirften  babei  mit.  2öie  früher,  fo  l)ei^t  eg  noch  ©ube  1617  in  bem  Qaf)re3« 
berichte:  „®ie  §auptf)offnung,  bie  fatholifdje  Religion  hier  toieberherjufteHen,  beruht 
auf  ber  ftubierenben  ^ugenb  unfere§  ©pmnafiumg." 

$n  ber  erfolgreichen  ©djultätigfeit  fanben  bie  ^efuiten  für  bie  rnenig  frucfjtreicfjen 
Slrbeiten  ber  ©eelforge  in  ber  Sat  eine  reiche  (Sntfchäbigung.  f£)ie  ©tfiüterjahl  hatte 
fich  nach  SSieberfepr  beg  ^riebenS  im  ^apre  1604  innerhalb  eineg  Qahreg  oerboppett* 1. 
©ie  betrug  im  ^atjre  1605  200,  im  .^apre  1607  400 2  unb  blieb  ftänbig  im  SBacpfen. 

3)er  gubrang  mürbe  noch  größer,  atg  bag  (Spmnafium  1614  jur  Slfabemie 
ermeitert  mürbe3.  21m  7.  ®e§ember  1619  fchrieb  ber  (Seueral  an  ben  Üieftor  23aüing: 
„Qdj  miinfche  bem  Kolleg  unb  ber  Slfabemie,  an  metcher,  mie  ich  höre,  eine  fo  aug» 
gezeichnete  unb  eble  ^ugenb  erzogen  mirb,  Oon  ganzem  ^»erjen  (Slüd."4  SDag  Kolleg, 
mit  metchem  feit  (perbft  1614  noch  ein  ©cpolaftifat  unb  Stooijiat  oerbunben  mar, 
gebieh  fidjtlicp5.  @g  zählte  Anfang  1619  77  ^efuiten:  12  ^Sriefter,  5  SRagiftri, 
14  ©djolaftifer,  39  Scooijen  unb  7  Saienbrüber 6.  21udj  bie  feelforglidt)en  Slrbeiten 
geftalteten  fich  immer  frucfjtreid^er.  21m  21.  Sluguft  1621  fchrieb  ber  Orbenggeneral 
ooll  ber  23efriebigung  an  ben  fReftor:  ®a  bie  feelforglichen  Erfolge  fo  grofj  finb,  bah 
bie  befte  Slugficht  auf  balbige  unb  oollftänbige  Überminbung  ber  Irrlehre  in  ber 
bortigen  (Segenb  befteht,  falls  bie  Unfrigen  ähnlich  eifrig  unb  forgfältig  bie  Bürger 
in  ber  (Stabt  unb  bag  Sol!  auf  bem  Sanbe  in  ber  Religion  unb  ben  £>eilgmaprheiten 
51t  unterrichten  unb  zu  förbern  fortfahren,  fo  molle  (Sott  allen  im  Kolleg  Ä'raft  unb 
(Sefunbpeit  unb  ben  glühenben  (Seeleneifer  erhalten7.  @nbe  1621  mar,  mie  ein 
proteftantifcher  ^rebiger  fich  augbrücft,  „burd)  bie  ^efuiten  unb  anbere  Wiener  beg 
Slnticpriftg  beinahe  ganz  ^aberborn  bem  Steufel  geopfert"8.  211g  nach  bem  £obe 
SDietricpg  ber  neue  Fürftbifcpof  ^urfürft  (Srnft  bie  ^Bürger  aitfforberte,  „fiel)  nunmehr 
Zur  uralten,  fatpolifcpett  Religion  zu  belennen"9,  maren  bie  (Semüter  bereitg  nie! 
empfänglicher.  2öag  noch  fehlte ,  oollenbeten  bie  fchmeren  .fpeimfuchungen  burch 
ßpriftian  oon  23raunfcpmeig  unb  feine  Iporben  (1622) 10.  ®er  ^Reftor  ©aoing  briiefte 
gleich  tu  feiuern  erften  Briefe,  meldjen  er  unter  bem  2.  ^-uli  1622  nach  her  fRüd« 
lehr  in  bag  oon  ßpriftian  auggeplünberte  unb  oerroüftete  $odeg  an  ben  Orbeng« 
general  richtete,  bie  Hoffnung  aug,  „baff  eg  halb  um  alleg,  auch  um  bie  Slrbeiten 
am  (Seelenheil  beg  SRäcpften  noch  beffer  flehen  rnerbe  alg  oorher".  ©djon  ein  ^apr 
fpäter,  am  6.  Oftober  1623,  fonnte  er  bem  (Seneral  mitteilen,  bah  hie  (Stabt  enb« 
lieh  lieber  oodftänbig  fatholifd;  fei  unb  bie  ^atreg  fich  nun  nicht  mehr  fo  fefjr 
mit  ber  fRüdfüprung  Qrrenber,  meldje  faum  noep  oorhanben  feien,  alg  oielmepr  mit 
ber  Untermeifung  unb  ©tärfung  ber  Übergetretenen  zu  befaffen  hätten11,  gür  ben 
fReft  ber  ^roteftanten  patte  bie  ^Regierung  Februar  1623  eine  Slufforberung  zur 
Diücffehr  erlaffen12.  @nbe  1623  maren  mit  Slugnapme  meniger  alten  Seute  alle 


142  ff  198  ff;  *2fquatiiüa  an  ben  Saberbonter 
3teftor,  20.  Sej.  1608;  *  SiteIIe3d)i  an  ben« 
felbert,  4.  Suni  1616.  *  0rig.«91eg.  Ad  Rhen, 
feiler  a.  a.  0.  II,  9lr  497  ff;  III,  92r  627  ff. 

1  *  Litt.  ann.  1605. 

2  91  i cfit er,  ©efd).  ber  Saberborner  Sefuiten 
I  84. 

3  Sgl.  8.  faf).  *  Litt.  ann.  1617. 

4  *  0rig.«9ieg.  Ad  Rhen. 

5  *  Litt.  ann.  1613—1614.  Sgl.  *  SiteIIedd)t 

an  Samtig,  13.  2lug.  1616;  25.  gehr.  1617; 

1.  Sefd.  1618.  Orig.«9Ieg.  Ad  Rhen. 


6  *Catal.  Rhen.  1619. 

7  *  0rig.«91eg.  Ad  Rhen.  Sgl.  *  SiteIIe3d)i 
an  Saoittg,  27.  fjuni  nnb  29.  21ug.  1620. 

8  91  i  cf)  t  er,  ©efd).  ber  StabtSaberbornII245. 

9  ©bb.  II  229;  feiler,  ©egenreformation 
III  685. 

10  Sgl.  21.  2Bc§famb,  §erjog  ©fyriftiatt 
non  Sraunfd)tt>eig  unb  bie  (Stifter  SJlünfter 
unb  Saberborn  (1884)  72  ff. 

11  Sgl.  *  SiteIIe§d)i  an  Satting,  27.  2Iug. 
1622;  25.  91oü.  1623.  0rig.«91eg.  Ad  Rhen. 

12  91  i  d)  t  e  r ,  ©efd).  b.  Stabt  Saberborn  II 258. 


42 


3n>eite§  Kapitel.  2)ie  nieberr^einifdje  fproüin,v 


Bürger  fatfjoTifcf;  unb  biefe  blieben  treu,  aud)  afg  fie  fpäter  unter  bie  £>errfdjaft 
ber  Reffen  (1633 — 1636)  famen.  Qür  bie  macfjfenben  SIrbeiten  maren  bie  Kräfte 
nidjt  augreichenb.  Qu  einem  Briefe  üom  23.  9coüember  1624  fagt  ber  ©eneraf: 
„Qdj  bebaure  eg  fetjr,  ba§  bei  einer  fo  reichen  (Seelenernte  bie  bafür  beftimmten 
Slrbeitgfräfte  teifg  burcf)  ben  Stob  fjinmeggerafft,  teifg  ober  burcfj  Kranffjeiten  be- 
ljinbert  merben."1  SDie  Kommunionen  in  ber  Qefuitenfircfje  überfliegen  im  Qafjre 
1626  bie  aller  früheren  Qafjre2.  £>ie  Katedjefe  in  nieten  Pfarreien  in  unb  au§er- 
fjalb  ber  Stabt  unb  bie  fünf  Kongregationen  gaben  öiele  Arbeit.  SDie  ©efamtzaljf 
ber  Stüter  au  ©tjtnnafium  unb  Uniüerfität  belief  fidj  im  Qafjre  1624  tro£  ber 
ooraufgegangenen  Krieggftiirme  auf  600 3,  ftieg  im  Qapre  1661  fogar  auf  900 
unb  mürbe  trotj  beg  Krieget,  ber  feit  Oftober  1631  um  ^aberborn  mieber  ftarf  §u 
toben  begann,  nidjt  bebeutenb  geminbert,  fo  baff  bie  faiferlidjen  ©enerafe,  mefdje  fidj 
Zeitmeifig  in  ißaberborn  auffjieften,  ihr  Staunen  an  ben  Xag  legten4.  ©rft  im 
Qapre  1633  mürbe  bag  blüfjenbe  Kodeg  eine  Seute  beg  Kriegeg.  2fnt  16.  Sluguft 
mußten  ade  Qefuiten  auf  Sefefjl  beg  Sanbgrafen  2Biff)etm  bon  Reffen,  ber  fidj  in  ben 
Sefip  ^aberborng  gefegt  fjatte,  Stabt  unb  £anb  bertaffen  trop  ber  Qürbitte,  mefdje 
bie  Stabt  für  fie  eingefegt  Ifatte5. 

2Ifg  am  26.  3fuguft  1636  bie  Stabt  burdj  ben  faiferlidjen  Qefbfjerrn,  Qofjann 
b.  ©öfs,  ben  Reffen  mieber  entriffen  mürbe,  fefjrten  bie  Qefuiten,  4  patres  unb 
3  Saienbrüber,  trop  ber  ftarf  mütenben  Sßeft  unbermeift  in§  Kodeg  jurücf,  „zur 
großen  Qreube  ber  Bürger"6.  „®ie  Kodegggebäube  fanben  fidj  in  jiemfidj  gutem 
Quftanbe,  unb  bie  Bürger  maren  bem  fatfjofifcfjen  ©tauben  nodj  treu  ergeben."7 
„Unfere  Sfrbeiten",  fo  fcfjrieb  ber  ffteftor  Saüing  im  Sommer  1637  bem  ©eneraf8, 
„fommen  admüfjfid}  mieber  ing  alte  ©efeife."  ®ag  ©tjiunafium  entmidefte  fidj  fogar 
fefjr  rafcfj.  Qm  Qanuar  1637  fjatte  man  auf  Sitten  beg  Sftagiftratg  unb  ber  bifcfjöf- 
fidien  Sefjörbe  ben  Unterricht  in  jmei  Klaffen  begonnen,  unb  fcfjon  im  ^erbft  maren 
ade  fünf  Klaffen  unb  ber  griecfjifdje  Unterricht  in  ben  beiben  oberen  Klaffen  mieber 
eingerichtet 9.  STro^hem  bie  Krieggfjeere  big  jum  ©nbe  beg  Kriegeg  Stabt  unb  £anb 
beunruhigten  unb  häufig  fdjredfidj  heimfuchten  unb  Sefjrer  unb  Sdjüfer  üerfprengten, 
hielt  fidj  bag  ©tjtnnafium,  unb  anfangg  1646  jäfjfte  eg  fogar  über  500  Sdjüfer 10. 
Sangfamer  ging  eg  mit  ber  Stfabemie11.  ®ie  Sfrbeiten  in  ber  Seefforge  befdjränften 
[ich  in  ben  erften  Qafjren  nach  ‘)er  fdüdfefjr  faft  nur  auf  bie  Stabt.  Später  fonute 
man  auch  lieber  in  ber  Umgegenb,  in  Stabten  unb  Dörfern,  in  Kföftern  unb  auf 
Surgen  tätig  fein 12.  2luf  eine  Sftitteifung  herüber  unb  über  bie  feefforgerfidjen  @r- 
folge  entgegnete  am  28.  ÜDfai  1644  ber  ©eneraf  bem  fReftor  Meeting:  „jpödjft  erfreu- 
fidj  maren  bie  fftachridjten  ©m.  ^ocfjmürben  üom  23.  Sfprif  über  bag  SBadjfen  ber 
Arbeiten  außerhalb  ber  Stabt  unb  bag  SBieberaufblüljen  ber  SRarianifdjen  Sobati-- 
täten.  Söode  ©ott  auch  ebenfo  bie  zeitlichen  Serfjäftniffe  heben,  bamit  mir,  üon 
irbifchen  Sorgen  frei,  befto  beffer  bag  ©roige  förberit  fönnenl"13  SDiefe  Sorgen  maren 
freilich  fehr  brüdeitb,  jumaf  bie  macfjfenben  Arbeiten,  befonberg  itt  ben  Schufen,  bie 
^jerbeijiefjung  immer  gafjfreicfjerer  Kräfte  erforberten.  ©in  Sericfjt  barüber  aug  bem 
Qafjre  1645  lautet14:  SDag  Kodeg  unterhält  37  ^Serfonen ;  baoon  ftnb  2  ^rofefforeit 


1  *  Drig.=9teg.  Ad  Rhen.  2  *  Litt.  ann.  1626. 

3  *Litt.  ann.  1624. 

4  *®bb.  1631  u.  1632. 

6  *®bb.  1633.  SBgl.  fRicfjtet,  ©efd).  ber 

©tobt  jfjaberborn  II  270  f. 

c  *Litt.  ann.  1636. 

7  93aüing  an  ben  ©eneraf;  ügl.  *  Sßiteffe§cf)i 
an  33aoing,  4.  guti  1637.  0rig.=9ieg.  Ad  Rhen. 

8  «gf.  *  5BiteIIe$d)i  an  23aüing,  28. 9?oü.  1637. 


9  Litt.  ann.  1637.  10  *ßbb.  1646. 

11  *Hist.  coli.  Paderborn.  1642 — 1645. 

12  *  Litt.  ann.  1637  ff  unb  *Hist.  coli.  1645 
bt§  1648. 

13  *  Orig.=9ieg.  Ad  Rhen. 

14  *Catal.  trienn.  Rhen.  inf.  1645.  93g[. 

aitd)  bett  *  93erid)t  ber  PP.  Sorenj  fDtattentfobt 
unb  ^teinr.  Jure!  üom  15.  Sesember  1647 
(*  Original  in  Coli.  Paderborn.  S.  J.  10).  3n 


Kollegien:  ißaberbont. 


43 


ber  Geologie,  4  ber  fJ3hilofopljie,  6  ber  f)umattiftif<f)en  Rächer  unb  bie  übrigen  mit 
ben  fonft  gemohnten  Slrbeiten  befcfjäftigt;  3  finb  für  gemöhnlicf)  in  galfenhagen. 
®inft  mürbe  bas  Kolleg  ju  ben  nnt  beften  ftefjenben  ber  ^roüinj  geregnet,  jefjt  aber 
gehört  eS  mit  ju  ben  ärmften.  SDiefer  SGBec^fet  rührt  bafjer,  bafj  bag  ßoKeg  1.  in 
ben  lefjten  etma  28  paaren  über  30000  BeidjStaler  eingebiipt  fjat;  2.  in  biefem 
Kriege  menigfteng  breimat  oollftänbig  auSgeraubt  mürbe  unb  beg  gesamten  §augrateS 
öerluftig  ging;  3.  bafj  bie  ©iiter  be§  ^[öfters  galfenhagen,  meldjeS  einen  £>aupt> 
beftanbteit  unferer  Stiftung  bitbet,  fdjon  feit  15  fahren  unbebaut  batiegen. . . .  Soju 
ruf)t  auf  bem  Meg  eine  Scfjulbenlaft  non  runb  13  000  9?eicf)§talern.  $ie  bieSjährigen 
Sinfünfte  an  ©elb  merben  ficfj  öorauSfidjtlid)  auf  etma  380  BeidjStaler,  bie  an 
betreibe  auf  44  Gatter  SBei^en  unb  16  9Mter  ©erfte  belaufen.  ®a  eS  hier  feine 
Sllmofen  gibt,  fo  fönneu  nur  fünf  big  fed)S  ^erfonen  unterhalten  merben.  ©S  leudjtet 
atfo  ein,  unter  meldjer  Saft  bei  biefer  großen  Sln^l  öon  Seuten  bag  Kolleg  feufjt. 
2öir  hoffen  aber,  bafj  ber  gütige  ©ott  feine  Wiener  nidjt  oerläpt  \ 

©ott  oertieh  bie  patres  auch  nidjt  in  ben  fommenbett  fchmeren  fahren,  ^aber- 
born  mar  big  jurn  16.  3)iai  1646  in  ben  ^änben  ber  ®aiferlid)en  geblieben.  Sin 
biefem  Sage  hotte  fidj  bie  Stabt  nadj  heftiger  Befdjiefjung  an  Söranget  bebingunggtog 
ergeben  müffen.  Sie  Stabt  mürbe  geplünbert,  bag  Qefuitenfodeg  aber  glimpflich 
behanbelt  megen  ber  fran^öfifchen  Schu^briefe  unb  ber  Bermenbmtg  beg  fran§öfifd)en 
©efanbten  in  fünfter.  SBranget  nahm  ade  Bedungen  ber  Societas  Iesuitarum 
unter  feinen  befonbern  Sd)uf$.  Sllg  er  am  20.  ÜÖtai  ißaberborn  uerliefj,  übergab  er 
bie  Stabt  ben  oerbiinbeten  Reffen.  Surd)  einen  fühlten  Überfall  bradjte  ber  faifer- 
liehe  ^ommanbant  in  SBiebenbrüd  am  1.  Sejentber  1646  bie  Stabt  in  feine  ©emalt. 
Sie  lepte  unb  furcfjtbarfte  Belagerung  unb  Befchiefjung  hatte  bie  Stabt  aug^uhalten 
burch  bie  Reffen  oont  1.  big  13.  September  1647.  Ser  tapfere  ^ommanbant  fällig 
alle  Singriffe  ab.  Sie  Stabt  glich  nach  bem  Slb^ug  beg  g-einbeS  oielfach  einem 
Sdjutthaufen.  ©ine  erneute,  mehrtägige  Befdjiejjung  burch  bie  Reffen  im  Oftober  1648 
blieb  ebenfalls  erfolglog  megen  ber  ©ntfdjiebenljeit  ber  fleinen  Befapung  unb  ber 
Bürger.  Slnt  16.  Oftober  mürbe  bie  Stabt  entfett  burdj  ben  ©rafen  Sambotj.  Seit 
Üftoüember  1646  hatten  bie  Bürger  oon  ben  ^aiferlidjen  nicht  meniger  alg  oon  ben 
geinben  p  leiben.  9taub  unb  ©rpreffungeit  maren  etmaS  SllltäglidjeS.  Beim  ^rieben 
mar  bie  Stabt  ausgebrannt  unb  oerarmt;  bie  nur  mehr  500  Bürger  maren  Qammer= 
geftalten  üor  ©lenb  unb  9tot;  Bettler  unb  Bagabunben  burdjfdjroärmten  allüberall 
Stabt  unb  Stift;  bie  Sitten  maren  öerroht.  $n  feinen  Ätagegefängen  über  bie  Ber-- 
müftung  Seutfcf)lanbS  hflt  Balbe  (im  ^ahre  1643)  ißaberborn  eine  ergreifenbe  Strophe 
gemibmet:  ^äfften  mödjte  icf)  üielleidjt  bie  Sanbförner  am  SJteere  ober  bie  Söogen, 
melche  ber  Sunb  erregt,  aber  ^aberbornS  Seiben  merbe  idj  nimmer  ermeffen2. 

$aum  mar  ber  ®rieg  gu  ©nbe,  ba  brohte  ein  fchmerer  Bermögengüerluft;  eS 
mar  ber  üoKftänbige  Berluft  ber  einen  Hälfte  üon  ben  Bedungen  galfenhagenS. 
Stm  15.  Sluguft  1649  fdjrieb  ber  ©eneraloifar  an  ben  Beftor  Johann  $etri:  „üöiit 
bemegtern  ^erjen  fehe  ich  baS  ß'otleg  unter  fchmierigen  unb  brüdenbeit  Berljältniffen 
jmifchen  gurd)t  unb  Hoffnung  fdjmeben  unb  meifs  gar  nid)t,  mie  £ilfe  gebracht 
merben  fönnte.  Ünfere  Stüpe  ift  einzig  ©otteS  ©üte,  auf  bie  mir  um  fo  fefter 
ung  oerlaffen  fönneu,  je  unermiiblid)er  bie  Unfrigen  bort  arbeiten,  oon  bereu  ©ifer 
unb  ©rfolgen  ©ro.  ^odjmürben  ja  fdjrieben."3  ©rft  fpäter  mürbe  bag  Kolleg  aus 
feiner  bebrängten  Sage  befreit4. 

ben  $;apren  1649  unb  1650  patte  ba§  Koüeg  2  fRicpter  a.a.  D.  II 285— 296.  Sie  ©tette  in 
roieber  über  300  ©cpüter  (geitfepr.  für  üaterl.  Balde,  Silvae  4,  2.  3  *  Drig.<9teg.  Ad  Rhen, 

©efepiepte  X  [1847]  100  ff).  4  Sie  8<Ü)l  ber  fßerfonen,  treppe  eä  anfangs 

1  *  £>rig.--9teg.  Ad  Rhen.  1650  unterpielt,  belief  fiep  auf  36 :  20  ißatreS, 


44 


3meite3  Äapitel.  $ic  nieberrbeiuifdje  (ßromuj. 


SSon  großer  23ebeutung  für  Sßaberborn  blieb  bal  ßtofter  gal fenf)agen,  rneit 
ipnt  non  bort  ber  größte  SEeit  feiner  ©infünfte  juftofe.  SDiefel  ehemalige  3ifter* 
äienferinnen»  unb  fpätere  ^reujperrenftofter  im  gürftentum  Sippe  «®ctmotb,  eine 
Stiftung  bei  ©rafen  §u  Scpmatenöerg,  verfiel  im  16.  ^aprpunbert  unb  mürbe  im 
^apre  1596  non  bem  catoinifcpen  ©rafen  Simon  VI.  jur  Sippe,  bem  Oiacpfommen 
ber  ©rafen  non  (Schmalenberg,  gemattfam  ben  Orbenlteuten  entriffen*  i.  9tur  bie 
Heinere  (paffte  ber  S3efipungen  hatte  öom  SDiö^efanbifcpof,  bem  93ifc^of  non  ^aber» 
born,  ber  ®ird)e  gerettet  merben  fönnen  unb  mar  im  $;ahre  1604  bem  ifßaberborner 
^efuitenfotteg  einoerleibt  morben.  Rechtlich  mürbe  einige  Qiapre  fpäter  auch  bie 
gmeite  Hälfte,  auf  ber  ßtofter  unb  Ätofterfircpe  ftanb,  (Eigentum  bei  ®ottegl, 
unb  jmar  junäcpft  burch  bie  53utte  ^5apft  ^aittl  V.  nom  15.  SXuguft  1607  unb  bann 
noch  burch  bal  £eftament  bei  ©rafen  (permann  jur  Sippe,  bei  ^meiten  Sohnei 
Sintonl  VI.,  ber  im  $apre  1620  fatpotifcp  gemorben  mar  unb  noch  gleichen 
$apre  furj  nor  feinem  £obe  bal  nom  Sßater  ererbte  fötoftergut  bem  Kolleg  gu 
)ßaber£>orn  nermacht  patte.  ®ocp  mar  bem  fö'oüeg  bie  mirflidje  fBefipergreifung 
biefer  jmeiten  £>ätfte  burch  ben  regierenben  ©rafen  jur  Sippe,  ben  ätteften  23ruber 
(permannl,  unmöglich  gemacht,  ©ematt  galt  für  füedfit,  bi§  fdjtieffticp,  ba  ber  ©raf 
aucf)  beit  faiferticpen  ©ntfdfeibungen  unb  föefepten  tropte,  faiferliche  ^ommiffäre  im 
^apre  1626  bie  ^efuiten  in  ben  23efip  ihre!  ©igentuml  fepten.  21m  ^efte  $reuj» 
©rpöpung  patten  biefetben  mit  150  Sotbaten  bal  fölofter  befept,  gegen  SIbenb  bie 
©inroopner  non  fieben  Dörfern  nerfammett  unb  bem  neuen  (pernt,  bem  Oleftor  bei 
ijkberfmrner  ^ottegl,  putbigen  taffen,  ba  bal  fö'tofter  in  feinen  Sefiputtgeit  tanbel» 
herrticpe  Oredjte  unb  „bie  ©perjierung  poper  unb  nieber  ©erecptigfeiten"  befap2.  Stm 
anbern  borgen,  bem  15.  September,  mürbe  nach  tanger  Unterbrechung  in  ber  ®tofter» 
fircpe  mieber  ber  erfte  feierliche  fatpotifcpe  ©ottelbienft  gepalten.  Unb  mit  biefem 
Otugenbticfe,  fo  erjüplt  ber  erfte  Qaprelbericpt  non  gatfenpageit  ©nbe  1626 3,  begann 
bal  fötofter  Sip  ber  ©efettfcpaft  ^efu  ju  merben.  ©I  meiten  bort  jmei  ^rieftet 
mit  einem  Saienbruber.  Sie  paben  bie  ißfarrfeetforge  aul^uüben  nicpt  btop  in  ben 
bem  Jl'tofter  unterftepenben  ^Dörfern,  fonbern  aucp  in  anbern,  unb  fcpon  ben  Stnfang 
gemacpt,  bie  atte  OMigioit  mieber  aufjuridpten.  OHcpt  fdofj  einzelne  Seute,  fonbern 
ganje  gamitien  paben  fiep  ftetl  offen  gur  fatpotifepen  $ircpe  befannt  unb  in  ben 
30  ^apren  (ber  tippifepen  §errfcpaft)  nie  bie  catoinifcpen  ^rebigten  befudjt.  Sang» 
fant  neigen  fiep  auch  kie  anbern  Seute  uni  ju.  ßur  peitigen  OJteffe  unb  gur  ^Srebigt 
unb  ©priftentepre  ftrömt  attel,  fetbft  bei  ber  raupen  Söinterfiitte  unb  trop  ber  non 
@i!  unb  Scpnee  ftarrenben  33erge  unb  Söütber,  fogar  aul  ben  enttegeneren  Orten, 
in  foteper  SOtenge  perbei,  baff  mir  nur  bie  reiepften  griidjte  erpoffen  fönnen.  ®ie 
Unfrigen  paben  nun  begonnen,  um  biefem  tobenimerten  ©ifer  nod)  mepr  entgegen» 
jufommen,  bie  Seute  aud)  in  ipren  Dörfern  ju  befuepen  unb  fie  bort  §u  unter« 


4  9Jtagiftri,  4  ©djolaftiter ,  meldje  bie  SSor» 
lefungen  über  9JtoraI  hörten ,  unb  8  Saien» 
brüber.  —  2)ie  (Reftoren  mareit :  griebr.  SBadjten» 
bond,  1601;  §einr.  s(Roe3t,  9toü.  1601;  9Rattl). 
@d)rid,  9Rai  1605;  !gop.  Stoberti,  1609;  §ernt. 
93aüing,  1612;  Gffrift.  Sennep,  1625;  §erm. 
93aüing,  1632;  Qof).  grendingf)  (SSiaereftor), 
1636;  99tart.  Meeting,  1642;  93ernf)-  SBiinpf» 
ling,  1645;  $etri,  2.  Sau.  1648. 

1  Strunck,  Annal.  Paderborn.  III  (1741) 
582  ff  689  f.  *  Litt.  ann.  1626.  Sonferbatoriat» 

fdireibeit  be§  ©rafen  liKt),  tßaberboru  1630 

(Rhen.  inf.  Fand.  II 195  ff).  Sßiete  Stftenftücte  in 


ber  ®rudfd|rift :  (Stanblfafte  SSebauhtung  bereit 
beftbegrünbeten  ©ered)tfamen  ...  auf  ba§  Slofter 
3alfenbagen(1775),  ferner  in  SBien,  @taat§ard)ib 
§ofrat,  Jes.  116:  93aberbont,  galfenbagen  1597 
bi§  1717. 

3  Sie  Slnfpritdje  ber  Äreuäfjerren  mürben 
gütlid)  beigelegt;  bgl.  *  58itettee!d)i  an  ben  ißaber» 
borner  fReftor  am  7.  Oft.  1628:  Cum  magna 
mea  consolatione  didici,  cum  fratribus  Cruci- 
feris  tandem  .  .  .  tarn  aequis  pactis  contro- 
versiam  omnem  sublatam  esse.  Crig  =9leg. 
Ad  Rhen. 

3  *  Litt.  ann.  1626. 


Kollegien:  ^aber&orn  (galfenfjagen). 


45 


lueifen.  ®iefe  flute  SDZeinung  ber  ißatreg  oon  ber  ©mpfänglidjfeit  ber  Seute  ttnirbe 
in  ber  Qolge  nid)t  getäufcf)t.  Qm  Qapre  1030  lehrten  3.  23.  390  ©rmadjfene  jur 
fö'irclje  jurücf,  im  folgenben  Qapre  50.  ©rofi  ift,  jo  jagt  ber  Seridjt  be§  Qaljreg  1631, 
ba§  Qntereffe  uitb  bie  Siebe  ber  Seute  jur  SZeligion,  jo  baff  in  einem  entfernteren 
®orje  eine  jmeite  ßatedfefe  für  bie  älteren  unb  fdfmädfereit  Seute  eingerichtet  mürbe  K 
Qm  Qafjre  1648  berieten  bie  sUatre§:  2öir  halten  ade  ©onn>  unb  Qefttage  in 
oier  Dörfern  ßatedfefe.  fDabei  finbet  fid)  eine  foldje  ÜDZenge  ein,  baff  man  nicht 
mehr  münfdjen  faitn.  d)Zan  mirb  ergriffen,  roenn  man  fiept,  mie  alte  ©alüiner  mit 
bcm  ©lödleiit  in  ber  £>anb  bie  Qprigen  in  ben  Dörfern  31t  biefem  Unterricht  sufammen* 
rufen,  ©eftiegen  ift  aud)  ber  ©ntpfang  ber  ©aframente,  fo  baff  3umeilen  gegen  200 
in  unferer  ®ird)e  am  Xifdje  be§  ^jerrn  erfdjeinen1 2. 

©0  erfreuenb  bie  Qritcpte  ihres  SBirfenS  in  biefer  dfefibens  maren,  fo  bitter 
maren  aber  aud)  bie  Seiben,  tnelche  bie  Qefniten  hier  auSsuftehen  hatten 3.  SOZehrmalS 
mürbe  ba§  ®lofter  oon  ben  $rieg§fjorben  überfallen  unb  auggeplünbert  unb  bie 
Qefuiten  oerjagt,  im  Qapre  1633  auf  brei  Qapre.  ®ag  ©cplimmfte  aber  maren 
bie  ropen  ©emalttütigfeiten  ber  ©rafen  3ur  Sippe,  bie  burdjaus  ba§  ßlofter  unb 
bie  3toeite  ipälfte  feiner  Sefipungen  an  fidj  reihen  modten.  ÜOZeprmalg  fielen 
bie  gräflichen  Beamten  mit  bemaffneter  §anb  in  ba§  ßloftergebiet,  bradjen  bie 
©tälle  auf  unb  führten  ba§  Siel)  fort.  Um  3.  Upril  1628  brachten  fie  bei  einem 
neuen  Überfall  bie  „unfcpulbigen,  f)ocf)bebrängten  galfenpagenfcpen  Untertanen  mit 
gemehrter  £>anb"  unter  anberem  „burd)  einen  abgeprefjten  leiblichen  ©ibfdjmur  bapin, 
bah  fie  ber  ©osietet  gänslid)  abfagen  unb  ade  il)re  2)ienfte  (Abgaben,  ©teuern, 
Qronbienfte  ufm.)  fünftig  auf  unb  nach  ©djmalenberg  3U  leiften  sufagen"  mußten. 
2)abei  fdjmebten  bie  Qefuiten  felbft  „jeberseit  in  grober  ©efapr  SeibS  unb  Sebeng, 
be§  seitlichen  @ut§  311  gefchmeigen".  Um  6.  Qebruar  1628  abenbg  gegen  9  Uhr 
mürbe  gar  bag  fttofier  unb  bie  Qefuiten  felbft  oon  einer  großen  Unsapl  „mörberifdjer 
©efeden",  bie  mit  „Qeuerbiid)fen,  %ten  unb  Seilen  moploerfepen"  maren,  überfaden, 
ber  eine  ber  ißatreg,  P.  Qop.  Qrendingp,  „mit  oielen  SBunben  an  §aupt,  Sinn  unb 
©cpultern  unb  fonften  adentpalben  fo  erbärmlich  üerlept,  bah  ba§  Slut  paufenmeife 
auf  bie  ©rbe  geronnen",  unb  ber  anbere  ißater,  P.  Unbreag  dZefenug,  ber  fich  burd) 
bie  Qlucpt  retten  modte,  „mit  Siicpfen  unb  prügeln  fchier  bis  auf  ben  £ob  pin* 
gerichtet".  ®a  adeg  bisherige  ©infcpreiten  beS  ßüiferg  unb  beg  33ifd;ofS  oon  sUaberborn, 
ß’urfürft  Qerbinanb  oon  ®öln,  nicht  geholfen  patte,  erging  am  8.  Qanuar  1630  oon 
•ESien  aug  ein  faiferlid)eg  ©trafmanbat  an  bie  ©rafen  oon  Sippe  unb  eine  Sor= 
labung  oor  bag  faiferlidpe  ^ofgeridjt  unb  am  4.  Uuguft  ein  Sefepl  an  £idt),  ben 
Qefuiten  jeberseit  31m  ©eite  31t  ftd)en.  Uber  auch  biefeS  brachte  nur  öorübergehenb 
§ilfe.  Qn  ben  Qahren  1631  unb  1636  mieberpolten  fid)  bie  tibergriffe  unb  ©emalttätig* 
feiten4 *,  unb  am  22.  Uuguft  1649  fepte  fid)  ber  ©raf  sur  Sippe  mit  ©emalt  mieber 
in  ben  23efip  beS  Ulofterg  unb  ber  palben  Sefipungen.  ©r  gab  nämlidh  oor, 
Qalfenpagen  gehöre  31t  ben  reftitutiongpftidjtigen  ^ircpengiitern,  unb  modte  trop  beg 
©egenentfcpeibeg  ber  faifertidjen  Seoodmädjtigten  311  fünfter  bag  Sefiptum  nicht 
Suriidgeben6.  SDie  Qefuiten  richteten  fofort  auf  ber  anbern  Hälfte  eine  9?otfapede 


1  *©bb.  1631. 

2  *  ©bb.  1648. 

3  $a£  golgenbe  nad)  bcm  ©trafmanbat  bed 
Äaiferg  an  bie  ©rafen  Gfjriftian  uon  SBalbecf, 
Sjopatut  Submig  ju  Uoffau  unb  Otto  jur  Sippe, 

„aB  tueplanbt  ©rafen  ©imottS  3ur  Sippe  pintcr= 

laffene  Äinber,  Sormiinber  ufm.",  bat.  SBien, 

8.  ^an.  1630,  in  *Reiffenberg  II  Mantissa 


unb  im  Äonferüatorialfcpreiben  a.  a.  D.  Sgt. 
bie  *  SSriefe  be§  Orben^generate  nacp  fßaber= 
born  unb  an  ben  ißroninsiat  (1626). 

*  *  Litt.  ann.  1631.  *  33iteIIe§d)i  an  &’ur= 
fürft  5er^*naitt>,  25.  Qan.  1637  (Ad  Externos 
93)  unb  an  P.  ©cpretel,  24.  ^an.  1637.  Orig.» 
9teg.  Ad  Rhen. 

5  *Hist.  coli.  Paderborn.  1649 — 1654. 


46 


gmcitel  Kapitel.  $ie  rtieberrfjeinifc^e  $roöins. 


ein,  üon  mo  ein  fßater  bie  ©eetforge  bei  ben  bebrängten  ®atf)otifen  mutig  meiter 
auSübte1.  ©er  StuSgang  beS  ©treiteS  gehört  einer  fpäteren  $eit  an. 

SBie  gatfenhagen,  fo  führten  bie  gefuiten  auch  bie  ©raffcfjaft  fRietberg  jur 
fatfjotifchen  ®ird)e  jurücf.  gn  ber  ©raffcfjaft  iHietberg,  beren  üier  Pfarreien  efjematS 
jur  ©iöjefe  OSnabrüd  gehörten,  hatte  ber  ©rotefiantiSmuS  fchon  faft  feit  70  fahren 
bie  fatf)o!ifc^e  Religion  öottftänbig  öerbrängt2,  als  im  Qatjre  1601  ein  neuer  SanbeSljerr 
bie  alte  Religion  mieber^erjuftetten  fudjte.  ©S  mar  ©raf  gohann  non  OftfrieSlanb, 
ein  jüngerer  ©ruber  beS  regierenben  ©rafen  ©nno  III.  t>on  OftfrieStanb,  ber  burdf 
bie  £>eirat  mit  feiner  ÜRicfjte  ©abina  Katharina,  ber  ©ocfjter  ©nnoS  unb  ber  ©rbin 
ber  ©raffctjaft  fRietberg,  am  23.  Februar  1601  fperr  biefeS  SänbdjenS  gemorben  mar. 
SttS  ©eneral  in  fpanifdjen  ©ienften  mieber  §ur  fathotifchen  fö’irdje  jurücfgeletjrt, 
brannte  er  üotl  ©ifer,  auch  anbere  für  ben  alten  ©tauben  mieberjugeminnen3. 
©eine  junge  ©ematjlin,  ju  beren  Untermeifung  er  P.  gafob  SRtjSraicf,  burdfj  ben  er 
fetbft  im  fat^olifc^en  ©tauben  unterrichtet  morben  mar,  aus  beut  gefuitenfolteg  ju 
fünfter  hatte  fontmen  taffen,  trat  fchon  Oftern  1601  ebenfalls  jur  fattjotifchen  Kirche 
über.  Sßährenb  eines  breimonatigen  StufenthatteS  in  OftfrieStanb,  im  §erbft  1601, 
mohin  ©raf  ©nno  baS  junge  ©pepaar  eingetaben  hatte,  mar  er  in  ähnlicher  fRidjtung 
tätig  gemefen,  unb  atS  er  nun  im  fRooember  nach  ©ietberg  gurücfgefehrt  mar, 
begann  er  mit  ©ifer  auch  feine  Untertanen  jur  fRetigion  ihrer  ©orettern  guriicf- 
juführen,  unb  jmar  mit  §itfe  ber  ^efuiten.  ÜRach  unferer  fRüdfefjr  nad)  fRietberg, 
fo  fdhrieb  barüber  P.  ©t)Smid  am  31.  ©ejember  1601  an  Slquaöiüa4,  mar  bie 
erfte  ©orge  beS  gräflichen  ©aareS,  bie  ®apette  ihrer  ©orat)nen,  metche  burch  eine 
SOZühte  oerunftattet  mar,  mieber  in  ftanb  ju  fejjen,  bann  ficf)  unb  bie  Seute  am 
(pof  mit  neuem  ©ifer  jur  grömmigfeit  anjufpornen  unb  ernfttich  §u  forgen,  bah 
möglichft  niete  fiep  ber  Kirche  mieber  anfdjtöffen.  Stuf  ihren  SöunfdE)  hielt  ich 
beShatb  möchenttich  brei  ©rebigten  unb  mit  gutem  ©rfotge.  ©erfdpiebene  traten 
über,  unb  non  ©ag  §u  Stag  mädhft  bie  gatR  ber  Stnhänger,  angejogen  burch 
bie  fathotifcfje  Sehre,  bie  ihnen  bislang  unbefannt  mar,  unb  baS  norgügtidje  ©eifpiet 
beS  gräftidjen  ©aareS,  baS  öffenttid;  mit  bem  §of  gern  unb  oft  fommunijiert  unb 
niet  ©etb  auf  ben  ©chmud  ber  ®apette  nermenbet.  ©er  neuermachte  ©ifer  hier  in 
fRietberg  in  ben  SßeihnadjtStagen  aber  mar  fo  grofj  unb  hat  mir  folgen  ©roft  be= 
reitet,  mie  ich  ihn  noch  nie  in  meinem  Seben  empfunben  habe,  gief)  h°ffe  nach  biefen 
fteinen  Anfängen  eine  reiche  ©rate,  ©er  ©raf  ermartet  auS  granfreidf)  hier  auch 
feinen  ©ruber  unb  meint,  bah  frag  fromme  Seben  hier  auf  ber  ©urg  unb  bie  retigiöfe 
Untermeifung  benfetben  gu  einem  guten  5?atf)oIifen  machen  mürben5,  ©ie  SCRiffion 
ging  in  ber  ©at  gtücftid^  üoran.  P.  fRpSmid  befucfjte  hoch  unb  niebrig,  bie 
Slbetigen  auf  ihren  ©djlöffern,  bie  gemöhntidjen  Seute  in  ihren  Jütten  unb  fprach 
fie  an  auf  ber  ©trafje  ober  bem  gelbe,  ©er  Zutritt  jur  ©urgfapette  ftanb  fetbft 
bem  ©ettter  offen;  bie  Stbetigen  unb  fRitter  aber  mürben  auSfrrüdticf)  jum  ©efudh 
beS  ©otteSbienfteS  eingetaben.  3Rit  ben  ©rfotgen  mar  man  gufrieben.  3Rancf)e  be* 
faitnten  fich  noch  §unt  fathotifchen  ©tauben,  gegen  20  traten  burdjfdjnitttidj  jebeS 
Qafjr  jur  fathotifchen  ®ircf)e  über,  barunter  im  gafjre  1605  allein  fieben  Stbetige6. 
©roijbent  hatte  man  gleich  f°n  Stnfang  an  mit  fo  heftigen  ©cfjmierigfeiten  unb  Sin* 


1  *  Litt.  ann.  1650. 

2  SRofenfranj  in  ber  Seitfctjr.  für  oaterl. 
©efcf)id)te  unb  2Uterhtm§funbe  XIV  (1852)  123. 

3  Litt.  ann.  1601 ,  621.  *  ätguatuba  an 

SRpSmicf,  19.  SJtai  1601,  unb  an  ben  $rot)im 

äiat  iBufaeul,  16.  Si'uni  1601.  Drig.>fh'eg.  Ad 

Rlien.  S8gl.  Dtofenfrans  a.  a.  O.  125. 


4  *  Original  in  Germ.  Epp.  XXXVI  870. 

5  tiefer  S3ruber  —  er  bhp  Gfjriftopb  — 
folgte  bem  93eifpiele  be§  @rafen  unb  mürbe 
iat^olifcf).  Serfelbe  mar  fpäter  (Statthalter  üon 
Sujemburg. 

6  *  Litt.  ann.  1601  ff  1602  ff. 


Kollegien:  Sßaberborn  (SRietberg.  Sippftabt). 


47 


feinbungeit  §u  fämpfen *,  baff  P.  9xt)§tricf  oon  feinen  Oberen  abberufen  morbeit  märe,  wenn 
fid)  nidjt  ber  ©raf  mit  oder  fö'raft  bagegen  gemehrt  hätte.  33eruf)igenb  hatte  fdjliefdicf) 
ber  ©eneraf  Slquaoiöa  am  12.  Quti  1603  an  P.  9^t)§tt)icf  gefchrieben1 2:  SBegeit 
eine»  längeren  SSermetleng  @m.  §ochmürben  bafelbft  fann  ber  ©raf  nnbeforgt  fein. 
Sein  Sßttnfd)  fod  erfüllt  merben.  ha^eu  3U>ar  einige  patres  für  geraten  ge» 
halten,  bie  SRiffion  jettmeilig  ju  unterbrechen,  um  ben  §ah  ber  ©egner  ju  milbern. 
Söenn  aber  ber  ©raf  anberer  Meinung  ift,  fo  merben  fief)  ade  feiner  Slnfidft  gern 
anfchlieffen.  P.  fRpgmid  arbeitete  alfo  mutig  meiter,  bis  ihn  am  15.  Oftober  1606 
eine  Seudfe  im  ®ienfte  ber  franfen  Sotbaten  fjimregraffte 3 4.  Sin  feine  Stede  mürbe 
öon  fßaber&orn  au§  P.  Qof).  @tapebiu§  gefanbt*.  Qm  Qafjre  1607  mürbe  bie  Stede 
be§  ,£>offapIan§  einem  SBettpriefter,  einem  ehemaligen  Qögting  be§  ^odegium 
©ermanifum,  übertragen  unb  ba§  begonnene  SBerf  burd)  häufige  Slusfliige  oom 
i]3aberborner  ßodeg  au§  meiter  geförbert5.  Qm  Qahre  1610  hielt  enblid)  bie  fatholifche 
®ird)e  mieber  ihren  ©injug  in  bie  Stabt  Sfietberg.  ®ie  proteftantifchen  QSrebiger 
mufften  bie  Stabt  oerlaffen,  bie  oier  Kirchen  mürben  burd;  ben  fßaberborner  fReftor 
fRoberti  entfühnt 6.  SDurd;  jmei  Qefuiten  mürbe  ber  fatholifcffe  ©otteSbienft  mieber 
eingefüfjrt  am  28.  Qebruar  1610  in  ber  fßfarrfirdje  ju  fRietberg,  am  18.  Oftober 
in  fReuenfirdjen,  am  12.  Sejember  in  SSerl,  am  15.  ®ejember  in  äRaftfmfte.  Qm 
Qahre  1611  fefjrten  adein  664  jur  Kirche  juriid7,  unb  am  27.  Sluguft  1611  fchrieb 
Slquaoioa  bem  neuen  fßaberborner  Sfeftor  SSaoing:  9Rit  Qreuben  lafen  mir  bie 
fRad)rid)ten  üon  ben  fo  gliidlichen  Erfolgen  unferer  Slrbeiten  in  ber  ©raffdjaft  fRiet» 
berg.  ©ott  mode  ba§  Sanb  reichlich  fegnen ! 8  ®ie  Xätigfeit  ber  Qefuiten  mar  bamit 
abgefdjloffen.  9?ur  für  bie  erfte  Qeit  hatten  fie  bis  jur  Slnftedung  ber  Pfarrer  bie 
Seelforge  in  einigen  Pfarreien  augübett  müffen. 

2Bie  SRietberg  mar  auch  Sippftabt  fc^on  früh  burdh  abgefadene  Sluguftiner  ber  neuen 
Sehre  sugefüfjrt  morben  (1531) 9.  Qefuiten  famen  nach  Sippftabt  erft  im  Qahre  1620 10, 
unb  gmar  auf  SSunfd;  beS  fjSfaljgrafeu  Söolfgang  SSilhelm  oon  Sßfaf^SReuburg.  „®er 
^erjog",  fo  fcfjrieb  barüber  ber  Q3rooin§ial  93aoing  im  Quni  1629  an  ben  ©eneral11, 
„glaubte,  als  er  bie  Stabt  burd)  bie  Teilung  oon  1616  erhielt,  bah  °on  bort  megen 
ihrer  Sage  fef;r  leicht  bie  fatf)oIifdje  ^Religion  über  ganj  SBeftfalen  fid)  mieber  aug» 
breiten  fönnte,  mie  ehemals  fich  ba§  Suthertum  oon  f)ier  aus  über  bie  benadjbarten 
53iStümer  unb  anbere  ©ebiete  auggebefjnt  habe,  ©r  modte  beSbjalf),  bah  ein  Kolleg 
ober  ein  ^au§  unferer  ©efedfdfiaft  bort  erftehe,  unb  ermirfte  bei  Sßapft  ©regor  XV. 
bie  Übertragung  beS  alten  unb  Ifalbüerfadenen  (SIuguftiner-©remiten>)  Älofter§12,  meldjeg 


1  93gl.  *  SlquaPioa  an  fRpgroicf,  9.  u.  23.  Stoö. 
1602  unb  1.  SRärj  1603.  0rig.=(Reg.  Ad  Rhen. 

2  *  Sbb.  151.  9SgI.  *  Slquaüioa  an  ben  ©rafen 
Sodann,  12.  guli  1603.  Über  bie  STüdjtigfeit 
be3  P.  fRtj§toid  nnb  feine  93elie£)tf)eit  beim 
©rafen  Soljann  ogl.  *  Slquaoioa  an  ben  fßro* 
oinsial  Sffeob.  93ufaeu§,  9.  SRä rj  1602. 

3  Litt.  ann.  1606,  442  f.  *  Slquaüioa  an 
ben  ©rafen  Sfohann,  13.  Slpril  1607.  Orig.» 
fReg.  Ad  Rhen.  $gl.  16.  ftap. 

4  *Catal.  Rheni  1607. 

5  Litt.  ann.  1607,  719  f;  *  ebb.  1609.  *2lqua> 
Oioa  an  ben  ©rafen  Johann,  13.  guni  1609. 
0rig.=9Ieg.  Ad  Rhen. 

6  Litt.  ann.  1610,  395.  fRofenfrans 
a.  a.  0.  126  f. 

7  *  Litt.  ann.  1611.  Strunck,  Annales 

Paderborn.  III  708. 


8  *  0rig.*fReg.  Ad  Rhen. 

3  fRofeitfranj  a.  a.  0.  122  ff. 

10  33gl.  *  SBiteKeldji  an  33aüing,  29.  Slug. 
1620.  0rig.*fReg.  Ad  Rhen. 

11  *  Compendiosa  narratio.  5$gl.  *  $iteHe§d)i 
an  Saüing,  21.  Quli  1629.  Ad  Rhen.  inf. 

12  fpfal^graf  SBolfgang  SBilljelm  febrieb  am 
14.  Sluguft  1620  an  ben  fßapft,  er  hoffe  nidjt 
allein  Sippftabt,  fonbern  and)  bas>  benachbarte 
SBeftfalen  pm  fatfjolifdjeu  ©lauben  surüd» 
führen  ju  fönnen,  ioenn  bie  Qefuiten  eine  ftän= 
bige  ÜRieberlaffung  in  Sippftabt  erhielten;  er 
bitte  beäbaüb  ba§  Perlaffene  Sluguftinerftofter 
beit  Qefuiten  in  Sippftabt  ju  inforporieren. 
*  Original  im  Arch.  Yatic.  Borghese  I  692 
f  77.  ©regor  XV.  betoitligte  bie  Sitte  burd) 
Sreoc  oom  16.  Quli  1621.  2)rucf  (mit  falfdjem 
Sahr  1620)  bei  Reiffenberg  I  Mantissa  114. 


48 


3ü>eite§  $a*utel.  2)ie  nieberrljeinifcbe  fprobinj. 


öon  ben  SQ^öndfien,  ben  erften  2fnf)ängern  Sutfjerg,  öor  etwa  80  Qafjren  (1544)  oer- 
laffen  worben  war.  .  . .  ®te  auggebefjnte  unb  fefte  ©tobt,  welche  ehemafg  wegen  ifjrer 
^oflegiatfirche  unb  zwei  ®föftern  einen  tarnen  hatte,  ift  ganz  proteftantifcf) 1.  ©eitbern 
bag  Älofter  ung  übergeben  ift  (21.  Oftober  1621),  leben  bort  zwei  ^5atre§  mit  einem 
Saienbruber.  ©ie  Ijaben  mit  nieten  Unfoften  bag  fölofter  ton  ©djmuh  gereinigt 
unb  and)  bie  £ircf)e  mieber  in  ftanb  gefegt  unb  unter  bem  ©djup  ber  23efapung  ben 
fatfjolifcfjeu  ©ottegbienft  mieber  eingefüfjrt.  2)a  bie  ©tabt  jmei  §errfd)ern  unter- 
ftef)t2  unb  ben  Bürgern  bei  ber  Übergabe  9Zefigiongfreif)eit  oerfprodjeu  ift,  fo  waren 
bie  ©rfofge  bei  ber  23ürgerfdjaft  nocfj  gering;  bocf)  haben  fie  unter  ben  ©olbaten 
unb  in  ben  9Zad)barorten  fdjon  niete  jur  ßirdje  jurüdgefü^rt.  ©in  f^ater  fdjreibt 
mir,  baf?  innerhalb  eineg  Qa^reS  150  teifg  Sutfferaner,  teifg  ©afoiner  non  ber  ^rr- 
lehre  abfotniert  worben  feien.  SDie  ^atre§  mußten  bisher  faft  nur  non  üfntofen 
leben;  benn  faft  fömtfidfe  ^toftergiiter  finb  non  ben  abgefattenen  äfZöncfjen  nerfauft, 
üerbraud)t  ober  fonft  nerfdjteubert,  fo  baff  bie  jährlichen  ©infiinfte  fidj  nicf)t  auf 
mehr  afg  jwötf  TDüer  (scuta)  betaufen.  Sßenn  bafjer  ©ott  burcf)  Söiebererfangung 
ber  ßirdjengüter  nid)t  bie  ÜOZittef  barbietet,  fo  weifj  idj  nidjt,  wie  bie  Unfrigeit  bort 
feften  ^ufj  faffen  foüen." 

2öie  ber  ^fatjgraf,  fo  üerfpradjen  ficf)  aucf)  bie  ^efuiten  non  ber  SZieberfaffuug 
in  Sippftabt  nicfjt  Wenig.  üuf  ein  weit  augfdjauenbeg  Schreiben  beg  ©uperiorg 
Sßernt).  23ud)ofh  entgegnete  ber  ©eneraf  am  27.  9J?är§  1627  fofgenbeg:  „ ®ie  ©tabt 
ift  aud)  nadj  meiner  Überzeugung  non  fwher  Sebeutung  unb  ernfter  ©orge  unb 
Arbeit  wert;  benn  mit  ÜZedfjt  fann  man  fjoffen,  bafj  ficf)  bie  fathofifdje  fMigion  non 
bort  aug  wieber  über  bie  benachbarten  23offgftämme  big  zum  Ozean  f)in  augbreiten 
werbe.  Qdj  freue  mic^  begfjatb  fefjr,  bafj  bie  SZieberfaffung  ber  ©orge  ©w.  ^odjwiirben 
überwiefen  ift,  ba  ©ie  mit  fotdjer  ßtugfjeit  unb  Siebe  bag  SDüffefborfer  Kolleg  tjaben 
feftigen  Reifen.  SDag  @feid)e  erwarte  id)  auch  bod-  8utlä<hft  jebod)  ift  bag  nerwatjr* 
tofte  §aug  gut  in  ftanb  zu  fepen  unb  angemeffen  einzurid^ten,  nor  attem  aud)  mit  bem 
nötigen  |>augrat  zu  nerfef)en,  bamit,  wenn  Ooraugfichtticf)  näcfffteng  mehr  Kräfte  gefanbt 
werben,  bag  Ungemach  ber  2öof)nung  bei  ben  ünfrigen  feine  $ranff)eiten  nerurfadje." 3 

SDZan  hegte  bezügticf)  ber  ürt  ber  SZieberfaffung  bie  nerfdhiebenften  fßfäne:  halb 
fottte  bag  SZoniziat  non  fßaberborn  borthin  nertegt  werben,  halb  wollte  man  ein  Xerziat 
bort  errichten.  8m  ^erbft  1631  madjte  man  fchfiefilid),  wie  P.  23ud)ofh  norgefchtagen 
hatte,  ben  ünfang  eineg  fö’oHegg  unb  eröffnete  eine  ©cfjufe,  wefdje  im  fotgenben  8a^)re 
auf  brei  klaffen  nermehrt  würbe  unb  unter  Seitung  non  z^nei  Sef)rern  ftanb +. 

$on  bem  ©tanbe  ber  feelforgfichen  ürbeit  fjeifit  eg  in  ben  8nhreg^eüdjten  non 
1631:  „Unfere  Erwartung,  fax  in  biefetn  Qafjre  fruchtreicher  wirfen  zu  fönnen, 
würbe  ziwir  infolge  beg  übzugeg  ber  faiferlichen  23efapung  anfangg  beg  grüfjjahrg 
ein  wenig  getäufcht.  SDod)  ift  auf  ben  umtiegenben  Ortfdfaften  burd)  23eidjtf)ören 
unb  fßrebigen,  befonberg  aber  burd;  bie  $inberfated)efen  nicht  wenig  ©uteg  geftiftet. 


1  Stur  ba§  34<meuflofter  ber  „Sdjmeftern  be3 
genieinfamen  Sebeit§"  St  Sinnen  fRofengarten 
Ijatte  allein  mitten  in  bem  allgemeinen  Slbfatl 
ben  fatpolifdjen  ©tauben  bemalfrt.  Über  bie 
©infüljrung  be§  9Jroteftanti3mu§  f.  S).  Stic- 
möller,  fReformation^gefcbidite  bau  Sippftabt 
(1906). 

2  Sippftabt  ftanb  unter  ben  ©rafen  gur  Sippe 
unb  ben  ^er^ogen  non  Siebe  unb  SJtarf.  Über 
bie  politifcpen  SSerbältniffe  f.  Obermann, 
Sippftabt  (1901)  21  f;  9t.  ßffalpbüuS,  ^ipp- 

ftabt  (1876)  152  f. 


3  *  Drig.-9teg.  Ad  Rhen.  inf.  Magna  ibidem 
occasio  est,  excurrendi  ad  finitima  loca  dioe- 
cesis  Paderbornensis,  Coloniensis,  Monaste- 
riensis,  Osnaburgensis,  comitatus  Marcbiae, 
Ridbergae  etc.,  in  quorum  omnium  colliniitio 
est  Lipstadium,  pei^t  es?  in  bem  um  1624  ber- 
afeten  ©utaditen  für  ben  Orben^general.  *Ra- 
iones,  cur  Novitiatus  e  Paderbornensi  Col- 
legio  Lipstadium  sit  transferendus  (Rhen.  inf. 
Fund.  II  48). 

*  *  Litt.  ann.  1631  f  unb  *  Sütette^dn  an  ben 
Superior Ouinden,  15. fZebr.1631.  AdRhen.inf. 


Kollegien:  $aberborn  (Sortmunb). 


49 


2113  mir  burd)  bie  ©tragen  ber  (Stabt  bie  gronteidjnamSprojeffion  anfteüten,  ftrömten 
audj  bie  Seute  aus  ben  nahen  Dörfern  unb  ^lecfen  fjerbet  uttb  raaren  üott  23er* 
munberung,  bafj  mir  fo  etmaS  in  ber  ganj  proteftantifdjen  Stabt  ju  unternehmen 
magten  unb  habet  aud)  nicht  geftört  mürben." 

®ie  aufbtüfjenbe  9iiebertaffung  fanb  aber  batb  ein  jäfje§  (Snbe.  Stm  31.  SDfai 
1633  mürbe  ben  ^efuiten,  bereit  3aht  auf  fieben  angemadjfen  mar  (3  s}3riefter, 
2  ÜRagiftri  unb  2  Saienbrüber),  baS  ®tofter  entriffen  im  Stuftrage  beS  branben* 
burgifdjen  ®anjterS  ju  (Smmeridj.  SDer  proteftantifc^e  ©tabtridjter  StnbreaS  SBefter* 
mann  befe|te  gemattfam  baS  Ätofter;  atte§  fircfjtidje  unb  profane  ©eräte  mürbe 
geraubt,  nidjt  einmal  eines  auf  ben  (Xob  erlrantten  1J3aterS  mürbe  gefdjont1.  (SS 
blieben  noch  jmei  patres  in  ber  ©tabt,  bodj  nötigte  auch  &er  ©tn^ug  beS  hcfftfdjen 
feeres  ant  27.  2)ejember  1633  jur  gtucfjt2.  9iadj  bem  SBorttaut  beS  Söeftfätifdjen 
^riebenS  mufite  baS  SHofter  ben  Inhabern  üorn  ^affre  1624,  alfo  ben  Qefuiten, 
reftituiert  merben,  maS  auch  burd)  faifertiöfjeS  ®efret  Dom  16.  9Zotiember  1651 
entfdjieben  mürbe3. 

©ehr  fpät  mürbe  in  SDortmunb  ein  SSerfuch  gemacht.  3n  bie  freie  9feid)Sftabt 
®ortmunb,  bie  gegen  (Snbe  beS  16.  QafjrfjunbertS  etma  8000  (Sinmohner  ääfjtte, 
mar  ber  )J3roteftantiSmuS  attmähtich  eingebrungen  unb  hatte  mit  beginn  beS  17.  3ahr” 
hunbertS  giemlich  atteS  in  Sefifj4.  gaft  nur  ^Satrigierfamilien  unb  bie  ßtöfter  ber 
SDominifaner,  granjiSfaner,  ®onoentuaten  unb  ber  ^rämonftratenferinnen  hatten  fidj 
feiner  ermehrt.  Serfdjiebenttidj  mar  öon  bem  in  ®ötn  refibierenben  SDortmunber 
SlrdjibiafonuS  ber  23erfud)  gemadjt,  bie  ©tabt  für  bie  fatfjotifdje  $ird)e  rcieber^u* 
geminnen;  aber  oergebenS.  Stuf  baS  lebhafte  Setreiben  eines  ®ortmunber  ^atrijier* 
fohneS,  beS  tüchtigen  föanonifuS  oon  ©t  Stpoftetn  ju  $ötn,  ^iof).  Gepping,  fottten 
bieferfjatb  um  1626  Qefuiten  berufen  merben 5.  SttteS  mar  bereit6,  ^ür  eineSÖotjnung 
hatte  ®aifer  gerbinanb  II.,  für  ben  Unterhalt  bie  ®ortntunber  ^atrijierfamitie 
SerSmort  geforgt7.  f£>od)  bie  ftänbigen  $riegSmirren  unb  allerlei  £)inberniffe,  fo 
bie  Sermeigerung  ber  .Quiaffung  oon  ^efuiten  feitenS  beS  tutfjerifdjen  SJiagiftratS, 
jogen  baS  kommen  berfelben  hinaus.  Stnfang  1648  enbtich  fanben  jmei  ^efutten, 
P.  9?ifotauS  ©djaten  unb  P.  Sote,  als  getbfaptäne  ber  faiferlidfjen  Sejaipng  ungehinbert 
(Sintafj.  ©ie  hatten,  maS  fchon  fange  geplant,  befonberS  aber  oom  päpfttidjen  9?untiuS 
gabio  (Shigi  gu  fünfter  unb  bem  gürftbifcfjof  oon  OSnabrüd  gemiinfdjt  mar,  oott 
ihrem  Obern  ben  Stuftrag,  ficf)  tor  altem  an  ben  öffentlichen  ©cfjulbisputationen, 
metdje  ber  ©uperintenbent  unb  fUeftor  beS  ©pmnafiumS,  ©hriftoph  ©cfjeibter8,  halb* 


1  *23erid)t  be3  Obern  GuinqueniuS  (Ouincfen) 
über  bie  ©eroalttaten  in  $üffelborf,  ©taotl* 
ardjiO:  Emmerid),  Jes.  1. 

2  Eingeljenber  23erid)t  in  *  Litt.  ann.  1633. 

5  97ül)ere§  and)  über  bie  21nforücf)e  ber  21u* 

guftiner  auf  ba§  Älofter  bei  Job.  Crusius, 
Commentariorum  Hayanorum  .  .  .  discusso- 
rum  Tractatus  tertius,  Coloniae  1653,  30  ff 
185  ff.  23gl.  *Hist.  coli.  Paderborn.  1649  bi§ 
1654.  Piccolomini  an  ben  fßaberborner  Üieftor, 
19.  9?oo.  1650.  *  Drig.*9teg.  Ad  Rhen.  inf. 
2)ie  Sorrefbonbens  be§  fßfalprafen  unb  ber 
Sefuiten  mit  bem  Äurfürften  Oon  93ranbenburg 
betr.  bie  fReftitution  oon  1649  in  ®üffelborf, 
<Staat3ard)io :  Emmerid),  Jes.  1. 

4  Eb.  Srömede,  @efd)icf)tl.  9tad)rid)ten 

über  ba§  Sominifanerflofter  in  2)ortmunb  (1854) 

32  ff.  tamofd)u!te,  ©efd).  ber  Einführung 

S)ul)t,  ©ejdöi^te  ber  3e[uiten.  II. 


be§  fßroteftanti^mn§  (1866)  216  ff  429  ff.  Bei¬ 
träge  pr  ©efd).  $ortmunbe  I  (1875)  148  ff; 
ogl.  aud)9iübel,  ©efd).  ber  9?eid)3ftabt  ®ort* 
munb 2  (1906)  70  ff. 

5  *  2SiteHe3cf)i  an  33aöing,  17.  Sa«-  1626. 
Ad  Rhen.  inf.  Ein  $efret  gerbinanbS  II.  Dom 
4.  gebt.  1628  bei  Carafa,  Com.  de  Germ. 
(1639),  2Int).  37. 

6  *Litt.  ann.  1650.  *Hist.  coli.  Monaster. 
1646—1648. 

7  21m  7.  ©eaember  1627  erteilte  ftaifer  3^ 
binanb  ber  ©efeüfcbaft  S^fu  al§  einem  gemein* 
nüpigen  unb  ©ott  moblgefädigen  Orben  einen 
taiferlidjen  ©djupbrief  für  ihre  Olieberlaffnng 
in  2)ortmunb.  *  Original  in  Söln,  ©tabtard)iD, 
Jes.  243. 

8  Über  bie  Sätigfeit  beSfelben  f.  Beiträge 
pr  ©efd).  S)ortmunb§  I  171  f.  Sr  Ijiefs  „ber 

4 


50 


gtoeiteS  Sapitel.  Sie  nieberrijeinifctje  ißromnj. 


jäf)rlicfj  oeranftattete,  ju  beteiligen,  ©ie  feilten  bie  niaptofen  Stngriffe  ©cpeibterg 
auf  bie  fatpotifape  Religion,  moburcp  er  in  ber  gangen  ÜDJarf  unb  in  ©acpfen  befannt 
geworben  mar  unb  ber  fat^ofifdjen  ®ircfje  fcpmeren  ©djaben  jugefügt  patte,  jurücf* 
meifen,  bie  Äatpolifen  fapüpen,  ermutigen  unb  ftärfen.  £)ag  gefdjap  audj  mit  gliicf» 
lidjem  (Srfotg.  „(Sine  grope  ßupörerfcpar",  fo  berieten  bie  ißatreg,  bie  in  bem 
£>aufe  beg  fßatrijierg  ©ereon  ^tepping  mopnten,  (Snbe  1650,  „ftrömte  jebegmat  ju 
ben  ^Deputationen  perbei :  ißrebiger  unb  Seprer,  fßatrijier,  fRatö^erren,  Bürger  unb 
©olbaten,  felbft  Seute  nom  Sanbe,  bie  niept  einmal  Satein  oerftanben. . .  .  Biet  pat 
ber  SRann  unb  aud)  bag  Sutpertum  an  Stnfepen  eingebiipt,  ber  in  feiner  einzigen  ©ig* 
putation  auep  nur  ben  SSaprfcpeinticpfeitgbemeig  für  feine  Behauptungen  erbringen 
fonnte.  .  . .  ®ein  ^ßrebiger  ober  fonftiger  Sutperaner  magte  irgenb  einmal,  bem 
Befiegten  beiguftef)en.  .  . .  Biete  Seute  fagten,  fie  mürben,  faß»  eg  ju  einem  öffent¬ 
lichen  Betigiongmecpfet  fäme  unb  greipeit  perrfepte,  nicht  bie  tepten  fein,  bie  jur 
fatholifchen  ßirfae  jjurücfjufepren  münfcpten.  Unb  überaß  fam  man  un§,  felbft  atg 
bie  Befapung  fepon  abgewogen  mar,  trop  oieter  f^einbe  unb  Berteumber  mit  Slcptung 
unb  (Sprerbietung  entgegen. ...  $u  ^n  ^rebigten  für  bie  ©olbaten  auf  offenem 
ÜDfarfte  tarnen  oft  mepr  Bürger  atg  ©olbaten  unb  pörteit  aufmerffam  ju.  Unb  leicht 
märe  eg  mopt  gemefen,  oiete  Seute  für  bie  ßirepe  mieber^ugeminnen,  menn  förieg 
unb  Triebe  einen  anberrt  Stuggang  gepabt  patten."  ©o  aber  mufften  bie  3efuiten, 
bie  eben  im  Siormatjapr  1624  in  SDortmunb  feinen  ©ip  gepabt  patten,  im 
Siooentber  1650,  einen  ÜDionat  naep  Stbjug  ber  Befapung,  bie  ©tabt  mieber  oertaffen 
3u  gropem  Seibmefeit  ber  ^atpotifen  SDortmunbg  unb  ber  umtiegenben  fatpotifapen 
©täbte  unb  Dörfer,  bie  man  mäprenb  ber  brei  $apre  päufig  befudjt  patte.  — 

SGSie  in  iJSaberbont,  fo  patten  bie  Qefuiten  °UCP  in  bem  9?ad)barftift  fJJtüttfter 
ein  banfbareg  Strbeitgfetb  gefuttben* 1.  Stm  19.  SJJiai  1601  faprieb  SlquaOiüa  bem 
ßieftor  ^op-  ßopper:  ÜDiit  überaug  groper  greube  paben  mir  ben  Bericpt  oon  ben 
frueptreiepen  Arbeiten  unferer  ©efeßfepaft  in  ©tabt  unb  Sanb  getefen2.  Batb  mar 
eg  ber  grope  ßnbrang  gu  ben  Beicptftüpten,  batb  bie  Stenge  ber  ßupörer  bei  ben 
Brebigten,  batb  bie  Dielen,  metdje  burep  bie  Batre§  für  bie  fatpotifepe  $ircpe  mieber 
geroonnen  maren,  morüber  fßeftoren  unb  Äonfuttoren  ooß  greube  an  ben  ©enerat 
berichteten.  SBieberpott  begegnen  mir  ber  &tage  über  ben  äRanget  an  Kräften  unb 
ber  Bitte  um  rnepr  Arbeiter  für  bie  grope  (Srnte.  ®ie  Bautätigfeit,  bie  im  oorigen 
^aprpunbert  bie  fßetergfirepe  erftepen  tiep,  mürbe  fortgefept  oor  aßem  in  einer 
mürbigen  Stugftattung  ber  Shrcpe  burep  fepöne  ©tatuen  unb  Bitber3.  SDa^u  fam 
1608  ber  Neubau  beg  ®oßegg,  über  beffen  Sßtan  man  feit  1605  mit  Born  oer* 
panbette 4.  Qm  Qaljre  1608  mürbe  ber  ©runbftein  gelegt  unb  ber  Ban  innerhalb 
breier  SRonate  big  jum  ®acp  gefüprt.  fotgenben  3aPie  (1609)  mar  ber  Bau 
faft  ooßenbet.  3)aju  fam  1611  ein  neuer  f^ttfaet  oon  220  gup,  ber  auper  föitdje 
unb  ©peifefaat  30  geräumige  gimmer  entpiett.  ÜRod)  oor  Beenbigung  beg  ^riegeg, 
atg  bie  fjriebengüerpanbtungen  in  fünfter  fiep  bem  Stbfcptup  juneigten,  mürbe  am 
23.  1648  ber  ©runbftein  gu  einem  neuen  ©cputgebäube  gefegt,  unb  am 

26.  SRooember  fonnte  bereits  auf  bag  breiftödige  ©ebäube  bag  SDacp  gefept  unb  1649 
bie  neuere  ©inridfaung  ooßenbet  merben.  Baumeifter  mar  ber  Bruber  Balentin  Botp5. 


lutperifdje  fßapft  ber  Start".  Sg(.  and)  ©djeib« 
ter,  ©efd).  ber  gamilie  ©cpeibler  (1895)  15  ff. 

1  Sgl.  Sb  I,  ©.  144  ff. 

2  *  Orig.«9teg.  Ad  Rhen,  giir  ba§  golgenbe 
Ogi.  *  Slquaoioa  an  Köpper,  13.  Stärj  1604; 
an  Söfenborf,  8.  Ses.  1612  u.  2.  SUtärj  1613. 

3  Sgl  Sraun,  Sie  Äird)enbauten  ber  beut* 

fdien  Seßüten  I  26  ff. 


4  Über  beit  fßlait  bgl.  *  StquabiPa  an  ben 
SJteftor,  28.  San.  u.  8.  Oft.  1605;  17.  S«ni 
1606.  91eun  fßunfte  einer  Snftruftion  tragen 
bie  ilberfcbrift:  Quomodo  fieri  debeat  delineatio 
et  ichnographia  Coli.  Monasteriens.  *  Orig.« 
91eg.  Ad  Rhen. 

3  Sgl.  *  Hist.  Rhen.  I  6  f ;  III,  3,  22;  28,  10. 
Sine  Idea  Scholarum,  13.  ©ept.  1648.  *Drig.= 


Sollegien:  ißaberborn  (Sortntunb). 


51 


2)ie  (Schule  hatte  fidj  gut  enttoicfelt,  fie  jaulte  bisfjer  burchfchnittlid)  1000  ©djüler 
unb  naßm  einen  immer  größeren  Üluffcßwung.  3m  ^af)re  1608  mußte  bie  unterfte 
klaffe  wegen  Überfülle  geteilt  werben  unb  im  folgenben  ^afjre  auch  bie  jweite*  1. 
@nbe  1616  melbet  ber  Jahresbericht:  2)ie  ©cßulen  fjaben  einen  folgen  9tuf  unb 
warfen  fo  non  £ag  gu  Xag  an  ©djülern,  baß  bie  neuerbauten  ©djulräume  mit  ber 
3eit  nidjt  meßr  alle  werben  faffen  fönnen;  fdjoit  längft  jaulen  wir  über  1300  ©dfüler 2. 
3  nt  Jahre  161^  waren  e§  naße^u  1400 3.  (Sin  Jahr  fpäter  mußte  auch  bie  britte 
unb  im  Qa^re  1623  bie  oierte  ßlaffe,  bie  Humanität,  geteilt  werben4.  Unb  nod) 
immer  blieb  bie  3aht  4144  ©teigen,  fo  baff  ber  Vericht  be§  JahreS  1626  fagt 5 : 
„SBenn  je,  fo  glänzten  unfere  ©djulen  burcf)  bieäftenge  iEjrer  ©djüler  in  biefem  Jahre." 
®ie  ©tabt  fünfter  felbft  war  nidjt  wenig  ftolj  auf  „bie  fjerrlidjen  ©cf)ulen  ber 
©tabt"  unb  für  ifjre  (Srljaltung  im  Kriege  beforgt 6.  (Eroßbem  feit  1633  ba§  ganje 
S3i§tum  mit  SluSnaljme  Oon  fünfter  unb  Söarenborf  oon  ben  Reffen  faft  beftänbig 
befeßt  gehalten  würbe,  fcßeint  bie  ©djülerjafjl  feiten  unter  1000  fjerabgefunfen  31t 
fein,  benn  bie  untern  klaffen  bedielten  immer  ifjre  jWei  fefjr  ftarfen  SIbteilungen ; 
im  Jahre  1641  jaljlte  man  über  1000  ©djüler,  1646  über  900.  ®ie  größte  Jaljt 
ftammte  au§  fünfter  unb  bem  SJtünfterlanbe,  etwa  gehn  ^rogent  au§  entlegeneren 
©egenben,  befonberS  au§  £ollanb.  „(Sinen  oerfjältniSmäßig  großen  93rud^teil  ftellte 
ber  weftfälifdje,  §umal  münfterlänbifdje  Slbel;  all  bie  oollflingenben  feubalen  tarnen, 
benen  wir  in  ber  £erritorialgefdjid)te  fo  oft  begegnen,  ®rofte*Vifcf)ering,  ©aleit, 
®orff>©cf)miefing,  ^etteler,  ÜiaeSfelb,  SJtallincfrobt,  unb  wie  fie  fonft  lauten  mögen, 
taudjen  hier  in  bunter  Jolge  auf,  unb  als  jugenblidje  ©djolaren  gießen  ißre  Präger 
an  uns  oorüber."7  21m  20.  Juli  1650  fcßrieb  ber  9Mtor  Joß.  ©cßüding:  „0ßne 
gu  praßten,  mu§  man  befennen,  baß  bie  ©cßule  nicfjt  wenig  gur  Üteform  in  ©laube 
unb  ©itte,  gur  Hebung  Oon  Jrömmigfeit  unb  Vilbung  in  ©tabt  unb  £anb,  bei 
©entließen  unb  Saien  über  baS  gange  JürftbiStum  hin  beigetragen  hat." 8 

(Sbenfo  blühten  bie  Arbeiten  in  ber  ©eelforge.  SDie  Jaßl  ber  regelmäßigen 
ißrebigten  war  brei:  nämlich  bie  ®omprebigt,  welche  man  im  Joßre  1595  fjatte 
übernehmen  müffen,  bie  ^Srebigt  in  ber  eigenen  föircfje  unb  bie  lateinifcße  ißrebigt 
für  bie  ©d^üler  unb  bie  gebilbeten  Scanner  aus  ber  ©tabt  in  ber  ©djulaula9. 
ßatecßefe  hotten  bie  Jefuiten  allmählich  außer  in  ber  eigenen  ®ircße  in  allen  fecßS 
^ircßen  $D7ünfterS  eingeführt  unb  hielten  fie  getreulich  aufrecht 10.  ®ie  3ahl  ber  ®°nt« 
munionen  allein  in  ber  Jefuitenfircße,  welche  im  Jahre  1615  auf  27  900  geftiegen 
war,  belief  ficfj  neun  Jahre  fpäter  auf  41060  unb  hielt  fiel)  auf  biefer  ^pöße 
währenb  all  ber  ^riegSjaßre11.  ®er  )|3roteftantiSmuS  war  allmählich  üollftänbig  oer= 
fchwunben.  ®er  ©tabtrat,  in  welchem  im  Jahre  1607  noch  bie  ^roteftanten  ftarl 
baS  Übergewicht  hatten12,  gäßlte  bei  ben  Neuwahlen,  gehn  Jahre  fpäter,  mit  2IuS= 
nähme  oon  gweien  nur  ÜDJitglieber  ber  ÜDtarianifdjen  Vürgerfongregation 13.  Jrn 
Joßre  1623  war  fdjon  „bie  große  9)teßrgaf)l  ber  (Sinwoßner  aufrichtig  fatßolifcß" 14. 
Unb  al§  im  Joßre  1635  mit  großem  ©lang  bie  3entenarfeier  ber  Vertreibung  ber 


34eg.  Ad  Rlien.  Über  33oI|j  bgl.  33 raun  a.  a.  €. 

I  90  f. 

1  *  Catal.  Rhen.  1609  f.  *  Litt.  ann.  1609. 

2  *Litt.  ann.  1616. 

8  *  Ebb.  1617. 

4  *  Catal.  Rhen.  1619  u.  1624. 

5  *  Litt.  ann.  1626. 

6  3ße3famt>,  $a§  §eer  ber  2iga  in  2Befi= 
falen  1622—1623  (1891)  148. 

7  5.  Burbonfen,  21u§  ben  Benfurtiften 

be§  ©tjmnafiumS  (bon  SUünfter)  1636 — 1647, 


in  ber  geftfcfjrift  $a§  ipantinifdje  ©bmnafium  ju 
fünfter  (1897)  56. 

8  *  Äopie  in  Fund.  Rhen.  inf.  I  300 v. 

9  *  Catal.  trienn.  Rhen.  1599  u.  1614. 

10  *  Catal.  Rhen. 

11  *  Litt.  ann.  ber  betreffenben  Sabre- 

’2  Seiler,  ©egenreformation  in  SSBeftfalen 
II  387  f. 

13  *Litt.  ann.  1617. 

14  Schreiben  beä  9Jtagiftrat§.  325  e§famp 
a.  a.  0.  148. 


4* 


52 


ßroeiteS  Kapitel.  Sie  nieberrheinifcbe  fßrobinj. 


SGöiebertäufer  gefeiert  mürbe,  gab  eg  feinen  einzigen  iJ3roteftanten  metfr  in  ber  ©tabt. 
®ie  Jubelfeier  mürbe  um  fo  freubiger  begangen,  fo  ßeißt  eg  am  ©dftuß  beg  93e- 
ridE)te§  barüber1,  meit  erfteng  bie  ©tabt  in  biefent  Kriege  nie  in  Jeinbegßanb 
geraten  unb  gmeiteng  meit  fie  fo  fdjnelf  gur  fatf)ofifd)en  Kirdje  mieber  gurüdgefüßrt 
mar;  benn  feft  fatfjofifd)  maren  nor  unferer  Sfnfunft  nur  menige  Jamilien,  jeßt 
aber  gibt  eg  feinen  meßr,  ber  öffentlid)  ber  Jrrleßre  anfjinge. 

®ie  Jaßl  ber  Jefuiten,  melcße  Sfnfang  1601  15  betrug :  9  ifSriefter,  2  ÜDiagiftri 
unb  4  Saienbrüber,  mar  Slnfaitg  1628  auf  66  geftiegen:  16  ißriefter,  10  Stfagiftri, 
11  ißfjilofopßen,  19  Stßeologen  unb  10  Saienbriiber.  Stuf  biefer  ^ötje  fomofjt  begüglidj 
ber  ßaf)t  alg  aud)  ber  SBirffamfeit  ßiett  fid^  ba§  Kodeg  all  bie  Krieggjaßre  ßinburd). 
Stnfang  1650  lebten  im  Kolleg  60:  32  ^riefter,  5  SOJagiftri,  9  Geologen  unb 
14  Saienbriiber 2. 

©in  großeg  SSerbienft  an  ber  glängenben  ©ntmidfung  beg  Kodegg  gebührt  ber 
großmütigen  Jreigebigfeit  üon  Klerug  unb  S3otf  gu  fünfter.  Jßr  ©belfinn  ermöglichte 
eg  ben  Jefuiten,  für  bie  troß  mannigfadjer  ^erßanblungen  feine  ßinreicßenbe  Jun- 
bation  befdjafft  roorben  mar3,  ben  oielertei  93eöürfniffen  unb  2öünfdjen  in  ©tabt 
unb  Sanb  gerecht  gu  merben.  Jreilid)  maren  biefe  Jumenbungen  nicht  fo  groß,  um 
alte  9?ot  oom  Kodeg  ferngußatten.  ©djon  SJiitte  1632,  nod)  betior  ber  Krieg  bag 
23igtum  berührt  hatte,  bat  ber  Dieftor  Heinrich  Kraß  ben  ©eneral  um  bie  ©rtaubnig, 
bie  bamalg  bebeutenbe  ©umme  oon  2000  Später  leihen  gu  biirfen,  um  bie  Seute  im 
Kodeg  menigftcng  unterhalten  gu  fönnen4.  ®ie  9cot  mud)g  bann  immer  meßr. 

Jmar  geigte  fid)  bie  Siebe  unb  SBoßltätigfeit  ber  ÜUtünfteraner  mieber  in  befonberer 
Sßeife  in  ben  Jaßren  1633 — 1635,  mo  bie  üieten  Jtücßttinge  au§  ben  9cieber> 
taffungen  gu  ©tabe,  Serben,  Jameln,  ^atberftabt,  ©ogfar,  Quafenbrüd,  deppen, 
ißaberborn,  OSnabrüd,  Koegfelb,  Sippftabt  unb  33edum  in  äRünfter  eine  Juftucßt 
gefunben  hatten  unb  an  bie  120  Jefuiten  im  Kodeg  meitten5.  ®ie  9?ot  mürbe  aber 
nicht  bauernb  gebannt.  ÜÜJan  tebte  immerfort  in  nidjt  geringen  ÜUaßrunggforgen,  unb 
am  29.  ®egember  1646  fcßrieb  ber  ©eneral  ©arrafa  tröftenb  an  ben  dieftor  ©Örter: 
STief  fdjneibet  mir  bie  33ebrängnig  beg  Kodegg  in  bie  ©eete.  Jaft  überall  briideit 
ung  ©djulbeit,  unb  eg  fdjeint  ber  £>err  unfere  ©ebutb  im  Jeuerofen  ber  heiligen 
Strmut  prüfen  gu  motten.  2öie  eg  ißm  gefüllt,  fo  gefcßeße  eg.  SDocf)  h°ffe  ich 

gutierficßtlid),  baß  er,  ber  bie  £iere  näßrt,  bie  Siaßrung  feinen  ^Dienern  nicht  üor» 

enthalten  mirb6.  ©rft  nadj  bent  Jaßre  1650  mürbe  biefer  bebrängten  Sage  ab= 

geholfen 7. 

©inen  großen  2>ienft  fonnten  bie  Jefuiten  ber  ©tabt  fünfter  im  Jatjre  1650 
teiften.  Stm  Karfreitag  hatte  ber  83liß  in  ber  ijßulüermütjte  an  ber  Sta  gegünbet. 


1  *  Litt.  ann.  1635. 

2  *  Catal.  Rhen,  unb  Rhen.  inf. 

3  SSflt.  bie  Gntraürfe  unb  ®orfd)Iöge  in 
*Fund.  Rhen.  inf.  I  279  ff-  Giner  üon  biefert 
unbatierten  Gntmürfen  au§  bem  Saßre  1607  ift 

öftere  als  „gunbationSurfunbe"  gebrucft,  gu= 

lefct  bei  Keller  a.  a.  0.  II  402  ff,  jebod)  mit 

Unrecht.  3)a§  geßüa  beS  SatumS  seigt  fdbotr, 

baß  bie  „Urtunbe"  nicht  rechtöfräftig  fein  fonnte. 
gubent  fagt  ber  *  Catal.  trienn.  Rhen.  1614 
auSbrücflicf) :  Fundatio  nulla  approbata  est, 
unb  noch  genauer  ber  *Catal.  trienn.  1619: 
Ad  nihil  de  iure  obligamur,  quod  prima  for- 
mula  fundationis,  in  qua  concio  germanica 
in  aede  cathedrali,  oratio  synodica  .  .  .  pro- 


ponebantur,  a  R.  P.  Claudio  acceptata  num- 
quam  fuerit.  Eam  tarnen  formam  Cathedrale 
Capitulum  propter  appensum  a  se  sigillum 
ratum  habet.  Sgl.  aucf)  *  Slquaoiüa  au 
Söfenborf,  4.  jgult  1608.  Litt.  ann.  1607, 
719. 

4  Sßgl.  *  iRteüeSchi  an  Crah,  18.  ®ej.  1632. 

5  *  Litt.  ann.  1633  ff. 

6  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

7  2>ie  fReftoren  maren:  EoPimr.  1601; 

^terrn.  33öfenborf,  ^mit  1605;  §einr.  fDtcichebe, 
1617;  ^et.  fRuibiuS  (SRuibt),  1624;  §einr. 
Grap,  1629;  Gljtift.  Seuuep,  1636;  Komet, 
ferner,  1643;  ©ottfr.  Görler,  10.  2lug.  1646; 
Sol),  ©chücfing,  1650. 


Kollegien:  Siftünfier. 


53 


Sn  bem  nädjften  Surm  lagerten  15  000(?)  Rentner  $JMüer.  üfßenn  ein  gmnfe  in  biefe 
Sftaffen  fiel,  bann  mar  e§  um  einen  großen  £eif  ber  ©tabt  gefcßeßen.  ©djon 
glimmen  bie  ©cßinbefn  unb  bag  3)acß.  ®ein  Bürger  magt  ftcf>  ßeran.  2>a  bringen 
brei  9)titglieber  beg  fö'otfegg,  gmei  Saienbrüber  unb  ein  ÜDtagifter,  mutig  in  ben  £urm. 
©ie  föfeßen  guerft  ba§  $euer  auf  bem  SDadje,  bann  öerßinbern  gmei,  baß  feine 
gfüßenben  ®oßfen  burcf)  bie  Stilen  ber  2)ede  ßinunterfaHen.  £>er  britte  magt  fidß 
in  bie  ijMüerfammer,  mo  bag  ißufoer  oßne  Raffer  unb  2)eden  lagerte.  ®ie§  founte 
ber  mutige  2Kaun  in  bem  9taud)  unb  ®unfet  nur  burcf)  Saften  feftftellen.  ©ofort 
6ego§  er  bie  ifMoermaffen  mit  SSaffer.  ^e^t  erft  faxten  auef)  einige  Bürger  ÜJJtut 
unb  eilten  gu  §iffe.  ÜÖfit  ©rauen  ßatten  ÜSiirgermeifter  unb  Sflagiftratgperfonen 
bem  gefäßrfießen  ©djaufpief  gugefeßen.  2lm  fofgenben  Sage  eilte  ber  SBürgermeifter 
in§  Kolleg,  ftattete  im  tarnen  ber  ©tabt  ben  Said  für  bie  Rettung  ab  unb  ließ 
nad)  ber  bei  außerorbentfidjen  Sfnfiiffen  üblichen  ©itte  ©ßrenmein  unb  ©ßrenguder 
üb  erreidjen  L 

9Scm  fünfter  au§  entfalteten  bie  ^efuiten  mit  ber  $eit  eine  große  Sätigfeit 
im  gangen  ©tifte.  ^n  ben  erften  ^aßren  fonnten  fie  nur  menig  außerßafb  ber 
©tabt  tätig  fein.  23otfmarfen,  ÜÖfarsberg,  ©affenberg,  Sedfenburg,  5Berf  unb  menige 
anbere  Ortfdjaften  maren  eg,  mo  $J3atre§  au§  fünfter  gefegenttid^  für  furge  3eit 
gemirft  ßaben1 2.  Sag  ®oüeg  naßtn  eben  affe  Kräfte  oolfauf  in  Sfnfprucß.  „53on 
braußen  ergeben  oft  9?ufe  an  ung",  fo  fiei^t  eg  im  $aßre  1 6 1 1 3,  „boeß  müßten 
mir  bie  einmal  übernommenen  Strbeiten  im  ßolfeg  liegen  faffen,  menn  mir  affe 
befriebigen  moflten."  Ser  sDfangef  an  Kräften  mürbe  immer  fühlbarer,  gumaf 
ber  giirftbifcßof,  ber  föurfürft  gerbinanb  oon  ®öfn,  feit  1612  bie  Hebung  ber 
fatßolifcßen  Religion  in  ber  Siögefe  energifeßer  betrieb4.  2luf  bie  mieberßolten 
Klagen  antmortete  am  21.  gebruar  1615  ber  ©enerafoifar  Silber  bem  fReftor 
Q3öfenborf:  Qcß  feße  gmar  reeßt  moßf,  meid)  reiche  ©rate  in  ber  gangen  Umgebung 
oon  äftünfter  gu  ßaften  märe,  boeß  geßt  ber  3fuf  nadß  meßr  Seuten  burdß  bie  gange 
ißroüing,  unb  ba  neue  Kräfte  niefjt  fo  fcfjneEt  ßerangebifbet  merben  fönnen,  fo  bitte 
icß  ©ott,  baß  er  ung  ßeffen  mode  unb  ben  patres  ®raft  unb  SJfut  bemaßre  unb 
ißnett  audj  bafb  neue  |jilfgfräfte  gufüßre5.  ©rft  naeß  unb  naeß  entmidefte  jteß  eine 
umfangreieße  Sätigfeit  außerhalb  ber  ©tabt6,  fo  baß  man  eg  bebauerte,  afg  bureß 
bie  Sßefeßung  beg  SiltumS  burdj  bie  Reffen  im  ^aßre  1633  biefe  Slrbeiten  jahrelang 
unterbleiben  mußten,  ©rft  mit  ber  Slnfunft  ber  griebengbeoollmäcßtigten  im  Qlaßre 
1643  fonnte  man  eg  mieber  mögen,  fefbft  meitßin  Slugßilfe  gu  feiften.  ©g  maren 
SBerne,  Sübingßaufen,  Sefgte,  äöofbed,  Nienberge,  23eüergern,  Sfngefmobbe,  Sfmefg’ 
büren  unb  anbere  Orte7,  mo  man  ßauptfäcßticß  an  ben  ßoßen  ^efttagen  tätig  mar. 
Sagu  fam  bann  roäßrenb  beg  ©ornmerg  bie  ftänbige  fö'atedßeje  auf  ben  näcßftgelegenen 
Ortfcßaften,  metcße  im  ^aßre  1647  g.  23.  fieß  auf  neun  beliefen8.  Sfm  7.  SJtai  1644 
feßrieb  3Siteffe§cßi  an  ben  91eftor  P.  ferner:  „Ungemein  freue  idj  mieß  über  bie  guten 
ÜJiacßricßten  oon  ben  frueßtreießen  Sfrbeiten,  raefeße  bie  Unfrigen  bureß  bie  ^ateeßefe 
auf  ben  umliegenben  ^Dörfern  ooübringen.  ©§  finb  ja  gfeießfam  bie  erften  grüdßte 
be§  fo  ßeiß  erfeßnten  ^rieben»."9 


1  *Reiffenberg  II  638  ff. 

2  *  Initia  et  successus  coli.  Monast. ;  Litt, 
ann.  1601,  620;  1611. 

3  *  Litt.  ann.  1611. 

4ÄeIIer,  ©egenreformation  in  SSeftfaleit 
III  421  ff. 

5  *  Ad  Rhen.  58g[.  auef)  *  iHquaOica  an  iööfen= 

borf,  26.  Sttat  1612;  2.  9Kärä  1613;  15.  Suni 


1613;  an  Sdjeren,  21.  gfebr.  1615.  *  9Sitetfe§d)i 
an  Sööfenborf ,  12.  31oD.  1616;  1.  Steril  1617. 
Drig.=9ieg.  Ad  Rhen. 

6  *  Litt.  ann.  1631  u.  1632. 

1  *ßbb.  1638  ff.  *Hist.  coli.  Monast.  1642 
bi§  1645. 

8  *Hist.  coli.  Monast.  1646 — 1648. 

9  *  Drig.=9ieg.  Ad  Rhen.  inf. 


54 


3tt»eite§  ®afntel.  5)ie  nieberrfjeinifdje  ^roötitj. 


Son  biefer  regelmäßigen  unb  gemößnticßen  STätigfeit  ßetd  ficf)  eine  außerorbent» 
li cße  unb  bebeutfame  Arbeit  ob,  metcße  baS  koüeg  mit  Unterftüßung  ber  Kollegien 
ju  ^aberborn  unb  ©ntmericß  auf  Stnorbnung  beS  {Jürftbifd^ofS  gerbinanb  in  beit 
gaßrett  1624/1626  außerhalb  SCRünfter  geteiftet  ßat.  @S  mar  bie  gurüdfüßrung 
mehrerer  größtenteils  proteftantifcßer  ©täbte  beS  SiStumS  jur  tatßotifcßen  kircße 1. 
2)ie  ©täbte  Slßlen,  Sedum,  Sodfott,  Sorten,  ®ütmen,  Raitern,  fRßeine,  Sreben  unb 
SEBarenborf  ßatten  in  ben  faßten  1622/1623  troß  ber  ftrengen  Sefeßle  beS  kurfürften 
unb  fetbft  beS  kaiferS  ftcß  gemeigert,  ben  Sruppen  ber  Siga,  metcße  gegen  ÜIRanSfelb 
unb  ßßriftian  oon  Sraunfdjmeig  im  gelbe  ftanben,  Ouartier  ju  geben,  unb  fdjtießticß 
mit  ben  SEBaffen  fidj  jur  SEBeßr  gefeßt2.  ®ocß  maren  fie  fcßnett  bejmungen  unb 
beftraft  morben.  Hnt  aber  ben  ©eift  beS  StufrußrS  ju  erfticfen  unb  ber  Sotmäßigfeit 
feiner  Untertanen  ficf)  für  bie  gufunft  rneßr  gu  üerficßern,  ließ  ber  kürfiirft  burd) 
einen  Srlaß  üorn  4.  guti  1623  u.  a.  „alle  unfatßotifcßen  Sjerjitien"  nerbieten, 
bie  ÜReuaufnaßnte  non  Seiden  „ju  Sürgern,  bie  nicßt  ber  tatßotifcßen  ^Religion  üer» 
manbt,  ben  ©taubenSeib  auSgefdjmoren  unb  non  ißren  ©eetforgern  beglaubigte 
Sltteftation  ißreS  SebenS,  SßanbetS  unb  ^Religion  eingeliefert"  ßatten,  unterfagen  unb 
fcßtießticß  bie  fRüdfüßrung  ber  Seute  ju  ißrer  alten  ^Religion  anorbnen3.  ©S  maren 
fcßon  feit  1611  allerlei  Serorbnungen  ergangen,  aber  fie  ßatten  teinen  ©rfotg 
geßabt.  Studj  jeßt  fcfjrieb  einer  ber  turfiirftlicßen  kommiffäre:  „©S  ift  eine  fcßmierigc 
unb  gefährliche  ©ppebition.  ®a  aber  bie  ÜRanutenenj,  mie  gu  üerßoffen,  erfolgt, 
mirb  alles  guoorberft  ju  ber  ©ßre  ©otteS,  nacßßer  gßrer  kurfürftticßen  ®urcßtaucßt 
ju  unfterbtidßem  fRußme  gereichen  unb  biefe  SBieberßerftettung  ber  Religion  für  eine 
fonberticße  fßrooibenj  beS  SWmöcßtigen  ju  ßatten  fein."4  ®ie  erften  Arbeiten  ber 
gefuiten  hatten  in  ben  ©täbten,  mit  benen  man  junäcßft  begann,  roiber  ©rroarten 
günftige  ©rfotge5.  SDer  OrbenSgeneral  mar  oon  ben  SRitteitungen  'Darüber  fo  über» 
rafcßt,  baß  er  felbft  ben  fßapft  baoon  in  Kenntnis  feßte 6.  gn  anbern  ©täbten  fehlte 
eS  jebocß  aucß  nicht  an  SSiberftanb.  ©nbe  1624  ließ  ber  kurfürft  mit  ©trafen 
broßen,  unb  jaßtreicße  fßroteftanten  teßrten  jur  fatßolifcßen  kircße  juriid7.  gm 
gaßre  1624  maren  eS  in  Sorten  117,  in  Sodfolt  280,  in  Sreben  250,  in  Rattern 
„ein  großer  £eil  ber  ©tabt",  in  fRßeine,  „mo  nicßt  einmal  fo  oiele  tatßolifcße  Sürger 
meßr  zu  finben  maren,  um  ben  neuen  SRagiftrat  barauS  bilben  ju  fönnen",  400,  in 
SEBarenborf,  „mo  unter  beit  rnoßl  über  600  Sürgern  faum  noöß  fiebeit  mirtticße  katßolifeit 
gemefen  fein  füllen  unb  mo  faft  alle  grrleßren  oertreten  maren  unb  ficß  mie  in  einer 
feften  Surg  lange  rußig  unb  ficßer  gefiißlt  hatten",  586  unb  in  Slßlen  bie  gefamte 
Sürgerfcßaft8.  ©cßon  am  24.  ©eptember  1624  mar  oon  ßier  aus  ber  kurfürft  in 
Kenntnis  gefeßt  morben,  baß  fid)  „bie  Sürgerfdjaft  auf  oorßergegangene  ber  Herren 
Patrum  Societatis  gnftruttion  ganz  geßorfam  mit  Seiften  unb  kommunizieren 
fand  unb  fonberS  eingeftellt"  ßätte9.  ©nbe  1625  maren  audß  Sorten,  fRßeine  unb 
Sreben  mieber  ooüftänbig  fatßolifcß,  leßtere  burd)  ben  P.  konrab  ©eiftßöoel  auS 


1  SB  e  §  f  a  m  0 ,  §eer  ber  Siga  in  SBeft» 
falen  1622 — 1623  211  f.  Über  bie  retigiöfen 
Suftänbc  in  biefen  ©täbten  Ogi.  aud)  Seiler, 
©egenreformation  III  397  ff  unb  liefert, 
SJhinfter.  Urfunbenfammlung  I  (1826)  357  ff; 
Sibu§,  SBeibbifdjöfe  non  fünfter  (1862)  157. 

2  SBef’tamb  a.  a.  D.  141  ff. 

3  ©bb.  206  ff. 

4  Sörßof  an  SBartenberg ,  25.  Suü  1623 
(2Be§famb  a.  a.  D.  209). 

5  SB e§ lamp  a.  a.  £.  212. 

6  *  S?itefle!?'d)i  an  §einr,  fötefd)ebe,  20. 


1624;  egl.  and)  15.  SJIärj  1625.  Drig.=91eg. 
Ad  Rhen. 

7  $gl.  *  S}iteüegd)i  an  9ütibiu3,  10.  fötai  1625, 
unb  an  P.  ^tofftinger,  21.  SWärä  1626.  Orig.» 
fReg.  Ad  Rhen.  inf. ;  SB  e  §  f  a  m  f>  a.  a.  0. 213  ff. 

8  Stad)  *  33riefen  ber  fßatre§  au§  33or!en, 
fRßeine  unb  SBareitborf  an  ben  fReltor  ju  SRiinfter. 
©leicbjeitige  Stobie  in  Docum.  hist.  prov.  Rhen. 
*Narratio  compendiosa  ( Dgl.  SOtiinftereifel). 
*Hist.  coli.  Embricensis  1621—1624  unb  *Litt. 
ann.  1624  ff.  ®anad)  aud)  ba§  golgenbe. 

9  SBe^tamb  a.  a.  0.  210. 


Sotlegien:  fünfter. 


55 


3tf)ten.  ©einem  ©ifer  unb  ©efc^icf  mar  e2  gelungen,  bie  Seute,  mefcpe  fid)  int 
23ertrauen  auf  bie  |)ilfe  ber  ^»oüänber  lange  gefträubt  Ratten,  gu  gemimten  unb  beit 
Reft,  über  420,  gur  fö’ircpe  gurüdgufüpren 1.  2112  er  bafb  barattf,  ant  29.  ©eptember 
1625,  gu  ÜRünfter  au  ber  fßeft  ftarb,  fcpriebeit  feine  ÜRitbrüber  über  ipit:  „liefen 
fßater  fdfien  eine  befonbere  23orfepuitg  ©otte2  gu  uit2  gefcfjicft  gu  fjaben;  benn  fo 
eifrig,  gfiidfid)  unb  erfofgreid)  pat  er  in  Streben,  2lpfen,  23edum  unb  fonft  noch  au 
ber  Ritdfüprung  ber  fßroteftanten  gearbeitet,  bap  matt  näcpft  ©ott  in  erfter  Siitie 
ifjm  ade»  gufcpreibeit  mu§,  ma2  in  biefett  gm  ei  Qapren  in  biefen  ©täbten  erreicht 
ift.//2  Qm  fofgenben  Qapre  mar  aud)  SEBarenborf  unb  int  Qapre  1627  a!2  fepte 
non  ad  biefen  ©täbten  23od)oft  mieber  gang  fat^olifcf) 3.  §ier  patte  man  mit  ber 
Arbeit  erft  mieber  int  Qapre  1626  eingefept,  aber  trop  mandjer  §emmniffe  fofdje 
©rfolge  gehabt,  bap  im  gleichen  Qapre  662  mit  ber  ®irdje  auSgeföfjnt  morben  maren4. 

Slujjer  biefen  ©täbten  mareit  bie  fßatre2  gleicpgeitig  noc^  in  anbern  Orten, 
g.  23.  Söertte,  2fpau2,  Rant2borf  ufm.,  tätig  gemefen  unb  Ratten  nicpt  mettige  fßroteftanten 
für  bie  ®ircpe  miebergemonnett,  in  Söerne  g.  23.  int  Qapre  1625  adein  45 5.  Rur 
menige  ©täbter  Ratten  bie  2(u2manberung  bem  Übertritte  gur  alten  Äircpe  oor= 
gegogen.  Qn  SBarenborf,  ber  bebeutenbften  biefer  ©täbte,  mo  bie  fßatre2  ben  meiften 
2£iberftanb  gefunben  Ratten,  maren  g.  23.  bi2  gum  4.  Rooember  1625,  mo  fcpon 
faft  ade2  mieber  fatfjolifcf;  mar  unb  man  fdjon  runb  1800  Äommunifanten  gäpfte,  nur 
gmöff  au2gemanbert;  gubettt  maren  ntandje  itt  ben  ©täbten  fortgegogeit,  bann  aber  batb 
mieber  guriidgefeprt  unb  fatpofifd)  gemorben6.  ®er  Reft  geigte  fid)  rneffad)  giemficp 
entfliehen  unb  forberte  non  ben  Qefuiten  niete  2tnftrengung  unb  Racpficpt.  ©o  fcpricb 
g.  23.  P.  SDitmar  (padenberg  int  §erbft  1625  non  Söareitborf  an  ben  Reftor  Ruibiu2  gu 
SRünfter :  „SDie  gange  Qeit,  feitbem  icp  fjier  bin,  bin  icp  in  einem  fort  baran,  bie  nod) 
Rüdftepenben  (etma  130  ÜRann)  gu  mir  gu  rufen  unb  gu  examinieren,  fo  bap  idj  oft  erft 
brei  ©tunben  nad)  ber  gemöpnficpen  Qeit  gu  SRittag  effen  fann.  (Sinige  Seute  finb 
gemattig  partnädig;  bod)  finb  e2  meniger,  at2  icp  geglaubt  patte.  2)er  ©tarrfinn 
rüprt  nermutlid)  non  ber  Qurcpt  per,  bie  ben  Seiden  eingejagt  gu  fein  fcpeint.  Sägficp 
ftope  id)  faft  auf  neue  f)3roteftanten,  bie  ttidjt  in  bie  Siften  eingetragen  finb.  ©ie 
paben  bem  P.  üppaufen  ade2  üerfprocpeit,  aber  nid)t2  gepaften,  meit  fie  glaubten, 
man  mürbe  fie  bocp  nicpt  feicpt  im  2tuge  bepaften  tonnen.  .  .  .  2Ü2  id)  peute  einen 
banott  rufen  fiep,  mar  er  fepr  erftaunt,  mie  mir  perau2gefunben  patten,  bap  er 
proteftantifd)  fei.  £>od)  erfapren  mir  ade2  mit  Unterftüpung  be2  |)ocpm.  Ferrit 
fßfarrer2,  be2  ©efretär2  unb  eine!  ber  23ürgernteifter  au2  ben  23ürgerfiften  ober  im 
gefegentficpen  ©efpräcp  mit  ben  2ormäcptern  (portarii)  ober  enbficp  non  ben  Seuten 
felbft,  bie  fid)  bei  bem  2$erpör  auf  anbere  berufen."  ©o  ging  e2  nun  Söocpen  unb 
SRonate  pinburd).  „©eit  meinem  festen  23rief",  fo  fcprieb  P.  ^adenberg  am 
4.  2>egember,  „finb  über  20  mieber  gurüdgefeprt.  ®en  gangen  £ag  aber  mup  id) 
an  ber  2frbeit  fein.  Qcp  unterrichte,  fabe  ein,  bitte  unb  befcpmöre  bie  £eute  unb 
fann  faum  an  etma2  anbere2  benfeit.  £>eute  pabe  id)  mit  ben  Qüngfingen  unb 
Qungfrauen  begonnen,  bie  man  aber  nur  fcpmer  gunt  kommen  bemegen  fann.  Qd) 
mürbe  in  bie  efterfidfe  Söopnung  gepen  unb  bort  mit  ipnen  über  bie  Religion  oer* 
panbefn,  bod)  pat  micp  bie  ©rfaprung  gefeprt,  bap  ba2  nicpt  gut  gept;  benn  mäpreub 


1  *  Litt.  ann..  1625.  s  *665.  3  *665. 1626. 

4  *665.  Sn  93odjolt  maren  fßatre?  au? 

ÜJiünfter  fcfjon  im  Sabre  1612  un5  bintD'e5er 

5rei  Sabre  fpäter  fBatre?  am?  6mmerid)  tätig 
gemefen.  $ie  3af)t  5er  Dfterfommunionen  be¬ 
trug  im  Sabre  1615  700,  jeöod)  maren  öie 
Satbolilen  febr  furd)tfam  un5  oersagt.  *  Litt. 


ann.  1612  1615.  58gf.  Seiler  a.  a.  0.  III 
375  ff  392  394  f  397  ff  407  f  510  528  ff. 

6  Sn  2lf)au?  ga6  e?  nur  nod)  s'oei  Satbo-- 
lifen.  Sm  Sabre  1640  mar  alle?  fatbolifd). 
S  it  d  i  n  g ,  fünfter  unter  6briftopb  33ernt)arö 
0.  @alen  (1865)  285. 

6  *  Die  o6engenannten  Briefe  5er  $atre?. 


56 


3ioeite3  Kapitel.  $ie  nieberr^cinifcfje  ^roüinj. 


id)  oon  ber  Stnnahme  beS  fathotifdjen  ©taubenS  fprecf»e,  bringen  fie  baS  ©efpräd) 
auf  anbere  ©egenftänbe  unb  laben  pm  Sffen  unb  Printen  ein."1  So  plagte  fid) 
P.  |>adenberg  nod)  mehrere  ÜDtonate,  bis  ade  in  SBarenborf  pr  tathotifd)en  Slirc^e 
prüdgefehrt  maren.  Stber  auch  nach  ooltenbeter  Arbeit  fufjr  man  im  Unterridjte 
fort,  bi§  im  Sommer  1627  oom  ^roöinjial  P.  93aoing  alte  priidgerufen  mürben, 
ba  Kräfte  für  anbermärtS  freigemadjt  merben  mußten2. 

Stuf  beit  SSunfcfj  beS  föurfürften  mufjten  bie  Sftünfterer  Qefuiten  in  ben  fofgenben 
fahren  nod)  öfters  bie  genannten  unb  and)  anbere  Orte  beS  Stiftes  befucfjen,  um 
ein  SBiebereinbriugen  ber  $rrlef)re  p  nerf)üten3.  ®ie  93efefpng  beS  gefamten  93iStumS 
burd)  bie  Reffen  im  ^apre  1633  —  nur  fünfter  unb  SBarenborf  blieben  aus» 
genommen  —  festen  freilich  biefer  Sätigfeit  ein  3iet.  ®od)  hfltte  baS  SSolf  feinen 
alten  ©tauben  fdjon  genugfam  mieber  lieb  gemonnen  unb  blieb  it)m  nun  trop  beS 
langjäfjrigen  fjeffifcfjen  Regiments  treu.  So  berichten  §.  93.  bie  ^efuiten  im  ^apre  1649 
über  Q3orfen,  bafj  bie  Sinroof)ner  trop  ber  nid)tfathotifd)en  93efatpng  ftanbfjaft  an 
if)rem  ©tauben  feftfjietten 4.  Uttb  gürftbifcfjof  CS^riftopf)  93ern^arb  0.  ©aten  fagt  in 
bem  S8eritf)te,  ben  er  im  ^afjre  1651  über  ben  ßuftanb  |einer  SDiö^efe  an  ben  ißapft 
fanbte,  baf)  bie  TDiöjefanen  ber  ^irdje  burd)meg  treu  ergeben  feien5. 

Über  bie  93ebcutung  biefer  Sätigfeit  ber  Qefuiten  urteilt  ein  Kenner  ber  ba» 
maligen  3eit:  föurfürft  gerbinanb,  bem  „oorpgtid)  unfer  ganjeS  Stift  bie  ©rpattung 
ber  fatt)otifd)en  Sietigion  p  öerbanfen  hat",  mürbe  unter  ben  obmattenben  Umftänben 
„mit  bem  fräftigften  SBitten  unb  ben  burdjgreifenbften  9)ia^regetn  nie  feinen  ßroed 
erreicht  hüben,  menn  er  nicht  barauf  oerfallen  märe,  bie  ^efuiten  atS  SJtiffionäre 
altentfjatben  im  Stift  anpftetlen  unb  ihnen  bie  Seetforge  mit  p  übertragen".  SDiefe 
„oerftanben  baS  93olf  p  geminnen  unb  pgeit  burd)  ein  fe^r  erbautidjeS  Seben  alter 
podjachtung,  Siebe  unb  gutrauen  an  fid)-  ®ie  toaren  ben  ^farrgeifttic^en  unb 
ÜDtönd)en  in  altem  roeit  überlegen  unb  tonnten  bei  bem  nerroirrten  guftanbe  unferer 
®ird)e  baS  mitten,  mop  jene  nidjt  mehr  fäpig  maren.  .  .  .  93oIfSunterrid)t  im 
ßtjriftentum,  befonberS  fatedjetifd^er  Unterricht  ber  gugenb  auf  bem  Sanbe,  mar  eine 
ihrer  üorpgtidjften  93emühungen.  SDen  gefuiten  gebührt  baS  93erbienft,  in  unferem 
Stift  bie  fathotifche  Religion  erhalten  p  haben.  2)ie  ©efchichte  bemahrt  bie  ®enfmate 
ber  Xreue,  momit  fie  für  bie  £'ird)e  gefämpft  haben"6. 

Sine  meitere  einbringenbe  Stätigfeit  mürbe  non  fünfter  aus  im  üü?ünfterfd)en 
ÜJfieberftift,  befonberS  in  ülfteppen  entfaltet. 

Qm  SZorben  ber  SDiö^efen  fünfter  unb  OSnabrüd,.  pufd)en  SmS  unb  ginnte 
behnt  fich  ein  ©ebiet  auS  mit  etjematS  45  Pfarreien  in  fedjS  21rcf)ibiafonaten 7,  metcheS 
bis  pm  gaffre  1667  ber  meltlichen  guriSbiftion  beS  93ifcf)ofS  oon  fünfter  unb 
ber  geiftlicfjen  beSjenigen  non  OSnabrüd  unterftanb  unb  burd)  bie  gahrtäffigfeit  ber 
Strchibiatonen  im  Anfänge  beS  17.  gahrtjunbertS  in  ganj  nermahrtoften  guftanb  ge¬ 
raten  mar8.  gn  ker  erften  S3erhanbtung,  metche  ber  ßurfürft  gerbinanb  am 


1  *©bb. 

2  *  33iteHe§d)i  an  ben  (Reftor  (Ruibiu3,  4.  ©ept. 
1627  unb  4.  ®tärs  1628.  £)rig.‘(Reg.  Ad  Rhen, 
inf. 

3  *  Litt.  ann.  1631  unb  1632. 

4  *®bb.  [SWeppen]  1649. 

5  §iifiug,  Gtjriftopl)  99ernl)arb  o.  ©alen 
(1887)  179. 

6  liefert,  äRiinftcrfcbe  Hrfunbenfamnt» 

lung  I  (1826)  xxvm  xxx  ff.  2(ucf)  bie  *  Litt, 

ann.  (coli.  Bonn.)  1650  fdjreiben  bal  §aupt= 


oerbienft  an  biefer  SBiebertjerfteKung  ber  fa» 
tfjolifdjen  (Religion  bem  Kurfürften  3erbi‘ 
nanb  p. 

7  SSericfft  be§  33ifd)of5  oon  fUtiinfter  Oom 
3.  (RoOember  1660  (.fpiifing  a.  a.  0.  267); 
©tiioe,  ©efd).  be§  .'gocpftift^  D^nabriic!  II 
(1872)  455. 

8  SmfimÜion  be^  Äurfiirftcn  gerbinanb  Oom 
1.  3uü  1612  (Keller,  ©egenreformation  III 
421  f;  *2lquaoioa  an  IXljeob.  (Rbgroicf,  8.  Sütärj 
1614.  Drig.=(Reg.  Ad  Rhen.). 


Sollegien:  SJtünfter  (SDteppen). 


57 


12.  $lpril  1612  mit  feinen  Späten  iifier  bie  fKeligionSoerpältniffe  im  (Stifte  fünfter 
f)ielt,  fjatte  ber  Canjler  be^üglicp  biefeS  ©ebieteS,  beS  fog.  Slttünfterfcpen  SUieberftifteS, 
erflärt:  ,,^m  SmSlanb,  Cloppenburg,  SSedjta  unb  SBilbeSpaufen  fei  feit  50  ober 
60  ^apren  fein  exercitium  fatpolifcper  fHetigion  mepr  gemefeit.  ÜD7an  mitffe  auf 
gute  ©eelforger  benfen;  eS  fei  ju  ermägen,  ob  bie  Patres  Societatis  Iesu  bie  Seel« 
forge  ju  Steppen  unb  anbermärtS  nicpt  übernepmen  motten;  mala  vita  pastorum 
merbe  alles  oerberben.  SDie  9titterfd)aft  fei  fcpmierig."  1 

Curfürft  gerbinanb  griff  pier  nun  unüermeitt  ein.  Sr  ftattete  einen  tatfräftigen 
9)?ann,  ben  er  am  1.  Qanuar  1613  gu  feinem  ©eneraloifar  für  fünfter  ernannt 
patte,  ben  CanonifuS  oon  ©t  SaffiuS  unb  glorentiuS  ju  Sonn  Dr  Qop.  (partmann, 
mit  auSgebepnten  SSollmacpten  aus  unb  trug  ipm  auf,  „mit  äuperftem  gleip  feine 
oerfüprten  Untertanen"  jur  fatpolifcpen  Circpe  äurüdjufüpren 2.  Curfürft  unb  ©eneral* 
oifar  befucpten  opne  langes  ^Barten  unb  gögern  baS  Biieberftift.  ©ie  famen  überein, 
in  ÜUieppen  unb  Secpta  ^efuitennieberlaffungen  gu  erricpten,  metcpe  SluSgangS-  unb 
©tiippunfte  beS  gefamten  UnternepmenS  unb  ben  überall  anjuftellenben  ©eiftlicpen 
£>ilfe  unb  ©tüpe  fein  füllten 3.  2luS  Mangel  an  Cräften  fonnten  jebocp  bie  ^efuiten 
oorläufig  nur  ÜDieppen  amtepmen.  ©cpon  im  ©ommer  1613  famen  Xpeob.  9tp§mid 
unb  §einr.  Uppaufeit  bortpin4.  „Sine  grope  Sarbarei  tat  fiep  üor  ipren  Slugen  auf, 
aber  auep  eine  grope  Srnte."5  „fftaep  Slbfepung  ber  ^Srebiger  finb  mir",  fo  berichten  fie 
felbft6,  „mit  einigen  Pfarrern  in§  SmSlanb  gefepidt.  Unfer  Slrbeitsfelb  ift  bie 
^auptftabt  SDfeppen,  unb  oon  bort  aus  befuepen  mir  bie  umliegenben  ©täbte  unb 
Dörfer.  Unfdjmer  laffen  fiep  bie  SReppener  üom  Sutpertum  ab^iepen.  §aufenmeife 
fommen  fie  ju  ber  fßrebigt  unb  jur  peiligen  ÜDJeffe,  unb  eS  ift  gute  Hoffnung,  bap 
fie  halb  jur  fatpolifcpen  Cirdpe  juriidfepren  merben.  9?ur  aus  SeforgniS  um  ipren 
Stuf  unb  aus  gurept  oor  ber  Seicpt  naep  fatpolifdjer  SBeife  fepeuen  fie  noep  oor 
biefem  ©epritte  jurüd.  30  jebocp  finb  fdjon  mutig  übergetreten."  ^tnmer  japlreicper 
mürben  bie  Übertritte,  immer  umfangreidjer  bie  Slrbeiten,  fo  bap  P.  fRpSmid  fiep  um 
/pilfSfräfte  felbft  naep  9tom  manbte.  Slm  22.  Sluguft  1615  ermiberte  ipm  ber 
©eneraloifar  Silber:  „®ie  glan^enben  Srfolge  in  Sfteppen  unb  Umgegenb  finb  überaus 
erfreuliep.  Slud)  mir  münfepten,  bap  mepr  Beute  bortpin  gefanbt  mürben;  jebocp  ift 
bie  9iot  ber  ffßroüinj  fo  grop,  bap  burep  bie  Obern  unmöglicp  pinreiepenb  Slbpilfe 
gefepafft  merben  fann."7  ©o  arbeiteten  bie  beiben  patres  allein  mit  ben  Sföelt- 
prieftern  eifrig  meiter.  „äftepr  als  einmal  paben  mir",  fo  beriepten  fie  Snbe  1615 8, 
„mit  ungefäpr  13  Pfarrern  beS  SlndeS  Steppen  eine  gufammenfunft  gepalten,  um 
noep  burepgreifenber  mirfeit  gu  fönnen.  ®iefe  arbeiten  mit  unS  fo  einmütig,  bap 
fie  nicptS  beginnen,  opne  eS  oorper  mit  unS  überlegt  ju  paben."  ©cpon  ein 
3:apr  fpäter  „pielten  oon  ben  oielen  fßroteftanten  in  Steppen  nur  noep  oier  an 
ber  $rrlepre  feft"9.  Slpnlicp  unb  noep  beffer  ging  eS  an  anbern  Orten,  „ba  eben 
bie  SUtepr^apl  ber  Beute  eper  unmiffenb  als  irrgläubig"  mar 10.  £$n  ben  SöeipnacptS* 
tagen  1617  füprte  man  3.  33.  eine  ganje  Pfarrei,  bie  noep  feinen  fatpolifepen  Pfarrer 
patte,  jur  Cirepe  jurüd.  2öaS  fiep  am  längften  fträubte  unb  abfeitS  pielt,  lenfte 


1  Seiler  a.  a.  0.  418;  ügl.  aud)  ebb. 
437  f. 

2  2>ie  Slttenftüde  bei  Seiler  a.  a.  0.  III 
464  466;  £ibu§,  2Beif)bifd)öfe  oon  SJUinfter 
147  ff. 

3  97  i  e  m  a  n  n ,  $a§  Olbenburg.  SWünfterlanb 
II  (1891)  181  f  193. 

4  Sgl.  ben  Gerlaf;  be§  Surfürften  gerbinanb, 

bat.  SRegenSburg,  12.  Slug.  1613,  bei  Seiler 

a.  a.  0.  III  468. 


5  Sgl.  *  Slquaoioa  an  93öfenborf,  8.  Sftärs 
1614.  0rig.=9ieg.  Ad  Rhen. 

0  *  Litt.  ann.  1613/1614,  201  f.  Sgl.  aud) 
Seiler  a.  a.  0.  III  468  ff. 

7  *  0rig.=9ieg.  Ad  Rhen.  inf.  Sgl.  *  Slqua¬ 
oioa  an  Söfenborf,  23.  Slug.  1614. 

8  *  Litt.  ann.  1615;  äf)nlid)  *  ebb.  1616. 

0  Sgl.  *  Sitelle§d)i  an  Söfenborf,  10.  guni 
1617.  0rig.-9teg.  Ad  Rhen. 

10  *  Litt.  ann.  1617. 


58 


3tt)eite§  Sapitel.  Sie  nieberrpeinifche  55roütns. 


fcptieplidj  infolge  beS  SRünfterfcpen  9?eligionSerIaffeS  Don  1623  ein,  fo  3.  23.  .fpafelünne, 
Ino  Don  ben  SReppener  ißatreS  im  Qapre  1624  jufammen  400  Sutperaner  für  bie 
Stircpe  miebergemonneit  mürben1.  ©inige  .^apre  fpäter,  im  Quni  1629,  fcfjrieb  ber 
ißroDinjial  23aoing  an  ben  ©enerat:  „^ept  ift  nicf)t  nur  bie  ©tobt  SReppen,  fonbern 
aucp  faft  baS  gan^e  Sanb,  23off  unb  Slbel,  burcp  bie  beibett  ^ßatreS  ju  9Reppen  ber 
Stirdje  mieber  angegliebert  morben."2 

®ie  Qefuiten,  melcfje  fepon  im  Qapre  1622  ben  ißoften  gern  aufgegeben  hätten, 
blieben  auf  ben  Söunfdj  beS  Sturfürften  gerbinanb  in  SReppen  unb  arbeiteten  um 
Derbroffen  meiter  in  ©tobt  unb  Sanb3.  2US  man  1629  ben  ^efuiten  bie  Pfarrei 
in  SReppett,  bie  früher  aus  bem  ©tift  ©orDep  befept  morben,  neunten  moltte,  fdjrieb 
ßurfürft  gerbinanb  am  23.  2lprit  1629  an  ben  gnirftbifdjof  f^ranj  SBilpelnt 
ü.  Söartenberg:  „ÜRun  ift  mir  mopl  bemufjt,  maS  Don  ben  Patribus  bafelbft  für 
9?upen  gefdjafft  unb  nocp  ferner  ju  ermarten,  bapero  eS  mir  nit  lieb  fein  mürbe, 
menn  fie  bergeftalt  Don  bannen  gemiefen  merben  fodten."4  „®eine  Pfarrei  gibt  eS 
im  ©mSfanb",  fo  lautet  ipr  23ericpt  Dom  ^apre  1631 5 *,  „in  ber  mir  nicpt  tätig 
gemefen  mären.  Unfere  ©cpritte  mürben  Don  ©ott  mit  glüdtidpem  ©rfolg  gefegnet. 
ÜRur  pemmten  bie  föriegSunrupen  ein  menig  bie  Slrbeiten." 

SDiefe  auSgebepnte  Stätigfeit,  bei  melier  im  Qapre  1632  Dier  ißatreS  befcpäftigt 
maren,  mürbe  unterbrochen,  als  bie  ©djmeben  unter  ®obo  D.  Änpppaufeit  im  Qapre 
1633  baS  Sanb  befepten.  2öie  int  $apre  1622/1623  Dor  SRanSfelb,  fo  maren  bie 
Qefuiten  aucp  fept  gelungen,  bie  gludjt  ju  ergreifen ö.  SDodj  faum  maren  bie  ©cpmeben 
im  9Rai  1638  auS  bem  ©mSlanbe  Derjagt,  ba  mufjten  bie  Qefuiten  auf  betreiben  beS 
fturfürften  gerbinanb  Don  Stötn  Don  neuem  fiep  mieber  in  SReppen  nieberlaffen 7. 
SDie  beiben  ißatreS,  melcpe  feit  ©nbe  1638  mit  einem  Saienbruber  bort  meitten, 
patten  mit  mifjlidjen  Verpättniffen  aller  Slrt  ju  fämpfen,  befonberS  pemmten  bie 
ftänbigen  ®riegSunrupen8. 

©ine  freunblicpere  ßufunft  geigte  fidj  erft  im  $apre  1641.  ®er  SDrofte  beS 
©mSlanbeS,  SDietricp  D.  23elen,  patte  infolge  eines  ©elübbeS  ben  ^efuiten  ein  Sanbgut 
gefepenft  unb  bann  noep  ben  ißlan  angeregt,  bie  ^efuiten  bauentb  in  ÜReppen  ju 
bepalten  unb  burdj  fie  ein  ©pmnafiitm  eröffnen  ju  laffen.  ®iefer  )J3tan,  ber  fepon 
1611  Don  ber  ©tabt  betrieben  unb  1629  burdj  ben  ©uperior  9?ifoIauS  $rebS  aud) 
bei  ben  OrbenSobern  befürmortet  mar,  fanb  in  ÜReppen  freubige  ßuftimmung,  |0  bap 
felbft  bie  bisherigen  gtinbe  fidj  für  bie  ^efuiten  ermärmten9.  SIber  eS  fehlte  an 
bem  nötigen  Unterpalt.  2)ie  ©elbmittel  ber  ©tabt  fomie  bie  beS  ^urfürften,  ber 
feinerfeitS  fepon  im  Qapre  1617  an  eine  ftänbige  ÜRieberlaffung  gebadet  patte10,  maren 
burd)  ben  $rieg  fo  erfdpöpft,  bap  fie  nicptS  beifteuern  fonnten.  SDa  legte  fidj  in 
ber  23erlegenpeit  ber  23ürgerfcpaft  ber  eifrige  greife  ©uperior  Strebs  ins  Mittel. 


1  *  Litt.  ann.  1624.  Sie  furfürftlidjen  ©rlaffe 
bejüglicf)  §afelünne  unb  anberer  tniberftrebenber 
Orte  bom  3.  Sltärj  1618 ,  10.  gebr.  1621  ic. 
bei  Seiler,  ©egenreformation  III  543  545  f 
566. 

2  *  Compendiosa  narratio. 

3  *  @bb.  *  ®iteüe§d)i  an  9teftor  9Jtefd)ebe  ju 

SJtiinfter,  27.  illug.  1622:  Non  solum  (missio- 

nem)  Vechtensem,  in  qua  multum  adliuc  ne¬ 

gotii  superest,  continuandam  exsistimo,  sed 

alteram  quoque  Meppensein.  .  .  .  Proinde 

nolim  ullo  modo  nostros  ex  hoc  oppido  (Mep¬ 

pen)  revocari  nisi  prius  Smo  Electori  id  pro- 

batum  fuerit.  *  Drig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf.  g  o  r  ft, 


^ßolitifcfje  Sorrefponben*  be§  ©rafen  graitj  2BiL 
^elm  b.  SBartenberg  312  f. 

4  ©bb.  5  *  Litt.  ann.  1631. 

6  2>iepenbrocf,  ©efd).  be§  2lmte§  SOieppen 
(1838)  409  ff  427  ff. 

7  *  S8iteKeäd)i  an  ben  SRijebrabinsiat  90cfe[, 
27.  9Job.  1638.  Orig.>9teg.  Ad  Rhen.  *  Hist, 
coli.  Mouast.  1636—1639. 

3  Siepenbrocf  a.  a.  D.  393  f  444.  *  Litt, 
ann.  1639  u.  1640. 

9  *Litt.  ann.  1641.  *  @bb.  coli.  Monast. 

1611.  Siepenbrocf  a.  a.  0.  375  ff. 

10  SJgl.  *®itetle§d)i  an  llpfjaufen,  2.  2)ej. 
1617.  Orig.=9teg.  Ad  Rhen. 


Kollegien:  SüKünfter  (^Dlep^en). 


59 


2Xu§fiif)rIicf;  fepte  er  feinet:  Obern  bie  23erf)äftniffe  augeinanber 1 :  Slffe  Beamten  beg 
©mgfanbeg,  ber  ©tabtrat  öon  deppen,  bag  gange  Sanb  unb  bie  meite  9?ad)barfd)aft 
miinfcijten  mit  fömtfichen  patres  bie  (Srrid^tmtg  beg  ©ptnnaftumg.  ©eforbert  merbe 
bieg  burd)  bie  Vebeutung  ber  ©tobt,  mefcfje  ^eftung,  ©ip  beg  Sroften  unb  eine 
Vormauer  mehrerer  fathofifcpen  Siögefen  fei,  burd)  bie  Verffältniffe  beg  Sanbeg, 
mefdjeg  ringg  non  proteftanten  umgeben,  itt  meitem  Umfreife  aufjer  ben  Sriüialfdhufen 
feine  pfjere  Vilbungganftaft  aufroeife,  burd)  bie  ^ntereffen  ber  fatf)o!ifcf)en  Dieligion, 
mefdje  baburd)  eine  nidjt  geringe  ©tüpe  erhalte,  $ür  bie  92ieberfaffung  panbfe  eg 
fid)  um  eine  ©jüftengbebingung,  meit  fie  nacf)  Stbfeljnung  ber  ©cfjufe  feinen  93eftanb 
geminnen  fönne.  ©djfiefjfid)  fei  eg  ber  auggefprocfjene  SBunfd)  ber  beiben  S8ifcf)öfe 
öon  9Jiünfter  unb  Ognabrüdf.  Sag  £muptf)inbernig  aber,  bie  23efd)affung  beg 
Unterf)alteg,  fei  jiemfidf)  gehoben;  betttt  ein  Haug,  unb  gmar  bag  größte  unb  gefegenfte 
in  ber  gangen  ©tabt  —  ein  ©efcpenf  beg  ©tabtrateg  — ,  befäfjen  fie  bereitg;  eg  fei 
bagu  ermeiterunggfäfjig  unb  habe  ©arten  unb  H°f;  400  9ieic^gtater  jährlich  galjfe 
ber  ßurfürft;  ber  Srofte  fjabe  einen  Vauernljof  gefd^enft 2,  unb  ba  feine  Kollegien 
in  ber  ÜÄäfje  feien,  fo  fiefje  fid)  f)inreid)enbe  Unterftüpung  üom  2Bof)ltätigfeitgfinn  beg 
Voffeg  erhoffen,  infolge  biefer  Sarfegungen  beg  P.  Ärebg  gfaubte  P.  Vitelfegchi  eine 
Stugna^me  machen  gu  füllen  unb  fdfjrieb  am  19.  $ufi  1642  an  ben  Sßigeproüingial 
Diitfef:  „©g  gef)t  gtoar  nidjt  an,  neue  9fteberlaffungen  of)ne  eine  fefte  (Stiftung  gu 
errieten;  menn  eine  fofcfje  jebod)  in  ber  gufunft  gu  ermarteu  ift  unb  ein  reidjer 
©eminn  att  ©eefen  gur  ©riinbung  einfabet,  fo  märe  bie  ©efegenfjeit  bagu  trop  einiger 
Unguträglidjfeiten  nidjt  öon  ber  §anb  gu  meifett.  Sie  SJieppener  @ad)e  empfepfe  ich 
aber  ©m.  §od)mürben  um  fo  bringenber,  ba  fie  bem  ®urfürften  öon  $öfn  unb  bem 
gürftbifdjof  öon  Ognabrüdf  befonberg  am  bergen  liegen  foff."3 

SIdeg  ging  nun  rafcf)  öoran.  Vereitg  am  4.  dJoüember  1642  mürbe  bag  ©tjmnafium 
„unter  bem  ungeheuren  ^ubef  öon  ©tabt  unb  Sanb"  eröffnet  4.  Sie  ©dhüfergafjf  mucfjg 
fo,  bafj  nach  einem  ^aljre  brei  Pfaffen  in  betrieb  maren5.  ÜDiefjr  afg  brei  klaffen 
freilid)  glaubten  Proöingial  unb  ©eneraf  üor  ber  §anb  nidht  einrichten  gu  foffen6. 
2lm  10.  Sluguft  1644  legte  eine  grofje  geuergbrunft  üiefe  Käufer  Söieppeng  unb  aud) 
bag  ©cpufgebäube  in  Sffdje,  unb  brei  $ahre  fpäter,  am  4.  9Joüember  1647,  bombarbierte 
ber  fchmebifche  Oberft  itöniggmarf  bie  ©tabt,  mobei  affe  Raufer  big  auf  80  ein» 
geäfdjert  unb  bie  augmärtigen  ©cf)üfer  aug  Sftangef  an  Obbad)  mieber  in  bie  §eimat 
getrieben  mürben7.  SBifbe  Äriegghorben  burchgogen  in  ber  fyofge  fengeub  unb 
pfünbernb  bag  Sanb,  fo  bafj  ber  ©chufbefud)  ftarf  fanf8.  ©rft  nach  Veenbigung 
beg  heillofen  ®riegeg  gingen  mieber  neue  Hoffnungen  für  bie  ©chufe  auf.  Sie 
^efuiten  mürben  öon  ben  dJfeppenern  gur  Anfügung  niederer  ©chufffaffen  faft  gebrängt, 
©eneraf  Piccolomini  aber  hielt  gurüd.  „^d)  Bitte  ©ro.  Ho^Würben  bringenb",  fo 
fcfjrieb  er  am  27.  Sfuguft  1650  bem  Proöingial  Panhaufj,  „mit  ben  ©chufffaffen  nicht 
gu  eifen;  benn  bie  Sffmofen,  mefche  man  fpenben  miff,  finb  ein  unficherer  Unterhalt: 
fie  hören  auf,  fobafb  ber  SBiffe  fidf)  änbert  ober  ber  Sob  fid)  einftefft;  Saften  aber, 
bie  man  einmal,  menn  aud)  ohne  jegliche  Verpflichtung,  übernommen  hat,  fann  man 
faum  mehr  in  guter  SBeife  abfegen."  Stuf  bie  erneuten  Vorfteffungen  beg  proöingiafg 
jeboch  gab  Piccolomini  am  5.  S'Joüember  feine  ßuftimmung  für  bie  Humanität,  unb 


1  2)iepenbr  o cf  a.  a.  0.  379  f. 

2  ©inpaup  im  SÜrdppiel  ^>erglafe.  ©bb.  400. 
©§  ift  baä  eben  genannte  Sanbgut. 

3  *  Orig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

4  SBgt.  *  SiteHeld):  an  Sreb§,  3.  San.  1643. 

5  Siepenbrod  a.  a.  0.  380.  *  Reiff  en- 

berg  II,  1.  21,  c.  4. 


6  *  93itette§cfü  an  $anf)au6,  28.  9toü.  1643. 

7  3)iepenbroda.  a.  0.  380  ff  400  ff ;  *  Litt, 
ann.  1647;  *Hist.  residentiae  Meppen.  1645 
bi§  1648. 

8  3)gl.  *  ßarrafa  an  ben  Superior  Stporpooen, 
8.  9tug.  1648.  Drig.=Üieg.  Ad  Rhen,  inf.: 
$iepenbrocf  a.  a.  6.  449  f. 


60 


3weite§  Sapitel.  Sie  nieberrf>einifd)e  s$roüinä. 


fo  „fabelt  mit",  berichten  bie  Qefuiten  ©nbe  1650,  „im  Vertrauen  auf  baS  2Bof)I* 
mollen  unb  bie  Qreigebigfeit  ber  Seute  bie  Gierte  Claffe  angefügt  unb  fefjen  aud) 
fd)on,  mie  mir  gefjofft  hatten,  bie  ©djülerjahl,  aud)  aus  ben  nichtfathoIifd)en  Vadjbar* 
gebieten,  fid)  mehren"  1. 

SDie  houpttätigfeit  ber  ÜVeppener  Qefuiten  aber,  beren  gabt  im  Qahre  1642 
fünf  unb  im  Qafjre  1650  neun,  fieben  patres  unb  jmei  Saienbrüber,  betrug2,  mar  in 
all  biefen  Qafjren  bie  ©eelforge  gemefen.  ©ie  Ratten  trol3  ber  §emmniffe  unb  ©cfjreden 
beS  Krieges  in  ber  ©tabt  unb  meiten  Umgegenb  mmerjagt  unb  nicf)t  ohne  gute  ©rfolge 
gearbeitet.  „2tuS  bem  Briefe  ©m.  ^oc^mürben  oom  9.  Quli",  fo  fcfjrieb  ber  ©eneral 
©arrafa  am  17.  2(uguft  1647  an  ben  ©uperior  ju  SDteppen,  „erfehe  id),  baf)  trofj 
ber  Späten  unb  ©efahren  beS  Krieges  niefjt  geringe  (Erfolge  erhielt  merbeu,  ja  baf) 
ber  ©aframentenempfang  fogar  non  £ag  ju  Sag  fiel)  fteigert.  hoffentlich  mirb  ber 
gütige  ©ott  feine  Arbeiter,  bie  fo  angeftrengt  unb  erfolgreich  tätig  finb,  mitten  im 
Söaffengetümmd  unoerfel)rt  erhalten  unb  aud)  nicht  julaffen,  bah  e§  ihnen  on  ^em 
nötigen  Unterhalte  gebreche."3  Qhre  eifrige  Arbeit  hatte  ihnerl  Sßohlmoßen  unb 
31cf;tung  ermorben.  Qm  Qahre  1641  fdjrieben  bie  Bürger  SJieppenS  an  ben  Cur* 
fürften  Qerbinanb  oon  Cöln:  „Sie  patres  ber  ©ojietät  Qefu  hoben  fich  jeithero  oiel 
Qafjren  ju  großem  Vupen  nid^t  allein  ber  ©tabt,  fonbern  aud)  beS  ganzen  ©mSlanbeS 
adhie  ju  Steppen  auf  gehalten." 4  Unb  im  Qaf)re  1650  erflärte  ber  einflufjreidje  unb 
angefehene  SlmtSrentmeifter  ©erl)arb  ÜDiartelS  oor  ben  Sanbftänben:  „Ser  Vifdjof 
hat  jur  Verbreitung  ber  fathotifdjen  Religion,  jum  Unterricht  ber  Qugenb,  bann  aud;, 
bah  bie  ©eiftlidjen  in  biefem  ©mStänbifchen  Quartier  befto  beffer  in  ihrer  Qunftion 
fonferüiert  merben  unb  nicht  abfaUen  möchten  (mie  eS  unter  ber  ©chmebenherrfcfjaft 
1633/1638  oielfad)  gefchehen  mar),  eine  9tefiben§  ber  herrn  fßotreS  Societatis  Iesu 
hiefelbften  fjodjnühlid)  angeorbnet.  .  .  .  Unb  bis  je|t  ift  hanbgreiftich  oerfpürt  raorben, 
bah  burd)  fie  ein  grober  9cupen  in  biefem  gangen  Quartier  unb  ben  angrenjenben 
^rooingen  oerurfadjt  morben  ift."5 

Sßeit  gröbere  ©djmierigfeiten  als  baS  2(mt  Steppen  oerurfadjte  in  ber  Viid* 
füfjrung  gur  fatholifcfjen  Kirche  ber  olbenburgifche  Seil  beS  VieberftifteS,  bie  Ümter 
Vechta,  Cloppenburg  unb  SBilbeShoufen.  2öohf  om  ftärfften  mar  ber 
SSiberftanb  in  Vechta.  Sie  beiben  2Bettgeiftlid)en,  toeldje  erft  1613  hier  angefteüt 
maren,  hotten  leinen  ©rfolg6.  „2ln  ihrer  ©teile  höbe  ich  beShalb",  fo  Oermerft  ber 
©eneraloifar  hortmann  im  Qftober  1615  in  feinen  ^ßrotofollen,  „am  12.  Oftober 
oon  9J?eppen  aus  jmei  patres  S.  J.  eingeführt :  P.  Conrab  Otten  unb  P.  ©eorg 
fftiffe,  famt  einem  Saienbrüber.  211S  SSohnung  höbe  ich  ihnen  bie  mieber  in  ftanb 
gefegte  ^aftorat  iibermiefen."  Qn  einer  Urfunbe  mirb  ber  ©uperior  jugleich  „©eneral* 
Qnfpeftor  unb  Sireftor  ber  geiftlichen  ©achen"  genannt7. 

Über  Vechta  berichten  bie  patres  nach  ben  elften  brei  Söionaten  ihrer  Sätig* 
feit:  „Vei  ben  ©inmohnern  hier  hot  fich  bie  Qrrlehre  infolge  beS  leichten  Verfel)rS 
mit  Vremen  fehr  feftgefef$t.  ©ie  merben  barin  burd)  einen  ißrebiger,  melcher  fich 
in  einem  Vachbarorte  aufhält,  immer  neu  beftärft.  ©S  geht  belfjolb  in  Vechta  lang* 
fant  unb  nur  fdjrittmeife  Ooran.  ©iner  f)äü  in  ber  ©tabt,  ber  anbere  auf  einem 
Soppelborf  (Opthe)  jeben  ©onn*  unb  Qefttag  morgens  ißrebigt  unb  nachmittags 
©hriftenlehre.  Sa  oor  ben  ungebilbeten  Seuten  oon  ControoerSlehren  gefcfjmiegen 


1  *  £>rig.=9leg.  Ad  Rhen.  inf.  *  Litt.  ann. 
1650. 

2  *Catal.  Rhen.  inf.  1642  ff. 

3  *  0rig.*9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

4  2>iepenbrod  o.  n.  0.  376. 

5  ßbb.  402. 


6  Über  bie  Buftünbe  bofelbft  Dgl.  SB  i  1 1  o  l), 
®efd).  ber  fatpol.  Pfarreien  im  §eräogtutn 
Olbenburg  III  74  ff;  Seiler,  ©egenreforma- 
tion  III  472  f  496  498  ff  503. 

7  SB  i  1 1  o  f)  a.  a.  D.  89  95 ;  Dgl.  aud)  Seiler 
a.  a.  D.  507. 


Sollegien:  fünfter  ÖBecfjta). 


61 


unb  nur  gur  Stugenb  aufgemuntert  unb  oom  Softer  abgefcpredt  mirb,  fo  ift  bie 
Kircpe  bicpt  gebrängt  bott  unb  pören  bie  Seute  aufmerffam  gu.  ®ie  Knaben  unb 
SJMbcpen,  roelcfie  non  fatpolifdjen  Seprern  unterrichtet  merben,  fomuten  mit  (üsrlaubniS 
ber  Gütern  jeben  borgen  in  bie  fjeitige  ÜDfeffe.  31m  2öei^nad^t§fefte  mürben  oier 
(Srmadjfene  in  bie  Kircpe  oufgenommen  unb  18  bie  heilige  Kommunion  aulgeteilt. 
®ie  Grippe,  meüpe  hier  errichtet  mürbe  unb  ben  Seuten  ein  gong  unbefanntel  ©djam 
fpiel  mar,  gefiel  ungemein;  man  opferte  bem  Qjefulfinb  bergen  unb  fonnte  fiep  gar 
nicht  batmtt  trennen1,  $m  Qapre  1616  fcploffen  ficf;  nur  60  unb  im  $apre  1617 
nur  52  ber  Kirdje  mieber  an,  unb  bie  ©efamtgapl  ber  Kommunionen  belief  ficf;  im 
groeiten  $;apre  iprer  Sätigfeit  in  SSecpta  auf  nur  145,  mäprenb  man  um  bie  gleiche 
ßeit  in  ÜDfeppen  3217  gäplte2.  9iod)  geringer  fcpeinen  bie  Srfolge  in  ben  folgenben 
^apren  gemefen  gu  fein,  trop  nteprfacper  furfürftlidjer  ©trafanbropungen 3.  ^n  33e= 
ridjten  aul  ben  ^apren  1619  unb  1620  oergmeifeln  bie  Sßatrel  faft  baran,  bei  ben 
Srmacpfenen  etmal  gu  erreichen4.  9iur  auf  bie  junge  ©eneration,  bie  Kinber 
in  ber  ©cpule,  bürfe  man  nod)  Hoffnung  fepen.  (£§  brauchte  unter  folcpen  33er* 
pältniffen  oiel  SJlut  unb  ©ottbertrauen.  ©cpon  im  ^apre  1617  patte  ber  ©eneral 
bie  i|5atre§  aufgemuntert,  mutig  aulguparren  unb  nidjt  gurüdgumeicpen,  fonbern  mit 
großem  ©ottbertrauen  gegen  bie  ©djmierigfeiten  angufömpfen5.  ÜDfancpen  ©efapren 
mupten  bie  patres  ficf;  ausfepen.  ®er  ©eneraloifar  ^Seter  Sticolartiul  bon  ÜÖiünfter 
fcfjrieb  am  1.  ©eptember  1623  an  ben  SSecptaer  9tentmeifter :  „®ie  )J3atre§  paben 
um  Kurfürftl.  SDurdjlaucpt  untertänigften  SDienftel  mitten  ipr  Seib  unb  Seben  in 
©efapr  gefepet,  gum  Steif  aud;  aufgefept,  unb  fo  mill  e§  fiep  feineimegl  gebiipren, 
bap  e§  ipnen  an  leibtieper  97otburft  ermangle."6  ®er  furfürftlicpe  üfeligionlerlap 
oom  4.  Quli  1623 7  bradjte  ben  partnädigen  Söiberftanb  gum  SBanfen.  ©cpoit  im 
9tooember  1623  beridjtete  ber  iReftor  Ütuibiul  oon  fünfter  naep  9tom  bon  bem 
Übertritte  biefer  ^roteftanten  in  33ed)tas.  llnb  ein  Qapr  fpäter  melbete  ber  33ericpt 
bei  SMnfterer  Kotlegl:  „SSecf>ta,  bal  trop  ber  Slrbeiten  unb  Slnftrengungen  biefer 
Qapre  unb  trop  ber  ®ropungen  bei  Kurfiirften  fo  feft  an  ber  ^rrlepre  pielt,  pat 
ficf)  enblicp  biefel  Qapt  ^er  angeftrengten  Stätigfeit  gmeier  'ißatrel  (Qoboful  Xpor* 
meften  unb  (Seorg  fRiffe)  ergeben.  31Cte,  mit  Slulnapme  bon  nur  brei  ober  bier,  finb 
mieber  fatpolifep.  Um  gu  geigen,  bap  ipr  fo  lang  pinaulgefcpobener  Übertritt  aul 
innerer  Übergeugung  perborgepe,  gingen  fie,  naepbem  fie  ißfingften  gunt  erftenmal  bie 
peilige  Kommunion  empfangen  patten,  Sßeipnacpten  (über  200)  aul  freiem  Slntrieb 
bon  neuem  gu  ben  peitigen  ©aframenten.  23on  graei  ^rebigern,  bie  noep  iprel  Slrntel 
entpoben  mürben,  mürbe  einer,  ber  epemall  in  ©ropenfneten  geroirft  patte,  fatpolifcp 
unb  gog  burep  fein  93eifpiel  auep  anbere  perüber.  3lucp  bie  ©cpule,  bie  man  epe* 
mall  begonnen  patte,  erpielt  jept  einen  neuen  Sluffcpmung." 9 

£>ie  ^atre§  blieben  nod;  in  SSecpta  bil  31nfang  1627,  roo  fie  bom  ^robingial 
33abing,  ber  Kräfte  für  neue  Slrbeiten  frei  maepen  rnupte,  abberufen  mürben 10.  ®ie 
^efuiten  bon  33ecpta  mirften  audp  an  anbern  Orten  ber  brei  Slmter.  $nt  Qapre  1617 


1  *  Litt.  ann.  1615.  Über  bie  peillofen  Sler* 
pültniffe  in  ber  ©djule  Dgl.  SSi(Iof)  a.  a.  0. 
111  198  ff. 

2  *  Litt.  anu.  1616  lt.  1617. 

3  2)ie  Erlaffe  Dom  23.  9Jtai  1618  zc.  bei 
Seiler  a.  a.  0.  III  474  487  f  546  567  f. 

*  SSiltof)  a.  a.  0.  93  f.  97iemann,  3)a§ 
01benburg.  SOiünftertanb  II  223  f. 

5  58itetie§d)i  an  SSöfenborf,  2.  ©ept.  1617. 
*  0rig.*9teg.  Ad  Rhen. 

6  SBillol)  a.  a.  0.  III  96. 


7  SSgr.  barüber  SDtünfter. 

8  Slgt.  *  SSiteHeSdji  an  9iuibiuS,  13.  Sam 
1624.  0rig.=91eg.  Ad  Rhen. 

9  *  Litt.  ann.  1624.  35gt.  Seiler  a.  a.  0. 
unb  ben  Erlab  Dom  10.  gebr.  1621;  ferner  ben 
93erid)t  beS  ©eneralDifarS  9ticoIartiu§  bei  SS  e  1= 
famp,  $a§  §eer  ber  2iga  in  SSeftfalen  215 
9t.  1. 

10  3?gl.  oben  fOtiinfter  unb  *Catal.  Rhen.  inf. 
(anfangs)  1627,  mo  jum  Ieptenmal  patres  für 
33ed)ta  aufgefütjrt  finb. 


62 


$tt>eite§  ÄapitcL  Sie  nieberrljeintfcbe  Sßrobinj. 


berichten  fie  über  Arbeiten  in  tfttoppenburg  unb  2S5iIbe§f)aufen,  im  ^affre  1625  üoit 
ber  9iücffüf)rung  oon  26  fßroteftanten  31t  ©ffen 1.  Säitgere  geit  toirften  fie  in 
©rohenfrteten,  Sutten  unb  grieSot)tf)e 2.  SEßaf^rfc^einlicf)  merben  fie  infolge  ber  Ober* 
auffic^t  über  alle  geiftticfjen  2lngetegenf)eiten  roie  im  Stmte  SReppen,  fo  aud) 
im  otbenburgifdfen  9Riinftertanbe  an  ben  meiften  Orten  fürjer  ober  länger  tätig  ge* 
mefen  fein. 

SSon  SReppen  au§  mürbe  aud)  ein  neuer  9Riffion§Oerfud)  in  OftfrieStanb 
gemalt. 

®er  erfte  ißerfud),  in  OftfrieStanb  bie  fathotifd)e  Religion  raieber  einjufü^ren, 
ging  oom  ©rafen  Johann  Oon  OftfrieStanb  unb  fRietberg  au§3.  P.  Qafob  91t)3roid, 
ber  tateinifdje  ißrebiger  be§  $otteg§  31t  üöiünfter,  fcffrieb  barüber  am  31.  ®ejember 
1601  an  Stquaoioa:  „Anfang  Stugnft  reifte  id)  mit  bem  gräflichen  ißaare  oon  9tiet* 
berg  itad)  OftfrieStanb,  root)itt  bagfetbe  mitfamt  bem  £rofe  oom  ©rafen  ©nno  III., 
bem  älteften  S3ruber  be§  ©rafen,  in  liebeooder  Söeife  eingelaben  mar.  ©raf  ©nno 
berrfdjt  über  ein  meit  fid)  f)inftrecfenbe§,  ootfreid)eS  unb  gutbefeftigteS  Sanb,  baS 
fieben  Slntter  umfaßt  unb  fid)  ungefähr  fteben  beutfdje  Seiten  längs  ber  diorbfee 
hinget)!.  ®ie  ^auptftabt  ift  ©mben,  ein  ©tapetptap,  fo  fjerüorragenb,  mie  ich  ihn 
nie  in  meinem  Seben  gefehen  I)dbe,  unb  mit  einem  geräumigen  tpafen  inmitten  ber 
©tabt,  ber  oon  großen  ©djiffen  au§  ^nbien  unb  faft  alten  fonftigen  überfeeifchen 
Sänbern  oufgefud)t  mirb.  Seiber  hat  öaS  Sanb  fchon  feit  60  fahren  bem  alten 
©tauben  entfagt  unb  ift  bann  nad)  unb  nach  in  ein  fotd)eS  ©emirr  oon  .Qrrtümern 
geraten,  bah  e§  tnoht  taum  irgenbmo  mehr  ©eften  geben  fann.  SDie  houpt}äd)tichften 
finb  bie  ©atoiner,  bie  Sutheraner  unb  bie  Sibertiner;  bei  letzteren  giett  altes  auf§ 
gdeifd)  hin;  fie  fümment  fid)  menig  um  ba§  Üled)t  ber  ©begatten  unb  bie  einftige 
Stuferftehung,  paffen  fid)  atten  an,  nehmen  infotgebeffen  am  ftärt'ften  ju  unb  ha&en 
gar  jüngft  mit  einer  Stpotogie  für  ben  üerftorbenen  ®aoib  ©eorgiuS  unb  ihren  Un» 
glauben  einen  heftigen  ®ampf  gegen  bie  ©atüiniften  begonnen,  ©raf  Johann  (oon 
ÜRietberg),  ber  at§  echter  Witter  nid)t  btop  fathotifd),  fonbern  aud)  oon  großem  ©ifer 
befeett  ift,  hier  £)itfe  ju  bringen  unb  bie  üerirrten  @cf)afe  be§  £>aufeS  QSraet  mieber 
aufjufuchen,  gteichfam  ein  neuer  Stpoftet  feineg  SSatertanbeS,  fepte  nun  im  SSerein 
mit  feiner  frommen  ©emat)titt,  bie  erft  türjtid)  fathotifd)  geroorben  ift,  alte  tpebet 
in  S3emegung,  um  roenigftenS  einen  Stnfang  mit  ber  SSieberfjerftettung  ber  ^Religion 
ju  machen,  ©r  raünfcfjte  baher,  baf)  ich  gleich  am  erften  borgen  auf  ber  .fpaupt* 
bürg  feines  ^eimattanbeS  baS  heilige  SRefjopfer  barbrächte  unb  ©ott  bem  |)errn 
grieStanb  empfähte.  ©päter  forgte  er  mutig,  jeboch  in  guter  Stöeife,  bah  ieh  °nd) 
auf  ben  übrigen  töurgen,  mo  ba§  Stnbenfen  an  bie  heilige  9Reffe  ootlftänbig  oer* 
fd)munben  mar,  eS  tat,  unb  baju  auch  ißrebigten  hielt,  beneu  nicht  nur  fein  |)of, 
fonbern  mer  nur  mottte,  beimof)uen  fonnte.  SltleS  ging  ohne  ©törung  ooran.  2lt§ 
aber  bie  Sanbftänbe  unb  atten  ooran  bie  catoinifd)e  9titterfd)aft  bieS  mahrnahmen, 
unb  mie  ©raf  ©nno  atteS  ruhig  gefchetjen  taffe,  mürben  fie  fet)r  erzürnt,  ©ie  fanbten 
jum  ©rafen  Johann  unb  mir  einen  tRecfjtSgetehrten.  ©ie  raunberten  fich,  fo  liehen 
fie  erftären,  über  bie  Kühnheit  beS  ©rafen;  bie  fchon  feit  tangen  fahren  abgefcfjaffte 
StReffe  mage  er  gegen  bie  eingegangenen  Verträge  beS  SanbeS  mieber  einjuführen; 
Unruhen  feien  ju  befürchten,  menn  er  nicht  halb  bamit  aufhöre;  id)  fetbft  fönnte 
jmar  meiter  in  ber  Umgebung  be§  ©rafen  bleiben,  hoch  bürfte  ich  nicht  mehr  bie 
heilige  SLReffe  lefen.  ©raf  Johann  entgegnete  barauf  flug  unb  taftoott:  ©S  fomme 
ihm  munberbar  oor,  roie  fid)  bie  SRitterfdjaft  burd)  etroaS  oertept  fühlen  fönne,  ma§ 


1  *Litt.  ann.  1617  u.  1625. 

-  SBitfof)  a.  a.  0.  II  176  322;  III  515  f ; 


IV  472  480.  «Niem ann  a.  a.  0.  II  234  237 
278  ff.  3  SBgl.  über  if)n  oben  9tietberg. 


ÄoHegien:  fünfter  (Dftfrieglanb). 


63 


im  ganzen  fRömifcpen  9^eidf;  erlaubt  fei,  gumal  ber  ©aloinigmug  felbft  gar  fein  fRedft 
befipe;  baju  märe  in  grieglanb  felbft,  mie  fie  roopl  müßten,  üolle  greipeit  allen 
,©eften‘  gemährt;  fcpliefflicp  fönne  eg  unmöglich  ein  mirfliefjer  ©runb  beg  Um 
millcng  für  fie  fein,  menn  er,  ber  tmn  feinem  23ruber  jum  33efucf>  eiitgefaben  fei, 
bie  $8ereprung  ©otteg  unb  bie  fonftigen  refigiöfen  Übungen  pier  niefjt  unterfaffen 
unb  nidf)t  mie  ein  Sier  leben  molle,  jumal  er  nientanb  ftöre,  fonbern  alleg  priüatim 
anfteöe,  um  feinem  nnb  ber  ©einigen  ©emiffen  ju  genügen.  Sie  ^eftigfeit  beg 
©rafen  liep  allmäplicp  bie  Aufregung  fief;  mieber  legen,  fo  bap  bie  friefifefjen 
§ofleute  mäprenb  beg  breimoitatigen  üufentpalteg  fiep  mir  gegenüber  freunblicp 
unb  gefällig  ermiefen.  ©raf  ©nno  felbft  mar  mir  fepr  zugetan,  menngleid)  er  mir 
Oor  ber  Sffentlicpfeit  feine  befonbere  greunblicpfeit  ermieg.  SBenit  eg  mir  jumeilen 
in  bem  fo  unruhigen  Sanbe  bang  §u  SOZute  mürbe,  fagte  er  mir :  ,|>aben  Sie  9Rut, 
fßater!  2öer  ©ie  anrüprt,  rüprt  meinen  SCugapfel  an.* 1  SReifteng  am  übenb,  menn 
eg  ju  bunfeln  anfing,  pflegte  er  fiep  mit  mir  über  Religion  unb  grömmigfeit  gu 
unterpalten.  ®ein  3euge  ^ar  bann  jugegen  mit  üugnapme  beg  ©rafen  ^opann, 
ber  meifteng  Söac^e  piett,  bamit  fein  unliebfamer  Störer  ung  iiberrafepe.  üm  Sag 
oor  unferer  übreife  liep  er  miep  nod)  einmal  burep  ben  ©rafen  Qopann  in  fein 
ißriöatgemacp  rufen,  mo  mir  bann  ganj  allein  big  jum  ünbruep  ber  fRacpt  beim 
geuer  fapen.  ©r  öffnete  mir  fein  f)er§  unb  banfte  mir  in  überaug  perjlidjen  unb 
freunblidjen  SBorten,  bap  icp  bem  ©rafen  3opann  gulieb  in  biefeg  Sanb  gefommen 
fei.  Seiber  —  eg  fepmer^te  ipn  in  tieffter  ©eele  —  pätten  feine  SSorfapren  bie  Qrr« 
lepre  angenommen,  bie  fo  oiele  Söitterfeiten  ju  foften  gebe,  ©ie  pabe  fiep  jept  im 
ganjen  Sanbe  fo  tief  eingefreffen,  bap  er  faum  noep  Rettung  fepe.  greiliep  pabe 
er  bie  Hoffnung  nod)  niept  ganj  aufgegeben,  unb  eg  fei  fein  SSunfcp,  bap  niept  blop 
mieber  bie  alte  Religion,  fonbern  auep  ein  Kollegium  ber  ©efellfcpaft  in  feinem 
Sanbe  erftepe."1 

Söeitere  Racpmirfungen  patte  jebodj  biefer  Sefudj  niöpt,  unb  mir  pören  erft 
mieber  im  Qapre  1639  oon  ©ftfrieglanb. 

Qn  biefem  ^apre  madfte  oon  SReppen  aug  P.  Sernparb  ©ogmini,  ein  geborener 
Oftfrieglänber,  ber  mäprenb  feiner  ppilofoppifepen  ©tubien  §ur  fatpolifdjen  ®ircpe 
jurüdgefeprt  mar,  eine  SRiffiongreife  in  fein  ^eimatlanb.  „©ine  fürmapr  fepmere 
ürbeit",  fo  peipt  eg  in  bem  Söericpt  barüber,  „menn  niept  einer,  an  Sanb  unb  ®lima 
gemöpnt,  alle  ©cpmierigfeiten  ebelmütig  überroinbet.  ülleg  im  Sanbe  ift  ber  neuen 
Sepre  anpeimgefaHen,  feit  9Renfcpengebenfen  fein  fatpolifeper  fßriefter  mepr  pier  ge« 
fepen.  deinen  einzigen  gebornen  grieglänber,  ber  römifcp«fatpolifd)  fiep  auep  nur 
genannt  pätte,  traf  unfer  äRiffionär  auf  ber  erften  Reife,  fein  fatpotifepeg  §aug,  mo 
er  alg  fßriefter  fiepere  Unterfunft  pätte  finben  fönnen.  üuf  meiten  SBegen,  unter 
unfäglicpen  SRüpeu  irrte  er  umper,  mit  ben  fircplicpen  ©erätfepaften  auf  ber  ©cpulter, 
in  fumpfiger  ©egenb,  inmitten  oon  ©efapren,  unb  burepmanberte  bie  einzelnen  Orte, 
forfdjte  in  ben  meit  jerftreut  liegenben  ©epöften  naep  gerfprengten  ßatpolifen.  Sie, 
raelcpe  er  fanb,  maren  eingemanbert,  patten  aber  feit  mepr  alg  20  Qapren  oon 
fatpolifepem  Seben  nieptg  mepr  geübt,  feine  ©aframente  empfangen,  alle  Sepren  Oer« 
geffen  unb  nur  noep  ben  fatpolifepen  Ramen,  freiliep  nur  ganj  inggepeim  für  fiep, 
bemaprt.  Ser  fßater  fonnte  manepen,  pier  50,  bort  80  unb  90  bie  ©aframente 
fpenben;  eg  befinben  fiep  barunter  epemalige  faiferlidje  ©olbaten:  Seutfipe,  granjofen 
unb  Italiener,  melcpe  gefangen  unb  bann  mit  ©emalt  bem  peffifepen  £>eer  eirtgereipt 
maren."2  über  aud)  einige  ißroteftanten  traf  er  an,  meldfe  jur  fatpolifepen  ®ircpe 

1  *  Original  in  Germ.  Epp.  XXXVI  369  f.  2  *Litt.  ann.  1639.  2)  i  ep  e  n  b  r  o  ct,  ©efef). 
35gl.  *  Litt.  ann.  1602,  562  ff;  Reiffenberg  be§  2lmte§  iötebben  360.  ©ogmini  mar  1602  ju 

I  390.  ©roningeit  geboren  unb  1622  in  bie  ©efeU« 


64 


3toeite§  Sabitel.  Sie  nieberrpeitiifcpe  fßroüinj. 


mieber  §urücffel)ren  tuollten ;  barunter  eine  gebilbete,  üontehme  Salüinerin,  bie  fid) 
über  alleg  fd^on  unterrichtet  hatte  unb  Don  felbft  junt  Übertritte  anmelbete.  „Sen 
aufgemanbten  SDtühen",  fo  fchlie^t  ber  33ericf»t,  „entsprach  ber  Srfolg,  unb  ba  eine 
fatf)oIifd)e  abelige  SJfatrone  nom  ©rafen  öon  ^rieglanb  bie  Srlaubnig  erhalten  hat 
einen  fatholifdjen  ißriefter  ju  hatten,  mag  bi§her  niemanb  geftattet  mar,  fo  beftefjt 
bie  frotje  Hoffnung,  fünftig  noch  freier  in  grieglanb  arbeiten  ju  fönneit." 

Qn  ber  Sat  tuar  eg  möglich,  ben  üerlaffenen  £'atf)olifen  in  ben  fotgenben  fahren 
noch  üeffer  beijuftepen.  Sie  Baronin  o.  ©öbeng,  mopl  jene  „abelige  Patrone", 
unterhielt  einen  ^efuiten  ftänbig  auf  ihrer  Burg,  ber  auch  bie  ^atholifen  in  ber 
nächften  Umgebung  befugte.  $ür  einen  jmeiten  ^Sater  aber,  ber  ohne  feften  ©ip 
bag  übrige  Oftfrieglanb  ju  burchmanbern  hatte,  mürbe  im  ^ahre  1642  eine  jährliche 
Bente  öon  50  (Bulben  au§  ber  Kammer  beg  Äürfiirften  oon  Bapern  erlangt  unb 
auch  öon  ^er  freigebigen  Baronin  ö.  ©öbeng  nod)  gefolgt,  fo  bafj  biefe  Sätig* 
feit  ftänbig  auggeübt  merben  fonnte* 1.  Sin  anfchaulicheg  Bilb  baüon  entmirft 
P.  fö'afpar  Beder,  ber  feit  1643  bamit  betraut  mar:  „Qn  uuferer  SJüffion  in  grieg* 
lanb,  unb  jmar  in  bent  biegfeitigen  Seile  —  ben  jenfeitigen,  Heineren  beforgt 
P.  griebridh  gefen2  — ,  finb  über  400  ©eelen,  lauter  frembe  unb  jurücfgebliebene 
Krieger,  £>anbmerfer,  Shiedjte,  Slrbeiter  ober  folcfje,  bie  ben  üorigeit  Kriegen  an* 
gehören,  ein  armeg  Bolf.  Sg  fann  nur  ju  £eer,  2lurid),  Smben  unb  etma  ju 
korben  ©ottegbienft  gehalten  merben;  bie  übrigen  Äatholifen  merben  in  ihren  Käufern 
befucf)t;  fonft  entbehren  fie  beg  ©ottegbienfteg.  ßommt  ber  ißriefter  gu  ihnen,  bann 
beichten  fie  mie  ®ranfe  unb  empfangen  auch  f°  frag  heilige  Slbenbrnapl,  mobei  eine 
Heine  Slnrebe  gehalten  mirb.  Sie  gemeinen  Seute  übertreffen  burcf)  ih^e  erhebenbe 
Slnbacht  bie  Sauigfeit  ber  &'atl)olifen,  bie  täglich  in  bie  ®ird)e  unb  gu  ben  ©afra* 
menten  gehen  föunen.  ©djon  ^epn  ^apre  burchmanbere  id)  fo  bag  Sanb  (anbere 
bor  mir  fd)on  länger),  big  bie  jurüdgepaltenen  baprifcpen  3infen  mich  nötigten, 
nach  SSeftfaleit  jurüd^ufepren,  unb  jmar  jum  größten  Nachteile  ber  ©eelen,  für 
bie  nicht  mehr  in  früherer  SBeife  geforgt  merben  fonnte,  inbem  id)  an  ben  gefttagen 
befdjäftigt  unb  überbieg  ju  entfernt  bin.  Big  jept  mohnte  ich  ™  ^eer  frei  einem 
Bäder,  bem  ich  für  ^augmanngfoft  unb  ©tube  jäprlid)  gmölf  fReicpgtaler  bezahlte. . . . 
3n  Smben  ift  ber  Stufenthalt  für  nng  mit  ©efapr  oerbnnben,  obgleid)  mopl  70  ®atpo* 
lifen  bafelbft  mohnen,  unter  biefen  10  Bürger,  bie  anbern  ©olbaten,  (panbmerfer 
unb  Unechte;  Seer  jäfjlt  über  100  ®atpolifen;  bie  anbern  mohnen  jerftreut  in  ben 
Sörfern  unb  auf  ben  Bauernhöfen." 3 

* 

Sinen  unermartet  glüdlicpen  Sluffdjmung  nahm  in  ben  erften  fahren  beg  neuen 
Qaprpunbertg  bag  Äolleg  ju  Smnteridj4.  SWeg,  mag  bigher  gehemmt  hatte:  bie 
Sropungen  ber  (poüänber  unb  bie  Bebrängniffe  beg  fpanifdpnieberlänbifchen  ®riegeg, 
mar  feit  1601  oerfcpmunben.  ©tabt  unb  Umgegenb  atmeten  auf.  SHg  fefjr  er* 
giebig  erzeigte  fid)  bag  Strbeitgfelb  ber  Qefuiten,  bag  borper  bürr  unb  unfruchtbar 
erfchienen5.  Bon  allen  ©eiten  ftrömten  bie  ©cpüler  ju  ihren  ©chulen,  unb  fcpon  im 


fcOaft  Sefu  eingetreten.  Später  nannte  et  ftd) 
SBernp.fRponen  (*  Catal.trienn.Rhen.  inf.  1636). 

1  Sie  ürfunbe  Dom  22.  9Jtär*  1642.  *  ßopie 
Rlien.  inf.  Fund.  I  342.  *  Litt.  ann.  1647. 
Siepenbrocf  o.  o.  D.  361 . 

2  Über  P.  bgf.  *Reiffenberg  II 

547;  *  Litt.  ann.  miss.  Frisl.  1646  ff;  *Hist. 
coli.  Düsseid.  ad  an.  1661. 

3  Siepenbrocf  a.  a.  £).  362  f.  Sa?  SDte* 


moriale  ift  au§  bem  gapre  1654.  P.  SSecfer 
patte  feit  1654  bie  Pfarrei  fRpebe  ju  Dertoalten. 

4  Sgl.  93b  I,  155  ff. 

5  Sa§  golgenbe  itad)  ben  93riefert  91quaDiual, 
*Litt.  ann.  unb  ber  *Hist.  coli.  Embric.  (93ibl. 
be§  erjbifcfjöfl.  ©eminarS  in  Äöln).  *Memo- 
riale  be§  P.  §afin§  (Rhen.  Fund.  I  156). 
*  Sitten  be§  ©taatSardpDS  in  Süffelborf.  Emme- 
rief),  Jes. 


Kollegien:  ßmmerid). 


65 


^a^re  1603  flieg  beren  3af)l  auf  400  unb  1608  linb  1609  auf  faft  500.  Slud) 
für  bie  ©eelforge  ermeiterte  fid)  ber  SSirfungsfreig  immer  mehr.  Bon  braufteit 
famen  bie  Seute  meit  her  unb  in  großer  3al)l.  3n  ber  ©tabt  gelten  fie  feit  1602 

an  allen  Sonn-  unb  gefttagen  in  beit  beiben  §auptfird)en ,  ber  äRartinug»  unb 

Sllbegunbigfirche,  unter  ftarfem  ßubrange  aug  allen  Schichten  beg  Bolfeg  Katedjefe 
unb  oft  audf)  bie  ^Srebigt. 

Sin  Beridjt  beg  P.  THjeobor  Slpgmid  aug  Smmerid)  (17.  Slpril  1606)  fjebt  beit 
guten  ßuftanb  unb  bie  reichen  grüdjte  beg  Kollegg  ^erüor:  Unter  ben  Sörübern  blüht 
grömmigfeit  unb  Sintracht,  bie  ©tubien  merbett  ernft  betrieben,  bie  Siegeln  beobachtet. 
®ie  Siebe  ber  fyreitnbe  hQt  nicht  nad)gelaffen.  3n  ber  ^aftenjeit  unb  befonberg 
um  Oftern  mar  ein  fefjr  großer  ßubrang  311  ben  Beid)tftüf)Ien,  unb  bie  grömntig= 
feit  ber  Bürger  hat  einen  großen  Sluffcfjroung  genommen.  Bon  feiten  ber  fürft- 

liehen  Siäte  unb  Bürger  fudjt  man  fdjon  nadjbriidlich  nach  einem  geräumigen  ißlap 
für  bag  Kolleg.  Sin  Bater  mürbe  um  Oftern  mieberum  nach  91eeg  berufen  unb 

hat  in  ber  ©tabt  burd)  ^rebigt  unb  S8eicf)tf)ören  fruchtreich  unb  mit  Slnerfennung 
gemirft 1. 

£>ie  Bemühungen  ber  gmeunbe  um  eine  beffere  SBofjnung  maren  halb  üon 
Srfolg  gefrönt.  ^ag  Kapitel  non  ©t  ÜÜlartin  hatte  1606  bie  jroei  lebten  Tonnen 
beg  Klofterg  SlRarienfamp,  bie  oljne  Klaufur  unb  ohne  Obern  bort  lebten,  in  (55üte 
ju  bemegen  getourt,  bag  Klofter  mit  einer  anbern  2Bof)nung  3U  Oertaufchen,  unb 
gegen  eine  ©elbrente  Klofter  unb  Klofterfirdje  ben  Qefuiten  übergeben.  Stach  ben 
notmenbigen  Umbauten  jogen  biefe  am  17.  9J?ai  1607  in  il)r  neueg  §eim, 
bauten  1608  einen  neuen  Flügel  an  unb  ermarben  §ugleicf;  mit  Unterftüpung  ber 
©tabt  ein  grofjeg  0Jad)barhaug  für  bie  Schulen  unb  tierlegten  barauf  im  §erbft  1608 
auch  t)iefe  in  bie  befferen  unb  größeren  Bäume.  Qm  3af)re  1609  mürbe  bann  bie 
üRauer  ber  Kirche  nach  beut  ©arten  hin  burdjbrochen  unb  ein  sDlufifd)or  angebaut 2. 
®ie  3af)t  ber  ^efuiten  hatte  fidh  gegen  bag  ^af)r  1600  nahezu  oerboppelt.  Sg  maren 
Snbe  1608  inggefamt  19:  9  Batreg,  5  SOfagiftri  unb  5  Saienbrüber,  unb  acht  ^afjre 
fpäter  25.  ®ie  Schulen  erhielten  3U  ben  Borlefungen  über  SDialeftif,  bie  non  Ein¬ 
fang  an  gehalten  maren,  feit  1614  noch  foldje  über  Bloral  (Casus).  Stuf  ben 
bringenben  SSunfd;  ber  Smmeridjer  gebachte  man  jmanjig  3ahre  fpäter  auch  noch 
Borlefungen  über  bie  Kontrooerfen  einjufülfren 3,  hoch  mürbe  ber  ißlan,  mie  eg 
fdjeint  burd)  Krieg  unb  Beft,  oereitelt.  3n  ber  ©eelforge  famen  allein  für  bie 
©tabt  ju  ben  brei  Katedjefen  bie  regelmäßigen  ^rebigten  in  ©t  Martin,  bie  latei« 
nifdfen  ^Srebigten,  meldje  feit  1609  für  bie  reiferen  ©djüler  unb  bie  gebilbeten 
SKänner  ber  ©tabt  in  ber  ©cfjulaula  gehalten  mürben,  unb  bie  STätigfeit  in  ben 
nach  unb  nadj  entftehenben  fedfjg  Kongregationen.  TDie  3ahf  ber  Kommunionen  ftieg 
oon  9000  im  Qafjre  1606  auf  14000  im  Qahre  1616  unb  auf  faft  18000  im 
Qahre  1634. 

Qnsmifchen  mar  in  ben  politifdjen  Berl)ältniffen  beg  Sanbeg  eine  große  Ber* 
änberung  oorgegangen,  melche  3m ar  bunfle  ©chatten  auf  bag  Kolleg  unb  feine  Slrheiten 
marf  unb  fpäter  felhft  ben  gortbeftanb  begfelben  hebrohte,  aber  aud)  ben  Opfermut 
ber  Qefuiten  für  bag  2Bof)l  unb  2jBef)e  ber  arg  gefäf)rbeten  fatfjolifdjen  Religion  nur 
nod)  mehr  anfpornte.  31m  25.  $D?är3  1609  mar  ber  lepte  fatf)olifche  §er3og  ber 
jülidpfleoifdien  Sänber,  Johann  BMlhelm,  finberlog  geftorben.  Sin  feine  ©teile 
maren  jraei  proteftantifdje  dürften,  ber  Kurfiirft  oon  Branbenburg  unb  ber  Bfal3s 
graf  oon  Beuburg,  getreten,  melche  gleidje  Srbanfprüdje  geltenb  machten  unb  big 


1  *  Original  in  Germ.  Epp.  XXXVII  9.  3  Sßgl.  *  58itelte§d)i  an  £)oltfjaufen,  13.  91ng. 

s  91äf)ere3  *Hist.  coli.  Embric.  ad  1607.  1633.  Drig.>9ieg.  Ad  Rhen. 

Suljr,  @e[dji$te  ber  3eluiten.  ir. 


5 


6(j  3roeite§  fapitel.  2)ie  nicberrbeinifdjc  ^roöinj. 

jur  rechtlichen  ©utfdjeibung  barüber  erft  genieinfam  unb  bann  infolge  be§  Überein- 
fommeng  oom  Loüeniber  1614  getrennt  bie  Sänber  regierten:  23ranbenburg  bag 
^erjogtum  föfeoe  nebft  9Jfarf  unb  Lattensberg,  ^falj-Leuburg  aber  bag  ^erjogtum 
^iilid;  unb  93erg  unb  fpäter  aud)  Laoenftein.  (Oag  fcfjon  länger  beftefjenbe  unb 
immer  madjfenbe  ßerroürfnig  jmifdjen  ben  beiben  ftreitenben  dürften  Ijatte  bie  ©in- 
mifdjung  ber  §oKänber  oerurfadjt,  unb  im  Sluguft  1614,  gerabe  atg  ber  fpanifdje 
getbherr  Spinola,  mie  früher  ermähnt,  mit  feinen  Gruppen  bie  Lieberlanbe  »erlief 
unb  gegen  bag  aufrührerifdje  Sladjen  marfdjierte,  fjatte  ^rin§  äftoriß  öon  Oranten, 
ber  Oberbefehlshaber  ber  ^odänbifc^en  Slrmee,  bie  ©rennen  überfdjritten  unb  einen 
großen  Seit  beg  (perjogtumg  Klette  befeßt,  u.  a.  auch  ©mmerid)  (7.  September)1. 
Loit  nun  an  mar  nid)t  mehr  ber  fö'urfürft  oon  Sranbenburg,  beffen  ©emogenßeit 
bag  Qefuitenf'oüeg  mehrfad)  erfuhr2,  ber  eigentliche  ©ebieter  beg  Sanbeg,  fonberu 
bie  „hod)mögenben  -fperrn"  im  )paag3,  bie  erflärten  geinbe  ber  .Qefuiten  unb  &eg 
©mmeridjer  föoKegg.  Sdjon  halb  begann  eine  ftarle  Sebrüdung  ber  fatholifchen 
Leligion,  allen  oorab  ber  fatholifchen  ©eiftfidjfeit  unb  befonberg  ber  Qefuiten. 
£a§  Kolleg  fchmebte  feitbem  ftänbig  in  großen  ©efaßren.  Salb  mar  eg  Sanbeg- 
öerräterei4,  halb  bie  oorgeblid)  ungerechte  Sebriidung  ber  Sßroteftanten  in  ben  jülid)- 
bergifdjen  Säubern,  meldje  atg  Sormanb  bienen  follte,  bie  Qefuiten  uug  ©mmerid) 
511  oerfagen. 

3n  aü  biefen  Sebräugniffeit  unb  ©efaßren  unterließen  bie  ^efuiten  feine  ihrer 
Slrbciten.  3^)re  Slnftrengungen  unb  ihr  Opfermut  mürben  burd)  erhebenbe  ©rfofge 
reid)  belohnt.  2>ie  Qefuiten  felbft  ftaunten  über  bag  faft  bauernbe  Sliif)en  ihrer 
Sdjufcn.  SSeber  förieg  unb  Seuchen  nod)  bie  oft  erneuten  ftrengen  Verbote  ber 
©eneralftaaten,  Äinber  borthin  in  bie  Schule  ju  fd)iden5,  üermodjten  ihre  Sliite 
bauernb  ju  fniden6.  Xroß  ber  fo  traurigen  feiten,  troßbem  alleg  brunter  unb 
brüber  geht  unb  überall  bie  $riegStrompeten  fdjmettern,  fo  berichten  bie  ^efuiten 
©nbe  1615 7,  blühen  bie  Schulen  infolge  beg  ©iferg  ber  Seljrer  unb  ber  freubigen 
Sernbegier  ber  Sdßüler  ungemein;  mir  jählen  heute  über  400  Schüler,  ©g  ift  gar 
nicht  ju  fagen,  mit  meldjern  STroft  man  erfüllt  rairb,  menn  man  fiefjt,  mie  gebulbig 
unb  ergeben  biefelben  all  ben  Spott  unb  ^offn  ertragen,  momit  bie  (caloinifdjen) 
Solbaten  fie  auf  ber  Straße  unb  big  iug  ©pmnafium  hinein  überfcßütten.  ®ie  Schüler« 
gaf)t  flieg  1616  auf  450  unb  belief  fid)  20  ^aßre  fpäter  troß  aller  Serfolgungen 
unb  SDrangfafe  noch  auf  330 8.  Sie  fdjeint  überhaupt  faum  je  unter  200  hetab* 
gefüllten  ju  fein.  3°fyre  1624  mürbe  mit  bem  ©ßmnafium  eine  Sorfdjule  oer« 
bunben,  an  meldjer  bie  fßatreg  einen  meltlidjcn  Seßrer  anfteüten.  ®ie  Sorfdjule 
jäl)lte  halb  60  Schüler9.  Seit  1649  begannen  fie,  befonberg  burd)  hollänbifdje  Schüler, 
mieber  ftarf  jugunehmen.  ®ie  gafjf  ber  Selfrcr  betrug  bamalg  fiebeit:  fünf  klaffen« 
lehret*  unb  je  einer  für  ©riedjifd)  unb  ®ialeftif. 


1  2>  e  b  c  r  i  d) ,  Slnnalen  ber  Stabt  ßmmericf) 
(1867)  434. 

2  *  Litt.  ann.  1609  1616  1627.  *  SSiteHeltf)i 
ait  Sofciuä,  10.  Smti  1617.  Orig.=9teg.  Ad 
Rhen. 

3  58ci  bcm  58erid)t  über  bie  ißertreibung  ber. 

Sefuiten  au3  ©mmericf)  im  Satire  1629  rnirb 

beigefügt:  .  .  .  coinite  Schwarzenberg,  qui  ex 
Brandenburgici  Principis  parte  aderat,  nil 

opis  praeter  dolorem  suum  adferente,  quod 

diceret,  Batavos  pro  voluntate  atque  imperio 

citra  Principis  sui  atque  urbis  Domini  con- 

sensum  administrare  universa.  *  Litt.  ann. 


1629.  58gt.  aud)  $iftor.  Safjrbud)  1899,  53  f; 
1903,  5li  ff  736. 

4  ,£musfud)ungen  nad)  SSIaffen  nfm.  fanbeit 
ftatt  5. 58.  1615,  1626,  1628,  1629,  1638,  1641, 
1647. 

6  ©oldje  Verbote  ergingen  1612,  1616,  1622, 
1629,  1634,  1638,  1641,  1646  unb  1649  unb 
brachten  feit  1629  über  mandje  ber  imtniber« 
banbelnben  ©djüter  fdjmereS  2eib,  ©efangni^  ufro. 

6  58gl.  and)  E.  Wassenberg,  Embrica 
(1667)  206  ff. 

7  *  Litt.  ann.  1615.  s  *  gbb.  1634. 

9  *Hist.  coli,  ad  ann.  1624. 


Kollegien:  Emmerid). 


67 


9cocf;  erl)ebenber  mären  bie  (Erfolge  in  ber  ©eelforge.  Srot)  ber  immer  [teigenben 
Vebrücfungen  unb  Verfolgungen  manften  bie  KatI)olifen  nicfjt,  fonbern  geigten  fid^  nur 
nocf)  ftanbf)after  unb  eifriger.  Voll  Vernmnberung  fdjrieb  am  27.  21uguft  1616  ber 
©eneral  an  ben  Veftor  £o|iuS:  2111  bie  9iacf)ricf)ten  über  bie  fo  traurige  Sage  beS 
Kollegs  haben  micf)  nicht  fo  überrafd^t  als  baS  öiele  ©ute,  maS  bei  fo  unfidjern  unb 
mirren  Verfjältniffen  in  ber  ©tabt  itnb  im  gangen  Sanbe  non  ben  Unfrigen  gur  Er- 
Haltung  unb  Verbreitung  beS  fat^olifcfjen  ©laubenS  geleiftet  mirb.  ®enn  baff  in  einer 
©tabt,  bie  gang  unter  nidf)tfatf)olifcf)er  ^errfcfjaft  ftel)t,  in  ber  aller  ©ebanfen  mit  Krieg 
befcfjäftigt  finb,  ein  OrbenSfjauS  grofje  geitlic^e  S'Jot  leibet,  ift  nicht  fo  rouitberbar, 
al§  bajj  eS  in  il)r  nod)  fo  öiele  Seute  gibt,  mit  beren  Untermeifung,  görberung  unb 
Xröftung  ficf)  bie  Unfrigen  unbehelligt  befaffen  fönnen.  ®ieS  flöfjt  mir  bie  §off* 
nung  ein,  baf)  ©ott  in  ber  ©tabt  roeber  bie  tat^olifcfie  Religion  gu  ©runbe  gefjen, 
nocf)  aud)  unfere  ©efellfdjaft  aus  iljr  oerjagen  taffen  mirb1.  ®ie  Erfolge  nehmen 
immer  mel)r  gu,  fo  baff  ber  ©eneral,  mie  er  am  30.  ^uui  1618  an  ben  Emmerid)er 
Veftor  fdEjrieb,  non  ben  reichen  gamdjten  aud)  bem  ^eiligen  Vater  Mitteilung  machte2, 
©elbft  auf  bie  fßroteftanten  machte  bie  [yrömmigfeit  unb  ber  Eifer  ber  Katl)o[ifen 
tiefen  Einbrucf.  SDaS  mufifalifche  Hochamt  am  ©onntag,  fo  heifit  eg  in  bem  23e= 
richte  beS  Jahres  1621,  gieht  eine  foldje  VoIfSmenge,  Katf)olifen  unb  fßroteftanten, 
gur  Kirche,  baf)  man  faunt  ein  unb  aus  gehen  fann.  ®ie  ^Sroteftanten  benehmen 
ficf)  babei  fjödjft  eingegogen.  Viele  ißroteftanten,  barunter  nicht  menige  ber  bort 
lagernben  hoßänbifcfjen  ©ofbaten,  lehrten  gur  fatholifd^en  Kirche  gurücf 3.  21n  biefen 
fcf)önen  Erfolgen  änberte  auch  nichts  2BefentIid)eS  ber  fchmere  ©cf)lag  beS  ^afjreS  1628, 
ber  bie  Katfjolifen  aufs  empfinblichfte  traf  unb  ben  ißroteftanten  fd)on  Hoffnung  auf 
ben  Untergang  ber  fatholifchen  Veligion  in  Emmerich  machte4.  Es  mürben  nämlich  am 
18.  ©eptember  1628  ben  Katfjolifen  Emmerichs  fämtlidfje  fünf  Kirchen  entriffen  unb 
blieben  über  40  Qahre,  bis  gum  Qafjre  1672,  entriffen,  auS  feinem  anbern  ©runbe, 
als  meil  auf  bie  2Iuregung  beS  päpftlicfjen  üüuntiuS  gu  Köln,  2UotjS  Earafa,  in 
SSefel  burd)  ben  ^ergog  SSolfgang  äBilfjelm  non  ißfalgMeuburg  am  25.  Quni  1628 
bie  gmei  größten  fatfjolifcfjen  Kirchen,  beren  ficf)  bie  ißroteftanten  erft  nach  bem  ^ßaffauer 
Vertrag  bemächtigt  hatten,  ben  Katfjolifen  mieber  gurütfgegeben  morben  maren5. 
®ie  Qefuiten,  meldje  ihre  eigene  Kirdje  nerloren,  aber  in  ber  allgemeinen  9Zot  fofort 
in  ber  ©d)ufe  unb  ihrer  Söofjnung  gmei  grofje  Kapellen  eingerichtet  hatten,  bie  für 
900  ißerfonen  s}Uaj3  boten6,  berichten  einige  ^afjre  fpäter,  im  ^afjre  1634:  ©rofj 
finb  bie  grücfjte  ber  $ßrebigten  unb  Katedjefen;  beim  an  Kommunionen  gälten  mir 
17  811  (3000  mehr  als  20  Qühre  norher).  ®ie  Veengung  beim  ©otteSbienfte 
haben  mir  in  biefem  Qahre  unter  eifriger  Veiljilfe  ber  Katpolifen  enblich  glücflicf) 
heben  fönnen.  ES  gelang,  bie  9iäume,  meldje  mir  bafür  im  Kolleg  unb  in  ber 
©cpule  hergericptet  hatten,  fo  gu  ermeitern,  bafj  fie  nun  auSreid)en.  SöenigftenS  fann 
nunmehr  jeber,  ber  miß,  felbft  menn  bie  Menge,  meldje  fich  an  ben  gemöhnlicfjen 
©onntagen  auf  1200  beläuft,  ait  ben  hohen  gefttagen  nod)  fo  feljr  anfdjmißt,  eine 
iJSrebigt  hören;  benn  bie  Kangel  ift  fo  gefteüt,  bafj  man  bei  ben  offenen  genftern 
ben  ^Srebiger  aud)  auf  bem  @d)ull)ofe  nerftehen  fann.  Unb  in  ber  £at  hören  bei 
gutem  SSetter  auch  nicht  menige  non  bort  auS  ber  i|3rebigt  gu7. 


1  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

2  *  Ebb.  ©cf)on  im  3>Qtjre  1608  am  7.  <Sept. 
batte  ütquaöiöa  an  beit  Dteftor  Sippiud  ge^ 
fdjrieben :  Magna  nos  affecit  laetitia  narratio 
illa  de  istius  populi  ad  Christi  virtutem  pro- 
pensione.  $8g(.  aud)  ben  *  SBrief  com  29.  ©ept. 
1618. 

3  tßgt.  J.  58.  *  Litt.  ann.  1617. 


4  *  Ebb.  1628.  Sie  *  SSriefe  be3  0rben3= 
generali  Dom  11.  9ioö.  1628  unb  21.  Ütprit 
1629  nad)  Emmerid)  unb  Seberid)  a.  a.  D. 
440  ff. 

5  tßgf.  hierüber  Aloys.  Carafa,  Legatio 
apost.  44  ff. 

6  *Litt.  ann.  1633. 

7  *  Ebb.  1634. 


5* 


68 


3toeite£  ftapitel.  Sie  nieberrheiuifdje  fprobinz. 


93ei  ad  biefen  erfolgreichen  Arbeiten  war  bie  Sage  ber  ^efuiten  felbft  wenig 
beneibengwert.  Über  bie  traurigen  Slermögengöerhältniffe  beg  Kodegg,  bag  feine 
fefte  Stiftung  befah1,  berichten  fie  im  ^ahre  1636  unb  1639  an  ben  Orbeng* 
general :  Hie  jährlichen  (Sinfünfte  beliefen  fid)  oor  bem  Kriege  unb  bem  SBechfel  in 
ben  relgiöfen  Slerhältniffen  auf  etwa  2111  Oleidjgtaler,  welche  ung  teilg  (getnäfi 
ber  Slnorbnung  beg  lebten  fatfjolifchen  £>ergogg  Johann  2Bilf)elm)  non  ber  herzoglichen 
Kammer  unb  fedjg  flelüfdjen  Kodegiatlirchen  auggegahlt  würben,  teilg  aber  aug  felbft 
erworbenen  @ütern,  ferner  aug  bem  Klöfterdjen  SJlarienfamp  unb  Sllmofen  ititg  ju* 
floffen.  ^ept  aber,  wo  bie  branbenburgifrfje  Oiegierung  frfjon  feit  fo  oielen  fahren  nicht 
nur  ben  .Qufdjufi  aug  ber  herzoglichen  Kammer  oerweigert,  fonbern  auch  noch  fdjwere 
Stbgaben  oorn  Kodeg  forbert,  wo  bie  Kodegiatfirchen,  burd)  bie  Slerwüftung  ber 
Sänbereien  unb  bie  ftänbigen,  immer  brücfenberen  Kontributionen  felbft  ftarf  in  Olot 
geraten,  fdjon  feit  zehn  fahren  gar  nichts  mehr  zahlen,  wo  unfere  hodänbifdjen  SGBo^ltäter 
unb  3Bof)ltäterinnen  ooit  hier  weggezogen  finb  unb  nun  ihre  Sllmofen  ber  Missio  liollan- 
dica  zuwenben,  wo  bie  fyrangofen  unb  ^odänber  adeg  üerwiiftet  unb  vernichtet  haben, 
fann  gar  nidjtg  gefteg  unb  33eftimmteg  mehr  angegeben  werben2.  Söie  fchlimtn  eg 
augfaf),  wirb  genau  unb  anfcfjaulid)  im  $af)re  1645  gefchilbert:  „Olad;  Stbgug  ber 
$infen  für  bie  Schulben",  fo  f)ei^t  eg,  „unb  ber  400  Oleidjgtaler  Krieggfteuer  an  bie 
branbenburgifche  91egierung  unb  ber  fonftigen  Abgaben  bleiben  für  ben  Unterhalt 
oon  23  Sßerfonen  nur  285  01eicf)3taler  übrig.  Hie  Sdjulbett  belaufen  fid)  auf 
7287  Oleidjgtaler." 3 

Hagu  hatten  bie  ^atreg  perfönlicfje  Unbilben  oder  Slrt  zu  erbulben.  Qn  ber 
grüfje  beg  13.  September  1629  brangen  ^ollänbifche  Solbaten  burd)  bie  für  bie 
ÜDlefjbefucher  offene  oorbere  Pforte  in  bag  Kodeg  ein  unb  befahlen  ben  Qefuiten, 
innerhalb  24  Stunben  bag  Kodeg  zu  räumen.  Söäljrenb  ber  Oleftor  beg  Kodegg 
oergebeng  ooit  bem  anfüljrenben  Offizier  ben  @runb  hierfür  fowie  einen  fdjriftlidjen 
93efel)l  ber  ©eneralftaaten  forberte,  machten  fich  bie  Solbaten  ang  ißlünbern.  gwar  ge* 
lang  eg  ben  fßatreg,  trojj  Spott  unb  Schlägen  bie  Sachen,  bie  man  ginn  Slugzug  an 
bie  Pforte  brachte,  zu  retten,  aber  bie  Solbaten  ntad)ten  fid)  bafür  an  bie  Vorräte  ber 
Speifefantmer  unb  pliinberten  bie  Kapede.  ^mmer  mehr  ©efinbel  unb  Solbaten  brangen 
burd;  bie  fyenfter  ein;  fie  würben  nodj  befonberg  angelodt,  alg  fie  Solbaten  im 
Olefeftor  bag  für  bie  Qefuiten  beftimmte  OJ£ittaggmaf)l  einneljmen  fahen.  Sldeg,  wag 
fid)  fortfd)leppen  lieh,  ujurbe  geraubt.  Her  ganze  Schaben  würbe  auf  3000  Haler- 
berechnet.  Gsg  war  eine  traurige  Olacht,  welche  bie  ißatreg  unb  S3rüber  nad)  einem 
feEjr  färglichen  Slbenbbrot  in  einem  engen  Olaunte  auf  einem  Stuhl  ober  einer  93anf 
ober  auf  bem  33oben  gubratfjten,  währenb  bie  Offiziere  nidjt  weit  baoon  ein  wüfteg 
©elage  hielten.  Slm  folgenben  OJlorgen  brachte  man  bann  53ücf)er  unb  ^auggeräte 
mit  §ilfe  ber  Schüler  unb  33ürger  in  bie  Sdjiffe.  Hie  gröberen  OJlöbel  hatte  man 
entweber  bei  Bürgern  ober  mit  bem  Siegel  beg  SSigegouoerneurg  oerfeheit  an  einen 
fichern  Ort  gebracht.  OJlit  biefer  traurigen  Slrbeit  «erging  ber  14.  September,  bag 
geft  Kreuz=©rhöhung.  Hie  Speifen  zum  SRittagg*  unb  Slbenbmahl  lieferten  gute  Sürger 
ber  Stabt.  Hag  üöcitleib  beg  furfürftlichen  Stattljalterg  Sd)mart3enberg  aber  befdjränfte 
fich  auf  ben  Slugbrud  feiner  Heilnahme  an  bem  OJlifjgefchid  ber  Qefuiten,  währenb 
ber  33igegout>erneur  bodj  wenigfteng  bag  OJlitnehmen  ber  ©ibliothef  unb  gwei  Hage 


1  *  Catal.  trienn.  Rben.  inf.  1639  u.  1642. 

s  *  ßbb.  1636  lt.  1639.  9ticf)t  fo  fefjr  «6= 
neigung  gegen  bie  Sefiuten  q!§  bie  eigene  groffe 
finanzielle  9tot  fdjeint  bie  branbenburgifdje  94e= 

gientng  in  Siebe  ju  biefett  brödcnben  Auflagen 
getrieben  zu  haben.  SRait  gab  nid)t3  auf  bie 


herzoglichen  unb  faiferlidjen  greiheitcjbriefe,  nod) 
felbft  auf  ©egeuerlaffe  be§  Surfürften  oon  93ran> 
beuburg  in  ben  fahren  1624  u.  1627.  *  Litt, 
ann.  unb  *Hist.  coli,  in  ben  fahren  1617, 
1621,  1622,  1624,  1627,  1631,  1633. 

3  *  Catal.  trienn.  Rhen.  inf.  1645. 


Äoflegien:  gntmericp. 


69 


$eit  jnm  Slugjug  geftattet  fjatte.  21m  borgen  be§  15.  September  begann  ber  21u§* 
jng  jn  ben  Schiffen,  auf  melcpen  bie  ^efuiten  abfapren  füllten.  SDie  S^adfjt  patte 
bie  9J?e^r§af)I  bei  guten  greunben,  bie  anbern  fcplafloS  in  einem  ßirnmer  jugebradjt. 
IRacpbem  bie  ^atre§  in  oerfdjiebeneit  Oratorien  bie  9Reffe  gelefen,  Oerliefjen  fie  jur 
feftgefepten  3^it  ba§  oermüftete  Kolleg  unb  jogen  unter  bent  ©Seinen  unb  ©Sepflagen 
ber  ©eoölferung,  melcpe  bie  Strafen  unb  ba§  fRpeiitufer  anfüllte,  ju  ben  ©djiffen.  ®a 
ber  ©tjegouoerneur  ben  ^efuiteit  auf  ipr  ©itten  einen  ^Trompeter  al§  Begleiter  mit* 
gegeben,  um  fie  ungefäprbet  burcp  bie  oon  $einben  lieferten  Orte  ju  bringen, 
gelangten  fie  glüdlid)  nacp  Dollar,  mo  fie  ^>alt  machten.  ©rft  nacp  brei  ©Socpen, 
am  3.  Oltober,  mar  c§  ifjnen  oergönnt,  unter  bem  ^ufiel  unb  groploden  ber  fatpo* 
lifcpen  ©eoölferung  ©mmertdp§  mieber  in  ba§  ®oUeg  jurüd^ufepreit. 

£>ap  ba§  Kolleg  all  biefen  ©türmen  tropen  fonnte,  banfte  e§  faft  ganj  ben  Ober* 
befeplspabern  ber  pollänbifcpen  ®rieg§ntacpt,  bem  fßrinjen  DJforip  oou  Oranten  (f  1625) 
unb  beffeit  ©ruber  $riebricp  fpeinrtcp  (f  1647) 1.  ©ie  pa&en  bem  Kolleg  ftet§  eine 
aupergemöpnlicpe  fpulb  ermiefen,  bagfelbe  gteid)  nad)  ber  ©efepung  ber  ©tabt  in  tpren 
©d)itp  genommen,  für  neutral  unb  frei  oon  Abgaben  erfliirt,  mieberpolt  burcp  ipre 
©efudpe  geeprt  unb  jebeSmal  bie  ©rlaffe  ber  ^Regierung  im  fpaag  ju  nicpte  gemadjt. 
Unb  nocp  gegen  ©nbe  feines  SebenS  erflärte  ißrinj  g-riebricp  fpetnrid),  baf?  man,  fo* 
lange  er  lebe,  nicpt  ju  bangen  braudje.  (Sinntal  mar  e§  aucp  ber  @rope  ^urfürft 
griebricp  ©Mlpeltn  oon  ©ranbenfutrg,  meldjer  bantalä  in  $leoe  §of  pielt,  ber  ba§  Kolleg 
oor  bem  bropenben  Untergange  bemaprte.  mar  nämlid)  (Snbe  1648  ben  Qefuiteit 
feitenS  ber  branbenburgifcpen  Regierung  su  ®leoe  bie  21u§meifung  angebropt,  roenn 
fie  nidjt  beim  §erjog  oon  fßfaIj»$Reuf>urg  ben  ©roteftanten  in  $ülicp*©erg  größere 
9ieligion§freipeit  ermirften.  ©om  $urfürften  felbft  mürbe  nun  ba§  ®efret  laffiert. 
21ud)  fdjon  oorper,  ©nbe  1646  unb  Slnfang  1647,  patte  ber  ®urfürft,  empört  über 
bie  ©ingriffe  ber  ©eneralftaaten  in  feine  Sanbesrecpte,  ba§  ß’olleg  in  ©cpup  genommen. 
Unb  ©nbe  1649  bericpten  bie  Qefuiten:  ®er  ^urfürft  pat  un§  ftetS  mit  nicpt  ge* 
möpntidjem  ©Soplmollen  aufgenommen  unb  bepanbelt.  211S  er  fürjlid)  bei  feiner 
Slbreife  au§  föleoe  pier  burcpjog,  befucpte  er  mitfamt  feiner  ©emaplin  unb  ben  ©rften 
beS  §ofeS  nnfer  §aug.  2Iuf  unfere  ©egrüpung  mit  einer  lateinifdpen  IRebe  reidpe 
er  jebem  bie  §anb  unb  erzeigte  un»  nod)  oiele  anbere  ©emeife  feiner  §ulb,  inbem 
er  beifügte,  baß  er  burdjauS  fein  geinb  unferer  ©efellfcpaft  nocp  aucp  ber  fatpolifcpen 
^Religion  abpolb  fei2. 

ülufjerpalb  @mmerid)§  maren  bie  ^iefutten  ’n  ^en  erften  ^apren  be§  17.  ^apr* 
punberts  nur  menig  unb  üereinjelt  tätig.  3n  ^lebe  mar  e§  bem  P.  Stpeobor  9ip§mid 


1  2tde§  nacp  beit  oben  jitierten  Oueden.  Sgl. 
aucp  bie  *  Sriefe  Süede3d)i3  oom  17.  Ott.  1626, 
13.  gebt.  1627,  24.  Slug.  1638,  20.  $ej.  1642, 
30.  90tai  1643,  roelcpe  bie  Santborteit  be§  Or= 
ben3general§  gegen  ben  tprinjen  griebrid)  §ein* 
rirf)  auöbriiden.  Ob  bie  guneignng  für  bie 
Sefuiten  ober  ber  Sinn  für  @erecf)tigfeit  ober 
bie  Spannung  unb  geinbfdjaft,  roeldje  gtoifcben 
ben  tpriitäen  itub  ben  ©eneralftaaten  beftanb, 
ben  Sefuiteu  biefe  ©unftbejeigungcn  ermirften, 
ift  fdimer  p  entfcfjeiben. 

2  *  Litt.  ann.  1649.  Unter  bem  22.  Oft.  1649 
patte  ber  Äurfürft  bie  Scfuiten  in  (Smmerid)  auf 
bereu  Sitten  in  feinen  Scpup  genommen:  „2pttn 
aucp  fo!cpe§  in  Äraft  biefe§  s45ateut§,  unb  »er* 
ficpern  fie  unfereS  gnäbigften  lanbelfürftlicpen 
Sdjupel,  alfo  bap  fie  in  iprem  obangebeuteten 


EoHegio  3U  Srnmerid)  ipreä  SpnenS  unb  Qn* 
ftitution  ber  Sugenb  ffeipigft  abmarten,  biefelbe 
3tt  adern  guten,  infonberpeit  fcpulbigftem  ®e= 
porfam  unb  devotion  gegen  ipre  Sanbeä-Obrig* 
feit  antoeifen  mögen,  unb  barin  üon  niemanb 
beeinträchtigt  merben  folten.  Hub  befehlen 
pier  obgemelten  unferm  Statthalter  unb  9?äten, 
bap  fie  ipren  Steftoren  unb  bie  obige  SatreS 
3efuita§  Embricensis  in  unferer  2tbmefenpeit 
beftermafjen  recommanbiert  fein  laffen ,  ben* 
fefben  bei  aden  gäden  gebüprenben  Scpup  unb 
Stffiftenj  ermeifen,  aud)  niemanb  fie  311  be= 
fepmeren  oerftatten,  fonbern  bei  mirfiidjer  6mp= 
finbuug  unb  ©enup  biefeg  unfereg  protectorii 
manutenieren  moden."  Stutpent.  Sopie,  ®üffel* 
borf,  Staat^ardjio  Smmericp,  Jes.  n.  2,  9tefi= 
gionlmefen. 


70 


3»eite§  Kapitel.  Sie  nieberrfjeinifdje  Sroüinj. 


in  ben  Qafjren  1606  unb  1607  gelungen,  bie  verbreitete  unb  tjartnäcfig  feftgeljattene 
(Sitte,  unter  beiben  ©eftalten  gu  fommunigieren,  wogegen  fein  Beamter  unb  fein 
©eifttidjer  aus  gurdfjt  »or  «Schlimmerem  etwas  gu  tun  ober  gu  fagen  wagte,  auf 
gute  SSeife  faft  ooCtftänbig  gu  befeitigen 1.  £)ier  mar  ber  ißtan  einer  ftänbigen  lieber« 
laffung  aufgetaucht2.  'Ofynücfyen  ©rfotg  »erfpretfjenbe  Strbeit  minfte  an  anbern  Orten. 
Stber  bie  vielen  Arbeiten  in  Sinmeritfj  felbft  unb  ber  ÜÖtanget  an  anbern  verfüg¬ 
baren  Kräften  Oerhinberten  ein  umfangreicheres  SSirfen  außerhalb  ber  Stabt. 

Srft  baS  herauSforbernbe  unb  gewalttätige  Stuftreten  ber  Satoiner,  bie  mit  bent 
£ob  beS  festen  fatholifchen  |)ergogS  ifjre  $eit  für  gefommen  erachteten3,  unb  ber 
ütfotfcfjrei  nicht  weniger  Stabte,  bie  nach  b£r  SIrbeit  ber  ©efettfchaft  $efu  »erlangten 4, 
nötigten  gerabegu  bie  ^efuiten,  fich  mehr  ber  ^attjotifen  außerhalb  SnimeritfjS  an* 
guneljmen.  üqua»i»a  bat  am  11.  Vooember  1613  ben  $ßro»ingiat  Scheren,  fehen 
ju  wollen,  ob  bort  nitfjt  einige  „äßiffionen"  eingerichtet  werben  fönnten,  unb  unterlieft 
eS  iticftt,  ben  eifrigen  Smmeritfjer  üfeftor  ©erarb  SippiuS  gu  noch  gröfterent  Sifer 
angufpornen,  bamit  ber  ©taube  in  jenem  Sanbe  bewahrt  werbe  unb  nitfjt  oottftänbig 
ertöfdje.  Sßeforgt  ftfjrieb  er  ihm  fdjtiefttitfj  am  28.  ^uni  1614:  SBir  fiirtfjten  gar 
feftr,  baft,  wäljrenb  bie  beiben  dürften  um  ihr  Vedjt  ftreiten,  fianb  unb  Seute  ihrem 
geitlidjen  unb  ewigen  Untergange  entgegengehen,  Von  gut  unterrichteter  Seite  haben 
wir  nämlictj  üernommen,  baft  oon  ben  benachbarten  ffeinben  banatfj  getrachtet  werbe. 
®aS  fo  ben  ^atftotifen  broftenbe  Unheil  ftfjneibet  uns  tief  in  bie  Seele.  Unb 
wenn  wir  auch  tviffen,  baft  Sw.  §od)würben  unb  alte  ifjre  Untergebenen  voll  Sifer 
finb,  ben  umwohnenben  Äatfjofifen  gu  halfen,  fo  möchten  Wir  eS  bodj  nitfjt  »er* 
fäumen,  autfj  noch  auSbrüdtitfj  alte  bringenb  gu  bitten,  ben  bebrängten  ^atljolifen 
$itfe  gu  bringen  unb  ifjren  ©tauben  gu  fdjiiften.  üftidjt  wenige  fteöifche  Stäbte 
finb  ja,  wie  wir  hören,  nodj  gientfitfj  fatfjotifch,  unb  bie  föatfjolifen  würben  burtfj 
bie  Unfrigen,  bie  bei  benfetben  in  hohem  Slnfeften  ftehen  foCten,  burch  SBort  unb  Vei* 
fpiet  geftärft  werben  fönnen.  Sw.  fpodjmürben  wollen  beShatb  um  jeben  ißreiS  bie 
^fjrigen  tjmauSfenben,  bamit  fie  ben  ®atfjotifen  9J?ut  einftöften  unb  SBatfjfamfeit 
gegen  bie  Seelenoerführer  einfdjärfen5. 

^n  ©otfj  arbeiteten  gwei  ißatreS  auS  Smmerich  in  ben  fahren  1623 — 1625 
wäljrenb  ber  Vefeftung  ber  Stabt  burch  bie  Spanier.  93ei  bem  Überfall  burtfj 
fjottänbiftfje  Gruppen  im  Stnfang  1625  würben  bie  beiben  Qefuiten,  Xheobor  Vorget 
unb  Sheobor  üitjSwicf,  gefangen  genommen  unb  natfj  Vpmwegen  gefcfjteppt.  §ier 
behanbette  man  fie  fehr  hart,  um  fo  fdjnetter  ein  ßöfegetb  gu  erpreffeit.  ^ti  einem 
fdjmuftigen  Vertieft  würben  fie  mit  Verbrechern  an  berfetben  ®ette  angefettet,  ^nfotge 
biefer  Ouaten  ftarb  nach  fetf)§monatigem  ©efängniS  P.  fRtjSwicf  am  4.  Quti;  P.  Vorget 
tieft  man  batb  barauf  frei6. 

2ltS  mit  bem  ^atjre  1633  ber  gröftte  SCeit  beS  SanbeS  »on  ben  hoüänbiftfjen 
Vefaftungen  wieber  befreit  war  unb  baS  Kolleg  gu  Smmeritfj  burtfj  bie  öieten  fftüdjt* 
finge  auS  ben  aufgetöften  Kollegien  in  Satfjfen  über  gatjlreidje  §itfsfröfte  »erfügen 
fonnte  —  eS  weilten  bort  g.  V.  im  Qatjre  1633  inSgefamt  39  Qefuiten,  barunter 
21  ^riefter  — ,  begann  ein  regeS  unb  auSgebeftnteS  SBirfen  in  ber  weiten  Umgebung 


1  Stljeob.  9tp§nncf  an  SqitaüiPa,  17.  2lprit 
1606.  *  Original  in  Germ.  Epp.  XXXVII  9. 
Litt.  ann.  1606  ff. 

2  Sgl.  *  ÜlquaDiüa  an  9tofenbaunt,  6.  3<m- 
1607 ;  an  9lt)3tt>icf,  27.  fDiai  1607.  örig.*9teg. 
Ad  Rhen. 

3  Sgl.  5>iftor.  Saljrbucf)  1898,  314  ff;  1899, 

218  ff. 


4  *  Orig.=9teg.  Ad  Rhen.  Sgl.  Wassen¬ 
berg,  Embrica  196  ff. 

5  *Drig.*9teg.  Ad  Rhen. 

6  *Hist.  coli.  Embric.  ad  ann.  1625.  Iljeob. 
St^tnicf  an  Sufaeul,  31.  San.  1625.  *00* 
ginal  in  Docum.  hist.  Prov.  Rhen.  Sgl.  C  o  r- 
dara  I  580  f;  Reiffenberg  I  592  ff ; 
Ipiftor.  Saljrbud)  1899,  226  ff. 


ftollegiett:  Emtnerid). 


71 


ber  ©tobt.  Überall  ftrömten  bie  Seute  gaplreicp  perbei.  ®ie  ftinber,  fo  lautet  ber 
Vericpt,  famen  weit  entgegengelaufen  unb  führten  un§  jubelnb  in  ®orf  unb  ©tabt, 
bie  ©rwacpfenen  empfingen  un§  mit  grofjer  Siebe,  wopl  and)  mit  tränen  ber  greube 
•in  ben  Slugen,  unb  bie  Pfarrer  waren  übergliidlid)  über  bie  £>ilfe  unb  biefe  neue 
Sätigfeit,  bei  ber  fie  ipre  fßfarrfinber  ju  allem  ©uteu  bereit  fanben.  2ludj  Diele 
9?icptfatpoIilen  würben  wieber  fatf)o!ifcf> 1.  SDie  fo  glänjenben  ©rfolge,  antwortete 
VitetleMji  am  9.  ©eptember  1634  auf  ba§  ©djreiben  be§  Steltorg  ^erenpaeff,  weldje 
unfere  Slrbeiten  auperpalö  ber  ©tabt  in  foldjer  giitle  begleiten,  finb  für  mid)  eine 
wapre  (Genugtuung,  unb  ba£  um  fo  mepr,  weil  man  cf)  einer  wopl  meinte,  bie  Um- 
gegenb  fei  ju  unfrudjtbar  ober  wenigften§  wegen  ber  Dielen  (Gefahren  für  eine 
größere  Sätigfeit  nidjt  geeignet2. 

^n  ’8  §eerenb  erg,  einem  benadjbarten  ©täbtdjen  in  ber  gleidjuamigen  ©raf- 
fdjaft,  Ratten  bie  (SalDinifteu  au  ©teile  be§  fatpolifcpen  Pfarrers  einen  cafDinifdjen 
Vrebiger  eingefept.  ®ie  ©mmeridjer  ^efuiteit  pielten  im  Qiapre  1637  bort  beit 
fatpolifcpen  ©ottesbienft  aufredjt,  inbent  fie  bie  ganje  feelforghdje  £ätigfeit  be§ 
Pfarrers  übernapmen.  ©nbe  9ßär§  1638  gelangten  aber  jwei  ©bitte  nacp  ^eerenberg. 
®a§  eine  Derbot  ben  ßulauf  ju  bent  fatpolifdjen  ©otteSbienft,  ba§  anbere  Derlangte 
Sluffcplup  über  bie  ©üter,  welcpe  bie  ^3atre-S  in  ber  ©raffdjaft  inne  patten,  unb 
über  bie  s^riefter,  welcpe  bort  Qagb  auf  ©rbfcpaften  madjten.  £rop  be£  Verbotes 
feierten  bort  jwei  patres  an  Slllerpeiligen  unb  SWerfeelen  auf  Bitten  ber  SBitwe  be§ 
©rafen  Don  Verg  ben  ©ottesbienft.  Stuf  ber  9hidfepr  würben  fie  üon  pollänbifcpen 
©olbaten  auf  Vefepl  be§  ©ouoerneurS  Don  ©mmerid)  gefangen  genommen  unb  nadj 
Slrnpeim  geführt.  Sll§  am  Sage  barauf  ber  ^rofurator  be§  &oüeg§,  P.  ©priftian 
®nau§,  ber  ©efdjäfte  in  ’§  ^eerenberg  ju  beforgen  patte,  mit  9D7.  Slrnotb  be  Vergp 
bortpin  gefdpidt  würbe,  um  jugleicp  ju  erfunbcn,  wespalb  bie  jwei  fßatre§,  P.  £>eim 
ricp  9te£ing  unb  P.  ©eorg  9ieuter,  abgefüprt  worben  feien,  würben  aud)  fie  er> 
griffen  unb  nacp  Slntpeim  gebradpt.  ÜberbieS  brangen  ©olbaten  in§  Kolleg  unb 
fcpleppten  bie  ©cpüler  au§  pollänbifcpent  ©ebiet  fort,  ©rft  nad)  langen  Verpanb» 
lungen  gelang  bie  Befreiung  ber  patres  burcp  bie  Vejaplung  eine§  £öfegelbe3  Don 
1500  ©ulbeit3. 

®ie  Orte,  in  benen  man  fonft  nocp  befotiberS  tätig  war,  waren  ®leoe,  Kranen* 
bürg,  Söiffen,  £>ulpuifen,  geoenaar,  ©Iteu,  ©reitpaufen  unb  oor  allem  f  alfar,  „ba§  fiep 
unter  ben  fleoifcpen  ©täbteu  am  meiften  ber  Qrrlepre  erweprt  patte" 4  unb  wo  bie 
^efuiten  bei  ber  Vertreibung  im  Qapre  1625  eine  fo  freunblicpe  Slufnapme  im  §aufe 
be§  fRatgperrn  Cornelius  Vacutn  gefunben  patten.  Verfdjiebene  biefer  Ortfdjaften 
waren  bamal§  bie  ßufludjtäftätten  für  bie  bebrängten  pollänbifcpen  föatpolifen,  beneu 
im  eigenen  Sanbe  ber  fatpolifepe  ©otte§bieuft  Derboten  war,  unb  bie  fid)  pier  jept 
in  groper  $apl  einfanbeu5. 


1  *  Litt.  ann.  1633.  $a§  ^ofgettbe  rtad)  ben 
eingebenben  *  Litt.  ann.  1634  ff. 

2  *  örig.--9teg.  Ad  Rhen.  Slbnlid)  20.  S<m. 
1635. 

3  *  Hist.  coli.  Embric.  ad  ann.  1637  ff.  Sitten 
barüber  in  SDüffclborf,  Staatäarcbib  Emmericb, 
Jes.  n.  2.  2)ie  erften  Slrbeiten  ber  SOuiten 
im  ©djlofj  p  £eerenberg  fallen  in  ba3  Sabr 
1627. 

4  *  Litt.  ann.  1635.  3”  SBifien  pielt  man 
1625  bem  Sblen  b.  2oc,  Iperrn  bon  SBiffen, 

ber  früher  biele  Sabre  9iat  be$  §erpg^  2öil= 
beim  bon  fö’lebe  gemefcit  nnb  fid)  ftetS  at$  ein 


marmer  Sreunb  ber  ©efellfcbaft  bettiiefen  batte, 
bie  £eid)enrebe.  *Hist.  coli.  Embric.  ad  ann. 
1625.  ÜBgl.  jutn  Sflbre  1629  bie  Äonberfion 
ber  bermitmeten  §errin  bon  SBiffen. 

6  ®ie  9{ettoren  bon  Emmerid)  mareit:  fßet. 
9Jofenbaunt,  1595;  Sob-  §afiu^,  1601;  $et. 
Dtofenbanm,  1605;  ©erb-  Sippiul,  1609;  Sab- 
Sop,  1617;  ©i^b.  Mrbect  (Eörbed),  1624; 
Sob-  Jpoltbaufen,  1629;  Samb.  ^erenbaeff, 
1635;  Slug.  STurrian,  1636;  Slrn.  39ard)mann 
(93argman),  1638;  9iutg.  Elop,  1645;  Söernb- 
SBitfelt,  1647. 


72 


BroeiteS  Scqhtel.  2)ie  nicberrf)einiicf)e  tjjroöinj. 


©ine  nacf>f)aftigere  ü£ätigfeit  entfalteten  bie  Qefuitcn  in  Xanten.  9Zad)bcm  id) 
fcfjon  ungefähr  ein  fjolbeg  fjüfjr  in  Xanten  gugebracht  höbe,  jo  fcfirieb  am  19.  Slpril 
1610  P.  Tttjeob.  ÜZpgmid  an  Slquaüioa1,  raerben  nähere  9?ad)rid)ten  über  ben  Stanb 
biefer  SDZiffion  ©m.  Paternität  nicfjt  unlieb  jein. . . .  Xanten  ijt  eine  nicht  unjcfjöne 
unb  nicfjt  menig  öolfreidje  Stabt  beg  |jergogtumg  S’leoe  unb  befannt  burcf)  bie 
St  35iftor-93afififa,  mit  ber  ein  gatjtreicfjeg  Stift§f)errenfolIegiitm  oon  ungefähr  50  ÜDZit* 
gliebertt  »erbunben  ijt.  .  . .  25ie  ^rrlefjre  Ijotte  jicf)  hier  jcfion  längjt  eingejcfjlicfjen,  ohne 
jebod)  gu  Sebgeiten  beg  fpergogg  (Qof).  SBiffjefm)  ifjr  fpaupt  ergeben  gu  tonnen2.  Sllg 
biejer  aber  im  oorigen  Qaljre  jtarb,  magte  jie  jicf)  füfjn  ^eroor,  oerpöljitte  fed  in 
öffentlichen  Prebigten  bie  ß'atfjolifen  unb  brofjte  fogar,  über  furg  jid)  in  ben  Pefifj  ber 
St  Piftorfird)e  jepett  gu  mollen.  ®ie  Stiftgljerren  maren  in  Ijödjjter  9iot;  beim  ber 
giemlidj  berebte  Stiftgprebiger  hatte  infolge  eineg  ßermürfniffeg  mit  einem  üütitfanonifer 
unb  oielleidjt  aud),  meil  er  mehr  @ef)alt  »erlangte,  gerabe  je|t  in  biejer  bebrängten 
Sage  bie  Prebigten  aujgegeben  unb  tonnte  burd)  nidjtg  gur  SBieberaufnahme  berjelben 
üermodjt  merben.  ®ie  Pürger  blieben  aug  ber  Äirdje,  unb  bie  proteftanten  rühmten 
jid)  jdjon,  halb  alleg  in  ber  bemalt  gu  hoben.  ®a  manbte  fich  ber  SDefan  unb  bag 
Kapitel,  in  meldjem  jd)on  immer  einige  ung  gern  bort  hätten  arbeiten  fefjen,  an  bag 
Kolleg  gu  ©mmerich  um  fpilfe  unb  machten  zugleich  bag  Slnerbieten,  eine  ftänbige 
Pefibeng  für  ung  bort  grünben  gu  mollen.  ®er  P.  Peftor  unb  P.  |jafiug,  melche 
im  Aufträge  beg  P.  Prooittgialg  mit  bem  Kapitel  oerf)anbeln  mußten,  entfd)ieben  jid) 
bahin,  mit  gmei  Patreg  ben  Perfudj  gu  mad)en.  P.  ^onr.  Webber  unb  ich  fomen 
alfo  am  22.  Oftober  1609  nadj  Xanten,  freunblich  »ont  Kapitel  begrübt.  Sllg 
SBoljnung  erhielten  mir  einen  Steil  ber  fe^r  geräumigen  Iturie  beg  Portariug,  beg 
9Zäd)ften  nad)  bem  SDefan,  mo  mir,  fern  non  allen  Störungen,  angemejjene  ßimmer 
haben,  ungejtört  mie  gu  fpaug  leben  unb  adeg  Nötige  in  reichlichem  ÜDtafje  nom 
Kapitel  geliefert  befommen.  Unjere  Sätigfeit  begannen  mir  am  nädjften  Sonntag : 
id)  mit  einer  Prebigt  um  2  Uhr  nadjmittagg  —  benn  ber  Pfarrer  mochte  bie  be* 
quemere  am  Vormittag  nicht  gern  abtreten  — ,  mein  Begleiter  mit  ber  ^atedjefe  nad) 
ber  Pefper.  ©g  hotte  unjere  Slnfunft  bie  $atf)olifen  in  grofje  Slufregung  gebracht, 
unb  eg  tarn  in  bie  Prebigt  jo  üiet  Polt,  alg  menn  eg  ber  f)öchfte  gefttag  gcmejen 
fei.  SOiejer  gubrang  f;ält  big  auf  ben  heutigen  Xag  an.  Sind)  gur  ©hrijtenlehre 
brängten  fich  jehr  üiele  ©rmachjene,  barunter  nidjt  menige  aug  bem  ®(erug,  unb 
grofje  Scharen  ^’inber,  jo  baff  mir  fdjliefjlid)  eine  Teilung  »ornaljmen:  einer  hot  bie 
Knaben,  ber  anbere  bie  ÜOZäbchen.  @g  macht  ung  biefe  Slrbeit  grofje  grertbe;  benn 
um  bie  SCBette  geigen  bie  kleinen  auf,  um  etmag  aufgufagen  unb  einen  preig  gu  ge- 
minnen,  unb  föitnen  fich  üon  ung  nid)t  trennen,  infolge  biejer  glüdlichen  ©rfolge 
beftefjen  bie  meijten  unb  gerabe  bie  angefehenften  Stiftsherren  burcfjoug  barauf,  bah 
mir  hier  eine  ftänbige  DZieberlaffung  grünben.  ®ie  gefamte  S3ürgerfd^aft,  nur  menige 
Proteftanten  auggenommen,  ift  ung  mit  Siebe  gugetan,  unb  ich  gloube,  mir  fönnten 
nid)t  ohne  bie  größten  9Zad)teiIe  für  bie  gute  Sache  bie  Stabt  öerlaffeit.  ®er 
9JZut  ber  ®atf)olifen  ift  gehoben,  in  nidjtg  fürchten  fie  fid)  mehr  oor  ben  Proteftanten, 
in  ben  Vereinen  unb  3ufonunentünfteu  überführen  fie  biefelben  frei  beg  Qrrtumg 
unb  oerteibigen  mit  grobem  ©ifer  ben  ©tauben  ihrer  Porfahren.  ©m.  Pater¬ 
nität  molle  beghalb  für  ung  beten,  bamit  ber  oerhängnigooHe  ®rieg,  ber  bem  Sanbe 
jept  broht,  glüdlid)  enbe  unb  bie  alte  Religion  hier  öollftänbig  mieberfjergeftellt 
merbe 3. 


1  *  Original  in  Docum.  hist.  Prov.  Rhen.  2  3$gl.  Selter,  ©egenreformatioit  in  S5?eft= 
SSgl.  and)  *Litt.  ann.  1609  unb  *Hist,  resid.  falen  II  67  72  237  259  f. 

Xanthensis  (Germ.  Fund.  I  264).  3  gur  ba§  golgenbe  befonberl  bie  *  Hist.  coli. 

Embricensis  unb  *Hist.  resid.  Xanthensis. 


Kollegien:  Emmerid)  (Xanten). 


73 


Sfm  12.  9)?är$  1611  entgegnete  Sfquaüioa  auf  neue  9cadjrid)ten  beS  P.  VpSmid: 
^mtige  greube  uub  großen  ©roft  bereiteten  mir  bie  üDütteifungen  über  bett  gfitdUdjen 
Fortgang  ber  fathofifchen  Sadje,  troßbem  braunen  ber  Krieg  tobt  uub  in  ber  «Stabt 
alle§  ooll  g-urdjt  unb  Slngft  ift.  Grm.  £md)mürben  motten  fortfa^ren  in  ben  fo  er- 
folgreid)ett  Sfrbeiten  unb  mit  iftadjbrud  unb  SfuSbauer  baS  Seelenheil  biefer  guten 
Katholifen  in  jeber  Söeife  förbern1.  2ffS  1611  bie  patres  suriidgerufen  merben 
füllten,  beftürmteu  bie  Bürger  ben  StiftSbefan  unb  ben  Sfeftor  non  ©mmerief),  um 
baS  Verbleiben  ber  ^efuiten  ju  ermirfen.  $m  felben  ^a^re  übermieS  man  ben 
patres  ein  §auS  mit  allem  £muSgerät  unb  eine  Kapelle,  in  ber  1611  gegen  1600 
Kommunionen  auSgeteift  mürben2.  ©ie  beiben  eifrigen  patres  arbeiteten  mutig  noran. 
@ott  fegnete,  fo  fehreiben  fie  nach  breijäf)riger  ©ätigfeit3,  unfere  Slrbeiten  fo  fefjr, 
baß  alle  in  ber  Stabt  fiel)  munberten  über  bie  Ummanblung  in  ben  Sitten  unb  baS 
neue  religiöfe  Seöen.  gaft  täglich  gebe»  fie  uns  Vemeife  ihrer  Siebe  unb  ©anfbarfeit. 
greubigeS  (Srftaunen  erregt  eS,  fo  melben  fie  im  folgenben  ^aßre,  menn  mir  etmaS 
oon  ben  alten  religiöfen  Sitten  unb  (Gebräuchen,  melche  fdjon  feit  mehr  als  60  fahren 
hingefchmunben  maren,  mieber  ins  Sebett  jurüdrufen  L  $m  $aßre  1612  mürbe 
eine  SDfarianifche  Vitrgerfongregation  errichtet,  bie  jmar  nur  menige  StRitglieber  fühlte, 
aber  befonberS  burch  baS  Veifpiet  mächtig  eiumirfte3 5 6.  ©er  Saframentenempfang 
ftieg  oon  ^hr  3U  3aßr-  fjteubig  berichten  fie,  baß  im  $af)re  1615  allein  in  ihrer 
Kapelle  in  St  Viftor  (^eiliggeiftfapelle,  bie  heutige  ©auffapeffe)  5459  bie  heilige 
Kommunion  empfangen  hätten ti.  $m  folgenben  Qahre  maren  eS  über  6000  unb 
20  $af)re  fpäter  über  8000,  abgefehen  oon  beiten,  melden  fie  am  ißfarraltar  bie 
heilige  Kommunion  austeilten7.  9?idjt  menige  lehrten  jur  fatholifefjen  Kirdje  jurüd: 
in  ben  fahren  1612 — 1616  wählte  man  135,  fpäter  jährlich  20  bis  30  Konoertiten. 

^ahre  1616  ging  bie  proteftantifdje  (Slementarfdjufe  ein,  unb  im  ^alfre  1650 
oerfchmanb  ber  feßte  ißroteftant  aus  bem  Stabtrat8. 

infolge  ber  fruchtbaren  ©ätigfeit  ber  patres  in  Stabt  unb  Sanb  mürbe  im 
^affre  1630  bie  bisherige  ÜDJiffion  jur  Vefibenj  erhoben,  unb  anftatt  ber  bisherigen 
jmei  patres  fameit  nun  nad)  unb  nach  meitere  Kräfte.  Über  ihre  Sage  unb  2Birf> 
famfeit  rairb  im  5?ahre  1635  berichtet:  SGBir  leben  in  biefer  9iefibenj  ju  neun,  fech§ 
patres  unb  brei  Saienbriiber,  uub  jrnar  nicht  fo  fehr  oon  ber  Stiftung  (bie  nur 
menig  einträgt),  als  oon  ben  täglichen,  menn  auch  üeinen  Sllmofeit  guter  Seute.  ©er 
eine  bringt  ein  Körbchen  mit  (Gemüfe,  ber  anbere  eines  mit  9?üben,  ber  britte  einige 
süfunb  f^leifd),  ber  oierte  Vrot,  leßtereS  befonberS  bie  Seute  oom  Sanbe,  meldje  bie 
©emohnheit  hoben,  jebeSmal,  menn  fie  baden,  ein  bis  jmei  Vrote  als  Sdmofen  ju 
geben9.  ÜBir  fuchten,  fo  heißt  eS  in  ben  roeiteren  Veridjten,  biefe  rüfjrenbe  SBohl* 
tätigfeit  ber  Seute  burdj  (Gifer  in  unfern  gemohnten  Slrbeiten  gu  entgelten,  fomohl 
in  ber  Stabt  als  auch  in  ber  Umgegenb,  mo  mir  regelmäßig  in  jmei  Stäbtdjen  unb 
brei  ©örfern  prebigten,  Katedjefe  hinten  unb  Veidjt  hörten  unb  nicht  geringe  ©rfolge 
hatten,  namentlid)  in  SluSrottung  oon  Stberglauben  unb  Veilegung  alter  $einbf chaften. 
©aju  fam  ber  Vefucf)  ber  Slrmen  unb  Kranfen  unb  bie  SluShilfe  bei  ben  Pfarrern 10. 


1  *  Orig.=9teg.  Ad  Rhen. 

2  *Hist.  coli.  Embric.  1611. 

3  Litt.  ann.  1612,  335. 

4  Ebb.  1612,  229  f. 

5  *  Hist.  coli.  Embric.  1612. 

6  *  Litt.  ann.  1615.  Sßgl.  3  o  f.  Steinen, 
Xantener  3eitgefd)id)te  (1900)  76. 

1  *  Litt.  ann.  1616  u.  1636. 

8  *  Ebb.  1616  u.  1650. 


9  2(11  im  Sabre  1635  Kroaten  bie  Umgegenb 
oermüfteten,  gelang  ben  Xantener  $atre§, 
nicht  aüein  ®at£)o(ifen,  fonbern  aud)  $roteftan> 
ten  oor  ben  $(ünbereien  p  bemabreit;  felbft 
geraubte^  @nt  tonnten  fie  loiebererlangeit,  ba§ 
geraubte  Sliel)  trieben  fie  mitten  burd)  ba§ 
Säger  mieber  ben  Eigentümern  p.  *  Litt.  ann. 
1635. 

10  *  Ebb.  1638,  1640,  1634. 


74 


3tt>eite§  Sabitel.  2)ie  nieberrl)einifd)e  Sßrobittj. 


23on  ben  Orten,  auf  benen  bie  ^atre§  befonberg  tätig  maren,  merben  im  Saufe  bcr 
$apre  ^iufig  genannt :  Übent,  ©ongbed,  SReeg,  33irten,  SRarienbaum,  ®alfar. ,  Ster 
£>auptnerö  iprer  Stätigfeit  mar  bie  ßatedjefe.  Qit  Xanten  felbft  pielten  fie  biefelbe 
ni(f)t  nur  (Sonn*  unb  gefttagg  in  ©t  S8iftor,  fonbern  aud)  an  feftgefepten  Stagen  ber 
SEBodje  in  ben  nier  ©lementarfcpufen  L 

Stiefe  Süßirffamfeit  erlitt  niept  geringe  ©inbufje  gegen  ©nbe  beg  Kriege?,  afg  im 
$af)re  1641  fjeffifcfie  Struppen  bag  Sanb  überfluteten  unb  Xanten  befepten.  2Bir 
leben  f)ier,  fo  fdjrieb  ber  ©uperior  SBernf).  £>aniug  im  Qiafjre  1649,  in  befdjeibeneit 
SBerpäftniffen.  SRaprung  unb  Reibung  müffen  mir,  um  feine  ©cpulben  ju  macpen, 
bent  geringen  ©infommen  anpaffen.  2Bir  erhalten  üom  ©tiftgfapitef,  bag  ung  jäprlid) 
150  SReidfgtafer  üerfprodjen  pat,  nur  jmei  Strittet,  unb  3 mar  erft  nadj  Söitten.  Staju 
fommen  bann  bie  faft  täglichen,  freilief)  fteinen  SUmofen  guter  Seute2.  Stie  3Q^f 
ber  ^efititen  f)atte  üerminbert  merben  müffen.  3a^re  1650  mären  eg  fünf: 
üier  Sßatreg  unb  ein  Saienbruber,  bie  jeboep  überood  befdjäftigt  maren.  ©ie  arbeiteten 
eifrig,  mürben  üom  Stoffe  gefepäpt  unb  erfuhren  felbft  üom  Sanbegfiirften  ©unftbemeife3. 

©in  meiterer  Sßerfud),  am  9?ieberrpein  unb  jmar  in  233  e  f  e  I  einen  ©tüppunft 
ju  begriinben,  fd)eiterte.  Sten  erften  Sßerfucp,  in  SBefef,  mefepeg  jiemlid)  fepned  unb 
faft  üodftänbig  bem  ©alüinigmug  jugefaden  mar,  bie  fatpolifdfje  SRetigiongübung 
roieberfjerjufteden,  madjte  bie  jüficp*ffeDifd)e  ^Regierung  Anfang  1599,  unb  jmar  auf 
Anregung  beg  fpanifdjen  2Ibmirafg  SRenboja4.  2lde  $ircpen  mürben  für  ben  fatpo» 
tifepen  ©ottegbienft  mieber  eingerichtet,  ©in  Qefuit  begann  Anfang  gebruar  mit  bem 
$aptan  beg  päpftlicpen  SRuntiug,  mefeper  felbft  üon  $öfn  bortpin  gefommen  mar, 
bie  SIrbeit.  Stocp  pörte  adeg  am  22.  SJtai  fdjon  mieber  auf,  ba  XRenbo^a  abgewogen 
unb  fein  §aft  für  ein  meitereg  SSirfen  üorpanben  mar. 

©in  jmeiter  SSerfucp  mürbe  jur  ßeit  beg  jiiticpdfeüifcpen  ©rbfofgeftreiteg  gemadjt. 
SBefef  mar  infolge  beg  ©inrüdeng  ber  §odänber  in  bag  ^»erjogtum  föfeüe  im  Qapre 
1614  non  ©pinofa,  bem  gefbperrn  ber  fpanifepen  Slrmee  in  ben  9?ieberfanben,  am 
5.  ©eptember  1614  befept  morben.  „9luf  bag  Strängen  beg  Sßfaljgrafen  üon  ÜReuburg", 
fo  feprieb  15  Qapre  fpäter,  im  9Rai  1629,  ber  ^robingiaf  23aüing  an  ben  Orbeng» 
general,  „ift  neben  ben  jmei  SRefibenjen  ju  Stüren  unb  SRünftereifel  im  £)er3ogtum 
^iitiep  (Anfang  1627)  aud)  noep  3U  Söefel  im  ^»erjogtum  SHeüe  eine  neue  lieber» 
laffung  eingerichtet  morben.  Sta  bei  ber  tlbergabe  ber  ©tabt  Religionsfreiheit  311» 
gefiepert  mürbe,  fo  paben  unfere  ^3atreS  bei  ber  23ürgerfdjaft  felbft  noep  menige  ©rfolge 
auf^umeifen,  mopl  aber  fdjon  unter  ben  übrigen  ©inmopnern  unb  bei  ber  Sefapung. 
2lud)  finb  bie  Ä'atpolifen,  mefepe  bort  nod)  übrig  geblieben  finb,  im  ©lauben  befeftigt 
morben.  2lde  ©uten  fäpen  pier  gern  ein  ^odegium  unferer  ©efedfepaft  erftepen, 
meit  faum  auf  einem  anbern  2öege  alg  burep  Unterricht  ber  Qugenb  reformiert 
merben  unb  auf  biefe  SBeife  jugleid;  üon  pier  aug  aud)  ben  anbern  ©ebieten,  mefdje 
oon  ber  ^rrfepre  angeftedt  finb,  §ilfe  gebracht  merben  tonnte." 5  ©g  arbeiteten  in 
SBefel  unb  aud)  ber  Umgegenb  üier  SJ3atreg6.  Stie  Arbeiten  üerfpradjen  adtnäplid) 
©rfolg.  2fud)  ber  ©eiteral  Sßitedegdji  mar  niept  gegen  bie  ©riinbung  eineg  ®odegg,  für 
bag  fid)  bie  Slusfidjten  befferten.  „9Zur  moden  ©ro.  £ocpmürben  forgen",  fo  fdjrieb 
er  am  29.  Qufi  1629  an  ben  S^robinjiaf,  „bafj  bie  Unfrigen  nicht  burd)  31t  grofjen 
©ifer  unb  Unftugpeiten  anftopen.  ©g  mögen  fotepe  SRänner  bortpin  gefenbet  merben, 
melcpe  niept  nur  burep  bie  Sßrebigt  unb  bie  anbern  Slrbeiten  unfereg  Orbeng,  fonbern 


1  *  Litt.  ann.  1634.  2  *  Catal.  1649. 

3  ‘Earrafa  an  §aniu§,  21.  9Jtärs  1648. 

4  *  Litt.  ann.  1399.  Seiler,  ©egenrefor» 

mation  in  SBeftfalen  II  61  ff. 

6  *  Narratio  compendiosa.  31gt.  *  S3itelle^d)t 


an  iöaoing,  24.  9(pril  1627.  0rig.=9Ieg.  Ad 
Rhen.  inf. 

6  *  Catal.  Rhen.  inf.  1628  f.  *  Litt.  ann. 
1627,  roo  einge^enb  über  bie  Sötigfeit  be¬ 
richtet  tnirb. 


Äotlegien:  21ad)eit. 


75 


aud)  burdf  baS  Söeifpief  ißreS  retigiöfen  SebenS  unb  bitrdj  Ätugßeit  ©otteS  ©ßre 
förbern.  Aud)  füllen  jur  eüentueden  (Eröffnung  ber  Sdjuten  nidjt  meßr  Seifte  gefcßidt 
merben,  als  mit  ben  üorßattbenen  SRittetn  unterhalten  merben  fönnen."1  Jiefe 
^Släne  mürben  burd)  bie  (Eroberung  SöefelS  feitenS  ber  fpodänber  am  19.  Auguft  1629 
mieber  üereitctt,  infolge  bereu  bie  ^efuiten  SSefet  räumen  mußten. 

*  * 

* 

Jie  Qefuiten  in  Aachen  haben  mir  am  ©nbe  beS  16.  ^aßrßunbertS  mitten  in 
ben  Sßerßanbtungen  um  ein  Äodeg  ocrtaffen2.  Jie  Hoffnung,  bie  Aquaüiüa  am 
30.  9coüember  1600  auSgebrücft,  baß  ber  ÜJftagiftrat  non  Aadjen,  fobalb  er  bie 
Qefuiten  beffer  fennen  gelernt,  billigere  23ebingungen  fteCten  mürbe,  füllte  fid)  im 
neuen  ^aßrßunbert  in  reidjem  fDiaße  erfüllen,  menn  aud)  anfangs  fid)  nod)  bebeutenbe 
(Scßmierigfeiten  in  ben  2Beg  ftedten3.  Um  biefe  311  befeitigen,  fanbte  ber  Sütticßer 
3-ürftbifcßof,  üurfürft  (Srnft  non  ®ötn,  im  Slpril  1601  ben  gemanbten  Domherrn 
Slrnolb  non  SBadjtenbond  nad)  Aadjen,  junadjft  um  eine  fefte  SfSoßnung  für  bie 
^efuiteu  3U  erlangen.  Jiefer  faßte  adeS  fo  gefcßidt  an,  baß  miber  Gfrmarten  innerhalb 
brei  Jagen  nidjt  nur  bie  Söoßnung,  fonbern  auch  eine  fotdje  ftRdberung  beS  fRatS= 
befdjtuffeS  nom  6.  Qnni  1600  erreidd  mürbe,  baß  ade  2Bege  für  bie  Erlangung  einer 
ßinreidjenben  Stiftung  geebnet  fcßienen.  Jie  SBürgermeifter,  Schöffen  unb  ber  fRat 
„mit  feinen  150  9Ritgtiebern"  hatten  am  Samstag,  ben  7.  Slpril,  „jur  großen  93e= 
ftürgung  ber  fßroteftanten,  meldje  mäßrenb  ber  Sißuug  in  feßr  großer  3oßf  braußen 
auf  bem  fßtaße  geftanben  hatten",  einftimmig  befcfjloffen,  junädjft  ben  ^efuiten  bie 
günftig  unb  gefunb  gelegene  SBoßnung  beS  geächteten  33ürgermeifterS  ßodjtt,  in 
metdjer  biefelben  fdjon  bamatS  mohnten,  fomie  für  bie  Sdjuten  baS  fRadjbarßauS, 
„3um  großen  53od"  genannt,  metcßeS  innerhalb  brei  bis  oier  Qaßren  getauft  merben 
füllte,  als  Eigentum  ju  übergeben.  Jann  brachte  idj  auch,  f°  berichtete  SSadjtenbond 
nach  Süttid),  bie  33eftimmung  oont  oorigen  3ahr  Su  wonach  bie  3efllden 
unfähig  mären,  irgenbmetcße  Scßenfungen,  Segate,  Jeftamente  ufm.  a^uneßmen4. 
dcur  fonnte  ich  nicht  erreicfjen,  baß  ber  fRat  fi<h  üerpftidjtete,  ben  3ufd)uß  auf  emige 
3eiten  3u  3aßlen 5 * * * * *.  Qebod)  oerficßerten  fie  mir,  baß  menn  bie  Bürger  erft  einmal 
feßen  mürben,  maS  ©uteS  burcß  baS  £’odeg  geleiftet  mürbe,  eS  ißnen  nicßt  fcßmer 
fei,  bieS  unb  maS  man  nur  mode,  3U  erreidjen.  JaS  einsige  ift  nun,  baß  ber  OrbenS« 
general  baS  Anerbieten  annimmt,  moran  ber  Superior  P,  JßoüarbuS  freilich  3roeifett. 

Aquaüiüa  seigte  fid)  jebocß  entgegenfommenb.  @r  fdjrieb  am  16. 3uui  1601  an  ben 
^ßroöingial  Jßeob.  23ufaeuS:  ©S  freut  uitS,  baß  ber  Aachener  fRat  bie  bisherigen, 
fo  ßarten  23ebingungen  ßat  faden  taffen,  freilich  ift  eS  menig,  maS  3um  Unterhalt 
ber  Unfrigen  geboten  mirb;  bod)  ift  baS  nicßt  Scßidb  ber  Stabt,  fonbern  ber  traurigen 
3eitüerßättniffe.  Ja  mir  nun  üon  Anfang  an  oerfprocßen  haben,  unferfeitS  adeS 


1  *  Crig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

2  Sgl.  Sb  I,  <S.  413  ff. 

3  gür  baS  golgenbe  ügl.  auffer  ben  in  Sb  I 

genannten  Quellen  *Historia  coli.  Aquensis 

non  P.  Sambert  bu  GfjaSteau  im  ©tabtarcbio 

hon  Köln.  Über  itjreit  Slert  f.  grip,  ®a-’ 

ütacpener  Sefuitengt)tnttafium  (190(3)  3.  (Sine 

fördere  *Historia  coli.  Aquisgr.  bis  1626  in 
9tom,  <StaatSard)iü,  Jes.  Coli.  4.  gerner  * 
rid)te  SBacptenboncfS,  Slacbett,  9.  2lpril  [1601], 
Original  in  Rhen.  inf.  Fund.  I  19,  unb  beit 

*  iRatSbefcbtufj  Dont  7.  Slprit  1601,  beglaubigte 

Abfdjrift  ebb.  11  ff.  SBefjling,  Stonfeffioneüe 

Unruhen  in  Aachen  (1905)  5  ff. 


4  Stguaoina  nennt  in  feinem  Sriefe  oont 
30.  9?ou.  1600  biefe  Sebingungeit  graves  et 
ignominia  quadam  aspersas  unb  fügt  bann  in 
einem  fpäteren Sriefe,  üom  6.  San.  1601,  nod)  bei : 
Hoc  sublato  obstaculo  (b.  i.  jene  Sebingungeit) 
dabimus  operam,  ut  cives  nostram  in  eos  pro- 
pensionem  experiantur ,  intelligantque  nos 
eius  urbis  fructum  et  auxilium  omnibus  com- 
modis  nostris  anteposuisse.  Orig.=9teg.  Ad 
Rben. 

6  (SS  mar  bie  (Srgänsung  ber  700  Srabanter 
©ulben,  metcpe  baS  Stapitel  beS  SRunfterS  ben 
Sefuiten  jätfrlid)  ju  ^aplen  fiel)  üerpfliebtet  fjatte, 
auf  1000  2(ac^ener  Jaler ;  ügl.  g-  r  i  fc  a.  a.  0. 15. 


76 


ßrociteS  Äapitel.  $ie  niebcrrfjeinifcfje  Skoninj. 


ju  tun,  um  ber  ©tabt  ju  Reifen,  jo  müjfen  mir  jept  bie  gemünzten  ©deuten  mof)I 
eröffnen.  '©m.  §odjmürben  motten  beShatb  biefen  |jerbft  beginnen  taffen,  unb  jmar 
mit  brei  Staffen;  benn  mit  meniger  fann  man  mof)t  faum  anfangen1. 

Stnfang  ©eptember  1601  taten  fich  atfo  in  Stachen  bie  erfefjnten  ©cfjuten  auf, 
aber  nur  acht  ©cfiiiter  erfcf)ienen.  Sodj  bon  Sag  ju  Sag  ftieg  ifjre  Qaty,  fo  baff 
am  ©nbe  beS  Schuljahres  ficf>  gegen  200  ©djiiter  in  ben  brei  Staffen  gefammett 
hatten2.  ©S  maren  bie  ©üt)ne  beS  SlbetS  unb  ber  erften  Familien  aus  Stadien  unb 
ben  umtiegenben  ©täbten;  felbft  fünf  proteftantifdje  ©d^üter  Ratten  ficfj  eingefunben, 
beren  ßa^t  in  ber  gotge  noch  juna^m.  SttS  man  im  £>erbft  1602  ju  nicht  ge¬ 
ringer  ©enugtuung  beS  S'tateS  unb  beS  SapitetS  bie  bierte  Stoffe  anfügte,  faubten 
aud)  bie  Sominifaner,  Sluguftiner,  Sarmetiten  unb  bie  regulierten  ßf)orf)erren  itjre 
jungen  OrbenSmitgtieber3.  Qmmer  mef)r  f)ob  fid)  bie  üftiebertaffung.  £fm  Satire  1603 
erhielt  fie  ben  9iang  eines  SottegS,  -jperbft  1606  mürbe  bie  bisher  oereinigte  erfte  unb 
jmeüe  ©rammatifftaffe  getrennt  unb  1607  bie  fünfte  Stoffe,  bie  <Rf)etorif,  eröffnet4. 

Sind)  bie  feetforgticfje  STätigfeit  fdjien  einer  gtüdticfjen  ßufunft  entgegenjugeljen. 
Über  fie  berichtete  ber  ^eftor  SftatthäuS  ©djrid  Stnfang  1611:  SSir  hatten  im 
fünfter  ©onm  unb  gefttagS  unb  an  jmei  Söodjentagen  beS  SlbbentS  unb  ber  haften- 
§eit  beutle  Prebigten,  baju  jmei  Satechefen,  eine  in  unferem  Sirchtein  unb  eine  in 
ber  £>auptpfarrfir<he.  Slufjerbem  haben  mir  jmei  ©obatitäten  für  bie  ©djüler  unb 
jmei  für  ©rmadjfene;  üon  tepteren  eine  für  ©ebitbete  unb  eine  für  bie  gemöhntichen 
Seute.  3U  att  biefem  fittb  mir  f'ontrafttid)  nicht  berpftidjtet,  jebod)  merben  bie 
prebigten  im  fünfter  oom  Sapitet  üertangt.  Sie  Arbeiten  bringen  reidje  grüdjte 
für  ben  97üd)ften5. 

Sie  3aht  &er  3efuüen  betrug  bamatS  jroötf:  fechS  patres,  oier  SJtagiftri  unb 
jmei  Saienbrüber.  Qhre  Sage  in  ber  ©tabt  mar  aber  tro|  ber  günftigen  ©ntmidtung 
ber  SIrbeiten  unficher.  ©chon  im  ^ahre  1608  (5.  Sejember)  hatte  eS  in  einem  ©^reiben 
SlquabibaS  an  ben  9?ettor  P.  SJfuferuS  geheimen:  ©ro^e  ©orgen  machten  mir  bie 
fdjlimmen  Nachrichten  bon  ben  gefahrbroheuben  Umtrieben  unb  Parteiungen  in  ber 
©tabt  unb  baju  bie  gebriidten  93erhättniffe  beS  SottegS.  ltnfere  einzige  ©tiitje  ift 
bie  göttticfje  SSorfehung,  unb  idj  hoffe  auch,  baff  bie  93ereitmitligteit  ber  tlnfrigen, 
atteS  für  ©hriftuS  3U  leiben,  fomie  ißefdjeibenfjeit,  Semut  unb  ©ebulb,  mie  fie  jeber 
OrbenSmamt  haben  fott,  einerfeitS  fich  bor  bem  aufrührerifdjen  Söefen  unb  Treiben 
ber  bortigen  Proteftanten  nicht  fürchten,  anberfeitS  aber  bie  Stbneigung  ber  Pfarrer 
unb  anberer  Seute,  fo  ©ott  mitt,  entmeber  in  ßuneigung  bermanbetn  ober  bod) 
menigftenS  alle  SluSbrüche  bon  §afj  unb  Neib  unfchäbtich  machen 6.  ©in  brotjenber 
Stufftanb  mar  bamatS  noch  gtüdtidj  gebämpft  morben7.  $m  Qat)re  1611  aber  füllte 
baS  im  ftitten  meiter  gtimmenbe  geuer  ptöhtidj  in  h ette  stammen  auffchtagen8. 

Stm  5.  Quti  hatte  ber  SJtagiftrat  fechS  gefangenen  Proteftauten,  metche  fich  hartnädig 
meigerten,  megen  beS  berbotenen  „SluStaufenS"  eine  ©etbftrafe  31t  ertegen,  StuSmeifung 
au§  ber  ©tabt  angebroht.  daraufhin  brach  nachmittags  4  Uhr  ber  Stufrupr  toS. 
©in  ^aufe  bon  200  SBemaffneten,  bem  fich  ^er  Pöbet  anfdjtofj,  bemächtigte  fich  beS 
SiatljaufeS.  Sie  Sore  unb  ©djtüffet  ber  ©tabt  maren  halb  in  ihrer  ©eroatt.  ©ine 


1  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

2  Litt.  ann.  1601,  635;  1602,  577. 

3  ghb.  1603,  569. 

4  ßbb.  1606,  456;  1607,  727. 

5  *  Catal.  Rhen.  1611,  67.  3$gl.  *  2lqua»iüa 

an  ©djricf,  9.  ^uni  1611.  Crig.=9teg.  Ad  Rhen. 

c  *  0rig.=91eg.  Ad  Rhen.  9tacf)  proteftanti« 

}d)er  Angabe  fotten  um  1611  jroei  drittel  ber 


©tabt  proteftantifd)  getnefen  [ein.  ipelper  in 
3eitfcf)r.  be§  2tacf)ener  ©efct)id)te!berein§  XXV 
(1903)  198  2t.  1.  SBe&Iing,  Äonfefftoneüe 
Unruhen  in  ?tad)en  89. 

7  *  Litt.  ann.  1608,  491  f ;  9Mbere§  bei  SB  e  &• 
li ng  a.  a.  0.  13  ff. 

8  2>a3  golgenbe  nacf)  bem  eingetjenben  33e- 
richte  *  Litt.  ann.  1611.  (Sin  italienifdjer  unb 


Kollegien:  2Iacf)en. 


77 


töifbe  DIotte  mätgte  fid)  gegen  ba§  ®otteg.  Srei  ins  Kolleg  gurüdfeßrenbe  ^efuiten 
retteten  nur  mit  fnapper  DIot  ißr  Sebeit ;  bie  im  föotteg  aber  fürchteten  ba§  Scßtimmfte, 
felbft  at§  fid)  ber  ^aufe  beim  Sunfetroerben  roieber  nertief .  Sie  ^Befürchtungen 
maren  nicht  oßne  ©runb.  Senn  taum  graute  ber  borgen  —  e§  mar  gegen  3  üf)r  — , 
al§  fid)  bie  Slufrüßrer  non  neuem  oor  bem  Kolleg  fammetten.  Sie  Qefuiten  erhoben 
fich  fchneE  non  ißrem  Säger,  um  ficß  auf  ben  Sob  üorgubereiten.  ©erabe  empfingen 
fie  in  ber  ®ird)e  bie  heilige  Kommunion,  ba  gärten  fie  brößnenbe  Stöße  unb  Sdjtäge 
auf  bie  fcßmere  föottegSpforte  nieberfatten.  Sange  tonnte  bie  Pforte  nicht  miberfteßen. 
ÜDIan  mottte  fid)  besßatb  ben  geinben  freimütig  übergeben,  modjte  fommen,  maS  ba 
mottte.  Sa§  Sor  mürbe  atfo  —  e§  mar  gegen  5  Ut)r  —  geöffnet,  unb  fofort  brangen 
bie  ©mpörer  ein,  nahmen  bie  ^efuiten  in  ber  $ircße  —  e§  maren  neun  —  gefangen 
unb  führten  fie  unter  lautem  ©efdjrei  unb  ©efpött  gum  DlatßauS,  mäßrenb  bas 
$otteg  fand  ber  ®ird)e  geptünbert  unb  üermüftet  mürbe.  Sie  Qefuiten  fdjroebten 
gmifdjen  Seben  unb  Sob,  ben  gangen  Sag  mürben  fie  oerf)öf)nt  unb  mißßanbett. 
©rft  gegen  Stbeub  gelang  e§  einigen  angefeßenen  unb  einflußreichen  ß’atßotifen 
unb  einfichtigen  ^roteftanten,  fie  in  ber  Sedfanei  in  Sicherheit  gu  bringen.  Sort 
blieben  fie  fünf  ÜUtonate  lang  gteidjfam  in  freier  (paft,  bis  ber  fraugöfifeße  ©efanbte 
SBieuöiIXe,  metchen  bie  ßönigimDtegentin  SJiaria  0.  üdtebici,  bie  ©emaf)tin  be§  ermorbeten 
Heinrich  IV.  tion  granfreieß,  fchon  im  September  gu  güttidjer  Vermittlung  nad) 
Stachen  gefanbt  hatte,  fie  im  Segember  in  feiertid)em  $uge  in§  fö'otteg  gurüdfüßrte, 
unter  ^roteft  ber  ^efuiten,  meteße  au§  einem  berartigen  ©ingreifen  bie  fdjmerften 
Diacßteite  fürchteten  K 

©egenüber  ben  ^roteftanten,  metdje  bie  fid)  einmifeßenben  fran§öfifchen  ©e= 
fanbten  fefttief)  empfingen,  fdfreibt  ein  Stad)ener  ©efdjicßtSforftfjer :  „©§  ift  beftagen§> 
mert,  baß  gu  jener  3eit  bie  Qefuiten  bie  einzigen  in  Stachen  maren,  metche  ber 
©inmifeßung  ber  ffranjofen  miberfprachen.  Sie  miefen  bie  ihnen  oon  ben  gram 
gofen  angebotene  Söoßttat  gurüd,  inbent  fie  an  baSjenige  erinnerten,  maS  fie  als 
Seutfdje  bem  beutfehen  Äaifer  feßutbig  feien."2  Ser  Hergang  mar  fotgenber:  Stm 
5.  Segember  1611  oormittagS  erfchien  Vieuoitte  in  ber  Sedjanei,  unb  nad)bem  er 
ben  Qefuiten  über  bie  Sorgfalt  feiner  Königin  unb  über  feinen  eigenen  ©ifer  für 
ihre  ©efeltfdjaft  eine  lange  Diebe  gehalten,  erfliirte  er,  baß  er  entfcßloffen  fei,  fie  gu 
reftituieren.  Ser  Dteftor  ÜDtattßäuS  Scßrid  aber  ermtberte,  er  müffe  ba§  Stnerbieten 
ber  grangofen  abteßnen,  bie  gefuiteit  mottten  nur  bureß  faifertid)e§  SJIanbat  reftituiert 
merben;  ma§  bie  grangofen  beabfid)tigten,  fei  ein  ©ingriff  in  bie  Dtecßte  be§  ÄaiferS, 
ber  e§  mit  Dtecßt  übet  aufneßmen  mürbe,  menn  in  einer  feinem  $epter  untergebenen 
Stabt  bie  ^efuiten  burd)  eine  anbere  Slutorität  als  bie  feinige  in  ißr  ©igentum  mieber 
eingefeßt  mürben;  ber  SDIarquiS  möge  felbft  ermeffeit,  maS  feine  Königin  fagen 
mürbe,  menn  in  granfreid)  ber  beutfdje  $aifer  burdß  feinen  33otfd)after  baSjenige 
oorneßmen  ließe,  raaS  jeßt  fran^öfifche  ©efanbte  in  einer  beutfdjen  Stabt  unternehmen 
mottten;  enblid)  hatten  fie,  bie  gefuiten,  aueß  nießt  bie  SBefugniS,  oßne  ©inmiltigung 
ihrer  Obern  ein  fotdjeS  Stnerbieten  mie  baS  beS  9)IarcptiS  anguneßmen;  man  möge 
ißnen  atfo  ertauben,  bei  benfetben  in  einer  fo  mießtigen  Sacße  angufragen;  motte  man 
baS  nid)t  tun,  fo  mürben  fie  eS  für  eine  mirttieße  SBoßttat  anfeßen,  menn  man  fie 
gum  Sore  ßinauSraanbern  ließe.  Ser  ÜÖIarquiS  erftärte  aber,  menn  bie  ^efutten 


franpfifeber  *  S8ericf)t,  fotnie  ber  93rief  be3 
P.  ©djrid  barüber  an  2(quaoiüa,  fDIaaStridjt, 
25.  Quli  1611,  in  Docum.  hist.  Prov.  Rhen, 
«gl.  SRobpiuS,  Sladjener  Gßronif  II  (1632) 
217  ff;  SDtetjer,  2Iad)enfcf)e  ®efd)id)te  I  (1781) 
549  ff. 


1  «gl.  Sßefjling  a.  a.  0.  59  ff  80  f ;  fßelper 
a.  a.  D.  199  ff. 

2  o.  gürtl),  Beiträge  pr  ©efd)id)te  ber 
ülacfjener  «atriäierfamilien  II  (1882)  85  21.  1. 
«gl.  ben  «eriefjt  be3  branbenburgifefjen 
niiffar^  Sangenberg  101. 


78  3meitc§  Äapitet.  Sie  nieberrbeiuifdbe  ^rotnnj. 

fidj  nidjt  gütlid)  ing  Kolleg  guriidbringeit  laffen  sollten,  fo  merbe  eg  mit  3roattg 
gefcßeßen.  hierauf  ließ  berfelbe  einen  Sagen  ßerbeifommen,  unb  ba  ber  ffteftor 
©cßrid  nidjt  gutmillig  einfteigen  modte,  fo  gog  er  ißn  mit  ©emalt  gum  Sagen,  unb 
bort  ftießen  bie  Sebientcn  beg  SRarquig  ben  91eftor  in  ben  fRiicfen,  baß  er  gum 
Sagen  ßineinftiirgte.  2llg  bie  umfteßenben  fatfjolifcfjen  Sürger  bieg  faßen,  mürben 
fie  fo  aufgebradjt,  baß  eg  unfehlbar  gu  Sätlicß feiten  gegen  bie  grangofen  gefontmen 
raiire,  menn  nidjt  ©djrid  aitg  bem  Sagen  ßeraug  bem  Solfe  gugerebet  ßätte,  fie 
möchten  einßalten  unb  eine  fo  böfe  ©acße  nicßt  nodj  fcßlimmer  madjen.  gugleidj 
rief  er  aber  aucß,  er  mode  fie  baran  erinnern,  baß  bie  ^efuiten  nidjt  ifjrem  Sillen 
gemäß  guriidgefüßrt  mürben.  ®er  ^jSater  f^Iabin^  miberfeßte  ficfj  nocß  ßeftiger  alg 
©cßrid,  mürbe  aber  audj  mit  nocß  größerer  ^eftigfeit  in  ben  Sagen  ßineingeftoßen. 
3mei  anbere  ^efititen  ftiegen  jeßt  auf  ©eßeiß  beg  fReftorg  gutmillig  in  ben  Sagen, 
unb  eg  mürbe  fein  fernerer  Siberftanb  meßr  geleiftet1. 

®ag  ftarfmütige  Seneßmen  ber  Qefniten  fanb  fiele  2lnerfennung.  ©djon  am 
27.  2luguft  1611  fjatte  ber  Orbenggeneral  bem  fReftor  ©cßrid,  ber  gmar  felbft  an 
bem  Unglüdgtage  öerreift  geroefen  mar,  gefdf;rieben :  ©g  ßat  ung  fefjr  gefreut,  baß 
bie  Unfrigen  bei  bem  Überfall  ficß  fo  bereitroillig  unb  freubig  bargeboten  fjaben,  ben 
7tob  für  ©otteg  ©ad)e  gu  erbulben2.  Son  ber  2(acßener  Söürgerfcfjaft  aber  bericfjten 
bie  Qefuiten  ©nbe  1611:  ®ag  2lnfeßen  unferer  ©efellfdjaft  ift  in  biefer  furgeit  3eit 
burcß  unfer  gebulbigeg  Seiben  meßr  gemacßfen  alg  in  allen  früheren  Qa^ren  gu* 
famnten.  Vieler  bergen  finb  mie  umgemanbelt,  unb  ißr  Soßlrooden  gegen  ung  be* 
ginnt  aucß  fdjon,  ficfj  in  Soßltaten  gu  geigen3.  2llg  ber  Kölner  Äurfiirft  gerbiitanb 
am  19.  Sluguft  1612  bem  süaßfte  bie  bebroßte  Sage  2ladjeng  unb  bie  9cot  ber  ^efuiten 
melbete  unb  für  leßtere  bie  Übermeifung  eineg  ^ofpitaliterßaufeg  in  SRaagtricßt  er» 
bat,  fügte  er  bei:  £roßbem  ßaben  bie  Qefuiten  ißre  Arbeiten  fortgefeßt  unb  fogar 
unter  Sebenggefaßr  mitten  im  tobenben  2lufftanb,  unb  gmar  nidjt  oßne  grucßt,  ba 
felbft  in  ben  großen  Sibermärtigfeiten  fein  eingiger  ßatßolif  oon  Sebeutung  gu 
ben  ©egnern,  bie  bereitg  bie  £>errfdjaft  mit  ©emalt  an  ficß  geriffen  ßaben,  über* 
gegangen  ift4. 

®ie  proteftantifdjen  2lufrüßrer  fjatten  fdjon  halb  nadj  ber  2at  ißr  ünrecßt  ein* 
geftanben  unb  bei  ben  eingeleiteten  Serßanblungen  nocß  öor  ber  tatfäcßlidjen  fRiid* 
füßrung  ber  ^efuiten  in  ißr  $odeg  offen  erflärt,  biefelben  follten  mieber  in  ißr  Kolleg 
gurüdgefüßrt  merben  unb  in  ißrem  Sirfen  ungeftört  bleiben  unb  alleg  mieber  er* 
ßalten,  mag  ißuen  entfrembet  morben  fei5. 

9cadj  ber  9fiidfeßr  ing  $odeg  naßmen  bie  Qefuiten,  obgleicß  bie  ©tabt  nodj 
in  ber  ©emalt  ber  2lufrüßrer  mar,  ungefäumt  ißre  friißere  Xätigfeit  mieber  auf. 
$aum  mar  im  Sluguft  1614  bem  faiferlidjen  ©trafurteil  enblicß  burdj  ben  fpanifdjen 
fyelbßerrn  ©ßinola  ©eltung  oerfcßafft  unb  ber  fatßolifdje  SRagiftrat  mieber  eingefeßt 
morben,  begann  ber  uitermüblicße  Sieftor  ©djrid  troß  ber  ÜRotlage  ben  Sau  eineg 
neuen  ©ßmnafiumg  unb  halb  barauf  audj  ben  Sau  einer  neuen  Üdrcße.  Qn  ben 
erften  3a*)ren  ßatten  bie  3efuiten  ben  ©ottegbienft  für  ißre  ©cfjüfer  im  SRiinfter, 
bann  feit  Snbe  1607  in  einer  mit  einem  Stufmanb  öoit  naßegu  2000Xa(ern  neu  erbauten 
^aßede  geßalten.  3m  3anuar  1617  fanbte  ©cßrid  bie  Sittmürfe  für  eine  neue 
größere  St'ircße  nad;  3fom.  21m  28.  SOiai  1618  mürbe  ber  ©runbftein  gelegt,  am 


1  0.  giirtf),  ^Beiträge  II  88  f. 

2  *£rig.*9{eg.  Ad  Rhen. 

3  *  Litt.  ann.  1611. 

1  *  Original  in  Barb.  Lat.  6S73,  f.  9.  Unter 

bemfelben  Saturn  fdjrieb  gerbinanb  an  ®ar* 


binal  Sorgljefe  über  bie  Qefuiten  in  Stachen: 
Sustinent  in  ea  rem  catholicam  cum  mani¬ 
feste»  vitae  discrimine  patres  societatis  Iesu. 
Arcli.  Vatic  ,  Lettere  dei  Principi  56  A. 

5  Sßefjting,  Sonfeff.  Unruhen  41  57  68. 


Äoüegien:  2lad)en. 


79 


16.  äftai  1627  ber  erfte  ©ottegbienft  barin  gepalten1.  2fm  10.  Sfuguft  1628  be-- 
ricf;tete  ber  Kölner  ütfuntiug  (Sarafa  nacp  )Kom,  bap  er  am  6.  2luguft  für  bie  $e= 
fuiten  in  Slawen  eine  ®irdje  fonfefriert,  nnb  ermähnt  babei  mit  Sob  bie  grömmigfeit 
ber  2facpener  ^at^olifen,  bie  mit  fo  großem  Gsifer  unb  in  fo  großer  $apf  bie  ^eiligen 
Saframente  empfangen2.  ®er  9facpener  Gpronift  9ioppiug  mefbet  1632  non  ber 
Äirdje:  „f£)iefelbige  ift  jimblid;  grop  unb  fcpön  oermölbet,  pat  jmo  £>aupttpüren,  unb 
an  jeber  Spüren  fteinerne  Stiegen  ju  ber  (pocp  ftircpen,  mefcpe  gfeicpfafg  groepmaf  über 
eiitanber  öermüfbet.  Sie  ©aferepen  ber  (pocp  &'ircpen  fetjnb  non  meiffen  auggepamenen 
Steinen  unb  bie  Seiften  oben  barüber  non  blam  polirten  ÜDfarmor.  Sie  ®ird)  pat 
aucp  brep  Slftär,  barob  jepunb  ber  fRapt  ben  £)Open  2Iftar  bamen  fäpt,  bie  genftern 
aber  pabeit  fein  ©emäpft  innen,  fonbern  fepnb  nur  oon  runbeit  granffurter  Scheiben, 
ba§  ^3flafter  Oon  meiffen  Setfcpamer  Steinen."3 

^m  ^apre  1641  mürbe  an  bie  ®ircpe  eine  Sorpaffe  unb  1647  eine  $|ofeppg< 
fapelle  angebaut.  Obgfeicp  bie  Sfacpener  itirdje,  mefdje  mie  bie  frühere  Ä'apeffe  bent 
pf.  Sfticpaef  gemeipt  mar,  oiel  Heiner  ift  af§  bie  Kölner  Qefuitenfircpe,  geigt  fie  bocp 
immerpin  eine  Sänge  oon  42  m,  eine  Söreite  oon  faft  21  m,  mäprenb  ipre  £>öpe 
nur  gegen  16  m  beträgt.  Ser  Slupenbau  ift  tnepr  afg  fdjficpt  unb  geigt  menig 
SSecpfef.  Surd)  bie  Söeiträumigfeit  mirft  bag  innere  ber  ®ircpe  trop  ber  9?iebrigfeit 
impofant.  Ser  Stil  ift  eine  SfRifcpung  oon  Spätgotif  unb  9ienaiffance,  bocp  miegen 
bie  gotifcpen  Seftanbteife  fo  oor,  bap'  bie  ®ircpe  ben  gotifcpen  ^ircpenbauten  beigegäplt 
merben  muff.  „Sei  allen  ÜRängefn  ift  fie  nocp  ein  redjt  anfpredjenber  unb  ftimmungg' 
Doffer,  jebenfaffg  aber  ein  eminent  praftifdp  eingerichteter  Sau."4 

Sie  Sdpulen  napmen  nacp  ber  Überfiebefung  in  bag  neue  ©pmnafium  (12.  Sftooember 
1616),  beffen  Sau  ber  9ieftor  „mit  Sermunberung  ber  ganpen  Statt  gefcpminb  unb 
eifenbg  in  einem  ^apr  (1615 — 1616)  aupfüprte" 5,  einen  neuen  Sluffcpmung.  Sa  icp 
pöre,  fo  fcprieb  am  26.  Januar  1619  ber  Drbenggeneral  an  ben  fHeftor  Scprid, 
bap  bie  bortigen  Scpufen  oon  einer  augerfefenen  ^ugenb  befudjt  merben,  fo  bebauere 
icp  fepr,  bap  bort  nidpt  in  jeber  £>infitf)t  tiidjtige  Seprer  angefteüt  finb.  @m.  (pocpmürben 
mollen  balbmögficpft  ben  P.  ^3rooingiat  baooit  in  Äenntnig  fepen  —  mag  icp  übrigeng 
and}  felbft  bei  näcpfter  ©efegenpeit  nicht  oerfäumen  merbe  — ,  bamit  für  bag  2öopf 
biefer  jungen  Seute  unb  aucp  für  ben  9ruf  ber  Scpufe  gut  geforgtfei6.  Sie  Sürger 
2(adjeng  felbft  maren  mit  ben  Seiftungen  beg  ©pmnafiumg  fepr  gufrieben.  Senn  afg 
ber  9iat  am  4.  September  1626  auf  bie  Sitte  beg  Üieftorg  ©ogmin  Stiefel  ben  jäpr= 
liepen  ©elbjufcpup  enblicp  für  emigeßeit  feftfepte,  fügte  er  afg  ©runb  bei,  „bap  bie^atreg 
big  anpero  mit  ^nftruirung  ber  Qugenb  oiel  ©utg  unb  ÜRupeng  in  biefer  Stabt 
gefepaffet"  pätten7.  2ludj  ber  Sreipigjäprige  ®rieg  oermodjte  in  feiner  erften  ^älfte 
bieg  Slüpen  nidjt  ju  fcpäbigen.  Srop  ber  traurigen  unb  unrupigen  ßeiten,  berichten 
bie  ^efuiten  ©nbe  1633 8,  napmen  bie  Scpufen  berartig  ju,  bap  bie  91petorif  nocp 
nie  fo  oiefe  Scpüfer  (50)  gegäplt  pat.  Unb  §mei  Qapre  fpäter,  im  Qapre  1635, 
belief  fiep  ungeaeptet  ber  ^Seft  bie  ©efarntjapf  ber  Scpüfer  immer  nocp  auf  320. 
©rft  jept  begannen  bie  Sdjufen  burd)  $rieg  unb  anftedenbe  fö'ranfpeiten  bauernb  ju 


1  93  raun,  Sie  firdjenbauten  ber  beutfepen 
Sefuitcit  I  105  ff.  ©  d)  e  i  n ,  ©efd).  ber  Sefuitem 
fird)e  pm  1)1.  SRicpael  in  91  ad) eit  (1884)  16  ff. 
3in  9tom  niad)te  man  ernfte  ©djmierigfeiten, 
weil  bie  9ftittel  fehlten.  *  35itelIeSd)i  att  ©opper, 
29.  Sej.  1620;  an  ©djrid,  27.  gebr.  1621. 
©rig.>9ieg.  Ad  Rhen. 

2  *  Original  im  Arch.  Vatic.,  Nunz.  di  Colon, 

arm.  I,  vol.  X.  ©ine  ®opie  in  Barb.  Lat.  6201. 


8  SfoppiuS,  2fad)ener  Sfjronif  I  (1632)  93. 

4  93  raun  a.  a.  D.  I  121. 

5  91  o  p  p  i  u  §  a.  a.  0.  I  92. 

6  *  0rig.=9ieg.  Ad  Rhen. 

1  Reiften b erg  1  Mantissa  139  f.  ffrrij?, 
2>a3  2lad)ener  Sefuitengpmnafium  17. 

8  *  Litt.  ann.  1633  (Hist.  Rhen.  inf.  II, 
5,  20). 


80 


3roeite§  Kapitel.  $>ie  nieberrbeiniidje  93roüins. 


feiben.  ©egen  (Enbe  be§  Krieges  jebocfi  f)oben  fie  fid)  tnieber.  ^m  3a^)re  1649 
mar  bie  ©djülerjafd  non  neuem  bis  auf  300  geftiegen. 

Sine  größere  (Entraidlung  Ratten  injmifcfjen  bie  feelforglidjen  Arbeiten  genommen. 
SDie  3al)l  ber  in  ber  ©eelforge  tätigen  patres  fjatte  ficf)  im  ^afjre  1634  gegenüber 
bem  Qaf)re  1614  mefjr  als  oerfünffac^t.  (ES  lebten  biefeS  Qalfr,  fo  lautet  ber  über= 
ficfjtlidfe  23crid)t  über  ßafjl  unb  Stätigfeit  ber  2lad)ener  ^efuiten  im  Qaf)re  1634, 
l)ier  im  ganzen  unfer  26:  11  ^riefter,  8  ÜD?agiftri  unb  7  Saienbrüber.  2)aS 
gelb  ber  S£ötigfeit  bilben  bie  5  ©djulflaffen,  bann  8  ©obalitäten,  4  Katedjefen  in 
ber  ©tabt  unb  eine  in  ber  Sorftabt,  2  ißrebigten  (im  fünfter  unb  in  unferer 
Kircfje),  2  Slnfpradfen  in  grauenflöftern,  ba^u  bie  Uranien  in  ber  ©tabt  unb  in  ben 
Hofpitälern,  ferner  bie  ©efängniffe  unb  fcfjliefjlidj  bie  fonftigen  Arbeiten  in  |mu§ 
unb  Kird)e.  Sllljälirlid)  neranftalten  mir  brei  iprojeffionen :  eine  am  ©rünbonnerStag 
burcf)  bie  ©tabt,  bie  jmeitc  am  Stage  oor  ©t  Slnna  nad)  SDüreit  unb  bie  britte  am 
geft  ber  1)11.  Cornelius  unb  (Etjprian  (16.  ©eptember)  nad)  Kornelimünfter.  SDiefeS 
gafjr  aber  gelten  mir  megen  ber  Sebrängniffe  ber  ©tabt  (inSbefonbere  megen  ber 
mütenben  ißeft)  nod)  eine  oierte  ju  ben  Häuptlingen  ber  ©tabt  am  gefte  ^5eter  unb 
^aul  bei  ©elegenfjeit  beS  gubiläuntS.  @ie  füllte  jmar  nur  üon  ben  ©obalitäten 
unb  ben  ©djullinbent,  Knaben  unb  äRäbdfen,  oeranftaltet  merben;  eS  naljm  aber 
ber  gefamte  ©tabtrat  unb  eine  gemaltige  Sollsmenge  baran  teil.  ®ie  ber  gadeü 
träger  unb  jener,  melcfje  babei  SDarfteüungen  non  ißerfonen  unb  Segebenfjeiten  aus 
ber  Heiligen  ©cfjrift  unb  bem  Seben  ber  Heiligen  trugen,  mar  fo  grofj  mie  nie  jubor1. 

2luS  biefer  bielfeitigen  unb  umfangreichen  Xätigfeit,  bie  fid)  auf  immer  meitere  Greife 
auSbefjnte,  auS  ben  bielen  religiöfen  Seranftaltungen  unb  bem  gubrange  beS  SolfeS 
babei  lüfjt  fid)  in  etma  ein  ©djlufj  gieren  auf  bie  SÜBirlungen  unb  grüdjte  ber  feel= 
forglidjen  Söirffamleit  beS  Kollegs.  SDie  gaf)l  ber  Kommunionen  in  ber  gefuiten» 
fircfje,  bon  ben  meit  jafjlreidferen  Seidjten  ju  fdpoeigen,  belief  fid)  im  .gafjre  1647 
auf  über  22000  unb  flieg  im  folgenben  gaf)re  auf  über  25 000 2.  $D?it  grofjent 
Strofte  erfüllten  mid),  fo  fcfjrieb  am  25.  gebruar  1645  ber  ©eneralüifar  P.  ©angriuS 
an  ben  Seltor  £efjm,  bie  Sadjridjten  bon  beit  (Erfolgen  unfer  Arbeiten,  bem  aufeer» 
orbentlicpen  2Sol)ImolIen  ber  Sürgerfdjaft  unb  ber  OrbenSjudjt  im  Kolleg,  greilid) 
fel)e  icf)  aucf)  mit  tiefem  Sebauern,  fo  fügte  er  fjinju,  bafj  bie  geitlicfje  Sotlage  bort 
eine  roaljre  ©d)ule  ber  ©ebulb  für  bie  Unfrigen  ift.  ©ebe  ©ott,  baff  alle  babei  ben 
9Jfut  bemalten  unb  fid)  nicf)t  nieberbrüden  taffen3.  — 

SDie  gerriitteten  Serfjältniffe  am  H°fe  <3U  ^üfielborf  Hatten  ber  bärtigen  fegenS- 
reichen  Stätigleit  beS  P.  9Jfid)ael  ein  friilfeS  (Enbe  bereitet4.  ®ie  erften  ^efuiten, 
melcfje  im  17.  gaf)rl)unbert  mieber  in  SDüffelborf  längere  geit  mirlten,  21nton  SBelfer 
unb  gafob  Seiljing,  maren  ^rebiger  unb  Seidjtöäter  am  H°fe  ^  ^falggrafen 
Söolfgang  SBil^elnt  non  Seuburg,  ber  im  gafjre  1613  am  19.  guli  ^u  SOtüncfjen 
jur  fatljolifdfen  Kirdje  übergetreten  mar5,  im  Sooember  fid)  mit  ber  baprifd)en 


1  *  Litt.  ann.  1684.  Sm  Sabre  1639  lrar  bie 
3af)l  ber  ißrebigten  3 :  im  SQtiinfter,  ©t  2tbalbert 
unb  in  ber  eigenen  Kircpe ;  bie  ber  Katedjefen  6 : 
in  ©t  Soiflan,  ©t  Slbatbert,  ©t  Satob,  ©t  $tgi= 
biu§,  in  ber  eigenen  Kirdje  unb  in  i£)t>rn ;  bie  ber 
ütnfpradjen  in  grauentiöftern  4:  in  ©t  Seotv 
Ijarb,  in  9)tariental,  im  9ionnenfiofter  ju  93urt= 
fdjeib  unb  im  KranfenfjauS.  *  Catal.  Rhen, 
inf.  1639,  13;  ngl.  grip  a.  a.  ö.  45  f. 

2  *  Litt  ann.  1647,  164S. 

3  *  Orig.=9ieg.  Ad  Rhen.  inf.  2)ie  3abl  ber 

Sefuiteu  roudjS  immer  meljr.  Sm  Sabre  1650 

maren  e§  29:  13  ißriefter,  5  9)iagiftri,  4  ©djo- 


laftifer  unb  7  Saienbriiber.  —  i£ie  Obern  maren : 
£ubm.  3iboDarbu§  (©uperior),  1601;  ißet.  ©iufer 
(9(lbenljoiien),  1603;  SOlattf).  ©djrid,  1609;  @. 
9tidei,  1622;  Sab-  ®iten,  1629;  jfpeob.  2>ul= 
man,  1636;  ©ottfr.  Otterftebt,  1638;  Dtifol. 
Sefjm,  1645;  Sab-  Senren,  1646;  Sab-  Gronem 
bürg,  1650. 

4  Sgl.  93b  I,  ©.  151  f. 

5  3)er  ^faljgraf  Ijatte  au$  poiitifdjen  ©riin= 
ben  beit  Übertritt  anfangs  nodj  getjeim  gehalten. 
Grft  am  25.  9Kai  1614  madjte  er  itjn  ju  SDüffeh 
borf  befannt.  Söotf,  ©efdj.  SKafimilianS  I. 
III  (1809)  528  ff. 


Sleuc  Sliebetlaffungcn:  SDüffelborf. 


81 


ißrinjeffin  fDiagbalena,  ber  ©cpmefter  ^erjog  9Ra£imiIian§  II.,  öermäplt  unb  im 
SDejember  feinen  £jof  auf  ein  Qapr  nacp  2)üffelborf  neriegt  fjatte.  SBenig  geneptu 
maren  bie  beiben  ^efuiten  beit  branbenburgifcpen  fRöten,  bie  bamal§  —  e§  mar  bie 
Beit  be§  jülicp-fleoifcpeu  (Srbfolgeftreiteso  —  nocf)  gemeinfam  mit  bem  ißfaljgrafen  non 
SDüffelborf  au§  bie  ftrittigen  ©ebiete  regierten,  ©ie  Ratten  fogar,  freilicp  nergebenS, 
bie  (Sntfernung  ber  ^efuiten  nerlangt1. 

SDauernb  begannen  bie  ^efuiten  in  ®üffe!borf  ju  arbeiten,  al§  am  19.  9Rärj  1619 
bie  beiben  s^atre§  ©erparb  Sipp  unb  53ernparb  33ucf)f)oI^  (Sucpolp)  bort  anfamen,  um 
bie  ©rünbung  be§  nom  fßfaljgrafen  geplanten  ®otIeg§  norjubereiten 2.  ®ie  Befuiten 
feilten  ba§  perjoglicpe  ©pmtta* 
fium,  ba§  fog.  Seminarium 
reipublicae,  übernehmen,  ba§, 
im  Bapre  1545  gegrünbet,  unter 
feinem  erften  fReftor  Bopanne» 
äRonpeim  eine  pope  53Iiite  er» 
langt  patte,  bann  aber  mieber 
fcpnell  gurücfgegangen  mar3. 

Bn^mifcpen  aber  maren  bei  bem 
©eneral  23iteße§cpi  Siebenten 
aufgeftiegen,  ba§  SInerbieten 
an^unepmen,  unb  jmar  megett 
ber  9cäpe  ber  ©cpule,  melcpe 
ber  Kölner  ßurfürft  in  fReufj 
erricptet  patte.  (Sr  fcprieb  am 
17.  Oftober  1620  an  beit  fJ3ro» 
ninjial  (Eopper:  93etreff§  ber 
©cpulen  gu  35üffeIborf  fanit  icp 
faunt  beftimmen,  ma§  ju  tun 
ift,  nacpbem  mir  jene  Stntmort 
be3  ®urfürften  non  $öln  ju 
Opren  gefommen  ift.  SSenn 
mir  nicpt  gan^  flug  norangepen, 
fürcpte  icp  gar  fepr,  einen  ber 
beiben  dürften  ju  beleibigen. 

SRacp  reiflicper  Überlegung 
fcpeint  e§  mir  am  geratenften, 
nor  (Sröffnung  ber  ©cpulen 
nocp  einmal  ben  ^urfiirften  ju  fragen,  ob  biefelbe  aucp  feine  Billigung  finbe ; 
benn  bie  ©cpulen  bürfen  opne  feine  ßuftimmung  nicpt  eröffnet  merben.  3^  £)offe 


4'faligraf  Söolfgnng  SBilljelm  oou  Sleuburg. 

©tid)  Oon  SSolfg.  Kilian  (2/3). 


1  Setter,  ©egenreformation  in  SBeftfalen 
III  225.  ©injelbeiten  über  bie  erfte  SBirtfam* 
teit  in  *Hist.  coli.  Neoburg.  1615 — 1619. 
9Jt.=9t.,  Jes.  1951. 

2  Reiffenbergl  512  ff.  Sie  9Soröerf)anb= 
hingen  über  bie  ©rünbung  einer  Seiu4en= 
fdjule  in  Süffelborf  begonnen  1616.  *  Sitten 
barüber  in  Süffelborf,  <3taat§ard)iO,  Süffel* 
borf,  Jes.  1.  Dpne  Oon  biefen  Skrpanblungen 
etroa§  ju  wiffen,  patten  bie  Sreuaperren  in 
ben  Sliebertanben  ben  ißtan  gefaßt,  in  Süffel* 
borf  eine  ©djule  ju  erridjten.  StlS  aber  ber 

®uljr,  ©efctiicljte  bet  Sjefuiten.  II. 


tßfaljgraf  feine  Slbfidjt  in  93etreff  ber  Sefuiten 
mitteitte,  Dergicßtete  ber  ©eneral  ber  Sreuj* 
tjerren,  Slug.  SteeriuS,  inbern  er  am  16.  grebruat 
1620  bem  ißfal^grafen  antwortete:  Quos  (Pa¬ 
tres  S.  J.)  cum  scimus  in  hoc  studio  longis- 
sima  experientia  edoctos  et  nostros  longe 
superare,  qui  etiam  hoc  nomine  ubique  suspi- 
ciuntur  ab  ulteriori  instantia  in  praedicto 
loco  abstineo  et  abstinebo.  *  Sitten  a.  a.  D. 

IO1/.. 

3  ©efd).  ber  Stabt  Süffelborf  (1888)  67  ff 
262  ff.  Sgl.  über  iDtonpeim  33b  I,  6.  678  f. 

6 


82  $tt>eite§  Kapitel.  $ie  nieberrlfeinifcfje  ^rotiinj. 

Zmar,  baff  er  bem  Sßlan  beg  üermanbten  unb  benachbarten  dürften  nicfjt  abgeneigt 
fein  mirb1. 

9?od)  beüor  jebocf)  biefer  Srief  an  feine  SIbreffe  gelangte,  hatte  ber  ßurfürft 
fcfjon  feine  guftimmung  gegeben2,  unb  am  12.  S'ioüember  1620  maren  bie  ©deuten 
mit  fünf  klaffen  in  itjren  alten  Stäumen  unter  großer  geierlicfjfeit  eröffnet  morben3. 
21m  3.  Dftober  1621  fanbte  ber  ißfaljgraf  bie  ©tiftunggurtunbe  üom  14.  2luguft 
1621  mit  ber  93itte  um  21nnaf)me  an  ben  ©eneral4.  ®iefer  nahm  am  20.  Üftoüember 
1621  unter  üielent  ®anfe  bie  ©tiftung  an5.  ®afür  üerfprad)  bann  ber  Sßfa^graf 
am  27.  ®ejember  1621  üon  neuem  feine  bereitmiüige  Unterftütjung 6.  ®ie  ©deuten 
^oben  fiel)  rafdf).  Sie  zeichnen  fief)  aug,  fo  heifü  eg  im  $af)re  1625 7,  burd)  bie 
3af)l  ber  ©cfniter  fomie  ben  ©ifer  unb  bie  g-römmigfeit  berfelben.  ®rieg  unb  Sßeft 
brauten  gmar  ©törungen,  fo  baff  im  $af)re  1633  üon  „geringerer''  ©ctjülerjaf)! 
gefprodjen  mirb8.  SDocf)  fcffeint  bag  ©pmnafium  halb  neuen  Sluffchmung  genommen 
ZU  haben.  Qm  Qalfre  1634  mürbe  bie  ßat)!  ber  bigfjerigen  fünf  Sehrer  um  jmei 
oermehrt,  unb  feefjg  Qahre  fpäter  mirb  berietet:  2)ie  ©djulen  finb,  fotange  mir  fie 
leiten,  nie  fo  ftarf  befudfft  morben9.  Sluctj  fpäter  noch  mirb  üon  meiterem  3umacf)g 
gefprodffen 10. 

Qn  ber  ©tiftunggurlunbe  hatte  ber  fßfalzgraf  für  bie  SSofinung  geforgt.  21  tg  bie 
Qefuiten  am  30.  9JJärj  1619  in  SDüffelborf  angelangt  maren,  Ratten  fie  üortäufige  Stuf« 
nähme  gefunben  bei  einem  atten  Qreunbe  ker  ©efeüfchaft,  X^eobor  Heiftermann,  big 
bie  für  fie  beftimmte  enge  SÖofjnung  eingerichtet  mar.  21m  Slnbreagtag  1621  fonnten 
fie  bag  geräumige  ü.  Offenbroicf)ifcf)e  Sefihtum  beziehen n.  SDen  ©ottegbienft  hielten 
fie  anfangg  in  ber  ^otlegiattirche  SDiariä  Himmelfahrt  (©t  Sambert)  unb  in  ihrer 
HaugfapeÖe,  big  fie  über  bie  eigene  Kirche  üerfügten.  2>er  fßlan  ju  biefer  mürbe 
bereitg  97oüember  1621  nach  Stom  gefanbt  unb  am  5.  Quli  1622  ber  ©runbftein 
gelegt.  2lm  20.  Sluguft  1622  fcfjrieb  ber  ©eneral  an  ben  ©uperior  S3ucf)ol^,  er 
freue  fidf),  bah  ber  ^Slan  beg  Haufeg  unb  ber  Kirche  noch  rechtzeitig  angefommen  fei. 
®a  ber  5ßlan  hier  ein  menig  umgeftattet  morben  unb  auch  in  ®üffe!borf  fo  gebilligt 
mirb,  fo  mögen  @m.  H0(^n)ürben  forgfältig  barauf  achten,  bah  bie  Sßerfteute  beim 
Sau  nicht  baüon  abmeichen 12.  9cadh  üier  Qalfren  mar  man  big  gum  ®ach  gefommen, 
mieber  brei  Qahre  fpäter  fonnte  bie  ^irefje  in  ©ebraucf)  genommen  merben.  25er  eigent» 
liehe  Saumeifter  ber  Kirche  ift  nicht  befannt.  Sauleiter  mar  ber  im  Saumefen  erfahrene 
P.  Qof).  ^achfoniug.  ®ie  Kirche,  bem  hl-  Stnbreag  gemeiht,  ift  ein  breifdfiffiger 
Haüenbau  üon  43  m  Sänge  unb  16  m  Sreite  unb  Höhe-  ®ag  Qnnere  zeichnet  fiel) 
aug  burdh  reiche  ©tuefbeforation.  ©g  zeigt  an  ben  ©emölben  „eine  in  Sitbmer!  üer- 
förperte  Sitanei  üon  allen  Heiligen",  ©tiliftifcf)  ift  bie  Kirche  halb  ©otif,  halb 
Sarocf.  Qn  manchen  fünften  ähnelt  fie  ber  Neuburger  Qefuitenfirche,  bie  )ßfatz= 
graf  SBoIfgang  SBilheltn  mohl  alg  Sftufter  üor  Slugen  fchmebte.  9tacf)  fompetentem 
Urteil  gehört  bie  2lnbreagfircf)e  „zu  ben  herüorragenbften  ®irchenbauten,  melc^e  in 
ber  rheinifchen  Orbengproüinz  errietet  mürben,  unb  bag  nicht  zun:  menigften  burch 
ihren  nach  5orm  unb  ©ebanfeninhalt  fo  glänzenben  ©tuef fehmuef" 13. 


1  *0rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

2  33gl.  *  33iteHeScf)i  an  Sof>per,  23.  San.  1621. 
Sbb. 

3  Reiffenberg  I  516. 

4  *  Original  in  Epp.  Princ.  V  89.  Sin 
jmeite?  Original  in  Sbiiffelborf,  ©taatSardjiü. 

5  *0rig.=9ieg.  Ad  Extern. 

6  *  Original  in  Epp.  Princ.  Y  102. 

7  *  Litt.  ann.  1625. 

8  *Sbb.  1633. 


9  *Sbb.  1634  1641. 

10  *Sbb.  1647. 

11  Über  biefeS  £>auS  f.  Kniff ler,  $aS  3e« 
fuiten « ©pmnafinnt  gu  Siiffelborf  (1892)  8. 
©runbrifj  in  geitfdjr.  f.  fircfjl.  Kunft  1906,  77. 

12  *  Orig.=9teg.  Ad  Rhen.  97ad)  33  r  a  it  n ,  $ie 
Kircbenbanten  ber  beutftfjen  Sefuüen  I  201,  be= 
jog  firf)  bie  3'lnberung  nur  auf  ben  93auplan 
be§  Kollege. 

13  18 raun  a.  a.  0.  I  199 — 220. 


9teuc  fftieberlaffungen :  Siiffelborf. 


83 


Slußer  in  ber  eigenen  Kircße  prebigten  bie  ^efuiten  in  ber  9Rariä  ^immelfaßrtg» 
fird^e.  Katecßefe  ßielt  man,  im  $aßre  1633  j.  SB.1,  in  ben  jmei  Kirdßen  ber  ©tabt, 
in  ber  Kapelle  beg  §ofpitafg  unb  auf  fecßg  umliegenben  Dörfern,  unb  jmar  unter 
feßr  ftarfem  ßubrang  felbft  ber  ©rmacßfenen.  Saju  famen  gaßlreicße  Sfugßilfeit  in 
©erregßeim,  Kaifergroertß  unb  befonberg  in  fRatingen,  moßin  bie  Sßatreg  lange  Qaßre 
an  ben  £)ö£)eren  heften  regelmäßig  gerufen  mürben,  unb  jmar  für  gemößnlicß  ju  jmei, 
unb  enblicß  bie  STätigfeit  in  ben  nacß  unb  nacß  errichteten  fünf  Kongregationen. 
Überhaupt,  fo  berieten  bie  Qefuiten  im  ^aßre  1633,  maren  mir  barauf  bebacßt, 
feine  ©efegenßeit  ju  iiberfeßen,  bem  SRäcßften  ung  nüßficß  ju  ermeifen,  fei  eg  in  ben 
©efängniffen  unb  Kerfern,  bie  mir  regelmäßig  befucßen,  fei  eg  in  bem  Slrmen» 
ßofpital,  rao  mir  roöcßentlicß  jmeimal  einer  großen  ©cßar  Sfrmen  bag  SBrot  ber 
cßriftficßen  £eßre  bredfen,  fei  eg  am  SBette  ber  Kranfett,  ju  benen  mir  gerufen  merben 
unb  bie  mir  aucß  fonft  bei  £ag  ober  9iacßt  befucßen,  fei  eg  in  ben  Knaben»  unb 
SRübcßenfcßufett,  fei  eg  bei  ben  ©olbaten,  fei  eg  bei  ben  ^Bürgern,  bie  mir  in  ihrer 
SSoßnung  auffucßen  unb  benen  mir  burcß  9iat  unb  (Tat,  fomeit  eg  unfere  Orbeng* 
beftimmungen  gutaffen,  ju  helfen  tracßten. 

SReicß  finb  bie  $rücßte,  fo  fcßrieb  ber  fReftor  ©tberti  am  31.  SDe^ember  1633 
an  beit  ©eneral,  mefcße  mir  burcß  unfere  öerfcßiebenartige  SBirffamfeit  ßier  ernten2. 
5£)ie  3ahf  ber  Kommunionen,  mefcße  ficß  im  Qaßre  1624  auf  über  4700  belief,  hatte 
ficß  allein  bei  ben  ^efuiten  nacß  jeßn  Bfaßren  meßr  afg  oerboppelt.  2fn  ben  ßößeren 
^efttagen,  fo  heißt  eg  in  bem  SBericßte,  famen  fo  oiele  jur  SBeicßt,  baß  bie  fecßg  SBeicßt* 
üäter  oft  über  ißre  Kräfte  angeftrengt  mürben,  ©g  fommunijierten  allein  bei  ung 
10  283,  eine  Baß*/  melcße  für  bie  nicßt  große  ©tabt,  in  ber  jubem  jmei  Brrfeßren 
feften  gmß  gefaßt  ßaben  —  etma  13000  Katßofifen  neben  700  ©aftiiniften  unb 
200  Sutßeranern3  —  burdßaug  nicßt  gering  ift.  2lucß  feßrten  einige  Sßroteftanten 
gur  fatßolifcßen  Kirche  mieber  jurücf,  bei  ben  Qefuiten  felbft  jäßrticß  burcßfcßnittlid) 
jmanjig.  S£)ie  STätigfeit  nacß  außen  mürbe  burcß  ben  Krieg  unb  befonberg  burcß  bie 
SRepreffafien  ber  ^oüänber  ftarf  beeinträchtigt. 

$n  SRom  mar  man  mit  ber  fegengreichen  Stätigfeit  ber  SDüffelborfer  ißatreg  feßr 
jufrieben.  ©o  brücfte  SBiteüegcßi  am  19.  SfRärg  1622  bem  P.  ^einricß  ©cßacßt  feine 
greube  aug  über  bag  gliicflicße  ©ebeißen  beg  Koüegg.  „2)a  im  §aug  alleg  gut 
fteßt",  fo  fdhrieb  ber  ©enerat  ermutigenb  an  ben  SReftor  ©Iberti  am  19.  gebruar  1628, 
„ba  iugenb  unb  religiöfe  ©igjiplin  bort  bfüßen  unb  aucß  braußen  nacß  Kräften 
am  £eil  beg  SRäcßften  gearbeitet  mirb,  fo  macßen  mir  bie  ßäuglicßen  SBebrängniffe 
menig  ©orge.  SDer  gute  ©tanb  beg  geiftlicßen  Sebeng,  ber  gtüßenbe  ©ifer,  ©otteg 
©ßre  ju  förbern,  unb  ber  große  ©rfolg,  momit  ©ott  bie  Arbeiten  fegnet,  gibt  mir 
bag  fefte  Sßertrauen,  baß  bie  göttlidße  SBorfeßung  bag  Kolleg  aucfj  in  ben  seitlichen 
9cöten  nicßt  nertaffen  merbe."4 5  Bmei  Qaßre  fpäter,  am  15.  Quni  1630,  antmortete 


1  *  Litt.  ann.  1683;  auch  *  ebb.  1637  1646 
1648. 

2  »gl.  *  S3itefle§cf)i  an  ©Iberti,  13.  9Kai  1634. 
Drig.=9ieg.  Ad  Rhen. 

3  Über  bie  93eDölferung  ift  eine  genauere 

2lngabe  au3  bem  Safjre  1658  oorfjanben.  §ierin 
beißt  e§ :  „Sie  Süffelborfer  Pfarre  umfaßt  jmei 
Slbteilungen :  bie  ^nluobnenben  unb  bie  2Iu§= 
luärtigen.  3u  ben  2tu3märtigen  gehören  bie 
SBemoßner  ber  um  Siiffelborf  liegenbeu  SBoß* 
nungen  unb  Drtfcßaften. .  . .  Siefer  Siftrift  ent* 
hält  175  Käufer,  559  fatßolüen,  49  EalDiniften, 

5  Sutßeraner,  jufammen  613.  Sie  Smuoßnen» 


ben  finb  bie  SBetooßner  ber  (Stabt  felbft,  mit 
StuSnaßme  ber  retigiöfen  Drben  .  .  .  unb  ber 
6oIbaten,  bie  am  §ofe  Ouartier  haben.  Sie 
©tabt  felbft  ßat  648..päufer,  13289  fatßolifcbe, 
658  calüinifd)e  unb  208  lutfjerifcbe  ©inWoßner, 
alfo  pfammen  14 155  S3ewoßner."  Sa§  gan^e 
$farrgebiet  Don  Süffelborf  umfaßte  alfo  13  848 
Slatßolifen,  707  SolDiniften,  213  Sutßerauer, 
jufammen  14  768  Serooßuer.  93erid)t  be§  Se» 
cßanteu  SSoeß  an  bie  ^offanjlei,  Sejember  1658, 
bei  93  a  t)  e  r  I  e ,  Sie  fatßolifdjen  Äircßen  Süffel» 
borfä  (1844)  73. 

4  *  Srig.*9ieg.  Ad  Rhen.  93gt.  5.  9tug.  1628. 

6* 


84 


3lueite§  Äapitel.  2>ie  rtieberr^etrtifdje  »robin^. 


er  auf  bie  günftigen  23erid)te  ©berti§:  „SBotte  ©ott  bocf>  nid)t  gutaffen,  baf;  bie 
Arbeiten,  moburd)  bort  fo  §erborragenbe§  für  ba§  £>eit  ber  Seelen,  bie  ©fre  ©otte§ 
unb  bie  Unberfehrtfjeit  ber  OMigion  geleiftet  mirb,  burd)  ben  $rieg  geftört  merben, 
unb  aud)  in  Qufunft  bie  (Stabt  bor  ben  Qeinben  fcf)üj3en."  1 

Siefe  23efitrd)tung  bor  einer  Störung  burd)  ben  ßrieg  ermie§  fid^  teiber  nur 
ju  balb  atg  berechtigt,  menigfteng  für  ben  Unterhalt  be§  Kollegs,  Qaft  bon 
SInfang  an  hatte  ba§  Äotteg  unter  nicht  geringer  seitlicher  9?ot  su  leiben  gehabt2. 
Sie  Stiftung  ermie§  fid)  balb  atg  bnrd)au§  ungutängtich.  Schon  brei  Qatjre  nad) 
ber  Stiftung,  ba  ba§  fö'otteg  nur  erft  15  Sßerfonen,  6  $atre§,  5  StRagiftri  unb 
4  Saienbrüber  säfjlte,  Reifst  e§  in  einem  Briefe  be§  ©eneratg  an  ben  SRettor:  „Sie 
Stiftung  ift  stoar  nicht  bebeutenb;  bod)  hat  ba§  Kolleg  einen  fo  freigebigen  Stifter, 
baf;  eg  mot)t  faum  großen  SRanget  teiben  bürfte,  sumat  menn  ber  $ßfatsgraf,  mie  mir 
hören,  bort  ftänbig  §of  hatten  mirb."3  Ser  atteg  bersehrenbe  £rieg  fe|te  aber  aud) 
ber  Qreigebigfeit  beg  fürfttid)en  ©önnerg  batb  ihre  ©rengeit,  fo  baf)  ber  s^ßfatggraf  im 
Qaf)re  1630  bem  üteftor  ©berti  offen  feine  eigene  ÜRottage  eingeftaitb 4.  Qm  Qafjre 
1645  berichtete  ber  9teftor  nach  Sfiont:  fönnten  hier  mit  ben  ©nfünften  bon 

1494  9Reid)gtatern,  menn  un§  aUe§  richtig  auSgegahft  mürbe,  16  ißerfonen  unter» 
hatten  merben.  Sa  eg  hierin  aber  ftar!  fehlt  unb  aufjer  27  ißerfonen  im  $otteg 
aud)  noch  bie  ÜDliffionen  (in  Sittarb,  23tanfenberg  unb  tRaoenftein)  fomie  bie  ©äfte 
unterhalten  merben  müffen,  fo  finb  Sd)utben  borhanben,  unb  stnar  in  §öhe  bon 
1700  9Reich§tatern 5 6.  Sröftenb  fdfirieb  ber  ©enerat  P.  (Sarrafa  am  1.  2luguft  1648, 
atg  ber  Qriebe  in  Sid)t  mar,  an  ben  9teftor  Stufen:  ,,Qd)  h°ffe  nun  and),  baf;  ©ott, 
ber  jetjt  faft  überall  bie  Seinen  im  Qeuerofen  ber  SIrmut  geprüft  hat,  ber  seitlichen 
ÜRot  beg  ®ottegg  batb  ein  ©nbe  mailen  mirb/7  6  Qebod)  hatte  fie  fid)  tro£  ber 
mieber  reidjtidjer  ftiefsenben  Spenben  beg  ißfatsgrafen  bor  1650  nod)  nicfjt  gehoben7.  — 
Sehr  medjfetreid)  geftatteten  ficf)  bie  ©efdpde  beg  neuen  Ä'oUegg  in  Dgnabrütf. 
Qn  ber  Siösefe  Ognabrüd  mit  ihren  300  Pfarreien  hatten  faft  ein  Qat)rhunbert  lang, 
bon  1532  big  1623,  faft  nur  proteftantifcf)e  23ifd)öfe  im  Sinne  ber  neuen  Sehre  gemirft. 
Saf)  in  biefer  Qeit  bie  fathotifche  9tetigion  nicht  bottftänbig  bernic^tet  mürbe,  ift 
borgügticf)  bag  SSerbienft  ber  fattjotifchen  ÜRitgtieber  beg  Somfapitetg,  bie  nicht  nur 
im  Som,  fonbern  and)  in  ber  Siösefe  ben  tatfjolifdhen  ©ottegbienft  su  erhalten 
fudjten8.  Unter  ber  langen  Regierung  beg  proteftantifchen  23ifcf)ofg  ißh'lipp  ©igi§- 
munb  bon  Söolfenbüttet  (1591—1622)  hatten  bie  fathotifchen  Somherren  bie  9Ref)r* 
heit  erlangt,  unb  fo  gelang  eg  ihnen  nad)  bem  Sobe  Sigigntunbg,  mieber  einen 
^atfjolifen  sunt  53ifdjof  su  mähten.  Qf)re  SBahl  fiel  auf  ben  früheren  Sompropft 
in  Stötn,  ben  ©rafen  ©tet  Qriebrid)  bon  §ot)ensottern,  ber  feit  1621  atg  ^arbinat 
in  3tom  refibierte.  ©  mar  nad)  bem  llrteit  beg  Söiener  ÜRuntiug  Garto  Garafa 
ein  fehr  gefd)äftggemanbter  unb  ber  beutfd)en  SSerhättniffe  überaug  funbiger  Qürft9. 
Ser  ^arbinat  griff  fofort  ben  ißtan  auf,  ben  fein  tepter  fathotifd)er  Vorgänger, 
Qofjann  b.  £mt)a  (1553 — 1574),  lange  im  Sluge  behalten  unb  ber  aud)  fpäter  mieber 


1  *  Drig.=9teg.  Ad  Rhen. 

8  Sgl.  Sn  if  fl  er  a.  a.  0.  9:  „5)ie  Sin» 
fünfte  ber  ^efuiten  ftanben  meift  auf  bem 
Rapier." 

3  *  0rig.»9teg.  Ad  Rhen. 

4  »gl.  *  »iteüeSdü  an  Slberti,  10.  Slug.  1630. 

S6b.  5  *  Catal.  trienn.  Rhen. 

6  *  0rig.=9Jeg.  Ad  Rhen. 

7  $a3SotIeg  äa^lte  bamal§  im  ganzen  28  3e> 

fuiten:  13  »atrel,  4  SJtagiftri  unb  11  Saieu» 

brüber.  —  Sie  Obern  maren:  @er^.  Sipp,  1619; 


»ernlj.  »udjolp,  1620;  gol).  SJteftorff,  1624; 
So!)-  Slberti,  1626  ;  Sol)-  3>oenbrüggen,  1637 ; 
©o§m.  Stiefel,  1644;  Slbam  Safen,  1647. 

8  Stühe,  ©efd).  be§  §od)ftift§  DSnabrüd 
II  (1872)  477  ff. 

9  Carlo  Carafa,  Commentaria  (1639)  189. 
Über  ben  Ü'arbinal  hgl.  Sorft  in  ben  SJtit» 
teilungen  be§  »ereirn?  für  @efcf)id)te  hon  0§na- 
brücf  XIX  (1894)  95  ff;  berf. ,  »olitifdje  Sor» 
refpotibenj  bed  ©rafen  SranA  SBilf).  h.  S5?arten' 
berg  (1897)  x  ff. 


9?eue  ÜJticberlaffungen:  Olnabriicf. 


85 


auftaudjte,  nämtid)  jur  Söieberfjerftetlung  ber  fatfjolifc^en  Religion  ^ejuiten  ju  be¬ 
rufen.  ©teidP)  nad)  feinem  Sinjuge  in  0Snabriid,  (perbft  1624,  bat  ber  ^arbinat  fefjr 
nacpbrüdticp  ben  ©enerat  93iteüe§cpi  um  mögticpft  fcpteunige  ©enbung  einiger  patres. 

Slm  23.  j&ejember  1624  befcptofj  ba§  Kapitel  auf  Antrag  be§  $arbinat§,  bie 
Dertaffene  SßaulSfapeüe  nebft  bem  iJSfarrpaufe  unb  einem  anbern  |>aufe,  ferner  bie 
®arotinifcpe  ©cpute  nebft  beren  Sinfiinften  ben  Qefuiten  ju  übergeben.  2tm  29.  Ja¬ 
nuar  1625  famen  ber  9ieftor  Don  äRiinfter,  $ßeter  9fuibiuS,  unb  P.  £>einricp  UppauS, 
SDZiffionär  in  Söarenborf,  jur  23eficptigung  nad)  03nabriid.  $n  bem  eigenpänbigen 
©cpreiben  Dom  29.  Januar  1625,  in  metcpem  ber  ®arbinat  bem  ®ombecpanten  bie 
Slnfnnft  ber  ^atre§  angeigt,  peifst  e§  non  P.  9^uibiu§ :  „2)er  s^Sater  9Mtor  ift  mein 
Seicbtnater  gemefen;  icp  fenne  ipn,  ift  mag  ffruputoS,  mollt  gern  at§  auf  einmal 
paben,  aber  eS  gepet  nit  alfo  ju,  mie  man  gern  moüt,  aügemad)  fommt  man  aud) 
raeiter." 1 

23iteüeScpi  patte  am  1.  fyebruar  1625  ben  ißroDinjiat  Sopper  angetoiefen,  fofort 
einige  ißatreS  nad)  OSnabritd  311  fenben,  bamit  fcpon  um  Oftern  ber  Unterricht  in 
ber  ®omfd)ute  begonnen  merbeit  fönne.  „Slufjerbem  begeprt  ber  ®arbinat  nocp 
minbeftenS  fecpS  patres  für  bie  ätfiffionen,  melcpe  er  an  brei  0rten  feiner  SDiögefe 
einricpten  miü.  ©obatb  at§  möglich  foü  all  biefen  SBünfcpen  entfprocpen  merben, 
benn  ber  ^arbinal  miü  ber  ©efeüfcpaft  eine  fefte  9fieberlaffung  in  OSnabriid  be« 
grünben,  benor  er  anbergmopin  abgerufen  mirb.  ©omit  ift  bie  größte  Site  in  2lb- 
fenbung  ber  gemiinfcpten  üßerfonen  notroenbig.  ®a  nun  bie  Seute,  metcpe  in  einer  fo 
nermaprtoften  @egeub  bie  gunbamente  für  ein  neues  ®oüeg  erricpten  foüen,  Scanner 
oon  großer  t£ugenb,  @5eteprfamfeit  unb  $tugpeit  fein  miiffen,  foüen  fetbft  auf  Soften 
anberer  ^oüegien  megen  ber  großen  ÜJottage  in  0Snabriid  unb  ber  gropen  SSerbienfte 
be§  ®arbinat§  um  bie  ©efeüfcpaft  nur  fotdje  ÜDJänner  gefdjidt  merben."2 

2tm  9.  2lprit,  am  greitag  oor  ^atmfonntag  alten  ©titl,  famen  P.  £>einricp 
UppauS  unb  P.  £>einricp  ©d)acpt  mit  einem  Saienbruber  nacp  0§nabrüd3.  ®ie 
©tabt  gab  menig  Hoffnung  auf  frudjtreicpe  Arbeit.  3mar  mar  ber  SDont,  bie  ^oüegiat- 
fircpe  ©t  Qopann,  ba§  ®ominifanerftofter  unb  bie  jmei,  freifid)  teer  ftepenben,  friiperen 
®Iöfter  ber  Stuguftiner  unb  granjiSfaner  nocp  in  ben  |)änben  ber  ®atpotifen  unb 
nur  bie  Siebfrauen-  unb  ^atparinenfirdje  ben  ißroteftanten  jugefaüen4;  bocp  befannten 
fiep  bie  Sinmopner  jum  größten  Xeit  jum  „SatoiniSmuS  ober  SttpeiSmuS" 5.  fö'aum 
jepn  maren  nocp  fatpotifcp  unb  biefe  tau  unb  manfenb 6.  SDa^u  patte  fid)  bie  ©tabt 
aüertei  tanbeSperrticpe  dfeepte,  auep  ba§  9?eformation§red)t,  angeeignet  unb  fudjte 
nunmepr,  um  nicht  bie  fatpotifepe  Religion  mieber  annepmen  ju  müffen,  beim  ®aifer 
gar  um  Söeftätigung  berfetben  nadp  unb  um  Spemtion  Don  ber  geifttiepen  unb  rnett- 
tiepen  ^urisbiftion  be§  neuen  gürftbifcpofS7. 

2tm  18.  Stprit  —  in  0Snabrüd,  mo  man  nocp  nad)  bem  Qutianifdjen  ^atenber 
reepnete,  ber  erfte  0ftertag  —  begannen  bie  ^efuiten  ipre  tJatigfeit.  ©ie  pietten 
ißrebigten  im  ®om  unb  in  ber  $ominifanerfirdje  unb  eröffneten  jmei  Sage  fpäter 
bie  ©cpute  in  ben  Räumen  ber  atten  ^arotinifepen  ©cpute  am  ®omportifu§8. 


1  Säger,  2>ie  Schola  Carolina  Osnabrug. 
(1904)  54. 

2  *  0rig.=91eg.  Ad  Rhen. 

3  *  Hist.  coil.  Osnabrug.  (Germ.  Fund.  I 
210). 

4  ©  t  ü  ü  e  a.  a.  0.  HI  (1882)  100.  *  Litt, 
ann.  1625  a.  a.  0. ;  *  Hist.  coli.  a.  n.  0. 

5  gürftbifdjof  grans  itBilf).  »•  SBartenberg 

an  ben  2Beil)biid)of  S°b.  Reifing ,  12.  2}ej. 


1627.  Korrefbonbenj  bei  ©rafen  b.  SSarten- 
berg  173. 

6  *  Status  ecclesiae  et  dioecesis  Osnabru- 
gensis ,  .  .  .  designatus  a.  1629  mense  Maio. 
*Reiffenberg  II  Mantissa. 

7  6bb.  unb  0.  ®Iopb,  3)er  ®reiiügjäbrige 
Krieg  III  (1895)  133. 

8  *  Hist.  coli.  Osnabrug.  Säger  a.  a.  0. 
51  f. 


86 


Btoeitei  Kapitel.  $ie  nieberrpeinifcbe  tJSrobinj. 


40  ©cpüler  Ratten  fiep  eingefunben;  beren  3apl  flieg  trop  bei  proteftantifcpen  Dtatl* 
gpmnafium!  unb  trop  ber  Peft  im  Sluguft  fo  rafc^,  bap  man  im  £>erbft  160  gäplte 
unb  bei  ^Beginn  bei  neuen  ©cpuljaprel  im  Üftoüember  fcf)on  alle  fünf  klaffen  ein* 
ridjten  fonnte.  Sie  3apl  ber  ^efuiten  mar  ingmifdjen  auf  12  oermeprt  morben: 
4  ^ßriefter,  4  9)Jagiftri  unb  4  Saienbrüber. 

Sa  trat  plöplid)  ein  für  bie  fatpolifcpe  ©adje  ungünftiger  Sßecpfel  ber  SSer* 
^ältniffe  ein.  ©ang  unermartet  mar  nämlidp  am  19.  (September  1625  ber  neue 
23ifcpof  geftorben  unb  bamit  aüel  rcieber  in  $rage  gefteüt.  3luar  patte  ®ont» 
fapitel  in  oder  Site  nacp  Stblauf  einel  üdionatl  am  26.  Oltober  einen  ebenbürtigen 
üliacpfolger  gemäplt.  Sl  mar  ber  ehemalige  3ögüng  bei  Kollegium  ©ermanitum, 
©raf  grang  SBilpelnt  ü.  Söartenberg,  ein  SSetter  bei  Kötner  föurfürften,  ein  Sftann 
oon  gropem  Sifer  für  bie  fatpolifcpe  Religion,  oon  fcpneller  unb  fcparfer  Sluffaffung, 
Oon  meitem  23lid  unb  gäper  Söillenlfraft  \  mie  bet  päpfttidje  üiuntiul  fiuigi  Sarafa 
oon  ®öln  urteilt,  aulgegeicpnet  burcp  feine  natürliche  Befähigung,  feine  SBitbung, 
feine  grömmigfeit  unb  fein  reinel  Seben1 2.  Sodj  beüor  noch  ber  neue  Bifchof  fein 
23iltum  übernehmen  tonnte,  fo  berichtet  eine  gleichzeitige  Senffcprift,  patten  bie  gmei 
proteftantifcpen  Sanbftänbe,  ber  Stbet  unb  bie  ©täbte,  an  ihrer  ©pipe  Olnabrüd, 
fiep  gegen  ipn  erflärt.  ©ie  fepten  aüel  baran,  Gruppen  bei  Sänenfönigl  inl  (Stift 
gu  ziepen.  9?acpbem  biefe  im  9)?ärg  1626  inl  £anb  eingerüdt  roaren,  mürben  ber 
Sompropft  unb  Sombedpant  am  10.  SJiärg  gefangen  aul  ber  Stabt  meggefüprt.  Sal 
Somfapitel  mupte  beit  ©opn  bei  Sänenfönigl  all  ®oabjutor  annepmen.  liefern 
übergaben  bie  ©tänbe  bie  befeftigte  33urg  unb  bifdpöftiepe  dtefibeng  fyürftenau  unb 
faft  bal  gange  ©tift,  fo  bap  ber  gürftbifepof  nirgenbmo  opne  ©efapr  feine  Siägefe 
betreten  tonnte3. 

Sie  3efniten  toaren  bei  Slnnäperung  ber  Sänen  geflüchtet,  nur  ein  pater 
blieb  unb  unterrichtete  bie  ©cpüter  in  bem  §aufe  bei  ber  Paullfapetle.  Srft 
all  2illp  bie  Säuen  befiegt  unb  aul  gang  üftorbbeutfcplanb  oerbrängt  patte, 
begab  fiep  ber  g'ürftbifcpof  im  Segember  1627  in  feine  Siögefe,  fepte  fiep  am 
3.  Januar  1628  mit  §ilfe  ber  Sruppeit  ber  £iga  mieber  in  ben  Befip  feiner  Befi= 
beng  gürftenau  unb  ermirfte  Dom  ßaifer,  bap  Sidp  am  19.  Januar  1628  eine 
ftarte  iBefapung  in  bie  §auptftabt  Olnabrüct  legte,  um  fo  bie  ©tabt  gur  Bot= 
mäpigteit  gu  bringen.  Sie  tanbeloerräterifcpeu  Umtriebe  ber  Bürger  maren  fo 
meit  gegangen,  im  ©ommer  1627,  all  ber  ©lüeflftern  ber  Säuen  im  Srlöfcpen  mar, 
©tabt  unb  ©tift  ben  ^»ollänbern  angubieten  unb  im  Januar  1628  bie  Sänen  mieber 
gurüefgurufen.  Slnfang!  fepeint  bie  Sruppeneinlagerung,  für  bie  monatlich  16000 Saler 
aufgebraept  merben  mupten,  menig  gefruchtet  gu  paben.  Senn  am  10.  äftai  1628 
fdjrieb  ber  Bifdjof  aul  Olnabrüd  an  ben  Kölner  Äurfürften :  £)ier  fiepen  bie  ©aepen 
in  politicis  noep  fdplecpt.  äftan  fann  ben  Seuten  burdjaul  niept  trauen.  $or  oier 
Sagen  brad)  fepier  ein  2tufftanb  aul,  mobei  ein  ^Bürger  ben  Dbrift*2öacptmeifter 
mit  einer  2ljt  auf  ber  ©affe  überlaufen,  ipn  gu  erntorben  gebropt  unb  mir  auep  eben 
alfo  gu  tun  gerufen.  Ser  üüiagiftratul  ift  gang  pallftarrig  in  allen  ©aepen.  Sie 
^Bürger  bürfen  öffentlid)  fagen,  el  merbe  halb  anberl  merben,  icp  merbe  halb  ab* 
reifen.  Saper  bie  ©aepen  mopl  miiffen  folibiert  merben.  Ser  Sftagiftratul  pat 
lange  tergioerfiert,  bap  man  bie  gortipfation  (bie  3itabelle  Petersburg)  erft  peute 


1  9tad)  &  o  I  b  f  cf)  m  i  b  t ,  granj  SBilf).  b.  2Bar- 

tenberg  (1866)  13  f;  gor  ft,  ßorrefpottbeng 
x  ff-  gratis  SBüpelm  entflammte  ali  ältefter 

©opn  ber  morganatifdjen  ©tje  bei  ^erjogi  ger* 
bittanb  Oon  33at)ern,  bei  jüngften  $8rnberi  bei 
£>er*ogi  SSiUfelm  V.,  mit  fDtaria  o.  fßettenbeef. 


$ie  Shtber  biefer  Spe  führten  ben  Xitel 
0.  SBartenberg. 

2  Aloys.  Carafa,  Legatio  apostolica  29. 

3  *  Status  ecclesiae  et  dioecesis  Osnabrugen- 
sis  1629  a.  a.  Q.  3?gt.  bie  Briefe  bei  f^ürft* 
bifefjofi  bei  ffrorft,  Sorrefponbenj  172  ff. 


9teue  9?ieberlaffungen :  ©eiitabrücf.  87 

angefangen  ßat  au§gufteden.  ©o  lange  ba§  nidjt  ift,  !amt  man  ficß  feiner  «Sicher» 
fjeit  getröften1. 

Sie  fa(t  unerfcßroingtidje  Saft  ber  SSerpftegungsfoften  bradjten  aber  batb  eine 
Snberung  ferner.  9)?an  roanbte  fic^  ßilfefteßenb  an  Sittp2.  Siefer  mürbe  bann 
burd)  ba§  große  (Stenb,  roeteßeg  er  mit  eigenen  Stugen  bei  einem  53efucße  ber  (Stabt 
gu  fef)en  tief  am,  unb  bureß  bie  untermürfige  ©efittnung  ber  ^Bürger  bemogen, 
am  23.  Stuguft  1628  an  beit  in  üötüncßen  meitenben  23ifcßof  gu  feßreiben:  „Qd)  ßabe 
felbft  gehört,  roie  tätig,  mittig  unb  erbötig  bie  gange  33ürgerfcßaft  mit  SBeib  unb 
ßinb  gu  atter  Sreu,  Devotion  unb  ©eßorfatn  gegen  ©ro.  ©naben,  atg  ißren 

non  ©ott  gefegten  Sanbesfürften,  mit  fußfättigem  ©upptigieren,  mit  ftießenben  ßeißeit 
Bäßren  unb  tränen  fief)  in  tiefer  Untertänigfeit  erftärt  unb  erboten  ßat,  baß  icß  bei 
fo  befd)affenen  ©aeßen  faft  beängftigt  unb  genötigt  mürbe,  ißtien  meine  Ißarote  gu 
geben  unb  gu  öerfpredjen,  baß  icß  innerhalb  14  Sagen  gmei  Compagnien  afmeßmeit 
unb  anbergrooßin  oertegen  motte."3  Stillt)  felbft  meinte,  baß  ber  übermäßige  Srud 
„meber  bem  23ifcßof  felbft,  nodj  ber  ©eifttießfeit,  noeß  bem  SCBerf  ber  ßonüerfion 
gunt  92ußen"  gereieße4. 

9iocß  beoor  aber  biefer  Umfcßtag  in  ber  ©efittnung  eingetreten  mar,  feßon  am 
14.  9U?ärg  1628,  gmei  Sage  nad)  feinem  ©inguge  in  bie  ©tabt,  ßatte  ber  33ifcßof 
mit  ber  2(u3füßrung  feiner  ißtäne  gur  SBiebergeroinnung  feiner  Untertanen  für  ben 
alten  ©tauben  begonnen5.  Sa§  ^efuitenfotteg  mürbe  fofort  feft  funbiert6,  bie 
grangi§faner=Obferoanten  in  ba§  ehemalige  ®tofter  ber  $onüentuaten  gerufen,  bie 
beiben  ben  ®atßotifen  entgogenen  .ßireßen  biefen  gurüdgegeben,  ba§  proteftantifeße 
9tat§gßmnafium  unb  fämttidje  fonftigen  proteftantifeßen  ©cßuten  gefeßtoffen,  am 
28.  SÖtärg  eine  Siögefanfpnobe  geßatten,  am  14.  SDJai  ein  ßterifatfeminar  für  30  $ög* 
tinge  unter  Seitung  ber  Qefuiten  eröffnet  unb  bagu  noeß  batb  barauf  ein  $onoift 
für  Stbetige  errichtet.  3tnt  13.  üDiai  1628  formte  ber  gürftbifeßof  an  ben  tßaber= 
borner  Söeißbifcßof  Qoßann  Reifing  feßreiben:  Sie  begonnene  ^Reformation  geßt  gut 
ooran.  ©inige  S3iirger  fiub  fdjon  mieber  gurüdgeteßrt;  mandj  anbere  mürben  folgen, 
menn  nur  jemanb  oon  ben  Slngefeßeneren  üoranginge.  f^reitieß  mirb  biefe§  fo  teießt 
nießt  eintreffen,  ba  man  ficß  in  biefen  Greifen  immer  noeß  Hoffnung  auf  Umftoßung 
atter  SSerorbuungen  maeßt,  unb  menn  ber  ®aifer  ißr  ©efueß  nießt  energifd)  abroeift 
unb  alte  Hoffnung  nimmt,  nod)  lange  ßartuädig  babei  üerßarren  mirb7. 

Sie  Qefuiteu  ßatten  naeß  ißrer  fRüdfeßr  menig  ©rfotg  bei  ißren  Strbeiten.  ©§ 
bauerte  noeß  ein  gange§  3a^r/  ein  nennen^roerter  Utnfdjmung  eintrat,  troß  eifriger 
Strbeit  ber  Qefuiten  unb  ber  grangi§faner»0bfert)anten,  roie  ber  53ifcßof  in  einem 
©cßreiben  oom  3.  9Rai  1628  an  ben  ÜRuntiuS  Suigi  ©arafa  anerfannte8.  3tm 
6.  Segember  1628  ßieß  e§  in  einem  Briefe  be§  33ifeßof§,  baß  ficß  nur  roenige  Bürger 
für  fatßotifcß  erftärten  unb  baß  biefe  oerfpottet,  oertaeßt  unb  „aueß  oon  bem  9Ragi. 
ftrate  in  meßreren  SBegen  befeßmert"  mürben,  fo  baß  babureß  anbere  oon  ber  fatßo= 
tifeßen  Religion  abgeßatten  mürben9.  Sie  23eoorgugung,  bie  ber  fyürftbifcßof  ben 
^atßotifen  angebeißen  ließ,  bie  SReuroaßt  be§  gefamten  ©tabtrateä  im  ^nnuar  1629, 
in  meteßern  bureß  ba§  ©ingreifen  be§  gürftbifcßof§  bie  brei  33ürgermeifter  unb  ber 
größte  Seit  ber  9tat3ßerren  ^atßotifen  maren 10,  fomie  bie  attmäßtieße  ©nttaftung  11 


1  gorft  a.  a.  D.  234.  2  0.  Stopp, 

2iDp  I  (1861)  465  ff.  3  Sbb.  547. 

4  ©bb.467.  S8gt.  bie  S9riefe  bei  g  o  r  ft  a.  a.  D. 

289  ff. 

5  *  Litt.  ann.  1628.  ©tiioe  a.  a.  D.  III 

103  ff.  ©  o  1  b  f  cf)  m  i  b  t  a  a.  0.  21  29  ff  43  ff. 

Sorft  a.  a.  0.  218  ff. 


6  *  $ie  Stiftunggurfunbe  bom  14.  rj  1628. 
Sopie  in  Fund.  Rhen.  inf.  I  328  ff. 

I  gor  ft  a.  a.  0.  238. 

8  *  Arch.  Vatic.,  Nunz.  di  Colonia,  Arm.  1, 
vol.  X.  9  ©  o  t  b  f  cf)  m  i  b  t  a.  a.  0.  49. 

10  ©bb.  48  unb  *  Status  eccles.  a.  a.  0. 

II  0.  Stopp,  2)er  S)reif3igjät)r. Srieg  III 141  f. 


88 


fpneiteei  ffapitel.  ®ie  niebcrr^cirtifdje  fßrobiitj. 


ber  (Stabt  öort  bei*  briicfenben  ©inquartierung  freuten  nad;  unb  nad;  bie  ^er^en 
empfänglicher  gemacht  311  haben.  Slnt  18.  Stprit  1629  berichtete  ber  S3ifcf)of  oon 
feiner  Siefibenj  31t  ^burg  bem  ißaberborner  SSeifjbifc^of :  Unter  großer  0-reube  meilte 
ich  oom  ©am§tag  üor  fßalmfonntag  bi§  gestern,  2)ien§tag  nach  Oftern,  in  Oönabrücf. 
®ie  Katl)oIifen,  fotüofjt  bie  alten  mie  bie  in  biefem  Qahre  neu  hinsugefommenen, 
empfingen  in  großer  3al)l  am  Sßalmfonntag,  ©rünbonnergtag  unb  Oftern  in  ihren 
ißfarrfirdfen  öffentlich  bie  heUige  Kommunion.  (Sinige  finb  mieber  neu  übergetreten, 
für  noch  fiele  anbere  aber  hegt  man  gute  Hoffnung.  Sin  ber  ^Projeffion,  melcfje 
am  Oftermontag  alle  brei  Pfarren  311  ihrer  ÜOJutterpfarre,  bem  ®om,  anftellten,  be¬ 
teiligten  fich  ade  Katf;oIifen  beiberlei  ©efd;lecht§.  3lt)ei  un&  3mei  U11^  unter  ©efang 
30g  man  in  ben  ®om  unb  blieb  bort  roährenb  ber  gatten  freier.  ®ie  üftidftfatholifen 
hatten  fich  aug  freien  ©lüden  angefchloffen  unb  begleiteten  bie  ^roseffion  in  9teif)e 
unb  ©lieb  ober  fcharentoeife.  ^m  ®om,  in  ber  Vorhalle  unb  auf  bem  Kirchhofe 
ftanb  alles  fo  bid)t  gebrängt  ooll,  bah  fich  mof)l  bie  gan3e  ©tabt  bort  3ufammen- 
gefunben  hat1.  Unb  einen  9Konat  fpäter,  Slnfang  $uni  1629,  fcffrieb  ber  ^ro- 
0in3ial  Hermann  Sßaoing  an  ben  ©eneral:  ®ie  ©tabt  famt  ber  ®iö3efe  OSnabrüd, 
melche  nach  bem  £obe  be§  KarbinalS  b.  3°öern  mit  bem  ®änenfönig  fich  insgeheim 
in  SSerbinbung  gefegt  hatte  nnb  auf  Verrat  fann,  jeßt  aber  burd;  bie  faiferlichen 
SBaffen  3um  ©ehorfam  3urüdgebrad)t  ift,  bietet  ben  Unfrigen  ein  großes  SlrbeitSfelb 
bar.  Stile  ^atre§  finb  eifrig  an  ber  Arbeit.  3n  nnb  außerhalb  ber  ©tabt  mirfen 
fie  emfig  unb  haben  jeßt  fchon  innerhalb  rceniger  ÜDtonate  208  mit  ber  Kirdfe 
raieber  auSgeföhnt.  fleißige  unb  tüchtige  ÜDJitarbeiter  haben  fie  in  ber  ©tabt  an 
ben  gra^iöfanerpatreS  de  Observantia  unb  an  einigen  Pfarrern  auS  bem  Söelt- 
HeruS2.  Stbgefehen  oon  ben  Katecßefen  in  unb  außerhalb  ber  ©tabt  unb  fonftigen 
s$rebigten,  hatten  bie  ^efuiten  bie  regelmäßigen  ^3rebigten  im  SDom  unb  in  ber 
Kotlegiatfirche  ©t  Johann  unb  3eitmeilig  ben  ©otteSbienft  unb  bie  ißrebigt  aud;  in 
ber  Siebfrauenfircße 3. 

®ie  ©rfolge  hielten  an.  „©roßen  Xroft  bereitete  mir  ba§  ©cßreiben  @m.  ^jorfj- 
mürben  über  ben  ©tanb  bes  KollegS",  fo  entgegnete  ber  OrbenSgeneral  ein  ^aßr 
fpäter,  am  13.  Stpril  1630,  auf  ben  Bericht  be§  OSnabrüder  ®omprebiger§  ißaul 
Stottmann :  „@§  erfüllt  mich  mit  innigem  ®an!  gegen  bie  göttlicfie  ©üte,  baß  ber 
©ifer  unb  bie  Arbeiten,  momit  ein  jeber  ©otteS  ©ßre  unb  ba§  .'peil  ber  ©eelen  3U 
förbern  fucßt,  nicht  gehinbert  merben  burch  bie  enge  SBoßnung  unb  anbere  Un¬ 
annehmlichfeiten  be§  noch  nicht  recht  eingerichteten  KolIegS  unb  baß  infolgebeffen  bie 
©rfolge  ftetig  madjfen."1  SDie  ßaßl  ber  fatholifcßen  gamilien,  meldje  fid;  im  ^aßre 
1628  bloß  auf  53  beliefen,  hatte  fid;  bi§  1630  um  ba§  ©iebenfache,  auf  362,  ber- 
mehrt,  unb  nur  nod;  bie  Heinere  §älfte,  etmaS  über  700  Bürger,  oerharrten  bei  ber 
neuen  Sehre5.  3mei  ^aßre  fpäter,  im  3ahre  1632,  ftieg  bie  3aht  ber  Kommunionen 
allein  bei  ben  3efuiten  auf  4100 6. 

®urd)  bie  ©tiftungSurfunbe  mar  ben  ^efuiten  lue  cm  3°hre  1542  üerlaffene 
unb  oom  ÜOiagiftrat  ermorbene  Sluguftinerfircfje  nebft  ©ebäulicßfeiten  unb  ©infünften 
3ugemiefen  raorben.  |>erbft  1629  erhielten  bie  patres  eine  beffere,  aber  nod;  immer 
feßr  mangelhafte  SSoßnung,  ®e3ember  1630  auch  ein  beffereS  ©chullofal;  leßterel 
mar  ein  £>of  am  Seiten  ©raben.  ®ie  frühere  Sluguftinerfird;e,  nunmehr  .QflnatiuS- 
firche  genannt,  mürbe  reich  auSgeftattet,  befonberS  burch  einen  mit  ©d;nißmerf  unb 


1  Sorrefponbenj  310.  4  *0rig.=9kg.  Ad  Rhen.  inf. 

2  *  Compendiosa  narratio.  5  ©olbfdjmibt,  ^ranj  SJill).  0.  SBarten- 

3  *  Catal.  Rhen.  1630.  ff  unb  *  Litt.  ann.  berg  62  83. 

1628.  «  »Litt.  ann.  1632. 


97eue  Sticberlaffungen:  0§itabrüd. 


89 


©olb  reich  berfefjenen  ^odjaftar,  ber  in  Ponn  angefertigt  morben;  bie  fÜbernen 
Statuen  beS  f)I.  Ignatius  unb  beS  t)t.  güong  datier  hatten  Baprifche  ©olbfchmiebe  ge* 
arbeitet1. 

2In  bem  ©pmnafinm  raud)S  bie  Sdjüfergahl  non  Sag  gu  Sag2.  Unter  großen 
$eierlicf)feiten  mürbe  bie  Schüfe  am  25.  Dftober  1632  gur  Unioerfität  erhoben3. 
Sie  gafjf  ber  ^efuiten  felbft  mar  bis  @nbe  1631  auf  41  oermetjrt  morben : 
14  patres,  6  ÜNagiftri,  12  Sdjofaftifer  unb  9  Sörüber.  Slucfj  bie  fonftigen  Per* 
häftniffe  im  ßotteg  maren  jufriebenftellenb,  fo  baff  ber  ©eneraf  am  5.  ^uni  1632 
bem  Neftor  Slftind  fc^rieb :  „Sie  äftitteilungen  ©ra.  |>ochraürben  im  gebruar  über 
ben  berhäftniSmäfjig  guten  ©taub  beS  ßotfegS  maren  mir  um  fo  angenehmer,  je 
meniger  i cf)  bei  biefer  unheifüolfen  Sage  Seutfd)fanbS  fold^e  freubige  Nachrichten 
erraarte."4  ©in  grofjeS  Perbienft  an  allem  biefem  hatten  nächft  bem  Pifcfjof  ebelfinnige 
greunbe,  befonberS  ber  Sompropft  SiptuS  ü.  Siaufema,  ber  Sombed)ant  Sietrich 
üöiorrien  unb  ber  Sefan  ber  ^offegiatfirdje  St  Johann,  Saoib  gabriciuS,  melcfje 
baS  Kolleg  in  jeber  SSeife  gu  f)e&en  fudjten 5. 

SBährenb  fo  afleS  in  gfüdfichem  SCufftreben  begriffen  mar,  ba  fegte  mit  einem 
9Naf  ber  ^riegSfturm  bie  oiefoerfpredjenbe  Slnftalt  im  §erbft  1633  h^^eg.  2fm 
11.  September  1633  fiel  bie  Stabt  nach  mehrmöchiger  tapferer  Perteibigung  in  bie 
,f?änbe  beS  fchmebifc^en  gelbmarfchaffS  Sobo  ü.  ^npphaufen  unb  am  6.  Oftober 
and;  bie  mutig  oerteibigte  gitabeüe  ber  Stabt,  bie  Petersburg6.  Unb  nun  mufften 
bie  Qjefuiten,  eS  maren  47 :  18  patres,  7  ÜNagiftri,  12  Sd)ofaftifer  unb  10  Saien* 
brüber,  mie  auch  bie  grangiSfaner  unb  ^lariffen  bie  Stabt  mieber  oerlaffen,  in 
melcher  alles  auf  ben  guftanb  Oor  1623  gurüdgeführt  mürbe7.  Por  1650  fehrten 
fie  nicht  mehr  gurüd.  Soch  blieb  ihnen  ihr  (Eigentum;  benn  ber  umfidjtige  gürft* 
bifdjof  hatte  in  ber  StiftungSurfunbe  oom  14.  äftärg  1628  auch  biefen  gaff  oor* 
gefehen,  baS  Kolleg  unb  feinen  Pefih  unter  ben  Schuh  ber  ßurfürften  oon  ßöfn 
unb  Papern  geftellt  unb  bann  beftimmt,  baff  bie  jährlichen  ©infünfte  mährenb  ber 
$eit  ber  Perbannung  ben  ^efuitenfollegien  gu  ÜNünfter  unb  $öfn  guflöffen  gur 
gmrberung  beS  feelforgtic^en  SöirfenS  in  ber  Siögefe  OSnabrüd. 

($rfolgreicf)er  als  bie  Arbeiten  in  OSnabrüd  maren  bie  ^Bemühungen  ber  ^efuiten 
um  Söiebereinführung  unb  Neubefebung  beS  fatholifdjen  ©faubenS  außerhalb  ber 
Stabt,  3unädjft  njaren  eS  hier  bie  fog.  ÜNiffionen,  melche  ber  ^arbinal  oon  Rolfen* 
gollern  aufjer  bem  Kolleg  gu  OSnabrüd  burch  bie  $efuiten  in  ber  Siögefe  hotte 
einrichten  laffen.  Sie  erfte  unb  bebeutenbfte  mar  bie  gu  ^burg,  ber  Nefibeng 
ber  DSnabrüder  gürftbifcf)öfe.  Sie  mürbe  oom  ^arbinal  perfönlich  geförbert  unb 
hatte  als  SBirfungSfreiS  bie  brei  Slmter  3&ur3/  Söeftenau  unb  Pörben8.  Sie 
Sfrbeiten  begannen  hier  fcfjon  gegen  £>erbft  1624  burch  öen  Peicfjtüater  beS  ^arbinalS, 
Joachim  QoanniS,  ber  gleich  nadj  ber  Sfnfunft  beS  ^arbinalS  in  Qburg  oom 
Kolleg  gu  fünfter  borthin  gefchidt  morben  mar.  Noch  im  3af)re  1624  lehrten 
gehn  ©rraaöhfene  gur  fatholifchen  Kirche  gurüd,  unb  fedjS  Pfarrer  beS  SlmteS  Q&itrg, 
melche  oom  ^arbinal  auf  bie  Purg  befdjieben  raorben  maren,  mürben  burcp  bie 


1  Säger,  $ie  Schola  Carolina  Osnabrug. 
56  f  71.  Über  bie  SBopnung  unb  bie  Sinrid)* 
tung  ber  Äirdfe  «gl.  *  Litt.  ann.  1631. 

2  *  Litt.  ann.  1631  u.  1632. 

3  (Siebe  ba§  Äaoitel  über  bie  ©d)ulen. 

4  *  Crig.*3teg.  Ad  Rlien.  inf. 

5  SSgl.  bie  *  Hist.  coli,  unb  *  Litt.  ann. 
1628  ff. 

6  *  Litt.  ann.  1632  u.  1633.  Säger  a.  a.  0. 

63  ff. 


7  $ie  Obern  waren:  £einr.  Upfiaufen  (üb* 
bau§),  1625—1626,  ©uf>. ;  Sch-  £einper,  1626 
bi§  1627,  aSigefup. ;  Sof).  2Iltind  (SHtingt),  1627 
bi§  1633. 

8  $a§  golgenbe  nad)  *  Hist.  coli.  Osnabrug. ; 

*  Litt.  ann.  coli.  Monast.  1624.  $8gl.  SB  ö  1* 

fing,  SonfeffionSftanb  ber  Sanbgemeinben  bed 
23i3tum3  OSnabrüd  am  1.  Sanuar  1624,  in 
fötitteilungen  be§  S8erein§  für  @efd)id)te  oon 
OSnabrüd  XXIII  (1898)  134  ff. 


90 


3«eite§  Sapitel.  3>te  nieberr^einifdje  ^roDirtj. 


(Sperjitien,  iueld^e  P.  JoantiiS  ihnen  geben  muffte,  fo  umgemanbett,  baff  fte  ber 
Jrrlepre  entfagten,  bie  $onfubinen  entließen  unb  roieber  fatpotifcpett  ©otteSbienft 
gelten.  ®ocp  fe^te  bie  eigentliche  SJJiffionSarbeit  erft  ein,  atS  Anfang  1625  nod) 
ein  jmeiter  fßater,  Söilp.  £>ampteau,  non  fünfter  nadjgefdjidt  mürbe. 

SDer  ®arbinat  üerorbnete  nun,  baff  alle  Pfarrer,  ftüfter  unb  <Scf)uIIef)rer  fiep  oon 
ber  Jrrlepre  toSfagten,  baS  tribentinifc^e  ©taubenSbefenntniS  abtegten  unb  bie  heiligen 
©aframente  empfingen L  Sitte  maren  baju  bereit,  mit  SluSnapme  üon  jmei  ^Srieftern  unb 
einem  ©cputteprer,  bie  bann  ihr  Slmt  niebertegen  mufften.  ®ie  (Sperjitien,  ju  beneu 
ber  $arbinat  bie  fitttich  tief  gefuntenen  fßriefter  ber  Sfeipe  nach  auf  feine  23urg 
fommen  tieff,  ooüenbeten  bie  Umtehr.  gnjmifcpen  —  eS  mar  in  ber  gaftenjeit  beS 
JapreS  1625  —  patte  ber  Zweite  ißater,  Söith-  ^ampteau,  feine  Stätigfeit  in  ben 
Ortfchaften  beS  SlmteS  Jburg  begonnen.  SDiefer  erzielte  nach  ben  JapreSbriefen 
oon  1625  burch  feine  fö'atecpefen,  fßrebigten  unb  ben  fßrioatüerfepr  fotcpe  (Srfotge, 
baff  altein  in  ben  Dftertagen  über  1000  bei  ihm  beichteten  unb  ihm  beim  Kommunion* 
auSteiten  faft  bie  Strme  erlahmten,  tBatb  lehrten  bann  bie  Pfarrer,  metche  burd)  bie 
©perjitien  gteichfam  in  anbere  ÜDfänner  urngemanbett  maren,  jurüd  unb  halfen  mit 
Seicptpören,  fo  baff  im  Slmte  Jburg  moht  alte  ohne  SluSnapme  in  ber  Ofterjeit 
bie  ©aframente  empfangen  hoben.  ®iefe  unermarteten  (Srfotge  erfüllten  ben  gürft* 
bifchof  mit  foltfjer  greube,  baff  er  bem  ^ßater  auf  alte  SBeife  feinen  SDanf  unb  fein 
SBoptmolten  ju  erfennen  gab. 

®ann  lam  bie  9teipe  an  baS  auSgebepnte  Slmt  dürften  au.  ®aS  35otf 
aber  mar  pier  etmaS  meniger  zugänglich,  zumal  in  gürftenau  fetbft.  ®ie  föinber 
gingen  bem  fßater  auS  bem  SSege  unb  über  ben  ^atecpiSmuSunterridjt  machten 
fie  fid)  luftig.  <Scf)Iie^ticf)  aber  befiegte  bie  ©ebulb  beS  fßaterS  unb  bie  (Sin* 
führung  beS  ©efangeS,  mobei  auch  bie  ^ofteute  beS  ^arbinatS,  ber  bamatS  in 
gürftenau  meitte,  mithatfen,  menigftenS  in  etma  baS  ungebührliche  Benehmen. 
S3on  hier  ging  eS  nadf  SSörben.  ®ie  Slrbeit  mar  jmar  nidht  geringer,  ber 
©rfotg  aber  größer,  pauptfäcptid)  auS  gurcpt  ober  auS  (Shrfllrc^t  üor  bem  gürft* 
bifchof.  ®abei  unterftüpte  ber  tathotifche  23ürgermeifter  farnt  feiner  grau  auf  febe 
SBeife  bie  ^Bemühungen  beS  fßater^.  Jprem  33eifpiet,  befonberS  im  ©mpfang  ber 
©aframente,  fotgten  allmählich  auch  bie  Bürger  fomie  bie  Seute  auS  ber  Um* 
gegenb;  ja  ein  ziemlich  beüötferteS  SDorf  famt  bem  bejahrten  Pfarrer  fdptoff  fich  oott* 
ftänbig  ber  ^ircpe  mieber  an.  ©o  meit  ber  SBericpt.  SDiefe  erfolgreiche  £ätigfeit 
mürbe  jmar  burd)  ben  £ob  beS  $arbinaIS  unb  bie  bann  fotgenbe  Stufhebung  ber 
Jburger  SJiiffion  im  0ftober  1625  unterbrochen.  „SDocp  finb  mir  SBeipnacpten", 
lautet  ber  Jahresbericht  oon  OSnabrüd  ©nbe  1626,  „mieber  in  SSörbeit  geraefeit 
jum  großen  SCrofte  ber  ©otbaten  unb  Bürger.  SBäprenb  ber  ^’riegSunrupen  beS 
üerftoffenen  JapreS  patten  ber  S3ürgermeifter,  ein  ausgezeichneter  ©önner  uitferer 
©efettfcpaft,  unb  fein  iBruber,  ber  0rtSricpter,  trop  oder  ®ropungen  bie  Jutaffung 
eines  fßräbifanten  in  bie  fatpotifdje  ^ircpe  ftanbhaft  oermeigert." 

2)ie  jmeite  SJJiffion  mar  SBiebenbrüd2.  ©cffon  jepn  Japre  üorper  maren  hier 
Jefuiten  oon  i|5aberborn  auS  tätig  gemefen8.  SBiebenbrücf,  peipt  eS,  „ift  eine  peroor* 
ragenbe  ©tabt  beS  33iStumS  OSnabrüd.  ©ie  ift  eine  geftung,  pat  eine  japtreidje  tBeoötfe* 
rung  unb  befipt  jmei  föirdjen :  bie  SJlarien*  unb  bie  Äotlegiatfirdje.  ®ie  ^anonifer  finb 
jum  gröpten  Xeit  proteftantifcp  ober  öffentliche  fö'onfubinarier;  baS  SSotf  ift  jmar  etmaS 
rop  unb  bäuerifcp,  aber  ber  atten  Religion  größtenteils  nidjt  abgeneigt".  ®ie  beiben 
erften  Jefuiten,  P.  ^einricp  SSitenfiS  unb  P.  Jopann  SBenner,  metcpe  im  Japre  1625 


1  *Litt.  ann.  1625. 
8  *et>b. 


3  gotgenbe  itadj  *  Hist.  coli.  Osnabrug.: 

Litt.  ann.  1625  f. 3  4  ^  Litt.  ann.  1615. 


9ieue  Sttieberlafiungett :  Olnabrüc!  (ÜBiebenbriicE.  —  Wette.  —  Ouafettbriicf).  91 

fjingefdjidt  mürben,  erlagen  gmar  nod)  im  gleichen  Qaljre  ber  Sßeft,  bocf)  errangen 
ihre  9Zad)foIger  in  lurger  $eit  bebeutenbe  Erfolge,  unb  halb  mar  über  bie  §ätfte 
ber  ©tobt  mit  ber  lathoüfdjen  $ird)e  mieber  auggeföhnt.  ©ine  neue  Unterbrechung 
öerurfadjten  bie  bänifdjen  Gruppen,  meldje  im  ^aljre  1626  in  bie  Siögefe  ein* 
brangen  unb  am  17.  SDiärg  Sßiebenbrüd  eroberten.  aber  ba§  feinbüche  §eer 
burd)  ©raf  Slnfjolt  am  21.  Quli  gurüdgebrängt  morben  mar,  nahmen  bie  patres, 
bie  ingmifdjen  oon  ben  Sänen  oiel  gu  leiben  gehabt  hotten,  ihre  Sätigleit  mit  neuer 
ßraft  mieber  auf,  fehr  unterftüjst  burch  ben  neuen  gürftbifdjof  grang  Söinjelm.  tiefer 
mar  nämlich  gleid)  nadj  Serjagitng  ber  Sänen  herbeigeeilt,  ©r  fefcte  einen  neuen 
ÜDJagiftrat  ein,  entfernte  bie  fdjlechten  ober  megen  iljreg  ©laubeng  tierbäcfjtigen  ©lemente 
unter  ben  Sßrieftern,  üerbot  jegliche  ©hefchliefjung  unb  lird^lidjeg  Segräbnig,  roenn 
nidjt  oorljer  bei  ben  ^efuiten  bie  Seicht  abgelegt  fei,  unb  fejjte  fc^lie^lid^  eine  ©etb-- 
ftrafe  für  jene  feft,  bereu  $inber  eine  ber  beiben  Äatedjefen  berabfäumten,  melche 
bie  Qefuiten  jeben  ©onn»  unb  gefttag  aufjer  ber  ijkebigt  holten  füllten.  „©o  führte 
bann",  bemerfett  bie  ißatreg1,  „Hoffnung  unb  furcht  in  lurgent  120  borher  bem 
lathoüfdjen  ©tauben  gang  abgeneigte  Sßerfonen  mieber  gur  atten  Kirche  gurüd."  Sie 
Qefuiten  arbeiteten  in  SSiebenbrüd  unb  Umgegenb  big  gunt  ^aljre  1627  unb  lehrten 
bann  gurüd,  atg  alleg  mieber  latljoüfch  mar2. 

Sie  britte  ÜDüffion  hotte  ber  $arbinal  für  ÜOcette  beftimmt.  „Sog  Sott  mar 
hier",  fo  tautet  ber  Sericfjt 3,  „üielfadj  ftarrlöpfig,  fdjmerfäüig  unb  roh-  Stile  21n* 
ftrengungen  ber  beiben  ißatreg  maren  anfangg  faft  umfonft.  Sod)  ftimmte  bag  be* 
fcfjeibene  Stuftreten  berfetben  unb  ihre  Uneigennütügleit,  bie  auf  jegliche  ©abe  ber* 
Richtete,  bie  bergen  allmäf)ticf)  mitber  unb  mohlmollenber.  üD?an  hörte  halb  gern  auf 
ihre  SBorte,  prieg  gar  öffentlich  ihren  ©ifer,  ihre  Siebe  unb  grömmigleit  unb  ifjr 
matettofeg  Seben,  unb  150  fchtoffen  fid)  fdjliefjlich  ber  Kirche  mieber  an.  ©g  mären 
moht  noch  mehr  gefolgt,  menn  nicht  P.  ©hriftian  ^arbaum,  ber  megen  ÜOiangelg  an 
Seuten  gulefst  hier  altein  arbeitete,  fdjon  am  6.  ©eptember  1625  geftorben  märe." 
Ser  Sob  beg  ^arbinatg  fetbft,  ber  14  Sage  fpäter  erfolgte,  berhinberte  bann  bie 
SBieberaufnafjme  ber  9)2ijfion. 

©ine  bierte  SJliffion  mürbe  Slnfang  1628  bon  bem  gürftbifdjof  $rattg  SBilfjeün 
in  Dualenbrüd  eingerichtet.  Ser  SSifchof  berichtet  barüber  am  3.  ÜUtai  1628  an 
ben  Kölner  9?nntiug  Suigi  ©arafa:  3^  höbe  in  Ouafenbritd  nur  noch  einen  tatho* 
tifdhen  Sürger  gefunben,  alle  anbern  finb  ^äretifer.  Son  ben  12  Ä'anonifern  unb 
8  Silaren  ber  £ollegiatlird)e  maren  6  anmefenb;  biefe  finb  gemeiht,  aber  fämtlid) 
föonlubinarier,  ©chigmatifer  ober  §äretifer,  brei  anbere  finb  noch  fatfjolifd)  unb 
gute  9ttänner.  Qdj  höbe  gmei  Sßatreg  ber  ©efettfchaft  berufen,  bie  oorgüglidj 
arbeiten 4.  „2Bir  begannen",  fo  berichten  bie  ißatreg  in  ben  i^ohregbriefen  bon  1628, 
„mit  bem  ®atedjigmug  unb  hoben  baburdj  big  jetd  (©nbe  1628)  fdjon  fichertich  60 
gur  Kirche  guritdgeführt.  Sin  ber  gronleidjnamgprogeffion,  bie  mir  mieber  einführten 
unb  bereu  ©lang  mir  burch  eine  ©djar  Knaben  in  ©ngelgtracfjt  —  ein  ungemoljnteg 
©chaufpiet  hier  —  nodj  erhöhten,  nahmen  ber  ©tabtrat  unb  bie  gefamte  Sürger* 
fchaft  mit  greuben  teil. "  gmei  Sotreg  feisten  bie  SDüffiongtätigleit  big  gunt 
gahre  1631  fort6.  „gn  biefem  Qaljre",  fo  mirb  berietet 6,  „lehrte  audj  ber  Üteft 
gut  lathoüfdjen  Äirdje  gurüd.  ©g  maren  574,  meifteng  gamitienoäter  unb  «mütter. 
9iadjbem  fo  bie  ©tabt  burd;  bie  nafjegu  üierjäfjrige  SBirlfamleit  gmeier  nuferer 


1  *®bb.  1626.  vol.  X.  $g[.  93rief  üom  16.  Wai  unb  D.  Slop  p, 

2  *@bb.  1627;  *  Compendiosa  narratio.  2)er  dreißig  jährige  Stieg  III  135. 

3  *Hist,  coli.  Osnabrug. ;  *  Litt.  ann.  1625.  6  *  Litt.  ann.  1629  u.  1630. 

4  •  Areh.  Yatic.,  Nunz.  di  Colonia,  Arm.  1,  6  *@bb.  1631. 


92 


3toeitel  Äapitel.  $ie  nieberrfjeinifdje  $romtiä. 


s$atre§  nad)  faft  achtzigjähriger  Strennung  für  bie  fatfjolifdje  Kirche  miebergemonneit 
mar,  rourbe  bie  ÜDfiffion  aufgelöft  unb  ein  Pfarrer  angefteüt." 

3u  biefen  Arbeiten,  roeTcfie  burcfj  bie  oier  SDUffionen  für  bie  ®iö^efe  »on  ben 
^efuiten  geleiftet  mürben,  fam  bann  in  jmeiter  Sinie  bie  nirfjt  unbebeutenbe  Stätigfeit, 
meldje  ba§  Kolleg  ju  OSna&rüd  felbft  noch  außerhalb  ber  ©tabt  entfaltete.  ©d)on 
gleich  im  erften  ^iabre  berichten  bie  fßatreS1:  „Auch  aufjerfjalb  ber  ©tabt  maren  mir 
tätig.  An  brei  Orten  erteilten  mir  &'ated)efe;  in  bem  gleden  Sramfcfje  aber  ^aben 
mir,  als  ber  proteftantifcf)e  ^3rebiger  abgefept  mar,  aud)  ben  ©otteSbienft  oerfeben 
unb  bie  Seitte  mit  ©ott  unb  ihrem  23ifd)of  mieber  auSgeföbnt."  ®rei  ^af)re  fpäter 
beifjt  e§2:  „®on  f)ier  au§  mürben  apoftolifdje  Ausflüge  nach  Siffenborf,  SSörben, 
SSedfta,  SQJeCfe,  gürftenau  unb  anbern  Orten  unternommen  .  .  .  unb  auf  fünf  Dörfern 
ßatedji§mu§unterrid)t  erteilt."  Si^nlicf)  lauten  bie  Q3erid)te  in  ben  fotgenben  fahren. 

Söenn  bentnad)  ber  gürftbifdjof  in  ber  ©tiftungSurfunbe  beS  ®ollegS  bie  Hoff¬ 
nung  auSfprad),  baf;  bie  Qefuiten  „ihrem  Qnfütut  unb  Berufe  gemäfj  unfere  Unter¬ 
tanen  unb  befonberS  bie  unmiffenbe  £$ugenb  in  ©tabt  unb  Sanb  burd)  ^rebigt, 
®ated)efe,  ©penbung  ber  ^eiligen  ©aframente  in  ber  magren  Religion  unterrichten 
unb  jur  d^riftlic^en  Smgenb  unb  grömmigfeit  anfpornen",  fo  hoben  fie  biefer  ©r= 
martung  nacf)  Kräften  entfprocfjen. 

9?od)  med^fefreid^ere  ©cfjidfafe  als  baS  Kolleg  Oon  ©Snabrüd  erlebte  baS  neue 
Kolleg  in  ©iegeit. 

SDie  naffauifcfien  Sänber  nörblid)  ber  fiafm,  raeldjc  feit  bem  Xobe  beS  ©rafen 
Johann  VI.  (1559 — 1606)  in  bie  öier  ©raffdjaften  9kffau-©iegen,  Üftaffau-Habamar, 
9?affau=®illenburg  unb  ütfaffamSDiej  verfielen,  maren  um  bie  ÜÜJfitte  beS  16.  $af)r« 
fjunbertS  burd)  bie  regierenbeit  ©rafen  mit  Sift  unb  ©emalt  ber  neuen  Sehre,  erft 
ber  Iutl)erifd)en  unb  barauf  ber  cafüinifdfjen,  zugefüfjrt  morben 3 4.  ®ie  ©rafen  fetten 
ben  ftanbbaften  „^atbolifdjen  nicht  allein  gar  fein  ©i'erjitium  geftattet,  fonbern 
fie  auch  aus  bem  Sanb  unb  oon  ihren  ©iitern  »erjagt  unb  öerftofjen" i.  ©inen 
Umfcfjmung  ber  religiöfen  SSerfjältniffe  in  ber  ©raffdjaft  9?affau-©iegen  bafjnte  baS 
^affr  1623  an,  in  melcbern  ©raf  Johann  ber  jüngere,  ber  ältefte  ©obn  beS  Ie|ten 
Regenten,  jur  Regierung  beS  SanbeS  fam5.  2Bie  er  felbft  ben  2Beg  jur  fatf)0« 
lifcben  ®ird)e  mieber  gefunben,  molfte  er  aud)  fein  Sanb  für  ben  fatbolifdjen 
©lauben  mieber  geminnen,  aber  nic^t  „burd)  jmanglidje  Mittel",  fonbern  „burdb 
gute  Sehr  unb  Seifpiel"6,  unb  jmar  mit  Hilfe  ber  ©efeflfdfjaft.  Aufgemuntert  mürbe 
er  bei  bem  fdfimierigen  Unternebmen  burcb  feine  eifrige  ©emablin,  bie  belgifdbe 
ißrinjeffin  ©rneftine  Oon  Signe,  noch  mehr  aber  burcb  ben  päpftlicben  Nuntius  am 
föaiferbof,  ©arlo  ©arafa.  „$d)  l)ahz'\  fo  fcbrieb  biefer  fpäter7,  „bem  ©rafen,  ber 
in  biefer  ©ad)e  zu  fnrdjtfam  unb  ju  fdjmanfenb  mar,  mehr  als  einmal  ÜDIut  gemacht 
unb,  maS  ibm  febr  ermünfdbt  fam,  beim  Ä'aifer  oerfdjiebene  SJiale  ©cbreiben  erroirft, 
fomobl  an  ibn  felbft  als  and)  an  bie  Untertanen,  mefcbe  oon  einem  fReligionSmed)fel 
ganz  unb  gar  nichts  miffen  mochten." 

2)ie  Ausführung  feiner  ijUäne  fonnte  ber  ©raf  jebod)  noi^  nicf;t  fofort  in  Angriff 
nehmen8.  2>ie  friegerifc^en  S3emegungen  riefen  ihn  fcbon  im  äRärj  1624  mieber  aus 


1  *  Litt.  ann.  1625  a.  a.  D.  25  unb  *  Hist, 
coli.  Osnabrug. 

2  *  Litt.  ann.  1628  (Hist.  Rhen.  II  19  22). 

3  £>einr.  o.  Sfcfjenbad),  ©efd).  ber  ©tobt 
Siegen  I  (1894)  v  3  ff;  II  (1894)  vm  45. 

4  Äußerung  beä  ©rafen  Sofiann  bei  Siingereit 

gegenüber  bem  ©iegener  ©tabtrat  im 

1626  (ebb.  II  vm  18).  Sßgl.  and)  §öt)ncf, 

©efd).  bei  j?efanatl  ©iegen  (1904)  23  ff. 


5  9tät)ere!  bei  2t cf) enb ad)  a.  a.  D.  I  vn 
46  ff  unb  *  Hist.  coli.  Sigen. ,  uerfafjt  im 
Sabre  1628  (Germ.  Fund.  I  217  ff). 

6  21  cb  enb  ad)  a.  a.  €.  I  vm  8  ff;  II  vii 
26  ff. 

7  Commentaria  de  Germania  sacra  (1639) 
234. 

8  $a!  golgenbe  nacf)  *  Litt.  ann.  coli.  Colon. 
1624  unb  ber  eingeljenben  *Hist.  coli.  Sigen., 


9?eue  Sftieberlaffungen :  (Siegen. 


93 


feinem  Sanbe  fort.  Bor  feiner  Slbreife  hatte  er  in  ber  Qofeannigtirdfe,  ber  ehemaligen 
granjigfaner-  unb  bamatigen  ^offircfee,  burdj  ben  Qefuiten  Sominifug  Sorig,  meiner 
auf  Sitten  beg  gräflichen  fßaareg  für  bie  furje  $eit  if)rer  Stntüefen^eit  am  24.  Se= 
jember  1623  oon  ®ötn  nad)  (Siegen  gefommen  mar,  am  21.  Januar  1624  rcieber 
ben  erften  fatfeotifcfeen  ©ottegbienft  höben  taffen. 

Erft  Enbe  9Rai  1626,  mo  bag  gräfliche  fßaar  auf  einige  äRonate  nad)  Siegen 
jurüdfeferte,  begann  ber  ©raf  fein  Sßerf,  unb  jmar  mit  großer  Energie,  feauptfädjtid), 
mie  eg  fcheint,  infolge  „emfiger  ÜJRanbate  oon  Ä'aifer  unb  fßapft"  4  Stuf  ber  fRiicf- 
reife  aug  ben  fRiebertanben  tjatte  er  fjmei  fßatreg  beg  Kötner  ßottegg,  ben  fReftor 
©etbrop  unb  P.  2orig,  mit  fid)  nach  ©iegen  genommen.  Srei  Sage  nad)  ber 
Stnfunft,  am  fßfingftfeft,  tiefe  er  feierlichen  ©ottegbienft  in  ber  ^ohanntSfircfie  hatten. 

Qn  einem  Briefe  oont  23.  $uni  1626  berichtet  ©etbrop  bem  Kötner  ÜRuntiug, 
er  fei  am  27.  9Rai  mit  P.  Sorig  nad)  Siegen  aufgebrodfen,  mo  fie  unter  nieten 
©efaferen  unb  fRacfeftettungen  non  feiten  ber  £uiretifer  eingetroffen  feien.  21m  fßfingft* 
fefte  habe  er  eine  ^rebigt  gehalten,  moju  ber  ©raf  ben  ganzen  ^offtaat,  SJRagiftrat  ufro. 
habe  rufen  taffen.  Siefe  mie  bie  in  fefer  grofeer  .Qafet  onmefenben  Bürger  hätten  be> 
fcfeeiben  unb  gebulbig  feine  fßrebigt  angehört  über  bie  Söorte :  „Sie  Strenge  ber 
©täubigen  mar  ein  ^>er^  unb  eine  Seete."  2tm  fetben  Sage,  fo  fährt  ©etbrop  fort, 
hielt  ber  ©raf  eine  Beratung  über  ben  Erfafe  eineg  fReformationgbefreteg,  metcheg 
er  bann  ohne  fRüdficfet  auf  bie  entgegenftehenben  Scfemierigfeiten  am  Sag  nor  SreO 
faltigfeit  (6.  ^uni)  feiertid)  nor  §of,  Stbet  unb  SRagiftrat  nertünbigen  tiefe2.  9Rit 
ßuriidmeifung  alter  ©egennorftettungen  befafet  er  bie  fofortige  genaue  2tugfüferung, 
mag  auch  gefcfjah-  2tm  9.  $uni  haben  tx>ir  bie  ®irdjen  eingenommen  unb  bie 
fßräbifanten  entfernt.  Sen  fcfemarjen  Sifcfe  Eatoing,  an  metcfeem  fßfingften  1500 
gefpeift,  habe  ich  mit  eigener  £>anb  umgeftürjt3.  Qefet  prebigen  unb  fatedhefieren 
fcfjon  unfere  beibeit  fßrebiger  (peinrid)  Schacht  unb  fßeter  Egmont  alle  gefttage  in 
ben  nerfdfjiebenen  Kirchen.  Unb  meit  feine  anbern  fßriefter  oorfeanben  finb,  metd)e 
in  fotd)er  ©efahr  teben  unb  mit  fo  mächtigen  ©egnern  fämpfen  motten,  rufet  alte 
2trbeit  auf  biefen  brei  fßatreg.  Sa  nun  ber  ©raf  fiefet,  bafe  er  biefeg  fo  fearte  unb 
ber  £>ärefie  ganj  ergebene  Botf  ofene  §itfe  ber  ©efettfd)aft  nicht  surüdfüferen  fann, 
brängt  er  fefer  auf  bie  Errichtung  eineg  Äottegg  in  Siegen.  Unfere  Obern  finb 
baju  bereit,  menn  eine  entfprecfeenbe  gunbation  angeboteit  mirb,  gteid)üiet  mof)er 
ber  ©raf  fie  nimmt.  Unb  meit  bafür  feier  mefe  ^Rittet  aufeer  ber  früfeer  oor> 
gefchtagenen  Übertragung  beg  granjiSfanerftofterg  jur  Verfügung  ftehen,  münfcht  ber 
©raf,  bafe  eine  fotcfee  Bereinigung  oon  Em.  §ofeeit  in  fRom  beförbert  merbe.  Sie 
©efettfcfeaft  mit!  aug  nieten  ©rünben  auf  eine  fotcfee  Union  burcfeaug  nicfet  brängen, 
ift  aber,  menn  ber  ©raf  fie  erlangt,  bereit  jur  2Irbeit. 

2tm  26.  $uni  fanbte  ber  SRuntiug  biefen  Brief  nebft  einem  Briefe  beg  ©rafen 
nacfe  Born  mit  lebhafter  Sefürmortung  ber  2lngetegenfeeit  unb  ingbefonbere  ber 
Bereinigung  oon  jraei  feit  80  ^aferen  in  proteftantifcfiem  Sefife  befinbticfeen  ßtöftern4. 
Borfeer,  am  16.  Quni  1626,  featte  ficfe  ber  ©raf  perfönlid)  in  berfetben  Sad)e  an 


foWie  *  Descriptio  ditionis  Nassov.  et  de  fun- 
dando  coli.  Sigen.  (Berfafit  im  3°bre  1626), 
in  Fund.  Rhen.  Inf.  II  361  f.  9SgI.  aud)  9Id)en= 
bad)  a.  a.  0.  II  vm  7  ff  unb  §öt)ttd  a.  a.  0. 
29  ff  225  ff,  bereu  Eingaben  baburd)  mef)tfad) 
berichtigt  werben. 

1  91  d)  e  n  b  a  cf)  a.  a.  0.  II  vm  12.  Sgl.  auch 
*  Sitetfeichi  an  ben  Kölner  fJteftor  ©elbrop, 
25.  Suli  1626  (Ad  Rhen.  inf.). 


2  Näheres  bei  91  d)  e  n  b  a  ch  a.  a.  0.  II  12  ff. 

*  Stad)  9Id)enbad)  (a.  a.  0.  II  16)  waren 
eö  nur  800  gewefen.  2>iefe  §anbluug  beö  9tef= 
tor§  war  eine  unnötige  fpärte,  welche  bie  ffero= 
teftanten  nur  noch  mehr  erbittern  muffte. 

4  *  Original  im  Arch.  Vatic.,  Nunz.  di  Co- 
lonia,  Arm.  1,  vol.IX.  2)ort  aud)  bie  Kopien  ber 
Sriefe  be§  Seftorä  unb  be§  ©rafen.  Sgl.  Barh. 
Lat.  6905. 


94 


3t»eite§  Äapitel.  $ic  nieberrljeinifcfje  ißrooinj. 


ben  ißapft  gemanbt1.  Schon  am  18.  Qufi  1626  fam  Urban  VIII.  btefen  SBiinfcfien 
nach  uitb  beftimmte  baS  ehemalige  ^rangiSfanerffofter  in  (Siegen  unb  baS  ehe¬ 
malige  ißrämonftratenferinnenffofter  in  Neppet  (Kreis  Siegen)  für  bie  g-unbation 
beS  geplanten  KoßegS2.  SIm  7.  Stuguft  melbet  ber  97untiuS  nach  SRom,  er 
merbe  beut  ©rafen  Oon  ber  gemährten  ©unft  Mitteilung  machen  unb  ihn  ber  er¬ 
haltenen  SBeifung  gemäß  ermuntern,  in  feinem  heroifdfjen  Stöerfe  fortgufaßren 3.  SaS 
Ätofter  Keppel  mar  feit  fange  ein  proteftantifcßeS  Samenftift.  üfiacß  Entfernung 
ber  fieben  proteftantifcßen  ©tiftSbamen  übergab  ©raf  Qoßann  baSfefbe  am  14.  ©ep» 
tember  1626  ben  Qefuiten4.  @o  fonnte  er  am  9.  ©eptember  1626  bie  ©tiftungS- 
urfunbe  ausfertigen5. 

Qngmifcßen  geitigten  bie  Arbeiten  ber  ^efuiten  anfangs  meniger  Erfolg,  afS  man  er- 
märtet  hatte.  Sie  ißatreS  maren  enttäufcßt  unb  fcßließlich  fogar  etmaS  entmutigt.  „Sßir 
begannen",  fo  berichten  fie,  „mit  freubigem  Mut;  hoch  bemerften  mir  halb,  baß  bie 
ißrebiger,  benen  bie  Seute  naturgemäß  mehr  gugetan  maren  afS  unS,  über  bie  gefegte 
3eit  hinaus  in  ben  Pfarreien  blieben,  baß  fcßarfe  Erlaffe  gmar  befannt  gemacht, 
aber  mcßt  auSgefüßrt  mürben.  .  .  .  ©feiäßmohf  mürbe  in  affen  Pfarreien  (in  ber 
©tabt  unb  ben  neun  Sanbpfarreien)  üief  gearbeitet.  Sroß  ber  unmegfamen  Serge 
unb  troß  beS  tiefen  ©cßneeS  unb  fefbft  mitten  in  ber  grimmig  falten  SBeißnachtS* 
nacßt  eilten  mir  tmn  Sorf  gu  Sorf;  hoch  menig  ober  gar  nichts  mürbe  erreicht; 
benn  überaff  maren  auch  jeßt  noch  btt  ^rebiger. . . .  Mit  noch  größerer  Sfnftrengung 
feßten  mir  ein,  als  Oftern  ßerannaßte;  benn  affe  oermeinten  beftimmt,  baß  feßt  moßf 
einige  Saufenbe  ficß  ber  Kirche  anfd^Iießen  mürben,  ba  feßr  oiefe  nicht  gar  abgeneigt 
fcßienen  unb  auch  neue  Sefrete  üom  ©rafen  (aus  ben  9Ueberfanben)  gefanbt  unb 
oeröffentfidht  morben  maren.  Unb  in  ber  Sat  hatten  mir  gleich  an  biefem  erften 
Ofterfefte  einen  Triumph  über  ben  EafoiniSmuS  gefeiert.  Sodß  gar  bafb  merften 
bie  Seute,  baß  eS  bei  bloßen  Sroßungen  blieb,  unb  fümmerten  ficf)  nun  menig  meßr 
um  unS  unb  bie  befreie,  gumaf  afS  mit  Seginn  beS  ©ontmerS  auch  noch  holfänbifcßeS 
KriegSüolf  oon  ©oeft  in  ber  gangen  ©egenb  ßerumguftreifen  begann."6  ^n  Siegen 
fefbft  halten  ficf)  bie  Sürger  nicht  einmal  an  ben  ©regorianifcßen  Kalenber  unb 
magten  eS  fogar,  „gu  ißreS  SanbeSßerrn  Sefpeft"  unter  ben  Sfugen  beS  ©rafen  giemficß 
allgemein  baS  SBeihnacßtSfeft  1627  nach  bem  aften  Kalenber  am  4.  Januar  1628  gu 
feiern.  92ur  ein  Ort,  Irmgarteichen,  hatte  eine  üluSnafjme  gemacht.  P.  Heinrich  ©cfjacht, 
ber  rebegemanbte  ißrebiger  ©iegenS,  hatte  hier  mit  nur  menigen  unb  oereingeften 
“prebigten  unermartete  Erfolge  errungen.  Schon  nach  einigen  Monaten  belief  ficf) 
bie  ßafff  ber  Übertritte  auf  252,  bie  bann  burcß  bie  roirfungSootfe  !ßrebigt  am 
Karfreitag  1627  noch  beträchtlich  ftieg. 

Erft  im  ^aßre  1628  foffte  auch  in  ben  übrigen  Pfarreien  ein  Umfcßlag  ein* 
treten,  unb  gmar  in  ber  Oftergeit,  auf  mefche  man  jaßrS  guoor  fchon  fo  oief  gebaut 
hatte.  3n  ben  erften  Sagen  beS  Januar  1628  mar  ber  ©raf  mieber  in  Siegen 
gemefen,  hatte  bann,  unmiffig  über  ben  ©tarrfinn  feiner  Untertanen,  befannt  gemacht, 
baß  jeber,  ber  bis  Oftern  ficß  nicht  ber  Kirche  mieber  angefcßfoffen  habe,  baS  Sanb 


1  *  Original  in  Barb.  Lat.  6905,  f.  109. 

2  Hegeft  in  Acta  S.  Sedis  in  causa  Soc. 
©.  816,  9tr  46. 

3  *  Original  in  Nunz.  di  Colonia  a.  a.  0. 

*  9läf)ere§  bei  C  r  u  s  i  u  s ,  Commentariorum 

Hayanorum  discussorum  tractatus  tertius  86  f. 
Reiffenberg  I  512  ff.  2>ie  faiferlid)ett  33e- 
ftdtigungen  Pont  4.  Sipril  1628  unb  8.  fötai 

1641  in  *Reiffenberg  II  Mantissa. 


5  SBortlaut  bei  Reiffenberg  I  Mantissa 
140  ff.  $ie  2lnnal)nie  burd)  9JiteHe§d)i  erfolgte 
am  10.  9Jlai  1627.  $gl.  ebb.  I  614;  .fjöpncf, 
©efrf).  be3  Sefanate!  ©iegen  225  ff;  *  S8iteHe3cbi 
an  93aöing,  5.  guni  1627.  Orig. -'lieg.  Ad 
Rhen.  inf. 

c  *Hist.  coli.  Sigen.  221  f.  Sßgf.  aucf)  *  $i= 
teüeld)i  an  ben  ©uperior  Rummel,  7.  3Ing. 
1627.  Ad  Rhen.  inf. 


9?eue  Dliebcrlaffungen :  Siegen. 


95 


oerlaffen  miiffe.  ©in  fatferlicf)e§  ©bift  befräftigte  biefe  Sftahregel.  „211S  nun  anfangs 
ber  ^aftenjeit",  fo  berichten  bie  ^efuiten 1,  „baS  faiferlid)e  ©bift  üeröffentlidjt  mürbe, 
nahmen  mir  mit  frifdjem  Sttute  bie  Arbeit  mieber  auf,  eilten  üon  ®orf  ju  ®orf  unb 
unterrichteten  bie  Seute  unb  beftimmten  bie  $eit  für  23eid)t  unb  Kommunion.  .  .  . 
Siele  fügten  fid)  jefjt  mittig,  bie  meiften  aber  erft  auf  fernere  Drohungen  unb  ©trafen 
hin.  ©egen  Sßfingften  maren  etmaS  über  2300  mieber  jurücfgefehrt." 2  „Unglaublich 
ift  eS,  mit  meid;  tierfd)iebener  Stimmung  bieS  h'er  aufgenommen  mürbe:  bie  einen 
jubelten  auf,  bah  enblid)  fo  meit  gefommen  fei,  bie  anbern  fnirfd)ten  tior  2öut, 
bah  ^er  ©aloiniSmuS  unterbrüdt  merbe  unb  baS  ^ßapfttum  mieber  auffomme. .  .  .  (Sin 
grober  ©eminn  ift  eS,  bah  überall  bie  gräflichen  Beamten,  bie  ©emeinbeoorftetjer 
unb  ©dhöffen  fatfjolifch  finb.  2ludj  in  ©iegen  haben  bie  beiben  Bürgermeifter,  ber 
ganje  ©tabtrat,  alte  Beamten  unb  überhaupt  alte  einflußreichen  9J?änner  ben  fatfjolifchen 
©tauben  burd)  ©mpfang  ber  ©aframente  offen  an  ben  £ag  gelegt,  mehrere  fogar 
burch  mieberhotten  Empfang  bemiefen,  bah  fie  bet  fathotifcfjen  Kirche  aufrichtig  unb 
ooit  ^erjen  ergeben  finb.  2)aS  £>auptoerbienft  an  attem  biefem  gebührt  bem 
P.  Heinrich  Schacht." 3  „Qn  ber  ganzen  ©raffdhaft  ift  je|t  bie  fatholifche  SMigionSübung 
ooüftänbig  mieberhergeftetit.  Sludj  finb  beit  patres,  bie  bisher  alles  allein  ju  tun 
hatten,  einige  Pfarrer  jur  Bermaltung  ber  Pfarreien  ju  £ilfe  gefommen." 

©S  mar  ein  bie  ©rmartungen  überfteigenber  ©rfolg4,  menngteidh  nodj  nicht  alte 
bem  ©aloiniSmuS  ben  9iüden  gelehrt  hatten,  ©o  feierten  3.  23.  im  ^afjre  1630  in 
©iegen  noch  112  ^erfonen  baS  SEÖeihnachtSfeft  nach  bem  alten  ^alenber5,  unb  bie 
3af)t  berjenigen,  metche  burch  bie  ^efuiten  noch  im  ^ahre  1631  für  ben  fatf)olifd)en 
©tauben  gemonnen  mürben,  belief  fich  auf  137  6. 

^njmifdjen  hatte  fid)  amh  bie  Schute,  meldje  man  gleich  im  erften  $af)re,  am 
12.  97ooember  1626,  in  ben  Säumen  ber  aufgehobenen  Sateinfdjule  eröffnet  hatte, 
günftig  entmidett.  ©ie  mar  mit  nur  menigen  ©djülern  unter  jmei  Sehrern  begonnen 
morben,  aber  fdjon  nach  einem  ^afjre  fo  gemachfen,  bah  atte  fünf  Staffen  mit  fünf 
Sehrern  eingerichtet  unb  ©nbe  1628  auch  noch  ein  eigener  Sefjrer  fürs  ©riedhifche  an* 
geftettt  mürbe,  ©nbe  1628  jäf)tte  baS  Kolleg  14  Qefuiten:  5  patres,  6  SSagiftri  unb 
3  Saienbrüber7.  ©eit  1629  fingen  bie  blüf)enben  Schuten,  mahrfdheintich  burch  bie 
©treifjüge  ber  ^ottänber,  mieber  auffällig  ju  finfen  an8,  unb  brei  ^affre  fpäter  mürbe 
infolge  ber  ©d)lacht  bei  Breitenfelb  faft  atteS  Vernichtet,  nicht  jmar  unmittelbar  burd) 
bie  fchmebifchen  |>eerhaufen,  fonbern  burch  bie  catoinifcf)en  Bermanbten  beS  ©rafen. 
2>er  oerftorbene  Segeut  hatte  nämlich  1621  in  Befürchtung  beS  SeligionSmedjfelS 
int  £anbe  bem  fonoertierten  Sohn  baS  ©rbe  oerfleinert  unb  jmei  drittel  ber  ©raffchaft 
3m ei  anbern  ©öfjnen,  Söilßelm  unb  Johann  Sftorih,  teftamentarifch  jugemiefen 9.  ®aS 
Seftament  mar  jmar  00m  ^aifer  noch  3U  Sehweiten  beS  Segenten  faffiert  unb  für 


1  *  Hist.  coli.  Sigen.  225. 

2  Über  ben  2lnteil  ber  einzelnen  Orte  an 
biefer  23emegung  ügl.  $  ö  t)  n  d  a.  a.  0.  35  f  95  ff. 

3  23i3  Ijierfjer  bie  *  Hist.  coli.  Sigen.  Sie  gtt>ei 
folgenben  Säpe  entflammen  ber  *  Compendiosa 
narratio  be§  iproüinäialä  P.  23aüing,  ber  fid) 
auf  ben  23erid)t  be§  Siegetter  9teftor3  ftüfct. 
Ser  ßr^bifcbof  Don  SJtainj  gab  am  24.  Süiärs 
1629  ein  S'ibutt,  traft  welchem  alle  aud)  am 
Cfterfcft  in  ber  gefuitenfirche  beidjten  unb  fom* 
munisieren  burften.  *  Original  im  Kölner  Stabt* 
ard)iö,  Jes.  704;  bort  auch  Weitere  2lften  über 
ba§  ft'oüeg. 

4  *  34itelle§d)i  an  beit  Superior  Rummel, 

23.  Sej.  1628.  Ad  Rhen.  inf. 


5  21  d)  eit  b  ad),  ©efd).  ber  Stabt  Siegen  II 
vm  59. 

0  *  Litt.  ann.  1631. 

7  *  Hist.  coli.  Sigen.  unb  *  Catal.  Rhen. 
1626  ff. 

8  *  Catal.  Rhen.  1629  ff.  Sie  Sdjule  äüljtte 
viele  Schüler  üon  aufwärts,  unb  biefe  fdjeinen 
infolge  ber  üielen  Streifpge  boflänbifdfer  ©öl* 
baten  oom  S3efud)  abgeljalten  morben  p  fein. 
Sgl.  bie  *  Sriefe  be§  Drben3general§  an  ben 
Dteftor  ju  Siegen  üom  29.  Sej.  1629  unb 
13.  Slpril  1630.  Ad  Rhen.  inf. 

9  21  d)  e  n  b  a  d)  a.  a.  0. 1  vii  12  ff.  §  ö  t)  n  cf 
27  ff. 


96 


3toeite§  Kapitel.  2>ie  nieberrffeinifdie  ißrooinj. 


ungültig  erffärt.  St)odj  gelten  2StIf)efm  unb  Qohann  äRorip  nichtSbeftomeuiger 
baran  feft 1.  Qm  Vunb  mit  Sdjmeben  bemächtigte  [ich  ber  28jährige  ©raf  Qotjann 
Sflorip  Anfang  $D?är$  1632  mit  ©ematt  beS  SanbeS,  baS  er  ficf)  oorher  non  ©uftao 
2lbotf  hatte  übertragen  taffen2.  ®amit  mar  baS  2oS  ber  fathotifdjen  Religion  be< 
fiegett.  Sdjon  jroei  Stage  nach  bem  ©injuge  beS  ©rafen  in  Siegen,  am  2.  ÜOJärj  1632, 
nachmittags  jmifdjen  3  unb  4  Uhr,  mürben  bie  Qefuiten  —  eS  maren  noch  fieben  — 
unter  Spott  unb  §ohn  auS  Stabt  unb  Sanb  berjagt  unb  bann  bie  fathotifdje  Religion 
unb  jebe  Erinnerung  baran  überall  mit  ©ematt  roieber  unterbrücft3.  Es  gelangte  gmar 
©raf  Qohann  Anfang  1636  infolge  ber  Siege  ber  faiferticfjen  SB  affen  mieber  in  ben 
23efip  feines  SanbeS,  bod)  hatten  bie  bier  Qaljre  calbinifc^er  §errfcfjaft  genügt,  um  bie 
fatfjotifche  Religion  faft  bottftänbig  ju  erftiden;  benn  „mit  nur  raenigen  StuSnahtnen 
maren  aüe  jum  EatbiniSmuS  abgefallen" 4. 

Überall  muffte  mieber  bon  born  angefangen  merben;  bie  Qefuiten,  bie  Anfang  1636 
ju  12  (7  patres,  2  SJiagiftri  unb  3  Saienbrüber)  jurücffehrten,  hatten  ähntid)  §u  arbeiten 
unb  ju  fämpfen  mie  bor  gehn  Qafjren:  überall  bie  gleichen  ^emmniffe,  ber  gleiche  Sftanget 
an  Unterftüpung  feiteuS  ber  gräflichen  ^Beamten  unb  bie  gleichen  Sftiherfotge.  Erft 
Enbe  1638  trat  eine  Vefferung  ein,  mie  eS  fdjeint,  infolge  beS  StobeS  beS  ©rafen, 
ber  mitten  in  feiner  SiegeSIaufbahn  gegen  bie  Qraujofen  am  27.  Quti  1638  ju 
9ienaij  in  Vetgien  ben  Strapazen  unb  ber  9fuf)r  erlegen  mar.  „9?ad|  feinem  Stöbe", 
fo  berichten  bie  Qefuiten  Enbe  1638 5,  „machte  [ich  ein  munberbarer  SBechfel  in  ber 
Stimmung  bemerkbar."  SDie  §ulbigung  für  ben  erft  elfjährigen  Sohn  Qof).  Qran^ 
StefiberatuS  nahm  bie  SBitme  beS  oerftorbenen  ©rafen  entgegen;  fie  erfolgte  ohne 
Schmierigfeit.  35ie  gasreicher  merbenben  ^onüerfionen  hemmte  bie  Stätigfeit  ber 
Qamitie  beS  Oerftorbenen  ©rafen6.  VefonberS  mar  eS  bie  ftänbig  in  Siegen  mohnenbe 
Stiefmutter,  bie  ©räfin  Margareta,  melcfje  burch  ben  ißräbifanten,  ber  nur  für  fie 
unb  ihren  §of  geftattet  mar,  baS  Votf  oon  ber  fathotifchen  Dfetigion  gu  ben  catoinifdjen 
^Srebigten  unb  bem  2lbenbmaf)t  jog,  inbem  fie  betonte,  bah  if)re  ©ohne  fid)  ber 
©raffcpaft  mieber  bemächtigen  unb  alte  fathotifchen  ©eifttidjen  famt  ben  Qefuiten 
oertreiben  mürben7.  Qhre  im  $etbe  ftehenben  Söhne  fcfjidten  Voten  gu  ben  Qefuiten 
unb  brohten  „neben  oietfättigen  ehrenrührigen  Sd)anb>  unb  Schmähmorten  ben 
äufjerften  Stob  unb  Verbergen  an",  menn  fie  nicht  oon  ber  Verbreitung  ber  fathotifchen 
Vetigion  abftünben.  „2lud)  füllten  bie  ißatreS  [ich  begnügen  taffen,  bah  fie  fo  öiete 
Qahre  baS  Votf  unb  bie  gange  Qugenb  untermiefen  unb  eine  gute  Slngaht  fathotifcf) 
gemacht  hätten.  SDie  Vefehrung  ber  übrigen  nichtfatholifchen  Einmohner  mürbe  nur 
feuchter  fcfjaffen,  metche  batb  mieber,  menn  eine  Veränberung  ber  £>errfdjaft  fotlte 
ergehen,  umfattetn  unb  mieber  abfallen  mürben."  Qn  einem  ©efud^e  an  ben  Erg* 
bifchof  oon  9)iaing  ftagt  bie  ©räfimSEBitme  1642,  bah  „ber  mehrere  Steil  ihrer 
Untertanen  gu  Siegen  bem  catoinifchen  ißräbifanten  noch  anhange" 8.  SDie  Qefuiten,  bie 
auch  nod)  burd)  bie  ungünftigen  SBohnungSoertjättniffe  auf  ber  Vurg  unb  zeitliche  Sorgen 
nicht  menig  gebrüdt  maren,  liehen  [ich  nicht  entmutigen  unb  arbeiteten  unüerbroffen 
meiter.  Sie  hatten  in  ber  Stabt,  beren  Pfarrei  int  Qafjre  1637  bem  ®oHeg  inforporiert 
mar9,  bie  gefamte  Seetforge  unb  oietfach  auch  noch  in  ben  Sanbpfarreien  —  im 


1  2Id)eitbad),  ©efd).  ber  Stabt  Siegen  II 
vm  11 ;  I  vii  25  ff. 

2  Ebb.  I  vii  48  ff.  £>  5 1)  it  cf ,  ©efd).  bei?  Se* 
tanat§  Stegen  43  ff. 

3  *Litt.  ann.  1632.  21  djenb  ad;  a.  a.  D. 
II  vm  63  ff.  £öt)ttd  a.  a.  0.  230. 

4  *Litt.  ann.  1636  f.  2)anad)  aud)  ba§  gol* 

genbe.  SBgl.  aud)  bie  *  SSriefe  be§  Crbenl* 

general§  nach  Stegen.  Ad  Rhen.  inf. 


5  *  Litt.  ann.  1638. 

G  41  Ebb.  unb  1640.  *  33iteIIe§d)i  an  Rummel, 
22.  Suni  1641  u.  26.  2lpri(  1642.  Ad  Rhen, 
inf. 

7  21  djenb ad)  a.  a.  D.  II  vm  69  ff. 

8  Ebb.  II  vm  69. 

9  $ie  gräfliche  llrfunbe  ift  batiert  23rüffel, 
5.  3u'ü  1637,  bie  be§  Erjbifdjofg  non  SJtainä 
au§  bem  Sabre  1639. 


9Jeue  fUieberlaffungett:  Siegelt. 


97 


Qapre  1640  5.  93.  in  öier  — ,  für  bie  man  nid)t  pinreidpenb  Pfarrer  ftnben  fonnte1. 
2)0311  fam  bie  Xätigteit  in  ber  Scpule,  melcpe  im  $apre  1636  gleich  mieber  mit 
brei  klaffen  eröffnet  morben  mar  unb  feit  1640  einen  größeren  2luffd)mung  naptn. 
©3  patte  nämlid)  ein  3meitägigeS  Sdjaufpiel,  „2)er  ägpptifcpe  ^lofepp",  meldpeS  im 
$apre  1640  bei  ber  ßentenarfeier  ber  DrbenSgrüubung  3meimal  aufgefüprt  roerbeit 
mupte,  fo  üiel  non  fid)  reben  gemadjt  unb  bem  ©pmnafium  einen  folgen  9iuf  gebracht, 
bap  bie  Sdpiile^ahl  fofort  3U  fteigen  begann  unb  innerhalb  eines  ^af)re§  fiep  gar 
üerboppelte.  2)ie  Scpule  erhielt  jept  mieber  ipre  fünf  klaffen  unb  einen  eigenen 
Seprer  fürs  ©riecpifcpc  unb  §erbft  1643  aucp  nodj  93orlefungen  über  TDialeftif. 
©nbe  1644  ftanb  baS  ßodeg  auf  bem  |)öpepunft  feiner  ©ntmidlung.  ©S  gätjlte 
bamalS  in  feinen  9J2auern  24  Qefuiten:  15  fßatreS,  4  ÜÖiagiftri  unb  5  fiaienbrüber. 

2)a  fameit  neue  feinere  ©rfcpütterungen,  melcpe  bie  ^'üdjte  mitpeüoder  Arbeiten 
teils  fcpmer  fcfjäbigen,  teils  für  immer  oernidjten  fodten.  2>en  erften  Stoff  oerfepte  ber 
oben  ermähnte  ©raf  üopann  ÜDiorip2.  ©r  mar  nadj  langjähriger  übmefenpeit  im 
$uli  1644  au§  93rafitien  nach  ©uropa  3urüdgefeprt  unb  fepte  fiep  uner märtet  im 
Januar  1645  mit  Sift  unb  ©emalt  non  neuem  in  ben  93efip  ber  gräflidjen  93urg 
3U  Siegen  unb  ber  3mei  drittel  ber  ©raffcpaft,  auf  melcpe  er  gemäp  beS  SeftamenteS 
ein  dtecpt  3U  paben  glaubte.  Sofort  mürbe  nun  pier  unb  3um  2eil  aud)  in  ber 
Stabt  Siegen,  meldEje  nach  bem  2eftamente  gemeinfameS  ©rbe  fein  füllte,  bie  fatpolifdje 
9MigionSübung  mieber  unterbrüdt.  9iur  im  erften  Stammteite,  fo  fd^rieb  ber  ©raf 
gleich  an  ^en  ^ciifer  unb  ben  fö’urfürften  non  $öln,  mode  er  „bie  P.  Iesuitas  mit 
ihrem  exercitio  religionis  nicfit  beeinträchtigen".  2)en  smeiten  Stop  erhielt  baS 
®odeg  burcp  bie  93eftimmung  beS  9öeftfälifcpen  ^riebenS  betreffs  beS  diormaljapreS 
1624  unb  bie  ©ntfcpeibung  ber  dteicpslommiffion,  metche  bem  fö’odeg  faft  feine  ganse 
Stiftung,  ben  Äatpolifen  SiegenS  aber  ^irdje,  Sdjule  unb  (pofpital  entrip  unb  nur 
ben  üdiitgebraucp  ber  fcpon  im  ^apre  1624  ben  ©aloinern  genommenen  Johannis» 
fircpe  liep3. 

,Qu  bem  gefahrbrohenbften  Stope  polten  Anfang  1651  §mei  93rüber  beS  ©rafen 
^opann  Sftorip  aus,  bie,  mit  ber  ©ntfcpeibung  ber  9teicpSfommiffion  unsufrieben, 
bie  üodftänbige  llnterbrücfung  ber  fatpolifcpen  Religion  unb  bie  „Slbfcpaffung"  beS 
ÜjefuitenfodegiumS  mit  ©emalt  3U  erreichen  fucpten.  ®ie  ®ircpen  mürben,  aud) 
im  erften  Stammteile,  überad  ben  Äatpolifen  nerfperrt,  bie  93urg,  auf  ber  bie 
Qefuiten  mopnten  unb  bie  ©nbe  1650  ber  ©räfin-SBitroe  ©rneftine  n.  Sigue 
mieber  surüdgegeben  mar,  belagert  unb  fcplieplicp  ade  ^efuiten,  „als  moüon  adeS 
Unpeil  perfommt  unb  lommen  mirb",  bis  auf  3mei  patres  am  10.  Qluni  aus  bem 
Sanbe  nerjagt.  21deS  fcpien  nerloren.  2>a  fcpritt  jebocp  nocp  rechtzeitig  ber  Slaifer 
ein,  an  ben  fiep  bie  macptlofe  @röpn»2Sitme  gemanbt  patte.  Sein  93erbift  gegen  bie 
unrupigen,  eigenmächtigen  unb  „lanbfriebbrücpigen"  ©rafen  unb  bann  bie  Vermittlung 
ber  gräflichen  Vermanbten  brachten  nun  halb  Ülupe  unb  Orbnitng.  einem  93er« 
gleidEje  üom  ®e3ember  1651  oerfpraepen  ©raf  ^opann  äftorip  unb  feine  Vriiber,  „bie 
Herren  patres  S.  J.  in  ben  Stanb  unb  Übungen,  mie  fie  oor  ber  üuSfcpaffung 
gemefen,  3U  fepen  unb  .  .  .  unmoleftiert  3U  laffen",  ben  ^atpolifen  aber  in  ber  Stabt 
unb  in  bem  einen  drittel,  melcpeS  bem  Sopn  beS  ©rafen  ^opann  geblieben  mar. 


1  fftad)  *Litt.  ann.  1637  ff;  *Catal.  Rlien. 
inf.  1639  ff;  banad)  aud)  ba§  golgeute. 

2  gür  baS  golgenbe  bgl.  *ßeiffenberg 
II  1.  22,  c.  3;  *Litt.  ann.  1646  ff;  9Id)en= 
bad)  a.  a.  O.  I  vii  71  ff;  II  vm  72  ff;  §öt)ud 
a.  a.  D.  49  ff.  2.  SJrieffen,  2eben  be§ 
dürften  SOtorig  bon  9?affau=@iegen  (1849)  24  ff. 

Suljr,  ©efdjicfjte  bet  3efuifeit.  II. 


SBgl.  aud)  bie  *  Briefe  ber  Drbeu^geueräie  nad) 
Siegen,  in  benen  fid)  bie  Seiben  ber  S]3atre3 
fotnie  if)r  @ifer  unb  9Jint  unb  ihre  lluerfd)roden= 
heit  tniberfpiegetn. 

3  2>ad  3-oigenbe  nad)  *Hist.  coli.  Sigen. 
1649—1654;  Sichenbad)  a.  a.  0.  II  vm  74  ff; 
§  ö  h  u  d  a.  a.  £>.  52  ff. 


98 


ßweiteg  Kapitel.  Sie  nieberr^etnifcJje  SßroPins. 


b.  i.  in  ben  $ircpfpiefen  ^rmgarteicpen,  SRetppen,  fRöbgen  unb  SCSifnSborf,  ooßftänbig 
freie  IReligionSübung  ju  gewähren1,  ©o  blieb  bag  Kolleg,  „bag  unftreitig  reiche 
grüßte  getragen  patte  unb  für  bie  fatpofifcpe  ^Religion  im  ©iegerfanb  mie  ein 
23oflmerf  mar"2,  befielen,  nacpbem  eg  freifiep  faft  ad  feine  ©infünfte  oerforen  fjatte. 
^n  ©iegen  felbft  maren  1650  160  fatpofifcpe  Familien3. 

SBie  ©raf  Qopann  non  SRaffau*  ©iegen  na  cf)  feiner  ^onüerfion  ©iegen  jur 
fatpofifcpen  $ircpe  jurücffüpren  motfte,  fo  bot  fein  Onfef  ^opann  Subroig  Oon 
fRaffam^abamar  nacp  feiner  ^onoerfion  in  Söien  (1629)  affeg  auf,  um  bie  fatpofifcpe 
^Religion  in  (p  a  b  a  m  a  r  mieberpergufteffen.  Über  feine  Ubficpten  erjäpft  ber  ^obfenjer 
fReftor  ©erparb  ©rapof  in  bem  33ericpt  über  eine  fReife,  mefcpe  er  ©ejember  1629 
oon  Äoblenj  aug  mit  bem  ^3rot)ingiaf  £>erm.  23aüing  nacp  ©acfjfen  unb  SBeftfafen 
antrat,  fofgenbeg:  „Sfßir  reiften  mit  bem  ©rafen  $opann  oon  ÜRaffau=©iegen.  Um 
jmeiten  Sage  unferer  fReife  fainen  mir  nacp  (pabamar  jum  ©rafen  ^o^antt  Submig 
oon  Dcaffau,  ber  oor  furjem  ju  Söien  in  unferem  ®oöeg  jur  fatpofifcpen  ®ircpe 
jurücfgefeprt  ift.  SDie  $reube  auf  beiben  ©eiten  mar  groff;  benn  jmei  £age  Oor 
ber  Ubreife  patte  icp  Oon  iprn  ein  ©cfjreiben  erpaften,  morin  er  um  fßatreg  gebeten 
patte,  mefcpe  feine  cafüinifcfjen  Untertanen  jur  fatpofifcpen  ®ircpe  jurücffüpren  fofften4. 
SDer  ©raf  begann  nun  mit  bem  P.  fßroüittjiaf  megen  einer  ftänbigen  ÜRieberfaffung 
ju  unterpanbefn.  ©eine  ganje  Hoffnung,  fagte  er,  rupe  auf  un§;  benn  in  feinem 
Sanbe  fei  affeg  cafoinifcp.  @r  felbft  fei,  fügte  er  nocp  bei,  burcp  ben  93erfepr  mit 
ben  tlnfrigen  in  Sßien  fo  fepr  für  unfere  ©efeflfcpaft  eingenommen,  baff  er,  menn 
er  nicpt  oerpeiratet  märe,  in  biefefbe  eintreten  mürbe.  35er  P.  fßroüinjiaf  fagte 
ipm  jmar  patres  aug  bem  ^obfenjer  Kolleg  für  bie  fRücffüprung  feiner  Untertanen 
ju,  nicptg  aber  bejügficp  einer  bauernben  JRieberfaffung.  .  .  .  Ufg  idp  nacp  Äobfenj 
gurücffeprte 5,  erfd^ien  am  gleichen  ^age  ber  ©raf.  GSr  motfte  ben  ©rjbifcpof  begrüben 
unb  jugfeic^  bie  fßatreg  abpofen,  mefcpe  feine  Untertanen  befepren  füllten,  mag  pier 
allgemein  grofie  ^reube  gemecft  pat."6 

®em  ©rafen,  mefcper  am  28.  Januar  1630  oon  ^obfeng  mieber  abreifte,  mürben 
jmei  fßatreg,  mefcpe  gerabe  ipr  britteg  fßrobejapr  malten,  $op.  fRingef  unb 
$einr.  fßracf,  mitgegeben7.  Um  2.  Februar,  bem  5eft  2Rnriä  Sicptmep,  pörte  man 
in  ber  SRorgenfrüpe  oon  ber  neuerbauten  ©cpfofjfapetfe  jurn  erftenmaf  mieber  feit  etma 
80  Qapren  bag  Uoegföcffein  über  bie  ©tabt  pintönen.  £agg  barauf,  ©onntag 
©epagefima,  fanb  in  ber  fjaupt*  unb  ißfarrfircpe  §abamarg,  ber  epemafigen  ©tiftg* 
fircpe  Unferer  Sieben  $rau,  erfte  fatpolifcpe  ©ottegbienft  ftatt.  ®ie  $ircpe 
mar  bicpt  befept,  ber  ©raf  felbft  gugegen,  unb  bie  ^Srebigt  beg  ^efuiten  fanb  günftige 
Uufnapme.  ÜRun  folgten  ber  fReipe  nacp  bie  anbern  Orte  ber  ©raffcpaft  (1  pfeifen 


1  Sie  ©iegenfcpcn  SteligionSrejeffe  öom  11. 
unb  14.  Sej.  1651  in  *Reiffenberg  II 
Mantissa. 

2  *  ©erterolotfar  ©angriuS  an  Rummel,  29. Slug. 
1645.  Ad  Rhen.  inf. 

3  ö  t)  n  d  a.  a.  0.  202.  —  SBeitere  Sitten 
int  Staat3ard)iö  juSSien,  91eicJ)§^ofrat,  Jes.  114. 
—  Sie  Obern  waren:  9Iub.  Rummel,  1626 
(©up.,  SSisereEtor ,  Sfteftor);  Sol),  fßanpaufj, 
1629;  SDlattf).  Salcoüen,  1632;  9Iub.  Rummel, 
1640  (1642);  gol).  ©ronaeitl,  1646;  SRub. 
puramel,  1650. 

4  Sie  erfte  Gittlabung  baju  war  fdjon  im 
Dftober  ergangen;  bgl.  *  95iteIIe§d)i  an  Grapol, 
16.  Sion.  1629.  0rig.=9Ieg.  Ad  Rhen.  inf. 

5  21m  22.  Januar.  SB  a  g  n  e  r ,  Sie  9Iegenten= 


fantilie  öon  9Iaffau=§abamar  II 2  152.  *Missio 
Hadamar,  in  Docum.  hist.  prov.  Rhen. ,  tter= 
faßt  um  ißfingften  1630  unb  burd)  ben  35i^e= 
reftor  $etr.  9Iuibiit§  ju  Sobleuj  am  6.  gutii 
bem  Orbenlgenerat  gefanbt;  bgl.  *  SSitehe^dpi 
an  9luibiu§,  27.  guli  1630.  0rig.=3teg.  Ad 
Rhen.  inf. 

6  Ser  23eri<f)t  ift  batiert  ÜRitnfter,  14.  SDIärä 
1630.  *  Original  in  Epp.  ad  Bus. 

7  Sa3  golgeube  nad)  *  Litt.  ann.  1630;  Au- 
nales  coli.  Confluent.  ad  ann.  1630  in  ®öln, 
©tabtardjio,  Jes.  685.  ^tt  biefen  Stnualen  finben 
fid)  augfüprlidje  ^aOre^Eteridjte  iiber^abamar; 
SBagner  a.  a.  0.  II*  152 — 178.  93gt.  and) 
Heller,  Sie  Srangfale  bee:  naffauifdfjen  33olfe§ 
(1854)  117  ff. 


9teue  üftieberlaffuitgen :  §abontar. 


99 


unb  70  Dörfer).  Srei  patres  üon  ®obten§  roaren  nod)  nad)gefcf)idt  morben.  ©ie 
fanben  roiHige  Stufnahme,  unb  bie  Seute  hörten  aufnterffam  bem  Unterricht  in  ben 
©taubenSmahrf)eiten  jn.  ©S  mar  für  bie  ^efuiten  eine  frudjtreicfje  Strbeit,  bie  freilich 
megen  beg  herumftreifenbert  SlriegggefinbetS  mit  nieten  ©efatjren  oerbttnben  mar,  fo 
ba§  ber  ©raf  überall  2öacf)en  aufftetten  unb  bie  patres  burch  bemaffnete  Männer 
aus  ben  üerfcfiiebenen  ^irchfpieten  jebegmat  abhoten  unb  guriicfbringen  tief).  0ftern 
empfingen  fd)on  gegen  340  bie  ©aframente,  süfingften  ftieg  bie  3af)t  auf  900,  unb 
am  ©nbe  beg  ^ahreg  fah  man  über  2300  mit  ber  fathotifdjen  Kirche  mieber  auSgefötjnt. 

Ser  fatfjotifche  ©ottegbienft  mürbe  für  ^abamar,  9iieberf)abamar,  Offheim, 
DZieberjeu^heim,  gridtjofen,  Safjr,  SBeper,  ©ppenrob,  9Jtengergfircf)en,  Sittfjaufen, 
ersoff  unb  £mf)n  mieber  eingerichtet  unb  fdjon  teitmeife  non  neu  angeftellten 
Pfarrern  beforgt.  fofgenben  ^ahre  „ging  bie  Arbeit",  fo  berichten  bie  ißatreg, 
„noch  erfolgreicfjer  ooran.  33on  ber  gräflichen  33urg,  auf  ber  mir  gu  oier  mohnen, 
ziehen  mir  in  bie  umtiegenben  Sörfer  unb  Ortfdjaften.  ©g  finb  groar  täftige 
unb  gar  befdhmertidhe  ©änge,  hoch  fönnen  mir  megen  beg  Krieges  unfern  2ßof)nfih 
nidht  ohne  ©efaljr  in  ben  Ortfchaften  fetbft  auffchtagen.  .  .  .  Über  3000  haben 
in  biefem  3a§re  oacf)  fathotifdjem  9tituS  bie  heilige  Kommunion  empfangen.  Sie 
hatten  alte  gan^  freimittig  unb  ohne  gmang  bie  3rrtef)re  abgefchmoren;  benn  fie 
hatten  eS  für  eine  ©ctjanbe,  fid)  31t  einer  Sehre  erft  jmingen  ju  taffen,  in  ber  ihre 
Sorettern  fo  fromm  gelebt  hätten.  Ser  ©ifer  unb  bie  Opfermittigfeit  ber  Seute  ift 
fo  grofj,  baf)  13  ü^farrfirchen,  23  oietfacf)  fd^on  oerfattene  Kapellen  unb  38  Stttäre 
mieber  inftanb  gefegt  merben  fonnten.  Stud)  fetjtt  eg  in  ben  Kirchen  unb  bei  ben 
sürojeffionen  fchon  nicht  mehr  an  bem  nötigen  @d)mud,  fo  freigebig  fteuern  bie 
Seute  jufammen."1 

Söenn  bie  Berichte  ber  ^efuiten  aud)  etmaS  ju  ftarf  bie  tßereitmittigfeit  ber 
Seute  betonten,  fo  ftefjt  eg  hoch  auch  anbermeitig  feft,  bah  in  9Jaffau*§abamar  bie 
2öieberf)erfteIIung  ber  fattjotifdjen  Religion  auf  meniger  ©chmierigfeiten  ats  anbergmo 
flieh-  ©S  mußten  freilich  aucf)  hier  bie  ißrebiger,  bie  nicht  jur  atten  Kirche  jurüd= 
feljren  mottten,  bag  Sanb  oertaffen,  e§  mürbe  auch  hier  befohlen,  bie  atten  $eft> 
unb  Safttage  gu  tjatten,  aber  fonft  tieft  man  nichts  ton  anbern  gmanggmittetn. 
„S5a§  mar  es  nun",  fo  fragt  ber  proteftantifcf)e  Pfarrer,  ber  bie  ©efdjidjte  ber 
naffauifchen  Sänber  im  Sreihigjäfjrigen  Kriege  gefdjrieben  hat,  „mag  bem  Äathoti* 
gigmug  in  ber  ©raffcfjaft  £>abamar  eine  fo  rafche  unb  in  fpäteren  fahren  eine  fo 
nachhaltige  Aufnahme  oerfchaffte?  ...  33ig  gum  Qahre  1540  mar  bie  ganje  ©raffchaft 
ber  proteftantifdjen  Sehre  jugetan.  Ohne  ^noeifet  hatte  aber  baS  ^inneigen  ber 
naffauifchen  ©rafen  ottonifdfjer  Sinie  gur  reformierten  Stirdje  (©atoinigmuS)  manche 
für  ihr  neueg  Sefenntnig  nicht  günftig  geftimmt  unb  mir  fefjen  noch  big  jum  $af)re 
1603  einige  llnjufriebenheit  barüber  oormatten.  Ser  Übertritt  311  einer  anbern 
tonfeffion  mar  baher  für  bie  $8emof)ner  ton  §abamar  nicht  fo  fremb,  ba  ein  großer 
Seit  benfetben  früher  erlebt  unb  mitgemacht  hatte,  ©obann  fcbeint  ^ofjann  Submig 
in  hohem  Stnfelfen  bei  feinen  Untertanen  geftanben  3U  haben.  ©r  mar  ohne  groeifet 
ber  Sätigfte,  um  ben  Srucf  beS  Krieges  ton  ben  armen  Seuten  abjumenben.  @r 
freute  babei  feine  Slnftrengung,  feine  Stufopferung,  feine  ©efahr,  mochentang  fam 
er,  fojufagen,  nicht  mehr  00m  ißferbe  herunter,  um  möglichen  Unorbnungen  unb 
23ebrüdungen  oorsubeugen.  Söenn  er  nun  bei  feinen  Untertanen  feit  oieten  fahren 
atS  ein  SSater  beg  SatertanbeS  galt,  ber  fid)  3um  Übertritt  3U  einer  anbern  fionfeffion 
entfcfjloh,  fanb  man  fchon  barin  einen  nicht  unmicfjtigen  ©runb,  fid)  ber  neuen 
Orbnung  anjubequemen,  oon  ber  man  ohnehin  in  jener  Beit  mahnte,  bah  fie  mit 


1  *Litt.  arm.  1681. 


7  * 


100 


3roette§  Kapitel.  $ie  nieberrljetntfdje  $robhts. 


(S5etralt  in  gang  ®eutfcf)fanb  eingefüfjrt  mürbe.  28ie  grojj  ba§  Sinken  Johann 
Submigg  bei  bem  Bolfe  mar,  get)t  aud)  aug  einer  Slujjerung  beg  (proteftantifdjen) 
Pfarrers  Sop  gu  ©ften  ^eröor,  ber  auSbrücflid)  nach  ^bftein  berichtete:  ,pabamar 
fönne  bie  Untertanen  ber  §errfd)aft  ©ften  mit  einem  fjaar  meiter  gieren  alg  ©aar* 
brüden  mit  betten1,  bie  an  fid^  nicfjt  ungünftige  ©timmung  fiel  noch  in  jener  geit 
mit  ber  ^errfcE»enben  Untermürfigfeit  gufamnten,  mit  ber  man  ben  Stnorbnungen  beg 
Sanbegfjerrn  auch  in  Sachen  ber  Religion  folgen  gu  miiffen  glaubte,  fpiergu  fommt 
nod)  bie  grope  Mugpeit  unb  ber  unermüblidje  (Sifer,  mit  bem  ^efuiten  if)r  Befeprungg* 
merf  gu  treiben  pflegten.  .  .  .  ®abei  miffen  fie  fidj  bie  Siebe  beg  Boifeg  baburd) 
gu  ermerben,  baf  fie  bie  ^farrgenoffen  in  ihren  SSo^nungen  befugen,  Äranfe 
heilen,  $einbe  augföpnen,  bie  einmal  ©emonnenen  burdf)  öftere  Unterrebungen  feft« 
äufjalten  fuc^eit/'1 

®ie[e  raftlofe  Xätigfeit  ber  ^efuiten  erhielt  aber  ©nbe  1631  einen  empfinblidjen 
©tojj.  2)ag  fiegreidje  fdjmebifdje  fpeer  nötigte  bie  ißatreg  gur  gtuctjt.  21  nt  10.  fNärg 
1632  berichtete  barüber  P.  Ningef  an  ben  ^ßroöingial  Nicfef  nach  ®öfn:  „^cfj  ging 
©nbe  gebruar  tion  fpabamar  fort,  gmei  Monate  fpäter  afg  bie  übrigen  fßatreg.  Qcf) 
mar  länger  geblieben,  meil  ber  ©raf  meinte,  baff  bie  Stbreife  ber  ißatreg,  melche  in 
bie  benachbarten  Dörfer  gu  gehen  pflegten,  genugfam  ben  fjaf?  ber  fjerumftreifenben 
£>orben  befdjmicfjtigen  mürbe,  unb  niemanb  eg  ihm  tierargen  fönnte,  memt  er  gu 
feinem  Srofte  einen  ißater,  ber  fidh  nidjt  in  ber  Öffentlichfeit  geigte,  bei  fidfj  auf  ber 
Burg  hafte.  2Ifg  jeboch  ber  frangöfijche  ©efanbte  hier  burdhreifte,  um  in  granffurt 
megen  ber  Neutralität  gmifchen  bem  Stierer  ©rgbijchof  unb  bem  ©chmebenfönige  gu 
tierhanbeln,  riet  biefer  bem  (Grafen  bringenb,  ja  nötigte  ihn  faft,  feinen  Qefuiten 
bei  fich  gu  behalten,  menn  er  fidj  unb  fein  Sanb  in  ©idjerf)eit  ftetfen  moffe.  @g  fei 
burdjaug  gu  befürchten,  bop  man  bie  Burg  erftürme  unb  mich  mit  ©emalt  abführe. 
Ser  ©raf  tierfjeimlidfjte  mir  tiorberhanb  biefe  Befürchtungen  beg  ©ejanbten.  2llg  er 
aber  tion  granffurt,  mohin  er  auch  fmfb  reifte . . .,  gurücffefjrte,  eröffnete  er  mir  bie 
©efapren  eineg  längeren  Bermeifeng.  . .  .  Sa  nun  bie  Arbeit  auch  öon  anbern  ohne 
©efapr  für  iljr  Seben  geleiftet  merben  fonnte,  orbnete  ich  in  aller  (Sile  unfere  Sachen 
unb  bie  ber  tierfchiebenen  Kirchen  unb  reifte  bann  nach  ®obfeng  ab."2 

©in  ©tüd  mar  eg,  bah  fdjon  faft  überall  auf  ben  Dörfern  SBeftpriefter  afg 
Pfarrer  angeftefft  maren  unb  bie  ©eelforge  in  fjabamar  fefbft  burch  ^rangigfaner 
aug  Simburg  übernommen  merben  fonnte,  bie  ben  ©djmeben  meniger  oerhapt  maren3. 
©rft  im  Notiember  1636  fonnten  bie  $efuitett,  gmei  Batreg,  mieber  nach  §abamar 
gurüdfepren4.  ^hre  erfte  ©orge  mar,  im  gangen  Sanbe  umfjergureifen,  um  ben 
3uftanb  in  E'irdje  unb  ©chufe  nach  &en  fielen  Seiben  unb  Srangfafen  ber  lepten 
fünf  Qafire  in  2lugenfchein  gu  nehmen.  Sag  Sanb  mar  fdjredfidj  mitgenommen. 
Biele  Käufer  maren  eingeäfchert  ober  tierlaffen  unb  bie  ©inmohnergaljl  burd)  ?ßeft,  junger 
unb  Not  ober  flucht  ftarf  gufammengefchmofgen.  Sem  ©tauben  aber  maren  bie  Seute 
treu  geblieben,  unb  mohin  bie  ^efuiten  famen,  mürben  fie  tiom  Boff  mit  fyreube 
empfangen 5.  —  Sie  Sätigfeit  ber  ißatreg  in  ben  fofgenben  fahren  umfapte  bie 
ftänbige  ©eelforge  auf  ber  gräflichen  Burg  unb  in  ber  ©tabt  fjabamar,  bann  bie 
Unterftüpung  ber  Pfarrer  in  ber  ©raffdjaft  unb  fdjtieptid)  eine  bem  örben  frembe 
unb  miberftrebenbe  Slrbeit,  ber  man  fiep  trop  oder  BorfteHungen  beim  päpftlidhen 
Nuntiug  in  ßöfn  nidjt  entlebigen  fonnte :  bie  gefamte  firchlicpe  Bermaftung  beg 
Sanbeg,  bie  ©orge  für  geeignete  fßfarrer  unb  Seljrer,  bie  Prüfung  ber  $irdjen*  unb 


1  Heller,  ®ie  Srangfale  be§  naffauifdjett 
SSoIfeS  122  ff. 

2  *Epp.  ad  Bus. 


3  SB  a  g  rt  e  r ,  $ie  91egentenfamilie  üon  9taffau> 
§abamar  II 2  189  ff.  4  ®bb.  197  ff. 

6  ®bb.  1 2  403  f.  *  Litt.  ann.  1637. 


9teue  SJliebertaffungen :  §05011101. 


101 


Slrmenretfjnuug,  bie  fircf)lidf;en  Sßifitationen  ufw. 1  ©S  gelang  ihnen  auch,  neu  öorn 
©rafen  erworbene  ©ebietsteile  in  furjer  geil  für  bie  fatf)o!ifcf;e  ®irdje  wieberjugewimten: 
int  Qafjre  1638  ©ed,  im  Qaffre  1645  baS  $ird)fptel  SSillmenrob  mit  Gier  Dörfern 
unb  im  ^afjre  1650  baS  ftart  beoöllerte  ßircljborf  Obertiefenbacf) 2.  SSoCt  Slnerlettnung 
fdjrieb  ber  ©eneraloifar  ©angriuS  am  25.  Februar  1645  bem  ©uperior  üöinfelmann: 
„$>ie  Unfrigen  miiffett  bort  ausgezeichnet  gearbeitet  haben,  ba  fie,  fo  gering  an  gal)!, 
fdjon  eine  ganje  ©raffdjaft  jur  ®ird)e  juriidgeführt  fjaben. " 3 

Bugleid)  mit  ber  gurüdfiilfrung  feiner  Untertanen  jnr  fatholifd)en  Äircfje  hatte 
©raf  3°^)ann  Submig  gleid)  001t  Slnfang  an  bie  ©rünbung  eines  ^efuitenfotlegS 
inS  Sluge  gefaxt,  ©dfon  am  7.  Januar  1630  fdjrieb  er  an  s^apft  Urban  VIII.: 
„Qcf)  tjabe  in  meiner  23urg  SSäter  ber  ©efellfdjaft  Qefu,  Üuge  unb  eifrige  Männer, 
bie  felbft  non  beit  Väretüern  bemunbert  werben.  SDiit  ihrer  ^pilfe  beginne  icf)  nun 
alle  meine  Untertanen  oon  ber  caloinifdjen  3n'lel)re  zurüdguführen."  f£)er  ^Sapft 
möge  beSl)alb  geftatten,  bap  er  bie  ©infiinfte  ber  ehemaligen  ^ollegiatf irdfje  ju  ®iej 
unb  bie  Älöfter  ®ierftein,  ©nabental,  2f)ron  unb  23efelid)  für  eine  in  ^abatnar  ju 
griittbenbe  ÜRieberlaffung  ber  ^efuiten  üerwenbe4.  SDer  ißapft  willfahrte  am  12.  Slpril 
1631  bem  SSunfdje  beS  ©rafen5,  aber  bie  uns  bereits  befannte  Vartnädigfeit  beS 
föurfürften  ©hrifl°Ph  0011  £rier  erhob  gegen  bie  2luSfüf)rung  gro^e  ©chwierigf'eiten 6, 
bie  ber  Nuntius  Suigi  ©arafa  im  Aufträge  oon  9Iom  oergebenS  ju  heben  fudjte. 
„3$  fo  fcf;reibt  er  am  26.  ©eptember  1631  att  23arberini,  „eine  fofche  §art> 

nädigfeit  bei  bent  ®nrfürften  gefunbcn,  bafs  eS  mir  unmöglid)  War,  etwas  ju  erreid^en ; 
idh  werbe  mir  aber  alle  SJfühe  geben,  auf  einem  anbern  SBege  ber  Söeifitttg  0011t 
6.  ©eptember  nachzufommen." 7  ®aju  tarnen  nod)  ©dhwierigfeiten  oon  feiten  anberer 
Orben,  bie  mehr  Slnfpriidje  auf  einige  biefer  fölöfter  ju  haben  glaubten.  21ud)  Iper 
fiel  bie  ©ntfdjeibung  ju  ©unften  ber  (Stiftung  beS  ©rafen  aus8;  aber  bamit  war  wenig 
erreicht,  ba  bie  proteftantifdfjen  Sinien  oon  9?affau,  in  bereit  ©ebieten  bie  fö'löfter  zum 
größten  Seile  lagen,  bie  Verausgabe  berfelbett  oerweigerten. 


1  33gt.  bariiber  SBagner  a.  a.  0.  II2  200 ff 
262  ff.  Ser  ©runb  lag  in  gurilbiftionlftreitig* 
feiten.  Ein  *  ©utadjten  bariiber  in  Informatio 
de  iurisdictione  et  statu  ecclesiastico  in  Com. 
Nass.  Hadamar,  nebft  grnei  Briefen  bei  <Bu-- 
perior!  ©ertad)  §oeu  »om  Segember  1648  in 
9tom,  Bibi.  Chigi  Q  II  52,  f.  375  ff. 

2  38  0  g  n  e  r  0.  a.  0.  II 2  206  238  f  259  f. 

3  *  Orig.=ffieg.  Ad  Rhen.  inf. 

4  *  Original  im  Arch.  Vatic.  Mise.  Arm.  8, 
vol.  XCI.  S8g[.  vol.  XC  93rief  bei  ©rafen  eom 
30.  2tuguft  1630  unb  fßattotto  an  33arberini, 
28.  ©ept.  1630.  —  Sie  naffauifefje  ©raffdjaft 

Sieg  mar  erft  nach  bem  fRetigionlfrieben  pro= 
teftantifiert  morben,  unb  gegen  ben  Söorttaut 

bei  griebenibertrag!  mären  bie  Slöfter  Sier= 

ftein  (Oranienftein)  unb  ©nabentat  fomie  ba! 
Sieger  Sottegiatftift  ber  fatfjotifdjen  Sirdje  ent= 
riffett  morben.  ©feidje  93emanbtni!  bade 
mit  ben  Stöftern  33efetid)  bei  §abamar,  Stjron 

bei  Ufingen,  ©nabentat  bei  SBielbaben.  Ser 
Srierer  Surfiirft  ßpiftopt)  Ijatte  im  gatfre  1628 
bie  fRiicfgabe  mehrerer  biefer  Stöfter  burdjgefep, 
unb  fo  mären  in  ba!  bisherige  proteftantifdje 
abeligc  Samenftift  ©nabentat  Siftercienferinnen 
unb  in  33efeticf)  fßrämonftratenfer  eingegogen. 
Seiler,  Srangfate  101  144  335. 


5  Sa!93rebe  abgebrueft  bei  Rom.  Hay,  Aula 
Ecclesiastica  et  Hortus  Crusianus  (1648)  316  f. 

6  f$t)itipp  Stjriftopt)  an  93arberini,  16.  guni 
1631.  *  Original  in  Barb.  Lat.  6896,  f.  1. 

7  *  Original  in  Barb.  Lat.  6749.  33gt.  ebb. 
berf.  an  benf. ,  19.  2tug.  1631  unb  2.  9)tai 
1631  im  Arch.  Vatic.  Arm.  8,  vol.  XCI; 
ferner  gof).  Submig  au  95orgt)efe,  10.  ©ept. 
1631,  ebb.,  Borghese  III,  15 a,  f.  330.  Sie 
mofjl  gu  biefem  ^Briefe  geprenbe  gnformation 
befagt:  Sie  Congregatio  Palatinatus,  an  bie 
fid)  ber  Surfiirft  geroanbt,  pt  gegen  ifju  ent= 
fdjieben  unb  bie  3tu!fübruug  bei  93rebe  bem 
Sötner  9Iuntiu!  aufgetragen.  Arch.  Vatic. 
Mise.  Arm.  8,  vol.  XCI. 

8  33reoe  Urban!  VIII.  Pom  10.  2tug.  1637 
bei  Rom.  Hay  a.  a.  0.  318.  2tm  11.  guti 
1638  bat  ber  ©raf  ben  Saifer  um  SRermenbitng 
beim  f$apft  in  93etreff  ber  tpoffepebung  unb 
gmmiffion  ber  Stöfter  ©nabentat,  93efetid)  ufm. 
(*Sopie  Epp.  Princip.),  unb  am  12.  2tug.  1638 
gab  ber  Saifer  gerbinanb  III.  feinem  Orator 
in  fRont  bie  entfpredjenbe  SBeifung  (*  Original 
ebb.).  Sa!  Urteil  ber  fRota  00m  29.  9Jtai  1641 
bei  Crusius,  Tract.  III  157  ff.  3?gt.  nod) 
SBagner,  Sie  9legentenfamilie  oon  92affau= 
§abaniar  II2  267  ff;  *  Litt.  ann.  1638. 


102 


glueitef'  Sapitel.  Sie  nieberrOeinifd)e  fßrobinä. 


3m  ^a^re  1645  beridpet  her  «Superior  SSinfetmann:  „Qtt  tiefer  ÜDüffion  finb  mir 
4  ^Sriefter  unb  2  Saienbrüber,  unb  gmar  ju  bern  3tDe(^/ baß  ein  Kolleg  famt  einem  Knaben» 
feminar  errietet  merbe.  Sd)on  finb  un§  jmar  ba§  ßottegiatftift  ju  S)iej  unb  bie  Hier 
au§geftorbenen  ffrauenftöfter  23efeticf),  SDierftein,  ©nabentat  unb  2f)ron  als  Stiftung 
übermiefen.  ®od)  beließen  mir  nur  ©infünfte  non  23efetid),  tjauptfädjtidj  ©etreibe, 
unb  einige  3e^n*en  be§  Ä'otlegiatftifteg,  alles  gufamnten  im  2öerte  oon  etma 
300  £Reic^StaIern.  2lQe§  übrige  liegt  eben  in  proteftantifdjen  ©raffcßaften."  1  (Srft 
©nbe  1649,  at§  ber  ©raf,  metdfer,  feit  1638  non  feinem  Sanbe  abmefenb,  all  faifer* 
lieber  ©eneralbeoottmädftigter  bie  güiebenSoerfjanbtungen  erft  in  ®ötn  unb  feit  1642 
in  fünfter  geleitet  hatte,  nad)  fpabamar  jurüdfetjrte,  trat  ein  Umfcfjmung  ein. 
innerhalb  meniger  Sftonate  hatte  ber  ©raf  burd)  eine  H'auffumme  non  3000  Malern 
bie  entfpredjenben  ©ebäulicfjfeiten  unb  burd)  einen  SSergTeicf)  mit  ben  proteftantifdjen 
Stgnaten  fiinreic^enbe  Untert)attung§mittel  in  fpötje  non  runb  860  fHeic^Stalern  au§ 
ben  übermiefeiten  föirdjengütern  gemonnen.  2lm  3.  ^aaaat  1650  bezogen  bie  Qefuiten, 
roetdje  fd)on  feit  §erbft  1641  nicf)t  meßr  auf  ber  gräflichen  23urg,  fonberit  in  einem 
eigenen  |)aufe  in  ber  Stabt  gemofjnt  hatten,  bie  neue  SBoßnung,  bie  aber  erft  nier 
3af)re  fpäter  jur  Ütefiben^  erhoben  mürbe2.  — 

Unter  bie  Kollegien,  bereu  Stufbtüßen  ber  Strieg  fniefte,  ja  jeitmeife  üernidhtete, 
gehört  aud)  $oe§fetb  im  Stifte  fünfter3,  hierhin  berief  bie  Qefuiten  im  Qa^re  1627 
ein  efjrmürbiger  ^SrieftergreiS  namen»  3°§ann  ©teilt,  ber  früher  bem  Qefuitenorben  an« 
gehört  hatte  unb  feit  1621  beibe  Pfarreien,  St  Samberti  unb  St  ^afobi,  nermattete. 
©r  hatte  in  ber  Stabt,  bie  3 mar  äußerlich  nod)  fatt)otifd)  fjiep,  aber  in  2Birftid)feit 
nacf)  bem  Urteil  eine§  ßeitgenoffen  ebenfogut  nidjtlatfjolifdj  mie  fatljotifdj  mar,  bie 
meiften  fperjen  mieber  für  ihren  ©tauben  ermärrnt.  $ür  bie  ©rßattung  ber  fatfjo« 
tifchen  Religion  fudjte  er  mit  altem  ©ifer  bie  ©efettfdjaft  3efu  bortßin  ju  jiet)en. 
f£)er  gürftbifdjof  gerbinanb,  bem  er  im  fperbft  1626  feinen  $tan  norgelegt  hatte, 
empfahl  it)m,  bie  beiben  23ürgermeifter  unb  ben  Stabtrat  bafür  ju  geminnen.  SDieS 
gelang  Steil!  troß  alter  fpinberniffe,  befonberS  burd)  eine  ©ingabe  an  ben  Stabtrat, 
in  ber  er  ju  Stnfang  1627  feinen  )J3tan  bartegte.  ®er  Süihm  einer  Stabt,  fo 
führte  er  au§,  feien  gute  unb  rcotjterjogene  Bürger.  SDiefe  tonnten  jeboef)  nur  au§ 
guten  Sdjuten  fjeröorgefjen.  f£)er  allgemeinen  Älage  über  ben  fdjtedjten  Unterricht 
in  ber  Stabt  müffe  beStjatb  abgeholfen  merben,  unb  3 mar  burd)  fperbeirufuitg  ber 
©efettfdjaft  Qefu,  bie  eben  oon  ©ott  jum  Unterrichten  gteidjfam  berufen  fdjeine. 
ßubem  mürbe  man  burd)  bie  Stufnafjme  berfelben  in  bie  Stabt  bie  bebeutenben 
Sofien  fparen,  meld)e  ben  ©ttern  ba§  Stubium  ihrer  Söhne  in  fünfter  oerurfadje ; 
bie  SBürger  mürben  burch  bie  oieten  Stüter  aud)  nod)  ©etb  geminnen.  SLJJancheS 
Statent,  ba§  jeßt  au§  fanget  an  SOZittein  oerfiimmere,  mürbe  fid)  §ur  3^rbe  unb 
gum  Üiuljm  ber  Stabt  entmidetn  unb  entfalten  tonnen,  ©nbtid)  gemänne  bie  Stabt 
fetbft  ^rebiger,  23eid)toäter,  Seßrer,  SZechtS-  unb  ©otteSgetehrte,  bie  prädjtigen  gefte, 
bie  Ä’irdjenmufit,  bie  23ruberfd)aften,  ^Srojeffionen  unb  £ßeater.  «Schließlich  tonnten 
bie  Qefuiten,  bie  fid)  fo  Diele  Sßerbienfte  um  ben  mähren  ©tauben  unb  bie  cßrifttidje 


1  *Catal.  Rhen.  inf.  1645  u.  1649.  58efetid) 
war  am  3.  3uli  1638  in  ben  33efip  ber  Sefuiten 
übergegangen.  Sßagner  a.  a.  D.  II  294  f. 

2  SBeitere  9t!ten  in  SBien,  <5taat^ard)iD,  9ieicf)^ 

tjofrat,  Jes.  114.  —  Obere  merben  ge= 
nannt:  Ringel,  1630;  §einr.  $rad,  1636; 

Cbrift.  Sßintelmann,  1638;  S°b-  ^olt^aufen, 
1646;  ©erlad)  §oen,  1648;  §einr.  §oItrnp, 
1650.  Slripiealien  im  $farrard)iü  ju  §aba« 


mar,  Orbinariat§ard)iD  ju  Simburg  a  b.  S. 
unb  ©tabtardüD  in  ßötn. 

3  3ür  ba§  golgenbe  bgl.  *Compend.  hist, 
de  initiis  residentiae  postea  coli.  Coesfeld.  1 ; 
9)tarj,  ©efd).  be§  ©t)ntnafium§  gu  fioelfelb 
(1829)  5  ff.  3SgI.  aud)  ©teitld  S3rief  an  ben 
Äurfürften  3'^rbinanb,  bat.  Soegfelb,  24  Smt. 
1622;  Seiler,  ©egenreformation  in  SSeftfalen 
III  (1895)  579  f. 


SJeue  Stieberlaffungen :  ÄoeSfelb. 


103 


Siebe  ermorbeit  Ratten  unb  belfjalb  bie  allgemeine  2fcf)tung  ber  dürften  genöffen, 
bei  lederen  in  ber  gofge  oief  ©ute!  für  bie  (Stabt  mirfen.  SSor  allem  aber  — 
unb  ba!  fei  bie  ^auptfacfje  —  müffe  Sorge  getragen  merben,  baß  nicf)t  mieber  oer* 
loren  getje,  mal  er  für  ben  ©tauben  fo  müfjfam  gemirft  habe.  ©r  fei  burdj  ®ranf» 
fjeit  unb  Sffter  aufgerieben  unb  bem  Sobe  naße  unb  fönne  nidjt  tanger  arbeiten;  e! 
müffe  aber  in  bem  ©eifte  fortgemirft  merben,  in  mefdßem  er  ju  mirfen  begonnen  habe1. 

2)iefe  ©ingabe  fanb  biete  Quftimmung.  n.  gjjärj  1627  fd^rieb  Steiß  an 
ben  ÜDfünfterfdßen  Steftor  P.  ßtuibiul:  „Bürger  unb  9tat!fjerren ,  aße  fjaben  be« 
fcßfoffen,  bie  ©efeßfcßaft  Qefu  ßerbeijurufen;  nur  ftrüuben  fitf)  nocß  bie  hier  Häupter 
ber  Stabt,  bie  beibeu  Siirgermeifter  unb  bie  beiben  Kämmerer.  Socß  menn  fie  nid)t 
innerhalb  jmeier  Sage  beiftimmen,  merben  fie  e!  mit  ber  Stabt  ju  tun  befommen 
unb  gebemütigt  merben/'2  Siefe  23eiftimmung  folgte  batb,  unb  bereit!  am  14.  SRai 
1627  erging  bal  ©efudß  ber  Stabt  $oe!fefb  an  ben  ^rooinjiaf  um  Qefuiten3. 
2tm  28.  Sftai  tarnen  bann  bie  erften  Qefuiten,  P.  SBernßarb  SBudjofß,  ein  geboruer 
®oe!felber,  unb  P.  5ttb.  fpof^apfef,  nach  Äoelfefb 4.  Sie  mürben  mit  großem  Qubef 
empfangen.  „Qcß  fann  midß  üor  Qreube  nidjt  haften",  fcßrieb  Steiß  brei  Sage 
fpäter,  am  31.  ÜDfai,  an  ben  Dteftor  9?uibiu!  nad)  fünfter,  „unb  mit  mir  jubelt 
bie  gange  Stabt.  Sen  ßocßm.  P.  93ernf)arb  (Sudjofß)  fjaben  unfere  Bürger  auf» 
genommen  unb  angefcfjaut  mie  einen  ©ngef  oom  §immet.  Surcß  feine  geftrige  ^rebigt 
fjat  er  aßer  §ergen  erobert  unb  mit  ficfj  fortgeriffen.  Sie  beiben  Sürgermeifter . . .  maren 
üßtittag  unb  Stbenb  mit  uni  guSifcß."5  Sie  Qefuiten  moßnten  oortäufig  bei  Steiß 
unb  hielten  in  ben  beiben  ^farrfirdjett  oft  ^Srebigten  unb  regelmäßig  &'atedji!mu!» 
unterricht  oor  gaßfreicßen  Qußörern6. 

Qm  Saufe  bei  Sommer!  mürben  mit  ben  Sffmofen,  mefcße  Steiß  gefammeft, 
gmei  Raufer  gefauft:  eine!  all  fünftige  SSoßnung  unb  ba!  §meite,  90  Qatß  fang, 
für  eine  $apeße.  ©feicßgeitig  richtete  man  im  Ütatßau!  für  bie  Schufen,  mefdje  im 
£>erbft  eröffnet  merben  foßten,  bie  nötigen  9täume  fjer7.  Qmar  fdjrieb  ber  Orben!» 
generaf  nocß  am  16.  Oftober  1627  bem  ijkoüingiaf  Satiing:  „9fngefeßenen  Sßatre! 
ber  Sßroöing  fcßeint  bal  StäbtdEjen  menig  geeignet  für  ©rünbung  eine!  $oßegl,  gutnaf 
ooraulficßtfieh  in  23äfbe  meit  größere  unb  ßeroorragenbere  Stabte  in  Sacfjfen  ben 
Orben  um  ^oßegien  angefjen  merben.  ©m.  fpocßmürben  moßen  belßafb  mit  fad)» 
funbigen  ^Satre!  oorßer  gut  überlegen."8  Socß  beoor  biefer  S3rief  in  bie  |)änbe 
bei  ^roüingiaf!  gelangen  fonnte,  maren  bie  Sdjufen  fdjon  unter  großer  Qeierficßfeit 
mit  brei  Pfaffen  eröffnet  morben.  ©feicß  am  erften  Sage,  am  9.  9?oöember,  hatten 
ficß  über  100  Sdjüfer  eingefunbeit.  Qßre  3a^  ftieg  raf^-  ^ocfj  mäßrenb  bei 
Qaßre!  mürbe  bie  oierte  Pfaffe  unb  §erbft  1628  bie  fünfte  unb  feßte  Pfaffe  angefügt. 
9Kan  gäßfte  jeßt  221  Schüler.  Sie  Qaßf  ftieg  nadf)  gmei  Qaßren,  im  Qaßre  1630, 
auf  323  unb  belief  ficfj  groei  Qaßre  fpäter  auf  373 9. 

©ünftig  hatte  fid;  ingmifcßen  auch  bie  Seefforge  entmideft.  Sfußer  ber  .^atecßefe 
in  ben  beiben  ^3farrfircfjen  mar  ben  ’ißatre!  im  Qafjre  1629  in  St  Samberti  auch 


1  SOtar  j  a.  a.  D.  8  ff. 

2  ®bb.  143  f. 

8  *  ©taatSardjiö  ÜMnfter. 

4  *Comp.  hist.  1’.  *Catal.  Rhen.  inf.  1628. 

8  9Jt  ar  £  a.  a.  0.  24  150. 

6  *  Litt.  ann.  1627. 

7  *Comp.  hist.  2.  ©teiK  ßatte  bereits  boit 

ber  ^ibtiffin  beS  abeligen  eiftercienferinnen» 
ftofterS  SDtarienborn  bie  Abtretung  ißrcS  Stto= 

fterS  erlangt,  aber  ber  $lan  frfjeiterte  an  bem 


Sßiberftanb  beS  GiftercienjerabteS  non  2llt= 
Rampen.  901  arg  a.  a.  D.  22. 

8  *  örig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf.  2luf  ben  ©egen» 
berid)t  beS  i)3rooinjialS  antmortete  23itetteS<f)i 
am  27.  9Wai  1628:  Coesfeldiam  cum  R.  Y.  col- 
legio  Societatis  tarn  opportunam  variis  argu- 
mentis  ostendat,  habebo  quod  respondeam,  si 
quis  deinceps  aliud  de  eadem  huc  scripserit. 

a  *Compend.  hist.  2.  *Catal.  Rhen.  inf. 
1628  f. 


104 


3meitc3  Kapitel.  $ie  nieberrljeiuifdje  ^roüinj. 


bie  regelmäßige  'prebigt  übertragen 1.  „Sind)  feaben  mir",  fo  erjagt  ber  33ericf)t  oont 
$afere  1632,  „unfere  SBirffamfeit  nad;  augmärtg  auggebefent:  nacfe  21gbed,  SRorup, 
Sette,  23illerbed,  Segben,  2)arup,  Oftermicf  unb  fotueit  eg  unfere  geringe  $afel  luir 
gu  liefe,  unb  ftnb  niemals  ofene  bebeutenbe  ©rfolge  gurüdgefefert."  93egüglicf)  ber  ©r» 
folge  in  Koegfelb  felbft  fagt  ber  fßericfet  beg  Qjafereg  1631:  „SGSir  gäfelten  allein  in 
unferer  Kapelle  4612  Kommunionen,  gang  abgefefeen  üon  ben  triefen ,  melcfee  in 
©t  Samberti  aug  unferer  £anb  bie  feeilige  Kommunion  empfangen  feaben." 

2lucfe  ber  finanzielle  ©tanb  ber  Uiieberlaffung  mürbe  halb  geficfeert,  unb  gmar 
burdfe  bag  Sßerbienft  beg  überaus  rüferigen  ©upcriorg  23ucfeolfe,  ber  im  ©ommer  1628 
oom  ©tabtrat  bie  gafelung  einer  jäferticfeen  fRente  üon  480  Malern  ermirft,  halb 
barauf  oon  feinem  23ruber  Hermann,  bern  SlmtSrentmeifter  oon  2lfeaug,  eine  bebeutenbe 
©umme  erhalten  unb  aud;  fonft  um  bie  23efcfeaffung  ber  nötigen  ©elbmittel  fiel)  Diel 
bemüfet  featte2.  21m  15.  9Rärg  1631  feferieb  ifern  ber  Orbenggeneral:  „©efer  gefreut 
feabe  iefe  miefe,  bafe  bie  ÜRieberlaffung  allmäfelid;  fo  erftarft,  bafe  mir  fie  feoffentlid; 
halb  in  bie  Dteifee  ber  Kollegien  fefeen  lönnen.  Qngmifcfeen  faferen  ©m.  ^ocfjmürben 
mie  bigfeer  fort,  mit  ben  Untergebenen  ©otteg  ©fere  gu  meferen,  oon  beffen  ©iite 
auefe  bag  meitere  SEßacfegtum  ber  ©elbmittel  gu  erhoffen  ftefet."3 

®ie  gafel  ber  Qefuiten,  melcfee  feit  1629  im  gangen  11  gemefen  mar:  3  ißatreg, 
6  SRagiftri  unb  2  Saienbrüber,  mürbe  im  Qafere  1632  auf  16  erfeöfet:  7  Sßatreg, 
6  SOiagiftri  unb  3  Saienbrüber.  2lnerfennenb  fcfjrieb  nod;  am  6.  ÜRoüember  1632 
ber  ©eneral  bem  P.  fBucfeolfe:  „®ie  grofee  greube  bariiber,  bafe  bort  noefe  aUeg  Oon 
bem  Kriegggetümmel  unberührt  geblieben  ift,  melcfeeg  nun  fefeon  fo  lange  $afere  faft 
gang  SDeutfcfelanb  erfüllt,  mirb  nod;  baburefe  gemefert,  bafe  iefe  fefee,  mie  @ro.  §od;> 
mürben  bie  rufeige  ,ßeit  fo  oorgüglid;  fiefe  gu  nufee  macfeen,  um  ©otteg  ©fere  in  unb 
aufeerfealb  ber  ©tabt  auf  alle  Söeife  gu  meferen."4  2lber  faum  moefete  P.  23ucfeolfe 
biefen  Sörief  in  §änben  feaben,  ba  mar  eg  mit  ber  rufeigen  ßeit  aud;  in  Koegfelb 
gu  ©nbe  unb  bagu  mit  ber  gefamten  STütigfeit  ber  Qefuiten.  Unermartet  mar  näm* 
liefe  ©nbe  1632  Sanbgraf  SBilfeelm  oon  Reffen  mit  feinem  §eere  ing  ©tift  fünfter 
eingefallen  unb  featte  rafd;  giemlicfe  atleg  erobert.  21m  14.  gebruar  1633  featte  fid; 
auefe  Koegfelb  ergeben  müffen.  ©inige  Monate  fpäter,  am  30.  Oftober,  ging  oom 
©tabtfommanbanten  Karl  o.  Uffeln  bem  ©tabtrat  ber  23efefel  gu,  bie  ^efuiten  aug- 
gumeifen.  2lüe  ©egenoorftellungen  blieben  fruefetlog,  unb  am  11.  ÜRooentber  mufeten 
bie  $efuiten  bie  ©tabt  oerlaffen5. 

©o  fanf  bie  üieloerfprecfeenbe  ÜRieberlaffung  mit  einem  ©djlage  in  krümmer, 
unb  bie  Käufer  ber  ^efuiten,  bie  im  Saufe  ber  ^afere  auf  fieben  angemaefefen  maren, 
mürben  mit  einer  eingigen  21ugnafeme  gerftört.  ©rft  alg  fid;  ber  Krieggfturm  aug» 
getobt  featte,  begann  bie  Sonne  mieber  über  ber  Säeberlaffung  gu  glängen.  Kurg 
naefe  bem  griebengfefeluffe  erging  nämlicfe  oom  Kurfürften  gerbinanb  an  bie 
^efuiten  bie  21ufforberung,  bie  STätigfeit  in  Koegfelb  mieber  aufgunefemen6.  SDie 
Sanbgräfin  2Imalie  oon  Reffen,  bereu  Gruppen  noefe  oorläufig  bie  ©tabt  befefet 
feielten,  fanbte  bem  ©tabtfommanbanten  fogar  ein  ©nipfefelunggfcfereiben  für  bie 
^efuiten 7.  21m  22.  9ttai  1649  betrat  mieber  ber  erfte  Qefuit,  ber  neue  ©uperior 


1  *Catal.  Rhen.  inf.  1629  ff-  *  3$itelte§d)i 
an  93ud)oIp,  4.  Slug.  1629.  0rig.=91eg.  Ad 
Rhen.  inf. 

2  *$BitcHe3d)i  an  S3ud)olp,  4.  Slug  1629. 
SJtarE,  ©efd).  be§  ©tjmnafiumS  ju  ÄoeSfelb 
38  ff. 

3  *Sif)uüd)  SRtetteSdji  an  fßrooinüial  SSaPing, 

7.  Slpril  1629,  too  er  bem  S5roPin,üal  ©liid 


hmnfdjt  gu  bem  guten  ©tanb  ber  Üteftbens 
®oe§fe!b. 

4  *0rig.=9tcg.  Ad  Rhen.  inf. 

3  SJlarj  a.  a.  0.  45  ff.  *Comp.  hist.  2vf. 
*  Litt.  ann.  1633.  ©ie  fanben  Slufnatjme  in 
Emmerid).  *Hist.  coli.  Embric.  1633. 

6  *Comp.  hist.  3V. 

7  Sltarp  a.  a.  0.  55. 


9?cuc  9Jicberlaffungcn:  Skuf]. 


105 


£>einrid;  Stejring  aus  SlßauS,  bie  fdßwer  ßeimgefud;te  (Stabt 1.  ©ie  bot  einen  trän» 
rigen  SInblid.  Sie  3a^  ber  Bürger  war  üon  faft  800  auf  bie  £älfte  gufammen« 
gefcßmoljen,  ber  9teft  aber  größtenteils  oerarmt;  47  Raufer  lagen  in  Srümmern. 
Überall  fanb  P.  9tejing  unfreunblicße  ©efid;ter  unb  froftigeS  unb  abftoßenbeS  Se« 
nehmen.  Ser  Pfarrer  non  ©t  Samberti  oerweigerte  ißm  fogar,  an  bent  Stltare,  ber 
eßebent  ben  ^efuiten  in  ber  Äircße  iiberwiefen  war,  bie  ßcilige  9J?effe  gu  lefen.  Unb 
ba  ißn  nientanb  aufneßmen  wollte,  mußte  er  in  einem  SBirtSßaufe  Unterfunft  fucßen. 
Qn  feiner  9tot  wanbte  er  fid;  an  ben  ßeffifcßen  St'ommanbanten  Qoßann  o.  ©ifengarbt. 
Siefer  feßte  ißn  wieber  in  ben  Sefiß  beS  noeß  fteßen  gebliebenen  Kaufes  unb  fucßte 
bann  aueß  famt  feiner  ©emaßlin  Cornelia  ö.  Sroicß  aus  9ieeS,  einer  eifrigen  ®atßo» 
lifin,  unb  ben  anbern  ßeffifd;en  Offizieren  burcß  ©elb  unb  SebenSmittel  ber  brüdenben 
Slrmut  abgußelfen. 

9ceue  Kräfte  fonnteit  nun  nacßfommen,  nnb  am  31.  Quli,  am  gefte  beS 
ßl.  ^gnatiuS,  begannen  bie  ^efuiten  in  ber  §eiliggeififapelle,  welcße  ißnen  ber 
ÜDiagiftrat  nad;  langen  Sitten  überlaffen  ßatte,  enblicß  wieber  öffentlichen  ©otteS* 
bienft,  ^ßrebigt  unb  ^ateeßefe  gu  ßalten.  Slnfang  SioOentber  eröffneten  fie  bie 
©dfulen,  unb  gwar  mit  oier  klaffen,  wenn  aud;  unter  nur  gwei  Seßrern.  SaS 
wedte  wieber  unter  ber  Sürgerfcßaft  baS  alte  SSoßlwoüen.  „$D?an  ift  fogar",  be» 
ridften  bie  ^efuiten,  „woßltätig  geworben  unb  wetteifert  felbft,  uns  täglicß  bureß 
Sllmofen  in  unferer  Slrrnut  beigufpringen."  Sen  oollen  ©ieg  errangen  bie  gwei 
©cßaufpiele  gu  gaftnadjt  unb  ißfingften  1650,  welcße  auf  offenem  SJiarlte  aufgefüßrt 
würben.  Sie  erregten  einen  folcßen  Seifall,  baß  beibe  nod;  gweimal  wieberßolt 
werben  mußten.  Salb  gelangten  bie  fgefuiten  wieber  in  ben  ungeftörten  Sefiß  ißreS 
früßer  erworbenen  ©runb  unb  SobenS.  „SJian  bot  uns",  fo  melbet  ber  ^aßreSberidjt 
oon  1650,  „fogar  an,  bie  ©cßulen  wieber  in  bie  früheren  9täume  gu  oerlegen,  was 
wir  jebod;  nidßt  für  gut  ßielten.  Slud;  ift  unS  ber  SUagiftrat,  ber  wegen  ber  fcßlecßten 
feiten  gwar  bie  eßemalige  ^aßreSrente  noeß  nießt  auSgaßlen  fonnte,  bod;  mit  einem 
anfeßnlicßen  Sllmofen  gu  .fpilfe  gefommen."  Sie  $aßl  ber  ^efniten  War  bis  ©itbe 
1650  auf  7  gewaeßfen:  3  ißriefter,  2  ÜDiagiftri  unb  2  Saienbrüber;  bie  $aßl  ber 
©cßüler  auf  139,  bie  nunmeßr  in  fünf  klaffen  unterrichtet  würben.  Sie  heilig» 
geiftfapelle  erfreute  fid;  ftarfen  SefucßS,  ebenfo  aueß  bie  ®ated;efe,  welcße  man  im 
£>erbft  1650  auf  Srängen  beS  Pfarrers  in  ber  ^afobifireße  ßatte  überneßmen  müffen. 
Sagu  würbe  man  oft  außerßalb  ber  ©tabt  um  SluSßilfe  gebeten.  9iur  eines  maeßte 
fid;  empfinblicß  geltenb.  ©S  war  ber  alte  ©aft,  bie  brüdenbe  Slrmut.  ÜDian  mußte 
fid;  bie  nötigen  SebenSmittel  bei  guten  greunben,  unter  benen  befonberS  ber  $ar« 
täuferprior  Sruno  Srune  ßeroorragte,  noeß  maneße  ^aßre  erbitten2. 

DJießrere  9iieberlaffuugen  ber  nieberrßeinifeßen  Srooin^  entwidelten  fid;  nur  feßr 
langfam  gu  eigentücßen  Kollegien.  £>ier  ift  üor  adern  Sienß  gu  nennen. 

Sen  erften  Serfucß,  ^efuiten  naeß  9?eitß  gu  bringen,  ßatte  ber  Kölner  ©rgbifd;of 
3oß.  ©ebß.  0.  SDfanSfelb  (1558 — 1562)  gemaeßt.  Slm  19.  $uni  1561  feßrieb  ber 
Kölner  Üteftor  Reffet  barüber  nad;  9tom3:  „©eftern  fanbte  ber  ßoeßmürbigfte  §err 
©rgbifcßof  feinen  Offizial  gu  unS  um  einen  ißrebiger  für  9?euß.  @S  leßrt  nämlicß 
bort  ber  $rebiger  in  ber  £auptfircße  öffentlich  oon  ber  Mangel  ßerab  bie  Qrrleßre. 
Seiber  ßaben  wir  niemanb;  benn  nid;t  geringe  grüeßte  ftänben  gu  erwarten,  fowoßl 
für  9ceuß  als  aueß  für  baS  gange  Sanb  unb  bie  angrengenben  ©täbte,  in  benen  bie 
£ärefie  oon  Sag  gu  Sag  meßr  um  fid;  greift;  aud;  würbe  bie  eßemalS  gerüßmte 


1  *  Comp.  hist.  a.  a.  £>.  S)anad)  aud)  ba§  33ud)olp,  1627—1633;  §einr.  Slejing,  1649 

golgenbe.  1652. 

2  *  Comp.  hist.  Sie  Dbern  waren:  93ernf).  3  9Jßeinifd)e  91ften  397. 


106 


3toeite§  Kapitel.  $ie  nieberrifeinifcfje  ijgroPins. 


©djute  gu  Sieuh  mit  her  geit  ung  übertragen  merben."  —  Stucf)  ein  gmeiter  SSerfud; 
beg  ^urfürften  ©rnft  im  ^afjre  1586  fcfjeiterte.  ®od)  oerfpradjen  bie  Kölner  ^efuitext, 
„ab  unb  gu  ^atre§  fjinjufenben,  mag  bie  Sänbftänbe  ebenfo  bringenb  münzten". 
®ag  gefdjaf),  mie  eg  fc^eint,  gurn  erftenmat  um  ißfingften  1587  1. 

$ür  bie  ©rrid)tung  eineg  ^efuitenfottegg  in  9?euh,  fo  metbete  am  10.  ÜDtai  1590 
ber  Kötner  Nuntius  g-rangipani  an  ^arbinat  SJtontatto,  ^abe  er  bem  ^urfürften  ein 
leidstes  üötittet  oorgefcfjlagen,  nämlich  ben  ©enerat  ber  Stuguftiner>©horherren  gu 
bemegen,  bie  ©infünfte  beg  (im  ^a|re  1583)  gerftörten  Stuguftinerftofterg  in  SJeufj 
in  grnei  Xeite  gu  teilen,  ben  einen  für  bag  Stuguftinerftofter  in  ®ötn,  mofjin  bie 
Steurer  ©f)orf)erren  überfiebeln  fönnten,  ben  anbern  für  bag  in  Sieuh  gu  erridjtenbe 
$efuitenfotteg.  SDer  ©enerat  fei  nicfjt  fef)r  abgeneigt:  eg  märe  eine  grofje  2Bof)ttat 
für  bie  Qugenb  non  ^ütidpßteöe.  SIm  2.  ^uni  1590  antmortete  ^arbinat  SJtontatto : 
Sßenn  ber  9?untiug  ben  ©enerat  ber  Stuguftiner  beroegen  fönne,  fo  möge  er  nur 
öorangelfen  mit  ber  beabficfjtigten  Steilung,  ba  eg  fid)  ja  um  ein  fo  fegengreidjeg 
Söerf  hanbte2.  SDer  ^tan  fam  nidjt  gur  Stugfülfrung,  bereitete  aber  ben  Qefuiten 
niete  Qa^re  grofje  S3erbriehlid)feiten. 

Stm  26.  Januar  1600  berichtete  barüber  Stf)et,bor  S5ufaen§  bem  ©enerat:  SDie 
gefjäffige  ©acf)e  mit  bem  ®tofter  in  Sieufj  gieljt  fid;  fd)on  gehn  ^affre  t;in  gum  SSer* 
brüh  für  niete  ©rafen  unb  (perren,  bie  früher  Sätzen  au§  bem  ®tofter  gezogen.  SDer 
SZuntiug  ha*te  1597  ben  Stuftrag  erhalten,  bie  ©treitfadje  gu  prüfen  unb  Seridjt  gu 
erftatten.  SDa  aber  aug  Storn  fein  SBefdjeib  fam,  tiefen  bie  Unfrigen  alle  ©iiter  beg 
^tofterg  mit  33efd)tag  belegen  unb  in  3$ermat)rung  nehmen.  SDag  nermehrte  ben 
Tumult  noch,  gteichfam  at§  ob  fie  mit  ©emalt  bag  ßtofter  an  fid)  Riehen  mottten, 
ba  fie  bodj  feinen  Pfennig  aug  ben  ©infünften  erhalten.  ®ie  (Erbitterung  fteigert 
fid)  um  fo  mehr,  atg  ber  (Stuguftiner=)0rbenggenerat,  ber  früher  in  gleiche  Leitung 
eingemittigt,  nunmehr  feine  ©inmittigung  §urüd§ief)t,  meit  er  feine  33ottmad)t  bagu 
gehabt.  SJtan  möge  hoch  in  9tom  ber  ©ache  enblicf)  ein  ©nbe  mailen,  ba  fotdje 
(Streitigfeiten  nur  Stbneigung  heröorrufen  unb  bie  geifttidje  5rud)t  unferer  Strbeiten 
hinbern.  ®ie  meiften  münfd)ten,  man  hätte  bie  ©adje  nie  angefangen,  aber  je|t, 
fcheint  eg,  müffen  mir  oorangetjen,  ba  eg  fid)  auch  um  bie  ©t)re  beg  ©rgbifdjofg 
hanbett3.  SDie  Söfung  mar  fdjtiefjtid),  bah  bie  Stuguftiner  fetbft  ein  neueg  ßlofter 
im  Innern  ber  (Stabt  bauten. 

Qngmi[d)en  mollte  ber  föoabjutor  gerbinanb  ©nbe  1599  menigfteng  eine  9tefibeng 
in  9?euh  errichten,  meit  biefetbe  non  ben  Bürgern  fchon  tange  gemünfdjt  unb  für 
bie  ©eetforge  nötig  fei4 *.  Stuf  ben  33ericf)t  beg  ^ßrooingiatg  33ufaeug  antmortete  aber 
Stquaöiüa  am  14.  Stprit  1601 :  „®ie  3^efiben§  gu  Sieufj  mürbe,  mie  ©m.  (podjmürben 
mit  Stecht  urteilen,  bem  Kolleg  gu  ®ötn,  ooit  bem  fie  unterhatten  merben  mühte, 
eine  fdjmere  Saft  fein.  Stud)  ift  eg  ftetg  unfere  Stnficfjt  gemefen,  bah  bie  ^rooing 
bei  fo  grobem  ÜDtanget  an  Seuten  bie  Säebertaffungen  ohne  ©d)aben  nicht  Oermehren 
fann,  ba  ja  bie  atten  ber  Kräfte  beraubt  merben  mühten,  bereu  fie  fetbft  notmenbig 
bebürfen.  Qcf)  h°ffe/  ber  $ürft  mirb  bei  fotcher  Sage  ber  SDinge  nic^t  unfchmer 
nachgeben." 6  ©teichmot)!  finb  feit  bem  3a^re  1*300  anftatt  ber  bigherigen  getegent» 
tidien  unb  furjen  Stughitfen  jebeg  Qahr  mährenb  ber  gangen  Stboentg=  unb  ^aftengeit 
ein  ober  gmei  $atreg  aug  ^ötn  in  SJeuh  tätig6. 


1  *Hist.  coli.  Colon.  1543—1587  (Germ. 
Fund.  I  172). 

2  (£  t)  f  e  § ,  Nuntiatur  grangipotti  (1899)  472 
479. 

3  *  Driginal  in  Germ.  Epp.  XXXVI  274. 

StquaPioa  fagte  am  25.  ÜDMr;)  1600  eine  genaue 

Prüfung  ber  ©adje  31t.  *  Drig.=9?eg.  Ad  Rhen. 


4  *  @mpfe()runggfd)reiben  bed  tnrfiirften  nom 
17.  9toP.  1599.  Originär  in  Süffefborf,  Staate 
ardjiP,  9?enb,  Jes.  49a. 

6  *  Orig.’SReg.  Ad  Rhen. 

6  *  Litt.  ann.  1615.  *  ®6b.  [Colon.]  1600  ff. 
*  Catal.  Rhen.  1600  ff.  *  StquaPiPa  an  Sfjeob. 
83ufaeu§,  9.  SJlärs  1602.  Orig.<91eg.  Ad  Rhen. 


Dfeue  9?ieberlaffungen :  Üteufj. 


107 


®er  föurfürft  lieff  aber  feinen  fßlatt  nicht  fahren.  Sei  ber  Ausführung  ging 
er  nicht  ohne  eine  gemiffe  ©emalttätigfeit  oor,  unb  jtoar  nid)t  allein  gegen  bie 
granjiSfaner  in  Deuff,  bie  toeidjen  mufften,  fonbern  aucf)  gegen  bie  gefuiten,  bie  an 
beren  ©teile  traten.  £)er  granjisfanerfonüent  in  Deuff,  früher  ben  (Tempelherren 
gehörig,  „hatte  in  ber  jüngften  3eit  bie  alte  3ud)t  unb  ©trenge  mefjr  unb  mehr 
fahren  gelaffen,  meSfjalb  ®urfürft  gerbtnanb  ficf>  bezogen  füllte,  in  einem  aus  Sonn 
am  29.  Januar  1615  an  ben  Deuffer  ©tabtrat  gerichteten  ©cfjreiben  ju  erfrören, 
baff  er  ,auS  erheblichen  betoegenben  Urfacfien  in  bem  ÜJDinoritenfrofter  eine  Anberung 
unb  Deformation  oorjunebmen 
refoloiert  unb  gemeint  fei‘".  ®a 
bie  granjiSfaner  fich  meigerten, 
ihr  fölofter  §u  oerlaffen,  lieh  ber 
^urfürft  fie  nach  ®öln  bringen. 

S)er  ©tabtrat  fteHte  ihnen  am 
9.  gebruar  1615  für  ©otteS- 
bienft  unb  (ßrebigt  ein  günftigeS 
3eugniS  aus1. 

Am  6.  gebruar  1615  fdjrieb 
ber  ^urfürft  an  ben  ©eneral,  er 
habe  au§  fchmermiegenben  ©riin* 
ben  oor  furjem  einige  Äonüen» 
tualen  beS  granjiSfanerfrofterS 
in  Deuff  in  ihr  fölofter  nach  ®öht 
üermiefen  unb  ben  ^Sroöin^iat 
Heinrich  ©dferen  fehr  bringenb 
angegangen,  bah er  in  baSDeuffer 
ßfofter,  raie  eS  fchon  lange  fein 
fehnlidjer  Sßunfd)  gemefen,  enb- 
lief)  bei  biefer  guten  (Gelegen¬ 
heit  einige  gefuiten  äur  Sefor- 
gung  beS  ©otteSbienfteS  fenbe. 

Aber  aus  üerfdfiebenen  ©rünben, 
befonberS  auch  meil  feine  Er- 
laubniS  beS  ©eneralS  oorhan- 
ben,  hat’e  ftd)  ber  fßrooinjial 
fehr  fchmierig  in  ber  Erfüllung 
biefer  Sitte  gegeigt.  Sr  hofo  if)o  a^er  fo  entfdjieben  gebrängt2,  bah  er  einer  fofdfen 
Dotlage  gegenüber  nadhgeben  muhte.  (Ter  ßurfürft  oertraue,  bah  ber  oom  fßroüinjial 
berciefene  ©ehorfam  bem  ©eneral  nicht  unangenehm  fein  rnerbe,  unb  bitte  um  gort* 
fefjung  ber  gefuitenrefibenj  in  Deuff  unb  um  Einrichtung  einer  ©djule,  bie  burdiauS 
notmenbig  fei.  (Ter  ©eneral  möge  auch  beim  Zapfte  bahin  mirfen,  bah  fein  Vor¬ 
gehen  gegen  bie  granjiSfaner,  ju  bem  ihn  nur  bie  fircfjliche  Dotlage  unb  baS  gegebene 
Ärgernis  oeranlaht,  Oom  Sßapfte  nidjt  ungnäbig  aufgenommen  toerbe3. 

(Ter  in  bie  Enge  getriebene  fßrooinjial  ©cheren  toanbte  fich  om  21.  gebruar  1615 
an  ben  ©eneral  mit  ber  ©djilberung  ber  ©ad)Iage.  (Ter  gürft  unb  feine  Düte  oer* 


ßurfürfi  ^erbinaitb  non  flöht. 

9tad)  flh^oenhitter,  flonterfet  fluppferfticf),  1721. 
©tief)  (ca  ®/7). 


1  %  ü  cf  i  n  g ,  ©ef cf).  be§  ©pmnafiuml  ju  eufj 
(1885)  23  f.  2)erf. ,  ©efd).  ber  fircf)lid)en  ©in- 

ridjtungen  ber  ©tabt  Uteufj  (1890)  264  ff-  ®ie 
©ntfernung  ber  granjilfaner  auö  ihrem  flfofter 

erfolgte  am  31.  Januar  1615.  *Hist.  coli. 


Colon,  ad  ann.  1615.  flöht ,  ©tabtaretjiü, 
Jes.  7. 

3  Ursimus  illum  tarnen  adeo  vehementer. 
5  *flopie  in  9tom,  ©taat§ard)io ,  Inform. 
LXXIII  123. 


108 


gmeiteg  Äofiitel.  $ie  nteberrt)einifd)e  Srocinj. 


fieberten,  bie  Sermeifung  ber  ®on»entualen  öon  Sfnbernad)  imb  Reuff  naef)  ®öln  fei 
unbebingt  notmenbig  gemefeit  unb  fie  Ratten  offne  SSerle^nng  beg  @etüiffen§  nicTjt 
anberg  Ifanbefn  fönnen.  3U  Sfnbernad)  miü  ber  Äurfürft  Obferöanten,  in  Reufj 
^efuiten  anfiebeln.  @r  brängt  micfj  unaufhörlich  burdf  33riefe,  Sitten,  ja  Sefeffle. 
Sig  jept  habe  ich  mid)  getueigert.  §eute  aber  ffabe  icf)  jmei  Sät  er,  bie  aucf)  fonft 
um  biefe  .Qeit  nad)  Reufj  gefdjidt  §u  merben  pflegen,  gefanbt,  um  jur  Serfjütung 
beg  Sfrgerniffeg  jumeifen  in  bem  öerlaffenen  Softer  ju  zelebrieren.  Sag  fjat  ber 
^urfiirft  mir  abgenötigt,  inbem  er  ade  ©effäffigfeit  unb  bie  Sertjanblung  bei  bem 
s^apft  unb  @ra.  ^Saternität  auf  fich  genommen,  llnfere  greunbe  unb  ©önner  raten  nad)* 
jugeben  unb  bem  ^urfürften  nicht  meiter  Söiberftanb  ju  leiften,  mag  ohne  Seleibigung 
unb  ©ntfrembung  nicfjt  möglidj  fei.  Sagfelbe  meinen  bie  fjiefigen  Patreg.  SRöge 
alfo,  menn  eg  möglidh  ift,  @m.  Paternität  bem  SSunfdje  beg  ^urfürften  miflfafjren 
unb  bie  in  Rom  entgegenftefjenben  ©cfjmierigfeiten  ebnen.  Sag  aber  foll  @ro.  Pa* 
ternität  miffen,  bajj  mir  in  biefer  ©adje  nidjtg  getan  unb  ung  unredjt  gefd)ief)t, 
menn  man  anberg  fc^reibt1. 

Sin  ©teile  beg  ingmifcpien  oerftorbenen  P.  Sfquatüöa  antmortete  ber  ©enerafoifar 
P.  gerb>nan&  Silber  auf  biefen  Srief  am  14.  ÜRärj  1615.  @r  lobt  bag  Serpalten 
beg  proöinjialg,  bafj  er  nad)  9Röglicf)feit  bie  Reufjer  SRiffion  abgelehnt  unb  ben 
patreg  öorgefcfjrieben  habe,  ihre  SBofpiung  nicht  in  bem  granjigfanerflofter  ju  nehmen. 
Sie  ©adje  fei  fehr  gefjäffig.  „^jd)  merbe  bem  ®urfürften  fchreiben,  @m.  ^ocfjmürben 

mürben  einige  Slrbeiter  nad)  Reufj  fcfjiden:  icf)  münfdje  aber  bieg  in  ber  Slrt,  bafj 

bie  Unfrigen  nicht  in  bag  ^lofter  einziehen,  unb  ferner,  menn  bieg  irgenbmie  möglid) 
ift,  aucf)  in  ber  föircffe  beg  0ofterg  nicfit  bie  fällige  SReffe  lefen,  um  felbft  ben 
©cfjatten  beg  Serbadfteg  ju  oermeiben.  Grrft  menn  ber  papft  bie  ©ntfeffeibung  ge* 

troffen,  mirb  bie  ©efeüfdfaft  nacf)  feinem  Söillen  fich  richten."  $|n  bemfelben  ©inne 

fdfrieb  ber  ©eneralüifar  am  25.  Stpril  mieberurn  an  ben  proüin^iaf  unb  am  felben 
Sage  an  ben  Reftor  beg  Kölner  ^ollegg  P.  ^oljann  (Sopper2.  Papft  Paul  V. 
nafpn  bag  gemalttätige  Sorgefjen  beg  ßurfürfteit  fehr  übel,  gab  aber  fd)fiefjfidj  nicht 
ofjne  bireften  Sabel  am  13.  gebruar  1616  feine  guftimmung 3.  Offne  frefe  Bu* 
ftimmung  ab^umarten,  hatte  ber  ^urfürft  Februar  1615  bie  Grntfenbung  einiger 
patreg  bem  proüingial  befohlen  unb  feinem  Sogt  in  Reufj  mieberffoft  ftrenge 
Söeifung  gegeben,  biefelben  in  bag  gran^igfanerflofter  einzuführen 4.  Sfm  16.  SRärj 
1615  erfolgte  bie  Grinfülftung  ber  beiben  Patreg  Subroig  Hafimir  ^mfflicff  unb 
Sernfjarb  SRirou.  Sag  fämtlidfe  SRobiliar  unb  &dofterüermögen  blieb  ben  gran^iS* 
fanern 5. 

Qn  ben  ^afjregberidften  öon  1615  ffeifjt  eg:  „@g  meilen  hier  fept  4  ber  Unfrigen: 
2  Priefter  nebft  2  Saienbriibern,  unb  liegen  feefforgfidfen  Sfrbeiten  ob.  Sie  ©dfulen, 
auf  beren  (Eröffnung  alle  begierig  finb,  finb  fcffon  auf  Soften  beg  $urfürften  f)er* 


1  Äopie  iit  9tom,  ©taatgard)iö,  Inform. 
LXXIII  127.  Sciat  nos  hoc  in  negotio  nihil 
egisse  et,  si  aliter  scribatur,  iniuriam  nobis 
fieri. 

2  *  9tom,  ©taatgardpü,  Inform.  a.  a.  0.  Sgl. 
auef)  1.  9Xai  1615.  Drig.=91eg.  Ad  Rhen. 

3  *®ot>ie  in  ®üffeIborf,  6taat^ard)ib,  gef.  ju 

9teufe.  Sßg(.  Reiffenberg  I  482.  Sinige 
3al)re  fpäter  fudjte  ber  Surfurft  einige  ben 
Äarmeliten  suge^örige  ©iiter  für  ba§  Dteufeer 
Äoüeg  su  erlangen.  9(uf  bie  Äunbe  ^iercon 

fdjrieb  35iteüe§d)i  am  31.  Dftober  1620  an  ben 


23eiditbater  beg  Shirfürften ,  ißeter  2Binaeug: 
„©oUte  bie  ©ad) e  mal)r  fein,  fo  muff  ber  ®ur< 
fürft  inftänbig  gebeten  merben,  baoon  abju* 
fielen  unb  lieber  bag  üteujjer  ßolleg  in  feiner 
9Irmut  ju  laffen,  atg  auf  folcfte  gebäffige  SBeife 
if)m  su  Reifen."  Orig.-9{eg.  Ad  Rhen. 

4  *  Äurfürft  f^erbinanb  au  ben  Sogt,  9.  gebr. 
u.  10.  SRärs  1615;  an  ©eueren,  9.  u.  18.  gebr. 
1615.  Süffelborf,  ©taatdarebio,  Qef.  ju  9teufj. 

5  *  Instrumentam  investiturae  a.  a.  D.  Sgl. 
*Litt.  ann.  1615;  Jüding,  ©efef).  bei  ©t)m* 
nafiumg  ju  9teuü  k25. 


92eue  ÜJUeberlaffungen:  ffteufj. 


109 


geridjtet.  üftuunteßr  ift  man  barait,  ben  nötigen  Unterhalt  für  bie  erforberlidjen 
Seute  ju  bcfdjaffen." 1 

Mit  ber  Söefcßaffung  ber  erforberlidjen  (Stiftung  ging  eg  jebod)  langfam.  ©leidj= 
ttwßf  brängte  ber  ^urfürft,  bie  ©deuten  gu  beginnen.  2(m  23.  Quli  1616  geftattete 
ber  ©eneral  auf  bie  Anfrage  beg  ^roninjiatS  bie  Eröffnung  non  jwei  klaffen  nnb 
am  1.  Oftober  1616  aud)  bie  bon  beliebigen  weiteren  klaffen  in  91üdficßt  auf  bie 
®anfbarfeit,  bie  man  bem  Üurfürften  fdjulbe 2.  @o  n)urben  bemt  unter  allgemeiner 
ffreube  am  14.  Dtoüember  1616  bie  brei  erften  Staffen  eröffnet3.  SDer  9iat  gab 
feiner  (Genugtuung  Sfusbntcf  bureß  ba§  ©efdßenf  eineg  fetten  Odjfen,  ber  161  ©ttlben 
gefoftet4.  „@g  mehrten  fiefj  bie  ©djiiler  berartig",  fo  ßeißt  eg  ein  Qaßr  fpäter 5, 
„baß  lüir  noeß  bie  bierte  klaffe  biefeS  Qaßr  angefügt  ßaben."  Qm  §erbft  1619  fam 
auf  ba§  drängen  beg  ^urfürften  aud)  bie  fünfte  unb  leßte  klaffe  ßinju 6.  SSier  Qaßre 
fpäter  tourbe  ein  eigener  Seßrer  für  bag  ©riedjifdje  angeftellt  unb  im  Qaßre  1632 
nodß  ein  jmeiter.  23ejüglicß  ber  ©cßülerjaßt  fehlen  jwar  genauere  Eingaben,  bod) 
feßrt  in  ben  53erid)ten  oft  bie  23emerfung  mieber,  baß  bie  ©cßulen  gut  befucßt  finb 
unb  blüßen7. 

Qu  ber  ©eelforge  roirften  feit  1617  brei  unb  feit  1626  oier  ißatreg.  2Ib= 
gefeßen  bon  ben  Arbeiten  in  ber  eigenen  fö'ircße,  ßatte  man  audß  in  ber  $farr»  unb 
©tiftgfireße  ©t  Ouirin  bie  regelmäßige  ißrebigt  am  ©onntag  unb  feit  1629  aud; 
bie  ®atedjefe  gu  galten.  Über  bie  (Erfolge  ßeißt  eg  fdjon  im  ^weiten  Qaßre  ber 
Siiebertaffung8  u.  a. :  „Söäßrenb  man  früher  nur  nod)  in  geringer  Qaßl  an  ©onm 
unb  Qefttagen  ^ier  ber  ßeiligen  Meffe  beiwoßnte,  wädjft  nunmehr  non  Xag  ju  Sag 
fcßon  bie  fromme  ©ewoßnßeit,  biefelbe  täglid)  ju  befudjen.  ÜRicßt  weniger  fteigert 
fieß,  jum  ©taunen  ber  Seute,  ber  Empfang  ber  ßeiligen  ©aframente.  2llg  fürjlid^ 
am  Sßeißnacßtgfeft  einer  ber  beiben  Siirgermeifter  aug  unferer  föirdje  nadß  §aug 
gurüdf'am,  fagte  er  ju  ben  ©einen :  ,Qcß  weiß  nicßt,  mag  ßeute  ift.  @g  feßeint  mie 
Oftern  ju  fein;  bemt  fo  groß  ift  bie  SQZenge  ber  SBeicßtenben  unb  ß'ommitnijierenben.4 
Qn  ber  Qrüße  waren  näntlidß  400  meßr,  atg  eg  leßte  Oftern  waren,  jur  Zeitigen 
Kommunion  gegangen.  Slm  9?adjmittag  aber  ftrömte  eine  foldje  Menge  jur  ©Triften» 
leßre,  baß  unfere  niefjt  ffeine  ^irdfie  fie  faum  affe  faffen  fonnte."  ®rei  Qaßre  fpäter, 
am  11.  Mai  1619,  feßrieb  ber  Orbenggeneraf  auf  ben  23eridjt  beg  ©uperiorg  Subwig 
föafimir  ^öfflicß,  ber  üfteuß  genau  fannte  unb  bort  feit  1600  regelmäßig  in  ber 
üboentg*  unb  Qaftenjeit  gewirft  ßatte9:  „SSiel  Slngeneßmeg  bradfite  ber  23rief,  be* 
fonberg  bie  Mitteilungen  über  bie  fo  glüdlicße  Ummanblung  unb  llmfeßr  ber  Seute, 
fo  baß  in  ber  ©tabt,  in  ber  in  beit  nerffoffenen  Qaßren  niefjt  wenige  angetroffen 
würben,  melcße  feine  guten  ©efinnungen  über  bie  ^Religion  ßatten,  biefe  nunmeßr 
fo  feiten  geworben  finb,  baß  halb  ade  inggefamt  wieber  eineg  ©laubeng  fein  werben, 
©ebe  ©ott,  baß  feine  Slrbeiter,  bie  biglang  mit  fo  großen  ©rfolgeit  bort  gearbeitet 
fjaben,  bie  fo  frudjtreicfje  f£ätigfeit  immer  glüdlidj  fortfeßen  fönnen!"  „Sfudj  aug 
bem  Schreiben  beg  P.  ^rooinüolg  erfefje  icß",  fo  feßreibt  ber  ©eneral  am  7.  2)e* 
gember  1619,  „baß  bie  Süeberlaffung,  abgefeßen  oon  ben  fnappen  23ermögeng= 
berßältniffen,  fieß  in  einem  borjüglicßen  Quftanbe  beßnbet  unb  in  STnbetracfjt  ber 
wenigen  Kräfte  nicßt  geringe  ©rfolge  in  ber  ©eelforge  aufjuweifen  ßat."10 


1  lI6er  bie  93efd)affung  be§  llnterbatteS  f. 
9I!ten  in  Siiffelborf,  <5taat§ord)io ,  Sef-  5« 
•JJeufs. 

2  *0rig.=9{eg.  Ad  Rhen. 

3  *  Litt.  ann.  1616. 

4  Sücfing  a.  a.  D.  26. 

6  *  Litt.  ann.  1617. 

6  *Catal.  Rhen.  1620.  *  SBiteüeM)i  ait  beit 


$robinäiat  Köpper,  13.  guli  1619.  Orig.=9{eg. 
Ad  Rhen. 

7  *  Litt.  ann.  1624  ff  unb  *Catal.  Rhen. 
1624  ff.  8  *  Litt.  ann.  1616. 

9  *  Catal.  Rhen.  1600  ff. 

10  *Drig.=3}eg.  Ad  Rhen.  SSgt.  S3iteßeäd)i  an 
ben  fßroüinsial  iöabing,  24.  91pril  1627,  unb 
an  ben  ©uperior  Steffel,  2. 9Jtai  1637.  *  Litt.  ann. 


110 


3rocitc£  Äapitef.  2)ie  nteberr^einifdje  $roüins. 


©o  unb  äßnlicß  lauten  bie  Sericßte  unb  Sriefe  nucf)  in  ben  fpäteren  Qaßren. 
$ie  immer  fteigenben  Erfolge  §eigen  ficß  ziffernmäßig  an  ber  ,gaß(  ber  Kommunionen, 
meldje  im  $aßre  1617  auf  4500  geftiegen  maren,  big  jum  Qaßre  1624  auf  bag 
^Doppelte  anmucßfeit  unb  im  $;aßre  1632  bie  £>öße  üon  10530,  im  ißeffjaßre  1634 
bie  £>öße  üon  13  000  erreichten  SDie  ißrebigten  hatten  ftarfen  gulaitf  unb  fanben 
feßr  bereitwillige  £>erzen2. 

2lud)  außerhalb  ber  ©labt  hatte  ficß  adntäßlid)  eine  größere  ü£ätigteit  ent* 
micfelt.  ©eit  ben  erften  3af)ren  ^er  97ieberlaffung  mar  regelmäßig  in  ^olzßeim 
Katedjefe  gehalten  morben.  „Unfere  Sütigfeit  außerhalb  ber  ©tabt  ift  biefeg  Qaßr 
gemäßen",  fo  melben  bie  ^aßregbriefe  Don  1641.  „geßn  umliegenben  Ortfdjaften 
ließen  mir  (an  ßößeren  gefttagen)  unfere  £>ilfe  angebeißen.  $>n  breien  baüon  hielten 
mir  mäßrenb  ber  ©ommermonate  ftänbig  Katecßefe.  $n  ber  Karmodje  aber  härten 
mir  in  ad  biefen  Orten  unb  ba^u  nod)  in  anbern  big  ju  jmei  big  brei  ÜDteilen  (Ent¬ 
fernung  Seidjt;  in  zweien  aucß  hielten  mir  ^rebigten  über  bag  Seiben  (Eßrifti. 
Sldeg  mar  fo  fruchtreich,  baß  z-  93-  jmei  Sßriefter  bei  nur  breimaligen  Sßefudhen  zu* 
fammen  je  über  1000  Seidjten  gehört  ßaben.  Slußerbem  ßaben  mir  öfter  brei  big 
üier  SBodjen  lang  jene  Pfarrer  üertreten,  bie  an  lieber  tränt  banieberlagen." 

SDiefeg  gebeißlicße  SSSirfen  mürbe  erft  geftört  burcß  bie  unglüdlicße  ©cßladjt  bei 
Kempen  am  17.  Qünuar  1642  unb  bie  bann  acht  Sage  fpäter  folgenbe  (Eroberung 
üon  üfteuß  burcß  fraitzöfifcß-ßeffifcße  Gruppen  unter  bem  fyelbmarfcßad  ©uebriant. 
„3«  ber  Kirche  unb  ©cßule",  fo  ßeißt  e§  in  einem  gleichseitigen  Sericßte,  „auf  ein¬ 
mal  ungeheure  Obe  unb  (Einfamfeit !  (Eg  galt,  bie  Überrefte  ber  ©cßüler,  ber  Seute 
in  ber  Kirche  unb  an  ben  Seicßtftüßlen  zu  fammetn  unb  zufammenzußalten  unb  ben 
Bürgern,  bie  in  SSaßrßeit  bag  (Entfeßlicßfte  hatten  erbulben  müffen,  unb  ben  ©ol* 
baten  bie  gemoßnte  £ätigfeit  zuzumenben.  ©cßulen  (nur  2—3  Klaffen)  unb  ©obali* 
täten,  ißrebigten,  Katecßefen  unb  Seicßtftußl  mürben  meiter  beforgt,  troßbem  eg 
überad  fo  ungemein  leer  mar."3 * 

Um  fo  zaf)lveid)er  maren  bie  üielen  Kranfen  unb  Sermunbeten,  benen  man 
Siebe  unb  .jpilfe  auf  jebe  Söeife  angebeißen  ließ.  „Slucß  boten  ung",  fo  berieten 
bie  3efuiten  im  3aßre  1643 i,  „bie  Kerfer  ein  großeg  2lrbeitgfelb  für  unfere  Siebeg* 
tätigfeit  bar.  Sor  adern  geigten  mir  ßier  ben  ißrieftern  unfere  Siebe,  bie  ba  nadt 
in  ©cßmuß  itub  Ketten  lagen  unb  benen  mir  burdj  Sitten  unb  ©elb  bie  greißeit 
mieber  üerfdjafften.  2lde  übrigen  aber,  bie  mir  eben  nicht  zu  befreien  üermocßten, 
ßaben  mir  in  ben  fcßmußigen  Verließen  an  Seib  unb  ©eele  zu  erquiden  gefucßt, 
namentlid)  in  ben  SSeißnacßtgtagen,  mo  ung  ber  (ßeffifcße)  ©tabtfommanbant  Koß, 
ber  ung  ununterbrodjen  äußerft  moßlgeneigt  bleibt,  fogar  geftattete,  bei  ber  Sefaßungg« 
mannfcßaft  tätig  zu  fein."  $)azu  bemüßte  man  ficß  uacß  Kräften,  aucß  ben  um¬ 
liegenben  Ortfcßaften,  melcße  ißrer  Pfarrer  beraubt  maren,  £>ilfe  ju  bringen, 
Z.  S.  Korfcßenbroicß,  Cbenfircßen,  ijpotzßeim,  ©refratß,  SBeüelingßoüen.  Slm  7.  ^a- 
nuar  1645  fcßrieb  ber  ©eiteral  bem  Superior  ÜOtattßüug  (Eocciug:  „©eßr  freut  eg 
midß,  baß  bie  Unfrigen  bort  unter  fo  großen  ®raitgfalen  mit  foldjer  ©ebulb  unb 
Unüerbroffenßeit  bag  ©eelenßeil  beg  diä'cßften  zu  förbent  fucßen."5 

Qu  biefer  SSeife  arbeiteten  bie  ^efuiten  aucß  in  ben  folgenben  3afyren  meiter. 
®aß  man  ad  bie  Qaßre  in  ©tabt  unb  Umgegenb  fo  üiel  mirfen  tonnte,  oerbantte 
man  zunäcßft  bem  Söoßlmoden  beg  franzöfifcßeit  gelbmarfcßadg  ©ue'briant,  eineg  eße- 
maligen  3efuitenfcßülerg,  ber  gleich  beim  ©iuzug  in  9cenß  bie  ^efuiten  in  feinen 


1  *Litt.  ann.  *  *Hist.  resid.  Noves.  5;  tigt.  ebb.  10  f. 

2  $gl.  beionber«?  *Litt.  ann.  1626.  5  *örig.-9?eg.  Ad  Rhen.  inf. ;  äfjnlicf)  fcßon 

3  *  Hist,  resid.  Novesiensis  1642 — 1649;  ügt.  *13.  fjebr.  1644. 

S  ö  b  r  e  r ,  ®efd).  ber  ©tabt  9leub  (1840)  314  ff- 


9ieue  9tieberlaffungen:  9Jcu§. 


111 


©cf)up  genommen,  üor  ifjrer  353of)nung  jmei  ©olbaten  als  2Ö3ac^tpoften  aufgefteüt 
unö  „ermntigenb  ben  patres  gefagt  fjatte,  fie  mürben  unter  feinem  ©d)u£e  in  üfteuf; 
gerabe  fo  fidler  unb  unangetaftet  leben  mie  innerhalb  ber  SDJauern  £ölnS  ober  im 
fernen  9tom" 1.  Sin  gmeiter  (Stelle  mar  eS  ber  ©cfuthbrief  ber  Sanbgräfin  Stmalie 
non  Reffen,  meldjen  biefe  im  Qatjre  1644,  als  ©uebriant  nicht  mehr  in  ^ieuff  mar, 
non  Gaffel  aus  ben  Qefuiten  gefanbt  hatte,  mie  eS  fc^eint,  burch  bie  Vermittlung  ihres 
VruberS,  beS  Sanbgrafen  (Srnft  üiobert,  ber  fiel;  ben  Steuffer  Qefuiten  immer  ungemein 
geneigt  geigte,  unb  beS  franjöfifcfjen  QriebenSbeüollmäcf)tigten  ju  fünfter,  beS  ©rafen 
b’Sdoaup 2. 

Stroh  biefer  mächtigen  ©djüper  tjatte  jeboch  ben  Qefuiten  an  Slnfeinbungeit 
unb  fchroeren  Seiben  aller  Slrt  nicht  gefehlt3,  Qm  Qal)re  1646  fdjrieb  ber  ©eneral 
©arrafa  bem  ©uperior  ©oeciuS:  „SDie  fdfjmierige  unb  brangfalreicffe  Sage  ber  lieber- 
laffnng  geht  mir  ju  ^ter^en;  bod)  mirb  ber  ©olbat  ©hrifti  erft  in  bem  ©d)ladjt= 
getümtnel  ber  Seiben  erfannt."4  Qm  Qafjre  1647  maren  gar  fänttlidje  Qefuiten — 
bamalS  14:  8  SßatreS,  1  äßagifter  unb  5  Saienbrüber  —  auf  bie  erfunbene  Slnflage 
ber  Verräterei  hm  oier  SOlonate  lang  in  ftrengem  ©etoahrfam  gehalten  morben,  bis 
bie  Unterfudhung  ihre  öoUftänbige  Unfdjulb  an  ben  STag  gebracht  hatte5. 

SJian  atmete  auf,  als  eitblid;  am  24.  Oftober  1648  ber  Triebe  gefdfloffen 

mürbe  unb  ber  Slbgug  ber  feinblidfen  Gruppen  unb  bie  Vüdfehr  oon  SRuhe  unb 

Orbnung  nahe  beüorftanb.  „^öffentlich  mirb  auef)",  fo  fchrieb  Sarrafa  am  5.  3)e» 
gember  1648  bem  ©uperior  Vopman,  „jef}t,  mo  ber  Qriebe  fd^on  im  ganzen  Veidj 
oerfünbet  ift,  bie  Vefibenj  neu  aufleben  unb  mirb  man  allmählich  bie  ehemaligen 
geiftlicfjen  ©raten  halten  fönnen."6  £>od)  bauerte  eS  mit  ber  Üiüdfehr  ju  bem 
bliihenben  Quftanbe  unb  ju  ber  ausgedehnten  unb  fruditreicben  SEätigfeit  oon 
ehebem  auS  allerlei  Urfadjen  noch  fiele  Qaljre.  ®on  ben  ©cfjulen  ^ei^t  eS  3.  V.  gleich 
im  Qahre  1649 7 :  „SDie  ©djulen,  roeldje  biefeS  Qalfr  311m  erfientnal  feit  ber  Ve= 

fehung  ber  ©tabt  bis  jur  Vhetorif  ermeitert  maren,  mußten  megen  Mangels  an 

©chülern  für  bie  oberen  klaffen  auf  bie  brei  ©rammatifflaffen  mieber  befdjränft 
merben,  in  benen  jmei  SßatreS  ben  Unterricht  erteilen."  SDaS  fpaupthinberniS  beS 
rafchen  SlufbfühenS  aber  mar  ber  SRangel  einer  Ijinreichenben  feften  ©tiftung.  SCCteS 
hatte  gumeift  auf  ber  V3ol)ltätigfeit  beS  ©rünberS  ber  SJieberlaffung,  beS  ^urfürften 
Qerbinanb,  geruht8.  Veim  £obe  beSfelbeit  im  Qahre  1650  mar  baher  bie  lieber« 
laffung  plö|lidj  in  eine  recht  tnifflidje  Sage  geftürgt 9,  fo  baff  fie  faft  untersugehen 
brohte  unb  mehrere  Qaf)re  fpnburd)  nidjt  mehr  als  etma  15  Sßerfonen  unterhalten 
fonnte,  mährenb  in  ben  Qaljren  1633 — 1642  über  20  bort  gelebt  hatten,  im  Qahre 
1641  3.  V.  24:  12  patres,  6  ÜUiagiftri  unb  6  Saienbrüber.  9iur  in  einem  Sßunfte 
hatte  bie  9£ieberlaffung  gleid)  nach  bem  QriebenSfd)luffe  gegen  früher  einen  Qortfdfritt 
gemacht:  fie  mar  am  27.  SD?ärg  1649  tro|  beS  Mangels  einer  feften  unb  hin* 
reiefjenben  ©tiftung  jurn  Vaitge  eines  ^ollegS  erhoben  morben,  meil  fie  eben  fdjon 
feit  langen  Qafjren  fo  oiele  ^erfonen  unterhalten  habe10. 


1  *1681.  resid.  Noves.  a.  a.  0.  *  Catal. 

trienn.  Rhen.  inf.  1642. 

2  *Hist.  resid.  Noves.  5  u.  10;  ög[.  and) 
ben  *  93rief  SSiteHeSdjil  tiont  25.  £juni  1644 
ltad)  9Jeuü. 

3  *Hist.  resid.  Noves.  a.  a.  0.  unb  *Litt. 
ann.  1646  ff. 

4  *  Drig.*9Reg.  Ad  Rhen.  inf. 

5  3$g[.  *Reiffenberg  II  528 ff.  $er  f5ür> 

fpradje  b’2loau£’  bei  ben  Reffen  oerbanften  bie 

Sefuiten  ihre  Befreiung. 


6  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

7  *  Litt.  ann.  1649. 

8  SSgl.  *  Catal.  trienn.  1636  ff. 

9  93gl.  j.  93.  *  Sßiccolomini  an  Söopman, 
19.  97oo.  1650. 

i°  *  «ßiccolomini  an  Dtterftebt.  0rig.»9teg.  Ad 
Rhen.  inf.  —  $ie  0bern  maren:  Subro.  fafim. 
®öffli4  1615;  ©ottfr.  9iooS,  1622;  Soh-  2U- 
tingf,  1625;  £jof).  ^oltffaufen ,  1627;  goh. 
Reffet,  1628;  §einr.  Sllfoicf,  1642;  SKatth. 
Gocciuä,  1644;  ^af.  93ot)man,  1647. 


112 


8tt>eite§  Kapitel.  Sie  nieberrljeinifcbe  fßroinns. 


Qm  feffiert  Qaljre  rnie  ütfeuff  mürbe  Si’treit  (1649)  jum  Äotleg  erhoben.  Qtt 
Süren,  meld)e§  als  feinen  größten  ©djafj,  ©d)u|  unb  ©cf)irm  ba§  £>aupt  ber  1)1.  Stnna 
betrachtete,  hatte  ber  fßroteftantiSmuS  um  bie  SO^itte  be§  16.  QafjrljunbertS  burd)  bie 
flüchtigen  nieberlänbifdjen  ©aloiniften  au  Voben  gemonneit.  Ser  ehemalige  üöänorit 
QSeter  ©tommef,  feit  1563  Pfarrer  ber  ©t  31nnafird)e,  hatte  1566  bie  ^rojeffionen 
unb  firdjlidfen  Segnungen  abgefdjafft  unb  für  fein  Verfahren  eine  grofie  ©tiifje  an 
ben  VatSfamilien  gefunben.  Surcf)  bie  fßeft,  bie  ben  Pfarrer  fchneü  megraffte,  trat 
eine  Vefferung  ein,  befonberS  infolge  be§  ©infdjreitenS  ber  fieben  SCmbacfjtSmeifter 
(Qünfte).  ©treitigfeiten  jmifdfen  bem  Vat  unb  ben  folgenben  Pfarrern,  befonberS 
über  bie  Verteilung  be§  91nnaopfer§  (oon  bem  nacf)  ben  Verträgen  oon  1511 — 1517 
bem  Pfarrer  1/i  unb  bem  9tat  3/4  jufielen),  mirften  öerberbtich  auf  bie  ©emeinbe 
ein.  Sie  Süren  ber  @t  2Innafird)e  burften  nad)  bem  ©otteSbienft  nicht  gefdjloffen 
merben,  unb  fo  liefen  nad)  einer  fölage  oon  1599  Qerfel  unb  fonftigeS  Viel)  in  ber 
®irdje  uml)er.  Ser  9tat  mar  nid)t  formell  abgefallen,  aber  Vernadjläfftgung  ber 
fatholifdhen  i)3flid)ten  unb  Vegünftigung  beS  IßroteftantiSmuS  mürben  if)m  oorgemorfen. 
Sie  Verhättniffe  befferten  fich  langfam.  Ser  9teoer§  oom  31.  Quli  1609  gmifdjen 
Vranbenburg,  9?euburg  unb  Süren  fefcte  feft,  bafj  in  Süren  öffentlich  nur  bie  fatf)o* 
lifdhe  Veligion  geftattet  fei,  bagegen  SlnberSgläubigen  bie  SluSübung  ber  Veligiott 
nicht  üerroefjrt  merben  bürfe.  Sie  ^onoerfion  be§  fßfaljgrafen  SBolfgang  SSilljelm 
oon  üfteuburg  1618  fam  aud)  ber  fatholifchen  @ad)e  in  Süren  fel)r  ju  ftatten.  Qm 
Qaljre  1619  mürben  in  ber  fünnafirdje  fäljrlid)  über  400  Äommunifanten  ge= 
jaljlt 1.  Um  biefe  Qeit  ftofjen  mir  auf  ben  erften  ^lau  einer  9?ieberlaffung  ber 
Qefuiten  in  Süren.  2lm  21.  9J?ai  1622  fdjrieb  ber  ©eneral  ViteHeSdhi  bem  Obern 
beS  SDüffelborfer  föotlegg,  Vernf).  Vudjol^:  „äftit  großer  Qreube  habe  icl)  Oon  ben 
Qriidjten  gelefen,  meld)e  ©ro.  fpocl)mürben  in  ben  Oftertagen  ju  Qülidh  geerntet  haben. 
Sort  felbft  ober  gu  Süren  ein  Kolleg  gu  erridjten,  ift  gmar  fein  übler  Vorfcfjlag, 
jumal  ba  eS  bie  ©inmoljner  ber  beiben  Orte  fo  fefjr  münfdien.  Qebod)  müßten  erft 
bie  nötigen  Mittel  üorfjanben  fein,  beoor  man  über  einen  folcfjen  ißlan  9iäl)ereS  be* 
ftimmen  tonnte."  Sßieberum  taud)t  ber  ffSlan  auf  im  Qaljre  1626.  2lm  1.  Quli 
biefeS  QafjreS  mafjnte  nämlich  VitelIeSd)i  ben  ^rooinjial  Vaoing,  mit  ber  ©rünbung 
eine§  fö’ollegS  in  Süren  nicht  ju  eilen,  benn  e§  fei  mof)l  gu  überlegen,  meldjer  oon 
beiben  Orten,  SDÜinftereifel  ober  Süren,  für  ein  Kolleg  ben  Vorzug  oerbiene2. 
Qmei  Qaljre  fpäter  füllte  ber  ^lan  jur  2öirflid)feit  merben. 

Qm  Qaljre  1626 — 1627  hatte  bie  heftig  mütenbe  ^ßeft  in  Süren  oiele  ©inmo^ner 
hinmeggerafft,  am  27.  September  1627  and)  ben  Pfarrer  unb  bann  nod)  mehrere 
patres  be§  Sürener  QtanjiSfanerflofterS,  melcf)e  nad)  bem  Sobe  beS  Pfarrers  bie 
©eelforge  üerfaljen  unb  fid)  mit  ©ifer  ber  Fronten  angenommen  Ratten  3.  Ser  neue 
Pfarrer,  ber  §offaplan  be§  SanbeSfiirften,  be§  ^faljgrafen  Söolfgang  Sßilfjelm,  gögerte, 
bie  gefährliche  ©teile  anjutreten.  Um  nun  ber  großen  feelforglid)en  9tot  abjufielfen, 
oeranlaftte  ber  ^faljgraf  bie  Qefuiten,  fid)  ber  fo  fdjmer  ^eimgefud)ten  Stabt  anju* 
nehmen.  Slm  28.  Qebruar  1628  famen  jmei  patres,  ÜJiifolauS  £el)in,  auS  einer 
alten  Sürener  Qamilie,  unb  ^rnbert  Vutter,  bort  an.  Ser  ©mpfang  mar  menig 
ermutigenb.  SUIerlei  ©erebe  oon  ber  Habgier  ber  Qefuiten,  ihrer  ©inntifd)ung  in 
politifdhe  Slngelegen^eiten  u.  ä.  mar  im  Umlauf.  9£id)t  einmal  eine  Söofjnung  mürbe 
ihnen  angemiefen  tro^  ber  SSeifung  ber  Regierung,  fo  bafs  fie  bei  ber  SJcutter 


1  <B  d)  o  o  o ,  ^Beiträge  pr  ©d)tt[=  unb  ®irdjett= 

gefd)ict)te  2)ürenS,  in  ber  ßeitfcfjr.  be§  9Iad)ener 
©efd)id)t§0erein§  XXVI  (1904)  288  ff.  Sie  3^1 
ber  ftenersat)(enben  Bürger  im  1^30  be= 

trug  963;  ebb.  XXIV  (1902)  297. 


2  *  Drig.=SReg.  Ad  Rhen.  inf. 

3  $a§  3°l3enbe  uacl)  *  Hist.  S.  J.  Marco¬ 
dur.  1628 — 1635  (Germ.  Fund.  I  185) ;  *  Litt, 
ann.  1628. 


©eue  ©ieberlaffungen :  $üren. 


113 


be§  P.  2ef)m  Unterfunft  jucken  mußten.  ®odj  liefert  fid^  bie  beiben  patres  l)ier- 
burcf)  nidjt  entmutigen.  Ungefäumt  begannen  fie  bie  fXätigfeit  unb  trop  ber  Stänfe 
itjrer  ^einbe  getnannen  fie  burd)  ifyreit  Grifer  unb  itjren  Söanbet  in  furger  güift  fo 
bie  bergen  aller  ©innropner,  bafj  Beim  ©eriicpt  oon  if)rer  balbigen  SIbreife  eine 
„Supplicatio  famtlicfjer  Slmbadjten  ÜDieifter  im  Manien  gemeiner  Vürgerfdjaft  pro 
retinenda  et  dotanda  Societate"  an  Vürgermeifter  unb  Stat  eingereicpt  tnurbe. 
„Stuit  miffen  mir  unb  alle  fatfjolifdfjen  Vürger  insgemein",  fo  fpefs  e§  bariit  u.  a. 1, 
„bafj  gemelte  patres,  bie  geringe  ßeit  bei  un§  gemefen,  nidjt  allein  ber  Sßfarrfirdjen 
friif)  unb  fpät  mit  Sehren  unb  guten  (Rempeln  gu  meprern  Stuferbauung  ber  ßattjotifdjen 
getreutid)  oorgeftanben,  fonbern  aucf)  an  ber  ^ugenb  unb  ^irdjentetjren 

nichts  paben  erfitjen  taffen.  3n  üDtapen  mir  feinen  haben,  bafj  fie  fomoljt 

in  ^ranffjeit  at§  ©efunbt)eit,  unb  fo  oft  e§  bie  S?ot  erfordert,  atten  Bürgern,  arm 
unb  reich,  beiftetjen."  Sä  fei  gurn  ©djaben  ber  gurüdgeteprten  Gottesfurcht,  menn 
fie  bemnächft  au§  ÜDtanget  an  Unterhalt  mieber  abgentfen  mürben.  ®er  Stat  ant= 
mortete  augmeicfienb.  Stber  ber  fßfatggraf  2Botfgang  SBittjetm,  ber  im  ©ommer 
gufättig  nach  ®iiren  gefommen  mar,  mie§  nun  fetbft  burcfj  Urfunbe  Oom  6.  Scoüetnber 
1628  ben  Qefuiten  ein  §au§,  bae>  ipm  gehörte,  bis  auf  meitereS  an  unb  auch  beo 
nötigen  Unterhalt2. 

©o  mar  ber  Stnfang  einer  bauernben  Siiebertaffung  gemacht.  SDodj  beS  £>ergog§ 
^tan  ging  meiter.  @r  hätte  gern,  mie  in  feiner  Stefibeng  SDüffetborf,  fo  aucfj  in 
®üren  ein  ßotteg  ber  Qefuiten  gefehen.  SSitelteSchi  riet  inbeS  am  16.  ®egember  1628 
bem  fßroüingiat  Vaoing  entfliehen  baoon  ab,  unb  am  20.  Januar  1629  fcfjrieb  er 
if)m:  „f£>er  ©ifer  be§  |jergog§  üon  Sieuburg,  bie  3aljt  ber  llnfrigen  in  SDüren  gu 
üermepren,  unb  ba§  Stnerbieten,  eine  größere  fRente  gu  galjten,  oerbient  gmar  hohe 
Stnerfennung.  £)a  jebocf)  in  ben  ©egenben,  oon  metcfjen  ©m.  §odjmürben  in  bem 
Vericf)te  über  bie  Steife  gurn  ©rafen  XiCtt)  fchreiben,  bie  Stot  oiet  größer  ift,  fo  bitte 
idj,  bei  bem  SJtanget  an  Seuten  in  ber  fßroüing,  nicht  fo  eilig  bie  ©efettfdjaft  an 
bie  Heineren  ©täbte  gu  feffetn,  meldje  meniger  bebrängt  finb  unb  leicht  Oon  be= 
nachbarten  Kollegien  §i(fe  erhalten  föniten,  mätjrenb  fo  oiete  anbere  unb  meit 
größere  ©täbte  in  fotcf)er  Stot  fidj  befinben  unb  bagu  üon  unferer  ©efettfdjaft  £>itfe 
ermarten." 3 

f£)er  $ßfatggraf  aber  gab  feinen  ^tan  nicht  auf.  gunädpt  übertrug  er  ben 
^efuiten,  atS  ber  neue  Pfarrer  fdjon  innerhalb  QahreSfrift  ftarb,  gegen  ben  Söitten 
beS  0rbenlgenerat§4  am  12.  SJfärg  1629  bie  Vermattung  ber  SDürener  Pfarrei, 
©r  tue  bieS  in  Slnbetradft  ber  „gducpt  unb  ©rbautidjfeit,  beren  bie  PP.  societatis 
Iesu  allenthalben  .  .  .  fomotjt  in  ©rgietp  unb  Untermeifung  ber  .Qugenb,  at§  aud) 
Verbreitung  be§  fattjotifcfjen  ©tauben^,  mie  nit  meniger  in  Stebugierung  ber  oerirrten 
©djäftein  mit  Sehren  unb  ^rebigen  gerühmt  merben"5.  ®ie  immer  erfotgreidjeren 


1  *£opie  ©üffelborf,  ©taat3ard)iü ,  gef.  in 
$üren,  ©r28bc.  3)rucf  bei  ©djoop  a.  a.  0- 
299. 

2  Original  in  ©üffelborf,  ©taat^arcpiü,  gef. 
SU  jDiiren.  ®rucE  bei  ©cpoop  a.  a.  0.324  ff. 

panbelte  fiep  um  bie  fürftlidje  93e^aufung 
nädjft  bei  ber  SJientmeifterei  in  ber  $fatjgrafen= 
gaffe.  Qu  einem  ©djreiben  Oom  27.  Snli  1628 
patte  ber  Süffelborfer  9teftor  Soll-  ElbertS  bie 
an  bie  Übergabe  gefniipfte  33ebingung  ber  eoen> 
tuetlen  Dtiidgabe  angenommen.  Original  in 
Siiffelborf,  Staat^ardiio,  SO-  in  2)iiren,  9tr  1. 

3  *  Orig.>9ieg.  Ad  Rhen.  inf. 

$ufjr,  ©e[^ic6te  ber  Qefuiten.  II. 


4  *  SliteHeSdji  an  93abing,  21.  Quli  1629. 
Ad  Rhen.  inf. 

5  ütbbritd  bei  Scpoop  a.  a.  0.  326.  ®ie 
Seftätigung  be§  Kölner  ©eneralbifarä  Sop. 
©eien  Oom  23.  Slpril  1629  bei  *  Reiffenberg 
II  Mantissa.  $ie  Snforporation  ber  2lnna= 
fpfarrei  erfolgte  erft  30  Sapre  foäter.  Sn  einem 
©riefe  oom  11.  gebruar  1645  an  ben  25ürener 
©uperior  9tap  bebauerte  ber  ©eneralüitar  ©angro 
ben  Kampf  ber  9JieberIaffung  mit  ber  grofjeu 
9tot  unb  fügt  bei:  „SOBenn  au§  ber  Sntorpora« 
tion  ber  ©farm,  bie  mir  bi§per  Permaltet,  etrna? 
§ilfe  tommen  tann  unb  bie  gürften,  ber  ©um 

8 


114 


3meiteS  Kapitel.  ®ie  nicbcrrßeiuifcbc  Srooinj. 


Arbeiten  forberten  anmäf)Iicf)  eine  fteigenbe  fßermehntng  ber  Kräfte.  ©djon  Stnfang 
^unt  1629  hatte  ber  fßrooingtaf  23aöing  bem  ©eneraf  bie  ÜDtitteifung  gemacht:  „®ie 
fRefibeng  ift  in  ®üren  begonnen.  2)er  Sßfalggraf  tjat  bie  öffentliche  fReligionsübung 
für  bie  Sutfjeraner  unb  bie  ßafüiner  aufgehoben.  Sßenngleidj  bie  $rrfef)re  bamit 
noch  nicht  gefcf)ttmnben  ift,  fo  fyabtn  bie  beiben  patres  bocf)  in  biefem  $unft  fdjon 
mit  ©füd  §anb  an§  SBerf  gefegt."1  @füdfid)er  nod)  mar  ihre  Hauptarbeit,  bie 
Arbeit  bei  ben  ßathoftfen. 

$nt  ^apre  1631  mürbe  ein  britter  ^Bater  fanit  einem  gtoeiten  Saienbruber 
nadh  ®üren  gefanbt,  unb  am  ©nbe  be§  ^ahre§  berichten  bie  patres :  „^n  folcher 
üötenge  unb  mit  fofdfer  Stufmerffamfeit  roohnen  bie  Seute  hier  ber  s^rebigt  unb 
^atecfjefe  unb  bem  täglichen  ©otteäbienfte  bei,  baff  angefehene  DJfäntter  barüber 
offen  ihre  23ermunberung  auSbrürfen.  $u  SSeihnadjten  allein  gingen  800  gu  ben 
heiligen  ©aframenten  unb  meit  mehr  noch  3U  Oftern,  an  ÜDcuttergotteg’geften  aber 
oft  fo  tuefe,  bap  ein  fiirftlidjer  9tat,  ber  in  Spüren  aufgemachfen  ift,  fagte,  er 
habe  in  feinem  gangen  Seben  gu  ®üren  faum  je  fo  btefe  fommunigieren  fehen." 2 
23ier  3a^ve  fpäter,  im  Qaf)re  1635,  mar  bie  ßapt  ber  ^efuiten  in  ®üren  auf  gehn 
geftiegen :  7  ^Sriefter  unb  3  Saienbrüber.  günf  ber  ißatreg  arbeiteten  in  ber  ©tabt 
unb  gmei  außerhalb  in  ben  benachbarten  Rieden  unb  Dörfern  unb  auf  ben  gaf)freid)en 
Bürgen,  ^n  ber  ©tabt  mären  bie  )J3atre§  an  ben  f)öheren  ^efttagen  faum  ber 
Arbeit  im  23eid)tftuhf  gemachfeit,  mo  oor  einigen  fahren  ein  83eidjtüater  reiflich 
für  affe  au3gereid)t,  unb  außerhalb  ber  ©tabt  „führten  bie  beiben  $atre§  burch  ihre 
^Srebigten  unb  fftatedfefen  fo  oiefe  gum  ©mpfang  ber  ©aframente,  baff  fie  oft  bis  fpüt 
in  bie  9?adjt  Seicht  hören  mußten"3. 

tiu§  unb  aud)  bie  Stobt  ihre  3nftimnutng  geben, 
mie  Em.  Siodjmürben  oerficßern,  fo  mag  eS  ge* 
fcßeßen.  3uerft  muß  aber  bie  Sacße  mit  P.  $ro* 
üinsiat  reiftid)  überlegt  merben,  unb  wenn  man 
ben  Serfud)  mögen  miü,  mögen  bie  giirften, 
melcße  bie  Sache  angebt,  ben  sJ?apft  baritm  an* 
geben,  beim  mir  merben  Iper  bei  einer  foldjeu 
Sitte  gan*  ficßer  abfdjlägigen  Sefcßeib  erbatten." 

*  0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf.  3m  ber  ®at  manbte 
fid)  ber  Sfaljgraf  Stolfgang  Stilßelm  aut  3.  Sprit 
1645  mit  ber  Sitte  an  ben  Kölner  9Zuntiu§ 

Eßigi,  beim  ^eiligen  Stubt  bie  Snforporation 
p  befürmorten.  Sd)on  1629  ßabe  er  bie  Ser* 
maltung  ber  Snna*Sfarrei  ben  Sehnten  über* 
tragen  fomobt  megen  ißrer  frucbtreicben  'Arbeiten 
in  ber  Seelforge  al§  aud)  auf  ba§  Srängen  be§ 

Kölner  ©eneraloifarö  S°ß-  ©eleniuö.  ®urd) 
bie  Stiil) e  unb  ben  Eifer  ber  Satreö  bat  fid) 
baö  fatl)oIifd)e  Seben  ber  Stabt  feitfjer  beben* 
tenb  gehoben,  mand)e  tpäretifer  in  unb  außer* 
halb  ber  Stabt  haben  fid)  belehrt,  bie  Sfarrer 
im  $erpgtum  Sülid)  menben  fid)  bei  Schmie* 
rigfeiten  an  biefe  Satre3  unb  finbett  bei  ihnen 
§alt  unb  Untcrftiißung.  deshalb  halte  er  e§ 
für  nötig,  um  Stabt  unb  9Zad)barfcßaft  im  fa* 
tßolifdien  ©tauben  p  bemabren,  bie  Sfarrei 
ber  9ticberlaffung  ber  Sahnten  p  inforpo* 
rieten.  *  Original  in  Ütorn,  Bibi.  Chigi  B  I, 

5,  312  f.  ®iefelbc  Sitte  richtete  ber  Sfalpraf 
mit  großem  Sob  über  ba§  fegenöreicße  SMrfen 
ber  Sefuiten  unter  bem  31.  Sanuar  1646  birett 
an  ben  Sapft.  Äopie  ®iiffelborf,  Staatöarcßio 


a.  a.  0.  3t t  28 bc.  ®ie  päpftlidje  Safarfora* * 
tionöbutle  erfolgte  erft  am  15.  gebruar  1659. 
*Reiffenberg  II  Mantissa.  Eine  meitere 
Urfunbe  oom  20.  Sluguft  1659  bei  S  o  n  n  *  3t  o  m* 
p  e  I ,  Sammlung  öou  3JtateriaIien  pr  ©efcßicßte 
®ürenö  (1835)  365  f.  ®ie  Seßauptung  ber  biel* 
fad)  mißachteten  Sfarrrcd)te  öermicfelte  bie  Se= 
fititen  in  Streitigfeiten  mit  bem  9tat  ufm.  megen 
©lodcnläuten§,  Senußung  ber  Sfircße,  Si'ääcbenj 
ufm.  Sgl.  ba§  SJtemorial  ber  ®üreuer  Satreö 
an  ben  Sfalägrafen  oom  Saßoe  1634  unb  bie 
ülntmort  Oom  16.  SJtärä  1634.  ®üffelborf, 
Staat§ard)io  $üreu,  Jes.  9tr  28 b  u ;  ferner 
Scßo  op  a.  a.  0.  XXVI  (1904)  310.  Über  bie 
früheren  2lnmaßungen  bei  3)tagiftrat§  ebb.  292  ff. 

1  *  Narratio  compendiosa.  Sat  Saßoe  1645 
erhielten  bie  Eatoiner  miebcr  freie  Steligionö* 
Übung  in  ®üren  troß  ber  ©egeubemüßungen 
ber  Sehnten.  8  *Litt.  ann.  1631. 

3  *  Litt.  ann.  1635.  $ie  Litt.  ann.  üon  1635 
bi§  1638  finb  abgebrucft  bei  S-  SBernerS, 
fgortfeßung  ber  SJtatcrialienfammlung  jur  ®e= 
fcßid)te  ®üreu§  (1886)  728—762.  Über  ben 
Stert  ber  ®ürener  Litterae  ann.  urteilt  S  d)  o  o  p : 
„®iefe  SaßreSberid)tc  ermeifeit  fid),  fomeit  icß 
fie  nrfuublid)  fontrollieren  fonnte,  als  poer* 
Iäffig.  .  .  .  SefonbereS  Sertraueit  geminnen  mir 
p  biefer  Cuclle  baburd),  baß  and)  bie  fcßlim* 
men  3tad)reben  ocrjeicßuet  finb,  benen  bie  Se‘ 
fuiten  oou  ißrem  erften  21uf treten  an  in  ®üreit 
auSgefcßt  maren"  (3eitfd)r.  beS  21acßener  ©e* 
fd)id)tSoercin»  XXVI  308). 


Diene  9?ieberlaffungert :  Siiren. 


115 


©nblicfj  füllte  ber  ipauptmunfdj  beS  ^jergogS,  bie  ©rridjtung  eines  ©pmnafiumS 
in  ©üren,  in  (Erfüllung  gehen.  ©ie  ®erf)anblungcn  barüber  im  ©tabtrate,  bcm  ber 
$iirft  bie  Angelegenheit  anbefof)len  fjatte,  mareit  jmar  gefdjeitert,  hauptfäd)lid) 
infolge  ber  ©elbfrage L  $m  Qaf)re  1636  aber  fant  üon  einer  ©eite  .fpilfe,  öon  ber 
man  eS  nid)t  ermartet  hotte,  ©ie  ©Itern  beS  P.  ©berf)arb  9Rcl)rat  üon  fReifferfdfeib 
hatten  fiel)  bem  ©intritt  ihres  ©of)neS  miberfe^t  unb  maren  beShatb  ber  ©efeKfd)aft 
anfangs  fehr  abgeneigt,  ©alb  aber  üermanbelte  fief)  biefe  Abneigung  in  groffe 
neigung,  fo  bafj  fie  burch  ©eftament  oom  31.  Oftober  1634  ihr  ganjeS  Vermögen 
jur  ©riinbung  eines  ^efuitenfodegS  in  ©üren  oermacfjten1  2.  ©amit  mar  baS  .fpinberniS 
gefallen.  ©djon  am  18.  Oftober  1636  fdjrieb  ber  ©eneral  SitedeSdji  an  ben  noch 
jögernben  fßroüinjial :  „©a  bie  ©tiftung  für  baS  ßolleg  in  ©üren  üon  uns  am 
genommen  ift  unb  bie  ©iiter  fchon  in  23efip  genommen,  fo  miifste  man  nunmehr 
bcm  äöunfdje  beS  dürften  unb  ber  Bürger  miflfahren  unb  bie  ©djufen  bafbmöglichft 
eröffnen."3  Qebod)  foCtte  baS  nicht  fo  fdjneft  bemerffteßigt  merben. 

gurdjtbar  miitete  bamafS  in  ber  ©tabt  bie  fßeft.  ©ie  hatte  fieben  üon  ben  neun 
Qjefuiten,  mefdje  fid)  ber  ißeftfranfen  eifrig  annahmen,  ffinmeggerafft:  üier  patres  unb 
brei  Saienbriiber,  barunter  ben  ©upertor  Stöilh-  ipampteau  am  14.  Oftober  unb  einen 
SRonat  fpäter,  am  18.  SRoüember,  auch  feinen  ©teflüertreter  P.  @berf).  SReprat  üon 
üieifferfcheib;  bie  beiben  übrigen  fßatreS,  fo  fd)lief)t  ber  Bericht,  mürben  §mar  aud)  leidjt 
üon  ber  fö’ranffjeit  ergriffen,  aber  burd)  ©otteS  |)ilfe  gerettet,  bamit  menigftenS  nod) 
einige  am  Sebcn  blieben,  um  ihre  üerftorbenen  ÜJRitbriiber  §u  begraben,  ben  ij3eftfranfen 
unb  ber  bebrängten  Pfarrei  beijuftehen.  Unb  bei  all  biefer  9>2ot  mürbe  baS  am 
gefangene  ASerf  ber  ©djule  nicht  auS  ben  Augen  gelaffen4.  9?eue  Kräfte  mürben 
gefanbt  unb  am  22.  ©ejember  1636  bie  ©d)ule  mit  brei  klaffen  eröffnet  unb 
jmar  in  ben  fRäumen  ber  alten  Sateinfdjule,  bie  furz  üorher  auf  betreiben  beS 
iperzogS  üon  ber  ©tabt  ben  ^efuiten  übergeben  mar5.  Auf  ©rängen  beS  ÜRagiftratS 
fam  im  folgenben  ^ahre  bie  üierte  klaffe6  f)inzu  unb  fdfliepd)  im  (Jahre  1640  unter 
bem  freubigen  Beifall  ber  gefamten  23iirgerfd)aft  auch  bie  fünfte  unb  lepte  klaffe. 
,,©ieS  lepte  zog",  fo  beruhten  bie  patres  ©nbe  16407,  „nicht  nur  eine  noch  zaf)lreid)ere 
©d)üler^ahl,  aud)  üon  ben  ÜRachbargpmnafien,  h^'bei,  fonbern  gemann  uns  in  noch 
höherem  ©rabe  baS  2Sof)lmotlen  üon  SRagiftrat  unb  SBiirgerfcf)aft  unb  nod)  ftörferen 
^ubrang  ju  unferer  Kirche." 

^njmifihen  hotte  fich  aud)  baS  $elb  ber  ©eelforge  immer  mehr  entfaltet,  namentlich 
bie  ftatechefe.  9Ran  fjxelt  fie  nicht  nur  in  ber  ©tabt  unb  grnar  getrennt  für  Knaben 
unb  9Räbcf)en  unb  üor  einer  bid)t  gebrängten  3ut)örerfd)ar,  fonbern  jeüt  aud)  üiel 
außerhalb  bis  nach  Werfen  unb  ißier,  ßangermehe,  ÜRibeggen  unb  SRerzenid)8.  ©in 
neuerer  ©ürener  gorfdjer  fdjreibt  üon  biefer  SCBirf famfeit :  „©ie  (bie  (Jefuiten)  finb 
unermüblid)  im  ißrebigen,  ßatedjifieren ;  zahlreiche  ^rojeffionen  merben  abgeholten, 
unter  biefen  mit  ganz  befonberer  Fracht  bie  Annaprojeffion.  ©ie  SRarianifdfe,  bie 
Urfula»,  bie  Annafongregation,  ber  9Rütterüerein  ju  ben  fieben  ©chmerjen  SRarienS 


1  <5  d)  o  o  p  a.  a.  0.  302  ff. 

8  3?gt.  bie  Litt.  ann.  1636  bei  28  er  ne  r  3 
a.  a.  0.  739  ff;  91  i  cf)  t  er,  ®efcf).  ber  $abcr= 
borner  Reimten  98  f ;  ©  d)  o  o  p  a.  a.  0.  314. 

3  *0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

*  *  Litt.  ann.  1636.  28  er  n  er  3  a.  a.  0.  743. 

5  ßbb.  Sie  ftäbtifrfje  Sateinfcfjule  patte  1618 

üier  Seljrer;  mir  ipre  Oberflaffen  mürben  ben 
lyefuiten  eiugeräumt,  bie  fog.  Sriüialfcpute  mit 

jroei  Sefjrern  blieb  eine  ftäbtifebe  Stnftalt. 

©  cf)  o  o  p  a.  a.  0.  284  312  f. 


6  *  Litt.  ann.  1637.  2Berner§  a.  a.  0.  753. 
Ser  Äontraft  ättnfcpen  DJiagiftrat  unb  Sefuiten 
betreffs  ber  ©djulen  Dom  15.  0ft.  1640  in 
Siiffelborf  a.  a.  0.  Dir  2. 

7  *  Litt.  ann.  1640.  2?gt.  bie  Briefe  ber 
©eiteralc  nach  Silren  1640.  0rig.  =  9teg.  Ad 
Rhen.  inf. 

8  *  Litt.  ann.  1637  u.  1638.  Sgl.  ju  allem 
bie  *  Hist,  resid.  Marcodur.  1636 — 1642  unb 
1642-1648. 


8* 


116 


3roeite§  Kapitel.  Sie  nieberffjeinifdje  ^rotiinj. 


finb  teils  neu  errietet,  teils  erneuert.  ©ie  eifern  in  ißrebigten  unb  Bei  onbertt 
©etegengeiten  gegen  ben  ÜDtifjbraucg,  baf;  an  ©onn»  unb  fyeiertagen  faft  in  berfetben 
iißeife  Söaren  in  bie  ©tabt  eingefügrt  derben  mie  an  Sßerftagen,  fie  fegen  eS  bei 
Slmtmann  unb  Bürgerin eifter  burdj,  baff  abenbS  nadj  9  Ugr  näd)ttic£;e§  Umgerfcgmeifen 
Verboten  mirb."1 

Sie  $agt  ber  Qefuiten  gatte  ficg  faft  Oerboppett.  @S  lebten  bort  im  $agre  1641 
10  patres,  4  9J2agiftri  unb  5  Saienbrüber.  $n  igrer  äußeren  Sage  mar  aber  ein 
auffaHenber  Sücfgang  eingetreten,  ©cgon  (Snbe  1637  geigt  eS  in  einem  ©cgreiben 
beS  OrbenSgeneratS  üom  19.  Segember  an  ben  ©uperior  SDlengenS:  „2lu§  bem,  maS 
(Sro.  ^ocgmiirben  im  oorigen  ÜDionat  über  bie  brücfenben  ©cgutben,  bie  Slnfecgtung 
ber  ©tiftung  unb  bie  anbern  ©cgmierigfeiten  betreffs  ber  ©cgule  unb  ber  Pfarrei 
mir  mitteilten,  erfege  icg,  melcge  fcgmere  Arbeiten  ficg  gleicg  beim  Eintritt  ^greS 
SlmteS  Qgnen  aufbrängen." 2  (Sine  Quelle  bieten  SSerbruffeS  unb  mancger  ÜÖtiggeEig* 
leiten  mar  nämlicg  bie  menig  freunbticge  Gattung  beS  ©tabtrateS.  „(SS  fcgmebte", 
fo  bericgten  barüber  bie  ^efuiten 3,  „gmifcgen  bem  §ergog  unb  bem  ©tabtrat  ein  alter 
greift  barüber,  mer  bon  ignen  beim  Sobe  eines  ©cgöffen  (scabinus)  ober  9tatSgerrn 
ben  (Srfagmann  gu  ernennen  gäbe.  Sa  feiner  nacggab,  fo  gatte  bislang  jeber  einen 
ernannt,  ©erabe  mürbe  fegt  auf  bem  ÜteicgStag  gu  ÜfegenSburg  ((Snbe  1640)  bor 
bem  ®aifer  barüber  geftritten,  als  eS  einem  unferer  patres  gelang,  ben  £>ergog  gu 
bemegen,  freimütig  bem  SJiagiftrat  biefeS  Dted^t  abgutreten.  SaS  erregte  natürlicg 
in  ber  ©tabt  groge  greube  unb  gemaitn  unS  —  maS  ber  £>ergog  burcg  fein  9?acg= 
geben  gerabe  im  Stuge  gegabt  gatte  —  bie  Siebe  ber  gangen  ©tabt,  bie  mir  aucg 
baS  gange  $agr  ginburcg  erfagren  gaben."  Unb  am  16.  gebruar  1641  fcgrieb  ber 
QrbenSgenerat  bem  neuen  .©uperior  Etat):  „@egr  erfreut  gaben  micg  bie  glücflidfjen 
Slnfänge  Qgrer  5lmtSfügrung,  bie  StuSfögnung  beS  tpergogS  (mit  ber  ©tabt)  unb  aucg 
bie  Serfögitung  beS  ©tabtrateS  (mit  mtS)."4 

©egr  brücfenb  blieb  aber  ber  Etüdgang  in  ben  SermögenSüergättniffen  unb  bie 
barauS  folgenbe  Strmut  unb  Etot5.  Eöägrenb  bie  (Sinfünfte  uodg  ÜÜtitte  1636  für 
ben  Untergalt  oon  13  bis  14  fßerfonen  gereicgt  gatten,  maren  biefetben  brei  Qagre 
fpäter  fcgon  fo  gufammengefcgmotgen,  unb  bie  ©cgulben  fo  geftiegen,  bag  nacg  Slbgug 
ber  ©cgutbenginfen  unb  fonfiiger  Abgaben  mit  bem  Etefte  faum  nocg  gmei  fßerfonen 
untergatten  merben  fonnten6.  Sou  ber  EBogttätigfeit  ber  Bürger  mar  nicgtS  gu 
ermarten,  ba  bie  UriegSbrangfate,  mefcge  ficg  nacg  ber  Eciebertage  beS  faifertidjen 
§eereS  Sfnfang  1642  bei  Kempen  über  Siiren  enttuben,  bis  gum  ©nbe  beS 
Sreigigjägrigen  Krieges  meitertobten 7.  Etocg  im  ©eptember  1648,  atfo  furg  bor 
bem  ^rieben,  gatte  bie  ©tabt  eine  fcgrecfticge  Setagerung  auSgugatten,  melcge  brei 
SBocgen  bauerte.  Siete  Raufer  gingen  in  stammen  auf.  Sie  Qefuiten  maren  Sag 
unb  E2ad)t  an  ber  Strbeit,  bie  (Sntmutigten  aufguricgten.  SefonberS  bei  ben  näcgt* 
tidjen  Sränben  legten  fie  unermübticg  §anb  an,  unb  eS  gelang  ignen,  mancgeS  £muS 
gu  retten.  SefonberS  geicgnete  ficg  gierbei  ber  EJtinifter  ^og.  ßocciuS  aus,  ber  fidg 
mitten  in  bie  04Qmmeit  magte,  um  gu  löfegen.  Ser  Sürgermeifter  Söitg.  ®emp, 
fonft  fein  befonberer  fyreunb  ber  3efu^en/  brüdte  bem  ©uperior  feinen  befonbern 
Sanf  für  biefe  Siebe  aus,  mobureg  fein  eigenes  tpauS  unb  anbere  Raufer  gerettet 
morben8.  ^n  ber  ©tabt,  bie  gteid)  nacg  ber  Eciebertage  oon  bem  frangöfifdpgeffifdjen 


1  ©djoop,  58eiträge  311.  6  *  Catal.  trienn.  Rhen.  inf.  1636  u.  1639. 

2  *  örig.=9ieg.  Ad  Rhen.  inf.  7  58gl.  *  Hist,  resid.  1636  ff.  :isLitt.  ann. 

2  *Litt.  ann.  1641.  1639  ff.  58 rillt,  Sproiti!  ber  ©tabt  Suren 

4  *  £)rig.=9ieg.  Ad  Rhen.  inf.  (1895)  135  ff.  ©djoop,  ^Beiträge  in  Seitf(f)r. 

6  58gt.  bie  *  58riefe  ber  DrbenSgenerate  nad)  be§  Sladjener  ©efd)id)t§»crehm  XXIV  295  ff. 

Süren.  8  *  Litt.  ann.  1648. 


Stcuc  Sticberlaffungen :  Türen  (Jülich). 


117 


£>cere  nebft  Kempen  unb  ifteuft  erobert  mar,  f)atte  fid)  bie  üüot  fo  gefteigert,  baft 
@nbe  1648,  gerabe  im  Stugenbltd  beg  Qriebengfdjtuffeg,  ein  Schreiben  beg  ®itrener 
Sttagiftrateg  jagte :  „2öir  alle  fein  burdj  ©inquartierung  unb  feit  1640  big  batjer 
bitref;  bie  neunmalige  ^aifertidje,  atg  fran^öfifdpmeimar-beffifche,  feinbtidje  Stttaquen 
atg  occupationes,  recuperationes  unb  Überfall  alfo  jugerid)tet,  haft  tuofern  ber 
fjriebe  nidjt  erfolgt  märe,  mir  biefeg  Ortg  nicht  länger  hätten  ftefjen  fönnen,  fonbern 
nuferem  geliebten  9}atertanbe  ben  Dtüden  hätten  menben  unb  gteid;  anberen  Senadp 
barten  ing  ©tenb  oertaufen  müffen."1  2Die  Kot  bei  ben  Qefuiten  mar  nach  jmei 
Qat)ren  nod)  fo  groft,  baft  ber  ©enerat  am  23.  Quti  1650  bem  ißrobinjiat  ^3anf;auf3 
fcfjrieb :  ,,©g  gef)t  ung  bie  Nachricht  51t,  baft  bem  ©ürener  Kolleg  ber  Untergang 
brotje,  ba  eg  mit  feinen  ©infünften  faum  nod;  fünf  big  fed)g  Seute  ernähren  fönne."2 
Sroftbem  unterhielt  eg  bamatg  18  ißerfonen:  10  ißatreg,  2  SJtagiftri  unb  6  Saienbrüber. 

©ine  ©f)re  für  bie  ®ürener  ^efuiten  ift  ifjre  ©ebutb  unb  il)r  itnoerbroffeneg 
SBirfen  in  ad  ben  tätigen,  teibengootten  fahren,  in  beneit  man  mit  ber  Strmut  fo 
ju  ringen  ^atte.  ÜJJidjt  einmal  bie  Sdjuten  hatte  man  oerminbert  ober  längere  Qeit 
gefdjtoffen,  fonbern  ftänbig  unb  in  oottem  Umfange  mie  eftebent  gehalten,  auggenotnmen 
nur  bie  Qätte,  mo  bie  ©efecf)te  um  bie  Stabt  ein  für,3eteg  Stugfeften  notmenbig  gemadft 
hatten.  SBiebertjott  auch  hat  ©arrafa  bieferhatb  ben  i^atreg  feine  Stuerfennung  aug* 
gebrüdt.  „Qcf)  freue  mich  fehr",  fo  fdjrieb  er  am  17.  9J?är§  1646  bem  Superior 
P.  „über  bie  ©rgebentjeit,  mit  raetdjer  bie  Unfrigeit  ihre  Strmut  ertragen;  bag 
ift  ja  auch  ber  SBeg,  ben  bie  {yu^ftapfen  ber  ^eiligen  geheiligt  haben."  Unb  jmei 
Qafjre  fpäter  ermiberte  er  am  21.  SJiärj  1648  auf  ben  Bericht  beg  Superiorg;  „®aft 
bort  alle  fo  eifrig  unb  gut  am  eigenen  unb  beg  Scädjften  Seetenfjeite  arbeiten,  gereicht 
mir  51t  großem  ÜTrofte.  .  .  .  ©ebe  ©ott,  baft  mir  bei  ber  zeitlichen  Strmut  reidh  unb 
überreich  merben  an  STugenben,  namentlich  an  ber  foftbaren  ©ebittb."3 

®on  ®üren  aug  erfolgte  bie  S3egrünbung  ber  Siiebertaffung  in  Qü Iidj4.  9?ad; 
ber  9iiebertage  beg  faifertidjen  §eereg  bei  Kempen  im  Qaftre  1642  flüchtete  atteg 
oor  bem  franjöfifdpheffifdjen  qpeere  in  bag  ftarf  befeftigte  Qütidj.  ©egen  30000  QtüdjP 
tinge  lagerten  in  §ütten  unb  fetten  in  unb  um  Qüticft.  Stttertei  ^ranffteiten,  namenttich 
bie  Spgenterie,  rafften  niete  bahin.  Qn  biefer  33ebrängnig  tarnen  jmei  Qefuiten  aug 
£>üren,  P.  2S3ith  23oftg  unb  P.  Qoft.  SJteinam,  51t  |>itfe.  Sie  maren  oon  bem  Superior 
9tat)  gefcfjrcft,  um  bei  ben  oieten  ®ürener  Qtüdjttingen  bie  Seetforge  31t  oerfeheit. 
2>ie  beiben  iJSatreg  arbeiteten  „aug  alten  Kräften  bei  Sag  unb  9?adjt,  bei  reid;  unb 
arm,  bamit  niemanb  ohne  bie  Saframente  aug  bem  Seben  fcheibe". 

Sie  aufopfernbe  unb  rafttofe  Sätigfeit  medte  überalt  grofte  Siebe  unb  Quneigung. 
Stn  nichtg  tieft  man  eg  iftneu  mangeln;  ja  man  bat  fie  fefttiefttieft,  gan^  bort  31t 
bteiben,  unb  gab  ihnen  1643  eine  eigene  SBofjnung5.  Qftre  Sätigfeit  behüte  fieft  oon 
Qaftr  3U  Qaftr  meiter  aug.  Qm  Qaftre  1644  tarn  ein  britter  ißater,  unb  Slnfang  1648 
bat  ber  Superior  P.  ©ronenbitrg  (©ronenberg)  ben  Orbenggenerat  um  meitere  Kräfte 6. 
Qm  Qahre  1650  berichten  fie  über  ihre  SSirffamfeit  fotgenbeg:  „2öir  leben  ftier  für 


1  Tat.  31.  Oft.  1648.  93rüll  a.  a.  0.  146. 

2  Orig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

3  ©6b.  —  Tie  Obern  waren :  9?if.  2el)m, 

1628;  SBilf).  §ampteau,  1633;  3of).  ffemp, 
1636;  ©er£).  fötengeng,  1639;  Tfjeob.  9tap,  1642; 
fjricbr.  . piltrop,  1646;  28in.  SScibenfelb,  1650. 
gür  weitere  gorfchungen:  *  Annal.  coli.  Marco- 
durani  unb  *  Copiae  aller  gunbationäbriefe  im 

Slrd)iD  ber  2lnnatird)e  3U  Türen,  Sitten  im 

Stabtardpo  ju  Türen  unb  nod)  reichhaltigere 


Sitten  unb  llrfunbett  im  Staatgardpo  ju  TüffeO 
borf. 

4  Tag  ^olgenbe  nad)  *  Hist,  resid.  Iulia- 
censis  (Germ.  Fund.  1 182  ff)  unb  *  Hist,  resid. 
Marcoduranae  1642  ff  (Hist.  Rhen.  inf.  III  12); 
ügl.  3  o  f.  ff  u  ft  l ,  ®efch-  ber  (Stabt  Sülid),  1891 
big  1893. 

6  Sgl.  ffuftl  a.  a.  0.  II  5. 

G  Sgl.  *  ©arrafa  an  ©ronenburg,  29.  gebr. 
1648.  Ad  Rhen.  inf.  108. 


118 


StoeiteS  Sapitel.  Sie  nteberr^einifc^e  fßrobini. 


gemöhnüd)  ju  liier:  brei  ^SatreS  unb  eilt  Saienbruber.  SSir  leiten  fed)§  Kongregationen, 
galten  in  ber  )J3farr*  unb  ©tift§fird)e  Unserer  Sieben  $rau  unb  auf  ber  33urg  reget* 
mäfiig  (S^riftenlefjre  unb  prebigen  ©onn*  unb  gefttagS  bem  SSoIfe,  greitagä  aber  ben 
©olbaten.  2)aju  fommt  ber  SBefucf)  ber  Kerfer  unb  ^ofpitäfer  unb  bie  nicf;t  geringe 
Strbeit  in  ben  23eid)tftüf)ten,  beren  luir  brei  in  ber  ^farrfird^e  beforgen."1 

®ie  reichen  Sttmofen,  mefche  ihnen  au§  faft  allen  Kreifen,  h° d)  unb  niebrig, 
fogar  au3  ben  Sfacfjbarorten  öon  ben  Pfarrern  juffoffen,  beroiefen  bie  banfbare  Sin* 
erteitnung2.  Stt§  §erjog  Sßolfgang  SBit^etm  im  ^atjre  1646  oerfprad),  ben  f^atre» 
bi§  auf  meitere§  234  9ieid)§tafer  jährlich  auSjujatjten,  fügte  er  anerfennenb  bei,  bafs 
bie  5ßatre§  fid)  fcfjott  feit  etlichen  ^a^ren  „in  geiftfidjen  fatfjotift^en  Übungen,  fonbertid) 
aber  bet)  Uitterlneifung  be§  gemeinen  9Rantt§  gu  augenfdjeinlidjer  23eförberung  beS 
fatt)otifd^en  ©laubenS,  auf  gortfeijung  djrifttic^er  Slnbadjt  mit  altem  gteifj  gebraudjen 
taffen  unb  ©ottlob  oiet  @ute§  anSgerid^tet" 3.  SDie  8af)t  ber  Konvertiten  betrug  im 
^atjre  1650  inSgefamt  jmötf4;  e§  maren  meift  gretnbe ;  beim  in  ^üticf)  felbft  tjatte 
bie  Qrrtefjre  feine  neiinem§roerten  ©roberungen  geiitadjt.  23ei  einer  göhlung  ber 
^roteftanten  im  3ahre  1624  gab  e§  nur  47  ©aföiniften  unb  10  Sutt)eraner,  toetd)e 
aber  jumeift  nidjt  in  Scüfid)  geboren,  fonberit  unter  ber  £>errfcf)aft  ber  ÜRieberlänber 
(1610 — 1622)  von  braunen  in  bie  (Stabt  gefommen  maren5. 

©ern  hätten  bie  23ürgcrfd)aft  unb  ber  ^er^og  e»  gefefjen,  mettit  bie  Qefuiten 
aud)  bie  ftarf  jttrüdgegattgene  ftäbtifdje  ^artifufarfchute  übernommen  fjätten 6.  ®odj 
fehlte  e§  einftmeiten  nod)  an  einem  tfinreidjenben  Unterhalte.  ®ie  ^ütidjer  mußten 
üorberhanb  jufrieben  fein,  baf)  bie  ^atre§  im  Q|at)re  1646  bie  Oberauffidjt  über  bie 
©djute  übernahmen  unb  biefetbe,  mie  man  e§  raünfdjte,  ganj  nadj  Strt  ber  üfefuiten* 
fchuten  einrichteten 7 8.  — 

3u  ben  brei  ÜRieberlaffungen,  bie  im  ^ahre  1649  ben  9iang  eines  Kotteg§  er* 
hietten,  ohne  bah  fie  hinreitf)en&e  ©infünfte  hatten,  gehört  auch  Wi'mftereifet s.  Stuf 
bie  bringenbett  Sitten  beS  ^fal^grafen  Söotfgang  SSilheltn,  beS  9Jlagiftrat§  unb 
einiger  Stiftsherren  in  SRünftereifel  famen  Stnfang  9Rai  1625  jmei  ^efititen, 
P.  Heinrich  fRincop  unb  ein  Saienbruber,  bott  Köln  nach  9RünftereifeI.  Sie  fattben 
Unterfommen  bei  bem  Stiftsherrn  Hermann  ©ebour,  einem  ehemaligen  Zöglinge  fog 
Kollegium  ©ertnanifum.  ,,‘Rad)  einigen  Söodjen  fchon  empfingen  an  ben  gemötjn* 
fidjen  (Sonntagen  mehr  Seute  bie  heiligen  ©afratnente,  mie  tmrbem  nicht  einmat  am 
SöeihnachtS*  unb  ^fingftfefte.  @0  grofj  ift  ber  gubrang  311  ber  ^rebigt,  bafj  bie 
Kirche  nicht  atte  3uhörer  faffen  fann.  $Did)t  gebrängt  fleht  man  nodj  braunen  an 
ben  2üiren.  2)ie  Seute,  mefdje  jefjt  braunen  ftehen  bleiben  ntüffett,  übertreffen  nodj 
an  gabt  jene,  metdhe  man  ehemals  in  ber  Kirdje  fetbft  fafj."9  2)ie  9iat§herren 
maren  barüber  nicht  menig  erfreut,  bie  g-einbe  ber  Qefaden  aber,  beren  e§  nicht 
menige  in  ber  ©tobt  gab,  über  bie  9Rafjen  aufgebradjt.  ®er  freuttblidje  ©aftmirt 
ber  Qefuiten  geriet  fogar  in  SebenSgefahr,  unb  bie  ^efuiten  felbft  moüten  bie  ©tabt 


1  *  Litt.  ann.  1650. 

2  tuf)l  n.  a.  0.  II  6  11  f. 

3  Sie  Urfuube  üont  28.  Sej.  1646  ebb.  II  8. 

4  *  Litt.  ann.  1650. 

6  tuf)I  a.  fl.  0.  I  87. 

6  (Sbb.  II  8. 

7  ebb.  II  10  f.  SBeitere  llrfunbeit  unb  Sitten 
im  StaatSardjiü  ju  Süffelborf.  —  Sie  Obern 
waren:  Siet.  Sdjleitmer,  1644;  Qot).  6roucn= 
bürg,  1646;  gob-  Sicftjoff,  1648. 

8  Sa§  gotgenbe  nacf)  *Hist.  coli.  Monast. 


Eiffliaci  (Germ.  Fund.  I  191)  unb  Reiffen- 
b  e  r  g  I  594  f . 

8  *  Litt.  ann.  1626.  war  bie  3of)amte3-- 
fircbc.  Sapfet),  @cfd).  ber  (Stabt  SJlünfter* 
eifei  I  (1S54)  216.  Sie  Stabt  fdteiut  ganj 
fatljolifd)  gewefen  su  fein.  e§  war  jwar  im 
ülnfattg  be^  17.  Sabrbuubert§,  wo  e§  etwa  fünf* 
jig  $r°Ieftantcn  in  ber  Stabt  gegeben  Ijabeu 
foll,  ein  Slerfud)  gemacht  worben,  eine  pro* 
teftantifdje  ©emeinbe  su  grünbett,  bod)  opne 
erfolg.  Sa pf et)  a.  a.  D.  I  367  ff. 


9kue  Sttieberlaffungen :  SMnftereifel. 


119 


fd^on  ruieber  öertaffen.  legte  fid)  tuiber  Smarten  ber  ©turnt,  nidjt  gunt  menigften 
aud^  burcf)  baS  Sinfdjreiten  beS  Sßfatjgrafen  unb  feines  SlmtmanneS  in  ÜUUinftereifet. 

tLropbem  gebadeten  bie  ©bern,  bie  9Jtiffion  aufguljebett.  Slm  15.  Januar  1626 
fünbigte  ber  ißrooingiat  53aoing  bem  P.  Ütincop  an,  er  fei  gegmuttgen,  ihm  ben 
P.  SSenget  ©c^abet  meggunehmen  unb  megen  ber  großen  Leutenot  nadj  ©iegen  gu 
fenben,  9fincop  felbft  merbe  oietleidjt  um  Oftent  nadj  Söefel  gefctjidt  merben '.  ©egen 
letztere  Slbfidjt  erf)ob  fiel)  aber  ftarfer  Sßiberftanb.  Stm  2.  9?oüentber  1626  banften 
Sürgermeifter,  ©tröffen  unb  9iat  oon  ÜJJlünftereifet  bent  ißrooingial  für  feine  S3ereit> 
mittigfeit.  „®em  tjeitfamen  Söerf,  non  bem  biefer  ©tabt  unb  beS  gangen  93atertanbeS 
Söohtfaljrt  bepenbire,  fjätten  fiel;  gmar  ettidje  roenige  audj  geifttidjen  ©tanbS  miber» 
märtige  unruhige  Häupter  mit  Unfug  gu  opponirett  getüften  taffen,  fie  (Bürger* 
meifter  unb  9tat)  hätten  aber  beren  Motus  fotüet  atS  mögtidj  jebergeit  gebämpft  unb 
tuiirben  aucf)  continuiren,  bie  ©ogietät  gu  üertreten.  ©eftüpt  auf  bie  bereits  üom 
^fatjgrafen  bemittigten  ÜDtittet,  bitten  fie  um  brei  ^ßrofefforen  unb  nodj  einen  Patrem, 
fo  fjiefigem  |jerrn  Patri  affiftiren  fönnte."1 2 

9?odj  bringenber  fdfjrieb  batb  barauf  (3.  Februar  1627)  ber  föanonifuS  ©eboitr 
an  ben  ^rooingiat:  Sr  Ejabe  bereits  im  testen  iöriefe  gebeten,  bie  ©efellfdjaft  möge 
boef)  nidjt  ben  gufj  aus  ber  Sifet  gurüdgieljen.  ®aS  Strbeitsfetb  fei  auSgebefjnt  unb 
bie  tjödjfte  9cot  fdjreie  nadj  Arbeitern.  Um  SOtünftereifet  herum  finb  im  UmfreiS 
non  einer  ÜDleite  über  70  Dörfer.  Qn  ben  benachbarten  93ergen  unb  SBätbern  herrfdjt 
eingerofteter  Stbergtaube;  ber  ©aframentenempfang  aufjer  Oftern  unb  im  £obe  ift 
»erfdjmunben,  bie  Unmiffenfjeit  fo  grofj,  baff  bie  meiften  alten  Leute  ben  ©tauben 
unb  baS  SBaterunfer  nidjt  auffagen  fönnen.  Unb  bodj  täfft  fid)  aus  bem  SSotf  etrnaS 
machen.  SS  ift  gang  gemijg  fein  geringeres  SSerbienft  oor  ©ott,  tper  go  arbeiten, 
atS  in  ben  meit  entfernten  §eibentänbern.  Sitte  patres,  bie  hier  audj  nur  fürs  fid) 
aufgehatten,  hoben  fidj  für  bie  9iotmenbigfeit  ber  ^tefigen  Strbeit  auSgefprodjen.  £>er 
ÜÖlagiftrat  tut,  maS  er  fann,  tro£  alter  Stgitation  audj  oott  geifttidjer  ©eite,  ©otlte 
ben  patres  etmaS  festen,  fo  fei  er  (©ebour)  bereit,  ihnen  ein  Qatjr  lang  ben  nötigen 
Lebensunterhalt  gu  bieten3. 

£ro|3  attebem  beharrten  ber  ^3rot>in§iat  unb  feine  ^onfuttoren  bei  ihrer  Meinung. 
„SSor  brei  Söodjen",  fo  fdjreibt  er  am  18.  gebruar  1627  an  P.  9lincop,  „haben  fidj 
alte  ßonfuttoren  einmütig  für  bie  Stuffjebung  ber  SJliffion  in  SDtiinftereifet  auSgefprodjen. 
üütiinftereifet  fotte  oon  einem  benachbarten  fö'otteg  auS  geholfen  merben." 4  ^ngmifdjen 
gingen  auch  eingefjenbe  S3ericf)te  nadj  91  om,  unb  ruie  in  inandjen  anbern  gatten 
mürbe  ber  93tid  auS  ber  Slogetperfpeftiüe  audj  ber  ©tation  in  ÜDlünftereifet  gur 
fRettung.  ,,©a  man  in  ÜDtiinftereifet",  fo  fdjrieb  ber  ©enerat  93itet(eSchi  am 
24.  Stprit  1627  an  ben  ißroüingial  53aoing,  „fo  tjeifj  nadj  uns  »erlangt  unb  auch 
nicht  gu  üerachtenbe  SDlittet  für  ben  Unterhalt  anbietet,  unb  ba  nach  Qhrer  2ln- 
ficht  ein  fetjr  frudjtreidjeS  SlrbeitSfetb  in  unb  aufjerljatö  ber  ©tabt  gu  ermarten  ift, 
fo  geftatte  ich,  bie  nötige  Stngaht  patres  unb  gratreS  hingufenben." 5  ®er  ^rooingiat 
madjte  am  20.  ÜDlai  1627  bem  P.  9lincop  SJlitteitung  oon  biefer  SSenbung.  tber 
SJlagiftrat  miiffe  aber  für  E)iitreichenbe  Dotation  forgen,  falls  er  bie  ©rünbung  eines 
ÄottegS  motte;  jebettfallS  merbe  er  (ber  ^rooingiat)  oorher  feinen  Lehrer  fdjiden. 
©djtiefstidj  üerfpridjt  er  aber  bodj,  ben  einen  ober  anbern  ÜJJtagifter  Oon  £’obten3  jn 
fdjiden  unb  einen  jroeiten  $ater  fdjott  im  Sertauf  oon  jmötf  2agen6. 

gaft  gleichseitig  (19.  9Jlai  1627)  hotten  fich  Sürgermeifter,  ©djöffett  unb  9lat 
an  ben  Sßrooirt§iat  gemanbt,  er  möge  hoch  enblidj  bie  ißräseptoren  fdjiden.  SS  hänge 

1  *  Original  in  2)üfieIborf,  <2taat3ard)iD,  3  *0ri3inat  ebb.  4  *  Driginat  ebb. 

ÜKünftereifel,  Jes.  3.  6  *  Drig.=3teg.  Ad  Rhen.  inf. 

s  *  Original  ebb.  0  *  Original  in  $üffelborf,  StaatSardjiö. 


120 


3roeitc§  Kapitel.  $ic  nieberrfjeinifdje  $roDinj. 


für  bag  2Bot)l  ber  Stabt  unb  aud)  für  if)re  (beg  äftagiftratg)  (Sfjre  guüiel  baüon  ab. 
23cm  bem  ©ntfdjeib  beg  ©eneralg  hatte  ber  Sliagiftrat  fdjon  ®unbe,  benn  er  fügt 
gum  ©cf)luffe  bei:  Sollte  ber  93rief  beg  ©eneralg  aufgefangen  ober  oerloren  gegangen 
fein,  fo  möge  ber  ^rooingial  proüiforifch  menigfteitg  gmei  ißrägeptoren  auf  bag  ehefte 
fdjicf'en 1  ®en  nädjften  23rief  beg  ißroüingialg  an  Stincop  oom  25.  ÜOiai  1627  über* 
brachte  ber  elfte  SDiagifter  £>einridj  9iofe,  ber  für  bie  unterfte  ©rammatif  beftimmt 
mar.  ®ie  9tefibenj  in  äßünftereifel  füllte  big  auf  meitereg  bem  Kolleg  in  ®üffe!borf 
unterfteljen1  2 

^jerbft  1627  übernahmen  ein  ißater  unb  gmei  ÜDiagiftri  ben  Unterricht  in  ber 
©d)ule,  bie  fc^on  gleich  nadj  SInfunft  ber  Qefuiten  im  Qaljre  1625  bort  unter  gmei 
augmärtigen  Sefjrern  eröffnet  mar.  S)er  Unterricht  mürbe  in  ben  brei  ©rammatif» 
flaffen  erteilt3.  Slngefehene  patres  h^e^en  jeboch  bag  „Stäbtlein",  meldjeg  bamalg 
3000  ©inroofjner  gählte4,  für  ein  föolleg  ungeeignet.  ®er  ^Srooingial  mufste  nodj 
einmal  nach  eingefjenber  Beratung  alleg  bem  Orbenggeneral  augfithrlid)  barlegen. 
Unb  nun  gab  23itellegdji  am  25.  SDiärg  1628  bem  ^3roüingial  folgenben  23efcf)eib: 
„SBenngleidj  bie  Stabt  nadj  bem  Urteil  ©m.  §od)mürben  für  ein  Kolleg  nicht  um 
paffenb  gu  fein  fcheint,  fo  ift  hoch  feine  augreicfjenbe  Stiftung  üorhanben;  vielleicht 
aud)  finbet  fid)  int  Saufe  ber  Qeit  in  ber  9?acf)barfchaft  ein  noch  geeigneterer  Ort 
für  ein  Kolleg,  Qd)  hoffe  beshalb  bafür,  baff  bie  9Ueberlaffung  in  SRiinftereifel  nur 
eine  Siefibeng  bleibe  unb  audh  feine  neuen  klaffen  mehr  eingerichtet  merben,  big  bie 
Qeit  felbft  lehrt,  mag  fdjliefjlid)  mit  ber  S^efibeng  gu  gefdjehen  hat."5  Qm  folgenben 
Qahre  (1629)  fanbte  ber  ^rovingial  SBaüing  bem  ©eneral  meitere  Slufflärung.  „®er 
.fjergog  famt  ben  ©tiftgherren  unb  ben  fiirftlidjen  Späten",  fo  fdjrieb  er,  „halten  ben 
Ort  für  fefjr  paffenb,  trotjbem  fiel;  faunt  fedjg  big  fieben  ©tunben  baoon  entfernt 
anbere  Kollegien  befinben.  ®ie  ©ifel  ift  nämlich  ein  groffeg  ©ebiet  unb  umfaßt 
mehrere  ©raffcfjaften  unb  §errfd)aften  unb  bagu  noch  ©ebietgteile  üerfdjiebener  Qürften. 
®ag  23olf  aber,  meldjeg  in  bem  grojgenteilg  unfruchtbaren  unb  gebirgigen  Sanbe 
mofjnt,  ift  an  vielen  Orten  fo  ungebilbet  unb  fcfjledjt  unterrichtet,  baff  bag  Sanb 
eifrigen  ©eelenhirten  mie  eine  ©egenb  Qnbieng  oorfommen  famt.  Qrrleljre,  2lber» 
glaube  uub  Qauberei  haben  mit  ber  Unmiffenheit  gleichen  Schritt  gehalten,  ©g 
arbeiten  gmar  jetjt  auf  bem  müftett  23rad)felbe  brei  i)3atreg  unb  brei  Seljrer  unb 
forgen  burdj  ©cf)ulnnternd)t,  ßatecfjefe  unb  bie  anbern  Arbeiten  unferer  ©efeüfdjaft 
für  bie  23efel)rung  unb  bag  Seelenheil  ber  SSemohner.  2)od)  märe  erft  richtig  für 
bag  grofje  §ergogtum  Qülidj-ßleüe  geforgt,  menn  ■  noch  h4er  fomie  in  ®üren  unb 
SEBefel  Kollegien  errichtet  mürben."6 

Um  bie  nötigen  ©infünfte  gu  fcfjaffen,  fudjte  i|3falggraf  Söolfgattg  SBilhelm  gmei 
^anonifate  für  bie  Dtieberlaffung  gu  erlangen,  aber  23itellegcf)i  fpradj  fich  in  einem 
S3riefe  oom  7.  Stpril  1629  an  ben  Superior  9iincop  fehr  entfdjieben  gegen  biefett 
ißlan  aug.  ©g  fei  bafür  gar  feine  Slugfidjt  üorhanben  unb  merbe  nur  Schmierig» 
feiten  unb  Streitereien  im  ©efolge  haben.  Um  biefent  ein  ©nbe  gu  madjen,  habe 
er  fdjon  begonnen,  audj  bie  Kollegien,  benen  bereitg  ftanonifate  inforporiert  feien, 
oon  biefen  gu  befreien.  ®er  Superior  möge  bieg  bem  dürften  in  guter  Söeife  gu 
verftehen  geben  unb  gugleid)  bemerfen,  bafs  mir  gerne  marteteu,  big  anbere  üüittel 
gur  Verfügung  ftänben7. 


1  *  Original  in  SJiiffelborf,  Staatlardjiü. 

2  *  Original  ebb. 

3  *  Litt.  ann.  1626  u.  1627.  *  Catal.  Rhen. 
1628. 

4  Äapfet),  ©efd).  ber  Stabt  SDliinftereifel 

1  312. 


5  *  Orig.=91eg.  Ad  Rhen.  inf. 

6  *  Narratio  compendiosa. 

7  *  Orig.«91eg.  Ad  Rhen.  inf.  2Bie  berechtigt 
biefe  SSkifung  war,  jeigen  bie  Dielen  Streitig« 
feiten,  metcbe  bie  ißatreS  mit  bem  Äapitel  ber 
Stift§fircf)c  Chrysanti  et  Dariae  fchon  Wegen 


9Jeue  -JHeberlaffungen :  fÖtünftereifeL 


121 


Qn  ben  Qafjren  1629 — 1631  fjntten  bie  ©djufen  ftarf  unter  anftedenbcn  Kranf* 
feiten  jit  leiben,  aber  taubem  mürbe  neben  ben  brei  Settern  für  je  eine  ©ramniatif» 
ffaffe  §erbft  1632  nod)  ein  eigener  Sefjrer  für  bag  ©riecfjifdie  unb  im  folgenben 
Qafjre  nod)  ein  grueiter  augeftellt,  .jperbft  1634  ober  1635  aud)  bie  oierte  klaffe  unb 
£>erf>ft  1636  enblid)  bie  fünfte  unb  le^te  Stoffe  angefügt* 1.  „®er  SJZagiftrat  f)at 
nunmehr",  fo  bemcrft  51t  teuerem  ber  Qafjregbericfjt  ömbe  1636 2,  „bie  Eröffnung  ber 
9if)etorifftaffe  erlangt,  um  bie  er  fo  fange  unb  bringenb  gebeten  fjatte,  nadjbem  er 
für  ben  Unterhalt  be§  Seljrerg  eine  fefte  jöfjrfidje  ©umme  (70  iReidjgtafer)  beftinunt 
f)at."  §erbft  1636  mirften  an  ber  (Schute  fieben  £ef)rer,  bie  fünf  Stlaffenlef^rer  unb 
jmei  fiirg  ©riedjifdje3.  9?ur  in  ber  ©djüfer^afü  blieb  eg  hinter  ber  anberer  Koffegien 
jurüd.  ©ie  belief  fidj  iperbft  1635  auf  135  unb  mirb  19  Qafjre  fpäter,  im  Qafjre 
1654,  auf  „nafje  200"  angegeben4. 

2)ie  ©efamtgafjl  ber  patres  mar  001t  brei  Snbe  1631  auf  fccfjg  @nbe  1636 
geftiegen  unb  f)ob  fidj  feit  1640  auf  bag  hoppelte 5.  ©ie  arbeiteten  in  ber  ©tabt 
unb  nacf)  unb  nad)  aud)  in  ber  ganzen  Umgegenb.  Qm  Qafjre  1636  bemerft  ber 
33eridjt:  „Oft  gingen  mir  hinaus  auf  bie  Dörfer  unb  ju  ben  ©täbten  unb  ben  be> 
nadjbarten  23urgen  ber  Slbeligen;  mir  ftreuten  ben  ©amen  beg  göttlichen  SBorteg  aug 
unb  hörten  oiele  23eid)ten.  Stufjerbem  fjaben  mir  nod)  an  anbern  Orten  bie  ©teile 
ber  Pfarrer  oertreten  unb  aud)  fjier  nid)t  fruchtlos  gearbeitet."  21ud)  nad)  ©djfeiben, 
@ugfird)en,  ©ingig,  2lbenau  unb  ißrüm  mnrbe  ihre  ^pilfe  begehrt,  dfamentlidj  maren 
eg  bie  ihrer  ©eelforger  beraubten  Orte,  meldje  bie  Xätigfeit  ber  ißatreg  aufserfjalb 
9)iünftereifelg  erfjeifcfjten.  „Sitten  großen  Steil  beg  Qafjreg  fjaben  mir",  fo  berichten 
fie  im  Qafyre  1646,  „in  ben  Ortfdjaften  gearbeitet,  bie  ihrer  Pfarrer  beraubt  finb. 
Qahlreidjer  mie  fonft  maren  and;  bie  Orte,  ju  benen  mir  an  ben  f)öf)eren  Qeften 
unb  fonft,  unb  jmar  mef)r  mie  gemöhnlich,  gerufen  mürben.  2öir  taten  eg  gern, 
fanben  überall  freunblidje  Slufnafjme  unb  Ratten  nie!  Srfotg.  9J?an  begrüßte  ung 
faft  überall  gleidjfam  mie  Sttgef  00m  |)immel.  Qtt  brei  Dörfern,  mo  mir  biefeg 
Qaljr  jum  erftenmal  bie  Sfjriftenlefjre  begannen,  mußten  bie  Seute  nicht,  mie  fie  fidj 
erfenntlicf)  ermeifeit  füllten.  Q()r  (Sifer  mar  fo  grofj,  bafj  alleg,  grojj  unb  flein,  jur 
Katedjefe  herbeiftrömte  unb  bie  Käufer  faft  üoüftänbig  leer  ftanben.  211g  ber  oon 
©regor  XIV.  oerfiefjene  Katedjefeabfafj  gemonnen  merbeu  füllte,  lauten  alle  inggefamt 
ju  ben  heiligen  ©aframenten."0  fSie  Orte,  an  benen  man  in  ber  Umgegenb  regeü 
mäfjige  Katedjefe  erteilte,  fdjmanften  jmifdjen  oier  unb  fecfjg.  ®er  Smpfattg  ber  heiligen 
©aframente  flieg  in  ber  ©tabt  felbft  oon  6000  Kommunionen  im  Qaljre  1646  auf 
10000  im  Qafjre  1649  unb  bieg  nur  in  ber  eigenen  Kirdje. 

2)iefe  frudjtreidjen  Arbeiten  fanben  mieberljolt  freubige  Slnerfennung.  Qn  ber 
Urfunbe,  in  ber  ^Sfalggraf  Söolfgang  Söilfjefnt  am  2.  2(uguft  1631  ben  Qefuiten  in 


ber  guforporation  be§  2Intoniu§aItare§  hatten. 
Sßgl.  *  Defensio  S.  J.  contra  iniquas  querelas 
de  incorporatione  Altaris  Monast.  Eifl.,  ge= 
richtet  an  bie  <Stift§f»erreu  öoit  üMnftereifet. 
Äöln,  Stabtard)iD,  Jes.  692.  Sort  aud)  tuen 
tere  Sitten  1642/1643.  Sie  Defensio  and) 
Jes.  717. 

1  *  Catal.  Rhen.  inf.  1627  ff. 

2  *  Litt.  ann.  1636. 

3  *  Catal.  Rhen.  inf.  1637. 

4  *  Hist.  coli.  Monaster.  Eifel.  1649 — 1654 
Äofcfct),  ©efd).  ber  Stabt  SWiinftereifel  I 
235. 

5  Siefe  unb  ade  folgenben  Angaben,  bie  nicht 


näher  bejeidntet  finb,  nad)  *  Catal.  Rhen.  inf. 
1631  ff  unb  *  Litt.  ann.  1631  ff. 

6  *  Litt.  ann.  1646.  Über  bie  Pfarrei  ©u§= 
firdjen  fd)rieb  Garrafa  am  8.  Sluguft  1648  au 
ben  Superior  Strden:  Gaudeo  Parochiae  iam 
prospectum  de  Parocho,  et  eidem  intactos 
semper  manere  suos  reditus  competentes,  nec 
inde  aliquid  percipi  a  nobis.  Laetor  etiam 
Concionatores  et  alios  rite  fungi  muneribus 
suis,  et  denique  bene  prospectum  videri  re- 
ligiosae  disciplinae.  Orig.=9?eg.  Ad  Rhen.  inf. 
Sie  äßartinäpfarrei  in  (SuSfirdjett  ftanb  unter 
bem  Patronat  be3  gefuitenfottegS  in  9Jüinfter= 
cifel.  fapfet)  a.  a.  0.  II  65;  ogl.  70. 


122 


groeite^  Kapitel.  $ie  nieberrbeinifcfje  Proöins. 


SJiünftereifel  bag  Patronat  über  ©t  äßartin  in  Sugfirdjen,  bag  Vifariat  in  £od)= 
heim  unb  ben  Slntoniugattar  in  bem  ©tift  3U  ÜViinftereifet  überträgt,  fagt  er:  „®ie 
heitfamen  unb  ftetg  madjfenben  griidjte  ^er  $atreg  ^at  uitg  bie  tägtidje  Srfafjrung 
ju  unserem  grofjen  Srofte  gezeigt,  ©ie  ^aben  fid)  nid)t  begnügt  mit  bem  Unterricht 
ber  ^ugenb  in  ber  ©cfjute,  fonbern  itt  ber  ©tobt  unb  in  ber  ganzen  Umgegenb, 
u.  a.  in  unferer  ©tabt  Sugfirdfjen  burd;  ^atecfjeje.  Unterricht,  ißrebigt,  Vermattung 

ber  ©aframente  uner* 
mübtid)  gearbeitet."  1 
2tud)  bie  Obern  in  Vom 
anerfannten  bie  Arbeit. 
Stm  23.  Sdtärj  1647  er* 
miberte  ber  ©enerat 
Sarrafa  auf  ben  Ve* 
rieht  beg  ©uperiorg 
P.  Srüdjten :  „®ie  Vadj* 
ridjten  Sro.  §od)mür* 
ben  oont  22.  Januar, 
monach  non  ben  Unfri* 
gen  mit  ganj  augge* 
jeidjneteit  ©rfotgen  in 
unb  außerhalb  ber 
©tabt  gearbeitet  unb 
gefdjafft  mirb,  ha&en 
mid)  mit  großer  greube 
erfüllt."2 

Vei  alt  biefen  ge* 
fegneten  Strbeiten  fehlte 
eg  nicht  an  mancherlei 
Seiben.  3unäcf)ft  mar 
eg  ein  langjähriger  unb 
erbitterter  ©treit  beg 
.fperjogg  Sßolfgang  2Bit* 
heim,  beg  ©önnerg  unb 
ber  £>auptftiipe  ber 
fuiten,  mit  ber  2Bott* 
meberjunft  ju  Vlünfter* 
eifei  unb  bann  bie 
gmiftigfeiten  ber 
fuiten  mit  bem  Kapitel 
ber  ©tiftgfirdje  bejüg- 
lief)  firdjtidjer  Sin* 
fünfte3.  SUg beibeg enb* 
fid)  gliidtid)  beigelegt 
mar,  fdjrieb  Viteffegdji  am  22.  1644  an  ben  ©uperior  gabriciug:  „Vadjbem 

nun  bie  ©treitigfeiten  nach  SBunfcf)  beigelegt  finb,  metdje  jmeifetlohne  bie  ©emiiter 
ung  vielfach  entfrembeten,  merben  hoffentlich  unfere  Arbeiten  fiinftig  nodj  frudjtreidjer 


$er  ©eneral  ^rnttj  Piccolomini.  Stid;  (5/8)- 


?(utograpf)  aus  einem  Briefe. 


1  *  Original  ©ef.  Pergam.,  2>uffelborf  a.  a.  0.  Pitette»cf)i3  Oom  3.  iDtära  1040  an  ben  Superior 

Urfunben  9tr  50.  Sftetternid).  3  Pgl.  barübet  Hist,  resid. 

2  *  Drig.=9teg.  Ad  Rlien.  inf.  Pgl.  ben  53rief  Monaster.  Eifel.  1642 — 1644. 


Peue  Pieberlaffungeit :  SDtünftereifel  (Sdjleiben). 


123 


derben."1  SDamt  maren  eS  Ärieg  unb  Seuchen,  unter  benert  bie  ganje  ©ifel  feit 
1636  nie!  ju  leiben  ^atte,  unb  enblicf)  bie  jeitfidje  Dfotlage2.  2)er  23erid)t  beS 
gafjreS  1639  barüber  an  ben  OrbenSgeneral  jagt:  „®ie  jährlichen  ©infünfte  be¬ 
laufen  fid)  eigentlich  auf  1500  9?eid)Staler;  jefjt  aber,  mo  alles  burd)  bie  Solbaten 
üermüftet  ift,  auf  faum  1100.  9?ad)  Ab^ug  non  443  9feid)Stalern  ginfeit  für  ge¬ 
machte  Sdjulben  . . .  fönnen  mit  bein  9?eft  faum  gehn  Perfonen  unterhalten  merben.  .  .  . 
©Sieben  hier  aber  fiebjehn."3  ge  näher  aber  bergriebe  fam,  befto  mehr  befferten 
fid)  bie  Sßer^ältniffe.  Unb  am  22.  gebruar  1648  ftfjrieb  ber  ©eneral  ©arrafa  an 
ben  (Superior  Arden:  „Sehr  getröftet  hat  mich,  ^aS  ®ro.  Dochmitrben  über  ben  ge- 
orbneten  unb  ruhigen  Staub  beS  (paufeS  berichteten,  geh  münfehte  nur,  alle  Kollegien 
blüljten  ähnlich  nach  innen  unb  aufjen."4  ©in  galjr  fpäter,  am  23.  SJJiärg  1649, 
mürbe  bie  Säeberlaffung  ton  P.  ©atrafa  gum  9iange  eines  ÄolIegS  erhoben.  SJian 
badete  auch  fdjon  ernftlidh  an  ben  23au  einer  eigenen  föircfje,  aber  bie  Ausführung 
muffte  auf  fpätere  gaffre  oerfdjoben  merben5.  ®ie  gal)l  ber  gefuiten  belief  fid)  im 
gahre  1650  auf  23:  14  PatreS,  3  DJfagiftri  unb  6  Saienbrüber 6. 

9Son  SDiünftereifel  aus  mürbe  bie  SDiiffion  in  Sd)l eiben  gegrünbet.  gn  ber 
©raffdjaft  Sd)leibeit  hatte  bie  neue  Sehre  unter  ben  brei  testen  ©rafen  aus  bem 
§aufe  9DZanberfd)eib-Sd)leiben  ©ingang  gefunben  unb  fd)lieplid)  bie  Oberfjanb  ge« 
monnen7.  9iad)  bem  SEobe  beS  lepten  ©rafen  SDianberfdfjeib  im  gahre  1593  mar 
ber  gröfjte  Steil  beS  SanbeS  mieber  in  ben  93efip  eines  fatl)olifd)en  |>errfd)erS  ge« 
fommen,  beS  ©rafen  Philipp  tmn  ber  9J?arf.  ©r  unb  fein  Sol)n  ©rnft  fucfjten  bie 
fatholifdje  Religion  überall  roieberf)erguftellen.  gm  gapre  1642  rief  ©raf  ©rnft 
gefuiten  öon  SDiünftereifel.  ®er  erfte  23ericf)t  barüber  lautet:  „®ie  SJiiffion,  bie 
biefeS  gahr  für  bie  Stabt  unb  ©raffdjaft  Sdjleiben  oon  groei  unferer  PatreS  be¬ 
gonnen  mürbe,  mar  üeranlafjt  burch  beit  ©rafen  (©ruft)  oon  ber  SDZarf  unb  Saffen- 
berg,  ber  baS  Sanb  gegen  ben  ©rafen  oon  ber  9fede  im  53efip  behauptet,  ©r  hat 
itnS  bie  SBermaltung  ber  Pfarrei  in  ber  Stabt  iibermiefen,  melcpe  infolge  ber  glucpt 
beS  Pfarrers,  eines  Parteigängers  ber  oon  ber  9iede,  fd)on  geraume  geit  üermaift 
mar.  Sie  beibeit  PatreS  fanben  bei  ihrer  Anfunft  faum  gehn,  melcfje  ber  heiligen 
SDieffe  beimohnten;  benn  bie  Stabt  ift  reich  mie  an  ©ifen,  fo  aud)  an  grrlehren  unb 
hat  biefe  in  ber  ©ifel  oerbreitet.  SDiit  ©otteS  |>ilfe  ift  nun  (am  ©nbe  beS  gahreS 
1642)  fchon  fo  üiel  erreicht,  baff  50  unb  auch  niepr  &ei  ber  heiligen  SDleffe  gugegeit 
finb.  gmölf  haben  fid)  ber  fatfjolifchen  Kirche  angefd^loffen,  bod)  ift  einer  mieber 
abgefallen." 8  Sie  beiben  PatreS  arbeiteten  unüerbroffen  meiter,  ber  eine  als  Pfarr- 
oerroalter  oon  Sdfleiben,  ber  anbere  als  foldjer  oon  931umenthal  unb  ^ellenthal9; 
fie  prebigten  unb  fatedjefierten,  festen  bie  Oermaprloften  Kirchen  unb  oerfallenen 
Kapellen  mieber  in  ftanb  unb  belebten  bie  alten  Anbauten  unb  Progeffionen.  9?ur 
langfam  unb  allmählich  f)°&  fieh  mieber  baS  religiöfe  Seben.  Stach  gmeijähriger 


1  *  Drig.-Peg.  Ad  Rhen.  inf. 

2  Dgl.  bie  *  Söriefe  üom  12.  Ptärä  1639. 
3.  PMrj  1640,  7.  Dttrs  1643  nnd)  9Mnfter« 
eifel.  Ad  Rhen.  inf. 

3  *  Catal.  trienn.  1639. 

4  *Orig.«Peg.  Ad  Rhen.  inf. 

5  ®er  ©eneral  Piccolomini  fdjreibt  am  5. Pou. 

1650  att  ben  Protiinjial  Panfjauf):  Ideam 
templi  Monaster.  Eifliaci  non  vidi,  ubi  vi- 

dero  et  media  aedificaudi  suppetere  cogno- 

vero,  fabricam  poterunt  auspicari  sed  citra 

periculum  aeris  alieni.  *  Orig.  =  Steg.  Ad 
Rhen.  inf. 


6  Sie  Obern  maren:  §einr.  Pincob  (Pinbib 
cop),  1625;  Demi).  Pletternid) ,  1636;  gol). 
gabriciug,  1644;  ©tepb-  <5rüd)tcn,  1646;  Jpilger 
Strden,  1647;  ©erb-  Saaten,  1650. 

7  Snnen,  ©efd).  ber  Deformation  im  De- 
reiche  ber  alten  ©rsbiö^efe  Söln  (1849)  297  ff. 
Schorn,  Eifiia  sacra  II  (1889)  512  f. 

9  *  Hist,  resid.  Monast.  Eifel.  1642 — 1648. 
*  Litt.  ann.  1646  ff. 

9  bet:  *  Catal.  Rhen.  inf.  1644  ff  finb 
bie  Sitel  für  bie  PatreS:  pro-parochus  in 
Schleiden  nnb  pro  -  parochus  in  Blumenthal 
et  Hellenthal. 


124 


3roeitc3  Äapitet.  $ie  nieberrpeinifdjc  fßrobinj. 


(Xütigteit  empfingen  an  ben  höheren  ^efttagen  inSgefamt  50 — 60  öie  fjeüigen  ©atra- 
mente,  ^m  ^aßre  1650  belief  fief)  bie  3flf)t  fämtticßer  Kommunionen  auf  1200. 
3ur  fatßotifdßen  Kirdje  priidgefeßrt  mären  jährlich  burcf;fcf)nittlicf>  fiebert,  3m  Qa^re 
1646  fjatte  man  an  ber  £rioialfd)ute  in  ©eßteiben  aud)  mieber  einen  tatßolifcßen 
ßeßrer  angefleUt.  SttteS  ba§  fjatte  ben  9)iut  ber  Katßotifen  gehoben.  2(n  ben  brei 
i)Srojeffionen  be§  3flf)re§  1647  p  ©eßteiben  naßm  §.  33.  bie  gan^e  £)errfcßnft  teif. 
„2Iu§  (Stabt  uub  Sanb",  fo  berichten  bie  patres,  „maren  bie  Katßotiten  in  großer 
3aßt  ßerbeigeeitt,  um  ißren  tatßotifcßen  ©tauben  offen  p  befennen.  3n  jcfjötter 
Orbnuitg  unb  unter  frommen  ©efängen  pgen  fie  über  bie  ©troffen.  Stnfang  unb 
©djtuß  ber  iprojeffion  bitbeten  proteftantifcße  ©otbaten  in  Söaffen."1  ®ie  in  fünfter» 
eifet  eingefcfjriebenen  ÜDlitgtieber  ber  9J7arianifcßen  Kongregation  münfdjten  aud)  in 
©dfteiben  bie  gemüßntidjen  KongregationSöerfammtungen  p  hatten2.  ®ie  SOiiffiort 
mürbe  1654  aufgetöft.  — 

©etjr  tangfant  entmidette  fidj  ba§  Kotteg  p  23mtn.  ©eit  bem  ©nbe  beS 
16.  3af)rf)unbert§  mareit  bort  pei  patres  am  .fpofe  be§  KoabjutorS  gtrbinanb 
oon  kapern  tätig3.  ©nbe  1602  mürbe  in  33onn  eine  eigenttiefje  Ütefibenj  ein- 
geridjtet4.  giir  ben  ©otteSbienft  mie§  ba§  ©tift  ben  patres  bie  KtemenStapette 
an.  2tußer  ber  Strbeit  am  ^pofe  hatten  bie  patres  feit  1605  bie  regelmäßigen 
fßrebigten  in  ber  SKünfterfirdje  unb  feit  1608  auf  323unfdj  ber  ©tiftsßerren  aud) 
bort  ben  fatedjetifdjen  Unterricht  ©onm  unb  gefttagS  nachmittags  1  Uhr  p 
hatten5.  ®ap  tarnen  fonftige  fßrebigten  in  ber  ©tabt,  bie  Katecßefe  auf  um» 
liegenbeit  Dörfern  —  im  3aßre  1634  mareit  eg  brei  unb  im  3ahre  1648  merben 
genannt:  Keffenicß,  f)3oppeI§borf,  ®ottenborf  unb  güielborf6 —  ltnb  bie  STätigfeit  in 
mehreren  Ktöftern,  metdhe  ihre  -fpitfe  in  Stnfprudj  nahmen,  5.  33.  ©ngettßat,  9Jfariem 
forft,  9iotanb3mertß.  —  Über  bie  SGSirffamf'eit  in  33onn  heißt  eS  im  3aßre  1639: 
„33ci  ben  f|3rebigten  ift  bie  geräumige  9)iünfterfird)e  mit  einer  großen  ßuhörerfdfaft 
angefüttt.  Studf)  ber  ©r^bifeßof  mohnt  mit  bem  ganzen  §ofe  berfetben  oft  bei.  ®ie 
©ßriftenteßre  aber,  p  ber  niefjt  nur  bie  Knaben  unb  ÜUJäbdjen,  fonbern  auch  bie  @r- 
madjfenen  ßerbeiftrömen,  trägt  fo  reidje  gritdjte,  baß  biet  bariiber  gefprodjen  mirb. 
Cffen  fagt  man,  biefetbe  fei  eine  ber  ßerrtidjften  unb  nußreidjften  ©inrießtungen  in 
ber  fatßotifdjen  Kirdje,  fie  fei  ein  (Shrertjeichen  unferer  ©efettfeßaft  unb  eine  Söoßttat 
für  bie  gefamte  ©tabt."7  ©ine  grudjt  ber  ^rebigt  unb  Katedjefe  mar  ber  madjfenbe 
ßubrang  p  ben  33eidhtftüßten,  metdje  bie  ^efniten .  in  ber  äftünfterfireße  unb  §eit= 
raeitig  auch  in  ber  üöiinoritenfircße  befaßen.  Unb  at§  im  3aßre  1638  nod)  ein  britter 
fßtater  gefanbt  mürbe,  bamit  in  ber  ©tabt  unb  ber  Umgegenb  noch  mehr  gemirft 
merben  tonne,  oermodjten  aud)  biefe  brei  an  höheren  Uefttagen  bie  Strbeit  im  33eicßt- 
ftußte  nidjt  p  bemättigen,  fo  baß  man  oft  genötigt  mar,  au§  Kötn  tpilfe  ßeröei- 
prüfen 8. 

Stnerfennenb  feßriefj  ber  ©enerat  ©arrafa  am  22.  Qnni  1647  bem  Superior 
P.  Heinrich  ©iüert:  „Qdj  freue  midj,  baß  in  ber  fteinen  ©d)ar  alte  fo  etnfig  ißren 
Strbeiten  obliegen  unb  baß  bie  menigen  ßeute  beim  ©inßeimfen  ber  ©eetenernte  bureß 
ißre  STätigfeit  unb  9iegfamfeit  ba§  leiften,  mop  fonft  oiete  erforbertieß  mären." 9  ©inige 


1  *  ßarrafa  an  ben  Superior  ooit  917ünfter= 

eifet,  üfrefen,  10.  8(ug.  1647.  £)rig.=9teg.  Ad 
Rhen.  inf.  2  *Litt.  ann.  1647. 

3  83gl.  83b  I,  S.  418. 

4  *Hist.  missionis,  nunc  residentiae  Bonn. 

1586— 1645.  *  Sttquabioa  an  ben  Sifitator 

5116er,  8.  Sfuni  1603:  De  stabilita  Bonnae 

residentia  libenter  audivimus.  2>ie  elften  Litt, 

ann.  batieren  oom  Qaljre  1603. 


5  50t a affen,  ©efd).  ber  Pfarreien  beg  3)e- 
fanat§  93onn  I  (1894)  293. 

6  *  Catal.  Rhen.  inf.  1649  f. 

7  *  Litt.  ann.  1639. 

8  *  Catal.  Rhen.  inf.  1637  u.  1639.  *  Catal. 
Rhen.  1612  pat  bei  einem  fßater  ben  3ufab: 
confessarius  in  parochia  S.  Remigii.  *  Hist, 
mission.  Bonn.  1645. 

9  *  DrigPieg.  Ad  Rhen.  inf. 


■Jieue  Pieberlaffungen :  Potiu. 


125 


Würben  audj  gur  fatfioUfd^en  ®ird)e  gurüdgefüf)i't  (jährlich  burdjfcfjnittlich  10 — 12, 
im  $af)re  1630  fogar  42);  Dielen  Uranien  mürbe,  befonberg  gur  $eit  &er  £roft 
unb  §ilfe  gebraut,  fo  baff  mir,  fo  Ijei^t  eg  in  einem  Seridjte  beg  Qnljreg  1645, 
nocfj  jejjt  öoit  bem  guten  Stufe  gehren,  ben  ltnfere  Vorgänger  fjier  oerbreitet  fjaben 1. 

Sei  biefer  gefegneten  SSirffamfeit  mar  Slnfang  ber  öiergiger  Qa^re  in  ber  ©tabt 
aucf)  ber  SBunfd)  nad)  einem  bon  ^efutten  geleiteten  ©pmitafium  aufgetaudjt  „unb 
bie  Sürger  unb  bie  Slbeligen  unb  furfürftlicffen  State  am  £wfe  (unb  ber  fö’oabjutor 
Sftajümilian  Jpeinridj)  baten  bie  fßatreg  oft  unb  bringenb  um  ©röffnung  ber  ©djulen"2. 
9)tit  3uftimmung  beg  ©eneralg  f)atte  bann  ber  ©uperior  Slbrian  §orn  im  ^affre  1643 
begonnen,  bie  notmenbigen  SJtittel  für  Kolleg  unb  ^irdje  unb  ben  Unterhalt  gufammen« 
gubringen;  bemt  ^ier  lag  bag  ^jauptfjinbernig  für  bie  fofortige  Sermirflidjung  beg 
2Bunfcf)eg.  ©g  Ijatten  aucf)  ber  $of  unb  einige  wohltätige  Sürger  nad)  Kräften  bei« 
gefteuert  unb  einige  ^efuiten  il)r  in  ben  Orben  eingebradjteg  Vermögen  bem  gu 
grüubenbeit  Kolleg  oermncf)t,  fo  baff  im  ^aljre  1648  ber  Sau  eineg  Äollegg  begonnen, 
innerhalb  gwei  Qaljren  nebft  einer  Kapelle  fertiggeftellt  unb  im  ge&ruar  1650  be« 
gogen  werben  fonnte.  2>odj  fehlten  nod)  bag  ©cf)ulgebäube  unb  nor  allem  bie  SJtittel 
für  ben  Unterhalt.  Se^tere  reidjten  g.  S.  (Snbe  1649  erft  nur  für  ben  Unterhalt 
non  fecbjg  fßerfonen.  ©o  fam  eg,  baff  bie  Stieberlaffung,  welche  gmar  im  gebruar 
1650  gum  Stang  eineg  Stollegg  erhoben  mar,  bie  Eröffnung  ber  ©djulen  noch  gwei 
Qahrgefjnte  f)inaugfd)ieben  muffte3. 

®ie  Xätigfeit  ber  Sonner  ^efuiten  fafjt  ber  neuefte  ©efdjidjtfdjreiber  beg  Sonner 
©pmnafiumg  in  bie  Sßorte:  „Sie  prebigten  in  ber  SMnfterfirdje,  unterrichteten  bie 
^ugenb  in  ben  Sehren  ber  Steligion,  mibmeten  fid;  mit  befonberem  Gsifer  ber  ©eel« 
forge  im  Seicf)tftuf)le,  tröfteten  föranfe  unb  Oiefangene  burdj  religiöfen  ßufprud),  be« 
gleiteten  bie  gum  Xobe  nerurteilten  Serbredjer  gur  Stic^tftätte  unb  fudjten  nor  allem 
and)  in  ber  Sefefjrung  Slnberggläubiger  ifjrer  Slufgabe  geredet  gu  werben.  Sefonberg 
oerbienftlidf)  mar,  baff  bie  ©tabt  auf  ihre  Seranlaffung  gu  ber  oom  SJtünfterftift  unter« 
haltenen  SJtiinfterfdjule,  ber  eingigen  Xrinialfcfjule,  welche  Sonn  big  bahin  befaff,  im 
3ahrel627  gmei  neue  ©djulen  einridjtete,  für  Knaben  eine  unb  eine  für  SJläbcfjen." 4 *  — 

(Sine  Sieilje  non  geitmeiligen  Stieberlaffungen  nerbanfte  ihre  (Sntftehung 
ben  Semühungeit  f£iHtjg  unb  ber  Slugführung  beg  Steftitutiongebifteg  notu  6.  SJtärg 
1629.  SBenige  SQßocfjen  nad)  ©rlafj  biefeg  (Sbifteg  mürben  für  bie  eingetnen  Streife 
beg  Steicheg  faiferlidje  $ommiffionen  ernannt6.  Sin  bag  §aupt  ber  $ommiffiott  für 
ben  nieberfüchfifdjen  ®reig,  ben  Dgnabriider  giirftbifdjof  gdang  Sßilljelm,  fanbte  ber 
®aifer  gleidj  im  Slnfange  folgenbeg  ©djreiben6:  „3u  mehrer  gortpflangung  unferer 


1  *  Hist,  mission.  Bonn.  1645.  21m  20.  2(ug. 
1650  erneuerte  Piccolomini  bem  P.  2Irnolb  ©i« 
bert  in  Ponn  bie  frühere  ©rtaubniio,  fid)  in 
befonberer  SBeife  ber  Gfjnftenlehre  für  Kinber, 
llntniffenbe  unb  ©olbaten  gu  toibmett  „aI3  einer 
Sache,  bie  ©ott  unb  ber  ©efeüfchaft  fetfr  an« 
genehm  fei";  and)  erflärte  fid)  ber  ©eneral  gern 
bereit,  bie  bort  errichtete  ©obatität  gefu  unb 
Piariä  ber  römifdjen  Kongregation  gu  aggre« 
gieren.  *  0rig.=9ieg.  Ad  Rhen.  inf. 

2  $a3  golgeube  nad)  *Hist.  mission.  a.  a.  0.; 

*Ortus  et  progressus  coli.  Bonn,  conscriptus 

ann.  1709;  ber  ©eneral  an  P.  $orn  unb  an 

ben  Probingial  Pidef,  7.  9Pärg  1643,  unb  bie 

folgenben  Priefe  au  ben  Koabjutor  50iai*.  £eiit= 
rid),  9.  Piai  1643;  *  Litt.  ann.  1646  ff;  *Catal. 
trienn.  1645  u.  1649. 


3  ©eit  Jperbft  1647  lebten  in  Ponn  7  ge« 
fuiteit:  5  patres!  unb  2  Saienbriiber.  Schon 
im  gapre  1645  mürbe  Soun  ah»  Collegium 
inchoatum  betrachtet  unb  beffett  Oberer  gur 
Probiugiatfongregatiou  berufen.  Acta  Congr. 
Prov.  1645  I  82.  —  2)ie  Obern  marett:  ©i£b. 
Pierbad),  1604;  grang  Popebiue!,  1606;  pet. 
2Binaeu§,  1610;  ©eorg  ©djretel  (Schrott),  1622; 
21br.  §orn,  1642;  £einr.  ©ioert,  1646;  21b r. 
§orn,  1650. 

4  Sof.  Puf  chm  an  u,  gur  ©efdjidjte  be§ 
Pomter  ©tjmnafiumS,  Polin,  ©tjmn.  -Progr. 
1891,  2. 

6  0.  K  f  o  p  p ,  $reihigiähr.  Krieg  III,  1  (1893) 
416.  gor  ft,  Polit.  Korrefponbeitg  be§  ©rafett 
grang  SBitl).  b.  SBartenberg  xiv. 

6  0.  Klopp,  Sitlp  II  (i861)  457. 


126 


ßioeiteg  Äapitcl.  ®ie  nieberrfjeiuifd)e  fßroöinj. 


uralten,  allein  feligmad^enben  fat^olifcfjen  ^Religion  Ijdben  mir  e§  für  gut  angefeljcn, 
bafj  in  be§  ^eiligen  fReidjeS  Greifen  für  bie  93äter  ber  ©efeflfdjaft  3eiu  Griffe 
Orte  §ur  Erbauung  öon  Kollegien  unb  ©eminarien  auSerfefjen  trerben ;  benn  fie 
fönnen  mit  Haltung  ber  ©djulen,  emfiger  Untermeifung  ber  ^ugenb  unb  fleißiger 
Übung  anberer  fatholifdjer  Offizien  nidjt  menig  grucfjt  fcfjaffen. . . .  $emnadj  möchten 
mir  gnäbigft  gern  fehen,  bafj...-$u  reftituierenbe  geiftlidje  ©üter  baju  appliziert  merben 
möchten."  ®ie  Sontmiffion  fam  bereitmillig  biefer  Söeifung  nadf.  2>ie  ©tübte,  für 
meldje  ^efuitenfoßegien  geplant  mürben,  maren  SOZinben,  Jameln,  Serben,  Stabe, 
©oglar  it.  a.  ®ie  ©riinbung  ber  IRieberlaffungen  ging  unter  bent  niädjtigen  ©d^u^e 
£illtjg  überall  oljne  befonbere  ©djmierigfeiten  non  ftatten.  ©eine  Söaffen  öffneten 
ben  ^efuiten  bie  Store  faft  aller  jener  ©täbte  unb  pielten  fie  bort  gegen  alle  ©emalt* 
tätigfeiten  fidjer  gefdjüpt.  „Of)ne  ihn",  fo  lautete  ein  93eridjt  beS  faiferlicfjen  fRatesS 
§pen  an  ben  ßaifer,  „hätte  feiner  (ber  fpatreS)  introbujiert  merben  ober  introductus 
bleiben  fönnen." 

®ie  erfte  ©tabt,  in  bie  oom  OSnabrüder  giirftbifdjof  ^efuiten  eingeführt  mürben, 
mar  fDiinben. 

91m  3.  Oftober  1629  fdjrieb  barüber  ber  CSnabrüder  jReftor  911tind  an  ben 
Slffiftenten  löufaeuS1:  „9Rit  ber  faiferlicfjen  ^ommiffion  mirb  ber  gürftüifc^iof  in  ber 
nädjften  Söodje  beginnen.  9Rit  SLRinben  ift  fdjon  alle§  glüdlidj  erlebigt.  ®ie  95er» 
anlaffitng  mar  folgenbe.  IRädjften  SDe^ember  merben  e§  oolle  |unbert  Qapre, 
man  in  SRinbett,  mo  man  fidj  ßutljer  angefdjloffen  ^atte,  gemaltfam  in  bie  ß’irdjen 
einbrang,  bie  firdjlidjen  ©eräte  raubte  unb  fämtlidje  ^irdjengüter,  bemeglicfje  unb 
unbemeglidje,  an  fid)  rijj  unb  bi§  je|t  befjielt;  benn  ber  fßro^efj,  meldjen  bie  ©eift« 
liefen  oon  ben  üier  ®irdjen,  bie  redjtmäf3igen  Qnfjaber  ber  Senefijien,  gegen  bie 
©tabt  angeftrengt  fjatten,  30g  fidj  Diele  ^afjre  fjin,  fo  bafj  ihn  bie  SDominifaner 
megeit  ber  großen  ltnfoften  nicht  meiter  fortfiiljrten.  93or  furjem  erft  fällte  enblidj 
ba§  jReidj§fammergerid)t  ba§  Urteil,  monacfj  ade§,  bie  $irdjen,  bie  ßirdjengeräte, 
alle  bisherigen  ©infünfte  ufm.  juriiderftattet  merben  müffen.  SDie  95olfziehitng  beS- 
felben  mar  nun  unferem  gürftbifdjof  übertragen  morben,  unb  fo  reifte  er  am  20.  ©ep« 
tember  bortljin,  liefj  ber  ©tabt  am  21.  ben  Auftrag  anjeigen  unb  am  22.  ba§  Ur* 
teil  Derlefen.  91nfang§  fträubte  man  fidj  ein  menig,  boef)  fcfjliefjlidj  gab  man  nadj. 
©ie  gaben  bie  brei  ftdrdjen,  roelcfje  im  Urteil  genannt  maren,  jmei  Stollegiatfircfjen 
nnb  eine  fßfarrfirdje,  nämlicfj  ©t  äRartin,  ©t  Johann  unb  ©t  ©imeon,  mitfamt  ifjren 
©iitern  jurüd2.  ®a§  Übrige  aber  —  40000  fReidj§tafer  für  bie  geraubten  ©adjen 
unb  300000  für  bie  bezogenen  ©infünfte,  ma§  ihnen  ju  zahlen  unmöglidj  mar  — 
mürbe  einer  frieblicfjen  Vereinbarung  oorbehalten.  91m  23.  September  liefj  ber  -jpocfp 
mürbigfte  |jerr  eine  feierliche  fßro^effion  mit  bem  9lllerheiligften  Dom  ®om  nadj 
©t  SRartin  oeranftalten.  ©r  felbft,  fein  £>of  unb  bie  ©eiftlidjfeit  im  ©horrod  nahmen 
baran  teil.  ®ie  ©tabt  ftaunte;  benn  feit  fjunbert  fahren  mar  fo  etroa§  nicht  mehr 
in  ihren  SRauern  gefehen.  ©iner  unferer  Vatre§  mufjte  in  ©t  SRartin,  mo  |jodjamt 
unb  SEebeum  gefungen  mürbe,  fofort  bei  ber  freier  Don  ber  Mangel  93efip  ergreifen 
unb  prebigen.  ©in  gmeiter  fßater  foll  am  nädjften  Sonntag  audj  im  ®om  bie 
f|5rebigten  beginnen."  SDie  beiben  jjktreS  in  URinben  maren  föafpar  93ranbi§  unb 


1  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  491.  Sßgl.  and) 
ben  übercinftimmenben  93rief  be§  Dänabrüder 
Söifcbofd  an  ben  Äurfiirficn  gerbinanb,  üOiinbcn, 
23.  ©ept.  1629,  bei  o  r  ft ,  ipolit.  Sorreipoin 
ben^  352  f. 

2  2>a§  Siebfrauenftift,  ba§  oon  einigen  nidjt« 
fatijotifdjen  Qimgf rauen  betooljut  mar,  ttntrbe 


mit  feinen  (Sinfünften  bon  jäfjrlid)  2000  ÜTafern 
oom  Saifer  für  ben  Unterhalt  ber  Qefuiten  be« 
ftimmt.  *  Litt.  ann.  1630. —  Über  einen  fpä« 
tereu  SBerfud)  bgl.  ba§  OJicntoriale  ber  ©tabt 
SOtinbeu  Oom  91Mrg  1646  bei  Meiern,  Acta 
pacis  Westf.  II  883. 


9?ieberlaffungen  im  Storbcn:  SKinben. 


127 


^ofyann  Soreng.  ©ie  Ratten  in  ber  ©tabt  einen  fdjmeren  ©taub.  SDie  Beüötferung 
raar  aufgeregt  nnb  il)uen  abgeneigt.  „ ?lu^er  ben  ©olbaten",  jo  lautet  ber  erfte  93e- 
ricfjt1,  „tommen  nur  menige  gur  Äircf;e.  2Bir  fucfjen  beSfjatb  burd)  SiebeStätigfeit, 
burd)  Befud)  ber  ©efängniffe,  burd)  Begleitung  ber  Verurteilten  gur  Bidjtftätte  u.  a. 
bie  falten  unb  tjarten  bergen  gu  ermeidjen  unb  gu  gemimten."  $mar  tourbe  bie 
Katedjefe,  metche  im  $at)re  1632  im  SDome  eingefiifjrt  mürbe,  ton  oieten  Äattjolifen 
unb  jßroteftanten  bejudjt2,  bod)  blieb  ba§  eigentliche  $etb  djrer  Stätigfeit  bie  2itlt)fd)e 
Bejahung. 

®ie  SBirffamfeit  mürbe  nod)  erfdjmert  bitrcf)  bie  feinb jelige  Haltung  be§  SDom* 
fapitetg,  ba§  meljr  bem  Barnen  nad)  alg  in  2Birftid)feit  fatfjolijcl)  mar.  „Bid)t  menig", 
jo  flagt  ber  Beridjt  Snbe  1633,  „ftetjt  ttn§  ba§  Söomfapitet  im  SBege,  höuptjädjtid) 
infolge  ber  ©pannung,  metche  burd)  bie  faifertidje  Überroeijung  be§  SDamenftifteg  an 
itn§  fjumorgerufen  mürbe.  Bor  Qaf)re§frift  ift  ba§  ©tift  un§  entrijjen  morben  unb 
ber  s^rogeh  ift  nod)  anhängig. ...  S£)a  un§  audj  nod)  bie  brei  STater  entzogen  finb, 
metche  uni  mödjenttid)  entrichtet  mürben,  jo  ift  bie  Biebertajfung  ohne  (Sinfünfte. 
2Sit  leben  hauptfäd)tid)  non  ben  (Sinfünften  ber  -jpametner  Biebertafjung,  mogu  bann 
nodj  bie  Sttmofen  guter  ^reunbe  fommen,  unter  benen  ber  hocfjro.  tjperr  Strnolb  oon 
Sanbtiberg  ben  erften  ^Sta^  einnimmt. " 3  ®ie  Biebertaffung  ging  Snbe  1634  gu 
©runbe.  Bad)  ber  (Eroberung  oon  §ilbe§f)eim  begann  am  1.  Sluguft  1634  burd) 
braunfchmeigijdje  Struppen  bie  Belagerung  oon  SBinben;  am  11.  Booentber  erfolgte 
bie  Kapitulation  unb  am  20.  Booembcr  bie  516rei je  ber  ^cjuiten  nach  Köln  i. 

@in  höt^eS  öahr  jpäter  at§  gu  ÜBinben,  im  9Bai  1630,  mürbe  in  Jameln, 
bai  gur  ®iögefe  SBinben  gehörte,  ein  Berjud)  gemacht,  nadjbem  bie  ©tabt  eine  Be» 
ja|ung  Stillpi  aufgenommen  hotte6.  3ahre  1631  feljrten  in  ber  ©tabt,  mo  ber 
jjSroteftantiimui  eine  faft  hunbertjährige  §errfd)aft  behauptete,  48  unb  im  folgenben 
gegen  30  gur  fatholifchen  Kirche  guriid.  SDie  ©chute,  bie  man  im  $af)re  1632 
eröffnete,  gäf)lte  nod)  im  felben  ^ahre  70  ©djiiter.  „2Bir  jchreiben  bieg",  jo  jagt 
ber  Bericht6,  „ben  oerfdjiebenen  öffentlichen  Sluffü^rungen  gu,  metche  bei  ben  Bürgern 
unb  ben  ©d)ütern  ber  proteftantijd)en  ©chute  großes  ©taunen  erregten,  jo  baf)  le^tere 
gern  gu  ung  tarnen,  menn  bie  furcht  oor  ben  ©ttern  unb  ben  Sehrern  fie  nicht  ab* 
hielte."  „SDie  ©olbaten",  jo  ergöt)lt  ber  Bericht  oon  1632,  „haben  fid)  gu  größerer 
Übung  ber  grömmigfeit  unb  gu  häufigerem  Grmpfang  ber  ©aframente  bemegen  lafjen. 
$eben  borgen  fief)t  man  fie  in  grofjer  3al)t  ber  heiligen  ÜBeffe  beimohnen.  SDer 
©cf)mud  ber  Kircfje,  ber  ©efang,  gumat  an  höheren  heften,  unb  bag  Beijpiet  ber 
/pauptleute  unb  anberer  Cffigiere,  bie  ung  jehr  gemogen  finb,  mag  bagu  oiet  bei* 
getragen  h<röen." 

SDie  hofftutnggoode  Biebertafjung,  bie  manchem  flüchtigen  ^efuiten  einen  fidjern 
Zufluchtsort  geboten  hatte,  janf  gujammen,  alg  bie  ©tabt  Stnfang  1633  oom  §ergog 
©eorg  oon  Braunfd)meig=Süneburg  unb  bem  ©enerat  SDobo  o.  Kniphaujeit  umgingett 
unb  am  20.  $u(i  oom  Kommanbanten  übergeben  mürbe.  Bod)  am  gleichen  Sage 
gogen  bie  .Qefuiten  —  eg  maren  ihrer  31  —  mit  ber  Bejahung,  ber  freier  Slbgug 
gugefichert  mar,  nach  SBinben7.  ^nfotge  ^  SBohtmotleng,  bag  fie  fid)  in  £>ametn 
ermorben  hotten,  fdjidten  mand)e  ©ttern  ihnen  ihre  Kinber  gum  Unterricht  nach 
SBinben  nad).  „Seiber  aber",  jo  ergät)tt  ber  Bericht,  „meigerte  jid)  bag  (SBinbener) 
2)omfapitet  hurtnäcfig,  ung  einen  Baum  für  eine  ©chute  gu  übertaffen.  2Sir  unter* 


1  *  Litt.  ann.  1630. 

2  *  Sbb.  1632. 

3  *@bb.  1633. 

*  *@bb.  1634.  —  $ic  Cbern  waren :  Safp. 


93ranbi§,  1629;  Dtart.  §erting,  1631;  ffltattf) 
SatcoDen,  1633. 

5  “'Litt.  ann.  1630. 

7  *ßbb.  1633. 


6  *®bb.  1632. 


128 


Stoeited  Kapitel.  $ic  rtieberrfjeinifdje  fßroüins. 


ritfjten  nun  in  unserer  Sßoljnung,  aber  nur  einige  inenige,  bereu  ©Itern  eg  eben 
megen  ihrer  2öoI)ltütigfeit  nid)t  gut  abgefcfjlagen  merben  fonute."1  ÜJüt  ber  ©in« 
nähme  9JZinben§,  ein  ^atjr  später,  hörte  jebod)  auc§  biefe  Sätigfeit  für  Jameln  auf. 

Sie  Diieberlaffung,  für  bie  Silit)  fiel)  gang  befonberg  intereffierte,  tnar  ©tabe, 
bag  er  Slnfang  1628  erobert  ^atte.  9lm  31.  Sluguft  1628  fdjrieb  Silit)  üon  ©tabe 
an  ben  föaifer,  e§  feien  Sefjrer  unb  ißrebiger  nottoenbig  für  bie  ®onüerfion,  „bagu 
bie  Vürgerfdfaft  nid)t  übel  infliniert".  (Sr  bittet  bie  @ottegf)üufer  utriusque  sexus, 
bie  feist  profanem  ©ebraud)  bienten,  ben  Patres  Societatis  gugueignen,  bamit  fie 
ein  ^odeg  errichteten,  mag  aud)  für  ÜDJinben,  Siineburg  unb  Verben  münfdfengmert 
fei.  Safür  füllten  üor  anbern  ben  Qefuiten  bie  üerlaffenen  ^irdfengüter  cittgeräumt 
tnerben.  ©djliefjlid)  erfud)te  er  utn  Sluftrag  unb  ©emalt,  bie  Loca  sacra  gu 
apprel)enbieren  unb  ben  $ßatre§  Societatis  lesu  eingurättmen2.  2lm  26.  Oftober 
1628  [teilte  SiHp  bem  ftaifer  üon  neuem  üor,  bag  befte  fei,  in  ©tabe  ^efuiten 
eittguführen3.  3n  Prüfen  forberte  Silit)  beit  ^rooingial  Vaüing  auf,  nad) 
©tabe  gu  fontmen.  9lm  27.  97oüember  1628  traf  Vaüing  in  ©tabe  ein,  alg  Silit) 
gerabe  gmei  Sage  üorf)er  fid)  nad)  Sßeugenburg  in  äftecflenburg  ju  SBaHenftein 
begeben  hatte,  ©leich  nad)  feiner  9iüdfef)r  eröffnete  SiHt)  (am  3.  Segember)  bem 
^ßroüingial,  rnarutn  er  ipn  bie  meite  Steife  üon  ber  üDtofel  an  bie  ©Ibe  l)abe 
machen  laffen,  nämlich  um  mit  il)tn  megen  einer  Sßieberlaffung  in  ©tabe  gu  unter« 
panbeln,  üon  roo  au§  bie  Sßatreg  bag  gange  ©Ibgebiet  befugen  füllten.  SBegen  ber 
ÜDtittel  für  bie  ©rünbung  eine»  Äollegg  fjabe  er  an  ben  ißapft  unb  ben  Saifer 
gefd)tieben;  er  ertuarte  eine  günftige  Slntmort.  ©obalb  alg  möglich  füllte  eine  9ieft« 
beng  für  neun  ober  gel)n  Sßerfonen  begonnen  tnerben,  er  (Silit))  tuerbe  big  gur  $un« 
bation  für  ben  Unterhalt  forgett.  Ser  ^roüinjial  üerfprad),  einftraeilen  gmei  SÜtiffionäre 
gu  fenben.  Sieg  berichtete  Vaüing  am  20.  Segember  1628  an  ben  ©eneral4.  Qn 
einem  fpäteren  Vericfjt  üom  $uni  1629  fdfreibt  er  üon  ©tabe:  „©tabe,  eine  fefte 
unb  fd)öne  ©tabt  beg  ©rgbigtumg  Vremett,  Iüo  mit  bem  Sutfjertum  nod)  bie  üer« 
fdjiebenen  ^rrlelfren  gemifd)t  finb,  melcfje  üon  englifcffen  unb  frangöfifdjen  pugenot* 
tifchen  ^aufleuten  bortpin  gebrad)t  mürben,  mirb  nad)  Vertreibung  beg  Sänenfönigg 
üon  Silit)  felbft  befept  gehalten.  ©r  bemüfjt  fidh  fef)r,  baff  unfere  @efellfd)aft  megen 
ber  günftigen  ©elegenffeit,  ßfjrifti  ©ad)e  gu  förbern,  bort  feften  g-ufj  faffe.  Stuf 
feine  ©inlabung  finb  bal)er  in  biefem  ^al)re  Slnfang  £Ocär§  gmei  ^atre§  bortfjin  ge« 
fanbt,  meld)e  üon  ihm  gefdjüpt  unb  and)  unterhalten  merben,  big  er  üom  9lpoftoIifd)en 
©tuljle  aug  ben  reichen  ®ircf)engütern  beg  ©rgbigtumg  (Vrernen)  eine  Stiftung  ermirft 
Ijabe.  Sie  fßatreg  ha&en  mit  d)ren  $rebigten  unb  priüaten  Untermeifungen  fdfjon 
jept  einen  gliidlidhen  Slnfang  gemad)t  unb  einige  gebilbete  äRänner  gur  fatl)olifd)en 
£ird)e  gurüdgefül)rt."5 

9lm  1.  Februar  1629  bebanfte  fid)  Silit)  bei  bem  föaifer,  baff  er  feinen  Vor« 
fdjlag  megen  ber  Qefuiten  angenommen.  Sr  fd)lug  für  bie  ©rricf)iung  ber  Qefuitcn« 
follegiett  in  Siineburg,  Verben  unb  ©tabe  beftimmte  ©infiinfte  üor;  für  ©tabe 
füllte  bag  Älofter  ^immelpforte  üermanbt  merben6.  ©nbe  9?oüember  1629  er« 


1  *  Litt.  ann.  Mind.  1633.  —  ®ie  Obern 
tüctreu:  SHtfjmar  §acfenberg,  1G30;  Sdtottt). 
Kokotten,  1632. 

2  *  Original  in  SBien,  Staatgardjib,  9teid)3« 

fanslei,  9teIigion§aften  9tr  33.  33gt.  tppcu 

an  ben  Kaifer,  22.  Slug.  1629,  a.  a.  0.  9fr  35. 

3  *Originat  in  SBien,  ©taat^ardjiü,  tHeid)'?« 
Ijofrat,  Jes.  116. 

4  93erid)t  93aning§,  bat.  9JJiinfter,  20.  2>es. 

1628,  an  S?itetleäd)i.  *  Kopie  in  9tom,  Arch. 


d.  Propaganda,  Lettere  d.  Germania,  vol.  LVII, 
f.  119  f.  8iteffe§d)i  banft  am  27.  San.  1623 
für  ben  Seridjt,  er  tuerbe  beitfelbett  ben  Kar« 
binäten  ber  Sßropaganba  übergeben.  *  0rig.=9{cg. 
Ad  Rhen. 

5  *  Narratio  compendiosa.  93g[.  hierüber 
*  ißitetteSdji  an  Saning,  5.  San.  1630  u.  10.  9)tai 
1731.  örig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

6  *  Original  in  28ien,  ®taat§ard)io  a.  a.  0. 


Dlieberlaffungen  im  92orben:  fülinben. 


129 


fdjieneit  bie  faiferlidfen  £ommiffare,  um  ba§  Üieftitutionlebilt  bort  au§jufüf)ren. 
21nt  30.  9?oüember  1629  fc^rieb  STiHt)  an  Saniormaini,  eS  fei  für  bie  SSieber- 
fierfteHung  ber  fatholifcfjen  Religion  in  «Stabe  ba§  befte,  menn  ber  ißapft  bie  Äirdjen, 
aber  ofjne  bie  iJSfarrlaftett,  ben  Qefuiten  iibermeife1.  Unb  am  17.  $>e$ember  1629 
befürmortete  gürftbifdjof  fyranj  SBilljelm  feljr  einbringlicf)  bie  ©ritnbung  eines 
QefuitenfollegS  in  «Stabe  als  ©tüftpunft  für  bie  SBieber^erfteUung  ber  latfjolifcfjen 
^Religion  in  ber  SDiöjefe  Bremen2.  ®ie  ^efniten  erhielten  bie  ^ßfarrfirdje  ©t  2Bide» 
Ijabi  nebft  ber  anftoffenben  SBofjnung  unb  jum  Unterhalt  bie  ehemaligen  ÜRonnenflöfter 
SReuenmalbe  unb  §inimelpforten  im  (ErjbiStum  öremen.  (ES  tarnen  nun  ju  ben 
jtoei  patres  noch  §toei  9Ragiftri  mit  einem  Saienbruber,  unb  fofort  begann  bie 
(Eröffnung  einer  Schule.  „®odf 
bie  Hoffnung  auf  einen  SBechfel 
be§  ®riegSglüdeS",  fo  lautet 
ber  öeridft  oon  1630 3,  „er* 
fcfjmerte  bie  ^ortfdfritte  un= 
gemein. . . .  ®aS  SBüten  ber 
^rebiger  unb  bie  Slbneigung 
beS  2J?agiftrat§  üerhinberten 
eS,  baff  bie  öürger  in  größerer 
Babl  frei  ju  unS  fommeit 
tonnten.  9tur  jtoei  Familien 
fefjrten  jur  fatf)olifd)en  Äirdfe 
jurüd.  .  .  .  SDer  21uSfalI  ift 
freilief)  auch  eifert  frui‘«h  bk 
(Srfolge  bei  ber  öefatjung, 
oon  ber  300,  barunter  21belige 
unb  £)auptleute,  ben  fatlfoli* 
fdjen  ©lauben  angenommen 
haben."  blieb  bie  Sage 

in  ber  ^olgejeit:  groffe  Er¬ 
folge  bei  ben  ©olbaten,  ge* 
ringe  bei  ben  öürgern,  bis 
im  Qaljre  1632  bie  lieber* 
laffung  raieber  unterging.  21m 
25.  2lpril  1632  mar  nämlich 
ber  ©eneral  ^Oppenheim  nad) 

(Entfettung  ber  fchon  mehrere 
2Ronate  oon  ben  ©chmeben 
belagerten  ©tabt  eingerüdt  unb  fjatte  bann  brei  Söodjen  fpäter  bie  tapfere  öefaftung 
jur  öerftärfung  feines  (peereS  mitgenommen.  ü)Jcit  ben  Struppen  mußten  auch  &ie  Qe= 
fuiten,  bie  mit  biefen  ben  nötigen  ©djufj  oerloren  hotten,  bie  ©tabt  oerlaffen.  „hierbei 
nun",  fo  fügt  ber  öeridft  an,  „geigte  eS  fid)  jum  erftenmaf,  mie  fehr  bie  Siebe  jur 
fatholifcfjen  ßirdje  unb  gu  nuferer  ©efeflfdjaft  in  ben  §erjen  ber  Seute  SBurjel  ge* 
fchlagen  unb  fid)  entmidelt  holte;  beim  oielen  ftanben  bie  Stränert  in  ben  2lugen, 


SoljanntS  2feiclac3  oon  Silit). 

Stid)  oon  SucaS  Silian  1621  (5/8). 


1  *  Original  911.  91.  Jes.  329.  Qu  einem 

©utadjten  für  beit  $aifer  (20.  San.  1630)  fprad) 
fid)  Samormaini  für  Surdjfüljrung  be§  fReftitu* 
tion3ebifte3  in  Stabe  ati§.  *  Original  in  SBien, 
Staat3ard)io,  fReidjätjofrat,  Jes.  113. 

®  uljr,  ©cf(i)icf)te  ber  3e|ui4en.  II. 


2  *  Arch.  Vatic. ,  Nunziatura  di  Colonia 
1 1  vol.  XII.  $ie  baju  gehörige  Descriptio 
Bremensis  Archiepiscopatus  in  Barb.  Lat. 
6202. 

c  *  Litt  ann.  1630. 


9 


130 


3weite§  Äapitel.  2de  niebcrrfjeinifcbe  fßrobins. 


unb  fie  faxten  offen,  bafj  fie  ben  216§ug  ber  Unfrigen  bebauerten,  ba  fie  je|t  ben 
geplanten  Übertritt  jur  fatfjolifcfjen  ®irdje  nicfjt  au§fiif)ren  fönnten. . . .  Sine  ganje 
©djar  Bürger  bezeigte  unS  nodj  ifjren  Sauf  bafür,  bafj  fie  burdj  unfere  Vermittlung 
oor  ©ematttätigfeiten  unb  jßtünberung  feiteng  ber  abjiefjenben  ©otbaten  bemafjrt  ge¬ 
blieben  mären.  (Sinige  ißroteftanten  bemafjren  unS  aud)  je|t  nodj  ifjre  Sreue,  inbem 
fie  ungeadjtet  ber  angebrofjten  ^nnridjtung  unb  ©ütereinjiefjung  unfere  Sachen,  bie 
mir  ifjnen  in  Vermähr  gegeben  Ratten,  nicfjt  oerraten."1 

üßieberfjott  unb  in  ber  bringenbften  Söeife  fjatte  Sifftj  Stnfang  Sejember  1628 
bem  ^rooinjiat  Vaoing  Verben  für  eine  Viebertaffung  ber  ^efuiten  anempfofjten. 
2tm  6.  Sejentber  1628  befudjte  Vaüing  Verben  unb  fanb  bie  «Stabt  atS  fefjt  ge¬ 
eignet  für  biefen  ßmed2.  „9t acfj  Verben",  fo  erjäfjten  bie  erften  ^afjregbriefe  über 
biefe  ©rünbung,  „tarn  ein  jßrtefter  nuferer  ©efetlfcfjaft  gugfeic^  mit  ben  Sruppen 
beg  ©eneratg  Silit)  im  $uni  1629.  ©ottegbienft  unb  ißrebigt  fjiett  er  in  ber 
ßottegiatfirdje  ©t  Stnbreag.  Vur  tangfam  jebocf;  ging  alteg  ooran.  ©rft  atg  ber 
$ürftf>ifdjof  ^ranj  SBilfjetm  Oon  Ognabrüd  (ber  nacf)  Slbfepung  be§  futfjerifdjen 
2fbminiftratorg,  eines  bänifdjen  jßrinjen,  aucfj  jutn  Vifdjof  oon  Verben  ernannt  mar) 
ba»  ViStum  (1.  Vfai  1630)  in  Vefip  genommen3,  bie  üßrebiger  überall  entfernt  unb 
mefjr  ißatreg  fjerbeigerufen  fjatte,  maren  bie  Arbeiten  and)  oon  größerem  (Srfotge 
begleitet." 4 

Sie  ^efuiten,  fünf  jßatreg  unb  ein  Saienbruber,  fodten  fofort  nid)t  btofj  in 
Verben,  fonbern  in  fämttidjen  Crtfdjaften  ber  ffeinen  SDiö^efe  bie  Vüdfüfjrung  jur 
fatfjotifdjen  &ird)e  in  bie  £>anb  nefjmen.  Über  bie  Slrbeit  fcfjrieb  ber  .fpilbegfjeimer 
Somprebiger  P.  Stuguft  Surrian  am  3.  $uti  1630  an  Vufaeitg:  „2üg  ber  gmrft- 
bifdjof  nacf)  ber  feiertidjen  ^nttjronifation  unb  ber  Veenbigung  ber  Siögefanfpnobe 
mieber  abreifte,  empfafjl  er  mir  befonberS  bie  Stabt  unb  ben  Sorn,  in  bem  idj  big 
fept  bie  jßrebigten  gehalten  fjatte.  ©ämttidje  Ortfdjaften  aufjerfjatb  ber  ©tobt  finb 
in  brei  Seite  geteilt  unb  merben  oon  brei  jßatreg  befudjt:  jmei  baoon  molfnen  auf 
bem  (bifdjöftidjen)  ©djtojj  Votenburg  unb  ber  britte  in  Verben,  oon  mo  er  feine 
©änge  unternimmt.  Sag  Votf  ift  freitnbficf)  unb  fügfam  unb  erft  feit  62  ^afjren 
oom  ©tauben  abgeirrt."5  Ser  fünfte  jßater  fjatte  in  ber  ©tabt  ben  Unterricht  mit 
ber  unterften  ©tjmnafiatffaffe  begonnen6. 

Siefe  Sätigfeit  bauerte  nicfjt  lange,  ©nbe  1631  er^äfjtt  ber  Veridjt:  „Unter 
großer  SVüfje  unb  2tnftrengung  maren  mir  in  mtb  aufjerfjatb  ber  ©tabt  tätig.  Sie 
©rfotge,  bie  jmar  in  fidj  gering  maren,  entfpradjen  bodj  üottauf  unfern  ©rmartungen. 
Vicfjt  menige  Seute  äußerten  ifjre  Zuneigung  §u  nuferer  Vefigion,  magten  aber  aug 
gurdjt  feine  meiteren  ©cfjritte  ju  tun.  ...  Sa  tarn  bie  Viebertage  bei  Seipüg  unb 
mit  ifjr  ganj  rafd)  ber  Untergang  unferer  Viebertaffung. . . .  2Bir  retteten  ung  teitg 
über  Vremen  unb  teitg  über  Votenburg  nadj  ©tabe,  oon  mo  mir  gegen  @nbe  beg 
Jfsafjreg  (1631)  mieber  nacf)  OSnabrüd  famen."7 

@iner  oon  ifjnen  mar  bei  feinen  Arbeiten  bag  Opfer  beg  ©eeteneiferg  gemorben : 
Sof).  Sfrnotbi,  geboren  am  24.  $uni  1596  ju  SEBarburg  unb  am  11.  Vooember  1617 
in  bie  ©efetlfcfjaft  $efu  eingetreten,  fjatte  feit  1629  jufamtnen  mit  bem  ©uperior 


1  *  Litt.  ann.  1632.  —  2)er  Obere  üon  ©tabe 
war  9Kattf).  talccwen,  1629—1632. 

2  *  SSaoing  an  $iteHe§d)i ,  20.  ®ej.  1628. 
9tom,  Arch.  d.  Propaganda,  Lettere  di  Germ. 
LVII  119. 

3  9täf)ere§  baritber  in  ber  eingetjenben  *Re- 

Jatio  (Hist.  Rhen.  221) ;  t>gl.  aud)  ©  o  I  b= 


fcfjmibt,  SBill).  b.  SGSartenberg  65  ff; 

gor  ft,  ijßolit.  Äorrcfponbenä  370. 

*  *  Litt.  ann.  1630.  5  *  Epp.  ad  Bus. 

6  *  Catal.  Rhen.  inf.  1631. 

7  *  Litt.  ann.  1631.  —  $ie  Obern  waren: 
£erb.  Sinfc,  1629—1631 ;  Sonr.  prangen,  1631; 
Ottmar  ®ranbil,  1631. 


«icbcrlaffungen  im  «orbeu :  «erben.  —  Stabe.  —  ©oliar. 


131 


P.  £inp  in  Serben  gemirft1.  „Unermüblicp  unb  ooll  apoftolifcpen  ($ifer§  öerfaf) 
er",  fo  lauten  bie  Seridjte  feiner  OrbenSmitbrüber  über  ihn,  „brei  Pfarreien: 
Siffelpöoebe,  Seuentirdjen  unb  ©cpneüerbingen,  eine  oon  ibjnen  fünf  ÜDfeiten  non 
Serben  entfernt,  Qleifjig  befudjte  er  fie,  ftärfer  an  ©eift  als  an  Körper.  SBeber 
bie  raupe  SBinterfälte,  uodj  bie  glüpenbe  ©ommerpipe,  nocp  bie  ©efapren  ber  Steife, 
nocp  fonftige  ©cpmierigfeiten  fdpienen  if)n  ju  §au§  galten  ju  fönnen.  Qm  Qapre  1630 
mar  er  einmal  überfallen  morben,  patte  ben  SJtantel  unb  ben  oon  einer  ®ugel  burdj= 
bohrten  (put  berloren  unb  nur  burcf)  bie  Qlucpt  fein  Seben  gerettet.  21IS  jefjt  jmei 
äRonate  naep  bem  ©iege  beS  ©djmebentönigS  über  bie  faiferlicpen  Gruppen  bei 
Seip^ig  audj  bie  Qefte  Sangmebel,  nalje  bei  Serben,  burd)  Serrat  ben  Qeinben  in 
bie  (pänbe  gefallen  mar  unb  alle  in  Serben,  OrbenSleute  unb  ©eiftlicpe,  bifcpöflidje 
Seande  unb  ©olbateu,  an  bie  Qludjt  bacpteu  —  benn  Serben  mar  opne  Sefeftigung  — , 
ba  glaubte  unfer  ißater,  feine  (perbe,  meldje  er  bistjer  burd)  Söort  unb  Seifpiel 
genährt  patte,  nod)  einmal  befudjen  51t  füllen  unb  alles  gut  in  Orbnung  51t 
bringen,  beoor  bie  mütenben  UriegSporbeit  fid)  überallhin  ergöffen.  Slrn  ÜDtartinStage 
(11.  Soüember)  fuhr  er  nadj  SaubeSfitte  auf  einem  SSageu,  ben  ein  ®nabe  lenfte, 
auS  ber  Pfarrei  (Siffelhöüebe)  jurüd.  @r  mar  ganj  allein;  benn  feinen  ftünbigen 
Segleiter,  einen  ©olbaten,  hatte  er  in  Serben  jurüdgelaffen,  bie  beiben  aus  ben 
Unfrigen  aber,  meldje  mit  ihm  gegangen  maren,  tags  gubor  an  einen  fiebern  Ort, 
nach  Sotenburg,  boraufgefanbt  unb  ben  ©atriftan  berabfehiebet.  Sluf  einmal  ftürjen 
bemaffnete  Sanbleute  —  mie  berichtet  mürbe,  bom  abgefe^ten,  proteftantifchen  fßrebiger 
beS  OrteS  gebungen  —  auf  ben  unfdjulbigen  ißater  loS,  reifen  ihn  bom  SSagen 
herunter,  fchlagen  ihm  mit  einer  Slpt  fo  auf  ®opf  unb  Sruft,  bafj  er  mie  tot  jufamntem 
brach-  Unb  als  er  mieber  ju  fidj  §u  fommen  fchien,  ba  50g  einer  ber  ÜDteucfjelmörber 
baS  fDteffer  unb  burepfdpnitt  ihm  bie  Ü'eple.  SDer  tnabe,  ben  man  borher  aufs  Sßferb 
gemorfen  unb  gur  Qludjt  genötigt  hatte,  tonnte  nur  bon  ferne  jufepauen.  ®ie 
Seiche  mürbe  bann  fämtlidjer  Kleiber  beraubt,  unb  ebenfo  mürben  bie  Meldje  unb 
übrigen  Ä'ircfiengeräte,  melche  ber  ißater  jur  ©idjerpeit  mit  fid)  genommen  tjatte, 
fomie  bie  ÜDtäntel  ber  OrbenSgenoffen  geraubt.  ®urdj  bie  Qürforge  beS  OrtSborfteherS 
mürbe  bann  bie  £eicpe,  fo  ehrenboll  eS  ging,  in  ber  ißfarrEird)e  beigefept.  ©0  hat 
benn  ber  Sßater  bie  Kirche  ju  Siffelhöüebe,  melche  er  fo  gtänjenb  auSgeftattet  hatte, 
biefeS  Qapr  1631  auch  nocp  3U  9u^er  £et3t  n^t  feinem  eigenen  Slute  fchmüden 
müffen."2 

®ie  (pauptnieberlaffung  ber  Qefuiten  im  nieberfaepfifepett  Greife  mar  für  bie 
alte  ßaiferftabt  ©oSlar  geplant.  2)en  Slnftofj  baju  patte ,  fdjeint  eS,  bie  Sage 
unb  Sefdpaffenpeit  ber  ©tabt  unb  ihre  grofje  föaifertreue  gegeben.  Über  bie  ©tabt 
unb  bie  «Stimmung  in  berfelben  peifjt  eS  in  einem  ffteifeberiept  beS  Ä’oblenjer  SettorS 
©erp.  Srapol  aus  bem  Qapre  1630:  „Sluf  ber  Südreife  (mit  bem  ©rafen  Qopann 
oon  Saffau-Siegen,  melcper  00m  §erjog  oon  grieblanb  naep  §alberftabt  gerufen  mar) 
tarnen  mir  (jmifdjen  bem  6.  bis  10.  Qauuar)  guerft  naep  ©oSlar.  2)ie  ©tabt  liegt 
im  SiStum  ^ilbeSpeim,  fie  jäplt  2500  Siirger  unb  befipt  ©ilbergruben,  berentmegen 
fie  augenblidlicp  beim  £'aifer  einen  fßroäefj  gegen  ben  ^erjog  oon  Sraunfcpmeig  füprt, 
melcper  biefelben  in  Sefip  genommen  pat.  SDer  ©raf  mürbe  eprenooll  empfangen 
unb,  als  er  ber  ©tabt  u.  a.  audj  bie  Südgabe  ber  ben  Südpoliten  entriffenen  tftirepen- 
giiter  anempfapl,  oerfpradj  eS  ber  SSagiftrat  fofort.  ©S  mar  ipm  audj  ernft  bainit 
gemeint;  benn  faum  patte  bie  (taiferlicpe)  tommiffion  ipre  Slnfunft  gemelbet,  ba 


1  * Catal.  Rhen.  1619  u.  1629.  ift  nod)  nid)t  er(ofd)en.  «gl.  £ag  ernennt, 

2  »Litt.  ann.  1631  unb  * Necrologia  Rhen.  @efd).  ber  «formen  in  SBarburg  II  (1904) 
inf.  1620-1700.  $a3  Stnbenfen  an  ben  «ater  102  ff. 


9* 


132 


3roeite3  Capitel.  2)ie  nieberrljeinifcbe  Slrobinj. 


Befaßt  ber  SD^agiftrat  fofort  ben  ißrebigern,  bem  Sßolfe  in  ber  ^Srebigt  bargutun,  baff 
bie  faiferlidje  gmrberung,  nmttad)  alle  ©üter,  meldje  nad)  bem  fßaffauer  Vertrag  ber 
$ircf)e  entriffen  feien,  gurlicferftattet  rnerben  müßten,  geredet  fei.  Sind)  feien  bie  95er* 
bienfte  beg  Staiferg  unt  bie  ©tobt  fo  groß,  bafj  ber  üftagiftrat  gemiHt  fei,  felbft  memt 
berfelbe  nod)  meljr  forbere,  tiod  unb  gong  gu  gehorchen.  Salb  barauf  (am  18.  Januar) 
erhielt  bie  ®ommiffioit  in  ber  £at  alleg,  mag  ber  $aifer  gemünfdjt  hatte."1 

£>ie  faiferlid)en  fö’ommiffare  unb  ber  )ßrotiingial  SBaoing,  ber  bie  Äommiffion  be> 
gleitet  hatte,  maren  halb  in  ihren  planen  einig.  ©oglar  füllte  ein  Qefuitennotiigiat 
für  meljr  alg  80  Königen  fomie  ein  ©pmnafium  nebft  Unitierfität  erhalten  unb  fomit 
bie  ißflangftätte  für  bie  tperanbilbung  ber  notmenbigen,  feelforglidjen  Kräfte  in  gang 
©adjfen  unb  SBeftfalen  rnerben.  2Weg  mürbe  mit  folgern  ©ifer  betrieben  unb  mit 
foldjer  BereitmiHigfeit  millfahrt,  bafj  üon  ber  ©tabt  fdjon  am  15.  ^uni  1630  bag  alte 
Äaiferljaug  nebft  gmei  ®omlurien,  auf  33efe^I  beg  ®aiferg  aber  am  19.  ©eptember 
ber  ®om  unb  bie  Sßräbenben  beg  eingeäfdjerten  fßeterftifteg  unb  ein  fjalbeg  ^aljr 
fpäter  nod)  bie  beiben  $löfter  Sööltingerobe  unb  ©ernrobe  ben  Qefuiten  übergeben 
mürben 2.  Stfur  ber  Orbenggeneral  P.  Bitellegcfji,  meldjer  öfter  ben  ißrotiingial  ge= 
mahnt  hatte,  „nicht  gu  fef)r  gu  eilen  unb  alleg  üorfjer  mit  feinen  ßonfultoren  forg= 
faltig  gu  überlegen"3,  Ijatte  immer  noch  gurüdfg  eh  alten  unb  gab  erft  nach  Slblauf 
eineg  tmllen  Qapreg  gu  ben  planen  feine  ßuftimmung.  „gütig  and)  Sro.  §ocpmürben 
unb  bie  £onfultoren",  fo  fdjrieb  er  am  22.  Februar  1631  au  ben  neuen  ißrotiingial 
Seidel,  „ben  iß  lau  gfjrcg  Borgängerg  betreffg  ©rridjtung  eineg  9?otiigiateg  unb  eineg 
®ollegg  gu  ©oglar  billigen,  fo  habe  idj  nidjtg  metjr  eingumenben.  SDer  (pauptgrunb, 
megfjalb  mir  Bebenfen  fegten,  mar,  baff  bie  ©tabt  gu  meit  non  bem  eigentlichen 
SDüttelpunfte  ber  ißrotiing  entfernt  unb  begfjalb  für  ein  Uiotiigiat  meniger  paffenb  gu 
fein  fdjien;  bann  maren  mir  auch  tmn  einigen  ißatreg  aufmerffam  gemadjt,  baff  bie 
©tabt  für  ein  ®oUeg  unb  eine  Sllabemie  gu  menig  gefunb  fei.  Söenn  ($m.  ^odjmürben 
unb  bie  $onfultoren  alfo  anberg  bariiber  urteilen,  fo  pflidjte  id)  bereitmillig  bei." 

2Kit  ber  ©rridjtung  tion  9?otiigiat  unb  ©cfjule  ging  eg  nun  bodj  nicht  fo  fdjnell 
unb  gmar  aug  Mangel  an  ©elbmitteln.  9)?an  hatte  aber  ingmifcfjen  bie  feelforglidje 
Sätigfeit  begonnen  unb  nicht  ohne  Grrfolg.  ©in  ißater,  gof).  ®emp,  mar,  mie  eg 
fcpeint,  gleich  mit  ber  ßommiffion  am  18.  ganuar  1630  nach  ©oglar  gefommen; 
im  Saufe  beg  ©ommerg  mar  bie  gapl  auf  fed) §,  brei  ißatreg  unb  brei  Saienbrüber, 
tiermehrt  morben 4.  SDer  Sftagiftrat  hatte  burcf)  21nfd)lag  an  fämtlidjen  ®irdjentüren 
jeglidje  Befdjimpfung  unb  Belüftigung  ber  gefuiten  unter  ©träfe  tion  Werter  ober 
Slugmeifitng  tierboten5,  unb  bag  Bolf,  fo  fdjrieb  ber  ehemalige  tpilbegljeimer  Beitor 
Sluguft  Xurriait,  ift  tiiel  milliger  unb  freunblidjer  alg  hier  in  ^ilbegheim6.  Über 
bie  Arbeiten  unb  bie  gefamte  Sage  beridjtete  am  26.  Slpril  1631  ber  ©uperior 
©erl).  ©rapol  nach  Born:  „tpier  in  ©oglar  gehen  bie  ©adjeit  nicht  fcfjledft  ooran. 
SlUeg  mürbe  fogar  nach  SSunfd)  gehen,  meitn  nicht  bag  Ä'riegggetöfe  unb  immer  neu 
auftaudjenbe  SBirren  ben  gortfdjritt  ber  latholifdjen  Beligion  hinhielten.  ®ie  ©tabt, 


1  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  Sßgt.  C  I  o  p  p  e  n= 
bürg  in  ber  3eitfdt)r.  beä  §arsberein§  für 
@efd)ict)te  XXXIX  (1906)  153  ff. 

2  Cloppenburg  a.  a.  D.  156  f  160.  0. 
CIopp,  Sreiffigjäfjr.  Crieg  III  426  f. 

3  *  S3iteHe3cf)i  an  »atttng,  18.  fdtai  1630; 
Ogi.  6.  Stpril  unb  27.  ^uli  1630.  Orig.=fReg. 
Ad  Rhen.  inf. 

4  Cloppenburg  a.  a.  £.  155.  *Catal. 

Rhen.  inf.  1631.  ?(m  20.  fgebruar  1630  fdjrieb 

ber  3'ürftbifdjof  S-rans  SSil^elnt  au  ben  Cölner 


9Juittiu3  Suigi  Garafa :  In  Goslar  inducti 
sunt  Patres  S.  J.  duo  qui  divina  et  conciones 
in  primo  templo  SS.  Sim.  et  Iudae  peragerent 
quod  et  faciunt.  Ulic  oninino  Collegium 
constituendum  esset  eiusdem  Societatis  Pa- 
trum.  9iom,  Arch.  Yatic.,  Nunz.  di  Colonia 
I,  vol.  XII.  ÜBgl.  Barb.  Lat.  6202. 

6  *  Litt.  ann.  1630. 

6  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.,  3.  Sfuli  unb 
4.  Stob.  1630. 


9ticberlaffungeu  im  9?orbeu:  SJtagbeburg. 


133 


meldpe  bem  Inifer  fo  ergeben  unb  gubem  fd^ort  feit  100  ^apreit  lutperifcp  ift,  mirb 
nodj  nidjt  ^ur  21nnapme  beS  fatpolifdjen  ©laubenS  gebrängt.  ES  fönnen  eben  aud) 
bie  anbern  Stäbte,  trelcfje  rebellifdp  finb  ober  rtoren,  nodj  nidjt  gebrängt  n> erben. 
2öir  lepren  injmifcpen  bie  SBaprpeiten  nnferer  Religion  unb  paben  halb  japlreicpe,  batb 
toeniger  japlreidje  ßupörer,  festeres,  roeü  bie  ißrebiger  aufpaffen1.  Sei  ben  Bürgern 
fiepen  mir  in  großer  2ld)tung,  ben  ißrebigern  aber  finb  mir  ein  Sd)reden,  fo  baff 
fie  trop  ihrer  grofjen  ßapl  unS  menige,  nämlicf)  nur  brei  patres,  ängftlicp  meiben. 
28ir  treten  gonj  frei  unb  offen  auf  unb  miinfcpten  gern  mit  ifjnen  jufammenjutreffen. 
Sie  Sürger  erfenneit  an,  bafj  unfere  Religion  gut  unb  nur  burdj  bie  ißröbifanten, 
benen  nunmehr  baS  Sdjmäpen  unb  Serleumben  unterfagt  ift,  entftellt  fei.  Ser 
9Jiagiftrat  ermartet  baS  Enbe  ber  rebellifdjen  unb  ebenfalls  lutperifdjen  Stäbte  unb 
mirb  fiep  bann  leidjt  junt  Übertritt  bereit  finben,  mie  mir  perfönlicf)  fdjon  einige  ber 
einflitfjreidjften  DiatSperren  erflärt  fjaben.  Nötigung  märe  im  ^inblid  auf  bie  anbern 
Stäbte  in  ber  Sat  unangebracht;  nur  aufjerpalb  ber  «Stabt  merben  bie  Dörfer,  fomeit 
eS  nur  gef)t,  reformiert.  Slufjer  ber  ißrebigt  unb  ^atecpefe  in  ber  Stabt  Ijatten  mir 
fdjon  auf  brei  Drtfcpaften,  aus  meldjeit  in  biefem  SD^onat  bie  ißräbifanten  entfernt 
mürben,  fattjoüfcfien  ©otteSbienft.  Seiber  fönnen  f)ier  aus  Spränget  an  ben  notmenbigen 
Mitteln  nocp  nidjt  metjr  Seute  unterhalten  merben.  Sludj  fcpreitet  bie  Einrichtung 
beS  9ioüiäiateS  in  bem  ®aiferpaufe  megen  beS  fpärlicp  fliefjenben  ©elbeS  langfant 
ooran.  .  .  .  Sie  Einfünfte  bei  St  ißeterftifteS  finb  teils  öeräufjert,  teils  geraubt,  teils 
ungerecptermeife  uns  noch  borenthalten.  Sie  Sänbereieit  liegen  berroüftet  unb  unbebaut 
ba.  SaS  ehemalige  grauenflofter  ÜBöItingerobe,  meines  uns  in  ber  gaftenjeit  (am 
28.  9Kärj)  übermiefen  mürbe,  ift  ebenfalls  ftarf  oermüftet  unb  auSgeplünbert.  Slucfj 
Ijaben  bie  lutherifdjen  Sermalter  bie  ©üter  fdjmer  gefchäbigt. . . .  ÜDüt  ber  Seaderung 
einiger  Sänbereien  ift  aber  fdjon  mieber  angefangen." 2 

Socp  alle  Arbeiten  unb  Hoffnungen  fanben  halb  ein  jäl)eS  Enbe.  92ad)  ber 
Schlacht  bei  Sreitenfelb  (Segember  1631)  fam  ein  fdjmebifcher  Hauptmann  in  bie 
Stabt  unb  forberte  u.  a.  bie  SluSlieferung  ber  Qefuiten.  Ser  SJlagiftrat  oermeigerte 
eS,  biefelben  feien  üom  ®aifer  gefcpidt.  211S  aber  bie  Sage  in  ber  Stabt  immer 
uitfidjerer  mürbe  unb  fcpliefjlid)  aud)  ber  mofjlgefinnte  flftagiftrat  feinen  9?at  niepr 
muffte,  oerliefjen  am  Sage  öor  äöeipnacpten  jmei  patres  unb  ein  Saienbruber  fjeimlidj 
bie  Stabt,  mäprenb  ein  fßater  unb  brei  Saienbrüber  jum  Scpup  ber  Habe  noch 
jurüdblieben3.  Ob  biefe  noch  am  2-1.  Januar  1632,  als  ©oSlar  non  ben  Sdjmeben 
befept  mürbe,  in  ber  Stabt  mären  unb  bie  „greulichen"  ÜDüfjpanblungen  feitenS  ber 
Sdjmeben  ju  erbulben  patten,  oon  benen  eine  ©oSlarer  gantiliencpronif  bericptet4, 
fonnte  nicpt  näper  feftgeftellt  merben.  ^ebenfalls  mar  eS  mit  ber  9cieberlaffung  für 
immer  aus. 

Slucp  in  ber  SDiagbeburger  Siojefe  fdjien  fidj  eine  auSgebepnte  Sätigfeit  ben 
3efuiten  öffnen  ju  raollen.  ES  maren  Kollegien  für  fie  ju  Halle  a.  <S.  unb  ju  ÜRagbe» 
bürg  geplant.  Über  elfteres  patte  P.  Sluguft  Surrian  am  3.  ^uli  1630  an  SufaeuS 
gefcprieben:  „Ser  Slbminiftrator  oon  SJJagbeburg  unb  Halberftabt,  Herr  SUletternicp, 


1  tpeinecciuS  (Antiquitates  Goslar.)  flogt, 
baff  au  f )ofjen  gefttagen  bie  eoangetifdjen  ®it= 
cpen  faft  leer  gewefen  mären  (Cloppenburg 
a.  a.  0.  160).  33gl.  autf)  *  Litt.  ann.  1630. 

2  ‘Original  in  Epp.  ad  Bus.  $a§  Caifer* 
t)au§  war  fefjr  gerfatten  unb  muffte  teitmeife 
abgeriffen  unb  neu  gebaut  werben.  $er  93au 

würbe  im  tperbft  1630  begonnen.  *  Litt.  ann. 

1631.  9Mtette3d)i  fepreibt  am  16.  9toöember 


1630  an  ben  tßroüinäial  SSabing:  De  Gos- 
lariensi  domicilio  cuius  hic  novam  ideam 
curavi  delineari,  sitne  nempe  illud  Collegio 
an  Novitiatui  aptandum  et  an  ibidem  Aca- 
demia  seu  Universitas  erigenda  .  .  .  exspec- 
tabo  iudicium  successoris  R.  V.  0rig.’91eg. 
Ad  Rhen.  inf.  9$gt.  93iteKegrf)i  an  D'Jicfel,  25.  San. 
1631.  3  *  Litt.  ann.  1631. 

4  $gl.  Cloppenburg  a.  a.  0.  165. 


134 


3tt>eite§  Kapitel.  Sie  nieberrl)einifcf)e  $roDin,v 


ttntt  gleid^  nacp  feiner  Dliicffepr  üom  OteicpStag  ju  9legenSburg  mit  ber  ^Reformation 
beiber  SDiögefen  beginnen.  ©r  gebenft,  baS  ®ofteg  ju  £>alle  unb  bie  (Eröffnung  ber  Sdputen 
um  ©t  ÜJRicpaet  (29.  September)  perum  beginnen  gu  taffen1,  ^m  §erbft  1630  maren 
audp  jmei  patres,  SRarfuS  Sloet  unb  ß'afpar  SBittpeim,  bortpin  gefanbt  morben2. 
®ocp  mupten  fie  fcpon  im  micpften  .Qapre  nacp  bem  Siege  ber  Sdpmeben  bei 
Sreitenfetb  bie  Stabt  mieber  üertaffen.  9lacp  SRagbeburg  felbft,  mo  nacp  ber  @r= 
oberung  ber  Stabt  burdp  Xittp  ber  faifertidpe  Stattpatter  ©raf  ÜDlanSfetb  ben 
Qefuiten  unter  bem  4.  Quni  1631  einen  ^tap  für  bie  ©rridptung  beS  $oflegS  an» 
gemiejen  patte 3 4,  fcpeint  fein  Qefuit  mepr  gefanbt  roorben  ju  fein. 

3u  ben  Stabten,  bie  S£iHp  bem  i^rooin^iat  23aüing  befonberS  anempfapt,  ge» 
pören  audp  bie  fpanfeftäbte  Hamburg,  Bremen,  Sübedf.  Seit  1597  patten  einjetne 
^efuiten  in  Hamburg  »Sttton  a  gemirft*.  5DaS  neue  ^aprpunbert  bropte  ber  jungen 
9ciebertaffung  eine  trübe  ßufunft  ju  bringen.  3a^re  1601  mar  ©raf  Stbolf 
üon  Scpauenburg  geftorben  unb  oon  feinem  23ruber  unb  SRadpfotger,  bem  ©rafen 
©rnft,  fcpien  baS  ©cptimmfte  ju  bropen5.  ®ie  fatpotifcpen  ßaufteute  Hamburgs, 
Stteffanbro  9tocpa  an  ber  ©pipe,  boten  aCte§  auf,  ben  neuen  Siegenten  31t  geminnen. 
Sie  manbten  fidp  um  gürfpradpe  an  ben  ®aifer,  bie  fatpotifcpen  ^urfiirften,  felbft 
an  ben  Sänenfönig  ©priftian  IV.  Studp  ipre  eigenen  ÜRadptmittet,  baS  ©etb,  fparten 
fie  nicpt.  $on  ben  Qefuiten  mürbe  ebenfalls  eifrig  gearbeitet,  namentticp  bei  einem 
greunbe  beS  ©rafen,  bem  ©rafeit  Qopann  oon  OftfrieSIanb  unb  Slietberg  6.  ®iefe 
Semüpungen  patten  ©rfotg.  ©raf  ©rnft  üertängerte  nicpt  nur  bie  ©rtaubniS  ber 
freien  ÜletigionSübung  ju  Stttona,  fonbern  geftattete  audp,  mepr  ©runbbefip  ju  er» 
merben,  ein  gröpereS  §auS  gu  bauen  unb  fetbft  eine  Sdpute  gu  eröffnen,  aber  nur 
für  ßittber  bon  ®atpolifen.  Unüermeitt  begann  man,  fiep  biefe  Sergünftigungen 
ju  nupe  ju  maepen.  £anb  mürbe  gteiep  angefauft,  ber  ÜReubau  eines  geräumigen, 
hoppelt  fo  gropen  £>aufeS  fepon  im  3af)re  1602  begonnen  unb  bie  Sdpute  Oftern 
1603  eröffnet,  fyür  biefetbe  marb  gteicp^eitig  üon  einer  fatpotifcpen  SBitme  in  einem 
9cacpbarpauS  ein  fteineS  ßonüift  eingeridptet7. 

Scpon  nadp  einem  patben  .Qapre,  ®nbe  1603,  beridpteten  bie  Qefuiten  üon  ber 
neuen  Sdpute:  „®ie  ©dpüter  paben  in  biefem  erften  patben  Qapre  fotdpe  gortfdpritte 
gemaept,  bap  fie  ju  Söeipnacpten  fdpon  S)iatoge  öffenttidp  patten  fonnten.  So  an» 
giepenb  mürben  üon  ipnen  bie  Wirten  ju  93etptepem  bargeftettt,  bap  alte  ßufdpauer 
bie  ©emanbtpeit  ber  ©dpüter,  üon  benen  ber  ättefte  faum  mepr  atS  fieben  ^apre 
gäptt,  bemunberten.  dreimal  mupte  bie  Stuffüprung  mieberpott  merben,  jebeSmat 
in  ©egenmart  üieter  Seute  aitS  Hamburg  unb  Sfttona.  3Ran  brängt  uns  gar,  baS 
Stüdf  nodp  ein  üierteS  9Rat  üorfiipren  ju  taffen.  2öir  erpoffen  beSpatb  Hebung  unb 
nicpt  geringes  SBacpStum  unferer  Sdpute."8 

Sie  feelforglicpen  Arbeiten  erftredften  fiep  nicpt  nur  auf  anfäffige  föatpotifen, 
fonbern  audp  auf  bie  üieten  $remben,  metdpe  naep  Hamburg  famen.  „9cidpt  fetten 
§äptt  man",  fo  fagt  eine  SDenffcprift  auS  bem  3äpre  1605,  „an  1000  ©eget  auf 
ber  Oleebe  üon  Stttona,  Scpiffe  ber  üerfdpiebenften  Nationen:  3tfl0euer,  Spanier, 


1  *  Original  in  Epp.  ad  Bus. 

2  *  Catal.  Rhen.  inf.  1631  f. 

3  *  Sie  Urfnnbe  bei  R  e  i  f  f  e  n  b  e  r  g  II  Man- 
tissa;  ügl.  aud)  ebb.  ben  Sörief  be3  P.  Sol). 
9JIauritiu§,  be3  93eid)tbater§  Sitlt)3,  bat.  9)Iagbe-- 
burg,  28.  9Jtai  1631. 

4  33b  I,  432  ff. 

5  Sas?  golgeitbe  nad)  Streit berg,  2IUona 

(1893)  12  f.  Litt.  ann.  1601,  630  f;  1602, 

581  f. 


6  3$gL  bie  *  33riefe  3lquabiüa§  an  ben  fReftor 
P.  Jammer  p  ^pilbeSfjeint.  *  Drig.»9teg.  Ad 
Rhen. 

7  9Iad)  ben  Litt.  ann.  1603  ff.  2tud)  für  ba>3 
fyotgenbe. 

8  Litt.  ann.  1603,  578.  ben  3af)re3» 
berichten  über  1608  ^ei§t  e§  üon  ber  ©djule: 
Praeter  Latinam  linguam  et  Graecam  tradi- 
mus  etiam  vernaculam  cum  rudi  aliqua  cogni- 
tione  Aritlimetices. 


Stieberlaffuttgen  im  Storben:  §amburg=9ütona. 


135 


^ortugiefen,  grattgofen,  fylamlänber,  ©nglänber,  ©Rotten,  unb  felbft  aug  Qnbien. 
Unter  beit  Seuten  befinben  fid)  Diele  Katf)olifen,  meldje  menigfteng  ben  STroft  haben, 
f)ier  bequem  bie  ^eilige  SDZeffe  fjören  ober  beichten  gu  fönnen  unb  2roft  unb  Veiftanb 
ju  finben,  trenn  ber  Hob  fie  hier  ereilt."  1 

2>ie  (Erfolge  maren  gmar  nicfjt  bebeutenb.  Sin  Kommunionen  §äf)lte  man 
im  Qafjre  1602  150,  im  ^al)re  1603  216  unb  im  Qahre  1607  242.  $>ie  gab! 
ber  Konrertiten  betrug  im  ^afjre  1602  6,  int  ^afire  1607  8,  im  ^afjre  1611  7. 
(Gleidjmoljl  legte  man  biefer  DZieberlaffung,  mochte  fie  auch  augenblicklich  geringe 
Srfolge  auftreifett,  he>he  Vebeutung  bei.  „Vlofj  an  biefe  Vieberlaffuitg  erinnert  gu 
trerben",  fo  fdjricb  am  3.  gebruar  1607  Slquarira  an  ben  ©uperior  ^einricf)  Diener, 
„toedt  in  ung  grofje  greube;  bentt  mir  fe^en,  bajj  alleg,  toie  menig  eg  aud)  fein 
mag,  mag  auf  bem  fo  reröbeten  unb  bürren  Slder  geerntet  roirb,  nur  einer  gang 
großen  unb  befonbern  £mlb  (Gotteg  gu  oerbanfen  ift.  Um  fo  freubiger  fönnen  besljalb 
@m.  Imdjmiirben  unter  ben  Arbeiten  unb  ©dnrierigfeiten  augljarren  unb  ber  gurerficf)t= 
licken  Hoffnung  fein,  baff  mir  einmal  mit  ^rofjloden  ernten  merben,  mag  jept  in 
Xränett  gefät  rairb.  Paffen  @ro.  tpodjmürben  fiep  feine  (Gelegenheit  entgehen,  ung 
über  bie  Sage  ber  Unfrigen  unb  bie  ©rfolge  ihrer  Sätigfeit  ftänbig  auf  bem  laufenben 
gu  holten;  bentt  menn  audh  berartige  Diadjrichten  ung  überallher  lieb  finb,  fo  haben 
mir  bod)  ein  gang  befonbereg  Verlangen  nadj  folgen  über  biefe  Vieberlaffung." 2 

Diodj  in  anberer  SBeife  geigte  halb  Slquarira,  meldje  Meinung  er  ron  ber  SBichtig- 
feit  ber  Slltonaer  DZieberlaffung  hegte.  $m  ^apre  1607  hatte  man  mit  grofjer  DJlühe 
ront  (Grafen  bie  Verlängerung  ber  freien  Veligiongübung  auf  20  ^apre  erlangt. 
„Qefd,  mo  id)  biefeg  fdjreibe",  fo  berichtete  barüber  deiner  (Sgnope  an  ©teile  beg  ab= 
mefenbett  ©uperiorg  Dieöer  unter  bem  5.  ^uni  1607  au  Slqitarira,  „bringt  tperr 
Vodja  bag  ^nbult  beg  (Grafen,  moburep  bie  Slugübitng  ber  Veligion,  Haltung  ber 
©chule  unb  bie  gemünfepten  Immunitäten  auf  20  ^apre  gemährt  merben  gegen  eine 
jährliche  Slbgabe  ron  100  ®ufaten. . . .  @m.  tpoepmürben  feljen,  mie  riele  unb  grojje 
Sllmofen  pier  öonnöten  finb,  unb  bagu  fommen  nod)  bie  Koften  für  bag  neu  gu  er= 
rieptenbe  (Gebäube."3  ®ie  Slufbringung  ber  notmenbigen  DJtittel  aber  mar  für  bie 
fatpolifcpen  Kaufleute  gu  Hamburg  —  eg  roaren  ihrer  nur  rier,  meldje  bafür 
forgten  — ,  fdjon  ror  fünf  fahren  überaug  fchmer  gemorben4.  ^ept  fepienen  bie 
erforberlicpen  Drittel  unerfdjminglicp  gu  merben.  ®a  griff  Slquarira  felbft  ein.  ©r 
oerhanbelte  mit  Karbinälen  gu  Vorn  unb  fonnte  halb  200  (Golbgulbett  gur  Verfügung 
fteHen5.  51m  4.  Dftober  1608  fdjrieb  er  an  ben  P.  DZerer,  baff  für  5lltona  ron  Vom 
aug  fünftig  jährlich  100  (Golbgulben  gezahlt  mürben. 

SDafj  man  bie  fleine  DZieberlaffung,  bie  biglang  aufjer  einem  Saienbruber  nur 
gmei  unb  feit  1608  brei  s$atreg  gählte,  nicht  gu  podj  einfdhä^te,  geigt  mohl  ber 
machfenbe  §a^  ber  $|3rebiger  in  Hamburg.  Qpre  unaufhörlichen  51nfeinbungen,  benen 
fcpliefjlid)  felbft  ber  ©enat  feinen  51rtn  lieh,  uturben  feit  1607  eine  ernfte  (Gefahr. 
2)ie  neue  Verlängerung  ber  freien  Veligiongübung  hatte  fie  mit  neuem  Qngrimm 
erfüllt6.  P.  DZeöer  fonnte  gmar  bie  Vieberlaffung  in  Slltoua  burd)  einen  faiferlichen 
©djupbrief  fchüpen,  ben  er  perfönlid)  in  ^rag  im  ^apre  1608  ermirft  hatte,  bie 


1  *Ragioni  ...  di  quanta  importanza  sia 
una  residenza  d’  alcuni  padri  della  Comp,  di 
Gesü  in  Altona.  Rhen.  inf.  Fund.  I  162  f  unb 
Arch.  Vatic.  Borgliese  II  448  ab,  f.  158  f. 

2  * £)rig.=fReg.  Ad  Rhen. 

3  ‘Original  in  Rhen.  inf.  Fund.  I  180.  Sgl. 
aud)  ©fjren&erg  a.  a.  D.  25  ff. 

4  Sgl.  ifjre  *  (Schreiben  Dom  24.  Slug.  1602 


unb  9.  Sun.  1603  (Rhen.  inf.  Fund.  I  179  ff) 
an  beutfdje  St'irdjeitfürfteu  tc.  unb  ®lemen3  VIII. 

5  *  Slquaüiba  an  Steuer,  31.  Suni  1608.  Ad 
Rhen. 

6  *P.  ©gnope  au  SlquaDiDa,  8.  Sunt  1607 
(Rhen.  inf.  Fund.  I  180 v).  (Sfjrntberg  a.  a.  Q. 
®reDe§,  ©efd).  ber  fatf)oI.  ©emeinbett  51t 
Hamburg  unb  SUtona2  (1866)  34  ff. 


136  3Weite§  Kapitel.  $ie  nicberrpeinifdje  Vroüins. 

fatpotifdfen  ^aufteute  in  Hamburg  aber  maren  meprtoS  unb  mußten  atteS  über  ficf) 
ergeben  raffen *.  Oer  reicpfte  unb  erfte  unter  ipnen,  bie  .fpauptftüpe  ber  SUebertaffung 
in  Stttona  unb  bie  Seele  non  altem,  ber  Florentiner  ®aufperr  9?od)a,  befam  ben 
©roll  ber  ^Srebiger  am  einfcfjneibenbften  gu  füllen.  Qm  Fflf)re  1609  mürbe  ipm  eine 
gang  bebeutenbe  Söarentabung  einfad)  meggenommen  unb  etrnaS  fpäter  fein  gefamter 
qpanbet  bradjgelegt.  ©etbft  fein  unb  ber  ©einen  Seben  mar  niept  mepr  ficfjer.  9?ur 
bie  unoergüglidje  Verlegung  feines  ©efcpäfteS  nad)  ©eoitta  tonnte  itjn  üor  oöttigem 
Ütuin  betoapren1 2. 

fö'aum  fjatte  fidj  ber  ©türm  ein  menig  mieber  gelegt,  ba  traf  üon  anberer  ©eite 
ein  fernerer  ©cptag  bie  SUebertaffung.  Oer  SD^üngmeifter  beS  ©rafen  ©rnft  tjatte 
fid)  feit  1611  empfinbticpe  ©ingriffe  in  bie  ©igentumSrecpte  ber  Fefuiten  erlaubt. 
Stquaoioa  tjatte  gteid)  anfangs  ben  P.  fetter  gemahnt,  fid^  gu  bemüpen,  ben  ©rafen 
fid)  geneigt  gu  ftimmen3.  ©cptieffticp  aber  f)atte  ber  ißater  bod)  in  feinem  SSefdjmerbe* 
fcpreiben  oom  23.  Slprit  1612  an  ben  ©rafen  geäußert:  mir  feinen  ©cpup 

gegen  fofcfje  gemalttätige  Übergriffe  erlangen  tonnen,  fo  motten  ©m.  (popeit  eS  nid)t 
übetnetjmen,  menn  mir,  falls  unfere  Obern  eS  geftatten,  anberSmopin  gieren,  mo  bie 
SanbeSfürften  freie  9WigionSübung  umfonft  gemäßen."4  Oie  testen  üertepenben 
SBorte  fcpeinen  ben  3orn  beS  ©rafen  erregt  gu  paben.  Stm  23.  ^uni  1612  erging 
an  bie  Qefuiten  ber  33efept,  innerhalb  14  Oagen  baS  Sanb  gu  oertaffen5. 

©o  enbigte  bie  üftiebertaffung  gu  Stttona.  ©teicpmopt  mürben  bie  ®atpotifen 
jept  üon  ben  ^efuiten  nictjt  im  ©ticp  getaffen.  „Sßenn  aucp  teiber",  fo  t)atte  halb 
nacpper,  am  8.  September  1612,  Stquaüioa  nad)  §itbeSpeim  gefd)rieben,  mopin  bie 
patres  gegogen  maren,  „bie  9Jiebertaffung  auf  Stnorbnung  beS  ©rafen  aufgetöft  ift, 
fo  poffen  mir,  baff  ißatreS  oon  bort  auS  ab  unb  gu  bie  ^atpotifen  befud)en  unb 
ipnen  SEroft  unb  §ilfe  bringen."6  Unb  bieS  ift  bann  aucf)  oon  .fpitbeSpeim  auS 
gefcpepen. 

Oie  Hamburger  ®atpotifen,  an  iprer  ©pipe  ber  Kaufmann  Slbonbio  ©omigtiano, 
mottten  aber  bie  ^efutten  für  ftänbig  mieber  gurüdpaben  unb  madjten  bieferfjatb 
grope  5tnftrengungen7.  Stm  8.  ÜHiärg  1614  fcprieb  Stquaüioa  an  P.  -gteinricp  9?ottpaufen, 
ber  in  ber  gmifcpengeit  päuftger  in  Hamburg  tätig  gemefen  mar:  „Oie  geftigfeit  ber 
Hamburger  Slatpotifen  in  iprem  ©tauben,  ipr  ©ifer  für  bie  9tetigion  unb  ipr  93er- 
langeit  nadj  ben  Unfrigen,  mie  eS  fiep  in  bem  Schreiben  berfelbeit  oom  28.  Oegember 
funbtut,  pat  unS  niept  menig  geriiprt.  ©ern  möd)ten  mir  nun  ipnen,  mo  fte  jeglidjer 
geifttiepen  §itfe  entbepren,  petfen.  Stöir  paben  beSpatb  an  unfere  patres  in  Spanien 
gefeprieben,  fie  möd)ten  ben  ®önig  um  fttüdfüprung  ber  Unfrigen  angepen.  Oer 
®önig  fönne  bieS  burdp  einen  33rief  an  ben  ®aifer  ober  noep  beffer  burep  ein  23e» 
fcfjmerbefcpreiben  an  bie  33ürgermeifter  üon  Hamburg  bemerfftettigen,  in  metepem  er 
mit  Sluftöfung  ber  ^anbetSüerträge  brope,  menn  fte  niept,  mie  fie  fritper  üerfiepert 
pätten8,  bie  Qefuiten  unb  bie  fatpotifd)e  ÜtetigionSiibung  bort  bulbeten  unb  biefe 


1  Vgl.  *  Slquabiüa  ait  9Jeüer,  21.  guni  1608 
unb  14.  Slpril  1609.  Ad  Rhen.  21ud)  ber  fpa= 
nifepe  ©efanbte  ßuniga  fcprieb  üon  iprag  am 
20.  fSejentber  1608  nacf)  Sftabrib  ju  ©unften 
ber  Stieberlaffung  in  Slltona.  *Arch.  Simancas 
Estado  2494. 

2  Vgl.  bie  *  Briefe  Slquaüioaö  an  Dteüer  unb 
fRocpa  feit  1609.  0rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

3  *  datiert  19.  fOtarj  1611.  Ad  Rhen.  21m 

3.  Februar  1611  inapnte  ber  Kölner  9tuntiu§ 

ben  P.  ffteber,  in  allen  Verfolgungen  au§p= 

parren  unb  ipm  mit^uteiten,  ob  in  ben  benadp 


barten  Orten  weitere  fOtiffioncn  erridjtet  werben 
tonnten.  *Registr.  litt.  Modena,  Bibi.  Est., 
Campori  Append.  9tr  652. 

4  Spreu berg,  Slltona  38  40  ff. 

5  (Sbb.  44  ff.  6  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

7  Vgl.  bie  *  Vriefe  ber  Orbenögenerale  an 
©omigliatto  unb  nad)  £>ilbeöpeim.  Ad  Rhen. 
1614. 

8  Vgl.  baju  *  Slquaüioa  an  ben  Vifitator 
P.  gerb.  Silber,  20.  ®ej.  1603  (Ad  Rhen.), 
unb  fßieper,  Sie  Vropaganba>Kongregation 
unb  bie  tiorbifdjen  SJliffionen  (1886)  16  27. 


üRieberlaffungen  im  fRorben:  &amburg=2Utona. 


137 


toieöer  guliefjen  unb  fdjiijjten."1  ®odj  blieben  alle  ©dEjritte  für  eine  böuernbe  lieber* 
laffung  erfolglos. 

©rft  bie  ©rünbung  ber  $ßropaganöa=fö'ongregation  (6.  Januar  1622)  unb  öaS 
oermeljrte  Qntereffe,  im  korben,  befonberS  in  ®änemarf  unb  ©djmeben,  bie  fatfjotifdfie 
Äircfje  mieberfjergufteden,  rnofür  in  erfter  Sinie  beutfcfje  unb  belgifdje  ^efuiten  in 
SluSficfjt  genommen  maren,  regte  audj  mieber  fräftig  ben  ©ebanfett  an  eine  ^lieber» 
laffung  in  Hamburg  an.  Slm  9.  $uli  1622  fc^rieb  23itedeSdji  an  ben  rfjeinifcfjen 
Sßroüingial  ßopper,  er  möge  möglidjft  halb  Seute  nadj  Hamburg  unb  Sübecf  fcfjicfen, 
o^ne  bie  ©rlaubntS  gur  SBieberaufridjtung  ber  alten  Sftieberlaffung  in  Slltona  ab» 
gumarten.  ©ie  fönnten  in  Söeltfleibern  in  aller  ©title  bie  Arbeiten  beginnen. 
Unterfunft  gu  Hamburg,  fo  habe  icb  früher  fdjon  erinnert,  ift  uns  oon  jemanb 
angeboten  unb  ebenfalls  ein  Üiaum  für  Slufftedung  eines  SlltareS.  SlfjnlidjeS  bürfte 
bei  etmaS  fleißiger  Utnfdjau  moljl  auch  in  Sübecf  gu  erreichen  fein2. 

Qngmifcfjen  mürbe  burdj  baS  eifrige  23emüljen  ber  $|Sropaganba»®ongregation  unb 
beS  päpftlicfjen  ÜJuntiuS  gu  $öln  nodf)  ©nbe  1622  oon  bent  neuen  ©rafen  oon  ©cfjaum» 
bürg,  QuftuS  Hermann,  freie  91eligionSübung  gu  Slltona  miebererfangt3.  ÜDlan  plante 
bort  bie  ©rricfjtung  eines  ©eminarS  für  £eranbilbung  oon  fßrieftern  für  ®änemarf 
unb  9?ormegen4.  SDodj  mußten  bie  beiben  ^efuiten,  Slnbr.  9?efen  unb  QuftuS  gifdjer, 
fdjon  am  $eft  ^eter  unb  ißaul  1623  unter  SebenSgefaljr  aus  Slltona  mieber  flüchten, 
©in  Srupp  fcfjmargoermummter  Leiter  fjatte  bie  ©laubigen  beim  ©otteSbienft  über» 
faden,  2  getötet,  26  oermunbet,  oon  benen  2  nodj  nadjfjer  ftarben,  unb  bie  übrigen 
fdjntäfjlidj  mifjfjanbelt,  bann  Slltar  unb  Mangel  gerftört,  bie  Silber  gerriffeit  unb  adeS 
geraubt. 

Slltona  blieb  nun  für  immer  aufgegeben5;  ber  Sinn  aber,  ben  fdjon  im  $af)re 
1603  ber  Sifitator  ^erbinanb  Silber6  unb  furg  oorfjer  ber  ^rooingtal  ©opper  an» 
geregt  fjatte,  ftatt  in  Slltona  in  Hamburg  felbft  eine  SZieberlaffung  gu  grünben,  mo 
ber  ©dfjup  beS  Königs  oon  Spanien  iljnen  gur  ©eite  ftefje  unb  ber  Siutjen  oiel 
größer  fei,  mürbe  nicf)t  aus  bent  Singe  gelaffen.  SitedeSdji  fjatte  fdjon  am  22.  Oftober 
1622  bent  ^rottingial  gefcfjrieben :  „®em  Sorfdfjlage  ©m.  ^jocfj mürben,  in  Hamburg 
felbft  einen  Söofjnftjj  gu  fudjen,  ftimme  idj  gang  unb  gar  bei.  SBenn  audj  gmei 
®ominifanerpatreS  fdjon  bort  meilen,  fo  gibt  eS  gmeifelloS  in  ber  fo  Oolfreicfjen  ©tabt 
meljr  Slrbeit,  als  bafj  gtoei  ^Sriefter  bafür  auSretcfjen.  @ro.  £>od)mürben  bürften  ben 
Slan  itidjt  aufgeben  aus  Mangel  an  Mitteln;  benn  im  äufjerften  $ade  mürbe  bie 
Sropaganba  gern  etmaS  besteuern."  Unb  als  iljm  halb  barauf  gemelbet  mürbe,  bafj 
audj  bie  ®atfjoIifen  Hamburgs  biefen  jßlan  gern  öermirflidjt  fiiljen,  fcfjrieb  er  oon 
neuem  am  8.  Quli  1623:  ,,©ro.  ^jodjtoürben  mögen  alfo  fefjen,  ob  ber  SBunfd)  erfüdt 
merben  fann.  9Jfan  fagte  mir,  baff  nacf)  Seenbigung  beS  Krieges  in  jenen  ©egenben, 


1  Ser  fpanifdje  ©taat^rat  öerfjanbelte  am 
22.  9Inguft  1614  über  eine  Senffdjrift  ber  Sa» 
tf)olifen  unb  ber  fpanifdjen  Saufleute  in  §am* 
bürg,  bie  fönten  batten  in  Slltona  über  jroanjig 
Satjre  Diel  ©utel  geroirft,  bie  gürfpradje  £pa= 
nien§  werbe  erbeten :  ber  ©taatSrat  orbnete  bie 

nötigen  ©cfjritte  an.  *  Original  in  Simancas 
Estado  2776.  Unter  bem  13.  Sejember  1614 

befiehlt  ber  £erpg  non  Serma  bem  ©taatSrat, 
ein  -ättemoranbum  be§  9tuntiu§  p  beraten  über 
bie  fötittel,  bie  patres  ber  ©efeUfdjaft  Sefu 
nad)  Hamburg  prüdpfüfjren.  Sa§  beiliegenbe 

SRemoranbum  be§  9?untiu§  befagt:  Sie  freie 

3tu§übung  ber  fatholifdjen  ^Religion  ift  feit  ber 

SScrtreibung  ber  ^efuiten  au§  Slltona  gefjinbert. 


Sie  Satljolifen  in  Hamburg  finb  gaitj  neriaffen 
unb  haben  fich  an  ben  $apft  um  Ipilfe  geinanbt. 
Ser  ißapft  fieljt  fein  anbereö  Sltittel  al§  bie 
Saätnifdjenfunft  beö  Sönigö  non  ©panien,  ber 
burd)  bie  §anbellbeäiehungen  bie  £amburger 
bap  bewegen  fönnte.  Simancas  Estado  2501, 
f.  146  f. 

2  *  Orig. »Steg.  Ad  Rhen. 

3  Pieper  a.  a.  O.  9  f. 

4  9i  a  n  f  e ,  Sie  römifcheit  fßäpfte  III,  9InI).  188. 
6  33efgifcf)e  ^efuiten  machten  jwar  1646/1647 

wieber  einige  Serfuche.  ®gl.  *  ßarrafa  an  ben 
ißroninsial  Otterftebt.  Ad  Rhen.  inf. 

6  »gl.  *  Ülquanina  an  Silber,  20.  Sej.  1603. 
Ad  Rhen.  175. 


138 


3meite3  Äapitel.  2>ie  nieberrf)einifd)e  ffkobins. 


jumat  bei  einem  Siege  ber  Äattjotifen,  in  Hamburg  fotuie  aucfj  in  Sübed,  äRagbeburg 
nnb  ^atberftabt  jroei  ober  menigfteng  ein  fßriefter  unserer  (55efeHfcf)aft  feinen  Sit* 
nehmen  fömtte  gum  Xrofte  ber  bort  nod)  tebenben  $att)otifen  unb  tiietfeicf)t  aud)  jur 
33ermef)rung  itjrer  3af)t.  $od)mürben  motten  atfo  fefjen,  mag  offne  ©efaljr  ge« 
fdfeljen  fann,  unb  eg  bann  mit  altem  ©ifer  ing  28er!  fefjen."1 

fRad)  fectfg  Qafjren,  nacf)  ben  Siegen  ber  faifertictjen  £>eere  über  bie  Stufrülfrer 
unb  fremben  ©inbringtinge,  tarn  ber  ^3tan  jur  Stugfülfrung  unb  jrnar  burd)  9J2it> 
mirfung  beg  ß’aiferg.  ©g  mürbe  Don  biefem  feit  1629,  mie  öier  $af)re  üortfer  megen 
ber  äufjerft  gefa^rüollen  Sage  eineg  fatlfotifdfjen  fßriefterg  in  ber  unbutbfamen  «Stabt 
üoit  ber  ^ropaganba«$ongregation  borgefdftagen  mar2,  ein  ftänbiger  ©efanbter  in 
Hamburg  gefjatten,  bei  metcfjem  ber  ^efuit  ofjne  ©efafjr  unb  Störung  mofjnen  unb 
©ottegbienft  Ratten  tonnte3.  (Sin  fjerüorragenber  ÜRiffionär  mar  üon  Sßiteüegd^i  fetbft 
fdjon  ein  ^at)r  borffer  für  biefen  fßoften  beftimmt  morben4,  P.  §einrid)  Scf)ad)t, 
ber  im  $at)re  1623  aud)  mit  ber  gefafjrbotlen  äRiffion  in  Sdjmeben  betraut  morben 
mar  unb  mit  @efct)id  unb  ©liid  in  Stodtfotm  gearbeitet  fjatte.  P.  Sdjacfjt  geigte  aud) 
in  Hamburg  mieber  fein  ©efd)id.  ®a  feiteng  beg  Senatg  ber  ßutritt  jum  ©efanbtfdfaftg« 
gottegbienfte  ben  Slattfotifen  oerboten  mar,  muffte  P.  Scf)ad)t  fud^en,  anbermeitig  bei 
ifjneit  tätig  ju  fein.  ÜIRefjrere  bornef)me  Protestanten,  3.  53.  einen  §errn  0.  Süt)om, 
jmei  S3rüber  beg  faifertidfen  ©efanbten  ü.  äRenjet,  eine  $rau  0.  fRanüom,  eine  §ot= 
fteinerin  b.  23urd)matbt,  gemanit  er  für  ben  fatf)otifd)ett  ©tauben.  „2Rit  großer  greube 

1) abe  id)",  fo  fdjrieb  iffrn  am  15.  9Rärj  1631  SSitettegdfi,  „in  bem  Briefe  @m.  £md)= 
mürben  00m  10.  Januar  oon  ben  ©rfotgen  bafetbft  trofj  fo  oieter  Scfimierigfeiten 
unb  ©efafjren  getefen.  $;df)  fef)e  baraug,  mieüiet  bort  geteiftet  merben  tonnte,  menn 
nur  metfr  Kräfte  borfjanbeit  mären  unb  mefjr  ^reitjeit  in  jenen  ©egenben  fjerrfdfte. . . . 

2) ie  großen  ©rfotge  jebodf),  metdfe  in  ben  testen  Qatjren  anbergmo  ju  attgemeinem 
Staunen  errungen  finb,  taffen  ung  aud)  tjier  bag  53efte  üon  ©otteg  SlCtmac^t  tjoffen."5 

33effer,  menn  auef)  nidft  gefalfrtog,  mürbe  bie  Sage,  atg  im  $af)re  1643  ftatt 
beg  faifertidjen  ein  franjöfifdjer  ©efanbter,  ©raf  b’3loau£,  nacf)  Hamburg  tarn.  SDag 
energifdje  ©ingreifen  biefeg  ©efanbten  unb  bie  gmrdft  oor  bem  ®önig  bon  granf* 
reidf  Ratten  bemirft,  baf;  nunmelfr  bie  tange  unb  biet  geplagten  ®atf)otifen  freien 
ßutritt  311m  ©efanbtfdjaftggottegbienfte  erhielten 6.  S)ie  gemährte  gdeiffeit  mürbe 
bon  ben  ®att)otifen  immer  melfr  benüpt.  2tttmäf)tid)  mehrten  fid)  bie  ©rfotge,  aber 
freitief)  audf)  ber  §ap  ber  ©egner.  „2)er  gubrang  junt  ©ottegbienft",  fo  berichtete 
P.  Sdjadjt  über  bie  Sage  im  ^atjre  1647  7,  „ift  felfr  ftarf.  ®ag  §aug  tann  niefjt 
alte  faffen,  fo  baff  biete  auf  bem  §of  ftefjen  bleiben  müffen.  ©g  fommen  ®atf)o« 
tifen  unb  fßroteftanten,  Stnfäffige  unb  $rembe:  ®änen,  tRormeger,  ©ngtänber,  ^r« 
länber,  Sdjotten,  Söhnten,  9Räf)ren  ufm.  . .  .  ®ie  Prebiger  finb  fetjr  erregt,  infolge 
if)reg  ftänbigen  SBtiteng  ift  ber  Senat  beim  franjöfifctjen  ©efanbten  fogar  borftettig 
gemorben,  baf)  bie  ®atf)otiten  fict)  ju  häufig  berfammetten  unb  jubiete  ^roteftanten 
ju  ipnen  überträten."  SDer  3U  ^*en  33eid)ten  mar  im  Qaf)re  1650,  obgteidj 

noc^  ein  gmeiter  ^efuit  ^in^ugefommen  mar,  an  gemiffen  Xagen  fo  ftarf,  baff  manef) 
einer  unüerridjteter  Sac^e  mieber  fortge^en  mupte.  „®er  ©ifer  mürbe  noc^  größer 
fein",  fo  fügt  ber  33erid)t  bei,  „menn  man  ben  $att)otifen  nicht  fo  entgegen  märe."3 


1  *  Drig.=9teg.  Ad  Rhen.  Sßgl.  bie  35or= 
fcfjläge  be§  päpfttidjert  9tuntiu§  SWontorio  311 
Äüln  in  feinem  93erid)t  nottt  Sab«  1^24  an 
ben  f)3Qpft.  91  ante,  $te  römifefjen  ipäpftc  III. 
?(nb-  188. 

2  fjlieper,  $ie  fßropaganba«Äongregatiott 
uftn.  17. 

3  *  Hist.  coli.  Hildesheim.  1645 — 1648. 


2)reüe§,  ©efdj.  ber  tatbol.  ©emeinben  su 
Hamburg  unb  SHtona 2  29  ff. 

4  *  SßiteHe§d)i  au  ben  Sßroöinäiat  SSahing, 
8.  3mt.  1628.  Ad  Rhen.  inf. 

5  *Drig.=fReg.  Ad  Rhen.  inf. 

6  2)  r  e  D  e  §  a.  a.  D.  59  ff.  fß  i  ep  e  r  a.  a.  €.  33. 

7  *  Litt.  ann.  1647. 

8  *  Litt.  ann.  1650.  9(m  10.  Sejember  1650 


Stieberlaffungen  im  Sorbett:  Sübecf. 


139 


Ser  Senat  hatte  3.  33.  in  ber  92ä^e  beg  ©efanbtfcfiaftggebäubeg  ^olijiften  aufgeftetlt, 
bie  ben  ©ottegbienft  übermacf)en  ober  bie  Seute  gegebenenfalls  mit  ©emalt  baoon 
abfjalten  füllten,  unb  erft  auf  bie  energifc^e  ©infpradje  beS  ©efanbten  maren  biefe 
2Bacf)tpoften  mieber  entfernt  morben.  Sie  3af)I  ber  in  Hamburg  mohnenbeit  fö'atholifen 
mochte  bamalg  etraa  200  betragen.  26  3ahre  üorher  fjatte  ein  ißerjeidjnig,  melcfjeg 
ber  päpftlicfje  9Zuntiu§  öon  Sörüffet  im  ^afjre  1624  nad)  9tom  gefdjidt  hatte,  inggefamt 
176  gejäfjlt;  fie  maren  meift  i^aufleute  ober  ^anbtnerler1. 

33oit  Hamburg  ans  mürben  auch  bie  ^atffolifen  ju  ©lüdftabt,  bag  einige 
Steifen  meermärtg  öon  Hamburg  liegt,  feit  1630  burdf)  P.  Schacht  mehrfach  befugt2. 
2Iuf  betreiben  beg  fpanifdjen  Äönigg  !am  fchliefslid)  im  ^afjre  1645  ber  $efuit  33ernt). 
9?t)onen  (©ogmini)  für  ftcinbig  bortf)in.  Söoljnung  unb  Unterhalt  bot  if)m  bag  §aug 
beg  fpanifdjen  ©efanbten  ©abriet  be  9iot).  Qn  feiner  Xätigfeit  ftiefj  er  faft  faum 
auf  fpiuberniffe.  (Sr  tonnte  frei  prebigen  unb  aud)  ziemlich  ungeftört  in  ber  Stabt 
ftcfj  bemegen.  Seim  ©ottegbienft  maren  oft  mehr  Sßroteftanten  alg  ®atf)oIifen,  unb 
ber  bänifdje  geftunggfommanbant  begünftigte  ben  ^efuiten  fdfjon  nach  furjer  3eib 
befugte  ifjn,  tub  ihn  gu  fid)  unb  bot  if)tn  fogar,  falls  97ot  if)n  einmal  jum  Sertaffen 
ber  Stabt  jmingen  mode,  felbft  Söofjnung  unb  Sifd)  an  unb  unterftüpte  ihn  fpäter 
freigebig  burd)  Sümofen3.  P.  Üt^onen  fanb  bei  ben  etma  100  ^atf)olifen,  gröfjtenteilg 
Solbaten,  midige  ^erjen  unb  hatte  gute  ©rfolge.  Son  ©lüdftabt  aug  befudjte  er 
auch  bie  Äathotifen  ber  Untgegenb  big  nach  Bönning,  ^riebridfjftabt 4  unb  nod)  meiter 
unb  aucf)  bie  üor  Sinter  liegenben  Schiffe.  ©in  anfchaulidEjeg  Seifpiel  legerer  Sätig* 
teit  bringt  ber  Seridjt  beg  ^afjreg  1650:  „Sllg  nod)  ein  jmeiteg  fpanifcf)eg  ®riegg= 
fcfjiff  nidjt  mcit  öon  fjier  anhielt  unb  auf  günftigen  2Binb  für  bie  tpeimreife  martete, 
begab  fidf)  unfer  i|3ater  aufg  ©d)iff,  erbat  fid)  00m  Kapitän  bie  ©rlaubnig  jum 
prebigen  unb  machte  mit  feinen  SSorten  auf  bie  Semannung  folgen  ©inbrud,  bafj 
ade  Äatholilen,  70  an  ber  3aht,  bie  ©alramente  empfingen,  ©g  gefdjah  auf  bein 
Scfjiffe  felbft.  Senn  ba  ber  Kapitän  bei  etmaigent  betreten  beg  Sanbeg  eine  Ser» 
minberung  ber  SO^annfcfjaft  burd)  bie  gducfjt  befürchtete,  fo  mar  bag  21derf)eiligfte 
aug  ber  tpaugfapede  aufg  Schiff  gebraut,  mo  bann  ade  in  ber  auggefdjmüdten 
Kajüte  beg  ®apitäng  bie  Ijedige  Kommunion  empfingen,  3*°^  Fronten  mürbe  bag 
2tderl)eiligfte  ang  Säger  gebracht,  unb  jmar  unter  Sorantritt  jmeier  Solbaten  mit 
brennenben  bergen  unb  bem  ©efolge  ber  übrigen:  adeg  ju  großer  ©rbauung  unb 
Semunberung  ber  aufmerffam  jufdjauenben,  etma  300  ißroteftanten.  3^  öon  ihnen 
fdjloffen  fid)  fogar  ber  tatljolifdjen  $ird)e  mieber  an  unb  empfingen  ebenfadg  bie 
Saframente."5 

P.  Schacht  tarn  aud)  Sübed  ju  -fpilfe.  £>ier  mar  ber  fatholifcfje  ©otteSbienft 
üodftänbig  gefdfmunben.  Sie  fatfjolifdjen  Som^erren  hatten  if)n  feit  1587  nicht 
einmal  in  ihren  äöohnungen  mefjr  halten  bürfen.  Sie  3af)I  ber  fatf)oIifd)en  Som* 
herren  felbft  mar  immer  mehr  gufammengefchmohen.  3m  3al)re  16-10  lebten  bort 
am  Som  nur  nod)  menige  fatf)oIifd)e  ©eiftlicfje,  bie  aber,  fo  berichtete  am  1.  Januar 
1640  ber  tpilbegheinter  ß’anonifug  ÜÖiartin  Strider  an  bie  ißropaganba^ongregation, 


fdpreibt  ber  ©eneral  bem  fßroüinäial  ißanlfauf), 
er  möge  in  Setreff  ber  Hamburger  SOtiffion  bem 
SBunfcfje  beö  9tuntiu§  entfpredfen  unb  bie  Itnter-- 
ftü^ung  ber  SroüaQantm  annefjmen.  *  Drig.= 
fReg.  Ad  Rhen.  inf.  Sgf.  baju  bie  Sriefe  üon 
Sanbauü  an  ßffigi  00m  9toöember  1650. 
Original  in  9tom,  Bibi.  Chigi  BI,  1, 
f.  347  f. 

1  Sief  er  a.  a.  D.  17. 


2  *Hist.  coli.  Hildesh.  1645 — 1648.  *  Litt, 
ann.  1647  ff. 

3  *  Stiefel  an  Kircber  ju  ©liicfftabt,  31.  Slug. 
1652.  Ad  Rhen.  inf. 

4  Sn  Sriebrichftabt  Ijatte  im  S<ü)re  1642  ein 
Sefuit  für  ftiinbig  fid)  niebergelaffen,  mar  aber 
halb  burd)  bie  @d)meben  mieber  tiertrieben  mor^ 
ben.  *  Hist.  coli.  Hildesh.  a.  a.  D.  3.  *Catal. 
Rhen.  inf.  1643  ff.  5  *  Litt.  ann.  1650. 


140 


3roeitc3  Kapitel.  Sie  nicberr^einifdjc  $robing. 


burch  iljre  gurefjt  oor  ben  ^roteftanten  unb  ihr  fittentofeS  £eben  bie  fatt)otifd)e  Sache 
mehr  hemmten  atS  förberten 1.  £>ier  eine  £>?teberlaffung  gu  grünben,  f)atte  ber  rfjeinifcfje 
Vrooingiat  ©opper  im  Qaf)re  1622  angeregt  unb  baniit  and)  beim  OrbenSgenerat 
lebhafte  ßuftimmung  gefunben2.  SIber  Qa^re  fottten  oergefjen,  bis  bie  StuSführung 
möglich  mürbe.  Qngmifdjen  maren  patres  oon  |>itbeSheim  unb  fpäter  P.  Scfjadjt 
non  Hamburg  aus  oft  bortt)in  gegangen3.  „SßiematS  jebodf)  hatten  fie",  fo  ergäbt 
ein  Vericf)t4,  „aus  äRanget  an  Unterhalt  lange  bort  meiten  föntten."  ©rft  bie 
Stiftung  einer  SCBitme  in  ^öfje  non  2000  Sübeder  Katern  unb  bie  93eifteuer  anberer 
Kathotifen,  bereu  ßinfen  für  ben  Unterhalt  eines  ^riefterS  reichten,  ermöglichten  ben 
bauernben  Slufenthatt  eines  Qefuiten.  So  fam  im  ^affre  1641  P.  Sßeter  SSernid) 
bort^in.  Seine  Sage  mar  anfangs  nicht  beneibenSmert.  Söegen  ber  Verfolgungen 
unb  9iacf)fteIIuttgen  muffte  er  fid)  halb  in  biefent,  halb  in  jenem  §aufe  aufbatten, 
©rft  fpäter  mürbe  eS  etmaS  beffer.  ^m  ^affre  1647  tautet  ber  Verist  über  bie 
Sage:  „£>er  ÜDiagiftrat  bat  biefeS  Qabr  feine  ©bitte  gegen  unS  ertaffen,  fei  eS,  baff 
man  fid)  atlmäf)lid)  an  ben  fat^olifc^en  ©otteSbienft  gemötjnt,  fei  eS,  baff  bie  fßrebiger 
mitber  geftimmt  merben.  ®er  Vefud)  beS  ©otteSbienfteS  unb  ber  ©mpfang  ber 
Saframente  ift  infotgebeffen  geftiegen.  Sehr  gehoben  mürbe  biefeS  Qabr  baS  Stnfetjen 
nuferer  Religion  burd)  ben  dürften  SKajimitian  Vubotf  non  Sadjfemfiauenburg, 
ber  hier  geftorben  ift.  ©teicb  atS  bie  töbtiche  Kranftjeit  if)n  befiel,  tieff  er  ben  $ßater 
gu  ficb  fommen,  beichtete,  empfing  bie  letzte  äßeggeljrung  unb  nier  Stunben  nor  bem 
£obe  auch  bie  letzte  Ölung.  2ttS  er  in  ©egenmart  nieter  Beugen  öaS  Sribentinifche 
©taubenSbefenntniS  abtegte  unb  bann  taut  bie  lügenhafte  ermedte,  mürben  alte  gu 
tränen  gerührt.  .  .  .  2)er  ältere  Vruber,  bisher  nott  §ah  gegen  unS,  mürbe,  atS  er 
non  altem  hörte,  fo  umgeftimmt,  bah  er  burd)  einen  Wiener  20  VeidjStaler  fanbte 
unb  noch  mehrfad)  Vemeife  feines  2Bof)ImodenS  an  ben  £ag  fegte."5 

©teidbmoht  muhte  man  immer  oorfid)tig  noraitgehen,  „um  nicht",  fo  fagt  ber 
Veridjt  ttom  Bahre  1648,  „biejenigen,  burd)  bereit  ©üte  unb  greigebigfeit  mir  hier 
meiten,  in  ©efafjr  gu  bringen.  So  muhten  mir  notgebrungen  nieten  ben  Antritt  gu 
unferem  Oratorium  nermeigern,  namentlich  an  ben  höheren  gefttagen,  mo  auS  bem 
nahen  §otftein  niete  fieute  herbeifommen.  ©ine  reiche  ©rnte  fönnte  man  hier  hatten, 
menn  nicht  jebe  beffere  91egung  burch  bie  furcht  mieber  erftidt  mürbe.  Neulich  nod) 
fagte  ein  angefehener  ÜDJann,  mehr  atS  300  mürben  gleich  fatfjotifcb  merben,  menn 
man  nur  mühte,  mie  man  bem  bann  brobenben  Verberben  entrinnen  fönnte.  —  Viele 
grembe,  Italiener,  Brangofen,  Vetgier,  -jpollänber  unb  anbere,  fommen  auf  ifjrer 
üleife  nach  SDangig  hierhin.  Sie  empfangen  gemöf)utid)  oor  ihrer  SBeiterreife  bie 
heiligen  Saframente.  ®iefe  allein  fefjon  fönnten  eine  ÜUieberfaffung  in  Sübed  redfjt- 
fertigen".  ®ie  3ahf  ber  Kommunionen  belief  fid)  im  Baffre  1650  auf  250 6. 

Bn  V  rem  eit  maren  Qefuiten  manchmal  oon  §itbeSheim  unb  Hamburg  aus 
tätig  gemefen.  ©in  ftänbiger  fathotifd)er  ©otteSbienft  mürbe  bort  nach  mehr  atS 
hunbertjähriger  Unterbrechung  am  12.  September  1647  burch  P-  B°fy-  B^enbrüggen 
mieber  begonnen.  ©S  mar  bieS  gefcbeljen  auf  Verantaffung  beS  oor  furgem  nach 
Vremen  gefanbten  faiferlidjen  KommiffarS  B°*)ann  Vehr7.  ®iefer  führte  am 
28.  September  1647  bem  üftuntiuS  ©t)igi  in  einbringlid)eit  SBorten  ben  oöttigen 


1  *  Original  in  9?ont,  2Ird)iö  ber  $ropa= 
ganba,  Lettere  di  Germ.,  vol.  LXXXII,  142. 
S8gt.  ipieper,  Sie  if$ropaganba*Iongregatiou 
32  f. 

2  *  3)iteHe§d)i  an  Gopper,  22.  Oft.  1622.  Ad 
Rhen. 

3  Gbb.  *Catal.  Rhen.  1624  ff  (Hildesheim), 


wo  mehrere  3abre  ein  $atcr  bie  Bezeichnung 
in  missione  baltica  führt.  *  Litt.  ann.  1624  ff 
(Hildesheim  —  Missio  Saxonica). 

4  *Hist.  coli.  Hildesh.  1645  —  1648. 

5  *  Litt.  ann.  1647. 

6  *Gbb.  1650.  Bgt.  *Reiffenberg  II 

549.  7  *Litt.  ann.  1648. 


9tieberla)t'ungen  im  9torben:  SBremen. 


141 


Verfall  ber  fatholifdjen  fHeligion  in  Bremen  for  Slugen.  Slpoftafierte  9JZönd)e  unb 
anbere  Sdjreier  erfüllen  nidjt  allein  bie  Protestanten  mit  Slbneigung  gegen  bie 
fatljolifdje  $ird)e,  fonbern  fucßen  and)  bie  wenigen  Überbleibfel  ber  ^atljoliien  unb 
bie  oieleit  auswärtigen  ®atf)olifen,  bie  nadj  Bremen  fommen,  gum  ülbfall  gu  bringen. 
3)aS  gelingt  iljnett  um  fo  leidjter,  je  meßr  wir  ber  Sjilfe  ber  Priefter  entbehren. 
SZeulid)  wären  gwei  ^atfjolifen  ßroteftantifd)  geftorben,  wenn  nid)t  ein  Priefter  ber 
©efeKfdjaft,  gleidjfam  oon  ©ott  gefanbt,  gur  redeten  3eit  £>ilfe  gebracht  hätte.  2(ud) 
bie  ^atfjolifen,  weldje  außerhalb  ber  (Stabt,  teils  in  ben  proteftantifdjen  Flößern, 
teils  in  ben  Dörfern  wohnen,  finb  berfelben  ©efaßr  ber  Berfüßrung  auSgefeßt.  Surd) 
Stlmofen  unb  einen  ftänbigen  Beitrag  ber  ißropaganba  Sollten  gwei  priefter  ber 
©efeÜfdjaft  Qefu  unterhalten  werben,  um  fid)  in  unb  außerhalb  ber  (Stabt  ben  BSölfen 
entgegenguftetlen  l.  SDiefen  Brief  fanbte  (S^igi  am  8.  SDegember  1647  nach  9Zom  uab 
Scfjlug  nach  Beratung  mit  bem  Bifdjof  non  OSnabriid  oor,  eine  SZefibeng  oon  gwei 
patres  gu  errichten,  weldje  ber  gunädjft  gelegenen  üZefibeng  in  SDZeßpen  unterteilt 
werben  fönnte2. 

Qngwifdjen  hatte  P.  3wenbrüggen  mutig  ooratt  gearbeitet.  „9JZit  greubeit 
laS  id)",  fo  Schrieb  ihm  ©eneral  (Sarrafa  am  14.  ®egember  1647,  „ben  Brief 
©w.  §od)würben  oon  ©nbe  Oftober,  ©ott  wolle  ben  Soften  feftigen,  ber  fo 
günftig  ift,  Seelen  gu  retten,  unb  and)  bie  Arbeiter  mehren,  ©efßannt  bin  id)  nur, 
welchen  ©rfolg  bie  Bemühungen  beS  ÜJZuntiuS  haben  werben,  um  bie  notwenbigeit 
SDZittel  für  bie  Slufrecßterhaltung  ber  fo  oiel  berfpred^enben  Slrbeit  gu  befcßaffen."3 
gür  ben  Unterhalt  würbe  oorläufig  Oon  bem  faiferlichen  fö’ommiffar  felbft  geforgt. 
2lm  4.  ®egember  1647  teilte  P.  3wenbrüggen  bem  ©eneral  mit,  baß  SluSfidjt  fei, 
oielleidjt  oom  Senat  felbft  ein  Oratorium  gu  erhalten4.  Unb  nadj  einem  ^aßre 
berichtete  er:  SBiber  aller  Erwartung  hat  fid)  bie  Söirffamfeit  hier  fo  entwidelt,  baß 
unfere  ©egner  üielfach  fcßon  gang  anbereS  über  uuS  reben  unb  benfen  unb  offen  ge- 
Stehen,  man  habe  über  bie  ®atßolifen  nur  Sügen  unb  Berleumbuugen  oerbreitet. . . . 
2öie  oiele  bislang  gur  fatholifd^en  föirdje  gurücfgeleßrt  finb,  fann  nicht  genau  an¬ 
gegeben  werben.  Sicher  nur  ift,  bat  anfangs  feßr  wenige  gur  Prebigt  unb  bem 
©otteSbienft  famen,  jeßt  aber  über  200  regelmäßig  ber  heiligen  ÜDZeffe  beiwohnen. .  . . 
3war  fehlten  audj  Slnfeinbungen  nid^t.  3uerft  fudjten  Knaben  burcß  Qoßlen  unb 
Sdjreien  ben  ©otteSbienft  gu  flören;  bann  ließen  bie  lutljerifdhen  ©omßerren  burdj 
einen  Boten  erfucßen,  ben  ©otteSbienft  in  ber  SDomfurie  aufgugeben,  bamit  biefelbe 
bei  einem  etwaigen  Sluflauf  beS  Pöbels  nicfjt  befcßäbigt  werbe;  fcßließtid)  fudjte  man 
burcß  Flugblätter  baS  Bolf  gegen  unS  aufgureigen,  unb  als  wir  unS  burdj  nichts 
einfdjitcßtern  ließen,  bemühte  man  fid)  enblid),  audj  ben  Senat  gegen  uns  einguneßmen. 
Seßterer  aber  geigte  fid)  mit  unfern  ©egengrünben  unb  ^Darlegungen  fo  gufriebett, 
baß  er  unS  fogar  in  ber  golge  nicht  unbeutlidje  3eichen  feines  äSotjlwotlenS  ge¬ 
geben  hat.  Seit  biefer  3eit  nun  führen  wir  baS  begonnene  B3erf  um  fo  mutiger 
fort,  täglich  ift  heilige  SJZeffe,  Sonn-  unb  3-efttagS  oormittagS  prebigt  unb  nadj- 
mittagS  ©ßriftenleßre,  wobei  auch  gefungen  wirb.  2ludj  ift  baS  Jubiläum  üerfiinbet 
unb  neunzig  haben  eS  gewonnen. . . .  Biete  Proteftanten  geben  offen  ber  fatßolifdjen 
Religion  ben  Borgug,  bocf)  werben  fie  burdj  SDZenfdjenfurdjt  unb  burcß  bie  SluSrebe, 
in  jeber  ^Religion  felig  werben  gu  fönnen,  oont  Übertritt  abgehalten5.  fotgenben 
3aßre,  am  21.  ÜDZai  1649,  wanbte  fidj  P.  3wenbrüggen,  welcher  bislang  allein  in 
Bremen  gewirft  hatte,  um  Senbung  neuer  Kräfte  an  ben  OrbenSgeneral.  SDod)  war 

1  *®opie  in  9tom,  21rcf)iti  ber  Sroßaganba,  3  *  Drig.-9ieg.  Ad  Rlien.  inf. 

Lettere  di  Germ.  vol.  XCVII,  135.  S3gl.  iß  i  e  p  e  r  4  Sgl.  *  Garrafa  an  P.  3tt>enbriiggen,  18.  San. 

a.  a.  0.  40.  1648.  5  *  Litt.  anu.  1648.  Sgl.  *Reiffen- 

2  *  Original  ebb.  vol.  XCVII,  134.  berg  II  548. 


142 


8)ticite3  Äapitcl.  3)ic  niebcrri)einifcf)e  ißroDinä. 


ber  eifrige  görberer  ber  2Kiffion,  Sarrafa,  ingmifdien  geftorben.  31m  29.  ^uni  1649 
antmortete  ber  ©encraloifar  ^or-  be  äftontmorenct) :  „®ie  reid^e  ©rnte,  meldfe 
@m.  ^mdjmürben  mit  folgern  (Sifer  unb  folgen  Slnftreugungen  bort  einheimfen,  erfüllt 
mid)  mit  grcuben.  2Bären  nur  biele  tiidjtige  Kräfte  borfianben,  um  möglidjft  halb 
£)ilfe  gu  fenben.  SDa  aber  ber  ifSater  ©eneral,  ber  ohne  greife!  §ilfe  gefenbet  fjätte, 
geftorben  ift,  fo  fann  bor  ber  ©eneralfongregation  nichts  Söeitereg  beftimmt  merben."1 
33or  1650  mürbe  feine  ^meite  ^raft  mehr  gefdjidt. 

©o  mar  nacf)  fmnbertjähriger  Unterbrechung  im  Diorben  ®eutfd)lanbg  mieber 
in  einer  Steife  ber  bebeutenbften  Orte  ber  fatljotifdje  ®ultug  mieber  eingerichtet.  „SDie 
SOZiffionare",  fo  hebt  ber  ©efdjidjtfchreiber  biefer  Sttiffiongftationen  herbor,  „maren 
faft  überall  s$riefter  ber  (SJefeIXfchaft  Qefu.  ^hrem  eifrigen  unb  mufterhaften  Seben, 
ihrer  Singbauer  unter  fchmierigen  SSerhültniffen,  ihrer  ©elehrfamfeit  in  theotogifdbjen 
unb  befonberg  auch  in  ftontrobergfragen,  berbunben  mit  meifer  ÜUfäfügung,  berbanft 
bie  fatholifche  ®ird)e  bie  (Erhaltung  ihrer  inmitten  einer  proteftantifdjen  ®ird)e 
mohnenben  unb  ben  Übertritt  bieler  big  baf)in  getrennten  ©lieber."2 


1  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf.  ®ie  Tropen  2>ie  ißropaganbcnS’ongregation  unb  bie  norbi= 

gauba  bewilligte  am  9.  guni  1650  eine  jätjr-  fcfjeit  SRiffionen  40. 

lidtje  Unterftüfeung  non  50  ©cubi.  Pieper,  2  fiepet  a.  a.  0.  39. 


©ritt  eg  Kapitel. 

£>ie  ofcerrfjetmfdfje  $rotn% 

©ntftepung  unb  Slugbepnung.  —  ©ie  Jft’oüegien,  9leftben§en  unb  Siiffionen :  Stain^ 
(Aremberg.  —  ßreujuacp.  —  granffurt  a.  St.).  —  Slfd^affettburg.  —  fjeiligenftabt  ($rip= 
lar).  - —  Gsrfurt.  —  gulba  (fjergfetb).  —  Sßürjburg.  —  Samberg.  —  ©peier  (©ermerg» 
peim.  —  Srucpfal.  —  Sretten.  —  Seuftabt).  —  SBormg  (granfental).  —  §eibetberg.  — 
Snben  (©tttingen.  —  ©ttergtoeier).  —  Stolgpeim.  —  Soctenpeim.  —  §agertau  (@elj).  — 

©cplettftabt  (fRufacp). 

Sei  her  Teilung  ber  rpeinifepen  )ßroüin3  am  22.  $uli  1(326  erpiett  bie  ober» 
rpeittifepe  Sßroüinj  434  ÜDtitglieber  unb  bie  12  Kollegien  ÜÜtainj ,  SlfcpaffettBurg, 
gjeiligenftabt,  (Erfurt,  grntba,  in  grauten  SBürgburg  unb  Samberg,  in  ber  Sßfatj 
©peter  unb  Söormg,  im  ©tfafj  SÖMgpeim,  £>agenau  unb  ©cplettftabt;  bagu  noep 
bie  Siefibenjen  griptar,  ^eibelberg,  Srucpfal,  Saben,  ©elj  unb  bie  ÜD'tiffiongftattonen 
in  ^eppenpeim,  ^reujnacp,  Sretten,  SEeuftabt1. 

®ie  brei  elfäffifcpen  Kollegien  fuepte  ber  ^erjog  üon  Sotpringen  1630  üon  ber 
oberrpeinifepen  ^5rot)in§  lo^^utrennen.  ©er  ^Sroöingial  Sambert  ©traüiug  besagte  fiep 
bariiber  am  25.  Januar  1631  bei  bem  Sr^per^og  Seopolb  unb  bat,  bieg  niept  ju» 
gulaffen,  meil  bie  Sogreifjung  ber  ^Srobinj  jum  gropen  ©epaben  gereiepen  mürbe2. 

$eine  Drbettgproüing  mürbe  fo  fureptbar  üorn  ®rieg  berroüftet  mie  bie  ober» 
rpeinifepe.  geitmeitig  maren  aüe  ipre  Kollegien  oerlaffen  unb  bie  Scitglieber  in  alle 
^nmmelgricptungen  jerftreut.  ®ie  $apt  ber  SDiitgtieber  fiel  üon  457  im  gapre  1633 
auf  255  im  gapre  1649.  Son  ben  457  fütitgliebern  maren  im  gapre  1633  nur 
noep  147  in  ber  oberrpeinifepen  fßroüinj,  bie  übrigen  gerftreut  in  14  ^ßroüinjen  in 
Selgien,  granfreiep  big  naep  Italien  unb  ©panien3.  @rft  im  gapre  1638  tonnte 
naep  elf jäpriger  Unterbrecpung  mieber  eine  ^roüinjialfongregation  abgepalten  merben. 

gn  ber  ©eftpiepte  beg  bebeutenbften  ^otlegg  ber  Sroöinj,  begjenigen  üon  föloinj 4, 
finb  pauptfäcplicp  jmei  fßerioben  ju  unterfepeiben,  bie  erfte  big  jur  Stugmeifung  ber 


1  Sßgl.  oben  ©.  14  ff  unb  *Juvencius, 
Historia  S.  J.  1616—1646,  Clm  774. 

2  ‘Original  in  gnngbrud,  ©tattbalterei»2tr= 
djiü,  Leopoldinum.  ©er  fjerjog  üon  Soüjringen 
batte  ficb  in  biefer  ©adje  am  10.  Slpril  1630 
audj  au  ben  ®aifer  gemanbt.  SBien,  ©taat§= 
ardjiü,  Jteidjgbofrat,  Jes.  113.  —  ©ie  ifjroüin» 
jiate  ber  oberrbeinifdjen  $rooins  Waren:  gob- 
Eobper  (Fopper),  22.  guli  1626;  Samb.  ©tra» 
PiuS,  26.  Soü.  1630;  goadj.  £jamman,  15.  Slug. 

1637 ;  ©erb.  Raufen,  7.  ibtai  1645;  9tiÜj.  93iber, 
8.  Sftai  1648  bi§  1651.  Über  bie  ißerfonalien 
ber  oberrbeinifepen  $roüinä  üon  1597  big  1737 

gibt  äuüerläffigen  Sluffdjlufj  ein  wertüoHerfobej 


aug  bem  Slrdjiü  ber  oberrbeinifdjen  Sßroüinä  in 
SHainj,  ©tabtbibliotfjef,  Jes.  B  44  (7). 

3  *Catalogus  personarum  Provinciae  Rhe- 
nanae  superioris  per  14  Provincias  Societatis 
dispersarum.  Anno  1633.  In  Rkenana  su- 
periore  supersunt  personae  147;  in  Rlienana 
inferiore  exulant  34;  in  Gallo  -  Belgica  28; 
in  V.  Provincia  Anglia  13;  In  Flandro-Bel- 
gica  10;  in  Provincia  Prancia  32,  Aquitaniae 
24,  Lugdunensi  43,  Tolosana  19,  Campaniae 
25;  in  Provincia  Germaniae  superioris  24; 
in  Austriae  Provincia  42;  in  Ungaria  3;  in 
Bokemia  5;  in  Italia  3;  in  Hispania  5. 

4  SSgl.  93b  I,  ©.  103  ff. 


144 


drittes  Äapitet.  Sie  oberrpeinifcpe  jproüinj. 


Qefuiten  (1633),  bte  gtueite  feit  ber  Siütffe^r  (non  1635  bis  1650) *.  Qm  33eginn  beS 
17.  QafjrijunbertS  [teilte  ftcf)  immer  bringertber  bie  9Zotiüenbigleit  eines  Neubaues  für 
baS  Kolleg  l)erau§.  ©eSfjalb  mürbe  1609  ein  ©eil  beS  alten  föollegS  abgeriffen  unb 
bafür  ein  größerer  Neubau  aufgefüljrt.  ©ie  brei  ©todmerfe  beS  neuen  QlügelS,  mit 
breiten,  100  Qufj  langen  (Sängen,  enthielten  einen  großen  ©peifefaal  unb  23  Qimmer. 
©urdj  einen  bebecften  ©ang  mürbe  bie  ißerbinbung  mit  bem  alten  Kolleg  fjergeftetlt. 
9iur  menige  Qapre  [pater  begann  bann  auch  ein  großer  Neubau  für  bie  Schulen. 
21m  31.  Quli  1615  legte  ber  ßurfürft  ben  ©runbfteiit  im  ©arten  beS  ßollegS,  ©nbe 
1616  mar  ber  23au  [chon  unter  ©ad).  ©er  Ä'urfürft,  baS  Kapitel  unb  .fpergog  2Bil= 
heim  noit  23apern  [teuerten  gröbere  ©ummen  bei.  ©er  gange  33au  loftete  über 
33000  ©ulben2.  SBieber  geljn  Qaljre  [päter  (1626)  mürbe  bie  Kirche  einer  grünb* 
liehen  fReitoüation  untermorfen :  SSänbe,  Qenfter,  ©eftüljl  unb  2lltäre  mürben  erneuert. 

©ie  ©djulen  erreichten  unter  tüchtigen  ißrofefforen  mie  33efan  unb  donpen  eine 
holje  S31üte3.  Unter  ben  50  ÜDfitgliebern  beS  fö'ollegS  im  Qaljre  1603  maren  an 
^rofefforett  2  für  fdjolaftifdje  Theologie,  1  für  ^»eilige  ©chrift,  1  für  ^ebräifch, 
3  für  ’ißhitofapfü6/  1  für  dtljif  unb  ÜDZatljematif,  5  für  baS  ©pmnafium.  Qm  Qaljre 
1622  mirb  nodj  ein  eigener  ^rofeffor  für  äftoral  ermähnt.  Qm  ©urdjfdjnitt  maren 
täglidj  brei  SBorlefnngen  in  ber  ©Ijeologie  unb  brei  in  ber  ^fjilofopljie.  SJlit  ben 
Qefuiten*©d)olafti!ern,  bie  teils  ’tßfjilofopfjie  teils  Rheologie  hörten,  [tieg  bie  Qaljl  ber 
Qefititen  balD  auf  60—70.  ©urdj  bie  fchmebifche  ©ffupation  unb  bie  SluSroeifung 
ber  Qefniten  am  15.  Quni  1633  nahmen  alle  ©djulen  ein  jäljeS  dnbe4.  9fur  lang* 
fam  lonnte  man  1637  mit  ber  Söiebereröffnuug  beginnen  unb  grnar  gunädjft  nur 
mit  bem  ©pmnafium  unter  brei  Seljrern;  bann  mürbe  1638  ein  ®urS  Sogif  unb  1639 
baS  gmeite  Qahr  fpijttofophte  uiit  Üftatfjematif  beigefügt,  ©er  Gsinridjtung  ber  gangen 
^pijifofophie  (1640)  folgten  1642  bie  erften  SSorlefungen  ber  fdfjolaftifcbjen  ©fjeo* 
logie  ooit  gmei  ^rofefforen.  ®aS  ©pmnafium  hatte  1643  oier  Seljrer,  unb  erft  1645 
lonnten  bie  bisher  fombinierten  Pfaffen  mieber  felbftänbig  gemadjt  merbeit  unter  fünf 
Sefjrern.  ©ie  ©djülergapl  mirb  1625  auf  aunäfjernb  800  angegeben,  fpäter  fehlen 
bie  Qafjlen. 

©ie  Kirche  ber  Qefuiten  mar  ftarf  befucht.  ©er  SiuntiuS  ßuigi  darafa  briidte 
barüber  in  einem  Sßeridjte  oon  ÜDlaing,  20.  Oftober  1626,  feine  grofje  ißermunbe* 
rung  auS 5.  ©ie  Mangel  Derfafjen  bie  Qefuiten  im  ©ont  unb  in  ber  Qefuiten* 
firdje;  fpäter  (1644)  übernahmen  fie  audj  bie  früher  Dom  ©ompfarrer  gehaltene 
ÜDlorgenprebigt  im  ®om;  im  Qaljre  1637  merben  gmeimal  mödjentlid)  ftattfiubenbe 
Qaftenprebigten  ermähnt;  fie  beljanbelten  bie  ber  bamaligen  Sage  [ehr  entfpredjenbeit 
^lagelieber  beS  QeremiaS,  benu  baS  dlenb  mar  gräfjlid).  ©ie  grofje  Hungersnot 
Don  1636/1637  trieb  gtt  ©elbftmorb,  S’inbermorb  unb  83ergel)ren  ber  Seidjen.  Siele 
ftarben  Dor  Hun9er- 

©ie  ©ätigfeit  in  ber  £atedjefe  mar  [ehr  auSgebehnt.  Qm  Qaljre  1609  gaben 
bie  Qefuiten  dhriftenlefjre  tu  19  ©djulen;  Don  biefen  ©dfulen  maren  in  bemfelbeit 
Qaljre  Dier  neu  errichtet  morben.  Qm  Qaljre  1611  ljeifjt  eS:  fö'atedjefe  mürbe  an 


1  gär  ba§  fgfolgenbe  *Litt.  ann. :  *Catal. 
Prov.  Rhen. ;  *Hist.  coli.  Mogunt.  1636 — 1641. 

2  Sie  *Rationes  novae  scholae  Perjeicbnen 
Einnahmen  unb  2lue:gaben.  Sötainj,  (Stabt* 
bibliotpel,  Jes.  AL  3,  A. 

3  Sn  einer  Relation,  bie  um  1620  über  ben 

fjuftanb  bc§  ‘©tainaer  GrsftifteS  nad)  JRom  gc= 

fanbt  imtrbe,  peifjt  es?:  Est  autem  scliola  PP. 

(Societatis  Iesu)  frequentissima,  in  qua  cir- 


citer  700  aut  800  iuvenes  frequentare  viden- 
tur  ad  discenda  grammaticalia  humanitatis 
et  philosophiae  studia.  Similiter  theologica 
schola  multos  habet  auditores  ac  professores 
eximios  ex  patribus  Societatis.  JJtöm.  Ouartal* 
fd)rift  XXI  (1907)  142  ff. 

4  93gt.  6.  fapitel. 

5  *  Original  in  9?otn,  Arch.  Vatic.,  Nunz. 
di  Colon,  vol.  IX. 


ftoüegien,  gtefibenjen  unb  «ötiffionen :  SJiatnj  (Urenberg). 


145 


20  Orten  innerhalb  unb  au^er^alb  ber  (Stabt  gegeben.  9?ad)  ber  fRüdfefjr  brachte 
man  1644  Katedjefen  in  brei  Kircf)en  ju  ftanbe,  1647  in  üier  unb  1650  in  fünf 
Kirdjen.  Soit  ben  feit  1646  in  ÜDlain^  meitenben  SJoüijen  mürbe  1648  au  14  Orten 
bieSfeitS  unb  jenfeitS  beS  SüjeinS  ©Ijriftenlefire  erteilt. 

®er  ©aframentenempfang  fcfjmanft  in  ben  erften  Qafjrjefynten  j$mifcf)en  13000 
unb  16000  Kommunionen;  1624  maren  eS  23  900  unb  1630  gegen  25000.  Ocur 
tangfant  fonnten  nad)  ber  ©cfjmebenjeit  bie  früheren  Qafylen  annäf)ernb  erreicht  merben; 
üon  7800  im  Qaljre  1639  ftiegen  bie  Kommunionen  1644  auf  17  000  unb  1647 
auf  19000.  Slud)  fjier  jeigte  ftcfj  bie  grofje  ©inmirfung  ber  monatlichen  ©eneral> 
tommunion.  Sin  Konoerftonen  merben  in  ben  erften  Qafjrje^nten  jährlich  §mifcf)en 
60  unb  120  bezeichnet. 

3u  ben  ©tubentenfongregationen  fam  1609  bie  Sürgerfongregation;  fie  begann 
mit  40  SDUtgliebern.  9?acf)  ber  ©cfjmebenjeit  lebte  fie  1637  mieber  auf  unb  ^äfjfte 
1644  360  unb  1648  400  ÜUtitgüeber.  Qm  Qaf)re  1610  entftanb  eine  fünfte  Kom 
gregation,  nämlich  bie  tmm  aUerfieiligften  ©atramente  für  ^Sriefter,  ber  audj  ber  ©z= 
bifd^of  beitrat.  ©ed)S  Qahre  fpäter  (1616)  fjeifit  eS,  bafj  eine  fiebte  Kongregation 
für  junge  £>anbmerter  mit  60  9J?itgliebern  ihren  Slnfang  naf)m.  ®er  1623  gegrünbeten 
©aframentSfobalität  traten  bie  üornefjmften  Männer  bei;  1625  fjielt  fie  eine  grofje 
ißrojeffion  unb  gab  nad)  berfelben  auf  öffentlichem  ißlatje  ben  Sirmen  ein  9)Jaf)h  bei 
bem  brei  Qefuiten  bte  Sinnen  bebienten.  Qm  Qahre  1643  beftanben  mieber  brei 
Kongregationen. 

Qn  ben  Qeiten  ber  ißeft  unb  Hungersnot  Ralfen  bie  Kongreganiften  ben  patres 
in  ifjren  SBerfen  ber  Sarmf)ezigfeit,  befonberS  bei  ber  pflege  ber  Kranlen  unb  ber 
oermunbeten  ©olbaten  1640.  Qn  ben  ^5eftjahren  1606  unb  1611  mürben  ein  ißater 
unb  ein  Sruber  für  ben  ißeftbienft  exponiert1.  Strot)  ber  eigenen  9iot  bettelten  bie 
Qefuiten  in  ber  Hungersnot  öoit  1637  für  bie  Sebürftigen.  Sei  ber  freier  beS 
Jubiläums  im  Qaf)re  1640  mürben  aud)  Ijier  bie  Sirmen  reichlich  bebaut2. 

Son  SD?ain§  aus  mürben  auch  bie  beiben  SäJiiffionSftationen  in  Kronberg  unb 
Kreujnad)  begrünbet. 

fftacf)  Kronberg  im  SaunuS  famen  bie  Qefuiten  1626  unb  arbeiteten  bort 
brei  Qaf)re  an  ‘Der  fftüdfüfjrung  ber  ©inmoffner  jur  fatholifcfjen  Kirche,  ©obalb  bie 
meiften  fid)  für  fatljolifd)  erflärt  Ratten,  sogen  bie  ißatreS  fort,  unb  ein  Pfarrer  über* 
nahm  bie  ©eelforge.  Sei  bem  (Sinbrucf)  ber  ©cfimeben  mürben  bie  ©inmohner  mieber 
proteftantifcf).  Qn  ^er  3°l9e  &er  Sdjladjt  Don  ÜUörblingen  lehrten  gegen  ©nbe  1637 
jmei  Qefuiten  nad)  Kronberg  jurütf  unb  fingen  mit  oieler  ©ebulb  bie  Slrbeit  mieber 
oon  oorn  an.  Qm  Qal)re  1638  merben  aus  Kronberg  unb  Umgebung  ungefähr 
49  Konüerfionen  oerjeidjnet.  Slud)  in  ben  folgenben  Qaljren  ging  eS  nur  langfam 
üoran,  unb  als  ber  Qriebe  ju  fünfter  gefcf)loffen  mar,  mußten  bie  beiben  patres 
Kronberg  räumen,  unb  bie  fßroteftanten  nahmen  ^ßfarrfircfje  unb  fßfarrhauS  mieber 
in  Sefit)3. 


1  über  bie  «ßeft  bon  1606  ogl.  §.  ©djrobe, 
Äurmains  in  ben  ipeftjobren  1666 — 1667  (1903) 
4  f. 

2  Sie  Obern  Waren:  granj  Stapebiug,  1591; 
«Bet.  2Binaeu§,  1602;  Dtein^.  3ifller,  1609; 
Saitt).  £ager,  1611;  §erm.  93ofenborf,  1621; 
©tebb-  StuibiuS ,  1623;  9titf).  33iber,  1629; 
©eorg  SDtenp,  1644;  SSit.  ©rbermann,  1647; 
©eorg  Sierborf,  1648. 

3  *  Litt.  ann.  Rhen.  1638  ff.  Heller,  Srang» 
fale  469  f.  Sie  Sätigfeit  ber  SWainger  Qefuiten 

Siuljr,  ©efcftid&te  ber  3ejuiten.  II. 


erfirecEte  firf)  jeitweitig  and)  auf  SBieäbaben  unb 
Siebrid).  1644  bitten  fie  ben  ©otte^bienft  in 
ber  ipfarrfirdje  oon  2ßie§baben  übernommen. 
Unter  bem  1.  9Mrft  1646  befdjmerte  fid)  ber 
©räflid)  97affau=Saarbrüdifcbe  Stbgefanbte  3°b- 
Slbam  ©d)rat)  über  „bie  Surbation  be§  Exer- 
citii  Augustanae  in  SSibrid)  unb  9Jto^bad)", 
weil  ber  ©ouoerneur  in  9Jtain§  am  17.  Se= 
gember  1645  befohlen,  bie  Sefuitett  unb  Stugu= 
ftiner  in  23iebrid)  unb  9Jio§bad)  in  ihrem  ©otteä= 
bienft  nidjt  ju  binbern,  uttb  am  12.  gebruar 

10 


146 


drittes  Kapitel.  Sie  oberrf>etnifd)e  ^ropinj. 


Sänger  bauerte  ber  Slufentpalt  in  ^reujnacfj.  Jroei  Jefuiten  famen  bortpin 
1625  gunäepft  für  bte  ©olbatenfeelforge  im  |)eere  ©pinoIaS.  Jugleicp  arbeiteten 
fie,  mie  ber  ^rotiin^ial  Eopper  an  ben  ®aifer  fepreibt,  frueptreiep  an  ber  fRiicffüprung 
ber  ^roteftanten  unb  in  bem  Unterricht  ber  Jugenb.  SDer  fprooinjial  päft  bie  ©tabt 
fepr  geeignet  für  bie  Errichtung  eines  ÄoUegS :  bie  Bürger  finb  fefjon  offen  fatpolifcp; 
eine  paffenbe  Sßopnung  hat  baS  faiferlicpe  Regiment  mit  93eiftimmung  beS  SftagiftratS 
bereits  angemiefett.  Jür  bie  Junbation  bietet  ber  ÜJJJarfgraf  oon  Saben  baS  frühere 
Sluguftinerflofter  in  ©cpmabenpeim  an1. 

9?acp  ben  Jahresberichten  mürbe  1625  bie  fpauptfirepe  ben  Jefuiten  übergeben. 
®ie  fßrebigt  für  bie  ©olbaten  mar  franjöfifcp.  ®ie  (Stjriftenlefjre  mürbe  auper 
©onntagS  auch  an  ^en  Freitagen  mepr  als  200  Bettlern  gegeben,  bie  bei  biefer  ©e* 
tegenpeit  mit  SUmofen  bebaut  mürben.  ®ie  Regierung  patte  bafür  20  9Jialter  ©e- 
treibe  angemiefen.  Jm  Oftober  1626  mürbe  auf  Sefepl  ©pinolaS  ben  Jefuiten  ber 
Unterricht  ber  ß’inber  übertragen;  am  erften  £age  famen  6,  am  ^meiten  8,  allmäplicp 
mucpS  bie  Japl;  gegen  Enbe  beS  JapreS  maren  eS  120  ßinber2.  2Bir  arbeiteten, 
fo  peipt  eS  in  bem  Sericpt  üon  1626,  foöief  eS  bie  unbefiegtiepe  fjartnäefigfeit  ber 
Bürger  juliep.  Söäprenb  ber  ^Belagerung  oon  ©t  ©oar  öerfapen  bie  patres  bie  ©eel» 
forge  beim  §eer.  S3ei  biefer  ©elegenpeit  maren  bie  patres  auep  in  bem  fjofpital 
oon  Obermefel  tätig  unb  hielten  ©otteSbienft  in  ©immern.  Jn  ber  Umgebung  oon 
ft'reujnacp  mürben  oier  ©örfer  für  bie  föircpe  gemonnen.  Jn  biefen  Dörfern  perrfepte 
bamalS  bie  fßeft.  P.  fßeter  Eremer  napm  fiep  aller  Fronten  mit  gropem  Eifer  an; 
fcplieplicp  mürbe  er  felbft  oon  ber  ^Seft  ergriffen  unb  naep  SBalpaufen  gebraept,  mo 
er  halb  jum  gröpten  Seibmefen  ber  23eroopner  erlag. 

Sluguft  1636  übermieS  ber  $aifer  baS  Mofter  ©dpmabenpeirn  für  ein  in  ®reu3= 
naep  gu  erricptenbeS  Kolleg.  Jm  folgenben  Japre  (1637)  maren  mieber  jmei  patres 
unb  ein  33ruber  in  ber  ©tabt.  ©ie  hielten  an  ©onm  unb  Jefttagen  fßrebigt,  mit 
menig  fieptbarem  Erfolg,  mie  ber  23ericpt  oon  1640  fagt.  Jm  lepteren  Japre  mürbe 
©cpmabenpeim  oon  ben  Jran^ofen  oerbrannt,  bamit  eS  niept  ben  ^aiferlicpen  in 
bie  .fpänbe  falle.  Jeitroeilig  (7  Monate)  maren  bie  Jefuiten  aus  Äreugnacp  aus» 
gemiefen,  aber  1641  feprten  fie  jurücf.  ®a  fie  auep  bie  ißfarrfeelforge  gu  oerfepen 
patten,  erpielten  fie  mepr  Slrbeit,  als  1642  ben  proteftantifepen  ^ßrebigern  bie  ©pen* 
bung  ber  ©aframente  üerboten  roorben  mar.  23ei  bem  näcptlicpen  Überfall  burep  bie 
Jran^ofen  1645  märe  ein  $ater  beinape  Oon  einem  ©olbaten  erfcplagen  morben; 
ber  anbere  fßater  mürbe  fälfcplicp  als  ©pion  angegeben.  Jum  Japre  1646  peipt  eS, 
bie  beiben  Sßebauer  beS  unfrueptbaren  ^reu^naeper  SobenS  bemirften  burep  ipre  ge* 
mopnten  Arbeiten,  bap  bie  f leine  ©epar  ber  150  Äatpolifen  trop  beS  beftänbigen 


164(5  biefen  93efetjl  erneuert  fjabe.  Ser  SBort* 
laut  biefer  33efeple  bei  Meiern,  Acta  pacis 
Westph.  II  833.  3n  bem  zweiten  93efel)le  werben 
terres  de  Wisbade,  Mosback  unb  Lienz  ge= 
nonnt.  9tm  10.  gebruar  1646  pobe  fid)  ein 
Sefuit  namens  QobanneS  Gremeriud  erfübnt, 
im  Stauten  be§  St’ommanbanteu  ben  ©dpltbeifj 
p  33iebrid)  in  ba§  gefuitenfoücg  p  SÜtains  p 
zitieren  ,  um  ibm  einen  93efet)t  mitpteilen. 
SBortlaut  bei  Meiern  a.  a.  0.  II  834.  Sgl. 
ft'eller  a.  n.  0.  443  f.  biefen  Orten  fei 
aber  bie  ganje  $eit  über  bie  SlugSburgifdjc 
fonfeffiott  in  Übung  gemefeit,  „bi3  üor  etlid) 
menig  fahren  nad)  bem  fßrager  ©d)lu§  unb 
nncerfdjulbeter  ÄonfiMation  ber  ©räflid)  Staffau* 


©aarbrüdifdjen  ©ütcr  $sbre  ©burfürftl.  ©naben 
p  SOlains  rwrgemelbte  3>efuiter  unb  Sluguftiner 
bafelbft  pm  erftennial  de  facto  eingefütjrt  unb 
nad)  unb  nad)  einfdfleidjen  taffen". 

1  *Äopie  in  50tains ,  ©tabtbibliotbef,  Jes. 
B.  31  B.  Sgl.  bie  *Informatio  de  residentiis. 
f^ür  ba*3  gotgenbe  *  Litt.  ann.  Prov.  Rhen, 
sup.  1625  ff  unb  *Hist.  coli.  Mogunt.  1636 
bid  1641. 

2  ©pinota  batte  fid)  in  biefer  ©adje  an  ben 
©enerat  3titelte§d)i  gemanbt,  ber  be^batb  am 
1.  Sluguft  1626  ben  iprotiinjinl  SBaoing  aitmieg, 
bem  SOunfctje  ©pinola§  für  ©röffnung  einer 
©d)ule  in  Sreujnad)  p  entfpreeben.  *  Orig.* 
Steg.  Ad  Rhen. 


Kollegien,  SRefibeujen  unb  Sütiffionen :  granffurt  a.  $)t. 


147 


Kampfe»  mit  ben  31fatpolifen  im  53efenntniS  unb  in  ber  Übung  ber  fatpolifepen 
Religion  treu  auSparrte. 

Stuf  bie  Kunbe  com  Slbfcpluff  beS  Söeftfälifcpen  $rieben3  triumphierten  bie 
fßroteftanten,  meil  jept  bie  ^efuiten  Kreuznach  oerlaffen  müßten;  boc^  fehlte  eS  biefen 
nicht  an  Sefchüpern,  melcpe  alles  barait  fepten,  bie  (Station  aufrecht  gu  erhalten. 
2)ie  ^efuiten  fuhren  be3pall>  mit  ihren  ^Srebigten  (fran^öfifcp  für  bie  Solbaten  unb 
beutfep  für  baS  53olf)  unb  ber  Katecpefe  fort  unb  fudjten  fo  gut  als  möglich  bie 
Eingriffe  ber  f|3roteftanten  gegen  bie  Heine  fatpolifche  ©emeinbe  ab^umepren.  1649 
gäplten  fie  275  Kommunionen,  ^m  felben  ^apre  erpielten  fie  burep  Vergleich  oom 
22.  September  1649  für  fßfaffenfepmabenpeim  baS  Klofter  St  fßeter,  unb  fo  mürbe 
ein  längerer  Streit  mit  ber  SBinbeSpeimer  Kongregation  beigelegt.  3113  bann  1650 
bie  oielen  Einmanberer  aus  ber  fßifarbie  bur<h  Kranfpeit  unb  Hungersnot  unfäglich 
litten,  bettelten  bie  ^efuiteu  SUmofen  oon  Haug  ält  Haug/  Pflegten  bie  mit  Scpmu(3 
bebeeften  Kranfen  unb  labten  bie  Hnngernben.  Einer  ber  patres  mürbe  infolgebeffen 
oon  ber  Seuche  ergriffen,  fanb  aber  jept  felbft  fo  liebeüoHe  unb  gute  pflege,  baff  er 
bem  £ob  entrann.  SDurcp  ipre  fßrebigten  übten  bie  ^efuiten  grofjen  (Sinfluf}  aus 
auf  Einbämmung  oon  Unjucpt  unb  Unreblichleit  im  Honbel  unb  SSanbel  auch  bei  ben 
fßroteftanten.  biefem  3aPre  betrug  bie  3aPl  ber  Katpolifen  600.  SBie  93emüpungen 
ber  ffkoteftanten  für  bie  Entfernung  ber  ^efuiten  mürben  einftmeilen  noch  vereitelt. 

Es  mar  ein  peiffeS,  aber  oergeblicpeS  Gingen,  bie  Qefuiten  mieber  einjufüpren  in 
granffurt  a.  911.,  rco  fie  bereits  oorübergepenb  im  16.  Qaprpunbert  eine  Stätte 
gefunben  patten1.  3nf0^e  beS  3IufruprS  beS  SeblücplerS  ^injeng  fyettmilcp  patte 
Kurfiirft  Scptueifparb  1614  ootit  Kaifer  ben  SSefepl  erpalten,  bie  9iupe  in  fjranffurt 
mieberperjuftellen.  Slnläfflicp  biefeS  31uftragS  richtete  ^aul  V.  am  25.  Dlooember 
1615  ein  93reOe  an  ben  Kurfiirften,  in  melcpem  er  ipn  mapnt,  ben  fatpolifepen 
Bürgern  in  5ranülirt  bie  ootle  3rei§eit  für  bie  fatpolifcpe  Religion  auSjumirfen 
unb  nacpbrücHicp  Sorge  ju  tragen  für  bie  Errichtung  eines  ^efuitenfotlegS2. 

Einftmeilen  gefepap  uicptS;  aber  befonberS  feit  1624  betrieb  P.  3igler  als  Oberer 
Oon  31fcpaffenburg  lebpaft  ben  fßlan,  in  granlfurt  ein  Kolleg  ober  fßrofeffpauS  ju 
errichten.  ®er  ©eneral  mar  fepr  bamit  einoerftanben  unb  manbte  fiep  bieferpalb  aucp 
an  ben  Kaifer3.  31m  23.  3lpril  1628  patten  bie  Kapuziner  in  granffurt  im  fog. 
Slntoniterpof  eine  92ieberlaffung  gegrünbet4.  Hieran  fnüpfte  P.  ßigler  in  einem 
Schreiben  auS  9Jlainj  (12.  $uni  1628)  größere  H°ffnun9  für  bie  Einführung  ber 
Qefuiten.  Er  münfepte,  baff  bie  ißropaganba  biefe  Sacpe  beim  Kurfürften  oon 
DJlainj  betreibe,  ba  granffurt  ju  beffen  Siö^efe  gepöre,  unb  ben  i|3apft  erfuepe,  baS 
oom  granlfurter  9JZagiftrat  in  SBefip  genommene  9connenHofter  beS  9J?aria  9)fagba(ena= 
OrbenS  ben  ^efuiten  gujuroeifen.  ®afür  fei  nötig,  baff  ber  Erjbifcpof  oon  9!lain$ 
auf  faiferlicpe  Slutorität  pitt  biefeS  Klofter  oom  9Jlagiftrat  miebererlange  unb  ben 
Qefuiten  übergebe.  ®ie  fßropaganba  befcploff  in  ber  Sipung  oom  22.  31ugitft  1628, 
bie  nötigen  Schreiben  ju  erlaffen5. 


1  Sgl.  Sb  I,  ©.  412  f. 

2  Wortlaut  im  2Ird)iö  für  granffurtg  ©e= 
fd)id)te  1854,  128:  Quantum  profuerint  salu- 
tari  adolescentulorum  educationi  studia  atque 
labores  dilectorum  filiorum  Soc.  Iesu  optime 
nosti  ideoque  facile  credimus  probari  tibi 
adhibendam  esse  omnem  diligentiam  ut  Col¬ 
legium  Iesuitarum  Franckfurti  constitua- 
tur. 

3  Sgl.  SiteHe£d)i  an  Bigler  unb  an  ben  $ro= 

öinjiat  Gopber,  20.  San.  1624,  ferner  an  3i0ler, 


14.  gebr.  unb  18.  Slpril  1626.  *Drig.=9teg. 
Ad  Rben. 

4  liefen  Slntoniterbof  follen  1624  bie  Sefuiten 
angefauft,  bann  aber  mieber  aufgegeben  l)nben. 
21rcf)iß  a.  a.  0.  127.  Sber  erft  28.  gebruar 
1626  gibt  Urban  VIII.  beit  Slntonitern  bie  6r= 
laubnis,  ibr  §au§  in  granffurt  ben  Sefuiten 
ju  Verläufen.  ‘Original  in  SDlainj,  ©tabt- 
bibliotbef,  Jes.  B.  43  E. 

5  *  Original  in  Som,  9lrd)it>  ber  Sropaganba, 
Lettere  di  Germ.  LXIX  123. 


14S 


$ritte£  Äafntel.  ®ie  oberrtjeiitifdje  ^roöin^. 


9Ran  fjiett  biefe  ©adje  für  fefjr  micfjtig.  21ud)  ber  Orbenggeneral  mafjnte  auf 
Briefe  aug  ®eutfd)lanb  f)in  am  5.  üuguft  1628  ben  P.  gigler,  biefe  üngelegenfjeit, 
bie  oon  ber  ganzen  ^5rooin§  fo  erfeljnt  merbe,  eifriger  ju  betreiben1.  Unter  bent 
13.  föiär*  1629  mieg  Urban  VIII.  ben  Offizial  beg  ©rjbifcfjofg  oon  SRainj  an,  £>aug 
unb  ®ircf)e  beg  ®lofterg  ber  fjl.  ÜRaria  SDtagbalena  in  granffurt,  bag  früher  ben 
Süfjerinnen  ober  SBeiffen  grauen  gehörte  unb  oon  bem  fjäretifcfjen  fDlagiftrat  in  93e- 
fifs  genommen,  jefjt  aber  burd)  ®aifer  gerbinanb  miebererlangt  fei,  für  ein  in  granf= 
furt  ju  erridftenbeg  Kolleg  ber  gefuiten  ju  übermeifen2.  Son  ber  SBiebererlangung 
mar  man  aber  nod)  febjr  meit  entfernt.  ®ie  ©tabt  meigerte  fidj  entfdjieben,  bag 
„SBeifjfrauenflofter",  bag  fie  fcfjon  üor  bem  fßaffauer  Vertrag  offupiert,  fjeraugsugeben. 
©ie  machte  u.  a.  geltenb,  bag  Sßeifffrauenflofter  fei  ein  militärifcf>  midjtiger  Sßunft, 
ben  man  nidjt  ben  gefuiten  übergeben  fönne,  alpte  genötigt  ju  fein,  Ttag  unb  9iad)t 
SCBadjen  ju  fteüen.  Sludb)  bie  Sefelfle  unb  SDroffungen  ber  1630  nadf  granffurt  ge- 
fanbten  faiferlidjett  ^ommiffare  fjatten  feinen  Srfolg3.  üuf  SSeranlaffung  beg  fRateg 
oerfafjten  bie  elf  proteftantifdjen  ^3rebiger  ber  ©tabt  ein  ©utadjten  gegen  bie  gu> 
laffung  ber  gefuiten,  bag  am  27.  ganuar  1631  im  fRate  oerlefen  mürbe.  gn  biefem 
©utadjten,  bag  fjanbgreiflidfe  Unmaf)rf|eiten  enthält,  ffeifjt  eg  u.  a.:  ®ie  gefuiber 
fetjn  bie  allergreulidffte  reiffenbe  SBölf,  fo  irgenb  in  ber  Söelt  ju  finben.  .  .  .  ©ie 
lefjren  aucf)  unb  bleuen  eg  fonberlidj  ber  gugenb  ein  in  ilfren  ©djulen,  baff  bie 
Untertanen  nidfjt  fdjulbig  fepen,  einer  eoangelifcfjen  Obrigfeit  geljorfam  ju  fetjn  .  .  . 
ju  gefdjmeigen,  bafi  fie  ©eroerb  unb  (Sommunen  an  fidj  jiefjen,  aucf)  §anbmerfleuten 
großen  ©djaben  unb  ©ntrag  in  ifjrer  ÜRaljrung  tun.  .  .  .  liefern  2Men  nad)  gelanget 
an  @.  @.  unfer  bemiitigeg  gefjorfameg  Sitten,  fie  moflen  ficf)  in  biefer  f)od)mid)tigett 
©adf)e  alg  unerfcf)rodene  aucf)  treue  Pfleger  unb  ©eugammen  ber  Güpriftlidjen  ßircfje 
jeigen  unb  biefen  Sßölfen  feinen  Itnterfdjleif  nocf)  ben  geringften  ißla|  addier  ge= 
ftatten 4 5. 

Sor  biefen  „reifjenben  Söölfen"  mürbe  granffurt  burcf)  bie  ünfunft  ber  ©cfjmeben 
(im  ÜRooember)  bemafjrt.  25ie  ©tabt  feiftete  ben  ©djmeben  ben  £reueib  unb  oertrieb 
fofort  bie  ^apuginer  famt  ben  Karmelitern6.  Urban  VIII.  fjatte  bereitg  am  9.  Of* 
tober  1631  bie  Übertragung  beg  12  SReilen  oon  granffurt  gelegenen,  oerfaffenen 
9?onnenflofterg  ©t  Klara  an  bag  granffurter  Kolleg  angeorbnet6.  ®erfelbe  Sßapft 
bat,  alg  bie  geiten  fid^  gebeffert,  am  9.  Oftober  1634  ben  Kaifer  bringenb,  ber 
@efellfd)aft  gefu,  bie  er  mit  fRedjt  fo  liebe,  ehr  Kolleg  in  granffurt  ju  grünben7. 
über  aud)  biefe  Semüfjuttgen  Ijatten  feinen  Gsrfolg. 

gu  üfdjaffenbnrö,  ber  SEßinterrefibenj  ber  SRainjer  Kurfürften,  entftanb  eine  lieber- 
laffung  im  gafjre  1612  auf  ben  Söunfcf)  beg  Kurfürften  gof).  ©d)meifl)arb  oon 
Kronberg,  aber  aud)  „auf  ber  Untertanen  felbft  ünljalten" 8.  23igf)er  mären  gefuiten 
nur  am  furfürftlidfen  §ofe  tätig  gemefen  unb  gmar  alg  Seidftoäter  beg  Äurfürften 
unb  ber  ^ofleute 9.  2lin  12.  97oOember  1612  famen  für  bie  Üiieberlnffung  bie  erften 


1  *  Drig.=91eg.  Ad  Rhen.  sup.  S8g[.  ben 
23rtef  oom  9.  ©eht.  1628. 

2  *  Original  auf  Pergament  9Rains,  Stabt- 
bibliotljef,  Jes.  B.  28  A.  9legeft  in  Acta  S.  Se- 
dis  in  causa  S.  J.  833. 

3  S3cjl.  S.  3-  ®  r  a  c  a  u  e  r ,  (Sin  SSerfnd)  5er= 
binanb§  II.,  bie  Sefuiteit  in  grantfurt  a.  9Ji. 
einpfübren,  im  Strcfjio  für  granffurt^  @efd)id)tc 
1889,  260  ff. 

4  SBortlaut  ebb.  285  ff. 

5  ©ine  fiaritatnr,  bie  Vertreibung  ber  Äa= 

pujiner  1633  barftehenb,  ebb.  1854,  STafel  28. 


6  Acta  S.  Sedis  334.  Vgl.  *  91untiu§  9tocci 
an  Varberini,  16.  9Iug.  1631.  Barb.  Lat  6220, 
f.  53. 

7  *  Austriae  Fund.  II  300.  —  ©ine  grobe 
Äorrefponbcnj  über  bie  beabficfjtigte  Einführung 
ber  Sduiten  in  granffurt  aU‘o  ben  fahren  1615 
bi§  1631  liegt  in  SBieit,  ©taatSarcfjio,  94eid)*d- 
Ifofrat,  Jes.  113. 

8  ©tiftung^urfunbe  üom  8.  Sitarn  1626  ge> 

brucft  in  granj  ©piringcr,  2)a3  8tfd)affen> 
burger  ©qmnafium,  fßrogr.  be§  ©hmn.  9lfbhaffen- 
bürg  1901,  50.  9  Litt.  ann.  1612,  346  ff. 


Äoflegien,  SJefibenjett  unb  Sütiffionen :  Stfdfioffenburg. 


149 


^efuiteit  an :  Qol).  9?einf)arb  2lbolf  Senepp  unb  ^n?ei  Paienbriiber.  Mit  beit 

(Erfolgen  mar  man  jufriebett.  „$>af;  ber  ©taub  ber  Üiefibenz",  fo  fcfjrieb  5>itelle§cf)i 
am  20.  Quni  1018  an  ben  SBijefitperior  gacieg,  „fo  oorjüglirf)  ift,  mad)t  mir  greube; 
bafj  aber  in  jener  ©egenb  jo  oiele  j;ur  fatfjolifdjen  ^ird^e  jurücfgefehrt  finb,  freute 
mid)  fo  fefjr,  baff  id)  aud)  bem  fßapfte  baoon  glaubte  Mitteilung  machen  ju  müffen. 
ÜDerfelbe  Ijat  beim  aud)  grofje  greube  bariiber  empfunben."1  Sie  ©rfolge  bemogen 
ben  Surfürften,  einen  längft  gehegten  fJSlan  zur  Slugfüljrung  ju  bringen,  nämlid)  bie 
©rmeiterung  ber  fRefibenj  ju  einem  Heilten  Solleg  mit  etma  jtnölf  fßerfonen  unb  jtoei, 
f)öd)fteng  brei  ©rammatifflaffen2.  Ser  ©eneral  fcfjrieb  barüber  am  7.  September  1619 
bem  ffßroüinsial  ©opper :  „©in  foldjeg  Solleg  ift  zmar  in  ber  rheinifdjen  fßrooing  etmag 
ganz  9?eue§.  Sod)  glaube  id),  bafj  mir  bem  Söunfdje  beg  ung  fo  mofjlgefinnten  Sur» 
fiirften  burcf)au§  nadjfommen  müffen,  unb  bag  um  fo  elfer,  ba  reiche  grüßte  ju  ermarten 


finb  unb  ein  allmählicher  Slugbau  ju  einem  oollftänbigen  Solleg  nidjt  unmahrfd)einlid) 
ift."3  St  lg  Söohnung  biente  ben  Qefuiten  für  bie  erften  ^afjre  eine  leerfte^enbe 
Surie  in  ber  „©rauen  ©afj"  (jejjt  fßfaffengaffe),  bie  ben  9?amen  „3um  deinen 
Sfgppter"  führte;  für  bie  ©eelforge  mar  ihnen  ein  ©eitenfcfjiff  ber  ©tiftgfirdje  an» 
gemiefen  morbeu.  3m  3ahre  1617  erhielten  fie  eine  eigene  ffeine  Sapelle 4.  ©chon 
1619  begann  man  mit  bem  23au  einer  geräumigeren  Sirdje,  bie  1620  fertiggeftellt 
unb  1621  mit  großer  ^eierlidjfeit  ooirt  ©r^bifcpof  eingemeiht  mürbe.  Sie  ©eefe  biefeg 
S3aueg  unb  beg  gleichzeitig  in  Singriff  genommenen  ©djulbaueg  mar  P.  3igto:; 
Mittel  aufjer  bem  S3aupla§,  11560  ©ulben,  I;atte  ber  Surfürft  gegeben.  Sie  Sirene, 
ein  römifdjer  33arodbau  mit  Sonnengemölbe  fiat  eine  Sänge  öon  ftarf  30  m,  eine 
^)öhe  Don  faft  18  m  unb  mar  ben  33ebürfniffen  eineg  fleinen  Sollegg  angepafjt5. 

1  *Drig.=5Reg.  Ad  Rhen.  4  ©pi  ring  er  a.  a.  D.  10  ff. 

3  *  31fller  an  6en  Stffiftenten  93nfaeu^,  20. 9J7ai  5  33  raun,  Sie  Stirdjenbauten  ber  bcutfdjen 

1620.  Rhen.  sup.  Fund.  I.  Sefuiten  1  192  ff.  3>a§  Äoltcg  tuurbe  fpäter 

3  *0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  gebaut,  beim  in  einem  SSriefe  be3  ©eneralg 


150 


$ritte§  Kapitel.  S)tc  oberrpeinifdje  fßrobinj. 


2)en  Unterricht  hatte  man  Slnfang  (beS  Schuljahres?)  1620  mit  einer  klaffe 
begonnen  unb  1622  auf  brei  Staffen  unter  brei  Sefjrern  ermeitert* 1.  „®ie  Sdjulen, 
raeldje  non  Stag  gu  Stag  an  (Schülern  machfen",  fo  fdjrieb  am  1.  üguni  1621  P.  3i(Üer 
an  ben  ©eneral,  „merben  aümählid)  gu  ftein.  ®er  3ubrang  aber  gu  unferer  Kirdje  ift 
für  biefe  fleine  Stabt  ftar!.  fßfingften  empfingen  über  1300  bie  Zeitige  Kommunion."2 
©ine  hoppelte  Kongregation  mürbe  eingerichtet,  bie  eine  für  bie  Schüler,  bie  anbere  für 
ben  Kleru§  unb  bie  ^Bürger.  Unb  in  einem  Sdjreiben  ViteUeSchiS  oom  4.  SRooember 

1623  an  ben  P.  3iQ^er  heifjt  eS:  „S£)er  oorgüglidje  Stanb  ber  ÜRieberlaffung  unb  bie 
reichen  grüdjte  unferer  bortigen  Sßirffamfeit  machen  unS  nicht  menig  greube.  £mffent= 
lief)  mirb  auch  ber  SSunfd)  @ro>  (podjmürben,  gur  Vemältigung  ber  ©rnte  mehr  Seute 
bort  unterhalten  gu  fönnen,  fid)  halb  erfüllen,  menn  nur  ©ott  ruhigere  3eiten  fcfjidt 
unb  ben  Kurfürft  erhält." 3  SDiefer  SEBunfcf)  ging  halb  in  (Erfüllung,  Schon  Slnfang 

1624  äußerte  ber  Kurfürft  felbft  bie  Slbfidjt,  baS  Kolleg  meiter  auSgubauen,  unb 
oerfügte  fchon  am  12.  Januar  1624  bie  Vermehrung  ber  Stiftung4.  §erbft  1624 
mürbe  nun  bie  oierte  Klaffe  unb  gmei  3a^re  fpäter,  £>erbft  1626,  audj  bie  fünfte  unb 
lefjte  Klaffe  angefügt,  nacf)bem  fdjon  QaljrS  guoor  bie  SUeberlaffung  oont  OrbenS* 
general  ben  fRang  unb  Stitel  eines  eigentlichen  KollegS  erhalten  hatte5. 

Über  bie  bisherige  Stätigfeit  ber  ^efuiten  unb  feine  meiteren  ©rmartungen  äußerte 
fief)  ber  Kurfürft  in  bem  brüten  Stiftsbriefe  oont  8.  9Rärg  (Reminiscere)  1626  alfo: 
2Bir  haben  „bisfjero  im  SEBort  unb  in  ber  Stat  Oerfpühret,  baf;  mehr  gebadete  ^riefter  unb 
©eiftlidje  ber  Societät  3efu  bei  ber  Qugenb  burd)  ©atedjefiren  unb  ©rhaltung  breier 
Schulen  ©ramniaticeS  nit  allein,  fonbern  auch  &ei  männiglichen  in  unb  außerhalb  ber 
Stabt,  in  benadjbarten  Rieden  unb  SDorffchaften  mit  ^rebigen  unb  Untermeifung  merf* 
liehen  ??u^en  gefdjaffet  unb  unfere  mahre  catholifche  ^Religion  in  foldje  Slufnahme  ge* 
bracht,  bafj  bem  lieben  ©ott  höchlich  barunt  gu  banfen,  auch  ber  Gütern  [ich  gu  freuen, 
bah  fie  unb  ihre  Kinber  in  furgem  gu  rechter  ©laubenSerfenntnifj  unb  gu  gottfeligen 
Übungen  djriftlidjer  catlfolifcher  Söerfe  fommen,  unb  bie  Kinber  oljne  ber  Gütern 
fdjmere  Koften  in  ber  ÜRähe  bei  beren  Schulen  erhalten  merben  fönnen;  bahero  mir 
biefem  uuferm  Oberftift  nit  allein  gang  nith  unb  oerträglid),  fonbern  auch  h°cf)nötig 
befinben,  oft  gebadete  )|3riefter  unb  ©eiftlid^e  ber  Societät  3efu  als  nach  nunmehr 
erbauten  Kirdjen  unb  beftänbigem  2Bof)nhauS  gu  einem  Collegio  fomohl  fünftiglid) 
mit  beftänbigem,  notbürftigem  Unterhalt  gu  üerfefjen,  als  aud)  noch  ferner  bahin  gu 
trachten,  mie  bei  fo  üerfpührenbem  guten  Gsffect  über  bie  allbereith  aufgerichtete  unb 
bis  bahero  rühmlich  erhaltene  brei  Schuhten  ©rammaticeS  beneben  ber  ißoetica  noch 
bie  fRhelarica  alfobalb  unb  bann  bie  SDialectica  mit  nädjftem  auch  eingerichtet  unb 
biefelben  ber  3ugenb  oorgetragen  merben  mögen"6.  3n  berfelben  ürfunbe  übergibt 
ber  Kurfürft  gum  Unterhalt  meiterer  ißerfonen  „fraft  überörtlicher  ©emalt  unb  bar* 
über  habenbem  päpftlid^en  Qnbult  unfer  nun  etliche  Qafjr  hero  befolat  geftanbene 
Klofter  §immeltf)al  famt  allen  beffen  Vefifjungen  unb  fRedRen"7. 


93itelte§d)i  bom  16.  fDtärj  1630  an  beit  Stettor 
§oen  Reifet  e§ :  Egit  idem  (P.  Zigler)  hic  quo- 
que  mecum  de  fornta  aedificii  Collegii  istius, 
quam  etiam  delineatam  ostendit,  quae  cum 
aptissime  descripta  videatur,  valde  opto  ut 
ad  illarn  formam  omne  aedificium  exaedifi- 
cetur.  *Drig.=91eg.  Ad  Rhen.  sup. 

1  *Catal.  1622.  Slgl.  ©pivinger  a.  a.  D.  14. 

2  *  Original  in  Docum.  hist.  Prov.  Rhen. 

3  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

4  *  33itelIeM)i  an  Bigter,  6-  ?tpri[  1624. 

Spiringer  a.  a.  €.  49  f. 


5  *Litt.  ann.  1624.  *Catal.  Rhen.  sup. 
1626.  *  S8itelle§d)i  an  B'QU’r,  4.  3 an.  1625. 
Ad  Rhen.  Slitnapme  unb  2)anf  S8iteüe-§d)tg  öom 
11.  San.  1625  au  ©ebtoeifparb.  *  0rig.*9teg. 
Ad  Extern. 

6  $rucf  bei  ©pi  ringer  a.  a.  D.  50  f. 

7  Über  ba§  gegen  @nbe  be§  16.  Saprpunbcrt!? 
ganj  berfonitneite  ßiftercienferinnenttofter  tpim* 
meltpal  im  fübroeftlid)en  33orlanb  be§  Speffart 
tigt.  2lrd)io  be§  §iftor.  Sereing  oott  Unter* 
fronten  unb  Slfdjaffenburg  XL VII  (1905)  211  ff. 
9lnt  1.  Snti  1626  bat  ©dpueitljarb  um  iöeftäti* 


Sollegien,  fRefibensen  mtb  Miffionen:  Stfdjaffenburg. 


151 


.Qur  Qjinfüprung  ber  3)ialeftif  farn  eg  jmar  nicpt,  bocp  gebieten  bie  ©deuten1 
unb  bauerten  audj  bie  ©rfolge  in  ber  feelforglicpen  Xätigfeit  an2,  fo  baff  bag 
Äodegiatfapitel  im  Qapre  1629  ben  Qefuiten  and)  bie  ^Srebigten  in  ber  Stiftgfirdje 
übertrug3  unb  ber  neue  Slurfiirft  ©eorg  Qriebricp  üon  ©reiffenflau  bei  ber  9?eu* 
beftätigung  ber  Stiftung  im  Qapre  1629  mteberum  „rüpmenb  beg  frommen  ©tferg 
unb  ber  üerbienftooden  erjieperifdjen  £ätig!eit  ber  Slfcfjaffenburger  Qefuiten  gebaute" 4. 
Qpre  3a^  @nbe  1630  auf  18  angemacpfen :  7  ißriefter,  5  üOJagiftri  unb 
6  Saienbriiber.  SDioüember  1631  machte  bag  |)eranriiden  beg  Sdjroebenfönigg  bem 
$oHeg  mit  einem  Sdjlag  ein  (Snbe.  Stuf  ben  9tat  flilltjg  tterliefjen  ade  Qefuiten 
bie  Stabt,  nadjbem  ber  ^Heftor  9iifolaug  £>oen  felbft  feine  aufopfernbe  Sütigfeit  bei 
ben  tränten  Ttitlijfcpen  Solbaten  mit  bem  Xobe  bezopft  patte5.  @rft  (Snbe  1634, 
nacp  ber  Scpladjt  bei  ÜRörblingen  unb  bem  iRücf^ug  ber  Scproeben  au§  2lfd)affenburg 
feprten  oier  Qefuiten  ^uriid.  Sie  fanben  aber  überall  (Slenb  unb  9iot  unb  baju 
bie  fdjredlicp  mütenbe  ißeft.  500  Seicpen  lagen  megen  beg  partgefrorenen  33obeng 
unbeerbigt  ba,  unb  „baff  ipr  ©rab  nidjt  ber  §JJain  mürbe",  fagt  ber  Qapregbericpt, 
„Oerpinberte  bie  bide  ©igbede". 

„Qn  biefen  Qeden  ber  9cot",  fo  fdjreibt  ber  neuefte  ©efcpicptfdjreiber  beg  ®oI* 
legg,  „bemiefen  bie  bier  Qefuiten  einen  rüpmlicpen  (Sifer  im  SDienfte  ber  djriftlidjen 
Siebe  unb  Sarmperjigfeit.  Unerfdjroden  leifteten  fie  ben  Äranfen  unb  ben  Ster* 
benben  ipren  Seiftanb." 6  Qm  folgenben  Qapre  mürbe  aucp  bie  Scpule  mieber  er* 
öffnet.  SDiefe  pob  fiep  aber  bei  bem  ftänbigen  ®riegggetümmel  unb  bei  ber  ftarf 
j$ufammengefd)moljenen  23eoöIferung  nur  langfam.  Qm  Qapre  1637  unterrichtete 
man  in  ^roei  Pfaffen.  33ei  einem  Überfall  burep  bie  Sdjmeben  Slpril  1637  mürben 
®oöeg  unb  ßirepe  geplünbert  unb  ber  fReftor .  Qafob  Siebft  in  feinem  eigenen 
Qimmer  faft  töblidj  oermunbet.  .  Slnfang  1638  feprten  bie  geflopenen  Qefuiten  mieber 
jurüd.  Sllsbalb  fudjten  fie  audj  bie  Scpule  ju  eröffnen,  aber  eg  ging  natürlich 
fepr  langfam.  31m  16.  Stooember  1641  fepreibt  P.  ©eorg  ©tjfaeug;  Ünfere  Sdjulen 
finb  fepr  fepmadj.  2Sir  paben  3  §umaniften,  8  Spntapiften,  4  Setunbaner  unb  un* 
gefäpr  20  Qnfimiften.  Slber  bie  fleine  Scpar  fürchtet  fidj  nidjt7.  Qm  Qapre  1643 
jäplte  bie  Scpule  mieber  bier  klaffen,  aber  je  jmei  fombiniert.  „®a  nun  bie  Sdjüler 
fiep  meprten",  fo  erjäplt  ber  Söericpt  be§  Qapreg  1644,  „unb  bei  ber  3(uffüprung 
beg  Sdjaufpielg  ^permenegilb  ju  Slnfang  beg  neuen  Scpuljaprg  burdj  ipr  gemanbteg 
Sluftreten  audj  ben  33eifall  beg  ®urfürfteit  geerntet  patten,  fo  mürben  brei  Seprer 
angeftellt,  meldje  bie  Qugenb  in  fünf  klaffen  beffer  unterridjten  tonnten."8 

31pnlicp  langfam  entmidelte  fiep  bie  feelforglicpe  £ätigfeit  in  ber  Stabt  unb  auf 
ben  umliegenben  Ortfdpaften,  bie  bielfach  iprer  Pfarrer  beraubt  maren  9.  ®ie  reget* 


gung  mit  ber  23egrünbung :  Magno  Archiepi- 
scopatus  nostri  bono  et  subditorum  nostrorum 
in  pietate  et  religione  Catholica  profectu,  ali¬ 
quot  iam  annis  in  urbe  Ascbaffenburgensi  . . . 
Patres  Societatis  lesu  operam  suam  mihi  im- 
penderunt  indefessain.  Ut  adeo  magnopere 
mihi  curae  sit,  ut  Societati  lesu  hoc  loco 
erectum  per  me  in  honorem  Sanctissimae 
Trinitatis  Collegium ,  extrueto  iam  templo 
et  habitatione  necessariis  etiam  alimentis  pro- 
videam  .  .  .  ea  Sanc,as  Ya  rata  habeat,  illud- 
que  certo  statuat,  industriam  Patrum  Socie¬ 
tatis  lesu  multarum  millium  animarum  ad 
fidem  Catholicam  reductione  iam  nobis  testa- 
tam,  ampliores  adliuc  fructus  in  horrea  Domini 
llaturos.  *  Original  in  Barb.  Lat.  6882,  f.  73. 


SBegen  be3  am  17.  (September  1626  erfolgten 
2obe3  ©djtoeifljarbS  üersögerte  fid)  bie  93eftäti= 
gung;  fie  erfolgte  erft  am  15.  Mai  1627.  9lrd)tu 
a.  a.  0.  295. 

1  *  Litt.  ann.  1630. 

2  Sßgl.  *  Ad  Rhen.  sup.  1628,  240;  1629, 
251 ;  i630,  272  280. 

3  *Catal.  Rhen.  sup.  1629  —  1630.  *  Litt, 
ann.  1631. 

4  ©piringer,  2)a3  9l|d)affenburger  ©pnt* 
uaftum  20. 

5  *  Litt.  ann.  1631. 

0  ©piringer  a.  a.  0.  25. 

7  *  Original  itt  Mains,  ©tabtbibliotljef,  Jes. 
A.  25  A.  8  *  Litt.  ann.  1644. 

9  SSgl.  *  ebb.  1637  u.  1639. 


152 


®ritte§  Äapitel.  Sie  oberrljeinifclje  ^rotiinj. 


mäßigen  Katedjefen  in  ben  ^Dörfern  unb  gledett  fonnte  man  erft  im  $afjre  1644  mieber 
aufnefjmen.  Stamäfjticf;  fjob  fiel)  non  nun  an  mieber  ber  Empfang  bet  ©aframente, 
^m  ^aljre  1647  mären  eS  „5000  Kommunionen  in  ber  ©tabt  unb  mehrere  ütaufenbe 
braunen  auf  ben  Pfarreien"  unb  gmei  $af)re  fpäter  „io  öiele,  mie  nodj  nie  feit  ben 
fdjmebifdjen  KriegSftürmen"  1.  ®ie  Slfcfjaffenburger  ^efuiten,  beren  gal)!  im  3af)re 
1650  mieber  auf  16  geftiegen  mar,  grnölf  Priefter  unb  oier  Saienbrüber,  fjaben  in 
all  biefen  ^aljren  ber  9cot  unb  beS  ©djred'enS  nie!  auSgetjalten,  gugleicf)  oiel  9Kut, 
(Sifer  unb  2IuSbauer  bemiefen.  21m  21.  Januar  1640  Ijatte  93itelle§cf)i  Doll  ber 
Slnerfennung  an  ben  2lfdjaffenburger  fReftor  gefdjrieben:  „@ef)r  erfreut  mar  id)  über 
ben  freubigen  SOiut  ber  Uitfrigen  unter  fo  Dielen  SDrangfalen,  inmitten  beS  STobeS 
unb  umgeben  Don  Krieg,  junger  unb  Peft.  fpier  mel)t  fürmaljr  ber  Gleift  @otteS, 
ber  unS  audj  über  bie  irbifcfjen  @d)idfalSfd)täge  emporljebt."  Unb  geljn  Qaljre  fpäter 
fjeifjt  eS  äfpilicf)  in  einem  Schreiben  beS  ©eneralS  Piccolomini:  „Sftidjt  gemö^nlicfje 
greube  medte  in  mir  bie  9?acf)ri<f)t  Don  ber  TTugenb  unb  bem  (Sifer  ber  Unfrigen 
trop  aller  geitlidjen  9?ot.  :Qdj  fjege  bie  fefte  Hoffnung,  baff  @ott  feinen  Wienern,  bie 
fo  emfig  für  if)n  arbeiten,  ben  notmenbigen  SebenSunterfjalt  nidjt  Derfagen  roirb."2 
2Bie  fetjr  ber  SBürgengel  gemittet,  geigt  am  beften  bie  £atfacf)e,  baf;  Don  7000  männ* 
lidjen  Semoljnern  beS  2lfd)affenburger  2lmteS  am  ßnbe  beS  Krieges  nur  noef)  700 
am  Seben  maren3. 

i*c 

®aS  Kolleg  in  £)ciltgenftnbt  fe|te  bie  frühere  fegenSreicfie  STätigfeit  fort4.  Seim 
£obe  beS  ÜUiainger  Kurfürften  Söolfgang  Don  ®alberg  (1582 — 1601)  bemerft  ber  neuefte 
@efcf)icf)tfd)reiber  beS  SicfjSfelbeS :  „Sei  ber  Serbeffermtg  beS  fatf;o!ifcf)en  SebenS  im 
GridEjSfefb  maren  if)tn  bie  3e?uiteit  beS  fpeiligenftabter  KoöegS  fefjr  befjifflicf).  ©ie 
forgten  nidjt  nur  für  ben  9iad)mud)S  eines  frommen  unb  miffenfdjaftlid)  gebilbeten 
KleruS,  fonbertt  nahmen  fid)  auef)  ber  fd)on  im  21mte  befinblidfjen  Priefter  an  unb 
forgten  burd)  bie  geiftlicfjen  Übungen  für  ©rfjattung  beS  priefterlidjen  SebenS  unb 
©trebenS.  ®iefelbe  SSoljltat  ermiefen  fie  ben  OrbenSgeiftlicfjen,  befonberS  ben 
Konoentualen  Don  9feifenftein.  Unter  bem  Sanboolf  festen  fie  unerntüblicf)  itjre 
£ötigfeit  fort."5 

„®er  ©tanb  beS  KolIegS",  fo  fc^rieb  ber  ffteftor  ßof).  äfteftorff  am  16.  $uli 
1600  Don  §eiligenftabt  an  SlquaDioa6,  „ift  berfelbe  mie  fonft.  ßu  fpaufe  f)errfd)t 
9iuf)e  unb  Triebe,  unb  ein  jeber  Derfiept  gu  meiner  Dollen  ßufriebenfjeit  fein  2tmt. . . . 
Unfere  Slrbeiten  fiub  in  biefer  ©egenb  nicf)t  unnüp.  ©eit  Oftern  Ijaben  fdjon  neun 
Pfarrer  bei  uttS  bie  geiftlicfjen  Übungen  gemacht;  einige  Ijaben  mir  aud)  aus  ifjrern 
unreinen  Seben  fjerauSgeriffen.  Über  30  Ijaben  mir  fcfjon  in  biefem  fjalben  Qafjre 
gur  fatfjolifdjen  Kirche  gurüdgefüfjrt.  Oft  gefjen  mir  gu  ben  benadjbarten  Dörfern, 
gu  ben  Klöftern  unb  2Ballfaf)rtSorten.  SDabei  Ijaben  gumeilen  gmei  patres  an  einem 
Sage  gegen  200  Seidjten  gehört." 

®er  am  15.  9Jiai  1601  gemähte  neue  Kurfürft  Don  SO^aing ,  ^oljantt  21batn 
Don  Siden,  fjatte  fdjon  früher  baS  Kolleg  unterftiipt.  211S  Gsrgbifdjof  fügte  er  ben 
beftefjenben  Klaffen  je  eine  für  fRfjetorif  unb  SRoraltfjeologie  fjingu,  er  ftiftete  Prämien, 


1  *Litt.  ann.  1644  it.  1647. 

2  *  0rig.=fReg.  Ad  Rhen.  sup. 

3  ©piringer  a.  a.  0.  29.  —  Sie  Obern 

maren:  IReinb-  Qtglcr,  1612;  $et.  1*325 ; 

9tif.  .f)ocn,  1628;  SBenpet,  1631;  S°b- 

Sugeifen  (SSiüereftor),  1636;  Siebft,  1636; 
Sol).  Htnngolt  (SBijereftor),  1637;  tpt)il.  Spalter, 
1638;  ©eorg  SOtenjj,  1642;  SHcinl).  f^auft,  1644; 


2tbr.  0utitcfen  (Sßisereftor),  1647 ;  Sob-  ßarb, 
1648-1651. 

4  »gl.  93b  I,  ©.  109  ff. 

5  »b.  Srtieb,  ©efd).  ber  ^Reformation  unb 
©egenreformotion  auf  bem  ©idjSfelbe2  (1909) 
300. 

c  *  Original  in  Germ.  Epp.  XXXVI  (1601) 
71. 


Soflegicn,  SRefibcnscn  mtb  9Jtiffioncn :  ^eiligenftabt.  153 

übermieg  ein  angren^enbeg  |>au§  unb  eine  grope  SBibliotfjef.  ®ag  Kolleg  „mar  if)nt 
lieb  unb  teuer  alg  bie  fßflanjfd)ule  eine§  tüchtigen  ®leru§" 1. 

9iad)  bem  frühen  Job  Slbamg  folgte  am  17.  Februar  1604  bcr  arbeitfanie  unb 
fromme,  oon  ÜRatnr  etmag  ängftlidje  Qof).  ©djmeifharb  ooit  ^ronberg.  23ei  feinem 
9iegierunggantritt  roaren  in  .fpeiligenftabt  nod)  mehrere  fjunbert  ißroteftanten  oor* 
fjanben,  benen  ber  ^urfiirft  1605  mieberfiolt  befahl,  „ihre  ^Religion  ober  ihren 
333ob)nfi^  gu  änbern",  aber  biefe  23efef)le  frudjteten  menig  2. 

hierüber  berichtete  am  2.  Januar  1606  ber  Sieftor  ^of).  SDZeftorff  an  Stquaöiöa: 
,,^m  oerfloffenen  SRonate  maren  hier  bie  furfürftlidjeu  ©efanbten,  an  beren  ©pipe 
ber  SDombefan  ^afob  o.  (SIp  . . .,  unb  oerorbneten,  baff  big  SQZariä  Sichtmep  alle  ^Bürger 
unb  überhaupt  alle  ifSroteftanten 
jur  fatholifchen  ®ird)e  §urüd* 
fehren  ober  aber  ihre  ©ad)en 
oerfaufen  unb  bag  Sanb  oer* 
laffen  müfjten.  SDod)  fcheint  bie 
SBerorbnung  auf  bie  93ürger  hier 
—  mit  ihren  ^inbern  nod)  300 
unb  mehr  —  menig  Sinbrud 
gemadjt  jit  hoben;  benn  äpnlid) 
ift  eg  ihnen  fdjon  öfterg  augju* 
meidjen  gelungen,  ©leidjmohl 
fcheint  ber  CSrjbifcfjof  bie  ©acf)e 
ernft  311  nehmen. . . .  ®er  23ürger> 
meifter,  eilt  ÜDiann  Oon  60  ^af)« 
ren,  ift  um  2Beihnad)ten  gur 
®ird)e  juriidgefehrt  unb  hot  in 
nuferer  $ird)e  gur  großen  f^reube 
ber  anmefenben  ^'ommiffare  unb 
unter  bem  ^ubel  ber  ^atpolifen 
bie  heilige  Kommunion  noch  fa* 
tholifchem  fRitug  empfangen. .  .  . 

Seiber  reidien  unfere  Kräfte  für 
bag  grope  Slrbeitgfelb  nidjt  aug, 
ba  ung  bie  Slrbeiten  ju  §aug 
3U  fepr  in  Slnfprud)  nehmen."3 

Um  größeren  ©rfolg  ju  er* 

sielen  ,  fdjrieb  ber  Srjbifdjof  giad)  SbeDenljiller,  Sonterfet  Äimbferftid),  1721.  (Stid)  (ca  5/7). 
um  Oftern  1606  an  ben  Sieltor 

beg  ^ollegg,  er  fülle  bie  ^Bürger  in  feinem  ÜRanten  ermahnen,  bie  ©timme  ifjreg 
SSaterg  unb  gurten  folgfam  ju  hören,  er  fucf)e  nichts  anbereg  alg  ihr  ©eelenpeil 
unb  ihre  SBoplfahrt.  33ig  gegen  ©nbe  beg  Qüfjreg  traten  befonberg  infolge  beg 
®rängeng  ber  Sommiffare  gegen  100  ißerfonen  jur  fatholifchen  &'ird)e  jurüd.  £)ie 
Termine  ber  Slugmeifung  mürben  immer  mieber  oerfängert  big  in  bag  Qal)r  1610 
hinein.  Stuf  bie  fRüdfepr  ber  1608  nod)  übriggebliebenen  40  ißroteftanten  übte  ber 
®omfapituIar  Slnfelm  Äafimit  o.  Söambolb  großen  (Sinflup.  „21(g  furfürftlicher 
©teüoertreter  oermeilte  er  ben  ganzen  ©ornnter  beg  ^apreg  1610  in  ber  ©tabt  unb 
unterftüpte  bie  ^5rebigten  ber  ^efuiten  burd)  fein  Slnfepen.  ©o  fam  eg,  baff  nun 
ber  lepte  fReft  ber  lutl)erifd)en  ^Bürger  jur  fatholifchen  fö’irdje  jurüdfeprte.  . .  .  ipätte 


1  Änieb  a.  a.  0.  301  f. 


2  Sbb.  321. 


3  *  Original  in  Germ.  Epp.  XXXVII  12. 


154 


drittel  Kapitel.  2)ie  oberrf)einifd)e  fBrooina. 


bet  Äurfiirft  gum  ©editierte  gegriffen,  mie  ein  äftorih  non  §effen,  bann  märe  er 
rafdher  gum  3*?^  gefommen  unb  ^ätte  bem  Sanbe  manche  Unruhe  erwart;  ob  bann 
aber  auch  eine  mirfliche  ©inneSänberung  ber  im  Irrglauben  alt  gemorbenen  ^erfoneit 
eingetreten,  ob  ba§  fatfjolifc^e  Seben  fo  rafcf)  aufgebläht  märe,  mie  e§  gefdjehen, 
ba§  ift  eine  anbere  gnrage." 1  fpeiügenftabt  gäfjtte  um  biefe  3eit  faurn  600  £>erbe, 
non  ben  Vemohnern  raffte  bie  fßeft  1611  mehr  als  600  meg.  Um  biefe  ßeit 
maren  bie  2öof)nung§nerf)ättniffe  ber  ^atre§  nicEjt  günftig.  2lnt  14.  St)egember  1613 
fdjreibt  Stquaoioa  bem  Sßrooingial  ©djeren  megen  Etagen  über  bie  ben  (Sinfturg 
brofyenben  ©djulgebäube  unb  ben  Übeln  @erud)  in  ber  Kirche  infolge  ber  nieten 
Seidjeit2.  St)iefen  Etagen  mürbe  1616  teilrceife  abgefjolfen  burd)  einen  großen  Neubau, 
ber  164  ffuf  lang  unb  36  gmjj  breit  in  brei  ©tocfroerfeit  einen  ©aal  unb  Söofjn« 
gimmet  umfafste.  3um  3ß^re  1622  heifjt  eS,  in  bem  alten  |jauS  feien  unten  bie 
@d)ulen  gemefen  unb  oben  hätten  bie  ©cfjolaftifer  (Sßhilofophen,  bie  non  fßaberborn 
geflofjen)  mit  ihrem  ^5rofeffor  gemoljnt;  baS  neue  üont  (Srgbifdjof  gebaute  .fpauS  biene 
als  f)inreid)enb  gute  2öof)nung. 

St)ie  3ß^I  ber  fßerfonen  betrug  oor  ber  ©djmebengeit  burchfdjnittlich  18 — 20, 
fpäter  fchmanfte  fie  je  nach  bem  (Urabe  ber  Vermüftung  gmifdjen  5 — 15,  bie  geringfte 
3af)l  geigen  bie  3ßf)re  1641 — 1645  mit  6—8  Sßerfonen.  1632  unb  1633  mürben 
bie  3efuiten  nertrieben,  1640  ©tabt  unb  Kolleg  in  einem  3ßhr  fünfmal  geplünbert. 
3m  3af)re  1646  tonnte  nad)  fedhgehnjäljriger  Unterbrechung  mieber  eine  Vifite  burd) 
ben  fßrooingial  gehalten  merben.  (Srft  Dftober  1650  gogen  bie  lebten  Struppen  aus 
ber  ©tabt  fort3. 

Stroh  alt  biefer  Söebrängniffe  leifteten  bie  ^efuiten  baS  SOienfdfjenmögliche.  ®ie 
©chulen  entrcidelten  fid^  gut;  eS  mürben  1601  bie  9K)etorif,  1603  bie  Sftoral,  1609 
gmei  roeitere  Vorlefungen  über  Stialeftif  unb  Kontrooerfe  beigefügt4.  $ür  ba§  3a^r 
1628  merben  9  fßrofefforen  aufgegählt,  6  für  baS  ©pinnafium,  barunter  1  nur 
für  baS  ©riecfjifche,  aufjerbem  je  1  fßrofeffor  für  SD'ialeftif,  Sftoral  unb  Kontrooerfe. 
9cach  ber  Vertreibung  muffte  bann  oon  neuem  angefangen  merben.  Staunt  marett 
1632  einige  ^efuiten  gurüdgefeljrt,  fingen  fie  nach  SDftern  fofort  mieber  ben  Unter- 
ridjt  an,  ber  aber  burd)  ihre  ©efangennaljme  mieber  unterbrochen  mürbe.  Slnfang 
1636  famen  gu  bem  einen  ^efuiten,  ber  1635  bie  Sßrebigten  mieber  aufgenommen, 
noch  gmei  Sßriefter  unb  ein  DJiagifter,  bie  fofort  bie  ©chulen  eröffneten. 

Sta  mar  feine  lange  (Sinlabung  nötig,  fo  lautet  ber  Veridjt  oon  1636,  benn  bie 
(Sidjsfelber  3ugenk  ift  f°  erpicht  aufs  ©tubieren,  baff  bei  bem  erften  ©eriicfjt  oon 
ber  (Sröffnung  ber  ©cf»ule  bie  einen  ben  fßflug,  bie  anbern  ben  Jammer  ober  mogu 
fie  fonft  immer  ber  Krieg  üerurteilt  hßUe,  als  ihrer  unmürbige  3nftrumente  meg- 
roarfen  unb  mit  bem  SebertoamS  (corio),  gerabe  mie  fie  nad)  SanbeSfitte  gefleibet 
maren,  herbeieilten,  ohne  in  ihrer  Ungebitlb  auf  2Infertigung  oon  ©tubentenmänteln 
gu  märten.  3n  wenigen  Stagen  maren  50  beifammen.  3wei  Seljrer  hielten  ©chule; 
ohne  oiel  2JJühe  mürbe  aud)  bie  Kongregation  mieber  errichtet.  Stroh  aller  fßlünberungen 
unb  ber  faft  üölligen  Verteuflung  ber  ©tabt  maren  eS  1644  über  150  unb  1646 
über  240  ©djüler.  St>ie  Veridjte  oon  1645  bemerfen  gu  biefer  über  alles  (Smarten 


1  &  n  i  e  b  ,  ©efd).  ber  [Reformation  ufm.  324. 

2  *  Orig. -[Reg.  Ad  Rhen.  3rt  ber  Sirdje  batte 
ber  ©tattfjatter  1605  eine  Gfjorbülfne  bauen 
[affen,  bamit  fie  mefjr  Seutc  faffe.  [Reftor  SWeftorff 
an  Slquabiüa,  2.  San.  1606.  *  Original  in 
Germ.  Epp.  XXV11  12\ 

3  ®ie3  unb  baS  fgotgenbe  nad)  *  Litt,  ann., 

*  Catal.  unb  *  Hist.  Rhen.  sup.  ®ie  *  Hist. 


coli.  Heiligenst.,  bereu  erfter  33aub  oon  1574 
biä  1685  reid)t,  befinbet  fid)  in  ber  ©qmnafial- 
bibliotljef  3U  $>eiligertftabt.  35gt.  Sol).  93 r ü 1 1, 
Urfunblid)e3  jur  @efd)id)te  be§  ,'peiligeuftäbter 
SefuitenfoHegiuni^.  [progr.  1897,  22  ff. 

4  1603  ääfpte  bie  fflloral  15  Jpörer,  eine  für 
bie  geringe  SöeoöRerung  grobe  3abb  fo  fügen 
bie  58erid)te  bei. 


Kollegien,  fRefibenjen  unb  iDZiffioneit :  §eiligenftabt. 


155 


großen  ßaljl:  fo  groff  ift  bie  Siebe  biefeS  VolfeS  junt  ©titbium,  baff  SSitmen  unb 
arme  SIrbeiter  beu  lebten  Pfennig  herbeifdjaffen,  um  ihrem  ©ohne  baS  ©tubium  auf 
unfern  ©dfulen  ju  ermöglichen. 

£$m  ^af)re  1(345  lehrten  jmei  ^Sriefter  bie  bier  ©bmnaftalflafjen,  unb  meil  bie 
©djülerjahl  ftarf  rauche  mürbe  noch  mährenb  beS  QafjreS  ein  britter  Sehrer  für  bie 
Vljetorif  berufen.  biefem  unb  ben  folgenben  fahren  mareit  fombiniert  Vhetorif 
mit  Humanität,  bie  oberfte  mit  ber  mittleren  ©rammatif,  bie  unterfte  ©rammatif 
beftanb  für  fid).  Siooember  1648  traten  audj  ©ialeftif  unb  9)Joral  f)in§u,  nach 
einer  Unterbrechung  bon  17  fahren,  unb  jmar,  mie  ber  33eri(d)t  beifügt, yju  großem 
Vorteil  für  baS  Sanb,  baS  unter  fo  großem  SOZangel  an  ©eelforgern  litt,  $nt 
Qahre  1650  maren  bie  fünf  ®t)mnafialflaffen  mieber  felbftänbig,  inbem  bie  fRljetoirif 
bon  ber  Humanität  getrennt  unb  für  bie  Humanität  ein  fünfter  ^rofeffor  am 
geftellt  mürbe. 

fjür  fßrebigt,  Katedjefe  unb  23eid]tftuf)l  mar  ben  ^efuiten  bie  bebentenbfte  ber 
brei  ^farrlirdjen,  ©t  Marien,  bon  bem  ©rjbifdjof  jugemiefen  morben,  unb  fie  mufften 
bort  auch  auf  beffen  Verlangen  (podjamt  unb  SSefper  übernehmen.  Sluffer  ber  Katedjefe 
in  biefer  Kirdje  hielten  fßriefter  unb  ÜOJagiftri  mährenb  ber  ^aftenjeit  1601  in  17 
unb  1602  in  20  Dörfern  ßfjriftenlehre.  ©erabe  burd)  bie  anhaltenbe  Katedjefe  in 
jaljlreidjen  Dörfern  mürbe,  mie  eS  in  ben  ^aljreSbriefen  1624  unb  1625  beifjt,  bie 
SBieberherftellung  ber  fatfjolifdjen  Üteligion  fehr  geförbert.  Um  in  ber  ©tabt  bie 
©hnfienlehre  noch  mehr  gu  heben,  üeranftaltete  ber  9J7a giftrat  1615  eine  3äfjlung 
ber  Knaben. 

Qn  ber  ©tabt  mirlten  für  bie  Vefeftigung  ber  fatfjolifdjen  Kirche  mehr  als  alle 
ftrengen  ©efeije  bie  brei  Sftarianifdjen  Kongregationen,  oon  benen  eine  bie  älteren  ©tm 
benten  unb  gebilbete  Herren,  bie  jmeite  bie  jüngeren  ©tubenten,  bie  britte  bie  53ürger 
umfaffte  4  ©iefe  brei  Kongregationen  mürben  nach  ber  Vertreibung  bereits  im  ^ahre 
1637  mieber  erridjtet,  fpäter  (1646)  beftanb  auch  eine  Kongregation  für  grauen,  unb 
1647  trat  als  fünfte  Kongregation  bie  ber  jungen  (panbmerfer  fp^u,  bie  oon  ber 
Vürgerfongregation  abgejmeigt  mürbe.  SllS  ein  Verbienft  ber  Vürgerfongregation 
mirb  1649  ermähnt,  baff  fie  bie  früher  regellofen  unb  unorbentlicfjen  ^rogeffionen 
auf  ben  Hülfensberg  beffer  organifierte,  fo  baff  in  biefem  ^aljre  gegen  2000  fjßerfonen 
baran  teilnahmen.  Sludj  oiele  SluStjilfe  außerhalb  ber  ©tabt  mürbe  geleiftet,  be* 
fonberS  an  Orten,  bie  burch  ben  Krieg  ihrer  ©eelforger  beraubt  maren,  fo  1646  bis 
an  bie  ©renje  oon  Reffen,  an  Orten,  mo  feit  fieben  fahren  feine  SJieffe  mehr  gelefen 
morben.  ©orthin  ftrömten  bann  bie  Katholifen  mit  mahrem  junger  unb  Heils» 
begierbe  üon  allen  ©eiten  herbei,  befonberS  audj  folcfje,  bie  gerftreut  unter  ben 
fßroteftanten  lebten.  Sicht  ©age  oorher  mürbe  ber  Ort  überall  befannt  gemacht,  mo 
ber  Va*er  ben  ©otteSbienft  hollen  mürbe,  fo  bah  bie  Seute  ber  ganzen  ©egenb  fid) 
ridjten  unb  teilnehmen  fonnten1 2. 

SllS  E)ödl)fte  3afjl  für  ben  ©aframentenempfang  ftnbert  fich  im  Qafjre  1625  über 
10  700  Kommunionen  angegeben,  ©iefe  3afjl  mürbe  nad)  ber  Stüdfehr  langfam 
mieber  erreicht;  in  ben  fahren  1637 — 1644  gählte  man  burchfcf)nittlicf>  4300,  1647 
finb  eS  fdjon  über  8000  unb  in  ben  folgenben  Qafjren  gegen  9000.  Sluf  bie 
Steigerung  f)atte/  4oie  bie  Berichte  betonen,  bie  feit  1647  eingeführte  monatlidje 
©eneralfommunion  mit  oollfommenem  Slblaff  einen  groben  (Sinflu^  auSgeübt3. 


1  Söericfyte  üon  1613  uitb  1614.  3  2)ie  JReftoren  waren:  3ob-  SOteftorff.  1595; 

2  *Litt.  ann.  1646  u.  1647.  Über  bie  £eit=  !yob.  Keffcl,  1606;  §einr.  Sfteücr,  1612;  ©tept). 

nafjme  be3  P.  Konrab  Otto  an  ber  SBifitation  9tuibiue>,  1615;  gof).  Stau,  1617;  ülbolf  SIeüer, 

üon  1628  f.  Sßotf,  6id)$felbifcbe  Kirchen»  1624;  Kafp.  Sennep,  1630;  9llb.  53öüing,  1639 ; 

gefd)icf)te  (1816)  134  ff.  §einr.  grom  1646. 


156  drittes!  Äapitcf.  $ie  oberrtjeinifdje  fjjroöinä. 

Son  ^jeifigenftabt  fam  and;  1615  gum  erftenmaf  ein  Sater  nad)  grigfar 
(Reffen),  mefcgeg  politifd^  unb  fircgficg  gum  $urfürftentum  ädaing  gehörte,  um  an 
ben  §auptfeften  für  bie  Erneuerung  beg  fatfjotifcfjen  Sebeng  gu  arbeiten.  Eg  tat 
not.  ®er  ^roteftantigmug  f;errfd;te  oor  bei  ben  Bürgern,  unb  bie  ©eiftfidjen  gaben 
Sfrgernig.  ©egen  beibeg  fcgritt  ber  fö’urfürft  ein1.  2)erfefbe  oerlangte  üom  Kolleg 
üoit  dftaing  einen  tüchtigen  ^ater,  um  bei  bem  Herfe  ber  Hiebergerftedung  gu  gelfen. 
Ein  ^5ater  mit  einem  Araber  trafen  1616  in  grigfar  ein,  mürben  aber  oon  Bürgern 
unb  ©eiftficgen  fegr  fd^Iedjt  aufgenommen.  SDie  lederen  maren  befonberg  ergrimmt, 
meil  ignen  ber  ßurfürft  ib)re  ®ebgmeiber  genommen2.  Sfde  s$rebigten  beg  Qjefuiten 
nugteit  im  Stnfang  nicgtg.  SDen  Sefegfen  beg  Äurfürften  fegte  man  im  Vertrauen 
auf  ben  Seiftanb  £>effeng  Ungegorfam  unb  offene  ©emaft  entgegen.  Erft  nadjbem 
fcgarfe  furfiirftfidje  unb  faiferfidje  üüianbate  ben  Bürgern  ben  Ernft  ber  Sage  ftar 
gemalt,  bequemten  fie  fid)  gur  9?ad)giebigfeit.  Sefonberg  mirfte  babei  mit  bie  lieber» 
raerfung  beg  dfufftanbeg  in  granffurt.  200  erflärten,  fie  motlten  lieber  augmanbern, 
aber  fcgliefjficg  führten  nur  40  biefen  Entfcgfufj  aug.  ^rebigten  unb  5?atecgefen 
mürben  nunmegr  gut  befugt,  bie  alten  ^rojeffionen  mieber  abgegaften.  ^nt  ©ommer 
1616  mürbe  ein  gmeiter  Sßater  gu  ^ilfe  gefcEjicft  unb  bie  Sftiffion  bem  näger  ge» 
legenen  ^eitigenftabt  gugeteift.  Heitere  ^erfonen  folgten.  3lm  2.  Sftärg  1624  brücfte 
Sitedegcgi  bem  dteftor  oon  ^eiligenftabt,  Qog.  91au,  feine  greube  barüber  aug,  bajj  bie 
Bürger  in  grigfar  admägfid)  gur  fat^olifcfjen  Religion  §urürfgefüf)rt  mürben  unb  bie 
^ßatre§  frucgtreid)  arbeiteten3.  Sfucg  Stuten  mürben  errietet,  fo  bafj  bie  halb  gur  9ie» 
fibeng  erhobene  diieberfaffmtg  1628  3  patres,  3  Sftagiftri  unb  2  Srüber  gagfte.  SDann 
fam  ber  ®rieg  unb  mit  igm  bie  Reffen.  Qn  einem  Briefe  an  grang  Hifgefm 
o.  Hartenberg,  gürftbifdjof  oon  Ognabrüd,  batiert  ^ranffurt  18.  ©eptember  1631, 
geigt  e§:  ®ie  Egur»9ftapngifd}en  gaben  ung  am  15.  biefeg  ergält,  bag  bag  §effifcge 
93oIf  bie  cgurfurftficge  ©tabt  grigfar  mit  ©ernafb  angriffen,  morgeng  gmifd;en  3  unb 
4  Ugr  mit  gtmrmerf,  aud)  grobem  ©efcgüg  bie  ^fortten  eröffnet  unb  adeg  aug» 
geplunbert,  bie  ^efuiter  übel  tractirt,  gar  big  auf  bag  §embt  auggegogen,  bie  £)änbe 
auf  ben  91üden  mie  üDägtgätern  gufammen  gebunben  unb  alfo  burdj  bie  ©tabt  ge» 
fiigret.  Sanbgraef  Hifgefm  foU  felbft  in  loco  gemefen  fein,  unb  mirb  bie  ©tabt 
oon  ben  |)effifcgen  nod)  befegt4. 

©päter  modte  man  nicgt  bortgin  gurüdfegren.  ®er  oberrgeinifcge  ^rooingiaf 
fegt  am  29.  $ufi  1635  bem  Orbenggeneral  bar:  „SDie  ©tabt  grigfar  in  Reffen 
ergieft  oor  etma  20  3af)ren  eine  däeberfaffung  ber  ©efedfdjaft.  @ie  mürbe  auf  bag 
ungeftüme  drängen  unb  Sitten  ber  bortigen  Obern  gin  admägfidj  fo  erroeitert,  bag 
fie  acgt  ^erfonen  gägfte  unb  auger  brei  ©ratnmatifffaffen  and)  nocg  bie  Humanität 
für  menige  ©djiifer  untergieft.  SDie  diieberfaffung  fcgeint  aber  bem  ^nftitut  ber 
©efedfcgaft  menig  gu  entfprecgen  unb  beggafb  nidjt  mieber  aufgunegmen;  benn  erfteng 
ift  audi  fegt  nocg  nacg  ben  jagrefangen  Serfucgen  unb  oergeblidgen  Sitten  beim 
Ergbifcgof  bie  Erlangung  einer  ginreicgenben  ©tiftung  für  ein  ®odeg  augficgtgfog; 
gmeiteng  mucgg  bigger  mit  ber  Sßerfonengagf  gmar  bie  diot,  nidjt  aber  in  gfeidjem 
dflage  ber  Erfolg,  gumaf  bei  ben  angefegeneren  dJMnnern,  mit  benen  man  nicgt  feiten 
in  ©treit  geriet;  britteng,  bie  ©tiftggerrn  finb  ood  Sitterfeit  gegen  ung  unb  erflärten, 
afg  mir  oom  Sanbgrafen  oon  §effen  im  ^agre  1631  oertrieben  mürben,  offen  unb 
fed,  fie  mürben  nufere  dtüdfegr  bortgin  um  feinen  Srei§  gugeben.  Sfudj  oorger 
gaben  fie  igre  Sfbneigung  an  ben  Stag  gefegt,  afg  fie  trog  ader  Sitten  eine  ©eroititt, 

1  *  Litt.  ann.  Hilligenst.  1615.  I~rei§ard)iO,  füiainger  21rcf)io,  Stifte  3029  K  750 

2  3>ie§  unb  ba§  golgenbe  nad)  ber  *Refor-  u.  Sabe  636  H  2244.  3  *  Crig.=fReg.  Ad  Rhen. 

matioFritzlariensis  1615 — 1616.  Sßeitere  Sitten  *  g  o  r  ft ,  s4?olitifd)e  Sorrefbonbciiä  be§  ©rafen 

über  bie  ©infübrnnq  ber  Sefuiten:  SBürjburg,  5rai,S  SSilg.  0.  SBartenberg  556. 


Kollegien,  fRefibenzen  unb  ÜRiffioneit:  g-ritüar.  —  Erfurt. 


157 


melcp  für  ein  0röenSf)auS  fo  arg  brüdenb  unb  ber  ©efunbfjeit  fo  fcf)äblid)  ift,  non 
ber  9?iebertaffung  nicht  megnet)men  modten;  oiertenS,  baS  £>auS  ift  non  ben  feinb* 
licken  ©olbaten  oodftänbig  auSgeptünbert  unb  fo  jugeridftet,  baff  einem  jep  überall 
naefte  Söänbe  anftarren.  S3ei  ber  Slrmut  ber  ©inmohner  fehlen  aber  aud)  bie  SJtittel 
für  bie  StuSbefferung.  3)a  bie  Qinfen  beS  Kapitals,  meldfeS  ber  ©rfurter  2Beifj- 
bifefjof  SBeber  ber  92iebertaffung  oermaep  hatte,  nad)  Slüfpren  berfetben  bem  nädjften 
®odeg  jufaden  füllen,  fo  finb  roir  aud)  non  biefer  ©eite  nodftänbig  frei.  SBenn 
jebod)  ber  $urfürft  non  9J?ain-$  burdfauS  auf  einer  Xätigfeit  ber  ©efedfd^aft  in 
Qripar  beftänbe,  fo  mühte  niep  nur  ber  notmenbige  Unterhalt  non  ipt  oerlangt, 
fonbern  ifjm  aud)  ftar  gefagt  tn erben,  baff  ein  ®odeg  tnegen  9JtaugetS  ber  ©tiftung 
bort  nidjt  errichtet  merben  fönne,  noch  überhaupt  für  eine  fo  unbebeutenbe  ©tabt 
non  9iupn  fei;  bah  man  aber  auf  einige  Qeit  bortpn  jurüdfepen  mode,  um  ben 
Seuten  ju  plfen,  benen  feit  einigen  Qafjren  bie  Qrrtepe  beigebradft  ift."1 

Von  ^eiligenftabt  gingen  aud)  bie  erften  fo  fdpierigen  Verfucp  in  Erfurt  aus 2. 
SDiefe  Verfudje  mürben  trofz  ber  anbauernben  ©djmierigfeiten  befonberS  non  feiten 
ber  proteftantifepn  Söiirger  unb  ber  benaeparten  proteftantifcfjen  dürften  in  bem 
neuen  Qaphunbert  mit  größerem  ©rfotg  gefrönt3,  Qm  Qape  1601  tonnte  bie  bis* 
prige  „üJtiffion"  jur  9?efiben§  erpben  merben;  1604  roagte  man  in  ber  bamatS 
gemöplidjen  ßleibung  ber  Qefuiten  öffentlich  ju  erfepinen.  SItS  ©cprmprr  ber 
©tabt  nerlangte  ©adffen  1609  bie  Vertreibung  ber  Qefuiten;  aber  ber  fö'urfürft  er= 
mirfte  1610  ein  faiferticpS  SDiptom,  um  bie  Qefuiten  gegen  Qnfulte  ju  fdjüpn. 
1611  eröffnete  man  eine  fteine  ©cf>ule.  Qm  felben  Qaf)re  jogen  bie  nier  fßatreS 
unb  jmei  Vriiber  auS  bem  §aufe,  in  melcprn  fie  feit  1607  für  25  TDufaten  jur 
äßiete  moljnten,  in  eine  neue,  geräumigere  2Bof)nung4.  SDie  STätigfeit  entmidette 
fid)  immer  mehr,  fo  bah  ^>e  Vefibenj  1619  als  ®odeg  erflärt  mürbe.  SDie  ^erfonen* 
^af)l  betrug  feitbem  16—18,  barunter  6  ißatreS  unb  6  äJtagiftri.  ®ie  ©djmeben 
fnidten  auch  Per  bie  Vtüte5;  bie  Qefuiten  muhten  1632  baS  fö'odeg,  1633  bie  ©tabt 
räumen  unb  tonnten  erft  1635  juriidfehren.  ©cfjon  1637  erhielt  bie  ©tabt  mieber 
fd)mebifcp  Vefaptng.  9?ad)  löfähriger  Unterbrechung  tonnte  1646  mieber  eine  Vifi* 
tation  burch  ben  fßrooinjial  ftattfinben.  Unterbeffen  fehlte  eS  nid)t  an  ifStadereien 
ader  51rt;  fo  mar  1643  eine  groffe  §auSfud)ung  nach  oerborgenen  SBaffen,  1647 
mürbe  jeber  ißerfonenmechfet  öom  ^ommanbanten  oerboten. 

®ie  ©dhute  hatte  anfangs  (1611)  nur  eine  klaffe,  in  metepr  abmechfetnb  bie 
eine  ©tunbe  ein  ißater,  bie  anbere  ein  ®anonifer  Unterricht  erteilten.  Qm  folgenben 
Qahre  unterrid)teten  jmei  patres  in  jmei  klaffen,  1615  traten  bie  Humanität,  1616 
bie  9?hetorit,  1618  ®iateftif  unb  9Jtorat  pn^u.  Qn  letzterem  Qal)re  mürbe  für  baS 
©rieepfep  ein  eigener  fßrofeffor  angeftedt;  äftatpmatif  gab  1621  ein  eigener  i)3ater  in 
ben  ^rioathäufern 6.  Qm  Qape  1622  gählte  baS  ®odeg  fieben  ffSrofefforen,  je  einen 
für  bie  fünf  ©pmnafialflaffen,  für  ©rieepfd)  unb  ©iateftü.  9iacf)  bem  @£it  mürben 
1636  brei  ©rammatifalftaffen  unb  9Jtorattf)eoIogie  eingerichtet,  bann  1638  SDiateftif 
unb  1639  auch  bie  fdhetorif  angegliebert ;  letztere  muhte  aber  bereits  1640  megen 


1  *Informatio  de  residentiis ;  ügl.  barübet' 

»rudjfal.  2  Sßt.  93b  I,  ©.  422  ff. 

9  fffür  baS  gotgenbe  befonberS  *Hist.  coli. 
Erfurt.  1577 — 1769,  *Litt.  ann.  unb  *Catal. 
Prov.  Rhen. 

4  58 iS  baljin  tjatten  fie  in  ber  eräbifdjöflidjen 
5J3faIs  Otefibenj)  geioobut.  Sn  ben  neuen  50hetS= 

roofjnungen  tnaren  fie  nod)  1619,  weil  baS  burd) 

ißoul  V.  am  25.  Smutar  1615  inforporierte  9lu= 


guftinerflofter  (Sjmopsis  270)  für  bie  äBofjnung 
megen  ber  Entfernung  nid)t  paffenb  mar.  *  Catal. 
trienn.  1619. 

5  Über  bie  ©diroebenseit  Pgt.  baS  6.  Kapitel, 
ferner  91.  K  o  cb ,  2)ie  Erfurter  5E3eif)bifd)öfe  100  ff, 
unb  fRäb,  KouPertitenbilber  XI  430  f. 

6  Sie  ©cbülerjabt  betrug  fd)ou  1619  über 
100;  1625  mirb  bie  ©d)ülersaf)[  als  eine  ge> 
ringe  bezeichnet. 


J  58 


Srittcä  Kapitel.  $ie  oberrbeinifcbe  SroPins. 


Mangels  an  Schülern  mieber  aufgegeben  merben.  1646  beftanben  int  1.  ©emefter  4, 
im  2.  ©emefter  5  klaffen  unter  2  profefforen;  um  biefe  Qeit  tuaren  fombiniert  bie 
unterfte  mit  ber  mittleren  ©rammatif,  bie  oberfte  ©rammatif  mit  ber  ^Soefie.  fjür 
bie  armen  ©tubenten  mürbe  1618  ein  |>auS  für  bereit  Unterfunft  eingerichtet. 

An  ber  noch  immer  beftetjenben  alten  Unioerfität  mar  1630  ber  ffteftor  beS 
KolIegS  Sefan  ber  theologifcfjen  Qafultät  gemorben.  ©pater  (1649)  oerfuchte  man 
bie  Qefuiten  tmn  ber  tf)eologifdjen  Qafultät,  bie  in  biefem  Qahre  bett  Katholifen 
juriidgegeben  merben  muffte,  auSjufchliehen,  aber  oergebenS;  im  Qal)re  1650  mürbe 
ein  neuer  ©erfudj  gemalt1. 

Qn  ber  ©eelforge  mirften  anfangs  nur  jmei  Priefter,  1608  fam  ein  britter, 
1609  ein  üierter  l)tn§u.  ©tänbige  Prebigten  I;atte  man  fpäter  (1648)  brei,  aufser- 
bem  noch  öiele  auffergeroöhnlicf).  Katedjefe  mürbe  menigftenS  feit  1601  in  ben 
Kn  ab  enf<h  ulen,  fpäter  (1622)  im  ganzen  an  fünf  Orten  gegeben;  für  baS  Qahr  1648 
finbet  ficf)  aud)  bie  Aufführung  oon  Sialogen  bei  ber  ^atecfjefe  ermähnt.  AlSbalb 
nacf)  (Eröffnung  ber  ©dfule  errichtete  man  fcfjoit  1614  eine  Kongregation  für  bie 
jüngeren  Schüler,  1616  trat  eine  gmeite  für  bie  älteren  ©tubenten  unb  sperren, 
1619  eine  britte  für  bie  ©iirger,  1624  eine  bierte  für  grauen  hinju.  Qm  Qahre  1630 
mürben  ooit  ber  ©ürgerfougregation  aus  Aniah  ^eS  QubiläumS  100  Arme  öffentlich 
gefpeift;  Kongreganiften,  Saien  unb  Priefter,  bebienten  bie  Armen  bei  Sifdj.  Sie 
3af)l  ber  Kommunionen  ftieg  bon  1000  im  Qal)re  1606  unb  2200  int  Qaf)re  1615 
auf  3700  im  Qahre  1629;  1640  maren  eS  miebec  3500  unb  1647  über'  3600 2. 
Sie  Konberfionen  fdjmanfen  meift  jmifchen  10  unb  30,  einige  Qahre  finb  eS  über  40. 
Qm  Sienfte  ber  peftfranfen  ©olbaten  mürbe  1626  ber  ÜDUnifter  beS  £>aufeS  meg* 
gerafft;  ein  Pater  unb  ein  ©ruber  mibmeten  ficf;  im  felben  Qahre  auSfdjIiehlid)  ben 
peftfranfen 3. 

Srop  ber  großen  politifdhen  SSirren,  bie  im  16.  Qahrhunbert  über  Qulba 
hereingebrocljen  maren4,  hatten  bie  Qefuiten  ihre  Arbeiten  mutig  unb  mit  (Srfolg  fort* 
gejept.  Ser  fffetter  QulbaS,  ber  Qürftabt  ©altfjafar  bon  Sermbacf),  fehrte  enblidh 
(19.  Sejember  1602)  infolge  beS  ©ntfdjeibeS  beS  SfeichSfammergeridjtS  nach  26jäf)rigem 
@£il  nach  Qulba  gurüdf.  Qn  ben  brei  folgenben  Qahren  gelang  eS  ihm  noch,  gegen 
20000  ©eelen  in  ©imbach,  tpammelburg,  Kothen,  Spotten,  ^»erolj,  §erbftein,  Sber* 
ufhaufen,  ©iterfelb  unb  ben  angrenjenben  Sörfern  ber  fatljolifdjen  Kirche  gujuführen, 
mobei  bie  Qefuiten  ben  Unterricht  unb  bie  erfte  ©eelforge  übernahmen. 

„SDiit  £>ilfe  ber  Qefuiten  brachte  eS  ber  Abt  bafjin,  bah  bie  ©ebölferung  bis 
gegen  @nbe  beS  QaljreS  1604  im  mefentlichen  ihrem  ©efenntniffe  entfagte."  Qnfolge 
eines  faiferlichen  SefreteS  manbten  fid)  auch  bie  bisher  noch  hodnädfig  gebliebenen 
©emohner  bis  auf  einen  Meinen  Seil,  ber  auSroanberte,  mieber  ber  alten  Kirche  ju5. 
Am  15.  äftärj  1606  fejjte  ein  ©chlagfluh  bem  (Sifer  beS  unermüblicfjen,  erft  57  Qahre 
gät)lenben  AbteS  ein  jäfjeS  Qiei.  „Aber  er  fonnte",  fo  führt  fein  ©iograph  aus,  „gu> 
frieben  fterben,  benn  feine  Aufgabe  mar  nicht  ungelöft  geblieben.  ©3ie  bie  ©efdjichte 
ooit  Qulba  mirb  auch  bie  9tei<hSgefdjidjte  bem  ftreitbaren  Prälaten  ein  unüergäng» 
licheS  Anbenfen  bemahren.  An  9Kad)t  unb  Anfehen  gehörte  er  ja  feineSmegS  311 


1  *Hist.  collegii.  Sitten  barüber  in  SUtainj, 
Stabtbibliotbef,  Jes.  B.  4  A. 

2  Ein  langfamee!,  aber  ftetigeS  Steigen  läfet 
ficb  feftftetten.  1608:  1280,  1609:  1329,  „mehr 
al§  je  jubor",  1612:  1500  Kommunionen. 

3  Sie  Obern  maren:  Sof.  SJtangolbt,  1601; 

3oh.  EbolinuS,  1602;  (50b.  Stau,  1613;  3<>b- 

EbolinnS,  1617 ;  Sßet.  Sllbenboüen,  1618  (elfter 


Stettor);  SRattb.  Sürcf,  1625  (f  1626);  $ob. 
EbolinuS  (Sijereftor),  1626;  ©tepb-  StoterobuS, 
1627  (f  1628);  ^ob-  Settingen,  1628;  3°b- 
EbolinuS ,  1633  (f  1634);  @eorg  Sierborf, 
1635;  S^b-  Kreibing,  1646. 

4  Sgl.  Sb  I,  ©.  128  ff. 

5  £>  e  r  m.  ü.  ß  g  1 0  f  f  ft  e  i  n ,  ffmrftabt  Saltb. 
oon  Sermbacb  (1890)  78  f. 


Äoflcgiett,  Dicfibcnjcn  imb  SKifftonen :  gulba. 


159 


ben  bebeutenberen  fatholifdfcn  9teid)sftünbeit,  um  fo  bemerfeit§merter  i[t  e§  baffer, 
baff  er  einer  ber  erften  mar,  bie  ben  3J?ut  fjatten,  ficf)  bem  uitaufhaftfamen  $or» 
bringen  be§  ^roteftantigmug  in  ben  2Beg  ju  ftetlen.  £rug  bod)  fein  Verhaften  nidft 
menig  baju  bei,  feine  ©fauben^genoffett  au§  ihrer  Untätigfeit  aufjurütteln  unb  fo 
bie  fReftaurationsbemegung  in  Qluff  ju  bringen."1 

£>er  zweite  Nachfolger,  Qof)ann  Sernfjarb  ©cfjenf  ju  ©dfroeingberg  (1623 — 1632), 
öodenbete  ba3  Sßerf  23aftf)afar§  unb  aud)  bie  Qunbation  be§  QefuitenfodegS  burd) 
llrfunbe  am  31.  Quli  1626,  bie  am  20.  9ßai  1630  aucf)  tmm  Kapitel  „au§  ©emogem 
^eit  gegen  ba§  Ä'odeg"  beftätigt  mürbe.  SDer  Qürftabt  mad)te  bie  Stiftung  „in  ber 
feften  Überzeugung  oon  ber  ©röffe  ber  Vorteile,  rcefdje  bie  Üieligiofen  ber  ©efedfdjaft 
Qefu  burd)  ifjre  unermiiblidjen,  bereitmidigen  Arbeiten  ohne  llnterlafz  ber  (Stabt  unb 
bem  Sanbe  Qufba  bringen  unb  jum  23emeife  unferer  §ulb  unb  2Bof)fgemogenf)eit, 
mit  ber  mir  ihnen  nid)t  minber  af§  unfere  Vorgänger  jugetan  finb  unb  meit  mir  fie 
in  ©tabt  unb  ©tift  bauernb  gefidjert  miffeit  moden2. 

®iefe  Arbeiten  erftredten  fid)  §unäcf)ft  auf  @d)ufe  unb  ©eminar3.  Unter  ben 
35 — 40  ^erfonen,  mefdfe  bi§  1631  ba§  fö'odeg  beroofjnten,  arbeiteten  7  für  bie 
©djute,  6  für  ba§  ©eminar;  6  SOfagiftri,  barunter  einer  au§fcf)Iiefffid)  für  (55riecf)ifcf), 
üerfafjen  bie  fünf  klaffen  be§  @t)mnafium§;  ein  fßater  mar  fjkofeffor  ber  9J?oraf 
ober  föontroterfe.  TDie  ©d)üferzaf)f  mirb  für  1601  auf  500  angegeben;  im  fofgenben 
Qafjre  belief  fid)  bie  Qafjf  ber  Qögfinge  int  ©eminar  unb  ^onoift  auf  180.  9Rit 
bem  ©infad  ber  Reffen  brach  bie  ©cffufe  zufammen. 

2>ie  traurigfte  $eit  für  Qufba  maren  bie  Qafjre  1632 — 1635,  in  benen  bie 
©dfufen  ganz  aufhörten,  ba  bie  Qefuiten  Qebruar  1632  oertrieben  mürben,  ©rft 
Oftober  1634  fefjrte  ein  fßater  zuriid,  if)tn  folgten  halb  oier  meitere,  bie  aber  ade 
oier  nod)  im  felben  Qafjre  oom  £obe  meggerafft  mürben.  Qn  furzen  Slbftänben 
erlitt  bie  ©tabt  mieberfjofte  fßfünberungen,  unb  einigemal  mußten  aucf)  bie  ^sefuiten, 
aber  nur  für  fürzere  Qeit,  flüchten.  £ropbem  mürben  bie  ©djulen  mit  menigen 
ffeinen  Unterbrechungen  burdjgehaften.  Sfprif  1635  begann  ein  üoritbergefjenber  Unter¬ 
richt  mit  einer  klaffe;  1636  eröffnen  zwei  SJfagiftri  mit  nur  menigen  ©djülern  ba§ 
©pmnafium;  1638  mirb  trop  ber  geringen  ©djülerzaf)!  zu  ber  unterften  unb  mittleren 
nod)  bie  oberfte  ©rammatifalflaffe  beigefügt,  fo  baff  brei  klaffen  unter  z^tei  Sefjrern 
beftanben;  1639  fam  aud)  bie  Humanität  mit  einem  eigenen  Sefjrer  hinzu.  Qm 
folgenben  Qaf)re  (1640)  mürben  ©tabt  unb  ®odeg  mieberfjolt  gepfünbert;  aber  faum 
Zurüdgefefjrt,  fügte  matt  ben  bisherigen  Pfaffen  aud)  nod)  bie  Nffetorif  bjtn^u.  Qn 
ben  fofgenben  Qaf)ren  blieben  bann  ade  klaffen  be§  ©pmnafiumS  unter  brei  Sefjrern 
befielen,  einer  für  SWjetorif  unb  Humanität  unb  z^ei  für  bie  brei  ©rammatifad 
flaffen.  Qür  1644  mirb  bie  @d)iiferzaf)f  auf  80  angegeben,  1645  flieg  biefefbe  nod) 
etmag.  Qn  ben  Qafjren  1643 — 1650  fonnten  im  föodeg  infolge  ber  groffen  Not  nur 
10—13  fßerfonett  unterhalten  metbeit. 

ift  mirflid)  rüfjrenb  zu  fefjen",  fo  fjebt  ber  ©efdjidjtfdfreiber  ber  Qmeiten 
©d)ufe  Qulba§  f)eroor,  „mit  mefdfer  Siebe  unb  ©orge  bie  Qefuiten  in  biefem  2(uf* 
unb  Niebermogen  bes  &riege§  ber  ©d)ufe  uttb  ber  ftubierenben  Qugenb  fid)  annaffmen, 
mit  meld)ent  9Nute  fie  ade  Seiben  bufbeten  unb  mit  mefd)er  Qreubigfeit  fie  immer 
mieber  auf  ihren  fßofteu  zurüdfefjrten." 4 

®ie§  Sob  gilt  aud)  für  bie  @eelforg§arbeiten.  Nuffer  burd)  bie  beiben  ffkebigten 
im  2)ont  unb  ber  Qefuitenfirche  unb  bie  $atecf)efe  an  oerfchiebenen  Orten  arbeiteten  bie 


1  ßbb.  80.  3  $a§  golgenbe  ttad)  *Litt.  arm.  unb  *Catal. 

2  Äomp,  gürftabt  Sob-  33ernt).  ®d)en!  ju  Prov.  Rhen.  31g[.  33b  I,  ©.  132  f. 

©d)tnetn§berg  (1878)  43  ff.  1  Sornp,  ®ie gtr eite  Sd)u(egulba3(1877)49f. 


160 


drittes  Sopitel.  2>ie  obervbeinijcbe  JßroPinjj. 


^atre§  eifrig  für  bie  Kongregationen  ber  ©tubenten  unb  ber  Bürger.  Septere  jä^Ite 
1631  120  ©obalen.  $u  biefen  brei  Kongregationen  trat  1630  nodj  eine  oierte  für 
junge  fpanbtuerfer;  fie  füllte  bie  jungen  |>anbmerfer  richtig  §eranbitben  unb  jugleidj 
eine  ißflanüdjule  für  bie  Siirgertongregation  fein:  fie  begann  mit  50  SJiitgliebern. 
9?adj  ber  SRüdfeljr  mürben  1636  gleich  raieber  jmei  Kongregationen,  eine  für  ©tu« 
benten  unb  eine  für  bie  Stirger,  ins  Seben  gerufen.  1643  beftanben  mieber  alle 
üier  Kongregationen,  unb  1646  mirb  betont,  bafj  alle  Kongregationen  blühten,  ©in 
©efdjidjtfdjreiber  tjebt  fjeroor,  bafj  biefe  Kongregationen  Diel  geleiftet  unb  Diel  bei¬ 
getragen,  bie  Sürgerfdjaft  im  fattjolifdjen  ©eifte  ju  erhalten  1. 

®er  ©aframentenentpfang  ftieg  1630  auf  über  10000  Kommunionen  unb  nadj 
ber  Slüdfefjr  Don  4600  im  Qaljre  1636  auf  6000  im  ^aljte  1640  unb  auf  über  7000 
in  ben  Qaljren  1646 — 1650.  gurn  3»a*)re  1643  mirb  bemerft,  bafj  nur  mehr 
200  Bürger  übrig  feien,  unb  in  ben  Dörfern,  mo  bie  ißfarrfeelforger  fehlten, 
1300  Kommunionen  gefpenbet  morben  feien. 

Überhaupt  arbeiteten  bie  gulbaer  üjefuiten  aud)  Dielfad}  braunen  in  ©täbten 
unb  Dörfern.  SefonberS  maren  fie  tätig  bei  ber  SBieberfjerfteHung  ber  latfjolifdjen 
Religion  1603  unb  1604,  raobei  einige  ißatreS  400,  anbere  200,  alle  jufammen  meljr 
als  4000  jur  Kirdje  jurüdfüfjrten.  $n  berfelben  SSeife  maren  fie  1624  tätig  31t 
HJieufirdjen  unb  £>ettenljaufen.  DJac^bem  bie  ißräbifanten  bort  auSgeroiefen,  erhielten 
jmei  ^efuiten  Dom  ffürftabt  ^ofjann  S3ernfjarb  ben  Auftrag,  auf  einige  9)£onate  bie 
1J3farrfeelforge  ju  oerfefjen.  „SDurdj  iljre  9J?ilbe,  üDtäfjigung,  ©ebulb  unb  unerfdjütter« 
licfje  SluSbaiter",  fo  f)ebt  ber  Siograph  beS  gürftabtS  ^oljann  Sernfjarb  Ijerüor, 
„übermanben  fie  alle  ©djmierigleiten  unb  befänftigten  allmäfjlidj  bie  ©emüter.  95or- 
jüglidj  mirfte  ber  unermüblidje  gleifj  im  fatedjetifdjen  Unterrichte  ber  Knaben  unb 
9)?äbcfjen,  in  ber  ©inübung  frommer  fatfjolifdjer  Sieber,  in  ber  Slbljaltung  ber  ißro« 
jeffionen."  ®ie  latfjolifdjen  Übungen,  bie  an  biefen  Orten  ganj  aufjer  ©ebraucfj  ge« 
fommen  maren,  ja  fogar  Derfpottet  mürben,  famen  mieber  mie  bei  ihren  Voreltern 
in  Slufnafjme.  P.  ©hriftoph  91üh§  au§  Stauffenburg,  ber  bereits  in  ber  $ßfat$  unter 
ben  ©aloiniften  ficfj  Diele  ©rfafjrungen  ermorben  h^tte,  erhielte  auch  ^er  burdj  feinen 
unermiiblichen  gleifj  biefeS  fchöne  9iefuttat.  ©r  erfaufte  eS  burdj  baS  Opfer  feines 
SebenS,  er  erlag  am  21.  Sluguft  ber  SDpSenterie2.  2luch  bei  ber  ÜBieberherftellung 
in  ben  nodj  übrigen  Orten  beS  §odjftifteS  im  ^aljre  1628  leifteten  bie  f^ulbaer 
Qefuiten  fpilfe,  inbem  fie  ben  Kommiffaren  unb  ben  neueingefefjten  Pfarrern  mit  9lat 
unb  SEat  gut  ©eite  ftanben3. 

Xrotj  ber  eigenen  großen  9£ot  nahmen  ficfj  bie  patres  mit  großer  Siebe  ftetS 
ber  leibenben  Bürger  an.  üftadj  ihrer  9lüdfehr  herrfcfjte  1637  in  ©tabt  unb  Kolleg 
bie  äufjerfte  9Zot.  „Obgleich  eS  ju  £>auS  fetjr  fdjmal  juging",  fo  erzählen  bie  Se« 
richte  beS  Jahres  1637,  „finb  mir  ben  Slrmen  nach  Kräften  beigefprungen.  -Dreimal 
in  ber  SBodje  hflbeit  mir  an  ber  Pforte  einigen  fjun^rt,  bie  mehr  ©chatten  als 
SJtenfdjen  glichen,  ©uppe  auSgeteilt.  ®ann  ging  ein  ^3ater  burdj  bie  ©tabt  unb 
brachte  ben  Firmen,  bie  in  ber  äufjerften  97ot  maren,  Srot  unb  hörte  bie  Seichten 
ber  überall  unter  freiem  ^jimmel  ©terbenben."4 5  SDafür  erfreuten  fidj  bie  ^efuiteu 
mandjmal  eines  munberbaren  ©chufjeS,  mie  ber  üieftor  KalfoDen  am  1.  Sep¬ 
tember  1643  an  ben  ©eneral  beridjtete,  unb  bieS  troff  breimaliger  ißliinberung 
ber  ©tabt6. 


1  Somp,  Sof)-  33ernf)arb  10.  ©eorg  SSercpeber,  1601;  ßfjriftoptj  33roroer, 

2  ®bb.  41.  3  ©bb.  91.  1601;  ©er.  SBenßter,  1615;  ©ottfr.  Semmig, 

4  *  Hist.  coli.  Fuld.  1637.  1617;  Samb.  ®traüiul,  1622;  Sbert).  grancfen« 

5  *  Slitettegdji  au  Stalfoöen,  3.  Oft.  1643.  feit,  1630;  ^of).  Gopper,  1634 ;  9(bnm  italfonen, 

0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  —  Sie  9te!toren  tuaren :  1636;  SBerntj.  2inniu3,  1646;  goacf).  Sier,  1650. 


Äotteflien,  fRefibensen  unb  SKtffionen :  §er3felb. 


161 


Von  bem  SBirfen  ber  Qefuiten  in  gulba  überhaupt  jagt  ber  gürftabt  Johann 
Vernljarb,  geftüfjt  auf  lange,  eigene  S3eo£»acf>tung,  in  ber  gmnbationgurfunbe  oom 
31.  $uli  1626:  „$£)ie  Orbensleute  ber  ©efeflfdjaft  $efu  haben  feit  mehr  alg  fünfzig 
fahren  in  unferem  Stifte  gitlba  mit  bem  Aufgebot  aller  Kräfte  gearbeitet  burd) 
ben  Unterricht  ber  ftubierenben  Qugettb,  bie  freier  beg  ©ottegbienfteg,  bie  i^rebigten 
für  bag  Votf,  bie  $ated)efen  für  bie  föinber,  bie  ©penbung  ber  ©aframente  ber 
Vuffe  unb  beg  Slltarg,  bie  tröftenben  Söefuc^e  ber  Traufen  unb  Verlaffenen,  bie  Ve> 
fefjrung  ber  Qrrenben  unb  bie  unauggefepte  Verrichtung  ber  übrigen  Arbeiten  iffreg 
Verufeg  in  ber  Offentlidjfeit  mie  in  ihrem  'prioatleben."  1 

Von  gmlba  aug  üjurbe  auch  eine  fRefibenj  in  §ergfelb  gegrünbet.  Sllg 
2lbt  ^voadjim  oon  ^ergfelb  1606  geftorben  mar,  hatte  man  *>on  Sfulba  aug  lier’ 
fucht,  bie  ©djmefterabtei  oor  ber  Habgier  ber  §effen  311  retten.  Später  (1628) 
ernannte  $aifer  gerbinanb  ben  gürftabt  Johann  Vernlfarb  jum  faiferlidjen  Vi§e= 
abniiniftrator  beg  ©tifteg.  Um  biefelbe  geit  mar  bort  ein  fßater  alg  äftilitärfaplan 
bei  ber  faiferlichen  ©arnifon  tätig,  ^m  folgenben  Qafjre  errichteten  bie  ^efuiten 
eine  fleine  Üiefibenj,  übernahmen  bie  ©eelforge  in  ©tabt  unb  Sanb  unb  begannen 
eine  Schule.  SDie  reformierten  Venebiftiner  münfdften  aber  felbft  bie  ganje  Obforge 
für  ^ergfelb  ju  übernehmen,  unb  fo  legte  ber  gürfiabt  ben  Qefuiten  bag  üufgeben 
ber  fRefibenj  nahe.  2>a  aber  ber  $aifer  für  bag  Verbleiben  ber  ^efuiten  mar, 
raünfchten  ledere  eine  pofitioe  Slbberufnng  burd)  ben  giirftabt.  SDamit  gögerte  jebod) 
ber  gürftabt,  um  nicht  beim  ®aifer  anjuftoffett 2. 

Über  bie  ganje  ©ntmidlung  berichtet  ber  ^rooinjial  ©traoiug  im  Sommer  1635 
bem  Orbenggeneral3:  „ÜJacfj  ^>ergfelb  fam  unfere  ©efellfcfjaft  oor  acht  Rafften,  unb 
jmar  burch  ben  oerftorbenen  ^ürftabt  oon  fyulba,  Johann  Vernharb,  melier  zugleich 
Vermefer  ber  9lbtei  -fpergfelb  mar.  ©g  hatte  bieg  ihm  felbft  unb  anbern  groffe  greube 
bereitet.  ®ie  ^Satreg  mußten  bie  ©teile  beg  fßfarrerg  üerfet)en  unb  haben  bie  ©in> 
mohner  Oom  Saloinigmug  jur  fatfjolifd^en  ®irdje  gurücfgefüfirt.  Um  ber  9?ieber= 
laffung  ein  feftereg  gatnbantent  ju  geben,  mürben  iljr  auf  Vitten  beg  Ä'aiferg  oom 
gairftabte  beftimmte  jährliche  ©infünfte  iibermiefen,  unb  jmar  ißfanbbriefe,  beren  jöl)r= 
liehe  ginfen,  ga^Ibar  burch  bie  beiben  Saubgrafen  oon  Reffen  unb  ®armftabt,  feit 
mehreren  fahren  ben  proteftantifchen  Sefjrern  ber  §ergfelber  Schule  gugefloffen  maren. 
Nunmehr  mürbe  bie  3af)l  ber  Unfrigen  oermehrt  unb  eine  Schule  eröffnet,  in  meld)er 
jmei  SDfagiftri  bie  ©rammatif  lehrten.  fDUttlermeile  münfehten  bie  Venebiftiner, 
meldje  jüngft  in  ihr  fö’lofter  jurücfgefehrt  maren,  tro^  ber  umfangreichen  ß'lofter» 
gebäube  aud)  nodj  bag  Ipaug,  melcheg  ber  gürftabt  unfern  fßatreg  in  ber  £>iäf)e  ber 
Slbtei  angemiefen  hatte.  Sie  mufften  aud)  ben  fyürftabt  für  ihre  i^been  ju  geminnen, 
unb  fo  fam  algbalb  oon  biefem  an  unfere  Vatreg  bie  Ütufforberung,  bag  §aug  511 
üerlaffen  unb  in  bie  Vfarrmof)nung  überjufiebeln,  me(cf)e  red)t  flein  unb  eng  mar. 
2lug  berechtigten  ©rünben  aber  glaubten  biefe  eg  bamit  nid)t  fo  eilig  nehmen  gu 
braud)en  unb  fcfjoben  bie  ©a che  in  guter  SSeife  t)inaug."  ©df)lie^lich  mürben  bie 
Qefuiten  aber  gegmungen,  bie  Söofjnung  31t  üerlaffen  (1630).  Urot)  ber  engen  Ver* 
hältniffe  hielten  bie  fjktreg  aug,  big  fie  oon  ben  feinblid)en  heffifd)en  Gruppen  im 
^ahre  1631  oertrieben  mürben,  ©egen  2öieberaufnaf)me  ber  Üiieberlaffung  machte 
ber  ^5rooingial  folgenbe  ©rünbe  geltenb:  1.  ®ie  ©tabt  ift  flein  unb  unbebeutenb; 
2.  auffer  ben  Venebiftinern  haben  bort  noch  bie  grangigfaner  ein  Silo  ft  er,  melche 
oon  ber  greigebigfeit  ber  ©tabt  unb  Umgegenb  leben,  ben  Unterhalt  erbetteln  unb 
beghalb  gern  ihren  ©uttätern  bie  geiftlid)e  Ipilfe  angebeihen  laffen ;  biefe  mürben  fid) 


1  ®omp,  3of).  58ernf)arb  43.  3  * Inforniatio  de  residentiis  etc.  SBeiterc 

2  ©6b.  102  ff.  Slften  inSESten,  ©taatlarcb-,  9teid)^ofr.,  Jes.  113. 

Suljr,  ©efäidjte  bet  ^ejuiten.  If.  11 


102 


dritte»  Sapitel.  2de  oberrf)eiitifcf)e  91roDinä. 


baf)er  bureß  unfere  Ofefellfdjaft  beeinträchtigt  fühlen;  3.  eg  fehlt  an  i)31a|  für  ©r* 
rirfjtung  eines  ^ollegg;  4.  bie  Stiftung,  melcße  non  ben  jtnei  proteftantifefjen  Sanb* 
grafen  ju  gaffen  ift,  liegt  in  unfießern  (pänben;  5.  bureß  ÜUfiffionen  au§  bem  nahen 
Qulbaer  Kolleg  mürbe,  menn  bie  93enebiftiner  bieS  geftatten,  ßinreicßenb  für  bie  21btei 
geforgt  fein1. 

*  * 

* 

Qn  äöiirjburg2  reidjte  bie  fleine  ®irdje  beS  Slgnetenflofterg  feßon  lange  nicht 
mehr  aug.  Sie  mürbe  1606  abgeriffen  unb  in  bemfelben  Qaßre  ber  ©runbftein  ju 
einer  neuen  Kirche  gelegt,  Qn  bem  Berichte  non  1608  heißt  eS :  S)er  Sau  ber  föirdje 
fchreitet  noran.  Qm  Qaßre  1608  tonnte  fie  eingebedt  merben  unb  am  11.  üliooember 
1610  fanb  bie  ©inmeißung  ju  (£f>ren  beS  ßl.  Michael  ftatt.  ®ie  SEürme  mürben 
1618  auggebaut.  ®er  breifeßiffige  Sau  hatte  33  m  in  ber  Sänge  unb  12V2  m  in 
ber  Sreite3. 

■Oag  Kolleg  nahm  eine  auffteigenbe  ©ntmidlung  big  1631;  unter  ber  (perrfdjaft 
ber  Schieben  lag  eg  ganj  brach  äum  Qaßre  1635,  mo  bie  Qefuiten  jurüd» 
fehrten  unb  algbalb  ißre  SEätigfeit  in  S^ule  unb  Seelforge  unnerbroffen  mieber 
aufnahmen 4. 

Qm  Slnfang  beg  Qahrhunbertg  jäßlte  bag  Kolleg  30—40  fßerfonen,  barunter 
an  fßrofefforen  jmei  für  fcßolaftifdje  £ßeologie,  einen  für  ^eilige  Schrift  unb  ^ebräifch, 
brei  für  fßßilofopßie,  einen  für  (Stßif  unb  SJfatßematif,  einen  für  ©riedßifdj,  fünf  für 
bie  fünf  klaffen  beg  ©ßmnafiuntg.  Qm  Qaßre  1622  mar  bie  Qaßl  ber  ißrofefforen 
bie  gleiche,  nur  in  ber  Rheologie  mar  ein  oierter  fJSrofeffor  ßingugefommen.  ®ie 
burd)  bie  Scholaftifer  fefjon  1619  auf  54  geftiegene  Qaßl  roudjg  1624  auf  74  unb 
1630  auf  85.  Qu  biefer  Qeit  ftubierten  über  40  Scholaftifer  in  SBürjburg  bie 
fßßilofopßie.  Seim  Dtaßen  ber  Schmeben  flohen  bie  Qefuiten  auf  augbrüdlicßen 
SBunfcß  beg  Qürftbifcßofg,  nur  brei  blieben  noch  für  furje  Qeit.  9Jach  ber  Schlacht 
bei  UJörblingen  (6.  September  1634)  fiel  SCSiirjburg  im  Oftober  in  bie  £>änbe  ber 
^aiferlicßen,  unb  im  SDe^ember  fehrten  einige  Qefuiten  jurüd.  Sie  fanben  bag  Kolleg 
greulich  oermüftet,  9iaßrunggmittel  fonnten  fie  faum  auftreiben5.  Sinen  Xeil  ber 
SBertftüde  hatte  ein  Sürger  unter  Ttobeggefaßr  für  bie  Qefuiten  bei  fieß  oerroahrt6. 

Qm  Qaßre  1636  ftieg  bie  Qaßl  ber  Qefuiten  mieber  auf  jman^ig.  SJlit  frifeßem 
SOZut  begann  man  langfam  audj  bie  Sdjulen.  Qiinf  Beßrer  unterrichteten  in  fünf 
klaffen  beg  ©tjmnafiumg  unb  einer  trug  bie  Sogif  Oor,  unb  jmar  im  Seminar 
St  Kilian,  meil  bag  befdfjmu^te  ©tjmnafium  einftmeilen  nicht  benußt  merben  fonnte. 
@nbe  1636  fant  auch  noch  ie  ein  Beßrer  für  ©riedjifcß  unb  fßßßfif  hinSu-  ®e* 
rieht  beg  Qahreg  1636  ermähnt  bie  giinftige  Grinmirfung  ber  Schule  auf  bie  in  ber 
Scßmebengeit  üermilberte  Qngenb.  Salb  (1637?)  begannen  §mei  fßrofefforen  mit 
Sorlefungen  über  ÜDJoral,  unb  jmar  teilten  fie  bie  SJfaterie  fo  ein,  baß  bie  £>örer 
bag  für  einen  Pfarrer  üliotmenbigfte  in  einem  Qaßre  fid)  aneignen  fonnten.  ®aju 
trieb  bie  9Zot,  ba  nach  unferer  fRüdfeßr,  roie  ber  Sericßt  ßeroorßebt,  in  ber  einen 


1  ®ie  ©ebulb  ber  Sßatre§  bei  ber  barten  93e* 
banblung  im  Sabre  1630  tobt  58itelle3d)i  in 

einem  93riefe  Dom  23.  gebruar  1630  an  ben 

Superior  P.  Saf.  Siebft.  Snfolgc  ber  Slage 

be£  fyürftabteS  über  bie  93efd)toerben  ber  $atre3 

gegen  ibn  tuieS  93iteHeeid)i  am  29.  S«li  1630 
ben  ißroüittäial  ßopper  an,  alles  gu  tun,  um 
ben  guten  dürften  gufriebengufteüen.  *  0rig.= 
9ieg.  Ad  Rhen.  Eine  93ittfcf)rift  be§  ißroDingiatS 

Eopper  an  ben  Saifer  um  Seftlegung  ber  ©djule 


unb  fßräbifatnr  in  ber  s45f arrfirrfje  in  ÜDlaing, 
Stabtbibl.,  Jes.  B.  31 B.  2  93gl.  93b  I,  120  ff. 

3  58 raun,  ®ie  Sircfjenbauten  ber  bcutfdjen 
Sefuiten  I  29  ff.  *Litt.  ann. 

4  $a§  Sal0eabe  nad)  *  Litt.  ann.  *Hist. 
coli,  unb  *Catal.  Prov.  Rhen.  1601 — 1650. 

5  9?gl.  Sari  93 rann,  £>eranbilbung  beS 
SleruS  in  SBürgburg  ü  (1897)  71  ff. 

6  93itelle3d)i  an  ben  dleftor  fjjet.  SacieS, 
21.  Sud  1635.  *  0rig.=5Reg.  Ad  Rhen. 


Äoöegien,  SRefibenaen  unb  SJtiffionen:  SSür^burg. 


163 


SDiö^efe  SBürgburg  über  400  Pfarreien  üermaift  maren.  ®aS  $af)r  1638  fal)  -toieber 
28  ißerfonen  im  Kolleg,  barunter  öier  ^ßrofefforen  für  bie  if?l)iIofopf)te  unb  fed)S  für 
baS  ©tjmnafium.  2)ie  Sorlefuttgen  in  ber  fcholaftifdjen  Xf)eoIogie  nahmen  1642  gmei 
ißrofefforen  auf  unb  itad)  langer  Unterbredfung  fanb  bie  erfte  ®oftorpromotion  ftatt, 
brei  ^afjre  fpäter  ift  aucfi  bie  ißrofeffur  ber  ^eiligen  ©djrift  befef)t. 

®ie  ©djülergaf)!,  bie  1602  über  900,  feit  1603  gegen  aber  über  1000  betragen 
hatte,  fonnte  nad)  bem  Kriege  nicf)t  mieber  auf  bie  alte  §öl)e  gebracht  merbeu.  ©S 
ntufj  aber  als  ein  feljr  günftigeS  Sfefultat  betrachtet  merben,  baff  fie  1642  bereits  600 
überfdjritt  unb  fid)  in  beu  nädjften  fahren  troij  ber  neuen  KriegSfd)reden  auf  biefer 
t>öf)e  erhielt.  ®er  (Seift  ber  ©dfule  tjob  fid)  halb  mieber.  SBaren  fcfjon  früher  manche 
©d)üler  in  bie  üerfdfiebenen  Orben  eingetreten  —  1625  allein  14  gu  ben  ^efuiten, 
barunter  10  Magistri  artium  — ,  fo  mibmeten  fid)  1639  18  ©djiiler  bem  OrbenS» 
beruf  in  nerfd)iebenen  Klöftern. 

2lud)  an  ißrebigt  unb  Katedjefe  liefg  man  eS  nicht  fef)feu.  $tn  ®ome  hatte 
einer  ftiftungSgemäfj  an  ©onn»  unb  ^efttagen  gu  prebigen.  ©eit  1628  maren  bafür 
gmei  ^ßrebiger  beftimmt,  1648  finbet  fid)  aufjer  biefen  beiben  ißrebigern  nod)  ein 
britter  für  bie  lateinifdjen  ^ßrebigten  in  ber  UniüerfitätSfirdje.  Snt  $al)re  1639 
hielten  bie  ^efuiten  Diele  ißrebigten  baS  gange  ^atjr  hinburd),  itt  ber  ^afiengeit  täg» 
lidh  eine  tjatbftünbige  ^Srebigt  nad)  bem  Miserere;  febe  2Bocf)e  fant  ein  anberer 
ißrebiger  an  bie  9!eihe.  ®ie  ftänbigen  Kated)efen,  bereit  öor  ber  ©djmebengeit  fünf 
geroefen,  fonnten  nad)  ber  9tüdfe^r  fd)an  1638  mieber  auf  üier  unb  1650  auf  fünf 
gebracht  merben.  Qn  ben  Sommermonaten  1615  hielt  man  regelmäßig  Katedjefe  an 
gtoölf  oerfd)iebenen  Orten  außerhalb  ber  ©tabt,  fpäter  raeitere  Katecfjefen  für  bie 
Sirmen  beim  SUmofen  an  ber  Pforte,  1639  für  bie  SBaifenfinber  bei  ©t  Surfarb  unb 
für  bie  ©reife  außerhalb  ber  ©tabt.  9JJand)e  ber  leideren  famen  bann  nad)  Diel» 
jähriger  Unterbredjung  aus  ädangel  an  ©eelforgern  mieber  gur  Seicf)t.  Unter  ben 
größeren  SDÜffionen  merben  befonberS  bie  in  28ettringen  (?)  (1617)  unb  ©erbrunn 
(1625)  genannt.  Sei  ber  2Biebereinfül)rung  ber  fatholifdfjen  Religion  in  biefen 
beiben  Orten  übernahmen  gmei  patres  bie  Untermeifung  unb  bie  ©penbung  ber 
©aframente. 

$D?arianifd)e  Kongregationen  beftanbett  in  Söürgburg  im  3ahre  1615  eine  für 
Slfabemifer  unb  Herren,  gmei  für  ©pmnafiaften  unb  eine  für  Sürger.  ^n  ber  leßteren 
maren  1624  u.  a.  beibe  Sürgermeifter  unb  elf  ÜDiagiftratSräte,  ber  ißräfeft  mar  ein 
faiferlidjer  9iat.  ®urd)  ben  Krieg  gingen  biefe  Kongregationen  für  einige  $af)re 
ein,  aber  1639  beftanbett  mieber  ade  üier.  ®agu  fant  1643  nod)  eine  Kongregation 
für  .fpatibmerfer,  bie  mit  40  SDütgliebern  begann  unb  1650  auf  300  ftieg.  ®ie 
Sürgerfongregation  mud)S  1638  üon  50  auf  100  ÜDütglieber.  211S  bie  micf)tigfte 
Kongregation  mirb  bie  afabentifd)e  begeid)net.  2)iefelbe  lub  1638  üon  neuem  gum 
2(nfcf)luß  ein,  unb  ber  ©rfolg  mar,  baß  üiele  ißrofefforen,  höhere  Seamte  ufro.  bei* 
traten,  $nt  adgemeinen  mirb  bemerft,  baß  nach  fo  langer  Unterbred)ung  bei  bem 
Söieberbegintt  im  ^aßre  1636  fich  ein  maßreS  Verlangen  nad)  ben  2(ufmunterungen 
einftedte  unb  beSßalb  ade  KongregationSüerfammlungen  ftarf  befucht  mürben. 

®er  ©aframenteempfang  mar  üor  bem  Krieg  fortmährenb  geftiegen,  bie  Korn* 
inunionen  üon  26700  im  3al)re  1616  auf  45000  im  ^aßre  1626.  2)a  mährenb 

ber  ©chmebengeit  manche  nid)t  mehr  gebeid)tet,  fanben  1636  gehn  Seid)tDäter  Diele 
ülrbeit,  fünf»  bis  fed)Själ)rige  Seichten  maren  etmaS  ©emöf)nlid)eS.  Obgleich  üott 
ben  1800  Sürgern  nur  mel)r  400  übrig,  gäf)!te  man  1639  mieber  22000  unb  1645 
gegen  27  000  Kommunionen. 

3um  großen  Xroft  gereichte  ben  ^efuiten  bei  ihrer  9iüdfel)t  bie  ©tanbhaftigfeit, 
meld)e  ©tabt  unb  2anb  troß  ber  fdhmebifchen  ^errfdjaft  unb  troß  ader  Serlodungen 


164 


drittel  Äapitel.  2>ie  oberrfjeinifdfe  ^rotntiä. 


gum  Slbfad  betoiefen  Ratten.  ÜDie  93iirgerfdf)aft  unb  ber  9tat  Ratten  allen  Semiihungen  ber 
Regierung,  ben  ißroteftantigmug  mieber  einguführen,  gäben  SEBiberftanb  entgegengefetjt 1. 

# 

9?ocf)  im  erften  Qaljrgehnt  be§  17.  ^a^rf)unbert§  gelang  eg,  aud)  eine  9cieber= 
laffung  in  ber  alten,  herrlichen  ®aiferftabt  Samberg  gu  errieten.  2>ie  fittlidjen  unb 
religiösen  ^uftänbe  int  ganzen  Sigtum  mären  non  ber  traurigften  SIrt.  Sergebeng 
Ratten  einzelne  gürftbifcftöfe  bie  Serufung  ber  fgefuiten  im  16.  Qafjrfjunbert  ing  Singe 
gefaxt.  ®a  enblicf)  gelang  eg  bent  UürftbifdEjof  $of)ann  ©ottfrieb  oott  Slfchhaufen 
(1609 — 1622),  ber  eine  .Qeitlang  bei  ben  ^efuiten  in  gulba  ftnbiert  Ijatte,  biefen 
Sfatt  gu  öermirflidjen2.  Stuf  feine  ©inlabung  fant  ber  rfjeinifcfje  ißroüingial  am 
15.  fguli  1610,  bem  ^efte  beg  1)1.  £>einrid),  nadj  Samberg,  unb  halb  mären  bie 
nädjften  Schritte  erlebigt.  Saul  V.  äußerte  in  einem  Sreoe  Dom  4.  September  1610 
feine  grofje  greube:  „Siidjtg  Seffereg  fjätteft  bu  gu  beinern  Sorfjaben  ausfinnett  fönnen", 
fo  oerfid^ert  er  bem  ^ürftbifdjof,  /rfei  eg,  baff  mir  bie  Sehre,  bie  ^römmigfeit  unb 
Süchtigfeit  jener  frommen  Scanner  ober  bie  9?ot  ber  $ugenb  ing  Singe  faffen."3 
Sereitg  am  16.  ®egember  1610  fonnte  ber  ^Srooin^ial  groei  $ßatreg  unb  einen  Sruber 
in  Samberg  einführen.  „®a§  mar  ber  unfdjeinbare  Slnfang  einer  Orbengbruber» 
nieberlaffung,  bie  163  ^aljre  lang  in  ®ird)e  unb  Schule  fegengreich  für  bag  £md)’ 
ftift  mirlen  follte."4 

SIud)  bie  Serfjanblungen  beg  Sifdjofg  mit  bem  ©omfapitel  nahmen  einen  gün» 
fügen  Serlauf.  Slnfang  1611  ftellte  ©ottfrieb  bem  Kapitel  oor,  bah  bie  bigEjerige 
Schule  nic^t  bie  gemünzte  $rud)t  gebraut  habe,  „beffen  allen  man  ficf)  bei  berührten 
Patribus  nit,  fonbern  gemifjlicf)  gu  oerfehen,  baff  bie  Qugenb  tro^l  unb  getreulich 
instituirt,  auf  berfelben  Seben  unb  SBanbel  fleißig  Sicht  gehabt  .  .  .  gugefchmeigen, 
bah  man  h4er‘:,urcf)  ©elegenljeit  befommt,  bie  Praedicaturen  (an  benen  gu  biefer  ßeit 
nicht  bag  Söenigfte  in  ber  d)riftlid)en  Kirche  gelegen)  nit  allein  ordinarie",  fonbern 
auch  tu  Notfällen  in  unb  auherhalb  ber  Stabt  gu  Oerfehen5. 

S)ag  SDomfapitel  muffte  nicht  recht,  mie  fich  entfcheiben.  SDenn,  fo  heißt  eg  in 
bem  Sitmnggprotofoll  oom  2.  ÜDtärg  1611:  „9?a<h  abgehörtem  biefem  Schreiben  feinb 
aKerljanb  Consultationes  foldjer  Sachen  halber  borgangen.  .  .  .  Unb  obmol  aller- 
hanb  erhebliche  Sebenfen,  marum  fie  bie  ^efuiten  aßhier  nit  angunehmen,  jebod) 
meil  man  fich  gleidljiriohl  erinnert  unb  befennen  muh,  baf?  fie  auf  ben  hangeln  unb 
in  ben  Schulen  fürtreffliche  Seut  .  .  .  fo  ift  foldjer  ©eftalt  fie  auf  unb  eingunehmett 
bemiKeget  roorben."  liefen  Sefdjlufj  teilte  bag  Kapitel  in  einem  Schreiben  botu 
2.  SJtärg  1611  bem  Sifdjof  mit,  in  bem  eg  u.  a.  he4Bt  -  „2öir  befennen  beineben 
unb  fallen  ^fjrer  fürftlichen  ©naben  hierin  bei,  bah  fie  bie  Patres  nit  allein  für  ihre 
fßerfon  eyemplarifche,  auf  Ä'angelnen  unb  in  ben  Schulen  fürtreffliche  Seut,  fonbern 
auch  &ie  3u9enb  emfiger  unb  fleifjiger  alg  bigmeilen  meltliche  ißrofefforeg  lehren  unb 
untermeifen."6 


1  SS  e  g  e  I  e ,  UniOerfität  SBirsburg  I  340  f. 
—  Sie  fReftoren  waren :  §einr.  §aöer,  1601 ; 
S<üj.  fRütger,  1603;  $et.  fRofenbaunt,  1608; 
Set.  QsrbiuS,  1612;  §einr.  fReüer,  1615;  SInbr. 
®ird)berger,  1617;  33altt).  §ager,  1624;  Qol). 
Siegeifen,  1628;  «ßet.  gacieä,’  1630;  9hf.  91b 
berti,  1639  (f  1641);  93ertram  Simburg  (SBije* 
rettor),  1641 ;  ©erf).  §anfen,  1641 ;  $af.  93aunad), 
1645;  goad).  £>amman,  1647. 

2  Sgl.  £>  e  i  n  r.  SSeber,  ©efd).  ber  gelehrten 

©dfulen  im  £>od)ftift  Bamberg  (1880)  82  ff; 

Sol).  SooSlforn,  ©efeb-  be§  93i^tutn§  93am« 


berg  V  (1903)  391  ff;  bort  über  bie  3ufMnbe 
um  1612,  V  409  ff.  Über  einen  früheren  31er= 
futf)  f.  *  93ifd)of  Seit  an  SSJlercurian  am  25.  Sej. 
1575.  Original  in  Epp.  Episc.  III  124. 

3  *  Original  auf  Pergament  in  93amberg,  $reis?= 
ardjiu,  Sabe  451,  ga§j.  1.  Sruif  bei  28 eher 
a.  a.  0.  583  f. 

4  SSeber  a.  a.  0.  84. 

3  *  Samberg,  ®rei§ard)iö,  Somfabitel,  fRejeft“ 
büdjer  Sb  XXVIII,  f.  139  ff. 

6  *®bb.  f.  141. 


ffoßegien,  9?efibcn^en  unb  9Jtiffionen:  Samberg. 


165 


21m  11.  ÜJiai  1611  beurfunbeit  SBifcfjof  unb  Kapitel  einen  Sßergleic^  mit  ben 
miirbigen  unfern  lieben  anbädjtigen  ben  ^5atri6u§  ber  Societet  Jesu,  baf;  ©ie  ^iin 
füro  unfer  Kollegium  unb  ©djut  aKf)ier  inne  ^aben,  biefetbige  mit  quatificirten  Prae- 
ceptoribus  oerfetjen,  aitcf)  bie  ^ßofgejs  fürberlidf)  einnehmen  fotten V  Qin  ^er  notariellen 
Urfunbe  oom  16.  9J?ai  1611,  mobnrd)  ben  Qefuiten  bag  Krneftinifdje  Kolleg  mit  ber 
Äircfje  übergeben  mürbe,  mirb  ber  ergieherifdfen  (£ätigfeit  ber  ^efuiten  mit  großem 
£obe  gebaut1 2. 

Über  meitere  5Berf)anbtungen  ^ei§t  eg  im  ißrotofott  ber  ©ifjung  be§  ®ont- 
fapitetg  oom  16.  SDegember  1611:  „hierauf  ift  referirt  morben,  melier  ©eftalt  bie 
Patres  Soc.  Jesu  üerfdjienenen  ©onntag  auf  bie  fünfte  be§  Kapitels  fiel)  erÜärt: 
nämlich  baft  fie  biefelben  fleißig  in  2td)t  nehmen,  ihre  Vocation  abmarten  unb  fid) 
angebeuter  Waffen  unoertoeig- 
lid)  erzeigen  mollten,  boef)  mit 
biefer  angefjängten  23itt,  ba 
miber  ©erhoffen  etma  einer  aug 
ben  gingen,  fonbertid)  ex 
praeceptoribus  oietteidjt  in  ber 
©djut  ober  fonften  mag  Sßer- 
meigtidjeg  reben  ober  begehen 
mürbe,  baff  man  fotcheg  nicht 
atgbalb  bie  gange  Societet  mode 
taffen  entgelten,  fonbern  ben 
SSorftetjern  angeigen,  bamit  fie 
gebührliche  Remedia  gegen  ben 
Delinquenten  ad  satisfactio- 
nem  hätten  anguftetten." 3 

$n  ber  guobationgurfunbe 
oom  22.  gebruar  1612  gebenft 
ber  23ifd)of  ber  großen  58er» 
bienfte  ber  Qefuiten  für  bie 
raiffenfdfafttidje  unb  retigiöfe 
Krgiehung  ber  $ugenb  unb  er¬ 
hofft  oon  ihrer  ©efchidtidjfeit 
unb  ©ittenreinheit  bie  reidjften 
^rücfjte  für  bie  gange  ®iögefe4. 

5)ie  ^efuiten  hatten  unterbeffen 
bereitg  roader  £anb  angelegt. 

Über  ihre  erfte  2ätigfeit  ergähten  bie  Qahregbriefe  oon  1611:  „SJÖir  prebigen  in  ber 
£muptpfarrfird)e  (©t  Martin),  ber  eine  am  ©onntag,  ber  anbere  an  ben  gefttagen, 
unb  hatten  in  beiben  ißfarrfirchen  ^atedjefe.  gugteid)  begannen  mir  bie  ®ranfenf)äufer 
unb  ©efängniffe  gu  befrieden,  bie  Oranten  gu  tröften  unb  bie  ©terbenben  auf  ben 
testen  ®ampf  oorgubereiten,  gumat  gur  $eit  ber  5ßeft,  mo  mir  £ag  unb  9fod)t  bereit 
ftanben.  £)ie  Strbeit  mar  groft,  bie  Krfotge  gut.  günfgig  fehrten  gur  fathotifchen 
Kirche  gurüd . . .  unb  bag  SSotf,  metcheg  fid)  ung  anfangg  oielfad)  abhotb  geigte,  mürbe 
fo  für  ung  eingenommen,  baff  in  ben  Oftertagen  2200  gu  ung  gur  $Seid)t  tarnen,  fo 


Siirftbifdjof  Sotjann  ©ottfrieb  oon  Slfdjljaufen. 

©tid)  oon  ©aloer.  Samberg,  ffgf.  Sibliotfjef.  (Vs)- 


1  *  Original  in  Samberg,  ®rei3ard)iü  Sabe  451 
gaSjf.  1.  $rucf  bei  SBeber  a.  a.  0.  584  f. 

2  ‘Original  ebb.  $rud  bei  SSeber  585  ff. 

3  ‘Original  ebb.,  9tejefebücter  Sb  XXVIII, 

f.  296  \ 


4  *  ft'opie  in  Samberg,  Srei3ard)io,  Sabe  451, 
fase.  1.  3)rud  bei  SBeber  a.  a.  0.  588  ff. 
$ie  berrtid)  itluftrierte  Stf^eptation^urfunbe  Oom 
21.  9?ooember  1612  ebb.  Original  auf  Ser- 
gament.  $rud  bei  SSeber  a.  a.  0  .  594  f. 


166 


$ritte§  ßapitel.  $ie  oberrfjeinifdje  fßrobinfl. 


baß  bie  ganje  ©tabt  tioll  Slnerfennung  ift  für  biefe  angeftrengte  Xätigfeit.  .  .  .  5lnt 
30.  Quli  bezogen  wir  baS  Älerifalfeminar  (baS  ehemalige  ^armeliterflofter),  nach* 
bem  bie  Zöglinge  anberSwo  untergebrad)t  waren  .  .  .  unb  SInfang  ÜJooember,  wo 
fieben  fßriefter  unb  brei  Sftagiftri  l)ier  weilten,  begannen  wir  ben  Unterricht:  bie 
f)umaniftifdf)en  $ädjer  unb  jugleid)  ®ialeftif,  ^afuiftil  unb  bie  ßontroüerfen." 1 

®ie  ©djule,  welche  mit  ben  gleidjen  g-ädjern  fdjon  oorßer  beftanben  hotte,  nahm 
einen  fdjneüen  Sluffdjwung.  SDie  ßaßl  ^er  ©cfjüler  ftieg  gleich  erften  Qaßre 
bon  150  auf  300,  unb  als  man  im  .fperbft  1612  baS  neuerrichtete  ©djulgebäube 
be^og2,  waren  eS  350 3.  ^m  folgenben  ^aljre  (1613)  mufften  bie  Qefuiten  aud)  bie 
Seitung  beS  Seminars  übernehmen4.  ®er  9tuf  ber  Schulen  berbreitete  fich  immer 
mehr.  ©d)on  im  3ahre  1614  fürchtete  man,  baff  bei  ber  wadjfenben  ©djüterjahl 
felbft  baS  neue  ©djulgebäube  halb  nid^t  mehr  alle  faffen  fönute5.  ®ie  3ahl  ^er 
auswärtigen  ^onöiftoren,  weldje  bie  ^efuiten  ju  ben  bifdjöflidjen  Sllumnen  ins 
©eminar  aufjunehmen  begonnen  hotten,  war  bon  18  im  erften  Qaljre  auf  43  im 
jweiten  3°l)re  geftiegen,  barunter  Benebiftiner  bon  Banj  unb  3Üter§ienfer  bon 
ßangljeim6.  3m  ^erbft  1617  begannen  bie  patres  Borlefungen  über  Sogif  unb 
@thif  unb  ridhteten  gugfeicf)  ein  ©eminar  ein,  worin  bie  eigenen  ©djolaftifer  Sttoral* 
Ideologie  ftubieren  follten7.  ®ie  Bibliotßef  erhielt  eine  große  Bereicherung  im 
^ahre  1630  burch  ein  BermädjtniS  beS  SGSeihbifdjofS  ferner,  ber  in  feinem  ftefta* 
mente  bom  12.  SJtärj  1629  „baS  was  mir  im  Seben  baS  Xeuerfte  unb  als  ber 
teuerfte  ©cßaß  galt",  bie  Bibliotfjef,  ben  ^efuiten  öermacfjt  hatte.  (ürr  wollte  baburefj, 
wie  er  fich  auSbrüdt,  feinen  einftigen,  bielgeliebten  ßefirern  einen  gang  befonbern 
Beweis  feiner  innigen  Siebe  geben8. 

ÜUMt  ber  Slrbeit  in  ben  ©d)ulen  hielt  bie  feefforglicße  STätigfeit  gleichen  Schritt 
in  ©tabt  unb  Sanb.  ©d)on  im  Qafjre  1613  helfet  eS  in  einem  Briefe  SlquabibaS 
an  ben  Bantberger  9Mtor  Johann  §ommart:  „@ott  fei  Sob  unb  SDanf,  baß  im 
£>aufe  bie  religiöfe  3uc^t  unb  in  ben  Schulen  bie  ©tubien  blühen  unb  überallhin 
fich  auch  ber  ©eeleneifer  fo  fegenSreid)  auSbehnt."9  3U  ben  Reiben  &'ated)efen  in 
ben  jwei  ipfarrfirchen  richteten  bie  fßatreS  im  Qahre  1614  nod)  eine  britte  in 
©t  ©angolph  ein,  „gu  welcher  bie  Seute  in  folcher  Söienge  jufammenftrömten,  baff 
man  eS  bereute,  fie  nicht  fdjon  eher  begonnen  ju  hoben,  SDa^u  befuchten  gwei  patres 
regelmäßig  jebe  SBodje  bie  13  BolfSfcfjulen,  bie  5  SllterSheime  unb  bie  2  £>eime  für 
SluSfäßige.  Sludj  ben  weit  über  1000  Bettlern,  welchen  ber  Bifdjof  aUmödhentlidj 
auf  bem  ans  ©pmnafium  ftoßenben  $ßlaße  Sllmofen  austeilen  ließ,  hielt  nian  eine 
Unterweifung" 10.  $urj,  eS  „würbe  bei  großem  Mangel  an  Prüften",  wie  eS  in  einem 


1  *  Litt.  ann.  1611. 

2  Litt.  ann.  1612,  341. 

3  SB  e  ber  a.  a.  0.  94  427. 

4  (Sbb.  86. 

6  *  Litt.  ann.  1614.  Über  ben  neuen  ©cfjuL 
bau,  ber  1611  unb  1612  mit  einem  Softem 
aufroanb  bon  7094  ©ulben  aitfgefiibrt  mürbe, 
f.  SB  eher  a.  a.  0.  477  f. 

6  ebb.  94  f. 

7  *  Litt.  ann.  1617. 

8  Ut  omnes  ex  aequo  Religiosoruin  Ordines 
unice  semper  amavi  et  colui :  Ita  praecipue 
RR.  PP.  Societatis  Iesu  Praeceptores  olim 
meos  longe  charissimos  singularis  amoris  af- 

fectu,  plurimis  de  causis,  nullo  non  tempore 
sum  prosecutus:  quamobrem,  ut  vel  unico, 

qua  facultates  meae  sinunt,  indiculo,  meutern 


meam,  erga  illos  declararem,  id  quod  in  vita 
mihi  charissimum  et  omnium  instar  Thesau- 
rorum  extitit,  Testamento  meo  illis  relinquere 
volui,  et  hoc  ipso  Elogio  meo,  dono,  appro- 
prio  ac  contrado,  Bihliothecam  meam.  .  .  . 
^Sonjept  bon  ber  $anb  gorner§  unb  Original 
mit  acht  (siegeln  in  93amberg,  &rei3ard)it>, 
„Seftament  be§  3Beil)bifcf)of§  g-orner".  Sie 
Quittung  be3  fReftorü  1630.  Slufser  Stiftungen 
für  brei  firattfenbäufer  unb  bie  SBaifentnaben 
bermad)te  Corner  200  ©ulben  al§  23üd)erftih 
tung  für  arme  ©tubenten,  bie  bei  ben  gefuiten 
ftubieren.  $a3  ganje  Xeftament  ift  ein  fjerr= 
liebet  Sotument  be§  ©tauben!  unb  ber  Siebe 
gornerS. 

9  *  0rig.=9ieg.  Ad  Rhen.  35gl.  8.  SJiärä  1614. 

10  *  Litt.  ann.  1614. 


Kollegien,  9lefibenäen  unb  SUtiffionen :  33am6erg. 


167 


Briefe  beS  ©eneratS  oom  10.  September  1616  an  öen  Sieftor  Sdjüfj  ^et^t,  ,,fo 
tüchtig  öon  ben  ^nfaffen  be§  ßottegS  gearbeitet,  baff  bie  öürgerfdjaft  nicf)t  mehr 
Oertangen  fonnte" 1.  SDie  ©rfotge  jeigten  fid)  in  bem  Stnbrang  ju  ben  Saframenten. 

^af)re  1615  empfingen  10987  in  ber  ^efuitenfirdje  bie  fjeilige  Kommunion;  im 
folgenbett  Qafjre  maren  eS  13  886,  unb  fünf  $al)re  fpäter  berichten  bie  ^efuiten: 
„®ie  3al)t  ber  Seute,  bie  bei  uns  beidjten,  ift  in  ber  S£at  ungeheuer."  StCfein  37  037 
empfingen  im  Qatjre  1621  bie  heilige  Kommunion  in  ber  ^efuitenfirdfe.  ®ie  8a^ 
ber  Seichten  aber  mar  nod)  meit  größer.  3n  &en  Oftertagen  allein  beichteten  bei 
ben  ifjlefuiten  6000,  bie  nidjt  in  ber  ^efiiitenfirdfje,  fonbern  in  ihren  ^3farrfirtf)en 
fontmunijierten 2.  SQJandje  ißroteftanten  lehrten  jur  fatholifdjen  ^ircfje  §urüd;  in 
bem  einen  Qafjre  1Ö18  maren  eS  188,  barunter  mehrere  Slbetige. 

®er  gubraitg  gu  ben  ißrebigten  mar  fdjliefjlid)  fo  ftarf  gemorben,  bah,  f°  lautet 
ber  Seridjt  beS  ^aljreS  1621,  „bie  Kirche  trop  beS  SiieberreifjenS  einer  flauer  unb 
SBegräumung  anberer  §inberniffe  bie  3u^örerfchaft  nidjt  mehr  faffen  fonnte  unb 
megen  eines  Neubaues  mit  bem  Sifdjof  oerhanbett  mürbe.  SDerfetbe  ift",  fo  fügte 
ber  Seridjt  bei,  „über  bie  fyrömmigfeit  ber  Bürger  unb  bie  frudjtreidjeu  Strbeiten 
ber  ©efettfdjaft  fo  erfreut,  bah  er  eine  jatjrtidje  Seifteuer  für  bie  neue  ßircfje  oer» 
fprochen  hat  unb  bei  ber  groben  Steuerung  nuferer  9iot  burch  ein  ©efdjenf  oon 
100  ©utben  unb  4  guber  guten  SBeineS  fehr  ju  §ilfe  gefommen  ift."  3U  ^er 
Stätigfeit  in  ber  Stabt  tarnen  bann  noch  bie  Slrbeiten  in  ber  ganjen  Umgegenb,  in 
Dörfern  unb  Stabten,  auf  ber  Mangel  unb  im  Seidjtftutjt  unb  oor  adern  burch  ®r’ 
teilen  ber  ßatecfjefe,  namentlich  feit  bem  Qafjre  1617,  mo  bie  in  Samberg  ftubierenben 
Sdjotaftifer  fid)  bamit  befahten.  „ttnfere  (13)  STfjeotogen",  ff  ^ei^t  eS  im  ^Berichte 
beS  QafjreS  1621,  „mühen  fid)  ab,  bie  ^atedfefe  meit  unb  breit  in  ber  SDiöjefe 
einjuführen." 

®od)  halb  famen  grofje  2)rangfate  über  baS  Äotteg.  „SSir  maren  h^r",  fo 
erjäljtt  ber  Seridjt  beS  ^alfreS  1631,  „ju  31 :  12  Sriefter,  5  SD^agiftri,  7 
logen  unb  7  Saienbrüber.  9Rai  toaren  noch  6  i^hifofophen  unb  im  Stuguft  noch 
meitere  9  Sdjotaftifer  gefommen,  um  bie  fpumaniora  ju  ftubieren.  SltteS  fchien  einen 
glüdfidjen  Fortgang  nehmen  ju  mollen.  SDod)  ba  machte  baS  nach  ber  ©djtacfjt  bei 
Sreitenfetb  fid)  näf)ernbe  SSaffengetöfe  ptötjtidj  alles  ju  nichte."  Stuf  baS  bringenbe 
SInraten  ber  bifchöftichen  ^Regierung  ergriffen  bie  patres  bie  gtudjt.  ßmar  lehrten 
gegen  Grnbe  beS  QaljreS  etma  19  mutig  ins  fö'otteg  jurüd,  bodj  muhten  fie  nadj 
einigen  ÜÖtonaten  mieber  fliehen.  @S  folgten  nun  brei  fdjtimnte,  teibenSootle  ^afjre, 
mo  mehrfache  fytudjt  unb  Sfüdfefjr  miteinanber  medjfetten3.  ©rft  @nbe  1634,  nach 
ber  Sd)tad)t  bei  ÜRörbtingen,  fonnte  man  fich  mieber  in  einiger  9tut)e  in  bem  oolt» 
ftänbig  auSgeptünberten  $otteg  fammetn4.  Slltmähtid)  mürbe  bie  frühere  Stätig* 
feit  mieber  aufgenommen,  im  Februar  1635  and)  ber  Sdjutunterrid)t.  Über  bie 
äuhere  Sage  unb'  ben  Stanb  ber  Arbeiten  berichtete  nadh  oier  fuhren,  out  1.  9io= 
oember  1639,  ber  Steftor  3°hann  ^reifjing  an  ben  ©enerat: 

„2)ie  häuslichen  Sertjättniffe  finb  nod)  recht  fnapp. . . .  ©etb  ift  gar  nidjt  oor» 
fjanben.  Unfer  Vertrauen  auf  ©ott  aber  ift  grof).  SDurdj  nidjtS  mirb  aCCeS  Soran» 


1  *  £)rig.=iReg.  Ad  Rhen. 

2  *  Litt.  ann.  1621.  Sßon  ©ebräuchen  er= 
Wählten  bie  *  Consuetudiues  coli.  Bamberg. 

(Cod.  Bamberg.  II  41)  bie  ©benbung  Don  ge= 
toeihtem  Sßein  am  ©t  SobmtneStag  (27.  2)ej.j: 
distribuitur  extra  cancellos  ex  calice  stro- 
phiolo  bene  infra  munito  ad  cornu  Epistolae 
accedentibus.  3U  ©i1  SKartin  (11.  9?oö.)  toirb 

aud)  ein  ©t  SJtartinStruut  ermähnt:  Opifices 


solent  petere  haustum  S.  Martini.  Datur  cere- 
visia  Vigili  in  S.  Martini  turri,  in  B.  Virg. 
et  in  Altenburg,  figulo  Vitriario,  singulis  fere 
mensura  vel  quantum  placet.  Ser  33ifd)of 
Johann  ©eorg  hat  burch  ®efret  Dom  25.  ©eb» 
temher  1648  biefe  ©emohnheit  abgef^afft. 

3  *  Litt.  ann.  1681;  Dgl.  ba3  6.  Kapitel. 

4  *Litt.  ann.  1634. 


168 


drittes  Kapitel.  Sie  oberrheinifcfee  ^robittj. 


fontmen  mefer  gefeemmt  atg  bitrdf)  ben  ®rieg.  ßein  t£ag  faft  gefet  oorüfeer  ofene  23e* 
ängftigung,  ofene  Sluftauf,  ofene  ©djarmüfeet,  ofjne  ^fünberung  non  greunb  unb  oon 
geinb.  Sticht  blofe  finb  bie  SEBege  beflänbig  unficfeer,  fonbern  aud)  bie  Dörfer  unb 
bag  Sefifetum  ber  Sanbteute.  ©efafereit  brofeen  oft  oon  allen  ©eiten,  unb  mofein 
man  fidj  menben  foll,  roeife  man  niefit.  2)ag  ®otleg,  metcfeeg  mieber  eingerichtet  ift, 
gäfett  14  Seute:  9  ißatreg,  1  SJJagifter  unb  4  Saienbrüber.  .  .  .  2Iüe  finb  mofetauf 
unb  gefunb,  ein  ,f)er$  unb  eine  ©eete.  SGBir  alle  feaben  aug  ber  fpetmfucfeung  neuen 
SOfut  unb  neue  $raft  gefcfeöpft,  aud)  bie  Süffigeren  unb  bie,  metcfee  mofet  Saft  malten, 
fcfeeinen  fiep  ernfttid)  ju  beffern.  2Bir  featten  fünf  klaffen  mit  nur  brei  Seferern: 
einer  hat  bie  erfte  unb  jmeite  Utaffe,  einer  bie  britte  unb  Gierte  unb  ber  britte  bie 
$nfima.  2)ie  ©obatitäten  finb  brei:  bie  Maior  latina,  ju  metefeer  aud)  bie  ©tubenten 
aug  ber  3ifeetorif  unb  Humanität  gehören,  bann  bie  btüfeenbe  Sürgerfobatität  unb 
bie  ©ngetfobatität  ber  Knaben.  ^ateefeefe  geben  mir  in  ber  ©tabt  unb  in  ber  Sor» 
ftabt,  braufeen  aber  feine  megen  ÜDiangetg  an  Kräften,  ißrebigten  feaben  mir  nur 
in  unferer  ®ird)e;  fie  finb  aber  ftarf  befuefet.  günf  $atre§  feören  regefmäfeig  in 
nuferer  St'irdje  Seicfet.  @ie  feaben  an  ben  gemöfentidjen  ©onntagen  giemfidj  ju  tun, 
an  fyefttagen  aber  müffen  nodj  einer  ober  jmei  gu  §ilfe  fommen.  Stufeerbem  gehen 
mir  nodj  ab  unb  gu  nacf)  braufeen  auf  bie  Dörfer,  meifteng  an  ben  feöfeeren  ffefttagen." 1 

®er  ©enerat  mar  mit  biefer  9ceuentmidfung  beg  fö'ottegg  mitten  im  fö’riegg* 
gemoge  fefer  gufrieben.  „9Jtit  Semunberung  unb  ^reube",  fo  lautete  feine  (Srmiberung 
oom  18.  Februar  1640,  „tag  iefe,  bafe  bei  fotefe  fefetimmer  Sage  unb  fo  menigen 
Seuten  bie  gefamte  Xätigfeit  in  unb  aufeerfeatb  beg  fpaufeg  fo  üoüftänbig  mieber  auf* 
genommen  ift  unb  fo  ftanbfeaft  beibefeatten  mirb —  @ro.  £md)mürben  roodett  fo  mutig 
meiter  arbeiten  unb  aud)  ben  P.  EJSrootnjial  baran  erinnern,  jeber  einzelnen  Pfaffe 
mieber  einen  eigenen  Seferer  §u  geben."2  fperbft  1641  erhielten  bie  fünf  klaffen 
mirf tiefe  ifere  fünf  Seferer3.  Salb  füllten  aud)  bie  feöfeeren  ©tubien,  unb  jmar  in 
gröfeerem  Umfange,  aufgenommen  merben.  SDer  neue  Sifcfeof  ÜDMdjior  Otto  SSoit 
oon  ©atjburg,  metefeer  am  25.  Stuguft  1642  gemiifeft  mar,  fafete  ben  ißlatt,  bag 
Äofteg  ju  einer  SIfabemie  ju  erfeeben.  Stm  1.  ©eptember  1648  erfolgte  bie  feierliche 
ißroftamation  ber  Stfabemie4. 

2)er  Söeftfätifdje  ffriebe  braefete  ber  Sfrbeit  beg  ®ottegg  neueg  ©ebeifeen  unb  ent* 
fdjäbigte  bie  ^efuiten  für  bie  Gielen  bornenreiefeen  ^afere.  „SDie  ©efeuten",  fo  be¬ 
richten  bie  Qefuiten  @nbe  1649,  „madjfen  an  ßafet  unb  auefe  an  ^enntniffeu  unb 
grömmigfeit.  .  .  .  S)ie  $atecfeefen  merben  oon  einer  jafefreiefeen  SJcenge,  grofe  unb 
ftein,  befnefet,  bie  mit  gefpannter  2Iufmerffamfeit  jufeören. ...  ©o  oiete  feaben  biefeg 
$afer  gebeiefetet,  bafe  naefe  bem  Urteil  feeroorragenber  SJfänner  feit  SOfenfcfeengebenfen 
eine  fotefee  grömmigfeit  in  Samberg  niefet  gefefeen  ift.  Siete,  fo  feört  man  oft 


1  *  Rhen.  Sup.  Fund.  II  25  ff-  Ser  Mangel 

an  ©elbmittein  oeranlafete  1639  eine  Slnberuutj 

ber  gnnbation;  an  ©teile  beg  baren  ©elbeg 
traten  öerfdpebene  größere  ©üter.  Sie  *In- 
formatio  de  bonis  immobilibus  quae  collegio 
pro  commutatione  fundationis  offeruntur  1638 
(6  Sogen),  Samberg,  Sreigardpo,  2.451,  gag^.  1, 
im  Slugjug  bei  SB  eher,  ©efd).  ber  gelehrten 
Schulen  ufto.  447.  Ser  *Recessus  inter  Ep. 
Bamberg,  et  P.  M.  Vitelleschi  ratione  funda¬ 
tionis  coli.  Bamberg.  Pont  24.  gebrnar  1639. 
Original  ebb.  gagj.  2,  Srud  bei  §  aug,  ©efd). 
ber  Pfarrei  ©t  SÜIartin  ju  33amberg  (1845) 

799  ff,  Slug^ug  bei  SB  eher  a.  a.  D.  442  ff. 


Sie  Äorrefponbenäen  barüber  in  Samberg, 
Äreigardjio,  Sitten  über  bie  Sefuitengiiter  1631 
big  1657,  unb  in  *Fund.  Rhen.  sup.  II  25  ff. 

2  *Drig.“9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

3  *Litt.  ann.  1641.  Sie  92ot  beg  ÄoIIegg 
um  biefe  3eU  war  grofe.  „©eit  SBodjen",  fo 
fdjreibt  P.  Streifeing  am  29.  itltärj  1643,  „featte 
id)  3U  §aufe  nicht  einen  Saler  jur  Verfügung." 
‘'Original  in  SUainj,  ©tabtbibliothet,  Jes. 
B.  3  L. 

*  “Litt.  ann.  1643  ff.  Sgl.  bag  8.  Äapitel 
über  Uniocrfitäten  unb  bie  Worrefponbenj  beg 
P.  Äreifeing  mit  bem  Srooiujial  Ipamman,  in 
SJlainj,  ©tabtbibliothet,  Jes.  B.  3  L. 


Kollegien,  JRefibenjen  itnb  SJiifftonen :  ©peier. 


169 


jagen,  feiert  burdf  bie  ©efefffcfjaft  gerettet,  bie  fonft,  in  Safter  unb  Qrrturn  oerftridt, 
ber  Serjmeiffung  anfjeinigefatlen  mären,  Qebenfaff!  ift  infotge  unferer  angeftrengten 
Sätigfeit  eine  fofdje  ©innelänberung  in  ber  ©tabt  eingetreten,  baff  ba!  SBotjlgefaden 
non  f)od)  unb  niebrig  uni  gehört  itnb  man  uni  nicht  ftfof;  an  ©onntagen  auf  ber 
Somfanjef  ju  felfen  raünfdjte,  fonbern  aucf)  an  ben  Qefttagen  unb  in  ber  fjaftengeit, 
mal  benn  aud)  geftfjetjen  ift.  Sen  ftar!  befucfjten  fßrebigten  mo^nt  oft  aucf)  ber 
Qürftbifcfjof  bei,  ber  feine  Qreube  fiat  an  ber  gabjlreic^en  ÜDienfcfjenmenge  im  Sont 
unb  biefen  je£t  herrlid)  auljuf ermüden  gebenft.  Um  nod)  mehr  fein  SSofjfmoffen  gegen 
uni  j$u  geigen,  fjat  er  aucf)  unfere,  fo  öieffadj  fd^abfjafte  iürdje  in  ftanb  fef$en  unb  ben 
©fjor  auf  beiben  ©eiten  mit  neuen  unb  gefdfmacftmflen  ©tiefen  aulftatten  faffen."1 
Sie  3af)f  ber  Qefuiten  im  Samberger  ^offeg  betrug  im  Qahre  1650  23:  13  fßriefter, 
5  üftagiftri  unb  5  Saienbrüber. 

„Sa!  größte  Serbienft  bei  Sifdjof!  Qohann  ©ottfrieb  um  bal  Siltum  Sam» 
berg",  fo  urteilt  ber  ©efdjidjtfdjreiber  biefel  Siltum!,  „ift  bie  Serufung  ber  ^efuiten, 
raoburcf)  eine  gefieberte  Reform  bei  ®Ierul  mie  bei  Söffe!,  eine  (Erneuerung  unb 
(Erhaltung  bei  ^atfjofijilmul  erhielt  mürbe."2 

Qn  ©peier3  machte  gunädjft  ber  Sau  ber  neuen  ®ird)e  üiefe  ©orge:  man  faf) 
fiefj  genötigt,  einige  fßatrel  in  üerfcfjiebene  ©täbte  gurn  ©ammefn  oon  SUmofen  ju 
fchiden.  Qn  ^om  ftrar  man  aber  mit  biefem  Settefn  menig  jufrieben3.  Über  ben 
©taub  bei  Sauei  berichtete  ber  Seftor  2öiff)efm  Sietternicf)  am  31.  Oftober  1600 
an  Slquaoiüa:  „Ser  Sau  unferer  neuen  Kirche  ift  gegen  öiefer  (Ermartung  burd) 
eine  befonbere  ©nabe  ©ottel  unb  bie  Qreigebigfeit  frommer  Seute  fo  meit  gebief)en, 
baff  mir  aufjer  @efaf)r  unb  fidjer  oor  bem  ©potte  bei  Söffe!  finb.  Qept  ift  ba! 
Sad)  aufgefept  unb  mirb  mit  teuren  Qiegefn  gebedt.  Sa!  Qnnere  ber  $ircf)e  mirb 
fangfant  unb  oieffeidjt  etma!  fpät  ooffenbet,  ba  bie  menigen  Satfjofifen  fdjon  ihre 
Seiträge  gegeben  ho&eu.  ©roffen  Sanf  fdjufben  mir  ©ott,  ber  un!  bei  fofdjer 
Neuerung,  bei  einer  fo  geringen  Stngafjt  bon  ®atf)ofifen  unb  fo  gafjfreichen  ©egnern 
beigeftanben.  SBir  haben  in  ber  Sat  nicht  geringe  Sefäftigungen  unb  ©djroierig» 
feiten  übermunben."5  Qn  ben  Jahresberichten  heifÜ  e!  bann  jum  Qahre  1601:  „Ser 
Sau  ber  Kirche  fcfireitet  boran,  biete  fteuern  freigebig  bei,  unb  1602:  Ser  Sifcffof 
(Eberharb  bon  ©peier  fchenfte  für  ben  Sau  4600  ©ufben;  im  gangen  betrugen  bie 
©efchenfe  für  ben  Neubau  15  800  ©ufben.  2lm  15.  ©eptember  1602  mürbe  bie 
Kirche  feiertief;  eingemeiht  unb  tag!  barauf  ein  ©cfjaufpief  bei  Sfpoftef!  fßaulu! 
gegeben6. 

Qm  Qahre  1604  mürbe  ba!  Sertiat  ber  rffeinifchen  ißroöing  nach  ^peier  ber» 
fegt,  meift  maren  e!  10—12  Sertiarier.  Sie  QSerfonengaht  f)iett  ficf)  im  Surchfcffnitt 
auf  20 — 30,  bie  bann  infolge  bei  Kriege!  groffe  Serminberung  unb  ©chmanfungen 
ertebte ;  in  ben  biergiger  Qahren  maren  e!  mieber  15 — 17.  Sie  ©efdjide  ber  ©tabt 
maren  in  bem  großen  Kriege  fehr  medjfefreicf).  Safb  maren  el  ©djmeben,  bafb 
Qrangofen,  bafb  ^aiferfiche,  mefdje  ©tabt  unb  Umgebung  branbfehahten  unb  ber- 


1  *Litt.  ann.  1649.  Sie  ©onntag§prebigt 
im  Som  mar  1648  ben  gefuiten  übertragen 
morben.  *©bb.  1648.  —  Sie  Obern  maren: 
Sot).  Jpommart,  1610;  ^op.  ©d)üfe,  1614;  $et. 
Siep,  1619;  Soacf).  |>amman,  1624;  Sob.  Sö= 
ring,  1630;  2Xbolf  ßleüer,  1634;  3of).  Kreifjing, 
1635;  Söolfg.  ©petß,  1644;  ßppr.  £>uber  (Sije» 
reftor),  1647;  Siicquin  ©öltgem»,  1648—1651. 

2  SooSßorn,  ©efd).  be§  Siltumio  33am= 

berg  V  479. 


3  Sgl.  99b  I,  6.  115  ff.  4  Sgl.  11.  Kapitel. 

5  *  Original  in  Germ.  Epp.  XXXVI  72. 

6  *  Litt.  ann.  1601  unb  1602.  Sie  Kircße 
mürbe  gebaut  auf  bem  Stape  (area)  ber  alten  Som» 
propftei,  bie  1598  ba3  Somlapitel  ben  Sefuiten 
gefdjenft ;  bie  gunbamente  mürben  1599  gelegt. 
3n  bem  9ied)uung3au3mei§  tmn  1603  beißt  es!, 
baß  Don  bem  Kapital  744  ©cuta  für  ben  Dteubau 
ber  Kircße  oermenbet  morben,  bie  aHmäßlid) 
Surüdbejablt  merben  müßten. 


170 


$ritte§  Äapitet.  $ie  oberrfjeinifdje  fßrobinj. 


njüftetert Sange  ÜSerfjanblitngen  fanben  1629/1630  ftatt  jmifcfjen  ber  Stabt  unb 
ben  Qefuiten,  ob  bie  festeren  in  bie  „Siadjtung"  aufgenommen  merben  füllten  ober 
nidjt.  Qtt  ausführlichem  ©utadjten  oont  3.  SRooember  1628  legte  P.  9?itl).  93i6er  bie 
©riinbe  für  bie  Slttfnafjme  oor,  aber  ber  9iat  erflärte  am  5.  SRärj  1629,  er  mode 
bie  Qefuiten  toie  bistjer  treulid)  befd)ü|en,  aber  in  bie  üiadjtung  jmifdjen  ®om* 
betont  unb  bem  Kapitel  ber  üier  Stifter  fönne  er  fie  nicht  aufnehmen1 2.  Qm  Qaljre 
1622  mürbe  bag  SHofter  £>eilgbrud  bem  Speierer  $oüeg  §itgefprocf)en ;  eg  lebten 
bort  für  bie  23emirtfd)aftung  unb  Seelforge  jmei  fßatreS.  2Ref)rere  fßlünberungen 

üerroüfteten  bag  ßlofter,  unb 
eS  ging  babei  1638  unb  1643 
nidjt  oljne  fdjmere  äRijjljanb* 
lungen  ab.  Qm  ®e$ember 
1646  mürben  bie  Qefuiten  aug 
bem  23efip  beg  ßlofterg  Oer* 
trieben  (burdf)  bieSlbtiffin  oon 
^öniggbrud),  unb  obmoljl  bie 
Speierer  Qefuiten  gefonnen 
mären,  alleg  auQubieten,  um 
mieber  in  ben  23efip  beg  $lo= 
fterg  ju  fommen,  befahl  ber 
©eneral  bocf)  auf  Söunfdj  beg 
ßurfiirften  oon  Srier,  oon 
einem  9iecf)tgftreite  3tbftanb 
ju  neunten3. 

9tadj  ben  Katalogen  oon 
1603  unb  1619  beftanben  an 
bem  ©tjmnafium  fünf  klaffen 
(dtljetorif,  Humanität  unb  brei 
©rammatifflaffen)  unter  fünf 
Sefjrern;  für  bag  ©riecfjifdje 
mar  ein  eigener  ^rofeffor  auf* 
geftellt,  ein  fiebter  ißrofeffor 
trug  SRoral  (Casus)  oor. 
Später  (1628)  fiel  ber  s}3ro> 
feffor  für  bag  ©riedjifdje  fort, 
jeher  Seljrer  gab  bag  ©rie* 
cfjifdje  in  feiner  klaffe.  5lufjer* 
bem  mären  nodj  brei  Qefuiten 
im  Seminar  befdjäftigt;  fie 
fpeifteit  aber  im  Kolleg,  oon 
bem  fie  aucf)  fonft  alleg  Dcö* 
tige  erhielten.  ®ie  (pungerg* 
not  oon  1638  oerfdjeudjte  bie 
Schüler,  unb  im  folgenben 
Qaljre  beforgten  nur  jmei  3Ragiftri  bie  unterften  Sdjulen.  ®rei  Qaljre  fpäter  (1642) 
trat  su  ben  beiben  Seljrern  nod)  ein  britter,  unb  bie  burdj  ben  Slrieg  unterbrodjenen 
Sdjulübungen  mürben  teilmeife  mieber  aufgenommen.  SDie  brei  Sefjrer  oerteilten  fid)  fo, 


P.  SÜMlfjelm  äßolff  SJtctternid)  S.  J.  ©tief)  nad)  £>amt)  (*/3). 

Sfutogvapfj  au§  einem  93riefe. 


1  SSgt.  ß.  SüBeifj,  ©efd).  ber  ©tobt  ©peier  3  iSieS  unb  bat’  golgenbe  nad)  *  Litt.  ann. 

(1876)  77  ff.  2  $ie  Sitten  in  ©peier,  ©tabt*  unb  *  Catal.  Prov.  Rhen, 

ardjib  408,  9Jr  11  12  18. 


Kollegien,  9ieftbenjen  uitb  SJtiffionen:  ©peier. 


171 


bafj  einer  fR^etorif  unö  Humanität,  ber  jvoeite  bie  oberfte  unb  mittlere  ($rammatif,  ber 
britte  bie  unterfte  ©ramntatif  teerte.  ©o  blieb  e§  and)  bie  folgenbeit  Qafjre;  bi§  1650 
maren  jmei  ißriefter  unb  ein  SRagifter  an  ben  ©dfuten  tätig 1.  „®a§  Qefuitem 

foüegiunt",  fo  fjei^t  e§  in  einer  neueren  fßublifation,  „hob  burdj  eifrigen  unb  ge* 
biegeneit  Unterricht  bie  ©djule  in  erfreulicher  SBeife,  fo  baff  burdj  biefe  (Erfolge  er¬ 
mutigt  Philipp  ©hriftopl)  befdjlofj,  eine  jmeite  Qefuitenfdjute  in  feiner  SDiö^efe  $u 
Sßrudjfat  ju  grünben."2 

2Ba§  bie  ©eelforge  betrifft,  fo  begann  man  in  ber  neuen  Kirdje  fofort  mit  ber 
Katedjefe.  Qm  Sotn  prebigte  ein  i|3ater  an  allen  ©onn*  unb  Qefttagen  öormittagg 
unb  aufjerbent  jmeimal  in  ber  Söocfje  im  Stboent  unb  in  ber  gaftenjeit.  2lu§  ber 
©tubentenfongregation  töfte  fid)  1605  eine  Kongregation  für  Kteru§  unb  gebitbete 
Saien  ab;  biefelbe  hotte  monatlich  nur  eine  23erfammlung;  tägtidj  mahnten  manche 
ihrer  SRitgtieber,  befonberg  oont  91eid)gfammergeridjt,  ber  heiligen  äReffe  bei,  bie  auf 
33erantaffung  ber  Kongregation  um  10  Uhr  gelefen  mürbe,  um  fo  auch  beit  Herren 
be§  9?eid)gfammergeridjtg  bie  Slnfjörung  §u  ermöglichen.  Qefjn  Qaljre  fpäter  (1616) 
entftanb  bann  eine  beutfche  23iirgerfongregation,  bie  burdj  ben  Krieg  faft  ju  ©ritnbe 


h'Ut.ffiS  A.  f  htc  Turhf  Jvßicit'irf  a)  dliptam  Reifen 

i>Atnu?  TnjrtTniHeJitP^  Ji  kf  fll/M'buJ }  jtuc  jho  Jtnfe  frm 
njjni  tjU  p o+tlit .  t7 (fj;  [i'tJsc  m  JT  fii.cuh'ry<  <$c 

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ty’tlXtfvctu  jfUüriutrJL- 
£anbfdjrift  be?  P.  2öilh.  IJJlettcrnidj,  1623. 

ging,  aber  1641  mieber  auflebte  unb  1642  ade  Süffigen  augfdjtofj.  Qm  Qafjre  1650 
traten  bie  jungen  §anbroerfer  ber  23ürgerfongregation  bei.  f£)ie  Kommunionen 
hielten  fidj  in  ben  erften  Qafjrjehnten  auf  6000,  eine  grofje  Qafjf  für  bie  fo  Heine 
§erbe,  mie  ber  Bericht  oom  Qahre  1616  bemerft.  ©pater  fiel  bie  Qaf)I,  um  bann 
1643  auf  7000,  1646  auf  9000  ju  fteigen.  (Die  Konoerfionen  fdjmanfen  in  ben 
erften  Qahr^ehnten  jmifdjen  150  unb  250.  Sßiele  ÜCRiffionen  mürben  abgehalten,  fo 


1  Über  bie  ©d)ülerpf)t  firtbet  fid)  nur  bie 
eine  Eingabe  „400—500",  unb  par  in  ber  hef¬ 
tigen  ülnftagefcbrift  ber  ©peierer  Stbgefanbten 
Born  30.  3uti  1011  auf  bem  Sage  p  9toten< 
bürg,  ©peier,  ©tabtardjin  408,  9tr  11.  3m 
3at)re  1645  Reifet  e§,  bie  Saht  ber  ©dtjüler  fei 
etwa§  größer  gewefen  al§  bie  teptoerfioffenen 
3ahre,  unb  1649  wirb  bemerft,  bie  Sluflöfung 
ber  ^»eibelberger  ©djute  habe  bie  ©dplerphl 

Bermehrt.  gfür  bie  armen  ©tubenten  gelang 
el  1644,  ein  Segat  Bon  5500  ©ulben  freip- 
madjen,  au§  beffen  erften  Siufen  Kleiber  für 


bie  ©tubenten  angefchafft  würben.  —  3$on  bra= 
matifdben  Sluffütjrungen  werben  erwähnt:  1642 
„Ser  Berlorene  ©ohn",  1645  „Heinrich  VI.", 
1646  „Sie  japanifepen  9Jtärtt)rer",  1647  „3üe- 
jiu§",  1650  in  ber  3nfima  „3ugenb  be§  hl-  6b= 
munb  Bon  ßanterburt)",  in  ber  erften  unb  jwei* 
ten  ©rammatif  „Sugenb  be§  ht-  Shoma3",  Bon 
bem  ganzen  ©tjmnafium  ,,©t  ©tjmbhcwian". 

2  K.  fReifjinger,  Sofumente  pr  ©efd)icpte 
ber  hmnaniftifeben  (gdmten  in  ber  33at)erifchen 
fPfatj  (1910)  40. 


172 


SritteS  Kapitel.  $ie  oberrbeinifcpe  jßroPinjj. 


1617  in  SBeilerftabt,  1628  in  Sanbftufjf,  1646  in  9Zeuftabt.  Qm  3a^re  1616  3e* 
lang  eg  ben  Semiifjungen  ber  Qefuiten,  eine  Solfgfdjute  für  ÜDZäbdjen  ju  errieten; 
fdjon  einige  Qafjre  Dorfjer  fjatten  fie  bie  ©rritfjtung  einer  foldjen  für  Knaben  im 
Seminar  burdjgefept.  Qür  2lrme,  Trante  unb  ©efangene  fonnte  Dietfad)  geforgt 
roerben,  fo  1604,  mo  bie  nieten  Oranten  bei  £ag  unb  9Zad)t  befucfjt,  bie  ÜZotfeibenben 
unterftüpt;  1636,  rao  eine  grofje  Stnja^I  Don  2(rmen  täglicf)  an  ber  Pforte  gefpeift 
mürbe,  Qn  ber  großen  .fpungergnot  Dom  Qafjre  1638  ftrömte  bag  Sanboolf  in  bie 
Stabt  unb  fud)te  £)dfe  bei  ben  Qefuiten.  Qm  Qafjre  1646  gelang  eg  ben  ißatreg  enb» 
lief»,  megen  ifjrer  ^enntnig  ber  franjöfifcfjen  Spradje  Qugang  ju  ben  ©efängniffen 
unb  Spitälern  ju  erreidjen,  meit  bort  Diele  franjöfifdje  Sotbaten  lagen. 

SBieberfjoIt  fpradjen  bie  Obern  ben  Speierer  ^efuiten  ifjre  Stnerfennung  für 
if)r  tapfereg  Sertjatten  aug.  So  fdjrieb  Sitellegdji  8.  2Iuguft  1643  bent  dZeftor 
Qofjann  Kart:  „@g  ift  ein  großer  STroft,  in  biefen  Beiten  auf  bem  ^3often  in  bet 
geroöfjntidjen  2(rbeit  augjufjatten",  unb  (Sarrafa  antmortete  bemfelben  ÜZeftor  am 
17.  Qebruar  1040 ;  roar  mir  ein  großer  £roft  511  oernetjmen,  mit  melier  Stanb* 
tjaftigfeit  fief)  bort  bie  llnfrigen  ber  Seelforge  mibrnen,  unb  jmar  mit  ©efafjr  ifjreg 
Sebeng.  So  jiemt  eg  fidj  ja  für  apoftoltfdje  ÜDZänner,  ifjr  Seben  aufg  Spiel  ju 
fe|en  unb  bafür  ein  beffereg  ju  gemiunen."  1 

Son  Speier  aug  mürbe  aud)  eine  ffeine  ÜÖZiffion  Don  jrnci  ißatreg  in  ©errnerg» 
1) e i nt  (feit  1628?)  begrünbet.  Qn  einem  Seridjte  Dom  Qafjre  1635  fjeifjt  eg:  „©ermerg» 
fjeim,  ein  Stäbtcfjen  ber  9if)einpfalg,  mürbe  Don  ung  auf  Sitten  beg  ©r^erjogg  Seo» 
polb  Dom  ©afüinigmug  jur  fatf;olifcf)en  Äircfje  jurüdgefüfjrt.  2öir  Dermalteten  bie 
bortige  Pfarrei,  big  bie  Stabt  im  Qafjre  1631  ben  Scfpneben  übergeben  mürbe. 
Son  biefer  £ätigfeit  befreit,  bie  fo  lange  auf  ung  gelaftet  fjat  unb  bie  mir  fo  oft 
einem  Pfarrer  511  übermeifen  gebeten  Ratten,  fjaften  mir  bafür,  bortfjin  nicfjt  mieber 
gurüdfetjren  gu  fotlen,  ober  menn  eg  fein  miifjte,  fjödjfteng  in  Qorm  einer  ÜDZiffion 
(per  modum  missionis);  beim  eine  fo  lang  bauernbe  ^ßfarrfeelforge  entfpridjt  burdj» 
aug  nidjt  unferem  Qnfiitut."2 

(Sbenfaffg  Derbanft  bie  9Zieberfaffung  in  Srudjfaf  Speier  ifjre  ©ntfteljung. 
£>er  Seridjt,  mefdjen  ber  ißroüingiaf  Sambert  Straoiug  im  Sommer  1635  an  ben 
Orbenggeneral  fanbte,  fagt  über  biefe  SZieberlaffung 3:  „$)ie  SZefibeng  gu  Srudjfaf,  in 
melier  gmei  Sa*re3  mit  einem  Saienbruber  lebten,  beftanb  ungefähr  20  Qafjre. 
Sie  mürbe  gegrünbet  auf  Sitten  beg  Speierer  Sifcfjofg  ^ßf)ilipp  Sfjriftoplj,  mefdjer 
mollte,  bafj  Salre§  unferer  ©efefffefjaft  in  ber  bortigen  Stiftgfircfje  bie  ißrebigten 
gelten  unb  bann  überhaupt  fidj  mit  ber  refigiöfen  llntermeifung  ber  Sitrger  befaßten. 
SDodj  erhoben  ficf)  batb  nidjt  geringe  Sdjmierigfeiten,  fo  baf)  man  gern  bie  Stabt 
mieber  Dertaffen  f)ätte,  menn  man  nidjt  gefürchtet  hätte,  ben  Sifcfjof  gu  fränfett. 
9Zad)bem  ung  nun  bie  Sdjmeben  Dor  Dier  fahren  oertrieben  haben,  halten  mir  bafür, 
nidjt  mieber  bortfjin  gurüdfefjren  gu  füllen,  unb  gmar  aug  folgenben  ©rünben:  1.  @g 


1  *  Drifl.--9teg.  Ad  Rhen.  —  $ie  jReftoren 
mären:  SBilf).  iDtetternicb,  1595;  ©teuf)-  9tni= 
binS,  1617;  ©erb-  Sßengeler,  1624;  $fob-  Eoupcr, 
1624;  2lnbr.  Goftar  (SBijereftor),  1626;  9titb- 
«iber,  1628;  £einr.  fReffap,  1630;  SDtattt). 
jßiftoriu§  (^ijereftor) ,  1633;  ©erb.  hänfen, 
1636;  Sob-  Gort,  1641;  91if.  ^ibter,  1646; 
©erb-  Raufen  (SSi^ereftor),  1649;  §einr.  33re= 
genfer,  1650. 

2  *Infonnatio  de  residentiis  etc.,  bat.  29.  Jyuli 

1635.  ©ermergbeim  mar  am  14.  9luguft  1622 


burd)  ©rjberäog  Seopolb  erobert  morben.  SSgt. 
*  ©tepb-  Stuibiuei  an  $bcob.  58ufaeu§,  bat.  (Speier, 
16.  21uguft  1622.  Epp.  ad  Bus. 

3  *Informatio  de  residentiis  etc.,  bat.  29.  Suli 
1635  (Docum.  hist.  Prov.  Rhen.).  ©§  ift  ein 
©efamtgutaebten  mehrerer  ipatre^  betreffs  2Bieber= 
aufnabme  bon  Stiebertaffungen,  melcbe  beim  ©in» 
faß  ber  ©cbmeben  ju  ©runbe  gegangen  maren; 
ogl.  *  2SiteßeSd)i  an  ben  'Rrooinjiat  P.  2.  ©tra= 
oiuS,  22.  ©ept.  1635.  Ad  Rhen.  sup.  S3rucb- 
fal  maren  1619  ff  jmei  ißatreS  unb  ein  23ruber. 


Kollegien,  iRefibenjen  itnb  SÜliffionen:  ©ermerSf)eint.  —  53rud)fal.  —  iöretten.  —  92euftabt.  173 

ift  faum  Slulfidjt  norfjanben,  baff  ber  93ifcf;of  bal  33erfpred)en  erfüllt,  roornit  er  bie 
©efellfdjaft  borttjin  eingelaben  hatte,  nämlid)  ein  Xertiat  31t  errieten;  für  ein  Solleg 
aber  ift  bie  ©tabt  zu  flein  nnb  unbebeutenb;  2.  bie  ©rfolge  in  ber  ©eelforge  roaren 
für  eine  ftänbige  Nieberlaffung  nid)t  bebentenb  genug  unb  hätten  non  ©peier  aul 
burd)  bie  fßatrel  int  britten  fßrobejatjr  ebenfo  gut  erhielt  toerben  fönnen;  3.  bie  2lrt 
uttb  Söeife,  tuie  bie  Unfrigen  unterhalten  tourben,  tnar  für  Orbenlleute  tuenig  paffenb 
unb  mit  allerlei  Klagen  nerfnüpft.  @1  mußten  nämlid)  bie  fjauptfädjlidjften  Nahrungl- 
mittel,  Qleifd)  ufro.,  an  beftimmten  Sagen  ber  2öod)e  non  ber  Qeftung  Ubenheim, 
jept  5ßf)ilip)p»§burg  genannt,  geholt  toerben.  Nid)t  oljne  ©rröten  aber  muffte  man 
barunt  bitten  unb  manchmal  mürben  fie  in  unmirfdjer,  barfcfjer  SBeife  non  ben  fürft» 
bifd)öf(id)en  Beamten,  fei  e!  aul  Trägheit  unb  ©eroiffenlofigfeit,  fei  el  aul  2lb= 
neigung  gegen  bie  ©efeflfcbaft,  oerabreidft,  fo  baff  bie  Unfrigen  bie  notroenbige 
Nahrung  halb  nicht  zeitig  genug,  halb  in  nerborbenem  unb  fdjledjtetu  Quftanbe  er» 
hielten. . . .  Sie  abeligen  ©tift§f)erren  aber,  gegen  beren  SBillen,  unb  toie  fie  oor» 
gaben,  auch  gegen  beren  Nedjte  in  ber  Ernennung  bei  fßrebiger!  bie  Sanzel  uni 
nom  SBifchof  übergeben  mar,  rnerben  faum  geneigt  fein,  ben  Unterhalt  aufzubringen, 
unb  el  nielleicht  auch  nicht  fönnen,  ba  fie  felbft  non  ben  ©djmebett  aulgeraubt  finb; 
4.  fdjliefjlicf)  ift  bie  geringe  Qaf)l  Seute  njenig  förberlicb  für  bie  notmenbige  33e» 
obacf)tung  unferer  Orbenlregeht." 

33on  33rud)fal  ging  bann  hinmieberum  bie  „Nliffion"  in  33 retten,  betn  @e= 
burtlort  SMandjthon!,  aul.  3luf  33eranlaffung  ber  Qefuiten  forberte  ber  batjrifche 
©tatttjalter  im  Qat)re  1624  für  feine  Familie  einen  fatholifchen  Pfarrer.  33il  biefer 
fam,  begann  ein  ^efait  (1624)  ju  prebigen  auf  ber  Sanzel,  bie  auch  5tuei  calninifche 
fßrebiger  benutzten.  3lm  Sage  nach  Saurentiul  hielt  ber  fßater  bie  erfte  fßrebigt, 
morüber  fich  bie  Sutheraner  aul  2paff  gegen  bie  (üaloiner  freuten.  Srei  iNonate 
bauerten  biefe  gleichzeitigen  fatfiolifchen  unb  calninifchen  fßrebigten,  bil  man  bie  cal» 
oinifchen  ^Srebiger  entfernte  zur  Qreube  ber  menigen  Satfjolifen  unb  fogar  ber  Sutlje» 
raner,  bie  in  ben  calninifchen  fßrebigern  „Seufellbiener"  fahen.  Sie  SNiffiou  ftanb 
1625  unter  jmei  fßrieftern,  non  benen  einer  in  ber  ©tabt  felbft  an  ©teile  bei  fßfarrerl 
rnirfte,  ber  anbere  in  einem  Nachbarorte.  Qm  Qaf)re  1625  mußten  bann  in  ber 
ganzen  f|3falz  alle,  bie  nicht  fatholifd)  merbcn  mollten,  auimanbern  1. 

Qu  ©peier  gehört  meiter^in  bie  SNiffion  zu  Neuftabt,  bie  1625  ihren  Slnfang 
genommen.  Qn  bem  33erid)te  non  1635  Ijeifst  el:  „Qu  Neuftabt,  jept  im  ©peierer 
©ebiet,  früher  unter  bem  fßfalzgrafen  nom  Nf)ein,  lebten  zmei  fßatrel  auf  Soften  ber 
fpanifdjen  33efa£ung,  bil  biefe  abzog  unb  ©dfroeben  bie  ©tabt  befepten.  §ier  mar 
gute  Slulfidjt,  erfolgreich  zu  mirfen,  zumal  bie  ©tabt  ringl  non  Sörfern  umfäumt  ift. 
Socf)  ift  fürzlid)  unfere  SBolfnung  bort  ein  Naub  ber  Qlammen  geraorben,  fo  baff 
fich  bezüglich  ber  2öieberaufnal)me  unferer  Sätigfeit  bafelbft  augenblidlich  nidjtl  23e> 
ftimmtel  fagen  lä^t." 2 

Sen  fßatrel  mar  1625  bal  Collegium  Casimirianum  (eine  frühere  fatfjolifche 
Kirche)  übergeben  morben.  Qn  einer  in  biefem  S'olleg  errichteten  SapeQe  halten  fie 
fJ3fingften  1625  ben  erften  ©ottelbienft 3.  Qm  Sluguft  mürbe  bann  bal  &hor  ber 
fßfarrfirdje  für  bie  fatholifdjen  ©olbaten  abgetrennt.  Srei  Nlonate  fpäter  erhielten 
bie  Qefuiten  bie  ganze  f|3farrfird)e;  bie  brei  fßräbifauten  mußten  ihre  Qunftionen  ein» 
ftellen  unb  bie  Qefuiten  bie  fßfarrfeelforge,  Saufen  ufro.  übernehmen.  Qn  ihrer 


1  *  Litt.  ann.  Bruchs.  1624 — 1625.  SBgl.  an  ben  Kaifer,  oljne  Saturn.  Konzept  in  9)2ainj, 
Slierorbt,  ©efd).  ber  eoangel.  Kird)e  im  Stabtbibliotfjef,  Jes.  B.  31  B. 

®robber5ogtum  iöabcn  II  171.  3  *Litt.  ann.  Rhen.  sup.  1625,  Missio  Neo- 

2  *Informatio  de  residentiis  etc.  Sßgt.  Eopper  stadiana. 


174 


$ritte3  fapitcl.  $ie  oberrfjeinifcbc  fßroDins. 


Kapelle  gelten  bie  ißatreS  an  ben  Sonntagen  morgens  frangöftfcfie  ißrebigt,  itadj* 
mittagS  beutfdje  Katecf)efe.  Sie  befugten  bie  (befangenen  unb  Kranfen,  and)  bie 
ißeftfranfen ;  eS  gelang  ifjiten,  ac^t  auS  bem  Werfer  unb  brei  oom  Strang  ju  erretten. 
®aju  machten  fie  tjäufige  StuSftüge  in  bie  benachbarten  Pfarreien.  SBei^nacfjten 
mürbe  eine  Grippe  errietet  unb  bie  Kinber  fangen  beutfcfje  Sieber  babei,  bie  ihnen 
ein  ißater  oorfang.  SDie  Knaben-  unb  ÜDiäbcfjenfcfjuten  mürben  einem  fatholifchen 
Sefjrer  übergeben  unb  an  Stelle  beS  .fpeibelberger  Katechismus  ein  fat^olifrfjer  ein* 
geführt.  2>ie  Sdjmeben  machten  biefer  £ätigfeit  ein  Snbe.  Seit  1638  finb  mieber 
gioei  patres  in  Steuftabt  unb  eifrig  an  ber  Slrbeit ;  befonberS  1645,  mo  bie  Kranf* 
fjeiten  unter  ben  Solbaten  müteten.  Sie  beforgten  raie  früher  bie  ^Sfarrfeelforge. 

^atjre  1646  mürben  500  Kommunionen  gejäfjlt;  menige  jrnar,  mie  ber  33erid)t 
fagt,  aber  oiele  für  bie  fleine  3af)t  ber  Katfjotifen.  2)er  SBeftfätifcfje  griebe,  ber 
ben  ißfä^er  §uriicffüf)rte  unb  bie  Entfernung  ber  franjöfifdfen  Struppen  beftimmte, 
fe£te  aud)  ber  ÜTätigfeit  in  Steuftabt  ein  $iet.  Stiefelbe  mürbe  mit  äßüfje  nod)  furje 
$eit  fortgefe|t,  aber  ÜJJtitte  gebruar  1650  mußten  mit  ber  fran^öfifctjen  ©efa^ung 
auch  bie  patres  bie  Stabt  oertaffen1. 

9)tef)r  Seftanb  hatte  bie  ebenfalls  oon  Speier  auSgetjenbe  Stätigfeit  ber  ^efuiten 
in  ütÖointS.  Stuf  Sitten  beS  eifrigen  SBormfer  23ifd)ofS  2£itf).  ü.  Sffern  (1604 — 1616) 
hatten  Speierer  Qefuiten  im  ^atjre  1605  aud)  in  ber  Söormfer  SDiö^efe  eine  rege 
Sätigfeit  begonnen.  $n  SöormS  fetbft,  moI)in  fie  in  bem  einen  ^at)re  oiermat  ge* 
rufen  maren,  hatte  if)r  SBirfen  fo  oiet  Seifatt  gefunben,  bafj  bie  Kattjotifen  fie  gern 
ftänbig  in  ber  faft  ganz  proteftantifcfjen  Stabt  tätig  gefe^en  Ratten2,  $n  ber  Stat 
bemirfte  ber  Sifcfjof,  melier  burcf)  bie  Eperjitien  noch  mel)r  für  ben  Orben  ein* 
genommen  morbeit  mar,  baf)  mit  bem  2.  ÜÖtai  1606  jmei  patres  auS  Speier,  Stuguft 
Sturrian  unb  EiSbert  Sernarbi,  eine  bauernbe  Stätigfeit  in  SESormS  entfalteten3. 
Sie  fjietten  erft  in  ber  oermaiften  Imuptpfarrfircfje,  feit  1608  aber  im  SDom  ^5rebigt 
unb  Katecfjefe.  SDer  ÜJtuntiuS  Sttitio  rühmt  in  einem  23erid)te  oom  20.  Januar  1608 
an  Karbinat  Sorgtjefe  bie  frucf)treid)e  Xätigfeit  ber  SSormfer  ^efuiten  unb  bettagt, 
bafj  ber  SJtagiftrat  mit  §itfe  beS  ^fätjer  Kurfürften  bie  Qefuiten  zu  oertreiben  fuc^e 4. 
„®ie  Katecfjefen  im  2)om",  fo  berichten  bie  ^efuiten  fetbft  im  ^af)re  1609 5,  „finb 
ungemein  frucfftreid).  2öir  fe^en  barin  fetbft  oiele  Suttjeraner  unb  Eatoiner,  roetdje 
berfetben  mit  Stufmerffamfeit  unb  großer  Sefcfjeibenheit  beimotjtten.  ®ie  ermadjfenen 
Kattjotifen  aber  fommen  immer  gafjtreid^,  gleich  als  märe  biefetbe  mehr  für  bie  Sr* 
madjfenen  atS  für  bie  Kinber.  üßie  aber  bie  ißrebigten  mirfen,  §eigen  bie  neuen 
Sänfe  im  SDom,  bie  Stbftettung  ber  SJtifjbräuche,  ber  häufige  Empfang  ber  Zeitigen 
Saframente  —  mir  gäfjtten  biefeS  $at)r  1165  Kommunionen  —  unb  baS  ftänbige 
Üßacfjfen  ber  gufjörer,  ber  Katf)oIifen  fomotjt  mie  auch  ber  ißroteftanten,  metd)  festere 
mnfo  offener  unb  ungeteilter  fommen,  je  mehr  ber  Qt)rigen  fie  unter  ber  3uf)örer* 
fdjaft  erbtiden.  Sechzehn  finb  zur  fattjotifdjen  Kirche  ^urüdgete^rt." 

3)tit  biefen  Erfolgen  mar  aber  aucf)  bie  feinbfetige  Gattung  be§  tut^erifd^en 
9tate§  ber  freien  9teid)Sftabt  gemad)fen.  Seit  1608  bot  er  atteS  auf,  um  bie  Qefuiteu 
ju  oerjagen6,  ^m  ^uni  1609  mar  bie  ©efatjr  aufs  f)öd)fte  geftiegen.  Sdjon  maren 
bie  Kanonen  aufgefatjren,  um  bie  bifdjbftidje  ^fatj,  in  metdjer  bie  ^eiuiten  waren, 
ju  erftürmen.  SDa  traf  aber  nod)  rechtzeitig  ein  ftrengeS  SJtanbat  beS  SteichSfammer* 
geridjteS  unb  ein  Scfju^brief  beS  KaiferS  ein,  melier  bie  Qefuiten  menigftenS  gegen 


1  *Litt.  ann.  Rhen.  sup. 

2  Litt.  ann.  1605,  687  ff. 

3  66b.  1606,  420. 

4  *  Original  im  Arch.  Yatic.,  Borghese  II 186. 


5  *  Litt.  ann.  1609. 

6  Litt.  ann.  1608,  460  unb  *  9Juntiu3  SXtilio 
an  Sarbinal  33orgI)efe,  20.  San.  1608.  Arch. 
Vatic.,  Borghese  II  186. 


Kollegien,  iRefibengen  unb  SDliffionen :  2Borm§. 


175 


©emaftmaßregefn  beS  SiateS  für  bie  Qufunft  ftcßer  ftellte f£)ie  proteftantxfd^en 
linierten  mifcßteu  ficß  ein  unb  oerfangten  1611  oon  bem  Sifcßof  bie  §lusfcf;affung 
ber  Qefuiten.  SDie  geiftficßen  $urfürften,  fomie  Qürftfnfcßof  ©ottfrieb  üon  Samberg 
unb  §erjog  äftaj:  oon  Samern  traten  aber  entfcßieben  für  bie  SBormfer  Qefuiten  ein1 2. 

2)er  Sifcßof  lief?  ficf)  nicßt  fc^recten.  Qm  SinoerftänbniS  mit  bem  SDomfapitef 
ü6ermieS  er  ben  Qefuiten  ein  eigenes  £>auS,  bie  ®urie  beS  ®omprebigerS,  genannt  „Quin 
roten  Kolben",  unb  im  §erbft  1609  bie  SDomfcßufe,  in  mefcßer  oon  ißnen  fcf)on  feit 
Stoei  Qaßren  regelmäßig  $atecßefe  erteilt  raorben  mar3.  Sin  neues  Seben  30g  in 
bie  ®omfcßufe  ein;  faft  Qaßr  um  Qaßr  meßrten  ficf)  bie  Pfaffen,  bis  ißre  Sntmicffung 
im  §erbft  1613  burcf)  Anfügung  ber  oierten  Pfaffe  oorfäufig  ißren  Slbfcßfuß  erreichte; 
benn  meiter  ju  geßen  geftatteten  bie  fnappen  Sinfiinfte  nicßt,  mefcße  burcß  bie  ©tiftungS* 
urfunbe  üom  22.  Slprif  1613  ben  Qefuiten  jugeficßert  maren4.  2fucf)  blieben  raegen 
ber  meniger  gaßfreicßen  ©cßüfer  bie  beiben  unterften  Pfaffen  ftänbig  fombiniert5. 
®aß  bie  ©cßufen  meniger  Qufauf  ßatten,  ift  raoßf  ßauptfäcßficß  bem  Sntgegenarbeiten 
beS  feinbficßen  States  jujufd^reiben;  benn  im  Qaßre  1625  ßeißt  eS:  f£)aß  bie  ©cßufen 
in  ber  großen  ©tabt  fcßfecßt  befucßt  rnerben,  oerurfacßt  ber  affmögenbe  proteftantifcße 
©tabtrat,  mefcßer  bie  einßeimifcßen  föinber,  mefcße  fonft  in  großer  Qaßf  fommen 
mürben,  an  bem  Sefucße  ßinbert6. 

Srmutigenber  maren  bie  fonftigen  Arbeiten  unb  Srfofge,  namentlicß  in  ben 
meift  ganj  proteftantifcßen  Ortfcßaften  ber  Umgegenb.  SJfan  fonnte  j.  S.  im  Qaßre 
1617  außerßafb  SöormS  auf  brei  Dörfern  unb  in  gmei  ©täbten  regelmäßig  Äatecfjefe 
erteilen 7.  „®a  icß  feße",  fo  fcßrieb  ber  ©eneraf  an  ben  SBormfer  fReftor  Subroig 

Qrancfenftein  am  5.  Sfuguft  1616,  „mefcß  reicße  Srnte  ficf)  auf  ben  umfiegenben 
Dörfern  barbietet,  bie  ficf)  fcßon  anfcßicfen,  jur  alten  Religion  jurücfgufeßren,  fo  märe 
eS  aitcf)  mein  innigfter  Söunfcß,  baß  meitere  UnterßaftungSmittef  befcßafft  mürben, 
um  bort  meßr  Seute  ernäßren  gu  fönnen."8  SeßtereS  fcßien  jebocß  auSficßtSfoS,  jumaf 
als  ber  Ärieg  auSbracf)  unb  SöormS  in  ben  erften  Qaßren  fo  ßart  ntitnaßm,  baß  bie 
Xätigfeit  ftarf  eingefcßränft  mürbe9.  Srft  ber  ©ieg  ber  f'aiferficßen  Söaffen  unb  bie 
Sfcßtung  beS  föurfürften  oon  ber  ißfafj  brachten  Sefferung.  2)ie  ©tiftung  mürbe  im 
Qaßre  1626  oermeßrt  burcf)  bie  Sinoerfeibung  beS  eßemafigen  SfuguftinerffofterS  gu 
Qranfentßaf,  beffen  Sefißergreifung  aber  erft  im  Qaßre  1636  erfolgte10. 

2)ie  SBirffamfeit  fanb  ein  neues  2lrbeitSfelb  in  ben  Gebietsteilen  beS  geädßteten 
^urfürften.  Qm  Qaßre  1625  mußten  bie  SSormfer  Qefuiten  auf  SBunfcß  ber  faifer- 


1  ‘Litt.  ann.  1609. 

2  ©ieße  ba3  24.  Kapitel. 

3  *Catal.  Rhen.  1.  Litt.  ann.  1610,  401. 
*Litt.  ann.  1609  a.  a.  0.  Litt.  ann.  1607,  734. 

4  *Fundatio  coli.  S.  J.  Wormatiensis  utib 
Initia  coli.  S.  J.  Wormatiensis  (bort  aud)  bie 
©tiftungSurfunbe)  9tom,  ©taatäardjib ,  Col¬ 
legia  M.  173.  Sie  23eftätigung§urfunbe  2Iqua= 
üioa§  Dom  24.  9JJai  1613  ‘  Original  auf  fJ3erga= 
ment  in  ffltaing,  ©tabtbibliotßef,  Jes.  B,  18  H. 

5  ‘Catal.  Rhen. 

6  ‘Litt.  ann.  1625. 

7  *  6bb.  1617. 

8  *  Drig.=9Jeg.  Ad  Rhen. 

9  SSgl.  *  Catal.  Rhen,  nitb  bie  *  ^Briefe  235 
tetle3d)i§  an  geanctenftein  in  ben  Sabeen  1620 
bi§  1623. 

10  ‘Hist.  coli.  Wormat.  1645 — 1648  (Hist. 
Rhen.  sup.  II,  39,  5  ff);  1649—1651  (ebb.  III, 
17,  3  ff).  $a3  Klofter  granfentfyal  in  ber  Unter = 


pfalg  mar  feit  60  lyabrm  in  proteftantifdjen 
§änben;  bie  21uguftiner=ßl)orberren  batten  e§ 
1562  bem  ifSfalggrafen  um  eine  geringe  21  b= 
finbung  übergeben.  2tuf  93itteu  ber  ©ebrüber 
ü.  Salberg,  al§  ©rben  unb  9tarf)f'ommen  bee> 
©tifterl  (15.  ^uni  1626),  inforporierte  93ifcpof 
©eorg  ^rtebricf)  am  1.  21uguft  1626  ba§  ißm 
in  boppelter  SBegieljung  unterfteßte  Klofter  bem 
Kolleg  üon  2Borm3.  92ad)  ißeröffentlidjung  be§ 
9Ieftitution§ebitte§  mie§  ber  Kaper  am  23.  guni 
1631  bie  rßeinifcpen  KreigejefutionSfommiffäre 
an,  ba§  SBormfer  gefuitenfoKeg  in  ben  93efip 
be§  KlofterS  gu  fefeeu.  ®ie  21ftenftücfe  bei  Cru- 
sius  III  37—46.  ©benbort  49  f  über  bie 
forporation  beö  Drtenberger  £ofei>  in  2Borm§. 
Ser  SBefeljl  Dom  23.  ^mti  1631  mürbe  am 
23.  Igunt  1636  mieberbolt.  SBortlaut  bei  Cru- 
sius  III  69.  Siefe  unb  meitere  21ften  ljanb= 
fdjrifttidi  im  Arch.  Vatic. ,  Miscell.  Arm.  8, 
vol.  XC. 


176 


drittes  Äapitet.  ®ie  oberrbeinifcbe  $roOins. 


liefert  Regierung  ju  Kreuznad;  z-  23.  an  fieben  Orten  tätig  fein,  auS  benen  Dörfer  bie 
ißrebiger  au§gen?iefen  maren  L  9(m  27.  äRärz  1627  fcf^rieb  ber  OrbenSgeneral  nad; 
SEBorntS :  „Qdh  fef)e,  baß  bem  Kolleg  nur  eines  mangelt,  eine  angemeffene  SSoßnung 
unb  fjinreidjenber  Unterhalt.  S)enn  alles  anbere,  maS  @ifer  unb  91nftrengung  jur 
Qmrberung  ber  @l;re  @otteS  unb  beS  feiles  beS  $Räd;ften  zu  leiften  üermag,  gefd;iel;t 
ja  mit  foldjer  Unüerbroffenheit  unb  foldjer  91uSbauer,  baß  man  faurn  mef)r  oerlangen 
fann.  Unb  ba  aud;  bie  Erfolge  nicht  gering  finb,  fo  tonnte  mir  bie  9?ad)ricf)t  oon* 
bem  fo  angeftrengten  unb  regen  SBirfen  ber  Unfrigen  nur  große  Qreube  madjen."1 2 
©elbft  auf  bie  freie  Üieicpftabt  Ratten  bie  neuen  23erf)ältniffe  in  ber  fßfalz  eine  gün» 
ftige  fRüdroirfung  auSgeübt.  ®ie  Kommunionen  üerbreifadjten  fief)  faft  innerhalb 
fünf  Qaljren.  Sie  maren  im  Qal;re  1630  in  ber  ©t  SiifolauSlapelle,  meld;e  oon 
Anfang  an  ben  Qefuiten  Übermiefen  mar,  auf  3400  angemacfjfen.  ®ie  3°^  ber 
Konüerfionen  ftieg  oon  55  im  Qafjre  1625  auf  90  im  folgenben  Qafjre  unb  erreidjte 
im  Qaljre  1627  bie  §ö^e  üon  130 3. 

2)ie  guten  9luSfid;ten  fanfen  aber  halb  jufammen,  als  im  £>erbft  1631  bie 
©djmeben  ^eranrüdten.  9t tn  17.  SDegember  mufften  bie  Qefuiteu  bie  3tud)t  ergreifen, 
unb  al§  fie  oier  Raffte  fpäter,  im  Quli  1635,  nad;  SIBormS  zurüdfeßrten,  fanben  fie 
baS  9(rbeitSfelb  gemaltig  geänbert.  ©tabt  unb  Sanb  maren  fjeimgefuebt  üon  fßeft 
unb  Krieg.  Qfjre  Sätigfeit  fing  langfam  roieber  an  mit  Katedjefe  in  ber  ©t  ÜRifolauS* 
fapeüe  unb  Unterricht  in  ber  eigenen  9ßof)nung  (Ottenberger  |jof).  @rft  im  Januar 
1636,  am  geft  ber  heiligen  SDreilönige,  beftiegen  fie  auf  Söunfd)  beS  23ifcf)ofS  mieber 
bie  j^omfanjel,  meld;e  mährenb  ihrer  9(bmefenheit  üon  ben  Kapuzinern  üerfefjen  mar, 
unb  im  9lpril  tonnten  fie  aud;  mieber  zwei  Klaffen  in  ber  SDomfdjule  eröffnen4. 
©S  tarnen  jebocf)  nur  menige  ©chüler.  |jerbft  1641  mürbe  burch  baS  öffentliche 
©djaufpiel  —  baS  erfte  mieber  nach  üielen  Qaßren  — ,  weldjeS  üon  ben  Schülern 
im  Kreuzgang  beS  SDomeS  unter  großem  SSeifaü  aufgeführt  mürbe,  nicht  unbebeu« 
tenb  3ahl  unb  Sifer  ber  Schüler  gehoben.  Qebod;  blieb  auch  jeßt,  obgleich  man 
noch  «iperbft  1642  bie  üierte  Klaffe  mieber  angefügt  hatte/  bie  3a^  f°  gering, 
baff  immer  je  zwei  Klaffen  fombiniert  blieben.  Qm  |>erbft  1646  mürben  fogar 
fämtliche  Schüler  bis  auf  zwölf  mieber  zerfprengt,  unb  erft  brei  Qafjre  fpäter,  nach 
23eenbigung  beS  Krieges,  tonnte  ber  Unterricht  üon  neuem  auf  brei  Klaffen  auS* 
gebehnt  merben5. 

9Rel;r  greube  erlebten  bie  Qefuiten  au  ber  feelforglichen  STätigfeit.  SBenngleid; 
man  megen  ber  ßerurnftreifenben  KriegSbanbeit  an  ein  regelmäßiges  Arbeiten  außer* 
halb  ber  ©tabt  nicht  bettfen  tonnte,  fo  fanben  fie  um  fo  meßr  in  ber  ©tabt  zu  tun. 
„2Sir  müffen",  fo  berichten  bie  QaljreSbriefe,  „megen  beS  äRangelS  an  fßrieftern  oft 
in  ben  fJ3farrfird;en  (ber  ©tabt)  prebigen,  in  anbern  Kirdjen  bie  fjeilige  ÜDieffe  lefen, 
in  ben  ÜRonnenflöftern  23eid)t  hören,  unb  in  unb  außerhalb  ber  ©tabt  auf  ben  üer* 
laffenen  Dörfern  unb  itöeilern  üielen  Kranfeit  bie  heiligen  ©atramente  fpenben  unb 
auch  bie  2oten  begraben."6  Qn  ben  beiben  fßfarrfirdien  ©t  fRupert  unb  ©t  Sambert 
prebigten  bie  Qefuiten  auf  23itten  ber  ®efane  ber  beiben  Stifte  ©t  fßaul  unb  ©t  9R artin, 
meldßen  biefe  Kirchen  zugehörten,  längere  3eit  regelmäßig,  in  ©t  Öambert  fogar 
mehrere  Qaßre  lang.  9Rit  ben  (Erfolgen  maren  fie  in  9lnbetrad;t  ber  bamaligeit  3eit= 
läge  zufrieben.  „fEroß  ber  menigen  Katholifen",  fo  berichten  fie  im  Qaßre  1638, 
„finb  bod;  bie  prebigten  (im  ®om)  gut  befud;t,  befonberS  in  ber  2lbüentS*  unb  fyaften- 
Zeit,  fo  baß  mir  zumeilen  500  3uf)örer  zählten  unb  aud;  bie  23eid;tüäter  frud;treid; 

1  *  Litt.  ann.  1625.  Hist.  Rhen.).  *Catal.  Rhen.  sup.  *  Litt.  ann. 

2  *  Driß.>3teg.  Ad  Rhen.  sup.  1634. 

3  *  Litt.  ann.  ber  betreffenben  Sabre.  5  *  Hist.  coli.  Worniat.  *  Litt.  ann.  *Catal. 

4  *Hist.  coli.  Wormat.  1635 — 1639  (Suppl.  Rhen.  sup.  6  *  Litt.  ann.  1638  ff. 


Kollegien,  fRefibensen  uttb  SJtiffionen:  fffranf  entbot. 


177 


arbeiten  fonnten."  Unb  aud)  in  ben  fpäteren  fahren  äußerten  fie  nod)  öfter  ihre 
3uf  nebenbei!  barüber,  baff  „fie  frud)treidj  arbeiten"  unb  „baff  bie  CSrfofge,  tüe[df)e 
man  burd)  bie  fßrebigten  erntete,  bie  Vitterfeit  ber  feiten  mitberten"1.  ©raffe  ün* 
erfennung  fpenbete  ben  ^efuiten  unb  ihren  frucf;treicf)en  Strbeiten  ber  greife  Vifdjof 
©eorg  SInton  o.  fRobenftein  (1(329 — 1(352)  in  feinem  (Schreiben  üom  1(3.  Januar  1(347 
an  ben  Statthalter  non  ^Belgien2,  in  mefdjent  er  „bag  ejremplarifctje  Seben  ber 
f|3atre§,  ihren  apoftolifdjen  (Sifer,  ihre  unermitbliche  Xätigfeit  unb  ihre  grojjen  Sr* 
folge  in  ber  Sßormfer  SDiöjefe"  lobenb  fjeroorhebt.  Sr  molle  oerhinbern,  „bah  fofdje 
apoftolifdje  Arbeiter,  mie  mir  fie  burd)  Erfahrung  fennen  gelernt  hoben,  unferem 
Vigtum  entjogen  merben".  £e£tereg  ftaub  freilich  feü  1647  fehr  ju  befürchten,  ba 
bie  gefamte  Stiftung  angeftritteu  mürbe3.  9iur  bem  kräftigen  Singreifen  mächtiger 
greunbe,  oor  adern  beg  $aiferg  gerbinanb  III.,  mar  eg  ju  oerbanf'en,  bah  bag  Kolleg 
nach  breijährigem  ®ampf  tro|  mancher  Sinbuffen  fid)  in  Sßortng  behauptete4. 

®er  Übergang  ber  Unterpfalj  an  Spanien  führte  im  3ahre  162*3  SBorntfer 
^efuiteu  nach  ber  fjefte  fjranfenthal,  mo  fie  in  erfter  fiinie  bie  Seelforge  bei  ben 
^Beamten  unb  ber  S8efa|ung  augüben  follten5.  Seit  1(327  lebten  jmei  fßatreg  ftänbig 
bort,  big  am  4.  ©ejember  1632  granlenthal  ben  Schmeben  übergeben  unb  bie  Spanier 
au§  ber  Unterpfalj  vertrieben  mürben 6.  $n  einem  SBericfjte,  ber  unter  bem  29.  $uli 
1635  über  einige  Vefiben^en  unb  SRiffiotten  aug  ber  oberrbeinifdjen  ifSrobinj  nach 
9iom  ging,  heifft  eg  über  $ranfenthal:  „Sg  mohnten  bort  f|3atre§  als  gelbgeiftlidje 
unb  mürben  bom  ÜBiilitärfisfug  unterhalten.  9Ilg  bie  gefte  ben  Spaniern  entriffen 
mürbe,  lonnten  bie  Unfrigen  511  einem  georbneten  Orbengleben  mieber  guriidfehren. 
Vei  all  ihrer  9Rüf)e  unb  Slrbeit  mährenb  ber  nicht  menigen  Qahre  üermodjten  fie  ben 
Starrfinn  ber  caloinifdjen  ^Bürger  nidjt  ju  beugen;  lieber  motlte  man  §aug  unb 
£>of  oerlaffen  unb  in  bie  Verbannung  gehen,  alg  bie  fatholifcfje  Religion  annehmen."7 

Vei  ihrer  Vüdfefjr  im  Qahre  1637  gingen  SSormfer  fjktreg  auf  Vitten  ber 
fpanifdjen  Regierung  in  ^ranfenthal  feit  SRariä  Himmelfahrt  1637  mieber  jeben  Sonn* 
unb  Seflta8  borthin,  big  frfjliefjlich  „auf  bie  gemeinfamen  Vitten  unb  ^Briefe  ber 
Herren  oon  ber  Regierung  jmei  fßatreg  am  britten  übücntfonntag  (1(338)  einen  feften 
SBohnfih  in  granfenthal  nahmen."8  21uf  SInorbnung  ber  Statthalterin  oon  ^Belgien, 
ber  ^nfantin  £Üara  Qfabella,  erhielten  fie  monatlich  24  9teid)3taler 9.  Qhre  Tiätig* 
feit  mürbe  jebeg  ^afjr  fruchtreicher,  befonberg  nachbem  ber  caloinifcfje  fßrebiger  aug» 
gemiefen  unb  am  1.  9Rai  1640  bie  ^auptfirdje,  bie  ehemalige  üuguftinerfirdje,  ihnen 
jurn  ©ebraud)  übergeben  mar10.  Sie  halten  nicht  nur  fßrebigt  unb  ®ated)efe  in 


1  *  SBriefe  an  ben  SSormfer  3?eftor  1643  bi§ 
1645.  Drig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

2  Slbfdjrift  in  *Hist.  coli.  Wormat.  1645 
bi§  1648  (Hist.  Rhen.  sup.  H,  39,  7). 

3  $er  ganje  Streit  eingetjenb  unb  mit  ben 
Slbfcbriften  ber  gemecpfetten  Scbriftftücfe  *  ebb. 
unb  in  *  Hist.  coli.  Wormat.  1649 — 1651. 
$er  Streit  mürbe  geführt  mit  ben  Stuguftinern, 
bem  93ifd)of,  bem  Stabtrat  Don  2Borm3  unb 
bem  neuen  $fatjgrafen.  Eine  *  ®erteibiguug3* 
frfjrift  gegen  ben  Stabtrat,  melcber  ben  recht* 
lid)en  SBeftanb  beä  SoHeg§  öor  1624  beftreiten 
motlte,  au§  bem  S^bre  1650  in  SJlainj,  Stabt* 
bibliothef,  Jes.  B  18  V. 

*  $ie  3<Ü)I  ber  Sefuitcn  in  2Borm§  betrug 
nie  mehr  al§  12;  im  $;abre  1613  muren  e3 

4  $atre3,  3  SJlagiftri  unb  3  Saienbriiber,  im 

3ahr  1630  5  SßatreS,  3  StRagiftri  unb  4  Saien* 

®ul)r,  ®e[ ä)iä)tt  ber  Stefuitett.  II. 


brüber  unb  im  3“bre  1650  enblid)  7  $atre§ 
unb  2  Saienbriiber.  Sn  einem  Söriefe  oom 
26.  9Jiäi’ä  1650  an  ben  Siäeproüinjiat  ipanfen 
ipricht  ber  ©eneral  üon  ber  extrema  egestas 
be§  SBormfer  £oHeg§.  *  Drig.*91eg.  Ad  Rhen, 
sup.  —  SieDbern  mareit:  Slug.  Surrian,  1606; 
Subm.  grandenftein,  1611;  got).  ©eien,  1622; 
33ernf).  Sinn,  1629;  33arth-  Simburg ,  1636; 
©erl).  Socciug,  1639;  SBilh-SPÜcm,  1645;  Stbam 
Äalcooen,  1648.  6  *Litt.  ann.  1626. 

6  *  Hist,  resid.  Frankenthal.  1632  (in  Docum. 
hist.  Prov.  Rhen.). 

2  *  Informatio  de  resid.  et  mission.  uon- 
nullis  Prov.  Rhen,  sup.,  29.  gitli  1635  (Do¬ 
cum.  hist.  Prov.  Rhen.). 

8  *  Hist.  coli.  Wormat.  1635 — 1639. 

9  *  ©bb.  1649-1651. 

10  *  Litt.  ann.  1640  ff. 

12 


178 


2)ritte3  Äapitcl.  $ie  oberrpeinifcpe  ißroüinä. 


ber  ®ircße,  fonbern  and)  regelmäßig  Slnfpradjen  an  bie  ©olbaten  auf  ber  Söacfje  an 
ben  Soren  unb  auf  ben  Söällen.  S)a$u  fam  bie  5Xätigfeit  bei  ben  ©efangenen,  beit 
5 um  Sobe  Verurteilten,  ben  Sinnen  unb  Traufen.  Über  bie  grudftbarfeit  ißreS 
SöirfenS  äußern  bie  ^efuiten  mehrmals  ißre  gufriebenßeit.  Slnt  15.  Slpril  1(145 
fcßrieb  ber  ©eneralöifar  ©angro  an  ben  ©uperior  £>erm.  ©elßorft:  „3h  freue 
midi  feßr,  baß  tooit  ben  Unfrigen  bort  fo  erfolgreich  gearbeitet  mirb  unb  baß  felbft 
unter  ben  SBaffen  bie  grömniigfcit  gwrtfcßritte  inacßt.  Qdß  gefteße  freilich  gern, 
baß  bie  Slrbeiten  bort  fdjmierig  finb  unb  baß  eine  Sftilitärftation  unaitgeneßme  unb 
harte  Slnforberungen  an  bie  niebere  Statur  [teilt;  bocß  um  fo  größer  ift  aucß  ber 
Soßn  im  3enfeitS."  1  Sie  Slrbeiten  ber  beiben  $efuiten  fanbeit  fo  oiel  Veifall,  baß 
bie  Offiziere  unb  bie  Veamteit  bringenb  audj  um  bie  ©rridjtung  einer  ©cßule  baten, 
©o  fam  benn  im  3aßre  1650  nodj  ein  britter  ißater  unb  eröffnete  bie  ©dßule,  melcße 
jebocß  nicht  lange  befleißen  füllte 2.  — 

„Slm  20.  Sluguft  begann",  fo  fcßrieb  ooll  greube  am  27.  ©eptember  1622 
P.  Qafob  Heller  oon  üDlündjen  nadß  Vom,  „(General  SiHt)  ^etbelberg  §u  belagern 
unb  am  16.  ©eptember  eroberte  er  bie  ©tabt  mit  gewaltiger  Slnftrengung  feiner 
©olbaten.  . . .  Söeber  ©ieger  nodj  Vefiegte  ßatten  geglaubt,  baß  fdßon  an  biefem  Sage 
bie  ftarf  befeftigte  ©tabt  fallen  mürbe. . .  .  Sie  Unfrigen  ließen  am  folgenben  Sage 
(©amStag)  in  ber  §auptfircße  baS  ßeicßen  3um  ©nglifdßen  ©ruße  geben  unb  lafen  bort 
am  ©onntag  aucß  bie  ßeilige  SVeffe,  wobei  P.  3oß-  Slgricola  üor  bem  ©eneral  unb 
ben  ©olbaten  prebigte.  Sen  ©cßluß  bilbete  baS  Te  Deum."3  ©S  war  bieS  nad) 
langer  Unterbrecßung  wieber  ber  erfte  fatßolifcße  ©otteSbienft  in  ber  §auptftabt  beS 
geächteten  ^urfürften  griebrid)  V.  Ungefäumt  begann  bie  Söieberßerftellung  ber 
fatßolifcßen  Veligion  in  ©tabt  unb  Sanb.  ©djon  geßn  Sage  nah  '5er  Eroberung 
fdßrieb  ber  calüinifcße  fßrofeffor  fö'onrab  ©cßoppiuS:  „Sie  ^efititen  ßaben  ficß  ber 
fö'ircßett  bemädjtigt  unb  ftreden  ißre  §änbe  nun  aucß  fcßoit  nah  unfern  Seßrftüßlen 
au§,  um  allein  in  unferem  Sßjeum  gebieten  gu  fönnen."4  SJiitte  Oftober  fam 
ber  ißroüingial  3uß-  ©opper  nah  |)eibelberg,  „um  ju  feßen,  waS  augenblicflicß 
jur  SluSbreitung  ber  fatßolifhen  Veligion  gefcßeßen  fönnte",  unb  gu  üerßüten,  baß 
ben  fßatreS  „eine  Söoßnung  jugewiefen  würbe,  weldje  weniger  paffenb  ober  für  anbere 
OrbenSleute  oerleßenb  wäre" 5.  Sod)  Silit)  ßatte  bereits  ben  beiben  ^efuiten,  weihe 
bei  feinem  £>eere  waren,  30*)-  Slgricola  unb  ^oß.  ißierfon,  ein  (pauS  gang  in  ber 
Väße  feines  eigenen  OuartierS  angewiefen:  bie  Söoßnung  beS  S'anglerS  ©ßriftopß 
o.  ©rün,  naße  am  Sore,  welheS  oon  ber  ©tabt  gum  ©cßloß  ßinauffüßrte.  SBegen 
feiner  günftigen  Sage  unb  ©inricßtung  würbe  baS  §auS  nun  aud)  gum  ©iß  ber 
neuen  Stieberlaffung  beftimmt6. 


1  *  Drig.»3teg.  Ad  Rhen.  sup.  58gl.  bie  33riefe 
be§  @eneral§  an  ben  Superior  in  granfentpal, 
1641. 

2  *  Hist.  coli.  Wormat.  1649—1651. 

8  *  Original  in  Epp.  ad  Bus. 

4  Sßinfelntann,  Urfunbenbud)  ber  Uni» 
berfität  §eibelberg  I  (1886)  377. 

5  *  SSitelleSctji  an  Gopper,  3.  $ej.  1622. 

SBegen  ber  Ipeibelberger  23ibIiott)ef  patte  31itel» 
Ie£d)i  fdjon  am  13.  Oftober  1622  gefdjrieben: 
Cum  intelligam  Bibliothecam  Palatinam,  quae 
expugnata  nuper  Heidelberga  in  potestatem 
Principum  Catholicorum  pervenit,  aSermaArchi- 
duce  Isabella  et  Sermo  Duce  Bavariae,  Sanc- 
tissimo  Dno  nostro  ad  augendam  bibliothecam 


Vaticanam  promissam  esse,  hoc  ipsum  R.  V. 
indicandum  duxi,  ut  eo  cognito  non  solum 
caveat,  ne  quisquam  nostrorum  vel  unicum 
etiam  codicem  ex  ea  pro  se  aut  aliquo  Socie- 
tatis  domicilio  a  quoquam  petat  aut  donatum 
acceptet ,  verum  etiam  quantum  per  se  et 
alios  praestare  poterit,  omni  studio  allaboret, 
ut  tota  illa  bibliotheca  nullo  prorsus  libro 
subtracto,  in  eorum  manus  perveniat,  quos  ad 
illam  huc  transferendam  Sua  Sanctitas  istuc 
est  missura.  Sßg[.  SBiteHeäcpi  an  ben  Speierer 
SReftor  9titibiu§,  24.  Sani  1623.  *0rig.»9teg. 
Ad  Rhen. 

6  *Annales  domus  Heidelberg.  1622—1638 
(in  Docum.  hist.  Prov.  Rhen.). 


Kollegien,  Stefibensen  unb  Sötiffionen :  §eibelberg. 


179 


Sie  erfteit  brei  patres,  meldje  in  ^eibelberg  unb  aud)  in  SßieSlod)  tätig  fein 
mußten,  Ratten  einen  fdjmeren  ©taub;  benit  bie  Ungemifjfjeit  über  beit  fünftigen 
£anbeSf)errn  unb  beffen  Religion  unb  nod)  mef)r  bie  berftedte  Hoffnung  auf  Üßieber* 
einfe|ung  beS  Kurfürften  Ijemmten  fefjr  bie  Srfolge  ifjrer  Slrbeiten1.  Ser  OrbenS* 
general  fpornte  bie  jagenben  ißatreS  ju  üdhtt  unb  Vertrauen  an.  „StmaS",  fo  fcfjrieb 
er  am  13.  Januar  1624,  „mirb  boc^  immer  erhielt  merben,  mag  baS  £anb  an  men 
aud)  immer  faden",  unb  ein  IjalbeS  Qaljr  fpäter:  „Qdj  liege  bie  fefte  Hoffnung,  baff 
baS  gelb  einmal  eine  um  fo  reichere  Srnte  geitigt,  je  länger  biefelbe  jept  burdj 
mibrige  SBetter  fjinge^alten  mirb."2 

Snbe  1624  berieten  bie  patres  über  iljre  Slrbeiten  unb  21uSfid)ten  in  ^eibelberg 
folgenbeS3:  2öir  finb  fjier  ju  5,  2  ifSriefter,  2  93?agiftri  uttb  1  Saienbruber.  Sin  IjalbeS 
Qaljr  lang  mar  f)ier  nodj  ein  britter  ^ßriefter,  melier  mit  einem  ber  beiben  üdfagiftri 
außerhalb  ber  ©tabt,  in  ÜBieSlod)  unb  Siufjlod),  mirlte,  bis  SBeltpriefter  bort  am 
geftedt  mürben.  2Bir  übrigen  arbeiteten  in  ber  ©tabt  für  ^Bürger  unb  grembe. 
©onn*  unb  gefttagS  finb  in  ©t  $ßeter  unb  ber  Kodegiatfirdje  jum  ^eiligen  ©eift4 
jmei  Katecfjefen  unb  jmei  ifkebigten  bor  einer  gasfreieren  unb  geneigten  guprerfefjaft. 
Saju  berriepen  mir  ade  fonftigen  ißfarrarbeiten.  2Sir  befugen  bie  ©efängniffe, 
mo  mir  ben  Unglüdlicfjen  öfters  auef)  ülJacpaf)  iper  ©trafen,  felbft  ber  SobeSftrafe 
ermirlen  fonnten,  ferner  bie  Uranien  ufm.  .  .  .  Qur  ^irefje  finb  in  ber  ©tabt  troij  ber 
berfcfjiebenen  'pinberniffe  23  jurüdgefept  unb  aufjerfjalb  berfelben  8.  Kommunionen 
gäSften  mir  in  ber  ^eiliggeiftfirdje  bon  ißfingften  bis  Sßeipadjten  runb  170,  an 
Sßeipacpen  felbft  84;  aufjerfjalb  ber  ©tabt  maren  eS  an  ben  berfcfjiebenen  fatplifdjen 
unb  proteftantifdjen  Orten,  mo  mir  auSplfen,  146.  .  .  .  Slufjer  ben  feelforglidjen 
Arbeiten  pben  mir  nod)  eine  2lrt  Sßribatfdjule,  melcp  etma  20  ©dfüler  gäfjlt.  .  .  . 
§eibelberg  berfpridjt  einmal  eine  grofje  ©rate,  meldje  borberpnb  jmar  noclj  mannen 
Qmifcpnfäden  unb  ©efapen  auSgefefjt  ift.  .  .  .  üdfandje  ^Bürger  finb  uns  non  §er^en 
gugetan,  unb  bie  Sepen  unferer  Kirche  finben  bei  bem  35of£  93eifad  unb  Quftimmung." 
©leicfjmop  fonnten  fid)  bie  meiften  niefjt  entfdjliejjen,  §ur  fatplifdjen  Kirche  mieber 
gurüefjufepen 5 *,  obfcpn  unter  ben  Konbertiten  fid)  aud)  angefepne  ÜÖZänner  befanben, 
§.  23.  ber  greife  Später  beS  faiferlid)en  ©tattplterS,  §einridj  b.  üKetternicfj,  unb  ber 
fßplofoppeprofeffor  ©piftopf)  QungnitiuS,  melcpr  im  Qape  1622  jur  $eit  ber 
^Belagerung  fReftor  ber  |>eibelberger  llnioerfität  gemefen  mar.  ©elbft  als  ber  Kur» 
fürft  StRapimilian  bon  23apern  im  Qape  1626  burd)  einen  ©rlafj  bie  9?iidfep  jur 
fatplifdjen  Kirdje  befal)!,  regten  fid)  menige. 

©rft  als  im  folgenben  Qape  ein  neues  Sefret  bon  SRündjen  auS  erging,  unb 
mof)t  and),  rneil  ‘matt  fdjliefjlicf)  an  einer  SBiebereiitfeptng  beS  Kurfiirften  griebricl)  ber* 
gmeifefte ö,  bracS  baS  ©iS.  91m  9.  gebruar  1628  fd)rieb  über  ben  Umfdjmung  P.  25ernf). 
23aumann  bon  |>eibelberg  an  P.  ©onpen  nadj  SRündjen7:  „Qm  begangenen  Qape  finb 
in  ber  ©tabt  460  unb  aufjerplb  über  1200  bon  ber  Qrrlepe  abfolbiert  morben.  2öeif)* 
nacSten  adein  jäpten  mir  in  ber  §eiliggeiftfircp  etma  700  Kommunifanten. . . .  ©S 
pt  baS  biel  Arbeit  unb  ©djmeifj  gefoftet.  Senn  bor  einem  fjalben  Qape  nod)  maren 


1  *  SßiteHeSdji  an  beit  ©uperior  Jpöff(id), 
13.  Sem.  1624  u.  21.  2Iug.  1627.  Drig.*9teg. 
Ad  Rhen. 

2  *  Orig.=9teg.  Ad  Rhen. ,  bat.  28.  ©ept. 
1624. 

3  *  Litt.  ann.  1624. 

4  *Catal.  Rhen.  1624  ff. 

5  ÜBieoiele  Äat^otiten  bamatä  in  £möelberg 

maren,  geigt  in  etma  bie  3af)I  her  öfterfom* 

munionen  ju  Dftern  1625.  ®er  33erid)t  fagt 


bariiber:  „Sn  ©t  $eter  [bei  ben  $ominifanern] 
empfingen  16,  bei  ben  g-ranjiSfanent  53,  bei 
nn§  in  ber  ^eiliggeiftfirdie  165  bie  Dftertom* 
mnnion."  *  Litt.  ann.  1625. 

6  *  58itette3d)i  an  §öfflicf) ,  4.  Snli  1626, 
6.  SHärj,  25.  SHai  u.  21.  2tug.  1627.  Drig.* 
9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

7  SB  i  n  t  e  l  m  a  n  n  a.  a.  D.  I  383  ff.  Sgl. 
Slierorbt,  ©efd).  ber  eoangel.  Sirdje  im 
©ro^erjogtunt  Söaben  II  (1856)  172  ff. 


180 


Bmeite?  Kapitel.  Sie  nieberrbeinifche  ißroöinj. 


bie  reiferen  23ürger  fo  f)aitnäcfig,  bafj  200—300  mit  ber  Stugmanberuitg  brofjten, 
menn  fie  burcfj  ein  Tefret  gur  SInnaf)me  beg  fattjolifdjen  ©taubeug  gelungen  mürben. 
2ltg  gehn  Tage  üor  fßfingften  ade  Bürger  auf  bem  9latt)aug  erfdjeinen  mufften  unb  jeher 
megen  feiner  (Stellung  gutn  fatfjolifcfjen  ©tauben  gefragt  mürbe,  erftärten  gange  fünfte 
—  fo  hatten  fie  nämlich  üorfjer  unter  ficf)  auggemadjt  — ,  fie  mollten  in  bem  ©tauben, 
ben  fie  tmn  ben  Sttern  ererbt  hätten,  fterben,  berfetbe  fönne  ihnen  nicht  mie  ^>ab  unb 
©ut  entriffen  merben.  2tt§  bann  bag  Tefret  oon  SRiindjen  fam,  hatten  fie  fdjtau  eine 
Sift  erfonnen,  um  basfetbe  unmirffam  gu  rnadjen.  ©ie  oertangten,  ©efanbte  ober  eine 
SBittfdjrift  an  ben  ßaifer  ober  ben  ßurfürften  fdjiden  gu  bürfen,  unb  biefeg  Verlangen 
mürbe  oon  ben  meiften  ^Bürgern  unterftü|t.  über  bie  ^Regierung  fam  bem  ftug  guoor ; 
befonberg  ber  (Statthafter  tjat  fid)  burd)  feinen  ©ifer  unoergängtidje  23erbienfte  er« 
morben;  ich  ha£>e  ihn  ftetg  gu  jeber  £>itfe  bereit  gefunben.  ütle  £>inberniffe,  Oor  attem 
bie  oerftedten  Treibereien  ber  ißräbifanten,  mürben  übermunbeit,  unb  fchtiefjlich  trug 
bag  gefugfinb  über  ben  catoinifdjen  Teufet  ben  ©ieg  baoon.  üm  2Beihnadf)t§feft 
föhnte  ficf)  ber  gröfjte  Teil  ber  ^eibetberger  Bürger  in  ber  §eitiggeiftfird)e  burd) 
©mpfang  ber  heftigen  ©aframente  mit  ber  fö'irdje  aug.  Stn  ben  fotgenben  f^efttagen 
famen  bie  übrigen,  metjr  atg  600,  in  bie  ®ird)e,  Oon  beiten  mir  360  abfotoierten. 
^se^t  hanbett  eg  fid)  barum,  bie  ^artnädigfeit  ber  grauen  gu  überminben.  ©ie 
maren  auf  ÜDlariä  Sidjtmefj  (2.  gebruar)  eingetaben,  aber  nur  etma  20  fanben  fid) 
bereit.  SBenn  bie  Regierung  nidjt  auch  mit  biefen  ßrnft  madjt,  fo  mirb  eg  ttod) 
biete  geit  foften  1.  Übrigeng  ift  mit  ©otteg  ©nabe  jetjt  bie  gefamte,  23at)ern  gehörenbe 
fßfatg  mieber  fathotifd),  nur  jene  Ortfcfjaften  auggenontmeit,  mo  noch  ^ie  Pfarrer 
ober  bie  notmenbigen  ©adjen  gur  Stbhattung  beg  ©ottegbienfteg  fehlen.  .  .  .  Slug* 
gemanbert  finb  aug  ber  ©tabt  (fpeibetberg)  etma  14  Bürger,  ©ie  gehörten  gu  ben 
Reicheren,  maren  ooCt  ^jafj  gegen  bie  Ü'att)olifen  unb  hatten  gum  großen  Teil  nie 
eine  fattjotifdje  fßrebigt  gehört  ober  bagu  bemogen  merben  fönnen."  ©ehr  beftagt 
23aumann  aud)  bie  ©fanbate  ber  neuen  oon  überallher  herbeigelaufenen  fatholifdjen 
Pfarrer,  moburch  bie  ffßfätger  in  ihrer  oon  ben  ^roteftanten  beigebrachten  Meinung 
oon  ber  Ungutst  unb  Trunffudjt  ber  fßriefter  beftärft  mürben,  SUtmähtidj  teuften 
aud)  bie  grauen  ein.  gm  gahre  1630  g.  23.  fehrten  109  in  ben  ©cfjofj  ber  fathotifchen 
Äircfie  gurüd2.  Unb  am  16.  Sluguft  1631  fdjrieb  ber  ©enerat  an  ben  ^eibetberger 
©uperior  ^an:  „SDZit  greuben  fehe  idf),  bafj  ber  Söiberftanb  ber  ^Bürgerinnen  alt« 
mähtich  gegenüber  bem  beharrtidjen  unb  eifrigen  SBirfen  ber  Unfrigen  fdjminbet  unb 
immer  mehr  grauen  gur  $ird)e  gurüdfef)ren."3 

gngmifdjen  hotte  fich  aud)  bie  im  gapre  1623  begonnene  ©djuttätigfeit  gtücftid^ 
entmidett.  gafjr  um  gahr  faft  hotte  man  eine  neue  ©djutftaffe  anfügen  fönnen4 *, 
unb  ©nbe  1628  hotte  fid)  bie  fteine  fßrioatfdjute  beg  gahreg  1623  gu  einem  ootl* 
ftänbigen  ©pmnafium  mit  fünf  Staffen  auggemacpfen6  unb  mar,  „bamit  eg  gu 
mögticpft  großem  ©taug  unb  9tnfef)en  gelange,  unter  bie  Seitung  oon  (5)  redjt  tiidp 
tigen  Sepram"  geftettt6.  gn  einem  Schreiben  Oom  15.  Slprit  1628  au  äRapimitian 
hotte  SSitettegcpi  ben  äßunfcp  auggefprodjen,  ber  Üurfiirft  möge  bie  Schola  Heidel- 
bergensis  ber  ©efettfchoft  übergeben7.  2lm  11.  9Jtai  1628  antmortete  SRajcimilian, 


1  Sine  9tanbbemertung  au  biefer  ©teile  ent« 
t)ält  folgenbe  9tefoIution  90taj:imilian§ :  „©egen 
ben  SBeibern  ein  anber  ernft  ber  9iegierung  an« 
äubefet)Ien." 

2  *  Litt.  ann.  1630. 

3  *  Drig.«9teg.  Ad  Rhen.  sup.  S(m  7.  ^mu 

1631  batte  SBitette3d)i  gemahnt:  Non  infringat 

R.  V.  sociorumque  suorum  conatus  haereti- 

corum  in  retinendis  erroribus,  qui  tot  annis 


in  animis  eorum  radices  fixerunt,  pertinacia 
multa,  quae  vi  et  invpetu  superari  non  pos- 
sunt,  continuatis  leviter  studiis  superantur. 

4  *  Litt.  ann.  1624  ff.  *Annales  a.  a.  0. 

5  *  Catal.  Rhen.  sup.  1628  ff. 

0  *  SßitelleScbi  an  tpöfflid),  4.  9tob.  1628; 
27.  San.  1629. 

7  *  Original  in  9)4  94,  Sitten  be?  Sreijjig« 
jährigen  Kriege;?  103. 


Kollegien,  SRefibcnjcn  ltnb  SKiffionen:  ^eibelberg. 


181 


er  höbe  bisher  bie  Hilfe  ber  @}efeflfd)oft  in  ber  obern  ltnb  untern  sßfalj  benu|t  gunt 
großen  9?ußen  für  bie  fatholifdje  ßircfje  unb  jum  §eil  oieler  «Seelen,  unb  er  rnerbe  fie 
and)  in  ber  Qolge  bafür  in  9lnfprud)  nehmen.  Über  bie  ^eibelberger  Scfjule  fönne 
er  noch  nicfjtS  beftimmen,  meil  bie  ©nfünfte  größtenteils  in  ber  ©emalt  ber  ©panier 
feien  unb  er  bie  Stabt  einftmeilen  nur  im  bauten  beS  ^aiferS  befeßt  halte;  fpäter 
rnerbe  er  aber  bei  ber  Schule  an  bie  ©efettfcßaft  benfen  L  SiefeS  Serfprecßen  er» 
füllte  DJJapimilian  fdjoit  im  fofgenbeit  Qafjre.  211S  bie  Unioerfitöt  nad)  breijähriger 
Unterbrechung  am  16.  Quni  1629  mieber  eröffnet  mürbe,  iibermieS  ber  ®urfürft  bie 
gafultäten  ber  ^3E)ilofopf)ie  unb  Sfjeologie  ben  Qefuiten1 2.  Ser  Slnfang  mar  jmar 
megen  SJiangelS  an  ©djülern  fef)r  befc^eiben.  ©n  einziger  ißrofeffor  genügte  in 
jeber  ber  beiben  Qafultäten.  Sie  Sorlefitngen  ber  St^eologie  eröffnete  ber  neue 
©uperior,  P.  Slrnolb  Han,  unb  bie  ber  ^Sfjitofop^ie  P.  Qol).  ^ollanb 3.  Um  in  ber 
ißf)iIofopf)ie  3u^örer  ju  hoben,  maren  eigens  einige  ©djolaftifer  für  bie  Sogif  nach 
Heibelberg  gezogen4.  Sod)  allmählich  mehrten  fid)  auch  bie  auSmörtigen  ©tubenten, 
unb  ©tbe  1630  melbeten  bie  Qefuiten:  „Qahlreidje  ©tubenten  fanben  fid)  biefen 
.'perbft  für  bie  Sogif  ein;  für  bie  Sogifer  aber  beS  testen  QahreS  finb  nun  bie  Sor» 
tefungen  ber  ißhhfif  eröffnet."  Sie  Qa!)!  ber  Qefuiten  felbft  mar  auf  20  angemachfen: 
7  ^ßriefter,  4  ÜDfagiftri,  6  Sogifer  unb  3  Saienbrüber6. 

„äftan  gab  ficf»",  fo  berichtet  ber  ©jronift6,  „frohen  Hoffnungen  auf  große 
(Erfolge  hin,  als  plößüch  ©ibe  Oftober  1631  baS  glüdlid)  aufgerichtete  SSerf  burch 
baS  H^onrüden  ber  ©chmeben  in  fich  jufammenftürjte. . . .  Sei  ber  eiligen  Sluflöfung 
fo  oiefer  Kollegien  ber  rheinifdfjen  ^roüinj  mußte  aud)  unfer  Hau»  aufgegeben  merben. 
üßur  einer,  ber  beim  Soff  beliebte  ißrebiger  P.  Sentl).  Saumann,  blieb  mit  einem 
Saienbrüber  jurüd  für  bie  ©olbaten  unb  Sürger  unb  jum  ©djuße  unferer  ©adfen." 
SllS  fidß  aber  halb  baS  @erüd)t  oom  Heranna^en  ber  Qeinbe  als  eitel  ermieS, 
fehrten  ber  ©uperior,  einige  patres  unb  Saienbrüber  mieber  jitrüd.  Sod)  mar  ißr 
Sleiben  nur  Oon  furjer  Sauer.  Qm  grühfaljr  1633  rüfteten  fich  bie  ©chmeben 
jur  Selagerung  ber  Stabt.  Slm  Ofterfeft  mußte  man  öon  neuem  bie  Qludjt  er» 
greifen,  unb  am  12.  Quli,  bei  ber  Übergabe  beS  ©djloffeS,  oerließen  auch  bie  leßten 
SatreS,  meldje  bei  ber  Sefaßuitg  geblieben  maren,  bie  ©tabt.  ©ft  als  Hribelberg 
im  ©ommer  1635  beim  britten  Serfudje  üon  ben  Sapern  jurüderobert  marb,  fonnten 
auch  bie  Qefuiten  mieber  surüdfefjren.  ©ie  fanbeit  baS  äußere  SluSfeßen  ber  ©tabt 
infolge  ber  oielen  Selagerungen  gemaltig  geänbert;  aud)  maren  oiele  Sürger  ber 
fatholifcßen  Religion  untreu  geroorben7.  Sie  Slrbeiten  jeboc^  h°üen  ftc^  balb  mieber. 
SaS  ©pmnafium,  meldfeS  man  im  ^perbft  1636  mit  ber  unterften  klaffe  eröffnet 
hatte,  befaß  im  Herbft  1640  feine  ehemaligen  fünf  klaffen,  freilich  jeßt  unter  nur 
oier  Sehrern8.  Unter  ben  „jiemlicl)  saplreichen"  ©Mülern  befanben  fich  aud)  bie 
brei  ©ohne  beS  ÜUlarfgrafen  oon  Saben9.  Sie  Qaljl  ber  Qefuiten  mar  im  Qaßre 
1640  auf  18  oermehrt:  10  SatreS,  3  SOJagiftri  unb  5  Saienbrüber,  unb  bie  Sätig» 
feit  in  ber  ©eelforge  mar  nod)  auSgebeßnter  als  früher.  9Jian  üermaltete  in  ber 
©tabt  bie  Heiliggeiftpfarre  unb  außerhalb  oom  ©ftercienferflofter  Sobenfelb  aus, 
melcheS  am  29.  ©eptember  1629  an  bie  Qefuiten  gefommen  mar  unb  feit  1638  oon 
jmei  patres  bemohnt  mürbe,  bie  beiben  bem  $lofter  unterfteßenben  Pfarreien  Soben» 


1  *  Codc.  ebb.  (Sdjon  am  1.  Sfuli  1623  patte 
3?iteHe§d)i  an  P.  23ecan  gefcfjrieben,  er  möge, 
roenn  eö  ipm  gut  fcpeine,  beim  Ü'aifer  bie  Über¬ 
tragung  ber  §eibelberger  Slfabemie  an  bie  ©e» 
feüfdjaft  befürworten.  *  0rig.=9teg.  Ad  Austr. 

2SBinfe(manit  a.  a.  0.  II  (1886)  192  f, 

9Ir  1580  1584.  *  Annales  a.  a.  0. 


3  *Catal.  Rhen.  sup.  1629  ff. 

4  *  Annales  a.  a.  0.  SB  i  n !  e  I  m  a  n  it  a.  a.  0. 

5  *  Litt.  ann.  1630. 
c  *  Annales  a.  a.  0. 

7  *  Litt.  ann.  1636. 

s  *  Catal.  Rhen.  sup.  *  Litt.  ann.  1640  u. 
1641.  9  *  Litt.  ann.  1638  f. 


182 


$ritte§  Kapitel.  Sie  oberrbeinifdje  iprotunj. 


felb  unb  SDilSberg.  ®agu  fam  bei  bem  SRangel  an  Pfarrern  eine  auSgebreitetc 
Stätigfeit  in  ber  gangen  Umgegenb,  im  Qaf)re  1640  g.  23.  in  ad)t  Ortfdjoften.  ÜRad) 
ÜRedargemünb  ging  man  mehrere  Qaljre  jeben  Sonn«  unb  Qefttag.  Qn  bem  Slmte 
©raben  begann  man  auf  Sitten  beS  SlmtmanneS  in  ber  Qaftengeit  beS  QafjreS  1643 
bie  fRüdfüljrung  beS  SolfeS  gur  fatfjolifchen  $ircf)e.  Qn  ^eibelberg  fetbft  fdjmauften 
bie  jährlichen  fö'onüerfionen  gmifdjen  12  unb  34.  2)ie  Uniüerfität  blieb  öbe  unb  leer. 
Sin  eine  Söieberaufnahme  ber  Sorlefungen  mar  bei  bem  SRanget  au  Zuhörern  nicht 
gu  benfen1. 

®aum  aber  mar  ber  ®rieg  beenbigt,  ftanb  baS  gefamte  SBirfen  ber  Qefuiten  in 
^eibelberg  in  Qrage;  benn  im  SBeftfälifdjen  Qrieben  mar  bie  fRüdgabe  ber  Unter« 
pfalg  an  ben  proteftantifdjen  Sßfalggrafen  ®arl  Submig,  ben  älteften  @ol)n  beS  ge> 
ädjteten  ^yriebricf)  V.,  oerfügt  morben.  „Sßie  (Sott  miß,  fo  gefdjehe  eS",  fcfirieb  am 
9.  Januar  1649  ber  ©eneral  Earrafa  an  ben  ©uperior  Qoh-  Eremer,  „mich  bauert 
nur  bie  arme  §erbe,  bie,  menn  mir  fortgie^en  müffen,  ber  ©tärfung  ber  fjeiligen 
©aframente  beraubt  i[t  unb  üießeidjt  mieber  abirren  mirb.  Em.  £>od)mürben  moüen 
alle§,  fo  gut  eS  gefjt,  in  Orbnung  bringen  unb  barauf  fefjen,  bafs  mir  beim  Qort= 
gehen  feine  ©chulben  hmterlaffen." 2  Unter  ber  geitlidjen  ÜRot  nämlich  hotte  man 
all  bie  Qafjre  oiel  gu  leiben  gehabt.  Qm  £>erbft  1649  erfolgte  bie  Sluflöfung  ber 
SJieberlaffung.  „SBir  maren",  fo  lautet  ber  Sericf)t  barüber,  „Ijier  gu  13,  10  fßriefter 
unb  3  Saienbrüber . . . ,  als  am  7.  Oftober  bie  baprifcfjen  ©olbaten  oerabfdjiebet, 
^eibelberg  famt  ber  gangen  Unterpfalg  ben  ^ommiffaren  beS  ^Pfalggiafen  übergeben 
mürbe  unb  auch  baS  Enbe  unferer  ÜRieberlaffung  gefommen  mar.  ®ie  ®atf)olifen 
hatten  gleich  beim  erften  ©erücf)t  oon  ber  Slnfunft  ber  ®ommiffare  ihre  SeforgniS 
um  ben  ©tauben  gu  erfennen  gegeben:  einige  rüfteten  fich  fdjnelt  gur  SluSmanberttng, 
anbere  ftärften  fich  noch  einmal  burdj  Empfang  ber  heiligen  ©aframente  für  bie 
beoorfteljenben  Kämpfe.  SefonberS  treu  unb  opferfreubig  geigten  fid)  unfere  ©cfjiiler, 
oon  benen  einige  fogar  Eltern  unb  Erbe  Oerliehen  unb  in  bie  Qrembe  gogen.  Seoor 
mir  abreiften,  lieh  un^  ^er  SRagiftrat  fein  Seileib  auSbrüden  unb  banfte  für  ben 
llnterridjt,  ben  mir  ber  Qugenb  erteilt  hätten,  unb  für  bie  Untermeifung  beS  SolfeS 
in  ber  Sßrebigt.  £>ie  ®omntiffare  felbft  behanbelten  uns  ebel  unb  menfd)enfreunblid) 
unb  gemährten  unS  nicht  nur  bie  SRitnahme  unferer  ©adjen,  fonbern  auch  oollftänbige 
3oEtfreiheit  für  biefelben.  Sei  ben  fßroteftanten  fah  man  fein  Qeidjen  oon  Qreube 
unb  Qubet,  mohl  aber  beS  SebauernS." 3  — 

®ie  fo  erfolgreidjen  Slrbeiten  ber  Qefuiten  in  Saben  (1570 — 1573) 4  mürben 
burcf)  bie  politifdje  Entmidlung  faft  oerniditet.  Qm  Qaljre  1577  hotte  s^if)ifipp  II. 
nach  Sollenbung  feiner  ©tubien  tn  Qngolftabt  bie  Regierung  ber  SRarfgraffdjaft 
Saben  angetreten,  mar  aber  bereits  1588  im  Sllter  oon  30  Qaf)ren  furg  oor  ber 
geplanten  Sermählung  geftorben 5.  ©einem  Setter  unb  Siadjfolger  Ebuarb  Qortunat 
nahm  ber  proteftantifche  SRarfgraf  Ernft  Qriebrid)  oon  Saben«®urlach  (Scooember 
1594)  bie  9Rarfgraffd)aft  meg,  mobei  er  burcp  bie  gafjlreidjen  fRefte  ber  proteftantifdjen 
Semohner  unterftü^t  mürbe6.  Ernft  Qriebricf)  gog  baS  ®lofter  Qrauenalb  ein  unb 
führte  aßmählidj  baS  £anb  mieber  bem  SroteftantiSmuS  gu,  obgleidj  er  bem  $aifer 
in  eigenem  fReüerfe  hotte  oerfpredjen  müffen,  bie  ^Religion  beS  SanbeS  unoeränbert 


1  *  Litt.  ann.  1638  ff.  *Hist.  domus  Heidel¬ 
berg.  1639—1641  (Suppl.  bist.  Rhen.).  *Hist. 
domus  Heidelberg.  1646 — 1649.  *  Catal.  Rhen, 
sup.  1641  ff. 

2  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

3  *Litt.  ann.  1649.  —  Sie  Obern  tnaren: 

Äafimir  §öfflid),  1622;  Strnolb  £>an,  1629; 


9ticquin  ©iütgenl,  1633;  §einr.  ßocfjum,  1646; 
3op.  Gremer,  1647. 

4  »gl.  23b  I,  ®.  402  ff. 

5  3Sgl.  3eitfrf)r.  für  @efd).  bei  Cberrbeinl 
XXIV- (1871)  399  ff. 

6  S3ierorbt,  ©efd).  ber  eüangel.  Äirdje  tm 
©rohberjogtum  23abeit  11  59. 


Kollegien,  ^efibengett  unb  SDtiffionen :  23aben. 


183 


Sereniss.  ac  Celsiss*  Principi.  ac  Dom  domWilhelmo, 


gu  laffeit.  Sein  SBerf  feßte  äftarfgraf  ©eorg  griebrid)  fort,  troßbem  er  1605  beit« 
felben  fReberS  unterfdjrieb.  ilurg,  in  ber  28  $;aßre  lang  bauernben  Cffupatiou 
(1594 — 1622)  mürbe  bie  SDJarfgraffcßaft  mieber  faft  gang  proteftantifiert,  felbft  bie 
StiftStirdje  in  Sahen  als  Siniuttaneum  and)  ben  ^roteftauten  eingeräumt  (1610) 1 . 
„So  mar  alfo  bie  fiebte  Seränberung  ber  firbßlidjeit  3Sert)ältniffe  ber  2Rarfgraffchaft 
Saben-Saben  gmar  nid)t  bollftänbig,  aber  bod)  größtenteils  eingetreten;  erft  bie  nad) 
ber  Scßladjt  (bei  Söimpfen)  üorgenomntene  adjte  Stnberung,  bie  2öiebereinfiißrung  beS 
^atholigiSmuS,  ift  beftänbig  ge¬ 
blieben."  So  ber©efd)id)tfdßreiber 
ber  etiangelifdjen  ®ird)e  in  Sa¬ 
hen  2. 

Sin  biefer  bauernben  Stube« 
rung  haben  bie  Qefuiten  einen 
großen  Slnteil.  ^u  ber  Sdjladjt 
bei  SBimpfen  mürbe  ber  ÜDfarf- 
graf  @eorg  fyriebricß  oon  Sahen« 

SDurladß  am  6.  SLftai  1622  öoCC- 
ftänbig  gefdßlagen,  unb  am  26.  Slu- 
guft  1622  erhielt  ber  rechtmäßige 
(Erbe,  ber  in  jeher  Segiefjung 
ßeroorragenbe  ÜDiarfgraf  Söilljelm 
(ber  ältefte  Soßn  beS  SRartgrafen 
gortunat)  fein  fo  lange  borent« 
ßalteneS  Sanb  guriid.  Sftarfgraf 
SBilßelm  mar  „ein  gürft  oon 
tlarem  fö'opfe,  feftem  SSideit,  rüh¬ 
riger  Qsinfidßt  unb  bont  (Entfdjluffe 
befeelt,  feine  £)errfcherpflid)ten  in 
üoüftem  Umfange  gu  erfüllen  unb 
feine  gange  ßraft  für  bas  SBoßl 
feines  SanbeS  eingufeßen"  3.  $eßt 
fonnten  bie  ^efuiten,  meldje  Gsrnft 
^riebricf)  proftribiert  unb  beren 
Schulen  gu  befud)en  er  ftreng 
berboten  hatte,  bie  Seelforge  in 
Sahen  mieber  aufneßmen,  b.  ß. 
an  mancßem  Ort  mieber  bon 
neuem  anfangen. 

SDer  rßeinifcße  ißrobingial  ßopper  fdjidte  nocß  bor  Slblauf  beS  ^aßreS  1622 
gmei  patres  bon  Speier  nad)  Sahen,  mo  fie  gmei  Xage  bor  SGöeißnadßten  eintrafen 
unb  bon  bem  SRarfgrafen  SSilßelm  unb  feinem  Sruber  gortunat  feßr  freunblicß  auf¬ 
genommen  unb  in  jeher  Söeife  unterftüßt  mürben4.  ®er  eine  ber  beiben  patres, 
fßßilipp  ginner,  begann  fcßon  SBeißnacßten  bie  Slrbeit  in  Sahen;  ber  anbere,  SJtartin 
gronapfel,  in  (Ettlingen.  ®ie  Slrbeiten  maren  fo  erfolgreich,  baß  im  folgenben  ^aßre 
nod)  gmei  patres  tarnen  unb  bie  bisherige  SJäffiort  gur  üiefibeng  erhoben  mürbe. 
®ie  patres  begogen  1623  eine  bom  £>ofe  getrennte  Söoßnung,  mo  fie  ber  SRarfgraf 


SRarfgraf  Sffiilljeltn  uon  Söaben. 

©tief)  Don  gacob  Dan  öepben  1635  (*/*). 


1  ebb.  60  f. 

2  ebb.  63.  23gt.  griebr.  D.  335  e c cf) ,  23a« 
bifdje  ©efd)id)te  (1890)  164  f. 

3  g.  b.  355  e  e  d)  a.  a.  0.  162. 


4  $a§  golgenbe  weift  nad)  ber  *Historia 
dom.  Badens.  1623 — 1638,  *  Litt.  ann.  unb 
* Catal.  Rhen.  sup.  Sgl.  ©.  g.  Seberle, 
@efd).  be§  ©pmnaftumä  ju  Staftatt  (1908)  4  ff. 


184 


drittes  Äopitel.  Sie  oberrfjeinifdje  Sßrobins. 


mieberpolt  befudfte.  Qn  einem  ^Briefe  oom  24.  Qunt  1623  brücfte  95itelle§cfji  bem 
©peierer  Veftor  VuibiuS  feine  groffe  greube  anS  über  beffeit  ©orge  für  S3aben  unb 
bie  vielen  ^Belehrungen  in  ©tobt  unb  £anb ;  jugleid)  fpracp  er  ben  SEBunfcp  aus,  in 
S3oben  ein  ftänbigeS  Somijil  ber  ©efellfcpaft  §u  erridjten1. 

Siefe  Slbficpt  mürbe  fcpon  1627  ber  Vermirtlicpung  näher  gebraut,  inbem  ber 
ÜDlarfgraf  ben  Qefuiten  e’n  fePr  geräumiges,  gut  gelegenes  |>auS  mit  faltem  unb 
marmern  SSaffer  fcfjenfte,  bie  frühere  fürftlicpe  SHiünje.  ©eit  1629  mohnten  bort 
10—12  Qefuiten,  unb  fcpon  1629  mürbe  bie  Vieberlaffung  non  ©peier  loSgelöft  unb 
als  Domus  Badensis  bejeidjnet.  Qm  Qapre  1631  gäplte  baS  |>auS  14  Qnfaffen  unb 
oorübergepenb  nod)  14  flüchtige  ©cpolaftifer  mit  ihrem  ißrofeffor  ber  Sogif.  ©cpon 
im  folgenden  Qapre  fam  bie  fReihe  ju  fliehen  auch  an  &ie  Qefuiten  in  23aben.  SBJai 
1632  mürbe  bie  ©tabt  eingenommen;  bie  eine  §älfte  ber  ^efuiten  blieb,  bie  aitbere 
Hälfte,  bie  floh,  lonnte  ©eptember  jurüdfepren.  Sann  fielen  bie  SBürttemberger 
über  33aben  per.  SBäprenb  bie  ißatreS  unter  ben  ©cpmeben  rupig  meiter  arbeiten 
tonnten,  mürben  fie  oon  bem  Surlacper  (20.  Quli  1633)  „mit  roper  ©ernalt,  fogar 
unter  ©cplägen  über  ben  fRpein  getrieben"2  unb  tonnten  erft  infolge  beS  ©iegeS  bei 
Vorbringen  1635  jurüdfepren.  ©eit  1636  maren  bann  burcpfcpnittlicp  mieber  ein 
Supenb  Qefuiten  in  23aben.  ©dpon  feit  1626  patte  ber  ÜVarfgraf  ben  fßapft  um 
baS  Stlofter  Qrauenalb  gebeten  jur  SBegrünbung  eines  Kollegs  in  SBaben;  aber  feine 
unb  anberer  dürften  ^Bitten  maren  am  Sßiberftanb  beS  SifcpofS  Oon  ©peier  gefdjeitert3. 
Qm  Qapre  1639  bat  er  in  Vom  um  baS  Vettorat  in  OtterSmeier  unb  oerfcpiebene 
anbere  Sßfrünben  für  ein  Kolleg.  21m  17.  Januar  1640  fteöte  ÜVarfgraf  Söilpelm 
eine  ©cpenfungSurfunbe  aus,  moburd)  er  meprere  Raufer  für  Kolleg  unb  ©cpule  ben 
Qefuiten  übergab4.  Sie  eigentliche  ©tiftung  beS  ÄollegS  erfolgte  unter  bem  20.  ÜVai 
1642.  Qn  ber  ©tiftungSurfunbe  meift  er  ben  Qefuiten  ju  ben  „greppeitpof"  unb 
baS  gegenüberliegenbe  £>auS,  „gürftenbab"  genannt,  ferner  fecf)S  anftoffenbe,  oon  ipm 
angefaufte  23ürgerpäufer,  bamit  baS  ©anje  eine  Oon  ©tragen  umgebene  Qnfel  bar= 
ftelle,  obgleich  ein  Seil  aucp  jenfeitS  ber  ©trape  liege,  mit  bem  man  burcp  einen 
23ogen  eine  Verbinbitng  perftellen  tönne.  2lufjer  anberem  mirb  ber  ÜDfartgraf  nod) 
jäprlidp  1500  ©ulben  unb  100  Klafter  Vrennpolj  geben;  ferner  erhalten  bie  patres 
bie  SOMflungSgerecptigfeit  für  bie  breifadje  Qapl  oon  ©cpmeinen,  mie  fie  ben  fürft- 
lidfen  Beamten  juftept.  Sie  patres  merben  fünf  klaffen  beS  ©pmnafiumS  bis 
Vpetorit  einfdfliefflicp,  ferner  Vorlefuitgen  über  ^afuiftit  unb  Sialettit  palten. 

Qm  Singang  beS  ©tiftungSbriefeS  erflärt  ber  SDlartgraf,  er  pabe  eS  für  nötig 
gepalten,  Scanner  auSfinbig  ju  macpen,  raelcpe,  perüorragenb  burcp  üöiffenfcpaft  unb 
gute  ©itten,  ben  cpriftlicpen  ©lauben  unb  bie  Veinpeit  ber  ©itten  im  Sanbe  befeftigeit 
tonnten.  Qu  biefem  Qmede  pabe  er  burdj  lange  (Srfaprung  als  befonberS  tauglid) 
befunben  bie  Veligiofen  ber  ©efellfd^aft  Qefu,  melcpe  fcpon  feit  punbert  Qapren  ipre 
Sücptigfeit  in  ber  211ten  unb  Veuen  SBelt  unb  befonberS  in  bem  fcpmer  peimgefudften 


1  *  Drig.=9leg.  Ad  Rhen.  sup.  $em  P.  ©corg 

SSercbebcr  in  SSaben  fdjrieb  S3iteHe3d)i  am  6.  Stprii 

1624  auf  beffen  93erid)t  über  ba§  grofje  $8of)L 
wollen  ber  SJtarfgrafen  gegen  bie  ©efeUfdjaft : 
Quam  voluntatem  etsi  optem  eos  omni  ob- 
sequio  et  cultu  a  nostris  conservari  nolim 
tarnen  eosdem  nimis  importune  urgeri  ad  res 

Societatis  in  sna  ditione  stabiliendas ,  sed 
nostrorum  in  eo  potissimum  curam  et  indu- 
striam  occupari  ut  quam  plurimos  e  subditis 
ad  verae  fidei  professionem  debitamque  suis 


principibus  fidelitatem  oboedientiamque  ad- 
ducant. 

2  SS  i  e  r  o  r  b  t ,  ©efd).  ber  eoangelifdjen  Sircbe 
II  203. 

3  ©Treiben  in  biefer  ©ad)e  au§  ben  3abreu 
1626 — 1628:  *  Originale  in  Barb.  Lat.  6706 
u.  6901  unb  im  Arch.  Vatic.,  Mise.  Arm.  8, 
vol.  LXXXIX. 

4  3eitfd)r.  für  ©efd).  beS  Oberrljeing  XXIV 
447. 


Kollegien,  Pefibenjen  unb  Ptiffioncn:  Paben.  —  Paftatt. 


185 


®eutfdf)faub  erliefen  Rotten.  ®ie  Qrücpe  iper  üfrbeiten  für  Qugenb  unb  35oIf  pbe 
bie  9J?arfgraffd)aft  fdjott  feit  stoaujig  Qapen  reicfjücf;  erfahren1. 

Seiber  mürben  fcfjon  int  fofgenben  Qape  ©tabt  unb  Sanb  toieber  greulich  pim* 
gefucp  unb  öon  Qreunb  unb  Qeinb  auSgefogen  unb  gepfünbert.  Qn  aff  biefen  2Sedf)feO 
fällen  liefen  bie  Qefuiten  bie  ©djufe  nicp  auS  beit  Sfugen.  ©feid)  im  Qape  1623 
fjatte  ein  $ater  Knaben  gefammeft  unb  nnterridfjtet  jur  gropn  Qreube  ber  ©ftern; 
benn  bie  fpudjt  geigte  ficfj  balb,  meif,  mie  ber  23ericfjt  fagt,  bie  äftarfgräffer  fefjr 
loipegierig  unb  gute  Köpfe  finb.  9lfS  bie  ©cpifer§ap  mudp,  fcpnfte  ber  Sftarfgraf 
aupr  bem  SEBoppuS  nod)  ein  jmeiteS,  geräumiges  ©ebäube  für  bie  ©cfjufe,  loo 
gtnei  Seper  in  mehreren  ©rammatifffaffen  unterrichteten ;  1630  fam  bie  Humanität, 
1631  bie  Üiptorif,  1632  bie  Sogif  pnju.  9?adfj  ber  91üdfep  beftanben  1639  brei 
©rammatifffaffen  unter  jmei  Sepern.  ®ie  ©fementarfdjufe,  bie  fcpn  tor  ber 
©bEjmebenjeit  innerpfb  beS  ©pmnafiumS  beftanb,  mürbe  1641  oon  neuem  eröffnet 
unb  einem  Saien  übertragen.  S3on  1642  an  fepen  brei  Seper  bie  fünf  ©pmnafiaf* 
ffaffen;  gemöpfid)  maren  9?ptorif  mit  Humanität  unb  bie  oberfte  ©rammatif  mit 
ber  mittleren  oereinigt,  mäpenb  bie  untere  ©rammatif  eine  eigene  Pfaffe  bifbete. 

Qm  Qape  1630  mürbe  aucf)  eine  ©tubentenfongregation  erridfjtet,  bie  1637 
ipe  2fuferftepng  feierte.  Qn  einer  Kapelle  ber  ©tiftsfirdje  beftanb  eine  alte  23ruber= 
fcpft  für  beibe  ©efdjfecper;  bie  Qefuiten  gaben  ip  1623  neue  Regeln  ähnlich  mie  bie 
ber  Kongregation  (monatfiep  SSerfammfungen,  ©mpfang  ber  ©aframente  ufm.),  unb 
1647  nafjtn  biefe  Söruberfchaft  aucf)  ben  tarnen  Kongregation  ÜDlariä  SSerfünbigung 
an.  ©päter  (1650)  trat  bann  nod)  eine  Kongregation  für  junge  ^mnbmerfer  mit 
40  SOiitgfiebern  ins  Seben. 

®en  ©otteSbienft  ptten  bie  Qefuiten  anfangs  in  einer  Kapelle  ber  ©tiftsfirdp 
gehalten ;  1628  üerroanbeften  fie  ben  gropn  s)MnpiaI  in  ipem  neuen  §aufe  in  eine 
Kapelle.  SDie  ißrebigt  an  ©onm  unb  Qefttagen  in  ber  ©tiftsfirdp  behielten  fie  nad) 
mie  oor  bei,  anfangs  beS  Borgens,  unb  als  ©ftern  1624  ber  neue  Pfarrer  bie 
ÜÖJorgenprebigt  für  fidj  beanfprucpe,  nachmittags,  in  ber  Qaftenjeit  auch  äftittmocp 
unb  freitags 2.  ®urd)fd)nittficf)  ptten  fie  aucf)  brei  Katedjefen  innerpfb  unb  aupr-- 
pfb  ber  ©tabt.  Qm  Qape  1642  peften  fie  ©piftenfepe  an  brei,  1645  an  fünf 
Orten  auprpfb  ber  ©tabt. 

2fn  ben  gropn  Qeften  gingen  1623  100—200  jur  pifigen  Kommunion,  SBeip 
nadjten  1626  ppte  man  1500.  9?acf)  ber  Sffüdfep  ftieg  bie  Qap  ber  Kommunionen 
üon  3400  im  Qape  1637  auf  5200  im  Qape  1645  unb  auf  16000  im  Qape  1650 3. 

©leid)  oon  Slnfang  an  befdpänfte  man  bie  STätigfeit  nicp  allein  auf  bie  ©tabt; 
oiele  (pfurfionen  mürben  gemacht,  fo  nad;  Üfaftatt  unb  ben  umfiegenben  ©rtfcpften, 
nacf)  9Jtapberg,  Qrauenafb,  ©berftein,  Sap,  ©ttfingen,  OtterSmeier.  Qn  fRaftatt 
mirften  bie  Qefuiten  fdjon  1623,  fpäter  (1644)  oerfaf)  P.  SSilpfm  Qriberici  an  ©onn* 
unb  Qefttagen  bort  ben  ißfarrgotteSbienft.  Qm  Qape  1625  mürben  ÜOliffionen  in  ber 
©raffchaft  ©berftein  gepften;  ein  Q3ater  nafjm  feinen  ©ip  in  ber  ©tabt  ©ernSbad) 
unb  befudjte  oon  bort  ein  $ierteljap  fang  bie  umfiegenben  Dörfer;  aber  ber  ©rfofg 


1  SBortlaut  ebb.  447  ff.  Sie  Slnnatjme  burd) 
ben  ©eneral  erfolgte  am  28.  Iguni  1642.  ßbb. 
449. 

2  Ser  Piarfgraf  traf  am  30.  Pictr^  1643  eine 
Peftimmung  über  bie  Prebigt,  bafj  bie  Qefuiten 
mit  ben  Kapuaineru  abmedjfeln  füllten.  ßbb. 
447. 

3  Sie  Obern  maren:  Philipp  Binner,  1623; 
2BiIf).  Plufter,  1626;  St)om.  Streit,  1636; 


Pljil.  Selmle,  1641  (erfter  JRettor  1642);  Ptattf). 
Piftoriue;,  1646;  (Stjpr.  £>ueber,  1650.  Septerem 
brüdte  ber  ©eneral  Piccolomini  am  11.  Suni 
1650  feine  grofje  greube  au§  über  bie  anbauernbe 
Siebe  be3  Ptarfgrafen  gegen  ba§  Kolleg  unb  bie 
unoerbroffene,  ffarte  Slrbeit  ber  Patre*  in  ber 
Seelforge,  qui  quo  acerbior  et  copiosior  eo 
fructus  dulciores  reddet.  *  0rig.=9ieg.  Ad 
Rhen.  sup. 


186 


Sritteä  Kapitel.  Sie  oberrf)einifd)e  Sßroühtj. 


mar  einfttreilen  nicfjt  grofj,  ba  atteS  ringsum  lange  $eit  proteftantifch  gemefen1. 
1650  arbeiteten  bie  patres  in  ber  ©raffd^aft  mit  bent  ©rfotg,  baff  ganje  Dörfer  fich 
für  gefthatten  am  fat^olifcfjen  ©tauben  erftärten.  Sthnticf)  mar  e§  in  ber  |>errfcf)aft 
Safjr;  in  ber  ^errfcfjaft  fDZa^Iberg  mürben  einige  Qafjre  fpäter  bie  proteftantifdEjen 
Pfarrer  auSgemiefett2.  Oftern  unb  ^Sfingften  1630  arbeiteten  jmei  patres  in  kuppen« 
heim  unb  ber  9cacf)barfd^aft ;  fie  berichten,  im  ganjen  feien  neun  SDörfer  jur  Kirche 
gurücfgefe^rt  unb  900  gälten  bie  ©aframente  empfangen.  3n  bie  neun  SDieitett  oon 
23abett  gelegene  ©tabt  SDtahtberg  mürben  1630  jtoei  patres  gefdjicft,  bie  bort  fermere 
Slrbeit  fanbeit.  23efonberS  eifrig  unb  erfolgreich  arbeitete  fjier  P.  9)?artin  gronapfet, 
ber  fdfjon  an  anbent  Orten  burd)  feine  Slftilbe  oiete  Staufenbe  gemonnen  hotte,  £)ier 
brach  er  unter  ber  SIrbeit  jufantmen  unb  muffte  nach  93aben  juriieffehren,  mo  er 
halb  im  SOienfte  ber  fßeftfranfen  ber  fßeft  ertag3. 

P.  föiartin  gronapfet  mar  auch  ber  33egrünber  ber  ütftiffion  in  6 tt fingen, 
©chon  SBeifjnachten  1622  begann  er  bort  feine  Stätigfeit,  1623  mar  ein  gmeiter  ißater 
hingugefommen,  800  ^roteftanten  feierten  in  biefem  ^alfre  3ut  Kirche  suri'tcf,  freilief) 
nicht  ohne  bie  gemöhnlichen  ©trafanbrohungen  unb  ©trafen  oon  feiten  ber  metttichen 
23ef)örbe4.  ®ie  fütiffion  mar  abhängig  oon  ber  Ülefibeng  23aben.  SDen  fßfarrgotteSbienft 
in  ber  miebergemonnenen  ©tiftSfirche  oerfah  ein  $ater;  fpäter  (feit  1647?)  mareit 
bort  ftetS  jmei  patres.  ©ie  hotten  bie  ©orge  für  fiebert  Pfarreien  in  oerfchiebenen 
©täbten  unb  Dörfern;  im  jmeiten  tpatbjahr  1650  befd)rönfte  fich  bie  Vermattung 
auf  brei  Pfarreien.  3n  biefem  3ahre  §äf)Iten  fie  4000  Kommunionen5. 

2tucf)  in  OtterSmeier  bei  S3üf)t  mar  eine  ftänbige  üftiffion.  Sotjre  1648 
maren  bort  ein  ^3ater  unb  ein  Vruber,  1650  auffer  bem  Vruber  noch  jrnei  fßatreS, 
bie  in  biefem  Qahre  -1000  Kommunionen  jäf)tten.  ®ie  Stbminiftration  beS  ftrittigen 
ÜieftoratS  ber  Kirche  ju  OtterSmeier  hotte  ber  ÜDiarfgraf  ihnen  fchon  am  16.  ÜDiärj 
1641  übertragen6.  ®ie  9J?e^r§af)f  ber  ©üter  beS  SieftorateS  tagen  auf  ortenau» 
öfterreid^ifd^em  ©ebiete.  ®ie  Beamten  biefeS  ©ebieteS  mottten  baS  ^räfentationSrecfjt 
auSüben  unb  auf  eigene  gauft  Pfarrer  beftetten;  fie  oerantafjten  auch  bie  ©emeinbe 
3u  ©dritten,  um  baS  Üieftorat  rnieber  „in  ben  atten  ©tanb  ju  bringen",  ©egen 
bereit  Ktagefcfjrift  proteftierten  am  7.  SJfärj  1650  ©chuttfjeih,  ©tab^atter  unb  ©eri<f)tS* 
teute  fämtticf)er  auf  babifefjem  ©ebiete  tiegenben  gitiatorte  (SJeufafc,  SBalbmatt,  tpapem 
meier),  inbem  fie  „bei  ihren  Streuen  unb  ©iben  ber  SBahrheit  ju  ©teuer"  beteuerten, 
ber  fßfarrabminiftrator  P.  Vurfart  -fpoffmann  (biefer  mar  megen  ^änbetfucht  angegriffen 
morben),  ber  fie  feit  brei  fahren  bebiene,  höbe  fich  att^eit  bergeftatt  gehatten,  „bah 
niemals  einer  oon  unS,  auch  unfer  Söeib  unb  Kinb  nicht,  mit  bent  geringften  böfen 
Söort  ober  SGBerf  Oon  ihm  beteibigt  ober  geärgert  morben.  .  .  .  Qa  bie  größte  Siebe 
fomoht  in  Kranfheit  als  ©efunbfjeit  hot  er  unS  erzeigt,  ttnfere  Kinber  aufs  fteifjigfte 
untermiefen,  bie  Kirche  mit  anfef)ntichem  ©otteSbienft  oerfehen,  mie  bieS  bei  unferer 
ättefteu  Vitrger  ©ebenfen  niematen  gefefjen  morben";  beShotb  legten  fie  ^Sroteft  ein 
gegen  bie  ©ntfernung  beS  P.  ^toffmann  unb  überhaupt  ber  ^iefuiten  üom  fReftorat 
OtterSmeier 7. 

_  # 


1  $8gl.  Stier  orbt,  ©efd).  ber  eüartgelifd)ert 
Kirdje  II  182. 

2  ©bb.  183  ff. 

3  *Hist.  dom.  Badens.  1630. 

4  Stgt.  Stierorbt  a.  a.  D.  II  178  f.  Sort 

aud)  Briefe  über  bie  Stellung  be§  Ktofter3 
Sidjtentpat  gegen  bie  SOuiten. 

6  *Hist.  coli,  unb  Litt.  ann. 

6  Stgl.  Stierorbt  a.  a.  0.  II  196  217; 


K.  9t  e  i  n  f  r  i  e  b ,  Sie  ehemalige  Sefuitenrefibens 
in  StterSroeier,  im  fyreiburger  Siö-;efauard)iD 
XXIV  (1895)  239  ff.  Sdton  früher  (1630)  fjatte 
Söilttelm  mieberfjolt  in  9iom  Schritte  getan, 
um  ba§  9teftorat  non  Dtten?tt)eier  für  ein  in 
S3aben  §u  grünbenbe^  ^efuitenfoCteri  ju  erhalten. 
Sie  *  Originalbriefe  in  9tom,  Arcli.  Vatic., 
Mise.  Arm.  8,  vol.  XC. 

7  Dleiitfrieb  a.  a.  0.  245. 


Kollegien,  Ütefibensert  unb  fDMffionen:  9JloI§i)cim. 


187 


Qu  ber  oberrfietnifdjen  fßrotiinj  gehörten  aud)  bie  meiften  Kollegien  im  Grlfaf). 
Qm  Qaljre  1602  l^atte  ßaifer  9iubolf  bie  t)orberöfterreicf)ifcf)en  Sanbe  feinem  93ruber 
äRopimilian  überlaffen,  unb  nad)  beffen  Sob  übertrug  $aifer  Qerbinanb  (1619  ober 
1620)  bie  Regierung  feinem  93ruber  Seopolb,  ber  feit  1609  23ifd)of  Don  Strasburg 
mar.  Sd)on  früh  mürbe  baS  Slfafj  in  bie  Söirrniffe  be§  Krieges  fjineingejogeit, 
1621  unb  1622  fiel  eS  ben  9?aubfd)arett  beS  (Grafen  SöJanSfelb  unb  beS  9Jiarfgrafeit 
@eorg  Qriebrid)  Don  93aben,  1632  ben  Sdjmeben  unb  1637  SSern^arb  Don  SScimar 
jum  Opfer. 

2)aS  Kolleg  Don  9Üiol§l)eim 1  erlebte  in  unferer  Qeit  jmar  feljr  frofje,  aber  nod) 
mel)r  traurige  £age.  ®er  Sommer  1605  fab  bie  Grrridjtung  eines  neuen  ©ebäubeS 
für  bie  Sdfulen1 2.  Qnfolge  ber  SSermidlung  beS  ©rjberjogS  Seopolb  in  ben  Qülicber 
$rieg  mürbe  SRolSljeim  1610  Don  bem  SRarfgrafen  Don  Sranbenburg  belagert  unb 
eingenommen.  ®aS  Kolleg,  in  bem  nur  einige  Qefuiten  prüdgeblieben,  madfte  ber 
SRarfgraf  ju  feinem  Hauptquartier.  211S  bie  Qefuiten  nad)  bem  Slbjug  ber  Qeinbe 


SOCIETATIS  IESV  t MOLSHEMl 


ftolleg  unb  Äirrfje  31t  SJJioläljcim  1018.  ©tid)  im  SanbeSardjiö  ju  Strasburg  (s/i2)- 


jurüdfebrten,  fanben  fie  Diele»  geraubt  ober  jerftört.  ®aS  (Slenb  mürbe  nod)  ge* 
fteigert  burd)  bie  ißeft.  fö'aum  batte  man  Slnfang  1611  bie  Schulen  mieber  begonnen, 
als  bie  Seuche  ausbradj  unb  ben  britten  £eil  ber  noch  Dorbanbenen  Bürger  meg* 
raffte.  (Srft  gegen  ÜRoDember  fonnten  Sebrer  unb  Schüler  aus  Qulba,  mobiu  fie 
geflüchtet,  gurüdfebren 3.  Qm  SJejentber  1621  mürben  bie  Qefuiten  Dertriebeit ;  bis 
jum  17.  Qanuar  1622  maren  mieber  56  jurüd,  bie  aber  um  biefe  Qeit  teilraeife  Don 
neuem  Derfprengt  mürben. 

Qm  Herbft  1631  ftarben  infolge  anftedenber  Äranf beiten  ad)t.  ®ie  9ioDijen 
unb  bie  ingmifefjen  jablreid)  gemorbenen  fflüd)ttingc  Dom  91bein  unb  SRain  fanbte 
man  nad)  93apern,  Öfter reid)  unb  Qranfreid).  211S  im  September  1632  bie  Scbmeben 


1  58gt.  58b  I,  ©.  133  ff ;  R.  R  e  u  fi ,  L’Alsace 
au  17«  siede  II  (1897)  351  ff. 

2  $en  58au  leitete  P.  $>of).  3§forbin,  über 
ben  einige  Ragten,  meil  er  ju  präd)tig  gebaut, 

ßrjberäog  fieopolb  münfdjte  itjn  aber  fpäter  and) 


al§  58auteiter  für  ißaffau.  ?(guaoiüa  an  §einr. 
©d jeren,  28.  Siprit  1612.  *  Drig.*5Jteg.  Ad 

Rhen. 

8  *  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  Prov.  Rhen.  5Sa* 
nad)  meift  aud)  baS  golgenbe. 


188 


3)ritte$  fapitet.  Sie  oberrfjeinifdje  fJ3roüina. 


nagten,  mürben  30  Qiefuiten  aug  Sftofgpeim  an  anbere  Orte  gefdfjicft.  Sei  ber  Se* 
fagerung  ber  «Stabt  fragte  man  aucp  ben  9ieftor  beg  ^efuitenfollegg,  ob  man  bie 
Stabt  übergeben  foffe.  ©r  antmortete,  bag  fei  eine  pofitifcpe  Sacpe,  über  bie  eg  iprn 
nidfjt  guftepe,  eine  ©rffärung  ju  geben;  mag  immer  befcfjloffen  mürbe,  fo  merbe  er 
feine  Sßfficpt  tun.  Oie  Übergabe  erfolgte  am  18.  ÜRoüember  1632 1. 

2Bie  anbergmo,  oerlangte  man  aucf)  in  Sttofgpeim  üon  ben  Qefuiten  einen  ©ib. 
Siteflegcpi  fcprieb  bariiber  am  29.  ^ufi  1634  an  ben  ifßroüinjial  Straüiug;  SSenn 
ber  oon  ben  Sßatreg  in  SfRofgpeint  bem  9ipeingrafen  gefeiftete  ©ib  fein  ^räfubij  unb 
feinen  Stäben  für  ben  9fuf  ber  ©efefffcpaft  mit  fiep  bringt,  pabe  icp  nichts  bagegen; 
anbernfaffg  möge  er  jufepen,  roie  ber  Scpabe  abgumenben  fei2. 

Sfm  28.  $ufi  1635  belobte  ber  ©eneraf  ben  fReftor  ÜRifofaug  Sffberti,  bap  er 
feinen  ^Soften  trop  aller  Scpicffafgfcpfäge  tapfer  behauptet  pabe3.  Oa  bie  ©ffäffer 
Kollegien  mäprenb  fieben  Qapren  niept  oom  Sßroüingiaf  befugt  morben,  pieft  in  feinem 
Sfuftrage  ber  Scpfettftabter  97eftor  ^iopann  |)omppaeug  1639  eine  Sifitation  ab.  ^m 
fefben  Qiapre  fepfug  |>ergog  oon  Söeimar  fein  Stanblager  bei  iüJolgpeim  auf  unb 
oermiiftete  ringsum  bie  ©rnte.  ©in  Oeif  ber  Stabtmauer  mar  1633  niebergeriffen 
morben,  unb  nun  ffaffte  eine  grope  Öffnung  mit  ©efapr  für  bag  Kolleg  unb  feinen 
©arten,  ©in  furchtbarer  Sturntminb,  ber  1645  in  ber  Stabt  grope  Sermüftung  an-- 
rieptete,  marf  ben  höheren  Sturm  ber  Ä'ircpe  in  ben  hinteren  ©arten,  fo  bap  baburep 
bie  Sücfe  gefepfoffen  mürbe. 

Oie  für  ben  ©otteSbienft  benupte  Spitaffapeffe  patte  fiep  ntepr  un^  me^r 
ju  ffeiit  ermiefen.  iRoüember  1614  mürbe  ber  Sau  einer  neuen  $ircpe  befepfoffen 
unb  ^ebruar  1615  ber  ©runbftein  gefegt4.  Oer  effäffifepe  Klerus  fteuerte  für  ben 
Sau  gegen  4000  ©ufben  bei.  gepfte  eg  an  ©elb,  fo  paff  ftetg  gropmütig  ©rjpergog 
Seopolb.  Oer  Sau  erforberte  gmeieinpafbjäprige  Strbeit.  Süferpeiligen  1617  fonnte 
bie  neue  föircpe  in  Senupung  genommen  merben.  Sfm  26.  Sfuguft  1618  mürbe  bie 
föircpe  fonfefriert  an  erfter  Steife  gu  ©pren  ber  heiligen  Oreifaftigfeit.  Sei  biefer 
©efegenpeit  gab  Seopolb  eine  grope  Oafef,  gu  ber  gegen  taufenb  ©äfte  gefaben  maren. 
Stuf  bem  ÜDfarfte  forgte  ein  gebratener  Ocpfe  unb  ein  Oueff  üon  meipern  unb  rotem 
Söeitt  für  bie  Sabung  beg  Soffeg.  Oie  neue  ®ircpe  ift  ein  ftattfieper  Sau  üon 
61  m  Sänge,  21  m  Sreite  unb  20  m  £>öpe.  Oie  fieben  üorberen  $ocpe  beg  SCRittef* 
fepiffeg  finb  üon  Seitenfcpiffen  begleitet,  benen  man  ©mporen  eingebaut  pat.  Oer 
©por  erpäft  eine  gfut  üon  Sicpt  burep  neun,  faft  affe  nur  menige  SDReter  über  bem 
Soben  beginnenbe  ^enfter.  Oiefe  SicptfüHe  üerftärft  ben  mäeptigen  ©inbruef,  ben 
bag  innere  mit  feiner  SSeiträumigfeit  unb  feiner  febenbigen  ©fieberung  maept.  Sfucp 
im  Supern  roirft  bie  föircpe  fepr  impofant.  Oer  Stil  ift  menn  auep  niept  gang  rein, 
boep  burepaug  gotifcp  im  Innern  unb  im  Supern.  „Oie  SJioIgpeimer  fö'ircpe  ift  fünft* 
piftorifcp  gmeifellog  ein  SBerf  üon  perüorragenber  SSicptigfeit. . . .  Sie  ift  neben  iprer 
Kölner  Scpmefter  bie  gröpte  unb  bebeutenbfte  gotifdpe  Slnfage,  mefepe  im  17.  ^apr* 
punbert  niept  nur  üon  ber  rpeinifepen  Drbengproüing,  fonbern  überhaupt  in  Oeutfcp* 
fanb  neu  aufgefüprt  mürbe."5 

SOfit  ber  ©inroeipung  ber  neuen  föircpe  mürbe  bag  fö'offeg,  mie  Seopolb  gemiinfept 
patte,  gur  Sffabemie  erpoben.  Oie  ©röffnung  ber  neuen  Sfabemie  fanb  am  27.  Sfuguft 
1618  ftatt.  ©in  gropeg  Scpaufpief,  „fö'arfg  b.  @r.  grömmigfeit,  SBeigpeit  unb  ©rop* 
pergigfeit",  bag  in  brei  Oeifen  an  brei  aufeinanber  fofgenben  Oagen  üon  beit  Scpiifern 


1  C  o  r  d  a r  a ,  Hist.  Soc.  Iesu  II  604  ff.  93gl.  I  ac  je t,  Senfmale  ber  93aufunft  im  ©Ifafj  (1906) 

I  472.  2  *0rig.=fReg.  Ad  Rhen.  sup.  94  f.  Sie  au§füf)tlid)e  93efd)reibuug  ber  Äirdje 

s  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  irt  Archiducalis  AcademiaMolshemiensis  (1618) 

4  Sa§  golgenbe  nad)  93  r  a  u  n ,  Sie  Sirdjcn»  255  ff. 

bauten  ber  beutfepen  gefuiten  I  49  f ;  (5.  spo=  6  93  raun  a.  a.  0.  60. 


Kollegien,  Shefibenjen  unb  DJtiffionen:  SRoIl^eim. 


189 


gefpielt  mürbe,  er^ö^te  bie  freier.  Söäfjrenb  bag  Kodeg  im  Qaf)re  1603  nur  27  SDiit- 
glieber  gejault  Ijatte1,  wieg  bie  neue  Slfabemie  einen  nie!  größeren  fßerfonenftanb 
auf.  Unter  ben  62  SRitgliebern  waren  14  ^Srofefforen.  Sott  ben  27  Qefuiteit» 
fcpolaftifern  im  Kodeg  [tubierten  6  fdfjolaftifdje  Geologie  unb  21  fßljilofopliie.  3m 
©entinar  waren  je  ein  'priefter  alg  fRegeng  unb  alg  ÜJRinifter,  jwei  ©djoIaftifertf)eologen 
alg  ^5räfeften  unb  swei  Sriiber.  ®urd)  beit  Krieg  ging  nidjt  allein  bie  2lfabemie, 
fonbern  audj  bag  ©tjmnafiunt  faft  tiodftänbig  ju  ©runbe2. 

gür  bie  ©eelforge  gefdjaf)  in  SRotgfjeim  nie!  audj  in  ben  bebrängteften  ßedett. 
Katedjefe  würbe  1608  ftäubig  an  neun  Orten  gegeben.  2ln  einem  biefer  Orte  fanb  man 
bie  (Sitte,  itidjt  tior  bem  16.  3afjr  ju  beichten,  3m  ^al)re  1624  begann  man  eine 
Katedjefe  für  bie  Firmen  not  ben  Soren  ber  ©tabt;  fie  fanb  jweimal  in  ber  SBodje 
unb  an  allen  ©onn*  unb  gefttagen  ftatt.  Sie  Sürgerfongregation  blüfjte;  fie  er» 
ridjtete  1613  in  ber  iRäfje  ber  ©tabt  eine  2trt  Kreuzweg,  nämlidj  fiebett  äRarterfäulen 
mit  Sarftedungen  aug  ber  Seibenggefdjidjte.  Surdj  ben  Krieg  ging  bie  Kongregation 
fefjr  jurüd;  1639  fjeijjt  eg,  baff  fie  wieber  aufatme.  211)nlid)  war  eg  mit  ber 
©tubentenfongregation,  bie  1617  in  eine  größere  unb  Heinere  geteilt  worben3. 

Ser  ©alramentenempfang  litt  natürlich  audj  fefjr  burdj  bie  Krieggereigttiffe. 
Sei  ber  SerUinbigung  beg  Slblaffeg  im  ^a^re  1632  würben  troijbem  über  11 000  Korn» 
munionen  gejütjlt,  im  folgenben  Qa^re  aber  nur  ftarf  6000,  eine  3afjl,  bie  regelt 
ber  breintonatigen  Sewadjung  unb  weil  bie  Sürger  an  ben  gefttagen  arbeiten  mußten, 
nic^t  alg  Hein  angefefjen  werben  barf.  SRadjbent  bie  ©tabt  burdj  fßeft,  junger  unb 
Krieg  förmlicf)  behindert  war,  jäljlte  man  1639  unb  1640  bodj  nodj  über  3000  Korn» 
munionen.  3n  ben  ^a^ren  1641 — 1647  fcfjwanft  bie  galjl  gwifdjen  4500  unb  5500. 
3u  biefer  Steigerung  ^atte  fefjr  bie  feit  einigen  3<d)t'en  eingefiifjrte  monatliche  ©enerat» 
fommunion  beigetragen.  3m  3a§re  1650  waren  eg  wieber  über  7000. 

2lud)  su  fßeft  unb  Sagerfeelforge  gab  eg  mefjrfadj  (Gelegenheit,  ©o  würbe  in 
bem  fßeft*  unb  ^pungerjafjr  1609  ein  fßater  für  bie  Kraulen  exponiert  unb  ben 
^mngernben  auf  jebe  mögliche  SSeife  §ilfe  gebracht.  211g  1636  ber  Pfarrer  tiott 
SRolgfjeim  an  ber  fßeft  ftarb,  trat  ein  ißuter  fofort  für  längere  .Qeit  an  feine  ©tede. 
Qm  3afjre  1648  waren  bie  fßatreg  befonberg  in  ber  Sagerfeelforge  tätig,  hörten  bie 
©olbaten  in  ben  beutfdjen  ^Regimentern,  bie  in  ber  SRäfje  ber  ©tabt  unter  einem 
franjöfifdjen  Sefefjlgfjaber  lagerten,  Seidjt  unb  halfen,  wo  fie  nur  Hunten4. 

©efjr  oiele  Sienfte  erwiefen  bie  fßatreg  tion  SRolgtjeim  audj  ber  näheren  unb 
entfernteren  Umgebung.  3m  3a*)re  1601  arbeiteten  jwei  ffßriefter  im  Slböent  unb 
in  ber  gaftenjeit  in  ben  Sogefentälern;  im  folgenben  Qafjre  fanben  fürjere  SRiffionen 
in  ©djirmed,  Sllbegborf  unb  an  anbern  Orten  ftatt.  Sei  einer  SRiffion  in  Ober» 
eljnfjeim  im  3°^)re  1608  würben  1200  Seicfjten  gehört,  audj  fpäter  (1639  unb  1640) 
würben  in  Oberefjnfjeim  unb  gabern  SJRiffionett  gehalten.  3m  3flf)re  1624  füfjrten 
bie  fßatreg  ben  Ort  Krieggfjeim,  ber  feit  einem  falben  ^ahrhunbert  oon  ben  ©trafj» 
burger  fßräbifanten  im  3ndum  beftärft  worben,  jur  Kirche  guriicf,  unb  1630  gäfjlten 
SWei  fßatreg  in  ber  ©raffdjaft  ©aarwerben  (Sodenfjeim)  über  1000  Konüerfionen5. 
3n  ben  tiierjiger  fahren  tiertraten  mehrere  ißriefter  bag  gange  3af)r  an  brei  benadj» 
barten  Orten  ben  Pfarrer..  Sie  ÜRot  war  fo  grofj,  bafj  für  einen  eigenen  fßfarrer 


1  12  ^rieftet,  7  ©cbolaftifer,  bie  teils  Seljrer 
teils  ©tubierenbe  ber  SWoral  roaren ,  unb 
8  Sörüber. 

2  StäbereS  in  bem  8.  Kapitel. 

3  *  Synopsis  hist.  coli.  Molshem.  ißfarr» 
ardjio  Bon  SOtoISbeim- 

4  2)ie  Obern  waren :  Sob-  9tocbu§,  1601; 


Sob-  SSforbtnfl,  1604;  2beob.  9teeS,  1610(?)  1 
Sob.  9Jtercurian,  1622;  91ubr.  Sfirdjberger,  1624; 
ißet.  2)ieb,  1628;  ^ob-  ©cbarpffbilltd)  (SBije» 
reftor),  1632;  Kilol.  Sllberti,  1632;  ^ob- 
©cbarpffbiüid) ,  1639;  $efib.  SupiuS,  1646; 
IHicquin  ©öltgenS,  1650  (?). 

6  Über  SBocfenbeim  Dgl.  17.  Kapitel. 


190 


$ritte§  fapitcl.  $ie  oberrf)cinifd)e  (probin^. 


feilt  Unterhalt  £>efcf;afft  merben  fonnte.  SSegen  be§  ÜÖIattgetg  an  ^Sfarrfeelforge 
[trömten  bie  Seute  au§  ber  ganjen  Umgegenb  nadj  ÜDMpeim,  um  bei  ben  Qefuiten 
ju  beidjten.  (Sin  eigentümliches  ©djaufpiet  mar  e§,  at§  1650  gmei  ©cfjotaftifer  auf 
baS  Sanb  gingen,  um  Katedjefe  ju  galten.  $8011  atten  ©eiten  famen  nidjt  nur  Kinber, 
fonbern  and)  (Srmachfene  prbei;  ein  magrer  junger  nad)  retigiöfer  ^Belehrung  geigte 
ficf)  bei  ben  Seuten,  bie  jo  lange  jeben  Unterricht  unb  auch  ietd  noch  georbnete  ©eet* 
forge  entbehren  mußten. 

(Sine  befonbere  (Srmäfjnung  tierbient  bie  feeljorglicfje  Xätigfeit  ber  5D?olg^eimer 
patres  in  ©trafjhurg.  Qm  Qafjre  1632  mar  ein  ißater  in  ©trapurg  tätig  um 
2Beihnad)ten,  Dftern  unb  ju  anbern  Qepeiten.  $>er  Kommanbatar  ber  SDeutfcf)^erren 
hatte  bie  SBerantaffung  gegeben.  (Sinige  Qatjre  fpäter  (1639)  jählte  ein  SKotSpimer 
$ater  bort  900  unb  1641  fogar  über  2000  Kommunionen.  Qn  biefern  unb  ben  fotgenben 
Qatjren  arbeiteten  alljährlich  bie  ÜFJotSpimer  Qefuiten  längere  Qeit  in  ©trapurg. 
(Sin  Q5ater  teilte  am  ißatmfouiitag  1646  400  Kommunionen  au§,  unb  im  fotgenben 
Qatjre  1647  maren  tion  äßeihnacfjten  bi§  TDreifönig  täglich  Kommunionen,  fo  baff 
bie  ißroteftanten  fich  munberten  über  eine  fo  grop  Qafjt  oon  Kathotifen,  bie  fie  in 
©trapurg  nidjt  tiermutet.  (Sinmal  (1628)  arbeitete  man  auch  baran,  ben  Qefuiten 
bie  ©trapnrger  ®omfanget  311  übergeben1;  hoch  mürben  biefe  ^Bemühungen  moht 
befonberS  burdj  bie  fotgenben  KriegSereigniffe  tiereitett.  — 

Qn  ber  9tei<h§ftabt  Jpageitau,  bem  ©ip  be§  öfterreidjifdjen  SanboogteS  für  (SIfajj, 
hatte  bie  Qrrtehre  (Siitgang  gefunben  in  ben  Qaf)ren  1530 — 1558,  ba  bie  £anb> 
oogtei  atS  Sßfaitb  bem  Kurfürften  tion  ber  Sßfatg  unterftanb2.  Qebocf)  maren  tiiete 
bem  alten  ©tauben  treu  geblieben  unb  nur  bie  QranjiSfanerfirdje  in  bie  .jpänbe  ber 
Suttjeraner  gefommen.  ©teidjmoht  mar  ber  fathotifdje  ©taube  gefährbet.  Schon 
feit  1595  hotten  Qefuiten  au§  ÜDiotpeim  auf  Sitten  beS  machfamen  Pfarrers  Qetip 
©djman  |)itfe  gebradjt;  im  Qatjre  1604  aber  rief  fie  ber  SDJagiftrat  auf  Serantaffung 
Kaifer  9tubolf§  II.  in  bie  ©tabt  unb  räumte  ihnen  baS  teerfteffenbe  Qohanniterftofter 
ein.  Qmei  patres  mit  jmei  Saienbrübertt  famen  in  ber  erften  (pätfte  be§  QatjreS  1604 
in  bie  ©tabt.  „28ir  mürben",  berichten  fie 3,  „mit  gropm  Qubet  oon  ben  Kathotifen 

empfangen,  bie  nun  metteifern,  un§  Söoljltaten  ju  ermeifen _  2öir  prebigen  ©onn* 

unb  QefttagS  (in  ber  ^auptfirdje  ©t  ©eorg)  unb  bei  ben  häufigen  Seidjenbegängniffen. 
®en  KatechiSmuSunterridjt  febodj  untertiepn  mir  nod)  tiortäufig  auf  ben  SBunfdj  ber 
fatfjotifdjen  Statsfjerren. ...  (Ss  befteht  grop  Hoffnung,  t)kv  reirfje  Qrüdjte  ju  ernten, 
jumat  menn  hier,  mie  man  fdjon  ptant,  Kotleg  unb  ©cfjuten  errichtet  m  erb  eit." 

2e|tere§  fam  batb  gur  StuSführung.  SIm  21.  9?otiember  1607  mürbe  ben 
Qefuiteit  ba§  beftetjenbe  fteine  ©pmnafium  tiom  SKagiftrat  übergeben,  mit  ber  S3e- 
ftimmung  jebodj,  bah  ^er  proteftantifche  Seljrer,  metcher  mit  bem  eben  üerftorbenen 
fathotifchen  Üleftor  an  ber  ©cfjute  tätig  gemefen  mar,  audj  ferner  mit  ben  Qefuiteit 
ben  Unterricht  erteilen  helfe4.  SSier  Klaffen  mürben  eingerichtet,  unb  innerhalb  eines 
QafjreS  ftieg  bie  ©df)ütergahl  tion  60  auf  nahe  an  200;  auch  ÜDÜtglieber  tierfcfjiebener 
Orben  jäljtte  man  barunter5.  ®odj  hotten  bie  Qefuiten  burch  bie  etroaS  tiorfd)nette 


1  Samormaini  batte  in  biefer  fRidftung  1628 
an  ben  Slbminiftrator  gefdjriebcn  nnb,  wie  e§ 
fcfjeint,  eine  günftige  2(nttoort  erhalten,  ögl. 
2amormaini§  93rief  an  SiteßeSdji,  29. 

1628.  *  Original  in  Epp.  Austr.  IV  49. 

2  ^iir  ba3  fffolgenbe  Ogi.  A.  Hanauer,  Le 

Protestantisme  ä  Haguenau  (1905)  244  ff 

265  ff;  V.  Guerber,  Hist,  de  Haguenau 

(1876)  I  244  ff;  II  150  ff.  $ie  Annal.  coli. 


Hagen.  1604 — 1692  befinben  fiel)  im  $farr= 
ardjio  ju  9EoI§l)eim.  Siefen  Slnnalen  folgen 
bie  Sluffäpe  SDlurpä  über  ba3  Kolleg  Oon  §a-- 
genan  in  ber  Revue  Catholique  d’Alsace  1910, 
277  ff.  ©ine  cinge^enbe  Fundatio  coli.  Hagen, 
im  Stabtardjio  ju  §agenau. 

3  *Litt.  ann.  1604. 

4  *  Litt.  ann.  1607,  731  f. 

5  Litt.  ann.  1608,  493.  *Litt.  ann.  1609. 


Kollegien,  fKefibenjen  unb  SJJZtfftonen :  .fcagcnau. 


191 


Übernahme  ber  Schute  tmtb  Berbrufj i *.  gunädjft  mar  eg  bie  Beibehaltung  beg  pro* 
teftantifdjen  Sefjrerg.  <Sd^on  am  6.  September  1608  machte  Stquaüioa  ben  Superior 
Bircffinger  auf  bie  faum  augbleibenben  mißlichen  folgen  aufmerffant  a,  unb  halb 
mußten  bie  ^agenauer  ^efuiten  fetbft  if)m  recht  geben.  £$n  bem  Qahregbericht 
non  1611  heifct  eg  nämlich :  „©rop  ber  Slnpaffung  beg  lutherifchen  Seprerg  an  bie 
Schüler  unb  trop  att  feiner  Siebe  unb  SßiUigfeit  itng  gegenüber  bemirfte  hoch  bie 
Berfdjiebenpeit  ber  Üietigion,  bafj  bie  Schüler  ber  gmeiten  Pfaffe,  bie  unter  feiner 
Seitung  ftanb,  in  ihrem  ©tauben  tau  unb  fatt  mürben.  Slug  Beforgnig  für  ben 
©tauben  fcpidten  bie  ©ttern  ihre  ftduber  entmeber  anbergmohin  ober  münfcpten,  bafj 
biefetbett  mit  Überfpringung  ber  gmeiten  Pfaffe  gteicf)  in  bie  britte  aufgenommen 
mürben.  Stuf  unfere  Bitten  finb  ung  nun  fämttiche  Staffen  oom  BJagiftrat  über* 
geben  morben,  mährenb  für  bie  ^roteftanten,  ihrem  Stnfuchen  gernäfj,  ein  eigeneg 
©pmnafium  eingerichtet  mürbe."3  ©ie  ^auptfdjmierigfeit  aber,  ber  fanget  einer 
feften  Stiftung,  fcfjien  unüberminbbar.  ©ag  hatte  im  Qahre  1612  faft  gur  Stbberufung 
fämttidjer  Seprfräfte  geführt4 5.  Sdjtiefjtid)  jebod)  poben  fich  burd)  bag  ©ingreifen 
beg  ©rgpergogg  Seopotb  oon  Öfterreid),  beg  Bigtumgoermeferg  öon  Strasburg  (1607 
big  1625),  auch  biefe  brüdenben  Sorgen6.  Slm  8.  Stprit  1614  üermanbte  er  fid) 
für  bie  ^efuiten,  „metdje  feit  1604  mit  grofjem  ©ifer  unb  nidjt  geringem  ©rfotge 
in  ^agenau  gearbeitet  unb  fich  für  bag  £>aug  ©otteg  ben  ©egnern  mie  eine  Blauer 
entgegengefteltt",  bei  V- 6  unb  ermirfte  beim  Bfagiftrat,  bafj  berfetbe  am  3.  Quni 
1614  bie  Stiftunggurfunbe  augftettte7.  ©r  fetbft  ergänzte  biefetbe  bann  burch  Über* 
meifung  beg  BMtpetmitenhaufeg  unb  aitberer  ©infünfte  ungefähr  um  bag  ©oppette, 
fo  bafj  er  Blitgriinber  beg  ^ottegg  genannt  mürbe8. 

Stm  1.  Januar  1615  mürbe  nun  bie  ©rpebung  ber  ÜJiebertaffung  gu  einem  $odeg 
in  £>agenau  unter  grofjem  ^ubet  oerfünbet.  ,,©ie  greube  mar  um  fo  größer,  je  gröfjer 
bie  ©efapr  ber  Stuftöfung  megen  ber  nieten  Schmierigfeiten  bei  ber  gaptreidjen  prote* 
ftantifchen  Beoötferung  unb  ber  mannigfachen  Slbneiguitg  gegen  unfere  ©efetlfdjaft  ge* 
mefen  mar."9  ©ie  SBirffamfeit  nahm  nun  einen  neuen  Sluffdjmung.  ©ie  Schute  erhielt 
im  £>erbft  1615  bie  fünfte  unb  tepte  klaffe  unb  im  fotgenben  Qjapre  eine  eigene  Sehr* 
fraft  für  ©riecpifd).  9?acp  bem  Katalog  non  1622  maren  in  §agenau  fieben  Seprer  am 
©pmnafium,  nier  für  ©rammatif  unb  je  einer  für  Humanität,  Bpetorif  unb  ©riechifdj. 
Stpntid)  entmidette  fidj  bie  feetforglicpe  ©ätigfeit.  Statt  brei  im  ^ahre  1614  mirften 
feit  1616  faft  ftänbig  fecpg  ^Stricfter 10  in  ber  Stabt  unb  audj  oietfadj  in  ber  Um* 
gegenb,  g.  B.  in  Blarientat,  mo  im  $ahre  1617  bie  Sßattfaprtgfirdje  nebft  ^töftercpen 
ben  Qefuiten  Übermiefen  mar11,  bann  in  Sütttenpaufen,  Bapenborf,  Scpäffotgpeim, 
Bifdjraeiter,  Bucpgmeiter,  91eicpghofen  u.  a.  ©ie  3apt  ber  Kommunionen  ftieg  non 
2600  im  ^ahre  1609  auf  6037  im  3ahre  1617  12-  ®er  Sfaftor  Boeft  fonnte  in 


1  *Litt.  ann.  1615. 

8  *0rig.=9leg.  Ad  Rhen. 

3  *Litt.  ann.  1611. 

4  *  StquaPitm  an  ben  $robinäial  ©djeren, 
26.  Stprit  1612.  Ad  Rhen.  SSgt.  über  bie  ©ad)* 
tage  bie  *  93riefe  ebb.  1611  u.  1612. 

5  *  Stquaüioa  an  ipirdpuger,  10.  SJJai  1614. 
Ad  Rhen. 

6  *  Original  in  Arch.  Vatic. ,  Lettere  de’ 

Principi  n.  57,  f.  99.  Seopotb  bat  um  Über* 

toeifnng  be3  Monasteriolum  S.  Wilhelmi  in 

Hagenau  an  bie  Sefuiten:  Ultimus  religiosus 

ante  mortem  coram  notario  resignavit  dictum 

monasteriolum  mihi  expresse,  utsubsidio  esset 


fundationi  Patrum  Societatis.  SSgt.  Hanauer 
a.  a.  0.  279  f.  Über  bie  SBilfjetmiten  f.  Guer- 
b er  a.  a.  0.  II  144  ff. 

7  *  Original  auf  Pergament  in  ®tain^,  (Stabt* 
bibtiotfjef,  Jes.  B.  8  A.  ber  llrtunbe  Ijeifjt 
e§,  baff  man  bie  Sreue  unb  ben  g-teifs  ber 
i)Satre§  fdjon  mehrere  Sapre  mit  befonberer  ©e* 
nugtuung  erfahren.  SSgt.  Guerber  a.  a.  O. 
II  259  415 ff;  Hanauer  a.  a.  0.  269  ff. 

8  *  Stquaoioa  an  S?ird)inger,  10.  SJtai  1615. 

9  *  Litt.  ann.  1615.  10  *Catal.  Rhen. 

11  Über  bie  unrichtige  Sarftettuug  bei  9töljrid) 
pgt.  Hanauer  a.  a.  0.  281  h 
18  *Litt.  ann.  ber  betreffenben  gaffre. 


192 


dritte?  ftapitel.  Sie  oberrf)einifcf)e  fproöinj. 


einem  Briefe  üon  ber  Qrömmigfeit  be§  SotfeS  berichten.  SIucp  mehrte  fiel)  non  Qapr 
ju  Qapr  bie  ßapl  ber  Übertritte  jur  fatpotifepen  Äircfje  unb  ftieg  in  einem  Qapre 
auf  127.  2tm  24.  9Jiärj  1618  feprieb  ber  ©enerat  nad)  §agenau:  „9J?it  großer 
Qreube  Ia§  icp  bie  9tacprid)ten  üon  bem  gtüdticpen  Soranfdjreiten  ber  fatpotifdjen 
@ad)e.  .  .  .  ®ie  ÜDJitteitung,  bap  biefeS  Qapr  fein  ißroteftant  in  ben  9?at  gemäht 
unb  ber  proteftantifdje  ©cputüorfteper  fand  ben  Kuratoren  ber  proteftantifepen  $?ird)e 
aus  ber  ©tabt  gemiefen  feien,  fcfjien  mir  non  foteper  Sebeutung,  bap  icp  auep  ben 
Sßapft,  ben  fotdje  Erfolge  fepr  freuen,  baooit  in  Kenntnis  gefept  pabe."1  Qm  Qapre 
1625  toareit  unter  ben  8000  ©inmopnern  noep  1000  ^ßroteftanten ;  im  Qapre  1628 
mürben  bie  nodj  übrigen  ^5roteftanten  auSgemiefen 2.  ©tet§  Ratten  bie  Qefuiten  einen 
fräftigen  görberer  iprer  Arbeiten  unb  treuen  Sefcpüper  gegen  ipre  Qeinbe  an  bem 
ipnen  fefjr  gemogenen  ©tabtrate3. 

2>er  nun  auSbrecpenbe  Ärieg  änberte  anfangs,  abgefepen  üoit  ber  furzen  Qtudjt 
im  Qapre  1622,  menig.  ©cfjoit  ein  Qapr  naep  ber  gluckt  berid)tete  ber  Üieftor  an 
ben  ©enerat  mieber  öon  ben  „fo  frudjtreidjen  feetforgtiepen  Arbeiten" 4.  ©nbe  1631 
jeboep  brachen  für  baS  £>agenauer  Kolleg  fepmere  Qeiten  an. 

Stuf  ben  9fat  ber  Qdeunbe  maren  guerft  alle  fortgefcfiicft  morben,  nur  ber  neu* 
ernannte  9?eftor  Qopann  ©remer  unb  ber  ^rebiger  P.  StafiuS  SBitpetmi  mit  brei 
Saienbrübern  maren  jurn  £roft  unb  jur  §itfe  ber  Bürger  unb  ©otbaten  jurüd» 
geblieben  unb  Ratten  bei  ber  peftig  mütenben  Q3eft  Anfang  1632,  bei  meteper  Diele 
felbft  auf  offener  ©trape  tot  jufammenbradjen,  über  unb  über  ju  tun5.  Anfang 
9J2ai  1632  mürben  jebocf>  auf  Sitten  be§  ©tabtratS  bie  ©cputen  mieber  eröffnet  unb 
bie  Qapt  ber  Qefuiten  auf  15  üermeprt:  6  Sßriefter,  4  SJtagiftri  unb  5  Saienbrüber. 
®iefe  fottten  nun  halb  bie  SDrangfate  unb  Seiben  beS  Krieges  bitter  füllen.  2lm 
21.  SDe^ember  1632  mürbe  bie  ©tabt  öon  ben  ©djmeben  genommen,  öier  SBodjen 
fpäter  öon  ben  ß'aiferticpen  überrumpelt  unb  am  1.  Qebruar  1634  öon  ben  Qran> 
jofen  befept  unb  behauptet.  Sffiegen  ber  Sefapung  unb  ber  Dielen  geflüchteten  Sanbteute 
mürben  9?ot  unb  ©tenb  in  ber  ©tabt  oft  grop  unb  bie  Qefuiten,  metepe  Anfang  1636 
auf  aept  oerminbert  maren,  patten  Diel  barunter  ju  leiben.  „2)?it  meldjer  ©cpmierig= 
feit",  fo  peipt  eS  in  einem  ©epreiben  be§  ©eneratS  Dom  4.  Quti  1637  an  ben  9ieftor 
Bremer,  „bie  Unfrigen  bort  ipr  Seben  friften  müffen,  fepe  icp  au§  Qprern  Sriefe." 6 
Qm  Qapre  1634  mar  noep  1/e  ber  Seüötferung,  naep  ber  gropen  (pungerSnot  Don 
1637  maren  üon  ben  früperen  1300  Sürgern  noep  150  übrig.  Einige  Qapre  fpäter 
mitpte  bie  ©tabt  ©loden  unb  peilige  ©efape  öerfaufen7.  ®ie  Sänbereien  ber  Qefuiten 
mürben  oft  Don  feinbtiepen  ©otbaten  abgeerntet  unb  tagen  üietfaep  braöp;  ba§  Siep 
auf  ben  Söeiben  aber,  lange  Qeit  bie  £>auptftüpe  für  ipren  Unterpatt,  mar  nad)  unb 
naep  faft  öoEtftänbig  meggetrieben,  fo  bap  man  im  Qapre  1643  fiep  mit  ©rtaubniS 
ber  Obern  burep  Serfauf  üon  Sier,  baS  ein  Sruber  braute,  eine  neue  ©innapme- 
quelle  eröffnen  mupte.  Son  ben  Qran^ofen  mürben  fie  mit  ©rpreffungen  gebrüdt 
unb  mit  ÜJJtiptrauen  bepanbett,  fo  bap  baS  £>auS  oft  nad)  ÜBaffen  ober  fonftigen 
Qeicpen  üerrüterifdjer  Serbinbung  mit  ben  ^aifertidjen  burdjfudjt  mürbe. 


1  *  0rig.=fReg.  Ad  Rhen.  $ie  fDlaferegel  mar 
berurfadjt  burd)  bie  §epereiert  ber  ffiroteftanten. 
Sm  Saljre  1624  mürbe  burd)  faiferlidje  Äom= 
miffare  ben  Sutljeranern  bie  freie  9ieIigion§= 
Übung  genommen  unb  bie  gi-'flniÜ^fanerfircbe 
ben  gnmäi§fauern  surüdgegeben.  *Litt.  ann. 
1617  u.  1624.  5ßg[.  Hanauer,  La  guerre  de 
trente  ans  ä  Haguenau  (1908)  244  ff  278  ff  297  ff. 

2  R.  Reufi,  L’Alsace  au  17e  siede  I  459 ; 

II  529  ff. 


3  *  Litt.  ann.  1616  1617  ff. 

4  SSgl.  *  5ßiteße^d)i  an  ben  ffteftor,  9.  ®ef)t. 
1623.  0rig.=fReg.  Ad  Rhen. 

5  golgenbe  nad)  *Hist.  coli.  Hagen. 
1631 — 1638  u.  1642 — 1644  (Hist.  Rhen.  sup. 
II  2  u.  16).  SBgl.  A.  Hanauer  a.  a.  0. 
155  ff. 

6  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

7  R.  R  e  u  ß ,  L’Alsace  au  17e  siede  1 
460. 


Äoltegien,  9iefibenjen  unb  -Utiffionen :  §agenau. 


193 


Sei  all  biefent  Jammer  fiefj  man  aber  ben  9J?ut  nidjt  finfen  unb  „arbeitete  auf  beut 
fcfjmeren  ^ßoften  mit  allem  (Sifer,  fomeit  e§  nur  bie  3eitöerfjäftniffe  geftatteten" L  Stn 
unbeugfamem  SDZut  ging  aßen  Doran  ber  unerfcfjrocfene  9Zeftor  Qofiann  (Sremer1 2.  „$er 
|jodf)finn  @ro.  Ijocfjraürben",  fo  fc^rieb  i^m  am  14.  2fprif  1(540  Doß  Sfnerfennung 
ber  ©eneraf,  „unb  ber  ßbefmut  ^^rer  Untergebenen,  momit  bei  fo  Dielen  unb  großen 
Seiben  ber  ^Soften  gehalten  mirb,  unb  bie  freubige  Sereitmißigfeit,  efjer  ba§  £>ärtefte 
ju  erbulbeu,  af§  ifjn  prei^ugeben,  fjabeu  miß)  fjocfj  erfreut.  Ratten  ©ie  nur  mutig 
au§." 3  SJJlut  unb  2fu§bauer  mären  hoppelt  notmenbig,  nidjt  an  fester  ©teße  aud),  um  bie 
Satfjofifen  £agenau§  ju  ftürfen,  ba  Sfnfjänger  Derfcfjiebener  ©eiten,  mefdfje  in  ^jagenau 
©djuj)  gefunben  Ratten,  ifjre  Sehren  ju  Derbreiten  fugten  unb  int  ^afjre  1640  Don 
betn  franjofifdEjen  ©ouoenteur  freie  9Zefigion§üfmitg  in  ber  ©tobt  erlangt  fjatten 4. 
®iefe  Sfnftrengungen  ber  Qefuiten  blieben  tro£  mancher  ©nttäufdjungen  fdfjlie^lid)  nicfjt 
frudjtfoS.  3m  Qafjre  1645  berichten  fie:  „®ie  ifirebigten  in  unferer  (@t  ©eorg§-) 
Sirdje5  mie  aud)  in  ber  granjigfaner*  unb  $ßrämonftratenferlircf)e  finben  Seifaß.... 
2335  fjaben  bie  fjeifige  Kommunion  empfangen.  .  .  .  3um  erftenmal  mürben  aucfj 
mieber  bie  ©djufen  mit  ißrämienoerteifung  unb  einem  ©cfjaufpiel  Dor  einer  grofjen 
SOZenge  Soffeg  eröffnet."  2fud)  fjatten  ifjre  ©djritte  gegen  bag  2fuftreten  ber  ©eften 
beim  ©enerafgouDerneur  be§  ©ffaffeg  unb  bem  Sönig  Don  granfreidj  enbfid)  ©rfofg 6. 
^m  ^afjre  1646  mürbe  ben  (Safüinern  bie  freie  ÜZefigiongübung  in  §agenau  mieber 
unterfagt7.  21  tu  25.  Sfnguft  1646  fdfjrieb  Sarrafa  an  ben  £>agenauer  9Zeftor:  „®ie 
grofje  ©ebufb  unb  £angmütigfeit,  momit  bie  Unfrigen  fidj  bort  abntüfjen,  erbaut  micfj 
fefjr.  Sro.  §ocf)mürben  aber  fpredje  id)  meinen  ®anf  au§,  bafj  ©ie  burcf)  ©dritte 
bei  ben  Seamten  be§  aßerd^riftfic^ften  Sönigg  bie  Unfrigen  gegen  bie  ÜJZadEjenfdjaften 
ber  ^ßroteftanten  gefdjütjt  fjaben."8 

©eit  1646  ging  eg  fangfam  Doran.  ®ie  ©deuten,  in  mefdjen  biSfjer  ein  einziger 
Sefjrer  fämtfid^e  ©cfjüfer  unterrichtet  hatte,  jäfjften  ^erbft  1649  mieber  ihre  fünf 
Stoffen,  memt  audfj  nodj  bie  Dier  oberen  ju  je  §mei  fombiniert  maren9.  SDie  3a^ 
ber  patres,  mefcfje  im  3af)re  1641  auf  Dier  jurücfgegangen  mar,  flieg  im  3o^re  1646 
mieber  auf  adfjt.  Sfnerfennenb  fcfjrieb  am  19.  SJZärj  1650  ber  ©eneraf  ^ßiccofomini 
an  ben  SZeftor  Johann  ©dCjarfbilfich :  „9Zidjt  menig  greube  bereitete  mir  bie  ÜJZadj* 
ridjt,  bafj  unfere  2frbeiten  bei  aßern  ®rud  ber  jeitfidjen  Sage  nicht  ofjne  Grrfofg  finb. 
©g  ift  mir  bag  ein  beutficfjeg  ty'ufyen  9uten  Orbenggeifteg  bort  im  Soßeg."10 
2Ug  bann  im  felben  3fll)re  franjöfifcfje  Sefafjung  abjog  unb  auf  Sfnorbnung  be§ 

©tabtrateS  ein  feierlicher  SDanfgottegbienft  gehalten  mürbe,  burfte  man  mit  OZecfjt  auf 
beffere  3eiten  fjoffen11. 

Über  bie  SBirffamfeit  ber  ^efniten  faßt  ber  ©efcfjidjtfdjreiber  ber  ©tabt  Hagenau 
bag  Urteif :  ®ie  Qefuiten  förberten  bie  fatfjofifdje  ©faubengübuttg,  bie  unter  bem  ®rucf 


1  *Srief  an  P.  Gremer,  11.  2)ej.  1638  (Ad 
Rhen.  sup.). 

2  Sgl.  *  Hist.  coli.  Hagen.  1631—1641 
(Suppl.  Hist.  Rhen.). 

3  *0rig.*9ieg.  Ad  Rhen.  sup. 

4  *Hist.  coli.  Hagen.  1631—1641.  *Litt. 

ann.  1639. 

6  $ie  ©t  ©eorgsfircbe  war  jmar  nicht  Gigen« 
tum  ber  Seßüten,  jebod)  im  Sabre  1625  ihnen 
jur  ganj  freien  Senupung  Pom  Slfagiftrat  über* 
tniefen.  *Litt.  ann.  1624. 

6  *  Litt.  ann.  1645.  Sgl.  Srief  an  beitrage* 
nauer  31eftor,  14.  9Jtärj  1643.  Drig.=9feg.  Ad 
Rhen.  sup. 

7  *  Litt.  ann.  1646. 

$uljr,  ©efcf)id|te  ber  Sefuiten.  IF. 


8  *  Drig.*9ieg.  Ad  Rhen.  sup. 

9  *  Catal.  Rhen.  sup. 

10  *  Orig. -Steg.  Ad  Rhen.  sup. 

11  *Hist.  coli.  Hagen.  1649 — 1650  (Hist. 
Rhen.  sup.  III  12).  —  2)ie  Obern  maren:  gab- 
9Iocb.  Sirchinger,  1604;  §einr.  9ioeft,  1617;  Jyobof 
fDiepering,  1624;  ©imon  §eubö,  1629  (f  1630); 
Sol).  ©charfbiKid),  1630;  Sob-  Gremer,  1632; 
Sob-  »taugolb,  1642;  Äajpar  GaefeliuS,  1645; 
£einr.  SOtenfing,  1648;  Sol),  ©charfbitlich  1649. 
3n  ^agenau  gehörte  aud)  bie  9iefibens  ©elj 
(Salesiana),  mo  feit  1625  bil  pr  ©chmebenjeit 
ätoei  SatreS  unb  ein  Sruber  ftationiert  maren. 
2l!ten  über  bie  fpropftei  ©elj  1623—1630  in 
SBten,  ©taat§ard)ib,  JReichöbofrat,  Jes.  116. 

13 


194 


Sritteä  Äapitcl.  Sie  oberrf)einifct)e  Vroöing. 


eine§  öormiegenb  proteftantifc^en  ©tagiftratS  feufgte.  ©ie  nahmen  fic^  ber  ©rgiefjung 
ber  $ugenb  an  unb  banf  ü)rer  Su*en  2ftetf)°be  bitbeten  fie  tüchtige  ©Mnner.  ®aS  öon 
ber  ©dtjute  gemirfte  ©ute  ift  öietteidjt  bie  fcfiönfte  ©litte  ihrer  Sätigfeit.  ©ie  mußten 
für  bie  Söieberfjerfteüung  beS  $athotigiSmuS  ©ürger,  ©tagiftrat  unb  ^ugenb  gu  ge- 
»innen.  ®urcf)  ipre  ©ürger*  unb  §anbmerferfongregationen  beförberten  fie  bie  cfjrift- 
ticfje  Sefjre  unb  bie  Strbeitfamfeit,  baS  materielle  unb  morattfdje  2Sot)I.  $n  all  ben 
nieten  ©dfredenStagen  fonnte  nichts  it)re  ©ebutb  ermüben,  nichts  itjre  Siebe  erfc^öpfen 1. 

©ad)  bem  faifertreuen  ©chfettftnbt  famen  bie  ^efuiten  im  Qafjre  1615 2.  „Stnno 
1615  uf  ©titmudfen,  ben  14.  ^anuari  gu  Slbenb,  finb  aU^ie  gu  ©.  Traumen  (Fides) 
einfommen  bie  Herren  ©atreS :  P.  Heinrich  (©tefdfebe)  (ghr  ®urd)taud)t  ©eidjtüater, 
mie  aud)  P.  ©Mcffior  unb  P.  ©ernf)arb."  ©o  ber  ©ericht  einer  ©dftettftäbter 
©hronif3.  Slm  fotgenben  Sage  erfolgte  burd)  ben  ©traffburger  ©ifdjof,  ©rgfjergog 
Seopotb,  bie  Übermeifung  ber  ©ropftei  famt  Kirche  unb  ©ütern  unter  allgemeiner 
greube  ber  ©tabt4.  „2öir  errichteten  bie  S^ieberlaffung",  fo  fdfrieb  ber  ©ifcpof  in 
bie  ÜbertraguitgSurfunbe  üont  23.  £0Zär§  1616,  „um  baS  brot)enbe  ©inbringen  ber 
^ärefie  gu  üerf)inbern,  mogu  unS  bie  ©ater  ber  ©efettfchaft  $efu  um  fo  geeigneter 
fdpenen,  je  mehr  uns  if)r  ©ifer  in  ©rebigt,  Untermeifung  ber  ^ugenb  unb  ben  anbern 
Arbeiten  if>re§  ©erufeS  befannt  unb  oietfättig  erprobt  mar."5 *  ©erantafjt  mar  bie 
@infüf)rung  in  erfter  Sinie  burd)  ben  ©djtettftäbter  Pfarrer  ©raSmuS  ©tpetin  (©Zütin), 
meldjer  nicht  geruht  ha^e/  auf  bie  Üiotmenbigfeit  ber  ©rünbung  einer  Qefuiten- 
nieberlaffung  h4t1ällft,e4ien  6- 

Stm  ©nbe  beS  Jahres  1615  berichteten  bie  ^efuiten:  „®ie  ©tabt  gähtt  über 

1200  ©ürger.  ©ie.  befipt  nur  eine  ©farrfirdfe,  bie  aber  fehr  geräumig  ift.  ©on 

ben  fünf  ^töftern  ift  eines,  baS  güangisfanerftofter,  feer  unp  fm  JSefiPe  ber  ©tabt. 
®aS  jmeite,  ein  SDominifanerftofter,  gäl)tt  nur  gmei  ©tünche,  bie  beibe  uns  fehr 
gemogen  finb.  SDaS  britte  ift  ein  SDominifanerinnenftofter  unb  ftar!  befept.  SDaS 
oierte  gehört  bem  ^ohanniterorben,  ehemals  öon  OrbenSrittern,  jept  nur  öon  OrbenS- 
prieftern  bemot)nt.  SDaS  fünfte  ift  baS  nunmehr  uns  gehörige  ^tofter  ©t  fyibeS.  . . . 

2öaS  unS  unb  unfere  Strbeiten  angeht,  fo  maren  mir  piet  meiftenS  gu  3:  2  ^ßriefter 

unb  1  Saienbruber.  ©rft  am  ©nbe  beS  Jahres  tarn  nodh  ein  britter  ©riefter.  2Bir 
hielten  raöhrenb  beS  gangen  ©ommerS  an  brei  Orten  ®ated)efe.  Oie  in  unferer 
Kirche  mar  fehr  ftarf  öon  ftein  unb  grop  befudjt.  Stuf  bem  Sanbe  aber  fanb  fie  fotcpen 
Stnftang,  bap  ©eifttidje  unb  Saien  unS  ermunterten,  in  biefer  Oätigfeit  nicht  gu  er¬ 
matten.  . . .  ©in  häufigerer  ©mpfang  ber  heiligen  ©aframente  fonnte  gmar  nicht  fo 
fdjnett  eingeführt  merben. .  .  .  ®ocf)  famen  gu  Oftern  fo  niete  gu  unS,  bap  nicht  menige 
7 — 8  ©tunben  auShietten,  um  enbticf)  in  ben  ©eidjtftut)t  gu  fommen. .  . .  ©ehr  gefiel 
in  ber  ©tabt  unfere  tiebeöotte  ©orge  für  bie  Traufen  unb  ©terbenben." 7 

„2Bie  grop  ber  ßutauf  ift",  heP3t  eS  im  ©ericht  beS  Jahres  1619 8,  „fiept 
man  barauS,  bap  an  ben  höheren  f^efttagen  500 — 600  beichteten,  gu  Oftern  aber 


1  Guerber  a.  a.  D.  II  169. 

2  ©ent),  Sie  Saf)rlntd)er  ber  gduiten  su 
Sdpettftabt  unb  Stufad)  I  (1895)  372.  ©entjd 
Sßert  enthalt  im  1.  Vanbe  bie  Litt.  ann.  öon 
1615  an  unb  im  2.  Vanbe  bie  Hist.  coli,  öom 
Sabre  1631  an,  nebft  öerfdjiebenen  Stftenftücfen. 

3  gbb.  I  372.  4  gbb.  I  4. 

5  ßbb.  I  5.  Sie  bäbfttid)e  S8eftätigung§butle 

ift  öom  15.  gebntar  1625  (batiert  nact)  bem 

'Knnuntiationsftil,  15.  gebr.  1624;  *  Utopie  in 

Rhen.  sup.  Fund.  492  ff).  S'r  bem  3tegeft  Acta 

S.  S.  312,  Kal.  Febr.  1624.  Sie  «Stiftung 


mürbe  nod)  öermefjrt  burd)  bad  ißriorat  St  Va¬ 
lentin  gu  9tnfad),  Seoftolb,  27.  2Iuguft  1616, 
©ent)  a.  a.  0. 1  6  f.  fßaul  Y.,  8.  gebr.  1619, 
ebb.  II  614  ff. 

6  gbb.  I  50  f.  Über  ÜOtiiiin  (fOttjelin)  ebb. 
I  380  f. 

7  gbb.  I  3  8  f.  3unt  Sabre  1617  beißt  e§: 
Civitas  liaud  latis  pomoeriis  angusta  non 
multos  cives  eosque  opere  manuum  laboriosam 
vitam  agentes  alit. 

8  gbb.  I  21.  Vgl.  and)  *  Vitelle§d)i  an  §orn, 
26.  Oft.  1619.  Drig.-fReg.  Ad  Rhen. 


Äoßegien,  SRefibenjen  nnb  SMiffionen :  ©cfjlettftabt. 


195 


fo  Diele  famen,  baß  mir,  obgteid;  n)ir  (ju  brei)  gegen  2000  S3eicfjten  fjörten,  bennocß 
nicfjt  alte!  bemättigen  tonnten."  Sttteßr  Kräfte  mären  bringenb  nötig.  ®er  ©enerat 
fetbft  fcfjrieb  am  14.  SDejember  1619  an  ben  fßroüinjiat  (Sopper :  „gef)  ßöre,  baß 
ju  ©djtettftabt,  befonber!  an  feeren  gefttagen,  meßr  Seute  erforbertieß  finb.  galt! 
nun  Unjutängtidjteit  ber  ©infünfte  ober  Mangel  an  fßerfonen  eine  äSermeßrung  un« 
möglicf)  machen  fotlte,  fo  mögen  öorberßanb  bie  9}?ot!ßeimer  fßatre!  an  ben  ßößeren 
gefttagen  freubig  §itfe  bringen,  geh  münfeße  aber,  baß  man  auf  SRittel  unb  2öege 
finne,  um  bort  für  bie  fßrebigten  unb  anbern  Arbeiten  meßr  Seute  unterhalten  ju 
fönnen."1  3(ber  erft  bie  Erhebung  ber  tftiebertaffung  ju  einem  Kotteg  fotlte  auch 
mehr  Kräfte  für  bie  ©eetforge  nad;  ©djtettftabt  Reffen. 

©djott  am  10.  guni  1617  hatte  9SiteHe§cf)i  an  ben  ©uperior  Heinrich  ütftefcßebe 
gefcfjrieben :  „2öenn  bie  Strbeiten  unb  ©rfotge  auch  ferner  fo  oorangehen,  fo  märe  gu 
überlegen,  ob  man  bem  ütßunfdje  ber  Bürger  naeßtommen  unb  ©cßuten  eröffnen 
folle."  ®iefer  SBunfdj  nach  ©dfuten  erhob  ftd^  immer  lauter,  unb  fo  mürben  nach 
Überminbung  be!  Siebenten!,  at!  fönnten  bie  ©djuten  ben  tftadjbartottegien  ©intrag 
tun,  Stnfang  9Jtai  1623  bie  gmei  unterften  ©rammatifftaffen  eröffnet.  9tm  19.  Stuguft 
1623  fprach  ber  ©enerat  bie  Hoffnung  au!,  baß  auch  bie  ©djütergaßt  batb  macßfen 
mürbe,  jumat  menn  man  barauf  achte,  baß  bie  ©chüter  forgfättig  unterrichtet  mürben2. 
®ie  Stuten  hoben  fiep  in  ber  f£at  batb.  gm  §erbft  noch  lourbe  bie  britte  Klaffe, 
§erbft  1624  bie  oierte  unb  jmei  gaßre  fpäter  auch  &ie  fünfte  unb  teßte  Pfaffe  an» 
gefügt  jur  großen  greube  ber  ganzen  ©tabt.  £>ie  Stnftettuug  einer  fecfjften  Seßrfraft 
für  ©rieeßifeh  üodenbete  im  -fperbft  1628  ben  inneren  2Iu!bau  be!  ©pmnafium! 3. 

gnjmifcßen  hatte  fid;  aud)  bie  ©eelforg!tätigfeit  meiter  au!gebeßnt.  ®ie  fßatre!, 
metche  im  gaßre  1623  oon  brei  auf  fedj!  oermehrt  maren,  fanben  immer  mehr,  baff 
„©tabt  unb  Umgegenb  ein  fruchtbare!  gelb  mar  unb  reiche  ©raten  lieferte"4.  ®ie 
©efamtjaßt  ber  Kommunionen  in  ber  gefuitentireße  mar  im  gaßre  1628  auf  12540 
geftiegen,  ba!  dreifache  oon  benen  im  gaßre  1617 5.  gn  ber  ©tabt  hielt  man  feit 
1623  regelmäßig  bie  fßrebigten  in  ber  fßfarrfireße  ©t  ©eorg,  unb  aud)  in  ber  Um» 
gegenb  gab  e!  oiete  Pfarrer,  metche  eifrig  nach  ben  gefuiten  begehrten6.  23on  ben 
Orten,  auf  benen  man  tätig  mar,  merben  genannt:  33ergßeim,  Stnbtau,  ©otmar, 
Keftenßotj,  ©chermeiter  unb  Oberbergen7. 

tDiefe  Sätigteit  fanb  aud)  immer  mehr  Stnerfennung.  SDer  SDZagiftrat,  metdjer 
fcfjon  mehrfad;  burch  ©etbunterftüßuugen  geholfen  hatte,  fdjentte  im  Dftober  1628 
brei  anftoßenbe  Käufer  im  Söerte  oon  4700  ©utben8.  2>em  Steftor  gat.  23aunadj 
getang  e!,  oiet  üerfdjteuberte!  ©igentum  ber  ^Sropftei  ©t  gibe!  jurüdjugeminnen, 
unb  jmar,  mie  am  22.  9?oüember  1631  ber  ©enerat  anerfannte,  „mit  fo  meifer 
SJtaßßattung,  baß  ber  gute  fRuf  ber  ©efeltfcßaft  meßt  gefcßäbigt  mürbe  unb  bie  $er» 
teumbungen  megen  ©eij  ober  ©elbgier  erfpart  blieben" 9.  gm  ganuar  be!  gaßre! 
1632  unterßiett  ba!  Kotleg  5  fßatre!,  6  üütagiftri  unb  6  Satenbrüber 10. 


1  *0rig.  =  9teg.  Ad  Rhen.  $gt.  auch  bie 
*  SSriefe  öom  11.  Stprit  nnb  19.  ©ept.  1620. 

2  *  0rig.»9?eg.  Ad  Rhen. 

3  ©ent)  a.  a.  0.  I  28  31  36  42. 

4  *  Sßitetle§d)i  au  SBaunad),  8  guni  1630. 
Ad  Rhen.  sup. 

5  ©ent)  a.  a.  D.  I  42  13.  6  ©bb.  I  29  39. 

7  ©6b.  16  33  37  ff.  *  Catal.  Rhen.  sup. 

1630/1631.  S71  Sergpeim  pielt  ein  ißater  im 

Safyre  1617  aße  Sonntage  Äatecfjefe,  51t  ber 

faft  aße  33iirger  pfammenftrömten.  1618 


biefe  Xätigfeit  au§  SRattgel  an  Seuten  nidjt 
fortgefept  werben  tonnte,  fdjicften  bie  S3erg» 
fjeimer  ©efanbte  nad)  ©djlettftabt,  unb  al§  bieg 
nieptö  tjatf,  eine  93ittfd)rift  an  ben  93ifctjof,  tun 
bie  SBieberaufnatjme  ber  ßateepefe  p  ertoirten 
(®ent)  a.  a.  D.  I  16). 

8  ©bb.  I  31  ff  45.  *  9SitelfeSd)i  an  93aunad), 
17.  gebr.  1624.  Ad  Rhen. 

9  *  0rig.»9teg.  Ad  Rhen.  ®gl.  and)  ben  93rief 
üom  6.  ©ept.  1630. 

10  ©ent)  a.  a.  0.  II  3. 


13* 


196 


drittes  ftapitel.  Sie  oberrt)eittifd)e  ^roütns. 


®ie  gtüdtiche  ©ntmidtung  fottte  aber  halb  jäf)  unterbrochen  merben.  Am 
13.  SDegember  1632  mürbe  bie  ftarf  befeftigte  ©tabt  nach  breimöcf)iger  Belagerung 
burd)  ben  fd^ruebtfcfjen  getbmarfdjatl  ©uftaö  £>ont  genommen  nnb  gur  ßafjlung  eines 
„BiftorigetbeS"  non  30000  ©ulben  öerurteift1.  Bei  ber  großen  Not  fiatte  ber 
üNagiftrat  aud)  bie  OrbenSfeute  gur  Aufbringung  ber  Ifofjen  ©umme  herangegogen. 
®ie  Qefuiten  boten  an,  maS  fie  an  Naturalien,  an  ©etreibe  unb  SBein,  erübrigen 
fönnten,  fogar,  menn  bie  Not  eS  erforbere,  fämtlid)eS  ©ilbergerät  ber  ®irdje;  nur 
bares  ©elb  gu  jagten  —  1250  ©ulben  raaren  geforbert  — ,  fei  ihnen  unmöglich- 

©cf)on  Dorier  fjatten  fie  eine  ©djulb  oon  700  ©ulben,  beren  gafdung  ihnen 
unmöglich  mar,  nur  burd)  eine  grofje  Söeinlieferung  begleichen  fönnen.  ^n  Um 
fenntniS  ber  Berf)ältniffe  meinte  ber  SNagiftrat,  baS  ©elb  für  biefen  Söeinöerfauf 
ntüffe  boih  oorfjanbeit  fein.  SDaburd)  fteigerte  ftcf)  bie  ©rbitterung  über  bie  Steigerung 
ber  Qefuiten.  ®iefe  glaubten  ifjrerfeitS  megen  ber  fircf)lid)ett  Immunität  unb  ber 
alten  faiferlidjen  Privilegien  ber  ißropftei  mit  |)artnädigfeit  ihre  Ned)te  oerteibigen 
gu  müffen.  ©o  fämpfte  man  fcfjarf  gegen  fdjarf.  ®er  SDNagiftrat  ging  fo  meit,  baf) 
er  am  3.  Januar  1633  baS  bürgerliche  ^nterbift  über  baS  Äolleg  oerfjängte,  rooburcf) 
ben  Bürgern  jebe  (pilfeleiftung,  SDienft,  $auf  unb  Berfauf  an  baS  Kolleg  unter 
©träfe  üerboten  mürbe.  Am  22.  April  mürbe  aud)  baS  Biel)  ber  Qefuiten,  baS  gur 
SBeibe  getrieben  mürbe,  nicht  gu  ben  TEoren  herauSgelaffen,  fonbern  guriidgefchidt, 
moburdj  bie  Qefuiten  in  bie  größte  Not  tarnen,  ©o  muhten  fie  ficf)  untermerfen 
unb  auf  ihre  gorberung,  öor  ber  Lieferung  beS  SBeineS  unb  ©etreibeS  baS  Qnterbift 
aufguheben  unb  bie  Sieferung  felbft  nicht  als  AbfdjIagSgahlung  auf  bie  geforberte 
©etbfumme  gu  betrachten,  oergichten2. 

SDie  Not  im  Kolleg  muchS  fo,  baf)  im  Qahre  1634  nur  noch  5  lebten:  3  BatreS, 
1  ÜNagifter  unb  1  Saienbruber.  ©rft  mit  bem  Abgug  ber  ©cfjmeben  unb  bem 
©ingug  einer  frangöfifdjen  Befa|ung  am  9.  Nooember  1634  mürbe  bie  Sage  ein 
menig  erträglicher.  ÜNan  hörte  an  2Beihnacf)ten  1634  mieber  Beicht  in  ber  Kirche, 
metdje  feit  bem  1.  9Nai  1633  auch  öent  proteftantifdjen  ©otteSbienfte  hotte  bienen 
müffen3.  Am  28.  Q:uli  1635  fdjrieb  ber  ©enerat  an  ben  Neftor  ^omphaeuS,  ber 
©treit  gmifdEjen  ÜNagiftrat  unb  Kolleg  habe  ihn  fehr  unangenehm  berührt  unb  er¬ 
hoffe  auf  balbige  Beilegung4. 

®ie  Not  in  ber  ©tabt  mürbe  immer  größer5.  Boll  ÜNitleib  tröftete  ber  ©enerat 
ben  Neftor  §omphaertS  am  19.  SDegember  1637 :  „f£)ie  Nacbrid;ten  Ooit  ber  bebrängten 
Sage  beS  ßodegS  fdjnitten  mir  tief  in  bie  ©eele.  s^d)  bebauere  bie  guten  patres 
unb  Brüber,  metche  nun  fcfjon  fo  lange  ,Qeit  mit  fo  vielen  Seiben  unb  SXrübfaleit 
gu  fämpfen  haben.  ®a  ber  SebenSuntertjatt  fo  fnapp  gemorben  ift,  bah  nicht  mehr 
als  vier  bation  leben  fönnen,  fo  mirb  ber  P.  provingial  mof)l  fehen,  bah  öie  übrigen 
anberSmot)in  gefchidt  merben."6  ,,©ar  fehr  aber",  fo  fchrieb  er  am  12.  Quni  1638, 


1  ©ent)  a.  a.  £>.  I  57  f;  II  5  ff  571. 

2  ©bb.  I  58  ff;  II  6  ff  571  ff.  Sen  fdjarfen 
©tanbbunft  be§  SfoltegS  betont  aud)  bie  Historia 
Collegii :  Constituimus  nihilominus,  quo  acrius 
contra  canones  res  gerebatur,  eo  constantius 
immunitatem  ecclesiasticam  et  privilegia  Cae¬ 
sarea  .  .  .  retinere  et  mordicus  quoad  liceret 
defendere  (II  9).  Sie  9tah§brotofoIIe  finb  üon 
einem  ben  Reimten  feinblid)  gefinnten  @d)reiber 

abgefaßt :  e§  mir b  hon  ber  Sefuiten  „gcmötjm 

lidjett  2lrt  nnb  Siftigfeit",  ©eij,  fyalfd)f)eit  ufro. 

gefprodjett.  Ser  9tat  c§  für  grobe  Un= 

bantbarfeit,  bafs  bie  Sefuiten  bie  ©uttat,  fo 


ihnen  burd)  Übergabe  oon  fünf  Raufern  auf 
6000  ©ulben  erjeigt,  nidjt  gebeuten  (ebb.  II 
572). 

8  ©bb.  II  12;  I  392. 

4  *Drig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

6  Sic  ©tabt  ääljtte  ©nbe  1635  „nidjt  metjr 
ah?  240  99urger"  (©ent)  a.  a.  D.  I  395).  Sie 
§unger§not  im  $iaf)re  1636  unb  Äranffjeiten 
enttiöllerten  biefelbe  noch  mehr  (ebb.  I  76  80). 

6  *  Qrig.=9leg.  Ad  Rhen.  sup.  SSgl.  aud) 
bie  SSriefe  öom  12.  ^uni  1638  unb  26.  fgebr. 
1639.  ©I  lebten  bamat§  im  SoIIcg  5  $atre§ 
unb  3  Saienbrüber. 


Kollegien,  SRefibenjen  unb  Sftifftoncn:  £d)Iettftabt. 


197 


„tröftet  midj  bie  greubigfeit  unb  ber  9Jhtt,  momit  ©m.  |jocpmürben  unb  bie  übrigen 
ber  guhinft  in§  Slngeficpt  flauen  unb  entfcploffen  finb,  alles,  mag  fontmen,  maS  ba 
mode,  ftanbpaft  gu  ertragen."1  SDafj  ba§  Kolleg  nicpt  gang  gu  ©runbe  ging,  oer* 
banfte  man  Submig  XIII.,  melcper  mit  bem  1.  SIpril  1638  burcp  bie  ÜDIilitärOermaltung 
in  ©cplettftabt  täglidj  fieben  „©ommifjbrobte"  ober  baS  ©elb  bafitr  bem  Kolleg  gu= 
[teilen  lief?2. 

£rop  allem  fjatte  man  tapfer  meitergearbeitet,  oor  allem  am  Äranfenlager  unb  in 
ben  ©efängniffen 3,  unb  aucp  bie  Qugenb  nicpt  üernadpläfftgt.  ®ie  ©cpulen  patte 
man  immer  gepalten;  au§  ÜDIangel  an  ©cpülern  freilicp  halb  mit  brei,  halb  mit 
oier,  aucp  mopl  mit  allen  fünf  klaffen  unter  einem  ober  grnei  Seprern4.  ©eit  1646 
lonnte  man  ftänbig  alle  fünf  klaffen  einricpten,  unb  grnar  unter  brei  Seprern,  oon 
benen  einer  bie  Ülpetorif  unb  Humanität,  ber  gmeite  bie  beiben  erfteit  ©rammatif« 
flaffen,  ber  britte  bie  lepte  klaffe  leitete,  ©eit  1646  poben  fiep  bie  feelforglicpen  Sir« 
beiten  mepr  unb  mepr.  Stuf  Sitten  beS  frangöfifepen  föommanbanten  pielt  man  feit 
1648  fßrebigten  aucp  in  frangöfifeper  ©praepe  für  bie  SefapungSmannfcpaften.  Stuf 
bie  SJIitteilungen  über  bie  Arbeiten  ermiberte  ©arrafa  am  8.  Sluguft  1648  bem  Sxeftor 
§omppaeu§5:  „Qcp  freue  miep,  baf;  oon  ber  geringen  3apl  Seute  burcpauS  nic^t 
geringe  ©rfolge  aufgumeifen  finb."  35ie  3af)f  ber  ^efuiteit,  melcpe  im  3üPre  1643 
gum  gmeiten  SJfale  auf  fünf  gefunlen  mar,  mar  im  Qftpre  1649  geftiegen  auf  8  fjkiefter 
unb  1  Saienbruber.  ÜJJIagiftrat  unb  Sürger  maren  mieber  ipre  greunbe6.  9?ur  follte 
ba§  Kolleg  noep  einmal  bitter  bie  Slrmut  unb  9?ot  füplen,  als  am  12.  Oftober  1649 
bie  frangöfifepe  Sefapung  abgog  unb  bamit  aucp  bie  fo  banfbar  entgegengenommene 
Unterftüpung  ber  SJJilitärüermaltung  fortfiel7. 

Stm  18.  Oftober  1618  patte  ber  ©trafjburger  Sifdjof,  ©rgpergog  Seopolb,  ba§ 
oom  päpftlicpen  ©tuple  unterbrüdte  Senebiftinerpriorat  ©t  Salentin  gu  Sufacp 
ben  ^efuiten  oon  ©cplettftabt  übergeben8,  ©eit  Januar  1620  oerfapen  nun  ^efuiten 
bort  ©otteSbienft  unb  ©eelforge9.  ®ie  gmei  patres,  meldje  für  gemöpnlicp  fatnt 
einem  Saienbruber  bort  lebten,  erteilten  beibe  $ated)i§muSunterricpt,  fpenbeten  bie 
©aframente  unb  pielten  ab  unb  gu  aucp  ^Srebigten 10.  Strpre  1624  bericpteit  fie: 
„f£)ie  Sufacper  patten  gern,  ba^  mir  nachmittags  in  unferer  ^irepe  prebigten,  raeil, 
fo  fagen  fie,  bie  Qefuiten  bie  §ergen  gu  rüpren  müfjten.  Slucp  meinen  fie,  bap, 
menn  ber  ®atecpiSmu§  ipnen  fepon  oor  40 — 50  3a^ren  f°  öorgelegt  morben  märe, 
e§  jefjt  mopl  meniger  3auberer  ipnen  geben  mürbe."11  Sei  ber  gmeiten  ©in« 
napme  9iufacp§  burep  ben  SIpeingrafen  Otto  Submig  am  15.  gebruar  1634  mürbe 
ipnen  jeboep  ba§  ißriorat  mieber  entriffen,  naepbem  P.  3°^°^  Sttepering  unb  ber 
Saienbruber  SInbreaS  SDIartini  graufam  ermorbet  maren12.  Sind)  als  frangöfifepe 
Gruppen  im  folgenben  Qapre  bie  ©tabt  befepten,  fonnten  bie  ^efuiten  trop  oieler 
Serfucpe  niept  bauernb  guriicffepren;  benn  frangöfifepe  Senebiftiner  ber  Slbtei  ©t  ’ißeter 
gu  ©pegp  patten  fiep  mit  £>ilfe  beS  frangöfifepen  ®ommanbanten  oon  ©olmar  in 


1  *  0rig.=deg.  Ad  Rhen.  sup. 

2  ©ent)  a.  a.  0.  I  81  90;  II  30 ff.  *936 
tettelcpi  an  4>onmJjaeu§,  26.  gehr.  1639.  Ad 
Rhen.  sup. 

3  ©ent)  a.  a.  0.  I  71  ff.  *  93iteüe3cf)i  an 
föonmfjaeug ,  30.  SDtai  1643;  5.  Se^.  1643; 
7.  2Kai  1644;  10.  9Mrs  1646.  *  0rig.«9teg.  Ad 
Rhen.  sup. 

4  ©ent)  a.  a.  0.  I  65  ff ;  II  24  ff. 

6  *0rig.«3teg.  Ad  Rhen.  sup. 

6  ©ent)  a.  a.  0.  I  90. 


7  ©6b.  I  93.  *  9Siteüe§d)i  au  £ompf)aeu§, 

15.  2tug.  1649;  19.  SRärj  1650.  Ad  Rhen, 
sup.  —  2)ie  06ern  toaren:  £>emricf)  9Jtefd)ebe, 
1615;  Slbrian  §orn,  1617 ;  gat.  93aunad),  1623; 
gop.  $onmbaeu§,  1632;  gof).  Strein,  1646 
(SSisereltor) ;  gof).  §onmbaeu§  1648. 

8  ©ent)  a.  a.  0.  I  19;  II  601  ff. 

9  ©6b.  I  23.  10  *  Catal.  Rhen. 

11  ©ent)  a.  a.  0.  I  34. 

12  3>wi  99erirf)te  barüber  ebb.  I  65  ff ;  II 18  ff 
580  ff. 


198 


$ritte§  Äafutel.  3>ie  oberrtjeinifdje  ^rotHnj. 


ben  Söefi^  gefegt  unb  mußten  fid)  §u  Behaupten1.  Srft  ber  fyriebe  itnb  ba§  Sin« 
fcfjreiten  Äaifer  gerbinanbä  III.  gaben  im  ^afjre  1651  ben  Qefuiten  ifyr  Eigen¬ 
tum  juriicf2. 

ßmei  meitere  92ieberlaffungen  im  Stfajj,  Snfisfjeim  nnb  Solmav,  merben  un§ 
bei  ber  oberbeutfcfjen  Sßroöinj  begegnen. 


1  9Zur  t>ott  1641  bil  1644  mar  ein  ifSater 
mit  einem  Saienbruber  roieber  bort  gemefen 
(@ent)  a.  a.  D.  II  30  ff  619  ff). 

2  ßbb.  II  43  630  f.  —  $ie  Dbern  maren : 


Sof)-  §oItfjau§,  1622;  SüMdjior  93rcibenbad), 
1624;  ßffriftian  ^afselmamt,  1626;  SDtarg. 
Jpattftein,  1628;  Solj.  §omf)I)aeui,  1631;  Sa!. 
Skitnad),  1632. 


Viertes  Kapitel. 

3)ie  o&erbeutfdje  $rot)in^ 

Umfang,  Slnttmcpfen  unb  SeilungSpläne.  —  Vifitationen.  —  Sllte  unb  neue  9iieber= 
laffungen.  —  gngolftabt  (Biburg).  —  ÜDtüncpen  (Eberäberg.  —  Slltßtting).  —  !3nn§‘ 
brucf  (SDteran).  —  §all.  —  Orient  (fRoöerebo).  —  SlugSburg.  —  Sillingcn  (puffert.  — 
Ottingen.  —  Ettloangen).  —  9fegen§burg.  —  Eicpftätt.  —  Steuburg.  —  Arnberg.  — 
SDtinbelpeim  (StRemmingen.  —  Saufbeuren).  —  Vurgpaufen.  —  2anb§put.  —  (Straubing. 
—  Sanbsberg.  —  föonftanj  (Sinbau).  —  greiburg  im  VreiSgau.  —  EnfiSpeint  (EoO 
mar).  —  Stottenburg.  —  325iirttembergif(f)e  Stationen.  —  S^meij:  Sujern  (93eHin3ona). — 
Solotpurn.  —  greiburg.  —  ’ipruntrut.  —  2SaÜi§.  —  ©raubiinben.  —  Vorarlberg. 

3;n  ber  oberbeutfcpen  Orbengprooinj  mit  Vapern,  Sirol,  Vorberöfterreicp,  ©cpmei^, 
©raubiinben,  Vorarlberg  ufm.  ftieg  bie  3af)f  ber  üöiitglieber  bon  338  im  $;apre  1(301 
innerpalb  jepn  ^apren  bi§  1611  auf  465,  bie  auf  12  Kollegien  uub  7  Stieber* 
laffungen  bcrteilt  umreit.  Söäprenb  ber  erften  Äriegsperiobe,  in  ber  bie  oberbeutfcpe 
fprobinj  jiemlicp  berfcfjont  blieb,  nmcpg  bie  ßapl  bi§  1630  auf  820  (377  fßriefter, 
248  ©cpolaftifer  unb  195  Vriiber),  bie  in  20  Kollegien,  7  feften  unb  6  geitmeiligen 
ÜRieberlaffungen  loopnten.  Sa^u  fommen  nocp  10  ÜDfiffiongftationen  in  ber  Ober* 
pfalj1.  Siefe§  anpaltenbe  ÜEBacpStum  ber  ^robinj  rnupte  aucp  pier  beit  ©ebanfen 
an  eine  Teilung  napelegen. 

Sie  oberbeutfcpe  fßrooinjialfongregation  befcplop  Qluli  1628  einfiimmig,  bie 
Leitung  ber  fßrobins  bom  ©eneral  ju  erbitten,  aber  erft  bann,  menn  für  bie  Seminare 
unb  ÜRoüijiate  pinreicpenb  Vorforge  getroffen  fei.  2(1§  ©rünbe  merbeu  angeführt 
bie  ©röpe  ber  Entfernungen  unb  bie  äRenge  ber  ©efcpäfte,  benen  ein  fßroüinjial 
nicpt  genmcpfen  fei.  Vorgefcplagen  tourbe  bie  Seilung  in  eine  elfäffifcpe  unb  baprifcpe 
ober  oberbeutfdje  fßrobinj.  $ur  elfteren  füllten  gehören :  Kempten,  SRemmingen,  Ulm, 
Sinbau,  ®onftanj,  greiburg  im  VreiSgau,  bie  Scptoeij,  Elfap  unb  SSürttemberg;  jur 
baprifcpen  fßroöinj:  fö'aufbeuren,  SIRinbelpeim,  Sirol,  Vapern,  Oberpfalj,  Slugsburg 
unb  Gillingen  mit  ben  beiben  fRefibenjen  Sonaumörtp  unb  Ellmangen2.  Sie  Slnt* 
toort  be§  ©eneralg  Oom  25.  9cooember  1628  lautete:  Sie  Erfahrung  pat  geleprt, 
bei  ber  Seilung  ber  fßrooinjen  fepr  langfam  imran^ugepen  unb  alles  mit  groper 
Vorfiept  ju  überlegen,  bis  man  jur  Seilung  fcpreitet.  Obgleicp  icp  fepr  billige,  bap 
fcpoit  jept  aßeS  für  eine  etma  notmenbig  merbenbe  Seilung  oorgefepen  mirb,  fo  fcpeint 
mir  bocp  im  jepigen  Slugenblicf  nocp  feine  Veftimmung  über  bie  Seilung  felbft  am 
fßlape  §u  fein3. 


1  9tad)  ben  *Litt.  ann.  Prov.  Germ.  sup. 
betrug  bie  3apl  für  1630  910,  maprfcbeinlid) 
ift  pier  ba§  ©cpuljapr  1630/1631  gemeint,  fjür 

1631  finbet  ficf)  bie  gabt  900  angegeben;  babei 

mären  aber  56  glüdptlinge  oom  9tpein  inbegriffen. 


2  *  Original  in  Acta  Congr.  Prov.  1628 1  202. 
Vgl.  Kropf,  Historia  Prov.  S.  J.  Germaniae 
Superioris  I  502. 

3  *  Original  ebb.  I  208.  Vgl.  *  Clm  26  479. 


200 


ißiertc§  Äapitel.  $ie  obcrbeutfdje  ©roöinj. 


SDer  ißlan  würbe  halb  roieber  aufgegriffen.  2fuf  ein  ©utacfjten  beS  P.  Qofob 
Heller  über  bie  Steifung  ber  oberbeutfchen  ^robinj  antwortete  ber  ©eneraf  am 
8.  ^uni  1630,  fowof)f  bie  ©röfje  ber  fßrobinj  atS  aucf)  bie  $af)I  ber  Raufer  fd^ienen 
auf  eine  Steifung  fjinjubrängen.  Sro^bem  fei  er  entfcfjloffen,  biefefbe  nicf)t  eher  am 
jugreifen,  bis  eine  jebe  ißrooinj  ihre  (Seminare  unb  inSbefonbere  ifjre  gut  funbierten 
S'couijiate  habe.  ®aju  beranla^ten  if)n  bie  ernften  Streitigfeiten,  welche  jmifcfjen 
ben  r^einifcfjen  ^robin^en  gfeicf)  nach  ber  Steifung  entftanben  unb  aucf)  jefct  nocf) 
nicht  oöffig  ausgeglichen  feien.  SDamit  affo  nicfjt  ähnliche  Streitigfeiten  auch  bort 
(in  ber  oberbeutfchen  fßrooinj)  mit  nicht  geringem  Schaben  für  bie  gegenfeitige  Siebe 
fpta|  griffen,  ha^te  er  e§  für  geratener,  felbft  mit  einer  SBefäftigung  für  ben  ißro« 
oingiaf,  bie  Steifung  ju  oerfcf;ieben,  bis  bie  -Slnfäffe  ju  fofcf)en  .Qwiftigfeiten  oöffig 
befeitigt  feien  1. 

Q3afb  barauf  ergoffen  fiel)  bie  SSogen  beS  fdjwebifchen  Krieges  aucf)  über  ©e* 
fifbe  ber  oberbeutfchen  ^rooinj,  bie  baburch  großen  Scfjaben  unb  eine  bebeutenbe 
©inbuhe  an  äRitgfiebern  erlitt:  im  Qahre  1639  finb  eS  nur  mehr  558.  Staju  fam 
bie  fortbauernbe  Ünficherf)eit  ber  $erf)äftniffe,  fo  bah  man  an  grofse  ÜReuorganifationen 
faum  benfen  fonnte. 

f£roi3  beS  anbauernbeit  Krieges  hob  ficf;  bie  3af)l  ber  DJfitglieber  langfant.  ©in 
fangfameS,  aber  anhattenbeS  Steigen  beginnt  1640  mit  572  fßerfonen,  1643  finb 
eS  roieber  627.  2>ie  3af)f  fp^t  ficf)  mit  einigen  Schwanfungen  auf  biefer  £>öhe; 
im  Schfufsjahr  nuferer  fßeriobe  (1650)  §äf)[te  bie  oberbeutfcffe  fßrooinj  637  SRitgfieber. 
92ach  einer  Sfuffteffung  üom  6.  ÜDJai  1649  oerfügte  bie  fßrooinj  über  20  föoffegien, 
2  fßrüfnngShäufer,  15  fftefibenjen  unb  fDfiffionSftationen 2. 

SDie  groffe  SfuSbeffnung  ber  ffSrobinj  war  ftetS  ein  fpinberniS  für  bie  reget» 
mähige  SSifitation.  SD  er  ißrooinjial  füllte  jährficf)  fefbft  alle  Käufer  feiner  ißroüinj 
befucf;en  unb  nur  wegen  wichtiger  ©ritnbe  einen  anbern  mit  ber  Sßifitation  betrauen 3. 
Xro^bem  fam  eS  oor,  bah  me  gen  ber  groben  unb  befdfmerlichen  fReifen  einzelne 
Kollegien  mehrere  3af)re  fang  nicht  oifitiert  würben.  So  mahnte  Sfquaüioa  am 
18.  Sfuguft  1601  ben  oberbeutfchen  fßrooinjiaf  9fofephiu§,  er  möge  nach  feiner  fRiicf* 
feffr  aus  ber  Schweij  fofort  baS  fö’oHeg  in  fpaff,  baS  feit  brei  3flf)ren  feinen  fßro* 
oinjiaf  gefehen,  oifitieren4.  P.  ffRunbbrot,  ber  1624 — 1631  unb  bann  wieber  1634 
bis  1636  fßroüinjial  üon  Oberbeutfcfjfanb  war,  fonnte  gleich  im  erften  Qahre  feines 
fßroüinjiafateS  wegen  $ranff)eit  nicht  affe  Kollegien  befuchen5. 

9Jfit  bem  SSSachfen  ber  fßrobinj  muhte  bie  Überfaftung  beS  fßroOinjialS  natürlich 
noch  gefteigert  werben.  So  fchrieb  SSiteffeSchi  am  6.  ^ufi  1630  an  äRunbbrot: 
SDa  bie  fßroöinj  fo  wächft,  bah  einer  allein  für  beren  Seitung  nicht  mehr  ju  ge= 
niigen  fcheint,  fo  hoben  bie  ^onfuftoren  gewünfcfjt,  bah  t<h  ®w.  ^ochwürben  einen 
^weiten  SociuS  (Sefretär)  gebe,  ber  Sie  wenigftenS  beim  33rieffdf)reiben  unterftüfce. 


1  *  0rig.*9teg.  Ad  Germ.  sup. 

2  *  Original  in  ©t.  9t. ,  Jes.  570.  9tad) 
biefer  iiberficbt  bom  6.  ©tai  1649  »erteilten  fidj 
bie  ©titglieber  auf  bie  einzelnen  Käufer  alfo: 
Slmberg  10  ©riefter,  3  ©cfjolaftifer,  5  ©rüber 
(Xirfcbenreutfj  2  ©riefter,  1  ©ruber),  9lug£burg 
13,  3,  5  (©riefter,  ©djolaftifer,  93riiber),  ©rum 
trut  9,  3  (©riefter,  ©rüber),  ©urgf)aufen  11,  2,  4 
(©tauerfircben  2  ©r.),  Äonftang  15,  3,  5  (Sinbau 
2,  1,  gObfird)  2,  9tottenburg  2),  2)iüingen 

11,  3,  4  (Eütriangcn  2,  Ottingen  2),  Enfig« 

fjeim  5,  1,  2,  Eid)ftätt  7,  1,  3,  greiburg  i.  ©r. 

10,  1,  3  (2f|ann  2,  1,  ©t  ©toranb  2,  1), 


f^reiburg  i.  Sd)tt>.  17,  14,  6,  §all  11,  8,  5, 
Qngolftabt  24,  57,  14  (©iburg  3,  2),  2anb3= 
but  7,  3,  Sanblberg  9,  1,  7  (baju  Stoüi.v 
©djol.  23,  9toüiä=93riiber  15),  Sujeru  17,  4,  5 
(93eUinäona  4,  2,  ©oIotf)urn  7,  2),  SDtinbelheim 
8,  1,  3,  ©tiind)en  33,  3,  14  (Eberöberg  9,  4), 
9teuburg  a.  ®.  11,  5  (jjjilpoltftein  3,  1), 
brud  17,  7,  6,  Otting  (Slltötting)  15,  6,  9te= 
gen^burg  8,  3,  5,  Straubing  5,  2,  Orient  14, 
3,  5. 

3  Regulae  Provincialis  118—119. 

4  *  0rig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

5  *  Sitelle|!d)i  an  ©tunbbrot,  16.  9to».  1624. 


Umfang,  Stntoadfjfen  unb  JeitungSpläne.  —  SSifitationen. 


201 


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Unterfdjviften  bev  ^rofcffcn  ber  oberbeutfdjen  ißioöinj. 

9Iu§  einem  ©Treiben  an  ben  ißapft  Dom  18.  ^ejember  1604. 


202  SSierteS  Kapitel.  Sie  obcrbeutfcf)e  ißrobinj. 

®a  bieS  aber  bisher  in  ber  ©efefffdjaft  nicfjt  gebräudjtid^  war  unb  ein  fofdjeg  Sei- 
fpief  anbere  jur  fefben  Sitte  oeranfaffen  fönnte,  mödjte  icf)  einen  anbern  Sorfdjfag 
machen,  ber  oieffeidjt  nicfjt  weniger  gu  öftrer  Erleichterung  beitragen  wirb.  Erften§ 
foüten  ©ie  nidf)t  fefbft  alle  Kollegien  oifitieren,  fonbern  ben  ©ociu§  ober  einen  anbern 
geeigneten  ißater  mit  ber  Sifite  eines  XeiteS  ber  ißroontj  betrauen,  ferner  foüten 
Sie,  wenn  bie  Sriefe  fo  jafjfreicf)  finb,  baß  ©ie  unb  3hr  ©ociuS  biefefben  nicht 
bewältigen  fönnen,  einen  ißater  beS  £offeg§,  in  bem  ©ie  gerabe  finb,  mit  ber  Se» 
antwortung  ber  weniger  wichtigen  Sriefe  betrauen,  wie  e§  juweiten  oon  ben  i|Sro« 
üinjiafen  anberer  ^rooinjen  ju  gefdjefjen  pflegt,  ©offte  baS  aüeS  nic^t  hiitreidjenbe 
Erleichterung  bieten,  fo  bitte  icf),  mich  ju  mahnen,  bantit  id)  überlege,  wie  für  weitere 
Erfeidjterung  ju  forgen  ift1. 

Sei  ben  Sifitationen  hatte  fidj  aCfmä^Iic^  bie  (Sitte  gebilbet,  baß  bie  ^5rot>ingiafe 
oon  ben  9ftiniftern  ber  betreffenben  Käufer  beffer  (lautius)  bewirtet  würben. 
P.  ÜDJunbbrot  fd^affte  biefe  ©ewofjnfieit  ab,  wofür  er  oon  SiteffeScfji  am  22.  2fpri£ 
1634  großes  Sob  erntete.  3u9Wcf)  brütfte  ber  ©eneraf  ben  SSunfdj  au§,  baß  biefel 
Seifpiel  oiele  üttadjafjmer  finben  möge2. 

2fud)  ber  Nachfolger  beS  P.  ÜOZunbbrot,  SSoffgang  ©raoenegg  (1636 — 1643), 
fonnte  bie  Saft  nicfjt  bewältigen.  2fm  21.  Qufi  1640  empfafjf  if)m  SiteffeScfji,  bie 
©djweij,  wettfje  feit  faft  brei  Qafjren  nicfjt  mefjr  oifitiert  worben,  fobafb  af§  möglidfj 
ju  befugen  unb  befonberS  ben  patres  in  Supern,  oon  benen  fdbjon  einige  unter  ber 
llberfaft  ber  Sfrbeit  gufammengebrodjen  feien,  £)ilfe  ju  fenben3.  SDiefelbe  ÜÖfafjnung  er¬ 
ging  am  31.  ^ufi  1649  an  ben  ißrooinjiaf  $eppfer:  bie  Silage  ber  ©djweijer  Kollegien 
ift  nicfjt  unbegrünbet,  ba  feit  brei  3ahren  lein  ^rooinjiaf  fie  oifitiert  Ijat4. 

©ef)r  erfdjWert  würben  bie  Sifitationen  burd)  ben  $rieg.  §ier  unb  ba  war 
e§  ben  ^rooinjiafen  für  fange  3e*t  einfadj  unmöglid),  bie  Kollegien  ju  erreichen, 
©o  fam  e§,  baß  einzelne  Kollegien  10—20  Qaßre  of)ne  Sifite  blieben5. 

2fu§  bemfefben  ©runbe  fonnten  feine  außerorbentfidjen  Sifitationen  ftattfinben. 
Sor  bem  Kriege  waren  fofc^e  abgeljalten  worben  burdj  Dfioer  SNanare  (1601)  unb 
£f)eobor  SufaeuS  (1608).  3uo  außerorbentfichen  Sifitation  ber  ©tubien  hatte  Sfquaoioa 
im  ^afjre  1603  ben  P.  Saber  beftimmt,  unb  1604  bereifte  ©ebaftian  3)ietridj  afS 
Sifitator  bie  Ä'offegien,  um  ben  ©taub  ber  Serwaftung  unb  ginan^en  gu  prüfen. 
Sei  ber  Serwaftung  ber  einzelnen  Kollegien  werben  wir  feinen  ©puren  begegnen. 

*  * 

* 

2)er  ©iß  be§  ißroüinjiafS  ber  oberbeutfdjen  ißrooinj  war  in  3ugo(ftaöt,  wo 
bie  Qefuiten  if)r  erfteS  fö’olfeg  in  Oberbeutfcfjfanb  erhalten  hatten. 

£)a§  ^ngolftäbtcc  ®odeg  nahm  in  uuferer  3eit  einen  ungehemmten,  fefbft  burdj 
^3eft  unb  $rieg  wenig  geftörten  Fortgang6. 

Sßofjnung  unb  ®ird)e  mußten  erweitert  werben.  2fußer  ben  Erweiterungen  unb 
Sfnbauten  in  ben  3ahren  1603  unb  1605  führte  man  1613  am  öftfidjen  Enbe  be§ 


1  *  £>rig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

2  *(£60. 

3  *  Original  9Jt.  9t.,  Jes.  381. 

4  *  ©eneralöifar  ‘Dtontmoreuct)  an  ®cppler. 
Drig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

5  Sie  ^rotnnjiate  ber  oberbeutfcben  ^Sroöin§ 
waren:  ®regor  9tofeffiuS,  29.  @ept.  1600; 
Sfyeobor  93u}aeu§,  13.  ^nni  1609;  9Jtefd)ior 
§ärtel,  14.  ütprit  1612;  Gfjriftopb  ©renjing, 
9.  9Jtai  1618;  ©ualter  Xftunbbrot,  9.  ®tärj 
1624;  SInton  SCSelfer,  20.  San.  1631;  ©ualter 


SDtunbbrot,  28. San.  1634;  2öoIfgang@raoeuegg, 

25.  9toO.  1636;  9ti!a[.  ÜBibnman,  19.  gebr. 

1642;  Sorenj  ßeppler,  8.  9iot>.  1646;  G^riftopt) 

©d)orrer,  3.  9(pril  1650. 

6  SSgl.  »b  I,  ©.  53  f  611  ff.  gür  ba§  gof* 
genbe:  *Hist.  coli.  Ingolst.  biä  1671  im  j£iö= 
jefanarcbio  ju  Gid)ftätt.  $eit  SInfang  bilbet  ein 
Summarium  de  variis  rebus  Coli.  Ingolst. 
dedicati  societati  nominis  Iesu  Domini  Nostri. 
2)ie  Historia  würbe  im  16.  Sfüubunbert  be¬ 
gonnen  unb  bann  afljäfjrlid)  weitergefiibrt.  Gin 


Stlte  unö  neue  9tieberlaffungeit :  Sngotftabt. 


203 


Kolleg!  einen  großen  Querflügel  auf,  ber  fiel)  in  fiiblidjer  Süchtung  erftrecfte.  ®ic 
^ircfje  erhielt  1611  ©alerien  unb  mürbe  1624  burcf)  ben  Umbau  non  ßfjor  unb 
£angf)au!  faft  ein  anberer  Sau.  Sttan  burdjbrad)  bie  SSänbe  bei  £anghaufe!  unb 
errichtete  recht!  unb  linf!  je  brei  Kapellen,  über  benen  ©alerien  angebracht  mürben*  1. 

$ie  Slnjahl  ber  ^Serfonen  (ftiftunglgemäjj  70)  belief  fidj  bereit!  1613  auf  125 
unb  ftieg  jeitmeife  burdj  bie  Slufnahme  nieler  Flüchtlinge  au!  Söhmen  unb  norn 
Schein  auf  mehr  al!  150.  Obgleich  ^ngolftabt  trop  f)orter  Sefdjiefjung  (1632)  fein 
feinbliche!  .fpeer  in  feinen  dauern  faf),  raffte  bodj  ber  im  ©efolge  ber  £anb!lned)te 
einherfdjreitenbe  Sürgengel,  bie  $eft,  allein  öon  1632  bi!  1634  35  Fefuiten  hinmeg. 
Stud)  bie  Sermitftung  ber  Sefifjungen,  au!  benen  ba!  Kolleg  feine  ©infünfte  bejog, 
mirfte  ftarf  auf  bie  Serminberung  befonber!  ber  in  Fngolftabt  [tubierenben  ©djolaftif'er 
ein.  S)odj  ftieg  bie  Faf)*  öon  40—50  Qefuiten  in  ben  Fahren  1638 — 1640  mieber, 
unb  jmar  bi!  1650  auf  108. 

Son  ben  155  SDUtgliebern  be!  Kolleg!  im  Fahre  1625  maren  42  ißriefter, 
5  9J?agiftri  (£ehrer  am  ©pmnafium),  80  ©djolaftifer  (STheologen  unb  ißhüofophen) 
unb  28  Saienbrüber.  Son  ben  ißrieftern  lehrten  im  ®urd)fchnitt  gehn  Shetorif, 
$ßtÜMophie  unb  3Ühe°l°9ier  bie  übrigen  maren  in  ber  ©eelforge  unb  Sermaltung 
befchäftigt  ober  faheit,  gebrochen  burd;  ein  ftrapajenreid)e!  £eben,  bent  ©nbe  unb  ber 
Krone  ihrer  Arbeiten  entgegen 2. 

®ie  &er  ©djüler  am  ©pmnafium  belief  ficf)  nach  ben  non 

1604  unb  1605  auf  500;  fpäter  merben  felbft  in  ber  ©efchidjte  be!  Kolleg!  feine 
Fahlen  mehr  genannt.  Fn  einem  ftatiftifdjen  Katalog  be!  Fa^reg  1649  mirb  bie 
Fahl  auf  204  angegeben3.  Fn  ^er  ©eelforge  entfalteten  bie  Fn9°ifiübter  Fefudett 
eine  aulgebehnte  Xätigfeit.  Slufjer  ben  ißrebigten  für  bie  ©pmnafiaften  unb  Slfabemifer 
üerfahen  fie  ba!  ißrebigtamt  in  ber  £iebfrauenfird)e  unb  ju  ©t  Slorip. 

Fm  Slnfang  be!  17.  Fahri)un^ert§  toirften  bie  Fefuüen  in  ätuei  Kirdjen  al! 
Katedjeten,  außerhalb  aber  an  neun  Orten;  im  Slboent  unb  in  ber  gaftenjeit  aufjer* 
halb  ber  ©tabt  1613  an  15  unb  1617  an  22  Orten  unb  fo  ähnlich  in  ben  folgenbeit 
Fahren.  ®a!  gan^e  Fa^r  f)inburch  hielten  fie  1618  unb  1619  an  acht  Orten 
(Shriftenleljre.  Fm  Faf)re  1624  bat  ber  ÜDiagiftrat  um  eine  foldje  in  @t  ©ebaftian, 
aufjerbem  hielt  man  fie  in  biefem  Fa^re  noch  nn  21  Orten  mährenb  be!  größeren 
Seile!  be!  Fdf)re§-  ©inige  Fahre  fpäter,  1631,  maren  oier  Katedjefen  in  unb  neun 
außerhalb  ber  ©tabt.  Fm  Ffll)re  1636  mirb  auch  eine  eigene  unter  freiem  Fimmel 
für  bie  Settier  ermähnt. 

Slufjer  anbent  Orten  mirften  bie  Sflire§  mieberfjolt  in  ©eifenfelb;  mie  fdjott 
früher  hielten  fie  bort  1624  niete  ißrebigten  unb  Katedjefen,  liefen  nor  bem  Solfe 
beutfdje  ©cfjaufpiele  auffühven  ufro.  Fm  Fa^re  1624  hörten  bie  ijktre!  in  ©eifern 
felb  3000  unb  1626  4000  Seichten.  Sie  in  ben  §mei  Kongregationen  für  bie 
©tubierenben  unb  afabemifdj  gebilbeten  sperren  unb  einer  brüten  für  bie  Orben!« 
leute  unb  Konoente  entfalteten  bie  Fanden  befonber!  in  ber  beutfehen  Sürgerfongre* 
gation  Maria  de  Victoria  mit  ihren  1200  Siitgliebern  (1649)  eine  tiefgreifenbe 
Sirffamfeit 4.  ®ie  Kranfen  unb  ©efangetten  mürben  non  einem  eigen!  für  biefel 


9tu§sug  ift  bie  Hist,  succincta  Coli.  Ingoist. 
1587—1639  in  5Ut.  9t.,  Jes.  1363.  *Litt.  ann. 
unb  *Cat.  Prov.  Germ.  sup.  1601 — 1650. 
Plotto,  Hist.  Prov.  S.  J.  Germ.  sup.  150 
200.  Kropf  I  88;  II  2  40  46  ufto. 

1  93  raun,  $ie  Kircpenbauten  ber  beutfepen 
Sefuiten  II  20. 

2  *Cat.  tertius  Prov.  Germ.  sup.  1603  ff. 

*  Cat.  Person.  Coli.  Ingoist.  1605  ff. 


3  *  50t.  9t.,  Jes.  570.  Stuf  bie  einsetnett  Staffen 
öon  ber  9tpetorif  angefaitgen  fallen  bie  gaplen 
29,  25,  30,  43,  33,  44. 

4  *  Litt.  ann.  Prov.  Germ.  sup.  1644  ff. 
Über  ba§  Colloquium  Marianum  externorum 
ügt.  Kropf  I  94  unb  ba§  12.  Kapitel  über 
bie  Kongregationen;  bort  auep  9täpere§  über 
bie  Kongregation  Maria  de  Victoria. 


204 


Viertel  Äapitel.  2)ie  obcrbcutfc^c  ißrooing. 


SImt  beftimmten  uub  im  fßerfonalfatatog  öergeicßneteit  ^5atei*  regelmäßig  aufgefudft 
unb  leiblicß  unb  geiftlicf;  erquidt.  SBon  P.  Sernßarb  goretta,  ber  1615  ftarb,  be* 
richten  bie  Qaßregbriefe,  baß  er  gang  in  ber  ©arge  für  bie  Strmen  unb  Krönten 
aufging  unb  ficß  ißnen  bei  £ag  unb  bei  9?acßt  mibmete.  Er  forgte  nicßt  allein  für 
ißre  ©eefen,  fonbern  audj  für  ißr  leibliches  2Boßt,  bettelte  überall  Sebengmittet  unb 
trug,  manchmal  mit  köpfen  unb  ©efcßirren  förmlich  bepadt,  alleg  feinen  lieben  Slrmen 
unb  Krönten  ju1.  Sind)  ßier  reifte  alg  fcßöne  grucßt  ber  feelforglicßen  Söirffatm 
feit  eine  ftetS  macßfenbe  Xeilnaßme  am  Empfang  ber  heiligen  ©aframente:  bie 
3aßl  ber  Kommunifanten  ftieg  non  14000  im  3aßre  1615  auf  20000  im  3a^re 
1630  unb  auf  40000  im  Qaßre  1650 2.  ÜReßmen  mir  bagu,  baß  gur  felben  3e4t 
©eleßrte  mie  ©retfer,  Xanner,  Sapmann,  ©cßeiner  bie  afabemifcßen  £eßrfangeln  gierten, 
Scanner  mie  9iem,  Srunner,  S3albe  unb  33iffeliu§  am  Konöift  unb  am  ©pmnafium 
mirften,  fo  üerfteßen  mir,  menn  ber  neuefte  ©efcßicßtfcßreiber  33aßerng  ßertmrßebt: 
„Qngolftabt  mit  feinen  ^efuiten  bemäßrte  fid)  in  ber  Siteratur  mie  ^3raj:iS  alg  bag 
feftefte  iBollmerf  beS  alten  ©laubeng,  üon  bort  erfußr  bag  proteftantifcße  ©ßftem 
bie  gefäßrlicßften  Singriffe,  bortßin  richteten  aucß  £utßeraner  mie  Ealöiniften  un* 
abläffig  halb  bag  fcßmere  23elagerungggefcßüß  gelehrter  ^ßolemif,  halb  bag  ißorpoftem 
feuer  beg  Sßißeg  unb  ber  ©atire."3 

23on  bem  gum  Qngolftäbter  Kolleg  gehörigen  fBiburg4  au§  entfalteten  einige 
patres,  bie  bort  ftänbig  moßnten,  eine  fegengreicße  fXätigfeit.  ®ie  Einäfcßeruttg  beg 
Klofterg  burcß  bie  ©cßmeben  (1632)  öernicßtete  biefelbe  für  meßrere  ^aßre.  Slud)  fpäter, 
1641  unb  1648,  mürben  burd)  bie  fdjmebifdjen  Einfälle  bie  Slrbeiten  für  furge  3^it 
unterbrocßen.  9?icßt  allein  bie  föemoßner  oon  23iburg  unb  Kircßborf,  fonbern  aucß 
bie  oon  Slbensberg,  ©iegenburg  unb  befonberg  oon  Slllergborf  (Sttallergborf  ?)  ßatten 
ficß  beg  ©egeng  biefer  Slrbeiten  gu  erfreuen.  S)a  infolge  beg  Krieges  bie  meiften 
biefer  Orte  ißrer  ipirten  beraubt  maren,  berfaßen  bie  Söiburger  patres  ben  gangen 
ißfarrbienft.  f£roß  ber  SSermilberung,  bie  Krieg,  junger  unb  ?ßeft  mit  ficß  bracßten, 
güßlte  man  in  meßreren  biefer  Pfarreien  jäßrlicß  1000  big  2000  Kommunionen5. 

£ag  gmeitältefte  Kolleg  ber  oberbeutfcßen  ißroüing,  in  Sftüitcßett,  erlebte  in  unferer 
ißeriobe  eine  glängenbe  Entfaltung;  lag  eg  ja  in  ber  Siefibeng  beg  bebeutenbften 
beutfcßen  dürften  feiner  3e4t/  beg  gielbemußten,  fraftoollen  £>ergogg  unb  Kurfiirften 
9J?apimilian,  ber  nicht  allein  auf  bie  ©efcßide  23aßerng,  fonbern  aucß  auf  bie  beg 
gangen  Steicßeg  einen  beftimmenben  Einfluß  augübte. 

®ie  bigßerige  Söirffamfeit  ber  Qefuiten  in  ÜOiüncßen 6  ßatte  bielfacße  Slnerfennung 
gefunben.  ©elegentlicß  einer  meit  berbreiteten  bögmilligen  SSerleumbung  fleibete  ber 
SJJagiftrat  bon  SJtündjen  biefe  Slnerfennung  am  12.  $uni  1607  in  bie  Söorte :  „Ung 
unb  mämtiglid)  unferer  ©tabt  unb  löblichen  33ürgerfcßaft,  mie  aud)  allen  benjenigen, 
meldjer  Religion  unb  Nation  fie  feien,  bie  fid)  eine  3eitlang  allßie  aufgeßalten,  ift 


1  *  Litt.  ann.  1615. 

2  *  Hist.  coli.  Ingoist.  unb  *  Litt.  ann.  ®ie3aßf 
ber  Äonöerfionen  fcßwanft  jtüifcfjen  6  unb  40. 

3  Stieg ler,  ©efcßicßte  Saperni?  VI  376. — 

£rofe  ber  großen  ßinfünfte  Oon  ca  8000  biä 
9000  ©ufbcn  geriet  ba3  ÄoHeg  befonberl  wegen 

23erwüftung  ber  gunbationägüter  guweilen  in 

große  Stot.  gut  gaßre  1638  reichten  bie  ßin- 
fünfte  nur  für  15  fßerfonen;  int  gaßre  1649 
fonnten  oon  ben  reinen  ßinfünften  oon 
ca  5000  ©ulben  35  ißerfonen  leben,  tatfäcßlicß 
würben  88  ißerfonen  unterßalten;  bie  ©cßulben 
betrugen  15  000  ©ulben.  —  Sieftoren  waren : 


2(nt.  SSelfer,  1599;  goß.  SDianßart,  1609; 
©uaft.  SJiunbbrot,  1616;  ßafoar  Secßner  (®ige> 
Sieftor),  1624;  £ugo  Siotß  (Siott),  1624;  goß. 
©lücfß,  1628;  Gßriftobß  SDieubler,  1645;  Ser> 
Oil.  Sßeißefin,  1646;  goß.  93ernarb,  1650. 

4  Sgl.  58b  I,  ®.  400  ff. 

5  *Hist.  succincta.  *Litt.  ann.  1641  ff.  S8gl. 
Flott o  40  66  100;  Kropf  II  422.  33ei 
glotto  aucß  Siäßerel  über  bie  oerfcßiebenen  9ieu= 
bauten  unb  bie  Sircßenreftaurationen. 

6  SSgl.  29b  I,  ©.183  ff  625  ff.  gür  ba§ 
golgenbe  *Annales  Coli.  Monac.,  *  Litt.  ann. 
unb  *  Catal.  1601—1650. 


Sttte  unb  neue  9tiebertaffungen :  9Mndjen. 


205 


lunböar  unb  Betrugt,  weldjermaßen  bie  eßrwürbigen  93äter  ber  löblidjen  Societät 
Qefu  nunmehr  oiet  Qaßre  her  aKßier  einen  ehrbaren,  frommen,  aufrechten,  gültigen, 
itnfträflicßen  priefterlidjen  SSanbel  geführt  unb  mit  Haltung  fleißigen  ©otteSbienfteS, 
^rebigen,  fSeicßtßören,  ßinberleßre,  Untermeifung  unb  Sernung  ber  lieben  Qugenb 
üiel  ©uteS  erwiefen  haben  unb  noch  täglid)  ermeifen;  fpringen  auch  &en  hänfen  unb 
in  SobeSnöten  liegenbeit  fßerfonen  fo  9?acßtS  als  bei  STag  treulich  unb  oäterlidj  bei." 1 

Siefe  Sätigfeit  betonte  ficf)  immer  weiter  auS,  unb  jwar  üor  adern  in  ben  Sdjulen. 
Sie  Schulen  hatten  großen  Qulauf  auch  1100  auswärtigen  Schülern,  bie  über  bie 
©pmnafialflaffen  hinaus  nod)  fßorlefungen  über  Sialeftif,  $ontroüerfe  unb  SUioral« 
theologie  hören  tonnten2.  Sie  Sdjülerjaßl  war  bis  ^itm  Qaßre  1632  faft  in  ftetem 
233ad)fen  begriffen.  1618  waren  eS  über  1200,  1631  1464;  aud)  bie  ©rricßtung 
üon  jwei  neuen  Kollegien  in  föurgßaufen  unb  Sanbsßut  (1629)  hatte  feine  Slbnaßme 
bewirten  tonnen,  eine  folcf)e  trat  erft  ein  nad)  bem  ©inrüden  ber  Sdjweben.  Sie 
infolge  ber  großen  Qaßl  ber  Schüler  in  ben  ©rammatifflaffen  fchon  oor  1600  ein« 
geführten  Soppelfurfe  mußten  beibeßalten  werben.  Sroß  ber  Seilung  waren  in 
manchen  klaffen  über  100  Sdjüler;  bie  fcfjon  geteilte  unterfte  ©rammatifflaffe  mußte 
weiter  geteilt  werben 3,  fo  baß  üier  üOlagiftri  für  bie  nunmehr  oierteilige  klaffe 
erforberlid)  waren.  Qm  Qaßre  1626  teilte  man  aud)  bie  §umaniora;  1624  hatte 
bie  ungeteilte  klaffe  163  unb  1626  gar  178  Schüler  gewählt4.  Slußer  bem  ©tjmnafium 
unterrichtete  „ber  Sßräfeft  unferer  ÜDiufifer"  nocß  über  100  Scßüler  in  feinem  §aufe 
„mit  großem  ©ifer  unb  ©efdjid",  üon  benen  bann  bie  beften  bei  ben  üerfcßiebenen 
QaßreSterminen  in  baS  ©ßmnafium  aufgenommen  würben,  ©ine  gewaltfame  Störung 
erlitt  biefeS  blüßenbe  Scßulleben,  als  am  7.  2lpril  1632  bie  SdjredenSfunbe  üon  ber 
©innaßme  SonauwörtßS  burdh  bie  Schweben  in  äftündjen  eintraf.  3lm  folgenben 
Sage  hatte  ficf)  üon  ben  faft  1500  Schülern  bie  £>älfte  fchon  jerftreut,  am  17.  Slpril 
würben  aud)  mehrere  Seßrer  an  anbere  0rte  gefcßidt,  unb  für  acf)t  Sage  war  feine 
Scßule  meßr5.  SllS  ber  Scßreden  fid)  allntählid)  etwas  gelegt,  eröffnete  man  wieber 
am  26.  SIpril  mit  400  Sd)ülern  baS  ©ßmnafium.  Qm  9)iai  rüdten  bie  Schweben 
ein,  blieben  „ohne  größeren  Schaben"  brei  SBocßen,  nahmen  beim  Slbjug  am  7.  Quni 
1632  42  ©eifein  mit,  barunter  ben  ^räfeften  beS  ©pmnafiumS,  P.  ©leßlin.  ©ine 
neue  gewaltfame  Unterbrechung  erlitt  baS  ©pmnafium  burd)  bie  fßeft.  §erbft  1634 
mußten  bie  Schulen  für  üier  Monate  gefcßloffen  werben.  Ärieg  unb  jßeft  (mars 
et  mors)  raubten  bem  ©pmnafium  innerhalb  breier  Qaßre  faft  1000  Schüler.  Qm 
Qrüßjahr  1635  jaulte  man  nur  meßr  450.  Sie  Qaßl  fteigt  nur  langfam  wieber, 
erft  1645  finb  eS  800  unb  1647  1007 6. 

©in  Qreubentag  für  bie  Scßule  war  ber  3.  Slpril  1635:  bie  ^üdfeßr  ber  ©eifein. 
Slm  11.  Slpril  fcßreibt  ber  mit  ben  ©eifein  jurüdgefeßrte  f)5räfeft  beS  ©pmnafiumS 


1  *  örig.  auf  Pergament  mit  (Siegel  9)1.  94, 
ltrfunben  fDtündjen,  Sef.  2.  galj.  ©ef.  ©in« 
blattbr-,  Jes.  1937.  S3gl.  3  an f  f  en ,  ©efdjidjte 
bei  beutfdjen  Sßotfel  V  513. 

2  *  Diarium  gymnasii  Soc.  Iesu  Monacensis, 
Clm  1550  ff  (benupt  üon  SB-  93auer,  2tul  bem 
Diarium  gymn.  S.  J.  Monac.,  fUtündjener  fßro« 
gramm  1878).  2>anad)  aud)  bal  gotgenbe. 

3  33gl.  Stquaüioa  an  ben  Üteftor  9Jtetd).  gartet, 
8.  $ej.  1601).  *Drig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

4  Seiber  beifit  el  im  Diarium  jum  18. 

1628 :  Denuo  coniuncta  humanitas  frustra 
ante  divisa.  Ser  junge  ÜDtagifter  93albe  batte 
1626  in  ber  oberen  2lbteitung  ber  unterften 

©rammatif  140  @d)üter. 


5  $on  beit  mehr  all  80  3ri’uiten  üertiefjen 
inlgefamt  42  9Jtund)eit,  barunter  6,  metdje  bie 
bergogtid)e  gamitie  auf  ber  f$tud)t  begleiteten. 
*  Litt.  ann.  1632.  Kropf  II  57  ff. 

6  ®ie  gabt  1007  üerteitt  fid)  auf  bie  einsetnen 
Staffen  mie  folgt:  Sbeotogie  54  (bie  gefuiten« 
fdjotaftiter  inbegriffen),  fßbitofopbie  66,  9?be« 
tori!  102,  ipoefie  (Humanität)  119,  Syntax 
maior  146,  Syntax  minor  152,  ©rammatif  190, 
Rudimenta  maior.  100,  Rudimenta  minor.  78. 
Siefe  Saft  trugen  nur  10  fprofefforen :  3  für 
Xbeotogie  unb  fßbtlofopbie,  7  für  bal  ©qm« 
nafium.  $ie  9Jot  ber  geit  machte  fid)  aud) 
hier  gettenb.  9Igt.  ©arrafa  an  ben  fßroüinäiat 
Äepplcr,  30.SD?ai  1648.  *Orig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 


206 


SBierteS  Kapitel.  Sie  oberbeutfd)e  tßroöing. 


in  ba§  Xagebucfj:  „2ll§  ©eifei  gurücfgefefjrt,  fjabe  icf;  mieber  bie  Seitung  über» 
nommen";  unb  unter  beut  17.  Slpril:  ,,Q;df)  fjabe  megen  meiner  gliicflicfjen  IRücffe^r 
(üorn  P.  ffteftor)  einen  freien  97acf)mittag  für  ba§  ©tjmnafium  ermirft."  ©egen  Grnbe 
be§  Krieges  bebrofjte  ber  geinb  mieberfjoft  bie  Stabt.  Unter  bent  12.  SJooember 
1646  berichtet  ba§  Xagebncfj :  „$m  Sluftrag  be§  ©tabtfommanbanten,  be§  @eneral§ 
Xrucf müder ,  fomntt  ber  93ürgermeifter  §örl  in§  Kolleg  mit  ber  Slnfrage,  ma§ 
bei  einem  feinblidfen  Eingriff  üon  ben  ©tubenten  gu  ermarten  fei,  ob  fie  bereit 
feien,  bie  SSaffen  gu  ergreifen,  ©iefe  Slnfrage  mürbe  in  ben  klaffen  öerfünbigt  unb 


•önubidjnft  be§  P.  ®tnr  gcvcfjenfelbt,  1640. 


mit  großem  ÜDfut  aufgenommen,  $n  ben  oberen  klaffen  boten  fiel)  bie  meiften  an: 
im  gangen  maren  e§  faft  200  (oon  670),  melclje  bie  Söaffen  ergreifen  fonnten  unb 
moflten." 

SBenn  mir  bie  fßerfonalfataloge  be§  München  er  ®oHeg§  muftern,  tritt  un§  neben 
ber  ©cfjultätigfeit  eine  fef)r  groffe  21rbeit§laft  entgegen1.  Singer  ben  öielen  93eicf)t» 
oätern  in  ber  eigenen  fö'ircfje  unb  am  §ofe  finben  mir  g.  93.  im  Katalog  1647/1648 
al§  ißrebiger  P.  £eop.  9Pancinu3  am  fitrfürfificfjen  /pofe,  P.  9J?anfr.  93o|f)eim  al§ 


1  Eine  Diethe  biefer  Ijanbfdjriftlidjen  Catalogi  unb  1647/1648  ftnb  Don  ber  §anb  be§  P.  ®ta£ 
Personarum  et  officiorum  Germaniae  supe-  ö.  Sercfjenfelbt  gefdjrieben,  ber  bamalS  ©efretär 

rioris  in  9Jt.  9t.,  Jes.  199.  Sie  üon  1646/1647  (Socius)  be§  iProOinjialS  tnar. 


Sitte  unb  neue  SHeberlaffungen :  SUüncben. 


207 


s$rebiger  im  Som 1,  P.  (S^riftopf)  (Sngelberg  in  ©t  SD?ic^aeI ,  P.  ^of)-  §efelitt  im 
SBaifenhauS,  iß^il.  Üfeinbl  im  peiliggeiftfpital,  P.  Vapt.  £>aimb  itt  ber  2lula  be3 
(GßmnafiutnS.  Srei  patres  fabelt  außer  bem  2lmt  all  Veidjtoater  nocfj  bie  be* 
fonbere  Obliegenheit  be§  KranfenbefudjS,  u.  a.  auch  im  |)ofpital  ©t  ^iofeph,  ein 
meitercr  ift  beftimmt  für  bie  Werfer.  2113  ißräfibeS  ber  ÜÜlariaitifdjen  Kongregationen 
ift  je  ein  Sßater  üerzeidjnet  für  bie  Kongregation  ber  Viirger,  für  bie  ber  paubmerfS* 
lehrlinge  (pueri  opifices),  ber  jungen  §anbmerfer  (iuniores  opif.),  für  bie  große, 
Heinere  unb  Heinfte  (angelica)  ©tubentenfongregation.  Von  ben  beiben  Emeriti 
hat  ÜEBoIfg.  ©cßünSleber  noch  2lmt  be3  SrudbogenforreftorS  (corrector  typi)2. 

3u  biefen  Arbeiten  !am  noch  bie  ©orge  für  fieben  ftänbige  Katecßefen  an  oer» 
fchiebenen  Orten  (1632)  unb  für  jmei  große  SBruberfdjaften,  bie  SobeSangftbruber* 
fcfjaft  (pro  defunctis)  unb  bie  gorftenrieber  Vruberfd)aft  tiorn  heiligen  Kreuze3. 
(Sin  eigener  ißater  hatte  bie  ©orge  für  bie  Verteilung  guter  Vüdjer,  be3  fog.  golbenen 
2llmofenS4.  Sie  charitatioe  Sätigfeit  für  bie  Slrmen,  bie  (Gefangenen  in  bem  §of» 
unb  ©tabtgefängniS  unb  bie  Kranfett  beanfprudjte  oiel  ßeit  unb  Kraft.  VefonberS  in 
ben  i^eftjeiten  mürben  bie  ^efuiten  ftarf  in  2lnfprud)  genommen  unb  f)(iben  gerabeju 
heroifd)e  Opfer  bi3  gur  pingabe  be3  eigenen  £eben3  gebracht.  $n  ber  ^eftjeit  oon 
1632  bi3  1634  fielen  in  SJJfündjen  nicht  meniger  al3  38  ^efuiten  ber  ©eudje  jum 
Opfer5.  $nt  §erbft  1634  raffte  bie  $ßeft  in  München  gegen  10000  $D7enfd)en  fort6. 
®aju  mar  man  auch  noch  vielfach  über  bie  ©tabt  hinaus  tätig;  fo  arbeitete  man 
unter  anberem  in  SBafferburg,  Vraunau,  9feid)enhall,  ^Sfarrfircfjen  ufm. 7 

2113  eine  fcfjöne  ^rucht  biefer  Sätigfeit  barf  ber  ftetS  fteigenbe  (Smpfang  ber 
heiligen  ©aframente  bezeichnet  merben:  39000  Kommunionen  im  3af)re  1601  unb 
75000  im  3ahre  1609;  im  3flf)re  1632  finb  e3  gegen  133000;  nach  i*er  ®ejimierung 
ber  Veüölferung  burd)  Krieg  unb  ©eitdjen  flieg  bie  3ahi  lieber  oon  63000  im  3Q^re 
1638  auf  86000  im  3ahre  1648. 

(Sine  meitere  grucht  biefer  Sätigfeit  mar  bie  oielfadje  2lnerfennung,  meldje  ben 
patres  in  München  zuteil  mürbe,  nidjt  allein  oon  ber  Veüölferung,  fonbern  auch 
oon  bem  £anbe3fürften  unb  bem  ftäbtifchen  SOlagiftrat.  Kurfürft  2Jiapimiliatt 
biefe  2lnerfennung  oft  auSgefprodjen  unb  in  feinem  Seftament  in  ergreifenb  fdjöne  Söorte 
gefaßt8.  Ser  ÜD7agiftrat  oon  München  nahm  mieberholt  bie  (Gelegenheit  maljr,  um 
feiner  3ufriebettf)eit  mit  bem  SBirfen  ber  ifSatreS  2lu3brud  ju  oerleihen.  2113  bie 
ÜJJfeifter  fich  über  ba3  2lrbeiten  ber  „Kiftler  (Gefeiten"  im  Kolleg  beflagten,  entfdjieb 
Vürgermeifter  unb  3fat  am  12.  Januar  1629,  baß  biefe  2lrbeiteit  ohne  ©träfe  unb 
ungeljinbert  paffiert  merben  füllten,  unb  etmaS  fpäter,  am  18.  Oftober  1642,  oer§id;tete 
ber  ÜÖfagiftrat  auf  bie  9iadjfteuer  „Oon  ben  oäterlidjen  unb  mütterlidjen  (SrbSportionen", 
mit  peroorhebung  „be3  rühmlichen  (Sifer3",  ben  bie  ^efuiten  fomohl  in  Unterrichtung 
ber  3u9en^  fll3  anberSmo  gezeigt9. 


1  2)ie  $omfanjel  nmrbe  im  2.  gabräeljnt  bei 
17.  gabrljunbert!  ben  gefuiten  für  immer  über» 
tragen.  Kropf  I  24. 

2  8um  Saljre  1611  macht  Kropf  (I  18) 
bie  93cmerfung:  Erat  Monachium  aegrotantium 
de  nostris  debiliumque  iam  tum  confugium. 

3  Über  biefe  93ruberfd)aften  ögl.  ebb.  24  81. 

4  *Catal.Pers.  1641.  SSgl.  bal  11.  Kapitel. 

5  *Litt.  ann.  1682 — 1634.  Kropf  II  63  f 
316  ff. 

6  *  Diarium  Gymn.,  23.  guni  1635. 

7  Kropf  I  103  ff. 

8  $gl.  bal  15.  Kapitel  „§ofbeicf)töäter"  unb 


bal  Schreiben  bei  Knrfürften  9)tap  an  ißapft  gn» 
nojens  X.,  15.  2)e$.  1645.  *  Original  in  9iom, 
Arch.  Vatic.,  Lettere  di  Principi  LXX,  f.  15. 

9  *  SUüncpen,  ®rei§ard)io,  9)1.  g.  115/8856, 
f.  268  270.  Uber  bie  ©nfünfte  bei  SoUegl 
Pgl.  bal  23.  Kapitel  über  „SZerttmltung".  $ie 
Siettoren  waren:  SJield).  tpartel  ($ärtl),  1598; 
fülatth-  SJiaprljofer,  1605;  gat.  Keller,  1607; 
Soh-  fOianhart,  1623;  gaf.  Keller,  1628;  SEBaltf). 
SJlunbbrot,  1631;  ©eorg  fReeb,  1635;  SBoIfg. 
®raüenegg,  1635;  (Xfjriftopf)  SOtenbler  (93ije= 
reftor),  1637;  ©eorg  Spaifer,  1639 ;  got).  Siegerl» 
reiter,  1646;  9lifaf.  ©ibnman,  1650. 


208 


Vierteg  Stapftet.  2>ie  oberbeutfdje  fßroüins. 


Unter  bem  ßotleg  in  ättündjen  ftanb  bie  fRefibeng  ©E>ergf>  erg  E  $ier  waren 
ftetg  einige  fßatreg  in  ber  S3erWaItung  ber  ©üter  ober  in  ber  ©eelforge  am  Orte 
unb  in  ber  Umgegenb  befcfjäftigt1 2.  33efonberg  nafjm  man  fidj  ber  SSaUfatjrtgfirdje 
beg  f)t.  ©ebafiian  an;  fie  mürbe  1609  oollftänbig  reftauriert  uitb  mit  einem  Slufmanb 
oon  3000  ©ulben  ein  neuer  £>od)altar  errietet.  9?acf)  alter  ©itte  tranfen  bie 
SBaflfafjrer  SBein  aug  bem  ©cßäbel  beg  1)1.  ©ebaftian  atg  ÜDlittel  zur  23emaf)rung 
oor  ber  Sßeft.  Qu  bemfelben  Qmede  würben  aud)  ©ebaftiangpfeile  oerteilt.  2>ie 
1644  neu  errid)tete  ©t  ©ebaftiang»93ruberfcf)aft  naljnt  einen  großen  Sluffd)Wung,  aucf) 
Slbelige  unb  93if<höfe  traten  if)r  bei.  ®ie  Qal)l  ber  Söallfafjrer  mudjg  fo,  baß  man 
1601  über  4000  unb  1645  17000  ®ommunifanten  jäfjlte.  ©eit  1603  behnte  man 
bie  $ated)efe  auf  meitere  Orte  ber  Umgegenb  aug.  Qn  ©rbing  maren  zwei,  zuweilen 
brei  ißatreg  ftationiert  (1646— 1648);  aud)  bort  forgte  man  für  bie  Uranien  unb 
©efangenen  in  befonberer  Söeife;  im  tpofpital  erlangte  man  beffere  Siaßrung  für  bie 
Qnfaffen3.  33on  1603  big  1638  mar  in  Sbergberg  aud)  bie  fog.  britte  ißrobation 
(Sertiat)  mit  burd)fd)nittlid)  12 — 20  TTertiariern.  Vorüber gel)enb  mürben  and) 
©djolaftifer  nad)  ©bergberg  gefdßdt,  um  bort  ißren  ©tubien  obzuliegen  (1638). 
©djrner  litt  ©bergberg  burcf)  ben  $rieg:  1632  unb  1648  mürbe  eg  oon  ben  ©cßmeben 
oollftänbig  auggeplünbert  unb  oermüftet4.  Stroßbem  fonute  eg  gerabe  in  ben  leßten 
Qaf)ren  beg  fö'riegeg  eine  großartige  2Sof)ltätigleit  entfalten.  Qm  Qafjre  1646  nafjm 
eg  innerhalb  zweier  Monate  meßr  alg  300  flüchtige  ißriefter  unb  Orbengleute  auf  unb 
beherbergte  länger  alg  ein  93ierteljaf)r  mehr  alg  40  ärmere  ißerfonen,  bie  bann  noch 
bei  ber  üiüdfefjr  ju  ben  Q^fjrigen  mit  einem  orbentlic^en  Qeßrpfennig  befdjenft  mürben; 
anbern  Sinnen  unb  33ebrängten  fprang  man  mit  einem  reidjeren  unb  außergemöfjn» 
lidjen  SUmofen  bei.  Stud)  im  Qaßre  1649  mürben  Diele  oerarmte  Orbengleute  frei» 
gebig  unterftüßt.  ®ie  ungezählten  ©cßaren  oon  Sirmen,  bie  meilenmeit  täglid)  nach 
©bergberg  ftrömten,  erhielten  ein  SUmofen,  mehr  alg  ßunbert  oerarmte  Untertanen 
tägliche  Nahrung5. 

Qu  SDiündjen  gehörte,  mie  fdjon  früher,  bie  üftieberlaffung  an  ber  gefegneten 
©nabenftätte  Slltötting6,  bag  beutfdfie  Soreto,  mie  eg  in  einer  2)enffdjrift  aug 
biefer  Qeit  genannt  mirb. 

Qn  ben  erften  Jahrzehnten  zählte  bie  SJieberlaffung  burchfdjnittlidh  10  ÜDUtglieber: 
4 — 6  ißriefter  unb  4  33riiber;  1638  mürbe  bie  Qaf)l  burd)  bie  fßatreg  beg  britten 
^ßrüfunggjahreg  oerboppelt7.  Sllg  Unterhalt  erhielten  bie  Qefuiten  aug  ber  heiüßen 
Kapelle  1000 — 1500  ©ulben,  oon  benen  12  ißerfonen  unterhalten  unb  zugleich  bie 
Soften  ber  oielfadj  in  Slnfpruih  genommenen  ©aftfreunbfchaft  beftritten  merben  lonnten. 
Unter  bem  24.  2}?ai  1606  betätigte  3J?aj  bie  Qambation  unb  fteüte  einen  emigen 
©tiftgbrief  aug,  „nadjbem  mir  mehrmalen  bie  Dielfältige  geiftlicße  §ilf  unb  Uroftung 
Zu  ©emüt  unb  £>erzen  geführt,  bie  nit  allein  ben  ßirchfahrteren,  bie  in  großer  Qal)l 
mährenb  beg  Qaßreg  bie  heilige  Kapelle  befud)en,  fonbern  auch  ^en  anliegenben 
©täbten,  SD^ärften  unb  Dörfern  burd)  bie  gebachten  ißatreg  ihrem  Qnftitut  unb  23raud) 
gemäß  erzeigt  merben;  auch  ha&en  wir  in  ber  ©pperienz  erfunben,  baß  bie  angemanbte 
Slrbeit  Oon  £ag  zu  £ag  an  gebauten  Orten  zu  mehrerer  Qrud)t  gelangen  tut"8. 


1  Vgr.  Vb  I,  ©.  401  f. 

s  *Hist.  Eberspergensis  1596 — 1701  in  Clm 
1351.  *  Litt.  ann.  1641—1650. 

3  *  Litt.  ann.  1647. 

4  bag  6.  Stapftet  „Strieggnot". 

6  *  Litt.  ann.  1646  u.  1649.  2>ie  falidßen 

Eingaben  über  bie  ©bergbergifcfje  §ofmarf  £orn= 

bad)  unb  bie  Vertreibung  beg  ©eorg  Don  9Jtarot= 

bing  (bei  Saug,  ©efd).  ber  gefuiten  in  Vapern 


132)  finb  ridftiggeftettt  Oon  SSittmann,  ®ie 
Sefuiten  unb  ber  Stifter  §einrid)  ü.  Saug  (1845) 
30  ff.  Vgl.  35  ff. 

6  Vgl.  Vb  I,  396  ff.  gür  bag  gotgenbe 
*  Litt.  ann.  unb  *Cat.  1601 — 1650. 

7  Über  bie  fZimbation  beg  Üertiateg  Dom 
7.  3>an.  1640  f.  bag  21.  f  apitel. 

8  *  Original  mit  Siegel  in  9Jt.  3t.,  llrfuttbett 
SUtenötting,  *®opie,  Jes.  729,  bort  aud) 


3tlte  unb  neue  SJlieberlaffungen :  SDliindjen  (Eberöberg.  —  Stltötting). 


209 


(Später  würben  mit  ber  Wadfjfenben  Arbeit  unb  ber  baburdj  bebingten  Sermehrung 
ber  Arbeiter  wieberljolt  bie  Sezüge  erweitert1. 

Sie  ©inljeimfung  biefer  [frucfjt  forberte  freitief)  eine  fe^r  angeftrengte  Arbeit. 
Sie  3^  ber  Kommunionen  mar  ftf)on  1616  auf  über  20000  geftiegen  (1604  waren 
eS  nur  8000).  Sa§  Jubiläum  be§  Qa^re§  1617  [teilte  befonberS  große  Slnforbe- 
rungen  an  ben  (Sifer  ber  patres.  Einige  Monate  fjinburc^  mußten  fie  üielfadf)  fc^ort 
3  UI)r  in  ber  fyrüfje  mit  ben  Seiften  beginnen,  bie  in  biefem  [faßre  bie  ßa^l  üon 
40300  erreichten.  Sie  3aht  fteigerte  [ich  noch  1625—1630  auf  48000 — 49000. 
Obgleich  im  3aßre  1632  bie  Srücfen  über  ben  $nn  abgebrochen  unb  baS  ©nahem 
bilb  nach  ©Ulzburg  geftücfjtet  worben,  beliefen  [ich  bie  Seichten  in  unb  außerhalb 
Slttötting  hoch  noch  auf  33  000. 

Sann  ftiegen  bie  Seichten  aber  wieber 
im  3ahre  1635  auf  50300,  1640 
auf  76  300.  Sie  höchfte  3ahl  er' 
reichten  fie  in  bem  [fubiläumSjahr 
1641  mit  90000;  in  ben  folgenben 
fahren  fcfjwanfen  bie  3aI)bm  jwi* 
fdfjen  74000  unb  81 000.  3ur  fetben 
3eit  betrug  bie  3ahl  ^er  Kommu- 
nionen  jwifcfjen  40000  unb  50000. 

Schon  im  3°^re  1604  ftagt  ber  Se- 
rieht:  „Surcß  bie  ÜDZenge  ber  Pilger 
werben  wir  faft  erbrüeft,  an  einem 
Sage  finb  e§  oft  über  taufenb,  unb 
fein  Pilger  will  ohne  Seicht  bie 
©nabenftätte  üerlaffen;  bie  iprebig= 
ten  müffen  oft  im  [freien  gehalten 
werben."  Sazu  famen  bie  oielen 
Arbeiten  in  ber  Umgegenb,  Surg- 
fircf;en,  9Zeuötting,  ©ngelsberg,  Kle- 
bing,  SBilbenau;  über  bie  ©renjen 
ihrer  Salzburger  (Srgbiöjefe  hinaus 
würben  bie  patres  in  bie  2ßaffauer, 

SffegenSburger  unb  [freifinger  Siö* 

Zefe  gerufen.  Katecßefe  würbe  regel¬ 
mäßig  gegeben  an  zwei,  feit  1631 
an  brei,  feit  1639  wäßrenb  be§ 
ganjen  3ohre§  an  fecßS  Orten,  [faft- 
nacht  1641  würben  alle  KatecßiSmuSfinber  in  feierlicher  ißrozeffion  zu  ber  ©wigen 
SInbetung  in  bie  3efnitenfircße  geführt,  ihnen  fcßloffen  [ich  bann  bie  Pfarrer  mit 
oielen  ^farrfinbern  an.  Sie  ÜDtarienfongregation  zählte  1617  gegen  150  ÜDtitgtieber, 
bie  Kongregation  be§  f)t.  Qfibor  für  Sanbleute  nahm  1644  200  neue  ÜDtitglieber  auf, 
bie  [ich  felbft  üon  entfernten  Orten  in  biefelbe  einfd)reiben  ließen. 

Unter  ben  frommen  SBanfaßrern  erwähnen  bie  Serielle  üon  1642  unb  1644 
bie  Kaiferinwitwe  ©leonora,  ben  ©eneral  30ßann  ü.  SBertß,  ber  nach  fünfjähriger 
©efangenfcßaft  ber  ÜDtutter  ©otteS  feinen  Sanf  für  bie  Sefreiung  abftattete,  ben  Kur- 
fürften  SDtapimilian  mit  feiner  ©emaßlin  unb  feinem  ©rftgebornen  [ferbinanb. 


Sitclbilb  jur  (Sefdjicöte  bev  SJlutter  ©otte§  tum  QUtötting 
(P.  SrflUfl  1643).  (Stid)  bon  SBolfg.  Äiliait  (4/s). 


bie  ba^u  gehörige  Sorrefbonbenj.  gine  notariell 
beglaubigte  $obie  Jes.  134  trägt  ebenfalls  ba§ 
Saturn  24.  SJlai  1606.  91acf)  ben  SBerbaub- 
2>ut)r,  ©efc^itfite  ber  Sefuitett.  II. 


(uugeu  fauu  bie  tatfädjtidje  2tu3fertigung  erft 
Suli  erfolgt  fein. 

1  Einzelheiten  iu  9)1.  31.,  Jes.  734. 

14 


210 


«icrte3  Kapitel.  $ie  oherbeutfcpe  fgrobiiiä. 


©ine  ©enffdjrift  über  bie  Siiebcrlaffung  in  Slltötting  au§  bent  ^a^re  1637  fcf)ä^t 
bie  3apl  ber  jäprlidjen  pilger  auf  40000—50000;  barunter  finb  alle  klaffen  ber* 
treten,  befonberg  dauern ;  biefe  finb  aber  bielfacp  fo  fcpledjt  unterrichtet,  baß  tuir  fie 
^reu^eicfjen  unb  Stofenfranj  lehren  unb  non  ifjren  abergläubifcpcn  ©emopupeiten  ab« 
bringen  miiffen.  2>ie  gleidje  Slrbeit  tnirb  pier  geleiftet  tuie  in  jebent  roenigften§ 
mittelgroßen  föolleg;  benn  in  meldjem  ©ßmnafium  ber  probinj  merben  fo  niele  Un> 
miffenbe  unterrichtet?1 

®ie  furfürftficfien  SSerroalter  ber  heiligen  Kapelle  befürworteten  am  14.  Quli 
1637  einen  3ufdjuß  für  bie  ^efuiteu  mit  ber  23egrünbung,  weil  fie  mit  ^Srebigen, 
93eid)thüren  unb  „^ünberläpr"  fomopl  pier  al§  an  anbern  Orten  mit  ihren  äßiffionert 
nie!  @ute§  unb  gleichfam  bem  ganzen  Sanb  (roeil  allerorten  allhero  großer  Concurs) 
großen  Siußen  präftiren  unb  nit  menig  biefeS  heiligen  Ort3  Slufneptnen  unb  ©in* 
fommen§  IXrfach  feinb,  audj  ber  heiligen  Kapelle  tiiglid)  bienen2. 

3it  einer  23ittfd)rift  an  ben  ®urfürften  nout  September  1649  führt  ber  Sieftor 
„be§  ProbierpaufeS  gu  Stltenötting",  Seonparb  Sercpenfelb,  au§:  93ei  ber  Slnfunft 
ber  Qefuiten  belief  fitp  bie  3apl  ber  Pönitenten  auf  einige  punbert  jährlich;  biefelbe 
ift  fo  gemacpfen,  baß  fie  allein  in  ben  leßten  faßten  oon  1645  big  1649  in  bie 
400000  betrug.  ®e§palb  mußten,  um  ben  ^ircpfaprtern  fcpleunige  unb  erfledlicpe 
£>ilfe  ju  leiften,  ftatt  20  24 — 25  Perfoiten  unterhalten  roerben,  fo  baß  mir  Scpulben 
machten;  ba^u  famen  bie  oielen  flüchtigen  patres,  bie  ftet§  pier  eifrig  auggepolfen 
pabeu.  Slußerbem  paben  mir  in  biefer  fcplimmen  3eit  allein  oorige§  3aßr  über 
anbertpalbpunbert  OrbenSperfonen  für  einen  ober  mehrere  £age  beherbergt.  $>ann 
paben  faft  täglicp  bei  ober  über  200  arme  Seute  bor  unferem  £mu§  um  ba§  Sllmofen 
gebettelt. 

Stuf  ©rforbern  beg  ^urfürften  SDZa^imilian  beftätigten  bie  geiftlicpeu  unb  melt* 
lidjen  ®ireftoren  unb  Vermalter  ber  heiligen  Kapelle  unter  bem  26.  Oftober  1649  bie 
^Darlegung  be§  91eftor§  unb  fpradjen  fiep  für  ©emäprung  feiner  33itte  um  einen  3m 
fdjuß  für  bie  Sermeprung  be§  perfonal§  au§.  3n  feinem  ©anffepreiben  bom  18.  Qnni 
1650  berichtet  P.  Sercpenfelbt,  fie  patten  fo  allen  Arbeiten  genügen  fönnen  unb  baju 
Söeipnadjten  unb  Oftern,  ba  ber  ^rembenjulauf  flein  ift,  einen  guten  Zeit  ber  Patre§ 
aud;  in  etma§  meiter  entfernte  Orte,  al§  nadj  -fpaag,  SDZattigpofen,  SJZauerfirdjen, 
Pidjlborf,  für  SSolfSmiffionen  augfdjiden  fönnen  mit  bel'anntem  großen  97uß  bieler 
taufenb  Seelen3. 

@o  mar  bie  alteprmürbige  ©nabenftätte  für  bie  ^efniten  ein  ebenfo  fegengreicheg 
mie  opferbodeS  Slrbeitgfelb  gemorben. 


3u  ben  älteften  Kollegien  ber  oberbeutfepen  probinj  gepört  audj  ba§  bebeutenbfte 
^efuitenfolleg  Xirolg  in  ber  SanbeSpauptftabt  Sttnsbrucf 4.  Sieben  3apre  uaep  bem 
£obe  beg  ©rjpersogg  gerbinanb  (f  1595)  patte  ^aifer  Slubolf  feinem  S3ruber,  bem 
§ocp*  unb  ©eutfepmeifter  SOJapimilian,  im  3aßre  1602  bie  SSermaltung  £irol§  über« 
tragen5.  3n  einem  Schreiben  bom  8.  Sluguft  1603  an  bie  Kammer  djarafterifiert 
©r^per^og  äftapimilian  Sage  unb  Seiftungen  beg  föollegg  alfo:  Un§  langt  glaub« 


1  *  Consideratio  Status  domus  Oetting.  S.  J. 
1637.  Original  9J1.  91.,  Jes.  734. 

5  *ßopie  tOl.  91.,  Jes.  734. 

3  Stile  angeführten  ©Treiben  *  Äopie  9)1.  91., 
Jes.  734,  fol.  10  ff. 

4  «gl.  93b  I,  6.  188  ff  607  ff. 

5  2sie  «crtunltung  bauerte  bis  1612;  bon 


1612  bi§  1618  regierte  9Uaj;inulian  al§  2anbe3= 
fürft;  ihm  folgte  a(3  ©ubernator  ©rjherjog 
Seopolb,  bon  1625  bi§  1632  als  Iperrfcher. 
Seopolb§  ©emahliit,  ft'laubia  bon  9)lebici,  re« 
gierte  al§  «ormiinberin  bon  1632  bi§  1646 
für  ihren  ©ol)n  gerbinanb  Start,  ber  1646  bie 
91egierung  antrat. 


21Ite  unb  neue  Sftieberlctffungen :  3tut8bru<f. 


211 


mürbig  an,  bafs  bie  SßatreS  fiel)  frugal  unb  eingegogen  Ratten  unb  mit  ben  fjiefigeit 
äftöndjen  gmar  in  gleicher  2lngaf)l  fein,  aber  fid)  mit  nie!  ringern  (©infünften)  be- 
gniigen  müffen,  mären  aber  bamit,  menn  fie  richtig  erfolgten,  mol  conteut  unb  gm 
frieben.  Sllfo  ift  unfer  Befehl,  baff  gfjr  auf  ein  2Seg  unb  DJOttel  bebadjt  fein  mollet, 
bamit  gljnen  ^SatribuS,  ba  fie  gu  gemeinen  BaterlanbS  97upen  unb  gur  ©f)r  ©otteS 
in  emfiger  Untermeifung  ber  lieben  gugenb  allen  gleifj  ergeigeit,  fjinfiiro  mehr  Be- 
fürberung  ermiefen,  and)  bie  auSftänbige  (Summe  beS  SeputatS  alsbalb  entrichtet 
merbe 1. 

Söiit  ben  Grinfünften  beS  Kollegs  ftanb  eS  in  ber  Sat  nicht  gut.  Ser  reoi- 
bierenbe  ißrofurator  P.  Sebaftian  Sietrid)  f)at  int  galjre  1605  bie  Büdjer  einer  ge¬ 
nauen  Prüfung  untermorfen  unb  folgenbeS  feftgeftellt.  SaS  jäf)rlidf)e  ©infommen 
beträgt  2140  ©ulben.  Nation  gefeit  aber  ab  515  ©ulben,  fo  baff  ein  reines  ©in* 
fommen  oon  1625  ©ulben  bleibt.  Allein  „auf  nie!  unb  mancherlei  ©öft  gu  fHofj 
unb  gu  gufj,  fo  bieS  ©ollegium  be^f)aI6en  oon  ben  Surdjreifenben  hoch  befchmert 
mirb,  tut  führlid)  an  Unfoften  aufs  menigft  angefchlageit  180  fl."  Ser  fßrofurator 
berechnet  ben  Unterhalt  für  eine  fßerfon  an  93rot  täglich  auf  1  ®reuger  3  Vierer2, 
jährlich  für  9  ©ulben  42  ®reuger  2  Vierer,  an  SBein  (Sfftg)  täglich  2  9JZafi  =  8  ^reuger, 
jährlich  48  ©ulben  32  ^reuger;  an  gleifd)  täglich  l1/*  ißfunb  a  22/5  Äreuger,  jähr¬ 
lich)  bei  214  gleifdjtagen  10  ©ulben,  42  ßreuger;  an  gifcf)  unb  ©iern  täglid)  4  Sfreuger, 
jährtid)  bei  150  gifdjtagen  10  ©ulben.  Sie  gifdje  merben  als  fehr  teuer  begeidjnet; 
baS  ißfunb  gemeine  Badfifche  foftete  5 — 7  ^reuger  unb  Specht  12 — 13  ^reuger. 
9ied)nete  man  bagu  bie  übrigen  2luSgaf>en,  fo  g.  B.  jährtid)  auf  eine  ißerfon  §olg 
unb  Sidjt  5  ©ulben,  Slrgnei  unb  Softor  3  ©ulben,  ßleibuug  unb  SSäfdje  20  ©ulben, 
Büdjer,  Rapier,  Sinte,  gebet  4  ©ulben,  fo  fam  eine  ^Serfon  auf  jährlich  130  ©ulben, 
20  fßerfonen  auf  2600  ©ulben.  Sie  reinen  ©innahmen  oon  1625  reichten  nur  für 
13  Sßerfoneit,  fo  bafj  alfo  bei  20  fßerfonen  ein  jährlicher  21uSfalI  Don  975  ©ulben 
gu  beden  mar.  Ser  9ieoifor  roeifj  fein  anbereS  SÖtittel,  als  entmeber  §all  mit  gnnS- 
brud  gu  oereinigen  ober  bie  brei  oberen  klaffen  in  gnnSbrud  aufgufjeben.  Sie 
Sdjulen  hotten  feine  ©infünfte,  baS  ÜJotmenbige  mürbe  oon  ber  Kammer  geliefert3. 

Schlimmer  als  mit  ben  ©infünften  ftanb  eS  mit  ben  fölaffenräumen.  Schon  1580 
hatte  eine  ^ommiffion  oon  Bauoerftänbigen  erflärt,  bafj  bie  Sdjulgimmer,  „mie  bie- 
felbett  bergeit  mit  Knaben  befept,  eben  flein,  eng  unb  fdjlecfjt,  bagu  auch  °on  roegett 
beS  täglichen  ©infjeigenS  gu  SBinterSgeiten  geuerSgefaljr  halben  maS  forglichen  feien". 
Hub  am  17.  September  1599  flagte  ber  Steftor  gaber,  bap  fie  nun  fdjon  feit 
24.  gafjren  „nit  in  Schulen,  fonbern  in  beS  Collegii  Ambulacris  ober  ©eng  unb 
dämmern  bociren".  9? och  3ahre  15"  mufften  bie  Sd)üler  gmeier  klaffen  bie 
gange  Unterrichtszeit  ftehen.  Söieberfjolt  mürben  aus  ÜDiangel  an  fßlap  Sd)üler 
gurüdgeroiefen4.  Sodj  hotten  alle  Bemühungen  ber  gefuiten,  geeignetere  fRäume  gu 
erhalten,  lange  feinen  ©rfolg.  211S  aber  9J7apimilian  am  8.  guli  1602  nach  gnnS- 
brud  fam,  nahm  er  fid)  ber  Sache  an  unb  betrieb  mit  allem  Sifer  ben  9ieubau  beS 
©pmnafiumS.  21m  5.  guli  1603  mürbe  ber  ©runbftein  gelegt  unb  ber  Bau  im 


1  *  Sopie  in  Initium  et  progressus  Coli. 
Oenipontani  1561 — 1685  (Hist.  coli.  Oenip.) 
f.  138.  2)iefe  £>auf>tquc(Ie  (im  gefuitenfolleg 
511  gnulbrud)  liegt  ben  folgenben  Einsetlfeiten 
ju  ©runbe,  wo  nicf)t§  anbercä  oermertt  wirb. 

2iefelbe  ift  auef)  öielfad)  benutzt  Oon  g.  Sie¬ 

bin  g  er,  ©efdjidjte  be§  (gmtgbruder)  ©qm- 
nofiumä  (2  2le,  gnn§brutfer  fßrogramnt  1858 
u.  1859)  unb  in  ber  auf  wefentlicf)  erweiterter 

ard)it>alifd)er  gorfdmng  beruljenben  ©efcfjicfjte 


be3  ©t)mnafium§  ingun^bruct  Oon 5t. Sedjner 
(5  2Ie,  gnnSbrucfer  Programm  1907—1911). 

2  1  Äreujer  galt  5  Vierer  unb  1  Vierer 
4  ferner  (denarius  parvulus  Veronensis).  Über 
ba§  SJiünäWefen  in  2irot  f.  21rd)iü  für  ©e- 
fd)id)te  Sirolg  V  5  f. 

3  *Informatio  status  rerurn  temporal.  Col¬ 
legii  S.  J.  Oenipont.  1605.  Original  in  9D7.  91., 
Jes.  1564. 

4  Sedjner  a.  a.  0.  1.  21  22  f  24 2. 

14* 


212 


SierteS  Äapitel.  2>ie  oberbeutfdje  $roüi«s. 


£>erbft  1606  oollenbet;  am  3.  Üßoüember  begog  man  ba§  ©pmnafium  unb  tjielt  am 
25.  besfelben  ÜDlonatS  im  ©pmnafialfaale  ben  elften  SdjulgotteSbienft.  „®aS  neue 
©pmnafium  (ba§  11363  ©ulben  gelüftet)  mar  ein  redjt  anfeljnlidjer  ©au  bon  110  g-ufj 
Sänge  unb  70  ^ufj  ©reite,  mit  brei  großen  Stören,  bereu  gmei  einanber  entgegen» 
gefegt  gur  ©urdjfaljrt  bienten,  mäfjrenb  ba§  britte  unb  größte  ben  Zugang  Su  ^en 
Sefjrgimmern  bot. . . .  ©benerbig  unb  im  erften  Stodmerfe,  gu  meldjent  breite  (treppen 
emporfüljrten,  maren  je  bier  Sefjrgimmer,  int  gmeiten  Stodmerfe  ber  98  gufs  lange 
unb  66  gmjj  breite,  mit  fjotjen  gemötbten  5en[ier^°9en  beiberfeitS  berfefjene  ,Sd;ul» 
faal‘;  feine  SDede  mar  auS  Stannenfjolg,  unb  am  ©itbe  befanb  fid)  eine  Ijalbrunbe 

9iifd)e  für  ben  2tltar,  benn  er 
mürbe  gum  ©ottesbienft,  aber 
audj  gu  ben  Stffeateraitffüfjrungen 
benüpt." 1 

2Bie  bie  früheren  Sdjulräume 
gu  eng  maren,  fo  mar  audj  bie 
1568 — 1571  erbaute  föircfje  gu 
ftein2.  fyür  einen  Neubau  fjatte 
©rgljergog  SDfapimilian  ©auplap 
unb  ©etb  gegeben.  Ster  ©runb» 
ftein  lonnte  aber  erft  am  14.  SJfärg 
1619,  fünf  ÜDIonate  itadj  9J?api» 
milian§Stobe(18.9Jobemberl618) 
gelegt  morben.  ©in  eifriger  gör* 
berer  beS  ©aue§  mar  fein  9iadp 
folger,  ©rgljergog  Seopolb,  ein 
©ruber  be§  ifaiferS  fyerbinaub  II. 
Stropbem  fdjritt  ber  ©au  nur 
fefjr  langfam  bormärtS  unb  rufjte 
infolge  ber  llngunft  ber  .geit  unb 
©elbmattgelS  an  bie  gmei  galjre 
(1622 — 1624)  gang3.  211S  er 
1626  faft  bollenbet  baftanb,  ba 
ftürgte  am  12.  September  1626 
morgens  um  3  Uf)r  bie  an  bie 
Strafe  anfto^enbe  Seitenmauer 
famt  bem  Stad)  unb  bem  baS 
SangfjauS  abfdjlie^enben  ©iebel 
ein.  Stie  beiben  t>on  ©rgljergog 
Seopolb  beigegogenen  ©adjüerftünbigen,  Santino  Solari,  ergbifd)öflid)er  ©autneifter  in 
Saigburg,  unb  @Iia§  (pod,  Stabtbaumeifter  non  SlugSburg,  begeidjneten  in  ifjren  ©ut; 
achten  al§  Urfadjett  beS  UnglüdS  Sdjmädje  ber  gunbamente,  ©fängel  im  ÜJJZauermerf, 
bei  bem  bie  ©inber  meggelaffen  morben  maren,  unb  fehlerhafte  ^onftruftiou  beS  fdjmeren 
StadjeS.  Sd)on  P.  Sdjeiner,  ber  1619 — 1621  ©aulciter  mar,  madjt  in  einem  bom 
16.  Oftober  1621  batierten  ©utadjten4  mit  einer  gemiffen  Schärfe  auf  bie  beim  ©au 


grjtjerjog  ÜJJnjtntilian,  25eutfc^mciftcr. 

9iod)  Sbeoenpilter,  ®onterfet  ilubbferfticE),  1721. 
©tid)  (ca  5/t). 


1  Seiner  a.  a.  D.  27  ff-  23gI.*Hist.  coli. 
Oenip.  ad  a.  1606. 

2  23b  I,  ©.608.  23  raun,  2)ie  Äirdjenbauten 

ber  beutfcben  Qefuiten  II  11  ff.  $a§  g-olgenbe 

über  ben  Äircbenbau,  tuo  nicf)t§  anbereS  äitiert 
ift,  nach  23 raun  a.  a.  D.  162  ff. 


3  Kropf  I  382. 

4  *Memoriale  P.  Scheinen  pro  fabrica  1621, 
über  90  ©eiten  gan,t  non  ber  £>anb  ©cbeiuerä. 
2>iefe§  9J2emoriaIe  ift  für  bie  23augefd)id)te  fefjr 
iutereffaut;  e§  bcbanbelt  bie  23e[d)affung  oon 
©elb,  SKaterial,  SBerfgcugen,  gibt  u.  a.  bie  23e< 


2llte  unb  neue  9JieberIaffungcn:  SnnSbrucf. 


213 


begangenen  $ef)fer  aufmerffatn  unb  lefjnt  bie  9}eranttoortuug  bafür  ab.  @r  looüte 
üon  beit  gutn  53au  üerloeubeten  SBilbener  ober  Slmbrafer  ©djieferfteinen  nidjtl  toiffen, 
beim  el  raten  alle  guten  Scanner  unb  ©teinmeifter  bagegen;  ber  ©teilt  ift  mürbe 
unb  brühig  unb  famt  feine  SZotfaft  leiben;  menn  bie  5eudüe  in  ifjn  fdjiägt  unb 
bann  gefriert,  üerfdjiffert  er  fic^  gu  fteinen  Slätttein,  beim  Slnfgefrieren  rnirb  bie 
Mauer  fcf)abig.  Unb  belmegen,  meint  biefem  anfefjnlidjen  @ebäu  foüte  belfjalben 
fünftig  etloal  guftefjeit,  mit!  id)  mid)  hiermit  entfdjulbigt  fjaben;  beim  eine  grofje 
3af)I  biefer  ©teine  ift  erft  biefer  Stage  miber  mein  SSiffen  unb  SöiUen  erlauft  morben, 
ba  icf)  bodj  all  templi  procurator  aud)  barumb  foüte  gefragt  morben  fein.  216er 
(Eurer  (dürrer)  fjat  biefe  ©ad)e  offne  mein  SSiffen  gemalt* 1. 

2Iud;  toegen  bei  ©aubgrabenl  mar  ©dfeiner  mit  bem  23ruber  dürrer,  ber 
„feinem  eigenfinnigen  ®opf  nadjgeljt",  nidjt  einöerftanben.  SDte  Pfeifer  gegen  beit 
^apeüenmauren  finb  nit  minfefrecpt  gefept,  bie  ^ßfeiler  fo  gegeneinanber  fiepen,  finb 
fruntm.  Meifter  ^anl2  pat  geantmortet,  mit  bem  2Burf  moüe  er  aüel  pereinbriitgen, 
aber  el  finb  fdjlimme  21ulreben.  ®er  üötnfel  mirb  menig  gebraucht,  er  pabe  ben 
Meifter  ipanfeit  oft  gebeten,  aber  nit  erbeten.  Man  muff  beizeiten  ben  Zeptern 
begegnen,  fonft  mirb  el  ein  niifflid)  SDittg  merben,  menn  bie  ©emötbegurten  auf  bie 
Pfeiler  foüten  gefteüt  merben  gu  ©efapr,  ©djaben  unb  DZadjteil  bei  gangen  (Semölbl. 
Man  foü  aucp  lange  9Zägel  unb  23anbfiiid  nidjt  fparen,  el  liegt  oiet  an  biefen 
Gingen 3. 

9Zacp  bem  (Einfturg  fcpmanfte  man  gmifcpen  ffteftaurierung  unb  SZeubau.  fö’oüeg 
unb  Regierung  entfcpieben  fiep  für  bal  festere4.  2lm  30.  Mai  1627  fanb  bie 
©runbfteinlegung  ftatt.  SDer  23au  fonnte  aber  megen  ber  fdjmierigett  ^rieglgeiten 
erft  1640  ooüenbet  merben.  SDie  (Sinmeipung  erfolgte  fpäter  am  21.  Januar  1646 
burdj  ben  Q3ri;rener  SBeipbifcpof  21nton  (Erufinul.  @1  mar  immerpin  eine  reept  ftatt* 
tiepe  ®ird)e  gemorben,  beren  kuppet  bil  gur  Saterne  gegen  38  m  §öpe  erreichte  unb 
beren  reiepe  ardjiteftonifdje  Sntmidtung  fie  fogar  oor  oieteit  gfeiepgeitigen  fö'ircpen 
aulgeicpnete.  SDie  ©inganglmanb  pat  gmei  Emporen,  bie  obere  für  ben  Mufifcpor. 
©djiff  unb  Gpor  ber  föirdje  geigen  (Tonnengewölbe.  ©epr  reiep  ift  bie  (Beleuchtung 
ber  Otterarme  unb  ber  kuppet,  moburdj  bie  SSierung  mit  iprer  impofanten  kuppet 
um  fo  mirfuuglooüer  in  bie  (Erfdfeinung  tritt5. 


fdjreibung  unb  Slbbilbung  „etlicher  3üg"  für 
ben  23cm  (brei  §ebeDorrichtungen). 

1  Ser  Saienbruber  gafob  Äurrer  mar  Sdjei* 
nerd  ©eljilfe;  au  feine  Stelle  trat  nachher  ber 
23ruber  Johann  23artenfd)lager,  bem  Sdjeiner 
grofjed  £ob  sollt.  *  Comittenda  Ioanni  Barten¬ 
schlager. 

2  ©egen  ben  SJtaurermeifter  £>an§  Süberthaler 
erhebt  Scpeiner  fdjmere  21nflagen :  Homo  versi- 
pellis,  proprii  commodi  plus  aequo  studiosior 
et  pro  parvo  suo  lucro  maxima  nostra  com- 
moda  postponit,  propter  minima  sua  damna 
praecavenda  nobis  ingentia  praecavenda  non 
curat.  Gr  ift  ein  “Kamt  bott  £ug  unb  Srug, 
Radix:  avaritia,  er  arbeitet  nicht,  pafjt  nidjt 
auf,  ed  muß  ein  anberer  Äontraft  mit  ihm  ge* 
madjt  merben.  —  3m  bem  Äontraft  üerfpridjt 

„§ann§  Sllbertal  üon  9toffled)  im  SDtifofer  Spal", 
fich  beim  Äirdjenbau  für  einen  9Jteifter  ber 

SRaurer  unb  .txmhiDerfer  gebrauchen  jit  taffen, 
für  bie  6—7  SJtonate  (Sommer)  erhält  er 

150  ©ulben  mit  Gffen  unb  2Bof)nung.  *0rig. 


Sabei  liegt  ein  Serjeichnid,  ma§  9)teifter  §and 
SllberbaOer  unterlaßen  unb  nit  üoübradjt. 

3  Schon  pm  3.  September  1620  Derjeidpet 
ba£  *  Diarium  templi  (1620 — 1657):  Inter 
prandium  ...  in  novo  templo  structura  con- 
cidit,  quae  aliquos  laesit  tantum  cum  motu 
omnium  et  terrore. 

4  Über  bie  23emüf)ungen  Scheinet  gegen  ben 

neuen  $lan  ügl.  SSitelleSchi  an  ®focquetiu§, 
3.  3uli  1627.  *  Drig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

5  ülähered  bei  23  r  a  u  n  a.  a.  0.  II  177.  Sort 
auch  9S3eitere§  über  bie  ben  P.  Sdjeiuer  ablöfem 
ben  23auleiter  P.  Äarl  gontaner  unb  P.  Sol)-  23. 
Gpfat.  Sie  innere  21u§ftattung  üerbanft  oiet 
bem  23r.  0§malb  Äaifer.  P.  Gpfat  rühmt  in 
einem  SSriefe  Dom  15.  21ug.  1636  ben  23ruber 
03m.  Äaifer  al§  Äunftfdjreiner  für  ben  Sau 
Don  Sütäreu  ufro.,  in  quorum  proportione  et 
delineatione  multum  excellit.  *  Original  ©i.  9t., 
Jes.  1551.  gür  bie  23augefd)icf)te  Don  1627 
bid  1638  gibt  eingeljenben  Sfuffcpluh  bie  §anb= 
fdjrift  *  Status  Fabricae  templi  Smae  Trini- 


214 


Viertel  Kapitel.  ®ie  oberbeutfdje  Srooinj. 


3)ie  neuen  9?aumoerf)ältniffe  geftatteten  nun  audj  eine  belfere  Entfaltung  her 
Xätigfeit  in  Sdjule  unb  $ircf)e.  Qm  Qaljre  1604/1605  mürbe  31t  ben  bisherigen 
fünf  Sdjulflaffen  beS  ©tjmnafiumS  bie  fRf)etorif  mieber  fjingugefügt 1.  Mit  bent 
Schuljahr  1606/1607  eröffnete  P.  Sllbert  SDanner  bie  SBorlefungen  über  SDialeftif 
unb  Moral2.  Um  1615  mürbe  bie  früher  eingegangene  Elententarfchule  mieber  eim 
geführt,  jebod)  einem  meltlicfjen  Sehrer  antiertraut,  ber  öon  ben  Qefuiten  bie  2(m 
meifnng  erhielt,  maS  unb  mie  er  ju  lehren  hotte.  Untergebracht  mürbe  biefe  Schule 

nidjt  im  (Stjmnafium,  fonbern 
^  COM  OE  DIA,  im  9iifoIaif)aufe.  Sie  jäljlte  bei 

ber  Eröffnung  60  Sdjüler 3. 
®ie  bon  Er$herjog  Maximilian 
1607  gemiinfdjte  SSorlefung  über 
ßirdhenredht  tarn  nidjt  ju  ftanbe 4. 
1610  führte  man  für  bie  Spüler 
ber  Humaniora,  fR^etortf  unb 

bet  Ü)Ultbc?fhmcit  jpijtOtt  (q,  oerSfatedjefe  ein5.  SÖereitS  1601 


6!?oemanocrtft|cfl 


Seien 

fwnt> 


mmm 

ofapfjafo 

©enomrnen 


QojjannteDamafcou/  bk  er  vcui  Ikbrtt  bub  ‘SUanDcl 

fcapber  ^tilgen  ^Bcicfjtfga  Q3ar(.iam  pnnb 
fjofapbats  gefcljnben. 


2(ngeflfl(f/ 

gehalten  bon  bem  Gymnafio 

Sodetads  I  e  s  v  gfaßprugg/ 
inDmt£><tof>cr. 

©tfrucff$ii$tifiprugg/  bcpDanklpaur* 


hatte  man  am  Kolleg  auch  eine 
föatedjefe  für  italienifche  Knaben 
ju  halten  begonnen,  bie  an 
Sonn-  unb  Feiertagen  ftattfanb. 
21udj  in  ben  fpäteren  Qaljren 
maren  am  Kolleg  burdjfdjnittlidj 
8  ^rofefforen  tätig:  4  ffßriefter 
unb  4  Sdjolaftifer.  ®ie  ©efamt= 
gaf)l  ber  Sdjüler  aller  ®urfe  31t“ 
fammen,  bie  im  Anfang  bei  Qaljr= 
hunbertS  halb  300  überfdjritt, 
fdjmanfte  bann  bis  1650  meift 
§mifd)en  400  unb  480  unb  fanf 
nur  borübergehenb  baS  eine  ober 
anbere  Qaljr  unter  400;  1617 
gäljlte  man  fogar  520 6.  Qmei- 
mal  traten  im  Schulbetrieb  be> 
fonbere  Störungen  ein,  in  ben 
Sßeftjahren  1611  unb  1634.  Qm 
folge  ber  Seudje  blieben  bie 


NNO,  lM.  dc.  xir. 

Sie  gmtSbnttfer  Kontöbie  Snrlnam  unb  gofnpbat  1614.  (2/3.)  Sdjulen  üom  £)erbft  1611  an 

faft  fechS  Monate  gefdjloffen  unb 
mürben  erft  am  7.  Mär§  1612  mieber  eröffnet.  ®ie  im  Qafjre  1634  rcütenbe  ^Seft 
geftattete  bie  Eröffnung  ber  Schulen  erft  am  1.  Qanuar  1635. 


tatis.  ®a3  erfte  Sud)  enthält  ein  Compendium 
historiae  huius  Fabricae  1627 — 1688.  ®ort 
beifit  e§,  bafj  21nfang  1638  ber  Sau  »Degen  beS 
Krieges  Döllig  unterbrodjeu  werben  nullte: 
Lapicidae,  Marmorarii,  Tegularii,  Murarii  etc. 
dimissi.  Equi  interea  ad  Alpes  compacti ; 
retenti  dumtaxat  Arcularii  duo  pro  opere 
arculario  aliquantum  promovendo  et  boni 
Operarii  pro  quibusdam  Pilis  et  Coluranis 
Templi  marmoreis  expoliendis. 


1  Litt.  ann.  unb  Sedjner  a.  a.  0.  II  61. 

2  F 1  o  1 1  o  258.  Sgl.  £  e  d)  n  e  r  a.  a.  0.  II  62. 

3  @bb.  55  f.  Safelbft  bie  gnftruftion  für  ben 
toeltlidjen  fiebrer. 

*  g.  g  r  e  i  S  e  i  f  e  n ,  Gbnftopb  IV.  non  ©paur 
(1900)  77. 

5  *  Hist.  coli.  Oenipont.  Sgl.  £  e  d)  n  e  r 
a.  a.  0.  64. 

c  ©cuauere  3al)len  ebb.  70.  gm  galjre  1649 
jäblte  bie  SJtoral  19,  bie  Sogit  24  £>örer;  auf 


5üte  unb  neue  9MeberIaffungcn :  gnnSbrucf. 


215 


ÖS 


miffer 


®ie  Söogen  beg  SDreifjigjäfjrigen  Krieges  malten  ftcf)  in  Qnngbrud  nur  infofern 
fühlbar,  alg  Qefuiten  au§  anbern  Kollegien  bafjin  flüchteten J.  SSäfjrenb  fonft  bie 
Qal)!  ber  Qefuiten,  meldje  bag  ftänbige  fßerfonal  beg  Kollegg  bilbeten,  burdjfdjnittlicfj 
nur  22 — 29  betrug,  fteigerten  bie  flüchtigen  biefelbe  1632  jeitroeilig  big  auf  90; 
unter  60  maren  eg  int  übrigen  Verlaufe  biefeg  Qafjreg,  öon  31pril  an,  nie.  SDie 
33emirtung  fo  öieler  bradjte  freilich  bag  Kolleg  itt  grofie  9iot.  Qum  Unterhalt  ber 
Qlüdftlinge  mufjte  fogar  ein  Steil  beg  ©ilbergeräteg  ber  Kirdje  üerfauft  toerben2. 
Über  ber  eigenen  Notlage 


E3tg8l 


oergafi  man  aber  bod)  bie  Fir¬ 
men  unb  Traufen  ber  ©tabt 
nid)t;  man  befucfjte  unb  unter» 
ftüRe  fie  nad)  Kräften 3.  SDfit 
ber  ©orge  um  bie  Traufen 
maren  nach  3lu§meig  ber  Ka¬ 
taloge  oielfad)  ftänbig  jmei, 
jumeilen  (j.  33. 1637  unb  1638) 
fogar  brei  'rßatreS  betraut.  Qfjre 
Slufmerffamfeit  erftredte  fid) 
audj  auf  fronte  Stienftboten, 
für  bie  man  5.  33.  1609  eine 
beffere  pflege  oon  feiten  ihrer 
£>errfd)aften  ermirfte.  Qm 
Q;af)re  1616  übertrug  bie  Re¬ 
gierung  ben  Qefuiten  bie  ©orge 
für  bie  ©efängitiffe,  im  fol- 
gettben  Qaljre  1617  bieQenfur 
über  bie  ju  brudenben  33üdjer 4. 

Qm  Qaljre  1603  mürben  bie 
33atreg  mit  ber  Slbfaffung  ber 
betrete  ber  33rirener  ©pnobe 
betraut.  21m  f)ofe  mirften  bie 
ißatreg  nicht  blofj  alg  33eid)t- 
öüter  beg  ©rj^erjogg  unb  ber 
(Srj^erjogin,  fonbern  audj  alg 
Srgieljer  ber  ergljerjoglidjen 
Kinber.  Qm  Qaljre  1638  maren 
ber  Üieftor  beg  Kollegg  üon 
©nfigfjeint  unb  ber  oberbeutfdje 
^ßroöingial  längere  Qeit  hier, 

um  auf  Sitten  ber  Sr^er^ogin  Klaubia  jur  Seileguttg  ber  ©treitigfeiten  mit  bem 
Qürftbifdfof  oon  Srijen  mitjuljelfen,  mag  aucfj  jur  großen  Qufriebenfjeit  beiber 
Steile  gelang. 


ttmmarif$et  Unnf  alt  ggf 

bctComicocragcedihölt  j§i& 

£ent  J?. 

grämte/  Cßrtftt  £>or(auffer 

onD  b5?artprcr. 

(geboten  jujgitßprugg 

In 

Archiducali  Gymnalio  Sociecatis 
1  E  5  V. 

Anno  M.  DC.  XXIII.  die  lO.Oftob. 


©ctnicft  ju  Unßprugg/  bep 

©rtmcl  *paur. 


Sie  3uitSöiutfer  ftomöbie  Ser  Ijetltge  Säufer  1623.  (2/s.) 


bie  6  Staffen  beg  ®t)muafium§  entfielen  bon 
ber  9ifjetorif  32,  54,  64,  42,  63,  41  (Scfjüter. 
*9ft.=9t.  91.,  Jes.  570. 

1  *  Diarium  templi  SS.  Trinitatis  a.  1620 
ad  1657  267  (13.  Slpril  1632). 

2  *  Litt.  ann.  1632.  git  ben  Sagten  1632 
bi§  1636  iiberfd)ritten  bie  Ausgaben  um  metjr 
at§  16  000  ©utben  bie  Ginnaf)men.  Sie  Scfjul- 
ben  tuurben  teilmeife  gebecft  burd)  größere  93ei= 


träge  einjetner  Raufer  unb  be§  $robinäiaI§ 
itnb  babei  and)  ex  sacra  suppelectili  templi 
conflata  650  ©ulben.  9)t.  3t.,  Jes.  1566. 

3  *  Litt.  ann.  1632.  gn  ben  *  Litt.  ann.  oon 
1649  Ijeißt  e§:  Impigre  excursum  ad  aegro- 
tos  maxime  pauperes,  qui  alio  fere  solatio 
destituti  et  animi  et  non  raro  corporis. 

1  *Hist.  coli.  Oenip.  ad  ann.  1617.  ißgl. 
Sedjner  a.  a.  £5.  III  89l. 


21(5 


$icrte§  Äapitel.  $ie  oberbeutfehe  «J3rooinj. 


Son  brei  Kangeln  tierfünbeteit  bie  ißatreg  bag  2öort  ©otteg:  am  £of,  in  ber 
«ßfarrfirdje  unb  in  ber  eigenen  Kirdje.  Son  1637  big  1650  patte  P.  SInbreag 
«Brunner  bie  Mangel  in  ber  fßfarrfirdje  inne.  Stänbige  Katecpefen  mürben  an  grnei 
Orten  ber  (Stabt,  anbere  geitmeilig  augmärtg  gehalten1.  Sllg  CSrfoIg  in  ber  Seel« 
forge  geigte  ficf>  eine  erfreuliche  Qunapme  beg  Saframentenempfangeg.  ®ie  Qapl  ber 
Kommunionen  ftieg  t>on  14364  im  Qopre  1601  big  auf  39000  im  Qapre  1636 
unb  auf  47  000  im  Qapre  1640 2.  Kongregationen  beftanben  feit  1636  brei,  eine 
für  bie  Sürgcr,  gmei,  bie  größere  unb  bie  Heinere,  am  ©pmnafium ;  gu  biefen  mürbe 
für  bie  Scpüler  ber  unterften  Klaffen  beg  ©pmnafiumg  1649  noch  bie  Congregatio 
angelica  errichtet3. 

Son  Qnngbrud  aug  farn  nach  tiielem  tiergeblichen  ^Bitten  beg  Sifcpofg  tion  (Spur 
enblid)  aud)  eine  SJtiffion  in  Meran  gu  ftanbe4.  Qm  Qopre  1618  mürben  tion 
Qnngbrucf  gmei  patres  borthin  gefcf)icft.  Siefe  bleiben  mit  einem  Sruber  mährenb 
beg  gangen  folgenben  Qapreg  1619  bort;  in  ber  Qaftengeit  folgten  nod)  gmei  meitere 
fßatreg.  ®ie  Slrbeit  mar  fo  grofj,  bafj  in  biefem  einen  Qapre  gegen  8000  Seichten 
gehört  mürben5.  £>ie  Miffion  blieb  benn  audj  bie  folgenben  Qahre  hefteten.  Qm 
Qahre  1622  bropte  aber  bie  Sluflöfung  befonberg  burch  ben  Steffen  beg  Sifcpofg 
tion  ©hur,  Qopanneg  Qlugi,  ber  bie  Seiftung  tion  250  ©ulben  aug  ben  «ßfarreinfünften 
gu  befdpnerlid)  fanb.  Schon  mollte  man  bie  ^SatreS  gurüdgiepen,  aber  ©rgpergog 
Seopolb  tiereitelte  bie  Slbberufung.  SDerfelbe  ©rgpergog  oermittelte  auch  folgenben 
Qahre  beim  Sifcpof  tion  ©hur,  bafs  ben  Qefuiten  bie  «Pfarrfangel  enbgültig  gugefproepen 
mürbe6.  SDer  erfte  Superior  ber  SJteraner  SOZiffion,  P.  Martin  Opfer,  ftarb  16.  Qe= 
bruar  1622,  naepbent  er  tiier  Qahre  ber  Miffion  gur  allgemeinen  ßufriebenpeit  tior« 
geftanben.  ®er  Magiftrat  tion  Meran  liefj  ihn  auf  öffentlidhe  Koften  in  ber  fßfarr« 
firepe  beifepen.  Qm  Qahre  1627  mürben  bie  «ßatreg  aug  Meran  abberufen.  Qm 
Qapre  1632  fanben  gmei  fßatreg,  bie  tior  ben  Sdjmeben  aug  Memmingen  geflüchtet, 
Slrbeit  in  Meran  unb  blieben  big  1635;  fie  patten  bort  audj  eine  Heine  Schule  mit 
60  Knaben.  Spätere  fjSläne  beg  Sifcpofg  Qopanneg  tion  (Spur,  Qefuiten  mieber  nadj 
Meran  gu  bringen,  mürben  burep  tierfchiebene  ^inberniffe  burepfreugt7. 

Slucp  fonft  entfalteten  bie  Qnngbntder  «ßatreg  außerhalb  ber  Stabt  eine  eifrige 
Sätigfeit.  So  maren  1635  faft  bag  gange  Qahr  pinburd)  fieben  «ßatreg  in  ben 
Solfgmiffionen  befepäftigt 8.  Über  biefe  STätigfeit  urteilt  ein  ©efepieptfepreiber :  „iiDag 
«ßrebigen,  bie  (Epriftenlepre  unb  anbere  religiöfe  Munitionen,  melcpe  bie  Qefuiten« 
miffionäre  auf  ben  Sergen  unb  in  ben  Tälern  Xirolg  nach  etilen  Stichtungen  jährlich 
unternahmen,  bradjten  bie  perrlidjften  Qriicpte  gur  Steife  unb  bilbeten  ben  ungleich 
größten  Xeil  biefeg  Solfeg  gu  SJtenfcpen  unb  Untertanen,  bie  mit  ftrenger  ©emiffen* 
paftigfeit  auf  ©otteg,  bann  iprer  Obrigfeit  Sefeple  adjteten,  mit  forgfältiger  üöadjfam« 
feit  ben  milben  üugbrücpen  ihrer  Sinnlicpfeit  unb  Seibenfcpaften  mehrten,  bie  aug 
Siebe  medjfelfeitig  fid)  unterfiüpten  unb  Sift  unb  Setrug  unter  fiep  niept  bulbeteu. 
®aper  auep  Xirolg  Seperrfdjer,  benen  bie  feltene  Sugcnb  ber  S)anfbarleit  ftetg  eigen 


'  *  Litt.  ann.  1601  1642  ff. 

5  SBeitere  3abPn  in  ber  *Hist.  coli.  Oenip. 

3  £ecf)ner  a.  a.  0.  II  76. 

4  Scbcm  1601  mürbe  ber  S8orfcf)lag  gemacht, 
in  «Hieran  ein  Kolleg  p  grünben,  unb  p  biefem 
3mecfe  ein  Slofter  augehoten.  ?(guat)iöa  leljute 
ah  am  19.  «Uiai  1601.  Sörief  an  ben  «Proüinjial 
fRofephin§.  *Crig.-9teg.  Ad  Germ.  sup.  Später 
(1619)  mürbe  ber  «plan  nochmals  ermogen.  3SgI. 
Srient. 

5  21  nt  6.  Slpril  1619  fprach  SSitelleSchi  bem 


fProPinjial  ©renjing  feine  große  greube  über 
bie  fruchtreiche  2(rheit  ber  «ßatre§  in  «Hieran 
au§.  *  Drig.=9ieg.  Ad  Germ.  sup. 

6  Srjherpg  Seopolb  an  Ghrift-  ©ren^ing, 
16.  3u(i  1623.  *  Original  in  «Ui.  9i.,  Urlauben, 
SnnShrud,  30- 

7  ß.  Stampfer,  ©efchichte  hon  «Hieran 
(1889)  114  123  ff.  Sßgl.  3.  ®.  «Hi  aper,  ©efef). 
be§  58i§tum§  Eljur  II  (1911)  376  f. 

8  *  Litt.  ann.  1635.  SSgl.  ba3  11.  Äapitel. 


9IIte  unb  neue  Sticberlaffungen:  $all. 


217 


mar . . .,  bie  SSäter  ber  ©efeEfcpaft  $efu  ehrten  unb  ipre  SSerbienfte  um  ßircpe,  ©taat 
unb  SBiffenfd^aften  ju  belohnen  fugten."1 

£>ag  jmei  ©tunben  öon  ^nngbrucf  gelegene  $oEeg  ju  §aU2  mar  mie  früher, 
fo  au  cf;  im  beginn  nuferer  ^Seriobe  ein  mapreg  ©cpmerjengfinb  ber  oberbeutfdjen 
^roöinj,  unb  bieg  befonberg  megen  beg  ®amenftifteg  unb  ber  unjureicpenben  Sßopnungg» 
unb  ginanjüerpäftniffe.  ^n  einem  ©cpreiben  oom  10.  ©eptember  1602  beffagl  ber 
oberbeutfcpe  ißroöinjiaf  9?ofepf)iu§  lebhaft,  in  mefcpeg  Sabprintp  bie  Raffer  Qung» 
fronen  bie  ©efeEfcpaft  geftürjt,  mie  argfiftig  man  eineg  nacp  bem  anbern  ber  ©efeE’ 
fcpaft  entzogen :  bag  befte  fei,  bie  ©efeEfcpaft  öon  ber  ©orge  für  bie  ®ircpe,  bie  ipr 
gar  nicpt  gehöre,  §u  befreien 3.  ©erabe  öorper  patten  febpafte  23erpanbfungen  gmifcpen 
bem  ^erjog  SBifpefm  unb  bem  ^3roöin§iat  ftattgefunben  in  ^Betreff  ber  geiftficpen 
Obforge  für  bag  ©tift.  5©)ie  ©tiftgbamen  fepten  am  18.  Qufi  1601  bem  £>erjog 
augeinanber,  fie  moEten  nicptg,  mag  gegen  bag  ^nftitut  ber  ©efeEfcpaft  oerftope,  ja 
fie  feien  bereit,  (paug  unb  ®ircpe  ber  ©ocietät  ju  übergeben  unb  unten  in  ber  ®ircpe 
ju  beicpten,  nur  ben  ®ranfen  möge  ©elegenpeit  jur  Seicpt  im  ©tift  geboten  roerben. 
®ie  Oberin  ^atparina  ü.  23ranbip  erffärte  in  einem  ©cpreiben  oom  4.  Januar  1602 
bem  Üieftor  oon  §aE:  Qcp  unb  bie  anbern  moEen  aEen  $feip  baranfepen  unb 
ung  in  nicptg  fperren,  bap  ber  ©ocietät  bag  ,£>aug  unb  bie  ®ircpe  mieber  eingeräumt 
mirb.  .  .  .  Sieber  miE  icp  fterben,  afg  ber  geiftficpen  §iff  ber  ©ocietät  beraubt  fein 
ober  jugeben,  fooief  an  mir  fiegt,  bap  bie  ©ocietät  miber  ipr  Qnftitut  bebrängt  mirb 4. 
Unb  in  einem  anbern  ©cpreiben  erffären  bie  ©tiftgbamen,  fie  moEen  eper  bag  ©tift 
üerfaffen  unb  bie  geiftfidpe  tpiffe  ber  ©ocietät  an  einem  anbern  Orte  fucpen,  epe  bap 
bie  ©ocietät  oon  §aE  foEte  megfommen.  9tofeppiug  befapf  aber  bem  Sieftor,  bie 
©cpfüffef  ber  ®ircpe  ben  ©tiftgbamen  ju  übergeben.  ®ocp  §erjog  SBifpefm  bat  am 
7.  Januar  1602  ben  fßroüinjiaf  bringenb,  er  möge  nocp  eine  SBeife  jumarten,  big 
er  anbern  23efcpeib  erpafte,  unb  bem  ^jerjog  üertrauen,  ber  für  aEeg  forgen  merbe 5. 

^erjog  SSifpefm  moEte  aEeg  baranfepen,  bap  man  ben  $efuiten  eine  eigene 
Äircpe  unb  ein  neueg  ßoEeg  baue,  ©einen  perfönfiepen  33emüpungen  bei  ©rjperjog 
SDlajürnifian  gefang  eg  aucp,  bap  bie  benötigten  ©ummen  befcpafft  mürben6.  ®ie 
meiteren  ©cpmierigfeiten  für  fßfap,  ißfan  ufm.  fucpte  er  mit  aEer  ©ntfcpiebenpeit  31t 
peben.  ®en  ©tiftgbamen  riet  er,  fie  möcpten  oon  iprem  Verlangen  nacp  einer  eigenen 
©rnpore  in  ber  neuen  ®ircpe  abftepen,  ba  bie  ißatreg  bemfefben  nicpt  entfprecpen 
mürben.  ©0  fonnte  enbficp  am  28.  Sfprif  1608  ber  ©runbftein  gefegt  merben7. 
©egen  ©nbe  Ütfoüember  mar  bie  fö’ircpe  unter  ®acp,  unb  am  2.  SJiai  1610  mürbe  fie 
gemeipt  ju  ©pren  aEer  ^eiligen.  Slfg  33aitmeifter  patten  bie  Obern  ben  53ruber 
©teppan  tpuber  fommen  faffen,  ber  eben  bie  neue  Sonrabifircpe  in  Äonftanj  fertig 
gefteEt  patte.  Siacp  bem  SBorbifbe  biefer  föircpe  ift  aucp  bie  ffeinere  §aEer  ®ircpe 


1  Sibotogfq,  ©efdjidjte  ber  ^efuitext  iit 
2iiroI  94  f.  —  ®ie  Stettoren  mären:  Sol).  gaber, 
1601;  93artf)ol.  9ßel§perger,  9.  Ott.  1602;  ©eorg 
Sern,  1606;  SJtetcpior  gärtet,  1608;  gof).  ©a- 
[teiger,  1610;  Sari  Stott,  1613;  (Sljriftofjf) 
93ranbi3,  1618;  SJtelcfjior  gärtet,  1620;  3°P- 
2Belj,  1626;  Sol).  SItocquetiug ,  1631;  Sol). 
Sqfat,  1637;  ©eorg  Steininger,  1641;  gof). 
9Kocquetiu§,  1642;  95>oIfg.  ©raüenegg,  1643 
bi§  1647 ;  SCSibert  $ietrict),  bi§  1651. 

2  93b  I,  190  ff.  93gt.  SK.  $  0 1  a  u  § ,  Surje 
©efcpidjte  be§  ©t)mnafium§  (ju  4>aH),  3  Sie. 
^Programm  be§  ©t)mn.  ju  §all,  1874—1876. 

3  *  Sopie  in  SK.  St.,  Jes.  1343.  Qn  einem 


93riefe  Oom  8.  3uni  1602  an  P.  £>aoer  fprid)t 
ÜtquaDiüa  Don  crux  illa,  quam  hactenus  (So¬ 
cietas)  in  eo  coilegio  (Hall)  sustinuit.  *  Orig.» 
Steg.  Ad  Rhen. 

4  *  Original  in  9)t.  St.,  Jes.  1343. 

5  *  Original  ebb.  3)gl.  bie  Sorrefponbenj 
be£  iper^ogg  SBilfjelm  mit  SlquaDiDa  ebb. ;  9lqua= 
DiDa  an  3tofepl)iu3,  20.  Oft.  1601;  *  Orig. »Steg. 
Ad  Germ,  sup.;  *Excerpta  ex  Hist.  coli.  Hall. 
SK.  St.,  Jes.  1344,  1601  u.  1602. 

6  Stä£)ere§  im  *Suppl.  hist.  Hall,  unb  ben 
*Excerpta.  Flott o  247  315  f. 

7  * Excerpta ,  93 raun  a.  a.  0.  II  119: 
1.  SKai  1608. 


218 


SSierteg  Kapitel.  Sie  oberbeutfcbe  q5rot>in§. 


gebaut;  bie  Sänge  beträgt  inSgefamt  30  m,  bie  53reite  lim,  ©d)iff  unb  CEf)or  haben 
Tonnengewölbe.  Über  ben  SJifdjen  beS  ©djiffeS  fittb  Emporen  angebracht,  bie  (Sin* 
gang§feite  l)at  feine  Empore.  Troß  ber  Einfachheit  fpridjt  baS  Äirdflein  an  unb 
labet  jum  S3eten  ein.  Ter  Sieubau  beS  ßodegS  fam  nicht  ju  ftanbe,  anftatt  beffen 
würbe  baS  alte  fö'ofleg  einem  Umbau  unterzogen1,  hierbei  fpielten  natürlich  bie 
finanziellen  Sßerhältniffe  eine  große  Sfolfe. 

Tiefe  waren  nichts  weniger  als  erfreulief).  9?ad)  einer  genauen  StuffteUung  beS 
mit  ber  Dieüifion  betrauten  P.  ©ebaftian  Tietricf)  nom  16.  Oftober  1605  betrugen 
bie  Einfünfte  1660  ©ulben.  Taoott  gingen  aber  nod)  üerfcfiiebene  Ausgaben  ab, 
fo  z-  100  ©ulben  für  bie  nieten  ©äfte,  befonberS  OrbenSleute,  fonberlidj  bie  auf 
©elegenfjeit  ber  ©chiffahrt  warten,  weil  fonft  „feine  geiftlkße  SSerfammlung  ober 
ßlofter"  am  Orte  war.  Es  blieben  an  reinen  jährlidjen  Einfünften  1437  ©ulbett. 
Tauon  fonnten,  bie  ißerfon  zu  130  ©ulben  berechnet,  nur  elf  Sßerfonen  unterhalten 
werben,  wäßrenb  16  ißerfonen  benötigt  waren.  Tie  befte  Slbfjilfe  wäre,  fo  fcfjlügt 
Tietrid;  üor,  bie  ©d)ulen  adf)ie,  fo  ohnebieS  mehr  im  2(b>  als  im  Funeßmen  be* 
griffen  finb,  aufzuheben  unb  gen  ^nnSbrud  zu  transferieren,  baS  ganze  ^teftge  Ein-- 
fommen  aber  bem  Äoüeg  in  ^nnSbrud  zu  inforporieren.  93on  QunSbrud  fönnten 
wöchentlich  ein  ober  mehr  patres  für  53eid)t,  ßatedjiSmuS  unb  ^ßrebigt  gefdjidt 
werben,  bie  ihre  Söohnung  in  bem  ber  ©efellfdjaft  gehörenben  ©djulhaufe  finben 
unb  bie  ®oft  burch  baS  ©tift  beziehen  würben.  Söofle  man  lieber  eine  Sfefibenz 
mit  einigen  patres  unb  ztnei  93rübern,  fo  fönnte  baS  ©djulhauS  ebenfalls  bienen. 
Tie  9fefibenz  wäre  bann  non  FnnSbrud  zu  unterhalten2.  ES  blieb  aber  beim  alten, 
Zumal  fid)  fpäter  bie  Einfünfte  befferten3. 

^ßeft  unb  Ärieg  machten  fich  auch  in  §all  fühlbar.  Tie  ißeft  wütete  befonberS 
1611  unb  1634/1635.  3um  Qahre  1611  berietet  eine  §aller  Eljronif:  „Tie 
Äranfen  fepnb  zur  ^Seft  Feit  wohl  nerfehen  geweft,  fonberlicf)  burd)  bie  Iperrn  Qefuiter, 
bie  ihnen  nie!  geiftlidje  unb  leibliche  Ipilf  geleift,  wie  bann  wegen  ihrer  großen  Treu 
audj  brei  patres  mit  ihrer  fö'ranffjeit  öerfeßiebn." 4  Ein  feinblicheS  Ipeer  faß  §all 
nicht  in  feinen  ÜUiauern,  wohl  aber  oiele  Flüchtlinge.  33on  Schwaben  unb  93apern 
her  famen  bie  oor  ben  Schweben  im  Frül)iaf)r  1632  flüchtenben  ^efuiten  „faft 
feßarenweife"  nad)  £>ofl.  Tie  Faß!  ber  Flüchtlinge  ftieg  zeitweife  bis  auf  60.  TaS 
fiolleg,  baS  in  ber  Siegel  für  ©djule  unb  ©eelforge  bis  bahin  nur  15 — 20  unb 
erft  nad)  1640  22 — 27  ißerfonen  beherbergte,  fonnte  natürlich  nidjt  alle  Flüchtlinge 
aufnehmen;  niele  fanben  freuublidjfte  üufnaßme  in  ber  ©tobt  unb  Umgebung  bei 
befreunbeten  ©eiftlichen  unb  Saien,  bon  beneit  einzelne  biele  SOionate  ßinburd)  brei 
bis  fecßS  Fefuiten  gleichzeitig  beherbergten.  SllS  im  Fdßre  1048  bie  feinblidjeit 
Ipeere  93apern  unb  bie  Sfadjbarlänber  überfchwemmten,  übte  baS  Äolleg  auch  011 
bielen  auSwärtigenFlüchtlingen,  befonberS  OrbenSlenten,  großmütige  ©aftfreunbfehaft5. 

TaS  ©pmnafiunt  mit  Humanität  (ißoefie)  unb  brei  ©rammatifalflaffen  erhielt 
im  Fuhre  1630  nadj  borauSgegangenen  baulichen  Skrbefferungen  als  fünfte  klaffe 
bie  SUfetorif6.  Später  (1647)  würbe  bie  unterfte  ©ratnmatifalflaffe  geteilt,  fo  baß 
nunmehr  fecßS  klaffen  mit  fecßS  Sehrern  oorßanbeu  waren7.  Futueilen  heißt  eS, 


1  93 raun.  Sie  ftirebenbauten  ber  beutfdjen 
Sefuiten  I  117 — 126. 

2  *  Status  rerum  temporalium  coli.  Halae 

1605.  9J1.-9L,  Jes.  1354. 

8  Snt  Sabre  1625  betrugen  bie  ©infünfte 

2500,  1649  fogar  3060  ©ulben ;  im  felben 

Sabre  beliefen  fid)  bie  ©djulben  auf  9680  ©ulben. 

*Catal.  triennales  1625,  1649. 


4  *Excerpta  ad  anu.  1611.  95gl.  ba§  13.  fta* 
pitel.  5  *  Litt.  ann.  1648. 

c  *Excerpta  ad  ann.  1630.  Über  bie  frühere 
$eit  Ogi.  *  Litt.  ann.  1624  ff. 

7  ©bb.  unb  *Catal.  personar.  Über  bie 
Oom  ©omnafium  aufgefübrten  Äomöbien  Ogt. 
91.  91  eff ler,  Sa4  Seiu'tenbrama  in  Sirol 
(ißrii'ener  ©pinn.-iprogr.  1906)  26  ff. 


2Ute  unb  neue  9tiebertaffungen:  §att. 


219 


bie  Scpüferjapf  flieg,  bamt  mieber,  fie  ging  juriicf ;  aber  in  all  ben  Qapregbericpten 
finbet  ficf)  feine  einzige  beftimmte  ßßfjfotangabe.  9cur  für  ba§  Qapr  1649  ift  bie 
3opf  non  199  Scpüfern  nerbürgt 1 2. 

3u  ben  jttjei  ftänbigen  s^rebigteit  in  ber  Kircpe  be§  Samenftiftel  unb  be§  neuen 
Kodeg§  übergab  ber  Sripener  ©enerafnifar  int  Qapre  1616  ben  Qefuiten  auep  bie 
SDforgenprebigt  an  Sonn*  unb  Qefttagen  in  ber  Sßfarrfircpe  St  diifolaug.  Sur  cp 
Urfunbe  nont  23.  Quni  1616  toollte  er  ipnen  biefe  ^ßrebigt  für  ade  3ufunft  gegen 
eltnaige  Ginfprüdpe  ber  Pfarrer  unb  ber  Sftacpmittaggprebiger  gefiebert  tniffen3.  Qn 
ber  Qörberung  ber  Katecpefe  tnurben  bie  Qefuiten  raieberpolt  nom  SJiagiftrat  unter» 
ftüpt.  Qm  Qapre  1623  befahl  er  ben  Gütern  unter  Slnbropung  non  Strafe,  ipre 
Kinber  jur  Katecpefe  §u  fdpiefen,  unb  fanbte  jur  Qed  ber  Katecpefe  SSäcpter  burep 
bie  Strafen  unb  auf  bie  ^fäpe,  tnelcpe  auf  ettna  perumlungernbe  Kinber  fapnben 
follten.  Später  (1644)  oerfügte  ber  äRagiftrat  gemeinfam  mit  ber  fircplicpen  Sepörbe, 
bafi  ade  Knaben  unb  SRäbdpen  nom  5.  bi§  15.  Qapre  bei  bet  ^atec^efe  fiep  ein» 
gufinben  patten.  Sie  Seprer  unb  Seprerittnen  tnurben  angemiefen,  bie  Kinber  bapin 
ju  begleiten  unb  bie  Dramen  ber  Qepfenben  auf^ujeidpnen.  Son  neuem  fdpärfte  er 
ein,  baff  bie  Gütern  auep  bie  Kinber,  tnetdpe  feine  Sdpufen  befuepten,  jur  Katecpefe 
fdpiefen  unb  bafj  bie  Sdpulmeifter  ade  brei  DJionate  bie  D?amenfifte  ber  Scpüfer 
fcpriftlidp  beitt  Katecpiften  einpänbigeit  müßten3. 

ber  Grjper^og  SJfapimilian  1604  ben  ber  Sürgerfcpaft  läftigen  SSettel 
ftreng  nerbot  unb  bafür  bie  Slrmen  an  Sonntagen  in  ba§  ftäbtifdpe  Spital  fommett 
piep,  too  ipnen  bie  non  ben  Bürgern  gefpenbeten  SItmofen  au§geteift  mürben,  ner» 
orbnete  er  gfeidpjeitig,  bei  biefer  ©efegenpeit  fode  ipnen  in  ber  Kircpe  non  brei  Pfaden 
ber  Katecpi§mu§  erftärt  merben4.  Sigmeifen  pietten  bie  ‘patres,  bie  mit  ben  Se» 
fudpett  in  ben  Spitälern  unb  Slrmenpäufern  betraut  maren,  bort  auep  Katedpefen 5. 
Stuper  jmei  Katecpefen  in  ber  Stabt  erteilte  matt  noep  folcpe  in  brei  beuaepbarten 
Dörfern6.  Qm  Qapre  1648  fiep  man  bie  KatecpigmuSfcpüler  jmei  ffeinere  beutfepe 
Sdpaufpiefe  auffüpren7.  Gin  pernorragenbe§  ©efdpicf,  Katecpefe  ju  paften  unb  ben 
Kranfen  Sroft  ju  fpenben,  mirb  bent  P.  fßeter  Düiebinger  nacpgerüpmt,  ber  bei  feinem 
Sobe  (1604)  nott  ber  ganzen  S3ürgerfdpaft  betrauert  mürbe8. 

Surdp  bie  Stubentenfongregation  unb  bie  feit  1606  non  biefer  abgetrennte 
Siirgerfongregation,  bie  1636  über  400  DJlitglieber  jäpfte,  ferner  burep  bie  Sruber» 
fepaft  nom  peifigett  Kreuje  für  einen  guten  Sob  (1625)  mirften  bie  Qefuiten  mit 
Grfofg  auf  bag  fittfiepe  unb  refigiöfe  Seben  ber  einzelnen  Stäube  ein.  Sie  3aW 
ber  Kommunionen  flieg  non  18  000  im  Qapre  1611  auf  30000  im  Qapre  1634 
unb  33  000  im  Qapre  1641,  ging  aber  bann  toopf  infolge  ber  KriegSmepen  um 
einige  taufenb  jurücf9. 

Sfuperpafb  tgadg  entfalteten  bie  ^atre§  mieberpoft  eine  reiep  gefegttete  ÜRtfftong» 
tätigfeit.  SBefonberS  püufig  mirften  feit  1631  jmei  patres  im  Qißertaf,  ütopin  ber 
eifrige  Pfarrer  non  Qed,  Qopann  Qafcpinger,  fie  berufen.  2113  ftänbige  DRiffion 
mäprte  biefe  Missio  Cellensis  ober  Cilleriana  non  1637  big  1644.  Sou  1632  an 
arbeiteten  auep  meprere  ffücptige  Qefuiten,  bie  bei  bem  Qeder  Pfarrer  gaftfidpe  2(uf» 


1  Unter  fecf)§  ßefjrern  meifeit  bie  Staffen,  bou 
ber  fRfjetorif  angefangen,  fotgenbe  ßafjleit  auf: 
30,  28,  32,  40,  32,  37.  *  911.  3t.  Jes.  570. 

2  *Excerpta  ebb.  Süafelbft  bie  Urfunbe  im 

2tu3jug.  S5gt.  Kropf  I  180.  ©djon  früher 

mar  „ber  Societat  bemittigt,  bie  fpfarrfanjet  ju 

berfcfyen".  So  ®eb.  S)ietrid)  ant  IG.  Oft.  1605 

itn  Status  rer.  temp.  ebb. 


3  *  Excerpta  1623  u.  1624. 

4  *  Excerpta  unb  Flotto  170. 
6  *Litt.  ann.  1601. 

6  *  ebb.  1646  ff. 

7  *  @bb.  1648. 

8  *  Excerpta  ad  ann.  1604. 

9  Excerpta.  *  Litt.  ann. 


220 


Viertel  Sapitct.  $ie  oberbeutfcpe  ^Sroöing. 


napme  gefunben,  mit  großem  ©egen  im  gangen  SCate.  Siete  SDiipbräucpe  mtb  aber* 
gtäubifcpe  Semopnpeiten  mürben  gepöben,  fo  u.  a.  ber  Slbergtaube,  nacp  eingenommenem 
^rüpftüd  biirfe  man  feiner  9J2effe  mepr  beimopnen.  ßum  ^a^re  1637  f)e6t  bie  ®e= 
fcpidjte  beS  S^otlegS  peröor:  Söiiprenb  anberSmo  ber  Ärieg  mütet,  entfalten  unfere 
gtüdpttinge  in  ben  Sergen  eine  pöcpft  frucptreicpe  Üätigfeit  in  ber  Untermeifung  beS 
SanbootfeS1.  ©o  marf  ber  blutige  Sl'rieg  einen  ticpten  Söiberfcpein  in  bie  Xäter 
Tirols  gum  ©egen  für  oiete2. 

Qu  ben  beiben  £iroter  Kollegien  ^nn^brucf  unb  (patt  fam  in  unferer  ißeriobe 
ein  neues  fjinju,  in  ber  eprmiirbigen  ÄonjitSftabt  Orient. 

333opt  an  menigen  anbern  Orten  mären  Sinfüprung  unb  Serbteiben  ber  ^efuiten 
mit  fo  oiefen  ©cpmierigfeiten  terbunben  mie  in  Orient.  SereitS  jur  $eit  beS  Sion* 
gitS  fap  Orient  ^efuiten  in  feinen  ÜÖlauern ;  eS  maren  bie  patres  Sainej,  ©atmeron, 
QajuS  unb  SaitifiuS.  Ourcp  ipre  ©eteprfamfeit  in  ben  Serpanbtungen  beS  ^onjitS 
unb  burd)  if)re  STätigfeit  auf  ben  St'anjetn  unb  in  ben  ©pitätern  erregten  fie  bie 
Stufmerffamfeit  nicpt  btop  beS  ^arbinatS  Spriftopp  StKabrujjo,  SifdjofS  non  Orient, 
fonbern  aucp  ber  Siirger  ber  ©tabt  fefbft.  ©cpon  1558  oerfpracp  ber  ßarbinat 
„ernfttid)"  bie  Srricptung  eines  $otlegS  unb  münfcpte  beSpalb  mit  SanifiuS  in  Ser* 
panbtungen  ein^utreten 3.  Slber  erft  unter  bem  jmeiten  9tacpfotger  SpriftoppS,  bem 
Slarbinat  Start  SJtabru^o,  ber  meift  in  Italien  meitte  unb  baS  SiStum  burcp  einen 
(ft'oabjutor,  feinen  Neffen  Slart  Smanuet  SDlabrujjo,  oermatten  tief),  fam  eS  ju  ent* 
fdjeibenben  ©cpritten4.  SS  mar  jept  Oor  altem  bie  ©tabt,  metdje  bie  Stngetegenpeit 
betrieb.  Sin  görberer  iprer  SBünfcpe  erftanb  ipr  in  bem  Srjperjog  ÜDiaj;imilian, 
ber  1614  fiep  tebpaft  für  ben  ‘ißtan  einfepte. 

Sinige  $apre  fpäter  (1619)  mürbe  ber  $ßtan  ermogen,  ftatt  in  Orient  in  üfteran 
ein  Slotteg  ju  gritnben;  aber  fomopt  ber  SßroOinjial  atS  auep  ber  ©eneral  gaben 
Orient  ben  Sorjug5.  ®ie  erften  entfepeibenben  Serpanbtungen  falten  in  baS  Qapr 
1623 6.  2tm  26.  Stuguft  1623  berieptet  P.  ^opanneS  SBetp,  Seftor  oon  QnnSbrucf, 
bap  bie  Sürger  oon  Orient  mit  Ungebutb  bie  Stnfunft  ber  fjefuiten  unb  bie  Sröffnung 
ber  ©(pute  ermarteten. 

$ur  fyüprung  ber  Unterpanbtungen  fam  1623  ber  ^ßrooinjiat  Srenjing  fetbft 
nadp  Orient.  Sr  feptop  am  9.  9ioöember  1623  ein  Übereinfommen  für  fünf  Qapre: 
er  üerpftieptete  fid),  oier  ^efuiten  atS  ßeprer  gu  fenben,  meinen  bie  ©tabt  SBopnung 
unb  jäprticf;  300  ©utben  ju  geben  oerfprad).  Stuperbem  tiep  er  fiep  ju  einem  jmeiten, 
gepeimen  Stbfommen  perbei,  metdjeS  bie  Qefu^en  oerpftieptete,  feine  ltnbemeglicpen 
Saiengiiter  im  Skbiete  oon  Orient  ju  ermerben  ober  anjunepmen  opne  ßuftimmung 
beS  ©enateS;  fottten  fotepe  ^ufatten,  fo  müpten  fie  um  einen  gerechten  )ßreiS  an  bie 
nädjften  Sermanbten  üerfauft  merben1. 

Unter  bem  30.  SDejember  1623  fepte  Skenjing  bem  Senerat  auSeinauber,  meS* 
patb  er  gegtaubt  pabe,  auf  baS  Sertangen  ber  ©tabt  eingepen  gu  fotten:  baS  £erri* 


1  *Excerpta  1631  ff.  *Litt.  ann.  1641  ff. 
U.  a.  wirb  nod)  eine  ad)ttoöd)ige  SDtiffion  in 
giigen  (1636)  ermähnt. 

2  Sie  Stettoren  waren:  SJiarfu#  ©rabiu§, 
1598—1609;  SJtittner,  — 1616;  ©eorg 
Steiner,  — 1618;  Sonr.  9teif)ing,  — 1626;  §ugo 
SBolffurt,  — 1631;  ©eorg  6paifer,  —1635; 
ßgolpt)  Stirer,  —1639;  Safp.  Slbegg,  —1644; 
Sitn.  Strnotb,  — 1647;  ©eorg  ©obat,  — 1650; 
SJtaj.  (Sifenreid),  — 1652. 

3  EanifiuS  an  Sainej,  1.  gebe-  1558.  Can. 


Epp.  II  192.  Uber  ba^  ßinbringen  beä  ißro« 
teftantilmu^  in  Srient  ogl.  Vig.  Zanolini, 
Appunti  e  documenti  per  una  storia  dell’  ere- 
sia  luterana  nella  dioc.  di  Trento.  ißrogr.  bei 
fiirftbifd)öfl.  ©pinn,  in  Orient  1909. 

4  Kropf  I  361  ff. 

5  *  9SiteHe§d)i  an  ©renjing,  6.  Stprit  1619. 
0rig.=9{eg.  Ad  Austr. 

6  $ie  *0riginaIforrefponbenj  über  bie  erften 
Serpanblungen  in  Germ.  sup.  Fund.  III 126  ff. 

7  *Sopie  beiber  Verträge  ffl.  St.,  Jes.  2103. 


Sitte  uub  neue  91ieberlaffungen :  Orient. 


221 


torium  fei  flein  unb  ber  Vefip  ber  ©eiftlidjfeit  aber  bereits  bebeutenb,  jubem  fei 
Hoffnung  auf  ©rlattgnng  einer  firdjlichen  ßommenbe  oorljanben1.  2)iefe  $ufage 
luurbe  bie  Ouelle  oieler  llnannehmlichfeiten.  ßunädjft  traten  aber  neue  Schmierig« 
feiten  non  feiten  beS  föoabjutorS  unb  beS  föarbinalS  ein,  meldje  fd^tie^ticf)  beibe  bie 
Erlaubnis  für  eine  Diieberlaffung  tiermeigerten 2.  ^Daraufhin  öerfügte  ViteüeSchi 
§erbft  1624,  bafj  bie  jmei  ^efuiten  (P.  2Bell3  unb  ein  Söruber)  bie  feit  SDegentber 
1623  in  Orient  meilten,  bie  ©tabt  oerlaffen  follten. 

infolge  ber  Qnterjeffion  beS  ßaiferS,  ber  am  14.  9)fai  1625  feinen  ©efaitbten 
in  9tom,  ben  dürften  ©aoelli,  beauftragt  hatte,  bie  @ad)e  Orients  entfdjieben  bei 
bem  Äarbinal  ju  oertreten3,  ferner  aus  Vütffidjt  auf  bie  Sitte  beS  @r^erjog§ 
Seopolb  gab  ber  Äarbinal  enblid)  itad) 4 *.  ^m  ©eptember  1625  traf  P.  51bam  ©traub 
mit  P.  StnbreaS  Üieinotb  unb  einem  Saienbruber  ein;  halb  folgten  nod)  jmei  patres 
unb  ein  ÜUiagifter.  SöereitS  am  26.  9iooemf>er  eröffnetext  fie  im  alten  Sßalazjo  ciöico 
nad)  einem  feierlichen  ©otteSbienft  in  ber  $ircf)e  fUiaria  sDtaggiore  mit  etma  60  ©djülern 
bie  ©deuten,  unb  §mar  bie  Älaffen  ooit  ber  ©rammatif  bis  jur  Humanität6,  ^m 
Qa^re  1627  mürbe  bie  9if)etorif  hinjugefügt  unb  megen  ber  großen  ©cf)üler§af)l  bie 
unterfte  ©rammatifflaffe  in  gmei  ©oeten  geteilt,  ©cfjon  1635  mürbe  bie  Sogif  ein« 
gefüfjrt  unb  1639  auch  bie  ÜDforal  (Casus).  91nt  1.  Januar  1639  erhielt  bie  lieber* 
laffung,  bie  bisher  nur  eine  9iefiben§  gemefen,  ben  9tang  eines  $oüegS,  unb  ber 
bisherige  Obere,  P.  geuerftein,  mürbe  junt  erften  9teftor  ernannt. 

®ie  ©chiilerjahl  ftieg  noch  innerhalb  beS  erften  9KonatS  nach  ©röffnung  auf 
mel)r  als  100;  1628  maren  eS  nicht  nie!  unter  300;  1639  fühlte  man  440,  1641 
470,  1648  450.  9)land)e  tarnen  auS  bem  italienifcf)en,  befonberS  bem  oenejianifcfjen 
©ebiet.  ©in  in  Venebig  1639  gegen  bie  Qefititen  erregter  ©türm  oeranlafjte  ein 
SDefret,  baS  ben  ©Item  unter  STobeSftrafe  gebot,  iljre  ©ohne  auS  ben  Qefuitenfdjnlen 
abzuberufen.  ©o  üerliefjeit  manche  Italiener  mahrenb  beS  Schuljahres  Orient6. 

£)ie  Vermehrung  ber  Arbeiten  in  Schule  unb  ©eelforge  hatte  auch  eine  Ver« 
mehrnng  ber  ’tßerfonen  beS  ®oKegS  gur  golge  (im  $af)re  1639  maren  eS  19),  unb 
fo  fonnte  ba§  surSöohnung  jugemiefene  Spital  nicht  mehr  genügen7.  ®iefe  2Bof)nungS* 
frage  brachte  oiele  ©djmierigfeiten  mit  fiel).  ©egen  ben  ®auf  beS  Kaufes  eines  ge« 
miffen  ^ieronpmuS  Ouetta  erhob  bie  ©tabt  ©infprucf),  geftüpt  auf  bie  früher  gegebene 
^uficherung,  feine  anbern  als  $ird)engüter  ju  ermerben.  911S  bie  ^efuiten  aber 
geltenb  machten,  biefeS  Verfprecfjen  fönne  nicht  auf  ben  ©rmerb  einer  notmenbigen 
SSohnung  auSgebehnt  merben,  gab  ber  9iat  am  7.  fölärz  1628  bie  ©rlaubniS,  aber 
nur  unter  ber  Vebingung,  ba§  ber  ^Sapft  ben  in  $rage  ftef)enbeu  Verzicht  beftätige s. 
©egen  biefe  Vebingung  erhoben  bie  Qefuitext  Söiberfprud),  meil  eS  fidj  ja  um  eine 
geheime  Slbmadjung  panble,  bie  jubem  bem  fßapft  nicht  genehm  fein  mürbe.  üöian 
möge  fidj  mit  ber  Veftätigung  beS  Verzichtes  burdj  bie  OrbenSobern  begnügen9. 


*  *  föopie  ebb. 

2  K  r  o  p  f  I  364  f . 

3  *&opie  in  Germ.  Fund.  III  206.  ^er 
Äaifer  Oatte  fid)  bereit!  am  21.  Slpril  1624  bireft 
an  ben  Äarbinal  ÜDtabruääo  geroanbt.  *  Äopie 
®arl!ruf)e,  ©.=£.«91.,  f^reiburg,  Äolleg  91r  2189. 
$ort  aud)  jmei  weitere  93riefe  be!  Äaifer!  unb 
be!  ©räfjerjog!  fieopolb  in  berfelben  ©ad)e  Pom 
Safjre  1624, 

4  *  Litt.  ann.  1625.  Kropf  I  365  f. 

6  *Litt.  ann  1625.  Kropf  I  366.  Über 

ben  Streit,  melden  ba!  unbefugte  Slbreifjen 

be!  am  4?artale  angebrachten  £eftion!fata!oge! 


ätoifdjen  bem  SQlagiftrat  unb  bem  Äoabjutor 
fjeroorrief,  f.  Kropf  unb  SJJropft,  Beiträge 
(1858)  105  ff. 

6  *  Litt.  ann.  1639.  Kropf  II  445  f. 

7  3m  Safyre  1649  mirften  in  Orient  8  2epr= 
fräfte:  je  1  für  SJioral,  für  Sogit  unb  für  bie 
6  ©pmnafialftaffeit.  ®ie  iüloral  äätjlte  8,  bie 
£ogif  12  £örer,  bie  ©pmnafiaütaffen  Pon  ber 
9t()etorif  angefangen  47,  45,  68,  73,  83,  88 
Sdjüler.  5K.  91.,  Jes.  570. 

8  *Äopie  9J1.  91.,  Jes.  2103,  unb  Kropf 
I  368. 

0  Kropf  a.  a.  O. 


222 


Viertes  Äapitel.  $ie  oberbcutfcbe  fßrooinj. 


?lm  28.  91pril  1628  leiftete  ber  ©eneral  biefen  SSer^icpt1.  2lnt  15.  9Jtai  1628  [teilte 
Der  ^3rooin§iaI  DJtunbbrot  beni  P.  2lbam  Straub  in  Srient  eine  21bfcprift  öiefeS 
SBer^icpteS  gu2.  Ser  SKagiftrat  war  bamit  nod)  nicpt  gufrieben,  fonbern  forberte 
am  5.  Januar  1629  nochmals  eine  päpftlicpe  SSeftätigung.  211S  aber  ber  fßroöinjial 
brof)te,  bie  Qefuiten  non  Srient  abjuberufen,  liep  ber  9tat  [eine  $orberung  auf  fiep 
berufen.  9Jacp  Slbfcplup  beS  Kaufes  patte  man  im  September  1628  bie  neue  SBoptiung 
im  tpaufe  Ouetta  bezogen;  [ie  bot  [ür  15  fßerfonen  bequem  fftaum3. 

211S  1630  in  Orient  unb  Umgegenb  bie  fßeft  in  [d^recfenerregenber  SCBeife  paufte 
unb  ipr  an  5000  9)tenfdjen  gum  Opfer  fielen,  leifteten  bie  Qefuiten  ber  Stabt  gang 

peroorragenbe  Sienfte.  Sabei  erlagen 


&  ih  @  © 

i  S  O  D  A  L  I  S  ® 

HPARTHENICVSI 

^  Cio  e  @ 

(jjp  Ser uo  diuoto ,  e  Compagno  fedele  di  Maria 
*jfe  arrollato  nella  Congregatione  d'efsa .  ^ 

Dalli  Sie.»  dclla  Congregatione  mag-  ah 
giore,  fotto  il  titolo  della  B.  V.  An- 

nunciata,nuouamente  cretta.  ^ 

Rapprefentato  in  Scena>et  da  eff  er  imi  - 
aJlfe  tato  neiTeatro  della  Vir  tu  .  Xttk 

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ln  Trento ,  nella  Sf *mp.  Epifc.del  Zanetti 
Conlictnxjadc'  Superieri.  I S  J  7- 

2)(i8  Jvieitter  ffmtgregationSfptel  Sodalis 
Partlienicus  1637.  (2/3.) 


audj  gwei  fßatreS,  barunter  P.  Saracin, 
ein  Srienter.  Ser  SJtagiftrat  [tattete 
nidjt  allein  ben  Qefuiten  Sauf  ab, 
fonbern  richtete  auep  ein  Sdjreiben  an 
ben  ®aifer,  worin  er  ben  patres  popeS 
Sob  [penbete  unb  bem  SSunfcpe  2luS* 
brud  »erlief,  bie  ^efuiten  möd)ten 
neben  pinreiepenbem  Qsinfommen  auep 
ein  eigenes  ©pmnafium  unb  eine  eigene 
^irdje  erpalten.  Ser  $aifer  möge 
piergu  [eine  SDtitwirfung  nidjt  üer= 
fagen4.  Einige  Qapre  fpäter  (1635) 
fepenfte  ©eneral  ©alias  für  einen  Neu¬ 
bau  30000  ©ulbeit5;  auep  anbere 
Summen  würben  gu  bemfelben  gwede 
gegeben.  Slber  eine  grofse  ScpWierig- 
feit  bot  ber  Sauplap.  Sange  23er« 
panblungen  über  ben  Qsrwerb  ber 
SeutfcporbenSfommenbe  [epeiterten 6. 

Ser  $auf  eines  anbern  [ür  ben 
23au  notwenbigen  tpaufeS  [aepte  ben 
alten  Streit  wegen  ©rwerbS  nieptfirep» 
lieper  Immobilien  wieber  an.  @S  ging 
geitweife  feparf  per.  Ser  Söiagiftrat 
bropte  am  20.  ^uli  1641  mit  Scplie* 
pung  ber  Sdjulen.  Sie  Gsrgpergogin 
^laubia  trat  1.  September  1641  gurn 
Scpufee  ber  ^efuiten  ein :  „[internalen 


1  *  Sitetie8d)i  ait  90tunbbrot.  *  Orig.  9Jt.  9t., 
Jes.  2103. 

2  *3lopie  9Dt.  9t.  a.  a.  0.  Um  biefe  $eit 

burcf) flogen  toilbe  ©erüebte  bie  ©tobt,  al3  moU> 

teu  bie  gefuiten  fidi  aller  Slöfter  bemädjtigen. 
P.  Slbam  ©traub  fcffreibt  baritber  3tnei  Sabre 

fpäter,  24.  guli  1630,  an  ben  ißrior  Pon  9Bib= 
lingcn,  bap  biefe  ©eriiebte  gro^e  ©rbitterung 

fjeroorriefen :  al§  fie  ju  mir  brnngen,  ging  icp 
in  bie  nädjften  Älöfter,  proteftierte  gegen  bie 
gäbet  unb  geigte,  bafj  nüe§  erbiebtet  fei.  *  ®opie 
in  Epistolae  Wiblingenses  I  276,  ißfarrarcbib 
ju  SSibtingen. 


3  Kropf  I  368  f.  *  Litt.  ann.  1628. 
Über  bie  oielen  Unannebmlicbfeiten ,  meldje 
Ouetta  Pertrag#mibrig  biä  1639  ben  gefuiten 
lnegeit  ber  Äauffumme  machte,  f.  Kropf  II 
442  ff.  Äaiferlicbe  Seftätignng  eine§  91ergleicb8 
jwifdjen  ÄoIIeg  unb  ©rben  Ouetta§  Pom  3.  Oft. 
1650.  *  Original  mit  großem  faiferl.  ©iegel 
in  Acta  Tridentina. 

4  Kropf  I  494  ff. 

5  *  Sitten  bariiber  90t.  9t.,  Jes.  2116  unb  in 
*  Acta  Trident. 

6  $ie  *  Driginaltorrefponbenj  1639 — 1642 
®t.  9t.,  Jes.  2118.  SBgl.  KroPf  II  446  f. 


2Ute  unb  neue  SRieberlaffungett :  Orient. 


223 


mir  bann  nit  fefjen,  baff  bic  Stabt  $u  bergleidjen  Attentaten  einige  Urfadje  habe  gegen  bie 
SßatreS,  non  beiten  fie  tnetjero  mitQnftruierung  berQugeub  unb  in  anber  SBegen  benorab 
bei  ber  unlängft  bafelbft  ju  Orient  gradierter  Qnfeftion  nie!  ©uttaten  empfangen"  1. 
2BieP.  Qriebrid)  Sßeifhammer  auS  Orient  am  2.  Sftärj  1642  bent  ^roninjial  ©raoenegg 
fdjreibt,  l^errfdjte  über  bcn  Streitpunft  and)  bei  ben  Qefuiten  9J?einungSoerfd)iebenheit. 
AuS  UnfenntniS  ber  Alten  hatte  ber  3teftor  bie  oerpflidjtenbe  ®raft  beS  Vertrages 
mit  bem  SJtagiftrat  beftritten,  mar  aber  bann  non  feinem  Irrtum  juriidgefommen. 
®er  Sftagiftrat,  fo  fährt  P.  Söeilfjammer  fort,  f)Qt  fid)  feid)t  beruhigt  unb  erffärt, 
ein  ißfap  jum  23au  fofie  unS  nidjt  nermeigert  merben.  9ütr  baS  f;at  mit  9ted)t  ber 
erfte  ®onful  befdjeiben  ju  oerftefjen  gegeben,  eS  fjabe  ber  Stabt  mifsfalfen,  baff  bie 
llnfrigen  nad)  ihrem  belieben  batb  f)ier,  batb  bort  Käufer  jufammenfaufen  motlten. 
©S  Ifat  fid)  bei  ben  23efprecf)ungen  ftar  gezeigt,  baff  unfere  Herren  nidjtS  anbereS 
münfcffen  afS  einen  friebfidfen  Sergfeid)  unb  ber  ©efeflfdfaft  ju  genügen,  fomeit  fie 
bieS  in  ehrenüofler  SBeife  tun  tonnen.  Alte  bisherigen  ißerfjanbluttgen  mürben  non 
allen  mot)(moIIenb  geführt,  ausgenommen  einige  Sdfreier,  bereu  eS  überall  gibt2. 
®er  Streit  tobte  meiter. 

Schließlich  erbot  fich  ©arrafa  am  3.  April  1649,  alle  23ebingungen  beS  ÜD?agiftratS 
anjunefjmen,  fomeit  fie  nicht  ber  firdjlidfen  Immunität  jumiber  feien,  ©r  oerfprad) 
non  neuem,  feine  unbetoegfidjen  ©üter  ^u  ermerben  of)ne  3ufümmurtg  be§  Senates. 
9?ur  bitte  er  um  genügenben  ^31aß  für  $offeg,  $ird)e  unb  Schufen,  um  roeitere 
3af)lung  ber  300  ©ulbeit,  ba  ofjne  biefelbeit  ber  Unterhalt  faum  möglich  fei,  ferner 
um  Steuerfreiheit  gur  Sßatfrung  ber  fird)ficf)en  Immunität.  Auch  ttüfligte  er  in  ben 
SSerfauf  non  nerfcfjiebenen  Raufern,  rnefdfe  für  ben  23au  nicht  nötig  feien.  Um  einem 
aubern  2öunfd)e  ber  Stabt  ju  entfpredfen,  hatte  ©arrafa  fdjon  normet  (Oftober  1648) 
bem  fßrooinjiaf  ®eppfer  bie  SSerpfficfftung  auferlegt,  in  Orient  fein  9?ooijiat  unb  fein 
Seminar  ju  errichten 3. 

Qiir  ein  neues  Äolleg  mar  bereit»  1647  non  bem  3^eftor  P.  Qof)anneS  fßauüin 
ein  fJUait  entmorfen  morben;  am  14.  iDejember  1647  forberte  ©arrafa  non  bem 
^ronindat  ein  ©utacfjten  bariiber4.  f£)er  Neubau  mürbe  1649  bezogen,  ©ine 
eigene  Ä'irdfe  hatte  mau  noch  nicht;  ebenfo  fehlte  nod)  ba»  ©pmnafium.  3)ie  erften 
Qaf)re  bebiente  man  fid)  einer  bei  St  SBenebift  gelegenen  Kapelle5.  AfS  biefe  bie  Seute 
nicht  mef)r  faffen  fonnte,  geftatteten  1627  bie  föanonif'er  bie  23enupung  non  üDtaria 
ÜDtaggiore,  in  mefd)er  baS  ^onjif  feine  Sifjungen  abgehaften  batte,  auf  emige  Qeiten. 
Seit  Qttni  1628  machten  bie  patres  non  biefer  ©rfaubniS  ©ebraitd).  9tad)bem  fie 
1633  bie  Kirche  nor  bem  Untergang  burd)  23ranb  gerettet  batten,  moffte  bie  93iirger= 
fdfjaft  if)nen  nun  biefelbe  ganj  übergeben 6.  Set  S3ifd)of  mar  einoerftanben,  aud)  ber 
föaifer  nerraanbte  fid)  bafiir,  aber  baS  Kapitel  entfcbieb  am  29.  April  1635  bagegen. 
Qm  Qaf)re  1636  befdjränfte  eS  bie  Qefuiten  nur  auf  einen  Altar  unb  fdffieffficf)  ner« 
mieS  eS  biefefben  gang  aus  ber  ®ird)e.  Am  29.  Qanuar  1648  jogen  bie  Qefuiten 
in  bie  Kapelle  ber  fßropftei,  mo  ihnen  fed)S  fBeidpftühfe  jur  Verfügung  ftanben7. 

Srop  aller  ältibhfdigfeiten,  SSerleumbungen  unb  Schmähfchriften 8  entfalteten  bie 
Qefuiten  nicht  allein  in  ber  Sdfufe,  fonbern  auch  tu  ber  Seefforge  eine  fegenSreid)e 


1  *m.  3?.,  Jes.  2108. 

8  *  Original  SR.  3t.  9t.,  Jes.  2103. 

3  *  0rig.=3tcg.  Ad  Germ.  sup. 

4  *  Orig.-3teg.  Ad  Germ.  sup.  $erfd)iebene 
33(äne  in  9)t.  3t.,  Jes.  2105. 

5  Kropf  I  367. 

6  *  Litt.  ann.  1633. 

7  Sie  *  Originalforrefbonbeuj  über  biefe  9ln= 

gelegenbeit  9Dt.  3t.,  Jes.  2104  unb  *Acta  Tri¬ 


dent.,  befonberS  fJ3auHin  an  bai  Kapitel,  26.  galt. 
1648,  unb  beffen  furger  93efcbeib  öom  28.  San. 
1648. 

8  ©egen  eine  biefer  ©d)mäf)fcf)riften  oerfaffte 
33 au tl in  1642  eine  Apologia  pro  Collegio  S.  J. 
Tridenti.  *  Original  9Jt.  3t.,  Jes.  2124.  $ort 
beifft  e§  u.  a. :  Sa§  ©pmnafium  in  Srient 
haben  feit  faft  10  Sabvra  300—450  ©d)üler 
befud)t.  9Son  biefen  haben  gegen  200  auf  ihre 


224 


5Bierte§  Sapitel.  3)ie  oberbeutfdje  fproninj. 


Stätigfeit.  ©d)on  um  1628  mürbe  ifjneit  bie  ftänöige  beutle  Prebigt  in  ber  Pfarr« 
fird^e  ©t  Peter,  wo  Ijauptfädjlid)  bie  beutfdjfpredjenbe  Seüölferung  ficf)  einzufinben 
pflegte,  übertragen1,  ©tiinbige  Katedjefeit  werben  zwei  öergeicfjnet ;  bie  eine  Ijatte 
man  1629  im  @inüerftänbni§  mit  ben  Kanonilern  in  SDJaria  SÜtaggiore  begonnen; 
Zu  il)r  fanben  ftc^  nid)t  nur  Kinber,  fonbern  aud)  ©rwacfjfene  ein.  ©ine  anbere 
Katecfjefe  fjielt  man  in  ©t  Peter.  Qür  Sefudfe  bei  Uranien  waren  meift  jwei  Patre§ 
eigene  beftimmt.  $ie  fcljon  im  erften  ©c^utjafjre  1625/1626  eingefüljrte  Kongre= 
gation  würbe  1637  in  bie  größere  unb  bie  Heinere  geteilt  itnb  oon  ber  Heineren 
um  1644  bie  Congregatio  angelica  für  bie  ©djüler  ber  unterften  klaffen  abgetrennt. 
2)ie  $al)l  ber  Seichten  ftieg  im  Qaljre  1644  auf  38000.  Qm  Qafjre  1648  zählte 
man  30000  Seidjten  unb  20000  Kommunionen2. 

Qu  bem  fünf  Steilen  oon  Orient  gelegenen  Slooerebo  Ijatte  man  fcfjon  1627 
nad)  einem  Qefuitenfolleg  oerlangt,  aber  üergeben§.  Qwei  Qaljrzefjnte  fpäter  wnrbe 
ber  s^Slan  mit  großer  ©ntfdjiebenljeit  Oon  bem  bortigen  Uftagiftrat  wieber  aufgegriffen. 
Slm  24.  SDiärg  1649  wanbte  fid)  ber  ÜOJagiftrat  an  ben  ißrooinjial  mit  ber  bringenben 
Sitte  um  eine  ÜJiieberlaffung  unb  bot  .fpamo,  Kirche  unb  ©infiinfte  att,  unb  am 
10.  Quli  1649  richtete  er  bie  Sitte  um  eine  fRefibenj  oon  fedj§  patrcg  an  beit 
©eneraloifar.  Unter  bem  21.  31uguft  1649  bewilligte  ber  ©eneraloifar  9)fontmorenct) 
eine  9iefibenj  oon  6 — 7  patres,  beren  3(nflöfung  aber  im  Selieben  ber  ©efellfdjaft 
fielen  follte.  SDät  Serufung  auf  ein  ®efret  Uri>an§  VIII.,  baff  Höfterlidje  lieber* 
laffungen  Oon  weniger  al§  12  perfonen  ber  btfdjöflidjen  Qurisbiftion  unb  Sifitation 
unterteilt  feien,  oerlangte  ber  Sifdjof  bieS  audj  für  bie  in  üiooerebo  jn  erridjtenbe 
ütefibenj.  ®araufl)in  oer§icf»tete  ber  neue  ©eneral  Piccolomini  auf  bie  dtieberlaffung. 
Qu  einem  Schreiben  oom  9.  Slpril  1650  bezweifelte  er,  ob  baS  Verlangen  beS  Sifd)of§ 
bei  folgen  oorübergeljenben  9Jieberlaffungen  gerechtfertigt  fei;  ber  ©ebraudj  in  Italien 
fpredje  gegen  ben  Sifdjof.  SSegen  biefer  ©treitfrage,  bie  fidj  nod)  fpäter  fortfpinnt, 
fant  in  unferer  Periobe  in  Ülooerebo  nichts  ju  ftanbe3. 


Qu  ben  älteften  Kollegien  in  Oberbeutfdjlanb  gehört  audj  ba§  Kolleg  Oon 
2(ug3burg,  welches  im  16.  Qaljrljunbert  burd)  bie  Qreigebigfeit  ber  flügger  eine  fefte 
Segrünbung  erhalten  batte  L  Qm  17.  Qafjrljuubert  war  basfelbe  einem  fefjr  wecfjfelw 
ben  ©efcfjid  unterworfen.  Qunäcfjft  jeigt  e§  eine  Sliite  in  ftänbiger  ©ntmidlung, 
wie  bieS  fdjoit  bie  Qaljl  ber  SDätglieber  oerrät,  weldje  in  ben  Qafjren  1601 — 1632 
ZWifdjen  30  unb  40  betrug5. 


Soften  gelebt  unb  jährlich  90—120  Aurei  be= 
jahlt.  Ungefähr  150  tarnen  au§  beit  benadp 
barten  Jätern,  oon  benen  jeber  für  93ett,  8int= 
mer  unb  SBüfcfje  ntonattid)  1  Aureus  befahlt, 
gür  fpapier,  Jinte  unb  Gebern  inerben  jährtid) 
über  100,  für  bie  Rudimenta  Graeca  20  Aurei 
audgegeben.  2tnd)  wirb  (tnegen  ber  Schüler) 
niet  SSein  oerfanft.  2)er  2Bein  in  Jrient  ift 
gut,  fiubet  aber  nicht  genug  Säufer,  fo  bafs  faft 
jebe§  3abr  SBein  ju  ©ffig  unb  93ranntwein  oer= 
fdjtedjtert  werben  mufj.  Später  beifjt  ed,  im 
Jrienter  ©ebiet  Wadjfen  jährlich  45  Jaufeitb 
guber,  unb  taum  je  tonnen  alle  Oerfauft 
werben. 

1  *  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  1625  ff  aud)  für 
bad  (f-otgenbe. 


2  Jie  Dbern  waren:  9(bam  Straub,  1625; 
Subw.  Saraciui,  1629;  gof.  geuerftein,  1630; 
Sot).  J5au£tin,  1646. 

s  Jie  *  Drightalforrefponbenj  unb  niete  ®ut- 
acpten  non  fpauttin,  Sdjorrer,  Jicaftitto,  £>au« 
notb  :c.  in  911.  9t.,  Jes.  2125.  —  Über  ben 
Serfud)  be3  hl.  Sari  23orromäu§  im  Qahre  1583, 
ein  fteines;  Sefnitentotteg  in  DtoOerebo  su  er= 
richten,  f.  3-  ©.  9Jtaper,  ©efd).  be3  93i§tumd 
©hur  II  204  ff. 

4  Sßgl.  Sb  I,  S.  200  ff  617  ff. 

5  3'ür  ba§  g-olgenbe  *Hist.  coli.  August, 
in  ber  Santonat^bibtiothef  in  greiburg  i.  b.  Sdjtn. 
*  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  Prov.  Germ.  sup. 
f|J.  o.  Stetten,  ©efd).  ber  Stabt  2(ug$purg 
II  (1758)  2  ff  98  ff. 


Stlte  uitb  neue  9JieberIof)ungen:  ?tug§£>urg. 


225 


23on  beit  30  SJiitgliebern  im  Zahre  1606  fefjrten  oier  bie  ©rammatifafflaffen, 
einer  Humanität,  gmei  9ff)etorif,  einer  Sialeftif  nnb  KafuS.  DZadf)  bem  Katalog  non 
1625  jäfjlte  ba§  Kolleg  40  ^ejuiten,  barunter  9  ©djolaftifer  unb  9iooijen,  meldje 
bie  Sifjetorif  [tubierten.  Sie  acfjt  £ef)rer  mären  mie  früher  üerteilt;  an  Stelle  be§ 
jroeiten  £ef)rer§  für  bie  Üifjetorif  mar  ein  eigener  ißrofeffor  für  Sogif  getreten;  bie 
üDloral  unb  Kontroüerfen  jufammen  lehrte  ein  ^ßrofeffor.  ©eit  bem  Qaffre  1619 
hatte  man  bie  fiogif  au  ©teile  ber  Sialeftif  gegeben  unb  bie  SBorlefung  über  bie 
Kontroüerfen  beigefügt.  Ser  im  Zahre  1604  erfolgten  Teilung  ber  britten  ©ram- 
matif  in  eine  obere  unb  untere  Abteilung  folgte  im  Zahre  1630  bie  Zweiteilung 
ber  unterften  klaffe.  Sie  Somfcfyule  iibermieS  1611  ben  polieren  Unterricht  ben 
Zefuiten  unb  befdfränfte  fid)  nur  mehr 
auf  bie  nieberften  klaffen  (9fubimenta 
unb  ©lementarfdjule). 

Sie  ber  ©cfjiiler  betrug 

1605  380,  ftieg  1608  auf  400,  1612 
auf  450,  1615  auf  500,  1617  auf 
530,  1618  auf  mehr  al§  600.  ©päter 
nahm  bie  Zaht  infolge  oon  fßeft, 
junger  unb  Krieg  ab,  1629  maren 
e§  aber  mieber  470,  für  bie  fpätere 
Zeit  finben  fid)  feine  Zafden  mel)r  an“ 
gegeben. 

Stufjer  ben  ißrebigten  in  ber  Slula 
für  bie  ©tubenten  unb  in  ber  eigenen 
Kirche  für  baS  23olf  üerfahen  bie  Ze’ 
fuiten  nod)  bie  Kanjeln  im  Som  unb 
©t  äftorit).  Zu  ben  bret  Kated)efen 
in  ber  ©tabt  famen  1611  noch  eine 
üierte  unb  1617  meitere  in  ©t  9)?orit$ 
unb  Sechhaufen.  Zn  ber  ^efuiteufirdfje 
hielt  gmölf  Zahre  tQn9  bi3  1611  ber 
9ieftor  felbft  bie  (5^riftentef)re. 

Sie  Kongregation  ber  ©tubenten, 
bie  1602  gegen  120  ÜDIitglieber  gäf)fte, 
mürbe  im  Zahre  1609  in  eine  größere 
unb  Heinere  geteilt;  baju  fam  im 
Zaf)re  1613  bie  SBürgerfongregation. 

Zh^e  äftitglieberjal)!  ftieg  in  breiZafjren 
auf  150  unb  im  Zahre  1619  auf  240. 

2Il§  oierte  Kongregation  trat  1623  bie  für  junge  §anbmerf§gefellen  hinju.  Zm  Zahre 
1615  arbeiteten  bie  Kongreganiften  eifrig  baran,  bie  ßefung  frommer  23üd)er  in 
ben  Familien  einjufüfjren,  um  baburdj  bie  unreinen  Sieben  ju  oerbannen. 

Sie  Zahl  ber  Kommunionen  ftieg  oon  15000  im  Zahre  1610  auf  25700  im 
Zafjre  1620  unb  27  700  im  Zahre  1626.  Sie  Sßeft  be§  Zahre~’  1628  fteigerte  bie 
Zahl  auf  über  35000,  bie  fotgenben  Zahre  fanf  bie  Zahf  auf  27  000  bis  28  000. 

Sine  grofje  SSeränberung  brachte  baS  Zahr  1629.  SlugSburg  mar  freie  9?eid)§» 
ftabt  unb  mad)te  als  foldje  Slnfprud)  auf  baS  SieformationSredjt.  fjütrftbifd^of 
^einrid)  forberte  aber  baSfetbe  für  fid)  unb  ftüijte  fict)  babei  auf  ben  Vertrag  oon 
1548,  in  meldjem  bie  ©tabt  bie  geiftlidje  ^uriSbiftion  beS  KarbinalS  Otto  über 
ÜlugSburg  anerfannt  habe-  21  uf  ben  Seridjt  ber  nad)  Slugsburg  gefanbteit  faiferlicheu 


2uet  grinsen  ittabüwiH. 

§lu§  Räder,  Viridiarium  Sanctorum  1604*). 
©tief)  (*/.). 

*)  ffiiefe  brei  iprinjen  (3oI).  ©corg,  9lbalb.  3BIabi§Iau§  unb 
Et)riftopIj  9Iifoluu§)  ftubierien  bei  ben  JSefuiten  in  Süugäburg; 
fRaber  tuibmeie  iljnen  fein  Viridiarium. 


Su^t,  ®cfd)i(f)te  ber  gefuiten.  II. 


226 


Sßierteä  Kapitel.  Sie  oberbcutfd)e  fßrooing. 


Üommiffare  tont  26.  ^iuli  1628  entfcfieb  ber  ®aifer  am  8.  SRärg  1629  im  ©inne 
beg  ffiirftbifcfofS  unb  fpracf  if)m  baS  IReformationSrecfjt  in  2lugg6urg  gu,  moburdj 
bie  SSieberferftetlung  beg  fiicf)licf;en  Vefifftanbeg  oon  1548  ermöglicht  marb1.  Qn« 
folgcbeffen  mürben  ^uli  1629  bie  proteftantifcfen  ißrebiger,  bie  nicfjt  non  ifren 
(Sltern  fer  bag  ^Bürgerrecht  befaßen,  aitg  ber  ©tabt  oermiefen,  bie  proteftantifcfen 
Kirchen  geschloffen  unb  jeber  öffentliche  unb  prioate  proteftantifcfe  ©otteSbienft  üer* 
boten.  üftan  hielt  bie  ^efuiten  für  bie  Urheber  biefer  SDtafregeln 2.  ^ebenfalls 
mären  fie,  mie  bie  meiften  ßlatfolifen  unb  ber  römifdje  ©tufl,  fefr  gufrieben  mit 
biefer  Söenbung.  ®er  Vifcfof  oon  SlugSburg  ridjtete  am  10.  Sluguft  1629  einen 
^ubelbrief  an  ben  ^ßapft  unb  au  bie  ffßropaganba,  bafj  if)nt  bag  grofge  SSerf  nacf 
gmeijähriger,  foftfpieliger  Slrbeit  gelungen.  SDie  ißropaganba  münfcfte  bem  Vtfcfof 
©liid  unb  lief  burdj  ben  Runtiug  and)  bem  fö'aifer  banfen3. 

©ine  augführlidhere  SDarftellung  gibt  ffürftbifcfof  ^einridj  in  bem  Veridjt  über 
ben  ©tanb  ber  ©iögefe  an  ben  ^eiligen  ©tufl  oom  21.  Oftober  1629.  ©S  fehlte 
nicht  —  fo  berichtet  ber  Vifcfof  —  an  foldjen,  melcfe  bie  oielen  DRiifen  unb  Soften 
bei  einer  fo  üergmeifelten  ©acfe  für  unfluge  üufroenbungen  hielten,  ba  für  bie 
Sutferaner  menn  nichts  anbereg,  fo  boch  bie  Sänge  ber  3eit  fpracf;  benn  bie  tpärefie 
hatte  fiel)  hier  fdjott  feit  einem  gangen  Qlafrfunbert  eingeniftet.  Qm  Qafre  1537 
befahl  ber  SOZagiftrat  bem  SHeruS  entmeber  Untermerfung  ober  Sofortige  Räumung 
ber  ©tabt.  ©o  mufte  ber  ®lerug  bie  ©tabt  oerlaffeit.  ®en  Äatfolifen  mürben 
föircfen  unb  Slöfter  gemaltfant  entgegen,  infolge  beg  ©iegeg  ^arlS  V.  über  bie 
©cfmalfalbener  fonnte  bie  ©eiftlidjfeit  nacf  elfjähriger  Verbannung  im  Qafre  1548 
nadj  Sluggburg  guriidfefren.  ®er  ben  ^atfolifen  gugefügte  ©djaben  mürbe  nur 
teilroeife  erfept,  unb  einige  ber  fpauptfirdjen  blieben  im  Vefip  ber  üßroteftanten.  ®er 
Ä'aifer  gmang  aber  bie  ©tabt  gu  einem  Vertrag  mit  bem  bamaligeit  Vifcfof  ^arbinal 
Otto  Xrudhfefg,  in  meinem  eine  ©ntfcfäbigung  unb  bie  SBieberferftedung  ber  Qurig« 
biftion  beg  Vifcfofg  ifrem  gangen  Umfange  nacf  feftgefept  mürbe.  3)er  Vertrag 
fam  aber  burcf  bie  Ungunft  ber  Qeit  nicht  gur  oollen  21uSfüfrung;  meber  alle 
ßirdjen  noef  alle  Recfte  über  bie  Veioofner  oon  Sluggburg  mürben  bem  Vifcfof 
gurüdgegeben.  Srof  aller  SInftrengungen  ber  ßatfolifen  übertraf  bie  Qafl  ber 
§äretifer  faft  um  bag  3el)nfac^e  ^er  ®atf  olden 4.  ®agu  trugen  oiel  bei  bie 
14  lutferifefen  ^feuboboftoren,  bie  1552  nacf  breijährigem  ©jil  Oom  ßurfürften 
ÜUtorif  oon  ©aeffen  unb  ülbrecft  oon  Vranbenburg  mit  gemaffneter  £>anb  gurüd* 
geführt  morben  rnaren.  2(n  einem  Vormanb  für  ihr  Verbleiben  fehlte  eg  nicht. 
2)enn  ber  SlugSburger  ReligionSfriebe  oom  Qafre  1555  erlaubte  ben  Reicfsftäbten, 
in  melcfen  gu  biefer  Qeit  beibe  Religionen  in  Übung  rnaren,  bie  (freifeit  für  bie 
fatfolifefe  Religion  unb  bie  StugSburger  tonfeffion.  Qnfolgebeffen  mar  nicht  allein 


1  Stopp,  Sreißigj.  Srieg  III,  1,  214  ff. 

2  *Hist.  coli.  August,  ad  ann.  1629.  Sa3 
£auptoerbienft  feßreibt  ber  ©eneral  in  einem 
Briefe  oom  15.  ©ept.  1629  on  gorer  nädjft 
bem  Saifer  bem  93ifcßof  Oon  9tug§burg  gu. 
0rig.=9leg.  Ad  Germ.  sup.  9}gt.  9Sitefle§d)i  au 
gorer,  12.  San.  1630:  Ne  Societas  minus 
quam  aliae  omnes  quae  Augustae  sunt  re- 
ligiosae  familiae  gaudere  videatur  de  exclusis 
studio  S.  C.  Maitis  ex  illa  urbe  haereticorum 
praeconibus,  erlaubt  er  eine  jäfjrlicße  Sanf* 
meffe  für  biefe  SBopItat  gu  öerfpredjen.  Ser 

93ifcßof  ßat  biefen  958unfd)  geäußert.  Sad  ®om< 

fapitel,  bie  ©tifte  unb  Slöfter  tjatten  firfi  1629 
oerpflicfjtet,  für  ben  Saifer  jäfirlicf)  eine  San!> 


meffe  unb  naef)  feinem  Sobe  einen  SaßreStag 
gu  patten,  fß  t  a  c  i  b  u  §  93  r  a  u  n ,  ®efd).  ber 
93ifd)öfe  üon  9tug§burg  (1815)  IV  151. 

3  *  Original  unb  Songept  in  9tom,  StrdjiP 
ber  fJ3ropaganba,  Lettere  di  Germania  vol.  LXX, 
f.  118  f.  ' 

4  9?acb  bem  93erid)t  ber  taiferlidjen  Som= 
miffare  oom  September  1628  toar  faum  ber 
getjnte  Seil  ber  93ürgerfd)aft  tatbotifd)  (fRitter, 
Seutfdje  ©efdjidjte  im  3eüaüer  ber  ©egem 
reformation  III  431).  Über  bie  ßimoobnergaf)t 
91ät)ere§  bei  0.  ©tetten  a.  a.  0.  II  514  590 
640.  gür  1640  loerbeu  6170  Satt)oti!en  unb 
13  790  ißroteftanteu  angegeben. 


2lltc  unb  neue  fRieberlaffungen :  2lug§burg. 


227 


bag  lutfjerifdje  Volf,  fonbern  aucf)  ber  SO?agiftrat,  ja  faft  ganz  SDeutfcfjlanb  ber  Über¬ 
zeugung,  baß  bieg  auch  für  2Iugg6urg  gelte,  unb  zttrnr  aucf)  troß  ber  augbrücfltcf)en 
ißroteftation  be§  Ä'arbinalg  Otto  gegen  biefen  ^rieben.  ©emäß  biefer  faft  allgemeinen 
Sluffaffung  maren  bet  bem  oor  jmei  Qafjren  begonnenen  fßrozeß  §ur  SBieberertangung 
ber  ^ireßengüter  nicfjt  toenige  ber  faiferlicßeit  Väte  gegen  bag  Verlangen  beg  Vifcfjofg, 
aber  fdjfießlicfj  fiegten  feine  2lugbauer  unb  feine  ©rünbe,  ba  ber  üaifer  unb  bie 
fatßolifchen  ßurfürften  fief)  für  bie  2lugfüf)rung  beg  1548  abgefc^Ioffenett  unb  1580 
toieberum  öorn  ß’aifer  beftätigten  Vertrages  erflärten 1.  ©o  ber  gürftfüfehof. 

SDie  nädfifte  golge  für  bie  ^efuiten  mar  eine  große  Steigerung  ifjrer  Strbeit 
unb  bie  Srricßtung  einer  jmeiten  Siieberlaffung  in  21uggburg.  ®a§  ehemalige 
^'armeliterüofter  ©t  21nna  mürbe  ben  ^roteftanten  mieber  genommen  unb  oom  gürft* 
bifdjof  ben  Qefuiten  übertragen.  21m  11.  Januar  1631  nahmen  brei  ^ßatre§  unb 
brei  Vrüber  bort  SBoßnung.  21m  23.  Oftober  eröffneten  bie  3efu^en  in  ©1  21nna 
Vorlefungen  über  ^fjilofopf)ie  (Sogif  unb  Sßhßfif)2. 

®ie  greube  beg  Vifcßofg  unb  ber  ^atßolifen  mar  nicht  oon  langer  ®auer. 
®ie  (Sinnahme  Sluggfmrgg  burcf)  bie  ©djmebett  im  ^aßre  1632  führte  einen  öoU- 
ftünbigen  Umfdhmung  tjerbei.  ®ie  ^efuiten  mürben  mit  ben  anbern  Orben  oertrieben 
unb  lehrten  erft  fßalmfonntag  1635  aug  ber  Verbannung  gurüd3.  .Querft  mußten 
bie  üerroüfteten  2öof)nungen  unb  ©cßulen  üom  ©cfinmß  gereinigt  unb  mieber  einiger¬ 
maßen  ßergeridjtet  merben.  Sütcßbem  bieg  gefeßeßen,  brach  in  ber  bereitg  entoölferten 
©tabt  bie  Sßeft  oon  neuem  aug.  @rft  um  ©t  üütartin  fonnte  man  bie  ©cßulen  mit 
menigen  ©cßülern  in  fünf  klaffen  mieber  eröffnen,  benen  bann  am  (Snbe  beg  $aßreg 
bie  9tßetorif  beigefügt  mürbe,  $n  bem  $aßre  1641  unb  ben  folgenben  fahren 
Zählte  bag  Kolleg  meift  19  ^ßerfonen.  Von  ben  zmölf  ißrieftern  lehrten  oier  neben 
Zmei  SJJagiftri  am  ©ßmitafium.  ®ie  ©eelforge  auf  ber  Kanzel  unb  in  ben  brei 
Kongregationen  mürbe  im  felben  Umfang  aufgenommen  mie  früher.  SDurcß  bie  feit 
1638  eingeführte  ©eneralfommunion  am  erften  ©onntag  jeben  SJtonatg  fteigerte  fief) 


1  *Relatio  status  Ecclesiae  et  totius  Dioe- 
cesis  Augustanae  in  Epp.  ad  Bus.  (Sine  aueb 
füf)rlicf)e  93egrünbung  ber  gorberungen  be3 
S8ifcf)of§  bei  (Laymann),  Pacis  Compositio2 
520  ff.  Sie  Sßiberlegung  ber  Eintoürfe  ebb. 
540  ff.  Über  bie  ©rünbe,  auf  bie  fidf)  ®nö- 
ringer  ftüfcen  fonnte,  ügt.  ip  e  r  nt.  95  o  g  e  1 ,  Ser 
tampf  um  bie  Einführung  ber  Rarität  in 
2lug3burg  (1900)  4  f.  Sie  allgemeine  2In= 
fdjauung  aud)  am  föaiferfjof  bi§  1629  mar  für 
bie  ©ültigfeit  be3  3teIigion3frieben3  in  SlugS- 
burg;  ebb.  3  f.  o.  ©fetten  a.  a.  0.  II 
29  ff. 

2  Ser  ©eneral  33iteüe§d)i  mißbilligte  bie 

Slnnaßme  Bon  ©t  Sluna.  Unter  bem  22.  9Jtärä 
1631  fdjrieb  er  an  P.  SKunbbrot :  Administra- 
tionem  domus  ac  templi  Stae  Annae  Augustae 
a  nostris  receptam  esse  quo  minus  probare 
adliuc  potuerim,  faciunt  non  solum  querelae 
Patrum  Carmelitanorum ,  qui  molestissime 
ferunt  a  Societatis  hominibus  quos  hucusque 
magna  ubique  caritate  et  benevolentia  colu- 
erunt  monasterium  illud  sibi  ereptum  esse 
(omnino  enim  persuasum  illis  est,  si  istic  tarn 
serio  monasterium  illud  recusassent  nostri, 
quam  ego  hic  recusaui  et  istic  recusari  cu- 


piebam,  nunquam  illud  sibi  fuisse  eripiendum), 
sed  etiam  aliorum  paene  omnium  religiosorum 
imo  et  secularis  cleri  indignatio,  quibus  exem- 
plum  illud  non  minus  urbi  periculosum,  quam 
Patribus  Carmelitanis  noxium  est  visum.  Quae 
res  cum  etiam  liic  commiseratione  dignam 
faciat  cum  non  leui  Societatis  inuidia  eorun- 
dem  patrum  spoliationem,  vehementer  metuo, 
ne  quod  istic  adhuc  ab  lllmo  Episcopo  obtinere 
non  potuerunt  a  Summo  Pontifice  obtineant, 
atque  ita  cum  magno  rubore  Societas  tandem 
restituere  cogatur  rem  auidius  quam  pruden- 
tius  occupatam.  De  quo  quamdiu  a  Summo 
Pontifice  nihil  certe  decretum  erit,  censeo 
lente  admodum  in  aperiendis  in  domo  Stae 
Annae  scholis  et  stabili  illi  censu  quaerendo 
esse  progrediendum.  *  Drig.-3ieg.  Ad  Germ, 
sup.  91m  9.  guni  1631  befahl  Urban  VIII. 
bem  Offizial  be§  SBifdjofg  bon  Eichftätt,  Erl). 
Dteptter.  bie  Übergabe  be§  ehemaligen  ®arme= 
literfloftersS  ju  oolIUehen.  Sie  Srabitionl- 
urfunbe  bonx  6.  Oft.  1631  im  Original  in 
SDt.  9L,  Urfunben,  9tug3burg,  gef. 

3  Sßgf.  ba§  6.  Kapitel  unb  bie  ^Relation  beS 
23ifd)ofä  Pom  gahre  1639,  in  ©ifjungSber.  ber 
9Mnch.  2tfab„  hijtor.  Äfaffe  1878,  371  ff. 

15* 


228 


Viertel  ftapitel.  Sie  oberbeutfd)e  ^robinj. 


halb  mieber  ber  Empfang  ber  ©aframente,  fo  bafe  1639  22000  unb  1647  fogar 
29  000  Kommunionen  gejäfjlt  mürben,  mäfjrenb  bie  Seiften  nod;  gasreicher  maren. 
§lud;  bie  Belagerung  be§  3a*)re§  1646  burdj  bie  ©darneben  unb  grangofen  hatte 
auf  bie  Steigerung  be§  ©aframentenempfangeä  großen  (Sinftufj. 

Sieben  beit  Slrbeiten  im  Kolleg  nahm  aud;  bie  frühere  Stätigfeit  in  ©t  Stnna 
mieber  ifjren  Fortgang  K  Slm  6.  Stprit  1635  erhielten  bie  Qefuiten  bie  Ktofterfirche 
unb  etmaS  fpäter  aud;  ba§  Ktofter  ©t  Stnna  gurücf,  fo  bajj  am  24.  Januar  1636 
brei  $atre§  bort  2Bof)nung  nehmen  unb  bie  Bortefungen  über  pf)itofop|ie  unb 
907orat  beginnen  fonnten,  unb  graar  batb  oor  80—100  ^örern  (1643  unb  1644). 
©d)on  1641  gingen  au§  ©t  Stnna  fieben  Söettpriefter  fjeroor.  ©eit  1642  motjnten 
in  ©t  2tnna  fünf  Bfltie3,  öon  beneu  einer  Btorat  unb  brei  Sßfjitofopfjie  oortrugen. 
3tt  ber  Kird;e  fjatte  man  jäf;rtid;  6000—8000  Kommunionen.  2Bät;renb  ber  Be¬ 
lagerung  oon  1646  fdjme&te  ©t  Stnna  in  großer  ©efafjr,  üertoren  gu  gehen,  ba  bie 
Broteftanten  bie  oöttige  SBieberherftettung  beS  früheren  ßuftanbeS  al§  Bebingung 
für  i^ren  Beiftanb  gegen  ben  geinb  forberten.  Sinige  3a*)re  fpäter  trat  biefer 
Bertuft  mirftid;  ein.  infolge  be§  3Beftfälifcf)en  $rieben§  mußten  bie  Qefuiten  am 
22.  9D7ärg  1649  Ktofter  unb  Kirche  oertaffen1 2.  9Ü7it  alter  bemegtidjen  §abe  gogen 
fie  in  ba§  Kotleg,  metdf)e3  nunmehr  auch  bie  Stätigfeit  ooit  ©t  Slnna  übernahm. 
3m  3af)re  1650  gäf)tte  baS  Kotteg  24  Berfonen,  barunter  groötf  B^iefter,  oon  biefen 
tafen  1  907orat  unb  2  Bh^°f0P^e?  2  Briefter  unb  4  9D?agiftri  lehrten  am  ©pmnafium3. 

3n  bem  gangen  Zeitraum  übten  bie  ^efuitett  oott  Stugsburg  aud)  in  ber  Um» 
gegenb  oielfatf;  ©eetforge  au§;  fo  g.  B.  ging  man  1611  alte  acht  Stage  nad)  griebberg, 
SDonaumörtf),  Obernborf,  9D7inbeIheim,  fpäter  aud;  nad;  9Düdf;aufen  unb  (SDetftetten 
unb  anbern  Orten 4.  — 

gür  ^iütitgcit5  brad;te  bas  neue  ^attr^uttbert  enbtid;  bie  taug  erfef;nte,  hin* 
reichenbe  Dotation  burd;  bie  ©tiftungsurfunbe  be§  gürftbifcfjofS  3°^-  oon  Knöringen 
oont  14.  3«ni  1606 6.  Bod;  etroaS  früher  hatten  umfaffenbe  Neubauten  begonnen. 
Batb  nad;  Bottenbung  gmeier  großer  fftüget  für  ba§  Konüift  (1603 — 1605) 7  mürben 
bie  B^nne  für  eine  neue  Kirche  entroorfen  (1608).  9tm  29.  9Bärg  1610  begannen 
bie  $tu§fd;achtung§arbeiten,  unb  am  6.  Stprit  1610  mürbe  burch  ben  Beftor  ©rengiug 
ber  elfte  ©tein  gelegt;  megen  ber  Kriegsgefahr  fanb  bie  feierliche  ©runbfteintegung 
bitrdh  ben  Bifdfjof  erft  am  1.  Oftober  1611  ftatt.  Bad;  einer  Baugeit  oon  ftarf 
fed)§  3ahren  fonnte  ber  Bifdfjof,  ber  für  ben  Bau  10  000  ©utben  gefpenbet,  bie 
neue  Kirche  meitjen  (Söfariä  f)immetfaf)rt) 8.  Bei  bem  Bau  biefer  Kirche  mar  mie 
bei  anbern  3efnitenfird)en  „erfter  ßmecf,  einen  Baum  herguftetten,  geeignet,  eine 
mögticfft  grofje  9Jtenfd)enmenge  gu  faffen,  gefd;idt  angelegt,  um  bie  gaf;Ireid;en  Slttäre 
unb  Bei<htftüf)te  organifdh  eingufügen,  nach  aujgen  einfad;  mie  ber  Orbenshabit,  nad; 
innen  großartig,  um  baS  Bolf  angugieheu,  mit  einem  SSort  eine  ÜBifftonSfircfie  gu 


1  Surdj  ben  Stfforb  t>om  13.  SWärg  1635  war 
bie  1629  gefdjebene  faiferlid)e  ^Reform  wieber» 
Oergeftellt,  ben  Sproteftauten  aber  freie  9teligion$= 
iibung  gewährt  Worben.  fßlaci  bu§  23 raun, 
©efd).  ber  23ifd)öfe  oon  Slugäbnrg  IV  (1815) 
245  ff. 

2  23gt.  bie  beweglichen  Klagen  be3  23i§tum§= 
üerweferl  3obann  9tuboIf  bon  9ted)berg  in 
feiner  9telatiou  oon  1649  (©ibungeiber.  a.  a.  £). 
390  ff). 

3  gm  3af)re  1649  waren  unter  neun  Sebrern 

bie  Äurfe  alfo  befept:  fDtoral  15,  SJSbOftf  16, 

Sogifll;  ba§  ©tjmnafium  hatte  oon  ber  9tbe= 


torif  angefangen  34,  35,  43,  44,  56,  64  ©djüler. 
*  2R.  9t.,  Jes.  570. 

4  Sie  9teftoren  waren:  9Jtetd)ior  ©tör,  1599; 
3a!.  9Jtat)r,  1613;  §ugo  SSolfurt,  1617; 
ebnftopb  ©netter,  1621 ;  ftonrab  9teif)ing,  1626; 
23altl)af.  ©eiffler  (23igereftor) ,  1635;  granj 
Sidjtt,  1635  (f  13.  9toü.  1636);  ©ebb-  9*ajen* 
rieb,  1637;  9Jtai'  Serdjcnfelb,  1641;  3c*b- 
Sernbarb,  1644. 

6  23gl.  23b  I,  ©.  194  ff  610  f. 

6  ©iebe  ba3  8.  Sapitel. 

7  ©iebe  bad  9.  Kapitel. 

8  23  raun,  Sefuitenürdjen  II  126  ff. 


Sitte  unb  neue  Slicbcrlaffungcn:  Tillingcit. 


229 


erbauen"  1.  ®ie  !iDfariä»|jintmelfal)rtl*®ird(je  ähnelt  in  Diaumgliebcrung  unb  Stufbau 
ber  ÜDiündjener  üölidfaellfirdje.  ©ie  ift  bie  erfte  Sienaiffancefirefje  in  ®eutfcf)lanb, 
in  ber  bie  ben  beibeit  Gfjorjocfjen  angefügten  9iifcf)en  in  jroei  ©efdfoffe  aufgeteilt 
finb,  non  bencit  bal  obere  Oratorien,  bal  untere  bie  ©afriftei  enthält.  ®a  bal 
Sidft  burd)  feine  (Smporen  gefjinbert  ift,  fann  el  fid)  burd)  bie  fjofjen,  runbbogigen 
$enfter  nott  in  bal  innere  ergießen.  2)ie  Sänge  ber  Äirdje  beträgt  47  m,  bie 
.'pöfje  bei  Sangl)aufel  18  m.  ®al  Sturere  ift  monoton  unb  nüdftern2. 

9?acf)bem  1621  bal  $onnift  aulgebaut  morben,  fam  1628  bie  fcfjon  lange  bau* 
fällige  Slfabemie  an  bie  91eil)e.  3m  Slpril  1628  rourbe  mit  ber  9?ieberlegung  bei 
alten  Slfabemiegebäubel  be» 
gönnen  unb  am  10.  $uli  ber 
©runbftein  juni  Neubau  auf 
einem  oom  Sifcfjof  gefdjenften 
s$faf$  an  ber  ©tabtmauer  ge* 
legt.  SSegcn  bei  Striegel  ge» 
bief)  ber  Sau  nur  bil  jur 
Soüenbung  bei  erften  ©todl 
unb  blieb  unnollenbet.  ®ie 
fcfjon  mäljrenb  bei  Sauei  im 
Stonnift  untergebracfften  @pm-- 
itafialflaffen,  für  bie  ber  jmeite 
©tod  beftimmt  mar,  mußten 
fo  trolj  oder  Unbequemlicfjfeit 
niele  ^aljre  im  ßonnift  ner* 
bleiben3.  SDie  ßaljl  ber  3e= 
fniten  betrug  burdjfdjnittlid) 

30 — 40 ;  im  Qafjre  1604  maren 
el  40,  1624  fogar  46,  non 
benen  fünf  ‘jßatrel  unb  fünf 
©dfolaftifer  im  Äonnift  mofjn* 
ten  unb  beffen  Seitung  beforg» 
ten.  ®ie  niebrigfte  3af)l  geigt 
bal  1633,  rao  nad)  bem 
©dfmebeneinfall  nur  meljt  jmötf 
^efuiten  in  Gillingen  maren; 
biefe  3a^l  ftieg  aber  halb 
mieber  auf  20 — 30. 

9cacf)  bem  Smger  ^rieben 
Ratten  bie  Qefuiten  eine  3eit» 
lang  9tulje.  Sieuen  ©cfjreden  brauten  bie  1645  unb  1648.  3n  erfterent  gmang 
ber  Süidjug  ber  Sapern  nacl)  ber  ©df)lacfjt  bei  Slllerlfjeim  jur  ©dilieffung  ber  ©djulen. 
3m  3aljre  1648  mürbe  bie  ©tabt  non  granjofen  unb  ©cfpneben  breimal  geplünbert. 
Septere  nerblieben  bann  in  ber  ©tabt  bil  SDtitte  16504.  ©roff  maren  mäfjrenb  ber 
Äriegljeit  bie  pefuniären  Saften:  ßaljlung  non  Söfegelbern,  Serpflegung  ber  gefangenen 
Satrel,  fö’often  für  Semirtung  non  Offigieren,  Unterftiifjung  non  armen  Sürgern 


ev; 


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ift; 


Otto  Redivivvs. 

^umanMer  fgn* 

0t  Der  Comoedi  t>on  erfter  ©tifc 

tung/Slnfatig  tmb  ^ottpfkn^ung  ber  V  n  i- 

uerlitcr  DcrSocietec  1  e  s  v  intDtlingen^urdjroei* 
lauteten  Oc*n’ütM«i(I<n8i'it(l(nOT6JeKtin/^)«!n  Ot¬ 
to  StmJ)fefi»on!2B<»itpitr<i/  ter-ti.  Dt-  jUtdbeniBt» 
fefcoff  rnb  (Eartlnal  »iilll&an  t'Ji&'Äitßfpurg/ 

<p?ob(t  pnnt  .£><5rmn  jft 
'irlt»rttig<n. 

©galten  in  (rrntlKt  Vniuerfitcc  $ü Siltngcn/ 
ten  jj.£>crobittf. Unno  i  6  14- 


r 


©cbntcft  &üS>ilingcnbct) 

^So^annte 


liiiiSliüüüliSi 


$ie  TüDinger  fiontöbie  Otto  Redivivus,  1614.  (2/3) 


1  D3far  So  ebner  Don  ipüttenbacb,  Sie 
2>cfuitenfircf)e  ju  Sillingen  (1895)  16. 

2  93gl.  93 raun  a.  a.  0.  II  133  ff.  ©ine  93e* 
fdjreibung  ber  Äircbe  in  *  Litt.  ann.  1617. 

3  Spccfjt,  ©efef).  ber  llniDerfitöt  ®iHingcn 


(1902)  103  f.  9?gl.  ba§  93ittgefncf)  be§  P.  ©iger§= 
reitter  Dom  16.  Slug.  1629  an  ba3  Somfapitel 
um  llutcrftüpung  für  ben  Sleubau.  *  Original 
im  9».  SR.  91.,  ies.  1008\ 

4  ©ped)t  a.  a.  0.  91. 


230 


Viertel  Kapitel.  Sie  oberbeutfeße  fProüinj. 


unb  ©tubenten.  ßur  felben  3ed  blieben  natürlicß  bie  Sintiinfte  bei  Koüegl  rneßr 
unb  rneßr  aul.  1632—1636  beliefen  fidj  bie  an!  Kolleg  unb  an  bie  SUabemie 
nidjt  rneßr  eingejaßlten  gmnbationlgelber  auf  12  615  ©ulben.  ©o  mußten  bann 
gurueifen  felbft  Kircßengeräte  oeräußert  merben,  fo  3.  93.  ein  golbener  Kelcß  um  400 
©ulben,  eine  filberne  Sampe  um  800  ©ulben  ufro. 

®urcß  bie  SBecßfelfälle  bei  Krieges  mürbe  bie  SEätigfeit  ber  Qefuiten  oielfadj 
beßinbert,  bie  931üte  ber  ©cfjule  gefnidt.  Slußer  ben  fecß!  Sßrofefforen  an  ber 
Slfabemie 1  jäßlte  ® düngen  1603  fecß!  Seßrer  für  bie  fünf  klaffen  bei  ©pmnafiuml; 
bie  Humanität  umfaßte  megen  ber  großen  ©djiüerjaßl  jmei  gleicße  Slbteilungen; 
1613  trat  eine  fedjfte  klaffe  (Rudimenta)  unb  1625  eine  fiebte  (Principia)  ßinju, 
in  letztere  traten  nur  bie  Slbcfcßüßen  ein.  ®a!  ©rieeßifeße  begann  feßon  in  ben 
Rudimenta.  Sin  eigener  Seßrer  für  ba!  ©rieeßifeße  ift  nicfjt  borßanben.  S)ie  pflege 
bei  ©riedjifcßen  fdßärft  aber  93ufaeul  1609  befonberl  ben  Seßrern  ber  unteren  Staffen 
ein,  bamit  nidjt  bureß  ißre  ©djulb  biefe  ©praeße  in  ben  oberen  klaffen  jurüdgeße2. 
®ie  ©cßülerjaßl  betrug  um  biefe  ßeit  üon  1604  an  gegen  700 — 750  für  ©ßmnafium 
unb  Slfabemie  jufammen3;  fpäter,  in  ben  erften  ^aßren  bei  dreißig jäßrigen  Kriege!,  fiel 
bie  3aßf  auf  600.  SJacß  ber  fdjmebifcßen  93efeßung  leßrte  1636  ein  s^3ater  fftßetorif, 
einige  roeitere  bie  ©rammatif,  1647  finb  gmei  i|3riefter  unb  ein  ÜDtagifter  am  ©ßmnafium 
befcßäftigt,  1648 — 1650  ein  ißriefter  für  bie  ütßetorif  unb  jmei  ÜDiagiftri  für  bie  hier 
unteren  Klaffen.  2)ie  3aßl  ber  ©cßüfer  betrug  1632  unter  150  unb  ftieg  1642 
toieber  auf  240  für  Slfabemie  unb  ©ßmnafium,  um  1647  auf  160  unb  1649  auf 
100  ju  falten  unb  bann  mieber  ftetig  ju  fteigen4. 

Sieben  ber  aulgebeßnten  Sätigfeit  für  ©cßule  unb  Konoift  fonnte  auf  bie  übrige 
©eetforge  meniger  ©orge  oermanbt  merben.  ^mmerßin  übernaßm  man  aber  außer 
ben  ißrebigten  unb  Katecßefen  in  ber  eigenen  Kircße  audj  bie  in  ber  fßfarrfireße  unb 
mar  fleißig  im  93eicßtftußl.  SDie  23eicßten  erreießten  1609  außer  benen  ber  Slfabetnifer 
bie  3aßl  üon  10500,  bie  Kommunionen  betrugen  1616  über  12000,  1624  faft 
17  000  unb  1630  über  23  000.  Siadj  ben  erften  unb  fcßlimmften  Krieglmirren  ftieg 
bie  ber  Kommunionen  im  3aßre  1640  mieber  auf  8000. 

Slucß  bie  £Ttacf>barfcßaft,  mie  Sauiitgen,  §öd)ftäbt  unb  bie  ganje  Sßfalj,  erfreute 
fidj  oielfacßer  Slulßüfe5. 

SBie  um  Slugiburg  ßat  fidj  53ifdjof  §einricß  0.  Knöringen  aueß  um  ÜDidingen 
große  23erbienfte  ermorben 6.  ®er  ©efeßießtfeßreiber  ber  53ifcßöfe  non  Slugiburg  ßat 
über  ißn  bal  Urteil  gefällt:  „^einrieß  mirb  mit  Siecßt  unter  bie  größten  53ifdjöfe 
nidßt  nur  feiner  Kircße,  fonbern  aueß  feiner  3ed  gegäßlt.  Sr  bilbete  fidj  ganj  naeß 
ber  93orfdjrift  bei  großen  Slpoftell,  mar  untabelßaft,  nüdjtern,  flug,  üereßrung!» 
mürbig,  gefittet,  ein  maßrel  SSorbilb  ber  ©laubigen  in  ber  Seßre,  im  Umgänge,  in 
ber  Siebe,  im  ©tauben,  in  ber  Keufcßßeit  unb  tiernadjläffigte  bie  ©abe  nicfjt,  bie 
er  bureß  bie  Sluflegung  ber  priefterlicßen  £>änbe  empfangen  ßatte.  ©treng  in  feinen 


1  ©ieße  ba§  8.  Sapitel. 

2  Ratio  studiorum  III  190. 

3  ißon  ben  754  ©tubenten  be§  lyößreS  1G07 
faßen  auf  ba§  ©pmnafium  463:  Stßetorif  76, 
Humanität  118,  ©pntap  (in  -poei  fJJaraKel« 
turfen)  117,  ©rammatif  68,  Rudimenta  84. 
2)ie  311  ©qmnafiaften  be3  3aßre3  1626  oer* 
teilen  fid)  auf  ffißetorif  49 ,  Humanität  56, 

obere  ©pntaj:  50,  niebere  ©pntap  34,  ©ram= 

nxatif  45,  Rudimenta  46,  Principia  31.  ©ped)t 
a.  a.  D.  383  f. 

*  Snt  Saßre  1649  entfielen  auf  bie  fedj? 


Staffen  be§  ©pmnafiumS  10  (fRßetorif),  14,  7, 
9,  12,  16  <Sd)üler.  *  911.  31.,  Jes.  570. 

6  Sie  OJeftoren  loaren:  Siü-  $ri§cianenfii, 
1599;  ©ßriftopf)  ©rensing,  1603;  f)jet.  ©ottrato, 
1618;  Soß.  SRocquet,  1622;  ^oß.  @iger§reitter, 
1625;  SSJoIfg.  ©rabenegg,  1631;  ©eorg  9teeb, 
1635;  ©eorg  (Stengel,  1640 ;  Qoß.  93erußarb, 
1643;  §einr.  Samparter,  1644;  9>batn  ©riefjer, 
1647 ;  ©igm.  ©djuremberger  (©cßauernberger), 
1650.  Sic  uäßeren  Säten  bei  ©  p  e  d)  t  a.  a.  0. 
267  ff. 

6  ßbb.  80  ff. 


2Ute  uttb  neue  ffiicbertaffungen:  Gillingen  (güffett.  —  Öttingen.  —  Ellwangen).  231 


©runbfäfjen  unb  in  feinem  SBanbel,  forgte  er  eifrig  für  bie  guten  (Sitten,  befoitberS 
bei  beit  (55eiftlicf;en ;  er  braitg  in  biefe  ;$ur  $eit  unb  Unzeit;  er  ftrafte,  bat,  brofjte, 
aber  mit  ©ebitlb  unb  mit  Velefjrung.  (Sein  Sifer  für  bie  Srhaltung  unb  Verbreitung 
ber  fatf)olifdjen  Religion  ging  fo  meit,  baff  er  aus  feiner  Siöjefe  alle  Qrrleliren  mit 
©eroalt  oerbrängen  unb  ade  3nvnben  in  bie  Kirdje  jurüdjuleljren  burcf)  bie  ftrengften 
unb  f)ärteften  SÜta^regeln  jmingen  mollte.  Sr  litt  für  bie  Religion  alles  Ungemacl), 
Verfolgung,  Vermeifung,  Veraubung  feiner  ©üter  unb  Sinfünfte,  unb  jeigte  fidj.aud) 
bereit,  für  feine  Kirdje  fein  Seben  aufjuopfern.  Sr  madjte  über  bie  Vedjte  feiner 
Kirche  mit  unerfd)ütterlid)em  StTiute  unb  unüberminblidjer  ®tanbl)aftigfeit."  1 

3u  Spillingen  gehörten  aud)  bie  Vefibenj  in  griffen  unb  bie  äRiffionSftationen 
in  Öttingen  unb  Sllmaitgen.  3n  giiffen  unb  ber  Umgegenb  Ratten  fcfjon  1597 
5toei  patres  fegenSreicf;  gemirft.  3m  3a^re  1611  mürbe  bort  auf  Verlangen  beS 
VifdjofS  ^eiitrid)  0.  Knöringen,  bem  bie  ©tabt  in  toeltlidjer  unb  geiftlidjer  Vejieljttng 
untergeben  mar,  eine  Heine  ©tation  mit  ^mei  patres  unb  einem  Vruber  gegrünbet2. 
Sin  ©treit  jmifdien  bem  Slbt  beS  ©t  SÖJagnuSftifteS  unb  bem  Vifcfjof  über  bie  Ve» 
fefjitng  ber  ißfarrfanjel,  bie  ber  Vifdfof  11.  äftai  1616  ben  3efuiten  äugefprodjen, 
mürbe  fo  gelöft,  bafj  bie  Veuebiftiner  fidj  mit  ber  Veforgung  ber  Kanzel  burd)  einen 
3efuiten  an  ben  ©onntagen  einöerftanben  erllärten.  Ser  Vifdfof  mar  mit  ben 
Arbeiten  fel)r  jufrieben.  3n  einem  ©djreiben  tont  18.  Oltober  1617  an  ben  ©eneral 
fpenbete  er  ber  Sätigfeit  unb  ben  (Erfolgen  ber  patres  in  $üffen  großes  2ob  unb 
bittet  unb  befdjmört  ben  ©eneral  um  bie  ©eubung  ton  jrnei  meiteren  patres  für 
bie  Srrid)tung  ber  britten  unb  jroeiten  ©rammatifflaffe 3.  SPiefe  ©djule  mürbe  1618 
errichtet,  aber  fo  fdjroad)  befugt,  baff  man  halb  mieber  an  if)re  Slttflöfung  backte. 
Ser  (General  meinte  in  einem  Vriefe  tont  22.  ^uni  1619  an  ben  ^ßrobinjial  ©renjing, 
man  fotte  mit  ber  Sluflöfung  noch  etmaS  jumarten,  oielleidjt  befferten  fidj  bod)  noch 
bie  Verf)ältniffe.  Sie  ©cfjliefjung  erfolgte  1621,  unb  einige  Qalfre  fpäter  mürbe  bie 
©tation  bei  ©elegenfjeit  ber  92eugrünbung  in  Kauf6euren  ganj  aufgegeben:  am 
8.  Sioüember  1627  jogett  bie  3efu’ten  db. 

0 Hingen  (im  VieS),  ber  ©i($  ber  ©rafen  oon  Öttingen,  mo  3efuifen  f<hon 
1601  torüf)ergef)enö  gearbeitet  Ijatten4,  mirb  1643  als  ftänbige  SJtiffion  genannt, 
^m  3afjre  1644  beforgten  gmei  ißatreS  in  Öttingen  fünf  Pfarreien  in  ber  Ilm» 
gegenb.  3n  *)er  ©tobt,  in  ber  etma  400  Katholifen  maren,  mürbe  fleißig  Sf)riften» 
lel)re  gehalten.  Sie  1647  eingefüfjrte  monatlidje  ©eneralfomntuniou  ^atte  ben  Sr» 
folg,  baff  überall  ber  Smpfang  ber  ©aframente  ftieg.  3m  3a^re  1648  gälflte  man 
3900  Kommunionen  (1644:  1100).  häufige  SluSfliige  in  benachbarte  Sörfer  fanben 
ftatt.  Qm  3af)re  1649  t)ei^t  eS,  bie  gmei  patres  f)ßben  oier  Pfarreien  gu  terfefjen, 
eine  in  ber  ©tabt  unb  bie  anbern  außerhalb5. 

3n  SH  man  gen,  mo  ber  gefürftete  ©tiftSpropft  bie  meltlidje  £>errfd)aft,  ber 
Vifdjof  üon  StugSburg  aber  bie  geiftlidje  3uriSbiftion  (mit  SluSnaljme  ber  ©tiftSfircfje) 
befafe,  f)ade  1568  ^5eter  SanifiuS  gemirft,  unb  fpäter  hatten  oft  patres  oon  Sillingen 


1  SS  raun,  ©efd).  ber  93ifd)öfe  oon  9tug§» 
bürg  IV  286.  S3gl.  g.  ©  p  i  n  b  I  e  r ,  £>einrid)  V. 
oon  Änöringen  (1911)  72  ff. 

2  Kropf  1  62  389.  ©t  ei  cf)  eie,  93i§tum 
2Iug§burg  IV  424  ff.  $ort  37äf)ere§  über  ben 
©treit  wegen  ber  Hansel.  SSaumann,  ©efd). 
be§  2Wgäu§  III  (1894)  449.  ©ped)t,  $il» 
lingen  474. 

3  2>er  23i[d)of  fagt  u.  a. :  Quantum  vero 

illi  (duo  Patres  e  Societate)  tarn  exiguo  tem- 

poris  intervallo  fructus  collegerint ,  qua  e 


pulpito  ad  populum  dicendo  teneramque  iuven- 
tutem  orthodoxae  fidei  rudimentis  imbuendo, 
qua  et  privatis  congressibus  exemplo  vitae- 
que  probitate  fatebuntur  animo  lubente  cives 
omnes.  Qm  einzelnen  erwähnt  ber  23ifd)of  ben 
häufigeren  Empfang  ber  heüisen  Saframente, 
ben  täglichen  Söefud)  ber  heü'Sen  SJieffe,  bie 
öor  acht  fDlonaten  errichtete  9Karianifd)e  Äon» 
gregatioit  :c.  *Orig.  Epp.  Episc. 

4  Flotto  32. 

6  *  Litt.  ann.  nnb  *Cat.  1644  ff. 


232 


SSierteS  Äapitel.  2!ie  oberbcut[d)e  fßrobing. 


bort  gearbeitet1,  ©eit  1602  famen  faft  jebe§  ^at)r  gmei  fßatreS  Don  Gillingen  gu 
längerer  ÜRiffionStätigfeit,  jo  baff  eS  1609  fjeifjt,  bie  «Stabt  fei  jc^on  efjer  eine  fefte 
äRiffion  als  eine  SluSfjilfiSftation  gu  nennen.  Eine  eigentliche  SDRiffionSftation  mürbe 
aber  erft  1611  errichtet.  Wieberljolt  tnar  non  ben  Stiftspröpften  bie  ©rünbung 
eine§  Kollegs  in  Ellmangen  angeftrebt  morben,  aber  ftetS  oergebenS.  Enbe  1617 
hatte  ber  fJSropft  CSfjriftoph  Don  Wefterftetten  feinen  bringenben  Wunfcf)  bem  (General 
auSfprecfjen  raffen,  aber  bie  Slntmort  fiel  mieber  Derneinenb  aus.  Slm  6.  Qanuar 
1618  britcfte  SitelleScf)i  bent  SDiüinger  Sfeftor  auf  fein  bieSbegüglicffeS  ©efud)  fein 
groffeS  Sebauern  auS,  megen  anberer  nichtigerer  Arbeiten  unb  SeutemangelS  bent 
Wunfdfe  beS  fßropfteS  nicht  entfprechen  gu  fönnen.  ®ie  Ablehnung  mar  bem  fßropfte 
fehr  fchmerglidj ;  er  hätte,  fo  fdjrieb  er  am  15.  ffebruar  1618  an  ©renging,  nichts 
SiebereS  gefehen  unb  gemiinfcht,  als  baff  feine  Stbfidjt  enblich  üerroirflicpt  morben 
märe 2.  Qn  gmei  ©utatfjten  mirb  gegen  bie  Errichtung  eines  ßollegS  geltenb  gemacht 
unter  anberem  ber  geringe  Umfang  ber  Stabt,  ber  üble  Stuf  megen  ber  Dielen  £>ej;en, 
ber  auSmärtige  Schüler  fernhalten  mürbe,  gang  befonberS  auch  bis  ^Ibficht,  baS 
Pfarrhaus  bem  ß’olleg  gugumenben  unb  bie  Pfarrer  mit  einer  fßenfion  gurn  Unter* 
Ijalt  beS  ^ollegS  gu  belaften,  maS  nur  Unmillen  unb  Slbneigung  IjerDorrufen  fönne 3. 

9CRai  1632  mürbe  Ellmangen  nach  Burgern  Wiberftanb  Don  ben  Sdfmeben  befept. 
®ie  beiben  fgefuiten,  bie  bort  auSgeharrt,  fonnten  ihre  Slrbeiten  fortfepen,  unb  fo* 
lange  bie  Scffmeben  in  ber  Stabt  maren,  gefchah  ihnen  lein  2eib.  Schlimmer  be» 
hanbelte  fie  (fguni  1633)  ber  ©raf  föraft  ^ofjenlofje,  bem  Ellmangen  Don  Openftjerna 
gugeteilt  roorben.  Hohenlohe  oerhölfnte  bie  fgefuiten  unb  befahl  ihnen,  bie  Stabt  gu 
oerlaffen.  Stad)  Dielen  2öecf)felfällen  gelangten  fie  erft  im  SDegember  1633  nad) 
Gillingen.  ÜDtefjr  als  gmei  ^alfre  mufften  fie  Ellmangen  fernbleiben4.  Erft  1636 
fonnten  fie  mieber  bahin  gurüdfehren. 

Slm  14.  Sluguft  1638  errichteten  bie  beiben  fßatreS  ^oh-  Slnreiter  unb  fgoh- 
tpeffelin  auf  bem  Scffönenberg  ein  mit  bem  Silbe  ber  ÜDtutter  ©otteS  gegiertes  ßreug 
mit  ber  Überfchrift  Mariae  Lauretanae.  Salb  nachbem  baS  ®reug  errichtet  mar, 
famen  gasreiche  fromme  Wallfahrer  Don  nah  unb  fern.  Slm  24.  gebruar  1639 
befcfjloffen  bie  SatreS,  um  ben  Dielen  frommen  Wallfahrern  auf  bem  Serge  ©d)uf$ 
gegen  Sturm,  Siegen  unb  Schnee  gu  oerfdfaffen,  ein  IjölgerneS  SethäuSd)en  gu  er¬ 
richten.  25a  bie  ©läubigeit  ficf)  beeiferten,  Saumaterialien  her&eigufd)affen,  tnar 
fdjon  nad)  Dier  STagen  ber  hölgerne  Sau  hergeftellt.  ®er  Sau  felbft  ftf)lo^  ben 
Äreugesftamm  bis  über  baS  ©nabenbilb  ein,  mährenb  baS  ^reug  felbft  baS  ®ad) 
überragte.  SereitS  am  25.  SJiärg  mürbe  ber  erfte  feierliche  ©otteSbienft  gehalten, 
unb  am  britten  Ofterfeiertage,  26.  Slpril,  ftellten  bie  umliegenben  Ortfchaften  Sitt* 
gänge  gum  SDtuttergotteSbilbe  an.  Salb  ermieS  fid)  bie  hölgerne  Kapelle  beim  groffen 
Slnbrang  ber  fßilger  gu  flein;  fchon  einige  fDtonate  nad)  beren  Errichtung  legte  am 
24.  Quni  1639  ber  gürftpropft  Johann  fgafob  Slarer  Don  Wartenfee  ben  ©runb* 
ftein  gu  einer  aus  Stein  gu  erbauenben  Kapelle.  ®afür  fammelten  bie  patres  Don 
tpauS  gu  fpauS  bie  nötigen  SOiittel.  ®iefe  floffen  aud)  Don  feiten  ber  Wallfahrer 
reichlich,  unb  fo  fonnte  ber  Sau,  beffen  Seitung  bem  fürftlicfjen  tpofmeifter  Johann 
$afpar  Slarer  unb  bem  ©eiftlidjen  9iat  Salthafar  ®önig  übertragen  mar,  nod)  im 
gleichen  fgaljre  Doßenbet  merben.  2)ie  Kapelle  mürbe  am  8.  September  1639  oont 
Weifjbifchof  Don  SlugSburg  gemeiht.  Zahlreiche  Wallfahrer  maren  bei  biefem  Slnlaff 
herbeigefommen;  Dier  fßatreS  hörten  unter  ben  nahen  Säumen  beren  Seichten5.  Salb 

1  Flotto  86  253  314.  Kropf  I  64  f;  3  $ie  ©utadjten  ebb. 

II  138  432.  «  Kropf  II  65  f  138  ff. 

2  $ie  beiben  93riefe  *  Original  in  91t.  9t.,  3  9t.  ©ecfler,  93efd)reibnng  ber  gefürfteten 

Jes.  1254.  9teid)3propftei  ßfltuangen  (1864)  41  ff. 


Sitte  unb  neue  Sßieberlaffungen :  9tegen§fmrg. 


233 


würbe  bie  Kapelle  weit  unb  breit  berühmt,  fo  baff  ficf)  ben  i|3atreg  eine  fegengreicbe 
Sätigfeit  bei  ben  oieten  Söattfahrern  barbot. 

gn  ben  fotgenben  ®rieggftürmen,  atg  ber  tropft  anbergwo  eine  guftucfft  fudfte, 
blieb  meift  ein  fßater  in  ©ttwangen,  um  Bürgern  unb  ©otbaten  beigufteben.  Siefe 
£)itfe  mar  befonberg  nötig  1645,  atg  bie  ©otbaten  bie  fßeft  einfcfjfeppten.  gm 
gat)re  1646  waren  wieber  gwei  patres  tätig,  unb  1650  ^ei^t  eg,  baff  man  häufig 
auf  bem  ©cffönenberg  für  bie  nieten  Söatlfatjrer  prebige.  — 

Sag  Kolleg  in  ber  faft  gang  proteftantifdjen  9teic^§ftabt  Regensburg  nahm 
gunädjft  einen  guten  Fortgang  K  ©g  gäfjtte  burchgetjenbg  20  SRitgtieber.  gm  gaffre 
1601  würbe  ein  neueg  ©tjmnafium  gebaut.  24ud)  ber  Sau  eineg  ®ottegg  erwieg 
fid)  immer  mehr  atg  notwenbig.  5lm  17.  Stprit  1614  würbe  ber  ©runbftein  gefegt 
unb  ber  Sau  nacf)  bem  Oon  P.  $nab  entworfenen  ißtan  in  bier  gaf)ren  oottenbet 
im  gahre  1618;  groffe  Serbienfte  erwarb  ficf)  ^terbet  ber  baufunbige  Reftor  Rnbreag 
fRair  (SRatjr),  ber  fetbft  ben  Sau  leitete.  ©r  tieff  ficf)  bei  bem  Sau  non  bem 
©runbfafj  leiten:  bie  größte  ©orge  für  bag  Rotwenbige,  einige  Rüdficfjt  auf  Se* * 
quemticf)feit  unb  ©tit,  feptereg  befonberg  wegen  ber  Sage  in  ber  ©tabt,  gar  feine 
Rütfficfjt  auf  Supug  unb  fßradjt2.  ©inen  Seriell  oom  25.  guni  1617  befcf)Iie^t 
P.  ÜRair  mit  ben  SBorten:  „23ie  aber  nicht  prächtige  ©ebäube,  fonbern  gute  Stirger 
ben  Ruf)m  einer  ©tabt  augmadjen,  fo  gereichen  gute  Orbengteute  einem  ß’otteg  gur 
gierbe;  fie  geben  ihm  feine  gorm,  bitben  feine  ©eete;  möge  fotche  Gerieten  ber 
weifefte  Saumeifter,  ber  ^»eilige  ©eift!  Stmen."3  Stug  Stntaff  ber  oerfcfjiebenen 
Reichstage  fah  bag  ßotteg  Diele  ©äfte;  fo  ftieg  möhrenb  beg  Reicf)gtageg  1630  bie 
gabt  ber  gnfaffett  beg  ^ottegg  auf  60 — 70;  im  gangen  gäfjtte  bag  fö'otteg  in  biefem 
galjre  gegen  100  ©äfte  aug  üerfdjiebenen  ißroüingen,  barunter  brei  fßrooingiate. 
Söährenb  beg  Reid)§tageg  Oon  1636  ftieg  bie  gabt  ber  £)augbewof)ner  Don  12  auf  50. 

Sie  SBogen  beg  ^riegeg  fchtugen  erft  1631  an  bie  dauern,  unb  gwar  oorerft 
nur  burch  Diete  gtüdjttinge  oom  Rljein/  bei  ber  Sebrofjung  ber  ©tabt  atgbatb 
ihren  2öeg  weiter  nach  Ofterreich  nehmen  mußten.  Rad)  gwötftägiger  Setagerung 
nahm  ber  tperjog  non  SSeimar  am  15.  Roüember  1633  Regengburg.  Srei  Sage 
fpäter  würben  bie  ©eifttidjen  unb  bie  weiften  Orbengteute  gefangen  genommen.  Rian 
oertangte  200000  Sater  oon  ihnen,  fdjtiefflidj  gab  man  fid)  mit  150000  Satern 
gufrieben.  Sa  fo  Diet  ©efb  nicht  oorhanben  war,  mußten  bie  foftbarften  föunftmerfe 
aug  ben  Kirchen  an  bie  ©tette  treten.  Siefe  würben  aber  nur  nach  ihrem  ©itber= 
wert  angerechnet.  Sag  ^otteg  ber  gefuiten  würbe  burch  bie  gedjenben  ©otbaten 
tangfam  auggeptünbert;  mieberfjolt  grub  man  Sag  unb  Rächt,  um  bie  großen  ©djäfje 
ber  gefuiten  gu  finben.  Radjbem  bie  ©djweben  fid)  fperburd)  fdjtiefflidj  fetbft  bei 
ben  fßroteftanten  täcfjertich  gemacht,  fdjrieben  fie  ihren  SRifferfotg  im  ©cfjapgraben 
ben  gauberfünften  ber  gefuiten  gu.  2tm  8.  Segember  würben  alte  ©eifttichen  unb 
Orbengteute  aug  ber  ©tabt  oertrieben  mit  Stugnafjme  ber  ©eifetn  für  bie  Segaljtung 
ber  Reftfumme  oon  50000  Satern.  Son  ben  35  gefuiten  mufften  atg  ©eifetn  bteiben 
ber  Reftor,  ber  fßrofurator,  ber  Sotnprebiger  unb  gwei  Srüber,  bie  im  fötofter  ber 
Sominifaner  in  tpaft  blieben  unb  faum  bie  notbürftigfte  Rührung  erhielten.  Stm 
9.  ganuar  1634  würben  auch  biefe  ©eifein  aug  Regengburg  oertrieben  unb  auf  bem 
2Bege  noch  mehrere  Riate  auggeraubt.  Ser  tpergog  oon  SBeimar  fcfjenfte  bag 


1  »flt.  33b  I,  ©.205  ff  619  ff.  giir  baS 
gotgenbe  *  Litt.  arm.  unb  *Cat.  1601 — 1650. 

*Hist.  coli.  Ratisbonn.  —  1644  in  SU.  91., 
Jes.  1999.  *  Coli.  Ratisbonn.  initia,  fundatio 
et  incrementa  — 1773  in  Jes.  1999.  95gt. 


Et)  r.  Stein  ft  äußer,  ©efef).  be§  ©t)mnafium§ 
ju  ©t  fßaut,  93ert)onbtungen  be§  fjift.  93erein3 
oon  Cßerßfatj  unb  JtegenSßurg  1883,  74  ff. 

2  Kropf  I  86  ff. 

3  *  Original  in  ®t.  9t.,  Jes.  1999. 


234 


SßterteS  ftapitel.  5)te  oberbeutftfie  Srobinj. 


J  O  D  O  C  V  S 
Britannici Regni a Fratre  Rodichaele  Rege  obJati 
CO  TEMPTOR. 

©agili 

^LitterttcGer  Streite 

I  O  D  O  C  I 

S^Jtt  fernem  ©tu6er  Rodichasie  ß&ntg  bes 
fUmcrn’-Örittanmfn/^nöCMffttungttfr^fgicrun« 
t>ce»  Jttfntjjrfic&s 

Surcfc  ein 

C  O  M  OE  D  I  A. 


Qefuitenfolleg  ber  (Stabt,  bie  e!  ju  einem  proteftantifepen  $ßrebigerfonöift  bestimmte. 
®aburcp  mürbe  menigften!  ba!  Kolleg  öor  raeiterer  Qerftörung  bemaprt 1.  Stacp  ber 
©innapme  ber  (Stabt  burrf)  bie  Kaiferlicpen  fonnten  im  Quli  bie  Qefuiten  jurücf» 
teuren,  Don  benen  aber  halb  elf  ber  ^eft  gitm  Opfer  fielen. 

Qm  Anfang  be!  Qaprpunbert!  maren  feep!  Seprer  am  ©pmnafium  tätig,  einer  für 
Stpetorif,  einer  für  Humanität  unb  öier  für  ©rammatif.  SDa!  ©pmnafium  fanb  eine 
©rmeiterung  1615  burcfj  bie  SJtoraf,  1616  burep  bie  ®ialeftif  unb  1617  burep  eine 
S3orbereitung!flaffe  unter  einem  Au!märtigen.  £ie  unterfte  klaffe  (Intima)  mürbe 
1625  megen  ju  großer  Ungleicppeit  ber  Kenntniffe  in  §mei  Abteilungen  geteilt. 

©in  Heine!  Armenlonöift 

ST“ . “  . . 

Eg 


jum  1)1.  Ambroftu!  begann 
man  1609;  einige  arme 
©tubenten  fanbeit  barin 
Unterhalt;  fcpoit  öorper, 
1602,  patte  ein  Stegen!» 
burger  Pfarrer  2000  ©ul» 
ben  für  bie  armen  ©tu» 
bentenüermaept.  23i!1604 
ftubierten  am  ©pmnafiunt 
40  SJtitglieber  öerfepiebener 
Orben,  13  Söenebiftiner, 
10  Qnranjüfaner,  8  Augu» 
ftiner  unb  3  SDominifaner. 
©onft  mar  bie  ©cpiiler» 
japl  niept  grop.  Qm  Qapre 
1638  peipt  e!,  e!  feien 
noep  niept  100  gemefen. 
®iefe  Qapl  öerboppelte  fiep 
bei  ©etegenpeit  be!  Steicp!» 
tage!  1640  burep  ©opne 
be!  öfterreiepifepen  Abel! 
unb  faiferlicpe  $agen.  Qm 
Qapre  1646  betrug  bie 
Qapl  etma!  über  100, 
unter  benen  ber  Abel  §apl» 
reiep  öertreten  mar.  Aitper 
ben  8ßrebigten  pielten  bie 
^atre!  eine  Katecpefe  in 
ber  ©tabt  unb  eine  öor  ber 
©tabt,  ju  melcper  bie 
Seute  öon  meit  unb  breit  perbeieilten.  ®aju  tarn  1626  eine  britte  Ka teepefe  in 
SBinjer.  ®er  gröperen  unb  Heineren  ÜOtarianifcpen  Kongregation  fügte  man  1636 
mäprenb  ber  SteicpÜage  eine  britte  bei,  in  melcper  Vorträge  für  öornepme  Herren  in 
italienifcper  ©praepe  gepalten  mürben;  bie  gröpere  Kongregation  jäplte  1649  über 
200  ÜDtitglieber. 

©röpere  SOtiffionen  mürben  faft  alljäprlicp  im  ÜSaprifcpen  Söalb  gepalten,  bei 
benen  meift  gmei  ^Satre!  meprere  üötonate  mit  gropem  ©rfolg  arbeiteten.  Aucp  bei 
ben  bifepöfliepen  35ifitationen  begleiteten  päufig  jmei  bi!  öier  Ißatre!  ben  Söifcpof 


Söorgeflelt 

<3ö8  bef  5fdt  fiollfcfccn  Qugeubbfö  :  Gymnafij 

Cer  Societc:  J  £  s  v  bei)  S.  Paul 

3n  9?(gctifpurg/t>fn  6.  seprembris  Qm  Qapr 

(£ftrtfli  1 6  y  o. 


/^.  I?  £<rrisrL*--££^j 

$ie  AcgetiSbmgcv  Hotnöbie  lodoens,  1650.  (2/s) 


1  *Relatio  de  illatis  damnis  et  periculis  1633  in  9J1.  91.,  des.  1999.  Kropf  II  151  ff. 


2tlte  unb  neue  92ieberlaffurtgett :  ©icpftätt. 


235 


(SCBoIfgaitg  ü.  Raufen),  burdf)  bereit  fßrebigten  unb  llntertoeifungen  bie  SBifitationen 
fid)  ju  Erneuerungen  firdjtidjen  ßebeng  geftafteten.  Sie  Qapt  ber  Kommunionen 
flieg  üon  6500  im  Qaf)re  1604  auf  20000  im  Qapre  1626,  oon  8300  im  Qaffre 
1635  auf  18000  im  Qat)re  1641,  in  beit  folgeitbeit  Qaffreit  fjielt  fie  fiep  auf  15000 
big  17  000.  Sie  Konüerfionen  betrugen  burdjfchnittlid)  jä4)rlicf)  20—50.  Sie 
£>auptforge  mar  aud)  Ijier  bie  Erhaltung  im  fatljolifcfjen  ©tauben.  Ser  Söerid^t  oon 
1650  benterft  augbrüdlid) :  Sie  int  ©tauben  ©efäfirbeten  mürben  ermuntert  unb  ge= 
fräftigt;  bie  SDienftboten,  bie  bei  ben  fßroteftanten  in  (Stellung  maren,  unterrichtet, 
benn  bag  ift  tjier  bie  £>auptfrud)t,  baff  bie  menigen  nod)  übrigen  Katpotifen  int 
©tauben  bemaprt  merben1.  Seit  1626  mar  Ütegengburg  aud)  bie  ÜDtiffion  (Üiefibens) 
oon  Epam  unterftettt,  bie  aber  1630  mieber  abgetrennt  uitb  bem  Stmberger  Kotleg 
jugemiefen  mürbe.  Sttt  Stelle  üon  Epam  trat  Oftober  1631  bie  Üiefibenj  in  Straubing. 
9iur  menige  Schüler  ftettten  fid)  ein,  afg  nad)  ber  SBiebereroberung  ber  Stabt  bag 
©hmnafinm  1635  mit  fedpg  Klaffen  unter  brei  Seprern  mieber  eröffnet  mürbe.  Sie 
ÜDiorat  trat  mieber  1637,  bie  Principia  unter  einem  Slugmörtigen  1640  pinju. 
Qm  Qapre  1645  mürben  Sogif  unb  SDZoraf  oorgetragen,  bie  1648  aug  SJtanget  an 
Hörern  megfieten,  1650  aber  mieber  eingeführt  fittb.  Sie  Qapt  ber  Seprer  betrug 
1639  nur  oier  (1  SJtoral,  3  ©pmnafium),  1646  aber  fünf.  Qm  Qahre  1649  gäptte 
bag  ©pmnafium  in  fedjg  Sfbteitungen  unter  tier  Seprern  99  Schüler2. 

Ser  9tuf  ber  Stegengburger  Qefuitenfchute  mar  eilt  guter.  Ser  Sandiger 
^rofeffor  Qohann  Sdjröber  fc^rieb  barüber  am  19.  Stuguft  1620  an  beit  fHat  oon 
Sattjig:  „gair  jme  Qahren  höbe  id)  bie  Qefuiten  ju  33rauttgberg  befudjt,  furm 
Qahre  bin  ich  barum  in  93apertanb  nach  Stegengburg  üerreifet  (metche  Steife  mir 
100  unb  12  ©ulbett  gefoftet),  baff  id)  etmag  üon  ihnen  feheit  möchte.  fpütte  bie 
öfterreicpifdjen  ^atreg  unb  Qratreg  auch  nod)  gerne  befuget,  menn  mid)  nicfjt  bie 
fpanifcpen  Krieggteute  gepinbert  hätten. . .  .  Ser  Stegengburger  Strt  gefaltet  mir  am 
beften  unb  möchte  munfdjen,  baff  er  atthier  auch  in  ben  Schuten  mürbe  in  Stdjt 
genommen,  mag  fie  ©uteg  höben,  fofern  bag  ©efcpmeiff  atthie  möchte  einniften." 3  — 

S3on  ben  üieten  neuen  Kollegien  fam  bag  erfte  juftanbe  in  ber  eprmürbigen 
23ifcpofgftabt  beg  pt.  Sföitlibatb,  Eidjftätt.  $ier  hotten  fdjon  früher  mehrere  Qefuiten 
fegengreid)  gemirft,  fo  1544  Qajug  unb  1547  SBobabitta  4,  üorübergepenb  meitte 
hier  1549  Eanifiug  mit  Satmeron.  Eine  ganje  3teipe  üon  Qefuiten,  bie  in  Qngotftabt 
ftubierten,  mie  Sanner,  Sapmann,  93ibermann,  Sdpeiner  ufm.,  empfingen  in  Eidjftätt 
üon  ben  SSeipbifcpöfeit  Eigjepf  unb  Sprefiug  bie  peitigen  Sßeipen.  S3ei  fotcpen  ©e= 
tegenpeiten  fanben  fie  ftetg  gaftticf)e  Stufnapme  im  SBittibatbianum,  bem  üon  SJtartin 
ü.  Sdjaumberg  1563  begrünbeten  tribentinifdjen  Seminar.  Ser  tepte  ßeiter  beg- 
fetben,  Stappptug,  muffte  teiber,  meit  bag  Kapitet  bie  nötigen  ÜDtittet  üermeigerte, 
ben  3Serfalt  beg  üon  ihm  fo  fepr  geliebten  Sßittibatbiauumg  erteben.  Qn  einer 
Senffchrift  üotn  25.  Qebruar  1613  beftagte  Stappptug  ben  Siiebergang  ber  Schuten 
unb  bie  Sßerminberung  ber  Sdjüter.  $Üg  nadj  bem  Sob  beg  Sifdjofg  Konrab 
(7.  Stoüember  1612)  ber  Sombecpant  Qohann  Epriftopp  ü.  äöefterftetten,  ber  jugteich 
tropft  üon  Ettmangen  mar,  burd)  Slfftamation  jum  23ifd)of  gemähtt  morben,  be= 
fürmortete  Stappptug  tebpaft  bie  Übergabe  beg  Söitlibatbianumg  an  bie  Qefuiten. 


1  3>ie  fJtettoren  waren:  ©eorg  ©cprötet, 
13.  Cft.  1599;  Safb-  28einfd)enf,  13.  <Sept.  1603; 
Sa!.  Seiler,  28.  5Dtärs  1606;  ©eb.  2>tetrid), 

1607;  9tnt.  SCBelfer,  1610;  ütnbr.  SDtair,  2.  San. 
1614;  Sop.  ©igerSreitter,  1620;  9iif.  ©all, 

1625;  9JHd).  ©beer,  1633  (f  20.  2Iug.  1634); 

©eorg  ©baifer,  1634;  Sonr.  £>enjet,  1639; 


Sor.  Sebbür,  25.  93tärä  1642;  Utr.  ©beer, 
9Jtai  1645;  ipeinr.  9)tair,  10.  ®eä-  1646. 

2  2tuf  bie  einzelnen  Staffen  famett  16,  18, 
10,  18,  8,  29  (tepte  Slaffe). 

s  §irfcp,  ©efcp.  be§  afab.  ©bmn.  iDanjig 
15,  2lmn. 

4  23b  I,  ©.  19  30. 


236 


Viertes  ffapitel.  $ie  oberbeutfcfje  ißrobinj. 


5£>amit  traf  er  öodftänbig  gufammen  mit  ben  2öünfd)en  beg  neuen  Vifdjofg,  eineg 
begeifterten  gteunbeg  ber  Qefuiten1. 

Johann  ©hnftoph  berief  Sätare  1613  feinen  Veidjtöater,  ben  3efuiten 
S3erc^tc>lb,  nach  ©idjftätt  unb  mieg  if)m  famt  feinem  Vegleiter  eine  2Bof)nung  in  ber 
Vurg  unb  einen  53eicf)tftu^I  im  ®om  an2.  (Sin  britter  ißater,  ©eorg  ©top,  fam 
im  folgenben  ^afjre  unb  prebigte  ^nöocaöit  gum  erftenmal  im  5£)om.  2(m  4.  SIpril 
1614  gegen  bie  brei  fßatrel,  ju  benen  fiel)  batb  ein  vierter  gefeilte,  in§  Seminar 
©t  SßSillibalb ;  ihr  ©ffen  erhielten  fie  einftroeilen  au§  ber  SDomfcfjenfe.  ^uli  1614 
richteten  fie  eine  eigene  ^aul^altung  ein  unb  gur  felben  3eit  eröffneten  fie  brei 
Schulen.  Vi§  eg  fo  meit  gefommen,  fiatte  eg  aber  öiele  unb  ernfte  Verhanblungen 
abgefefjt,  benn  bag  5£)omfapiteI  mar  gegen  bie  Übergabe  beg  233idibalbianumg  unb 
hatte  fidf)  in  ber  2Baf)lfapituIation  überhaupt  gegen  bie  Berufung  eineg  neuen  Orbeng 
erflärt.  Vergebeng  fjatte  ber  Vifcfjof  bag  Kapitel  gebeten,  if)m  einen  anbern  SSeg 
ju  geigen.  ÜRad)  Dielen  unb  langen  Verf)anblungen  mar  enblid)  am  15.  Januar  1614 
ein  Übereinfommen  gmifc^en  Vifcfjof  unb  Kapitel  abgefdjfoffen  morben.  ®a  bag 
Söidibalbianutn  —  fo  peijjt  e§  in  bemfelben  —  nidjt  bem  beabfidjtigten  3med  ent* 
fprocfjen  habe,  merben  bie  3e?uiten  bagfelbe  übernehmen,  bie  oon  ©ott  gur  Seitung 
fofcfjer  ©eminare  berufen  erfdjeinen.  ®a§  Söidibafbianum  mit  allen  fdedjten  mirb 
ben  ^efuiten  übergeben ;  fie  errichten  fünf  ©pmnafiafffaffen,  Rudimenta  bis  Vfjetorif, 
aufjerbem  eine  Vorfefung  für  SDialeftif,  Casus  unb  ^eilige  ©chrift,  bie  beiben  festeren 
jeben  gmeiten  Stag  abmechfelnb  ufro.  ®ie  patres  merben  gur  Verhittberung  einer 
Verteuerung  ber  Sebenghaftung  bie  ©tabt  nicht  mit  itberflüffigen  Seuten  belaften, 
ba  fchon  gafjfreicfje  Vürger  unb  ein  sahfreid)er  ®ferug  borhanben  finb;  ferner  merben 
fie  fich  beim  $auf  Don  SebenSmitteln  an  bie  öffentlichen  Verfügungen  ber  ®iögefe 
hatten3.  5£)iefe  teilmeife  eigentümfidjen  Vebingungen  fonnten  für  bie  Qefuiten  Dicht 
fefjr  ermunternb  fein.  SIber  am  29.  SJlärg  1614  brängte  ber  Vifcfjof  ben  ißroöingiaf 
^ärtel,  bag  Kolleg  angunefjmen;  er  merbe  fpäter  für  eine  anbere  Urfunbe  forgen; 
ben  fßrofefforen  beg  ©eminarg  ha&e  er  3um  1-  9J?ai  gefünbigt 4.  (Sbenfo  fdjrieb  er 

am  29.  ÜDtärg  1614  an  ben  ©eneraf  um  Sinnahme  beg  ®odegg.  Siefer  antmortete 
am  10.  ÜD?ai  1614  bejafjenb;  an  ber  Sfufnafjme  ber  Dom  Kapitel  geftedten  Vebingungen 
in  bie  ©tiftunggurlunbe  mode  er  für  biefeg  SJIal  feinen  Slnftofj  nehmen,  nur  biirfe 
baraug  für  bie  ©efedfdjaft  fein  ißräjubig  entftehen5. 

Um  ber  Slufnahme  ber  Vebingungen  in  bie  ©tiftunggurfunbe  gu  entgehen,  ftedte 
ber  Vifcfjof  auf  Verlangen  beg  Äapitefg  am  26.  Quli  1614  eine  meitere  Urfunbe 
aug,  in  mefcfjer  er  fagt,  er  habe  für  feine  ©tiftung  feine  geeigneteren  ÜDIänner  fiitben 
fönnen  alg  bie  efjrmürbigen  Väter  ber  ©efedfdjaft  3efu/  bie,  mie  adgemein  befannt, 
in  unferem  Oeutfcfjfanb,  befonberg  im  ©ebiete  ber  ^ircfjenfürften,  burch  ben  ©ifer  für 
bie  fatholifche  Vefigiott,  bag  Veifpiel  eineg  untabelhaften  Sebeng,  burch  djre  Dor’ 
gügficfje  miffenfcfjaftlidje  Vilbung  unb  ihren  unermübfidjen  (Sifer,  gu  lehren  unb  gu 
helfen,  bie  alte  ©laubeng*  unb  ©ittenlehre  entmeber  aufrecht  erhalten  ober  mieber- 
hergeftedt  hoben,  giir  bie  Übergabe  ber  alten  Stiftung  beg  Söidibalbianumg  habe  bag 


1  S.©.  Suttner,  ©efd).  be§  bifcfjöfl.  Senti* 
narg  ©idjftätt  (1859)  53  ff. 

2  *Hist.  coli.  Eistad,  unb  *  Diarium  Gymn. 
Eichst,  im  gicbftätter  2>iögefan=2lrd)iü.  *  Ortus 
et  progressus  coli.  Eichst,  in  5Dt.  9t.,  Jes.  1238. 
ßbenbort  Urtuuben  in  ber  Abteilung  Urtunben, 

ßicbftätt,  Qefuiten.  Slufferbem  *  Litt.  ann.  unb 
*  Cat.  1618—1650.  Sgl.  Kropf  I  52  ff  319  ff. 

9lHe  Sevfonalicn  be§  Äollegä  bei  9iomftöcf, 

3ur  ©efd).  be§  ^efititenfotlegS  in  ßicfjftätt. 


©ammelbfatt  be§  Ipft.  Sereinö  ©idjftätt  XVI 
(1901)  50  ff.  9tomftöcf  urteilt:  „®ie  ®iöjefe 
©id)ftätt  f'ann  nie  bergeffen,  n>a§  fie  ben  Zimten 
@ute§  su  toerbanfen  bat"  (©.  51). 

3  *®opie  in  50t.  9t.,  Jes.  1237.  91u§sug  bei 
Suttner  a.  a.  D.  58. 

4  *  Original  in  91t.  9t.,  Jes.  1237. 

5  *Drig.’9teg.  Ad  Germ.  sup.  Sgl.  ebb. 
ben  Srief  öorn  10.  5Dtai  1614  an  §ärtel. 


2llte  unb  neue  9tieberlafiuttgen :  ©icpflätt. 


237 


Kapitel  Sebingungen  geftellt:  erfteng  bie  Befuiten  biirften  feine  Immobilien  ermerben; 
jroeiteng  ftd}  nicht  in  ©taatggefdjäfte  einntifdjen;  britteng  nicf)t  über  20  fßerfonen 
in  Gsidhfiätt  galten;  üierteng  füllten  fie  für  ein  etroaigeS  fpätereg  Sllumnat  einige 
$ßatreg  fletten.  Schließlich  ^abe  bag  Kapitel  auf  biefe  23ebingungen  üerjidhtet,  aber 
er,  ber  Sifcfjof,  neunte  bie  ganje  SSerantmortung  für  alle  etma  fic^  ergebenben  nadf» 
teiligen  BD^n  auf  fidfj1 2. 

®a  bag  Kapitel  aber  noch  immer  Sebenfen  tnig,  ficf)  burd)  bie  Unterzeichnung 
ber  llbertragunggurfunbe  aud)  für  alle  B°^Se  Su  binben,  ftettte  ber  33ifcfjof  am 
8.  September  1619  bie  Bum 
bationgurfunbe  aug.  2)ie 
Befuiten  erhielten  jä^rlid) 

3000  (Bulben  unb  einige 
anbere  DJaturalienbejüge. 
ßum  Schluß  fprid^t  ber  93i= 
fdjof  bie  Hoffnung  aug,  baß 
bie  Stiftung  bie  reidjften 
Brüdjte  tragen  merbe;  er  üer» 
traue  auf  bie  ^5atreg,  bie  er 
aug  langjährigem  SSerfeßr 
fenne,  ißre  Sittenreinheit,  ihr 
©efcßicf,  ju  lehren,  ihren 
Sifer  in  ber  Sr^iehung,  ihren 
Seeteneifer  unb  ihre  uner« 
müblidjen  Arbeiten  im  Söeim 
berg  beg  £>errn3. 

Unter  bem  14.  Bebruar 
1621  betätigte  ©regor  V. 
bie  Stiftung3.  Um  bie  Stif¬ 
tung  noch  me*)r  Zu  fiebern, 
erbat  unb  erhielt  ber  23ifd)of 
Bebruar  1623  auch  einen 
faiferlicßen  unb  baprifcf)en 
Sdjupbrief4.  2llg  SBoßnung 
ertuarb  ber  Sifdjof  ein  an 
bag  Seminar  anftoßenbeg, 
bem  ®omfapitel  gehörenbeg 


&ürjil>iftfjof  3opann  (Sfjriftopö  t>ou  (Sidjftätt. 
6ticp  non  SJBoIfgaug  Kilian  (5/s)- 


1  *  Kopie  in  901.  9t.,  Urfunben,  ©iepft.,  SO. 

2  *  beglaubigte  Kopie  auf  bergameitt  in 
9Jt.  9t.,  Urfunben  a.  a.  0.  Snt  gebruar  1618 
patte  ber  ffrürftbifcpof  bem  fßapfte  üorgeftetlt : 
In  ipso  statim  Episcopatus  mei  ingressu  in 
subsidium  mihi  partimque  laboruni  Patres 
Societatis  Iesu  advocavi,  qui  iam  per  annos 

quinque  adeo  mihi  fidelem  operam  prae- 
stiterunt,  ut  uberes  inde  consecutos  fructus 
et  magna  animi  voluptate  coram  aspiciam, 
et  pro  iis  Divinae  Bonitati  ex  intimo  corde 
laudes  et  gratias  agam,  dum  non  solum  in 
aetate  tenera  et  puerili,  sed  in  hominibus 

etiam  utriusque  sexus  adultis,  quin  et  non 
raro  iam  grandaevis  Christianam  disciplinam 

et  avitam  religionem  et  pietatem  indies  magis 


reviviscere  et  reflorere  comperio.  @r  bittet 
bann  um  alle  bollmadjten  für  bie  Errichtung 
beS  Kollege.  *  Kopie  im  93t.  6t.  6dptt>arä 
87/10.  2)ie  Kopie  liegt  bei  bem  Drigiualbrief 
beS  bifcpofS  an  ben  ^er^og  (20.  [26.]  gebr. 
1618),  toorin  ber  bifepof  ben  tper^og  bittet, 
ipnt  beim  bapft  ju  pelfen.  2)aS  entfpreepeube 
6cpreibeu  beS  ^»erjogS  oorn  28.  gebr.  1618  au 
ben  babft  ebb. 

3  *  Originalbulle  mit  bleifiegel,  batiert  XVI 
Kal.  Mart.  1620  P.  a.  1.  (SlnnuntiationSftil), 
90t.  9t.  ebb. 

4  Ser  6d)upbrief  be§  §erjogS  OJtajimilian 
bom  18.  $ebr.  1623.  *  Kopie  in  9Jt.  9t.,  Ur 
fitnben,  Eidjft.,  gef.  Ser  6d)Upbrief  beS  KaiferS 
im  90t.  6t.  6d)roarj  87/10. 


238 


Viertes  Äapitel.  $ie  oberbeutfdje  $robin,v 


£auS  mit  ©arten,  fo  baff  fßlafc  für  20  fßerfonen  unö  bie  ©djulgimmer  gemonnett 
mürbe.  Die  Katl)arinenfapelle  beS  Seminars  fjatte  fief)  halb  als  gu  eng  ermiefen, 
nnb  be§f;aI6  f)atte  baS  Domfapitel  bereits  1614  bie  Qof)anniSfapeIIe  auf  bem  Dom* 
freitfjof  gum  ©ebraudje  übergeben;  aber  auch  biefe  mar  halb  gu  Hein  für  bie  fief) 
immer  gafjlreicf^er  anbrängenben  ©laubigen,  fftafcf)  entfdjloffen  fafjte  ber  Sifdjof  ben 
fßlait,  ben  Qefuiten  eine  neue  grofje  Äircfie  gu  bauen.  Der  Sau  ber  Äircfje  begann 
am  13.  äftärg  1617;  jmei  Qafjre  fpäter  mürbe  baS  Dad)  aufgefept,  unb  am  30.  Sluguft 
1620  tonnte  fie  eingemeiht  merben;  bie  Kirche  ift  „bon  fdjönen  Serljältniffen  unb 
trefflicher  Qnnenmirfung,  nädjft  bem  Dom  bie  bebeutenbfte  Kirche  ©icfjftüttS"  x. 

©ine  fernere  Kranfljeit  berljinberte  ben  Sifdjof,  fogleid),  mie  er  gernoKt,  baS 
Söillibalbianum  ju  einem  QefuitenfoIIeg  umgubauen.  9Jüt  SInfang  2lpril  1624  mar 
aber  alles  für  ben  Neubau  borbereitet,  unb  am  9.  2lpril  legte  ber  Sifdjof  ben  ©runb* 
ftein  gum  neuen  Kolleg;  nac^  jmei  Qahren  mar  baSfefbe  fertig.  2(m  17.  Oftober 
1626  jogen  bie  fßatreS  auS  ber  Kurie  beS  DompropfteS,  mo  fie  geitmeilig  gemoljnt, 
in  baS  neue  Kolleg,  ©in  groffeS  ©ebäube,  baS  bisher  meift  als  ©etreibemagagin 
gebient,  mar  in  berfelben  Qeit  für  bie  ©djule  umgebaut  morben.  2ÜS  im  Qafjre 
1614  brei  Pfaffen  im  SBillibalbianum  eingerichtet  mürben,  mareit  bie  beiben  oberften, 
Humanität  unb  fRfietorif,  in  einer  klaffe  Bereinigt,  Qm  fofgenben  Qafjre  mürben 
biefe  klaffen  getrennt  unb  aufjerbent  noch  Sorlefungen  über  Dialeftif  unb  ÜJTcoral 
beigefügt.  Qm  gangen  gühlte  man  200  ©djüler.  Qür  bie  SfnfangSgrünbe  im 
Sateinifdjen  gur  Vorbereitung  auf  baS  ©tjmnafium  mürbe  ein  auSmärtiger  fieljrer 
aufgeftedt.  Qm  Qafjre  1625  maren  bier  Sßriefter  unb  brei  Süfagiftri  für  bie  ©djule 
tätig;  fie  umfaßte  ÜDioral,  Sogif  unb  fünf  ©pmnafialftaffen.  Qür  baS  Qafjr  1627 
merben  öffentliche  Disputationen  auS  ber  SJioral  mit  gebrudten  Dljefen  ermähnt. 
DaS  oom  Sifcfjof  1626 — 1628  erbaute  Sltumnat  mit  14 — 25  Süitmnen  leitete  ein 
SCBeltpriefter1  2. 

2lm  8.  Degember  1614  mar  eine  lateinifdje  907arianifdje  Kongregation  auS 
©djüfern  unb  Klerifern  unb  eine  Sürgerfongregation  mit  120  äftitgüebern  auS  bem 
?(bel,  ©eiehrten,  Seamten  ufro.  errichtet  morben.  Qm  September  1617  mürbe  bie 
lateinifdje  Kongregation  in  eine  größere  (Klerus,  ©eiehrte)  unb  eine  Heinere  (©tjmnafium) 
geteilt.  1621  bereinigten  fid)  bie  Klerifer»  unb  bie  Sürgerfongregation  gu  einer  ©emein* 
fcfjaft.  ©djon  1615  mürben  aufjer  im  Dom  fßrebigten  gehalten  im  §ofpitaI  unb  in 
oerfcfjiebenen  Dörfern,  Katecfjefe  in  ber  fßfarrfirdje  unb  in  ber  Sorftabt,  aufjerbent 
mährenb  ber  Qaftengeit  unb  im  3Ibüent  in  ben  Dörfern  Sftottenfelb  unb  fRupertSbudj. 
Überhaupt  entfalteten  bie  fßatreS  bon  ©ichftätt  auch  oufjerfjalb  ber  ©tabt  eine  leb» 
hafte  9)Iiffionstätigfeit,  fo  in  Sercfjing,  Verrieben,  äJfonljeim,  Kipfenberg  unb  SBembing. 
Die  gange  Dätigfeit  füllte  halb  eine  jähe  Unterbredjung  erleben,  all  bie  Sauten  ein 
grofjer  Drümmerhaufen  merben.  31m  4.  SUiai  1633  erfolgte  bie  Übergabe  ber  ©tabt 
an  bie  ©djmebeit. 

Die  Qefuiten  mußten  ein  h°he^  Söfegelb  begahlen  unb  mürben  alle  eingefperrt. 
Qm  Degember  mürben  ber  9teftor  unb  ber  Domprebiger  DfjomaS  Slnreitfjer  als 
©eifein  meggefiihrt  unb  brei  Ü0?onate  gefangen  gehalten.  Den  bon  ben  ©djmeben 
geforberten  ©ib  leifteten  bie  Qefuiten  nicht.  2lm  12.  Qebruar  1634  am  ©onntag 
©eptuagefima  mürbe  bie  gange  ©tabt  attgegünbet.  Kolleg  unb  Kirche  brannten  faft 
gang  nieber,  fechS  Qefuiten  fanben  bis  4.  Oftober  eine  Qufludjt  auf  ber  Surg.  Dagu 
fam  bie  fßeft,  bie  Qanuar  1635  erlofd).  ©rft  1637  fonnte  man  an  ben  SSieber* 
aitfbau  beS  KoIIegS  gehen  unb  9cobember  1638  baS  fjalb  reparierte  Kolleg  mieber 


1  Sraun,  $ie  Äirdjenbauten  ber  beutfdjen  2  33gl.  Suttner,  ©efd).  be§  bifdjöft.  @e« 

Qefuiten  II  141  ff.  tninarä  jju  ©idiftätt  73. 


Sitte  unb  neue  ©icberlaffungen :  ©euburg  a.  b.  Sonau. 


239 


begiepen.  33ig  bafjixx  patte  ein  ißrioatpaug  Unterfunft  getüä^rt.  ©rft  1642  mürbe 
bag  j£acß  beg  Kofiegg  ootlenbet,  bag  innere  mar  nodj  nicpt  fertig.  $on  ber  Kirdje 
ftanben  faft  nur  nocfj  bie  dauern  unb  ber  Sturm.  ®ie  Söölbung  blieb  gum  Steil 
erhalten,  nur  fangfam  fonnte  fie  pergeftelft  unb  bie  Kirdje  erft  am  27.  September 
1640  mieber  beniißt  merben.  Qn  beit  fofgenben  Qapren  finb  rneift  gepit  Qefuiten  in 
©idjftätt,  barunter  6 — 7  ^riefter  unb  1  SRagifter.  St)ie  Stätigfeit  mürbe  mutig,  menn 
aucp  in  ffeitierem  äftaßftab  mieber  aufgenommen. 

Qm  Qapre  1644  finb  mieber  4,  1645  5  Seprer  tätig  für  SJioraf,  ©iafeftif  unb 
©pmnafium.  Qm  Qapre  1648  fafen  2  fßriefter  ÜJRoraf  unb  Sogif,  2  Q5riefter  unb 
1  äRagifter  beforgten  bag  ©pmnafium.  2Iudj  bie  Seelforge  bliipte  fangfam  mieber 
auf.  Qm  Qapre  1645  unb  in  ben  fofgenben  Qapren  maren  eg  mieber  über  11000 
Kommunionen,  int  Qapre  1650  über  14000:  eine  Qrucpt  ber  monatlichen  ©eneral« 
fommunioit;  Katedjefen  mürben  in  gmei  Kirdjen  gepalten.  Stlie  QSrebigt  an  Sonn» 
unb  Qefttagen  im  St)om  pieften  mie  früper  bie  Qefuiten,  ebenfo  bie  ^Srebigt  am  §ofe 
beg  Qürftbifdjofg.  ®aß  bag  Kofieg  in  aff  ben  Krieggftürmen  nocp  fortbeftanb, 
recpneit  bie  Qapregbericpte  oon  1648  näcpft  ©ott  ber  Klugpeit  unb  außerordentlichen 
©üte  beg  Qiirftbifcpofg  DJJarquarb  o.  ©aftelf  gum  Sßerbienfte 1.  23on  220  Seelforgg» 
geiftfidjen  maren  faum  70  mepr  übrig,  fßeft,  §unger  unb  Krieg  patten  bie  übrigen 
meggerafft  ober  oerjagt.  ffRancpmal  mürben  fecpg  fßfarrfprengef  einem  einigen 
Sßriefter  anoertraut,  unb  opne  Prüfung  mürbe  jeber  afg  Seelforger  gugefaffen,  ber 
fiep  nur  geneigt  geigte,  bie  entblößten  unb  auggeraubten  Stationen  gu  übernepmen2.  — 

fRadp  ÜReuburg  an  ber  2)miau  famen  bie  erften  Qefuiten  im  SRooember  1613 3. 
@g  maren  P.  Sfnton  SBeffer  unb  P.  Qafob  fReiping.  ÜOkgbalena,  bie  eben  mit  bem 
jungen  fßfafggrafen  Sßolfgang  SBifpefm  oermäpfte  Scpmefter  beg  §ergogg  SRajimifian, 
füprte  fie  mit  fic^  afg  93eicptüater  unb  Sßrebiger.  2lfg  Söolfgattg  SBilpefm  am  SDrei» 
faltigfeitsfefte  beg  fofgenben  Qapreg  in  SDiiffelborf  bag  fatpolifc^e  ©laubengbefenntnig, 
bag  er  bigper  gepeim  gepalten,  audj  öffentlich  abgelegt  unb  fein  SSater,  ber  regierenbe 
Sßfalggraf  Sitbmig  QSpitipp,  fepon  brei  fUionate  fpäter  geftorben,  mürbe  bei  ber  9tüd» 
fepr  nad)  ÜReuburg  (gebruar  1615)  ben  Qefuiten  bie  £>offapelfe  übertragen,  ©in 
Qapr  fpäter,  1616,  richteten  bie  fßatreg,  bie  ©nbe  1615  nocp  gmei  ©epiffen  erpaften, 
eine  eigene  £>augpaftung  ein;  bigper  patte  ipneit  alfeg  ber  £>of  geliefert. 

Qm  felbeu  Qapre  übergab  ißfalggraf  Söolfgang  bie  Sateinfcpule  beu  Qefuiten. 
2fn  biefer  patten  bigper  oier  Seprer  90  Scpüler  unterricfjtet.  Qnfolge  ber  §eße  ber 
Sjkäbifanteu  gegen  bie  Qefuitenfcpule  pielten  fiep  bie  Sdjüler  fern.  So  mußte  man 
9Ritte  SDegember  1616  mit  fedjg  fatpolifcpett  Scpülent  beginnen.  Sfucp  bie  24  Stift= 
linge  ber  Sßräbenbe  üergidjteten  lieber  auf  ipre  Sßläße,  alg  baß  fie  gur  Qefuitenfcpule 
gefommen  mären.  Stroßbem  pielt  man  am  2.  Qanuar  1617  mit  16  Scpüfern  eine 
feierlidje  ©röffnung  in  ber  ^offapelfe.  ÜRadj  brei  ÜRonaten  fonnte  aber  bereitg  eine 
groeite  Klaffe,  Oftern  bie  britte.  Oftober  bie  oierte  (oberfte  ©rammatif)  beigefügt 
merben.  1618  folgte  bie  fßoefie,  .fperbft  1619  bie  SRpetorif.  SDie  ©rpebung  ber 
ÜJtieberlaffung  gu  einem  Kolleg  erfofgte  im  Qapre  1617.  Unter  bem  21.  Quni  1617 
patte  fßauf  V.  auf  bie  53itte  SSolfgang  Sßilpefmg  bag  feit  mepr  alg  50  Qapren  in 
proteftantifepem  23efiß  fiep  befinbenbe  Klofter  ©fepenbrunn  gmifepen  Sauingen  unb 


1  Sie  Obern  maren :  Stifol.  ©all,  19.  Oft. 
1614  (3.  Slug.  1616,  fReftor);  ©eblj.  SRapenrieb, 
21.  Suni  1621;  Äafb.  Slbegg,  ©tai  1631; 
Stlbert  Gurs,  ©tai  1639;  3.  93.  ©jfat,  3.  ©od. 
1646;  Ulr.  Soeer,  17.  ©fürs  1650. 

2  SSgl.  Suttner  a.  a.  0.  73. 

3  *Litt.  ann.  unb  *Catal.  1616  —  1650.  Sie 


*Hist.  coli.  Neoburg.  1613 — 1700,  in  ber  ®an» 
tonalsbibliotfjef'  in  greiburg  i.  ©cbm.  Excerpta 
barau§  in  ©t.  SR. ,  Jes.  1951;  bort  auch  bie 
febr  genaue  *Hist.  coli.  Neoburg.  1613 — 1619. 
93gt.  Kropf  1  31  ff  56  110  ff.  Äolleftaneem 
blatt  für  bie  ©efdjidjte  ber  ©tabt  ©eubnrg, 
1849—1851. 


240 


Sierteä  Sapitel.  Sie  oberbeutfdje  ißroDing. 


©unbelfingen  bent  Kolleg  inforporiert1.  Qm  Qafjre  1622  waren  gtrei  fßatreg  itnb 
gmei  SRagiftri  in  gwei  ©rammatifflaffen,  ber  Humanität  (fßoefie)  uttb  Si^etorif,  tätig, 
1625  fam  nodj  ein  britter  unb  1633  ein  nierter  Seljrer  für  bie  ©rammatif  f)ingu2. 
Qngwifdjen  f»atte  ber  ©eneral  Sitellegdji  am  30.  SÜiai  1626  auf  bie  Sitte  beg  ißfalg* 
grafen  nocfj  je  einen  ißrofeffor  für  Sialeltif  unb  Sftoral  bewilligt3.  2luct)  für  Söofjnung 
unb  Äircfje  forgte  ber  ißfalggraf.  2(nt  21.  21pril  1618  legte  auf  feinen  SSunfd)  ber 
nod)  nidjt  breijäljrige  fßrittg  SEBolfgattg  ben  ©runbftein  gum  Koüegbau;  im  folgenben 
Qafjre  reichte  ber  Sau  big  gum  2) ad).  Srei  Qaljre  fpäter  fonnteit  bie  Qefuiten  bag 

Kolleg  begieljen.  Sag  fefjlenbe  SBaffer 

GYMNAS1VM 

NEOBVRGI CV M 


2>aSf|t: 

©ummanfc^r  S«n£alf 

cpangcffcTtcit 

logt  ober  (Bef'prdcbtf  hon  bem 

auff$ai(t)Un  ^ürftlicbf  n  Gy  mnafio 
Jti  ftcinburg, 

AnnoSalutisM  DC  XVII. 


mürbe  nad)  nieten  nergeblidjen  Ser* 
fudfjen  enblidf)  in  einer  Siefe  non 
80  Qufj  gefunben4. 

211g  Kirdje  erhielten  bie  Qe* 
fuiten  1618  bie  feit  1605  im  Sau 
begriffene,  faft  fertige  ^offirdfje.  Sei 
bent  Sobe  beg  Erbauers  £ubmig 
$l)ilipp  fehlten  aufjer  bem  ©emölbe 
nod)  ber  ©iebet  unb  ber  Serputj 
beg  Qnttern.  21m  21.  Dftober  1618 
mürbe  bie  Kirdje  feierlidj  eingemeif)t. 
Sen  ^odjaltar  gierte  bag  Qüngfte 
@erid)tnon9iubeng.  Qm  Qaljre  1624 
mürbe  ber  Surnt  auggebaut.  Sei 
biefem  Sau  finb  mithin  bie  Qefuiten 
wenig  beteiligt,  nur  ber  21usbau  beg 
Surmeg  unb  bie  ^erftellung  beg  Qn= 
nern  erfolgte  unter  ifjrer  SJiitmir« 
fung  5. 

Sie  ©eelforge  geftaltete  fid)  an* 
fangg  in  ber  gang  proteftantifcfjen 
©tobt  natürlidj  fefjr  fdjwierig.  Qür 
bie  ©djüler  ber  STrinialfcljule  unb 
bie  ©djüler  ber  unterften  Satein* 
Haffen  mürbe  Katedjefe  gehalten  guerft 
in  @t  ^5eter,  bann  in  ber  Qefuiten» 
firdje.  Qm  Qaljre  1618  mar  Kate* 
dje fe  an  groei  Orten  in  ber  ©tabt 
unb  in  brei  Sörfern  ber  9?ad)bar* 
fdjaft.  Surcf)  fromme  Dialoge  nad)  2(rt  non  fgettifdjen  Sarftellungen  juckte  matt 
SBeifjnadjten,  itt  ber  Karmodje  ufro.  ben  Kinbern  bie  ©laubengleljren  gu  neran* 
fdjaulidjen.  ©ine  Kongregation  mürbe  fdjon  1617  für  bie  befferen  unb  fähigeren 
©tubenten  unb  eine  groeite  für  bie  Sürger  eingerichtet.  Sie  Sürgerlongregation 
füllte  befonberg  mitarbeiten  bei  ber  2öiebereinfüf)rung  ber  fatljolifdjen  Religion; 


®ebvutf  t  8U  TJculiurg  an  ber  S5onafo 

tmrcf)  Oorcnt?  £)anf)aufcr. 

ANNO  M.  DC  XVIL 
Sialog  tum  ber  5lufrtdjtmtg  be§  (5t}iiin«fiunt§ 
ju  Weuburg  1617.  (2/3) 


1  *  Original  mit  SSIeifiegel  in  901.  91.,  Ur= 
fitnben,  91eubnrg,  3®iv  1 ;  bort  aud)  bie 
Orig.=Urfunbe  t»on  SSJolfg.  SBilfjelm,  2.  fyebr. 
1617,  unb  ber  fpätere  ffunbation^brief  bom 
7.  ®ept.  1638,  Orig. 

2  Sgl.  3.  9tapinger,  ©efd).  b.  ©tubienanftalt 
in  Weuburg  a.  S..  Weltbürger  $rogr.  1851,  9  ff. 


3  *  Orig.=91eg.  Ad  Externos. 

4  Kropf  I  107  f. 

B  iS  raun.  Sie  $ird)enbauten  ber  beutfdjeit 
Sefuiten  II  180  ff-  Äofleftaneenblatt  für  bie 
©efd).  WeuburgS  (1095)  30  ff.  Gbriftlidje  Äunft 
1905/1906,  206  ff.  Kropf  I  108  f. 


Sitte  uitb  neue  9tieberlaffungen:  9teuburg  a.  b.  $cmau. 


241 


33ürger,  fpofleute  urtb  ber  ißfafjgraf  felbft  traten  bei;  innerhalb  eine3  Qafjreg  jä^tte 
fie  60  SJtitglieber,  ber  fßfafjgraf  tttar  ber  erfte  fßräfeft1.  3)ie  proteftantifierten 
Kirdjen  unb  £>ofpitäIer  tmtrben  ben  Katlfolifen  übergeben,  bie  fßrebiger  1617  au§» 
gemiefen.  SDtefjrere  Pfarreien  in  ber  9tacf)barfcf)aft,  fo  3o3f)ofen,  23ittenbrunn,  Stieb 
unb  .Qeff,  mürben  rnegen  ÜDtangefl  an  ©eefforgern  öon  ben  patres  oermaltet;  mehrere 
ißrofefforen  mußten  neben  ber  ©cfjute  aud)  nod)  eine  Pfarrei  üerfefjen.  (Später 
famen  nocf)  baju  mehrere  SDtiffionen,  fo  in  Sauingen,  9Jtonl)eim  (1618),  £>ifpoftftein 
(1627),  §ofjenrieb  (1629),  mo  burcf)get)enb§  jmei  fßatreg  längere  $eit  oerto eilten. 
2)ie  Kommunionen  ftiegen  oon 
5600  im  ^afjre  1624  auf 
20  300  im  Qaljre  1631.  f£)er 
Krieg  bradjte  aud)  für  9tem 
bürg  ©djrecfen  unb  9cot.  ßmar 
änberte  ©uftao  Sfbolf  bei  feinem 
23efud)  in  Steuburg  (1632)  nidjtiS, 
aber  im  folgenben  Qaljre  1633 
mürbe  ber  Steftor  be§  Kolfegg, 

P.  ^unbpiji,  mit  bem  Statt» 
palter  oom  ^»erjog  Oon  Söeimar 
gefangen  fortgefüfjrt  unb  burfte 
erft  1634  gurüdfeljren.  ®ie 
3af)re  1633  unb  1634  maren 
3af)re  ber  fßeft  unb  ber  IpungerS* 
not,  halb  bebrängen  fcpnoebifcpe, 
halb  faiferlicfje  Gruppen  bie 
Stabt.  Qm  3<if)re  1646  fcfjidte 
ber  fßfaljgraf  Sßfjilipp  SBilfjelm 
ben  P.  ©uoillierS  nad)  ^ari§, 
unb  bei  biefer  ©elegenljeit  fdfjrieb 
ber  oberbeutfcpe  fßrnoinjial  am 
13.  Sluguft  1646  einen  Srief 
an  ben  Karbinal  fDtajarin,  morin 
er  um  ©djonung  für  bie  ^efuiien 
bat.  Karbinal  ÜDtajarin  antroor» 
tete  am  27.  Stoüember  1646,  e§ 
rcerbe  ber  33efef)l  gegeben,  foroeit 
als  möglich  bie  Sage  ber  Qefuiten 
in  Steuburg  ju  erleichtern  2. 

3m  3af)re  1636  mirfen  bann  boch  mieber  gmei  Seljrer  für  ©rammatif,  1  für 
bie  oereinigten  Klaffen  ber  Humanität  unb  Stfjetorif,  1  für  ÜOtoral;  feit  1648  raerben 
brei  Sefjrer  am  ©pmnafium  unb  je  ein  ^Srofeffor  für  SDtoral  unb  Sogi!  aufgefüfjrt. 
3n  ber  Seelforge  ging  e§  aucf)  langfam  mieber  bergan.  ®ie  5000  Kommunionen 
im  3af)re  1637  ftiegen  1644  auf  10000  unb  1648  auf  15000.  3n  ^en  Oierjiger 
3afjren  maren  burchfcfinittlicf)  jmei  Katecfjefen  in  ber  Stabt  unb  jmei  in  ben  Dörfern 
unb  an  allen  ©onn»  unb  gefttagen  je  eine  ^rebigt  in  ber  Stabt  unb  in  ber  SSorftabt. 
3n  ben  lepten  3a^en  be§  Krieges  unb  aucf)  nod)  nacf)  bem  Kriege  mar  bie  Sage  ber  3efuiten 
in  Steuburg  eine  fefjr  bebrängte,  mie  bie  Briefe  be§  SteftorS  Sflbert  Surj  an  fßijilipp 
SBilfjelm  bemeifen.  9Jtan  backte  ernftficf)  baran,  bie  Kircfjengeräte  gu  oerpfänben3. 

1  Kropf  I  112  ff-  SUuf)  für  ba§  golgenbe.  3  35gf.  bie  93riefe  be£  P.  Surj,  17.  $ej.  1048, 

2  *  Original  in  9)1.  96,  Jes.  1952.  14.  u.  21.  San.  1649.  Original  im  9)6  0t.  S3iau 

SBuIjr,  ©efdjidjte  ber  Sjefuiten.  II.  16 


0timmanfc£cr  t><r 

Traggedi 

ottöcmft'epferj 


« 


Ludouico  Pio,  Ö) IC  Ct  fcitICItl 
(gmljti  Ludouico  Ätfnlgm  üti 
TW?  *  33. 3a§rnac^fd= 

&Ä  non  aMeibm  f(4g(idj  cr-= 

fcfjuneru 

«  - 

% 


©wurftju Wernburg  an  ber  £1)0* 

*  naw/burcbioi-en^Äans 

Raufer. 


M.  DC.  XIX. 


v-  vir  ^  *-g*v 

2>ic  Sleuburger  Sragöbie  1619.  (2/3.) 


242 


23icrtcg  Äapitcl.  Sie  oberbeutfdje  ißrobinj. 


®urd)  bie  ©djfadjt  am  äöeipen  Serge  ging  ber  )ßfalzgraf  griebrid)  V.,  ber 
SBintcrfönig,  feiner  ©rblanbe  üerluftig:  am  22.  Januar  1621  fpracf)  ber  Älaifer  über 
if)n  megcn  Sanbfriebenlbrudjel  unb  §od)Derratl  bie  Sicht  aul.  ®ie  Sermaltuttg  ber 
Oherpfalz  übertrug  ber  ®aifer  bem  ^erjog  Rlap  non  Samern;  erft  fpäter,  am 
22.  gebruar  1628,  erhielt  fte  9Kaj:  all  Eigentum  zur  ©ntfd)äbigung  für  bie  öon 
ifjm  aufgemenbeten  großen  ^rieglfoften.  31(1  gelbpater  ^er  batjrifc^eit  Gruppen 
Zog  1621  aud;  ein  Qefuit,  P.  ©inllin,  in  Stmberg  ein  unb  feierte  nad)  mehr  all 
fünfzigjähriger  Unterbrechung  mieber  bal  erfte  heilige  Riepopfer1.  Qn  ben  nächft- 
folgenben  fahren  mtrften  jmei  bil  brei  ^efuiten  in  ber  ©tabt.  Stach  öorübergefjenber 
Semtpung  ber  non  ben  ISaloinern  in  einen  i^ferbeftad  bermanbelten  ^poffapelle  tnurbe 
1622  bie  ad  ihre!  ©djmudel  beraubte  unb  üermaprlofte  @t  ©corglfirdje  ben  Qefuiten 
übergeben  unb  ebenfo  1624  ber  non  bem  calüinifdjen  ^Srebiger  bemohnte  )J3farrhof 
non  ©t  ©eorg.  SDurch  ben  Rezep  nom  23.  Februar  1629  mürben  ade  ^Sfarrredjte 
unb  Saften  non  ©t  ©eorg  auf  bie  im  ßentrum  ber  ©tobt  gelegene,  herrliche 
©t  SJfartinlürche  übertragen2.  ®ie  letztere  hotten  bie  Qefuiten  megen  ihrer  ©röpe, 
ber  ©ernitute  ufm.  abgelehnt 3.  Sin  fpäterel  (Gutachten  (1641)  fudjte  zu  errceifen, 
bap  ©t  Rlartin  in  jeber  Beziehung  ben  Sorzug  nerbiente4. 

Sei  ©t  ©eorg  mar  eine  grope  ©chmierigfeit  bal  ©örgentor,  bal  an  ber  Rorb= 
feite  ber  ©eorglfirdje  lag  unb  über  beffen  Srüde  ber  2öeg  nach  ^ciftl  unb  Reumarft 
führte.  Rur  ungern  ging  bie  Sürgerfcpaft  1631  auf  ben  Sorfdjtag  ber  Sßatre!  ein, 
bal  £or  zu  fdjliepen  unb  bafür  ein  neuel  £or  zu  öffnen5,  ^m  ^apre  1641  be= 
richtete  ber  Reftor  Samparter  bem  ©eneral,  bie  burd)  ben  Sau  bei  neuen  f£orel 
nötig  gemorbene  Sermehrung  ber  ftänbigen  Söadje,  ber  baufädige  ßuftanb  biefel 
£orel  unb  Üherbrup  megen  ber  burd)  bie  Reparaturen  beranlapten  unaufhörlichen 
Soften  machten  bal  Serlaugen  nad)  bem  alten,  ben  Siirgern  günftiger  gelegenen, 
aber  nun  gefcfjloffenen  ©eorgitor  immer  ungeftümer6. 

®ie  auf  fed)l  Qaljre  angemiefenen  Sinfünfte  bei  ^lofterl  Reichenbach  mären 
ganz  ungenügenb,  unb  belfjalb  erhielten  bie  ißatrel  1636  mit  Semidigung  beteiligen 
©luplel  bal  ehemalige  ©tift  ®aftl  mit  ber  Serpflidjtung,  für  Slodeg,  ©pmnafium 
unb  ©eminar  aufzufommen7.  Slber  bie  Sinfünfte  reichten  faum  zum  Unterhalt  ber 
patres 8 * 10.  Rlai  1630  begannen  bie  Sorbereitungen  für  ben  Reubau  bei  ^odegl. 
^m  folgenben  ^apre  lt,ar  Sum  Sau  gerüftet  unb  P.  Spfat  all  Slrdpiteft  be« 


55/11,  I  u.  II.  3m  Sabre  1649  mürben  au 

Schülern  unter  fünf  Seprern  geköpft:  in  ber 

SOtoral  3,  Sogif  5;  bie  fecp§  Slbteilungen  beg 

©pmnafiumg  Ratten  Oon  oben  angefangen  5,  14, 

8.  8,  8,  6,  9  (Schüler.  —  Sie  Obern  maren: 

2lnt.  SBelfer,  1615  (1617  9teftor);  ©eorg  Stop, 
17.  Slpril  1622;  ©priftopp  Sranbig,  6.  3uli 
1626;  2lnt.  SOelfer,  22.  Stpril  1629;  grieb. 
.ymnbpiß,  14.  3ulil631;  2tnt.  SBelfer,  28. 3uni 
1640  (f  1640);  3of ).  §orft,  17.  gebr.  1641; 
2llb.  ©ur^,  16.  Oft.  1646;  Jpeinr.  Samparter, 

10.  ÜRärj  1650. 

1  *  Litt.  ann.  unb  *Catal.  1621  — 1650,  bie 
*Litt.  ann.  Amberg.  1621 — 1725,  im  Orbin. « 
StrcpiD  ju  ©iepftött.  Sag  *  Diarium  Gymn. 
Amberg.  1626 — 1773  in  ber  ©pmn.‘93ibl.  ju 
Slmberg.  2Iugjüge  baraug  bei  St)-  91  i jener, 
©efd).  ber  Stubienanftalt  ju  ülmberg  (1832) 
59  ff.  Söeitere  Sitten  im  Orbin.*2trd).  9legeng= 
bürg,  30uiUmfoIIeg  in  Slmberg  1629  ff.  Slu§= 
jüge  aug  ber  Hist.  coli.  Amberg.  1621 — 1709, 


in  90t.  91.,  Jes.  769.  $gl.  Kropf  I  273  ff 
428  ff;  3-  2Iuer,  Sie  SBirffamfeit  ber  3efniten 
in  Slmberg  (1891)  5  ff. 

2  SBortlaut  be§  9tezeffeg  bei  5Dt.  §ögl,  Sie 
SBefeljrung  ber  Oberpfalj  burd)  “äftajimilian  I. 
II  (1903)  184  ff.  Sie  Stelle  über  bie  3eiuiten 
ebb.  189  ff-  $ie  Originalbriefe  beg  9Ieftorg 
9Ranf)art  über  fpäterc  SBerffanblungeu  (1638) 
in  SOI.  9t.,  Jes.  771. 

3  95gl.  ©.  SHi-ißncr,  ©efd).  ber  ©corgg= 
firdje  in  2lmberg  (SSerbanbl.  beg  pift.  ißereing 
ber  Oberpfatä,  93b  L)  29  ff. 

4  ebb.  35  ff.  5  ebb.  33. 

c  ebb.  37  f. 

7  Sie  Snforporationgbulle  Urbang  VIII.,  12. 
Cal.  Octob.  1631,  in  SOI.  9t.,  Jes.  771,  unb 
Urfunbcn,  Slmberg,  3efuiten;  bort  and)  bag 
Original  ber  Srabitiongurfunbe  oom  9.  3au. 
1636. 

8  38 1  ö  ß  n  e  r  a.  a.  0.  33  f.  K  r  o  p  f  II  376  f. 
Über  Jteicpeubad)  ipögl  a.  a.  0.  II  58  203. 


Sitte  unb  neue  Stieberlaffungen:  2Imberg. 


243 


rufen,  aber  bie  üüRittel  entliefen  fidj  als  ungureichenb  unb  bie  ßeiten  als  gu  ungünftig. 
$n  bern  ©utadjten,  baS  ber  Gefror  Samparter  am  19.  Segember  1641  an  beit 
©eneral  richtete,  ljei§t  eS  non  ber  SSofjnung:  ©eit  länger  als  20  fahren  mofjnen 
mir  mahrljaft  erbärmlich  in  gerftreut  liegenben,  baufälligen  §äu§cf)en.  Sie  $ßrofefforen 
müffen  täglich  gunt  ©pmnafium  über  eine  fehr  lange  ©trape  gehen  mit  großen 
Opfern  an  $eit  unb  noch  gröberen  Unannehmlichfeiten.  $ur  tperftellung 
HollegS,  ©tjmnafiumS  unb  ©eminarS,  bann  gur  ^nftanbfefeung  ber  ©eorgSfirdje  finb 
menigftcnS  100000  ©ulben  nötig.  SSoit  beit  Haftlfdjen  Sinfünften  inerben  mir  biefe 
SOiittel  erft  nadj  nielen  fahren  erübrigen  fönnen  4 

©djon  int  $;ahre  1625  hatten  bie  ^5atre§  im  ißfarrljof  uoit  ©t  ©eorg  eine  fleine 
©djule  für  bie  oom  Hur  für  ft  en  unterhaltenen  ©eminariften  unb  einige  auSmärtige 
©djüler  angefangen.  21m  22.  Quli  1626  mürbe  ihnen  bann  baS  non  g-riebrid)  III. 
au§  firdjlidjen  Stiftungen  im  ehemaligen  ^ranjisfanerflofter  errichtete  ißäbagogium 
übergeben.  Sie  33  ©djüler  unterrichtete  ein  Sehrer  in  gmei  21bteilungen,  unb  grnar 
fo,  bah  immer  bie  eine  SIbteilung  nad)  2lblauf  einer  ©tunbe  entlaffen  mürbe,  menn 
bie  anbere  anfatit.  Qm  Oftober  gu  Slnfang  beS  ©djuljaljreS  1626/1627  famen  fdjon 
fo  niele  ©djüler,  bah  gmei  Sehrer  für  bie  brei  ©raminatifflaffen  erforberlich  maren. 

Sag  grangisfanerflofter  mürbe  21nfang  1627  feinen  ehemaligen  ißefipern  gurüd* 
gegeben,  meSljalb  bie  ©djulen  10.  Qebruar  1627  in  baS  neue  1577  für  bie 
©eminariften  erbaute  §auS  an  ber  Hrambriicfe  bei  ©t  9Jfartin  neriegt  merben 
muhten1 2.  Qm  folgenben  ©chuljahr  1628/1629  traten  bie  beibett  oberften  HIaffen 
Humanität  unb  fRhetorif  Ijingu-  Sie  bisherige  Sftefibeng  mürbe  1629  gum  angefangenen 
Holleg  unb  1630  gum  Holleg  erflärt,  baS  bereits  7  ifSriefter,  3  SRagiftri  unb  3  Sörüber 
umfahte.  Qm  SDegember  1631  mirften  am  ©pmnafium  fünf  Sehrer.  ^jerbft  1632 
mürbe  bie  Sogif  unb  §erbft  1633  bie  SRoral  beigefügt3. 

Qngmifdjen  hatten  aber  bie  HriegSbebrängniffe  fdjon  begonnen.  Oiadj  bem  Sin* 
guge  ©uftao  21bolfS  in  Nürnberg  fanbte  ber  iReftor  1631  auf  ben  9Iat  ber  Regierung 
bie  Hranfen  unb  bie  ÜDfagiftri  teils  nadj  fReidjenbadj,  teils  nach  OtegenSburg.  Sr 
felbft  harrte  mit  2  patres  unb  2  Stübern  auf  bem  ißoften  auS.  Sagu  fam  im 
folgenben  Qaljre  Steuerung  unb  1633  bie  Sßeft. 

Qn  all  biefen  Söebrängniffen  festen  bie  ^efuiten  ifjre  21rbeiten  fomeit  als  möglich 
fort  ober  nahmen  fie  halb  mieber  auf.  ©djon  am  29.  Oftober  1631  begann  ber 
23igereftor  äRärfel  als  einziger  Sehrer  für  bie  roenigen  ©djüler  bie  ©djule  in  gmei 
21bteilungen.  ©egen  Snbe  1634  maren  elf  Qefuiten  im  Holleg.  Qnt  Qahre  Dorljer 
maren  eS  mit  ben  SRiffionen  unb  ber  Ütefibeng  in  iReidjenbadj  28  gemefen,  baoon 
hatte  ber  Sob,  inSbefonbere  bie  ^Seft,  18  meggerafft.  9?adj  ber  ißeftgeit  begannen 
1635  gmei  Sehrer  für  bie  inSgefaint  26  ©djüler  mieber  beit  Unterricht4.  Qm  fol* 
genben  Qahre  lehrten  1  ißater  bie  Sogif,  1  bie  SKhet°ri?  unb  ißoefie  unb  2  SRagiftri 
in  brei  ©rammatifflaffen ;  in  ben  folgenben  Qaljren  maren  fieben  bis  acht  Sehrfräfte 
tätig.  /perbft  1640  trat  ein  ^ßrofeffor  für  SRoral  fjingu.  SiefeS  Qaljr  mieS  einen 
Qumacfjä  oon  50  ©djülern  auf.  Qm  Qaljre  1650  betrug  beren  ©efamtgaljl  152  5. 

93iS  gum  Qahre  1630  hatten  bie  Qefuiten  bie  gange  ^Sfarrfeelforge  oerfehen; 
in  biefem  Qaljre  übernahm  ein  SSeltpriefter  bie  Pfarrei  ©t  ÜDJartin,  nur  bie  Hanget 
oerblieb  ben  Qefuiten.  2Refe  prebigten  auperbem  nodj  in  ©t  ©eorg,  in  ben  groei 


1  33  töfen er  a.  a.  0.  37. 

2  3$gl.  3  ul.  $eitf,  3,Dei  ehemalige  Sehr* 

unb  Ersiehuuglanftalten  9tmberg§  (Slmberger 

©tjmn.äßrogrnmm  1903/1904)  ‘25  46  f  53  f. 

s  Slußer  ben  *Catal.  üqt.  9tirner  a.  a.  0. 
53  ff  59  ff. 


4  9thetorif  unb  fßoefie  6  ©djüler ,  ©ram* 
matil  10,  Principia  10. 

5  Sogif  10,  9if)etorif  18,  Humanität  18, 
Spntaj  23,  ©rammatif  33,  Rudimenta  14, 
Principia  36.  ®gl.  9tij;ner  a.  a.  0.  54  f  70 
unb  für  1649  9J4  9t.,  Jes.  570. 

16* 


244 


93ierte4  Sapitel.  Sie  oberbeutfdje  5ßrobin,v 


9lrmenf)äufern  uitb  bem  SeprofenfjauS;  ^atecfiefe  gelten  fie  für  bie  größeren  Kinbcr 
in  ©t  @eorg,  für  bie  ffeinereit  in  ber  i)3farrfird)e.  Sluperbem  mürbe  1641  Kated)efe 
in  Hier  Dörfern  unb  1642  in  18  Dörfern  gegeben.  2)ie  beiben  üftarianifcfjen  Kon¬ 
gregationen,  für  ©tubenten  feit  1626  unb  für  bie  bürger  feit  1630,  lebten  1635 
mieber  auf.  ®er  ©aframentenempfang  fteigerte  fiel)  non  3000  Kommunionen  im  Qafjre 
1631  auf  7000  im  Qaf)re  1635,  fiel  bann  mieber  bis  1638  auf  1400.  Qm  Qapre 
1640  jät)tte  Slmberg  nur  mehr  300  bürger,  tro^bem  ftiegen  bie  Kommunionen  infolge 
ber  neu  eingefüfjrten  ©eneralfommunioit  auf  5300  im  Qafjre  1641  unb  auf  9000 
in  ben  Qatjren  1648 — 1650  1. 

befonbere  S8erbienfte  um  Stmberg  ermarb  fid;  ber  Sieftor  Kafpar  Ipell.  S5iteCte§cf)i 
fdfrieb  an  ifjn  am  18.  SJlärj  1634:  ,,©ott  fei  gebanft,  bafj  ©m.  §od)mürben  für 
bie  Siettung  Qljrer  SOiitbürger  unb  jur  (Erlangung  non  £)ilfe  für  bie  belagerten 
Qfjren  Kopf  gemagt,  glüdlid)  burcf)  bie  Qeinbe  gebrungen  unb  bie  £)ilfe  nom  Kur» 
fürften  erreidjt  haben.  ©S  mar  aud)  gut,  bajj  ©ie  jur  redjten  Qeit  baS  Kolleg  mit 
(betreibe  nerforgt,  um  fo  ben  belagerten  leichter  unb  freier  helfen  unb  bie  Unfrigen 
auf  ihren  ißoften  erhalten  gu  fönnen." 2  — 

Qn  bem  fdjön  unb  hoch  gelegenen  SLfitttbelljeitn  an  ber  SJlinbel  hatten  befonbers 
feit  1598  unb  1611  öfters  Qefuiten  non  SJtitndjen  unb  SanbSberg  norübergehenb 
gemirft,  aber  bie  bemühungen  um  eine  ftänbige  Siieberlaffung  maren  lange  ohne 
©rfolg  geblieben3.  ©rft  als  bie  gange  §errfd)aft  an  9Jlaj:imiIian  non  hapern  ge¬ 
fallen,  mürbe  ber  ^tan  nermirf'licfjt.  Slnt  3.  Quli  1618  fam  P.  Keller  mit  mehreren 
Qefuiten  unb  mürbe  non  ber  Regierung  in  ben  befi|$  beS  verfallenen,  längft  Der» 
laffenen  SluguftinerflofterS  eingemiefen4.  Qmei  patres  begannen  fofort  mit  ber 
©inrichtung  beS  §aufeS.  TDie  brebigten  in  ber  $farrfird)e,  beren  Kanjel  ihnen  gur 
berfitgung  geftellt  mürbe,  hotten  großen  Qulauf.  2DaS  bolf,  baS  im  Slnfang  guriid» 
haltenb  gemefeit  mar,  legte  immer  mehr  bertrauen  unb  grofje  Slnljänglidjfeit  an  ben 
2ag.  ©cpon  1622  mürbe  bie  Slefibeng  gurn  Kolleg  erhoben;  1623  erhielt  fie  ihren 
erften  Sieftor.  ®a  bie  alte  Sluguftinerfirche  bem  ©infturg  brohte,  mujjte  man  halb 
(1624)  anfangen  gu  bauen.  SBäprenb  ber  6l)or  ^er  alten  Kirdje  ftehen  blieb,  mürbe 
baS  SanghauS  abgebrochen  unb  am  24.  Sluguft  1625  ber  ©runbftein  gum  neuen 
©d)iff  gelegt,  ©dpon  am  11.  Oftober  1626  fonnte  bie  neue  Siebfrauenfircpe  ein» 
gemeiht  raerben.  ®aS  £ang!)auS  ift  27  m,  ber  ©hör  20  m  lang,  bie  breite  beS 
©fjoreS  beträgt  9>/2  m,  beS  SangpaufeS  16V2  m.  ®er  urfprünglich  gotifc^e  ©hör 
erhält  burcp  grope  Slunbbogenfenfter  reiches  Sicht.  ®a  baS  SanghauS  fpäter  um¬ 
gebaut  mürbe,  läfjt  fid;  nur  fagen,  bap  eS  mit  einer  getäfelten  balfenbede  oerfeljen 
mar  unb  eine  SBenbeltreppe  in  ber  linfen  ©de  gur  Orgelempore  führte5,  baumeifter 
mar  bruber  Qoh-  £>oll.  SDie  Koften  mürben  burcf)  Sftajümilian  getragen,  bie  bürger 
Don  SJlinbelheim  metteiferten  mit  freimilligen  Quhrbienften.  S)er  bau  eines  neuen 


1  91land)e  Äonnerfionen  waren  im  Slnfang 
aud)  tjier  nur  ©djeinfonnerfiouen.  Sie  *  Litt, 
ann.  non  1631  berichten:  Quod  enim  plerique 
exilii  potius  metu  quam  salutis  suae  desi- 
derio  Catliolicam  fidem  susceperant ,  eam 
simulationis  larvam  cito  eius  temporis  oppor- 
tunitas  ipsis  detraxit.  —  Sie  Obern  waren : 

fßet.  §ugo,  ©eorg  (Stoß ,  Suli  1626;  ®afp. 
Seit,  4.  Oft.  1630  (1.  gtettor);  gof).  SJlanpart, 

1637;  £>einr.  Samparter,  1640;  SOia^  Sercpen» 
felbt,  1644  (?);  Sop.  fiiberk,  19.  Seg.  1646; 

911aufr.  93oäpain,  1650.  —  Sie  p  Slmberg  gehören» 

ben  9Hiffionen  werben  fpäter  ßrwäpnung  finben. 


2  *  Orig.»91eg.  Ad  Germ.  sup. 

3  *  Litt.  ann.  unb  *Catal.  1618  ff.  *Hist. 
coli.  Mindelh.  1618—1725.  Sitten  in  911.  91., 
Jes.  1752—1754,  über  bie  Saljre  1625  ff  aud) 
Sitten  im  Orbin.-Slrd).  SlugSburg.  Kropf 
I  207  ff  315  f. 

4  Sie  ©tiftuugSurfunbe  9Jlajimilian3  nom 
11.  guni  1618  *  Original  auf  fßergament  in 
911.  91.,  Urtunben  91iinbelf)eim,  Qef.  2at.  unb 
beutfcpe  Äopie  in  Jes.  1752. 

6  91äljere§  bei  93  raun,  Sie  Äircpen  ber 
nberbeutfdjcn  OrbenSproninj  263  ff. 


2IItc  unb  neue  DIiebcrIaffungen:  SKinbel^eim.  —  Lemmingen. 


245 


ÄoIXegg  mürbe  1630  begonnen  unb  1631  fortgefeßt,  tonnte  aber  megen  beS  Krieges 
nicht  ooltenbet  m erben,  benn  ÜDfai  1632  fielen  bie  Schmeben  fengenb  unb  brennenb 
über  SD^tnbelfjeim  fjer1. 

®ie  ^erfonengatjl  betrug  anfangs  4,  fpäter  8,  bann  bis  gur  Scfjmebengeit 
burchfchnittlid)  14;  in  ben  oiergiger  ^atjren  ftieg  bie  ßat)I  mieber  auf  10 — 12, 
1650  maren  eS  9  ^riefter  unb  3  SBrüber.  $m  3ahre  1622  lehrten  2  patres  bie 
©rammatifatftaffen,  1623  unterrichteten  3  $ßrofefforen  in  5  klaffen:  einer  Üitjetorif 
unb  ißoefie,  ein  gmeiter  bie  erfte  unb  gmeite  ©rammatif,  ein  britter  bie  britte  ©ram» 
rnatif;  1628  maren  eS  6  Staffen,  aber  auch  nur  unter  3  ^rofefforen,  fo  baf  jeber 
£et)rer  2  Staffen  unterrichtete  (fo  noch  1633).  3a()re  1636  mürbe  bie  non  ben 
Sdjroebeu  üermüftete  (Schule  mieber  mit  ber  ©rammatif  unb  1  Setjrer  eröffnet,  aber 
nur  menige  Schüler  ftellten  fich  ein2;  1639  ftieg  bie  3at)t,  f°  bafj  man  bie  ^Soefie 
beifügte;  bie  klaffen  mürben  non  2  ^ßrieftern  beforgt.  $8om  Schuljahre  1642/1643 
an  oergeidjnen  bie  Kataloge  mieber  3  Sefjrer:  1  für  Üifjetorif  unb  ^Soefie,  1  für  erfte 
unb  gmeite  ©rammatif,  1  für  bie  britte  ©rammatif. 

2(uS  alten  Stngaben  geht  her0or/  bafj  bie  Schütergatjt  ftetS  gering  mar.  2)ie 
oberbeutfche  ijkooingiatfongregation  oom  3ahre  1628  nahm  barauS  Stntafj,  bem 
©enerat  oorguftelten :  2)ie  ©rfat)rung  lehrt,  bafj  bie  Schuten  in  9Jiinbet£)eim  nicht 
ben  erhofften  ©rfotg  haben  megen  ber  geringen  Slngaht  ber  Schüler;  bagegen  ift  in 
ben  benachbarten  Stabten  grofje  Hoffnung  für  Kollegien,  metche  niete  Schüler  unb 
reichere  ffrucfjt  ermarten  taffen,  deshalb  bittet  bie  Kongregation  um  bie  ©rtaubniS, 
baS  Kotteg  in  ÜD2inbeIf)eim  in  ein  tJiooigiat  ober  STertiat  nermanbetn  gu  bürfen.  ®ie 
Stntroort  S3itetteSchi§  nom  25.  9£ooember  1628  tautete:  Stugenblicftict)  fdjeint  fein 
gmingenber  ©runb  für  biefe  Stnberung  norhanben;  fottten  ficf)  mit  ber  ßeit  fotche 
©rünbe  geigen,  fo  möge  man  genaueren  23erict)t  nach  91om  fenben3. 

®ie  Seetforge  in  Stabt  unb  Umgegenb  gab  niete  Slrbeit.  Sdjon  1622  mürbe 
eine  ÜDtarianifche  Kongregation  für  junge  ^anbmerfer,  im  fotgenben  $at)re  e‘ne  foldje 
für  ^Bürger  errichtet.  TDie  Stubenten,  bie  fictj  bisher  biefen  beiben  Kongregationen 
angefchtoffen  hatten,  erhielten  1624  eine  eigene  Kongregation,  bie  nach  ben  Kriegs» 
fchrecfen  mieber  erneuert  mürbe  (1643).  SDie  23ürgerfongregation  erholte  fich  feit 
1648  fo,  bafj  1650  faum  nier  ^Bürger  ober  ^anbmerfer  in  ber  Stabt  maren,  bie 
ihr  nicht  angehörten.  Sluct)  auS  ber  Umgebung  traten  Söiitgtieber  bei;  benn  1650 
heißt  eS :  Sieben  Sanbteute,  bie  megen  ber  meiten  ©ntfernung  nicht  fommeit  fönnen, 
hatten  für  fich  eine  .gufammenfunft  mit  einer  halben  Stunbe  geifttictjer  Sefung. 

Stufjer  ben  ißrebigten  in  ber  'pfarrfirc^e,  beren  Kanget  1629  oom  SBifdjof  für 
immer  bem  Kotleg  Übermiefen  mürbe4,  fetten  bie  patres  Katechefe  an  brei  Orten, 
^eitmeitig  mußten  fie  auch  bie  beiben  bem  Kotleg  inforporierten  Pfarreien  fetbft 
oermatten,  meit  eS  an  ben  nötigen  Subfiftengmitteln  für  einen  eigenen  Pfarrer  fehlte 
(1636).  SSon  2tuSt)itfen  unb  ÜDUffionen  merben  befonberS  Obergüngburg,  Stngetberg, 
SBefternach,  ÜJJiinbetau  unb  Kempten  genannt.  2)et  Saframentenentpfang  ftieg  oon 
7000  Kommunionen  im  3ahre  1624  auf  14400  im  3ahre  1631  unb  nach  ber 
Schmebengeit  oon  1700  im  3ahre  1636  auf  5000  im  3ahre  1640  unb  auf  11000 
im  3ahre  1648. 

©rofje  ÜDiütje  gab  fich  ber  23ifdjof  Heinrich  oon  SlugSburg,  um  bie  Qefuiten  in 
bie  freie  91eich§ftabt  Flemmingen  eingufütjren,  mo  nur  mehr  neun  fatholifdje  gamitien 
fich  befanben5.  2tm  2.  Ftärg  1626  fanbte  ber  SBifcfjof  feinen  2Beihbifcf)of  unb  ben 


1  Kropf  I  315  f;  II  36  ff  357  f.  3*Clm  26479.  4  Kropf  I  316. 

2  *  Litt.  ann.  1636 :  Gymnasium  tot  numerat  5  Über  bie  Deformation  itt  Dtemmingen  Ogi. 

alumnos  quot  Musas.  23  a  u  m  a  lt  n ,  ©efd).  be§  2HIgäu§  III  334  ff. 


246 


Viertes  Sapitel.  Sie  oberbeutfdje  fßrotHnj. 


Bifc^öftid^ert  Pfleger  ©gfoff  öon  3ed  nad)  Lemmingen,  bie  bem  IHat  ber  ©tabt  bic 
äftitteifung  machten,  ber  93ifcpof  pabe  üor,  um  ben  ©eiftlicpen  in  ber  Sorge  für  bie 
500  ober  550  fatpofifdjen  ©eefen  in  ber  proteftantifcpen  ©tobt  gu  unterftüpen, 
„Patres  societatis  Iesu,  afg  beren  institutum  unb  ampt  feie,  beicpt  pören,  ben 
catecpigmum  ejercieren,  franfe  oifitieren,  mie  aud)  prebigen,  piepero  ju  üerorbnen" 1. 
2ff§  Söopnung  foHte  ben  ^efuiten  bag  bifcpöfficpe,  fog.  „Siffingerpaug"  bienen,  bag 
oor  mepr  afg  100  $apren  (1516)  ein  Vorgänger  beg  23ifd)ofg  §einricp  0.  Knöringen 
ermorden  patte.  Unt  ©cpmierigfeiten  ju  begegnen,  fjatte  ber  93ifcE)of  öon  Äaifer 
gerbinanb  II.  einen  ©cpupbrief  für  bie  Qefuiten  ermirf't  (14.  Üftoüetnber  1625),  ben 
feine  SIbgefanbten  bem  9tat  überreichten 2. 

Ser  Sftat  inbeffen  befdjfop  in  feiner  ©ipung  öom  4.  SOfärj  1626,  bem  SBorpaben 
beg  93ifcpofg  „fo  ftarf  mögfid)"  entgegen^umirfen,  unb  fud)te  unb  erhielt  aud)  Unter» 
ftüpung  öon  Ulm,  ©tuttgart,  bem  §erjog  öon  SBürttemberg  unb  bem  ^urfiirften 
öon  ©acpfen3.  Ser  9Iat  machte  geftenb,  bap  bie  ©infüprung  ber  Qefuiten  bie  ber 
©tabt  üerbürgten  greipeiten  öerfepe;  jubem  fei  oljne  bie  Qefuiten  genügenb  für  bie 
Ä’atpofifen  geforgt.  Ser  SBifcpof  ermiberte,  bie  ©ntfd)eibung,  ob  genügenb  für  bag 
©eefenpeif  feiner  Siojefanen  geforgt  fei,  ftepe  ipm  allein  ju;  aud)  fönne  er  nicht 
jugeben,  bap  burcp  ben  faiferlichen  ©cpupbrief  bie  ftäbüfcpen  ißriöifegien  gefdjmäfert 
mürben;  benn  bie  ißriöifegien  erftredten  fiep  nur  auf  meftficpe  Sfngefegenpeiten  unb 
feien  nicht  auf  geiftfidfe  augjubepnen.  Ser  Vertrag  öon  1516  über  ben  §au§üater 
in  bem  Sidingerpaug  unb  bie  ©rrid)tung  öon  irgenb  einem  Stift  in  bem  (paufe 
fdffiepe  nicht  aug,  bap  neben  bem  §augüater  anbere  ißerfonen  im  Sidingerpaug 
mopnten,  unb  er  beabficptige  gar  nicht,  irgenbmetd)e  „geifttid)e  gdeipeit"  einsufiipren; 
barum  fönne  er  in  bem  genannten  (paufe  ben  Qefuiten  fofange  Slufentpaft  geroäpren, 
afg  if)m  beliebe 4. 

Slitch  bag  iBemüpen  beg  9Iateg  unb  feiner  ißerbünbeten,  ben  faiferlichen  ©cpup* 
brief  rüdgängig  §u  machen,  hatte  feinen  ©rfofg.  Ser  $aifer  erflärte,  bap  er  bie 
bagegen  öorgebracpten  ©rünbe  nicht  für  triftig  genug  palte,  um  benfelben  auf» 
gupeben;  begpalb  ermarte  er,  bap  fiep  ber  9Iat  über  bie  Sfufnaptne  ber  ^efuiten  nid^t 
meiter  befepmere  unb  biefe  gegen  jebe  Unbid  augreiepenb  fepüpen  merbe5.  Ser 
9Iat  mollte  aber  ben  ^efuiten  ben  Zugang  jum  Siflingerpaug  naep  9)?ögfid)feit  er> 
fepmeren.  Segpafb  napmen  bie  Beamten  beg  SSifdjofg  ipre  guffuept  ju  einer  Sift. 
hierüber  fepreibt  SSifcpof  (peinriep  ö.  Knöringen  in  feinem  33erid)t  an  ben  ^eiligen 
©tupf  öom  21.  Oftober  1629:  Ser  SDIagiftrat  fiep  bie  Sore  ber  ©tabt  aufg  forg» 
faftigfte  bemaepen,  um  ben  ©injug  ber  Qdfmto1  ju  oerpinbern.  ^njmifcpen  famen 
brei  ^efuiten  in  einem  gefepfoffenen  Söagen  an  bie  Sore  ber  ©tabt  in  ^Begleitung 
eineg  feftfiep  geffeibeten  9Ieiterg,  eineg  bifepöffiepen  ^Beamten.  Sie  Sormäd)ter  pieften 
ben  üornepmen  fReiter  für  ben  ^Begleiter  feiner  ©attin  ober  fyamifie  in  bem  SBagen 
unb  fiepen  ade  ein.  Sffg  bann  bie  ^efuiten  bei  bem  bifdjöfficpen  §aufe  augftiegen, 
lief  bag  SSoff  jufammen,  bie  §äretifer  fnirfepten,  bie  ßatpofifen  faxten.  Ser  ÜDfagiftrat 
fepidte  fofort  einen  ütfotar  mit  ßeugen,  proteftierte  gegen  ben  ©in^ug  unb  forberte 


‘Sauer,  Sie  ©treitigfeiten  toegen  ber 
Einführung  ber  Sefuiten  (in  Stemmingen),  in 
Seitfdjr.  be§  ^ift.  Serein§  für  ©djtoaben  unb 
Steuburg  1891,  129  ff.  *  Litt.  ann.  coli.  Diling. 
ad  ann.  1626  ff.  K  r  o  p  f  I  386  ff.  ©pinbler, 
£>einr.  0.  Änoringen  75  ff.  Sitten  über  bie  Sin» 
füfjrung  im  ©tabtnrdjib  ju  fDtemmingen. 

2  *  Original,  in  9Jt.  9t.,  Urfunben,  Sefv  ®tl* 
fingen,  ga§s.  2. 

3  Sauer  a.  a.  0.  129  ff.  $cr  Sifdjof  bon 


üluggburg  manbte  fidf)  am  27.  9J?ärj  1626  mit 
feinen  Stagen  an  Sltajimilian  bon  Sapern. 
•  Original  in  9)t.  9i.  1719  bort  unb  1718 
weitere  Sriefe  in  biefer  ©adje. 

4  Sauer  a.  a.  0.  131. 

5  Sbb.  133.  S)a3  faiferlitfje  ®efret  (30.  Quni 
1626)  mürbe  bottt  Sifdjof  bon  2fug§burg  bem 
9lat  am  11.  September  jugeftellt.  ®ie  Sor» 
refponbens  mit  bem  Saifer  1625— 1627  in 
SBien,  ©taat^ard)io,  3teid)§pofrat,  Qef.  115. 


Sllte  unb  neue  91teberlafiungen :  Sütemmingen. 


247 


bringcnb  bie  balbige  (Entfernung  ber  ^efuiten.  ©iefe  miefen  ben  faiferlidjen  ©djup* 
Brief  oor,  in  bem  unter  fermerer  ©träfe  eine  ^Belüftigung  ber  ^efuiten  oerboten 
mar.  ©er  9J?agiftrot  befragte  fid)  beim  ®aifer:  nadj  bem  eingegangenen  Vertrag 
biirfe  in  bem  bifdjöflidjen  §anfe  nur  ein  9J2emminger  Bürger  mofjnen.  ©er  83ifd)of 
ermiberte,  eS  ntiiffe  jmar  immer  ein  Bürger  in  bem  fpaufe  mobilen,  aber  eS  tonnten 
aufjer  bem  ^Bürger  audj  nodj  anbere  Stidjtbürger  in  bem  £jaufe  mofjnen  —  baS  fei 
burdj  ben  Vertrag  nidjt  auSgefdjloffen.  ©er  Ä'aifer  entfdjieb  p  (fünften  beS  S5ifdjofS. 
©o  blieben  beim  bie  Qefuiten  unb  bemaljrten  burdj  fßrebigt,  SSeidjtljören  unb  Äatedjefe 
nidjt  allein  bie  nodj  übriggebliebenen  menigen  fatljolifdjen  23ürger,  fonbern  audj  bie 
nieten  auSmärtigen  fatljolifdjen  ©ienftboten  im  ©tauben,  ©ie  $rudjt  mirb  nodj 
gröfjer  fein,  meint  einmal  erft  bie  ©cfjulen  eröffnet  merben.  ©ie  feljr  erregten 
Sutfjeraner  in  biefer  ©tabt  mürben  etmaS  milber  geftimmt,  als  bie  ^efuiten  2Beifj= 
nadjten  unb  Cftern  fromme  ©ialoge  über  bie  ©eljeimniffe  beS  ©laubenS  unb  baS 
Seiben  (Efjrifti  burdj  unfdjulbige  Änabeit  in  beutfcfier  ©pradje  auffüfjren  liefen1, 
©omeit  bie  ©arftellung  beS  S3ifcf)ofS. 

©ie  erneuerte  23efd)merbe  beS  fRateS  fjatte  ber  $aifer  am  15.  ©ejember  1626 
mieberum  pritdgemiefen:  bie  Oom  33ifdjof  ben  Patribus  üermilligte  Söofjnung  fei 
bem  aufgericfjteten  Vertrag  ober  bem  SieligionSfrieben  nidjt  pmiber;  bie  Oermeiuten 
33efdjmerben  feien  alfo  befdjaffen,  bafj  man  bieSortS  $ur*  unb  dürften  mit  gug  nidjt 
Ijabe  beseitigen  füllen  unb  föitnen.  ©aS  iBerfjalten  beS  States  gegen  ben  ^auSoater  im 
©illingerljauS  unb  gegen  bie  üßerfonen,  meldje  ben  patres  irgenbmeldje  ©ienfte  leifteten, 
nebft  ber  ftrengeu  S3eaufficf)tigung  ber  patres,  bie  nadj  ober  burdj  SJJemntingen  reiften, 
begeidjnet  ber  ß'aifer  als  unftattljaft  unb  forberte  Slbftellung  ber  ^Belüftigungen,  „bamit 
man  nidjt  auf  ,ben  miberigen  ffaK*  pr  Slnmenbung  fcfjürferer  ÜJJiittel  gepungen  merbe"2. 

©ie  patres,  meldje  auf  foldje  Söeife  iljren  Sßeg  nadj  Lemmingen  gefunben 
Ijatten.  maren  Qafob  flügger  unb  ©eorg  ßimmern.  Qn  ber  ^nftruftion,  bie  ber 
i]3roöinpl  am  14.  ©eptember  1626  unterjeidjnete,  mirb  ifjnen  ©emut  unb  33e> 
fdjeibenljeit  gegen  alle,  befonberS  gegen  ben  ÜOJagiftrat  anempfofjlen;  in  ben  ^re- 
bigteit  füllten  fie  menigftenS  oorläufig  feine  ßontrooerfen  beljanbeln,  fonbern  baS 
©ogma  pofitiü  barlcgen,  oolfStiimlidj  erflären  unb  bie  entgegenfteljenben  örrtiimer, 
o^ne  beren  Urfjeber  p  nennen,  mit  iBermeibung  oon  fjerbein  ©abel  in  milber  Söeife 
miberlegen.  ©urdj  ißroüofationen  bürften  fie  fid)  nidjt  reifen  laffeit.  Sor  allem  fei 
ein  gutes  SBeifpiet  notmenbig.  Sticht  bie  Tonnen,  moljl  aber  bie  Sinnen,  föranfen 
unb  ©efangenen  füllten  fie  befugen.  Sillen  ©egnerit,  audj  ben  i^räbifanten,  müfjten 
fie  im  SSerfefjr  freunblid)  begegnen 3. 

©rop  aller  ©djmierigfeiten  fjarrten  bie  patres  aus.  SSeil  ber  iljnen  beigegebene 
93ruber  1629  an  ber  ißeft  ftarb  unb  bie  patres  megen  SlnftedungSgefaljr  oon  jebent 
fBerfefjr  abgefcfjnitten  mürben,  oerliefjen  fie  für  furje  $eit  bie  ©tabt,  meit  fie  bodj 
nidjtS  mefjr  arbeiten  fonuten;  teerten  aber  im  folgenben  ^af)re  bortfjin  priid4.  SllS 
1631  infolge  faiferlidjen  ÜUJanbateS  unb  püpftlidjer  SBemilligung  bie  Stirdje  ©t  SJtartin 
unb  baS  ehemalige  Slntoniterflofter  für  ein  ^efuitenfolleg  beftimmt  mürben,  fam  eS 
p  Unruhen  in  ber  ©tabt,  bie  burdj  ben  ©rafen  f^ürftenberg,  ber  mit  feinen  ©ruppen 
au§  Italien  Ijeranpg,  unterbrüdt  mürben5. 


1  “"^opie  in  Epp.  ad  Bus. 

8  93  a  u  e  r  a.  a.  £).  146  f. 

3  *  Original  in  3JI.  SR.,  Jes.  1718. 

4  Kropf  I  388  f. 

6  *Litt.  ann.  1631.  Kropf  II  26.  $a§ 
faiferlicpe  äJtanbat  Dom  8.  SJtärj  1631  *  Dri= 
ginat  in  9Ji.  91.,  Jes.  1718.  g-ür  bie  ©e= 


toinnung  ber  ehemaligen  Praeceptoria  S.  An- 
tonii  nebft  ber  baju  geprigen  6t  DJiartinltircbe 
gab  fiep  Söifdjof  ipeinrid)  Don  9tug§burg  Diele 
ÜJiiipe.  6eine  ©riinbe  in  Causa  et  rationes, 
propter  quas  Rmus  Ep.  Augustanus  praecep- 
toriam  S.  Antonii  Memmingae  sitam  prae- 
habito  Sedis  Apostolicae  consensu  patribus 


248 


33icrtc3  Kapitel.  Sie  oberbeutfdje  fJSroPin,). 


®ie  33efe|ung  ber  ©tobt  burdj  bie  ©djmeben  (Slpril  1632)  bereitete  bann  Der 
Sßieberlaffung  ein  gemaltfame§  Snbe:  bie  Qefuiten  mürben  oertrieben,  iffr  ^ab 
unb  ©ut  geplünbert1.  $mei  heitere  SSerfuc^e  im  ^jafjre  1633  unb  1635  fdjeiterten 
an  ben  friegerifd)en  ©reigniffen :  bei  ber  Sinnafjme  ber  ©tabt  burcf)  §orn  1635 
entging  ber  lefcte  $ßater  nur  mit  üftot  einem  fdjlimmeren  ©efdftd2. 

®ie  ßurüdbrängung  ber  ®atf)oIifen  in  ^aufbeitren  burdj  ben  oorraiegenb 
proteftantifdjen  äßagiftrat3  bauerte  aud)  im  Stnfang  unferer  ^Seriobe  fort  unb  oer» 
anlafjte  mehrere  faiferlidje  föommifftonen,  benen  e§  aber  nid)t  gelang,  alle  33efd)merben 
ber  Äatfjolifen  abjuftellen.  Srft  al§  bie  äftadjtfteflung  be§  $aifer§  geftärft  mar, 
traf  am  14.  SDZärj  1627  eine  neue  faiferlidje  Äommiffion  ein,  mefcfje  bie  feit  1601 
unerlebigt  gebliebenen  religiöfen  unb  politifdjen  33efcfjmerben  enbgültig  erlebigen  füllte. 
Sin  neuer  ÜUiagiftrat  mürbe  eingefeljt  unb  bie  Ausübung  be§  proteftantifdjen  ©otteg* 
bienfteS  fefjr  befdjränft4. 

51m  27.  ^uni  1627  bat  ßurfiirft  SWajimilian  ben  fRat  non  ^aufbeuren,  er  möge 
ben  Patres  Societatis,  bie  im  Sluftrage  be§  33ifdjof§  eine  -JKiffion  jur  gortpflanjung 
ber  fatfjolifdjen  Religion  unb  §ur  Untermeifung  ber  c^riftticf;en  $ugenb  üorneljmen 
mürben,  ©cf)ut3  unb  görberung  juteil  roerben  laffen.  SDer  91at  midfaljrte.  ®er 
33ifd)of  tief)  am  2.  Oftober  1627  bem  9tat  feine  Slnerfennung  für  bie  Sereitmiüigfeit, 
bie  ^efuiten  einjufüljren,  ausbritden,  unb  am  6.  97oüember  1627  fcf)rieb  er  an  ben 
Pfarrer  Don  ^aufbeuren:  ®a  er  furj  üermicfiener  Xage  etliche  Patres  Societatis  Iesu 
nad)  ®auf6euren  üerorbnet  unb  ifjnen  bie  Sßfarrfanjel  ju  tierfefjen  befohlen  fjabe,  fo 
fülle  fie  ber  Pfarrer  baran  nidjt  fjinbern,  fonbern  ifjnen  alle  görberung  angebeifjen 
laffen5.  Snbe  Oftober  ober  Slnfang  SRoöember  1627  mürbe  bie  Offener  lieber* 
laffung  nad)  ^aufbeuren  oerlegt.  25er  $J3fan  be§  53ifcf)ofl  ging  auf  bie  Srridjtung 
eine§  Kollegs.  St  bemühte  fid^  junädjft,  ben  ^efuiten  eine  entfpredjenbe  SSofjttung 
unb  ®irdje  ju  befdjaffen.  ^n  einer  Slbmacfjung  gmifdjen  ben  ^ommiffaren  unb  bem 
9iat  üom  27.  SO^ai  1628  bemilligte  festerer,  bajj  fünf  Käufer  famt  ©arten  auf  Soften 


S.  J.  assignari  cupit  7.  Aug.  1629  (Cop.  Arch. 
dell.  Propaganda,  Lettere  di  Germania  LXX, 
f.  HO  ff).  9)9!.  fein  Schreiben  Com  7.  $jcni 
1629  au  bie  $ropagatiba  (Cop.  ebb.  f.  115). 
llrban  VIII.  gelcäbrte  am  29.  $>an.  1630  bie 
Sitte  (Synopsis  332).  21m  10.  21pril  1631 

bat  23ifchof  Heinrich  ben  Karbinal  Sarberini 
um  fcpuelle  21usfertigung  be3  S'efreteS  betr. 
Übergabe  ber  Praeceptoria,  welche  i£)tn  ber 
fßapft  für  eine  Schule  ber  gefuttert  bewilligt. 
Sowohl  ber  Kaifer  al§  ber  fßapft  unb  bie  betben 
Kongregationen  ber  ißropaganba  unb  be§  fßala« 
tiuated  hätten  ihm  bie  Praeceptoria  fdjon  längft 
jugeftanben.  *  Original  in  Bibi.  Vatic.  Barb. 
Latin.  6869,  f.  61.  gine  2>enffcfjrift  be§  93i< 
fd)of§  com  24.  guni  1631  jeigt  bie  9ted)tlich= 
feit  ber  Übertragung :  Rationes  aliquot  breves, 
quibus  ostenditur  translationem  Praeceptoriae 
Mein,  ad  Soc.  Iesu  iure  merito  esse  factam 
neque  ullo  modo  esse  revocandam.  S)iefe 
2lu3einanberfepung  richtete  fid)  gegen  ben  $ro= 
teft  ber  au3  SSienne  ftammenben  2lntoniter  unb 
ihre»  25roteftor§,  be£  Könige  con  granfreid). 
*Kopie  in  9Dt.  91.,  Jes.  1718  unb  Arch.  Vatic., 
Miscellanea  Arm.  8,  vol.  XCI.  gn  einem 
Schreiben  an  ben  fran^öfifchen  ©efanbten  in 
9Iom  flicht  ber  ißrofurator  be§  91ntoniterorben» 


bie  ©rünbe  be3  93ifd)ofi§  ju  miberlegen.  Kopie 
in  Arch.  Vatic.  a.  a.  0.  Unter  bem  13.  Sept. 
1631  fertigte  Urban  VIII.  bie  33utle  für  bad 
Kolleg  con  9Jlemmingen  au§.  Notariell  be> 
glaubigte  2lbfd)rift  auf  Pergament  mit  Siegel 
in  9Jt.  91. ,  llrfunben  Sillingen,  3- 

1  *  Litt.  ann.  1632.  Kropf  II  27  f. 

2  Kropf  II  118  358  f. 

3  Sgl.  23b  I,  S.  475. 

4  Steid)ele  =  Sd)rüber,  93i§tum  91ug§burg 
VI  (1904)  384  ff.  Spinbier,  Heinrich  Con 
Knöringen  74  f.  S.  S5>  agenfeil,  ^Beitrag 
jur  ©efd).  ber  9Ieformation  uftc.  (in  Kauf« 
beuren)  (1830)  29  ff.  Über  ÜBagenfeil  cgi. 
Stiece,  Kaufbeuren  (1870)  102.  $ie  *  Annales 
Resid.  Kaufbeur.  1628— 1772  in  ber  23ib!iotf)ef 
gu  Kaufbeuren. 

5  Steid)ele«S darüber  a.  a.  D.  403  f.  — 
Später,  20.  Oft.  1629,  trennte  ber  23ifd)of  ba3 
ißrebigtamt  in  ber  $farrfirche  311  Kaufbeuren 
com  Pfarramt  unb  übertrug  eS  bauerub  ben 
Sefuiten,  bie  e^  fchou  einige  3^t  mit  gutem 
grfolg  üerroaltet  hätten.  Über  bie  heftige 
fprebigttceife  einiger  Pfarrer  mar  mieberholt 
geflagt  roorben  (ebb.  400  412).  2>ie  93efd)merbc 
be^  fßfarrerl  con  Kaufbeuren,  Ulrid)  SG3atI, 
f.  11.  Kapitel. 


2üte  uitb  neue  fRieberlaffungen:  Äaufbeureit. 


249 


ber  «Stabt  getauft  unb  beit  ^efuiten  eingeräumt  roerben  foGten,  itnb  gtnar  mit  33e= 
freiung  öon  ollen  bürgerlicpen  Sefdjmerniffen  V  Scpon  am  14.  Slpril  1628  fjatte  ber 
SBifc^of  bem  ju  griinbenben  Kolleg  bie  fog.  fponolbfdpe  ißräbifatur,  bie  ^rouenfir^e 
unb  bie  feit  öielen  ^apren  oerfallene  Slfrafapeüe  inf orporiert1  2.  SDie  teuere  Kapelle 
mürbe  als  baufällig  niebergeriffen.  91m  4.  ÜRooember  1630  jogen  bie  ^efuiten  in 
baS  Dom  Söifc^of  gefdpenfte  £>auS,  „Scplöfflein"  genannt. 

®a  ber  SroteftantiSmuS  erft  nacp  1555  eingefüfjrt  unb  bie  faiferlidpen  ÜDtanbate 
nidpt  beamtet  morben3,  unterbrächen  Sifcpof  Ipeinridp  unb  Kurfürft  f0ia£  Slpril  unb 
2Rai  1628  bie  SluSübung  beS  proteftantifcpen  (SotteSbienfteS  unb  liefen  fämtlicpe 
Stellen  im  fRat  mit  Katpolifen  befepen.  ®ie  ißroteftanten  meigerten  fiep  aber,  bie 
fatpolifcpe  Kircpe  ju  befugen.  Son  SRai  bis  yjoüember  1628  fef)rten  non  287  nur 
17  Bürger  jur  Kircpe  guriidf.  ®a  September  1629  ber  lepte  Termin  jur  2IuS» 
manberung  ober  fRücffepr  jur  Kircpe  beftimmt  mar,  oerliepen  32  Bürger  mit  ipren 
ffamilien  (gegen  200  fßerfonen)  bie  Stabt.  ®aS  StiftungSDermögen  ber  proteftantifcpen 
Kircpe,  3400  ©ulben,  mürbe  ben  Qefuiten  übergeben4. 

Über  bie  ÜBirffamfeit  ber  ^efuiten  fcpreibt  Sifcpof  ^einricp  in  feinem  Sericpt 
oom  21.  Oftober  1629  an  ben  ^eiligen  Stupl:  $ur  SöieberperfteKung  ber  f'atpolifcpen 
grömmigfeit  mürben  bie  Später  ber  ©efellfcpaft  $efu  nacfj  Kaufbeuren  gerufen;  fie 
paben  bort  biSper  eine  nüplicpe  unb  OorKiglicpe  Sätigfeit  entfaltet  burep  ißrebigt, 
Katecpefe,  Sefudp  ber  Traufen  unb  anbere  Slrbeiten  ipreS  QnftitutS,  unb  ber  Sifcpof 
fitcfjt  mit  affen  Kräften  ipnen  bort  einen  ftänbigen  Sip  unb  ein  Kolleg  jur  Unter» 
meifung  ber  ^ugenb  gu  öerfcpaffen 5. 

Seit  1629  maren  brei  patres  unb  feit  1631  aucp  jmei  Scpolaftifer  als  Seprer 
in  Kaufbeureri  tätig,  £$m  ^apre  1630  patte  man  mit  einer  fleinen  Scpufe  begonnen 
unb  biefelbe  megeit  ber  immer  japlreicperen  Scpüfer  im  fofgenben  $apre  ermeitert. 
(Sin  SRagifter  gab  bie  erfte  unb  jmeite  unb  ein  jmeiter  bie  brüte  ©rammatifalflaffe. 
Scpon  1631  magte  man  bie  Sluffüprung  einer  fteinen  Komöbie.  SDie  Qefuiten  prebigten 
an  allen  Sonn»  unb  gefttagen  morgens  unb  in  ber  gaftenjeit  aucp  nacpmittagS.  $m 
Qapre  1630  gäplte  man  in  ber  iäRuttergotteSfapelle  2450  unb  1631  fcpon  3600 
Kommunionen,  darunter  merben  aber  mopl  mandpe  Safrilegien  fein,  benit  bie  neuen 
Konüertiten  mußten  fiep  unter  ©elbftrafe  bei  Seicpt  unb  Kommunion  einfiitben. 

Salb  fam  aucp  pier  eine  Söenbung  burep  bie  fcpmebifdfien  Siege.  2lm  14.  Quni 
1632  gogen  bie  Scpmebeit  ein.  Son  ben  auSgeroanberten  Sr°teftanten  oeranlapt, 
erging  am  27.  ^uni  1632  ber  fepmebifepe  SSefepl,  ben  proteftantifepen  ©otteSbienft 
in  Kaufbeuren  mieber  freijugeben.  $n  ber  näcpften  ßeit  mar  bie  Stabt  mie  ein 
Fangball  halb  in  ber  fpanb  ber  Kaiferlicpen,  halb  im  Sefip  ber  Scpmeben.  Sinnen 
anbertpalb  Qaprett  mürbe  fie  acptmal  geplünbert. 

Slucp  ben  Qefuiten  mürbe  alles  geraubt;  1637  maren  fie  oollftänbig  tierarmt. 
Xropbem  parrten  fie  aus,  nur  bie  SRagiftri  jogen  fort,  meil  man  bie  Scpule  auf« 
geben  muffte.  Sei  ber  mieberpolteit  (Sinnapme  ber  Stabt  burep  bie  Kaiferlicpen 
fuepten  unb  fanben  manepe  Sroteftantcn  Scpup  bei  ben  ^efuiten,  fo  befonberS  im 
^apre  1634.  Gsrft  1642  fonnte  man  mieber  mit  bem  Unterricht  einiger  Knaben 
einen  fleinen  Stnfang  maepen;  Sicptmefj  beSfelben  QjapreS  gaben  bie  Knaben  eine 
fjenifepe  ®arfteüung  beS  geftgepeimniffeS  in  ber  Kircpe.  Sdpon  öorper  patte  man 
trop  ber  ©reue!  ber  Sermiiftung  SöeipnacptSfpiele  in  ber  Kircpe  auffüpren  laffen, 
fo  1636  ben  Knaben  QefuS  bei  ber  Arbeit.  3U  liefern  Dialog  patten  aucp  ißroteftanten 


1  *  Äopie  in  9K.  3t.,  Jes.  1578. 

2  *6bb.,  Jes.  1579. 

3  Über  bie  (Sinfüprung  ber  ^Reformation 


ogt.  33  a  um  an  n,  ©efdjidjte  beg  2ÜIgäu§  III 
385  ff.  4  (Steid)ele»©cf)röber  a.  a.  0. 
VI  406  ff.  5  *  Sobie  in  Epp.  ad  Bus. 


250 


Viertes  ftapitel.  Sie  oberbeutfdje  ißrobinä. 


Seppidje  unb  Koftüme  geliehen.  Sie  ^ßrebiglen  an  ©onn»  unb  Qefttagen  hielten  bie 
^3atre§  feit  1641  meiftenS  tüieber  in  ©t  Btartin.  Qm  felben  Qaljre  üerfaljen  fie 
fünf  äRonate  ben  ^often  be§  erfranften  Pfarrers.  Sie  Kommunionen  fliegen  oon 
2000  im  Qaljre  1641  auf  4000  im  Qaljre  1648;  auch  l)ier  mirb  bie  Steigerung 
befonberS  als  eine  Qrud)t  ber  neu  eingefüljrten  monatlichen  ©eneralfommunion  be¬ 
gegnet.  Qm  Qaljre  1645  nafjm  ber  oertriebene  Qürftabt  oon  ©Umangen  mit  feiner 
Begleitung  ein  Vierteljahr  SBofjnung  bei  ben  f|3atre§.  Sie  ergmungenen  Konoerfionen 
hatten  in  ber  ©djmebengeit  meift  nidjt  ftanbgehalten :  im  Qahre  1640  mären  mieber 
mehr  als  gmei  Srittel  ber  Bürger  proteftantifdj  \ 

Sie  Berichte  fönnen  nidjt  genug  baS  Söofjlmollen  ber  Kaufbeurer  Katljolifen 
preifen.  Siefelben  festen  bei  ben  QriebenSOerhanblungen  alles  barait,  bie  Beftrebungen 
ber  Bt'oteftanten  für  bie  Vertreibung  ber  Qefuiten  gu  oereiteln.  Bei  ber  (Spefution 
beS  QriebenS,  ber  für  Kaufbeuren  bie  B3ieberf)erftellung  beS  ©tanbeS  Oon  1624  be- 
ftimmte,  „oerfügten  bie  miirttembergifdjen  Slbgeorbneten  mit  Berufung  barauf,  bafj 
bie  9iieberlaffung  im  9?ormaljahr  nodj  nidjt  beftanben  tjabe,  einfeitig  bie  SluStoeifung 
ber  Qefuiten.  Sa  fie  bei  biefem  Vorgehen  an  ber  fdjroebifchen  Befapung  einen 
Ütüdljalt  hotten,  fo  mar  jeber  Sßiberftanb  auSfidjtSloS,  unb  eS  blieb  ben  fonftangifdjen 
©ubbelegierteit  nichts  übrig,  als  gegen  bie  51norbnung  gu  proteftieren  unb  ben  Slb> 
giehenben  alle  Vedjte  oorgubeljalten".  3tm  17.  Slpril  fanbten  bie  Söiirttemberger  ben 
Qefuiten  baS  SlusmeifungSbefret,  unb  fdjon  am  19.  Slpril  mußten  bie  Qefuiten  bie 
©tabt  üerlaffen.  „Sie  fatholifdje  Biirgerfdjaft  betrieb  fofort  mit  einmütigem  ©ifer 
unb  unter  Slufroeubung  namljafter  Koften  bie  Veftitution  ber  Qefuiten,  burcfj  bereu 
2Beggang  ein  empfinblidjer  Mangel  ber  minbeftenS  auf  700  ©eelen  gu  beredjnenben 
tatljolifdjen  ©inmoljnerfdjaft  entftanben  mar."1  2 

Sie  (Sntfcheibung  oergögerte  fidj,  benn  bie  Qrage,  ob  in  ben  gemifdjten  ©täbten 
jebe  Konfeffion  fo  üiele  ©eiftlidje  aufnehmen  fönne,  als  fie  für  nötig  eradjte,  ober  ob 
auch  für  bie  Qaljl  ber  ©eiftlidjen  ber  Befipftanb  beS  QaljreS  1624  mafjgebenb  fein 
folle,  mürbe  bem  BeidjStag  oorbefjalten  unb  nie  entfdjieben.  ©rft  1651  erreichten 
bie  Katljolilen  ihr  Qiel;  benn  infolge  oon  fünf  Klagefdjriften  beim  VeidjShofrat  erging 
am  17.  Quli  1651  ein  faiferlicfjeS  Veffript,  meines  ber  ©tabt  Kaufbeuren  befahl, 
bie  Qefuiten  gu  reftituieren 3.  — 

Sie  oon  ber  ©algacf)  umfloffene  ©tabt  Burghöfen  in  Oberbapern  erhielt  im 
Qaljre  1630  ein  Kolleg4.  (pier  prebigten  im  Sluguft  1627  auf  Veranlaffung  beS 
BfarrerS  gmei  BotreS  aus  Slltötting.  Surdj  bie  Befi  mürben  fie  oom  Verleljr  ab- 
gefdjnitten  unb  mußten  in  Burghaufen  bleiben,  ©ie  arbeiteten  in  Kirche,  ©djule 
unb  ©pital  unb  moljnten  anfangs  im  Bfon'hauS,  fpüter  in  einem  Bürgerhaufe.  Qu 
ben  B^igten  an  ©onn-  unb  Qefttagen  roährenb  beS  ^odjamtS  (ber  Bfarrer  prebigte 
in  ber  Qrüljmeffe)  mar  grofjer  Qulauf,  ebenfo  mollte  alles  bei  ben  Qefuiten  beidjten: 
fie  gäljlten  SBeiljnachten  1627  1175,  im  folgenben  Qapre  über  5000  Beidjten.  Sie 
Beft  gab  meitere  Arbeit  bei  Sag  unb  bei  ^cad^t.  Sie  beutfchen  ©djuleit  mürben 
alle  brei  Btonate  gum  Beidjtunterricht  ober  gur  Beidjt  geführt.  Sftit  ben  Kinbern 
führte  man  an  Söeihnadjten  unb  in  ber  Qaftengeit  geiftlidje  Sialoge  in  ber  Kirdje  auf. 


1  ©teid)ele  =  ©d)röber  a.  a.  0.  VI 
408. 

2  Ebb.  VI  412  f.  Ein  53erid)t  über  bie  2tu3= 
toeifung  in  9)t.  9t.,  Jes.  1580.  $u  bem  Sampf 
für  unb  gegen  bie  Semiten  pgl.  SBagenfeil 
n.  a.  0.  108  ff. 

3  Sie  Slusf üt)rung  erfolgte  erft  am  17.  fg-ebr. 

1652.  ©teid)ete«©d)röber  a.  a.  0.  VI  414  f ; 


bort  ©.  420  ff  aucf)  bie  meitere  ©efd)id)te  ber 
fRefibenj. 

4  *Hist.  coli.  Burghusii  1627 — 1637.  9J1. 
9t.,  Jes.  916.  *  Litt.  ann.  1627  ff.  £>uber, 
@efd).  ber  ©tabt  Söurgfjaufen  in  0berbapcrn 
(1862)  227  ff.  5  a  1 1  e  r  m  a  f)  e  r ,  @efd).  bc3  ©tu- 
bienmefeng  in  93urgfjaufen,  fßrogr.  1891/1892 
11  ff.  Kropf  I  430  ff;  II  303  f. 


2llte  urtb  neue  9tieberlaffuugen:  23urgfeaufen. 


251 


infolge  einer  fßrebigt  über  baS  gludfeen  liefe  ein  angefefeener  ÜDJann  gu  tpaufe  eine 
Südjfe  mit  einer  Weinen  Öffnung  auffteCten,  für  jebeS  $ludjmort  mufete  ein  ©elbftiid 
für  bie  Sinnen  feineingemorfen  merben. 

$n  ber  Sürgerfcfeaft  entftanb  ein  lebhaftes  Verlangen  nacfe  einem  Kolleg,  unb 
aud)  bie  Regierung  bemüfete  fid;  eifrig  bafür.  21m  4.  Januar  1629  banften  Bürger» 
meifter  unb  9iat  bem  ßurfürften  unb  baten  um  gitrfpradje  beim  Sßroüingial,  bafe 
berfelbe  bie  ©dfeule  fobalb  als  möglid)  eröffne 1.  ©cfeon  unter  bem  6.  Februar  1629 
fagte  SÖiajimilian  bie  ©rricfetung  eines  ®oHegS  gu  unb  oerfpracfe  40000  ©ulben  für 
ben  Sau  unb  3000  ©ulben  für  beu  jäferlicfeen  Unterhalt2. 

Qn  bem  gunbationSbrief  üom  16.  Sluguft  1629  betont  ber  Surfürft,  bafe  er 
fidfe  frei  entfdjloffen  feabe,  in  feiner  ©tabt  Surgfeaufen  gu  ©ferett  beS  fei.  ^ofepfe  eine 
fö’ircfee  unb  Kolleg  für  bie  mürbigen  Säter  ber  ©ogietät  ^efu  gu  bauen.  SDie 
©ogietät  feabe  fidfe  bie  gange  3ed,  bie  fie  in  Safeern  gemefen,  um  gürft,  Sanb  unb 
Seute  unb  befoitberS  um  bie  Qugenb  mofel  üerbient  gemacfet  unb  folcfeen  merflidjen 
Siufeeit  gebradjt,  bafe  er  bereit  gnäbigfteS  ©efallen  unb  SOfänniglicfe  ficfe  beffen  gum 
feödjfteu  erfreuen  unb  bebanfeit3 *. 

21m  20.  2Ipril  1629  mürbe  bie  ©djule  mit  ben  grnei  unterften  klaffen  eröffnet, 
im  |)erbft  beSfelben  ^afereS  traten  bie  brei  oberen  klaffen  feingu.  ®ie  ©rfeebung 
ber  ÜJZieberlaffung  gum  ®oüeg  erfolgte  am  oierten  f^aftenfonntag  1630.  3m  ^>erbft 
1632  mürbe  bie  bisfeer  mit  ber  Humanität  bereinigte  difeetorif  als  felbftänbige  klaffe 
erridfetet.  £>ie  Sluffidjt  über  bie  SolfSfcfeule  unb  baS  SefteüungSrecfet  beS  SefererS  er» 
feierten  bie  Qefuiten  1633.  fyünf  Qafere  fpäter  mürbe  bem  ©pmnafium  bie  Sogif 
beigefügt.  ®ie  Semüfeungen,  bie  ©ericfetsprioilegien  ber  anberit  ^efuitenfollegien 
gu  erfealten,  maren  1642  oon  ©rfolg  gefrönt,  inbem  ber  ®urfürft  bie  ©ericfetSbarfeit 
geraäferte  unb  nur  bie  fcfemereren  Sergefeen  bem  furfürftlidfeen  Oberridjter  oorbefeielt  L 

gür  ben  ©otteSbienft,  ben  man  anfangs  in  ber  ^farrfirdje,  bann  in  einer  an* 
ftofeenben  Kapelle  feielt,  mürbe  eine  neue  ®ircfee  gebaut.  SDie  ©runbfteiulegung  faub 
am  1.  SDiai  1630  ftatt.  SDrofe  ber  grofeen  ©cfemierigfeiten  bei  ber  gmnbamentierung, 
inbem  ber  Soben  §erflofe,  gebiefe  ber  Sau  nocfe  1630  bis  gum  ®acfe  unb  fonnte 
fdjon  am  9.  Sooember  1631  gu  Grferen  beS  fei.  Qofepfe  eingemeifet  merben 5.  ®ie 
Saufoften  betrugen  gegen  15000  ©ulben.  3n  Üiaumglieberung  unb  Slufbau  erinnert 
ber  Sau  au  bie  ßoIIegSfirdjen  in  ©icfeftätt  unb  Spillingen,  im  Slufeern  geigt  ber  ©iebel 
ber  gaffabe  Slfenlicfefeit  mit  bem  oon  SMndjen.  SangfeauS  unb  ßfeor  erfeielten  feofee 
Sunbbogenfenfter.  SDaS  11  breite  unb  2l1/2m  lange,  üierfodfeige  ©cfeiff  geigt 
an  beiben  Sangfeiten  je  oier  SBanbnifcfeen.  SDer  Xurnt  an  ber  ©übfeite  beS  ßfeoreS 
oerrät  ben  üDJangel  an  Mitteln,  er  reidfet  nur  bis  gum  ÄranggefimS  beS  ®acfeeS  6. 

£>ie  oier  ©loden  oon  18  (22),  11,  6  unb  3  ßentnern  fofteten  1600  ©ulben. 
®ie  gröfete  ©lode,  bem  fei.  Qofepfe  gemeifet,  geigt  bie  Überfcferift: 

Su  ©otte3  2ob,  ßl)r’  unb  fßreiä 

©ofs  mid)  99artf)olome  9®engle  in  91tünd)en  mit  gleiö7. 

®er  Sau  beS  föollegS,  ber  fdjon  1630  geplant  mar,  laut  erft  1643  menigftenS 
teilraeife  gur  SluSfüferung 8. 


1  *  Original  im  99t.®.,  ©crid)t3=2it.416, 9tr90. 

2  ißerljanblungeit  jmifdfen  9)tagiftrat  unb 

SKajimilian  in  91t.  9t.,  Jes.  911. 

*  *®opie  in91t.9t.  91.,  Urfunben  23urgf)aufen, 

Sef.  !•  Uber  ba§  Original  f.  ipuber 

a.  a.  0.  2292.  SteilS  abgebrucft  bei  Lay¬ 
mann,  Iusta  defensio,  Appendix  7,  mit  bem 

2)atum  ber  notariellen  23eglaubigung  oom 

12.  San.  1630. 


4  ®ie  *  ®orrefponbens  barüber  91t.  ®.,  ©er.=2it. 
460,  9tr  90.  5  9täbere§  bei  §  u  b  e  r  a.  a.  0. 231 . 

6  93  raun,  2)ie  ®ird)en  ber  oberbeutfdjen 
Orben^proDinj  156  ff. 

7  ®ie  Unterfdjrift :  D.  Iosepho.  Deiparae. 
Sponso.  Dei.  Nutritio  f.  §uber  a.  a.  0.  231. 
$er  93ertrag  mit  bem  ©lodengiefjer  oom  26. 2lug. 
1631  in  91t.  9t.,  Jes.  911. 

8  33ie  Idea  Collegii  Burgh.  mürbe  fdjon  1630 


252 


Viertes  Äapitel.  Sie  oBerbeutfdfje  fßroüinä. 


©aS  Kotleg  jäbtte  in  ber  erften  Qeit  burc^gef)enb§  6  ißriefter,  2  SDlagiftri  unb 
einige  33rüber,  fpciter  finb  eS  16—17  ißerfonen,  barunter  5  Sebrer.  Qm  Qabre  1634 
mud)S  bie  Qabt  ber  Qefuiten  megen  ber  nieten  Qtiicfjttinge  auf  29.  Qn  ^Betreff  ber 
3af)t  ber  ©ebiiter  Reifet  eS  im  Qabre  1636,  bie  Qaf)!  fei  nitfjt  febr  grofj  gemefen. 
9?ad)  ber  ©abette  nom  3Jtai  1649  jätjtten  bie  fedjS  Stbteitungen  unter  fünf  Seffern 
135  ©cbüter1. 

Qu  ber  Kongregation  für  bie  ©tubenten,  bie  fdjon  1629  errichtet  mürbe,  !am 
1630  eine  meitere  für  bie  Herren  unb  23ürger.  ©er  ©aframentenempfang  ftieg 
fortmäbrenb;  93eid)ten  mnrben  1630  11000  unb  1632  über  12000  gejätjtt.  ©ie 
Kommunionen  ftiegen  non  7000  im  Qabre  1631  auf  18000  im  Qabre  1635.  ©aju 
famcit  noch  über  2000  in  ber  ißfarrfirdje.  ©ie  böcbfte  Qabl  roeift  baS  Qafjr  1648 
mit  27  000  Kommunionen  auf. 

Stuf  bie  33itte  beS  Kurfürften  mürbe  am  8.  SDtärj  1633  bie  ißfarrfirdje  ©t  Qafob 
nom  Erjbifcbof  non  ©atjburg  ben  Qefuiten  gur  einftmeitigen  SSerraattung  übertragen, 
bamit  baS  megen  beS  Krieges  megfatlenbe  ©rittet  ber  Einfünfte  auf  biefe  SBeife  er* 
fept  mürbe,  ©aju  f'am  nod)  ber  ißfarrbienft  in  jmei  ©örfern.  Qm  Qabre  1633 
batten  bie  patres  faft  an  atten  Sonntagen  nier  ißrebigten  unb  nier  Kate^efen.  ©ie 
i)3farrfircbe  mürbe  1638  einer  grünbficfien  Reinigung  unterzogen,  auef)  einige  Stttäre 
unb  alle  33änfe  erneuert.  SSier  Qabre  fpüter  erhielt  bie  ^ßfarrfird^e  mieber  einen 
eigenen  Pfarrer,  rnoburd)  bie  91ube  beS  KottegS  bebeutenb  gernann.  S3ei  ber  ißeft 
beS  QabreS  1634  mibmete  fiel)  P.  Stbain  operier  Enbe  Oftober  freimittig  ben  ißeft* 
tränten.  (Sr  mürbe  mit  1  Sruber  unb  1  Knaben  in  ber  ©tabt  exponiert  unb  teerte 
mot)tbebatten  am  Enbe  beS  QabreS  ins  Kotteg  Qurüct.  SJtit  nicht  geringerer  ©efahr 
bienten  brei  meitere  patres  ben  QSeftfranten. 

Qm  Qabre  1629  tarn  bie  ÜÖfiffion  itt  Sßilbenau  bmju.  ©iefetbe  begann  ein 
Qtiidjtting,  P.  Konr.  Kaut.  (Sr  batte  foteben  (Srfotg,  bafj  if)m  batb  ein  ©efäbrte  in 
ber  ^erfon  beS  P.  Söotfg.  ©djönSteber  gegeben  merben  mufjte.  ©ie  SftiffionSftation 
beftanb  bis  jurn  ©obe  beS  Sierra  SBotfg.  SBiguteuS  oon  Stbam,  1644.  Sin  ben  ©onntag* 
nacbmittagen  batte  ber  fromme  £>err  auch  fetbft  Katecbefe  abgebatten.  Qerner  arbeiteten 
je  jtoei  ißatreS  teils  gur  StuSbitfe,  teils  ftänbig  oon  1634  bis  1650  in  Söfauerfirdjen 
unb  ißicbtborf  (33id)etborf,  Siffetborf).  Einer  ber  ißatreS  fammette  1643  mehr  atS 
1000  ©utben  für  Strme  unb  Kranfe.  9Son  1641  bis  1645  mirb  ein  $ater  atS  SDfiffionär 
in  ÜDfauternborf  genannt. 

S3on  53urgbaufen  btag  audb  bie  ütJfiffionSftation  in  £  allein  ab,  bie  oon 
1632  bis  1635  beftanb.  Stuf  ber  Qtuctjt  oor  ben  ©djtoeben  batte  P.  @eorg  ©to£  1632 
in  einer  93urg  bei  Rattern,  bann  in  ^»allein  fetbft  eine  febr  fegenSreicbe  ©eetforge 
entfaltet;  atsbatb  mürbe  if)m  ein  jmeiter  Ijkter  beigegeben,  ©ie  eröffneten  eine 
iBotfSfdjute,  an  metdjer  36  Knaben  teitnabmen,  unb  eine  ©djulengetfongregation, 
bereit  üöfitgtieber  einen  großen  Eifer  an  ben  ©ag  tegten.  Ein  neues  fircbticbeS 
Seben  begann,  ©ie  ©ätigfeit  bebnte  ficb  fo  auS,  baf;  1633  ein  britter  unb  1634 
ein  oierter  ißater  ju  £>itfe  gefc^icft  mürben,  ©ie  ©dptte  mürbe  auf  jmei  Klaffen 
ermeitert.  SSiete  gute  ©ebriften  mürben  oerbreitet;  in  ber  Umgegenb,  mie  93erdjteS* 
gaben,  half  man  oiet  auS.  ©a  brach  OJtober  1634  bie  ^5eft  auS,  jmei  patres  fieten 
in  jmei  ©agen  berfetben  junt  Opfer,  barunter  P.  Eeorg  33runner,  ber  frühere  EJenerat* 
oifar  Oon  Eidjftätt,  ben  man  in  ^allein  attgemein  für  einen  ^eiligen  hielt.  9?ad) 
einigen  ÜWonaten  erlag  ber  britte  ^ater  (^etfooer)  ber  ^ßeft,  nadjbem  er  fetbft  oiete 


nad)  9tom  gefdpeft  unb  öort  oerbeffert.  *  Sittel»  1  Stuf  bic  9?f)etorif  unb  bie  folgenben  Ätoffeit 
Ie§d)i  an  ättunbbrot,  23.  9?oö.  1630.  Orig.»  entfallen  15,  29,  27,  20,  23,  21  Schüler. 
9ieg.  Ad  Germ.  *  Jes.  570. 


2Ilte  unb  neue  -JJieberlaffungen :  Sanbl^ut  a.  b.  Sfar- 


253 


üon  ber  fßeft  geteilt;  beim  ben  Slrmeit  mar  er  nidfjt  allein  Seelenarjt.  33alb  fofgte 
ber  nierte  fßater,  (Shriftopl)  ÜDlerfl,  ber  jmar  non  einem  breimaligen  SlnfaU  ber  ^eft 
genaS,  aber  einer  @e^irnfranfi)eit  jum  Opfer  fiet  unb  ertranf.  So  mar  bie  ganje 
tapfere  33efapung  non  ^»allein  gefallen.  @S  mürbe  jmar  für  einftmeilen  nodj  ein 
fßater  ju  §ilfe  gefc^icft,  aber  aus  Mangel  an  Seuten  muffte  bie  Station  am  8.  SOiai 
1635  aufgelöft  merben.  ®er  Slbfcfjieb  foftete  niete  SEränen1.  — 

Qn  ber  fdjönen  nieberbatjrifdjen  §auptftabt  SanbSfjut  an  ber  Qfar  mit  bem 
herrlichen  Sdjloff  SErauSnifj,  ber  ehemaligen  fRefibenj  ber  baprif^ett  ^»erjoge,  patten 
bereits  im  16.  Qahrhunbert 

Saloman  vere  fapiens, 

•öbcr 

oiaennßtgtct*  Salo- 

p  mon, watfmafim  er  neml>Itcf>  in  erfaß* 

H  rung  gebracht  (velutpifcatoridusfapit)  mir 

ftafiflnerieifkdher>15rachtmitiÖ<?'ßofluft  fene  cmourlau# 


ba6cillerjci(kcbcr’Pracljftmnb<IBpttu(t  fepe  cm  purlau# 
«rc(£t)t<lfcit/licf[ciurfclb(Tcnaii(l)®cc(<f.  am  i.  Sap.^cug. 
miß  gibt  alfo  auf fd)tcrj<nt  ; 

Vanitas  Vanitatum  &  omnia  Vanitas. 
£s?  tft  alles?  gan^  £ptl/ia  ^tclf  e  it  nber 

öllc(£ptclfctt. 

^orgeftellt 


c<& 


Qefuiten  mie  ßanifiuS,  Sdjo 
rief),  SPengin  u.  a.  fegenSreid) 
gemirft2.  Schon  .fperjog  §16 
breefjt  bjatte  bie  ©rridjtung 
eines  Kollegs  geroünfcfjt,  unb 
audj  fpäter  gaben  bie  SanbS* 
fjuter  felbft  mieberfjolt  ihrem 
Verlangen  nach  einem  Kolleg 
SluSbrud.  SDie  ©rünbung 
eines  fotdhen  in  bem  Heineren 
©urghaufen  lief)  ben  SSunfdj 
mieber  mächtig  aufleben. 

Sdjoit  feit  längerer  Qeit  lagen 
SBermädjtniffe  für  ein  ÄoUeg 
bereit.  §3efonberS  ber  fßropft 
beS  ©tifteS  St  ÜIRartin,  Qa> 
fob  Qmbof,  un^  ^er 
©eorg  fRiebel  arbeiteten  für 
bie  Berufung.  §lm  26.  Quni 
1629  famen  bie  brei  erften 
Qefuiten  an  unb  bezogen  am 
2.  Quli  bie  für  fie  hergerichtete 
ÜBohnung3.  2lm  23.  Oftober 
1629  eröffneten  bie  fßatreS 
bie  Schute  mit  5  klaffen  unter 
4  Seffrern,  im  fotgenben  06 
tober  1630  fügte  man  bie 
9?hetorif,  fpäter  auch  bie  Sogif  U-Ä 

bei.  ®ie  bisherige  Satein*  sic  SanbS^uter  flomöbie  Salomon,  1630.  (?/3.) 
fdfule  lieferte  allem  fegon 

100  Schüler.  Söegen  ber  macfifenben  Sdjülerjahl  muffte  man  mieberhott  mit  ben 
fölaffenräumen  medjfeln. 

9?ad)  ben  ÄriegSbrangfalen  bon  1632  bis  1635 i  mürben  bie  Schulen  oom  Sdjmu(j 
gereinigt  unb  20.  Qebntar  1635  mit  6  klaffen  unter  3  Sehrern  mieber  eröffnet. 
Qm  Qahre  1636  nahm  man  and)  bie  SSorlefungen  über  Sogif  mieber  auf,  unb  1640 
traten  SBorlefungen  über  SKoral  hinju.  Um  biefe  Qeit  (1641  unb  1642)  mären  non 
ben  8  fßrieftern  4  fßrofefforen,  aufferbem  roaren  am  ©ptnnaftum  noch  3  üttagiftri 


3*111  einer  Comicotragoedia  »on  Dem  (Effurfurfllidfen 
$2  GymnafiobcrSocietetI  e  s  v  jll  i<Ulbtf(UCf  Sw 

öi  ijHm-OctoJer.itfjo. 

@<(rucf(  Ju3Jilinctl(n/D<t)Corne!ioLey(rerio,S!)Urflir(tliCt)<n 
Q5ud)tmcfcr  »nb  55ud)^anbl<r. 


1  *Hist.  coli.  Burgh.  ad  ann.  1635.  Kropf 
II  304  ff.  Sßgl.  ba§  13.  Äapitel. 

8  Sgl.  93b  I,  ©.  472  f.  Kropf  I  477  ff. 

3  f^ür  baS  golgenbe  *Hist.  coli.  Landishut. 


1629 — 1718  in  ber  ÄantonSbibl.  f5ret6urc{ 
i.  ©d)iD.  Eine  *Hist.  1629—1630  unb  1639 
bi§  1641  in  2Ji.  91.,  Jes.  1647. 

4  Kropf  II  55  f.  ®gl.  baS  6.  Sapitcl. 


254  $ierte3  Sapitel.  $ie  oberbeutfdje  fßrobinä. 

tätig;  febe  Pfaffe  fjatte  mieber  it)ren  eigenen  Sefjrer.  Sie  erfte  Angabe  über  bie 
©c^üferjaf)!  begegnet  uns  1642:  eS  tnaren  bamalS  ftänbig  200,  1643  über  200. 
©egen  ©nbe  beS  Krieges  fafj  bie  ©tobt  oon  neuem  bie  Scfjmeben  in  ihren  DJfauern. 
21m  30.  ÜJJiai  1648  mußten  bie  Sdjulen  gefdjloffen  merben.  ©rft  nach  bem  SXb^ug  ber 
Scfjmeben  (29.  September  1648)  mürben  bie  Schulen  mieber  eröffnet,  bocf)  muffte 
anfangs  feber  ber  beiben  fßrofefforen  brei  klaffen  übernehmen,  bie  Sogif  tonnte 
man  erft  im  fotgenben  ^afjre  lieber  beginnen,  ^n  ben  fahren  1649  unb  1650 
merben  für  ade  klaffen  4  ©rofefforen  genannt 1. 

®ie  $rage  beS  ^arjerS  hatte  bie  Qefuiten  1636  üeranlafjt,  ben  ßurfürften  um 
bie  ©ericfjtsprioilegien  oon  üüfündjen  gu  bitten.  ®er  ©ntfdjeib  oerjögerte  fid^.  21m 
18.  ©färj  1642  ftellte  ÜUiajjimilian  bem  Kolleg  einen  ©rioilegienbrief  aus,  in  melcfjem 
er  beftimmte,  „baff  biefer  Schulen  ju  Sanbsfjut  einoerleibte  SdjolareS,  nit  meniger 
auch  biejenige,  fo  biefe  SdjolareS  als  £au§  Paedagogi  nad)  ®ireftion  ber  gebadeten 
Societet  §u  leiten  unb  ju  unterrichten  haben,  in  gravioribus  delictis,  fo  bie  Rdi 
Patres  Societatis  als  geiftlicfje  ©erfonen  meber  abftrafen  mögen  noch  foßen,  itnferm 
Oberrichter  bafelbft  untermorfen  fein,  bemelter  unfer  Oberridjter  aber  foll  fidh,  juoor 
unb  ehe  er  üon  ben  Patribus  erfucht  mirb,  feiner  Sadjen  (fie  mären  benn  gar  no- 
toria  ober  ein  befonbereS  periculum  in  mora)  für  fiel)  felbft  unterfangen.  So  oiel 
bie  21bminiftration,  ^nfpeftion,  SBifitation,  ©iSpofition  ober  21nftellung  aller  unb 
feber  ber  Sdjulenfadjen  antrifft,  eS  feien  Praeceptores,  Lectiones  ober  Exercitia 
litteraria,  füllen  biefelben  ohne  üßfittel  febcrgeit  bei  ber  Societet  ober  berfelben 
Superiorn  fein  unb  bleiben  unb  ihnen  hierin  auf  feinerlei  2öeiS  irgenb  ein  ©intrag 
befdjeljen,  oiel  meniger  Orbnung  unb  ßftafj  gegeben  merben."2 

gür  ben  ©otteSbienft  hatten  bie  ©atreS  juerft  bie  StiftSfirche  oon  St  ÜJiartin, 
fpäter  bie  Salüatorfapeße  benüijt,  aber  halb  ging  man  an  ben  ©au  einer  neuen 
föirdje.  SDer  ©runbftein  mürbe  am  30.  ^uli  1631  gelegt.  ©ei  ber  gunbamentierung 
madjte  fliefjenbeS  Söaffer  grofje  Schmierigfeiten.  Söegen  ber  ^riegSjeit  mürbe  1632 
unb  1633  nur  menig  gearbeitet,  unb  bie  ©innafjme  ber  Stabt  burcfj  bie  Scfjmeben 
1634  brachte  ben  23 au  oößig  jurn  Stoden.  ©rft  21pril  1637  fonnte  man  mieber 
beginnen.  9? ach  mancherlei  neuen  ©erjögerungen  mürbe  bie  Hircfje  1639  im  Rohbau 
oollenbet  unb  25.  Siooember  1640  gu  ©hren  beS  fjß  ^gnatiuS  gemeiht.  ®er  ©au* 
meifter  mar  ber  ©ruber  $ofj.  §oß,  ber  hier  einen  ^er  bebeutenbften  ^irdfenbauten 
ber  oberbeutfchen  ©rooinj  aufführte.  ®ie  Sänge  beS  Innern  beträgt  53 1/2  m,  oon 
benen  20 1/2  m  auf  ben  ©hör  fallen.  ®aS  SanghauS  hat  einfdjlie^Iich  ber  4  '/4  m 
tiefen  Seitenfapellen  eine  ©reite  oon  23  m  (baS  ©hör  12  m),  bie  innere  £>öfje  er* 
reicht  20  m.  ©ifdjen  für  bie  Kapellen  unb  ©mporen  an  ben  Sangfeiten  unb  ber 
Stirnfeite,  furj  bie  gan^e  ©aumbispofition  unb  ber  ganje  Slufbau  ber  Kirche  erinnern 
an  bie  Münchner  SftidjaelSfirdje.  „®ie  SBirfung  beS  $nnern  ift  oortrefflicf)  unb 
immerhin  bebeutenb.  $)ie  ©erhältniffe  finb  fehr  gut.  ®ie  ©lieberung  beS  Sang* 
fjaufeS  erfcheint  fefter  unb  gef  djloff  euer  als  in  ber  ÜDfidjaelSfirdje."  2)er  Hochaltar 
ift  im  @egenfa|  ju  ber  Sdjeinarcfjiteftur  bei  bem  in  St  ©fidjael  „ein  jielftrebiger, 
ftreng  gefdjloffener,  organifdj  fid^  entmidelnber  21ufbau,  eine  mirflicfje  2lrd)iteftur" 3. 
®ie  Soften  beliefen  fidj  bis  jurn  Qjafjre  1640  auf  60000  ©ulben4. 


1  Sm  gafjre  1649  jaulten  bie  fect)§  klaffen 
unter  4  Seljrern  19  (9H)etorif),  13,  18,  13,  16, 
26  ©cfjülcr.  9J1.  91.,  Jes.  570. 

2  *  Original,  ißergamenturfunbe  mit  Siegel. 
®t.  91.,  llrfunben  Sanbätjut,  gef-  2.  (Sine 
anbere  21u3fertigung  Jes.  1648. 

3  33 raun  a.  a.  0.  95  ff.  Sßg(.  bie  *Hist. 


ju  ben  einzelnen  Sauren,  befonberS  1637—1640 
unb  über  Sof).  £mll  1648. 

4  2In  ber  ©tuffatur  mürbe  nocf)  1641  ge> 
arbeitet,  Sm  felben  Sab«  mürbe  eine  Orgel 
mit  14  ißfeifen  im  SSert  Bon  1300  ©ulben  auf* 
gefteflt.  *  Litt.  ann.  1641. 


3üte  unb  neue  SRieberlaffuitgen :  Sanbsfjut  a.  b.  3far.  —  Straubing.  255 

Sie  erfte  Kongregation  unter  beit  ©tubeitten  511  SanbSput  tourbe  am  1.  2tbocnt* 
fonntag  1629,  atfo  nid)t  einmal  jrnei  StRonate  nadj  (Eröffnung  beS  KottegS,  errichtet, 
©djon  im  fotgenben  gapre  1630  fam  bie  Siirgerfongregation  baju.  @S  traten  biefer 
gfeicfj  58  SOiitgtieber  bet.  gm  gapre  1635  ift  in  ber  ©efcfjidjte  beS  KottegS  bereits 
oon  brei  Kongregationen  bie  Vebe;  fpäter  (1649)  tourbe  auf  oieler  Sitten  bie  tateinifdje 
mit  ber  Siirgerfongregation  oereinigt.  Sie  Kommunionen  ftiegen  im  gapre  1641 
auf  17  700  unb  1643  unb  ben  folgenbett  gapren  auf  über  20000;  audj  f)ier  trug 
bie  Gsinfüprung  ber  monatlichen  ©eneralfomntunion  fefjr  gur  Steigerung  bei. 

2ÜS  guni  1648  ber  ©tobt  mit  Verbrennung  gebropt  tourbe  unb  Söranget  fcpoit 
einen  Seit  ber  Vorftabt  in  gtammen  aiifgepen  tiefj,  tourbe  ein  ^ßater  mit  einem 
Somittifaner  311m  Knrfürften  gefanbt.  Hier  ertoirften  fie  ben  Sefept  an  ben  ge* 
flüchteten  ÜJtagiftrat,  mit  20000  ©utben  bie  ©tabt  üon  ber  ©inäfdjerung  toSsuf'aufen. 
2tufjerbem  legte  man  aud)  bem  Kolleg  3000  Sater  auf.  2ttS  baS  Kotleg  nur  400 
anbot,  brofjte  Söranget  mit  fetter.  9Ran  einigte  fidj  bann  auf  1000  Sater,  bie 
P.  Utridj  ©peer  in  Sraunatt  unter  oieten  SRüpen  unb  ©efapren  jufanimenbradjte; 
injtoifchen  aber  tourben  toeitere  300  Sater  geforbert.  2(ud)  oiete  töridjte  Sefcput* 
bigungett  bradjte  man  gegen  bie  gefuiten  oor:  fie  hätten  in  ber  9?acpt  ©efpenfter 
auf  ben  oberen  Surm  gefaffett,  um  bie  SBadje  3U  fteinigen;  and)  ©otbaten  hätten  fie 
in  Saueritfteibern  inS  §auS  eingetaffen;  ttn  Kolleg  feien  300  gtititen  ufto.  Von 
©bersberg  per  brachten  bie  geinbe  am  11.  Sluguft  ben  P.  Speobor  SieSbadj  inS 
Kolleg,  um  ©etb  3U  erpreffen.  Sa  fie  nidjtS  erreidjten,  toarfen  fie  ihn  21.  2tuguft 
inS  ©efängniS.  gefuiten  unb  Somittifaner  paben,  toie  ber  ©efcpicptfcpreiber  ber 
©tabt  SanbSput  fagt,  ihr  mögtichfteS  getan,  um  bie  Saft  abtragen  31t  helfen1. 
SEßäprenb  ber  fiebentoöchigen  fcptoebifdjen  Sefejjung  tonnte  ber  ©ottesbienft  in  ber 
gefuitenfirdje  ungeftört  fortgefept  toerben,  fogar  mit  äRufif  an  ©onn*  unb  geiertagen, 
bis  SBranget  bei  ©etegenpeit  ber  Saufe  feines  neugebornen  ©otjneS  fiep  bie  SRufifer 
erbat  nttb  einen  ganzen  SRonat  bei  fid)  behiett.  gtoei  befonberS  tüdjtige  junge 
äRufifer  jtoang  er,  mit  ihm  ju  3iepen.  21uch  bie  Kranten  unb  2trmen  tonnten  be* 
fudjt  unb  oiete  franjöfifche  unb  fdjtoebifcpe  ©otbaten  Seicht  gehört  toerben2. 

SaS  Siarium  beS  SanbShuter  KottegS  bemertt  311m  1.  iRooember  1648:  bie 
Kunbe  oon  bem  am  24.  Oftober  3U  SRünfter  gefdjtoffenen  grieben  langte  heute  nacht 
hier  an.  Sann  berichtet  baSfetbe  Sagebud)  3um  13.  SCRär3  1649:  „Sie  unerhörte 
Hungersnot  in  Sapern  bauert  noch  an.  2tujjerhatb  ber  ©täbte  fann  man  nirgenbS 
einen  Htttib  ober  eine  Kape  mehr  finben.  Sie  Settter  att  ber  Pforte  bitten  oft  um 
einen  Hunfr/  a^eS  Vieh  ift  oon  ber  ©eudje  raeggerafft,  auch  unfere  Untertanen 
hatten  oiete  Sage  auch  nicht  einen  Sroden  Haferbrot;  aud)  ©idjetbrot  luar  nicht  311 
erpatten,  oiete  ftarben  oor  Hunger.  iRur  toenige  gamitien  gibt  eS  in  ber  ©tabt, 
roetche  baS  Srot  nach  Sifd)  nicht  gteid)  oerfcptiefjen;  aud;  oiete  Softorett  geben  ihren 
Kinbern  nicht  teicpt  Srot  bei  Sifd;  nach  Setieben.  Viele  furfürfttidje  Seamte  trinfen 
nur  SBaffer.  gn  ©etigenthat  ftritten  fid)  bie  2trmen  um  baS  gteifdj  ber  an  ber 
©eudje  gefallenen  Kühe.  Vom  Hnnger  getrieben,  raubt  unb  ftietjtt  man.  Viele 
haben  auS  Ver3toeiftung  Hanb  an  fidj  gelegt."3  — 

Sie  alte  Sonauftabt  ©traubiitg  im  fiibtichen  Sapern  patte  int  gapre  1558 
(SanifiuS  in  ihren  ÜCRauern  gefepen4.  SereitS  bamatS  mar  ber  ißtan  einer  lieber* 
taffung  erörtert  toorben.  ©päter  patten  bann  in  ©traubing  mieberpott  patres  oon 


1  S.  ©ottfcpalf,  ©efd).  oon  Sanbsput 
(1887)  189. 

2  Sie  Obern  toaren:  Ulricp  Speer,  1629  bi3 

1643  (feit  14.  «tärj  1630  3teftor);  «ßfjil.  9tem* 


bolbt,  1643;  SBoIfg.  ipalmair,  1646  (SSigereftor); 
Sporn.  21nreitter,  1647 ;  Sitbto.  Sup,  1650. 

3  *  Diarium  coli.  Landishut.  1642 — 1655. 

4  «gl.  33b  I,  S.  79  f. 


Viertes  ft’apitel.  3>ie  oberbeutfcfje  iproniny 


256 

fötiindjen  unb  fHegenSburg  oorübergepenb  gearbeitet,  befonberS  in  ben  gapren  1564, 
1589  unb  1622.  ®er  öfters  non  ben  ©traubingern  geäußerte  SSunfcp  nadj  einem 
Sotteg  ging  1629  bei  ©elegenfieit  eines  Streites  ber  ©tabt  mit  beni  Kolleg  in 
gngotftabt  in  (Erfüllung.  @S  panbette  ftdj  um  eine  infolge  beS  oeränberten  (35elb- 
roerteS  fepr  nertnidelte  StuSzaptung  an  bie  (Srben  beS  ©traubinger  ©tjnbifuS  @eorg 
Stirer.  Sin  ^rojefj  pätte  oorauSfidjtticp  mit  ber  Serurteitung  beS  burd)  gaprtäffigfeit 
beteiligten  ©traubinger  StRagiftratS  gefüprt.  OeSpatb  fcptitg  ber  furfürfttidje  Üteut» 
meifter  in  ©traubing,  gerbinanb  U.  Sucppaufen,  nor,  bie  gefuiten  in  gngotftabt 
fotiten  bie  Srben  auSbezapten  unb  ber  Sftagiftrat  non  ©traubing  ben  gefuiten  eine 
9Uebertaffung  grünben ’.  ©ein  fßtan  mürbe  non  ber  ©tabt  angenommen1 2.  gnfotge» 
beffen  befcptoffen  bie  Regierung,  Sürgermeifter  unb  9tat  am  26.  SDejember  1629 
eine  Eingabe  an  ben  Surfürften.  ©ie  beitagen  in  berfetben  ben  fcptecpten  ©tanb 
ber  tateinifdjen  ©djute  unb  beren  nerbroffene  unb  unfteifjige  ©rf^ulbiener,  metdje  bie 
©cf;ulfinber  mepr  non  ber  Sepre  abfcpreden,  atfo  bap  bie  Sttern  gelungen  toerben, 
mit  fcproeren  Unfoften  ihre  Sinber  attberSmopin  aucp  aufjer  SanbS  §u  fdpden.  SDeSpatb 
bitten  fie  ganz  ftepenttid),  biefe  tpauptftabt  ©traubing  aud)  mit  einem  Collegio  ber 
töbticpen  unb  Zeitigen  Societet  Iesu  ju  erfreuen  gum  ÜJJupen  für  bie  unerzogene 
fdjöne  gugenb  unb  für  bie  gemeinen  Seut.  Sinftmeiten  fotiten  loenigftenS  etliche 
patres,  benen  attpier  fcpon  eine  Sirdje  unb  Unterpatt  famt  anbern  Dlotraenbigfeiten 
tonnte  befcpafft  merben,  pierper  nerorbnet  merben3. 

®er  Surfürft  napm  3inar  biefe  Stnfang  1630  non  bem  Sizeboni  ©raf  ^repfing 
perfönticp  überreichte  Sittfcprift  fepr  gnäbig  auf  unb  fpracp  fiep  für  bie  ©rünbung 
eines  SottegS  aus,  münfepte  aber  norper  ben  SRacpmeiS  beS  nötigen  Unterpatts.  2)ie 
Serpanbtungen  pierüber  zogen  fiep  befonberS  megen  ber  mit  ber  Slngelegenpeit  ftetS 
nerquidten  SrbfcpaftSfacpe  pinauS4. 

©eptieptid}  tarn  eS  am  30.  Stprit  1631  zu  einem  Vertrag  zmifepen  ber  Regierung, 
ber  ©tabt  unb  ber  ©efettfdjaft.  ®ie  ©tabt  gibt  jäprticp  700  ©utben  zum  Unterpatt 
unb  für  baS  zu  errieptenbe  ©qmnafium  zmei  ©ebäube,  nebft  500  ©utben  für  bie  Sin* 
rieptung ;  bie  Sapelte  zu  Unferer  Sieben  grau  roirb  mit  iprem  Sinfommen  ben  gefuiten 
übergeben,  ©t  SufaS  fott  ber  Unterricht  in  zwei  ©cputen  mit  je  einem  Seprer  be¬ 
ginnen5.  Oie  Söeftätigung  burep  ben  Surfürften  erfolgte  am  6.  September  1631° 
unb  burep  ben  Sifcpof  Sttbrecpt  non  D^egenSburg  am  13.  Oftober  beSfetben  gapreS7. 

5tni  24.  Oftober  1631  famen  bie  erften  fünf  gefuiten  in  ©traubing  an,  barunter 
ber  ©tubienpräfeft  unb  ein  SUtagifter  für  bie  beiben  unterften  Staffen.  $lm  26.  9?o- 
nember  mürben  nier  Staffen  eröffnet,  am  22.  Dezember  erfolgte  bie  feierliche  ©in» 
füprung  in  Sircpe  unb  |)auS.  $ur  fetben  $eit  (22.  Oezember)  mürbe  bie  fünfte 
Stoffe  (ißoefie)  beigefügt  auf  Sitten  ber  ißrätaten  non  Ober--  unb  DZieberatteicp,  bie 
ipre  OrbenSfanbibaten  an  baS  ©qmnafium  fdjiden  mottten.  Später  folgte  auep  bie 
9tpetorif.  Oer  fcpmebifdje  Sinfatt  braepte  ber  jungen  ©cpute  eine  lange  Unter» 


1  *  Modus  componendae  litis  propositus 
18.  Oct.  1629  in  93t.  9t.,  Jes.  2072.  93gl. 
Kropf  II  9  ff  unb  93  u  r  f  p.  953  e  i  fj  e  n» 
berget,  ©efd).  beä  ©t)tnnafium§  ©traubing, 
©traubinger  Programm  1898,  20. 

2  9tät)ere3  in  *  Protocollum  seu  series,  tüte 
e§  ^ergangen,  al§  bie  loblicpe  Societet  non  ber 
Ütegierung  unb  ©tabt  coniunctim  begetjret 
tuorben.  93t.  9t.,  Jes.  2072. 

3  *Äopie  in  93t.  9t.,  Jes.  2072.  2>rud  bei 

Lay  mann,  lusta  defensio,  Append.  29. 

Kr  o p  f  II  13. 


4  *Relatio  actorum,  bie  5unbation  betr-, 
14.  SOtärj  1631  bi3  14.  Oft.  1634,  in  93t.  9t., 
Jes.  2073. 

5  *$opie  in  93t.  9t.,  Jes.  2073.  9Iu§sug  bei 
SBiefjenberger  a.  a.  C.  21  f. 

c  *  topie  in  93t.  9t.,  Jes.  2073.  $ort  aud) 
bie  ineitere  Sorrefpoubenä.  2)ic  93riefe  ber  ©tabt 
unb  be§  Stiftet  an  ben  93ifd)of  Sllbert  non 
9tegeulburg  au§  bem  3>at)re  1631,  im  9tegenl= 
bürget  $iöäef.=9trd). 

7  93t.  9t.(  Urfunben  ©traubing,  ^ef.  3tgt. 
aud)  Kropf  II  14  f. 


Sitte  uttb  neue  Stieberlaffungeit :  2attb3berg. 


257 


bredjung  unb  oiele  ©djmierigfeiten.  2lm  23.  Dioüember  1  <333  mürbe  bie  ©tabt  burcf) 
ben  ^erjog  non  2Beintar  befe^t.  Ser  Obere,  P.  SKbert  Käpfel,  mürbe  als  ©eifei 
nad)  VegenSburg  geführt  unb  fjatte  bort  in  elfroöcßiger  §aft  nie!  ju  leiben1.  SDie 
im  fefbeit  ^oßre  auSbredfenbe  ^Seft  raffte  alle  patres  mit  2luSnaf)nte  eines  einzigen  fort. 

$n  ben  ^aßren  1(334  unb  1635  blieben  bie  ©dßulflaffen  oon  ber  fcßraebifcßen 
Einquartierung  befept,  erft  1636  tonnte  bie  ©djule  rnieber  eröffnet  roerben.  Sie 
©tabt  oermodjte  aber  infolge  ber  Kontributionen  ftatt  ber  700  ©ulben  für  mehrere 
£eßrer  nur  meßr  100 — 150  ©ulben  beijufteuern 2.  Sod)  ftieg  bie  3oßl  ber  ©djüler 
langfam  toieber  fo,  baß  man  1640  an  einen  Neubau  benfen  mußte.  97ad)bem  man 
einige  benachbarte  Käufer  angefauft,  begann  man  1647  mit  bem  Vau  unb  üollenbete 
benfelben  innerhalb  breier  Qaßre  infolge  ber  ©penben  auS  allen  ©d^icf)ten  ber  Ve- 
oölferung.  ©leidfjeitig  mürbe  hinter  bem  Kolleg  ein  eigenes  Sßeatergebäube  errichtet 3. 
9iacß  ber  Votlenbung  beS  VaueS  erhielt  ©traubing  aud)  einen  pßilofophifcßen  Kurs. 
SBäßrenb  man  1643  nur  70  ©cßüler  3äßlte,  mürben  im  Slnfang  beS  Schuljahres 
1650  100  eingefcßrieben4.  Sa^re  1641  mareit  in  ©traubing  7  3efuiten; 
oon  ben  5  ißrieftern  lehrten  3  in  ben  6  Klaffen  beS  ©pmnafiumS;  bie  IRfjetorif 
mar  1641  mieber  beigefügt  morben.  Sie  bisherige  fRefiben^  erhielt  1644  ben  9camen 
Collegium  inchoatum,  unb  1650  mürbe  fie  gum  Kolleg  erhoben. 

Sie  Kommunionen  fliegen  Oon  11000  im  3a^re  16dl  auf  16000  im  3aßie 
1647  unb  auf  20000  im  3a^re  1650.  21ucß  £)ier  mirfte  bie  Einführung  ber 
monatlichen  ©eneralfommunion  ftarf  auf  bie  Vermehrung  beS  ©aframentenempfangeS 
ein.  3U  ker  gleicf)  anfangs  errichteten  ©tubentenfongregation  trat  1646  eine  Koit- 
gregation  für  bie  Vürger,  bie  im  ^oßre  1650  um  200  90?itglieber  3unaßm.  Kam 
ein  Kongreganift  §utn  ©terben,  fo  erneuerte  ber  ißriefter  mit  ihm  baS  ©elöbniS  oor 
bem  Empfang  ber  SBeggehrung. 

21ucß  fonft  ftanb  man  Sag  unb  9iadjt  ben  Kranfen  unb  ©terbenben  bei,  mie 
3umeilen  and)  auSbrüdlidß  in  ben  Veridjten  heroorgeßoben  mirb,  fo  3.  V.  im  ^oßre 
1641,  mo  ein  mütenber  SBolf  oiele  angefallen  unb  oermunbet  hotte;  acht  ißerfonen 
ftarben  an  ber  Sollraut.  3m  folgenben  ^aßre  16-12  gelang  eS,  bie  ©eelforge  in 
ben  ©efängniffen  311  erhalten,  unb  1650  begann  man  mit  ben  monatlidjen  Ep- 
hortationen  in  ben  21rmenßäufern;  bie  Kranfenßäufer  unb  2(uSfäßigen  mürben  ftetS 
regelmäßig  befudjt.  — 

SaS  leßte  ber  baprifcßen  Kollegien  in  unferer  ißeriobe  mürbe  in  SanbSberg 
errichtet,  mo  bisher  nur  ein  Diooi^iat  beftanben  hotte5.  Sie  Vürger  Oon  SanbSberg 
faßen  in  ber  Errichtung  beS  ©pmnafiumS  einen  Söunfcß  in  Erfüllung  gehen,  für 
ben  fie  faft  ein  halbes  ^aßrßunbert  niit  beifpiellofer  3ö^9leit  fid)  bemüht  hatten. 
21m  6.  9)7ärj  1600  festen  Vürgermeifter  unb  9tat  bem  §erjog  9Jfapimilian  ißr  Ver¬ 
langen  nad)  einer  ^efnitenfcßule  auSeinanber:  2Sir  haben  bereits  eine  ißartifularfdjule, 
aber  bie  Seßrer  oerlieren  ju  oiel  3eit  mit  bem  Sienft  in  ber  Kirche,  moburdj  bie 
Qugenb  oernacßläffigt  mirb.  SeSßalb  haben  mir  fcßon  etlicßemal  bie  Qefuiten  um 
Übernahme  ber  ©djule  gebeten,  aber  fie  finb  bagegen,  raeil  bort  mit  einem  9?ooi3iat 
fein  Kolleg  oerbunben  fein  fülle.  SBir  bitten  besßalb  um  Einmirfung  auf  ben 
fßrooi^ial  unb  Vifitator,  benn  bie  ©tabt  ift  feßr  geeignet  für  ein  Kolleg,  fie  ßat 


1  @bb.  II  159  f. 

2  2)er  Sergfeid)  ättnfcben  Stabt  unb  Samten 
Dom  29.  fütai  1637  in  91t.  9t. ,  Jes.  2074. 

3  Söeifjenberger  a.  a.  D.  29. 

4  3m  Sobre  1649  japlte  ba§  ©tjmnafium 
unter  brei  Sefjrern  in  fed)3  ülbteitungen  Don 

2)ul)t,  ©efdjidjte  ber  Sefuiten.  11. 


oben  angefangen  15,  11,  16,  18,  17,  24  Sdniler. 
9Jt.  9i.,  Jes.  570. 

5  Sßgt.  93b  I,  (S. 530 ff  615 ff;  3.$etlinger, 
©efd).  be§  3cfwitento[leginin§  in  2anb§berg,  int 
Dberbatjr.  9Ird)iü  XIV  (1854)  115  ff;  ff.  3toer< 
ger,  ©efd).  2anb$berg3  (1889)  62  f 

17 


258 


Viertel  Äapitel.  Sie  oberbcutfcße  $rooinj. 


gute  ßuft,  gutes  SBaffer,  billige  Se&enSmittel  ufm. 1  ®er  23itte  beS  ÜDJagiftratS  ent* 
fpredjenb  manbte  fidj  äRajimilian  am  28.  9Rärg  1600  an  Slguaüioa,  aber  biefer 
lernte  20.  9Rai  1600  megen  Mangels  an  Kräften  ab2. 

(Sine  erneute  2ü>meifung  erfolgte  im  ^afjre  1615.  ®er  fRat  hatte  1601  er» 
fangt,  bafe  bie  ^efuiten  bie  ^nfpeftion  ber  ©djule  übernahmen.  ®a  üerlor  Sanbsberg 
1604  ben  ©algfjanbel  unb  bamit  eine  tpauptquefle  feines  (SrmerbeS.  ®iefer  Sßerluft 
—  fo  fagt  bie  ©efdjichte  beS  Sanbsberger  ßodegS  —  machte  bie  £ef)rer  unb  ben 
SCRagiftrat  uns  abgeneigt,  fo  baff  mir  gegmungen  mürben,  baS  gut  angefangene  2Berf 
gu  oertaffen  unb  auf  bie  ^nfpeftion  gu  oergidjten.  (Sine  Qnftruftion  beS  SRateS  oom 
3af)re  1612  mieS  Kantor  unb  ©djutmeifter  an,  alles  nach  ber  2lrt  ber  ^efuiten» 
fdjuten  einguridjten,  bamit  bie  Knaben,  menn  fie  an  anbere  Orte  oerfchidt  mürben, 
gteidj  in  bie  höhere  klaffe  auffteigen  fönnten3.  3ahre  1614  bat  aber  ber  fRat 
üon  neuem  bie  Qefuiten  um  Übernahme  ber  ©dfule,  nicht  allein  megen  ber  ftinber 
in  SanbSberg,  fonbern  auch  um  auSmärtige  ©tubenten  angugiefjen,  oou  benen  bie 
Bürger  leben  fönnten4.  (Sin  ©utadjten  aus  biefer  $eit  erörtert  als  ©rünbe  gegen 
bie  Übernahme  bie  2trmut  ber  ©tabt,  ben  hohert  $reiS  ber  SebenSmittel,  bie  geringe 
SluSfidjt  auf  Slnftellung  üon  ©tubierten  ufm.5 

(StraaS  erreichte  aber  ber  fRat  hoch,  nämlich  eine  ÜReuorganifation  ber  ©chule 
unb  bie  Übernahme  ber  ^nfpeftion  burdf  bie  3efu’teu-  ®iefelben  befuchten  bie 
©chulen  häufig,  gaben  ihr  Urteil  über  ©eflamationen  unb  Dialoge,  mahnten  ben 
Prüfungen  bei  ufm. 6 

(Sinen  neuen  SBerfucf)  beim  ^urfürften  machten  S3ürgcrmeifter  unb  fRat  am 
2.  ®egemf>er  1630.  Qnbem  fie  feine  gufagenbe  üntroort  oom  15.  äRärg  1600  fenben, 
führen  fie  auS :  gür  ben  Unterricht  unferer  f^ugenb  erfennen  mir  fein  beffereS  ÜRittel 
als  eine  ©djule  ber  ©o^ietät  mit  fünf  ober  fccf)S  Sehrern  unb  klaffen.  28ir  haben 
bie  patres  mieberholt  fcfjriftlicf)  unb  münblid)  gebeten,  aber  immer  eine  abfcfjlägige 
Slntmort  erhalten,  ©eit  1615,  als  baS  hefige  ©pmnafium  aufgeric^tet  morben,  hat 
ber  §err  P.  fReftor  baS  2)ireftorium,  ein  anberer  ^ßater  aber  bie  Qnfpeftion,  ber 
®ed)ant  bie  fßräfeftur  übernommen.  SDaS  ©pmnafium  mürbe  errichtet  nach  2ln* 
leitung  unb  93orfcf)lag  ber  löblichen  ©ogietät.  ®ie  erhoffte  grucht  ift  aber  nicht 
oerfpürt  morben.  ®a  bie  §erren  patres  raiber  alles  Sßerfjoffen  nit  felbft  böseren 
füllten,  merben  bie  ©chulen  in  furger  ,geit  gu  ©ruttbe  gehen,  ba  eS  fcpmer  ift,  Sefjrer 
gu  befommen.  ®er  (Sinraurf,  bafs  eine  ©chule  in  Äaufbeuren  errichtet  fei,  fann 
nichts  bemeifen,  ba  SanbSberg  größer  ift  unb  mehr  grucht  üerfpridjt.  Söeil  ber 
fßrooingial  burd)  ben  SDefan  unb  fRatSmitglieber  angegangen  morben  unb  geneigt 
gu  fein  fdjeine,  bitten  fie  um  bie  gürfpradje  beS  ßürfürften7. 


1  *  Original  in  9Ji.  94,  Jes.  1605.  93iirger= 
nteifter  unö  9lat  erneuerten  biefe  Söitte  am 
‘24.  Sfflärft  unb  14.  9lug.  1600.  S8g[.  3-  93. 
Äraltinger,  ©efd).  beS  SanbSberger  Schul* 
toefenS.  Sanbsberger  Programm  1883 ,  8  ff. 

2  *  Original  ebb.  $g(.  Slquaoioa,  21.  Oft. 
1600. 

3  SSortlaut  bei  Ärallinger  a.  a.  0. 
10  ff. 

4  *Excerpta  ex  Hist.  coli.  Landsberg.  1574 
bis  1720.  Excerpta  ex  hist.  Domus  1574—1678. 
91t.  9t.,  Jes.  1600. 

5  *Relatio  de  scholis  latinis  quae  Lands- 

bergae  petuntur  a  Societate  1615.  $Dt.  9t., 

Jes.  1600.  S8gl.  Sr  a  Hing  er  a.  a.  0.  17. 


6  *  Praxis  inspectionis  circa  schol.  Landsp. 
habitae,  9Jt.  9t.,  Jes.  1600.  Eine  ausführliche, 
ca  50  ©eiten  umfaffenbe  Ratio  restituendi  scho- 
las  latinas  Landspergae  1615  t>on  ber  Ipanb 
eines  igefuitcn  fept  bie  ßinjelheiten  ber  neuen 
Organifatiou  feft;  bie  äußere  Stbminiftration 
hat  ber  Seebant,  bie  innere  Schulleitung  ber 
9te!tor  beS  „IJJrobationShoufeS".  Sie  9tegeln 
entfpredjen  ben  9tegeln  ber  ^cfuitenfchulen.  Ser 
erfte  Sehrer  erhält  200,  ber  jmeite  150,  ber 
britte  100  ©ulbeit.  9t.  a.  0.,  Jes.  1605.  SSort* 
laut  ber  neuen  Sdjulorbnung  non  1615  mit  beni 
bezüglichen  Sefret  beS  StagiftratS  Dom  9.  0ft. 
1615  bei  Ära  Hing  er  a.  a.  0.  19  ff. 

7  *  Original  SW.  9t.,  Jes.  1605. 


lütte  unb  neue  -ftieberlaffnngen :  Äonftonj. 


259 


ÜUfajimüian  forberte  unter  bem  7.  Segemkr  1630  bie  (poffammer  gu  einem 
^8ericf)te  auf.  Siefer  Seridft  Dom  12.  Segentber  1630  fiel  gegen  ben  9?at  aus, 
meil  SanbSberg  gu  arm,  ringsum  fefjon  ©pmnafien  genug  feien,  bie  Schule  burcf) 
bie  Oberleitung  ber  ^efuiten  f)inreic§enb  Derforgt  fei1. 

Sie  £anbsberger  liefen  aber  niefjt  loder,  fie  gemannen  ben  ßürfürften  unb  ben 
“^roDingial  für  ihren  $lan.  21m  13.  September  1631  fam  ein  Vertrag  groifc^en 
bem  Sat  unb  bem  ^robinjial  Söelfer  gu  ftanbe,  nad)  meinem  bie  ^efuiten  baS 
©pmnafium  übernehmen,  bafür  jäfjrlicf)  600  ©ulben  erhalten,  bie  nic^t  erhöht  merben, 
menn  auch  fpäter  Sialeftif  unb  SJtoral  fjingutreteu;  beim  Kolleg  baut  bie  Stabt  ein 
©hmnafium,  einftmeilen  unterrichten  bie  patres  in  bem  alten  fleinen  ©pmnafium2. 

Ser  fdjmebifdje  ©infall  aber  machte  biefe  ^läne  gunic^te.  211S  bie  meltlidfen 
Sel)rer  geflohen,  übernahmen  bie  Qefuiten  auShilfSroeife  1633  bie  Schule3.  $m 
^afjre  1640  erneuerte  bann  ber  fRat  feine  Sitte  bei  bem  fßroüingial  ©raoenegg. 
SOiefer  antmortete  am  7.  9Jtai  1640,  ber  9?at  möge  mit  bem  Seftor  beS  SioüigiatS 
bie  Sache  näher  befprecf)en.  ©nblid)  fam  am  1.  September  1640  ein  neuer  Sertrag 
gu  ftanbe,  in  bem  eS  unter  anberem  t)ei^t ;  „SRadb)  fo  Dielen  unb  mieberholten  Se= 
mühungen  ihrer  Sorfahren  hat  enblich  ber  ^roüinjial  SBoIfg.  ©raDenegg  ihren 
gliihenben  Sitten  @ef)ör  gegeben.  Ser  Sat  mirb  einen  Neubau  für  baS  ©pmnafium 
unb  eine  Söafferleitung  für  baS  SioDigiat  herftellen,  jährlich  150  ©ulben  galten  ufm."4 

Sie  ^ahreSbriefe  oon  1641  berichten:  SaS  ©pmnafium,  baS  ber  ÜD7agiftrat  Don 
SanbSberg  fdf)on  lange  erbeten,  mürbe  enblich  in  biefem  ^ahre  errichtet  mit  fünf 
klaffen  (^oefie  eingefchloffen)  unb  43  Schülern.  $|m  ^ahre  1642  trat  bie  Shetorif, 
1650  bie  Sogif  hingu 5. 


$n  bem  heutigen  Saben  entftanben  gmei  Kollegien  in  ®onftang  unb  greiburg. 
Ser  21uSbau  ber  feit  1592  in  ^onftanj  befte^enben  SRieberlaffung 6  gu  einem  Kolleg 
Ijatte  mit  Dielen  Schmierigfeiten  gu  fämpfen.  „Ser  ßuftanb  ber  Siögefe  ^onftang 
mar  um  bie  Söenbe  beS  16.  QahrffunbertS  fe^r  bebenflid).  Siele  meltlic^e  ÜD?acf)t’ 
haber  betrachteten  bie  Kirche  nur  als  eine  gute  Ouelle,  aus  ber  fie  fich  bereichern 
fönnten,  unb  bie  ^riefter  ihrer  Serritorien  füllten  ihnen  babei  (panblangerbienfte 
leiften.  Ser  fö'leruS  mar  gum  großen  Seil  pflichtoergeffen.  .  .  .  Sie  ®löfter  hatten 
mit  menigen  2luSnahmen  ihre  Seftimmung  aus  bem  21uge  oerloren."7 

3n  ®onftang  felbft  mar  ber  ^roteftantiSmuS  oorperrfchenb  unb  ber  ©lagiftrat 
allen  fat^olifd^en  ^ntereffen  feinblich  gefinnt.  „9?ad)bem  fö’onftang  (1538)  in  Dolle 
21bl)ängigfeit  Don  Ofterreich  gefommen  unb  bie  21uSübung  ber  alten  Seligion  mieber 
eingeführt  mar,  betrachteten  bie  ^onftanger  alles  rein  £tatholifcf)e  mit  äftifjtrauen. 
Söagten  auch  bie  Seugläubigen  nicht  mehr  fo  rüdfidftSloS  Dorgugehen  mie  in  ber 
$eit  beS  21bfalIeS,  fo  mehrten  fie  fich  hoch  gegen  bie  21uSbreitung  beS  ^atpoligiSmuS, 
fomeit  eS  ihnen  nur  möglich  mar.  Sagu  fommt  noch,  baff  bie  ^efuitenfurcht  für 
bamalS  als  eine  ber  pauptfächlichften  geitfranffjeiten  überhaupt  betrachtet  merben 


1  *  Sopie  ebb.  f  *®t.  31.,  Jes.  1605. 

3  Krallin  ger  a.  a.  0.  30.  Über  bie 

©djiDebenjeit  ogl.  g.  3  to  erg  er,  ßur  ©efd). 
2anb»berges  mäprenb  be§  iSreifjigjäbrigenKriegeS. 
2anb3berger  Programm  1882,  13  ff  unb  bat? 
6.  Kapitel. 

4  *  Kopie  Jes.  1605.  SBortlaut  bei  Kral» 

I  i  lt  g  e  r  a.  a.  0.  33  ff.  SSeitere  Sitten  im 

DrbinariatSarcfjiö  Süuggburg :  gefuitentolleg 

Sanblberg. 


5  *  Litt.  ann.  Landsberg.  Qapre  1649 
äätjltert  bie  feefy»  klaffen  unter  brei  2eprern 
oon  ber  94f>etorif  angefangen  5,  13,  16,  10,  8, 
13  ©cpüler. 

6  $ßgl.  33b  I,  ©.  407  ff.  $ie  *  Originalton 
refponben^  über  bie  SSegrünbung  beS  Koüeg§ 
1591  ff  in  Karlsruhe,  &.  2.,  Konftanj  Stifte 
unb  Klöfter  886. 

7  §  o  1 1 ,  fgürftbifcpof  3at.  tgugger  (1898)  83. 
21gl.  ebb.  35  ff  44  ff. 


17 


260 


Süierted  Äapitet.  $ie  oberbeutfdje  fßroüinx. 


muff"  Sei  ben  Bemühungen  um  ein  Äolleg  in  ®onftanj  „mar  ber  fjauptfäd;Iic^fte 
BerhinberungSgrunb  ber  entliehene  SBiberftanb  ber  ©tabt  ßonftanj"  1. 

®er  fifauptförberer  beS  Kollegs,  ber  ^arbinal  21nbreaS,  ftarb  am  12.  üftooember 
1600,  unb  fo  fcfjienen  bie  21uSfidjten  menig  günftig.  216er  ber  neue  Bifdjof  Johann 
©eorg  0.  £>aßmet)l,  ein  ^efuitenfclfüler  unb  ^ongreganift  non  SDidingen,  ber  anfangs 
freilich  mehr  für  ein  ©eminar  mar,  fucfjte  6alb  mit  ben  Ipinberniffen  entfdjieben  auf« 
juräumen.  21ud)  ber  Sujerner  Nuntius  gab  fomofjl  beim  Kapitel  als  bei  bem 
neuen  Bifdjof  ben  entfdjiebeneu  SSillen  beS  ^apfteS  für  bie  ^ollegSgrünbung  funb. 
Clemens  VIII.  felbft  lobte  am  5.  9J?ai  1601  ben  (Sifer  beS  BifdjofS  unb  Kapitels 
unb  empfatjl  fefjr  bringenb  baS  Kolleg2.  ®er  ©tabthauptmann,  ber  Qaljre  Ijinburd) 

ber  Regierung  in  QnnSbrnd  mit 

0unmiartfd)er  3nn$4ft 

jctComcolPonOcmUc^ 

Den  beß  ^ctIt^cnQ3cic^hvjcr^$onrabi/ 

^t'fc^pjfcnenP 'Patronen  jn^oflanß. 

©eilten 

ffofhmf  amQ5obcnfee/&cp  ber  Dedicatioa 

bernemen  erbafofen©.  £onrabt  £irdjfn/  NrSocietet 
IE  S  V,  fo  Der -Oocbroäroigc  in  ©ott  #ür|l  »nnbdDm/ 

S)tr>  3afob/Q5ifrf)ojljn  jfcPanQ/fxrifnöfrOlfie^tiKW/ 


tm&Otningtn/i'c.icn  ‘4-.  Oftobus.confccrirt 
pnnb  gtnptp^et  bat. 


allerlei  Befürchtungen  bange 
gemacht,  nahm  eine  künftigere 
Haltung  ein.  „®ie  21ufnahme 
ber  ^efuiteit  hatte  Ja  meber 
eine  reidjSüerbroffene  fßartei  in 
®onftanj  gefchaffen,  noch  bie 
angefehenften  Bürger  in  ben 
Xhurgau  getrieben,  noch  be.m 
©emeinmefen  fdjäblidjeßmiftig« 
feiten  unter  ben  Bürgern  ge« 
geitigt.  21ud)  mit  bem  SSelt« 
HernS  oertrugen  fid)  bie  ‘patres 
gut,  unb  ber  latljolifdjen  9teli« 
gion  maren  fie  eine  (pauptftüfje. 
©o  h^ten  fid)  alfo  bie  Be« 
fürcfjtungen  .  .  .  als  eitel  unb 
grunbloS  ermiefen."3 

®ie  Berhanblungen,  um 
baS  nötige  ©tiftungSfapital  ooit 
40000  ©ulben  gu  befdfjaffen, 
über  baS  mau  fid)  im  f^ahre 

1602  im  mefentlidjen  geeinigt, 
brachten  natürlich  noch  manche 
©dimierigfeiten.  2lm  22.  Sftärj 

1603  erlaubte  2(quaoioa  für 
beit  (perbft  bie  Errichtung  oon 
oier  klaffen  bis  gur  §umani* 
tat.  211S  fich  bann  neue  ^inber« 
niffe  befonberS  roegen  ber  in 

21uSfid)t  genommenen  SBoljnung  einfteUten,  mahnte  am  30.  21uguft  1603  ®arbinal 
©pntljiuS  im  tarnen  beS  ^apfteS  ben  Bifdjof,  baS  SSerf  gu  befchleunigen 4.  ©in 


(Sebrucf  tju 
^öobenfee/bei) 
t>fn  TBittib. 

I  6 


f’eonh.Straui 

ANNO 


3ur  Gintoeitmug  ber  3efuitenfirdje  in  fionftonj  1607.  (2/3) 


'  $q  o  1 1  a.  n.  D.  85—87. 

2  ionr.  ©röber,  ©efd).  be§  Qefuiten« 

follegö  unb  @t)mnafiutn§  in  Sonftanj  (1904) 
35  ff.  £uer  vn  ff  bie  befte  Überfidd  über  bie 
Ütrcbiüalicn  unb  bie  gebrudte  fliteratur.  ©nt 
orientiert  bie  ipanbfcbrift:  ©rünblidjer  Söegriff 

be§  ®otIeg3  iit  Sonftan*.  $art§rut)e,  ©.  ü., 
Siopialb.  149G.  Jpier  f.  21  baö  SDtemorial  beS 


P.  Stlej  fetter  Opöüer)  über  bie  bem  &otleg 
cntgegenftelfenben  SdjtBierigfeiten. 

3  ©röber  a.  a.  D.  38. 

4  6bb.  40  ff.  33gl.  ba§  Schreiben  Don  ßtfjo 
©tfenreid),  24.  2tng.  1612,  an  bett  3Midiof  unb 
Stntroort  be§  lefcteren,  15.  Oft.  1602,  in  ® rünbt. 
begriff  29  ff. 


261 


9dte  unb  neue  DJieberlaffungcn:  Sonftanj. 

9teje§,  ber  Dom  93ifcf;of  am  22.  Oftober  1603  an  beit  ißapft  gefcljidt  unb  beftätigt 
mürbe,  regelte  bie  Sinjellfeiten  1.  SDiefer  S^ejefj  fanb  jroar  nidjt  beit  ootten  Seifall 
ber  ftonftanjer  Qefuiten,  aber  ifjre  Sebenfen  fcfjlug  Slquaöioa  mit  ber  SBeifung 
itieber,  ber  ißapft  ftefje  über  ben  ®onftitntionen  unb  beSfjalb  fei  ber  Sfejefj  anju* 
neunten 2. 

®er  injmifcffen,  11.  Januar  1604,  erfolgte  £ob  beS  eifrigen  unb  fittenreinen 
Sifdjof-S  o.  ^jattmepl  fonnte  ben  niederen  Fortgang  nicfjt  fjemmen,  ba  bereits  am 
27.  Januar  1604  ein  ebenfo  eifriger  Prälat,  Qafob  Su99er/  Qn  feine  ©teile  trat. 

Obgleid)  bie  Sage  nod)  nid^t  ganj  gefeftigt  mar,  begann  ber  Obere,  P.  Sifenreicf), 
am  6.  Slpril  1604  mutig  ben  Sau  be§  Kollegs,  unb  fcfjon  am  28.  Stuguft  1604 
legte  ber  Sifdjof  ben  ©runb* 
ftein  für  bie  Stirdje.  ®a§  1605 
unter  2>adj  gebrachte  Ä’odeg 
mar  ein  ftattlicfjer  Sau  non 
227  gufj  Sänge  unb  48  gufj 
Sreite,  enthielt  aufjer  ben 
SBirtfdjaftSräumen  41  gimmer 
unb  20  E)ci§bare  @tuben(Hypo- 
causta);  e§  mürbe  am  16.  Of* 
tober  1607  bezogen.  2)ie$ircf)e 
fonnte  am  15.  Oftober  1607 
eingemeifjt  rcerben.  ift  ein 
fdjlicfjter  Sau,  ber  meber  im 
Slufjern  nod}  im  Innern  eine 
padenbe  SBirfung  auSübt3. 

2>er  neue  ©pntnafialbau  mürbe 
1608  begonnen  unb  1609  Doll* 
enbet.  @r  mar  130  gufj  lang 
unb  50  fyufj  breit  unb  fjatte 
aufjer  ber  Slula  (im  oberen 
©tod)  adjt  fef»r  geräumige 
fölaffenjimmer,  bie  1610  in  Se* 
nutjung  genommen  mürben. 

@o  mar  ber  Sau  oon  ßolleg, 
föircfje  unb  ©tjmnafium  inner* 
fjalb  fed)§  $af)ren  oollenbet 
morben  trot3  ber  teuern  $eit, 
be§  ©elbmangelS  unb  fortmäl)* 
renber  Sefefjbung.  ®urcf)  frei* 
millige  ©penben  maren  über 
30000  flor.  aufgebracht  morben.  „@S  gab  faum  eine  klaffe  ber  Seüölferung,  aus  ber 
nicht  bem  Sau  llnterftüfjungen  jufloffen.  ©S  fam  felbft  baS  ©cfjerflein  ber  SBitfrauen, 
ber  £)ienftboten,  ber  manbernben  Seute,  ja  fogar  bie  Qnfaffen  ber  2(rmenl)äufer 


©ummarlf^cr^ttn^dlt  txr  £tcm<bf<tr7 

ont>em|3pi(m(M0P 

imton  /  tmt>  ferner  SBunDctPadtcfe» 

Sötft&rung. 

©galten  $u  £  ofian#  tn  btm  Gymnafio  Socictatis 
I E  S  V ,  ben  lo-O&ob.Änno  1 6 1 8. 


©ttrutft  ju  Manf?  am  33obfnf<(/bur$  £rc>n$qrt 

6mwbcn/  Typ.  Ordinario.  Anno 
MDC.XVIIL 

2>ic  fionftfliiaer  fioiniibie  Philemon  1618.  (2/3) 


1  *  Original  in  SarlSruffe,  ©.  2.  Sonftanj, 
ffilöfter  873.  SBortlaut  and)  *  ©riinbl.  begriff 
50  ff.  2>rucf  bei  ©  r  ö  b  e  r  a.  a.  0.  265  ff. 
2>aS  93reoe  Siemens’  VIII.  oont  10.  San.  1604 
in  ©riinbl.  Sericfjt  f.  48  ff  unb  in  Sonftanä, 
Slöfter  873. 

2  Slquabioa  entfdjieb  1604:  Omnino  acquie- 


scendum  breveque  Summi  Pontificis,  cum  is 
supra  Constitutiones,  sit  venerandum.  Hist, 
coli.  Const.  —1638,  SariSrufje,  ©.  2.,  £anb= 
fefirift  1400,  f.  25 v.  93gl.  ©röber  a.  a.  0. 
59  f. 

3  93  r  a  u  it  a.  a.  D.  II  109  ff.  ©röber 
a.  a.  0.  67  ff. 


262 


Sßierteg  ftapitel.  2>ie  oberbeutfd)e  tßroüinj. 


moKten  besteuern  unb  freuten  fidj,  tuenn  man  nur  ihre  geringe  ©abe  ber  2lnnat}mc 
miirbigte."1  ©er  9Ragiftrat  fd;enfte  einen  großen  unb  einen  neuen  23ruunen. 
©roffe  ©uninten  fpenbeteu  ber  23ifdjof,  bie  fJ3rätaten,  Srgtjergog  9Rag;imiIian  oon 
©irot,  bie  pergoge  non  23at)ern,  ber  2lbet  beS  |>egauS,  2tttgäuS  unb  oom  23obeitfee, 
unter  ihnen  befonberS  föonrab  non  23obmann2. 

®ie  1603  auS  9  f}3rieftern  unb  6  23rübern  beftefjenbe  ÜRiebertaffung  gäljtte  feit 
1605  meift  19 — 22,  geitmeitig  tuegen  ber  nieten  Qtüdjttinge  40—50,  feit  1639  burdj- 
fdjnitttich  24  OrbenSmitgtieber.  „Qum  erften  tßeftor  mürbe  eines  ber  tüdjtigften 
OrbenSmitgtieber  gemäljlt,  P.  SRetdjior  ©egentjart.  Sr  mar  geboren  gu  ©djmäbifd)« 
©münb.  Qn  91om  trat  er,  bereits  ißriefter,  in  bie  ©efettfdjaft.  Sr  mar  fetjr  feelen- 
eifrig  unb  tjatte  eS  befonberS  auf  bie  Qugenb  abgefefjen.  9iodj  atS  Dieftor  mifdjte  er 
fidj  unter  bie  fö'inber  unb  unter  bie  §äretifer  beS  niebrigften  ©tanbeS  in  ben  23orftäbten 
unb  Dörfern,  um  ihnen  bie  SlnfangSgrünbe  beS  fat^otifcf)en  ©taubenS  beigubringen. 
Sr  mürbe  ftein  mit  ben  kleinen  unb  mürbe  allen  atteS,  gur  §itfe  ben  2lrmen,  gum 
9J?af)ner  ber  9ieicf;en,  Berater  ber  ©efunben,  ©röfter  ber  Fronten,  £>itfe  ben  ©terbenben, 
um  alte  für  StjriftuS  gu  geminnen.  ©abei  mar  er  mitbe  unb  immer  fjeiter.  Sr  er- 
roartete  altes  nur  non  ©ott  unb  nom  ©ebet.  ^atte  er  ein  befonbereS  Stntiegen,  fo 
fügte  er  bem  ©ebet  fernere  2(btötungen  fjingu,  bis  er  Srfjörung  fanb.  StBurbe  er  auf 
SRiffionen  gefdjidt,  fo  begann  er  batnit,  bie  2tuSfäüigen  gu  pflegen  unb  in  ben  ©pitälern 
bie  fcfjmerften  ©ienfte  gu  oerrid)ten."  3 

2(m  18.  Of'tober  1604  begann  ber  Unterricht  in  fünf  engen  ^Räumen.  ©a  bie 
Qaljl  ber  ©dpiter  batb  auf  250  ftieg,  teilte  man  1606  bie  ©tjntaj;  in  gmei  21b- 
teitungen,  fo  baff  fecfjS  ©pmnafialflaffen  beftanben.  ©aneben  mürben  noch  23ortefungen 
über  ©iateftif  unb  9Rorat  (Casus)  gehalten,  beibe  anfangs  oon  bem  nämlichen 
fßrofeffor.  Qm  Qafjre  1643  mnrbe  noch  ein  philofophifdfer  ®urS  beigefügt,  roeit 
oiele  abfolüierte  91hel°r^er  megen  SRangetS  an  Mitteln  auSmärtige  2lfabemien  nidjt 
befuchen  fonnten  unb  fo  ihr  ©tubium  abbredjen  mufften.  Qm  Qafjre  1648  lehrten 
2  fßatreS  9Rorat,  1  Sogif;  3  fßriefter  unb  3  ©djotaftifer  unterrichteten  am  ©tjmnafiutn4. 
©ie  Äonftanger  Qefuitenfdjute  mar  nidjt  allein  oon  Dielen  21betigen  befucht,  and) 
oerfdjiebene  Crben  fanbten  ihre  jungen  SRitgtieber  borttjin.  ÜRadj  ber  fJSeft  mürben 
im  Qahre  1637  300,  1639  unb  1646  400  ©djiiter  gegäf)tt.  23oit  biefeit  ermähtten 
manche  ben  OrbenSberuf;  fo  g.  23.  traten  1645  24  in  oerfdjiebene  Orben  unb  2  in 
bie  ©efeüfdjaft. 

©er  Söiograpl;  beS  23ifdjofS  Qafob  Qugger  hebt  perDor :  „gälten  bie  Qefuiten 
btoff  bie  Schuten  gehalten,  fo  mären  ihre  23erbienfte  um  föonftang  unb  bie  ©iögefe 
fcf)on  grojf  genug  gemefen,  aber  fie  taten  nodj  mehr  burdj  ihre  fonftige  ©eetforge. 
Qt)r  erfteS  2tugenmerf  ridjteten  fie  auf  bie  ßinber,  um  oor  altem  biefe  im  fatfjotifdjen 
©tauben  gu  erhalten  ober  fie  bemfelben  mieber  gu  geminnen.  SReift  hielten  fie  bie 
$atedjefen  in  ber  ßirdje  beS  ht.  QobofuS,  bie  in  einer  faft  nur  oon  ^5roteftanten 
bemohnten  unb  ftarf  oerrufenen  23orftabt  tag.  ©er  Srfotg  mar  anfangs  grnar 
gering;  als  aber  bie  afatfjotifdjen  Sttern  fahen,  mie  tiebeoott  bie  ^inber  betjanbett 
unb  mit  fteinen  ©efdjenfen  für  ihren  Qteiff  belohnt  mürben,  ba  fdjidten  audj  fie  bie 
ihrigen,  fo  baff  batb  mehrere  tjunbert  gufammenfameit,  bie  nadjfjer  gum  größten  ©eit 
bem  fathotifdjen  ©tauben  erhalten  blieben."5 

©eit  1592  prebigten  bie  Qefuiten  an  alten  ©onit-  unb  Qefttagen  im  ©orn,  unb 
groar  anfangs  nadjmittagS,  feit  1607  aber  oormittagS;  in  ber  Qaftengeit  maren  audj 

1  ©röber  a.  a.  0.  54.  2  ©bb.  61.  auf  bie  einzelnen  Slurfe  unter  ad)t  Sctjrern: 

3  £>oll  a.  a.  D.  94.  91toral  20,  Sogif  18,  9lf)etorif  uft».  30,  37 

*  *  Litt.  ann.  unb  *Catal.  Prov.  Germ.  sup.  74,  51,  58,  51.  *  9)1.  9t.,  Jes.  570. 

3m  Sabre  1649  »erteilten  fidj  bie  Stubenten  5  §oll  a.  a.  D.  96. 


Sitte  ltnb  neue  Stiebcrtaffungen:  Konftanj. 


263 


an  Söerftagen  ^ßrebigten.  £>a$u  famcn  bie  Sßrebigten  in  ber  Kolleggfirdje.  ütt 
brei  Orten  ber  ©tabt  fjielten  fte  Katecljefen.  ©djon  1601  nmrbe  bag  öierjigftünbige 
©ebet  toäfjrenb  ber  gaftnadjtgtage  eingeführt.  gür  bie  Qaljre  1646  unb  1647 
werben  beutfdje  ^affion»fpiete  erwähnt,  bie  am  ©rünbomtergtag  unb  Karfreitag  in 
ber  Kirdje  aufgeführt  würben  unb  einen  ungeheuren  ßulauf  fanben. 

Balb  nach  Eröffnung  ber  ©djulen  nahm  1605  eine  ÜDtarianifdje  ©tubenten* 
fongregation  mit  70  SRitgliebern  ihren  üitfang,  1649  waren  eg  200.  ©djon  am 
5.  gebruar  1606  würbe  eine  größere  lateinifd)e  Kongregation  abgeneigt,  ber  Saiett 
au§  ben  hbfjeren  ©tänben  unb  ©eiftlidje  beitraten,  unter  festeren  Bifdjöfe  unb  übte. 
®ie  Biirgerfongregation,  bie  befonberg  aug  tüchtigen  £>anbwerfern  beftanb,  begann 
29.  SRärj  1615  mit  20  Bürgern,  im  fotgenben  ^ahre  gäljlte  fie  150  unb  1619 
bcreitg  250  SJRitglieber.  Ebenfallg  im  Qiahre  1615  würbe  bie  Bruberfchaft  für 
jüngere  ^rjanbwerfggefellen  mit  90  9Ritgliebern  gegrünbet. 

ün  ©onntagen  fajjeit  gewöhnlich  adjt  ^Satreg  ben  gangen  Vormittag  im  Beidjt* 
ftufjl.  ®ie  jährliche  3af)l  ber  Beidjtenben  betrug  in  ben  fpäteren  fahren  burch* 
fdjnittlid)  gegen  40000.  ^n  bem  ^weiten  ^ahrjehnt  gählte  man  jährlich  18— 25000 
Kommunionen,  1632  waren  eg  29000,  1645  unb  bie  fotgenben  Qaljre  28 — 30000. 
üudj  hier  wirfte  bie  Einführung  ber  monatlichen  ©eneralfommunion  fet)r  jur 
görberung  beg  ©aframentenempfangeg. 

„üucfj  an  anbern  Orten,  wo  bie  ^efuiten  miffionierten,  waren  ihre  Arbeiten 
non  reichem  ©egen  begleitet,  ^n  fftatengburg  waren  fie  fiegreidje  SSerteibiger  beg 
fatholifdjen  ©taubeng  unb  hemmten  bag  Untfidjgreifen  ber  £>ärefie;  in  SReersburg 
prebigte  ülepanber  Roller  mit  großem  Erfolge,  unb  in  oieten  anbern  Dörfern  unb 
©täbten  ringg  um  ben  Söobenfee  wirften  fie  in  gleicher  SBeife.  ^hr  $Ruf  oerbreitete 
fich  immer  mehr,  unb  auch  anbere  ©täbte,  wie  Überlingen  unb  Bregenj,  boten  ihnen 
je£t  ÜRieberlaffungen  in  ihren  SRauern  an."  über  bie  Übernahme  muhte  wegen 
SRangelg  an  Seuten  abgetetjnt  werben 1. 

Obgleich  Konftanj  nie  ton  feinbticfjen  Gruppen  befe^t  würbe,  machte  fidj  ber 
Krieg  bodj  Wieberhott  fe£)r  fühlbar,  ülg  fich  ani  H-  1632  bie  erften  fchwebifdjen 
Leiter  üor  Überlingen  geigten,  floh  atteg  nad)  Konftanj 2.  ®ag  Kolleg  war  über» 
füllt  ton  flüchtigen  ^atreg  unb  ©cholaftifern.  üud)  SRitglieber  anberer  Orben 
fugten  unb  fanben  im  Kolleg  Söofjnung  unb  Unterhalt.  „®ie  Qefuiten  nahmen  an 
ben  2>rangfalen  ber  ©tobt  treuen  ünteil  unb  taten,  wag  in  ihren  Kräften  ftanb, 
um  ben  3Rut  ber  Betölferung  burd)  ißrebigt  unb  ßufprud)  Su  h^011/  toofitr  ihnen 
nidjt  allein  bag  Kapitel,  fonbern  aud)  bie  ©tabtbehörbe  tiefen  2)anf  wufjte."3 
folgenben  Qafjre  1633  wütete  im  Qnnern  bie  ton  ben  faiferlidjen  ©otbaten  eilt 
gefdjleppte  fßeft,  unb  tor  ber  ©tabt  brofjte  ber  fdjwebifdje  ©eneral  §orn  mit  ©türm. 
„®ie  ^atreg  eilten  ton  ©djan^  ju  ©djanje,  um  9Rut  jujufpre^en  unb  felber  (panb 
anjulegen."4  üucfj  bie  ©tubenten,  weldje  SSaffen  tragen  fonnten,  würben  bewehrt 
unb  bezogen  bie  2Sadjen  auf  ben  Stauern  unb  ©djanjen.  ÜRadjbem  ber  tpauptfturm 
am  10.  September  1633  glüdlicfj  abgefdjlagen,  befdjlofj  ©eneral  £orn,  am  1.  Oftober 
bie  Belagerung  aufjuljeben.  üucfj  in  ben  folgenben  Krieggjaljren,  fo  1643  unb 
1647/1648,  bejogen  augerlefene  ©tubenten  wieberfjolt  bie  SBacfjen.  SDie  $olg0n  b0§ 
Kriegeg  waren  für  bag  Kolleg  fefjr  traurig,  fie  brachten  bie  äufjerfte  tRot  unb 
ürmut,  man  muhte  alteg  täglid;  teuer  einfaufen,  ÜÜRejjger  unb  §anbmerfer  fonnten 
jahrelang  nidjt  bejaf)lt  werben;  eine  erbriidenbe  ©chulbenlaft  war  bie  $olge5. 


1  (£bb.  89.  SSgt.  ebb.  101  f  unb  baS  11.  Ka= 
pitet. 

2  K.  93  e  t)  c  r  I  e ,  Konftanj  im  Sreifstgjäfjrigen 

Kriege  (1900)  20  ff. 


3  ©  r  ö  b  e  r  a.  a.  0.  86  f.  4  ebb.  87. 

6  ebb.  94.  —  Sie  Obern  waren:  2tte£. 
£iöder,  1592;  Otto  eifenreid),  1602;  9Jteld)ior 
Segenfjart,  1604;  etjriftoptj  (steboriu^,  1614; 


264 


Viertes  Kapitel.  2>ie  oberbcutfcfjc  SJJroöing. 


all  biejen  Sfrbeiteit  unb  Seibeit  waren  aber  fdjöne  ©rfofge  erhielt  worben. 
„9)?an  barf  ohne  Übertreibung  jagen",  jo  ^ebt  ber  neuejte  ©efdjichtjdjreiber  beS 
it'onftanger  ftottegS  t)eroor,  „baff  tonftang  unb  ein  guter  Seil  oon  ©übbeutfdjlanb 
beit  ^efuiten  beit  fattjolijcfjen  ©tauben  oerbanfen."* 1  „Sie  (Stabt  ßonftang",  jo 
fjeijtt  eS  in  einer  SluSfage  auS  bent  ^afjre  1627,  „wirb  oon  7000  ^erfotien  be= 
woljnt,  unter  benen  jtef)  nur  itoc^  wenige  3lnberSgläubige  bejinben."2  Ser  int  Anfang 
fefjr  gegen  jie  eingenommene  ^onftanger  fRat  bezeugte  fcfjon  in  jeiner  ©Ijrenerflärung 
oom  12.  Segember  1614:  „2Sir  jotleit,  fönnen  unb  miijjen  ungrrüfjmt  nidjt  tajjen, 
bafj  bei  ben  patres  anbereS  nidjt  als  ein  ejremplarifdjer,  untabelfjajter,  priefterlicfjer 
SBanbel  gu  erfeljen;  and)  bafj  jie  gegen  weltliche  Obrigfeit  ©fjrerbietung  erzeigen, 
gegen  il)re  9?ebenmenfd)en  mit  ©uttaten  mittig  jinb  unb  bafj  alt  itjre  gürforge  eingig 
bahin  gejteCtt  ijt,  mit  emjigen  ©otteSbienften,  jßrebigen,  S3ejud)ting  ber  Sirmen  unb 
Äranfen  rühmlichen  frommen  unb  9iut$  gtt  fdjaffen."3  3luc^  jpäter  fprad)  ber 
Sfagiftrat  ben  ^ejuiten  burdj  2Bort  unb  Sat  mieberfjott  jeine  Slnerfennung  aus4, 
©o  „Ratten  jidj",  mie  ber  Siograph  beS  SifdjofS  gugger  betont,  „allen  Ser« 
teumbungen  unb  Serbacfjtigungen  gttm  Srop  bie  Witter  ber  ©ejelljcfjaft  in  alt  itjren 
2Birfung§freijen  rajd)  bie  Siebe  unb  Seref)rung  aller  erworben,  unb  jogar  itt  ber 
©tabt  fö'onftang,  wo  man  jie  anfangs  mit  jo  grofjem  SBiberftreben  aufnahm,  war 
ein  ooflftänbiger  SBanbel  ber  Meinungen  eingetreten"5.  Sin  biejen  ©rfolgen  ^atte 
ber  erjte  Obere,  SUepanber  Rätter,  einen  gang  bejonbern  Slnteil.  „Sie  ©rftarfung 
beS  fatholifcfjen  ©laubenS  unb  SebenS  in  ^onftang  am  beginn  beS  17.  ^aprhunbertS 
ijt  nid}t  gum  minbejten  HöllerS  Serbienft."6 

©r  war  geboren  im  Qafjre  1535  in  Stöien,  wo  jeine  ©Itern  bem  erjten  ^ejuiten 
in  ber  ^aiferftabt  gajtticfje  Slufnaljme  gewährt  Ratten.  Saburch  reifte  in  it)m  ber 
©ntfdjlufj,  jidj  biejen  ÜDÜinnern  angufd)liefjen.  9Jfit  21  fahren  eilte  er  nadj  Som 
unb  würbe  bort  oon  P.  Satjneg  in  bie  ©efellfdjaft  aufgenommen.  Son  feinen 
oerjdjiebenen  Arbeiten  würbe  bereits  friifjer  berichtet 7.  Sei  ber  ißeft  im  ^afjre  16 H 
bat  ber  72  jährige  ©reis  ben  Sieftor  inftänbig,  er  möge  ifjm  bie  pflege  unb  ©eel« 
jorge  ber  jßeftfranfen  gejtatten.  ©r  fei  ein  alter  SÜJiann,  an  bem  nicht  oiet  gelegen, 
ber  ohnehin  batb  jterbe,  mätjrenb  ber  Sob  eines  ber  jüngeren  patres  für  baS  Ä'otteg 
ein  fdjwerer  S5er(uft  jei.  Ser  Oleftor  jdjtug  bie  Sitte  ab.  Sropbem  bereitete  jidj 
P.  Holler  auf  ben  Sob  Oor.  Salb  erfranfte  er  attdj  wirftic^.  „211S  man  in  ber 
©tabt  oon  P.  Rollers  ©rfranfung  erfuhr",  jo  berichtet  ber  ©efdjid)tfdjreiber  beS 
fö'oüegS,  „geigte  jidj  überatt  bie  her3fidjfte  Zeitnahme;  beim  Rotier,  ber  nun  baS 
achtgehnte  ^ahr  in  ^onftang  tätig  war,  hatte  burdj  fein  heiügmäfjigeS  Seben,  burcf) 
bie  Seutfeligfeit  im  Serfef)r  mit  alt  unb  jung  unb  burcf)  feine  Sücf)tigfeit  als  ©e« 
wijjenSrat  unb  ©eelenfüfjrer  bie  ©pmpatljie  aller  gewonnen.  Scocf)  im  SUter  hielt 
er  an  ber  jtrengen  förderlichen  SlSgefe,  bie  er  mäfjrenb  jeiner  fräftigen  ^afjre  geübt 
hatte,  jejt.  28ie  ber  lepte  Saienbruber  befolgte  er  bie  Hausarbeiten.  Um  mehr  ßeit 
für  bie  ©eel jorgearbeiten  gu  gewinnen,  jtanb  er  an  Seid)ttagen  eine  ©tunbe  oor 
ben  anbern  auf  unb  wibmete  jie  ber  ^Betrachtung.  Sann  fajj  er  jajt  ben  gangen 
Sag  über  im  Seid)tftuf)l-  Oliej  man  ihn  nachts,  jo  folgte  er  jreubig,  ohne  SDiurren. 
Qn  ben  festen  neun  DJfonaten  feines  SebenS  hatte  er  nodj  12260  Seidjten  gehört. 
Söafjrer  Sugenb  fann  niemanb  feine  21nerfennung  oerjagen.  SaS  geigte  jidj  wieber, 
als  P.  HöIIer  am  29.  ©eptember  [1611]  ber  Äranfljeit  [ber  jßeft]  erlag.  Sa  befahl 


Sal.  ffltapr,  1618;  366.  tf)äpfcl,  1623;  ©e&l). 
Meininger,  1629;  3J taj  ©ifetireicf),  1645;  gaf. 
'Hobler ,  1647 ;  ©eorg  SHiiglin ,  1650.  Sgl. 
©röber  a.  a.  0.  274  ff. 

1  ©bb.  188.  2  Sbb.  192. 


3  ©inblottbrucf.  Sgl.  ©  r  ö  b  e  r  a.  a.  0.  79  f. 

4  Sgl.  ebb.  72  f. 

5  £>  o  1 1  a.  o.  0.  105. 

6  ©röber  a.  a.  0.  197. 

7  Sgl.  Sb  I,  407  ff. 


5tltc  unb  neue  92icberlaffungcn :  ßonftanj. 


265 


ber  SD?agiftrat,  bafj  am  hellen  Sage  —  man  begrub  fonft  bie  Soten  in  ber  ißeftgeit 
tor  bem  2loe  am  borgen  ober  nad)  bem  StngeluS  am  Slbenb  —  ein  allgemeines, 
feierliches  Seic^enbegängniS  ftattfinbe.  Sa  fam  jnfammen,  roaS  gefunb  unb  nicht 
bei  ber  pflege  ber  [SJ5eft*]  Oranten  nötig  mar.  Sa  läuteten  bie  ©locfen  mieber  ein¬ 
mal  ju  einem  53egräbniffe,  ba  trugen  in  bem  ^eichenjuge  bie  ©eiftlidjeu  unb  OrbenS-- 
leute  auS  ber  ganzen  (Stabt  Kerzen  in  ber  Siechten  unb  begleiteten  bie  Seicfje  auf 
ben  SJiünftergotteSacfer,  eigentlich  gegen  ben  üBillen  beS  93erftorbeneit,  ber  gebeten 
hatte,  auf  bem  Schottenfriebhofe,  raie  bie  anbern  Opfer  ber  fßeft,  begraben  ju  merben. 
Sie  Überzeugung  mar  allgemein,  baff  man  einen  ^eiligen  begraben,  unb  man  ftritt 
fich  um  f leine  Slnbenfen  aus  feiner  armen  ^interlaffenfcfjaft."  1 
Slucf)  mehrere  in  jeber  93e* 

Ziehung  heroorragenbe  SRänner  |j  A  \j  I  H  H  k 

hatten  bie  Slrbeiten  beS  ^ollegS  jbibliotheca|| 

auf  alle  SBeife  unterftütjt,  fo  i  REGiA!£)a|s  jß; 

Z-  93.  ber  $onftanzer2Beil)bifchof  "Tnl 

Söalthafar  SBurer,  ber  9.  Fe¬ 
bruar  1606  im  üllter  oon 
92  fahren  ftarb.  Sr  mar  beit 
Qefuiten  fehr  zugetan  unb 
pflegte  oor  ihrer  Sinführung 
in  ^onftanz  zu  fagen :  „Qcf) 
merbe  nicht  eher  fterben,  bis 
ich  eiue  fefte  ÜRieberlaffung  ber 

1  O  A  N  N  I 

©Ifcf offen  )it  SofMmj/^cnn  Oer  CKrteßciui» 

. . .  ""  'n  °  Oeningen/ k.  ^nferem (öncbigen dürften  lenPhtnu/ 

ju  onbcrthfnigfnShtf«/vnb/mfgeniinigftfimlcrgaug* 
nctföifchöfflichfnConfecration,S3lürftrunf(h* 
ung  ff  omebimcifi  fürgcftcllt. 

‘JDon  Dem 


Saaten  /  etltcba:  bc$  fy.  SXom.  9Cetel>£  £r(h 

^ruchfrffcn  auf  beni  hochlöblicheti  t^taltcn 
2Ealbur,jj. 


Qefuiten  in  biefer  Stabt  felje." 
Unb  als  er,  oon  Sllter  unb 


enihochwutCMcn 


ur. 


Somprebiger  aufgeben  follte, 
antroortete  er:  „Sobalb  bie 
^efuiten  bie  Kanzel  betreten, 
miß  id;  gern  herabfteigen." 
Sterbenb  gab  er  ben  Qefuiten, 
bie  um  fein  Seit  fnieten,  noch 
ben  bifchöflichen  Segen,  mie 
ein  ißater  feine  Slinber  zu  feg* 
neu  pflegt.  SBurer  mürbe  „in 
ber  Shumblürchen  bei  ber  ßau* 
Zel  begraben,  bem  fein  Stady 
folger  in  bem  Sl)umprebiger* 
amt  P.  2pößer  eine  fehr  rühmlich 


GymnalioberSocietet  IE  SV  Jll  ffcffatif  ben 
2  2.Februarij. 


CJemitftju  ff  oftanf  anl33obcnfcc  /55c  p  onfiart  0tr<un 

t><n/ Typ.  Ord.  Anno  M.  DC.  XXfX. 

3uv  ßonfefrntion  beS  SBifdjof»  Zollamt  t>.  SJßnlbbmg  1629.  (2/3) 


Seidjenprebig  gehalten"2. 

Sin  ebenfo  großer  greunb  unb  görberer  mar  ein  anberer  ^onftanzer  2Seih* 
bifchof,  Qoh-  ^af.  üötirgel  (geftorben  22.  September  1629).  Sr  hatte  Den  ©runbfah: 
SBaS  bu  ton  @ott  empfangen,  muht  bu  zu  ©otteS  Sfjre  termenben.  Slufjer  tielen 
3uroenbungen  für  ßircfje  unb  Jft’oßeg  ber  Qefuiten  ftiftete  er  1626  noch  5000  ©ulbeit 
Zu  Stipenbien  für  brei  arme  Stubenten.  Q3on  einer  anbern  Stiftung  mürben  fünf 
Qefuiten  in  greiburg  unb  ^onftanz  unterhalten3. 


1  ©röber  a.  a.  0.  196  f. 

2  (£bb.  63.  $  oll  a.  a.  0.  184  ff. 

3  ©röber  a.  a.  D.  85.  ipoll  a.  a.  D. 


189  ff.  Über  ba»  Urteil  beö  SJuntiuö  Slquino 
tigt.  191  f. 


2(36 


SSierteS  &abitel.  $ie  oberbeutfcfje  fßrooinä. 


2Bie  biefe  SSeifjliifdjöfe,  fo  maren  and)  bie  23ifd)öfe  üon  Äonftanfl  eifrige  görberer 
beS  ÄoIIegS.  @anj  befonberS  mar  i£)m  gafob  gugger  gugetan  (geftorben  1626). 
&ein  gal)r  ging  üorüber,  in  bem  nicfjt  bie  gafjreSberidjte  2Bof)ftaten  non  if)m  üer» 
jeidjneten,  mefjr  als  lOOOO  ©ulben  manbte  er  bem  fö'olleg  ju.  „©einem  ÄleruS 
ging  er  burcf)  fein  eigenes  unbefcfjolteneS  Seben,  bitrcfi  feine  grömmigfeit  unb  feinen 
(Sifer  ftetS  mit  gutem  Seifpiel  üoran.  gn  mannen  ©tüden  jeicfjnete  er  fid)  üor 
ben  meiften  fßrälaten  feiner  geit  auS."  (Sr  mar  ein  großer  greuitb  ber  $inber 
unb  Sinnen;  feine  ^er^enSgüte  unb  greunblicfjfeit  mären  befannt.  ©ein  ganjeS 
Vermögen  üermadjte  er  ju  guten  gmeden 1.  ©ein  gmeiter  S^ad^folger,  gofjanneS 
non  2Salbburg=233olfegg,  mar  ber  erfte  ©djüler  beS  ^onftanjer  gefuitengpmnafiuntS, 
ber  ben  bifcfjöflic^en  ©tuf)l  beftieg.  (Sr  mirb  als  ein  fittenftrenger,  fjeiligmäfjiger 
93ifc^of  gepriefeit2. 

S3on  ^onftanj  aitS  mürbe  bie  SJiiffion  in  ginbau  begrünbet.  gn  Sinbau  f]errfd)te 
feit  100  gaf)ren  bie  Sefjre  gmingliS.  ®er  53ilberfturm  üon  1530  fjatte  mit  üielett 
efjrmürbigen  (Srinnerungen  an  bie  fatfjolifdje  23ergangenl)eit  aufgeräumt.  Äatfjolifd; 
blieb  nur  baS  reicf)Sfürftticf)e,  freimeftlidje  SDameuftift  llnferer  Sieben  grau3.  Stuf 
SSeranlaffung  beS  93ifd)ofS  golfanneS  üon  2Balbburg*2Bolfegg  unb  beS  ©rafen  SOcontfort 
tarnen  am  7.  Slpril  1628  bie  §mei  ^atreS  OSmalb  Sluguftin  unb  (Sf)riftopf)oruS  Sßib» 
mann  nadj  Sinbau  jur  ^Saftoration  beS  faiferlidjen  §eereS  unb  ber  umliegenben 
Orte4.  „(SS  fjaben  atlba  unfere  patres  ifjre  Söofjnung  üon  Slnfang  if)reS  (SinjugeS 
in  bem  fürftfidjen  ©tift,  mie  anc^  bie  rnefjrifte  Unterhaltung  bis  auf  baS  1634.  gafjr 
gehabt."5  ®ie  gefürftete  Slbtiffin  ©ufanna  üon  SSubenfjofen  unterftütjte  fie  tatfräftig. 
„Sinbau  mar  für  bie  gefuiten  ein  bornenreidjeS  SlrbeitSfelb;  aber  fie  hielten  troij 
ffSeft,  ßriegSunruhen  unb  93efet)bung  üon  feiten  ber  s^roteftanten  auS,  audj  nacfjbem 
mit  bem  lobe  ifjrer  ©önnerin  1634  bie  flöfterlid)e  ©aftfrennbfcfjaft  enbigte  unb  fie 
in  einem  53ürgerl)aufe  fid)  einquartieren  mußten.  Sin  Saienbruber  füfjrte  ihren  ärm» 
liehen  (pauShalt,  bie  SluSlageu  mürben  teils  üom  Äonftanjer  Kolleg,  teils  üom  S3ifdjof, 
teils  üon  anbern  2Bot)ltätern  beftritten."  6 

SBeitergehenbe  ißläne  fcfieiterten.  TDer  33ifd)of  üon  Äonftan^  manbte  fid)  am 
2.  Sioüember  1630  au  ben  Ä'aifer  für  bie  (Srridjtung  eines  Kollegs  in  Sinbau. 
(Daraufhin  befahl  ber  $aifer  am  9.  Sloüember  1630  feinen  ß'ommiffaren,  bem  33ifcf)of 
ju  millfaljren  unb  burct)  ben  äftagiftrat  eine  Sßohnung  für  bie  gefuiten  befdjaffen 
ju  taffen.  (Die  SluSfüfjrung  fd)eiterte  am  SSiberftanbe  beS  ÜDlagiftratS,  trophein  ber 
$aifer  am  4.  guni  1631  feinen  23efef)l  erneuert  holte7.  ©päter  tauchte  ber  ipian 
mieber  auf,  aber  ber  Äonftanjer  Sieftor,  @ebf)arb  (Deininger,  erflärte  fid)  in  einem 
Schreiben  üom  20.  Scoüember  1638  an  ben  ^roDin^iaf  ©raüenegg  jmar  für  bie 
^Beibehaltung  ber  ©tation  in  Sinbau,  aber  gegen  bie  (Srricfjtung  eines  ÄollegS  unb 
gegen  bie  Slnnatjme  beS  angebotenen  gran$iSfanerflofterSs. 


1  §oII  a.  a.  0.  267. 

5  ©röber,  SefuitenfoHeg  itt  Äonftanj  81  f 
204. 

3  Ä.  993  o  (fort,  ©cfd).  ber  Stabt  Sinbau 
(1909)  I,  1,  263  ff.  Über  bie  Steifung  bc§  Stiftet 
ebb.  I,  2,  85  ff. 

4  *  Litt.  ann.  unb  *  Catal  Prov.  Germ.  sup. 
Kropf  I  472  f.  ©  r  ö  b  e  r  a.  a.  0.  96. 

5  91  nt.  Subemig,  23riefe  unb  Sitten  jur 

®efd)id)te  bc§  ©tjmnafiumg  unb  be§  SoIIeg§ 

ber  ©efeUfdjaft  Sefu.  Programm  ber  Stella 
Matutina  1908,  42.  Ißgl.  50. 


ß  ©röber  a.  a.  0.  96. 

7  *  föopie  ber  oerfd)iebenen  Schreiben  in  TO.  9}., 
Jes.  1713.  Sd)on  am  27.  Sluguft  1630  hatte 
ber  Äaifer  bie  Sommiffare  beauftragt,  mit 
bem  TOagiftrat  mcgcn  einer  SBohnung  p  ber» 
hanbeln. 

8  *  Original  TO.  9t.,  Jes.  1713.  3)ort  and) 
ba§  Schreiben  be3  granjiSfanerbrobinsiali  bom 
27.  9Iuguft  1631,  ber  bem  93ifd)of  baS  Söarfüßer» 
tlofter  gegen  eine  ©ntfdjäbigung  bou20000  ©ul» 
ben  abtreteu  wollte. 


SCIte  uub  neue  SHeberlaffungen :  Sinbau. 


267 


SDie  Söii'ffamfeit  für  bie  Bürger  ber  ganjf  proteftantifd^en  Stabt  mar  nicpt  be> 
beutenb,  aber  bie  Sotbaten  unb  bie  auS  ber  Itmgegeitb  perbeiftrömenben  Sanbteute 
gaben  niete  Arbeit  unb  nieten  Stroft.  $m  ^apre  1631  gälten  bie  ^3atre§  bereits 
über  3300  Seicpten.  Studp  in  ber  Racpbarfdjaft  Ralfen  fie  befonberS  in  ber  SCBeip» 
nadptS«  unb  Dfterjeit  ben  Pfarrern  auS,  fo  in  Sangenargen  unb  SReerSburg.  $n 
ben  ^5eftjat)ren  1633 — 1636  tnar  ein  ^5ater  ftetS  für  bie  ^Seftfranfeit  beftimmt. 
SDer  neuefte  ©efdpidptfcpreiber  ber  Stabt  f)ebt  ferner:  „SltS  bie  entfeplidpe  ^eft  in 
SinbauS  Raufern  tuütete,  ba  befudpten  bie  ^efuiten  opne  Rüdfidjt  auf  bie  SInftecfungS- 
gefapr  aud)  bie  2lnt)änger  ber  enangetifepen  Äonfeffion.  SDiefe  eifrige  Seetforge  Oer« 
fefjtte  nidjt  it)re  Söirfung."1  $m  Qapre  1641  göptte  man  2000,  fpäter  4000  Kont* 
munionen.  fetben  Qapre  fam  ein  britter  $ßater  gu  Hilfe.  SDie  Setagerung  SinbauS 
burdj  bie  Sdpmeben  im  3;apre  1647  brachte  befonberS  infolge  ber  gropen  Sparen  non 
Säuern,  bie  in  bie  Stabt  geftopen,  Hungersnot  unb  Krantpeiten  unb  bamit  für  bie 
^efuiten  Arbeit  bei  Xag  unb  ÜRadjt;  pod)  unb  niebrig  fuepten  bie  ^SatreS  Hilfe  ju  bringen. 

2rop  großen  SÖiberftanbeS  non  feiten  beS  proteftantifcpen  SRagiftratS  mürbe  um 
1640  eine  fatpotifepe  Stementarfdjute  eingerichtet,  bie  fid)  halb  atS  ju  ftein  errnieS. 
1644  eröffneten  bie  patres  fetbft  eine  Sdjute;  auf  faifertidjen  Sefept  mürbe  ipnen 
ein  benadjbarteS  ©ebäube  gegen  ben  Stßitten  beS  SRagiftratS  angetniefen.  Stuf  bie 
roiebertjotten  Sefdpmerben  beS  SRagiftratS  beftimmte  Kaifer  gerbinanb  III.  am  1.  Sep« 
tember  1644:  SDie  $efuiten  finb  ©arnifonSfapIäne;  mit  bem  Slb^ug  ber  ©arnifon 
merben  fie  bie  Stabt  oertaffen;  baS  befepte  Hau^  tft  nur  Ooriibergepenb,  aber  nidjt 
atS  (Eigentum  ben  Qefuiten  jugefproepen;  bie  (Errichtung  ber  Schute  mar  für  bie 
©arnifonSfinber  eine  uubebingte  Rotmenbigfeit2. 

Über  bie  Sdpute  erfahren  mir  RäpereS  auS  einer  SDenffcprift  oom  Qapre  1648: 
Stuf  Sitten  ber  tatpotifepen  Offiziere  unb  Sotbaten,  bie  ipre  Kinber  nicht  in  bie 
proteftantifcpen  Sdputen  fepiden  mottten,  mürbe  nor  oier  Qapren  eine  Sdpute  eröffnet. 
(Einer  ber  Satre§  iibernapm  bie  obere  unb  untere  Spntap;  ©rammatif,  Rubimente 
unb  teprte  ein  pitmaniftifcp  unb  ppitofoppifcp  gebitbeter  Solbat.  SDie  gapt 

ber  Knaben,  unter  benen  aud)  einige  auSmärtige  abetige  maren,  ftieg  auf  70.  SDie 
Sdpute  ermarb  ben  Satre§  &ei  Offizieren  unb  ©emeineit  grope  Spntpatpie.  ©in 
groper  Seit  ber  Sotbaten  napnt  teil  an  ber  monattidpen  ©eneratfommunion  am 
erften  Sonntag  im  9Ronat3.  ^m  ^apre  1644  füprten  bie  Sdjüter  am  ©eburtStag 
beS  Kommanbanten  auf  bem  Sdputtpeater  ein  mufifatifcpeS  Stüd,  ben  Stob  beS 
Herzogs  Konrabitt,  auf;  bie  Sitte  beS  Kommanbanten,  für  bie  Sluffüprung  einige 
Singfnaben  aus  ber  Stabtfcpute  ju  ftetten,  fd)tug  ber  Rat  ab4,  $m  fotgenben  Qapre 
finbet  fidp  nerjeidjnet  ein  Karfreitags«  unb  ein  SöeipnadptSfpiet;  aud)  fpäter  mürben 
noep  Scpaufpiete  aufgefüprt,  fo  1648  bei  ber  Sermäpfung  beS  Kommanbanten,  beS 
©rafen  9Ra;c  non  2Balbburg«2BoIfegg,  mit  ber  gürftin  Qfabetta  non  S(nfd)ott.  ©raf 
9Rap  non  SSoIfegg  mar  ftetS  ein  eifriger  Sefdpüper  ber  ^efuiten  gemefen5.  SttS  er 
infolge  ber  Seftimmungen  beS  Söeftfätifdpen  griebenS  mit  ber  Sefapung  ^uni  1649 
auS  Sinbau  ab^og,  mupte  audp  bie  Riebertaffung  ber  Qefuitett  aufgetöft  merben. 
„Rad)  bem  Stbjug  ber  Qefuiten  fanb  man  bie  am  portal  ber  (non  ipnen  benupten) 
Stfd)ad)er  Kirdpe  in  Stein  gemeipetten  Sruftbitber  ber  Reformatoren  Sutper  unb 
SRetancptpon  unnerfeprt  nor."  c  — 


1  SB  0  i  f  art  a.  a.  0.  I,  2,  81. 

2  Ebb.  I,  2,  80. 

3  *  Informatio  de  statu  Missionum  Prov. 
Germ.  sup.  1648,  Ianuar. 

*  SBolfart  a.  a.  £>.  I,  2,  82. 

5  3)ie  *  Sorrefponbenfl  üon  9)taj;  ü.  SBoIfegg 


liegt  neben  anbern  auf  Sinbau  (1630  ff)  bejüg« 
lieben  ©epreiben  in  SBieu,  ©taat^ardjio,  9teicb§-- 
bofrat,  gef.  117.  SBgt.  befonberä  ba^  ©djreiben 
SBoIfegg^  bom  19.  3^6  1644  mit  gropeni  Sob 
ber  Reimten. 

6  Sßotfart  a.  a.  0.  I,  2,  81. 


268 


Viertes  Äapitel.  2)ie  oberbeutfetje  ffSrobins. 


(Der  erfle  Qefuit,  ber  ftrci&urg  tut  Vreiggau  betrat,  mar  mof)f  ^3eter  ©anifiug, 
ber  bort  Januar  1558  fic^  mit  ben  ißrofefforen  über  bie  Hebung  ber  Slfabemie 
bejpracf) 1. 

9Jcefjr  al§  50  Qafjre  —  fo  beginnt  ber  ©efdjidjtfchreiber  ber  oberbeutfehen  ißro* 
eins  ben  Sfbfdjnitt  über  bag  fö’offeg  in  Qreifmrg  im  Vreiggau  —  Ratten  bie  öfter» 
reicfiifdjen  ©rj^erjoge  eifrig  banadj  geftrebt,  bie  ©efeßfefjaft  in  biefe  «Stabt  ein^uführen. 
9iing§um  Sutfjeraner,  Qmingfianer  un^  ßafoiner,  in  näc^fter  9iäf)e  bie  mehr  unb 
mehr  aufblütjenben  proteftantifdjen  ©cfjufen  in  ©trafjburg,  Vafef,  93ern,  Qüridf, 
Tübingen,  fcf)ien  bie  Qreifutrger  SIfabemie  bem  bebrof)ten  Vreiggau  feine  fjinreic^enbe 
©tüfje  ju  bieten.  (Sr^er^og  Qerbinattb  oon  Stirot  f)atte  fc^on  atte  Ipebef  angefefd, 
um  bie  ©rricfjtiing  eineg  Qefuitenfoffegg  ju  ermirfen.  betrug  ©anifiug  mar  fefbft 
in  Qreiburg  gemefen  unb  für  bie  Qörberung  eingetreten,  aber  ber  Mangel  an  Seuten 
fteffte  fief)  afg  grofjeg  ^inbernig  entgegen.  (Da^u  fant  bag  SSiberftreben  ber  Qrei» 
burger  Unioerfität.  ©inen  erneuerten  Verfud)  macf)te  Sr^erjog  äffayimifian,  aber 
er  muffte  fief)  mit  ber  9iieberfaffung  in  ©nfigf)eim  begnügen.  Qm  Qahre  1618  naf)m 
sDfaj.-imifian  ben  fßfan  mieber  auf  unb  mürbe  babei  non  ©rjherjog  Seopofb,  bem 
Vifdjof  non  ©trajfburg,  mit  aller  @ntfcf)iebenf)eit  unterftü^t2.  üftadj  bem  im  fefben 
Qahre  1618  erfolgten  2obe  ÜDfajümifiang  mürbe  Seopofb  an  ©teile  SO^ajinriliang  oom 
Äaifer  jum  ©tatthafter  ernannt.  Quni  1620  fam  er  fefbft  nach  Qreiburg  unb  be= 
mirfte  burcf)  feine  Vorfteffungen  bie  Quftimmung  ber  Unioerfität. 

9?od)  oor  Slbfchfuff  ber  Verhanbfititgen  mit  ber  Unioerfität  maren  einige  fßatreg 
nadj  Qreiburg  gefommen,  unter  ihnen  and)  P.  Sfnbreag  Vrunner.  ©ie  fanben  bie 
freunbficfifte  Sfufnahme  bei  bem  ©tabtpfarrer  ßfjriftop^  fßiftoriug,  einem  treuen  Qreunbe 
ber  ©efefffchaft.  (Die  ©tabt  fefbft  geigte  fid)  ebenfaffg  fefjr  geneigt,  ba  oor  brei  Qaffren 
jmei  (ßatreg  aug  ßnfigfjeim  groffen  Veifatf  gefunben  Ratten.  (Dag  Volf  ftrömte  ga^f- 
reich  jur  ^rebigt  beg  P.  Vrunner  in  bag  SJUinfter  unb  gur  ^atedjefe  beg  anbern 
Q5aterg  in  bie  £mfpitalfircf)e. 

(Durd)  Vereinbarung  mit  ber  Unioerfität  erhielten  bie  Qefuiten  bie  ber  pfjifo» 
fopfjifc^en  Qafuftät  gef)örenbe  Vurfe  jum  Sfbfer  ober  jum  Pfauen  (fo  ^ie^en  bie 
Käufer,  aug  benen  bie  Vurfe  entftanben)  unb  bag  Kollegium  beg  f)f.  Dieroupmug, 
bag  fog.  &artäuferf)aug,  jugemiefen.  (Die  Qrangigfaner  geftatteten  bie  einftmeifige 
Venii^ung  ihrer  Kirche.  SJiit  großer  Qeierfidjfeit  mürbe  bie  ©efefffchaft,  bie  burdj 
ben  Q5rooingial  ©renjing  oertreten  mar,  am  15.  9?ooember,  am  Seopofbgfefte  1620, 
oon  ber  Slfabetnie  unb  ber  ©tabt  aufgenommen.  3fn  biefem  (Dag  bezogen  bie  Qefuiten 
auch  bie  if)neu  ^ugemiefene  Vurfe.  @g  maren  8  Ißriefter,  4  ©dfofaftifer  unb  4  Vriiber 3. 

(duffer  ben  Vorfefungen  in  ber  s$f)ifofopf)ie  unb  mehreren  Vorfefungen  in  ber 
(Dfjeofogie4  übernahmen  bie  Qefuiten  bag  ©pmnafium  mit  fünf  Pfaffen.  „(dfgbafb  gogen 
bie  größeren  unb  reiferen  ©djüfer  fdjarenmeife  aug  ber  ^Sartifufar-[Satein*]©cf)ufe 
trofc  beg  ©ntgegenmirfeng  ber  guftänbigen  93ef)örben  ju  ihnen  hinüber."5  SO^eift 
gaben  2  (ßriefter  bie  Vhetorif  unb  ^oefie  (Humanität)  unb  3  (Dfagiftri  bie  brei 
©rammatifafffaffen.  Qm  Qaf)re  1628  mürbe  bie  britte  ©rammatif  in  eine  obere 
unb  untere  Sfbteifung  geteilt.  SDie  Unioerfität  nahm  einen  neuen  Sfuffdjmung,  ber  auch 
bie  nächftfofgenben  Qahre  anbauerte6.  2Säf)renb  ber  ©chmebengeit  fonnte  bag  @pm= 


1  93gt.  53b  I,  6.  79. 

-  *Compemlium  hist.  coli.  Friburg.  Brisg. 
S.  J.  1620 — 1633  unb  *Continuatio  hist.  coli. 
1634-1635  in  torlgrufje,  ®.  S.  2189.  ^  Litt, 
ann.  unb  *Catal.  1620  ff.  Kropf  I  233  ff. 

3  Kropf  I  237  ff.  Später  mar  ber  ©otte3= 

bienft  in  ber  ülula  be§  @pmnafium§  unb  in  ber 

.<jau£fapetle.  Sbb.  486. 


4  Sie^c  ba3  6.  ffapitel. 

5  g  r-  33  a  u  e  r ,  ®ie  Sorftänbe  ber  Freiburger 
2ateiufcf)ule.  Programm  be§  Streunt!  ju  Frei= 
bürg  i.  53r.  (1867)  53. 

0  §erm.  iOtoper,  3ur  ©efepiebte  ber  Fre^ 
guenj  ber  Unioerfität  Freiburg,  in  3eitfd)r.  ber 
©efeüfcbaft  für  ®efd)icbt^funbe  in  Freiburg 
XXVII  (1911)  126  f. 


2(fte  unb  neue  9JieberIaffuncjett :  fgreiburg  im  $rei3gau. 


269 


nafium  am  1.  Segember  1633  rnieber  für  furge  $eit  eröffnet  merben;  nacß  ber  glucßt  unb 
^lünberung  im  ^af)re  1634  maren  am  ©pmnafiutn  nur  itocf)  1  ^riefter  unb  1  SRagifter 
tätig  4  33ott  ben  9  $ßrofefforen  im  ^a^re  1636  unterricßteten  gmei  ©rammatif  unb 
einer  bie  beiben  oberften  Staffen,  ^it  ben  folgenben  faßten  meift  baS  ©ßmitafiunt 
burcßfdjnittlicß  3  Seßrer  auf,  erft  1648  finb  eS  mieber  4.  Sie  ©djülergaßl  ift  nur 
für  baS  Qaßr  1649  befannt:  eS  maren  in  6  klaffen  991  2. 

SSon  Slnfang  an  prebigten,  mie  bereits  bemerft,  bie  ^efuiten  auc^  im  fünfter. 
2>er  ©rgßergog  Seopolb  unb  ber  SSifcßof  münfdjten  bie  Übergabe  ber  SRünfterfangel 
an  bie  ^efuiten,  aber  erft  1629  geftanb  bieg  ber  afabemifcße  Senat,  ber  baS  fßatronat 
über  bie  Kaitgel  ßatte,  für  bie  meiften  ©ountage  gu3.  ^m  3aßre  1639  prebigten 
bie  Qefuiten  jeben  ©onntag  im  ^fünfter,  Katecßefe  gab  man  1621  an  brei  ©teilen, 
1632  fcßon  an  fedjS  innerhalb  unb  au^er^alb  ber  ©tabt.  $m  Qaßre  1628  mar  ein 
SRagifter  Katedjet  in  ©bnet,  im  Qlaßre  1625  ein  ^ßilofopßieprofeffor  Katedjet  im 
Klofter  Oberrieb  unb  ein  SRagifter  Äated^et  bei  ©t  9UfoIauS. 

©cßon  1621  mürben  an  bem  ©pmnafiutn  unb  ber  Slfabemie  gmei  Kongregationen 
eingerichtet,  bagu  tarn  1624  eine  britte  für  bie  jungen  ^anbmerfer4  unb  1628  eine 
tiierte  für  oerßeiratete  Sürger,  bie  fdjon  im  felben  $af)re  auf  ca  170  anraudjS.  9iacß 
ber  fdjmebifcßen  öefeßung  mürben  biefe  üier  Kongregationen  1635  mieber  erneuert, 
^nt  ^alire  1644  gäßlte  bie  afabemifcße  Kongregation  80,  bie  ber  Bürger  250  90?it> 
glieber.  Sie  Kongregation  ber  jungen  £>aubmerfer,  bie  1636  mit  ber  Bürger« 
fongregation  üerfcßmolgen  morben,  erhielt  1647  auf  ihre  23itte  mieber  felbftänbige 
Serfammlnngen.  Ser  $ater,  melier  im  fünfter  prebigte,  befugte  audj  regelmäßig 
bie  Ipofpitäler  unb  Kerfer  unb  führte  bie  Sluffidjt  über  bie  Srioialfdjule3.  Ser 
©aframentenempfang  in  fyreiburg  ftieg  oon  12000  Kommunionen  im  ;Qaßre  1625 
auf  19000  im  Qaijre  1628,  im  Surcßfdjnitt  maren  eS  fpäter  17  000,  nacß  ber 
©djmebengeit  ßob  ficß  bie  feßr  gefunfene  3aßl  longfam  mieber  auf  8000. 

Slud)  außerhalb  ber  ©tabt  mürbe  fleißig  gearbeitet.  1639/1640  »erfaßen  bie 
patres  meßrere  Monate  bie  oermaifte  Pfarrei  in  ©bringen  (8,6  km  non  greibttrg) 
auf  SBunfd)  beS  gürftabteS  oon  ©t  ©allen,  bem  bie  Pfarrei  unterftellt  mar.  Um 
biefelbe  geit  paftorierten  fie  baS  ebenfalls  üermaifte  Slltfircß  (Sljaß),  fo  baß  oon 
ben  beiben  im  Kolleg  nodj  bleibenben  patres  einer  gumeilen  breimal  im  Sage  prebigen 
mußte.  3üßre  1641  leifteten  fie  SluSßilfe  in  nteßr  als  14  Pfarreien,  1642 
3/4  3aßre  lang  in  Kircßgarten.  Sagu  tarnen  nodj  bie  Slrbeiten  in  ©t  äkoranb, 
@t  Ulrich  unb  Oienberg 6. 

SaS  Kolleg  in  gmeiburg  ßatte  nämlich  oom  ©rgßergog  Seopolb  1621  bie  beiben 
fßropfteien  ©t  SRoranb  unb  ©t  Ulrich  int  ©unbgau  erhalten 7.  ©cßott  1621  mürbe 
eine  fRefibeng  in  ©t  9Roraitb  erricßtet  mit  2  patres,  bie  außer  in  ©t  äRoranb  in 
gmei  anbern  Kirchen  unb  befonberS  in  bem  benadjbarten  Slltfird;  oon  Slnfang  an 
eifrig  arbeiteten.  1626  tarn  gur  gunbation  ßütgu  baS  ©tift  Oienberg.  9iadj  bem 
Sobe  beS  biSßerigen  ^nßaberS  naßmen  Oftober  1626  2  patres  33efiß  oon  Oienberg. 
$on  ßier  aus  mürbe  feit  1628  befonberS  aud)  fRetningen  burd;  $rebigt  unb  Katedjefe 
paftoriert8.  Sie  ^ßropftei  ©t  ÜDtoranb  mürbe  megen  beS  Krieges  geitmeilig  (1645) 
©nfiSßeint  unterftellt.  Sie  ©eelforge  geigt  1627  3000  unb  1631  fogar  7000  Kom= 
munionen,  an  benett  bie  gange  llmgegenb  beteiligt  ift.  1650  ßatte  ©t  SRoranb 


1  *Hist.  coli.  Friburg.  ab  urbe  capta  usque 
ad  sociorum  expulsionem  1633  in  Äarl^rupe, 
Ob.  2.  2189.  58gi.  2194. 

2  ©ie  Oerteilen  ficf)  auf  bie  Staffen,  non  oben 

angefangen:  10,  11,  17,  8,  17,  36. 

2  Kropf  I  486  f. 


4  e  liberis  civium  adultioribus  operariaque 
iuventute,  fagt  Kropf  I  485. 

R  *  Catal.  1631.  6  3$gi.  Kropf  I  488  ff. 

7  23eftätigung  (and)  für  Öienberg)  burd) 
Urban  VIII.,  7.  Siugufi  1626.  Synopsis  317. 

8  3u  biefett  Siefibenjen  Ogi.  Kropf  I  488  ff. 


270 


Viertes  Kapitel.  Sie  oberbeutfcfje  IßroDittä. 


1400  Seiften  unb  Kommunionen  unb  2  SBruberfcpaften.  ^n  Ölenberg  mürben  1631 
1500  Kommunionen  gefpenbet,  1639  mupte  megen  beg  Krieget  bie  Station  nad) 
Spann  oerlegt  m erben,  rao  bann  mcift  big  1649  2  ’ißatreg  unb  1  33ruber  roopnten. 
Sie  oerroatteten  bie  brei  ju  Ölenberg  gepörenben  Pfarreien,  1648  jäplten  [ie  2200 
Seichten  unb  besorgten  audj  eine  Heine  Scpule.  1650  mar  bie  9iefiben§  mieber  in 
Ölenberg.  Slud)  in  Slltfirdj  finben  fiep  1647 — 1649  2  ißatreg  unb  1  23ruber. 

2öag  bie  s}3atreg  burcp  bie  fcproierige  Stellung  jur  Unioerfität  unb  anbere 
Umftäitbe  bei  einzelnen  an  Spmpatpie  einbüpten,  bag  malten  fie  meitaug  mieber 
mett  burd)  ipre  liebeoolle  unb  aufopfernbe  Slrbeit  in  aller  9cot  unb  ©efapr.  ^n 
ben  fcproierigften  ßeiten,  11)0  felöft  bie  größte  9?ot  litten,  unterftüpten  fie  ganje 
Scparen  oon  Sinnen  unb  fprangen  ben  Bürgern  bei,  mie  befonberg  in  ben  33eridjten 
oom  Qapre  1638  peroorgepoben  mirb. 

Slnfangg  patte  man  bag  ©erücpt  oerbreitet,  bie  ^efuiten  feien  ftolje  Seute,  bie 
nur  auf  Sßrunf  unb  Spreu  auggiitgen  unb  mit  bem  niebrigen  SSolf  nicptg  ju  tun 
paben  moUten.  311g  man  aber  fap,  mie  fie  fidj  ber  Kranlett  unb  33ebrängten  aucp 
aug  ber  §efe  beg  2Mfeg  annapmen,  bie  Raufer  ber  Slrmen  unb  bie  fcpmupigften 
Kerfer  auffucpten,  mit  bem  23oIf  unb  ben  Kinbern  auf  ber  Strape  unb  in  ber  Scpule 
mit  nidjt  geringerer  greubigfeit  oerfeprten  alg  mit  ben  3^ei(f)en  unb  ©eleprten, 
braupen  nidjt  allein  in  bie  Scplöffer  unb  Klöfter,  mopin  fie  gerufen  mürben,  fonbent 
audj  in  bie  Käufer  ber  dauern  unb  bie  Jütten  ber  Slenben  gingen,  oerroanbelte 
fiep  bie  früpere  Meinung  in  ^ocpadjtung  unb  SSereprung,  bie  um  fo  gröper  mürbe, 
je  bemütiger  gerabe  bie  peröorragenbften  ißatreg  fiep  benapmen.  ©ropeg  31nfepen 
geroann  ben  ^efuiten  aucp  bie  liebeüolle  unb  pingebenbe  Sorge  für  bie  oielen  auf 
bem  3ug  gegen  SD^angfelb  erfranlten  unb  palb  oerelenbeten  italienifcpen  Solbaten. 
Sie  ^efuiten  forgten  in  bem  armen  unb  fdjmupigen  §ofpital  fo^ufageu  für  alleg, 
für  Kranfenpflege,  Slr^nei,  Kleibuitg  unb  fcplieplicp  noep  für  ein  .geprgelb.  Sie 
erbettelten  bie  nötigen  Mittel  unb  legten  felbft  mit  §anb  an.  üftidjtg,  fo  pebt  ber 
©efcpidjtfcpreiber  peroor,  geroann  ben  ^efuiten  mepr  Zutrauen  oon  33oil  unb  Klerug 
alg  biefe  bemütigen,  opfermilligen  Slrbeiten1. 

$n  ber  gropen  Urfunbe  oom  30.  Quli  1630,  in  meldjer  Srjper^og  Seopolb 
alle  feine  Stiftungen  für  bie  ^efuiteit  in  greiburg  jufammenfapte  unb  belräftigte, 
ftellt  er  iprer  SÖätigfeit  in  bem  oerfloffenen  erften  ^apr^epnt  folgenbeg  .Qeugtiig  aug: 
9JUt  greuben  paben  mir  gefepett,  mie  bie  Slrbeiten  ber  ißatreg  bie  gemünfdjte  f^rudjt 
jum  gropen  üftupen  für  bie  Slfabemie,  bie  Stabt  unb  bie  Umgegenb  gebradjt  paben. 
Surdj  ipr  SBiffeu,  ipre  unermüblicpe  Slrbeit  unb  ipr  epemplarifdjeg  Seben  mürben 
unb  roerben  täglicp  mepr  reidje  griiepte  peroorgebradjt.  Sluper  ber  oorjüglicpen  Unter* 
roeifung  unb  ber  Sppepung  ber  gangen  ^ugenb  ift  burdj  ipre  üülüpen  unb  tpren  Sifer 
feit  biefer  furzen  $eit  jur  greube  aller  ©uten  eine  grope  Slnberung  in  allen  Stäuben 
erfolgt2.  — 

2Bie  ber  33reiggau,  fo  ftanb  audj  ber  Sunbgau  unter  ber  oorberöfterreiepifepen 
Regierung,  bie  ipren  Sip  in  Gitftspetm  patte.  £)ier  in  Snfigpeim  mürbe  ein  Kolleg 
im  ^apre  1615  gegrünbet.  Scpon  oiel  friiper  maren  mieberpoltc  Serfucpe  gemadjt 
morben;  befonbere  Slnftrengungen  liep  eg  fidj  im  $apre  1584  ber  Pfarrer  oott 
Snfigpeim,  Koffer,  foften.  Gaffer  mar  ein  fepr  gebilbeter,  frommer  unb 

raftlog  tätiger  ißriefter.  „31uper  bem  Srjperjog  gerbinaub  gibt  eg  im  öfterreiepifepen 
Slfap  leinen  DJfann  in  biefer  $eit,  bem  bie  fatpolifdje  Kirdje  ju  gröperem  Sani 
oerpflieptet  ift."3 

1  Kropf  I  486.  3  ©fror er,  Sie  fatfjol.  ®ircf)e  im  öfterr. 

2  Kropf  1  482.  ebb.  239  490.  2tud)  Slfafi  unter  @rjt>ersoß  getbinanb,  in  geitfebr. 

bei  Laymann,  Iusta  defensio  344  f.  für  @efd)icf)tc  beg  £)berrl)ein§  1895,  480  ff.  M. 


Sitte  uit 5  neue  fftieberlaffuitgen :  (Snfiäheim. 


271 


Über  ihn  fdjreibt  P.  j^erbinanb  Silber  am  8.  Quin  1584  non  $nnSbrucf  an 
Slquaoiüa:  Qn  beit  lehtoergangenen  ©agen  fam  ber  Pfarrer  ber  ©tabt  ©nfiS- 
heim  nad)  3;nnSbrud,  ein  SNann  non  auSgegeidjneter  ©ittenreinljeit  unb  großem 
©eeleneifer.  SSäfjrenb  2G  fahren  f)at  er  mit  aller  ®raft  an  ber  Erhaltung  ber 
fatholifdjen  Religion  in  ©nfisfjeim  unb  beit  benachbarten  ©täbten  gearbeitet.  Bor 
einigen  fahren  l)at  er  bort  and)  eine  ©djule  errichtet  unb  eS  jo  weit  gebracht, 
bafe  in  beit  nach  Slrt  ber  ©efeüfdjaft  eingerichteten  5  klaffen  mehr  als  200  ©cf)üler 
oon  befolbeten  £el)rern  unterrichtet  merben 1.  ©ie  oberfte  Seitung  ber  @d)ule  hat 
er  bisher  zugleich  mit  ber  Beforgung  bet  Pfarrei  auf  [ich  genommen,  aber  wegen 
SllterS  unb  ®ranff)eit  Dermag  er  bie  Saft  nidjt  länger  gu  tragen,  unb  ein  getreuer 
Nachfolger,  auf  beffen  ©chultern  er  bie  Saft  legen  tonnte,  fehlt  gänglid).  Nun 
fürchtet  er,  bah  mit  feinem  Hob  guni  Schaben  ber  fatholifchen  ©ad)e  unb  gur  greube 
ber  ^äretifer  alles  gufammenftürgen  wirb.  ©ie  eingige  Nettung  erblidt  er  in  ber 
©efeüfdjaft,  bie  fein  SBerf  nicht  allein  aufrecht  erhalten,  fonbern  weiter  entwickeln 
werbe.  ©ie  Ijet'twnragcnbften  Katholiken  haben  feinen  ißlan  gebilligt.  ©eSf)alb  hat 
er  ohne  Nergug  bie  neuntägige  Neife  fymfyx  gum  ©rgfjergog  angetreten  mit  93itt= 
fdjriften  ber  Negierung  an  beit  ©rgfjergog  unb  mid).  ©er  ©rgfjergog  hat  feine  3u« 
ftimmung  gegeben.  14  ©age  hat  er  hier  oergebenS  auf  ben  P.  ^rooingial  gewartet, 
au  ben  td)  ihn  gewiefen.  ©inftweilen  führe  ich  füer  bie  ©rünbe  an,  weld)e  für  bie 
Sinnahme  fpredjen.  Nor  allem  ift  ©nfiSljeim  oon  gegen  100  Dörfern  unb  ©täbten 
umgeben,  bie  oon  bort  auS  in  wenigen  ©tunben  erreicht  werben  tonnen,  $tt  ©nfiS- 
heim  ift  ber  ©ifj  ber  erghergoglichen  Negierung2,  oiele  Slbelige  unb  Magnaten 
wol)nen  bort;  nicht  wenige  Herren  ber  Negierung  finb  ber  ©efeüfchaft  fel)r  gewogen; 
baS  Nolf  ift  burd)  bie  Bemühungen  beS  Pfarrers  gut  fatholifcf);  auf  eine  fleine 
Ermahnung  beSfelbett  begehren  an  ben  gröberen  fyeften  500 — 600  bie  heiligen  ©afra¬ 
mente;  aber  weil  bie  ^farr-Hooperatoren  auher  Oftern  feine  Beicht  hören  wollen 
unb  ber  Pfarrer  fie  nicht  aüein  hören  fann,  müffen  mandje  auf  ihren  Sßunfd)  oer- 
gid)ten.  Slud)  in  biefer  Nücffidjt  bittet  ber  Pfarrer  bringenb  um  bie  Ipilfe  ber  ®e> 
fellfcfjaft  für  ißrebigt  unb  Beidjtftuhl.  ©ie  ©tabt  ift  gefunb  unb  peftfrei,  nicht  aber 
greiburg  im  BreiSgau,  wo  ja  bie  llnfrigen  ein  Ü'oüeg  haben  woüten.  $n  ©nfiS« 
heim  finb  auch  feine  ©treitigfeiten  mit  ben  Slfabemifern  gu  befürchten.  ©ie  SebenS- 
mittel  finb  in  güüe  oorhanben  unb  billiger  als  fper-  tSine  ©d)ule  für  5  klaffen 
mit  Slula  hat  ber  Pfarrer  gebaut,  ©aneben  ftefjt  ein  geräumiges  IpauS,  in  welchem 
jefd  bie  Sehrer  mit  40  ^onüiftoren  wohnen,  ©ine  fleine  föirdje  ift  ebenfalls  fchon 
gebaut,  fie  fann  leidjt  Oergröjjert  werben,  ©einen  eigenen  groben  ©arten  würbe 
ber  Pfarrer  famt  feiner  auf  500  ©nlben  gefcf)ät$ten  Bibliothef  uns  fdjenfen.  Bon 
©infünften  finb  fchon  bereit  800  ©nlben,  bie  aber  wegen  ber  billigen  £ebenSf)altung 
1500  ©nlben  gleicf)fommen.  ©inige  reiche  §erreit,  welche  bie  ^erbeigiefjung  ber 
©efeüfdjaft  wiinfehen,  haben  bem  Pfarrer  weitere  ©infünfte  gugefagt.  SlüeS  bieS 
habe  ich  größtenteils  oon  bem  ljod)W.  £>errn  Pfarrer  ßafpar  (Qoh  )  Naffer  oer- 
nommett,  unb  ich  fdjreibe  bieS  um  fo  guüerfidjtlidjer,  je  mehr  ich  bie  ßuoerläffigfeit, 
Neinfjeit,  Slufridjtigfeit  unb  ben  ©eeleneifer  beS  Sierra  in  ben  14  ©agen  feines 
hiefigen  SlufenthalteS  fennen  gelernt  habe,  ©ein  trefflidjen  SNann  liegt  biefe  ©adje 
fo  am  bergen,  bah  er  ©ag  unb  Nadjt  baran  benft,  unb  wenn  fein  Sind  unb  feine 
Üörperfräfte  eS  guließen,  würbe  er  nach  Nom  eilen,  um  feine  Slbfichten  gu  eröffnen. 
Sollte  wegen  beS  SNangelS  an  Seuten,  ben  id)  ihm  entgegengehalten,  bie  Errichtung 
eines  föoüegS  jeßt  fcfjwierig  fein,  fo  wünfdjte  er  wenigftenS  eine  SNiffion  üon  2  ober 

Merkten,  Hist,  de  la  ville  d’Ensisheim  1  3)gl.  ©frörer  a.  a.  0.  518  522  ff. 

(1840)  191  ff  202  ff.  SSgl.  Slßgent.  beutfdje  2  ®gl.  R.  Reufj,  L’Alsace  au  17e  siede 

«iograpljie  XXVII  332.  '  I  862  ff. 


272 


Viertes  Sopitel.  2!ie  oberbeutfdje  iprobinj. 


3  fßatreS  für  ^Srebigt,  ©df)ute  unb  Söeic^tftu^I,  bie  bann  gugleicf)  aßeS  in  Stugen* 
fcfjein  nehmen  unb  bie  Strt  unb  SBeife  beS  33aueS  üorfdjreiben  fönnten.  55er  gute 
9Jiann  fürrfitet,  bafj  beim  Sluffdjub  megen  ber  tägticf)  macfjfenben  £)ärefte  unS  fpäter 
ber  3u3an9  oerfcfjfoffeu  mürbe1. 

©ef)r  entfliehen  nafjm  ficf)  ber  ©adf)e  DiafferS  ber  ©rj^erjog  gerbinanb  an. 
Sr  fdjrieb  fofort  an  ben  fßrooinjiat  ©aber,  unb  als  biefer  erftärte,  bie  Entfdjeibung 
ftef)e  beim  ©enerat,  manbte  er  fid^  am  6.  ^uti  1584  an  Stquaüiüa  in  einem  fefjr 
bringenben  Schreiben,  bem  er  eine  ®enffcprift  Gaffers  beitegte2.  Xro|bem  muffte 
Stquaüiüa  megen  ÜDtangetS  an  fßerfonen  abte^nen  (27.  3uti  1584).  Stuf  ben  Vorfcfjtag, 
einige  ßögtinge  beS  ©ermanifumS  bem  Pfarrer  ju  §itfe  ju  fenben,  antmortete  Erg* 
tjerjog  gerbinanb  am  8.  Januar  1585,  bie  ©ermauifer  feien  noch  ju  jung  unb  un¬ 
erfahren,  aud)  in  ber  fßrebigt  ^u  f)i^ig  unb  mürben  in  ber  ©cfjute  nicht  bie  f)in* 
reidjenbe  Stutorität  haben.  Sr  bat  bann  menigftenS  für  ben  Stnfang  um  2  ffktreS 
für  3 — 4  Sftonate,  üon  benen  einer  prebigen,  ber  anbere  bie  ©cfjute  teilen  foltte; 
biefent  fönnten  bann  einige  ©ermanifer  jugefeßt  merben.  5)ie  ©chute  fotfte  ganj 
ber  ©efettfcfjaft  unterftettt  unb  jährtidh  non  einigen  ^efuiten  üifitiert  merben3. 
Stber  auch  biefeS  ©efud^  mürbe  abfcfjtägig  befdjieben.  3e^n  3ahre  fpüter  famen 
bann  brei  ÜDtagiftratSmitgtieber  üon  (Snfisheint  nach  3nn3brud,  um  beim  Srjherjog 
unb  ben  ^efuiten  bie  Sache  üon  neuem  ju  betreiben,  aber  aucfj  bieSmat  ohne  Erfolg, 
jumat  ju  gteicfjer  3eit  bie  Errichtung  eines  SMtegS  in  ^onftanj  in  fyrage  fam4. 

Erft  20  ^ahre  fpäter,  unter  ber  Regierung  beS  25eutfd)meifterS  SRapimitian, 
foltte  ber  lang  erfefjnte  SBunfd)  ber  EnfiStjeimer  in  Erfüttung  gehen.  Slm  15.  3flnuar 
1614  beftettte  bie  Regierung  üon  EnfiStjeim  ben  Sieftor  üon  fßruntrut,  fßeter  ÜDtariuS, 
ju  einer  Vertjanbfung  nad)  EnfiStjeim,  bie  bann  am  30.  3Qnuar  ftattfanb  unb  jur 
oorläufigen  Stnnahme  eines  ß'oßegS  üon  5  patres  unb  3  Vrübern  führte5.  Eine 
enbgültige  Stbmadjung  fam  Enbe  SOiai  1614  ju  ftanbe6.  ÜDiit  £itfe  guter  greunbe, 
befonberS  beS  Pfarrers  üon  $D?aSmünfter,  3°*4  unb  beS  ©tatthatterS  Siub. 

Votmeit  mürben  bie  anfänglich  großen  ©djmierigfeiten  überraunben7.  Ein  be= 
fonbereS  Verbienft  haben  auch  bie  ßapuginer  fidj  ermorben,  inbem  fie  auf  ber  fö'anjel 
bie  ©efeßfdjaft  bringenb  empfaf)ten.  Enbe  ^ebruar  1615  famen  8  ^efuiten  (5  ^3riefter, 
1  SJiagifter  unb  2  Vrüber)  nach  EnfiStjeim  unb  übernahmen  fofort  bie  Vermattung 
beS  beftehenben  ©pmnafiumS.  Stm  7.  SOiär^  (55homaS  üon  Stquin)  mürben  bie 
©cfjuten  mit  4  Staffen  (3  ©rammatif  unb  1  Humanität)  eröffnet.  StnfangS  mohnten 
bie  patres  in  einem  gemieteten  )pauS;  nad)  jmei  3ahren/  atS  ihre  3ah[  auf  12  ge* 
ftiegen  unb  bie  Vljetorif  beigefügt  morben,  bezogen  fie  baS  früher  üon  ben  mettticheu 
Setjrern  bemohnte  ©t  SrfjarbS*®oßeg,  beffen  ^apette  fie  bereits  benütjten.  Seiber 
erlag  fdhon  1616  an  einer  fetbft  ben  Strjten  unbefannten  ®ranff)eit  P.  3°^  Sam* 
berger  aus  f^reiburg  in  ber  ©dhmeij,  ber  ficfj  nicht  aßein  burd)  fein  Söiffen,  fonbern 
audj  burch  eine  aufjerorbenttidje  Eingabe  für  feinen  Veruf  unb  feine  SJiitbrüber 
auSjeidjnete.  ®em  Vefucf)  ber  ^ofpitäter  unb  Werfer  mibmete  er  fidh  mit  grofjer 
Siebe.  Er  fehrte  bie  3immer  feiner  SD^itbrüber,  brachte  ben  ©chmüdjeren  baS  SBaffer 
üom  Vrunnen  unb  teiftete  ihnen  inSgetjeim  bie  niebrigften  SDienfte. 


1  *  Original  in  Germ.  Epp.  XXY  27 ö. 

2  *  Original  in  Epp.  Princip.  III  ‘290. 

3  *  Original  ebb.  III  297. 

4  Söriefe  bei  P.  ^ol).  gaber  üom  17.  guli 

nnb  13.  Slug.  1594  an  Slquaüiüa.  *  Original 
in  Germ.  Epp.  XXXIII  677  ff. 

6  *Relatio  eorum  quae  tractata  sunt  inter 

D.  D.  Deputatos  ab  Excel.  Regimine  et  Cam. 
Ensisli.  et  P.  Rectorem  Bruntrut.  ratione 


futuri  Collegii  Ensish.  exstruendi,  in  Sarli* 
rulje,  ©.  2.,  greiburg  2211. 

6  *  Original  ebb. 

7  2)ai  golgenbe  nad)  Kropf  I  172  ff, 
*  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  Prov.  Germ.  sup. 
(Sin  föoftjettel  für  bie  Qefuitenfd)üler  bei  ben 
S3iirgern  in  ©nfiiljeim  üom  3al)re  1615  ab= 
gebrudt  bei  giala,  Solothurn  II  (1876)  23 5. 
Slli  Sinblattbrud  in  *Clm  26  478. 


Mite  unb  neue  Mieberlaffungen :  Gnfi^Ifeim. 


273 


9iocp  fein  gapr  feit  ber  21nfunft  mar  »ergangen,  alg  fcpon  brei  -äftarianifcpe 
Kongregationen  errichtet  mürben,  bie  erfte  für  Sie  ©tubenten:  fie  mürbe  gfeicf)  int 
SOiär^  1615  mit  60  SDfrtgliebern  begonnen;  bie  jmeite  im  fofgenben  ^afjr  für  Bürger, 
fßriefter  unb  Orbcnsleute  mit  70  ÜÖiitgliebern,  bie  britte,  eine  21rt  fKofenfran^ 
Söruberfcpaft  für  grauen,  gn  ber  £>auptfircpe  pielten  bie  gefuiten  allroöcpentlicp 
fßrebigt  unb  Katedjefe,  2 — 3  i)3atreg  befugten  ftänbig  bie  Kerfer  unb  §ofpitäler  unb 
bie  umliegenben  Orte.  Rüningen,  barnalg  nod)  ein  $orf,  bag  üon  23afel  aug 
proteftantifiert  morben,  führte  ein  fßater  aug  C£nfi§f)eim  in  fjalbjäfjriger  Strbeit  1623 
jur  Kirdje  juriid.  gür  bie  Seprofen  mürbe  um  1626  ein  eigener  23eid)tüater  ge= 
[teilt.  SDiait  napm  bie  gefuiten 
überall  mit  auperorbentlicper 
greunbücpfeit  unb  groper  Siebe 
auf. 

21nt  5.  gebruar  1628  legte 
©r^perjog  Seopolb  ben  ©runb* 
fteiit  für  ben  Dieubau  bon  Kol¬ 
leg,  Kirdje  unb  ©cpule.  2Iuf  ben 
23au  oermanbte  Seopolb  über 
15000  ©ulben,  nadfbent  er  fcpon 
5  gapre  üorper  mehrere  benacp» 
barte  Käufer  gefauft  unb  ben 
©infünften  beg  Kollegg  jäprlicp 
1000  ©ulben  jugefiigt  patte1. 

SJiagiftrat  unb  Bürger  metteifer= 
ten  in  greigebigfeit  unb  bie 
dauern  aug  ber  9?acpbarfd)aft 
mit  gttf)ren.  ®ie  Siebe  ber  23e* 
mopner  mar  befonberg  üermeprt 
morben  burcp  bie  gurcptlofigfeit, 
mit  ber  fiep  bie  gefuiten  in  ben 
fßeftjapren  1627  unb  1628  allen 
©efapren  auggefept  patten.  97acp 
jmei  gapren  fonnten  im  gapre 
1631  bie  gefuiten,  18  an  ber 
gapl,  bag  neue  Kolleg  bejiepen. 

®er  S3au  ber  Kircpe,  für  ben 
man  im  gapre  1633  eine  ©dpul» 
benlaft  t>on  21218  ©ulben  mit 
jüprlidj  1060  ©ulben  gu  oer* 
jinfen  patte,  fam  infolge  beg  Kriegeg  nicpt  ju  ftanbe.  23ei  bem  23au  beg  Kollegg 
mar  Sruber  gafob  Kurrer  tätig2. 

9?un  famen  aber  aucp  für  ©nftSpeint  halb  bie  Seibeng«  unb  ©cpredengtage. 
211g  fidj  ber  ÜUiarfgraf  SSilpelm  üon  23abett  üor  ben  Gruppen  beg  fftpeingrafen  Otto 
Subrnig  patte  jurüdjiepen  ntüffen,  erfcpien  biefer  am  26.  2cooember  1632  üor  ©nfig« 


MORANDVS 

06« 


«rt^er  Stmp  alt/ 

m  t>er  Comocbt  fcom  U 

tfs  ^oranb/fbüon  Dcm^rpperpogtfcpenGym-  $2 
nalio  Societatis  IE  SV  $u  €nft|ü(jfiml> 
gepalten/  mt  gapr  naep  £pn(?(  ©f  burt 
)CZ3.  im  2Bcinmotiat. 


J 


jPJj  ©cttucftju  ßrepburg  (m  ‘Srrpfig am/  bep 

2|)foDoro  SJtei?«;/ gm  ga§r 


2itcl  ber  CsnftSljeimer  ftontöbte  1623.  (2/3) 


1  Mm  31.  fDZai  1629  Bat  ßrKjeräog  Seopolb 
ben  ft'arbinat  SBarberini  für  bie  gefuiten  in 
(£nfigl)eim  um  gnforporation  ber  Pfarrei  SSolf« 
lingmeiler  (SBoIfemoeiler);  bie  Seelforge  mürben 
bie  gefuiten  übernehmen.  Mpnlid)  33ifcf)of  gol). 

Suljr,  ©ejdjitbte  ber  Sefuiten.  II. 


Ipeiuridj  ton  23afel  an  Urban  VIII.,  bat.  17.  Mot. 
1630.  *  Original  in  Aich.  Vatic. ,  Miscell. 
Arm.  8,  vol.  XC  n.  XCI. 

2  Srauit,  2)ie  Äirdjenbauten  ber  beutfefjen 
gefuiten  II  152. 

18 


274 


Viertes  Slapitel.  Die  oberbeutfdje  fßrobins. 


fjeim 1.  ©ie  ©tabt  erga6  fiel).  ©d)on  Dörfer  maren  tiiefe  Bürger  geflogen  uitb  bie 
©d)ufe  auf  33efef)f  beS  SRagiftratS  gefdjfoffen  morben.  Qn  beit  Sebingungen  gur 
Übergabe  ^attc  ber  SOZagiftrat  aud)  für  baS  Kolleg  ©d)u§  auSbebungen.  ©otteS» 
bienft  unb  ißrebigt  ln ur beit  meiter  gehalten.  ©ie  fßeft  beS  fofgenben  QaffreS  raffte 
einen  großen  Seil  ber  23ürgerfd)aft  meg.  ©ie  ißatreS  fjalfen  in  ber  gangen  Untgegenb 
in  ben  if)rer  ^pirten  beraubten  Pfarreien.  Qn  ben  fahren  1633  unb  1634  erfreute 

fid)  baS  Kofieg  mit  feinen  12  Qnfaffen  (6  patres,  1  füiagifter  unb  5  SBritber)  eines 

befonbern,  tion  ben  patres  mit  großem  ©anf  anerfannten  ©djutjeS  beS  ©outierneurS 
Uott  Obereffaf),  ©Ijriftian  öott  Kalbenbad).  9Zac^  ber  ©d)facf)t  timt  Sftörbfingen  er» 

fjielt  bie  ©tabt  eine  faiferlidje  ©efafjung.  SOian  fonnte  bie  ©dfule  unter  4  Sefjrerit 

tnieber  eröffnen  (Januar  1635)  unb  batb  barauf  bie  9J£arianifd)en  Kongregationen 
erneuern.  ©ie  Hungersnot  tion  1636  ricfjtete  grofse  SSerfjeeritngen  an,  babei  mar 
bie  ©tabt  beftänbig  tion  ber  frangöfifcfjeit  23efa£ung  in  6ofmar  bebrofjt.  Sfnfang 
Sfuguft  1637  mürbe  Snfisfjeim  tion  2Beimarfd)en  ©nippen  eingenommen  unb  gepfiinbert, 
aud)  baS  Kodeg  üötlig  aitSgeraubt2.  ©ie  Qefuiten  mufften  bie  ©tabt  oertaffen,  nur 
2  patres  unb  1  23rubcr  burfteu  bleiben.  ©rot)  ber  eigenen  groffen  9Zot  fucfjteit 
bie  Qefuiten  burdj  Söort  unb  SSeifpief  bie  Bürger  aufguridjtcn,  prebigten,  fpenbeten 
bie  ©aframente  unb  erfetjten  gang  ben  fef)fenben  Ißfarrer.  ®iefer  Quftanb  bauerte 
niedrere  Qafjre,  bis  ©onuner  1641  ber  neue  fßfarrer  eintraf. 

©rop  ber  ÜZotlage  unb  trof)  ber  menigen  Kräfte  (4  fßriefter  unb  2  Sörüber)  er» 
öffneten  bie  fßatreS  diooember  1642  3 — 4  Klaffen  unter  2  Sefjrern;  1645/1646 
mürben  Humanität,  Sogif  unb  SäRoral,  im  fotgenben  Qafjre  aud)  bie  fRfjetorif  bei» 
gefügt,  gut  baS  ©pmnafium  fonnten  infolge  ber  äufferften  SIrmut  nur  2  Sefjrer 
beftettt  merben,  bis  1648  nodj  ein  britter  fjingufam3.  ©ie  ©djufe  mürbe  aud)  aus 
bem  benadjbarten  Sotmar  befucfjt,  meit  bort  fein  fatl)oIifd)er  £ef)rer  gebutbet  mürbe, 
©abei  mar  baS  Kolleg  1644  baS  Hauptquartier  beS  ©enerafS  ©aupabef,  ber  über 
einen  Sftonat  im  Kodeg  mofjnte;  biefem  folgte  bann  ber  ©eneraf  ©urenne.  ©rot) 
aller  SGSirreit  begannen  bie  fßatreS  im  fetben  Qafjre  1644  bie  feit  9  Qafjren  unter» 
taffenen  monatlichen  ©eneralfommunionen  für  bie  armen  ©eeten  am  erften  ©onntag 
beS  EOionatS  mit  foldjetn  (Erfolg,  baff  faum  einer  in  ber  ©tabt  oon  ber  Kommunion 
fernblieb 4 * * * *. 

©er  ©aframentenempfang,  ber  tion  6200  Kommunionen  im  Qa£)re  1617  auf 
8300  im  Qaf)re  1626  unb  auf  11500  im  Qal)re  1630  geftiegen  mar,  fanf  natürlich, 
ba  bie  Setiölferung  burdj  Krieg,  fßeft  unb  Huuger  fef)r  tierminbert  morben.  Qm 
Qaf)re  1636  gäl)lte  man  1160  Kommunionen  unb  1642  an  1400,  bis  bann  1644 
bis  1650  bie  Qafjt  fid)  auf  3300 — 3600  Hielt.  33on  ÜSRiffionen  merben  1635  bie 
tion  ©ulg  unb  1642/1643  bie  in  Qelbbad)  ermähnt,  ©a  bie  9?ot  anbauerte,  Ratten 
bie  5 — 6  fßriefter  eine  groffe  Slrbeit  gu  bemättigen,  für  bie  fonft  faum  bie  hoppelte 


1  *  Collegii  Ensislieim.  fortnna  1632 — 1634, 
ÄarlSrutje,  ©.  2.  a.  a.  0.  Kropf  II  105 f 
231  f.  Merk  len,  Hist,  de  la  ville  d’Ensis- 
heim  237  ff. 

2  Kropf  II  402  434. 

3  Qm  3<U)re  1649  äöfjlten  bie  6  ßlaffen 
unter  3  Sefjrerit  7  (Stfjetorif),  11,  15,  10,  16, 
19  ©cfjüler.  *  Wl  3t.,  Jes.  570. 

4  Über  ben  3llftonb  berichtet  ©eorg  fgriebrid) 

Don  Slnblau  am  27.  9Jtai  1645  an  bie  ©rg» 

fjersogitt  Älaubia,  er  fjabe  toafjrgeuommen,  baß 

„burd)  ber  ©ojietet  gefu  eifrige^  3utun  unb 

beftäubige  Skrfdjung  ber  Äanjet,  neben  auf» 


erbauliefjeu  guten  fprebigern,  ber  ©otte§bienft 
alfo  abminiftriert,  bafj  ob  gleidjtoof)!  fid)  alt» 
t)ier  511  ßnfi^beitn,  unterfd)ieblicf)e  ßrieg§»  unb 
aubere  Offizier  ber  toibrigeu  Steligion  einge» 
fd)tcift,  bod)  roie  fonften  in  ©ln.  fiirftt.  $uri^» 
lauefit  Vorlauben,  folnoljl  in  (Stabten  at3  auf 
bemSanb,  bcfdjiefjt,  feine  $räbitauten  aufgeftetlt 
roorbcu,  jubem  bie  Patres  f)iefigcn  Collegii, 
ein  juüor,  unb  in  ber  betrübtiften,  gefdf)r» 
Iid)ften  unb  elenbiften  Säuffen,  bie  attfjiefige 
Derlaffene  fPfarr  unb  Administratio  aller  ©afra» 
menten  oerfeljen".  *  Crigiual  (?)  in  ©trafjburg, 
Sejirf^arebiD,  9lfabemieaften  9tr  81. 


Ülltc  unb  neue  SJMeberlaffimgen :  (Solmar. 


275 


genügt  hätte.  So  fonnte  ber  ©eneral  ßarrafa  am  7.  ÜDlärj  1648  mit  91ed)t 
bem  tHeftor  £)ieron.  Schreiber  feine  grof^e  Olnerfennung  auSbrüden  über  bie  SluS* 
bauer  ber  patres,  bie  bie  bärtige  fdjmierige  Station  aufrecht  Rieften  trop  ber  großen 
Slrmut  nnb  bie  bnrd)  ifjre  OlrbeitSleiftung  bie  3aht  öieler  Slrbeiter  erfepten  L 

©nfiSheim  fanbte  and)  einige  SßatreS  für  eine  Otieberlaffung  nacf)  ß  o  t  m  a  r. 
3n  biefer  jur  SDiöjefe  Safe!  gehörenben  freien  Sleidfsftabt,  melcpe  um  bie  §älfte  beS 
16.  ,Qaf)rl)Uttbert§  gegen  9000  ©inmofjner  jäfflte,  mar  bie  fatf)olifd)e  Sleligioit  ge* 
maltfam  unterbriidt  morben.  40  Qaffre  lang  Ejatte  ber  proteftantifdje  üdlagiftrat  bie 
®atf)olifen  auS  allen  Ämtern  auSgefc^loffen.  SDurcf)  beit  beim  beginn  beS  17.  Q-apr* 
punbertS  iiberffanb  ne^menben  ßalöiniSmuS  mürbe  bie  ^ntoleranj  noef)  gefteigert. 
Sdflieplid)  blieben  ben  nur  mehr  1500  ^atpolifen  nod)  St  9J?artin  unb  baS  SDomini* 
faner*  unb  Oluguftinerflofter.  Vergebens  maren  ade  Klagen  ber  ÜDlinorität  oerlfadt, 
bi§  bie  Siege  beS  ®aiferS  SluSficpt  gaben,  ben  ^atpolifen  ju  itjrem  31ed)t  ju  bereifen, 
^erbinanb  II.  befaf)!  17.  ^uti  1627  bie  SBieberfjerftedung  ber  fat^olifc^en  Religion. 
Haiferlidfe  ®omntiffäre  festen  3Jcär§  1628  ben  proteftantifdjen  dJlagiftrat  ab  unb 
fugten  für  bie  fatl)oIifd)e  Religion  bie  alte  Stedung  mieberjugeminnen1 2. 

Qu  biefein  ßmede  betrieb  man  ernftlid)  ben  ißlan,  ein  ^efuitenfodeg  in  Solmar 
gu  errieten.  Schon  früher  maren  oorübergepenb  einige  Qefuiten  oon  ifSruntrut  aus 
in  Solmar  gemefen:  im  $af)re  1597  ein  ißater  als  Stedoertreter  beS  öerftorbenen 
Pfarrers  unb  1604  jmei  ^efuiten  §ut  SluSpilfe  in  ber  gaften^eit.  ®ie  (enteren 
maren  aber  bom  üdlagiftrat  auSgemiefen  morben  unb  Ratten  nur  in  ben  benachbarten 
Dörfern  ihre  Arbeit  fortfepen  fönnen3.  ©ejember  1627  famen  jmei  patres  bon 
Sufispeim,  bie  juerft  in  St  ÜDcartin,  bann  auch  in  anbern  Kirchen  prebigten  unb 
Spriftenlepre  hielten.  SDie  Spitalfirdje  unb  jmei  üßräbifantenmopnungen  mürben 
bon  bem  insmifcpen  mit  ®atpolifen  befepten  ÜÖlagiftrat  ben  patres  für  Söopnung 
unb  Sdfule  jugemiefen.  53alb  famen  noch  2  patres  unb  1  ÜDlagifter  jur  ^pilfe, 
aber  Sßopnung  unb  ®oft  hatten  ®ranfpeiten  jur  gmtge4- 

Qn^mifdjen  geftalteten  fid)  bie  93erpanblungen  um  eine  fjunbation  fehr  fang* 
mierig.  ®iefetbe  mürbe  befonberS  eifrig  betrieben  bon  Srjher^og  Seopolb  unb  bem 
püpftlicfien  ÜJluntiuS  in  ber  Schmeiß  Sllejcanber  Scappi.  Stm  6.  Slpril  1627  befür* 
mortete  Seopolb  bei  bem  ÜJluntiuS  bringenb  bie  Berufung  ber  ^efuiten5.  ®er 
ÜJluntiuS  fepidte  feinen  Üöeicptüater,  P.  ÜUlarfuS  ©ueninuS,  jurn  Sr^per^og  nach  ^onftanj 
ju  meiteren  ÜBerpanblungen,  mie  er  am  28.  September  1627  ber  üßropaganba  be* 
richtete6.  33alb  barauf  (30.  September  1627)  brüdte  Seopolb  in  einem  üörief  an 
ben  ÜJluntiuS  feine  greube  aus  über  ben  Sntfd)luf3  ber  üßropaganba,  bie  Solmarer 
ÜJlieberlaffung  aus  ben  Sinfünften  beS  ^lofterS  St  ©regor  311  funbieren7.  91m 
25.  Sftober  1627  manbte  fid)  ber  Nuntius  burch  P.  ©uenin  an  ben  üßrobinjial  ber 
oberbeutfdfjen  üßrobinj,  nm  eine  genaue  Slufftettung  §u  erhalten.  ®er  üßrobingial 
antmortete  am  22.  ÜJloöember  1627 :  SBode  man  in  Solmar  etmaS  2)auernbeS  er* 
reichen,  müffe  man  ein  fö'odeg  griinben.  gür  ein  mittleres  ®odeg  feien  aber  nötig 
1  Oleftor,  1  ÜÜlinifter,  1  Spiritual,  menigftenS  ein  üßrebtger,  ein  Üöeidjtüater  für  bie 


1  *  Orig.=31eg.  Ad  Rhen.  sup.  —  Sie  Obern 
waten:  ißeter  9Jlnriu3,  1616;  2löam  Straub, 
1619;  Sof).  SJtanfjart,  1621 ;  Sol).  ®oger,  1623; 
21nt.  SSeinbart,  1625;  SCBilf)-  ®oranb,  1647; 
§ieron.  Schreiber,  7.  9toü.  1647. 

-  *  Litt.  ann.  Prov.  Germ.  sup.  1628.  Kropf 
II  463  f.  Reuß,  L’Alsace  au  17e  sibcle  II 
463  ff. 

3  Flott o  185. 


4  Kropf  I  468  ff. 

5  *  Äopie  im  Slrdjio  ber  f|Irobaganba,  Lettere 
di  Svizzera  vol.  LXV'III,  f.  61. 

6  *  Original  ebb.  vol.  LXVIII,  f.  140  146. 
ßin  93erid)t  bcA  P.  ©uenin  oom  15.  9Io0.  1627 
über  eine  zweite  Senbung  nad)  <$nfi§f>eirn  Arch. 
Vatic.,  Nunziatura  di  Svizzera  vol.  XVI  A. 

7  *21rcf)iü  ber  fßrobaganba,  Lettere  di  Svizzera 
vol.  LXVIII,  f.  147.' 


18 


276 


2?ierte§  Kapitel.  $ie  oberbeutfd)e  Sßroüinä. 


Stugmärtigen,  ber  zugleich  bie  föranfen,  ©terbenben  unb  (befangenen  befuge  unb 
iröfte,  ein  fßrofurator,  menigfteng  ein  SJtiffionär  für  bie  Umgegenb,  ber  gleichzeitig 
aud)  für  albere,  bie  erfranft,  einfpriitge,  1  ©djutnorfteher  unb  menigfteng  5  fiehrer 
für  bag  ©pmnaftum,  ba^u  5  Sriiber  für  bie  £>au§bienfte.  Sag  Üüofter  ©t  ©regor 
mit  aßen  feinen  ©infünften,  bie  auf  2000  ©utben  gefdjätjt  mürben,  fei  für  aües 
hinreidjenb 1. 

Stm  25.  Januar  1628  fanbte  ber  SZuntiug  ©cappi  einen  Sericfjt  über  bie  Se» 
ratung  ber  faiferüchen  Äommiffäre  in  ©otmar  an  bie  fßropaganba.  Ser  ©enerat» 
nifar  beg  93ifcf»of§  non  Safet  hat  atg  faiferlic^er  iftommiffär  an  ber  Beratung  teil» 
genommen  unb  berichtet :  Sie  günjtidje  Stbfcfjaffung  beg  fßroteftantigmug  in  ®irdje 
unb  ©dhule  ift  befdjtoffen.  Sie  Berufung  auf  ben  fßaffauer  Vertrag  mürbe  ner» 
morfen,  ba  ©otmar  1555  ganz  fatfjotifd)  mar  unb  big  1575  geblieben  ift.  @5  mirb 
ein  ©bift  oeröffenttictjt,  bafs  ade  innerhalb  fecfjg  SJZonaten  zur  föirdje  zurüdfehren  ober 
augmanbent  müffen.  SDeSfjalb  mirb  bie  ©enbung  ber  Qefuiten  für  ©djuten  unb 
^atedjigmug  nötig  fein  trotj  beg  SBiberftrebeng  ber  fßroteftanten.  SBenn  nidjt  ©t  ©regor, 
fönnte  bag  non  ber  ©tabt  getaufte  fßriorat  ©t  fßeter  für  bie  SZiebertaffung  ber 
Qefuiten  geeignet  fein.  Sag  Nähere  mirb  mein  Seicljtoater  ©ueninug  mit  ©rzherzog 
Seopotb,  ber  auf  bie  Berufung  ber  ^efuiten  brängt,  nächften  gebruar  in  ©nfigheim 
befpredjen.  3nZluifd)en  hat  ber  SZeftor  beg  föodegg  in  ©nfigheim  auf  Sitten  beg 
©eneratoifarg  letzte  Sßeifjnadjten  2  feiner  f}3atreg  nach  ©otmar  gefdfjidt,  bie  niele 
Seiften  gehört  unb  oft  geprebigt  haben,  mag  feit  nieten  fahren  non  ben  ißroteftauten 
nerhinbert  mürbe,  Satfdjmeiter  (?),  bag  firdjtidj  unb  potitifdj  bent  Sifcfjof  non 

Safet  unterftetjt,  ift  Söeitjnachten  non  ben  ca  600  ©inroofjnern  bie  §alfte  zur  Stirdje 
Zurüdgefehrt,  unb  eg  befiehl  Hoffnung,  baff  Oftern  bie  anbere  |)ätfte  nacfjfotgt2. 

Über  bie  Sefpredjung  mit  bem  ©rzherzog  nerfaffte  P.  SDZarfug  ©ueninug,  atg  er 
non  (Snfigfjeim  zutn  SZuntiug  zurüdgefehrt,  einen  Seridjt,  batiert  Suzern  26.  fyebruar 
1628:  ©t  habe  bem  ©rzherzog,  non  bem  er  bei  feiner  Slnfunft  in  ©nfigheim  fofort 
empfangen  mürbe,  bie  Stufträge  beg  SZuntiug  augeinanbergefe^t  unb  über  bag  an» 
fängfidje  ©chmanfen  beg  Sifdfjofg  non  Safe!  berichtet.  Seffen  ©eneratnifar  ^ofj. 
gader  erftärte  im  Januar  bie  Sereitroidigfeit  beg  Sifdfofg  für  bie  SJJiffion  ber 
Qefuiten.  Ser  ©rzherzog  habe  u.  a.  geantmortet,  er  münfdje,  baff  ber  SZuntiug  bag 
ßtofter  ©t  ©regor  ber  ^efuitenniebertaffung  in  ©otmar  überroeife.  ©ine  Konferenz 
mit  bem  ©eneratnifar  hat  ergeben,  baff  ber  Sifdjof  non  Safet  für  bie  SZiebertaffung 
ber  Qefuiten  fei,  aber  für  ben  Unterhalt  lieber  bag  fßriorat  ©t  fßeter  nermanbt  fehen 
mödhte.  ^n  ben  nädjften  Sagen  mirb  ber  ©eneratnifar  einige  fßatreg  non  ©nfigheim 
nach  ©otmar  rufen,  um  bie  üdiiffion  zu  beginnen;  ben  Unterfjatt  rnerben  fie  non  ben 
©infünften  non  ©t  ©regor  haben,  big  bie  Itnterhanbtungen  megen  ©t  üßeter  ab» 
gefdfjtoffen  finb.  Ser  ©rzherzog  mid  non  feiner  SJZeinung  in  Setreff  ©t  ©regor 
nidjt  abftetjen,  gibt  ficf)  aber  einftmeiten  gufrieben,  menn  ber  Äaifer  ober  ber  SZuntiug 
ober  ber  Sifchof  bag  fßriorat  nom  Zapfte  erlangen3. 

Stm  4.  ^uni  1628  berichtete  ber  Sifdjof  SBilhetm  non  Safet  bem  Zapfte  über 
bie  frudjtreidje  Strbeit  ber  fßatreg  ber  ©efedfdjaft  ^efu  in  ©otmar  burdj  s^5rebigt 
unb  prioate  Sefprecfjungen.  Über  bie  Strt  unb  SSeife  ber  gunbierung  beg  Stodegg 
fei  bigher  noch  leine  ©inigung  erzielt  morben.  Qefjt  bemohnten  bie  f^atreg  ein  ge» 
mieteteg  £>ofpitat  unb  benüfden  bie  non  ben  granzigfanern  nertaffene  geräumige  unb 
fcfjöne  ßirdje.  Sttg  Unterhatt  foden  ihnen  bie  ©infünfte  beg  nertaffenen  fßriorateg 
nott  ©t  fßcter  angemiefen  rnerben.  Stuf  anbere  233eife  fönne  bem  fo  frommen  Unter» 


1  *  fiopie  im  9trd)iö  ber  iJSropaganba,  Lett.  2  *  Original  ebb.  vol.  CXXX,  f.  124  f. 

di  Francia  vol.  CXXX,  f.  119  f.'  3  *  $  opie  ebb.  CXXX,  f.  146  f. 


Sllte  unb  neue  9tiebertaffungen:  Stottenburg  a.  9?. 


277 


nehmen  woßf  faum  geholfen  werben.  ©er  Jpeitige  fßater  möge  fieß  besßalb  nicf)t 
üon  anbern  für  eine  anbere  ©ntfeßeibung  beftimmen  laffen  1.  Qn  betnfelben  Sinne 
^atte  fid)  ber  9?untiu§  feßon  üorßer  (24.  21pril  1628)  geäußert2. 

£>ie  2lu§geftaltung  ber  9iieberlaffung  ging  langfam  oorait.  Qm  Qaßre  1628 
weilten  4  f)3atre§  nnb  1  23ruber  in  ©olmar,  bie  f)3atre§  waren  ^Srebiger  unb 
®atecßeten,  im  fofgenbeit  Qaßre  gelten  1  fßater  unb  1  SJiagifter  brei  ©rammatifal* 
flaffen,  1630  würbe  bie  bisherige  ÜKiffion  jur  9iefibenj  erßoben;  bann  trat  1631 
51t  ben  2  Seßrern  and)  nod)  ein  ißater  al§  Praefectus  scholarum  fiinju.  1632 

teerten  3  patres  ©rammatif,  fie  waren  aber  gugfeief)  SBeidjtüäter  unb  Slatecfjeten. 

Qm  felben  Qaßre  ftarb  ber  feit  1630  in  ©olmar  bie  beiben  unteren  klaffen 

unterrießtenbe  HJiagifter  ©ßriftopß  ©djeitenberger  au§  Söangeit,  ber  neben  feinen 
Schularbeiten  bie  ßranfen  tierpflegt  unb  ben  erfranften  Saienbrubet  erfept  hatte3. 

(Sr  würbe  auf  ©eheiß  be§  9Jiagiftrat§  begraben  in  bem  ©ßor  ^er  großen,  früher 
proteftantifdjen  föirdje  unter  33eifein  be§  9)fagiftrat§  unb  $leru§.  ^Sroteftanten 
ärgerten  fid)  barüber  unb  äußerten,  baß  fie  bie  Seidje  halb  wieber  auggrabett  würben. 
Sdjon  feßr  balb  fam  bie  üon  ben  fßroteftanten  erfeßnte  Stnberung.  ©uftao  §orn 
naßm  97oüember  1632  bie  Stabt  ein,  wobei  proteftantifeße  Bürger  bie  Verräter 
fpielten.  ®iefeI6en  Verräter  wollten  ben  Qefuiten  92afen  unb  Ohren  abfeßneiben, 
wa»  aber  tporn  burd)  eine  Scßußwacße  üerhinberte.  ®ann  oerbreiteten  bie  ©alüiner 
genau  biefelbe  Qabel  wie  in  21ug§burg,  bie  Qefuiten  hätten  ißulocrminen  in  ißrer 
Ä'ircße  gelegt,  um  biefelbe  bei  bem  erften  ®otte§bienft  famt  ^Bürgern  unb  Scßweben 
in  bie  ßuft  31t  fprengen.  2)a§  ©rfeßeinen  ber  Qefuiten  bei  ber  erften  fßrebigt  maeßte 
bie  Qabel  ju  Sdjanben.  Qanuar  1633  würben  bie  4  fßatrel  mit  eßrenoollem  @e= 
leitsbriefe  unb  einer  Scßußwacße  naeß  ©nfigßeim  entlaffen,  ber  93ruber  folgte  einige 
Sage  fpäter  in  berfelbeit  SBeife  nad)4. 

Unter  ber  üorberöfterreicßifdjen  Regierung  in  ©nfisßeint  ftanb  aueß  bie  Stabt 
91ottenburg  am  DJedar.  Scßoit  im  Qaßre  1623  ßatten  fieß  ©rjßerjog  Seopolb 
unb  ber  ©idjftätter  23ifdjof  Qoßann  ©ßriftopß  üon  SSefterftetten  bemüßt,  ßier  eine 
DUeberlaffung  ber  Qefuiten  ju  begrünben,  aber  biefer  Sßerfucß  war  wie  audj  ein 
weiterer  im  Qaßre  1628  mißlungen5. 

SBaren  biefe  Semüßungen  an  bem  SBiberftanb  be§  fRate§  gefdjeitert,  fo  naßm 
nadj  ber  ©inäfeßerung  ber  Stabt  im  Qaßre  1644  ber  äftagiftrat  felbft  bie  Sadje 
in  bie  tpanb.  21m  16.  9iooetnber  1647  wanbten  fidj  23ürgermeifter  unb  9?at  an  ben 
fJSrooinjial  Sor.  „Tippler"  mit  einem  bringenben  Sdjreiben  um  Senbung  einiger 
Qefuiten.  SSegen  be§  92iebergange§  ber  Stabt  im  ©eiftlicßen  unb  SSeltlicßen  infolge 
be§  Krieges  fei  ißnen  311  fersen  gegangen,  „baß  unferem  betrübten  Quftanb  mit 
feinem  befferen  9?acßbrud  al§  burd)  ba§  ßeilige  Qnftitut  ber  löblicßen  Societet  Iesu 
unb  beren  tröftlidje  ßocßepemplarifdje  ^Srofeffion  3U  begegnen".  Qn  ißrer  innerlichen 
Siebe  unb  21ffeftion  3ur  ©efeüfcßaft  bitten  fie  „biefelbe  ßocßfleißig,  naeßbem  un§  fein 
größerer  ©efallen  fann  erwiefen  werben,  als  wenn  ßoeßbefagte  Societät  gerußen 


1  *  Original  ebb.  vol.  CXXX,  f.  189.  ®opie 
int  Arch.  Yatic.,  Miscell.  Arm.  8,  vol.  XC. 
2)ort  weitere  Sitten.  Unter  ben  ©egnern  war 
Äarbinal  9tid)elieu  al§  „Abbas  Caput  et  Ad¬ 
ministrator  generalis  totius  ordinis  Clunea- 
censis“,  gu  bem  St  ißeter  gehörte. 

2  *Äopie  im  Arch.  Vatic.,  Miscell.  Arm.  8, 
vol.  XC. 

3  Kropf  II  260. 

4  (Sbb.  II  108 ff.  —  3)ie  Obern  waren:  fJSet. 


©ottraw,  1628;  Sit.  Suetbart,  1629;  ®onr. 
Siirgi,  1630;  3oß.  SEBelp,  1631. 

5  Kropf  I  318.  *Srief  be§  ©eneral§ 
SiteUe3d)i  an  Srobingial  ©renging,  1.3ulil623. 
0rig.=9teg.  Ad  Germ.  sup.  *Hist.  coli.  Rotten¬ 
burg.  1648—1766  in  Tübingen,  Uniberfität3= 
bibliotbef.  Sanad)  5  r.  99t  ii  1 1  e  r ,  $ie  gefuiten 
inSottenburg  a.  9t.,  Seilagegunrl}iöjefan=91rcbiü 
non  Schwaben  1891,  29  ff.  Sgl.  2.  §afjler, 
Sbrcmif  ber  Stabt  Sottenburg  (1819)  169  ff. 


278 


SSierteg  Kapitel.  2>ie  oberbeutfifjc  fßrootng. 


mürbe,  bei  ung  einen  fyup  5U  fepen  unb  mit  beren  perrticpen  Sepre  unb  Seben  gu 
raten  unb  gu  Reifen".  Wegen  beg  Krieges  föitnen  fie  feinen  Unterhalt  bieten,  motten 
aber  ißtap  unb  SOZaterialien  für  ben  23au  einer  bequemen  Wopnung  geben J.  2tm 
18.  SRoOember  1647  fanbte  P.  Qafob  £pebag,  bamatg  Superior  ber  ÜRiebertaffung 
in  Tübingen,  biefeS  23ittgefucp  mit  mariner  53efürmortung  an  ben  fßrooingiat :  ®ie 
fRottenburger  feien  ber  ©efettfcpaft  fepr  gugetan  unb  festen  auf  fie  ipre  einzige 
Hoffnung.  Qn  ber  Stntmort  oom  26.  SRoüember  1647  banfte  Ä’eppter  bem  fRottem 
bürget  äRagiftrat  für  bag  SInerbieten,  bag  er  aber  genauer  überlegen  müffe.  9tm 
4.  unb  9.  SDegeniber  1647  brängte  t£pebag  ben  ffkoüingiat  gur  Stnnapme.  ®er 
f)3rooingiat  gögerte.  $a  fanbte  Sipebag  einen  eingepenberen  23ericpt,  batiert  Tübingen 
15.  September  1648:  SDie  Stabt,  bie  ficf)  früher  felbft  bem  ©rgpergog  Seopotb  miber« 
fept,  münfcpe  jept  bringeitb  bie  ÜRiebertaffung  unb  biete  einen  guten  fßtap,  mo  oor 
bem  93ranbe  bag  geugpaug  geftanben.  Wenn  mir  Württemberg  oertaffen  müffen, 
erhalten  mir  fo  einen  guten  Ort,  mopin  mir  unfere  Sacpen  bringen  fönnen.  gubem 
ift  Waffer  unb  Suft  gut,  ber  Unterpaft  billig.  SDie  ©ntfcpeibung  mar  nocp  nicpt 
gefallen,  atg  ber  £)ergog  oon  Württemberg  bie  fRäumung  oon  Tübingen  big  Weip= 
nacpten  1648  befapt.  2ttg  S£pebag  mit  ber  Slbreife  gögerte,  befapt  ipm  ber  ffirooinäial 
am  12.  Januar  1649,  bem  SBeifpiel  ber  anbern  gu  folgen  unb  unter  fßroteft  ab= 
gureifen.  9?un  gog  P.  Stpebag  mit  nocp  einem  anbern  $ater  nacp  fRottenburg,  mo 
er  mit  groper  greu&e  aufgenommen  mürbe.  3tm  16.  $uni  1649  erfolgte  bie  33e» 
ftätigung  ber  9äebertaffung  burcp  C£r§per§og  gerbinanb  $art1 2. 

Stuper  $atecpefe,  ißrebigt  unb  ß'ranfenbeptcp  eröffneten  bie  Qefuiten,  bie  £>erbft 
1649  nocp  burcp  einen  britten  oerftärft  morben,  eine  fteine  Scpule  für  ©rammatif. 
$ür  biefe  Scpule  räumte  ipnen  ber  SRagiftrat  bag  fRatpaug  ein  unb  oerlegte  bie 
Sipungen  in  ein  ^ofpitat  • —  ein  ÜBeifpiet,  bag  mopl  faum  an  einem  anbern  Ort 
ber  fßrooing  oorgefommen  fein  bürfte  — ,  mie  ber  ^apregbericpt  oon  1650  fagt3. 
Wäprenb  biefer  33ericpt  bie  Wicptigfeit  ber  ÜRieberlaffung  megen  ber  9cäpe  oon 
Tübingen  unb  beg  gropen  fßrieftermangefg  in  ber  gangen  ÜRacpbarfcpaft  nacpbritcfticp 
perüorpebt,  mar  man  in  fRom  oon  biefer  Wicptigfeit  nicpt  überzeugt  unb  bacpte  an 
bie  Stitfpebung  ber  Station  4.  SDer  fßfan,  bag  Itarmeliterftofter  in  fRottenburg  für 
bag  gu  grünbenbe  Kolleg  gu  oermenben,  patte  man  bort  fcpon  früper  mit  alter  @nt» 
fcpiebenpeit  abgetepnt 5. 

❖ 

SBeoor  mir  bie  nocp  übrigen  Kollegien  ber  oberbeutfcpen  fßrooiug  oorfiipren, 
müffen  mir  einen  23ticf  merfen  auf  bie  Skrfucpe,  bie  für  fRiebertaffungen  in  Württeim 
berg  gemacpt  mürben,  infolge  ber  Scptacpt  oon  ÜRörblingeit  mar  Württemberg  oon 
ben  Saiferticpen  befept  morben.  $Bon  ben  miberredptticp  entriffenen  ®toftergütern 
mürben  aucp  ben  ^efuitett  einige  gugemiefen6  unb  infotgebeffen  fam  eg  gur  ©rricptung 
ber  ülRiffiongftationen  in  Stuttgart,  Tübingen,  (Göppingen  unb  33acfnang.  SDiefe  Orte 
patte  ber  berüpmte  miirttembergifcpe  Qltrift  ßprift.  33efoIb  in  einem  ©utacpten  über 
bie  Slugfiepten  ber  fatpotifepen  ^Religion  in  Württemberg  atg  geeignet  für  bie  @r> 
rieptung  oon  Kollegien  oorgefeptagen. 

^n  biefem  ©utacpten  füprt  23efotb  aug:  2$on  ben  Beamten  unb  fßräbifanten, 
bie  ipren  Unterpatt  Oon  ben  geiftlicpen  ©üterit  ober  ber  fürfttiepen  Kammer  erpalteu. 


1  *  Original  in  93t.  9t. ,  Jes.  2030.  $ort 
aud)  bie  folgenbett  Briefe. 

2  *  Kopie  in  93t.  9t.,  Jes.  2030. 

3  *  Litt.  ann.  1650  unb  *  Ülnfang  ber  9tefi= 

beng,  alSbann  Collegii  Rottenburg.,  Karlsruhe, 

®.  2.  1496,  f.  99 


4  *  93tontmorenct)  an  ©raoenegg,  27.  9too. 
1659.  örig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

6  *  95iccoiomini  an  ©eporrer,  20.  Slug.  1650. 
Original  in  9Jt.  9t.,  Jes.  2030. 

6  3?gl.  baS  14.  Kapitel. 


Sitte  unb  neue  Sftiebertaffungen :  SBürttem&erg. 


279 


ift  nichts  ju  ermarten.  hingegen  finb  unter  bem  gemeinen  SRann  mie  nicfjt  meniger 
unter  ben  fßotitif'ern,  ©etetfrten  ober  fonft  Serftänbigen  nidt  menige  ju  firtben, 
bie  mit  ifjren  fßräbifanten  übet  fontent  unb  beSmegen  an  ber  tutf)erifd)en  9ietigion 
etmaS  ju  smeifetn  anfangen,  fürnetjmtid)  aber  recf)t  geifttid)en  unb  gottfetigen  ®iict)ern, 
fo  ooit  frommen  ®atf)otifcf)en  gcmadjt,  mit  $teij)  nadjtradfjten  unb  fetbige  gern  tefen. 
^nmafjen  benit  erft  oor  menig  :Qaf)ren  ju  Gütungen  bergteicffen  geifttidie  ©djrifteit  aud) 
unter  ben  Qbioten  fo  gemein  morben,  bafs  bie  fßräbifanten,  fonbertid)  Dr  Xt)ummiu§  unb 
Dr  Ofianber,  fotdje  ftarf  oerboten;  berofjalben  nid)t  anberS  ju  fdftiefeen,  bann  baff 
bafetbft  mit  tauglichen  Mitteln,  infonberfjeit  mit  untabetigen  geteerten  oernünftigeu 
^Srebigern  üermittetft  ber  ©nabe  ©otteS  nad  unb  nad  ein  großer  Stufen  ju  fdjaffen, 
aud)  etmau  mit  ber  ßeit  einet  non  bem  fiirfttidjen  @efdjted)t  befetjrt  merben  mödjte. 
®ie  SRittef  betreffend  roie  fotdeS  ju  erlangen,  fdjeinen  bie  aller  fügtidfften  ju  fein, 
meint  in  unterfdjiebtidjen  unb  fjieju  taugticfjen  Orten  Collegia  PP.  Societatis  Iesu  auf» 
geridjt,  erbaut,  aud)  il)nen  nicht  allein  bie  Qugenb  ju  informieren,  fonbern  aud)  öffentlich 
3U  prebigen  geftattet  mürbe.  Oabei  bann  biefeS  fonbertid)  3U  ermägeit,  baff  in  bem 
£>er3ogtum  Söürttembcrg  bie  fßartifutarfduten  gar  übet  beftedt,  aud)  alte  ©ttern,  fo 
ihre  ®inber  ftubieren  taffen  motten,  mit  ber  $eit  fetbige  in  bie  Gymnasia  ber  sperren 
Patres  Societatis  gefyen  tiefen,  ba  bann  ftetig  etroa  ein  Störnlin  ^interftettig  Oerbteibt, 
fo  burd)  ©otteS  ©ebeit)en  gute  grud)t  bringen  fann.  giirnemtid  ift  Tübingen  nidt 
au§  ber  2td)t  3U  taffen,  meit  bafetbft  bie  Unioerfität,  beren  Ideologen  jebergeit  ber 
fatfjotifden  ^Religion  sumiber  gemefen,  atfo  fetbigen  f)iemit  gteid)fam  ein  Contramine 
gemacht  merben  fönnte.  @0  ift  biefer  Ort  3U  @nb  be§  SaitbeS  unb  tfjut  aucf)  an 
oieter  f'athotifd)en  ©rafeit,  sperren  unb  Dom  Stbet  ©üter  gren3en,  metd)e  ooit  nieten 
fahren  fjer  gemünfdt,  baff  fie  if)re  ®inber  megen  be§  studii  juris,  fo  bafetbft  jeber 
$eit  ftorirt  hat,  bortfjin  fenben  tonnten,  unb  I)at  it)nen  attein  ein  Catholicum 
exercitimn  gemangelt.  .  .  .  Stud)  an  geeigneten  ©ebiiuben  für  ein  $otteg  fet)(t  eS  in 
Tübingen  nicht.  9Ran  fönnte  bie  fßropftei,  ober  rnemt  biefer  Ort  nid)t  betiebig, 
ba§  fiirfttid  Kollegium,  fo  ein  gdansiSfanerftofter  gemeft,  hiermit  gebraud)en.  SBegen 
ber  ©infünfte  fönnte  man  aud)  biefen  9tat  fchnffen,  menn  man  ettidje  ®anonifate 
be§  ©tifteS  Pferrenberg  baf)in  transferieren  tfjut.  .  .  .  Söottte  man  bann  etma  ba§ 
grauenftofter  Od)fenf)aufen,  fünften  ©nabengell  genannt,  fo  and)  gan3  ruiniert, 
braudfen,  fjätte  man  gar  gute  ©etegentfeit,  meit  baSfelbe  ex  parte  001t  SBürttemberg 
miber  altes  fRedt  unb  of)ne  einigen  ©dein  einge3ogen  morben  unb,  mie  teid)ttid  31t 
ermeifen,  immediate  bem  heiligen  römifd)en  fReict)  untermorfen,  aud  nidt  meit  üon 
Tübingen  abgelegen  ift.  2fud)  ba§  (Stift  Sadnang  märe  ermünfd)t  für  ein  ^efuiten» 
fotteg,  3umat  e§  mit  ©infünfteit  für  fid  fetber  fjinreidenb  botiert.  SBottte  man  ein 
fotdeS  fotteg  in  ber  ©tabt  ©tuttgart  erbauen,  fönnte  eS  in  ber  fßropftei  unb  ben 
umtiegenben  Raufern  gefd)et)en.  Söottte  man  für  bie  ©infünfte  ein  fyrauenftofter 
gebrauden,  mären  ©teinheim  bei  SRarbad  ober  SBeit  bei  ©^fingen  metjr  bann 
taugtid).  .  .  .  SOenn  aud)  biefe  ©otteSfjäufer  fomofjt  at§  Odffenffaufeit  unb  mefjr  anbere 
^rauenftöfter  nad  bem  fßaffauer  Vertrag  eingesogen  unb  fraft  ihrer  ffkioitegien 
ber  mürttembergifden  tanbeSfürfttidjen  Obrigfeit  nid)t  untermorfen  finb.  SBürbe 
bann  Qf)re  fönigtide  SRajeftät  bie  ©tabt  ©öppingen,  als  31t  ber  f)ofjenftaufifd)en  fßfanb» 
fdaft  gehörig,  eingiehen,  märe  bie  ermünfdte  Offaffion,  ein  Kollegium  ber  Herren 
PP.  Societatis  Iesu  bafetbft  ansuridten,  fonbertid)  megen  be§  ©auerbronnen,  baf)in 
jährtid  ßadotifde  fommen.  Käufer  mären  bafür  genug  31t  befommen.  .  .  . 
Qnfonbert)eit  aber  t)aben  bie  pferreit  PP.  bafjiit  3U  fef)en,  baff  menn  ihnen  ©üter 
ober  Örter  in  bem  Sanbe  Söürttemberg  eingeräumt,  fotd)e  oon  attersfjer  unmittelbar 
ober  anjepo  a  jurisdictione  territoriali  Wirtembergica  ejimiert  merben,  beim 
fünften,  mo  nit  anjefm,  ober  in  ben  erften  Qafjren,  jebod)  mit  ber  $eit  eS  über  bie 


280 


SßierteS  ffapitcl.  35ie  oberbeutfcfje  fßrobinj. 


maßen  großen  Streit  unb  Ungelegenheiten  abgeben  würbe.  (Sg  wäre  rötlich,  für 
biefe  Kollegien  unb  @üter  quoad  temporalia  einen  mächtigen  Sßroteftor  wie  Seine 
föniglidje  SKajeftät  31t  gewinnen.  Ser  2Mmächtige  wolle  gu  allem,  fo  ju  feiner  (Sfjre 
bient,  feinen  milbreicljen  Segen  geben1. 

gur  (Srricfjtung  oon  Kollegien  fam  eg  nic^t,  fonbern  nur  jn  Sftiffiongftationen, 
unb  auch  auf  biefen  war  bie  feelforgliche  Sätigfeit  fefjr  gehemmt  burch  ben  ®ampf 
um  bie  Sicherung  ber  (Sinfünfte,  burch  bie  IXnfic^erfjeit  ber  Sage  unb  bie  große  216= 
neigung  ber  (Sinmohner. 

2lm  19.  2Ipril  1635  gab  $erfrmaub  HI.  ben  23efeßl,  bie  Qefuiten  in  23acfnang 
unb  Stuttgart  einjufüfyren.  Ser  fßrooiitjial  SDZunbbrot  beauftragte  am  24.  $uni 
1635  bie  patres  ©eorg  fHau,  $afpar  §elin,  Submig  SU3  unb  Söolfgang  Slftänbl,  nacf) 
SBürttemberg  ju  reifen  unb  bie  @üter  gu  übernehmen.  21m  31.  ^uli  1635  erfolgte 
ber  (Sinsug  beg  P.  üülänbl  in  23acfnang2.  P.  SDMnbl,  ein  fluger  unb  eifriger  ÜDiann, 
fucfjte  nor  allem  bie  nerfaHene  Sßohnung  noieber^erguric^ten  unb  bie  für  bie  23 e« 
ßauptung  ber  Vedfjte  notmenbigen  Sofumente  3U  fammeln.  Hftitten  in  biefen  21rbeiten 
mürbe  er  halb  non  ber  Sßeft  ergriffen  unb  meggerafft3 4.  21n  feine  Stelle  traten  in 
23aclnang  P.  23altljafar  Ipeuffler  unb  P.  SD^icfjaet  SBeibenfjiller  nebft  einem  23ruber. 
Sie  Vücffeßr  beg  ^ersogg  (SberEjarb  non  üBiirttemberg  (Oftober  1638)  üerfcfjlimmerte 
bie  fcfjon  an  unb  für  ficf)  fcßwierige  Sage  noch  mehr.  Obgleich  ber  £>er3og  fich  halle 
nerpflichten  müffen,  ben  fatßolifchen  33efi^  unb  beffen  Siechte  in  feiner  Söeife  31t  be¬ 
helligen  unb  31t  fcßäbigen,  folgte  eine  Vecf)tgfränfung  ber  anbern1.  2(ucl)  ein  Schuß- 
brief  ^erbinanbg  III.  bom  7.  SJfai  1639  fonnte  biefen  Ouälereien  fein  (Snbe  bereiten5. 
SSenn  ber  ^Bericht  beg  P.  @regor  ßimmermann  nom  6.  Quni  1640  über  bie  gälfcfjung 
eineg  faiferlichen  Sefreteg  burch  P.  ^peufffer 6  richtig  ift,  fo  hat  [ich  berfelbe  eineg  ebenfo 
häßlichen  mie  törichten  SJlittelg  bebient,  um  nach  feiner  oorübergehenben  flucht  infolge 
ber  (Sinnahme  Stuttgartg  burch  bie  Schweben  wieber  halb  in  ben  23efiß  feiner 
früheren  Stellung  3U  gelangen.  Sie  unhaltbare  Sage  oeranlafjte  ^euffler,  Frühjahr 
1639  aug  23acfnang  absusiefjen.  Seine  Vacfjfolger  miffen  nur  non  Srangfalen  unb 
Verfolgungen  3U  er3ählen7.  P.  Qof.  (Sglin  bemerft  in  feinem  23ericht  nom  6.  September 
1640,  er  möchte  lieber  unter  Sürfen  unb  Reiben  fein  231ut  oergießen,  alg  in 
23acfnang  in  ber  Sorge  für  bie  seitlichen  Singe  fo  nie!  (Slenb  erbnlben8.  (Sine 
3eitlang  hielt  einer  ber  fßatreg  regelmäßigen  ©ottegbienft  in  SSinnenben  unb  Scf)orn= 
borf  für  bie  oerfprengten  ^atßolifen  unb  Solbaten,  fo  befonberg  1644  unb  1645. 

Vicht  weniger  Srangfale  hatten  bie  ^efuiten  in  Stuttgart  3U  bulben.  21m 
22.  Februar  1638  berichtete  ber  Statthalter  @raf  3U  Sulß  an  ben  SÜaifer,  er  habe 
ben  23efehl,  batiert  ißreßburg  9.  unb  21.  gebruar  1638,  wegen  beg  Schußeg  ber 
^efuiten  unb  ber  Veftitution  beg  ^ersogg  erhalten:  „(Sg  haben  aber  mehrbefagte 
Sßatreg  3U  Manutention  ihrer  Possession  beöorab  3U  Stuttgart  iit  SSahrfjeit  eine 
ftarf'e  Protection  f)ocf)öonnöthen  •  •  •,  inbem  felbige  mit  eifrigem  Sehren  unb  fßrebigen 
bag  Suthertf)um  anberg,  alg  oon  ben  ißräbifanten  anhero  befchehen,  an  bag  Saglicf)t 


1  *  Conc.  ohne  ®atunt  in  Stuttgart,  Staatg¬ 
arebio  K  49  F  3B  B  52.  Sßgl.  §.  ©unter, 
$ag  fReftitution§cbif't  oon  1629  unb  bie  fatbo- 
lifcfte  SReftauration  Slltmirtembergg  (1901)  284. 

2  $ie  3mmiffion5urfunbe  für  SBadnang  oont 
31 .  TXxiIi  1 635  in  Stuttgart,  Staatlarcpio  K  49 
F  38  B  50“.  SSgl.  ©ünter  a.  a.  0.  279. 

3  Kropf  V  299  f. 

4  $ie  feierliche  gufage  ©berbarbg  unb  ber 

Sanbfcßaft  Oom  18.  £1300.  24.  Olt.,  bie  fRcfti- 


tution§beftimmuugen  nach  SRafjgabe  ber  faifer- 
liehen  fRefolution  oom  9.  $ej.  1636  erfüllen  jn 
motten,  mürbe  gebrochen,  ©ünter  a.  a.  0. 
308  f. 

5  Ser  Scfjupbrief,  ©inblattbrucf  mit  nota¬ 
rieller  ^Beglaubigung,  in  9R.  5R.,  Jes.  2039. 

6  Stuttgart,  Staatgarcbio  a.  a.  0.  B  51. 

7  ©regor  gimnterntann  über  bie  Srangfale 
in  93acfnang,  30.  9lpril  1639.  *  Original  ebb. 

8  *  Original  ebb.  3?gl.  ©ünter  a.a.  0.281. 


9llte  unb  neue  ffticberlaffungen:  33acfnang.  —  Stuttgart. 


281 


[teilen  unb  fjierburdj  rtid)t  allein  ben  ^räbifanten,  fonbern  aud)  ben  gemeinen  äftaitn 
(alg  melier  aug  gehabter  jebermeiliger  Hoffnung  feines  reftituierenben  lut^erifcfieit 
■fper^ogg  in  [einem  ^rrtfjum  nodj  meljrerteilg  beharret)  gleidjfam  in  ben  Slugapfel 
griffen  unb  berentmegen  au[  bag  äufferfte  angefeinbet  merben,  baff  bannenfjero  ju 
beforgen,  eg  möchten  iljnen  unter  ber  lutfjerifcbjen  Regierung  nidjt  allein  bie  ©efäll 
fdjlecfjtlid)  augge[olgt  unb  etma  megen  ber  ben  Stiftern  burdj  bie  lutljerifdjen  §erjoge . . . 
affignierter  Sefolbungen  unb  Seibgebing  arreffiert  unb  innebefjalten,  fonbern  aud)  burdj 
bie  Sutljerifdje  miber  [ie  ergrimmte  unb  angefjetjte  gufjörer  mefjrfältige  Slffronten 
unb  Ungelegenljeiten  juge^ogen  merben,  mofern  felbige  üon  ©m.  $aif.  ÜDlaj.  mit  bero 
atlergnebigftem  SdjufJ  nidjt  moljl  berforgt  merben."  1 

Scfjon  in  ber  erften  $eit  ffarb  in  Stuttgart  P.  ©ufebiug  Sleeb.  SJian  entfernte 
in  ber  ben  Qefuiten  iibermiefenen  Stiftgfirdje  aug  bem  ©rabe  beg  1570  beworbenen 
$ol).  Srenj  bie  ©ebeine  unb  legte  ben  3efu^en  fffnein  (24.  SJiai  1637) 2.  üßenn 
and)  bon  einer  „©rabfdjänbung"  nidjt  bie  Siebe  fein  fann3,  fo  mar  biefeg  Sorgeljen 
in  jebem  gaü  fefjr  unflug.  2)ie  Sefdjmerbefcfjrift  beg  proteftantifefjen  Slonfiftoriumg 
bom  25.  gebruar  1639  an  ben  §erjog  flagt  über  bie  ma^rfc^einlicE)  bamit  jufammen» 
Ijängenbe  .Qerftörung  unb  Söefc^äbigung  bon  ©pitaplffen  unb  Silbern  in  ber  Stiftg» 
firefje  burdj  bie  Qefuiten.  „SJlan  mirb  an  bie  £at  alg  folcfje//,  fo  urteilt  ber  neuefte 
^piftorifer  biefer  ©pifobe,  „nidjt  ben  ftrengften  SJlaffftab  bon  Ijeute  anlegen  motlen, 
gleidjmoljl  mar  fie  grunbüerfefjlt.  ®ie  Serlefjung  beg  fpietätggefüfjlg  fdjlägt  tiefere 
SBunben  alg  perfönlidje  Seleibigungen."4  SDurd)  faiferlicfje  Serorbnung  bom  3.  Sluguft 
1638  mußten  fiel)  bie  3efu^en  tote  in  Sadnang,  fo  aucl)  in  Stuttgart  mit  ben 
f^roteftanten  mieber  in  bie  Stiftgfircfje  teilen 5.  Srotj  beg  faiferlidjen  Sdjutjbriefeg 
erlitten  bie  f^fatten  in  Stuttgart  Sefdjimpfungen  unb  ©emalttaten  aller  Slrt:  halb 
mürben  ifjnen  gurren  §olj  mit  ©emalt  meggenommen,  halb  bie  Heller  erbrodjen 
unb  über  200  ©imer  Söein  geraubt,  halb  allerlei  Sefdjimpfungen  gugefügt6.  $ag 
Schlimme  bei  ber  Situation  mar,  bafj  bie  ben  ^efuiten  gugemiefenen  ^irdjengüter  mit 
ben  ©efjiiltern  für  ein  fjalbeg  §unbert  ißräbifanten  unb  fßräjeptoren  belüftet  maren,  bie 
aucl)  bon  ben  3efuiten  toeiter  bejaljlt  merben  mußten.  ®a  aber  bie  aug  ßefjnten, 
©ülten,  ©rbleljen  ufm.  beftefjenben  ©infiinfte  infolge  beg  Krieges  bielfadj  nidjt  ein» 
gingen,  fonnten  bie  ^efuiten  bie  ©e^älter  nidjt  jaljlen,  unb  fo  fielen  alle  Klagen  auf 
bie  bie  felbft  in  großer  Slot  maren7. 

3n  ben  ^afjregbericfjten  ^ei^t  eg  bei  Stuttgart  im  3a^)re  1644:  unfere  patres 
Ijatten  genug  ju  tun,  bie  Station  ju  behaupten;  1645  mirb  gellagt,  mitten  unter 
ben  ^äretifern  müfjten  ficf)  jmei  Sriefter  ab,  aber  ber  Slrbeit  entfprad)  megen  ber 
^artnädigfeit  faft  feine  gruefjt.  ®er  Seridjt  bon  1646  meint,  auf  biefem  Slder 
ift  unfere  Saat  nidjt  fo  fefjr  fjanbeln  alg  leiben.  Qmmerljin  merben  einige  $on= 
berfionen  unb  aud)  einige  Wn‘3erl  Seiften  ermäfjnt;  befonberg  gaben  bie  bon  augmärtg 
fommenben  ^atljolifen  unb  bie  Sefatjung  in  ^»o^enafperg  mannigfaltige  Slrbeit.  ®er 


1  *  Original  ebb.  K  49  F  33  B  50 a. 

2  Kropf  II  301. 

3  25gl.  SSIätter  für  Württemberg.  Äirdjem 

gefcf)icf)te  1898,  44,  unb  bagegen  ©ünter  a.  a.  0. 
293 1.  4  ©ünter  a.  a.  0.  293. 

5  Sattler,  ©efet).  be§  ^erjogtumg  SBürttem» 
berg  VII,  Beilage  9?r  58. 

c  5Sgt.  bie  ^  Originalbriefe  non  Sdjerer, 
14.  fjfebr.  1639,  2)urr,  13.  9Jtai  1639  unb  bie 
2)enffcf)riften  in  9Jt.  9t.,  Jes.  2039.  P.  (Seb. 

Sdierer  febreibt  aug  Stuttgart,  12.  Ülpril  1639: 
Spero  redemptionem  ex  hoc  tarn  importuno 


et  acerbo  purgatorio,  ubi  perpetua  vitae  peri- 
cula,  minae  quotidianae,  atroces  vultus,  pro- 
bibitiones  ne  nos  invisent  cives,  arrestationes 
rerum  nostrarum,  ludibria,  consiliariorum  auli- 
corum  machinationes  sinistrae,  observationes 
omnium  passuum,  cavillationes  e  eathedris, 
pasquillae  et  sexcenta  alia  nos  miserrimos  et 
fame  fere  enectos  agitant.  Original  ebb. 

7  Sßgl.  P.  9iaro,  ©öppiugen,  29.  $ej.  1637. 
*  Original  ebb.  $ie  ©üter  liegen  faft  alle  öbe, 
bie  ©ültleute  ufro.  finb  metjrenteibS  Berborben, 
Bcrtoffen,  geftorben  ufro. 


282 


SBiertee!  Kapitel.  $ie  obcrbeutirfje  fprobinj. 


SIngabe  oon  830  Kommunionen  unb  KonOerfionett  im  ^afjre  1(347  mirb  Beigefügt : 
bie  3opl  ber  Konoerüten  märe  größer,  menn  bie  proteftantifcfjen  dürften  ^*e 
napme  ber  fatpotifdjen  Religion  nidjt  »erboten  pätten. 

3n  ©öppingen  tonnte  man  burcpgepenbg  nur  ben  öerfprengten  Katpotifen  unb 
ben  ©otbaten  in  ben  Söinterquartieren  Reifen.  3n  jmei  Xörfern,  bie  unter  fatfjolifcfjen 
Herren  (tauben,  aber  beg  ißfarrerg  entbeprten,  beforgte  einer  ber  beiben  $atreg  ben 
©ottegbienft.  Xie  93ericf)te  oon  1(344  ermähnen  800  Seiften  unb  9  Konoerfionen. 
2ttg  1(344  ber  tutperifcpe  Pfarrer  in  ©öppingen  geftorben,  tiep  bie  ©rjperjogin 
Ktaubia  oon  Xirot  bie  Stugübung  beg  proteftantifcpen  ©ottegbienfteg  oerbieten1. 
Xer  SBiberftanb  ber  Bürger  mürbe  jtoar  burd)  ©inlegmtg  oon  ©olbaten  gebroden, 
aber  megen  ber  mecpfetnben  Krieggereigniffe  feine  größere  grucpt  erhielt.  Xie  tepten 
3apre  patten  bie  beiben  Qefuiten  nocp  oiete  ^Betätigungen  unb  felbft  Xobegbropungen 
burdj  bie  fd)mebi(cpen  ©otbaten  unb  bie  proteftantifdjen  ©inmopner  ju  erbutben. 
Qm  Xe^ember  1(349  fam  ©öppingen  mieber  an  Söürttemberg. 

Stucp  bie  Xätigfeit  in  X  üb  in  gen,  auf  bie  befonberg  Samormaini  (o  grope  ^»Öff¬ 
nungen  gefept  patte,  jeitigte  feine  bauernben  ffüidjte,  obgteicp  man  fepr  rüdficptgootl 
»oranging.  „Sufag  Dfianber  mürbe  batb  nacp  (einer  Sßerbrängung  aug  ber  (ßropftei 
(9)Zai  163(3)  in  ber  (cpmerften  3eit  beg  Xübinger  Unbanfg  oon  ben  ^efuiten  in  bie 
süropftei  in  ber  üüfünjgaffe  mieber  aufgenommen  unb  and)  nacp  ber  3nfta£tation  beg 
P.  £uj  im  Januar  1637  barin  belaffen. " 2  P.  Xpebag  fcprieb  aug  Xübingen 
am  9.  Xejember  1(347,  bap  oon  ipnen  niemanb  getauft  unb  niemanb  begraben  merbe3. 

Xer  SSeftfätifcpe  Triebe  fepte  ber  faft  fünfjepnjäprigen  Xätigfeit  in  SBürttemberg 
ein  3iet.  Unter  (icperem  ©eteit  mürben  bie  ißatreg  oon  Stuttgart,  ©öppingen  unb 
Vacfnang  mit  iprer  bemegtidjen  £>abe  burcp  SBürttemberg  gefüprt  unb  langten  mopt» 
bepatten  in  Xitlingen  an4. 

©iptueij. 

3n  ber  ©djmeij  festen  bie  ^efuiten  ipre  früperen  Arbeiten  fort  unb  bepnten 
biefelben  nocp  meiter  aug.  Über  ipre  Xätigfeit  berietet  ber  ©cproeger  üftuntiug 
Sabigtaug  b’üquino,  Vifcpof  oon  Venafro,  im  3aPre  1613  bem  ^eiligen  ©tupt: 
„Xie  ^efuiten  paben  grope,  anfepntidje  Kollegien  in  Konftang,  Sujern,  greiburg  unb 
ißruntrut.  Sie  oerbinben  3u9en*3er3ie^un9/  ißrebigt,  23eid)t  ufm.,  Vermattung  ber 
©aframente  mit  einem  ejemptarifcpen  Sebengmanbet.  3^)  fa9e  meiter  nicptg,  atg  bap 
(ie  bagfelbe  tun  mie  in  3tcdien  unb  fonft  überall,  unb  bap  (ie  mirffidj  bie  ftärffte 
©tüpe  (inb,  metcpe  bag  arme  Xeutfdjtanb  nod)  aufredjt  pätt,  bag  opne  ipre  un* 
abtäffige  ©orgfatt  nicpt  auf  bem  fünfte  (tänbe,  mo  eg  jept  ftept."5  3n  einem 
©cpreiben  oom  17.  Sluguft  1624  an  bie  fatpotifcpen  Kantone  be^eidjnete  Urban  VIII. 
bie  3efudenfottegien  atg  ißftanücputen  ber  djrifttidjen  SBeigpeit  unb  Vottmerfe  beg 
fatpotifcpen  ©taubeng 3. 

©g  entftanben  neue  Üciebertaffungen  in  SBattig  unb  in  ©ototpurn.  ©in  Verfucp 
in  ©pur  (djeiterte  an  ber  3nt°leran3  ber  ißroteftanten.  2tudj  bie  (o  peip  erfepnte 
Diiebertaffung  in  Vaben  fam  nidjt  ju  (tanbe7. 

Xer  grope  beutfcpe  Krieg  beriiprte  bie  ©cpmeijer  3efuitenfottegien  mit  Stugnapme 
oon  ißruntrut  nur  infomeit,  atg  oiete  3efmten  unb  bereu  ©djiiter  nacp  ber  ©cpmeij 


1  Nostris  anniteutibus,  faßt  ber  93erid)t  bom 
3at)re  1644.  Über  bie  Stnfprücbe  ber  6ra= 
persogin  bßt.  (Sattler  a.  a.  0.  VII  179  219  f. 

2  ©  ü  it  t  e  r  a.  a.  0.  284.  3)er  in  ber  Sircbe 
Orüßelnbe  „SOtefibricftcr,  ein  gefuite",  läßt  fid) 
nicpt  erroeifen. 

3  *  Orißinat  in  9Dt.  3t.,  Jes.  2030. 


4  *  Litt.  ann.  1649.  S8ßl.  ©unter  a.  a.  0. 
333  ff. 

6  ©Treiber,  STafcpenbucp  IV  (1844)  93  f. 
Slßt.  Sita  per,  fionjitboit Orient II (1903) 300 ff. 

6  Poggiani  Epistolae  II  171,  n.  22. 

7  *  Otißinalbriefe  au3  bem  gapre  1648  über 
biefe  33eftrcbnngen  in  9Jt.  91.,  Jes.  88. 


Sitte  uub  neue  illiebertaffungen :  Sujern. 


283 


flüchteten  unb  bort  gaftlidje  Slufnafjme  fattben.  Ser  £ampf  ber  fjaböburgtfc^en  uitb 
frangöfifdjen  fßolitif,  ber  in  biefer  ißeriobe  in  ber  Sdjmeig  gumetlen  recht  ^eftig  tobte, 
hatte  für  bie  ^efuiten  fetjr  unangenehme  23egletterfd)etnungen,  inbem  bie  grangofeit 
bie  faiferltcfj  gefinnten  Qefniten  be§  2$errate§  berichtigten  unb  bie  bcutfchen  $efuiten 
burdf)  frangöfifcfje  $efuiten  erfe^en  modten.  Sie§  gelang  ihnen  geitmeilig  in  ißruntrut, 
in  greiburg  hingegen  fcheiterte  ber  sßlan1. 

Sag  grojfe  2öof)ImoIIen,  tt>elc^e§  ber  9iat  unb  bie  Bürger  non  Sujertt  beit 
Qefuiten  tion  ihrem  crften  ©rfdheinen  an  entgegenbrachten2,  bemährte  fich  auch  in 
biefer  gmeiten  ißeriobe  unb  bemirfte  eine  bebeutenbe  ©rmeiterung  ber  Seljranftalt. 
kleinere  ßmifdjenfäHe,  bei  benen  ber  9?at  feine  unb  ber  Stabt  ^ntereffen  mahrnehmen 
gu  müffen  glaubte,  tiermochten  biefen  ©ang  nicht  gu  hemmen,  bienten  in  ber  fReget 
nur  bagu,  bie  ftrittigen  fragen  gu  ftären,  unb  ergeugten  neues  ©ntgegenfommen  unb 
neue  g-örberuug  ber  Sätigfeit  ber  Qefuiten.  ©benfomenig  fonnten  geitmeilige  9In= 
feinbungen  unb  Sßerleumbungen  ber  Qefuiten  tion  feiten  einreiner  bem  Söirfen 
ber  patres  in  Schule  unb  Seelforge  ©intrag  tun3.  Sie  baulichen  ©rmeiterungen 
roaren  in  biefern  Zeitraum  unbebeutenb  unb  befchränften  fich  hauPtfäc^Itd^  auf  ben 
Slnfauf  einiger  bem  Kolleg  benachbarter  Käufer,  bie  bann  gmedentfpredjenb  eingerichtet 
brm.  umgebaut  mürben4.  Sie  ©rmeiterung  ber  SBoIjnung  mar  geforbert  burdj  bie 
langfame  ßunaljme  be§  für  Schulen  unb  Seelforge  notmenbigen  ^erfonalg.  Sie 
im  StiftungSbrief  feftgefetjte  3^  Don  20  ^efuiten,  meldje  fdjon  1580  hätte  tior» 
hanben  fein  f ollen,  mürbe  lange  nidjt  erreicht.  S3iS  rum  Saljre  1617  fdjtoanfte  bie 
3ab)I  ftetg  ^tüifdfjen  18  unb  22;  1621  maren  eg  24,  fpäter  mar  bie  regelmäßige 
3af)I  25 — 28 5.  Unermarteten,  tiorübergehenben  3ultmch3  bradjten  bie  breifeiger 
^ahre.  2öie  in  Sirol,  fo  fuchtelt  manche  ber  tion  ber  ßrieggfurie  tiertriebenen  Orbeng* 
brüber  and)  in  ber  Sdjtneig  ein  Slfpl.  Schon  1626  langten  26  in  Sugern  an. 
üftoch  mehr  braute  ber  September  beS  folgenben  ^aljreS,  f^reiburg  im  SBreiggau 
ben  geinben  in  bie  §änbe  fiel.  2Iuf  bem  Söege  mürben  bie  aus  bem  ßolleg  ge» 
flohenen  ^efuiten  tion  ben  Solbaten  auggeplünbert  unb  langten  nur  bürftig  gefleibet 
in  Sugern  an.  Sie  3flfd  ^et  3efui*en  überftieg  nun  bafelbft  80.  2(uch  im  folgenben 
Qafjre  hielten  fidj  burchfdjnittlid)  40  Qefuiten  in  Sugern  auf,  eine  3ahC  bk  erft 
mählich  mieber  abnahm,  ©erabe  bei  biefer  ©elegenheit  geigte  fidj  bie  Zuneigung  ber  23e» 
tiölferung  Sugerng  gu  ben  ^efuiten.  Sie  ©efchichte  beg  ßodegg  beridjtet,  baß  g-reunbe 
miteinanber  metteiferten,  tierbannte  ^efuiten  in  ihre  SBohnungen  gaftlich  aufguuehmen, 
ba  ihnen  befannt  mar,  bah  engen  Siäume  beg  ßollegg  nicht  alle  faffen  fonnten 6. 


1  Di  Pfefficon  da  monsig.  nuntio  a’  Sviz- 
zeri  li  26  Settembre  1641:  Circa  a  quello 
cbe  dice  il  Generale  de  Giesuiti  che  il  re  di 
Francia  non  fa  caso  d’  kaver  ne  suoi  stati 
soggetti  di  Germania,  io  non  ho  parlato  de 
suoi  stati,  ma  della  Yallesia,  et  Helvetia; 
della  Yallesia  furono  cacciati  per  opera  de 
francesi  un’  altra  volta,  et  liora  1’  ambascia- 
tore  di  Francia  tratta  con  il  cantone  di  Fri- 
burgo  che  caccino  i  Giesuiti  di  Germania, 
et  ricevino  francesi;  in  Brontruto,  cittä  del 
vescovo  di  Basilea ,  sono  francesi ,  et  in 
Friburgo  di  Brisgovia  il  governatore  di 
Brisach  non  permette  Giesuiti  dell’  imperio. 
Arcli.  d.  Propag. ,  Lettere  de’  Svizzeri  1641, 
LXXXIV,  f.  99. 

2  93b  I,  @.  211  ff  621  ff. 

3  Über  eine  Stlagefdjrift  gegen  bie  ^efuiten 

ou§  bem  3abre  1610  unb  bie  Slntiuort  be§ 


©tabtfcbreiberä  fRentu.  ßpfat  f.  g-leifdjtin, 
2lu§  ben  Slnnalen  be§  ©pmnafiumd  gu  Sujern, 
SRonatSrofen  XXVI 310  ff.  Sem  3mift  stuifd)en 
bem  ©diultfjeiben  9lmrf)t)n  unb  ben  Sefuiten 
fcpeinen  unbegrünbeter  ftlatfdj  unb  unfluge 
Slufjerungen  be§  9teftor3  Gpfat  befonbcr§  über 
bie  Serljaftung  feinet  SruberS  ju  ©runbe  ju 
liegen.  Ser  91untiu§  erflärte  bie  Sefuiten  für 
unfdjulbig.  Sgl.  Sepefdje  Dom  26.  Jyan.  1627. 
Original  in  Arch.  Vatic.,  Nuntiatura  di  Sviz- 
zera  vol.  XV.  Ser  Sieftor  ßpfat  mürbe  und) 
Spanien  gefcpidt.  93arberini  an  ben  SluntiuS, 
20.  gebr.  1627;  ebb. 

4  *Hist.  coli.  Lucernae  I  1610.  ©tabtard)iO 
Sujern.  Sgl.  über  biefe  Stüufe  unb  Sauten 
gleifdjlin  in  SlouatSrofcn  XXVIII  13  ff. 

5  *Hist.  coli.  Luc.  I  bei  ben  betr.  8abren. 

6  *  Compend.  hist.  coli.  Lucern.  ad  anu.  1633. 
Sgl.  g-leifd)liu  a.  a.  0.  XXVI  437  f. 


284 


25icrtcS  Kapitel.  $ie  oberbeutfefje  Sßrobhtä. 


DJJit  ben  ßriegiereigniffen  in  ®eutfd)tanb  f)ing  aud)  ^unt  Seit  bie  Sßerme^rung 
ber  Spulen  be§  £'otteg§  in  Supern  gufantmen.  ®en  flietjenben  Qefuiten  folgten 
manche  ©d^üler  beutfdjer  Kollegien  in  bie  ©chmei^  nad),  um  bafelbft  ihre  ©tubien 
fortjufefjen.  Qum  Qat)re  1635  mad)t  barum  ber  SSerfaffer  ber  ^oHegggefcfjicfite  bie 
töemerfung :  S)er  unheitbotte  Stern,  ber  infolge  ber  IjSeft  unb  beg  Krieges  über  ben 
beutfdjen  ©pmnafien  mattete,  braute  bem  unfrigen  nicht  unerheblichen  3umad)§. 
Unter  ben  1633  nach  Sujern  geflohenen  Qefuiten  befanben  fief)  auch  ad)t  ©chotaftifer. 
®a  biefe  bafelbft  ihre  ©tubien  in  ißh^°f°P^e  unb  ÜDfathematit  fortfefjten,  geftattete 
man  auch  31  au^märtigen  ©chütern  ben  ßutritt  ju  ben  SSortefungen1. 

Qn  ben  Qaf)ren  16-11  bi§ 
1646  traten  SSortefungen  für 
fö'ontroüerfe,  ißfjitofophie  unb 
Rheologie  f)inSu/  fe!6ft  bie  Er» 
hebuitg  ju  einer  eigentlichen  Uni» 
oerfität  mürbe  geplant2,  ©päter 
(1647)  mottten  bie  Qefuiten  einige 
©djuten  aufgeben  unb  mieber 
auf  bie  bei  ber  ©tiftuug  be§ 
®otteg§  getroffenen  SSereinbarun» 
gen  jurüdfommen,  ba  megen  ber 
„fchmeren  unb  teuren  gdüm" 
bie  Einfünfte  für  ben  Unterhalt 
ber  notmenbigen  25  ißerfonen 
nicht  auSreidjten.  Stber  bie  fHe* 
gierung  mar  bagegen3.  Qm 
Qafjre  1650  umfaßte  bie  Sehr» 
anftatt  ba§  ©pmnafium  mit  6 
klaffen,  bie  ^tjitofophie  in  3  ®ur» 
fen  unb  bie  ^he°l°3ie/  in  l*er 
2  fßatreS  SDogmatif,  1  bie  äfto* 
rat,  1  Zeitige  Schrift  unb  ®on» 
trooerfe  lehrten 4.  ®ie  ©djüter» 
§aht,  bie  1595  200  um  raenig 
Übertritten  hQtte/  flieg  nur 
tangfam.  1628  §äl)tte  man  260 
©djüter.  Qnfotge  be§  Krieges 
ftieg  (1635)  bie  3af)t  auf  354 
unb  1644  nad)  Einführung  ber 
neuen  ßurfe  auf  364.  9Son  ben  380  ©chütern  im  Qal)re  1647  ftubierten  50  $f)ito» 
fophie,  10  SDogrna  unb  36  SJiorat5. 


1  *  Compend.  liist.  coli.  Lucern.  ad  ann.  1633. 
Sgl.  gleifcplin  a.  a.  D.  XXVI  439. 

2  $a§  91äf)ere  im  8.  Kapitel. 

3  $ie  ^Regierung  mad)te  am  23.  9Rai  1647 
ben  Sorfrf)Iag,  ben  SRuntiuS  nnb  ben  93ifd)of 
tjoit  Konftanj  um  bie  SemiHigung  anjugeljen, 
Don  ben  iJSfrünben  Don  SBüren  (S3üron  ?),  Eid) 
unb  anbern  auf  fed)§  3abre,  „falls  injtoifchen 
feiue  beffere  unb  moRlfeilere  Seit  einfiele",  eine 
bestimmte  jährliche  Summe  für  bie  Qefuiten 


üermenben  ju  biirfen.  *  Kopie  in  Suäern, 
StaatSardiiD,  ErsiehungStoefen. 

4  *  Litt.  ann.  1650.  Som  ©pmnafium  mar 
1624  ein  KurS  auf  21ntrag  ber  Sefuiten  Dont  9!at 
einem  auSmärtigen  2ef)rer  übertragen  morbett, 
ber  in  ben  ülnfangsgrünben  beS  SateinS  unb  im 
Schreiben  unterrichtete.  *Hist.  coli.  Lucern. 
I  148.  *  Compend.  hist.  coli.  Lucern. 

5  *  Hist.  coli.  Lucern.  I  bei  ben  betreffenben 
fahren.  Sn  einer  Tabelle  Dom  6.  9Rai  1649 


©urmnntifchcr  Qitnhalt 

erfraget)!'" 

fcem  fxiltgm  Ofwal&oÄfjöntg  m 

^  StigdlanP  Prffcn  Schm  mit)  ©rfchichtttt 

AA  flu ß  Venerab.  BedaCaefar  Baronius, 
t»nb  Laur.  Surius  befcfjrttxn. 

©ef)a(tM 

Qtl  bCtttGymnafio  Der  SocietetlESV, 
itiSuccrntm  0cbmept?frtanD/bM 

paA  O&ob.  Anno  ChrilL  1  6  2 1. 


Sös 

bi 


(Bcfrucft  su^n?  /  Scp  Öar6aretj/  S 

fcr  •  J  a  .  n _ T\  4  T'v  r*  V  V  1  ft 


Anno  Dom. M  DC  XXI. 


2>ie  Sujerner  Komöbie  Dom  ht.  CSmnlb  1621.  (2/3) 


Alte  unb  neue  SRieberlaffungen :  Supern. 


285 


Sieben  ben  ©cf)ufen  entmicfeften  bie  patres  eine  fegenSüoffe  dütigfeit  in  ber 
©eefforge  innerhalb  unb  auftertjalb  ber  (Stabt.  Qn  ber  ©tabt  oerfi'tnbigten  fie  ftänbig 
baS  SBort  ©otteS  in  ber  eigenen  Kirdje,  in  ber  ©djufaufa  unb  in  ber  (poffird)e; 
auherbem  prebigte  man  öielfad;  in  ^rauenflöftern  unb  bei  ben  AuSfäf}igen*  1.  $u 
ber  bereits  feit  elf  fahren  in  ber  eigenen  Kirdje  gehaltenen  ^3rebigt  gab  ber  9rat 
1608  eigens  bie  Grmädjtigung  nnb  fteäte  fie  gegen  Ginfpradje  für  bie  ßufunft  fidler2. 
93or  1605  pflegten  bie  Qefuiten  in  ber  §offircf)e  ©t  Seobegar  nur  bie  gefttagS» 
prebigten  ju  haften;  non  biefem  Qah«  an  fam  audj  bie  gemöhntidje  ©onntagSprebigt 
baju3.  3af)re  16^2  mitb  berichtet,  bah  ttmhrenb  beS  AboentS  unb  ber  gaftenjeit 
breimat  in  ber  SBodje  geprebigt  mürbe,  ©tänbige  Katedjefen  hielt  man  au  ^mei  Orten 4. 
®ie  Katedjefe  hatte  befonberS  neuen  Auffcf)mung  genommen,  als  im  $|ahre  1608  ber 
neue  fReftor  beS  KoffegS,  P.  Sartf)ofomäuS  ©tütflin,  bei  feinem  Amtsantritt  biefelbe 
ju  haften  begann.  ®er  9fat  förberte  fie  bann  burd)  einen  ©rlafi,  ber  bie  Gütern, 
mefche  ihre  Kinber  gur  geit  ber  ^atedfjefe  auf  ben  ©affen  herumfdjmeifen  liehen,  mit 
©träfe  bebrof)te5. 

S'teue  görberung  erfuhr  bie  ©eelforge  baburch,  bah  1605  ber  ^ropft  ber  §of« 
firdje  @t  Seobegar,  ©abrief  £eo  (Seu),  eine  ©umnie  üon  4000  ©ufben  ftiftete,  auS 
beren  ßinfen  ein  eigener  „OperariuS"  unterhalten  merben  foffte,  ber  befonberS  in 
ben  23iirgerhäufern  bie  Traufen  ju  oerfehen  hatte6.  äRit  ben  Sefudjen  ber  Traufen 
mar  aber  auherbem  noch  ein  jraeiter  fßater  betraut.  Qn  feinen  jehn  fepteit  SebeuS» 
fahren  ermarb  fich  P.  ^etruS  ©ottram,  ber  oieffährige  Seidjtoater  ber  Nuntien,  be= 
fonbere  SSerbienfte  um  bie  Traufen.  Son  einer  meit  auSgreifenben  Aöirffamfeit  ber 
Qefuiten  jeugen  auch  bie  unter  ihrer  Seitung  ftehenben  fünf  Kongregationen.  ®ie 
1605  errichtete  Sürgerfongregation  allein  jäfjfte  1649  650  SfJiitglieber 7.  Auherbem 
erbat  fich  eine  fcfjon  1615  errichtete  grauenfongregation  Sorträge  oon  ben  patres  beS 
KoffegS8.  AfS  ein  erfreulicher  Grfofg  ber  Xätigfeit  in  ber  ©eefforge  fann  bie  ftete 
Steigerung  beS  ©afrantentenempfangeS  angefehen  merben.  ®ie  3ahf  ber  Kommunionen 
ftieg  oon  15836  im  3ahre  1603  auf  43000  im  3ahre  1620.  ©pater  fdjmanfte 
fie  meift  jmifdjen  35000  unb  40  000. 

Sei  ben  oerfdfiebenen  ©dfidfafsfdjfägen,  bie  über  bie  ©tabt  hereinbrachen,  er= 
miefen  fich  bie  Qefuiten  als  treue  greunbe  in  ber  9iot.  ^m  3ahre  1611  mütete 
mehrere  SJtonate  fang  bie  ^ßeft  in  Sujern,  raffte  manche  ©tabtbemohner  meg;  üon 
ben  ^efaiten  erfag  feiner,  miemohf  fie  affe  Kranfen  ohne  ilnterfchieb  befudften  unb 
feinem  ihre  ®ienfte  üermeigerten;  ebenfo  bot  ben  patres  bie  1616  in  ber  ©tabt 
fd)feicf)enbe  ©eudje  reichlich  ©efegenheit,  ihre  9iädjftenfiebe  31t  betätigen9. 


Werben  475  angegeben.  Jabon  befudjten  304 
baS  ©bmnafium  unb  171  bie  höheren  Surfe: 
SRhetorif  35,  Humanität  48,  obere  ©rammatif 
61,  mittlere  ©rammatif  45,  oberer  SurS  ber 
unteren  ©rammatif  45,  nieberer  SurS  ber 
unteren  ©rammatif  70.  ©cholaftifcfje  Rheologie 
(in  jWei  Surfen)  15,  SOioral  37,  Sontroüerfe  38, 
ffShÜofophie  irr  brei  Surfen  22,  23,  36.  20t. 
SR.,  Jes.  570.  Jie  *  Litt.  ann.  1649  phlen 
für  baS  ©bmnafium  285  unb  bie  höheren  ©tu* 
bien  77  ©tubenten. 

1  *Compend.  hist.  coli,  ad  ann.  1616. 

2  Flott o  370.  3  *Hist.  coli.  Lucern. 

1605.  Archio  ber  gamilie  ©egeffer. 

4  *  Compend.  hist.  coli.  Lucern.  1611  u.  1634. 

5  F 1  o  1 1  o  370. 

0  gleifchlin  a.  a.  0.  XXVI  311  f.  SSgf. 

©ege  ff  er,  SRechtSgefchichte  IV  5742. 


7  *  Litt.  ann.  1649.  gm  3al)re  1649  wählte 
bie  größere  lat.  Songregation  250  ©obaten, 
unter  benen  1642  wenigftenS  150  SJkiefter  loaren; 
ein  grober  Jeil  beftanb  aus  Auswärtigen ;  biefe 
fcfjicften  regelmäbig  ihre  gormel  ein.  ®on  ber 
fleineren  lateinifchen  tourbe  1648  bie  Angelica 
abgetrennt,  bie  1649  über  100  SRitglieber  jählte. 
J)ie  Aiitglieber  ber  ©tubentenfongregationen 
gingen  burcbfchnittlich  alle  14  Jage  pr  heiligen 
Sommunion.  Jie  SSürgerfongregation  hatte 
bis  1605  alle  14  Jage,  oon  ba  alle  8  Jage 
23erfammluug ;  feit  1626  beftanb  eine  Songre* 
gation  für  unoerheiratete  $anbwerfer,  bie  nach 
jehn  Sehren  faft  fo  ftarf  mar  wie  bie  33ürger> 
fongregation. 

8  *Litt.  ann.  1634  *Comp.  hist.  coli. 
1615. 

9  *Hist.  coli.  Lucern.  I  131  f. 


SßierteS  ßabitel.  Sie  oberbeutfdje  ^robinj. 


28(3 


Über  ben  retigiöfen  ©inn  ber  SeDötferung  fd)rieb  P.  ®afp.  9tfjet)  au§  fiugern  am 
14.  ©eptember  1614  an  P.  Staber:  Sa§  Sotf  ift  mirfticf)  fromm,  faft  bie  gange  ©tabt 
fommt  tägtid)  in  unfere  Steffen,  fefjr  öiele  empfangen  mödjenttid)  bie  ^eiligen  ©afra* 
mente,  bie  ißrebigten  merben  fefjr  eifrig  befncfjt  unb  gehört,  ^d)  prebige  in  ber 
Sotfgfpradje  unb  fudje  Dom  §ergen  gum  £>ergen  gu  reben.  ^n  ber  §errenfongregation, 
bie  idj  leite,  finb  über  200,  barunter  bie  oornefpnften  ÜRagiftratgperfonen  unb  fef)r 
oietc  Sßriefter1. 

Sludj  über  bie  ©tabt  hinauf  tonnten  bie  patres  oietfad)  ihre  Sätigfeit  au§» 
befjnen.  Qn  einem  benachbarten  Sorfe  gelang  e§  1604  ihrem  (Sifer,  bie  Unfitte, 
bei  Saufen  fid)  finntoS  gu  betrinfen,  auggurotten 2.  Seicht  fetten  nahm  man  ihre 
£>itfe  in  Untertoalben  in  Slnfprud)3.  Sietfadj  pflegten  aud)  bie  Senebiftiner  Don 
©infiebetn  ben  einen  unb  anbern  Sßater  gur  2tu§t)itfe  im  Seichtftufjt  herüeiäurnfen ; 
befonberS  gefdjah  bie§  im  ©eptember,  menn  gum  ^efte  ber  ©ngetmeihe  gaf)[reicf)e 
ipitger  fjerbeiftröntten 4.  Sei  ben  grofjen  Slnftrengungen  im  Seid)tftuf)t  bafetbft  hotte 
fid)  P.  ÜDJetcf)ior  ©djmenf  eine  fchtoere  Trautheit  unb  am  25.  Oftober  1631  ben  Sob. 
©r  mürbe  in  ber  ©ruft  ber  Senebiftiner  beigefetjt5.  1621  prebigten  gmei  ^atre§ 
in  etma  60  gteden  unb  Sörfern.  $m  Januar  biefe§  nämlichen  Qaf)re§  begleiteten 
gmei  patres  bie  ©dfmeigertruppen  nach  ©raubünbeit6.  ^m  3a^re  oorher  Ratten 
gmei  ^atre§  in  ber  gaftengeit  innerhalb  Dier  2öocf)en  127  prebigten  in  ©arganS 
gehalten 7.  1622  beftagte  fich  ber  Runtiug  Don  fiugern  beim  ®arbinat  ©taatsfefretär 
fiubooifi,  baff  er  bie  beiben  5ßatre§,  metd)e  bie  Doraufgehenben  $af)re  in  ©raubünbeit 
tätig  gemefen,  roegen  ihrer  Sermenbuitg  in  ben  $otfeg§fcf)uten  noch  nid)t  mieber 
borttjin  ha&e  fenben  fönnen.  ©r  münfdjte  burd)  ben  ©inffuf)  be§  Ä'arbinat§  beim 
©enerat  ber  ©efetlfcfjaft  gu  ermirfen,  baff  biefer  ben  Reftor  be§  $otteg§  beauftrage, 
bie  beiben  für  bie  neue  SRiffion  frei  gu  machen8.  2(ud)  in  ©taru§,  mo  3mingti 
Dor  feinem  Stbfatt  Pfarrer  gemefen,  hatte  1604  ein  ißater  längere  ,3eit  erfolgreich  ge» 
arbeitet;  ber  Hftaqiftrat  Don  ©taru§  banfte  nachher  bem  RuntiuS  für  bie  ©enbung 
bc§  ^ater§9. 

©chultheif;  unb  Rat  Don  fingern  münfehten  auch  eine  Refibeng  in  2Bertf)enftein. 
Strn  7.  Oftober  fdjrieben  biefetben  bem  ^rooingiat  SRetd).  gärtet,  fie  fucfjten  gute 
ißriefter  für  ben  SBattfahrtSort  2Bertt)enftein  in  ber  ©raffcfjaft  Rothenburg :  „fabelt 
enbtief)  bahin  gefefftoffen,  baf;  bie  Patres  ber  Societet  bie  taugticfjften  gu  biefem 
unfern  Sorhaben  fein,  gum  Seit  meit  biefe  löbliche  Societet  auch  eine  fonbere  fiiebe 
unb  Slnbadjt  gu  ber  ^eiligften  SJtutter  ©otte§  trögt  unb  ergeigt,  aud)  bero  fiob  unb 
Sienft  fortgupftangen  alte  9Jtüf)e  unb  Slrbeit  ^ro  ring  unb  tiebticf)  fpn  tafjt,  gum 
Seit,  meit  fie  fid;  um  bie  ©etigfeit  be§  Rädjften  mit  Qnftruieren,  ©atedjifiereu  unb 
in  anbermeg  fo  unoerbroffen  unb  emfig  mehr  bann  einige  anbere  Religion  infonber* 
heit  annimmt.  .  .  .  Sitten  ©m.  tpochmürben,  fie  motte  biefe  unfere  SRotiDen  behergigen 
unb  .  .  .  eine  Refibeng  ettidjer  Patrum  unb  Srübern  an  biefeg  Ort  gu  SBerthenftein 
unter  ber  ©uperioritöt  be§  h^e^9en  Sugernifchen  &?otteg§  Dermittigen",  metcf)e  bie 
SCSaftfahrt  Derfefjen  unb  in  bie  nädjften  Orte  erforderen  foltten20.  Ser  ^roDingiat 
möge  angeben,  mieoiet  gur  Unterhaltung  nötig  fei  für  gmei  süatre§  unb  einen 
Sruber,  bie  eine  2öof)nung  mit  2  ©tuben,  4  Kammern  famt  Unterhalt  unb  eigenen 
§au§hatt  ober  burd)  ben  SSirt  erhalten  mürben.  Ser  ^roDingiat  bebanfte  fich  fehr 
in  einem  Sriefe  Dom  27.  Oftober  1617  für  ba§  Stnerbieten,  bat  aber,  ba§  S3eitere 


1  *  Original  in  Epp.  Rad.  I  113. 

2  Flotto  186. 

3  *  Litt.  ann.  1641.  4  gbb.  1603. 

5  *Hist.  coli.  Lucern.  I.  Ad  ann.  1631. 

6  *Compend.  liist.  coli.  1621. 


7  *Compend.  hist.  coli.  1620. 
s  *  Original,  batiert  Susern,  11.  San.  1622, 
Barb.  Lat.  7102,  f.  39. 

0  Flotto  185. 

10  *  Original  in  9J1.  91.,  Jes.  1732. 


2Utc  imb  neue  91icberlaffungen:  Supern. 


287 


Derfd)ieben  auf  eine  münblicpe  23efprecpung,  wenn  et  im  21boent  nad)  Supern 
fomme1.  einem  weiteren  ©cpreiben,  Supern,  2)egember  1617,  fcpreibt  gärtet, 
er  pabe  fiep  in  Sßertpenftcin  alles  angefepen;  her  Ort  paffe  niept  für  bie  ©efellfdjaft 
wegen  ber  3Serridf)tung  ber  Sobämter,  ber  berlobten  Neffen  unb  ber  SDiSpofition 
über  allerlei  Opfer;  aud)  pflege  bie  ©efellfcpaft  bergleicpen  abgefonberte  Orte  niept 
anjunepmen;  eS  fei  bamit  mepr  ©efapr  für  ben  fHuf  ber  ©efellfcpaft  oerbunben  auS 
Mangel  ber  ^laufur  unb  weil  üble  Siacpreben  leiepter  oerbreitet  unb  fcpwerer  wiber* 
legt  werben  fönnteit;  enbtiep  pabe  man  ju  wenig  Seute  für  bie  oielen  Kollegien2. 

Sine  Siieberlaffung  in  Sinfiebeltt,  bie  im  ^apre  1616  ber  Sitjerner  SJuntiuS 
wegen  ber  oielen  SBallfaprer  betrieb,  fant  niept  ju  ftanbe,  weil  bie  23enebiftiner 
biefelbe  niept  Wiinfcpten  unb  infolgebeffen  ber  S?untiuS  am  12.  SJJJär^  1616  oon  9tom 
bie  SSeifung  erpielt,  bon  weiteren  ©epritten  in  biefer  ©ad)e  ab^ufepen3. 

$ür  all  biefe  SIrbeiten  gab  ber  3iat  oon  Sujern  ben  ^jefuiten  wieberpolt  burep 
SSort  unb  £at  feine  Slnerfennung  funb.  211S  Snbe  Sluguft  1623  ber  ^rooinjial 
Spriftopp  ©rcnjiug  in  Sujern  feine  Sßifitation  abpielt,  fpraepen  ipm  gegenüber 
bie  Slbgefanbten  beS  States  bie  bode  .gnfriebenpeit  beS  States  unb  ber  ganzen 
©tabt  aus  mit  ber  SOtiipewaltung  in  bem  Unterricpt  ber  $ugeitb  unb  in  ber  ©eel> 
forge4.  $u  berfepiebenen  feiten  fant  ber  9tat  bem  Kolleg  in  miplidjen  öfonomifepen 
Sßerpältniffen  ju  £)ilfe.  SDaburd)  fomie  burep  bie  SSopltiitigfeit  bon  ^ribaten 
würben  bie  notwenbigen  bauliefjen  Erweiterungen  unb  bie  SSermeprung  beS  nötigen 
^erfonalS  möglicp5.  Unter  ben  Söopltätern  ragte  wieber  bie  gatnilie  ber  pfiffet 
perbor.  ©djon  1620  patte  ^op.  Subwig  ^ßfiffer,  ber  ©opn  beS  um  bie  Berufung 
ber  ^efuiten  fo  pod;  berbienten  Subwig  pfiffet,  ein  Kapital  bon  4000  ©ulbeit  für 
ben  Uuterpalt  eines  ftänbigen  SJtiffionarS  geftiftet6,  unb  einige  ^apre  fpäter  (1625) 
fdjenfte  er  fein  ©ut  ^pinter-Seeburg 7.  $n  einem  ©djreiben  beS  Sujerner  States  bom 
3.  ©eptember  1647  an  ben  ©arbepauptmann  in  Stom  um  gürbitte  beim  ^apft  peifft 
eS:  „SS  pat  nunmepr  ber  liebe  ©ott  mit  ben  unteren  unb  oberen  ©cpulen  allpie  unS 
fo  biel  ©nab  unb  ©lüd  befepert,  baf)  ju  beftänbiger  gmdfepung  unb  enblicper  53oll> 
fommenpeit  berfelben  auper  ber  greipeit,  bie  ©rabuS  gu  erteilen,  wenig  abgept."8 

Sieben  ben  bielen  anbern  Sujerner  greunben  ber  ©efellfdfaft  berbient  eine  ganj 
befonbere  Srwäpnung  ber  ©tabtfd^reiber  Sienwarb  Spfat,  ber  unermitblicpe  ©cpupgeift 
beS  ^ollegS,  ber  am  25.  SJtiirg  1614  ftarb,  naepbem  er  bem  ©taate  unb  ber  ^irepe 
40  Qdpre  lang  „trüwlicf>,  pffridj  unb  flpffig  gebienet".  „deinem  SBopltäter  pat  bie 
©efcpidjte  beS  Kollegs  fo  warme  Sßorte  banfbarfter  Erinnerung  gewibmet  wie  ipm. 
Spfat  war,  fo  peipt  eS  in  ber  ©efdficpte,  ein  SJlann  tabelloS  im  SBanbel,  boll  ebelfter 
©efinnung;  Steligion  unb  Staterlanb  fcpulben  ipm  gar  bieleS,  itnfer  OrbeitSpauS  ju 
Supern  oerbanft  ipm  gerabeju  alles.  Sr  pat  bie  erften  ^riefter  beS  DrbenS,  bie 
naep  Supern  tarnen,  gleicf)  nad)  iprer  Slnfunft  mit  ber  Siebe  unb  bem  Zutrauen  eines 
bewäprten  greunbeS  bepanbelt  unb  fie  .  .  .  mit  Stat  unb  Xat,  burep  baS  Slnfepen 


1  *  Original  ebb. 

2  *  Konzept  ebb.  ®abei  liegt  ein  längere^ 
©utad)ten  mit  Slerbefferungen  Poit  ber  |>anb 
beö  P.  Sftunbbrot,  melcpeö  nad)  Erörterung  beö 
fyiir  unb  SBiber  fid)  gegen  bie  Slnuapmc  ber 
Stefibens  cntfd)eibet.  SBgl.  g  l  e  i  f  d)  l  i  n  a.  a.  D. 
XXVI  445. 

3  *35ie  ©djreiben  beö  Starbinalö  Slerallo 

au  bett  2t bt  Sluguftitt  unb  ben  Dtuntiuö. 

Kopie  in  Karlsruhe,  ©.  S.  greiburg,  Kolleg 

9Jr  2189. 

*  *Hist.  coli.  Lucern.  ad  ann.  1623. 


5  35gl.  *Comp.  hist.  coli.  1628;  *  Litt.  ann. 
1643.  (5  eg  eff  er,  9ted)tögefcf).  IV  577  ff. 

6  *  Compend.  hist.  coli. 

7  9?äpere§  im  22.  Kapitel.  2>ie  SRettoreu 
waren:  Slbam  (Straub,  1600;  Sluguftiu  33uh 
terer,  1605;  93artl)ol.  (Stüdlin,  1607;  Qof)-  23. 
Epfat,  1623;  SBitlib.  ganger,  1627;  fjeinr. 
©cpubert,  1636;  Slbam  ©cpifferlc,  1638;  6pri= 
ftopp  SJtenbler,  1641;  Epriftopp  ©eporrer,  1643; 
33ernp.  grep,  1647 ;  2or.  fyorer,  1650. 

8  Katpotifcpe  ©d)Weiser  Slätter  1887,  304  ff. 
Sßgl.  8.  Kapitel. 


288 


Viertes  Safntef.  2>ie  oberbeutfd)e  Sflroüinj. 


feinet  9iamenS  unb  burcf)  ©penbett  an  ©efb  unterftüpt.  ...  (Sr  f)at  mit  meit 
ausfcfjauenbem  SBIicfe  bie  (oon  ifjm  begafften)  ©tiftungSfapitafien  berart  angelegt 
unb  if)re  SSerroaltung  fo  georbnet,  baff  biefelben  bem  Orben  meber  fönnen  entfrembet 
merben,  nocf)  au  cf)  unferem  £aufe  gegenüber  üfieib  unb  ©cfjeeffucfjt  mifjgünftiger 
üftenfcfjen  erregen.  (Sr  fjat  enbficf»  baS  ebelfte  Unterpfanb  feiner  unmanbetbaren  Siebe 
unb  Sreue  unferem  Orben  felbft  überbrabf>t,  feinen  ©of)n  QofjanneS  SSaptifta."  1 
9-son  Sujern  auS  erfolgte  eine  neue  Stnfiebelung  in  Sßeffinjona,  bem  aften 
Seffenj,  baS  burcf)  ben  Q3effenjer  Krieg  (1503)  an  bie  Urfantone  gefommen  mar. 
(Snbe  Oftober  1644  Ratten  fitf)  bie  Sanbammänner  unb  Ütäte  ber  brei  Kantone 
Uri,  ©cfjmpj  unb  Untermalben  an  ben  ©eneraf  gemanbt  mit  ber  bringenben  23itte 
für  ein  Kolleg  mit  eff  ißerfonen  in  bem  ifjnen  unterftepenben  föeffinjona.  ÜDiefer 
Sörief  ging  oerforen,  unb  fo  erneuerten  bie  brei  Kantone  am  24.  Januar  1645  ifjr 


©anbfdjvift  unb  fllotanatäjeidjen  non  91.  Gtjfnt  (®taat?ard)iü  Susern). 


©efud).  ®a  ißiteffeScffi  um  biefe  3eit  ftai'f>  (9-  ffebruar  1645),  antmortete  ber 
©enerafüifar  ©angro  am  11.  ÜDfärj  1645,  oor  ber  üESafjf  beS  neuen  ©enerafS  fönne 
ein  neue§  Kofieg  nicfjt  angenommen  merben,  bie  Kantone  möchten  ficf)  affo  ein  menig 
gebufben.  ®ie  SEBaf)l  §og  ficf)  IjinauS.  ®eSf)aff>  richteten  bie  Kantone  am  8.  Oftober 
1645  an  ben  gu  ermöfjfenben  ©eneraf  ein  erneuertes  bringenbeS  Sßittgefucf).  Stuf 
biefeS  antmortete  bann  ber  neue  ©eneraf  (Sarrafa  am  24.  gebruar  1646,  er  fönne 
einftroeifen  nur  einige  patres  fcfjicfen,  mefdje  jufcfjauen  füllten,  ob  ber  i)3fap  ficf)  für 
ein  Kofieg  eigne  unb  mie  bie  üorfjanbenen  ©cfjmierigfeiten  behoben  merben  fönnten2. 

gür  bie  ©enbung  einiger  patres  mar  mafjgebenb  ber  SSunfcf)  beS  ißapfteS,  au 
ben  ficf)  bie  Kantone  ebenfalls  gemanbt  ffatten.  ®er  SBifc^of  oon  ©omo,  ju  beffen 
®iöjefe  Settinjona  gehörte,  mar  anfangs  nicfjt  einoerftanben,  meif  man  if)n  nicfjt 
gefragt3.  S5ier  patres  begannen  Sfnfang  $ufi  1646  eine  ©tfjufe  mit  40  ©cfjüfern, 
bie  bis  ®ejember  auf  95  fliegen.  1647  lefjrten  brei  patres  bereits  affe  Pfaffen  mit 
SfuSnaffme  ber  SUjetorif,  bie  1650  ffin^utrat4.  ^m  Qüfjre  1648  mürbe  eine  Kon¬ 
gregation  für  bie  ©tubenten  errichtet.  Anfangs  benutzen  bie  patres  für  ben  ©otteS= 
bienft  bie  SfocpuSfapeffe.  33afb  aber  erhielten  fie  oom  SJiagiftrat  eine  neue  SBofjnung 


1  glcifdjltit  in  9Jtonat?rofen  XXYI  317. 
2)er  früher  ermähnte  53erid)t  (Xt)fatg  über  ba? 
Sßirfen  ber  gefuiten  in  Sujern  nud)  im  SfrdjiO 
für  Schwerer  91eformation?gefd)id)te  1904, 

1  ff. 

2  SDie  *  ©djreiben  be?  ©eneraloifar?  unb  be? 

©eneraf?'  in  Orig. ©leg.  Ad  Externos. 


3  fyür  ba?  gofgenbe  *  Litt.  ann.  Germ.  sup. 
1646  ff. 

4  92ad)  bem  ftatiftifcfjen  Satafog  oon  1649 
(911.  91.,  Jes.  570)  beftanben  1649  unter  brei 
Sefjrern  fed)?  klaffen  mit  79  @d)üfern,  bie  fid> 
üoit  ber  oberen  Abteilung  angefangen  in  fol* 
genber  Sßeife  oertciften:  6,  7,  13,  11,  16,  26. 


2üte  imb  neue  9tieberlaffungen :  Solothurn. 


289 


unb  bie  anftofjenbe  Kapelle  üon  ber  fdjmerzljaften  ÜDiutter  ©otteS.  Sdjon  1647 
mürben  4200  unb  1650  6800  Kommunionen  gegäf)tt.  Sie  patres  fjielten  Katedjefe 
au  allen  Sonntagen  in  ber  größeren  Kircfje  unb  in  ber  gaftenjeit  an  ben  Sonntagen 
morgens  beutle,  abenbS  italienifdje  Prebigt.  $m  Qafjre  1649  fani  ein  fünfter  pater 
gu  §ilfe.  Ser  Unterhalt  mürbe  anfangs  burdj  freimiüige  Sllmofen  ber  Urfantone 
geliefert,  1650  ein  STeif  ber  gunbation  fieser  geftetlt.  Sie  brei  Kantone  festen  alles 
baran,  bie  Qefuiten  bei  fiel)  ju  bemalten. 

gaft  um  biefelbe  geit  mie  in  Veöinzona  fam  eine  9tieberfaffung  in  Solotfjurn 
§u  ftanbe. 

Scfjon  PetruS  ©anifiuS  fiatte  in  engen  93ejief)ungen  ju  Solotfjurn  geftanben. 
3n  ber  SSibmung  ber  „Söarljaften  ©tjriftl.  §iftori  üon  St  $Diori|en  unb  aucfj  in« 
fonberljeit  non  St  Urfo"  üom  1.  SJiai  1594  an  bie  „©bien,  ©eftrengen,  ©erenljaften, 
gürfidjtigen  unb  Söeifen  Herren,  Herren  Steffan  Somalier,  Scfjulbljaiffen,  unb  anbern 
beS  VatljS  in  ber  alten  Statt  Solotljurn,  meinen  giinftigen  gebietenben  Herren" 
fdjreibt  ©anifütS,  bie  Herren  Ijätten  öon  iljm  begehrt  bie  löblidje  ©efdjidjte  non 
St  Urfi,  eurer  Stabt  Patron,  ber  nodj  IjeutigeStagS  mit  feinen  mürbigen  Solbateit 
in  eurem  anfe^nlicfjen  ©eftift  lieblich  ruljt.  @r  §abe  mit  ber  ^jiftori  üon  St  UrfuS 
aucfj  bie  üon  St  SDlauritiuS,  bem  Oberljauptmann  ber  Xfjebäifcfjen  Segion,  oereinigt. 
©anifiuS  fdjliefjt  bie  SBibmung  mit  bem  Sßunfdj:  Ser  liebe,  getreue  ©ott  bemaljre 
gnäbiglidj  eure  löblidje  Stabt  famt  Sanbfdjaft,  bafj  fie  alle  im  fatfjolifdjen  ©lauben 
befjarren.  Saju  Ejelfe  allen  Solotfjurnern  bie  Ijodjljeifigfte  Sreifaltigfeit,  bamit  fie 
an  Seib  unb  Seele  fjie  unb  bort  teilhaftig  merben  ber  fräftigen  unb  ^eilfamen  gür» 
bitte  St  9Jlorit3en,  St  Urfen  unb  aller  ihrer  mürbigen  SEjebäifdEjen  ©efellfdjaft. 

Qu  ber  erften  £älfte  beS  17.  ^afjrljunbertS  maren  bie  oor^üglidjften  Scanner 
SolotljurnS  Zöglinge  ber  ^efuiten 1.  Slngefefjene  Scanner  im  9tat  mie  |janS  ^afob 
oon  Staal  Ijatten  fdjon  lange  gern  bie  banieberliegenbe  Sateinfdjule  beS  Stiftes 
St  UrfuS  unb  Sßiftor  in  ben  (pänben  ber  ^efuiten  gefefjen,  bamit  bie  ©Itern  nicht 
gelungen  mürben,  ihre  Kinber  an  frembe  Orte  ju  fdjiden;  aber  bie  StiftSfjerren 
maren  bagegen,  ©elegentlicfj  einer  ^Srebigt  beS  Sujerner  VeftorS  ©fjriftopl)  Sdjorrer 
in  ber  StiftSfirdje  im  Qafjre  1645  mar  ber  SBunfdj  naefj  Berufung  ber  ^efuiten 
mieber  befonberS  lebhaft  ermadjt.  P.  Sdiorrer  fonnte  bei  einem  geftmafjle  in  ber 
SBofjnung  beS  franzöfifefjen  ©efanbten  oiele  Vorurteile  auSräumen.  P.  ^jolj.  SBagner, 
ber  im  folgenbeit  ^afjre  bei  feinem  Vruber,  bem  Sdjultfjeifjen  ÜDlorip  SBagner,  §u 
Vefucfj  mar,  förberte  bie  Sache  nodj  meiter. 

3lm  30.  $D?ai  1646  fafjten  9tat  unb  Vürger  ben  Vefdjlufj,  ben  ^efuiten  bie  lateinifdje 
Sdjule  ju  übergeben,  eine  Kommiffion  füllte  bie  näheren  Vebingungen  mit  P.  SÖagner 
beraten.  P.  Sßagner  reidjte  bem  9iat  eine  Senffcfjrift  ein,  in  ber  er  bie  Vebingungen 
angab,  unter  meldjen  bie  ©efellfdjaft  eine  Sdjule  übernehmen  mürbe.  Sarauffjin  er« 
folgte  am  11.  Quni  1646  ber  Vefcljlufj  beS  91ateS:  @S  follen  bie  Kinber  im  Sllpfjabet 
mie  bisher  burd)  ben  beutfehen  Sdjulmeifter  beS  Stiftes  untermiefen,  bagegen  bie  fünf 
Klaffen  ber  Vubimenta,  ©rammatifa,  SpntajüS,  §umanitaS  unb  9Ujetorifa  üon  ber 
©efellfdjaft  ^efu  mit  fünf  tauglichen  Präzeptoren  üerfefjen  merben  unb  fomit  bie  fjiefige 
Vefibeng  beS  OrbenS  mit  adjt  Perfonen :  Superior,  Veicljtoater,  5  Präzeptoren  unb 
1  Saienbruber,  beftedt  fein,  ^^nen  merben  gehörige  Vetjaufung,  Sdjulen,  bie  St  peterS« 
fapetle  unb  jur  Unterhaltung  für  jebe  Perfon  aus  bem  Stabtfädel  50  Kronen  unb 
5  SJlütt  .Sinfel,  inSgefamt  720  Kronen  unb  40  ÜÖiütt  Sinfel,  baju  20  Klafter  §olj 
unb  500  Veismellen  angemiefen.  SJlit  biefer  Kompetenz  faßen  fte  fid)  20  ^afjre 


1  giala,  ©efcf)id)tlid)e§  über  bie  ©d)ute  üon  ftubierten  nur  01t  bem  Sefuitenfolleg  311  jßrun« 

Solothurn  II  (1876)  23  ff.  Qm  Sabre  1643  trut  19  junge  ©olotljurner. 

®u5t,  ©eje^t^ie  ber  Jjefuiten.  II. 


19 


290 


SSierteB  Kapitel.  Sie  oberbeutfcpe  (ßrobinj. 


begnügen,  feinen  Sau  anfangen,  nod)  zeitiger  ©rbfdjaften,  liegenbe  ©iiter  unb  «Stiftungen 
annehmen  unb  fid)  aller  Qaftionen,  Stanbe§-  unb  |jau§fadjen  bemüfjigen,  auf  bafj 
bie  Sftadjfommen  hierburd)  Urfacfje  gewinnen,  bie  patres  weiter  unb  mefjr  ju  be= 
benfen.  SDaju  würbe  bann  nod)  ber  Sorbefjalt  beigefügt:  „bafj  fofd)e§  aüel  ber  äftutter- 
ober  fßfarrfirdje  ®t  Urft  ohne  Slöbrud),  ©intrag  unb  9iad)teif  gefdjelje"  K  ®ie  an¬ 
gefügten  Sebingungen  waren  für  bie  Qefuiten  faum  annehmbar,  aber  if)re  Qreunbe 
hatten  ber  Oppofition  9iedjnung  tragen  müffen.  Unter  ben  ©egnern  war  befonberS 
ber  franjöfifdje  ©efanbte  be  fa  Sarbe,  bem  bie  Qefuiten  ju  wenig  franjöfifcf)  gefinnt 
waren.  2(uf  bie  Sorfteüungen  be§  P.  SBagner  erftärte  ber  ^rooinjiaf  92ifafiit§ 
SCBibnman  am  10.  Quni  1646,  ben  Sefdjfufj  nicfjt  jurüdweifen  gu  woüen,  aud)  l)offe 
er  auf  Quftimmung  be§  Orben§generaf§,  jugfeid)  aber  fei  er  ber  Quüerfidft,  bafj  e§ 
guten  Seuten  nicht  benommen  würbe,  jur  ©rbauung  eines  fünftigen  KoIIegg  Ser- 
gabungen  wenigftenS  ju  §änben  ber  Obrigfeit  madjen  ju  bürfen1 2. 

2lnt  26.  Oftober  1646  bezogen  adjt  Qefuiten  unter  P.  Üßagner  als  (Superior 
ba§  ihnen  bargebotene  §eim,  ba§  fog.  „SöirtSfjauS  im  £)öffi",  eine  jiemfid)  befdjränfte 
SBofjnung.  21m  6.  9?ooember  1646  würben  bie  Schulen  mit  150  Schülern  in  fünf 
staffelt  eröffnet.  Son  ben  7  ))3atre§,  bie  tnt  Qahre  1647  in  Solothurn  waren, 
wirften  5  in  bem  ©pmnafium.  ®a  bie  Scfjüferjafjf  fcfjon  1647  auf  250  ftieg  —  e§ 
famen  oiefe  oon  aufwärts,  S.  13  Sßadifer  — ,  würbe  ba§  ©pmnafium  erweitert; 
bie  Soften  beftritt  ber  9iat.  ®er  5fbfd)(ufj  be»  großen  Kriege»  in  SDeutfdifanb  fdjeint 
auch  auf  bie  Sdfiiferjafyf  ©inffufj  gehabt  ju  fjaben;  benn  1650  würben  nur  nod) 
175  Sdjüler  gejagt,  ©ine  Sdjüferfongregation  würbe  fcfjon  1647  errichtet  unb 
jäfjfte  1648  über  100  ÜÜätgfieber.  9iicf)t  wenige  gingen  alle  8  ober  14  Sage  ju 
ben  fjeiligen  Saframenten 3. 

Sfufjer  ber  Sdjufe  waren  bie  jßatre»  tätig  befonberS  für  bie  Katedjefe,  bie 
gWeimal  in  ber  2Bodje  in  ber  Spitatfircffe  für  bie  Firmen  gefjatten  würbe.  2ü§  ber 
Katechet  Karl  o.  2)ie3bad)  1648  ©efang  bei  ber  Katedjefe  einführte,  würbe  ber 
Qutauf  aud)  oon  angefefjenen  ^Bürgern  fefjr  grofj4.  Qn  ber  gaftenjeit  führte  man 
in  ber  Kirche  ein  beutfdjeS  (Drama  auf,  ba§  eine  grofje  Söirfung  erjiefte.  Qu  bem 
Oratorium,  gu  bem  ifjnen  1647  ber  obere  (Deif  beg  alten  Kauff)aufe§  angewiefen 
worben,  prebigten  bie  ißatreS  für  bie  Stubenten  unb  bie  (Bürger.  Kommunionen 
jähfte  man  1648  11000  unb  1650  12000;  nod)  gafjfreidjer  waren  bie  (Beichten, 
1647  beichteten  12000  unb  1649  15  000. 

SDa  bie  StiftS^erren  fid)  wegen  etwaigen  2lbbrucf)e§  i^reS  ©otteSbienfteS  nid)t 
berufjigen  fonnten,  erftärte  P.  (Bogner  in  jwei  ausführlichen  Schreiben  (Oftober  unb 
9?ooember  1646),  bafj  bie  ©infüfjrung  ber  ©efeöfcfjaft  Qefu  bem  Stifte  feinen  ©in» 
trag  nod)  Nachteil  bringen  foffe;  im  ©egenteif  werbe  bie  ©efeflfdjaft  auf  üftehrung 


1  Sie  Supplicatio  beö  P.  SSagner  unb  93e-- 
fdilufj  be§  9tate§  ufto.  in  3tom,  ©taatöarcpio, 
Gesü  Collegia  208.  Sort  aucb  eine  eirtgefjertbe, 
an  ben  tßroöinsial  ©djorrer  gerichtete  Informatio 
circa  conditiones  admissae  Societatis  Solodori. 
Stgl.  giala  a.  a.  D.  II  29  f.  Gin  wichtiger 
©ammelbanb  Acta,  bie  Reimten  ufw.  betreffeub, 
1607—1776,  im  ©taatSarcpio  «u  ©olothurn, 
unb  bie  Hist.  coli.  Solodurani  1646  — 1755 
in  ber  ©tabthibf.  ju  ©olothurn;  ebenbort  baS 
Diarium  Gymn.  Solodur.  1646 — 1773.  9(nbere 
Sitten  SJt.  9t.,  Jes.  2066. 

2  *  Kopie  in  9)t.  9t.,  Jes.  2066.  Ser  SUD 

©tabtfepreiber  Scans  ^offner  fchreibt  in  feinem 

„Kleinen  ©olothurnifdjen  ©cha)o=tj5lah"  II  (1656) 


301 :  „Anno  1646  ben  10.  $iuui  fepnb  bie  Pa¬ 
tres  Soc.  Iesu,  inlgemein  bie  gefaxter  genanbt, 
allste  ju  ©olothurn  auf  unb  eingenommen  auch 
alSbalb  mit  einer  fepönen  Solemnitet  eingeführt 
unb  bad  ©pmnafium  eröffnet  worben:  ©ott 
nerleipe  feine  fernere  ©nab  barju."  —  über  bie 
beiben  ©olotpurner  Ghroniften  ffranj  ^offner 
unb  3°hunn  ©eorg  SBagner,  beibe  befonbere 
greunbe  ber  Sefuiten,  bgl.  S.  9t.  ©tfjmiblin 
in  ber  Beitfcpr.  f.  ©eproeis.  Kircpengefd).  1912,  2  ff. 

s  *  Litt.  ann.  1646— 1650.  gialaa.  a.  D. 
III  (1879)  4  ff.  3m  Sapre  1649  »erteilten  fid) 
bie  217  ©djiiler  (5  Peprer)  auf  fecp§  Klaffen: 
30,  41,  49,  50,  17,  30  (unterfte  Klaffe). 

4  5 1  u la  a.  a.  D.  III  7  f. 


2üte  unb  neue  fftieberlaffungett :  greiburg  i.  b.  Scfjtoeiä. 


291 


unb  Hebung  beS  ©otteSbienfteS  ein  fleißiges  übfefjen  fjaben  unb  infonberfjeit  baS 
uralte  (Stift  St  Urfi  et  SßictoriS  nacfj  äftögtidjfeit  gieren  unb  erfjatten  Reifen  unb  iljre 
ißrebigten,  ümter  unb  SO^effen  fo  legen,  baff  fie  benen  in  ber  Stifts»  unb  ißfarrfircfje 
feinen  9?ad)teit  bringen  füllten.  ®ie  ünftctlung  aber  eines  ScfjutmeifterS  burdj  baS 
Stift,  ber  bie  Knaben  im  Sefen  unb  Schreiben,  SDeftinieren  unb  konjugieren  unter* 
meife,  fiefjt  bie  Sojietät  gern  unb  fie  fei  gern  biefer  Arbeit  überleben.  ©benfo  fönne 
ifjr  ber  gtueite  Scf)utmeifter  für  ©efang  unb  SOhtfifinftrumente  nur  angenehm  fein. 
SXucf)  mürben  fie  bie  ©tjorfnaben  unb  Strmenfcfjüter  üon  ifjren  ä3erpflid)tungen  am 
Stifte  unb  üon  beit  täglicfjen  Übungen  in  ©efang  unb  SJJiufif  in  feinerlei  Söeife 
ab^alten ;  fie  bäten  tüelmefjr,  „baff 
aucfj  anbere  uufereS  ©pmnafii  Stu- 
benten  bp  bem  Musico  Exercitio, 
fo  fie  ein  Suft  fjaben,  gugelaffen 
merben".  Unb  als  einige  SJionate 
fpäter  baS  Stift  meinte,  bafj  burdj 
bie  ffßrebigten  für  bie  Spüler  in 
ber  Sdjutauta,  benen  nodj  einige 
23ürger  beimoljnteu,  bem  ^5farr= 
gotteSbienft  übbruef)  gefcf;ef)e,  mürbe 
am  17.  2Jiai  1647  Dom  'iproöingiat 
P.  keppter  um  beS  gaüebenS  mitten 
biefe  fßrebigt  aufgehoben1. 

^n  91om  mar  man  mit  ber 
Drbnung  in  Solothurn  nidjt  ganj 
jufrieben.  $er  ©enerat  ©arrafa 
fcfjrieb  am  3.  üuguft  1647  an 
P.  Söagner:  SBenn  mir  bie  fo  gar¬ 
ten  SBebingungen  oorfjer  oorgelegt 
morben  mären,  fjätte  idj  midj  gegen 
bie  ünnatjme  erftärt,  Junta!  bie 
letzte  ©eneratfongregation  mir  brin» 
genb  empfohlen,  in  ber  Ünttafjme 
fofdjer  Keinen  9Ziebertaffungen  ju- 
rücffjaltenb  ju  fein,  über  ba  baS 
©efdjefjene  offne  ÜrgerniS  nidjt 
roieber  rücfgängig  gemalt  merben 
fann,  fafjret  mutig  fort,  fo  gut  eS 
gefjt,  bie  neue  s4?flangung  nadj  ürt 
einer  Üiefibeng  ju  bebauen,  euern 
Scmüfjungen  roirb  oietleidjt  ©ott  ©ebeiljen  geben  unb  auS  ber  fteiuen  Saat  reiche  ©rate 
fjeroorfproffen  taffen2.  ®iefe  Hoffnung  ift  in  ber  ^otgejeit  nid^t  getäufdjt  morben. 

*  * 

❖ 

Sßie  Sujern  nabmen  aucfj  bie  beiben  anbern  bereits  beftefjenben  Scfjmeijer  kottegien 
in  greiburg  unb  in  fßruntrut  in  unferer  fßeriobe  einen  guten  Fortgang. 

$n  $reiburg  in  ber  Sctjmeij3 *  muffte  man  gunäcfjft  baran  benfen,  für  bie  madffett» 
ben  Aufgaben  eine  neue  kirefje  ju  bauen,  f^n  einem  patent  oom  3.  9ftai  1604  für 

1  ®bb.  III  6  ff.  in  SOI.  91.,  Jes.  2066.  —  ®ie  Obern  tuaren: 

2  *0rig.»9teg.  Ad  Germ.  sup.  SBgt.  2or.  golj.  Sßagner,  1646;  geinr.  Schubert,  1648. 

Äeppter  an  P.SBagner,  26.Sftail647.  *  Original  8  SSgL  93b  I,  6.  226  ff  624. 

19  * 


TRAG1CO-C  O  M  OE  DIA 

PSITTACVS 

LEONIS  ASSERTOR, 

Saa  ff? 

€tn  mit  $reä>bm^mtt4n> 

gtcef 


&eß  £cwcn$  dtlöfct/ 


ZScrgaraßen 

‘Sonbläctiber^ugenb  bef?  Neo-Gymnafij 

b«  0oc(cut  ju  0oHot(jurn. 

ben  Jpcrpflmomif.  i  6  ;  o. 

CO  MED  IE  TR  AGIQ.  VE, 
CEST  A  D  I  R  E, 

VN  SPECTACLE 

MESLB  DE  TRISTESSE 
ET  DE  IOYE,  D’VN  PERROQVET. 

QV1  DELIVRA  DE  PRISON  LE 
PRINCE  LEON. 

Reprefentee  par  la  jeunefle  efrudiantc,  au 

noueaoGymnafedelaCompagnie  de  lesvs 
A  Soleure. 

Die  Septembr.  t6  ;o. 

©ctriicfi  jit  gr«5&ur<j  mTidjilanb/  fcttj  SBilfxIm  SarfcUIay. 

2>ie  ©olotfjuvner  ßontöbte  Psittacus  1650.  (2/3) 


292 


Viertel  Kapitel.  Sie  oberbeutfdje  $roöinj. 


P.  Bfartin  ©onrab  fagt  ber  Freiburger  üieftor  äRorttn  SiciuS:  ©eit  nieten  ^af)ren 
unterrichtet  bie  ©efeüfdjaft  in  greiburg  bie  oon  überall  jufantmenftrömenbe  Qugeitb 
in  fünf  ©pmnafialftaffen  unb  übt  bie  gemöhutidjen  Arbeiten  ber  Seetforge.  S3i§I)er 
hat  fie  aber  megen  ber  fchruierigen  ßdtläufte  nod)  feine  eigene  Kirche,  fonbern  nur 
ein  Oratorium  für  ben  ©ebraud)  ber  Sdfuten.  Sa  je^t  befdjtoffen  ift,  ben  fünf 
Staffen  groei  meitere  anpfügen,  bie  Siateftif  unb  einen  Seit  ber  SOioraltfjeoIogie,  fo 
finb  mir  enbtidj  gelungen,  an  ben  Bau  einer  neuen  Äirdje  ju  benfen.  Obgteid) 
ber  SRagiftrat  freigebig  Baumaterialien  oerfprodjen  f)at,  finb  nodj  einige  taufeub 
©otbgutben  nötig,  bie  burdj  freiroittige  Beiträge  aufgebracht  merben  müffen.  3U 
biefent  3roec^  fdjideit  mir  ben  P.  9J?artin  ©onrab,  um  bei  Freunben  ber  ©efeltfdjaft 
tpitfe  ju  fucfjen1. 

©inen  SOionat  fpäter,  am  10.  Quni  1604,  mürbe  ber  ©rnnbftein  gelegt,  1605 
gebiet)  ber  Bau  bi§  ;$u  ben  unteren  genftern  unb  1606  bt§  ju  ben  genfterbogeit2. 
Sie  Bauern  leifteten  frei  gmfjrbienfte.  9Zad)  einem  fdjted)ten  Fortgang  im  3ohre  1607, 
meif  ba§  ©elb  augging,  fonnte  man  enblidj  am  F^fte  be§  1)1.  Bticbaet  (29.  September) 
1610  bie  föirdje  in  notbiirftigen  ©ebraud)  nehmen.  9£acf)bem  1613  bas  Surntbad) 
ootlenbet  morben,  fanb  am  15.  Se)$ember  1613  bie  ß’onfefration  ju  ©fjren  ^ 
hf.  ü)Jtid)aet  burch  ben  Bifcfjof  oon  Saufanne  ftatt.  Sie  $ird)e  ift  ein  fpätgotifdjer 
Bau,  unb  jmar,  ma§  9iaum0ert)ättniffe  unb  ©tit  betrifft,  bie  bebeutenbfte  gotifdje 
®irdje,  meldje  bie  oberbeutfdje  ^rooinj  aufgeführt  hot.  Sa§  fünfjodjige,  einfchiffige 
SanghauS  meift  eine  Breite  oon  über  13  m  unb  eine  Sänge  bon  über  29  m  auf. 
Slud)  hie^  fefjten  bie  ©mporen  nidjt,  bie  über  ben  burd)  bie  eingejogenen  Streben 
gebitbeten  97ifd)en  angebradjt  finb.  2tcf)t  groffe  unb  gehn  fteinere  {yenfter  fpenbeit 
reichliche^  Sicht.  3n  ber  SJtitte  ber  einfachen  fyaffabe  befiitbet  fidj  ba§  fdjöne,  fpät- 
gotifche  tpauptportat.  Ser  Baumeifter  ift  nidjt  befannt,  bie  2(usfüt)rung  leitete,  mie 
e§  fdjeint,  Reiftet  2Ibraf)ani  ©otti.  SBenigftenS  heifjt  e§  in  einem  Borfdjtag  beS 
9ieftor§  an  ben  Bat:  2Sa§  ben  SDtaurer  ober  Steinmetzen  angehe,  fo  fei  angebeutet 
morben,  baf;  fofdier  Bau  bem  ÜDteifter  2(braf)am  ©otti  fid)ertid)  möge  anüertraut 
merben.  Um  größere  Unfoften  ju  oerhüten,  fei  aud)  für  gut  angefehen  morben,  baf) 
„bie  ®ird)  nit  foü  gemölbt,  fonbern  aüein  öertäfert"  merben.  Se§f)otb  fottten  51t 
fotdjem  Säfermerf  taugliche  Bäume  gefällt  unb  in  ben  ©ägmühlen  gefchnitten 
merben,  bamit  fie  auSgebörrt  nachmalen  ju  ihrem  ©nb  befto  tauglicher  gebraucht 
merben  mögen3. 

Badjbem  bie  &ird)e  ootlenbet  mar,  fudjte  man  fie  aud)  im  ^nnern  allmählich 
fcfjön  auSjugeftatteu.  Sie  fdjönfte  3tecbe  erhielt  fie  am  Oftermontag  1625,  ab»  nach 
Überroinbung  oieler  ©djmierigfeiten  ba§  ©rab  be§  fei.  Beter  ©anifiuS  in  ber  Stifts« 
firdje  geöffnet  unb  im  Beifein  beS  Bate§  unb  be§  3re^urSer  BotfeS  bie  llberrefte 
in  feierlidjer  Bro^effton  nad)  St  Btidjaet  übertragen  mürben 4.  Später  (1637)  mürbe 
baS  Söohnjimmer  be§  P.  ©anifiuS  in  eine  Kapelle  umgemanbelt. 

Sie  ^ßerfouen^ahl  beS  $otteg§  betrug  im  2tnfang  be§  17.  3ohr^uobert§  burdj« 
fchnittlid)  18,  fpäter  (1608 — 1631)  fdjmanfte  fie  jmifdjen  20  unb  25.  Surd)  bie  auS 


1  *  Original.  Sie  9ief'toreu  maren :  Start. 
£iciu§,  1598;  Soacf)-  Steglin,  1607;  93artl)oI. 
SBelbenfi#,  1613  (SSijereftor) ;  9lbant  ©traub, 
1614;  Subtn.  ©rparb,  1617;  Sllaub.  ©ubaiiuS, 
1623;  Sol).  SBagner,  1629;  Sol),  »attat,  1637; 
Staub.  ©ubanu§  ,1646;  ©eb.  @ranbinont(©ram- 
mont),  1650. 

2  giir  ba§  S°l9enbc  *Hist.  coli.  Friburg. 

in  ber  Santon^bibl.  greiburg.  93 raun,  Sie 


Sircben  ber  oberbeutfdjen  OrbenSbrooinä  30  ff. 

3  ©taat#ard)io  fyreiburg  i.  ©djro.,  Titres  du 
College  St  Michel  12. 

4  *  'SiteßeSdn  bat  11.  gebr.  1623  beit  9tat 
Ooit  greiburg  um  bie  Übertragung.  Original 
in  Si'Oburg,  ©taat3ard)iü,  ©eiftl.  ©ad)en.  Coli. 
St  Michel  1580 — 1790;  bort  aud)  bie  ©uppli« 
fation  be§  9{eftor§  Sublin  ©rf)arb  üom  7.  g-ebr. 
1623. 


?Ute  unb  neue  9iieberlaffungen :  greiburg  i.  b.  ©cfymeiä. 


293 


Seutfdjtanb  ftief)enben  Qefuiten  ftieg  bann  bie  3flhf  3eitroeitig  (1633)  bis  auf  46, 
fpäter  ging  fie  mieber  3uriid  auf  burdjfdjnitttid)  30,  um  bann  noch  einmal  (1649) 
auf  39  emporjufdjnetlen.  Stuf  bringende  Sitte  beS  RateS  mürben  and)  in  Qreiburg 
bem  ©pmnafium  1604  Sortefungeu  über  Siateftif  unb  SRorat  (Casus)  beigefügt; 
fpäter  münfdjte  ber  Rat  auch  Sortefungeu  in  ber  ißfiilofop^ie.  Ser  fßroüinjiat  fd)Iug 
oor,  fidj  einftroeilen  megen  ber  baburd)  bebingten  Vergrößerung  beS  ©pmnafiumS  unb 
ber  nieten  Soften  mit  Einführung  non  Sogif  unb  Kontrooerfe  begnügen  ju  taffen  (um 
1620).  ©o  treffen  mir  1625  neben  fünf  ©pmnafialftaffen  Sortefungen  über  Sogif  unb 
Casus.  Qm  Qatjre  1641  maren  6  fßatreS  unb  3  ÜRagiftri  an  ben  ©djuten  befcfjäftigt, 
in  ben  fotgenben  Qaljren  finb  ebenfalls  9  Sefjrfräfte  oorljanben,  oon  benen  1  ißater 
Kontrooerfe  unb  ein  jmeiter  Casus,  ein  britter  Sogif  üortrug;  bie  übrigen  6  Setfrer 
mirften  in  ben  fed)S  Staffen  beS  ©pmnaftumS. 

Sie  ©cfjüterjaht  ftieg  oon  290  im  Qatjre  1601  auf  550  im  Qafjre  1626  unb 
erreichte,  nadj  mehrfachen  ©djmanfungen  in  ben  ^eft^eiten,  it)re  ^löc^ftja^t  mit  635 
im  Qafjre  1637,  um  bann  im  Qatjre  1649  auf  450  ju  finfen  K  Sie  unterfte  klaffe 
(Rubimenta)  jäßtte  1641  allein  112  ©cfjüter.  ES  mirb  jum  Qatjre  1612  berichtet, 
bafj  bie  Stiite  ber  Qugenb  aus  ben  benachbarten  Kantonen  ©otothurn,  llntermatbeu 
unb  3U9  Qreiburg  it)re  2tuSbitbung  erhielt.  Sie  Errichtung  ber  ©djute  in  ©oto¬ 
thurn  mirfte  auf  bie  ©chüterjatjt  in  Qreiburg  nur  menig  ein.  Sie  £>anbf)abung 
ber  SiSjiptin  erleichterte  ein  RatSbefret  oom  Qafjre  1613,  baS  jeben  ©chiiter,  ber 
auS  bem  ©pmnafium  auSgefdjtoffen  mürbe,  auch  auS  ber  ©tabt  oermieS. 

Stuwer  ber  ©djute  fanben  bie  patres  Diele  SCrbeit  in  ber  ©eetforge.  ©ie  hielten 
burcf)f(f)nittlich  Dier  fßrebigten  an  allen  ©onn-  unb  Qefttagen  in  brei  Kirdjen;  baju 
famen  mödjenttid)  Katecfjefen  ebenfalls  in  brei  Kirchen.  3um  Qatjre  1606  h^fd  eS: 
Seutfche  ißrebigten  hüben  mir  feit  20  Qafjren  in  ber  ^auptfircfje  eingeführt  an  ben 
Qeften  ber  ^eiligen,  im  Stboent  unb  in  ber  Qaften^eit.  Qrattjöfifche  ißrebigten  hatten 
mir  nur  in  ber  QranjiSfanerfirdje  an  gemiffen  Qeften ,  fotange  eS  uns  unb  bem 
P.  ©uarbian  beliebt;  ebenfo  Oerhätt  eS  fich  mit  ber  Q3rebigt  in  ©t  Qot)ann  an  ben 
©onntagen.  Seutfdje  Ehriftentefjre  hatten  mir  an  ben  ©onntagen  in  ©t  Rtarien, 
franjöfifdje  hatten  wir  im  Slbüent  unb  in  ber  Qaftenjeit  oft  an  bem  einen  ober 
anbern  Orte  ber  ©tabt1 2.  Karfreitag  1641  prebigten  bie  fßatreS  an  jmölf  oer» 
fchiebenen  Orten  bie  iJSaffion.  Sraufjen  auf  bem  Sanbe  fpett  man  1648  über 
80  prebigten,  ebenfo  in  anbern  Qahren,  fo  1650  81  prebigten  an  18  oerfdjiebenen 
Orten.  Qn  ber  Katedjefe  auf  bem  Sanbe  hatfen  aud)  eifrige  Kongreganiftett,  bie 
befonberS  an  ben  ©onntagen  ben  Säuern  mit  großem  Ruthen  ben  KatedjiSmuS  er» 
Härten.  SRarianifdje  Kongregationen  beftanben  Dier :  jmei  Iateinifd)e  für  bie  ©tubenten, 
eine  für  bie  Siirger,  eine  für  junge  ^anbmerfer;  teuere  mürbe  1626  mit  20  9Rit» 
gtiebern  errid;tet,  1634  maren  eS  50.  Eine  SRiffion,  bie  oon  Qreiburg  auS  beforgt 
mürbe,  mar  Sanberon  im  Kanton  Reuenburg3. 

Qn  einem  SerteibigungSfdjreiben,  baS  ber  Qreiburger  Rat  ÜRai  1617  an  ben 
Sifdjof  oon  ©itten  richtete,  heifd  über  bie  Sätigfeit  ber  Qefuiten  in  Qreiburg: 
2BaS  nun  bie  Qefuiten  angehet,  fo  haben  mir  „in  ber  Söafjrheit  unb  mit  bem  Söerf 
feither  erfahren,  bafj  burdj  bieS  löbliche  Qnftitutum  ©otteS  Ehr,  bie  Rietet,  Sugenb 


1  $er  Katalog  bom  fDtai  1649  gibt  neun 
Sefjrer  unb  folgenbe  gafften  an:  für  $f)eo» 
logie  21  (barunter  9  ©cfjotaftifer),  Äontroberfe 
21  (9  ©cboL),  Sogjf  25;  für  bal  ©gmnaftum 
öon  ber  fRfjetorif  angefangen  40,  60,  83,  56, 
74,  80. 

2  *Catal.  trienn.  1606.  2tquabiba  betont 


in  einem  23riefe  bont  16.  ©ept.  1607  an  ben 
fßrobinjiat  9tofepf)iu§,  baü  in  greiburg  peibe 
©pracf)en,  bie  beutfdje  unb  bie  frangöfifdre,  not» 
toenbig  feien.  *  Drig.-9teg.  Ad  Germ.  sup. 

8  *  gunbation^urfunbe  Oom  24.  ^uli  1621, 
aut'gefteHt  oon  bem  .t>eräog  be  Songuebitte  al§ 
©rafen  üoit  97eucbätel. 


294 


SierteS  Kapitel.  Sie  oberbeutfcpe  Srooinj. 


unb  ©ottSforcpt  trefflicf)  geförbert  mürbe.  EZeben  bem  fie  bie  ^ugenb  in  guten 
fünften  mit  unabtäffiger  EJZüp  unb  Strbeit  umfonft  unb  gratis  untermeifen,  ba  beS 
SanbeS  Sinfommen  nic^t  ertragen  möge,  bap  man  Diel  ®inber  auf  ben  Uninerfitäten 
erhalten  fönnte,  unb  bergeftalt  eine  finftere  Unmiffen«  unb  ©robpeit  bei  bem  ge* 
meinen  ÜDiann  continuiert  pätte.  ^ft  unS  niemalen  gereuen,  baff  fie  bei  unS  ein 
SoEegium  unb  fRefiben§  paben.  2SopI  bebauern  unb  tun  flogen  Diele,  bap  fie  bie« 
felbige  $eit  unb  gute  ©etegenpeit  in  ipren  jungen  $apren  nit  gehabt,  unb  bap  fie 
[bie  ^efuiten]  nidtjt  geitlic^er  unb  halber  angefommen  finb."1 

2ÜS  im  $apre  1626  bie  ^efuiten  befdputbigt  mürben,  bap  fie  ben  franjöfifc^en 
SErufPpen  in  $reiburg  ©cpmierigfeiten  bereitet  pätten,  erflärte  ber  Etat  am  8.  ©ftober 
1626  biefe  Se^icptigung  für  unloapr:  S03a§  ifire  Gattung  angept,  fo  fpenben  mir 
berfelbeu  atS  einer  mufterpaften,  mie  fie  guten  EWigiofen  jiemt,  unfer  Sob,  ba  fie 
fiel)  in  ben  ©renjen  ber  SEugenb  Ratten  unb,  mit  ipren  geifttiepen  Obliegenheiten 
unb  ©tubien  ^ufrieben,  feinen  geregten  Slntap  ju  Klagen  geben.  Stuch  haben  mir 
bisher  nicht  in  (Srfaprung  gebraut,  bap  fie  potitifepe  ©efepäfte  ober  fotepe,  bie  ben 
EJZagiftrat  angepen,  fid)  angemapt  paben;  mir  mürben  bieS  aud)  gar  nicht  bulben2.  — 

Über  baS  ®oEeg  in  ^runtrut  berichtet  ber  päpfttidje  EZuntiuS  SabiStauS  b’üquino 
im  .Qapre  1613:  ®er  53ifd)of  Don  93afet  mopnt  in  bem  großen  Rieden  ißruntrut, 
an  ber  burgunbifepen  ©renje,  mo  bie  franjöfifcpe  ©pracpe  SSotfSfpradpe,  bie  beutfepe 
jeboch  audp  fepr  üblich  ift.  .  .  .  £>er  jepige  S5ifcpof  SZind  Don  SBatbenftein  .  .  .  ift 
ein  gotteSfürcptiger,  höchft  eifriger  EJZann,  ja  um  baS  früher  in  meinen  Briefen  aus« 
gefprochene  Sob  in  ein  SSort  §ufammen,$ufaffen :  er  ift  einer  ber  Dorjügticpften  fßrä« 
taten  in  beutfdjen  Sanben.  ©ein  Vorgänger  pat  Diel  ©etb  an  bie  ©rünbung  eines 
^efuitenfoEegiumS  in  ißruntrut  gemanbt  .  .  .,  jept  ftubieren  bafetbft  Stbetige  in  großer 
3apl;  baS  ^nfütut  trägt  bie  beften  grüdjte3.  ,,^n  fßruntrut  ift  niept  btop  ihre 
(ber  Qlefuiten)  ©dpute  gut  befuept,  fonberu  eS  beftept  aud)  ein  fdjötteS,  trefflich  Der« 
matteteS  ©eminar." 

SDaS  neue  ^aprpunbert  brachte  ißruntrut,  mie  fepon  früher  angebeutet,  eine 
neue  ®ird)e,  eine  neue  SBopnung  unb  ein  neues  ©pmnafium 4.  SDer  S3au  ber  neuen 
®irdf)e  patte  fecpS  $apre  in  Etnfprud)  genommen,  am  21.  Sejember  1603  mürbe  fie 
jum  erftenmat  benupt,  am  12.  EZoDember  1604  burdj  ben  SBeipbifcpof  Don  Q3afet  fon« 
fefriert.  ®ie  ^irdje  mar  im  Üupern  unb  Qnnern  fepr  einfadp.  Sin  baS  geräumige 
SangpauS  fcptop  fid)  ber  gteiepbreite  (Spor  an;  beibe  patten  nur  eine  ftaepe  ipotjbede. 
Über  bem  einzigen  portal  befanb  fiep  ein  gropeS  fünfter,  unb  bie  ©teEe  beS  SurmeS 
mupte  einftmeiten  ein  ©adpreiter  oertreten.  ßmei  gotifepe  genfter  Don  ca  12  gup  £>öpe 
maren  nur  auf  ber  öfttidjen  Sangfeite  angebraept,  meit  bie  Söeftfeite  Derbaut  mar5. 
®aS  ebenfaES  mit  bem  Neubau  ber  ®ircpe  angefangene  unb  1604  ooEenbete  ßoEeg 
bot  $ßtap  für  30  fßerfonen.  £>aS  neue  ©pmnafium  patte  fedjS  ^taffen-pnuner  unb 
eine  geräumige  Stuta,  in  ber  bie  ©cpüter  ber  täglicpen  EJZeffe  beimopnten B.  ©in  neuer 
^onoiftSbau  mürbe  1607  bezogen,  eS  maren  63  ^onDiftoren,  barunter  Diele  Stbetige. 


1  greitmrg,  ©taat3ard)io,  3D7iffiüen  XXXVII 
417  ff. 

2  Igitur  pro  supra  notatis  punctis  insontes  et 

alias  de  nostra  Republica  bene  meritos  Omni¬ 
bus  meliori  nota  commendamus.  9lbfd)rift 

in  Hist.  coli.  Friburg.  ad  ann.  1626.  Sie 

31n!Iage  gegen  bie  gefuiten,  baff  fie  fid)  in 
Sotitif  einmifdjten  unb  ben  S)urd)jug  ber  fran< 
äöfifdjen  Gruppen  ju  pinbent  fitcpten,  tuibertegte 
ber  3tat  burd)  Dom  8  Oft.  1626. 


Berchtold,  Hist,  du  Canton  de  Fribourg 
II  (1845)  323. 

3  ©epreiber,  Safcpenbud)  IV  (1844)  70  f 
95.  Sgl.  9K  a  p  e  r ,  Son^U  Don  Orient  II  314  f. 

4  Sgl.  Sb  I,  ©.  222  ff  624  f. 

6  Sraint,  Sie  Stircpen  ber  oberbeutfdpen 
Drben§proüinj  27  ff. 

6  *Hist.  coli.  Pruntrut.  1592 — 1724.  *Catal. 
trienn.  Vautrey,  Hist,  du  Coli,  de  Porren- 
truy  (1866)  15  ff.  SIucp  für  ba§  golgenbe. 


2Ute  unb  neue  JHeberlaffuugett :  Sßruntrut. 


295 


(Sin  (Sferentag  für  ba§  Kolleg  mar  im  Qafere  1609  ber  S3efud)  be§  fjeiligeit  S3ifd)ofg 
granj  üon  ©ale§. 

®ie  .Qafel  ber  ÜDiitglieber  be§  Kotfegg  in  ißruntrut  betrug  in  ber  erften  ^eit 
17 — 20,  fpäter  (1643 — 1650)  infolge  be§  Kriegeg  nur  6 — 11.  $u  ben  ©femnafial* 
flaffen  traten  1605  nod)  ©ialeftif  unb  SDiorat,  1620  aud)  nod)  bie  Kontroüerfe 
l)inju.  ^m  ^atjre  1606  toaren  7,  fpäter  (1620)  8  fßrofefforen  tätig,  barunter 
aufeer  5  ßefjrern  für  bie  ©pmnafiatftaffen  1  für  Sogif,  1  für  Kontroüerfe  unb  1  für 
äftorat.  2)ie  ©djüferjaf)!  betrug  1605  gegen  400,  20  ^afere  fpäter  430  unb  fanf 
1627  auf  383.  3)ie  ©d)üfer  toaren  meift  $rembe :  (SIfüffer,  ^ranjofen  unb  SDeutfd^e. 
infolge  ber  Slusroeifung  mufete 
man  1639  bie  ©djule  mieber 
üon  unten  anfangen. 

^afere  1642  jätjtten  bie  üier 
klaffen  unter  brei  Sefirern  72 
©djüfer,  1650biennterfteKtaffe 
allein  mieber  58  ©djüter1. 

$n  ber  ©eelforge  mürbe 
bie  beutfdje  unb  franjöfifdje 
©pracfje  berüdfidjtigt.  ißre* 
bigteu  maren  eine  fran^öfifdje 
in  ber  s4?farrfirc^e,  eine  beutfdje 
in  ber  bifdjöfticfeen  Kapelle. 

(Sine  beutfcfje  ißrebigt  üor  ben 
©tubenten  mürbe  1605  be» 
gönnen.  Söäfjrenb  ber  fjaftengeit 
mürben  fpäter  (1650)  beutfcfje 
^Prebigten  an  ©onn»  unb  geft* 
tagen  in  ber  Qefuitenfirdje  ge= 

Ratten.  ^n  ber  s$farrfircf)e 
hielt  man  1640  aud)  franjö* 
fifc^e  Äatedfjefe  unb  liefe  ein 
franjöfifcfee§  2öeif)nad)t§fpiel 
aufführen.  ©rofeen  (Srfotg 
hatte  alg  ©tabtpfarrprebiger 
mäferenb  30  fahren  P.  Q3aO 
tfeafar  ©feaüaffiu§,  ber  19.  ©ep* 
tember  1634  ftarb.  $ür  bie 
Katedjefe  maren  1650  3  patres 
tätig,  bie  bag  burd)  ben  langen 
Krieg  in  Unmiffenfjeit  feerangemacfefene  SSolf  in  ber  ©tabt  unb  braufeen  mieber  in 
ben  §eit§maferf)eiten  unterrichten  füllten.  ®ie  ©tubentenfongregation  mürbe  1606 
in  eine  gröfeere  unb  ffeinere  geteilt  unb  1609  eine  Kongregation  für  bie  Bürger 
erridjtet.  $ie  SJtitglieber  mirften  befonberg  aud)  burd)  ben  häufigen  (Smpfang  ber 
©aframente  auf  bie  anbern  Bürger  ein.  $m  Qafere  1642  mürben  bie  Kongregationen 
mieber  erneuert,  bie  für  bie  ©tubenten  mit  50,  für  bie  Bürger  mit  60  ÜDOtgliebern. 


1  2>ie9?eftoren  tuaren:  33artf)oI.2Mben3(28el=  (Stepf).  tßarifot,  1636—1637);  ©t.  33ienaffi», 
benfiS),  1595;  2Ibant  Straub,  1605;  s$et.  SQtariu§,  1640;  3af.  SDtorel,  1643;  Äarl Sßljilibert,  1646 ; 

1612;  Sitaub.  ©uban,  1615;  $of).  Siotl)  (9tott),  §ieron.  $apinu§,  1648. 

1623;  tour,  ©raff,  1628;  $af.  3RoreI,  1632; 


Cummarifcfkr  gnngalf 

Adtion 

So«  <jS6eo(><tß>o  Ar# 

fcimn  £arnuf  tmb  £Mcf£t£ 

itt 

©cpaltm  tm  JürfWcfcnGymnafio  t>cr 
rietet  lESV,^t25nmu*utbert 
l333cimnonata/|t)ni  (Efmfli 
M  DC  XXX. 

L’  Abrege  de  la  Comedie 

DE  THIBAVLD  COMTE 

DE  CHARTRESET 
de  ßlois, 

Exhibee  au  College  de  la  Com¬ 
pagnie  de  Iesvs  a  Pouren- 

truy  l’An  i  6  3  o. 


©ctrucFf  ju  förunirw  Durch  TBilficIm  SarbcUapr 
Sie  fßruntnttev  üoniöbic  Sljeobalb  1630.  (*/*) 


296 


S8ierte3  Kapitel.  $ic  oberbeutfdje  Sßrobittg. 


der  ©aframentenempfang  mar  1621  auf  20000  unb  1628  auf  33000  Kommunionen 
geftiegen,  fanf  bann  burd)  ben  Krieg  bebeutenb,  bod)  geigen  bie  Qapre  1649 — 1650 
mieber  17  000—18  000  Kommunionen. 

2lud)  aufferpalb  ber  ©tabt  mirften  bie  ©atreS  befonberS  burd)  (Spriftenlepre  unb 
©rebigt.  ©olfSmiffionen  mürben  öfters,  fo  1609  in  dele'mont  unb  ©t*£)ippotpte, 
gehalten;  eine  anbere  non  neun  Tragen  im  ©ebirge,  mo  ftcf)  3000 — 5000  Qupörer 
einfteüten.  Qn  ©t*tpippo!pte  maren  aud)  1607  in  ber  Qaftengeit  oiete  ©rebigten  unb 
Katecpefen. 

Slufjer  ben  gemöpnlidpen  Sllmofen  mürben  bei  ber  Kanonifation  beS  pl.  QgnatiuS 
bie  Sinnen  mit  mehreren  ©cfjeffeln  ©etreibe  unb  ©rot  unterftü|t,  maS  bann  gur 
Qolge  fjatte,  bafs  mehrere  Qamilien  biefeS  ©eifpiel  nacpapmten.  Qm  Qapre  1627 
»erteilte  man  1600  ©rote  an  bie  Strmen.  2IIS  1610  bie  QSeft  ausbrach,  tiertrat 
P.  Qop.  QBierfon  ben  Pfarrer  bei  ben  ©eftfranfen.  Qm  Qabre  1634  fiel  ber  ©eft 
ein  argneifunbiger  ©ruber  gum  Opfer,  ber  auS  Qreiburg  gefcpidt  morben  mar,  um 
ben  ©eftfranfen  gur  2Iber  gu  taffen;  aufjerbem  ftarb  noch  ein  Seprer  beS  KolIegS. 
Qm  Qopre  1635  erlagen  brei  Qefuiten  im  dienfte  ber  QSeftfranfen.  P.  dpomaS,  ber 
dag  unb  97acpt  bie  Kranfen  befncf)te,  blieb  oerfcpont1. 

durd)  ben  Krieg  mürbe  ©runtrut  tiorübergepenb  fcpon  1621  in  90iitleibenfcf)aft 
gegogen;  beim  ©inbrucp  ÜÜRanSfelbS  in  baS  GrlfafÜ  mupte  bie  ©tabt  eine  ©arnifoit 
aufnehmen  unb  baS  Kolleg  einen  Seit  ber  ©otbaten  in  ben  unteren  Ktaffenräumen 
unterbringen,  fo  bap,  mie  ber  Slnnalift  bemerft,  9RarS  unb  ^SallaS  unter  einem  docpe 
mopnten.  ©lampe  Qtüdjtlinge  fuc^ten  ein  Slfpl  in  ©runtrut,  unter  anbern  auch 
8  Qefuiten  auS  SJJoISheim  unb  §agenau;  fpäter  (1632)  mehrten  fiep  biefelben. 

SllS  bie  ©chmeben  im  Qahre  1634  baS  ©ebiet  beS  93ifcf)ofS  non  ©afel  befepten, 
trafen  fie  in  bem  Priorat  ©t  ©toranb  bei  Slttfircf)  ben  greifen  P.  ©ibotb,  ber  bort 
fterbenSfranf  baniebertag.  ©ie  motlten  ©etb,  unb  als  ber  ©reis  erflärte,  er  habe 
nichts,  brehten  fie  ihm  einen  ©trief  fo  lange  um  ben  Kopf,  bis  baS  ©lut  auS  9Rtmb, 
Ohren,  Singen  unb  9iafe  beS  ©reifen  perauSbrang  unb  er  unter  biefen  Oitalen  feinen 
©eift  aufgab.  den  ©ruber  ©chmibt,  ber  ben  fronten  ©ater  beforgte,  banben  fie 
mit  ben  Qüpen  an  ben  ©cfjmeif  eines  Q5ferbeS  unb  fcpleiften  ihn  über  ©eftriipp  unb 
©eftein,  bis  fie  ihn  für  tot  hielten.  dann  burepfepnitt  ein  Leiter  mit  feinem  ©übet 
ben  ©trief  unb  hieb  auf  ben  Kopf  beS  ©ruberS  ein,  um  ipm  ben  SReft  gu  geben, 
©ad)  einiger  Qeit  fam  ber  ©ruber  mieber  gu  fiep  unb  fdjleppte  fiaj  nach  ©runtrut 2. 
Qm  Qahre  1635  nahmen  bie  Qrangofen  bie  ©tabt  ein.  Söegen  angeblicher  Unter» 
ftüpung  ber  Kaifertichen  mürben  bie  Qefuiten  tion  bent  frangöfifefjen  (Statthalter 
de  la  ©ufe  am  7.  Qanuar  1636  auSgemiefen.  die  Qefuiten  füllten  auf  ©eranlaffung 
beS  QürftbifcpofS  in  bie  an  baS  Kolleg  ftopenbe  ©tabtmauer  eine  ©refdje  gelegt  haben, 
um  bie  Kaifertichen  in  bie  ©tabt  eingulaffen.  demgegenüber  ftellte  ber  ©eneraloifar  beS 
©ifcpofS  tion  ©afel,  dpomaS  ^enrici,  in  einem  ©riefe  tiom  30.  ©otiember  1638  an 
ben  ©eneral  feft,  bap  bie  gange  ©efepiepte  erfunben  fei  unb  ber  ©ifcpof  ftetS  ba» 
nad)  getraeptet  pabe,  fein  neutrales  ©ebiet  tion  ben  faiferlidpen  druppen  freigupatten 3. 
dropbem  bie  gange  ©efepiepte  auS  ber  Suft  gegriffen  ift,  fo  patte  ber  ©eneraloifar 
fepon  am  30.  SIpril  1636  an  Karbinat  ©arberini  gefdjrieben,  pat  man  alle  beutfepen 
Qefuiten  auSgemiefen  unb  einige  Qrangofen  eingefiiprt4. 


1  Vautrey,  Hist,  des  Evgques  de  Bäle 
II  (1886)  212. 

2  Claude  Sudan,  Les  Suedois  dans  l’evä- 

che  de  Bäle  (Porrentruy  1862)  33  72  86  ff. 

Sßgl.  Kropf  II  237  ff. 


3  *  Original  in  Germ.  sup.  Epp.  I  26. 

4  *  Original  in  Barb.  Lat.  687 1 ,  f.  53. 
3)er  SBiberruf  be§  SSerteumberä  bei  Vautrey, 
Hist,  du  coli,  de  Porrentruy  60  f. 


3llte  unb  neue  ÜUiebertaffungen :  SBaflte. 


297 


•  Stad)  ber  SluSmeifung  mar  ber  Sieftor  P.  SUioret  nach  ißariS  gereift,  um  bei 
Stidjetieu  bie  Stüdfefjr  ju  ermirfen.  SDtoret  mürbe  anfangs  fetjr  ungnäbig  auf¬ 
genommen  unb  im  $rofefjfjau§  interniert  unb  erft  infolge  einer  ausführlichen  S3er- 
teibigungSfdjrift  bie  Sache  bem  fönigtidjen  Sefretär  be  SioperS  unb  bem  fraitjöfifchen 
^rooinjial  53inet  jur  Unterfuchung  übertragen.  ©iefe  hielten  bafür,  um  meiteren 
Sdjmierigfeiten  §u  begegnen,  fei  eS  am  beften,  franjöfifche  ^efuiten  nach  ißruntrut 
ju  fdjiden.  ®a  ber  bHeftor  jeben  Sßiberftanb  für  nufjtoS  erfannte,  erflärte  er  ficf) 
einöerftanben.  ©in  fran§öfifcf)er  ißater  unb  ein  93ruber  reiften  nun  mit  ihm  ju  bem 
franjöfifchen  ©ouoerneur,  bem  fie  ben  S3efet)t  beS  Königs  überbracf)ten,  ben  fran- 
jöfifdjen  ^efuiten  baS  Kolleg  mieber  ju  übergeben1.  ©iefer  Schritt  beS  SteftorS  er¬ 
regte  am  faiferüdjen  §ofe  großen  Unmitten,  roie  bem  (General  oon  Oerfchiebenen  Seiten 
gemetbet  mürbe,  ^n  mehreren  Briefen  an  bie  faiferlichen  33eicf)tt)äter  Samormaini 
unb  ißhitippi  öerficherte  33itetIeSd)i,  bajj  ber  Steftor  ohne  fein  Stormiffen,  aber  im  guten 
©tauben  gehanbett  habe;  bie  ^aifertidjen  fottten  biefen  Schritt  baS  Kolleg  nidjt  ent¬ 
gelten  taffen2.  S3atb  fah  fich  aber  ber  ©enerat  genötigt,  baS  Kolleg  aus  bem  $er- 
banbe  ber  oberbeutfdjen  ißrooinj  auSjufdheiben.  Stuf  SBunfcf)  SubmigS  XIII.  muffte 
SiitetteSdji  am  26.  SDiai  1640  baS  Ü’otleg  oon  ber  oberbeutfchen  ^rooinj  abtrennen, 
ber  Sponer  fprooinj  guteiten  unb  ihm  einen  granjofen  (SienaffiS)  junt  Stettor  geben. 

®ie  finangielte  Sage  mar  ingmifchen  unerträglich  gemorben,  bie  Stder  tagen  un¬ 
bebaut,  bie  §öfe  üermüftet  ober  oertaffen,  bie  Sdfutbner  maren  geftorben  ober  geflohen, 
gubem  ermieS  fid)  bie  SSerbinbung  mit  ber  Shoner  fJSrooinj  als  üu^erft  fchmierig,  menn 
nicht  unmöglich.  $n  biefer  Siot  reifte  ber  Steftor  33ieuaffiS  nach  ^ari§,  um  Submig  XIII. 
baS  ©tenb  Dorjufteüen,  bie  SSiebereinüerteibung  beS  ^’ottegS  in  bie  oberbeutfcf;e  fßroüinj 
unb  bie  ©rftattung  einer  grofjen  Summe  für  meggenommeueS  ©etreibe  §u  ermirfen. 
©urcf)  bie  Unterftüüung  beS  fönigtichen  SefretärS  erreidjte  er  feinen  ümecf.  ©urd)  33rief 
oom  24.  ^uti  1642  billigte  ber  ®önig  bie  Übergabe  beS  ®oftegS  an  bie  oberbeutfche 
fßrooinj.  ©er  alte  Steftor  P.  SStoret  fehrte  jurücf  unb  bradjte  baS  ^otteg  mieber 
auf  100  Sdjüter.  CSrft  am  28.  $uti  1650  mürbe  bem  gairftbifdmf  fein  Sanb  ju- 
riidgegeben.  16  $ahre  tang  mar  fßruntrut  oon  frangöfi)d)en,  fchmebifdfen  unb  faifer- 
tichen  ©ruppen  befept  unb  geptünbert  morben.  SSon  300  maffenfähigen  Bürgern 
maren  nur  mehr  60  übrig3. 

•i* 

©in  neues  fyetb  ber  ©ätigfeit  erhielten  bie  üefuiten  int  Danton  2Batti§.  2Bar 
biefe  ©ätigfeit  auch  nur  üorübergehenb,  fo  bitbet  fie  hoch  eine  ebenfo  intereffante 
mie  tetjrreiche  ©pifobe  unferer  ©efd)id)te. 

^\m  Seginn  beS  17.  üt*hÜ)ulü)ert§  hatte  ber  fßroteftantiSmuS  im  Danton  äöattiS 
entfchieben  bie  Oberhanb.  ©ing  bie  ©ntroid'tung  in  ber  bisherigen  SSeife  üoran, 
muffte  bie  fathotifche  Stetigion  batb  gängtich  oerfdjminben.  ©ie  Urfadjen  maren  hier 
bie  gleichen  mie  anberSmo.  ©ie  meiften  SBattifer,  bie  ihren  Söhnen  eine  beffere 
StuSbitbung  geben  moltten,  f^idten  biefetben  auf  bie  proteftantifchen  ©pmnafien  nach 
93ern,  Qüricf)  ober  S3afet,  teitmeife  auch  nach  Saufanne  unb  ©enf.  S8ifcf)öfe  unb 
Uterus  gaben  burdj  ihren  Söanbet  guerft  ben  $atf)oIifen  Stnftojf,  bann  ben  Steu- 
gtäubigen  §att  unb  Unterfiütmng.  fßrebigt  unb  StotfSunterridft  oerfchmanben  immer 
mehr.  ©er  Söifchof  oon  Sitten  mar  gugteid)  SanbeSherr,  feit  bem  testen  ©rittet  beS 
16.  üiahrhunhertS  im  ganzen  Umfang  feiner  ©iöjefe,  oon  ber  gurfa  bis  jurn  ©enfer 


1  9cäfjere§  in  ben  *  Litt.  ann.  coli.  Pruntrut.  1636;  an  $f}ilit>pi,  28.  $jmti  1636.  *  Drig.-9teg. 

1642.  Sßcjl.  Vautrey,  Hist,  des  EvSques  Ad  Austr. 

de  Bale  II  214.  3  Vautrey,  Hist,  du  coli,  de  Porrentruy 

2  ®itette§d)i  an  Samormaini,  7.  u.  24.  Smci  69  ff. 


298 


SlierteS  Kapitel.  25ie  oberbeutfdje  ^roüinj. 


©ee.  Sfn  biefer  lueltlid^en  .fperrfdjaft  Ratten  aber  aud)  bie  fieben  ©emeimoefen 
(ßepnben)  (Sitten,  ©iber!,  Seuf,  Saron,  Sifp,  93rig  unb  ©om!  ipren  Slnteif  burd) 
ben  fog.  Sanbrat,  bie  Slbgeorbiteten  aller  ßepnben. 

(Sin  neuerer  ©efdjidjtfcpreiber  fd^itbert  auf  ©runb  unanfedftbarer  Siften  bie 
refigiöfe  Sage  im  ©ebiete  ber  fieben  ßepnben  um  1602  alfo 1 :  „©er  93ifd;of  befafj 
feine  Sfutorität,  man  oerfadjte  feine  23efef)Ie  unb  ©rfaffe;  feine  fürftfidfe  ©emaft  mar 
offne  Slnfepen.  .  .  .  ©ie  ft'ircpeit,  jumeift  unten  im  Sanbe,  maren  baufällig  unb 
fdjmudfo!.  .  .  .  ©er  ©otteSbienft  mürbe  nur  fpärlid^  ober  gar  nicpt  befudjt;  fo  fap 
man  in  Sitten,  mo  1200  Äommunifanten  fein  follten,  nur  brei  ober  oier  alte  SSeiber 
ber  SJJeffe  beimopneit.  .  .  .  ©ie  Sepörben  —  teifmeife  aucp  in  ben  oberen  ßepnben  — 
maren  mit  fflroteftanten  ober  lauen  ^atpofifen  befept,  bie  meber  in  bie  fßrebigt  nod) 
in  bie  SUIeffe  gingen.  .  .  .  ©efbft  ber  bifdföffidje  |)of  begann  ein  §ort  be!  neuen 
©fauben!  ju  merben:  bie  micptigften  ©teilen  lagen  in  ben  Rauben  unfatpofifcper 
Beamten,  bie  pauptfädjficp  barauf  aulgingen,  ben  Sifcpof  ben  fatpofifcpeit  Orten  gu 
entfremben.  ...  Sin  fatpofifcpen  Siidjern  perrfdjte  großer  üDJangef;  bafiir  traf  man 
in  affen  Raufern  unb  Verbergen,  bei  fßrieftern  unb  Saien,  cafoinifdje  93ibeln  unb 
proteftantifcpe  ©treitfdjriften.  .  .  .  ©iner  ber  fdjfimmften  ÜOUfjftünbe  mar  bie  Sin» 
Häufung  ber  einträgfidjften  fßfrünben  in  ben  §änben  ber  ©ittener  ©omperren.  ©abei 
trieben  biefe  Herren,  anftatt  ipren  geiftficfien  Obfiegenpeüen  ju  genügen,  meftfidje, 
bem  jßriefter  oerbotene  ©emerbe.  ßpr  fittficper  SBanbef  mar  oieffacp  gerabeju 
ffanbafö!:  fie  fcpämten  fid)  nicfjt,  mit  ipren  ©irnen  ßffentfidf  burd)  ba!  Sanb  ju 
fiepen  unb  fie  hinter  ficf»  ju  Ütoffe  nad^ufüpren,  ober  fie  fiepen  ifire  $onfitbinen 
allein  ju  fßferbe  fipen  unb  liefen  af!  Safaien  ju  ßup  nebenan,  ßur  S3eforgung 
if)rer  Pfarreien  bingten  bie  ©omperren  um  geringe!  ©efb,  mie  ©ageföpner  ,oerfaufene 
Pfaffen1,  bie  man  megen  ifjrer  Unmiffenpeit,  Untaugficpfeit  unb  Stulgefaffenpeit  fonft 
nirgenb!  bufbete.  ÜOIancper  non  biefen  ©eiftficfjen  üerftanb  fümmerficp  gu  fefen  unb 
31t  beten,  gefd)toeige  benn  ju  prebigen.  ...  ßn  Untermaffil  Ratten  fid)  üiefe  Sßriefter 
oerepeficpt;  bie  meiften  maren  gfaubenlfo!  unb  fpotteten  über  bie  ©ebriiucpe  ber 
fö'ircpe.  ßn  ben  Seicptftupf  gingen  fie  nicf)t  rnepr;  fie  fiefjen  bie  ^ontmunijierenben 
bfop  ba!  Confiteor  in  iprer  üöiutterfpracpe  beten  unb  gaben  ipnen  ein  ©tüd  einer 
nid)tfonfefrierten  £mftie." 

ßn  Untermaffi!  unb  in  ben  unteren  ßepnben  moffte  man  oom  fßapfte  unb  ber 
®ircpe  nid)t!  mepr  miffen;  in  ben  oberen  ßepnben  bfieb  ba!  Soff  bem  fatpofifcpen 
©fauben  jmar  anpängfid),  aber  e!  mar  füprerfo!  unb  mutfol.  Um  fo  größer  mar 
bie  ©iegeljuoerficpt  ber  Sceugfäubigen. 

©en  erften  Sfnftofj  jur  Sefferung  biefer  fdfreienben  ßuftiinbe  gaben  gottbegeifterte 
^apu^iner,  bie  auf  püpftfidje  SInorbnung  feit  Sluguft  1602  eine  überaus  fegenlreidje 
SSirffamfeit  in  2öaffi!  entfalteten2,  bann  ein  Stufftanb  bei  gfaubenltreuen  ßepnben 
oon  ©oml,  ferner  ba!  mieberpofte  entfdjiebene  ©intreten  ber  fieben  fatpolifdjen  Orte 
für  bie  $atpofifen  in  SBalli!,  befonber!  gegen  bie  SOfadfinationen  Sern!,  enblid)  bie 
eifrigen  Semiipungen  be!  Slbt!  Sfbrian  (Dtiebmatten)  oon  ©t  SJJorip,  ber  erft  af! 
©enerafoifar  feine!  Opeim!,  be!  fcpmadjen  Sifcpof!  £>ifbebranb  II.,  bann  af!  beffen 
üftacpfofger  (Sfbrian  II.)  entfcpieben  für  bie  fatpofifdje  Reform  arbeitete.  Sefonbern 
©anf  fcpufbet  Sßafli!  bem  fatpofifdfen  Sorort  Supern,  ©a  e!  an  geeigneten  fßrieftern 
fepfte  —  e!  foffen  bamaf!  in  Söatfi!  nid)t  mepr  af!  oier  ©eiftfidje  opne  föonfubinen 
gemefen  fein3  — ,  fdjidte  Supern  mäprenb  eine!  ßaprjepnt!  Pfarrer  unb  fö'apfäne, 

1  ©riiter,  35er  Anteil  ber  fatfjolifdjeit  unb  ben  S3erid)t  ber  9Jat£botfd)aft  ber  fieben  fatt)o= 

broteftantifdjen  Crte  ber  ßibgenoffenfd)aft  an  Ii|‘d)en  Crte  (Sitten ,  10.  ®tai  1600,  in  Gib» 
ben  religiöfen  unb  bolitifdjen  Äämbfen  im  25?atlig  genijffifdbe  9(bfd)iebe  V,  1,  534  ff. 

1600—1613;  ®efd)id)t§freunb  LII  66  ff.  SSgl.  2  ©riiter  a.  a.  D.  69 ff  130.  3  Sbb.  135. 


9(ltc  unb  neue  Stiebertoffungen :  SBalliS. 


299 


bie  fidp  baju  bereit  erfrärten,  ins  2BadiS,  bepiett  ipnett  ipre  i]3frünben  in  Sujertt 
Bor  unb  unterftüpte  fie  mit  ©clb  für  bie  Steife  unb  bie  erfte  Sinridptung P  Stm 
16.  ©ejentber  1604  trat  bie  erfte  ©ruppe  bie  Steife  inS  SSadiS  an.  darunter  be* 
fanb  fidp  audp  ein  ^efuit  auS  bent  Sujerner  Kolleg,  Sltartin  ©ibeler.  Sin  gleicpjeitiger 
33eridpt  melbet  Bon  ipm,  bafp  er  mit  Srfotg  eine  ©dpute  511  93rig  leitete  unb  babei 
nodp  3eit  fanb,  bie  Mangel  in  StaterS  ju  oerfepett.  Söeit  fein  ©epalt  färgtidp  mar, 
geriet  er  öfters  in  Stot.  Xropbem  mar  er  peiteren  SStuteS,  unb  fein  SBirfen  erhielte 
folcpe  grüdpte,  bafp  felbft  feine  Sßiberfadper  erftaunten1  2. 

2öaS  fidp  bei  ber  Steform  immer  bringenber  füplbar  macpte,  mar  ber  SJtangel 
an  ©dpttlen  für  bie  ©öpne  ber  ©ebilbeten  unb  für  ben  StadproudpS  beS  ßleruS. 
ßmar  ftnbierten  mancpe  äBadifer  an  ben  ^efuitenfoEtegien  in  Supern  unb  greiburg, 
an  letzterem  Ort  1606  gegen  60;  bodp  mar  1603  bie  3apt  ber  an  proteftantifdpen 
©cpulen  ©tubierenben  auf  9/10  fämtlidper  ©tubierenben  auS  bent  SBadiS  beredpnet 
morben3.  Sin  SSerbot  beS  23efudpeS  ber  proteftantifdpen  ©dpttlen  fonnte  jmar  burcp> 
gefept,  aber  nidpt  gepanbpabt  merbcn.  ©egen  bie  Senüpung  ber  greiptäpe  im  fpanifdpen 
SStailanb  macpte  fiep  befonberS  ber  fran^öfifdpe  Sinflufp  geftenb.  Slber  einftmeilen 
mar  nidpt  ju  pelfen.  ©dpid'te  audp  Sujern  nadp  unb  nadp  bis  1613  36  ifßriefter 
ins  SöadiS,  fo  fonnte  baS,  abgefepen  Bon  ben  großen  Soften,  nidpt  opne  ©dpaben 
für  Sujertt  felbft  anbauern. 

Siun  manbte  fiep  Sujern  1606  an  ben  ^roBinjiat  Bott  Oberbeutfcpfattb  unb 
bat  bringettb  um  ^efuiten  für  SEBadiS.  Sludp  Stom  unb  ber  StuntiuS  boten  adeS 
auf,  unt  bie  ©enbung  Bon  gefuiten  ins  SBadiS  burcpjufejpen.  ®ie  $orrefponbenj 
beS  ©taatSfefretärS  SJtalacriba  mit  bem  StuntiuS  gabrijio  SteraUo  jeigt,  mie  ernft 
eS  Stom  piermit  mar.  Söieberpolt  mirb  ber  StuntiuS  angeroiefett,  ben  33ifcpof  Bon 
©Uten  ju  brängen,  fein  mögticpfteS  für  bie  Siufüprung  ber  gefuiten  ju  tun4 *. 
®ie  Qefuiten  roidigten  enblidp  ein,  BerpepOeit  fiep  aber  bie  ©cpmierigfeiten  nidpt. 
£>atte  man  fepott  bie  ßapujiner  mieberpolt  oertrieben,  mie  fodte  eS  ben  gefuiten 
ergepen,  gegen  bie  eine  glut  Bon  Sßerleumbungen  audp  in  SöadiS  oerbreitet  mar? 
SDer  ^rooinjial  beauftragte  ben  Spruntruter  Steftor  SIbam  ©traub,  junt  Söifcpof 
Stbrian  ju  reifen,  nm  ju  erfapren,  mie  ber  33ifcpof  fiep  jur  Berufung  ber  gefuiten 
ftede.  gn  einem  Briefe  (ißruntrut,  10.  guli  1606)  fdpreibt  P.  ©traub:  Stadpbent 
er  in  Sujertt  bie  SmpfepIungSfcpreiben  ber  Stegierung  uttb  beS  StuntiuS  erpalten, 
reifte  er  Bon  bort  am  21.  guni  ab  unb  tarn  ant  24.  in  DbermadiS  an.  ®er 
SSifcpof  mar  auf  einer  Sßifitation  feiner  Siöjefe  begriffen.  SDeSpalb  reifte  ©traub 
am  25.  nadp  Strnen,  mo  ber  Sujerner  Pfarrer  ÜDtelcpior  ©utter  eine  fegenSreicpe 
Stätigfeit  entfaltete,  ©dptiejpdcp  traf  er  ben  Sifcpof  in  Starott.  $er  SSifcpof  mar 
an  biefent  Stage  jroötf  ©tunben  pintereinanber  in  ber  $ircpe  tätig  gemefen.  Stnt 
folgenben  SJtorgen  itt  ader  grüpe  mürbe  ber  ^ßater  oom  23ifdpof  empfangen.  P.  ©traub 
fepte  feinen  Auftrag  auSeinanber,  bie  gefuiten  modten  nidpt  ipreS  Vorteils  palber 
nadp  SGSadiS  fommen;  audp  feien  fie  bereit,  jeben  Slttgenblid  mieber  abjujiepen.  ®er 
SSifcpof  ermiberte,  fepon  oft  unb  lange  pabe  er  gemünfept,  menigftenS  je  jmei  patres 
in  ©itten,  £euf  unb  23rig  ju  paben.  SIber  er  mage  bei  ben  gegebenen  SSerpältniffett 
niept,  opne  guftintmung  beS  SanbrateS  oorjugepen;  er  merbe  aber  im  Sanbrat  ent« 
fepieben  bafür  eintreten  unb  jept  bei  feiner  Sßifitation  adeS  tun,  um  bie  ©entüter 
günftig  ju  ftimmeit.  Obgteidp  einige  an  bent  SStute  unb  ber  Sinficpt  beS  93ifdpofS 


1  66b.  129  ff.  3  66b.  147. 

2  66b.  135.  Sie  Sujerner  iJPtiefter  litten  alle  4  SSgl.  j.  S.  bie  *  Sebefcpen  tiom  8.  unb 

grope  9tot,  i^re  Käufer  waren  leer,  fein  93ett  unb  29.  Suli  1606,  Borghese  I  899.  9l6fd)rifteu 

fein  $au3rat,  feine  2e6en§mittel;  ohne  il)r  SSia=  in  sSern,  93uubelarchio,  9Jom  9Jr  86  u.  103. 

tifum  l)ätten  fie  üerfjungern  mtiffen  (ebb.  132). 


300 


SSierteS  Kapitel.  Sie  oberbeutfdje  $vot>inj. 


ßmeifet  fegten,  ift  P.  ©traub  überzeugt,  baff  fein  fßtan  unter  ben  Sertjättniffen 
richtig  fei,  ba  ber  Sifdjof  biefe  beffer  burdfjfdjaue  atg  gernftefjenbe.  ©g  feien  aber 
niete  non  ben  Stngefefjenen  gegen  bie  Berufung,  unb  bagfelbe  gelte  non  ben  meifteit 
^rieftern,  bie  aug  gurd)t  ÖDr  einer  Reform  fet)r  jefuitenfeinbticf)  feien.  gurn  ©djtuffe 
greift  ©traub  bie  grofje  Siebe  bei  Söifd^ofS  gegen  itjn;  er  habe  itjn  jmei  Sagereifen 
burdfj  feinen  Neffen  big  ©t  ütRorit3  begleiten  unb  alte  Unfoften  beftreiten  taffen,  bann 
ifjn  in  ©t  äRoritj  fo  empfofjten,  baff  itjm  ein  Sruber  mitgegeben  mürbe,  ber  ifjn 
eine  gange  Xagereife  burcf)  bag  ©ebiet  ber  tpäretifer  big  ©tSDiontjg  (Chätel-Saint-Denis) 
im  fjreiburgifcfjen  begleitet  unb  alle  Slugtagen  beftritten  Ijabe1. 

grüf)jaf)r  1607  erftärte  fidfj  ber  Sifdfjof  bereit,  gmei  $efuiten  aufgunefjmen. 
Qnfolgebeffen  reiften  am  7.  ^uni  1607  aug  bem  Sugerner  ^otteg  2  fßatreg  unb 
1  Sruber  nad)  Söattig2.  Stuwer  Strnen  erhielt  Slprit  1608  au  cf)  ©iberg  gmei  ^efuiten 
für  s^5rebigt  unb  Unterricht. 

Sie  Missio  Yallesiana  tag  bem  ©enerat  StquaOiöa  fefjr  am  §ergen.  2öieber= 
polt  mahnte  er  ben  SSifitator  ber  oberbeutfcfjen  fßrooing  Sfjeob.  Sufaeug:  fie  fotte, 
fo  fdjrieb  er  am  6.  Segember  1608,  nicht  allein  fortgefetjt,  fonbern  mit  atten  ÜRittetn 
geförbert  unb  bie  3af)l  ber  Sftiffionäre  oermefjrt  merben.  Stucf)  möge  über  atteg 
bem  päpftlidfjen  SRuntiug  berichtet  merben,  benn  bem  fßapfte  liege  niet  baran3.  Sltg 
einige  meinten,  eg  fontme  nicf)t  oiet  babei  fjeraug,  unb  bie  ÜRiffionäre  fetbft  etroag 
muttog  mürben,  ba  feuerte  Slquatüüa  am  5.  ütRärg  1609  gu  neuem  ©ifer  unb 
freubigem  Slugfjarren  an:  „Unfere  bortigen  fßatreg",  fo  mafjnte  er  ben  Sifitator, 
„fotten  ermuntert  merben,  baff  fie  im  Vertrauen  auf  bie  göttliche  §itfe  fidj  gan§  unb 
freubig  biefer  äRiffion  mibmen,  nicht  allein  um  bie  ^attjotifen  im  atten  ©tauben 
gu  bemafjren,  fonbern  and)  um  bie  tpäretifer  oom  $rrtum  gurüdgufiitjren." 4  ^m 
^atjre  1610  maren  in  Söaltig  gmei  Sftefibengen  mit  je  2  fßatreg  unb  1  Sruber, 
bie  eine  ftanb  unter  Sugern,  bie  anbere  unter  greiburg5. 

Stn  Srangfaten  aller  Slrt  fehlte  eg  ben  Sßatreg  nicht,  ^m  ^uni  1609  ftagten 
bie  fieben  Orte,  baff  ber  Sürgermeifter  (oon  ©itten)  ©untren  am  begangenen  &ar= 
freitag  einen  ^efutten  gunt  Sertaffen  ber  fanget  gelungen  unb  gebrofjt  fjabe,  ifpt 
mit  prügeln  aug  ber  ©tabt  gu  jagen,  fattg  er  nic^t  freimütig  gefje6.  Sern  fepte 
atteg  baran,  um  bie  Qefuiten  aug  bem  SSaCtig  gu  entfernen,  ©g  [teilte  auf  ber 
ßonfereng  ber  öier  eoangetifc^en  ©tänbe  gu  Slarau  am  2./12.  ^uni  1609  ben  Sin* 
trag,  „im  §inbtid  auf  bag  gegen  bie  eoangelifcfjen  ©tänbe  gerichtete  Treiben  ber 
^efuiten,  $apuginer  unb  anberer  bermeintticfjen  ©eifttidjen  bei  ben  fatfjotifdjen  Orten 
auf  Stbfcfjaffung  fotcfjer  Seute  gu  bringen"7.  Sifdfjof  Stbrian  hatte  auf  ben  erfteu 
Stboentgfonntag  (28.  9iooember  1610)  einen  ^efuiten  aug  Strnen  berufen,  bamit  er 
in  ber  grauenfirdje  in  ©itten  bie  fßrimigprebigt  eineg  ^anoniferg  hafte,  ©obatb 
ber  SORagiftrat  bieg  erfutjr,  berbot  er  bei  Sertnft  beg  Sürgerrecfjtg,  ben  ißater  angu* 
hören.  Unb  bag,  tropbem  ber  Sifdjof,  ber  redjtmäjjige  ffürft  bon  ©itten,  [ich  fomeit 
herabgetaffen,  ben  9J?agiftrat  um  bie  ©rtaubnig  gu  bitten8. 


1  *  Original  in  Germ.  Epp.  38,  11.  Sßgl. 
©riiter  a.  o.  0.  158. 

2  *Compend.  hist.  coli.  Lucern.,  in  5Dt.  9t., 
Jes.  1717  ad  ann.  1607.  Otäljerci  bei  ©riiter 
a.  a.  0.  160  ff. 

8  *  0rig.*9teg.  Ad  Germ.  sup. 

4  *  0rig.=9teg.  ebb.  Über  bie  ^Bemühungen 

bei  Sluguftinerpateri  93urnpi  unb  bei  Oberften 

91iiboIf  ipfpffer  (1608—1609),  ben  Sefniten  bai 

ganj  üerfommene  Slofter  ©erunbcn  (©iroba) 


bei  ©iberi  §u  öerfcfjaffen,  f.  ßibgenöififcfje  91b» 
fdjiebe  V  1,  869  919.  SBgl.  ©riiter  a.  a.  0. 
166  f. 

5  *  Catal.  Germ.  sup. 

6  ©riiter  a.  a.  D.  171. 

7  ©ibgcnöffifdje  21bfcf)iebe  V  1,  927. 

8  ©riiter  a.  a.  0.  174.  5ßg[.  Sarbinal 
93eKarmin  an  Epabaffiui,  3. 9Jtärj  1611.  *Cri* 
ginal  in  W.  9t.,  Jes.  888. 


Stlte  unb  neue  92iebertaffungen:  SBalliS. 


301 


©egen  eilte  um  biefe  geit  in  SBalliS  verbreitete  ©cfjmähfchrift 1  erlief?  93ifd)of 
Slbriait  eine  gebrudte  Separation,  in  mcldjer  er  ben  9Zupen  einer  ftänbigen  lieber* 
laffung  ber  i^efuüen  in  SBalliS  auSeinanberfept2.  SDiefelbe  ermähnt  in  ber  Sin* 
leitung  baS  Siigenlibell  beS  neuen  Satilina  (©untren)3;  bie  SSerleumbungen  beSfelben 
feien  teils  im  lebten  Sanbtag,  teils  in  einer  in  brei  (Sprachen  (von  ShaVafftuS)  er* 
fcfjienenen  unb  von  if)m  (bem  23ifcf)of)  angeratenen  unb  approbierten  Schrift  tviber* 
legt.  Sr  felbft  erhebe  nun  feine  Stimme  für  bie  ungerecht  Seibenben.  Sr  fühle 
fidf)  gebrungen,  bie  großen  Vorteile  einer  ftänbigen  9Zieberlaffung  ber  öefuiten  bar* 
guiegen.  Unter  ben  ©rünben  fjebt  er  u.  a.  hervor,  „bie  3efuiten  haben  unS fdjon 
viele  Qafyre  in  vieler  ©ebulb  gebient  unb  mit  foldjer  Srbauung  unb  Sintradfjt  bei 
un§  vermeilt,  bah  niemanb  ihnen  etivaS  voruürft  unb  jeber  viel  ©uteS  über  fie  gu 
er§ät)len  rneih".  ®ie  ^efuiten  finb  bie  beften  Reifer  gegen  bie  fo  viel  beflagte  lln* 
miffenfjeit  beS  Slöallifer  ß’leruS;  bie  ©djule  ber  ^efuiten  ift  für  ben  Klerus  ein 
mafjreS  ©eminar,  ba  fie  in  ihrer  ©djule  in  gleicher  SBeife  SBiffen  unb  grömmigfeit 
beförberten.  SB  erbe  biefe  ©djule  gurüdgemiefen,  fo  rufe  er  ©ott  uub  baS  Sanb  gu 
Beugen  an,  baf?  er  feine  Pflicht  als  |jirt  unb  gürft  erfüllt.  SDie  Qefuiten  hätten 
ficf)  ferner  erprobt  als  tüdfjtige  Sßrebiger,  bie  burdj  SBort  unb  SSeifpiel  gu  foliber 
SEugenb  aufmunterten  unb  baS  Safter  befämpften,  offne  irgenb  femanb  perfönlicfj  gu 
verleben.  Qfjre  ©penbung  ber  ©aframente  fei  tabelloS,  inbisfrete  2Inbacf)ten  be* 
fampften  fie,  nnb  überall  beförberten  fie  einen  gefunben  ©lauben;  ohne  ficf)  auf 
©frupel  unb  Slngftlidjf eiten  eingulaffen,  verfemten  fie  liebevoll  mit  allen,  giir  baS 
Sanb  fei  eS  eine  Sljre,  ruenn  eS  in  feiner  ÜDZitte  gelehrte  Geologen,  fß^ilofop^en 
unb  ÜZebner  Ijätte.  Sr  münfdje  bringenb,  bafj  bie  ^efuiten  einftimmig  gugelaffen 
mürben,  unb  er  ntüffe  ficf)  fef)r  Vermunbern,  menn  eS  Seute  gebe,  bie  bagegen  Schmierig* 
feiten  machten4. 

Slhnlid)  berichtet  um  biefe  3eit  (1613)  ber  DZuntiuS  in  Sugern,  SabiSlauS 
b’ülquino:  „3iir  ObermalliS,  metcf)eS  gtvar  gang  fatljolifdj,  aber  in  eine  Unmiffenheit 
verfunfen  ift,  von  ber  man  ficf)  feinen  SSegriff  machen  fann,  mürbe  bie  Slnfunft  von 
fßrieftern,  bie  oft  felber  nur  menig  miffen,  nidjt  einmal  genügen,  unb  id)  ergriff 
beSfjatb  einen  vorteilhafteren,  aber  audj  fdfjmierigeren  unb  gefährlicheren  2luSmeg.  SS 
mürben  nämlich  einige  Qefuiten  af§  SD'Jifftonäre  hmgefanbt,  meldje  nadj  beften  Kräften 
ungähligeS  ©ute  mirften;  menn  fie  fo  fortfahren,  fo  merben  fie  bie  ginfterniS  ber 
Unmiffenheit  gerftreuen  unb  ben  armen  Xalleuten  baS  mahre  Sidjt  unfereS  ©laubenS 
geigen.  3$  habe  mir  viele  SDZiihe  gegeben,  ben  93ifdjof  gu  bemegeit,  bah  er  immer 
einige  fgefmtert  bei  ficf)  haften  möge;  aber  eS  mar  umfonft,  meil  ber  $8ifcf)of  arm 
ift  unb  bie  Stoffen  fcheut  unb  meil  feine  Stefibeng  ©itten,  als  2pauptfip  ber  maÜifdhen 
$eper,  bei  einer  Neuerung  biefer  3lrt  mahrfcheinlicf)  in  23emegung  geraten  mürbe. 
2)od)  habe  ich  burchgefe^t,  bah  biefe  Später  fidf)  in  einem  benadjbarten  Rieden  auf* 
halten  bitrfen,  mo  fie  bann  bereits  eine  ftarf  befucfjte  ©dhule  eröffnet  haben,  melcfje 
viel  leiften  mirb,  menn  man  fie  befdjüpt  unb  begünftigt,  mie  id)  eS  getan.  —  Ober* 
malliS  hat  im  gangen  30,  UntermatliS  20  ober  24  Pfarreien." 5 

3IIS  ber  SBifchof  Slbrian  ftarb  (7.  Oftober  1613),  gäf)lte  bie  ©cf)ule  in  51rnen 
180  ©cf)üler.  Sbenfo  erfreulidj  maren  bie  fRefuItate  ber  Schule  in  ©iberS,  unb  felbft 


1  gä  ift  ba§  „©utacpten"  bei  Suciuä, 
Scfuitcrfjiftorie  525  ff  unb  ba§  Consilium  1610 
bei  Hospinian.,  Historia  Iesuitica  135. 

2  Commoda  spiritualia  et  temporalia,  quae 

partim  iudicio  111.  Principis  et  Rev.  Dom. 

Adriani  Sedunensis  Episcopi  utriusque  Aral- 
lesiae  Comitis  ac  Praefecti,  partim  Catholi- 

corum  aliorum  tum  Ecclesiasticorum  tum 


Saecularium  accessura  sunt  eidem  Yallesiae, 
si  Patribus  S.  J.  stabilem  sedem  attribuat. 
Excudebat  Friburgi  Nuith.  Stephanus  Philot 
1611.  12°  14  <3. 

8  Über  ©untren  ugl.  ©rütcr  a.  a.  0.  176. 

4  Commoda  spiritualia  5,  8  ff. 

5  (Schreiber,  Jafcbenbud)  IV  51  f ;  «gl.  94 
uub  9)2 aper,  Äon?il  bon  Orient  II  307. 


302 


Viertes  Kapitel.  Sie  oberbeutiche  ^roüinä. 


Seit!  oertraute  if)r  feine  ©öffne  an.  ®ie  Qefuiten  neriegten  bie  ©djule  am  28.  3IpriI 
1615  nad)  23entf)en,  einem  ®orfe  bei  ©iberS;  bereits  im  näcfjften  ^a^re  fjatten  fie 
130  Spüler  1. 

^n  ber  9iefibeit^  ju  23entf)en  (Ventona,  Venthöne),  bie  unter  bem  Kolleg  non 
greiburg  ftanb,  toaren  1625  5  patres  unb  1  23ruber;  ein  ifßater  leffrte  fftfjetorif 
unb  Humanität,  ein  jmeiter  erfte  unb  jrneite  ©rammatif,  ein  britter  bie  britte  @rant« 
ntatifalflaffe.  Sin  ber  ©djule  beftanb  aud)  eine  Sftarianifcfje  Kongregation.  SDie 
patres  lebten  non  einigen  Weinbergen  unb  ben  Sllntofen  ber  OrbenSpronin^2.  $on 
$entf)en  aus  gelten  2  patres  and)  in  bem  nier  ©tunben  entfernten  (Sitten  faft  an 
allen  ©onu«  unb  Feiertagen  je  eine  fransöftfefje  unb  eine  beutfdje  )ßrebigt.  ©djon 
feit  1620  fjatte  S3rig  ftcf>  bemüht,  bie  ^efuitennieberlaffung  ju  erhalten.  9Jiai  1625 
fam  ber  fßlan  ju  ftanbe.  4  ^riefter  unb  1  33ruber  fiebelten  nad)  S3rig  über  unb 
eröffnten  bort  eine  ©d)ule.  31m  6.  ©eptem&er  1625  ermunterte  fßitelleSdji  ben 
©uperior  non  23rig,  )ßeter  SOIariuS,  bie  SSriger  SZieberlaffung  mit  allem  (Sifer  ju 
förbern  unb  an  ben  Sßrebigten  in  ©itten  feftju^alten3.  $m  3a§re  1626  maren  in 
93rig  5  patres,  barunter  3  ^rofefforen;  im  ^aljre  1625  fam  eS  aud)  in  ©itten  ju 
einer  SUeberlaffung  mit  einem  fran^öfifcfien  unb  einem  beutfdjen  ißrebiger,  aber  erft 
nad)  iiberminbung  nieler  ©djmierigfeiten.  ®ie  SSebingungen  non  feiten  beS  SWagiftrateS 
maren  fo  fjart4,  baff  ber  ©eneral  fie  als  ganj  unerträglid)  bejeidmete  unb  nur  ein 
mieberfjolter  23efef)I  ber  ^ßropaganba  unb  beS  ifJapfteS  gur  Slnnafjtne  berfelben  be« 
megen  fonnte5.  Slber  aud)  bann  nod)  madjte  ber  äftagiftrat  ©djmierigfeiten.  @rft 
ein  ernfteS  fülafjnfdjreiben  UrbanS  VIII.  oom  20.  ^uni  1624  an  ben  9Jiagiftrat  non 
©itten  nermodjte  ben  Wiberftanb  ju  befiegen.  @r  felje,  fo  fcfjrei&t  ber  fßapft,  „baff 
burcf)  bie  Wadjfamfeit  unb  Xugenb  ber  @efellfd)aft  bie  fatfjolifdje  ©ad)e  ge« 
feftigt  unb  bie  Qugenb  in  Wiffenfdjaft  unb  Xugenb  geförbert  merbe"0.  SJIitte  1625 
famen  jroei  patres  non  33rig7. 

Um  biefe  $eit  fpradj  fic^  IBifdjof  .fpilbebranb  in  einem  Briefe  oom  13.  Sejember 
1626  an  bie  fatf)oIifcf)en  Kantone  über  bie  Fefu^en  in  WattiS  alfo  auS:  Wenn 
etmaS  in  Wallis  notmenbig  ift,  fo  ift  eS  bie  ©egenroart  ber  Fefuiten,  bamit  fie  bie 
^pärefie  günjlid)  auSrotten,  ben  ©laitben  ftärfen,  bie  ^ugenb  ergießen  unb  baS  ge« 
plante  geiftlicf)e  ©eminar  leiten.  $d)  bitte,  alles  aufsumenben,  bamit  bie  Später  ein 
Kolleg  in  ©itten  errichten  fönnen  gemäfj  bent  fjeifjen  Wunfcfj  beS  ißapfteS  unb  ber 
ißropaganba;  aus  biefer  fRüdfidjt  f)af>en  fie  bie  Sebingungen  gebilligt,  melcfje  bie 
non  ©itten  an  iljre  ßulaffung  gefnüpft,  obgleich  biefelben  ben  Freif)eiten  unferer 
Kircfje  entgegen  finb8. 


1  Kropf  I  145  f.  3 oller,  Sie  erfte  ge« 
fuitennieberlaffung  in  SBalliS  1608 — 1G27,  SIät« 
ter  au§  ber  SBallifer  ©efchidjte  II  208,  bei 
©rüter  a.  a.  0.  173.  Sgl.  Grenat-La- 
v  all  az ,  Hist,  moderne  du  Valais  1536 — 1815, 
Geneve  1904,  158  ff. 

2  *Catal.  trienn.  Kropf  I  355  ff. 

8  *  Orig.«  flieg.  Ad  Germ.  sup. 

4  Sou  Sentljen,  26.  gebr.  1623,  fdircibt  Olifol. 
©upot  bariiber  an  ©renpig,  ebenfo  Sßetr. 
SRariuS,  23.  «pril,  3.  SOIai  unb  7.  ©ept.  1623. 
*  Original  in  901.  91.,  Jes.  888.  Sie  Sebingungen 
befdjränfen  3af)I,  Sefifc  unb  Sätigfeit  ber  ge« 
fuiten.  Sgl.  bap  ben  Srief  be§  P.  fReginalb 
©ilüeftri,  Supm,  17.  Slpril  1622.  *  Original  ebb. 

5  *  SiteUe^dji  an  ©renjing,  27.  Slug.  1622, 


25.  gebr.  unb  1.  guli  1623.  Orig. --flieg.  Ad 
Germ.  *  Siteüe^dji  an  SSifdjof  §ilbebranb, 
10.  ©ept.  1622.  *  Orig. «flieg.  Ad  Externos. 

6  SSorttaut  bei  Kropf  I  360.  Sopie  aud) 
in  501.  5R. ,  Jes.  888.  ©d)on  früher  (6.  guni 
1615)  Ifatte  ltrban  VIII.  bem  93ifd)of  unb  Sfa« 
pitel  bie  Einführung  ber  gefuiten  al§  feljr  nüfc* 
lid)  empfohlen.  SBirj,  Süllen  unb  Sreben 
(1902)  Olr  525.  Sgl.  Saul  V.  22.  guni  1613, 
ebb.  Dir  482. 

7  Über  bie  Sätigfeit  in  Sitten  unb  Srig  Ogi. 
50Iariu§,  Sitten,  19.  guni  1626  an  ©cappi, 
*  Original  im  Slrdjio  ber  5J8rop>aflaitba,  Lett. 
di  Svizz.  LXVI,  f.  277. 

8  SBortlaut  bei  Greuat-Lavallaz  a.  a.  0. 
237. 


303 


2llte  unb  neue  fJlieberlaffungen :  SBatliS. 

®ie  fcfjon  fdjmierige  Soge  ber  $efuiten  in  SöadiS  mürbe  noch  fd^toieriger  burdj 
ben  Äampf  ber  ßefjnben  mit  bem  Vifcfjof  um  bie  meltlicfje  §errfd)aft.  ^atljolifen 
uitb  ^roteftanten  [tauben  in  biefem  Kampfe  gefcfjloffen  gegen  ben  Vifcfjof,  ber  fdjliefjlidj, 
burdj  bie  SSerfjäftniffe  gelungen,  auf  [eine  üiedjte  als  SanbeSfjerr  oerjidjtete  (1630). 
®er  Umftanb,  baß  ber  Vifcfjof  auf  [eiten  ber  $efuiten  [taub,  gab  ben  ©egnern  oief= 
fad)  2fnlafj,  bie  ^efuiten  in  ben  ®ampf  ^inein§u§ief)en  unb  ju  behaupten,  bie  ^efuiten 
[eien  an  bem  Verhalten  beS  VifcfjofS  [c^ulb,  [o  in  bem  Vefijjftreit  um  baS  ©djul* 
gebäube  in  ©itten  unb  in  ber  SlbbanfungSfrage  beS  VifdjofS.  $n  einem  eigenen 
©djriftftiid  tont  10.  Januar  1627  erflärte  aber  ber  Vifdjof  auSbrüdlid),  bafj  ifjm 
nie  unb  in  feiner  Söeife  ein  ^efuit  jur  Slbbanfung  geraten  fjabe.  gugfeid)  [teilte 
er  ben  Qefuiten  ein  fefjr  eljrenöodeS  ßeugniS  auS:  „SSeif  bie  3efniten  tu  SßadiS 
[djoit  mieberljolt  unter  Verleumbungen  böSmidiger  sH7enfd)en  gu  leiben  Ratten,  [o 
bezeugen  mir,  bafj  ade  patres  unb  Vriiber  ber  ©efedfdjaft,  bie  bisher  ju  ©itten, 
Vrig,  Venthen  unb  Slrnen  gelebt,  [idj  nicfjt  adein  oon  aller  Sttafel  eines  Verbrechens 
frei  gehalten,  [onbern  megen  iljreS  lautern  unb  religiöfen  SebenSmanbelS,  ihrer 
Xreue  in  ber  fatholtfdjen  Sehre,  ihrer  brennenben  Siebe  unb  ihres  unterbroffenen 
©iferS  bei  ber  Belehrung  beS  Volles  unb  ber  Untermeifung  ber  Q;ugenb  oder  ©hre/ 
Siebe  unb  Vefdjirmung  in  hohem  ©tobe  mürbig  ermiefen  haben."  1 

©ehr  ermiinfdjt  fant  bann  mieber  ben  ©egnerit  eine  Unflugfjeit  beS  Obern  ber 
SBadifer  ^efuiten,  beS  P.  ÜJiartuS,  ber  bei  ber  girmuug  in  dfaroit  bie  9J2acf)t  unb 
SSürbe  beS  33i[cf)ofS  jum  ©egenftanb  [einer  ^Srebigt  nahm,  oon  bem  ©djmerte,  mit 
bem  ber  erfte  Vifdjof  non  SSadiS,  ber  hl-  £he°knl,  abgebilbet  mirb,  auSging2  unb 
babei  SlnSbrüde  gebraudjte,  bie  bei  ber  ©pannung  ber  ©emiiter  gegen  bie  meltlicfje 
^perrfchaft  beS  VifdjofS  non  ben  ©egitern  in  einem  fcfjlimmen  ©inne  gebeutet  merben 
fonnten,  als  [eien  bie  3efniten  ©egner  ber  VolfSrecf)te.  ©o  gelang  eS,  audj  gute 
^atljolifen  unb  g-reunbe  ber  Qefuiten  in  bie  ©egnerfdfjaft  gegen  bie  ^efuiten  hinein» 
gutreiben.  SDiefen  günftigen  Slugenblid  mußten  bie  ^ejuitenfeinbe  gefdjidt  §u  be¬ 
nähen.  ©in  aufjerorbentlidjer  Sanbrat  mürbe  nadj  Seuf  berufen  auf  ben  3.  SUfärj 
1627  unb  bort  bie  ©rreguitg  fo  gefteigert,  bafj  ein  ®efret  51t  [tanbe  fam,  in  bem 
bie  StuSrceifung  ber  ^efuiten  befcfjloffen,  gugleic^  aber  bie  fatfjolifdje  Religion  als 
einzig  berechtigt  in  SBadiS  erflärt  mürbe.  ^nmiemeit  ^er  Steile  Vefdflufj  ben  i)3ro» 
teftanten  mirflidj  gemeint  mar,  fann  faunt  gmeifelhaft  [ein;  aber  baS  ^pauptgief,  bie 
Verbannung  ber  Qefuiten,  mar  oorläufig  erreicht. 

damals  maren  gu  Vrig  5  ißatreS  unb  1  Vruber,  gu  ©itten  2  Ißriefter  unb 
1  Vruber.  ®ie  Qefuiten,  bie  unter  bem  Veftor  oon  greiburg,  0aubiuS  ©ubanuS, 
[tanben,  erhielten  auf  iljre  Slnfrage  bie  Söeifung,  ben  Verfiältniffen  ju  meidjen.  2lm 
16.  £D^ärg  jogen  bie  ^faton  aus  Vrig  ab  jum  grofjen  ©djmerj;  beS  VolfeS,  baS 
adeS  getan,  um  ©infpradje  gegen  bie  Vermeifung  ju  erheben3,  ßmei  üDiitbrüber  liefen 
bie  Vriger  ^efuiten  auf  bem  Äirdjfjof  gurücf,  bie  eilt  $af)r  öorher  (1626)  unter  ad» 
gemeiner  Iraner  ju  ©rabe  getragen  morben.  ®er  eine  mar  Submig  .Qurat)  auS  ®elS» 
berg  (SDelemont),  ber  nur  37  ^aljre  alt  geworben,  ©anje  Sage  roanberte  er  burch 
Verg  unb  Hai,  um  bie  Sanbleute  ju  unterridjteu.  ©ein  üdiunboorrat  beftanb  oft  nur 
in  einem  ©tücf  Vrot.  ®er  anbere,  Ä'afpar  Vfjetj  auS  Sujern,  hatte  nach  langjähriger 
Sätigfeit  am  ©pmnafiunt  [eine  ^jauptforgfalt  ben  Vauernfinbern  gemibmet;  befonberS 
fucfjte  er  [ie  jum  ©ebete  anguleiten,  meil  er  bem  ©ebet  ber  unfdjulbigen  Ä'inber  eine 


1  *  @ef.  Orig.  in  “Dl.  91.,  Jes.  888,  $ruct  ber  ißropagauba,  Lett.  di  Svizz.  LXVIII, 

bei  Kropf  1  394.  $8gt.  Schreiben  §ilbebranb3  f.  160  ff. 

Dom  5.  3uli  1626  an  bie  'JJropagauba  unb  2  *Hist.  S.  J.  in  Vallesia,  9J1.  91.,  Jes.  872. 

15.  2Iug.  1626  an  ben  9tuntiu3  Scappi,  2lrd)iD  3  Kropf  I  395  ff. 


304 


SöierteS  Kapitel.  ®tc  oberbeutfcfje  Sßroöins. 


grofje  ÜDfadjt  bei  ©ott  gufdjrieb.  (Sr  felbft  fjeiligte  feine  nieten  unö  [teilen  Söege 
burd)  beftänbige^  @ebet 1. 

©er  $aftet(an,  9iat  unb  ©emeittbe  be§  3el)nben  ©rig  [teilten  beit  Qefuiten  am 
G./16.  fdiärg  1627  ein  gtängenbeS  3eu311^  auS:  fie  Ratten  mät)renb  ber  ganzen 
ßeit  it)reS  Aufenthaltes  in  ©rig  baS  ©eifpiet  eines  frommen  unb  unbefdfottenen 
SebenS  gegeben,  nicht  allein  bei  ber  fyeier  ber  ^eiligen  ÜJJeffe,  ©rebigt,  Äatecfjefe 
unb  Satramentenfpenbung,  fonbern  auch  burd)  ifjren  raftfofen  ©ifer  in  bem  Unter- 
ridjt  ber  lieben  ^ttgett*5-  3()1'  33eifpiel  unb  iijr  Seben  fei  ein  folcfjeS  gemefen,  baff 
bie  ©riger  beftimmt  it)r  längeres  ©ermeiten  gemünfd)t,  menn  bie  SSerfjältniffe  eS 
geftattet  hätten ;  fie  tonnten  beShatb  bie  geliebten  ©äter  nur  angelegentlich  empfehlen 
unb  mürben  [eben  ihnen  getesteten  ©ienft  banfbar  oergetten2. 

Am  20.  9JZär§  oertieg  and)  SDiariuS  SBatliS.  3n  einem  Briefe  non  Sitten, 
16.  Sftärg  1627,  fejjt  er  bie  ©riinbe  auSeinanber,  meShatb  baS  2Begget)en  felgt  ge¬ 
raten:  ber  Streit  um  ben  neuen  ^atenber  gmifdjen  ©ifchof  unb  3ehnben;  ber  ©ifdjof 
fdjreibt  ben  neuen  Äatenber  bor,  bie  üßadifer  Herren  oerbieten  ihn,  fomit  ©ermirruttg 
für  öftertiche  Reicht  unb  Kommunion;  bie  neuen  SRanbate  beS  ©ifdjofS  in  ©etreff 
beS  ß’atenberS  unb  feiner  ©edfte,  burch  metche  bie  Qefuiten  in  bie  fdjtimmfte  ^maugS- 
tage  tarnen  ufro.3  3n  ben  ®epefd)en  oom  7.  unb  18.  April  1627  an  ©arberini 
erftärt  ber  ©uutiuS  Scappi  bie  ©rünbe  ber  Austreibung  für  burchaitS  frioot  unb  fieht 
in  berfetben  einen  großen  Schtag  für  bie  fatf;otifche  Religion  unb  baS  Anfehen  beS 
^eiligen  Stuhles  in  SöattiS4.  ©a  fdjon  fo  oiete  ßeugniffe  für  bie  Unfchulb  ber 
^efuiten  in  SBattiS  oortagen  unb  bie  ©egner  nichts  gur  ©echtfertigung  ber  Achtung 
oorgebracht,  fo  h^It  eS  ©itetteSchi  in  einem  ©riefe  an  ben  ©rooingiat  SJtunbbrot 
oom  17.  Aprit  1627  für  faum  geboten,  eine  Apologie  gur  ©erteibigung  ber  ©efelt- 
fdjaft  gu  oeröffentlichen;  füllten  bie  beutfdjen  ©atreS  anberer  Meinung  fein,  motte  er 
jebodj  einer  ©erteibigungSfdjrift  nidjt  mehren5. 

©ine  gange  Sd)ar  oon  Sdjütern  (gegen  40)  folgte  batb  ben  3efU4ten  nach 
$reiburg,  mo  ber  Obere  oon  Sitten,  ©eter  9J?ariuS,  unb  ber  Obere  oon  ©rig,  ©itotauS 
©eritt,  als  £ef)rer  am  ©pmnafiutn  ©ermenbung  fanben  unb  fo  im  tebenbigen  ©er* 
fehr  mit  ber  liebgemorbenen  SBattifer  3u3enb  bleiben  tonnten. 

Alte  Sdjritte  beS  ©ifdjofS,  beS  Nuntius6,  ber  fieben  Orte,  eine  Aufhebung 
beS  ©efreteS  gu  ermirfen,  maren  gmar  oergebenS,  hatten  aber  baS  ©ute,  baff  ber 
gangen  Söett  bie  Uufdjulb  ber  Qefuiten  unb  ihre  bisherige  fegenSreidje  Arbeit  bofu- 
mentarifch  oor  Augen  gebradft  mürbe,  ©ie  fieben  Orte  fdjidten  fofort  eine  ©efanbt- 
fdjaft  ins  SöattiS;  am  16.  ÜDZärg  erhielten  fie  ben  ©efcheib,  baff  bie  ©ater  ber  ©e- 
fetlfdjaft  3efn,  bie  allbereit  bei  20  3a^ren  bei  ihnen  oerharrt,  ihnen  lieb  unb 
angenehm  feien  unb  fid)  roegen  guter  Untermeifung  ber  ^ugenb  nnb  anberer  töbtidjen 
Arbeiten  oerbient  gemadjt  hätten,  aber  feigt  megen  ber  hinreichenben  Angatjt  gelehrter 
©riefter  nicht  metjr  nötig  feien7,  ©inen  ähntidjen  ©efcheib  erhielten  ber  frangöfifdje 
©efanbte  unb  ber  ©untiuS,  bie  testen  ©rünbe  tonnten  fie  nicht  fagen8.  ©er 
©untiuS,  Atepanber  Scappi,  [teilte  bei  biefer  ©etegenheit  ben  ^efuiten  in  SEBaÜi» 


1  Kropf  I  398. 

3  *  ©ef.  Original  mit  Unterfdjrift  tum 
©eorg  9)ticf).  Superfapo  Siniatig  in  91t.  9t., 

Jes.  888. 

8  *  Original  in  91t.  9t.,  Jes.  888. 

4  *  Original  in  9tom,  Arcli.  Vatic.,  Nunz. 

di  Svizzera  vol.  XVI.  Slgl.  25.  91tärj  1627 
in  vol.  XV. 

6  *  Original  in  91t.  9t.,  Jes.  8S8. 


6  Oer  Sßortlant  ber  ^Proportionen  be§  9tun« 
tiu§  üllepanber  Scappi  in  Sujcrn,  23.  91tärs 
1627,  unb  in  Sitten,  26.  91tai  1627,  in  91t.  9t., 
Jes.  888. 

7  SSorttaut  in  ber  UrFunbe  ber  ©efgnbten 
Oom  27.  91tärä  1627  bei  Kropf  I  400.  '.Be¬ 
glaubigte  Slopie  in  91t.  9t.,  Jes.  888;  bort 
and)  ber  beutidje  SBortlaut. 

3  Kropf  I  402. 


Sllte  unb  neue  Aieberlaffungett :  SEÖoüiS. 


305 


ein  ßeugni§  aug,  tute  fie  eg  gtänjenber  nicf;t  münfdjen  tonnten;  babei  f)e£>t  er  peroor, 
bafj  P.  9J7ariug  nidjt  allein  nidjt  für  bie  Abbanfung  beg  Sßifcpofg,  fonbern  in  feinem 
Aufträge  gegen  biefelbe  gearbeitet  pabe1.  Auch  Urban  VIII.  trat  in  üerfdjiebenen 
Schreiben  an  SSaüig  für  bie  ^efuiten  ein  unb  gab  feinem  ©dpmerje  über  beren  ©nt= 
fernung  Augbrud2. 

den  üieten  fermeren  33erteumbungen,  toeld^e  bie  Augmeifung  ber  ^efuiten  fort» 
gefegt  begleiteten,  ftetlte  23ifdjof  ^ilbebranb  nocfjmatg  am  15.  $uni  1627  fein  auf 
langjähriger,  genauefter  ®unbe  berupenbeg  ßeugnig  gegenüber,  in  metdjem  er  ber 
unertnüblidjen  Arbeit  ber  ^efuiten  in  Söattig  in  ber  Untermeifung  beg  SSotfeg  unb 
ber  $ugenb  burdj  ^3rebigt  unb  föatedjefe,  ihren  gefegneten  (Sifolgen,  befonberg  auep 
ihrem  mafettofen,  ejremptarifcpen  Seben  bie  größte  Anerfennung  jottt  unb  feinem 
großen  ©djmerj  über  beren  SBeggang  Augbrud  üerteipt3.  dagfetbe  erflärte  er  toieber» 
holt  am  27.  unb  28.  Januar  1628  ben  deputierten  ber  fatpotifepen  Kantone  auf  ber 
dagfapung,  bie  üom  19.  big  31.  Januar  1628  in  Supern  raegeit  ber  SGBaUifer  Angelegen» 
heit  ftattfanb4. 

die  ißatreg  fetbft  erachteten  eg  atg  eine  gütige  SSorfetjung,  bafj  fie  bem  ©treit 
jwifdjen  33ifd)of  unb  SBolf,  in  bem  fie  halb  hier  batb  bort  anftofjen  mußten,  entrüdt 
mürben.  SBäre  ber  ©treit  einmal  beigelegt,  fo  meinten  fie,  mürben  fie  mieber  ing 
SBattig  jurüdgentfen  merbeit  unb  bann  bort  um  fo  fegengreidjer  arbeiten  fimnen. 
diefe  Hoffnung  füllte,  menn  aud)  nodj  nidjt  fo  fepnett,  in  (Erfüllung  gehen,  ©djon 
in  einem  Siatfdjtag,  metdher  im  Üßoüetnber  1648  burdj  bie  „geifttiepen  unb  roelttidjen 
23orftepenber"  ber  feepg  maüifer  3ehn^en  iw  £mufe  ber  Familie  ©todalper  gehalten 
mürbe,  peifjt  eg:  ,r  •  •  ^ach  foTcher  darthat  hot  man  ftd)  erlüttert  unb  erinnert, 
bafj  bie  Patres  Iesuitae  oüljt  ©uet’g  gefdjaft  infonberg  in  ber  Unbermeifung  ber 
^ugenb,  bergeftallt,  bafj  ber  Sfteprttjeit  geiftlid^er  unb  raetttidjer  ^Borftänbe  tfjuen 
anhatten,  bafj  biefe  Patres  jum  97upen,  jftupm  unb  SBoplfart  beg  alten  ©taubeng 
finb;  beromegen  ift  abgefchtoffen  morben  ein  ißartifutar  instrument  ju  befdjtiefjen, 
bergeftallt  man  eine  fundation  madjen  melle."5 

Um  biefen  enbgüttigen  öefcptufj  her&et§ufü^ren,  gab  fid)  ber  Diuntiug  granj. 
33uccapabuttiug  oiete  SRüpe,  mie  er  am  2.  Sluguft  1650  bem  ijkoüinjiat  ©djorrer  be* 
richtet 6.  dejember  1650  erinnerte  ber  Scuntiug  ben  Sanbrat  oon  Söallig  an  bag  ©ute, 
bag  burch  bie  ^efuiten  in  SBattig  gemirft  mürbe,  unb  forberte  ben  Sanbrat  auf,  biefelben 
mieber  jujutaffen.  daraufhin  erflärten  bie  deputierten  ber  3ehn^en  4111  Abfcpieb: 
„^n  ber  ©rintterung  an  bie  burdj  bie  ^3atreg  geteifteten  dienfte  unb  in  Anbetracht, 
bafj  ber  größere  deit  ber  jepigen  ©eifttidjen  unb  ÜOtagiftrate  pauptfücptid)  burdj  fie 
erlogen  unb  unterrichtet  morben,  paben  bie  deputierten  befcploffen,  fie  mieber  511511» 
taffen,  opne  jeboep  einen  gepnben  jur  Aufnapme  berfetben  ^roingen  311  motten,  die 
deputierten  eineg  einzigen  3ehn‘3en  weigerten  fiep,  biefem  Sefdjtufj  oor  ber  ßuftim* 
mung  iprer  Auftraggeber  beijutreten."  diefer  3ehn^e  war  ©itten,  mo  ber  s45ro» 
teftantigmug  in  ben  pöperen  gamitien  nodj  oiete  Anpänger  jäptte.  der  üöiagiftrat 
oon  ©itten  patte  nod)  ben  oorpergepenben  22.  ÜDiarj  oier  3efu^en  in  ©rimifuat 
oerpaften  taffen,  nur  meit  fie  bie  ©reujen  beg  3epflben  iiberfdjritteu  patten7. 


1  ebb.  403  f  408. 

2  S3gl.  *  Sommario,  29.  Satt.  1628.  Barb. 
Lat.  7124,  f.  90  ff. 

3  SBortlaut  bei  Kropf  I  412. 

4  *  SBortlaut  in  Barb.  Lat.  7124,  f.  102 
112. 

5  ©ebrudte  „Slftenfammlung  betr.  ba§  Sol* 

legium  ber  fecp§  B^nen  unb  ber  gamilie 

35u1)t,  ©cfctidfjte  ber  Qefuiten.  II. 


©tocfalper  unb  ber  anbern  Stiftungen  ber  5a> 
milien  in  S8rig  1648 — 184S",  S.  1 — 2.  2>iefe 
„Slttenfammlung"  gepört  -jur  „Sentfcprift  über 
ben  3lDect  ber  Stiftung  unb  bie  fProprietätl= 
frage  ber  ßlöfter  ju  33rig.  $oit  ber  Familie 
Stodalper  oon  Jpurtn."  Sitten  1848. 

6  Original  in  9Jt.  9t.,  Jes.  873. 

7  Grenat-Lavallaz  a.  a.  0.  303. 

20 


306 


SßierteS  Kapitel.  Sie  oberbeutfebe  fßropins. 


Grnbticß  befd)toß  ber  9iat  311  Srig  atn  16.  (11.)  ©ejem&er  1650:  Saßer  rufen 
mir  biefe  Societet  ber  Patres  Iesuitae  unb  ftnben  biefen  Orben  befonberg  ber  geit 
uub  ben  Umftänben  in  unferm  üeßnben  angemeffen,  mie  ber  ganje  ©rbfreig  bemeift. 
Sermaßen  haben  mir  beg  oorgenannten  Sit.  Stodatper  eble  2lbftd)t 1  genehmigt 
unb  atg  foteße  getobt,  unb  mir  heißen  fie  gut  für  ung  unb  unfere  9^acf)fomrnenfcf;aft 
für  emigtidj  unb  feßen  biefe  patres  Jesuitae  unb  ißre  Societet  in  ber  Serficßerung 
beg  frommen  unb  mufterßaften  Sebeng  unb  Söanbetg,  beg  gteißeg  in  fßrebigen, 
Seicßtßören,  Seten,  üugtröften  ber  Oranten,  unb  befonbern  Unterricßteg  in  ber 
ßßriftenteßre  unb  anbern  frommen  Übungen  ju  unferm  Seelenheil,  unb  nehmen  fie 
atg  Bürger  an,  unb  oerfidjern  ihnen  unfern  Schuh,  @unft,  Siebe,  Söoßtmotlen 2 

So  Konnte  beun  Söifd^of  übrian  üon  fRiebmatten  am  12.  Sejember  1650  mit 
großer  $reube  bem  ^rooin^iat  Sdjorrer  berichten:  (Sott  hot  fid)  enbtich  beg  Söattig 
erbarmt  unb  unfere  (Sebete  erhört,  ürn  11.  Se^ember,  einem  emig  benfroürbigen 
Sag,  ift  einftimmig  bie  fRüdfeßr  ber  ^efuiten  nach  SBaltig  befeßtoffen  morben.  Ser 
S3ifcf)of  bittet  bann  bringenb  um  bie  Senbung  Oon  4 — 5  $ßatreg  —  barunter  mo= 
möglich  üfoß.  SBagner  unb  9>iifot.  ^3erin,  „bie  hier  feßon  befannt  unb  fehr  beliebt 
finb"3.  — 

@in  Serfudß,  auch  io  ©roubünbeit  eine  Üciebertaffung  311  begrünben,  mürbe  burd) 
bie  proteftantifdje  ^ntoterans  oereitett.  Siefe  ^ntoteran3  mürbe  feßon  früher  bem 
Äathotisigmug  ein  oottftänbigeg  @nbe  bereitet  hoben,  menn  bie  alte  Kirche  nicht  an 
ben  fatßotifcßen  Kantonen  unb  Öfterreich  einen  fRüdßatt  gefunbeu  hotte4.  Sag 
Sigtum  (£ßur  litt  außerorbenttid)  unter  oietertei  SRißftünben,  befortberg  unter  bem 
SRanget  an  guten  ^rieftern.  über  mieberßotte  (Sematttaten  hiuberteu  bie  ßßurer 
Sifdföfe,  bie  beffernbe  §anb  an3utegen.  So  mürbe  aud)  bie  mieberßott  angeftrebte 
ünfiebelung  ber  Qefuiten  im  ^aßre  1636  gemattfarn  tierhinbert5. 

üm  14.  gebruar  1636  bat  ber  ermößtte  Sifcßof  oon  ©hur,  ^oßanneg  $tugi 
üon  üfpermont,  ben  oberbeutfdjen  $ßroüin3iat  um  3mei  ^efuiten,  ben  einen  atg  Seicht» 
üater  für  feine  ^erfon  unb  3ugteid)  atg  Somprebiger,  ben  3mciten  für  bie  Seitung 
beg  (Spmnafiumg.  Ser  ÜSroöinjiat  mar  bereit,  barauf  einsugeßen,  mofür  fid)  ber 
Sifcßof  am  2.  üprit  1636  fehr  bebanfte.  Sitettegd)i  fprach  fid)  ober  megen  ber 
Sdjmierigfeiten,  meteße  gegen  bie  2öaßt  beg  Sifcßofg  erhoben  mürben,  für  Ser» 
3ögerung  ber  ßufage  aug.  Über  bie  SBaßt  fetbft  berichtete  P.  gorer  (Setbürcß, 
6.  ^uni  1636)  an  ben  ^Srooinsiat  SRunbbrot,  biefetbe  fei  in  (Segenmart  beg  9?untiug 
gegen  nur  3mei  Stimmen  erfolgt.  Ser  Sifcßof  brünge  begßatb  fo  feßr,  meit  er  eine 
Sereitetung  oon  feiten  Sögmittiger  befürchte,  ^ebenfattg  glaubten  gdeunbe  ber  (Se= 
fetlfchaft,  man  merbe  eg  bereuen,  menn  man  ber  fo  mid)tigen  Sitte  nicht  entfpreeße. 
Säßereg  metbete  bann  f^orer  am  15.  Quni  1636  aug  üuggburg.  Ser  Sifcßof  ßat 
mieß  io  bem  Sabe  3U  fRaga3  befueßt  unb  in  bringenbfier  SSeife  um  bie  Senbung  ber 
ißatreg  gebeten.  ÜRad)  Seenbigung  meiner  fö'ur  ließ  er  mich  burd)  einen  Somßerrn 
nad)  ßßur  eintaben.  üieß  ging  ßin  unb  mürbe  nidjt  allein  00m  Sifcßof,  fonbern 
and)  oon  ben  Somßerren  unb  angefeßenen  fatßotifdfen  unb  proteftantifeßen  Sürgern 
feßr  freunbtidj  aufgenommen.  Ser  Sifcßof  berief  bag  Somfapitet,  unb  tior  ben  Som» 


1  ßafpar  Stocfalper  batte,  wie  e§  in  bem» 
fetben  93efcbluß  bei  fRates,  beißt,  Por  gtoei 
Satjrcn  feine  Sienftc  angetragen  jur  Einführung 
ber  gefuiten  itnb  gur  Erbauung  eineä  KoüegS. 

2  ©ebruefte  Slftenfammlung  5  f. 

3  *  Original  in  9ft.  9t.,  Jes.  873. 

4  9)gl.  97.  fßauIuS,  Ein  Streit  um  bie  ©e= 

miffenSfreibeit  (in  ©raubiinben)  im  16.  !yabr= 


bunbert,  in  ber  SSiffenfdfaftl.  ^Beilage  gur  ,,@er» 
mania"  1908,  9tr  3 ;  Q.  ©.  ÜJtaper,  Sa§ 
Äongit  Oon  Orient  unb  bie  ©egenreformation 
in  ber  ©djtoeig  II  309  ff. 

6  SBgl.  Ambr.  Eichhorn,  Episcopatus 
Curiensis  (1797)  182;  3-  ©•  9)taper,  ©efrf). 
beS  SiStumS  Ebur  II  376  f. 


Sllte  unb  neue  9?tcbcrlaffungen :  ©raubünben. 


307 


Herren  fagte  er  mir:  Qcp  fepe,  bafs  opne  bie  ©efedfcpaft  biefem  23igtum  nicpt  ge» 
Rolfen  merben  fann;  begpalb  müitfdje  icp,  bap  opne  23ergug  gmei  ^SatreS  pierpin» 
fommen,  ber  eine  üon  ipnen  fod  bie  ©cputen  einricpten.  ®amt  forberte  er  bie 
®omperreit  auf,  fie  fodten  in  meiner  (Segenmart  fid)  äußern,  ob  bieg  aucp  ipr  Söunfd) 
fei.  Me  antmorteten,  fie  miinfdjteu  unb  erbäten  basfelbe  unb  mürben  mit  aller 
®raft  biefeg  peilige  Söerf  förbern.  ©päter  tarnen  üontepme  Satpotifen  gu  mir  unb 
baten  ebenfalls  um  balbige  Stnfunft  ber^efuiten;  fonft  mürben  fie  gegmungen,  ipre 
©öfjne  ben  Sßräbifanten  gum  Unterricht  gu  übergeben  gum  ©djaben  ber  fatpotifcpen 
fRetigion.  ®er  93ifcf)of  geigte  mir  einen  paffenbeit  Ort  für  bie  ©cpute  unb  bie 
SBopnung  ber  ißatreg.  Sr  bemieg  mir  aud),  bap  ipm  burch  bie  Stnfecptung  ber  Söapt 
al§  einer  gemattfarnen  unredjt  gefcfjehe.  ^n  ber  £at  pabe  icp  erfahren,  bap  adeg 
nur  erbicptet  mirb  non  ben  SDomperren,  bie  felbft  nacp  bem  23igtum  ftrebten.  $d) 
bitte  baper  bringenb,  bem  Sßunfcpe  be§  23ifd)ofg  gn  entfprecf)en,  bie  günftige  @e» 
tegenpeit  mirb  üiedeidjt  fo  balb  nicht  mieber  fommen.  S)er  oor  furgem  ermäptte 
Sanbridfiter  oon  ©raubünben  h^t  ade  £)itfe  üerfprodfen,  fotange  er  Sanbricpter  ift, 
b.  p.  für  ein  £;apr,  meit  jebeg  $apr  gemechfelt  mirb;  er  mirb  in  biefer  $eit  aud) 
für  bie  ©icperung  ber  ,3ufunft  forgen.  Sie  g'ranS0ien  pdben  bereite  einen  ©d)up« 
brief  für  bie  ©efedfcpaft  auggeftedt.  Sen  Ä'apuginern  unb  Sominifanern  üerficperte 
ber  93ifchof,  bap  unfere  Berufung  ipnen  feinen  ©dfaben  bringen  mürbe,  ^d)  mar 
üier  Sage  in  ©pur;  ber  Söifchof  lief;  mir  ein  neneg  £teib  unb  einen  neuen  |mt 
unb  a!§  fReifegelb  15  ©ulben  geben.  ©r  liebt  bie  ©efedfdfaft,  ift  ftug,  arbeitfam 
unb  eifrig.  Ser  fdftedjt  informierte  ©rgpergog  mirb  ber  Seftötigung  ber  SBapt  fiep 
üergebeng  miberfepeit  K 

Stuf  biefe  mieberpotten  ^Bitten  hin  fprach  33itedegcpi,  an  ben  fid)  $orer  ebenfattg 
gemanbt  patte,  am  5.  $|uti  1(33G  feine  .guftimmung  aug,  baff  ber  ißroüingiat  gmei 
geeignete  ^ßatreg  gur  93egrünbung  einer  Ptefibeng  nacp  ©pur  fcpicfe1 2.  Saraufpin  fdprieb 
ber  SBigeprooingiat  Stnton  SSetfer  (SReuburg  a.  S.,  29.  ^uli  1636)  bem  33ifcpof,  bap 
er  bie  üon  P.  ÜJJtunbbrot  üor  feiner  Stbreife  nacp  9tom  bereitg  beftimmten  beibett 
ißatreg,  nämlicp  P.  §ieron.  SBiniger  aug  SRappergmit  unb  P.  ^afpar  Kortner,  nacp  (Spur 
fenbe,  ben  erfteren  atg  23eicptüater  unb  Somprebiger,  ben  festeren  für  bie  ©cputen. 

Sie  beibeit  fßatreg  erpielten  eine  ^nftruftion  mit,  in  ber  ipnen  u.  a.  fotgenbe 
fünfte  eingefcpärft  mürben.  P.  ^ieronpmug  mirb  bie  Siegeln  ber  gürftenbeicptüäter 
beobadjten.  Sie  fReife  ricpten  fie  ein  nacp  ber  Söeifung  beg  P.  gorer.  ©ie  foden 
©prfurcpt  ergeigen  gegen  ade,  befonberg  gegen  ben  Äterug  unb  ben  SRagiftrat  üon 
©pur,  unb  burd)  ipre  23efcpeibenpeit  unb  Siebengmürbigfeit  ade  für  ipre  fßerfon  unb 
bie  ©efedfcpaft  gu  geminnen  fucpen.  $n  ber  23epanbtung  ber  ©taubengfontroüerfen 
merben  fie  bie  ©cpärfe  meiben  unb  fid)  begnügen,  bie  Sßaprpeit  ber  fatpotifcpen 
©taubengfäpe  gu  bemeifen.  $n  feiner  Söeife  foden  fie  fid)  cpauüiniftifd)  geigen,  fonberit 
ade  mit  gleicher  Siebe  umfaffen.  Sie  ©orge  für  bie  Strnten  mögen  fie  fid)  immer 
angetegen  fein  taffen  unb  ipre  leiblichen  unb  geiftticpen  9?öte  nad)  Kräften  gu  tinbern 
tracpten.  Sie  gröpte  Stcptung  foden  fie  anbern  Orbengteuten  ermeifeit  unb  mit  ipnen 
moptmodenb  üerfepren.  Qn  ßroeifetn  menben  fie  fid)  an  ben  Obern  beg  nädpften 
ßodegg,  atfo  augenbtidticp  Slonftang.  Opne  (Sinmidigung  beg  Sifcpofg  foden  fie 
nicptg,  aud)  feine  frommen  Strbeiten  itbernepmen  unb  überad  bag  SBoptgefaden  ©otteg 
unb  ben  diupen  beg  ÜRäcpften  im  Sfuge  bepatten.  Sinen  feften  ©ip  für  bie  ©efed» 
fcpaft  merben  fie  roeber  ängftticp  erftreben  nocp,  menn  er  angeboten  mirb,  aug» 
fcptagen3. 


1  *  2>iefer  unb  alle  anbent  angeführten  33riefe  Dilingae  23.  guli  1636  an  ben  SigefroDin» 

im  Driginal  9?.,  Jes.  307.  9?gt.  fgorer,  giat.  2  *Drigtna(  ebb.  3  *  Sopie  ebb. 

20* 


308 


25ierte§  Sattel.  Sie  oberbeutfdje  Sßrobitts. 


©roh  mar  bie  greube  beS  BifdjofS,  atS  P.  SBiniger  oon  ^fäferS  aus  feine 
Stnfunft  anjeigte.  ©r  merbe  morgen  ober,  fat(§  er  öerf)inbert  fei,  SO^ariü  Himmelfahrt 
oormittagS  perföntidj  nach  Bagaj  fomrnen,  um  ben  patres  baS  ©eteite  nach  ®hur 
ju  geben,  fo  fchreibt  ber  Bifdjof  am  13.  Stuguft  1636  an  P.  SBiniger1. 

@o  gefdjalj  eS;  aber  beS  BteibenS  ber  Sefuiten  mar  nicht  lange.  P.  SÖiniger 
berichtet  non  'pfäferS  am  27.  Sluguft  1636  an  ben  Söi^eproüin^ial  Slnton  Söetfer:  Sn 
Begleitung  beS  BifdjofS  unb  jmeier  Domherren  tarnen  mir  nach  ©hur  otjne  jeben 
äSiberfprud)  unb  §ur  greube  ber  ®attjolifen.  ßmei  TEage  fpäter  tpelt  ber  2ßräbifant 
©eorg  ©enecio  eine  ^ßrebigt.  ©r  tobte  bie  ßapujiner,  bie  SJominifaner  unb  $rä= 
monftratenfer,  aber  in  biefen  SEagen  feien  mahrhaft  reijjenbe  SBötfe,  bie  Sefuiten, 
angefommen.  ®iefe  fotte  baS  Bott  nicht  butben,  fonbern  mit  oereinter  Straft  oer» 
jagen,  ©leid)  rotteten  fiel)  50  jufammen,  um  einen  ©türm  auf  P.  Bortner  311  machen, 
ber  oor  bem  Bifdjof  Statecfjefe  tpelt.  ®er  Blflu  mürbe  vereitelt.  2(m  fotgenben 
SEage  mirb  ber  ÜJBagiftrat  jufammengerufen  unb  oon  bem  Bifdjof  unter  ben  furcht» 
barften  Drohungen  bie  Stbreife  ber  Sefuiten  oerlangt.  jE)o  Bifdjof  unb  Kapitel 
bafür  hielten,  eine  Steigerung  fei  bei  ber  2öut  beS  aufgeljepten  ^5öbel§  nur  mit  ben 
größten  (Gefahren  oerbunben,  fdjidte  er  Boten  an  unS,  ob  mir  meichen  mottten.  Sch 
antrcortete,  mir  feien  fo  oft  fdjrifttidj  unb  münblidf)  nadj  ©raubünben  gerufen  morben 
unb  bann  enblicf)  gefommen,  bah  toir  jept  bie  Stbreife  nicht  münfdjen  tonnten.  2BaS 
bie  (Gefahr  angehe,  fo  feien  mir  bereit,  für  ©hriftuS  unb  baS  Heit  ber  ©eeten  ju 
fterben.  ®er  Bifchof  unb  baS  $apitet  tiefen  antmorten,  and)  fie  feien  bereit,  für 
un§  in  ben  TEob  ju  gehen,  aber  mit  bem  Bifchof  fei  bann  auch  bie  ganje  fattjolifdje 
©ache  Oertoren.  ^Darauf  antmortete  idj,  mir  mottten  ben  Bifchof  unb  baS  Kapitel 
feiner  fotdjen  (55efaE)r  auSfepen  unb  be^fjalb  nicht  jmar  unfertmegen,  aber  ihretmegen 
meidjen.  ©0  mürbe  eS  bann  befchtoffen.  3)er  Bifdjof  entlieh  unS  am  25.  Sluguft 
unter  tränen.  @r  mirb  altes  aufbieten,  uns  raieber  jurücfjuführen.  Sn  febem 
gatte  mitt  er  altes  baranfepen,  unS  in  gelbfird)  ein  ^otteg  ju  ftiften2. 

Sn  einem  fotgenben  Briefe  (BfäferS,  27.  Sluguft  1636)  an  P.  Heinrich  Samparber 
(Samparter)  tobt  SBiniger  ben  Bifdjof  fetjr  megen  feines  ©eeteneiferS,  feiner  ©e> 
miffenhaftigfeit,  SBähigfeit  unb  feiner  Siebe  gur  ©efeltfcfjaft.  „Sch  ha^e  gefucfjt, 
ben  Bifcpof  auch  für  bie  anbern  Orben  günftig  ju  ftimmen.  ®ie  ^apujiner  habe 
ich  gleich  beim  elften  Sufammentreffen  geraonneit,  inbem  ich  offen  meine  mirftidje 
©efinnung  gegen  ihren  heiligen  Orben  geigte. /y  3  2Bie  meitere  Briefe  beS  BifchofS  unb 
oon  2)omtjerren  unb  herüorragenben  ^attjolifen  geigen,  mar  baS  Bebauern  über  bie 
Berjagung  ber  Sefuiten  aufrichtig  unb  allgemein.  Sitte  meiteren  Schritte  beS  BifchofS 
hatten  aber  feinen  ©rfotg.  ®ie  beiben  patres  hielten  fidj  guerft  in  Sujern,  bann  in 
^onftan^  auf.  Bon  ^onftanj  fdjrieb  SSiniger  am  17.  September  1636  an  ben  Bije= 
prooinjiat  Steifer,  er  fei  gegen  bie  Büdfefjr  ber  Sefuiten  nadj  ©pur,  rnenn  nicht  ber 
proteftantifctje  ÜBagiftrat  oon  ©pur  einen  ©djupbrief  gegen  bie  Stut  beS  ^öbetS  aus* 
ftette.  ®er  Bifdjof  fucht  burd)  unfern  P.  Beftor  Hilfe  öon  Ofterreidj,  aber  baS  ift 
eine  gefahrootte  ©adje,  menn  fie  auch  im  gmlle  beS  ©etingenS  Oon  grofem  Bupett 
märe  für  baS  Bistum  unb  bie  ©efettfcpaft;  idj  mürbe  raten,  bap  mir  unS  in  feiner 
Steife  einmifdjen.  ®ie  Slbfidjt  beS  eifrigen  BifdjofS  ift  fetjr  gut,  aber  nach  meinem 
llrteit  in  feiner  Steife  burd)  bie  ©efellfdjaft  3U  betreiben,  baS  höbe  ich  ailch  bem 
P.  Beftor  beuttidj  gefagt 4. 

®ie  ßntpotifen  ©raubünbenS  manbten  fidj  audj  an  bie  ^ropaganba,  um  bie 
Biidfehr  ber  Sefuiten  ju  ermirfen.  Slm  27.  Sluguft  1636  beftagen  bie  „Häupter  unb 


1  *  Original  3 ft.  9t.,  Jes.  307. 
8  *  Original  ebb. 


3  *  Original  ebb. 

4  *  Original  ebb. 


211tc  imb  neue  fJtiebcrlaffungcn :  ^elbfird). 


309 


deputierten  ber  fatfjolifcfjen  ©raufmnbner"  in  einem  Schreiben  an  bie  fßropaganba  bie 
gemaltfame  Entfernung  ber  Qefuiten  nnb  bitten  bringenb  um  if)re  IRiicffetjr  K  Einige 
dage  fpüter,  am  1.  (September  1(536,  briteft  ba§  Kapitel  non  Efjur  bie  beftimmte  Hoff¬ 
nung  aug,  bafj  bie  ^ropaganba  ben  ^efuiten  bie  Vüdfefjr  für  bie  oetfprodjene  Sdjule — 
bag  einzige  -Drittel  jur  Erhaltung  nnb  Verbreitung  beg  fatfjolifcfjen  Elaubeng  in 
Eraubünben  —  befehlen  merbe1 2.  ^m  folgenben  $afjre  fanbte  ber  Vifdjof  ben 
Äapujiner  ^renaeug  naef)  Vom,  um  aud)  biefe  Slngelegenljeit  ju  betreiben,  ^n  bem 
Veglaubigunggfdjreifieu  oont  26.  Slpril  1637  au  ben  Sßapft  betont  er,  bafj  bie  Er» 
ridjtung  einer  Schule  burdjaug  notmenbig  fei  für  bie  Ermattung  beg  ©laubeng;  jur 
Seitung  fei  niemanb  metjr  befähigt  alg  bie  ißatreg  ber  ©efellfdjaft  ^efu,  bie  burdj 
ifjr  fanfteg  Vorangefjen  gemifj  aud)  bie  ^äretifer  getoinnen  mürben3 4. 

Enbe  1637  maren  bann  mieber  jmei  ißatreg  beim  Vifdjof  in  gürftenburg, 
Slnbreag  Sligenmann  nnb  Efjriftopfj  i)?ad)ljamer.  Von  Qmtgbrud  gefdjidt,  follten  fie 
bem  Vifdjof  bei  einer  Vifitation  fjelfen.  die  Vifüation  fam  aber  niefjt  ju  ftanbe, 
bie  beibeit  ißatreg  flagten  feljr  über  ifjrett  bortigen  Slufentfjalt,  tarnen  and)  nicf)t 
gut  miteinanber  aug  unb  feinten  fidj  mieber  gurüd.  Anfang  1638  maren  fie  mieber 
in  ^nngbrud.  Von  bort  berichtet  P.  Slnbreag  Sligenmann  am  18.  Januar  1638  an 
ben  ißrooingial  ©raoenegg  öon  bem  großen  Eifer  beg  Vifdjofg  unb  feiner  überaug 
großen  Siebe  jur  ©efellfdjaft.  Er  münfdje  nicfjtg  Sefjnlidjereg,  alg  in  Sfteran  ober 
gelbfirdj  eine  Vteberlaffung  für  bie  ©efellfdjaft  gu  grünben,  unb  häufig  t)öre  man 
oon  ifjm  bie  SSorte:  ,,^d)  mill  mein  $opf  nit  fanft  legen,  big  idj  bie  ißatreg  f)ab.y/  4 
die  Slugbauer  beg  Vifdjofg  mürbe  fdjliefjlid)  gefrönt:  trofj  ber  größten  Schmierig» 
feiten  fam  noefj  in  nuferer  ißeriobe  ein  Äofleg  in  Vorarlberg  gu  ftanbe,  bag  auef) 
für  bie  diöjefe  Efjur  nicfjt  oljne  fegengreidje  Einmirfung  geblieben  ift. 

die  ©riinbung  beg  ß'ollegg  in  ftelbfirrfj  ift  bem  Efjurer  Vifc^of  (Qoljann  glugi 
oon  Slfpermont,  gu  beffen  diöjefe  bie  Stabt  bamalg  gehörte,  gu  oerbanfen.  ®ann 
icfj  in  Efjur  meine  Slbfidjten  nicfjt  tierrairflidjen,  fo  fjatte  ber  Vifdjof  fdjon  Sluguft 
1636  fid)  geäußert,  fo  merbe  icfj  meinen  fö'opf  nidjt  gur  Vufje  legen,  big  in  gelbfird) 
ein  Ä'olleg  ber  ^efuiten  erridjtet  ift. 

^m  Qafjre  1644  fjielt  er  ben  günftigen  Slugenblid  für  gefommen,  alg  ber 
SKagiftrat  oon  gelbfird)  mit  bem  jßlan  umging,  bie  befteljenbe  Sateinfdjule  gu  er» 
meitern.  driitgenb  empfaljl  ber  Vifdjof  am  15.  Sluguft  1644  bem  SJtagiftrat  bie 


1  *  Original  in  9iom,  21rd)io  ber  Sropaganba, 
Lettere  di  Germania,  Svizzera  vol.  LXXVIII, 
f  252 

2  *  Original  ebb.  f.  253.  3)ort  (f.  272)  ein 
langeg  Serteibigunggfchreiben  eineg  3)omini= 
faiterg  (Eljur,  24.  9Jtärä  1636),  ber  hefchulbigt 
worben  niar,  bie  SSertreibung  ber  Sefuiten  be» 
förbert  p  tjaben. 

3  *  Original  ebb.,  Lettere  di  Francia,  Svizzera 
vol.  CXXXVI,  f.  138.  Sgl.  ben  93rief  beg 
©eneralg  Dom  1.  9Joü.  1636  an  ben  Sifchof, 
worin  er  biefem  unb  bem  ®at>itel  für  ihre  93e» 
müljungen  bantt,  pgleid)  aber  bringenb  bittet, 
fie  mochten  fid)  wegen  ber  gefuiten  feiner  ©e» 
fatjr  augfepen.  *  Crig.=9teg.  Ad  Externos. 

4  2)ie  *  Originalbriefe  ber  Satreg  unb  beg 
23ifd)ofg  in  2Ji.  9i.  a.  a.  O.  Sgl.  21.  Subewig, 
SBriefe  unb  21ften  pr  ©cfd)id)te  beg  ©ijmnafiumg 
ber  ©efeüfdjaft  3eiu  m  gelbftrcf)  I  4  f.  21m 
16.  Januar  1645  fdjilberte  ber  23ifd)of  Sohcmneg 


bem  ©rjbifdjof  oon  ÜJtailanb  beit  ber 

jDiögefe  unb  fährt  bann  fort:  His  igitur  simi- 
libusque  gravissimis  incommodis  amoliendis 
praesentissimum  unicumque  remedium  foret, 
seminarium  pro  studiosis  Iihaetis  condere, 
in  quo  non  solum  ii,  qui  ad  sacerdotium  aspi- 
rarent,  verum  et  reliqui  informarentur ;  cum 
saeculares  zelo  religionis  imbuti  saepenumero 
plus  exemplo  auctoritateque  sua  in  publicis 
conventibus  rei  catholicae  prodesse  possint, 
quam  ipsi  ecclesiastici.  .  .  .  Porro  ad  huius- 
modi  seminarii  administrationem  nulli  magis 
habiles  patribus  societatis,  assumpto  secula- 
rium  sacerdotum  habitu,  forent;  hi  siquidem 
ea,  qua  pollent,  dexteritate,  modoque  iuven- 
tutem  tractandi  erudiendique  non  solum  ca- 
tholicos  sibi  benevolos  redderent,  verum  etiam 
haereticorum  animis  sine  dubio  se  insinu- 
arent.  Eichhorn,  Episcopatus  Curiensis. 
Codex  probationum  186  f. 


310 


Stiertet  Sapitel.  Sie  oberbeutfdje  fßrobinft. 


Berufung  bet  Qefuiten  als  baS  befte  Mittel,  bet  ©dfule  ®auer  gu  üerleiheit  unb 
üiele  ©djüler  auS  „Sßünbten"  unb  bet  ©ibgenoffenfcfjaft  nadj  gelbfirdj  gu  gieren ; 
fogar  bie  Unfatljolifchen  felbften  —  üon  Welchen  jefeiger  .Qeit  nit  Wenig,  aud)  bet  giip 
nembften  in  ber  Patrum  Societatis  gu  SlugSpurg,  QnnSbrugg  unb  Hall  SDiSgiplin  — 
mürben  fidj  ofene  ollen  ßweifef  üiel  lieber  biefer  als  weit  entlegener  Orten  Comraoditet 
bebieneit 1.  Obfdjon  eS  audj  in  gelbfirdj  äRänner  gab,  bie  nichts  ©efenlidjereS 
wiinfdjten  als  eine  üftieberlaffung  ber  ^efuiten2,  lefjnte  ber  ©tabtrat  bereits  am 
18.  Sluguft  1644  ab:  mir  fein,  fo  fagt  er,  in  unferm  ©tabtmefen  ber  SSermöglidj* 
feit  nit,  ein  gangeS  ©femnafium  unb  ein  grofee  3lrt§af)l  ber  ©tubenten  in  biefem 
engen  Sänbliit  gu  erhalten,  beüorab  bei  biefen  fdjwürigen  ^riegSläuften.  SSenn  fidj 
aber  biefe  betrübten  ßeiten  üeränbern  unb  ber  allmächtige  ©ott  beit  werten  ^rieben 
roieberum  fdjeinen  unb  etwas  SBerbefferung  inS  Heutfdjlanb  fdjitfen  füllte,  alSbaitn 
fönnte  üielleidjt  biefem  wichtigen  Söerfe  etwas  reiflicher  nacfjgebadjt  werben.  Qn 
ben  weiteren  33erljanblungen  wirb  geltenb  gemacht,  ber  ©tabtbegirf  gäljle  nidjt  üiel 
über  200  Raufer  unb  oft  müßten  gwei  ober  brei  Haushaltungen  in  einem  Haufe 
beifammen  wohnen;  bie  SBälber  ringsum  feien  fo  auSgehauen,  baff  fie  nidjt  baS 
notwenbige  fBrennholg,  gefdjweige  baS  erforberlidje  23aul)olg  für  ein  Kolleg  liefern 
tonnten. 

®er  SBifcfjof  liefe  nidjt  nach-  SllS  ber  ©tabtpfarrer  ooit  gelbfirdj  erfranfte, 
„feinb  anno  1645",  wie  eS  in  einem  Seridjte  fjeifet,  „auf  Segeferen  iljrer  fiirftlichen 
©naben  gu  ßfeur  unfere  patres  berufen  worben  nadj  fyelbfircf),  allbort  gu  prebigen, 
weldjeS  mit  üiel  erzeigter  $reub  befcfjefjen  unb  ber  erfte  Slntrieb  gu  einer  Ülcfibeng 
adba  gewefen".  21m  27.  2Jtai  1645  bebanfte  fidj  ber  ©eneraloifar  P.  ©angro  bei 
bem  SSifcfeof  für  feinen  23rief  oom  24.  Slpril  unb  feine  ^Bemühungen,  ben  patres  in 
gelbfircf)  ein  Kolleg  gu  grünben.  S)a  aber  nur  ber  ©eneral  ein  ®oHeg  annehmen 
fönne,  bitte  er,  fiel)  für  bie  Grntfdjeibung  bis  gur  SBafel  beS  neuen  ©eneralS  gu 
gebulben3. 

2>en  ©djwierigfeiten  in  fyelbfirch  gegenüber  befürworteten  „Sanbridjter  unb  bie 
ütatljSboten  ber  St'atljolifdjen  in  sißünbten"  am  13.  $uli  1645  bei  bem  äftagiftrat 
lebhaft  bie  ©rridjtung  beS  Kollegs,  fie  erfaßen  für.fßünbten  lein  bequemeres  ÜDtittel 
gur  Erhaltung  unb  S3eförberung  ber  latljolifdjen  üteligion,  audj  würben  fie  ihre 
föinber  in  bie  ^elbfircfjer  Schule  abfdjiden4.  SXber  ber  9tat  blieb  einftweilen  enP 
fliehen  bei  feiner  Slbleljnung.  $ur  23efeitigung  ber  ©djwierigfeiten,  befouberS  ber 
gurdjt,  bie  ^efuiten  mödjten  liegenbe  ©üter  in  gelbfircf)  erwerben,  trug  wefentlidj  ein 
aufflärenber  ©eridjt  beS  Sugerner  9tateS  üom  23.  Oftober  1648  bei,  an  ben  fiel)  bie 
^elbfircfeer  gewanbt  hatten.  ®ie  Sugerner  fjofon  bie  Sebeufen  unb  brüdten  gum 
©c^lufe  ihre  grofee  ©enugtuung  auS,  wenn  fie  mit  ihrem  23eridjt  bie  üorhabenbe 
Qntrobuftion  ber  efji'Würbigen  Patrum  löbüdjer  Societet  Iesu  in  gelbfirdj  erleidjterit 
unb  förbern  helfen  fönnten5. 

SDer  ©tabtrat  fpracf)  fiel)  nunmehr  für  bie  Siieberlaffung  aus  unb  bat  ben 
^ßroüingial  ß’eppler  um  ©enbung  einiger  patres.  f£)a  geigten  fic^  neue  ©djwierig» 
feiten.  SBeil  feine  gunbation  in  SluSfidjt  geftellt  werben  fomtte,  erflärte  ber  f|3ro= 
üingial  ficf)  gegen  bie  Sinnahme.  £ner  lüQr  wieberum  ber  ÖJuntiuS  in  Sugern, 


1  2  u  b  e  to  i  g  a.  a.  0. 1  8  ff.  Sitrd)  P.  gorer 
tjatteu  93ifd)of  unb  Sapitel  bem  tferobinsiat 

öorftetlen  taffen,  baff  bie  Berufung  ber  Qefuiten 
ba§  einzige  SDtittet  fei  pr  9tettung  be3  !attjo= 
Iifd)en  OlaubenS  in  ©raubiinben.  fgnrer  am 

3.  Slug.  1644.  *  Original  W.  9t.,  Jes.  1278. 

ißgt.  ßnbemig  a.  a.  0.  1  4. 


2  3>gt.  SBoIfg.  ©rabenegg  an  ben  fProbingiat 
SSibnntann,  14.  3>uni  1644.  Original  9Jt.  9t., 
Jes.  1278. 

3  *  0rig.=9teg.  Ad  Extern. 

4  Subemig  a.  a.  0.  I  28. 

5  Ebb.  I  35. 


2llte  unb  neue  9tieberlaffungen :  gclbfircf). 


311 


ber  unter  £)inmeiS  auf  öie  grojje  |)tlfsbebürftigfeit  ber  ©iöjefe  ©f)ur  ben  fßroüingial 
Sur  9iad)giebigfeit  üeranlafjte  ü  ©o  fatnen  bemt  am  6.  9J?är§  1649  bie  beiben  erften 
^atr.eS  ÜDfapimilian  ©ifenreidj  unb  Stbant  Jffieibenfjooer  att  unb  eröffneten  gleid)  bic 
SSerljanblungen,  um  bie  näheren  öeftimmungen  für  eine  GZieberlaffung  feftjuftellen. 
©er  fchliefjlid)  abgefcf)loffene  unb  üom  fßroüinsial  am  6.  SJiai  1649  angenommene 
Slejefj  mar  für  bie  Qefuiten  nidjt  günftig.  ©er  91at  oerpflidjtete  fid)  nur  gu  einer 
unäureidjenben  Unterftüpung  für  Hier  ^apre,  bie  ^efuiten  burften  feine  liegenben  (Güter 
in  gelbfirdj  ermerbeit  ober  bemalten,  feine  frembeit  tpanbmerfer  fjeranjiefjen  unb  fein 
®oftljauS  erridjten 2. 

©inen  näljeren  ©inblid  in  bie  Sage  geftattet  eine  ©enffdjrift  über  bie  „SUliffion 
in  |Jelbfircf)/y,  roeldje  ber  'prooinjiaf  ®eppler  im  ^afjre  1649  bem  (General  übern 
reichen  lief).  ©ie  9Jliffion  in  gelbfirdj,  fo  fdjreibt  Ä'eppler,  mürbe  auf  baS  lang» 
jährige  ©rängen  be§  SÖifcf)of§  üon  ©pur  oor  einem  Qaljre  errietet,  ©er  ©rspergog 
(®arl  gerbinanb  oon  ©irol)  pat  als  ^err  ber  (Stabt  ber  ©infüprung  gugeftimmt. 
©er  33ifdjof  bittet  nun  um  ©rcffnung  eines  (GtjtnnafiumS.  ®ie  ©tobt  gtlbfird)  ift 
jmar  nidjt  befortberS  grofj,  aber  berühmt  burdj  gute  ©alente  unb  friegerifdje  9)Mnner3. 
®aS  fö'Iima  ift  gefunb  unb  frudjtbar.  93on  bem  benachbarten  $oüeg  in  ^onftanj 
beträgt  bie  ©ntferuung  llj2  ©agereifen;  ^onftaitj  roirb  alfo  megen  beS  (GptnnafiumS 
feinen  ©djaben  leiben,  (Gelegenheit  jur  frudjtreidjen  SCrbeit  gibt  eS  fepr  nie!  foroopl 
in  ber  ©tabt,  mo  mir  bereits  prebigen,  fatedjifieren  unb  23eicpt  poren,  als  auch  für 
bie  fö'atljolifen,  bie  nach  ber  einen  ©eite  ber  ©tabt  in  ©irol  unb  am  Sobenfee 
mopnen;  biefelben  laffen  fich  gern  belehren  unb  lieben  bie  (Gefellfdjaft.  Diadj  ber 
anbern  ©eite  bepnt  fid)  bie  ©iö^efe  ©hur  auS,  bie  jurn  größten  ©eil  päretifd)  ift 

unb  meber  ©djulen  ber  (Gefellfcpaft  nocp  anbere  fatholifdje  ©djulen  befipt.  ©amit 

alfo  bie  ^ugenb  beS  33iStumS  nicht  meiterfjin  jum  ficpern  ©djaben  für  baS  ©eelem 
peil  bie  päretifdjett  (Gpmnafien  befudjt  ober  gum  ©pott  für  bie  ^äretifer  itngebilbet 
bleibt,  erfleht  ber  23ifdjof  mit  fo  peifsem  Verlangen  ©djulen  ber  (Gefellfcpaft  unb  eine 
fefte  Gäeberlaffung  berfelben.  ©inen  meiteren  (Gruttb  bietet  ber  Klerus,  ber  menig 
japlreid)  ift  unb  gar  fehr  ber  Untermeifung  bebarf ;  an  feine  ©teile  müffen  gelehrte 
unb  tüdjtige  ^riefter  treten,  bamit  bie  ,!perbe  nidjt  entmeber  ohne  Wirten  ober  unter 
unmiffenben  ©ölblingen  ben  Söölfen  jur  83eute  fällt,  ©urch  bie  ©röffnung  biefer 
©djule  hofft  man  enblid)  bie  päretifdje  Qitgenb  megen  ber  nahen  (Gelegenheit  ju 
ftubieren  unb  beS  liebeooden  SSerfeprS  ber  (Gefellfcpaft  gur  ©djule  heranäuSie^ert- 
2Bir  paben  bereits  umfonft  ein  geräumiges  tpauS  in  ber  9Mpe  ber  ^farrfirdje,  ba= 
neben  für  bie  ©djule  ein  auf  Soften  ber  ©tabt  erbautes  |>auS  mit  mehreren  klaffen 

unb  einer  Slula  für  ben  (GotteSbienft  ber  ©chiiler.  23iS  mir  eine  eigene  Kirche  er» 

halten,  paben  wir  in  ber  fßfarrfirdje  einen  Slltar  für  bie  heilige  ÜDleffe,  bie  Mangel 
in  ber  ^farrfirdje  abmechfelnb  mit  einem  föapugiuer  unb  53eidjtftüple.  Qept  merben 
fomohl  oom  93ifcf)of  als  audj  oon  ber  ©tabt  jährlich  500  fronen  befahlt,  unb  alles 
^)ol§  mirb  für  baS  gange  Qdpr  geliefert,  ©agu  fommen  häufige  (Gefdjenfe,  ba  ©tabt 
unb  Umgegenb  unS  mopl  geneigt  finb,  fo  bafj  jept  bequem  fünf  ^erfonen  unterhalten 
merben  fönnen.  gür  bie  fünftige  ©tiftung  pat  ber  23ifcpof  üon  ©hur  bereits 
20000  (Gulben  angemiefen,  ein  frommes  ßegat  eines  Slbeligen  namens  ^lanta4. 
®en  anbern  ©eil  ber  gmnbation  erhoffen  mir  teils  üom  ©rgpergog  teils  oon  ber 


1  ©djon  üorper  patte  ber  9tuntiu§  burep 
P.  fgorer  bie  ^örbenmg  ber  f^elbfirdper  DJieber« 

Iaffung  wegen  beä  elenben  3uÜmibe§  ber  $iö= 
jefe  Gpur  betn  jproüin-pal  bringenb  empfeplcit 

laffen.  S'orer  an  ,  30.  Dft.  1648. 

*  Original  in  93t.  9t.,  Jes.  1278. 


2  2>ie  9lften  barüber  in  93t.  9t.,  Jes.  1278. 
Sßgl.  £  n  b  e  w  i  g  a.  a.  0.  I  43  ff. 

3  Celebris  tarnen  a  bonis  ingeniis  et  lio- 
minibus  bellicosis. 

4  Über  ba§  fog.  ffSlantinifcpe  flegat  bgl.  £ubc» 
wig  a.  a.  D.  1  9. 


312 


33ierte§  Kapitel.  2)ie  oberbcutfdje  5ßroBins. 


Stabt,  ebenso  mic  ein  ©runbftücf,  um  baS  Kolleg  in  fdjöner  unb  gefunber  Sage  gu 
erbauen ;  baS  ©runbftücf  erhalten  mir  entmeber  umfonft  ober  für  700  ©utben,  meit 
ber  ®ombefan  oon  ®ßur,  ber  mie  baS  Kapitel  ber  ©efettfcßaft  feßr  geneigt  ift,  einen 
großen  ©arten  oerfprodjen  ßot.  9)iateriatien  für  ben  33au  ftetten  bie  umliegenben 
Orte  unb  ber  9J?agiftrat  in  9tuSfid)t1. 

®ie  burcf)  bie  ungureicßenben  ÜFtittet  entftanbene  Scottage  mürbe  burdj  freimilXige 
Beiträge  ber  ©ßurer  ®omßerren  unb  befonberS  burd)  bie  tiom  Prooingial  tierorbnete 
llbertaffung  beS  Vermögens  ber  aufgehobenen  9iefiben§  in  Sinbau  menigftenS  etmaS 
gemitbert.  ©in  großes  Treug  maren  tangmierige  Trautheiten,  tion  benen  mehrere 
patres  halb  nach  ihrer  9Infunft  heimgefitcht  mürben2,  ltnterbeffen  hatte  man  am 
14.  äftärg  (Sätare)  1649  mit  ber  regelmäßigen  Tatedfefe  unb  Patmfonntag  mit  Prebigt 
unb  Peicßtßören  in  ber  Pfarrfirdje  begonnen.  53eid)ten  gäßtte  man  1650  bereits 
gegen  10000. 

Scßon  oont  7.  9tprit  1649  an  erteilte  ein  Pater  einigen  Sdjütern  PrioaP 
unterrid)t,  unb  am  31.  9J?ai  eröffnete  man  in  einem  Priüatßaufe  bie  Schute  mit 
21  Schülern,  bie  auf  oier  Ttaffen  üerteitt  mürben,  ^nt  9(uguft  tarn  ein  britter  unb 
etroaS  fpäter  ein  oierter  Pater  ßingu.  ®a  bie  Schute  großen  9tnftang  fanb,  begann 
ber  SDtagiftrat  am  29.  ^nti  1649  mit  bern  23au  eines  SdjutßaufeS,  baS  adjt  Dtäume 
umfaßte  unb  am  24.  Januar  1650  fertiggeftettt  mürbe.  9t nt  fetben  Üag  hielt  man 
bie  feierliche  ©röffnnng  ber  Schute  in  einem  Saate  beS  ergßergogtidjen  3eughaufe§- 
9tm  12.  üftotiember  1649  mürben  bie  oberen  Ttaffen  beigefügt;  eS  unterrichteten  brei 
Seßrer,  fo  baß  einige  T’taffen  fombiniert  maren.  ®ie  Scßütergaßt  ftieg  im  $aßre 
1650  auf  124  unb  blieb  bie  nächften  Qaßre  in  fortmäßrenbem  Steigen.  Um  SSeiß» 
nadjten  unb  in  ber  Tarmocße  hatten  bie  patres  fdjon  „getoagt",  beutfdje  ®iatoge 
aufgufüßren,  unb  ißre  elfte  Scßutfomöbie  bei  ber  preiStierteitung  auf  bem  9J?arfte 
ber  Stabt  erntete  großen  Peifatt3.  SDie  günftige  Stimmung  ber  Stabt  geigte  fid) 
aucß  barin,  baß  ber  9tat  ben  ©enerat  bringenb  bat,  bie  9tiebertaffung  unb  ben 
bebingungSmeife  abgefchtoffenen  ißergteicß  anguneßmen4.  Piccolomini  baufte  am 
4.  ^uni  1650  bem  fltat  für  fein  großes  SBoßtmotten  gegen  bie  ©efettfcßaft  unb  Der- 
fprad),  für  bie  97iebertaffung  atteS  gu  tun,  maS  baS  ^nftitut  geftatte5. 

®er  attgemeiuen  3ufr^e^en^eit  m't  bem  Söirfett  ber  Pfaden  gab  ber  dtat  audj 
in  einem  Schreiben  tiom  20.  September  1650  an  ben  ©rgßergog  gerbinanb  Tart 
9tuSbrud,  in  bem  er  betont,  baß  bie  Patres  „nit  allein  mit  Seßrung  ber  Qugenb, 
fonbern  auch  ftanbeSmäßigen  geifttidjen  Übungen  ein  guten  9tnfaug  mit  mennigticßem 
Contento  gcmadjt  ßaben"6.  ©ang  befonberS  freute  fid)  ber  93ifcßof  tiott  ©ßur. 
9iad)bem  mir  uns  fo  oiete  $aßre  für  bie  9tufnaßme  ber  ©efettfcßaft  ^efu  in  ^etb* 
fircß  bemüßt,  fo  fcßrieb  er  am  1.  Oftober  1649  an  ben  protiingiat,  finb  mir  enbticß 
troß  alter  /pinberniffe  mit  ber  £>itfe  beS  9ltterßüd)ften  am  .Qiete  nuferer  SSiinfcße 
angetangt  unb  feßen  nun  bie  ©efettfchaft  unter  bem  Peifatt  alter  ©utgefinnten  in  bie 
Stabt  eingefiißrt7. 


1  *  Original  in  Acta  Congr.  Prov.  1649,  4609.  5  *örig.»3tcg.  Ad  Extern.  Sfjnlid)  fdjon 

2  *Litt.  ann.  Prov.  Germ.  sup.  1649  u.  1650.  12.  SJiärj  1650  au  beit  SSifdjof  Don  ßfjur  ebb. 

3  *Sbb.  1649/1650.  5Bgt.  Subetoig  a.  a.  0.  594. 

4  Su  heftig  a.  a.  0.  584.  0  Suberoig  I  59.  7  Sbb.  I  54. 


fünftes  Kapitel. 

$)ie  öfterreidjifdje  ^rolüu^ 

©taub  ber  öfterreirfjifc^en  ^ßrobinj.  —  SSifitationen.  —  SSerpanblungen  über  bie  Teilung 
bcr  ^ßrobtnä.  —  Sie  Seilung  in  bie  öfterreicfjifd^e  unb  bie  böpmtfcpe  ißrobinj  1622.  — 
9tieberlaffungen  in  9liebevöfterreicp :  2Sien.  ®remS.  ißaffau.  —  Oberöfterreicp :  Sinj. 
©tepr.  —  ©teiermarf:  ©raj.  Seoben.  Qubenburg.  —  tarnten:  Slagenfurt.  —  S'rain: 
Saibacp.  —  $5flrien :  ©örj.  Srieft.  giume.  —  ©dplefien:  ©lap.  Pleiffe.  ©rofpölogau. 
Sroppau.  ©agan.  ©cpmeibnip.  23reSlau.  —  Oftpreufen:  SSraunSberg.  Slöffel.  ^eiligem 
linbe.  —  SSeftpreuffen :  Sandig.  Sporn.  93romberg.  ©raubeitj.  SCfiarienburg. 

Über  beit  guftanb  ber  öfterreidpifcpen  ^robinj  berichteten  am  11.  $lpril  1606 
ber  ^Sroninjial  ©ariHo  unb  feine  ^onfultoren  an  ülquaoioa:  97acp  einer  eingepenben 
Beratung  pabeu  mir  feftgeftellt,  baff  eS  audf  in  ber  öfterreicpifcpen  fßrooinj  nicpt 
an  ÜDfiingeln  infolge  ber  menfdflicpen  ©ebredjlidjleit  feplt;  aber  biefe  fDZängel  finb 
bodf  nicht  fo  mefentlicp,  fcpmer  unb  allgemein,  baff  ipnen  burdp  bie  bisher  geübte 
äöadjfamfeit  unb  bie  päufigen  ©rmapnungeit  ber  Obern  nidjt  leicht  begegnet  merben 
fönnte 1. 

©inige  $apre  fpäter  ernannte  Slquabioa  am  14.  Slpril  1612  jurn  95ifitator  ber 
öfterreicpifdjen  sürobinj  ben  P.  Speobor  23ufaeuS  unb  benachrichtigte  babon  ben  ßönig 
ÜDlattpiaS:  ber  bisherige  fßrooinüal  ber  oberbeutfdjen  fßrooins,  Speobor  23ufaeuS, 
fomme  nad)  öfterreich,  um  im  Manien  beS  ©eneralS  bie  Kollegien  unb  lieber» 
laffungen  ju  üifitieren ,  maprenb  ber  bisherige  öfterreicpifdje  ^ßroüingial,  P.  $op. 
SXrgenti,  als  SSifitator  nacp  fßolen  gepen  merbe2.  Sie  Qnftruftion  tmm  14.  Slpril 
1612  legt  bem  SSifitator  befonberS  bie  Sorge  für  ben  inneren  ©eift,  bie  ©tubien, 
bie  SluSbilbung  Oon  guten  fßrebigern  unb  geleprten  gacpprofefforen  an§^erj3.  Sie 
SBifitation  bauerte  bis  ©nbe  1613.  2lm  2.  9?ooember  1613  ernannte  Slquaoioa  ben 
93ifitator  gum  Obern  ber  öfterreicpifdjen  fßrooinj.  23ufaeuS  trat  biefeS  Slmt  am 
9.  Sejember  1613  an.  ©r  pätte  ipn  jmar  gern  —  fo  fcprieb  ipm  Slquaüioa  am 
18.  Januar  1614  —  oon  biefer  Saft  befreit,  aber  ber  SRanget  an  geeigneten  fßer* 
fonen  pabe  ipn  baju  genötigt4. 

211S  Stquaöioa  am  31.  Januar  1615  geftorben,  mürbe  23ufaeuS  in  ber  oierten 
©eiteralf ongregation  jum  beutfcpen  Slffiftenten  gemäplt,  unb  ber  neue  ©eneral  ^itelleScpi 
ernannte  bann  P.  Qtrb-  Silber,  ber  Oom  31.  ffanuar  bis  15.  9looember  1615  als 
©eneraloilar  bie  ganje  ©efellfcpaft  geleitet,  jum  fßrobinjial  oon  Öfterreich 5.  P.  Silber 
ftarb  plöplidj  ©nbe  1617.  Sief  erfdjüttert  gab  SSiteüeSdji  in  einem  Briefe  oom 
9.  Sejember  1617  an  fflorian  Sloancini  feinem  Sdpmerj  über  ben  unermarteten  Sob 
beS  in  9tom  überaus  podjgefcpäpten  fßaterS  ÜluSbrud.  Somit  aber  bie  fßroöinj 

1  *  Original  irt  Epp.  ad  Gen.  1606.  $ura3,  1597;  g-erb.  Silber,  1608;  £peob.  93u= 

2  *  Orig.-iReg.  Ad  Austr.  faeuä,  1615;  ©ualt.  SOtunbbrot,  1636;  glorent. 

8  *  Austr.  Fundat.  II  304.  ‘äRontmorcncq,  1646 ;  ©o§W.  ÜRicfel,  1649.  93gl. 

4  *  Crig.>9teg.  Ad  Austr.  93b  I,  ©.  93 \ 

5  Slffiftenten  für  ®eutfcplanb  waren :  ©eorg 


314 


fünftes  Kapitel.  Sie  öfterreidjifdje  $roüinj. 


nidfjt  ohne  £>aupt  bleibe,  fjabe  P.  Sloancini  als  Neftor  beS  ^auptfoüegS  einftmeilen 
bie  ßeitung  ber  ^Srooin§  ju  übernehmen,  meint  nicht  P.  Silber  Dor  feinem  Sobe  einen 
anbertt  Obern  ernannt  ha&e-  ®ie  $onfultoren  füllten  fofort  ihre  23orfcf)Iäge  in 
betreff  eines  geeigneten  Nachfolgers  nach  Nom  fenben.  Sie  noch  nicht  eröffneten 
^Briefe  beS  ©eneralS  an  ben  oerftorbenen  ißroüinjial  möge  er  öffnen  unb  bie  barin 
enthaltenen  Söeifungen  ausführen1. 

21m  3.  gebruar  1618  mürbe  ber  bisherige  Olmüjjer  Neftor  ©regor  Nunter 
jum  ißroDinjial  beftimmt.  £)auptfäcl)Iich  Sur  Orbnung  ber  fchmierigeit  UniüerfitätS* 
frage  in  ißrag  ernannte  NitelleScfp  am  29.  Januar  1622  ben  früheren  öfterreidhifchen 
ißroDinjial  Qoli.  Slrgenti  jum  SSifitator  ber  öfterreichifd^en  ijSrotiinj.  ^er 
ftrnltion  Dom  felbeit  Saturn  empfiehlt  ihm  SSitelleSclji,  befonberS  ©orge  ju  tragen 


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O^Lxffl  »vo  v  <  u  u  J  cJl  1  T  CuJculj  (2 .  J  ^  ^ 

a_M  r  0  9L  Jcc^  ,  rt  **  ^  ^  Ja.ßJL/i. 

C  fr  ff  V'C  LA  £ AJ  (u  g^A  £ JAA1  LA  JTSLXA*-  f*-4>  .  vV  ^  Q  A  -  t  ^7 


V'  «J  .  f|»y 

r. 


£anbfdjrift  bc3  P.  Sbeobor  33ufaeit3  1615. 


für  bie  Kollegien,  bie  infolge  ber  Slufnahme  fo  oieler  Flüchtlinge  auS  Böhmen  über- 
fdfulbet  feien,  ferner  fülle  er  feine  Slufmerffamfeit  auf  ben  inneren  (Seift  richten, 
ber  in  ben  Unruhen  ©chaben  gelitten  ju  hö&en  fdjeine.  Sie  Dielen  Grntlaffungen 
müfjten  Slnlaff  geben,  beren  ©runb  ju  erforfdjen,  ob  Dielleicht  bie  SluSbübung  ber 
NoDijen  ober  bie  ©orge  für  23emahrung  ihres  SugenblebenS  in  ben  Kollegien  um 
genügenb  fei.  Sluclj  auf  bie  geiftliche  görberung  ber  Saienbrüber  fülle  größere  ©orge 
Dermanbt  merben2. 

Siefe  SSifitation  bauerte  über  ein  Qahr-  21m  10.  Quni  1623  teilte  NitelleSchi 
bem  SSifitator  mit,  baff  er  Dielleicht  in  ber  nädjften  Söoche  bie  patente  für  bie  neuen 
i^roDinjiale  ber  beiben  ^roDinjen  (Ofterreich  unb  Böhmen)  fdhicfen  merbe.  Qnjmifchen 
mögen  @ro.  §ochm.  fortfahren,  bie  noch  nicht  befugten  Kollegien  ber  einen  Don  beiben 
^roDinjen  gu  Difitieren,  bamit  eS  nach  ^er  ftattgefunbenen  Srennung  nicht  nötig  ift, 


1  *  Drig.^SReg.  Ad  Austr. 


2  *gt>b. 


Umfang  unb  ©tanb  ber  öfterreidjifdjen  fßrobins.  —  Stifitationcn. 


315 


nuS  ber  einen  ^Srotiinj  in  bie  anbere  ju  reifen.  Söenn  eS  wegen  ber  SBiener  2tn« 
getegentjeiten  mögtict)  wäre,  mödfjte  id)  wiinfdjen,  bafs  juerft  bie  übrigen  ber  böfjmi» 
fdjen  fßroPinj  jujuteitenben  Kollegien  öifitiert  würben,  aitS  einem  ©runbe,  ben  Gew. 
£>odjw.  fpüter  erfahren  werben 1.  tiefer  ©ruitb  war,  bafj  2trgenti  bei  ber  Leitung 
^roüinjiat  ber  öfterreidjifcfjen  ^rotiinj  würbe. 

®ie  Teilung  ber  öfterreic^ifd^en  fßroPing  tjatte  fiel;  bei  ber  wadjfenben  5D2it« 
glieberjaljl  unb  ber  grofjen  2tuSbet)nung  immer  rnetjr  af§  notwenbig  ljerauSgeftetlt. 
ÜBon  425  SOZitgliebern  im  ^a^re  1606  war  bie  ßafjt  fdjon  im  $afjre  1616  auf 
616  geftiegen.  ®er  fßrofurator  ber  öfterreicfjifcfjen  fßroPinj  tjatte  bereits  1615  auf 
ber  ©eneratfongregation  eine  SDenffdjrift  überreidjt,  bereit  erfter  fßunft  ben  23orfdfIag 
enthielt,  bie  ^rooinj  in  33ejug  auf  ©tubium  unb  Sßooijiat  §u  teilen,  weit  fo  beffer 
für  bie  Söhnten  geforgt  werbe  unb  weit  niete,  bie  an  SBier  gewofjnt  feien,  in  öfter» 
reidj  otjne  ©djaben  für  ifjre  ©efunbfjeit  nidjt  ftubieren  tonnten,  unb  jubem  bie  langen 
unb  häufigen  Steifen  wegen  ber  ©tubien  niete  Soften  oerurfadjten2.  Einige  ;Qatjre 
fpäter  würbe  ber  SSorfdfjtag  gemacht,  eine  noüftänbige  Leitung  oorjunefjmen ;  aber 
SSitetteSdEji  antwortete  am  3.  2JJär§  1618  bern  P.  SSatent.  ©orottiuS,  obgteidj  für  bie 
Leitung  niete  ©rüttbe  fprädfjen,  fo  ertjeifdje  bie  ©adje  bodj  erft  größere  Überlegung 3. 
53afb  barauf  trat  aber  bie  ganje  ^roninj  für  bie  Leitung  ein. 

f£)aS  an  ben  ©enerat  gerichtete  ©efud)  ber  ^roninjiatfongregation  nom  2(prit 
1622,  bie  ^roninj  in  eine  böfjtnifdje  unb  öfterreidjifdje  ju  teilen,  gibt  einen  guten 
Uberbtid  über  bie  grofje  StuSbefjnung  unb  bie  fdjwierigen  Stufgaben  ber  öfterreidjifdjen 
fßroöinj.  ©in  ^Sroningiat,  fo  wirb  auSgefüfjrt,  fann  eine  fo  auSgebefjnte,  üerfdjieben« 
artige  unb  jafjtreicfje  ^roninj  nid)t  orbnungSgemäfj  (eiten  unb  biefetbe  faum  in  einem 
Qafjre  burdjeiten;  bie  tefcte  SSifite  beS  P.  fRnnter  fjat  gWei  ^atjre  in  Stnfprudj  ge« 
nommen  unb  enbigte  erft  oergangenen  ÜDiärj.  2tn  eine  eingetjenbe  SBifite  unb  längeres 
Verweilen  ift  nidjt  gu  benfen.  ©dfjwierigfeiten  fönnen  nidjt  jeitig  gehoben  werben 
unb  finb  burdE)  ben  SBergug  oft  überhaupt  nidjt  mefjr  gu  befeitigen.  SDie  StuSbetjnuug 
ber  fßrooiitg  beträgt  in  ber  Sänge,  oon  ©örg  ober  trieft  bis  $omotau  in  23öfjmen, 
über  fjunbert  beutfcf»e  (500  itatienifdje)  SUieiten,  nodj  mefjr  in  ber  SBreite,  non  Ober« 
Ungarn  bis  ©djtefien.  SDiefe  StuSbetjnung  fott  burdj  SJeugrünbungen  noefj  erweitert 
werben.  SDie  SSerfcEjiebenartigfeit  geht  tjeroor  aus  ber  .Qafjt  ber  Nationen  unb 
©pradjen,  wetdje  bie  fßroüing  umfaßt:  nänttidj  gang  53öfjmen  mit  ben  angrengenben 
ft'rontänbern,  Sftäfjren,  bie  beiben  ©djtefien  unb  beiben  Saufifc,  in  benen  ber  Ä'aifer  Orte 
beftimmen  wirb  für  bie  ©rridjtung  bon  metjreren  9?iebertaffungen;  ferner  beibe  Öfterreidj, 
beibe  Ungarn,  beibe  ©teiermarf,  beibe  Kärnten,  $raitt,  griaut,  Qftrien  unb  Kroatien. 


1  *  Ebb.  Eilte  toeitere  Sifitation  ttmrbe  1630 
bem  P.  Stör,  be  fötoutmorenep  anüertraut.  Situ 
19.  ganuar  1630  erflärt  fOtontmorencp  feine 
SJereitmilligfeit,  ba§  fcpmere  Slmt  ber  35ifita= 
tion  an^utreten.  fßafiir  banfte  ipm  StiteKeScpi 
am  23.  gebr.  1630  unb  brüefte  bie  Hoffnung 
au§,  bafe  biefer  33ereitmiHigfeit  bei  ber  Slug« 
fjeit  unb  Siebe  beS  SSifitatorS  ber  ©egen  ©otteS 
nidjt  fetjlen  toerbe.  gugteiep  mieS  er  ipn  an, 
bie  Stifitation  mit  bem  SJrofefjpauS  in  Sßien 
ju  beginnen.  Sn  ber  lynftruftion  Dom  23.  gebr. 
1630  trägt  itjm  ber  ©eneral  befonberS  auf, 
beit  (Seeleneifer  unb  bie  briiberlidje  Siebe  ju 
förbent,  leptere  befonberg  in  fRüdfidjt  auf  bie 
oerfdjicbenen  Dlationatitäteu.  SBeitertjin  fotte 

er  alles  tun,  bie  ©tubien  ju  ^eben,  SDtäfeigfeit, 

Sßorfidjt  itn  Umgang  ju  empfehlen.  ®iefe  33ifi= 


tation  bauerte  bis  31.  2(ug.  1631;  im  Dtooember 
1631  nmrbe  fOtontmorenctj  Sßifitator  Don  33öp« 
men.  *  Drig.=9teg.  Ad  Austr.  —  $ie  fReifjenfolge 
ber  f)lroDiuäiale  ber  öfterreidjifdjen  fßroDinä  mar 
folgenbe:  gerb.  Silber,  1595 — 1600;  SUplj. 
Earillo,  1600  (4.  ©ept.);  gop.  Slrgenti,  1608 
(13.  guni);  2peob.  SSufaeuS,  1614;  gerb.  Silber, 
1616;  ©regor  fRumcr,  1618;  gop.  Slrgeuti, 
1623;  Epriftopp  S)ombrinuS,  1627  SJijeproDin« 
gial,  1628  fßroDinäial ;  ©eorggorro,  1630;9Jiid). 
©umerder,  1637 ;  gop.  fRumer,  1639 ;  SBilp. 
Samormaini,  1644;  ©eorg  SurcoDicp,  1646; 
gop.  fSucelleiti,  1648  (29.  fDiärj);  Epriftian 
SertfdjiabeS,  1650  (SJijeproDiiiäial). 

2  *  Original  in  Acta  Congr.  Prov.  XVI 
199. 

3  *  Orig. «Steg.  Ad  Austr. 


316 


fünftes  Äapitel.  2)ie  öfterreicf)ifd)e  ^rotnits. 


Qn  biefen  Säubern  ift  aber  bie  Kenntnis  ber  beutfcfjen,  bötfmifdjen,  ftawonifdjen, 
froatifdjen,  frainifdjen,  ungarifd^en,  itatienifdjen  ©pradje  erforbert  für  bie  Ä'anjet, 
für  ben  33eid)tftuf)t,  für  bie  ©cfjute  unb  für  ben  Verfetjr.  Verfdjiebenartig  ift  fo* 
bann  bie  SebcnSweife:  in  Vöpnren  unb  ben  jugepörigen  ©ebieten  trinft  man  ge* 
wßljntid)  Vier,  in  ben  übrigen  Säubern  SSein.  gür  bie  Obern  aber  entftefjt  bie 
groffe  ©dfwierigfeit,  mie  bie  Seute,  bie  an  eine  »erfdjiebene  Sebengweife  gewöhnt 
finb,  »erteilen;  niete,  bie  an  Vier  gewöpnt  finb,  »ertragen  ben  SEBein  nidft;  üiete  an 
ben  Söeiit  fid)  gewönnen  ju  taffen,  ift  nicfjt  guträgtic^.  ÜRod)  meit  metjr  werben, 
nadjbem  fie  fid)  aufjerfjatb  ber  §eimat  an  SEBein  gewöhnt  Ifaben,  entmeber  nur  fdfwer 
jum  58ier  jurüdfefjren,  ober  wenn  fie  ba§  ofjne  ©djwierigfeit  tun,  bod)  aufjer  bem 
Vier  nod)  SEBein  »erlangen  unb  baburd)  bie  anbern  flogen  unb  ben  Kollegien  aufjer* 
orbenttidbie  Soften  »erurfadjen.  ferner  wirb  ju  ben  oier  Slfabemien,  wetdje  bie 
sEPro»ing  in  fßrag,  SEBien,  ©raj  unb  Otmüp  fjat,  ber  (Srg^ergog  föart  nod)  eine  für 
Dceiffe  »ertangen.  Sin  brei  Slfabemien  befielt  ein  brcifadfer  ®ur§  für  fßljitofopfjie 
unb  fcfjotaftifc^e  Stfjeotogie,  in  Otmüp  fdjeint  man  nad)  nicpt  tanger  $eit  aud)  nod) 
bie  fdjotaftifdje  SO^eotogie  einfiifjren  ju  müffen.  ©idjertid)  wirb  in  VreStau  an  bem 
»om  Äaifer  fdjon  tängft  geplanten  fö'olteg  eine  SXfabemie  erricfftet.  (Snbtid)  ift  bie 
Kenntnis  »erfdjiebener  ©praßen  fogar  an  bemfetben  Orte  unb  für  ein  unb  biefetben 
Arbeiten  erforbert.  3n  ^ßra9  prebigt  man  auf  beutfd;  unb  böfimifd);  unb  aufjer 
ber  tateinifdfen  für  bie  ©tubenten  »erlangt  man  aud)  wieber  eine  itatienifdje  fßrebigt, 
wetdje  bie  Unfrigen  big  gur  Vertreibung  Rieften.  3n  ~tmiip  werben  jwei  beutfdje 
fßrebigten  gesotten,  in  Vrünn  eine  beutfcfie  unb  eine  mäljrifdje,  in  Stprnau  eine 
ungarifd)e  unb  eine  beutfdje,  unb  wenn  id)  nicpt  irre,  aud)  eine  ftawonifcpe.  3n  2®ien 
prebigt  man  wenigftenS  an  brei  Orten  auf  beutfd) :  am  §of,  in  ber  ßatfjebrate  unb 
in  unferer  $ircpe;  in  trieft  unb  ©örj  auf  itatienifcf)  unb  frainifd).  Stuf  bringen* 
beg  Vitten  beg  ^aiferg  unb  anberer  fßerfonen  errichteten  neutief)  ber  P.  s^ro»injiat 
unb  ber  P.  Vifitator  an  14  Orten,  in  SRäpren,  Vüljmen,  ©cfjtefien  unb  Ungarn, 
SRiffionSftationen  unb  fdjicften  ÜDtiffionäre  batjin,  »on  benen  jeber  wenigfteng  zweier 
»erfd)iebener  ©prad)en  mächtig  ift.  SDie  ©tärfe  ber  Eproüinj  ergibt  fid)  aug  ber 
3at)t  ber  fßerfonen  unb  Käufer,  fie  gäfjtt  nämlid)  über  530  Sßerfonen,  bie  fid)  auf 
23  Kollegien  unb  5  fRefibenjen  »erteilen.  3ur  Leitung  ber  fßrooinj  ift  adeg  (Sr* 
forbertid)e  »orpanben:  jwei  ©eminare  für  bie  Unfrigen,  ba§  eine  in  fßrag  für 
Vöpmen,  bag  anbere  in  ©raj  für  Öfterreich ;  gtoei  SRoöijiate,  für  Vöpmen  in  Vrünn, 
für  Öfterreich  in  Seoben;  jwei  SOertiate ,  für  Vöpmen  in  ®omotau,  für  Ofterreich 
in  Obernborf  ((Sbernborf).  Vei  ber  jüngften  Verteilung  ber  fßerfonen  finb  bie  Obern 
in  ber  SEBeife  »orgegangen,  baff  fie  jebent  ben  fßtap  anwiefen,  ben  er  einnepmeit  wirb 
itad)  ber  Leitung  ber  fßrooin^;  aud)  paben  fie  für  beibe  Steife  fepon  bie  fpäter  bort 
bteibenben  Obern  beftimmt.  (SS  ift  folglich  tuetter  nieptg  met)r  erforberücp,  at§  bafj 
(Sw.  Paternität  bie  ßuftimmung  jur  Steitung  geben  unb  bafj  ©ie  für  jeben  ber 
beiben  Steile  ben  fßro»in§iat  ernennen.  ®ie  Leitung  gefepiept  aber  am  oorteit* 
hafteften  in  eine  böpmifcpe  unb  eine  öfterreiepifepe.  Septere  wirb  biejenigen  lieber* 
taffungen  umfaffen,  bie  in  Ofterreich,  Ungarn,  Kroatien,  ©teiermarl,  körnten,  ^rain, 
Qftrien  unb  griaut  gelegen  finb,  nämtid)  in  Ofterreich  SBien  mit  ber  fRefibenj 
©t  Verntjarb  unb  ba§  Sßrofeppaug,  beffen  (Srridjtung  bereits  befeptoffene  ©ad)e  ift; 
paffau  mit  ber  Stefiben^  in  Straunfirdien,  fobann  Sinj  unb  Äremg-;  in  Unterfteier* 
marf  ©raj  mit  ber  Stefibenj  SRittftatt  (in  Kärnten),  in  Unterfärnten  Ätagenfurt  mit 
ber  fJtefibenj  Obernborf;  in  ^raiit  Saibad)  mit  ber  Ütefibeng  ptetriach ;  in  Oberfteier* 
marf  ^ubenburg;  in  Qftrieit  Strieft;  in  gritmf  ©örj;  in  Unterfteiermarf  baS  fRo* 
»igiat  in  Seoben.  Stie  bopmifepe  proüing  wirb  bie  ÜRieberlaffungen  in  Vöpmen 
unb  ben  angrenjenben  ^rontänbern  umfaffen:  9Räf)ren,  Ober*  unb  Siieberfdjlefien, 


Sie  Leitung  in  bie  öfterrcid)ifd)e  unb  bie  böhtnifdje  SSrooinä. 


317 


Ober-  unb  92ieberlaufifc.  Hurdj  bie  Dielen  neu  mtgebotenen  ÜZieberlaffungen  mirb 
bie  f>öf)mifdje  PtoDing  halb  bie  öfterreid)ifd)e  an  3al)l  ber  Käufer  übertreffen  1. 

2Sie  aus  einem  Briefe  ViteKeSdjiS  Dom  20.  21uguft  1622  an  ben  Vifitator 
Slrgenti  fyerDorgefjt,  mar  in  ber  gangen  öfterreid)ifd)en  Proüing  bie  (Stimmung  ent= 
fdjieben  für  bie  Trennung ;  trofsbem  Derlangte  ber  ©eneral  guerft  nod)  ein  ©utadjteu 
Don  bem  Vifitator2.  Ha  fid)  biefer,  mie  eS  fcfjeint,  ebenfalls  für  bie  Teilung  auS= 
fpradj,  orbnete  Sßitelle§d)i  bie  Teilung  an,  unb  gmar  f)auptfäd)lid)  beS^alb,  meil  bie 
Prooing  fo  gemadjfen  fei,  baff  fie  nidjt  mef)r  gut  Don  einem  Prooingial  Derroaltet 
merben  fönne.  Hie  21rt  ber  Heilung  entfpridjt  bem  eben  angeführten  Vorfdjlag,  unb 
bie  neue  Prooing  foll  bo^mifc^e  Prooing  (Provincia  Boliemiae)  genannt  merben. 
Her  Vifitator  mirb  angemiefen,  bie  Hrennung  fo  fdjonenb  als  möglid)  ins  2öerf  gu 
feigen  unb  bie  Perfonen  fo  gu  Derteilen,  baff  beibe  prooingen  gut  oerforgt  unb  bie 
eingeliten  perfonen  möglicfjft  gufrieben  geftellt  merben3.  HaS  Hefret,  mit  meldjent 
VitelleSdji  am  6.  Hegember  1622  bie  SSitte  ber  prooingialfongregation  gemährte, 
fdjliejit  mit  ben  Söorten:  SSir  bitten  bie  ©itte  ©otteS,  biefeit  neuen  Spröffling  gu 
fegnen  unb  beibe  Prooingen  mit  bem  Hau  feiner  ©nabe  gu  befruchten,  bamit  fie 
reiche  $rüd)te  gu  feiner  größeren  ©hre  bringe4. 

Hiefer  SegenSmnnfcf)  ift  in  ©rfüllung  gegangen.  93eibe  prooingen  entmidelten 
fich  in  ber  erfreulicfjften  SBeife.  Hie  öfterreicfjifche  Prooing  gählte  1632  bereits 
725  unb  gehn  3af)re  fpüter  fogar  859  Sftitglieber,  mährenb  bie  böf)mifd)e  proüing 
fc^on  1636  für  fich  allein  biefelbe  äRitgliebergaljl  aufmieS  mie  beibe  Prooingen  gu= 
fammen  Dor  ber  Heilung  (über  600). 

©in  großes  Verbienft  um  biefe  ©ntmidlung  gebührt  bem  Äaifer  $erbinanb  II. 
2öaS  bie  öfterreic^ifd^e  unb  böhmifdje  Proüing  ^erbinanb  II.  Derbanft,  gählt  Samormaini 
in  einem  Söriefe  Dom  28.  Februar  1637  an  VitelleSdji  auf:  gmei  Profeffhäufer  in  Söien 
unb  in  Prag,  gmei  SJiooigiate  in  Seoben  unb  SBien,  bann  bie  Kollegien  in  Saibad), 
Älagenfurt,  ©örg,  ®uttenberg,  ©logau,  Sing  unb  ßeitmeriig;  bie  Vermehrung  ber  ©im 
fünfte  Don  ©rag  unb  'präg  um  baS  Hreifadje;  anbern  Kollegien  fdjenfte  er  ©ebäube 
ober  gange  ^errfdjaften;  Scholaftifate  funbierte  er  in  ©rag,  Olmüfj,  Prag,  Älagenfurt 
unb  ©itfdjin5.  — 


1  *  Original  tu  Acta  Congr.Prov.  1622,  II  5  f. 

2  *  Drig.’fReg.  Ad  Austr. 

3  *  58iteIIe§dji ,  10.  Sej.  1622  an  Slrgenti. 
Orig.^fReg.  Ad  Austr. 

4  *  Original  in  Acta  Congr.  Prov.  1622 
II  9.  STopie  in  SBien,  §ofbibl.  11  954.  ©in 
93ierteliat)rf)unbert  fpäter  würbe  eine  weitere 
Teilung  ber  öfterreichifcßen  fßrooinj  auf  ber 
29.  öfterreicbifchen  $ro0inäialfongregation  (1649) 
oerhaubelt  unb  befd)Ioffen ,  bei  ber  ©eneraP 
Jongregation  bie  Teilung  ju  erbitten.  21I§ 
©rünbe  werben  Porgebrad)t:  Sa  Ungarn  unb 
ben  fftad)barlanben  fjat  bie  ©efeflfcßaft  fcpon 
20  fRieberlaffungen  außer  einigen  Heineren  SDiif» 
fioneu,  e§  bleiben  für  Ofterreid)  cbenfoüiele 
Käufer.  Siefe  3a0I  ift  für  einen  ffkooinäial 
Suüiel.  Sie  f^rotiinä  erftredt  fid)  jefct  bom 
Slbriatifdjen  SDteer  bil  jur  Sonau  unb  bann 
burd)  Ungarn  unb  Siebenbürgen ,  wo  fd)on 
früher  eine  Siäeprobinj  war.  SBenn  ber  fßro* 

oiiiäial  bei  jebem  §aufe  and)  nur  wenige  Sage 
weilt,  famt  er  nid)t  in  jebem  Sbßr  bie  f$robius 
bifitieren.  Sind)  ber  SBriefoerfeljr  ift  wegen  ber 


weiten  Entfernungen  unb  ber  fdjledjten  SSer= 
binbungen  feßr  erfchwcrt,  fo  baß  bie  bringenbften 
Briefe  nur  feßr  fd)Wer  ben  Drobinjial  erreichen 
unb  fomit  eine  Stodung  in  ber  ©rlebigung 
bringenbcr  ©efd)äfte  eintritt.  Satfäcplicb  finb 
einige  Sßrooinjiale  unter  ber  übergroßen  Saft 
3ufammengebrod)en.  Unter  bem  Sluffcßub  unb 
ber  SJericbgerung  ber  Sßifitationen  leibet  aber 
bie  Siojiplin.  ©in  tBiseprobinsial  genügt  nicht, 
weil  in  ben  wichtigeren  Singen  bod)  aüe§  an 
ben  fprooinjial  geht.  Sie  Errichtung  einer 
eigenen  SBiseprobinj  Ungarn  wäre  gu  empfehlen, 
gumal  ber  ungarifche  Slbel  eine  foldje  feßr 
wünfd)t.  Slber  e§  erfolgte  ein  abfdjlägiger  5Be= 
fdjeib ,  ba  bie  ©ad)e  uod)  nicht  reif  ju  fein 
fcheine.  *  Original  in  Acta  Congr.  Prov.  1645, 
505  529. 

6  *  Original  in  Epp.  Lamormaini.  Sie  SJiiP 
glieber  ber  böhmifd)en  fßrooinj  allein  lafeit 
beim  Sobe  Sei'binanb3  je  23  heilige  föteffen, 
bie  ihm  al§  bem  Stifter  fo  oieler  Kollegien 
äufamen.  33iteHe§d)i  fdjrieb  am  25.  Slpril  1637 
an  ben  öfterreichifdjen  SProbinjial  ©umerecfer: 


318 


fünftes  Kapitel.  ®ie  öfterrcicfjifcfje  $rootnj. 


3n 


feiner  beutfdjen  ©tabt  Ijat  bie  dJefellfc^aft  eine  fo  reiche  ©ntfaltung  ge¬ 
nommen  mie  in  ber  alten  ^aiferftabt  2£iett.  2We  Strten  ber  großen  Däeberlaffuttgen 
ber  ©efellfdjaft  finben  fiel)  ^ier  oereinigt:  Kolleg,  ^rofeffbauS,  9iooijiat.  33i§  e§ 
fo  weit  fam,  ^at  e§  freilich  biel  Arbeit,  ©ebulb  nnb  21usbauer  gebraust  im  16.  unb 

faft  nod)  mehr  im  17.  Qaljr* 

ROS  IMVND  A, 


ßepltgc  gunofmu)/  t>n& 

tTimytin 

fbnbcrbaf)ren  (üfjrcn  /  omib  gttabtgtflctt 
SDoIgcfallcn 

i)x  Üttrftl.  ^ttaben  germ/ 

ßentt 

PHILIP  FRIEDRICH, 

^tfegoffen  £u  sStcmt/tmb  t>cf|  ßf 

frfjeu  Actd)i5  S&fttn/  w. 

2luff  offeiTtltcpcm  Theacro  fürgeftcllt 
Dott 

“Der  Slcabcnufcbcii  QBienncrifcf;ctt 
3ugeuDt. 

3m  <3onmtig  /  t>oc  bet: 

1648. 

©ebrutft  iu^unnin-Ofltmcicfj/bct)  91?<ut§;ep  £pffmcromp/ 
im  ©tfllncr&pff, 

aCßteuer  gfaftnadjtgfptel  Dtofimunbn  1648.  (2/3) 


bunbert1.  gm  gal)re  1603  jäfjlte 
ba§  SBiener  ft'olleg  43  99?it= 
glieber.  21n  ©onn*  unb  fjeft- 
tagen  batte  man  je  eine  ^Srebigt 
in  ber  ®ird)e  be§  &'ol!eg§  unb 
am  (pofe  be§  ©rjberjogi  Sliat- 
tf)ia§,  baju  fam  bei  Serbinberung 
®lefl3  eine  britte  in  ©t  ©tepfjan. 
gm  Kolleg  ftubierten  ein  Supenb 
©djolaftifer  $ßfyilofopf)ie  unb 
Geologie.  Qu  ben  ©djulen 
maren  um  biefelbe  geit  gegen 
12  Sebrfräfte  beschäftigt,  1  für 
bie  9Iubimente,  3  ©rammatif, 
Lpumanität,  PJtbetorif,  lSJfatlje- 
matif,  3  ^fjilofopfjie,  1  äftoral 
(im  Kolleg),  2  fdjolaftifdje  Geo¬ 
logie  (au  ber  Unioerfität). 

(part  mürbe  ba§  Kolleg  mit¬ 
genommen  burdj  ba§  ^eftja^r 
1606.  P.  Meinet  berichtete  bar 
über  am  23.  9£ooember  1606 
an  21quaoioa:  ©djon  oor  ber 
Stbreife  unfereS  P.  Sfteftor§  hatte 
bie  SJSeft  einen  oon  ben  tlnfrigen 
meggerafft,  jmet  anbere  ergriffen, 
feitfjer  finb  fieben  au§  beit  Unfrigen 


unb  oier  Wiener  ber  ^eft  erlegen. 
2öir  blieben  10  im  ßoöeg,  4  fßriefter  unb  6  Srüber.  Sie  ^riefter  maren  für  bie 
Seichten  nicht  geniigenb,  Junta!  feiner  barunter  mar,  ber  bie  Italiener  unb  granjofen 
bören  fonnte.  Sic  übrigen  haben  ficfj  jeitig  nadj  ©t  Sernbarb  begeben.  Säglid) 
fallen  noch  fiele  ber  ^eft  junt  Opfer2. 

©in  grofjeil  Unglücf  traf  Kolleg  uttb  ©djule  im  gal)re  1607.  21m  Sßeifjen 

©ontttag  (22.  21pril)  brach  um  üftittag  plö^Iidp  fetter  au§  unb  oernidjtete  in  furjer 
geit  einen  Seil  be§  fö’ollegg,  ber  &ird)e,  ©djufen,  be3  ®onoent§  unb  ben  größten 
Seil  ber  Sibliotbef:  faft  nur  bie  nadten  Sßänbe  blieben  übrig.  Sie  Urfadje  blieb 
oerborgen:  bei  ber  Kirche  feblugen  juerft  bie  glommen  empor.  Sie  ©egner  oer¬ 
breiteten,  bie  gefuiten  felbft  feien  bie  Urbeber,  um  bie  oielen  ^roteftanten  in  Söien 


Indiximus  pro  vivo  et  defuncto  (Imperatore) 
18  sacra.  .  .  .  Pro  Labacensi  Collegio  credo 
adhuc  dicenda.  Pro  utraque  domo  Professa 
Viennensi  et  Pragensi  nihil  reperio  eo  quod 
pro  iis  domibus  quae  fundationem  non  habent 
nec  habere  possunt,  nihil  extra  Provinciam 
indici  soleat.  *  Drig.=9teg.  Ad  Austr. 


1  $gl.  S8b  I,  6.  45  ff;  *Hist.  coli.  Vienn. 
1552—1648,  Sßicn,  fcofbibl.  8367  unb  *Hist. 
dom.  Professae ;  *Litt.  ann.  uttb  *Catal  Prov. 
Austr.  1601  — 1650;  Seb.  Mitterdorf fer, 
Conspectus  Hist.  Univ.  Vienn.  III  (1725)  75  ff. 

2  *  Original  in  Germ.  Epp.  XXXVII  135. 


Slieberlaffungeit  in  Slicberöfterreid) :  Sßieit. 


319 

311  oernidjten.  Bitten  in  beit  Ruinen  fe^te  man  bie  ©djulen  fort,  unb  fdjon  ißfingften 
gelang  e§,  aud)  bie  $ird)e  mieber  ju  öffnen l.  5lm  10.  Quli  1607  fc^rieb  P.  $|o£). 
gefjenber  an  §er3og  9fta£  Don  Samern,  ba§  Söiener  ®oüeg  habe  einen  unmieberbring- 
lidjett  ©djaben  erlitten  „burd)  eine  erfbßrödlidje,  oon  böfen  Seuttjen  crmirfte  SBrunft . . . 
fonberlid)  an  23üd)ern,  toeldje  be§  Ä'otlegS  eiit3iger  @d)aß  gemefen".  ®a  nun  ben 
fßrofefforen  unb  fßrebigern  biefer  „gro^e  23itc^er  üftangel  unleiblid)  ferner  fällt, 
fintemal  biefe  in  suo  genere  nidjt  Diel  metjr  sine  libris  al§  ein  ©olbat  sine  armis 
auSridjten  fönbeit",  bittet  er  31t  einer  23üd)erfteuer  um  ein  gutmilligeS  Sllmofeit2. 
äRaj:  l)alf  nid)t  allein  in  biefer  ©ad)e,  fonbern  aud)  für  ben  S3au  ber  ®ird)e.  g'ür 
biefen  fdjenfte  er  oiel  §013.  ©0  bebanfte  ficfj  ber  fReftor  Qoljann  3e^en‘3er  am 

14.  9Rai  1611  für  150  ©tämrne,  bie  er  oon  bem  2013er  glößer  ertjalten3.  ®ie 
QaßreSbriefe  üoit  1611  berichten,  baß  ber  Sau  troß  einer  ©cfjulbenlaft  oon  über 
10000  ©ulben  ooranfdjreite:  oon  ber  Sirene  ift  ber  (Sßor  gebedt,  ein  fylügel  bei 


'4>rofeij^au§  in  üßiett.  ©tief)  Oon  gol).  Slug,  GorOinu3.  Äalfsgburg,  Äunftfabiuett.  (V21) 


®otleg§  unb  ein  2eil  be§  anbern  $lügel§  ift  fertig.  ßum  Kolleg  trat  bann  ein 
großer  ©djulbau  f)in3u,  für  beit  £>er3og  äRajimilian  mieber  23aul)ol3  fdjenfte.  äöegen 
ber  Qnforporation  be§  £tolleg§  in  bie  Unioerfität  infolge  ber  ißragmatifdjen  ©anftion 
oom  13.  Oftober  1623  3ogen  bie  ^efuiten,  bereu  3af)[  bereits  100  erreicht  Ijatte, 


1  Mitterdorffer  a.  a.  C.  82  f. 

2  *  Original  in  SSt.  91.,  Jes.  2132.  9Jta;r 
bewilligte  am  17.  Slug.  1607  500  ©nlbeit.  ®on= 
äept  ebb.  Slud)  in  anbern  93erid)ten  tuirb  93ranb= 
ftiftung  behauptet.  ©0  berid)tet  ber  Oeueji« 
anifdjc  ©cfanbte  granj  ©oran^o  am  7.  SJlai  1607, 
bab  man  in  SBieit  aud)  in  einigen  anbern 
Sirdjen  fünftlidjcä  geuer  entbedt,  auber  bent, 
roeld)e§  ba§  ßolleg  ber  gefuiten  eingeäfdjert. 
SJlau  glaube,  bab  £>äretifer  unb  böswillige  ißer> 

fönen  biefeS  geuer  gelegt.  *  Stopie  in  Senebig, 


Arch.  di  Stato ,  Germania  Disp.  XXXVIII, 
f-  91.  Unb  am  19.  SSlai  1607  febrieb  Äarbinal 
93orgbefe  an  ben  fraget  SluntiuS  gerrero : 
L’  abbruciamento  del  Collegio  de’  li  Pri  Ge- 
suiti  in  Vienna  portera  seco  altri  disordini  se  ’l 
delinquente  non  sara  castigato.  *  Original  im 
gamilienarebiö  gerrero  in  33iella,  Lettere  del 
Card.  Borghese. 

3  *  Original  in  SU.  91.,  Jes.  2132.  $ort 
aud)  meitere  Sanffdjreiben  oom  Sanuar  1615. 
Sgl.  *Litt.  ann.  1617. 


320 


^fünftes  ft'apitel.  Sie  öfterreicbifdje  fprobinj. 


SJiärg  1625  in  bie  renooierten  afabemifcfien  ©ebäube i.  Qm  Qaßre  1628  mürbe  bie 
neue  afabemifdfe  Äirdje  31t  (Sßren  ber  hfl.  QgnatiuS  unb  Qranj  A'aüer  oollenbet  unb 
1631  oont  fffarbinat  SDietridjftdn  eingemeißt;  leiber  (türmten  im  felben  Qaßre  bie 
2ürme  ein. 


9J?it  großer  Q5racf;t  mnrbe  1639  bie  Qahrßunbertfeier  ber  Söeftiitigung  ber  ©e= 
feflfcßaft  begangen.  3)ie  SBeoöfferung  naßm  lebhaften  Stnteil  baran.  2)er  $aifer 
unterbrach  feinen  Sanbaufentßalt  unb  fam  eigens  nach  Söien.  31m  Slbenb  beS  27.  @ep> 
tember  mar  großartiges  Qeuermerf  mit  tßeatralifdjer  SDarfteflung  im  Qreien.  ®ie 
Hier  SBettteile,  in  benen  bie  ©efeflfdfaft  Qefu  für  bie  größere  (Sßre  ©otteS  gearbeitet 
hatte,  bie  Steidje,  ^roüinjen,  Sänber  unb  ©täbte  maren  bitblicfj  oertreten.  2(m 
©ftaofonntag  abenbS,  nad)  Söeenbigung  ber  fircßticßett  Qeier,  erhoben  fid)  oor  ben 
Slugen  ber  Sftenge,  bie  aus  bem  ©otte§haufe  ftrömte,  nacheinanber  hun^ert  heA' 
lencßtenbe  Sterne  als  ©innbilber  ber  ßunbert  Qaßre;  fämtliche  erglänzten  fobann 
über  bem  Kolleg  unb  nahmen  in  ihre  Meißen  jmei  feucßtenbe  ©eftirne  auf,  bie  über 
ben  Statuen  ber  hfl-  QgnatiuS  unb  Qrartz  3faber  gegen  SJtorgen  unb  SIbenb  empor» 
fcßmebten2. 

Stußer  bem  Kolleg  unb  bem  1628  bei  ©t  Slnna  eröffneten  Stobiziat3  unb  ber 
junt  91ooijiat  gehörigen  Stefibenz  ©dfürz4  entfaltete  aud)  baS  ^rofeßßauS  in  SEßien 
eine  auSgebehnte  Stätigfeit.  (Sin  fdfon  lange  gehegter  Sßunfd)  nach  einem  QSrofeß» 
ßauS  in  SDeutfdftanb  mar  in  (Erfüllung  gegangen.  SDaS  erfte  beutfcße  ^rofeßßauS 
mürbe  am  12.  SJtärz  1625  in  Söien  fonftituiert.  (SS  burfte  bem  Qnftitut  gemäß 
nicht  bnrcß  eine  fefte  Qunbation,  fonbern  nur  burcß  2Umofen  erhalten  merben.  @0» 
halb  ber  bisherige  ©ra^er  Sieftor  Slapßaef  Sobenjl  am  12.  SOJär§  zum  erften  Prae- 
positus  ernannt  morben,  ging  biefer  am  felben  Xage  in  ^Begleitung  eines  anbern 
Raters,  ber  früher  Sßrofeffor  an  ber  Unioerfität  gemefen,  oon  £muS  gu  §auS,  um 
Sllmofen  für  baS  neue  fßrofeßßauS  ju  betteln.  23eibe  trugen  über  ben  Schultern 
einen  meißen  ©ad.  21n  ben  folgenben  £ageit  unterzogen  fid)  biefer  SBerbemütigung 
ber  Steiße  nacß  bie  anbern  patres,  unb  z^ar  guerft  bie  Patres  aulici,  bie  am  ipof 
befcf;äftigten  Später3.  ®ie  211mofen  floffeit  fo  reicßlicß,  baß  im  erften  Qaßre  fdjoit 
bie  öfterreicßifche  ^ßrobinzialfongregation  bort  gehalten  merben  fonnte.  £)ie  2öoß* 
nungen  beS  ^oflegS  unb  beS  Q5rofeßßaufeS  maren  ooflftänbig  getrennt;  baS  eigentliche 
Kolleg  bezog  bie  äBoßnung  bei  ber  Slfabemie,  baS  ^ßrofeßßauS  beßielt  bie  alte  2Boß» 
nung  am  £of.  SlnfaugS  gäfjlte  baS  ^rofeßßauS  40— 50  ißerfonen;  bie  §älfte  maren 
Saienbriiber,  ba  and)  bie  §ofpatreS  mit  ißren  93riibern  bort  moßnten,  1642  35  patres 
unb  30  23rüber.  SBorübergeßenb  meilten  fogar  megen  ber  Dielen  ©äfte  ober  Qtüdjt» 
linge  aus  anbern  ißroüinzen  bort  meßr  als  80  ^ßerfonen. 

Unter  ben  ©rünben  für  bie  (Srridjtung  beS  ijßrofeßßaufeS  mürbe  ftarf  betont 
ber  große  feelforglidje  Siußett,  für  ben  in  Söien  ein  meiteS  Qetb  ficß  biete,  „menn 


1  fßgl.  8.  Sapitel.  Sm  Sabre  1620  waren 
bie  pf)i[ofopt)ifd)en  Sorlefungen  wieber  in§ 
Äotteg  berlegt  worben;  am  22.  iRob.  1622  be= 
gannen  infolge  ber  ÜReuorbnung  bie  Sor= 
tefungen  in  erweitertem  StRafiftab  in  ber  Uni» 
Oerfität.  Conspectus  III  131  ff  146. 

2  Über  bie  (Sinfünfte  be3  fö'ollegä  f.  23.  ®a= 

pitel.  —  Sie  fReftorett  bei?  SoHegd  Waren: 

g-Ior.  2Ibancinu3,  1598—1601;  gerb.  Silber, 
1601;  Sof)-  ®tontanu3  SKoüenfiS,  1608;  Sob- 
3ebcnber,  1610;  glor.  2tüancinu3,  1614;  Sob- 
föoffmamt,  1621  (SBijereftor);  SSilt).  Satnor» 
maini,  1622;  fJJtarf.  SRoeliuS,  1624;  SOiicfjael 
©ummerecfer,  1628 ;  S°b-  fRumer,  1632 ;  Sob- 


©d)ega,  1636;  SBilb-  Samormaini,  1640; 
Seonf).  ©eper,  1643;  Seoul).  i8ad)in,  1645; 
Sob-  33ertl)olbu3,  1648. 

3  Uber  bie  S8orgefd)id)te  üon  ©t  2Inna  Dgl. 
211  b.  §  ü  b  I  im  Programm  be§  ©djotten» 
gbmnafiumi?  in  SSien  1909  f. 

4  gebruar  1634  überwies  ber  Staifer  bem 
fRobisiat  jwei  grobe  93efipungen:  ©cbürä  unb 
©djöjler;  nad)  ber  Übergabe  am  16.  ©eptember 
1636  Würbe  in  ©d)ürg  eine  fRefibenj  errid)tet. 
*  lavencius  Hist.  S.  J.  Clm  774.  Sn  biefer 
fRefibenj  weilten  gewöbnltd)  jwei  f}5atre§  unb 
3Wei  förüber. 

6  Conspectus  III  165. 


Sftieberlaffungen  in  SRieberöfterreid) :  SSiett. 


321 


Sftänner  borßanbeit  finb,  bie  frei  non  allen  anbern  SSefd^äftigungen  fid)  barauf  ber« 
legen,  bie  Verlaufenen  aufjufucßen,  unb  nid)t  nur  märten,  £>i§  fie  felbft  bon  biefen 
aufgefucßt  inerben" P  2)ieS  faßte  man  gleid;  anfangs  ins  Sluge.  9iod;  im  Saßre  ber 
Sntfteßung  ßielt  baS  ^ßrofeßßauS  eine  große  SUiiffion  in  fed)S  Kircßen  ber  ©tabt 
für  bie  fünfte  ber  |>anbmerfer.  Von  biefen  feßrten  164  jur  Kirdje  §urüd.  2lußer» 
bem  gäßlte  man  nod;  über  900  Konberfionen. 

SBäßrenb  ber  ^ßeft^eit  1627  mürben  1  ^ater  unb  1  Vruber  für  bie  Uranien 
unb  ©terbenben  abgefonbert,  ebenfo  1633.  ^m  $aßre  1644  forgten  bie  patres 
befonberS  aud;  für  Sllmofen  unb  2lrjnei.  Vornehme  SDarnen  maren  borßer  (1641) 
gemonneit  morbeit,  um  fid;  ber  armen  ©pitalleute  anjuneßmett.  Von  beit  patres 
beS  ^rofeßßaufeS  mürben  and)  bie  SOUlitär»  unb  .Qibilgefängniffe  regelmäßig  auf» 
gefudjt;  fie  begleiteten  bie  Verurteilten  gur  IRicßtftätte.  9?ad;  bem  Xobe  ^erbinanbS  II. 
roollte  man  1638  bie  ©orge  für  bie  (befangenen  unb  Verurteilten  ben  patres  neßmen, 
aber  ißre  STätigfeit  ßatte  bie  Slnerfennung  ber  meltlicßen  unb  firdjlicßen  Veßörben  ge» 
fuitben,  fo  baß  ber  Verfucf)  mißlang.  SCäglicß  maren  einige  patres  bereit,  um  fofort 
jebem  Vuf  §um  Vefucße  ber  Kranfen  folgen  ju  fönnen. 

Veforgte  baS  Kolleg  4  üerfcßiebene  Kongregationen:  1  für  Slfabemifer  (1643: 
400  ÜUütglieber),  2  für  bie  ©ßmnaftaften  unb  1  für  Konbiftoreit  (©t  Varbara),  fo 
erftredten  fid)  bie  Kongregationen  beS  ^3rofeßßaufeS  auf  alle  anbern  ©tänbe.  Slußer 
ber  ©obalität  für  Herren  (Stbel  unb  ßoße  Veantte)  unb  jener  für  bie  Vürger  er» 
ridjtete  baS  ißrofeßßauS  1632  eine  britte  für  Unberßeiratete,  fie  jäßlte  anfangs 
300  unb  1642  800  SOtitglieber.  Sine  üierte  ©obalität  für  £>anbmerfsleßrlinge  ßatte 
meßr  als  100  ÜOlitglieber.  SXußer  einer  italienifcßen  Kongregation  für  bie  Herren 
(beS  ^>ofeS)  grünbete  man  aucß  eine  folcße  für  bie  italienifdjeit  Arbeiter,  fo  baß  1637 
am  ^ßrofeßßauS  allein  fed)S  Kongregationen,  nier  beutfcße  unb  jmei  italienifdje,  be» 
ftanben,  bie  1646  alle  ißr  eigenes  Oratorium  befaßen. 

2)aS  ^rofeßßauS  ftellte  oiele  ^rebiger  für  VSien.  $|m  ^aßre  1633  merben 
acßt  genannt,  am  £>of  brei  für  bie  beutfdßen,  fpanifcßen  unb  italienifcßen  ^rebigten, 
ein  bierter  in  ©t  ©tepßan,  jmei  in  ber  Kircße  beS  SßrofeßßaufeS,  ber  eine  für  baS 
Voll,  ber  gmeite  nacßmittagS  für  bie  Qugenb,  ein  fiebter  in  ber  S’iobijiatSfirdje 
©t  2lnna,  ein  acßter  in  ©t  SaurentiuS.  ®aju  tarnen  nocß  1641  bie  ^rebigten  an 
©onn»  unb  gefttagen  im  £mfpital  ber  Varmßerjigen  Vriiber.  ®er  ßubrang  ju  bem 
Smpfang  ber  ßeiligen  ©aframente  in  ber  Kircße  beS  $|3rofeßßaufeS  fteigerte  fiaß  immer 
meßr,  bon  53000  im  Qaßre  1642  auf  57  000  im  ^aßre  1645  unb  auf  69  000  im 
Qaßre  1647.  VefonberS  ßatte  an  biefer  Steigerung  Anteil  bie  feit  1631  eingefiißrte 
monatlicße  ©eneralfommunion.  ©eßr  beliebt  maren  in  ber  f^aftenjeit  bie  Slbenb» 
anbacßteit  bon  4 — 5  Ußr  ju  Sßren  beS  SeibeitS  Sßrifti  unb  in  ber  SlbbentSjeit  bie 
ÜDtetten  bon  6—7  Ußr.  ®a^u  tarnen  nod;  biele  SluSßitfen  unb  VoIfSmiffionen  in 
ber  Umgegenb,  befonberS  feit  1629. 

©cßon  halb  nacß  Srricßtung  beS  ^5rofeßßaufeS  taudjte  ber  $J3lan  auf,  an  bem» 
felben  aud;  bie  unteren  ©ßmnafialflaffen  ju  eröffnen.  VitelleScßi  mar  nid;t  abgeneigt, 
mie  er  am  29.  ®ejember  1629  auf  eine  bieSbejüglicße  2lnfrage  bem  P.  i^einrid; 
^ßilippi  fdjrieb1  2.  Slber  in  Söien  madjte  man,  mie  eS  fdjeint,  bon  feiten  beS  KollegS 
©cßmierigfeiten:  Mangel  einer  gunbation  für  bie  Seßrer,  $urd;t  borgmiefpalt  mit 
bem  Kolleg,  Sntjießung  ber  abeligen  @d;üler  ufro. 3  ©cßließlid;  brang  ber  fjßlatt 
aber  bod;  burd;.  9Jtit  Sinmilligung  beS  KaiferS  unb  3ufümrnun9  ^er  Uniberfität 


1  *Deliberatio  utrum  expediat  Dornum  Pro-  3  *  Difficultates  circa  erectionem  Scliolarum 

fessam  Yiennae  instituere.  Austr.  Fundat.  in  Domo  Professa  Viennae.  Austr.  Fundat. 
II  215.  II  218. 

2  *  Drig.’iReg.  Ad  Austr. 

33uljr,  ©etdjidjte  ber  3efuiten.  II. 


21 


322 


giinfte»  Kapitel.  Sie  öfterreicpifcpe  ißroüins. 


würben  am  6.  9?ooember  1G50  eine  ©fementarfcßule  unb  brei  ©rammatifalflaffen  in 
einem  bem  fßrofeßßaufe  benachbarten  alten  ©ebäube  erridjtet.  Sen  Unterhalt  für 
bie  Seßrer  ftiftete  ber  ©enerat  ©raf  dtubotf  oon  Seuffenbacß.  Sll§  ©rünbe  für  bie 
neue  ©dfule  werben  geltenb  gemadjt  bie  Uberfüllung  be§  afabemifdßen  Ä'odegS,  bie 
©ntferitung  non  ber  Slfabemie,  infolge  berer  manche  jum  ©djaben  für  ihre  ©efunb* 
heit  jweimal  im  Sage  bei  jebem  SBetter  ben  weiten  SBeg  jur  ©djule  machen  müßten, 
enblidß  weit  fonft  bie  Sarnabiten  eine  folcße  ©dfule  eröffnen  wodteit 1. 

Qu.  SBien  gehörte  auch  nod)  bie  fRefibenj  ©t  Sernharb,  wo  für»  gewöhnliche 
4—7  SJcitglieber  weilten2.  Sie  STätigfeit  ber  fßatreS  beftanb  ßauptföddicß  in  ber 
©eelforge  für  bie  Untertanen  unb  fßrebigten  an  ©onn*  unb  gefttagen,  im  Unter« 
rieht  in  ber  Sanbfdjule  unb  in  ©rteilung  ber  djriftlichen  Sehre  auf  ben  benaeß« 
barten  Pfarreien,  wie  porn  unb  Sleufircß.  SefonberS  in  ben  Sagen  ber  9?ot  war 
©t  Sernßarb  eine  3uf^ucht§ftätte  für  ade  Sirmen,  fo  bei  ber  großen  Seuerung  im 
$aßre  1639  unb  in  ben  oierjiger  $aßren.  ^m  ^aßre  1647  ftrömten,  wie  bie  QaßreS* 
briefe  berichten,  am  ©rünbonnerStag  über  2000  Sinne  herbei  unb  erhielten  Unter» 
ftüßung.  Situ  ©rünbonnerStag  unb  an  idtaria  fDiagbalena  im  fotgenben  $aßre  1648 
betrug  bie  ßaßl  ber  gefpeiften  Sirmen  3600;  auch  fonft  würbe  oieten  Sinnen  Nahrung 
gereicht. 

StlS  Äarbiual  ®fefl  1618  ben  $uftanb  feiner  Siö^efe  bem  Zeitigen  ©tuhte  bar* 
fegte,  ba  hob  er  ba§  SB ir feit  ber  ^efuiten  in  SBieit  in  gan^  befonberer  SOBeife  ßerüor : 
Sie  Später  ber  ©efedfdjaft  $efu  behaupten  in  ©rjießung  unb  Unterricht  ber  Qugenb 
ben  erften  fßlaß.  SBie  fie  burch  bie  ihnen  non  ®aifer  gerbinanb  übergebenen  2ßro» 
feffuren  an  ber  Unioerfität  baS  ©tubium  ber  Sßeologie  aufredjt  erhalten,  fo  haben 
fie  burch  ißrebigt,  Umgang  unb  Unterweifung  biefer  ©tabt  ben  größten  9?ußen  ge* 
bradit.  SaS  päpfttidje  Sltumnat  hat  fowoht  für  bie  ©tabt  als  für  bie  fprooing  reiche 
Früchte  gezeitigt.  Sesßalb  hat  ber  jeßige  ßaifer  ihnen  nod)  brei  ^Bhtlofoppiepro* 
feffuren  übertragen,  um  bie  artiftifdje  gafultät  ju  bewahren,  ©eitbem  ich  ba§  fatho* 
lifche  ©laubenSbefeitntniS  für  ade  ©ßren  un&  Slmter  ber  Unioerfität  bureßgefeßt,  ift 
im  Saufe  ber  39  $aßre  meines  &'an,$teramte§  bie  gan^e  Unioerfität  fatßolifcß  ge» 
worben  unb  wirb  fatfjotifcf)  bleiben,  folange  bie  Später  ber  ©efedfeßaft  ißre  i^ro feffuren 
beibeßatten 3.  Siefeg  Urteil  barf  and)  für  bie  golgejeit  ©ettung  beanfprueßen. 

Sie  ättefte  ©tabt  SiieberöfterreidjS,  Sfreutä,  war  im  16.  ^aßrßunbert  admäßlicß 
Oon  ber  $ird)e  abgefaden  unb  fdjtießtid)  ganj  proteftantifcß  geworben.  Stuf  Sefeßl 
be§  ßaiferS  fdubolf,  ber  Stbfcßaffung  beS  proteftantifdjen  ©ottesbienfteS  in  ben 
lanbesfürftlicßen  ©täbten  üertangte,  erfeßienen  1583/84  faiferlidje  ßonitniffäre  in  ber 
©tabt,  barunter  ber  fßaffauer  Offi^iat  SJlelcßior  ßlefl,  welcße  bie  3ul‘ü^9abe  ber 
Siebfrauenfirdje  auf  bem  Serge  unb  ber  ©pitatfirdje  an  bie  ßatßolifen  burdjfeßten. 
Sie  Siirgerfdjaft  betonte  in  einer  ©ingabe  an  ben  $aifer,  oiele  oon  ißiten  feien  in 
ber  neuen  Seßre  geboren  unb  erlogen,  unb  außer  etlidjen  alten  Seuten  feien  nur 
wenige  fö'atßolifen  oorßanben.  Um  bie  Seute  ju  beteßren,  würben  ^efuiten  berufen. 
Ser  erfte  war  P.  ^oß.  dtabenftein,  ber  am  2.  fftooember  1586  in  ®rem»  anlangte; 
ißm  folgte  im  Januar  1587  P.  ©eorg  ©djerer,  ber  burd)  feine  fßrebigten  in  ber 


1  Conspectus  III  266.  —  Sie  Obern  (Prae- 
positi)  öeS  ißrofefjpaufeg  Umreit:  9Iapp.  Gobend, 

1625—1628;  3iop.  SflercurianuS,  1628;  2([pp. 

Seibetti,  1630  (®ijepräpofitu§);  9lifol.  gagnia* 
toöiu§,  1630;  28ilp.  Samormaini,  1633;  Qafob 
IRrnnpeliuS,  1637;  Mid).  Sumerccfer ,  1642; 
Gpriftian  53ertid)iabe§,  1644;  3ad).  Srinf'eüiu§, 
1646. 


2  2lm  8.  Mai  1620  bittet  Kaifer  gerbinanb 
ben  ißapji,  ba§  bem  Sefuitentoüeg  in  SSien  nur 
jeitmeilig  übergebene  ehemalige  Gifterjienfer» 
Hofter  St  Sernparb  nuumepr  enbgültig  bem 
KoUeg  ju  inforporieren.  *  Original  in  Arch. 
Vatic.,  Lett.  di  Principi  LYII  228. 

3  gorfepungen  unb  Mitteilungen  jur  @efcp. 
Siroil  unb  SßorarlbergS  1907,  346  f. 


Diieberlaffungen  in  sJtieberöftcrrcid) :  Srem§ 


323 


Siebfrauenfirdje  fegenSreicf;  mirfte1.  Sitten  83efef)Ien  be§  (Statthalters,  be§  ©rgfjergogS 
(ürrnft,  festen  bie  Stemfer  guerft  paffiüen,  bann  offenen  SBiberftnnb  entgegen  (18.  Februar 
1589).  infolge  biefeS  2tufftanbe§  nntrbe  nad)  üierjäfjrigem  ^proge^  am  1.  Sluguft 
1593  bie  ©tabt  all  ifjrer  5ßribüegten  für  öerluftig  erflärt.  SJfancfje  ^Bürger  üer* 
liefen  il)re  ^eirnat,  anbere  fudjten  ifjre  religiöfen  SBebürfniffe  auf  ben  ©djlöffern  be§ 
SIbelS  gu  befriebigen.  $m  Slpril  1603  betrug  bie  3al)l  ber  fatfjolifdjen  ^Bürger  300. 
Slm  13.  Februar  1012  formte  ber  ©tabtrat  berichten,  bafj  ber  ©ottesbienft  in  ßreinS 
fatljolifd)  gehalten  unb  auf  alle  Söeife  geförbert  tuerbe.  „®ie  Sätigfeit  ber  f^efuiten 
uollgog  ba§  SS3erf  ber  ßurücffüfirung  gur  fatfjolifdjen  ®ird)e,  toenn  aucf)  nidjt  oljue 
©djnnerigfeiten,  fo  bodj  mit  ©rfolg." 2 


rcmb^- 


''•£22 


ßreitig  (1649).  ©tief)  Bon  iüterian.  (2/3)  91r  5:  StoHeg. 

©djon  int  ^afjre  1582  fjatte  ber  SBiener  92untiu§  SBonljomini  bie  ©rridftung 
einel  fgefuitenfollegg  in  ®rem§  befürmortet  al3  beften  2Beg,  bie  ©tabt  of)ne  ©emalt> 
anmenbnng  mieber  gur  Äirdje  guritdgufüfjren 3  SSermirflidjt  mnrbe  biefer  ^lan 
erft  brei  Qat)rge^nte  fpäter  bttrd)  ben  ©ifer  be§  ©rafen  Slbolpl)  0.  Slltfjan  unb  feiner 
©emaljlin  ©lifabetf)  geb.  iBaronin  ©topinger,  „melcfje  gurn  ®anf  gegen  ©ott  für  bie 
eigene  9iiidfel)r  in  ben  ©djofj  ber  fatfjolifcfjen  &Hrd)e  unb  um  bie  Üxüdfeljr  ber  tion 
ber  ftirdje  nocf)  ©etrennten  gu  vermitteln,  ben  ©ntfcfjluff  gefaxt  Ratten,  ein  ^efuiten* 
folleg  in  ®rem3  gu  grünbett" 4.  ®ie  SBerljanblungen  mit  bent  33ifd)of  von  ißaffau 
unb  ber  ©tabt,  um  bie  Übergabe  ber  ber  ©tabt  gehörigen,  menig  benüpten  grauen» 


1  ®gl.  93b  I,  6.  802. 

2  9t.  ®erfd)  ba nmer,  ®efcf).  ber  ©tabt 

Ärernä  (1885)  276—281. 


3  9?gf.  93b  I,  ©.  846. 

4  ®erfcf)baumer  a.  a.  D.  249, 


324 


fünftes  Kapitel.  Sie  öfterreicf)ifd)e  fprooin.v 


firdje  ju  ermirfen,  Ratten  ©rfotg.  ?tm  12.  Sttärj  161(3  mürben  bem  öfterreid)ifd)en 
S3ijeprotiinstaI  gtorian  Slbancini  bie  ©djtüffet  ber  Kird)e  übergeben.  $n  bem  23er* 
trag  mit  bem  ©tabtrat  berfprid)t  ©raf  2Ittf)an  ber  ©tabt  5000  ©utben  ju  geben, 
©otange  bie  ^ßfarrfircfje  nicf)t  erbaut  ift,  foll  ber  ®ed)ant  ober  Kaplan  ungefjinbert 
in  ber  Siebfrauenfirdje  ben  pfarrtidjen  ©otteSbienft  Ijatten.  Unter  anberem  ber» 

pflichteten  ficfj  bie  ^efuiten,  in  ber  ©tabt  unb  ihrem  23urgfrieben  fein  bürgerliche^ 
©emerbe  ober  2öeinfd)anf  ju  betreiben1. 

£>erbft  1616  mürbe  eine  ©djute  begonnen  mit  einer  Stementar»  unb  ©rammatifat- 
flaffe  unb  30  ©djiitern,  bie  ficf)  aber  in  jmei  Monaten  auf  100  bermefjrten;  1617 
maren  eS  bereits  fünf  klaffen,  oon  benen  jmei  mit  geringer  ©d)iilerjaf)t  unter  einem 
Seigrer  fombiniert  maren.  ^m  felben  ^a^re  erhielt  bie  bisherige  Stefibenj  tarnen  unb 
SRedjt  eines  KoIIegS.  $|m  Qaffre  1631  trat  bie  ^fjetorif  hinzu.  Sin  ©eminar  für 
arme  ©ingfnaben  begrünbeten  bie  patres  mit  Sttmofen,  auf  Koften  beS  KottegS 
mürben  junöchft  25  ©tubeuten  unterhalten,  ^a^re  1637  mufjte  man  baS  ©eminar 
roegen  ber  unerfchmingbaren  Soften  einftmeilen  aufgeben,  jumat  baS  fpauS  baufällig 
gemorben2 3.  ©in  £eit  ber  ©ingfnaben  mürbe  bei  ^Bürgern  untergebracf)t.  ®ie 

©djufeit  mürben  mieberfjoft  für  längere  $eit  unterbrochen,  1625  unb  1634  megen 
ber  ^Seft,  unb  1645  megen  ber  Sefetjung  ber  ©tabt  burdj  bie  ©djmebeu.  2>aS 

Kolleg  mürbe  teilmeife  geplünbert,  nur  2  ^riefter  unb  2  Srüber  blieben  jurücf. 
©d)on  1646  eröffnete  man  mieber  bie  ©djuten,  menn  aud)  nur  mit  ben  unteren 

Klaffen  unb  menigen  ©djütern,  1649  zählten  bie  bier  (unteren)  Staffen  jufammen 
46  ©chüler.  ®ie  ßatjt  &er  ^erfonen  ftieg  1647  mieber  auf  12,  mäfjrenb  eS  anfangs 
9,  bann  11,  1631  16  unb  1636  fomie  1642  fogar  22  geroefen.  ®ie  ©djuten  be= 
anfpntdjten  gemöhntidj  2  patres  unb  3 — 4  ©djotaftifer. 

®ie  ©eelforge  madjte  megen  beS  bortjerrfchenben  ^roteftantiSmuS  biete  Strbeit. 
®ie  Konberfionen  fdjmanften  burdjfdjnittlidj  jmifdjen  4 — 30,  nur  in  ben  fahren,  in 
benen  bie  metttidje  Regierung  energifcher  borging,  mar  bie  3atjt  jmifcheit  80—160. 
®ie  Kommunionen  erreichten  1641  bie  fpöhe  bon  4400  unb  ftiegen  1644  auf  7000, 
fielen  aber  infolge  ber  fchmebifchen  Offupation  auf  5000,  1650  maren  eS  mieber 
5700.  ©ine  ©obatität  mirb  1624  ermähnt,  1631  maren  eS  jmei,  je  eine  für 
©tubenten  unb  SBürger. 

®ie  ©üter  beS  KottegS  mürben  befonberS  in  ben  3a^ren  1622  unb  1645 
burd)  ben  Krieg  hart  mitgenommen.  ®ie  ©infünfte  hätten  für  ben  Unterhalt  bon 
24  ^erfonen  gereicht,  aber  infolge  beS  Krieges  fonnten  befonberS  gegen  baS  ©nbe 
ber  iJSeriobe  faum  13  babon  leben,  unb  bafür  mufjten  nodh  Sttmofen  gebettelt  merben8. 
SlnfangS  hotten  bie  Qefuiten  bei  ben  Kapuzinern,  fpäter  jur  ÜOäete  in  einem  §aufe 
am  ^johenmarft  gemofjnt.  ülftai  1636  mürbe  ber  23au  eines  KoUegS  in  Angriff 
genommen,  moju  ber  ©tifter,  Segate  unb  ®arleheit  bie  ÜDiittet  lieferten.  23iete 
dauern  bom  Sanbe  leifteten  freimütigen  9iobot.  1637  mürbe  ber  ®adjftuljt  auf* 
gefetjt  unb  1641  baS  Kotteg  bezogen,  ganz  bottenbet  mürbe  eS  erft  fpäter.  „SDaS 
©ebäube  —  ein  23iered  in  gefunber  unb  pradjtbotter  Sage  —  mar  gtuecfmä^ig  eim 
gerichtet  unb  bitbete  eine  ßierbe  ber  ©tabt."4 

„SDie  Sßirffamfeit  ber  Qefuiten  in  KrentS  —  fo  urteitt  ber  ©efdjid)tfdjreiber 
ber  ©tabt  —  mar  eine  erfotgreidje.  £)ie  ißrebigten  unb  ©hriftentehren  mürben 


1  Sßortlaut  bei  St  er  !d)  bäum  er  a.  a.D.  250. 

2  *  Iuvencius,  Hist.  S.  J.  1616—1646. 
*  Litt.  ann.  Prov.  Austr.  Sie  ülnnafen  Bon 
1616  bi§  1740  (2  93be)  frefinben  ficf)  im  ißfarr-- 
arcfriü  ju  Strem§. 

3  Sie  Obern  maren:  $soua§  SabDiceru§  (?); 


SfrontaS  Stiforu*,  1617;  Qof).  DtotariuS,  1620; 
9?it.  5acmiatoOiU£>,  1623;  (Suft.  ©teinerfrerger, 
1631;  Sofr.  93urd).  ®ric,  1632;  ®i'iefd), 
1633;  gofr.  ®arb,  1637;  9Jtattfria§  SMrnfodjner, 
1639;  Urfr.  iJJurgleuttner,  1646. 

4  St  er  f  cf)  fr  a  um  er  a.  a.  0.  251. 


$ic  -Jtieberlaffungen  in  9tieberöfterreid) :  fßaffau. 


325 


fleißig  befugt,  ber  ©ottesbienft  mit  2lnbad)t  unb  Qeierlidffeit  gehalten,  befonberS 
aber  marert  bie  patres  im  93eicf)t[tuf)t  tätig.  ®ie  Uranien  befugten  fie  in  ben 
Raufern  unb  (Spitälern ;  namentlich  jeidjnete  fid)  P.  23artl)ofomäuS  tflell  aus,  ber 
jur  fßeftjeit  unüerbroffen  bie  ßranfen  befudjte,  bis  il)n  bie  ßfranfljeit  felbft  ergriff 
unb  aufs  Sterbebett  marf.  ®ie  üöllige  llmfefjr  ber  ^remfer  ift  mefentlid)  ben  Qefuiten 
ju  bauten,  mobei  fie  aderbingS  oon  ber  Strömung  ber  Qeit  unb  burd)  bie  Staats» 
gefepe  unterftü|t  mürben.  Qm  Qaljre  1628  befanb  fid)  feine  proteftantifdje  Qamilie 
mehr  ju  föremS.  Qur  Qeit  beS  üierjigftiinbigen  ©ebeteS  ftrömte  baS  Söolf  in 
^ro^effioiten,  ©eiftlid)e  an  ber  Spipe,  jur  Qefuitenfirdje.  Slucf)  in  ber  Umgebung 
ber  Stabt,  mie  ju  Qmbad),  9Ied)berg,  SEBeinjierl,  ©gelfee,  Senftenberg,  hielten  fie 
föatedjefen  unb  ^rebigten  unb  belehrten  bafelbft  bie  noch  übrig  gebliebenen  ißrote» 
ftanten.  Qhre  Seutfeligfeit  unb  burdfgebilbete  SöeltfenntniS  öffnete  ifjnen  bie  tpergen 
unb  Käufer  ber  fö'remfer,  fo  bafe  fie  audj  bei  ben  Bürgern  geachtet  unb  beliebt  mären."1 

25er  1586  geborene  ©r^erjog  Seopolb,  23ruber  QerbinanbS  II.,  mar  fdjon  mit 
jmölf  Qaffren  föoabjutor  oon  ifJaffau  gemorben,  aber  bis  ju  feiner  ©rofejährigfeit 
bei  feinen  Stubien  in  Qubenburg  unb  ©raj  geblieben.  311S  er  1605  nad)  ^Saffau 
fam,  bradjte  er  feinen  23eidjtoater  .peinrid)  SSiöatiuS  SlquenfiS  unb  feinen  Sefjrer 
P.  Qol).  23.  S’Slbbe  mit2.  25er  neue  23ifd)of  mar  gleid)  anfangs  barauf  bebadjt,  ein 
Qefuitenfolleg  §u  griinben,  aber  er  fanb  üielett  SBiberfprud).  Qn^mifdien  prebigte 
P.  S’Slbbe  mit  grofjem  93eifaU  im  2>ome.  Qm  Qafjre  1611  maren  brei  patres  in 
5J3affau.  Qn  biefem  Qaljre  liefe  ber  23ifcf)of  ben  öfterreiefeifdjen  fßrooinjial  nad) 
üßaffau  fommen,  um  mit  ifem  über  baS  Kolleg  ju  oerfeanbeln.  2(m  11.  Qebruar  1612 
unterjeidjnete  Scopolb  bie  erfte  Stiftung  mit  50000  ©ulben  für  baS  Kolleg,  nad) 
rneldjem  mir,  mie  er  fidj  auSbrüdt,  oon  ber  Qeit  an,  ba  uns  baS  23iStum  QSaffau 
jugeftanben,  eine  fonberbare  Regier  gefdföpft.  SEßeldjeS  2Serf  mir  bann  um  fooiel 
uotmenbiger  befunben,  meil  mir  in  itnferem  meitfdjmeifigen  2)iftritt  an  frommen 
gelehrten  Sßrieftern  einen  merflicfeen  SRangel  unb  gugleicf)  bisher  gefpürt,  bafe  in 
unferer  SbiögeS  nod)  oiel  Sanbfaffen,  Bürger  unb  Untertanen  oorfjanben,  bie  ber 
mähren  fatfeolifc^en  Religion  nit  zugetan.  Qür  beibeS  feoffte  er  tpilfe  Oon  ben 
patres  unb  ihrem  erfannten  gemöfenlicfeen  unb  an  oielen  Orten  ber  ©feriftenfeeit 
bemiefenen  erfpriefelidien  Qleife3. 

9J?ärj  1612  eröffneten  bie  patres  bie  Sdjule  in  bem  üom  23ifcfjof  ihnen  über» 
laffenen  Steuberfdjen  £>aufe  mit  70  Sdjülern  in  jmei  klaffen,  bereits  am 
1.  ÜJioöember  beSfelben  QafjreS  fanb  bie  ©runbfteinlegung  für  baS  neue  Kolleg  burd) 
ben  23ifcf)of  ftatt4.  50er  23ifd)of  hatte  baS  2)om!apitel,  baS  feauptfäcfelicfe  auS  finanziellen 
23ebenlen  miberftrebte,  oor  eine  oollenbete  2atfad)e  ftelXen  mollen5.  9iad)  lang» 
mierigeit  SSerfjanblungen  mürbe  bie  Quftimmung  beS  Ä'apitelS  erreicht6,  unb  fo  fonnte 
benn  Seopolb  am  22.  Sejember  1615  ben  eigentlichen  QunbationSbrief  beS  Kollegs 
ausfertigen.  Qn  biefem  Stiftungsbrief  mirb  u.  a.  aud)  ein  Sßlafj  angemiefen  für  ben 
23au  ooit  föirdje  unb  Sd)ule.  Slufeer  biefem  i^lafe  bürfen  bie  Qefuiten  innerhalb 


1  @bb.  251  f.  93gl.  $erf. ,  $ie  Qefuiten 
in  ÄreniS,  in  3Biener  ®ird)enjeitung  1851. 

2  gürftbifdjof  Seopolb,  ber  nie  bie  böseren 
2Beil)eit  erhielt,  resignierte  1625;  an  feine  ©teile 
trat  fein  9teffe,  Seopolb  SBilfjelm  (geb.  1614), 
ber  al§  93ifd)of  unb  gelbberr  gleid)  groß  baftefjt. 

3  *  Original  in  9Jt.  3t.,  Urfunben,  Raffen, 
Sef.,  5a#s.  1.  S)ort  aud)  Original  ber  25er= 

fd)reibung  gerbinanbä  für  bie  50000  ©ulben 

öom  1.  San.  1612.  $rud  nad)  Kopien  bei 

®t.  Sei  bei,  3ur  ©efd).  be§  ©t)mnafium§  in 


qSaffau  (ißrogr.  1906/1907)  14—17  u.  12-14. 
S8gl.  Sof-  Sifü)»  ©efd).  be§  pöberen  Unter» 
rirfjtä  in  ipaffau  (ij?rogr.  1861)  7  ff.  g.  9t.  93  u= 
cf)inger,  ©efd).  beS  gürftentumä  s43affau  II 
(1824)  355  ff. 

4  93auteitcr  tttar  ber  bi^^erige  9teftor  non 
fötolSbeim,  P.  S^forbing.  93gl.  5  i  f  d)  a.  a.  0.  9. 

6  S  e  t  b  e  l  a.  a.  0.  9  f. 

6  ®iefe  93erf)cmblungen  in  9)t.  9t.,  §ocf)ftift 
f|3affau,  9tr  1691. 


326 


günfteS  Kapitel.  Sie  öfterreidfüfdje  fßrobinj. 


ber  (Stabt  fein  £>aug  ober  Serrain  offne  Einmilligitng  beg  23ifd)ofg  unb  föapitelg 
faufen.  Sie  Schufen  foHten  bag  ©hmnafium  big  9il)etorif  cinfd)lieplid)  umfaffen, 
im  Sauf  ber  $eit  je  nacfj  bem  Urteil  ber  Obern  nocf)  Sialeftif,  Äontroberfe  itnb 
SJioral  angefdjlofftm  merben1.  Sa^u  beftimmte  jef)n  ^af>re  fpäter  ein  ißrioilegiem 
brief  bom  5.  Oftober  1625,  bap  bie  F^mten  biefelbe  ^uri§biftion  unb  Seituug 
über  bie  (Stubenten  in  fßaffau  toie  auf  ifjren  anberit  Stufen  haben  füllten  unb 
niemanb  ficf)  in  biefe  Quri§biftion  einmifdjen  bürfe,  eg  fei  benn,  bap  Stubenten  alg 
nädjtlidje  Siupeftörer  ober  bei  föriminalüerbredjen  Oon  ber  meltlidjen  ©emalt  auf 
frifdjer  Sat  ertappt  mürben2. 

Sie  (Sdjufen  entmideften  ficf)  gut3.  ©d)on  1613  mareit  jmei  klaffen  unb 
1614  aud)  bie  Ür^etorif  beigefügt  raorben4.  Fn  einem  Kataloge  bom  Fahre  1615 
mirb  bie  SJUtglieberjaf)!  beg  fö’ollegg  auf  13  angegeben,  1  ißriefter  lehrt  bie  9U)etorif, 
4  Sliagiftri  bie  Humanität  unb  bie  3  ©rammatifalflaffen.  QmQafjre  1619  lebten  fdjon 
8  IfSriefter,  6  ©djolaftifer  unb  10  33rüber  im  Kolleg,  bie  6  ©djolaftifer  leiteten 
bie  6  klaffen  beg  ©pmnafiumg.  Fm  Fahre  1622  lepren  3  $ßriefter  unb  3  Sdjolaftifer. 
Sie  6  klaffen  blieben  aud)  in  ben  folgenben  Qafjren ;  1633  traten  SSorlefungen  in 
ber  SJioral,  1638  fanonifcf)e§  9ied)t  unb  Sialeftif  Ijinju.  Fn  ben  späteren  Fahren 
unterhielt  bag  ®oHeg  22—30  SJcitglieber;  borübergefjenb  mie  1645  68  SJJitglieber, 
meil  flüdjtige  ©dfolaftifer,  19  X^eologen  unb  13  $ßf)ilofopf)en  in  ^Saffau  ifjre  ©tubien 
fortfepten.  Söieberfjolt  bot  and)  fonft  Sßaffau  flüchtigen  SJiitbrübern,  aber  aud) 
anbern  Orben§teuten  unb  s45rieftern  ein  gaftlidjeg  Slftjf. 

Ser  Sfeftor  P.  ÜOfattf).  Saftianfdjij  berichtete  am  11.  Januar  1632  bem  ©eneral 

9SiteÜe§d)i,  bap  im  Kolleg  ein  guter  (Seift  herrfdje,  bie  äußere  Sage  aber  traurig 

fei.  Siefe  mürbe  oerfdjlimmert  burd)  bie  grope  3af)l  ber  Flüchtlinge  aug  23öl)men 
unb  born  Oberrhein,  ©eit  jmei  Monaten  habe  id)  gemöhnlid)  jepn  (Säfte,  gumeilen 
noch  mehr,  einmal  mäprenb  einer  hoffen  2Bodje  39.  F<h  habe  mich  bemüht,  ihnen 
alle  mögliche  Siebe  gu  ermeifen,  mie  fidj  bag  gebührt  unb  mie  Ero.  Paternität  eg 
mollen.  Qd)  felbft  habe  bag  33ettgeug  jufanimengefudjt,  ben  Sifd)  gebedt,  bie  ©peifen 
aufgetragen,  ihnen  bie  glipe  gemafdjen,  SEßein  auf  bie  ßimmer  gebradjt,  frifdje  Fifefte 
unb  (gier  ihnen  borgefept,  Sleifegelb  gugefcfjoffen,  geiftlidje  föleibung  für  bie  Söelt* 
fleiber,  in  benen  einige  anfamen,  gegeben.  Sag  fcpreibe  id)  nicht  gu  meiner  Empfehlung, 
fonbern  um  ben  ©tanb  beg  föollegg  bor  Slugen  gu  führen.  3ubem  hat  (Sott  am 
10.  biefeg  einen  33ranb  gugelaffen,  moburdj  unfere  9iefibeng,  Kirche,  ©loden  unb 

gmei  Ftägel  beg  ©ebäubeg  abgebrannt  finb.  ©ott  hat  eg  gegeben,  ©ott  hat  eg 

genommen,  ber  Siame  beg  §errn  fei  gebenebeit5. 

©o  mupte  ber  23au  bon  Kolleg  unb  Äirdje,  ber  1612  begonnen,  aber  big  1628 
nod)  nicht  ganj  boKenbet  mar6,  bon  neuem  in  Singriff  genommen  merben.  Ser 
Katalog  bon  1633  gibt  infolgebeffen  bie  ©djulben  beg  fö'oflegg  auf  über  18000  ©ulben 
an.  SJfit  einem  meiteren  Neubau  begann  man  1638,  nämlid)  bem  neu  erridjteten 
Älerifalfeminar,  in  bag  feit  1642  neben  ben  ©tiftlingen  and)  abelige  Äonoiftoren 
aufgenommen  mürben7.  Sieben  ben  ©djulen  bot  fiep  in  ber  ©eelforge  ein  gropeg 
Slrbeitgfelb.  Sie  ft’onberfionen  fdjmanfen  gmifdjen  3  big  48  jährlich,  bie  Kommunionen 
fliegen  bon  5000  im  Fahre  1625  auf  9000  im  FQhre  1640  unb  auf  11800  im 
Fapre  1646.  Sie  1615  begonnene  SOiarianifd)e  ©tubentenfongregation  mürbe  1625 


1  SBortlaut  bei  ©ei bei  a.  a.  D.  23  ff. 

2  SBortlaut  ebb.  26  f. 

3  ba§  ffolgenbe  fittb  benüftt  bie  *  Litt, 
ann.  unb  bie  *  Catal.  trienn.  Prov.  Austr. 

4  Über  bie  gafjl  ber  ©d)üler  fehlt  jebe 

Eingabe. 


6  *  Original  in  Epp.  Austr.  II  65.  Sßgl. 
ben  33rief  non  33aftianfcbij  bom  30.  Oft.  1631 
II  184. 

6  ®gl.  @rl)arb,  ©efd).  ber  ©tabt  fßaffau 
II  (1864)  101  f. 

7  ©iepe  ba§  9.  Kapitel. 


Sßieberlaffungen  in  Obcröfterrcicf) :  £1113. 


327 


geteilt,  in  ber  größeren  maren  audj  Sfulmärtige.  (Sine  britte,  bie  Sürgerfobafität, 
jäpfte  1325  über  150  Sflitglieber.  Sluperbem  arbeiteten  ftetS  einige  patres  in  ber 
ju  $affau  gehörigen  Stefiben^  Sraunfircpett 1. 

Sal  fcpou  lange  üerfaffene  abelige  Senebiftinerinnenftofter  in  Sraunürcpen  am 
Sraunfee  im  Salgfammergut  fjatte  ©regor  XV.  am  24.  September  1(321  bem  ^efuitem 
fotleg  in  ipaffau  inf'orporiert 2  unb  am  14.  [yebruar  1622  fjatte  ber  fyürftbifdfjof 
Seopofb  balfet&e  mit  ^uftimntung  bei  Äaifer!  bem  Üofleg  Übermiefen3.  Sie  Übergabe 
erfolgte  1623 4.  $u  Sraunfircpen  mürbe  eine  Sefibenj  errietet  mit  2—3  iJSatrel 
unb  ebenfo  Dielen  Srübern5.  @1  gepikten  baju  jepn  Seefforglpoften,  barunter  $fcpl 
unb  Stuffee.  Qln  Sraunfircpen  beftanb  bie  Sitte,  bap  an  St  üfticpaef  alle  Sinnen 
ein  ^funb  gfeifcp  mit  bem  entfprecpenben  Srot  erhielten,  im  ^apre  1633  [teilten 
fiep  1950  Slrme  für  biefel  Sllmofen  ein.  Ser  Sau  einer  neuen  5ürdje  mar  1639 
beinape  öoHenbet.  Sie  Sätigfeit  ber  Qefuiten  in  Sraunfircpen  erftreefte  fiep  auf 
bal  ganje  Saljfammergut6. 

3u  beu  Qefuitenfolfegten  an  ber  Sonau  gepört  all  viertel  baljenige  in  Sttij, 
ber  £>auptftabt  üon  Oberöfterreicp.  Oberöfterreicp  mar  beim  Seginn  biefer  ^Seriobe 
faft  ganj  proteftantifdp.  ©emafttaten  ber  Stbeligeu,  Siopeit  unb  Übermut  ber  öer» 
milberten  Säuern  unb  bie  Scpmäcpe  ber  Regierung  patten  jufammengemirft,  bie 
fatpolifepe  ßirdje  immer  mepr  ju  oerbrängen  unb  ben  fatpolifepen  ©faubeit  gepapt 
unb  »eraeptet  311  maepen.  SBieberpoft  mar  fepon  im  16.  ^aprpunbert  über  bie  ©r- 
rieptung  einel  ßollegl  in  Sinj  üerpanbelt  morben.  So  patte  Sartpolomäul  Silier 
all  öfterreiepifeper  ^ßroüinjial  fiep  1592  mit  ©utpeipung  bei  ©rjperjogl  ÜJJiattpia! 
uaep  Sinj  begeben,  um  fiep  über  Ort  unb  ÜDüttel  näper  ju  unterriepten.  Slm 
31.  Sluguft  1592  fanbte  er  einen  aulfüprlicpen  Seridft  über  bie  au  Ort  unb  Stelle  ein- 
gezogenen  ©rfunbigungen  an  benShmtiu!  am^’aiferpof  ©äfar  Specciano  (Spaeciano) 7. 
Sind;  Sillerl  Siacpfolger  im  ^rooin^ialat,  gerbinanb  Silber,  befuepte  auf  Slnfucpen  ber 
faiferlicpeit  $ommifföre  in  berfelben  Slbficpt  Slpril  1598  Sing  unb  berieptete  bariiber 
am  30.  Slpril  1598  au  Slquaoioa.  Sie  Slulfidjten  maren  fdjoit  etroal  günftiger.  Ser 
Stattpalter  Saron  ^op.  Söbl  fpradj  fidj  mie  früper  bei  Silier  mit  groper  ©ntfepieben- 
peit  für  bie  üftotraenbigfeit  einel  ßollegl  aul,  unb  audj  fonft  nur  bie  SJieinung  ber 
mapgebenbeu  ^3erfi>nlid;feiten,  bap  an  feinem  anbern  Orte  in  Oberöfterreicp  foüiel 
gruept  unb  S?upen  aul  einem  föoKeg  gezogen  merben  fönne  mie  in  Sing.  Safür 
fpreepen:  bie  (pauptftabt  mit  ipren  gaplreicpen  ©iniuopnern,  bal  .gufammenftrömen 
bei  Slbell  unb  ber  Salaten  für  bie  Sanbtage,  bie  Serbinbungen  ber  Stabt  mit  Ober- 
beutfcplanb,  Söpmen  unb  anbern  ^rooinjen,  bie  gropen  SJfärfte,  bie  felbft  aul  Italien 
befudjt  merben  ufro.  Sie  Söopnung  bei  Stattpalter!  unb  einige  anbere  Käufer  nebft 
ben  ©infünften  au!  bem  oerlaffenen  ßtofter  Sulgara  (ißulgarn,  eine  palbe  ÜDMfe  tmit 
Sing  entfernt)  mürben  in  Slulficpt  geftellts. 


1  $ie  Obern  Waren:  Heinrich  ißiöariuS 
(2IquenfiS);  ^of).  53apt.  2’2lbbe,  1612 ;  gol). 
^Sforbing  ,  1615  (1.  9teftor  1618);  fDtattp. 
SBaftianfcpiä,  1632;  gol).  9Jteljer,  1637;  23ernh. 
©eper,  1642;  (Soerf).  Srtpal,  1644;  2lbam  2lböb, 
1646;  Step!).  ©ber,  1650. 

‘  Ä’opie  iit  221.  91.,  Urfunbcit  fßaffau,  !yef. 
gaSs.  1.  9tegeft  in  Synopsis  294.  ©ine  Hist. 
Res.  Traunkirch.  1622—1756  (nicht  aber,  wie 
auf  bem  Xitel  fiept,  eine  Hist.  coli.  Passav.) 
in  ber  ©rjabtei  SötartinSberg  (Ungarn).  Sßgl. 
<S  e  i  b  c  I  a.  a.  0.  292. 

3  *Informatio  vera  et  autlientica  de  in- 

corporatione  Monasterii  in  Traunkirchen  .  .  . 


facta  unione  14.  Febr.  1622.  91om,  <StaatS- 
archio,  Informazioni  vol.  LXX1V,  f.  311 — 314. 

4  *  Original  beS  2lfteS  in  9J l.  91. ,  Ur- 
funbeit  ebb. 

5  Sn  guten  gapren  ftiegen  bie  ©iufünfte  auf 
4000—6000  ©ulbett;  eS  mufften  aber  baüou 
2400  ©ulbeit  als  lebenslängliche  ffknfion  an 
Sarbinal  Slefl  befahlt  merben.  Sn  ben  Snpreu 
1636  unb  1645  trug  Sraunfircpen  nichts  unb 
mupte  non  bem  föollcg  noch  unterftiipt  werben. 

6  2.  Sblbadjcr,  2anbeS!unbe  001t  Ober- 
öfterreich  (21883)  292. 

7  *  Original  in  Austr.  Fund.  I  265. 

8  *  Original  in  Epp.  Germ.  XXXV  686. 


328 


fünftes  ßapitel.  2)ic  öfterrcicfjifdje  iproöing. 


33ei  bcnt  23efttdje  Süberg  fjatte  P.  ©eorg  ©djerer  beit  Sßromnjial  begleitet  uttb 
in  ber  fßfarrfirdje  gur  großen  grenbe  ber  ßatfjoüfen  geprebigt.  $wei  Sa^)re  fpäter, 
1600,  mürbe  bann  P.  ©djerer  mit  P.  ^ot).  ßeljenber  gu  bauernber  Slrbeit  nad)  Sing 
gefdjidt  unb  entfaltete  bort  eine  nacfjpaltige  2öirf famfeit  K  $n  einem  ©djreiben 
au§  Sing  bom  2.  ^nni  1600  an  ben  fraget  9£untiu§  ©pinelli  fdjreibt  P.  ©euerer 
bie  gtiidtidjen  Anfänge  niiepft  ©ott  befonberg  bem  ©ifer  unb  ber  £ücf)tigfeit  be§ 
©tattpafterg  gu;  §ugfeicf)  gibt  er  aber  bem  bringenben  äßunfdje  nad)  Gürridjtung  eines 
ft'odegg  Slugbrucf,  offne  bag  bie  fatpolifefje  ©adje  nid^t  bauerpaft  geminnen  merbe, 
gunta!  megen  beg  9J!ange!g  an  frommen  fßrieftern,  bie  erft  perangebilbet  werben 
müßten1 2.  2!ber  mit  bem  Kolleg  ging  eg  niept  fo  fdjneü.  2>a  tion  ben  )ßrobinjia!» 
ftänben  nur  mepr  gmei  fatpolifcp  unb  bie  meiften  Bürger  in  Sing  proteftantifcp 


Sinj  (1649).  ©tief)  öon  Merian.  (2/a)  F  Äoßeg. 


waren,  geftalteten  fid)  bie  SInfänge  überaus  fcpwierig.  ®ie  Sage  erfdjien  manepent 
bergweifelt3. 

Seiber  ftarb  fepott  1602  ber  ©tattpafter  Söb!  bott  ©reinberg,  ^n  feinem 
Seftament  beftimmte  er,  baff  fein  ©optt  bett  ^efuiten  gur  ©rgiepung  übergeben  werbe; 
ein  Kapital  twn  10000  ©ulben  bermaepte  er  gu  gteidjen  teilen  für  ein  Strmenfpita! 
in  ©rein  unb  für  bie  SDüffion  ber  ^efuiten  in  Sing.  ®ie  bisherige  ÜDüffionSftation 
begog  im  felben  ^apre  eine  eigene  flehte  SBopnung,  bie  gif  bem  ben  ^efuiten  über» 
geboten  SSenefigium  ber  peiügett  ©reifaltigfeit  gehörte,  unb  würbe  nunmehr  fRefibcttg 
genannt.  2IIS  $irdje  erpiett  fie  gut  felben  $eit  bie  fepon  feit  1560  oerlaffene,  bann 
bon  ben  fßroteftanten  benupte  ÜDünoritenfirdje  4.  ®rei  Qapre  naep  bent  Xobe  beg 
P.  ©djerer  (geftorben  1605)  fam  e§  enblidj  gum  Slnfang  einer  ©djule.  3!nt  14.  Januar 


1  93gt.  93b  I,  ©.  806  ff-  3  *  Litt.  ann.  coli.  Vienn.  1600. 

2  ©eorg  $oIb,  Mitteilungen  über  ba»  4  Dtto  ©cf) nt i b ,  2>a§  ehemalige  ßofleginm 

Sßirfen  ber  Sefuiten  in  Sinä  (1908)  16  f.  ber  ©efeflfefjaft  Sein  in  Sing  (1881)  5  ff- 


SJlieberlaffungen  in  Dberöftcrreirf) :  Sins. 


329 


1608  mürbe  in  bem  SBenefijiatenfjaufe  bie  Schule  mit  jeffn  Knaben  eröffnet,  jmei 
Scfjotaftifer  unterrichteten  in  ber  ©lementar-  unb  ©rammatifflaffe.  Mm  feilten  Maf)re 
befamen  bie  fßroteftanten  infolge  ber  3uSeftänbniffe  beS  @r^erjog§  üD7attf)taS  mieber 
Obermaffer  unb  bemächtigten  fid)  fpäter  neuerbingS  ber  9J?tnoritenfird)e.  ®a  aber 
(Srjherjog  Seopolb,  Vifdjof  oon  Sßaffau,  burd)  ilrfunbe  üom  14.  Sluguft  1606  bie 
^anjel  ber  fpfarrfirdje  für  ÜRorgenprebigt  unb  nachmittägige  Ghriftenlehre  ben  ^efuiten 
für  ftänbig  übertragen  hatte  /  mar  bie  Verlegenheit  geringer.  ®ie  Schulen  ent- 
micfelten  fich  nur  langfam,  1612  mürbe  bie  !Refiben§  jurn  Kolleg  erhoben,  ber  erfte 
IReftor  mar  M°h-  Oftorp.  gu  ^ett  bisherigen  oier  klaffen  tarn  1622  bie  ifioefie, 

1623  bie  9fthetoriÜ,  fpäter  bie  Sßarüa.  Mnt  Mahre  1646  jäf)lte  man  292  Schüler, 
barunter  80  aus  Sing.  ®ie  höchfte  3af)l  S^igt  1648  mit  343  Schülern1.  Slufjer- 
bent  lag  noch  *>en  ^efuiten  bie  Sluffidfjt  über  oier  beutfcfie  Sdjulen  ob. 

üftit  ben  9iäumlicf)feiten  für  Söohnung  unb  Schule  mußten  fich  ^ie  ^efuiten 
lange  feljr  behelfen,  Mn  einer  Vittfdjrift  üom  Mahre  1613  flagte  ber  Superior 
Valentin  ßlindharbt  bem  ®aifer  Matthias,  „bah  fie  in  ihrer  oerengten  2öol)nung  famt 
ihren  SDiSjipulen  fich  mühfam  behelfen  unb  meber  ihre  bräucf)igen  Exercitia  halten, 
noch  fraS  Sdjulmefen  in  gebüfjrenber  Orbnung  halten  fönnen ;  eS  liegt  bieS  Venefi^iaten- 
f)äuSl  mitten  unter  ben  $rei-  un^  bürgerlichen  Käufern,  barinnen  allerlei  unruhiges 
©efinb,  fonft  auch  eine  folcfie  Unruhe,  bah  bie,  beüorab  melche  bie  Mangel  in  ber 
ißfarrfirche  ju  oerfehen  haben,  an  ihren  StubiiS  unb  geiftlicheit  Munitionen  impebiert 
merben" 2.  2>er  ß'aifer  oermanbte  fich  für  Überlaffung  beS  bem  2tbt  oon  St  ißeter 
in  Salzburg  zugehörigen  St  ißeterhof,  aber  ohne  (Srfolg.  97ad)bem  bie  ^efuiten 

1624  bie  äRinoritenfirdje  mieber  erhalten,  oerlegten  fie  2öof)nung  unb  Sehnte  in 
baS  neben  biefer  Kirche  liegenbe  üffielthamberfdie  §auS3. 

9?adj  Söieberherftellung  ber  fatholifdjen  Religion  in  Sinz  richteten  bie  Sanb- 
ftänbe  (1627  ?)  bie  Vitte  an  ben  ®aifer,  bie  aufgehobene  ßanbfchaftSfc£)ule  mit 
fatf)oli|chen  Sefjrern  mieberherzuftetlen.  Mn  ben  Verhanblungen  über  bie  anjuftellenben 
Sefjrer  gab  ber  Prälat  oon  St  glorian  Seopolb  3el)etner  fein  ©ntadjten  bal)in  ab : 
„Söeil  bie  Väter  ber  ©efellfchaft  Mefu  ohnehin  eine  feine,  mohlbeftellte  Schule  in 


1  5?g(.  g.  ©aidberger,  ©efd).  bed  a!ab. 
®t)mnafium§  in  2inj.  15.  93erid)t  bed  Mus. 
Francisco-Carol.  1855,  26.  gm  gal)re  1649 
weifen  bie  fed)l  Staffen,  üon  ber  fRbetorif  an-- 
gefangen,  folgenbe  Sdmleräableti  auf:  44,  31, 
56,  35,  33,  26. 

2  Slbbrucf  bed  Sd)reibend  bei  g.  S  t  ü  l  j, 
©efd).  bed  Slofterd  bed  Ipeiliggeiftorbend 
fßulgarn.  5.  93erid)t  bed  Mus.  Francisco- 
Carol.  1841 ,  108  ff.  P.  Slindtjarbt  bat  ben 
S'aifer  uni  ein  gnteri$effiondfd)reiben  beim  ©rj= 
bifebof  üon  Salzburg,  bannt  burd)  ihn  ber  91bt 
üon  St  fJJeter  in  Salzburg  bermod)t  werbe, 
ben  St  ißeterljof  in  Sinj  ben  gefüttert  ab= 
jutreten;  ba  nur  ber  Seiler  üom  ©tift  benufct 
werbe,  foHte  biefer  aud)  weiterbin  ganj  bem 
Stift  äur  SSerfiigung  fteben.  gn  bem  gnter- 
jeffiondfdjreiben  üom  15.  guli  1613  an  ben  ©rj- 
bifdjof  üon  Salzburg  legt  Saifer  9JJattf)ia§  bem 
©r^bifebof  bie  Sache  um  fo  bringenber  and 
jpe rj,  „weilen  berobalben  ohne  bad  unoerborgen, 
wad  biefe  Societet  unb  ©ottfelige  Institutum 

bidbero  fowobl  im  heiligen  Dtömifdien  fReid) 
STeutfdjer  Nation  ald  anbern  Sönigreid)  unb 


Sänbern  mit  f$rebigen  unb  Unberweifuitg  ber 
Sieben  gugenb,  and)  anbern  geiftlidjen  Func- 
tionibus  für  grucbt  gefebafft  unb  wie  ftart  bier= 
bureb  ber  fünften  an  üielen  Orten  Dor  21ugen 
geftanbene  üöHige  Untergang  unfereS  allein 
feligmacbenben  !atl)oIifcben  ©laubeitl  üerwebrt 
worben". 

3  91ni  22.  2lug.  1625  erhielten  fie  anftatt  ber 
jäbrlid)  üon  gerbiuanb  beftimmten  2000  ©ulben 
bad  fd)on  üon  ben  fßroteftanten  ju  Sd)ufjweden 
üerwanbte  grobe  ©ut  Dtteu§beim.  fRäbered 
bei  Solb  a.  a.  O.  43.  $a§  reine  ßinfommen 
betrug  1649  5114  ©ulben,  üon  benen  30  fjSer- 
fonen  unterhalten  werben  fonnten.  SRait 
wünfebte  aber  bie  3^1  P  Derminbern,  um  bie 
Mittel  für  ben  33an  üon  Sirdje  unb  SoHeg  ju 
erhalten.  —  $ie  Obern  waren:  ©eorg  Sdjerer, 
1600;  ©erb-  £>ieman,  1606;  ^ol).  3cbenber, 
1607;  Sal.  Slindbarbt,  1610;  Sob-  9Raier, 
1614;  Sob.  Oftorb ,  1615  (1.  tReftor  1618); 
9Reld)ior  9Rat)r,  1621;  Sbomal  Sbomae,  1629; 
gatob  ßurp,  1637;  2boma§  Stbomae,  1639; 
©briftiau  93ertfd)iabe§,  1642;  gerb.  §erberftein, 
1644;  2bomad  $bomae,  1646. 


330 


günfte3  fi'npitef.  Sie  i.ifterreid)iid)e  *j$robinj. 


Sing  fjätten  unb  bert  Unterricht  öieHeicf;t  auf  fiel)  nehmen,  tnorin  fie  Dorgfiglicfj  geübt 
feien,  fo  fotle  man  feine  anbern  Seljrer  beftellen." 1  ©ie  Qefititen  erffärten  fid)  bereit. 
21  m  11.  2Iuguft  1629  mürben  bie  ©djulen  ber  Qefuiten  in  baS  SanbljauS  neriegt, 
unb  ba  ber  Ü?aunt  ficf;  gu  eng  ermieS,  gtoei  Qahre  fpäter  in  baS  non  ben  ©tänben 
gur  ©dfjule  hevgerid)tete  2(nomäifche  £>auS2. 

Qm  Qaf)re  1633  hotten  bie  Qefuiten  bie  ftänbige  ißrebigt  an  ©onn»  unb  fjeft» 
tagen  in  brci  Kirchen:  in  ber  fßfarrfirdje,  in  Siebfrauen,  in  ©t  SRifolauS,  unb  in  ber 
Qaftengeit  noch  ^Srebigten  an  jebent  STättmod)  unb  Qreitag  in  ber  Bforrfirdje ;  aufjer» 
bem  roenigftenS  feit  1641  ebenfo  ftänbige  ßfiriftenlehre  in  brei  Kirchen.  Qm  Qahre 
1647  beftanben  brei  Kongregationen,  gmei  lateinifcfje  für  Herren  unb  ©tubenten  unb 
eine  beutfdje  für  bie  Bürger.  ©er  Sßräfeft  ber  £>errenfongregation,  ein  nornehmer 
ÜDfann,  mufcb  in  feinem  §aufe  am  Karfreitag  armen  Scannern  bie  Qiijje,  gab  ihnen 
bann  ein  äRal)!,  bei  meldjem  er  mit  ©emafjlin  unb  ©öhnen  bie  21rmen  bebiente  unb 
beim  21bfcf)ieb  nodj  mit  einem  2Umofen  befdjenfte  (1641) 3.  ©ie  Kommunionen 
fchmanften  in  ben  üiergiger  Qahren  gmifdjen  14000  unb  20000.  Qm  Qahre  1604 
mareit  eS  nur  gegen  400  gemefen.  21n  ben  gemöhnlidjeu  ©onn-  unb  Qefttagen 
fommunigierten  gegen  30,  an  ben  grofjen  Qeften  300 — 500.  Qn  ben  QahreSberidjten 
mirb  mehrmals  hert,orgef)oben,  bafj  bie  fünf  Kranfenhäufer  unb  oier  Kerfer  ber  ©tabt 
fleißig  befudjt  unb  bie  Kranfen  nicht  allein  mit  geiftlicfjer,  fonbern  aud)  mit  leib¬ 
licher  £)ilfe  erquicft  unb  anbere  gur  Unterftü^ung  berfelben  angeregt  mürben4.  ©ie 
oiermonatige  Belagerung  beS  QahreS  1626  brachte  neue  21rbeit,  ebenfo  mie  bie  oielen 
©efangenen,  bie  nach  SUebermerfung  beS  SfufrufjrS  1627  in  Sing  interniert  unb 
teilmeife  hingerichtet  mürben.  ©ie  Dielen  Flüchtlinge  auS  ©eutfcfjlanb,  melcf)e  Don 
Kranfheit  unb  97ot  gebrüdt  mürben,  fanben,  mie  bie  QafjreSberidjte  Don  1637  er¬ 
gäben,  bei  ben  BatreS  in  Sing  §ilfe,  inbem  man  für  ÜRaljrung  unb  Söohnung  forgte. 

21ufjer  in  Dielen  9)?iffionen  arbeiteten  bie  Singer  Qefuiten  anbauernb  in  ben  gu 
bem  Klofter  Botgorn  geljörenben  Pfarreien.  21m  15.  ©egember  1608  iiberfanbte 
P.  Qol).  Qeljenber  ein  ©utadjten  über  Botgorn  an  ben  beutfdjen  21ffiftenten  2llber. 
Qu  bem  früher  bem  Orbeit  Dom  ^eiligen  ©eift  gehörigen  [©oppel-]  Klofter  ^3ulgarn, 
eine  SReile  Don  Sing,  gehörten  1  Sßrior  mit  5  ^ßrieftern,  14  Tonnen  unb  ein  |)ofpital. 
©eit  50  Qahren  hat  ber  Orben  baS  nunmehr  unter  ber  faiferltcfien  ^offammer  in  SBien 
ftehenbe,  teilmeife  Derfallene  Klofter  oerlaffen.  ©ie  ©infünfte  merben  auf  3000  ©ulben 
gefcfjäfct.  ÜKanche  ©iiter  finb  Don  ben  benadjbarten  21beligen  geraubt  morben.  Bor 
neun  Qahren  mürbe  baS  Klofter  bem  P.  ©cherer  angeboten,  aber  ba  eS  12000  ©ul¬ 
ben  ©chulbeit  holle,  bie  ©iiter  unbebaut  lagen  unb  auch  manche  anbere  ©dpoierig- 
feiten  mit  ben  benadjbarten  Herren  brohten,  geigte  P.  ©d;erer  menig  Suft,  baS  Klofter 
angunehmen.  ©ie  ©chulben  finb  jeüt  getilgt  unb  manche  ©chmierigfeiten  befeitigt. 
Bifdjof  Klef!  macht  Hoffnung  auf  baS  Klofter,  unb  König  BfattfjiaS  mirb  leidjt  feine 
Quftimmung  geben.  2Birb  eS  uns  nidjt  übergeben,  fo  ift  menig  Hoffnung  auf  ein 
Kolleg  in  Oberöfterreich.  ©eSfjalb  foKte  baS  Klofter  oorläufig  prooiforifd)  Don  uns 
angenommen  merben,  bis  bie  Betätigung  Dom  ißapfte  unb  bie  Quftimmung  beS 
§eiliggeiftorbenS  erlangt  ift.  ©er  Orben  Dom  .^eiligen  ©eifte  mirb  fidjer  feine 
©djmierigfeit  madjen,  ba  er  in  gang  Ofterreich,  ja  in  gang  ©eutfdjlanb  mit  hödjftenS 
einer  ober  ber  anbern  21uSuahme  fein  Klofter  befijjt  unb  feit  fo  Dielen  Qahren  baS 
Klofter  aufgegeben  hot  ohne  einen  ©ebanfeit,  baSfelbe  mieber  gu  erhalten,  ©ie 
eingige  ©chmierigfeit  bietet  baS  bei  bem  Klofter  als  ein  ©chatten  ber  früheren  ©tiftung 


1  ©ai§berger  a.  a.  £).  18.  gaticm  70,  bie  ber  ©tubenten  112,  bie  ber 

2  ®  o  I  b  a.  a.  0.  47  f.  33iirger  267  SRitglieber. 

3  3m  1649  geilste  bie  §errenfongre=  4  *Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1637,  1641. 


9?ieberlaffungen  in  Oberöfterreicft :  Sing. 


331 


itodj  beftepenbe  ^ofpital  mit  6,  pöcpfteng  10  fßerfonen.  gür  bie  jept  unb  fpäter  gu 
unterpaltenben  Sßerfonen  fönntcn  in  bem  £>ofpital  gu  2Bel§  unb  ©nn§  äßopnung  unb 
$oft  bejaht  merben.  Beffer  märe  e§  aber,  ba§  §ofpital  in  ^ulgarn  beigubepalteit. 
Bei  iprer  jepigcn  Sebengmeife  motlte  idj  mit  300  ©ulben  leidjt  10 — 12  Sßerfonen 
unterfjalten.  §at  ber  ß’önig  fidj  für  bie  Übergabe  üon  fßulgarn  entfdjieben,  bann 
merbe  id;  meine  Slnficpt  fc^reiben,  ob  ba§  ®oüeg  gu  Sing  ober  gu  ©tetjr  gu  errieten 
märe1.  die  ©ntfcpeibung  folgte  fcpon  halb. 

91nt  29.  SRai  1(309  iibermieg  üDJattpiag  ben  ^efuiten  bag  fö'lofter.  die  Über» 
gäbe  erfolgte  am  23.  9ioüeniber  1609,  bie  päpftlicpe  Betätigung  am  5.  SUlärg  1610 2. 
2Int  25.  üipril  1612  fteHte  äftattpiag  eine  förmlicpe  ©cpenfunggurfunbe  aug  3.  3U 
)ßulgarn  gehörten  u.  a.  bie  Pfarreien  ©tepregg,  ©t  ©eorgen  unb  ^ßabneufircfjen. 
Qu  biefen  Pfarreien  arbeiteten  fünf  ffktreg  lange  an  ber  Slüdfüprung  ber  Gsinmopner 
gur  föirdje  burdj  ißrebigt  unb  ß'atecpefe.  die  Pfarreien  maren  faft  gang  abgefallen, 
die  ^atpolifen  entfdjulbigten  fidj,  fie  pätten  üor  fieben  ^apren  nacp  ber  Beitreibung 
ber  ^Sräbifanteu  einmal  gebeicptet  unb  bag  genüge;  bie  Sßroteftanten  moHten  über* 
paupt  nidjtg  üon  Cftüdfepr  miffen.  ©egen  bie  Untertanen,  bie  meber  fidj  befepren 
uodj  augmanbern  motlten,  gingen  bie  Qefuiten  alg  Ortgobrigfeit,  mie  bie  aufftänbigen 
Bauern  flagten,  mit  ©efängnig  unb  ©elbftrafen  üor4.  ©rft  in  langjäpriger  Slrbeit 
gelang  bag  2Berf  burdj  fortgefepte  Beleprung 5. 

©rope  Berbienfte  ermarb  fidj  um  bie  SSicberperftellung  ber  fatpolifcpen  ^Religion 
in  Sing  unb  gang  Oberöfterreicp  P.  Sßolfgang  (perman,  ber  üor  ben  ©cpmeben  fliepenb 
1631  in  Sing  eine  3uUucf)^Üötte  gefunben  patte6,  ©r  mar  ein  perüorragettber 
^rebiger  unb  ®ontroüerfift,  ber  üor  feiner  Arbeit  gurüdfcpredte.  3U  ©pren  ber 
©ottegmutter  faftete  er  alle  ©amstage,  modjte  er  and)  nocp  fo  fepr  mit  ^rebigten 
überlaben  fein.  211g  er  1636  in  bie  oberrpeinifdje  Sßroüing  gurüdberufen  mürbe, 
manbten  fidj  bie  deputierten  ber  oberöfterreidjifdjen  Sanbftänbe  am  16.  Sluguft  1636 
in  einem  bringenbeit  ©cpreiben  an  ben  ©eneral,  um  fein  Berbleiben  in  Sing  gu  er- 
mirfen.  P.  ^ermatt  pabe  nidjt  allein  burdj  feine  üielbefudjten  ^Srebigten,  fonbern 
audj  feine  prioaten  Unterroeifungen  gur  großen  ©rbauung  erreicht,  bap  eine  grope 
Slngapl  aug  allen  ©tänben,  für  bereit  Sonüerfion  feine  Hoffnung  gemefeit,  in  ben 
©djop  ber  ßircpe  gurüdgefeprt  feien,  daburdj  pabe  er  fidj  grope  Slcptung  unb 
Siebe  erroorben;  ber  SSunfd;  nadj  feinem  Berbleiben  fei  ein  allgemeiner,  ©ein 
SSeggang  merbe  nidjt  allein  für  Sing,  fonbern  audj  für  bie  gange  ißroüing  ein  groper 
©cpaben  fein7,  der  ©eneral  antmortete  am  11.  Oftober  1636,  bap  ipn  bie  guten 
9cadjridjten  über  bie  fegenSreicpe  dätigfeit  be§  P.  |jerman  fepr  gefreut,  er  merbe  beit 
Broüingialen  ber  beiben  ifSroüingen  fcpreiben,  ben  f)Mer  auf  feinem  Sßofteit  in  Sing 
gu  beiaffen,  falls  nidjt  eine  gmingenbe  9cotmenbigfeit  ber  rpeinifcpen  süroüing  üorliege, 
rcelcpe  feine  Abberufung  üerlanges.  der  $ater  fcpeint  bann  fpäter  bocp  abberufen 
morben  gu  fein,  denn  Bitellegdji  meift  am  21.  Januar  1640  ben  oberrpeinifdjeit 
fßroüingial  (panunan  an,  megen  ber  bringenbeit  Bitten  ber  oberöfterreidjifdjen  ©tänbe 
ben  P.  §erman  mieber  nadj  Sing  gurüdgufcpiden 9.  £>erbft  1640  füllte  bann  ber 
f]3ater  an  ben  Bpein  gurüdfepren.  0iunmepr  manbten  fidj  nidjt  allein  bie  deputierten 
ber  oberöfterreicpifdjen  ©tänbe,  fonbern  audj  Bürgermeifter  unb  91at  üon  Sing  an 


1  *  Original  in  Austr.  Fand.  I  269. 

2  fRegeft  in  Synopsis  258. 

8  ©tiilg,  ©efd).  be§  ®lofter§  be§  Zeitig* 
geiftorbem?  gu  tJMgarn  93  ff. 

4©tieüe,  D6eröftcrreid)ifd)er  58auernauf= 

ftanb  beS  3al>re§  1626  II  (1891)  248. 

8  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1633. 


G  ©eboren  1598  in  ^ergogenaurad)  im  53atm 
bergifdjcn,  mar  er  1620  eingetreten;  er  toirfte 
aud)  in  beruorragenber  SBeife  in  ©peier,  mo 
er  am  18.  !yan.  1659  ftarb. 

1  *  Original  in  Epp.  Princip.  VI  164. 

8  *  Drig.=9ieg.  Ad  Extern. 

9  *  Orig.*3veg.  Ad  Rhen.  sup. 


332 


günfte§  Kapitel.  Sie  öfterreicpifcpe  ^roöinj. 


beit  ©enerat.  Siteße§d)i  antmortete  am  3.  9?oüem6er  1640  bem  Sat  t>oit  Sing,  er 
pabc  bem  iß  ater  bie  fofortige  SUidfepr  nacp  Sing  befohlen.  den  deputierten  fdjrieb 
ber  ©enerat  unter  bemfetben  datum,  bajg  nur  bie  größere  9iot  am  9tpein  bie  Ab¬ 
berufung  be§  P.  (perman  oerantafst  pabe,  er  merbe,  um  mißfäprig  gu  fein,  bie  gange 
©ad)e  ber  ©ntfdjeibuitg  be§  öfterreidjifcpen  ffßrooingiatg  übertaffen,  ber  bie  SSerfjäft» 
niffe  in  ber  9cäpe  beffer  beurteilen  tönne 1.  Am  4.  degember  1640  bebanften  fiep  bie 
deputierten  für  biefen  ©ntfcpeib,  inbem  fie  bie  ßuberficpt  au§brüdten,  bafs  ber 
Sroüingiat  ipren  Aöünfcpen  entfprecpen  merbe2. 

©ine  gmeite  9?iebertaffung  in  Oberöfterreicp  erhielten  bie  ^efuiten  in  ©tepr 
im  ^afjre  1630.  ©cpoit  oorper  mar  bie  ASieberperfteßung  ber  fatpotifdjen  Ütetigion 
erfolgt  unb  bie  Sßormadjt  be§  i|3roteftanti§mu§  gebroden  morben.  S3ie  ber  9?at 
^afob  ,gett  in  frer  „©pronif  ber  ©tabt  ©tepr"  beridjtet,  mürbe  am  8.  April  1626 
bie  gange  Sürgerfcpaft  auf§  SatpauS  gerufen,  unb  jeber  nutzte  fid)  fdjriftticp  erftären, 
„ob  er  fiep  gum  fatpotifdjen  ©tauben  befepren  ober  fid)  au§  bem  Sanbe  begeben 
miß. . . .  Aßetdje  Sürger  nun  fatpotifcp  gu  merben  angetobt  paben  .  .  .,  benfetben  finb 
at§batb  bie  ©otbaten  au^getegt,  benfenigen  aber,  metepe  lieber  ba§  Sanb  meibeit  at§ 
fatpotifcp  merben  motten,  pat  man  bie  ©otbaten  päufig  eingelegt,  atfo  baff  in  einem 
(pau§  10,  20,  ja  mopt  100—200  in  bie  fiirnemben  Raufer  einquartiert  finb."3 

den  6.  Auguft  1630  —  fo  berichtet  bie  ©pronif  —  ift  ein  faifedidjer  S3efept 
megen  Aitfnembung  ber  Herren  Qefuiten  atpero  auf  ©tepr  fommen  unb  paben  bei 
bem  ©pitaß  etf  Raufer  einguräumben  begeprt.  den  12.  ÜJiai  1631  mürbe  burep  bie 
pocptübtidje  Sanbspauptmannfcpaft  in  Sing  ein  faifertid)er  Sefept  gefepidt,  bafs  ber 
SRagiftrat  ben  §errn  Qefuitern  bie  begeprten  11  Käufer  einräumben  foße,  aßrao  fie 
ipre  &'ird)en  unb  ©oßegium  pinbauen  motten.  .  .  .  Am  3.  (?)  9?ooember  (1632)  ift  ben 
Herren  fJ3atre§  ^efuiten  bie  ©pitatfirdjen  gu  iprem  ©ottegbienft  unb  bie  11  bürger« 
lid)en  Käufer  git  iprem  ©ebäu  eingegeben  morben  unb  ift  auf  biefen  dag  oon  ipnen 
ber  erfte  ©otteSbienft  fand  einer  Sor»  unb  9racpmittag-if3rebig  gepatten  morben4. 

Auf  Setreiben  ber  ©räfin  Urfuta  o.  dpanpaufen  mitrbe  ber  iprem  ©opne,  bent 
^efuden  Sernparb  0.  dpanpaufen,  gufaßenbe  ©rbteit  at§  gunbation  für  ba§  ®oßeg 
beftimmt  unb  bem  P.  Sernparb  o.  dpanpaufen  ber  ditet  be3  fyunbatorg  giterfannt5.  die 
(pofpitatsfirepe  unterftanb  bem  Abt  oon  ©tepergarften,  ber  fie  einftmeiten  ben  ^efuiten 
Übertiefs,  bi§  fie  eine  neue  ®ird)e  gebaut,  der  oberöfterreid)ifd)e  Sauernaufftanb  oer- 
pinberte  bie  naep  ©tepr  gepenben  i)3atre§,  bortpin  gu  gelangen ;  fie  fanben  mäprenb 
meprerer  ASocpen  liebeüoße  Aufnapme  bei  bem  Abt  Urban  oon  Abmont.  Anfang 
^uni  1632  ergriff  ber  ©uperior  ÜOiarfitS  9toet  Sefip  Oon  ben  gugeteitten  ©ebäuben. 
der  1.  9?ooember  1632  mirb  in  ben  $apreSberid)ten  ber  öfterreid)ifd)en  f|3roüing 
atg  ber  ©rünbunggtag  ber  ©teprer  ßtefibeng  genannt.  Am  2.  üftooember  mürbe  ba§ 
3eid)en  gum  ©cputanfang  gegeben;  jeboep  erfepienen  nur  menige  ©cpüter.  Qn  SHirge 
gaptte  man  40  ©cpüter  in  einer  ©rammatifat-  unb  ©temeutarftaffe.  ©epon  1634 
fonnte  bie  9?iebertaffung  ben  ditet  föoßeg  erpatten  unb  bamit  bie  biSperige  Ab* 


1  *  ©rig.-9teg.  Ad  Extern. 

2  *CriginaI  in  Epp.  Princ.  VI  233.  lyn  bem 
33rief  mirb  bemerft,  bafj  ber  33rief  oom  18.  Sept. 
1640  unter  iprem  ©iegel  opne  ipr  SSortoiffen 
an  ben  ©encrat  abgefanbt  morben;  ber  33rief 
fei  niept  Oon  ipnen  unb  entpalte  9lu§brücfe,  bie 
fie  niept  billigten,  ttber  bie  meitere  Entmicflung 
fepfen  bie  Cuellen. 

3  Sie  Epronif  ber  ©tabt  ©tepr  1612—1635, 

in  36.  33ericpt  über  ba§  Mus.  Francisco-Carol. 

1878,  47.  Über  ben  friipen  9lbfatl  ber©tabt  oon 


ber  ßirepe  ogl.  fgranjfßrip,  ©efep.  ber  ©tabt 
©tepr  (1837)  194  ff. 

4  Epronif  110—125.  9Sgl.  fßrip  a.  a.  D. 
279  285. 

5  *Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1633.  Sfucp  für 
ba3  fgolgenbe.  Sie  gitnbntion  betrug  50000 
©ltlben,  bie  bei  ber  Sanbfcpaft  in  ©ra,s  an¬ 
gelegt  maren  unb  jäprlicp  3000  ©ulben  3infen 
trugen,  oon  benen  14—15  fperfonen  unterpalten 
mürben. 


Dtieberlaffungen  in  Steiermarf:  Stetjr.  —  @raj. 


333 


hängigfeit  öon  £inj  aufgehoben  merben.  §  erb  ft  1635  begann  bie  9tf)etorif  mit  14 
Schülern.  Qm  Qahre  1636  mohnten  in  bem  Kolleg  14  Qefuiten,  tmn  beneit  je  1  ^Sriefter 
bie  9thetorif  unb  Humanität,  4  Sdjolaftifer  bie  3  ©ratnmatifalflaffen  unb  bie  Intima 
lehrten.  So  blieb  eg  auch  *n  öen  folgenben  Qahreit.  ®ie  Qahl  ber  ßefjrer  mar 
meift  5,  bie  ber  Sdjüler  betrug  1648  104,  barunter  32  ütbelige1 2. 

9JJit  bem  93au  ber  Kirdje  hatte  man  algbalb  begonnen.  Sion  Stabt  unb  fianb 
ftoffen  reifliche  2llmofen.  Schon  im  erften  Qahre  befchaffte  man  Steine,  Sanb  unb 
Kalf  ufro.  ®ie  ©runbfteinlegung  erfolgte  1635.  2lm  23.  Quni  1635  fdfrieb  ber 
©eneral  an  ben  fReftor  Sftarfug  üftoet,  baf;  er  ben  $lan  für  bie  neue  Kirdje  recht» 
jeitig  an  ben  ißrotnnjial  §urücfgefdf)icft  ha^e2-  Kirdje,  bereit  93au  megen  ber 
KriegSunrufjen  unb  megen  Mangels  an  Mitteln  unterbrochen  merben  muffte,  mürbe 
1641  fo  meit  geförbert,  bajj  mau  bag  ©ad)  auffefjen  tonnte;  1647  mürbe  biefelbe  um 
bag  Qeft  beg  fjl-  Sftidjael,  beg  ©itularg  ber  Kirche,  in  Senutjung  genommen  unb 
©ejember  1648  burch  ben  ^laffauer  ÜE3eif)bifdjof  Ulrich  fonfefriert.  Sin  grofjeS 
Slerbienft  um  bie  Qertigftedung  ber  Kircf)e  ermarb  ficf)  ber  eifrige  9ieftor  Qoljanu 
Scfftein3.  Qm  Qaljre  1645  h^iht  eS  in  bem  Catalogus  triennalis:  ®aS  Kolleg  ift 
noch  nicht  gebaut,  als  SBoljnung  unb  Sdjttle  bienen  brei  ber  uns  übergebenen 
23ürgerf)äufer. 

Qu  ber  Seelforge  fdjmanftett  bie  Konüerfionen  gmifdjen  5  unb  50,  bie  Kom* 
munionen  ftiegen  oon  3400  im  Qahre  1646  auf  8700  im  Qahre  1648.  Slufjer 
einer  Kongregation  für  bie  Stubenten  mürbe  eine  foldje  für  bie  S3iirger  errichtet ; 
bie  erftere  wählte  1649  52,  bie  ledere  60  Sliitglieber.  ®ie  DJachbarpfarreien  erfreuten 
fi cf)  oielfadjer  2luSf)iIfe.  Schon  1638  mirb  beridjtet:  ®ie  in  ben  lebten  ©agen  beS 
QafdjingS  früher  üblichen  2luSfdjreitungen  finb  beinahe  oerfcfjmunben4. 

Sffjnlidj  mie  in  ©beröfterreidj  lagen  bie  33erf)ältniffe  in  Steiermarf,  nur 
mar  bort  ber  Kampf  gegen  ben  eingebrungenen  ißroteftantigmuS  bereits  entfdjiebeit 
aufgenommen  morben,  unb  jmar  befonberg  in  ©raj.  Sieben  bem  Kolleg  in  Söieu 
erreichte  bag  Kolleg  in  ©rag  bie  größte  23ebeutung  für  ©fterreid)5.  ©er  er^her^og» 
liehe  |mf,  bie  fatholifche  (Erneuerung  ber  Steiermarf  unb  bie  ^erbeijiehung  üieler 
Stubierenben  beS  CrbenS  mirften  sufantmen,  um  bem  Kotleg  eine  fteigenbe  Srmeite» 
rung  unb  Söirffamfeit  ju  oerfdjaffen.  Qäfjlte  bag  Kolleg  im  Qahre  1603  90  SJiit» 
glieber,  fo  ftieg  beren  Qaf)l  im  Qahre  1619  auf  131,  um  nach  einigen  Sdjmanfungen 
im  Qahre  1633  bie  §ödjfh$ahl  174  (mit  ben  Konüiften  unb  ben  Üiefibenjen  in  SJiühO 
ftabt  unb  ©alberg  190)  511  erreichen  unb  fidj  in  ben  folgenben  Qahreit  auf  130 — 140 
gu  erhalten.  15 — 18  Sehkräfte  oerfahen  Unioerfität  unb  ©tjmuafium;  1633  mirften 
6  ^ßrofefforen  am  ©pmnafium,  12  für  bie  höheren  Stubien.  ®ie  Qaljl  ber  Qefuiten* 
fdjolaftifer  betrug  1633  123,  oon  beneit  48  ©Ideologie  itttb  75  tßhilofopljie  ftubierten. 
®ie  Qafjl  ber  Stubenten  überhaupt  ftieg  1619  auf  1200,  barunter  18  Orbengleute 
aitS  fteierinärfifchen  Klaftern,  64  Qefuitenfcfjolaftifer,  270  üont  höheren  unb  uieberen 
Slbel.  ©iefe  Qaf)l  h^ft  fief)  lange  auf  biefer  £)öf)e;  im  Qahre  1644  marett  eg  1300 
unb  im  Qaljre  1649  famen  auf  bie  höheren  Stubien  470,  auf  bag  ©tjnmafium  über 
700  Stubenten6. 


1  S>m  Satire  1649  verteilten  ficf)  bie  Schüler 
auf  bie  fed)§  Staffen  alfo :  Dttjetorif  23,  Poesis 
17,  Syntax  14,  ©rammatif  18,  Principia  20, 
Infirna  18. 

2  *  0rig.=9leg.  Ad  Austr. 

s  9?ef rolog  in  *Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1646, 

Coli.  Styr. 

1  Sie  Dbern  mären:  fOtarf.  9toet,  1632; 


Sob.©#ein,  1636(?);  SotpSaduer,  1643;  fDiart. 
Sliugeitperger ,  1645;  i)laul  Safferner,  1647. 

5  Sögt,  33b  I,  <5.  163  ff.  £$für  ba3  gotgenbe: 
Sie  ©rajer  iprogr.  von  fßeintid),  1869  unb 
1870;  SroneS,  ©efd}.  ber  Unioerfität  in  ©raj 
(1886)  12  ff ;  *  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  Prov. 
Austr. 

6  9?ät)ere§  bei  fßeinlid),  fprogr.  1872,  92. 


334 


giinfte§  Sapitel.  2)ie  öfterteidjifcfje  $roöinj. 


3n* 


Sielfad)  gemährte  ©raj  aud)  jahtreidjen  Flüchtlingen  gaftlidje  Aufnahme, 
folge  beS  bö^ntifcfjen  SüufftanbeS  Ratten  fcfjon  1618  33  Flüdßtinge  in  ©ras  ein  Stfpt 
gefunben,  unb  1619  mehrte  fich  bte  3at)l  fo,  bah  eine  gelang  220  Fefuiten  in 
©ras  wohnten,  bie  nur  burdj  großmütige  £)ilfe  ber  Sanbftänbe  unb  guter  Freuube 
unterhatten  werben  tonnten,  ©elbft  oom  Sßein  tarnen  oiele  oor  ben  ©djwebett 
ftiehenbe  Fefuiten  1633  nad)  ©ras.  Fm  3aßre  1645  fud)ten  ^efniten  bon  lieber» 
öfterreicf)  eine  ßufludjt,  fo  baß  man  jeitmeitig  mieber  150  ißerfonen  im  Hoüeg  3äf)lte. 

SOiit  ber  fteigenben  3aßt  ber  ÜDiitglieber  unb  ©cf)üler  hatte  bie  (Erweiterung  ber 
Säumlid)feiten  gfeicfjen  ©tfjritt  gehalten.  2dS  baS  Holleg  troß  feiner  ©eräumigteit 
r  nidfit  mehr  genügte,  mürbe  am 

eaJ  Jkv  O 

2ä £  V I S  D  E  S  C  R 1 P  T 1 0 

T'rägicomccdu 
D  E 


ß. 


SANCTO  GVIL' 

ELMO  DVCE  AQV ITANIAE» 

£  T  CO  MITE  PICTAVIjE. 


19.  21pril  1607  ber  ©runbftein  ju 
einem  eigenen  UniüerfitätSgebäube 
gefegt,  unb  1609  tonnte  ber  Um* 
Sug  ftattfinben.  $n  ben  ebenerbigen 
Säumen  mürben  bie  -fpörfäle  für 
bie  höheren  ©tubien  fand  IRtjetot-if 
unb  fßoefie  untergebradßt.  $er 
obere  ©tod,  ber  jmei  ©tagen  ein* 
nahm,  biente  als  21ula  unb  Stheater 
(großes  unb  deines  Xfjeater).  ©tu 
Flügel  gegen  Sorben  ftellte  bie 
Serbinbung  mit  bem  Sorbftügel 
beS  HoHegS  her.  ©in  deines  iiirm* 
d)en  mit  ber  ©djulglode  fcfjmüdte 
baS  SDad).  Fm  3°hre  1618  waren 
bie  ©cfjudotalitäten  mieber  ju  eng 
geworben,  unb  man  begann  beSßalb 
ben  Sau  eines  oierftödigen  ©e* 
bäubeS,  beS  fog.  „©todel"  an  ber 
SEßeftfeite  beS  ßeugßaufeS.  Sei  Se* 
ginn  beS  ©chutjahreS  am  1.  So* 
oember  1619  mürbe  baSfelbe  be* 
§ogen.  ®ie  ebenerbigen  Säume 
erßieft  ber  UnioerfüätSpebell,  bie 
oier  ©todmerfe  bie  ^^eologen  unb 
fßhdofophen,  nad)  einigen  Fahren 
aber  bauernb  bie  oier  ©rammatital* 
flaffen,  unb  gmar  bie  unterfte  im 
erften  ©tod  ufro.  Feöe§  ©todroert 
hatte  neben  einem  Sorpfaß  nur 
einen  Sehrfaal  Oon  28*/3  Fuß  Sreite,  40  Fuß  Sänge,  13  Fuß  §öße,  mit  brei 
®oppe!fenftern  auf  bie  ©traße  unb  einem  Fenßer  auf  öen  -fpof.  Fm  rrften 
©todmerfe  mürbe  aud)  ber  UniöerfttätSfarjer  untergebracht.  ®ie  Serbienfte  ber 
Sifcßöfe  oon  Saibad)  unb  ©edau  unb  ber  Prälaten  oon  ülbmont,  ©t  Sambrecßt, 
©tain§  unb  Soran,  beren  FreuJeöigfeit  ben  Sau  ermöglicht  hflde,  oeremigte  eine 
SSarmortafel  über  bem  ©ingangStor.  ®ie  ©ebäulidjfeiten  gruppierten  fid)  nun* 
meßr  fotgenbermaßen:  ®en  Hern  bitbete  baS  fcfjon  1573  junt  Steil  oollenbete 
große  Kolleg  (SßohnljauS),  an  biefeS  fcßloß  fid)  nörbtid)  bie  Unioerfität,  fiiblid), 
burd)  ben  großen  HoüegSgarten  getrennt,  baS  langgeftredte  Feröiuanbeum  (Hon* 
oift);  bie  norböftlidje  ©de  ber  ganzen  .fpäufermaffe  bitbete  baS  turmähnliche  @pm= 


*AGE  ND  JZ 

LVDIS  ^ CAB  EMI  CIS . 
i  -Hohtüflimii  &  ingenuif  Addern!*  Crxcenßf  xdelcJetMiint 

3ic  ©rajcr  Tragicomoedia  uont  Iil.  SBidjelm  1612.  (2/3) 


•Jtieberlaffmtgen  in  ©teiermarf :  ©ras. 


335 


najtum.  ßtüifdjen  festerem  unb  bem  UniberfitätSbau  lag  eingefeilt  bag  ergljergog- 
lidje  3eil9^)aug  *• 

Sille  bebeutenberen  ©reigniffe  ber  erghergoglicfjen  Familie  mürben  ebenfotiele  Sin* 
läffe  gu  ^reubenbegeigungen  ber  ©tubenten,  bie  fo  in  engere  SBejieljnngen  gum 
.^errfcfjcrhaug  traten  unb  in  taterlänbiftfjer  ©efinnung  beftärft  mürben.  211g  fyerbinanb 
boit  ber  SBiener  Beratung  (1614)  gurücffehrte,  mürbe  er  bon  ben  ©tubenten  gu  jßferbe 
unb  im  Triuniphmagen  am  ©tabttore  empfangen  unb  burcf)  Triumphbogen  unb  bie 
feftlidj  gefdjmütften  ©tragen  unter  SJiufif  gur  23urg  geleitet.  SBegen  ber  ©eburt 
beg  bringen  Seopolb  Söilljelm  maren  furg  torher  bie  ©rgfjergogin  unb  bie  ^ringen 
in  aljnlid)  feftlicfjer  SBeife  empfangen  morben.  ©rofjartig  mar  bie  fjeftfeier,  als 
^erbinanb  brei  Qaf)re  fpäter  bon  ber  Krönung  311m  ®önig  bon  25öf)men  (29.  $uni 
1617)  nad)  ©rag  gurücffehrte.  Ter  ©ingug  beg  Äönigg  fanb  am  26.  Dftober  ftatt. 
Tie  ©öttin  gama  fuhr  auf  einem  SSierfpänner  bem  ßönig  entgegen,  23oten  eilten 
herbei  unb  berfünbeten  ben  $ubel,  ben  bie  Krönung  in  allen  Sänbertt  berurfadjt. 
Tie  Söeltteile  ©uropa,  Slfien,  SIfrifa  unb  Slmerifa  erfchieneit  auf  einen  Trompetern 
ftofs  ber  gama  gur  £mlbigung.  Sille  Könige  unb  $errfd)er  ber  SBelt  mit  ben  Slb* 
geidjeit  ihrer  SBiirbe  umringten  ben  Söagen  beg  Königs  unb  gaben  ihm  bag  ©eleite 
burd)  riefige  Triumphbogen,  bon  benen  aug  bie  ©öttergeftalten  ber  ÜDlpthologie  Sob 
unb  jßreig  fpenbeten.  Sin  bem  grofjen  Triumphbogen  ber  Uniberfität  mit  feinen  brei 
©todroerlen  30g  ein  hiftorifdjer  fjeftgug,  9iubolf,  ber  ©tifter  beg  habSburgifdjen  ^aufe§ 
in  einfachem  fgagbfleib  mit  glängenbem  (pofftaat,  an  bem  ®önig  borbei.  Stuf  einem 
meiteren  Triumphbogen,  ber  in  brei  grofjen  ©tagen  mit  ben  Ütepräfentanten  beg 
(pimmelg,  ber  £)ölle  unb  ber  ©rbe,  befonberg  ben  gelben  öfterreidjg  beoölfert  mar, 
mufigierten  alle  9Jtufifd)öre  ber  ©tabt.  $m  Söedjfelchor  fangen  bie  ©ngel  unb  ©rg» 
enge!  oben  unb  bie  dürften  unb  Prälaten  unten  ben  SSerg :  $m  tarnen  3efu  beugen 
fid)  alle  ®nie.  Unb  mährenb  bie  einen  fangen,  beugten  bie  anberit  in  langen  9ieil)en 
feierlid)  bag  ßnie.  Stuf  ben  SBefe^l  an  bie  ©eifter  ber  Untermelt,  bag  ®nie  gn 
beugen,  ftiirgten  biefe  unter  ^ammergeheul  gu  ©oben  unb  mürben  ton  einem  feurigen 
Slbgrunb  terfdjlungen.  Sieblicfje  SJiufif  fe^te  ein,  unb  langfam  erhob  fid)  ber  Siame 
^efug  ton  ber  unteren  ©äulenfrönung  big  hinauf  gum  fjödjften  ©ipfel  beg  Triumph“ 
baueg,  mo  er  ben  tarnen  gerbinanb  überftraljlte.  ©in  ^SreiS»  unb  ©egenggefang 
ber  tereinigten  ©höre  ber  ©ngel  unb  dürften  fdjlofj  unter  bem  ^ubel  ber  großen 
SBolfgmenge  bie  patriotifcffe  geier1 2. 

Über  bie  ©rfolge  ber  ©rager  ©cfjule  bemerft  ein  fteiermärfifd)er  ®efdjid)tgforfdjer : 
,,©g  bleibt  ein  unbeftreitbareg  jßerbienft  ber  ^efuiten,  burd)  ibjre  ©djulen  ben  £atf)0“ 
ligigmug  in  ben  f)öheren  Greifen,  befonberg  im  Slbelg»  unb  ©ürgerftanbe,  mieber  gu 
2lnfef)en  gebracht  unb  Siebe  unb  ©ifer  für  bag  fircfjlicfje  Seben  bafelbft  menn  nid)t 
begrünbet,  fo  bod)  mächtig  geförbert  unb  befeftigt  gu  haben,  meshalb  fomohl  ber 
Sanbegfürft  alg  aud)  bie  höchften  fird)Iid)en  Söürbenträger  bereu  23eftrebungen  unb 
©inricbtungen  an  ber  Uniterfität  burd)  Söort  unb  Söeifpiel  auf  bag  fräftigfte  unter- 
ftüfsten."3 

Sieben  ben  Slrbeiten  in  ©tjmnafinm  unb  Slfabemie  entfalteten  bie  ©rager  jßatreg 
eine  rege  Tätigfeit  in  ber  ©eelforge.  Ter  @efd)id)tfchreiber  beg  ©rager  Ä'ollegg  be= 
richtet  barüber:  „3hre  Slnftrengungen  in  biefer  9tid)tung  hatten  auch  glängenben 


1  ißeinlid),  Programm  1870,  3  5  7;  1872, 

52  ff.  Sirdjenfcfjmuct  (©ras)  1872,  49  ff. 
förotteS,  ©efd).  ber  llnioerfität  in  ©ras 
253  ff.  Karajan,  ©efd).  ber  räumlichen 

Enttoidlung  ber  Uniöerfität  ©ras  -  in  &eft» 
fdjrift  ber  llnioerfität  ©ras  (1895)  133  f. 


SBgl.  ©djauenftcin,  3)ie  erften  brei  Safjr- 
hunberte  ber  llnioerfität  in  ©ras  (1886)  10. 

2  Stäljere  93efd)reibung  bei  iß  ein  lief),  ißro= 
gramnt  1879,  11  ff. 

8  ©djufter,  gürftbifefjof  SUtartin  58renner 
552. 


fünfte»  Äopitel.  Sie  öfterreid)ifd)e  $roöinj. 


33G 

©rfolg,  ihre  Sätigfeit,  Umficht  unb  ifjr  ©rfinbungggeift,  ben  ©emütern  ber  Seute  bei» 
äufontmen,  mären  auch  in  ber  Sat  berounberngmert.  ©in  mefentlicfjeg  Slfittel  für 
bie  ©laubigen  roar  bic  ißrebigt,  für  bie  Qugenb  unb  ungebilbeten  Seute  bie  Katedjefe 
ober  ©hriftenlehre.  ©ine  foldje  mürbe  alle  ©onn»  unb  Qefttage  nicfjt  blofe  in  ber 
Qefuitenfircf)e,  fonbern  and)  an  anbern  Orten  gehalten.  .  .  .  Qm  Qal)re  1615  mar 
ba§  eine  neu,  baf;  in  ben  brei  Qafdjinggtagen  alg  ©egenfaf}  ju  bem  müften  Sreiben 
ber  2öeltleute  bag  bierjigftünbige  ©ebet  bei  auggefefjtem  l)ocf)mürbigen  ©ute  eingeführt 
morben  mar  unb  eine  grofje  Qafjl  Xeitnef^mer,  barunter  auch  fef)r  biele  ©tubenten, 
gefunben  Ejatte,  mobei  bag  Beifpiel  beg  ©r^erjog§  Qerbinanb  H.,  ber  fetbft  mehrere 
©tunben  öffentlich  in  ber  Kirche  bem  ©ebete  oblag,  ooit  auperorbentlicljer  Söirfung 
mar."  „Bluffer  bem  ©ottegbienfte  unb  bem  Beidjtftuhte  in  ber  eigenen  Kirdje  unb  ber 
geiftlidjen  Seitung  Oon  fünf  Söruberfdbjaften  Ratten  fie  aud)  bie  ©eelforge  in  ben 
©pitälern,  Werfern,  im  ftäbtifdjen  2Baifenl)aufe  unb  auf  bem  ©dfloffberge,  mie  fie 
aud)  in  ben  oerfdjiebeneit  Klöftern,  Kirdfen  unb  Kapellen  ber  ©tabt  fefjr  f)äufig  bag 
ißrebigtamt  auSiibteu." 1 

Sie  beiben  ÜJJiarianifd)en  Kongregationen  für  bie  höheren  unb  nieberen  ©tubien 
jäplten  1620  210  unb  135  SDUtglieber.  Qm  Qaljre  1621  mürbe  oon  ber  Kongregation 
für  bie  ©pmnafiaften  eine  britte  Kongregation  für  9t£)etorifer  unb  ißoeten  abgetrennt. 
Sie  größere  Kongregation  lief)  in  biefem  Qahre  alg  ©efdjenf  ein  ©ebetbuc^  in 
1300  ©pemplaren  an  bie  ©obalen  berteilen.  Qm  Konoift  blühte  eine  Kongregation 
bom  ^eiligen  ©eifte.  Qür  bie  Bürger  mürbe  1636  eine  eigene  Kongregation  er¬ 
richtet.  @3  gab  faft  feine  Qamilie  in  ber  ©tabt,  meldje  nicpt  in  biefer  Kongregation 
bertreten  mar.  ©d)on  gleicf)  im  Qaljre  beg  ©ntftefjeng  mürbe  ben  9Jfitgliebern  alg 
9ieujahrggefcf)enf  ein  Büdjlein  mit  Biographien  bon  Kongregationiften  berteilt 
(SÜJiarianifche  Qalfregfrone  oon  P.  Bachin,  ©rag  1636).  Qm  Qat)re  1640  jäf)Ite  bie 
Bürgerfongregation  500  üOiitglieber  unb  im  Qaljre  1644  bie  Kongregation  ber  ißhilo» 
fopljen  unb  Sheologen  ebenfooiel.  ©inige  Qaljre  fpäter  mürbe  auch  eine  Kongregation 
für  QunggefeHen  errichtet,  fie  jäfjlte  halb  180  ÜDUtglieber  (1649) 2. 

©ine  erfreuliche  Qrucfjt  all  biefer  Bemühungen  geigte  fiel)  in  bem  ftetig  machfen» 
ben  ©mpfang  ber  ©aframente.  Sie  Qal)l  ber  Kommunifanten  nahm  aufferorbentlid) 
gu,  fie  betrug  in  ben  breipiger  Qalfren  in  ber  Qefuitenfirdje  fährlid)  gmifchen  40000 
big  50000;  in  bem  Qubeljaf)r  1650  mürben  allein  in  ber  Qefuitenfirdje  über 
69000  Kommunionen  gefpenbet3.  Reicher  ©egen  für  bie  ©eelforge  in  ©tabt  unb 
fianb  erflog  audh  aug  ber  ©d)ute.  Qm  Qahre  1634  j.  B.  mürben  elf  Qöglinge  beg 
Qerbinanbeumg  ju  i|Srieftern  gemeifjt  unb  traten  in  bie  ©eelforge  über.  2tu§  bem 
Konoift  gingen  im  felben  Qahre  fiebert  Qöglinge  alg  neugemeifjte  ^Sriefter  auf  ber» 
fdjiebene  ipfarrftationen  unb  fo  ähnlid)  in  anbern  Qaf)ren.  Slud)  bie  bieten  ©tifte 
unb  Klöfter  mürben  bon  ©raj  aug  mit  guten  Kanbibaten  berforgt;  fo  traten  1644 
bon  ber  Slfabemie  gegen  100  unb  1650  gegen  60  ©tubenten  in  bie  betriebenen 
religiöfen  Orben  ein. 

Qum  9?uf)me  gereichen  ©raj  auch  bk  bieten  borjüglidjen  SDiänner,  bie  aug 
feinen  ©chulen  herborgingen  unb  fpäter  ^eroorragenbeS  im  Sienfte  bon  ©taat  unb 
Kirdje  leifteten.  ©<f)on  im  erften  Qatjrjehnt  unferer  ifleriobe  promooierten  bort 
Scanner,  bie  fpäter  alg  Slbte  bon  ?lbmont,  ©t  Sambredjt,  ©öttmeih  unb  ©eiten» 


1  $  ein  lief),  $rogr.  1870,  8  44;  1872,  90. 

2  Saju  !am  am  26.  Sluguft  1650  bie  Sin» 
füljrung  einer  93ruberfd)aft  ju  St)ren  be§  bittern 
2eiben§  unfereS  £>errn :  bie  SobeSangfUShrifti» 
93ruberfd)aft.  ©ie  johlte  binnen  furjem  5000 

SDiitglieber.  ©anje  Drbengfamilien  traten  ihr 


bei.  $8ei  ber  Sinfiihrung  mürbe  ein  Sotenamt 
unb  eine  iprebigt  oor  einem  ©emälbe,  bie  Jobe#* 
angft  Shrifti  barfteEenb,  gehalten,  ip  e  i  n  l  i  ch, 
$rogr.  1870,  44. 

3  $  e  r  f. ,  $rogr.  1872,  89. 


fRieberlaffungett  in  ©teiermarf:  Seoben. 


337 


ftetten,  al§  93ifcf)öfe  Don  trieft,  3Cgrant  unb  Sedau  wirften.  3n  öiefer  3^t  nahmen 
bort  an  beit  öffentlichen  Schulen  teil  bie  <$r§f)ergöge  Seopolö  nnb  £arl.  ©laubenä» 
helben,  bie  in  ©raj  ftubierten,  beit  Schotten  Ogilbt),  beit  Ungarn  9Jtarfu§  (Srifin, 
beit  Schweben  3ad;aria§  Stntelin§,  ben  ÜDMlfren  ^o^ann  Sarfanber  jäljtt  bie  ©rajer 
Sdjule  mit  fRedjt  §u  ihren  üornehmften  3^erben.  3m  allgemeinen  barf  matt  mol)l 
auf  ba§  SSirfen  bcr  ^efuiten  in  ©raj  bie  SBorte  anwenbeit,  mit  melchen  g-erbinanb  II. 
in  ber  93eftätigung§urfunbe  Dom  8.  ©ejember  1632  au§  eigener  Kenntnis  unb  (Sr» 
fahrung  Doit  ben  ^efuiten  in  ©raj  bezeugt  „ben  funberbahreit  erfpriefjlidfen  Deutelt, 
Welcher  burd)  ba§  Kollegium  ber  Societet  Iesu  in  unferer  fteierifdjen  (pauptftabt  ©rat; 
fomohl  mit  aller  Söeflirberung  unb  Verrichtung  be§  ©otteSbienft  insgemein  alg  jumahlen 
fürnehmlid)  mit  einfiger  gelehrter  unb  fürtrefflicher  Unterwerfung  be§  gemeinen  9Jtanne§ 
unb  ber  Qugenb  in  bent  cf)nftlidjen  fatholifdjen  ©lauben  (unb)  anbern  tugenblichen 
©h^en  täglich  gefd^afft  wirb"1. 

Slufjer  ©raj  unb  feinen  Dlefibetgen  erhielten  bie  Qefuiten  in  Steiermarf  nod) 
Siieberlaffungen  in  Seoben  unb  Qubeitburg,  bie  befonberS  ber  5lu3bilbung  ber  Orbenl» 
mitglieber  §u  gute  tarnen.  3m  3a^re  1613  fdfenfte  (Sr§herS°g  ^erbinanb  ben 
patres  feine  in  ber  9Ud)e  ber  ÜÖhirbrüde  gelegene  Vurg  ,^u  Seoben2.  ®er  Slbmonter 
Slbt  3°hann  §ofmann  überwieS  lOOOO  ©ulbeit  unb  jubem  bie  in  ber  Scäl)e  ber 
23urg  befinblid)e  ^ohantteSf'irche  mit  fecf)§  Slltären3.  5lm  10.  S)ejember  1613  trafen 
2  patres  mit  2  Saienbrübern  Don  ©rag  in  Seoben  ein.  Um  bie  3JUtte  be§  16.  3ahr* 
hunbert§  mar  bie  übermiegenbe  SJtefirheit  ber  Vitrger  nod;  tattjolifd),  smei  Qahr^ehnte 
fpäter  proteftantifd),  unb  alle  SJtanbate  be§  (Srjhepsogg  ®arl  hatten  barait  nidjtä 
änbern  tonnen4.  9113  am  1.  Januar  1614  ein  9Iblaff  Derlünbigt  würbe,  erfdjieneit 
nur  23  ©laubige,  bod)  ftieg  bie  3al)l  in  gwei  3ohren  auf  100.  SJian  hatte  ben  Seuteit 
aud)  hier  beigebracf)t,  burd;  ba§  (Srfdjeinen  ber  ^efuiten  würbe  eine  Neuerung  ber 
befferen  Seben§mittel  entfielen.  „9113  man  aber  fah,  baff  Don  ben  Qefaüen  Weber 
Rebhühner  nod)  Kapaunen  nod)  9tuerl)ül)ner  unb  inbifche  §üf)ner  getauft  würben, 
fonbern  baj)  fie  fid)  mit  fHinbfleifcf)  begnügten,  gewannen  fie  mehr  Vertrauen;  unb 
al3  ihnen  enblidj  eine  längere  93etanntfd)aft  33eweife  Don  ber  liebeüollen  gmrforge 
für  bie  9lrmen  unb  Fronten  unb  Don  ber  tätigen  9lu3f)ilfe  in  ber  Seelforge  Der» 
fchaffte,  würbe  ooKenb3  ba3  befte  (SinDernehmeit  hergeftellt." 5  3nt  3nhre  1615  jogen 
Don  33rünn  29  SioDi^en  mit  5  )J3atre3  ein :  ba3  ScoDijiat  begann  bort  8.  September 
1615.  3 m  3ahre  1620  wanbten  fiel)  bie  93emot)ner  Don  (Sifenerj  an  ben  Äaifer 


1  2>erf. ,  fßrogr.  1870,  25.  58gt.  bie  Urteile 
Bon  ©tobaeug  Bom  1.  SRai  1604  bei  Hansiz, 

Germania  sacra  II  (1729)  684  unb  beä  fßropfte§ 
Diofoteng  in  feinem  „©rünblidpen  ©egenberidjt" 
(1606)  613.  —  S)ie  fReftoren  biefer  ißeriobe: 
fßaul  ÜReuf'ird),  1599 — 1601 ;  @i§b.  Sipebicpa» 
Biu§,  1601;  Florian  ütoancini,  Oft.  1606; 
2Bitp.  Samormaini,  1614 ;  9tapp.  ßobengt,  1621 ; 
9Jtarf.  ißottarbt,  1627;  Sßet.  XimeneS,  1629; 
Slitat  fßetliceroli,  1631;  9iumer,  1 634  (?) ; 
ÜRattp.  33aftianfd)iä,  1637  (?)  (SBigereftor);  9Ricp. 
©umereder ,  1639;  3ocf).  2rinfeDiu3,  1642; 
£>erm.  ^>orft,  1645;  grang  Sßiggoni,  1647.  — 
31gt.  bie  ettoag  abroeid)enbe  Sifte  bei  ^5  e  i  n= 
Iid),  üßrogr.  1869,  100;  Ä'rone§  a.  a.  £). 
577.  3u  ©rag  gehörten  aud)  bie  SRefibengeit 

dRiiblftabt  (fDliiDftabt)  unb  feit  1610  ^patberg, 

ino  ftetd  einige  patres  unb  trüber  weilten. 

S)ubr,  ©efc£)iii)te  ber  Sefuiten.  II. 


9läbere§  bei  fßeinlid),  fßrogr.  1872,  31  ff 
39  ff.  —  Segeitben  über  ©rag  toibertegen  Söriefe 
Bon  P.  Gf)riftopf)  Biegetfeft  uftn.  au§  bem  Satjre 
1633.  *  Original  in  9Jt.  9t.,  Jes.  38.  »gl. 
Forer,  Anatomia  1 64  f. 

*  SBgt.  *Litt.  ann.  Prov.  Austr.  Leoben. 

3  2tni  16.  guni  1613  patte  ber  ßrgpergog 
gerbinanb  bem  9tate  ein  SRanbat  gutommen 
taffen,  bie  fyopanneSfirdje  farnt  aflen  93enefigien 
ben  ^efuiten  gu  übergeben.  3<ü)rt'ud}  ber  @e= 
fettfepaft  für  bie  ©efep.  be§  fßroteftanti§mu§  in 
öfterreiep  1906,  103  f ;  bort  ©.  104  ff  ber  ©treit 
wegen  be§  gur  93urg  gepörenbeu  3mnger§. 

4  ©bb.  81  ff. 

5  fß ein liep,  fßrogr.  1870,  9.  33gl.  9Bidj= 
ner,  ©efep.  bc^  SSenebiftinerftifteS  gu  9lbmont 
IV  (1880)  268. 


22 


338 


giinftc»  Äapitcf.  Sie  öfterreidfjifd^e  fprobinä. 


um  ©rricptung  einer  Sateinfcpufe  in  Seoben1.  3n  Seoben  fefbft  mar  eine  jefuiten* 
feinbficpe  Partei  unter  ben  ^Bürgern,  bie  gegen  baS  Qntereffe  ber  (Stabt  bie  Gsrricp* 
tung  ber  ©cpule  gu  oerpinbern  fiteste.  Sropbem  fam  fie  gu  ftanbe.  Sie  taier  menig 
befudjten  ©rammatifalftaffen  mürben  menigftenS  in  ber  erften  $eit  non  9?oüigen  ge» 
leitet;  im  3aPre  1635  trat  bie  Humanität  unb  1640  bie  fRpetorif  pingu2. 

3m  3<*pre  1624  mürbe  ber  ©runbftein  gu  einem  neuen  Kolleg  gelegt,  baS  1626 
OoIIenbet  mar.  (Sbenerbig  enthielt  eS  einen  geräumigen  ©peifefaaf,  Kücpe  unb  SSor* 
rat§räume,  im  erften  ©tod  mären  bie  SBopnräume,  im  gmeiten  bie  ©djtaffäle.  3m 
3apre  1630  gäplte  baS  §auS  76  fßerfonen,  unb  feit  1632  mürben  pier  aud)  bie 
Repetenten  ber  Humanität  (1633  maren  eS  23)  untergebradjt.  Sie  gapl  ber  Königen 
betrug  geitmeilig  über  70.  üfiadjbem  fepon  1628  ein  Seil  ber  ^efniten  in  bem 
ÜJioüigiat  bei  ©t  Slnna  in  Söien  untergebraept  morben,  fiebelte  1634  baS  S'conigiat  gang 
nadj  Sßien  über,  eS  tarnen  aber  naep  Seoben  1636 — 1643  baS  britte  ^ßrobejapr 
unb  bann  ^efuitenfdiotaftifer,  melcpe  bie  ÜDioral  ftubierten 3.  Ser  23au  eines  Knaben» 
femiuarS  gunt  pl.  3°fepp  mit  24  ißläpen  mürbe  1641  begonnen;  eS  gäplte  im  2ln* 
fang  auS  Strmnt  nur  6  ©tiftlinge  (Sllumnen),  1645  20  ßöglinge,  8  ©tiftlinge  unb 
12  begaplenbe  „Konoiftiften". 

2Bie  an  ben  ©djuten,  fo  beteiligten  fiep  auep  bei  ber  ©eelforge  bie  S'toüigen 
burd)  Srteilung  oon  Katecpefe.  Sangfam,  aber  ftetig  ftieg  ber  ©mpfang  ber  peiligen 
©aframente.  3m  3flf)re  1625  famen  an  SBeipnadjten  etma  600,  um  Cftern  etma 
2500  gur  33eid)t.  Um  Dftern  1630  empfingen  in  ber  3efuitenfircpe  4000  bie  heiligen 
©aframente.  Sie  ßapl  ber  Kommunionen  betrug  1634  8200,  fie  ftieg  1638  auf 
11000,  1642  auf  14000.  2In  ©onm  unb  gefttagen  mürben  1649  gemöpnlicp  50, 
an  groffen  gefttagen  400  Kommunifanten  gegäplt,  mäprenb  ber  Söocpe  burepfepnitt« 
lief)  minbeftenS  gepn.  93oit  ben  patres  beS  britten  Probejahres  mürben  oielfad) 
in  ber  gmftengeit  SOUffionen  gepalten.  Sei  biefen  9J?iffionen  gäplte  man  g.  33.  1638 
gegen  18  000,  1643  gegen  40000  Seidjten.  Konoerfionen  treffen  auf  bie  eingefnen 
3apre  gegen  10 — 14.  gmei  äftarianifepe  Kongregationen  (menigftenS  feit  1630),  bie 
eine  für  bie  ©pmnafiaften,  bie  gmeite  für  bie  Sürger,  fuepten  baS  ©ute  gu  befeftigen 
unb  gu  förbern.  Sie  SJfännerfongregation  oeranftaltete  1646  eine  bramatifepe  Sar» 
ftelfung  beS  SeibenS  ©prifti4. 

Sefonbern  Sanf  unb  gropeS  Sob  ernteten  bie  3efuiten  in  Seoben  bei  bem  großen 
©tabtbranbe  im  3aPre  1646.  2lnt  SJfontag  naep  bem  Söeipen  ©ountag  bradj  ein 
fureptbarer  Sranb  auS,  ber  einen  gropen  Seil  ber  ©tabt  einäfeperte.  Ser  Sranb 
mütete  gmei  Sage  unb  mar  naep  mepreren  Stagen  nod)  niept  ooüftänbig  gelöfdjt. 
Sie  3efulten  feifteten  bei  Sag  unb  üftaept  unter  SebenSgefapr  angeftrengte  £ilfe  gur 
Rettung  non  Seben  unb  §abe  oieler  ^Bürger.  9J?it  groper  ^reigebigfeit  ftanb  baS 
Kofieg  ben  üieleit  2(bgebrannten  in  ber  golge  bei/  befonberS  burd)  ©penben  oon 
©etreibe  unb  £>olg5. 

©epon  in  ben  Sapren  1603  unb  1604  maren  3  patres  in  ber  3J?iffion  3uben- 
bürg  tätig,  pauptfäcplicp  aber  nur  für  ©eefforge  unb  Unterricpt  ber  beiben  bringen 


1  ‘ßcinltcf),  ißrogr.  1870,  18.  *  Litt.  ann. 
1620—1650. 

2  gm  3<ü)re  1649  üerteilten  ficf)  bie  ©djiiler 
auf  bie  einzelnen  $  taffen,  oon  ber  StljetonE  an= 
gefangen:  17,  9,  17,  18,  10,  18. 

3  1643  maren  bort  acfjt  „Casistae“. 

*  3m  3at)re  1649  maren  in  ber  Bürger» 

tongregation  eingcfd)rieben  276,  bie  3af)t  ber 
gemöfjnlidjen  S3efud)er  mar  aber  nur  gegen  60. 


Sie  ©tubentenfongregation  ääfpte  62  9ftit= 
glieber. 

5  9fä^ere§  in  *Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1646. 
—  Sie  Obern  oon  Seoben  maren :  §einr.  Sa- 
mormaini,  1614  (©up.);  SSartf).  SSepger,  1618 
(Sieftor);  SRarf.  91oeIiu§,  1621;  epriflian  «ert- 
fd)iabe§,  1624;  ®?att^.  Äotnif  (So(nig),  1629; 
©tebb-  ®ber,  1637;  SRattp.  fiolnif,  1642;  Wild). 
ßftmor,  1646;  SDtart.  Älingenpcrger,  1650. 


9?ieberlaffungen  in  ©teiermarf:  Subenburg. 


339 


.(&/■ 


P  A 


Seopolb  unb  Äart.  ®ie  9?iebertaffung  würbe  erft  1621  gegrünbet1.  3n  ^ubenbitrg 
befanb  fiel;  ein  föfofter  ber  Auguftiner-Grremiten,  baS  fdEjott  feit  tangerer  3eit  nur 
mepr  oon  einem  atten,  ber  SanbeSfpracpe  nnfnnbigen  ÜDJöndje  bemopnt  mnrbe.  3)er 
33aron  23altpafar  ton  £panpaufen  fjatte  mit  pöpfttidjer  Bewilligung  biefeS  SHoftcr 
mit  feiner  jerfattenen  ^irdje  um  2000  ©ulben  getauft  unb  am  9.  1621  ben 

Qefuiten  gefepenft.  Am  14.  Quni  gogen  2  fßatreS  unb  2  Brüber  non  ©raj  in 
^ubenburg  ein;  fepon  am  27.  ^uni  tonnte  ©otteSbienft  unb  ßpriftentepre  unb  am 
3. 9?o0ember  eine  ©rammatif- 


fepute  mit  35  ©cpütern  er- 
öffnet  werben2.  9iocp  im 
fetben  Qapre  mürbe  ber  Sßtan 
jum  Bau  eines  fö'ottegS  itaep 
9iom  gefanbt3.  ^apre 
1625  waren  in  Qjubenburg 
3  patres,  2  9J7agiftri  unb 
2  Briiber.  ®er  ©cputen 
waren  jwei,  jebe  patte  ^tuei 
Abteilungen.  3U  liefen  jwei 
Staffen  trat  im  3aPre  1626 
bie  ißoefie,  fo  baff  in  ber 
einen  klaffe  Humanität,  in 
ber  jweiten  ©pntaj  unb  ©rarn- 
matif,  in  ber  unterften  bie 
AnfangSgriinbe  unb  Sternen« 
tartenntniffe  geleprt  würben. 
1646  würbe  bie  fRpetorif  bei¬ 
gefügt.  3aPre  1647  be¬ 
trug  bie  ©cfjüter^apt  118.  3n 
ben  friiperen  ^apren  wirb  bie 
geringe  3flt)1  ber  ©cpüter 


LILIA  SACRA 

In  mediis  Brums  frigoribus,  j 

Ad  parvas  INFANTIS  DEI  cunas, 
PerJudenburgenfesHumaniftas, 

Idyllio  Paftoritioexprefla,  decantata: 

Atquc 

R^cvercndißimo  &  zArnplißimo  Prtjttlt,  ac  Domino, 
Domino 

BENEDICTOj 


|Dei  &  Apoftolicse  Sedis  GratiäJ 

l  Abbati  celeberrimi  &c  Exempti  Monafterii  ad 

?  S.  Lamberttim  ,  Ordinis  S.  Bencdifti:  Prxpofito  in  Cell 
Afflcnz  ,  &  Pibcr  &c.  Sac:  Ca:f:  Mij:  Confiliario  5cc. 

8*®  Domino  ac  Mecxnati  fuo  gratiofiflimo,  gUj 

Dicata  &  Sacrata.  ^ 

wDum  ex  munifica  Eiusdem  Reverendifsi-|g 

Eg  mi  PrarfuJis  Liberalitarc,  Liberales  Litcrariz  Gymnados^g 
^  Pancratiaftx,  Liberalibus  Pnemiis  condecorarentur: 

in  Judenburgcnfi  Societatis  Je  su  gk 

Gymnafio,  gw 

fJjcB  &{cnß ß anuario  :  csinno  JubiUo: 

Qapre  1631  gäptte  baS  &'olteg 
1 2  äRitgtieber,  barunter  5  pa¬ 
tres  unb  3  Sftagiftri.  Bon 
1633  bis  1637  unb  mieberum 
feit  SDejember  1643  weilten 
auep  bie  patres  beS  XertiateS 
in  Qubenbnrg,  gewöpnticp  10 
bis  20;  im  3a§re  1650 
waren  eS  11.  ®ie  glinbation  patte  bie  Baronin  Urfttta  oon  Spanpaufen  mit 
50000  ©utben  bon  1632  bis  1645  befepafft.  SDie  „lertiarier"  würben  befonberS 


meprfadp  peroorgepoben4.  3m 


©in  Subenburger  2öetljnacötgfpiel  mit  ^anbfdjrift 
beS  ©bornguS  1650.  (2/s) 


1  *  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  Prov.  Austr. 

2  fßeinlid),  tprogr.  1870,  19.  Utm  4.  ©ept. 
1621  nahm  ber  ©eneral  bie  gunbation  an. 
'-Bgt.  fein  tEanffcbreiben  an  Söaron  93attb-  0. STbam 
baufen  üom  fetben  Saturn.  *  Drig.=9teg.  Ad 
Externos. 

3  *  9JiteHe3cf)i  an  Eobend-  11.  Seft.  1621. 
(Sin  jum  größeren  Seil  fertiger  9?eubau  be§ 
fotlegl  wirb  öon  Sßitetteädji  in  einem  ©riefe 
an  ben  ©ifitator  gl.  be  9Jtontmorenct)  Dom 


28.  Suni  1631  ermähnt.  *  Orig.=9ieg.  Ad  Austr. 
Über  ba§  mit  bem  gerbinanbeum  in  ©ras  ber¬ 
einigte  Zeitig  =  ©eiftfpitat  in  Subenburg  Ogt. 
Beiträge  jur  Äunbe  fteiermärfifdfer  ©efd)id)tg= 
quellen  1887,  16  ff. 

4  Sm  Sab«  1649  gäblten  bie  Staffelt  Oon 
ber  fRbetorit  augefangen  14,  10,  20,  10,  12, 
12  ©cbüter.  $a§  SoitOift,  Seminarium  Sti  Io- 
sepln  feit  1638,  mar  1646  mit  17  fjiiglmgen 
befefet. 


340 


günfteä  Kapitel.  Sie  öfterreidjifdje  Iprooinä. 


in  ber  gdftengeit  oielfadj  ju  SOciffionen  au§gcfcf)icft,  fo  1033  nacf)  Oberöfterreidj  ttnb 
Kroatien,  1644  nadj  Ungarn  unb  üerfdjiebenen  Orten  Oon  Kärnten  rtnb  ©teiermarf. 
Stuwer  ber  Kongregation  für  bie  ©tubenten  mirb  eine  folcfje  für  bie  Bürger  ermähnt. 
Ter  Empfang  ber  fjeiligen  Kommunion  ftieg  oon  3000  im  $af)re  1630  auf  4600 
im  Qaljre  1634,  gehn  ^aljre  fpäter  auf  8000  unb  erreichte  1650  bie  ßaljl  öon 
11  300 1. 

SBie  ©teiermarf  mar  aud)  Kärnten  im  16.  Qa^r^unbert  faft  ooßftänbig  ber 
neuen  £ef)re  oerfallen.  TaS  gilt  befonberS  oom  Stbel  unb  ben  ©täbten;  aber  audj 
ein  großer  Steil  ber  dauern,  befonberS  in  Oberfärnten,  mar  proteftantifd).  Qn  ber 
^auptftabt  Klagenflirt  mar  im  beginn  beS  17.  QahrfjunbertS  oießeidjt  nod)  ein 
Tufjenb  fatljolifdjer  93ürger1 2.  Tie  fat^olifc^e  Religion  mürbe  hier  burdj  eine  oom 
Sanbesljerrn  abgefanbte  Kommiffion,  an  bereit  ©pipe  ber  eifrige  ©edauer  SSifcfjof 
SJJartin  Srenner  ftanb,  mieberljergeftellt.  Um  bem  SSerfe  23eftanb  §u  fiebern,  be» 
mühte  er  fief),  Qefuiten  in  Klagenfurt  an^ufiebeln.  21uS  bem  Kolleg  oon  ©raj  erbat 
er  fidj  gunädbft  ben  tüdjtigen  i]Srebiger  P.  ßalluS  ©djerer.  Terfelbe  erhielt  feine  2Bofp 
nung  im  neuen  ©pital,  muffte  aber  feine  ißrebigten  in  ber  ©tabtpfarrfird)e  halten,  ba 
ifjm  bie  3unt  ©pital  gehörige  Kirdje  infolge  beS  SSiberftanbeS  ber  Sanbfdjaft  nod) 
oerfdjloffen  blieb3.  9?adj  ber  Slbreife  beS  93ifif)of»  (28.  $uli  1604)  übernahm  ©djerer 
ganj  bie  Untermeifung  beS  23olfeS. 

Über  feine  Söirffamfeit  beridjtet  ber  33iograpf)  beS  23ifdjofS  Brenner:  „ 91n  allen 
©onn»  unb  gefttagen  prebigte  er  üormittagS  bem  QMfe  unter  großem  ßulaufe,  nach» 
mittags  unterridjtete  er  bie  ©djulfinber  in  ber  ÜMigiott  mit  folgern  ßrfolge,  bafs  er 
5 um  Unterridjt  ber  ^ugenb  gerabeju  geboren  ju  fein  fdjien.  täglich  laS  er  um 
6  Uhr  bie  heilige  äfteffe,  nach  Welcher  er  fogleid)  ben  Slnmefenben  einen  SSIeil  ber 
ÜJJieffe  unb  ihrer  .ßeremonien  erflärte  unb  überhaupt  bem  23olfe  bei  jeber  (Belegen* 
heit  Unterricht  erteilte.  23ifdjof  ÜJtartin  hatte  aber  fd)on  oor  ber  Slnfnnft  ©djererS 
ben  ^Bürgern  oon  Klagenfurt  oftmals  oon  ben  Qefuiten  erzählt  unb  ihnen  erflärt, 
toie  nüfKid)  eS  für  bie  ©tabt  märe,  menn  folcfje  fid)  bort  anfiebeln  mürben,  ©ie 
feien  nicht  bloff  bie  beften  Seljrer  in  ben  ©djulen,  in  betten  fie  unentgeltlidj  bie 
^ugenb  unterrichteten,  fonbern  audj  bie  eifrigften  Tröfter  ber  Sinnen  unb  Kranfen 
in  ben  Spitälern,  ber  (befangenen  in  ben  Kerfent  unb  ber  ©terbenben  auf  bem 
Totenbette." 4  Ter  Übertritt  monier  Bürger  mürbe  anfangs  auch  beShalb  erfdjmert, 
meil  bie  ißroteftanten  baS  berüdjt  oerbreitet  hatten,  bie  23efel)rten  müßten  beit  Kont» 
miffären  fdjtoören,  fie  glaubten  untierbrüdjlidj,  bah  ihre  ^äter  unb  SUJütter,  Sriiber 
unb  ©djmeftern  unb  alle  ihre  Sermanbtett  fidj  in  ber  §ölle  befänben 5. 

Slm  30.  üftooember  1604  mürbe  bie  junt  ©pital  gefjörenbe  Kirdje  ju  ©hren 
ber  Slpoftclfürften  gemeiljt  unb  mahrfdjeinlidj  ant  nädjftfolgenben  Tage  oon  ber 
lanbeSfürftlidjen  Kommiffion  nebft  bent  ©pitalgebüube  bem  Obern  ber  ÜZieberlaffung, 
P.  OiifolauS  ßoroniuS,  feierlidj  übergeben.  Ta  bieS  gegen  ben  SBiHen  ber  23iirger 
gefdjah,  „fo  fomite  eS  anfättglidj  an  Pufferungen  beS  UnmiüenS  nicht  fehlen.  ßs 
gefepahen  in  ben  elften  fahren  öfters  nädjtlidjermeile  gufammenrottungen  ber  SOZenge 
oor  bem  (bebäube,  ©djimpfreben  unb  Troljungen  mürben  auSgeftoffen  unb  fdjtieffüdj 


1  Sie  Dbcrit  üon  ^ubenburg  loaren:  Ijjein» 

rid)  23ibariu3,  1603  (Sup.  Missionis) ;  Söaltljafar 
97imptfd) ,  1621  (Sup.  Residentiae) ;  Kafp. 

ißaftornaf,  1623;  Sari  SBerner,  1627;  gol). 
Ülteljer,  1629  (Keltor  1632);  2lnbrea§  Sobij» 
niuS,  1637;  ©eorg  21gricoIa,  1639;  9)tid). 
9Sratrufd)ef,  1645;  ©eorg  Ißlaj^er,  1647. 

2  21gl.  Carinthia  1900,  4  ff. 

3  97nf)ered  bei  97.  Sebinger,  Sie  SRefor» 


mation  unb  ©egenreformation  in  Klagenfurt, 
Programm  be3  ©pmnafiumi  ju  Klagenfurt 
1S6S,  25  ff  44  f. 

4  ©djufter,  fjiirftbifdjof  93renner  494. 

6  ©bb.  491.  Siefe  Sorljeitcn  rourben  aud) 
in  ba§  augeblid)e  ©laubeuSbefenntui»  auf» 
genommen,  bae>  fo  oielfad)  öermertet  morben  ift. 
Slgl.  Suljr,  Sefuitenfabeln 4  113  ff. 


ÜJtieberlaffungeu  in  Särnten:  Stagenfurt. 


341 


burcf)  ©inmerfert  ber  genfter  gegen  ipre  Slnmefenpeit  fräftiger  ^roteft  eingefegt.  9?ad) 
nnb  nad)  pörteit  aber  infolge  ftrenger  Befeple  beS  ©rgpergogS  an  bie  Berorbneten 
unb  ben  SJlagiftrat  biefe  ©pgeffe  auf-  ®ie  ^ßrotefte  ber  ©tiinbe  nnb  ber  Bürgerfdjaft 
bauerten  aber  fort,  bis  bie  gefuiten  auf  eigene  Soften  ein  neues  ©pital  famt  Kirdje 
erbaut  unb  ber  Biirgerfdjaft  übergeben  patten"1.  31m  16.  ÜDlai  1616  nmrbe  gunt 
neuen  ©efuiube  ber  ©runb  gelegt;  bie  ©tänbe  felbft  fteuerten  1000  ©ulben  unb 
Baumaterial  bagu,  unb  am  8.  ©eptember  1618  mürbe  baS  neue  ©ebäube  famt  Kirdje 
Oont  P.  fReftor  bem  üDlagiftrat  übergeben,  mäprenb  umgefeprt  ber  ÜJJlagiftrat  bent 
9iettor  bie  ©djlüffel  beS  nunmehr  alten  ©pitalS  einpänbigte. 

9cad)  SluSmeiS  ber  Kataloge  maren  im  gapre  1606  an  ber  ©djule  3  Seprer, 
1  für  ©pntap  unb  fßoefie,  1  für  bie  ©rammatif,  1  für  bie  SlnfangSgrünbe;  im  gapre 
1611  unterrichteten  5  Seprfräfte  in  5  klaffen  oon  ber  Bpetorif  bis  gu  ben  SlnfangS* 
griinbeit,  1615  maren  eS  6  Seprer  in  6  klaffen.  Sagu  famen  1617  nocp  2  Br0* 
fefforen  für  SüKoraltpeologie  unb  Sialeftif.  gin  erften  gapre  (1604)  mar  bie  gapl 
ber  ©cpüler  nod)  flein;  aber  fd)Dn  im  folgenben  gapre  itaptn  fie  gu,  aud)  auS  ber 
gerne,  fogar  aus  gtalien  famen  ©cpüler.  git  ben  gapren  1612—1614  gäplte  man 
350,  im  gapre  1615  500  ©cpüler;  im  gapre  1649  maren  unter  ben  rnepr  als 
500  ©dfülern  oiele  Slbelige2.  gnfolge  beS  BerboteS,  auSmärtige  Sepranftalten 
SU  befudjeit,  fdjidten  oon  1606  an  aud)  proteftantifcpe  Eltern,  Bürger  unb  Slbelige, 
ipre  ©öpne  gu  ben  gefuiten.  SieS  blieb  aud)  nicht  opne  ©inffufj  auf  bie  ©Itern3. 
Bereite  im  gapre  1605  mürbe  in  ber  9£äpe  beS  KollegS  burcf)  Sllmofen  ein  §auS 
gefauft,  in  meld)em  arme,  befonberS  gefangSfunbige  ©tubenten  Unterpalt  fanben. 
gm  gapre  1611  fonnte  man  ein  Konoift  mit  eigener  .fpauSpaltung  einrichten ;  am 
fangS  gäplte  eS  27,  1615  fcpon  50  göglinge,  oon  benen  etma  20  bem  Slbel  an» 
gehörten.  Unter  ben  33  göglingen  beS  gapreS  1648  maren  18  ©tiftlinge  (Alumnen). 

Sie  1609  inS  Seben  gerufene  ©tubentenfongregation  mürbe  1644  geteilt;  fcpon 
feit  1625  beftanb  eine  Kongregation  für  bie  Bürger.  Slujjer  burcp  ^ßrebigteu  unb 
©priftenlepre  fud)te  man  baS  Bolf  aucp  fcpon  feit  1605  burcp  Sialoge  über  bie 
Kinbpeü,  baS  Seiben  unb  ben  gronleicpnam  unfereS  §errn  in  flomenifcper  ©pracpe 
angugiepen  unb  gu  belepren.  Konoerfionen  gäplte  man  jäprlid)  im  Surcpfcpnitt  20 
bis  40.  Sie  Kommunionen  fliegen  oon  1600  im  gapre  1623  auf  9600  im  gapre 
1637,  auf  11300  im  gapre  1640,  auf  16  000—22  000  in  ben  folgenben  gapren. 
©ine  grofje  ©inmirfung  auf  bie  gange  ©egenb  übten  bie  Bifitationen  ber  Pfarreien, 
melcpe  oon  bem  fReftor  beS  KollegS  mit  einem  anbern  fßater  im  Stuftrage  beS 
SiögefanbifcpofS  abgepalten  unb  bei  benen  oiele  SJiifjbräucpe  abgeftellt  mürben. 

Slm  2.  guni  1636  entftanb  im  Sacp  beS  KollegS  ein  Branb,  ber  auf  bie  fftadp 
barfdfaft  Übergriff  unb  infolge  beS  peftigen  SöinbeS  innerpalb  meniger  ©tunben  bie 
gange  ©tabt  in  glommen  fepte.  Sie  ©rbitterung  beS  BolfeS  manbte  fiep  gegen  bie 
gefuiten  unb  mürbe  fo  grop,  bafj  man  am  folgenben  Sage  bie  noep  oerfeponten  Seile 
beS  KollegS  unb  ber  Kircpe  plünberte.  Sie  gefuiten  felbft  maren  in  ©efapr,  ber 
B3ut  beS  BolfeS  gum  Opfer  gu  fallen;  üerfleibet  mußten  fie  fliicpten.  Ser  ÜDtagiftrat 


1  Sebingcr  a.  a.  0.  45  f.  Sie  gefuiten 

bewohnten  anfangs  mit  ben  Sßfrünbnern  baS 

©ebäube;  biefe  ben  oierten  Seit,  bie  gefuiten 
brei  SSicrtel.  Sie  gunatjme  ber  gefuiten  unb  baS 
gufammenleben  mit  ben  fpfrünbnern  brachte 
aber  Unannehmtid)feiten  mit  fid).  Mit  bem 
Überfiebetn  ber  fßfrünbner  in  ein  Don  ben  ge» 
fuiten  baju  getauftes  §auS  maren  bie  ©tänbe 
nidjt  einöerftanben;  fie  fanben  baS  §auS  nidjt 
geeignet,  fürchteten  aud),  ihr  Eigentum ,  baS 


©bitat,  ju  oertieren,  unb  oerlangten  entmeber 
Erfap  ber  Soften  ober  ein  neues,  jmeef* 
eutfbred)enbeS  ©ebäube. 

2  gm  gahre  1649  oerteilten  fid)  bie  ©tu» 
bierenben  auf  bie  eiujetnen  Abteilungen :  SOtoral 
24,  fRhetorit  50,  ijjoefie  51,  ©t)iitaf  78,  ©ram» 
matit  70,  tprinjibieit  72,  Intima  112.  *Catal. 
function.  Prov.  Austr. 

3  üebinger  a.  a.  D.  48  f. 


Wr^ERHIVST.  &  Generoa^dn  . 
floan  j\iidrea».Gofn  Forenbero.  L. 

Lerdicnau.  v  GrafejTS'te.iji  J>omino  ^one 
xAucrrpe  r<j«F  scc  .Consi  I  Grs  v  Garnrth  'Pra*r 
jenltju'h.  *cc;Dn°S\io  Gralios 

P  MaO/T'*  Jfilrru* 


>raujo 


d  \£taßenfuvtty 


342  günfte§  Kapitel.  Sie  öfterreicpifdje  $robtns. 

mürbe  nur  burd)  bag  entfchiebene  SSorgelfen  beg  23arong  b.  fftofenberg  bon  einem 
2tugmeifunggt>efeht  abgefdjredt.  Gsrft  am  fiebten  Stage  tonnten  bie  Patreg  mieber 
in  bag  Kolleg  juriidfe^ren 1.  Qn  beit  näc^ftfolgenben  fahren  mürbe  mit  Unterftü^ung 
bon  feiten  einflußreicher  Perfoneit  in  Kärnten  Kolleg  unb  Kirche  tuieberfjergeftetlt. 
93ei  Gelegenheit  ber  Grtranfung  eineg  grofsen  Steiteg  ber  23emot)ner  ber  ©tabt  unb 
Umgebung  im  Qafjre  1039  teifteten  bie  Qefuiten  fo  tiebebotte  §itfe,  baß  fic  biete 
feit  bem  groffen  Sranbe  nod)  erbitterte  Gemüter  gemannen.  SDie  ©timmung  matibte 
ficß  fo,  baß  einige  Raffte  fpäter  (1042)  bie  23ürgerfd)aft  ihrer  tßeforgnig  Slttgbrud 
bertieh,  bie  ^efuiten  mürben  SHagenfurt  megen  ber  $rantf)eiten,  benen  fie  bort  reget* 
mäßig  au§gefe(d  maren,  bertaffen.  SDie  23ürgerfdjaft  unterftüßte  aud)  mit  reidjtidjen 


©penben  1043  ben  2Iusbau  beg  ßottegg;  biefeg  mürbe  bebeutenb  bergrößert :  bag 
gan^e  2>iered  ber  Gebäutidjfeiten  gleichmäßig  um  ein  ©todmerf  erhöht. 

Sttg  gunbation  gehörte  ju  ßtagenfurt  bag  ehemalige,  bier  Seiten  bon  ber  ©tabt 
im  ^auntate  gelegene  Sluguftiner-CShorherrenfiift  Gberitborf  (Dbernborf) 2.  Gegen 
@nbe  beg  10.  3ohr^un^ertg  toar  bag  ©tift  äußerlich  unb  innertidj  ^erfaßen,  unb  atte 
9iettunggberfudje  maren  bergebeng  gemefen.  Gegen  ben  Bitten  beg  Patriarchen  bon 
2Iquiteja,  ju  beffen  SDiöjefe  bamatg  Gbernborf  gehörte,  unb  gegen  beit  Söitten  beg 


1  9tät)ere§  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1636.  Mitteilungen  be»  QnftitutS  für  ofterreid).  ©e= 

2  Sl.  Starker,  $ie  Übergabe  bee*  Glfcr*  fd)id)t3forfd)ung,  Gürgättänng^bb  VI  (1901)  624 ff. 

IjerrenftiftS  Gbcmborf  an  bie  gefuiten,  in  ben  Sßgl.  baju  Carinthia  1901  u.  1902,  61  ff. 


filngenfurt  (1649).  ©tid)  bon  Merian.  9ir  3:  ^efuitentirdje.  (!/s) 


Dtieberlaffungen  iit  Samten:  Slagenfurt. 


343 


Diuntiug  f^atte  (Sr^erjog  ^erbinanb  bag  (Stift  für  ein  in  Äärnten  ju  grünbettbeg 
Qefudenfodeg  beftimmt.  Stuf  bie  5$orftedungen  beg  Nuntius  porzia  unb  beg  $arbinalg 
5llbobranbtni  befahl  51quatnt)a  September  1603  bem  ©razer  9teftor,  auf  bag  Stift 
3$erzid;t  ju  leiftert.  2)er  Oleftor  folgte  biefetn  93efe^Ie,  ber  Srj^erjog  modte  aber 
anfangg  nidjt  nadjgeben,  big  if)n  ber  ülJuntiug  bernog,  bie  SSer^idjtteiftung  anju- 
nehmen.  dtuumehr  richtete  ber  Sr^erjog  aber  erneuerte  bringenbe  Sitten  an  ben 
^eiligen  Stuf;!. 

^n  einem  Sriefe  üom  25.  ^uti  1603  erflärte  ©rzfjerzog  ^erbinanb  bem  föar» 
binal  Sllbobranbini,  er  habe  bei  adern  nictjtg  anbereg  atg  bie  görberung  ber  größeren 
©f;re  ©otteg  im  51uge  gehabt1.  S)a  ber  patriard;  oon  Slquileja  nod;  immer  Schmierig» 
feiten  erhob,  teilg  meit  feine  Sftedjte  alg  SDiözefanbifdjof,  teilg  meit  fKedjte  beg  Stifteg 
nidjt  gemährt  mürben2,  manbte  fid)  ber  ©rzfjerzog  am  22.  gebruar  1604  an  ben 
Patriarchen :  eg  fei  nötig,  in  Kärnten  ein  Kolleg  gu  erridjten.  9?ad;  feiner  ©rfafjrung 
feien  bie  Qefuiten  bie  ©eeignetften,  unb  begfjalb  fjabe  er  für  fie  üom  Papft  bag 
^fofter  ©bernborf  öerlaugt,  unb  er  bitte  begfjalb  aud;  um  bie  ÜJJfithilfe  beg  Patriarchen3. 

Sefjr  eifrig  betrieb  bie  Sadje  aud;  ber  Sifdjof  ©eorg  Stobaeug  oon  Saoant. 
51m  12.  Januar  1604  fcfjrieb  er  an  ben  papft,  baf;  bei  ber  Reform  oon  tarnten 
bie  Arbeiter  fehlten:  Söeil  nun  ein  ficherereg,  juoertäffigereg  unb  fjeilbringenbereg 
ÜDfittel  nidjt  gefunben  merben  f'ann,  alg  bah  in  körnten  ein  Qefuitenfodeg  gegrünbet 
mirb,  habe  id;  ftetg  auf  bie  Gelegenheit  gepaßt,  ein  folcfjeg  Kolleg  ju  errichten.  Sor 
einem  3ahre  glaubte  id;  nun  einen  fetjr  giinftigen  Slitgenblid  für  gefommen,  menn  bie 
unbefefjte  propftei  ©bernborf  ben  ^efuiten  übergeben  mürbe;  begfjalb  habe  id;  bem 
©rjherjog  geraten,  biefelbe  in  ber  nadjbrüdlidjften  SSeife  oon  ©ro.  £>eiligfeit  zu  er» 
bitten4,  infolge  ad  biefer  Sorftedungen  midfahrte  ber  Papft  nunmehr.  51m  5.  Slprit 
1604  uuterbrüdte  $lemeng  VIII.  bag  Stift  ©bernborf,  mit  ber  Seftimmung,  bah 
bie  ©infünfte  für  bie  ©rünbung  eineg  Qefuitenfodegg  in  St  Seit  ober  ftlagenfurt 
üermanbt  mürben5. 

2)er  DJuntiug  Porzia  unb  Sifdjof  Sremter,  lepterer  alg  lanbegfiirftlid;er  £’om» 
miffar,  begaben  fid;  am  13.  Quli  1604  nad;  ©bernborf  unb  übergaben  bort  am 
29.  Quli  bem  öfterreid;ifd)en  Prooin^ial  ©arido  bag  Stift  mit  ad  feinen  Sefipungen. 
,,^n  bem  Stifte  befanben  fiel;  noch  fünf  Äanonifer,  oon  beiten  oier  unfähig  maren, 
bie  ÜOfeffe  ju  zelebrieren.  Üiacfjbem  ihnen  ber  9iuntiug  erflärt  hatte,  bah  für  ihren 
entfpredjenben  Sebengunterfjalt  geforgt  fei,  gaben  fie  fid;  jufrieben.  SDie  ^efuiten  be» 
gannen  algbalb  bie  Sdjulben  zu  tilgen  unb  bie  ©ebäube  mieberfjerzufteden." 6 


1  *  Original  im  Arch.  Vatic.  Borgliese  I, 
693/694,  f.  185.  Sie  Sorrefponbenj  be§  ©roser 
9tuntiuS  Borgia  mit  bem  Karbittal  bi  ©.  ©ior» 
gio,  ßintpio  Slbbobranbini,  bem  Dtepoten  Sie» 
menS’  VIII.  in  gtocens,  Bibi.  naz.  II  502. 

2  *  Original  Borghese  III,  109“,  90. 

3  gm  SSatif.  21rdpit>  liegen  bei  ber  Nunzia- 
tura  di  Venezia  vol.  XXXVI,  110  f  bie  ©in» 
menbungen  be§  IJktriarcpen  unb  bie  SIntroorten 
baranf.  Sasfelbe  ©cpriftftüd  in  9iom,  (Staats* 
arepiü,  Informat.  74,  87—98.  Slufserbem  Oiete 
Sitten  im  erjbifcpöfl.  SlrcpiO  ju  Ubine. 

4  41  Original  Borghese  III.  109“,  16.  Srud 
in  Stobaei  Epistolae  141.  Dipnlicp  feprieb  ©to» 
baeuS  unter  bemfelben  Saturn  an  Sarbinal 

Sllbobranbini,  bie  fßropftei  Obernborff  habe 
jept  feinen  tropft  unb  paucos  inquinatae  vitae 

canonicos  (ebb.  142  f).  ©tobaeuS  fepreibt  Obern» 


borff,  in  beit  italienifdjen  ©epriftftüden  ftefjt 
üielfad)  ©rbenborff. 

5  Srucf  bei  23.  ©djrolt,  Urfunbenregeften 
beS  2tuguftiner=ßporperrenftiftS  ©bernborf  (1870) 
207. 

6  ©tarier  a.  a.  0.  633.  23gl.  ©  cp  u  ft  er, 
fDtartin  23renner  494.  23orper  patten  fiep  Sefait 
unb  Kapitel  Poit  ©bernborf  in  einem  ©epreiben 
Com  3.  ffltai  1604  an  Siemens  VIII.  bitter  über 
bie  llnmenfdplicpfeit  (immanitas)  ber  gefuiten 
beflogt.  “Original  Borghese  III,  109“,  38. 
SläpereS  über  bie  Übergabe  in  Litt.  ann.  Prov. 
Austr.  1604.  infolge  ber  ©inoerleibung  üott 
©bernborf  betrugen  bie  ©infünfte  üon  Slagen» 
furt  jäprlid)  3000 — 4000  ©ulben,  oon  benen 
etloa  34  fßerfoneit  unterpalten  toerben  fonnten. 
Sm  Surcpfdjnitt  maren  gegen  20  ißerfonen  im 
Solleg  unb  10—20  in  ber  Dtefibenj  (©beru» 


344 


günfteg  Kapitel.  Sie  öfterreidjifdje  fßroDittä. 


Ebernborf  mürbe  eine  9tefibenz  errichtet  mit  einigen  fßatreg  unb  Srübern. 
Enbe  beg  $al)reg  1608  »erlegte  bie  fßrooinz  bag  britte  fßrobejahr  bort^in;  bieg  blieb 
bi§  1633.  33on  ben  Xertiariern  mürben  Diele  SDiiffionen  abgehalten  im  Sonant- 
tot  unb  ber  ganzen  Umgegenb  unb  meiter  big  nad)  trieft  unb  gaume.  gm  guhre 
1609  übernahmen  bie  gefuiten  auch  bie  SSermaltung  ber  Pfarrei  in  (Sbernborf.  23e» 
fonberg  burd)  fßrebigt  unb  ^atecfjefe  fucfjten  fie  ber  großen  23ernad)läffigung  unb 
Unmiffenheit  beg  fßolfeg  abzuhelfen.  ©eit  1648  beftanb  bort  auch  23ruberfd)aft 
„gefug,  ÜDZaria  unb  gofepf)";  bie  Kommunionen  ftiegen  »on  2000  im  gal)re  1636 
auf  6600  im  gal)re  1646 1. 

®ie  SSirffamfeit  ber  gefuiten  in  Klagenfurt  fajgt  ber  (55efdf)idf)tfcf;reiber  beg 
Kodegg,  ein  gelehrter  SSenebiftiner,  in  folgenbe  SfBorte  jufammen:  „SDie  gefuiten 
entmicfelten,  faum  in  Klagenfurt  eingeführt,  eine  ungemein  groffe  unb  erfolgreidfje 
Sütigfeit  alg  ©eelforger  unb  Sehrer,  unb  eg  ift  feine  grage,  bah  tue  ©djöpfer 
eineg  neuen,  aug  innerer  Überzeugung  herf^rgehenben  fatholifd)-fird)lid)en  Sebeng 
in  Klagenfurt  gemorben  finb  unb  baburd)  erft  eigentlid)  bie  ©egenreformation  »oll« 
enbet  haben.  SDurdj  Belehrung,  Klugheit  unb  Slugbauer  ho&eu  fie  binnen  40  fahren 
einen  foldjen  Umfdjmung  in  ber  religiöfen  ©efinnung  ber  23eüölferung  Ijeroorgebradjt, 
baff  fid)  biefelbe,  fo  mie  bigfjer  burd)  ihre  SSärme  für  ben  fßroteftantigmug,  fo  fpäter 
burd)  iljren  Eifer  für  bie  fatholifche  Sehre  heroortat.  ®ie  fßrebigten  ber  gefuiten, 
bie  halb  in  allen  Kirchen  bie  einzigen  maren,  maren  gleidj  anfangg  jroar  jahlreid), 
hoch  meift  nur  »on  Katholifchen,  bie  aug  ber  Umgebung,  roohl  aud)  aug  meiter 
gerne  heebeifamen,  meniger  tmn  ben  SZeureformierten  befugt ;  nach  unb  uad)  er' 
fcf)ienen  aber  and)  biefe  zahlreicher,  unb  Slbelige  unb  Bürger  liefen  fid)  häufiger  in 
ber  fßrebigt  unb  auch  bei  ber  SDZeffe  fehen,  beren  bloffer  9Zame  früher  fdjoit  »erhofft 
mar.  Sluper  ber  Kirche  üerfäumten  fie  [bie  gefuitenj  feine  Gelegenheit,  um  burd) 
©efprädje  unb  Ermahnungen  bie  grrenben  gurüdzuführen  unb  bie  SSanfenben  im 
Glauben  zu  beftärfen.  ©ie  befugten  bie  ©pitäler,  Kranfen  unb  ©terbenben,  mohl 
miffenb,  bah  bag  troftbebürftige  Gemüt  ber  Unglüdlidjen  unb  Seibenben  bag  frucfjt* 
barfte  unb  lohnenbfte  Sld'erlanb  bietet,  unb  »iele  erhoben  fid)  alg  inniggläubige 
Katf)olifen  »on  ihrem  Kranfenlager  ober  ftarben  in  ber  Gemeinfchaft  ber  Kird)e,  bie 


borf).  Sn  ben  Sahren  1645  ff  gingen  aber  mir 
1800—1900  ©ulben  ein,  bie  Serfonenjabl  mar 
aber  auf  35  unb  nod)  böber  geftiegen  megen 
ber  Dielen  glüdjtlinge.  Qm  Sabre  1642  be= 
trugen  bie  ©cbnlbcn  Don  Kolleg  unb  fRefibenj 
über  10000  ©ulben.  Surd)  Kontributionen 
mürbe  bag  Kolleg  immer  mehr  erfdmpft,  mie 
bem  ©enerat  gemelbet  mürbe.  Segbalb  brang 
biefer  am  27.  gebr.  i G49  beim  Sroüinjial  bar- 
auf,  bag  Kolleg  ju  entlaften.  *  Drig.-Seg.  Ad 
Austr.  —  Sie  Sieftoren  maren:  Stif.  ßor- 
üinud,  29.  Suli  1604;  f|)ct.  Ximeneg  (?);  Sufag 
Sintana,  1009;  Sob-  Slotariug,  1611;  Stapb- 
ßobenjl,  1620;  Saniel  Kirchner,  1621;  £or. 
©laperinug,  1623;  Sol)-  Segatug,  1630;  SJiart. 
Klingenberger,  1632;  SSiU).  fßup,  1637;  Sor. 
Kogler,  1639;  ©Der.  ©rtbal,  1642;  Sbom. 
SDieperle,  1644;  Karl  ©inicb,  1646;  ©eorg 
21gricola,  1648. 

1  Seoor  bie  ©rtoerbmtg  Don  ©bernborf  ing 
2luge  gefaßt  mürbe,  batte  Kiemeng  VIII.  auf 
Sitten  beg  ©ra^er  §ofeg  bag  oerfommene  Klofter 
2lrnoIbftein  am  12.  2lpril  1600  unterbriidt  unb 


für  ein  Sefuitenfotfeg  in  Karaten  übermiefen. 
Ser  gürftbifdjof  Don  Samberg,  unter  beffen 
Satronat  unb  £efjngpflid)t  bag  Klofter  ftanb, 
legte  Sertoabrung  gegen  biefe  Übertragung  ein; 
ber  ÜJtuntiug  Sor^ia  Derteibigte  biefelbe  in  einem 
Sriefe  Dom  9.  Stärs  1601  an  ben  gürftbifdiof. 
Sn  einem  ©direibcn  Dom  9toücmber(?)  1602 
an  bie  ßrsberjogin  Staria  miberlegt  ber  ©ra^er 
Sieftor  ©igb.  ©djeDidjaoiug  bie  bei  biefer  ©e- 
legenbeit  gegen  bie  Sefniten  erhobenen  2ln= 
flogen  (Original  in  ben  2trnolbfteiner  Sitten, 
2Ird)iD  beg  ©efd)id)tgDereing  su  Klagenfurt). 
Scplieglid)  macpte  9tom  1602  bie  ßinDerleibung 
rücfgängig.  Sag  Siäßere  in  ber  Carinthia  1900, 
2  ff.  ©in  ©djreiben  beg  ©rsbersogg  gerbinanb 
an  Sifdjof  SdI).  SbiüpP  Don  Samberg  Dom 
23.  Sejember  1600  bei  Sofertl),  Sitten  unb 
Korrefponbcns  sur  ©efd).  ber  ©egenreformation 
in  Snneröfterreid)  II  (1907):  auf  fein  (beg  ©rj- 
berjogg)  ©rfucbcit  habe  ber  fßapft  biefe  Se= 
ftimmung  getroffen,  bie  in  2lnbetrad)t  ber  Sage 
notmenbig  gemefen. 


9?ieberlaffungert  in  Ärain:  Saibad). 


345 


in  ihren  gefunben  Sogen  oft  f)od)  beteuert  Ratten,  in  ber  hitfjerifcfjen  Sehre  leben 
unb  fterben  ju  mollen.  ...  ©o  mehrte  fid)  jäfjrlitf)  bie  3al)l  ber  93efef)rten  unter 
bem  31bel  unb  ber  33ürgerfd)aft."  1 

3n  $rain  mar  feit  bem  Sobe  be§  $aifer§  gerbiuattb  ber  $ßroteftanti§mu§  gur 
§errfd)aft  gelangt  unb  blieb  in  feiner  $orf)errfcf)aft  mätjrenb  ber  ganzen  9tegierung§« 
jeit  be§  @rc^ergog§  $arl  (1564 — 1590) 2.  Über  bie  SanbeSljauptftabt  Saiöacf)  be» 
richtete  am  22.  ^uti  1616  ber  23ifd)of  Stomas  6£)rön  ($rön,  ®reen)  an  ^3aut  V. : 

3>of)re  1597  befanben  fid)  in  Saibad)  neun  ober  mehr  lutfjerifdfje  ißrebiger  (aujjer 
jenen,  melche  in  ben  ©djulen  lehrten)  unb  üerfüfjrten  ba§  Sßolf,  baff  fiel)  faum  ber 
ämaujigfie  Seil  ber  33emof)ner  unb  jmar  biefer  nur  au§  bem  niebrigften  ©tanbe 
jum  fatholifdjen  ©lauben  belannte."  3  Siefe  guftänbe  änberten  fid)  erft,  bann 
aber  and)  fefjr  rafcf) ,  burd)  bie  entfdjiebenen  ÜDfafjnahmen  ber  ©rajer  Regierung 
feit  1598  unb  ber  bon  ifjr  beftellten  „9teligion§reformationgfommiffion"  (1600),  an 
bereit  ©pi|e  ber  eifrige  unb  energifdje  Saibadjer  93ifcf)of  ©hrön,  ber  ©of)tt  eines 
angefe^eneit  Saibadjer  ^3roteftanten,  ftanb.  Siefer  „Slpoftel  oon  &'rain"  mar  audj  ber 
entfdjiebenfte  3reunö  unb  23eförberer  ber  Qefuiten 4.  Stuf  33itte  be§  (Sr^erjogS 
fferbinanb  oerfügte  Clemens  VIII.  am  23.  ÜDiärj  1596  bie  Ituterbriidung  be§  oer« 
laffenen  granji^fanerflofterg  in  Saibad)  unb  bie  tlbermeifung  beleihen  an  ein  in 
Saibad)  ju  griinbenbeS  ^efuitcufotteg 5.  31m  21.  3amiar  1597  trafen  bie  beibeit 
patres  ÜDüdjael  ^ßolbt  unb  ©Ijriftoph  giegelfeft  bort  ein  unb  nahmen  nacf)  achttägigem 
Stufenthaft  im  33ifd)ofsl)of  ©nbe  3aituar  in  bem  alten  granjiStanerflofter  Söohnung. 
3m  9Jlai  1597  mürben  bie  jmeite  unb  britte  ©rammatifalüaffe  eröffnet,  bie  oon 
jmei  ©djolaftilern  geleitet  mürben;  1600  maren  e§  brei,  1603  fcfjon  fünf  klaffen  mit 
200  ©djülern  unter  oier  Sehrern.  Sie  oberfte,  bie  Humanität,  mar  fontbiniert  mit 
ber  ©pntap;  1604  mürbe  burd)  bie  Ütfjetorif  ba§  ©pmnafium  oollftänbig.  ©in  31u§» 
roärtiger  unterrichtete  in  ber  unterften  (©lementar--)  klaffe.  3m  3a^re  16H  lehrten 
je  1  ißriefter  bie  S^hetorif  unb  Humanität,  3  ©djolaftifer  ©pntap,  ©rammatif  unb 
Principia;  1625  maren  4  ißriefter  unb  3  ©djolaftifer  in  ben  ©chulen  befd)äftigt. 
Sie  SDforal  mar  hinjugetreten,  unb  halb  folgte  ein  eigener  ißrofeffor  für  bie  ß’ontro- 
oerfe  (1628).  SJJoral  unb  ß'ontrooerfe  hörte  1634  neben  ben  30  au§märtigen 
©tubenten  auch  ein  Supenb  3efuitenfcholafti!er.  Sie  ©efamtfd)üler^al)l  betrug  im 
3ahre  1636  jufammeit  544 6.  Sie  ^Serfonenjaljl  be§  $olleg§  ftieg  Oon  6  im  3ahre 
1597  auf  23  im  3ahre  1619  unb  auf  30  im  3ahre  1642;  einige  3ahre  mie  1634 
maren  e§  etma  40  megen  ber  ©djolaftifer,  melche  bie  ÜJftoraltheologie  hörten. 

Sei  ber  fteigenben  äftitglieberjaljl  ermieS  fief)  halb  ba§  alte  f^raugisfauerflofter 
al»  ju  eng,  unb  aud)  ba§  bann  mit  päpftlid)er  @rlaubni§  bezogene  ©t  3alob§fpital 


1  9t.  2  e  b  i  n  g  e  r ,  Älagenfurter  ißrogr.  1868, 
46  f. 

2  Simip,  ©efd).  ÄraiitS  III  (1875)  145. 

3  ©bb.  II  368.  SBenn  man  bie  ÜSeüöIferung 
£aibad)g  ©nbe  bc§  16.  Saf)rf)unbert§  auf  etma 

7000  fd)äpt,  mären  bie  95°/0  ißroteftanten  p  be= 

anftanben.  Sie  proteftantifd)enÄommunitantem 
Iiften  unb  Saufen  laffen  t)öd)ften§  auf  eine  pro« 
teftantifdje  93et»ötferung  oon  3000  (?)  fd)(iefjen. 
Sie  3af)l  ber  proteftantifdjen  Äommnnifanten  im 
Satjre  1593  mar  2442.  @o  Sabrbud)  für  ©efd). 
be§  $roteftanti3mu3  in  öfterreid)  1908,  64.  9tad) 
bem  bifd)öflicf)en  93erid)t  üou  1616  fott  bie 
3al)t  ber  fattjolifdjen  ©inmoljner  SaibacbS  unb 
feiner  Sorftäbte  in  biefem  Sabre  fid)  auf  7000 

belaufen  fjaben.  ©djmiblin,  Sie  firdjlidjen 


3uftänbe  inSeutfdjIaitb  OorbetnSreiüigiäbrigen 
Ä'riege  I  (1908)  46'. 

4  <Sd)tnibliu  a.  a.  D.  I  37  ff. 

5  Synopsis  193.  Sad  golgenbe  und)  beit 
*  Catal.  trienn.  Prov.  Austr.  Sgl.  S  t  m  i  p 
a.  a.  D.  III  459  ff.  Ptecüfef,  ©efd).  be§ 
Saibadier  ©t)muafium§.  Saibadier  Srogr.  1860. 
Sie  ^Hist.  coli.  Labacensis  1596 — i  69 1  im 
SanbeSmufeum  p  Saibad).  Slu^üge  au§ 
biefer  Hist,  im  Satjrbud)  für  ©efd).  be§  $ro= 
teftantilmug  in  £}fterreid)  1885,  99  ff. 

6  gm  3«bre  1649  ääptte  bie  SKorat  35  §örer, 
bie  ©tjmuafialflaffen  Oon  ber  fRbetorif  an« 
gefangen  40,  44,  95,  71,  86  unb  bie  Intima 
100  Sd)üler.  *  Catal.  funct.  Prov.  Austr. 


346 


g-ünfteS  Sapitel.  2>ie  üfterreid)ifd)e  fßrooiitä. 


mit  feiner  bunfetn  5?irdf;e  genügte  ben  machfenben  Vebürfniffen  nidjt.  $D?an  begann 
beShatb  mit  bem  Vau  eiueS  fö'ottegS.  SIm  10.  Januar  1600  fcfjreibt  ber  Veftor 
£>einridj  VioariuS  an  Stquaüiüa:  Unfer  Vau  ift  burdj  bie  ^Seft  gefjinbert  morben 
unb  mirb  hoffentlich  in  ber  f  otge  gröf3eren  f  ortfdjritt  madjcn.  ltnterbeffen  moljnen 
mir  in  einem  gut  gelegenen  unb  guten  §aufe,  metcheS  für  14  fßerfonen  fJStab  bietet1. 
1601  fdjenfte  Erzherzog  ferbinanb  für  ben  Veubau  5000  ©ulben.  frn  folgenbett 
fahre  mar  berfelbe  fdjon  fo  meit  fertig,  baff  bereits  ©djute  barin  gehalten  merben 
tonnte2,  ©pater,  1611,  begann  man  mit  bem  Vau  einer  neuen  Kirche.  SDie  föirdje 
mürbe  in  3y2  fahren  fertiggefteüt  unb  am  15.  Vooember  1615  unter  groffen 
feiertidjfeiten  üoit  Vifdjof  SEtjomaS  eingemeitjt3.  Vur  bie  freigefngfeit  ber  ©tänbe, 
beS  VifdjofS  unb  beS  SOlagiftratS  unb  anberer  SBofjltäter  Ratten  bie  fertigftettung 
beS  VaueS  ermögtidjt. 

®ie  Anfänge  non  Saibach  maren  fefjr  fcfjmicrig  unb  hart,  föranfheiten  unb  be* 
fonberS  bie  fßeft  riffen  ffaffenbe  Süden  in  bie  fteine  ©djar.  SDen  ganzen  ©ommer 

1599  mufften  bie  ©djuten  gefdjtoffen  bleiben.  Saju  tarn,  mie  ViöariuS  am  10.  Januar 

1600  au  Ütquaüiüa  fdjreibt,  bie  Erbitterung  ber  fßroteftanten  über  bie  Verbannung 
ihrer  fßrebiger.  SDer  Vifdjof  unb  bie  fefuiten  maren  ihres  SebenS  nicht  fidjer; 
mährenb  eines  tjatben  fahreS  brofjte  jeben  2Iugenbtid  ein  Slufftanb  auSzubredjen. 
Eine  Varonin  StuerSperg,  bie  fonoertiert  mar,  mürbe  oon  ben  proteftantifdjen  Stbetigen 
brei  Sftonate  lang  gefangen  gehalten  unb  tonnte  nur  mit  ©ematt  befreit  merbeu4. 

®ie  Errichtung  einer  Etementarftaffe  am  ©tjmnafium  ftieff  auf  ©djmierigfeiten 
in  Vom.  ®eStjalb  fanbte  ber  öfterreidjifdje  ^5roDin§iaI  Earillo  am  23.  Cftober  1601 
ein  ©utadjten  an  Stquaüioa,  in  meldjem  er  bie  Eröffnung  einer  fotdjen  klaffe  fe^r 
befiirmortete.  2ttS  ©rünbe  führt  er  an:  ®ie  ganze  fugenb  in  Saibadj  ift  pro* 
teftantifdj;  ein  frühzeitiger  Unterricht  berfetben  in  ber  Vetigion  mirb  aud)  für  bie 
Ettern  unb  (pauSgenoffeit  oon  Vn^en  fein.  Eine  fotd)e  ©djute  bitbet  ferner  zugleich 
eine  fßftanzfdjute  für  bie  ßlaffen  beS  ©tjmnafiumS.  £>a  alle  proteftantifdjen  ©djuten 
aufgehoben  finb,  gibt  eS  in  ber  ganzen  ©tabt  teilte  ©djute  mehr  für  bie  £inber, 
ausgenommen  bie  bei  @t  VifofauS,  bie  aber  fo  fchtedjt  geleitet  ift,  baff  fie  fein 
2tnfetjen  geniefjt  unb  bie  Ettern  ihre  tftinber  lieber  in  feine  ©djute  fdjiden.  ®ie 
Stufnatjme  ber  fö'inber  in  unfere  ©djute  fchtagen  bie  Ettern  hoch  on/  tote  fte  anher* 
feitS  bie  bisherige  Slbmeifung  fehr  übet  genommen  haben.  fn  Saibach  barf  beShalb 
befonberS  in  biefer  feit  ber  SBieberherftettung  eine  Slbcfcfjute  ebenfomenig  oermeigert 
merben  mie  in  ©raz,  SSien  unb  anberSmo.  Sßenn  ber  Vianget  an  Seuten  im  SJÖege 
fteht,  mirb  man  einen  auSmärtigen  jungen  Sehrer  auf  unfere  Soften  unb  unter  unferer 
Seitung  mit  ber  ©djute  betrauen5.  SDiefer  StuSmeg  mürbe  gemätjtt. 

frühzeitig  nafjm  matt  fich  audj  ber  armen  ©tubenten  an,  zumat  Diele  ©djüter 
Dom  Sanbe  tarnen,  meit  eS  bort  an  ©chuten  überhaupt  fehlte.  fm  fahre  1601 
mürbe  für  bie  armen  ©tubenten  in  ber  Vahe  beS  ^ottegS  neben  bem  friebhof  Don 
©t  fafob  ein  geräumiges  £>auS  getauft  mit  Sttmofen,  bie  man  bafür  erbettelt  hatte; 
1616  baute  man  ein  eigenes  §auS.  fm  fahre  1604  tonnte  baS  Slonoift  fdjoit 
24  fögtinge  unterhatten,  1625  maren  eS  70,  1630  fogar  90.  ®aS  ßontiift  erhielt 


1  *  Original  Epp.  Germ.  XXXYI  231. 

2  *  Litt.  ann.  1601  u.  1602.  $ie  Hist.  be= 
ridjtet  pm  gabre  1603,  bafi  g-erbinanb  für 
ben  San  5000  (Salben  fctjenfte  ex  multetis 

[mulctis]  et  decima  haereticorum.  Qn  beul 
2riennal*SataIog  non  1606  beifjt  :  $ie  japr* 

lidjen  Sinfünfte  betragen  3000  ©ulben;  bon 
biefen  tonnen  gegen  26  ißerfonen  unterhalten 

loerben,  loenn  bie  ©djnlbcn  (5000  ©ulben) 


bepljlt  finb  unb  ber  Sau  üoHenbct  fein 
loirb. 

3  Sgl.  ben  Sericbt  beS  SifcfjofS  £rön:  Fun- 
datio  Ecclesiae  novae  pro  Collegio  Ardiid.Laba- 
censi  bei  Saloafor,  ®ie  ©f)re  be§  §erpg= 
tum§  St’rain  II 704  f.  —  Litt.  ann.  1615,  314.  Se* 
fdjreibung  ber  Äirdje  in  Sird)eufd)mudl891, 136. 

*  *  Original  Epp.  Germ.  XXXVI  231. 

5  *  Original  ebb.  240. 


ÜRieberlaffungcn  in  Srain:  Saibarf). 


347 


1041  audj  eine  Sida  in  ber  9Mfje  ber  ©tobt,  ©ine  S02arianifcf;e  Kongregation  für 
©tubenten  tarn  1600  gu  ftanbe.  2lm  27.  Quti  1600  roanbte  fidj  ber  öorläuftg  ge* 
tränte  Sttagiftrat  im  tarnen  ooit  meiteren  30  Qöglingen  an  Stquaüioa  mit  ber  Sitte 
um  Slggregation  an  bie  römifcfje  Kongregation1.  Qm  Qatjre  1616  gätjtte  fie  63  9J?it* 
glieber.  1624  mirb  eine  Kongregation  für  bie  beutfctjen  Herren  unb  Sürger  angeführt, 
1642  eine  meitere  für  jüngere  ©tubenten2. 

®ie  Sßrebigten  mürben  in  floroenifcfjer  mie  in  beutfdjer,  geitmeife  and),  fo  1605 
in  ber  Qaftengeit,  in  italienifdjer  ©pradje  gehalten.  2ln  ©onn*  unb  Qefttagen  raareit 
bier,  in  ber  gaftengeit  aujjerbem  nod)  brei  ^rebigten.  2tt§  man  in  bie  neue  Kirdje 
eingog,  mürbe  tro£  beg  äöiberftanbeg  beg  Siftfjofg  eine  ftomenifdje  ^rebigt  eingefüfjrt, 
bie  großen  Qutauf  ^atte,  mäfjrenb  bie  bisherige  beutfdje  ^ßrebigt  menig  Qrudjt  ge&radjt 
fiatte 3.  5)ie  Katedjefe  nafjm  einen  großen  Stuffdjmung,  als  man  im  Qafjre  1615  in  ber 
neuen  Kirdje  bie  9)7ettjobe  einfiifjrte,  bie  Knaben  unb  SJttübdjen,  bie  in  getrennten 
9ieif;en  fafjen,  bie  ©ebete  gu  teuren,  fie  abgufragen,  bie  fteifjigften  mit  Silbern  unb 
bergteidjen  gu  belohnen,  ©rofie  SDienfte  leiftete  ber  Silberfatedjigmug,  ben  mau  mit 
minbifdjern  Xeg't  in  Sluggburg  bruden  lief?4.  ©djon  1613  fjatten  bie  Qefuiten  bie 
©oangelieit  in  ftomenifcfjer  Überfettung  perauggegeben 5.  ®ie  monattidjen  ©enerat* 
fommunionen  (am  erften  ©onntag  jeben  SJJonatg)  trugen  mädjtig  bei  gur  Steigerung 
beg  ©atramentenempfangeg.  Um  Oftern  1604  gcüjlte  man  2500,  Oftern  1605  fdjott 
3500  Kommunionen.  Qm  Qafjre  1630  ftiegen  bie  Kommunionen  auf  18000,  1633 
auf  17  000,  1643  auf  30000.  Qm  Qafjre  1649  empfingen  mäfjrenb  ber  SSodje  gegen 
100  bie  fjeifige  Kommunion,  ebcnfo  an  ©onn*  unb  Qefttagen,  an  ben  großen  Qeften 
gegen  1000.  Unter  ben  Konoerfionen  erregte  befonberg  1625  bie  beg  Sanbegmarfdjaffg 
SDietrid)  oon  Stuersperg  großes  Sfuffefjen. 

©in  gro^eg  Serbienft  ermarben  fidj  bie  Qefuiten  audj  um  bie  ©fementarfdjufen 
in  Saibadj.  Qm  Qafjre  1608  fepte  ein  ißater  bei  bem  Sifcfjofe  burcfj,  bafj  eine 
Seherin  für  bie  üDiäbcfjen  unb  gmei  Sefjrer  für  bie  Knaben  angeftetlt  mürben,  unb 
bie  ©efdjidjte  beg  Kodegg  berichtet  gurn  Qafjre  1613,  bafj  nunmefjr  fedjg  ©fementar* 
fdjtden  für  bie  Knaben  unb  Sttäbdjen  beftanben6. 

SUg  Qunbationggut  mar  bem  Kofieg  in  Saibadj  bag  früfjere  ©djfofs  unb  bie 
fpätere  Kartaufe  fßfetriadj  (jßfeteriadj),  10  Seiten  Don  Saibadj,  gugemiefen  morben7. 
•BJan  erridjtete  bort  batb  eine  dtefibeng  mit  burdjfdjnittlidj  3  jßatreg  unb  3  Srübern 
(1606).  2)ie  ißatreg  mareit  befdjäftigt  mit  ber  Pfarrei,  ber  SlugfjUfe  in  ber  9?adj= 
barfdjaft  unb  mit  ber  Sermaltung  ber  ©üter.  $ln  ©onn*  unb  Qefttagen  mar  Q5rebigt 
in  minbifdjer  ©pradje.  Sou  augmärtg  tarnen  mandje  gutn  ©mpfange  ber  ©atramente. 
1641  gätjtte  man  5000  Kommunionen,  audj  geifttidje  Übungen  mürben  ab  unb  git 
gehalten.  Sei  ber  ^mngergnot  int  Qafjre  1650  fpeifte  bie  Siefibeng  fedjg  ÜKonate 
lang  Diefe  £mngernbe. 


1  *  Original  XXXVII  235. 

2  3m  Sabre  1649  ääljlte  bie  beutfdje  Sou* 
gregation  310,  bie  lateinifdje  ber  ©tubenten  108, 
bie  Heinere  Sngelfobalität  152  SRitglieber. 
*  Catal.  funct.  1649. 

3  *Hist.  coli.  1615. 

4  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1615. 

5  Cum  licentia  P.  N.  Generalis,  mie  bie 
Hist.  1613  bemerft. 

6  3<ü)r&ud}  für  ©efdjidjte  beS  SroteftantiSmuS 
in  Ofterreidj  1885,  114  f.  —  2)ie  fReftoren 
tuaren :  £>einr.  SiüariuS,  ©ept.  1597 ;  Gljriftoplj 

3iegelfeft,  1602  (?)  (Sijereftor);  3ofj.  fRotariuS, 


1.  3an.  1603;  glor.  SuattcinuS,  2lpril  1605; 
SRaplj.  ©oben^t,  Ott.  1606  (Siäereftor) ;  SRit. 
ßoroniuS,  1607  (?);  SRif.  ^agniatoüiu^,  1610; 
Cljriftoplj  $otnbrinu3,  1619;  Sllbert  Ogptftj 
(Ojidtj),  1622;  Slnbr.  Solperger,  1630;  ÜRattljiaS 
Slimta,  1633;  Sofj.  ©erb,  1639;  SnbreaS 
SRifcj,  1642;  3ob-  ©djattner,  1645;  SRidj. 
Hermann,  1.  3<m.  1648.  Sgl.  bie  abmeidjenbe 
Sifte  bei  Salbafor  a.  a.  O.  II  713. 

7  S  a  l  b  a  f  o  r  a.  a.  0.  XI  443.  3)ort  aud; 
Sbbilbung.  Sgl.  Synopsis  193  (Siemens  VIII., 
23.  StRärj  1596)  unb  Sb  I,  ©.  393. 


348 


günftcS  Kapitel.  Sie  öfterreicfjifcfje  iBrobinj. 


!fvn  Per  Stefation,  mefdpe  ber  Sßatriardj  oon  Slquifeja  fyranceSco  Sarbaro  am 
29.  $nni  1594  über  bie  SSifitation  feiner  ®iögefe  an  Clemens  VIII.  fanbte,  briicfte 
berfelbe  u.  a.  aucl;  ben  SBunfcp  auS  nacp  ©rricptung  eines  $efuitenfoHegS  in  ©örg, 
ber  „Vormauer  non  Italien".  Einige  ^apre  fpäter  arbeitete  P.  fftapp.  ©obengf, 
ein  gehonter  ©ärger,  am  ©rager  §ofe  fiir  bie  Sermirflicpung  biefeS  SßwtfcpeS. 
©rgpergog  ^erbinanb  mar  für  ben  ^fatt  unb  lieft  ben  ©ärgern  feine  Meinung  funb* 
tun,  aber  bie  Serpäftniffe  maren  nocft  gu  ungiinftig.  21m  2.  gebruar  1615  berichtete 
ber  ©rager  Nuntius  ©raSmo  ißaratncini  nach  9Iom,  ber  ©rgpergog  gerbinanb  rcünfdje 
fehr  bie  ©rricptung  eines  ^efuitenfodegS  in  ©örg  unb  bafür  bie  Übermeifung  einer 
Äirdhe  unb  ber  ©infünfte  eines  ©remitenftofterS.  Qtt  Ülom  mar  man  mit  bent 
i|3Iane,  mie  ßarbinal  93orghefe  am  6.  ^uni  1615  an  ben  üßuntiuS  fchreibt,  gang  ein* 
oerftanben,  aber  üiele  ©cpmierigfeiten,  befonberS  oon  feiten  beS  ißatriarcpen  non 
Slquileja,  pemmten  bie  SluSfüprung 1.  ©inftmeilen  mürbe  ^uli  1615  non  gmei 
patres  eine  SDtiffion  in  ©örg  begonnen2,  ©inige  äftonate  mopnten  bie  Qefititen  in 
einem  Sßrioatpaufe  bei  ber  flehten,  aber  frönen  SÜircfte  beS  pf.  fyopanneS  beS  Käufers. 
£iefe  Äirche  mürbe  ihnen  15.  Sluguft  1617  oon  $afpar  o.  SDorenberg,  beffen  Opeim 
biefelbe  gefiiftet  hatte,  als  ©igentum  Übermiefen3.  ®a  bie  Sürger  bie  ©röffnung 
einer  ©cpufe  münfcpten,  begannen  bie  patres  alsbalb  mit  einigen  klaffen. 

SIm  24.  üftoüember  1618  oerfügte  ^3apft  $ßauf  V.  auf  Sitte  beS  ©rgpergogS 
gerbinanb  bie  Sereinigung  ber  erlebigten  Sßfarrfircpe  ©t  ißeter  oor  ©örg  mit  bem 
Kolleg4.  ®a  SBoftnung  unb  ßircpe  gu  fleht  unb  aucp  gu  meit  oon  bem  ßentrum 
ber  ©tabt  entfernt  maren,  fauften  bie  patres  1621  ein  geräumiges  §auS  auf  bem 
üDfarfte.  ®er  Superior  erhielt  1623  ben  Sitef  als  9?eftor.  ^ngmifcpett  Ratten 
lange  Serpanbfuugeit  mit  9Iom  ftattgefunben  megen  einer  auSreicpenben  ^Dotation. 
21  m  26.  September  1620  übertrug  fö'aifer  ^erbinanb  bie  ^ßropftei  oon  ißifino  an  baS 
Ä'oIIeg  unb  bat  unter  bemfefben  ®atum  in  9fotn  um  Seftätigung 5.  9tad)  langen 
Serpanblungen6  ooflgog  ©regor  XV.  am  1.  2Iprif  1622  bie  ^nforporierung  ber 
^ropftei  mit  bent  Kolleg7,  ©päter,  12.  2Iuguft  1623,  gab  gerbinanb  3U* 

ftimmung  beS  $eutfcftorbenSmeifterS  bie  Mommenbe  oon  ^ßrecenico  bent  Kolleg,  inbent 
er  ben  SDeutfdforben  bafür  in  ©cpfefien  entfcpäbigte8. 

S)ie  Schulen  gingen  fangfam  ooratt.  ^nt  ^apre  1622  maren  1  ^ater  unb 
2  ©djofaftifer  in  brei  ©ratnmatifalffaffen  tätig,  brei  ^apre  fpäter  gäpfte  baS  ©pnt* 
nafiunt  6  Pfaffen  unter  6  Seprern.  2Int  27.  $ufi  1629  erpieft  baS  Kolleg  oom 
ßaifer  ade  ^Srioifegien,  bereit  fiep  bie  übrigen  ^efititenfolfegien  in  ben  faiferlicpett 
Sanben  gu  erfreuen  patten,  ^m  ^apre  1639  trat  auep  eine  Sorfefuttg  in  ber 
93foraI,  1650  eine  folcfte  für  Sogif  pingu9.  ©ine  ©djmierigfeit  bereitete  befonberS 


1  *  Original  in  Bibi.  Cliigi  M.  I,  17,  f.  164; 
bgl.  f.  62,  121. 

2  fyixr  ba§  golgenbe  C.  Morelli  di  Schön¬ 
te  1  d ,  Istoria  della  Contea  di  Gorizia  II  (1855) 
267 ;  IV  283  ff ;  Iuvencius  a.  a.  0.  f.  9 ; 
*  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  Prov.  Austr. ;  $at)r= 
bud)  für  ©efd).  be3  ißroteftanti^mul  in  Öfter* 
reid)  1908,  87  ff.  Sie  *Annales  coli.  Gor. 
1615—1772  in  ©örs,  Bibi.  Coronini.  ißgl. 
Morelli  IV  233. 

3  Morelli  a.  a.  0.  II  269. 

4  S3on  ben  Einfünften  mufften  100  Sufaten 

für  einen  fßfatrbifar  abgetrennt  merben.  Sy¬ 

nopsis  284.  Söeftätigung  burd)  Urban  VIII. 

6.  Slug.  1623  unb  13.  Se^.  1627.  Synopsis 

306  825.  Sßgl.  ben  SBrief  be3  ®aifcr§  fgerbi* 

nanb  bom  31.  Slug.  1621.  *  Original  in  $Rom, 


Bibi.  Vatic. ,  Barberini  Lat.  6833,  f.  8  unb 
ba*u  6908,  f.  102  ff. 

5  *®opie  in  £Rom,  Staat^ardjib,  Informazioni 
LXXIV  268  ff. 

6  Sie  *  Driginalforrefbonbens  be3  ©rager 
ShmtiuS  mit  33org£)efe  im  Arch.  Vatic.,  Bor¬ 
ghese  Ser.  2,  vol.  CCI1I  unb  Bibi.  Chigi  M.  1, 19. 

7  Synopsis  298. 

3  Morelli,  Istoria  II  268.  SBortlaut  ebb. 
IV  152  ff.  Sie  Ubertueifung  erfolgte  30.  SJtai 
1624.  Morelli  a.  a.  0.  IV  235.  $Bgl.  Selret 
bom  23.  Smti  1630,  ebb.  II  271. 

9  gm  3<tf)re  1649  hatte  bie  fDtoral  22  §örer, 
bie  ©qmnafiatflaffen  jaulten  oon  ber  SUjetorif 
angefangen  33,  40,  95,  78,  76,  62  Sdjüler. 
*  Catal.  funct.  1649. 


Üiiebertaffungen:  ©ör^. 


349 


im  Anfang  für  bie  meift  beutfcfjen  Server  ba§  Qtatienifdje.  5tm  17.  ^uli  1627  fdjrieb 
beSfjatb  ißitetteSdji  an  ben  öfterreidjifcfjen  fßrooiiiäiat  $ombrinu§:  „9Ran  jagt,  baff  31t 
©örj  bie  ©djiiter  fel)r  menig  g-ortfdjritte  machen,  weit  bie  Server  nidjt  genug  ^tatienifcfj 
fönnen,  unb  barüber  f ollen  and)  bie  ©ttern  ber  ©djiiter  fingen.  ®amit  ber  ©rfotg 
nnb  ber  9iuf  ber  bärtigen  ©djute  nidjt  leibe,  wollen  (Sw.  ^jodjwürben  nadj  ©örj 
Sefjrer  fenben,  bie  gut  ^tatienifd)  fönnen,  ba  ja  in  Qfjrer  fßroüinj  oiefe  ber  itafieni- 
fcf>en  ©pradje  funbige  SJJiitgtieber  finb."  1 

©in  Seminar  für  arme  ©tubenten  würbe  1624  mit  12  Knaben  eröffnet,  ein 
neues  £>eint  1634  um  5000  ©ulben  erworben,  weif  ba§  affe  ju  weit  00m  Kotleg 
entfernt  unb  ju  eng  geworben  war2;  bajit  tarn  1636  burd)  bie  ©eminarftiftung  be§ 
©rafen  ^of).  0.  SBertenberg  unb  feiner  ©emafjtin,  einet  geb.  ©oronini  au§  ©ör§,  ba§ 
Seminarium  Wertenbergicum  für  24  ©tifttinge3.  2)a§  Koitoif't  f)atte  1649  60  ßög= 
finge,  barunter  oiete  gatjtenbe  Konöiftoren.  SDie  S3auptäne  für  ein  neues  Kotteg 
würben  1(531  nadj  9Iom  gefdjidt4 *,  jeffn  Qatjre  fpäter  (1(542)  bie  ©ebäutidjfeiten  beS 
KoIIegS  unb  ©eininarS  erweitert. 

jjür  ben  ©rfotg  in  ber  ©eetforge  ift  bemerfenSwert,  bafj  bie  3°^  ber  Korn» 
munionen  oon  13000  im  $afjre  1630  auf  21000  im  Qafjre  1644  ftieg.  3tudj  f)ier 
wirb  ber  ©egen  ber  ©eneratfommunion  am  jweiten  ©onntag  jeben  ÜRonatS  erwähnt. 
SQBäfjrenb  ber  2öodje  empfingen  1(549  gegen  20,  ©onntagS  gegen  200,  an  ben  größeren 
geften  1000  ©laubige  bie  fjeifige  Kommunion.  3}on  ben  brei  ©obatitäten,  bie 
1630  beftanben,  war  bie  eine  für  ben  Stbet,  bie  jweite  für  23ürger,  bie  britte  für 
bie  ©tubierenben.  33on  ben  ©obatitäten  wirb  gerühmt,  bafj  fie  fid)  ber  ^Beilegung 
oon  .ßwiftigfeiten  befonberS  annafjmen  unb  infotgebeffen  bie  geridjttidjen  ©etbftrafen 
fetjr  abnatjmen.  SDie  ©tubentenfongregation  würbe  1636  in  ©efurien  eingeteilt,  an 
bereit  ©pi|e  je  ein  ißrimopituS  ftanb.  ©pater  jweigte  man  bie  jüngeren  ©pmnafiafteit 
in  einer  eigenen  Kongregation  ab6.  Studj  bie  93ruberfcf)aften  „^efuS,  SRoria  unb 
Qofeptj",  bie  1644  fdjon  1000  äftitgtieber  sätjtte,  unb  bie  Oom  heiligen  ©aframente 
wirften  günftig  auf  ba§  retigiöfe  Seben  ein.  ®er  ©infütjrung  ber  ga-onteicfjnamS’ 
projeffion  tjatte  fid)  ber  ©tabtpfarrer  1636  at§  einer  Neuerung  oergebenS  wiberfet)!6. 
31  nt  2.  SDejember  1639  öerfietj  fyerbinanb  III.  bem  Kotleg  baS  9Iedjt,  bei  ber  SSatanj 
ben  ©tabtpfarrer  oorfdjtagen  ju  bürfett  in  ber  3lrt  unb  Söeife,  wie  e§  in  @ra,$  iibtid) 
fei.  SDiefe  ©rmeiterung  ber  üDiacfjtbefugniffe  nahmen  einige  fetjr  übet,  unb  eS  gingen 
1640  Klagen  nadj  9Iom7. 

®ie  ©infünfte  waren  ooit  800  ©utbeit  für  adjt  ^erfoneit  im  ^afjre  1622  auf 
1600  im  $atjre  1625  geftiegen,  mit  benen  bie  gWötf  iJSerfonen  be§  KottegS  nur  fcfjwer 
unterhalten  werben  tonnten,  ^m  Qafjre  1649  waren  bie  reinen  ©infünfte  2625  ©utbeu, 
oon  benen  17  i]Serfonen  be§  KottegS  lebten;  brei  weitere  ^efuiten  wohnten  im  ©emiuar 
unb  würben  üont  ©eminar  unterhatten 8.  Slrn  8.  Stprit  1641  waitbten  fid)  bie 


1  *  Drig.=9teg.  Ad  Austr. 

2  *  3SiteUe§d)i  an  fJJtontmorenci) ,  28.  Iguni 
1631.  Drig.=9tcg.  Ad  Aastr. 

3  3m  Saljre  1649  sätjttc  bie  2tbetigenfongre= 
gation  30,  bie  ber  ^Bürger  260,  bie  ber  gröberen 
©tubenten  68,  bie  fleittere  68  fDiitgtieber. 
*  Catal.  funct.  1649.  SBgl.  Morelli  a.  a.  D. 
II  269  f. 

4  Morelli  a.  a.  €.  II  184.  SSortlaut  be§ 

©tiftungöbriefeö  IV  139  ff.  Sgt.  9.  Kapitel. 

6  2In  biefeö  §au§  fnüpfteu  fid)  üiele  ©treitig= 

leiten.  Morelli  a.  a.  D.  IV  435. 

6  Morelli  a.  a.  D.  II  270. 


7  Gbb.  IV  129  236;  II  272. 

8  3)ie  Ginfünfte  festen  fid)  pfanunen  nacf) 
*  Catal.  funct.  1649:  Praesenico  2000  ©ulben, 
S.  Petro  1250,  Pisino  625,  Jordano  262, 
S.  Martino  40,  Offic.  Sylvano  190,  ex  dono  a 
Convocatione  100,  Beneficio  S.  Joannis  150, 
baoon  gingen  ab  für  jwei  Slifare  400  ©ulben, 
für  brei  Stapfäne  190,  für  ©teuern  unb  Saften 
430,  fproüifion  für  bie  Äird)en  500,  für  Wiener 
unb  ©aläre  372.  —  Sie  Dbent  waren :  9tapf). 
Gobenjl,  1618;  24jom.  fpolitiuö,  1620;  gofj. 
©eibetti ,  1623  (1.  fReftor);  Xhotn.  fllolitiuö, 
1627;  Sofj.  fßofarett ,  1632;  Sof).  9J7erfd)ecf, 


350 


fünftes  fapitel.  Sie  öftcrreicfjifcfje  fßroöins. 


^Deputierten  ber  „Inclita  Convocatione  dell  Contaclo  di  Gorizia“  an  ben  ©eneral  unb 
baten  in  ber  bringenbften  Söeife  tun  bie  Ütüdfenbung  beg  P.  9J?arf.  2tnt.  9I?ambetiug, 
ber  fo  niete  ^af)re  fegengreid)  in  ©örj  getnirft  habe  K  ©rwäfjnt  jtt  werben  nerbient 
aud)  P.  üötartin  Sauger,  ber  erfte  ©efdjidjtfdjreiber  non  ©örj;  feine  2(nnaten  non 
9?orifum  unb  fyriaut  geben  ben  Söorttaut  ber  ©ofrtmente  aug  ben  erften  Duetten* 1 2. 

©d)on  im  3d)re  1(310  patte  ©rjherjog  gerbinanb  ben  Söunfd)  nad)  ber  ©r« 
ricptung  eineg  Qefuitenfottegg  in  ©rieft  auggefprodfen,  unb  1617  patten  bie  ©rieftiiter 
burd)  ipren  Slbgefanbten  ÜDtarcett  ©apuano  in  SGBien  (Schritte  bafür  getan.  2Iber  erft 
jmei  $apre  fpäter  fiiprten  bie  ©reigniffe  in  Vöhmen  jit  einer  tangfameit  Verwirf- 
ficpuitg  beg  Sßtaneg3.  Vei  ber  Vertreibung  ber  ^efuiten  aug  Vötjmen  tarnen  1619 
zwei  ^efuiten  auf  ber  Steife  nad)  Italien  nad)  ©rieft,  ^ofepp  SOtepfer  aug  ©d)Wabeit 
unb  ©regor  ßatateo  aug  ©örz,  unb  fanben  bort  frertnblicpe  Stufnafjme,  jumat  einer 
berfelbett  burct)  frühere  ©ätigfeit  in  ©rieft  befannt  unb  betiebt  mar.  2lm  13.  ^uti 
1619  befcplop  ber  SDtagiftrat,  bie  ißatreg  in  trieft  guriidjube^atten,  „weit  eg  ja 
atten  befannt  fei,  wie  geteprt  ttnb  tüdjtig  bie  ^efuiten  feien",  ©inftweiten  wieg  er 
jurn  Unterpalt  200  ©utben  an.  Vefonberg  wünfcpte  man  ein  Sotteg,  unb  fo  würbe 
am  7.  ^uti  1620  ber  SInfang  mit  einer  fteinen  (Scpule  gemacht.  ©ie  ©tiputation 
mit  ber  ©tabt  wegen  28of)uung  unb  llnterpaltg  beftätigte  g-erbinanb  II.  am  1.  Januar 
1621.  ©em  Collegium  ducale  S.  J.  wieg  bie  ©tabt  bie  ©ptoefterfirdje  an.  ®a 
biefe  ju  ftein  war,  begann  man  batb  mit  einem  Neubau.  ©er  ©runbftein  würbe 
am  10.  Oftober  1627  gelegt,  ©ie  Sirdfe  fonnte  aber  erft  1643  in  ©ebraucf)  ge¬ 
nommen  werben,  unb  eg  oerging  noch  faft  ein  patbeg  Qafjrpunbert,  big  fie  aud)  nur 
in  ihren  pauptteiten  fertig  würbe 4. 

©ie  ißerfonenjat)!  beg  Sottegg  ftieg  oon  9  im  ^affre  1624  auf  14  im  Raffte 
1643  unb  17  im  ^afjre  1650.  ©er  eigentlicpe  ©tifter  beg  Sottegg  ift  gürft  lttricp 
oon  ©ggenberg,  ber  am  26.  9J?ai  1624  ben  ©tiftgbrief  Unterzeichnete,  gür  ^ircpe, 
©djute  unb  Sotteg  gab  er  50000  ©utben.  2tud)  Oerpfticptete  er  fiep,  ben  Vaugrunb 
für  Sird)e,  ©cpute  unb  Sotteg  gu  bejahten5,  ©ie  ©cf)uten  hie^en  fiep  in  Vejug 
auf  bie  Slnjaht  ber  Staffen  unb  ber  ©cpüter  in  befcffeibenen  ©rettjeit.  ^m  ^ahre 
1625  waren  2  ißriefter  unb  1  ©epotaftifer  in  ben  ©chufen  befdfjäftigt,  1633  würbe 
ber  oberften  Pfaffe  bie  ißoefie  wieberum  beigefügt;  1647  beftanb  bie  ©cpute  aug 
fünf  Staffen,  unb  gegen  ©nbe  beg  $ahreg  würbe  auf  SÖSunfcp  beg  Vifdjofg  eine  Vor- 
tefung  über  SUJorat  für  ben  Sterug  eingerichtet.  $mei  Qahre  fpäter  hdte  bie  SJiorat 
12  pörer.  $ur  felben  3eit  war  aber  bie  Vtjetorif  aug  ÜDtanget  an  ©chütern  wieber 
ausgefallen,  unb  bie  fünf  übrigen  Staffen  jähtten  nur  je  10 — 30  ©cpüter  6 * * 9.  ©ie 
©efamtjaht  fepeint  ftetg  unter  100  geblieben  ju  fein,  $n  ^en  weiften  3fli)ren  finb 
im  Sotteg  2  ^riefter,  1  für  £Ütorat  unb  1  für  Humanität,  unb  2  ©epotaftifer  für 
bie  übrigen  Staffen,  bereu  jebe  jwei  Stbteitungen  hotte. 


1637;  Sf)om.  ißolitiug,  1639;  gratis  93afetlu§, 
1642;  SSernl).  S8ad)in,  1644;  gratis  2tntonettu§, 
1646;  gaf.  ©orsar,  1648. 

1  *  Original  Epp.  Princ.  VI  239. 

2  Morelli  a.  a.  D.  III  258  f. 

3  giir  bag  golgenbe:  *  Litt.  ann.  unb  *Catal. 

Prov.  Austr.  Iuvencius  a.  a.  D.  f.  9. 

Dom.  Rosse tti,  L’  archeografo  Triestino 

II  (1830)  213  ff;  ebb.  235  ff  f?lrd)iüalien  über 

bag  Sriefter  ®oüeg.  iß  et.  Somafin,  Sag 

!.  !.  ©taatg-Dbergpmnafium  in  Srieft  (1892) 

9  ff.  Ser  Äirdjenfdjmud,  ©ras  1891,  58  ff. 


4  Ser  Äircbenfcbmucf  1891,  59  f;  S5efcf)rei= 
bttng  ber  Äircbe.  Sfaumeifter  war  ber  SBruber 
gaf.  93riaiti.  Über  ben  Streit  wegen  ©t  ©gl- 
üefter  im  gaf)re  1628  f.  Rosse  tti  a.  a.  0. 
II  223. 

5  SSortlaut  bei  Rossetti  a.  a.  D.  II  341  ff. 
S  o  m  a  f  i  n  a.  a.  £).  28. 

6  Sßon  ber  Poesis  attgefangen  12,  15,  10, 
20,  30  (Infima).  gtt  ben  *  Litt.  ann.  oon  1642 
fjeijjt  eg:  Scholae  quod  sibi  deest  de  numero 
pietate  et  disciplina  supplent. 


Utieberlaffuugen :  trieft. 


351 


Sdjon  in  beit  erften  ^aßreit  mürben  ijSrebigten  in  brei  Sprachen  gehalten, 
italicnifcß  in  St  Sploeftcr,  flaüifd)  in  S.  Slocco  (23orftabt)  unb  beutfd)  für  bie  33e= 
faßung.  $m  Qaßre  1649  mar  italienifcße  fjkebigt  an  ben  größeren  heften  nnb  an 
ben  Freitagen  in  ber  ^aftenjeit,  flomenifcße  an  ben  (Sonntagen  unb  größeren  ^e^en/ 
beutfdje  für  bie  ©olbaten  auf  ber  23urg  an  aßen  Sonntagen.  Slußer  ber  fleinen 
Sobalität  für  bie  Stubenten  (1649  gäljtte  fie  40  SDlitglieber)  errichtete  man  1624 
eine  folcfje  für  bie  Bürger,  bie  1647  in  brei  oerßßiebette  gefonbert  mürbe,  eine 
italienifdje  für  ?lbelige  unb  angefeßene  Bürger  in  St  Stjloefter,  fie  3äßlte  1649 
360  ÜDlitglieber,  eine  gmeite  für  Sdjiffer,  gifcßer  unb  ^anbmerfer  in  St  Slifolaug, 
bie  britte  für  dauern  unb  Söinjer  in  St  ^fibor.  ®ie  Kommunionen  ftiegen  oon 
10000  im  ^aßre  1636  auf  15  000  im  Qaßre  1643  unb  hielten  ficß  auf  biefer  ,£)öße; 
1648  maren  eg  fogar  21000.  SEBäßrenb  ber  Sßodje  jäf)tte  man  (1649)  40,  an  ben 
gemößnlicßen  Sonntagen  150,  an  ben  Sonntagen  ber  ©eneralfommunion  400,  an 
ben  größeren  geften  800  Kommunifanten. 

2>a  Kaifer  gerbinanb,  mie  er  fidj  augbriidt,  erfahren,  „baß  bie  emfige  £ätig» 
feit  ber  Qefuiten  ber  Stabt  trieft  nicht  allein  nüßlid),  fonbern  burcßaug  notmenbig 
fei",  hatte  er  bem  Kolleg  am  20.  Slooember  1636  einen  feßr  meitgeßenben  ^Srioilegien» 
Brief  auggeftellt.  ®erfelbe  enthielt  u.  a.  gollfreie  ©infußr  unb  Slugfußr  aller  Sebeng» 
mittel,  mie  (betreibe,  SBein,  gifcße  ufm.,  freie  23ermaltung  ber  Schulen,  unmittelbare 
Unterftellung  unter  bag  §ofgericßt,  alle  Scßul»  unb  ©eridjtgpriüilegien  ber  ©rajer 
Slfabemie  ufm. 1  SDaß  biefe  meitgeßenben  Privilegien  ber  Stabt  nicht  Besagten,  fann 
man  ißr  nicht  oerbenfen.  23efonberg  bie  zollfreie  (Einfuhr  auglänbifcßer  SBeine  er» 
regte  großen  Unmillen,  unb  eg  fam  hierüber  ju  Tumult  unb  31t  einem  langen  Streit 
3mifcf)en  Sieftor  unb  Stabt,  ber  001t  bem  ©eneral  mieberßolt  fcßarf  mißbilligt  mürbe. 
Slm  6.  SJlär3  1638  fdjrieb  Sßitellegcßi  bem  Sieftor  SSincßiarut  (93endjiarutti):  Söenn 
@m.  .fpocßmürben  mit  ben  Bürgern  3U  progeffieren  angefangen,  fo  fann  icß  bag  nicht 
billigen.  $enn  icß  fürchte  baüon  für  bag  Kolleg  meßr  Scßaben  atg  Slußen;  icß  mar 
immer  ber  Slnficßt,  man  bürfe  bie  Bürger  nicht  re^en.  Söenn  biefe  ung  abgeneigt 
finb,  fo  meiß  id)  nicht,  melcße  grucßt  mir  aug  unfern  Slrbeiten  für  bag  Seelenheil 
hoffen  fönnen.  SDegßalb  mill  icß,  baß  Gsm.  ^odjmürben  fooiel  alg  möglicß  oon  allem 
Streit  abfteßen  unb  bie  Sacße,  fo  gut  eg  eben  geßt,  beilegen2.  SSieberum  maßnte 
©itellegcßi  in  einem  Briefe  Dom  20.  Slooember  1638  an  P.  Slnbreag  Sernarbini: 
2Bag  ©ra.  £>od)mürben  über  ben  Sumult  ber  Bürger  megen  ber  ©infußr  beg  aug» 
länbifcßen  SBeineg3  gefdjrieben,  ßabe  icß  gelefen.  2>a  mir  meßr  bafür  forgen  müffen, 
mag  bem  g-rieben  unb  ber  ©rbauung  förberlicß  ift,  fo  merbe  icß  miebentm  ben 
Provirtgial  anroeifen,  baß  er  fo  halb  mie  möglid)  bie  Sacße  beilege,  unb  audß  ben 
faiferlichett  23eid)töater  bitten,  baß  er  alle  ben  Bürgern  begßalb  broßenbe  Strafe  ab» 
meßren  möge4.  2)er  ©eneral  mar  für  ben  Slicßtgebraucß  beg  privilegg,  aber  mie 
eg  fcßeint,  macßten  ber  Sieftor  unb  ber  fßrofurator  (.^ilariug  ßoron)  geltenb,  man 
bürfe  ficß  00m  Pöbel  nicht  im  ©ebraucß  ber  faiferlicßen  Privilegien  ßinbern  laffen. 
®er  ©eneral  beftanb  aber,  mie  er  am  21.  Januar  1640  bem  Provingial  Slumer 
fdjrieb,  auf  feinem  33efeßl  unb  verfügte  bie  ©ntfernung  beg  ißrofuratorg.  ßum  Scßluß 
bemerft  er,  baß  bie  Xrieftiner  fid)  aud)  über  ein  anbereg  Privileg  beflagten,  moburcß 


1  9Bortlaut  Bei  R  0  s  s  e  1 1  i  a.  a.  0.  II  344  ff. 

Zontafin  a.  a.  0.  29  ff.  9tur  bie  §errfdiaft 
Äaltenbrun  unb  bie  übrigen  ©üter  in  Ärain 

waren  üon  ber  Steuerfreiheit  ausgenommen. 
Über  baS  eine  Stunbe  Bon  Saibacf)  gelegene 
Saltenbrun  f.  91  a  1 0  a  f  0  r  a.  a.  0.  XI  295. 

Sggenberg  Batte  feine  §t)potBef  Bon  32000 


©ulbcu  auf  Saltenbrun  bem  Solleg  gefcbentt. 
91m  1.  Sau.  1630  würbe  ber  93efip  Bon  Salten» 
Brun  bem  Solleg  jugcfprocBen,  (pater  aber  wieber 
angefodjten.  Rossetti  a.  a.  D.  II  216  f. 

3  *0rig.=9leg.  Ad  Austr. 

3  93gl.  Rossetti  a.  a.  0.  II  224. 

4  *  0rig.»(Reg.  Ad  Austr. 


352 


günfte§  Äapitel.  Sie  öfterreicf)ifcf)e  fjSrooinj. 


jeber  Stubent  audj  für  bie  größten  95erbred)en  ber  ftäbtifcfjen  ©eridjtSbarfeit  entzogen 
werbe 1.  Stuf  ba§  ©eridjtSprimtegium  für  bie  ©tubenten,  ba§  überall  üblich,  tonnten 
unb  wollten  bie  jCrieftiner  gefuiten  im  gntereffe  ber  gudjt  unb  be§  Stnfefjcng  ber 
©djute  nic^t  öer^icfjten.  ®e§t)atb,  fo  meinte  S8iteCte§df;i  in  einem  23riefe  öom  17.  ÜJJiärj 
1640  an  ben  ffteftor,  würbe  ber  ÜDtagiftrat  bei  näherer  Überlegung  auf  feinem  2öiber= 
ftanb  niefjt  beharren,  fonbern  im  ©egenteit  biefe§  fßrioiteg  im  gntereffe  ber  eigenen 
üinber  in  @dju|  nehmen.  Stuf  ba§  fßritnteg  ber  SBeineinfuljr  fotte  man  öerjidjten 
bis  ju  einer  friebtidjen  Söfung.  gn  iebem  gatte  fotte  ber  ffteftor  atte§  aufbieten, 
ben  Streit  fo  fdjnelt  wie  möglich  §u  beenbigen2.  Stm  22.  guni  1640  tarn  e§  §wifd)en 
bem  fReftor  SSencfjiarutti  unb  bem  ÜDiagiftrat  ju  einer  Übereinfunft,  in  Wetter  fidj 
ber  fKeftor  tierpftidjtete,  nur  50  ©imer  au§Iänbifd)en  2Bein,  unb  jwar  nur  für  ben 
eigenen  §au§bebarf  ein^ufiihren,  ferner  fdjulbige  ©cfjüter  bem  ftJtatefijridjter  ju  über* 
taffen,  ber  im  tarnen  ber  i|3atre§  bie  ©trafen  beftimmen  werbe,  enbtidj  bie  greifjeit 
Oon  Stbgaben  nur  auf  bie  faifertidjen  Stbgaben  ju  befdjränfen  ufw. 3 

gür  bie  ©rünbung  eines  gefuitenfottegS  in  giuute,  bem  atten  ©t  SSeit  am 
pflaum  (Flumen  Sti  Viti),  fjatte  fidj  ber  greife  S3eidjtöater  beS  @r§hergog§  gerbinanb 
33artfjot.  SBitter  tange,  aber  »ergebend  bemüht.  Stm  11.  SIprit  1616  ermunterte  it}n 
ber  ©enerat,  trop  alter  /pinberniffe  ben  f$tan  mit  ©ifer  gu  betreiben;  benn  je  größer 
jept  bei  ber  ©rünbung  bie  ©cfjwierigfeiten  feien,  um  fo  reicher  würben  bereinft  bie 
grücfjte  fein4.  Sin  gafjrjefjnt  fpäter  (1627)  fanbte  bann  trieft  eine  fteine  Kolonie 
nach  giume.  gm  gatjre  1628  beftanb  bie  fRefibenj  aus  2  fßatreS  unb  1  ©djotaftifer, 
unb  halb  barauf  forgte  aud)  eine  grofje  2Bof)ttäterin,  bie  ©räfin  Urfuta  oon  Stjanhaufen, 
für  bie  Stiftung  eines  ß’otlegS.  Stm  18.  ÜDtai  1630  nahm  SSitetteScfji  mit  bem  StuS* 
brud  ber  größten  ©anfbarfeit  ba§  Stnerbieten  ber  ©räfin  an5.  ®er  ©tiftungS* 
brief  trägt  baS  ®atnm  be§  29.  ©eptemberS  1630 6.  ®ie  reinen  jährlichen  ©infünfte 
betrugen  1500  ©utben,  Oon  benen  faum  je|n  fßerfonen  unterhatten  werben  tonnten, 
jumat  aud)  $otteg,  ^irdfje  unb  ©djute  nod)  ju  bauen  waren.  ®aS  neue  ^otteg 
war  1636  fertig;  wegen  ber  oieten  StuStagen  für  baSfetbe  würben  oon  ben  nunmehr 
auf  2000  ©utben  geftiegenen  ©infünften  nur  neun  fßerfonen  unterhalten.  9ftit  bem 
Üirdjenbau  begann  man  1638;  1645  tjeifü  e§,  er  fteige  allmählich  in  bie  /pöfje; 
1650  war  er  noch  nicht  fertig. 

gm  gafjre  1630  waren  in  giume  3  fßatreS,  2  ©djotaftifer  unb  1  S3ruber, 
1633  (fdjon  Kolleg)  4  patres,  3  ©djotaftifer  unb  3  23rüber.  ®a§  ©tjmnafium 
fdjeint  1633  oier  Staffen  gefjabt  ju  haüen.  gm  gafjre  1639  werben  erwähnt 


1  ©djon  am  17.  gan.  1640  batte  SSitette§c£)i 
bem  SDJacjiftrat  oon  Srieft  gefd)rieben,  bafj  er 
ben  ©ebraud)  be§  28einprioiteg3  einftroeiten 
fuefpenbiert  habe.  Sgl.  Rossetti  a.  a.  0. 
II  371. 

2  *0rig.=9teg.  Ad  Austr.  Srud  bei  Ros¬ 
setti  a.  a.  0.  II  373;  Ogi.  ebb.  372.  2'tbnlid) 
fd)rieb  Sitette3d)i  unter  bemfelben  Saturn  an 
ben  fßropinjiat  fRutner. 

3  SBorttaut  bei  R  o  s  s  e  1 1  i  a.  a.  0.  II  365  ff. 
—  Sie  Obern  bott  Srieft  tuaren:  Qof).  be  $ofa= 
reüi,  1620  (@up.);  gat.  Diampetti  (JRampetio), 
1621  (©up.;  1623  9Mtor);  granä  ÜtntoneHo  (Stm 
tonetli),  1632;  Subm.  Sindjiarut  (Sendparutti), 
1639;  Slnbr.  Sernarbini,  1644;  got).  Sanoni, 

1646;  Slnt.  ©iobanetti,  1650.  Sgt.  bie  ab= 

meidjeube  Sifte  bei  S  o  m  a  f  i  it  a.  a.  0.  41.  Sie 

©infiinfte  betrugen  feit  1627/1628  ca  4000  ®ub 


ben.  Sie  §älfte  tnurbe  für  ben  Unterhalt  Pon 
12 — 15  Serfonen  gebraucht,  bie  anbere  $ätfte  für 
ben  Sirdjenbau;  fo  and)  nod)  im  Äatatog  non 
1645.  Sie  ©infüufte  fepten  fid)  nad)  *  Catal.  1649 
5itfammcn  au§  Äaltenbrun  2000  ©utben  (donec 
Collegio  solventur  38000  ©utben),  ex  censu 
20  000  ©ulben  =  1000  ©utben,  ex  telonio  Caes. 
Tergest.  600  ©itlbeit,  a  Magistr.  Tergest.  350 
©utben,  ex  Collegii  campio  200  ©utben,  ntte^ 
5ufammeu  4150  ©utben.  Snoon  geben  ab  au 
Saften  290  ©utben. 

4  *  0rig.»9ieg.  Ad  Austr. 

5  *  0rig.=9teg.  Ad  Austr.  gür  ba§  golgenbe 
*  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  Prov.  Austr.  *Iu- 
vencius  f.  9. 

6  JHegeft  in  Beiträge  sur  Äuube  fteiertnärf. 
©efd)id)t§guetten  1892,  45. 


•Jiieberlaffungen  in  ©dpefien:  ©lap. 


353 


fRfjetorif,  Humanität,  jmei  klaffen  ©rammatif  fombiniert  unb  eine  S3orbereitungg« 
ffnffe  fombiniert  mit  ben  Principia.  Qit  beit  späteren  Qafjren  fdjmanft  bie  Qaljl  ber 
•iRitglieber  jmifdjen  11  unb  15  unb  bie  bet  klaffen  gtüifcEjen  4  unb  5.  ©inige  Qaljre  mar 
bie  9if)etorif  nidjt  eigene  gegeben  morben,  1648  mürbe  fie  mieber  me!fjr  berüdffidjtigt. 
Qm  Qaljre  1649  gab  eg  mit  ber  unterften  23orbereitunggflaffe  6  klaffen1.  2lucf) 
für  Qiume  erging  am  3.  Qanuar  1637  bie  Mahnung  beg  ©eneralg  an  ben  ffSroöin^ial 
©umereder,  bafür  ©orge  ju  tragen,  bafj  in  ben  ©deuten  Sefjrer  angeftellt  mürben, 
meldje  bie  italienifdfje  ©prad)e  beljerrfcfjten2.  ©in  ©eminar  jurn  Ijt.  Qgnaj  mürbe 
mit  einer  für  jmölf  ©tubenten  Ijinreidjenben  Dotation  gegrünbet.  2lm  2.  21pril  1646 
hatte  bie  ©tifterin  beg  Koüegg  audj  ben  ©tiftbrief  für  bag  ©eminar  auggefertigt. 

fßrebigten  mürben  abmecfjfelnb  in  itatieuifdjer  unb  flamifdjer  (iHprifcfjer)  ©pradje 
gehalten,  bie  Katecfjefe  befonberg  in  flamifdjer  Sprache3.  Qür  beit  Klerug  ber  ©tabt 
richtete  man  1632  Sorlefungen  aug  ber  SIRoral  ein ;  ju  ©runbe  legte  man  bie  Casus 
beg  P.  £olet.  21ufjer  ber  öfterlicfjen  Qeit  mar  in  Qiutne  oor  ber  21nfunft  ber  patres  nur 
augnaljmgmeife  jemanb  ju  ben  ©aframenten  gegangen.  Qm  Qaljre  1639  jäjfte  man 
3000,  1647  ff  gegen  7000  Kommunionen.  SBäjrenb  ber  SBocfje  empfingen  1649 
bie  fjeitige  Kommunion  gegen  10,  an  ©onntagen  50 — 200,  an  größeren  geften 
300 — 700.  ÜDiarianifdje  ©obalitäten  merben  feit  1634  gmei  ermähnt,  eine  für  bie 
23ürger  unb  eine  für  bie  ©tubenten.  Qm  Qajre  1649  jäjtte  bie  italienifdje  Bürger- 
fongregatiott  82,  bie  ber  ©tubenten  62  ÜDUtglieber. 

S)ie  ©efcfjidjte  beg  Kollegg  in  Qiume  ift  megen  ber  bortigen  eigentümlichen 
SSerljältniffe  mit  üieleit  ©treitigfeiten  oerunsiert.  ©treitigfeiten  megen  ber  ©üter, 
bie  jur  gunbation  gehörten,  ©treitigfeiten  mit  ben  Untertanen  in  ©aftua,  bie  feinen 
Kapitano  mehr  anerfenneit  moltten,  ©treitigfeiten  mit  ber  ©tabt  megen  ©runb» 
befipeg  unb  mit  bem  Klerus!  megen  Übertragung  beg  munberbarett  Kreu,$eg  (1638)  ufro. 
medjfeltt  ntiteinanber  ab.  f£)ann  folgen  Sßerföjnung  unb  tiefer  griebe,  big  mieber 
ein  neueg  ©treitobjeft  auftaudjt.  21m  28.  21uguft  1632  maljnte  ber  ©eneral  ben 
fßroüinjial  Qorro,  barauf  ju  adjten,  bafj  bocf)  itiemanb  ein  21nlajj  ju  neuem  ©treit 
geboten  merbe4.  Qm  folgenben  Qaljre  1633  liefj  ber  fReftor  nidjt  ju,  bafj  bie 
23eleibiger  auf  ben  Knien  21bbitte  leifteten,  mie  beftimmt  morben,  unb  mirfte  fo  burcfj 
feine  Qreunblidjfeit  für  bie  SBefeftigung  beg  Qriebeng5. 

*  * 

¥ 

2)ie  bigfjer  angeführten  Kollegien,  fRefibenjeit  unb  SRiffionen  oerblieben  ber 
öfterreidjifdjen  fßrooinj,  aud)  nadjbem  bie  böfjmifdje  ^roninj  ooit  ifjr  abgetrennt 
morben  mar.  ®er  böhmifdjeit  ^rooinj  fielen,  mie  bereitg  früher  bemerft,  audj  bie 
Kollegien  in  ©djlefien  ju.  SßSir  fönnen  an  ©c^lefien  ebenfomenig  ganj  oorüber« 
gehen  mie  an  ben  fdhoti  früher  oon  ber  öfterreidjifdjen  ^roüing  an  bie  polttifdje 
jjlroüinj  abgegebenen  ÜRieberlaffungen  in  Oft»  unb  Söeftpreufjen.  SBeil  aber  alle 
biefe  SRieberlaffmtgen  in  bem  fRaljmen  ber  polnifchen  ober  böljmifdjen  fßrooinj  fdjon 
beljanbelt  finb  ober  noch  behanbelt  merben,  fönneu  mir  ung  um  fo  fürjer  faffen. 

©cfjlefien  mar  beim  beginn  beg  17.  Qahrhunbertg  faft  ganj  proteftantifdj.  Qm 
Saufe  beg  16.  Qafjrljunbertg  maren  1500  Kirdjen  proteftantifdj  gemorben.  ©er 


1  5ßon  ber  9H)etorif  angefangen  ^alpten  1G49 

bie  Staffen  12,  7,  21,  31,  21  (Principia),  45 
(Intima).  2  *  Grig.’9teg.  Ad  Austr. 

3  2tm  17.  Stärs  1640  fdjreibt  ber  ©eneral 

an  ben  $rot>insial  9tumer :  Fluminis  Rector 
Dalmatam  Concionatorem  postulari  a  civibus 
scribit.  *  örig.=9teg.  Ad  Austr. 

3)ul)r,  ©efdjidite  ber  Qefuiten.  II. 


4  *  Drig.=9teg.  Ad  Austr. 

5  Sie  öbern  luaren:  2or.  Gl)rt)fogonu£>, 

1628;  Seoul).  93agnt),  1632  (9te!tor);  Start. 
93autfd)er,  1639;  gratis  ÜlntoneHi,  1642; 
Subto.  SBiudjiarnt ,  1645;  ©tepljnn  6rna, 

1647. 


23 


354 


günfteä  Kapitel.  Sie  öfterreidjifdje  fßroPing. 


mfy(SWßs:Äc5EFENiss.  Pmc.Acham?. 

SBÖLVy  McHID.JVSTB.Ih'X  BVPü  STYR.CAmWl^ 
\GN.lk)Rrss.ADMm.Om.TEVTaN_PEP.  GehnliÄ 
; tal.Magist .  B rdc  et  VraxislEv  s  .  Com  j 

Habs.Tip-o.zt  Gop.  .ggyfil 


9J?ajeftätg6rief  9InboIf§  (1609)  unb  bie  3u9ef^örtbniffe  be§  $önig§  9)7attpia§  (1611) 
Ratten  bie  Sage  beS  )J3rotcftanti§mu§  nocp  mepr  gefefligt.  £>ie  proteftantifdjen  ©tänbe 
fcf)toffeit  ft  cf)  am  21.  Sluguft  1619  ber  böpmifcpen  9tebefIion  an,  erffärten  Stönig 
gerbinanb  für  abgefefet  unb  vereinigten  ipre  Struppen  mit  benen  ber  aufftänbifdjett 
böpmifcpen  Herren.  9iad)  ber  9iiebermerfung  be§  2fufftanbe§  ermirfte  ber  föurfürft 
non  ©acpfen  ben  für  bie  fcpfefifcpen  fRebellen  nocp  fepr  günftigen  5E)re§bener  SIfforb 
Dom  28.  g-ebruar  1621.  ®ag  .fpergogtum  ^ägernborf  unb  affe  fcfjlefifc^en  SBefipungen 
be§  geächteten  äftarfgrafen  $op.  ©eorg  erpieft  1622  gürft  Siecptenftein  gu  bent  früher 
gugefprocpenen  Stroppau;  bie  ^erjogtümer  Oppeln  unb  Stfatibor  be§  unbeftänbigen 
Setpfen  ©abor  famen  au  ben  giirftbifdjof  ßarf  non  23re§fau,  ba§  ^ergogtutn  ©agan 
1627  an  Söaffenfteiu,  unb  in  ber  gmrftenfurie  erlangten  bie  fö'atpofifen  bie  9JJajorität. 

SDie  ©raffcpaft  ©fap  af§  gu  SSöpmen 
gehörig  mar  im  SDregbener  2ffforb 
nicht  einbegriffen  unb  mürbe  teilmeife 
mie  bie  böpmifcpen  üiebeffen  bepanbelt. 

23i§  gu  biefer  $eit  patten  bie 
^efuiten  in  ©lap,  mie  bie  ^apre§» 
bericpte  non  1602  peroorpeben,  viel 
©efegenpeit,  ©ebufb  gu  üben,  .'popn 
unb  ©pott  unb  felbft  tätliche  ÜJJJifp 
panbfungen  blieben  ipnen  nidpt  erfpart. 
©a§  ffeine  ßoffeg,  beffen  Sfnfänge  in 
ba§  üorige  ^aprpunbert  faden  \  fonnte 
fiep  nur  langfam  entmidefn  unb  mürbe 
bann  burep  bie  9teüofutiou  für  eine 
ßeitfang  gang  vernichtet1 2.  ®ie  ©raf- 
fepaft  ©fap  mar  bamaf§  faft  gang  pro> 
teftantifcp:  ber  Sfbel/  ber  £anbe§* 
pauptmann,  bie  SBorfteper  aller  faifer« 
fiepen  hinter  bi§  gu  ben  Stürftepern 
perab,  bie  äJJagiftrate  in  ben  ©täbten 
nebft  bem  größten  Seif  ber  ©ürger 
unb  be§  Sanbooffeg.  SDie  Ä'atpofifen 
madjten  nur  nod)  ungefäpr  ein  .ßmöfftef 
ber  SSevölferung  au§.  ^n  ©fap  felbft 
mar  feit  1606  nadj  ber  bort  1605 
erfolgten  ©rmorbung  eines  fatpofifdjen 
^SilgerS  bie  Raffte  be§  ÜiateS  fatpo- 
lifch,  um  ber  fatpolifepen  3)änberpeit 
größeren  pofigeifidjen  ©djup  gu  gemäpren.  Slm  22.  Sfprif  1602  erfolgte  bie  faifer* 
liehe  SSeftätigung  be§  ©faper  Kollegiums.  $n  ber  Urfunbe  fagt  Üiubolf  II. :  ®a  bie 
©efeflfepaft  $efu  fid)  bem  33erufe  geroeipt,  ba§  äöort  ©otteS  gu  üerfünben,  ben 
fatpofifdjen  ©otteSbienft  gu  pebeit  unb  bie  Qugenb  in  SBiffenfcpaft  unb  Religion  gu 
untermeifen,  fo  fotle  feine  ©raffepaft  ©lafj  einer  fo  mopltätigen  Sfnftaft  iticpt  länger 
entbepren 3. 


ßiäfjerjog  Karl,  Sifdjof  Don  33rc»lau. 

@ticf)  Pon  353olfgang  Kilian.  (V*) 


1  9SgI.  Sb  I,  ©.  175  ff. 

2  *Litt.  ann.  unb  *Catal.  Prov.  Austr.  u. 

Bohem.  Sgl.  Sc  lim  idl,  Hist.  Prov.  Bohem. 
II  251  295  ff  336  718;  III  122  ff  315  562; 
IV  667  871.  2U.  33  act),  Urfunblidje  Kirdjen* 


gefd).  ber  ©raffd)aft  ©Iö3  (1841)  160  ff  196  ff. 

t>.  333  i  e  f  e ,  Kampf  um  ©laft  (1896)  15  ff  61  ff. 
Krö§,  ©efd).  ber  Pöfjm.  ScoPiitj  I  765  ff. 

3  33  a  d)  a.  a.  £).  165. 


Aieberlaffungeit  in  ©d)leficn:  ©lap. 


355 


SDaS  Kolleggebäube  würbe  bereite  1604  erweitert.  Qepn  Sa^re  fpäter  erwarben 
bie  patres  ein  bisher  nicpt  täuflicpeS  ©runbftüd  gu  einem  Erweiterungsbau  für  bie 
©djulcn.  Qm  Qapre  1616  war  baS  neue  ©dptlgebäube  fo  weit  fertig,  baß  nier 
klaffen  baSfelbe  begießen  fonnten.  Son  bem  KollegSgebäube  in  ©laß  fcßreibt  ber 
proteftantifcße  SDiafoit  AluriuS  1625  in  feiner  ©laßifcßen  Eßronif:  „2öaS  bie  ©ebäube 
uitb  Qimmer  anbelangt,  fo  berichte  icß  baoon  biefeS,  baff  gwar  ber  alte  Sluguftiner- 
orben  norweiten  nie!  baoon  erbaut  ßat,  fintemal  bie  kröpfte  aucp  gugeiten  Suft 
iiberfomnten,  ißt  ©tift  meßr  gu  gieren  unb  gu  erbauen.  St)ocß  ift  baSfelbe  alles 
faum  ein  ©cßatten  gewefen  gegen  ben  Sau,  wetten  bie  Qefuiten  in  neulicßer  Qeit 
auf  biefem  Stßumftift  oollbracßt  ßaben;  benn  fte  ßaben  aüeS  Diel  Weitläufiger,  orbent» 
lidjer,  prächtiger  unb  ftattlicßer  erbaut,  als  eS  üor  ihnen  gewefen  war.  SBer  auf 
bem  Stßum  gewefen  ift,  eße  er  nocß  ift  eingeäfdjert  worben,  ber  wirb  wiffen,  waS 
fiir  herrlid;e  ©tuben,  ©äte,  3^mmer/  Keffer,  heimliche  ©änge  unb  ©emäcßer  ufw. 
aüba  gewefen,  oon  benen  icß  lieber  fcßweigen  will,  als  nur  etwas  baoon  reben. 
Qd)  ßabe  etliche  jefuitifcße  Collegia  gefeljen,  als  gu  9Uga,  gu  SraunSberg  ufw.  Aber 
baS  gu  ©laß  ift  woßl  fo  herrlid;  unb  herrlicher  gewefen."1  Qm  Qapre  1614  taufte 
mau  aud;  ein  £>auS,  um  arme  ©tubenteu  bort  untergubringen 2. 

Qn  ©djule  unb  ©eelforge  entfalteten  bie  Qefuiten  eine  ftetS  fortfcßreitenbe 
Stätigfeit.  Qu  ben  erften  Qaßren  beS  17.  QaßrßunbertS  waren  nur  brei  Seßrer  in 
brei  ©rammatifalflaffen  befcßäftigt,  bagu  lehrte  in  einer  SorbereitungSflaffe  nocß 
ein  Auswärtiger,  1606  trat  bie  pumanität,  1613  bie  9xßetorif  ßingu.  SDie  ©cßüler» 
gaßl  tonnte  bei  bem  Sorßerrfcßen  beS  ^roteftantiSmuS  nicht  bebeutenb  fein;  ber 
oierte  Steil  ber  ©cßüler  beftanb  aus  fcßlefifcßen  Abeligen. 

Qn  ben  QaßreSbericßten  oon  1601  wirb  erwähnt,  baß  bie  alten  ißrogeffioiten 
in  ber  Sittwodfe,  bie  feit  40  Qaßren  unterlaffeit  worben,  wieber  abgepalten  würben. 
®ie  Säuern  aus  ben  bem  Kolleg  geßörenben  Dörfern  tarnen  mit  Kreug  unb  Qaßne 
nacp  ©laß  unb  fangen  bie  alten  beutfcpen  Kirdfenlieber.  9tocp  größere  Qreube 
erregte  bei  ben  Katßolifen  bie  1601  wieber  abgepaltene  QronleicßnamSprogeffion. 
An  ben  oerfcpiebenen  ©tationen  würben  beutfcpe  unb  lateinifcpe  ©prücfje  aufgefagt, 
unb  an  ber  brüten  ein  SDialog  über  bie  ©cpaubrote  aufgefüprt.  Einige  Qapre 
fpäter  (1609)  [teilte  man  bie  alte  SBallfaprt  nad)  Söartpa  wieber  per.  SDie  erfte 
Kongregation  würbe  1613  errichtet.  9Jiit  bem  Empfang  ber  peiligen  ©atramente 
ging  eS  langfam,  fepr  langfam  ooran.  Um  Oftern  1602  gäplte  man  nur  250 
Kommunionen.  Aucp  pier  brachte  ber  Eifer  eines  ^aterS  eine  Sefferung.  Er  ging 
1608  üor  Oftern  üon  £>auS  gu  pauS,  ermapnte  unb  unterrichtete  bie  eingelnen,  fo 
baß  man  in  biefem  Qapre  600  unb  1610  fdjon  über  1000  Kommunionen  an  Oftern 
gäplen  tonnte,  ^ßrebigt  unb  Katecpefe  würben  nicht  allein  in  ber  ©tabt,  fonbern 
aucp  auf  ben  benacpbarten  Dörfern  regelmäßig  gepalten,  im  Qapre  1609  aud)  brei 
Pfarreien  beforgt.  St)a  bereitete  ber  böpmifcße  Aufftanb  im  Qapre  1618  auf  einmal 
ber  gangen  Stätigfeit  ein  fäpeS  Enbe.  SDie  SftebeHen  äcpteten  bie  Qefuiten  in  Sößmen, 
ber  ©raffdjaft  ©laß  unb  gang  ©cplefien.  Am  7.  Quni  1618  tarn  baS  SerbannungS» 
befret  in  ©laß  an,  am  9.  Quni  mußten  bie  Qefuiten  ©laß  oerlaffeu.  @ie  gogen 
einftweilen  nacp  97eiffe;  Anfang  1619  würben  Kircße  unb  Kolleg  oon  ben  Auf» 
ftänbifdjen  gerftört3. 

Erft  am  26.  Ottober  1622  würbe  ©laß  üon  ben  taiferlidfen  Struppen  wieber  er» 
obert;  eS  folleit  nur  mepr  neun  fatpolifcpe  Siirger  bort  gewefen  fein4.  Am  12.  Qanuar 
1623  erpielt  Qürftbifcßof  Ergpergog  Karl  bie  gange  ©raffcpaft  als  Sepen  ber  Krone 

1  Glaciographia  ober  ©läpifcpe  Chronica  3  91äf)ere3  im  6.  Kapitel.  Sgl.  SSiefe 

(1625)  333.  a.  a.  0.  15. 

2  Sgl.  ba§  9.  Kapitel.  1  SBiefe  a.  a.  D.  59. 


23 


356 


günfteS  Kapitel.  $ie  ö[terreicf)ifd)e  i)3roüinä. 


33ö£)men.  Söie  norljer  alle  Qefuiteu,  fo  mürben  jetjt  ade  ißrebiger  beg  SanbeS  ber* 
miefen.  Slit  bie  Qefuiten  erging  bon  ©r^erjog  ÄTart  ber  iBefehl  gur  SiiicEfeJjr,  unb 
fo  !am  am  31.  ÜDtärg  1623  ber  Üieftor  Qohann  £>ofmann  mit  nod)  einem  Qefuiten 
mieber  nacf)  ©lop.  Sa  §aug,  Kirche  unb  Schulen  big  auf  einige  SDfauerrefte  jer- 
ftört  mären,  mieg  ihnen  ber  Qürftbifdjof  bag  Sanbljaug  unb  halb  barauf  mehrere 
Käufer  in  ber  9iäf)e  ber  ^farrfirdje  gur  einftmeiligen  SBo^nitng  an.  fjiir  bag  Kodeg 
beftimmte  ber  fyürft  am  25.  Quli  1623  bie  Kommenbe  ber  SRattefer  mit  ißfarrfirdje, 
Raufern  unb  ©chuleit;  bag  bermüftete  Kodeg  fodte  in  bie  33efeftigung  beg  ©djloffeg 
einbegogen  merben.  Sftadjbent  am  27.  Quli  1626  bie  SKalteferfommenbe  ben  Qefuiten 
übergeben  morben,  bezogen  biefe  bag  geräumige  Komturhaug1. 

9iun  muffte  man  mit  allen  SIrbeiten  mieber  non  neuem  beginnen.  Sie  ©cf)ulen 
mürben  allmäfjlicf»  ermeitert.  Qm  Qaf)re  1626  trat  gu  ben  mieber  errichteten  hier 
Staffen  bie  Humanität,  1627  auch  9tt)etorif.  Qm  Qaffre  1628  unterrichteten 
6  Sehrer  an  ben  6  ©hmnafialftaffen;  fo  blieb  eg  and;  burchgehenbg  in  ben  folgenben 
Qahren.  Um  biefe  Qeit  mirb  bie  QaI)I  ber  ©djüler  auf  300  angegeben2.  Qunt 
Qafjre  1639  ergäben  bie  Qafjregberichte,  bah  ftdj  ?0  ©tubenten  neben  ihren  ©tubien 
aud)  in  ben  SSaffen  übten. 

©d)on  1624  mürbe  mieber  bie  ©tubentenfongregation  begonnen  unb  1628  eine 
23ürgerfobaIität,  bie  1631  gegen  100  ÜDiitglieber  gäf)Ite;  1646  mirb  eine  Kongregation 
für  junge  ^anbmerfer  ermähnt,  1649  eine  meitere  für  bie  jüngeren  ©tubenten  erridjtet. 
Sie  Katedjefe  fanb  eifrige  pflege.  1638  hielten  bie  Katechigmugfinber  eine  grofje 
fßrogeffion,  banad)  mar  ^rämienberteilung.  Sie  Sehren  ber  Karmodje  unb  ber 
Qronleidhnamgprogeffion  mürben  burch  ^Dialoge  ber  ©c^üler  bem  Sßotfe  lebenbiger 
eingeprägt.  Sie  Kommunionen  ftiegen  im  Qahre  1636  auf  8000,  im  Qahre  1648 
auf  22000.  Sie  Konoerfionen  fchmanfeit  gmifdjen  6  unb  70,  in  ben  Qafjren  1624  big 
1626  gmifchen  142  unb  242.  Sie  SBieberfjerftedung  ber  fatbjolifcpen  Religion  in 
§abetfd)merbt  gab  SIrbeit  für  17  Sßodjen,  meniger  lange  bauerte  1629  eine  SDUffion 
in  Qranfenftein 3.  Sie  33efatjung  auf  ber  33ttrg  erhielt  1640  einen  Qefuiten  alg 
SDUIitärfeelforger. 

©rohe  SJiühen  unb  Opfer  forberten  bie  fßeftjahre  1633  unb  1635.  ißon  ben 
22  Qefuiten  ftarb  im  Qafjre  1633  innerhatb  breier  SDfonate  bie  §älfte.  Sluch 
mätjrenb  ber  ^Seftgeit  festen  bie  Qefuiten  ben  ©ottegbienft  fort;  allen  mürbe  ©elegem 
heit  gur  Reicht  gegeben,  fomoljl  in  ber  Kirche  atg  in  ber  2öof)nung  ber  fßeftfranfen. 
Sie  Krauten  unb  ©terbenben  mürben  eifrig  befudjt  unb  mit  geiftlidjer  unb  leiblicher 
£>ilfe  erquidt4.  Qu  ben  Kerfern  hatte  mau  fdjon  1616  ben  Qutritt  erlangt. 

Qür  ad  biefe  Arbeiten  hat  ein  ©Iahet  ©efdjidjtgforfdjer  ben  Qefuiten  bag 
Qeugnig  auggeftedt:  „Unermüblidj  mar  ihr  apoftolifdjer  ©ifer  im  fprebigeit  unb 
befonberg  in  ben  Untermeifungen  beg  Solfeg  in  ben  Kammerbörfern  ©runb,  Königg* 
hain,  ÜÜeumaltergborf,  Sftartingberg,  Sßeihtoaffer,  §euborf  u.  a.  m.,  mo  eg  ihnen 
gelang,  biefe  in  ber  lutherifdjen  Sehre  erlogene  ober  gu  ihr  abgefallene  ißemoljner 
gur  alten  Kirche  gurüdgufüljren.  Surd)  ihr  bereinteg  müfjebodeg  Söirfen  hatten  fie 
eine  ©djule  in  ©lap  gefcfjaffen,  bie  fid)  eineg  blühenben  9iufeg  erfreute.  .  .  .  2Jiit 
feinem  ^ßreig  gu  bergelten  maren  aber  ber  Qefuiten  bereitmidige  unb  eifrige  Sienfte, 


1  58 ad)  o.  a.  0.  268 f  296.  $ie  SBeftätigung 
burd)  Urban  YIII.  erfolgte  am  30.  SJtai  1629. 

Synopsis  329.  Schmidt  III  721.  Seit  1639 

war  ©lab  aud)  Sift  beS  2ertiat§  ber  bülj= 
mifd)en  fßrobinä;  fd)oit  früher,  1634  batten 
bie  9icpetenten  ber  9}I)etorit  (Sdjolaftifer)  bort 

Stufnatjme  gefuttbeit.  1643  ftubierten  bort 


aud)  einige  Sdjolaftifer  Sttoral  uitb  1649  unb 
1650  $I)iIofopt)te. 

2  So  58  a  d)  a.  a.  D.  299  für  ba§  ^al)r  1630. 
53gl.  Schmidt  III  489. 

3  Schmidt  III  905  991. 

4  ßbb.  IV  58.  *  Litt.  ann. 


fftiebertoffungen  in  @d)tefien:  Oteiffe. 


357 


Welche  fie  bor^üglid)  bei  bet  Stüdfeßr  ber  93etuo^ner  jur  alten  ®ircße,  auf  ber 
ßanjel,  int  ©eicßtftußle  unb  am  Äranfenbette  teifteten,  mo  bie  ©rnte  fo  groß  unb 
ber  SIrbeiter  fo  menige  mären."  1 

®iefe  raftlofe  Slrbeit  erfannte  aud)  ber  proteftantifcße  ^rebiger  ©eorg  Stturiug 
an:  „Qunt  ©efcßtuß  jeige  icß  nod)  biefeg  an,  baß  bie  Qefuiten,  folange  fie  in 
biefent  (Stift  ju  ©laß  gemefen  finb,  moßt  nicßt  gefaulenjet,  fonbern  fid)  ißrent 
Orben  nad)  moßt  redjt  getummelt  ßaben.  ®enn  fie  ßaben  meber  £ag  nod)  SZadjt 
gerußt,  fonbern  fid)  31t  jeber  Qeit  miber  bie  ©oangelifdjen  in  ber  ©raffdjaft  jum 
ßöcßften  bentüßt,  mie  fie  biefetben  eintreiben  unb  bagegen  bie  jefuitifdje,  fatßolifcße 
Religion  einfüßren  möcßten.  SDeffeit  gibt  gar  genugfam  3eu9ni^  un')  93ett)ei§  bie 
anbere  Slpotogie  ber  (Stäube  beg  ®önigteicßg  ©ößrnen  sub  utraque.  .  .  .  SDenn  ba 
mirb  gefeßen,  baß  fie  nidjt  allein  in  ber  Stabt  ©laß,  fonbern  aud)  in  ben  Dörfern 
gurn  ©runbe,  ^imiggßain,  SBidetengborff,  SZeumaltergborff,  föunrabgmalbe,  SOterteng- 
berg,  SEBeißmaffer,  (peuborff  ufm.  ficß  bemüßt  ßaben,  ißre  Stoigion  meiter  aug» 
jubreiten.  Unb  bag  ift  ißnen  aud)  jiemticß  gelungen,  beim  fie  ßaben  öiete  Orte 
ber  ©raffcßaft  ©laß  auf  ißre  Seite  gebradjt,  baburcß  fie  ißrem  Orben  unb  Orbeng 
Qufage  ein  fatteg  genügen  getan  ßaben."2 

®a§  ®odeg,  mo  bie  ©taßer  Qefuiten  bei  ber  Stcßtung  im  Qaßre  1618  eine 
Quftudftgftätte  gefunben  ßatten,  mar  Steiffe.  Scßon  im  Qaßre  1595  ßatten  tebßafte 
Unterßanbtungen  ftattgefunben,  um  in  S^eiffe  ein  Qefuitenlodeg  ju  erricßten,  aber 
bie  ©erßanbtungen  ßatten  fid)  jerfdjtagen 3.  SDie  erften  Qefuiten  Konten  nad)  SZeiffe, 
atg  ©rjßerjog  $art,  ber  ermäßtte  Qürftbifcßof  oon  ©regtau,  im  SDejember  1608  in 
SZeiffe  einjog,  um  bort  atg  Sanbegßerr  bie  ^utbigung  entgegenjuneßmen.  Qn  feinem 
©efolge  mar  fein  ©eicßtbater  unb  ein  jmeiter  Qefuit.  $art  feßrte  1609  nacß 

Steiermarf  juriid  unb  bracßte  gegen  ©nbe  biefeg  Qaßreg  gmei  anbere  patres  mit, 

Qoß.  SZotariug  unb  Subm.  ÜDZeffetiug ;  ber  eine  mar  ©eicßtüater  unb  Sßeotog,  ber 
anbere  fotlte  atg  ^rebiger  mirfen.  So  beginnt  Stnfang  1610  bie  „SJZiffion"  SZeiffc. 
SDie  ©atreg  fanben,  mie  fie  berichten,  ganj  Sd)tefien  bon  ber  §ärefie  ergriffen. 
Stabte,  Stbetige,  §oß  unb  Sanbegämter  proteftantifcß,  aud)  Stoffe  bott  bon  ©aloinern. 
Sdßmerjbemegt  beflogen  fie  bie  ©erfüßrung  beg  fo  guten,  recßtticßen  unb  jur  grömmig» 
leit  geneigten  ©otfeg4.  Qm  September  1610  fcßidten  bie  Stänbe,  auf  ben  ÜDZajeftätg* 
brief  pocßenb,  einen  broßenben  ©rief  an  &'art  mit  ber  peremtorifcßen  Qorberung, 
innerßatb  hier  SBocßen  ficß  §u  erftären,  ob  er  ben  ©roteftanten  in  SZeiffe  bie  ©r« 
taubnig  geben  mode  jum  ©au  bon  Äircße  unb  Sd)ule5.  2tud)  in  Stoffe  fetbft 

ließen  eg  bie  ©roteftanten  an  ®roßungen  gegen  ben  SJZagiftrat,  ben  ©ifcßof  unb 

bie  Äatßolifen  nicßt  feßten.  ®er  befonbere  ipaß  ber  ©roteftanten  manbte  fiel)  gegen 
bie  paar  Qefuiten,  bon  benen  man  ade  abjufcßreden  fucßte;  aucß  gu  ängfttidße  ober 
ju  potitifcße  Hatßotifen  rieten  gur  ©ntfernung  ber  Qefuiten6.  Qm  Qaßre  1614  gab 
ber  (Srgßerjog  biefem  ©rängen  nad)  unb  entließ  bie  ©atreg. 


1  93acb  a.  a.  Q.  193  f  297. 

2  Glaciographia  ober  @Iäßifd)e  Chronica 

(1625)  335.  —  Sie  Dbern  bon  ©taft  toaren: 
Sot).  tpoftnann,  1623;  fütid).  fauligiud  (1624); 
23ern.  ÜESaßtu,  1631;  ©regor  ®d)elijü:§,  1636; 

©eorg  93oöatt),  1642;  gaf.  23ot)r,  1649;  ©eorg 
6d)inarp,  1650.  33gl.  bie  Sifte  bei  Sof. 

SJciilter,  91ad)rid)ten  über  ba^  ©bmnofium 
p  ©laß,  $rogr.  1842,  11  ff.  9tad)  bem  *Catal. 
trienn.  betrugen  bie  ©infiinfte  burdjfdinitttid) 

4000—5000  ©ulben,  bon  benen  20—30  $er-- 


fonen  Unterkotten  werben  tonnten.  Über  1626 
bi§  1628  bgt.  J.  Krebs,  Acta  publica  VI 
(1885)  161. ‘ 

3  ft'aftner,  2lrd)io  für  bie  ©efdj.  bed  93i§= 
tuntd  23re§tau  I  134  ff. 

4  *  Litt.  ann.  1610,  208  f.  Schmidl  II 
585  f.  ®röfj  a.  o.  0.  I  788  ff. 

5  S  o  ft  n  e  r  o.  a.  0.  I  142  f.  S  e  r  f. ,  ©efd). 
Don  92eiffe  II  59  ff. 

6  *  Litt.  ann.  1610,  209.  ®gt.  Äoftner 
a.  o.  D.  II  56  f. 


358 


günfteg  Kapitel.  $ie  öfterreidjifdje  $robinj. 


®ie  fßrebigten  mürben  ingmifdjen  bon  ben  Äatfjolifen  gut  befucfjt,  manche  legten 
SebenSbeichten  ab;  fcfjmieriger  mar  e§,  bie  Seute  bon  ber  Kommunion  unter  beiben 
©eftalten  abgubringen 1.  2(m  ©rünbonnerStag  (1610)  empfingen  600  bie  Kommunion 
unter  einer  ©eftalt,  unter  ihnen  an  erfter  ©teile  SBifcfjof  Karl,  ber  auch  auf  bem 
9tatpaufe  am  felben  Sage  gmölf  SIrmen  bie  Qaipe  mufcf),  fie  bemirtete  unb  bebiente. 

9ticf)t§  getnann  ba§  Soll  ntefjr  für  bie  Qefuiten  als  bie  grope  Siebe,  bie  fie  allen 

©lenben,  ben  ©efangenen,  Kraulen  unb  Serlaffenen  guteil  merben  liefen2.  Qm 
Qapre  1611  maren  3,  1612  4  ffkiefter  in  ÜJieiffe  tätig.  2In  ber  Katecpefe  natjm 
bie  Qugenb  gasreich  teil,  Grippe  unb  §eilig  ©rab  gogen  manche  an.  ©eit  ©nbe 
biefeS  QapreS  mirfte  fepr  fegenSreicf)  P.  SDominifuS  SalefiuS,  ber  namentlich  mäljrenb 

ber  $ßeft  Katholifen  unb  ^Sroteftanten  bie  größten  SDienfte  leiftete.  ©r  brach  aber 

unter  ber  SIrbeit  gufamnten  unb  erlag  in  Krumau3. 

9?ad)  ber  ilntermerfung  be§  SlufftanbeS  führte  ©rgpergog  Karl  bie  Qefuiten 

1622  nach  ü^eiffe  gurücf  unb  fepte  jept  alles  baran,  ein  Kolleg  gu  grünben.  Qn 

Sieiffe  beftanb  graar  feit  ©nbe  be§  14.  QahrpunbertS  ein  ©pmnafium  bei  ber  fßfarr* 
fircfje  gum  hl-  Qalob,  ba§  lange  in  h°^er  23Iüte  geftanben,  aber  im  SInfang  be§ 
17.  Qahrf)unbert§  aümählidh  in  SerfaK  geraten  mar.  Qm  Qaljre  1612  hotte  eS 
noch  169  ©chüler,  bagu  famen  noch  24  Sllumnen  beS  bifcpöflichen  ©eminarg,  meldje 

ißhilofophie  unb  fKoral  ftubierten.  ©3  mar  bamalS  bie  eingige  fatholifdje  ©djule 

in  ©chlefien4. 

®ie  SBünfcfje  beS  QürftbifdhofS  gingen  nod)  meiter.  Qn  einem  ©djreiben  bcS 
©rgpergogS  bom  7.  Quli  1622  an  ben  9ieiffer  9iat  h^fet  e§:  ©r  hätte  au§  oäter* 
lidjer  SIffeftiou  foroohl  gur  gortpflangung  ber  mähren,  atleinfeligmachenben  fatholifchen 
Religion  als  auch  ber  ber  gangen  S33elt  hoch  notmenbigen  Ijeilfamen  ©tubien  unb  aller 
löblichen  Qalultäten,  mie  biefelben  in  anbern  mohlbeftettten  Unioerfitäten  gelehrt  unb 
gelefen  mürben,  fidh  bahin  entfcfjloffen,  bap  er  allhier  in  feiner  fürftlicfjen  9iefibengftabt 
eine  Unioerfität  aufricfjten  mode;  auperbem  gebadete  er  auch  fein  oorbent  eingerichtetes 
©eminariunt  gu  erhalten  unb  fortgupflangen,  aud)  ein  Konbilt  gu  errichten  unb  geift- 
liehe  Kongregationen  gu  beförbern.  hierfür  habe  er  nun  einen  SInfang  gemacht, 
inbem  er  gu  biefent  SBerfe,  baS  oornehmlich  burch  gotteSfürchtige,  gelehrte  unb  epem= 
plarifcfie  Seute,  bie  in  Kirche  unb  ©d)ule  mit  Untermeifung  ber  Qugenb  unb  anbern 


1  ©tue  intereffante  Statiftif  über  bie  Som* 
munionen  unter  einer  unb  beiben  ©eftalten  über 
bie  Sabre  1590—1625  bei  Äaftner,  ©efd). 
ber  Stabt  91eiffe  II  3104. 

2  *  Litt.  ann.  1610,  209.  Schmidl  II 
587. 

5  Sclimidi  a.  a.  0.  II  773. 

4  Saftner,  ©efd).  ber  Stabt  -Keifte  I  (1866) 

3  ff.  ©in  Programm  bon  1621  toeift  genau 
biefelben  klaffen  unb  Slutoreu  auf  wie  bei  ben 

Sefuiten.  @bb.  II  354.  Siadfbem  ber  Steiffer 
Pfarrer  unb  Äanonifug  Solfann  geli£  ipebewip 
(in  Stoffe  Pfarrer  bon  1679  big  1705)  ben  Staub 
beg  Stoffer  ipfarrgt)tnnafimng  betlagt,  fäljrt 
er  fort:  Benedictus  sit  Deus  et  infinities 
benedictus ,  qui  ecclesiae  catholicae  sub- 
misit  fructiferum  et  fiorentissimum  ordinem 
clericorum  regularium  societatis  Iesu ,  qui 
scholas  tanto  nunc  ubique  propagant  in- 
cremento  et  fructu ,  ut  non  solum  a  nato 
salvatore,  sed  etiam  ab  origine  mundi  aesti- 
mem  nunquam  utilius  et  sanctius  litteras 


doctas  ac  iuventuti  traditas ,  uti  nunc  isti 
viri  docent  atque  tradunt ;  quaeso,  non  iactes 
priorum  temporum  scholas  (in  secreto  tantum 
loquimur)  apud  temetipsum,  alibi  tarnen  osteu- 
tare,  si  vis,  poteris;  omnia  olim  erant  lan- 
guida  et  coacta,  praeceptores  pro  lucro  doce- 
bant,  discipuli  tarnen  parum  inde  lucrabantur 
et  quo  magis  illi  erant  inflati,  tanto  minus 
hi  exculti.  Lege  et  relege,  quae  superius 
notavi  de  priore  scholarum  statu  et  mihi  con- 
senties,  non  adeo  multum  fuisse  de  vera  et 
solida  medulla  doctrinae  et  amore  iuventutis. 
Econtra  considera  nunc  fratres  istos  et  videbis, 
quanto  amore,  labore  et  ordine  scholas  tene- 
ant,  nec  opus  est  plus  dicere,  quia  experientia 
in  eis  testatur  speciale  quoddam  docendi 
talentum.  Fatendum,  quod  ecclesiastico  statui 
multum  decesserit  per  abalienationem  scho¬ 
larum,  sed  quis  est  causa?  propria  et  supina 
negligentia,  non  illi,  qui  lianc  sua  compensant, 
imo  expergefaciant  industria.  Saftner,  ©efd). 
ber  Stabt  Stoffe  II  255. 


Siieberlaffungen  in  <Scf)Iefien :  Steiffe. 


359 


gottfetigen  Übungen  bor  anbern  ausgezeichnet  mären,  oerricf)tet  merben  miifste,  bereits 
bie  töölidje  ©ojietät  Qefu  mit  betn  ®reujftift  oerfehen.  ®ie  ©ojietät  fei  in  ber 
ganzen  (St)riftenf)eit  befonberS  berühmt  unb  beren  anfetjntidje  SJät^fdjaffuttgen  feien 
tbie  bie  ©ottne  am  Sage,  fo  bafj  zu  münfdf)en  märe,  eS  mödjte  biefetbe  in  atlen 
Orten  eingefüfjrt  merben  megen  ihres  attöereitS  notorifdjen  gdeifjeS,  ber  9Jlüf)e* 
maltung  unb  ihrer  befonbern  (Smfigfeit  bei  Untermeifung  ber  Qu9en^ *•  Sind)  in 
bem  (Stiftungsbrief  bom  4.  9Jobember  1(324  fpenbet  ©r^erjog  $art  ber  (Smfigfeit, 
^römmigfeit  unb  ©efchidtidjfeit  in  ber  Untermeifung  ber  $ugenb  großes  £ob.  S)ie 
unbergleid)lid^en  ^riidjte  fönne  er  als  Stugenjenge  felbft  bezeugen,  ba  er  in  ©räfj  in 
©teiermarf  geboren  unb  bon  beit  Tätern  ber  ©efeltfdjaft  bafelbft  in  ben  ©tubien 
unterrichtet  morben.  33emogen  alfo  burd)  biefe  auSgejeidjnete  grömmigfeit,  @etef)r> 
famfeit,  Xugenb  unb  Unbefd^ottenljeit,  burd)  meldje  fcfjon  feit  bieten  fahren  bie 
genannte  efjrmürbige  ©efeüfdjaft  tjerborgeteudftet  hat,  unb  bor  altem  burd)  ihren 
einzigen  unb  reichen  göttlichen  ©egen,  beffen  fie  fich  in  tßejiehung  auf  bie  33er* 
ridjtung  geifttidjer  SJ3ftid)ten  erfreut,  errichtet  er  feine  ©tiftung.  gatr  ihre  Dotation 
forgt  er  burcf)  Übermeifung  beS  ^reuzherrnftifteS  unb  ber  ba^u  gehörigen  Sftarien* 
fircfie,  mehrerer  23ürgerhäufer,  ber  tperrfdjaft  OberSborf,  ber  (Srboogtei  giegentjatS, 
beS  33ormerfeS  in  Üiotmaffer  ltfm.1 2  SDie  Sttimentation  rnieS  er  bis  auf  meitereS 
aus  ber  jg>offüd)e  an. 

2tm  23.  SIprit  1G23  maren  bie  ©dhuten  feierlich  eröffnet  morben.  ®aS  Äotteg 
gähtte  8  ^ßriefter  unb  4  flftagiftri  unter  P.  (St)riftopt)  ©d)einer  als  Obern.  $m 
Qahre  1624  finb  fämttidje  ©pmnafiatftaffen,  fRhetorif  eingefc^toffen,  borhanben,  baju 
nod)  eine  SSortefung  über  ©iatetti!  unb  äRorat.  ®ie  gafft  ber  ©cfjüter  betrug 
1626  bereits  über  500,  fie  finft  unb  fteigt  in  ber  gotge  je  nach  ben  medjfetnben 
©efchiden  ber  ©tabt  burd)  Sßeft  unb  ^rieg.  (Sin  galjrzehnt  fpäter  jähtte  man 
349  ©djüter  in  7  Staffen  (6  ©pmnafiatftaffen  unb  1  KurfuS  für  Stiorat),  1649 
mieber  500.  gm  guli  1639  fchtoffen  fidj  80  auSertefene  ©tubenten  ber  33ürger= 
mehr  an  in  ber  33erteibigung  ber  ©tabt  gegen  bie  ©djmeben3.  (Sin  ®onoift  mirb 
fcfjon  1639  ermähnt;  eS  hatte  bamatS  30,  fpäter  (1641)  60  gögtinge.  trug  ben 
tarnen  ©t  Slnita  unb  oerfügte  über  eine  9ieit)e  oon  ©tiftungen,  befonberS  für  mufit* 
funbige  ©tubenten4.  ®ie  ®ated)efe  für  bie  ©cf)üter  ber  beutfd)en  ©tauten  mar  fd)on 
1623  ben  gefuiten  übertragen  morben.  gm  3ahre  1630  merben  fjenifd)e  ®ar* 
ftettungen  ber  ©taubenSmaffrheiten  ermähnt5. 

Ä'onüerfioneit  mürben  im  gaf)re  1629  218  gezählt;  üon  ber  £>ärefie  abfotoiert 
in  OberSborf  110,  in  2Bartenberg  100,  jufammen  in  biefem  gatfre  1128  6.  «Später, 
1633 — 1649,  fdjtoanft  bie  gat)t  ber  ßonüerfionen  jmifd)en  22  unb  47.  93on  1636  an 
maren  jmei  patres  auf  ber  ÜD?iffion  OpperSborf  in  ©togau.  ©obatitäten  beftanben 
1625  jmei,  eine  für  ©tubenten,  eine  für  23ürger;  baju  fam  1631  eine  für  bie 
©rammatifatftaffen  mit  150  SDütgtiebern ;  im  gatfre  1649  maren  eS  oier,  bie  größere 
unb  fteinere  tateinifd)e  für  bie  ©tubenten,  eine  für  bie  93iirger  unb  eine  für  junge 
§anbmerfer7.  ®ie  Kommunionen  ftiegen  oon  15000  im  galjre  1631  auf  25000 
im  galjre  1644  unb  auf  30  000  im  galjre  1648. 


1  ©bb.  II  304  f.  SSgl.  baju  bie  ©rflärung 
be§  53ifd)of§  att  ba§  iEomfapitel  bei  ft  a  ft  n  er, 

Strdjib  111  32  37  f. 

!  ÜBortlaut  bei  ftaftner,  ©efd).  ber  ©tabt 

Steiffe  II  370  ff;  ebb.  364  ff  StätjereS  über  bie 

Abtretung  bc§  SreujhermftiftS.  Sie  ftreujberrn 

batten  per  liberam  cessionem  et  resignationem 

in  manus  Serenissimi  per  contractum  certum 


confectum  ba§  ©tift  übergeben.  ftaftner, 
SJrdjib  III  33.  Ser  ©treit  mit  ben  Sreusbevren 
mürbe  1650  friebtid)  beigelegt.  Schmidt 
Y  559. 

3  Schmidt  IV  596. 

4  ft  a  ft  n  e  r ,  ©efd).  ber  ©tabt  Steiffe  II  375  ff. 

5  Schmidt  III  1039.  6  ©bb.  III  997. 

7  S8gl.  ftaftner  a.  a.  0.  II  574. 


360 


giinfteä  Kapitel.  2>ie  öfterreidjifcfje  Sßrobiitj. 


Slufjer  ber  Sorge  für  bie  Fronten,  bie  befonberS  im  fßeftjafjre  1633  in  f)eroifcf;er 
SBeife  geübt  mürbe1,  nafjmen  fid)  bie  patres  aud)  ber  ©efangencn  mit  großer  Siebe 
an.  Stm  1.  9Rai  1648  betätigte  if)nen  33ifdjof  $arf  Qerbinanb  ba§  fjßrioifegium, 
gu  Sieiffe  bie  ©efängniffe  unb  äljnfidje  Orte  nnb  bie  SSerfjafteten  beibertei  @efcf)fed)te§, 
fo  oft  e§  nötig  mar,  gu  befugen,  bort  gu  fatecf)ifieren,  bie  djriftlidje  Sefjre  gu  prebigen, 
bie  (befangenen  gum  SEobe  Oorgubereiten,  ifjnen  beiguftef)en  unb  fie  gu  begleiten. 
®iefe§  ißrioifegium  foü  ifjnen  ber  (Srgfjergog  ßarf  bei  ifjrer  Slnfunft  in  ÜReiffe  ge* 
geben  unb  ber  ÜRacfjfofger,  23ifd)of  ®arf  Qerbinanb,  münbficf)  beftätigt  fjaben,  big 

er  eg  ifpten  im  genannten 
Qafjre  1648,  afg  anbere 
fRegufarperfonen  Sd)toie* 
rigfeiten  üeranfafjten,  aud) 
fdjriftfid)  beftätigte 2. 

Sßon  ben  ®rangfalen 
be»  Krieges  blieben  aucf)  bie 
Qefuiten  in  9Jeiffe  nicfjt  Oer* 
fd)ont.  2lnt  24.  September 
1632  mürbe  bie  ®ird)e  unb 
ba§  Kolleg  gunt  £eif  ge* 
ptünbert.  SDie  berühmte 
£)immefgfugef  beg  Spdjo 
33raf)e,  bie  5000  Safer  ge* 
foftet  fjaben  fotl,  mürbe  ge* 
raubt  unb  nad)  $openf)agen 
gefdjafft.  Qm  Quni  1642 
erfc^ienen  bie  Scfjmeben 
mieberitrn  in  fReiffe.  33eint 
Singriff  auf  bie  Stabt  am 
15.  Quni  gerieten  aud)  bie 
fö’irdje  unb  bag  ®onüift  in 
23ranb,  bod)  fonnten  bie 
Qfammeit  mieber  geföfdjt 
merben.  Unter  ben  @e* 
fangenen,  mefdje  bie  Sd)me* 
ben  am  24.  Qufi  mit  fid) 
nad)  Stettin  führten,  befan* 
ben  fid)  aitcf)  ber  Pfarrer 
Sebaftian  fRoftod  unb  ber  il)m  ftatt  ber  geflogenen  $apfiine  bienenbe  Qefuitenpater 
^obia§  Slrnofb.  33or  iprer  Slbfiifjrung  maren  fie  in  SZeiffe  fefbft  in  hartem  @e* 
fängnig  gehalten  morben3. 

Über  bie  ©efamttätigfeit  in  ÜReiffe  fegen  ber  53iirgermeifter  unb  fRat  ber  Stabt 
in  einer  Urfunbe  oom  2.  Qufi  1647  bag  Qeugnig  ab,  „eg  fjätte  bie  f)od)föbfid)e 
Sogietät  Qefu  bafb  oom  Sfnfange  ifjrer  Sfnfunft  in  ÜReiffe,  if)rem  aller  2Belt  genug* 
farn  befannten  fob*  unb  rufpnmürbigen  (Sifer  nad),  fid)  nichts  mef)r  angelegen  fein 
faffen,  afg  momit  bie  größere  @f)re  ©otteg,  bie  3unaf)me  ber  fatf)ofifd)en  fRefigion, 
bie  Sinpffangung  afferbanb  fjeilfamer  Sugenben,  bie  Untermeifuug  ber  lieben  Qugeub 
fomof)f  in  ber  ®ircf)e  afg  in  ben  Schufen  beftermafjen  beförbert  merben  möd)te,  aud) 


1  ©iebe  ba§  13.  ßapitel.  3  (Sbb.  II  420  ff  435.  S  c  h  m  i  d  1  IV 

2  Äaftner,  ©efcf).  ber  Stobt  Sleiffe  II  572  f.  790  f. 


AGON  TRniüPHALIS 

SCENff^V'S 

S.  S  I  S  I  N  N  I  O 

DIACONO 

MaRTYRI 

Acejufdcm  facris  Ofsium  pignoribus 

apad  Moitalcs  fupcrftitibHs.Niflara  Sileliorum  cx 
Vfbe  translatit  ,  novis  Hofpitibui.aüfpieatifli. 
mis  .  gratitfimii ; 

Dein  de  j 

HONORI  AC  LIBERALITÄT!  ILLVSTRISSIMI 

Domini  Domini 

GEORGIJ  L VDOVICI  LIRE. 

RI  BJRONISd  ST4HREMBERG,  EI  SCH  JEN  BIEL,  DOMINI  IN  BIE. 
/itz,  Fucbit>yinckl&c.  E'Peisbacb,  S «•  C*  <J\l,  Camer*rip,ntc  non  ejufdem 
uti& [upr  :  Capit  :  Silef:  indem  S~mi.  Principie  Caroh  Ferdinandi  ' 
Epi/c ;  FFratifl:  Confiharij,drc ,  Studier  um  Meanatuprt- 
miorum  Ittterarterum  iargitoris  munifi. 
centtßtmt.  c.  ■ 

PR/ESENT^TVS 

Ntflt, 

k  JTVD70  S  A  /WENTVTE  ARCH/DVCAL/J  GYM- 

nafij  -Sociccitis  IESV,arfions  <5c  gratitudinis  ergo’ 

Anno.  i  6  f  ö.  Mcnf.  Novemb.  die.  *f 

N  I  S  S  y£, 

Tjpu  loan  nis  Scbubartt. 

2>a@  fWetffer  Seftfpiel  1636.  (2/3) 


Dtiebcrlaffungen  in  ©djlefien:  -JZeiffe.  —  ©rof3<©Iogau. 


361 


fonft  bem  allgemeinen  9iupen  unb  jebennann  bei  jeber  Gelegenheit  allen  geneigten 
SBillen,  Gunft  unb  Seforbentng  in  alle  Söege  bemiefen  unb  erzeigt" J. 

9?ad)  GrofcGIogau 2,  näcfift  23reSlau  ber  bebeutenbften  Stabt  <Sdf|lefien§,  f'amen 
bie  erften  ^efuiten  1612,  aber  nur  öorübergeljenb.  Um  baS  geft  beS  §1.  Martin 
hielten  einige  ^efuiten  auS  Glafj  eine  viertägige  ÜDäffion  in  Glogau,  besuchten  aud) 
bie  ^liifter  in  Siegnif)  unb  Srebnip,  ftärften  unb  tröfteten  überall  bie  bebrüngten 
unb  lleinmütigen  ßatholifcn3 *.  Ser  $lan,  bort  ein  Kolleg  ju  errichten,  mar  fdjon 
1594  betrieben  morben,  unb  Siemens  VIII.  l)ßüe  Gnbe  1594  bie  GrlaubniS  erteilt, 
baS  S3ernharbinerllo[ter  in  Glogau  für  bie  SSäter  ber  GefeUfdjaft  einjuridjten,  aber  über 
bie  meüeren  Sebinguitgen  fonnte  man  fidh  nidjt  einigen i.  Ser  ^lait  mürbe  30  Qaljre 
fpater  mieber  aufgegriffen,  unb  gmar  im  Stuftrage  beS  ßaiferS  gerbinanb  von  bem 
(Statthalter  Graf  Georg  von  DpperSborff.  Stuf 
feine  Ginlabung  fanten  oon  ÜUeiffe  Gf)riftopl)  SBetler 
unb  griebrich  Gütler  (Güttler),  jmei  Schlefier, 
am  15.  9)?ai  1625  nach  Glogau.  SlnfangS  mol)nten 
bie  beiben  ^atre§  bei  bem  Grafen  in  berS3urg; 
fie  fugten  befonberS  beu  gefunfenen  9Jhd  ber 
®atholifen  ju  he&en-  bie  Vauptfirdje  ber 
Stabt,  St  9iifolauS,  feit  40  fahren  im  33efit$  ber 
ißroteftanten  mar,  fp^ten  fie  auf  Geheifä  beS 
Statthalters  unb  beS  StabtpfarrerS  in  ber  So» 
minifanerürche,  in  ber  bamalS  auch  bie  ißfarr» 
feelforge  beforgt  mürbe,  ^rebigt  unb  Ghriften» 
lehre5.  Sie  erfte  ^3rebigt  fanb  am  18.  ÜDfai  1625 
ftatt,  unb  am  3.  Slooember  1627  begannen  bie 
Schulen,  an  benen  2  fßriefter  unb  2  SRagiftri 
unterrichteten.  Saju  fam  1628  noch  ein  meiterer 
Sefjrer.  Sie  ißroteftanten  mitteten,  bie  ®atl)olifen 
freuten  fidj  fehr.  fyür  SBohnung  unb  Sdjulen 
hatte  ber  9J?agiftrat  geforgt;  bie  gnnbation  über» 
nahm  ber  fö'aifer6. 

Surch  Sefret  oom  26.  Slpril  1628  befahl 
ber  fö'aifer  bie  Verausgabe  ber  Oon  ben  ißro» 
teftanten  ufurpierten  ißfarrfirdje.  Sie  SSerfünbi» 
gung  biefer  ÜUiaffnahnie  am  16.  September  hotte 
einen  Slufftanb  jur  f^olge,  3efuüen  würben 

mit  bem  Sobe  bebrolft7.  $n  ber  9?adjt  auf  ben  30.  Oftober  befepte  Sofpta  bie 
Stabt  unb  legte  nach  Gntmaffnuug  ber  Ginmohner  feine  Solbaten  in  bie  Vnufer  ber 
^ßroteftanten.  Saju  bemerft  ber  Bericht  ber  ^efuiten:  Ser  Sefer  fann  ficf»  benfen, 
mie  erbärmlid)  bie  Solbaten  mit  ihren  Gaftgebern  umfprangen ;  Sohna  hnüe  feinen 


üobgefatig 

©cm 

'DejjHgcn  sisinnio  Kömffdfcti 

Ducono» 

23n& 

Sftattpti 

3J}© 

Cr  Mn  brr  ©tabr  Sfaiticr&a&eri/ftm 

bc$  Collegij  b«  Soeistet  IESV 
.fintjlK  Wcpfj  Transferirt 
Anno  i  6)6. 

3« 

©<t  ju  ticffcn  />ft)llgcn?()t/<in*<fl<lr<n  Pro- 
ceCfion,Dcdicirt  UnnSJcfun» 
gCH. 


3rti  3«»  fcuijou  ^Hmmel  fönhjla 

Cum  Facultite  Superiorum. 

©<ctncf(.jui  Sltpli  i  6  }  ä  . 

Sur  3-eftfeier  be§  ßoflegä  in  Dleiffe  1036. 

©tieft  (2/s). 


1  faftner  II  580.  —  $ie  Obern  toaren: 
Gfjriftopl)  ©djeiner,  1623  (feit  1624  meift  in  fhomj ; 

sJJleId)ior  fReridjt,  1627  (aSigereftor) ;  EpriahtS 
firtmfcer,  1630  (SBijereftor);  ©eorg  füteribieei, 
1631;  Sof).  SallartS,  9too.  1636;  ©ftriftopf). 
feiler,  1639;  guftad).  DtemigiuS,  1647.  SSgl. 

faftuer  a.  a.  0.  II  578.  $ie  ©infünfte 

fcfttoanfen  tuegen  ber  feftteeftten  3eüen  5tüifcf)en 

3000  nnb  4000  ©ulben,  bacon  ging  ein  Jeil  auf 

f  ontributionen.  Sm  3)urd)fcftnitt  itmrben  20  bi§ 

40  fperfonen  unterhalten,  im$uftre  1645  fogar48. 


2  Sind)  Glogavia  inferior  genannt  jum  Unter» 
fcftieb  Oon  Glogavia  (minor)  superior  in  Ober» 
fdjteficn. 

3  Schmidl  II  667. 

4  f  aftner,  Ülrcftiö  I  133  ff. 

5  Schmidl  III  596  ff. 

6  @bb.  III  600.  ®gl.  Krebs,  Acta  pu¬ 
blica  VI  (1885)  160.'  SHnSberg,  ©efeft. 
ber  ©tabt  ©logau  II  (1853)  86  f. 

7  Schmidl  III  843  ff. 


362 


fünftel  Kapitel.  Sie  öfterreidüfcfje  ißrotiinj. 


©otbaten  für  brei  Stage  alle  Qreiljeit  gelaffen  mit  Slugnahme  öon  SÖ^orb  unb 
S|3tünberuug.  ©inem  Später  hatte  SDofjna  bie  ©rtaubnig  gegeben,  alle,  bie  fatf)otifd) 
merben  mottten,  ihm  jujufü^ren,  um  fie  öon  ber  Cluäterei  ber  ©otbaten  §u  befreien. 
£'aum  mürbe  bieg  befannt,  atg  nach  einigen  ©tunben  unfer  §aug,  Kapelle,  Schuten 
unb  Qriebhof  angefüttt  maren;  alle  getobten,  fathotifd)  ju  merben,  menn  fie  nur  burd) 
bie  patres  oon  ber  Qredjfjeit  ber  ©otbaten  befreit  mürben,  ©djtiefjtid)  mürbe  be= 
ftimmt,  mer  fathotifd)  merben  motte  unb  ein  Qeugnig  feines  fatf)otifcfjen  ©taubeng* 
befenntitiffeg  mit  bent  (Sieget  ber  ©efettfdjaft  beibringe,  fotte  fofort  oon  ber  ©in» 
quartierung  befreit  merben.  Vier  Stage  tang  bauerte  bag  Quftrömen  for  ^ßroteftantexr, 
unb  in  fedfg  Stagen  hatte  ber  größte  S£eit  ficf)  für  fathotifd)  erftart1. 

SDurd)  tägliche  ^Srebigten  unb  Sßrioatitntermeifungen  hatten  bie  Sßatreg  fo  oiet 
atg  möglich  auf  bie  innere  Überzeugung  gemirft,  ba  ja  bie  oieten  burd)  ©ematt  ju 
ftanbe  gefommenen  ßonoerfionen  feinen  Veftanb  haben  fonnten.  SDag  geigte  fid)  halb 
in  ben  fotgenben  Qafjren,  in  benen  fid)  bag  ©dfidfat  ber  Qefuiten  fefjr  medpetreid) 
geftattete.  Qm  Qal)re  1631  mürbe  ein  großer  Steil  ber  Stabt  unb  bamit  auch  bag  eben 
neugebaute  fö’otteg  ein  SRaub  ber  Qtammen.  Sltg  im  fotgenben  Qal)re  1632  Slrnint 
gegen  ©togau  rücfte,  flogen  bie  Qefuiten;  if)r  eben  zur  9iot  eingeridjteteg  §aug  mürbe 
gerftört,  bie  Sßfarrfirdje  mieber  ben  Sßroteftanten  übergeben.  Qm  Qanuar  1634  fefjrten 
jmei  QSatreg  guriicf,  mußten  aber  batb  mieber  fort,  ba  bie  ©tabt  am  6.  Quni  üon  ben 
©acfjfen  befept  mürbe.  9?acf)  einer  Verbannung  t>on  14  Monaten  fonnten  bie  Qefuiten 
Quti  1635  infolge  beg  Präger  ^riebeng  jurüdfe^ren.  ©g  maren  iljrer  fünf;  fie 
bezogen  eine  fteine  2öof)nung  in  ber  9?äf)e  ber  Q3farrfircf)e  unb  errichteten  eine  ©rfjute 
in  einem  ^alboerfaltenen  §aug.  §erbft  1637  hatten  fie  mieber  fünf  ßtaffen  unb  im 
fotgenben  Qafjre  aud)  bie  Üfhetorif,  fo  baff  fedjg  Sefjrer  in  fed)g  fö'taffen  unterridjteten. 
©ctjon  1639  mußten  fie  oon  neuem  fliehen,  zn>ei  Sßatreg  btieben  aber  guriicf  unb 
1640  fonnten  alte  zurüdfetjren.  Unter  bem  faifertichen  §eere,  bag  in  ©togau  lagerte, 
unb  bei  ben  Oon  atten  ©eiten  bort  @d)uj3  fucfjenben  Vürgern  unb  Vauern  brachen 
anftedenbe  ®ranft)eiten  aug,  bie  oiete  megrafften.  St)ie  Qefuiten  teifteten  unermübtidj 
§itfe,  für  bie  oieten  Söaifen  erridpeten  fie  1641  ein  28aifenf)aug.  Qn  bemfetben 
Qahre  ertagen  ztnei  Qefuiten  im  SDienfte  ber  Traufen. 

Qm  9J?ai  1642  mürbe  ©togau  oon  ben  ©djmeben  eingenommen  unb  geptünbert. 
St)ie  ipfarrfirche  unb  bie  Söohnung  ber  Qefuiten  gingen  in  Qtammen  auf;  alte  SBert* 
fadjen  unb  Stofumente,  metche  man  in  ber  ^5farrfird)e  oergraben  hatte,  fielen  ben 
©djmeben  in  bie  §änbe.  St)ie  Stofumente  mürben  teitg  zerriffen  teitg  üerbrannt. 
Qmei  Qefuiten,  barunter  ber  SKeftor,  mürben  gefangen,  aber  halb  mieber  freigetaffen. 
SDie  ^Satreg  flohen  nach  ^ofen  unb  festen  bort  in  ©djmepfau  ihre  ©djute  fort.  Sta 
bie  ©chmeben  8  Qahre  in  ©togau  btieben,  fonnten  bie  Sßatreg  erft  nad)  bereu  Stbzug 
(7.  Sluguft  1650)  zurüdfehren.  ©ie  mufften  mit  einem  f feinen  SJtiethaug  oortieb 
nehmen,  ©ine  fteine  ©cfjute  mürbe  erft  1651  mieber  eröffnet2. 

Stroppnu  (Oppavia),  eine  fchöne  unb  beoötferte  ©tabt  in  Oberfdjtefien  (jejd 
^auptftabt  oon  DfterreidjifchSchtefien),  an  ber  ©renze  oon  Mähren,  nur  ad;t  SJteiten 
entfernt  oon  ihrem  firdjtidjen  SJtittetpunft  0tmüj3  gelegen,  mar  im  Veginn  beg 
17.  Qahrhunbertg  faft  ganz  proteftantifd).  Qm  Qahre  1580  zählte  mau  nur  nod) 

18  ®att)otifen.  SGSegeit  ifjreg  Sffiiberftanbeg  gegen  bie  geifttidje  unb  metttiche  Obrig* 

feit  ber  faifertidjen  Steht  üerfaden  (20.  Dftober  1603),  teiftete  bie  ©tabt  fcfpiefitidj 
offenen  Söiberftanb  unb  fonnte  erft  nach  tangerer  ^Belagerung  am  22.  September 

1  (Sbb. III  847  f .  Sßgl.Krebs  a. a. D. VII 224.  ©eorg  2tquilanu3,  1629;  Jpierem.  f\ifd)er,  1631; 

2  9kcf)  Sch  midi  III  1168  1225  ff;  IV  Koutigiu§,  1636;  SInbr.  Stetfd),  1639; 

163  f  204  419  658  733  783.  *Litt.  ann.  P.  fjifdjer  nntrbe  (1634?)  oott  SRäubertt  er» 

unb  *  Catal.  Prov.  Bohem.  —  Sie  Cbern  umreit :  fd)Iagen. 


91ieberlaffungen  in  ©djlefien:  £roppau. 


363 


1607  t>on  ben  faiferlid)en  Gruppen  eingenommen  merben.  $ie  ©tobt  mürbe  ent* 
maffnet,  ®irdpe  unb  ©cpule  gefdploffen.  2lm  1.  Februar  1608  30g  ber  non  Olmiip 
gefanbte  fatpolifcpe  Pfarrer  ein,  unb  am  10.  Oftober  1608  famen  jur  £>ilfe  jrnei 
Üiefuiten,  Qgnaj  ©arfanber  unb  £)ieronpmuS  Slmberger.  Stn  ©teile  beS  festeren 
trat  halb  33altpafar  ©ulben.  ®er  CSrfolg  mar  gering  unb  bie  ©timmung  in  ber  ©tabt 
berartig,  bap  bie  patres  bereits  nacp  einem  palben  .Qapr,  am  8.  ÜOtai  1609,  bie  ©tabt 
mieber  üerliepen 1.  ©S  oergingen  faft  jmei  ^aprjepnte,  bis  bie  Qefuiten  nacp  Xroppau 
juriidfeprten.  ®iefe  Stüdfepr  oeranlapte  im  Qapre  1627  SSaHenftein  nadp  ber  ©in* 
nannte  ber  ©tabt. 

Über  bie  ©infüprung  ber  ^efuiten  in  SEroppau  fcprieb  P.  Samormaini,  StifolS- 
burg,  27.  Sluguft  1627,  an  ben  böpmifdpen  ^roninjial  ©eorg  Siumer:  ®er  (persog 
non  ^rieblanb  (SSaHenftein)  pat  bie  Unfrigen  nadp  Xroppau  gurüdgefüprt  unb,  mie 
idp  gebeten  ^atte,  barüber  bem  ßaifer,  bem  ßdrbinal  (non  2)ietricpftein)  unb  ben 
dürften  SOtap  unb  ©unbafar  Siec^tenftein  33erid^t  erftattet  unb  um  nadpträglidpe  @ut* 
pcipung  gebeten.  2luf  meine  33itte  pat  ber  ®aifer  bem  ^arbinal  gefdprieben,  bap  er 
als  OrbinariuS  bie  (Erlaubnis  für  bie  ©rricptung  eines  ^efuitenfollegS  in  SEroppau 
geben,  bie  Pfarrei  transferieren  unb  ben  SßatreS  bie  frühere  fßfarrfircpe  überfaffen 
möge.  $ürft  ÜDtap  non  Siecptenftein  pat  fiep  beim  föaifer  über  ben  (persog  non  grieb= 
lanb  unb  bie  Qefuiten  beflagt  megen  ber  eigenmächtigen  ©infüprung  ber  Qefuiten 
unb  ipm  bie  ©ntfcpulbigung  beS  £>erjogS  mitgeteilt,  er  pabe  niept  anberS  panbeln 
fönnen,  meil  bie  ^efuiten  beim  $aifer  alles  nermöcpten.  $nbem  f°  bet  £>ersog  ent* 
fcpulbigt  mirb,  merben  mir  angefcpulbigt  unb  beim  ®aifer  felbft  gepäffig  gemaept, 
bem  eine  folcpe  SJieinung  mit  Stecpt  fepr  unangenepm  ift.  ®em  ®arbinal  pabe  id; 
offen  auSeinanbergefept,  maS  unb  marum  id;  nor  ber  ©innapme  non  TEroppau  bem 
(persog  non  grieblanb  mit  Billigung  beS  ®aiferS  gefeprieben  pabe.  ®er  $arbinal 
pat  alles  gebilligt,  mir  füllten  in  SEroppau  fortfapren  unb  mit  ^lugpeit  unb  Siebe 
an  ber  Sefeprung  ber  Bürger  arbeiten.  ®ie  (pauptfepmierigfeit  beftept  barin,  bap 
eS  nid;t  feftftept,  melcpe  Stecpte  ber  ®aifer  unb  ber  gürft  Siecptenftein  auf  SEroppau 
paben,  unb  beSpalb  rnup  mit  beiben  über  bie  ©rünbung  eines  föotlegS  fepr  nor* 
fidptig  nerpanbelt  merben,  bamit  eS  nid;t  ben  Slnfcpein  geminnt,  als  mollten  mir  bem 
einen  non  beiben  ein  Stecpt  suerfennett  ober  abfpreepen2.  £>aS  mar  faft  ber  einzige 
©runb,  meSpalb  idp  ben  (persog  non  grieblanb  gebeten,  baff  er,  opne  jemanb  ju 
fragen,  bie  Unfrigen  einfüpre  unb  in  ben  ©tanb  fepe,  mie  eS  ju  Sehweiten  beS 
dürften  ®arl  nor  ber  33efepung  non  SEroppau  burep  SJtanSfelb  mar.  ^cp  fap  näm* 
lidp  ein,  menn  bieS  nidpt  fofort  unb  gleid;fam  militärifdp  gefdpepe,  bap  bann  bie  ©tabt 
unferer  geiftlidpen  §ilfe  entbepren  ober  bie  Sage  unferer  ©efellfcpaft  fd;limmer  fein  mürbe 
nad;  ber  ©innapme  als  nor  ber  Slnfunft  ber  f^einbe.  ©ott  fei  ®anf  ift  jept  beibeS 
nermieben  opne  ^räfubij  für  ben  OrbinariuS,  ben  ®aifer  unb  bie  dürften  Siedpten* 
ftein,  bie  Stormünber  beS  jungen  dürften.  9?un  müffeit  mir  banadp  trad;ten,  biefen 
allen  unfern  güdp  unb  unfere  33efd;eibenpeit  ju  bemeifen  burd;  angeftrengtefte  geift* 
licpe  Slrbeit  für  bie  ©tabt  unb  burd;  ©prerbietung  gegen  ben  SSifdpof,  ben  Ä’aifer 
unb  bie  dürften  Siecptenftein.  2Bir  müffen  in  allem  nad;  ben  Sßeifungen  beS  33ifcpofS 
Oorangepen.  f£)em  dürften  9Rap,  ber  ein  aufrichtig  frommer  unb  befepeibener  SDtann 
ift  unb  in  biefem  Stufe  aud;  beim  ®aifer  ftept,  merbe  idp  fepreiben3. 


1  *  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  Prov.  Bohem. 
Schmidt  II  520  ff  564.  Sröfj  a.  a.  O. 
794  ff.  ®.  93iermann,  ©efd).  be§  Ißroteftan* 
tiSmug  in  Öfterreid)ifd)=Scf)Iefien  (1897)  26  ff. 

2  Saifer  9)tattl)ia5  mar  feinem  Sörnber  and) 

all  unmittelbarer  fjerr  bei  (Srbfürftentuml 


Urohfau  gefolgt  unb  batte  am  28.  Sejember 
1613  ben  dürften  Sari  üon  2ied)tenftein  mit 
bem  §er3ogtum  belepnt.  SBiermann  a.  a.  D. 
44. 

3  *  Original  in  SBien,  ©taamardjiü,  ®eiftl. 
Sitten  405. 


364 


günfteä  Kapitel.  $ie  öfterreidüfcfje  ^romn^. 


2)ieS  tat  Samormaini  nodj  am  felben  Sage.  ©r  fdjrieb  bem  dürften,  er  fjabe 
auf  eigenen  Stntrieb,  opne  jemanb  gu  fragen,  ben  £iergog  non  griebtanb  gebeten, 
gteidj  nadp  ber  ©innapme  non  Sroppau  bie  ^efuiten  bortfjtn  gurüdgufüpren.  Söenige 
Sage  barauf  fjabe  er  bem  Kaifer  mitgeteitt,  maS  unb  tnarum  er  an  ben  ©enerat 
gefdjrieben.  Ser  Kaifer  pabe  bieS  gebittigt1.  Ser  giirft  möge  bie  Südberufung 
nidjt  übet  aufnepmen,  ba  ja  baburdj  ber  ©efettfdjaft  fein  Secpt  ertuacfjfe,  anbern 
fein  9iedf)t  gefürgt  unb  ber  fatpotifcpen  Sadje  geholfen  tnerbe.  ©in  gmeiteS,  längeres 
©ntfdjutbigungSfcpreiben  fanbte  Samormaini  am  14.  September  1627  an  ben  dürften, 
ber  burcp  baS  erfte  nidjt  gufrieben  gefteCtt  mar:  bie  gange  Sacpe  fönne  jeben  Stugen» 
blicf  burcp  Südberufung  ber  patres  aus  Sroppau  geänbert  merben,  meitn  bie  Arbeiten 
ber  ^SatreS  nidjt  mefjr  notmenbig  ober  bem  23ifdjof  ober  bem  dürften  nidjt  mepr 
genefjm  feien,  guntat  überall  patres  nertangt  mürben2.  Ser  fyürft  fcpeint  fidj  aber 
nocp  nicpt  beruhigt  311  paben,  menigftenS  fümnterte  er  fiep  nortäufig  nicfjt  um 
bie  ^efuiten  unb  backte  aucp  nidjt  baran,  ipnen  ein  Kotleg  gu  grünben. 

SeSpatb  mollte  ber  neue  ^roningiat  ©renging  bie  patres  abberufen.  Sun  aber 
bat  ber  gürft  am  24.  Segember  1628  bringenb,  bie  patres  einftmeiten  nocp  bort  gu 
beiaffen.  Studj  ber  SSagiftrat  non  Sroppau  manbte  fidj  an  ben  dürften,  um  ben 
^roüingiat  gu  nermögen,  bie  patres  nid^t  abguberufen,  befonberS  megen  beS  Unter» 
ricptS  ber  9ceubefefjrten.  2lm  2.  gebruar  1629  brängte  ber  f^ürft  ben  ^ßroningiat 
non  neuem,  P.  23attpafar  ©utben  fei  fdjoit  abgegogen  unb  bie  beiben  anbern,  P.  Slbam 
Raufet  (?)  unb  3op-  Seöerin,  füllten  halb  folgen ;  „atfo  miffen  mir  nit,  marurn  fotdj 
peitfam  Konüerfionsmerf,  fo  ber  Sogietät  fünften  gum  pödjften  angelegen,  allba  non 
berfetben  unüerfepenS  nertaffen  unb  bie  Srnte  beS  £>errn  nerfiirgt  merben  fotl,  tjatten 
aber  bafür,  bap  ber  §err  ^roningiat  non  bem  Ifßrogrep  ber  Konüerfion  bafetbft  nit 
genugfamen  Q3eridpt  merbe  nernommen  paben"3.  Sie  patres  mürben  tropbem  ab* 
berufen.  Unter  bem  6.  Quti  1629  gaben  Sicpter,  SBürgermeifter  unb  Sat  non  Sroppau 
ein  gtängenbeS  3eu9n^-  3U  iprem  gropen  Sdjmerg  feien  bie  patres  nor  furgem 
abberufen  morben;  fepr  gern  ftettten  fie  ben  patres  baS  gemünfdjte  3mgm§  auS: 
Sie  patres,  bie  faft  gmei  ^opre  unter  itjnen  gelebt,  patten  ein  frommes  unb  reines 
Seben  gefüprt,  bie  Saframente  gefpenbet  unb  burcp  ipre  beutfcfjen  unb  böpmifcpen 
Untermeifungen  unb  i]3rebigten  erreicpt,  bap  bie  Stabt,  bie  nor  iprer  Slnfunft  nur 
roenige  Katpotifen  gegäptt,  burcp  ipre  unermübticpe  Strbeit  je|t  inSgefamt  ben  fatpo* 
tifdpen  ©tauben  befenne.  3unt  ©djtup  rnirb  nocpmatS  ipr  reines  Seben,  ipr  gutes 
23eifpiel  unb  beffen  ©inmirfung  auf  bie  SBefeprung  ber  Stabt  mit  Sadjbrud  pernor* 
gepöben 4. 

2öie  auS  bem  Briefe  SamormainiS  nom  14.  Stuguft  1629  an  ©renging  per» 
norgept,  überbrad^te  ber  Stabtridjter  einen  für  bie  ©efettfdjaft  fepr  eprentmüen  23rief 
bem  P.  Samormaini,  metcper  gugteidp  bie  Sitte  entpätt,  er  möge  fidj  bei  Sopna  für 
©rteidjterung  ber  Sotbatentaft  nermenben.  Stm  9.  Stuguft  1629  nerfpradj  $ürft 
9Sap  bem  ^roüingiat  bie  ©rünbung  eines  KottegS  in  Sroppau,  bie  er  bereits  mit 
bem  faifertidjeu  Seicptnater  Samormaini  befprodjcn  pabe;  gunor  aber  erfudje  er 
freunbticp,  bap  ber  üßrooingiat  biejenigen  patres,  fo  nor  biefem  gu  Sroppau  ge» 
mefen,  mieber  attbapin  ungefäumt  aborbne,  maS  gur  Konfirmation  unb  Untermeifung 
ber  Seubefeprten  pödjft  notmenbig  fei.  3n  äpnticpem  Sinne  fdjrieb  Samormaini 
am  1.  Sfuguft  1629  an  ©renging.  Ser  gu  biefer  3ei*  bettlägerige  P.  Samormaini 
teilte  bann  29.  Stuguft  1629  bem  ^roüingiat  mit,  bap  aucp  Karbinat  Sietricpftein 

1  $jn  bem  (Schreiben  ott  bet:  ißrobingial  fyeifjt  2  3£ien,  Staat3arcf)iü,  ©eiftl.  Sitten  405. 

e3:  Informavi  111.  Principem  (Cardinalem),  3  *  Original  ebb. 

quibus  ex  causis  (quas  etiam  probarat  Im-  *  *  Original  mit  großem  Siegel  ebb. 

perator)  scripsissem  duci  Fridlandiae. 


Slieberlaffungen  iit  ©Rieften:  Xroppau. 


365 


mit  ber  fRüdöerufuitg  ber  Qefuiten  einüerftanben  fei.  2tut  1.  (September  1629  er= 
neuerte  ber  9iat  beim  ^roninjial  bie  Sitte,  bie  patres  nadj  Üroppau  jurü<f$ufeuben 1. 
SJuitmepr  miQfaprte  ber  ^Sroöinäial. 

©nbe  1629  festen  brei  fpatreS  nadfj  Sroppau  jurüd  unb  begannen  am  letzten 
StböentSfoimtage  if)re  ^Srebigten  unb  anbere  Strbeiten  in  ber  unterbeffen  gefdjloffenen 
Sßfarrfircpe  jur  großen  Qreube  ber  Katpotifen.  ®a  aber  Kirdje  unb  )]3farrpau§ 
früper  bern  Seutfcporben  gehört,  reflamierte  ber  Orben  biefelben  1630 2.  Unter 
Sroteft  ber  Qefuiten,  bie  non  bem  OrbinariuS  at§  Pfarrer  eittgefept  morben,  itapm 
bie  faiferlicpe  Kommiffion  am  22.  Quti  1634  non  ber  Kircpe  SBefip.  Stile  Se= 
müpungen,  beit  ®eutfdjorben  jur  3effi°n  °‘3er  3um  Serfauf  ju  Oermögen,  fcpeiter» 
ten3 *.  ®er  Karbinat  SDietricpftein  fcprieb  am  20.  Sconember  1635  an  Samormaini, 
ber  SDeutfdporben  paöe  fic^  gegen  atte§  fRedjt  opne  Söiffen  be§  OrbinariuS  bie 
Pfarrei  jufpredjen  taffen,  unb  atte§  ^roteftieren  be§  0rbinarin§  pabe  nicpt§  ge= 
Rolfen.  S)a§  fei  gegen  atte§  Kirdjenredft,  unb  nur  au3  fftüdficpt  gegen  ben  Kaifer 
motte  er  nicpt  mit  firdjticpen  Strafen  oorgepen.  SBegen  ber  grofjeit  Slutorität, 
bie  ber  33eicptoater  beim  K'aifer  paPe,  unb  meit  e§  fiep  pier  um  bie  fircpticpe  fyreipeit 
panbte,  bitte  er  bringeitb,  ben  Kaifer  jur  StufpePung  be§  Kommiffion§befret§  unb 
jur  Sermeifung  an  ba§  fircpticpe  Qorunt  ju  nermögen;  menigftenS  möge  ber  Kaifer 
feine  ©rünbe  pören  unb  nicpt  ertauben,  „baff  icp  ungepört  au§  ber  fßfarrfircpe,  für 
bie  id)  bitrcp  bie  Steinigung  beinape  mein  Seben  eingePüfjt,  nertrieben  merbe" i. 
Xropbem  blieb  e§  bei  ber  StPtretung.  3)ie  Qefuiten  erpietten  bie  fteine  St  ©eorg§* 
firdpe  unb  brei  Raufer  in  beren  9?öpe.  ©rft  1642  erfolgte  bie  Qunbierung  eine§ 
Kottegg  burcp  ben  dürften  Kart  SufePiuS  Siecptcnftein  für  19  fßerfonen.  Qm  fetben 
Qapre  mußten  bie  Qefuiten  megen  ber  Stnfunft  ber  Scpmeben  ftiicpten  unb  feprten 
erft  1644  -jurüd. 

®ie  Strbeiten  patten  ingmifcpen  einen  guten  Fortgang  gepabt.  Sdjon  batb  naöp 
iprer  erfteu  ftfiidfepr  patten  bie  Qefuiten  SZoüemPer  1630  eine  fteine  Scpute  erricptet 
unb  1631  eine  britte  klaffe,  bie  mittlere  ©rammatif,  beigefügt.  Qm  Qapre  1632 
trat  bann  bie  Spntap,  1634  bie  Q5oefie  unb  1635  bie  ütpetorif  pinju.  ®ie  Qapt  ber 
Scpüter  ftieg  non  150  im  Qapre  1634  auf  über  300  im  Qapre  1638.  Qm  Qapre  1639 
feprten  2  ißriefter  unb  4  SJtagiftri  an  ben  fecp§  ©pmnafiatf  taffen.  Stucp  fpäter  nadp 
ber  gmeiten  üiüdfepr  in  ben  Qapren  1645 — 1650  beftanben  meift  5 — 6  Klaffen. 
Qm  Qapre  1649  jäptte  ba§  Kotteg  19  ^Serfonen,  barunter  10  Q5riefter  unb 
3  SOZagiftri5. 

Katecpefe  pietten  bie  $ßatre§  1635  an  brei  Orten.  ®ie  nacpmittägticpen  Katecpefen 
erfreuten  fiep  eine§  groffen  SefucpeS,  befonber§  megen  ber  bramatifdpen  ®iatoge. 
®ie  ^ßrebigten  mürben  in  beutfdjer  unb  tfepeepifeper  Spraye  gepalten.  £>ie  Kon* 
nerfionen  fepmanften  1631 — 1642  jmifepen  30  unb  200.  ®ie  Kommunionen  ftiegen 


1  Sie  *  Criginalbriefe  ebb. 

2  Ser  Kommenbatar  fjatte  1540  bie  Kirche 
mit  ber  Kommenbe  ben  ^Bürgern  bertauft,  unb 
biefer  Serfauf  mar  1542  bon  Kaifer  gerbinaitb 
beftätigt  tborben  unter  ber  23ebingung,  baff  bie 
33ürger  ftetä  einen  !at!joIiid)en  ißriefter  eom 
93ifd)of  Don  CImüp  erhielten,  fonft  falle  bie 
Soüatur  an  ben  Äönig.  *Informatio  de  Resi¬ 
dente  Oppaviensi  (1633).  Boliern.  Fund.  II 163. 

3  Samormaini ,  9.  Suiü  1634.  Attestatio 
Commissariorum,  22.  Quli  1634.  Samormaini 

an  Kirchner,  17.  Stuguft  1634  unb  8.  Stuguft 

1635.  Samormaini  an  ben  2>eutfchorbcn§mei[ter 


©tabion,  2.  Stprit  1635.  *Driginal  in  SBien, 
©taat§ard)io,  ©eiftt.  Sitten  405. 

4  *  Original  ebb. 

6  Sgl.  Schmidl  III  930  1224  f;  IV  209. 
19  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  Prov.  Bobem.  einer 
*Informatio  de  Residentia  Oppaviensi  au§ 
bem  gahre  1633  heipt  e§ :  SBir  leben  nad)  Slrt 
eines  KoHegS  p  11 :  5  Sriefter,  3  SItagiftri  unb 
3  Srüber.  Schulen  fiitb  fdjon  bier  mit  200 
©djülern.  Bohem.  Fund.  II  163.  Über  bie 
STätigfeit  in  ^ägernborf  (1650)  Dgl.  £>.  ©  d;  u  l  i  g 
im  3ohl'lmd)  für  ©efdi.  beS  SroteftantiSmuS 
in  Öfterreid)  1892,  75. 


366 


günfte§  .topitel.  Sie  öfterreid)ifd)e  »robinj. 


oott  5000  int  Qape  1636  auf  14000  im  ^ape  1640;  in  ben  lebten  .papen  (1647 
füg  1650)  maren  eg  22000—24000.  ©obalitäteit  beftanben  oier,  eine  lateinifdje 
für  bie  ©tubenten  (1637),  bie  1639  100  üDfitglieber  §äl)lte,  eine  beutfcp  für  bie 
Bürger  (1635),  eine  meitere  für  junge  fpanbroerter  uttb  eine  öierte  für  ÜUtäper 
(1638).  gürft  £'arl  ©ufebiug  ftellte  in  ber  gunbationgurtunbe  üont  Qape  164:2 
ben  ^efuiten  in  (Xroppau  bag  ßeugnig  aug,  baff  eg  ipen  nad)  ^aljren  gelungen 
märe,  bie  tatplifcp  Religion  in  ber  ©tabt  mieber  ju  feftigen  unb  bie  mipegierige 
^ugenb  an  ficf>  ju  jtepn1. 

Slnt  22.  Februar  1629  fdjrieb  ber  Sanbegpuptmann  0.  üftecprtt  an  SBaKenftein, 
bent  feit  1627  bag  gürftentunt  ©agan  geprte:  gmei  (perrn  fßatreg  (S.  J.)  finb  all« 
bereit  üor  mep  benn  3  SSocpn  alliier  [in  ©agan]  angefommen,  nunmep  pt  bie 
ganje  93ürgerfcf)aft  professionem  fidei  nicp  allein  getan,  fonbern  eg  beichten  aud)  tag« 
lief)  in  bie  150  Verfemen,  üerpffe  inner  öiergefjn  £agen  gänjtid)  fertig  ju  fein2.  Üiacf) 
bent  Vericp  bei  bem  ©efepepfepeiber  ber  böfjmifcf^en  ißrotünj  tarnen  am  1.  gebruar 
1629  P.  )ßaul  ©ulben  unb  P.  Slug.  §ermann  in  ©agan  an.  9?ed)ern  ptte  ipen  ein 
23ürgerpu§  in  ber  9?äp  beg  ©tänbepufeg  getauft,  aber  SSallenftein  »erlangte,  fie 
füllten  in  bent  epntaligen,  feit  1540  eingegogenen  fpanjigtanertlofter  mopen.  3Me 
fuiten  pgerten,  aber  Söallenftein  beftanb  auf  feinem  SBefeljl,  unb  fo  fügten  fie  fiep 
Sluprbent  erhielten  bie  Qefuiten  nod)  ein  üerlaffeneg  üftonnentlofter  unb  bie  ©eelforge 
in  ben  Pfarreien  (ScferSborf  unb  ißetergborf.  2)er  Söiberroille  gegen  bie  fatplifdje  $Re« 
ligion  mürbe  nur  mit  ©emalt  niebergeplten3.  211g  P.  fprmann  in  ©dergborf  aug  ber 
©afriftei  trat,  um  bie  ®anjel  ju  befteigen,  mürbe  er  non  einem  ©djmieb  ju  25oben 
gefPagen.  ®er  ißater  erplte  fief)  par  mieber  üoit  feiner  Betäubung,  tonnte  aber 
feilte  früpre  ©Jefunbpit  nie  mep  mieber  erlangen.  SBaHenftein  lief)  ben  SKiffetäter 
trofc  münblicpr  unb  fcpiftlicpr  gürfpraep  beg  P.  Hermann  ju  ©agan  enthaupten4. 
Vor  bem  bropnben  feinblicpn  ©infall  flopn  bie  ißatreg  1631  na  cf)  ©hap  Slttfang 
1632  tepten  adjt  ^efuiten  nacf)  ©agan  jurüd,  ntupen  aber  faum  ein  plbeg  $ap 
fpäter  mieber  fliepn.  ®ie  nur  äufjerlid)  fatfjolifcf)  gemorbeiteit  Bürger  erbrachen 
uitb  plünberten  bag  Kolleg  unb  riffen  bie  $ird)e  an  fiep  21  lg  üöJallenftein  nad) 
Vertreibung  ber  ©djmeben  unb  Vranbenburger  92oüentber  1633  nacf)  ©agan  tarn, 
gab  er  bie  $ircp  ben  ^efuiten  jurüd5. 

9?ad;  ber  ©rmorbttng  SSaüenfteing  (15.  Februar  1634)  mürbe  bag  Kolleg  mieber 
auggeraubt.  ©rft  nad)  bem  ^rieben  oon  Sßrag  erpelten  bie  Qefuiteit  am  17.  ©ep« 
temPr  1635  ip  ©igentum  jurüd.  ^m  $ape  1639  mußten  fie  innerplb  jmeier  Monate 
breimal  fliepn.  ®ag  ©pil  bauerte  fünf  Qape6.  Üiacf)  iper  Vüdtep  im  Qape 
1644  fanben  fie  bag  Kolleg  üermüftet  unb  ntupen  1645  mieberum  fliepn.  2)er 
Obere,  ber  gurüdgeblieben,  mürbe  oon  ben  ©cf)meben  gefangen  unb  tonnte  fid)  nur 
burcf)  ein  Söfegelb  befreien7.  Slip  nadjbem  bie  lebten  ©djmeben  1650  aug  ©c^lefien 


1  33 1  er  mann  a.  a.  D.  66.  —  Sie  Obern 
in  Sropbau  toaren:  P.  got).  ©eberini,  1631, 
unb  P.  Stbalbert  SRartinibeg ,  1649.  —  ©eit 
1644  beftanb  and)  eine  Missio  unb  fpäter  eine 
Residentia  Zemeticensis  (elf  SOieilen  bon  Srop« 
bau),  mo  gemötfnlid)  2—3  »atred  oermeitten, 
bie  aud)  für  bie  9tad)barfd)aft  Stu§f)ilfe  leiftcten. 

2  g.  Ärebg,  ^Beiträge  ju  SSalbfteind  fRe= 

gententätigfeit  im  ^erjogtum  ©agan,  in  geit« 

fdjrift  für  ©efd).  ©djlcfieng  XLII  (1908)  228  f. 

Über  ben  Unterhalt  ber  gefuiten  f.  5(  r  t  f). 

ipeiurid),  333atfenftein  als  ^ersog  bon  ©agan 

(1896)  28  ff.  —  P.  SBenjel  Äucjer  ptte  aus 


©üftrom  am  16.  gan.  1629  an  33ufaeu§  ge= 
fdjrieben,  im  Aufträge  be»  Jperjoge!  (ÜBallenftein) 
tjabe  er  ben  fßrobinsial  ber  böbmifdjeit  fJSrobinj 
um  einige  fßriefter  gebeten,  um  fo  batb  al§ 
möglid)  eine  fRefibens  in  ©agan  ju  beginnen. 
*  Original  Epp.  ad  Busaeum. 

3  Sch  midi  III  842  926  ff  1020. 

4  ©bb.  III  929.  »gl.  Srebg  a.  a.  D.  234. 

6  S>  e  tj  n  e ,  ©efd).  be§  33i§tum§  »reslau  III 
1130  ff. 

r'  Schmidl  IV  109  ff  205  601  f. 

7  @bb.  V  1  80  126  133  191.  *  Litt.  ann. 
Prov.  Bohem.  1644,  1647  u.  1648. 


Stiebcrlaffungen  in  ©djleficit:  Sogait.  —  0d)»eibnip. 


367 


abjogen,  fomtten  bie  Qefuitcn  nod)  nid)t  gleich  gurüd.  SDie  proteftantifdje  ©ürger- 
fcf;aft  fe£te  ifjrer  91üdfef)r  ben  fcf;ärfften  Söiberftanb  entgegen,  unb  bie  Qransi3faner 
nerlangten  nunmehr  aud)  il)rerfeit§  ba§  alte  Slofter.  (Srft  1652  mürben  bie  ©er« 
fjanblungen  abgefcf)lcffen  unb  bie  Qefuiten  in  il)ren  früheren  ©efi£  mieber  eingefefjt 1. 

2)a  bie  ®efd)id)te  ber  Qefuiten  in  ©agan  non  1632  an  ein  faft  beftänbige§ 
Qlüdjten  unb  bie  9?üdfef)r  ftet§  nur  non  furjer  Stauer  mar,  tonnte  non  einer  ein- 
greifenben  Sßirffamfeit  feine  fftebe  fein.  Sropbem  mürbe  jeber  freie  2lugenblid  be- 
nupt.  2lu§  ber  ÜÖäffion  ©agan  1629  mürbe  1630  eine  fftefibenj  unb  1631  ein  Kolleg 
mit  4  fßrieftern,  2  SRagiftern  unb  1  ©ruber.  üliad)  bem  Katalog  non  1633  maren 
bort  5  ißriefter,  tioit  benen  2  in  ben  oberen  mit  2  Sftagiftri  in  ben  unteren  @ram« 
matifatftaffen  mirften.  2lud)  1637  maren  bie  menigen  ®d)üler  (30)  mieber  in  oier 
klaffen  üerteilt.  Sie  ßatpolifen  machten  bamal£  nur  ben  fünfjigften  Seit  ber  ©e= 
üölferung  au§;  bie  ^roteftanten  moflten  burdjgängig  rceber  ju  ben  beibeit  ^Srebigten 
(am  borgen  in  ber  $farrfird)e,  am  97ad)mittag  in  ber  Qefuitenfircfte)  fommen,  nod) 
fidf  auf  Unterrebungen  einlaffen.  9)ian  jäl)Ue  1637  nur  10  ®onüerfionen 2.  Qm 
Qaljre  1639  maren  4  fßricfter,  3  9)?agiftri  unb  2  ©rüber  in  ©agan;  feit  1638 
patten  fie  ba§  öffentliche  ©pmnafium  ermatten  unb  jur  fö'atedjefe  burch  Sluffüprung 
üon  fteinen  S)ratnen  einen  grofen  Qulauf  bemirft,  mäprenb  1637  nur  50  jur  (Spriften* 
fet)re  gefommen  maren3.  (Srft  eine  fpätere  Qeit  fodte  bie  Qrucpt  alt  biefer  ÜD7üpen 
unb  Seiben  ernten. 

Slm  20.  Januar  1629  maren  bie  fiiecfjtenfteiner  Dragoner  in  bem  gang  pro« 
teffantifcpen  ©cpmeibnip  eingejogen.  ©alb  barauf  famen  für  ben  Unterricht  auf 
SBunfcp  £>opna§  §mei  Qefuiten  au§  97eiffe,  ßpriafug  Stirmiper  unb  (Spriftopp  fetter. 
(Später  folgte  ein  britter  au§  ©logau4.  (Sin  fdjlefifcper  @efcpid)tfcpreiber  ergäf)lt, 
ben  Qefuiten  fei  bie  jroangSmeife  ©efeprung  jumiber  gemefen  unb  fie  feien  beSpalb 
halb  mieber  abgewogen.  Sr  beruft  fiep  bafiir  auf  bie  im  ©cpmeibniper  ©farrardjiü 
befinblicpe  (pauggefdjicpte  ber  ©cpmeibniper  Qefuiten,  in  ber  e§  jum  Qapre  1629 
peifjt:  Sie  llnfrigen  fapen  gu  ihrem  größten  ©cpnterj,  bafj  bie  meiften  bie  fatpolifdje 
Religion  nur  jum  ©cpein  annapmen,  um  fid)  bie  ©emalttätigfeiten  ber  ©olbaten 
üom  fpalfe  ju  fdfaffeu.  Sa  barau§  aufer  oielen  anbern  9>iad)teilen  japlreicpe  ©afri« 
legien  burcp  ben  ©cfjeinempfang  ber  ©aframente  erfolgten,  jogen  fie  fort  nacp  bem 
jmei  Steilen  üon  hier  gelegenen  fReicpenbacp 5.  Sluch  hier  befcpüpten  fie  bie  ©ürger 
üor  ben  ©emalttaten  ber  ©olbaten,  mofür  ipnen  bei  ihrer  Sfbreife  ber  Sftagiftrat 
banfte 6. 

Qm  Qapre  1630  maren  mieber  2  ©atre§  in  ©djmeibnip,  unb  1632  mirb  bie 
bisherige  füäffion  ©efibenj  genannt7.  Qm  felben  Qapre  flogen  aber  bie  Qefuiten 
(2  patres  unb  1  ©ruber)  üor  ben  peranjiepenben  ©achfett.  Srei  Qapre  fpäter, 
nacp  bem  Qrieben  üon  ‘fSrag,  festen  Oftober  1635  einige  ©atre§  üon  ®lap  nad) 
©cpmeibnip  jurüd.  2lm  6.  Sluguft  1635  hatte  Äaifer  Qerbinanb  bem  Sanbegpaupt« 
mann  befohlen,  abermaplen  jmei  patres  au§  ber  ©ogietät  Qefu  bapin  ju  üerfchaffen. 


1  Schmidt  V  677;  ogl.  805  ff  812.  £et)ne 
a.  a.  D.  HI  1133.  —  2U§  Obere  »erben  ge= 
nannt:  Salti],  ßtulben,  1631;  Gfjriftopt).  Seiler, 
1632;  Saniel  ©anber,  1633;  Salentin  9(jt, 
1636;  9Inbr.  SOletfd),  1638;  Saur.  Saffofe,  1639. 

2  Schmidt  IV  385.  1638  toaren  e§  fed)S, 
1639  jioölf.  *  Litt.  ann.  Prov.  Bohem. 

3  *  Litt.  ann.  Prov.  Bohem.  2113  bramatifcfie 
®arftellungen  »erben  1639  bie  Ijeiligen  brei 
Sönige  unb  Sfaa^  Opfer  genannt. 

4  Über  bie  9In!unft  ber  Qefuiten  gibt  el  ber= 


fd]iebene  iSarfteHungen :  Sgl.  Schmidt  III 
1081  ff  unb  So  piep,  2)ie  fatpolifdie  Sfarr= 
firdje  ju  ©d]»eibnip,  in  ^eitfdjrift  für  ©efd). 
©d)Iefien§  XV  (1880)  185;  g'-  S-  ©d)mibt, 
©efd).  ber  (Stabt  @d)»eibnip  II  (1848)  37. 

6  Satein.  ÜTejt  bei  Sopiep  a.  a.  O.  185’. 
Sgl.  bie  2)arfteIIung  bei  Schmidt  III 
1084. 

«  Schmidt  III  1085. 

7  gür  ba§  golgenbe  finb  bie  *  Litt.  ann. 
unb  *  Catal.  Prov.  Bohem.  benupt. 


368 


gfinfteä  Kapitel.  Sie  5fterreid)ifd)e  ißroüinä. 


tijneit  fofort  bie  notmenbige  SEBohnung  einjuräumen  unb  ben  Unterhalt  aug  ©traf» 
geibern  unb  anbern  Mitteln  angumeifen1.  SBegen  be§  xfjnen  1629  übergebenen  ißrebigt» 
amteg  erhoben  fid)  ©treitigfeiten  mit  bem  Pfarrer,  ben  ber  23ifd)of  am  16.  2luguft 
1636  bat)in  erlebigte,  baff  ben  ^efuiten  bie  Slugfpenbung  ber  ©aframente  unb  in 
Sfbiuefenfjeit  beg  Pfarrers  bie  Seitung  ber  Pfarrei  übertragen  mürbe.  2(13  ber  Pfarrer 
im  folgenbett  Qaf)re  eine  anbere  Pfarrei  angenommen,  unb  fein  9iad)fo(ger  raegen 
beg  geringen  Gsinfontmeng  üergidjtet  hatte,  übernahmen  bie  Qefuiten  bie  gange  Sßfarr» 
feelforge,  unb  ber  jemeifige  Obere  mar  zugleich  Pfarrer2. 

^m  $a()re  1642  mürbe  bie  ©tabt  oon  ben  ©darneben  eingenommen,  unb  bie 
Qefuiteit,  barnalg  fieben  an  3af)I,  mürben  gefangen,  um  ein  Söfegelb  gu  erpreffen.  f£a 
fie  aber  nidf)t§  hotten,  entlieh  man  fie  nach  gtvölf  Xageit  nach  23reg(au.  ßraei  3alre 
fpäter  fehrten  bie  Qefuiten  guriid  unb  begannen  fofort  mieber  bie  2(rbeit  in  ©djule 
unb  ©eelforge3. 

Sie  proteftantifdje  ©djule  mar  bereite  am  12.  ^u(i  1629  üom  Sanbegf)aupt* 
mann  ben  Qefuiten  übergeben  morben,  jeboch  hotte  ber  23efef)l  beg  Köuiggridjterg, 
bie  Kinber  in  bie  ©chu(e  ber  ^efuiten  gu  fdjiden,  meitig  @rfo(g  gehabt4.  SDie  ©cbul« 
tätigfeit  hatten  bie  ^efuiten  1630/1631  unb  bann  mieber  1637  begonnen,  im  (epteren 
Qahre  mit  25  ©cf)ü(ern,  bie  big  gum  @nbe  be§  ^alfreg  auf  50  ftiegen 5.  3ahre 
1638  maren  eg  brei  klaffen,  bie  Oon  einem  s^ater  beforgt  mürben.  2(rme  ©tnbenten 
mürben  burd)  2((mofen  unterftüpt.  1640  gingen  bie  ©djulen  big  gur  Humanität 
einfdjtiehlid),  unb  Oftober  1644  mürben  bie  ©d)ü(er  auf  oier  Klaffen  oerteilt,  ^m 
^ahre  1647  ftanben  bie  oier  ©rammatifalffaffen  unter  2  Sßrieftern  unb  2  Sftagiftern; 
im  folgenben  3ahre  gab  ein  fßater  and)  ^Soefie  unb  9U)etorif6. 

$n  ber  ©eelforge  gab  eg  oiele  2(rbeit  mit  ber  Untermeifung  ber  Konüertiten; 
1631  begann  bie  Katedfefe  in  ©t  Barbara.  SJfeift  maren  in  ber  ©eelforge  3  ijßriefter 
tätig,  ©eit  1636  hielt  man  an  ©onn»  unb  gefttagen  gmei  fßrebigten;  Oftober  1637 
mürbe  aud)  bie  Katecfjefe  mieber  aufgenommen,  unb  gmar  1640  in  ber  ißfarrfirdje. 
©eit  1640  führten  bie  ©d)üler  in  ber  gaftengeit  gmeimaf  in  ber  Sßodje  f(eine  s^af» 
fiongfpiete  auf,  an  bie  fich  eine  2lnfprad)e  anfdjlofi.  ®ie  ißatreg  nahmen  fid)  and) 
ber  (befangenen  an  unb  geleiteten  bie  SSerurteiften  auf  bem  £obe§gang.  SDie  Sage  ber 
©djmeibniper  Qefuiten  mar  nteift  feljr  bebrängt.  Singer  bem  ©tabtrat  maren  ifjre 
^auptmohltäter  ber  Kanzler  oon  Oberg  unb  (braf  ©tarhemberg,  bem  fie  1650  in 
ber  leiden  Kranfheit  unb  im  2mbe  beiftanben. 

^n  Dberdblognu 7  hotten  bie  ^efuiten  in  unferer  $eit  mieberhoft  eine  SJiiffiong» 
ftation,  befonberg  im  @cf)Iof3  ber  ©rafen  oon  Dppergborff,  bie  fid)  um  bie  ©tabt  in 
jeber  SSegiefjung  bie  größten  SBerbienfte  ermorben  hoben8.  2(m  16.  2(uguft  1593 
faufte  (beorg  o.  Oppergborff  (1584 — 1606)  bie  £>errfd)aft,  befonberg  um  fie  bem 
fatholifd)en  ©(auben  gu  erhalten.  ®ag  mar  auch  ber  (brunb,  megf)afb  er  1605 
bringenb  um  einige  ^efuiten  bat.  @g  famen  gmei  ^atreg,  bie  burch  $rebigt  unb 
Katedjefe  bag  oie(facf)  abgefallene  2?oIf  mieber  gu  geroinnett  fuchten,  aber  mit  geringem 


1  SBortlaut  bei  Sch  midi  80  f;  ebb.  82  ff 
bie  S8erf)anblungen  mit  bem  9tat. 

2  K  o  p  i  e  p  a.  a.  D.  188  f  199  (S  c  h  m  i  d  1 
IV  387);  Sie  ©treitigfeiten  mit  ber  ’jibtiffin 
Pon  ©t  Klara  wegen  bc§  ißatronatS  186  ff. 

3  Schmidl  V  79  341. 

4  Sbb.  II  44.  ©dfubert,  ©eleprte  33il» 
bung  in  ©d)Weibnip,  in  Seitfdprift  für  ©cfd). 
©d)Icfien§  XXXVII  (1903)  185  ff. 

5  Schmidl  IV  387  f. 

6  Sou  bramatifdjen  Aufführungen  werben 


erwälfnt:  1646  ShtpertuS,  1649  Homagium 
litterarum,  Apollo  Svidnicensis  comitiis  comi- 
cis.  Sind)  f$ronIeid)itam§fpiele  würben  auf» 
geführt,  j.  33.  Agar  in  ber  2Süfte.  Sgl.  S  c  h  mi  d  1 
II  56  unb  ©örlid),  ®efd).  ber  $farrfird)e  511 
©dfweibnip  55  ff. 

1  Sind)  Klciu»@Iogau  jiim  Unterfdjieb  Pon 
©rofp@Iogau  genannt. 

8  §. ©djnurpfeil,  ©efd).  ber  ©tabt  Dber» 
©fogau  (1860)  57  ff.  Äröfe  a.  a.  D.  I 
792  ff. 


Diiebertaffutigcu  in  ©d)Iefiett :  CbeV’Etogau.  —  93re§tau. 


369 


©rfotg.  ®a  ©eorg  n.  Oppersborff  fcfjon  im  fotgeitben  Qapre  ftarb,  ging  bie  SCRiffion 
mieber  ein.  ©ein  ©rbe,  ber  erft  18  Qapre  alte  Qop.  ©eorg  o.  Oppergboff,  mar  bem 
SInfturm  ber  fßroteftanten  nod)  nicpt  gemacpfen.  ©rft  fünf  ^af>re  fpäter,  1611,  taut 
P.  ©priftopp  SDombrinug,  meint  er  frei  non  ber  ©cpute  mar,  an  bett  ^efttagen,  nm 
bag  begonnene  SBer!  fortjufefjen V  ©ine  fotcpe  Stugpilfe  mürbe  aud)  in  ben  folgenben 
Qapren  geleiflet,  big  Qopann  ©eorg  1615  auf  feine  bringenben  Sitten  mieber  eilte 
längere  fünfmonatige  9)tiffion  erpiett.  ÜDtitte  Stprit  1615  begannen  jmei  patres  bag 
SBerf  unb  biegmat  mit  befferent  ©rfotg  bei  fßroteftanten  unb  fö'atpotifen,  obgleidj 
ipnen  bie  Äanjetn  nerfcptoffen  bliebett.  Um  fo  mepr  mirften  fie  bei  ben  Sirmen  unb 
Sertaffenen.  Unter  anberem  erneuerten  fie  eine  fOJarianifcpe  „Siteraten»©enoffenfcpaft", 
bie  aufjer  anbern  frommen  SEBerfen  ben  ©ottegbienft  bttrcp  äftuftf  unb  ©efang  Oer» 
fdfjönerte1  2.  ©päter,  int  Qapre  1624,  maren  mieber  mehrere  patres  in  ©ber=@Iogau, 
tno  fie  mit  großer  Qreube  atg  alte  Sefannte  unb  2BoE)ttäter  empfangen  mürben,  mie  ber 
Seridjt  fagt3.  f£)ie  religiöfen  Unruhen  in  €ber>©togau,  bei  benen  bie  ^roteftanten 
„ftarfe  potitifdje  ©i^effe  verübt",  fanbett  ipre  ©rtebigung  bttrd)  bag  faifertiepe  DWigiong* 
ftatut  nom  9.  Stprit  1629 4,  metepeg  nicpt  junt  menigften  ber  ©nergie  be§  ©rafen 
©eorg  0.  ©ppergborff  ju  nerbanfen  mar. 

©raf  ©eorg,  „ber  größte  unb  ebetfte  Slpn"  ber  ©ppergborff,  mie  fein  Sater 
ein  treuer  Qreunb  ber  Qefuiten  —  ein  @efd)id)tfcpreiber  nennt  if;n  „ein  £>erj  unb 
eine  ©eete  mit  ben  Qefuiten"5  — ,  bat  bann  nod)  mieberpott  um  Qefuitenmiffionen. 
Stug  einem  Sriefe  beg  ©eneratg  Sitettegdji  tmm  23.  ££Rär§  1641  an  P.  ©priftopp 
©epeiner  gept  perbor,  bap  bamatg  Qefuiten  bei  bem  ©rafen  maren,  bie  abberufen 
merben  füllten,  aber  auf  bie  Sorftettungen  beg  P.  ©djeiner  pin  betaffeit  mürben6. 
Qn  bett  Qapregbericpteit  ber  böpmifdjen  Srooin,$  0011  1647  1650  mirb  mieber» 

polt  ber  SJtiffion  ber  fßatreg,  bie  am  £mfe  beg  £>errn  ©eorg,  Steicpggrafen  bon 
Dppersborff,  meitten,  ©rmäpnuttg  getan,  iprer  jeitmeilig  gepinberten  ißrebigttätigfeit, 
befonberg  iprer  Slrbeiteit  in  ben  Werfern  unb  §ofpitätern  gebaut,  bie  bem  Sötte, 
bag  fo  etmag  nod)  niefjt  gefepen,  befonberg  gefielen.  Qn  ber  ^armodje  1647  mürben 
mepr  atg  300  Settier  reidjticp  befepenft,  unb  ein  Saffiongfpiet  aufgefiiprt.  Qm 
Qapre  1648  btüpte  befonberg  bie  Äatecpefe,  bie  aug  Stange!  einer  ®ird)e  im  grofjett 
fRatpaugfaate  abgepatten  mürbe;  baratt  feptoffen  fid)  im  ©ommer  Äinberprojeffionen 
mit  berfepiebenfarbigen  Qapnett,  bei  benen  fromme  Sieber  in  ber  Sotfgfpradje  ge» 
fungett  mürben;  baburd)  berbrängte  matt  bie  päretifdjen  Sieber.  Stud)  in  bem 
folgenben  Qapre  1649  bertegten  jmei  SoUeg  ipre  §auptroirffamfeit  auf  bie  ©priften» 
tepre,  bie  man  in  biefem  Qapre  aud)  in  potnifdjer  ©praepe  gab.  ©eit  80  Qapren 
mürbe  1649  jum  erftenmal  mieber  bie  Qirmung  gefpenbet  an  über  5000  Serfonen. 
Qm  folgenben  Qapre  öffnete  fid)  aud}  mieber  bie  ißfarrfanjet  für  bie  beittfdje  föatecpefe 
unb  bie  ä'anjet  in  ber  Qraitäigfanerfirdje  für  bie  beutfdje  $ßrebigt\ 

©epr  fpät  tarn  eg  ju  einem  neuen  Serfud)  in  ber  Sanbegpauptftabt.  Sttte  Se» 
müpungen,  ein  Qefuitenfotteg  in  Srestau  ju  begrünben,  maren  im  16.  Qaprpunbert 
erfolglos  geblieben8,  unb  aucp  in  unferer  Seriobe  füllten  biefetben  auf  bie  größten 
tpinberniffe  ftopen.  ®ie  größte  ©djmierigteit  tarn  non  feiten  beg  Siagiftratg.  „®ie 
Sregtauer  ©inmopnerfdjaft",  fo  fd}reibt  ber  neuefte  proteftantifepe  ©efd)id}tfdjreiber 
©djtefieng,  „mar  ftarr  proteftantifcp  unb  gerabe^tt  unbutbfam  gegen  Stnberggtäubige. 


1  Schmidt  II  415  437  633  f. 

2  Ebb.  II  789.  *Litt.  ann.  Prov.  Austr. 
1615. 

3  Schmidt  III  575. 

4  ©cf) tut rp feil  a.  a.  D.  79  83. 

6  Georg.  Crucigerus  (Crüger)  S.  J., 

Su^r,  ©efi^idöte  ber  3e(uitett.  II. 


Sacri  Pulveres  III  (1667)  26.  ÜBfll.  H  eil  el  i  us, 
Silesiographia  renovata  VII  (1704)  170. 

6  *  Drtg.»9{cg.  Ad  Bohem. 

7  *  Litt.  ann.  Prov.  Bohem.  1647  — 1650. 

8  ÜSgL  23b  I,  ©.  169  ff.  fafttter,  9(rd)io 
I  136  f. 

24 


370 


günfte§  Äapitel.  $ie  öfterreidjifdje  SfJroöinä. 


®ie  ftäbtifcfje  Sermaftung  berief  ju  allen  ihren  Ämtern,  aucf;  ben  unterften  berfelbcn, 
niemanb,  ber  nicht  bem  eoangeIifd)dutherifd)en  Söefenntniffe  jugetan  gemefen  märe. 
®ie  Äatf)ofifen  Ratten  innerhalb  ber  (Stabt  feine  ^farrfirdfe,  bis  auf  bie  3eiten  ber 
^efuiten  feine  eigene  Schule;  ifjre  £eicf)enbegängniffe  mußten  ganj  in  ber  ©tide  er» 
folgen,  unb  bie  fird)fid)en  gefte  blieben  auf  bie  ©ominfef  befdjränft." 1  2fn  biefer 
Unbulbfamfeit  fcfjeiterten  alle  Serfuche,  bie  Qefuiten  nacf)  SreSfau  juriicf^ufübren. 
©in  ©erüdft,  bie  ^efuiteit  modten  fid)  beS  ftfofterS  ©t  Sfbalbert  bemädjtigen,  fjatte 
int  Qafjre  1608  bem  ißöbef  genügt,  einen  ©turnt  auf  baS  Ädofter  ju  madjen,  bie 
ftirdje  ju  entmeif)en,  baS  Slderfjeiligfte  ju  entreißen,  bie  Silber  mit  Seifen  ju  ger* 
fdffagen2.  Später,  1632,  bade  fid)  Samormaini  lebhaft  für  bie  ©rridjtung  eines 
ÄodegS  in  SreSfau  bemüht 3  unb  Urban  VIII.  am  20.  (September  1633  baS  Tonnen« 
ffofter  ©t  $fara  für  ein  $odeg  in  SreSfau  beftimmt4,  aber  tropbem  fam  nichts 
3n  ftanbe. 

©nbfid)  gelang  bie  ©infüf)rung  einiger  patres  einem  guten  greuttbe  ber  ^efuiten, 
bem  ßonoertiten  Heinrich  Zpartmann,  ber  1629  gutn  ^3räfaten  (SJZeifter)  beS  £reu3= 
herrenftifteS  @t  SDZatthiaS  ermähft  morben  mar5.  Söegen  beS  9Zate3  aber  magte  er 
nicht  offen  biefefben  einjuführen.  ©r  bebiente  fich  beS  bamafigen  ^ammerpräfibenten 
oon  ©chfefien,  beS  greif)errn  o.  ©chedenberg.  SDiefer  führte  am  20.  Februar  1638 
in  ber  gefdjfoffenett  ^utfdje  beS  Prälaten  bie  beiben  QefuitenpatreS  Johann  SBajin 
unb  Heinrich  fßfeiffchmibt  in  baS  2JZattf)iaSftift.  P.  Söajin  begann  am  24.  gebruar 
in  ber  Kirche  beS  ©tifteS  feine  ^Srebigten.  ,,©r  fpracf)  mit  fo  ungemeffenem  Seifade, 
bafj  ber  9Zuf  feiner  großen  Serebfamfeit  fid)  rafch  über  bie  gan^e  ©tabt  oerbreitete 
unb  $atf)ofifen  foroof)f  afS  ißroteftanten  in  nicht  geringe  Serttmnberung  oerfefcte. 
©eine  bafb  barauf  gehaltenen  gaftenprebigten  gogett  eine  fofdje  SJJZenge  ber  3uf)örer 
herbei,  baff  bie  engen  dZäume  ber  ffeinett  ©tiftSfirdje ...  bie  3ahi  ber  heebeiftrömenben 
^ird)enbefucher  nid)t  ju  faffen  üermodjten." 6 

Über  biefe  erften  ©rfofge  fcfjreibt  P.  Sßajiu  am  1.  DJfärj  1638  an  ben  böhmifchett 
ffSroüinjiaf  ÜDZartin  ©treboniuS :  3u  ben  fßrebigten  ftrömen  &'atf)olifeu  unb  2lfatf)ofifen 
in  großer  3df)f  herüei  unb  hören  unbemegfid)  31t.  SDie  futherifchen  ißrebiger  oerbieten 
ben  Sefucf),  aber  oergebfid).  ©ie  2ffatl)ofifen  fefbft  nehmen  biefeS  Serbot  übel.  Sicher 
unb  heiter  gehen  mir  burd)  bie  ©tragen,  grüßen  ade,  bie  uns  begegnen  unb  merbeit 
mieber  gegrüßt.  ÜDZein  @efäf)rte  hat  mit  bem  $atedjiSmuS  unb  ben  Schulen  nod) 
itid)t  begonnen,  meif  unfer  Ißräfat,  ein  ffuger  unb  frommer  SDZann,  für  b  eff  er 
hält,  noch  etmaS  31t  märten,  bis  bie  SreSfauer  bttrch  bie  ißrebigten  mifber  ge» 
ftimmt  merben,  unb  unt  feinen  ÜUZitbrübern,  mefche  Knaben  unterrichten,  feinen  Sfnfaff 
311m  ÜDZurren  gegen  uns  3U  geben.  ®ie  ®omf)erren  unb  (perr  Senebiger  (?)  loben 
nufere  Arbeiten  gar  fehr.  SDie  3ahf  her  3uf)örer  mächft  täglich,  unb  mir  erfreuen 
uns  beS  lieben  griebcnS.  ÜDZöchte  hoch  bafb  ein  ®odeg  hier  errichtet  merben,  unb 
möchten  bafb  Sfrbeiter  itt  biefen  ebefn  Sfd'er  fommen!  Qch  h°de  jebe  Siertefftunbe 
für  oerforen,  in  ber  nidjt  nad)  9JZögfid)feit  für  baS  $odeg  gearbeitet  mirb.  ÜDZüge 
baS  2fuge  ©ro.  Zpodjmürben  nicht  ruhen,  bis  für  baS  Singe  ©cfjfefienS  geforgt  mirb! 


1©rünl)agen,  ©efd)id)te  ©d)Iefiend  II 
(1886)  333. 

2  33äoöiu§  am  30.  3>eft.  1608  an  bctt  fßapft. 
*  Original  in  9tom,  Arcli.  Vatic.  Borghese  III 
126  a.  5ßgl.  58äooiu§  an  93orgl)cfe,  13.  guli 
1608,  ebb.  III  107  e  f  unb  58b  I,  ©.  173  f. 

3  *  $itelle§d)i  an  Samormaini,  16.  Oft.  1632, 

Orig.=9ieg.  Ad  Austr.  4  *  ®opie  in  fHont, 

Staat^ardjiD,  Gesü  Inform.  LXXVIII  378  ff. 


5  ©djitnmelpfennig,  ®ie  ^efuiten  in 
33reblau  mäljrenb  beö  erften  Satnäef)nte3  i^rer 
fJZieberlaffung,  in  3eüfd)nft  be§  58erein§  für 
©efd).  unb  2lltertum  ©d)Iefien§  XXIV  (1890) 
178—216. 

6  öetjne,  ©efd).  bc§  93is>tum§  33re§Iau  III 
(1868)  421.  35g(.  ©djimmelpfennig  a.  a.  0. 
180. 


Ü?ieberlaffungen  in  ©dfjtefien:  SBreSlau. 


371 


grüfjt  mein  ©efä^rte,  ein  efjrlicfjer  itnb  frommer  Mann,  ber  fchon  an  einem 
beutfcfjen  Dialog  für  baS  ^eilige  ©rab  arbeitet1. 

Um  eine  geräumigere  Kird)e  für  bie  $rebigtett  ju  oerfdjaffen,  oermodjteit  baS 
£omfapitet  unb  bie  faiferlidje  Kammer  am  2.  Stprit  1638  ben  2t 6t  beS  ißrämonftra- 
tenferftiftcS  ju  ©t  SSinjens,  ben  s^5atreg  bie  Kantet  ber  großen  ©tiftSfircfje  ju  über¬ 
taffen.  Studj  tjier  hatte  P.  2Bajin  großen  3utauf,  unb  feine  einbringtidjen  unb  grünb- 
(icfjen  ^rebigten  madjten  tiefen  ©inbrucf2.  SDieS  beftätigt  and)  P.  SÖBagin  in  einem 
meiteren  Briefe  an  ben  ^rooin^iat  ©treboniuS  oont  28.  Stprit  1638.  ®en  Katechismus 
hat  P.  ^einrid)  (fj$feitfd)mibt)  am  gmeiten  ©fterfonntag  in  ©t  Matthias  um  2  Uf)r 
angefangen,  bamit  nidjt  bie  beutfcfje  fßrebigt  ber  fßatreS  SDontinifaner,  metdje  um 
1  Uhr  in  ©t  Stbatbert  gehalten  mirb,  eine  Störung  erteibe  unb  biefe  ißatreS,  bie 
unS  alte  Siebe  ermeifen,  feinen  Slntafj  jur  Klage  haben.  Sitte  OrbenSteute  finb  uns 
bereits  gemogen,  mie  audj  bie  SDomtjerren  unb  atte  Katfjolifen  großen  STroft  über 
unfere  2lnmefenf)eit  empfinben.  3n  ber  erften  Katedjefe  mar  eine  fotdje  Menfdjenmenge 
beiber  Konfeffionen,  baj)  unfer  fjodjmürbigfter  ©aftherr  üor  £roft  ber  tränen  fid) 
nid)t  ermeljren  fonnte.  2lm  felben  £age  begann  ictj  bie  ©obatität  Mariä  Reinigung 
mit  jungen  (jpanbroerfern3;  eine  Sitrgerfongregation  ju  erridjteit,  erfdjeint  nidjt  rätticf), 
bamit  eS  nidf)t  ben  2lnfd)ein  geminnt,  atS  mottten  mir  bie  fRofenfransbruberfdjaft 
tjinberu,  unb  um  nidjt  bie  SDominifaner  3U  oertepen.  3n  ber  erften  Serfammtung 
bjatte  idj  3mötf  £>anbmerfer.  Unfern  Semüf)ungen  fetjen  fid^  bie  fßräbifanten  ent¬ 
gegen,  burd)  SDrofjungen  finden  fie  ben  Sßefud)  unferer  ’prebigteit  3U  öertjinbern;  audj 
ftetten  fie  ©pätjer  auf,  metdje  bie  Sefudjer  oermerfen;  bie  Sefudjer  merbeu  non  ben 
^Srebigern  3itiert  unb  nermarnt.  Sin  einigen  ©onntagen  fdjienen  fie  uns  baS  futfjerifcfje 
35otf  abfpenftig  gemadjt  3U  haben,  aber  am  testen  ©onntag  mar  ber  gubrang  größer 
als  je  oorfjer.  Unfere  proteftantifdjen  3uprer  tabetn  uns  nidjt  nur  nidjt,  fonbern 
empfehlen  unS.  2öir  oermeiben  jebeS  Söort,  baS  fie  oertefjen  fonnte.  P.  2Sa3in 
mad)t  bann  oerfcfjiebene  SSorfcfjtäge  für  eine  9tefiben3,  entmeber  in  einer  teerftefjenben 
SBotjnung  auf  ber  Surg  ober  in  einem  §aufe  beS  fetjr  gemogenen  ®omt)errn 
©erin  beim  ^ofpitat  ©t  Matthias  ober  in  einem  .jpaufe  bei  ©t  33in3en3.  Unfer 
©aftherr  bietet  uns  in  großer  oätertidjer  Siebe  an  ein  meitereS  fje^bareS  3ininier/  eine 
gute  93ibIiotf)ef,  eine  gefonberte  gute  Sraftation  in  nuferem  3itnmer  ober  in  ber 
Sibtiottjef  (benn  bisher  haben  mir  immer  im  Konoent  mit  beit  patres  gefpeift),  Söein 
unb  93ier  bei  Sifdj,  fürs  er  bietet  unS  fein  §er3  unb  att  baS  ©einige  an.  §ier  fönnen 
mir  ficfjer  motjnen,  ber  £ifd)  ift  gut,  atte  §auSgenoffen  finb  uns  fe^r  gemogen,  nier 
ißatreS  fönnen  gut  hier  unterfommen.  S)ie  Schuten  fönnen  teitS  in  ber  9?adjbarfdjaft, 
teils  im  (pofpitat  untergebracht  merben,  bis  ber  Kaifer  uttS  eine  SBofjnung  anroeift, 
für  bie  P.  Samormaini  ficf)  fetjr  bemüht.  P.  Samormaini  fdjreibt,  bah  ihm  ^e  ©orge 
für  baS  SreStauer  Kotteg  nom  P.  ©enerat  angetegentlichft  empfohlen  fei.  Stucfj  P.  ©ans 
(ber  Seidjtoater  gerbinanbS  III.)  hat  oerfprodjen  31t  tun,  maS  er  famt. 

Über  bie  ©enbung  je  eines  fßrofefforS  für  Moral  unb  Kontrooerfe,  bie  fetjr  3U 
münfdjen  märe,  mitt  P.  2ßa3in  fpäter  üftäfjereS  berichten.  Siiemanb  arbeitet  non  ben 
SreStauern  fo  eifrig  für  uns  mie  £>err  0.  Senebiger,  ber  fid)  unS  mirftich  atS  ein  Sater 
ermeift  unb  nur  barauf  auSgeht,  unS  äöofjttaten  31t  ermeifen,  unb  3ttmr,  roenn  nötig, 
fetbft  mit  ©efahr  für  fein  Sebeit.  P.  (peinrid)  arbeitet  tüchtig  unb  fromm,  fo  baf) 
er  Sob  unb  @mpfel)tung  oerbient.  @r  mirb  üott  allen  geliebt  megen  feines  geraben 
SBefenS  unb  feines  (SiferS  für  ben  Unterridjt  ber  3u9en^-  ®r  ^)at  ^0  ©djüter. 
iftcutich  mottte  ein  s^rebiger  in  ber  Seicht  eine  ®ame  nicht  abfotüieren,  menn  fie 


1  *  Original  in® icn,@eh.©taat§ard)iD,@eiftI.  3  Ü6er  biefe  Sobafität  bgf.  §et)ne,  @cf)fe- 

'litteu  488.  2  §  et)  ne  a.  a.  D.  III  421.  fifd)eS  fiirdjenblatt  XXX  (1864)  17  ff  198  ff. 

24  * 


372 


günfteä  Äajritel.  ®te  öfterreid)ifd)e  fßrobittj. 


ifjren  ©offn  nicfft  aug  unserer  ©djule  fortneljme,  aber  bie  Same  fjat  geantmortet: 
„SßöKt  iljr  lutfferifdfe  fßräbifanten  inicE)  nit  abfolüieren,  fo  lafjt  eg  ftefjen,  icfj  will 
fdfon  einen  anbertt  finben."  1 

£erbft  1638  famen  itocfj  jmei  ^atreg,  unter  ifjnen  P.  Julius  Sotu  riug.  3ur 
felben  3e't  3°3en  bd  ülefuiten  dt  ba§  bei  @1  SDZattfjiaS  gelegene  ©dföttaidjfdje  £>aug, 
itnb  fo  fonnte  1639  bie  bisherige  „Miffion"  Sfofibenj  roerben.  3e§n  3a^re  später, 
1649,  erfolgte  bie  Srfjebung  jum  Solleg2.  Sie  fleine  fHefiben§  jaulte  halb  6  fßatreg, 
oon  benen  2  alg  fßrebiger  befdjäftigt  waren,  einer  SSorträge  über  Sontroüerfe  unb 
Moral  fjielt,  3  in  ben  klaffen  beg  ©pmnaftumg  wirften.  Sateinifd^e  SSorträge  über 
Sontroüerfe  unb  Moral  fjatte  P.  Soturiug  fdjon  §erbft  1638  juerft  in  ber  äBoljnuitg 
angefangen,  bann  1639  in  @t  Matthias  fortgefetjt;  feinen  3i$örern,  bie  aug  Sreu3» 
Herren,  Sanonifern  unb  Saien,  barunter  aud)  fßroteftanten,  beftanbeu,  gab  er  Siftate 
jutn  ©tubieren.  Sie  Spulen  mürben  langfam,  aber  ftetig  erweitert,  1640  würben 
Humanität  unb  fRfjetorif,  1643 — 1645  bie  brei  pffilofopfjifdfen  Surfe  beigefügt;  1644 
begannen  23orlefungen  über  Matljematif.  ©roffen  Slnflattg  fanben  bie  jeben  fjreitag 
ftattfinbenben  Simulationen.  Sie  100  ©djüler  Oont  ^at)re  1638  Ratten  ficf)  1641 
tnefjr  alg  oerboppelt,  befonberg  famen  oon  auffen  oiele  Slbelige  aug  ©d)lefien  unb 
fßolen.  Sag  erfte  ©djaufpiel  führten  bie  ©djüler  1641  üor  einigen  taufenb  3U’ 
fdfauern  auf  ber  faiferlidfen  23urg  auf,  eg  fjieff  ber  „ütfjeift";  1642  folgte  ber 
ägpptifdje  3ofePf)-  3m  Sa^re  1649  jäfjlte  bag  Kolleg  10  fßriefter  unb  5  Magiftri, 
aufs  erb  ent  nod)  5  ©d^olaftifer,  bie  fpijilofoplfie  gürten,  ©cfjon  1640  Ijatte  man  ein 
Sonoift  begonnen,  bag  Oftober  1641  ein  eigenes  tpeint  bei  ©t  Slgneg  erhielt.  3tDei 
3afjre  fpäter  wirb  in  ben  Qa4;reSberid;ten  auffer  bem  Sonoift  nod)  ein  £aug  für 
arme  ©tubenten  erwähnt. 

3n  ber  ©eelforge  waren  3  fßatreg  alg  ^rebiger  befdjäftigt;  im  Qaljre  1647 
Ijatte  man  2  ftänbige  beutfdje  fjkebigten  in  ©t  SSinjenj  unb  ©t  Mattfjiag,  1  lateinifdfe 
in  @t  SIgneg.  Saju  famen  bie  Arbeiten  für  3  ©obalitäten,  2  lateinifdfe  für  Herren 
unb  ©tubenten  unb  1  beutfdf e ;  bie  leidere  für  Arbeiter  f alte  1648  aud)  eine  ©par* 
faffe  gur  Unterftüfjung  ber  Mitglieber.  Srof)  all  biefer  Arbeiten  fonnte  man  nidft 
jum  93au  eineg  eigenen  SoHegg  gelangen. 

Sa  bag  ©df önaidffdje  £>aug  feinen  genügcnben  9?aum  bot,  wollte  ber  Saifer 
ben  fßatreg  1644  bag  3drotinfdje  §aug  übergeben.  l*ent  ©djreiben  an  ben 
SBreglauer  9iat  febt  ber  Saifer  fjerüor:  Sr  erinnere  fidj  gar  wo  1)1  ber  burdj  ben 
Präger  griebeng*  unb  SZebenregeff  ber  ©tobt  öerfidf erten  freien  fReligionsübung  unb 
werbe  iljr  in  berfelben  feine  S3ef inberung  nocf)  Seirrung  gufügen  laffen;  aber  er  Oer» 
fefje  fid)  aud)  in  ©naben,  bie  ©tobt  werbe  foldjeg  gleicffaflg  tun  unb  ifjm  in  33e- 
ftellung  unb  Srfjaltung  beg  fatf)olifdjen  ©ottegbienfteg  bafelbft  Weber  3ed  nodj  Mafj 
oorfdjreiben,  nod)  weniger  einen  Sintrag  tun  wollen.  Sr  wolle  ifjnen  oielmef r  fjiermit 
in  ©naben  anbefofjlen  Ijaben,  gebadfte  Patres  Societatis  Iesu  unb  alle  if re  Slm 
gehörigen  in  ben  ©d)ut$  ber  ©tabt  ju  nehmen,  in  gemeiner  ©efuritüt  ju  If alten,  bei 
if rem  f eiligen  fatf olifrfjen  ©ottegbienfte  unb  anbern  djretn  geiftlidjen  Instituto  an> 
fjangenben  gottfeligen  Übungen  ruf)ig,  frei  unb  unbeirrt  oerbleiben  gu  laffen. 

Ser  3üat  wanbte  fid)  an  bie  fdjleftfdjen  dürften  unb  ben  Surfürften  oon  ©adffeu 
um  Qnterjeffion,  nidft  allein  um  bie  Srangferierung  ju  oerf inbern,  fonbern  aud)  um 
bie  Sntfernung  ber  Pfaden  aug  S3reglau3.  21n  ben  Saiferfjof  würben  5Wei  91atg» 


1  *  Original  in  SBien,  @taat§ard)iD  a.  a.  0. 

2  0o  nad)  ben  *  Catal.  Prov.  Bohem.  Stad) 

ben  3cü)t'e3berid)ten  toäre  ba§  fdjon  1646  ge- 
fd)el)ett.  3)a§  golgenbe  nad)  ben  *  Litt.  ann. 
linb  *  Catal.  Prov.  Austr.  itnb  Prov.  Boliem. 


Ißgt.  Schmidt  III  3  6;  IV  456  ff  558  ff;  V 
122  ff  722  f. 

3  6d)immelf)f ennig  a.  a.  D.  189—195. 
Sie  Bielen  0d)rt>ierigfeiten  in  S3re§Iau  fdjilbert 
aii§füf)rlid)  al»  Slngenjenge  ber  erfte  SReftor 


fRiebcrlaffungen  iit  ©djlefien:  S3reslau. 


373 


mitgliebcr  abgeorbnet,  bie  bort  mehrere  ÜDJonate  bie  Stngetegentjeit  betrieben  unb  bei 
bett  faifertidfen  Beamten  fein  (Selb  fparten*  1.  Stuf  baS  ©cffreiben  beS  States,  worin 
er  bie  23ebcnfeit  gegen  bie  ^iefuiten  auSeinanberfefjte,  ermiberte  ber  ^aifer,  beS  9iateS 
23efiird)tungen  feien  unbegründet;  bie  allgemeinen,  auS  ben  Schreiben  ber  dürften  unb 
©tänbe  ©djtefienS  an  Äaifer  Diubolf  angelegenen  23efdjutbigungen  gegen  bie  ^efuiteit 
feien  unermeiStid) 2;  unb  wenn  aud)  bie  S3orfaf)ren  beS  ^aiferS  ben  fßroteftanten  freie 
9ieIigionSübung  jugeftanben  tjaben,  fo  Ratten  fie  bod)  feineSmegS  bamit  bie  Slbfidjt 
gefjabt,  „bie  eigene  fatfjotifdje  Religion  ifjrer  Sibertät  31t  prioieren" ;  ber  9tat  bürfe 
bem  föaifer  nidjt  „Söiaf)  unb  $iet  öorfdjreiben,  wie  unb  auf  waS  SGöeife  ^ifjre 
sD7ajeftät  ben  fattfotifdjen  (SotteSbienft  unb  ben  ©amen  ber  Zeitigen  fatlfolifdfen  ^ircfje 
in  ©tabt  unb  Sanb  gepfbangt  unb  ermatten  miffen  motte".  der  ^aifer  gab  ficfj  aber 
jufrieben  bamit,  bafj,  wenn  eS  bem  9iat  unb  ber  93itrgerfcf)aft  fdjwer  fatte,  ben  ^efuiten 
baS  ßierotinfcfje  £>auS  ju  gönnen,  ber  9tat  fetbft  fiir  biefetben  einen  bequemeren  Ort 
auSfucfje  unb  oorfcfjtage3.  die  weiteren  23emüf)ungen  beS  9iateS  unb  feiner  (Sefanbten, 
bie  Qefuiten  ganj  ooit  SreStau  fortgufc^affen,  wie  man  bieS  fdtjon  1642  bei  (Setegen* 
f)eit  beS  ©inmarfdjeS  dorftenfonS  in  ©djtefien  unb  feines  ©iegeS  über  baS  faiferticfje 
(geer  anftrebte 4,  ffatten  feinen  ©rfotg 5. 

der  £aifer  wieg  ben  ^efuiten  bie  ©anbinfet  üor  ben  9J?auern  93reStauS  an  jum 
93ait  eines  $ottegg.  £jn  f°9-  „Singer  Siejefi",  batiert  Sing,  10.  3flnuar  1645, 
beftimmte  ber  ßaifer  unter  anberein6:  dag  fö'ottegium  famt  ®irdje  unb  ©d)ute  fott 
fobatb  als  mögticf)  auf  bem  auSgejeidjneten  Orte  beS  ©anbeS  gebaut  werben.  der 
3Befu(f)  itjrer  ©djute  auf  bem  ©anb  barf  Weber  bireft  nodj  inbireft  abgeftettt  ober 
oerboten,  unb  Bürger,  wetcfje  itjre  ßinber  bafjin  fdjiden,  bürfeit  nicfft  betäftigt 
werben.  ^rernben  ©cbütern  fott  Weber  2öoI)nung  nod)  Ä'oft  oerweigert  werben.  dem 
9tat  fott  an  feiner  QuriSbiftion  fein  ©intrag  gefdjefjen;  bod)  finb  bie  SJtitgtieber  ber 
(Sefettfdjaft  in  personalibus  üon  beS  9tateS  .Qurigbiftion  ausgenommen;  üertjaftete 
©djüter  muffen  bem  9feftor  jur  93eftrafmtg  ausgeliefert  werben  mit  SluSnafftne  üon 
tobeSwürbigen  SSerbredjern.  dagegen  bitrfen  aud)  bie  ißatreg  feinen  föriminat* 
oerbredjer  aus  ber  ©tabt  bei  fid)  aufnetjmen.  Sitte  fßroüofationen  junt  disputieren 
über  (StaubenSfadjen  werben  in  ben  ©deuten  auf  beiben  ©eiten  unterfagt,  beSgteicfjen 
baS  durd)!)ecf)etn  auf  ber  föanjet.  den  ©tubenten  beiber  föonfeffionen  ift  baS  SBaffen* 
tragen  üerboten.  dem  $otteg  wirb  oerboten,  S3reStauer  ^inber  offne  ißorwiffen  ber 
©ttern  ober  fSormüitber  bei  ficf)  aufjunetpnen  ober  an  anbere  Orte  gu  üerfdficfen; 


3uliu3  SoturiuS  iit  feinen  Quattuor  persecu- 
tiones  Soc.  Iesu  Wratislaviae  1642 — 1648, 
abgebrudt  bei  §et)ne,  ©efd).  be§  93i§tum§ 
23re§lau  III  423 — 431.  6ine  anbere  2Serteibi= 
gung  non  SSajin  bom  5.  Slug.  1641  an  ba§ 
Oberamt  in  23re3lau  im  bortigen  ©taat§ard)io 
J  J  J  29°,  augcfiibrt  üon  ©djimmelpfennig 
a.  a.  0.  XXIV  184. 

1  ©  d)  i  m  m  e  I  p  f  e  n  n  i  g  a.  a.  0.  201  ff  unb 
§epne,  ©efd).  be§  S3i3tum§  93reglau  425, 
Sinnt. 

2  ©d)imntelpf  ennig  a.  a.  0.  204  f.  ©ieffe 
ebb.  181  ff  ba^  Überlaufen  ber  ©cbüler  anberer 
Slnftalten  öen  gefuiten  unb  ben  angeblichen 

Übermut  ber  Sefuitenftubenten  gegenüber  ben 
fJSroteftanten.  ®en  Sefuiten  [teilte  ba§  2)om= 

tapitel  unter  SSettupung  ber  Sitten  unb  fjßroto* 

tolle  ein  ßeugniS  au§  unb  becfte  bie  Serlcum» 

bungen  ber  ©egner  auf.  Siehe  §  e  h  n  e  a.  a.  0. 
425,  21. 


3  ©chimmelpf cnnig  a.  a.  0.  207. 

4  Hist,  primi  decennii  coli.  Wratislaviensis 
bei  §  e  h  n  e  a.  a.  0. 423,  21.  2  unb  ©  cf)  i  m  m  e  I* 
Pfennig  a.  a.  0.  185  ff. 

5  Hist.  coli.  Wratislav.  bei  ifjebae  a.  a.  0. 
425  f,  21.  (Secunda  persecutio)  unb  ©cbimmeh 
Pfennig  a.  a.  0.  212  f. 

6  ®er  SRejef;  abgebrudt  bei  SReinfens,  ®ie 
ünioerfität  ju  23re§tau  (1861)  61  ff.  Slu^jug 
bei  ©  d)  i  m  m  e  l  p  f  e  n  n  i  g  a.  a.  0.  213  f.  2lm 
14.  San.  1645  fanbte  ßoturiu§  att§  Sinj  bie 
^auptpunfte  be§  9?eäeffe§  ait  ben  böhmifchen 
fRroüinjial,  mobei  er  bemerft,  bafj  bie  oom 
^aifer  ben  Sdmtea  auferlegteu  93ebingungen 
auf  ^Bitten  ber  23re3lauer  erfolgt  feien.  *  flopie 
in  Bohem.  Fund.  IV  173.  Über  bie  Slerhaitb* 
luttgen  in  ßittft  ©djimmelpfennig  a.  a.  0. 
XXIV  208  ff.  Ser  §of  mar  am  10.  Ott.  1644 
megen  ber  Snfeftion  oon  ©ber^borf  nach  Sins 
oerlegt  morben. 


374 


fünftes  St'apitcl.  Sie  öfterreid)ifd)e  iproüinj. 

bagegen  foß  aber  aßen  Gsttern  freiftefjen,  ihre  föinber  itt  bie  ©djuten  ber  Qefuiten  51t 
fdjiden.  (Snölidj  barf  bag  Äoßegium  nur  für  feine  eigenen  Sebürfniffe  93ier  brauen. 

©rop  beg  entfdjiebenen  faifertidjen  Sefefjteg  fudße  ber  fRat  ben  Sau  be§  $oßegg 
auf  äße  Söeife  3U  berfjinbern  unb  betrieb  bieg  aucf;  bei  ben  ©efanbten  beg  SBeft- 
fätifdjen  fyriebengfongreffeg.  2t  nt  25.  ^uti  1646  fc^rieb  ber  furfädjfifdje  ©efanbte 
in  fünfter  an  ben  faifertidjen  (Seneralbeüoßmädjtigten  @raf  ©rautmanngborf,  ber 
$aifer  möge  ben  Sau  beg  Qefuitenfoßegg  im  ©anb  ju  Sregtau  oerbieten.  ©raut- 
manngborf  antwortete  am  14.  Sluguft  1646,  ber  Äaifer  moße  fidj  in  Sejug  auf  bie 
Religion  in  feinen  eigenen  Säubern  oon  ben  ißroteftanten  nid)tg  borfdjreibcn  taffen, 
wie  fie  ja  fetbft  in  ifjren  Säubern  fidj  nidjtg  oorft^reiben  tiefjen1.  ©ann  ging  ber 
9iat  nod)  einen  ©djritt  weiter  unb  berfucljte  bie  2tugfdjtiefjung  ber  Qefuiten  aug 
Sregtau  in  bag  ÜBeftfätifdje  $riebenginftrument  bringen  ju  taffen.  ©ie  ißroteftanten 
begehrten  in  ihrer  ©eftaration  00m  23.  gebruar  unb  8.  2lprit  1647,  baff  bie  ^efuiten 
fowofjt  in  atg  üor  ber  ©tabt  Sregtau  auggefdjafft  würben;  beggteidjen  bertangten 
bieg  bie  ©djweben  in  ifjrer  ©eftaration  bom  8.  9Jfai  1647 2;  aber  bie  faifertidjen 
©efanbten  blieben  feft3. 

Strgertidje  unb  gefäfjrtidje  ©^enen  erregte  im  fotgenben  $atjre  1648  ber  ^Stan 
ber  faifertidjen  Kammer,  bie  S0?önd)e  beg  Ätofterg  ©t  ©orottjea  in  ein  anbereg  Ätofter 
311  berfetjen.  ©ie  faifertidje  Kammer  unb  bag  ©omfapitet  Ratten  an  ben  ®aifer  he- 
richtet  wegen  beg  ärgertidjen  Sebeng  ber  SJJöndje;  in  einem  Qaljre  hatten  brei  berfetben 
fowofjt  ßatfjotifen  atg  ^roteftanten  grofjeg  Strgernig  gegeben,  ©er  ißrebiger  beg 
ßtofterg,  ^otj.  ©amfon,  war  apoftafiert4.  ©er  ^'aifer  befatjt  ber  Kammer,  bie  Stöncfje 
aug  bem  £’Iofter  augjuweifen.  ©er  SKagiftrat  war  bamit  einberftanben.  2l(g  bie 
faifertidjen  ßomtniffare,  an  ihrer  ©pitje  ber  STammerbireftor  Sobfowife,  am  27.  fyebruar 
1648  im  Ätofter  erfdjienen,  würben  fie  bon  bem  ^rooinjiat  ^fjdipp  Soneor  befcfjimpft. 
28ie  nun  bie  bereitftefjenben  ©otbaten  natjten,  läutete  ber  jßrobin^iat  ©türm  unb  rief 
bag  gufammenftrömenbe  Sotf  gu  |)ilfe  gegen  bie  .Qefuiten,  bie  fidj  beg  SHofterg  be= 
mädjtigen  Wüßten,  ©ag  genügte,  ben  proteftantifdjen  Ißöhet  in  SBut  ju  bringen, 
©ie  ©otbaten  bermodjten  nidjtg  augjurichten.  ©ie  Sürger  würben  gu  ben  SBaffen 
gerufen  unb  tjietten  ben  bon  ben  Sßföndjett  jur  Sertreibung  ber  ^efuiten  aufgeftadjetten 
göltet  bon  weiteren  (Steffen  ab5,  Über  biefen  ©umult  fcfjreibt  ätiartinitj  in  einem 
Sriefe  bom  14.  ÜDßärj  1648:  ©ie  Unfatfjotifdjen  tun  nidjtg  anbereg  atg  burdj  ©djrift 
unb  ©raftaten  unb  ^rebigen  gegen  ber  fatfjotifdjen  ©eifttidjfeit  gotttog  ffanbatofeg 
Sebeit  mit  allerlei  £>iüigfeit  ju  futminieren;  unb  wenn  biefeg  ©rtg  fotdje  ärgertidje 


1  2Bortlaut  ber  beiben  ©d)rciben  in  Meyern, 
Acta  publica  III  322  ff. 

2  (5bb.  IV  95  200  527. 

3  Ilber  bie  ©egenbeftrebuitgen  beS  P.  Go- 
turiuS  unb  P.  Görler  f.  ©djimmefpf ennig 
a.  a.  0.  XXV  83. 

4  21.  Saftner,  9Ird)io  für  bie  ©efcf).  beS 
93iStumS  23reSlau  III  (1863)  305.  §epne 
a.  a.  0.  III  427.  ©djimmelpf ennig  a.  a.  0. 
XXV  93.  gür  bie  frühere  ßeit  ügl.  51  a  ft n er, 
2lrcbio  I  211. 

5  ein  ausführlicher  Bericht  oon  GoturiuS  Oom 
28. gebt.  1648  in  SBien,  ©eh-StaatSarchio,  ©eiftl. 
2lrd)io  421.  2luS  biefem  23erid)t  geht  heroor,  baff 
bie  ^efuiten  oon  ber  Gpefution  üorher  wufjten 
unb  uid)t  ohne  ©orgc  beSbalb  waren.  23gl.  ben 
33erid)t  beS  GoturiuS  bei  ipepne  a.  a.  0.  III 
427  unb  Schuiidl  V  373  ff.  Ser  93reS- 


lauer  ©efanbte  fßein  fchreibt  am  11.  9Jtärs 
1648  an  ben  fRat  Don  SBreSlau:  „@raf  SDtar* 
tinip  habe  ihm  aufgetragen,  feinen  $rhtjipalen 
ju  utelbeit,  baff  Shvo  SXajeftät  nie  Willens 
g  e  w  e  f  e  n ,  bie  Sefuiten  in  baS  Älofter  311 
@t  Sorothea  gu  laffen,  weil  baS  wiber  bie  ju 
Sins  gegebene  erfte  fRefotution  laufen  würbe, 
nach  Welcher  bie  Ss^fuiten  außerhalb  ber  ©tabt 
fein  füllten."  Hub  am  28.  Sütärj  berichtet  ipein : 
„Sie  Qefuiten  würben  baS  Älofter  nidjt  erhalten, 
eS  würben  wohl  anbere,  mahrfcbeinlid)  Äapw 
äiner,  fubftituiert  Werben."  ©djimmelpf ennig 
a.  a.  D.  XXV  93  f.  ©djimmelpfennig  wirft 
uid)t  ohne  ©runb  bie  grage  auf:  „£>atte  benn 
ber  Saifcr  überhaupt  baS  3ted)t,  tülondie  aus 
ihren  Slöftern  eigenmächtig  su  oertreiben  unb 
in  anbere  Möfter  511  oerfepeu?" 


SHeberlaffungen  in  Dftpreufjeit:  53rauu§berg. 


375 


Verfemen  geftraft  unö  amoöiert  irerben  füllen,  jo  finb  fie  (Diejenigen,  bie  eS  mit 
@emalt  oerljinbern,  unb  fann  man  aljo  iljnen  nie  reefjt  tun  1.  ®ie  SJlöndje  btiebeu 
in  ifjrem  Klofter.  ®ie  ^ejuiten  burften  aus  fyurdjt  üor  bem  üßööel  fecf)!§  SBodjett 
iljr  non  üöadjeit  befcfjii^teS  §auS  niefjt  öerlaffen.  3ur  33eruf)igung  beS  93otfe§  oer- 
fpradj  ber  fRat,  beim  Kaifer  ©djritte  ju  tun,  um  bie  ^efuiten  aus  ber  ©tabt  ju 
entfernen2.  ®ieS  gelang  jmar  nidjt,  aber  auS  bem  Kolleg  auf  ber  ©anbittfel 
mürbe  nicfjtS3. 

©S  erübrigt  uns  nod),  einen  231id  auf  ben  Cften  31t  merfen. 

SBeftpreufjen  unb  Oftpreufjen  faden  in  ben  öereicfj  ber  litauifdjen  unb  polnifdjen 
Crbensproniitj.  2)ie  ©djidfale  ber  bortigen  Siieberlaffungen  merben  in  ber  ©e> 
fdjidjte  ber  polnifdjen  ^robinjen  auSfüljrlidj  Beljanbelt4.  S/eSfjallt  barf  unfere  ®ar« 
ftellung,  mie  bereits  angebeutet,  um  fo  meljr  auf  SSollftänbigfeit  berjidjten. 

23on  ber  auS  ber  öfterreidiifdjen  ^robin^  1575  Ijeroorgegangenett  potnifdjen 
^robiitj  mürbe  1608  bie  ^robinj  fiitauen  abgetrennt.  Sin  bie  litauifdje  ^5robin§ 
fiel  Oftpreufjen,  affo  bie  Kollegien  53raun§berg,  Söffet  mit  §eiligelinbe  unb  bie 
SDüffion  Königsberg,  an  bie  potnifdje  ^Srobinj  Sßeftpreufjen  mit  ®anjig,  SDlarienburg, 
Sljorn,  23romberg,  ©raubenj. 

^sn  Oftpreufjen  behauptete  baS  Kolleg  bon  23raunSbcrg  feine  frühere  S3ebeutung 5, 
ja  biefetbe  fteigerte  fidj  nod)  bis  jum  Qafjre  1626,  mo  bie  (Stabt  eine  23eute  ber 
©djmebctt  mürbe.  31m  10.  Quli  1626  befehle  ©uftaö  Slbotf  33raunSberg.  $it 
biefer  geit  maren  bie  33raunSberger  —  mie  ein  ermtänbifdjer  ^iftoril'er  betont, 
„oljne  SluSnaljme  fattjolifdj  unb  itjrem  ©tauben  gerabe  bamatS  mit  Itarfter  ltber= 
jeugung  unb  innigfter  Slnljänglicfjfeit  ergeben".  Srotj  alt  ifjreS  gleljeuS  unterbrüdte 
©uftab  Slbotf  ben  fatljolifdjen  ©otteSbienft  gänjtic^.  Safiir  mürben  proteftantifdje 
ißrebiger  eingeführt,  um  baS  SSotf  bom  fattjotifdjen  ©tauben  abfpenftig  3U  madjen. 
„®ie  Qefuiten,  metdje  ben  fpafj  beS  ©djmebentönigS  gegen  iljre  ©efetlfdjaft  auS 
mandjen  früheren  groben  fannten  unb  fefjr  moljl  mußten,  maS  fie  bon  itjtn  31t 
ermarten  Ratten,  maren  fdjon  oorfjer  auS  33raunSberg  geflüchtet.  Sütr  3mei  patres, 
Scifol.  Kirftein  unb  Seoul).  Kinarb,  hatten  fie  in  itjrem  Kollegium  3urüdgetaffen. 
f£>iefe  mürben  nadj  Übergabe  ber  ©tabt  fofort  gefänglich  abgeführt  unb  mufften 
teitS  auf  fdjmebifdjen  ©djiffen,  teils  im  Kerfer  3U  Stbing  länger  atS  3mei  ^afjre 
baS  fchmerfte  Ungemadj  erbutben.  Koltegium  unb  iljre  Kirche  mürben  gän3tidj 
auSgeptünbert,  ihre  foftbare  Sßibliotfjel,  bie  prädjtigen  jßaramente  unb  bie  bortrefftidje 
Orgel  nach  ©djroeben  transportiert."  Silier  fatljolifdje  ©otteSbienft  unb  Unterricht 


1  *  S8ien,  (5taat§ardjiP  a.  a.  D. 

2  §  ebne  a.  a.  0.  III  430.  Sdjimntel» 
Pfennig  a.  a.  0.  XXV  90  ff. 

s  5ßon  SSreätan  and  mürbe  and)  bie  lepte 
fc^Iefifcfje  Slieberlaffung  biefer  $eit,  5ie  jn 
SBartenberg ,  1649  befiebett.  äJorübergetjeub 
patten  hier  1629  auf  SBunfdj  be§  ©rafett  Sobna 

•jmei  tpatrcä  gemirft.  Später  fiel  ben  Sefuiten 

bnrdj  ben  Jöarott  ©prin^enftein  unb  bie  ©räfin 
tparradj  eine  grobe  ßrbfdjaft  ju.  SBon  93re§Iait 
tarnen  Cftober  1649  jmei  $riefter,  um  beti 
S3efip  anjutreten.  9tadj  unb  n ad)  fatnmetten 
fid)  80  Katbotifen.  Sie  adjt  Äirdjett  auf  bent 
ben  ^efuiten  pgefatteneu  ©ebiete  maren  oon 
proteftantifdjen  J)3rebigern  befept,  mogegen  mau 
uicbbB  madjen  tonnte.  Sie  gefuiten  mufften  fid) 


beltjfltb  Pietfadj  auf  fjlrioatoerfebr  befdjräitfeu. 
Sie  erridjteteu  1650  oortäufig  auf  ber  93urg 
eine  Kapelle,  bie  ein  Sammetpuuft  für  bie  be= 
nadjbarten  Stattjolifeu  mürbe,  befouberei  für  bie 
jmei  ©leiten  entfernten  ©rünberger.  Schmidt 
V  521  676  f.  —  SSorübergebenb  mirtteu  bie 
Sefuiteu  nod)  an  mandjen  anbern  Orten  in 
Sdjtefien,  fo  1637/1638  in  Siegnip,  1630  itt 
9JIünfterberg  (Schmidt  IV  463  392 ff;  III 
1084),  1613/1614  itt  9iatibor,  1629  in  Oppeln 
unb  JJIeuftabt  (Schmidt  III  995). 

4  Stan.  Zat^ski,  Jesuici  w  Polsce,  Kra¬ 
kow  1904.  4  93be. 

5  58b  I,  S.  179  ff.  £.  SBenratlj,  Sie  8tn» 
fiebtnng  ber  Sefuiten  in  93raun§berg,  in  Beitfdjr. 
be^  SBeftpreuß.  ©efdjidjt^oerein^  1899,  1—106. 


Srihifteä  Kapitel.  Sie  öfterreidjifäje  Vrobinj. 


376 

Jjörte  für  Hier  Qaljre  auf1.  Unö  eS  bauerte  noch  weitere  fünf  ^a^re,  bis  infolge 
beS  Vergleiches  zmifdjen  ©djmeben  unb  ))3olen  in  ©tuf)tnSborf  (12.  September  1635) 
bie  ©djmeben  enbticf)  aus  VraunSberg  abzogen.  31m  3.  Oftober  1635  jogen  bie 
©djmeben  ab,  unb  am  4.  Oftober  lehrte  ein  Seil  ber  Qefuiten  jurücf  unb  nahm  oon 
Kolleg  unb  ®irdje  toieber  Vefip.  (Sin  großer  Sroft  mar  eS  für  fie,  bah  mährenb 
ber  langen  ©djmebenherrfdjaft  trop  aller  Srangfalierungen  fein  einziger  Vürger  oom 
fatholifchen  ©lauben  abgefallen  mar,  „mie  foldjeS  felbften  ber  ^räbifant,  roeldjer 
baS  Kollegium  ju  felbiger  $eit  bemohnte,  ben  Patribus  beS  gebadeten  föollegii  ge= 
ftanben  fjflt"2. 

@o  fcheibet  fiel)  bie  ©efdjicfjte  beS  &oüegS  für  unfern  Zeitraum  in  jmei  ^Serioben : 
bie  erfte  oon  1601  bis  1626  unb  bie  jmeite  oon  1636  bis  1650.  Qu  ber  erften  ißeriobe 
hatte  fief)  bie  gal)!  ber  SJJiitglieber  ftetS  über  30  gehalten  unb  mar  1615  fogar  auf 
47  geftiegen.  Sie  @df)ü(er§aE)t  mirb  als  ftetS  fteigenb  bezeichnet,  hoch  fehlen  bis 
jur  Vertreibung  genauere  gahlenangabeit.  9?ad)  ber  Vücffelfr  mirb  1637  bie  3af)I 
auf  182  unb  1639  auf  200  angegeben.  Sie  ©djiiler  refrutierten  fidj  nicht  allein 
aus  Oft=  unb  Söeftpreufjen,  fonbern  auch  ouS  ißolen,  Sänentarf  unb  üiormegen. 
Ser  größte  Seil  ber  bänifchen  ©djüler  muffte  megziefjen,  als  im  Qaljre  1605  ein 
fdjarfeS  bänifdjeS  @bift  ben  Vefud)  ber  ^efuitenfefjufen  oerbot.  Situ  31.  3;uli  1605 
fchreibt  barüber  P.  Sfnbr.  Obremett)  aus  VraunSberg  an  31quaoioa :  Sie  jungen  Seinen, 
bie  mir  im  ®onüift  unb  Sllumnat  hatten,  finb  faft  alle  mie  auf  $ommanbo  nach 
tpaufe  gereift,  meil  ein  (Sbift  erlaffen  fein  foll,  niemanb  mürbe  zu  Ämtern  zugeiaffen, 
ber  in  unferer  @djule  ftubiert3.  ©päter  finben  mir  unter  ben  ©chiilern  nicht  allein 
ben  polnifcf)en  Slbel  mie  bie  VabzimillS,  fonbern  audj  proteftantifefje  gamilien  mie 
Sehnborff,  Sulenburg,  oon  ber  (Proben  oertreten4.  ßum  3ahre  1648  mirb  berichtet, 
ba§  felbft  ßönigSberger  ^Srofefforen  ©ohne  ober  Vermanbte  nach  VraunSberg  fehieften5. 

Sie  ©djulgebäube  liehen  oiel  zu  münfehen  übrig  unb  oerftelen  mährenb  beS 
Zehnjährigen  föpilS  faft  ganz.  ©ie  tourben  zur  9?ot  mieberhergeftedt,  bis  man  1644 
einen  groben  Neubau  beginnen  fonnte,  ber  1646  öollenbet  unb  1648  noch  öurcfj 
eine  grobe  Slula  ermeitert  mürbe.  Ser  Neubau  fabte  8  grobe  Slubitoriett:  5  für 
baS  ©pmnafium  unb  3  für  bie  höheren  ©tubien6.  Ser  1592  eröffnete  philofophifdje 
®urS  beftanb  auch  1601  meiter  unter  1  fßrofeffor;  bie  ßafuiftif  (äßoral)  hatte  eben» 
falls  1  üßrofeffor,  baS  ©tjmnafium  5  Seljrer.  ^m  3ühre  1603  trat  hinzu  ein 
ißrofeffor  für  ÜUtathematif 7  unb  1609  ein  eigener  ^rofeffor  für  bie  tägliche  Vor* 
lefung  über  ßontrooerfe,  bie  auch  vorher  (menigftenS  feit  1604)  oon  bem  ÜDioraP 
profeffor  üorgetragen  mürbe8.  ©djon  feit  1601  hatten  8—10  ©djolaftifer  ber 
litauifchen  $ßrooinz  in  VraunSberg  ^hdofophie  gehört;  40  3al)re  fpäter  festen 
Vifdjof  unb  Kapitel  burd),  bab  auch  ©djolaftifer*  Sheologeit  oon  2Bilna  nach 
VraunSberg  gezogen  mürben,  um  bie  theologifdjen  ©tubien  zu  ermeitern.  SaS  mar 
ber  Slnlab  für  „eine  maljre  Vlüteperiobe"9.  3Qf)re  1641  mürbe  bie  fd)olaftifd)e 
Sheologie  begonnen,  bie  12  ©djolaftifer  hörten.  1644  zählte  man  13  unb  1646 
fogar  16  fßrofefforen.  Saüon  tarnen  auf  bie  fcholnftifdhe  Sheologie  3,  (peilige 


1  §  i  p  I  e  r ,  VraunSberg  in  ber  ©djlneben-- 

Seit  (1884)  10  f  20  ff.  2  ©bb.  27  f. 

3  *  Original  in  Epp.  Pol.  I  11.  Vgl.  St. 
Kostowski,  Lituanicarum  S.  J.  historiarum 
libri  X  (1877)  209. 

4  S-  Venber,  ©efd).  ber  pljilofopfjifcbett 
unb  tbeologifcßen  ©tubien  in  Ermlanb  (1868)  72. 

5  ipipler,  Siteraturgefdiid)te  beS  93i§= 

tumS  ©rmlanb  (1873)  184. 


f  *  Litt.  ann.  Prov.  Litbuan.  1648. 

7  Über  9Jtatf)ematil  am  VraunSberger  Kolleg 
f.  ip  1  e  r  a.  a.  D.  205. 

8  @o  blieb  eS  and)  bis  pr  Vertreibung. 
1622  maren  außer  ben  fünf  Vrofefforen  für  bie 
fünf  ©gnmafialflaffeu  je  ein  Vrofeffor  für  9fto= 
ral  unb  Kontrooerfe,  äftatfjernatit  unb  Vbilo= 
foppie  oorljanben. 

9  §  i  p  1  e  r  a.  a.  D.  183. 


Siiebcrlaffungen  in  Dftpreufjen :  93raun3berg. 


377 


Schrift  1,  SJtorat  2,  fßhitofophie  1,  SJlathematif  1,  fR^etorif  1,  ^oefte  1,  ©riedjifd)  1 
unb  3  SSlagiftri  für  bie  (Grammatifffaffen L  2tm  3.  September  1646  fjielt  ber 
Qnffaber  ber  bon  einem  SDomfjerrn  neu  begrünbeten  gried)ifd)en  ißrofeffur  feine 
StntrittSrebe  in  griec^ifcfjer  Spradje,  ebenfo  im  fefben  Qatjre  ber  ^rofeffor  bcS 
(pcbräifdjeit  eine  £abititationSrebe1 2.  2)aS  (pebräifdje  fdjeint  aber  halb  mieber  ein» 
gefdjtummert  gu  fein.  Qm  Qafjre  1650  fiielt  auf  feiner  SDurdjreife  ber  berühmte 
Orientatift  Stephan  Slittanget,  ^Srofeffor  in  Königsberg,  anbert^atb  Monate  ben 
BraunSberger  Stubenten  Bortefungen  über  Ijebräifcfje  (Grammatif ;  ber  BraunSberger 
Sieftor  3d)oma§  ßtagiuS  fjatte  it)n  barunt  erfucfjt3. 

Konbifte  beftanben  1606  brei,  baS  päpfttidje  Seminar,  baS  Siögefanfeminar 
unb  baS  Konbift  für  bie  Slbetigen.  Qn  ben  beibeit  erften  mofjnte  je  ein  ^Sater  mit 
einem  SociuS,  in  festerem  2  patres  mit  2  (Gehilfen.  Um  biefelbe  Qeit  beftanb  aber 
and)  noch  ein  §auS  für  arme  Stubenten,  in  bem  1607  30  Sdjiiter  unterhalten 
mürben4.  Qiir  baS  päpfttidje  Sttumnat  ermarb  man  nach  bieten  Bemühungen  1614 
baS  alte  „Steinhaus",  metcfjeS  nur  für  ben  früheren  Befiper  teitmeife  „berfreimarft", 
b.  h-  bon  Stabtmachen  unb  Scharmerf  befreit  mar.  deshalb  fonnte  ber  Sieftor 
baS  .'paitS  nur  unter  berfchiebenen  Qrinfdjränfungen  gu  (Gunften  ber  Stabt  erhalten. 
Bifcfjof  Slubnidi,  ber  burd)  feine  Qürfpradje  bie  Übergabe  ermirft  h^tte,  erftärte  in 
einer  Urfunbe  bom  2.  September  1614,  nadjbem  baS  Kolleg  aufjer  bem  Steinhaufe 
fcfjon  fünf  Käufer  ermorben,  merbe  er  mit  Slüdficht  auf  bie  alten  fßribitegien  unb  bie 
@nge  ber  Stabt  gur  (Srmerbung  anberer  Stätten  miber  ben  Sßitteu  ber  Stabt  meber 
feine  (Genehmigung  erteilen  noch  oucf)  bafür  interbenieren5. 

Sieben  ber  Schute  entfalteten  bie  Qefuiten  eine  angeftrengte  Siätigfeit  in  ber 
Seetforge.  Um  28eihnad)ten  1601  gätjtte  man  1700,  int  Qaljre  16H  im  ganzen 
14000  Kommunionen.  ®ie  Konberfionen  fchmanfett  gmifcffen  20  unb  80.  SDie 
Sdjotaftifer,  bie  ®eutfd)  fonnten,  gogen  an  alten  Sonn»  unb  Qefttagen  auf  baS  Sanb 
gur  Katedjefe.  ißrebigten  mürben  in  beutfcher  unb  fpäter  auch  io  potnifdjer  Sprache 
gehalten 6.  Sieben  ben  brei  Kongregationen  in  ben  einzelnen  Konbiften  beftanb 
menigftenS  fchon  1606  eine  Bürgerfongregation,  bie  immer  mehr  fjeranbtühte.  Slacfj 
bem  Spit  mürbe  fie  1639  mit  40  SOZitgtiebern  bon  neuem  errichtet,  aud)  biete  bom 
SSlagiftrat  traten  fpäter  bei.  SDie  Kongregation  hotte  eine  grofje  ©inmirfung  auf  bie 
Hebung  ber  Q-römmigfeit  unb  Sitttidtjfeit  ber  Stabt.  Stucf)  biete  SSliffionen  mürben 
gehalten,  fo  g.  B.  1605  unb  1608.  Qm  Qafjre  1650  mürben  bie  großen  Schmierig» 
feiten  für  bie  Gcrridjtung  einer  ftänbigen  SJliffion  in  Königsberg  auch  *>on  feiten 
einiger  Kathotifen  unb  (Geifttidjen,  aber  gugteich  bie  reichen  Qrüdjte  nacfjbrüdtid) 
fjerborgefjoben 7. 

2ÜS  fehr  erfotgreich  fc^itbern  bie  Berichte  bie  SSliffionen  gu  Königsberg  1644 
unb  1648;  bei  festerer  maren  fünf  patres  auS  bem  BraunSberger  Kotleg  tätig, 
unb  eS  fotten  mehr  atS  1000  Sutfjeraner  gur  Kirdje  gurüdgefehrt  fein8.  ®ie 
Strbeiten  ber  BraunSberger  Qefuiten  fanben  bietfache  Stnerfemtung  bei  Qreunb  unb 


1  1648.  9?arf)  ben  *  Litt.  ann.  unb 
*  Catal.  Prov.  Lithuan.  gm  Safjre  1649  gab 
ein  '4?rofeffor  bie  brei  3äd)er  ipebräifd),  ©rie« 
djifd)  nnb  üßatfjematif. 

2  §  i  p  I  e  r  a.  a.  0.  184.  3  ©bb.  184  f. 

*  3m  Sabre  1602  mibmeten  biefc  armen 

Stubenten  ben  fgrauenbnrger  $omf)erren  ein 

IIsuTjzossvtnv:  Adm.  Rev.  viris  Cathedr.  Varm. 

officiose  dicant  fortunae  tenuioris  studiosi  in 

pauperum  Brunsb.  contubernio  degentes  Bruns- 

bergae  1602.  4  931. 


5  93  enber  a.  a.  D.  68.  Über  bie  Drbnung  unb 
Stubieu  im  Siöjefanfeminar  ngl.  bie  Statut» 
retatiou  üon  1610  bei  Sdjmibliu,  ®ird)licf)e 
3u[tänbe  III  (1910)  207. 

6  9SgI.  £  i  p  I  e  r  a.  a.  0.  199  f. 

7  *  Litt.  ann.  Prov.  Lithuan.  $  ittrid) ,  ©efd). 
be§  Satboliü^mug  in  Sütpreufjcn,  in  Seitfdjrift 
für  ©efd).  Ermtanb4  XIII  170  ff. 

s  Rostowski  a.  a.  0.  346.  93gl.  $itt« 
r  i  d)  a.  a.  0.  XIII  168  f. 


378 


fünftes  Kapitel.  Sie  öfterretcf)tfcf)e  fßrobinj. 


Feinb.  Sie  Vifcpöfe  finb  in  ipren  ©tatugbericpten  üoll  beg  Sobes  für  bie  günftige 
(linmirfung  auf  bie  gait^e  Siöjefe.  £$n  ber  ©tatugrefation  üon  1610  preift  Vifcpof 
©imon  9^ubnicfi  (1604 — 1621)  bie  Qefuiten  afg  eifrige  Verteibiger  beg  fatpofifcpen 
©faubeng  unb  unermitblicpe  Arbeiter.  IRicpt  nur  arbeiteten  fie  raftlog  an  ber  fperam 
bilbung  ber  Qugenb  in  ben  ppifofoppifcpeit  unb  pumaniftifcpen  ©tubien  unb  in 
frommen  Sitten,  fonbern  fie  bebauten  opne  Unterfap  ben  Söeinberg  au  cf)  nocf)  burd; 
®atecpefe  unb  ©rflärung  ber  Sfnfangggrünbe  beg  ©faubeng  auf  bem  Sanbe1.  Slucp 
in  ber  ^Relation  oon  1616  pebt  ber  Vifcpof  bie  Verbienfte  ber  Qefuiten  unb  be§  attg 
ipren  ©c^ufen  perüorgegangenen  filtenreinen  unb  unterrichteten  ®ferug  um  bie  Ve= 
mapruug  ber  Siöjefe  inmitten  ber  fpärefte  perüor.  Sie  Feuerprobe  beftanb  bann 
biefer  ®ferug  bei  ber  fdjtoebifcpen  Offupation,  mie  in  einer  fpäteren  DWation  aug> 
geführt  mirb2.  Sie  ^Relation  oon  1650  hebt  bie  SÖIiite  beg  Vraungberger  ®odegg 
perüor  unb  betont  ben  großen  ÜRupen  begfelben  burcp  feine  SiSgiplin ,  bie  puma- 
niftifdpen  unb  ppilofoppifcpen  ©tubien;  befonberS  ermäpnt  mirb  bag  ©tubium  ber 
pebräifcpen  unb  griecpifcpen  ©pradje3. 

2Bie  eg  fo  oft  gefcpepen,  bap  bie  Vertreibung  ber  Fefmten  au  einem  Orte 
neue  Sfttfiebelungen  an  anbern  Orten  perüorrief,  an  bie  man  fonft  nicht  fo  feicpt 
gebacpt  patte,  fo  mar  eg  aud)  mit  ber  ÜRieberlaffung  in  ÜRöfjel,  einem  ©täbtcpen  einige 
SReifen  oon  Vraitngberg  entfernt.  Slfg  bie  Fefniten  1626  oor  ben  ©djmeben  aug 
Vraungberg  flopen,  fam  P.  Simon  £>ein  mit  einem  ©efäprten  nacp  SRöffef,  mo  bamafg 
bie  ^5eft  mittete,  um  bort  in  ber  ©eelforge  ju  mirfen  unb  gugfeicp  aug  ber  £Räpe 
bie  Singe  in  Vraungberg  ju  oerfofgen.  ÜRacp  ben  Katalogen  rnaren  andp  in  ben 
fofgenben  Fa^ren  1627  unb  1628  ber  Steftor  oon  Vraungberg  P.  Frifiug  unb 
P.  §ein  in  fRöffel.  $n  fRöffef  mar  fcpon  üorper  burcp  ©teppan  ©aborgfi,  ben 
©efretür  beg  Slönigg  ©igigmunb  III.,  oorgearbeitet  morben.  ©aborgfi  münfcpte 
nämficp  bie  ©eelforge  in  bem  4/2  SBegftunbe  üon  fRoffel  entfernten  Söaüfaprtgorte 
fpeitigefinbe  ben  Fefu^en  ju  übertragen.  Saju  fam  ber  üöunfcp  beg  Somfapitefg, 
an  ©teile  ber  Vraungberger  ©cpufe  menigfteng  eine  ©cpufe  in  ©rntfanb  gu  paben. 
Ser  Vifdjof  Qopann  Sllbert,  ©opn  beg  Stönigg  ©igigmunb  III.,  mar  ebenfatfg  bafür. 
Vet  ber  Slugmapf  eineg  geeigneten  Orteg  famen  §eilgberg,  SWenftein  unb  ©utftabt 
in  Vorfcplag;  ©aborgfi  gelang  eg  (1630),  bie  ©ntfcpeibung  für  fRöffef  ju  ermirfen4. 
Slnt  30.  Januar  1631  mürbe  ben  Fefuiten  int  Stuftrag  beg  Vifcpofg  unb  $ßnigg 
bag  feit  100  Fapren  üerfaffene,  gänzlich  gerfattene  unb  feiner  meiften  ©üter  beraubte 
Sluguftinerffofter  in  fRöffef  übergeben5. 

$önig  ©igigmunb  bat  am  28.  üftai  1631  ben  ^ßapft  unter  fobenber  (perüor» 
pebung  ber  gropen  Verbienfte  ber  ©efeflfcpaft  Qefu  in  ^ofen  um  bie  ©enepmigung 6. 
9Rit  berfelben  Vitte  manbte  fiep  Viftfjof  Sltbert  am  25.  2Rai  1632  an  bie  fßropaganba 7. 


1  ©cpmiblin  a.  a.  0.  III  207. 

2  SSortlaut  bei  93enber  a.  a.  0.  100  f. 

3  SBortlaut  ebb.  73.  Sie  *Hist.  coli.  Bruns¬ 
berg.  1648 — 1772  unb  *Memorialia  coli.  Bruns¬ 

berg.  relicta  1600 — 1766  in  ber  SBibliotpef  bei 
©pmnafiuml  üu  93raunlberg.  —  Sie  Sieftoren 
toaren:  9Jtid).  Ctton.  23rabantinul,  1597 ;  Qafob 

©ugeniul,  1603;  gran^  fjktrofa,  1608;  Sob- 
£>uber,  1611;  9tifoI.  Stabfelb,  1612;  Hnbr. 
Siafiel,  1614;  2lnbr.  93rucf)mann,  1620;  fßljil. 
SrifinS,  1623;  Sof).  93erent,  1626, 1636 ;  2lnbr. 
filinger,  1639;  ^of).  St^toodi,  1641;  ©eorg 
§inp,  1646;  94  ßreitft,  1650  (SSigereftor  ?) ; 

Stjom.  61agiu§,  1650  (§  i  b  I  e  r  a.  a.  D.  163).  — 

gür  bie  literarifdje  Sätigfeit  ügl.  Sq.  ©ruefjot, 


3ur  ©efd).  bei  3eÜütenfoUegiuml  ju  93raunl= 
berg.  ißerjeicbnil  ber  SSrounlberger  Srude, 
95rounlberger  ißrogr.  1887. 

4  9Iäberel  bei  Ä  ol b  e r  g ,  ßJefcf).  ber  §eilige= 
linbe,  in  geitfcfjrift  für  ©efeb-  Srmlanbl  ill 
(1864 — 1866)  81.  *Hist.  Resid.  Resseliensis 
a  primo  ortu  usque  ad  1636.  9  <B.  in  Polon. 
(75)  9?r  66. 

5  ©eorg  £übx\  Stöffeler  fjSrogr.  1899,  13. 

6  ©.  ©runou,  Urfunben  aul  betn  oatif. 
2Ird)iü  sur  ©rünbung  bei  SRöffeler  Sefuiten= 
foHegl,  in  3eitfd)rift  für  ©efd).  ©rmlonbl  XVII 
(1908)  148. 

7  *  2(rd)it>  ber  ijlropagonba,  Lettere  di  Po- 
lonia  LVIII  25  f. 


Slicberlaffungeu  in  Dftpreufjen:  Löffel. 


379 


Sie  Seftätigung  üer^ögerte  fid),  meif  unterboten  ber  fßroüinjial  ber  Sluguftiner  in 
SBarfdjau  ©infprudj  erhoben  hatte.  Sie  am  25.  September  1632  non  fRom  üer* 
langten  Informationen  fanbte  ber  DcuntiuS  |jonorato  am  27.  Üliooetttber  1632  bent 
Staatsfefretär  mit  bent  33eifügen,  ber  oerftorbene  König  habe  baS  Klofter  ben  SSäteru 
ber  ©efeKfdjaft  ^efu  übergeben;  ber  Konoent  fei  feit  langem  oerlaffen  unb  infolge» 
beffen  oerfaßen,  jefct  aber  burcfj  ben  gleifj  unb  auf  Koften  ber  ^efuitenpatreS  mieber 
in  moljnlichen  ßuftanb  gebracht.  Sie  Sluguftiner  Ratten  feinen  anbern  Konüent 
in  jetten  Sänbern  unb  liefen  burdjbliden,  bah  fie  fidj  jufrieben  geben  mürben,  menn 
fie  einen  anbern  0rt  itt  einer  fßrooinj  Polens  erhalten  fönnten  1.  Stuf  ©runb  biefeS 
23orfd)lageS  fam  oier  Qafjre  fpäter  —  ber  fßerfouenmedjfel  in  ber  Nuntiatur  fjatte 
bie  Sache  oerjögert  —  am  14.  Oftober  1636  ein  33ergleidj  ju  ftanbe.  ©egen  bie 
3of)fung  Oon  3000  ©ulben  jur  ©rbauung  eines  KlofterS  in  Sublitt  üerjidjteten  bie 
Sluguftiner  auf  alle  Üledjte  in  fRöffel.  Ser  Qlergleidj  mürbe  am  16.  Slpril  1639 
burcf)  Urban  VIII.  beftätigt2. 

Sie  Qefuiten  begannen  il)re  Sätigfeit  in  Ülöffel,  fo  fjeifjt  eS  in  ber  nad)  9font 
gefanbten  Information,  mit  fßrebigt,  Saframentenfpenbung  unb  SDUffionen  in  ben 
benadjbarten  Sörfertt,  fatholifdjen  mie  proteftantifcfjeit,  unb  burcf;  ©r^iefjung  ber 
^ugenb  junt  großen  Segen  ber  ©laubigen3.  Qn  ben  Katalogen  erfcfjeint  guerft  int 
September  1631  bie  Üleftbenj  Löffel,  unb  jtoar  mit  5  ^Satre§,  1  üDfagifter  unb 
1  33ruber;  eS  begann  atfo  fd)on  jept  gleidj  bie  Sdjule.  33on  ben  patres  mirb 
einer  als  polnifdjer  ^rebiger,  ein  anberer  als  beutfcfjer  s^5rebiger  be^eidjnet.  Slufjer 
ben  $rieftern  lehrten  1632  2  SKagiftri  bie  ©rammatif.  Sa  1633  auSbrüdlid) 
benterft  mirb,  baff  eilt  ÜDlagifter,  Poesis  (Humanität)  unb  ©rantniatif,  ber  jmeite 
bie  2.  unb  3.  ©rammatifftaffe  gab,  fo  beftanben  alfo  oier  Klaffen  unter  jmci  Sefjrern. 
So  blieb  es  audj  in  ben  nädjften  ^afjren,  nur  trat  att  bie  Stelle  beS  üDfagifterS 
für  Humanität  unb  erfte  ©rammatif  (Spntap)  ein  ^ßriefter.  ^nt  ^aljre  1649  jäf)lt  ber 
Katalog  17  fßerfonen  für  Löffel,  barunter  4  fßrofefforen  für  Ül^etorif,  $oefie,  Spntap 
unb  ©rammatif,  leidere  mit  Intima  fontbiniert. 

2luS  ©rtnlanb,  baS  feine  anbere  Schule  fiatte,  aus  fßolen  unb  bent  £erjogtunt 
freuten  famen  manche  Sdjüler.  Ser  lateinifd^en  Schule  ju  9iaftenburg,  bie  fdjon 
oorfjer  burdj  Seuche  unb  Krieg  entoölfert  morben,  gab,  mie  ber  ftteftor  $of).  SBalbau 
im  ^aljre  1632  flagt,  „bie  neue  ©rünbung  in  bem  benachbarten  Löffel,  mofjitt  bie 
©infalt  bie  Kinber  fdjicfte,  ben  letzten  Stofs."4 

3luS  ber  erften  $eftfd)rift  beS  fRöffeler  ©ptttnafiuntS,  Spes  Prussiae,  bie  bent 
©rmlänber  33ifdjof  9iif.  SdJ^fotoSfi  gemibmet  ift  unb  moljl  bem  ^aljre  1632  ober 
1633  entflammt,  lernen  mir  bie  9?amen  üon  20  Sdjülern  aus  ber  erften  ßeit  ber 
Slnftalt  feinten.  „SBettn  uns  barunter  Söhne  alter  ermlönbifdier,  preuhifdjer  unb 
polnifdjer  Slbelsfamiliett  ($.  33.  oon  Ratten,  oon  3ornhaufen,  tion  33ronfart,  oon 
$ubetoelS  ufro.)  begegnen,  fo  ift  mof)l  ber  Schluff  erlaubt,  bah  man  innerhalb  unb 
aufjerhalb  ber  fBiStumSgrenjen  bem  Kolleg  fdjon  in  ber  erften  3eit  feines  33eftefjenS 
ein  grofjeS  Vertrauen  entgegenbrachte."  5 

SllS  berfelbe  33ifdjof  1634  junt  erftenmal  bie  neue  Sdjule  befidjtigte,  empfingen  ihn 
bie  Sdjiiler  mit  einem  mirfungSüollen  Sdjaufpiel,  QafonS  Slrgottauten^ug,  baS  fpäter 


1  2B  ortlaut  bei  ®tunau  a.  a.  0.  156. 

2  *  Original  in  beit  Sitten  be§  fRöffeler  @t)tn= 
nafium§,  im  ®taat§arcf)iö  su  ÄbuigSbercj,  Siegeft 
Synopsis  347. 

3  *  Informatio  Status  antiqui  et  moderni 

Reselii  1638.  9iotn,  StaatSardjio,  Ges.  Colleg. 

173.  (Sin  Sörucbftücf  au§  Arcli.  Vatic.,  Nunzia- 


tura  di  Polon.  46,  abgcbrucft  bei  ©runau 
a.  a.  0.  160  ff. 

4  öiifjr,  SRöffeler  Sßrogr.  1899,  15. 

5  £übr,  $ie  ©cbiiler  be§  Slöffeler  ©t)tu= 
nafiumS,  in  3e>t!cl)rift  für  ©efd).  ßrmlanbl 
1904,  2  18  f  24. 


380 


fünftel  ÄQpitef.  Tie  öfterreicfjifcfje  fßrotmij. 


(lG43)  Jüieber^olt  würbe1.  ©onft  roiffen  wir  öon  ber  Sntwicflung  ber  ©djule  faft 
nichts.  Qm  Qatjre  1642  wirb  bie  klaffe  ber  Humanität  erwähnt.  Qn  bemfelben  Qatjre 
bot  33ifdf)of  ©jtjSäfotoSfi  bie  SRittet  für  bie  ©rünbung  eines  fö'ottegS  an.  SSitelleSc^i 
nahm  15.  SRoöember  1642  bie  Qunbation  banfenb  an  unb  gab  bem  SBifitator  QabritiuS 
SBanft  bie  entfprecfjenben  Sßeifungen2.  Slber  bnrcf)  ben  1643  erfolgten  2ob  beS 
23ifdjofS  würbe  bie  Qunbation  vereitelt,  unb  bie  ©cfjule  befielt  beSfjalb  ben  tarnen 
fRefibenj.  Qm  Qatjre  1643  waren  in  ben  klaffen  nur  QSriefter  tätig,  benn  bie  ÜRieber« 

laffung  jäfjlte  11  ißriefter 
unb  6  33riiber;  1645  waren 
bort  6  fßriefter  unb  2  2Ra= 
giftri  unb  1650  9  ^rieftet 
unb  3  füRagiftri 3. 

Stucf)  über  bie  ©eet> 
forge  fittb  unS  nur  einige 
fpärlidjefRottjenaufberoahrt. 
Qm  Qatjre  1642  führte  man 
bie  monatliche  ©eneralfom= 
munion  ein.  Qn  ben  Qafjren 
1642 — 1645  fjielten  2  ^5a» 
treS  niele  SRiffionen  in  ben 
öerfcfji  ebenen  Pfarreien; 
aber  1646  hörten  biefe  9Rif> 
fionen  auf,  unb  auch  1647 
lief}  Weber  ber  23ifd)of 
SeScjtjnSfi  noch  öei' 
tteruS  bie  Qefuiten  ju  SRif* 
fionen  unb  StuShilfe  rufen, 
fo  baff  bie  SRiffionäre  !aum 
93efchäftigung  fanben.  Qm 
Qahre  1650  würben  bie 
beutfcfjen  fßrebigten  wieber 
eingeführt  „unb  öon  ben 
un§  bisher  feinblich  gefinn- 
ten  Bürgern  jahlreicfj  unb 
mit  Qrucfjt  gehört"4,  ©ehr 
fegenSreidh  war  auch  öie 
StätigFeit  ber  löffelet  Qe« 
fuiten  in  £>eiligelinbe. 

tpeiligetinbe,  faft 
in  bem  ©cfjnittpnnfte  ber 
Sanbfcfjaften  Srmlanb,  93ar* 
tenlanb  unb  SRafuren  auf  preuffifctjem  ©ebiete  gelegen,  war  feit  alter  Qeit  einer  ber 
beriitjmteften  SöattfaljrtSorte  in  fßreuffen 5.  Qnfolge  ber  religiöfen  Umwälzung  würbe 
baS  Heiligtum  1524  gerftört  unb  baS  SBattfaljrten  bortfjin  unter  ©träfe  beS  ©trangeS 
beröoten.  Sro^bem  bauerten  bie  Söattfafjrten  nicht  nur  öon  ®atf)otifen,  fonbern  auch 
non  QSroteftanten  fort,  unb  jWar  anfangs  auS  Qurdjt  oor  ©träfe  nur  gur  Rachtjeit. 


**  '  'j <£m/V 
W. 

Titelblatt  ber  SHöffeler  fiouiöbie  Jason  1643 
mit  ^nnbfdjrift  beS  ffitrfafferS  (ßlagiuS).  ©tief)  (2/3). 
fPfarrarcbiü  ©t  Slpoftefn,  Säht. 


1  Ciifjr,  lason  fabula.  Qjin  ©djulbrama  2  *Drig.=01cg.  Ad  Extern, 

beg  SOuitett  TfjomaS  SfagtuS.  Jlöffeler  Sßrogr.  3  *Litt.  ann.  Prov.  Lithuan.  4  *  @bb. 

1899.  5  3um  5°l9enben  fofberg  a.  a.  0.  28  ff. 


Scieberlaffungen  in  Eft  unb  SBeftpreufjen :  §eiligelinbe.  —  2)attjtg. 


381 


Ser  bereits  genannte  SaborSfi,  Setretär  beS  Königs  SigiSmunb  III.,  fepte  atleS 
barait,  bie  SBaUfaprt  mieberperjuftellen,  unb  eS  gelang  ipm  nad)  Hbermittbung  fef>r 
großer  Sdfmierigteiten,  ben  alten  SBaßfaprtSort  non  bent  proteftantifdjen  Söcft^er 
Ctto  non  ber  ©röben  ju  taufen  (1617 — 1619).  Sofort  begann  SaborSfi  mit  bent 
ÜReubau  einer  Kapelle,  bereit  Sßeforgung  er  am  liebften  ben  Qefuiten  übertragen  Ijätte. 
Sdjon  1626  patte  P.  i^ein  norübergepenb  an  ber  Kapelle  gemirft,  aber  erft  als  bie 
üliieberlaffung  in  fRöffel  begrünbet  mar,  tonnte  eine  bauernbe  Sätigfeit  in  Heilige* 
littbe  'tßlap  greifen1.  SaborSfi  patte  am  7.  ÜQlat  1631  bie  33eftimmuttg  getroffen, 
jur  befferen  ©idjeruttg  ber  Stöaßfa^rt  foßte  baS  Somtapitel  non  fpauenburg  23e= 
fiperin  ber  |>eiligelinbe  feilt,  bie  ©eelforge  unb  baS  9iüpungSred)t  ber  jur  ^»eilige- 
linbe  gepörcnbeu  ©üter  bctt  Qefuiten  oer= 
bleiben,  ^n  einem  fpiiteren  Vertrag  mit 
bem  Somtapitel  tierfügte  SaborSfi,  bafj 
aud)  bie  23eftimmung  über  baS  eingepenbe 
Cpfergelb  bent  Somtapitel  juftepe.  Stuf 
Sorftellung  ber  Qefuiten  mürbe  aber  bie 
leptere  Seftimmung  ju  bereu  ©unften  ge» 
änbert,  unb  nad)  meiteren  23erpanblungen 
tarn  fcpliefftid)  ant  18.  Sluguft  1639  ein 
SSergleid)  ju  ftanbe,  monad)  baS  Som* 
fapitel  al§  ©igentümerin  oon  ^eiligelinbe 
unb  feiner  ©üter  bie  ganje  Vermattung 
ben  ^efuiten  übertrug.  Siefer  Slergleid) 
fanb  bie  23eftätigung  beS  ^apfteS;  eine 
©rlaubniS  ber  preupifdjett  ^Regierung 
mürbe  nicpt  eingepolt. 

Sie  SBaHfaprt  erlebte  jept  eine  neue 
931ütejeit.  Katpolifen  unb  ^5roteftanten 
ftrömten  japlreid)  fjerbei.  Sa  bie  21r= 
beiten  fid)  meprten,  nahmen  im  ;Qapre 
1644  jmei  patres  bort  für  ben  Sommer 
ftänbigen  ülufentpalt.  ^nt  Sommer  1648 
jäplte  man  3100  Kommunionen.  Später, 

1650,  mußten  aud;  im^erbft  unb  Söinter 
megen  beS  großen  SfnbrangeS  ber  Söall* 
faprer  meift  jmei  patres  bort  23eid)t 
pören2.  — 

Sie  großen  Hoffnungen,  meldje  bie  ^efuiten  im  16.  ^aprpunbert  auf  Sanjig 
gefept,  follten  fid;  nicpt  fobalb  erfüllen.  Sie  ©efdjidjte  ber  ÜRieberlaffung  in  Sanjig 
unb  bie  53egrünbung  beS  Kollegs  oor  ben  Soren  ber  Stabt,  in  Slltfdjottlanb,  ift 
eine  SeibenSgefcpicpte,  nicpt  jutn  menigften  infolge  ber  Stellung,  bie  ber  Sanjiger 
9tat  gegen  bie  Katpolifen  unb  befonberS  bie  Qefuiten  einnapnt. 

©in  Kenner  ber  Sanjiger  ißerpältniffe  füprt  auS:  „Seitbent  ber  ^Sroteftantis- 
ntuS  fiep  in  Sanjig  gefeftigt  patte,  unb  bie  Seitung  unb  Slermaltuitg  ber  Stabt  in 
ben  Hauben  eines  ganj  proteftantifdjen  9IateS  mar,  mürben  bie  Katpolifen  mit  eiferner 


1  3)gt.  bie  Slftenftücfe  bei  T horaas  C 1  a- 
gius,  Linda  Mariana  (1659)  347  ff.  gur 
Kritif  biefe§  SBttdjeS  Äolberg  a.  a.  E.  315. 

2  $ie  Ebern  bonfRöffel  waren:  3tnbr.S0itiger; 

2f)om.  ©lagim?,  1636;  ©im.  £>ein,  1642;  ©eorg 


Setjer,  1645.  Sßgt.  §tpler  a.  a.  S.  180;  8üf)t, 
gnm  SSefipftanbc  be§  fRöffeter  gefuitenfollegä*, 
in  geitfdjrift  für  ®efd).  (SrmlanbS  1900,  290 ff; 
im  ©cparatabbrncf  63. 


382 


fünftes  Sapitel.  Sie  öfterreichifche  ^ßrotiinj. 


gauft  niebergetjatten  unb  ihnen  faum  bag  9ied)t  ber  ©jiftenj  eingeräumt.  .  .  .  Sie 
Äatfjotifen  mürben  rtid^t  nur  öon  ben  ftäbtifdtjen  Ämtern,  fünften  u.  bgl.  auggefdjtoffen, 
fonbern  bie  gntoteraitä  betonte  fid^  auch  big  auf  bie  Slugübung  beg  ©ottegbienfteg 
aug.  Sie  Könige  oon  ifSoten,  metcf)e  (atg  £anbegf)erren)  ben  ißroteftanten  freie 
Slugübung  ber  Religion  gemährt  Ratten,  fafjen  ficf)  jejjt  genötigt,  bie  93edjte  unb 
greif)eiten  ber  ßatf)oIifen  gegenüber  ben  ©ematttätigleiten  ber  ißroteftanten  in  ©cfjufj 
ju  nehmen."1 

Sie  Sage  ber  gefuiten  in  Sandig  fennjeidjnet  ber  23ifitator  ber  potnifdjen  unb 
litauifcfien  Orbengprobin^,  gof).  Strgenti,  in  bem  23eridjte  oom  14.  gebruar  1615, 
ben  er  nacf)  23ottenbung  feiner  breijährigen  23ifitation  bem  ®önig  überfanbte:  3T2it 
fönigfid^er  unb  bifcf)öflicf)er  Slutoritüt  haben  mir  ung  in  Sandig  niebergefaffen,  unb 
mit  berfefben  Stutorität  mürbe  ung  bie  Srigittenfircfje  gum  ©ebraudje  gugemiefen. 
Sie  Sandiger  faf}en  bie  grüdjte  unb  bag  altmäf)tiche  gortfchreiten  ber  fattjotifcfien 
Religion,  bag  fönneu  fie  aber  nidfjt  ertragen.  @ie  motten  jmar  noch  nidjt  bag 
fatfiotifc^e  ©per^itium  offen  fjinbern,  fonbern  fudtjen  f'rumme  Söege,  atg  mären  mir 
bie  ungerechten  SBefi^er  ber  Kirche,  fie  aber  bereu  fromme  SSerteibiger.  9Kit  23er* 
acfjtung  ber  föniglicfien  unb  bifd^öfticfien  Stutorität  oertreiben  fie  ung  mit  ©ematt 
aug  ber  Kirche.  Srotjbem  fie  ber  SSertetjung  ber  Stutorität,  ber  23ehinberung  ber 
greifet  ber  fathotifdjen  fMigiongübung  unb  ber  ©emattanmenbung  gegen  ung  über* 
führt  finb,  ftreuen  fie  aug,  mir  feien  ©inbringtinge  unb  Räuber;  meit  entfernt,  ju 
reftituieren,  begehen  fie  neueg  Unrecht,  ätfan  mit!  nichts  anbereg  atg  bie  fat^ofifdfje 
Religion  befeitigen,  unb  man  beginnt  mit  ung.  2öie  ber  93ifcf)of  ^ogbra^egft)  für 
ben  gortgang  ber  fathotifchen  Religion  nichtg  fehnticher  münfdjte  atg  ein  Sbtteg  in 
Sandig,  fo  fe£en  bie  ©egner  ber  Kirche  afteg  baran,  biefeg  Ä'otteg  gu  hmbern2. 

Sie  Stnfänge  ber  üßiebertaffung  in  Sandig  mürben  fdjon  früher  furj  berührt3, 
gm  gatjre  1601  maren  4  ißriefter  unb  1  23ruber  in  Sandig.  Sie  ^Bürger  mareit, 
mie  ber  gahregbericht  fagt,  ihnen  menig  freunbticf)  gefinnt;  bie  gefuiten  mareit  fogar 
öffentlichen  23erfpottungen  auggefefjt4.  Sen  ©ottegbienft  fügten  fie  in  einer  ©de 
ber  oor  einem  gahrjeffnt  abgebrannten  ©t  SSrigittenJird^e.  Sag  fotgenbe  gahr  1602 
brachte  megen  ber  ^3eft,  metche  gegen  17  000  SJfenfctjen  hinraffte,  oiete  Strbeit,  aber 
auctj  gi'ofie  Slnerfemtung  fetbft  oon  feiten  ber  ißroteftanten.  deinem  Traufen  mürbe 
bie  (pitfe  Oerfagt.  Ser  ben  gefuiten  menig  geneigte  proteftantifdje  ©efdjidjtfdhreiber 
ber  Sandiger  äßiffion  hebt  heroor:  „Sag  unb  9?ad)t  maren  bie  gefuiten  (4  in  ber 
©tabt  unb  2  in  ber  Umgegenb)  bereit,  ben  ungtücftichen  Oranten  in  ©tabt  unb  Sanb 
tpitfe  §u  bringen,  unb  menn  auctj  gmei  SJlitgtieber  beg  Orbeng,  ©atnuef  ißoregmug 
unb  Saöib  ^omiejjfi,  ber  tücfifdjen  ^ranffjeit  jurn  Opfer  fielen,  fo  brachte  ihnen  ihre 
Slrbeit  in  biefer  bebrängten  geit  reiche  grüßte,  ba  fortan  att  unb  jung,  oornehm 
unb  gering  ihnen  guftrömten." 5 

Sie  ^ircfje  ©t  23rigitta  mürbe  1601 — 1604  burch  ben  23ifdjof  üon  Segtau, 
Sarnomgfi,  mieber  aufgebaut  unb  ber  ©ottegbienft  ben  gefuiten  übertragen.  Sen 


1  S.  9t ebner,  ©üjjett  aus>  ber  Kirchen  gef  cf). 
3)anjig§  (1875)  49. 

2  Ad  Sigismundum  1IL  Polon.  Regem  loa. 

Argen ti  e  Soc.  Iesu  Visitatoris  Provinciae 
Poloniae  et  Lithuaniae  Epistola  de  statu 
eiusdem  Societatis  in  iisdem  Provinciis  Cra- 
coviae ,  14.  Febr.  1615.  Cracoviae  1615. 

3um  Schluff  fagt  2Irgenti  über  ba£  fonftige 

53enef)nten  ber  Sanjiger :  Neque  vero  s  i 
unam  religionem  excipias,  ulla  nobis 
cum  Gedanensibus  difficultas ,  nam  cum 


alioqui  viri  honesti  sint,  honeste  nobis 
agunt. 

3  93b  I,  ©.  436  ff.  Saju  p  e  r  nt.  gr  r  e  tj  t  a  g, 
Sie  ©efd).  ber  Sefuitenmiffion  in  Sanjig,  in 
Sdtpreufjifdhe  SDtonatlfcfirift  XXVI  (1889)  521  ff. 
gretjtag  hat  n.  a.  henufct  bie  in  bem  Sandiger 
©täbtifdjen  2lrcf)iö  befinblidje  *Hist.  Residen- 
tiae  Gedanensis  1585 — 1642. 

4  Sie  *  Litt.  ann.  Prov.  Polon.  1603  be= 
richten,  baff  bie  23erfpottungen  aufgehört. 

5  fff  t  et)  tag  a.  a.  0.  540. 


S'Jieberlnffungen  in  SBeftpreuffen :  Sandig. 


383 


guftanb  beg  neben  ber  ®ircpe  liegenben  Krigittenflofterg  fdfilbert  eine  -Könne:  @g 
marb  feine  ß'laufur  geraffen,  bie  ÜKänncr  gingen  aug  unb  ein,  ob  unb  unten,  mo 
ein  jeher  mollt.  ^em  Kemter  mar  ein  Altar,  bar  fingen  mir  9J?effe,  bann  mir 
funbteit  feinen  fßriefter  paben;  oft  in  fedjg  SBotpen  mußten  mir  oon  feiner  ÜKeffe 
^u  fagen,  fßrebigt  f)örten  mir  in  oiefen  3a^ren  nicpt 1.  Surcp  bie  Kemüpungen  ber 
Qefuiten  mürbe  bie  3ud)t,  befonberg  bie  ^laufur,  mieberpergeftedt,  unb  1605  jogen 
jmei  Qefuiten  in  bag  leer  ftepenbe  §iiuglein  für  ben  Orbengpriefter  beg  ®Iofterg. 
Sag  gefdjap  auf  Kerantaffung  beg  bifcpöflicpett  Offijiafg  unb  fßfarrerg  ÜUJeloniug 
unb  mit  guftimmung  ber  Können,  dagegen  liefj  ber  Kat,  eiferfüdjtig  auf  fein 
fßatronat,  bag  ber  $önig  fdfou  üor  3aPren  bem  Kifdjof  übertragen,  unb  aug  Ab¬ 
neigung  gegen  bie  Qefuiten,  an  bie  ^irdjentüre  üon  St  Krigitta  ein  ©bift,  batiert 
18.  Auguft  1606,  anfdjlagen,  in  bem  eg  u.  a.  peifjt:  SGSir  eröffnen  eucp,  Kater 
^efuiten  .  .  .,  baff  bie  Krigittiner  nacp  einer  befonbern  Kegel  leben,  ipre  befonbern 
^riefter  pabett  unb  in  ipren  meltlicfjen  Angelegenheiten  unter  ben  oon  ung  ernannten 
Krooiforen  fiepen.  $pr  ^efuiten  pabt  opne  alleg  Ked)t  bort  allerlei  geiftlicpe  gunf- 
tionen  Oerridjtet  unb  opne  unfer  233iffen  unb  gegen  unfern  ^Bitten  oielerlei  Keue- 
rungen  eingefiiprt.  SSir  paben  eucfj  begpatb  aufg  Katpaug  geloben,  unb  ipr  feib 
nicpt  erfcpienen.  Saper  befeplen  mir  eucp,  baff  ipr  innerpalb  breier  Sage  bag  Ätofter 
oerlaffet2. 

Sie  ^efuiten  fügten  fiep,  aber  bie  Können  ftellten  bem  Kat  oor,  bie  .Qefuiten 
feien  nicpt  geroaltfam  in  bag  &dofter  eingebrungen,  fonbern  auf  ipre  mieberpolten 
Kitten  gefomnten,  unb  jmar  mit  Kemilligung  beg  ^Someretlifdbien  Kifdjofg.  Qprer 
Seitung  patten  fie  „bie  Keformatioit  unb  ©rneuerung  ipreg  Orbeng  unb  geiftlicpen 
Stanbeg"  ju  banfen.  3n  geiftlicpe  Singe  pabe  ber  Kat  fiep  nicpt  einjumifdjen.  3n 
einem  Kittfcpreiben  an  ben  Abt  oon  Olioa  betonen  bie  Können,  ber  Kifdjof  pabe 
ipnen  bie  ^efuiten  alg  KeicptOäter  gegeben;  feien  biefelben  audj  nicpt  Kr*e^er  ipieg 
Orbeng,  fo  oerftofje  bag  nicpt  gegen  bie  Orbengreget,  mie  ja  aud)  in  anbern  Sdöftern 
beg  Orbeng  bie  Seelforge  burep  anbere  fßriefter  oerfepen  merbe.  Ser  Kat  pabe 
feinen  ©runb,  gu  oerbieten,  bap  Keicptoüter  in  bem  leer  ftepenben,  ju  bem  ßlofter 
gepörenben  ^Sriefterpaufe  mopnten.  Scplieplid)  flogen  bie  Können,  baff  bie  meltticpen 
Korfteper  fiep  in  bie  geiftlidje  ßuept  einmifepen  unb  feftftellen  mollten,  mag  jur  Orbeng¬ 
regel  gepöre3.  Alle  ^3rotefte  oon  feiten  beg  Kifcpofg  unb  beg  £önigg  gegen  bie  Ker- 
gemaltigung  nüpten  nieptg.  Am  17.  Januar  1608  liep  ber  Kat  fogar  ben  bifepöf- 
licpen  Offijial  ÜJKeloniug  mit  ©emalt  aug  ber  fßrieftermopnung  beg  fö’lofterg  entfernen 4. 

Sie  ^a^reSbericpte  oon  1608  flogen  über  bie  iiberpanbnepmenbe  ÜKacpt  ber 
©afoiniften,  bie  alleg  baranfepten,  bie  ^efuiten  üerpapt  ju  madjen5.  Alg  naep 
einigen  3aPren  ber  gröptett  Söirrniffe  im  ®lofter,  bie  eine  $olge  ber  fortgefepten 
©ingriffe  beg  Kateg  maren,  am  19.  April  1612  bie  aug  bem  tlofter  geflopenen 
Können  mieber  jurüdfeprten,  gaben  ipnen  bie  bifepöfliepen  ^ommiffüre  alg  Seelforger 
jmei  Qefuiten6.  ©troag  fpäter,  am  11.  2Kai  1612,  jogen  bann  bie  ^efuiten  Aber 
unb  Kolp  in  bie  oerfaffene  ^riefterroopnung,  aber  bereitg  am  2.  Auguft  erfolgte 
ein  neueg,  fepr  bropenbeg  Kerbot  beg  Kateg.  Sie  ^efuiten  geporepten,  big  fie  ber 
Kifcpof  am  8.  (September  mieber  in  bag  fölofter  einfüprte.  $aum  mar  ber  Kifdjof 
fort,  liep  ber  Kat  bie  ^efuiten  trop  iprer  föniglidjen  ©eleitgbriefe  mit  ©Jemalt  ent¬ 
fernen  7. 


1  9t  ebner  a.  a.  0.  54. 

2  Gbb.  55.  greptag  a.  a.  0.  543  f. 

3  9t  e  b  n  e  r  a.  a.  0.  55  f. 

4  Gbb.  56  f.  greptag  a.  a.  0.  544  ff. 

5  Sn  S'ansig  patten  Sutperaner  unb  Gat- 


üiniften  tätige  miteinanber  getämpft  unb  fiep 
in  ben  tßrebigten  gegenfeitig  ber  ©otteStäfterung 
befeputbigt.  3  r  e  p  t  a  g  a.  a.  0.  525. 

0  9t  ebner  a.  a.  D.  61  65. 

7  f^rep tag  a.  a.  0. 549 f.  9tebner  a.  a. 0. 66. 


384 


fünftel  Kapitel.  ®ie  öfterreidjifdje  fßrobittä. 


Sie  gemalttätige  Bertepung  ber  fönigtidjen  9Rajeftät§red)te,  bie  oermirrenbe  Sin» 
mifdjung  in  bie  Moftergudjt  bet  Tonnen  unb  bie  gefe^toibrige  ^ntoleranj  gegen 
bie  Qefuiten  bauerten  auch  in  ber  golge  fort,  ja  fteigerten  fidj  nod).  ©eit  1589 
mof)nten  bie  ^efuiten  in  betn  neuen,  non  betit  fnfdjöffidhen  Offizial  erbauten  fjßfarr* 
häufe  bei  ©t  Marien  unb  Ijatten  in  einem  ßimmer  eine  fläne  £>augfapede  ein¬ 
gerichtet.  Born  9iate  aug  ber  Brigittenfirdje  oertrieben,  hielten  fie  bort  ©ottegbienft, 
fomeit  eg  ber  enge  9taum  gutiefj.  Stucfj  bag  oerbot  ber  fRat  am  29.  Quni  1642  in 
ber  ftrengften  2Beife.  Sie  Entgegnung,  bafj  ber  ©ottegbienft  ja  fdjon  feit  50  3ahren 
in  biefer  Ipaugfapede  ftattfinbe,  tjalf  nichts,  $ünf  ^affre  fpäter  (1647)  ging  ber 
9Iat  noch  meiter,  er  wollte  bie  Qefuiten  nicht  einmal  als  ©aftprebiger  in  ben  fatfjo» 
Iifd)en  föirdjen  bulben,  ja  er  oerbot  ihnen,  überhaupt  über  9?adjt  in  ber  ©tobt  51t 
bleiben  K  Somit  hatte  bann  bie  felbftänbige  SRiffion  in  Sangig  einftmeiten  ifjr  Snbe 
erreidjt. 

Sie  fortgefepte  Sinmifchung  beg  9iate§  in  bie  $Ioftergud)t  ber  Tonnen  hatte 
jur  gofge,  baff  biefe  fdjliefdid)  fogar  bem  Bifdjof  unb  ben  Sntfdjeibungen  beg  Zeitigen 
©tut)Ie§  tropten.  Sfll)re  1638  liefen  bie  Tonnen  gegen  ben  Söiden  beS  Bifdjofg 
bie  fteine  9Raria-sIRagbafenafapede  abbredjen,  unb  am  10.  Rooember  1641  fperrten 
fie  ben  ^efuiten,  gegen  ben  mit  bem  Bifdjof  am  10.  Segember  1632  abgefcfjfoffenen 
Vertrag,  bie  Mangel  ihrer  Sirene.  2Ifg  fRom  Oftober  1643  gegen  bie  Tonnen  ent- 
fchieb,  riefen  fie  förmlich  ben  ©djujj  be§  proteftantifdjen  9tateg  an,  unb  biefer  feiftete 
ihnen  getoaffnete  Ipitfe1 2.  Schließlich  übertrug  9Jom  bie  Spefution  bem  Srgbifdhof 
oon  ©nefen,  Sitbiengfi.  Stuf  bie  Klagen  beg  9tateg  antmortete  ber  Srgbifdjof  am 
3.  Rooember  1647,  nadj  forgfättiger  Unterfudjung  beg  SBanbelg  ber  ^efuiten  habe  er 
nicfjtg  gefunben,  beffeit  fie  oon  Sangiger  Herren  befdjulbigt  toorben ;  bie  fßatreg  hätten 
fid)  oietmehr  um  bag  Königreich  mof)loerbient  gemadjt.  3n  bem  Streite  megen 
beg  Brigittenflofterg  entbehre  bag  Berfafjren  beg  SRagiftrateg  jebeg  üledjteg,  unb  eg 
ftehe  bemfefben  nicht  gu,  bie  Spefution  beg  römifdjen  Sefreteg  gu  oerf)inbern.  ©djließ» 
Iidj  fpracf)  ber  C£r§bifchof  feine  Bermunberung  barüber  aug,  baß  bie  bieferfialb  er- 
ffoffenen  füniglidjen  Sefrete  oom  9tate  nicht  beachtet  mürben3. 

infolge  ber  ;Qntolerang  beg  Sangiger  9Iateg  hatte  fdjon  ber  eifrige  Bifdjof 
^ieronpmug  Ütogbragemgfi  burdj  Urfunbe  oom  8.  3anuar  1592  ein  bifefjoftidjeg 
Sorf  unb  ein  alteg,  oerfatteneg  Ktofter  gefdjenft,  um  auf  ©runb  unb  Bobeit  beg 
Sifdjofg  in  9lltfdjott(aub,  einem  unter  bifd)öftid)er  ^urigbiftion  fteßenben  Rieden  bei 
Sangig,  Kolleg  unb  Kapelle  gu  erbauen4.  .Qugteidj  fpracf  ber  Bifdjof  ben  SBunfdj 
aug,  bie  ^efuiten  möchten  ißr  Slugennterf  audj  ftetS  auf  bie  SBieberfjerftedung  ber 
fatholifchen  9teligion  in  bem  benachbarten  Gängig  geridjtet  halten.  Sie  Errichtung 
unb  Stiftung  beg  ®odegg  mar  am  15.  ^uli  1592  oon  ®Iemcng  VIII.  betätigt 
morben5.  Slber  erft  nadjbem  ade  Bemühungen  in  Sattgig  felbft  gefdjeitert,  begann 


1  91  ebner  a.  a.  0.  68.  g-reptag  a.  a.  0. 
557  568.  £rop  aüebent  entbedit  greptag  bei 
ben  Sandigem  „eine  ©laubenlbnlbung,  bie  in 
jener  geit  ber  ^ntoleranj  benjelben  jnr  bop» 
pelten  @pre  gereicht''  (ebb.  570). 

2  greptag  n.  a.  0.  553  ff  560.  Über  bie 

Sage  ügl.  *  Status  eausae  inter  Societatem 
Iesu  et  sanctimoniales  D.  Brigittae  Gedani, 
im  SIrcpiü  ber  Uropaganba,  Lettere  di  Ger¬ 
mania  vol.  LXXXVII,  161.  Über  friipere  Per- 
leumberifdpe  Slitflagen  gegen  bie  Sefuiten  ogl. 
ben  S3ricf  Siteüe^cpiS  üom  5.  1625  an 

ben  93eid)toater  ber  Tonnen,  93altp.  9Dlarifiu§. 

*  Drig.--91cg.  Ad  Externos.  2!er  ©eneral  nennt 


bie  ©erücfjte  falso  conficta  et  a  malevolis 
vulgata. 

3  91  e  b  n  e  r  a.  a.  Q.  68. 

4  33  i  b  b  e  r ,  Beiträge  31t  einer  ©efd).  bc§ 
meftpreufeifepen  ©djulmefen^,  in  ßeüfcprift  bei 
föeftpreufeifdpen  @efcpid)tloereinl  1907,  302  ff. 
93gl.  Speob.  £>irfd),  ®ie  ©t  SJlartenfircpe 
in  ®an3ig  II  (1847)  156  ff ;  greptag  a.  a.  €. 
535  ff. 

5  iöibber  a.  a.  0.  298.  91egeft  Synopsis 
167 :  in  oppidi  civitatis  Gedanens.  suburbio, 
.  .  .  quum  in  ipso  oppido  ecclesias  et  pia 
loca  profanata  et  a  saecularibus  occupata  Se- 
natus  restituere  nollet.  .  .  . 


•ftieberlaffungett  in  5ß?eftpreufjen :  3üt[d)ottlanb. 


385 


matt  gmei  Qahrgeljnte  fpäter,  am  24.  Mai  1615,  mit  bem  Sau  einer  Äircfie  in  3llt= 
fdjottlanb  unb  ber  ©inridjtung  einer  fleinen  Schule1.  Oie  9iefibeng  non  Oangig 
mar  fdjon  1610  ein  Kolleg  im  ©ntfte^en  (Collegium  inchoatum)  genannt  morben, 
unb  ben  tarnen  Oangig  (Collegium  Gedanum)  erhielt  audj  bag  1621  formell  er> 
ridjtete  Kolleg  in  Slltfdjottlanb. 

„Mit  Sdjniergen"  —  fo  fdjrieb  am  19.  Sluguft  1620  ber  Sandiger  ißrofeffor 
Qoljann  Sdfröber  an  ben  fRat  üon  Sandig  —  „habe  id)  oorgeftern  non  einem  Säpftler, 
ber  um  ber  Qefuiten  ober  Suiten  Slnfdjläge  mofjl  meifj,  öerftanben,  baff  fie  aflfjier 
ein  ftattlidjeg  Kollegium  Beim  Scfjottlanbe  ju  bauen  aufg  fünftigfte  Qaljr  merben  am 
fangen.  Sollte  bieg  gefdjetjen,  mürbe  gute  Orbnung  unb  Qnfpettion  auf  Oanpdjer 
Schule  fet)r  bon  ÜRöttjen  fein,  bamit  biefe  ©efellen  mit  ihrer  Qnftitution  nid)t  ben 
fßreig  unb  Sorgug  bemalten;  fonft  mirb  mand)  jungeg  Slut  non  ihnen  eingenommen 
unb  innerlid)  üerfdjüret  merben."2 

Oag  in  ber  (Sniftefjung  begriffene  Kolleg  gä^lte  1616—1619  7—9  Sßriefter, 
feit  1620  tarnen  nod)  2 — 4  Sdjolaftifer  alg  Sefjrer  tjinju3.  Qm  Qafjre  1622  be* 
ftanben  fünf  klaffen,  Humanität  unb  fRf)etorif  maren  bereinigt  unter  einem  Sefjrer, 
1623  maren  5  Magiftri  tätig,  Qurn  Qafjre  1624  fjeifit  eg,  baff  gurn  erftenmal  ein 
ißriefter  auggemäfjlten  Stubenten  bie  fR^etorif  bortrug,  mäfjrenb  4  Magiftri  bie 
Humanität  unb  bie  brei  ©rammatitaltlaffen  leiteten.  Son  1626  big  1631  maren 
bie  Schulen  infolge  beg  fcfjmebifdfen  Kriegeg  gefdjloffen,  bon  Quli  big  2Bei£)nad)ten 
1626  fogar  bag  gange  Kolleg  berlaffen.  Oie  Qafjregberidjte  ber  polnifdjen  fßrobittg 
bont  Qafjre  1631  begeidjnen  bag  Sandiger  Kolleg  alg  ein  Emporium  ber  lateinifdjen 
unb  beutfcfjen  Spradje.  Oie  ftetg  geringe  Sdjülergahl  mirb  1635  auf  100  angegeben. 
Qn  ben  fpäteren  Qafjren  jaulte  bag  Kolleg  burdjfcfjnittlidj  20—24  Mitglieber,  bon 
benen  1647  unb  1648  10  fjkiefter  unb  3 — 4  Magiftri  maren4. 

Oie  Seelforge  tonnte  in  bem  neuen  Kolleg  tro(3  ber  ©egenbemüfjungen  beg 
Oangiger  Magiftratg  ungefjinberten  Qortgang  nehmen.  Seit  ber  Qertigftetlung  ber 
Kirche  in  Slltfdjottlanb  fjielt  man  ftänbig  gmei  beutfdje  unb  eine  polnifdje  fßrebigt. 
Qm  Qafjre  1624  mirb  eine  Marianifdje  Kongregation  für  Stubenten  unb  1625  eine 
foldje  für  Sürger  ermähnt.  Son  bem  Kolleg  aug  fudjte  man  aud)  in  ber  Stabt 
felbft  gu  mitten.  So  begann  man  bort  1625  mit  ber  (Sfjriftenlefjre  in  ber  mieber 
Zugänglichen  SSrigittenfird^e.  Qn  biefe  mürbe  1629  audj  bag  bier^igftünbige  ©ebet 
aug  bem  Kolleg  oerlegt 5.  Qm  Qafjre  1630  forberte  bie  fßeft  mieber  Slrbeit  unb 
Opfer.  Sefonberg  zeichnete  fidj  babei  P.  9iif.  ^imingft)  burd)  feine  Eingabe  für  bie 
fßefttranten  aug,  big  er  felbft  ber  Seudje  gum  Opfer  fiel.  Seit  1631  tonnten  je 
gmei  ^Srebiger  in  ber  Stabt  unb  in  Slltfdjottlanb  mirfen.  Seiber  mürbe  ein  Qaljr* 
gefjnt  fpäter  (feit  1643)  bie  feelforgtidje  Oätigfeit  nicht  allein  burcf)  bie  Sperrung 
ber  23rigittentircf)e ,  fonbern  audj  burch  ben  feljr  unfreunblich  gefinnten  Sifcfjof 
©niemocg  feljr  gefjinbert.  Oroi3  mieberfjolter  ©jramina  unb  trotj  fniefälliger  Sitte 
mollte  ber  Sifdjof  bie  Qefuiten  gur  Spenbung  ber  Satramente  nidjt  gulaffen.  Oie 
Qefuiten  harrten  aug  in  ©ebulb.  Oer  Metropolit  bon  ©nefen  unb  fRont  traten 
fdjliefjlicf)  auf  feiten  ber  Qefuiten6. 


1  Über  bie  Sage  beg  33aueg  33  i  b  b  e  r  a.  a.  £>. 
300  f. 

2  §  i  r  f  dj ,  ©efd).  beg  alabem.  ©tjmnafiumg 
in  Sandig  15,  31. 

3  Sag  golgenbe  nad)  *  Litt.  ann.  unb  *Catal. 
Prov.  Polon.  Über  bag  geplante  Kleritalfeminar 
ügl.  33  ibber  a.  a.  Q.  286. 

4  33on  bramatifd)en  91uffuf)rungen  werben 

Suljr,  ®e[c§icf)te  bet  Seiuiteti.  II. 


genannt:  1624  „gob"  (3ü)etorif),  „Ser  K'aifer 
Sluguftug",  SBeibnadjtgfpiel  ber  Humanität; 
1626  „Saifer  6eno",  1637  „@t  91od]u§". 

5  gr et) tag  (a.  a.  0.  553)  mad)t  barang 
„eine  üicräigftünbige  33rebigt". 

6  33gl.  *  Litt.  ann.  Polon.  1645—1646; 
5 r et) tag  a.  a.  D.  561. 


386 


fünftel  Kapitel.  ®ie  öfterrcidiifd)e  $rooinj. 


Saß  bie  große  Slugbauer  ber  Qefuiten  für  bie  ©adje  ber  ®irdje  in  unb  um 
SDangig  nidjt  oergebeng  mar,  erfennen  aucf)  proteftantifdje  Qorfcfjer  an.  „Sen  ®ampf 
für  bie  (Erneuerung  beg  arg  bebrofjten  ®atf)otigigmug  im  Strcfjibiafonat  (ißomereden) 
auf  bem  SBege  ber  ÜDtiffion,  ©eetforge  unb  befonberg  beg  f)öf)eren  ©djutmefeng  über¬ 
nahmen  üon  ben  SBifdjöfen  mit  bem  (Erfolge,  ber  beifpieltofer  Qätjigfeit  öerbunben 
mit  äußerfter  ©ammtung  alter  Kräfte  eignet,  big  in  bie  Sage  ber  preußifchen  §err- 
fcfjaft  bie  Qefuiten,  bereit  bebeutenbfte  meftpreußifdje  Sciebertaffung  im  Strdjibiafonat 
fict)  unmittelbar  oor  ben  Soren  Saitgigg,  ber  mächtigen  Qörberiit  beg  eüangetifdjen 
93efenntniffeg  unb  ©djutmefeng,  auf  bem  bifdjöfticfjen  Gebiete  beg  ©djotttanbeg  erhob."  1 

Slfmtidje  ©djmierigfeiten  mie  in  Sangig  hatten  bie  Qefuiten  in  ber  meftpreußifdjen 
©tabt  Stjont.  2Bie  bie  Sangiger,  fo  berichtet  ber  SSifitator  Sbrgenti  am  14.  Februar 
1615  bem  Äönig  ©igigmunb2,  gehen  bie  Stjorner  ooran.  Obgleich  bag  Kolleg  feit 
oieten  fahren  oon  bem  S3ifcf)of  oon  föutm  mit  fönigticher  SSeroittigung  gegriinbet 
morben,  arbeiten  fie  beftänbig  gegen  ung,  batb  mit  offener  ©ematt,  batb  mit  Sift, 
halb  mit  Stnftagen  auf  ben  Sanbtagen  unb  bei  bem  ®önig,  batb  brohen  fie,  batb 
oerbreiten  fie  ©chmähtibetten.  Unb  obgleich  fie  ung  fo  Oerfotgen,  fdjreien  fie  ftetg 
gegen  ung,  atg  ob  fie  üon  ung  bag  Stußerfte  erbutben  müßten.  Safür  mit!  id;  nur 
ein  23eifpiet  anführen.  Qm  üorigen  ©ommer  (1614)  entftanb  in  Sfjorn  ein  Tumult, 
©ogteidj  mürben  mir  atg  bie  Urheber  auggefd)rieen,  unfere  ©dritter  hätten  ben  Sumutt 
erregt.  Sa  giemticfj  übertriebene  ©erüdjte  nach  Sraungberg,  mo  icf)  bamatg  mar, 
brangen,  mürbe  ich  trofc  alt  meiner  in  Schorn  gegebenen  Mahnungen  gur  SSorfidjt 
ängfttich,  eg  fönnte  bodj  oietteidjt  irgenb  ein  SSerftoß  oon  feiten  ber  Unfrigen  oor- 
liegen,  ©obatb  atg  möglich  reifte  idj  nach  Sfjorn,  um  fetbft  gugufehen.  Sie  jähr¬ 
lichen  fßrogeffionen  in  ber  33ittmodje  mürben  abgehatten,  ber  $Rat  ruft  bie  Unfrigen 
unb  mahnt,  baüon  abguftehen;  fie  antmorteu,  bag  fei  @adje  beg  ißfarrerg.  Ser 
Pfarrer  hätt  bie  ißrogeffion,  ber  ©itte  gemäß  beteiligen  fidj  unfere  ©djüter  mit  ben 
bie  2(uffidjt  füfjrenben  Sefjrern.  Sie  23ürger  fperren  bie  ©tragen  mit  betten,  treiben 
bie  23orbeigefjenben  mit  ©ematt  gurüd  unb  ftören  bie  ißrogeffion.  Sag  habe  idj  oon 
angefetjenen  Slugengeugen  gehört.  Siun  fdjreien  bie  Stjorner,  unfere  ©djüter  feien 
bie  ©djutb,  mir  machten  ein  Sittentat  auf  bie  ©tabt,  b.  fj-  atfo,  mir  gieheit  bie  betten, 
mir  rufen  bag  SSotf  gufantmen,  mir  oertreiben  mit  Sßaffen  bie  ^rogeffion.  Sag 
fagen  fie  aber  nicht  im  ftitten,  fonbern  oerbreiten  eg  auf  ben  Sanbtageit,  fdjreiben 
eg  an  ben  $önig.  SJun  mödjte  ich  boch  einen  nur  etmag  billigen  Stidjter  fragen, 
ob  benn  Knaben  ohne  Sßaffen,  nur  bag  £>aupt  mit  einem  $rang  gefdjmiidt,  bie  gmei 
unb  gmei  befdjeiben  einhergehen  unb  unter  ber  Stufficht  ihrer  Setjrer  fromme  Sieber 
fingen,  einen  Sumutt  erregen  ober  oietmefjr  bie,  roetdje  bie  ©tragen  fperren,  bie 
retigiöfe  Qreifjeit  oerleßen,  bie  QSrogeffion  gemattfarn  tjmberu  unb  atte  ^atfjotifen 
beteibigen?  ©eraiß,  fie  haben  eine  Slugrebe,  fie  tun  bag,  mie  fie  fagen,  um  größereg 
Übet  gu  oerhinbern;  benn  menn  bie  Sßrogeffion  meitergegogen  märe,  hätte  man  oom 
SSotfe  etmag  ©djtimmereg  ermarten  fönnen.  ©ehr  fdjön,  atfo  um  Sumutt  gu  oer¬ 
hinbern,  erregt  man  Sumutt,  gerabe  mie  ber  gute  9J?ann,  ber  feinen  Qreunb  im 
Söirtghaug  augraubte,  bannt  er  nidjt  oon  ben  Sxäuberit  im  Sßalbe  beraubt  mürbe. . . . 
SJtait  mitt  ber  fattjotifdjen  Religion  bie  Freiheit  nehmen,  ihre  Stugübnng  attmähtidj 
befeitigeu,  unb  roeit  fie  fehen,  baß  mir  ung  bem  eutgegenftetten,  oertangen  fie  unfere 
(Entfernung.  Scidjt  unfere  ©itten,  nidjt  bie  Stuggetaffentjeit  unferer  ©djüter,  fonbern 
ber  §aß  gegen  bie  fattjotifcße  Religion  madjt  fie  gu  unfern  ©egnern.  .  .  .  Sie 
Stjorner  pflegen  gu  fagen,  in  süoten  gebe  eg  fein  Sledjt  gegen  bie  ©efetlfdjaft,  bie 
©efetlfdjaft  erfenne  feinen  Seichter  an,  auf  bem  Stecfjtgmege  fei  itjr  nidjt  beigufommen. 


1  93  i b b  e r  a.  a.  0.  295. 


2  Ad  Sigismunduni  Regem  Polon.  Epistola  (15  ff. 


Stieberlaffungcn  in  SBeftpreufjen :  Sporn. 


387 


Sag  fabelt  fie  nicht  allein  burcfj  2öorte,  fonbern  aucf;  in  ber  Xat  gezeigt,  inbem  fie 
nicht  auf  bem  9iecf;t§toege,  fonbern  mit  (Gemalt  gegen  ung  borgegangen,  inbem  fie 
ung  aug  unferem  £>aufe  bertrieben,  §anb  an  unfere  ©cf)üler  gelegt  ufm.  Sei  näherer 
Unterfudjung  mirb  fid)  heraugftellen,  bafj  bie  X^orner  gerabe  bag,  megf)alb  bag  ßotteg 
gegrünbet  mürbe,  bernidjten  mollen,  bag  ift  bie  Slugübung  ber  fatljolifchen  Religion 
unb  bie  ©rjieljung  ber  ^ugenb.  ßunt  ©djlufj  bemerft  Slrgenti  bon  ber  Serteibigungg* 
fdjrift  ber  Sfjorner,  bie  alte  bamalg  lanbläufigen  ^efuitenfabeln  borbrad)te,  ber  Ser* 
teibiger  ber  £f)orner  bringe  fo  biele  gefälfd)te  Sotumente  bor,  bafj  er  bamit  ber  ©adje 
ber  X^orner  nur  nod)  met)r  gefcfjabet  habe. 

Sie  ©ntftehung  unb  Sntmidlung  beg  Sljorner  ®oöegg  ift  turj  folgeitbe:  Surcf) 
(pofbetret  bom  9.  $uli  1593  mürbe  eine  Slnfiebelung  ber  ^efuiten  in  Sl)orn  ge« 
mäijrt,  aber  erft  1595  tarnen  bie  ^efuiten  nach  Sfjorn.  $ünf  ^a^re  fpäter  erhielten 
fie  bon  Sifcfjof  Stjlidi  mit  bem  SöiHen  beg  ®önigg  bie  ^o^annegfird^e  famt  Sfarr* 
tjaug  unb  ©djitle,  „um  beit  tRuin  beg  §aufeg  (Gotteg  ju  behüten";  mieber  fünf 
^a^re  fpäter  (1605)  tonnten  fie  bie  ©cfjule  mit  jmei  klaffen  eröffnen.  Slber  fcfjon 
im  folgenben  ^lafjre  mürben  fie  bon  bem  proteftantifdjen  97at  bertrieben.  2lm 
16.  Dftober  1606  mufften  bie  ^efuiten  Sf)orn  berlaffen,  bod)  tonnte  fie  ber  Sifcfjof 
infolge  eineg  föniglidjen  Sefel)l§  fdjon  am  1.  Se^ember  begfelben  Qafyreg  mieber 
gurüdfüljren 1.  Ser  S'teicfjgtag  bon  1607  befahl,  bie  ^efniten  in  bie  i?ird)en  unb 
©dfulen,  aug  benen  fie  bertrieben,  mieber  einjufüljren  unb  if;ren  Unterricht  rufjig  ju 
bulben.  tiefer  Sefdjluf)  mürbe  trop  aller  (Gegenauftrengungen  1609  unb  1611 
mieber  befiätigt2. 

3n  ben  Seriellen  ber  Qefuiten  mirb  mieberf)olt  bie  fefjr  feinbfelige  Stimmung 
ber  fßroteftanten  Ijerborgehoben.  ©o  in  ben  Qahregberidjten  bon  1602,  1605  unb 
1606.  Surcf)  Schmähungen  unb  Xobegbroljungen  mürben  bie  ^efuiten  faft  täglidj 
beliiftigt;  proteftantifdje  ^panbmerfer  marfen  ihnen  1605  in  einer  9?ac^t  mit  groffen 
©teinen  faft  alle  genfter  ein.  Surcf)  bie  auch  in  Sf)orn  heftig  entbrannten  ©treitig« 
leiten  §mifcf)en  Sutheranern  unb  Saloinern,  infolge  bereu  einige  Sutfjeraner  erflärten, 
lieber  tatljolifd)  afg  ealbinifeh  §u  merben,  ruhten  (1610)  biefe  Seläftigungen  eine 
ßeittang.  Slber  halb  tarnen  neue  Störungen.  Ser  Slbel  bon  Äujamien  beflagte  fid) 
auf  bem  9teid)§tage  bon  1612  über  bie  Shorner/  &afj  f*e  ^en  bie  Qefuitenfchule  be= 
fuchenben  jungen  ©bedeuten  bie  Verbergen  berfagten.  Sei  berfelben  (Gelegenheit  be= 
tonte  ber  Sifdjof  bon  fö'ulm:  ©igigmunb  habe  S^ar  ben  ©täbten  bie  Sluggburger 
Äonfeffion  erlaubt,  aber  nicht  §u  bem  Snbe,  bafj  fie  bie  römifche  &’ird)e  unterbrüden 
fodten.  Slnfangg  hätten  fid)  bie  fßroteftanten  füll  gehalten,  big  fie  allmählich  ben 
Sifchöfen  bie  Kirchen  ju  entreißen  fid)  unterftanben.  Sag  fei  eine  unleiblidje  Sprannei3. 
(Einige  3a^re  fpäter  fperrten  bie  Shorner  ber  ^Srojeffion  burch  betten  ben  3u9an9 
junt  SJtarft  unb  fjinberten  bie  3ufuf)r  l10n  ®alt  unb  anbern  Saumaterialien  für  ben 
Neubau  ber  Qefuiten.  ©in  föniglicfjeg  SJftanbat  gebot  bem  9tat  u.  a.,  ben  berborbenen 
$alt  ju  erfepen4. 

Sie  burch  bie  Slugmeifung  unterbrochenen  ©d)ulen  tonnten  erft  nach  fünf  fahren 
mieber  eröffnet  merben.  Sie  Sr°teftanten  taten  a^g,  um  bie  Sßiebereröffnung  311 
berhinbern.  3a^re  lßl3  trat  bie  Humanität  unb  1614  bie  Sthetorit  hinju5. 
3m  felben  3a^)re  fügten  mir,  fo  ergäfjlen  bie  ^afjre^Oeridjte  1614,  öffentlidje  Übungen 
in  ber  bentfehen  Spraye  infolgebeffen  biel  mehr  ©djüler  bom  2(bel  tarnen. 


1  3.  SCSertticfe,  ©efdi.  Sporns  II  (1842) 
96  ff.  ß.  ®e ft n er,  33eiträße  pr  ©efcp.  ber 
Stabt  Sporn  (1882)  225  f.  SSgl.  2  e  n  g  n  i  cp, 
©efep.  ber  2anbe  ^reupen  V  (1727)  15  f. 

2  2 eng niep  a.  a.  D.  V  22  35  51. 


3  ßbb.  V  61  ff. 

4  ßbb.  V  128.  SB  e  r  n  i  cf  e  a.  a.  D.  II  185  f 
194. 

5  $a§  tffolgenbe  naep  41  Litt.  ann.  nnb  *Catal. 
Prov.  Polon. 


25* 


388 


fünftes  Kapitel.  Sie  öfterreid)ifd)e  ißrobinj. 


©eit  1617  mürbe  beutfc^er  Unterricht  in  brei  klaffen  gegeben,  Jm  Katalog  ift  ein 
eigener  ^rofeffor  für  baS  SDeutfcfje  aufgeführt.  Jm  Jaf)re  1606  §ä^fte  man  über 
200  unb  gefen  Jal)re  fpäter  gegen  500  ©tfjüler1.  ÜUioraltheologie  nnb  Kontroüerfe 
merben  1619  ermähnt.  Sie  ätforaltfieologie  blieb  audh  fpäter,  benn  1624  lehrte 
ein  $ßater  füfaral,  ein  gmeiter  9tf)etorif,  öier  9J?agiftri  Humanität  nnb  ©rammatif; 
1649  lehrten  3  fßriefter  ÜUloral,  fRfeetorif  unb  ©rammatif,  bagu  tarnen  noch  3  Sftagiftri. 
Sf)orn  halte  alfo  ein  üottftänbigeS  ©pmnafium  mit  fünf  klaffen  unb  eine  SBorlefung 
in  ber  SDJoral. 

Ja  ber  fßfarrfirche  hielten  bie  Jefuiten  an  ©onn>  unb  Jefttagen  öormittagS 
eine  polnifche  unb  eine  beutfdfe  f)?rebigt,  nachmittags  noch  eine  potnifche.  Sie  fßrebigten 
maren  gut  befucht,  obfchon  bie  ^Sroteftanten  burcfj  ©pott  unb  fDrifefeanblungen  an 
bem  S3efudje  gu  Ijinbern  fugten.  Srolgbem  bie  ?ßeft  oiele  Katholifen  hiniüeggerafft 
hat  —  fo  helfet  eS  in  ben  Jahresberichten  non  1602  — ,  befudjen  biSmeilen  an 
taufenb  ^5erfonen  bie  ^Srebigt.  Jur  JronleichnamSprogeffion  ftrömten  im  felben  Jahre 
gegen  5000  ^ßerfonen  aus  ber  ilmgegenb  gufammen,  barunter  auch  fiele  Slbelige. 
Sangfam  rcucfeS  bie  Jafel  ber  Katholifen.  Jm  Jafere  1601  gäfelte  man  Oftern 
2000  Kommunionen  unb  im  felben  Jahre  50  Konberftonen.  ©eit  1606  beftanb  auch 
eine  9Jiariamf<he  Kongregation.  SllS  1624  bie  fßeft  mieber  mütete,  mürben  gmei 
Jefuiten  für  ben  ffSeftbienft  im  Haufe  fepariert;  biefe  befucfjten  alle  Kranfett.  Sa 
gugleicf)  Hungersnot  ausbrach,  mürbe  an  alle,  meldje  an  bie  Pforte  beS  JefuitenfollegS 
tarnen,  gur  beftimmten  ©tunbe  35rot  berteilt.  Sie  folgenben  Jaljre  mürben  3  ißriefter 
unb  2  33rüber  bon  ber  ©eucfee  raeggerafft.  Ser  Sefuch  ber  Kranfenhäufer,  ben 
man  1638  begonnen,  mufete  man  infolge  beS  ftrengen  Verbotes  beS  SJtagiftrateS 
halb  mieber  einfteüen. 

Sie  Jafel  ber  SUiitglieber,  bie  in  ben  erften  Jahren  7 — 8  betragen  hatte,  ftieg 
1616  auf  20  unb  1621  auf  27,  ging  bann  infolge  beS  fchmebifäfeen  Krieges  herunter 
unb  ftieg  1648—1650  mieber  auf  20.  Jn  einem  ©treite  beS  SBifcfjofS  SgiatpnSfi 
megen  ber  ^farrrecfete  manbte  fich  König  SßlabiSlab  am  9.  Segember  1645  an 
Jnnogeng  X.  mit  ber  SSitte,  bafe  bie  fßatreS  in  ihrem  fftecht  gefchüfet  unb  in  ihren 
Arbeiten  nicht  gefeinbert  mürben2.  23ebor  ber  Söifdfeof  im  folgenben  Jahre  ftarb, 
bebauerte  er,  bafe  er  auf  falfcfee  Berichte  fein  bie  Jefuiten  beläftigt,  unb  forgte  in  feinem 
Seftamente  bafür,  bafe  baS  bott  ifem  ben  Jefuiten  in  SSromberg  gefcfjenfte  ©nt  nicht 
angetaftet  merbe3. 

5ßon  Sfeorn  aus  mürbe  1619  bie  Srieberlaffung  in  SBromberg  gegrünbet.  @ie 
blieb  bis  1648  Dtefibeng  mit  4 — 6  fßerfonen  unb  mürbe  in  biefem  Jahre  gum  Kolleg 
erhoben.  Jm  Jahre  1641  maren  7  fßriefter  unb  1  9J?agifter  tätig;  1642  beftanben 
brei  ©rammatifalflaffen  unter  gmei  Sefereru.  1643  mürbe  bie  ©pntaj:,  fpäter  bie 
Humanität  unb  1649  auch  bie  9tf)etorif  beigefügt.  SaS  Kolleg  gäfjlte  1649  11  ißriefter 
unb  2  Sftagiftri.  Ser  Kulmer  33ifcl)of  SgiatpnSfi  hatte  eifrig  bie  ©rrichtung  beS 
Kollegs  betrieben  unb  ben  ©runbftein  für  bie  neue  Kirche  gelegt  (1642).  Ser  Stifter 
mar  ber  Kanzler  ©eorg  DffolinSfi.  @r  gab  bie  drittel  für  Kolleg  unb  Kirche,  bie 
1649  feierlich  eingemeifet  mürbe.  Jm  Jahre  1650  erhielt  bie  Kirche  noch  gtoei 
Sürme  gu  beiben  ©eiten  ber  Jront.  ©ne  neue  Orgel  unb  eine  gröfeere  Jafel  oon 
©ängern  unb  ÜÖiufifern  trugen  ihren  Seil  bei  gu  einem  gahlreicfjeren  SSefuch  ber 


1  Sie  Sporner  geben  1618  bie  $apl  ber  3  *Litt.  ann.  Prov.  Polon.  1646.  Ser  93i> 

Qefuitenfdjüter  bi3  an  400  an.  Scngnid)  fdt)of  batte  biefeS  ©ut  ober  Sorf  im  SBerte 
a.  a.  0.  V  128.  Don  17  000  ©ulben  1638  gefdjenft.  *Litt. 

2  *  Original  int  Arcliiv.  Vatic.,  Lettere  di  ann.  1638. 

Princip.  vol.  LXYII,  f.  14. 


9itebcrlaffungen  in  SEBeftpreufjen :  SBromberg.  —  ©raubeng.  —  SÜJtarienburg. 


389 


Kirche.  SBäßrenb  ber  ^Scft  oon  1624,  bie  meßr  als  2000  fßerfonen  unegraffte,  arbeiteten 
bie  gefuiten  tüchtig  in  ber  geiftlicßen  unb  leiblichen  Sorge  für  bie  Oranten;  braunen 
auf  bem  Sanbe  traten  fie  an  bie  ©teile  ber  an  ber  fßeft  geftorbenen  ©eelforger.  gm 
gaßre  1647  mirb  eine  ©eucße  ermähnt,  bei  melcßer  bie  ^atre-S  fidf)  oietfacß  opferten. 
®a§  (£igentümlicf)e  ber  ©eucße  mar,  baß  bie  oon  ifjr  (Ergriffenen  maßnfinnig  mürben. 
Sei  ben  (pepenprozeffeit  1631  ftanben  fie  fieben  tierurteitten  ^>ej:en  im  STobe  bei1. 

(Ebenfalls  oon  Stßorn  aus  mürbe  1621  bie  9Riffion  oon  ©raubeit}  begrünbet, 
bie  1622  fRefibenj  mürbe,  ©ie  jäfflte  bis  1638  burcßgeßenhS  2 — 3  fßriefter  unb 
1  Sruber;  1641 — 1644  6 — 8  ißriefter,  bann  mieber  4.  ©leicßzeitig  mit  Sromberg 
im  gaßre  1648  jum  Kolleg  erhoben,  hatte  ©raubeit}  unter  feinen  11  ÜJRitgliebern 
7  fßriefter  unb  4  Srüber2. 

Studh  in  ©rauben}  bot  ber  proteftantifcße  fRat  alles  auf,  um  bie  gefuiten  ju 
entfernen.  ®ie  Sr°tefte  ber  ©tabt  auf  bem  Sanbtage  1630  unb  1643  blieben  aber 
erfolglos,  ber  fReicßStag  oon  1647  trat  für  bie  ÜRieberlaffung  ein3.  (Ein  ©raubender 
^iftorifer  fcßreibt:  „9Rit  ber  ©tabt  mußten  bie  gefuiten  im  ganzen  grieben  ju 
halten.  .  .  .  gmeimal,  unb  jmar  in  ben  gaßren  1648  unb  1664,  rütften  Semoßner 
ber  ©tabt,  geführt  oon  SRitg  liebem  beS  fRateS  unb  mit  28affen  oerfeßen,  nächtlicher* 
meile  gegen  Umzäunungen  ju  gelbe,  rnelcße  bie  gefuiten  in  ber  ÜRäße  ihres  OrbenS* 
ßaufeS  auf  bem  Söege  jum  ©chloffe  neu  angelegt  bitten,  unb  jerftörten  biefelben, 
meit  bie  ©tabt  baS  ©igentum  beS  umfriebigten  SanbftüclS  für  ftch  in  Slnfprucß  nahm. 
Seim  testen  ©türm  mürben  fogar  bie  genfter  oom  gimmer  beS  ®eutfcßprebigerS 
Seopolb  im  ©ebäube  beS  Kollegiums  eingefd^lagen.  ...  git  aßen  biefen  gälten  zeigte 
ber  0t ben  fid)  äußerft  friebfertig." 4 * 

SDie  größten  Stoßltäter  beS  ©raubenzer  Kollegs  maren  ber  Kulmer  Sifchof 
Kucz&orsfi  unb  nocß  mehr  ber  Salatin  Sbätaltjn  ®zialßnSfi.  gßre  faft  lebensgroßen 
Silber  hängen  neben  benen  auberer  SBoßltäter  nocß  heute  im  Korribor  beS  in  ein 
Seßrerfeminar  umgemanbelten  gefuitenfollegS 6. 

©inen  eifrigen  unb  teilmeife  erfolgreichen  Serfucß  machten  bie  gefuiten  in  ber 
altel)rmürbigen  ^auptftabt  beS  SDeutfcßen  OrbenS  an  ber  SRogat,  in  SRarienbnrg. 
©eftern,  fo  fcßreibt  P.  SlnbreaS  ObremStp  aus  SraunSberg  am  31.  guli  1605  an 
Slquaoioa,  lehrte  ich  D01t  einer  RRiffion  nach  äRarienburg  zurücf.  äRarienburg  mar 
früher  ber  ^auptfiß  beS  3)eutfcßen  OrbenS.  Son  bem  Pfarrer,  einem  fehr  gebilbeten 
unb  angefeheneu  ÜSRann,  ferner  üon  einigen  guten  Katßolilen  unb  oom  Sifcßof  felbft 
mirb  eine  fRieberlaffung  ber  ©efeUfchaft  bort  fehr  geruünfcht  unb  ber  Unterhalt  an* 
geboten,  meil  ficß  für  unS  ein  großes  Slrbeitsfelb  zu  öffnen  fcßeine  megen  ber  heftigen 
unb  anbauernben  geinbfcßaft  groifchen  ©aloiniften  unb  Sutßeraneru6.  ©S  bauerte 
aber  noch  länger  als  ein  gahrzehnt,  bis  biefen  SBünfdjen  menigftenS  teilmeife  ent* 
fprocßen  merben  fonnte. 

gm  gaßre  1619  beftanb  in  äRarienburg  eine  9Riffion  mit  2  Srieftern,  bie  ber 
Ranziger  fRefibenz  unterftellt  mar,  in  bem  folgenbett  gaßre  eine  fRefibenz  mit  3  ißrieftern. 
®ie  Sefl  beS  gaßreS  1624  gab  oiele  Slrbeit.  ®er  Serirfjt  merft  an:  2öie  faft  in 
ganz  Preußen,  fo  nimmt  man  auch  in  ÜRarienburg  menig  fRiidficßt  auf  bie  fßeft  unb 
fließt  aucß  nicßt,  meil  man  fagt,  jebe  XobeSart  merbe  oon  ©ott  oerßängt.  gn  bem* 


1  *  Hist.  coli.  Bydgostiensis  unb  *  Litt.  ann. 
Prov.  Polon. 

2  *  Litt.  ann.  unb  *Catal.  Prov.  Polon. 

3  X.  5r°e(icf),  ©efd).  beS  ©raubenger 
ÄreifeS  I  (1868)  118. 

4  Sbb.  II  (1872)  173.  groelid)  bemerft  (ebb. 

I  118),  bafs  bie  ©raubenger  Sefuiten  in  ifyrer 


äRittc  ftetö  einige  tüchtige  beuti'dje  Sangelrebner 
batten. 

5  ßbb.  I  119.  Sort  aud)  bie  gange  9{eif)e 
ber  SReftoren  unb  ©.  121  bie  9Jad)tt>eiie  über 
bie  ©infünfte.  Über  2Ircf)ibalien  ber  ©rau* 
benger  SOuiten  ebb.  II  168. 

6  *  Original  in  Epp.  Polon.  1605 — 1670  1  11. 


390 


günftee*  Stapitel.  ®ic  öfterreicfiifdOe  fßrotitnj. 


fetben  Qafjre  1624  öermachte  ber  föntmer  33ifcf)of  Qofj.  Äucgborgfi  ber  fHefibeng  bitrdj 
Seftament  10000  ©utbett  unb  beftimmte  aufjerbem  noch  5000  ©utben,  non  beren 
Qinfen  bie  Ernten  an  ber  Pforte  gefpeift  merben  füllten1.  Über  biefe  10000  ©ulbett 
fdjrieb  3>iteHe§d)i  in  einem  Söriefe  ootn  13.  Quti  1624  an  ben  potnifdjen  iJSrooingiat : 
Sa  bie  Diefibeitg  feine  ©infünfte  befifjen  fann,  fo  folt  bag  ©etb  bem  Sandiger  ®otteg 
übermiefen  merben  mit  ber  Verpflichtung,  bie  (Summe  gurüdgubetjatten  unb  famt 
Qiitfen  ber  Vefibeng  in  ÜDiarienburg  auggugahlen,  fobalb  biefelbe  gum  Kolleg  er* 
hoben  mirb2. 

Ser  Sätigfeit  ber  brei  ^riefter,  bie  beutfdj  unb  potnifd)  prebigten,  mürbe  fc^on 
1626  burcf)  ©uftaü  Slbotf  ein  gemattfarneg  ©nbe  bereitet.  üßadj  ber  Einnahme 
äftarienburgg  oertrieb  er  aucf)  fjier  bie  Qefuiten.  9iacf)  bem  Qrieben  fameit  bie 
Qefuiten  nach  Sftarienburg  guriid.  Qm  Qatjre  1638  arbeiteten  mieber  brei  ^5riefter 
^ier.  Ser  Vifdjof  oon  ßutm  übermieg  i^nen  bie  üöfarienfirdje.  Sem  großen  SJfangel 
an  fatfjolifdjen  fßrieftern  in  ber  gangen  Umgegenb,  infotgebeffen  auch  oiele  ßattjo* 
fifen  oon  ^Sroteftanten  getauft  mürben,  fjatfen  bie  Qefuiten  burdj  raftlofe  Sfrbeit  in 
Stabten  unb  Sörfern  nad)  ÜDtögtidjfeit  ab.  (Einige  Qaf)re  fpäter  maren  4 — 5  QSriefter 
in  SOfarienburg.  Sie  3afjt  ber  $onoerfionen  ftieg  1642  auf  57,  in  ben  folgenben 
Qafjren  auf  100 — 140. 

©inen  näheren  Grinbtid  in  bie  ÜOtarienburger  Verfjättniffe  oermittett  ber  Vericfjt 
beg  Vifitatorg  ber  potnifdjen  ißrooing,  Qabritiug  93anfi,  batiert  Stjorn,  31.  Quli 
1642.  Sie  Qörberung  ber  Vefibeng  unb  bie  Errichtung  eineg  ®oUeg§  in  Sliarien* 
bürg,  fo  fcfjreibt  er,  Ijaben  bie  Vifdjöfe  oon  $utm  eifrig  betrieben,  unb  aucf)  ber  jetzige 
Vifdjof  Sgiatpngfi  münfdjt  bieg  fetjr.  2tudj  ber  Pfarrer  oon  SOiarienburg,  ber  gu* 
gleich  bifcfjöfficfjer  ©eneratoifar  für  ißomefanien  ift,  gang  befonberg  aber  ber  fönig* 
tidje  Sefretär  Qof).  Sefmer  oerlangen  fetjr  banad).  Sie  ©rünbe  finb:  1.  meit  eg 
in  bem  gangen  Vigtum  ^omefanien  feine  Orbengleute  unb  nur  menige  SSettpriefter 
gibt;  2.  meit  in  bem  gangen  Siftrift  130  Sörfer  finb,  bie  gur  fatfjotifdjen  ^Religion 
gurüdgefütjrt  merben  fönnten,  menn  QSriefter  fie  befudjten;  3.  meit  fidj  oon  bort  aug  ein 
grofjeg  Strbeitgfetb  eröffnet  für  bag  £>ergogtum  fßreufjen,  mo  mitten  unter  ben  Q5rote= 
ftanten  oiele  ftattjotifen  ofjne  Sßriefier  leben ;  4.  ber  fönigticfje  Vermatter  oon  Sftarien* 
bürg,  ein  fcfjtimmer  ©atoiner,  mürbe  oiete  oerfüfjren,  menn  nidjt  bie  Viidfidjt  auf  bie 
Qefuiten  in  Stftarienburg  ifjn  abfjiette;  5.  in  ©tbing,  ber  näcfjftgetegenen  Stabt,  be* 
finbet  fidj  eine  proteftantifdje  SIfabemie,  unb  fcfjon  allein  begfjatb  fdjeint  mir  eine 
Sdjute  in  ÜDIarienburg  eröffnet  merben  gu  müffeit,  um  bie  ^atfjotifen  oon  bem  Ve* 
fudf)  ber  proteftantifdjen  Scfjuten  ferngufjatten;  6.  ber  fönigtidje  Sefretär  Qof).  Sefmer 
mit!  mit  ber  erften  Qunbation  beg  fö'ottegg  gugteidj  eine  Vurfe  für  arme  Stubenten 
ftiften,  bamit  audj  Q5roteftanten,  bie  fonft  fdjmer  unterhalten  merben  fönnen,  gu  unfern 
Sdjuten  angegogen  merben;  7.  oon  ben  üüfitgliebern  biefer  (potnifdjen)  ^Srooing  mirb 
nur  geringe  Qrudjt  in  fßreufjen  gemirft  megen  ber  Unfenntnig  ber  Spradje.  2öie 
atfo  Vrattngberg  ber  titanifcfjen  Q3rooing  beutfdje  Strbeiter  liefert  —  neutidj  tjabe 
ich  bort  über  getjn  aufgenommen  — ,  fo  tjoffe  idj  bagfetbe  oon  SDtarienburg  für  bie 
potnifdje  ^rooing.  C£nbticf)  mirb  eg  in  ber  Stabt  fetbft  nicht  an  Arbeit  fetjten,  bemt 
idj  tjaüe  bemerft,  bafg  bie  Kirche  ftarf  befudjt  mirb;  benn  menn  audj  bie  Viirger 
protcftantifd)  finb  unb  menig  Hoffnung  auf  Vefefjrung  geigen,  bamit  fie  nidjt  oorn 
SOiagiftrat  auggefdjtoffen  merben,  fo  finb  bodj  in  ben  unteren  Stänben  fefjr  oiete 
ßattjotifen,  befonberg  in  ben  groffen  SSorftäbten.  Sann  mibertegt  ber  Sifitator  bie 
©egengriinbe  beg  9feftorg  oon  Sangig,  ber  oon  ber  Schule  in  SDfarienburg  eine 


1  golgenbe  nad)  *  Litt.  ann.  unb  *  Catal.  2  Siefer  58rief  in  bem  fpäter  anäufitfjrenben 

Prov.  Polon.  Schreiben  beS  ®ifitator§  fyabrit.  Söanfi. 


SJMeberlöffungen  in  3Bcftpreu(jen :  9)?arienfmrg. 


391 


Sßerminberung  ber  Sandiger  ©djitfe  befürchte:  Sludj  jeßt  ßaben  bie  Sandiger  feine 
©djüfer  ltnb  fidjerfidj  feinen  einzigen  aug  bent  SOfarienburger  Siftrift.  Ser  9teftor 
müdjte  bie  ^urigbiftion  über  äRarienburg  unb  ba§  für  äRarienburg  geftiftete  Kapital 
nidjt  gern  öerfieren.  fjür  bie  gan^e  gunbation  miß  ber  eifrige  ®ont>ertit  $of).  Sefrner 
alles  Siötige  beforgen.  2fud)  ßat  ber  jepige  Pfarrer  unb  bifdjöfficße  Offijiaf,  ein 
großer  Söofjftiiter  ber  üiefibeng,  biefefbe  jum  alleinigen  ©rben  eingefeßt.  tiefer  Pfarrer 
ift  ein  maßrer  ©ottegmann  unb  eifriger  greunb  ber  ©efeüfd^aft,  obfcßon  er  ooit 
einem  ber  Unfrigen  befeibigt  morben.  ©djließfid)  fpricfjt  fidj  ber  Sßifitator  für  bie 
unoeräügfidje  Sfnnafjme  beS  föoffegg  aug1. 

316er  obgfeidj  ber  bifcßoflidje  0ffijial  am  2(5.  ?(itguft  1642  in  ber  bringenbften 
SBeife  um  bie  Sfunafjme  bat  unb  fein  eigeneg  §aug  bei  ber  ^farrfirdje  anbot,  unb 
obgfeid)  Sefrner  am  25.  Dftober  1642  tmm  ©eneraf  benadjridjtigt  mürbe,  baß  ber 
Sßifitator  bie  ©rmäcfjtiguug  gunt  Slbfdjluß  ber  SSerfjanbfungen  erhalten 2,  fo  fam  einft- 
meiten  bocf)  nidjtg  ju  ftaube. 

Sie  gan^e  SSerßanbfung  megen  äRarienburg  geigt  einerfeitg  bie  große  9?otfage 
in  Preußen,  anberfeitg  baß  bie  eifrigften  ^atßofifen  Slbßiffe  befonberg  oon  einer 
eingreifenben  Sätigfeit  ber  Qefuiten  erhofften. 

^ufammenfaffenb  fegt  bieg  ber  bifdßöffidje  ©enerafofß^iaf  in  bem  bereitg  an* 
geführten  ©djreibett,  batiert  9Jiarienburg,  26.  Sluguft  1642,  bem  ©eneraf  in  marmen, 
ergreifenbeit  SBorten  bar.  92acßbent  er  bie  oerßeerenben  Söirfungen  ber  Slpoftafie  beg 
Seutfdjmeifterg  §ergog  SIfbredjt  gefdjifbert,  betont  er,  baß  bie  23ifd)öfe  fcßfießfid) 
feine  anbere  pfiffe  müßten  afg  bie  ^erbeijießung  ber  Orben  unb  befonberg  ber  ©e* 
feüfdjaft  Qefu.  ©o  füßrte  £>ofiug  madere  unb  treue  Arbeiter  aug  ber  ©efefffcßaft 
nad)  33raungberg,  ©embidi  nadj  Sßorn,  dto^brajemgfi)  nacf)  Sandig,  Äucgborgfi  nad) 
©raubenj  unb  äRarienburg,  auf  baß  fie  bie  llberbfeibfef  ber  ^atßofifen  im  ©tauben 
ftärften  unb  bie  ^rrenben  ßier  in  Preußen  mieber  gur  ®ircf)e  jurüdfüßrten.  Sag  tun 
bie  ßodjmürbigen  ®äter  ber  ©efeflfdjaft  Qefu  mit  großer  Siebe  unb  großem  Srfofge. 
33oit  DJlarienburg  fann  icf)  afg  Stugengeuge  beftütigen,  baß  nad)  ©ott  ber  gan^e  nidjt 
geringe  Srfofg  in  ber  ©tärfung  ber  ^atßofifen  unb  in  ber  diüdfüßrung  ber  ^rrem 
beit  ißnen  jugefcßrieben  merbeit  muß3. 


1  *  Original  in  Epp.  Polon.  I  617  ff.  3  *  Original  in  Epp.  Episc.  vol.  V. 

2  *  Orig.=9feg.  Ad  Externos. 


©  e  dj  ft  e  §  Kapitel. 

frieg^uot. 

Sie  böhnttfdj«pfäl$ifcf)e  fperiobe.  —  GsinmirlEung  be§  Krieges  auf  bie  ^efuitcn  iit  ©trieften, 
in  ber  fßfalj  unb  iit  SBeftfalen.  —  Sie  fcpmebifche  ^eriobe:  fftot  unb  Seibeit  in  ber 
nicbcrrpeinifcfjen,  oberrheinifdjen  unb  oberbcutfchen  ißroOtnj.  —  (Sinmifdjen  in  Kriegs» 
Unternehmungen.  —  Sa§  lepte  ^afjrgefjnt  1638 — 1648.  —  Sie  grage  ber  gtucfjt.  —  Unter» 
Bringung  ber  Flüchtlinge.  —  Sroft  unb  üluSbauer. 

2Bie  faitm  eine  beutfdje  fßroötns  unb  nur  raenige  beutfd^e  ©täbte  oon  ber  ber- 
fjeerenben  Furie  be§  ^Dreißigjährigen  Krieges  berfdjont  geblieben  ftnb,  fo  gibt  e§  aud) 
roenige  Sftieberlaffungen  ber  Qefuiten,  bie  nidfjt  ben  geinb  in  ihre  füllen  53ef)aufungen 
einbreefjen  ober  menigftenS  bor  ben  Soren  ber  ©tabt  ©djreden  unb  (Sntfeßen  ber» 
breiten  fafjen.  $e  nach  bem  2Bed)jet  be§  ®rieg§fchauplaj}e§  hatte  balb  bie  eine  baib 
bie  anbere  Orbensproüinj  mehr  ju  leiben,  ^n  ber  pfäljifdjen  ?ßeriobe  (1618- — 1623) 
litten  befonberg  bie  öfterreidjifche  unb  rheinifdje  ^3robin§  unb  in  ber  bänifefjen  ifkriobe 
(1625—1629)  bie  nieberrf)einifcf)e  fßrooing,  mährenb  in  ber  fchmebtfdjen  Sßeriobe 
(1630—1635)  bie  r£)einifd)en  fßroüinjen  unb  bie  bon  Oberbeutfcfjlanb  am  meiften 
mitgenommen  mürben;  bon  ben  Srangfalen  ber  leßten,  ber  fdjmebifdpfranjöfifchen 
fßeriobe  (1635 — 1648),  befamen  faft  alle  i^robinjen,  befonber§  bie  oberbeutfefte  unb 
öfterreidjifche  fßrobinj  ihren  Slnteil  an  ber  9t  ot  be§  Krieges  mit  all  feinem  Slenb 
unb  all  feinem  Jammer. 

©egen  Snbe  be§  Krieges  ha^  Salbe  al§  Slugenjeuge  unb  DJtitbeteiligter  in  einer 
feiner  griebenSoben  ba§  namenlofe  ©lenb  alfo  gefdjilbert: 

Sinnlos  irret  ber  Sdjmerj  mit  loSgelaffenem  Bügel 
Surd)  ber  Sörfer  miifte  Söoljnungen, 

Surd)  begrabene  Stabte.  SaS  Äinb,  am  SBufen  ber  SDtutter 
SBerfdjmadjtenb,  briidt  bie  nahrungStofe  Söruft. 

EereS  fchauet  fiel)  felbft  unb  bie  hungrigen  Scharen  mit  3orn  an, 

Safe  ihre  Frucht  oon  9Jtenfd)enbIut  ermudEjS. 

©raufam  herrfcf)te  ber  Sob.  Sen  rafft  er  in  Eite,  bem  anbern 
SSerfagt  er  fid) ;  bie  Jungfrau  burfte  nicht 
Unentroeihet  pm  ©rabe;  gefchänbet  niebergetretene 
Leichname  fahn  bie  ernften  SDtanen  fcheu. 

Unb  mie  im  brennenben  SBatbe  bie  ©lut,  fo  toächfet  ber  Srieger 
Studpofer  Sinn  unb  greoel  Qahr  auf  Bahr- 
SSeithin  teiltet  bie  SJSeft.  Sticht  SeutfcfjtaubS  Fluren  allein  briidt 
Ser  Bummer,  ganj  Europa  mit  ihm  bebt  *. 

^nmiemeit  biefe  ©djreden  aud)  bie  Qefuiten  getroffen,  mögen  menigftenS  einige 
Büge  au§  bem  blutigen  iRiefengemälbe  geigen.  5SolIftänbig!eit  ift  auSgefcfjloffen,  ba 
bie  29erid)te  allein  für  fief)  einen  ganzen  Sanb  beanfprudjen  mürben;  jubem  mußte 
einzelne»  fcfjon  früher  bei  ber  ©efcfjidjte  ber  SRieberlaffungen  geftreift  merben. 


1  Silvae  (1643)  9,  4.  Überfepung  bon  §erber. 


Scd)fte§  ÄapiteL  Äricggnot.  $ie  böljiiüfd)«pfälätfd)e  fjjeriobe.  —  Sintcirfuttgen  bc§  Stieget.  393 

2>aS  (Signal  jum  Kriege  gab  öcr  berüchtigte  f5’en^erfiur5  am  23.  äRai  1618: 
bie  faiferlidjen  (Statthalter  Sttartinih  unb  Slamata  ronrben  nebft  ihrem  ©eheimfdjreiber 
3U  ben  g-enftern  ber  faiferlicfjen  Burg  in  iprag  IpoauSgeftm^t.  ®en  böljmifdjen 
©mpörern,  ©reifen  BiatthiaS  fXf)urn  unb  ©enoffen,  fanbte  bie  proteftantifefje  Union 
ben  ©rafen  SBanSfelb,  bie  (SdEjtefier  nnb  Saufit^er  ben  SJiarfgrafen  ^of).  ©eorg 
non  Qägernborf  3u  (pilfe.  Bor  ben  oereinigten  geinben  unter  f£hurn  muffte  fid)  ber 
faiferlidje  ©enerol  Souquoi  ©nbe  Oftober  1618  jitrücf^ief)en.  211S  mitten  in  biefen 
SBirren  ®aifer  9)fattf)iaS  am  20.  9J?ärg  1619  geftorben,  brang  ©raf  Sthurn  jmeimat 
bis  oor  SCBien,  baS  erftemaf  Quni  1619,  baS  jioeitemat  Booember  1619  im  herein 
mit  bem  dürften  oon  Siebenbürgen,  Setlflen  ©abor.  SDie  Ofterreidfer,  bie  ebenfalls 
bie  gähne  ber  ©mpöruitg  entrollt,  bejtoang  §erjog  üBajürnilian  oon  Saliern.  ®iefer 
30g  bann  oon  Oberöfterreich  nach  Böhmen  unb  fcfjlug  nach  Bereinigung  mit  Souquoi 
am  8.  Booember  1620  in  ber  (Sd^lacht  auf  bem  Skiffen  Serge  bei  Srag  ben  ^fäljer 
^urfürften  griebricf)  V.,  ben  fog.  Sßinterfönig,  ber  aus  ber  £>anb  ber  Üfebellen  bie  nicht 
erlebigte  böhmifche  Ä'rone  angenommen  hatte.  Bon  Böhmen  toanbte  fid)  nun  ber 
®rieg  nach  bem  Stammlanbe  beS  befiegten  ipfäljerS. 

Skr  erfte  Schlag  traf  bie  gefuiten  in  Böhmen  unb  Sdjlefien.  $aunt  acht  Sage 
nach  bem  genfterfturs  in  fßrag  erging  üon  ben  rebellifchen  Skreftoren  am  1.  guni 
1618  ber  Befehl  an  bie  ^efuiten  in  ©la^,  Stabt  unb  ©raffchaft  innerhalb  einer 
SBoche  ju  üerlaffen,  toeil  fie  bie  Urheber  oon  allem  Übel,  eine  fd)äbliche  aufriihrerifche 
Sefte,  fdhauberüoUe  Unruhen  gegen  bie  toeltliche  Dbrigfeit  erregt  hätten.  Bad)  bem 
„beit  böhmifchen  Herren  bamalS  eigenen  Begriff  oon  Untertanentreue",  fo  bemerft 
ein  fdflefifcfier  ©efd)id)tfd)reiber,  „barf  eS  nicht  befremben,  bah  fie  bie  gefuiten,  bie 
treueften  greunbe  ihres  ßanbeSfferrn,  loiber  feinen  SBillen,  alfo  eigenmächtig,  aus  bem 
Reiche  oerbannten"1,  gn  einer  BerteibigungSfdjrift  00m  9.  guni  1618  brauchen 
bie  ©mpörer  noch  fdjärfere  SluSbrüde;  fie  nennen  bie  gefuiten  eine  fcfjeinheilige  Sefte, 
©efdjmeiff,  Stufrührer,  ßönigSmörber  ufro.  21m  7.  guni  fam  baS  üDefret  in  ©Iah  an, 
am  9.  guni  mufften  bie  gefuiten  bie  Stabt  üerlaffen,  3toei  alte  unb  franfe  gefuiten 
erhielten  nur  eine  grift  oon  acht  Xagen.  21m  15.  guni  „lagerte  fid)  mit  £ageS« 
anbrud)  eine  ÜBenge  Bürgeroolf  um  baS  Kollegium,  brohte  unter  milbem  ©efdjrei 
mit  ©etoalt,  menit  fie  nid)t  fofort  baS  §auS  räumten,  gür  ihr  Seben  beforgt, 
Sturm  unb  fßlüuberung  befürdjtenb,  fahen  fie  fich  ge3ioungen,  baS  fchon  um  10  Uhr 
in  (Site  bereitete  ÜBittagSeffen  3U  üerlaffen  unb  ohne  Beifegelb  ben  S3agen  3U  befteigen." 2 

211S  21nfang  1619  bie  Gruppen  ber  2lufftänbifd)en  ©la^  befehlen,  mürbe  baS 
Kolleg  greulich  Permüftet,  bie  ®ircf)e  burdj  ©rabfdfänbung  entmeiht.  Skr  pro« 
teftantifdje  Kaplan  ©eorg  211itriuS  fdjreibt  über  bie  Bermüftung  ber  gefuiten«  (S)om«) 
Äirche :  „2BaS  nun  aber  in  speeie  bie  SThumfircfje  betrifft,  ift  eS  faft  nicht  auS« 
3ufpre<f)en,  mie  biefelbe  fo  graufam  ift  3ugerid)tet  morben.  £>enn  nachbem  bie 
gefuiten  Oon  ben  böhmifdjen  Stänben  anno  1618  auS  ©Iah  toaren  proffribiert  unb 
abgefdjafft  morben,  hat  fidj’S  nidjt  unlängft  hernach  sugetragen,  bah  bie  Solbaten, 
melche  in  ber  Sefafjung  3U  ©Iah  lagen,  alle  genfter  unb  ©itter  oon  ©laS,  S)raf)t 
unb  Sifen  barauS,  mie  auch  Don  bem  gan3en  Xhumftift  meggetragen  haben.  .  . .  2)ie 
Orgel,  bie  Bilber  unb  Bänfe  aus  ber  ®ird)e  haben  fie  teils  auf  ben  2öad)en  üer« 
brannt,  teils  aud)  üerfauft  ober  aber  fonft  serfdjmettert.  2(lfo  haben  fie  auch  ade 
©emächer  beS  gansen  SE^umftiftS  eröffnet.  . . .  £)ie  Bücher  ber  überaus  fdfönen  unb 
buchreichen  Bibliothef,  berer  gleichen  man  nicht  leicht  antreffen  mirb,  haben  fie  teils 
3erriffen,  teils  aud)  fubermeife  an  anbere  Orte  üerfauft  unb  gar  übel  3ertrennt.  gn 
ber  Äirche  haben  fie  bie  ©rabfteine  meggehoben  unb  fleiffig  gefugt,  ob  oielleidjt  etroaS 


1  911.  93 ad),  Äirdjeitgefd).  ber  ©raffd)aft  ©laä  (1841)  196. 


2  ©bb.  195  ff  205  ff. 


394 


@ecJ)fte§  Kapitel.  ÄriegSnot. 


barunter  ju  finben  fei.  ©ie  paben  bie  ©ruft  ober  ©rüber,  in  mefcpen  bie  fefuitifcpen 
patres  begraben  liegen,  aufgemacpt  unb  paben  etfidjen  bie  Sfrme  oom  Körper  ab* 
geriffelt,  fjaben  ipnen  aucp  9)iauffcpeffen  gegeben  unb  ipnen  bie  SUeiber,  mit  mefcpen 
fie  maren  begraben  roorben,  ausgewogen;  ja  eS  paben  ipnen  audp  bie  ©ofbaten  ein 
öffentficpeS  ©djimpfpauS  gemadjt."1 

offg  SSerbünbeter  beS  ®aiferS  patte  ©panien  ben  SRarqueS  ©pinofa  mit  einem 
Deere  in  bie  ißfalw  einrüden  taffen,  ©pinofa  fepte  am  5.  ©eptember  1619  bei  üDfainw 
über  ben  9fpein.  ©ie  proteftantifdje  Union,  bereit  ©treitfräfte  burtf)  5000  ÜDRann 
au§  £>oüanb  unb  ©ngfanb  oerftärft  maren,  öerteibigte  bie  Unterpfafj.  ©urdj  ben 
9Jfainwer  Sffforb  fagte  fidf)  bie  Union  oon  bem  ^Sfalggrafen  foS.  ©ropbem  moffte 
ber  geächtete  fö'urfürft  üom  Kriege  nidjt  abtaffen ;  er  ernannte  ben  SJiarfgrafen  üoit 
^ägernborf  unb  ben  ©rafen  oon  SKanSfefb  ju  feinen  ©enerafen.  SJfanSfefb  patte  fiep 
aus  23öpmen  nadj  ber  Oberpfafw  gemanbt,  oor  ben  25000  üötann  äRapimifianS  unb 
©iffpg  jog  er  fidj  in  bie  Unterpfafw  wurücf.  ©ort  patten  bie  pfafwgräfficpeit  ©ruppen 
am  25.  $ufi  1621  baS  ©ebiet  beS  23ifcpofS  üon  ©peier  überfallen.  ©ie  ©panier 
unter  ©orbooa  (©pinofa  mar  wurüdberufen  morben)  mußten  fiep  jept  üor  bem  peram 
napenben  DJfanSfefb  wurüd'wiepen.  ©iefer  oereinigte  fein  ^>eer  oon  10000  9Rann  bei 
äRannpeim  mit  ben  7000  9Rann  beS  Oberften  Sere,  trennte  fiep  aber  mieber  üon 
ipm,  um  baS  ©ebiet  am  finfen  Sfpeinufer  wo  braitbfcpapen.  ÜIRapimifian  fanbte  ©ifft) 
gegen  SRanSfelb.  ©orbooa  folgte  SRanSfefb  auf  baS  finfe  3fpeinufer,  wog  fic^  aber 
im  Söinter  1621/1622  itt  bie  Söinterquartiere  wurüd.  ©aSfefbe  tat  ©iffp.  ©enfefben 
Söinter  benüpte  äRanSfefb,  um  ltadj  bem  ©ffafj  wu  W^u  unb  öiefeg  wu  branbfepapen. 

©feiep  im  Sfnfang  biefer  $riegSperiobe  fiel  ber  ^efuit  ©ottfrieb  ©pefen  aus 
Sßidratp  furpfäfwifdjen  ©ofbaten  wum  Opfer,  ©r  mar  am  borgen  beS  25.  ©eptember 
1620  mit  2  SRitbrübern  unb  24  anbern  97eifenben  auf  bem  ©dpiff  uaep  ®öfn  ab= 
gefapren.  ÜRadpmittagS  gegen  4  Upr  fegte  baS  ©dpiff  bei  23acparacp  an,  um  ben 
3off  wu  entrichten.  23ad)aracp  mie  baS  gegenüberfiegenbe  ßaub  maren  oon  für» 
pfäfwifepen  ©ruppen  befept.  23acparadj  ftürjten  ©ofbaten  auf  baS  ©dpiff  unb 

pfünberten.  fßefonberS  fielen  fie  über  P.  ©pefen  per,  ber  affein  im  ßfeibe  ber  ^efuiten 
reifte,  fepfugen,  befdjimpften  unb  beraubten  ipn.  ©nbfiep  gelang  eS,  baS  ©dpiff  frei 
Wu  madpeu.  2) er  ©teuermann  moffte  auf  ber  gegenitberfiegenben  ©eite  ftromaufmärtS 
rubern,  um  SJRainwer  ©ebiet  wu  erreiepen.  ©obafb  bie  ©ofbaten  in  föadparacp  bieS 
merften,  eröffnten  fie  $euer  auf  baS  ©dpiff,  baS  fo  genötigt  mürbe,  in  ber  ÜRüpe 
Oon  ®aub  wu  fanben.  Sftte  fprangen  fo  rafdp  mie  mögfidj  anS  Sanb  unb  fudpten 
auffer  ©cpupmeite  wu  fommen.  ©rei  ober  oier  ber  dfeifenben  mürben  oon  ben  ®ugefn 
getötet.  ÜJReprere,  unter  ipnen  P.  ©pefen,  manbten  fidf)  nadp  Staub,  fielen  aber  nun 
ben  oon  Staub  fommenben  ©ofbaten  in  bie  £mnbe.  ÜRacpbem  bie  ©ofbaten  einen 
SBoten  nadj  Staub  gefanbt,  fam  ber  23efepfspaber  ©imon  ©nbridp  unb  gab  burdp  brei- 
mafigeS  pfeifen  ben  ©ofbaten  ein  ßeidjen.  ©iefe  fegten  an  unb  fdpoffen  bie  fünf 
©efangenen  nieber.  P.  ©pefen  erpieft  eine  ®ugef  in  bie  SSruft  unb  ben  Unterleib, 
©r  fiel  auf  bie  St  nie  unb  betete  ben  Sfnfang  beS  142.  SßfafmS :  „§err,  erpöre  mein 
©ebet,  oernimm  mein  gfepen  uadp  beiner  Stöaprpeit.  ©rpöre  miep  nadj  beiner  ©e- 
redptigfeit  unb  gepe  nidpt  ins  ©eridjt  mit  beinern  fö'necpte."  SBäprenb  er  nodj  betete, 
ftürwten  bie  ©ofbaten  auf  ipn  unb  gaben  ipm  mit  ipren  ©Übeln  unb  ©emepren  ben 
9ieft.  ©ie  Seidjen  mürben  iprer  Stfeiber  beraubt  unb  üerfcparrt,  fpüter  oon  23emopnern 
oon  Ä'aub,  mo  ber  ©uperintenbant  ißauf  £eonarp  am  ©onntag  27.  ©eptember  auf 
ber  Stanwef  bie  ©epanbtat  gebranbmarft  patte,  in  ®aub  begraben.  fRacp  einigen  ©agen, 
afS  bie  fpanifdpen  ©ruppen  23adjaracp  unb  ®aub  befept  patten,  braepten  einige  Qefuiteu 


1  Glaciographia  ober  ©läpifdje  Chronica  (1625)  320  (329)  330. 


ßintoirfungett  be§  Äriege§  auf  bic  Sefuiten  in  ber  fßfalft. 


395 


bie  Seidje  beS  P.  Speien  na  cf)  bem  Benachbarten  SSaflfaprtSort  ÜÜiarientpaf  unb  festen 
i^n  oor  bem  £>auptaftare  ber  föirdpe  Bet 1. 

23afb  barauf  mürbe  ein  $ater,  ÜUtag  ©cpntib,  non  ben  furpfäfgifdjen  Struppen 
gefangen  nach  £>eibefberg  gebracht,  ©eine  ©cpidfafe  in  ber  ©efangenfcpaft  fdjifbert 
berfelbe  in  einem  Briefe  aus  §eibefberg  üom  11.  DJoüember  1620:  9)?eine  fo  fange 
©efangenfcpaft  märe  mir  unerträglich,  nieun  ntidh  nidjt  tröftete  baS  53emuptfein  meiner 
tlnfchulb,  bie  ja  aud)  ben  $einben  nidjt  unbefannt  ift,  unb  bie  ©adje,  für  bie  id) 
leibe.  Stenn  trenn  ich  rticf)t  Qefuit  märe,  fäpe  id)  nidjt  im  ©efängniS  gu  |>eibefberg, 
aber  ich  toiff  lieber  ©efangener  afS  fein  Qefuit  fein;  meine  Befreiung  gilt  mir  nidjt 
fo  rief  als  meine  SHeligion  unb  mein  33eruf.  SDian  mag  mich  guäfen  unb  auch  töten, 
aber  gu  ©runbe  gerichtet  merben  fantt  idj  nur  non  ©ott,  bem  allein  befannt  ift,  mag 
i cp  leibe  unb  gelitten  pabe,  befonberS  gu  SBengpeint.  Söenn  man  audj  afS  ©runb  für 
meine  ©efangennafjnte  oorgab,  baß  id)  mich  oerffeibet  hätte,  fo  paben  bie  Offiziere 
mir  offen  erffärt,  baS  fei  nur  ein  Sßormanb.  Stenn  bie  Änberung  ber  Äfeibung  ift 
unS  in  ber  ißfafg  ebenfomenig  üermeprt  mie  in  ber  ÜKarfgraffdjaft  53aben,  unb  mentt 
fie  auch  nodj  fo  fe^r  tierpönt  märe,  oerbiente  fie  hoch  feine  fo  fange  ©efangenfchaft. 
Stie  ©rbitterung  beS  aufgepepten  Röbels  gibt  eilten  auSreicpenben  ©runb  für  bie 
SSerffeibuttg  ber  OrbenSfeute  unb  ißriefter.  SBenn  eS  auf  ben  s43öbef  anfötne,  müpte 
ich  gleich  auf  bie  gofter  unb  üott  ba  an  ben  ©afgett;  man  mittet  gegen  bie  Werfer» 
meifter,  menn  man  erfährt,  bap  fie  mir  audj  nur  bie  geringfte  ©rfeicpterung  ge= 
mäfjrt  haben2. 

Über  ben  SDAtnSfefbfcpen  ©infaff  in  ©peier  berichtet  ber  Üleftor  beS  ©peierer 
ßoffegS,  ©tepfjan  9tuibiuS.  ©r  entfcfjufbigt  fith  in  einem  Briefe  üom  7.  Segentber  1621 
an  33ufaeitS,  bap  er  fo  menig  fchreibe,  aber  einigemal  feien  bie  Briefe  üon  ber  $oft 
gurüdgefdjidt  morbett,  teifg  meif  bie  ^pferbe  meggefiihrt  toorben,  teils  meif  bie  Briefe 
ber  Unfrigen  geraffen  unb  meggemorfen  morben;  feit  brei  üffiocpen  fei  auch  fein  33rief 
oon  SHont  aitgefangt3.  Sag  töistuni  ift  greulich  öermüftet  unb  faft  gang  in  ber 
©emaft  9JianSfefbS.  ©rope  23ranbfdjapungen  merben  ttad)  ber  ^fünberung  Oerfangt. 
23rucpfaf  pat  70000  (Safer)  begapft,  unb  man  üerlangt  nodj  15000.  ßroei  unferer 
patres  maren  bort  mit  einem  Araber,  ©ie  famen  mit  peder  fjjaut  baoott.  Ser  eine 
Sßater  gelangte  afS  23ettfer  oerffeibet  gu  unS,  ber  Aufenthalt  ber  anbern  ift  um 
befannt.  Sie  ©emafttaten  unb  ©cpänbficpfeiten  ber  SDfanSfefber  finb  nicht  gu  he- 
fdjreiben.  ©chon  aus  biefem  ©runbe  hat  bie  ©tabt  ©peier  bent  SHeruS  unb  beit 
Affefforen  (beS  ^ammergeridjtS)  oerfprochen,  fie  rnerbe  fiep  bis  aufs  äuperfte  gegen 
bie  9J?anSfefber  oerteibigen.  Ser  Ä'aifer  münfepte,  bie  ©tabt  möge  eine  Sefapung 
Oon  25apern  annefjnten,  aber  fie  meigert  fiep.  Am  AnbreaStage  (30.  ÜJioüember) 
herrfepte  eine  fofepe  ipanif  in  ©peier,  bap  oiefe  Üatpofifen  flüchteten.  Auf  ben  91at 
ber  Herren  fepidte  idj  gefjn  Sertiarier=SßatreS  nadj  anbern  Kollegien.  SBSir  fürchteten, 
bie  ©tabt  rnerbe  in  bie  ©emaft  ber  $einbe  fommen,  ba  allmählich  fdjott  100  9AanS* 
fefbifepe  Leiter  unb  einiges  gupüoff  fidj  auf  oerfdjiebenen  SBegen  in  bie  ©tabt  ein» 
gefepfiepen.  SaS  feinbfiepe  |>eer  ftanb  oor  ben  Sorett.  9?acpbem  baS  §eer  abgegogen, 
entfernten  fidj  audj  bie  Leiter.  SOianSfefb  oerfangte  üon  ben  Affefforen  100000 
fReicpStafer,  Oom  Somfapitef  200000  Safer.  Ser  Sontbefan  faS  mir  brei  Briefe 
Oon  SUfanSfefb  oor,  in  mefepen  er  biefe  Summe  unter  ben  gröpten  Sropungen  forbert. 
Socp  poffen  mir  megen  ber  üftäpe  beS  fatpofifepen  £>eereS  Rettung,  ©peier  ift  ooff 
üon  armen  53auent,  oon  benen  oiefe  mit  grauen  unb  Södjtern  ben  bifdjöffidjen 
^Safaft  bemopnen,  in  bem  meprere  .Qimnter  gepeigt  merben,  um  bie  fdjfedjt  beffeibetett 


1  Reiffenberg  I  518  ff  uttb  Mantissa  3  2>iefer  93rief  Com  7.  ®eä.  1621  fatn  erft 

115  ff.  2  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  747.  am  5.  San.  1622  in  9tom  an. 


396 


Sed)fte§  Kapitel.  Srieg§not. 


SDienfcpen  ju  erwärmen.  ©S  füllen  500  SBauern  oor  junger  unb  Kälte  in  ben 
SBälberit  umgefommen  fein,  ©roffe  Seuerung  perrfcpt  in  ber  Stabt,  fo  baff  in 
biefem  gapre  bie  Sertiarier  in  ©peier  nicpt  unterhalten  werben  fönnen 1. 

Um  biefe  geit  fiel  ein  f}3ater  auS  bem  ©peierer  Kolleg  ber  3iacf)gier  unb  9Jiorb- 
fuft  ber  9J?anSfelber  jum  Opfer.  ©S  war  P.  gopanneS  oan  ben  ©anb  (©anbaeuS), 
ber  bie  Obern  gebeten,  ben  ©olbaten  im  gelbe  beiftepen  gu  bürfeit.  Bitten  im  Kugel¬ 
regen  unb  in  ber  oerpefteten  Suft  ber  Sajarette  waltete  er  treu  feines  SlmteS.  er  fid) 
oon  ©peier  in  baS  Säger  SiUpS  begeben  wollte,  fielen  am  30.  3J?ärj  1622  9ftanS= 
fetber  über  ipn  per  unb  erfdjoffen  ipn  nad)  oielen  Sftiffpanblungen.  Sie  Seiche 
würbe  alter  Kleiber  beraubt  unb  lag  jwei  Sage  unbeftattet  im  gelbe.  51uf  23efepl 
SillpS  würbe  bie  Seiche  aufgefucpt  unb  fepr  eprenüofl  Oor  bem  ^podfaltare  ber  §aupt- 
fircpe  oon  SBebftabt  (SSaibftabt  ?)  in  Sabeit  beigefept2. 

Ser  auS  23rucpfal  üermiffte  gefuit  gop.  ©elenuS  fcpreibt  über  fein  Abenteuer  auS 
£>eilbronn  am  3.  Se^ember  1621  an  ben  SReftor  ÜluibiuS:  Slm  9.  9tooember  laut  äftanS» 
fetb  nad)  Sörucpfal.  2öir  blieben  ruhig  mit  einigen  glücptlingen  in  itnferer  SSopnung, 
flohen  aber,  als  ein  Leiter  mit  Siener  unb  fßferben  unfer  £>auS  befepte,  in  bie  23urg 
unb  oon  ba  oerfleibet  in  ein  ficpereS  IpauS,  wo  wir  übernacpteten.  3lm  folgenben  Sage, 
ben  11.  9iooember,  pielten  wir  unS  oerborgen.  SllS  am  Slbenb  gemetbet  würbe,  wir 
füllten  91tanSfelb  oorgefüprt  werben,  fagte  P.  ÜRifolaitS:  gcp  empfeple  mid)  ©ott,  retten 
fann  idj  micp  nicht.  Sllbert  oerfcpwanb,  icp  weif)  nicht  wie.  gcp,  opne  ©elb,  ©tod, 
23reoier,  SDcantel  unb  Kleib,  fprang  über  oier  dauern  unb  oier  güune  unb  entfam.  Sie 
gan^e  9?acpt  irrte  id)  umper,  ortSunfunbig  paffierte  icp  einigemal  Sörfer,  bie  ooll  oon 
©olbaten  waren,  gn  ber  griipe  fam  ich  in  am  vorigen  Sage  auSgeplünberte 
Obenpeim,  obgleich  tdp  meinte,  weit  oon  93rucpfal  ju  fein,  gcp  fepte  meinen  2Beg  fcparf 
auf  SanbSpaufen  ju  fort,  aber  mittewegS  pörte  icp  oor  mir  unb  hinter  mit  Leiter- 
truppS,  bie  gur  fßlünberung  jurüdfeprten.  gcp  üerbarg  micp  in  ben  Söälbern,  wo 
icp  jwei  Sage  unb  eine  ÜRacpt  opne  Sranf  mit  einem  ©tüddfen  23rot  micp  begnügen 
muffte,  gn  fortwäprenber  ©efapr  war  icp  wegen  ber  ftreifenben  Räuber,  bis  id)  am 
13.  9tooember  mit  SBewopnerit  oon  Obenpeim,  auf  bie  icp  jufäUig  gcftofjen,  nacp 
Obenpeim  gurüdfeprte.  SSon  ba  brad)  icp  am  folgenben  ©onntag,  ben  14.  9?ooember, 
in  aller  grüpe  gegen  ©ppingen  auf.  Sort  erpielt  icp  93rot  unb  einen  Srunf.  ©egen 
2  Upr  nacpmittagS  gelangte  id)  an  ben  fatpolifcpen  Ort  ©todpeim  (Seutfcporben). 
Ser  Sefeplspaber  ber  23nrg  napm  micp  fepr  freitnblicp  auf.  3luf  biefem  Söege  würbe 
id)  oon  württembergifcpen  ©olbaten  aufgegriffen  in  Kleingartacp  unb  jum  Sürger- 
meifter  gefüprt,  ber  in  freunblicper  Söeife  oiele  gragen  an  micp  ricptete;  er  erfannte 
mid)  als  fßriefter  unb  entließ  micp  bann.  9tm  15.  9Zooember  fam  icp  nad)  §eilbronn 
unb  am  folgenben  Sage  nacp  ÜRedarSulm  unter  güprung  eines  Kaminfegers  aus 
äRailanb,  meinem  23eicptfinb,  ber  gleidh  auf  micp  gulief  unb  mir  feine  Kleiber  ju 
leipen  anbot,  benn  bie  meinen  waren  in  bem  ©eftrüpp  ber  Söälber  gänglicf;  jerriffen. 
Ser  Kommanbant  Oon  SBolfenftein,  ein  grofjer  greunb  ber  ©efellfcpaft,  ben  id)  um 
9^at  fragte,  ob  icp  opne  ©efapr  im  ©ebiete  beS  SeutfcporbenS  bleiben  föunte,  um 
fobalb  als  möglicp  nad)  23rucpfal  jurüd^ufepren,  bot  mir  in  ber  liebeüoKften  SBeife 
fein  §auS  in  fpeilbronn  jum  einftweiligen  Slufentpalt  an.  Sort  pält  er  micp  jept 
jurüd;  am  folgenben  ©onntag  fotl  kp  in  feiner  ^»auSfapelle  prebigen.  SSäprenb 
feiner  Slbwefenpeit  blieb  i 6)  in  9JedarSutm  bei  bem  Sanbbecpanten,  ber  micp  nid;t 
oon  fiep  laffen  will  unb  micp  fleibete;  er  beforgte  mir  neue  ©djupe  unb  liep  mir 
feine  geiftlicpen  Kleiber,  gu  meiner  großen  greube  fonnte  icp  prebigen  unb  23eid)t 
pören.  ©S  ift  nicht  gu  glauben,  mit  welcper  Siebe  icp  Oon  aßen  aufgenommen  unb 


1  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  581. 


2  Cordara  I  868. 


Grinttnrfungcn  bei  Kriege!  auf  bie  gefuiten  in  ber  fJSfals- 


397 


eingefaben  merbc.  Sa  icf;  eg  nicfjt  gutmachen  fann,  möge  (Sott  aff  biefe  Siebe  üer* 
gelten.  Sag  i[t  mein  ©ebet1. 

Stefdje  SIbenteuer  manche  ^atre§  gu  überftefjen  Ratten,  fäfft  ein  Srief  beg 
P.  Soreng  fRipperger,  batiert  ©ebmeifer,  Sfbtei  Murbach,  21.  Segember  1621,  er* 
fennen.  Sd)on  14  Sage  finb  mir  auf  ber  9teife,  im  ungemiffen,  mag  bie  ßufunft 
bringen  mirb.  Dtadjbem  mir  am  26.  Scooember  gu  Söagen  Speier  oerfaffen  Ratten, 
festen  mir  in  tierfdfiebenen  ÜJZadjen  über  ben  9Zf)ein,  mo  mir  üon  P.  9äfof.  Soffamtg 
bei  ber  Überfahrt  getrennt  mürben,  meif  er  für  einen  Sauer  gehalten  unb  beSfjalb 
megen  ber  Menge  beg  fliefjenbett  Soffeg  üon  ber  Überfahrt  auggefdjfoffen  mürbe. 
Sann  fagten  mir  ben  Hier  nacf)  Stürgburg  beftimmten  ißatreg  2ebemof)f  unb  fdjfugen 
ben  Steg  nacf)  @n§fjeim  (?)  ein,  mo  mir,  oont  Pfarrer  freitnblid)  aufgenommen,  mit 
mehreren  ^Srieftern  au§  üerfdjiebenen  Orben  übernachteten.  Sen  meiteren  Steg  er* 
mögfidjte  mir  ein  ^afj  unb  bie  ^Begleitung  eineg  Mugfetierg  bis  Sßinffjeim  (?).  Qtt 
Sinfenfjeint  (?)  ftiefen  mir  auf  §möff  betrunfene,  mifbe  Mangfefbifdje  Mugfetiere; 
fcfjon  hörten  mir  fie  fpredjen,  afg  ung  ein  Sauer  ein  geidjen  gab  gu  fliehen  unb 
ung  ber  fidfjern  Seraubung  ober  audj  betn  Sobe  entriß.  Stir  oerbargen  ung  be§» 
fjafb  in  einem  benadfjbarten,  oon  feinen  Semohnern  oerfaffenen  §aufe  unb  festen 
nadjtg  um  2  Uhr  bis  gum  Morgengrauen  unfern  Steg  fort.  Sie  Staren  beg  Marf* 
grafen  (oon  Saben*Surfad))  umgehenb,  eg  mar  heiler  Monbfdjeht,  gelangten  mir  in 
ber  grüf)e  nadj  Sürrheim  (?).  Sa  mir  ermübet  mären,  riet  ich,  ©aftffaug  gu 

frühftüden  unb  bann  ben  Steg  fortgufepen.  ©feich  auf  ber  «Schmede  mürben  mir 
oon  einem  Siener  breier  Mangfefbifd)er  Üteiter  oerraten.  Sor  greube  auffpringenb 
medt  er  bie  Leiter  unb  oerfiinbigt  ihnen  bie  Seute.  Siefe  ergreifen  ihre  Staffen 
unb  madjen  ihre  Südjfen  fcfjupbereit.  Stir  bleiben  ruhig,  fie  fcfjimpfen  unb  brohen. 
2Bir  eilen  gum  Sürgermeifter  unb  erfudjen  um  ein  Serfted.  Sie  Mangfefber  greifen 
mit  gegiidtem  Schmert  unfern  ©aftgeber  an  unb  brohen  mit  Morb  unb  Sranb,  mettn 
bie  ^efuiteit,  bie  Urheber  adeg  Sfenbg  in  Seutfdjfanb,  nid)t  meggejagt  mürben. 
Sa  ber  Sürgermeifter  bringenb  bat,  mir  möchten  ung  aug  £Rüdftd)t  für  ihn,  fein 
Steib  unb  feine  fecfjS  föinber  entfernen,  bradjen  mir  abenbg  bei  ber  Sömmerung  auf 
unb  marfchierten  big  11  Uhr  nadjtg.  ©dhoit  glaubten  mir  ung  in  Sicherheit,  afg 
mir  in  ber  ^rüffe  auf  Mangfefbifdje  Leiter  [tiefen,  oon  beneit  gtoei  ißatreg  miffjanbeft 
unb  beraubt  mürben.  Sddieffidj  gelangten  mir  in  bag  auggepfiinberte  Mofgfjeint, 
oon  ba  nadj  ©ebmeifer,  mo  mir  in  ber  SIbtei  Murbad)  eine  gefieberte  Sfufnafjme 
fanbeit  unb  mit  adern  Nötigen  oerforgt  mürben2. 

9Zad)  einem  Seridjt  beg  P.  Mafer  mürbe  bag  ©ut  beg  ®odegg  oon  |)agenau 
P.  Mafer  unb  P.  9todjug  anüertraut.  Sie  arbeiteten  unoerbroffen  meiter,  mürben 
aber  burep  fortgefepte  fßfadereien  gegmungen,  bie  Stabt  gu  oerfaffen.  Sin  Siener 
ber  Qefuiten,  ber  aug  bem  ©arten  ©emüfe  überbrachte,  mefdjeg  ber  ©eneraf  ^oadjim 
oon  ^offtein  gemünfdjt  hotte,  mürbe  gefoltert  unb  gegeißelt,  um  ben  0rt  angugeben, 
mo  bie  Sdjäpe  ber  Qefuiten  oerborgen  feien.  Sffg  man  nidfjtg  heraugbringett  fonnte, 
befdjfof  man,  ihn  gu  töten,  um,  mie  eg  fdjeint,  bie  fcfjänbfidje  Sefjanbfung  begfefbeit 
nidjt  ruchbar  merben  gu  faffen.  Sa  bie  beraufdfjten  Sofbaten  fcfjfedjte  Stäche  hieften, 
entffoh  ber  Siener  unb  entfam  faft  nadt  unb  am  gangen  Seibe  gerffeifdjt  ing  ®odeg 
unb  marnte  bie  Satre3-  P-  9iodjug  entfloh  am  fefben  Sage  mit  einem  Saienbruber 
nadj  Sitfd),  P.  Mafer  am  fofgenben  Sage,  afg  Sauer  üerffeibet,  in  bie  Stäfber. 
Schon  gfaubte  er  fid)  in  Sicherheit,  afg  gmei  Dteiter  in  feiner  üftäfje  nach  einem 
^efuiten  riefen.  Sifigft  floh  er  unb  Qefedte  fidf)  auf  ber  Strafe  mehreren  Säuern 
bei.  Stber  bafb  [tief  er  auf  einen  anbern  Leiter,  ber  auf  bie  Steigerung,  ihm  ©efb 


1  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  581. 


2  *  Original  ebb.  745. 


398 


©cchfteS  Kapitel.  Ärieglnot. 


gu  gefien,  eilten  Streich  nadj  feinem  ®opf  führte;  burd^  fchneHeS  23üden  entging  er 
bem  ©treicf).  @r  mürbe  bis  aufs  ffernb  aff  feiner  Leiber  beraubt.  23or  bem  20t* 
griff  eines  gmeiten  ©ofbateit  entfloh  P.  SD^afer  unb  fam  f)äufig  ^infaffenb  unb  nur 
mit  ÜDUif)e  ficfj  mieber  erfjebenb  nadj  ^urgenffaufen  unb  üon  bort  nach  ©trafburg, 
mo  er  mit  beit  SBorten  abgemiefen  mürbe:  „@5ott  hilft  bir,  Sßaur."1 

@iit  neuer  Reifer  mar  bem  fßpfger  Sfurfiirften  eittftanben  in  bem  „tollen  (Üfriftian", 
bem  SIbminiftrator  üon  ^afberftabt,  ßpiftian  üon  Sraunfcffmeig,  ber  fic§  burcf)  feine 
Söifbfjeit  unb  Oolff)ed  ben  tarnen  „ber  tolle  ßfriftian"  oerbiente,  ^m  Sommer  1621 
marb  er  Oruppen  teils  mit  eigenem,  teils  mit  fmffänbifcffent  (Selbe  unb  fcfjfug  ben 
28eg  itacf)  ber  Unterpfalg  ein.  Söäfjrenb  beS  SSinterS  1621/1622  branbfcfjafte  er 
baS  33  iS  tunt  fßaberborn.  „Oer  Jammer  ber  23eüölferung,  bie  auS  §af)lreicf)en,  burd) 
Reiter  oermiifteten  Orten  mitten  im  Söinter  fliicf)ten  muffte  unb  meber  0bbad)  nod) 
Nahrung  fanb,  fpottet  jeber  23efcf)reibung.  ßpiftian  lief  fid)  beSfalb  fein  graues 
^aar  machfen,  fein  gangeS  Sfuftreten  geugte  öon  müftem  Übermut;  er  rühmte  fid), 
baf  nur  ein  fßfaff  ber  Pfaffen  §err  merben  fönne,  lief  aus  bem  gemonnenen  Silber 
9Mngen  prägen  mit  ber  Überfdjrift:  ,@otteS  greunb  unb  ber  ^Sfaffen  f^einb/"2 

Oiefe  geinbfdjaft  befameit  audf  bie  ^efuiten  in  Sßaberborn  gu  fpüren 3.  Oa  öon 
ben  morb*  unb  beutegierigen  §orben  GHfriftianS  baS  ©chOmmfte  511  befürchten  mar 
unb  bie  meiftenteilS  noch  proteftantifdfen  S3ürger  gegen  bie  ^efuiten  fjödfjft  feinblidf» 
gefinnt  maren,  rieten  bie  greunbe  ben  ^efuiten  gur  gluckt.  Oer  ^3roöin§ial  Qop 
Sopper  mar  berfelben  2lnfid)t:  er  gab  ben  33efef)l  gu  fliehen  (23.  Januar  1622). 
Oie  ©cfjofaftifer  mürben  oon  einem  ^öbefpufen  tätlich  befeibigt.  ©egen  ben  fReftor 
33aöing  mürbe  ein  ffeuerbranb  gefcfffeubert.  $ünf  fßatreS  hatten  gemünfd^t,  in  fßaber* 
born  gu  bleiben4.  Oie  gfüd^tfinge,  gegen  70  an  ber  3af)f,  ptten  001t  ®älte  unb 
junger  öief  gu  leiben,  15  gerieten  in  bie  §änbe  ber  ffeinbe,  ber  fReftor  fßaüing 
mürbe  mehrere  Oage  gefangen  herumgeführt,  bis  ifjn  Heinrich  öon  ©ntifing  (©d^mifing) 
mit  500  Oafern  foSfaufte. 

Unter  ben  Flüchtlingen  befanb  ficf  auch  SfpanaftuS  ßircher,  ber  batnafS  in 
paberbont  fein  gmeiteS  Fahr  5ßpfofopf)ie  ftubierte.  Oie  Seiben  unb  Ouafen  ber 
fffudjt  üon  fßaberborn  fjat  er  fpäter  in  feiner  Autobiographie  anfchaulich  gefcf)ilbert: 
,,^n  unferem  Kolleg  gu  fßaberborn  befanb  ficf)  bamafS  gerabe  bie  SilbuitgSftäüe 
für  ben  üliacfjmudjS  unferer  ©efettfchaft.  20t  80  fßerfonen  maren  barin  gu  öer- 
föftigen.  Oa  nun  ber  gürft  öon  .'pafberftabt,  ber  tolle  23ifdf)of  genannt,  offen 
auSgefprodfen  hatte,  baf  er  ben  gefuiten  tobfeinb  fei,  fo  beratfdffagte  man  barüber, 
ob  eS  nicht  beffer  märe,  baS  Ä’offeg  gang  aufgulöfen,  bamit  bei  (Srftürmung  ber 

©tabt  nidjt  affe  inSgefamt  niebergemefelt  mürben,  ©cfon  begann  ber  geinb 
bie  ©tabt  allmählich  eingufchOefen.  gn  bem  fjierburcf)  plöplid)  entftanbenen  Söirr- 
marr  mar  eS  unmöglich,  (eben  eingelnen  mit  Üöiunbüorrat  gu  üerforgeit.  Oie 

meiften  flüchteten  ohne  ^roöiant,  mof)in  fie  ber  ,ßufall  unb  bie  SSorfefjung  ©otteS 
führten.  @S  mar  gerabe  feffr  ftreitgeS  Söintermetter  unb  ber  Schnee  lag  fef)r  hodj. 
OaS  ©dfliminfte  aber  mar,  baf  mir  nur  leicht  gelleibet  maren,  überhaupt  aüeS 

entbehrten,  maS  gu  einer  Söinterreife  erforberlidj  ift.  Ood)  bie  furcht  öor  ben 

©ofbateit  hinter  uns  trieb  uns  meiter  unb  beflügelte  auf  ber  gfudft  nufere  Schritte. 
UnS  ©ott  unb  ber  afferfefigften  Jungfrau  empfehfenb,  fdjfugeit  mir  ben  223eg  nadj 
9)fünfter  ein.  Sille  ©trafen  maren  aber  mit  fefjr  hohem  S^nee  bebedt.  28ir  ge= 
rieten  beSfafb  üon  benfelben  ab  unb  irrten  Oag  unb  Siadjt  freug  unb  quer  auf 

1  *Epp.  ad  Bus.  651.  4  9tid)ter  (©efcf).  ber  ©tabt  ^aberborn  II 

2  ©inbeit),  ©efcf).  be§  ®rei§igiäf)ngen  235)  fagt,  fie  hätten  auf  ihrer  ghubt  bie  5©ore 

Striegel  II  (1882)  32.  fchoit  gefrfjtoffen  gefunben  unb  belhalb  bleiben 

3  Reiff enb  erg  I  542  ff.  muffen. 


Gimmrfungcu  be3  ®riecjc3  auf  bie  Sefuiten  in  SBeftfafen. 


399 


Reibern  unb  in  fetjr  bitten  SBäfbern  umfjer.  ©I  roar  un!  unmöglich,  ben  richtigen 
2öeg  roieber  gu  finben.  2öir  mahnten  un!  in  eine  ber  lriifteften  ©egenbcn  Qnbien! 
üerfe^t.  2öir  ermunterten  un!  gegenseitig,  au!  Siebe  gu  SfjriftuS  and)  ba!  ©djfimmfte 
gu  erbulben,  unb  gaben  un!  in  unerfdjütterficfjem  Vertrauen  auf  ©ott  unb  bie  aller» 
feligfte  Jungfrau  ber  Hoffnung  f;in,  (55ott  merbe  uni,  bie  mir  in  ber  Sfbfidjt,  ben 
fjeiligen  ©efjorfam  gu  üben,  eine  fo  fdjroierige  9ieife  unternommen  Ratten,  nidjt  im 
©ticfje  taffen.  23on  biefem  Vertrauen  befeeft,  manberten  mir  burd)  bie  unroirtfidjften 
SBälber,  oft  bi!  an  bie  ®nie  im  (Schnee  matenb,  mie  mir  eben  tonnten,  meiter. 
9?adjbem  mir  un!  fo  groei  Stage  abgequält,  mnrben  mir  oon  mütenbem  junger  er* 
griffen.  SBir  fjatten  jebodj  feinen  äßunboorrat  mefjr.  23ei  biefer  ©elegenfieit  erfuhr 
ic^,  mal  junger  fei  unb  roefdfje  Sendungen  berfefbe  auf  ben  ÜJJienfcfjen  aulübe. 
0,  roefdje  Sederbiffen  mären  für  uni  ba  ißffangen  unb  ÜBurgeftt  gemefen,  menit  uni 
ber  tiefe  ©cfjnee  unb  bie  fjart  gefrorene  ©rbe  nicfjt  bei  ©füde!  beraubt  fjätten, 
SU  benfelben  gu  gefangen!  ©nbfid),  nacfjbem  mir  ©eföbniffe  gemadjt,  tarnen  mir  aul 
bem  SBafbe  fjeraul.  llnfer  ganzer  Körper  mar  fteif,  üor  $äfte  gitterten  uni  bie 
®nie,  unb  nufer  Sfntfip  mar  feidjenbfafj.  SDodj  ©ott  moffte  uni  nicfjt  über  bal,  mal 
mir  üermodjten,  oerfudjen.  2Bir  gefangten  511  einem  beroofjnten  Ort.  ^d)  betrat 
benfelben,  um  gur  Stiftung  bei  Seben!  meiner  fjafbtoten  ©enoffen  ein  Üffntofen  gu 
ermirfen.  ütfadj  langem  Sßerfjanbefit  errang  icfj  enbfidj  einen  Saib  23rot.  Obfdjon 
biel  23rot,  meif  aul  §afer  unb  fö'feie  gebaden,  oon  ber  fdjfecfjteften  ©orte  mar,  tarn 
el  unfern  fjungrigeit  ©aurnen  bodj  fo  füfj  oor,  bafj  icfj  midj  nicf)t  erinnere,  in  meinem 
Seben  je  etmal  Söofjffdjmedenbere!  gegeffen  gu  fjaben.  Stmrcf)  biefel  33rot  gefräftigt, 
gingen  mir  meiter.  ©egen  Sfbenb  erreicfjteir  mir  eine  Ortfdjaft,  bie  nidjt  fo  feljr 
aul  Käufern  afl  aul  Quitten  beftanb.  £a  fjier  feine  Sebeulmittef  gu  befommen 
roaren,  fudjten  mir  uni  menigftenl  an  einem  Reiter  gu  erfjofen.  $ocf)  bafb  erfcfjien 
jemanb,  ber  fragte,  ob  fjier  feine  ^efuiteit  oorbeigefommeit  feien.  ®urdj  biefe  SBorte 
mie  efeftrifiert,  eiften  mir  auf  ifjn  gu  unb  riefen  aul,  mir  feien  affe  oier  Qefuiten. 
Qener  ermiberte,  er  fei  oon  feinem  |jerrn  mit  bem  Sfuftrage  fjierfjer  gefdjidt,  uni 
gur  Steifnafjme  an  feinem  Sfbenbeffen  abgufjofeu.  Erfreut  burd)  bie  Sfulfidjt  auf  bie 
ÜOtafjfged,  bie  uni  burdj  befonbere  Rügung  ber  göttlidjen  Sßorfefjung  angeboten  mürbe, 
überfielen  mir  uni  ber  Seitung  nufere!  güfjrerl.  23ei  unferer  Sfnfunft  mürben  mir 
mit  ber  größten  Siebe  bemirtet.  9?adj  beenbigter  £Ofaf)fgeit  fagten  mir  ©ott  unb 
bem  mofjfrooffenben  ©aftgeber  fjeifjen  ®anf.  2fm  barauffofgenben  üötorgen  reiften 
mir  in  ber  Diidjtung  nadj  fünfter  meiter.  9iocfj  am  Sfbenbe  belfefben  Stage!  famen 
mir  in  biefer  ©tabt  an.  bortigcn  fö'offegium  nafjm  man  un!  mit  aff  ber  Siebe 
auf,  roefcfje  bie  ©efefffdjaft  $efu  ©äften  unb  oon  ben  ©trapagen  ber  9ieife  erfcfjöpften 
Söanberern  angebeifjen  gu  taffen  pflegt.  Nacfjbem  mir  fjier  gur  §erftetfung  unferer 
Kräfte  adjt  Stage  gugebradjt,  mürben  mir  gur  grortfetjung  ber  pf)ifofopf)ifdjen  ©tubien 
nadj  ®öfn  entfaffen.  .  .  . 

„3roei  Stage,  nacfjbem  mir  unfere  Steife  oon  fünfter  nadj  Ä’öfn  angetreten, 
gefangten  mir  nadj  SDüffelborf.  233ir  fanben  ba  ben  9tfjein  gugefroreit.  SDie  33e= 
mofjner  ber  Ütfjeinufer  fjatten  aber  bie  ©epffogenfjeit,  bafj  fie,  fobafb  ber  Stfjein  mit 
©i!  bebedt  erfdjien,  einen  2ftenfcfjen  aulfinbig  gu  madjen  fudjten,  ber  für  eine  be= 
Stimmte  ©efbfumme  ben  gdufj  überfdjritt  unb  ba!  ©i!  auf  feine  Stragfäfjigfeit  für 
Sftenfcfjen  unb  3u90^e^  prüfte.  SBäfjrenb  nun  Oom  üütagiftrate  in  Stmffelborf  au!= 
gefanbte  Seute  gerabe  auf  ber  ©ucfje  nadj  einem  fofcfjen  ^unbfcfjafter  roaren,  fügte 
e!  ein  ungfiidfidjer  gufaff,  bafj  mir  mit  ifjnen  gufammentrafen.  SDa  fie  fafjen,  ba^ 
mir  ärndidj  geffeibet  maren  (mir  trugen  affe  meftfidje  ßfeibung),  unb  erfuhren,  ba^ 
mir  nodj  an  bentfelben  Stag  über  ben  Üffjein  gu  fe^en  münfdjten,  argmö^nten  fie, 
mir  feien  Sanbftreidjer  ober  fafjnenffüdjtige  ©ofbaten,  unb  roaren  barum  ber  Meinung, 


400 


@edjfte§  Kapitel,  ßrieglnot. 


baff  eS  roertig  öerfcfjlage,  wenn  wir  umS  Seben  fätneit.  Sie  berebeten  un§  balfer, 
auf  eigene  @efaf)r  fjiit  als  bie  erften  ben  Übergang  über  ben  gluff  gu  üerfudjen. 
@ie  geigten  unS  aud)  bie  ©teile,  wo  wir  überfein  füllten,  unb  logen  unS  offenbar 
an,  inbem  fie  fagten,  biefen  2Beg  fdjliigen  alle  ein.  fBir  in  unferer  ©infaft  ahnten 
nichts  ©cf)fimmeS  unb  malten  unS  auf  ben  28eg;  jebod)  waren  wir  fo  oorfidftig, 
baff  wir  einer  Ifinter  bem  anbern  in  einem  Slbftanb  bon  gef)tt  $uff  üoranfdjritten. 
$d)  ging  als  SBegweifer  allen  boran.  fftadjbem  icf)  bereits  über  bie  Kitte  beS 
Stromes  |inauS  war,  würbe  id)  plöfjlid)  gewahr,  baff  icf)  offenes  Söaffer  bor  mir 
hatte.  9Son  gurdjt  ergriffen,  eilten  meine  ©efäfjrten  alSbalb  nacf)  bem  berlaffenen 
Ufer  gurüd.  Qcf)  aber  fdfritt  nod)  weiter  fort,  fo  weit  eS  bie  geftigfeit  beS  ©ifeS 
geftattete.  ©nbficf)  machte  aud)  idE)  ®ef)rt,  um  meine  ©efäfjrten  eingiifjoleit.  ®odj 
fiefje,  baS  ©iS  brad)  ringS  um  mid)  fjerum  ab  unb  fef$te  ficf)  in  Bewegung,  3^) 
ftanb  mitten  auf  bem  abgeriffenen  ©isftüde  wie  auf  einer  ^nfel  unb  trieb  mit  beim 
felben  ftromabwärtS.  3flS  meine  ©efäfjrten  bieS  mahrnaf)men,  gelten  fie  micf)  für 
berloren.  ©ie  faulen  auf  bem  ©ife  auf  bie  ®nie  unb  flehten  mit  groffer  Qnbrunft 
gu  ©ott,  baff  er  mid)  erretten  möchte,  unb  gur  ©otteSmutter,  baff  fie  mir  gu  Epilfe 

fomme.  @S  war  gerabe  Kariä  Sidjtmeff.  SDiefeS  f^eft  feiere  id)  nod)  f)eute  wegen 

meiner  an  biefem  £age  erlangten  ©rrettung  auf  befoubere  SBeife. 

„Unterbeffen  würbe  icf)  auf  meiner  ©iSinfel  abwärts  getrieben.  ®a  id)  faf),  baff 
ntenfdjlidje  £>ilfe  unmöglich  fei,  nat)m  icf),  gurn  ©terben  wie  gum  Seben  gfeicf)  bereit, 
meine  gufludd  ,u  @0tt.  war  nämlid)  bei  biefer  ©efegenfjeit  mef)r  als  je  üon 
Vertrauen  auf  ©ott  erfüllt  unb  erinnerte  micf)  ber  früheren  ©efafjren,  aus  weldjen 
mid)  ©otteS  Sorfefjung  errettet  fjatte.  $>c()  tourte  aud),  baff,  wo  menfdjfidje  §iffe 
unmöglich  ift,  ©ott  feine  §ilfe  niemals  oerfage.  ^ubem  id)  nun  fo  einige  $eit 
abwärts  trieb,  gewährte  id),  baff  ber  ©trom  ein  wenig  weiter  abwärts  wieber  ge» 

fdjloffen  fei.  Ungeheure  ©iSmaffen  Ratten  fid)  ba  wie  gu  einer  -Kauer  aufgetürmt. 

Slud)  bie  ©isfdjotfe,  auf  wefd)er  id)  mid)  befanb,  fam  f)ier  gum  ©tillftanb.  2)od) 
neue  ©cfjwierigfeiten  traten  ba  ein.  233ie  füllte  id)  über  bie  enbfofen  Kaffen  ber 
©iSfd)olfen  ^inüberfommen?  Unb  bennod),  wollte  icf)  nid)t  umfommen,  fo  muffte  ber 
S3erfucf)  gemad)t  werben,  3mei  unüermeiblicf)e  ^jiuberniffe  ftetlten  fid)  bem  entgegen, 
welcher  über  biefen  ©iSffaufen  ^inwegfe^en  wollte.  3Sor  allem  bot  bie  ©lütte  beS 
©ifeS  bem  barüber  ^letternben  Weber  für  bie  gmffe,  nod)  für  bie  §änbe  fiebern  £>aft. 
Sfufferbem  flafften  gwifcfjen  ben  ©d)ollen  bis  an  ben  SBafferfpiegef  reicfjeitbe  ©palten. 
2öäre  id)  wegen  ber  ©djfitpfrigfeit  beS  ©ifeS  in  eine  biefer  ©palten  geftiirgt,  bann 
hätte  icf)  alle  Hoffnung  aufgeben  müffen,  micf)  wieber  fjerauSarbeiten  gu  fönnen.  ©ott 
allein  Weiff,  wie  eS  mir  angefidjtS  biefer  unüermeiblicfjeit  unb  gefährlichen  -Epinberniffe 
gu  Kute  war.  $ocf)  bie  gmrcfjt  fteigerte  bie  ginbigfeit  meines  ©eifteS.  Qcf)  begann 
über  ffeinere  ©d)oHen  gu  ffettern  unb  gelangte  enblid)  auf  bie  anbere  ©eite  beS  ©iS» 
ftoffeS,  wo  ich  ^en  9^hein  mit  fefterem  ©ife  bebedt  fanb.  2BaS  id)  ba  beginnen 
füllte,  war  eine  fdjwer  gu  beantwortete  grage.  Umgufehren  war  unmöglid),  üor» 
wärtS  gu  gehen  fehr  fchwer,  ein  ©elbftmorb  aber  wäre  eS  gewefen,  wenn  id)  mitten 
im  Söinter,  grimmiger  ®äfte  auSgefetjt,  burdf)  Sfnftrengung,  fyurdjt  unb  ©eelenangft 
erfchöpft,  bagu  nod)  mit  meinen  burd)  baS  ©rfaffen  fd)arffantiger  ©isfcfjollen  oer» 
wuubeten  Ringern  geblieben  wäre,  wo  id)  micfj  eben  befanb.  Qcf)  hatte  bafjer  feine 
anbere  2Baf)f,  als  burd)  Schwimmen,  welches  i d)  als  ßnabe  gelernt  hatte,  an  baS 
nur  nod)  etwa  24  guff  entfernte  Ufer  gu  gefangen.  2)aS  tat  id)  bentt  aud).  SSeil 
ich  aber  burd)  bie  Kleiber  beim  @d)wimmen  bef)inbert  würbe,  probierte  ich,  weine 
^üffe  ©ritnb  finbeit  fönnten.  9cad)bem  mir  bieS  gelungen  war,  fegte  ich  nod) 
übrige  ©trede,  guerfl  bis  an  ben  £afS,  bann  bis  gur  23ruft,  enblid)  nur  nod)  bis 
an  bie  ®nie  im  SBaffer  wateub,  mit  feid)ter  Kühe  gurüd. 


Eirnnirfutigen  be§  ÄriegeS  auf  bic  ^efuiten  in  SBeftfalcn. 


401 


„Söieber  an»  Ufer  gelangt,  fniete  id)  nieber  unb  banfte  ©ott  unb  ber  Gottes¬ 
mutter  für  beit  fo  augenfdjeinlidjen  53etr»eiS  göttlichen  ©djujjeS.  Sei  ber  fcfjneibenben 
£älte,  bie  bantalS  f)errfd)te,  mar  mein  Körper  gang  fteif,  unb  meine  Ringer  mie  bie 
übrigen  ©liebmafjen  maren  burd)  groft  gang  taub  unb  gefühllos  gemorben.  $d) 
fiirdjtete,  bajj  bei  längerem  Sermeilen  mein  Slut  burd)  bie  teilte  gerinnen  unb  id) 
in  SobeSfdjlaf  oerfallen  mürbe.  ^:dj  hatte  nämlidj  gehört,  baff  bieS  bei  ben  burd; 
®ölte  Srftarrten  gu  gcfdjeljen  pflege.  ^;d)  fdjiittelte  bafjer  alle  @rfd)laffung  gemaltfam 
ab  unb  fe£te  mid),  meine  ©djritte  befdjleunigenb,  gegen  bie  oon  ba  nur  brei  ©tutiben 
entfernte  ©tabt  ffteufj  in  Semegung.  9J?it  ber  §ilfe  GotteS  langte  id)  enblicf;  bafelbft 
an.  SDleine  Gefährten  Ijatten  unterbeffen  au  einer  fefter  gefrorenen  ©teile  ben  ©trom 
iiberfchritten  unb  maren  nod)  üor  mir  im  bortigen  Kolleg  eingetroffen,  mo  fie  meinen 
Sob  burd)  Grtrinfen  gemelbet  hatten.  Qcf)  mürbe  bal)er  mit  unbefcfjreiblidjer  fyreube 
oon  allen  aufgenommen  unb  brei  Sage  lang  gepflegt,  morauf  id)  nad)  $ö(it  roeiter- 
reifte.  Qd)  fmtte,  maS  ben  Slrgten  unmöglid)  öiinfte,  an  meiner  ©efunbljeit  nidjt  ben 
geriugften  ©cfjabeit  erlitten/' 1 

SSäljrenb  ber  junge  firdjer  unb  feine  Genoffen  fo  oiel  ©lenb  erbulbeten,  maren 
bie  braunfdjroeigifdjen  ^orben  am  29.  Januar  1622  in  ißaberborn  eingerüdt.  5lnt 
31.  Qanuar  folgte  ber  tolle  Sljriftian.  ©r  naf)m  SBotjnung  im  Qefuitenfolleg,  „mo 
oieleS  ©agbare  unb  Unfagbare  oeriibt  mürbe"2,  „©cfjredlid)  häuften  feine  Seute  im 
Qefuitenfodeg.  ©elbft  bie  Kleiber  unb  |mte  ber  Qefuiten  mürben  oerfteigert,  unb 
gum  ©rgöpen  ihrer  fjeinbe  ftolgierten  bie  auSgelaffenen  ©olbaten  im  OrbenSgemanb 
burd)  bie  ©tragen.  Sen  bamalS  erlittenen  ©dfjaben  berechnete  baS  Kollegium  fpäter 
auf  10  700  Saler.  Unb  nadjbem  alles  oerprafjt  unb  oermüftet  mar,  oerlangte  ber 
fperjog  mie  gum  £mljn  nod)  20000  Saler.  ©S  foftete  SDfüfje,  if)n  gu  bemegen,  bafj 
er  feine  fyorberung  auf  bie  ffmlfte  befcfjränfte."  Sic  gurüdgebliebenen  Qefuiten  mürben 
eingefperrt  unb  ftreng  bemacfjt.  Um  ©fjriftian  nod)  meljr  gu  reifen,  mürbe  bie  fyabel 
oerbreitet,  ein  ^efuit  in  Gefefe  fjabe  einen  SOf euchelmörber  gebungen,  ben  §ergog  gu 
oergiften.  ©S  tonnte  aber  feftgeftedt  merben,  bafi  im  gangen  ^afjr  fein  Qefuit  in 
Gefefe  gemefen  mar.  51m  1.  SIpril  30g  ©fjriftian  mit  ungeheurer  Seute  ab.  £yi*nf 
patres  fdjleppte  er  in  betten  mit,  fud)te  aber  auf  bem  9Jtarfd)e  ifjr  £oS  mieberl)olt 
gu  erleid)tern.  70  üDleilett  mürben  fie  mitgefüljrt;  oerföftigen  mußten  fie  fief)  felbft; 
gumeilen  Ratten  fie  oiel  auSgufteljen.  ©rft  am  17.  Quni  1622  mürben  bie  patres 
in  ber  ©cf)lad)t  bei  £)öcf)ft,  in  meld)er  ©fjriftian  oon  Silit)  gefd)lagen  mürbe,  befreit. 

Qn  einem  Seridjt  über  biefeS  Sreffen  fd)reibt  P.  ßiegler  am  24.  iQuni  1622  an 
SufaeuS:  Sei  Gelegenheit  biefeS  ©iegeS  finb  oiele  ©efangene  befreit  morbeit  unb 
unter  anbern  audf)  unfere  fDtitbrüber,  meldje  ber  ^alberftäbter  (©fjriftian)  gu  ^aber- 
born  gefangen  genommen  unb  in  Stetten  mit  fich  führte.  Unfer  ©rgbifdjof  (oon  SJfaing) 
erbat  fiel)  biefe  aus,  unb  meil  ber  2öeg  unfidjer  mar,  hatte  id)  baS  ©lücf,  bafi  bie 
Sefenner  Ghrifti,  bie  gu  SSagen  nad)  51fd)affenburg  gebrad)t  mürben,  mein  ßelt 
heiligten.  2öir  empfingen  fo  nad)  harten  Srübfalen  P.  ÜUtattljäuS  deiner,  P.  ^teinrid) 
Stottfjaufen,  P.  ^obof  Sljormeften,  P.  53ernf)arb  Slllerbing,  P.  Qobof  Silmann.  Unter 
ben  anbern  ©efaitgenen  mar  aud)  ÜDleldjior  0.  Sermbad),  ber  Sruber  beS  oerftorbenen 
51bteS  oon  gulba.  5I1S  biefer  mit  feinem  ©ol)ne  ben  Sraunfdjmeigern  entronnen, 
märe  er  beinahe  oon  ben  ©paniern  getötet  morben,  meil  er  roegen  feines  SileolumS 
unb  feines  langen  SarteS  für  einen  $räbifanten  gehalten  mürbe.  Ser  SobeSftreid) 
mar  it)m  ficljer,  als  er  plöjjlicf)  auSrief:  3eiu§/  Farial  Saburd)  mürben  bie  milbett 


1  ©  e  tt  fl ,  ©elbftbiograpbie  beS  P.  9Itbanafiu§ 
fiirdjer  (1901)  16  ff. 

2  Siebter  a.  a.  D.  II  (1903) 243 ff.  2t.  2ö e S- 
$ul)r,  ©efiSic^te  ber  3e(uiten.  II. 


famp,  §eräog  Epriftiatt  Pon  23raunfcbroetg  in 
ipaberborn  (1884)  72  ff.  21ud)  für  bie  folgenbctt 
3itate. 

26 


402 


Secbfte?  Sapitel.  SriegSnot. 


Kerte  Besänftigt,  nnb  faft  nacft  enttarn  er  naep  Biainj.  ©cpon  fagt  man  im  Botte: 
®er  Baunfcpmetger  ift  aufg  ^pöcfjft  fommen  unb  mup  nun  mieber  hinunter1. 

Sttg  meiterer  Reifer  für  ben  fßfatjgrafen  erfdjien  Stprit  1622  ber  SJJarfgraf 
©eorg  griebricp  üon  Babem®urtadj  auf  bem  Kampfptape,  fo  bap  grüpjapr  1622 
etma  70000  äftantt  gegen  ben  Kaifer  im  gelbe  ftanben.  ÜÜIangfetb  patte  ©nbe  Stprit 
fein  Hauptquartier  bei  ©ermergpeim  üertaffen,  über  ben  Stpein  gefept  unb  am  27.  Stprit 
bei  ÜDüngotgpeim  £ittp  jurüdgebrängt.  ®er  SJtarfgraf  üon  Baben  30g  £iUp  naep, 
mürbe  aber  üon  biefem,  ber  fiep  mit  ©orboüa  üereinigt  patte,  am  6.  ÜJJiai  bei  SBimpfen 
gefeptagen.  SBäprenb  Btangfetb  unb  ©priftian  eine  SDiüerfion  naep  Trabant  maepten, 
eroberte  Xittp  bag  ©tfap  unb  bie  fßfatj,  gtoang  am  19.  ©eptember  Heibetberg  unb 
am  2.  Sioüember  SJtannpeim  gur  Kapitulation,  gm  fotgenben  gapre,  1623,  mürbe 
©priftian  am  6.  Sluguft  bei  ©tabttopn  im  SJtünftertanb  ein  gmeite§mal  üon  Saßt) 
gänjlicp  gefeptagen.  gnfotgebeffen  50g  30?an§felb  aug  bem  ©tift  fünfter,  in  bag 
er  eingerüeft  mar,  guerft  naep  Oftfriegtanb  unb  Später  naep  (poßunb. 

9iacp  Befiegung  üon  Btangfetb,  ©priftian  unb  ©eorg  griebricp  märe  ber  Krieg 
ju  ©nbe  gemefeit,  menn  niept  jept  bag  Stugtanb,  bag  bigper  fepon  burep  ©etb  unb 
©otbaten  bie  Krieggftamme  gegen  ben  Kaifer  gefepürt,  faft  inggefamt  gegen  ben 
Kaifer  in  bie  Strena  getreten  märe:  granfreiep,  ©ngtanb,  Hottanb,  ©cpmeben  unb 
®änemarf.  ^roteftantifepe  gürften  leifteten  babei  ©epteppträgerbienfte,  befonberg 
ber  Kurfürft  ©eorg  Söilpelm  üon  Branbenburg,  ber  feinen  Bat  Lettin  1624/1625 
naep  Hottanb,  SJänemarf  unb  ©cpmeben  fepiefte,  um  fie  $um  Kampfe  gegen  ben  Kaifer 
gu  gemimten2.  SDurcp  ©ngtanb  unb  granfreiep  unterftüpt,  feptugen  ©priftian  IV. 
üon  ©änemarf  unb  ßftangfetb  im  gapre  1625  log.  gm  gapre  1626  mürbe  2)iang= 
fetb  üon  SBalXenftein  bei  ber  Seffauer  Brüde,  ©priftian  IV.  üon  £ittt)  bei  Sutter 
am  Barenberge  gefeptagen.  ®er  griebe  gu  Sübed  enbigte  jmar  1629  ben  bänifepen 
Krieg,  aber  nun  beginnt  im  fotgenben  gapre  ber  fepmebifepe  Krieg,  ©uftaü  SIbotf 
tanbete  guti  1630  in  ®eutfcptanb,  feptug  17.  ©eptember  1631  £ittt)  bei  Seipjig- 
Breitenfetb,  jog  burep  SEpüringen  unb  granfeit  naep  bem  Bpeht  unb  befepte  SD^aing 
am  23.  SDejember  1631.  gm  fotgenben  gapre  manbte  fiep  ©uftaü  Stbotf  naep  ber 
®onau  unb  fdjtug  Xitip,  ber  üorper  grauten  mieber  erobert,  bei  Bain;  belagerte 
jmar  üergebeng  gngotftabt,  jmang  aber  ÜBüncpen  jur  Übergabe.  Xer  fdjmebifcpe 
©roherer  fiel  16.  Boüember  1632  bei  Süpen.  ©iefer  fepmebifepe  Krieg  bebeutete 
für  bie  gefuiten  gunäepft  bie  Stufgabe  ber  norbbeutfepen  ißoften  unb  bie  üöttige  Stuf* 
töfung  ber  oberrpeinifepen  Brotüu3- 

Stug  ben  norbbeutfepen  B°fien  gogen  fiep  bie  meiften  5ßatreg  jurüd.  Bur 
P.  gopann  Strnotbi  tonnte  fiep  niept  entfeptiepen,  feinen  ^often  in  Berben  an  ber 
Sttter  §u  üertaffen.  Sttg  er  am  11.  Boüember  1631  üon  Biffetpöüebe,  einem  Xorfe 
bei  Berben,  mo  er  ben  ©ottegbienft  gepalten,  jurüdfeprte,  mürbe  er  üon  proteftam 
tifdjen  Bauern  überfallen  unb  fo  mippanbett,  bap  man  ipn  für  tot  piett.  @r  tarn 
aber  mieber  ju  fiep  unb  üerfuepte  gu  beten.  ®a  banben  ipn  bie  üBörber  an  einen 
Baum  unb  fepnitten  ipm  unter  Berpöpnungen  bie  Kepte  burdj 3. 

Xag  arme  ^aberborn  befam  mieber  alle  ©epreden  beg  Kriegeg  ju  üerfoften. 
Sttg  im  DEtober  1631  ber  mit  ©cpmeben  üerbünbete  Sanbgraf  Söitpetm  üon  Heffen 
auf  ^aberborn  rüdte,  ftopen  bie  meiften  gefuiten  mit  Stugnapme  üon  üier,  barunter 
ber  greife  griebriep  Söacptenbond.  gaft  opne  Söiberftanb  mürbe  bie  ©tabt  am 
25.  Dftober  übergeben4.  Xag  Kotteg  mürbe  auggeptünbert,  ein  groper  Xeit  ber 

1  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  SSgl.  ben  2  33gl.  ©in  beit)  a.  a.  0.  II  64  ff. 

SSrief  Seiler?  üom  28.  Suli  1622  an  Sufaen?,  8  Strunck,  Westplialia  sancta  II  (1854) 

ber  berichtet,  bafe  SiHt)  an  biefer  SBeute  be=  204  ff.  ißgl.  oben  ©.  131. 

fonbere  greilbe  batte.  4  dichter  a.  a.  0.  II  263  ff. 


ßintoirfungeu  be§  SriegeS  auf  bic  gefuiten  in  SSeftfaleit. 


403 


Sibliotljef  ging  üerloreit.  2lm  28.  0ftober  oerliefj  ber  Sanbgraf  fßaberborn.  Sie 
^efuiten  würben  mit  2lugnat)me  be§  blinben  P.  Söadjtenbond  nad)  Gaffel  abgefüfjrt, 
wo  fie  Slifjfjanblungen  aller  21rt  ju  erbulben  Ratten.  Gsrft  gegen  Sßeifjnacfjten  er* 
hielten  fie  il)re  greitjeit  burd)  21ugwecf)ftung  gegen  gefangene  Reffen.  21m  27.  Se* 
jember  1631  tarn  ^Sappen^eint  nad)  fßaberborn,  nadjbem  er  bie  Reffen  aug  betn 
ganzen  (Stift  oerbrängt  ffatte.  Sie  peffen  unb  ©dpoeben  betagerten  unb  befdjoffen 
Saberborit  am  18.  Sluguft  1632,  mußten  aber  wegen  beg  tapfern  äöiberftanbeg  ber 
©olbaten  unb  Siirger  abjteffen.  ^m  SIpril  1633  würben  audj  bie  ©tubenten  ber 
Qefuiten  bewaffnet,  um  bei  ber  Serteibigung  ber  ©tobt  gegen  bie  Ijeran^iefienben 
peffen  ju  tjelfen.  SBäfjrenb  ber  Sefdjiefjung  am  4.  21pril  beteiligten  ftcf»  and)  ^efuiten 
unb  t'apnjiner  an  ben  Söfdjarbeiten.  21m  24.  ^uli  1633  nafjm  fßaberborn  not* 
gebrungen  eine  tjeffifdje  Sefafwng  ein. 

2t m  12.  2luguft  würbe  ben  ^efuiten  befohlen,  am  fofgenben  Sage  für  immer 
fßaberborn  ju  oerlaffen.  SSergeblic^  war  bie  SSorftettung  beg  fftateg,  „man  möge 
5  ober  6  wenigftenS  big  ÜDüdjaelig  bulben,  bamit  bie  Qugenb  nicfft  oerabfäumt 
werbe"1.  2tm  16.  2(uguft  1633  mufften  fie  abjieffen.  Srei  ;Qal)re  blieben  bie  peffen 
perren  ber  ©tabt,  big  biefetbe  1636  nad)  furdftbarer  Sefcljieffung  oon  bem  faifer- 
tidjen  ©eneral  ©öt)  erobert  würbe,  ^efjt  tonnten  bie  $efuiten  gurüdt fe^rett.  Sie 
taifertid)en  ©olbaten  Rauften  ebenfo  fdjlimm  wie  bie  peffeu,  bann  wütete  16.  ättai 
big  7.  97oüember  bie  fßeft.  Sei  bem  plöfdicfjen  Überfall  beg  fjeffifdfen  tomman* 
banten  oon  Sippftabt  am  1.  9Jtai  1638  würbe  bie  ©tabt  wieberum  gepliinbert.  Sie 
meiften  ^efuiten  fucfjten  aufferfjalb  beg  tottegg  Serfiede  auf,  jefjn  würben  auf* 
gegriffen  unb  beim  2tbjuge  mitgefdjleppt,  um  ein  Söfegetb  gu  erpreffen.  ©ie  mußten 
aber  halb  wieber  freigegeben  werben,  weit  ber  Überfall  in  bie  $eit  beg  Söaffenftill* 
ftanbeg  gefallen  war. 

21ud)  toegfelb  würbe  am  14.  ^ebruar  1633  üon  ben  peffen  eingenommen. 
Sag  Kolleg  würbe  geplünbert,  bie  ^efuiten  oerbargeu  fiel)  in  ber  ©tabt.  21m  4.  üDiärj 
erhielten  fie  gwar  Kolleg  unb  tirdje  wieber,  aber  fpäter  erging  ber  Sefefjl,  bie  ^efuitett 
fjätten  innerhalb  breier  Sage  bie  ©tabt  ju  üerlaffett.  Ser  SOtagiftrat  legte  tergebeng 
gürfprad)e  ein.  Ser  fommanbant  begrünbete  am  8.  9?oüember  bie  21bweifung  mit 
ber  gabel,  bie  ^efuiten  feien  fDtörber,  „wie  nod)  neulief)  ein  ^efuit  hierüber  in  ©ng* 
lanb  ergriffen  worben,  welcher  auggefdpdt  worben,  ben  tönig  oon  ©nglanb  gu  er* 
morben".  2(m  11.  9?oüember  mußten  bie  Qefuiten  wegen  „nod)  größerem  ju  beforgenbeit 
llnfug"  bie  ©tabt  oerlaffen.  ©rft  nad)  16jät)riger  Serbannung  tonnten  fie  am  22.  9ttai 
1649  wieber  guriidfeljren 2. 

21m  11.  ©eptember  1633  jogen  bie  ©djweben  in  Ognabriid  ein;  naef)  langer 
Selagerung  Ijatte  bie  ©tabt  fapitulieren  müffen.  ©ie  würbe  einem  illegitimen  ©ofpi 
©uftao  21bolfg,  bem  ©rafen  oon  Söafaburg,  ©uftao  ©uftaofon,  übergeben.  Sie 
Qefuiten  mußten  bie  ©tabt  oerlaffen3.  ©rft  1650  fefjrten  einige  ^efuiten  wieber 
jurüd.  ©uftaofon  macfjte  bie  ^gnatiugfirdje  gu  feiner  poftircfie,  bag  tolleg  oerfiel. 
3n  einem  Serid)te  üon  1646  fjeifft  eg:  Sie  ^efuitenfircf)e  bient  gegenwärtig  ben 
ißroteftanten  alg  ©ottegljaug.  ©ie  fjaben  bie  Silber  unb  fogar  auf  bem  podjaltar 
ein  ©emälbe,  bag  ben  1)1.  Qgnatiug  111  Sebenggröffe  barftellt,  wie  er  Steffe  lieft, 
barin  gelaffen.  Siefe  tirdje  ift  fcf)ön  unb  gut  erhalten;  aber  bag  paug  ber  ^atreg 

1  9tat3brotofoü  1633,  13.  2lug.  91id)ter  8  3 ber,  ©efd).  be§  ©tjmnafium  Saro* 

a.  a.  0.  II  270  f.  Sgl.  oben  3.  42.  linum  ju  OSnabrüd  (1889)  14.  S.  Saeger, 

2  C£ f) r.  3KarE,  ©efef).  be§  ©^mnaiiiimS  in  Sie  Schola  Carolina  Osnabrugensis  77  ff  81  f. 

ÄoeSfelb  46  ff.  Oben  <3.  104.  Über  bie  nad)  Cordara  II  615  f.  Sgl.  oben  3.  89. 

©nglaub  auggefanbten  SOtörber  bgt.  Sufjr, 

fuitcufabeln 4 *  842  f. 

26* 


404 


©ed)fte§  Sopitel.  ®rieg£not. 


fiel  in  krümmer,  meif  e§  nicpt  bemopnt  mürbe.  33or  ber  ^fucf)t  Ratten  3  ^Satre§ 
unb  1  53ruber  näcfitlicfjertüetle  eine  itifte  mit  ^ircpenfadjen,  barunter  eine  fifberne 
Statue  beS  pf.  QgnatiuS,  unter  bem  gupbobeit  ber  ®ircpe  oergraben.  Später  (1652) 
mürbe  biefe  Ü'ifte  mieber  aufgefunben ;  bie  Äifte  mit  ben  SDofumenten,  bie  mau  ein» 
gemauert,  ging  oerloren. 

SpifbeSpeün  mupte  fid)  am  22.  $ufi  1634  ben  mit  ben  Sdjmeben  üerbünbeten 
löraunfcpmeigern  übergeben.  SDie  Qejuiten  mürben  auSgemiefen.  2(m  27.  Quli  ber» 
fiepen  fie  mit  gurüdfaffung  oon  |)ab  unb  @ut  bie  Stabt  unb  gelangten  nadj  jepn» 
tägiger,  gefaprboffer  Steife  nacf)  SDtünfter.  Söäprenb  ipreS  jepnjäprigen  @pit§  maren 
bie  fatpofifcpen  ®ird)en  gefdjfoffen,  ben  ®om  erhielten  bie  Protestanten.  9tacp  bem 
griebenSrejep  31t  @o§far  gmifc^en  ßürföfn  unb  S3raitnfcpmeig  (1643)  feprten  bie 
^efuiten  jurüd.  Ü’irdje  unb  |)au§  fanben  fie  boffftänbig  auSgepfünbert  unb  ber» 
müftet,  feine  (£ür,  fein  genfter  unberfeprt,  bie  .Qimmer  öoll  Unrat,  bie  Söänbe  be» 
fubeft,  bie  @räber  aufgemüpft,  bie  überaus  mertoofle  Sibliotpef  bis  auf  ein  SDupenb 
23ücper  geraubt,  bie  Sdjufen  in  Pferbeftälle  urngemanbeft1. 

Siegen,  mo  bie  ^efuiten  feit  fedjS  ^apren  an  ber  23efeprung  ber  proteftanteit 
arbeiteten,  mürbe  am  27.  gebruat  1632  bon  $|opann  SJtorip  bon  Staffau  befept.  @r 
bertrieb  bie  fgefuiten,  baS  ßoffeg  mürbe  gepfünbert,  bie  Solbaten  gogen  in  Qefuiten» 
fteibern  unter  fpopn  unb  Spott  burdj  bie  Stabt2. 

Schlimmer  nod)  als  ber  nieberrpeinifcpen  Probing  erging  eS  ber  oberrpeinifcpen 
^ßrobins. 

P.  ^oadjim  Hamann,  ber  Sefretär  beS  oberrfjeinifdjen  probingiafS,  beridjtet 
auS  ÜUtolSpeim,  28.  Januar  1632,  nadj  Stom  über  bie  fcpredficpe  SSermüftung  unb 
Sfufföfung  faft  oder  Käufer  ber  oberrpeinifcpen  ^robinj:  ®ie  SJtainjer  finb  nadj 
Supemburg  geffopen,  adjt  blieben  in  Sftaing;  bie  auS  SöormS  ffopen  nacf)  Xrier,  teils 
unter  ferneren  SJcippanbfungen;  bie  Sdjufen  unb  baS  Stobijiat  in  £rier  finb  auf» 
geföft,  bie  Stobijen  bereits  in  berfdjiebenen  Sßrobin^en  (granfreicp  41,  Oberbeittfcp» 
fanb  7)  untergebracpt.  ®er  übrige  3)eif  ber  i^robinj  beftept  nur  mepr  auS  Sdjfett» 
ftabt,  SJtofSpeint  unb  föaben.  $u  <f?agenau  meift  nod)  P.  Steftor  mit  P.  Q3fafiuS 
unb  2  fBrübern.  ®aS  Sfrcpib  unferer  i^robinj  ift  jum  ffeinften  £eif  bon  P.  ßopper 
nacf)  St  Urfufa  gerettet,  ben  übrigen  STeif  mirb  jmeifeffoS  ber  fyeinb  finben.  2öie 
eS  in  93amberg,  (Erfurt  unb  ^eifigenftabt  fiept,  ift  mir  gänjfidj  unbefannt;  mo  bie 
in  anbern  ^robinjen  gerftreuten  SJtitbrüber  meifen,  merben  mir  affmäpfidj  aus  ipren 
Briefen  erfafjren.  2Bir  märten  fefjnfüdjtig  auf  Stacpridjten  über  bie  Steifen  unferer 
Stooijen.  @S  erbarmte  midj  ber  jungen  Seute,  bie  mit  blutigen  $üpen,  mit  nur 
jmei  Wafern  Steifegelb  eine  fo  meite  Steife  (nadj  Stouen)  guriidfegen  müffen,  aber  itnfere 
Sfrmut  fiep  nidjt  mepr  ju3. 

^m  September  1631  fcpidte  ber  Steftor  bon  heilig  enftabt  auf  Siat  beS 
OberamtmanneS  affe  patres  nacp  ©öttingen,  er  fefbft  bfieb  mit  jmei  33rübertt 
jurüd.  Stacpbem  bie  gfücptfinge  42  £age  bei  ben  SDominifanern  in  ©öttingen  bie 
fiebebofffte  Slufnapine  unb  Pflege  gefunben,  feprten  fie  nadj  §ei(igenftabt  jurüd4. 
SJcitte  TDejember  1631  befepten  bie  Sdjmeben  ^eifigenftabt6.  Sie  fiepen  bie  £$e> 
fuiten  in  Stupe;  aber  als  bie  Staiferfidjen  burcp  einen  Überfall  am  15.  SJtai  bie 


1  5-  33  a  I  f  e  n  f)  0 1 1 ,  ©efcl).  be§  Kollegium  unb 
©pmnafium  ^ofeppinum  in  £ilbe§l)eim  (1898)  5. 
33gl.  oben  6.  35.  Über  bie  fglurf)t  unb  Seiben 
im  gafjre  1632  Ogi.  Cordara  II  614  f. 

2  Cordara  II  613  f.  »gl.  (Lg.Seller, 

Sie  Srangfale  beö  naffauifcpen  »olfed  im 

Sreipigjätjr.  Kriege  (1854)  170  f  unb  bbcn  @.  96. 


3  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  401. 

4  *  Hist.  coli,  ad  1631.  C  or  d  ar  a  II  466  f. 

5  »p.  ®nieb,  ©efd).  ber  »eformatiou  unb 
©egenreformntion  auf  bem  SicfpSfelbe  (21909) 
358  ff  366.  Cordara  II  600  ff.  £5.  SB  0  I  f, 
©efd).  be§  ©tpnnafiunt»  3«  ^eiligcnftabt  15  ff; 
Stnfjang  17  ff.  Oben  S.  154. 


2>ie  fdjtoebifdje  iperiobe :  9tot  unb  &eibeu  in  ber  oberrfjeinifcfjen  ißroütnj.  405 

©tabt  überrumpelt  Ratten  unb  am  30.  ÜDtai  mieber  oertrieben  rnorben  roaren, 
mürben  neben  anbern  15  Qefuiten  „unüerfeljenS  offne  ©ad  unb  Van^en"  ergriffen 
unb  auf  brei  Söagen  nadj  Erfurt  gebracht,  mo  fie  am  1.  Quni  anfamett,  „fcfjimpflicf; 
oertacfjt  unb  etlichemal  mit  ®red  unb  ©teinen  bemorfen".  ©rft  nach  mehreren 
'iOionaten  fonnten  fie  teils  am  13.  Oftober  teitS  am  20.  SDejember  nach  §eiligenftabt 
jurücffehren.  £»erjog  StBittjetm  oon  Söeimar  tjatte  ouf  feine  Vitte  baS  (SidjSfelb 
oon  bem  fdfjmebifchen  Völlig  erhalten  unb  bei  ber  Vefiftnatjine  1632  ben  ©tauben 
üerfprodjen,  fie  bei  ber  hergebrachten  freien  VeligionSübung  ju  betaffen,  ©uftao 
Stbolf  mar  im  Värmalber  Vertrag  (23.  Januar  1631)  Qranfreidj  gegenüber  bie 
Verpflichtung  eingegangen,  in  aßen  Orten,  bie  er  erobern  mürbe,  bie  fathotifcfje 
Vetigion  unbehinbert  beftehen  ju  taffen.  STrofjbem  tat  ber  §erjog  aßeS,  um  baS 
2anb  junt  Stbfaß  $u  bringen.  2ttS  er  am  19.  Stftärj  1633  nach  $eiligenftabt  fam, 
tieft  er  am  fetbcn  £age  bie  Qefuiten  auSmeifen,  ihre  ©chuten  fdjtieften,  ihr  Eigentum 
in  Vefdjtag  nehmen1.  Gsrft  infolge  beS  ißrager  QriebenS  (1635)  fam  baS  (SidjSfetb  an 
ßurmainj  §urüd.  2Int  15.  Oftober  1635  ergriff  P.  Qofj.  puppen  mieber  Vefift  oom 
^'oßegium.  Qm  Qatjre  1639  unb  bann  1642  mürbe  baS  ©icfjSfelb  mieber  oon  ben 
©djmeben  befeftt. 

Qtt  Erfurt  befanben  ficfj  im  Qatjre  1631  15  Qefuiten.  Veim  ^erannaljen 
ber  ©chmeben  fdjidte  ber  Veftor  Qofj.  Veßinger  bie  oier  ©chotaftifer  ins  (SidjSfetb, 
er  felbft  erroartete  mit  ben  anbern  VotreS  ruhig  bie  Qeinbe.  2ttS  ©uftao  Stbotf 
am  20.  Oftober  anfant,  lieft  er  ben  Veftor  rufen,  hotte  eine  lange  Unterrebung  mit 
ifjm  unb  fieberte  bem  Kolleg  feinen  ©djuft  ju.  SDaS  ®oßeg  mürbe  oon  ber  ©cf)uft» 
mache  nach  unb  uacfj  öößig  auSgefogen,  fo  baft  ber  Veftor  gelungen  mar,  bie 
meifteit  f^atreS  fort^ufdjiden. 

Qm  Quni  1632  mürben  bie  Qefuiten  oertrieben.  ©iner  berfefben,  ein  ©reis, 
ber  nicht  meftr  recht  beieinanber  mar,  meigerte  ficfj  entfdjieben,  baS  £au8  ju  oer- 
taffen;  mo  er  fo  fange  gelebt,  motte  er  aueft  fterben.  3tucfj  bie  fdjmerften  btutigen 
SOiifthanbtungen  fonnten  ben  ©reis  niefjt  oon  feinem  ©ntfdjtuffe  abbringen,  ©o  tieft 
man  iftn  enblidj  guriief,  nach  jmei  SBodjen  ertag  er  feinen  VSunben2.  ©teidj  am 
£age  nach  ber  jmeiten  Slnfunft  beS  Königs  in  (Erfurt  ridtjteten  bie  Qefuiten  am 
29.  Oftober  1632  an  ©uftao  3(botf  einen  tateinifefjen  Vrief:  Qnfotge  beS  fönigtichen 
©djufteS  hotten  fie  auf  acht  Sßionate  ruftig  ihren  93eruf §gef chäften  nachgehen  fönnen;  fie 
hätten  nichts  meber  gegen  ben  fö'önig  noch  gegen  ben  getesteten  ©ib  begangen,  mie  auch 
niemanb  fie  nur  beS  geringften  Vergehens  befdjutbigen  fönne.  2tm  16.  Quni  feien 
fie  ptöfttid)  auf  Vefefft  beS  Vefibenten  Sttejanber  ©Sfer  gemattfarn  auS  ihren  Raufern 
oertrieben  unb  aßer  ihrer  ©üter  beraubt  rnorben.  2öaS  fie  feitbem  oon  ben  ©Öl¬ 
hafen  erlitten,  moßten  fie  mit  ©tißfcfjmeigen  übergehen,  aber  ben  $önig  bemiitig 
bitten,  er  möge  fie  in  iftre  SBofjnung  unb  ju  ifjren  VerufSpfticfjten  jurüdfefjren  taffen 
unb  ihnen  einen  fönigtichen  ©chuftbrief  auSfteßen. 

®ie  Qefuiten  affnten  niefjt,  baft  ©uftao  Slbotf  im  SBiberfprud)  31t  aß  feinen 
Verfprechungen  bereits  am  9.  Oftober  mit  ben  anbern  ßlöftern  unb  Kirchen  ber 
©tabt  auch  thr  $oßeg  mit  aßem  Vefift  ber  fcfjraebifch  gefilmten,  proteftantifdjen 
©tabt  ©rfurt  gefchenft  tjatte3.  ®er  9fat  ber  ©tabt  führte  ohne  aße  Vüdfidjt  bie 
©djenfung  burd).  Um  megen  Vücfgabe  ber  ßüöfter  nicht  mehr  betäftigt  ju  merben, 
oerfügte  ber  Vat,  baft  fämttidje  ^toftergeifttidje  bie  ©tabt  oertaffen  foßten.  Bitten 
im  Söinter,  am  30.  ©ejember  1633,  mürben  fie,  16  an  ber  Qaftt,  auf  jmei  SBagett 


1  9SgI.  ben  93rief  be§  9ieftor§  tiom  27.  Warj  tfjoliten  in  Erfurt  (1887;  10  ff.  Cordara  II 

1633  bei  ©  0  I  f ,  Eid)SfeIber  Sf ircfjengefd).  150  f.  465  f  602  f. 

2  ftr.  ©cfjauerte,  ©uftciö  SIbolf  unb  bie&a«  3  ©  d)  au  er  tc  a.  a.  D.  50  f. 


406 


©edjftel  Kapitel.  Ärieglnot. 


gefegt  unb  auf  bcn  9Ji'arftplai3  gebraut.  pier  lief)  ber  9?at  alle  gurn  <Scf)impf  uttb 
©polt  guoor  breimal  um  beit  „Sfel"  unb  nachher  aus  ber  ©labt  führen.  SDie  Qe» 
fuiteu  erhielten  nidjt  einmal  einen  Qefjrpfennig.  infolge  be§  Präger  QriebenS 
fonnten  fie  non  itjrem  ÄoKeg  toieber  Sefitj  ergreifen.  9cacf)  ber  Einnahme  burd) 
Sauer  am  22.  SDegentber  1636  mürbe  ber  Senebiftiner  9lbam  Staub,  ber  als  931a» 
tpeniatifer  unb  Qeuermerfer  bie  Sürger  bei  ber  Serteibigung  unterftüpt  patte,  non 
ben  ©darneben  gefangen  unb  nad)  ©öttingen  gebraut.  £>ier  nagelte  man  ipn  auf 
einen  S©ifcp,  fcpnitt  auS  feiner  §aut  dienten  unb  päutete  ihn  auf  biefe  SBeife  ab; 
er  ftarb  unter  furchtbaren  ©djtnergen1. 

SDie  Kollegien  am  Oberrljein  gingen  ebenfalls  alle  oerloren.  Sin  SBSormfer 
ißatcr,  Qol).  SinniuS,  berichtete  am  13.  Januar  1632  non  ißont'ä’ÜDiouffon  bem 
^ßronin^ial :  91nt  13.  5)egember  oerliehen  mir,  nadfjbem  mir  faft  in  einem  Slugenblicf 
unfer  ©epäd  gufammengerafft,  SßorrnS.  Sin  SDeit  gelangte  über  9ieuburg  glüdlidj 
nad)  Syrier,  ein  anberer  Steil,  2  SßatreS,  1  9J?agifter  unb  3  Srüber,  flieh  auf  einen 
Qmeibrücfener  Sauernljaufen.  ßmei  Srüber,  ber  ^ocp  peinlich  ©unbermann  unb 
Stl)eobor  ©dineiber,  mürben  all  ihrer  Kleiber  beraubt  —  nicht  einmal  baS  pemb  lieh 
man  ihnen  —  unb  in  graufamer  SBeife  mihhanbelt.  SDer  $odj  erhielt  anher  anbern 
Verlegungen  eine  fernere  Sßunbe  im  Viiden  burdj  einen  Sauernfpiefs,  ber  Sruber 
©cpneiber  nier  SBunben  am  Stopf,  fein  ganzer  Körper  mürbe  blutig  gefcplagen, 
ber  SDiSpenfator  ®amian  SDerftappen  Ijni  feinen  heilen  QIed  mehr  am  Seibe,  ber 
redjte  9Irm  ift  gebrodjen,  bie  ©chulter  auSgerenft,  ber  gange  fö’opf  eine  übßunbe.  SDie 
beibeit  patres  unb  ber  9Jtagifter  tarnen  mit  leidjteren  SSunben  baüon;  man  raubte 
ihnen  ihr  ©epäd,  9Jiantel,  ©trümpfe,  ©cpuhe  unb  ©elb.  Qn  meinem  gangen  Sebeit 
habe  id)  felbft  auf  bem  SDl)eater  nidjt  elenbere  ©eftalten  gefeljen  als  biefe  fed)S  bei 
ihrer  Slnfunft  in  Syrier 2. 

91m  14.  Oftober  1631  mar  ©uftao  91bolf  oor  Söürgburg  angelangt;  am 
15.  öffnete  bie  ©tabt  bem  überlegenen  Qeiitb  bie  Store,  bie  Qefte  93iarienburg  mürbe 
am  18.  Oftober  im  ©türm  genommen.  Söilber  ©djrecfen  mar  ihm  oorangegangen. 
St>ie  Qefuiten  oernahmen,  üon  ihnen  merbe  feiner  gefdjont  merben,  mie  unS  9(tf)anafiuS 
^irdjer,  ber  bamalS  in  SBiirgburg  meilte,  berichtet 3.  ®er  ffteftor  ^Seter  QacieS  mollte 
bie  ©djolaftifer  unb  einige  Srüber  fortfchiden,  bie  patres  füllten  aber  auf  alle  @e» 
fahr  hin  bleiben,  bamit  eS  ben  erfdjredten  Sürgern  nicht  an  Ströftern  unb  ©eel» 
forgern  fehle.  Sille  patres  maren  einoerftanben.  911S  nun  ber  IReftor  biefen  Sntfchluh 
bem  gürftbifcfjof,  ber  felbft  fliehen  mollte,  mitteilte,  geigte  biefer  beutlidj,  bah  ei' 
bamit  nicht  einoerftanben  fei:  maS  nüfjen  fo  oiele  Sßriefter  in  ber  ©tabt,  meinte  er, 
als  bah  fie  üon  ben  Qeinben  abgefdjladjtet  unb  ihretmegen  bie  ©tabt  noch  fdjlimmer 
bepanbelt  mirb.  daraufhin  befahl  ber  SReftor  allen  80  Qefuiten,  bie  ©tabt  fdjleunigft 
gu  oerlaffen.  9?ur  ein  Vriefter*  blieb  im  ßonoift  unb  gmei  ©djolaftifer  aus  SBiirg» 
bürg  bei  ihren  Vermanbten.  911S  porn  eingog,  oerlangte  er,  bah  alle  Qefuiten  bie 
©tabt  räumen  mühten4. 

Qn  einem  gmeiten  ©eficpte  hatte  Stirdjer  ben  fommenben  Qeinb  ein  pafbeS  Qaljr 
oor  feinem  Sintreffen  gefcpaut.  SöenigftenS  ergählt  er  bariiber  in  feiner  ©elbftbio» 
grapljie:  „Qm  Qafjre  1631,  als  gang  SDeutfdjlanb  bem  Staifer  untermorfen  mar 
unb  bie  Statfjolifen  fiep  beS  tiefften  QriebenS  erfreuten,  als  itiemanb  audj  nur 
ber  ©ebanfe  fam,  bah  'hre  Qeinbe  fo  leicht  mieber  ihr  paupt  erheben  fönnten. 


1  Ebb.  Gl  78  f. 

5  *  Stojne  itt  Epp.  ad  Bus. 

8  ©eng,  ©elbftbiogrobljie  bei?  P.  2(.  ®ir= 
d)er  30. 


4  *Hist.  coli.  Herbip.  junt  Qa^rc  1631. 
Cordava  II  468  f.  X3gt.  33  raun,  ©efd). 
ber  §eraitbt[bung  bei  Slerul  iit  ber  Stöiefe 
SBürsburg  I  426  f  (gegen  SSegele). 


$ie  fdjtoebifcfje  ißertobe:  9cot  unb  Seiben  in  ber  oberrljeimfcfjen  ißrobinä.  407 

nnirbe  idj  einft  mitten  in  ber  Sadjt  burdj  ungemöfjntidjen  Särm  aug  bem  ©djfafe 
gemedt  unb  fatj  mein  fyenfter  non  einer  Strt  SDämmertidjt  ertjettt.  Qcf)  öertiefj 
atgbatb  mein  Sett,  um  nadjgufefjen,  mag  bie  ungemöfjntidje  §e(te  bebeute.  S)a 
gemährte  idj  nun,  bafj  ber  gange,  fefjr  geräumige  £>of  beg  fö’ottegiumg  mit  in  Seif)’ 
unb  ©lieb  aufgefteltten  Semaffneten  unb  ißferben  angefüllt  fei.  Son  ©djreden  er« 
griffen,  begab  id)  midj  51t  ben  anftofjenben  ©djtafgimmern.  ®a  id)  per  alte  in 
tiefftem  ©djtaf  oerfunfen  fanb,  glaubte  id;,  id)  f)ätte  midj  in  ber  ©cpaftrunfenpit 
getäufdjt,  unb  fudjte  nodjtnatg  mein  fünfter  auf.  ®od)  eg  bot  fid^  mir  mieber  bag« 
fetbe  ©djaufpiet  bar.  $dj  eilte  nocpnatg  meg,  um  beugen  für  ©efefjene  fjer« 
beigurufen,  fanb  aber  batb,  bafj  bag  ©efidjt  mieber  öerfdjmunben  fei.  Qtt  ben  barauf« 
fotgenben  Stagen  mürbe  idj  non  fotcfjer  ©eetenangft  geguätt,  baf;  eg  midj  nirgenbg 
litt  unb  id;  mie  maptfinnig  tjin  unb  t)er  tief.  Qdj  nergegenmärtigte  mir  bie  Un« 
gtiidgfätte,  metdje  eintreffen  mürben,  mit  fotdjer  ©emifjpit,  bafj  idj  biefelben  mie  in 
einem  (Spiegel  bargeftellt  flaute.  Siete  mürben  biefe  meine  Stufregung  gemafjr  unb 

fragten,  mag  midj  fo  fefjr  quäle,  unter  anbern  audj  mein  ©uperior.  SDiefem  aut« 

mortete  idj:  .Stein  ißater,  beten  mir  gu  ©ott;  benit  id)  füpe  ooraug,  baf)  grofje 

ltngtüdgfätte  nidjt  btofj  unferem  ^ottegium,  fonbern  audj  bem  granfentanbe  unb 

gang  SDeutfdjtanb  beöorftepn.  ©orgen  bapr  ©uer  podjmürben  bafür,  bafj  bie  Äoft« 
barfeiten  unferer  ßirdje  redjtgeitig  in  ©idf>erf)eit  gebradjt  merben.  .  .  .(/<1 

S)ag  ßotteg  SBiirgburg  mürbe  atgbatb  non  ben  ©djmeben  befe^t.  ®a  bie  üer* 
fcpebeneit  fdjmebifdjen  stf5räfeften  unb  Stbminiftratoren  nadj  Setieben  ptiinberten,  fo 
liefen  fie,  mie  ber  ißrofurator  beg  ^’ottegg  berichtet,  nidfitg  gurüd  atg  bag  föottegium 
gang  mit  ©djmutj  angefüttt  unb  einige  früher  ungenießbaren  Söein,  fein  ßörncpn 
©etreibe  unb  nidjt  ein  eingigeg  fpauggerät,  fo  baß  fidj  nacf)  ber  SCBiebergeminnung 
ber  ©tabt  „meber  Sett  nodj  Sinnen  nodj  Söffet  nod)  ©dfjüffel  nodj  fetter  nodj  Sapf 
nodj  ©tag  nodj  Stopf  nodj  §afen"  üorfanb.  Stöäfjrenb  bie  SSeinberge  1(332—1634 
nodj  einigermaßen  bebaut  mürben  unb  |jerbft  1634  20  guber  Stöein  ergaben,  blieben 
bie  fämtlidjen  Sanbgiiter  unb  Stder  unbebaut,  „fo  bafj  mir  nadj  unferer  Siidfep 
audj  im  fotgenben  Qape  1635  nidjt  ein  föörndjen  ©etreibe  unb  im  fotgenben  Qape 
unb  fpäter  nodj  um  unfer  tägtidjeg  Srot  ung  fefjr  abmüßen  mußten;  benit  SSeigen 
fomop  für  bag  ^otteg  atg  für  ben  ißäcper  unb  bie  $ned)te  in  ©ffetborf  unb  ©amen« 
getreibe  mußte  teifg  erbettelt  teitg  gefauft  merben  mit  Stugnafjtne  einiger  Statter, 
bie  mir  aug  ben  ©infünfteu  erhielten.  .  .  .  ©ine  geraume  $eit  führten  mir  ein  arm« 
fetigeg  Seben;  eg  mangette  aud)  an  ben  nötigen  föteibuuggftüden,  bag  tägliche  Srot 
mar  fefjr  fcfjmarg,  unb  mit  nodj  raeit  größerer  Stütje  mar  bag  nötige  $teifdj  gu  fjaben; 
$ifdje  aber,  feien  eg  frifdje  ober  gebörrte  ober  gefatgene,  faß  man  mofjt  fcfjmerticf; 
mäpenb  beg  ^afjreg  im  Kolleg" 1  2. 

^m  gebruar  1632  erfcpenen  bie  ©djmeben  öor  Samberg.  Stud)  per  maren 
bie  meiften  ^efuiten  geftoßen  unb  nur  meuige  ißatreg  uub  Srüber  im  ^otteg  gurüd« 
geblieben3.  Stuf  ber  gtucßt  fließ  ein  Säuber  einem  ber  gtiefjenben  feinen  ©pieß 
in  bie  Söaben,  um  itjm  bie  fpudjt  unmögticß  gu  macßen  unb  itjn  31t  berauben,  ©in 
$ater,  ber  gu  §iffe  eilte,  mürbe  burdj  einen  fdjmeren  ©tein  am  Slrme  oermunbet. 
®ie  anbern,  bie  oorauggegangen  maren,  liefen,  oon  fyurdjt  ergriffen,  ben  SBagett 
ftefjen,  festen  fip  —  fie  maren  atg  Säuern  gefteibet  —  je  gmei  auf  bie  oier  ißferbe 
unb  famett  gtüdticfj  nacfj  Sifged  unb  oon  ba  nadj  Stmberg.  SSäpeitb  ber  Sertjanb« 
tungen  gur  Übergabe  ber  ©tabt  erftärte  einer  ber  feinbtidjen  tommiffare,  unter  ber 


1  ©eng  a.  a.  0.  29.  3  $a§  gotgenbe  nacfj  §.  SS e fi e r ,  93amberg 

2  2agebudj  be§  $rofurator5  bei  93  raun  im  Sreiüigjätjrigeu  ®rieg  (s.  a.j.  93gt.  oben 

a.  a.  0.  II  72  f.  @.  1G7. 


408 


©ecf)fte§  Kapitel.  ®rieg§not. 


Sejeidhnung  ^riefter  unb  OrbenSleute  feien  bie  ^efuiten  itid)t  einbegriffen.  ®a§  Kolleg 
mürbe  öodftänbig  auSgeraubt,  bie  ißferbe  ber  S3aubiffinfcf)en  Leiter  mürben  im 
©peifcfaal,  in  ber  Säderei,  in  ben  ^auSgängen  unb  im  Kreujgang  untergebracfjt, 
aucf)  ^irc^e,  ©afriftei,  Slula  mürben  als  ©täde  oermenbet,  nadjbem  man  bie  Sänte 
gerbrocfien  unb  IjinauSgemorfen  fjatte.  Salb  mürbe  bie  ©tabt  mieber  befreit  burd) 
©idt).  tiefer  fiatte  fid)  nad)  ber  ©d)lad)t  non  Sreitenfelb  au§  SBeftfaTen  nad)  ber 
©onau  gemanbt.  @r  mar  am  21.  gebruar  1632  mit  16000  ÜUlann  non  Siörb» 
lingen  aufgebrodjen  unb  erfdjien  am  9.  Sfärj  nor  Samberg,  baS  er  nad)  erbittertem 
Kampf  um  bie  Srüde  befefte.  3(m  10.  Sflärj  fam  ber  nad)  gorchheim  geflogene 
Siettor  gobot  ©bring  inS  Kolleg  jurüd. 

©iefer  befdjreibt  ben  guftanb  be§  Samberger  KodegS  in  einem  Srief,  batiert 
Samberg,  12.  üjjiärj  1632:  3ll§  id)  bie  ©tabt  betrat,  fanb  id)  bie  ©trafen  notl 
non  Seicfjen.  Unfer  Kodeg  ift  ein  31ugiasftad.  ©inige  funbert  Sßferbe  fjaben  bie 
ganje  ßeit  über  barin  if)re  ©tadung  gehabt,  in  ber  ©afriftei,  ben  ©ängen,  in 
bem  Siefeftor  ufm.;  überall  alles  noü  non  SJiift.  ®ie  Slltäre  ftarren  non  ©djmuf, 
bie  Kirdjenbänfe  finb  jerbrocfen.  Son  50  unb  mefr  Setten  mit  adern  Sett^eug  ift 
nicf)t  ein  einziges  Riffen  mef)r  übrig,  ©er  ©pürfinn  ber  geinbe  fat  adeS  aus 
ben  Serfteden  ferauSgefolt  mit  ben  Siidjern  beS  gnftitutS,  ben  gaf)re§red)nungen 
unb  adern  anbern.  ®a§  bei  befreunbeten  Sürgern  untergebrachte  (betreibe  fiel  burd) 
beren  unermartete  gludjt  in  bie  fpänbe  ber  geinbe.  Söäfdje  unb  Kleiber,  bie  unter 
bem  gufboben  nerborgen  maren,  fat  man  geraubt,  llnfere  Sida  in  £eimet<§f)of  ift 
bi§  aufs  £)eu  gän§lid)  auSgeplünbert;  ade  ©cf)afe,  ^Sferbe  unb  Kühe  bat  ber  geinb 
roeggefiibrt.  @d)on  finb  mir  gu  ad)t  in  bem  nerroüfteten  Kodeg;  mooon  mir  leben, 
ermarten  mir  non  ©ott ]. 

©ie  Kird)e  tonnte  megeit  be§  fdjarfen  ®iingergeritcf)S,  ber  felbft  nad)  Sfonaten 
meber  bem  SBaffer  nod)  ben  Siäudjerungen  meidjen  modte,  einftmeilen  nidft  benuft 
merben.  SereitS  am  8.  gebruar  1633  nahmen  bie  @d)meben  Samberg  mieber. 
31m  1.  üftärj  langte  ber  Oberbefehlshaber  Sernfjarb  non  SBeimar  in  Samberg  an 
unb  legte  ber  ©tabt  eine  Kontribution  non  200000  ©alern  auf,  bie  aber  nicht  auf« 
gebracht  merben  tonnte,  ©djliefticf)  ging  er  auf  12  000  ©aler  h^nb.  Unter  ben 
©eifein  für  bie  Oerlangte  ©umme  mürben  aud)  gmei  gefuiten  in  |)aft  genommen, 
©in  Heiner  £id)tblid  in  bem  büftern  ©emälbe  ift,  baf  feinbliche  ©olbaten  mit 
Sferben  unb  Söagen  ben  gefuiten  behilflich  maren,  ihr  Sanbgut  ju  bebauen  unb 
Saften  ju  fahren.  Sluf  fein  Serlangen  erhielt  Sernharb  non  SBeimar  am  20.  guni 
1633  bie  fpochftifte  Sffiürgburg  unb  Samberg  als  ^erjogtum  grauten  non  ben  ©cfjmeben 
gu  eigen. 

gni  folgenben  galjre  (1634)  erhielten  bie  gefuiten  am  11.  31pril  ben  Sefel)! 
beS  $erjog§  Sernharb,  mit  guriidlaffung  oder  fpabe  fofort  baS  Kodeg  §u  räumen, 
meit  fie  gegen  bie  befdfmorene  ©reue  bem  geinbe  Sriefe  gefdjrieben  hätten.  3lde§ 
^3roteftieren  beS  fKeftorS  hQif  nichts,  ©araufhin  fanbte  er  am  11.  Slpril  1634  an 
ben  fcfjmebifdjen  SefehlSfjaber  ©rafen  ©raf  (ben  betannten  Serräter2)  folgenbe  Sitt« 
fdjrift:  „9Kir  unb  meinen  SJfitbrübern  ift  plöflid)  unb  ganj  unermartetermeife  ber 
Sefehl  jugegangen,  unoer^üglid)  baS  Kodeg  §u  räumen,  rneil  mir  bem  ©egner  Siat« 
fd)läge  unb  Sriefe  hätten  sufommen  laffen;  beShalb  merben  mir  bereits  non  einer 
Slnjaf)!  ©olbaten  bemad)t.  ®aS  Kodeg  ift  jufolge  fürjlich  geleifteten  unb  angenom¬ 
menen  ©reueibeg  in  ber  ©ercalt  unb  unter  bem  ©d)uf  be§  burcf)laud)tigften  §er^og§ 
Sernharb,  unb  ich  erfläre  feierlid)  nor  bem  adgütigen  ©ott  mich  nnb  bie  Steinigen 
an  ben  un§  jur  Saft  gelegten  ^mnblungen  für  fd)ulbloS.  Sor  furjem  habe  ich  auch 


1  *Epp.  ad  Bus.  263. 


2  »gl.  28 e ber  a.  a.  0.  60 ». 


$ie  fd)Webifd)e  $criobe:  9tot  unb  Seibeit  in  bcr  oberrfjeinifdjcn  ^3roüins.  409 

bei  bem  ©encraf  Ugfer  unb  bem  Sanbegpräfibenten  ü.  ©treitberg  mit  ernfteften 
SBorteit  für  biefetbe  Sfngefegenfjeit  ßeib  unb  Seben  gum  fßfanbe  gefegt;  je^t  bleibt 
mir  nur  nod)  ber  einzige  2öeg,  bafj  id)  rnicfj  bittmeife  @m.  (Spellens  nafje  unb  bei 
bemjenigen,  ber  unfdjufbig  fiir  ung  ade  oerurteüt  morben  unb  geftorben  ift,  ©ie 
befdjmöre,  bafj  ©ie  bie  ©adje  genau  erforfcfien  unb  unterfudjen,  unb  menn  mir,  mie 
id)  guoerfidjtlid)  ermarte,  afg  fdjufbfog  erfunben  morben,  ung  in  beg  |)ergogg  ©cf)uß 
unb  ©nabe,  bie  ung  türgfid)  üerfprodjen  unb  big  jeßt  gemährt  morben  ift,  aitfneljmen 
unb  in  berfetben  erljaften.  Paffen  ©ie  fid)  nidjt  oon  unbegriinbetem  Serbadjt  feiten, 
fonbent  unterfudjen  ©ie  bie  ©adje  unb  beurteilen  unb  befjanbefn  ©ie  ung  bann  nad) 
ben  mirtfidjen  Serfjäftniffen;  id)  bin  bereit,  menn  mir  ©efegenfjeit  gegeben  mirb, 
adeg  unb  jebeg  mit  oder  2fugfüfjrfidjteit  ©m.  ©pgedeng  bargufegeit.  Um  biefeg  bitte 
id)  inftänbig  burd)  gegenmärtigeg  ©cfjreiben.  Söeitn  man  ung  megen  beg  auf  ung 
faftenben  groben  Serbadjteg  nur  fdjmer  Vertrauen  fdjenft,  fo  oerfpredje  unb  gelobe 
id)  ©ra.  ©pgedeng  für  mid)  unb  bie  ^Reinigen,  bafj  mir  ung  ruf)ig  öerfjaften,  auf 
bie  ©d)itfe  unb  $ird)e  ung  befdjriinten  unb  bie  ©nabe,  bie  ©ie  ung  ermeifen  merben, 
burd)  frommeg  ©ebet  gu  ©ott  oergeften  merben."1 

©raß  beftanb  auf  ber  2lbreife,  eg  lagen  mehrere  Briefe  oor,  mefdje  bie  gefuiteu 
mofjf  oerbädjtig  machen  tonnten.  Diunmefjr  oerfangte  ber  Oteftor  einen  efjrenooden 
©efeitgbrief  unb  eine  ©djußmadje  für  bie  9Reife;  ferner  bafj  ben  beibeit  greifen  i|3atreg, 
oon  benen  ber  eine  über  70  gafjre  fei,  geftattet  merbe,  in  einem  ©pitaf  ober 
ißfarrfjaufe  gu  bleiben.  Se^tereg  mürbe  abgefcfjfagen,  ber  ©efeitgbrief  unter  bem 
12.  2fprif  1034  auggeftedt.  2lfg  ©runb  ber  Sfugmeifung  gibt  ©rap  SRangef  an 
bem  notmenbigen  Pebengunterfjaft  an2.  2fud)  bie  Sitte,  bie  ©reife  gu  SSagen  ober 
©d)iff  fortbringen  gu  bürfen,  mürbe  nidjt  gemährt,  gngmifdjen  raubten  bie  @of> 
baten  im  Ä'odeg,  mag  fie  eben  braitdjen  tonnten.  ©in  Trompeter  begleitete  bie 
13  gefuiten  brei  SReifen  meit.  Sa  ber  Trompeter  bemertte,  bafj  bie  DReife  ben 
P.  3of).  ©ofinug,  ber  erft  tür^licf)  oon  ©rfurt  oertrieben  mar,  fjart  mitnafjm,  ftieg 
er  ood  SRitfeib  oom  ißferbe  unb  fiefj  ben  'pater  müfjrenb  eineg  grofjen  Seifeg  beg 
2Begeg  reiten.  2fdjt  Sage  oermeiften  fie  in  gorcfjfjeim,  am  19.  2(prif  gogen  gelpt 
nad)  Sfmberg.  Ser  9Rettor  blieb  mit  bem  SRinifter  ®arf  gabriciug  unb  einem  ßaiem 
bruber  in  gordjljeim,  11111  bem  $odeg  näljer  gu  fein.  2ffg  nad)  ber  ©d)fad)t  bei 
üRörbfingen  (7.  ©eptember  1634)  Kroaten  Samberg  befeßt  fjatten  (12.  ©eptember), 
teerten  bie  Sefuiten  aug  gordjfjeim  am  18.  ©eptember  nad)  Samberg  gurüd.  Sag 
Ä’odeg  fanben  fie  gum  gmeitenmaf  oodftänbig  auggepfiinbert. 

Sie  9Rot  mar  grofj.  ©iner  ber  Patreg  ftiefj  auf  einer  SReife  burd)  fronten, 
nacfjbem  er  fang  in  SBafb  unb  unbebautem  $efb  umf)ergeirrt,  auf  ein  Sorf,  mefcfjeg 
oon  feinen  Semofjnern  oerfaffen  mar.  Söäfjrenb  er  feinen  2öeg  fud)te,  fafj  er  etmag 
©efpenfterfjafteg  fid)  auf  einem  Süngerfjaufen  bemegen.  2ffg  er  näßer  fjerantrat, 
fanb  er  ein  mit  bem  Sobe  ringenbeg  SBeib.  Sie  $rau  mäfgte  fid)  im  ©djmuß,  if)r 
©eficfjt  mar  abgegefjrt  unb  fcfjmarg;  ber  gangen  ©eftaft  faß  man  ben  bittern  junger 
an.  2fn  ifjrer  ©eite  tagen  einige  unreife  mifbe  |)ofgäpfef,  me(d)e  ifjr  ffeineg  Södjter- 
d)en  gufammengefudjt,  um  bamit  bag  Peben  ber  SDRutter  gu  friften.  Ser  pater  mar 
guerft  ftarr  oor  ©cfjrecfen,  bann  fafjte  er  fid)  unb  tröftete  bie  2lrme  mit  liebreichen 
SSorten.  2ffg  bie  grau  bie  ©timme  f)örte,  richtete  fie  fich  empor,  erfjob  bie  .Spünbe 
gegen  ben  ^immef  unb  bantte  ©ott,  baß  er  ifjr  ©ebet  erßört  unb  fie  nidjt  ofjne 
Seiest  fterben  faffe.  Salb  barauf  mar  fie  eine  Seidje3. 

Sie  fofgenben  gaßre  maren  für  Samberg  nidjt  meniger  fjart.  Sig  1643  mürbe 
bie  ©tabt  breigefjnmaf  eingenommen,  unb  bann  ftanb  ber  geinb  mieber  oor  ben  Soren. 


1  ßbb.  65  f. 


2  Wortlaut  ebb.  68. 


3  ebb.  91  f. 


410 


Sed)fte3  Sapitel.  SriegSnot. 


9cicfjt  weniger  ßart  war  bag  ©cßidfat  her  patres  in  fyutba.  23ei  ^er  2lu§* 
ptünberung  gutbag  burd)  bie  Reffen  famen  ant  20.  gebruar  1632  bie  Qefuiten  an 
bie  SReiße,  wobei  eg  nicßt  oßne  fdjmäßticße  unb  graufame  ÜDZißßanblungeit  abging  4 
(Sg  waren  2  Sßatreg  nnb  2  53rüber  §urürfgeblieben.  St)iefe  würben  einer  £eibeg« 
üifitation  unterworfen.  S£en  P.  ^afob  gicßtner,  einen  ßodßbetagten,  Oerbienten  @reig, 
entfleibeten  fie  big  aitfg  §emb.  Stfg  bie  ©otbaten  ißm  aud)  biefeg  nehmen  wotlten, 
rief  er  aug :  Sieber  bett  Stob !  St)afür  fcfjlugen  unb  biffen  fie  beit  Otreig  iug  ©eficßt 
unb  trieben  ißtt  in  feiner  fcf;ntäf)Iicf)en  (Sntbtößung  auf  bie  Straße.  St)en  anbern 
ging  eg  nicf)t  oiel  beffer.  Oßne  ©cßuße,  StRantet  unb  £mt  würben  fie  unter  roßen 
©djtägen  aug  beut  Kolleg  gejagt  unb  braußen  üon  ©otbaten,  bie  ©patter  bitbeten, 
oerßößnt  unb  auggepeitfcßt.  Stier  SBruber  $oß.  .fpaber  würbe  üoüftänbig  entblößt. 
(Sin  feinblidjer  Leiter  gwang  ben  SRäuber,  bem  SBruber  fein  §emb  wiebergugeben. 
Stier  bänifd)e  ©efanbte,  ber  in  ber  ©tabt  weilte,  tabelte  beim  ©ouüerneur  bie  Un* 
menfcßticßfeit  ber  ©otbaten.  Qn  ber  9?acf)t  erreicßten  bie  oier  ^efuiten  bag  ßtofter 
am  Sßetergberg,  wo  fie  oon  gtbei  SBenebiftinern  gütig  aufgenommen  würben,  oon  ba 
füßrte  fie  am  fotgenben  SCRorgen  ein  Bürger  nacß  @eifa. 

Stier  greife  P.  ^idjtner  war  fo  gebrodjen,  baß  er  faft  getragen  werben  mußte.  Stuf 
bem  Sßege  nad)  SBamberg  !am  P.  gncßtner  nur  big  gu  bem  Storfe  Söatbafdjaff,  wo  er 
fpäter,  am  26.  Stuguft  1632  ftarb.  (Sr  ßatte  fid)  ben  tarnen  eineg  SSaterg  ber  Strmen 
oerbient,  ba  er  wößrenb  üieter  $aßre  mit  großem  (Sifer  Sttmofen  fammette,  um  fie 
perföntid)  ben  Strmften  gu  überbringen;  gang  befonberg  ßatte  er  fid)  au  cf)  ftetg  ber 
Oranten  angenommen.  Stier  anbere  gutbaer  Skater,  Hubert  ©ifebot,  war  wegen  feiner 
teibenben  güße  fünf  SCRonate  im  ©cßtoffe  Sftodenftußt  geblieben;  üon  bort  mußte  er 
bann  nad)  einer  fränfifdjen  ©tabt  fließen.  ^)ier  würbe  er  üerraten  unb  ber  SBürger,  bei 
bem  er  eingefeßrt,  eingegogen  unb  gepeinigt,  bamit  er  bag  SSerfted  angebe.  Stier  Bürger, 
ein  ütRann  oon  alter  Streue,  wollte  lieber  fein  Sebeit  taffen.  (Sine  abetige  tutßerifcße 
Stlame  rettete  bann  ben  fßater,  ber  im  ®ird)turm  oerborgen  war.  @ie  ließ  ißn  ßeitw 
tid)  in  ißr  §aug  fommen  unb  nadjtg  burd)  einen  guüertäffigen  ülRann  in  ©icßerßeit 
bringen.  ütRit  §itfe  eineg  ^ßriefterg  aug  Söeßtar  gelangte  bann  P.  ©ifebot  enbtid) 
nad)  Sobteng.  ÜRad)  ber  SRörbtinger  ©cßtadjt  feßrte  er  atg  erfter  am  23.  Oftober 
1634  nad)  gmtba  gurüd.  $otteg  unb  Seminar  waren  üottftänbig  auggeptünbert, 
bie  feßr  wertootte  S3ibtiotf;ef,  bag  fämttidje  ®ircßen*  unb  §auggerüte  ßatte  Sanb-- 
graf  SBitßetm  nad)  Raffet  bringen  taffen1 2. 

Später  brachte  bag  $aßr  1640  eine  neue  Seibenggeit.  Sttg  bie  ©cßweben  unb 
grangofen  bie  ©tabt  überfielen,  würben  bie  Pforten  beg  $ottegg  nad)  ben  brei 
©eiten  an  ben  Straßen  mit  Sorten  unb  eifernen  jammern  erbrodjen  unb  bag  Kolleg 
geptiinbert.  Stlie  f^einbe  bebroßten  bie  ^efuiten  unter  StRißßanblungen  mit  bem  Stöbe, 
wenn  fie  fein  @etb  fcßafften.  SRacß  einer  genauen  förpertid)en  SBifitation  riß  mau 
ißnen  bie  beffercn  ßteibunggftüde,  aucß  bie  Seibwäfcße  oom  Seibe.  ©djtießtid)  retteten 
fie  ficß  mit  §itfe  einiger  ©otbaten  burd)  bie  gducßt.  Sttg  ber  $einb  abgewogen, 
feßrten  bie  meiften  Sßatreg  wieber  gurüd.  ^n  ben  erften  Stagen  war  in  ber  gangen 
©tabt  aud)  nicßt  ein  Siffen  SBrot  aufgutreiben.  Stlie  befreunbeten  faifertidjen  ©ot> 
baten,  bie  batb  barauf  $utba  befeüten,  tiefen  in  ßetten  Raufen  auf  bie  St  der,  müßten 
bag  (betreibe,  bie  eingige  Hoffnung  gutbag  unb  beg  ^ottegg,  unb  brofcßen  eg  auf 
bem  f^elbe.  Stroß  attebem  gaben  bie  ißatreg  fd)on  am  gweiten  Stage  nad)  ißrer  SRiid= 
feßr  bag  .Qdcßeit  gnm  StBieberbeginn  ber  ©d)ute.  St)er  @efd)id)tfd)reiber  beg  fjutbacr 


1  2)a^  golgenfae  nad)  bem  23erid)t  bei  Somp,  fdjilbert  übereinftimmcnb  ein 93rief  be§P.  Gopper 

S)ie  groeite  ©djute  fgulba§  41  ff-  an  SbufaeuS  üon  Dftern  1632.  *  Äopie  in 

2  ®ic  fd)inäblid)e  Söliöbanblung  in  fgutba  Epp.  ad  Bus.  267.  ®g(.  Cordara  II  469  ff. 


$ie  fdjttiebifdje  ißeriobe:  9?ot  unb  Seiben  in  bcr  oberrtfeinifdien  fßrobinj.  411 

Üollegg  bemerft  bei  biefer  Gelegenheit :  „©in  fcpöneg  Söeifpiel  ihrer  Serufgtreue  ge= 
mährten  bie  ^efuiten  im  ^apre  1640,  alg  am  Sllopfiusfefte  bie  oerbünbeten  grau« 
3ofen,  ©djmeben,  Reffen  unb  ßüneburger  bie  (Stabt  unüerfepeng  mit  ©eloalt  nahmen 
nnb  fech§  Stage  unb  fedjg  Slödjte  an  fßerfonen  unb  ©igentum  jeglidjen  ^reöel 
oerübten." 1 

Über  bie  Vorgänge  in  ©peier  fdjreibt  ©teppan  9tuibiug  am  4.  S)tai  1632  non 
©peier  an  Sufaeug;  ünfer  $oUeg  pat  nur  SSerlufte  an  ben  Vorräten  gelitten;  am 
21.  2Jtör3  beloopnten  ©olbaten  mit  Sßeib  unb  ^inb  bag  |>aug  ber  SEertiarier,  halb 
20,  halb  10,  in  einer  2?adjt  150;  alleg,  mag  nicht  gut  Oermaprt  mar,  mürbe  au§ 
bem  §aufe  meggetragen.  SUg  fich  unfere  ©olbaten  ber  ©tabt  näherten,  tarn  ein 
§auptmann  mit  bropenben  Gebärben  unb  SÖorten  ittg  Kolleg,  burchfuchte  alle  SSinfel 
unb  oerfiigte  für  alle  Ipaugarreft.  Sin  bie  inneren  Stüren  mürben  Söadjen  gefteüt, 
metdje  ©im  unb  Sluggang  oerpinbern  foüten.  2)tan  glaubte,  in  unferem  |)aufe  feien 
kugeln,  i^ulner  unb  Gefchü^e  Oerborgen.  SDer  2)lagiftrat,  ber  ung  mäprenb  ber 
fdjmebifdjen  Offupation  gefdjüpt  hat,  bittet  jept  (bei  bem  ©ntfape  Speierg)  bag  ßolleg 
um  g-iirfpracpe,  bap  bie  ©tabt  nidjt  bttrcp  eine  gu  grope  Sefapung  bebrüdt  mirb; 
mir  merben  ung  an  ben  Sefeplgpaber  menben.  33ig  jept  haben  mir  bie  ©cpulett 
meiter  gehalten.  ®ie  üdtpolifen  mären  allmählich  oöllig  §u  ©runbe  gegangen,  meil 
fie  mödjentlidj  je  8,  10,  30,  ja  50  Staler  bejafjlen  mußten.  Son  ung  mürben  juerft 
möchentlich  40  STaler  oerlangt,  bann  begnügte  man  fidj  mit  ber  ©inquartierung. 
ßmei  SDomperren,  melcpe  jurüdgeblieben  maren,  ermiefen  fidj  alg  auggegeicfjnete 
gdeunbe  beg  föoüegg  unb  empfahlen  unfere  Slrmut  öfterg  bem  ©rafett  §ornef,  ber 
aber  für  bie  ünfrigen  nicptg  alg  ©pott  übrig  hatte ;  bemt  bie  ^äretifer  gelten  bie 
Unfrigen  für  bie  einzige  Urfadje  beg  ^riegeg.  SDamit  feine  Siadjricpten  über  ben 
günftigen  ©tanb  ber  ftatpolifen  nadj  ©peier  gelangten,  mürbe  ber  fatpolifcpe  ?ßoft= 
palter  abgefept  unb  ein  fßroteftant  trat  an  feine  ©teile2. 

Slug  2)1  ai  113  liegt  ein  Seridjt  beg  P.  Qop.  Sergeg  (Sergper)  üom  4.  2)tai 
1632  oor:  Sigper  pabe  icp  nicptg  gefcprieben  megen  ber  großen  Unficperpeit;  bie 
Sriefe  mürben  aufgefangen  unb  brachten  ben  Überbringer  unb  ben  Slugfteller  in 
nidjt  geringe  ©efapr.  Stropbem  biefe  ©efapr  nocp  anbauert,  mollte  ich  bocp  meine 
Pflicht,  ju  fcpreiben,  nidjt  länger  auffcpieben,  meil  ich  nur  folcpeg  fcpreibe,  mag  nie- 
manb  mit  ©runb  üerlepen  fann.  ®ie  ©egenmart  unferer  fßatreg  pat  oielen  genüpt. 
©inige  Ipunberte,  bie  fonft  opne  ©aframente  geftorben  mären,  mürben  bttrcp  Seidjt 

unb  Kommunion  geftärft.  Xäglicp  befucpen  mir  bie  föranfen  unb  ©terbenben  unb 

richten  fie  auf  burdj  leiblidfje  unb  geiftlidje  Sllmofen.  ©ottegbienft,  ^Srebigt,  felbft 
bie  ißaffiongprojeffion  am  Karfreitag  napmen  ihren  gemopnten  ©ang,  bei  leiderer 
mürben  nur  bie  fgenifdjen  SDarftellungen  unterlaffen.  ünfer  Kolleg  ift  nodj  unüer- 
feprt,  ©ott  meip  mie  lauge;  aber  allmählich  merben  mir  auggefogen.  ®ag  ^onoiftoren- 
fjaug  patte  grope  Vorräte  an  ©etreibe  unb  Söein,  eg  ift  faft  nidjtg  mepr  übrig, 
^dj  pabe  im  $onüift  lange  ßeit  50  unb  mepr  ^Sferbe  unterpatten,  aug  beit  33or= 
räten  40—60  ©olbaten.  2)ie  Setten  unb  bag  §auggerät  finb  jum  S5Seil  Oerloren. 
253ir  blieben  pier  in  SOlainj  opne  jebe  Ütüdficpt  auf  jeitlidjen  Sorteil,  nur  jur 
gröperen  ©pre  ©otteg.  SBir  paben  ung  birefter  Sebenggefapr  auggefept,  beoor  bie 
©tabt  eingenommen  mürbe,  unb  mir  finb  feft  entfcploffen,  mit  bem  Seiftanbe  ©otteg 

unfern  fßoften  nidjt  ju  üerlaffen.  SSenn  man  ung  alleg  raubt,  merben  mir  Oott  Stiire 

311  Sitre  unfern  ünterpalt  erbetteln,  ©ott  mirb,  fo  poffe  icp,  ung  bie  ©nabe  geben, 
bap  mir  für  bie  fatpolifcpe  Religion  unb  bie  geiftlidje  2r  oft  ung  unferer  SJlitmenfcpen 


1  fiomp  a.  a.  D.  49  ff.  23g(.  oben  ©.  159.  bie  loeiterett  ©efd)ide  tigt.  ß.  SBeifj,  @efd). 

2  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  287.  Uber  ber  ©tabt  ©peier  (1876)  77  ff- 


412 


©cd}ftc3  Kapitel.  $rieg§not. 


gern  alles  leiben.  Vei  biefer  allgemeinen  Verfolgung  ber  ©efellfcpaft  pabe  id)  oon 
feiten  unferer  ©egner  fo  nie!  2o£>  unb  ©pre  erfahren,  baff,  memt  id)  nicpt  fcpon  Sefuit 
märe,  id)  inftänbig  um  bie  51ufnapme  bitten  mürbe.  Henit  bie  fßolitifer  unb  ©ott* 
lofen  paffen  unS  nur  megen  itnfereS  entfcpiebenen  Eintretens  für  bie  fatl)olifcf)e  Ve« 
ligion.  9?eulicp  fjat  baS  ein  berühmter  fßrebiger  eines  proteftantifcfjen  dürften  in 
unferent  ©peifefaal  mit  beit  SBorten  bezeugt:  ^pr  feib  bie  ©äule  beS  fßapfttumS. 
©elobt  fei  alfo  ©ott  in  ©migfeit,  baff  mir  für  miirbig  eradjtet  merbeit,  für  feinen 
Vameit  ©cp  nt ad)  unb  llnbilben  ju  erbulben  4 

gaft  18  SRonate  maren  bie  Qefuiten  in  ÜKainj  allen  Unbilben  auSgefept:  mieber« 
fjolt  mürben  fie  ins  ©efängniS  gemorfen  unb  öffentlid)  oerfpottet,  brei  erlagen  ben 
Hranfpeiten  unb  Unbilben1 2.  Hie  nod)  übrigen  adjt^efuiten  mürben  bann  am  28.  ^nni 
1633  oott  ber  fcpmebifdfen  Regierung  auSgemiefen,  nacpbem  man  einen  @ib  oon  ipnett 
oerlangt,  ben  fie  mit  gutem  ©emiffen  nicpt  fdfmören  fonnten.  Sftacp  biefem  @ib 
patten  fie  fiep  verpflichten  füllen,  ipre  Verbinbung  mit  bem  fßapft  unb  bem  ©eneral 
aufjugeben  unb  alles  ^einbfelige  gegen  bie  Hrone  ©cpmebeitS,  aud)  baS  in  ber  Veicpt 
©epörte,  ber  Regierung  anjujeigen.  Unter  ben  Hingen  unb  tränen  beS  VolfeS,  baS 
mit  ©cplägen  ooit  ben  ©olbaten  jurüdgetrieben  mürbe,  mufften  bie  Qefuiten  ein  ©djiff 
befteigen,  um  ftromabmärtS  inS  @£il  311  fapren3. 

511S  93  ab  eit  001t  (porn  befept  mürbe,  lieff  man  bie  ftebett  ^efuiten  ungefcporen. 
Erft  nach  ber  §ulbigung  für  ben  SJJarfgrafen  von  VabemHurlacp  (14.  $uli  1633) 
mürben  bie  ^efuiten  Vertrieben 4.  911S  bie  ©olbaten,  meldfe  fie  meggebracpt,  jurüd« 
feprten,  ptünberten  fie  baS  Hodeg  unb  jogen  in  Qefuitenfleibern  unb  Virett  fpottenb 
burcp  bie  ©tabt5. 

Hie  SInSmeifung  aus  93 oben  melbet  P.  ^oacpim  $opanneS  am  9.  ©eptember 
1633:  Vor  ungefäpr  einem  Söfonat  fiitb  bie  Unfrigen  aus  Vaben  fcpmäplicp  aus« 
gemiefen  morben.  Her  oon  bem  Sftarfgrafen  oon  Hurlacp  gefanbte  Hommiffar  befahl 
unS,  fieben  an  ber  ßapl,  ben  Hapujinern  unb  granjiSfanern,  intterpalb  24  ©tunben 
bie  ©tabt  unb  ganj  Vaben  3U  räumen.  Hie  Vitte  um  eine  fjrift  oon  menigftenS 
brei  Hagen  mnrbe  abgefdjlageit.  ßmei  Hranfe,  ber  ©enior  ber  beiben  fßrooinjen, 
©eorg  Vergebet-,  unb  ber  Vruber  ©priftopp  ^mmerlein  (^mmerle),  fonnten  nicpt 
gepen  unb  erpielten  nadj  inftänbigen  Vitten  einen  Vauernmagen  bis  an  ben  Vpein. 
Diacpbem  fie  bei  VenSpeim  über  ben  Vpeiit  gefept,  napmen  bie  ©tärferen  bie  beiben 
Hranfen  auf  ipre  ©cpultern.  $m  näcpften  Horf  mürben  fie  oon  Veitern  umjingelt 
unb  bis  auf  bie  Veinfleiber  auSgeraubt.  P.  Vercpeber  fiepte  meinenb  um  fein  Ver* 
banbjeug  für  feine  mit  ©efcpmüren  bebedten  ©lieber;  aber  bie  pabfiicptigen  ©olbaten 
liefen  fiep  nicpt  ermeiepen.  ©0  oon  allem  entblöfft,  gingen  fie  in  ber  früpereit  SBeife 
mieber  an  bett  Vpein,  überrebeten  einen  gäprmann,  fie  bis  Sauterburg  311  fapren, 
froepen  bann  um  bie  ©tabt,  mo  ein  befreunbeter  Vfarrer/  beffen  Pfarrei  nur  mepr 
aus  12  ©eelen  beftanb,  riet,  bie  beiben  Hranfen  in  einem  benaepbarten  .'pofpital, 


1  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  59.  2lu§  ber 
ÜRacpfcprift  gept  ferner,  bap  auper  bem  SSige* 
reftor  ©cpiffler  noep  cier  ißatred  unb  brei 
Vrüber  in  ffllanij  oerblieben  maren. 

2  Über  ben  Job  be3  P.  iJ5et.  ©cpiffler  fiepe 
Vitetleeicpi  an  SBenpcI,  12.  gebr.  1633.  *  Orig.« 
Steg.  Ad  Rhen.  sup. 

3  ©in  auSfüprlicper  Vericpt  über  ben  ge« 
forberten  Sib  nnb  bie  Vertreibung  in  *  Brevis 
narratio  eiectionis  Patrum  S.J.  e  Coll.Mogunt., 

28.  gan.  1633.  Barber.  Lat.  6752.  Vgl.  and) 

Cordara  II  612  f.  VitcKe^cpi  fanbte  eine 


Slbfcprift  be§  Vcricpteä  uad)  granfreiep,  meil 
man  bort  oerbreitet,  bie  Reimten  patten  nur 
an§  politifcpen  ©rünben  ben  Sib  oerloeigert. 
VitelteSdji  an  gigler,  10.  Seht.  1633.  *Orig.« 
SReg.  Ad  Rhen.  sup.  $ad  VerbannungiSbefret 
com  15./25.  Suui  1633.  *  Original  in  SÜtainj, 
©tabtbibl. ,  Jes.  B  13  k.  Srud  in  Vogt« 
SBeifeel,  IRpeinifcpeS  Slrcpio  IX  (1812)  300 f. 

4  S.  5-  Vierorbt,  ©efep.  ber  eoangetifcpeu 
Äircpe  in  bem  ©roppersogtum  Vaben  II  203. 
Vgl.  oben  ©.  184. 

6  Cordara  II  606  ff. 


3>te  fdjwebifcfye  iperiobe:  9cot  uub  Seibeit  in  ber  oberrl)einifct)en  fßroüinj. 


413 


mo  freifidf;  nur  eilt  ©tüd  Srot  ju  l)a6en  fei,  unter^ubringen.  Sie  tieiben  anbern 
fßatreS  nerbargen  fid)  im  §eu,  um  eine  @efegenf)eit  jur  fyfudjt  ab^umarten.  Sie 
brei  Sriiber  eilten  in  ber  3lbenbbämmerung  burd)  bie  Söcinberge  in  ben  SBafb  unb 
gelangten  nad)  mehreren  Sagen  auf  Qrrmegen  unb  3fbmegen  mit  §ilfe  fatfjofifdjer 
Säuern  enbfid)  nacfj  Sodenf)eim,  nod)  üor  beffen  31ufföfung.  Ser  Obere  fdjidte  fie 
non  bort  mit  jmei  Salem  Seifegefb  nad)  ber  ©chmeij.  @1  finb  nun  fcfjon 
meljr  afS  brei  Monate  brei  ober  Hier  Kollegien  aufgelöft,  SUiainj,  |>eibefberg,  Saben, 
Sodenf)eim,  bie  übrigen  Hier  Raufer  finb  bebrof)t.  kein  einziges  fpauS  ber  ober« 
rheinifcfjen  ^rooinj  ift  frei  non  ben  feinbficffen  SBaffen  geblieben  E 

Über  bie  ©djidfafe  ber  Befuiten  in  9t  uf  a  d)  (Obereffafj)  erjagt  ein  gleidjjeitiger 
Serid)t:  Srop  beS  SlfforbS  mit  bem  Difjeingrafeit  Submig  Otto  (1633)  Ijatte  man 
ben  patres  geraten,  Ütufad)  ju  oerfaffeit;  aber  im  Vertrauen  auf  ©otteS  ©djup 
maren  fie  geblieben  unb  Ratten  bie  nerfcf)iebenen  Söedjfelfäöe  in  ber  @innaf)me,  bem 
Serfuft  unb  ber  2öiebereinnaf)me  ber  ©tabt  burdj  bie  fdfmebifdjen  Sruppeit  mit« 
burd)gemacf)t.  31m  15.  gebruar  1634  ftiirmte  ber  9tf)eingraf  bie  ©tabt.  ©egen 
8  UI)r  morgen^  maren  brei  ^efuiten  ■ —  jmei  maren  in  ©efdfäften  außerhalb  — , 
P.  ^obof  SDteiring  unb  bie  beibeit  Srüber  SfnbreaS  DJtartini  unb  ^of).  31dermaun, 
mit  fieben  ©eefforgSgeiftfidjen,  bem  ©tabtpfarrer  mit  feinen  beiben  föapfänen  unb 
oier  Pfarrern  aus  ber  9iachbarfd)aft,  bie  bor  ben  ©dfmeben  nad)  Ütufacfj  geflüchtet 
maren,  in  ber  ©tabtpfarrfirdje  ju  gegenfeitigem  Srofte  jufammengefommen.  SBäfjreub 
fie  nadj  ber  heiligen  Steffe  bie  Sitanei  00m  heiligen  kanten  ^efu  beteten,  ftürjten 
unter  miitenben  Srof)ungen  unb  Säfterungen  jef)n  ©olbaten  auf  ben  Gfjor,  mo  bie 
ijkiefter  unb  Qefuiten  oor  bem  2lderf)eiligften  fnieten,  unb  fdjfugen  fie  mit  ben  ©e« 
mef)rfofben  trop  ihrer  Sitten  mie  baS  Sief)  ju  Sobeit.  Ser  ßf)or  fd)mamtn  im 
Sfute,  bie  ©ofbaten  beraubten  bie  Sermunbeten  ihrer  Kleiber.  3Iuf  Sefefjf  jmeier 
Offiziere  mürben  bie  Sermunbeten  in  ein  benachbartes  §auS  gebracht,  um  bort  ihr 
meitereS  ©djidfaf  ju  ermarten.  9tad)  faum  einer  halben  ©tunbe  tarnen  bie  ©of» 
baten  mieber  unb  fd)rien:  „3hr  werbet  gefdjfadjtet,  fo  ift’S  befohlen."  fö'ein  Sitten  half. 
Sie  ©olbaten  hieben  auf  bie  ^Sriefter  unb  OrbenSfeute  ein,  auf  ®opf,  31rnte  unb 
güffe.  Um  aber  einen  fcfjneffen  Sob  ju  oerf)inbern  unb  bie  Ouafen  ju  oerfängern, 
hüteten  fie  fid),  fofort  töbfidje  Söunben  beijubringen.  Sann  fiepen  fie  bie  Ser« 
munbeten  mieber  liegen,  famen  aber  nad)  jmei  ©tunben  jitrüd,  burdjbohrten  bie  Ser« 
munbeten  ober  geschmetterten  ihnen  mit  einer  Sfpt  beit  Stopf,  fo  baf)  baS  ©efjirn 
umherfpripte.  Sitte  maren  tot,  nur  ber  Sruber  ^of).  Sfdermanu  mar  trop  einer  fdjmereit 
SBunbe  über  ben  ©chäbel  nicht  311  Sobe  getroffen;  er  mürbe  aber  non  ben  ©ofbaten, 
bie  ihren  Opfern  affe  Kleiber  bis  auf  baS  |>emb  auSgogen,  aud)  afS  tot  guriid« 
gefaffen.  ©egen  4  Uhr  abenbS  fam  einer  Hon  ben  ©olbaten  guriid  unb  ftiep  ben 
Opfern  fein  ©djmert  burdf  bie  ©urgef.  SffS  er  nun  an  ben  Sruber  Sfdermann 
fam,  ber  an  fester  ©teile  tag,  fprang  biefer  pföpfid)  auf  unb  umfratfte  in  SobeS« 
angft  mit  beiben  Sfrmen  ben  £>afS  beS  ©olbaten,  fo  baff  biefer  fein  ©cpmert  nicht 
gebrauchen  fouute.  3fm  £>alfe  beS  ©olbaten  hängenb,  bat  ber  Sruber  ben  ©ofbaten 
inftänbig  bei  ber  Sarmf)ergigfeit  ©otteS,  fein  Seben  gu  fdjonen.  Ser  mütenbe  ©of« 
bat  hätte  baS  nie  unb  nimmer  getan,  menn  nicht  bie  anbern  ©olbaten,  burd)  bie 
Srär.en  beS  SruberS  bemogen,  ben  ÜJJtörber  abgehaften  unb  gmei  unferer  $reunbe 
100  Safer  afS  Söfegefb  für  baS  Seben  beS  SruberS  üerfprocpen  hätten.  ©0  mürbe 
ber  Sruber  als  einziger  Beuge  ber  gräpfidjen  ©dhfädjterei  gerettet1 2. 


1  *  Sofie  in  Epp.  ad  Bus.  173.  2$g[.  *Hist.  weiterer  23erid)t  Narratio  brevis,  ebb.  203. 

coli.  Bad.  ad  ann.  1633.  $iefe  auf  ben  33erid)t  be3  SrnberS  ülcfermann 

2  *  Original  in  Epp.  ad  Bus.  21.  Gin  an  ben  oberrf>ein.  ijkoüinjial  fiel)  ftiipenbe 


414 


©ed)ftc3  Kapitel.  Ärieglnot. 


P.  ©ffriftopf)  ©renging  fc^reibt  am  7.  Oftober  1633  üon  97euf)auS  an  P.  {Jorer : 
Bon  ber  oberrheinifdjen  Sßrooing  fam  in  btefen  Sagen  ein  fßater  mit  gmei  Brübent 
gu  uns,  unb  ebenfooiefe  finb  nod)  untermegS.  Ser  gute  P.  fJSrooingiaf  fcfjreibt  mir, 
oon  25  9cieberlaffungen  feien  nur  eine  Befibeng  an  ber  ©renge  SotffringenS  unb  baS 
belagerte  §agenau  übrig,  alle  anbern  feien  in  ber  ©emaft  ber  geinbe;  in  ber  nieber- 
rfjeiitifdfen  fßroüing  feien  bie  Kollegien  in  Bkftfafen  in  ©efapr  unb  mürben  all; 
mäf)fid)  aufgelöft.  ^n  ©d)fefiett  bleibt  baS  Kolleg  in  üfteiffe,  roefdfeS  aber  megen 
ber  s^eft  bis  auf  gmei  ^nfaffen  entleert  ift,  unb  baS  gu  Sroppau1. 

Qn  ber  oberbeutfdfen  fproüing  ging  eS  nidft  nie!  beffer. 

9tod)  oor  ben  Kämpfen  am  Secfj  mürbe  SUIingen  oon  ben  ©chmeben  befe^t2. 
2ffS  bie  ©dimebeit  Slnfang  Sfprif  1632  ficf)  ber  ©tobt  näherten,  entließ  man  bie 
©tubenten.  95on  ben  47  ^efuiten  blieben  nur  12  guriid,  unter  ihnen  ber  Steftor  ©raüen* 
egg  unb  ber  Kangfer  ©teboriuS.  2lm  9.  Sfprif,  am  Karfreitag,  mürbe  bem  Oberft 
©fjriftoph  Subabel  bie  ©tabt  übergeben.  Beim  ©inguge  in  biefefbe  famen  if)m 
auf  bem  ülftarfte  ber  ©tabt  ber  Sieftor  unb  ber  Kanzler  entgegen,  baten  um  um 
geffinberte  SfuSübung  if)rer  93eruf§pflicE)ten  unb  um  ©d)ut3.  BeibeS  mürbe  gemährt 
unb  bem  Kolleg  gegen  Begafjfung  nod)  eine  SBacffe  gugeftanben 3.  2fnfangS  geigte  fid) 
Subabel  freunbfid)  unb  gefällig ;  afS  KriegSfteuer  oerfangte  er  oom  KferuS  unb  ben 
^efuiten  lOOOO  ^p^ifippstafer,  gab  fid)  aber  fdffiefffid)  mit  700  gufrieben.  Ser 
oon  ©uftaü  Slboff  gum  Kommanbanten  ber  ©tabt  ernannte  fßommeraner  Saoib 
Oon  Often  geigte  ficf)  gmar  nad)  aufsen  freunbfid)  gefinnt,  fub  häufig  ^efuiten  gu 
Sifcf),  aber  nur,  um  fie  auSgulfofen.  Qu  ber  $ofge  überhäufte  er  fie  mit  affen 
mögfid)en  Sfnffagen.  Unter  anberem  behauptete  er,  bei  ben  ^efuiten  feien  Söaffen 
unb  groffe  ©d)ä|e  üerborgen.  ©r  burc^fucf)te  barurn  in  Begleitung  oon  gafjtreid^en 
©olbaten  affe  BSinfef  beS  Kaufes.  Bor  affem  fafjnbete  er  nad)  einem  Karfunfef 
im  SBerte  oon  ungefähr  30000  Sufaten,  ben  er  in  unferem  Koffeg  üerborgen 
mähnte,  ba  er  in  einer  @d)rift  beS  )ßaraceIfuS  gefefen,  gmifc^en  @d)maben  unb 
Bapern  Hege  ein  unermehlidjer  ©c^a^,  „mefdfer  mächtig  an  Barfchaft  mehr  benn 
gmölf  Königreiche,  affba  ein  Karfunfef  afS  ein  ©t),  mefchen  fein  Kaifer  nicht  be- 
gapfen  fann"4.  Sie  peinfichften  97ad)forfchungen  fefbft  unter  ber  ©rbe  förberten 
aber  nidjtS  gu  Sage,  fonbern  trugen  ben  ©chaügräbern  nur  ben  ©pott  beS  BoffeS  ein5. 

Slm  $ronfeicf)ttamSfefte  (10.  $uni)  würben  pföfjficf)  ber  Steftor  unb  ber  Kangfer 
gum  Kommanbanten  oon  Often  giriert,  ©r  nahm  fie  mit  auSgefudfter  greunbficpfeit 
auf,  gog  ficf)  aber  bafb  gurüd  unb  lieh  fie  allein  mit  einem  Baron  |>pffer,  ber 
früher  am  baprifcffen  (pofe  oom  Kurfiirften  ben  fiaufpaff  erhalten  parie.  Siefer 
marf  ihnen  üor,  fie  feien  ©cpulb  an  affem  ©fenb  unb  fie  hätten  ihre  ©cpähe  auf 
61  SBagen  nad)  Sirof  in  Sicherheit  gebracht6.  Saun  erffärte  er  bie  beiben  gu 
©efangenen  beS  Königs,  bis  fie  100000  fßpifippstafer  afS  ©träfe  begapft  hätten. 
2fm  fofgenben  Sage  führte  man  bie  beiben  ^efuiten  nad)  Ufm  ab,  mo  man  fie 
im  ©efängniS  an  affem,  fefbft  bem  9?otmenbigften  ÜOfangef  leiben  lieh,  um  bie  ©efb- 
fumme  um  fo  fid)erer  gu  erpreffen.  Sa  Often  oergebfich  üt  Siffingen  auf  bie  2(uS- 


©cpilberung  erpplt,  baß  öier  ber  253eltpriefter 
bei  ber  stueiten  SÜlebelei  öon  ben  ©olbaten  in 
ber  2lu3ficbt  auf  ein  grofje3  Söfegelb  öerfdjont 
unb  bem  ©pirurgen  pr  Teilung  ifjrer  SBunbeu 
übergeben  toorben.  Giefer  S8erid)t  ift  and)  ge- 
brudt  bei  ©  eit  p,  Gie  Saprbüdjer  ber  Sefuiten 
p  ©cplettftabt  unb  Dtufad)  I  66  ff;  II  18  ff. 

1  *  Original  in  9Jt.  31.,  Jes.  88. 

2  Ga§  fgolgenbe  nad)  Kropf  II  20 ff  278 f. 


3  SScifj,  ©prouif  öoit  Gillingen  (1861)  36  f. 
Sßgt.  ©  p  e  d)  t ,  ©efd).  ber  Uuiücrfität  Gil¬ 
lingen  85. 

4  ©pedit  a.  a.  0.  86,  21.  1. 

5  (£bb.  85  f.  253  ei  b  a.  a.  0.  38  f. 

6  2113  ©uftao  2lbolf  im  ^erbft  1631  gegen 
©üben  borrüdte,  maren  bie  ber  ®ird)e  unb 
2lfabemie  gehörigen  Äelcpc,  23aramente  ufm. 
in3  2llgäu  gebradjt  loorben. 


$ie  fcfjmcbiidje  tpcriobe:  9Jot  unb  Seibeit  in  bcr  oberbeutfdjeit  $rcmin3.  415 

Zahlung  martete,  fam  er  felbft  ttad)  lUnt.  Sie  ©atreS  traten  iljtn  mit  greimut 
entgegen,  erlangten  aber  ifjre  greifet  erft  am  17.  guli  mieber,  als  fie  an  beit  Stünig 
appellierten,  ©alb  barauf  lief;  ber  ©eneral  ©ancr,  bcnt  Often  non  ber  angeblichen 
SSegfdjleppung  oon  9teicf)tümern  äftitteilung  gemacht,  bie  beiben  ©atreS  nebft  bem 
ÜOänifter  beS  ®oIIegS  nacfj  Sauingen  inS  ©efiingniS  abführen  unb  brei  SBochen  ftreng 
bemadjen.  0f)ne  weiteres  forberte  man  abermals  lOOOOO  ©hilippStaler.  Sin  ©teile 
eines  ber  brei  infolge  ber  ©efangenfcfjaft  erfranften  gefuiten  mürben  injmifcljen  gmei 
anbere  auS  bem  Millinger  Kolleg  in  §aft  genommen.  211S  fie  mieber  an  beit  Völlig 
appellierten,  brachte  man  alle  oier  inS  ©efängniS  nach  SlugSburg.  9^ad)  gehn  Sagen 
§aft  auf  bem  Üiathaufe  mufften  fie  baS  für  bie  gemeinen  ©erbredjer  beftimmte 
„Eifen"  beziehen,  meil  fie  beS  ©errateS  üerbädjtig  feien;  in  ber  Sat  aber  mar  ber 
Vaf3  ber  ©roteftanten  Urfad^e  biefer  Sftafjregelung.  Sie  Srattgfale,  melcfje  bie 
©atreS  in  biefem  Äerfer  erbulbeten,  oerurfachten  langmierige  föranfljeiten,  bie  bem 
P.  ©fjilipp  ß’ilianftein  einige  SJlonate  nach  ber  Entlaffung  aus  bem  ©efängttiS  ben 
Stob  brachten.  ©iS  12.  2lpril  1633  blieben  bie  befangenen  in  SlugSburg ;  an  biefem 
Sage  gab  ihnen  Ojenftjerna  1,  ber  bamalS  ©ouüerneur  oon  SlugSburg  mar,  bie 
Freiheit,  aber  nur  gegen  eine  ©ejahlung  oon  1600  ©ulbett,  für  melche  ein  ebler 
©roteftant  ©ürgfchaft  leiftete. 

$n  bem  Sillinger  Kolleg  hatten  bie  ^efuiteit  mährenb  beS  breijährigen  Stuf» 
enthalteS  ber  ©djmeben  in  Sillingen  oon  ben  ©olbaten,  bie  oft  brohten,  baS  Kolleg 
in  2lfdje  ju  legen,  grofje  Srangfale  ju  erbulben.  ©iel  oerbanften  bie  gefuiten  bem 
Söohlmollen  beS  ©cfimebenfönigS,  ber  ihnen  ben  Sreueib  erlaffen  hatte,  meil  fie 
ja  aucfj  bem  $aifer  feinen  Sreueib  geleiftet  hätten.  Siefe  ©nabe  beS  Königs  biente 
ihnen  in  ber  golge  oft  als  ©chilb  gegen  bie  föniglid)en  Oberften  unb  befonberS 
gegen  bie  proteftantifdjen  ©rebiger.  Sie  Ermahnung  beS  Königs  oereitelte  bie 
Srohungen  eines  ©rebigerS,  bie  gefuiten  aus  Sillingen  zu  entfernen;  ebenfo  mürbe 
bie  Oöllige  SluSpliinberung  beS  ^ollegS  fomie  bie  ©ermenbung  ber  Srucferei  zur 
Verausgabe  häretifcher  ©cfjriften  oerhinbert.  infolge  ber  Immunität,  bie  bem  Kolleg 
mie  ben  anbern  geiftlichen  Väufern  jufam,  blieb  baS  fö’olleg  trop  ber  geitmeife  großen 
Sruppenjahl  ber  ©chmeben  oon  Einquartierungen  oerfdjont.  ©o  fonnte  man  allen 
geiftlichen  ©erridjtungen  in  gemohnter  SBeife  nachfommen.  £’atf)olifd)e  ©olbaten, 
bie  unter  ben  fchmebifdjen  gähnen  oerhältniSmäfjig  zahlreich  maren,  fameit  häufig 
ju  ben  ©atreS  beichten.  ES  mürbe  baS  @erücf)t  oerbreitet,  bie  ©atreS  fugten  bie= 
felben  hauptfächlid)  bei  biefer  @elegenf)eit  burdj  ©ermeigerung  ber  Slbfolution  ben 
fdjmebifdjen  gähnen  abmenbig  ju  ntadhen  unb  fie  bem  §eere  ber  Siga  zuzuführen. 
©efoitberS  mürbe  biefer  oerleumberifdje  ©ormurf  gegen  beit  Mangler  ©teboriuS  oer> 
breitet.  Sie  ©chmeben  ftedten  ihn  beShalb  in  einen  ©olbatenrod  unb  jmattgen  ihn, 
einen  halben  Sag  unb  eine  ganze  üftadjt  SSadjtpoften  ju  ftehen.  Sa  gab’S  oielen 
©pott,  zumal  ber  ©ater  fdjmacfj  unb  gebredjlich  mar.  Slber  in  apoftolifdjem  Eifer 
benüpte  ©teboriuS  biefe  (Gelegenheit,  bem  tjerjuftrömenben  ©olfe  in  einbringlicher 
Söeife  zu  prebigen. 

Solange  bie  ©djmebett  Verren  ber  ©tabt  maren,  fomtten  and;  im  Kolleg  bie 
©djulen  unb  an  ber  Unioerfität  bie  ©orlefungen  meift  ungeftört  gehalten  merben. 
MerbingS  toar  bie  3a£)l  ber  ©tubenten  nidjt  feljr  grofj.  9ätr  im  galfre  1634 
fanb  eine  Unterbrechung  beS  UnterridjteS  ftatt,  als  ©ernfjarb  oon  Sßeitnar  fämtlidje 
Qefuiten  mit  21uSnaf)me  eines  einzigen,  beS  fchmerfranfett,  achtzigjährigen  P.  goljanneS 
ßauponiuS,  nach  Sauingett  in  bie  (Gefangenfcfjaft  abführen  unb  bort  oom  13.  Sluguft 
bis  14.  ©eptember  in  ©etoahrfam  halten  lieh-  S07an  mirb  unroiHfürlich  an  bie 


1  mar  Senebitt  Djenftierna,  ein  ©ofjn  be§  fandet  2Ijel  Djenftjerna. 


416 


©ed)fte?  Kapitel.  KriegSnot. 


Sitten  ber  ©hnftenoerfolgungen  erinnert,  tnenn  ber  Slnnalift  erzählt,  wie  audj  fjier 
bie  gefangenen  patres  bie  (Gelegenheit  benüpten,  ihren  Pächtern  ju  prebigen,  h^tn* 
lidlj  bie  Seicljt  eines  berfelben  hotten  unb  einen  anbern  wegen  Sefertion  jurn 
(Galgen  oerurteilten  ©olbaten  jur  Einrichtung  begleiteten  unb  ihm  bie  lebten  Sienfte 
erwiefen.  Sie  @d)lad)t  bei  üftörblingen  braute  ben  befangenen  bie  Freiheit  unb 
bie  9iüdfel)r  nach  Sillingen.  Qn^wifdjen  war  aber  baS  Kolleg  üon  ben  Kroaten 
gänjlid)  auSgepliinbert  worben,  fo  bah  bie  Qurüdgeteljrten  |tcf)  mit  bürftiger  9iaf)rung 
begnügen  muhten,  bis  einige  2öof)Itäter  Slbljilfe  fdjafften  unb  enblid)  Kaifer  Qerbinanb 
baS,  was  bie  Kroaten  an  SebenSmitteln  geraubt,  reidjlid)  erfepte. 

gmr  bie  SlugSburger  ^efuiten  begannen  bie  Srangfale,  als  bie  ©djweben  am 
17.  Slpril  1632  gegen  bie  ©tabt  heranrüdten  4  Sei  ben  Serfjanblungen  mit  (Guftao 
Slbolf  betreffs  ber  Übergabe  würbe  feftgefept,  bah  in  ber  ©tabt  Wieber  biefenigen 
religiöfen  unb  politifcpen  Serhältniffe  eingeführt  werben  feilten,  welche  öor  1629 
beftanben  hatten,  infolge  biefer  Seftimmung  muhten  bie  Qefuiten  baS  Karmeliter« 
flofter  ©t  Slnna  wieber  abtreten.  Qm  ©t  ©aloatorfolleg  befanben  fidj  noch  13  patres 
unb  8  Srüber;  alle  übrigen  waren  weggefdjidt  worben,  ©dfon  lange  hatten  bie 
ißroteftanten  ben  Qefuiten  mit  ißlünberung,  Serbannung  unb  92iebermepelung  gebroht; 
jept  geigte  fich  ber  Eah  gegen  fie  in  befonberS  h°hem  (Grabe,  ©djoit  am  Sage  ber 
Sefipnapme  ber  ©tabt  burch  bie  ©djweben,  am  20.  Slpril,  oerbreitete  einer  aus  ber 
Eefe  beS  SoIfeS  bie  Serleumbung,  bie  Qefuiten  hätten  oor  ihrem  Slbjug  aus  ©t  Slnna 
bafelbft  an  üerfchiebenen  Orten  grohe  5D?engen  ißuloerS  gelegt,  um  bie  Kirche  nebft 
ben  barin  berfammelten  ifßroteftanten  in  bie  Suft  ju  fprengen1 2.  Sie  fchwebifdjen 
SefeljlShaber  mähen  jwar  ber  Qabel  feinen  (Glauben  bei,  hoch  liehen  fie  9iadj* 
forfchungen  anftellen,  ba  fie  wähnten,  eS  fönnten  bort  ©cf)ä^e  oergraben  fein.  Sin 
Eauptmann  muhte  alfo  bie  Surchforfdjung  oornehmeit,  wobei  ihn  proteftantifdjer 
Üßöbel  mit  Seilen,  jammern,  Sredfjeifen  unb  Eaden  begleitete.  Ungeftiim  würbe 
in  ber  Slnnafirdje  alles  mit  (Gewalt  erbrochen,  ber  Soben  aufgeriffen,  felbft  bie 
©ruft  burcpfudjt,  ebenfo  in  ben  SBoljnräumen.  SllleS  würbe  jerftreut  unb  geraubt. 
StandjeS  fcpleppte  man  auf  ben  ÜWarft  unb  trieb  bamit  fein  (Gefpött.  ©inen  Siener 
ber  ißatreS,  ber  ihnen  jufällig  in  ben  Söeg  lief,  fragte  man  unter  SDÜhhanblungen, 
ob  er  wühte,  wo  ©acfjen  oerftedt  feien.  Qnfolge  ber  Oitalen  oerriet  er,  bah  in 
benachbarten  Eäufern  Kelche,  eine  Slnjaf)!  ber  beften  Sücher  unb  ähnliches  oerborgen 
fei.  SllleS  würbe  fogleid)  geraubt.  Son  bem  gefuchten  Sßuloer  aber  fanb  fich  nicfjtS 
üor.  9?un  [türmte  bie  wütenbe  ©dpar  §um  ©aloatorfolleg.  Ser  Offizier  brang 
mit  ben  ©olbaten  unb  bem  rafenben  ißöbel  ins  |jauS.  Saut  fdjrie  man  nad)  ben 
Qefuiten  unb  befonberS  nad)  bem  ißater  Sfteftor.  Sie  Qefuiten  hielten  ihre  lepte  ©tunbe 
für  gefommen;  bie  meiften  eilten  in  bie  EauSfapeHe,  in  bie  9?älje  beS  EodjaltarS, 
wo  baS  Slllerheiligfte  aufbewahrt  würbe.  SaS  wütenbe  (Gefcprei  fdjien  bie  fiepere 
92iebermepelung  gu  bropen.  Ser  Steftor  Konrab  9teiping  ging  mit  *wei  patres  in 
ben  (Gang  hinunter.  Sllsbalb  würben  fie  umringt,  einige  auS  ber  9J2enge  fdjrieen: 
©eht  ba  bie  Serräter,  bie  uns  unfere  Kirchen  unb  unfere  ißrebiger  geraubt,  ihre 
Serbredjen  füllen  fie  jept  mit  ihrem  Kopfe  fühnen;  ©olbaten,  madjt  fie  nieber.  Ser 
Offizier  ging  mit  bem  i]3ater  Üteftor  in  ein  Qimmer  unb  forberte  ihn  unter  Sropungen 
auf,  einjugeftepen,  was  bie  Qefuiten  gegen  bie  Sürgerfdjaft  im  ©cf)ilbe  geführt  hätten. 
Surch  bie  ruhige  unb  freunbliche  Slntwort  beS  9teftorS  würbe  ber  Qorn  beS  |jaupt» 


1  *  Hist.  coli.  Augustani  (greiburg  i.  ©d)tö., 
Kanton?'bibl.).  *Sob.  Keller?  Cronica,  ipo§ 

fid)  1632—1634  in  Stuggburg  ^getragen  (9Mn= 
cfjen,  UniberfttätSbibl.).  Kropf  II  3 1  ff  1 28  ff 


312  ff.  33  r  a  u  n ,  ©efdj.  be?  Kollegium?'  ber  Se« 
fuiten  in  9lug?burg  57  ff. 

2  33gl.  ©tetten,  ®efd).  bon  9Iug?'purg  II 
189.  6?  geigte  fiel)  nidjt  bie  geringfte  ©pur. 


2>ie  fchwebifdje  $eriobe:  9tot  unb  Selben  in  ber  oberbeutfrfjeu  fßroühts. 


417 


mattnS  entwaffnet;  er  Bezeigte  bem  fßater  SRettor  fogar  feine  Hochachtung,  benannt 
it)m  jeglidje  fyurdjt.  Qnjtntfd^en  war  bie  Sötte  ini  9tefeftor  unb  in  bie  ßinnner 
eingebrungen,  hatte  alles,  WaS  if)t  unter  bie  §änbe  tarn,  geraubt  unb  überall  if)re 
2öut  auSgelaffen. 

3ur  3eit,  all  bieS  int  Kolleg  üor  fiel)  ging,  verbreitete  ftd)  in  ber  ©tabt  bas 
©erücf)t,  fämtlidje  ^efuiten  feien  abgefd)ladjtet  worben.  Ser  ©tabtpfleger  HieronpmuS 
Snt^of  empfahl  baS  ßolleg  bem  ©dju^e  beS  ®ommanbanten.  Siefer  fanbte  ben 
Sla^major  mit  ©olbaten,  weldjer  baS  Kolleg  unb  bie  patres  unter  feinen  ©cfjufc 
nahm  unb  il)nen  eine  SBadje  gab.  Seim  Serlaffen  beS  ®otlegS  rief  ber  Offizier  beut 
wütenben  fßöbel  auf  beutfef;  31t:  „Qf)r  Sürger  feib  ©Reimen.  ©S  ift  Unfdjulb." 
Sem  Könige  empfahl  er  nachher  baS  Kolleg  unb  bie  ^3atre§. 

Üiadjbem  ber  Äönig  von  ben  ^ugefiigten  llnbilbcn  fö’unbe  erhalten,  fidjerte  er 
ihnen  feinen  ©dfufj  unb  ungeljinberte  21uSü6ung  ihrer  Serridjtungen  ju,  unter  ber 
Sebingung,  bah  fte  nichts  gegen  ihn  unternähmen.  21m  2lbenb  besfelben  SageS 
taut  nodj  ber  fßroüianttommiffär  9?ifomebeS  Seitter,  eitt  2lpoftat,  in  baS  Kolleg  unb 
»erlangte  für  baS  Säger  auf  ben  folgenben  Sag  bie  Sieferung  »on  40000  Sfunb 
Srot.  Cb  er  bieS  im  2luftrag  beS  Königs  tat,  lieh  [ich  nicht  feftfteden;  bie  £yorbe« 
rnng  überfdjritt  weit  bie  SeiftungSfähigfeit  beS  ®oHegS.  21m  anbern  ÜJJtorgen  in 
aller  griihe  war  ber  ®ommiffär  wieber  jur  ©teile,  brätigte,  fcf)mäf)te  bie  patres 
wegen  ber  Serjögerung  unb  oerlangte  gleichfam  als  ©träfe  nod;  60  ©imer  SSein 
unb  100  (Sinter  Sier.  2IlleS  bieS  muffte  woher  immer  int  Serlauf  einiger  weniger 
Sage  hergefdfafft  werben.  ©0  wenig  wie  baS  Kolleg  fd^onte  man  bie  Sefi^uttgen 
ber  ^efuiten.  Qn  ber  Umgegenb  »on  21ugSburg  plitnberte  unb  oerwüftete  baS  fchwe- 
bifdje  Heer  alles,  ^n  föiffingen  raubten  bie  ©olbaten  ©etreibe,  baS  Sieh  ufw., 
mochte  eS  bem  Kolleg  ober  ben  Sädjtern  gehören.  Sitten  ber  fßädjter  banben  fie  an 
einen  Saum,  fdjnitten  ihm  bie  Ohren  Q&  »»b  überliehen  il)tt  bann  hal^tot  feinem 
©djidfal. 

21m  23.  [24?]  2(pril  ritt  ©uftao  21bolf  mit  grobem  ©efolge  in  21ugSburg  ein. 
Sein  Dieftor  Seif)ing,  ber  ftd)  bent  $önig  empfehlen  wollte,  würbe  bie  21ubienj  »ev 
weigert.  Ser  ®önig  reifte  nad)  jwei  Sagen  wieber  ab,  unb  in  ben  lebten  Sagen 
beS  21pril  würben  bie  $atf)oliten  gegen  baS  Übereinfommen  aus  bem  Senat  auSgeftohen 
unb  bie  ganje  ©tabtüerwaltung  oollftänbig  in  bie  §änbe  ber  fßroteftanten  gelegt. 
Sont  Solle  wie  0011t  Ä'leruS  oerlangte  man  ben  Sreueib  gegen  ben  ßönig  unb  ben 
neuen  SJtagiftrat.  21m  5.  9Jiai  würbe  bent  Sompropft  bie  formet  oorgelegt.  ^n 
ber  Seratung  barüber  ertlärten  ber  Settor  beS  Kollegs  unb  ber  ÜJJtinifter  SDZicfjaet 
©peer,  bah  ®lerifer  einen  folgen  ©tb  nicht  leiften  bürften 1.  SOZit  2luSnahme  ber 
Senebiftiner  oou  ©t  Ulrich,  bie  an  ber  Seratung  nicht  teilnehmen  tonnten.  Oerweigerte 
benn  auch  ber  gefamte  ißfarr«  unb  OrbenStleruS  beit  ©ib.  SieS  hatte  Quälereien 
oon  feiten  ber  ©djweben  jur  fyolge.  21m  10.  äftai  muhten  bie  Qefuiten  jur  ©träfe 


1  9?äf)ere  SSegrünbung  ber  ülblehnuug  in 

*Hist.  coli.  Augastani  72 — 77.  $er  itächften 
oberbeutfdien  $roüinsialtongregation  würben 
folgenbe  Dubia  theologica  oorgelegt:  2Ba§  ift 
ben  Kollegien,  bie  bem  g-einb  unterworfen  firtb, 
JU  tun,  wenn  ihnen  ber  fchwebifdje  Gib  t»or= 
gelegt  wirb  ?  Ser  Gib  !ann  oon  ben  llnfrigen 
nicht  gefeiftet  merbeit,  ba  er  in  fidj  fcfjledjt  uitb 
nichtig ;  ein  Gib  fann  nicht  ein  93anb  ber 
©djlecfjtigfeit  fein.  Skr  Gib  forbert  ülbfall  öorn 
Saifer  unb  ber  rcdjtmäfjigen  Dörigfeit  in  ben 
tatholifdjen  ©ebieten  unb  inbireft  für  $leru3 
$uf)r,  ©e(tf|tcl)te  ber  3efuiten.  II. 


unb  Orben  ÜlbfaH  oon  ihren  93ifdjöfen  unb 
Obern.  3)enn  bie  Schweben  unb  ihre  SBer* * 
biinbeten  gehen  mit  SBort  unb  Sat  bnrauf  au§, 
bie  fatholifchen  dürften  unb  mit  ihnen  in  bereit 
©ebiet  bie  fatholifdje  ffteligion  ju  Cernichten. 
®aju  fommt  bay  93eifpiet  be§  ®leru‘°  unb  ber 
Orben  oon  21ug§burg,  bie  mit  fehr  guten  ©rüit= 
beit  geurteilt,  fie  tonnten  mit  gutem  ©emiffen 
ben  Gib  nicht  leiften.  $e§halb  ift  e§  nicht 
nötig,  unfere  fOteinung  mit  weiteren  23eweifen 
ju  erhärten.  Sie  Sluffdjrift  oon  ber  §anb  go= 
rer§.  *  Original  91t.  Sb.  ©en.«9tegiftr.  1258  14. 

27 


418 


Eed)fte§  Kapitel.  Kriegin  ot. 


3000  ©ulbeit  erlegen.  Sie  Summe  mürbe,  ba  im  Kolleg  lein  ©elb  üorfjanben  mar, 
teils  burd}  Sntleifjen  teils  burd)  Scheidungen  non  feiten  fatfjoliftfjer  Bürger  auf» 
gebracht.  Sie  Bezahlung  befriebigte  OjrenftJerna  fo,  baff  er  ben  ^efuiten  am  28.  9Jki 
1032  einen  Sdjußbrief  gegen  meitere  Belüftigungen  auSftellte.  Qn  bem  Scfjutjbrief  fjeifd 
eS:  Sollen  gemelte  |)errn  Qefuiten  in  ifjr  fönigl.  SJfatyft  Seootion,  @el}orfam,  Scfju^  unb 
Sdjirm  auf»  unb  angenommen,  bei  ooriger  Beligion,  Dignitäten,  Offizen  unb  ©ütern 
gelaffen  unb  barbei  geljanb^abt  mie  aud)  oor  Beftrafung,  Baub  unb  @£action  eufferftS 
OermögenS  gefd)üf3t  unb  gefdjirmet  merben l.  Sroßbem  mürben  bie  ben  ^efuiten  in 
91ugSburg  ge^örenben  Raufer  mit  Befdjlag  belegt  unb  bei  ber  ©roberitng  oon  grieb» 
berg  auci)  bie  Raufer  ber  $efuiten  eingeäfdjert  (16.  Quli  1632). 

Sem  Kolleg  mürbe  öoit  0;renftjerna  eine  monatlidje  21bgabe  oon  260  ©ulbeit 
auferlegt.  9lu§erbent  muffte  eS  gefjn  Offizieren  famt  beren  Gebienten  unb  ^ßferben 
Ouartier  geben.  Dieun  Söodjett  lang  Rauften  fie  barin,  bis  nichts  mehr  ba  mar. 
211S  fie  fort  maren,  mürben  100  fyufffolbaten  einquartiert.  21m  12.  Quli  (1632) 
mürbe  ber  Befel)!  erlaffen,  bie  Schüler  ber  Qefuiten  füllten  fich  innerhalb  jmeier  Sage 
aus  ber  Stabt  entfernen.  Bis  bal)in  hatte  man  bie  Sdjule  fortgefeßt.  SÖieberljolt 
mürbe  ber  Beftor  9teif)ing  mit  anbern  ©eiftlidjen  unb  9tatSl)erren  in  21rreft  gebracht2, 
^nzmifc^en  taudjte  aud)  mieber  bie  gäbe!  auf,  bie  Qefuiten  hätten  Schüße  üerftedt 
ober  oergraben.  SaS  Kolleg  mürbe  barum  beS  öfteren  bis  zum  letzten  Söinfel  burd)» 
fudjt.  @S  mar  nichts  ju  finben  als  9?ot. 

211S  bie  oon  Ogenftjerna  ins  fö'olleg  gefanbten  Solbaten  bafelbft  fdjoit  ben  fünften 
Sag  if)r  llnmefen  trieben,  ridjtete  ber  Beftor  am  1.  Januar  1633  an  ben  Äomman» 
banten  ein  Schreiben  unb  feßte  biefem  „ben  febjr  leibigen  unb  f)od)betrübten  Stanb" 
beS  Kollegs  auSeinanber:  „So  ift  aber  bennod)  unfere  immermäfyrenbe  BetrübnuS  unb 
Srangfal  fo  groß  unb  iiberfcfirecflicf),  baß  icf)  nit  fann  umgeben,  igSj.  abermalen 
aufs  allerinftäubigfte  zu  fupplicieren,  aud}  aus  bemütiger  Buoerficßt  unfere  9?ot  ferner 
ju  Hagen.  Sintemal  nunmehr  heut  ber  fünfte  Sag,  baff  bie  fetjr  große  Ungeftümigfeit 
ber  Solbaten,  fo  in  unfer  Kolleg  auf  53efef)l  ifjrer  Sjcellenz  £>errn  Ojenftjern  ein» 
gefallen,  unabläffig  continuieret,  rneldje  uns  nit  allein  ohne  Unterlaß  bei  Sag  unb 
bei  Bacfjt  große  Ungebühr,  ©efaßr  SeibS  unb  SebenS  unb  alle  Überlaft  zumeffen, 
fonbern  aud)  mit  öffentlichem,  gemalttätigem  fßlünbern,  uuS  an  noch  reftierenben 
SBiltualien  unb  anbern  SupellectilibuS  fdjou  meßr  als  mir  [mir]  fdjulbig  unb  über 
taufenb  ©ulben  Sdjaben  zugefügt  haben.  Surd}  meldjen  bann  fo  unerhörten  Bro3eß, 
mann  er  alfo  continuieren  folle,  mir  notmenbig  mit  äußerfter  ©emalt  batjin  ge» 
brungen  merben,  baß  mir  entroeberS  baS  Kollegium  oerlaffen  ober  barinnen  mit 
gegenmärtiger  ©efaßr  SeibS  unb  SebenS,  eS  fei  gleid}  burch  junger  unb  Kummer 
ober  burd)  ^reüel  ber  Solbaten  enblicf)  umS  Sebeit  fomrnen  müffen  ..."  Sie 
müßten  feinen  ©runb  zu  fold)er  BebrängniS.  Sollte  bieS  bie  fatfjolifdje  Beligioit 
fein,  fo  mollten  fie  barum  „nit  allein  ben  SBerluft  unfereS  notmenbigen  Unterhaltes 
mit  greuben  erbulben,  fonbern  aud}  Seib  unb  Seben  für  beren  BefenntniS  barzue 
ftreden".  Sollte  „aber  ein  anbereS  Berbredjett  Oorhanben,  fo  bitten  mir,  man  molle 
unS  fold)eS  via  competenti  oor  21ugen  legen".  Sie  mollten  bann  auS  unfer  „oor 
©ott  bemufjter  Unfdjulb"  „mit  unerfchrodenem  Kerzen"  21ntmort  geben3.  211S  2lnt» 
mort  erfolgte  neue  Belüftigung. 

Oj-enftferna  fanbte  40  Solbaten  inS  Kolleg.  9iad}bem  biefe  bie  ganze  9£ad)t 
gezed}t,  folgten  am  anbern  Sag  anbere,  bie  mit  gleicher  ^ügellofigfeit  häuften.  Sa 
bie  Solbaten,  bie  am  britten  Sag  famen,  nichts  mehr  oorfanben,  zertrümmerten  fie 


1  *  Kopie  iit  Hist.  coli.  Augustani.  3  Kopie  in  *  Hist.  coli.  Augustani  84  f. 

2  33  r  a  u  n  a.  a.  D.  57. 


'Sie  fcf)trebifd)c  ißcriobe:  9?ot  unb  Seibeu  in  ber  oberbeutfd)en  Sßroüinj. 


419 


faft  aUe§  |)au§gerät  im  SSerte  »cm  ungefähr  taufenb  Xatern.  55ie  bereit»  begonnene 
ißtünberung  unb  ©djänbung  in  ber  Kirdje  öerljinberte  ein  Offizier.  5>ie  fßtünbe» 
rung  be§  gangen  §aufeg  bauerte  fort.  Qn  ber  grütje  beg  folgenben  ÜDtorgeng  —  e§ 
mar  Freitag  —  lief?  ber  Ijalbbetrunfenc  Offizier  ber  SBacfje  brei  ^efuiten  Ijoleit 
unb  befafjl  ihnen,  gteifd)  ju  effett.  ®ie  ißatreg  meigerten  fid)  entfliehen,  ©r  bro£)te, 
fie  gu  erftedjen.  9Zur  mit  ÜDtiihe  tonnte  ber  Srunfenbolb  oom  3tu£serften  abgefjatten 
roerben.  ©in  23rnber  mürbe  oon  ben  ©otbaten  miffhanbett.  2tm  fünften  Sage 
fdjicfte  Oyenftjerna  Offiziere,  metdje  fämttidje  3efu*ten  ©efängnig  abfütjren,  in 
betten  legen  unb  mit  Slugpeitfdjung  bro^en  füllten,  menn  bie  oerlangte  Kontribution 
nicf)t  erlegt  merbe.  ®ie  Offiziere  liefen  mieberunt  peiitlid)  bag  §au§  burdjfuchen. 
©ie  motlten  bie  golbenen  unb  filbernen  ©egenftänbe  in  ber  Kirdje  abmägen  taffen. 
®ie  faft  fämttidj  ^ötjernen  ©eräte  mtb  bie  Strmut,  bie  feist  erft  recht  ju  Xage  trat, 
befdfämten  bie  Offiziere  unb  führten  eine  etmag  menfd^lidjere  ©efinnuttg  gegen  bie 
Sefuiten  herbei.  ©0  tief;  man  ben  ^efuiten  einige  SBodjeit  fRufje. 

Sind)  in  ber  größten  9?ot,  atg  bie  Qefuiten  auf  alle  mögliche  SBeife  im 
Kotleg  oon  ben  ©djmeben  betäftigt  mürben,  oertieffen  bie  fßatreg  bag  Vott  nicht, 
ba§  mit  erhöhtem  ©ifer  gu  bereu  ^Srebigten  unb  33eicf)tftüE)ien  ftrömte.  2öiemot)t 
bem  ©pott  unb  fetbft  manchmal  ber  Sebenggefalfr  auggefefjt,  menn  fie  bag  Kolleg 
oertieffen,  befucfjten  fie  bod)  bie  Krönten  unb  hatten  ftetg  mie  gemöhntid)  bie 
ißrebigten  unb  hörten  bie  Veidften1.  ÜDafiir  tonnte  fie  bie  aufricf)tigfte  Xeitnatjme 
ber  fatfiofifcljen  Veoötferung.  ©eifttidje  unb  Saiett,  Qrbengfterug  unb  2Betttteru§, 
Strme  unb  9ieid)e  fpenbeten  9M)runggmittet.  Vefonberg  geicffneten  ficf)  bie  Qrbeng« 
teute  aug.  SJfänner  aug  bem  Votfe,  bie  faunt  fetbft  gu  teben  Ratten,  teilten  oon 
i^rem  Wenigen  ben  Qefuiten  mit.  ®aburd)  mürbe  ben  ^efuiten  ihre  Sage  fo 
oerfüfft,  bafj  fie  freubig  ihr  f)arte§  Sog  trugen.  9Zad)  Verlauf  einiger  2Sod)en 
begannen  bann  mieber  bie  Quälereien.  ®a  im  Kotteg  nidftg  mehr  gu  rauben 
mar,  fdfidte  O^enftferna  eine  Veiterabteitung  nad)  Kiffingen;  biefe  fdjteppten  brei 
ißädjter  unb  ben  fßfarrer  in§  ©efängnig,  um  fie  fo  lange  gu  quälen,  big  bie 
Qefuiten  bag  geforberte  Söfegelb  bega^tt  hätten,  ©etb  hatten  bie  patres  nicht;  aber 
ba  fie  bie  $äd)ter  nicht  iljretroegen  gequält  feheit  mottten,  oerfieten  fie  auf  einen 
Stugmeg.  ©ie  boten  toftbare  ©obeting,  bie  fid)  in  ber  Kirche  befanbeit,  atg  Söfegetb 
an.  Qbmofjt  Qj:enftferna  biefe  annahm  unb  oerfprad),  bag  Kotteg  in  3utunft  nicht 
mehr  gu  betätigen,  mürben  bie  Vaitern  nod)  mehrere  Xage  miffhanbett,  unb  ber 
Pfarrer  muffte  nod)  100  £ater  ertegen.  ®ann  fchidte  Djenftjerna  in  bag  Kotteg 
mieber  150  ©otbaten  nebft  SSeibent  unb  ÜDZügben,  metche,  ba  eg  Söinter  mar,  bie 
©dfutbänfe  atg  ^eijmateriat  benähten.  ®ie  Kotteggräume  maren  in  furger  ßeit  oon 
neuem  oermüftet. 

Unter  nieten  Quälereien  ging  fo  ber  gange  Söinter  unb  ber  Frühling  fym, 
big  Qpenftjerna  am  17.  SOZai  (1633)  ben  SSett»  unb  Qrben§fteru§  mieberunt  gu 
bem  in  ben  fdjärfftett  ^Sorten  gefaxten  Sreueib  gegen  ©chmeben  unb  feine  9Ser- 
bünbeten  aufforberte  unb  bagu  faft  genau  biefetbe  formet  mie  im  ^afjr  guoor  oor- 
tegte2.  93ei  ber  furgen  Beratung,  gu  metcher  ber  55ompropft  ben  Kteru§  gufammen- 
rief,  lehnten  alte  einftimmig  ben  ©ib  at§  unoereinbar  mit  ber  fathotifd)en  SZetigion 
ab  unb  jogen  bie  angebrotjte  Verbannung  oor.  3roä  Sage  nachher,  am  19.  ÜDZai, 
gegen  bie  ^efuiten,  14  au  ber  3af)t,  mit  bem  übrigen  Qrben§=  unb  SBettfterug3 
unter  bem  2Bef)ftagen  ber  fathotifdjen  Veoötferung,  bie  big  giriert  ihre  Vei^tftiihte 


1  *G£>b.  82.  2  Formel  bei  Kropf  II  134. 

3  maren  gegen  80  0rben3(ente  unb  eben= 
foüicle  SBeltpriefter.  $ie  SSenebiftiner  oon 


<St  Ufricf),  metche  unter  beftimmten  SSebinguttgeu 
bie  6ibe§formcl  angenommen,  blieben  allein 
äuriid. 


27* 


420 


©ed)fte§  Sapitel.  ftrieggnot. 


umbrängt  hatte,  nadj  SanbSberg  ab.  ®ie  ©chtüffet  beS  ftottegS,  bie  ber  9Mtor 
bem  proteftantifdjen  ©tabtpfteger  QeremiaS  ©tenglin  fjatte  übergeben  motten,  nahm 
biefer  nidjt  an,  tierfprad)  aber,  baS  Kolleg  unter  feine  Obtjut  31t  nehmen. 

SDie  Qefuiten  blieben  jirei  Qaljre  aus  SfugSburg  tierbannt.  SSäfyrenb  biefer 
$eit  mürbe  baS  Kolleg  adjt  Monate  lang  tion  ben  Venebiftinern  tion  ©t  Utricf)  be= 
mofjnt,  bie  man  aus  ifjrem  ßtofter  tiertrieben  Ijatte.  Siadjbem  bie  ©tabt  tion  ben 
faiferlidjen  Gruppen  belagert  unb  burd)  SluSfjungerung  mieber  eingenommen  mar, 
jogeit  and)  bie  ^efuiten  am  1.  Stprit  1635,  am  ^almfonntag,  mieber  iuS  Kollegium 
ein.  ©S  maren  anfangs  nur  fünf;  mefjr  tief}  ber  armfelige  3uf^ailb  be§  $ottegS, 
baS  über  unb  über  mit  ©djmup  befubelt  mar,  nidjt  ju.  ©rft  attmätjtidj  fonnte  bie 
$aht  mieber  auf  elf  gebracht  merben.  SBieber  mar  eS  ein  flügger,  ber  Statthalter 
©raf  Otto  §einridj  flügger,  ber  über  bie  größten  üiöten  ber  erften  geit  hinmegtjatf. 
SDie  Arbeiten  ber  ©efetlfdjaft  mürben  mit  frifc^em  9Jtut  mieber  aufgenommen,  gteidj 
in  ber  erften  geit  bie  ^rebigten  im  ®om,  in  ©t  3J?ori|  unb  ©t  Stnna;  im  SJfai 
tonnten  aud)  bie  ©djuten,  freitid)  nur  in  fef)r  befdjränftem  Stoffe,  mieber  eröffnet 
merben  1. 

©Übelheiten  über  baS  ©djidfat  ber  Qefuiten  in  Stiindjen  unb  ©berSberg 
im  ^afjre  1632  enthält  eine  hanbfchriftlicf)e  Epliemeris  Boio-Suecica,  bie  j  ebenfalls 
tion  einem  ber  beteiligten  ^efuiten  berührt2. 

2)ie  Stadjridjt  tiom  ©ieg  ber  ©djmeben  bei  Dtain  (15.  Stprit  1632)  tarn  erft 
in  ber  SZadjt  tiom  16.  auf  beit  17.  Stprit  nadj  Stündjen.  2)a  bie  Unfrigen  fdjon 
fdjtiefen,  eilten  ^reunbe  jum  £otteg  unb  metbeten  bem  Steftor,  bie  fyeinbe  riicften 
in  ©itmärfd)en  gegen  SZiindjen  tior  unb  tonnten  fidbier  in  2  —  3  ©tunben  fdjon  h^r 
fein.  SZan  medte  atsbatb  noch  einige  patres,  fdjidte  einen  berfetben  jum  $ßräfi> 
benten  beS  |mfrateS,  Qolj.  CSfjriftoph  ö.  ^ßretjfing,  in  beffen  £>anb  31t  biefer  $eit  bie 
oberfte  Vermattung  ber  ©tabt  rufjte.  £>a  biefer  ben  9tat  gab,  eS  fei  oietteicht  gut, 
für  ben  galt,  bah  man  nodj  einige  aus  ber  ©tabt  fortfcfjiden  mottte,  bieS  mögtichft 
batb  311  tun,  mürben  atte  gemedt  unb  itjnen  bie  brohenbe  ©efatjr,  auch  für  uns,  ba 
mir  bem  geinb  befonberS  Oerfjafjt  feien,  befannt  gegeben;  ohne  gmeifet  mürbe  man 
unS  am  roenigften  fdjonen.  Sarum  fottten  fidj  atte  auf  baS  Stufjerfte  gefaxt  machen 
unb  mit  SZut  atXeS  für  ©ott  unb  baS  Vatertanb  ertragen,  maS  ©otteS  Vorfehung 
fenbett  möge.  £)ieS  maren  ungefähr  bie  Söorte  beS  P.  SZeftor.  ©teidj  beim  SZorgem 
grauen  boten  ficfj  bie  meiften  311m  Verbleiben  in  SZiindjen  an;  fie  feien  bereit,  feg* 
ticfjeS  Ungemadj,  baS  etma  ber  gute  gefuS  gutaffen  möchte,  3u  ertragen.  ©S  fonnte 
inbeffen  nidjt  bem  Verfangen  aller  entfprodjen  merben,  ba  bie  $aht  ber  SZitbrüber 
im  fö'otteg  basumat  3U  grojf  mar.  $arum  mürben  36  aus  ben  SßatreS,  ©djotaftifern 
unb  Vrübern,  befonberS  fotche,  bereu  ©ienftteiftungen  man  in  biefer  fritifc^en  Sage 
für  ©tabt  unb  Kolleg  meniger  3U  benötigen  fdjien,  anberSmohin  gefchidt;  barunter 
maren  nidjt  menige,  bie  ben  Obern  inftänbig  gebeten  hatten,  bteiben  3U  bürfeit. 
Stuwer  biefen  (36)  reiften  nodj  fedjS  im  ©efotge  beS  £>ofeS  ab. 

ÜJZidjtSbeftomeniger  tierbtieben  im  ß'otteg  bis  3m-  Slnfunft  beS  ©djmebenfönigS  nodj 
40,  nämtidj  22  ^riefter,  1  Stagifter  unb  17  Vrüber.  Sttten  biefen  ftettte  ber  Obere 
nadj  bem  SZittageffen  (17.  Stprit)  nodjmatS  bie  SBatjt  anheim,  entmeber  beigeiten  SZiindjeit 
3u  tiertaffen  ober  aber  ben  geinb  mit  alten  Vebrängniffen  absumarten.  Stile  entfdjieben 
fidj  für  baS  letztere  unb  bereiteten  fidj  bei  bem  ©djreden,  ben  bie  Slnfunft  ber  ©djmeben 


1  ®ie  offijiette  (Sröffrmncj  faitb  am  2.  9to=  que  ad  urbem  a  Suecis  captam,  ac  deinceps 

bember  ftatt.  93 raun  a.  a.  0.  63.  ad  usque  finem  anni  in  Epp.  ad  Bus.  9$gt. 

2  *  Ephemeris  Boio-Suecica  seu  Acta  Cot-  K  r  o  p  f  II  59. 
legii  Monacensis  a  IY.  Aprilis  anni  1632  us- 


Sic  fctjwcbifdjc  ißeriobe:  9tot  unb  Seibeit  in  ber  oberbeutfcben  iprooinj. 


421 


fjerüorrief,  burd)  Söerfe  ber  fjrömtrtigf'eit  auf  bie  etma  beöorftehenben  Unbilben  oor. 
Ser  Slufforberung  beS  HönigS  entfprecfjenb  mürbe  ÜUfündjen  übergeben,  ba  bie  ©tabt 
mit  Militär,  ißrooiant  unb  SBaffen  faft  gar  nidjt  oerforgt  roar,  ein  Hampf  gegen 
beit  überlegenen  $einb  alfo  nutzlos  fcfjien  unb  ber  Honig  erführt  f)atte,  im  f^alle  beS 
SöiberftanbeS  tnerbe  er  bie  ©tabt  gerftören,  bei  freier  Übergabe  aber  fronen.  21m 
16.  SO^ai  1632  liefe  ber  ^öuig  feine  Struppen  einrücfeit,  beit  eingelnen  OrbenSljäufern 
unb  ben  ©eiftlidjen  mürben  befonbere  SBacfjen  gum  ©djufe  gegen  bie  ©olbaten  ge¬ 
geben.  ünfer  Kolleg  mürbe  einem  öornefjmen  fatholifcfeen  fjrangofen  anüertraut,  ber 
unS  in  berfdjiebenen  ©djmierigfeiten  unb  ©efaferen  oorgüglid)en  Beiftanb  unb  ©cf)u£ 
gemährte.  21m  17.  S0?ai  traf  furg  oor  Mittag  ber  Honig  felbft  ein.  21n  biefem 
unb  an  ben  folgenbeit  Sagen  befugten  oiele  geinbe  jebeS  ©tanbeS  unb  StangeS 
unfere  Hirdje  unb  unfer  Holleg.  Ser  Honig  felbft  beficfjtigte  gmar  nicpt  baS  Holleg, 
fonbern  blofe  bie  Hirdje.  21m  britten  Sage  nacf)  feiner  2Infunft  ftieg  er  oor  unferer 
Hircfje  oom  ^5ferbe  —  er  ritt  gerabe  gu  einer  Sruppenbefidjtigung  —  unb  betrat 
unerroartet  bie  Hirdje  in  Begleitung  beS  ^Sfalggrafen  f^riebricf)  unb  anberer  popett 
sperren.  ®r  fdjritt  bis  gum  Sfjor  oor,  betrachtete  alles  genau,  unb  gmar  ftetS  un» 
bebedten  §aupteS.  Ser  Sieftor  beS  HolIegS,  bem  bie  2lnmefenheit  beS  HönigS  ge- 
melbet  mürbe,  erfdjien  fcfinell  unb  rief  aud)  nod)  anbere  patres  her&ei-  ®er  Honig 
intereffierte  fiep  für  alles  unb  liefe  fiep  alles  erflären,  and)  über  ben  HultuS  [teilte 
er  oiele  fragen.  @r  liefe  feine  ©emütsbemegung  bemerfen,  nur  Silit)  giep  er  im 
2lrger  ber  Sferannei 1. 

2öir  müffen  ©ott  banfen,  bafe  er  uns  immer  befcfeüfet  pat  unb  mir  ofene  ©tö- 
rung  mie  fonft  unfern  geiftlicben  Verrichtungen  nachfomnten  burften.  2Bir  fonnten 
in  ber  ©tabt  bie  Hranfen  befudjen  unb  ben  ©terbenben  beifteljen  unb  in  unferer 
Hircfje  prebigen  unb  Beicht  hören.  2öir  munbern  uns  aud)  barüber,  bafe  nur  mährenb 
ber  anberthalb  SJlonate,  bie  feit  bem  (peranrüden  unb  bem  Bermeileit  beS  geinbeS 
in  ber  ©tabt  oerftriefeen,  über  30000  beut  Sifd)  beS  §errn  fiep  nahten;  ja  mir  be¬ 
mühten  uns,  mährenb  biefer  ,Qeit  ben  ©otteSbienft  noch  feierlicher  abguhalteit  als 
gemöljnlid).  Sabei  mar  meiftenS  oiel  fchmebifcpeS  Militär  gugegen ;  man  nal)tn  bei 
ben  ©olbaten  feine  Beradjtung  unb  Unehrerbietigfeit  mahr;  fie  bemunberten  oiel- 
mefer  bie  fßradjt  beS  röntifdjen  ©ottesbienfteS. 

Bon  Belüftigungen  h oben  unS  gmei  befonberS  part  getroffen.  ßuerft  mufeten 
mir  alle  ©egenftäube  aus  ©über  in  Holleg  unb  Hirche,  im  SBerte  oon  einigen  taufenb 
glor.  gum  Söfegelb  für  bie  ©tabt  herSe6en-  ©obann  mürben  mir,  maS  unS  noch 
fdjmerer  fiel,  gegmungen,  feeps  ißatreS  als  ©eifein  gu  [teilen,  bie  nach  21ug§burg 
abgeführt  merben  füllten.  21nfangS,  am  5.  3un6  »erlangte  man  aus  ben  Unfrigen 
nur  brei,  mährenb  man  üon  ben  anbertt  OrbenSfamilien  nur  je  gmei  begehrte. 
Siamentlid)  mürbe  oon  ben  ©efemeben  geforbert  ber  P.  Sieftor,  P.  (pieronfemuS  Srejrel2 


1  Sie  ©teile  über  Silit)  (bie  bei  Saug,  ©e= 
fdjidjte  ber  Sefuitett  in  S3aiern  [1819]  138  un¬ 
richtig  wicbergegeben  ift)  lautet  nad)  ber  Eplie- 
raeris  Boio-Suecica  wörtlich :  Quasi  ex  abrupto 
de  Tyllio  coepit  (Rex)  anquirere:  Num  et 
pro  illo  fuissemus  operati?  Haud  quaquam 
se  dubitare,  retulit  noster,  quin  ld  a  plurimis 
fuerit  iam  factitatum.  Pergit  is :  An  et  Tn, 
inquiens,  pro  eodem  sacrificasti  ?  Abnuente 
ingenue  Nostro ,  ecquare  auteni  illud  ipse 
intermisisset  percontabatur.  Cui  iste :  tum 
quia  ad  hoc  usque  tempus  aliunde  obstringebar 
ad  nimis  rnultas  missas  faciendas,  quas  nec- 

dum  omnes  persolvi,  tum  vel  eo  potissimum, 


quod  rebar,  Dominum  Tyllium  meis  hisce 
sacrificiis  haud  admodum  egere.  Contra  ille : 
Ubinam  itaque  locorum  eum  esse  autumaret? 
Reddidit  Noster:  Nemini  quidem  id  notum 
esse  posse  nisi  cui  manifestetur  divinitus,  se 
vero  sperare  illum  esse  in  coelo,  quippe  cum 
vir  fuerit  pius  in  paucis  Deoque  impense  ad- 
dictus.  His  commoveri  pauxillum  Rex  visus, 
in  modum  stomachantis  Fuit  Tyrannus  re- 
gerebat. 

2  Srejrel  weilte,  wie  e§  an  einer  anbent 
©teile  ber  Ephemeris  fjcijjt,  bei  ber  Äurfürftin 
in  ©af^burg. 


422 


©ed)jie§  ftapitel.  ÄriegSnot. 


unb  P.  SInbreag  Brunner.  Sie  beiben  erften  mürben  burd)  Slugwärtige  loggebeten. 
2tn  itjrer  ©teile  boten  ficf)  freiwillig  an  P.  Slbam  Sdjifferlc,  ber  SJiinifter  beg  föollegg, 
unb  P.  ©priftopl)  SBibmann.  Söäprenb  biefe  nun  nod)  am  SIbenb  unb  ben  gangen 
folgenbett  Sag  ficf)  jebe  Biinute  gunt  Slbmarfd)  bereit  gelten,  erfdjien  unerwartet  am 
6.  $uni  ber  föönig  oon  Sluggburg  fjer  in  Begleitung  oon  Seibtrabanten.  Seg  anberit 
SBorgeng  in  aller  ffrüfje  lief)  ber  föönig  bem  fHeftor  melben,  er  befehle,  baf)  man  ifjm 
boppeft  fo  biet  ©eifein,  alg  er  bigfjer  berlangt  pabe,  fteHe,  unb  gwar  müßten  ade  in 
einer  Ijalbeu  Stunbe  bereit  fein  gurn  Slbmarfd)  mit  bem  £>eer.  Soweit  eg  bie  ®ürge  ber 
3eit  erlaubte,  fjielt  man  eine  Beratung  unb  wählte  gu  ben  anbern  afg  Seibenggefäprten 
P.  Qofyanneg  Sang,  P.  Qioadjim  ©ottparb  unb  P.  C£f)riftop^  ©leglin.  ©g  erging  ber 
Befefjf,  fämtlidje  ©eifein  follten  ficf)  am  Kolleg  berfammeln.  ©g  waren  42.  Unter 
ipnen  befanben  ficf)  aufjer  20  augefepeneit  Bürgern  unb  bem  Pfarrer  ber  grauen» 
firdje  15  anbere  Orbengleute,  nämlidj  1  Sluguftiner»ßI)ort)err  aug  gnbergborf,  2  ©ifter» 
cienfer  aug  giirfteufelb,  je  4  Sluguftiner»@remiten,  ®apuginer  unb  grangigfaner.  Bad)» 
bem  bie  ©eifein  forgfältig  gegäljtt  waren,  würben  fie  auf  SBagen  gefegt,  unb  wir 
patten  am  7.  guni  bag  traurige  Sdjaufpiel  angufepen,  wie  bie  teuren  Unterpfänber 
aug  bem  föolleg  unb  ber  Stabt  weggefüprt  würben.  Sie  felbft  wußten  nidjt  wopin. 
Bei  iprer  Slnfunft  in  Sluggburg  würben  fie  oon  bem  lutperifcpen  ^Söbel  mit  £>opn 
unb  Spott  empfangen.  Senn  fdjon  üorper  war  in  ber  Stabt  bag  ©erebe  oerbreitet 
worben,  eg  würben  gefuitett  gefeffelt  eingebracf)t,  bie  in  SBüncpen  bem  ©eneral  Bane'r 
nacp  bem  Seben  getrachtet  unb  aud)  ben  ®önig  felbft  mit  ©ift  umgubringen  gefugt 
hätten.  Siefeg  ©erüdjt  laut  baper,  bafj  berjenige,  ber  angeblicp  pier  ben  ©eneral 
Bane'r  erboldjen  wollte,  am  redjten  Slrnt  gefeffelt,  auf  bemfelben  SSagett  mit  ben 
Sluguftinern  uad)  Sluggburg  gebradjt  würbe.  Sie  Berwegenpeit  biefeg  ÜBeufcpen 
üerfepte  aud)  ung  pier  im  §aufe  in  große  SIngfte.  ÜBan  gab  ipn  nämlidj  für 
unfern  Schüler  aug.  SBäre  bieg  ber  gaff  gewefen,  fo  fonuteu  wir  mit  Bedjt  fürsten, 
er  würbe,  entweber  burd)  ©elb  ober  Sropungen  gebrängt,  behaupten,  er  fei  oon 
feinen  Seprent  bagu  angeftiftet  worben. 

Sllg  fpäter  (nadj  SBitte  Oltober)  ber  fdjwebifdje  gelbperr,  ißfalggraf  0.  Birten» 
felb,  gegen  SBüncpen  peranrüdte  unb  bropte,  bie  Stabt  gleich  SBagbeburg  gu  ger» 
ftören,  wäprenb  fie  Weber  hinlänglich  mit  Solbaten  oerfepen  nod)  gegen  Singriffe 
hinreichenb  befeftigt  war,  ba  wollten  aud)  bie  Orbengleute  in  biefer  peiitoollen  Sage 
ber  Stabt  hilfreiche  Sienfte  leiften.  Stuf  unfern  Bat  richteten  bie  Obern  ber  SUöfter 
ein  gemeinfameg  Sdjreiben  an  ben  ÜBagiftrat  unb  boten  ihm  ihre  unb  ihrer  Unter» 
gebenen  £ilfe,  Slrbeiten  unb  bag  Seben  an,  fei  eg  gur  fcpnelleren  BoHeitbung  ber 
fürglidj  begonnenen  Befeftigunggwerte,  fei  eg  gur  Übernapme  ber  Söadjtpoften  an 
Stelle  ber  Solbaten,  fei  eg  gur  Slbwepr  Oon  feinblichen  Singriffen.  Sie  baten  über» 
bieg  wieberpolt  bringenb,  mau  möge  ihre,  wenn  aud)  nur  geringe  |)ilfe,  wenn 
fie  irgenb  oon  Bu^en  fein  tonnte,  nidjt  üerfcpmäpen  nodj  aud)  ihrer  fcponen.  Siefe 
Baterlanbgtiebe  ber  Orbengleute  gefiel  unb  trug  üiel  gur  -fpebung  beg  SButeg  ber 
Stabtbewopner  bei. 

Sag  ®Iofter  ©bergberg,  bie  eingige  mit  allem  gut  üerfeljene  Borratgfammer 
für  bag  SBündjener  Kolleg,  war  beim  £)erannapen  ber  Scpwcben  außer  oon  fiebett 
fönedjten  oon  26  ißrieftern  bewohnt.  Siefelben  würben  bamalg  an  oerfd)iebeite  Orte 
weggefdjidt,  unb  eg  blieben  nur  meljr  wenige  gurüd.  Siefe  tonnten  aber  nid)t  Oer» 
pinberu,  baß  man  bag  Älofter  big  auf  ben  ©ruub  augraubte.  SInfangg  ftellte  fidj 
eine  große  ßapl  ber  umwopnenben  Bauern  ein,  wie  man  glaubte,  gu  unferer  Ber» 
teibigung.  Unter  biefem  Borwanbe  raubten  fie  aber  einen  großen  Seil  ber  Borräte 
unb  bieg  fieben  Sage  lang,  bagit  nod)  unter  roI)en  Sdjmäpuugen.  Stuf  biefeg  Baub» 
gefinbel  folgten  am  fiebten  Sage  einige  SIbteilungen  baßrifcper  Beiter  unb  Kroaten. 


Sie  fdjtoebiidje  $eriobe:  9tot  ltnb  Seiben  in  ber  oberbeutidjen  iprooins. 


423 


Siefe  ade  mußten  n?ir  breigepn  Sage  lang  auf  unfere  Soften  ernähren.  Surcp  i^re 
päufigen  Slngrtffe  auf  ben  bereits  anriidenben  $einb,  mobei  letzterem  bismeilen  be« 
beutenber  Scpabett  gugefiigt  tuurbe,  reiften  fie  benfelben,  fo  bap  er  mit  Übermacfjt 
gegen  GrberSberg  Oorging.  Unfere  Gruppen  mupten  nadj  gropen  Serluften  meidjen 
unb  brachten  (SberSberg  in  bie  äuperfte  ©efapr.  Sie  ©djmeben  befepten  baSfebe  am 
1.  3>uni,  raubten  an  SebenSniitteln  unb  ©erätfcpaften,  fooiel  fie  fonnten,  unb  fcpleppten 
alles  fort;  bagu  m oUten  fie  nocp  baS  leere  ©ebäube  unb  bie  Sadjbarpäufer  oer* 
brennen,  toenn  nidjt  ber  plöplidje  Slbmarfdj  ober  bie  21uSficpt  auf  Südfepr  fie  baran 
gepinbert  patte.  SCBaS  bei  beut  Saube  unb  ber  ißliinberung  beut  fyeiube  entging, 
baS  polten  treulofe  Sadjbarn  nadj,  bie  mie  Raupen  unb  §eufcpreden  pauften.  So 
blieb  oon  bem  japlreidpen  Siep  nidjt  eine  fö'laue,  oon  ben  Setten  nicpt  ein  geberdjen, 
Oon  mepreren  punbert  ©cpeffeln  ©etrcibe  jeglicper  Slrt  nidjt  ein  Äörndjen,  oon 
taufenb  unb  einigen  punbert  @imern  Sier  nicpt  ein  Sröpfdjen,  enblicp  oon  bem  ge» 
famten,  nidjt  geringen  ^auSgeräte,  nidjt  einmal  ein  pölgerner  Söffe!  übrig.  (SberS« 
berg  fap  fo  aus,  als  ob  eS  feit  mepreren  ^apren  oon  feinem  ÜDtoifcpen  mepr  be* 
mopnt  toorben  märe.  Unfer  (Sefdjid  ift  nodj  pärter,  meil  ein  fcplauer  ©djmebe  bie 
nicpt  gerabe  geringe  Summe,  bie  mir  oerborgen  unb  mornit  ben  gemitteten  Ser* 
pältniffen  oon  (SberSberg  ein  menig  patte  aufgepolfen  merben  fönnen,  auffpürte  unb 
gugleidj  mit  einem  großen  Seil  ber  mertooHeren  Südjer  unb  mit  bem  Scpap  unferer 
ftircpe  gu  ©berSberg  mie  ber  unferer  Obforge  anoertrauten  benadjbarten  föircpen 
raubte.  (Sbenfo  oernidjteten  unb  oerbrannten  bie  ©djmebeit  in  iprer  SSut  bie  anbern 
gum  $lofter  (SberSberg  gepörenbeit  ©djeunen  unb  @üter.  Sie  ^ßädjter  finb  baburdj 
in  folcpe  9iot  geraten,  bap  man  oon  ipnen  ben  ^acptginS  nicpt  ermarten  barf.  3WeS 
gufammengefapt  iiberfteigt  mopl  ber  ©cpaben,  ben  baS  Kolleg  erlitten,  30000  glor. 

SaS  gröpte  Uuglüd  aber,  baS  bem  Kolleg  burdj  bie  ©djmeben  gugefügt  mürbe, 
mar  bie  Slbfüprung  oon  gmei  patres  in  bie  ©efangenfcpaft  unb  bie  unmenfdjlicpe 
Diiebermepelung  eines  trefflidjen  SaienbruberS.  Ser  P.  ÜUtinifter  QopanneS  £)ider  unb 
P.  Gtjprian  SRanicor,  bie  auf  ben  SSitlen  ber  Obern  pin  fiep  oon  (SberSberg  meg  an 
einen  nidjt  meit  entlegenen  Ort  begeben  patten,  feprten  halb  barauf  gitriid,  um  bie 
peilige  ÜDfeffe  gu  lefen  unb  Seidjt  gu  pören.  3(it  eben  jenem  unpeiloolleit  1.  ^uni 
(eS  mar  ^fingftbienStag)  mürben  fie  oon  ben  ©cpmeben  gefangen  genommen,  in 
betten  gelegt  unb  fo  als  lebenbige  Seute  aus  bem  auSgeplünberten  SberSberg  burdj 
oerfepiebene  ©täbte  unb  Sörfer  gefdjleppt,  roobei  fie  auper  junger,  Surft  unb  Um 
raetter,  auper  Spott  unb  .fpopu  audj  nodj  unflätige  ©djmäpreben  über  fidj  ergepen 
laffen  mupten,  unb  bieS  auS  §ap  gegen  bie  fatpolifdje  Seligion  unb  megeit  iprer 
ßugepörigfeit  gur  ©efellfdjaft,  bie  man  in  gepäffiger  ÜBeife  als  bie  Urpeberin  alles 
SlenbeS  oerfeprie.  SllS  übrigens  ber  Sittmeifter,  beffen  ©efangene  bie  beiben  ^Sriefter 
maren,  erfupr,  fie  feien  in  Seuburg  befannt,  fdjidte  er  fie,  um  befto  fcpneUer  ein 
Söfegelb  gu  erpreffen,  unter  militärifdjer  Sebedung  bapin.  @S  gelang  bem  Pfleger 
oon  Seuburg  unb  bem  Seftor  beS  ftolIegS,  bie  grope  Summe,  melcpe  man  forberte, 
auf  200  Saler  perabguminbern.  So  mürben  bie  beiben  (befangenen  mieber  loS» 
gefauft.  9JUt  bem  Sritten,  bem  TSjäprigen  Saienbruber  SlafiuS  ©djoelling  (Stelling), 
oerfupr  man  graufanier.  Stile,  bie  ipn  fannten,  pielten  ipn  für  baS  ÜDtufter  eines 
SaienbruberS.  Sacpbem  berfelbe  27  ^apre  lang  meiftenteilS  in  SberSberg  eifrig  bie 
Ofonomie  beforgt  patte,  pel  er  auf  feinem  Sßoften  in  ©berSberg  ber  (braitfamfeit 
ber  Solbaten  gum  Opfer.  Sie  ©djmeben  oerlangten  oon  bem  Sruber,  er  folle  ipnen 
Oerraten,  mo  bie  ^irdjenfdjäpe  oergraben  feien.  Ser  Sruber  oermeigerte  bieS. 
Saraufpin  riffen  ipm  bie  Solbaten  bie  Kleiber  oom  Seibe,  banben  ipn  an  einen 
s4>fapl,  legten  einen  Strid  um  feinen  &opf  unb  gogen  biefen  burdj  ein  eingefcpobeneS 
©tiid  §o(g  fo  an,  bap  bie  51ugen  peranStraten  unb  ber  Sdjäbel  gu  gerfpringen 


424 


©edjfted  Safntel.  ÄriegSnot. 


brofjte 1.  SDer  33ruber  blieb  ftanbfjaft.  $n  ber  entfejsfidjen  Oual  waren  feine  einzigen 
SSorte:  „^efuS,  iJJIaria."  Ungebulbig  unb  ergrimmt  jog  fcfjliefjlidj  einer  ber  Reiniger 
feinen  (Säbel  unb  f)ieb  ©trief  unb  ®opf  jugleicf)  entjwei,  fo  baff  baS  ©eljirn  empor» 
fpritjte.  ©elbft  an  bem  Seidjnam  liefen  fie  nod)  ifjre  Sßut  auS:  fie  ftürjten  ifjn  in 
eine  ©rube  unb  warfen  SDünger  barauf2. 

Oludj  baS  jum  ^ngolftäbter  Kolleg  gefjörenbe  idlofter  03  i  b  u  r  g  würbe  nidjt  oer- 
fdjont.  Olm  2.  iÖIai  (1(532)  brangen  einige  Raufen  Dragoner  in  baS  Älofter,  oor 
allem  in  baS  03raufjauS,  um  bie  Raffer  ju  leeren.  SHofterfircfje  unb  ©afriftei  bienten 
al§  ©efjenfe.  03eim  SDurcfjfudjen  beS  fpaufeS  fanben  bie  ©olbaten  in  einem  ^iwmer 
einen  ^efuiten,  ben  ©cfjolaftifer  OJIattfjiaS  Oöibmann,  ber  infolge  erblicher  03elaftung 
unb  Übereifers  in  ben  ©tubien  irrfinnig  geworben  unb  feit  langem  in  03iburg  unter- 
gebracht  war.  03ei  ber  Olttnäfjerung  beS  fJeinbeS  wollten  ifpt  bie  übrigen  Qefuiten 
mit  auf  bie  fylucfjt  nehmen,  boef)  war  er  nidjt  jum  SKitgefjen  ju  bewegen;  man 
nutzte  if}n  feinem  ©djidfale  überlaffen.  @o  fiel  er  ben  ©djweben  in  bie  .fpänbe. 
©ie  riffen  iljn  aus  bem  03ette,  unb  als  fie  merften,  baff  fie  eS  mit  einem  ^rrfinnigen 
5U  tun  hatten,  trieben  fie  in  barbarifdjer  OBeife  mit  ifjnt  ihren  ©pott  unb  9Jiut willen 
unb  oerfepten  iljn  baburefj  in  OBut.  ©r  padte  jwei  feiner  Reiniger  unb  fjätte  fie  übel 
jugeridjtet,  wenn  ihnen  niefjt  anbere  gu  ^itfe  gefommen  waren.  SDie  Barbaren  fannten 
nun  gegen  ben  armen  Oiarren  feine  ©djonung  mehr,  warfen  ifjn  ju  03oben,  riffen 
i^nt  bie  Kleiber  oom  Seibe,  fdjuitten  non  ben  ©cfjultern  bis  jur  ©oljle  jwei  ©treifen 
üon  brei  ginger  93veite  aitS  ber  lebenbigen  §aut,  burdjftacfjen  ifjn  mit  ihren  ©äbeln. 
9iod)  lebenb  warfen  fie  ifjn  inS  Reiter.  üftadjbem  fie  baS  (pauS  gepliinbert,  legten 
fie  Reiter  an  baS  ©ebiiube,  baS  mit  SluSnafjmc  ber  Äircfje  unb  eines  Sturmes 
nieberbrannte3. 

SSeoor  wir  ffPcündjen  oerlaffen,  miiffen  wir  nod)  einen  031id  auf  baS  ©c^icffal 
ber  ©eifein  werfen,  welcfje  baS  Kolleg  fjatte  [teilen  miiffen.  OBir  befipen  barüber 
einen  ausführlichen  03eridjt  auS  ber  geber  beS  P.  OfnbreaS  03runner,  ber  ja  alles 
felbft  miterlebt4. 

9?acf)  ber  Ofnfunft  in  OlugSburg  würben  bie  ©eifein  anfangs  in  enger  £>aft 
gehalten;  bann  aber  geftattete  man  ben  OrbenSleuten  auf  bie  eiblidje  03erpflidjtung 
hin,  bafj  fiel)  feiner  bie  greifjeit  üerfdjaffen  unb  einer  für  alle  unb  alle  für  einen 
Ijaften  wollten,  in  ben  ^löftern  ihrer  OrbenSangefjörigen  gu  wohnen.  SDodj  würbe  biefe 
OSergünftigung  balb  wieber  gurüdgejogen.  OBeil  baS  Söfegelb  nicht  befahlt  würbe, 
begann  man  nach  faum  adjt  Stagen  bie  ©eifein  nicht  mehr  als  ©eifein,  fonbern  als 
©efangene  ju  behanbelit.  Olm  16.  guni  bradjte  mau  alle  unter  bem  ©efpötte  beS 
Röbels  in  ein  §auS,  baS  in  ©ile  eigens  jum  ©efängniS  hergericf>tet  war.  Sldfjt 
SDJann  bewadjten  ftetS  bie  Stüren.  gn  raffinierter  OBeife  ging  man  barauf  auS,  ihre 
©ebulb  auf  bie  ißrobe  ju  ftellen,  unb  bieS  befonberS,  nacfjbem  eine  03ürgerWacf)e  an 
©teile  ber  fönigfidjen  OBadje  getreten  war.  SDie  Seiben,  bie  wir  in  ber  engen  (paft 
51t  erbulbeit  halten,  laffen  ficfj  nidjt  betreiben.  SDer  fdjwebifche  OJfajor  mähte  fid) 
über  bie  ©eifein  baSfelbe  9iedjt  an,  baS  ein  ©laubiger  über  ein  uneingelöfteS  Unter» 
pfanb  beanfprucht;  eS  gefdjefje,  fagte  er,  bem  ©laubiger  fein  Unrecht,  wenn  baS 
i|3fanb  mit  bem  ©djWert  in  ©tiide  gehauen  ober  burd)  Reiter  oernidjtet  werbe.  ©0 
oerging  fein  Sag,  au  bem  er  nidjt  an  ben  ©eifein  feinen  Olrger  auSliefj  unb  unter 


1  2)iefe§  fog.  „Sftaiblcn"  übten  and)  fdjon  bie 
SDtanSfelber  1621  in  ber  Dbcrpfalj.  35gf. 
©.  Samntert,  ©efd).  ber  ©euebett  unb  ®rieg§= 
not  jur  Seit  be§  2)reijügiäfjr.  Sriege§  (1890)  55. 

2  Kropf  II  66  f. 


3  ©ammelblatt  be§  f)iftor.  Vereins  in  unb 
für  Sngolftabt,  11.  tpft,  ^ngolftabt  1886,  192  f. 
Kropf  II  49. 

4  Olbgebrudt  bet  Kropf  II  316 — 337. 


Sie  fd)tüebiid)c  ipcriobe:  9iot  unb  Seibcn  in  bcr  oberbeutfdjeit  ^ßrobinj. 


425 


beit  bitterften  Srotjungen  bie  abfdjeutidjften  ©cfjmäfjmorte  auSftiefj.  Sie  (55eifefn  festen 
ben  ©djmäfjreben  in  itjrer  SetriibniS  nur  ©cfjmeigen  entgegen,  mätjrenb  bie  Siolte 
ber  Serteibigung  faft  gang  einem  einzigen  auS  ber  ©efeltfdjaft  ^efu 1  übertaffen  btieb. 
tiefer  ftellte  benn  audj  nidjt  btofj  feine  ßunge  in  ben  Sienft  beS  genieiitfamen 
(5>efcf)tcfe§ ,  fonbern  aud;  feine  $ebet\  ©o  öerfajjte  er  mätjrenb  ber  brei  ^afjre 
£>unberte  öou  Briefen,  metdje  bie  Sage  erfjeifcfjte.  Srei  Sage,  nacpbem  man  jenes 
ApauS  begogeit  patte,  mürben  bie  ©eifetit  in  ein  tpauS  gebracht,  baS  fonft  gu  Sang* 
unb  anbern  Setuftigungen  gebient  fjatte,  aber  bnrcp  bie  Srojjfnecpte  fo  öerunreinigt 
morbeit  mar,  baff  aud;  baS  niebrigfte  ©efinbet  lieber  unter  freiem  glimmet  atS  in  biefent 
©tatl  übernadjten  mottte.  Slucp  pier  mar  man  bem  ©efpött  beS  ißöbetS  unb  ben 
Sropungen  ber  ©otbaten  preisgegeben.  Sie  Siüdfepr  gu  einem  anftänbigeren  ©efängniS 
formte  man  enbtidj  burdj  eine  pope  ©umme  ©etbeS  erlaufen. 

Stuf  Stnregung  beS  P.  Srunner  unb  nacfj  einer  öott  ipm  öerfafjten  formet 
madjten  bie  ©eifetn  am  Sorabenbe  beS  gefteS  beS  fetigen  SttotjfiuS  ein  ©etübbe  gur 
©otteSniutter  um  ^Befreiung  auS  ber  ©efangenfdjaft.  $ur  fetbeit  $eit  mürbe  auf 
Setreiben  ber  Qefuiten  ber  ÜDieffe  au  ben  ^efttagen  eine  ißrebigt  beigefügt2,  ©egen 
(Snbe  ©eptember,  ba  fcpon  rauhere  Söitterung  eingetreten  mar,  mußten  bie  Uttglütf» 
tidjen  mieber  baS  SangpauS  be§ief)en.  SaS  parte  SoS  ber  ©eifetn  nüpte  ber  2Sirt 
nocp  in  fcpmupiger  Söeife  gu  feinem  Sorteit  aus.  Siefe  unmenfdjtidje  Sepanbtung 
fjätte  fie  in  bie  größte  ütiot  gebracpt,  mentt  nicpt  ein  attberer  SSirt  bie  ^Sftege  über* 
nontmen  pätte.  Ser  Sob  beS  Königs  öott  ©c^meben,  ber  in  biefe  $eit  fiet,  bradjte 
ftatt  ber  erhofften  Sefferung  nur  Serfcptimmerung  iprer  Sage.  SaS  auS  ber  Siangion 
gu  erfjoffenbe  ©etb  mürbe  nämtid)  ben  Oberften  atS  ©nttöpnung  gugemiefen,  unb  biefe 
fudjten  baS  Söfegetb  mit  oiet  größerer  tpärte  eingutreiben  unb  erfanneit  bagu  alte  mög= 
ticpen  ©raufamfeiten.  Verlaufe  beS  erften  ^atjreS  mürben  oft  ©efanbte  nacfj  Sapern 
gefcpidt,  bodj  erreichten  fie  bort  nicptS  atS  gute  Söorte  unb  Serfprecpungen.  SaS  mar 
ben  Oberften  Serantaffung,  jetjt  baS  Stufjerfte  gu  öerfudjen.  Ser  Oberft  Stbam  ißfut 
mürbe  auSerfepen,  bem  «fjjinpatten  entmeber  ein  (Snbe  gu  macfjert  ober  9tadje  gu 
üben.  Siefer  fant  nadj  SlugSburg  unb  flöfgte  ben  ©eifetit  mit  feinen  Sropungen 
großen  ©djrecfen  ein.  @r  bropte  mit  ben  fdjredtidjften  Sorturen.  9cur  mit  öieter 
äRiipe  fonnte  man  ipn  bagu  bringen,  baff  mir  öoit  bent  beüorftefjenben  Unfjeit  S^ncfj* 
ridjt  in  bie  Jpeimat  fenben  burften.  $mei  mürben  abgeorbnet,  um  ben  testen  Ser= 
fudj  gu  machen,  ©ie  erreichten  mieber  nichts.  Sa  fie  mofjt  mufften,  metdjeS  ©e- 
fdjid  fie  bei  ber  9tüdfepr  ermartete,  maren  fie  eifriger  bebadjt  auf  bie  Rettung  beS 
eigenen  SebenS  atS  an  baS  Ratten  ber  öerfprocpenen  Sreue  unb  begingen  baburcfj, 
baff  fie  in  ber  ^eimat  oerblieben,  fdjmereS  Unrecht,  fßfut  oerftudjte  bie  SBort» 
brüchigen  unb  tieff  nun  feine  2öut  um  fo  teibenfdjafttidjer  an  ben  übrigen  aus,  je 
ftarer  bie  ©efanbteit  burd)  bie  gtucpt  ihre  Sergmeiftung  an  bem  SoSfauf  ber  ©eifein 
an  ben  Sag  gelegt  patten,  ©o  reifte  ber  ©ntfdjtuff,  uns  meggufcpteppen.  ißfuf 
geigte  fidj  unbeugfant  gegen  alte  Sitten,  fetbft  biejenigen  ber  proteftantifdjen  Pfleger. 
Studj  ber  ©enerat  §orn,  ber  gerabe  in  StugSburg  meitte  unb  bett  ©eifein  fonft 
nicht  abfjolb  mar,  magte  auS  f^urdjt  üor  bem  Unmitten  beS  Oberften  nicfjt  für  fie 
eingutreten.  Stm  16.  Quni  (1633)  mürben  bie  ©eifetit  über  Siberbacp  nadj  Sonau* 


1  Siefer  mar  P.  9Inbrea§  SBrunner  fclbft;  er 
fpridjt  an»  SSefdjeibenfjeit  ooit  fid)  nur  mie  ccm 
einer  britten  $crfon,  gemö^nfid)  mit  bem  9tu§= 
brud  noster,  unus  ex  nostris  :c.  93gl.  Kropf 
II  887.  ®ir  fefceit  in  ber  fjolge  ben  9tamen 
33runner§  ein. 

2  2Jer  granjpifaner  fgranj  Sigl,  ber  unter 


ben  ©eifein  mar,  fagt:  „9tn  Sonn»  nnb  gfeier* 
tagen  ift  tmn  P.  SBrunner  i^rebigt  nnb  2Imt 
gepalten  morben."  31t-  Stöger,  granj 
Siglö  ©ejd)id)te  ber  9Mnd)encr  ©eifein  in 
fcfjmebifdjer  ©efangenfcfjaft  (1836)  13.  —  Sllotp 
fiuö  mar  1605  felig  gefprodjen  morben. 


42(3 


©ed)fte§  Äopitel.  ÄriegSnot. 


Wörtf)  gebraut,  unter  junger  unb  Surft  infolge  beg  befdjwerlicfjen  SJfarfdjeg,  auf 
bent  fte  bag  ©epiid  felbft  tragen  mußten,  Qn  Sonauwörtf)  pferchte  man  am  SIbenb 
alle  48  in  ein  einziges  ©entacf;  jufammen  mit  anbern  (befangenen,  Oon  benen  am 
anbern  Sage  einer  gedüngt  mürbe. 

Sur  cf;  einen  Brief,  in  meldjem  Brunner  bie  erbutbeten  ©raufamfeiten  in 
lebenbigeit  färben  gefdjilbert  f;atte,  fam  eg  ju  einem  heftigen  Qufammenftoffe  mit 
«ßful.  «ßfut  ftiirmte  ju  ben  (beifein  unb  oerlangte  ju  wiffen,  mer  ben  Brief  ge* 
fdjriebeit.  Sofort  melbete  fid)  Brunner.  Unerfdjrocfen  fjielt  er  ben  SButaugbrücfjen 
beg  Oberften  ftanb  unb  gab  9tecf)enfcf)aft,  maritm  er  ben  Brief  gefc^riebeit  I;abe. 
Saburd;  mürbe  ber  bigfjer  unOerföfjnlidje  ÜÖtann  milber  geftimmt  unb  ftellte  eg  nun 
ben  ©eifein  anfjeim,  einen  beliebigen  ©efanbten  aug  ifjrer  SDUtte  gu  müfjlen.  @g 
fdjien  ein  neuer  §offnunggftraI;l  auf^uleudjten.  P.  Brunner  unb  ein  juoerläffiger 
Bürger  mürben  gewählt;  aber  ber  oon  allen  ©eifein  oerlangte  Bürgfdjaftgeib  war 
fo  fdjredlid),  baff  fie  ben  @ib  oermeigerten.  So  mürben  benn  bie  ©eifein  am 
25.  Quiti  bon  Sonauwörtf;  meiter  gefdjleppt,  bie  Orbengleute  alle  mit  Slugttafjme 
ber  ©reife  jmei  unb  3m ei  aneinanber  gefeffelt.  Sag  energifdje  Stuftreten  Brunnerg 
erwirfte,  baf;  bie  ©eifein  in  Siörblingen  untergebradjt  mürben,  rno  fie  ein  fdjntufjigeg 
Ouartier  begießen  mußten,  Grg  mar  bag  fdjlimmfte  SBirtgfjaug  ber  gan3en  Stabt, 
„Qu  ber  alten  glafdfen"  genannt.  Sitte  mürben  in  eine  einige  Stube  gufammen* 
gepfercht,  mo  alteg,  fdjmutjigeg  Strof;  il;r  Säger  bilbete  unb  burdj  bag  3erriffene 
Sad;  ber  Siegen  freien  Qutritt  fjatte1. 

Sa  bie  Berljanblungen  megen  Begattung  beg  Söfegelbeg  fid;  gerfdjlugen2,  mürben 
am  28.  Sluguft  in  fpäter  SJadjt  fämtlic^e  ©eifein  oon  üftörblingen  mieber  nad;  Slugg* 
bürg  gurüdgebrad;t.  Qit  aller  Stille  be3ogen  fie  mübe  unb  hungrig  mieber  ipre 
frühere  SBofjnung;  fein  Sifd;  unb  fein  Stuf;!  fanb  fid)  oor3.  Bier  Sage  nad;  ber 
SInfunft  ber  ©eifetn  gelang  eg  ben  baprifdjen  ®ommiffären,  mit  ben  Scfjroeben  einen 
Vertrag  abjufd^Iie^en,  mobei  erftere  mefjr  üerfpradjen,  alg  fie  leiften  fonnteit.  Sllg 
bie  ßommiffäre  in  Begleitung  oon  oielen  ißerfonett4,  worunter  aud;  bie  beiben  ®e* 
fanbten  ber  ©eifein,  nad;  ÜJJtündfen  reiften,  ging  il;nen  eine  gro|e  äftenge  Boifeg 
entgegen;  benn  eg  fjatte  fid;  bag  ©erüdjt  Oerbreitet,  bie  ©eifein  fefjrten  aug  ber 
©efangenfcfjaft  gurücf.  ©rof;  mar  il;re  (Snttäufdjung.  SSiewof;!  ber  ^urfürft  unb 
ber  SJIagiftrat  fid;  eifrig  bemiif;ten,  bie  ©eifein  logsufaufen,  fdjlugen  bie  Berfjanb* 
lungen  mieber  fef)I.  Sie  Bebingungett  nämlid;,  meld;e  ber  Ä'urfiirft  an  bie  Slug* 
gafjlung  oon  40000  Beidjgtalern  fnüpfte  unb  bereu  fyauptfädjhdjfte  bie  mar,  bafj 
bie  Sd;mebeit  bie  £>älfte  ber  ©eifein  3uerft  freigeben  fottten,  ba  fie  bag  megen 
Begattung  ber  elften  Bäte  fdjon  langft  3U  tun  oerpflicfjtet  loaren,  lernten  bie 
Sd;meben  ab.  Qm  Oftober  mürben  unfere  beiben  Bertrauengmänner  nodjntafg  nad; 
Bapern  entfenbet,  um  bie  genannte  Bebingung  3U  befeitigen;  bod;  oergeblid).  SJcan 
brofjte  nun,  mie  fd;on  früher,  bie  ©eifein  nad;  ©rfurt  ab3itfiif;ren.  Bei  ber  großen 
Siotlage  in  Bat;ern  bacfjte  fein  äftenfd;  mel;r  baran,  ben  ©eifein  bie  Qreiljeit  311 
erfaufen.  Um  milbere  ©efinnungen  3U  ermeden,  oerfafjte  Brunner  eine  Bittfd;rift 
an  ben  Ä'urfürften,  bie  in  erfd;iitternber  Söeife  um  SJätleib  fiepte 5.  SBandjer  aug 
bem  Bäte  beg  ®urfürften  geftanb,  bei  bereu  Sefung  ntödjte  einem  bag  perg  bredjen. 
Sag,  morauf  er  am  meiften  bratig,  mürbe  nicpt  erreicpt.  ©elb  mar  feineg  mef)r  31t 
fjaben,  unb  bag  Saig,  bag  man  früher  alg  Qafjlunggmittel  oerfd;mäf;t,  fonnte  nidjt 
mel;r  trangportiert  merben6.  ©egen  bie  SSut  ber  Sd;meben  muf3te  alfo  ein  anbereg 


1  *  53runuer  $enffjring,  27.  guni.  Überben  3  ßbb.  112 — 116.  4  ßbb.  117. 

Xenüjring  bgt.  unten  25.  Stafntct.  5  SBorttaut  ebb.  174—182. 

2  23gl.  Stöger  104  ff.  6  ©bb.  149. 


2>ie  fd)it)ebi|cf)e  $eriobe:  9cot  unb  Seibett  itt  ber  oberbeutfd)en  ^rotiinj.  427 

SDüttel  augfinbig  gemacht  tuerbeit.  deines  fdjien  P.  Brunner  geeigneter  alg  bie 
Übertragung  ber  Sorge  für  bie  ©eifein  an  beit  9Jiagiftrat  non  Sluggburg.  Safiir 
nutzte  aber  ber  Kurfürft  ficfj  herablaffeu  unb  ein  Schreiben  an  feine  geinbe,  bie 
©djmeben,  richten.  Sie  Sitten  Srumterg  oermodjten  iljit  baju.  Slufjerbent  mies 
ber  g-ürft  ben  ©eifein,  bie  fdtjoit  anfingen,  junger  ju  leiben,  monatlich  ©elb  für 
ben  Unterhalt  an.  (Später,  alg  einige  Sruppen  jurn  ©d)ein  einen  Serfud)  madjeit 

raollten,  Sluggburg  in  iljre  ©etualt  ju  bringen  unb  bie  ©eifein  ju  befreien,  bann 

aber,  ofjne  Sluggburg  gefefjeit  ju  haben,  gurüdfehrten,  muffte  bieg  P.  Srunner  büffen, 
alg  märe  er  ber  Urheber  biefeg  gemefen 1.  3n)or  würbe  burdj  bag  3eu3en= 

üerfjör,  bag  am  Karfreitag  big  SJütternadjt  bauerte,  nicfitg  gegen  ben  Unfdjulbigen 
erreicfjt ;  bodf)  führte  matt  if)n  ing  ©efängnig.  Sen  P.  Srunner  beängftigte  nidjt 

bie  g-urcfjt  öor  ber  ^olter,  fonbern  ber  ©ebanfe  an  bie  ©djmad),  bie  bem  Serrat 

anhaftete.  3?adjbem  er  adjt  Sage  im  ©efängnig  gugebradEjt,  mürbe  er  mieber  oor 
ben  Kommanbanten  geführt.  ©rbidjtete  SInflagen  mürben  alg  ßeugniffe  ing  fyelb 
geführt,  lüften  fid)  aber  burdj  bie  SIntmorten  beg  SIngeflagten  in  nicf)tg  auf.  ©Ieicf)= 
mof)I  muffte  ber  Unfdjulbige  mieber  in  ben  Kerfer  gurüdfefjren,  erft  am  4.  SQiai 
mürbe  er  aug  bem  ©efängnig  entlaffen.  Sie  Siafjrung  mar  um  biefe  ßd*  fef)r 
fpärlidj,  unb  man  märe  in  bie  äufferfte  ücot  geraten,  menn  nidjt  ©ott  bie  ©eifein 
burdj  einen  proteftantifdjcn  SIrgt  oom  Untergange  bemafjrt  hätte.  Siefer  oerbiente 
in  biefer  fdjlimmen  Sage  nidjt  bloff  ben  Siamen  eineg  guten  ©djutjpatrong,  fonbern 
ben  eineg  gemeinfamen  Saterg.  Sludj  bie  geljäffigften  Slufträge  nahm  er  auf  fidj; 
er  mar  berebt  unb  beliebt,  bat  fo  lange,  big  er  auch  bei  ben  §artnädigften  mit 
feinen  unb  unfern  SSünfdjen  burcfjgebrungen  mar.  Surdj  Srot  bemaljrte  er  ung 
oor  bem  junger,  burdj  ÜDiebigin  üor  ber  meit  unb  breit  mütenben  Seft-  Sag  unb 
9iadjt  müljte  er  fidj  für  ung  unentgcltlidj  mit  foldjer  3uöorfommenheit  ab,  baff  er 
unraillig  mürbe,  menn  man  fidb  fdjeute,  if)n  um  §ilfe  angugefjen,  ober  feiner  @r> 
miibung  Sedjnung  trug.  Sille  Srangfale  ber  oielen  ©cfjüfjlinge  faf)  er  alg  bie 
fcinigen  an. 

9ieue  Hoffnung  brachte  ben  ©eifein  ber  ©ieg  bei  Siörblingen;  am  günftigften 
aber  mar  bie  ©efangennafjme  beg  ©eneralg  §orn,  fie  bemirfte  ben  ©eifein  ein 
beffereg  Sog ;  gumal  ba  er  an  ben  Kommanbanten  oon  Sluggburg  einen  Srief  ridjtete, 
morin  er  biefem  bie  ©eifein  empfahl,  um  ihnen  bie  Seiben  beg  ©efängniffeg,  bie  er 
felber  nun  üerfpürte,  burdj  einige  bisher  nie  geftattete  Sergünftigungen  gu  erleichtern. 
Sie  gröffte  beftanb  in  ber  Freiheit,  für  bie  ©eifein  bie  notmenbigen  Sebengmittel 
herbeigufdjaffen.  Senn  ohne  Zweifel  hätte  man  bei  ber  Selagerung  ber  ©tabt,  bie 
man  burdj  Slughungern  begmingen  mollte,  an  erfter  ©teile  bie  ©eifein  bie  Notlage 
fühlen  taffen,  ba  fie  ja  bie  ©djütjlinge  begjenigen  dürften  mareit,  oon  bem  bie 
Slugfjungerung  ber  ©tabt  unb  ber  Sefafjung  augging.  Ser  fyürft  mürbe  auf  bie 
Slngft  unb  ©efahr  ber  ©eifein  aufmerffam  gemacht  unb  ridjtete  beizeiten  Smpfehlungg* 
fdhreiben  an  £mrn.  ©ieben  SJlonate  trotten  bie  ©chmebeu  ber  Slugfjungerung;  bie 
©tabt  geriet  in  fdjredlicfje  Scot.  9Zodj  mar  eg  nidjt  gum  Slufjerfteu  gefommen,  alg 
man  fdfon  ©feig»,  §unbe«  unb  fßferbefleifdj  öffentlich  auf  ben  üüdarft  brachte.  9Jian 
ganfte  fidj  um  einen  toten  £>unb  unb  um  eine  jpanbooll  Kleie.  SJian  tonnte  Seute 
fef)en,  meldje  Knochen  aug  bem  Säfthaufen  auggruben  unb  abnagten.  Sie  fiunifdjen 
©olbaten  aug  ber  Sefatjung  madjten  mit  feltenem  ©efcfjid  Qagb  auf  bie  SJiäufe. 
SJidjtgbeftomeniger  mieg  ber  Kontmanbant  bie  Klagen  guriid  mit  ber  Semerfung: 
Solange  an  feinem  ©efpann  noch  Seber  oorhanben  fei,  mit  bem  man  ben  §unger 
ftillen  fönne,  bürfe  man  noch  nidjt  oon  £>ungergnot  reben.  3um  Sergeljren  oon 


1  35g[.  ebb.  151. 


428 


SedjfteS  Kapitel.  ®rieg§not. 


Seher  unb  fdfliefjlid)  öon  SJlertfd^enfleifc^  trieb  her  ^jeiffljunger.  ©cfjon  ruurben 
tierftümmelte  Scidfen  gut  Veftattung  übergeben  1.  ®ie  ©eifein  litten  feinen  SRangel, 
fonnten  fogar  insgeheim  nod)  an  greun^e  ffeine  ®oben  aulteilen. 

@nbe  SRärj  1(335  mürbe  bie  ausgehungerte  ©tabt  übergeben,  unb  bamit  faitb 
and)  bie  Verbannung  her  ©eifein  nad)  34  Monaten  if)r  ©nbe.  ÜRad)  bem  Seoit* 
bergifdfen  9Ifforb  üom  13.  9Rärg  1635  mußten  bie  ©eifein  fofort  nad)  bem  Slulgug 
her  fcfjmebifdfen  ©arnifon  lebig  gelaffen  merben2.  ©o  fonnten  bie  ©eifein  am 
30.  SQiärj  abreifen.  SDie  ^efuitengeifeln  fefjrten  üoüjä^Iig  nach  ÜRündjen  gurüd,  mo 
fie  im  Kolleg  mit  unbefcfjreiblidfer  greube  empfangen  mürben;  el  mar,  all  ob  man 
in  ifjnen  nicht  bie  9Ritbrüber,  fonbern  ^anbibaten  bei  SRartpriuml  öereffren  mollte. 


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fili'MsVflftcr/flui  aufrjcocfci'f^iciicPeJreijjJcd  mtutScßanf  ßefi:ßia^enjn'bat(S((’ei\i  ßinaiifiaefsoßcn^ßßivey  ^an(jer]aßv_,  Weniger  2  jllbimf  a&ome  gefangne  öartim., 
aau()  mueßfeeCtfj  Vcrjcjlcti .  faßen  $u  diiartjur^-Doiuni’et'Iff.  VnniiOiof'bftiincH  flfeicl)  ab  iiOtofbjhiff  cinacrfvcngf  WftaJjflÄM'C  ^rtmflfafVn  awfgcffcnbcn,  bcr  brcyfacßett  Jißucfen 
(Bot1es,aßl3eß,S{ßriegf\>ttiSyitißexDfäßtyit1:  Vnbmvorffat,|cmk fomtccj?  Vtiöer  «jciucinltimihlPnb  &jw&j5tnWc()  6i#cmmen  fie  macfanckfinufi WnJ)  ey jenen  Manien- 

qeßnrf\ßr,un  bunter  gcAjcyf^ in  cuf'crjTeh (SefahV  ijTr-ßcffüutui,  in \icrjcfitndcfifug  JßfQiefiän'iiaKßett  nnffqcmuutfa-f;  in  ^erlv^Cwß^McuCcßt^ßerßißh  tßnen  )cin9)a>tiaefottcn., 
Vtw  bic  Qcßop  bemer für  nm  yveyuna  einpeven  .Qcßreißen  ce  aijo  bir  nacßC&ctt  m«y  Vno  atßain  W,baf  ftc  bem  eirfvunnen,  Vno  auß  bem  aaiißenjmufdciL 

um*  4  VcWojVcu  ibaf  fic  fcßci  t  Wb  atßtnen,  Vnb  bc(i  Vaffermub;  Ivibmmw  atificßfig  Ivorbe  u,  iff  um  pur  fauttere  @wtb  Voti  bir.  ticj)  erfaßte  (Ti  ßcj  (ö  NmWrjjcflfam  ivofffonbt,  Cafe  fie  Voc_ 
flffer  Wißt  nuff(le^iViib  ßeljcuacn  \as  in  bernen  Wulfen  Wb  guabcu  niotwitö  'cerhßrcn  tverbe 

Jlltmcfmer  (fteyfafcßafff  GFfrnWcücRß  Wib  VjMjRmb  Ä.  j6ss~  l..:  k>W  F 


2)oti»bilb  ber  9)tiindjcner  (Seifet»  in  bev  2öatlfntjit§fiirfje  ju  9tamcr§borf  1635. 

Stieb  öon  Sucm?  Silian  (V13).  ©raptjifdje  Sammlung  in  SKündjen. 


Qn  bem  ®iariutn  bei  SRündjener  ©pmnafiuml  fjeifjt  el  junt  3.  9IpriI  1635: 
9cad)  her  SReffe  mürben  bie  ©dfiiler  entlaffen  gum  ©mpfang  her  ©eifein,  bie  üor 
brei  ^af)ren  bem  fdjmebifcfjen  ßönig  gegeben  morben,  unter  i^nen  6  her  Unfrigen 
unb  aud)  her  s^räfeft  unferel  ©pmnafiuml,  P.  (Sljriftopfj  ßlejlin.  21m  19.  9IpriI  mar 
her  ganje  Hag  frei,  meil  bie  ©eifein  jtt  ihrer  Vetterin  in  Vamerlborf  pilgerten3. 


1  Sgt.  Stöger  158  193  ff.  SSoit  beit  Seidjen 
mürben  bie  geeigneten  Stiicfc  abgefctjnitten  unb 

öerjctjrt.  Stetten  a.  a.  D.  II  (1758)  331; 

ögt.  339. 


2  SSortlaut  bei  Stetten  a.  a.  0.  II 
360  ff. 

3  *Clm  1550.  2)gt.  oben  9Mitcf)en  205  f. 


$ic  fdjraebifdje  $eriobc:  92ot  unb  Scibeu  in  ber  oberbeutfdjen  fprooinj. 


429 


2Bie  äHündjen  würbe  aucf)  Sanbsljut  9J?ai  1632  tion  ben  ©djweben  befolgt. 
£>ier  waren  bie  ^efuiten  insofern  befonbern  ©efatjren  auggefe£t,  atg  bag  Kolleg 
b§ru.  ber  ©arten  begfetben  an  bie  ©tabtmauern  ftieh-  3ur  Serteibigung  fjatten  furj 
oor  ber  9(nfunft  ber  ©d)  web  eit  (8.  SOiat)  1500  faifertidfe  Leiter  bie  ©tabt  be= 
fefct.  Sa  fie  fid)  aber  ber  Ubermadft  beg  nid^t  gewadjfen  hielten,  gogen 

fie  fid)  guriicf  unb  gaben  ben  Qiefuiten  ben  Brat,  gu  fließen.  Seghatb  blieben  nur 
wenige.  Kolleg  nahmen  fcf)mebifd)e  Offiziere  ihre  SSohnung;  burdf)  ©efdjenfe 
würben  biefe  non  ber  Slugführung  ihrer  Drohungen  abgehalten.  9ttg  ber  Slöitig  in 
bie  ©tabt  !am  unb  berfelben  ein  Söfegetb  non  100000  fßhitippStatern  auferlegte, 
nal)m  er  bie  ^efuiten  öon  ber  Seifteuer  aug,  weil  fie  burd)  Stiaturattieferungen  fdjon 
ftarf  belüftet  waren1,  ©onft  blieb  bag  $otteg  wie  bie  anbent  Slöfter  unangefochten2. 
Sie  ©reuet  bc§  Krieges  füllte  bagfelbe  erft  1634  erfahren.  Slnt  22.  Qüti  biefes 
^ahre§  nahmen  SEBeimar  unb  §orn  bie  ©tabt,  bie  non  batjrifdfen  Sruppen  nerteibigt 
würbe.  Sin  bie  Eroberung  fniipfte  fid)  ein  furdjtbareg  Stutbab;  an  fßerfonen  jeben 
Sltterg,  ©tanbeg  unb  @efd)ted)tg  würben  bie  fchmät)tid)ften  ©chanbtaten  öeriibt,  bie 
©tabt  geplünbert  unb  greutid)  üerwiiftet.  Sag  föotteg  btieb  nid)t  tierfdjont.  ©g 
befanben  fid)  in  bemfelbeit  aufjer  bem  P.  Seftor  Ulrich  <©peer  5  fßatreg,  2  ÜUlagiftri 
unb  4  Srüber;  5  anbere  waren  bereitg  öorher  abgereift,  befonberg  wegen  ÜDlangelg 
an  Sebengmittetn. 

©in  Seridjt,  batiert  Surghaufen  1.  Sluguft  (1634),  erzählt:  Sie  wütenben 
©olbaten  gerfdjmetterten  bie  nier  Süren  beg  Äollegg,  gerbradjeu  alleg  unb  raubten 
bag  Kolleg  fo  aug,  bah  am  Slbenb  and)  nidfit  ein  Siffen  Srot  mehr  übrig  war. 
$wei  Satreg  unb  ebenfoüiele  Srüber  tagen  bort  franf  in  hi&i3em  3'ieber.  ®er 
Srüber  Sltbert  $oia  (®oia)  würbe  non  gwei  kugeln  getötet;  ber  ffßrofeffor  ber 
Humanität  P.  ©abriet  Sarbifiug  erhielt  mehrere  SBunbeit,  fein  Stuffommen  ift  zweifel¬ 
haft.  Ser  Somprebiger  P.  Sapt.  ©aitperger  Würbe  mit  einem  um  feine  ©cfjtäfe 
gewunbenen  unb  burd)  einen  ß’eit  angetriebenen  ©trid  gefoltert,  um  bie  Eingabe  ber 
üerborgenen  ©djäfce,  bie  nirgenbg  ejiftierten,  gu  erpreffen.  Ser  Seftor  Utrid)  ©peer 
entging  einem  ©djuff  auf  feinen  £opf  eben  nod)  bnrd)  eine  fteine  Srehung.  Unter 
ben  nieten  ©emorbeten  befinben  fid)  4  grangigfaner,  1  Sontinifaner,  1  Sfapuginer, 
niete  2SeItgeifttid)e;  non  te^teren  ift  niemanb  mehr  in  ber  ©tabt,  fo  baff  bie  Unfrigen 
bie  neugebornen  Äinber  taufen  muhten.  Sltg  Söfegetb  für  bag  nöttig  auggeraubte 
$otteg  werben  3000  ©utben  nertangt.  Ser  gute  P.  Sieftor  tauft  hin  unb  her/>  um 
biefe  ©umme  gufammengubringen,  beim  ber  obengenannte  P.  Sapt.  ©aitperger  ift 
bafür  atg  ©eifet  weggeführt  worben.  Ser  frangöfifdje  ©efanbte,  ber  bem  Säger 
SSeimarg  unb  fporng  folgt,  hat  unfere  ißatreg  gu  Sanbghut  mit  freunbtid)en  Söorten 
getröftet  unb,  um  fein  Seiteib  gu  bezeigen  unb  unfere  äuherfte  Slot  gu  heben,  eine 
$uf)  gefd)enft.  Siefe  raubte  aber  halb  jemanb,  fei  eg  non  feiner  Sienerfcl;aft  ober 
ein  anberer3.  Sen  P.  Sarbifiug,  ben  man  für  tot  hielt,  teilen  bie  ©olbaten  in 
feinem  Stute  liegen  taffen,  big  nad)  brei  Sagen  ein  feinbticf)er  ©olbat  fid)  feiner 
erbarmte  unb  feine  SEBunben  etmag  oerbanb.  9?  ad)  einigen  Söocf)en  ftarb  er  gu 
SJlündjen. 

Sag  Äotteg  war  eine  Sßocfje  fang  Sag  unb  Stacht  ben  gucfjttofen  ©olbaten 
preiggegebeit.  ©in  Ipaufe  nad)  bem  anbern  ptünberte  bag  £>aug ;  felbft  ben  fyieber- 
franfen  lieh  man  feine  Suffe  unb  forberte  non  ihnen  ©etb.  Sie  übrigen  ^efniten 


1  *  Hist.  coli.  Landisliutani  (fgreiburg  i.(2d)to., 
®anton§bibl.).  93ql.  Kropf  II  55  ff  2(59  ff; 
3teif) f) o f er,  Etjronologifdje  ©efd).  ber  clje= 
maligelt  fölöfter  p  2anb3f)ut  (1810)  6  ff. 

8  ®gl.  33erid)t  eine3  granjilfaner^  au3  ÖanbS* 


ljut,  itt  äkrfjanblungen  beS  Ijiftorifdjen  herein? 
für  Dtiebcrbatjern  XVI  (1871)  205  f. 

3  *  Softie  in  Epp.  ad  Bus.  68.  SSgt.  Kropf 
II  209  ff. 


430 


@ed)fte3  Äapitel.  ÄriegSnot. 


fperrte  man  in  baS  ßimmer  beS  P.  Neftor,  §eigte  ifjneit  baS  in  flammen  ftefjenbe 
©djlofi  unb  baS  brennenbe  ^au§  beS  SompropfteS  unb  brofjte  bem  Kolleg  mit  äfjn- 
liebem  ©djidfal.  ^m  Kolleg  hatte  fief)  ein  Oberft  mit  24  Sßferben  einquartiert 
unb  anfangs  15000  ©ulben,  bann  auf  ßureben  f)in  3000  ^ater  als  Söfegelb  ge- 
forbert.  Stuwer  P.  ©aifperger  mürbe  aucf)  ber  SOZagifter  Martin  £>aimbl  als  ©eifei 
guerft  nadj  SlugSburg,  bann  in  bie  mürttembergifc^e  Heftung  SISperg  toeggefüfjrt- 
Sa  fie  nid^t  loSgefauft  merben  fonnten,  mufften  fie  in  ber  ©efangenfdjaft  ungefähr 
ein  ßaljr  oerbleibcn,  bis  ®önig  ßerbinattb  fiegreief)  üorbraug.  Nad)  bem  erften 
Oberft  quartierte  fidj  fünf  Sage  fpäter  ein  anberer  mit  40  ißferben  im  Kolleg  ein 
unb  forberte  eine  Sranbfteuer  non  300  ©ulben,  bie  er  einjutreiben  fudjte  mit  ber 
Srofjung,  ben  P.  fReftor  als  ©eifei  abjufü^ren.  Seläftigungen  roiberfuljren  übrigens 
ben  ßefuiten  nidjt  blojj  oon  bem  geinbe,  fonbern  aud)  non  ben  ©olbaten  beS  baprifdjen 
feeres.  2IIS  im  begangenen  Söinter  ein  ißater  bie  ßudjtlofigfeit  unb  ©djamlofigfeit 
ber  ©olbaten  in  einer  ißrebigt  etmaS  fefjarf  gegeißelt  hatte,  rotteten  fief)  aus  ben 
batjrifcfjen  SefapungStruppen  ©olbaten  jufantmen,  um  baS  Kolleg  jur  Stacke  31t  per» 
müften.  9J£it  SRit^e  gelang  eS  bem  ©tabtfommanbanten.  auf  Bitten  beS  P.  Neftor 
unb  einiger  anberer  OrbenSleute  ^in,  bie  ©emalttat  abjumenben1.  Sie  ßafd  ber 
patres  betrug  fd^Iie^licf)  nur  mehr  gmei.  Sie  Traufen  muffte  man  nad)  ÜNündjen  unb 
Öttingen  fc^affen,  ba  man  für  fie  feine  Nahrungsmittel  mef)r  hatte. 

Sie  ©chmeben  hielten  fich  nur  furje  3e^t  in  ber  ©tabt  auf,  bie  fie  aber  in 
einem  fdjauberhaften  ßuftanbe  jurüdlie^en.  $ünf  SNonate  lang  hatte  eine  fefjr  grojfe 
ßaljl  Arbeiter  nom  Sanbe  übergenug  ju  tun,  um  fie  nur  oom  Unrat  3U  fäubern; 
aus  bem  Kolleg  unb  beffen  ©arten  allein  fdjaffte  mau  80  fuhren  ©djmup  fort. 

$aft  ebenfo  erging  eS  SanbSberg2.  Sei  ber  $unbe  oon  bem  Nahen  ber 
©chmeben  mären  nur  3  patres  unb  3  Srüber  surüdgeblieben,  bie  anbern  in  anbere 
Raufer  gefdjidt  morben.  Slm  5.  9Nai  1632  befehlen  bie  ©chmeben  bie  ©tabt.  Sa 
man  auSgefprengt  hatte,  im  SanbSberger  Kolleg  feien  groffe  ©djäpe  oerborgen,  oer¬ 
langten  bie  ©chmeben  oon  ben  Qefuiten  6000  ©ulben.  ©nblicfj  gaben  fie  fidj  mit 
1000  3ufrieben.  NingS  um  SanbSberg  mürbe  alles  oermüftet,  oiele  OrbenSleute  aus 
beit  fölöftern  Sieben,  ©teingaben,  NoIIenbuch  unb  SlnbedjS  fudjten  unb  fanben  ßu- 
fludjt  im  Kolleg,  ßnnerfjalb  adjt  ÜNonate  mechfelte  SanbSberg  fedjämal  beit  §errn, 
halb  rnaren  eS  bie  ©chmeben,  halb  mieber  bie  Sapern.  Söieberfjolt  hatte  man  bem 
Obern  P.  SSeller  3ur  flucht  geraten,  befonberS  meil  er  befd^ulbigt  mitrbe,  bie  Saperit 
herbeigerufen  31t  haben,  ßnt  Sertrauen  auf  feine  Unfchulb  blieb  er. 

ßm  folgenben  ßaljre,  als  bereits  mieber  26  ßefuiten,  barunter  14  Nooren,  in 
SanbSberg  mareit,  ging  eS  ber  ©tabt  nod)  fdjlimmer.  ÜNitte  SIpril  1633  nahm  SorftenS- 
fon  bie  ©tabt  im  ©turnt,  ©cfiredlidj  mar  bie  Sefcfjiejfung,  nodj  fdjlimmer  baS  mehrere 
Sage  bauernbe  ÜNorben  unb  fßlünbern.  Siele,  barunter  ein  greifet  fßriefter,  mürben 
burdj  ben  ©djmebentranf  31t  Sobe  gequält,  alle  nur  erbenflidjeit  ©reue!  unb  ©cfjanb- 
taten  oerübt.  Sie  ßefuiten  hatten  fidj  auf  ben  Sob  gefaxt  gemacht,  entgingen  ihm 
aber  mie  burch  ein  SBunber,  ba  bie  ©olbaten  3uerft  ben  §ügel  hinunter  in  bie  Siirger* 
häufer  einbradjeit.  SIIS  SorftenSfon  am  Kolleg  anlangte,  munberte  er  fidj,  baff  bie  Pforte 
nodj  nicht  erbrochen  unb  feiner  getötet  fei.  ©r  nahm  baS  Kolleg  in  feinen  ©djup. 
Sropbem  mürbe  baSfelbe  nadj  unb  nadj  üoUftänbig  auSgeplünbert.  Sie  ©olbaten 
3edjteit  im  SloIIeg,  bie  ßefuiten  mürben  oerfjöhnt  unb  litten  junger.  Sa3u  oer- 
langten  bie  ©djmeben,  ber  Obere  P.  SBeller  fülle  ben  ®urfürft  bitten,  baff  er  nadj 
bent  ?lb3ug  ber  ©djmeben  feine  Sefapung  mehr  nadj  SanbSberg  fdjide  unb  SlugSbttrg 
freie  ßufupr  gemähre.  Ser  Obere  lehnte  bieS  ab,  ba  foldje  friegerifdje  Ungelegen- 


Kropf  II  273. 


2  (£bb.  II  83  ff  118  ff. 


2>ie  fdjmcbifcpc  fßeriobe:  9tot  unb  Seibeit  in  ber  oberbeutfcfjcn  fßroöins. 


431 


peiten  nidjt  feinet  2lmteS  feien.  Sr  rnerbe  aber  alles  tun,  maS  im  ^ntereffe  beS 
^riebenS  fei  unb  jum  Söopl  ber  ©tabt  gereicpen  fönne.  Sie  Sefefiigungen  mürben 
jerftört,  bie  ©tabt  in  Sranb  gefted't;  ber  Sranb  tonnte  nur  mit  ÜJJJüpe  gelöfdjt 
tverben.  Sa^u  verlangten  bie  ©daneben  noep  12000  Saler,  bie  Qefuiten  füllten 
noep  eigen§  7000  Saler  begleit.  Sa  bieS  nidjt  möglich  mar,  mollte  SorftenSfon 
bie  brei  von  ben  vier  bantalS  in  SanbSberg  vermeilenben  patres  als  ©eifein  naef) 
SlugSburg  mitnepmen.  SBer  follte  ntnt  mitjiepen  ?  darüber  entftanb  ein  ebler  2Bett> 
ftreit  jmifdjen  bem  Obern  P.  SBeller  unb  bem  greifen  früheren  ^rovin^ial  SDWcpior 
tpartl:  beibe  mollten  in  bie  ©efangenfdjaft  gieren,  unb  $artl  madjte  geltenb,  er  fei 
für  baS  fpauS  ein  unnüper  ©reis.  SorftenSfon  munberte  fiep  fcf)r  über  biefen  ©treit 
unb  entflieh  fcplieplicp,  ber  flltefte  folle  als  ©eifei  mitgiebjen.  Seim  Slbgug  ber 
©cpmeben  mürben  bie  brei  patres  itadj  2lugSburg  gefcpleppt,  mo  fie  allen  £>opn  unb 
©pott  ber  -proteftanteu  erbuiben  mufften.  Srunner  fdjreibt  in  feinem  Senfpring  jum 
24.  21pril  1633 :  2ln  biefem  Sag  fein  brei  ^riefter  ber  ©ogietet  ^efu  von  SanbSberg 
als  ©efangene  gen  21ugSburg  gebracht  unb  benfelben  Sag  unb  folgenbe  9?adjt  mie 
auep  ben  Sftontag  fepier  gang  in  bem  offenen  SöacptpauS  mit  gropem  ©efpött  opne 
©peiS  unb  Sranf  gehalten  unb  enblicp  in  ein  SöirtSpauS  transferiert  morben.  ßum 
4.  ÜD?ai  melbet  er  ipre  Sntlaffung  „naep  aufgebrachter  Siirgfcpaft  für  2000  Saler" 1. 

$n  SanbSberg  mar  baS  Slenb  in  biefem  Qapre  nodj  nidjt  ju  Snbe.  Sm 
©eptember  befehle  ©peerreiter  mit  8000  ©djtveben  bie  ©tabt  unb  plünberte,  maS 
nodj  ju  plünbern  mar.  Sa  bie  von  ipm  verlangten  2000  ©olbgulben  nicpt  perbev 
gefdjafft  merbeit  fonuten,  fdjleppte  er  vier  ©eifetn,  barunter  ben  P.  Söeller  unb  einen 
Sruber,  fort,  ^n  21ugSburg  mürben  bie  ^efuiten  verpöpnt  unb  in  bem  öffentlichen 
©efängniS  untergebraept,  bann  aber  beffer  gepalten.  Sott  bort  brachte  man  fie  naep 
Söeipenburg  unb  pielt  fie  fecpS  SDZonate  gefangen,  bis  fcplieplidj  ber  föurfürft  fie 
gegen  anbere  ©efangene  auSmedpfeln  liep.  Sie  nädjften  gmölf  ^apre  blieb  bann 
SanbSberg  verfepont.  ©egen  eine  monatliche  tßenfion  mar  eS  von  faiferlidjen  unb 
baprifdjen  Sefapungen  frei  unb  infolgebeffen  audj  von  feinblicften  Selaftigungen 2. 

Sange  Srangfalierungen  patte  SOHnbelpeim  ju  erbuiben.  Surdj  Sertrag 
ergab  fief)  9Jfinbelpeim  ben  ©djmeben  (SJfai  1632).  Sin  ^rlänber,  ^»ieremiaS  SJfadomep, 
mürbe  Äommanbant  ber  ©tabt.  Ser  bisperige  Pfleger  ©auerjapf  mürbe  gefangen 
naep  SÖJemmingen  abgefüprt.  ©eine  mertvollfte  tpabe  patte  er  ben  ^efiüten  jur  £mt 
übergeben,  ©nftav  21bolf,  ber  bie  ©tabt  befuepte,  fidjerte  ben  Qefuiten  ©djup  gu. 
gür  baS  fepmebifepe  §eer  mupten  fie  100  Simer  2Öein  liefern  *. 

Über  bie  meiteren  Srattgfale  in  SDünbelpeim  gibt  ein  Sericpt  beS  P.  Söilpelm 
Sej,  batiert  ÜDünbelpeim  19.  ©eptember  1632,  näperen  Sefcpeib4.  21m  18.  Quni 
!am  abenbS  nadp  ber  Sitanei  ber  ^»auptmann  SQiadomep  mit  vielen  ©olbaten,  befepte 
bie  Süren  beS  ftollegS  unb  überbraepte  eine  eilige  Orbonnattj  beS  ülnpaltS:  „SBeil 
burdj  gemiffe  Slunbfdjaft  ertunbigt,  bap  beS  Pflegers  ©auerjapfS  ©ilbergefepirr  ver= 
fdjloffen  bei  uns  im  ÄoIIeg  beponiert,  füllen  mir  foldjeS,  audj  anberer  baprifdjer 
Offtgiere  ©iiter,  fo  ju  unS  gefliicptet,  alsbalö,  opne  alles  SBiberreben  .  . .  bem  Kapitän 
Jeremias  SJladometj  einpänbigen,  mibrigenfallS,  mo  etrna  baS  ©eringfte  guriicfbepalten, 
follte  ber  Kapitän  alsbalb  feine  Spcfution  mit  unS  vornepmen,  nämlidj  alle  an  Seib 
unb  Seben  gu  ftrafen,  baS  Kollegium  naep  21uSplünberung  nieberreipen."  Obmopl 
SorfteKungen  nuploS  fepienen,  gab  idj  jur  21ntmort,  idj  mürbe  nidjtS  jurüdbepalten; 
feiner  ber  faiferlicpen  Offiziere  hätte  etmaS  bei  unS  beponiert;  bei  unS  feien  einige 
©Itter  beS  ©tattpalterS,  bie  biSper  niemanb  von  unS  verlangt;  pätte  einer  berechtigten 


1  *  Original  in  9Jt.fR.,  Sreipigjätjr.  Äriegl=  2  Kropf  II  124 f.  s  ©6b.  II  36  ff- 

aften  9tr  311.  9?gt.  Kropf  II  124.  4  ‘"Original  in  Epp.  ad  Bus.  91  ff. 


432 


®ed)fte<?  Äapitel.  £ricg§not. 


Slnfprudj  barauf  erhoben,  würben  mir  biefetben  bereits  ausgeliefert  haben.  Sah 
biefe  ©iiter  beS  (Statthalters  bei  uns  beponiert  morbeit  feien,  fönne  uns  nicht  311m 
Sorttntrf  gemacht  tuerben;  bie  Unfrigen  hätten  31m  her  Belagerung  Oon  Lem¬ 
mingen  burrfj  ben  §errn  non  fyiirftenberg  aud)  bie  ©üter  ber  proteftantifdjcn 
Lemminger  unb  bereu  föinber  unter  ifjre  0bf)ut  genommen;  jeber  fei  berechtigt,  baS 
©einige,  mo  er  fönue,  oor  ben  ^einben  in  Sicherheit  31t  bringen.  §ieranf  lieh  id), 
um  ein  größeres  Ungtiicf  abjumenben,  bie  ®ifte  oor  ben  Stugen  atler  auSgraben  unb 
hänbigte  bem  .jpauptmann  bie  9iiuge,  ©djmudgegenftanbe  famt  adern  anbern  aus. 
üftadjbem  ber  ^auptmann  in  jener  9?adjt  adeS  erhalten  hatte,  30g  er  mit  feinen 
©otbaten  ab  unb  lieh  nur  einige  im  ßodeg  guriicf .  Stm  Lontag  bei  ber  Dämmerung 
lehrten  ber  ,'pauptmann  unb  fein  gätjnrich  jurüd,  liefen  unS  3110  gtudjt  raten,  ba 
©efahr  fei,  mir  fönnten  atS  ©efangene  nad)  Lemmingen  abgeführt  rnerben.  ^dj 
antmortete  bem  Wiener,  ber  biefen  9fat  überbrachte,  er  fode  feinem  |jerrn  fageit, 
unfere  ltnfchutb  fei  unS  ein  tjintängtidjer  ©d)ut);  mir  feien  be§ha^  eher  bereit  jur 
©rbulbung  jegtidjen  UugemadjS  atS  31m  f^fudjt.  3ur  $dud)t  modten  fie  übrigens 
uns  nur  bereben,  bamit  fie  ungehinberter  unS  berauben  unb  mährenb  unferer  2tb« 
mefenheit  oom  fö'odeg  Befip  ergreifen  fonnten,  mo  fie  ungezählte  ©djäpe  oerborgen 
mahnten. 

Sa  fie  unS  atfo  burd)  Sroljungen  nicht  jur  gludjt  beftimmen  fonnten,  bacbten 
fie  an  einen  anbern  $niff.  ÜEBir  maren  Sag  unb  9iad)t  oon  ©otbaten  umgeben, 
fo  bah  feinem  geftattet  mar,  auSjugehen,  nicht  einmal  §ur  ßirdje,  311m  Sütar 
ober  §um  Beid)tftut)t,  ohne  einen  ©otbaten  mit  Büdjfe  unb  brennenber  Sunte. 
©tma  um  12  Uhr  nad)ts  fam  ber  ^auptmann.  Lan  medte  midj  aus  bem  ©djtafe 
unb  h°fte  mid)  311m  §auptmaun  in  ben  ©peifefaat.  „ifkter",  fo  fa-gte  ber  £>aupt- 
mann,  „ihr  ha^t  nocf)  mehr  ©itbergefdjirr  unb  anbereS  oon  Gingen,  unb  fonberlicf) 
bie  20  ober  30  Siamanten,  fo  bem  Pfleger  gehören,  biefe  müht  ihr  hevauSgeben 
ober  morgen  früh  nad)  Lemmingen  manbern."  Qch  entgegnete  ihm,  er  möge  unS 
fetbft  mitten  in  ber  9?ad)t  abfitt)ren,  menn  er  mode,  aber  nicht  baS  ©eringfte  oom 
(Eigentum  beS  ^Pflegers  fei  noch  in  unferem  Befip;  er  habe  ja  gefehen,  mie  getreulich 
ich  d)m  otfeS  auSgetiefert,  unb  bah  id)  nichts  oon  ad  bem  hätte  haben  motten,  ob- 
fdjon  ich  bod)  öon  adern  einen  Seil  hätte  haben  fönnen.  „Sie  ©acfje  oerhätt  fid) 
nicht  fo",  antmortete  er,  „ihr  habt  noch  ©betgeftein  unb  ©olb,  man  mirb  eudj  31t 
Lemmingen  mof)I  ben  Lunb  öffnen.  Lan  mirb  adba  in  einen  eichenen  Btod  ein 
Sod)  bohren,  adbarin  ihr  bie  3mei  Saumen  fegen  müht,  basmifdjen  mirb  man  einen 
$eit  fdjtagen,  fo  fang,  bis  ihr  bie  ©acfjen  herausgebt."  Stugenbtidtid),  marf  id;  ein, 
bin  ich  bereit  31t  biefer  unb  3U  nodh  fdjtoererer  Sortur  um  ber  Söahrljeit  unb  ©otteS 
miden,  er  möge  atfo  gan3  nad)  ben  ihm  gegebenen  Befehlen  tjanbetn.  ©egen  1  Uhr 
30g  ber  ^auptmann  mieber  ab.  Söieoiet  ich  in  tiefer  9iad)t  noch  fd)tief,  fönnen 
©m.  fpodjroürben  fid)  teidjt  benfen.  Lid)  fd)mer3te,  bah  mir  unfern  franfen  ifkebiger, 
P.  ©priafuS  ®teinbienft,  ber  an  bem  ungarifchen  lieber  litt,  oertaffen  mühten;  id) 
empfaf)t  bie  ©ad)e  bem  lieben  ©ott,  ba  id)  nichts  anbereS  ermartete,  als  bah  mir 
auher  bem  franfen  ade  abgeführt  mürben.  LorgenS  in  oder  grühe  habe  id)  eS 
bem  ßranfen,  bamit  er  nicfjt  infolge  beS  ptöptidjen  ©d)redenS  noch  franfer  mürbe, 
erft  angebeutet,  bann  üodftänbig  eröffnet  unb  ihn  unferem  ©fjirurgen  unb  bem  alten 
Siener  Lidjaet,  ber  ihn  pflegte,  einbringlid)  empfot)ten,  bamit  fie  nid)tS  oon  bem, 
maS  nad)  bem  Urteil  beS  Sl^teS  notmenbig  fei,  üerfäumten.  hierauf  eröffnete  ich 
auch  ben  übrigen  bie  2lbfid)t  beS  ^auptmannS  unb  forberte  fie  auf,  fid)  fo  gut  mie 
mügtid)  bereit  3U  madjen.  Säetnanb  fode  in  ber  gtud)t  fein  fpeit  fucfjen.  .Q^rcifdjen 
tafen  mir  bie  h^itige  Leffe  unb  erroarteten  bie  ©otbaten,  bie  unS  abfiifjren  fodten: 
aber  umfonft,  auher  ben  ©otbaten,  bie  unS  bemadjten,  erfchien  meber  ber  fpauptmann 


2>ie  fd)tt>ebi)d)e  ^eriobe:  9tot  ittib  Selben  in  ber  oberbeutfcfjen  ^roütnj. 


433 


nod)  irgenb  ein  anberer,  unb  bieS  meber  an  biefem  nod)  am  fotgenben  £age.  SDen 
©olbaten  trug  id)  auf,  if)ren  ^muptteuten  gu  metben:  @S  fei  nunmehr  atteS  aus 
unferem  £auS  unb  nicf)t§  mel)r  barin  atS  unfer  93tut ;  menu  fie  mottten,  föuuten  fie 
e§  jum  fpaupt  ^of)annt§  jur  Xafel  auffepen,  mir  feien  bereit  unb  hätten  eS  fdjoit 
tauge  ermartet. 

Qnsmifdjen  muhte  aud)  Sütagifier  ©ottfrieb  (ÜHorfjart),  feligen  2tngebenfenS,  baS 
Sett  hüten;  er  mürbe  nod)  heftiger  öom  ungarifdjen  ergriffen  als  ber  $ater 

jßrebiger.  2tm  f5ef*e  be§  ¥•  SotjanneS  tub  id)  ben  Slrjt,  ba  er  mit  ben  ßranfeit 
oiet  Sttütje  hatte,  ju  unferem  befcfjeibenen  SJtittageffen  ein.  Staunt  Ratten  mir  baS 
Sffen  beenbet  unb  id)  ben  3(r^t  sur  £üre  begleitet,  ba  erfdjien  unfer  ^»auptmann,  öor 
3ont  faunt  met)r  einem  9J?enfd)en  öergteidjbar.  §e  ba,  fcfjrie  er  ben  ÜIrjt  an,  mas 
tuft  bu  t)ier?  Qd)  gab  jur  2lntmort,  er  fei  unfer  2lrst  unb  habe  bie  Traufen  be* 
fudjt.  $)er  |>auptmann  aber  fdjrie:  Sinbet  if)n,  binbet  if)n.  9Jtid)  aber  fufjr  er  an: 
2öaS  fagt  Qtjr,  jßater,  marum  motlt  3hr  mid)  an  ben  ©atgen  bringen?  2öaS  tjabe 
id)  getan?  $d)  antmortete  ihm:  9J?it  Sertaub,  fo  roaS  fei  mir  nic^t  im  STraum 
eingefallen.  ®od),  boc^,  menbete  er  ein,  3euge  ift  mein  fö'orporat  (eS  mar  ein  ©al* 
öinift,  ber  2tnfüt)rer  ber  ©otbaten  in  unferem  £>aufe).  Qd)  fragte  ben  ÜDtenfdjen,  mo 
unb  mann  er  folcfje  2(uherungen  öon  mir  üernommen  f)ätte.  2ttS  bann  bie  gegen  mid) 
gefponnene  Siige  enttarnt  mar,  manbte  id)  mid)  in  ©egenmart  beS  2lrsteS  an  ben 
§auptmann  unb  fagte:  Qd)  fetje,  baf)  euer  einziges  Sertaugen  batfin  sielt,  uns  außer 
ben  jeitlicffen  ©ütern,  bie  if;r  unS  bereits  geraubt  habt,  aud)  noch  baS  ßeben  nehmen 
SU  fönnen.  fpier  ift  meine  Sruft,  ic fj  bin  sum  Opfer  bereit  für  meine  23rüber;  nur 
bitte  ich,  bie  Oranten  su  fchonen.  ®aburd)  mürbe  ber  3orn  beS  £>auptmannS  ge* 
brodjen,  unb  mir  hatten  eine  3eittang  fRu^e. 

Som  fotgenben  Sonntag  an  mürbe  sur  Übermacf)ung  beS  $ottegS  ein  anberer 
§auptmann,  §err  ®ombar,  gefanbt.  SDa  id)  benterfte,  bah  aufjer  bem  fßrebiger  unb 
ÜDfagifter  ©obefribuS  nod)  smei  ober  brei  biefetbe  Trautheit  fid)  SuS°9en  unb  bereits  su 
Sett  tagen,  meit  mir  fd)on  fo  fange  eingefd)toffen  maren,  nid)t  inS  greie  gehen  unb 
feine  ßuft  fdjöpfen  fonnten,  fo  fchidte  id)  am  fotgenben  üSontag  sum  neuen  fpauptmann 
mit  ber  Sitte,  er  möge  ben  llnfrigen  bod)  ertauben,  etraaS  ins  ^reie  su  gehen,  ba  baS 
ungarifdje  gieber  beginne,  ernfter  aufsutreten.  ©r  gab  bie  ©rtaubniS,  hoch  unter  ber 
Sebingung,  bah  unS  ftetS  ein  mit  ber  Sücfjfe  bemaffneter  ©olbat  begfeite.  ©o  gefchah 
eS.  Sad)  am  felben  ÜÜJorgen,  am  Sorabenb  beS  gefteS  ber  heiligen  2(poftet  SßetruS  unb 
jßautuS,  lieh  ich  bie  ©djute  früher  fchtiehen  unb  fd)idte,  fo  oiete  id)  fonnte,  unter  Se* 
gteitung  ßon  ©olbaten  aufs  £anb.  fetbft  mar  bereits  siemtid)  oon  ber  Äranffjeit 
angeftedt.  9Zur  ber  Strst  muhte  baoon,  ben  anbern  burfte  id)  nichts  fagen,  um  fie  nid)t 
Su  ängftigen.  na^m  16  Sesoarpitten  unb  fühlte  mid)  faft  mieber  mot)t.  ^aum 
hatte  ich  ^efe  2J?ebisin  genommen,  mürbe  ich,  mar  etma  10  Uhr,  su  Stfagifter  ©obe* 
fribuS  gerufen.  Qd)  gab  ihm  bie  heilige  Ölung,  unb  nad)  einer  halben  ©tunbe  oerfd)ieb 
er  fanft,  mährenb  bie  anbern  auf  bem  ©pasiergang  maren;  nur  P.  Sott  betete  bie 
©terbegebete  mit.  Sad)  bem  9JUttageffen  richtete  id)  ein  Sriefdjen  an  ben  §errit 
®ombar,  banfte  ihm  für  bie  ©rtaubniS  sum  SluSgefjen  unb  teilte  ihm  mit:  ,,©S  habe 
fid)  einer  aus  meinen  Sfitbrübern  auS  feiner  Salvaguardia  anberSmopin  retiriert, 
fo  ©ott  mitl  in  §immet,  motten  ihn  auch  bis  borgen  begraben;  mottten  ihn,  ben 
Kapitän,  stuar  gerne  sum  SegräbniS  geloben  haben;  meit  eS  aber  feine  @etegenf)eit 
nicht  fei,  fo  haben  mir  fotdjeS  nicht  mögen  bürfen,  haben  ihm  aber  hoch  feinen  2(b< 
fd)ieb  üon  uns  anseigen  motten."  Sachbem  er  bieS  getefen,  lieh  er  mich  burd)  einen 
feiner  Corporate  rufen,  nahm  mid)  freunbtid)  auf;  menu  eS  nid)t  Safttag  geroefen 
märe,  hätte  idj  eS  nidjt  ablehnen  fönnen,  mit  ihm  baS  Slbenbeffen  su  nehmen.  2t m 
fotgenben  Xage,  am  ^efte  ber  h^-  jßetruS  unb  fßautuS,  um  1  Ut)r  mar  bas  Se* 

S)ul)r,  ®efif)ici)te  ber  3e[uiten.  II.  28 


434 


©edjfte!  Kapitel.  ®rieg!not. 


gröbniS,  mobei  ber  §err  Pfarrer  bie  Seidje  auf  feinen  eigenen  «Schultern  tragen 
mottte.  @S  raar  ein  fotdjer  3u^auf  üon  ©otbaten  unb  anbern,  mie  idj  niemals  in 
unferer  $?irdje  gefeiert  fjatte ;  morgens  fjatte  idj  nad)  ber  ^ßrebigt  gum  SBegräbniS 
eingetaben,  ba  fa  ber  ^5ater  auS  Siebe  für  baS  SBofjt  feiner  SRitbürger  bie  lieber* 
trauten  befudjt  unb  fidj  fo  bie  Üranffjeit  gugegogen  Ijabe1. 

©egen  ©nbe  ^uti  befreite  bie  Stnfunft  ober  oietmefjr  baS  ©erüdjt  oon  ber  Sin- 
fünft  ber  Kroaten  unS  oon  ber  Semadjung  bnrcf)  bie  ©otbaten  unb  bie  ©tabt  oott 
itjren  graufamen  Reinigern.  ©S  mar  brottig  gu  fefjen,  roie  fdjnelt  bie  {yurcf)t  oor 
ben  Kroaten  ben  ©djmeben  gtüget  oertief).  &aum  ein  f>aIbeS  ©tünbdfjen  nad)  bem 
(Eintreffen  beS  ©erüdjteS  mar  fdjon  fein  ©djmebe  mefjr  in  ber  ©tabt  gu  fetjen;  alle 
eilten  naefj  SRemmingen.  SltS  fie  aber  erfuhren,  bafj  nodj  nad)  14  Sagen  fein 
Kroate  naef)  SOiinbelfjeim  gefommen  fei,  fefjrten  bie  .fporben  gurüd;  bodj  fjatten  oiele, 
rcetdje  bie  SBaffen  nur  gegmungen  trugen,  bie  ©etegenljeit  gur  gtudjt  benutzt.  ©in 
neuer  |jauptmaun,  ein  ©djotte,  burdjfucfjte  baS  Kolleg  nad)  SBein,  aber  bie  SRiifje 
mar  oergebenS.  Stm  Sorabenb  oon  SaurentiuS  ftopfte  eS  morgens  fjeftig  an  bie 
Süre;  icf)  tjatte  gerabe  in  ber  ©afriftei  begonnen,  für  bie  tepte  ÜJReffe  rnid)  ait= 
gufteiben.  Ser  neue  £>auptmann  fomie  £>err  Sombar  unb  anbere  fdjroebifdje  Offiziere 
unb  ©otbaten  erfdjienen.  Ser  neue  §auptmann  begann:  SBeit  ^err  SRajor  fdjon 
3 um  anbernmat  tjier  gemefen  unb  ifjr  ifjm  nidjt  ein  paar  taufenb  Sater  oeretjrt  fjabt, 
fo  tjat  er  mir  geftern  ernftlicfien  93efe^t  gegeben,  idj  fotte  eitdj  adefamt  atSbalb  ge» 
füngtidj  nad)  Utm  führen;  beSmegen  gebt  mir  alle  ©cf)tüffet  beS  £>aufeS  unb  ruft 
mir  alle  gufammen;  bann  beorberte  er  eine  gröfjere  3af)l  Oon  ©otbaten  tjer,  bie  alle 
raubluftig  fetjr  rafdj  erfcfjienen.  .^d)  ermiberte,  bafj  mir  nidjtS  auftreiben  tonnten. 
Sropbem  fdjritt  man  gur  SluSfütjrung  beS  SefeljteS.  Sie  Seute  mürben  aus  ber 
föirdje  getrieben,  biefe  gefcfjtoffen,  bie  ®etdje  geraubt,  alle  ©djrünfe  geöffnet.  Stuf 
bie  grage  beS  §errn  Sombar,  mo  bie  fitberne  ©eorgiuSftatue  fjingefommen,  gab  idj 
gur  Slntmort:  ©S  tjat  unfer  P.  s$rooingiat,  bem  mir  mefjr  atS  ©ie  Qfjrem  ®önig 
©etjorfam  fcfjulben,  fefjon  oor  langem  gefcfjrieben  unb  befofjten,  biefelbe  in  ©idjerfjeit 
gu  bringen.  SltS  £>err  Sombar  baS  fjötgerne  Sitb  beS  fjt.  ©eorg  faf),  baS  an  ©teile 
beS  fitbernen  gefept  morben,  fagte  er:  Stet),  bu  bift  nidjt  ber  redtjte  ©t  Qjörg.  Radjfjer 
mufjte  idj  bem  neuen  ^auptmann  ben  Sabernaf'et  öffnen.  biefeS  ßiborium, 
fragte  er,  Oon  ©olb  ober  ©ilber?  SSeber  oon  ©olb  nocfj  Oon  ©ilber,  antmortete 
icf),  fonbern  nur  oon  Tupfer,  eS  ift  aber  oergolbet.  mufjte  eS  fjerauSnefjmen, 
madjte  gum  SefenntniS  beS  ©taubenS  bie  ^niebeugung  unb  öffnete  bie  Zapfet.  Seim 
Stnbtid  ber  §oftien  fragten  fie,  maS  baS  fei.  Qdj  ermiberte:  S^ad^j  unferem  ©tauben 
ift  ©fjriftuS,  ber  mafjre  ©ott  unb  SRenfdj,  in  fotdjer  jßartifet  roaljrfjaft  unb  mirftidj 
mit  ©ottfjeit  unb  SD^enfcfjfjeit  gugegen,  unb  für  biefen  ©tauben  feien  mir  bereit  gu 
fterbeu.  Unter  ©elüdjter  fügten  fie:  SRadj  gu,  madj  gu,  eS  ift  bodj  fein  ©itber. 
Son  ber  ^irefje  ging’S  im  Kolleg  oon  ßimmer  gu  ßimnter,  mo  fie  ©cfjeren,  Sreoiere 
unb  anbereS  unb  §err  SDombar  in  ©m.  ©tjrmiirben  ©tuben  ben  Sabaf  einftedten. 
gür  bie  Sibtiotfjef  oertangten  fie  bie  SIbfaffung  eines  ÄatatogS.  SttS  fie  in  einer 
©de  ein  gä^en,  baS  ©cfjriften  beS  SJtagifterS  SarbifiuS  enthielt,  gemafjr  mürben, 
madjten  fie  fidj  mit  jammern  baritber  ^er,  fdjtugeti  eS  auf,  gerftreuten  bie  ©djriften, 
ftedten  nac^  Selieben  ©täfer  unb  ^nftrumente,  bie  für  bie  fßtjpfif  bienten,  ein.  Qn 
ber  ©peifefammer  nahmen  unb  oerfdjtangen  fie  uac^  Setieben.  fRefeftorium 
befafjt  ber  ^auptmann,  Söeiit  tjerbeigufdjaffen.  Stuf  bie  gdage,  mo  bie  anbern  Qefuiten 
feien,  mufjte  idj  fie  tjerbeirufen  unb  bie’©dju(e  fdjtie^eit  taffen,  ^m  Siefeftor  fottien 


1  S8gt.  Kropf  I  38.  ©ottjrieb  3Jtorbart  nalift  preift  fein  unfdjutbigeS  unb  eifrige! 

au!  JKoming  luar  erft  22  Satjrc  alt;  ber  2ln=  Seben. 


Sie  fcpmebifdje  Ukriobe:  92ot  unb  Seibcn  in  ber  oberbeutfcpen  iProOinj. 


435 


fie  bie  Orbre  oernepmen,  bon  ber  mir  anfangs  ber  2pauptmann  gefprocfjen ;  inbeffen 
fabelt  bie  ^muptteute  unb  Offiziere  getrunfen  unb  einen  ganzen  großen  ^ucferput  jum 
2öein  gegeffen. 

S)a  id)  nocp  feine  pcitige  üfteffe  getefen  unb  nocp  nüchtern  mar,  bat  icp,  in  bie 
^irdje  gefeit  unb  beten  31t  bürfen,  maS  mir  unter  ^Begleitung  eines  ©otbaten  ge« 
ftattet  mürbe.  Söiiprenb  bie  llnfrigen  inmitten  ber  ©otbaten  im  Sffefeftor  mie  bie 
armen  ©iinber  ftanben,  betete  id)  unb  foitfumierte  alle  Zeitigen  £>oftien,  um  fie  oor 
fafritegifdjen  Rauben  31t  bemapreit.  Sei  meiner  Stüdfepr  inS  91efeftor  teilte  mir 
ber  ^auptmann  ben  Sefept  beS  ÜDtajorS  mit,  uns  nad)  Ittm  absufüpren  unb  baS 
Kolleg  nacp  ber  fßtünberung  bon  ©runb  aus  ju  gerftören.  SBeit  er  unS  aber  fo 
arm  fepe,  mode  er  nur  gmei  mitnepmen  unb  meiteren  Sefept  beS  ÜOtajorS  abmarten. 
Sr  modte  fid)  jmei  auSmäpten;  ber  §err  Sombar  modte  für  fid)  ben  ®ocp.  Sod) 
au§  SJtitteib  mit  uns,  mie  er  fagte,  gab  er  uns  ben  3tat,  bem  fütajor  ein  Söfegelb 
31t  geben,  bann  mode  er  für  unfer  Sleiben  im  Äodeg  eintreten.  StdeS  fei  fcpon  3U 
nuferer  Slbfiiprung  nacp  Ufm  bereit.  2Bir  patten  atfo  bie  Söapt.  Stuf  meine  f^rage 
gab  ber  £>auptmann  bie  £)öpe  beS  SöfegelbeS  auf  1500  Sater  an.  ^tfj  gab  jur  Stnt« 
raort,  eS  möge  bod)  ©einer  ©naben  mit  feinem  popen  Serftanb  fetbft  ermägen,  ob  eS 
benn  mügtidj  fei,  für  ein  fo  popeS  Söfegetb  aufjufommen.  Sr  beparrte  auf  feiner 
Sntfdfeibung,  gab  unS  4 — 5  ©tunben  Sebenfjeit,  üertiep  baS  Äodeg,  bocp  tiep  er 
meprere  ©otbateu  juriid,  metdje  unS  mit  ^reffen  unb  ©aufen  ben  ganjen  Sag  ge« 
nugfam  geplagt.  .  .  . 

Sa  mir  nicptS  befapen  unb  aud)  oon  greunben  nicptS  31t  befommen  mar,  „faden 
mir  bie  ©otfdfen  ein,  mit  benen  fid)  oiedeicpt  ber  Kapitän  be3apten  taffe",  ©otfcpen 
ift  eine  Strt  biinneS  Sud)  (Sarcpent),  fo  oiet  aus  ©cproaben  ins  2Betfd)lanb  oer» 
panbett  mirb.  ^d)  gab  atfo  bem  §auptmann  bie  SIntmort:  ^cp  toitt  eS  Suer  ©naben 
mit  einem  2Sort  fagen,  mit  ©etb  auf3ufontmen  ift  eine  Unmögticpfeit,  mie  ©ie  fetbft 
in  ber  ©tobt  erfapren  paben;  an  ©etbeSmert  ftatt  ©etb  fönnte  icp  mit  SJtüpe  1000 
Sater  aufbringen,  menn  er  baS  nidpt  mode,  fo  fotte  er  tun,  mie  ipm  beliebe.  Sie 
Sesaptung  mit  ©otfcpen  im  SBerte  001t  nur  1000  Satern  napm  er  erft  an,  atS  id) 
ipm  auf  ben  9tat  feines  ©tedoertreterS  iiberbieS  ein  Honorar  oerfpracp:  „Söeit  ipr 
mir",  fagte  er,  „eine  Sereprung  geben  modt,  fo  bteibe  eS  bei  1000  Satern."  3n 
biefer  üfiacpt  paben  mir  peimticp  um  1000  Sater  ©otfd)eu  oor  §errn  Saefar  ab« 
gepolt1,  ©uter  ©ott!  mann  merben  mir  biefe  ©d)utb  be3apten?  Stm  fotgenben 
Sage  pabe  id)  mit  250  ©tücf  ©otfcpen  in  fecpS  gropen  Raffern,  bie  icp  3U  biefent 
3mede  taufen  mupte,  unb  50  Salem  mein  Söort  eingetöft.  Stm  7.  ©eptember  tarn 
ein  oom  £'önig  ernannter  neuer  Pfleger  pier  an,  ein  fßroteftant  auS  Nürnberg  namens 
^afob  Sämminger;  er  3eigte  fiep  fepr  freunbtiep  unb  oerfpracp  unS,  raemt  mir  unS 
rupig  oerpietten,  feinen  ©cpup,  auep  gegen  bie  ©otbaten. 

Sie  ©cputen  paben  mir  mie  gemöpntid)  mit  einer  siemtiepen  SInsapt  ©cpüter 
gepalten,  nur  3mei  klaffen  mupten  mir  aufgeben.  Sap  bis  jept  feiner  ber  llnfrigen 
erfepoffen  mürbe  in  biefen  brei  bis  öier  leisten  SBocpen,  pat  ©ott  oerpütet;  benn  ber 
neue  ^auptmann  pat  fcpon  oom  ^enfter  auS  auf  P.  ©eorg  gesielt,  mürbe  aber  bitrd) 
anbereS  mieber  am  ©epiepen  oerpinbert.  Stn  ber  fö'irdjenmaiter  paben  bie  ©otbaten 
eine  ßielfdjeibe  gematt;  bod)  fdpoffen  fie  öfters  mit  $teip  burcpS  Sporfenfter  in  bie 
^auSfapede,  mo  mir  gemöpntid)  31t  beten  pflegen;  gufädig  mar  aber  3U  jener  $eit 
niemanb  barin.  .grnei  kugeln  pabe  icp  fd)on  gefuuben.  Stm  17.  ©eptember  trieb 
in  oder  $rüpe  bie  f^urept  oor  ben  Kroaten  raieber  ade  ©djmeben  bis  auf  ben  tepten 
SJtann  in  bie  glucfjt.  Siefelben  modten  in  14  Sagen  mieber  pier  fein;  unb  bod), 


1  ßaefar  mar  ein  reirfjer  Kaufmann  au§  ßremona.  Kropf  II  40. 

28* 


436 


Sed)fte3  Äafntel.  SiriegSnot. 


guter  ©ott,  mie  menige  Kroaten  genügten,  um  öie  (Stabt  oor  biefer  (pefe  non  9J2em 
fdjen  ju  bemapren!  9JJan  läpt  ung  in  unserem  ©lenbe  fipen.  SBären  oor  brei  SSocpen 
nur  20—30  Kroaten  pier  getuefen,  eg  märe  fein  ©cpmebe  mepr,  n acp  iprem  eigenen 
©eftönbnig,  pierper  gefommeit.  ©ott  fei  gepriefen.  @o  meit  ber  Sericpt. 

Unter  ben  fpäteren  SBecpfelfällen  patten  bie  Sßatreg  in  äRinbelpeim  nocp  üiel  gu 
leiben.  Qm  Qapre  1633  mürben  fie  bei  bem  roieberpolten  ©ingug  ber  ©darneben 
acpt  Stage  gefangen  gefegt,  meil  man  fie  im  Serbacpt  patte,  burcp  einen  Srief 
©pionenbienfte  gcleiftet  gu  paben.  S£)ieg  mar  aber  nicpt  ber  galt  gemefen 1.  Qm 
Sluguft  1633  mürbe  üDlinbelpeim  mieber  non  ben  Kaiferlicpen  befept,  bann  im 
folgenben  Qapre  (Slpril  1634)  üon  ben  ©djtoeben  im  ©turnt  genommen  uttb  einer 
oiertägigen  ißlünberung  preisgegeben.  Qrnei  Qefuiten  mürben  ferner  üermunbet,  ber 
eine  ftarb  halb  barauf;  oier,  barunter  ber  Üieftor  ©eorg  9teeb,  mürben  nacp  Utm 
unb  SCBeipenporn  alg  ©efaitgene  meggefüprt2. 

©nbe  Slpril  1633  rüdte  Sernparb  oon  SBeimar  gegen  ©icpftätt3  üor  unb 
forberte  18000  ©ulbett  Kontribution,  nacp  beren  Segaplung  bie  ©labt  oerfdjont 
bleiben  follte.  SDie  Qefuiten  glaubten,  fie  feien  in  bem  bei  ben  Serpanblungen  oer> 
einbarten  Vertrage  mit  eingefcploffen  unb  oor  meiteren  Seläftigungen  gefiebert.  Sllg 
inbeffen  bie  meimarfepen  Struppen  am  4.  9)?ai  in  bie  ©tabt  eingogen,  befepten  fie 
bag  Kolleg,  unb  ein  ©djotte,  Saron  ü.  @un,  forberte  oon  ben  Qefuiten  3000  fßpilippg* 
taler  ©cpupgelb.  St)a  fie  biefe  ©umme  nicpt  begaplen  fonnten,  fperrte  man  alle, 
15  an  ber  Qapl,  in  ein  ©entaep.  (pier  füllten  fie  bie  (£ntfcf)tie^ungen  über  ipr 
meitereg  ©cpidfal  abmarten.  Qür  grnei  erlangte  man  mit  SJfüpe  bie  ©rlaubnig,  bafg 
fie  in  ber  ©tabt  ©elb  gnfammenbetteln  burften.  St)ie  Siot  in  ber  ©tabt  mar  gmar 
groß;  aber  auf  oieleg  Sitten  unb  SDrängen  brachten  bie  beibett  boep  bei  Qreunben 
taufenb  Staler  gufammen.  SDamit  gaben  fiep  fdbjlie^licf)  bie  ©djtoeben  gufrieben.  Qur 
Eroberung  ber  SSillibalbgburg,  bie  nod)  in  ber  ©ernalt  ber  ligiftifepen  Struppen  mar, 
fant  Sernparb  oon  SBeimar  felbft  üon  9?euburg  perbei.  ©r  naprn  mit  bem  größten 
Steil  feineg  ©tabeg  SBopnung  im  Qefnitenfolleg  unb  befcplagnapmte  Kücpe  unb 
Keller,  ©onft  geigte  er  fomopl  mie  feine  Umgebung,  mit  Slugnapme  eineg  Sre^9er§/ 
fiep  gegen  bie  Qefuiten  freunblicp  unb  geftattete  ipnen  bie  Slugübung  ber  Serufg» 
pfliepten  in  Kirdje  unb  ©cpule.  üftaepbem  fidp  bie  Sefapung  ber  Surg  nadj  gepm 
tägiger,  mutiger  ©egenmepr  fdjließlicp  boep  megen  SJlangelg  an  Seuten,  fßrooiant 
unb  9)?unition  ergeben  patte,  gog  bag  feinblicpe  £>eer  naep  SJeuburg  unb  SDonaumörtp 
ab.  SDie  Offigiere  unb  ©olbaten  ber  guriicfgebliebenen  fepmebifepen  Sefapung  lebten 
gmar  auf  Koften  beg  Kollegg  unb  forberten  außerbem  ben  größten  Steil  ber  1280 
©äde  SJtept  oon  ben  Qefuiten,  liefen  ipnen  aber  fonft  einige  ÜDlonate  91upe,  geigten 
fiep  moplmollenb,  luben  bie  Qefuiten  fogar  gu  Stifcp  unb  mopnten  ben  Stpeater« 
auffüprungen  bei. 

®er  SBiebereinnapme  ber  ©tabt  unb  ber  Surg  burdj  bie  Sapent  im  Oftober 
1633  oerfepte  ben  §ergog  Sernparb  oon  SBeimar  in  folcpe  2öut,  baß  er  befcploß,  bie 
©tabt  bem  ©rbboben  gleicp  gu  madjen.  Slm  7.  SDegember  morgeng  oor  Stageg* 
anbruep  rüdten  bie  Struppen  perait.  ®ie  Sefeplgpaber  mußten  bie  ©olbaten,  benen 
eg  mepr  um  fßlünberung  gu  tun  mar,  mit  SDropungen  bagit  bringen,  Qeuer  an  bie 
Käufer  gu  legen.  50  Käufer  mürben  algbalb  eingeäfdpert.  ©ine  große  ©epar 
©olbaten  ftürgte  auf  bag  Kolleg  log  unb  legte  ba  unb  bort  Qeuer.  SEBäprenb  biefeg 


1  K  r  o  p  f  II  117. 

2  Gbb.  II  230  f.  2>ie  Qefuiten  mupten  burd) 
ein  großes  Söfegelb  loSgetauft  werben.  $8i-- 
tefleSdß  nti  Sieeb  iit  SDtündjen,  15.  Quli  1634. 

*  0rig.--9teg.  Ad  Germ.  sup. 


3  Kropf  II  125  ff  160  ff  223  ff  463  ff. 
3-  <3  a  i' ,  33i)d)öfe  non  Gid)ftätt  II  (1885)  519  ff. 
*  Relatio  ultimae  irruptionis  Suecicae  et  com¬ 
bustionis  civitatis  et  collegii  Eystatt.  ad  ann. 
1634  (46  ©.),  in  fDt.  81.,  Jes.  1238. 


®ic  fcfjtoebifcfje  sPeriobc:  9?ot  inib  Scibcn  in  ber  obcrbeutfcf)en  ^rooinä. 


437 


nur  langfam  um  fiep  griff,  benü|ten  bie  Solbaten  bie  ©elegenpeit  jur  ^ßlünberung; 
bie  einen  trieben  bag  SßieE)  aug  ben  Ställen  fort,  bie  anbern  machten  fiep  über  bie 
ßimmer  unb  bie  Scpränfe  per.  ©iner  fprengte  ju  üßferb  in  ben  Speifefaal  unb 
forberte  üon  einem  alten,  gebrechlichen  Sruber  ©elb.  Sa  biefer  ihm  feinet  ju  geben 
oermochte,  holte  ber  Solbat  ju  einem  fräftigen  Streiche  aug.  9?ur  bag  Straucheln 
beg  ^ßferbeg  auf  bem  glatten  Soben  unb  eine  SSenbung  beg  ©reifeg  oereitetten  ben 
gefährlichen  Scplag.  Sie  meiften  anbern  ^efuiten  mären,  um  ber  erften  2öut  ber 
Solbaten  fidh  ju  entziehen,  in  bie  oberen  Säume  beg  ®ollegg  geflohen.  Sllg  bie 
miitenben  Solbaten  bapin  gebrungen  maren  unb  bie  Qefuiten  gefangen  abführen 
moüten,  hinderte  bieg  ein  Fähnrich,  3U  gelegener  fteHte  fidh  auch  ber  2lu* 
führet  ber  ganzen  Gruppe  ein,  ber  ben  Sefepl  gab,  bie  Qefuiten  füllten  firf)  entfernen, 
bamit  fie  nicht  in  ben  flammen  umfämeu.  Sriitgenbeg  Sitten  ber  ^efuiten  unb 
fcplieplicp  ©elbüerfprecpungen  oermochten  ihn  baju,  baff  er  geftattete,  bag  $euer 
toieber  3U  löfchen.  SBäprenb  inbeffen  bie  baprifcpen  Solbaten  bei  einem  Slugfall 
aug  ber  Surg  in  bie  Stabt  manche  üon  ben  Scpmeben  niebermachten  unb  bie  anbern 
in  bie  glucpt  trieben,  gelang  eg  hoch  ben  geinben,  ben  fHeftor  beg  ®ollegg,  föafpar 
Slbegg,  unb  ben  Somprebiger  P.  Spontag  Slnreitter,  bie  nicht  einmal  genügenb  ge* 
fleibet  maren,  alg  ©eifein  juerft  nach  33ercpingen  unb  üon  ba  nach  SBeiffenburg 
ju  fchleppen.  Sllg  Söfegelb  oerlangten  fie  1140  ^pilippgtaler.  ©umme  fonnte 
man  nur  burcf)  bie  greigebigfeit  beg  Sifcpofg  ^opann  ©priftopp  aufbringen  unb 
innerhalb  3ehn  Sagen  begafifen.  ©leichmohl  pielt  ber  geinb  bie  ©eifein  noch  big 
in  ben  brüten  ÜDlonat  hinein  in  ©efangenfcpaft  unb  gab  fie  erft  auf  meitere  Se* 
3ahlung  frei. 

Sernparb  üon  Söeimar  fanbte  Slnfang  Februar  1634  Sanbgrafen  üon 
Reffen,  um  bie  3erflürung  ber  Stabt  3U  oollenben.  Sur  bie  Surg  mar  üon 
ligiftifchen  Sruppen  befept  unb  oerteibigt.  Sou  ben  ^efuiten  begaben  fich  einige 
nad;  ^ngolftabt,  anbere  sogen  fich  mit  einem  Seil  ber  Stabtbeoölferung  in  bie 
Surg  3urücf.  Qm  Kolleg  blieb  nur  ber  Saienbruber  ©eorg  SSöggel  (SBägele),  ber 
fiep  freimillig  3U  beffen  Semacpung  augeboten  patte,  unb  ber  SSagifter  Saniel 
©parpentier;  lepterer  aug  unbefannter  Urfacpe  unb  ohne  SBiffen  beg  Sruberg  SBoggel. 
Sag  ßoUeg  patte  eine  .fpaubüoll  baprifcper  Solbaten  befept,  bie  aber  algbalb  oon 
ben  Sdhmeben  iibermältigt  mürben.  £oüeg  unb  föircpe  mürben  geplünbert.  Sen 
Sruber  Sßöggel,  beit  fie  gerabe  am  Srotbacfen  antrafen,  fcpleppten  fie  in  ben 
©ang  hinaug  unb  bropten  ipn  niebersumacpen;  bodp  gebot  ber  fpauptmann,  ber 
gerabe  ba3it  fam,  ipni  fein  Seib  3U3ufügen,  fonbern  ipn  in  bie  Säcferei  3urücffehren 
3U  raffen.  Q^mifcpen  fcplug  ber  Oberft  £>aftoer  (^affüurtp),  ein  Qinnlänber,  im  Kolleg 
fein  Ouartier  auf,  ftecfte  ben  Sruber  3U  ben  ©efangeneit  unb  befahl  ben  Solbaten, 
ihm  jeben  Qefuiten,  beffen  fie  noch  habhaft  merbett  fönnten,  oor3uführen;  er  gebacpte 
üon  ihnen  Söfegelb  3U  erpreffen.  Unter  bem  ßdrcpenbacp  entbedfte  man  ben  üDfagifter 
Saniel  ©parpentier.  Ser  Oberft  napnt  ipn  anfänglich  freunblicp  auf;  bocp  halb 
mürbe  er  mie  ber  Sruber  unb  bie  anbern  ©efangenen  ber  £>efe  beg  SSoIfeg  preig* 
gegeben.  Sllg  Seit  biente  ipnen  eine  Sauf  ober  ber  Soben;  auffer  Srot,  bag  fie 
fiep  üerftoplenerroeife  oerfepaffen  mufften,  patten  fie  uicptg  3U  effeit.  Sie  Srote,  bie 
ber  Sruber  buf,  muffte  er  alle  abliefern.  Ser  Dberft  üerlangte  fcpliefflicp  500  Saler 
Söfegelb. 

Sluf  ben  11.  Qebruar  (1634)  mar  bie  gerftörung  ber  Stabt  burep  geuer  feft* 
gefept.  Qm  Kolleg  patten  bie  Solbaten  bereitg  in  bie  Qiutmer  ber  oberen  Stocf* 
merfe  unb  in  ben  Speicher  ber  ßirepe  ^0X3  unb  Strop  gefepafft  unb  fßulüer  gefegt. 
Slpnlicpe  Sorbereitungen  traf  man  in  oielen  anbern  ©ebäuben  ber  Stabt.  Sag 
Qeuer  mürbe  aber  erft  am  anbern  Sage,  12.  Qebruar,  angesünbet,  naepbem  bie 


438 


£ed)fte§  ftapitel.  Srieg^not. 


©dßmeben  nodj  eine  üorübergießenbe  batjrifdje  §eereSabteitung  aus  bem  ^interfjalt 
überfallen  unb  unfdßäbtidß  gemalt  Ratten.  SDie  beiben  Qefuiteit  mürben  nebft  einem 
greifen  üEBettpriefter  mit  ©triefen  gebunben  üor  bie  ©tabt  geführt,  mo  fie  Qufcßauer 
beS  traurigen  33ranbe§  fein  mufften.  9)?it  ber  Verbrennung  beS  QefuitenfottegS  mürbe 
eigens  ein  Strupp  fatßotifdßer  ©olbaten  betraut.  444  Käufer  unb  6  Äircfjen  mürben 
ein  Vaub  ber  stammen,  nur  127  Käufer  blieben  üerfcßont. 

SZadjbem  bie  ©tabt  eingeäfc^ert  unb  non  bem  Kolleg  niefjt  ein  berooßnbareS 
Qimmer  übrig  geblieben  mar,  mürben  bie  beiben  Qefuiten  nebft  anbern  (befangenen 
nadj  SSeißenburg  abgefüfjrt.  SDen  beiben  gab  man  fautn  fo  üiet  üftaßrung,  baß 
fie  fidj  am  Sebeit  erhalten  fonnten,  Qn  SBeißenburg  burften  fie  bem  gefangenen 
Veftor  föafpar  Stbegg  einen  furgen  Vefudß  abftatten.  Von  bort  füßrte  man  ben 
3)Zagifter  ©ßarpentier,  Vruber  SBögget  unb  ben  SBettpriefter  unter  ben  Unbifbeit  ber 
©olbaten  nadj  Sieumarft;  ßier  erbutbeten  fie  unter  mititärifeßer  Vemadjung  mehrere 
SBodjen  lang  niet  ©tenb  unb  97ot.  Qn  ber  oierten  Söocße  befiel  ben  Vruber  SSögget, 
ben  bie  bisßer  erbutbeten  ©trapagen  bereits  gefdßmädßt,  ein  peftartigeS  lieber.  üftit 
StuSnaßme  feines  SJfitbruberS  SDaniet  ©ßarpentier  gogen  fiefj  ade  üon  ißm  auS  Qurdjt 
nor  SInftedung  gurüd.  SDJebijin  ftanb  feine  gu  ©ebot;  bie  Staßrung  mar  fümmerticß. 
9cadf)  zehntägiger  ®ranfßeit  mürbe  er  üon  feinen  Seiben  burd)  ben  Stob  ertöft.  SDent 
üerftorbenen  SDütbritber  burfte  ber  SeibenSgefäßrte  ©ßarpentier  nicht  einmal  baS  ©eteit 
gum  ©rabe  geben. 

Über  ben  SJZagifter  famen  üon  jeßt  ab  nodß  härtere  Strübfate.  Von  bem 
Oberften  ^mßüurtß  erfuhr  er  nur  partes,  unb  bieS,  meit  fidj  immer  meniger  |>off= 
nung  geigte  auf  ein  Söfegetb  unb  auefj  fein  ®oftgelb  für  ißn  begahtt  mürbe.  Über* 
bieS  erfranfte  an  bemfetben  peftartigen  lieber,  bem  ber  Vruber  gum  Opfer  ge= 
fallen,  ber  mitgefangene,  greife  EfSriefter,  üon  bem  fiefj  mieber  alle  guriiefgogen  unb 
bie  gange  pflege  bem  Qefuiten  überließen,  ©einer  tiebeüotten,  fieben  Söocßen  bauernben, 
treuen  ©orge  feßrieb  ber  fßriefter  feine  ©rßattung  gu.  ©nbtidß  madjten  fidj  gemeine 
©olbaten  unb  Söeiber  baran,  ben  jungen  OrbenSmann  gum  Stbfatt  üom  ©tauben 
unb  gur  Verlegung  feiner  ©etübbe  gu  bemegen.  Stodj  oergeblicß,  er  btieb  ftanbßaft. 
Qm  Übermaß  feiner  Seiben  unb  Strübfate  befiet  ißn  enbtieß  baSfetbe  Qieber;  bodj 
mar  niemanb  ba,  ber  feine  pflege  übernommen  ßätte.  ©r  mar  bereits  bem  Stöbe 
naße  unb  tag  fünf  Stage  beftnnungStoS  unb  mie  tot  ba;  ba  geigte  fieß  bei  feinem 
©aftmirt  eine  ©inneSänberung.  ©r  tieß  ben  Traufen  forgfam  pflegen  auS  VeforgniS, 
beffen  SSSob  möcßte  ißn  ber  Hoffnung  auf  Vegaßtung  berauben,  mie  bieS  bereits  bei 
Vruber  SSögget  ber  Qatt  gemefeit  mar.  @o  fam  ber  Traufe  mieber  gu  Kräften 
unb  erßotte  fidß  innerßatb  breier  SSocßen  faft  oötlig.  2ÜS  bann  im  Quni  ßönig 
Qerbinanb  gur  ©roberung  9?egenSburgS  ßeranrücfte,  gebaeßte  man  bei  ben  Verßanb* 
tungen  betreffs  ber  Übergabe  ber  ©tabt,  gu  beren  Verteibigung  Vernßarb  üon  SSeimar 
ben  Oberft  ^aßüurtß  ßerbeigerufen  ßatte,  aueß  ber  beiben  ©efangenen  in  3ieumarft. 
Stm  25.  Stuguft  mürben  beibe  auS  ber  §aft  nadß  SImberg  enttaffen. 

Veim  §erannaßen  ber  ©dßmeben  fürchteten  aueß  bie  Qefuiten  im  ®otteg  üon 
ütteuburg1  für  ißre  ©idjerßeit.  üfiadjbem  man  üom  7.  bis  15.  Stprit  1632  bie 
mertüottften  ©adßen  nadß  Qugotftabt  gefdßafft  ßatte,  ftettte  am  16.  Stprit  ber  Später 
SHeftor  Qriebridß  §unbpiß  eS  feinen  Untergebenen  anßeim,  in  anbern  Kollegien 
©idjerßeit  gu  fudßen.  Von  ber  gegebenen  ©rtaubniS  madjte  iitbeffen  feiner  ©ebraudj ; 
nur  ungern  gogen  P.  ©ßriftopß  VranbiS,  ber  Veidßtüater  beS  §ergogS  SBoIfgaitg 
SSitßetm,  unb  P.  QoßanneS  Qaber  (©dßmib),  für  bie  man  befonberS  fiirdßtete,  auf 


1  Sotlettaneeublatt  für  bie  ©efd).  33at)ern§, 
itt^befonbere  für  -Jteuburg,  15.  Saßr8-  (1849) 


32  ff ;  16.  Soßrg.  (1850)  12  ff ;  57.  gaßrg.  (1893) 
4  ff.  K  r  o  p  f  II  44  ff. 


2)ie  fdjmcbifcfje  iperiobe:  9iot  imb  Seibett  in  ber  oberbeutfdjen  Sßroöinj. 


439 


Sfnorbnung  ber  Obern  fort.  Stuf  bie  ©dfemeben  featten  bie  ^roteftanten  grofee  §off* 
nung  gefegt;  mit  iferer  £)iffe  ober  unter  iferem  ©cfeufe  gebauten  fie  ficfe  an  ben 
Qefuiten  ju  rädjen.  Qfere  Hoffnung  foHte  ficfe  aber  nidjt  erfüllen.  ©djon  atu 
18.  Styrif  tourbe  ©uftaü  Sfboff  bie  ©tabt  übergeben,  ber  fie  in  feinen  ©cfeufe  nafem 
unb  eine  ©arnifon  feineinfegte  unter  bem  SBefefef  beg  fRittmeifterg  23infeeim.  Siefer 
geigte  fidj  ben  Qefuiten  fefer  freunbfidj  unb  empfahl  biefelben  beim  Sfbjuge  feinem 
9iacfefofger  Oberft  ißfuf.  9Zur  einmal,  am  24.  Slprif,  brängten  ficfe  fdfemebifcfee 
©olbaten  gum  $odeg  unb  erjmangen  ungeftüm  Qutter  für  bie  ißferbe. 

Sfm  3.  SJZai  befucfete  ber  ®önig  bie  ©tabt  unb  audj  bag  Kolleg.  ©eine  Qreunb* 
lid^feit  mar  bem  Kolleg  nicfet  nur  für  ben  Sfugenbfid,  fonbern  aucfe  für  bie  Qufttnft,  fo 
oft  bie  ©cfemeben  ficfe  in  ber  ©tabt  auffeieften,  oon  grofeem  Scufeen.  ©amtliche  fcfeme> 
bifcfee  Oberften  tiefsen  ben  Qefuiten  iferen  ©djufe  angebeifeen,  nur  ber  93efefefgfeaber  ber 
Qufjtruppen,  SBilbeftein,  ber  im  übrigen  ben  patres  mofefgefinnt  mar,  tiefe  am  ll.Qufi 
1632  im  ßodeg  jmei  fünfter  jumauern,  ba  fie  nacfe  feiner  Sfnftcfet  nur  §ur  ©pionage 
bienten.  93efonberg  grofee  ©emogenfeeit  gegen  bie  ^atreg  legte  ber  Oberft  Qriebrid) 
Stoffa  an  ben  Sag.  ©r  fcfeidte  ifenen,  afg  fie  Mangel  litten,  fogar  Sebengmittef, 
fdjüfete  bag  Kolleg  bei  ber  SBiebereinnafeme  ber  ©tabt  unb  ber  barauf  folgenben 
achttägigen  ^fünberung  burcfe  bie  ©cfemeben  ©nbe  Oftober  1633  gegen  jeglicfee 
©cfeäbigung,  inbem  er  benen,  bie  gegen  bag  ß’offeg  ficfe  etmag  erlauben  mürben,  mit 
Sob  brofete.  Saftiger  afg  bie  ©djmeben  maren  im  ÜÖZai  oorfeer  ber  fRfeeingraf 
Otto  Submig  unb  föernfearb  oon  Söeimar,  bie  im  SÜoffeg  SEBofenung  nafemen.  Sa 
lefetereg  feine  ©taffungen  featte,  ricfiteten  bie  70  Sfeiter  iferer  ^Begleitung  ©ebäuficfe’ 
feiten  beg  ^oflegg  für  bie  ißferbe  feer.  Srofe  aller  ©unft  beg  Oberften  mürbe  aber 
bag  ®odeg  fefer  gefcfeäbigt  baburcfe,  bafe  Qreunb  unb  Qeinb  Oon  feinen  Vorräten, 
fofange  fofcfee  Oorfeanben  maren,  jeferten.  Qubem  blieben  bie  ©infünfte  aug,  ba 
bie  ©üter  gepliinbert,  bag  SSiefe  geraubt  unb  bie  ^ornfammern  geleert  mürben.  Ser 
Sttangef  an  Sebengmittefn  nötigte  1633  einen  Seif  ber  Qefuiten  jum  Sfbjug.  SBon 
ben  jpoöff  jurüdgebfiebenen  mürben  affe  oon  ber  in  ber  ©tabt  feerrfcfeenben  ©eucfee 
ergriffen;  brei  fielen  ifer  jum  Opfer1.  Qm  folgenben  Qafere  (1634)  müteten  junger  unb 
^eft.  Sefetere  raffte  ben  P.  ©feriftian  Slönig,  einen  SSenetianer,  meg,  ber  im  böfemifdjen 
Qelbjug  Qelbpater  unb  93eidjtoater  Siffpg  gemefen  mar.  ©r  feferte  gu  9ceuburg  in 
ben  nieberen  ©cfeufen,  befucfete  baju  bie  SSermunbeten,  bie  aug  ber  9Zörbfinger  ©cfefacfet 
(17.  Sfuguft  1634)  nacfe  9Zeuburg  gebracht  morben,  unb  biente  ben  fßeftfranfen,  big 
er  fefbft  oon  ber  ®ranffeeit  ergriffen  mürbe. 

§art  mürbe  bag  Kollegium  betroffen  burcfe  bie  üBegfüferung  beg  s^ater  3teftor. 
93ei  ber  fcfeon  ermäfenten  Söiebereinnafeme  ber  ©tabt  burcfe  bie  ©cferoeben  in  ben  fefeten 
Sagen  beg  Oftoberg  1633  lodte  man  ifen  ing  ©cfefofe  beg  ©tattfeafterg  ©ogmin 
Oon  ©piering,  ben  bie  ©cfemebeit  bereitg  ju  iferem  ©efangenen  gemadfet  featten.  §ier 
erflärte  man  aucfe  ben  fReftor  afg  ^riegggefangenen,  liefe  ifen  aber  auf  fein  ©ferenmort, 
ficfe  auf  ben  erften  2Binf  mieber  ju  fteffen,  ing  ®oHeg  jurüdfeferen.  Sfm  5.  9Zooember 
mürbe  er  bann  mit  ©piering  nacfe  Nürnberg  unb  oon  ba  nacfe  SBürjburg  abgefüfert. 
Qn  Nürnberg  featten  bie  beiben  ©efangenen  bei  iferer  Sfnfunft  oont  ^3öbef  oiefen  ©pott 
ju  erbufben,  mofür  ficfe  ber  9Ragiftrat  nacfefeer  entfcfeulbigte  unb  fie  bann  nicfet  afg 
©efangene,  fonbern  afg  freie  ©äfte  befeanbelte.  9Zacfe  etma  oierjefentägigem  Sfufentfeaft 
bafefbft  brachte  man  fie  nacfe  Söürjburg,  mo  fie  in  fearter  ©efangenfcfeaft  gefeaften  mürben. 
Qn  einem  augfüferficfeen  ©cfereiben  an  ben  ßaifer  fdjifbert  ©piering  bie  mecfefefreicfeen 


1  Kropf  II  125.  9?ad)  bctn  Äotteftaneem  auif)  „^mei  Sßriefter  au§  bem  Sefuitenorben, 

blatt  (XVI  13)  mar  1633  bie  „ungarifd)e  ober  berett  3al)l  fid)  in  biefer  Seit  ofjnebem  nur  auf 

folbatifdje  fopffrauffjeit"  au^gebroctjcu,  an  ber  fieben  belief",  ftarben. 


440 


ScdjftcS  Äapitcl.  Ärieg^not. 


©efdjide  92euburgg  im  ©chwebenfrieg  unb  wie  man  if>n  „ 5 .  9?ooember  (1633)  neben 
<perrn  Patrem  Rectorem  ju  SReuburg  erftlicf)  auf  Nürnberg  unb  nachher  auf  SBürj« 
bürg  geführt,  ba  mir  in  5  SKonat  gefangen,  Stag  unb  9?ad)t  fogar  in  unfern  @e- 
mädjern  burd)  ©darneben  ftarf  bewacht  worben"  L  Stuf  ein  ähnlid)eg  ©d)reiben  an 
ben  ^falggrafen  SSolfgang  Söilfjelm  ermiberte  biefer  am  7.  Januar  1634,  er  Ijabe 
ficfj  megen  ber  ^reilaffung  bei  Sernharb  non  SSeimar  unb  Ojenftjerna  oerwanbt 
unb  werbe  „ nit  nacf)laffen,  big  3hr  unb  Sßater  fReftor  wieber  auf  freiem  ^ufj  fein 
werbet"1  2.  Salb  barauf  würben  fie  freigelaffen.  Ser  9Mtor  fefjrte  nad)  einem  SSefuc^ 
beim  ^falggrafen  in  Süffelborf  am  26.  ®ejember  1634  nad)  Dieuburg  juriid. 

Ser  ©efdjidjtfcfjreiber  ber  oberbeutfdfjen  ^Sroüing  ^ebt  bei  £yreiburg  im  58 r e i §= 
gau  heroor:  2Ba§  id)  fcljon  mef)r  alg  einmal  gefagt  fjabe,  baf)  bie  beutfcf)en  Sruppen 
ben  Qefuiten  nie!  feinblidjer  waren  alg  bie  ©cfjweben,  bag  geigte  ficf)  aud)  befonberg 
in  greiburg3.  üüad)  ber  Eroberung  beg  Elfaff  eg  tonnten  bie  ©chweben  1632  un- 
gef)inbert  nad)  greiburg  üorbringen.  Sie  93ürgerfcf)aft  unb  bie  ©tubenten  teifteten 
tapfern  SSiberftanb,  e§  fehlte  aber  ein  tunbiger  ©efdhüpmeifter.  Ser  ÜDfagiftrat  bat 
bringenb  um  ben  ÜDfathematiler  beg  Kodegg,  Sietrid)  Sed.  97ur  ungern  willigte 
ber  Sieftor  ein,  gumal  er  ooraugfal),  wie  biefe  ^Betätigung  ben  Qefuiten  alg  Ser- 
brechen  angeredjnet  werben  würbe.  58ei  ber  grofjen  ©efal)r  ber  ©tabt  glaubte  er 
ficf)  aber  über  ade  Gebeuten  fjinwegfe^en  ju  mitffen.  Sietricf)  Sed  übernahm  mit 
Erfolg  bie  Seitung  ber  ©efdjüjje,  unb  neben  if)m  wirfte  befonberg  für  bie  Ermutigung 
ber  ©olbaten  unb  Sürger  ber  Etf)ifprofeffor  Seonfjarb  Silbftein.  Mehrere  ©türme 
würben  tapfer  abgefdjlagen;  aber  ba  feine  2lugfid)t  auf  Erfafj  üorhanben,  muffte  bie 
©tabt  unter  efjrenüoflen  Sebingungen  übergeben  werben.  Seüor  bie  geinbe  am 
29.  SDejember  1632  einrücften,  entzogen  ficf)  Sed  unb  Silbftein  etwaigen  Siadjftedungen 
burcf)  bie  glucfjt.  Sie  Kapitulation  würbe  nid)t  gehalten,  bie  ©tabt  jwei  Sage  unb 
Siädjte  geplünbert.  211g  Sranbfdfapung  oerlangte  fporn  30000  ©ulben.  Sem 
Kodeg  erging  eg  giemficf)  gnäbig.  Eg  befanben  ficf)  bort  mit  ben  flüchtigen  Siooijen 
unb  Sffeologen  41  ^efuiten.  21den  hatte  beim  97af)en  ber  ©efahr  ber  iBrooinjial 
bie  freie  2Baf)l  geftellt,  fiel)  an  fiebere  Orte  jurüd'^ujiehen  ober  311  bleiben :  ade  hatten 
im  Vertrauen  auf  bie  göttliche  Sorfefjung  bag  festere  gewählt.  SJlan  fud)te  jwar 
©elb  unb  ©ut  bem  Kodeg  ju  erpreffen,  aber  ber  Üieftor  wufjte  bag  ©chlimmfte  ab- 
juwenben.  Srei  Sage  nad)  ber  Übergabe  erhielt  bag  Kodeg  eine  ©chuüwadje,  wo- 
burd)  jebe  größere  Uitbid  ferngehalten  würbe. 

©djlimmer  ging  eg  ben  ^efuiten  im  folgenben  3af)re  (©eptember  1633)  burd) 
ben  SJlarfgrafen  fjriebrich  oon  Saben-Surlad),  bem  Openftjerna  auf  bem  £>eilbronner 
Konüent  (Slpril  1633)  bie  Oorberöfterreidhifchen  Sanbe  biegfeitg  beg  9ihe*ng  3W 
gefprodjen  hatte.  Ser  Üölarfgraf  oerlangte  einen  Sreueib,  ben  bie  Orben  alg  nid)t 
ftattl)aft  erflärten  unb  begl)alb  oerweigerten.  Sie  Bürger  fd)Woren  ihn  oorbehaltlicf) 
ber  UnOerfehrtheit  ber  fatholifdtjen  Religion4.  ßuerft  Oerfuchte  ber  ÜÖiarlgraf  burd) 
ade  möglichen  Ouälereien  bie  ^jefuiten  gum  freiwilligen  Seriaffen  ber  ©tabt  31t  be¬ 
wegen.  211g  bag  nid)t  gelang,  folterte  man  aufgefangene  ©pione  oon  dreifach  fo 
lange,  big  fie  augfagten,  bie  .Qefuiten  hätten  Serräterei  angegettelt.  Sei  ber  Kon¬ 
frontation  mit  ben  ^efuiten  wtberrief  ber  §aupt3euge  unb  blieb  bei  bem  ÜBiberruf 
auch  trofc  Oerfdhärfter  Folterung. 


1  *31bfd)rift  of)ne  Saturn  in  9)1. 9t.,  Sreijjig- 

jäOr.  Slrieg,  Sitten,  91ad)trag  91r  373“. 

:  *  Original  ebb. 

J  *  Litt.  ann.  Prov.  Germ.  sup.  Kropf 
II  110  ff  140  ff  159  ff  241  ff.  §  e  r  m.  9)1  a  t)  e  r, 


greiburg  i.  93r.  im  Sreifeigfä^r.  Ärieg,  in  3e't‘ 
fdjrift  ber  ©efeHfd)aft  für  93cförberung  ber  ©e- 
fc^id)t§tnnbe  in  greiburg  XXVI  (1910)  121  ff. 
4  Sgl.  SOI  aper  a.  a.  0.  XXVI  152  ff. 


2)ie  f(f)tt)cbifd)c  Seriobe:  9lot  unb  Seiben  in  ber  oberbeutfdjen  Sroüinä.  441 

Ser  fHeftor  SEBolfgang  äftejger  unb  ber  9ftinifter  ©bmunb  0.  Sidingen  mürben 
nebft  jrnei  anbern  patres  in  baS  fd^mu^ige  föriminalgefängniS  getoorfen  unb  bort  in 
ber  pärteften  Söeife  gehalten.  Ser  äRagifirat,  bie  Vürger  unb  aud;  bie  Unioerfität 
oermanbten  fid;  für  bie  gefangenen  Qefuiten,  alles  umfonft1.  Fn  ber  ÜRad;t  oom 
7.  auf  ben  8.  (September  mußten  bie  Qefuiten  beS  Kollegs,  nod;  35  an  ber  gapl, 
plöplidp  opne  jebe  Vorbereitung  unter  militärifdjer  ©Störte  bie  Stabt  oerlaffen. 
9Rand;e  fielen  in  ber  bunfelit  9?ad;t  auf  ben  fotigen  SGBegen  mieberpolt  pin,  immer 
mieber  trieben  bie  Solbateit  ooran.  Fn  ber  grüfje  beS  äRorgenS  festen  bie  Sob 
baten  um,  nadjbem  fie  ipre  Sd;üplinge  grünblid)  auSgeplünbert  Ratten2.  Sie  Fe= 
fuiten  gelangten  unter  oielen  Vefcpmerben,  aber  üielfacp  burcp  bie  Siebe  frommer 
Seute  unterftüpt,  nad;  ber  Scpmeij,  mo  fie  in  Supern  unb  greiburg  Slufnapme  fanben. 
Sie  oier  gefangenen  Fefuiten  in  ^reiburg  patten  unterbeffen  nocf)  oiele  Ouälereien 
ju  erbulben.  Söieberpolt  mürbe  ipnen  mit  ber  golter  gebropt.  2Bie  überall,  fudpte 
man  aud;  in  greiburg  nad;  oerborgenen  großen  Sdpäpen  unb  rnoKte  um  jeben  ißreiS 
baS  nicpt  oorpanbene  ©epeimniS  erpreffen.  iRacpbem  alle  Verfudje  gefcfjeitert,  mürben 
bie  ißatreg  am  16.  September  Oon  Solbaten  auS  ber  Stabt  geführt.  Slud^  biefe  patres 
tarnen  glüdlidp  nad;  Sujern.  SaS  Kolleg  blieb  oertaffen  bis  Stritte  SRoüentber,  als 
bie  faiferlicpen  unb  ligiftifdpen  Gruppen  ^reiburg  befepten  unb  mit  ipnen  einige 
Fefuiten  juriidteprten.  $urj  beoor  bie  Sd;meben  Früpjapr  1634  bie  Stabt  mieber 
befepten,  oerliepen  bie  ^efuiten  auf  bringenben  9tat  beS  SRagiftratS  unb  iprer  Freunbe 
Freiburg;  fie  raanbten  fiep  teils  nad;  Vreifadp  teils  in  bie  Scpmei,$,  bie  Sd;liiffel 
übergab  ber  fReftor  einem  befreunbeten  Slrjte.  Söäprenb  fecpS  ÜÖtonate  mürbe  bie 
Stabt  auSgeplünbert.  SaS  Kolleg  blieb  oerfcpont.  So  tonnten  bie  patres,  bie 
itacp  ber  Sdplacpt  öon  ÜRörbliitgen  (September  1634)  jurüdfeprten,  ipre  Slrbeiten, 
raenn  aud;  unter  großen  ©ntbeprungen,  mieber  beginnen.  Vor  ber  britten  Velagerung 
(Slpril  1638)  burcp  ben  -fperjog  öon  Söeimar  maren  bie  Scpolaftder,  bie  bort  Speo* 
logie  ftubierten,  nad;  Freiburg  i.  Sd;m.  gefd;idt  morben,  ein  Seil  ber  ißatreS  unter 
grofjen  SRüpfeligfeiten  unb  SRippanblungen  geflogen,  ein  anberer  Seil  geblieben, 
tropbem  bie  greunbe  fie  auf  bie  grope  ©efapr  aufmertfam  macpten,  meil  ipnen  früher 
unter  ben  fcpmerften  Strafen  baS  Freiburger  ©ebiet  oon  ben  Scpmeben  oerboten 
morben.  211S  ber  £)erjog  am  11.  3lpril  1638  einjog,  bepaubelte  er  aber  bie  Qefuiten 
gnäbig.  2öäprenb  anbere  OrbenSleute  mippanbelt  unb  auSgeraubt  mürben,  tonnten 
bie  Fefuiten  nidpt  allein  ipren  gemöpnlidpen  Slrbeiten  ungeftört  nacpgepen,  fonbern 
fogar  mit  §ilfe  feinblicper  Solbaten  ipre  ©rnte  einpeimfen.  VefonberS  mar  eS  ber 
caloinifcpe  Oberft  ©albenbacp,  ber  ben  Fefuiten  alle  fjrcunbfd^aft  ermieS. 

©nfiSpeim  mürbe  Sejember  1632  Oon  |>orn  eingenommen3 * *.  2Ran  patte  ben 
Fefuiten  geraten,  fid;  ber  SEBut  ber  Feinfre/  bie  burcp  ben  3mb  beS  Königs  ©uftao 
Slbolf  nocp  gefteigert  fei,  burcp  bie  F^uc^l  äu  ent^iepen.  2lber  bie  ^efuiten  blieben, 
jumal  ja  bie  F^^t  i3611  Slrgmopit  ber  Feini)e  n0(^  pätte  üermepren  fönnen.  §orn 
gab  ben  F^fuiten  eine  Sd;upmatpe,  tonnte  aber  mandperlei  Unbilben  ber  beutegierigen 
Solbaten  nicpt  Oerpinbern.  9?od;  mepr  litten  bie  Fefmten  unier  ^er  ^eft  bie  oon 
Fuli  bis  i)7oüember  1633  mütete.  SaS  folgenbe  FaPr  (1634)  bracpte  bie  Kämpfe 
ber  Äaiferlidpen  unb  Sd;meben.  Sropbem  gingen  bie  patres  aud;  auperpalb  ber 
Stabt  ipren  Slrbeiten  nadp,  ba  bie  Pfarreien  auf  bem  Sanbe  meift  oon  ipren  Ritten 
oerlaffeit  maren.  Sabei  mären  beiitape  meprere  oon  ben  aufftänbifdpen  Vauern,  bie 

1  UniocrfitätSOrotofoH,  26.  Stug.  1633.  Sgl.  sub  falso  proditionis  praetextu.  SMatjer 

Wtaljer  a.  a.  0.  XXIX  155.  $ie  2l!ten  ber  a.  a.  0.  154,  21.  2. 

tl)eoIogifd)en  gafultät  befagen  jum  25.  2lug.  2  Sgl.  SRaIlinger§  Jagebiidjer  in  SOloite, 

1634,  bie  Senaten  fejen  gegen  aüe§  9Ied)t  unb  CueHenfananlung  II  (1854)  546. 

alle  SiHigfeit  in  ben  fterfer  geraorfen  roorben  8  Ivropf  II  105  f  231  ff  402  ff  433  ff. 


442 


©ed)fte§  Äopitel.  Ärieglnot. 


meber  Qreunb  nodj  geinb  oerfchonten,  ermorbet  rnorben.  Sludj  in  CEnfisfjeim  ermieS 
fidj  ber  Oberft  ©Ijriftian  ©albenbacf)  als  iljr  märmfter  Qreunb.  Unter  ber  halb 
auSbredjenben  Hungersnot  Ratten  bie  Qefuiten  fe^r  oiel  ju  leiben,  menn  aud)  bie 
Stabt  rnieber  in  bie  ©emalt  ber  Kaiferlidjen  fam.  Qm  Sluguft  1637  nahm  fie  ber 
Herzog  non  SBeimar  oon  neuem.  9J2it  ber  ganzen  Stabt  mürbe  aud;  baS  Kolleg 
ber  iptiinberung  preisgegeben.  St)ie  Qefuiten  fonnten  frof)  fein,  mit  bem  nadten 
£eben  baoonjufommen.  ®ie  Kapelle  mürbe  entroeif)t,  baS  SttXer^eiligfte  mit  Qüfjen 
getreten.  St>ie  22  Qefuiten  hatten  ju  Slittag  nur  ein  Stiicf  Schmar^brot,  in  ben 
folgenben  SEagen  meift  nur  931ätter  aus  bem  ©arten,  ba  man  aud)  im  ©arten  alle 
Qrüd)te  geraubt. 

Sad)  brei  2Bocf)en  erlangten  bie  Qefuiten  enblicfi  burcf)  oiele  Sitten,  baff  menig« 
ftenS  fünf  bie  Stabt  oerlaffen  burften,  um  itjr  Seben  ju  friften.  ©ine  ÜBodfe  fpäter 
befahl  man  bann  allen  Qefuiten,  bie  Stabt  ju  meibeit.  ®ie  Sürger  erreichten  aber, 
baff  2  ißatreS  unb  1  Sruber  bleiben  burften.  ®a  biefe  faft  ohne  jebe  SebenSmittel 
blieben,  mufften  fie  baS  ganje  Qaljr  1638  mit  ber  größten  920t  fämpfen.  ®a^u 
famen  fortgefetKe  ©efafjren  für  il)r  Sehen  oon  feiten  ber  Solbaten,  befonberS  infolge 
eines  Überfalles  burdj  bie  Sotlfringer.  SDie  Qefuiten  mürben  gefdjlagen,  burd)  bie 
©änge  gefcf)feift,  mit  bem  SEobe  bebroljt.  ©in  Schuh  auf  ben  Kopf  eines  fßaterS 
oermunbete  nur  feinen  Slrm.  ®er  Sruber  erhielt  einen  Säbelhieb  über  ben  Kopf. 
®er  anbere  ifiater  fotlte  gehängt  merben,  mürbe  aber  oon  feinem  eigenen  Henfer  ge- 
rettet.  SDann  mürben  bie  Qefuiten  in  enger  Haft  faft  ohne  Nahrung  gehalten,  ©in 
gefülfdjter  Srief,  ber  Oor  bem  Kriegsgerichte  ihre  Scfjulb  bemeifen  fotlte,  mürbe  bem 
Qälfcfjer  felbft  jum  Serberben.  Sad)  einer  ©efangenfchaft  oon  einem  ÜDtonat  fonnten 
bie  Qefuiten  in  ihr  oermüfteteS  unb  befdjmupteS  HauS  jurüdfefjren.  Sofort  nahmen 
fie  ihre  Arbeiten  roieber  auf.  Son  ihrer  Unfdjulb  überzeugt,  fdfjü^te  fie  je£t  ber 
Herzog  oon  SBeimar  unb  unterftüpte  fie,  bah  loenigftenS  bie  ®ad;rinnen,  melche 
oon  ben  Solbaten  geftohlen  morben,  mieberherftetlen  fonnten.  SE>a  fein  Pfarrer 
oorhanben,  übernahm  ein  s}3ater  auf  Sitten  ber  Sürger  beffen  2lmt.  Qn  öffentlicher 
fßrebigt  geihelte  berfelbe  in  ?lmoefenf)eit  oieler  Solbaten  unb  Offiziere  bie  2luS- 
gelaffenheit  ber  Struppen. 

$ 

Sielfach  mürben  bie  Qefuiten,  mie  fdjon  früher  angeführt,  befonberS  bei  ben 
Söechfelfällen  ber  Selagerungen,  in  friegerifdfje  Unternehmungen,  meift  ganj  gegen 
ihren  SBiden,  hineingejogen.  deshalb  ftellte  bie  nieberrheinifche  Srooinjialfongregation 
oom  Qaljre  1642  bem  ©eneral  folgenbeS  oor:  ©ine  fehr  grofe  ©efaljr  entfteht  für 
einige  Kollegien  barauS,  bah  in  Stäbten  mit  feinblidjer  Sefapung  Qreunbe  in  überaus 
unflugem  Sertrauen  unfern  ißatreS  ganj  unoermutet  ihre  ipiäne  ufm.  gegen  bie 
Qeinbe  eröffnen,  unb  bieS  fo  plöplich,  bah  e”te  Sorfidjt  bagegen  faum  möglich  ift- 
®a  eS  aber  bei  ben  Qeinben  als  ein  Kapitaloerbrecfjen  gilt,  nicf)t  allein  bei  folcheit 
Slänen  mitjumirfen,  fonbern  auch  biefelben  nicht  anju^eigen,  menn  man  aud)  nur  bie 
geringfte  Kenntnis  baoon  erlangt  hot,  fo  bittet  bie  Kongregation  um  Sat.  ©S  hanbelt 
fid)  um  Orte,  too  bie  Qeinbe  ben  SEreueib  nidjt  oerlangt  haben.  SitelleSdji  muhte 
für  fo  ltnoorhergefehene  SDtitteilungen  feinen  anbern  92at  als  ben,  bie  gröhte  Sor¬ 
fidjt  ju  braunen,  bah  matt  nicht  ju  folchen  Uitterrebnngen  jugesogen  merbe.  Qeben- 
fallS  mürbe  eS  nützlich  fein,  fich  mit  SluSroärtigen  nicht  über  Q5olitif  ober  bergleicffen 
Seuigf  eiten  31t  unterhalten,  fonbern  ber  Segel  gemäfj  ein  geiftlidjeS  ©efpräd)  gu 
führen  1. 


1  *  Original  iit  Acta  Congr.  Prov.  1642  II  266  273. 


ßtmni|cf)en  in  Äriegluntentefjmungen.  —  3>a§  lefete  SofÜäeljnt  1638—1648. 


443 


Sind;  (Earrafa  brang  barauf,  bafj  man  fid)  nicfjt  in  ^rieggangetegenheiten  ein» 
mifd)e  ober  oermidetn  taffe.  T)em  nieberrljeinifdjen  proohtsial  Otterftebt  lief)  er  am 
25.  ÜDJai  1647  bie  SSeifuttg  jufommen:  (Ern.  £md)mürben  follen  aßen  ÜDätgtiebern 
5hrer  Prooins  ftreug  oerbieten,  fogar  unter  ber  ©träfe  ber  (Enttaffung  aug  ber  ©e» 
feßfdjaft,  fid)  auf  irgenb  eine  2Beife  ein^umifdjen  in  ?ßläne  ober  9}Jad)inationen  ber 
einen  ober  anbern  Partei  ber  dürften,  unter  benen  mir  bort  fielen,  ptätse  JU  über» 
geben.  ltnfereg  Stmteg  finb  nur  bie  geiftlidjen  Tienftteiftungen  unb  burdj  biefe  nad) 
Prüften  alle  jur  Siebe  ©otteg  anjueifern.  Tegl)alb  foßen  aße  genau  bie  Porfdjrift 
ber  43.  fRegel  beg  Summarium  beobachten  unb  mit  aßgemeiner  Siebe  aße  Parteien 
im  §errn  umfaffen1. 

:J:  * 

* 

Tag  tefjte  Qahr^efjnt  beg  Krieges  geigt  mieber  einen  oietfacf)  medjfetnben  föriegg» 
fdjauplah.  9?ad)  bem  Stöbe  beg  fpergogg  Pernfjarb  oon  SBeintar  (1639)  bemächtigte 


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$er  oöervtjeiniic^c  ^votmtjial  3ond)im  jammern  iiöer  bie  flnegSbcbrängmite  1639. 


fid)  granfreich  feinet  fpeereg  unb  feiner  (Eroberungen.  Sin  ber  ©teße  beS  fdjmebifdjen 
©eneratg  Paner  (f  1641)  erhält  Torftengfon  ben  Oberbefehl.  Tiefer  befiegt  in  ber 
§meiten  ©d)tad)t  bei  Seip^ig  (Preitenfelb)  1642  bag  taifertidje  £>eer  unter  (Erghergog 
Seopolb  2Bitf)etm  unb  Piccolomini  unb  menbet  fid)  nach  SUiätfren.  Tie  grattgofen, 
bie  unter  ©uebriant  ©djmaben  befetd,  merben  1643  bei  Tuttlingen  oon  bem  öfter» 
reid)if<h'bahrifdhen  fpeere  gefchtagen.  ifjtn  fotgenben  $af)re  1644  gmingen  bie  güan» 
gofen  unter  Turemte  unb  (Eottbe  bie  Patern,  unb  bie  ©chmeben  unter  Torftengfon 
unb  fööniggmard  bie  Ä'aiferlidjen  gum  dtüdgug.  Seigere  merben  ^anuar  1645  bei 
ÜDfagbeburg  faft  oernidjtet.  Torftengfon  bringt  nad)  bem  ©ieg  bei  ^anfau  in  Pöfjmen 
(äftärg  1645)  faft  big  oor  SfBien.  2In  ©teße  beS  erfranften  Torftengfon  erhält  SSrangel 
ben  Oberbefehl  über  bie  ©chmeben.  3in  1645  fdjtagen  bie  granjofen  unb 


*  0rig.*9teg.  Ad  Rhen.  inf. 


444 


(£ecf)fte§  Kapitel.  SriegSnot. 


.'peffcn  bie  Sapern  bei  2lHerpeim;  1646  machen  bie  ©cpmeben  unb  frangofen  einen 
Einfall  in  Samern  unb  gmingen,  mie  fcpon  oorper  bie  ®urfürften  ton  Srattbenburg 
(1642)  unb  ©acpfen  (1645),  nunmehr  oucfj  ben  ^urfürften  oon  Sapern  (1647)  gur 
Neutralität  (SöaffenftiQftanb  gu  Ulm),  ©obalb  ÜNapimilian  Suft  befommen,  fünbigte 
er  ben  SBaffenftillftanb.  fept  braten  ©darneben  unb  frangofen  1648  gum  gmeiten* 
mal  fengenb  unb  brennenb  in  Sapern  ein,  mürben  aber  fcpliefjlicp  gurücfgebrängt. 
SSäprenb  bie  ©cpmeben  unb  frangofen  ficf)  nacp  ber  Oberpfalg  manbten  unb  ber 
fcpmebifcpe  ©eneral  &’önigSmarcf  $rag  belagerte,  traf  bie  Nacpricpt  tont  2lbfcplup  beS 
f  riebettS  (24.  Oftober  1648)  ein. 

fn  biefer  lebten  ßeit  patten  befonberS  bie  Nieberlaffungen  in  Sapern  oiet  gu 
leiben.  EberSberg  mürbe  1648  mieber  ttöflig  auSgeplünbert  unb  termüftet,  ebenfo 
33iburg.  furchtbares  mupte  SanbSberg  nacp  breigepniäpriger  Nupepaufe  erbulben.  „2lm 
Enbe  beS  Krieges  bot  bie  einft  fo  blüpenbe  ©tabt  einen  erfcpütternben  21nblicf  bar. 
©cpmert,  junger  unb  s^eft  Ratten  mepr  als  bie  Raffte  ber  Semopner  bapingerafft, 
gange  fantilien,  einft  bie  Epre  unb  ber  ©tolg  ber  ©emeitibe,  maren  auSgeftorben. 
Sie  Übriggebliebenen  fcT;madf)teten  im  tiefften  (Sfenbe.  Ein  Seit  ber  Raufer  mar 
terfallen,  baS  fteine  ©emeinmefen  franf  unb  gebrochen,  £mnbel  unb  fnbuftrie  be> 
graben.  Unb  ringsumher  ftatt  ber  bliifjenben  felber  unb  ©arten  Söüftenei  unb 
Sorngeftrüpp,  ftatt  oolfreidfer  Dörfer  ©cputt  unb  2lfcpe."1 

2Bie  fehr  bamatS  Sapern  gu  leiben  patte,  unb  gmar  öon  ben  eigenen  ©otbaten, 
geigen  einige  Eintragungen  beS  ©c^nfpräfeften  beS  Stüncpener  f  efuitengpmnafiumS, 
P.  ©eorg  ©paifer.  21m  25.  SJfärg  1648  trägt  er  in  baS  Sagebucp  beS  ©tjmnafiumS 
ein:  Eine  ungeheure  Sermirruttg  herrfehl  in  Satjern  jenfeitS  ber  ffar  auS  furept 
oor  bem  fepmebifepen  ©eneral  SBrangel.  Um  ihm  entgegengutreten,  hat  baS  faifer* 
tiepe  unb  baprifepe  §eer  bei  f  ngolftabt  eine  Srücle  gefcplagett  unb  bie  Sonau  über* 
fepritten.  9Nan  patte  bie  dauern  nidpt  oorper  gemahnt,  fiep  unb  ipre  §abe  in  ©ieper» 
peit  gu  bringen,  ©o  paben  benn  bie  habgierigen  ©olbaten  alles  geraubt,  befonberS 
in  ben  ber  Sonau  näper  gelegenen  Orten.  Sie  Säuern  flopeit  unb  mürben  öon 
unfern  ©olbaten  faft  bis  an  bie  Sore  SNüncpenS  oerfolgt.  9Nit  3Norb  unb  ^lünbe* 
rung  paben  unfere  ©olbaten  niept  anberS  gepauft  als  bie  feinbe.  3U  Oftern 
(12.  21pril)  1648  bemerft  P.  ©paifer  int  Sagebucp:  SaS  Ofterfeft  mar  um  fo  freubiger, 
als  alle  unfere  ©olbaten  um  biefe  .Qeit  Sapern  oerlaffen  paben.  21ber  am  9.  ÜNai 
fepreibt  er:  Unfere  ©olbaten  paben  plöplicp  bei  Sonaumörtp  bie  Sonau  überfepritten 
unb  fiep  über  gang  ©cpmaben  ergoffen  unb  allerorts  eine  unglaubliche  Sermüftung 
angerieptet,  inbem  fie  in  niept  gang  grnei  Sagen  baS  ©ebiet  oott  ber  Sonau  bis  §u 
ben  21lpen  mie  ^peufepreefen  burcpfcpmärmten.  2lm  21.  2Nai  gogen  fiep  unfere  ©ol* 
baten  nadp  Sapern  gurücf,  um  ben  Secp  unb  Sapern  gu  oerteibigen  ober  oielmepr 
ein  gmeiteS  ÜNal  auSguplünbern.  21m  25.  S?ai  fliept  ber  Ipof,  unb  am  29.  9Jfai 
Oermüften  bie  befreunbeten  faiferlicpen  Neiter  bie  gange  Umgegenb2.  21uS  ÜDiüncpen 
felbft  marett  bie  meiften  fefuiten  naep  ber  ©cpmeig  geflopen. 

* 

9Nan  fönnte  bie  frage  aufmerfen,  ob  mie  pier  fo  auep  an  anbern  Orten  bie 
fefuiteit  niept  oielleicpt  gu  ooreilig  geflopen.  §ätten  fie  eine  Serpflicptung  gur 
Sfarrfeelforge  gepabt,  fo  märe  bie  fludpt  aller  gemip  eper  tabelnSmert  gemefen; 
benn  ber  £irt  mup  bei  feiner  §erbe  bleiben,  befonberS  in  ben  Sagen  ber  Not,  auep 
roenn  fein  eigenes  Sebett  bebropt  ift.  Siefe  Sebropung  mar  für  bie  fefuiten  in  ber 


1  Borger,  3ur  ©efepiepte  £anb§= 

berg§  nmprenb  be§  Sreifjigiäprigen  ÄricgeS, 


SanbSberger  Programm  1882,  64;  öergleicpe 
oben  54  ff.  s  *  Clm  1550. 


2)ie  fyrage  ber  gludjt. 


445 


STat  torfjanben,  mef)r  nodj  nad)  ben  umfaufenben  ©eriidjten  afg  in  ber  SSirfficfjfeit, 
befonberg  im  beginn  be§  Krieges,  ©uftat  3lboIf  hielt  ftrenge  jD?anneggud)t,  uitb 
mo  er  gugegen  mar,  mürbe  auch  fein  ^efuit  ermorbet.  Sfber  ancf)  ©uftat  Sfboff 
fonnte  nidf)t  terfjinbern,  bafj  manche  ^Sriefter  unb  OrbenSfeute  non  feinen  Struppen 
I)ingefcf)Iad)tet  mürben.  Unter  ben  beutfcfjen  ©öfbnern  in  affen  §eeren  fanb  fidf)  ©e* 
finbef  ber  niebrigften  ©orte,  ja  ber  Sfu§murf  ber  5)Jfenfcf)heit.  SDiefe  SDJorbbuben 
bebten  tor  feiner  ©dfjanbtat  gurücf.  58efonberg  fßriefter  unb  Orbengfeute  mürben  oon 
ihnen  in  ber  fcf)änbficfjften  SBeife  fangfam  gu  Stöbe  gemartert. 

$n  Sßürgburg  mürben  1631  gmei  ^apuginer  in  ber  fö'ircfje  ermorbet1.  SÖ3ie 
ber  Sfuggburger  ©enerafoifar  an  feinen  58ifdjof  fd^reibt  (Scf)ongau,  7.  Sfuguft  1633), 
mürbe  ber  TOjäfjrige  Stefan  in  ©uttenberg,  ©eorg  ©teinacf),  gu  Stöbe  gefoltert; 
im  Neuburger  ©ebiet  mürben  binnen  furgem  eff  ißriefter  graufam  getötet.  2)em 
Pfarrer  in  Sappenhaufen  brannten  fie  mit  glüfjenbem  ©ifen  bag  fdfjmebifcfje  SSappen 
ein;  ben  Pfarrer  ton  Qfferrieb  unb  ben  Pfarrer  ton  folgen  (bei  Ufm)  marterten 
fie  in  ber  fcfjänbficfjften  SBeife  gu  SSSobe  ufm.2  g-iir  bie  fjfucfjt  fonnten  bie  Qefuiten 
aucfj  geftenb  machen,  baff  man  megen  if)rer  angeblichen  fabelhaften  5Reicf)tümer  nur 
um  fo  größere  58ranbfcha£ungen  terfangen  merbe.  üfMjrfacfj  münfcfjten  auch  bie 
fBefjörben  augbrücfficf)  if)re  gfucfjt,  mie  g.  58.  in  SBürgburg  unb  |jeifigenftabt. 

Stro^bem  biirfte  eg  in  einzelnen  fyäffen  gmeifelljaft  erfdjeinen,  ob  eg  für  bie  ^efuiten 
nid;t  ehrentoller  gemefen  märe,  auf  ihren  ißoften  auggufjarren.  i3e^enfa^§  waren  aucfj 
bei  ben  Qefuiten  bie  Sfnficfjten  geteilt,  befonberg  in  ben  ©ebieten,  in  benen  man  eben 
an  ber  Sföieberherfteffung  ber  fatfjolifcfjen  SMigioit  gearbeitet  hatte.  ©0  fjeifjt  eg  in 
ber  ©efchidfjte  beg  Sfmberger  ^offegg  gum  ^afjre  1632:  St)ie  Obern  maren  terfcfjiebener 
Meinung.  Stie  einen  glaubten,  bie  Unfrigen  fofften  ficfj  nicfjt  ber  $rieggfurie  aug« 
feigen,  ba  hoch  feine  Hoffnung  auf  grudfjt  torhanben;  bie  anbern  glaubten,  eg  fei 
menigfteng  ein  guteg  58eifpief,  menn  einige  ber  Unfrigen,  befonberg  fofcfje,  mefche 
Pfarreien  terroafteten,  eg  magten,  ben  geinb  gu  ermarten.  ÜDiancfje  ^Satreg  auf  ben 
ÜDäffiongftationen  empfanben  eg  fehr  hott,  baff  ihnen  ihr  unmittelbarer  Oberer  bie 
fyfucfjt  geraten  ober  befohlen  hatte.  St)eghafb  trennte  ber  ißrotingiaf  bie  äftiffiong* 
ftationen  ton  bent  Sfmberger  Kolleg  (beffen  ffieftor  fie  bigher  uuterftanben)  unb  mieg 
P.  ißffaumer  an :  menn  er  Sftut  habe,  auf  ben  gefährlichen  ißoften  gurücfgufefjren  unb 
ben  geinb  gu  ermarten,  fo  fei  bag  ben  Obern  recfjt;  er  fönne  bann  ohne  Sfbhäitgig= 
feit  ton  Sfmberg  bie  Stationen  in  ©ufgbacfj,  5E3etjben,  ©hrenborf,  9?euftabt  feiten. 
Sofort  fehrte  ißffaumer  am  19.  gebruar  1632  nadfj  ©ufgbacfj  gurücf3.  SDiefen  9)fut 
mu^te  ber  ißater  bafb  teuer  begahfen. 

2ffg  bie  Schweben  9)ätte  1632  ©ufgbacfj  eingenommen,  mürbe  bie  SBofjnung 
ber  ^efuiten  gepfünbert,  fie  fefbft  gefangen  genommen  unb  unter  tiefen  äUifjfjanb* 
fungen  nach  Nürnberg  gebracht.  £>ort  mürben  fie  fünf  SDJonate  in  einem  fcfjmuhigen, 
ton  Ungegiefer  ftarrenben  Werfer  in  enger  £>aft  gehalten;  ihr  58ett  mar  fauleg  Stroh, 
ihre  Nahrung  fcfjmargeg  58rot  unb  halbfauleg  ffleifcfj,  mährenb  20  SBodfjeu  erhielten 
fie  feine  reine  SfBäfche,  jeber  fcfjriftüche  unb  münbiicfje  58erfehr  mar  abgefcfjnitten. 
9iach  fünf  üftonaten  fejjte  Äurfürft  9J?aj:  burch  58itten  unb  ©rohungen  ihre  ffreifaffung 
burcfj,  unb  fo  fonnten  bie  armen  ©efangenen  Sfnfang  ütfotember  1632  nach  ©ufgbacfj 
gurücf  fehren 4. 

Söohl  infolge  terfcfjiebener  Etagen  über  toreiligeg  5ßerfaffen  ber  Käufer  fchrieb 
ber  ©eneraf  58iteUegdhi  an  ben  rheinifchen  ifkotingiaf  S^icfef  am  28.  gebruar  1632: 

1  G.  ©.  ©  d)  ar  0  I  b ,  ©efd).  ber  frfjtreb.  unb  3  *Hist.  coli.  Amberg.  1621—1709.  9)1.  91., 
fadjfemtneimar.  gtnifdjenregierung  in  SBüräburg  Jes.  769. 

(1842)  28.  4  *  Hist.  coli.  Amberg.  1682.  K  r  o  p  f  II  73  ff. 

2  *ft'opie  in  Epp.  ad  Bus.  109.  Cordara  II  598  f. 


446 


©cd)ftc§  Äapitel.  Äriegäitot. 


©§  mar  mir  lieb,  gu  öerneljmen,  bah  ©ie  alle  Q^re  Seute  foroeit  alg  möglich  in 
ber  ißroöing  ^urücff;alten  roollen.  ©o  roerben  ©ie,  roie  icf)  fjoffe,  bem  Sabel  ent« 
gehen,  ben  manche  aug  anbern  ißrooingen  fid)  gugegogen,  bie  nur  bie  g-urcfjt  üor 
Dem  nod)  fernen  geinbe  aug  itjren  Raufern  getrieben  f)at.  $n  biefem  ©tücte  finb 
faft  überall  bie  anbern  Orbengleute  ftanblfafter  gemefen,  inbent  fie  in  ben  non  ben 
geinben  befehlen  ©täbten  bie  Bürger,  für  beren  ©eelforge  fie  öorfjer  fiel)  bemüht, 
nidjt  djer  oerliehen,  alg  big  fie  bagu  burcfj  feinblidje  ©eroaft  gegroungen  mürben. 
$cf)  !ann  nidfjt  umhin,  ©ro.  §odjroürben  roie  audj  bie  fßroüingiale  ber  anbern  ^5ro- 
üingen  gu  ermahnen,  baff  ©ie  ^hre  Untergebenen  nidjt  eher  fließen  laffen,  alg  big  fie 
bagu  burdj  ©eroalt  gelungen  merben  ober  big  eg  fidjer  feftftefjt,  baß  bie  geinbe 
fie  gefangen  nehmen  ober  töten  mollen.  Sa  hierfür  big  jeßt  feine  Beifpiele  oor« 
liegen,  finbe  idj  nod)  feine  ^inreic^enben  ©rünbe,  bie  gurdjtfamfeit  ber  Unfrigen  gu 
entfcfjulbigen 1. 

^m  felben  ©inne  fdjrieb  Q3itellegcf)i  am  27.  9)?ärg  1632  an  ben  oberrheinifdjen 
fßroüingial  Sambert  ©traoiug:  Sie  Borfidjt  beg  ißroüingialg  bei  einem  fo  plößlicf) 
Ijcreinbredjenben  Unglüd,  feine  Untergebenen  rechtzeitig  ben  ©efafjren  gu  entziehen, 
oerbient  eher  Sob  alg  Sabel;  aber  eg  ift  hoch  bei  einem  neuen  Unglüd  gu  ermägen, 
ob  man  nicht  lieber  ben  geinb  unb  feine  Sftafjregeln  abmarten  folle,  alg  fo  plößlidj 
gu  fliehen,  unb  ob  eg  nidjt  geraten  fei,  auch  ber  mirflidj  erfolgten  Vertreibung 
ber  ißatreg  aug  ben  Kollegien  bod)  einige  oerfleibet  in  ben  Käufern  ooit  fyreunben 
gurüdgulaffen,  um  bie  ßütfjolifen  gu  tröften,  roie  bieg  in  ©nglanb  unb  ^ollanb  überall 
gefdjieljt.  2Bag  ©ro.  .fpodjroürben  ton  ben  unmenfdjlichen  ÜDUßljanblungen  ber  Söorinfer 
ißatreg  burdj  Bauern  fdjreiben,  habe  ich  nicht  ohne  grofjeg  SDfitleib  lefen  fönnen; 
benn  roenn  idf  aud)  nicht  groeifle,  baff  bie  ißatreg  bie  Beraubung,  ©djläge  unb 
Söunbeit  freubig  aug  Siebe  gu  ©Ijriftug  ertragen  haben,  fo  bleibt  bodj  bag  9J?itIeib 
über  eine  fo  gräfliche  ÜDüfjfianblung,  megfjalb  idf  bitte,  aCCeg  aufgubieten,  mag  bie 
Vatreg  tröften  unb  erquiden  fann.  Sie  ©ntlaffung  ber  Rooigenbrüber  ift  groar  in 
einem  foldjen  galle  in  ber  ©efelffcfjaft  nicht  üblich,  allein  bie  Berfjältniffe  liefen 
roohl  faum  etmag  anbereg  gu.  Siefeg  Verfahren  fann  um  fo  mehr  gerechtfertigt 
merben,  roenn  fidj  in  ber  grolge  geigen  roirb,  baff  bie  Brüber  in  iljrem  Berufe  ftanb« 
haft  geblieben  finb2. 

Sen  ^eibelberger  Obern  Slrnolb  .fpan  mahnte  Bitellegcfji  am  27.  9J7ärg  1632: 
^dj  fann  benen  nidjt  antroorten,  roeldje  bie  Qefuiten  befcfjulbigen,  alg  feien  fie  gu 
furdjtfam,  meil  oiele  in  ben  üorauggeljenben  fDionaten  auf  irgenb  ein  ©erüdjt  Oon 
ber  Slnfunft  beg  geinbeg  fofort  aug  ben  ©täbten,  roo  fie  rooljnten,  geflohen  finb 
unb  fidj  in  ©icfjerljeit  gebracht  haben.  SD^eine  Befürchtung  geht  bahin,  bah  audj 
©ro.  £rodjroürben  unb  3hre  Untergebenen  einen  Slnlaß  bagu  gegeben,  bah  fte  plö^lich 
aug  einer,  roie  ich  fyöre,  rooljlöerteibigten  ©tabt  geflohen,  gumal  roenn  roie  an  anbern 
Orten,  auch  Su  §eibelberg  anbere  Orbengleute  mit  gröberem  9Jlut  gurüdgeblieben 
finb.  Söenn  ©ro.  £>odjroürben  Qhr  Verhalten,  mie  fcheint,  burdj  ben  Bat  beg 
P.  ober  anbere  ©rünbe  rechtfertigen  fönnen,  märe  eg  mir  lieb,  bag 

gu  erfahren,  bamit  ich  gegebenenfaüg  oon  biefen  ©rünben  gur  Rechtfertigung  ©e« 
brauch  machen  fann.  ©ine  foldje  Redjtfertigung  fdjeint  um  fo  mehr  am  ißlaße 
fein,  alg  fidf  in  ber  Sat  gegeigt  hat,  bah  fein  f°  mistiger  ©runb  für  bie  eilige 
gludjt  aug  ^»eibelberg  oorlag3. 

©pätere  Beridjte  iibergeugten  ben  ©eneral,  baß  in  manchen  fällen  hoch  bringenbe 
©riinbe  bie  flucht  nahegelegt  hatten.  9lm  9.  Slpril  1633  betätigte  er  bem  P.  ^oadjim 
^atnman,  bem  ©efretär  beg  oberrheinifcfjen  ^rooingialg,  ben  ©mpfang  feineg  Be« 


1  *Orig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf.  2  *  Orig.=91eg.  Ad  Rhen.  sup.  3  *  Ebb. 


Sie  Unterbringung  ber  gliidjtlinge. 


447 


ridjteS  Dom  18.  Januar  über  bie  Bermüftung  ber  meiften  o6errfjeinifcf)en  Kollegien, 
©ann  fäf^rt  er  fort:  F<h  beburfte  gmar  fcfjon  nicht  mehr  biefeS  S3ericf)teä  gur  Söiber» 
legung  ber  Bnftagen  über  bie  öoreifige  Ftudjt  ber  Unfrigen,  benn  bie  Uitmenfdjlidj« 
feit  ber  geinbe  gegen  bie  in  ben  Ä'odegien  gurüdgebtiebenen  BatreS  bemeift,  baff 
bie  Befürchtungen  ber  ©eftoheneit  nidjt  grunbtoS  toaren;  aber  eS  mar  mir  bodf)  lieb, 
eine  genaue  Befdjreibung  ber  ©raufamfeiten  gu  erhalten,  mit  benen  bie  §äretifer 
bie  ©tanbhaftigfeit  ber  Unfrigen  an  öerfchiebenen  Orten  auf  bie  ^Srobe  geftedt  haben 1. 

❖  * 

* 

©ie  Unterbringung  ber  nieten  ^tiidjttinge  in  ben  nerfdjiebenen  SSedjfetfäden 
beS  Krieges  bereitete  ben  Obern  eine  nicht  geringe  «Sorge.  ©in  großer  ©roft  mar 
babei  bie  grofse  Fuoorfommenheit  unb  Siebe,  mit  ber  bie  Flüchtlinge  attenthatben 
aufgenommen  mürben.  So  bebanfte  fid)  BitedeSchi  am  28.  ©egember  1619  bei  bem 
oberbeutfdjen  Bl'ODingiat  ©renging  für  bie  groffe  Siebe,  mit  meldjer  er  bie  Flücht¬ 
linge  auS  Cfterreidj  aufnehme  unb  teils  bei  fich  behatte,  teils  mit  IReifegelb  nerfehen 
in  bie  ihnen  angemiefenen  Bringen  fdjide.  @r  merbe,  menn  möglich,  für  eine  ©nt« 
fchabigung  forgen,  ba  bie  öfterreidjifche  Brooing  burdj  bie  ß'riegSmirren  fo  erfdjöpft 
fei,  baff  fie  meber  ihre  Flüchtlinge  mit  bem  notmenbigen  Beifegetb  nerfehen  noch 
ihre  übrigen  Biitgtieber  unterhatten  fönne.  Unb  am  4.  Fanuar  1620  mieberhotte 
BitedeSchi  biefen  ©auf,  befonberS  auch  bafür,  baff  ber  Broöin<pat  fogar  auch  *üe- 
fenigen,  bie  für  bie  njeinifdje  B^oDing  beftimmt  morben,  aus  SJiitteib  bei  fich  begatten 
habe,  ©ie  meiteren  F^üdittinge  merbe  ber  öfterreidjifche  ^roninjiat  nach  Betgien, 
Franfreich,  Spanien  unb  Portugal  fenben,  beren  Obere  bereits  benachrichtigt  feien2. 

©etn  rheinifdjen  fjSroninjiat  Bidet  fchrieb  BitedeSdji  am  24.  Fanuar  1632: 
©en  Blau,  bie  Booigen  mit  ihrem  Booigenmeifter  nach  ÜBei3  gu  fdjiden,  bamit  fie  bort 
in  einem  gemieteten  £)aufe  leben,  bis  ber  ©rier  brohenbe  Sturm  oorübergegangen, 
möge  bie  göttliche  ©üte  fegnen.  ©ie  anbern,  metdje  nach  Betgien  gefdjidt  finb  ober 
noch  folgen,  merben  bie  Obern  biefer  ^rooinjen  mit  oder  Siebe  aufnehmen,  mie 
biefetben  mir  mitgeteitt  haben.  Sodten  ber  Fiüdjttinge  auS  ben  beibeit  rfjeinifchen 
Brooingen  gu  niete  fein,  atS  bah  ade  in  Betgien  bleiben  fönnten,  mögen  einige  in 
bie  frangöfifdjen  Groningen  gefdjidt  merben,  beren  BroDingiate  bereits  Bachricht  er« 
hatten  haben3. 

Seiner  großen  Freube  über  bie  ben  Ffüdjttingen  ermiefene  Siebe  gibt  BitedeSchi 
BuSbrud  in  einem  Briefe  nom  27.  Btärg  1632  an  ben  ÜBainger  Beftor  Biber,  ber 
fich  bamatS  in  Sujemburg  aufhiett:  Schon  nor  meiner  ©mpfehtung  an  bie  ^ßroöin^iate, 
ben  Flüchtlingen  auS  ©eutfdjtanb  atS  ihren  lieben  SBitbrübern  biefetbe  Siebe  gu  er» 
meifen,  metche  fie  fetbft  in  ähnlicher  Sage  für  fich  münzten,  haben  bie  meiften  B^o« 
oingiate  auS  freien  Stiiden  bie  Käufer  unb  Strittet  ihrer  Br°oingen  mit  großer  $u« 
oorfommenheit  für  bie  Flüchtlinge  angeboten  unb  bie  Bnfommenben  fehr  liebreich 
aufgenommen.  SSeit  ©ro.  §odjmürben  biefetbe  ©rfahrung  in  Su;rembnrg  gemacht  unb 
anbere  anberSmo  in  ähnlicher  Söeife,  fo  hat  bieS  nicht  menig  meinen  großen  Schmerg 
über  bie  ßerftörung  fo  Dieter  ^odegien  unb  bie  Seiben  fo  Dieter  BatreS  unb  Brüber 
getinbert 4. 

Buch  Italien,  Franfreich  unb  Spanien  nahmen  Diefe  Ftüdjttinge  auf.  ©ie 
Sdjotaftifer,  fo  mahnt  BitedeSchi  am  21.  Buguft  1632  ben  Faxender  Beftor 
F.  B.  ©pfat,  metche  gur  Fortfefcung  ihrer  Stubien  hierher  gefchidt  merben,  foden 
über  ©rieft  unb  Fiume,  ohne  fich  bort  aufguhatten,  nach  Bncoua  reifen,  beffen  Beftor 


1  *  gfcb.  3  *  Drig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

2  *Crig.=3teg.  Ad  Germ.  sup.  4  *  Drig.üReg.  Ad  Rhen.  sup. 


448 


Sed)fte§  &a}ntel.  ÄriegSnot. 


bereits  Derftänbigt  ift i.  Sodte  eS  notmenbig  fein,  fo  fcpreibt  VitedeScpi  am  20.  9io= 
Dember  1632  an  ben  gulbaer  Sieftor  Gopper  nacp  Köln,  mehrere  auS  $)eutfdplanb 
ober  Velgien  in  auSmärtige  ifkooinjen  ju  fcpiden,  fo  möge  man  baS  tun.  ®a  id; 
bie  Sfot  fcpon  normet  ber  Siebe  ber  Obern  empfohlen,  fo  merben  fie,  mie  id;  fjoffe, 
überall  mit  Siebe  aufgenommen  merben  unb  aucp  opne  fHeifegelb  überall  auf  ber 
®urdpreife  in  ben  Kollegien  bie  nötige  Unterftüpung  für  bie  SBeiterreife  finben  2.  £>ie 
fieben  Scpolaftifer  aus  ber  oberrpeinifcpen  ^ßrooinj,  meld;e  Siooember  1633  in  Siom 
anfamen,  fanbte  ber  ©eneral  megen  ju  großer  Velaftung  beS  römifcpen  KodegS  mit 
beutfcpen  glücptlingen  itadp  Sizilien3.  Slm  12.  gebruar  1633  mieS  95itede§d)i  ben 
oberrpeinifcpen  ißroDinjial  StraoiuS  an:  SBenn  nufere  gtüdjtlinge  länger  im  (Spül 
bleiben  müffen  unb  nicpt  ade  in  ben  fran^öfifcpen  ißroninjen  jurüdgepalten  merben 
fönnen,  fo  mögen  «Sie  biejenigen,  meld;e  fiep  in  ben  Spanien  näper  gelegenen  Kod 
legien  befinben,  nacp  Spanien  fdfiden,  mo  ade,  mie  id;  Oertraue,  eine  liebeoode  Stuf* 
napme  finben  merben4. 

Ginjelne  Kodegien  gerieten  burd;  ben  Unterhalt  ber  oieten  gremben  in  große 
Scot.  So  berichtet  ber  QnnSbrnder  Sieftor  Gßfat  am  5.  Sluguft  1636  an  ben  if5ro> 
oinjial:  SDaS  Kodeg  pat  megen  ber  Slufnapme  ber  Dielen  glücptlinge  filberne  unb 
golbene  Kircpengeräte  oerfaufen  unb  grope  Scpulben  macpen  müffen.  9tde  Ginfünfte 
betragen  3060  ©ulben,  gegen  ßinfen  (5  unb  6%)  mürben  2100  ©ulben,  opne 
ßinfen  2093  ©ulben  geliepen;  bie  Kapitalien  mußten  angegriffen  merben,  fo  bap 
bie  Scpulben  8193  ©ulben  betragen.  SJiit  ben  gegenmärtigen  (Sinfünften  fönnen, 
bie  ißerfon  ju  150  ©ulben  gered;net,  nur  19  ißerfonen  unterpalten  merben.  Seit 
1632  finb  ade  greife  fepr  geftiegen,  babei  mupte  baS  Kodeg  megen  ber  oon  adeu 
Seiten  oor  ben  Sdpmeben  fliepenben  SJiitbrüber  im  fjüpre  1632  SioDi^eit,  Scpolaftifer 
unb  anbere,  im  ganzen  über  90  ißerfoneu,  1633  über  70,  1634  unb  1635  50  bis 
60  ißerfonen  unterpalten,  $ür  bie  glücptlinge  mürben  in  oier  Qiapren  4000  ©ulben 
aufgemenbet.  SOiefelben  erpielten  nicpt  adein  Siaprung,  fonbern  audp  bei  ber  Slb« 
reife  anftatt  ber  jerriffenen  neue  Kleibung  unb  Steifegelb.  SDa  bei  bem  25urd;einanber 
nidjt  feftgufteden  ift,  meldjeS  Kolleg  für  bie  SluSgaben  aufjufommen  pat,  möge  bie 
Sßroüinjialfongregation  bem  oerarmten  QnnSbruder  Kodeg  ju  £>ilfe  fommen5.  Slucp 
baS  Kolleg  in  greiburg  in  ber  Sdjtoeij  litt  fepr  unter  ber  Saft  ber  Dielen  SJiitbrüber 
auS  Vaßern.  3n  einem  Briefe  oom  28.  Siooember  1648  an  ben  Sieftor  KlaubiuS 
Suban  anerfannte  Garrafa  bie  grope  Siebe,  melcpe  bort  ben  flüchtigen  Vrübern 
auS  Vaßern  ermiefen  morben,  unb  bat  bei  ber  adgemeinen  Siot,  bie  Saft  nod;  etmaS 
meiter  §u  tragen,  jumal  ba  ade  umliegenben  ^roDin^en  faft  erfcpöpft  feien  unb  feine 
§ilfe  ju  bieten  oermöcpten6. 

Qn  ber  Stat  mupten  mandpmal  bie  Obern  in  Siom  nicpt  mepr  roopin  mit  ad 
ben  Vertriebenen.  So  benacprid;tigte  ber  ©eneraloifar  Sangro  am  29.  Slpril  1645 
ben  öfterreicpifcpen  fßrooinjial  Üurfooicp:  Siacp  ißolen  unb  Sitauen  pabe  id;  fcpon 
gefdprieben,  bap  fie  fo  Diele  als  möglid;  mit  Siebe  aufnepmen.  Siacp  Italien  paben 
mir  auS  ber  ebenfo  part  peimgefucpten  nieberrpeinifcpen  Sßrooing  fo  Diele  berufen, 
als  mir  bei  unferer  fepr  brüdfenben  Gnge  nod;  eben  jufammenpferdpen  fonnten,  unb 
bie  übrigen  fßroDinjen  in  ®eutfd;lanb  palten  fich  felbft  nur  mit  äuperfter  Slnftrengung 
aufredpt 7. 

23ie  bie  Obern  in  Siom  für  bie  glücptlinge  mit  groper  Siebe  forgten,  fo  mürben 
fie  and;  nicpt  mübe,  bie  Verfolgten  ju  tröffen  unb  aufjumuntern.  ®ie  Vriefe  ber 

'  *Drig.-9teg.  Ad  Germ.  sup.  6  *  Original  itt  9JI.  9t.,  Jes.  9tr  1552;  bgl. 

2  *  Drig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup.  9tr  1566. 

3  *  S8iteHe§d)i  an  ©traüiuS,  5.  9toü.  1633,  6  *0rig.=9leg.  Ad  Germ.  sup. 

ebb.  4  *Sbb.  7  *  ©rig.=9teg.  Ad  Austr. 


Unterbringung  bcr  glüdjtlinge.  —  Sroft  unb  Ausbeuter. 


449 


©enerate  nadj  ®eutfd)tanb  geben  immer  uitb  immer  reicher  bem  innigften  SOiitteib 
mit  ben  ©rangfaleit  unb  Seiben  itjrer  beutfdjen  SJtitbrüber  StuSbrud.  ©itedeSdji  ift 
unetmüblid)  in  feinen  ©riefen,  bie  fferjtidjfte  t£eitnafjme  an  ad  ben  Seiben  auS$u« 
brüden:  er  tröftet  unb  ermuntert  mit  bem  teitnetjmenben  §er§en  eines  tiebeooden 
©aterS  1. 

®en  Sieftor  oon  ©djlettftabt,  Qafob  ©aunadj,  beffen  Äodeg  oon  ber  SJlenge 
ber  ©ertriebeuen  faft  erbriidt  mürbe,  ermuntert  ©itedeSd)i  am  27.  SÖlärj  1632: 
2>ie  grofje  ©iite,  mit  metdjer  ©m.  ^jocfjmürben  ade  non  ben  geirtben  aus  ifjren  Käufern 
oertriebenen  SDlitbrüber  fo  tiebeood  aufgenommen,  mirb  ©ott  ^fjnen  unb  ^fjrem  ipaufe 
reidjtidj  oergelten  unb  mit  ginfeSjinS  erftatten.  ®ie  Unfrigen  müffen  firf)  in  biefer 
llngliicfSjeit,  mie  ©ie  richtig  tjeroorfjeben,  als  mafjre  ©öfjne  ber  ©efedfdjaft  be= 
mäfjren  unb  gefaxt  fjatten,  §arteS  unb  ©djmierigeS  für  bie  ©tjre  ©otteS  ju  leiben, 
ba  fid)  iiberad  für  nufere  Seute  ein  fo  reidjeS  $etb  ber  ©ebttlb  barbietet.  ®aju 
matjnt  ja  aud)  baS  ©eifpiet  üoit  benen,  bie  in  ben  oorauSgefjenben  Tragen  nicf)t  adeiit 
©djmadj  unb  ©pott,  fonbern  Sllififjanbtungen  unb  SBunben  mit  fyreube  für  ben 
Slamen  ^efu  erbulbet  fjaben.  ®aS  ©eifpiel  biefer  Zapfern  merben  ja  aud)  bie  übrigen 
naefjafjmen,  menn  bie  göttlicfje  ©orfefjung  fid)  mürbigt,  ifjnen  eine  iiljntidje  ©etegen« 
fjeit  bargubieten2. 

5)em  folgenben  Sieftor  ooit  ©djlettftabt,  :Qof).  fpompfjaeuS,  fdjreibt  ©itedeSdji 
am  19.  SJejember  1637,  er  fjabe  feinen  ©eridjt  oom  8.  Oftober  erft  jefjt  erfjatten  unb 
niefjt  otjne  inniges  SJlitteib  gelefen.  @r  bebauere  fjerslidj  bie  guten  ©atreS  unb 
©rüber,  bie  mit  fooiet  ©tenb  fo  lange  ßeit  fjätten  fämpfen  müffen.  SSeit  bie  Slot  fo 
groff,  bafj  mefjr  als  oier  bort  nidjt  leben  fönnen,  merbe  ber  ©rooinjiat  ©orge  tragen, 
baff  bie  für  bie  ©emafjrung  beS  ßodegS  llberflüffigen  abberufen  mürben3,  ©o  oft 
id)  an  bie  Seiben  ber  fö'odegien  benfe,  fo  tröftet  ©itedeSdfji  am  14.  Slooember  1637 
ben  SJlainjer  Sieftor  ©iber,  merbe  id)  erfefjüttert  unb  tröfte  mid)  beftiinbig  mit  ber 
Hoffnung  auf  beffere  feiten.  Ttief  bemegen  mid),  unb  jmar  mefjr,  atS  idj  eS  auS* 

jubrüden  oermag,  fo  fcfjreibt  ©itedeScfji  am  27.  Oftober  1640  an  ben  ©rooinjiat 

Qoadjim  §amman,  bie  Seiben  ber  ©atreS  in  £>eiügenftabt  unb  gmtba4. 

®ie  neue  ©ermüftung  unb  Slot  ber  ©rooin,$  unb  ber  fö’odegien,  fo  ermuntert 
©eneraloifar  ©angro  am  8.  Oftober  1644  ben  ©rooinjiat  Qoadjim  £>amman,  er« 
füdt  mid)  mit  bem  innigften  Sllitteiben :  fönnte  icfj  boefj  biefe  Seiben  felbft  mit 
meinem  ©tute  tinbern.  Söofjin  id)  nur  um  §itfe  btide,  finbe  id)  ade  ©rooin^en 

entroeber  fo  erfdjöpft  ober  fo  mit  Seuten  übertaftet,  baff  id)  feinen  Slat  meifj.  ©S 

müffen  beSfjatb  ade  auf  ifjren  ©offen  auSfjatten,  fotange  bieS  nur  eben  mögtid) 
ift5.  f£>em  neu  ernannten  öfterreicfjifdjen  ©rooinjiat  ©eorg  Tturfooid)  fc^rieb  ber 
©eneraloifar  ©angro  am  29.  SIprit  1645:  SJlit  fjerjlidjer  £eitnafjme  gebenfe  id) 
^fjrer  TDrangfate;  mein  einziger  Xroft  ift  bie  Hoffnung,  bafj  ade  biefe  Seiben  ein 
Unterpfanb  ber  götttidjen  Siebe  finb,  ba  eS  ber  fjimmtifdje  ©ater  ift,  ber  ben  ge« 
liebten  ©ofjn  fjeimfudjt6.  £)en  P.  ©oSmiit  Seidel,  ber  bamatS  Sieftor  beS  TDüffet« 
borfer  ßodegS  mar,  tröftete  ©angro  am  11.  gebruar  1645,  baff  ©ott  bei  ad  biefen 
Slöten  fjetfen  merbe.  Überad  feien  bie  geittiefjen  ©djmierigfeiten  fo  grof;,  ba^  nur 
eine  ©ettung  me^r  bleibe,  baS  ©ertrauen  auf  ben  ©eicfjtum  ber  ©üte  ©otteS,  ber  bie 
©ebutb  ber  ürmen  niefjt  ju  ©c^anben  merben  taffe,  ©efjr  gefreut  ^abe  i^n  bie 
Slacfjricfjt  oon  bem  guten  geifttidjen  ßuftanbe  be§  ÄodegS7.  ©benfo  ermuntert  ©angro 
am  4.  fDlärj  1645  ben  Sieftor  üott  gutba  Stbam  Üatfooen:  Qn  ben  fo  überaus 

1  *  SitelteSdn  an  GoOper,  27.  Slug.  1633.  4  *G6b. 

2  *  Drig.=3teg.  Ad  Rhen.  sup.  SJg[.  Sßitel«  5  *  G6b. 

Ield)i  an  benfelben,  24.  gern.  1632.  6  *  Drig.«91eg.  Ad  Austr. 

3  *  Drig.=9}eg.  Ad  Rhen.  sup.  7  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

2>ul)r,  ©eföidite  ber  3ejuiten.  II.  23 


450 


6ccf)fte§  Äapitcl.  ®rieg§not. 


groben  Srübjaten  fcfjeint  ©ott  un§  prüfen  ju  motten  mie  bag  ©olb  im  geuerofeit, 
bah  mir  burcf)  jeitlidje  9iot  f)inburcfjgef)en  jum  emigeti  Reichtum  ber  ©etigen.  §arren 
mir  atfo  noch  ein  menig  aug  in  ©ebutb1. 

Stufridjtigeg  ÜDiitgefüljt,  fo  fdjreibt  aud)  ©arrafa  am  9.  Februar  1647  an  beit 
oberbeutfcfjen  ^Sroöinjiai  Äeppter,  empfinbe  icf)  über  bie  23ermüftuug  ber  ißroüinj 
burd)  jraei  feinbtidje  £>eere.  Sie  kernigen  mögen  nad)  Ülegengburg  gefdjidt  merben; 
bie  aber  bort  nidjt  unterhalten  merben  fönnen,  bürfen,  befonberg  bie  reiferen,  in 
anbern  ^ottegien  untergebracht  merben,  aber  fie  füllen  bort  bleiben  atg  97ooijett  uttb 
feine  ©tubien  beginnen  big  nadj  Stblauf  ber  gmei  $ahre  ^ooijiat.  Sie  rheinifchen 
©djotaftifer,  metdje  ihre  ©tubien  ootlenbet  haben,  mögen  in  ihre  ^roüinjen  jurüd- 
gefd)idt  merben.  Siefe  ißrobinjen  fdjutben  ber  oberbeutfdjen  ißroüinj  großen  Sanf, 
meil  fie  biefelben  fo  lange  unterhalten  unb  herangebilbet  hat2-  ®etn  ^obtenjer 
Üleftor  3°^-  ^pougbranbt  fprad)  ©arrafa  mieberhott  feine  herä^iche  Seilnafjme  aitg 
über  bie  grobe  jeittidje  9?ot  beg  Sfottegg;  er  oermeift  ihn  auf  bie  göttliche  23or= 
fehung,  bie  eg  gugelaffen,  bah  an  nieten  Orten  bie  ^efuiten  faft  mie  23ettter  leben, 
unb  auf  bie  ißatreg  in  Qnbien  unb  an  anbern  Orten,  bie  noch  größere  9?ot  leiben  3. 

^n  einem  Briefe  nom  11.  ^uti  1648  tröftet  ©arrafa  ben  Sßiirjburger  Sieftor 
Joachim  §antman :  $ch  beftage  fet)r  bie  Seibeit  Seutfdjtanbg  unb  bie  tagtäglichen  23er- 
tufte  ^hre§  Kollegs,  bie  £>anb  beg  £>errn  ruht  noch  auf  ©udj,  bamit  $h*  burd) 
©ebutb  jum  giete  eilet.  Ser  greifet,  ob  man  bei  fo  häufigen  i}3tünberungen  ber 
©üter  bie  Sanbmirtfdjaft  aufgeben  fott,  ift  berechtigt,  unb  nadj  23eratfchtagung  mit 
P.  ißrooinjial  unb  ©achfunbigen  möge  man  befchtiefjen,  mag  gut  fcheint.  Sag  23efte 
erftehe  ich  öon  &em  QUtcn  3efu§  @tt>-  |mdjroürben  unb  ^hrem  fo  fchtoer  heim« 
gefugten  23atertanbe,  bamit  nad;  S3eitegung  beg  $riegeg  ihm  alle  einmütig  bienen 4. 
Stm  25.  9J?ai  1647  fd)rieb  ©arrafa  an  ben  nieberrheinifdjen  ^Srooingial  ©ottfrieb 
Otterftebt:  Slug  $hren  ^Briefen  bom  14.  unb  25.  Stprit  erfehe  icf),  miebiet  unfere 
ißatreg  in  Sieub  gelitten  haben,  unb  mag  für  $hre  ^Befreiung  gefdjehen  ift.  Qch 
habe  ÜDIitteib  mit  ben  ©efangenen  im  §errn  unb  tobe  fefjr  bie  eifrige  ©orge  ©m. 
§ochmürben.  Sem  ßurfürften  fdjutben  mir  ben  größten  Sanf  für  feine  aufjerorbent* 
liehe  ©üte  unb  feine  Stnftrengungen  jur  ^Befreiung  ber  Unfrigen5. 

^n  alt  biefen  SDrangfaten  forberten  bie  Obern  immer  unb  immer  mieber  junt 
©ebet  auf,  befonberg  gunt  ©ebet  für  ben  enbtidjen  ^rieben. 

©o  berfiigte  23itetlegcf)i  am  27.  Sejember  1636:  Stöeit  nodj  fein  ©nbe  beg 
ßrieggetenbeg  ju  erfehen,  fotten  alte  inftänbig  ©ott  bitten  um  23eenbigung  ber  ^riegg- 
ftürme  unb  Söieberljerftettung  ber  ©intradjt  unter  ben  dürften.  Stufjer  ben  gemöhit- 
liehen  ©ebeten  unb  23upbungen  möge  ber  ^Sroningial  für  bie  Sauer  ber  9iot  alten 
einige  befonbere  ©ebete  unb  Sufjübungen  anempfet)ten.  Unb  am  12.  Februar  1639 
fchreibt  23itettegchi :  Ser  s}3apft  Urban  VIII.  hat  befohlen,  bah  bie  ©efettfdjaft  ©ott 
burd)  öffentliche  unb  prioate  ©ebete  für  ben  ^rieben  unter  ben  djrifttid)en  dürften 
anftehe.  ^d)  bitte  begtjalb  bringenb,  bafür  ju  forgen,  bah  tn  fobem  £mug  unb  Slotleg 
ber  ©efettfdjaft  ununterbrodjen  ©ebete  unb  23ubübungeit,  fomotjt  öffentliche  atg  pri¬ 
oate,  ©ott  aufgeopfert  merben.  2Bie  ber  Sßapft  31t  biefem  gmed  Nuntien  für  ben 
grieben  an  bie  irbifdjen  dürften  fenbet,  fo  fcf)idt  eg  fich  für  ung,  bah  ttür  bie 
23oten  beg  ^erjeng,  mie  ber  f)t-  Slmbrofiug  bie  Sränen  nennt,  ju  ©ott  entporfenben 
um  23efänftigung  feineg  ßonteg  unb  bie  StBieberherftetlung  beg  ^riebeng6. 


1  *Drig.=3ieg.  Ad  Rhen.  sup. 

i  *  0rig.=5Reg.  Ad  Germ.  sup. 

3  *  Orig.>9teg.  Ad  Rhen,  inf.,  13.  San.  imb 

3.  S«ni  1647. 


4  *  Crig.*91cg.  Ad  Rhen.  sup. 

5  *0rig.=9?eg.  Ad  Rhen.  inf. 

6  *  Cod.  Bamberg.  II  11  13. 


Srofi  unb  2lu§bauer. 


451 


Söälfrenb  biefer  9iöten  geigten  ficf;  faft  augnaljmglog  alle  fßatrcg,  ©dfolaftifer  unb 
Sßriiber  alg  diarafterfefte  füiänner,  roetd^e  Setbeit  unb  ®rangfale  nicfft  nieberbriicfen, 
fonbern  nod)  mefjr  emporffeben.  SBieberljolt  tritt  in  ben  römifdfen  Briefen  bie  greube 
gu  £age  über  all  bie  ©ebulb  unb  ben  ÜDtut  in  jeber  93ebrängni§  unb  ben  guten 
geiftlidjen  ©taub  ber  fjart  fjeimgefudften  Käufer,  ©eine  groffe  Slnerfennung  brüdte 
33itellegd)i  am  27.  Oftober  1640  bem  oberrljeinifdjen  ^roningial  ^amman  aug:  Dädjt 
genug  fann  id)  bemunbern  bie  männliche  ©tanbfyaftigfeit  ber  ißatreg  in  ^eiligenftabt 
unb  gulba  in  fo  nieten  Seiben,  mie  aud)  bie  Sugenb  ber  $J3atreg  im  ©Ifaff,  bie  bei 
fo  großer  9iot  mit  fo  großer  f^reube  aug^arren.  Qd)  freue  mid&  ftfjr,  f°  ^ei^t 
eg  g.  33.  in  einem  ^Briefe  beg  ©eiteraloifarg  ©angro  nont  15.  $uli  1645  an  ben 
oberrf)einifd)en  fßrooingial  Raufen,  bajj  in  ben  fJiieberlaffungeit  im  (£lfa^,  gu  33aben 
unb  §eibelberg  in  Slnbetracfjt  ber  fo  traurigen  $eitlage  Orbenggudft  in  einem 
fo  blütjenben  3uflQn^  fid)  befinbet.  ©efjr  angenehm  maren  mir,  fo  fdjreibt  ©angro 
halb  barauf,  am  26.  Sluguft  1645,  bie  flcadjridjtcn  über  bie  bliilfenbe  0rbenggucf)t 
in  ben  non  Qf)nen  nifitierten  Kollegien  gu  SDtaing  unb  Stfdjaffenburg.  ©ebe  ©ott, 
bafj  mit  ber  fliüdfefjr  beg  fo  lang  erfeljnten  ^riebeng  bie  Arbeiten  ber  Unfrigen  fid) 
auf  einem  meiteren  $etbe  entmidefn  fönnen  1 1 

33ig  biefer  Triebe  enblid}  gu  ftanbe  fatu,  f)atte  eg  langer  unb  fdjmieriger  33ert)anb= 
lungen  beburft  unb  bie  tiefften  ©egenfä^e  fjatteu  überbrüdt  roerben  müffen. 


1  *Drig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup. 


Siebtel  Kapitel. 

$rieben§kftrelmngen  utib  ©egenftrömmtgen. 

Verträge  mit  £>ärctiferit.  —  ©üttigfeit  ober  Ungüttigfeit  bc§  ÜtugSburger  SWigiottS» 
friebenS.  —  ®aS  iReftitutionSebift  1629.  —  ®cr  tRegenSburger  fRcicf)§tag  1630.  —  ®er 
ißrager  fyviebe  1635.  —  ®ie  Stmneftiefrage  1641.  • —  Sie  griebenSüerbanbtungeit  iit 

HRiinfter  mtb  Nürnberg  1646 — 1650. 

Sie  fdjredtidjeit  ©reuet,  bie  fo  niete  $ahre  baS  beutfche  DfeicE)  öermüfteten  uub 
gur  Xummetftätte  rofjer  itnb  entmenfdjter  Ä'riegSfnedjte  macfiten,  mußten  ein  immer 
größeres  unb  allgemeineres  Verfangen  nacfj  ^rieben  fjerüorrufen.  Sei  biefeit  griebenS* 
beftrebungeit  mürbe  immer  unb  immer  mieber  bie  $rage  über  bie  ©üttigfeit  ober 
SfuStegung  beS  StugSburger  fRetigionSfriebeitS  oom  Qa^re  1555  in  beit  ®reiS  ber 
Erörterung  gegogen.  Eng  mit  bieder  Erörterung  hing  ber  Sormurf  gufammen,  ber 
oott  proteftantifcher  Seite  gegen  bie  ß'athotifen  unb  befonberS  gegen  bie  Qefuiteu 
erhoben  mürbe,  als  ob  öon  ihnen  feine  Xreue  ben  ^äretifern  gegenüber  gu  ermarten 
fei.  SeSlfatb,  fo  fdftoffen  extreme  ^roteftanten,  fönne  man  mit  ben  ßatfjotifen  gu 
feinem  enbgiittigen  Trieben  gelangen,  unb  eS  müffe  ber  $ampf  entfcfjeiben.  hierin 
f)ätte  man  ben  fßroteftanten  nicht  unrecht  geben  fönnen,  menn  ihre  Sefcffulbigung  gu 
9fecfjt  beftanb.  SaS  mar  aber  uidjt  ber  gaff. 

ÜDJartin  Secan,  ber  beim  Seginn  beS  Sreihigfährigeit  Krieges  SeidEjtöater  $er* 
binanbS  II.  mar,  lehrt  auSbrücf'ficf),  eine  fatf)otifcf)e  Obrigfeit,  mefche  mit  StnberS« 
gtüubigen  einen  Sertrag  über  Sutbung  ber  ohne  größeren  Staben  nicfjt  gu  Ifinberm 
ben  SfetigionSfreilfeit  abgefdfiloffen  habe,  fei  an  biefeit  Sertrag  gebunben1.  Secait 
hat  biefe  Selfre  audfj  in  einer  befonbern  Schrift  meiter  auSgefüfjrt2  unb  feine  SfuS* 
fütjrungen  gegen  oerfdjiebene  Eingriffe  oerteibigt,  fo  int  $af)re  1609  gegen  eilten 
f)otIänbifdf)en  Eatoiniften 3  unb  1620  gegen  ben  ^eibetberger  Eaföiniften  daraus4. 
$n  biefer  festeren  Schrift  tefjrt  Secait:  „SBenn  ein  fatfjotifcher  $ürft  mit  ben  §äre« 
tifern  einen  Sertrag  über  bie  ^Religionsfreiheit  eingeht,  metcfje  er  ohne  größeren 
Schaben  für  baS  allgemeine  2Bof)t  nicht  oerhinbern  fann,  fo  muh  er  biefeit  Sertrag 
treu  haften.  Ser  ©rutib  leuchtet  auS  bem  bereits  ©efagteit  ein,  meit  nämlich  bie 
Sreue  in  jebent  ertaubten  unb  ehrbaren  Sertrag  gehalten  merben  muh;  nun  ift  es 
aber  ertaubt  unb  ehrbar,  bie  ^Religionsfreiheit  gu  butben,  um  ein  gröberes  Übet 
abgumenben,  unb  einen  fotdjen  Soterangöertrag  fann  ein  fatf)otifdjer  gfürft  ertaubter- 
unb  gutermeife  fchtiehen  bei  einer  foldfen  Notlage.  Söenn  atfo  ber  giirft  einen  Ver¬ 
trag  eingeht,  muh  er  benfetben  haften-" 


1  Becanus,  Theol.  schol.  II,  tr.  1,  c.  16, 

q.  4,  in  ben  Opp.  orania  363  f.  S8gl.  Manuale 
controvers.  in  ben  Opp.  omnia  1559  f.  ©egen 

bie  ©ininürfe  Bon  Ärcb3  Oßoliti[d)e  tßubliäijiif 
ber  lyeluiten  144  f)  Bgl.  SDugr,  Seiuitenfabeln  4 

157 2  159 l. 


2  De  fide  haereticis  servanda,  Mogunt.  1608. 

3  Quaestiones  miscellaneae  de  fide  liaere- 
ticis  servanda,  Moguntiae  1609. 

4  Posterior  pars  epistolae  de  fide  haereticis 
servanda.  Opuscula  tkeologica,  Parisiis  1633, 
im  legten  Seit  @.  211. 


Siebtel  Kapitel,  griebeulbeftrebuugen  imb  ©egenftrömungen.  Verträge  mit  ^äretifern.  453 


$aräuS  fyatte  bem  ^efuiten  audj  üorgetüorfeu,  baß  er  ben  ©rutibfaß  aufgefteüt, 
ein  Vertrag,  ber  burcf)  große  gurefjt  uitgeredjterweife  errungen  fei,  föntte  üom 
9^icf)ter  als  nichtig  erflcirt  werben.  93ecan  erwtbert,  btefer  ©runbfaß  ftefje  roörtlicf) 
fo  im  fanonifdjen  unb  bürgerlidjett  fKedjt1.  Gsr  f)abe  aber  an  feiner  ©teile  fte« 
fjauptet,  baß  bie  Süaitgelifdjen  bttrd)  gurdfjt  unb  ©cwalt  SSertrcige  non  ben  föatljolifen 
erzwungen;  wenn  SßaräuS  baS  bemeifen  wolle,  fo  fei  baS  feine  ©adje.  „3Bemt  bu 
weiter  ben  ©d)Iuß  gietjeft:  bie  Religionsfreiheit  ift  unerlaubt,  wie  33ecan  lehrt,  alfo 
ift  eS  nadj  33ecatt  nicht  erlaubt,  einen  Vertrag  über  bie  9feIigion§freit)eit  51t  [fließen, 
fo  antworte  ich :  ®twaS  anbereS  ift  bie  Freiheit  ber  Religion  ober  bie  freie  2luS« 
Übung  ber  (pärefie,  etwas  anbereS  bie  SDuIburtg  biefer  SluSübung.  SDie  erftere  ift 
immer  unerlaubt,  unb  beSlfalb  barf  barüber  fein  Vertrag  eingegangen  werben.  Slber 
bie  Sulbung  biefer  SluSübung  fann  erlaubt  fein  unb  fomit  ein  erlaubter  Vertrag 

barüber  gefcf)Ioffen  werben."2  Qn  boppelter  |)infid)t  fehlen  f)ier  bie  ©egner,  fo 

betont  33ecan:  fie  fc^reiben  unS  bie  Sef)re  ju,  ben  ^»äretifern  fei  feine  £reue 

ju  fjalten,  baS  ift  aber  eine  offenbare  Süge.  ®abei  taffen  fie  eS  aber  nid)t  be* 

wenben.  ©ie  mißbrauchen  biefe  Süge  als  einen  33orWanb,  gleicf)fam  als  fei  eS  ihnen 
oollftänbig  erlaubt,  bie  mit  ben  ^athofifen  eingegangenen  Verträge  311  lofen  unb  ju 
öerleßen 3. 

(Sin  neuerer  Krittler,  ber  bie  Sehren  93ecanS  bearbeitet  hat/  faßt  in  engem  2In« 
fcßluß  an  beffen  SBorte  bie  bieSbejüglidje  Meinung  beS  ^efuiten  jufammeit:  „S)ie 
SBerfcffiebenheit  beS  religiöfen  93efenntniffeS  .  .  .  änbert  nichts  an  ben  rechtlichen  35er« 
hciltniffen  in  bürgerlichen  Gingen,  ^nsbefonbere  wirb  baburch  bie  ißflidjt  ber  Xreue, 
gteichöiet  ob  fie  auf  einem  3lbhängigfeitS0erhältniffe  ober  auf  Vertrag  unb  SSerfprechen 
beruht,  nicht  im  geringften  berührt.  ®ie  Xreulofigfeit  ift  einem  SInberSgläubigen 
gegenüber  ebenfowenig  erlaubt  ober  entfchulbigt  als  ber  ®iebftaf)I. . . .  $n  ben  gälten, 
in  welchen  bie  ßulaffung  ber  ^ärefie  unb  bie  ©eftattung  ber  freien  Religionsübung 
erlaubt  ift,  finb  and)  bieSbe^ügtiche  33erträge  unb  33erfprecf)ungen  erlaubt  unb  binbenb. 


1  Slud)  bal  beutfehe  Ütedfitäfpridjmort  fagt: 
„©enötctel  Befielt  nicht." 

2  Opusc.  theol.  212.  Slnbcrl  freilid)  lehrten 

angefehene  fßroteftauten.  Sie  Sluglburgcr  Batten 
1530  bem  Äaifer  berfbrochen,  in  Slugiburg  feine 
Slnberung  in  ber  Religion  oorsunehmen,  unb 
trugen  belljalb  Siebenten,  bie  ^Reformation  ein« 
pfüljren.  Ser  ©traffburger  fRedRIgelehrte  grans 
grofcB  Beeilte  fid),  biefe  ©frupel  p  Befeitigen. 
Sn  einem  ©utad)teu,  bal  er  nad)  Slugiburg 
fanbte,  erflärte  er:  Sajj  bie  Dbrigfeit  bal  fRedft 
Babe,  in  il)rem  ©ebiete  bie  fReligion  p  refor« 
mieren,  leibe  gar  feinen  Zweifel;  el  fei  fogar 
fßflid)t  ber  DBrigfeit,  memt  fie  erfenne,  bafj  bie 
Sehre  unb  bie  3erem°uien  in  iBrem  ©ebiete 
„falfdj,  ungerecht  unb  abgöttifd)"  feien,  biefelben 
ber  ^eiligen  ©ebrift  gemäfs  p  änbern.  Siefcl 
fRecfjt  unb  biefe  Pflicht  fönnten  burd)  feine  ent« 
gegenfteBeuben  pacta  ober  conventiones  auf« 
gehoben  toerben,  nicht  einmal  burd)  einen  leib« 
liehen  ßib.  Semgemäfj  fei  aud)  bal  SBerfpredjen, 
meldjel  bie  (Stabt  Slugiburg  auf  bem  SReidjl« 
tage  1530  bem  Saifer  gegeben  —  bafj  fie  feine 
Slnberung  in  ben  gcremonien  oornehmen  moEe 
—  ungültig,  all  „loiber  ©fw&arfeit,  miber  ©ott 
unb  gute  (Sitte"  (D.  SBindelmann,  ißoti« 
tifchc  Äorrefponbcnä  ber  Stabt  ©trafjburg  im 


3eitalter  ber  (Reformation  II  [1887]  196  f).  — 
Sm  Sabre  1553  forberteu  bie  lutf)erifd)en  fßre« 
biger  öom  (Rate  in  ©trafjburg  Slbfdjaffung  bei 
nur  in  einigen  Äirdjen  gebulbeten  fatholifdien 
©ottelbienftel.  Sie  (Berufung  auf  ben  Vertrag 
mit  ®aifer  unb  93ifd)of  loiefen  bie  ißrebiger 
mit  beit  SBorten  prüd,  „man  fei  nicht  fchulbig, 
ben  Vertrag  mit  bem  S3ifd)of  länger  p  Balten, 
ba  er  toiber  ©ottel  6Br’  unb  SBort  fei"  (fRöhrid), 
©efd).  ber  fReformation  im  ©Ifap  III  [1832]  35). 
Unb  im  SaBre  1554  toieberum:  (,©leid)mie  [el] 
©ünb’  unb  Unrecht  ift,  Verträge  su  machen  unb 
aufäurichten,  bie  ©ottel  @Bre  unb  fRamen  Oer« 
leplid)  unb  abbrüchig  finb,  all  toerbe  benn  auch 
bie  ©ünbe  bopfidt  unb  fchtoerer,  menn  man 
biefelben  Verträge  nach  gefdjehener  Sßermarnung 
oorfaplid)  fid)  unterfteht  gu  Banbhaben  unb  im 
SSerfe  p  ooHphcn"  (S-  93.  fRieberer,  Slb« 
Banblungen  aul  ber  Äirdjen«  unb  ©elehrtengefd). 
II  [1768]  239  ff).  Ser  Vertrag  mürbe  bann 
aud)  gebrochen.  —  grangöfifebe  ßaloinifteit 
fteOteu  ben  ©runbfap  auf,  bap  Verträge  nicht 
ju  halten  feien,  menn  fie  gegen  bie  ©hre  ©ottel 
Oerftiefjeu  (Heinr.Hauser,  La  None  [1892] 
66  f).  Sgl.  SRifoI.  Sßaulul,  fßroteftantilmul 
unb  Soteranj  im  16.  Sahrhunbert  (1911)  143  ff 
165  ff.  3  Opp.  ontnia  923. 


454 


Siebtel  Kapitel.  griebenlbeftrebungen  unb  ©egeuftrömungen. 


SoId)e  Rerträge,  bie  an  fiel)  erlaubt  unb  gültig  finb,  fönnen  audj  nidjt  etma  burcf) 
ben  $J3apft  gelöft  tu  erben;  benu  ber  )J3apft  I)ot  in  meltlicfjen  Gingen  feine  birefte 
©emalt." 1 

©S  mu£;  jebodj  beigefügt  merben,  bafj  Recan  einen  ReligionSüertrag,  ber  abfolut 
unb  für  immer  binbenb  ift,  nidjt  gugibt.  (Sr  läfst  fidj  freilich  nidjt  auSbrüdlidj  auf 
biefen  Reiften  ^SnnJt  ein,  aber  aus  feiner  Seljre  über  (pärefie  unb  Religionsfreiheit 
fönnte  baS  gefolgert  merbeit.  Rur  ift  babei  für  bie  fßrajiS  gu  beachten,  bafj  er  bei 
feinen  tljeoretifdjen  SluSfüljrungen  ftetS  ben  mittelalterlichen  Regriff  beS  formellen 
Ijartnädigen,  baS  StaatSmefen  bebroljenben  $ef$erS  im  Sluge  hot,  roährenb  er  niete 
jßroteftanten  in  ®eutfchlanb  nidjt  für  ^äretifer,  fonbertt  für  ^rrenbe  hält2.  Übrigens 
folgte  auch  fdjon  aug  feiner  Theorie,  bafj  bei  ber  batuatigen  religiöS’poIitifcfjen  Sage 
2)eutfd)tanbS  ein  ReligionSüertrag  in  ©eltung  bleiben  mufjte,  ba  ftetS  bie  geforberten 
Rebingungen  bafür  »orpanben  marett,  befonberS  bie  Rermeibitng  eines  größeren  Übels, 
nämlich  enbtofen  §aberS  unb  Krieges. 

Sin  biefer  Sachlage  fonnte  audj  eine  päpftlidje  SDiSpenS  nidjtS  änbern.  ©egen 
ben  öon  feiten  ber  Sßroteftanten  erhobenen  Rormurf,  man  fönne  bei  allen  Rerträgen 
ber  dürften  nie  ficher  fein  üor  einer  päpftlicfjen  ®iSpenS,  ermiberte  Recan,  ber  fßapft 
fönne  nidjt  nadj  ©utbiinfen  biefe  Rerträge  auflöfen.  ^anbelten  jene  Rerträge  über 
©lauben,  Religion  unb  fircfjlidje  SDinge,  fönne  freilidj  ber  ißapft  fie  genehmigen  ober 
nicht.  (pabe  er  fie  genehmigt,  fo  fönne  er  fie  mie  bei  febem  Rerträge  nur  bann  auf- 
löfen,  tnenit  ein  neuer  Umftanb  bagufomme.  (panbelten  bie  Rerträge  über  bürger* 
lidfe  unb  meltlidje  ®inge,  habe  ber  fßapft  nur  eine  inbirefte  ©emalt,  b.  h-  er  fönne 
bei  foldjen  Rerträgen  fatfjolifdjer  dürften  nur  einfehreiten,  menn  eS  baS  geiftlidje 
SSoljl  ber  ©fjriften  »erlange,  unb  nur  bispenfieren  megen  bringenber  Rotmenbigfeit 
eines  geifttidtjen  ©uteS.  ©ine  ®iSpeitS  ohne  biefe  briitgenbe  Rotmenbigfeit  mürbe 
fonft  alles  Rertranen  erfdjüttern 3.  Ob  nun  bie  Rerträge  über  Religionsfreiheit  ju 
ben  bürgerlidfen  Rerträgen  gehören,  läfjt  Recan  nicht  erfennen.  ^ebenfalls  hätte 
eine  päpftlidje  SOiSpenS  hierbei  alles  Rertrauen  ber  Sßroteftanten  erschüttert,  unb  fo 
leicht  fonnte  baher  bei  ben  beutfdjen  Rertjättniffen  bie  bringenbe  Rotmenbigfeit  einer 
päpftlicfjen  SOiSpenS  betreffs  ber  Reobachtung  beS  ReligionSoertrageS  nicht  geltenb 
gemadjt  merben. 

®ie  Unflarheit  unb  bie  .Qmeifel,  meldje  bie  Sehre  RecanS  noch  befteljen  liefj, 
mürben  bann  gang  entfdhieben  auSgeräumt  burdj  ben  bebeutenbften  ber  beutfdjen 
Ülefuitett’RJoraliften.  SllS  jßrofeffor  ber  SRoral  in  SRiindjen  lief;  P.  Saptnann 
am  11.  September  1623  üon  gmei  ^efuitenfdjolaftifern  Xhefen  über  bie  Süge  öer* 
teibigen.  2)ariit  fommen  folgenbe  Säpe  oor:  ®em  f^einbe  muff,  menn  er  nodj  fo 
ungerecht  angegriffen  unb  ®rieg  geführt  fjat,  baS  gegebene  SBort  burchauS  gehalten 
merben.  SDaöon  fantx  auch  nicfjt  freifpredjeit,  bafj  ber  eine  Xeil  burdj  ungeredjte 
©emalt  gum  ©ingehen  beS  RertrageS  gegmungeit  morben,  meil  in  ben  Kriegen  bei 
einem  Seil  faft  meiftenS  ungereimte  ©emalt  öorliegt  unb  fein  höfierer  Richter  gur 
©ntfeheibung  öorfjanben  ift.  Sille  Rerträge  alfo,  bie  nicfjt  in  fidj  fcfjfecht  finb,  miiffeu 
getreu  beobachtet  merben  unb  fönnen  burdj  feine  firdjlidje  ober  mefttiefje  ©emalt 
gelöft  merben.  9Rit  Redjt  hot  SRolanuS  in  bem  Sraftat  über  bie  Sreue  gegen 
bie  ^äretifer  (1.  3,  c.  14)  gelehrt,  bafj  ber  $ßapft  burdj  feine  SOiSpenfation  ober  Slb* 
folntion  bemirfen  fönne,  bafj  Rerträge  eines  dürften  mit  (päretifern  ober  Ungläubigen 


1  0.  Jpappel,  Satfjolifcfjel  xmb  proteftatn 
tifdjcl  ©tjriftentum  nadj  ber  Sepre  bei  9JI.  23e= 
canul  (1898)  44  f. 

2  Constat  multos  viros  ac  feminas  esse  in 

Germania,  qui  quidem  habentur  Lutherani, 


sed  tarnen  quia  pertinaces  non  sunt,  non  de- 
bent  censeri  liaeretici,  sed  errantes  (Man. 
Controv. :  Opp.  omn.  II  960). 

3  De  fide  haereticis  servanda,  Opp.  omn. 
II  140. 


Verträge  mit  £äretifent. 


455 


oerle^t  merben,  ba  bie  oberfte  ©emalt  bern  §irten  ber  Äircfje  gur  üuferbauuitg  ge« 
geben  ift,  nidjt  aber  gur  gerftörung.  9?id)tg  aber  märe  fo  fdjimpflidj  für  bie  cfjrift« 
lidje  ^Religion  unb  nidjtg  ben  fatfjolifdjeu  dürften  unb  Golfern  fo  fdjäblidj  alg  bie 
Übergeugung,  baff  fie  bie  Verträge  nidjt  galten.  Verträge  mit  ben  ^päretifern  füllen 
nur  gefdjloffen  merben  in  fällen  ber  92ot,  nm  ein  größeres  Übel,  3.  93.  Uneinigfeit 
unb  93ermirrung  beg  ©taateg,  gu  üerfjinbern  ober  ein  gröfjereg  ©ut,  g.  93.  iljre  93e« 
fef)rung,  gu  förbern.  2Iber  and)  menn  ohne  gmingenben  ©runb  92eIigion§freif)eit  ge- 
ftattet  mürbe,  fo  mu|  bag  eiblicf)  gegebene  93erfpredjen  bennod)  gehalten  merben1. 

üudj  in  bem  oieloerfdjrieenen  „Sillingifdjen  93udj"  über  ben  2tuggburger  fReligiong« 
frieben  Pacis  Compositio  fjat  Paul  Sapmann  im  üjaljre  1629  augbriidlidj  bie  ©riinbe 
miberlegt,  meldje  angeführt  merben  fönnten  gegen  bie  93erpflidjtung  ber  ben  päretifern 
befonberg  audj  in  fReligioitgoerträgen  fdjulbigen  Sreue.  Sr  hält  bie  £efjre  oon  ber 
oerpflidjtenben  ft'raft  foldjer  Verträge  für  bie  gemöfjnlidje  ber  fatfjolifdjen  Sljeologen, 
mofür  er  fidj  u.  a.  auch  auf  bag  grofge  bogmatifc^e  233erf  beg  P.  9lbam  Banner 2  be¬ 
ruft.  SSenn  öffentliche  Verträge  Perlest  merben  bürfen,  fo  führt  Sapmann  aug,  bann  ift 
eg  um  ben  ^rieben  in  ber  menfdjlidjen  ©efeKfdjaft  gefdjeljen;  bie  eingige  Sebingung 
ift,  baff  auch  ber  ©egner  ben  Vertrag  hält.  Sag  gilt  and)  oon  Verträgen,  bie  burch 
ungerechte  ©emalt  ergmungen  finb,  fo  g.  93.  oon  ben  93erträgen  mit  ben  dürfen.  Über 
ungerechte  ©emalt  föttnen  beibe  Seile  flagen,  ein  Siidjter  barüber  ift  nidjt  ba,  mithin 
märe  fein  93ünbnig  fidjer.  Söenn  ber  ©taat  fidj  nidjt  anberg  erhalten  fann,  gibt 
bag  iRaturredjt  bem  dürften  bag  SiedR,  bie  ^pärefie  gu  bulben  unb  bie  Sulbung  gu 
oerfpredjen.  Sine  Slpprobation  oon  feiten  beg  ^Sapfteg  ift,  meitn  möglich,  einguljolen, 
aber  nicht  unbebingt  erforbert.  Sine  Sntbinbung  oon  ber  eiblidjen  93erpflichtung 
burch  ben  Papft  töirb  nie  eintreten,  „benn  ber  Papft  barf  feine  ©emalt,  gu  big- 
penfieren  unb  gu  löfen,  nidjt  gebrauchen,  menn  baraug  größerer  ©djabett  alg 
ÜRufjen  erroartet  mirb.  Sag  märe  aber  hier  ber  gall.  Sa  nämlich  bie  teuerer  in 
jebem  mit  ben  ßatfjolifen  getätigten  93ertrag  bie  Söfungggemalt  beg  Papfteg  aug« 
gefchloffen  miffeit  rnoHen,  fo  mürbe  bei  ihnen  unb  in  ber  gangen  ungläubigen  SBelt 
bie  fatfjolifche  ^Religion  in  93erruf  geraten,  menn  man  behaupte,  mir  üerletsten  mit 
guftimmung  beg  papfteg  gegen  bag  93ölferred)t  öffentliche  93erträge.  Sag  ift  aber 
ein  gröfjereg  Übel  alg  irgenb  ein  ÜRadjteil,  ber  für  bie  Kirche  aug  ber  93eobad)tung 
beg  93ünbniffeg  gefürchtet  merben  mühte"3. 

Siefe  Sehre  hatte  Satjmann  fchon  im  Qaljre  1625  in  ber  erften  üuggabe  feiner 
SRoraltljeologie  oorgetragen.  (pier  üerteibigt  er  eingefjenb  ben  ©a^ :  Söenn  bie  $atfjo« 
lifen  mit  ben  proteftanten  ein  öffentlidheg  93ünbnig  eingeljen,  fann  bagfelbe  burdj  bie 
üutorität  beg  papfteg  nicht  gelöft  merben.  über,  fo  fügt  Sapmann  bei,  bie  Saloiniften 
unferer  $eit  finb  fdjlau.  Somit  fie  nämlich  ungeniert  bie  Verträge  mit  ben  ^atljolifen 
üerlehen  fönnen,  geben  fie  oor,  bie  ^efuiten  unb  anbere  $atfjolifen  lehrten,  ben 
.fpäretifern  bürfe  man  feine  Sreue  hatten;  folcfjen  aber,  meldje  bereit  finb,  bie  Sreue 
gu  oerle^en,  brauche  man  feine  Sreue  gu  halten.  Sah  aber  bie  ^atljolifen  einen 
öffentlichen  93ertrag  tierletjt  haben,  fönnen  fie  mit  feinem  93eifpiel  beloeifen,  noch  öiel 
meniger,  bah  bie  fatljolifchen  ©eiehrten  mirflich  lehren,  ben  päretifern  fei  feine  Sreue 


1  Disputatio  moralis  theologica  de  mendacio 
et  dolo  publice  proposita  1.  Sept.  1623  Mo- 
nachii.  Ex  typogr.  Nicolai  Henrici  (4°  37  ©.) 

23 — 25.  Sic  enim  liaeresis  permissio  cum 
intrinsece  mala  non  sit,  cokonestatur  necessi- 

tate  Foederis  publici  observandi  propter  ius 
gentium,  cum  alioquin  nulla  inter  liomines 
societas  tuta  esse  posset. 


2  Theologia  sckolastica  III,  disp.  1,  q.  9, 
dub.  4. 

3  Pacis  Compositio  inter  principes  et  or- 
dines  catholicos  atque  Augustanae  confessio- 
nis  adkaerentes  in  comitiis  Augustae  a.  1555 
edita  (1629),  ed.  altera  147 — 155. 


456  Siebtel  Äapitel.  Sricbcnlbeftrebungen  unb  ©egenftrömungen. 

ju  fjnlten.  Senn  fie^e,  fo  ffar  ßefennett  fomoßf  bie  ^efuiten  nf§  bie  anbern  fatf;o» 
lifeßen  ©efeßrten  ba§  ©egenteil  nnb  feßren,  baß  in  einem  öffentfießeu  Vertrag  bie 
Sreue  gegen  bie  £>äretifer  unoerörüdjfid)  unb  oßne  irgenb  ein  Drittel  üon  Sigpett- 
fation  ober  Slbfolution  gehalten  merben  irtüffe,  fofange  bie  §äretifer  fefbft  ben  3$e x-- 
trag  ju  galten  bereit  finb 1. 

Sfßntid)  feßrt  2lbam  Sanner  int  Ijyaßre  1627  im  britten  23onbe  feiner  ©cßofaftifcßen 
Sßeofogie.  Slucß  er  ßäft  im  allgemeinen  bafür,  baß  ber  fßapft  ben  Vertrag  beg 
fatßofifcßen  Seiten  mit  ben  ißroteftanten  nidjt  töfen  fönne,  bodj  möchte  er  bieg  nidjt 
für  leben  bureß  ©emaft  erpreßten  unb  oßne  3uf^immiirt9  beg  fßapfteg  gefeßfoffenen 
Vertrag  anneßmen.  23ei  bem  ©ebraudje  biefer  Söfegemaft  bebürfe  eg  aber  großer 
Umficßt.  Sag  gefje  fdjon  baraug  ßeröor,  baß,  fooief  ißrn  befannt,  ber  fßapft  bigßer 
nod)  nie  biefe  Söfegemalt  gebraucht  ßabe2.  SDiit  33eifad  füfjrt  P.  Sanner  jum  ©cßfuß 
feiner  Erörterung  bie  Sßorte  beg  Sömener  fßrofefforg  dttofanug  an,  ber  in  einem 
23udje  über  bie  Sreue  gegen  bie  ^äretifer  getrieben  ßabe:  Sie,  rnefeße  ofjne  ^rieben 
unb  Sreue  finb,  mögen  fid)  ißrer  Sreue  ju  rühmen  unb  ben  geßäffigen  23orrourf  ber 
Sreutofigteit  auf  bie  Äatßofifen  ju  laben,  unb  gmar  nießt  allein  auf  einzelne  ©e= 
lehrte,  fonbern  auf  bie  Uniüerfitäten,  öfumenifeße  ßongilien,  ja  felbft  auf  bie  römifdje 
ß'irdje.  Siefe  ade  nändieß  foden  teuren,  ben  (pöretifern  fei  feine  Sreue  511  galten. 
Ser  Sügner  f)ült  alle  für  Sügner.  ©0  Ejalten  aud)  bie,  mefdje  feinen  groben  unb 
feine  SSertraglireue  fenuen,  ade  anbern  für  treutog.  Unb  meif  fie  mit  großem  £mß 
bie  fatßofifcße  föirdje  befeßben,  fo  feßämen  fie  fid)  nidjt,  bögmidig  31t  fügen,  unfere 
Seßre  fei,  man  bürfe  ben  ^äretifern  feine  Sreue  ßaften3. 

Eine  befonbere  Sfnmenbung  fanben  biefe  Seßren  in  Seutfdjfanb  auf  ben  ftetg 
im  äRittelpunft  ber  Erörterungen  fteßenben  Sfuggburger  fRefigiongfrieben  0011t  $aßre 
1555.  2lbam  Sanner  ßäft  an  ber  abfofuten  ©üftigfeit  beg  fdefigiongfriebeng  feft, 
inbem  er  feßreibt:  „Sa  mir  fatßofifcße  bod)  beneben  gerne  gefteßen,  baß  ßernad) 
anno  1555  ju  Sfuggburg  pax  absoluta,  ein  oödiger  unb  unbebingter  fdefigiongfrieb, 
angeftedt  unb  aufgerießtet  morben,  babei  eg  audj  nod)  in  biefer  geit  bidig  oerbfeibeit 
fode,  menn  nur  aueß  (bag)  ©egenteil  fefbft,  fomoßf  mit  SBerfeit  afg  mit  SBorten,  bei 
bemfefben  Oerbfeibt."4  2fud)  Saßmamt  tritt  in  ber  Pacis  Compositio  für  bie  ab= 
fofute  ©üftigfeit  beg  OMigiongfriebeng  ein:  „Ser  SMigiongfriebe  ift  abfofut  gemadjt, 
fo  baß,  menn  burcf)  ein  adgemeineg  ober  nationafeg  fonjif  bie  refigiöfen  gmiftig* 
feiten  nidjt  beßoben  merben,  nicßtgbeftomeniger  ber  ben  SInßängern  ber  Sfuggburger 
fonfeffioit  jugebidigte  Triebe  23eftaub  ßat."5  Sen  ^efuiten  mürbe  öieffaeß  oor» 
gemorfen,  baß  fie  gegen  ben  fdefigiongfrieben  feien6,  unb  aud)  mäßrenb  beg  friegeg 
mürbe  ber  Slormurf  mit  erneuter  ©djärfe  roieberßoft. 


1  Lay  mann,  Theologia  moralis  I  (1625) 
458  f,  ebenfo  in  ber  reoibierten  britten  21ul= 
gäbe  bom  S^bre  1630  S.  233. 

2  Tanner,  Theologia  scholastica  III  (1627) 
513—521. 

3  ®bb.  III  522.  Mol  an  ns,  De  fiele  haere- 
ticis  servanda  1.  1,  c.  25. 

4  Dioptra  fidei  (1617)  1040.  Sgl.  Theo- 
logia  scholastica  III  508. 

5  Pacis  Compositio  148  155. 

c  Ser  proteftantifebe  35rofeffor  s4?ßitipp  §eil* 
brunner  bemiel  im  S^b^  1601  in  ieinem 
„Sefuiber  Spiegel,  borinnen  ber  Sefuiber  anti= 
djriftlidje  Sehr  unb  blutgierige  ©eift  aul  ihren 
eigenen  Schriften  p  erfennen",  bie  ©egnerfdiaft 
ber  Sefuiten,  außer  bureb  3ünte  aul  bem  ^Sräbi* 


fanteitfpiegel  bei  P.  fOtafirbofer,  mit  Stellen  aul 
©ber,  üoricfi  unb  21nbrenl  gabriciul,  bie  alle 
brei  feine  Sefuiten  mareit.  Sefuiber  Spiegel, 
Sauingen  1601 ,  137  ff.  —  3m  3flbrc  1608 
mürbe  in  ben  2lpf)ori!men  einel  cnlbinifchen 
ScfjriftfteHerl  ber  fRegenlburger  ißrebiger  P.  §p> 
Iin  befcbulbigt,  geprebigt  p  hoben,  ber  9te= 
ligionlfriebe  höbe  feit  bem  2Ibfd)luß  bei  2!rh 
bcntinuml  feine  ©iiltigfcit  mehr.  Siefelbe  Se- 
fdbnlbigung  mürbe  auf  bem  9teid)!tag  aud)  im 
Äurfiirften*  unb  gürftenrat  porgebraefit.  3n 
einem  Pertraulidjen  Sdjreibett  üom  21.  Oft. 
1608  an  feinen  äftitbruber  Sebaftimt  §eiß  be- 
äeidjnet  §plin  bie  Slnflage  all  eine  burebaul 
baltlofe  Serbäcbtigung,  mie  alle  feine  guböm: 
bezeugen  fönnten.  „Sn  bem  Surfürftem  unb 


©ültigfeit  ober  Ungültigfeit  bei  2lug!6urger  9teligion!frieben!. 


457 


Stuf  Scfelfl  öeg  ßurfürften  Johann  ©eorg  oon  ©adjfen  gaben  bie  fädjfifdjen 
S^eotogen,  bie  fiel)  auf  bem  theologifdjeit  ®onoent  ju  ßeipjig  ©t  SCRartin  1028  Der» 
fammelt  Ratten,  eine  ^erteibigitng  ber  Slugg&urgtfdjen  ®onfeffion  unb  beg  SReligiong* 
friebeng  IjerauS.  ®ie  „9?otl)menbige  SSertheibigung  beg  fettigen  fRömifchen  fReid)§ 
(Soangelifcfjer  ß^urfürften  unb  ©taube  Slugapfelg"  erfdjien  1629  unb  nurb  tpoe  Don 
£>oenegg  gugefdjriebeu.  23efonberg  fdjarf  menbet  fiefj  bie  ©djrift  gegen  bie  „frifdje 
Sölajjbülg  unb  SIuflDiegfer",  „bie  ©elfter  ber  Xeufet",  „bie  jefuitifdjen  ©töreufriebe, 
benen  ber  fReligiongfriebe  ein  SDorn  im  Sluge  ift".  Qn  bem  „Slugapfel"  trirb  bie 
Stnberung  ber  Sluggfmrgtfdjen  ^onfeffion  nidjt  geleugnet,  bie  Sefjre  Dom  fßapft  alg 
Slntidjrift  alg  ein  unfehlbares  ©tiid  ber  proteftantifdjen  ©laubengleljre  Derteibigt. 
Side  ©dfjulb  toirb  auf  bie  Qefuiten  gemorfen:  23ag  aber  bie  ^efuiten  für  231utgloden 
gieren,  mag  blutbürftige  unb  gemaltfame  Sin»  unb  fRatfcfjläge  miber  bie  ©oangelifdjen . . 
bag  ift  offenbar  unb  am  Stage 1.  ®ie  ©rflärungen  ber  ^efuiten  ju  ©unften  beg  fRefigiong» 
friebeitg  merben  oerfdjmiegen. 

®er  Slugapfel  mürbe  in  Dielen  Sluflagen  Derbreitet.  ®egbalb  mußten  bie  ^efuiten 
antmorten.  $n  ber  ©cfjrift  „23er  hat  bag  ßalb  ing  Slug  geftfjlagen  ?  SDag  ift  ^oefj 
Scotfjmenbige  unb  Unumbgängtidje  grag  aug  bem  ©üangelifdjen  Slug*Slpfel,  ob  ber 
Sluggburgifdjen  ©onfeffion  SSermanbte  ißrebiger  ober  aber  bie  Qefuiten  ben  fReligiottg» 
frieben  im  §1.  fRömifd)en  fReidf)  umftürjen",  jeigt  Slnbreag  SSetter  (gforer)  im  ^afjre 
1629,  bafj  feine  SRitbrüber  fid)  nidjt  gegen,  fonbern  für  ben  fReligiongfrieben  erflärt, 
folange  bie  fßroteftanten  benfelben  treu  gelten.  @r  führt  u.  a.  bie  oben  angeführte 
©teile  aug  ber  SRoral  beg  P.  Sapmann  an.  Sluch  S3ecan  habe  fomohl  in  feinem 
tpanb&ud)  ber  föontrooerfen  alg  audj  in  einem  eigenen  Straftat  bemiefen,  baff  ber 
fatholifdje  f^iirft  einen  mit  ben  ^ßroteftanten  gefdhloffenen  StoleranjDertrag  halten 
müffe;  freilich  habe  er  beigefügt,  bafj  ber  ißapft  einen  Vertrag  in  ©achen  beg 
©laubeng,  ber  Religion  ober  firdflidjer  Slngetegenf)eiten,  ber  ohne  fein  Sßormiffen 
gefdjfoffen  morbeit,  im  galle  berfelbe  fdjtecht  fei,  löfen  fönne;  aber  ber  9feIigiongfriebe, 
meint  SSetter,  fei  ein  politifd)er  Vertrag,  ber  gubem  audj  Dom  fßapft  jmar  nicht 
pofitiD  gebilligt,  aber  ftiüfchmeigenb  toleriert  morben  fei2. 

Stuf  bie  Slnflage,  bie  ©djoppe  gegen  Sapmann  erhob,  alg  ha£*e  er  bie  ^Srote» 
ftanten  „ade  aug  bem  fReligiongfrieben  gefegt",  hebt  gorer  IjerDor3,  „bag  Sßiber» 
fpiel  bezeugt  ber  fonnenflare  Stejrt4,  adba  auf  bag  aüerbeutlichfte  gefdjloffen  rairb, 
bafj  bie  Ä'atholifcfjen  einen  fReligioitgfrieben,  fo  auctoritate  publica  mit  ben  mibrigen 
©laubengDermanbten  (barunter  bie  fßroteftierenbe  audj  feinb)  getroffen  morben,  fteif 


gürftenrat  mürbe  idj  oon  ben  Äatbolifeit,  meldje 
alle  meine  fßrebigten  bi!  auf  biefen  Sag  gehört, 
Derteibigt,  unb  ^mar  fo,  baff  bie  ©egner  fdjtoie* 
gen  unb  fagten,  fie  batten  ba!  nidjt  felbft  ge» 
hört,  fonbern  nur  au!  bem  93eridjt  Oon  anbern." 
92amentlidj  proteftierte  bagegen  im  gürftenrat 
ber  Vertreter  be!  S3ifdjof§  oon  9tegen!burg, 
Dr  9Jierä ,  unb  biefer  ißroteft  mürbe  fdjmei» 
genb  angenommen  unb  feitber  nie  mehr  mieber 
ein  28ort  barüber  Oerloren.  Sr  Optjlin)  l)abe 
and)  nidjt  einmal  ben  tarnen  be!  Äonjil!  oon 
Srient  in  feinen  ißrebigten  genannt.  *  Ori¬ 
ginal  91t.  9t.,  Jes.  1999.  »gl.  Heiß,  Ad 
Aphorismos  148  ff.  Qm  furfürftenrat  batte 
©adjfen  am  8.  Februar  1608  üorgebradjt:  S! 
ift  befannt,  baff  bie  Sefuiten  ben  9ieIigion!» 
frieben  eine  Solerans  nennen,  bie  burdj  ba! 
Sribcntinifdje  Äonjil  aufgeljoben  fei.  3um  S8e* 
io  ei!  merben  Sber,  Soridjiu!,  ipiftoriu!,  f^abri- 


ein!,  gidler  unb  SOtudjitfdj  angeführt.  SBon 
biefen  fedjl  ©djriftfteüeru  mar  fein  einiger 
lyefuit.  S8gl.  ©tiebe,  93riefe  unb  Sitten  VI 
192  f. 

1  2tugapfel  193  317  ff  334  355  f. 

2  Sie  Sßorte,  bie  ber  „Soangefifdje  Stugapfel" 
au!  ißoffeoin  anfübre,  feien  nidjt  Oon  $offeöin, 
fonbern  oon  Sarbinaf  §ofiu!;  ißoffeoiu  habe 
nur  gegen  bie  g-reifteliung  Oon  jmeierlei  ©lau» 
ben  in  $oten  gefprodjen;  ettoa!  anbere!  fei 
aber,  foldje!  geftatten,  etma!  anbere!,  einen 
bielbejügtidjen  Vertrag  bredjeu.  Sind)  bie  SB  orte 
Sanner!  feien  üerftüntmelt,  ba  Sanner  fidj 
ebenfall!  für  bie  Serbinblidjfeit  be!  9teligion!> 
frieben!  aulfpredje.  2Ber  bat  ba!  Äalb  in! 
9lug  gefdjlagen  4 — 10  61  ff.  Tann  er,  Dioptra 
1040.  ©.  oben  ©.  456. 

8  3lnti»SDtelanber  (1633)  23. 

4  Compositionis  Pacis  ed.  2,  150  f. 


458  Siebtel  Kapitel,  grieben^beftrebungen  unb  ©egenftrömungen. 

unb  feft  gu  fjaftett  unb  mit  nidjten  gu  üiotieren  ober  aufguheben  fcfjnlbig  unb  oer* 
bunbeit  fei)en.  ®ah  aber  bafelbft  ein  Ejgeption  fjingugefefjt  mirb:  ,@§  fei)  benn  @adj, 
baf?  ber  (Gegenteil  bie  oerfprodhene  ®onbitione§  fofcf)e§  griebenS  nidjt  galten  nodj 
galten  mode  unb  beit  ^rieben  fefbft  guöor  bräcfje  unb  aufhebe4,  ift  biefe  Exceptio 
anberS  nic^t  ab§  in  puris  terminis  generalibus  beigefept,  gleich  toie  fie  in  Schulen 
unb  oon  allen  9ted)t2gefehrten  au§  bem  Iure  felbft  pflegt  oorgetragen  gu  merben, 
unb  mirb  mit  feinem  äSort  auf  bie  Sßroteftierenbe  gebeutet:  ift  aucf)  in  aller  Golfer 
9iecfjt  unb  23idigfeit  alfo  funbiert,  baff  fie  in  einem  jeben  pacto  reciproco  für  ficfj 

felbft,  ofjne  auägebrücft,  üerftan> 
beit  mirb,  mie  fofcf)e§  bie  Pro* 
teftierenbe  nicht  oerneinen,  fon* 
bern  felbft  vielfältig  obgebad)te 
Ejgeption  aitjie^en.  SDeromegen 
fanit  mit  feinem  gug  gefagt 
merben,  bafs  P.  Sapmaitn  mit 
biefer  Selfr,  mefcf)e  allen  ®of* 
toren  gemein  ift,  bie  proteftie* 
renben  habe  au§  bem  ^Religion!» 
f rieben  gefetjt." 

SDann  brelft  gorer  ben  (Stil 
um  unb  geigt,  mie  oft  proteftan* 
tifcfje  (Sdjriftfteder  gegen  ben 
9tetigion§frieben  aufgetreten.  Stuf 
feiten  ber  Proteftanten  „mirb 
öffentlich  bafür  gehalten  unb  ge* 
fdhrieben,  ,e§  fei  unmöglich,  baff 
bie  Proteftanten  mit  ben  föatfjo* 
lifdhen  beftänbig  oerglidjen  mer* 
ben  föitnen :  mie  Eifen  unb  S£f)on 
fiel)  nit  oereinigen  faffen.  33a» 
bplon  (ba§  Sapftumb)  miiffe  nod) 
oor  bem  füngften  Stag  faden  unb 
gu  ©runbe  gehen,  ©ott  befehle 
ben  Proteftierenben,  bah  fte  bem 
33apftumb  ben  gad  halb  geben 
unb  barmiber  ben  Ärieg  geftreng 
führen.  SDer  9teIigion§friebe  fei 
nur  ein  immermährenber  $anf- 
unb  £>aberapfef,  bent  ©ebot 
@otte§  gumiber  .  .  .,  be§halbeit  er  meber  fode  noch  fönne  gehalten  merben4.  2Ufo  tefen 
mir  in  bem  ,poftition  an  ade  (£vangelifdfje  Völlig  unb  Potentaten4,  fo  geftedt  ift  oon 
etlidjen  2öirtenbergifd)en,  Sabinen,  Pfäfgifcf)en  unb  Sluggburgifchen  5£heoIogi§  unb 
PoliticiS  unb  gebrucft  im  $ahr  1632.  Ebenbergfeidjen  finbet  ficf;  auch  in  bem 
,2iecht=33uher  ©otte§  unb  be§  heii*9en  9?ömifcf)en  9teid)§4,  mie  benn  auch  in  ber 
,92otmenbigen  Erinnerung  an  ade  Eoangeüfche  Steutfdjen4,  fo  auch  nor  einem  ^ahr 
aulgangen.  Unb  ferner^  in  einem  anbern  93üchfein,  fo  ,Excidium  totale  Papatus4 
intituliert  unb  au§  be§  S5octor§  £>oe  33üdjern  über  bie  SIpofafppfe  gegogen  ift" 1. 


P.  gorer.  ©tief)  Don  Äiifett  (7t)  mit  £anbfd)rift. 


1  fgorer,  9tnti*9JManber,  3$orrebe  9tr  18,  ejtremen  (yeiuiten  gefjbrt,  Oerteibigt  er  bod) 

3itate  genauer  180  f.  Dbgleid)  gorcr  ju  ben  and)  in  f}anbid)riftlid)en  ©utadjten  bie  33er* 


©ültigfeit  ober  Ungültigfeit  be§  2Ittg3burger  9ieIigion3friebcit3. 


459 


ber  £at  rairb  in  bem  oieloerbreiteten  „©otteg  unb  beg  peiligen  Ütömifcpen 
9ieicpeg  £iecpt‘©uüer"  offen  bie  Stugrottung  beg  Papfttumg  in  ®eutfcplanb  oerlangt*  1. 

®er  „Poftilion"  ber  oertriebenen  prebiger  (1631)  forbert  ebenfaßg  bie  Umftürjung 
beg  9ieIigiongfriebeng:  3)ie  päpftticpen  Potentaten  paben  bem  Papft  ©eporfam  in 
ber  Religion  gefdpmoren.  ber  päpftlidEjen  Religion  gilt  aber  fein  größerer  (Sifer, 
alg  bie  Keper  an  Seib  unb  «Seele  auggurotten.  päpftticpe  Sfribenten  paben  ben 
Paffauifcpen  ©ertrag  unb  9ieligiongfrieben  oerbantmt,  biefe  Sfribenten  bürfen  aber 
nicptg  brucfen  taffen,  bag  bie  römifcpe  Kircpe  nicpt  approbiert;  mag  biefetbe  aber 
approbiert,  ift  bei  ipnen  opne  gmeifel  ©otteg  SBort.  ®emgufotge  ift  ber  @ib, 
melcpen  ber  Kaifer  über  ben  Dietigiongfrieben  teiftet,  bei  ben  päpfttern  roiber  ©otteg 
SBort,  bapero  nutt  unb  nichtig.  SBir  (Süangelifdpe  finb  ben  Päpfttern  ebenfo  Oer* 
ftudfjt  unb  oerbantmt,  atg  ben  ^uben  bie  ©ölfer,  beren  Sanb  ©ott  ipnen  atg  feinem 
©otfe  fcpenfte.  ferner  m erben  im  ütetigiongfrieben  bem  tperrn  ©prifto  ©renjett 
gefept,  melcpe  ©ott  mit  feiner  mapren  9ieligion  nicpt  überfcpreiten  foU.  SDer  ©e* 
pinberung  ber  mapren  9tetigion  fantt  jeber  mit  bem  ©cpmerte  aucp  offenfiüe  fteuern 
unb  meprett.  SBie  ber  Papft  bie  ©üangetifcpen  oerbannt  unb  oogetfrei  macpt,  gibt 
ung  ©ott  bie  Päpftter  gehoppelt  oerbannet,  preig  unb  frei.  SDiemeit  bagfetbe  opne 
©dproertfcplag  nicpt  gefcpepen  fantt,  befieptt  ung  ©ott  ben  Krieg.  liefern  aCtent  nacp 
raten  mir  alten  Kurfürften,  ©rafett  ufm.,  aucp  alten  Prioatteuten  pöcpticp,  bem  Kaifer 
feinen  ©eporfam  ju  erroeifen,  fonbern  mit  gutun  atT  beren  Potentaten,  fo  ju  bem 
©otfe  ©otteg  gepören,  fürnemticp  bem  oott  ©ott  gefanbten  gelben,  bem  König  oon 
©cpmeben,  bie  päpftticpe  Siga  mit  gehoppelter  Sift,  geuer  unb  ©dpmert  eifrig  ju 
bejapteit  unb  nicpt  ju  rupen,  big  ber  galt  ber  grofjen  ©abpton  forneit  ooHbracpt, 
bap  bie  ©oangelifcpe  Kircpe  in  Sidperpeit  teben  fattn2.  ,,©ei  biefer  Offafion  fönnett 
mir  ungemetbet  nicpt  laffett,  bap  mir  bafür  palten,  eg  fei  in  bem  üiömifcpen  9ieidp 
fein  ®ing  ntepr  ju  finben,  metdpeg  ©ott  pöper  offenbiert,  unb  barunt  bie  (Soaitgetifcpen 
oon  ©ott  burdp  bie  innerlicpen  übet  geratenen  Kriege  tnepr  geftraft  morben  atg  ber 
fo  pocp  gerefpeftierte  Paffauifcpe  ©ertrag  unb  ©etigiongfrieben  .  .  ."3 


binblicbfeit  be§  fRe!igion§frieben§ ;  nur  oerlangt 
er  ftrifte  gnterpretation  311  ©unften  ber  Satho-- 
lifen.  3Ba§  nidpt  au§brüdlid)  in  bem  Vertrag 
ben  2M)ängern  ber  SlugSburger  Sonfeffion  Oer= 
fprodjen  morben,  foße  man  nid)t  butben.  2>ie 
©alöiniftett  unb  .gminglianer  feien  in  ben  gm* 
ben  nicht  einbegriffen.  Sen  gegen  ben  graben 
beraubten  23ifd)öfeit  unb  fßrätateu  müffc  ber 
Slaifer  memi  möglich  P  ihrem  Ootlen  SRedjte  Oer* 
helfen  ufm.  *  Pronunciata  brevia  de  pace  Re- 
ligionis  ann.  1555  facta.  9R.  fR.,  Jes.  370. 

1  ©otteg  unb  be§  heiligen  fRöntifchen  9teiche§ 
2ied)t=S3uper.  2>a3  ift  furpe  ©rflärung,  mie 
ba3  ©eift*  unb  SBeltlicße  2ied)t  im  heiligen 

9tömifd)en  9teid),  nemblich  bie  2Iug§burgifche 
ßonfeffion  unb  fReligionSfrieb,  oon  ben  fBapiften 
motten  oerftedt  unb  gelefdjt  merbeit,  unb  toa§ 

©eftalt  biefe  2ied)ter  oon  gßr  Söniglidjen 
SRajeftät  in  ©djtoeben  mieber  herfitrgepgeu  unb 
gebupet  morben  . . .  1632  (2.  7  ff  17  ff).  —  Sie* 
felbe  Senben^  Oerfolgt  ba§  Extremum  et  to¬ 
tale  Romae  Papalis  excidium,  b.  i.  baff  ba§ 
SMbftiidje  fRotn  unb  antiGhüfüfehe  fReicp  oornt 
güngften  Sage  noch  foße  unb  rrtüffe  jerftöret 
unb  umbgefehret  merbeu.  Slufj  be§  tperrn  Doc- 


toris  Matthiae  Hoen  von  Hoenegg,  ©hurfiirftt. 
©ächfifdjen  Ober  §offprebiger§  re.  Commen- 
tario  über  bie  Offeubahrung  ©.  gohanniS  befj 
Sheologi  ejtrahiret  nnb  oott  SBort  p  SBort 
üerteutfcht.  Stunmehr  aßen  frommen,  einfältigen 
bebrengteit  ©hnften  pm  Sroft  unb  9tad)richt 
mitgeteilet.  ©ebrudt  [s.  1.]  1631.  Slgl.  ©.  8  ff. 
$a§  2amm  „ertoede  §errn  unb  giirften,  bafe 
fie  einen  (Sinn  haben,  bie  §ure  [fRom]  hoffen, 
biefelbe  müft  unb  bloff  machen,  ihr  gteifd)  su 
effen,  ©ie  aber  mit  geuer  p  Oerbrennen". 

2  fPoftiliott  an  aße  uitb  jebe  eüangetifdje 
Könige  uttb  fßotentaten,  infonberheit  aber  bie 
©horfitrften,  gürften,  ©rafen,  greien,  Jperrn 
unb  ©täbte,  aud)  Privatos  im  heiligen  91ömi= 
fchett  fReid)  teutfcßer  Station.  3?ou  etlidjett  oer= 
triebeneu  babifdjeu,  toirteubcrgifd)en,  pfäljifchen 
unb  aug§burgifd)en  Theologis  unb  Poiiticis. 
Unterm  blauen  §immel  nicht  roeit  Oon  ©trafp 
bürg.  Anno  1631.  91  ff  114  ff. 

3  fpoftiliou  90.  21m  3tatxbe  fteljt:  „®er  fRe= 
fpeft  beä  'Paffauifdteu  Slertrageä  unb  9teIigiottl= 
friebenl  Ijaben  bie  ©oangelifdhen  fürttemlich 
ruiniert." 


460 


Siebtel  Äapitci.  griebcnSbeftrebungen  uub  ©egenftrömungen. 


$n  einer  ©tubie  über  „$ie  Sßubligiftif  beS  ©reipigjährigen  Krieges  non  1626 
bi§  1629"  fommt  ber  proteftantifd)e  35erfaffer  gurn  Refuttate:  „SJtan  mup  in  bcr 
©at  fagen,  bap  biejenigen  ^ubtigiften  bie  (Sachlage  am  ridjtigften  beurteilten,  metdje 
einfach  gur  gortfe|ung  beS  Krieges  rieten,  metdje  ben  ©rfotg  ber  SBaffen  anriefen, 
nnb  mie  ber  (panfifdje  Söecfer  fagten:  ,grifd)  bie  ©romntel  gerüfjrt  I‘  ®ie  ©egem 
fä^e  mären  fo  fc^arf,  bie  fragen  f°  mistig  unb  fo  fomptigiert,  bap  mit  Beratungen 
menig  geholfen  merben  tonnte,  $eine  Partei  mottte  nadjgeben,  feine  glaubte  eS 
nadj  ^ßflicfjt  unb  ©emiffen  tun  gu  bürfen.  ©aS  ©cpmert  rnupte  entleiben.  2öir 
finben  bie  festere  Stnfitfjt  meiftenS  auf  proteftantifcper  ©eite  üertreten." 1 

SSenn  biefe  Stnficpt  alfo  aud)  auf  fathotifdjer  ©eite  unS  begegnen  fotlte,  fo 
barf  fie  ebenfalls  beanfprudjen,  im  Sid)te  ber  ßeit  betrachtet  unb  mit  bemfelben  SRape 
gemeffen  gu  merben.  ©ang  befonberS  gilt  bieS  üon  ber  $rage  beS  ReftitutionSebifteS. 

* 

©urd)  bie  ©iege  SBaltenfteinS  bei  ber  ©effauer  Brüde  über  üDtanSfetb  unb 
©ittpS  bei  Sutter  am  Barenberge  über  ßf)riftian  IV.  öon  ©änemarf  im  ^afjre  1626 
maren  bie  geinbe  beS  ®aiferS  gu  Boben  getoorfen.  S3ei  feiner  bamatigen  9J?acf)t» 
ftellung  rnupte  an  ben  ®aifer  bie  5ra9e  herantreten,  ob  jept  nicht  ber  geeignete  3eit> 
puuft  gefommen,  bie  oon  ben  ißroteftanten  gegen  ben  StugSburger  RetigionSfrieben 
ben  &’atf)oIifen  entgogenen  Bistümer,  Abteien  unb  Ätöfter  für  bie  alte  ®ird)e  gurücf- 
guforbern.  @S  honbette  fid)  um  mehr  atS  ein  ©upenb  ©rgbiStümer  unb  Bistümer 
unb  um  mehr  als  500  Abteien,  ©tifte,  Ätöfter  unb  ®ird;en  mit  meitauSgebehntem 
©erritoriatbefip2.  ©ie  ißroteftanten  hotten  baS  Reservatum  ecclesiasticum  beS 
SlugSburger  RetigionSfriebenS  nicht  angenommen  unb,  mo  eS  in  ihrer  Rtadjt  ftanb, 
fid)  nidjt  baran  geftört;  bie  ®atf)otifen  hotten  ftetS  auf  bie  Beobachtung  beSfelbeit 
gebrungen  unb  gegen  jebe  Bertepung  proteftiert.  Ohne  jeben  gmeifet  oerftiep  gegen 
ben  RetigionSfrieben  bie  ®töftereingiel)ung  burd)  proteftantifdje  dürften  unb  ©täbte 
bei  alten  mittelbaren  unb  reicpSunmittelbaren  Möftern3. 

©ie  ©rbitterung  ber  ®att)otifen  über  bie  fid;  immer  unb  immer  mieber  erneuernbe 
Beraubung  ber  ßirdje  mar  eine  allgemeine,  ber  ©cprei  nad)  Reftitution  ein  burcpauS 
berechtigter.  ©ie  langjährige,  miber  ben  ftaren  SSorttaut  ber  ReidjSgefepe  erfotgte 
Beraubung  ber  ®ird)e  fap  ben  ®atf)otifen  mie  ein  ftecpenber  ©orn  im  bergen,  unb 
eS  ift  beSpatb  nicht  gu  oermunbern,  menn  fie  ben  günftigen  Slugenblicf  erfehnten,  um 
Stbrecpnung  gu  hotten.  ©er  ®aifer  hielt  fid)  nicht  allein  für  befugt,  fonbern  auch 
für  oerpftichtet,  atteS  baS  gurüdguforbern,  rcaS  bie  ^roteftanten  gegen  ben  2öort= 
taut  beS  StugSburger  RetigionSfriebenS  miberrechttich  in  Befip  genommen.  Stucf) 
bie  fathotifchen  Äurfürften  fpradjeit  fich  in  biefem  ©inne  auS. 

Stach  tangeren  Beratungen  ertiep  ber  ®aifer  am  6.  SOtiirg  1629  baS  SJtanbat, 
metcpeS  ben  Ramen  ReftitutionSebift  erhalten  pot4.  ©aSfetbe  oerorbnete:  1.  gurüd* 
forberung  ber  mittelbaren  ®töfter  unb  geifttidjen  ©iiter,  metcfje  gur  $eit  beS  ^ßaffauer 
BertrageS  ober  fpäter  im  Befip  ber  ^attjotifen  gemefeit,  ba  fie  gegen  ben  ftaren 
SBorttaut  beS  RetigionSfriebenS  entriffen  morben;  2.  ber  Befip  ber  gegen  baS  Re- 
servatum  ecclesiasticum  beS  StugSburger  RetigionSfriebenS  oon  ben  ^Sroteftanten 
eingenommenen  Bistümer  unb  ReidfSprätaturen  mirb  für  recptSmibrig  unb  hinfällig 
erftärt;  ben  proteftantifdjen  Befipern  mirb  ©ip  unb  ©timme  auf  ben  Reichstagen 


1  © rünb au m,  $ubliäiftif  1626— 1629  (1880)  3  93gl.  2upep,  $er  Streit  um  bie  geift= 

125  f.  licfjen  ©üter  unb  ba3  9teftitution§ebift  (1882) 

2  Sgl.  ba3  1.  Kapitel  unb  bie  Sßerjeicbniffe  331  f. 

bei  9Jt a i  I a 1 1) ,  ©efcf).  be§  öfterreidjifcfjen  Äaifer=  4  SSortlaut  bei  Ehe  venhiller,  Annal. 

ftaateS  III  (1842)  166  ff.  Ferdinand.  XI  (1726)  438  ff. 


9teftitution3ebift  1629. 


461 


aberfannt;  3.  bag  9Ied)t  ber  fatljolifdjen  ©tänbe,  bie  Untertanen  iljrer  ©ebiete  31t 
iljrer  Religion  anju^alten  unb,  tun  biefe  ficf;  nicfjt  fügen,  auggumeifen,  ift  unbeftreit* 
bar.  üftadj  biefeit  Veftimmungen  follte  bag  Sieidjgfammergeridjt  9ted)t  fpredjen;  in 
notorifdjen  fallen  merbe  ber  $aifer  für  Vottftrecfnng  forgen.  Gigene  ßomniiffare 
tuurben  für  bie  einzelnen  Greife  beauftragt,  bag  Gbift  jur  2tu§fiif)rung  3U  bringen 
unb,  menn  nötig,  militarifdje  £ilfe  ju  »erlangen. 

Vei  ben  ^atfjolifen  erregte  bag  Gbift  grofjen  ^ubel,  bei  ben  ^roteftanten  gurcfjt 
unb  ©cfjreden. 

©0  berechtigt  bag  9teftitutiongebift  an  ficfj  fein  modjte,  für  bie  griebenSbeftre» 
bungen  muf?  eg  alg  eine  faft  töblicfje  Söunbe  be^eidfnet  merben. 

S)ie  grofje  ©efafjr,  bie  bent  fReftitutionSebifte  anljaftete,  fafjte  gleid)  nacfj  beffen 
Veröffentlichung  ßurfürft  ^oljann  ©eorg  »on  ©adjfen  in  bie  SBorte:  „Gg  möchten 
ferner  mof)l  etlidje  ber  Meinung  fein,  bafj,  bei  noch  fontinuierenben  ®rieggmirbeln 
unb  Gmpörungen,  mit  ber  angebrof)ten  Sldjtge;refution  am  beften  füllte  fortjufontmen 
fein:  Gg  fei  aber  biefeg  nicht  ber  orbentliche  SBeg,  eg  feien  eitel  Gjtrema,  fo  bag 
Slnfeljen  bei  ben  Goangelifdjen  SJht-Stänben  geminnen  moKten,  ob  fjierburdj  eine 
totale  Slugrottung  gefudjt  merbe,  moraug  nocf)  größere  Verbitterung,  SEBiberroillen, 
ßerrüttung  unb  enblicf)  2>efolation  beg  ^eiligen  SRömifcfjen  fReicfjeg,  mit  großem 
fyroljloden  berer  Slugmärtigen,  fo  barauf  ihre  Slugen  richten,  if)r  SDeffein  barbei  haben 
unb  aug  SImbition  frembe  fronen  unb  ©jepter  affeftieren,  erfolgen  mürbe."1 

Gin  meitereg  Vebenfen,  bah  ber  bigfjer  mefentlid)  poiitifcfje  ®rieg  ben  Stempel 
eineg  Veligiongfriegeg  erhalten  tonnte,  f)at  ©raf  Gollalto  in  feinem  ©utacfjten  00m 
14.  ©ejember  1628  bem  Reifer  oor  Slugen  geführt:  ®iefeg  Gbift  ift  jmar  gut,  aber 
bie  Gjefution  mirb  grofje  Söibermärtigfeit,  ja  einen  Veligiongfrieg  erregen.  SDenn 
niemanb  mirb  jugeben,  bafj  foldjeg,  mie  bag  Gbift  lautet,  »on  ihm  entzogen  morben, 
fonbern  merben  oiele  Gfjeptioneg  barmiber  einmenben.  Vei  ftarfer  G;cefution  merbe 
jeber  über  ©emalt  flogen,  ba  fie  bod)  erbötig  geroefen,  mag  bemeiglid),  ober  fie  miber 
ben  Üfeligiongfrieben  nach  bem  jßaffauifcfjen  Vertrag  an  ficfj  gebracht,  mieber  311 
erftatten,  bafj  alfo  im  Veid)  leicht  ein  Veligiongfrieg  entftefjen  mödjte2. 

Sludj  oon  ben  fatf)olifd)en  ©tänben,  bie  »on  ber  9fedjtlidjfeit  beg  Gbifteg  über= 
3eugt  maren,  f)ielt  bocfj  „ber  größere  £eil  eg  feinegmegg  für  ratfam,  bafj  man  bie 
Veftitution  mit  ©emalt  fudjen  follte,  alg  3u»orfef)enb,  bafj  folcfjeg  3U  mefjrer  Ver= 
bittenmg  ber  ©emüter  unter  ben  ©tänben  mie  aud)  allerfjanb  beforglidjen  SLÖeite» 
rungen  unb  Veunrufjiguitg  beg  gansen  Üfeidjeg  Slnlafj  geben  mürbe"3. 

S)ie  großen  ©efafjren,  bie  mit  bem  Gbift  »erbunben  maren,  führt  ber  Viograph 
gerbinanbg  III.  alfo  aug:  „Gg  mirb  nad)  bem  Slitgefüljrten  meiter  feineg  Vemeifeg 
bebürfen,  bafj  ber  breifjigjährige  jßarteigängerfrieg,  bem  bei  feiner  Gntftefjung  unb 
gortentmidlung  bag  unauglöfdjlicfie  äfterfmal  ber  Vaub>  unb  Groberunggfud)t  alg 
Vemegurfadje  aufgebrüdt  ift,  fein  Veligioitgfrieg  fein  fann,  meü  ja  aug  ben  fjödjften 
fittlidjen  Slntriebeu  unmöglich  »öHig  unfittlidje  unb  oermerflicfje  ^anblungen  ^er»or> 
gefjen  fönnen.  3:n3t»ifchen  mürbe  biefe  Sluffaffnng  Ginfeitigfeit  »erraten,  menn  bie 
SEBirfung  beg  »on  ^erbinanb  II.  mit  bem  Grlafj  beg  Veftitutiongebifteg  begangenen 
großen  ©taatgfe^lerg  überfefjen  ober  »erfcfjmiegen  merben  mollte.  Vom  ©tanb» 
punfte  beg  Vecfjtg  bürfte  ficf)  gegen  biefe  ÜDfafjregel  faum  etmag  einmenben  laffen, 
benn  angemafjte  miberrechtlidje  Aneignung  »ieler  geiftlicfjer  ©üter  ift  eine  »on  ben 
anhängig  gemachten  ^Sro3effen  unb  ben  Klagen  auf  ben  Üfeicfjgtagen  oerbürgte  S£aU 
fadje.  SBiemofjl  nun  bag  bem  ^aifer  unftreitig  3ugeftaitbene  oberfte  ©(^n^red^t  ber 
Äirdje  einen  nidf)t  3U  unterft^ä^enben  9tecf|tfertigungggrunb  für  bag  Veftitutiong* 


1  ebb.  XI  456  f. 


8  ebb.  XI  184. 


3  ebb.  XI  437. 


462 


(Siebtel  Sapitel.  griebertSbeftrebungen  unb  ©egcnftrömungeit. 


ebtft  gibt,  fo  mar  bocp  jener  für  bie  mirfticpe  unb  bie  feinbfelig  perauSgeüügette 
Xragroeite  non  biefem  nicfjt  auSreicpenb,  um  bie  Gefcputbigung  eines  eigenmächtigen 
GerfaprenS  gängtid)  abmeifen  ju  tonnen.  ®aju  fornmt,  bap  bie  brüSfe  unb  fummarifcpe 
Durchführung  biefeS  ©efepeS  nicht  attein  biejenigen,  auf  melcpe  eS  angemenbet  mürbe, 
fonbern  alle  gteidjmäpig  empörte  unb  ber  mciteren  folgen  megen  auffcpredte.  ©S 
bemä<htigte  fid)  fefbft  ber  gut  faiferlid)  gefinnten  ^Sroteftanten  ber  ficfier  grunb» 
lofe  Strgmopn,  gerbinanb  trage  fid)  mit  bem  ©ebanfen,  ben  GetigionSfrieben  auf» 
gupeben  unb  ben  nor  ipm  gemefenen  guftanb  perguftetten.  Diefe  Stimmung  fant, 
mie  begreiflich,  berjenigen  fßartei  ermünfdjt,  metcpe  im  2tuSbrucpe  innerer  Unruhen 
unb  im  Kriege  bie  ©etegenpeit  gur  Gefriebigung  ihrer  fcptecpten  Seibenfcpaften  geboten 
faf).  .  .  .  ©rrnog  ber  ü'aifer  oodenbS  baS  GerpättniS  git  ben  auSmärtigen  üGäcpten, 
GidjeticuS  tauernbe  ^Sotitif,  bie  ißtäne  |>einrid)S  IY.  gu  üermirfticpen,  unb  ©uftao 
SIbolfS  ©roberungSgetüfte,  fo  mupte  er  im  GeftitutionSebifte  eine  mit  eigener  £>anb 
in  fein  §auS  gefcpteuberte  Granbfadet  erfennen."1 

©in  anberer  peroorragenber  öfterreicpifcper  £>iftorifer,  ber  ebenfo  entfcpieben  für 
bie  rechtliche  Unanfecptbarfeit  beS  GeftitutionSebifteS  eintritt,  hebt  für  bie  praftifcpe 
üuSfüprung  bocp  folgenbe  Scpmierigfeiten  peroor :  „Seit  bem  GetigionSfrieben  maren 
74  ^apre  oerftoffen;  faftifcp  mar  ein  gang  anberer  Datbeftanb  herbeigeführt ;  bie 
Säfutarifierung  fo  oieter  geiftticper  ^odjftifte  unb  GiStümer  mar  eine  ooEtenbete 
Datfache,  ein  abgefcptoffeneS  ©reigniS;  mie  mar  eS  mögticp,  bie  Gegebenheiten  ooit 
mehr  atS  einem  halben  ^aprpunbert  rüdgängig  gu  madfen,  gu  Oernichten,  atS  rcenn 
fie  gar  nicht  beftanben  hätten  ?  SDaS  GeftitutionSebift  griff  ein  in  aüe  proteftantifcpen 
©piftengen  unb  erfcpütterte  fie  in  ihrem  tiefften  Qnnern.  ®ie  Qbee  unb  bie  SBirfticp» 
feit  trafen  Stirn  an  Stirn  hart  gegeneinanber;  eS  mupte  eine  ungeheure  Geaftion 
entftepen."  „®er  unparteiifcpe  ©efcpicptfcpreiber  barf  aud)  bie  Gemerfung  nicht  oer» 
fchmeigen,  bap  ber  Gerluft,  ben  bie  ^atpotifen  burdh  bie  gemaltfamen  Übergriffe 
ber  ißroteftanten  feit  bem  Gaffauer  Gertrag  unb  bem  GetigionSfrieben  erlitten  hatten, 
im  Gertauf  einiger  ÜGenfcpenatter  erfolgt  mar,  baher,  fo  ungeredjt  baS  Gerfahren 
ber  ijSroteftanten  gemefen,  bie  ©rfchütterung  bod)  nicht  fo  ptöptid)  unb  fo  heftig  mar 
als  jept  bei  ben  ißroteftanten  burch  bie  rafcpe  StuSfüprung  beS  GeftitutionSebifteS. 
®ie  SBirfung  beS  GeftitutionSebifteS  auf  bie  Groteftanten  mar  gleich  einem  ©rbbeben."  2 
Glieb  oon  ber  ©rfchütterung  beS  bisherigen  GefipeS  faum  ein  proteftantifcheS 
gürftenpauS  üerfcpont,  mufften  fiep  ferner  befonberS  bie  catoinifdjen  dürften  unb 
GeicpSftäbte,  meit  oon  ben  gugeftänbniffen  beS  üugSburger  GefigionSfriebenS  aus» 
gefdjloffen,  jeben  Slugertbtid  bebropt  fepen,  fo  geftattete  fiep  für  grope  Deite  beS 
proteftantifepen  GolfeS  bie  Gefipfrage  aud)  noep  gur  religiöfen  grage.  ®enn  baS 
©bift  geftattete  auSbriidlid)  bie  Stnmenbung  beS  GeformationSrecpteS  (cuius  regio, 
eius  religio)  auf  bie  oon  ben  Gr°teftanten  gu  reftituierenben  gropen  ©ebiete.  „'Sie 
bropenbe  gmangSmeife  Söiebereinfitprung  beS  ^atpotigiSmuS  in  Säubern,  meld)e  fepon 
feit  gmei  bis  brei  ÜGenfdjenattern  gang  proteftantifd)  maren",  mupte  bie  Stufregung 
ber  Groteftanten  ins  Ungepeure  fteigern3.  ®ap  fonft  bie  faiferlicpe  GeftitutionS» 
fommiffion  etmaS  langfam  pergepet,  fo  föpreibt  Gappenpeint  am  26.  Gooember  1630, 
fann  baoon  bem  gemeinen  Söefen  meniger  Scpaben  gefepepen,  als  burd)  bie  ge» 
fepminben  Gro3e^uren  in  biefen  Sanben,  inbent  bie  Seute  unb  aud)  biejenigen,  bie 
eS  niemalen  gemittet  gemefen,  in  Gfiptrauen  unb  faft  allgemeinen  Slufftanb  geraten 
feinb,  mo  eS  ©ott  nit  fonberbar  oerpütet  pätte4. 


1  S  o  cf),  ©efdi.  be§  beutfd)cn  9teid)e§  unter  3  58gl.  SBittid),  3)tagbcburg,  ©uftao  Slbolf 

ber  Stcgierung  gerbinanbS  III.  (1865)  I  xv  f.  unb  lifft)  I  (1874)  326. 

2  SUailötf)  a.  a.  0.  III  165  169.  4  ^op.  £>ef3,  ©raf  fpappenpeim  (1855)  107. 


2)a3  9teftitutioni>ebift  1629. 


463 


2ßar  alfo  auch  baS  ©bift  redjtlidj  genommen  unangreifbar  —  lag  eS  ja  gleidj* 
fam  in  ber  fiuft  — ,  fo  mar  eS  politifdj  ein  großer  gef)ler,  unb  biefen  ^elfter  haben 
SBeiterfcfjauenbe  audj  fdjon  bamalS  ffar  heroorgefjoben.  ®enn  bie  burdj  baS  ©bift 
auSgefprodjene  23ebrohung  mußte  bie  ^roteftanten  ju  einem  fefteit  gufantmenfdjluß 
gegen  ben  $aifer  einigen  nnb  ben  feit  ^afjren  auf  ber  Sauer  liegenben  auSmärtigen 
9)?ädjten  (poüanb,  ©nglanb  unb  befonberS  ©djmeben  unb  granfreid)  für  ifjre  auf 
ben  ©turj  ber  habsburgifdjen  SXadjt  berechneten  )]31äne  entfdjloffene  S3unbe8genoffen 
Sufüßren.  9Xan  hat  behauptet,  Üticßelieu  habe  in  franjöfifc^em  ^ntereffe,  um  baS 
Stnfetjen  beS  ÄaiferS  bei  ben  ^roteftanten  ju  untergraben,  ben  ißlan  jurn  SteftitutionS» 
cbift  entmorfen1  —  bie  Statfadje  ift  ftrittig  — ;  jebenfaQS  hätte  er  fein  beffereS 
Mittel  oorfdjlagen  fönnen,  um  bie  ifkoteftanten  gegen  ben  ®aifer  in  bie  SSaffen 
ju  rufen,  ©elbft  meitn  bie  ©egner  augenblidlidj  feinen  (Srfolg  gehabt  hätten,  müßte 
baS  ©bift  ganj  befonberS  für  einen  bauernben  ^rieben  als  eine  fjödjft  jroeifel()afte 
unb  gefährliche  üftaßregel  bejeidjuet  merben.  21ud)  hier  finb  nicht  augenblidlicfje 
Vorteile  baS  ©ntfcßeibenbe,  fonbern  bie  in  näherer  ober  entfernterer  ßufunft  fidj 
ergebenben  unauSbleiblidjen  folgen. 

®er  ©ebanfe  unb  ißlan  einer  ju  ersmingenben  Üteftitution  mar  nicht  plößlidj 
gereift,  üianfe  hebt  in  feiner  ©eßhidjte  ber  römifdjen  i^äpfte  herüDr/  „baß  ber 
©ebanfe  beS  fReftitutionSebifteS  (fd)on)  im  ^afjre  1620  oon  )J3aul  V.  gefaxt,  aber 
bamalS  oom  Äatfer  noch  als  unjeitig  jurüdgemiefen  marb".  3um  23eleg  führt  er 
eine  ©teile  aus  ber  ^nftruftion  ©regorS  XV.  für  ben  ÜRuntiuS  am  ^aiferfjofe,  ben 
23ifd)of  oon  Sloerfa  (©arlo  ©arafa),  oom  12.  Stpril  1621  an,  bie  alfo  lautet:  93ei 
3uritdgeminnung  proteftantifd^er  ©ebiete  mögen  ©ie  @r  SRajeftöt  bringenb  üor» 
fteHen,  bie  oon  ben  üßroteftanten  •  in  Q3efiß  genommenen  ®ircf)engüter  mieber  31t 
geroinnen  unb  ben  <ftird)en  unb  rechtmäßigen  Inhabern  jurüdsuerftatten.  Siefer 
Sluftrag  mürbe  bereits  auf  23efeljl  ißaulS  V.  gegeben,  als  fidj  ©pinola  ber  Sßfalj 
bemädjtigt  hatte  unb  ber  $aifer  ermiberte,  baß  eS  bafiir  nodj  feine  ßeit  fei2. 

2US  baS  fReftitutionSebift  erfdpenen  mar,  fanbte  ber  SBiener  Nuntius  ißallotto 
baSfelbe  hocherfreut  am  31.  äRärj  1629  an  ben  ®arbinal»©taatSfefretär  33arberini  unb 
miinfdjte  bafür  öffentliche  g-reubenbejeigungen  in  9tom.  ®iefe  lehnte  aber  föarberini 
in  feiner  Slntmort  Oom  28.  21prit  1629  ab,  ber  ^ßapft  merbe  münblich  unb  fdjrifP 
lieh  bei  ^römmigfeit  unb  bem  ©ifer  beS  ®aiferS  baS  gebiifjrenbe  Sob  fpenben;  hoch 
merbe  ber  ijkpft  fid)  hüten,  irgenb  einen  Slnßalt  ju  geben,  auS  bem  bie  Approbation 
foldjer  ©bifte  gefolgert  merben  fönne,  bie  ja  bie  Dbferoanj  beS  ^?affauer  Vertrages 
einfehlöffen;  ber  ^5affauer  Vertrag  fei  aber  oom  Apoftolifcßen  ©tupfe  nie  gebilligt 
morben  unb  fönne  auch  nidjt  gebilligt  merben.  Äonfiftorium  oom  30.  Slpril 
fpenbete  Urban  VIII.  ber  grömmigfeit  beS  ^’aiferS  alles  Sob,  unb  in  bem  53reoe 
oom  5.  2Rai  1629  briidte  er  bem  ^aifer  feine  ^toube  unb  feinen  ®anf  für  baS 
ÜleftitutionSebift  auS3.  ®ie  eifrigften  ^atljolifen  betrachteten  baS  ©bift  als  „einen 
unfterblidjen  9Iuhm  beS  ^aiferS"  4. 

©S  fann  fomit  nidjt  raunbernehmen,  baß  auch  3efu*ten  bent  ©ebanfen  ber  9te> 
ftitution  fehr  fpmpathifch  gegenüberftanben  unb  an  bem  ßuftanbefommen  beS  ©bifteS 
uadj  Kräften  mitgernirft  haben.  SDeSrcegett  aber  oon  einer  befonbern  SSerfhulbung 


1  9?gt.  gurtet,  gerbinattb  II.  x  34. 

2  5)ie  römifdjen  ^äOfte  III2,  2Iiü)cuiq  168. 

3  Ä  i  e  tu  n  i  n  q ,  Nuntiatur  be§  'jlallotto  II 
(1897)  130  160  172.  —  9?ad)  ben  ntünblid)en 
^lufeerungcn  üott  5ßäjmant)  rooüte  ber  Ipapft 
oon  bem  (£bift  nid)t§  rniffen;  er  l^abc  ba§  ©bift 

nie  gelobt;  bie  Sefrctäre  hätten  in  ben  ©djrei= 


ben,  tnie  e§  oft  ju  gefcbeben  pflege,  moljl  etma^ 
mehr  gefrfjrieben.  Al.  Mednyänsky,  Petri 
Päzmäny  Legatio  Romana  55  116. 

4  ©0  3.  58.  ber  33ifchof  Poit  Sottftanj  in 
feinem  Briefe  oom  2.  9?oü.  1630  an  ben  ®aifer. 
Kopie  in  9K.  91.,  Jes.  1713. 


464 


Siebtel  Kapitel.  griebettSbeftrebungeu  mtb  ©egenftrömungen. 


biefer  ^efuiten  31t  fprecfjen,  bürfte  rnoljl  faunt  3uläffig  fein.  „2Bag  ber  genieinfame 
©ebanfe  einer  ganzen  Partei  mar",  fo  Ijat  ein  ©efdjidjtfdjreiber  beg  ©bifteg  fjer* 
oorgeljofcn,  „bag  fatttt  nid)t  einem  einzelnen  jum  SSerbienfte  ober  jur  ©djulb  an- 
gerechnet  merben."  1 

33ei  ber  näheren  Vorbereitung  beg  (Sbifteg  finben  mir  3unäcfjft  ben  faiferlidjen 
Veidjtoater  Samormaini  beteiligt.  Über  biefe  ^Beteiligung  fdfjreibt  Samormaini  felbft 
am  17.  September  1630  an  ben  Slbt  Don  fö'aifergfjeim:  SCßenn  aucf)  Diele  unb  fjod)" 
ftefjeube  äßänner  an  bem  ©rlafj  biefeg  ©bifteg  gearbeitet  Ijaben,  mettn  audj  Diele 
mitgef)olfen  fjaben,  um  Sommiffäre  jur  Slugfüfjrung  beg  Oefreteg  ju  beftintmen, 
einige  Dielleidjt  audj  biefelben  angeeifert  unb  unterftüpt  Ijaben,  um  bie  ber  Slug¬ 
füfjrung  entgegenftefjenben  $inberniffe  ju  entfernen,  fo  fjabe  icfj  bocfj,  icfj  fage  bag 
allein  31t  ©otteg  Sljre  unb  ofjne  Übergebung,  bei  allem  unb  jeglichem  geholfen,  fo 
bafj  idj  felbft  fagen  fönnte,  man  lege  bag  Söort  nicfjt  fdjlimut  au»,  idj  fjabe  meljr 
alg  alle  gearbeitet.  Oieg  miffen  3mar  nidft  aKe,  Dielleidjt  mürben  eg  audj  einige, 
bie  felbft  mader  baratt  gearbeitet  Ijaben,  leugnen;  eg  fennt  aber  ber  ®aifer  meine 
Sftüfjen,  ©orgen  unb  häufigen  SJcafjnungen;  er  meifj,  bafj  idj  um  bag  eine  midj 
bemiiljt  unb  fo  lange  gebrängt  Ijabe,  big  id)  bie  SSiebererlangung  aller  $ircf)en- 
güter,  bie  nadj  bem  tßaffauer  Vertrag  Don  ben  £>äretifern  einge3ogen  morben,  burdj- 
gefept  bjatte 2. 

Sin  ber  Vorbereitung  mirb  aucf)  bem  Vudj  Satjmanng  Pacis  Compositio  aug 
bem  ^aljre  1629  ein  Slnteil  3itgefd)rieben.  Oer  Vifdjof  ^einridj  D.  Knöringen  fagt 
in  feinem  Veridjt  Dom  21.  Oftober  1629  an  ben  ^eiligen  ©tufjl:  Oa  ber  Vifdjof 
Don  Sluggburg  fab),  bafj  bie  meiften  fatfjolifdjen  9fäte,  befonberg  bei  ben  geiftlicfjen 
dürften  unb  Prälaten,  über  ben  mit  ben  Sßroteftanten  eingegangenen  ^rieben  gan3 
falfdje  Slnficfjten  patten  unb  Diele  ©elegenljeiten  3ur  SSiebererlangung  ber  geiftlicfjen 
©üter  öernadjläffigten,  liefj  er  burdf)  feine  Quriften  unb  Ofjeologen  ein  Vudj  über 
biefen  fog.  fMigiongfrieben  oeröffeutlidjen  unb  in  bemfelben  mancfje  fragen  31t 
©unften  ber  fatfjolifdjen  Veligion  flarlegen.  Oaburdj  mürben  ben  ^atpolifen  bie 
Slugen  geöffnet,  bie  ^Sroteftanten  aber  auf  bag  empfinblidjfte  getroffen.  Septere  ge- 
ftefjeit,  feit  langer  3eit  fei  fein  fröftigerer  ©treicfj  gegen  ipre  Sluggburger  ^onfeffion 
geführt  morben.  Oer  ^arbinal  Älefl  Ijat  begpalb  bem  Vifdjof  Don  Sluggburg  ©lüd 
gemiinfcpt  unb  erflärt,  nid^tg  Veffereg  pätte  augenblidlidj  gefdpepen  fönnen  alg  bie 
Veröffentlicpung  biefeg  Vucpeg3.  ^ebenfallg  pat  bie  mit  ber  Slpprobation  ber  juri* 
ftifcpen  gmfultäten  Don  SBii^burg  unb  greiburg  erfdpienene  ©djrift  alle  ©rünbe, 
melcpe  fiep  für  bie  Vedjtlicfjfeit  ber  Veftitution  anfüpren  laffen,  mit  ber  Satjmann 
eigentümlidjen  ^tarpeit  unb  ©eleprfamfeit  Dorgelegt  unb  bie  ©inmenbungen  3uriid- 
gemiefen4. 


1  STupep  a.  a.  D.  351. 

2  2>rucf  bei  Rom.  Hay,  Astrum  inextinc- 
tum  (1636)  263  ff.  —  2lm  28.  2Mrj  1629  teilt 
P.  Samormaini  bem  Karbinal  93arberini  mit, 
er  fd)icfe  an  ben  P.  ©eneral  baS  JReftitutionS- 
ebitt,  opus  sane  dignum  hoc  Imperatore,  et 
quo  nullum  maius,  imo  nullum  par  ad  hanc 
diem  perstitit. . . .  Tantam  gaudiorum  segetem 
e  Germania  nullus  Pontifex  Romanus  accepit 
post  tempora  Caroli  Magni,  ut  felicem  prae- 
dicare  possimus  Urbanum  octavum,  qui  videt 
hos  fieri  ad  Religionen!  catholicam  accessus. 

*  Original  in  Barb.  Lat.  7054,  f.  72.  —  Slucp 
ber  DiuntiuS  Karl  Garafa  fdpreibt  fid)  ein  grojjeS 

Serbienft  an  bem  Suftanbefommen  beS  GbifteS 


ju :  Commentaria  de  Germania  restaurata 
(1641)  363  f  403.  Garafa  „pat  monatelang 
mit  anbern  baran  gearbeitet,  bie  entgegen- 
ftepenben  §inberniffe  j)U  befeitigen".  2lntpienp, 
$cr  päpftlicpe  SluntiuS  Karl  Garafa  (1869)  26. 

3  *  Epp.  ad  Bus.  1616—1640,  425.  Sgl. 
Pacis  Compositio2,  Praefatio  (b)  2. 

4  Gbb.  328  ff  456  ff.  —  $ur  ißerteibigung 
ber  Scprift  machte  gorer  im  ^apre  1633  geh 
tenb:  „3 ft  eS  bem  Iusto  Springero,  Henrico- 
Andreae  Cranio,  Theodoro  Thummio,  Atu- 
maeo ,  Christophoro  Mingio ,  Mindano  unb 
Oielen  anbern  unfatpolifepen  Sfribcnten  Oor 
biefem  reefjt  gemefeit,  allerlei  Tractatus,  Dis- 
putationes,  Glossas  unb  Assertiones  über  ben 


®a3  9ieftitution3ebift  1629. 


465 


Unter  ben  SBefürtoortern  ber  9?eftitution  treffen  tuir  loeiterfjin  beit  P.  9ieinh. 
Bigler,  beit  93eic^tüater  be§  Äurfiirften  non  ÜDiainj.  2tm  5.  Sluguft  1628  fc^reibt 
nämlich  3>itette§dji  att^igfer:  Sen  9tat  §od)nmrben,  burctj  ben  ißapft  auf  ben 
Äaifer  einjumirfett,  baff  er  bie  33i§tünter  nnb  anbere  ^irdjengüter  fo&alb  als  möglich 
beit  ^roteftanten  ju  entreißen  trachte,  Ijabe  id)  bereits  benen  niitgeteitt,  tion  beiten 
id;  einen  nadjbrücflidjen  ©inflnfj  iit  biefer  fo  mistigen  ©adje  auf  ben  s^af>ft  erhoffe. 
Sftödjte  nur  biefe  fo  fjerrlidje  (Gelegenheit,  tneld^e  bie  grofie  Xruppenmadit  ber  fatf)o= 


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SBricf  be§  P.  2(bam  Goitljen  nu§  9tegen36urg,  27.  guli  1630. 


lifdjen  dürften  §ur  SBiebererlangung  oder  ju  Unrecht  non  ben  ißroteftanten  früher 
befehlen  (Güter  bietet,  nicht  burdf)  S^eib  tutb  ßunetradjt  üertfinbert  tnerben ! 1 


SteligionSfrieben,  toiber  beffen  rechtmäßigen  Sßer= 
ftanb,  ben  Satholifdjen  ju  merflidjem  9tad)teil 
auf  ißren  Uniberfitäten  ju  gena,  Seip^ig,  £ü= 
biugeu,  Söafel,  Sßittenbcrg  unb  anbern  Orten 
in  2)rud  ju  fertigen,  fo  ift  e§  ben  Satfiolifdjen 
aud)  nidjt  geboten,  baß  fie  foltert  bie  £>änb  in 
ben  ©ad  fdßeben,  baS  SWaul  Oerbinben  unb 
feinen  33ud)ftaben  ^u  ifjrer  $efenfion  fdjreiben." 
SBenn  bie  Satfjolifen  fdjraiegen ,  toürbe  ifjr 
©d)ioeigen  als  GinberftänbniS  mit  ben  proteftam 
tifcfjen  Behauptungen  aufgefaßt  unb  bei  fpäteren 
3tneifeln  eben  nur  bie  Stnfidjten  ber  proteftan» 
tifdjen  guriften  als  maßgebettb  Perrriertet  mer= 
beit,  gor  er,  2lnti=9KcIanber,  b.  i.  SBarnungS-- 
fdjrift  an  bie  lieben  Sentfdjeu,  toarumb  fie  bem, 
ber  fiel)  Philoxenum  Melandrum  (©cßoppe) 
nennet,  bnrcpauS  feinen  ©fanben  foUen  juftetlen. 
9Jtünd)en  1633,  25  28. 

1  *  Orig.dReg.  Ad  Rhen.  sup.  SSgl.  9.  ©ept. 
1628  unb  23.  9too.  1630.  ähnlich  fpridjt  fid) 
Gongen  in  einem  ©utad)ten  für  SOtajimilian 
auS:  Si  esset  spes  aut  ratio  secreti,  non  est 
Suljr,  ©eftfjidjte  ber  ^efuiten.  II. 


dubium,  quin  Caesari  suadere  oporteret,  ut 
in  proposito  pergeret,  ad  hoc  etiani  animan- 
dus  esset,  et  auxilia  praestanda,  hic  est  enim 
finis  belli  et  fructus.  Nunc  vero  existimo 
modum ,  et  viam  quaerendam,  qua  occulte 
suggeratur  eius  maiestati,  ne  se  dimoveri  a 
tarn  bono  instituto  patiatur,  forte  id  per 
agentem  aut  alio  modo  fieri  posset,  ut  tantum 
bonum  ne  intermittatur,  et  aliqua  culpa  per 
omissionem  contrabatur.  Nam  si  nullum  om- 
nino  responsum  detur,  varie  interpretabuntur, 
et  qui  nunc  ad  perniciosam  facilitatem  in- 
clinant,  obtinebunt  quae  volunt,  et  erunt 
posteriora  deteriora  prioribus.  QUod  impe- 
dire  consilio,  opus  sanctissimum ,  et  ma- 
ximi  apud  deum  meriti  est,  in  cuius  manu 
cum  sint  corda  regum  et  principum,  non  erit 
illi  difficile  compensare,  quicquam  offensionum 
timeri  potest,  eidem  Seren.  V.  ex  animo  com- 
mendo.  *  Original  in  9Jt.  ©t.,  Saft.  fd)toarä 
4/4,  f.  124  f.  Siegt  tiad)  bem  Sonjept  beS  ^terjogS 
93tap  an  ben  Saifer,  13.  ©ept.  1629.  9Jtit  ber 

30 


466 


Siebtel  fiapitel.  griebenlbeftrebungen  imb  ©egen jlrömun gen. 


Sei  ber  SfuSfüprung  beS  ReftitutionSebifteS  zeigten  fid^i  gmei  Strömungen  unter 
beit  ßatpofifen,  eine  gemäßigte,  bie  fangfameS  unb  beputfameS  Sorgepen  befürmortete, 
eine  fdjärfere,  bie  im  Sertrauen  auf  bie  @erecf)tigfeit  ber  Sadje  eine  große  @nt* * 
fepiebenpeit  »erlangte.  ®iefe  beiben  Slnficpten  prallten  auf  bem  Regensburger  ®ur* 
fiirftentag  1630  fjart  aneinanber.  Serüauj,  ber  fpätere  Seidjtoater  beS  ®urfürften 
üRajimifian,  pat  bieS  in  feinen  Saprifcpen  Sfnnafen  anfepaufiep  gefepifbert.  ®ie  ge* 
mäßigtere  Ridjtung  unter  ben  ^atpofifen,  gu  ber  auep  SRajimifian  gehörte1,  tuollte 
bie  inneren  ßmiftigfeiten  beigefegt  miffen,  um  bie  ißroteftanten  gur  einträchtigen  fpiffe 
gegen  bie  auSmärtigen  g-einbe  gu  geminnen.  9Rit  ÜRajrimifian  »ertraten  bie  meiften  Räte 
beS  $aiferS  unb  ber  ®urfürften  biefen  Stanbpunft,  unb  fo  mürbe  Sadjfen  unb  Sranben* 
bürg  Hoffnung  gemacht  für  bie  Seibepaftung  ber  ^irdjengüter  menigftenS  üorfäufig 
für  40  $apre.  Obgfeid)  nun  Diele  fö'atpofifen  für  biefe  oerniinftigen  Grrmägungen 
maren,  fo  »erfodjten  boep  einige,  burd)  bie  »iefen  Siege  gefäufdjt,  bie  fdjärfere 
ÜReinung:  jeßt  miiffe  man  §ugreifen,  jeßt  fei  affeS  reif  gur  (Srnte,  mäeptige  (peere 
ftänben  gur  Verfügung,  baS  ©egenteif  fei  geigpeit,  mo  eS  fich  hoch  um  bie  ©pre 
©otteS  unb  ber  Äircpe  unb  baS  Seefenpeif  fo  Dieter  ÜRenfcpen  fjanbte ;  gubern  fei  eS 
fßf  fiept  beS  ßaiferS;  ba  bie  ^Sroteftanten  nie  bie  Verträge  gepalten,  möge  ber  ®aifer 

gufepen,  ob  er  nkpt  ungeredjt  gegen  bie  $ircpe  Derfapre,  mäprenb  er  üRilbe  gegen 

bie  £yeinbe  ber  fö’irdje  malten  faffe.  ®ie  &?ircpengüter  ftänben  niept  in  ber  ©emaft 
beS  fö'aiferS,  eS  fei  ein  Safrifeg,  menn  er  für  40  ^apre  barauf  »ergidjte:  baS  fei 
Sache  beS  fßapfteS,  opue  beffen  ©rfaubniS  nicptS  gefepepen  bürfe.  2fn  biefen  Klippen, 
fo  fäprt  Seroaup  fort,  gerfepeßten  bie  gemäßigteren  Ratfcpfäge,  afS  ftepe  eS  niept 
bem  burd)  fo  oiefe  Kriege  erfdpöpften  ®aifer  frei,  einen  Sfugenblid  aufguatmen,  unb 
afS  müffe  er  gfeiepfam  Ürieg  füpren  aud)  bei  ber  eoibenten  ©efapr  ber  Rieberfage, 
mo  bann  affeS  oerforen  fei.  Sfucp  maren  bie  Kräfte  beS  ®aiferS  niept  fo  groß,  unb 
fie  fepienen  audj  bem  fö'aifer  nidjt  fo  groß,  ber  ben  ^rieben  müufcpte;  auep  nidjt  ben 
Äurfürften,  inSbefonbere  Rtapimifian  nidjt,  ber  in  feiner  großen  ßfugpeit  ben  bropen* 
ben  Sturm  üorauSfap.  ®er  fiegreiepe  ÜEifft),  ber  gu  allem  bereit  mar,  riet  bem  Äaifer 

unb  ben  fö'urfürften  bringenb  gum  ^rieben,  menigftenS  in  SDeutfcpIanb,  unb  boep  famtte 

fXifft)  bie  Serpäftniffe  genau,  unb  ber  SfuSgang  pat  gegeigt,  mie  rieptig  er  üorauS* 
gefepen.  SDie '  feparfen  Ratgeber  fiegten,  fie  maren  ber  Sfnficpt,  baS  Qrbift  bürfe  in 
nicptS  gemifbert  merben,  unb  patten  ja  fpäter  ©runb  gur  Reue,  ©inige  pabett  bann, 
freifidj  gu  fpät,  ipren  Irrtum  eingefepen  unb  eingeftanben,  man  pabe  einen  geitmeifigen 
Sergfeicp  rnegen  ber  ßürepengüter  mit  ben  fßroteftanten  eingepen  tonnen.  ÜRajimifian 
pat  fidj  oft  über  biefe  fdjarfen  Ratgeber  beffagt.  greifidj  trugen  bie  gorberungen 
ber  i^roteftanten  auep  fepr  oiefe  Scpnfb2. 

3u  ben  rigidi  consultores,  mie  Seroauj  fie  nennt,  foff  auep  ber  bamafige 
Seidjtoater  ÜRafimifianS  Slbam  ©onßen  gepört  paben.  3n  feiner  £>enffcprift  über 
bie  Urfadje  ber  übefn  Sage  ®eutfcpfanbS  ergäpft  ©onßen:  2ffS  bie  Speofogen  auf 
bem  Regensburger  Ä'onoent  gefragt  mürben,  ob  fie  in  fofepen  Scpmierigfeiten  für 
^rieben  ober  ben  fö'rieg  feien,  antmorteten  fie,  einen  guten,  gerechten,  eprenüoHen, 
fiepern  unb  eprfidjen  Trieben  Billigten  fie,  einen  anbern  niept.  SDeSpafb  maren  bie 
£peofogen  nidjt  bie  Urfadje  beS  Krieges.  £>enn  ber  $aifer  unb  affe  dürften  unb 


SO?ef)rsat)I  ber  ftatpotifen  faßte  and)  2üllt)  bie 
Steftitntiou  atS  gruefjt  be§  Krieges  auf.  33gl. 
§t)e:t  an  ben  Äaifer,  SOfinben,  22.  Slug.  1629. 

*  Original  in  SBien,  ©taatSarcpib,  9feid)§faitälei, 
Stetig.  Sitten  Sfr  35. 

1  Spater,  bei  bem  Sparafterbilb  SJfajimilian?, 
frfjreibt  S?eröauj:  Obfuit  in  immensum  orbi 


Germanico,  eins  (Maximiliani)  consilia  de 
maturanda  cum  hostibus  pace,  bello  postremo, 
locum  sero  nimis  habuisse :  eam  suaserat 
anno  1630. ..  .  Job.  Adlzr  eit  er ,  Annales 
Boicae  Gentis  (1662)  III  612. 

2  ©bb.  (1710)  208  ff.  Sßgl.  Kropf  I  509  f. 


$cr  Regensburger  RcicfjStog  1630. 


467 


ade  State  mären,  fo»ief  icfj  meifj,  berfelbeit  Meinung.  9)Zan  beftanb  auf  bem  ißaffauer 
Vertrag:  ba§  »erlangten  ade  Äatfjofifen,  unb  ftet§  »erlangte  man  bie  Steftitution 
ade§  beffen,  ma§  gegen  ben  ißaffauer  Vertrag  geraubt,  unb  bie  2fu§fiifjrung  ber  faifer« 
fidjeit  ©bitte.  2fde§  ba§  mürbe  offne  bie  ©fjeofogen  »erfjanbett.  {yür  biefe  33efdjfüffe 
barf  man  nidjt  bie  «Sdjufb  adein  auf  bie  Geologen  merfen.  ©ie  grage  tarn  gule^t 
an  bie  ©Geologen,  unb  biefe  bidigten,  ma§  bereits  befdjfoffen  morben.  ©ie  ©fo¬ 
togen  mürben  and)  gefragt,  ob  fie  glaubten,  baff  bie  äufjerfte  Uumögfidffeit  jur  $ort» 
fe|ung  beS  Krieges  »or^anben  unb  besfjafb  ber  Triebe  unbebingt  notmenbig  fei. 
©ie  ©Ideologen  antmorteten,  ba§  fei  eine  pofitifdfe  ^ra9e  un^  hänge  ganj  »on  ben 
SJZadjtoerfjäftniffen  ber  dürften  ab.  ©ine  äufjerfte  SZot  fteffe  ihnen  nidjt  feft  unb 
»iete  Utnftänbe  fprädjen  für  bie  ÜDtögfidjfeit,  ben  ®rieg  fort^ufe^en,  bis  ein  efjren» 
f)after  griebe  erlangt  merbe.  ^m  übrigen  fenne  SZot  fein  ©ebot.  ©§  fcfjeine  aber 
fef)r  bebenflid),  einen  fdjfimmen  ^rieben  einjuge^en,  ber  fcfjfimmer  fei  af§  ber  ®rieg. 
2füe  dürften  rcaren  biefer  Meinung,  audj  folcfie,  bie  feine  ^efuiten  af§  ©fjeofogen 
Ratten  K 

$n  einer  SSerteibigunggfdjrift  »om  $afjre  1632  entfdjulbigt  ©on^en  meiter  bie 
©fjeologen:  Qm  Qafjre  1630  mürben  51t  StegenSburg  »on  ben  ^roteftanten  bem 
SSZainjer  &'anjfer  fünfte  für  einen  griebengfdjfufj  übergeben,  ©iefefben  mürben  guerft 
»01t  einigen  menigen,  bann  »on  mehreren  Stiften  ber  fatholifdjen  dürften  beraten, 
meiterfjin  »on  ben  dürften  fefbft  unb  fdjfiefjfidj  »om  Ä'aifer.  2fde§  bieS  gefefja^ 
ofjne  ©Biffen  ber  ©fjeofogeit  unb  93eidjt»äter.  ©nbficfj  nad;  ungefähr  fünf  Söodjen 
mürben  bie  proteftantifdjen  SSorfcfjfäge  mit  ben  Sfntroorten  unb  ber  fßroteftation  ber 
Äatfjofifen  (über  bie  Unantaftbarfeit  be§  9tefigionSfriebenS)  ben  ©Geologen  »orgefegt. 
©iefe  bidigten  bie  Söefcfjlüffe  ber  State  unb  dürften,  ©iefe  fBefdjfiiffe  befagten,  e§ 
fei  fein  griebe  abjufdjlie^en  auf  bie  35orfcfjfüge  ber  fßroteftanten  hin,  meif  fie  gegen 
ben  elften  ^rieben,  ben  fßaffauer  Vertrag  »on  1552  feien,  »on  mefdfem  bie  fatfjo» 
fifcfjen  State  in  nidjtS  abmeidjen  modten.  Sfffo  nicfjt  bie  ©fjeofogen,  foubern  bie 
pofitifdjen  State  fjaben  guerft  gegen  ben  oorgefdjfagenen  grieben  geftimmt.  SZadj  bem 
bamafigen  ©tanb  ber  ©inge  fonnte  fein  aufrichtiger  fatfjofifdjer  ©fjeofog  ju  einem 
fofcfjen  ^rieben  raten.  5ernei:  werben  bie  ©fjeofogen  »on  SJZüncfjen  ju  Unrecht  an» 
geffagt,  ba  nur  ein  ©fjeofoge  au§  SJZündjen  ju  Stegensburg  um  Stat  gefragt  mürbe, 
^a  bie  SJZündjener  ©fjeofogen  fönnen  megeu  fBerfjinberung  be§  grieben§  fo  menig 
befefjufbigt  merben,  baff  fogar  manche,  fomofjf  ^efuiten  af§  StuSmärtige  (SZidjtjefuiten), 
gemeint  haben  unb  nocfj  meinen,  bie  SJZündjener  ©fjeofogen  feien  ju  fehr  für  ben 
griebenlfchfufj  gemefen.  ©eShalb  mürben  fie  »on  einigen  für  furcfjtfam  unb  pofitifdj 
gehalten,  meif  fie  ju  fehr  für  ben  grieben  maren.  Söenn  alfo  bie  ^efuiten  Urfacfje  ber 
gegenroärtigen  Übef  finb,  meif  fie  bie  ohne  ihr  SBiffen  befdjfoffenen  Sfntmorten  ber 
ftatfjofifen  gebidigt  fjaben,  fo  finb  nodj  mehr  llrfadje  bie  State  unb  bie  dürften 
fefbft,  raefdje  biefe  33efdjfüffe  gefafjt,  gefcfjrieberr,  befräftigt  unb  fdjfiefjfidj  ben  ©fjeo» 
fogen  »orgefegt  fjaben1 2. 

©ie  fcfjmebifdje  ©turmffut  brach  herein/  nnb  SJZadjt  beS  ßaiferS  mürbe  faft 
»ernictjtet.  ©§  ift  erffärlicfj,  bafj  bie  fßroteftanten  fidj  au§  fonfeffioneden  ©rünben 
mit  bem  auSmärtigen  geütbe  »erbanben,  fo  fehr  ifjr  patriotifdjeS  ©emiffeit  baoon  ab» 
mahnen  modjte.  ©a§  ©ebaren  be§  fdjmebifdjen  ©robererS,  ba§  auf  bie  »ödige  33e» 
herrfdjung  be»  beutfdjen  9teid;eS  auSging,  muffte  biefe  ©emiffenSbiffe  notmenbig 


1  *Contzen,  Consideratio  c.  22.  ä)t.  R.,  9Jf.  R.,  Jes.  42.  2>anad)  Kropf  II  216  f. 

Jes.  86.  93gf.  S.  465,  91.  1.  SJgf-  ben  unbatierten  SSrief  SonßenS  an  ben 

2  *Defensio  P.  Contzen  contra  quasdam  93ifcf)of  Ooh  DSnabriicf  bom  1630.  *  Äopie 
querelas  et  calumnias,  1632.  3)iefe  9luffdjrift  in  Barb.  Lat.  6749. 

üon  ber  §anb  beS  P.  iDfunbbrot.  Äopie  in 


30 


468 


Siebtes  Kapitel.  g-riebenSbeftrebungen  ititb  ©egenftrßmungen. 


fteigern.  ©o  mürbe  bann  ba§  Verlangen  nad)  einer  (Einigung  im  Innern  immer 
bringenber,  bie  ©efjnfudjt  nacfj  bem  ^rieben  immer  gröfjer.  Siefe  ©efjnfudjt  oer* 
anfafjte  nacfj  ber  Rieberlage  ber  ©djmebeit  bei  Rörbfingen  ben  fßrager  ^rieben  (1635), 
in  meinem  ber  föaifer  ficfj  mit  $urfadjfen  nnb  ber  RMjrgafjf  ber  proteftantifdjen 
©tänbe  oergftdj.  Sie  ©ftremen  auf  beiben  ©eiten  maren  bamit  fefjr  ungufrieben. 

Riefe  ^roteftanten  befämpfteit  ben  Frager  fyrieben.  Sie  pommerifdjen  ^5räbi- 
fanten  begeidjneten  bie  Refürmortcr  beg  griebeng  afg  ^feubopofitifer.  Sparen  bie 
futfjerifcjen  Sfjeofogen  geteilter  Sfuficfjt,  fo  maren  affe  reformierten  Sjeofogen  einig 
in  beffen  Rermerfitng,  meif  bie  Reformierten  non  bem  ^rieben  auggefdjfoffen  maren. 
Qn  gfeidjgeitigen  proteftantifdjen  gdugfcfjriften  mirb  ber  Frager  fyriebe  in  ber  fdjärfften 
$orm  befämpft  nnb  nerbantmt1. 

Sie  Rerljanbfungeu,  bie  bem  Präger  fyriebeit  oorauggingen,  geftaftetcn  fidj  redjt 
fdjmierig,  ba  ba§  Reftitutiongebift  praftifdj  anfgegeben  nnb  ben  proteftantifdjen  dürften 
bie  geifttidjen  ©üter,  mefdje  fie  1620  bjm.  1627  befeffen  Ratten,  menigfteng  für 
fange  ßeit  gugefprodjeti  merben  fofften.  ©djon  in  früheren  ©tabien  fjatte  man  in 
Rom  grofje  Rcforgniffe,  ber  fö'aifer  merbe  ben  ißroteftanten  gu  meitgefjenbe  gu* 
geftänbniffe  macfjen.  SBieberfjoft  mahnten  bie  Runtien  am  SSSiener  §ofe  Rocci  nnb 
©rimafbi  ben  P.  Pamormaini,  bem  Äaifer  ing  ©emiffen  gu  reben,  nnb  ber  Reidjt* 
nater  fam  biefer  SSeifung  nacj  2. 

2fm  3.  Februar  1635  berichtete  ber  Runtiug  Rocci  an  Rarberini,  bafj  ©paniert 
ben  ^rieben  münfdje,  ebenfo  ber  ß'aifer.  Serfefbe  fjabe  eine  fftonfereng  non  10  big 
12  Sljeofogen  angeorbnet,  bie  unter  bem  Rorfitj  beg  ^arbinafg  Sietridjftein  bie 
fünfte,  mefdje  ©emiffen  unb  Religion  betreffen,  beraten  foffen3.  ©ine  SCSodje  fpäter 
(10.  gebruar)  mefbet  Rocci:  Sie  Sfjeofogenfonfereng  unter  Sietridjftein  über  ben 
^rieben  mit  ©adjfen  nimmt  ijren  Fortgang.  Sie  gafjf  ber  Sjeofogen  beträgt  23, 
barunter  8  gefuiten,  3  fö’apuginer  unb  je  gmei  non  ben  anbern  Orben,  bie  Rieber* 
faffungen  in  SBien  fjaben.  Sie  ©ntfdjeibung  ber  Sjeofogen  foff  für  ben  fyrieben 
fein,  um  fo  mefjr,  afg  ber  größere  Seif  ber  gur  Consulta  gerufenen  Sfjeofogen  ©panier 
ober  fpanifdje  Untertanen  finb4.  Sftn  17.  [yebruar  1635  mefbet  Rocci  bag  ©nbe 
beg  ßonfufteg,  bie  Riejrgafjf  jabe  fich  für  ben  ^rieben  mit  ©adjfen  auggefprodjen 5, 
unb  am  24.  Februar  beridjtet  er,  Samormaini  fei  für  ben  ^rieben  mit  granfreidj 
unb  gegen  ben  ^rieben  mit  ©adjfen,  bie  ©panier  bagegen  madjten  bie  größten  2ln» 
ftrengungen  für  ben  ^rieben  mit  ©adjfen,  um  fo  feidjter  ijre  ^Släne  gegen  granf* 
reidj  unb  mojf  audj  gegen  Italien  burdjfefjen  gu  fönneu6.  Samormaini  erfjäft  für 
feine  Sätigfeit  bie  größten  Sobfpriidje  Pon  feiten  ber  Runtien  unb  beg  £arbinaf» 
©taatgfefretärg  S3arberini 7. 

Über  ben  Rerfauf  ber  Sfjeofogenfonfereng  beridjtet  Räfjereg  P.  ©rafiug  am 
24.  gebruar  1635  aug  SBien:  Ron  Ofmütj  bin  id)  fdjon  einen  gangen  ÜJRonat  ab» 


1  ^itjigratl),  Sie  ^Subligiftif  beS  fraget- 
griebcnS  (1880)  28 — 54. 

2  *  Sepefdjen  beS  aufjerorbentlidjen  SuntiuS 
©rimalbi  au  SBarbcrini,  5.  u.  19.  fDMrä  1683. 
Original  in  31ff-  Bark.  Lat.  6979.  (Rocci 
an  Sarberirti,  18.  Quni  1633,  30.  @cpt.  unb 
7.  Oft.  1634.  Original  in  ßiff.Barb.  Lat.  6972 
u.  6975. 

3  *  Original  in  3'ff-  Barb.  Lat.  6976.  Sßgl. 

©in beit),  ©efd).  beS  Sretfjigiäljr.  Krieges  ill 

(1882)  56  f.  Sie  Korrefponbenj  beS  KarbinalS 

Sietridjftein  über  bie  Sfjeologenfonferenj  in 

SBien,  StaatSardjio,  ff-riebenSafteu  11 ab. 


4  *  Original  in  3iff-  Barb.  Lat.  6976,  f.  51  ff. 
Sgl.  fDfalatefta  Saglione  an  Sarbcrini,  10.  gcbr. 
1635.  Original  in  3Üf-  Barb.  Lat.  6989,  f.  91. 
5.  SRärj  1635.  Original  ebb.  6990,  f.  4. 

5  *  Original  ebb.  6976,  f.  56. 

6  *  Original  ebb.  6976,  f.  76;  ebenfo  5.  fDtärj, 
ebb.  f.  78.  tfdjnlid)  SDfalatefta  Saglione,  7.  Slprit 
1635,  ebb.  6990,  f.  79. 

7  Sn  ben  oben  angeführten  Sepefdjett  9JfaI. 
Saglione  au  Sarberiui,  14.  Slpril  1635,  ebb. 
6990,  f.  88,  unb  16.  gcbr.  1636,  ebb.  6994, 
f.  65. 


35er  Kroger  Triebe  1635. 


469 


mefenb  unb  merbe  bor  äftittfaften  mopf  nicpt  jurücf feeren,  gdj  fam  pierpin  mit 
Karbinaf  ®ietridjftein,  ber  bon  bem  Kaifer  ben  Vefepf  erhalten,  einige  Speofogen 
jufammenjurufen,  um  bie  bon  ©acpfen  borgefegten  fjriebenSartifel  ju  beraten,  unb 
beSpafb  micp  unb  meinen  Sieftor  ju  fiep  berief  unb  mit  nacp  SSien  naprn.  2>ie  erfte 
Konferenz  im  Haufe  beS  KarbinafS  mar  am  5.  gebruar,  bie  fepte  am  16.  gebruar. 
25ann  arbeitete  jeber  in  brei  Sagen  fein  ©utacpten  auS  unb  übergab  eS  gefiegeft 
für  ben  Kaifer.  SDiefer  pat  bie  meiften  fcpon  gelefen  unb  fie  alle  jur  Prüfung  bem 
Karbinaf  übergeben  unb  ben  brei  Kommiffären,  mefcpe  am  27.  biefeS  nacf)  ©acpfen 
reifen,  um  bie  (Sntfdjeibung  beS  KaiferS  über  bie  einzelnen  SIrtifel  gu  überbringen, 
gn  unferer  Konferenz  führte  ber  Karbinaf  ben  Vorfip,  bie  beiben  faiferficpen  Korn» 
miffäre  Oueftenberg  unb  ©ebparb  erflärten  bie  einzelnen  Strtifef.  ©3  maren  23  Kon» 
fultoren,  ber  Sieftor  SJiagnififuS  bon  Söien,  8  gefuiten,  3  Kapuziner,  2  Sominifaner, 
2  unbefdjupte  Karmeliter,  je  2  granjiSfaner  bon  ber  ftrengen  unb  leichteren  Obferbanj, 
2  Varnabiten  unb  1  Sfuguftiner.  Sitte  antmorteten  gmeimaf  auf  bie  borgefegte  SDiaterie, 
meift  gelehrt  unb  elegant.  guerft  9a^  ^er  Sieftor  SJiagnififuS  feine  ÜDieinuttg  ab, 
bann  P.  Samormaini  \  P.  §einricf|  ißpifippi,  ber  Kapuziner  Duiroga,  Veidjtbater  ber 
Königin,  P.  Vaferian,  Kapuziner,  ber  P.  ißrobingiaf  bon  Öfterreicp,  P.  VafbeSpina  0.  Pr., 
nufer  P.  ißenafofa,  ber  Karmefit,  ber  Vijereftor  unfereS  SBiener  KoffegS  P.  SucaS, 
ber  Sieftor  bon  Ofmüp,  unfer  Sefan  ber  tpeologifcpen  gafuftät,  P.  Submig  (SrafiuS  ufro., 
gufept  ein  gelehrter  befgifcper  Kapuziner.  2öir  maren  unfer  ungefähr  8  ^Belgier. 
Sie  Konferenz  naprn  einen  gfüdficpen  Verfauf.  Sie  Hauptfrage  mar,  ob  im  gaffe 
äuperfter  Siot  affe  griebenSartifef  opne  Vefcpmerung  beS  ©emiffenS  angenommen 
merbeit  fönnten.  gd)  pabe  nacp  meinem  ©emiffen  geantmortet.  SJieine  SJieinung 
gefiel  bem  P.  Samormaini  unb  ben  meiften  ber  llnfrigen.  gcp  pabe  jmei  ©utacpten 
gefchrieben,  ein  fürgereS  unb  ein  längeres,  feptereS  für  P.  Samormaini.  Heu*e  be¬ 
ruft  ber  Kaifer  feine  Vertrauten  für  bie  fepte  ©ntfdjeibung,  unter  ipnen  mirb  aucp 
P.  Samormaini  fein.  SSeif  idj  burd;  einen  @ib  gebunben  bin,  fann  id;  Gringelpeiten 
nicht  müteilen,  im  allgemeinen  ift  ber  Kaifer  fepr  perpfep  unb  meifj  nicht,  mopin  er 
fiep  menben  foff.  Stuf  ber  einen  ©eite  foff  eS  unmöglich  fein,  ben  Krieg  fortgufepen 
auS  SJiangef  an  ©efb,  SSaffen,  ©ofbaten  unb  megen  ber  ©tärfe  beS  geinbeS;  auf 
ber  anbern  ©eite  fepft  eS  nicht  an  ©rünben,  mefdje  für  bie  gortfepung  beS  Krieges 
fprecpen1 2. 

Ser  Kurfürft  öon  SSiaing  Slnfefm  Kafimir  erffärte  fiep  auf  bem  peremtorifepen 
Termin  oom  25.  gebruar  1635  für  ben  grieben.  Slucp  bie  Speofogenfonfereng  in 
Köln,  an  mefeper  fiep  auf  Veranfaffung  beS  Kurfürften  bon  Köln  ber  SSeipbifcpof 
bon  ißaberborn,  2  Sominifaner,  2  Obferbanten,  2  Kapuziner  unb  2  gefuiten  be» 
teifigten,  fpradj  fiep,  meif  Siot  fein  ©ebot  fenne,  unter  einigen  Kfaufefn  für  ben 
grieben  aus3. 

(SinigeS  über  bie  rpeinifepe  Speofogenfonfereng  erfapren  mir  aus  einem  ©epreiben 
beS  P.  SJiap  ©anbaeuS,  batiert  Köln,  1.  Sfuguft  1634,  au  ben  ißrobingiaf  ber  ober» 
rpeinifepen  ißrobing.  SffS  ber  Kaifer  bie  in  Köln  meifenben  gürften  aufforberte, 
©efanbte  gu  einer  griebenSfonfereng  gu  fepiefen,  beriefen  biefe  meprere  Speofogen, 
barunter  gmei  gefuiten,  gu  einer  Beratung,  ob  bei  ber  jepigen  Sage  mit  gutem  @e» 
miffen  unter  Preisgabe  bon  Kircpengütern  griebe  mit  ben  ißroteftanten  gefepfoffen 
merben  föune.  SJiit  menig  Siüdficpt  auf  bie  refigiöfen,  mit  bief  auf  bie  meftfiepen 
gntereffen  mürbe  befepfoffen :  SBenn  baS  Vamberger  unb  SSürjburger  ViStum  niept 


1  Erafiuä  fcf)rei6t  Samermain,  Sammermain  3  3Sogt  =  2Beipet,  94f)ein.  Slrcfjio  IX  318. 

unb  Samermatnt.  (Sin  @utacf)tert  »ont  25.  ^febr.  1635  über  ben 

s  *Äobie  in  90?.  31-,  Jes.  370.  3?eIigion§frieben  ebb.  IX  312—317. 


470 


©iebtel  ftapitel.  griebenSBeftrebungen  uitb  ©egenftrömungen. 


in  ben  £>änben  ber  geinbe  blieben,  fönne  ber  griebe  gefdjloffen  merben.  „Xie  fdjmadj» 
üoden  23ebingungen  in  betreff  ber  Religion"  billigten  biefe  beiben  ^3atre§.  (Sin  9iat 
roodte  miffen,  ob  bieg  bie  Meinung  ber  ^efuiten  fei.  Xer  ^roüin^ial  ^abe  bieg  üer» 
neint  unb  ben  P.  gacieg  aug  bem  Kölner  Kodeg,  ber  fo  geftimmt,  getabelt.  ©anbaeug 
[teilte  bem  ißroüinjial  unb  Sieftor  beg  Kölner  Kodegg  üor,  fie  fodten  biefe  ©dfjmadj 
für  bie  ©efedfdjaft  nicht  bulben.  Slug  bem  Briefe  geht  nidjt  ^eroor,  ob  er  etmag 
erreicht.  Sßie  man  iljn  nicht  jur  S^eologenfonferenj  sugejogen,  fo  nahm  man  audj 
rueiterf)in  feine  Xienfte  am  SBür^burger  §ofe  nicht  meljr  in  Slnfprudf)1. 

^n  Siom  mar  man  in  banger  ©orge,  man  möchte  ben  ifSroteftanten  gu  oiele  ßu* 
geftänbniffe  madjen.  Xegfjalb  brüdte  ber  ©eneral  23itedegdji  in  mehreren  Briefen 
bem  P.  Samormaini  Söeforgniffe  megen  beg  abgufdjliefjenben  g-riebeng  aug.  Qn  einem 
^Briefe  tiom  3.  SDiärj  1635  meint  er,  eg  märe  mofjl  beffer  gemefen,  mit  benen  ^rieben 
gu  fdjliefjen,  auf  bie  ficfj  bie  ißroteftanten  geftütjt  (b.  fj-  ben  $rango[en),  bann  mären 
bie  Siechte  ber  fadjolifdjen  Religion  in  größerer  ©idjerfjeit  gemefen2.  Xurdj  folcfje 
Slnfid^ten  fd^eint  SSitedegdji  in  ben  Siuf  gefommen  gu  fein,  bafj  er  mehr  gum 
Kriege  alg  gum  grieben  rate,  dagegen  oerteibigt  fid^  ber  ©eneral  in  einem  Briefe 
oom  17.  SJIärg  1635  an  Samormaini.  Siadjbem  er  üorauggefchicft,  bafj  er  für  bie 
Notlage  in  Xeutfcfjlanb,  bei  melier  bag  §eil  fo  üieler  ©eelen  beteiligt  fei,  in  ber 
ganzen  ©efedfdhaft  ©ebete  unb  IBufjmerfe  angeorbnet,  unb  bafj  ihm  bie  ©tetfung» 
nähme  Samormainig  in  ber  güiebengfrage  mie  audj  ber  gange  ©ang  ber  Sierfjanb» 
lungen  unb  bie  güiebengbebingungen  big  jefjt  unbefannt  geblieben,  fcfjreibt  er:  ^d) 
geftefje  gang  offen,  bafj  ich  ben  ^rieben  münfcfje  unb  mit  £>änben  unb  güfjen  auf 
bie  ©eite  ber  griebengpartei  trete,  menn  nämlich  ein  foldfjer  Triebe  gefdjloffen  merben 
fann,  bafj  bie  Religion  unb  bie  ©eredjtigfeit  barunter  nidjt  leiben;  menn  aber  mieberum 
ein  ^riebe  angenommen  mirb  gum  ©djaben  ber  Sieligion,  ber  Kirdje  unb  beg  ©eelen» 
Ijeileg  üon  Sdiidionen,  ein  griebe,  ber  nur  mieber  neue,  fcfjlimmere  Kriege  gebären 
mirb,  fo  fage  ich,  bafj  idj  einen  folgen  ^rieben  öerabfcfieue,  unb  mit  mir  üerabfcfjeuen 
ihn  alle  ©uten,  meldje  ber  SJieinung  finb,  eg  fei  beffer,  ade  Sänber  gu  oerlieren 
alg  mit  einem  foldjen  greüel  fein  ©emiffen  gu  befleden.  Xag  fei  ja  moljl  audj  nodj 
bie  Slnfidjt  beg  Kaiferg  unb  beg  93eidf)tDaterg 3. 

SBie  meite  f'atbjolifd^e  Greife  über  ben  ^rieben  mit  ben  ißroteftanten  bacf)ten, 
legt  ber  SSifdEjof  oon  Sluggburg  ^einr.  ü.  Knöringen  1639  in  einer  Xenffdjrift  bar,  bie 
er  ber  Kongregation  ber  ißropaganba  überreichen  liefj:  Sille  feufgen  unb  rufen  uadj 
bem  ^rieben;  aber  eg  mirb  lein  Triebe  fein,  folange  ber  religiöfe  ßmift  bauert. 
Xag  ift  bie  allgemeine  Slnficljt  in  Xeutfcfjlanb.  Xagfelbe  bezeugen  oiele  proteftantifdje 
©djriften  biefer  ßeit,  namentlidj  ber  „ißoftidon  au  ade  Könige  unb  dürften  ber 
(Stjriftenfjeit^  unb  eine  anbere  mit  bem  Xitel  „Xer  totale  Siuin  beg  jßapfttfjumg", 
melcfje  Oon  einem  Sutljeraner  aug  ben  ©dfjriften  beg  fäcfjfifcEjen  §ofprebigerg  ÜDIattf). 
£>oe  gufammengeftedt  ift.  ^n  biefen  ©cfjriften  mirb  offen  erllärt,  eg  fei  ein  ©ebot 
©otteg,  bag  Slnticfjriftentum,  b.  h-  bag  jßapfttum,  üon  ©runb  aug  ju  üertilgen,  jeüt 
fei  bie  3ed  bagu  gefommen  unb  nidjt  länger  ju  märten,  ^eber  Sleligiongfriebe  mit 
ben  ^Sapiften  fei  ungültig  unb  üor  ©ott  nichtig,  meil  er  gegen  ©otteg  SBort  unb 
üon  ©hriftug  üerboten  fei  im  lebten  Kapitel  üon  ÜDIarfug,  mo  ber  §err  gebiete,  bag 
©üangelium  ader  Kreatur  gu  prebigen.  ©ein  ©üangelium  fei  aber  bag  maf)re 
©üangelium  ©Imiflb  beffen  ißrebigt  burdj  ben  SMigioitgfrieben  an  üielen  Orten  üer» 
boten  fei.  fyolglidj  feien  fie  nidjt  üerpflidjtet,  ben  Sleligiongfrieben  ju  haden,  n?emt 
fie  audj  taufenbmal  mit  ung-  grieben  fdjlöffen.  3r°ifc^eit  ©hriftug  unb  93elial  gebe 


1  *  Original  in  SJtains,  ©taötBibl.,  Jes.  A  25  2  *  Orig.'Sleg.  Ad  Austr. 

Ml.  3  *  ©bb. 


$er  fraget  fgriebe  1635.  —  $ie  2tntneftiefrage  1641. 


471 


eS  feinen  grieben.  Unb  biefeS  ißringip  fipt  fo  feft  in  ber  ©eele  ber  ^roteftanten, 
bafj  biefelben  offenbar  ben  ^rieben  nic^t  attberS  beobachten  toerben  roie  bisher ;  be» 
obachtet  aber  hoben  fie  ihn  nie.  ©omeit  ber  Bifdjof1. 

Siefe  21nfidjt  ber  ©ytremen  auf  beiben  ©eiten,  ein  bauernber  Triebe  gmifdjett 
Slatfjolilen  unb  ^roteftanten  fei  nicht  möglich,  machte  fiel)  auch  nadj  ^em  2lbfcf)luf3 
beS  ißrager  griebettS  bei  ben  meiteren  Berljanblungen  immer  rnieber  geltenb.  Bei 
ben  Berfudfen,  auch  nodj  bie  übrigen  ^roteftanten,  befonberS  £>effen»$affel,  oon  bem 
Bünbniffe  mit  ben  auSmärtigen  Reinheit  abgugiehen  (1639),  fjanbelte  eS  fidj  um  bie 
©ntfdjeibung  ber  ^mage,  bic  Sorberung  ber  SanbeSoermeferin,  ber  Sanbgräfin  oon 
(peffemSlaffel,  bie  calDinifd)en  Neid)Sftänbe  in  ben  NeligionSfriebeit  eingufdjliejjen,  be= 
miHigt  merben  fönne.  Äatljolifen  unb  Sutheraner  hatten  eine  foldje  Bemiltigung 
bisher  entfdjieben  befämpft.  Unter  ben  Satfjolifen  fprach  fid)  aber  befonberS  ber 
Äurfürft  oon  ÜNaing  bringenb  für  bie  SSetoiECigurtg  auS.  Bapern  unb  einige  anbere 
Bifdjöfe  maren  berfelben  2litfid)t.  21  iS  nun  ber  föaifer  einigen  Theologen  in  SBien 
bie  f^rage  oorlegte,  gaben  biefe  ein  gufagenbeS  Botum  ab,  ebenfo  ber  faiferlidje 
Beidjtoater  P.  Johann  ©aitS,  meldjer  ©eptember  1639  oom  Slaifer  um  feine  Meinung 
befragt  mürbe2.  „Nidjt  an  ben  Qefuiten  lag  alfo  bie  ©djulb,  fonbern  lebiglid)  an 
ber  treulofen  ißolitif  ber  Sanbgräfin,  menn  bie  Berljanblungen  nodj  in  groölfter 
©tunbe  gum  ©cheitern  famen."3 

^e  mehr  ©djmeben  unb  f^rangofen  Seutfdjlanb  oermüfteten,  um  fo  nachhaltiger 
halte  ber  ©ebanfe  21nf)änger  gemonnen,  baff  $atIjolifen  unb  ^roteftanten  fidj  oer» 
ftänbigen  müßten,  um  enblidb»  bem  ©lenb  ein  ©nbe  gu  bereiten.  21uS  biefer  @r* 
fenntniS  herQu§  mar  ber  fraget  fyriebe  mit  mefentlidjen  gegenfeitigen  ßugeftänb» 
niffen  möglich  gemorben.  ©hier  üößigen  ©inigung  aber  ftanb  bie  Söfung  ber  fyrage 
entgegen,  ob  bie  mit  bem  ßaifer  nodj  nidjt  auSgeföljnten  dürften  ber  2(mneftie  teil» 
haftig  merben  unb  bie  oon  ihnen  feit  1555  ben  ^atfjolifen  miberrecfjtlidj  entgogenen 
firdjlicfjen  ©iiter  beiaffen  merben  füllten.  $ier  fpielte  alfo  mieberum  eine  micfjtige 
firdjlidje  f^rage  eine  grofje  Nolle,  unb  bie  She°t°9en  mürben  um  ihr  ©utadjten 
angegangen.  BefonberS  in  ben  fahren  1640  (Nürnberger  ®urfürftentag)  unb  1641 
(NegenSburger  NeidjStag,  ©eptember  1640  bis  Cftober  1641)  mürbe  bie  21mneftie» 
frage  lebhaft  erörtert  unb  enblicf)  gelöft.  Sie  baprifdjen  Theologen,  unter  ihnen  oor 
allem  P.  Berbauj,  mürben  mieberholt  babei  befragt4. 

Um  biefe  .Qeit  (15.  $uni  1641)  erging  an  P.  Berbauj:  oon  bem  ihm  fehl-  ge» 
mogenen  ©eneral  BitetteSdji  bie  SBeifung,  bei  ben  ©utadjten,  meldje  ber  Stur  für  ft 
oon  ihm  forbere,  fidj  nidjt  auf  fein  eigenes  Urteil  gu  befdjränf'en,  fonbern,  fomeit 
bieS  ber  ß'urfürft  erlaube,  auch  bie  21nfid)t  anberer  Sljeologen  einguljolen,  bamit  fo 
für  ben  Nuf  ber  ©efellfcfjaft  audj  bei  ben  meniger  ©eneigten  geforgt  merbe5.  Unb 
unter  bemfelben  Saturn  lobte  BüefleSdji  ben  ^rooingial  ©raoenegg,  bafj  er  ben 
P.  ©imon  Seli£  nadj  SNündjett  gerufen,  um  bem  P.  Beroauj;  bei  ben  theologifdjeit 
Beratungen  gur  £anb  gu  fein.  ©r  (ber  ©eneral)  oertraue,  bafj  P.  Beroauj:  bei 
feiner  Bereitmilligfeit,  gu  gehörten,  ber  ÜNahnung,  anbere  Sljeologen  gugugieljen, 
entfprechen  merbe6. 

Qn  Betreff  ber  Berhanblungen  über  bie  21mneftie  gelangten  Silagen  nadj  Nom, 
P.  Beröaup  habe  in  ^reiftng  gur  Berteibigung  ber  21mneftie  folgenbe  Behauptungen 
auf gefteUt :  1.  2öaS  in  fidj  fdjledjt  ift,  fanit  im  Salle  ber  Not  erlaubt  fein.  2.  21udj 


1  *  Original  in  Stom,  34rd)it>  ber  $ropaganba,  3  Subro.  Steinberger,  Sie  Sefuiten  unb 

Lettere  di  Germania  1640,  vol.  82,  f.  45  f.  bie  3frieben§frage  1635 — 1650  (1906),  25. 

2  fiod),  gerbinanb  III.  I  139.  23rocf>  4  33  r  o  dt)  a  u§  a.  a.  D.  17,  2(.  16,  74,  2t.  28, 

bau  3,  ffurfiirftentag  ju  Nürnberg  (1883)  17,  242,  2t.  2. 

2t.  16.  6  *Drig.»9?eg.  Ad  Germ.  sup. 


6  *  5bb. 


472 


Siebtes  fiaüitet.  grieben§beftrebungen  unb  ©egenftrömungen. 


fceSßatb  müßten  beS  griebettg  megen  bie  fitöfter  namenttid)  in  SSürttemberg  beit  ,$äre* 
tifern  gegeben  merben,  tu  eit  fonft  bie  SRöncße,  falls  fie  unter  einem  ßäretifeßen 
g-ürften  iE)re  fitöfter  bedielten,  teießt  oom  ©tauben  abfatten  unb  heiraten  mürben. 
3.  tJDer  Sßroteft  beS  SIpoftotifcßen  Nuntius  auf  bem  Reichstag  (gu  RegenSburg)  fteße 
im  Söiberfprucß  mit  ben  STaten  beS  IßapfteS  unb  beS  RuntiuS  fetbft.  SDiefe  SInftagen 
teilte  RitetteSdji  am  20.  $uti  1641  bem  P.  Rerüau^  mit  unb  fügte  bei,  baff  er 
benfetben  einftmeiten,  big  er  RäßereS  non  ißrn  fetbft  geßört,  leinen  ©tauben  feßenfe  *. 
Rerüau£  fanbte  guerft  eine  Rechtfertigung,  meteße  ben  ©enerat  oottftänbig  befriebigte1  2, 
bann  auf  SSunfcß  beS  ©eneratg  aueß  noeß  ein  3eu9ni§  beS  RifdjofS  üon  Fteifing, 
bag  ber  ©enerat  atg  3eugni3  gegen  jebe  etmaige  Rerteumbung  aufeubemaßren  befafjt. 
©ine  Slbßanbtung  (lucubratio)  über  bie  Stmneftie,  meteße  P.  Rerüauj  üerfaßt,  oer* 
fpraeß  RitetteSdji  aümäßtieß,  fomeit  bie  täglichen  Arbeiten  eg  ertaubten,  gu  tefen3. 

Rei  ben  Rerßanbtungen  beg  Regensburger  Reichstages  ptaßten  aber  mie  oor  jeßn 
fahren  bie  gemäßigten  unb  extremen  ©lemente  mieberurn  ßart  aufeiitanber.  §ier 
mar  eS  befonberS  P.  §einricß  SBangnered,  ber  fid)  in  einem  ©utaeßten  Quaestio  ardua 
feßarf  gegen  bie  ©emäßrung  ber  Stmneftie,  ja  fogar  gegen  ben  StugSburger  RetigionS» 
frieben  auSfpracß.  Fn  ber  fyotgegeit  fpiett  biefer  P.  SSangnered  eine  große  Rotte  atS 
einer  ber  Unüerfößnticßften  unter  ben  Unöerföfjntic^en.  SSangnered  (Söagnered)  mar 
geboren  1595  ju  üRüncßen  unb  mit  16  Faßren  in  bie  ©efeUfc^aft  eingetreten,  ©eit 
1625  mirfte  er  meiftenS  in  SDUIingen  atS  fßrofeffor  ber  )ßßiIofopßie  unb  jTßeotogie,  feit 
1642  befleibete  er  auch  baS  fiangteramt4.  ©erabeauS  bis  gut  ©robßeit,  feßeute  er 
Oor  feinem  fiampf  §urüd,  befonberS  mo  er  glaubte,  bie  ©ereeßtigfeit  fei  oerteßt. 
Stuf  feine  Rermanbtfdjaft  oon  mütterlicher  ©eite  mit  bem  großen  Sßeotogen  F°ßanu 
©d  ßiett  er  große  ©tiide  —  in  feiner  Slppetlation  oom  24.  Februar  1648  an  ben 
Sßapft  unterfeßreibt  er  fieß  SEßangner*©diuS 5.  Ron  fieß  unb  feinen  Strbeiten,  befonberS 
aber  Oon  feinen  fiampfibeen  mar  er  ftarf  eingenommen  bis  jum  Fanatismus  unb 
bis  jur  Reraeßtung  unb  Rerfpottung  feiner  ©egner.  Rei  feinem  ©egner  Rerüaup 
fießt  er  in  feber  ßeite  SRenfdjenfurdft,  aber  feine  ©otteSfurcßt 6. 

Stucß  ben  ©enerat  „RincentiuS"  (©arrafa)  unb  bie  „Rincentiani"  ßiett  er  für 
üerbtenbet  üon  ÜRenfcßenfurcßt7.  Ror  brei  Faßten,  f°  fd)tieb  er  am  1.  ÜRai  1649, 
habe  id;  bie  Recßte  beS  abetigen  fianoniff enftifteS  in  Sinbau  in  einem  gemattigen 
Ranb  üerteibigt8 *.  Riete  Recßte  oon  großer  Rebeutung  ßabe  idj  atS  ber  StugSburger 
fiircße  unrechtmäßig  entzogen  nacßgemiefeit  gu  Sehweiten  beS  RifcßofS  tpeinridj,  ber 
14  Faßte  meine  SDienfte  in  Stnfprucß  genommen  ßat.  Ferner  ßabe  icß  unter  anberent 
oor  meßreren  Faßten  eine  ÜRetßobe  gur  Reform  ber  fiircße  naeß  ben  Sefreten  beS 
Xribentiner  fionjitS  gefeßrieben.  Rei  ber  Fenfitr  ging  bie  ©cßrift  oertoren,  ein 
fi'ompenbium  märtet  fißon  ein  Faßt  üergebenS  auf  bie  Stpprobation0. 

Söeniger  ßoeß  baeßten  bie  Obern  üon  Söangnered.  @ie  oertrauten  feiner 
fitugßeit  nießt  atlguüiet ,  meSßatb  fie  mieberßott  feine  ©rmäßtung  gum  ^ofbeießt* 
oater  gu  oerßinbern  fueßten 10.  RefonberS  feit  SSangnered  fiangter  gemorben,  gingen 


1  *  Orig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

2  *$itefle§d)i  an  Serbau£,  31.  Slug.  unb 
19.  Oft.  1641. 

3  *  33iteHeSd)i,  7.  Sept.  1641. 

4  Sgl.  Süectjt,  SBillingen  327  ff. 

6  Sgl.  Steinberger  a.  a.  0.  140,  21.  1. 

6  SScntguerecf  an  Siber,  28.  Sau.  1648. 
*  Original  in  fDtains,  Stabtbibl.,  Jes.  A  46°. 

7  SBangnerctf  1.  SKärj  1649.  *  Original  in 

Bibi.  Chigi  B  I  1,  f.  182. 

6  Sgl.  fciftor.  geitfeßr.  XXVI  (1871)  75  ff. 


9  *  Original  ebb.  f.  187.  Über  anbere  Sdjrif* 
ten  ÜJtotijen  in  50t.  9t.,  Jes.  333  Ya- 

10  9täf)ere§  bei  S  t  e  i  n  b  e  r  g  e  r  a.  a.  0.  13  ff. 
$er  ©enerat  Sitelle§d)i  febreibt  am  30.  Suni 
1640  an  P.  ©rabenegg:  P.  Henricum  Wagner¬ 
eck  postulatum  iri  ad  Confessiones  Serenissi- 
morum  Tirolensium  videntur  aliqui  formidare; 
rogo  impense  R.  V.,  ut  postulationem  prae- 
vertat  quamque  sifc  parum  ad  id  officii  ido- 
neus,  si  non  potest  aliter  impediri,  reprae- 
sentet.  *  Original  in  91t.  9t.,  Jes.  881.  Scfjon 


$ie  Slmneftiefrage  1641. 


473 


oon  oerfdfiebencn  Seiten  Klagen  it6cr  ihn  an  ben  (General,  baß  er  ficfj  ju  fefjr  in 
bie  ©efdjäfte  ber  dürften  einmifdje,  bie  ^muSorbnung  nicfjt  beobachte,  feine  Vor= 
lefungen  nacf)  Veiteben  fiafte  ober  Ausfallen  taffe,  Steifen  ohne  (Erlaubnis  mache  ufw. 1 
®er  aud)  ber  fdjärferen  Stiftung  angef)örenbe  P.  göret  oerlangte  1644  in  Briefen  an 
bie  Obern  SöangneredS  Entfernung  wegen  gefährlicher  ^hefen2. 

SEßie  Heinrich  0.  Knöringen  bie  Slbfaffung  ber  Quaestio  ardua  oeranlafet  hatte3, 
fo  liefe  er  biefelbe  in  feinem  tarnen  bem  in  fRegenSburg  antoefenben  Sötener  SRuntiuS 
SRattei  überreichen.  5)er  Nuntius  überhäufte  baS  ©utadjten  mit  £ob4;  bie  gemäfeigten 
Elemente  fferadjen  fid)  gegen  baSfelbe  auS.  SDer  ©enerat  ViteIIeSd)t  oerbot  bie  SDrud* 
tegung  (6.  Slpril  1641) 5. 

gn  einem  ©utadjten  oom  16.  guli  1641  erftärte  fid)  ber  faifertiche  93eicf)t= 
oater  ©anS  gleich  ^>er  äRehrgaljt  ber  übrigen  ^Theologen  für  bie  ^Bewilligung  ber 
SImneftie.  gn  biefent  ©utacfeten,  baS  er  ber  Entfcheibung  ber  ßirdhe  unterfteßt, 
führt  P.  @an§  fotgenbeS  aus :  ®ie  jefeige  Stmneftie  ift  nur  eine  Erweiterung  ber 
im  fraget  grieben  bewilligten.  damals  hflben  unter  Vorfife  beS  ÄarbinatS 
tSietrichftein  18  gelehrte  Theologen  aus  oerfdfeebenen  Orben  fid;  für  bie  Stmneftie 
auSgefferodjen.  ®iefetben  ©rünbe,  Welche  bamatS  für  ben  grieben  fpracfeen,  liegen 
jefet  oor  für  bie  StuSbehnung  ber  Stmneftie.  3)er  Ä'aifer  fann  atfo  mit  gutem  ©e> 
wiffen  bie  Stmneftie  bewilligen.  ES  ift  rättidj,  wenn  auch  nicht  notwenbig,  auS 
©ehorfam  uitb  Efjrfurdjt  fic^  an  ben  ifSapft  ju  wenben,  wenn  bie  geit  eS  geftattet, 
unb  ihn  über  ben  getroffenen  Entfcfjlufe  ju  benachrichtigen,  wenn  man  and;  ficher 
weife,  er  werbe  nidjt  juftimmen,  weit  ber  s}$apft  burdj  bie  Verweigerung  ber  gw 
ftimmung  auS  einem  beftimmten  ©runbe  richtig  hobelt,  wie  and;  ber  ßaifer,  wenn 
er  ohne  biefe  guftimmung  fein  natürliches  3tecf)t  gebraucht.  Später  bemerft  ©anS: 
Sie  (paupturfadje  fo  oieter  Seiben,  bie  SDeutfdjlanb  feit  gahreit  erbutbet  hat,  ift  baS 
ffteftitutionSebift,  baS  ber  ßaifer  in  gutem  Eifer  ertaffen  hat.  Söie  eS  fpäter  fid; 
herauSftettte,  würbe  er  oon  feinen  geinben  oerführt,  bie  burcfe  ein  teuftifcheS  ^unftftücf 
mit  §itfe  einiger  frommer,  bem  Saifer  befreunbeter,  in  ber  ^olitif  wenig  erfahrener 


früher  (28.  Oft.  1636)  tjatte  P.  ©eorg  9teeb 
au§  Spillingen  bem  S3isepro0insial  SBclfer  gc= 
melbet:  3)er  93ifcbof  oon  StugSburg  bube  ibm 
eröffnet,  P.  gorer  wolle  nidft  mcj)r  bei  ibm 
bleiben ,  ber  ißrolnngial  möge  beöljalb  über 
P.  SBangnerecf  einftroeilen  nid)t  oerfügen,  „benn 
meil  er  fd)on  etlid)  extraordinari  mein  ©eid)t= 
bater  getoefen,  alfo  mollt  id)  iljn  für  meinen 
S3eid)toater  anftatt  P.  Saurentii  begeren  unb 
annebmen".  9teeb  fei  barüber  erfebredt  morben, 
ber  23ifcbof  jürne.  *  Original  in  91t.  9t.,  Jes.244. 
SSgl.  aud)  bie  genfuren  30t-  9t.,  Jes<  398. 

'  *S3itelle3cbi  an  Stroöinsial  ©raoenegg, 
31.  Sau.  1643.  OrigWJteg.  Ad  Germ.  sup. 

2  gorer ,  3.  Slug.  1644.  *  Original  in 

91t.  9t.,  Jes.  1278.  ©eneraloifar  Sangro  an 
gorer,  1.  Oft.  1644.  *  Orig.*9teg.  Ad  Germ.  sup. 

3  *  SBangnered  an  Stuntiuö  SDtattei,  13.  gebr. 

1641,  in  Arch.  Vatic.  Miscell.  Nunziature  di¬ 
verse  vol.  13,  f.  363  ff.  SMfdjof  .£)einrid)  oon 
SlugSburg  febreibt  am  6.  gebr.  1641  an  9tun= 
tiuä  Sltattei :  Interim  meam  protestationem 
adversus  conditiones  pacis  Religioni  adver- 

santes,  non  ambigo  a  legato  Constantiensi 
interpositam ,  cuius  tenorem  Illma  D.  Y.  ex 


latino  exemplari  nuper  transmisso  intelligere 
potuit,  Neque  ab  hac  mea  sententia  (quam 
me  flagitante  P.  Henricus  Wagnereck  Soc. 
Iesu,  S.  T.  D.  Universitatis  meae  nunc  Can- 
cellarius,  scripto  lllmae  D.  V.  transmisso  ex- 
plicavit)  quidquam  me  divellet.  Video  causae 
Religionis  plurimum  officere  auctoritatem  quo- 
rundam  Theologorum  .. .  quare  (opus?)  foret 
Generales  Ordinum  a  S.  D.  N.  admoneri,  ut 
Religiosos  suos  ad  sententiam  S.  Sedi  Aposto- 
licae  conformandam  adbortentur.  .  .  .  Collegii 
et  Academiae  meae  Rector  a  P.  Provinciali 
suo  Ratisbona  me  insciente  abductus,  sed  re- 
dibit,  et  ipse  paulo  post  denuo  inserviturus 
111.  D.  V.  *  Kopie  in  Barb.  Lat.  7032,  f.  65. 

4  Sn  einem  93riefe  oom  28.  ®ej.  1649  an 
Ebigi  nennt  SBangnered  ÜOtattei  primum  Iu- 
dicii  theologici  approbatorem,  cum  esset  Nun¬ 
tius  Apostolicus  a.  1640  ad  Caesarem.  *  Dri= 
ginat  in  9tom,  Chigi  B  I  1,  f.  193. 

6  SBortlaut  bei  6 1  e  i  n  b  e  r  g  e  r  a.  a.  0. 195. 
®ie  P.  gorer  äugefdjriebene  (Schrift  gegen  bie 
Stmneftie  Rationes  pro  Amnestia  ift  nicht  oon 
gorer.  S3gl.  oben  Stein  ber  g  er  a.  a.  0.  32 
bil  34  unb  unten  baö  24.  Kapitel. 


474 


(Siebtel  ftapitel.  griebengbeftrebungen  unb  ©egenftrömungen. 


Scanner  bett  Slaifer  jur  ©anftion  oermodjten.  Slbfidjt  mar,  bie  gereiften 

fßroteftanten  §u  ben  Sßaffen  gu  rufen  unb  fo  bei  ber  ©nt^ueiung  im  fReidje  Gelegen¬ 
heit  31t  erhalten  ju  einem  (SinfaH,  unter  bem  SSormanbe,  iljre  SunbeSgenoffen  31t 
befdjüfjen,  ma§  ihnen  benn  audj  getong.  §ätte  ber  ßaifer  alt  ba§  ©(enb  borauS* 
gefeljen,  mürbe  er  baS  ©bift  gemifj  nicht  erlaffen  haben,  aud)  meitn  er  gemußt,  bafj 
er  feinen  3med  erreicht.  Siefer  3med  ift  aber  nicht  erreicht,  alfo  muff  um  fo  mehr 
je^t  auf  bie  tmlle  Ausführung  beS  ©bittet  »erdichtet  unb  bie  Amneftie  bemiüigt 
merben L  ©egen  ben  ©infprud)  be§  SifdjofS  001t  Augsburg  unb  beS  päpfttidjeu 
9?untiu§1 2  mürbe  bie  Semifligung  ber  Amneftie  am  20.  Auguft  1641  00m  föaifer 
befretiert  unb  fpäter  in  ben  fRegenSburger  Abfdjieb  tiotn  10.  Oftober  1641  auf* 
genommen.  Somit  mar  für  meitere  allgemeine  griebenSoerfjanblungen  eine  fefte  ©tüije 
gemonnen. 

Sie  eigentlichen  griebenSPerfjanblungen  füllten  fd)on  1642  beginnen,  tarnen  aber 
crft  1644  in  ©ang.  Sie  ©egenfä&e,  meldje  bie  ^atfjofifen  bei  biefen  Serhanblungett 
ent3roeiten,  fommen  3um  lebhaften  AuSbrud  in  einer  ©djrift  beS  P.  £>einr.  Söangnered 
Iudicium  theologicum  über  bie  ©rlaubtlfeit  beS  f^riebenS,  mie  if)n  bie  fßroteftanten 
münfdjeit.  Sie  ©djrift  erfdjien  ©nbe  1646  unter  bem  tarnen  Ernestus  de  Eusebiis 
unb  erregte  grojjeS  Auffehen3.  Über  ben  mirftidjen  SSerfaffer  3erbradj  man  fidj  ben 
ßopf.  ©rft  1663  fteüte  ©onring  ben  mafjren  93erfaffer  feft.  Sie  ©djrift  ift  eine 
bie  ßeit  berüdfidjtigenbe  Umarbeitung  ber  Quaestio  ardua.  ©ie  mürbe  Pon  ber 
extremen  Partei  unter  ben  ^at^olifen  beranlafjt  unb  ohne  Sormiffen  beS  Autors  3uut 
Srud  beförbert,  um  ein  ©egengemidjt  gegen  bie  ®on3effionen  ber  SSiener  unb  äRiindjener 
Sheofogett  31t  fdjaffen.  Ser  ÜRuntiuS  ßfjigi  hielt  ifjre  Veröffentlichung  für  inopportun, 
fanb  aber  ihren  Qnfjalt  für  tmrtrefflidj,  menn  er  aud)  in  ber  Vermeigerung  ber 
ßugeftänbniffe  nod)  meiter  ging  als  SBangnered.  3n  ^om  leihe  01011  Anfid)t 
beS  ÜRuntiuS  über  bie  Vortrefftidjfeit  beS  ©utadjtenS.  3nnoSen3  X.  fpenbete  bem  Autor 
feinen  ©egen. 

Sen  ©djmeben  fam  bie  ©chrift  fefjr  3U  ftatten  3ur  Aufregung  ber  ffSroteftan* 
ten,  befonberS  meü  ber  Verfaffer  ben  DieligionSfrieben  üon  1555  angriff.  ©ie 
meinten,  ber  Seufel  felbft  hätte  fein  giftigeres  ©friptum  auSgeljen  taffen  fönnen, 
meil  barinnen  fo  gar  faft  alte  fyunbamente  beS  fReligionSfriebenS  fabefaftieret,  mo 
nidjt  gar  aufgehoben  feien,  unb  behauptet  merbe,  bie  ^atljolifen  fönnten  über  bie 
ßirdjengüter  fein  immerroährenbeS  Abfommen  mit  ben  fjSroteftanten  treffen  unb 
bürften  biefelben  nur  bufben  mie  Quben,  2Bud)erer  unb  Suhlbirnen.  Sie  faiferlidjen 
©efanbten  nannten  baS  Iudicium  theologicum  „Sadjanten  SBerf"  unb  be3eidjneten 
eS  at§  „lauter  fophiftifdje  cavillationes  unb  nörrifdje  Sröume"4.  Über  bie  ©djrift 
beridjtet  £jeinr.  Söangnered,  Sinbau,  9.  ^uli  1647,  an  „P.  Vitf).  Siber  S.  J.  im  ©efofge 
beS  Äurfürften  oon  SRainj  in  ^ranffurt" :  Vor  einem  Qiahr  erfdjien  in  fünfter 
unter  falfdjem  Ort  unb  Autor  Iudicium  theologicum  de  pace.  .  .  .  Siefe  ©djrift 
habe  ich  fo  9°t  als  mögtidj  auf  Sitten  beS  SifdjofS  öon  Augsburg  §einridj  1640 
oerfafst  für  ben  fRegenSburger  fReidjStag,  um  SRedjenfchaft  31t  geben,  marurn  ber 


1  * Äopic  in  9Jt.  9t.,  Jes.  370.  SSgl.  Stein* 
Berger  a.  a.  0.  36,  2t.  6. 

2  21  m  18.  Slpril  1641  erliefe  ber  9iuutiu3 
einen  iproteft  gegen  bie  Slmneftie.  2)  nt  cf  bei 
Sattler,  ©efd).  2Bürttemberg§  23b  VIII, 

23cil.  47.  23gt.  and)  St  ein  Berger  a.  a.  0. 
37,  2t.  4.  2tnt  30.  Suli  melbete  er  nad)  9tom, 

ba§  bie  Sefuiten  unb  Äapujiuer  in  it)rem  ©ut= 
ad)teu  au  ben  Äaifer  fid)  für  bie  Slmneftie  au§* 


gefprod)en  tjatten.  *  Original  in  Siff.  Barb. 
Lat.  7033,  f.  40.  Sdjoit  uortjer  (2.  Suli)  Batte 
er  fid)  über  bie  Gattung  bes  P.  ©an§  betlagt. 
Original  in  3iff-  ebb.  7033,  f.  2.  S3gt.  6.  Slug., 
ebb.  f.  57. 

3  gür  ba§  golgeube  bgt.  Steinberger 
a.  a.  0.  63  ff;  §iftor.  3eitfd)rift  CI  (1908)  252  ff. 

4  Über  bie  ©egeuf djrift  oon  Garamuel  ogt. 
Steinberger  a.  a.  0.  78  ff;  ügl.  89  ff. 


2>ie  fyriebetiäöerljanblungen  ju  SRüttfter. 


475 


Vifdjof  nad)  bem  Söeifptet  feines  Vorgängers,  beS  ÄarbinatS  Otto  Srucfjfeff,  fßroteft 
gegen  ben  VetigionSfrieben  unb  bie  Slmneftie  erhoben.  SDa  ein  SDrucf  nicf)t  rättid) 
fdfieit,  tourben  einige  Slbfcfjriften  nad)  VegenSburg  unb  Vom  gefdjitft.  S)er  ©enerat 
VitedeSdf)i  unb  bcr  VuntiuS  billigten  bie  ©djrift.  Vacfjbem  nun  biefelbe  offne  mein 
Sötffen,  toie  id)  f)öre,  auf  ©eßeiff  beS  S3ifdf)ofS  ooit  OSnabrüd  gebrudt  morben,  fo 
fdjame  idf  mid)  nic3f)t  beS  ©oangefiumS,  fonberu  freue  mid),  baf^  bie  $atffofifen  fie 
allgemein  billigen  unb  mit  $rudjt  lefen1. 

©egen  SBangncred  richtet  fidf  ein  ©utadften  oon  P.  Verbau?:  unter  bem  Xitef 
Notae  in  Iudicium  theologicum,  mefdfeS  aber  nur  fjanbfdjriftftd)  berbreitet  tourbe2. 
®ie  Notae  bertraten  ben  batfrifdjen  ©tanbpunft  bon  ber  unbebingten  Votmenbigfeit 
beS  griebenS.  „gülfre  bu  nur  etoig  ®rieg,  ©rneftuS,  anbere  fönnen  nidft  emig  $rieg 
führen."  ©ie  berfodjten  u.  a.  ben  ©aß,  baff  ber  £aifer  unter  bem  Zwange  ber  9iot 
bie  ftidfdjmeigenbe  guftimmung  t>e§  fßapftes  gur  Preisgabe  geiftficfjer  ©iiter  oorauS* 
feßen  fönne.  Verbauj  betont  mit  Üiedft  bie  geänberten  3eitDer^äftniffe,  ift  aber  in 
ber  Vefämpfung  ber  entgcgenfteffenben  prinzipiellen  Sfnficßten  gagßaft.  ®urd)  bie 
fdjarfen  Eingriffe  ber  ©egner  gegen  einen  einigen  5rie&en  mit  ben  ^roteftanten  tief? 
er  fidj  in  einem  jmeiten,  ebenfalls  nur  fjanbfdjriftfid)  berbreiteten  ©utadjten  (Notae 
arcanae)  ju  einer  feßr  bebauernSroerten  2fuSffud)t  berteiten.  2öenn  ber  fö'aifer, 
fo  fagte  Verbaup,  ben  ^äretifern  ©traftofigfeit  berfpridjt  unb  itpien  bie  Äirdjen- 
güter  überläßt,  fo  berfpridjt  er  eS  nur  für  fo  lange,  atS  er  bieS  oljne  ©ünbe  tun 
fann,  fofgfid)  fann  unb  mu|  er,  fobalb  er  bie  notmenbigen  Kräfte  f)at,  adeS  miber* 
rufen  3.  SJiit  tiefer  ©ntrüftuug  bermarfen  bie  SJtainzer  Qefuiten  —  luie  mir  fpäter 
bernetjmen  merben  —  eine  folcße  Veftriftion,  bie  nichts  anbereS  atS  Sug  unb  Strug 
fei  unb  jur  Vernidjtung  bon  STreu  unb  ©tauben  führen  müffe. 

^n  feinen  groffen  politifdfjen  Vebrängniffen  fjatte  fid)  Viapimitian  fdjon  früßer 
feines  VeicßtoaterS  bebient,  befonberS  bei  feinen  Vemüßungen,  graitfreidj  bon  ©c^meben 
abgugie^en.  ©o  fdjidte  $D(ta?.imifiun  im  ^aßre  1645  P.  Verbau?:  ju  bireften  Ver- 
ßanbfungen  nad)  fßariS,  mo  biefer  am  3.  2tpril  1645  antangte.  Slber  bie  eben  ein¬ 
getroffene  Vadfricßt  beS  ©iegeS  ber  berbiinbeten  fcßroebifcßen  SBaffeit  bei  $anfau 
(6.  ättärj  1645)  machte  auf  ßarbinaf  ÜVajarin,  ben  Seiter  ber  frangöfifd)en  fßofitif, 
einen  fotzen  ©inbntd,  baff  er  ben  baßrifdfen  ©efanbten  abfaßren  lieff  unb  feine 
batbige  Stbreife  öeraufaffte4. 

£)aS  ©fenb  mürbe  immer  größer,  Vaßern  feufgte  unter  bem  $rud  unb  ber 
Vermüftung  nidjt  nur  ber  fremben  ©roherer,  fonbern  aud)  ber  gucfittofeu  faiferlicßen 
unb  eigenen  ©otbaten.  Qn  biefer  üufferften  Votfage  eutfcßloff  fidj  3J7a?:  §u  bem 
©eparatfrieben  bon  Utm,  einem  SBaffenftidftanb  mit  ©cßmeben  unb  ^ranfreidj 
(14.  9)?ärz  1647);  er  ßoffte  baburdj  and?  bie  güiebenSberßanbfungen  in  fünfter 


1  *  Original  in  Sftainj,  ©tabtbibl.,  Jes.  A  46  \ 

2  Notae  in  Consilium  (Iudicium)  theologi¬ 
cum  Ernesti  de  Eusebiis  Super  quaestione 
an  pax  qualem  desiderant  protestantes  sit  se- 
cundum  se  illicita.  3111  erften  ©runbfap  [teilt 

3?ert>au;r  eine  burdjamB  berniinftige  Soraus?* 
fepung  auf :  Supponunt  qui  contra  Ernestum 
sentiunt,  non  a  theologis  sed  a  peritis  rei 
politicae,  debere  aestimari  causas  politicas 
pacis  componendae,  quorum  est  scire  et  iu- 

dicare,  quae  eius  sit  necessitas,  utilitas:  quae 
belli  damna ,  pericula ,  belli  gerendi ,  pro¬ 
ferendi  facultates:  quae  vires  partium,  quae 
artes,  foedera,  consilia:  quae  tbeologi  in  pul¬ 


vere  suo  litterario  et  intra  musaeorum  suo- 
rum  parietes  descripta  non  reperient.  $ie 
(18)  Notae  fiitb  abgebrucft  in  bem  fpäter  p 
erluäljuenbeu  Responsum  be§  P.  SSangnered. 
SSgl.  ©teilt  berge  r  a.  a.  0.  103  ff. 

3  $er  2ept  ber  Notae  arcanae  (particulares) 
liegt  nid)t  oollftänbig  üor;  einige  ©teilen  barauä 
finben  fid)  in  bem  Responsum  beä  P.  SBaitgnered 
(bie  über  bie  [Reftriftion  ©.  18)  unb  in  beit 
Animadversiones ;  f.  ©.  479,  31.  1. 

4  CSgtoffftein,  33apernä  griebeulpolitif 
1645 — 1647,  Seipsig  1898,  20  f.  ©teilt* 
b  e  r  g  e  r  a.  a.  D.  41  f.  Serfelbe  über  bie  [Reife 
S3erbau£’  in  Slltbatjrifdje  ffltonatöfdjrift  V 105  ff. 


47(3 


(Siebtel  Äapitcl.  fgriebengbeftrebungen  unb  ©egenftrömungen. 


unb  OSnabrüd  gu  befchteunigen.  SeptereS  mar  aber  eine  grope  Saufdjung,  unb 
9Rap  lüfte,  fobafb  er  bie  fd)Iimme  ©inmirlung  feines  SSorgepenS  auf  bie  allgemeinen 
guiebenSüerhonblungen  erfannte,  balb  mieber  ben  Vertrag  mit  ben  ©djmeben  (14.  ©ep* 
tember  1647),  morauf  bann  granfreid)  feinerfeitS  am  29.  Segember  1647  ben  33em 
trag  fiinbigte1. 

$n  ben  ißoröerfjanbtungen  über  bie  CSrlaubtfieit  beS  ©eparatabfommenS  ^atte  9Rap 
mieberfjolt  bie  Theologen  um  3tat  gefragt.  P.  33erüaup  füllte  fic^  in  einem  guftimntenben 
©inne  geäußert  haben,  nur  müffe  man  ficf»  oorper  um  eine  aßgemeine  SBaffenrupe 
bemühen2,  ^n  feinem  SRecptfertigungSfchreiben  üom  28.  SRärg  1647  berief  fiep  SRap 
auSbrüdüd)  auf  bie  guftimmung  ber  Geologen3.  SieS  mupte  notürticf;  in  ben 
Greifen,  meldpe  baS  ©eparatabfommen  burdjauS  mipbißigten,  lebhafte  SRipftimmung 
gegen  P.  SSernaitp  perüorrufen.  Siefe  SÜRipftimmung  finbet  einen  lebhaften  SBiber» 
paß  in  einem  SSrief  beS  ©eneralS  ©arrafa  üom  4.  9Rai  1647  an  SBertaup:  Sen 
Qnpalt  meines  heutigen  33riefeS,  fo  fcpreibt  ber  ©enera!,  fjalte  id)  gmar  für  eine 
©rfinbung,  aber  id)  mup  bodp  SRitteitung  baüon  machen,  mei!  bieS  an  öerfd^iebenen 
|)öfen  gunt  ungeheuren  Schaben  für  unfere  ©efeßfdfaft  Derbreitet  unb  nun  im  ÜRamett 
eines  pocpftepenben  dürften  berietet  mirb,  nämlid)  ©m.  tpocpmürben  feien  ber  Urheber 
ober  menigftenS  SRitratgeber  für  bie  Trennung  beS  ßurfürften  oom  ®aifer  gemefen. 
Qenein  dürften  mürbe  gefdjrieben :  Ser  Sturfürft  fcpmanfte  bei  ber  Beratung,  er  mar 
fdhon  barauf  unb  baran,  bei  bem  ^aifer  gu  bleiben,  unb  fdjon  beglüdmünfchten  fiep 
bie  fRäte4,  ba  führt  ber  Senfe!  ben  Seicptüater  beS  ^nrfürften  mit  ber  ganzen 
©pnagoge  ber  Qefuiten  herbei.  Siefe  fommen  non  3Ründ)en  nach  SSafferburg,  mo 
ber  ^urfürft  jept  mohnt,  unb  raten  bem  ^urfiirften,  bie  Srennung  oom  Äaifer  fei 
ihm  nicht  aßein  oon  ©emiffenS  megen  erlaubt,  fonbern  er  fei  bagu  fogar  oerpftidptet. 
daraufhin  paben  mir  ungtaubtidje  Verunglimpfungen  erlitten,  unb  bie  greunbe 
münfcpen  gu  miffen,  melchen  ©tauben  man  biefen  ©erücpten  fdjeitfen  bürfe  unb  mie 
mir,  beren  ^nftitut  bie  Vefcpäftigung  mit  ber  Sßotitit  üerbietet,  hier  unfere  Unfcpulb 
bartun.  ©inige  finben  eine  Veftätigung  biefeS  allgemeinen  ©erebeS  in  bem  Umftanb, 
bap  ©m.  ^ocpmürben  oor  ungefähr  gmet  Qdpren  nach  ißariS  gereift  finb,  um  biefen 
©eparatfrieben  gum  ©djaben  beS  ®aiferS  unb  ber  übrigen  fReicpSfürften  abgufcpliepen. 
Sie  erprobte  Sugenb  ©m.  tpocpmürben  läfjt  mid)  aud)  in  biefem  fünfte  an  ihre 
Unfcfjulb  glauben,  nicptsbeftomeniger  münfche  ich  ju  miffen,  mie  id)  ©m.  tpocpmürben 
unb  in  fprer  ißerfon  bie  gange  ©efeßfcpaft  bei  ben  dürften  oerteibigen  fann 5. 

bereits  am  24.  9Rai  fepte  Verüaup  bie  gange  ©adje  bem  ©enera!  auSeinanber. 
©arrafa  brüdte  am  15.  ^uni  1647  feine  ooße  ©enugtuuug  aus,  bap  SSeroaup  bie 
SInftage,  als  fei  er  ber  SRatgeber  unb  Urheber  ber  Trennung  oom  $aifer  gemefen, 
oößig  miberfegt  höbe.  @r  freue  fid)  jept,  eine  Sarfteßung  beS  Verlaufes  gu  höben, 
momit  er  auch  benen  ©enüge  leiften  fönne,  me!d)e  gegmeifelt,  ob  ber  Veicptoater 
nid)t  hoch  ein  menig  bie  ©rengen  feines  StmteS  Übertritten  höbe.  Sie  2!ntmort 
beS  ^urfiirften  auf  bie  Vorfteßungen  in  ^Betreff  ber  Slnmefenpeit  beS  VeicptoaterS 
bei  ben  fRatSfipungeit  höbe  er  erhalten,  unb  ba  ber  föurfürft  feine  95orfcf)läge  am 
genommen,  fo  hotte  er  bafür,  ben  dürften  nicht  meiter  mehr  mit  biefer  Sache  gu 
behelligen 6.  Sie  leptere  Vemerfung  mirb  mehr  aufgeüärt  burd)  einen  SBrief  ©arrafaS 


1  S8gl.  @  gl  off  ft  ein,  33at}ern§  grieben§= 
politif  1645—1647  14'9  ff  159  175  f. 

2  (Steinberger  a.  a.  0.  93  ff. 

3  Meiern,  Acta  pacis  Westphalicae 
V  21. 

4  $ic  State  waren  für  bie  SSerftänbigung 

mit  bcnt  Saifer.  Stiehl  er  a.  a.  0.  V  610. 


6  *  Drig.=9ieg.  Ad  Germ.  sup.  $iefer  unb 
einige  ber  folgenben  93ricfe  aud)  bei  £). fßfülf, 
(Sin  Beitrag  jur  föefct).  ber  batjrifdfjen  griebetil1 
beftrebungen  an  ber  Steige  be§  ©reipigjäfir. 
ÄtiegeS,  in  (Stimmen  an§  9Jtaria>2aad)  LVI 
(1899)  526  ff. 

0  *  Crig.=9leg.  Ad  Germ.  sup. 


Sie  £yrieben$öcrl)anblungen  ju  fünfter. 


477 


tont  19.  Januar  1647,  worin  eS  peifjt,  baff  ber  Veicpttater  pritatim  fragen  beS 
Äurfurftcn  beantworten,  aber  nidjt  an  ben  ©jungen  beS  VateS  teitnepmen  biirfe 1. 

25ie  fßolitif  beS  fö'urfürften  SRapimiliatt,  burd)  eine  Verftänbigung  mit  granf- 
reidj  baS  erfepnte  grtebenSjiel  ju  erreichen,  Oertrat  aucp  ber  föurfürft  ton  9Rain§, 
Stnfetm  ßafimir,  beffen  ©ebiet  ton  franjöfifdjen  Gruppen  befept  mar.  Er  beauf¬ 
tragte  feinen  Veicpttater  ÜRitparb  Viber,  atS  fiep  biefer  Votember  1645  jur  ©enerat* 
fongregation  naep  Vom  begab,  eine  Vermittlung  beS  ^ßapfteS  am  franjöfifdjen  §ofe 
ju  ermirfen.  SDiefer  Stuftrag  mar  faft  auSficptSloS,  meit  SRajarin  eine  fepr  rorn* 
feinbtiepe  Haltung  angenommen  unb  betn  fßapft  Qnnojenj  X.  (feit  1644)  fogar  bie 
Stnerfennung  oermeigerte,  unter  bem  Vorgeben,  baff  er  burd)  ©ttnonie  fßapft  ge- 
morben.  SDa  bie  ©eneratfongregation  faft  ein  patbeS  Qapr  bauerte,  muffte  Viber 
bie  ganje  $eit  in  Vom  termeilen 
unb  patte  fomit  SRuffe  genug, 
in  bem  ©inne  feines  Stuftrag- 
geberS  ju  milden,  hierüber  liegen 
eine  Veipe  ton  Vriefen  ViberS 
tor.  ®er  Herausgeber  biefer 
Vriefe  rüpmt  ben  P.  Viber  als 
einen  SDiann,  „ber  mit  einer 
fdjarfen  VeobacptungSgabe  unb 
niidjternem  Urteil  in  popem 
©rabe  bie  ^äpigfeit  terbinbet, 
feine  Söaprnepmungen  unb  Ein- 
briide  in  ftarer  unb  anjiepenber 
gwrm  mieberjugeben".  gubem 
fei  er  ein  Qefuit,  ber  beutfep 
benfe  unb  beutfdp  fiipte2.  Viber 
fanb  in  Vom  tietfaep  ©etegeu- 
peit,  bie  fdjarfen  Stngriffe  gegen 
ben  faiferlidjen  §auptgefanbten 
in  SRiindjen,  ©rafen  StrautmanS- 
borff,  unb  baS  Hau§  Ha^burg 
jurüd^umeifen.  SBenige  ®arbi- 
näte,  fo  ftagt  er,  terftepen  bie 
beutfdjen  Verpättniffe  unb  nep- 
men  fie  ju  §erjen  5  öie  menigen, 
metepe  bie  ©efapren  für  bie 
fatpotifdje  Vetigion  in  S)eutfcp- 
tanb  mürbigen,  fagen,  baff  ber 
Sßapft  meber  ©elb  nodj  ©otbaten  gur  Verfügung  pabe.  Stm  meiften  finbe  er  noep  ©epör 
bei  Starbinat  Earafa.  „Sttfo  terfaufe  icp  meine  SBaar  fo  tpeuer  icp  tann."  ES  mürbe 
ipm  raieberpott  bebeutet,  baff  ber  fßapft  ben  Verjidjt  auf  bie  Ä’ircpengüter  nie  anerfennen, 
fonbern  burep  feinen  VuntiuS  bagegen  proteftieren  werbe;  beSpatb  motte  er  aber 
nicfjt  ben  ^rieben  terpinbern.  ®er  fßapft  fetbft  brüdte  Viber  feinen  ©cpmerj  barüber 
auS,  baff  man  bie  franjöfifcpen  SRinifter  niept  bapin  bringen  föune,  an  bem  erfepnten 


fiurfüvft  Slufelnt  ftnfimir  ton  5Uaiuj. 

92ad)  Sfjebenljiller,  Sonterfet  Äuppferftid)  (5/t). 


1  *  Drig.*5Reg.  ebb.  SSgl.  ben  33ricf  EarrafaS 
an  ben  Äurfürften  nom  20.  Stpril  1647  im 
15.  ^atitel. 

2  ©  e  o  r  g  §  a  n  f  e  it ,  93riefe  be§  Sefuiten- 
taterd  ÜRitfyarb  ißiber  an  ben  Äurfürften  Sinfelm 


Äafimir  ton  Sttainj  1645/1646  (aud  bem  Äreid- 
ardfib  SSuräburg ,  Sßainser  9tegierungdard)io 
H.  3)  in  ber  2trd)iöalifd)en  3eitfd)rift  tX 
(1900)  132  ff.  Sie  angeführte  Stelle  S.  136. 


478 


©iebteS  Äapitet.  gricbcnSbeftrebungen  unb  ©egenftrömungcn. 


^rieben  nachhaltig  mitjuwirfen.  ©r  tnolle  gern  bem  ®urfürften  fjetfen  unb  werbe 
beSljalb  an  beit  SütntiuS  in  ÜDiiinfter  fcfjreiöen,  ba§  er  bet  bem  beoofXntäcfjtigten 
fran^öfifcljen  ©efanbten  bie  (Entfernung  ber  franjöfifchen  Sefapung  aus  SJJainj  unb 
bem  ®urfürftentum  erwirfe.  SaSfelbc  wolle  er  bem  9?untiuS  in  $ßari§  auftragen. 
So  patte  Siöer  wenigftenS  etwas  erreicht  unb  formte  Dritte  Slpril  1646  bie  §eint= 
reife  antreten 1. 

Qn  ber  grage  ber  bauernbctt  ^reiSgabe  ber  Äirdjengiiter  trat  Silier  auf  bie  ©eite 
ber  übrigen  äftainjer  Sfjeologen.  Über  bereit  (Stellung  liegt  ein  längerer  Sericpt  beS 
P.  ÜMdjior  ©ornaeuS  üom  25.  sD?ai  1648  oor,  ber  auch  non  P.  SituS  ©rbermantt 
gebilligt  unb  unterfdjrieben  würbe.  Sarin  wirb  auSgeführt :  911S  nor  ungefähr  jwei 
Üa^rett  in  fünfter  über  ben  Serjidjt  üon  Bistümern  üerfjanbelt  würbe,  ber  bauernb 
fein  füllte  unb  bie  (Erlaubnis  einfdjlofj,  ben  fßroteftantiSmuS  einjufü^ren  unb  bie 
^atfjolifen  ju  oertreiben,  berief  ber  Äurfürft  non  DJiainj  Slnfelttt  ®afimir,  ber  batnalS 
in  granffurt  tpof  hielt,  uns  fdjttcll  jtt  fid)  unb  frug  uns  brei  Sfjeologen,  ob  er  mit 
gutem  ©ewiffen  barein  einwilligen  unb  als  fReichsfanjler  unterfdjreiben  fönne.  2ßir 
entfdjulbigten  uns  anfangs  befdjeiben,  wir  bürften  uns  nidjt  in  ben  gürftenrat  ein* 
mifdjett,  nnb  eS  fei  audj  nidjt  rötlich,  ba  wir  in  einer  fo  fdjwierigen  Sadje,  waS 
wir  audj  immer  raten  würben,  gefjäffigen  Sfadjreben  faum  entgegen  könnten.  Ser 
^urfiirft  beftanb  aber  entfcf)ieben  auf  feinem  2Biüen,  er  wolle  wiffen,  nidjt  waS  er 
tun  mijffe,  fonbern  waS  er  ofjne  Seleibigung  ©otteS  tun  fönne.  2öir  Ijielten  alfo 
eine  eingeljenbe  Seratuitg  unb  teilten  if)m  am  folgenben  50?orgen  miinblidj  mit,  ein 
foldjer  Vertrag  erf<f)eine  nnS  in  fidj  unerlaubt.  Sann  brängte  er  mich  oon  neuem, 
icf)  folle  iljm  unfere  Meinung  fur$  fdjriftlicf)  geben.  28ir  baten  iljn,  unfer  ju 
fdjonen  unb  unfern  9?aniett  nidjt  bem  öffentlichen  §ap  auSjufepen.  Ser  Ü'urfürft 
beftanb  aber  auf  feiner  Sfieinung,  er  bebiirfe  einer  fcf;riftlicf)en  (Erflätung,  um  feine 
Slgenten  an  öerfdjiebenen  Orten  ridjtig  gu  inftruieren.  28ir  gaben  if)m  bann  ein 
gan^  fur^eS  ©utadjten  ofjne  Unterfdjrift.  2US  bieS  in  ÜDJünfter  öefamtt  geworben, 
lobten  unfere  Sfjeologen  in  fünfter  unb  ®öln  unS,  bap  wir  gewagt,  für  bie  SBaljr» 
heit  einjutreten.  21ud)  bie  Sapern  ftimmten  ju,  ba  ber  ß'urfitrft  oon  Sapern  furj 
nadjher  unferent  Hurfürften  fdfjrieb,  nach  ber  allgemeinen  Meinung  ber  Sfjeologen 
fei  eS  nicht  erlaubt,  eine  bauerttbe  ©ewährung  für  bie  §ärefie  oertraglidj  feftjulegen. 
ÜJittr  einige  Dfterreicper  füllten  bagegen  fein.  Salb  farn  ein  2öiener  ©djriftftiid 
oon  tpoftfjeologen  an,  weldjcs  bie  ©rlaubtfjeit  ohne  folibe  ©rünbe  oerteibigte.  3?ur 
ber  eine  P.  ©ans  füllte  für  bie  ©rlaubtfjeit  fein.  9(uf  Sefefjl  unfereS  ®urfürften 
arbeiteten  wir  üier  Speologeu  in  unferetn  SJfainjer  Kolleg  jeber  für  fid)  ein  @ut= 
achten  aus.  511Ie  ©utadjten  ftimmten  überein  in  ber  Verwerfung  beS  öfterreidjifdjett 
SdjriftftüdeS.  ßur^  barauf  melbeten  Seridjte  oon  fünfter,  mehrere  üon  ben  fö'ur* 
fiirften  unb  dürften  hätten  oljne  Vüdfidjt  auf  ben  9cat  ihrer  Sfjeologen  ben  griebenS* 
oertrag  gebilligt  unb  würben  unterfepreiben,  wenn  ber  ft’urfürft  üon  9}?ainj  nidjt  wiber* 
ftrebe.  Ser  SÜtrfürft  rief  unS  unb  befahl  unS,  ju  fagen,  waS  er  erlaubterweife  tun  biirfe. 
2Bir  antworteten:  ©inen  inneren  ©ruttb  für  bie  ©rlaubtheit  fönntett  wir  nidjt  feljen; 
wenn  eS  aber  fieper  feftftelje,  baff  tüchtige  Sfjeologen  jener  fatholifchen  dürften  fid) 
für  bie  ©rlaubtheit  attSgefprodpen,  fönne  ber  £htrfürft  in  einer  fo  fdjwierigen  Notlage 


1  ßbb.  160 — 172.  2tud)  $orer  tmtrbe  mit 
einem  ähnlichen  Stuftrage  bebadjt.  2U3  er  £>erbft 
1645  als  SBablntann  für  bie  2Bat)l  eines  neuen 
©eneratS  naef)  3tom  reifte ,  beauftragte  ifjn 
©tajimilian,  er  möge  bem  ©apft  Snuojenä  X. 
bie  grofje  ©ottage  unb  bie  unbebingte  Slot* 
menbigteit  beS  griebenS  üorftetten  unb  um 
gnterjeffiou  bei  grantreid),  enblid)  um  ©etb 


unb  (Solbateit  bitten.  Rotex  erreichte  nidjtS. 
*Memoriale  in  manus  oblatum  S.  Dn0  Inno- 
centio  X.  nomine  et  iussu  Ser.  Maxim.  El. 
Bav.  una  cum  litteris  credential.  aP.  L.Forero 
S.  J.,  30.  Dec.  1645.  ©t.  3t.,  Jes.  370.  ©iet)e 
basu  93rief  fvorerS  üom  22.  3uni  1655  an  beit 
3teftor  üon  ©tünchen.  Original  ebb.  2Beitere@ut' 
achten  Jes.  66.  SSgt.  <B  t  e  i  n  b  e  r  g  e  r  a.  a.  0. 49  f. 


Tie  griebengüerljanblungen  ju  fünfter. 


479 


offne  9iücfficf;t  auf  lmfcre  Meinung  fidj  nadj  ber  Slnfidjt  ber  anbern  Sfjeologen 
vielten,  bamit  eg  nicht  fdfjeine,  alg  ob  er  allein  bag  gange  9xeicf;  unb  beit  griebeit 
gefälbelt  molle.  Obgleich  nun  aud)  ber  Atürfürft  oon  Satjern  feine  Meinung  änberte, 
blieb  unfer  Äurfürft  tropbent  bei  feiner  früheren  Slnfidjt  unb  inftruierte  in  biefent 
©inne  feine  Agenten.  Qngmifdjen  f'ant  oon  äfiünfter  bag  Iudicium  theologicum 
beg  Grneft  be  Gufebiig  an,  bag,  in  SBirflidjfeit  oon  unferem  P.  .fpeinrtdj  Sßangnered 
gefdjrieben,  oom  Sifdjof  oon  Ognabriid  gum  ©rud  beförbert  unb  Oom  Nuntius 
approbiert  toorbeit  mar.  ©arin  nntrbe  unfere  Slnficfjt  grünblidj  oerteibigt.  ©er 
ßurfürft  unb  mir  freuten  ung  über  biefe  mutige  Serteibigung  ber  2öat)rf)eit  unb 
ber  &'trdje.  211g  ber  ßurfürft  bag  Iudicium  nadj  äHündjen  gefdjidt,  fam  oon  bort 
eine  Sßiberlegung  oon  ber  £>anb  beg  P.  Serüauj:,  in  meldjer  aber  Gift  üerborgeit 
mar.  Gr  mollte  nämlich  oerteibigen,  eg  fönnteit  ber  ®aifer  unb  bie  fatfjolifdjen 
fyürften  in  einem  eiblidj  befdjmoreneit  Vertrag  eine  immermäf)renbe  {yrcifjett  ber 
$ärefie  oerfpredjett,  btirdj  eine  innere  Sieftriftion  aber  biefeg  Serfpredjen  auf  einen 
beftimmten  ©ermin  befdjränfeit.  ©arüber  mar  unfer  ^urfitrft  aufgebracht  unb  be* 
fafjl  ung,  gu  antroorten.  Stuf  Sitten  meiner  Bodegen  übernahm  idj  eine  gang  furge 
Serteibigung  beg  Iudicium  theologicum,  bie  ade  unfere  ©fjeologen  billigten  unb 
oon  unferem  ^)of  nadj  SDtündjen  gefdjidt  mürbe,  ©arüber  mürbe  P.  Seroau;r  fef)r 
aufgebracht,  oerfangte  unter  ©rofjungen  oon  P.  Süd).  Siber,  ber  fidj  bamalg  am 
£iofe  beg  äßainger  ßurfiirften  auffjielt,  Genugtuung  unb  ridjtete  auch  eine  ^foge* 
fchrift  an  beit  General.  ©er  Sericfjt  beg  P.  Gornaeug  fehltest  mit  Sormitrfen  gegen 
P.  Serüauj:,  ber  ficfj  guoiel  in  pofitifche  ©inge  eingelaffen,  mährenb  bie  9Hainger 
fidj  üodftünbig  baoon  freigehalten  unb  nur  bie  eine  Gemiffeitgfrage  befjanbelt  hätten1. 

SSangnered  fpenbet  in  einem  Sriefe  oom  11.  Februar  1648  bem  P.  Gornaeug 
grofjeg  £ob  unb  fügt  bei:  $u  SJtiinfter  hat  1111111  ben  Iudex  in  Notas  unb  bag 
gange  Responsum  Ernesti  (Üöangnered).  ©eine  ©rudtegung  merben  ber  Sluntiug 
unb  ber  Sifdjof  oon  Ognabrüd  beforgen,  menn  ber  21bfdjlufj  beg  uitglüdlidjen 
fjriebeng  nidjt  guüorfommt2.  Unb  Slnfang  Sölörg  1648  brüdt  SBangnered  bem 
P.  Siber  feine  ©ehnfudjt  aug  nad^  ber  Crisis  Cornaei  unb  freut  fidj,  bafj  fie  unter 
ber  jßreffe  ift.  ©egfjalb  glaube  ich,  f°  fcfjreibt  er,  ift  bag  Serbot  beg  Singeng 
(Garrafa)  nodj  nicht  gu  eudj  gefommen,  ober  eg  geljt  end)  nidjtg  an.  Sei  ung  ift  eg 
überall  oerfünbet  morben,  mir  aber  mürbe  nidjtg  angegeigt,  man  rneijj,  bafj  ich  auf 
Üöunfdj  beg  Sluntiug  bem  ^renieug  (Seroaup)  geantmortet  unb  ber  SaPff  nach  SSUIi* 
gung  beg  Iudicium  theologicum  an  ber  Äurie  meine  Slrbeiten  gefegnet  hat-  ®tan 
flagt  aber,  bafj  idj  gu  fdtjarf  mit  bem  guten  SJtann  umgefprungen;  idj  hätte  Stiid* 
fidjt  nehmen  müffen  auf  ben  Senex  Grünthalianus 3  (ÜUapimilian).  $dj  ftimme  barin 


1  *  Äopie  in  Dftainj,  ©tabtbibliotljef,  Jes.  B 
36,  E 2.  Über  bie  ©djriften  be§  (fornaeug  in 
ber  (Streitfrage  f.  ©teinberger  a.  a.  0. 

109  ff  121  175.  —  Sn  ber  fDtainjer  SJibliotljef 
liegt  eine  Ipanbfdjrift,  loeldje  §err  JJJrofeffor 
©djrofje  aufgefunben:  Animadversiones  in  No¬ 
tas  arcanas  Anti-Ernestinas.  ©ie  ertoeift  gleich 
int  erften  fünfte  uttb  fpäter  fetjr  ausführlich 
bie  Unftattljaftigfeit  ber  noit  SSerbauj  gutge* 
fjeifjenen  fReftriftion :  Addo  arcanas  notas  sua- 
dere  aliquid  qnod  Germanico  candori  et  num- 
quam  satis  laudatae  nostrae  Nationis  sinceritati 
repugnet  quod  cum  vel  in  vulgari  homine 
sit  probrosum,  Principes  certe  ac  Reges  in- 
signiter  dedecet  et  hanc  doctrinam  suadeat 

Theologus  aliquis  e  Societate  Iesu?  (£or= 


naeuS  fcfjreibt  in  feiner  Crisis  anticrisios  (©.  8): 
Polliceri  ac  iurare  quod  servare  non  velis, 
est  perfidia.  Stipulari  et  conceptis  aliquid 
verbis  Deo  teste,  in  publico  orbis  atque  irn- 
perii  concessu  asseverare ,  subscribere ,  si- 
gnare,  interea  vero  temporis  aliud  in  mente 
reconditum  habere,  et  occulta  mentis  restric- 
tione  et  aequivocatione  (ut  vocant)  eos,  qui 
in  foedus  conveniunt,  ludere  et  fallere,  quae 
res?  An  non  Christiano  pectore  indigna? 
Mors  nobis  optatior  sit  quam  tarn  foeda 
fraus. 

2  *  Original  in  Dtainj,  ©tabtbibliotfjet,  Jes. 
A  46°. 

3  ©rüntfjat  bei  SBafferburg,  roo  ber  Äurfiirft 
fid)  bamall  aufbielt. 


480 


Siebtes  ftapitel.  griebenSbeftrebungeit  uttb  ©egenftrömungeit. 


nid)t  bei,  benn  id)  meine,  man  barf  nicht  atteg  auf  bie  gurdjt  üor  ben  dürften 
grünben.  £ag  i(t  eine  neue  Semut  —  fo  hoben  bie  ^eiligen  unb  unfere  Säter 
nicf)t  gefjanbelt.  ®ag  Responsum  theologicum  ift  fertig  gebrudt,  fd)on  fjabe  id) 
elf  Sogen.  2)er  Stuntiug  f)at  bie  erften  Sogen  bent  Zeitigen  Sater  unb  bem  §errn 
Sinjenj  (©arrafa)  gefcfjicft,  ber  fdjtedjt  informiert  ift  ober  fyurcfjt  oor  bem  Senex 
Grünthalianus  fjat.  Um  if)n  ju  befänftigen,  hat  er  feinen  Srief  gefdjrieben.  ®em 
P.  Sijereftor  banfe  id)  für  fein  Anerbieten  megen  ®rudtegung  beg  Apologeticum. 
Sor  Sfingften  merbe  icf)  faurn  fertig;  eg  umfaßt  faft  20  Sogen.  Aber  mag  rairb 
gefd)et)en,  menu  Sin^entiitg  ®rud  unb  Schreiben  meiterfjin  oerbietet?  ^d)  merbe 
fortfahren  ju  fdjreiben  auf  Strängen  beg  Stuntiug,  big  ber  ißapft  etmag  anbereg 
befiehlt.  $u  feinen  giifien  habe  id)  bag  Responsum  ad  Notas  Irenici  niebergelegt 
unb  feinen  ©egen  oon  neuem  erbeten  für  bag  Apologeticum.  ^ct)  fjoffe,  bah  ber 
Apoftotifd)e  ©tuf)I  feine  Serteibiger  nicht  im  ©tidje  taffen  mirb.  ©ottft  mürbe  id) 
fürchten,  baf)  ber  Senex  Grünthalianus  unb  ^>err  Singenj  erreichen,  baf)  ben  gebern 
9iuf)e  geboten  mirb.  Übrigeng  mudft  fid)  aufier  mir  in  ber  fßroüinj  niemanb;  fie 
fiird)ten  für  if)re  §aut  unb  if)r  Srot  (offa)1. 

©d)on  oort)er  hatte  Stitfjarb  Siber  bem  ©enerat  ^enntnig  gegeben  001t  fdjtimmen 
©erüd)ten,  bie  über  Serüau£  umgingen,  ©arrafa  antmortete  if)m  am  lö.Quni  1647 :  ^cf) 
tjabe  Oon  P.  Seroauj:  Aufttärung  geforbert.  2Bie  gut  er  feine  unb  ber  ©efettfdjaft 
Unfd)utb  gemat)rt  fjat,  fönnen  ©ro.  |>od)mürben  aug  feinem  Sriefe  an  mid)  eiferen, 
beffen  Abfd)rift  id)  beifüge,  ©ie  merben  baraug  entnehmen,  baf)  er  fid)  innerhalb  ber 
©rennen  eineg  ©emiffengrateg  gehalten,  burchaug  nid)t  gum  Söaffenftittftanb  geraten, 
noch  oiet  meniger  eine  ©emiffengpflidjt  bafür  ftatuiert  hat2. 

Aug  bem  fid)  nun  entfpinnenben  Sriefmed)fe[  gmifc^en  Stitfjarb  unb  Seroauj; 
get)t  fjeroor,  bah  alte  Stüncfjener  Geologen,  mit  Augnafjme  oon  einem,  bag  in 
SJtiinfter  Oorgefdjlagette  fyriebengprojeft  billigten3,  baf?  biete  mit  bent  Siainjer 
„Obferoator",  ber  mit  Söangnered  fefjr  meitgehenbe  Se^auptungen  aufgeftettt,  un* 
jufrieben  maren 4.  Auf  bie  grmtbfäfüidjen  @d)mierigfeiten  ge£)t  Seroauj  ein  in  bem 
Sriefe  an  Siber  00m  13.  Stooember  1647:  Auf  Sertangen  beg  $aiferg  unb  mit 
Seraittigung  beg  P.  ÜDtutiug  (Siteßegcf)i)  unb  atler  meiner  Obern  habe  id)  bie  Steife 
nach  ^arig  geittad)t  für  bag  attgemeine  2öof)t,  auch  bag  2Sof)t  berer,  bie  mid)  jetjt 
fdbmätjen.  $n  Setreff  beg  neutidjen  SSaffenftillftanbeg  hanbett  eg  fid)  um  eine 
offenbare  Serteumbung,  bie  id)  gu  Stom  mibertegt.  ®er  SSaffenftiüftanb  entfpraef) 
nicht  meiner  Steinuttg,  fonbern  berjenigen  oieter  anberer  gemid)tigen  Stänner  unb 
S)oftoren  ber  £f)eotogie,  ber  id)  ntid)  fügen  tnufite5.  Stiemanb  hot  behauptet,  baf) 
ber  fö’urfürft  baju  im  ©emiffen  üerpftichtet  fei G.  ^cf)  banfe  ©ro.  §od)mürben  fet)r,  bah 


1  *  Original  in  SKain^,  ©tabtbibliotbef,  Jes. 
A  46 c. 

2  *  Orig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup.  Gtjigi  fd)rieb 
29.  Se$.  1647  an  Siber:  Benedixit  Deus  ca- 
lamo  Revae  Vae  ut  suppetias  ferret  Ernesto, 
er  möge  nur  fo  fortfnljren.  *  Äopie  in  Sliainj, 
©tabtbibliotbef,  Jes.  A  46c. 

3  Serbau;r  an  Siber,  4.  Sept.  1647 :  Nostri 
theologi  hic  uno  excepto  pacem  proposi- 
tam  credunt  esse  licitam.  *  Original  in  Stainj, 
Stabtbibliotbe!,  Jes.  A  46 c. 

4  23.  Ott.  1647.  *  Original  ebb.  Ser  fDtainjer 

Obferoator  ift  rnotjl  Kornaeul,  beffen  ©utadjten 
t»on  Siber  burd)gefel)en  unb  ftetlentoeife  f'orri= 
giert  tourben.  Sn  9iotn,  Chigi  Q  III  67,  fin» 
ben  fid)  Observationi  contro  le  Note  fatte  al 


Giuditio  Theolog.  del  P.  Vagnerech,  date  all 
Elettre  di  Magonza  dal  P.  Bibero  Giesuita. 

5  De  nupero  armistitio  luculenta  est  calum- 
nia,  quam  Romae  dilui  manifeste.  .  .  .  Non 
fuit  armistitium  ex  mea,  sed  aliorum  mul- 
torum  gravium  et  Doctorum  Theologorum 
sententia,  cui  me  cedere  oportuit. 

6  ^n  ben  §mei  entfdjeibenben  Sipungen  be§ 
©ef)einten  9tate3  mar  Serbau£  jugegen.  9tad) 
bem  nod)  borljanbenen  SrototoII  bat  Seroanj; 
fid)  in  fotgenber  SBeife  geändert,  9.  Oft.  1646 : 
Proponitur,  ob  nit  S.  ein  particular  accommo- 
dation  fud)cn  fotl,  in  specie  mit  grmiübrrid). 
Serbauj;:  Omnia  bene  esse  dicta.  1.  Non  esse 
dubium,  quod  salva  conscientia  possit.  2.  Ni- 
tendum  tarnen,  ut  pax  generalis  ineatur.  3.  Si 


Sie  grieben§berl)aublungett  ju  fünfter. 


481 


©ie  mid)  in  biefern  unb  auberrt  fünften  üerteibigt  Mafien.  gn  Sejug  auf  ben  ^affauer 
Vertrag  mage  idj  nicfjt  tmn  ben  Tätern  abjumeidjen,  bie  ifjn  nidjt  üermünfdfjt,  fonbern 
auf  fidj  berufen  liefen.  @S  genügt  nidjt,  ben  Äaifer  gerbinanb  ju  entfdjutbigen, 
mie  eS  ber  Obfernator  tut,  baS  getjt  auf  eine  Stnftage  gegen  ben  ®aifer,  ade  feine 
9tad)folger  unb  alle  dürften  fjinauS.  3Benn  ber  griebe  fdfjimpflicf;  mar,  burfte  er 
nicf)t  befdjmoren  merben.  f£)aS  griebenSprojeft  tjat  feine  ©djmierigfeiten,  aber  fie 
föitnen  auf  gute  28eife  gelöft  merben.  Banner  unb  Sapmann  geben  in  einem  fetjr 
feltenen  gatte  ju,  bafj  eine  bauernbe  Slbmadjuug  in  ber  oortiegenben  SÖtaterie  ge- 
fdjtofjen  merben  biirfe.  9tadj  meiner  2tnfid)t  liegt  biefer  galt  tmr.  SDie  Verträge 
über  bie  ^irdjengiiter  finb  nidjt  fo  in  fid;  fdjtedjt,  bafj  fie  nidjt  burdj  bie  heutigen 
Umftänbe  entfdjutbigt  ober  burd)  Interpretation  gut  reftringiert  merben  fönnten. 
Übrigens  in  attem  bie  Siebe,  unb  jmar  nicf)t  im  Söorte,  fonbern  in  ber  Xat  unb 
SBatjrtjeit.  9Jtöcf)te  eure  jüteinung  bie  gegenteilige  unb  audj  bie  geinbe  befiegen; 
mödite  ju  beren  Sefiegung  unb  jur  ©ntreifjung  ber  Seute  beim  gelten  anberer 
menfdjtidjen  Hilfsmittel  eure  Serebfamfeit  t)inreicf)en !  Stöir  beibc  münfdjen  altes 
ju  retten,  aber  itjr  fept  audj  baS  nocfj  Übriggebtiebene  ber  ©efatjr  beS  SertufteS 
aus,  mir  münfdjen  ju  retten,  maS  nodj  ju  retten  ift.  Serüauj:  meift  bann  nodj  bie 
Sormürfe  oon  geigfjeit  unb  Verrat  in  bem  langen  Kriege  jurüd,  man  tjabe  baS 
Stufjerfte  jur  Serteibigung  getan.  @S  gelernt  fid;  nidjt  für  einen  STfjeotogen,  fo 
niete  unb  fo  Ijeroorragenbe  SJJtänner  in  biefer  SSeife  an^uftagen.  Hatten  ©ro.  Hodj> 
mürben  bodj  fotdje  ©teilen  in  ben  ObferoationeS  getilgt  ober  Xitgung  angeraten! 
SDenn  eS  ift  nicfjt  gut,  audj  nur  oerftedt  fo  bie  giirften  anjugreifen.  ©r  motte  ben 
Obferoator  entfcfjulbigen  unb  einen  ißrojefj  nertjinbern,  menn  er  nur  fjöre,  bafj  bieS 
bem  Obferoator  angenehm  unb  er  feine  ©djulb  anerfenne1. 

Stuf  bie  ©eite  Seröau;r’  traten,  mie  bie  äftündjener  gefuiten,  fo  audj  bie  Sann 
berger.  £)er  Dtettor  oon  Samberg,  P.  ©pettj,  fdjrieb  (1647  ?)  an  ben  bambergifcfjen 
^anjter  Dr  £>•  Sttertlocfj:  gdj  tjabe  genau  baS  ©utacfjten  ber  £f)eotogen  beS  $ur= 
fürften  non  Saljern  getefen,  aucf)  P.  StarceftuS  tjat  eS  getefen,  mir  beibe  meinen, 
bafj  eS  fid)  auf  fotibe  ©rünbe  ftüpt  unb  bie  Semeife  beS  ©ufebiuS  gut  mibertegt. 
Unfer  Urteil  getjt  bafjin,  bafj  unfer  ertaudjter  gürft  (Sifcfjof  non  Samberg)  jenes 
gnftrument  rutjig  unterfcfjreiben  fann,  eS  fei  benn,  bafj  iljm  äftittet  ju  ©ebote  ftetjen, 
einen  bittigeren  grieben  ju  erlangen2. 

®aS  gegen  bie  Notae  beS  P.  Sernauj;  gerichtete  Responsum  theologicum  beS 
P.  SSangnered  beförberten  feine  ©önner  Stnfang  1648  junt  ®rud,  nacfjbem  fie  einiges 
geäitbert  unb  beigefügt  hatten s.  ®ie  3ufä|e  betrafen  birefte  Eingriffe  gegen  bie  ba= 
matige  batjrifdje  jßotitif. 


hoc  non;  etiam  particularem :  non  esse  contra 
conscientiarn.  Maximam  difficultatem  fore  in 
transcribendo  exercitu;  si  praesertim  hosti 
tradatur.  Sed  hic  statuum  consensum  saltem 
aliquorum  esse  requirendum.  Sed  an  etiam 
Caesaris?  Videtur  veile  et  posse  declinari, 
et  sufficere  remittere  iuramenti  obligationem 
ab  Electore.  Hoc  si  totum  exercitum.  19.97ob. 
1646,  5Berbait£:  Elector  tenetur  se  et  suos 
servare.  Hoc  si  facit,  facit  sapienter  et  se- 
cundum  iustitiam.  Si  hoc  aliter  fieri  non 
posset  nisi  per  particulare ,  tune  tenetur. 
Tentandum  tarnen  prius  armistitium  generale, 
ut  sic  pax  et  causa  communis  promoveatur. 
Electori  non  esse  differendum :  1.  Nam  mo- 
nuit  Caesarem  saepius.  2.  Incommoda  belli : 

2>ul)r,  ©efc6icf)te  ber  3e|uiten.  II. 


liabemus  omnes  exercitus  in  nostra  provincia. 
3.  Mora  peribimus.  Ergo  Elector  non  tantuin 
potest,  sed  debet  ex  conscientia,  si  se  ex- 
ponat  evidentissimo  periculo.  *  Original  in  9Jt. 

§ofamt3regiftr.  257,  19  (92r  623),  $rotofolle 
bes>  &et).  9iat§.  SBgl.  Dtiejlcr  a.  a.  0.  V  610. 
©ine  fefjr  gefetjiefte  Serteibigung  be3  Ulmer 
933affenftiHftanbe§  gab  Serbau£  fpäter  in  beit 
Annales  506. 

1  *  Original  in  fDtains,  ©tabtbibliotfjcf,  Jes. 
A  46 c. 

2  *  Original  in  Samberg,  Sreilardjiö,  2abe 
451,  gafj.  4. 

3  Sn  feiner  Älagefcfjrift  an  ben  ©eneral  bom 
27.  gebr.  1649  fagt  SSangnerecf  bon  bem 
Responsum  theologicum :  Sunt  enim  haec  et 

31 


482 


Siebtel  Äapitel.  griebcnlbeftrebungen  unb  ©egenftrömungeu. 


93et  biefem  Responsum  theologicum  fief)t  man  fo  recht,  meld)e  ESermirrung  unb 
meld)e!  Unzeit  öa!  gehalten  au  mittelalterlichen  3Inficf)ten  in  üollftänbig  geänberten 
SBerhättniffen  bringen  muhte.  Sßo  e!  nur  eine  fat^ofifefje  Religion  gab,  mochten  fief; 
folcf)e  ©runbfäpe  oerfechten  taffen;  fobatb  aber  einmal  bie  ©etoalt  ber  Satfadjen 
afatholifcfjen  S3efenntniffen  gu  einem  großen  unb  bauernben  S3efi|ftanb  üerhotfen  hatte, 
liefen  fid)  biefe  Elnfidjten  nicf)t  mehr  fefthalten,  mottte  man  nicht  ben  $rieg  alter 
gegen  alte  proHamieren  unb  ben  anbern  ßonfeffionen  bie  SSaffen  gur  23efämpfung 
ber  £atf)otifen  in  bie  £>anb  briiden.  Surften  nach  ber  Stnficfjt  SGBangnerecf!  bie  ®atf)o- 
tifen  mit  ben  ißroteftanten  feinen  bauernben  grieben  fchtiepen,  fo  mufften  bie  ißro- 
teftanten  gemärtig  fein,  bah  jeher  Stiebe  oon  ben  ^athotifen  gebrodEjeit  merben  fönnte, 
fobatb  fie  bie  9)?ad)t  erlangt,  mit  Slulfidjt  auf  ©rfolg  bie  f|3roteftanten  gu  unter- 
briiefen.  Sßangnerecf  oerroirft  nidjt  allein  ben  in  grage  ftehenben  2Beftfälifcf)en  ^rieben, 
er  üermirft  ben  ißrager  ^rieben,  bie  Etmneftie  unb  fogar,  unb  gtoar  mit  alter  ©nt- 
fchiebenheit,  bie  früheren  Verträge*  1.  Qn  ber  Strt  unb  Söeife  ber  23emeilführung  ift 
SBangnerec!  fdjarffinnig  unb  leibenfdjaftlid),  er  bedt  fd)onung!lo!  bie  Schmädjen  bei 
©egner!  auf,  geht  aber  fo  meit,  itjn  mieberhott  bei  betrug!  unb  ber  gälfcfjung 
gu  geil)en2. 

Solche  teibenfc^afttiche  Schriften  muhten  bie  ©efeltfd)aft  in  bie  gröffte  $er= 
tegenheit  bringen,  gumal  fie  fid)  bireft  ober  inbireft  gegen  einen  dürften  richteten, 
ber  nicht  gemohnt  mar,  Eingriffen  irgenb  meldjer  Elrt  ruhig  gugufehen.  Schon  am 
3.  Januar  1648  beftagte  fi<h  ßurfürft  üölapimilian  bei  bem  (General  Garrafa,  bah 
ein  ißater  ber  ©efetlfdjaft  mit  tarnen  Heinrich  Söagneregg,  Superior  Oon  Sinbau, 
einen  Sraftat  unter  bem  Sitet  „Sheotogifchel  Urteil"  über  bie  ^riebenlfrage  oerfaht 
habe,  ber  unter  bem  falfdjen  tarnen  ©rneftu!  be  ©ufebii!  erfchienen  fei,  unb  bah 
berfetbe  ifMer  an  ber  Slbfaffung  einel  anbern  Xraftate!  über  benfetben  ©egenftanb 
arbeite.  Sotdje  Sd)riften  bringen  bem  ©emeinmohl  groben  Schaben  unb  bebeuten 
eine  fernere  Sdhäbigung  für  bie  33eftrebungen  bei  ®aiferl,  ber  dürften  unb  ber 
Stänbe,  metefje  burdj  ben  ^rieben  bem  9luin  bei  SReid^el  unb  ber  fatholifcfjen  Religion 
in  Seutfdftanb  üorbeugen  motten,  ferner  fdjreden  fie,  mie  man  uni  beridjtet,  anbere 
fatfjotifche  Stänbe  infolge  einel  irrigen  ©emiffen!  ab,  bie  fonft  gu  bem  unbebingt 
nötigen  ^rieben  ihre  ßuftimmung  geben  mürben.  ©nblicf)  fdjaffen  biefe  33rofd)üren 
eine  grohe  ©efafjr  baburdj,  bah,  im  Satte  ber  fö'rieg  fortgefept  merben  muh  unfr  einen 
fd^Iec^ten  Elulgang  nimmt,  bal  gange  Obium  bafür  auf  bie  ©efellfchaft  fällt,  meit 
fie  burd)  bergteichen  Schriften  ben  grieben  oerfjinbert,  mie  jejjt  fc^on  bie  geinbe 
ber  ©efettfehaft  gu  bemeifen  fud)en.  hieran  haben  mir  ©ro.  t)od)\v.  Paternität 
mahnen  motten,  bamit  burd)  geeignete  ernfte  unb  fofortige  ©egenmittet,  ohne  aber 
uni  gu  nennen,  nicht  allein  ber  Schriftftetterei  unb  ben  9latfdjlägen  jene!  fßaterl, 
fonbern  audj  anberer,  gu  beren  Slmt  bie!  nicht  gehört,  @inf)alt  getan  unb  fo  etmaigen 
Etagen  bie  Spi£e  abgebrochen  unb  bem  Schaben  für  ben  Orben  oorgebeugt  merbe3. 


plura  ab  aliis  inserta  aut  maligne  et  imperite 
in  pravum  detorta  sensum.  *  ®opie  iit  Bibi. 
Chigi  Bll,  f.  180.  Stein  berget 

a.  a.  0.  112  ff  176  ff  191  ff. 

1  Responsum  theologicum  10  f  19  3033f  145  f. 

2  6bb.  4  13  162  170.  —  SSerüauj  fchliept 

feine  Notae  mit  ben  SBorten:  Vale  mi  Erneste 
et  aequi  bonique  hunc  laborem  quem  tu  mihi 
invito  facessisti,  consule ;  Deumque  ora,  ut 
olim  in  coelo  iuncti  aeterna  beatissima  pace 
una  fruamur:  pervelim  enim,  ita  te  amo,  non 
sine  te,  sed  tecum  esse  beatus.  Söangncrecf 


antwortet  baranf:  SBer  l)at  bir  ben  Auftrag 
gegeben,  ju  lügen  unb  ju  betrügen  ?  2ug  unb 
Srug  finb  fein  SBeg  jur  ewigen  ©lücffeligfeit. 
Srneftul  betet,  baß  ber  §ciligc  ©eift  biep  er¬ 
leuchten  möge.  SJorper  behauptet  er:  Teneris 
sub  periculo  aeternae  damnationis  fraudes 
et  errores  tuos  illis  aperire,  in  quos  illos 
coniecisti.  Consultum  est,  ut  sponte  facias, 
ne  cogant  qui  possunt  et  pro  officio  debent. 
Responsum  162  f. 

3  *&onsept  2Ji.  £>.  623'/t,  $rucf  bei  Stein¬ 
berger  a.  a.  D.  198. 


$ie  gricbengberhanblungcit  ju  SOtünfter. 


483 


®er  ©eneral,  an  meldjen  biefe  Mahnung  gerietet  mürbe,  mar  ©inzenj  ©arrafa, 
ber  1646  junt  9?ad)folger  beg  ÜDiutiug  ©itellegdfi  ermaßt  morben  mar.  ©leid)  in 
feinem  erften  ©rief  an  bie  ©efeKfdfaft  l)atte  er  fid)  entfdjieben  gegen  bie  Teilnahme 
feiner  Untergebenen  an  meltlicfien  ©efcffäften  auggefprochen.  ©r  erinnerte  u.  a.  an  bie 
Mahnung  beg  ©apfteg  ^nno^enj  X.  an  bie  ©eneraliongregation,  fie  foIXe  9Jia|na^men 
treffen  gegen  bie  @inmifd)ung  ber  ©atreg  in  meltlicfje  Slngelegenlfeiten.  £>ie  Kongrega¬ 
tion  fjabe  geantmortet,  eg  fei  bie  einftimmige  Meinung  ader  ©atreg  unb  ber  Söunfcff 
ber  gefamten  Kongregation,  baff  bie  Sftitglieber  ber  ©efeUfcfjaft  fid^  ber  meltlicf)en  ©e- 
fdfjüfte  enthielten,  ba  biefe  unfern  Konftitutionen  fremb  feien.  Slug  biefer  Slntmort 
gehe  fjerbor,  mie  forgfäXtig  in  3u^urtfX  fid)  alle  hüten  mühten,  nicht  einmal  auf  bie 
©mpfehlung  unb  beit  Söitten  Oott  dürften  hin,  mit  zeitlichen  unb  meltlidjen  Slttgelegen- 
heiten  fich  ju  befaffen.  ®ie  Obern  füllten  mol)l  beachten,  mag  bie  Kongregation  ihnen 
in  ©etreff  berfenigen,  meldje  gegen  biefeg  SDefret  fidh  üerfehlten,  eingefdjärft  tfabe, 
nämlich  bafür  Sorge  zu  tragen,  baff  bie  Übertreter  nicht  ungeftraft  blieben.  SBenn 
bie  gemöf)nlid)en  SJlittel  bagegen  nicf)tg  fruchteten,  follten  bie  ©etreffenben  oon  Ort 
unb  Slmt  entfernt  merben1. 

Qn  biefer  ©efinnung  antmortete  ©arrafa  mit  aufrichtigem  SDanfe  für  bie  9J?af)nung 
am  25.  Januar  1648  bem  Kurfürften,  er  merbe  mit  aller  Kraft  bent  Übel  entgegen¬ 
treten  unb  ben  P.  Söangnerecf  unb  bie  anbern,  bie  fid)  in  foldjer  SBeife  gegen  bag 
^nftitut  Oerfehlten,  in  geeigneter  Söeife  in  Scfjranlen  hatten 2 ■  Ü^och  am  felben  Sage 
fanbte  er  ein  aUgemeineg  ©unbfdfreiben  an  ben  ©roüinzial  Oon  Oberbeutfdflanb 
Sorenz  Keppler,  melcheg  ein  ftrengeg  Verbot  für  alle  $efuiten  enthielt,  fich  in  bie 
griebengüerhanblungen  einzumifcffen 3 4.  ^n  einem  meiteren  Schreiben  oom  felben  Saturn 
teilt  ©arrafa  bem  ©roüinzial  bie  Klage  ÜDiajimiliang  faft  mörtlich  mit,  ohne  aber 
beffen  tarnen  ju  nennen;  ber  ©roüinzial  möge  ohne  ©erzug  bie  Sin f läge  genau  auf 
ihre  SBahrheit  unterfud)en;  habe  P.  SBangnered  mirflich  bie  ©rofdjüre  gefdjrieben, 
fo  möge  er  ihn  fofort  feineg  SImteg  alg  Superior  entfern  unb  an  einen  anbern 
Ort  fchiden;  er  fülle  ihn  and)  ber  genfur  beg  Kanon  12  (59)  ber  fünften  Kongregation 
für  oerfallen  erflären  unb  ihn  fomohl  alg  auch  alle  übrigen  ©atreg  ber  ©rooinz 
mit  Strenge  oon  einer  ähnlichen  ©inmifdjung  in  öffentlidje  Slngelegenfjeiten  abhalten1. 

©eüor  biefer  ©rief  feine  Slbreffe  erreichte,  hatte  fich  aber  ^er  9iuntiug  ©higi 
in  einem  Schreiben,  batiert  fünfter,  7.  gebruar  1648,  in  ©om  zu  ©unften  Söangneredg 
unb  gegen  feine  ©egner  auggefprodjen  unb  eine  ©inmirfung  auf  ©arrafa  in  biefem 
Sinne  gemünfd)t5.  So  muhte  ©arrafa  ben  fRiidjug  antreten.  ©r  fönne  fich,  fdhrieb 
ber  ©eneral  an  Keppler,  4.  Slpril  1648,  zmar  faunt  überzeugen,  bah  fein  ©orgänger 
P.  ÜDfutiug  (©itellegcf)i)  bie  Sdjrift  beg  P.  Söangnered  in  einer  für  bie  mädjtigften 
dürften  fo  anftöhigen  9J?aterie  gebilligt  habe.  Slber  meil  ber  päpftlidje  ©untiug  für 
bie  Schrift  eintrete,  merbe  er  ben  ©apft  barüber  befragen.  Qnzmifdfen  möge  ber 
©roüinzial  mit  ber  Slmtgentfetmng  zumarten  unb  nach  9Jiöglid)feit  meitere  Schriften 
über  biefen  ©egenftanb  hintanljalten 6.  ®er  ©apft  fprach  bem  ©eneral,  mie  biefer 
am  16.  9Kai  1648  an  Keppler  fdjreibt,  ben  Söunfcf)  aug,  eg  möge  auf  bie  letzte 


1  Epistolae  Praepositorum  Generalium,  Prag. 

1711,  576.  2  *  Drig.-Veg.  Ad  Externos. 

3  *  Original  in  ©t.  91.,  Jes.  335.  $rud  bei 
©pecfjt,  Sittingen  329,  91.  1.  Vgl.  ©tein¬ 
berg  er  a.  a.  0.  7,  91.  2. 

4  *  Orig.=9leg.  Ad  Germ.  sup.  Sag  59.  $e= 

Jret  üerfjängt  alg  ©träfe  für  Einmifchung  in 
politifdje  @efd)äfte  bie  Unfähigfeit  ju  aßen 

9imtern  unb  bie  Entziehung  beg  af'tiben  unb 
paffiben  V)ahtred)tg  (auf  ben  Kongregationen). 


5  SSortlaut  bei  ©  t  e  i  n  b  e  r  g  e  r  a.  a.  D.  104, 
9t.  6. 

6  *  Drig.üReg.  Ad  Germ.  sup.  9?gt.  ©tein¬ 
berg  er  a.  a.  0.  135.  Vitettegcpi  hatte  fid) 
am  6.  9tprit  1641  erttfrfjieben  gegen  bie  Ver¬ 
öffentlichung  ber  Quaestio  ardua  unb  ihrer 
9tpologie  auggefprochen.  Vgl.  oben  ©.  473  unb 
©teinberger  a.  a.  0.  195  9?r  1. 


31 


484 


Siebtel  Sapitel.  griebenibeftrebungen  unb  ©egenftrömungen. 


Schrift  beS  P.  SCBangnered  (Responsum)  feine  meitere  Slntmort  erfolgen.  SeSfjalb 
merbe  ber  ^rooin^tal  eifrig  barauf  achten,  bab  feiner  feiner  Untergebenen  gegen 
biefen  93efe^I  haitble.  Siefe  Slufforberung  beS  ißapfteS  unb  bie  entfcfjiebene  Partei¬ 
nahme  beS  9Juntiu§  geangen  nun  ben  ©eneral,  ben  Strafbefehl  gegen  Söangnerecf 
gurüdfjunehmen,  toie  er  in  bemfefbcn  Briefe  an  föeppler  oerfügte1.  „Ser  ©eneral 
faf)  fid)  in  eine  unerträgliche  .QmangSlage  oerfeld:  auf  ber  einen  ©eite  ber  fßapft, 
meldjem  er  als  gefuit . . .  ©ehorfatn  fc^ulbete,  unb  ber  SiuutiuS  ©l)igi,  auf  ber  anberit 
ni^t  blob  baS  OrbenSftatut,  fonbern  auch  ber  Äurfürft  oon  Vapent,  einer  ber 
mächtigften  unb  tnärmften  ©önner  ber  ©efeltfcfjaft  $efu."2 

Siefe  .groangSlage  fotlte  fid)  nod)  öerfdjärfen.  211S  nämlich  baS  Responsum 
unb  beffen  Verfaffer  Siooember  1648  in  9)iünd)en  befannt  mürbe,  geriet  äßajcimilian 
in  großen  ßorn.  Sofort  ridjtete  er  (am  19.  9iooember)  ein  gereiztes  Schreiben  an 
ben  ©enerat  gegen  bie  ben  grieben  bebrof)enbe  geljäffige  Schrift  beS  P.  SBangnered, 
bie  fo  feljr  bern  gnftitut  miberftreite.  @r  (ber  ßurfürft)  habe  für  feinen  ©laubenS* 
eifer  unb  feine  Siebe  zur  ©efeflfdjaft  bod)  etmaS  anbereS  als  bie  biffige  gredjheit 
jenes  Raters  oerbient.  @r  bitte  beSljalb  um  eine  fdjarfe  Veftrafung  beS  Sdjulbigeit 
unb  um  eine  öffentliche  ©enugtuuug.  Sollte  biefe  unterbleiben,  fo  fefje  er  fid)  ge* 
nötigt,  biejenigen  ÜOiabregeln  ju  ergreifen,  rneldje  zum  Schule  ber  gefränften  ©l)ie 
bienlidjer  erfc^einen  mürben.  Senn  baS  möge  ber  ©eneral  miffen,  er  (ber  ßürfürft) 
merbe  fidb  in  ber  fyolge  fo  gegen  bie  ©efeüfdjaft  erzeigen,  mie  eS  ihre  SSerbienfte 
unb  zumal  bie  21rt  unb  Söeife  biefer  ©enugtuung  erfordern  mürben,  ©r  ermarte  beS* 
halb  ben  Vollzug  feiner  gorberung  unbebingt,  ohne  Verzug  unb  ohne  jebe  ©nt* 
fd)ulbigung3. 

Siefbetrübt  ermiberte  ©arrafa  am  19.  Sezember  bem  ßurfürften:  Seitbem  id) 
biefeS  $reuz  meines  SlmteS  auS  ber  Hanb  ©otteS  übernommen,  hot  mid)  nichts  fdjmerz* 
lieber  betroffen,  als  bah  ©tu«  Surchlaucpt,  ber  bie  ©efellfcfiaft  Seben  unb  Vlut  fdjulbet, 
burdh  einen  ber  Unfrigen  fo  fdjmer  gefränft  morben  ift.  ge  gröber  bie  unzähligen 
Söohltaten  ©m.  Surd)laud)t  unb  ghrer  Vorfahren  finb,  um  fo  gröber  ift  bie  Ver* 
megenljeit  beS  P.  §einrid)  SSangnered,  ber  in  bem  Responsum  theologicum  gemagt 
l)at,  fo  biffig  ©m.  Surdjlaudjt  unb  anbere  dürften,  ja  felbft  bie  faiferliche  SDiajeftät 
burchzuhedheln.  @r  mirb  bafür  eine  harte  Strafe  erhalten,  meil  er  ©m.  Surd)laud)t 
fo  fdjmer  beleibigt  unb  mit  feiner  oermegenen  gebet  bie  ©efellfdjaft  in  folcfjen  Verruf 
gebradjt  hat.  gept  fchreibe  ich  an  ben  P.  Proöingial,  bab  er  ihn  fofort  beS  aftioen 
unb  paffiöen  ©timmred)teS  beraube,  ßimmerarreft  gebe  unb  mit  anbern  harten  Vuben 
ftrafe,  bamit  alle  erfennen,  mie  fef)r  unfere  ©efellfcfjaft  bergleichen  oermeffene  unb 
beleibigenbe  Schriften  mibbiüigt  unb  oerabfdjeut.  ©m.  Surdjlaudjt  bitte  id)  bringenb, 
bie  Sd)ulb  beS  einen  HipfopfeS  nid)t  bem  ganzen  Orben  zur  Saft  zu  legen.  Sazu 
fommt,  bab  bie  ©djrift  ohne  äöiffen  beS  Obern,  ja,  meint  mir  bem  Verfaffer  glauben 
bürfen,  fogar  ohne  fein  93ormiffen  bem  Srud  übergeben  morben  ift,  fo  bab  er  beS* 
halb  eher  Verzeihung  oerbient,  menn  er  aud)  in  ber  ©d)reibroeife  fief;  fd)mer  Oer* 
fehlt  l)at4. 

31m  felben  Sage  (19.  Sezember)  fchreibt  ber  ©eneral  an  ben  proüinzial  ßeppler: 
gnbem  id)  oon  ber  Hauptfrage  abfelje,  über  bie  mir  fein  Urteil  zuftel)t,  geht  mein 
Urteil  baf)in,  bab  ber  Verfaffer  in  ber  31rt  unb  SBeife  fid)  fdjmer  oergangen  hat 
burdj  Singriffe  gegen  bie  gürften  unb  burd)  biffige  Schmähungen  gegen  ben  33er* 


1  *  0rig.--9{eg.  Ad  Germ.  sup.  Sßgl.  ©teilt*  4  *  0rig.*91eg.  Ad  Externos.  Ser  2lu§brtt<f 

berget  a.  a.  0.  136,  21.  3.  carcere  includat  famt  nidjt  mit  einferfern  über* 

2  ©teinberg er  a.  a.  0.  136.  fefct  werben,  bn  fein  Sarjer  oorfjanben  war. 

3  »ftonjept  S».  §.  623 */T.  © tein berget 

a.  a.  0.  200  f. 


$ie  ^rieben^üerljanblungeit  ju  fünfter. 


485 


fecfjter  ber  gegenteiligen  3fnfidjt,  ba  bodj  er  unb  aitbere  annehmen,  baf$  fidj  unter 
bem  tarnen  QlrenicuS  ein  9J?it6ruber  üerbirgt.  SeSljafb  oerfiige  icf)  nad)  roieber^ofter 
^Beratung  mit  ben  Sfffiftenten  unb  nad)  fBeratfdjfagung  üor  ©ott  im  (Gebete,  eS  miiffe 
bem  Befeibigten  dürften  notmenbig  eine  (Genugtuung  gegeben  unb  ber  ©cfjriftftefler 
megen  äftafjfofigfeit  im  ©tif  e;rempfarifdj  beftraft  merben.  Söäre  er  nidjt  Sßrofefj, 
müfjte  er  fofort  entlaffen  merben.  2tber  meit  bieS  niefit  angef)t,  foH  er  fofort  für 
einftmeifen  3^mmerarreft  ontreten,  beS  aftioen  unb  paffiüen  2Safjfred)teS  oerluftig 
gehen  unb  einer  öffentfidjen  (Geißelung  im  9?efeftor  fid)  unterbieten,  mobei  if)m  ein 
fdjarfer  Sabel  gegeben  merben  fotf,  bafj  er  fid)  in  ber  ©djreibmeife  ferner  oerfefjft 
unb  burd)  feine  SSiffigfeit  bie  ©efedfdjaft  bei  ben  dürften  in  Verruf  gebracht  habe. 
$d)  t°ffe/  bafj  auf  biefe  SBeife  bie  Erbitterung  be§  Äurfürften  fic^  legen  mirb  unb 
größere  Übel  abgemenbet  merben.  Siefer  93efef)t  fofl  burd)  ben  ^rooinjiat  bem 
fö'urfürften  jur  Kenntnis  gebracht  merben  1. 

Ebenfalls  unter  bemfelben  Saturn  antmortete  Earrafa  bem  23eidjtoater  beS  ®ur» 
fürften,  P.  SBerüauj,  mefcfjer  if)n  am  20.  Gioüember  oon  ber  Erbitterung  feines  dürften 
in  Kenntnis  gefefct  hatte.  Er  hätte  fdjon  längft  ben  Sfutor  megen  feiner  biffigen 
unb  üerfepenben  ©djreibmeife  geftraft,  aber  er  habe  bieS  aus  guten  (Grünben  nidjt 
gefonnt.  ^e|t  merbe  aber  bie  ©träfe  erfolgen  (bie  genau  mie  in  bem  Briefe  an 
$eppfer  angegeben  mirb).  Sßenn  ber  SSerfaffer  ficf»  rühme  (mie  SBerüauj:  gefcfjrieben), 
bafj  aud)  er,  ber  (General,  feine  ©cfjrift  gebilligt  fjabe,  fo  fei  er  meit  entfernt  ge» 
mefen,  jene  ©djreibmeife  mit  Eingriffen  gegen  bie  dürften  unb  ©d)mähungen  gegen 
ben  (Gegner  irgenbmie  gu  billigen:  „Qdj  oerabfdjeue  eine  folcfje  ©djreibmeife  unb 
Babe  fie  ftetS  für  eines  Stefigiofen  unmürbig  erachtet.  Über  bie  g-rage  felbft  fage 
icf)  nichts,  meit  eS  nidjt  meine  ©adje  ift,  barüber  ju  urteilen.  Ebenfo  unbegrünbet 
ift  eS,  menn  ber  SSerfaffer,  mie  Sm.  (podjmürben  berieten,  bie  fBefjauptung  auffteüt, 
ber  ^arbinaf  be  £ugo  plane  eine  äfjnfidje  ©cfjrift.  Ser  ^arbinaf  f)at  BieS  aus* 
briicflicf)  oerneint."2  Sa  ber  ©eneraf  megen  ber  23egünftigung  beS  P.  Sßangnerecf 
burd)  ben  SiuntiuS  Efjigi  ©djmierigf eiten  befürdjten  mufjte,  fiefj  er  biefen  burcf)  beffen 
Qugenbfreunb  P.  ©forga  jßatfaoicino  oon  bem  ©trafbefefjf  oerftänbigen  unb  ifjn 
bitten,  bie  ©träfe  nidjt  übet  ju  netjmen,  ba  fie  nidjt  megen  ber  oerteibigten  @adje, 
fonbern  megen  beS  Mangels  an  Efjrfurdjt  gegen  ben  (perjog  oon  SBatjern  unb  baS 
(pauS  Dfterreicfj  erfolgt  fei.  SieS  berichtet  Efjigi  am  22.  Januar  1649  oon  Sftünfter 
aus  an  ben  ©taatSfefretär  jßancirofi  unb  äufjert  babei  feine  Unjufriebenfjeit  barüber, 
bafj  ber  einzige,  ber  für  ben  SIpoftolifdjen  ©tufjf  unb  bie  fatfjolifcfie  Religion  ge* 
fcfjrieben  fjabe,  fo  fdjtimm  befjanbett  merbe3. 

2tudj  burd)  ben  Üieftor  beS  ÄottegS  ju  fünfter,  P.  ©ottfr.  Eörfer,  fucfjte  Earrafa 
auf  ben  Kölner  GJuntiuS  befd^mid^tigenb  einjumirfen,  benn  er  teilte  am  26.  Sejember 
1648  bem  9teftor  bie  ganje  ©adjfage  mit.  Ser  ^urfürft  oon  fBaljern  habe  fidj  bitter 
barüber  beüagt,  bafj  Söangnered  bie  fatfjofifcfjen  dürften,  bie  für  ben  ^rieben  ge* 
arbeitet  Ratten,  geinbe  ber  göttlichen  Etjre  unb  SBerberber  ber  Religion  genannt 
fjabe;  feine  ©djreibmeife  fei  ffaubaföS  unb  eine  ©efafjr  für  ben  öffentlichen  ^rieben. 
G?adj  anbern  23eridjten  habe  ber  Äurfürft  tior,  gemäfj  einem  Sfrtifef  beS  griebenS 
an  bem  Sfutor  ein  Ejempef  ju  ftatuieren;  eS  fei  ©efafjr,  bah  ©cfjrift  oom  genfer 
öffentfidj  üerbrannt  unb  ein  Exemplar  an  ben  ©afgen  geheftet  merbe.  Er  (ber 
©eneral)  habe  baS  33udj  genau  gefefen  unb  fönne  baSfefbe  oon  bittern  Eingriffen 
unb  ©<fjmähungen  nicht  freifpredjen.  Sa  nun  ber  Sfutor  oon  bem  Kölner  GJuntiuS 


1  *0rig.=9teg.  Ad  Germ.  sup.  116er  bie  (Stellung  Sfjigiä  ögl.  g.  S^rael, 

2  *  66b.  2fbam  2lbami  unb  feine  Arcana  pacisWestph. 

3  *  SSortiaut  bei  Steinberger  a.  a.D.  202 f.  (1909)  180  f. 


486 


Siebtes!  Stapitet.  grieben§beftrebungen  unb  ©egenftrömungen. 


fefjr  Begitnftigt  Werbe  unb  biefer  (ber  ÜRuntiuS)  bie  Beftrafung  SSangneredS  Oiefleid)t 
übel  aufnehmen  fönne,  fo  möge  er  (©Örter)  ben  ütiuntiuS  befugen  unb  it)m  bie 
gmangSlage  beS  ©eneratS  auSeinanberfepen.  2Benn  ber  ^roötnjial  in  äliünfter  gu- 
fällig  amuefenb  fei,  müffe  if)m  biefer  Brief  mitgeteilt  werben  fowie  aud)  ben  übrigen 
patres,  bie  häufig  mit  bem  ÜRuntiuS  üerfefjrten.  Sollte  ber  Nuntius  fd^on  abgereift 
fein,  möge  ©Örter  ben  93rief  an  ben  Obern  beS  OrteS  fenben,  wo  ber  ÜRuntiuS  ficf) 
aufhatte 1. 

Oer  fßroöingiat  ®eppter  führte  ben  S8efeJ)I  beS  ©eneratS  aus  unb  berief 
gu  biefem  Befjufe  ben  P.  SSangnered  in  baS  $otteg  nach  ßonftang,  unter  bem  bie 
Sinbauer  SDiiffion  ftanb.  Aber  beoor  SSangnered  bort  antangte  (6.  gebruar)  unb 
ben  Strafbefehl  oernommeit,  hotte  er  fich  am  5.  gebruar  oon  St  ©alten  aus,  beffen 
Bibtiotfjef  er  bamatS  benutzte,  in  einem  Schreiben  an  ben  fßapft  gewanbt  unb  ge- 
flogt,  bah  feine  ©egner  ihn  an  ber  Abfaffung  einer  Oon  bem  ÜRuntiuS  gewünfchten 
Apologie  hindern  wollten.  Sollte  ©ewatt  unb  Unbitt,  fei  eS  Oon  auffen,  fei  eS  oon 
innen  (oon  ber  ©efettfdiaft),  ihn  gwingen,  möge  ber  ^3apft  erlauben,  bah  er  nadj  Sftmn 
fomme,  um  perföntich  bie  ©efahren  für  bie  fRetigion,  bie  Schäbigungen  ber  ®ird)e 
(bie  Urfachen  feiner  äRüffe)  unb  auch  feine  ©efafjr  auSeinanbergufepen2.  Orei  Aßochen, 
nachbem  er  in  ^onftang  feine  Strafe  angetreten,  fcprieb  er  „aus  bem  ©efängniS  für 
bie  Religion  unb  ben  Apoftotifd)en  Stupt"  am  1.  9Rärg  an  ben  ÜRuntiuS  ©higi,  bah 
er  bie  Strafe,  Welche  er  ber  SRetigion  unb  beS  Apoftotifcpen  Stuf)teS  Wegen  ftd)  gu- 
gezogen,  gern  erbutbe.  ©r  habe  eine  Appellation  an  ben  Apoftotifdfen  Stuhl  üerfucht; 
man  höbe  fie  aber  oereitett  burd)  bie  ©rftärung,  nicht  wegen  ber  Sache,  fonbern 
Wegen  ber  Art  unb  SSeife  ber  Schrift  fei  er  beftraft  worben.  Oiefe  Appellation 
erneuere  er  jept  oor  bem  ^Sapft  wegen  ungerechter  unb  übertriebener  Beftrafung  unb 
wegen  ber  ©rftärung,  bah  er  bie  ©nttaffung  oerbient  höbe;  er  lege  biefe  Appellation 
in  bie  §änbe  beS  ÜRuntiuS :  „$dj  erftäre,  bah  ief)  nicht  gehört  worben  bin,  bie  Stetten, 
gegen  welche  fich  ber  ®urfürft  üon  Bapern  richtet,  habe  ich  nicht  gefcprieben,  fonbern 
anbere  hoben  fie  beigefügt3.  ho&e  wich  äum  Beweis  erboten,  ich  ha&e  gebeten, 
guerft  ben  ^urfürften  gu  benachrichtigen  ober  an  ©w.  §errtichfeit  unb  an  ben  P.  ©enerat 
fcpreiben  gu  biirfen.  AUeS  würbe  abgefdjtagen.  P.  ^Srobingiat  fagte,  er  fei  nur  ber 
©pefutor;  er  hot  nichts  getefen  Weber  in  bem  Iudicium  noch  in  bem  Responsum. 
©in  fdiöner  dichter  in  einer  ihm  unbefannten  Sadje,  ber  mich  burd)  eine  Süge  unb 
gegen  bie  besprochene  Sicherheit  nach  ^ouftang  getodt  hat!  ©epriefen  fei  ©ott, 
ber  mid)  ber  ®rone  ber  ^eiligen  teilhaftig  macht,  aber  ba  bie  Sache  einen  Spott  für 
ben  Apoftotifdjen  Stüf)I  bebeutet,  butbet  mein  ©ewiffen  nicht,  biefe  Unbitt  hingepen 
gu  taffen."4 

AIS  SBangnered  biefen  Oon  ber  ©ereigtheit  biftierten  93rief  mit  feinen  un¬ 
richtigen  Behauptungen 5  fcf>rieb,  war  feine  Strafe  bereits  wieber  aufgehoben  worben. 
Oer  ©enerat  hatte  gwar  anfangs  bie  Ausführung  beS  Urteils  eifrig  betrieben. 
3d)  erwarte  mit  Sehnfucpt  (avide),  fo  mahnte  er  am  6.  gebruar  1649,  bie  Aus¬ 
führung  in  Betreff  beS  P.  ABangnered6.  Aber  fdjon  am  13.  gebruar  1649  mufjte 
er  bem  P.  Berüaup  mitteiten,  er  höbe  ben  Befept  erhalten,  bie  über  P.  ABangnered 
üerhängte  Strafe  aufgupeben.  Aöoper  ber  Befeht  gefommen,  fönne  P.  Berüaup  fich 
teicht  benfen,  unb  er  möge  ihn  beSpatb  bei  bem  fö'urfürften  entfchutbigen7. 


1  *  Drig.-Dleg.  Ad  Rhen.  inf'. 

2  SBortlaut  bet  Steinberger  a.  a.  D.  203. 
8  $a§  trifft  uicpt  für  alle  Stetten  ju.  $8gt. 

Steinberger  a.  a.  C.  150,  3t.  1. 

*  SBorttont  ebb.  204. 

5  Sd)on  am  8.  gebruar  unb  mieberunt  ©ttbe 


gebntar  patte  SBattgtterec!  an  bett  ©enerat  ge- 
fcpriebett;  ebenfalls  patte  er  eine  3ht§einanber- 
fepung  an  ben  ü’urfürften  gefcpicft;  er  mar 
aucp  nicpt  burcp  Siige  nacp  Äonftanj  gclocft 
rnorben. 

c  *  Drig.-9teg.  Ad  Germ.  sup. 


7  *  ßbb. 


3)ie  fffriebenäberhanblmtgen  p  fünfter. 


487 


Qnfolgebeffen  befürchtete  ber  föurfürft  neue  Schriften  gegen  ben  ^rieben  unb 
mahnte  be§f)alb  ant  2 6.  gebruar  1649  nacpbrücflicp  ben  ©eneral.  öiefer  banfte  am 
20.  SRarg  für  bie  Mahnung :  ©ott  meip,  mie  fe^r  mir  am  §ergen  liegt,  bah  feiner 
aus  ber  ©efeHfcpaft  gegen  ben  grieben  fcpreibt.  ®urcp  ein  Runbfcpreiben  höbe  ich 
bieS  allgemein  berboten  unb  befonberS  bem  P.  SBangnerecf,  ber,  mie  ich  fürglicp  »er- 
nommen,  an  einer  Slntmort  gegen  ©aramuel  arbeitet,  bie  ©inftellung  ber  Slrbeit 
befohlen.  Slucp  ben  RuntiuS  in  ®öln  höbe  ich  bitten  taffen,  bap  er  feine  meiteren 
Schriften  über  biefen  ©egenftanb  non  P.  SBangnerecf  oerlange,  unb  falls  er  fchon 
eine  erhalten  höbe,  bereit  örucfleguitg  berphtbere 4. 

Stuf  eine  Rechtfertigung,  melche  SBangnerecf  ©nbe  Februar  1649  an  ben  ©eneral 
gefanbt,  ermiberte  biefer  am  10.  Slpril,  eS  ftehe  mit  ber  SBefd^eibenheit  nicht  in  ©inflang, 
meitn  SBangnerecf  behaupte,  in  ber  Slrt  unb  SBeife,  gu  fchreibeit,  feien  mit  ihm  fcpulbig 
oiele  Propheten  unb  ^eilige.  ®ie  Propheten  hätten  —  fo  betont  ber  ©eneral  — 
im  Stuftrage  ©otteS  unb  bie  ^eiligen  gegen  offene  Verfolger  ber  Kirche  gefc^rieben. 
SDie  Sage  ber  dürften  in  SDentfcplanb  fei  hoch  pimmelmeit  üerfchieben.  ®ie  33e> 
merfung  megen  ber  ©ntlaffung,  melche  ihm  fo  bitter  fei,  möge  ihn  nicht  gu  fepr 
munbern :  „Um  bie  dürften  gu  befänftigen,  finb  mir  gumeilen  genötigt,  gegen  unfern 
SBillen  Mittel  gu  ergreifen.  SBie  mir,  um  baS  Seben  beS  übrigen  Körpers  gu  retten, 
gumeilen  felbft  unter  ben  größten  (Schmergen  baS  SXbfchneiben  eines  ©liebes  bulben, 
fo  fah  fich  bie  ©efellfd^aft  gumeilen  gegmungen,  um  ben  ßorn  ber  dürften  gu  milbern, 
Söhne  auS  ihrem  Scpope  gu  entlaffeit,  ober  menn  bieS  megen  ber  fßrofep  nicht 
möglich  mar,  fchmer  gu  beftrafen,  menn  eS  fie  auch  noch  f°  part  anfam.  So  mürbe 
P.  SRutiuS  im  Qapre  1630  gegmungen,  ben  P.  XpomaS  i^ulton  aus  ber  englifcpen 
$robing  gu  entlaffen,  meil  er  in  einem  ißriüatbrief,  ber  in  bie  §änbe  beS  £’ar> 
binalS  Richelieu  geriet,  biefen  ^arbinal  gu  bitter  hergenommen  hatte,  unb  fo  mupte 
ich  fnr  Oorigen  $apre  ben  P.  £$op.  be  ©ortaS,  ifkofep  ber  belgifd^en  ^Sroüinj 
(gallobelgica),  mit  Beraubung  beS  aftioen  unb  paffiben  SBaplrecptS  unb  geitmeiliger 
©infcpliepung  beftrafen,  meil  er  ebenfalls  in  einem  ißriüatbriefe  fiep  gegen  ben 
^ringen  ©onbe  ungegientenb  geäußert  patte."  @r  möge  beSpalb  feine  Semerfung 
niept  gu  feparf  auffaffen  unb  ben  ©ebanfen,  bie  ©efellfcpaft  gu  berlaffen,  aufgeben1 2. 

Qn  feiner  Aufregung  über  bie  SRapregelung  baepte  SBangnerecf  geitmeilig  baran, 
bie  ©efellfcpaft  gu  berlaffen.  ©r  appellierte  bom  ©eneral  an  ben  $apft,  um  ©pemtion 
unb  Befreiung  bon  ber  ©emalt  beS  Obern  gu  erlangen 3.  Sin  feinem  Apologeticum 
arbeitete  er  unterbeffen  meiter.  Slm  30.  Sluguft  1649  melbet  er  bem  RuntiuS  ©pigi 
beffen  Rollenbung  unb  legt  ipm  baSfelbe  gu  fyüpen.  ©r  munbere  fiep,  bap  er  trop 
aller  SSepationen  ein  fo  fcpmierigeS  unb  gropeS  SBerf  bon  faft  500  Seiten  in  niept 
über  fecpS  SRonaten  pabe  bollenbeit  fönnen4. 

®aS  ©rfepeinen  biefer  gegen  ©aramuel  gerichteten  Slpologie  fuepte  ©arrafa  auf 
jebe  SBeife  gu  berpinbern,  bamit  niept  neues  Öl  ins  $euer  gegoffen  roerbe.  ©r 
mieS  ben  ißrobingial  ^eppler  an,  ben  RuntiuS  auf  bie  gropen  ©efapren  für  bie 
©efeKfcpaft  aufmerffam  gu  machen 5.  SlnberfeitS  berichtete  ßpigi  in  einem  Schreiben 
an  ben  StaatSfefretär  fßanciroli  bom  25.  SRärg  1649  bon  ben  Rorftellungen  guter 


1  *  Drig.4Reg.  Ad  Externos.  33gt.  darrafa 
an  Sßeroauj,  20.  9Dtärj  1649.  Ad  Germ.  sup. 

2  *  Drig.=3teg.  Ad  Germ.  sup.  SDie  £'lage= 
fdjrift  SBangnerecf^  bom  27.  g-ebr.  1649  in  Bibi. 
Chigi  BI  1,  f.  180. 

3  SBangnerecf  an  ben  ©eneral,  27.  gebr.  1649, 
an  dfjigi,  16.  Sitars  unb  14.  SIbril  1649.  *  Dri= 
ginal  in  Bibi.  Chigi  B  I  1,  f.  180  ff. 


4  *  Original  ebb.  f.  190. 

5  darrafa  an  Seppler,  6.  unb  20.  ffltärj  1649. 
SInt  10.  Blbril  toieberfjolt  darrafa :  De  P.  Henr. 
Wangnereck  impediendo  ne  edat  librum  contra 
Caramuelem  iam  adhibui  omnem  quam  potui 
diligentiam...;  an  autem  obtenturi  simus,  ne 
Ulmus  Nuntius  vulget,  quod  ab  illo  iam  ac- 
cepit,  nescio.  *0rig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 


488 


Siebtel  Sapitel.  griebenSbeftrebungen  imb  ©egenftrömungen. 


föathotifen  be!  Äongreffe!  31t  ©unften  be!  P.  Söangnered:  Söentt  ber  fo  gelehrte 
unb  fromme  'pater,  ber  allein  gernagt,  für  ben  Stpoftotifdfen  ©tut)!  31t  fdjreiben,  unb 
babei  nicht  feine  ßfjre  gefudft  ^abe,  bafür  ungeredftermeife  ©träfe  erteibe,  merbe  fief; 
in  3ufunft  feiner  mehr  finben,  ber  aufsutreten  mage;  ber  Pater  foöte  nad)  ihrer 
2Infid)t  oietmehr  00m  Zeitigen  ©tut)!  belohnt  merben  unb  feine  Stntmort  gegen  bie 
©Triften  ber  ©egner  »eröffentlicfjen,  bie  ©egenfdjriften  aber  00m  Zeitigen  Offlum 
oerboten  merben i 2. 

®a!  Apologeticum  ift  nid)t  erfdjienen  ^tt3mifd)en  fe|te  SBangnered  ^inimel 
unb  ßrbe  in  Bemegung,  um  bie  ßrtaubni!  einer  Steife  nad)  Stom  311  erlangen; 
miebertjott  erfudjte  er  ben  Stuntiu!  unb  anbere  Prätaten  um  Blnterseffion.  2(ber 
einftmeiten  fetjte  fDtapmilian,  ber  nur  neue  Bermirrung  oott  ben  ®arftettungen  bei 
^jifcfopfe!  in  Stom  fürchtete,  bie  Berf)tnberung  ber  Steife  burd)3.  Offne  feinen  Steife» 
plan  auf3ugeben,  tief;  fid)  Söangnered  aCtmäfjticf)  beruhigen.  Söie  er  am  22.  ÜDtärs 
1650  an  ßf)igi  berichtete,  f )abe  ifjrn  ber  neue  ©enerat  einen  fo  freitnbfidfen  33rief 
gefcfjrieben,  baff  biefer  allein  fdjon  fjinreicfje  3ur  Befolgung  bei  ©tittfdjmeigenl,  bal 
er  meife  anrate4. 

Stuffer  ben  ®ittinger  unb  ÜDtainser  ^efuiten  mürben  aud)  einseine  ^efuiten 
in  SOtünfter  in  bal  ©etriebe  ber  Berf)anbtungen  hineingesogen.  ß!  tonnte  bie! 
bei  bem  öielfacfjen  Berfefjr  mit  ben  fathotifetjen  Unterhänbtern  auch  faum  aulbteiben. 
^m  ©arten  bei  ^otteg!  trafen  ficf)  sumeiten  bie  fat^olifdfjen  ©efanbten;  ber  fpanifdje 
Prinsipatgefanbte  ©raf  oon  Penaranba  erbaute  ftef)  in  ber  Siad)6arfd)aft  bei 
Kolleg!  ein  §aul.  ®er  fpanifdje  ®efd)äft!träger  Stnton  Brun  brad)te  feinen  Bruber, 
ben  ^efuiten  ©imon  Brun,  mit  nad)  SJtünfter.  Qn  Begleitung  bei  fransöftfepen 
Prinsipatgefanbten,  bei  §ersog!  001t  Songueüitte,  befanb  fiep)  at!  prebiger  ber  Qefuit 
peter  Sefcatopier.  ßin  SJtitgtieb  bei  Kolleg!,  ber  ^onoertit  P.  Johanne!  SJtutmann, 
mar  ber  befonbere  Bertraute  bei  Stuntiu!  ßffigi5. 

Stt!  bie  Unnadfgiebigen  SJtitte  1647  eine  in  ben  Bahnen  ber  Qbeen  SSangneretf! 
fid)  bemegenbe  Brofd)üre  mit  bem  £itet  Veliiculum  iudicii  theologici  erfdjeinen 
tiefjen,  überfanbte  P.  Qof).  SJtutmann  biefetbe  am  12.  Quti  1647  bem  faifertidfen  Beicfjt» 
oater  ©an!  all  befonber!  tefenimert  mit  ber  bringenben  Bitte,  biefetbe  bem  ^aifer 
31t  überreifen.  Bu9Üicf)  fpracf)  er  fid)  gegen  bie  Stapgiebigteit  bei  ©rafen  £rautt- 
manlborff  an!.  Se^tere!  befräftigte  in  einem  Bufat)  ber  Stettor  ßörter,  inbent  er 
bemerfte,  bah  ber  faifertiche  ©efaubte  fortfahre,  burd)  neue  Stachgiebigfeit  ben  grieben 
31t  erfd)meid)etn 6. 

Über  biefen  Brief  briidte  ßarrafa  am  26.  Oftober  1647  bem  proüinsiat  Otterftebt 
fein  groffe!  SJtihfatlen  an!:  SJtit  Stedit  hoben  @m.  ^odfmürben  fomoht  bem  P.  SJtut» 
mann  at!  auch  bem  Steftor  eine  Buffe  auferlegt  unb  Borforge  getroffen,  bah  nicht 
tunliche!  Pon  anbern  burd)  bie  Prooins  oerbreitet  mirb;  bie  Beit  ift  böl.  2Sir 
motten  bal  beforgen,  mal  unferel  Berufe!  ift,  b.  fp  ben  Stapften  in  geiftlicfjen  Gingen 
helfen  unb  ba!  Übrige  anbern  übertaffen 7.  Über  ben  Steftor  bei  $oHeg!  in  SJtünfter 


1  SEBortlaut  bei  Steinberger  a.  a.  0.  205  f. 

2  Apologeticum  deposui  apudR.  D.  Vicarium 
Generalem  111.  Episcopi  Constantiensis ,  ut 
ibi  praestoletur  motum  aquae.  SEBangnerecf 
an  (£f)igi,  2.  9tob.  1649.  *  Original  in  Bibi. 
Chigi  B  I  1,  f.  191. 

3  *  Piccolomini  an  Sftapimilian,  29.  Oft.  1650. 
*  0rig.=9}eg.  Ad  Externos.  iym  gapre  1651 
gelang  es  SBangnerecf,  nach  Pom  ju  fommen. 
Steinberger  a.  a.  0.  164. 

4  *  Original  in  Pom,  Bibi.  Chigi  Bll, 


f.  294.  ©ine  lange  Perteibigung  feiner  §anb< 
lungSmeife  gibt  SBangnerctf  in  bem  Prief  ooni 
lepten  September  1650  an  ben  Pifcpof  Peit 
ülbam  bon  Reifing.  9)t.  St.  S.  fcpmarj  415/45. 
Dr  Steinberger  mirb  ben  bon  ihm  gefnnbenen 
intcreffanten  Prief  beröffenttidjen. 

5  Pelege  bei  Steinberger  a.  a.  0.  54  ff. 

6  Sßortlaut  bei  Meiern,  Acta  pacis  West- 
phalicae  IV  703. 

7  *0rig.=9?eg.  Ad  Rhen.  inf.  Pgl.  Stein¬ 
berger  a.  a.  0.  86  ff. 


Sie  griebengoerhanbtungeu  p  ©fünfter. 


489 


©ottfrieö  (Eörter  ßatte  fcßon  t»orf)er  (Earrafa  bem  ^roüingtaf  ber  nieberrßeinifcßen 
^ßrooiitj  ©ottfricb  Otterftebt  am  27.  gebruar  1647  gefdjrieben :  $cß  ßöre,  baß  ber 
S^eftor  (üon  SJiünfter)  öfters  unb  offen  felbft  oor  ben  faiferlidjeit  ©efanbten  über 
ben  oont  föaifer  unb  ben  dürften  befcßtoffenen  ^rieben  feßr  übel  rebet.  (Sollten  biefe 
Nebelt,  mie  eg  naßeliegt,  bem  fö'aifer  ober  ben  dürften  berichtet  merben,  fönnten  fie 
einen  großen  ©turnt  gegen  ung  erregen.  SBentt  bie  9?acßricßt  auf  Sßaßrßeit  beruht, 
füllen  (Em.  fpocßmürbett  ißm  (bem  9^eftor)  eine  öffentlidje  S3uße  auftegen  unb  aüe 
mahnen,  baß  fie  eingebent  ber  Orbinationen  ficß  allen  öffentlichen  Slburteileng  unb 
nodj  meßr  SSerurteilenS  beg  Sßorangeßeng  ber  fyürften  enthalten,  mag  fie  aud)  immer 
bei  fiel)  baoon  benfen  mögen1. 

(Earrafa  ließ  eg  überhaupt  an  nidjtg  fehlen,  um  bei  ber  SBermirrung  unb  2fuf= 
regung  ber  ©emiiter  jebe  meitere  (Einmtfcßung  unb  Stufregung  fernjußalten  unb  ba> 
bureß  zugleich  fomeit  als  möglich  aueß  ben  SBünfcßen  beS  jßapfteg  ju  entfprechen 2. 
2tm  16.  SJtai  1648  oerftänbigte  (Earrafa  ben  P.  Sßeroauj  oon  bem  SSunfcße  beg 
EßapfteS,  eg  möge  oon  ben  ^efuiten  nichts  meiter  auf  bie  teßte  ©cßrift  beg  Söangnered 
über  ben  fyrieben  in  SDeutfcßfanb  geantmortet  merben.  „SDa  man  nun  glaubt, 
(Ero.  £mcßmürben  hätten  bei  bem  unter  bem  9?amen  QirenicuS  erfdßenenen  unb  oon 
P.  Sßangnered  befämpften  33ucße  ihre  ÜDJitmirfung  geliehen,  miinfeße  ich  feßi,  baß 
©ie  ficß  oon  febem  mciteren  ©dfreiben  enthalten  unb  fich  mit  großer  23ereitrotttigfeit 
alg  einen  geßorfamen  ©oßn  beg  Zeitigen  ©tußfeg  bemeifen  merben."3 

(Eben  mar  biefer  93rief  gefdjrieben,  als  ber  ^3apft  bem  ©eneraf  mitteiten  ließ, 
eg  liege  in  ber  üanjtei  beg  föurfürften  eine  ©cßrift,  in  meteßer  behauptet  merbe, 
©e  ^eitigfeit  ßabe  in  bie  fyriebenSartifel,  meteße  ber  Inifer  unb  ber  ®urfürft  ben 
fpäretifern  angeboten,  eingemiüigt  unb  P.  SBeroauj;  merbe  für  ben  SSerfaffer  biefer 
©chrift  gehalten.  ®ie§  teilte  am  fetben  Stage  (16.  üölai)  (Earrafa  bem  P.  SSeroauj: 
mit  unb  fügte  bei:  SDa  bie  ^Behauptung  oon  ber  Seiftimmung  beg  ^3apfteS  ber 
Söaßrßeit  oöttig  miberftreitet,  fo  fantt  ich  mir  nid)t  benfen,  (Ero.  fpodjmürben  ßätten 
fo  etmag  gefeßrieben,  mag  leicht  als  falfcß  ermiefen  merben  fann.  SDegßatö  bitte  icß 
um  feßteunigen  23ericßt,  mag  ©ie  in  biefer  ©aeße  getan,  unb  ben  23rief  fo  eingurießten, 
baß  er,  menn  nötig,  bem  ißapfte  gegeigt  merben  barf4. 

Stm  9.  $uni  fanbte  SSerüau^  ben  gemünfeßten  ^Bericht  ab.  SDer  ©enerat  ließ 
ißn  ben  ©egnern  beg  P.  SCerOauj:  übermitteln  unb  ßoffte,  ber  Eßapft  merbe  baburdj 
gufriebengeftellt  merben5.  S3eoor  biefer  23ericßt  in  9tom  eintraf,  rießtete  (Earrafa  ein 
ernfteg  ©cßreiben  an  SSeroaup  (27.  ^uni  1648),  in  mefdfetu  er  ben  SBeicßtüater  bittet, 
bem  föurfürften  augeinanbergufeßen,  ein  mie  großer  ©cßaben  ber  ©efeüßßaft  baraug 
ermaeßfe,  baß  er  ben  P.  23eroau£  für  ben  S3riefmedßfet  über  Kriegs-  unb  gmiebeng« 
biinbniffe,  bie  einem  Xeit  ber  gürften  oerßaßt  feien,  in  Stnfprud)  neßme,  mobei  er 
fid),  oßne  irgenb  einen  ju  fdfäbigen,  feiner  ©efretäre  ober  ÜÖJinifter  bebienen  fönne. 


1  *  0rig.=9feg.  Ad  Rhen.  inf.  Srud  bei 
Steinberger  a.  a.  0.  197;  cgi.  199. 

2  Sag  auferlegte  Stittfchtoeigen  war  natürlich 
nicht  allen  redjt.  Sie  uieberrheinifdje  ©ro= 

öinsialfongregation  bom  Satire  1649  bat  ben 
©enerat,  er  möge  in  ber  ©efettfdiaft  bie  Oon 
Eifer  für  ben  fntf)olifd)en  ©tauben  erfüllten 

©fänner  nicht  p  fehr  einfehränfen,  bie  bisher 
für  ben  f'atholifdjen  ©tauben  gefchrieben  unb 
gefprod)en  unb  auch  tneiterf)in  fdjreiben  unb 
fprcchen  loottten,  unb  ^mar  gegen  geroiffe  ©oti= 
tifer,  beneit  e§  gleich  fei,  ob  ber  maf)re  ©taube 

ober  bie  §ärefie  triumphiere.  Ser  ©enerat 


möge  and)  nadjbrüdtich  einige  93eid)tbäter  ber 
dürften  unb  ©rohen  mahnen,  baff  fie  nicht  p 
leicht  Singen  pftimmten,  bie  pm  großen 
Schaben,  ja  pm  tßerberben  ber  fathotifdjen 
Sadje  augfd)lagen  fönnten.  *  Original  Acta 
Congr.  Prov.  1649,  468.  P.  oait  ber  SSefen 
berichtete  au§  ®ötn  am  22.  3»ni  1649  an  Shigi, 
bah  bie  Kongregation  ben  ©enerat  um  gröbere 
libertas  agendi  tum  contra  haereticos  tum 
contra  politicos  gebeten  habe.  *  Original  in 
Bibi.  Chigi  A  II  32,  f.  853. 

3  *Orig.=9Ieg.  Ad  Germ.  sup.  4  *©bb. 

5  *  Earrafa  an  ißeroauj;,  25.  guli  1648. 


490 


Siebtel  Kapitel,  FriebenSbeftrebungen  unb  ©egenftrömungen. 


®er  93etd^toater  fteJje  fcfjort  fo  roie  fo  bei  Slusmärtigen  im  fRufe,  baff  er  ficf)  gu 
fefjr  mit  pofitifd)en  ©efdjäften  abgebe;  bem  fßapft  fei  er  terbädjtig  megen  ber  im 
lebten  Sörief  ermähnten  Sdfrift;  non  anbern  dürften  merbe  er  als  Urheber  beS 
SeparatmaffenftidftanbeS  unb  ber  Trennung  tont  ßaifer  angefefjen.  2BaS  mürbe  man 
fagen,  menn  man  erfahre,  mie  eS  fo  leicht  gefchefjen  fönne,  baff  berfelbe  Beidjttater 
jept  einen  Briefmedffel  (mit  f|3ariS)  unterhalte  megen  eines  gmeiten  SöaffenftidftanbeS ! 
Selbft  menn  ber  Beidjttater  babei  nur  bie  fRode  eines  ©djreiberS  ober  BeridjterftatterS 
übernommen,  fo  mürbe  er  hoch  ton  beit  SluSmärtigen  (S^ic^tjefuiten)  für  ben  Se* 
fretär  ober  Ratgeber  gehalten  unb  bie  gange  ©ehäffigfeit  auf  bie  ©efedfdfaft  faden. 
„®a  mir  baS  ©ute  nidjt  adein  oor  ©ott  (mie  idj  eS  bei  @m.  |»ochmürben  torauS* 
fepe),  fonbern  aud)  oor  ben  9Renfcf)en  tun  unb  auch  &en  Sünftofs  bei  bem  fßapfte, 
bem  $aifer  unb  ben  anbern  dürften,  ton  beneit  mir  abhängen,  termeiben  müffen, 
fo  bitte  ich  £>od)mürben  auf  baS  aderbringenbfte,  Sie  mögeu  mit  oder  Befdjeibem 
heit  foldje  gehäffige  ©efdjäfte  abmeifen  unb  fich  auf  baS  ©ebiet  beS  ©emiffenS  gemäff 
unferem  Qnftitut  befdjräitfen.  Sßiedeid^t  märe  eS  gut,  bem  ®urfürften  gu  raten,  in 
fdjmierigen  ©emiffenSfacfien  auch  anbere  ©eiftliche  ober  OrbenSleute  gu  fRate  gu 
giehen,  bamit  nicht  im  gade  eines  SRifjlingenS  bie  gange  ©ehäffigfeit  ber  ©efedfdfaft 
adein  aufgebürbet  mirb."1 

liefern  Söunfdje  entfprad)  Bertauj,  inbem  er  fidj  auf  eine  gute  SBeife  bem 
^Sarifer  Briefmedjfel  unb  anbern  StaatSgefcffäften  gu  entgieheu  fuchte.  Sropbem  nahm 
eS  ber  ßurfürft  übel,  fo  baff  ihn  ber  ©etteral  mieber  befänftigen  muffte2.  211S 
bann  Sßangnered  fein  fcharfeS  Responsum  gegen  ^renicuS  (Bertaug:)  gerichtet,  fanbte 
biefer  am  27.  SRotember  1648  eine  Sffiiberlegung  ader  ihm  torgemorfenen  Um 
richtigfeiten  unb  gälfdfungen  an  ben  ©enerat  unb  bat  um  bie  ©rlaubniS,  antmorten 
gu  bürfen.  Üföenn  aud)  ber  ©eneraf  biefer  Befchmerbe  eine  gemiffe  Berechtigung 
nicht  abfpredjen  modte,  bat  er  bocf)  ben  P.  Beroaug  auS  fehr  bringenben  ©rünbett, 
ton  einer  ©rmiberung  Slbftanb  nehmen  gu  modeu  unb  in  dfriftlicher  ®emut  bie 
Schmähung  ftidfdfmeigenb  gu  ertragen.  @r  felbft  mode  ben  fRuf  beS  BeidfttaterS 
in  Sdfup  nehmen3,  daraufhin  tergid^tete  Bertaug,  mie  er  am  15.  Januar  1649 
bem  ©eneral  mitteifte,  auf  eine  ©rmiberung  unb  tergieh  bem  SRitbruber  bie  ihm 
angetane  Unbid4. 

2)ie  großen  Schmierigfeiten  bei  biefem  Streit  ber  SReinungen  liegen  am  2age. 
Sluf  ber  einen  Seite  ftanben  bie  Raren  ©runbfäpe  beS  firdflidjen  fRedjteS  unb  bie  enR 
fdjiebene  Betonung  berfelben  burd)  ben  2IpoftoIifd)en  ÜRuntiuS,  auf  ber  anbern  Seite 
brängte  bie  äufferfte  Notlage,  bie  ben  tödig  erfdjöpften  beutfd)en  dürften  unb  Bölferit 
ben  ^rieben  als  unbebingt  notmenbig  unb  eine  Fortführung  beS  Krieges  als  höchft 
gefährlich  aud)  für  baS  bis  jept  noch  ©erettete  erfd)einen  liejg 5.  ®iefer  Friebe 


1  *  Qrig.’fKeg.  Ad  Germ.  sup.  $rud  bei 
©  t  e  i  it  b  e  r  g  c  r  a.  a.  0.  199  f.  S8gl.  *  Earrafa 
an  SSerbaup,  29.  21ug.  1648. 

2  *  Earrafa  an  Sßeröauj;,  25.  Fuli  1648.  SSgl. 
©teinberger  a.  a.  D.  100  f. 

3  *  Earrafa  an  SBeroauj:,  19.  unb  26.  2)ej. 
1638.  $aS  erftere  Schreiben  bei  ©teinberger 
a.  a.  0.  202. 

4  *  Earrafa  an  Sßeroaup,  6.  gebt.  1649. 
Drig.=Üteg.  Ad  Germ.  sup. 

3  9?ad)  ber  Slnfidjt  ber  Fr'ebenSgefanbtcn 
ftanben  bem  Kaifer  feine  erfolgreichen  9J2ittel 
Jur  Fortführung  beS  Kampfes  ju  ©ebote. 
■DtancheS,  toaS  bie  Kirche  noch  befafi,  fonnte 
für  immer  berloren  gehen,  ffigl.  Fr.  SSraef, 


2Ibam  2(bami  75  f.  P.  SUbert  Kurs  fchrieb 
auS  SBieit  am  17.  Oft.  1648  an  ben  ißfalsgraf 
fßhilipp  SBilhdm:  Omuia  hic  suspensa  ex- 
spectatione  pacis,  si  Sueci  nolint,  video  magis 
fugam  cogitari  quam  bellum.  Legi  lieri  in 
summo  arcano  rationes  cur  Caesar  consenserit 
separationi  ab  Hispanis  exhibitas  hodie  le¬ 
gato  Hispano.  Summa  est,  non  posse  am- 
plius  bellari,  et  si  vellent,  secuturam  univer¬ 
salem  separationem  statuum  a  Caesare.  Serme 
Princeps  si  pax  fiet  tune  Sermus  Parens  de- 
bebit  contribuere  tantum  Hassis,  si  non,  tune 
certo  Elector  Coloniensis  et  Bavarus  separa- 
buntur  a  Caesare,  ibi  tum  considerandum 
erit,  an  expediat  SerH  Vae  teuere  partes  Cae- 


Die  griebenSPerbanbtungen  in  Nürnberg. 


491 


fonnte  nur  guftanbe  fommen  burd)  Preisgabe  ganzer  Sänberftridje,  barunter  aud) 
großer  früher  firdEjIic^eit  23e[i^tiimer.  SSenn  je  fo  galt  hier  ber  @runbfaf$ :  [Rot  fennt 
fein  @ef>ot.  ®te  Xfjeologeit,  bie  fidj  auf  ben  rein  grunbfäfjlidfen  ©tanbpunft  [teilten, 
fonnten  ju  feinem  anbern  Siefultat  als  [ßermerfung  beS  ffriebenS  fommen,  biejenigen, 
bie  bei  aller  Marljeit  in  ben  grunbfä^lidjen  fragen  ein  offenes  Sluge  für  bie  gegen* 
märtige  Sage  unb  bie  barauS  entfpriugenben  [Rotmenbigfeiten  Ratten,  mußten  fidj  gu 
einem  ©intreten  für  ben  ^rieben  entfdfjlie^en.  ®ie  golgegeit  l)at  ben  festeren  recf^t 
gegeben,  abgefefjen  baoon,  baf;  bei  biefem  mie  bei  jebem  anbern  ©treit  ber  SOieinungen 
bie  Sertetjung  ber  ©erabljeit  unb  ber  Siebe  in  jebem  gade  gu  bertoerfen  mar* 1. 

53alb  nadf)  bem  fo  notmenbigen  unb  allgemein  erfeljnten  griebenSfcfjluh  brofjte 
ber  ®rieg  mieber  auSgubredjen.  f£)aS  [Recht  ber  Siefatljolifierung  ber  Dberpfalg 
mar  bem  ^urfitrften  9Raj;hnitian  auf  bem  [Rürnberger  ^riebenSfonOent  gugefprocfjen 
morben,  aber  bie  ©djmebeit  meigerten  fic^,  ben  ^riebenSregefj  oon  Nürnberg  gu  unter» 
fdjreiben,  rcenn  biefer  Slrtifel  nicht  auSgelaffen  unb  menn  nidjt  feine  näfjere  Prüfung 
einem  fiinftigen  [Reichstage  überlaffen  mürbe.  ®ie  [ßroteftanten  oerfpradjen,  auf 
biefem  fpäteren  [Reichstage  für  baS  9ied)t  beS  ßurfürften  einfteljen  gu  moden;  in» 
gmifdEjen  fonnten  fie  bie  ©djmeben  nidjt  fjinbern,  ihre  Drohungen  mit  SBaffengemalt 
burdjgufelgen.  ®er  ßurfürft  fdhmanfte.  ®a  erfdjien  am  29.  Januar  1650  ber 
Oberfthofmeifter  ©raf  ®urj3  in  [Begleitung  mehrerer  ©eljeimräte  im  Äolleg  gu  SRündfjen 
unb  legte  ben  ®afuS  ben  X^eologen  üor  gur  ©ntfdjeibung ,  ob  ber  ßurfürft  fein 
Stecht,  in  ber  Oberpfalg  bie  fatholifdje  [Religion  mieber  eingufitfjren,  unter  biefen 
Umftänben  berfdjielien  fönne.  (55eorg  ©paifer  antmortete,  ba  eS  fidj  nur  um  einen 
Sluffdjub  hanble  unb  ber  Üturfürft  im  f8efif$  feines  [RedjteS  bleibe,  fei  ber  ^urfürft 
oerpflidjtet,  in  ben  Sluffdjub  eingumidigen  megen  ber  grofjen  ©efaljr  für  bie  fatholifdje 
[Religion  in  SDeutfdfjlanb,  menn  megen  feiner  tpartnädigfeit  oon  neuem  ber  $rieg 
loSbräcöe,  für  ben  eS  au  adern  fehle.  f£)aS  [Recht  beS  $urfürften  fei  in  bem  griebenS» 
inftrument  auch  nidjt  fo  flar  auSgebrüdt,  bah  eS  nicht  ©chmierigfeiten  gutaffe, 
menn  auch  bie  proteftantifdjen  ©taube  [ich  für  ben  Äurfürften  auSgefprodjen  hätten; 
gubent  hätten  ficf)  bie  [ßroteftanten  oerpflichtet,  eine  fdjriftlidje  23erfidjerung  gu  geben, 
bah  fie  auf  bem  nädjften  [Reichstag  für  biefeS  [Recht  eintreten  mürben,  gür  bie 
©rlaubtheit  fprach  fid;  audj  (S^riftoph  ©cfjorrer  auS;  ob  eS  aber  nicht  beffer  fei, 
je^t  bie  ©chmierigfeiten  gu  überminben,  als  fie  auf  ben  folgenben  [Reichstag  gu  üer» 
fd)ieben,  müffe  er  bem  Urteil  ber  [JSolitifer  überlaffen.  Heinrich  SRenfing  trat  eben» 
fadS  für  bie  ©rlaubtheit  ein,  befonberS  meil  eS  nidjt  im  ^ntereffe  ber  fatljotifchen 
[Religion  fei,  einem  bemaffneten  geinbe  etmaS  tjartnädig  gu  oerfagen,  maS  biefer, 
menn  er  mode,  mit  ©emalt  burdjfetjen  fönne.  SSeroauj;  fprach  fidj  für  bie  93er= 
pflidjtung  auS,  in  ben  Stuffdfjub  eingumidigen,  befonberS  megen  ber  groben  ©efaljr 
eines  neuen  Krieges,  ©elbft  menn  ber  erhoffte  ©rfolg  ber  ©id)erung  beS  griebenS 
unb  ber  ^eftigung  ber  fatholifdjen  [Religion  nicht  eintrete,  fei  ber  fö'urfürft  oor  @ott 
entfchulbigt,  meil  er  baS  gemäfjlt,  maS  fidjerer  unb  geratener  gemefen  fei2.  f£)a  aber 


saris  an  non.  *  Original  931.  ©t. ,  S.  blau 
55/11,  I. 

1  3Sa§  ben  örben  als  fotdben  angelt,  fo  ift 
feftsutjalten ,  roa§  [Ritter  in  bem  2luffape 
„Da§  römifche  Äird)enred)t  nnb  ber  SSeftfälifdje 
griebe"  ©jiftor.  3eitfdjrift  CI  [1908]  252)  fagt: 

„Der  ^efnitenorben  al§  ©efamtheit  bat  auf  bie 
griebenäoerhanblungen,  bie  in  bem  ÜRünfter» 
Däitabrüder  Äongreff  ihren  §öhepuntt  erreichten, 
nicht  eingemirft,  unb  roa§  einzelne  SOtitglieber 
beSfelben  sur  görberung  ober  ©rfchtoernng  be§ 


grieben§tuerfe§  beigetragen  haben,  serrinnt  in 
§ahIIofen  9tatfd)lägen  unb  Darlegungen,  bie  fie 
batb  at§  ©eroiffeneiräte,  halb  al§  SRitglieber 
ber  uon  ben  dürften  3ur  [Beratung  ürdjlid)» 
politifcher  fragen  niebergefepten  fiommiffionen, 
halb  enblidi  aI3  93erfaffer  theologifdipfanonifti» 
fd)er  DageSfdhriften  oortrugen." 

2  *  Original  in  931.  Ä.,  ©en.=[Reg.  501/21. 
2(u§führlid)e  Sopie  in  9R.  9t.,  Jes.  370.  23gt. 
©  t  e  i  n  b  e  r  g  e  r  a.  a.  0  162  f. 


492 


(Siebtel  Kapitel.  $riebenlbeftrebungen  unb  ©egenftrömungen. 


SRajimilian  ficf»  gegen  einen  Sluffcpub  erflärte,  fam  bie  Sacpe  in  bent  Nürnberger 
griebenSrejep  üom  26.  $uni  1650  nicpt  jur  enbgüttigen  ©ntfcpeibung. 

Unter  ben  Sefürwortern  beS  griebenS  am  botjrifdjen  §ofe  nennt  ber  Nuntius 
©pigi  in  feiner  Depefcpe  tiom  29.  Noüember  1647  neben  Sert>au£  aucp  befonberS 
„ben  P.  Salbe,  ben  berühmten  Dicpter  auS  bem  ©Ifap" 1.  Salbe  pat  in  ber  Dat 
eutfdjieben  in  biefer  Nietung  gearbeitet. 

Der  Ulrner  SÖSaffenftiflftanb  (14.  ÜRärj  1647)  war  twn  bem  franjöfifcpen  @e- 
fanbten  ©rafen  b’Slöauj  abgefcploffen  unb  in  feinem  Auftrag  non  feinem  ©efanbtfcpafts* 
fefretär  ÜNarfiUp  be  ©roffp  unterjeidjnet  worben.  Seibe  Diplomaten  waren  Salbe 
befreunbet.  D’2lüau£  liep  Salbe  bitten,  ben  SBaffenftiUftanb  ju  öerperrlicpen.  Den» 
felben  SBunfd)  fpracp  ber  föurfürft  äRajimilian  auS.  Salbe  fam  notgebrungen  ber 
Slufforberung  nacp.  ^n  wenigen  StRonaten  berfapte  er  eine  2trt  Drama,  bie  Poesis 
Osca  ober  Sauernfpiel,  worin  u.  a.  in  arcpaiftifdjent  Satein  jwei  Säuern  über  bie 
©reuel  beS  gegenwärtigen  Krieges  wepflagen2.  „äRit  erfcfjrecfenber  Dreue  wirb  bie 
beftänbige  DobeSangft  ber  Sanbleute,  bie  S53ut  ber  geplünberten  Solbaten,  ipre 
erfinberifcpe  ©raufamfeit  unb  tierifcpe  Seibenfc^aft  mit  all  bem  ©lenb  beS  mip« 
panbelten  SoIfeS  gefcpilbert."  $m  ^weiten  Deil  oerfünbet  ber  ©ötterbote  ben  Säuern 
ben  abgefdfloffenen  SBaffenftillftanb  unb  erflärt  ipnen  bie  ©riinbe,  bie  Sapern  gum 
^rieben  nötigten:  bie  Übermacht  ber  ©egner,  baS  bropenbe  Serberben  für  Satjern, 
baS  fJriebeitSberlangen  beS  greifen  föurfürften.  Qn  einem  2lnpang,  einer  bunfeln 
Qnfdjrift  eines  alten  DenffteineS,  „treten  flar  genug  propf)etifcf)e  SJiapnungen  an  bie 
Deutfcpen  ju  einmütigem  §anbeln  perüor,  fo  bap  eS  einer  oerftedten  ^alinobie  nicpt 
gar  unäpnlicp  fiept"3. 

2Sie  biefen  poetifdjen  Dialog  wibmete  Salbe  and)  baS  neunte  Sud)  feiner 
„Sprifcpen  Söälber"  unter  bem  Ditel  Memmiana  bem  (Grafen  b’Sloaup.  ^er 
SMbmung  gibt  Salbe  bem  fepnlicpen  SBunfd^  nacp  ^rieben  berebten  SluSbrud.  „Den 
Sßünfcpen  aller  eile  i cp  ju  pelfen,  unb  bie  Sadje  beS  griebenS  füpre  id)  tior  bem 
©efanbten  beS  ^-riebenS.  ßunt  ^rieben  rate  icp,  ben  ^rieben  befürworte  id),  ben 
®rieg  berabfcpeue  icp."4  Salbe  —  fo  urteilt  Berber  —  „tat,  was  er  fonnte,  ben 
grieben  peröeijurufen  unb  bie  ©reuel  beS  Krieges  ju  berföpnen"5.  ©in  anberer 
proteftantifdjer  Siterarpiftorifer  bemerft:  ,,©S  ift  mepr  als  waprfcpeinlid),  bap  Salbe 
auf  ben  früperen  Slbfcplup  beS  SBeftfälifcpen  griebenS  wefentlicp  miteingewirft  pat." 6 

Der  Siograpp  SalbeS  füprt  baS  weiter  auS:  „Der  £muptgrunb,  warum  Salbe 
um  bie  greunbfdjaft  beS  fraugöfifcfjen  ©efanbten  fo  eifrig  warb,  war  ber  grope  ©in» 
flup  beSfelben  auf  bie  griebenSberpanblungen.  2luS  allen  Sriefen,  SSibmungen  unb 
Oben,  bie  unfer  Dicpter  an  b’Stbauj;  ricptete,  bringt  ein  ©epnfucptSruf,  bie  ungeftüme 
Sitte  um  ^rieben,  als  mäcptigfter  SHang  peroor.  ...  @t  legte  baS  neunte  Sucp 
feiner  Söälber,  biefe  (Sturmpetition  um  baS  SiegeSgefcpenf  beS  fyriebenS,  mit  bem 
ooöften  Sewuptfein  feiner  Dragweite  in  bie  ^>anb  beS  franjöfifdjen  ©efanbten.  .  .  . 


1  Arch.  Vatic.,  Nunz.  di  Paci  21. 

2  Poesis  Osca  sive  drama  georgicum,  in 
quo  belli  mala,  pacis  bona  excurrentis  anni 
1647  descripta  repraesentantur  in  gratiam 
Claudii  Memmii  Comitis  d’Avaux.  $ie  S5?ib* 
mung:  8.  Kal.  Aug.  1647.  Opera  VI  (1729) 
337  ff. 

3  SBeftermaper,  «albe  (1868)  167—171. 

gür  fein  «aiternfpicl  erntete  «albe  wenig  Sauf, 

ba  fein  ©rfepeinen  faft  mit  ber  teilweifen  21uf= 

pebung  bei  SSaffenftillftanbel  jufammenfiel.  Sie 
Äaiferlicpen  waren  natürlich  ungehalten  barüber. 


«albe  flagt  felbft:  Austriacissanebilemcivitnon 
aequo  animo  ferentibus  illas  causas  quocum- 
que  demum  modo  prolatas.  Adeo  nec  canere 
veritatem  lioc  aevo  tutum  est,  nimirum  donec 
odia  gliscunt  et  animis  dissentientibus  publico 
bono  privatum  anteponitur.  Interpretatio 
Somnii  de  cursu  Historiae  Bavarica.  Ed. 
Bach  (1904)  37. 

4  Balde,  Opera  poetica  II  (1729)  290. 

5  Iperber!  SSerfe  Opempel)  III  238. 

0  Snapf),  Gfjriftoterpe  (1848)  321. 


griebenifättger:  Söalbe  unb  Stafen. 


493 


Söenit  wir  bem  ßeugntS  be§  (nieberlänbifdjen  ®idjter§)  Sartäug 1,  ber  mit  ben  griebeng» 
gefanbten  in  ßorrefponbenz  ftanb,  glauben  bürfen,  fo  f)ätte  unfer  ^3oet  zur  Se« 
fänftigung  ber  entzweiten  ©emiiter  nictjt  wenig  beigetragen.  28a§  ben  ©rafen 
b’Stoauj:  betrifft,  bem  abfid)ttidje§  §inau§ziet)en  be§  Krieges  fo  ferner  jur  Saft 
gelegt  wirb,  fo  fönnen  wir  faft  auf  ben  fßunft  nadjweifen,  wie  mit  bem  ©rfdjeineit 
ber  Memmiana  eine  entfdjiebene  Hinneigung  jurn  griebeu  in  feiner  ©eete  einzog." 
gm  griif)jat)r  1646  erfdjienen  biefe  ©efänge,  unb  am  29.  Stuguft  1646  fdjrieb  ber 
©raf  an  feinen  Sertrauten  SSoiture :  gd)  bin  begeiftert  für  ben  grieben,  unb  idj 
Würbe  if)it  gerne  mit  meinem  Stute  litten,  wenn  e§  nötig  wäre2. 

$Da§  neunte  Sud)  non  SalbeS  „SBätbern"  ift  in  ber  f£at  ein  Stuffdjrei  ber 
©ef)nfud)t  feine§  HcrSeng  nadj  bem  Rieben,  ltad)  bem  enbtidjen  2Iuff)ören  ber  um 
fägtidjen  ©reuet,  ©o  fjeifjt  eS  z-  23-  in  ber  Dbe  „an  bie  tierfammetten  griebenS* 
ftifter"  ®er  ganugtempet: 

Sa,  id)  gebeufe  beiiter  unb  meine.  2Bai  quälft  bu  bai  §ers  mir? 

Sä)  meifj  ei,  baff  bu  fnum  ttod)  2ttem  Ijolft, 

2>eutfd)tanb,  —  meifj,  bu  liegeft  im  »tut,  gcrtreten,  im  Staube, 

Solauge  jener  Sempel  offen  ftetjt.  .  .  . 

Schließet  ben  Tempel,  o  it)r  ßon  hintmlifdjen  »feilen  Grrgtiihte, 

Shr  griebeniboten,  fcptiefjet  Janus’  2or! 

Saunet  hinein  beit  Srieg,  bai  Ungeheuer,  unb  feffett 
Stit  hunbert  Setten  bem  Slltar  ei  an3. 

©teidj  Wie  Salbe  ben  Jammer  (£)eutfdjlanbg  beftagt  unb  bie  griebenggefanbten 
in  fünfter  befdjwört,  bem  zerriffenen  Satertanb  ben  grieben  zu  freuten,  fo  tjat 
gafob  ÜDiafen  eine  ©piftel  oerfafjt4,  in  metdjer  er  im  Satire  1646  bie  ©efanbten 
in  fünfter,  befonberS  ben  itjm  perfönlidj  befannten  Üiuntiug  ©tjigi5  bittet,  fie  mödjten 
bocf)  enbticf)  bem  armen  Satertanb  ben  grieben  wiebergeben:  gort  mit  bem  $rieg! 
Stticlft  ntefjr  gezögert!  fo  ruft  er  ben  ©ebietern  beS  Krieges  unb  ben  Herren  bes 
griebeng  zu: 

Sicht  mehr  gezögert !  So  münfdjt  ei  ber  Panbntann,  miinfd)t  ei  ber  »iirger; 

Gud)  befdjmören  gugteid)  ftetjenb  bie  Stabt  unb  bai  Saitb. 

Staucher  nerlor  gmar  fämpfenb  ben  2lrm  im  blutigen  Sriege: 
tpebt  er  bie  £>änbe  nicht  mehr,  fleht  bod)  fein  2tuge  gu  eud). 

Setjt,  wie  bem  Slrnten  bie  Sräne  auf  narbige  Stangen  herabrinnt: 

Spricht  benit  bie  Sräne  uid)t  mehr,  fpridjt  benn  bie  9tarbc  umfonft? 

„9tid)t  mehr  gegiigert!  Shr  Sreunbe  bei  griebeni,  entfaget  bem  Srihmerte!" 

Stuft  aui  oereinfamtem  &aui  flageub  bie  SBitme  gu  eud); 

Cber  oertrieben  oom  £aui,  umgeben  üott  hungernben  Sinbern 
Sehnet  fie  fummergebeugt  2age  bei  griebcni  herbei. 

Unb  mit  ben  Stagen  ber  SBitme  bermifd)t  fid)  bie  Stage  ber  Sungfrau: 

Shr  ift  ber  Triebe  nid)t  blofj,  ihr  ift  bie  Uitfdjulb  geraubt. 

Staucher  fat),  wie  bie  £>iitte  bei  »ateri  gu  Stfcpe  oerbranute; 

Sott  fie  ihm  mieber  erftehu,  braud)t  er  bei  griebeni  borerft. 

Staucher  eutfanbte  ben  greuitb,  entfanbte  ben  »ruber  aufi  Sd)lad)tfetb ; 

Hoffnung,  fie  mieber  gu  fetjn,  gibt  ihm  ber  griebe  allein6. 


1  Barlaei  Epistolae  II 493 ;  bgt.  910  922. 

2  Lettres  du  Comte  d’Avaux  ä  Voiture, 
Paris  1858,  15 ;  bgt.  14  23.  2®  e  ft  e  r  m  a  p  e  r, 
Salbe  176  f.  »gl.  »ach,  »albe  37  f  57  ff. 

3  Silv.  IX,  4:  Opp.  II  297.  tlberfepung  bou 

§  er  ber  (£cmpel)  III  120  ff. 


4  Palaestra  eloquentiae  ligatae.  2.  STt. 

5  $ie  »efanntfchaft  bei  Sötner  Suntiui 
etjigi  hatte  Stafen  in  Sötn  gemad)t. 

6  ttberfefutng  bou  S.  Scheib,  Safob  Stafen 
(1898)  17. 


2f  dj  i  e  S  Kapitel. 

@H)mttafiett  utib  Umöerfitäten* 

kultureller  fftiebergang  ®eutf<f)IanbS.  —  gofgen  für  bie  ©tubien.  —  ®ie  ©urdjfiiljrung 
ber  neuen  ©tubieitorbnung.  —  ©aS  ©pmnafium.  ©djuljeit  unb  gelten.  —  Religion. 
—  Satein.  —  ©riedpfcf).  —  ©eutfcfj.  —  ©efang.  —  ©cfjulbüctjer.  —  SluSfteHung  ton 
©djülerarbeiten.  —  2tufnal)me,  2(uffteigen  unb  ©nttaffung.  —  Prämien  unb  ©trafen.  — 
©racf)t.  —  grequenj  unb  ÜberfüCtung  ber  klaffen.  —  ißroteftantifdie  ©djüter.  —  Unter* 
ridjtSmonopot.  —  llnentgelttidjfeit.  —  ^Jabagogen.  —  Sefjrer.  —  ®ie  Uniberfität. 
s}3f)itofopf)ie:  Metljobe.  —  StriftoteteS.  —  $anbbücf)er.  —  Repetitionen.  —  ©iSsiptin.  — 
©riennium  ober  Siennium.  —  ©tjeotogie:  3af)t  unb  2lrt  ber  Sortefungen.  —  ©ogma.  — 
©er  f)t.  ©tjomaS.  —  ^eilige  ©cßrift.  —  Vebräifcf).  —  kircf)engefcf)icf)te.  —  2lbge!ürjter 
kurS.  —  9tecf)tSftreitigfeiten.  —  ©epofition  unb  Rromotion.  —  C$in§elne  Itniberfitäten : 
SBieit.  —  ©raj.  —  Sngotftabt.  —  ©Ulingen.  —  greiburg  im  SreiSgau.  —  Sujern.  — 
kötn.  —  ^aberborn.  —  fünfter.  —  0Snabrücf.  —  MotSfjeim.  —  Samberg.  —  ©orge 
für  arme  ©tubenten:  Serfefjiebene  Strten  ber  Unterftüßung.  —  2trmenorbnungen.  — 
2tufmunterung  unb  Serteibigung.  —  ÜDtufter  eines  Settetftubentcn. 

©urcf)  ben  länberüerttmftenben  krieg  erhielten  audj  bie  ©tubien  einen  furdfjt* 
baren,  faft  unberminbfidjen  ©toß;  erforberit  ja  bie  ©djufen  rußige  ßeiten  unb  einen 
gemiffen  ©rab  äußerer  Slüte.  3u^em  lI,ar  ^  beutfdjen  IReicfjeS  Macßt  unb  £>err* 
licßfeit,  toie  fie  baS  Mittelalter  gefeßen,  fcßon  Oorßer  enbgüttig  baßingefunfen.  23on 
ben  neuen  SöettßanbefStinien  faß  fidj  ©eutfcßtanb  auSgefcßtoffen,  unb  bie  großen 
geiftigen  23emegungen  empfingen  ißre  Qmputfe  in  anbern  ßänbern1. 

©in  fidßereS  Qtid)en,  baß  eS  nidjt  erft  beS  ©reißigjäßrigen  kriegeS  beburfte,  um 
ben  ©tubien  einen  ©toß  ju  öerfeßen,  ergibt  fid^  j.  23.  aus  bem  ©infen  beS  griecßifcßen 
LXnterricf)te§  fdßon  oor  bem  kriege,  ©ie  Verausgabe  griecßifcßer  Slutoren  ßatte  fcfjon 
oor  1618  faft  ganj  aufgeßört.  3n  ©eutfdjtanb  unb  ber  ©djtoeij  erfdjienen  oon 
1525  bis  1606  16  ©efamtauSgaben  beS  Vomer,  oon  ba  bis  1759  nur  nocß  eine,  oon 
1532  bis  1604  fünf SfuSgaben  beS  ©emoftfjeneS,  bann  feine  bis  1770,  oon  1534 bis  1608 
acßt  SfuSgaben  beS  ©opßofteS,  bann  feine  bis  1786,  üon  1537  bis  1599  fecßS  2luSgaben 
beS  ©uripibeS,  bann  feine  bis  1778.  23on  fßtato  ift  feit  1602,  oon  2lriftoteteS  feit 
1587  feine  SfuSgabe  meßr  erfdjienen  bis  gegen  ©nbe  beS  18.  QaßrßunbertS 2. 

©aS  Sfuffteigen  ber  ©erritoriaUjerrfdjaft  mirfte  baju  für  bie  ©tubien  üerbreiternb, 
aber  nidßt  üertiefenb.  ©en  früheren  großen  miffenfcßafttidjen  3entra^en/  ^en  Studia 
generalia,  machten  meßr  unb  meßr  gaßlreicße  ffeinere  ©cßufen  konfurrenj:  jebeS 
Sänbcßen  tooffte  feine  Unioerfität,  jebeS  ©täbtcßen  menigftenS  eine  Slfabentie  ober 
ein  Streunt  ßaben.  ©roße  geiftige  kräfte  mürben  —  mie  bereits  früfjer  bemerft  — 
burdj  ben  unfeligen  fonfeffioneden  Vßfor  auf  beiben  ©eiten  abforbiert,  für  anbere 
midjtige  Aufgaben  bradjgelegt.  Unter  biefen  Mißftänben  mußten  naturgemäß  bie 


1  33gt.  g.  Sufenburg,  Sie  grequenj  ber  2  $  aulfett,  ©efd).  beS  geteerten  Unterrichts 

beutfdjen  Uniberfitäten  (1904)  78  f.  I2  476. 


91d)te§  Sapitet.  ©pmnafien  unb  Uniuerfitätcn.  —  2>urcf)füf)rung  ber  neuen  ©tubienorbnung.  495 


^efuitenfdjulen  in  SDeutfd^Ianb  feiner  leiben.  SKanche  bitrcfj  ben  Krieg  oerarmte 
©Itern  fonnten  ifire  Kinber  nicht  mehr  gut  ©djule  fd)icfen 1.  Ser  fcfjmerfte  äftiffftanb 
war  auc^  hier  ßerfplitterung  ber  Kräfte  anftatt  ber  für  bie  gmrberung  ber  üEßiffen-- 
fefjaft  fo  raefentlid)  gebotenen  Konzentration. 

©in  großes  ©Hiid  mar  eg  für  bie  beutfdjen  Qefuiten,  bafz  fie  an  ber  eben  enbgiittig 
feftgeftellten  ©tubienorbnung  eine  9?ornt  Ratten,  an  ber  fie  fid)  ftetg  orientieren  fonnten. 
93ereit§  |)erbft  1601  nmrbe  bie  neue  Orbttung  in  ÜDUindjen  eingefü^rt,  etmag  fpäter 
in  anbern  Kollegien,  fo  in  Sluggburg  1604,  menigfteng  mag  bie  genaue  ©infjaltung 
anbelangt2.  Um  bie  ©infüfjrung  zu  erleichtern,  fanbte  Slquaoioa  einen  eigenen  Vifi» 
tator  ber  ©tubien.  Qn  bem  SDiündjener  Diarium  tjei^t  eg  zum  30.  Sezember  1602: 
Um  biefe  $eit  fant  ber  Vifitator  ber  ©tubien,  P.  Vaber,  an.  £>eute  maren  mir  alle 
Zufammen  zweimal  bei  ifjm ;  an  ben  folgenben  Sagen  befucfjten  ihn  bie  einzelnen. 
Sie  Vifitation  bauerte  big  zum  16-  Januar  1603;  benn  zu  biefem  Sag  bemerft  bag 
Diarium :  feilte  reifte  ber  Vifitator  33aber  ab.  ©r  gab  folgenbe  Mahnungen :  üftie* 
manb  foIX  meniger  gut  über  bie  ©titbienorbnung  fpredfen;  bie  Selfrer  biirfen  nicht 
Zuoiel  mit  häuglicfjen  SIrbeiten  ober  ©eelforge  belaftet  merben;  bie  ©djulen  müffen 
gut  üorbereitet  merben;  bei  ber  Teilung  ber  Klaffen  in  Derfcf)iebene  Abteilungen  barf 
bie  Verteilung  in  33ezug  auf  ßaljl,  ©tanb  unb  Talent  nicht  zu  ungleich  erfolgen; 
ZU  fchmadje  ©chüler  finb  nid^t  aufzunehmen  (fie  fi^en  fonft  brei  ^alfre  auf  ber  unteren 
Slbteilung);  Unfähige  bürfen  nicht  in  bie  oberen  Klaffen  aufrüefen,  um  für  bie  9ceuen 
ißlaf}  zu  fdfaffen3. 

Konnte  bie  ©titbienorbnung  im  allgemeinen  oollftänbig  burdfgeführt  merben,  fo 
erfdhienen  bodj  Slbmeidjungen  im  einzelnen  rätlidj.  $n  biefer  Innfidft  ftellte  bie 
oberbeutfdje  ^roöinztalfongregation  üom  Q-alfre  1603  bem  ©eneral  oor:  @o  fehr 
auch  Bemühungen  beg  P.  ©eneral  zur  Hebung  ber  ©tubien  zu  billigen  finb,  fo 
fieht  fich  bie  Kongregation  bod)  genötigt,  in  Vetreff  ber  ©tubienorbnung  noch  meitere 
Verfudje  zu  madjen.  Reicht  allein  nach  unferer  Slnfidü,  fonbern  auch  nad)  bem  Urteil 
fluger  unb  (feroorragenber  ÜUfänner  erfcheint  eg  fehr  fdfmierig  unb  faft  gemaltfam, 
alle  Nationen  an  eine  ©chablone,  auch  tu  inbifferenten  Singen,  mie  ©inteilung  ber 
©djulftunben,  ßahl  ber  ©cfjulbiidjer,  fßreigüerteilung  ufro.,  biitben  zu  mollen,  ba  bie 
Derfchiebenen  Nationen  hoch  fehr  oerfcfjiebene  Vebürfniffe  unb  Slnfcfjauungen  haften. 
Sie  Kongregation  bittet  beghalb,  bem  P.  ißrooinzial  zu  geftatten,  einige  mit  ben 
©tubien  unb  Verfjältniffen  oertraute  ißatreg  zur  Slnpaffung  ber  Vorfdfriften  ber 
©tubienorbnung  zuzuziehen,  um  mirflid)  praftifdje  9fefultate  zu  erreichen.  $nbem 
Slguaoioa  bie  Slntmort  auf  bie  früheren  Vorfdjlüge  ber  ißrooinz  überfanbte,  bemerfte 
er,  ber  ißrooinzial  möge  über  meitere  2öünfd)e  berichten;  alleg  bem  Urteil  ber  Se= 
putierten  in  ber  ^Srootnz  zu  überlaffen,  ha^e  er  aber  für  nidjt  erforberlicf) 4. 

Sie  hier  ermähnten  Vorfdjläge  ber  oberbeutfdfjen  ifßroüinz  flammen  aug  bem 
^ahre  1602;  fie  laffen  bie  Slnfidjten  ber  beutfehen  ißatreg  über  manche  ©inzelljeiten 
ber  ©tubienorbnung  in  ihrer  Stnmenbung  auf  Seutfchlanb  erfennen5.  $n  Vetreff 
ber  fjerienorbnung  roirb  ber  ©runbfah  aufgeftellt:  £D^ehr  fdjabet  ben  ©djülern  eine 
SBodje,  in  ber  fie  gar  nichtg  tun,  alg  oier  SBodjen,  in  benen  immer  eine  literarifche 
Übung  ftattfinbet.  Siefer  kftüffiggang  muff  oiel  mehr  bie  ©chüler  üerberben,  menn  fie 


1  2)ie3  fonftatiert  93.  für  6nfi§l)cim  unb 
93runtrut  ber  93ifd)of  non  93afel  93eot.  Sllbert 
in  einem  ©djreibeit  üom  18.  ^uli  1647  an  bie 
iPropaganba.  *  Original  im  9Ircf)iü  ber  $ropa= 
ganba,  Lett.  di  Svizzera  vol.  49,  159 v. 

2  *Hist.  coli.  Aug.  ju  1604:  Ratio  studio- 

rum  ad  D.  Lucae  ad  unguem  observari  coepta. 


3  *  Diarium  Gymn.  Monac.  Clm  1550. 

4  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  XII  169 
219.  SSgt.  Ratio  stud.  II  508  f. 

6  *  Clm  9237,  f.  85  ff.  ®rud  in  Ratio  stud. 
II  483  ff. 


496 


S(d)te§  ftapitet.  ©^mnafien  unb  llniberfitäten. 


megen  ber  toeiteit  Entfernung  nidjt  in  ifjre  £>eimat  suriidfefjren  fönnen  unb  trotjbem 
feine  Befestigung  in  ber  ©cfjule  fjaben.  ©egen  bie  ftetg  mieberfe^renben  brei* 
ober  vierjährigen  Hatafoge  ber  in  ben  ©cfjufen  ju  fefenben  Sfutoren  erfjob  man  bie 
©djmierigfeit,  bafj  einzelne  Hittoren  nidjt  an  bie  Sieifje  fämen,  beren  Seftüre  bodj  audj 
roünfdjengmert  märe.  Sie  ©riinbe  für  bie  Beibehaltung  ber  Slutorenfatafoge,  bie 
Stüdfidjt  auf  ©tubenten  unb  Budjfjänbfer,  mie  aud)  bie  größere  ©idjerfjeit  für  eine 
richtige  Slugmafjf  feien  aber  itbermiegenb,  juntaf  bie  ^atafoge  ja  audj  oon  3eit  ju  ßed 
burdj  fadjoerftänbige  SRäitner  geänbert  unb  anbere  Sfutoren  eingefe|t  merben  fönnten 
Sie  moitatfidjen  Sfebeübungen  ber  Sifjetorifer  fdjienen  einigen  jttoiel;  fie  fiefjeit 
faum  üiermaf  int  Qafjre  fofdje  Sieben  halten,  meif  bie  Sieben  Bon  ben  f]Srofefforen, 
bie  fchott  hinreichenb  belüftet  feien,  oerfafjt  merben  müßten,  Sagegen  mürbe  aber 
geltenb  geniadjt,  man  foße  bie  Sfeben  oon  ben  ©c^ülern  felbft  augarbeiten  faffen, 
bie  befonberg  im  2.  3Sre  bafür  fjinreidjenb  befähigt  feien,  grüner  hätten  ju  SJiündjen 
unb  ^ngofftabt  bie  ©d^üfer  aße  2Bochen  ihre  fefbftoerfertigten  unb  Bon  ben  Sefjrern 

nur  Berbefferten  Sieben  Borgetragen,  mit  großem  £ob  für  ©djiifer  unb  Sefjrer.  Eg 

fei  nicht  notmenbig,  bafj  aße  ©djüfer  Sieben  Rieften,  fonbern  eg  fönne  eine  Sfugmafjf 
unter  ben  befferett  getroffen  merben,  mie  eg  bamafg  gefdjefjen-  Sie  Sieben  marett 
furj,  bag  Sfjema  reichhaltig,  fo  bafj  eg  feidjt  Bon  einem  tüchtigen  ©djiifer  bearbeitet 
merben  fonnte.  fyaft  aßgemein  fpradj  man  ftdj  gegen  ben  SBettfampf  jmifdjen  Ber» 
fcfjiebenen  Pfaffen  aug,  meif  bieg  nur  Unsuträgficfjfeiten  mit  fidj  bringe,  ©iege  bie 
obere  klaffe,  fo  fei  bag  für  fie  fein  Siufjnt;  merbe  fie  aber  befiegt,  fo  fei  bag  eine 
grofje  ©cfjanbe,  rnofjer  bann  §afj  unb  ©treit  entftefje,  mie  bie  Erfahrung  fefjre. 

3mr  bie  meiften  Bebenfen  überlieh  Sfquaoioa  bie  Entfd^eibung  bem  i^roBinsiaf, 
ber  fidj  nadj  ben  Bräudjen  ber  jßroBinj  unb  beg  ßanbeg  richten  foße.  Siefer  teilte 

am  15.  gebruar  1604  bie  Anfragen  nebft  beit  römifdjen  Sfntmorten  ber  fßroüinj 

mit  unb  gab  bann  nadj  erneuerter  Beratung  mit  fßatreg,  bie  er  aug  ben  Berfchiebenen 
Kollegien  berufen,  am  2.  SIprif  1604  nodj  einige  befonbere  Reifungen  in  ben  fünften, 
bereu  Beftimmung  ifjm  überfaffen  mar.  ©o  beftimmte  er  afg  ©ebete  Bor  unb  nacfj 
ber  ©djufe:  beg  SRorgettg  bei  Beginn  ber  ©djuk  ben  fcfjönen  Berfifef:  &onint,  Seifiger 
©eift,  erfüße  bie  §erjen  beiner  ©laubigen,  mit  ber  entfpredjenben  Oration,  unb  jum 
©cfjfufj  bie  Sanffagunggoration:  ©ott,  beffen  Barmfjergigfeit  ofjne  SDiah  ift;  ant  Siacfj» 
mittag  beim  Beginn:  llnfer  ^rnnbefn  .  .  .  (Actiones  nostras),  unb  jum  ©djhtfj: 
Befdjüpe,  mir  bitten  bich,  0  §err,  biefe  gamifie!  ...  3n  betreff  ber  fdjriftlidjen 
-fpaugarbeiten,  über  bereit  ju  grofje  3df)f  Sefjrer  unb  ©djiifer  geffagt,  beftimmte  er 
für  bie  Sffjetorif,  meif  bort  mefjr  SJfüfje  unb  Urteil  erforbert  merbe,  aße  14  Sage 
eine  Siebe;  mödjentfid)  ein  griedjifdjeg  fßenfutn  unb  aße  brei  SSodjen  ein  ©ebicht ; 
für  bie  Humanität  möd^entfidj  je  ein  fateiiüfdjeg,  ein  griedjifdjeg  fßenfum  unb  ein 
©ebicfjt;  in  ben  brei  unteren  klaffen  jeben  jmeiten  Sag  ein  ^enfum.  3ur  ®urcfj* 
führung  ber  ©tubienorbtiung  fjieft  er  eg  für  burdj  aug  geboten,  bie  Pfaffe  31t  teilen, 
fobalb  bie  3S  80  überfdjritten  fei1 2. 

1  Stuf  ba§  SJtemorial  ber  öfterreidfjifdtert  ißro» 

«insialfongregation  Dom  Spirit  1603  antraortete 
StguQöiüa  am  12.  SJoo.  1603:  De  Catalogis 
praelegendorum  librorum  in  triennium  paran- 
dis  audiat  P.  Provincialis  singulos  Rectores, 
qui  consultis  Magistris  ad  eum  scribent,  quid 
legendum  censerent ;  et  statuat  ipse  Provin¬ 
cialis  auditis  suis  consultoribus  et  intelligen- 
tibus,  prout  melius  iudicabit.  Nam  in  Con- 
gregatione  Provinciali  cum  alia  tractanda  sint 
non  erit  necesse  id  fieri.  *  Original  Acta 
Congr.  Prov.  X,  f.  216.  —  3"  äftündjen  tuurbe 


ber  Catalogus  quinquennalis  1604  eingefüijrt. 
Stm  18.  öftober  mürbe  ba3  SBerjeidjnig  ber  in 
bieiem  Sabre  ju  Iefenben  Slutoreit  an  ber 
£üre  oon  6t  SJtidiael  augepeftet ;  am  3.  Sto» 
Oember  erfdjicn  ber  23ud)t)änbler  oon  Sngolftabt, 
ber  in  ber  Sßorpaüe  bet»  ©t)mnafium§  mit  bem 
S8ertaufe  ber  93üd)er  begann.  *  Diarium  Gymn. 
Monac.  Clm  1550. 

2  SBorttaut  ber  ©djreibeit  Ratio  stud.  II 508  ff. 
SJql.  *Directorium  pro  Gymnasio  Ingolstad. 
Clm  26  469. 


$ie  2)nrcf)füfjrung  ber  neuen  ©tubtenorbunng. 


497 


9J?ancf)e  Sin^elheiten  festen  bann  bie  ^robinjen  feft  in  ben  fog.  Consuetudinaria, 
lüetcfje  bie  ©ebräudfe  in  ben  oerfcfjiebenen  ^rooinjen  regelten.  Qn  bem  Consuetudi- 
narium  ber  rfyeinifdjen  ißrooinjen  oom  Qahre  1G28  mären  folgenbe  33eftimmungen 
getroffen :  Qn  allen  klaffen  bauert  ber  Unterricht  oormittagS  unb  nachmittags  2l/2  ©tum 
ben.  3ur  monatlichen  Reicht  am  erften  Sonntag  im  SDlonat  merben  aße  ermahnt,  aber 
itiemanb  rnegen  ber  SBerfäuntniS  beftraft ;  Säumige  merben  bei  anbern  fehlem  fdjärfer 
beftraft.  ®en  Katechismus  am  Sonntag  ober  Qreitag  um  1  Uhr  geben  bie  Ülaffen- 
(ehrer,  bie  9if)etorifer  unö  ^nmaniften  bagegen  merben  jufammen  Oom  SDireftor 
(ißräfeften)  ober  einem  anbern  fßater  unterrichtet.  SDie  9tl)etorifer  unb  §umaniften 
merben  auch  jur  Sßrebigt  in  bie  Kirche  geführt,  mährenb  in  ben  unteren  Staffen  ber 
Sehrer  eine  ffalbftünbige  Stnfpradfje  hält.  SDie  aßgemeine  SSerfe^ung  finbet  ftatt  um 
Stßerheitigen,  für  bie  fähigen  in  ben  unteren  klaffen  Oftern.  Qm  September  mie 
in  ben  Sommermonaten  ift  möcf)entlich  ein  ganzer  Stag  frei.  33ei  großer  §i^e  mirb 
bie  Schule  morgens  eine  fjatbe  Stunbe  früher  gefchtoffen  unb  beginnt  nachmittags 
eine  Stitnbe  fpäter.  SDie  Scfjulen  fcfjtiefjett  mie  bie  höheren  ©tubien;  SBieberbeginn 
ift  27.  Dftober 1. 

ßiacf)  bem  Consuetudinarium  ber  öfterreichifchen  fßroüinj  öont  Qatfre  1640  be= 
gannen  bie  klaffen  morgens  7  Uf)r  unb  nachmittags  iy2  Uhr  (bie  9?hetorif  eine 
halbe  Stunbe  fpäter)  unb  fcfßoffen  O1^  Uhr  (heilige  Sfteffe)  unb  nachmittags  4  Uhr. 
Qn  ben  ^unbStagen  oom  22.  Quli  bis  24.  Stuguft  fcf)lob  bie  Schule  morgens  9  Uhr 
unb  begann  nachmittags  2*/2  Uhr.  Qn  Söien  rechneten  bie  ^unbStage  oom  15.  Quli 
bis  15.  Sluguft2.  Qn  ber  oberbeutfdjen  ^rooinj  mar  um  biefelbe  Qeit  (1640  unb  fpäter) 
für  bie  nieberen  Stubien  morgens  7  Ut)r  heilige  äfteffe  unb  bann  Schule  bis  10  Uhr, 
nachmittags  iy2— 4  Ul)r.  SDie  9tt)etorif  unb  bie  höheren  Stubien  fingen  fpäter  an 
ober  hörten  früher  auf.  SamStagS  unb  an  ben  Stagen  oor  Q-eften  mar  Schule  üon 
1  bis  3  Uhr,  an  biefen  Stagen  21/z  Ut)r  ®rflärung  beS  lateinifcheit  ober  griecfjifchen 
(SoangeliumS  beS  folgenben  Sonntages  ober  ber  2lpoftetgefchi<hte  ober  einer  Qeftrebe 
beS  hl.  ©hrpfoftomuS.  ®en  Schluß  bilbete  eine  furje  (Ermahnung  beS  SefjrerS.  Qrei- 
tagS  mar  morgens  eine  Stunbe  ®atecf)iSmuS,  ber  nach  ber  Raffung  ber  klaffe  er- 
flärt  mürbe.  SDie  großen  Qerien  bauerten  üom  13.  Quli  bis  10.  Sluguft,  unb  jmar 
fo,  bah  öie  ©pmnafiaften  jebe  SÖSoche  grnei  Stage  gang  frei  hatten,  an  ben  übrigen 
Stagen  aber  morgens  unb  nachmittags  eine  Stunbe  Schule.  St)ie  ^erbftferieit 
bauerten  oom  1.  bis  18.  Oftober;  am  SufaStag  mar  f)3reiSüerteiIung  unb  Stfjeater. 
Oftern  mar  nur  oon  ÜDUtttoocfj  in  ber  ®armoche  bis  OfterbienStag  frei3. 

Über  eine  Slnberung  ber  Qerienorbnung  lieh  bie  oberbeutfche  Sßrooinjialfongre» 
gation  oom  Qafjre  1642  bem  ©eneral  eine  fDenffdfrift  folgenben  QnijalteS  überreichen: 
St)ie  meiften  ^rooinjen  haben  ihre  Qerien  im  £>erbft;  eS  märe  alfo  feine  Neuerung, 
menn  fich  unfere  fßroüinj  biefem  brauch  anfchlöffe.  SDie  bis  jept  in  ber  ^rooinj 
gebräuchlichen  hoppelten  Qerien,  bie  gröberen  im  Sommer,  bie  fleineren  im  £>erbft, 
haben  unter  anberem  ben  Nachteil,  bah  öon  ben  §örern  ber  höhnen  Stubien  menige 
oor  @nbe  ber  §erbftferien  auS  ben  Sommerferien  gurücfjufehren  pflegen,  meil  fie  eS 
nicht  ber  SUlütje  mert  halten,  megeit  ber  gmifcljen  ben  Sommer-  unb  §erbftferien 
liegenben  oier  Sßocfjen  gurücfjuf  ehren.  SDie  Schüler  beS  ©pmnafiumS  aber  oerlernen 
faft  in  ben  Sommerferien,  maS  fie  in  neun  Monaten  gelernt,  fo  bah  fie  io  ben 
paar  2öoct)en  bis  jur  Prüfung  mit  alter  -Stühe  faum  mieberholen  fönnen,  maS  fie 
in  ben  Sommerferien  üerlernt.  SBenn  bie  gröberen  Qerien  in  ben  £>erbft  oerlegt 

1  *  Consuetudines  Prov.  Rhen.  1628.  traten  in  ben  Serien  üom  13.  ^uli  bi§  10.  SXugnft 

2  *  Consuetudines  Prov.  Austr.  1640.  an  ©teile  ber  SOlagiftri  STljeofogen,  unb  gtoar 

3  *  Consuetudines  Prov.  Germ.  sup.  9?ad)  würben  bie  beiben  oberften  fowie  bie  üier 

ben  *  Consuetudines  Monacenses  (Clm  1550)  unteren  Klaffen  fombiniert. 

2>uljr,  ©efä|id)te  ber  3e(mten.  II. 


32 


498 


2lcf)te3  ^ctpitef.  ©Qmitaficn  unb  Uniöerfitäten. 


werben,  ift  für  uitfere  SJSrofefforen  unb  ©dfotaftifer  bie  ßeit  für  bie  (Srfjotuttg  ölet 
günftiger,  treil  bie  §ipe  nid^t  mef)r  fo  grofi  ift.  Xann  fönnen  fie  audj  nie!  beffer 
bie  ©i'ergitien  machen  als  je^t  in  ben  |mnbStagen.  ferner  wirb  bie  Säuberung  ber 
Sßrofefforen  weniger  fdjwierig  int  £>erbft  fein  atS  je£t,  ba  fie  wegen  ber  ®ürje  ber 
Serien  meift  ju  fpät  an  ben  Ort  ihrer  Beftimntung  fommen.  $ür  bie  auswärtigen 
©d)üter  liegen  bie  §erbftferien  ebenfalls  beffer.  Xetttt  niete,  bie  Xiroter,  (Stfäffer 
unb  bie  Oom  Bobenfee,  hoben  um  biefe  3eit  bie  Söeintefe,  wäffrenb  berer  alte  ©tauten 
frei  finb,  unb  fo  hoben  fie  bann  jweimat  tange  Serien.  Xie  ©djüter  aus  Bapern 
unb  ©d)Waben  finb  aber  ihren  Gütern  in  ben  ©ommerferien  bei  ber  ©rntearbeit 
weniger  genehm,  fo  bap  fie  biefetben  niet  ju  früh  non  ben  ©dfuten  abrufen  unb  ju 
fpät  gurüctfcfjicfen,  wegen  ber  S|3ferbe,  bie  fie  um  biefe  fount  entbehren  fönnen. 
XoS  geft  beS  ht-  ^gnatiuS  fantt  bei  ber  feigen  gerientage  in  ben  meiften  Kollegien 
nicE)t  gebü^renb  gefeiert  werben.  Xen  y5or^fc^r^t  f)inbert  fefjr,  baf;  bie  ©djüter  oft 
tange  nid)t  bie  notwenbigen  23üc^er  haben,  ba  fie  beren  Xitet  erft  wenige  Xage  nor 
Eröffnung  ber  ©chute  erfahren.  Xiefer  9cad)teit  wirb  behoben,  wenn  nier-  ober  fünf» 
wödjige  Serien  bem  ©dhulbeginn  oorauSgetjen.  Söenn  bie  ©dfüter  if)re  greife  ober 
wenigftenS  bie  Berfefwng  in  eine  fjötjere  klaffe  mit  in  bie  Serien  brächten,  wäre  baS 
ein  großer  Xroft  für  bie  Gütern,  wä^renb  anberfeitS  bie  für  baS  ©tubium  nicpt  @e» 
eigneten  gteidj  §u  §aufe  bteiben  unb  einen  anbern  Beruf  ergreifen  fönnten.  Xie  ent» 
gegenftef)enben  ©cfjwierigf'eiten,  baji  nämlich  bie  Qngotftabter  Uninerfität  bie  Säuberung 
ber  gerien  nidjt  zutaffen  werbe,  wirb  ber  ^urfiirft  burd)  einen  Befept  an  bie  Uni» 
öerfität  befeitigen,  ba  er  ficf)  teid)t  üon  bem  9cu^en  ber  Stnberung  für  aCtc  ©tubien 
überzeugen  taffen  wirb.  Xie  £)ipe  in  ben  .JpunbStagen  war  in  ben  testen  ^apren 
feb>r  öerfcpieben,  jubent  würben  in  ber  peilen  ßeit  bie  gewöpntidjen  ©tubien  auf» 
poren  unb  nur  bie  fdjrifttidjen  Arbeiten  für  Berfepung  um  Prämien,  bie  Prüfungen, 
XiSputationen  unb  Xpeaterauffüprungen  ftattfinben.  Xap  einige  Kollegien,  bie  ben 
Berfucp  gemacht  paben,  wieber  jur  früheren  Orbnung  zurücfgefeprt  finb,  ift  nur 
baper  gefommen,  bafj  bie  Sänberung  niefit  an  alten  Kollegien  eingefüfjrt  worben;  benn 
baS  eine  ober  anbere  ®otteg  allein  fantt  wegen  beS  SJßedpfetS  ber  ^ßrofefforen  nicpt 
bie  ittnberung  oornepmen  1. 

Xiefe  Beratungen  Ratten  bie  SBirfung,  baf;  im  .^apre  1643  in  ber  oberbeutfcffen 
SJSroüinz  bie  ^unbStagSferien  abgefcbjafft  unb  itacp  ber  Xitliitger  ©itte  bie  eilte 
grofje  Bafanj  oom  8.  ©eptember  bis  18.  Oftober  eintrat,  ^tt  bent  Sämberger 
Xiariunt  peifit  eS  jum  12.  ©eptember  1643:  Sänt  Gntbe  biefeS  ©cputjapreS  würben 
junt  erftenmat  alte  ©tubiereitben,  bie  fortgepen  wottten,  aucf)  bie  ©eminariften,  beren 
bisher  immer  ein  Xeit  wegen  beS  ©otteSbienfteS  juriidbleiben  mufite,  bis  ßufaS 
(18.  Oftober)  in  bie  £>erbftferien  enttaffen,  fo  baff  wäprenb  biefer  ßeit  ©djuten  unb 
©cputgotteSbienft  ganz  auftjörten2. 

Xie  ©cputen  Ratten  bamatS  nicfjt  allein  ^pipferiett,  fonbent  ttod)  mehr  ®ätte» 
ferien.  Xie  ©dputzimmer  waren  eben  gar  nid)t  ober  fef)r  fcptecpt  gehest.  ©o  peipt 
eS  z-  B.  zum  31.  Januar  1629  in  bem  Kötner  Xiarium:  Söegen  ber  großen  $ätte 
mufste  morgens  ber  Unterridjt  14  Xage  taug  um  eine  patbe  ©tunbe,  bei  ben  kleinen 
Zuweiten  um  eine  ganze  ©tunbe  gefügt  werben3,  $n  Gnitmericp  würbe  gebruar 
1647  wegen  ber  großen  ^ätte  brei  SBod^en  lang  morgens  unb  nadjmittagS  nur 
IV2  ©tunben  unterrichtet.  Stm  10.  Februar  1621  war  ber  ganze  Xag  frei  wegen 
ungeheurer  Glätte 4. 

1  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  1642  II  260.  3  *  Liber  consuetud.  Gymn.  Tricoron.  Sollt, 

2  Dtijner,  ©efd).  ber  £tubien=2lu[talt  ju  ©tabtord)io  llniüerf.  605,  f.  252. 

Slmberg  74.  5ßgl.  Sauer,  2(u3  bem  9Jtüitcf)ener  4  *Ephemeris  scholastica  coli.  Embricensis 

2)iarium  18.  ($üffetborf,  ©taat^ardjiD  ©inmerid),  Jes.  37), 


$ag  ©tjmnafium:  Sthuläeit  unb  gerieit. 


499 


ipie  unb  ba  mürben  bie  Schuten  auSgefe^t  ober  unterbrochen,  meil  bie  ©Ritter 
noch  althergebrachter  Sitte  ju  ben  öffentlichen  93eftrafnngen  unb  Einrichtungen  gingen. 
Qumeilen  oerlangte  bieS  bie  Cbrigfeit.  So  heifü  e§  im  ©mmeridjer  Diarium  jurn 
4.  gebruar  1620:  Die  Schüler  mürben  auf  (Srfudfjen  beS  9J2agiftratS  itnb  93ürger* 
meifterS  ber  alten  Sitte  ber  ©mmericher  Schuten  gemäf;  auf  ben  Sftarft  gefchicft, 
ino  ein  Delinquent,  nacffbem  itjin  baS  £>hr  abgefdhnitten,  mit  Stuten  geftric^en  tourbe  K 
DaS  Münchener  Diarium  berichtet  toieberholt,  baff  bie  Schute  früher  gefcfjtoffen 
mürbe,  meit  bie  Schüler  jur  ^>inricf;turtg  eines  Verbrechers  gingen,  menn  bie  ?lrm* 
fünberglode  geläutet  mürbe* 1 2. 

Stuwer  ben  Serien  gab  eS  bann  noch  oiete  gemöhntiche  unb  auffergemöhntidhe 
freie  Doge.  Die  aupergemöhntichen  freien  Dage  mürben  Oielfacfj  auf  Vitten  angefehener 
Herren  bemittigt,  bie  in  ber  Vemittiguug  eine  CS^re,  in  ber  Sächtbemittigung  baS 
©egenteit  baoon  erbtidten.  So  fteigerte  ficfj  bie  gafft  biefer  Dage  immer  mehr  unb 
mürbe  eine  mafjre  Kalamität  für  bie  Sdjute.  Qtt  einjetnen  Diarien  läfft  fid)  bie 
ftetS  fteigenbe  gapt  üerfotgen.  Stach  bem  ©mmeridjer  Diarium  mirb  j.  93.  im  gebruar 
1646  ein  freier  Dag  gegeben  einmat  ju  ©tjren  ^S  neu  ermähtten  DefanS,  ein  jmeiter 
ju  ©fjren  beS  neuen  93ürgermeifterS,  ein  britter  ju  ©fjren  neuen  unb  alten  93ürger^ 
meifterS  sufammen.  Qm  fotgenben  Qafjre  finb  jmei  freie  Dage  ju  ©pren  neuen 
VitrgermeifterS  unb  mieber  ein  freier  Dag  ju  @hren  beS  OberftaltmeifterS  beS  ®ur> 
fürften  oon  93ranbenburg,  unb  ein  meiterer  freier  Dag  gu  ©fjren  ber  ©emafjtin  beS 
fchmebifchen  ©eneratmacfjtmeifterS,  bann  mieber  ju  ©fjren  beS  Äturfürften,  eines 
©eneratS  ufm.  Bitten  in  biefer  fetigen  geit  ber  Dielen  93afanjtage  tjeifit  eS  bann 
jum  19.  2lprif  1649:  §eute  mürbe  bie  neue  Orbinatioit  beS  ©eneratS  über  bie  ©im 
fdjränfung  ber  93afanjtage  üerfünbigt3.  Da  über  bie  oieten  freien  Dage  mieberfjoft 
geftagt  morben,  hatte  bereits  am  14.  Dezember  1647  ©arrafa  an  ben  oberbentfdhen 
■proüinjiat  ®eppfer  gefcfjrieben:  2ßie  ich  fjöte,  hat  fiep  in  bie  ißroDinj  bie  böfe  @e= 
mofjnfjeit  eingefcfjlicfjen,  ba§  bie  Sieftoren,  aufjer  bem  beftimmten  freien  Dag,  eine 
§meite  aufjergemöfjnfidje  ©rfjofung  faft  immer  bemittigen,  menn  aufjer  bem  Vafan^ 
tag  fein  geft  einfällt.  Der  Obere  merbe  für  fehr  ftreng  gehalten,  ber  oiermat  im 
Qatjre  eine  aufjerorbenttidje  ©rtjofung  abfdjfage  in  ben  Söodjen,  in  rnetche  nicht  grnei 
gefte  fallen,  ©ine  fo  grofje  gaf)t  oon  ©rfjotungStagen  mufj  fomofjf  ben  Stubien  als 
auch  &er  ©harafterbilbung  feljr  fchaben.  Da  ber  fo  oft  mieberfjofte  93efef)t  für  SSiafj» 
hattung  oergebenS  mar,  fotten  ©ro.  Imdjmürben  allen  Steftoren  oerbieten,  ohne  Qhre 
©rtaubniS  irgenb  eine  aufjerorbentfidje  ©rhotung  ju  bemittigen,  eS  fei  benn  in  fettenen 
unb  unermarteten  gälten,  mofür  hernach  bie  ©rünbe  ©m.  ^ocfjmürben  oor^utegen 
finb;  raerben  biefe  ©rünbe  atS  ungenügenb  befunben,  fo  fott  bie  93emittignng  nicht 
unbeftraft  bleiben4. 


in  ber  golge  afg  Diarium  zitiert.  93gl.  Dia¬ 
rium  Monac.,  24.  unb  25.  gebr.  1636. 

1  *  Diarium  Gymn.  Embric.  1620. 

2  2)ie  oft  angeführten  SSorte  ber  13.  fRegef 
für  bie  augmärtigen  ©cßüler  nisi  forte  haereti- 
corum  hatten  für  Seutfcßlanb  feine  93ebeutung. 

Ein  öfterreicßifcheg  ©utaeßten  beantragte,  man 

folfe  bie  SBorte  „eg  feien  benn  Einrichtungen  oon 
Eäretifcrn"  ftreichen,  „benn  in  unfern  Sänbern 
gibt  e§  feine  folche  Einrichtungen,  unb  eg  märe 
gefjaffig,  biefe  SBorte  öffentlich  ju  gebrauchen, 
gfeichfam  afg  ob  mir  nad)  foichen  Einrid)tungen 
bürfteten"  (*Epp.  Austr.  [1601 — 1660]  II  28). 
3n  ben  ©djufregefn  oon  Ä'öln  oom  Sahre  1650 
mar  bie  Siegel  13  auch  bemeutfprechenb  gefaßt; 


eg  heißt  einfad),  bie  @d)üler  füllen  jn  feinen 
Einrichtungen  gehen  (93ianco  I  337  f). 

3  *  Diarium  Gymn.  Embric.  93gf.  *  Diarium 
Gymn.  Monac.  1630,  10.  u.  28.  gehr.  Sßieber* 
holt  mürbe  bie  ©rmciterung  ber  Safanjtage 
gerügt,  ©o  heißt  eg  j.  93.  in  bem  SJiemoriale 
ber  oberrheinifeßen  fprooinsialfongregation  bom 
Jyafjre  1628:  Serventur  quoque  exacte  stati 
dies  recreationum  neque  Rector  dispenset  in 
concedenda  ulteriore  recreatione,  nisi  causa 
peculiaris  moveat,  quae  Provinciali  probari 
possit.  Ex  crebra  enim  relaxatione  incom- 
moda  maiora  existunt,  quam  quilibet  existi- 
mare  possit.  *Memor.  Prov.  Rhen.  sup. 

4  *  Drig.=9ieg.  Ad  Germ.  sup. 

32* 


500 


2ld)te§  Kapitel.  ©tjmnafien  unb  Uniberfitäten. 


Sieben  ben  SöoEgtjmnafien  gab  eS  auch  an  einzelnen  ütefibenjen  ober  ÜDtiffionS- 
ftationen  eine  21rt  öon  i]3rogt)mnafium  ober  9teftoratfchule.  ©in  Veifpiel  hierfür  bietet 
bie  bcm  Kolleg  oon  2lmberg  unterftehenbe  Ütefibenj  in  Söeiben.  ©rope  Verbienfte  um 
bie  Qörberung  biefer  ©djule  ermarb  fid)  P.  Qol).  halfteret.  Serfelbe  fcfjreibt  am 
27.  21uguft  1632  an  ben  Slmberger  9teftor  Dell,  bafj  er  1627  mit  einem  ©dfüler 
begonnen  unb  bann  mit  fed)§  eine  öffentlicfje  ©dfule  eröffnet  habe1.  Qm  Qaljre  1629 
trat  ein  2Ilumnat  tjin^u  unb  1631  erfolgte  bie  ©rridjtung  ber  SDtarianifdjen  Kon¬ 
gregation2.  SaS  Siarium  ber  fHefiben^  SBeiben3  berichtet  mandje  C£in§el^eiten.  Qm 
Qatjre  1638  rcaren  eS  38  Schüler,  oon  benen  am  2.  Qanuar  aus  ber  beutfchen 
©d)ule  brei  jur  erften  Iateinifcf)en  Klaffe  (ißrinjip)  aufftiegen.  ©S  gälten  bie  ©pn* 
tap  4,  bie  ©rammatif  11,  bie  Stubimenta  13,  ^ßringip  10.  Unter  biefen  ©djülern 
toaren  aud)  21uSmärtige,  bie  bei  VürgerSleuten  mof)nten.  Sie  jmei  oberften  Klaffen 
unterrichtete  ein  $J5ater,  bie  unteren  ber  Kantor,  ein  früherer  Stimmte.  2lm  7.  Qanuar 
mürbe  ber  ©efangunterrid^t  oon  neuem  georbnet  unb  bie  Schüler  bafür  in  brei 
Klaffen,  21nfänger,  Qortfcljreitenbe  unb  Qortgefcf)rittene,  eingeteitt ;  am  8.  Qanuar  ge¬ 
brauchte  man  bei  ben  Übungen  junt  erftenmal  ein  Vegal.  Surd)  Singen  in  ben 
SBeihnadhtSferien  erhielten  bie  2llumnen  am  6.  Qanuar  10  ©ulben  23  Kreujer; 
halb  barauf  fjeifit  eS:  bie  SUumnen  begannen  an  ben  ©onntagen  in  jtoei  ©ruppen, 
ju  je  oier  Stimmen  ju  fingen;  ber  sehnte  Seit  beS  ©elbeS  mürbe  nadj  ber  ©itte  ber 
früheren  Qahre  unter  bie  21lumnen  oerteilt,  baS  übrige  für  ihren  Unterhalt  aufbemahrt. 
2lm  25.  SDlärj  mürbe  bie  Kongregation,  bie  eingegangen,  nebft  einem  „9ioüi3iat" 
für  bie  Kongregation  oon  neuem  errichtet.  21m  22.  HZooember  fanb  eine  Steilung  ber 
©tjntaj  in  einen  höheren  unb  nieberen  Kurs  ftatt;  in  beiben  jufammen  unterrichtete 
ein  Sßater;  ein  Reiter  ^5ater  gab  bie  ©rammatif  unb  bie  ^ubimenta,  bie  ^rinjipia 
behielt  ber  Kantor.  Siefe  leptere  Klaffe  teilte  man  am  4.  Qanuar  1639  in  brei 
21bteilungen,  ^ßrinjipiften,  Sefer  unb  ©lementarfchüler.  Qn  einem  Schreiben  üom 
9.  2lpril  fpricht  ber  ^rooinjial  ©raöenegg  feine  Billigung  für  bie  ©dhule  aus,  nur 
bürfe  barunter  bie  ©eelforge  (fecfjS  ^ßfarrfirdjen),  für  bie  in  erfter  Sinie  bie  Qefuiten 
gerufen  feien,  nicht  leiben.  21m  6.  September  1639  übernahm  ein  21IumnuS  bie 
unterfte  Klaffe.  Sie  ©djülerjahl  mud)3  allmählich:  am  18.  Oltober  fühlte  man  70 
unter  brei  Selfrem  (einem  ^ater,  bem  Kantor  unb  einem  2Uumnen).  (Sin  banfbarer 
Spüler,  ber  in  Söien  in  ber  jßhilofophie  promoOierte,  fanbte  am  10.  Sejember  1639 
feine  Siefen  mit  einem  fchönen  SDanffdpreiben  für  bie  in  SSeiben  empfangenen  2öohl= 
taten.  Sie  70  Schüler  oerteilten  fiel)  28.  Qebruar  1628  auf  fedjS  Klaffen  (erfte  unb 
gmeite  ©pntap  13,  ©rammatif  unb  9iubimenta  35,  fßrinjipia  unb  Qnfima  22)  unter 
brei  Seprern  (jmei  patres  unb  bem  Kantor).  Sa  nur  brei  Sefjrfräfte  Oorhanben, 
mahnte  ber  fßeftor  üoit  21mberg  am  16.  Sölärj  1640,  man  möge  nicht  über  bie  gmeite 
©rammatif  hütauSgehen  unb  biejenigen,  melche  bie  gmeite  ©rammatif  abfoloiert,  an 
ein  ©pmnafium  fdjicfen,  ba  bie  erfte  ©rammatif  fefjr  mistig  fei  als  Vorbereitung 
für  bie  Humanität.  21m  16.  21pril  1640  begann  man  für  bie  beiben  ©pntap  bie 
©rflärung  beS  Ooib  (Trist.,  3.  23ud)).  ©in  2UumnuS  mürbe  am  8.  21uguft  1640  mit 
neuen  Kleibern  unb  jroei  Sufaten  auf  baS  ©pmnafium  nach  21mberg  beförbert.  Sa 
bie  ©eelforge  ade  Kräfte  abforbierte,  übergab  man  ©nbe  1640  bie  ©djule  einem 
2tuSmärtigen  unb  behielt  nur  bie  Qnfpeftion  bei4. 


1  *  Original  SR.  9t.,  Jes.  270. 

2  Salfterer  an  SSelfer,  16.  2lpril  1639.  *  Ori¬ 
ginal  ebb. 

s  *  Diarium  Resid.  Weidensis  S.  J.  1638 

bis  1640.  DrbinariatSardjib  9tegen§burg. 


4  *  Litt.  ann.  Res.  Weidens.  Qm  3al)re  1649 
mußten  bie  Sefuiten  SBeiben  berlaffen.  Sgl. 
bie  93riefe  beS  P.  Gpprian  Äteinbienft  bom 
6.  unb  18.  DJlärj  1649  an  ben  Sßrobinjial 
föcppler.  *  Original  9R.  SR.,  Jes.  270. 


Taö  ©tjmnafium:  Sieligioit. 


501 


Qnbent  mir  gu  beit  eingefnen  Unterridjtggegenftänben  übergeben,  muß  an  erfter 
©teile  bie  Religion  genannt  merben.  Sa  im  SJiittefafter  Seben  nnb  ©djufe  gan§ 
non  ber  Religion  burcßbrungen  maren,  aud)  feine  oerfdfiebenen  Slnfidjten  ßerrfdjten, 
mürbe  ber  SJJangef  eines  eigentfidjen  Unterrichtes  in  ber  Religion  nid)t  fo  feßr 
gefühlt.  Sag  änberte  fidj  mit  ber  ©laubengfpaftung.  $atf)oIifen  nnb  ^ßroteftanten 
führten  9iefigiongunterrid)t  ein,  meift  in  Qorm  ber  ^atecßefe.  Sin  ben  Qefuitenfchulen 
legte  man  auf  bie  fö'atecfjefe  großen  Sßert  nnb  fucßte  burd)  eingeßenbe  Qnftruftionen 
biefelbe  praftifdh  gu  geftalten. 

Sine  Qnftruftion,  bie  für  ben  ®ated;igmugunterricht  in  ben  einzelnen  klaffen 
auf  ber  öfterreidfifdjen  ißrooingiaffongregation  oom  Qaßre  1603  feftgefeßt  mürbe, 
beftimmt:  Qu  ber  Sfementarffaffe  merbeit  bie  ©ebete,  ©ebote,  ©aframente  ufm.  in 
ber  33offgfpracf)e  gelernt  unb  aufgefagt;  in  ber  unterften  ©rammatif  merben  außer 
bent  ©toff  ber  Sfementarffaffe  bie  allgemeinen  Sefinitionen  unb  Slbteifungen  aug 
bem  fleinen  lateinifchen  Sanifiug  augmenbig  gelernt  unb  aufgefagt,  in  ber  mittleren 
©rammatif  aug  bemfelben  lateinifchen  Sanifiug  bie  befonbern  Sefinitionen  unb  21b» 
teilungen,  in  ber  oberften  ©rammatif  ber  gange  ffeine  Sanifiug  mit  allen  fragen, 
©ang  furg  merben  aug  bem  .fpanbbud)  beg  P.  Softer  im  Slnfdffuß  an  ben  ®ated)igmug 
bie  augenblidlidjen  ^ontroüerfen  berührt  mit  ffarer  fßeantmortung  ber  gemöfjnfidjen 
Sinmürfe.  Qtt  ber  oereinigten  Humanität  unb  3^het°r^  roirb  berfelbe  ffeine  ®ate> 
djigmug  gegeben  mit  einer  etmag  eingeßenberen  Srffärung.  2So  ^ßifofopßie  gelehrt 
mirb,  merben  bie  Poeten  unb  Sffßetorifer  mit  ben  ^ßifofopßen  oereinigt  unb  ber 
größere  Sanifiug  gut  erffärt,  aber  nicht  nad)  SIrt  einer  ißrebigt  ober  ßontroüerfe. 
Sg  fotf  babei  nicßtg  biftiert,  fonbern  nur  erffärt  merben,  unb  gmar  immer  Qreitagg 
in  ber  festen  ©tunbe  oormittagg,  fo  gmar,  baß  in  ber  erften  SSiertefftunbe  bie  ißoeten 
unb  Sißetorifer  in  ihren  Pfaffen  ihren  Seßrern  ben  ^atecßigmug  auffagen,  bann 
merben  fie  mit  ber  ©fode  gu  bem  gemeinfchaftficßett  Sfubitorium  gerufen,  Qn  affen 
unteren  Pfaffen  big  gur  ©ßnta;r  inffufioe  mirb  ber  gange  ®ated)igmug  jebeg  Qaßr 
burchgenommen,  in  ben  oberften  Pfaffen  unb  in  ber  ^ßifofopßie  affe  gmei  Qaßre1. 

Qm  Sfnfang  beg  Qaßrhunbertg  mar  in  ber  oberbeutfdjen  ^Srooing  am  Qreitag  eine 
halbe  ©tunbe  SÜatecßigmug,  am  ©amgtag  eine  halbe  ©tunbe  Srffärung  beg  Soange» 
fiumg2 3;  halb  mürbe  aber  aud)  hier  für  ben  JÜdecßigmug  eine  ©tunbe  feftgefeßt.  9cach 
einer  Qnftruftion  ber  rßeinifdjen  ißroüingialfongregation  oom  Qaßre  1611 3  fotfte  ber 
^atecfjigmug  in  fofgenber  Söeife  gegeben  merben.  Qn  ber  unterften  ©rammatifalffaffe 
guerft  eine  SBiertefftunbe  Sluffagen  ber  aufgegebenen  fragen,  bann  eine  hQIöe  ©tunbe 
Söieberßofung  ber  früher  gegebenen  Srffärung  biefer  fragen  unb  Srffärung  ber  neuen 
fragen;  bie  fejjte  SSiertefftunbe  foffte  auf  Surdhfragen  ber  Srffärungen  oermanbt  merben. 
2luf  biefe  SBeife  mußte  gmeirnaf  im  Qaßre  ber  gange  (ffeine)  ^atedjigmug  burchgenommen 
merben.  Sie  Qorm  ber  Srffärung  foffte  ficß  ber  üblichen  ©cßulmetßobe  anfdffießen. 
Ser  Seßrer  lieft  bie  gange  Qrage  iateinifch  oor  unb  gibt  furg  beutfcß  ben  Qnßaft, 
bann  erffärt  er  fie  beutfd)  2Sort  für  SBort,  nachher  gibt  er  eine  genaue  beutfcße  Über¬ 
fettung  ber  gangen  Qrage  unb  erläutert  biefelbe  burch  Seifpiefe  unb  SluSfprüche.  Sfßn» 
fi d)  mitrbe  mit  bem  fateinifdjen  Soangelium,  für  mefcßeg  eine  halbe  ©tunbe  feftgefeßt 
mar,  oerfahren.  Querft  lieft  ber  Seßrer  ben  fateinifdjen  Sej:t  ffar  unb  beutficß  oor, 
bann  überfeßt  er  ihn  beutfd);  müßrenb  biefer  Sefung  fißen  bie  @d)üfer  entblößten 
§aupteg;  jeßt  bebeden  fid)  bie  ©cßüfer,  ber  Seßrer  gibt  ben  Qnßalt  beg  Soangefiumg 
im  allgemeinen  unb  greift  bann  einen  befonbern  ^Sunft  ßeraug,  ber  fich  für  bie 


1  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  XII,  f.  183.  Arch.  coli.  Düsseidorp,  in  ber  2anbe§6i6I. 

2  Ratio  stud.  II  498  510.  Süffelborf. 

3  *Cod.  Bamberg.  2.  Sind)  im  II.  33b  be§ 


502 


9td)te§  Kapitel.  ©tjmnafien  unb  Uniberfitaten. 


Untermeifung  eignet;  an  gefttagen  faitn  bie  Untermeifung  über  ba§  geft,  bie  Siturgie 
ober  ben  Betreffenben  ^eiligen  paubetn.  $um  ©cpfup  ürirb  ber  eine  ober  anbere 
@d)üter  gefragt,  ma§  er  fiep  oon  bem  ©oangetium  ufro.  gemerft.  Stucp  in  ber  mittlern 
©rammatifatftaffe  ttmrbe  bie  erfte  SSiertetftunbe  auf  ba§  Stuffagen  ber  aufgegebenen 
unb  bereite  erflärten  fragen  au§  CEanifiuS,  bann  V2  ©tunbe  auf  bie  ©rftärung  ber 
neuen  fragen  unb  1/i  ©tunbe  auf  ba§  StuSfragen  über  ba§  SSerftänbniS  ber  erflärten 
fragen  oerioanbt.  3n  biefer  klaffe  fott  ber  gange  SfatedpiSmuS  nur  einmal  im  ^a^r 
burcpgenommen,  bafiir  aber  ausführlicher  erftärt  merben.  Tie  SIrt  unb  SBeife  ber 
©rflärung  ift  biefelbe  mie  in  ber  untersten  fö’taffe.  Stpnticp  ift  aKeS  in  ber  oberften 
©rammatifatftaffe,  nur  fott  affeS  in  tateinifcper  ©pradje  erftärt  unb  ba§  SDeutfche 
nur  auSnapmSroeife  gu  £)itfe  genommen  merben.  $n  ben  oereinigten  beiben  oberften 
klaffen,  Humanität  unb  SRpetorif,  mirb  ber  gange  ®atecf)iSmnS  (ber  größere  SanifiuS), 
b.  i.  bie  Summa  doctrinae  christianae,  nur  alte  gmei  Qiafjre  Oottenbet,  bafür  aber  bie 
©rftärung  mieber  ermeitert.  $ür  bie  brei  ^aprgänge  ber  SJSpitofoppie  mar  berfetbe 
größere  ©anifiuS  alte  brei  Qapre  gu  abfoloieren,  bie  ißpitofoppen  patten  gmeimat  im 
;Qapre  eine  Prüfung  au§  bem  &'atedji§nmS.  $ür  alte  Staffen  unb  Slbteitungen  mirb 
bie  Mapnung  mieberpott,  ben  ©toff  mäprenb  beS  ^a^re§  fo  gu  Oerteilen,  bap  man 
am  ©djtup  be§  ©dhuIjahreS  (©eptember)  mit  bem  oorgefdprtebenen  fßenfum  fertig 
merbe.  ©3  geht  atfo  atS  ©runbfap  burd):  je  tiefer  bie  $taffe,  befto  mepr  ©ebächtniS» 
Übung  unb  um  fo  häufigere  SBieberpotung  beS  gangen  ß'atedjiSmuS ;  je  pöper  bie 
klaffe,  um  fo  mepr  ©rftärung  unb  um  fo  tangfriftiger  bie  Stbfotoierung  beS  gangen 
$atedji3mu§. 

fgn  einer  fpäteren  ^nftruftion  be§  rpeinifdjen  ^5rooingiaIS  ©opper  00m  Qaf)re 
1620  merben  nocp  meitere  93eftimmungen  getroffen:  Um  mit  geringerer  Miipe  unb 
reidjerer  gracpt  in  ben  oberen  Maffen  bie  ^atecpefe  gu  geben,  fott  ber  Ä'atecpet  burepaus 
bie  Orbnung  beS  größeren  CSanifiuS  einhaften  unb  im  erften  $apre  bie  beiben  erften 
Kapitel,  im  gmeiten  baS  britte  unb  oierte,  im  britten  Qapre  baS  tepte  Kapitel  burcp» 
nepmen.  ©r  fott  fo  erftären,  bap  er  ben  ©inn  ber  eingetnen  Söorte  burd;  eingepenbere 
fragen  erfcptiept;  aucp  fott  er  nichts  als  oietteicpt  einige  ©teilen  auS  ber  ^eiligen 
©cprift  unb  ben  Tätern  biftieren.  Stuf  bie  ©rftärung  ift  eine  halbe  ©tunbe  gu  oermenbeit, 
in  ber  tepten  SBiertetftunbe  bürfen  bie  ©cpüter  3tueifef  oorbringen.  Sitte  gmei  Monate 
ober  öfters  fann  ein  Sßettftreit  über  baS  Turcpgenommene  ftattfinben.  SltleS  bieS 
fott  nadj  ber  Qnftruftion  pauptfäcpticp  eine  fotibe  23eteprung  ber  ©cpüter  im  fatpo» 
tifcpen  ©tauben  begmecfen  P 

Stn  eingetnen  Kollegien  mürbe  ber  ^atedjiSmuS  nod)  meiter  auSgebepnt.  ^n 
®ötn  mar  g.  33.  um  1635  91egitation  beS  $ateepiStnu3  ©amStag  nacpmittagS  in  alten 
Staffen,  audj  in  ben  brei  ppitofoppifcpen  dürfen,  in  ben  ©rammatifatftaffen  aber 
täglich ;  ben  9fpetorifern  unb  ißoeten  audj  an  ©onn>  unb  gefttagen.  Stn  tepteren 
ift  um  2  Upr  $ated)efe  bei  ben  oereinigten  ^pifofoppen,  getrennt  001t  ipnen  bei  ben 
oereinigten  Üipetorifern  unb  ^oeten.  33ei  ben  ^pitofoppeit  mirb  ber  $ated)i3mu3 
dictando  in  brei  $apren,  bei  ben  9fpetorifern  unb  Poeten  in  gmei  fgapren  abfotoiert. 
ßur  fetben  ©tunbe  patten  bie  ^ßrofefforen  ber  ©rammatif  $atecpefe  in  ben  eingetnen 
klaffen,  unb  gtoar  fo,  bap  in  ber  ©rammatif  ber  ÄatedjiSmuS  opne  Tiftieren  einmal 
im  3aPre/  in  ber  unterften  klaffe  bei  ben  Tertianern  gmeimat  im  ^apu  fertig  mirb. 
Stuperbem  mar  jeben  ©onntag  tateinifcpe  Sßrebigt  in  ber  Stuta  beS  ©pmnafiumS 
üon  7  bi§  8,  ber  bie  ^pitofoppen  unb  bie  beiben  oberften  ©pmnafiatftaffen  bei» 
gumopnen  patten,  ^nstnifepen  pörten  bie  ©rantmatifer  bie  peitige  Meffe  unb  gingen 
bann  in  ipre  Staffen,  mo  ipre  Seprer  ipnen  ba§  Soangetium  erflärten,  in  ber  erften 


1  *topie. 


2>aS  ©tjntnofiunt:  Religion.  —  Satein. 


503 


unb  gmetten  in  lateinifdfer,  in  ber  britten  (testen)  Älaffe  in  öeutfcfier  Sprache.  Um 
8Va  mürbe  baS  geidjen  gurn  ©cfjlufj  gegeben1. 

Religionsunterricht  mürbe  bie  ®ontroDerfe  menig  £>erüdfid)tigt.  ®ie  nieber» 
rheinifdje  fßrooingialfongregation  Dom  Qapre  1649  faf)  fidf)  beSf)al£>  Deranlafft,  bem 
(General  Dorguftellen :  Unfere  ©d)üler  unb  felbft  bie  9Nagiftri  geigen  eine  grofje  Um 
miffenfjeit  in  ben  ^ontrooerSpunften,  gur  ©dfjanbe  für  bie  (Gefeüfdjaft.  tiefem  Übel» 
ftanbe  fönnte  man  mof)l  abfjelfen  burd)  bie  Verausgabe  eines  ®ontroDerSf>üd)leinS 
äpnlid;  bem  $atecf)iSmuS  beS  (SanifiuS.  SDaSfelbe  füllte  Dott  ben  Se^rern  auSmenbig 
gelernt  unb  ben  ©d)ülern  üorgetragen  merben,  befonberS  in  biefer  fßroDing  megen 
ber  ringsum  fjerrfd)enben  ^ärefie 2. 

SDaS  Zentrum,  ©tern  unb  $ern  beS  ganzen  (GhmnafialunterridjteS  blieb  auch 
in  unferer  3eit  an  allen  fatholifdjen  unb  proteftantifcfjen  ©cf)ulen  baS  Sateiniftfje. 
2Sie  aber  in  biefer  $eit  bie  ©uc^t  nad)  feuern,  ?lu^ergemöf)nlicpem  unb  pomphaftem 
überall  ficf)  geltenb  madfte,  fo  aud)  in  ber  pflege  beS  Sateinifdfen.  SDie  flare  ©cf)ön» 
Veit  ßiceroS  unb  beS  golbeneit  geitalterS  fcf)ien  gu  einfad)  unb  gu  menig;  man  griff 
gu  Neulateinern  unb  ben  ©djriftftedern  beS  filbernen  Zeitalters,  um  bem  $uge  ber 
3eit  gu  genügen.  (Sin  überlabener,  prunlooller  ©til,  nad)  bem  Neulateiner  SipfiuS 
SipfianiSmuS  genannt,  bropte  (Sicero  gu  Derbrängen  3. 

darüber  gelangten  im  Einfang  unferer  Periobe  Don  Dielen  ©eiten  Klagen  nad) 
Rom.  Slnt  27.  Dltober  1612  fcfjrieb  Slquaüiüa  an  ben  oberbeutfcpen  ^ßroüingial 
Vartel:  SDie  ÜNitteilung  @m.  Vochmürben,  baff  ber  Reftor  Don  üNündjen  einem  Don 
ben  Unfrigen  auSbrüdlid)  bie  Seftiire  Don  Sicero  Derboten  unb  ben  befannteit  Dev 
borbenen  ©til  anenipfoljlen  pat,  mar  mir  fepr  mißfällig.  SBenn  ft<V  bie  ©acpe  mirf» 
lid)  fo  Derpält,  füllen  @rc.  Vochmürben  ihn  ernftlicp  an  feine  Pflicht  erinnern  unb  if)m, 
roemt  nötig,  eine  ©uffe  auferlegen.  Unfere  Sefjrer  unb  ©dfolaftifer  mollen  @m.  Vocp« 
mürben  aud)  in  öffentlicher  2Infprad)e  gur  Seftüre  unb  Nachahmung  beS  (Sicero  am 
fpornen4.  21uf  eine  Rechtfertigung  beS  ReftorS,  beS  P.  $;afob  Heller,  antmortete 
SlquaDiDa  am  22.  SDegember  1612,  iitbem  er  feinen  ®anf  auSbriidte  für  bie  Nachricht, 
baff  fid)  bie  ©acfje  nicht  fo  fdjlimm  üerhalte  unb  (Sicero  burdhauS  nicht  Deradjtet  merbe. 
Zugleich  ermunterte  SlquaoiDa  ben  Reftor,  er  möge,  mie  er  eS  nach  feinen  ©riefen 
fdjon  früher  getan,  ben  ©til  GiceroS  bei  gegebener  (Gelegenheit  bringenb  empfehlen 5. 
$n  einem  ©riefe  Dom  16.  Nooember  1613  an  Var*e^  111  ^em  fid)  SlquaDiDa 
fehr  anerlennenb  über  bie  ©erbienfte  beS  P.  Pontan  auSfpricht,  bemerlt  er:  (Gang 
befonberS  liegt  P.  pontan  bie  Reinheit  beS  ©tileS  am  VerSen/  öen  fehr  Diele  ber 
Unfrigen  je&t  nicht  ohne  unfere  ©etrübniS  Derfcfflechtern.  deshalb  tragen  mir 
Gm.  Vochmürben  auf,  ernftlich  bariiber  gu  machen,  baff  bie  Unfrigen  in  ber  ©ereb» 
famfeit  ihren  ©til  nad)  CEicero,  in  ber  Poefie  nach  ©irgü  bilben6. 


1  *  Äöln,  ©tabtarcpib,  Uttiöerf.  606. 

2  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  1649,  468. 

3  „2>er  gefchraubte  unb  unnatürliche  ©til, 
ben  fid)  SipfiuS  (f  1606)  in  9?ad)ahmung  beS 
2acituS  uitb  ©eneca  in  feinen  fpäteren  fahren 
angemöhnt  hatte,  tritt  befonberS  in  ben  ©riefen 
gu  2age.  ®iefe  mit  mipelnbeit  iMntitljefen, 
froftigen  SBortfpielen,  oralellfaft  bunfeln  ©äpeu, 
unerhörten  EEipfett,  fprachmibrigeu  neuen  9J8ort= 
bilbungeu  überlabene  Schreibart  mürbe  üon 
SJadjahmern,  Sipfianer  genannt,  noch  überboten" 
Opatm  in  b.  21.  2).  93.  XVIII  744). 

4  *  0rig.*9ieg.  Ad  Germ.  sup. 

5  *  Ebb.  —  ©o  gaus  unfcpulbig  fcheint  P.  ^eEer 

nicht  gemefen  ju  fein;  benn  ber  ©iograph  beS 


P.  ©albe  fcpreibt:  „^nbeffen  hat  ÄeEer  beit 
$ichterit  beS  filbernen  unb  ehernen  Zeitalters, 
befonberS  bem  ©tatiuS,  einen  ju  großen  Ein= 
fluü  auf  feinen  Böglmg  (©albe)  geftattet,  fo 
bafj  fein  EefdhmacI,  maS  freilief)  in  ber  gangen 
geitbilbung  lag,  tion  bem  Einfach=©chönen  ab= 
irrte  unb  gu  bem  Itberlabenen  ber  naebaugm 
[teifdhen  ©oefie  mertlich  htaneigte"  (9Befter= 
m  a  p  e  r ,  ©albe  30  f). 

6  *  Orig.=9Jeg.  Ad  Germ.  sup.  —  2luf  eine 
©lahunng  beS  P.  2lbam  2anner  oom  5.  9ioü. 
1614  ermiberte  2lguaoiOa  am  23.  SDegentber: 
2)ie  Entfernung  beS  neuen  ©tileS  unb  bie 
2BieberherfteEung  EiceroS  liegt  unS  mie  in  beit 
anbern  ©rooiitgeit,  fo  and)  ia  SDeutfcplanb  am 


504 


2(d)te3  Äapitet.  ©hmuafieu  unb  llnibcrfitätcn. 


Qtt  einem  Schreiben  bom  20.  Segember  1614  fafjt  Aquabiba  furg  beit  ©taub« 
punft  beS  OrbenS  gufammen:  Sie  auS  anbern  Sßrobingen,  fo  pre  i cf)  auch  auS 
biefer  (ber  rfjeiitifd)en)  Sßrobing,  baf)  biete  ber  Unfrigen  gu  fef)r  gu  einem  neuen 

tateinifcfjen  ©tit  neigen,  ©icero  atS  beften  Autor  berlaffen  unb  aus  einigen  un» 

bebeutenben  Autoren  beS  AttertumS  Sorte  unb  ißhrafen  übernehmen  ober  ben  nicht 
tobenSmerten  ©tit  einiger  teuerer  nachahmen.  SaS  berftöfst  burdtjauS  gegen  bie 
Anficf)t  ber  ©efetlfctjaft  unb  ift  nidt)t  gu  butben.  ©icero  fott  unfer  ÜJJtufter  bleiben. 
Senn  Sefjrer  in  biefem  fünfte  nicht  gehorchen,  füllen  fie  auS  ber  höheren  Klaffe 
in  eine  niebrigere  berfe^t  merben*  l. 

Aud)  bie  ißrobingiatfongregationen  manbten  ber  Angelegenheit  ihre  Auf» 

mertfamfeit  gu.  $n  ben  Alten  ber  oberbeutfc^en  Kongregation  bont  $af)re  1614 

heifet  eS:  Am  30.  Oftober  1614  mürbe  ein  ©utadjten  ber  bagu  beputierten  patres 
bertefen  über  bie  Ausrottung  eines  gemiffen  fehlerhaften  ©titeS,  ben  man  ben 
£ipfianifd)en  nennt,  unb  bie  Kongregation  befdjtojg,  baS  (Gutachten  bem  ©enerat  gur 
(Srgängung  unb  23eftütigung  eingufdjiden 2.  Auf  bie  grage  beS  fßrobingiatS,  morin 
benn  biefer  e£otifd)e  unb  fehlerhafte  ©tit  beftetfe,  fam  bon  fftom  bie  Antmort:  SaS 
taffe  fich  in  einer  furgen  Antmort  nicht  befinieren  unb  hänge  bom  gefunben  Urteil 
unb  reinen  ©efcfjmad  ab.  Qe  näher  man  fich  an  Cicero  hatte,  um  fo  mehr  fei  man 
bor  bem  neumobifchen  ©tit  fidtjer.  (Sicero  fei  nad)  ben  Konftitutionen  alten  gu 
empfehlen 3.  $ur  fetben  $eit  behanbette  bie  rheinif^e  ^Srobingiatfongregation  bie  grage. 
Qhre  @ntfcf)eibung  mürbe  in  fRom  gebilligt :  Sie  Obern  unb  Sireftoren  ber  ©dfulen 
fotten  mit  altem  ©ifer  bafür  forgen,  bah  ber  fog-  SipfianiSmuS  auSgerottet  mirb. 
Kompofitionen  in  biefem  ©tit  bürfen  nicht  beftamiert  ober  auSgefteltt  merben.  Sie 
gu  biefem  ©tit  hinneigen,  fott  man  bätertich  ermahnen,  bie  23ücf)er  aber,  auS  benen 
fie  bie  fcf)timme  Angemöhnung  fcf)öpfen,  ihnen  entziehen4. 

SaS  ©riec^ifcfje  hatte  nad)  mie  bor  manche  Anfeinbungen  gu  beftehen  unb  ftieh 
attenthatben  aucf)  auf  ben  proteftantifchen  ©dfiuten  auf  groffe  ©djmierigfeiten.  SaS 
17.  ^ahrhunbert  geigt  überall  fRücfgang  ber  griecfjifchen  ©prache5.  Qn  ber  ober» 
beutfdfen  fßrobing  forberten  einige  für  bie  ftubierenben  älteren  9Röncf)e  unb  Abetigen 
SiSpenS  bom  @riecf)ifchen  unb  bon  ben  SSerfen.  Sie  oberbeutfche  Kommiffion  bom 
Qahre  1602  meinte  aber,  eine  fotcfje  SiSpenS  fei  nur  auS  fchmermiegenbeni  ©runbe 
gu  erteilen.  Senn  menn  mir  eS  barin  teidjt  nehmen,  mögen  eS  nun  SRöndje  ober 
Abetige  fein,  fo  ift  eS  um  baS  ©riechifdje  in  unfern  ©d)uten  gefchehen.  ©ottte  einer 
bötlig  unfähig  unb  untauglich  bafür  fein,  fo  entfdjutbigt  ihn  bie  Unmöglichfeit;  benn 
menn  ©ott  nidjtS  Unmögliches  bertangt,  fönnen  auch  Kär  üon  fotctjen  ©d)ütern  fein 
©riedfjifd)  bertangen6.  SaS  Münchener  Siarium  berichtet  gunt  ^affre  1602,  bah  bie 
Sehrer  beS  ©pmnafiumS  unter  fich  an  allen  gefttagen  Konferengen  über  baS  @ried)ifche 
abhietten.  S'Jacf)  ben  ©rtäuterungen  gur  ©tubienorbnung  bom  ^alfre  1603  für  bie 
oberbeutfche  fßrobing  mürbe  bem  ©riechifcf)en  in  ber  erften  Klaffe  täglich  etroaS  mehr 
atS  eine  halbe  ©tunbe  unb  in  ber  Humanität  täglich  brei  Siertetftunben  angefept;  jebe 
Soche  fottte  ein  griedjifcheS  ©friptum  geliefert  merben,  bon  benen  jeben  Sag  einige 
Öffentlich  4n  ber  ©cf)ute  forrigiert  mürben7. 


fersen,  fo  bafj  mir  fjoffen,  mit  üereinten  Kräften 
guten  ©rfotg  ju  eväieleu  (ebb.). 

1  *®opie  im  Arch.  Rhen. 

2  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  XVI  165. 

3  *  Acta  Congr.  Prov.  Germ.  sup.  1593 — 1615. 

4  *Memorialia Congr. Prov. Rhen.  1614/1615. 

5  55aulfen,  ©efd).  bc§  gelehrten  Unterrichte 

I2  475  f.  SSgl.  D. Soemmel,  ©efd).  be£  Seip» 


jiger  ©d)ulmefen§  130  f.  $n3  ©ried)ifche  wor 
an  ben  proteftantifchen  ©d)uten  bielfad)  ber» 
achtet;  gried)ifd)e  Slutoren  fommen  nur  ber» 
einjelt  unb  teilmeife  nur  ale  fßriöatteftüre  bor. 
Z  ho  tut,  9lfabemifd)e3  Sehen  bee  17.  $af)r» 
himbert§  172;  bg[.  196. 

6  Ratio  stud.  II  491. 

1  ©hb.  II  506. 


$03  ©pmnaftunt:  ©riedjifd). 


505 


3i6er  immer  mieöer  gab  eg  ©djmierigfeiten,  teils  tmn  feiten  ber  ©Ritter,  teils 
üon  feiten  ber  Seprer.  Siad)  bem  äftüncpener  ®iarium  madjte  ein  ©djüter  ber 
Humanität  am  4.  SJtärs  1606  ffteöotte  gegen  feinen  Sefjrer,  befonberg  megen  beg 
©riedjifdjen,  bag  er  nic^t  lernen  mottte,  unb  üertiefj  bie  ©djute1.  ^m  Oftober  1(305 
rcirb  bemerft:  $n  biefem  ^apre  mar  eg  gang  befonberg  auffalXenb,  raie  fepr  bie  üftadp» 
fiept  ber  Seprer  in  ben  unteren  ©djuten  für  bag  ©riedpfcpe  bem  ©pmnafium  gefdpabet 
pat.  Stm  30.  SJooember  1G05  erging  in  ber  Seprerfonferen^  bie  SJtapnung,  bag 
@riedE)ifd^e  mepr  ju  betonen2. 

SSäprenb  ein  eigener  Seprer  für  bag  ©riecptfdje  in  ben  Katalogen  ber  ober» 
beutfdjen  fßroötns  nicpt  ermähnt  mirb,  mar  in  ber  rpeinifdpen  ^roöinj  an  allen 
größeren  Kollegien  ein  fotdjer  oorpanbeit  für  bie  beiben  oberften  @t)mnafialftaffen3. 
®ie  brei  pöperen  klaffen  mußten  bei  ben  jäprlicpen  Prüfungen  fomopl  für  bag  Stuf» 
fteigen  atg  aud)  für  bie  ©rtangung  oon  Prämien  fd;riftlicf)e  griecpifcpe  Strbeiten 
macpen,  unb  jmar  für  bie  Prämien  in  ber  Üipetorif  je  eine  profaifdpe  unb  poetifd)e 
SIrbeit,  in  ber  Humanität  unb  ©pntaj;  nur  in  fßrofa;  bie  münbtidfe  Prüfung  für 
bie  Prämien  im  ©riecpifdjen  fanb  in  allen  klaffen  ftatt4.  Stucp  mürben  gumeiten 
öffentliche  Übungen  (ÜDeftamationen)  eigeng  für  bag  ©riecpifdje  üeranftattet5. 

®a  in  $ötn  bie  übrigen  ©pmnafien  mie  fo  mancpeg  anbere  ben  ^efniten  audp 
nicht  oerftatteten,  ihre  2>ergeicpniffe  ber  S3ortefungen  unb  Slutoren  bruden  ju  taffen, 
mufften  biefelben  gefdjrieben  merben.  ©in  fotdjeg  gefdjriebeneg  SSergeicpnig  in  ©rofj» 
fotio  liegt  oor  aug  bem  $apre  1641/1(342.  ©etefen  mürbe  SKetapppfif,  ©tpif, 
Sßppfif,  in  ber  SJtatpematif :  Slritpmetif,  ©uftib,  prattifcpe  ©eometrie;  in  ber  ©eo» 
graphie  mürben  bepanbett  bie  ©onnenupren,  fßtaneten,  Optif 6.  Sin  S3ücpern  merben 
genannt  bie  Sphaera  beg  $op.  be  ©.  23offo,  bie  Sogif  öon  be  5£rieu,  in  ber  SRpetorif 
©icero,  §orag,  ©eneca,  SDemoftpenel,  ©prpfoftomug,  £mmer,  Siüiug.  ©g  gab  fünf 
©pmnafiatftaffen ;  in  ber  unterften,  bie  aber  fdjon  bie  Slnfangggrünbe  beg  Satein 
noraugfepte,  mürben  biefe  fRubimente  mieberpott  unb  ein  ^ompenbium  ber  ©pntap 
gegeben;  an  Stutoren  merben  pier  getefen  auggemäptte  Briefe  oon  ©icero,  fßontan 
auggemäptte  fßrogpmnagmata,  ©anifiug’  tateinifdper  ^atecpigmug;  für  bie  Slnfänge 
beg  ©riedjifcpen  bie  fRubimente  oon  ©retfer7. 


1  *  Diarium  Gymn.  Monacli.  ad  1606.  Clm 
1550. 

*  *©bb.  ad  1602  u.  1605. 

3  *Cat.  Person.  Rhen.  Cat.  triennal.  1622. 

4  *Diarium  Gymn.  S.  J.  Erabric.  1617  1648. 
3um  10.  Oft.  1625  notiert  P.  Staber  in  bem 
SDiündjener  Siarium:  Toto  anno  numquam  fuit 
declamatum  graece  vitio  professoris. 

5  *  Diarium  Gymn.  Monac.  10.  ©ept.  1624. 

6  $er  (Dlathematifprofeffor  la!  1.  SJtai  bi! 
10.  Dftober  in  ber  Sogif  2lritf)metif,  bie  ©le» 
mente  be!  ©uftib,  ©eometrie  unb  SJtefefunft, 
in  ber  ißhüfif  &i3  pm  1.  Suni  9lftronomie, 

©eograbfnc  Optif. 

7  *  Elenchus  librorum  quos  Coloniae  Agripp. 

in  Gymnasio  8  Coron.  Professores  e  Soc.  Iesu 
1641/1642  suis  auditoribus  sunt  praelecturi. 
Köln,  ©tabtard)io,  Unioerfität  655.  Äafen  be» 
mcrft  in  ber  Stote :  Priusquam  liceret  irnpri- 
mere  Catalogum  scribebatur  quotannis  novus 
huic  similis.  2Ba!  unb  miebiet  getefen  tourbe, 
erfahren  mir  au!  Slutorentabeßen,  bie  Safen 
für  bie  ^alfre  1643 — 1648  auffteHte.  fgür  ba! 
^apr  1643:  ber  Inf  im  a  oon  ben  Selecta 


progymnasmata  be»  Montan  27  au!  bem  erften 
93anb,  26  au!  bem  jmeiten  23anb;  in  ber  mitt» 
leren  ©rammatif  Trist,  lib.  1,  Eclog.  1—3; 
in  ber  ©t)nta£  Georg.  4 ,  Eclog.  1 ,  Trist.  4, 
STibutl  bie  brei  erften  Eclog.;  in  ber  ißoetif 
Aeneis  lib.  7,  Georg,  lib.  1,  Martial.  lib.  1  unb  2 ; 
in  ber  fRlfetorif  §oraä  16  Oben  unb  Epod. 
lib.  1  unb  2.  SSon  ^iftorifern  füllen  in  ber 
fßoetif  getefen  merben :  Horatii  Tursellini  Epi¬ 
tome  Historiarum,  Aemilius  Probus,  Themi- 
stocles,  Aristides,  Pausanias,  in  anbern  Sauren 
Caesar  de  bello  gallico  ober  civili;  in  ber 
Stlfetorif  Livius  Decas  1  bie  fünf  erften  93üd)er. 
$ie  griedjifdjen  Stutoren  maren  fo  oerteilt: 
Intima  ©retfer!  gried).  Stubimente;  mittlere 
©rammatif  gried).  Äated)i!tnu!;  ©t)ntaf  Iso¬ 
crates  Ep.  2a  unb  etrna!  au!  Slefop;  ißoetif 
Isocrates  Ad  Demoniac.,  Greg.  Naz.  de  vir- 
ginitate  p.  la;  sJtl)etorif  Demosthenes  Philip.  1, 
Ilias  9,  Chrysost.  de  sacerdot.  lib.  1,  Selecta 
Epigr.  lib.  1.  ©in  eigener  fßrofeffor  für  ba3 
©ried)ifd)e  lehrte  in  ber  Humanität  (fßoetif)  bie 
erfte  ©tunbe  nachmittags  unb  in  ber  fJilfetorif 
bie  lepte  ©tunbe  nachmittag!. 


506 


Sldjteg  Kapitel.  ©pmnafieit  unb  Uniüerfitäten. 


9Jacf)  ben  Katalogen  ber  öfterretdjifcfjen  Kollegien  waren  in  SBien  für  alle 
6  IHaffen  nur  6  Sefjrer;  ein  fßrofeffor  für  bag  ©ried)ifcf)e  tnirb  nur  ^ter  unb  ba 
erwähnt.  ®raS  9af>  e§  einen  ^ßrofeffor,  ber  (pebraifd)  unb  ©riedjifch  bojierte 
(1611—1613).  $m  3a^re  1621  war  bort  ein  fßrofeffor,  ber  ju  (paufe  (für 
bie  Sdjolaftifer)  unb  in  ben  Schulen  ©riedjifd)  lehrte.  ®iefer  felbe  ißrofeffor 
föofj-  SDrefdfjer)  befinbet  fid)  1623 — 1624  in  2Bien,  bagegen  ^atte  ©raj  aber  einft» 
weiten  feinen  griecfjifc^en  ^Srofeffor ,  big  ein  fo!cf>er  fpäfer  in  einzelnen  fahren 
(1627,  1628,  1637)  wieber  erwähnt  wirb.  $)er  $8ifitator  gtor-  be  ÜUlontmorencp 
brängte  in  feinem  ÜDfemoriale  non  1632  fef)r  barauf,  bah  bag  ©riedjifdje  fcfjon  in  ber 
unterfien  Slaffe  angefangen  unb  in  ben  oberen  klaffen  feiner  baüon  bigpenfiert  werbe 1. 
©egen  ©nbe  beg  ©reibigjäfjrigen  Sriegeg,  ber  befonberg  in  feiner  festen  ^eriobe 
£fterreid)  bart  mitnahm,  gelangten  lebhafte  Slagen  über  bag  ®anieberliegen  ber 
gried)ifchen  unb  fjebräifcben  Spradje  nach  9iom:  eg  gebe  in  ber  ganzen  ^rooing  faum 
einen  berüorragenben  ©elef)rten  in  biefen  Sprachen2. 

2Bie  an  allen  bamafigen  ©pmnafien  muhte  unter  ber  51t  einfeitigen  pflege  ber 
alten  Sprachen  bie  üUfutterfpracbe  jurüdtreten.  ©leid)  bern  16.  £$abrf)unbert  ift 
aud)  bag  17.  ^ahrljunbert  für  bie  beutfcfje  Spradje  fein  auffteigenbeg  Zeitalter  3U 
nennen3.  $n  bem  Briefe  üom  2.  ^ebruar  1616,  in  Welchem  P.  ©eorg  Stengel  feinem 
Araber  Sari  bie  Slbfaffung  einer  beutfdjen  ©rabinfdjrift  für  if>re  Oerftorbene  SDJutter 
empfiehlt,  bemerft  er:  „$n  biefer  (beutfcEjen)  Spradje  höbe  ich  iÜ3t  feine  Übung."4 
Unb  P.  ©retfer  fdjreibt  am  11.  Oftober  1609,  bah  er  bie  überfanbte  Überfehung 
fef)r  gut  finbe,  „obgleidj  ich  in  ber  beutfchen  Sprache  nidjt  befonberg  bewanbert  bin"5. 
SSenn  inlänbifdje  ^atreg  fo  wenig  im  SDeutfcfien  bewanbert  waren,  fo  fomtte  man 
oon  ben  Sluglünbern  noch  weniger  erwarten.  9JJandje  fonnten  nidjt  SDeutfch  fpredjen. 
@0  fdjreibt  P.  $of).  ®eder  am  16.  Januar  1606  oon  ©raj  an  ben  ©eneral: 
P.  SSiller  unb  P.  SBrigljt  fönnen  fein  SDeutfcf),  loie  audj  ich  nicht6-  Sropbem  haben 
bie  ^efuiten  burdj  ihre  beutfdjen  ißrebigten,  Satedjefen  unb  bie  oielen  agjetifdjen 
SBiidjer  fidh  ein  ^erbienft  um  bie  beutfdje  ©nheitgfprache  erworben,  wie  auch  in  einem 
©utadjten  oon  1622  eigeng  heroorgepoben  wirb7. 

SDa  bie  Stubienorbnung  feinen  eigenen  Unterricht  im  ©efang  forbert,  würben 
wieberholt  Slagen  laut  wegen  fßernadjläffigung  beg  ©efattgeg  an  ben  ^efuiten» 
fcfjulen.  ©elegentlidj  einer  foldjen  Slage  in  ©mmeridj  hebt  bie  ©efdjicfjte  beg  Sollegg 
jum  ^ahre  1602  fjerüor:  Gsg  ift  befannt,  bah  bie  Qefuiten  bort,  wo  ihnen  Sollegien 
geftiftet  würben,  niemalg  oerpflichtet  würben  jum  Unterridjt  im  ©efang  ober  jum 
23eibeljalten  beg  ©efangeg  auch  nicht  in  ben  Slbcfdjuleit;  oielmehr  blieb  eg  ihnen 
überlaffen,  ihren  Statuten  §u  folgen,  ©elbft  wenn  fie  ben  ÜUforgem  unb  Slbenb= 
gefang  aufgehoben,  ljot  niemanb  beghalb  Streit  angefangen.  £ropbem  hot  eg  audj 


1  *  SRemoriale  1632  in  Sßien,  ©et).  ©taat§= 
ardjio,  ©eiftl.  Sitten  423. 

2  *  fßiccolomini  an  ben  f)3ro»ingial  Sucelleni, 

6.  Slug.  1650.  *  Orig.’fReg.  Ad  Austr. 

8  23gl.  f|5  a  u  l  f  e  n  ,  ©efcfj.  be§  gelehrten 
Unterridjt§  I2  441  unb  unten  19.  Kapitel. 
3>a3  jDeutfdje  tuar  an  einzelnen  proteftantifdjen 
©djulen  fogar  mäljreub  be§  @pieleit§  »erboten 
al§  ben  Knaben  „ärgerlidj  unb  fdjäblidj";  bicl> 
fad)  mürbe  aud)  am  fjau§lidjeu  £>evb  lateinifdj 

gefprodjen.  Stuf  ®eutfd)reben  ftanben  @elb= 
unb  9tutenftrafen.  Sineit  Unterridjt  ini  $eutfd)en 
gab  e§  aud)  auf  proteftantifdjen  ©djulett  nidjt. 

2)a§  SettionäberjeidjuiS  einer  ber  beriiljmteften 

proteftantifdjen  ©djulen,  ©djulpforta,  meift  nodj 


im  1801  feinen  Unterridjt  im  Seutfdjen 

auf.  itjolut,  3)a§  afabemifdje  Seben  im 
17.  3>abrf)u'tbert  (1853)  174.  3)eutfdj  fpredjen 
unb  fidj  gegen  bie  guten  ©itten  Berfefjleu  fielen 
in  ber  ©ieüebener  Sdjulorbuung  oon  1619  unb 
1679  unmittelbar  nebeneinanber  unb  werben 
bestraft ;  audj  in  ©sieben  tuar  baä  2)eutfdje 
mätjrenb  be§  ©pielen§  oerboteu.  5riet>r- 
©  1 1  e  n  b  t ,  ©efctj.  be§  ©pmnafiuml  gu  ©illebett 
(1846)  168. 

4  *  Original  Cltn  617,  f.  1461. 

5  Licet  ego  in  Germanien  non  ita  valeam 
idiomate.  ‘Original  Clm  617,  f.  42. 

6  •  Original  Germ.  Epp.  XXXVII  160. 

7  S3gl.  ba§  11.  unb  19.  Kapitel. 


2>a§  ©qmnafiunt:  Seutfd).  —  ©efang.  —  ©d)u[büd)er. 


507 


an  anbern  Orten,  mo  ßottegien  ber  ©efetlfd;aft  fittb,  ben  ®ottegiatSfircf)en  nic^t  an 
(Sängern  gefehlt,  tuet!  man  an  ben  Slbcfdjulen  auberfjatb  ber  ^efuitenfdjuten  für 
gefangSfunbige  2ef)rer  geforgt  hat.  ES  mürbe  fcfjfie^Iic^  bie  Stnftettung  eines  £ef)rerS 
öereinbart,  ber  an  ber  8.  klaffe  ber  „9?uHa"  ju  einer  bem  S^eftor  unb  ben  ©d)ütern 
bequemen  ©tunbe  im  ©efang  unterrichten  folte1.  ßurn  4.  ÜDtai  1648  ^ei^t  eS  in 
bem  ©iarium  öon  Emmerich:  ©en  ÜDiufifunterridjt  begann  ein  ©efunbaner  unter 
Seitung  beS  SD?agifter  Eornetp. 

Stucf)  in  $ilbeSf)eim  üertangte  man  größere  53erüdfid)tigung  beS  ©efangeS.  ^n 
ben  ^rotofotten  beS  ^ilbeSfjeimer  ©omfapitetS  lieft  man  gum  28.  üftoöember  1614: 
,,©ie  Patres  Societatis  möchten  ermahnt  merben,  bie  ^ugenb  etmaS  beffer  atS 
biSfjero  Jur  DJiufif  ju  halten.  SBürbe  fünften  per  indirectum  cultus  divinus  minuiert 
merben."  2  ^n  Sftainj  ging  man  1609  ben  SSifüator  Silber  um  bie  Erlaubnis  an,  einen 
9taum  für  eine  ©efangfdjute  unter  einem  auSmärtigen  Selfrer  ju  gemähren.  ©a 
fid)  Silber  bafür  auSfpracf),  bemilligte  bieS  Slquaöiöa  am  25.  Oftober  1609  mit  bem 
53eifügen,  man  möge  Ort,  3eit  unb  alles  anbere  fo  einrichten,  baff  bie  anbent  ©tubien 
feinen  ©djaben  litten 3.  ©pater  beftimmte  bie  rheinifcfje  ^roöin^iatfongregation  tmm 
Satire  1625:  ©a  niete  f tagen,  bah  unfere  ©tubenten  beS  ©efangeS  gän§lid^  unfunbig 
ihre  53enefi,$ien  antreten,  fott  ein  ©efangtefjrer  befonberS  bie  ^anbibaten  beS  s^riefter> 
tumS  im  ©efang  unterrichten4. 

9JJonattid}e  unb  mödjenttidfe  ©eftamationen  mürben  in  ben  einzelnen  Staffen 
fleißig  gehalten,  fie  beftanben  in  eigentlichen  ©eftamationen,  ©iatogen,  Söettfämpfen 
unter  ben  ©chütern  berfetben  Stoffe  ober  einer  klaffe  mit  einer  aitbern5.  $ür 
©ittingen  beftimmte  ©heobor  53ufaeuS  1609:  ©ie  ©eftamationen,  metdje  öon  ben 
Ülhetorifern  unb  £>umaniften  abmedjfefnb  an  ben  ©amStagen  gehalten  merben,  füllen 
nicht  abgetefen,  fonbern  auSmenbig  öorgetragen  merben,  bamit  baS  @ebäd)tniS  geübt 
unb  bie  Slftion  freier  mirb.  Ein  intereffanter  poetifcfjer  Sßettfampf  fanb  in  ©ittingen 
Januar  1613  an  ©teile  ber  ©eftamation  in  ber  Humanität  ftatt.  Ein  ©chüter  hielt 
§uerft  üom  $att)eber  aus  einen  furjen  Vortrag  über  bie  alte  ©itte  ber  poetifdjen 
SBettfämpfe  unb  forberte  bann  brei  anbere  ©chüter  jum  SBettftreite  auf.  $u  biefem 
ßmede  trug  er  ein  beutfdjeS  ©ebid)t  über  bie  ©eburt  Ehrifti  öor,  beffen  einzelne 
©trophen  bie  brei  Kämpfer  in  tateinifcfjen  SSerfen  miebergeben  muhten.  Sßährenb 
ber  Sffejitation  mürbe  gefungen  unb  ber  9iame  ber  ©ieger  an  einem  ber  fotgenben 
©age  befannt  gegeben6. 

Stn  ©chutbüdfern,  befonberS  an  £>ilfsbüd)ern  für  ben  Unterridjt  fehlte  eS  auf 
fatfjotifcher  ©eite  noch  üielfad).  ©ie  oberbeutfdje  ^roöinjiatfongregation  öom  Qahre 
1614  ftettte  beShatb  öor:  9cid)t  menige  für  bie  humaniftifdjen  ©tubien  nötige  53iid)er, 
mie  Sejifa,  Epitheta,  ©pnonpma,  haben  §äretifer  ju  Sßerfaffern,  maS  für  bie  @e« 
felIfdE)aft  unb  bie  fatl;otifcfie  ©acf)e  menig  ehrenoott,  für  bie  Qugenb  aber  fdjäbtich 
fein  fann.  ©eStjalb  möge  ber  ©enerat  Sorge  tragen,  bah  folclje  S3ücher  öerfaht 
mürben,  3.  53.  ein  griediifcheS  Sejifon,  eine  ^hrafeotogie,  eine  ^attigraphie  unb  eine 
Erroeiterung  beS  9?omenftatorS  beS  P.  ©retfer.  ©er  ©enerat  billigte  biefen  53or* 
fchtag  unb  lieh  an  öerfdjiebene  ^roninjen  entfprec^enbe  Stufträge  ergehen 7. 

SluSftettungen  öon  ©d)üterarbeiten  maren  an  beit  Qefuitenfchuten  eine  ftetjenbe 
Einrichtung,  ©ie  hieben  affixiones,  Stnheftungen,  unb  bienten  baju,  nicht  allein  bie 


1  *Hist.  coli.  Embric.  1602.  5ßg[.  ben  33er= 
trag  üom  30.  $ej.  1602,  ben  Stqnaüiüa  am 
1.  SRärj  1603  bestätigte.  Süffelborf,  (Staate 
ardpü  ßmmerid),  Jes.  1. 

2  Steint).  ®tüller,  ^»ilbe^ljetmer  $rogr. 

1901,  34.  3  *Drig.’9teg.  Ad  Rhen. 


4  *  Codex  Bamberg.  2. 

5  3?gl.  *  Diarium  Gymn.  Embric.  1645,  Stqril. 

6  ©Ued)t  a.  a.  0.  258.  Über  bie 
geftaltnng  biefer  $ef!amationen  p  tljeatralifdjen 
SBorfteflungen  Dgl.  10.  Sabitet. 

7  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  XVI  172  175. 


508 


2tdjte3  fapitel.  ©tjnntaften  unb  Uniberfitäten. 


Seiftungen  ber  klaffe  gu  geigen,  fonbetn  aucß  gum  Söetteifer  angufponten.  ©g  mürben 
eigene  Regeln  »erfaßt,  um  biefe  Stugftellungen  gu  orbnen  unb  »or  Slugfcßreituitgen 
gu  betoaßren.  Qn  Oberbeutfcßlanb  mürben  im  Qafjre  1604  bie  öffentlicßen  Slug- 
ftellungen  auf  eine  im  $aßre  befcßränft  unb  müßige  Spielereien  mit  ©mblemen  unb 
9iätfeln  »erboten1,  ^m  $aßre  1639  befcßäftigte  fid^  bie  oberbeutfcße  ^roöingtal- 
fongregation  lebhaft  mit  ber  $rage,  man  bie  Slugftellungen  non  ©ebicßten  gur 
geier  be§  gronleicßnamgfefteg  megen  ber  übermäßigen  2lu§gaben  für  Silberfcßmud 
unb  megen  beg  großen  ßeitoerlufteg  abfcßaffen  fülle,  ÜDtan  befcßloß  bie  SlugfteHungen 
beigubeßalten,  bie  SDtißbräucße  entfcßieben  gu  befeitigen2.  ©ine  naßeliegenbe  Slug* 
fcßreitung  beftanb  barin,  baß  bie  jungen  Seute  ißren  ©eiftegprobuften  aucß  eine 
fcßöne  äußere  ©eftalt  burcß  Sermenbung  non  ©olb  unb  ©übertinte,  fcßönen  ©in* 
faffungen  unb  Silbergierben  oerleißen  mollten.  hierüber  mürben  bann  genaue 
Sorfcßriften  erlaffen3.  Sefonberg  fcßön  unb  gumeilen  prunfooU  geftalteten  ficß  bie 
Slugftetlungen  bei  feftlidjen  ©elegenßeiten.  ©in  Kölner  ©obej  ßat  itng  auf  150 
fyoliofeiten  bie  Slugftellung  aufbemaßrt,  melcße  bag  Kölner  ^efuitengpmnafiunt  bei 
ber  ;Qaßrßunbertfeier  ber  ©efellfcßaft  im  .Qaßre  1640  oeranftaltete.  Sin  erfter  ©teile 
fteßt  bie  Slugftellung  ber  ÜDlatßematifer,  b.  ß.  ber  ©cßüler  beg  gmeiten  Qaßreg  ber 
Pßilofopßie.  SDer  erfte  Steil  geigt  unter  ben  Silbern  ber  üier  ^aßreggeiten  bie 
entfteßenbe,  arbeitenbe,  frucßtbringenbe  unb  leibenbe  ©efeQfcßaft  ^efu,  ber  gmeite 
gibt  bie  nörblicße  ©rbßalbfugel  unb  bie  gmötf  SSlonate  beg  $aßreg,  ber  britte  Steil 
bietet  Silber  aug  ber  ^ogmograpßie  mit  fogmograpßifcßen  Slufgaben  unb  bereu 
Söfungen,  Serecßnungen  ber  ©onnengeit,  Ortglage,  3e^meffurt9  ufm.  Sille  klaffen 
finb  oertreten,  gum  ©cßluß  fogar  bie  unterfte  ©rammatif,  melcße  eine  Übung  über 
bie  acßt  Siebeteile  in  ber  Slnmenbung  auf  ^gnatiug  unb  bie  ©efellfcßaft  barbietet. 

gür  Slufuaßme  unb  Sluffteigeu  ber  ©cßüler  mürbe  mieberßolt  ©trenge  geforbert, 
um  bag  ©ßmnafium  nicßt  mit  llnfäßigen  gu  belafteu.  $n  einem  SJtemoriale  beg 
oberrßeinifcßen  proOingialg  oom  ^aßre  1630  mirb  eingefcßärft:  ©g  foH  beobacßtet 
merbeu,  mag  fcßon  oft  oerorbnet  mürbe:  ©cßüler,  bie  megen  Sllter  ober  Stalent 
unfäßig  finb,  füllen  nicßt  aufgenommen  merben,  ober  menn  fie  aufgenommen  morben, 
füllen  fie  nicßt  üorgeitig  gu  einer  ßößeren  klaffe  auffteigen4.  ©egen  bie  Slufnaßme 
oon  ©tubenten  oßne  Stalent  ßeißt  eg  in  ber  furfürftlicß  baßrifcßen  Sanbegorbnung 
Oom  19.  Sloüember  1627 :  SSeil  oiel  ficß  unterfteßen,  in  bie  lateinifcße  ©cßul  gu  geßen, 
aber  eg  an  Ingenio  nit  ßaben  ober  funft  bie  ,geit  bamit  oergeßren,  aucß  fo  an 
gaulßeit  unb  SJtüßiggang  ficß  gemößnen,  baß  fie  gu  eßrlicßen  ©adßen  nit  mol  meßr 
tauglicß  fein,  alfo  füllen  bie  Prägeptoreg  unb  ©cßulßalter,  befonberg  biejenigett,  bie 
bei  ben  ©cßulen  bie  ^nfpeftion  ßaben,  fleißig  acßtgeben,  ob  ißre  ©cßüler  qualifigiert 
unb  fpäter  Sluß  bringen  lönnen.  Söo  bag  nit  gu  ßoffen,  füllen  folcße  beigeiten 
oon  ben  ©tubien  genommen  unb  gu  anbern  eßrlicßen  SDingen  gemiefen  merben5. 

Stag  Sluffteigen  mürbe  abßängig  gemacßt  Oon  fcßriftlicßen  unb  münblicßen  Prü¬ 
fungen.  Qn  ben  fcßriftlicßen  Prüfungen  mürben  je  nacß  ber  klaffe  1 — 5  fdßriftlicße 
Slrbeiten  innerßalb  4  ©tunben  »erlangt,  gür  bie  münblicßen  Prüfungen  naßm  man 
ftetg  10  ©cßüler  gufammen,  bie  bann  in  V/2  ©tunben  examiniert  mürben.  Stie 
Prüfungen  bauerten  3  ©tunben  Oormittagg  unb  3  ©tunben  nacßmittagg,  fo  baß  man 
jeben  Stag  40  prüfen  fonnte6.  ßum  18.  Oltober  1624  bemerlt  ber  SJtüncßener 
Präfeft  Staber :  Söie  aucß  in  ben  früßeren  ^aßren  mürbe  feinem  Sarmßergigfeit  guteil, 
ber  nicßt  oon  ben  ©xaminatoren  gugelaffen  unb  öffentlicß  »erlefen  morben;  mocßten  bie 


1  Ratio  stud.  II  511.  4  *Memorialia  coli.  Mogunt.  1628 — 1680. 

2  *  Congreg.  Prov.  Germ.  sup.  1639.  5  Clm  26469,  f.  283. 

8  3SgI.  SSianco  I  334  ff.  c  *  Diarium  Monac.,  10.  ©ept.  1624. 


<3d)ülerarkiten.  —  Stufnaljme,  Stuffteigen  unb  (grttlaffung. 


509 


ungeftümen  Söittftetler  fein,  wer  fie  Wollten,  unb  obgleich  oiele,  welche  filmen  geblieben, 
anberSwoljin  gezogen  waren.  Ron  beit  ftarf  1000  Sdjülern  ftiegen  im  Oltober  1625 
in  höhere  klaffen  auf  500.  $wei  auS  ber  oberen  ©rammatif  würben  gurüdüerfefd 
in  bie  Rubimente;  als  fie  burdf)  leine  Ritten  unb  Xränen  beit  Reltor  erweichen 
tonnten,  üerlieffen  fie  bie  Schule.  Slud)  fpäter,  1626  unb  1631,  lauten  Rüd* 
üerfefjungen  üor1. 

©egen  gu  groffe  Radffidjt  beim  Sluffteigen  in  eine  höhere  klaffe  richtete  fiel) 
baS  Rlemoriale  ber  oberrijeinifdjen  Rroüingiallongregation  üorn  ^a^re  1628,  bas 
auf  ftrenge  ©infjaltung  ber  ©rforberniffe  für  bie  einzelnen  klaffen  brang,  bamit  nicf;t 
Unfähige  unb  wegen  Sllter  unb  Söiffen  nod;  nid)t  ^auglicfje  in  bie  höheren  klaffen 
gelangten.  SBenn  man  barauf  nid^t  brängt,  oerlieren  bie  Spulen  allmäfjticf)  ifjren 
Ruf  unb  füllen  bie  SBelt  mit  ungelehrten  SOZenfcfjen,  bie  Weber  in  SBiffenfcfjaft  noch 
Fröntmigfeit  ein  tüchtiges  gunbainent  gelegt  hoben.  SDie  ©Itern  werben  baburcf)  oft 
üeranlafjt,  ihre  noch  nicht  reifen  Söhne  mit  großen  Soften  an  anbere  Orte  ju  fdjideit; 
bie  ©efellfdjaft  felbft  wirb  mit  ungelehrten  Sehrern  befchwert,  bie,  weil  fie  bor  bent 
©intritt  itt  bie  ©efeUfdjaft  nichts  OrbentlidjeS  gelernt,  nachher  an  einer  foliben  SluS« 
bilbuitg  bezweifeln  unb  ihren  Schulämtern  nicht  genügen  lernten 2. 

F«  ben  unteren  klaffen  würbe  burch  Prüfungen  auch  btährenb  beS  QahreS  baS 
Sluffteigen  gu  einer  höheren  klaffe  ermöglicht3.  ©S  lant  auch  bor,  baff  Unfähige 
entlaffen  würben,  fo  g.  R.  ®egember  1624  unb  1625  mehrere  auS  ber  oberen  2tb> 
teilung  ber  Rubimente  in  München;  man  bebeutete  ben  ©Itern,  fie  füllten  bie  ®inber 
ein  §anbwerl  lernen  laffen.  P.  Raber  brang  im  Qahre  1625  in  SOZünc^en  auf 
ftrenge  Prüfungen  berjenigen,  bie  auS  ber  SßorbereitungSllaffe  in  bie  Rubimente 
aufgenommen  würben;  benn,  fagt  er,  früher  ha*  man  Knaben  ohne  hinreichenbeS 
Funbament  burdjgelaffen,  weshalb  bann  manche  2—5  Qahre  in  bem  Rubiment 
fiigen  geblieben4. 

Söegen  ber  üerfdjiebenen  Slnforberungen  für  baS  Sluffteigen  in  eine  höhere  klaffe 
lant  eS  gwifdjen  ben  üerfchiebenen  ©tjntnafien  gu  mandheit  Reibereien,  Fm  Roüember 
1616  hielten  bie  Qefuiten  in  ®öln  befonberS  für  baS  Sluffteigen  in  bie  Humanität 
unb  Rhetoril  ein  fcfjärfereS  ©yamen,  fo  bafj  mehrere  burchfielen.  ©mpört  bariiber 
gingen  bie  SDurdjgefallenen  in  baS  Saurentianer  unb  Spontaner  ©ürnnafium  unb 
würben  bort  bereitwillig  in  bie  höhere  klaffe  aufgenommen.  Söeil  bieS  gegen  bie 
Slbmachungen  war,  proteftierten  bie  ^efuiten,  aber  alle  Rorftellungen  erwiefen  fidf) 
als  fruchtlos,  Fm  Faf)re  1617  traten  bann  üier  Stubenten  beS  Saurentianum  über 
in  baS  Fefuitenghmnafium.  Sie  würben  üon  ihren  früheren  Rrofefforen  rellamiert. 
2)ie  Qefuiten  waren  bereit,  fie  gurüdgufdfiden,  wenn  bie  Saurentianer  bie  fedjS 
Flüchtlinge  üon  ber  Fefuitenfcffule  §urüdfd^idteit.  ®aS  wollten  bie  Saurentianer 
nicht,  unb  fo  blieben  bie  Überläufer  bei  ben  Fefuiten.  Sludj  Weiterhin  fetzte  eS  in  biefem 
Fahre  Streitigleiten  ab  wegen  ber  Slrt  ber  ©^amina,  bie  in  ben  aitbent  ©tjmnafien 
fehr  fdfonenb,  bei  ben  ^efuiten  ftrenger  gehanbhabt  würben,  unb  wegen  beS  infolge« 
beffen  häufiger  üorlotumenben  Überlaufens5. 

2öie  für  baS  Sluffteigen  in  ben  einzelnen  Fächern  fdjriftlidje  Slrbeiten  angefertigt 
werben  mußten,  fo  war  bieS  aud)  erforberlid)  für  bie  ©rlangung  ber  Prämien,  bie 


1  *  ©6b.,  18.  0ft.  1625. 

2  *Memoriale  1628,  Arch.  Prov.  XIII  L,  18. 

8  <5o  Ijeifjt  e§  im  *  Diarium  Gymn.  Monac. 

1630,  Ian.  2 :  Scriptum  in  Rudimentis  3  et  2 
Grammat.  pro  ascensu,  in  reliquis  etiam  pro 
imperio.  Ian.  7 :  Ex  2da  Grammatica  maiore 

promoti  6,  minore  4.  Ex  3a  Gramm,  maiore  4, 


minore  2,  ex  rudimen.  maioribus  12,  minori- 
bus  13,  ex  principiis  D.  Fabri  31,  qui  divisi 
in  utraque  Rudimenta. 

4  *  Diarium  Gymn.  Monac.  1624 — 1626. 
1631. 

5  *  Liber  Consuetudinum  Scholae  Colon.  S.  J. 
Äölit,  (Stabtardjib,  lluiberfitöt  605. 


510 


21d)teS  Kapitel,  ©bmnafien  unb  Uniüerfitäten. 


für  SluSzeidjnung  in  ben  öerfd^iebenen  gackern  feierlicf)  »erteilt  würben.  2Wmählid) 
bürgerte  fiel)  bie  (Bitte  ein,  bem  Preisträger  einen  fleinen  ©prud)  mit^ngeben.  21n 
einzelnen  Orten  würben  biefe  ©prüd)e  bei  ber  Überreichung  ber  Prämien  gefungen, 
fo  g.  23.  1646  in  ®öln 1. 

2Iuf  wieberholten  ©d)ul»erfäumniffen  ftanb  bie  Entlaffung,  wie  bieS  bie  39.  Stege! 
beS  ©pmnaftalpräfeften  »erlangte.  ÜDiancfjmat  waren  aber  bie  Wiener  ber  Herren 
ober  ®apitulare  ebenfo  wie  bie  90tönd)e  zu  ^aufe  »erfjinbert  unb  mußten  ohne  ihre 
©d)ulb  bie  ©d^ule  oerfäumen.  9Ran  war  in  Storn  einoerftanben,  bah  nuf  folc^e 
ohne  ihre  @d)ulb  S3erl)inberte  bie  Sieget  feine  Slnwenbung  finben  follte2.  SBenn 
ein  ©runb  »orliegt,  fo  beftimmte  baS  SDireftorium  für  baS  ©pmnafium  ju  Qngolftabt, 
fann  SDiSpenS  »on  bem  23efud)e  ber  ©djule  gegeben  werben,  aber  unter  ber  23e« 
bingung,  bah  alle  $ompofitionen  nachgeliefert  werben  müffen;  baS  »erminbert  fehr 
bie  ©chul»erfäumniffe3.  ©egen  SluSbleiben  ohne  Entfdiulbigung  war  man  unerbittlich- 
2lnt  2.  Qebruar  1608  »erwanbte  fid)  Slquaöiüa  bei  bem  ÜDtündjener  Steftor  Heller 
für  bie  2Bieberaufnaf)me  eines  ©chülerS,  ber  angeblich  wegen  &ranlf)eit  einige  Xage 
ohne  Erlaubnis  »on  ber  ©djule  ferngeblieben  unb  beShalb  auSgefdjloffen  worben  war. 
®er  Oheim  beS  ©cfjüferS,  ber  SOecfjant  »on  Qeltre,  unb  angefeljene  Qreunbe  hatten 
ben  ©eneral  um  biefe  Qürfpradje  gebeten4.  Qm  allgemeinen  hielt  man  baran  feft, 
einmal  Entlaffene  nicht  wieber  aufzunel)men.  Qm  SJtünchener  Diarium  heiht  eS  jum 
Qahre  1606:  Sange  würbe  »erfjanbelt,  unb  üiele  angefehene  SRänner  legten  Qiirbitte  ein, 
bah  n>egen  gewichtiger  ©rünbe  entlaffene  ©chiiler  wieber  aufgenommen  würben,  aber 
eS  blieb  bei  ber  SluSfdjliehung.  Qm  Qahre  1607  wirb  her»orgehoben :  SDie  aus  ber 
©djule  auSgefchloffenen  ©chiiler  haben  wir  niemals  wieber  aufgenommen5. 

2)ie  ganze  ©iSjipIin  unb  befonberS  bie  ©trafen  bewegten  fid)  im  Nahmen  ber 
Qeit6.  ®ie  gewöljnlidjen  ©trafen  für  fcfjwerere  Qehler  waren  Stute  unb  karger, 
©elbft  9^heto^ifer  müffen  fid)  ber  Stutenftrafe  unterziehen;  fo  würben  am  31.  SJtai 
1650  in  Emmerich  2  Stljetortfer,  2  Poeten  unb  4  ©pntajüften  wegen  ^artenfpielenS 
mit  Stuten  gezüdjtigt 7.  2BaS  unb  wie  geftraft  würbe,  läht  fich  entnehmen  auS  einer 
Stotiz  beS  SRünchener  ®iariumS  (Qebruar  1604):  StädRlidjeS  Umherfchwärmen,  fragen 
»on  Qebern  auf  ben  (piiten,  ^artenfpiel  ju  §aufe,  Sautenfpiel  auf  ber  ©trajje  unb 
Söaffentragen  würbe  geftraft  burd)  Ermahnungen,  Stute,  ^'arjer,  Entziehung  ber 
Päbagogien,  bitrcf)  23riefe  an  bie  Eltern  um  Slbberufung  ihrer  ©öljne.  Qn  bem« 
felben  Qahre  1604  würbe  in  SJtünchen  beraten,  ob  auch  bie  Stljetorifer  mit  ber  Stute 
geftraft  Werben  foüten:  bie  Entfdjeibung  lautete  ja,  aber  nur  für  gröbere  Vergehen8. 


1  £>ier  mürben  greife  gegeben  für  lateiuifcbe 
unb  griedjifdje  Profa  unb  Poefie,  Katechismus 
uflD.  Sie  Carmina  praemiferis  decantata, 
5.  Poö.  1646,  finb  in  bem  Cod.  660  (Köln, 
©tabtarcf)iü,  Uniberfitüt),  f.  297  erbalten.  Sem 
Preisträger  in  ber  Pbetorit  für  lateinifdje  Profa: 

Si  manet  aetatis  gravioris  imago  iuventus, 
Orator  quondam  tu,  puto,  magnus  eris. 
Sem  Preisträger  ber  Intima  für  Profa: 

Ut  bellus  ille  belle 
Auro  nitet  libellus, 

Pro  scriptione  bella 
Bellum  feras  libellum. 

Sem  Preisträger  ber  Intima  für  bie  Katecbefe: 
Felix  qui  pius  est,  felix  qui  doctus,  at  ille 
Ter  felix,  doctus  qui  simul  estque  pius. 

2  Ratio  stud.  II  500  f. 


3  *  Directorium  generale  pro  Gymn.  Ingoist. 
Clm  26  469,  f.  240  ff. 

4  *Drig.«Peg.  Ad  Germ.  sup. 

5  *  Diarium  Gymn.  Monac.  Clm  1550. 

6  Sie  Pute  berrfdjte  im  17.  ^abrbunbert  faft 
allenthalben.  5T  f)  o  I  n  f ,  2l!abcmifcbeS  Seben 
187  f.  3n  ©trieben  erhalten  Primaner  noch 
1680  bie  Putenftrafe  auf  ben  entblößten  Körper 
bor  ber  ganzen  Klaffe,  gr.  Ellen bt,  ©efd). 
beS  ©pmuafiumS  in  ©iSIeben  171. 

7  *  Diarium  Gymn.  Embric.  !yn  ber  EiS* 
lebener  ©djulorbnung  üoit  1619  (1679)  beißt 
eS :  Lusus  alearum,  tesserarum,  cliartarum  ne 
nominetur  quidem  inter  scholasticos  (Ellenbt 
a.  a.  €>.  169). 

8  *  Diarium  Gymn.  Monac.  1604.  Über 
Putenftrafen  in  ber  artiftifdjen  gafultät  in 


2)a§  ®t)mnafium:  Prämien  unb  ©trafen. 


511 


2Bo  ber  karger  nodj  nidjt  beftanb,  gmang  bie  Slotmenbigleit  gur  (Einführung.  ©o 
mürbe  1622  in  Sugern  mit  3uftimmung  beS  States  gur  Seftrafung  für  ältere  ©cf)üler 
ein  karger  eingerichtet*  1,  in  Slmberg  1638  um  baS  ius  carceris  gebeten2. 

3n  Setreff  be§  föorreltorS,  eines  SluSmärtigen,  ber  bei  Seftrafungen  bie  ßüc^tigung 
ber  ©djiiler  auSfül)rte,  bemerlen  bie  Sorfdjläge  ber  oberbeutfchen  )ßroöing  im  ^a^re 
1602 :  ®iefe  Siegel  mirb  fdjon  fange  nidjt  mehr  in  2)eutfcf)lanb  beobachtet  unb  beS» 
halb  mitrbe  früher  bispenfiert3.  SDer  ^orreltor  mar  aud)  in  Ofterreich  nicht  ge- 
bräud)lidj.  Stuf  eine  Sorftedung  ber  öfterreidjifdjen  )|3roOingialfongregation  antmortete 
Slquaoioa  am  12.  Slooember  1603,  bafj  in  Setreff  beS  ^orreltorS  bispenfiert  merbe 
mie  im  übrigen  Storben,  meit  bie  ©djüler  fich  Oon  bem  ßorreltor  ni(f)t  gültigen 
liefjen4.  2>a  fpäter  ber  StegenS  non  Saibad)  fich  befdjmerte,  er  fönne  bie  ©djüler 
nidjt  mit  eigener  §anb  gültigen,  ftetlte  SitedeSd)i  am  18.  Januar  1642  bem  ^5ro» 
oingial  Stumer  anheim,  er  möge  gufefjen,  ob  eS  beffer  fei,  bieS  burd)  einen  SluS» 
märtigen  tun  gu  taffen,  obgleich  bie  3üd)tigung  burd)  ben  Siegenten  in  ber  ißroöing 
üblich  fei5. 

Sind)  gegen  ben  öffentlichen  3enior/  ^en  km  37.  Siegel  beS  ©pmnafialpräfelten 
je  n ad)  SanbeSfitte  münfdjte,  madjte  man  in  £)eutfcf)lanb  ©chmierigleiten.  $n  ber 
oberbeutfchen  ^roöing  erllärten  fid)  (1602)  oiele  gegen  ben  öffentlichen  ßenfor,  ber 
bie  Stufficht  gu  führen  unb  an  ben  fßräfeften  gu  berichten  hQ&e.  ^ebenfalls  mürben 
bie  ©röteren  baS  nicht  gulaffen.  SJlit  Siecht  mürbe  oon  Slont  geantmortet,  baS 
Öffentliche  bei  ber  gangen  @ad)e  nehme  alle  ©efjäffigleit;  in  Slom  übernehmen  bie 
angefefjenften  ©d)üler  gern  biefeS  SImt3. 

3ur  Slufredjterhaltung  ber  SDiSgiplin  maren  in  ®öln  in  ben  brei  philofophifdjen 
dürfen  nur  ©elbftrafen :  für  3ufpätlommen  8  £>eder  ober  ein  gettmännchen,  für 
SluSbleiben  oon  ber  erften  Sorlefung  2  SBeifjpfennige  (ä  12  §eder),  oon  SReffe  unb 
Sßrebigt  4  SBeifjpfennige,  oon  einem  gangen  Xag  8  Sßeifjpfennige.  (Ebenfo  mürben 
höher  ober  niebriger  beftraft  bie  größeren  unb  Heineren  Sergehen  gegen  bie  25iSgipIin. 
Slnftatt  ber  ©elbftrafen  müffen  bie  Slrmen  bie  @d)ule  lehren.  ®aS  (Selb  mirb  oom 
ßeljrer  nicht  angerührt,  fonbern  oon  einem  guoerläffigen  ©chüler  oermafjrt  unb  nach 
Slnmeifung  beS  fßräfeften  unb  SßrofefforS  für  bie  oerfdjiebenen  ^mede  ber  armen 
©chüler,  für  ben  ®uftoS  unb  bie  Prämien  üermanbt.  ®ie  Nota  für  baS  ®eutfdp 
fprecpen  (Nota  linguae  vernaculae)  mirb  täglich  in  aden  klaffen  oon  Sthetoril  bis 
gur  gmeiten  ©rammatil  gugleich  mit  bem  SluSbleiben  examiniert. 

$n  jeber  klaffe  mar  ein  ÄuftoS,  ber  oon  bem  ©tubienpräfeft  im  (Einoernel)men 
mit  ben  Sehrern  aus  ben  ärmeren  ©djülern  auSgemählt  mürbe,  (Ebenfo  mürbe  aus 
ben  ärmeren  ©cpülern  ein  Kurator  ober  Pförtner  für  baS  gange  ©pmnafium  auf» 
geftedt.  ®ie  Stufgabe  ber  föuftoben  mar,  bie  bergen,  bie  auS  bem  oon  ben  Schülern 
gefammelten  @elb  getauft  mürben,  gur  rechten  3eü  angugünben  unb  auSgulöfdjen, 
bie  ©cpulen  rein  gu  palten,  in  ber  iphilofophie  gmei  bis  breimal  möchentlid),  in  ben 
anbern  klaffen  täglich  gu  lehren,  für  Süftung  gu  forgen,  bei  ber  3nrüftung  oon 
Theatern  gu  helfen  ufm.  Stufgabe  beS  Pförtners  mar,  gum  Slnfang  unb  ©d)lufj  ber 
©chule  gu  läuten,  bie  gemeinfamen  Sicpter  Oor  bem  (Eingang  angugünben,  gu  fehen, 
ob  bie  föuftoben  ihre  Pflicht  erfüden.  2)er  Pförtner  öffnet  bie  ©cdjule  im  Söinter 


greihurg  i.  S9r.  f.  ©d)  reib  er,  Uniberfität  in 
greiburg  i.  33r.  II  137. 

1  *Hist.  coli.  Lucern.  I  145. 

2  Eigner  72.  Über  eine  2juri3biftion3= 
ftreitigfeit  mit  bem  21mbcrger  äftagiftrat  1642 
ebb.  73. 

3  Ratio  stud.  II  493. 


4  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  X  217. 

5  *  0rig.=9teg.  Ad  Austr. 

c  Ratio  stud.  II  493.  21n  manchen  pro» 

tejtantifdjen  21njialten  beftanben  aud)  im 
17. 3af)rl)unbert  öffentliche  unb  geheime  Corycei 
ober  Custodes.  25gl.  fapff,  ®efcf).  be§  ©t)m= 
uafiumi»  ju  Ulm  (1855)  20. 


512 


2td)te3  Kapitel.  ©pmnafien  unb  Uniöerfitäten. 


SCHOLA  CHRISTI. 


öor  im  Sommer  tior  1/26.  $ür  bie  Saterne  unb  bie  £id;ter  auf  ben  kreppen 
miiffeu  bie  fö'uftoben  gleid;  grofje  Sichter  liefern.  (Sr  tierteilt  ben  ^uftoben  bie 
$aitbelaber  nacf)  ber  $apl  ber  ©cfjüler,  adjtet  auf  ben  Unterfd;ieb  gmifd;en  Sanb« 
upr  unb  großer  Upr1.  Die  ^uftoben  unb  ber  Sdjlieper  erhielten  tägticf)  üor  ber 
Pforte  beS  $odegS  baS  Gsffen  unb  an  (Selb  tiierteljäprliB  bie  $uftoben  1  ©ulben  unb 
ber  Pförtner  2  ©ulben. 

$n  bem  ©pmnafium  fipen  bie  Stüter  naB  iprer  DüBtigfeit,  mit  SluSnapme 
ber  DrbenSleute  unb  ^ocfjabeligen  (QiduftreS);  in  ben  ppilofoppifBen  Surfen  fann 
man  ebenfo  feigen  ober  nad;  ber  ©röpe.  33ei  ben  Disputationen  fipen  bie  nichtigeren 
®urfe  gunädfft  beim  ^atpeber.  Die  Schüler  ber  unterften  klaffe  ^ie^en  Dertianer 
(britte  ©rammatil),  bie  ber  mittleren  ©rammatif  Sehtnbaner2. 

äRandie  Strafen  richteten  fid)  gegen  bie 
immer  meiter  gepenben  SluSf  Breitungen  in  ber 
Dracpt  ber  Stubenten.  Die  perföntmlid;e 
Stubententradft  blieb  ber  ÜDlantel,  ber  fd)on 
in  ben  unterften  klaffen  getragen  rnerben 
muffte.  Da§  erfte,  maS  ein  Sd;üler  fid;  an» 
fBaffte,  toar  ein  ÜOZantel.  $n  ®ölit  trugen 
bie  abeligen  Stubenten  rote  SZäntel  mit  got* 
benen  Sorten  am  fragen,  bie  Söpne  tioit 
^aufleuten  unb  anbern  moplpabenben  Seuten 
meifje  SOZantet  mit  filbernen  Sorten,  bie  ltn» 
bemittelten  einfache  bunfelblaue  ÜDZöntel 3. 
©S  toirb  als  ettoaS  gang  21ufferorbentIid;eS 
begegnet,  roenn  ein  Stubent  opne  2)2antel 
erfBien.  DaS  ?lmberger  Diarium  metbet  g.  S. 
gum  10.  gebruar  1627 :  2Bir  fingen  bieSdpuIe 
an  unb  napmen  ade  opne  Unterfdiieb  auf, 
aud;  gang  arme,  bie  uid;t  einmal  einen  SOZantet 
fiB  anjufBaffen  oermoBten i.  DurB  bie  ein» 
reifjenben  neumobifBen  Kleiber  mürbe  aber 
bie  alte  DraBt  fepr  bebrol;t,  man  fal;  Stu» 
benten  in  oielfarbigen  Kleibern  mie  £>anS» 
murfte  perumlaufen.  Selbft  in  Didingen 
mußten  bie  fßrotiingiale  bei  ipren  Sifitationen 
gegen  bie  neumobifBen  StubententraBten  auf» 
treten.  So  oerorbnete  SDfelBior  §artel  im 
Dftober  1612:  Da  bie  Statuten  ber  Slfabemie  allen  eine  anftänbige  Reibung  tior« 
fBreiben,  fo  muff  ernftüB  barauf  gebrungen  merben,  baff  fiB  bie  Stubenten  banad; 
riBten.  2Beil  bie  ©rfaprung  geigt,  baff  bie  neumobifBe  Reibung  unb  ber  eitle 
Slip  gu  meit  gepen  unb  bie  SluSfBreitungen  pierin  immer  größer  merben,  paben  bie 
patres  fid;  für  entfBiebene  Slbpilfe  entfd;loffen.  Durd;  einen  öffentlid;en  SlnfBIag 
fod  ber  ®leiberlu£uS  eingefd;rän!t  unb  einiges  inSbefonbere  unter  Strafe  tierboten 
merben.  @S  fd;eint  menig  gefruBtet  gu  paben ;  beim  ber  fßrotiingial  SDZunbbrot  brang 


M-ugifler  hone  quid  faciens 
■vitam  ceternatn  pofstde &o  'j.ucce io 

©cfjulbilb  ait§  bem  Alphabetum  Christi  1618. 

©tief)  t>on  Stapf),  ©abeier  C1/,). 


1  ©enaue  Siegeln  für  Kuftoben  «nb  Pförtner 
in  Liber  consuetudinum  Scholae  Colon.  S.  J. 
ab  anno  1611,  f.  173  ff-  Köln,  ©tabtarcf)iP, 
lluiüerfität  605. 

2  *  Köln,  ©tabtardjio,  Uniberfität  606.  Über 

ba?  Vorrecht  ber  Slbeligen  auf  abgefonberte  Sipe 


in  ben  Sorlefungen  f.  fEpoluf,  2lfabemifd)ei 
Seben  167. 

3  §einr.  SDtilj,  $rogr.  be§  ©pmnafiunt! 
au  fOtarjeüeu  ju  Köln  1888,  8. 

4  9tifner  63.  Sßgl.  oben  ©.  154. 


$as>  ®t)mnafium:  Xradjt  ber  ©tubenten. 


513 


bei  ber  äSifitation  im  Qapre  1627  mit  großer  (Sntfcf|iebenf)eit  barauf,  bap  bie  ©tu« 
beuten  gur  alten  ©tubententrad;t  jurücfjubringen  feien1. 

©eit  bem  SluSgang  beS  SftittelalterS  mar  befonberS  bei  ben  ©tubenten  furj 
gefcpnitteneS  |jaar  Sitte  gemorben,  mit  ber  neuen  9Jfobe  tarnen  aber  aucp  unter  ben 
©tubenten  geträufeltes  §aar  unb  Soden  auf.  dagegen  tämpften  bie  Qefuiten  an. 
Qm  Oftober  1602  mürben  in  9J?ünd;en  bie  ©cfjüler  an  furje  £martracpt  gemahnt, 
unb  1607  Reifet  eS:  2Öir  paben  bie  Sodenpaare  oerpönt.  Qm  Qebruar  1604  mirb 
benterft,  bie  ©c^üler,  bie  fiebern  auf  ben  §üten  tragen,  merben  geftraft  mie  folcpe, 
bie  ben  Segen  tragen2.  21m  30.  Januar  1606  mirb  ein  ©cfjüler  in  ben  föäir^er 
gefcpidt,  meil  er  in  23auernfleibern  in  ber  ©tabt  »agierte ;  eS  mürbe  ftreng  oerboten, 
in  fremben  Kleibern  fid;  auf  ber  ©trape  ju  geigen.  23eim  Qapre  1624  ftefjt  bie 
®lage:  Sie  Sradft  ber  ©cpiiler  ift  profan;  meil  bie  ©Itern  aber  biefelbe  beforgen, 
tonnen  mir  nidjt  alle  Seicfjtfertigfeit  berfelben 
üerpinbern.  Sropbem  laffen  mir  fomeit  als 
möglidj  nid;tS  2luSlänbifd;eS  unb  SfteumobifdfeS 
§u,  baS  ju  $erfd;iebenpeit  ber  Reibung  anlodt, 
mie  aucf;  geträufelte,  lange  unb  gelodte  (in- 
torti  ac  reflexi)  £>aare  nicpt  gebulbet  merben 
bürfen.  Qm  9iooember  1629  merben  fogar 
biejenigen,  bie  ipr  £>aar  nicfjt  gefroren,  in 
ben  karger  geftecft.  SangeS  §aar  barf  nad; 
ben  äftüncpener  ©ebräucpen  oon  1630  nur  bei 
23aronen  gebulbet  merben  unb  bei  folcpen,  bie 
eS  nad;  2lnficpt  ber  SCrgte  bebiirfen.  Qn  Qngol* 
ftabt  entftanb  im  Qapre  1628  ein  2lufrupr 
unter  ben  Ülpetorifern  megen  ber  £>aare.  Ser 
gröpere  Seil  pflegte  bie  £>aare  lang  unb  ge* 
träufelt  ;$u  tragen  mie  bie  Slfabemifer.  211S  ber 
^rooinjial  bei  ber  Sifite  bieS  Oerbot  unb  nad;* 
per  bie  SluSfüprung  beS  Verbotes  ftreng  üer* 
langte,  flopen  14  aus  ber  ©cpule,  üon  benen 
einige  aber  im  Saufe  ber  Qeit  mit  getürmtem 
£>aar  jurüdfeprten.  9Son  bem  Verbote  mürben 
bie  Slbeligen,  oom  23aron  angefangen,  aus* 
genommen3.  Qm  Siarium  üon  ©mmericp  peipt 
eS  jum  Qapre  1632:  @S  foll  feine  ©itelfeit  in 
ben  Kleibern,  beim  Sragen  beS  SJfantelS  unb 
burcp  ©ebraucp  ber  ©poren  geftattet  merben  4 *. 

Qu  einem  ÜUfemorial  beS  oberrpeinifcpen  fßroüinjialS  ©opper  oom  Qapre  1629 
fiir  ÜDfainj  mirb  eingefcpärft:  23eim  beginn  beS  ©d;uljapreS  foHen  alle  Seprer  mit 
guten  ©rünben  ben  ©cpülern  beibringen,  bap  fie  baS  jit  lange  unb  milbe  £jaar  nad; 
ber  ©itte  ber  ©taüfnecpte  unb  Sanbsfnecpte  entfernen;  ein  mäpig  perabpängenbeS 
£aar,  melcpeS  baS  @efid;t  nicpt  oerbedt  unb  nicpt  über  bie  ©dfultern  fällt,  fann 
leicpter  gebulbet  merben6.  ©in  Sillinger  ÜÖfemorial  auS  bemfelben  Qapre  1629  üer* 


Ha?c  edi  Gens  qutenon  audtu.it  -vocem Domznt 
Hei  sut.  ttec  retejait  IdifctpCtmitn .  Ht'erem.t 

Stljulbilb  nu§  bem  Alphabetum  Diaboli 
1618.  ©tid)  üon  fRapf)-  ©abeier  (’A). 


1  *Memorialia  Dilingens. 

2  $a§  geberntragen  auf  ben  §iiten  tarn  in 

ber  erften  §älfte  be3  16.  3af)rl)unbert3  auf. 

2)ie  Uniüerfität  greiburg  im  33rei3gau  ging 

bagegeu  mit  Äarger  unb  fMegation  üor. 

SJuIjr,  ©efdjitfite  ber  Qefmten.  II. 


©djreiber,  Uniüerfität  greiburg  i.  53r.  II 
84  ff. 

3  *Hist.  coli.  Ingoist.  1628. 

4  *  Diarium  Gymn.  Embric.  f.  45. 

5  *Memorialia  coli.  Mogunt. 

33 


514 


3(d)te§  Sopitef.  ©tjmnafiert  unb  llmüerfitäten. 


langt  für  bie  ©ßmnafiaften  bie  alte  £>aartrad)t ;  aucß  für  bie  Slfabemifer  merben  bie 
lang  ßerabmallenben  ober  über  bie  Stirne  ßängenben  §aare  nadß  Solbatenart  oer> 
boten1.  Sie  oberbeutfdße  ^ßrooingialfongregation  ootn  ^dßre  1633  fcf)reibt  Oor: 
2Bo  bie  langen  £mare  unb  Soden  nodß  nicfjt  allgemein  eingebrungeit  finb,  fotl  man 
an  ber  alten  ©emoßnßeit  feftßalten.  2Bo  fie  aber  fdjon  Sitte  gemorben  finb,  fönnext 
fie  mit  begenter  ÜNaßßaltung  gebnlbet  merben,  aber  in  feinem  gafle  finb  fie  gu 
empfehlen 2. 

©g  ift  eine  allgemeine  ftlage,  baß  ber  ®rieg,  je  langer  er  bauerte,  bie  Scfjul* 
fugenb  immer  meßr  tiertoilberte.  Sll§  ein  Veifpiel  mag  ber  Slufrußr  bienen,  melcßen 
bie  @efcf)ic^te  beg  ®oüegg  in  fünfter  gum  ^aijre  1646  fdßilbert3:  SDer  Verfeßr  mit 
fo  üerfcßiebeneit  Nationalitäten  (bie  in  fünfter  gum  griebenSfongre^  gufammem 
gefommen)  blieb  nicßt  oßne  ungünftige  ©inmirfung  auf  unfere  Schüler:  Srinfgelage, 
bie  gange  Sage  unb  Nächte  anbauerten,  mirften  erfdjlaffenb  unb  ertöteten  ben  guten 
(Seift.  Qn  ber  Scßule  burfte  fcßon  feiner  meßr  ficf)  auggeidßnen;  bem  ©efpötte  ber 
SNitfcßiiler  oerfiel  feber,  ber  ficf)  burcß  beffere  Seiftungen  ßeroortat.  Stuf  bem  offenen 
ißlaße  oor  ber  ^atßebrale  fam  eg  faft  Sag  für  Sag  gu  Reibereien  mit  ben  grangofen : 
bie  fpänbel  oerliefen  nicfjt  immer  unblutig.  Sie  ijkebiger  im  Sieufte  bet  ißroteftanten 
unb  ber  -fpoUänber  burften  fictj  faum  meßr  an  bie  Öffentlicßfeit  mögen.  Qeßt  maren 
fie  ba§  $iel  flir  &ie  ©teinmürfe  unb  Sdfneeballen,  bann  mieber  mürben  fie  in  anberer 
Söeife  berßößnt  unb  befcfjimpft.  .  .  .  Surcß  ernftlicße  Störungen  unb  gelegentlich  burcß 
Strafen  fndfjte  man  bem  Unfug  gu  fteuern,  big  er  enblid)  gur  offenen  Unbotmäßigfeit 
fich  fteigerte.  Slm  ÜNontag  oor  ^ßalmfonntag  mollte  ber  ißrofeffor  ber  Rßetorif, 
P.  Qafob  9Nafen,  ben  Slnbropßilug  gur  Sluffüßrung  bringen,  ein  religiöfeg  Sdßaufpiel, 
in  melcßent  beg  leibenben  ^eilanbg  großmütige  Siebe  gu  ben  SRenfdjen  bargeftellt 
rairb.  2Sie  man  mußte,  maren  bei  ber  Vürgerfcßaft  bie  ©rtoartungen  ßocßgefpannt; 
ber  fromme  ©egenftanb  eutfpracß  ber  ernften  3  eit,  in  ber  man  ficf)  befanb,  unb  füllte 
bie  grömntigfeit  anregen.  Um  für  bie  ©efanbten  meßr  Raum  gu  gemimten  unb 
ftörenbeg  ©ebränge  gu  oermeiben,  traf  man  bie  Nitorbnung:  am  begeicßneten  Sage 
bürften  nur  bie  ^ßilofopßen  unb  Rßetorifer  bem  Sdßaufpiel  beirooßnen,  erft  am 
anbern  Sage  bie  Sdßüler  ber  Humanität  unb  ber  ©rammatif,  fomeit  ber  Raum  eg 
geftatte.  Siefe  Verteilung  mißfiel  ben  Scßülern  ber  Humanität.  Sogleid)  nacß  ber 
Scßule  gaben  fid)  mehrere  bag  2ßort,  nidjt  meßr  bie  Scßule  gu  befitcßen.  Um  aucß  bie 
anbern  oom  Sdjulbefucß  abgußalten,  fteHten  ficf)  bie  Ungufriebenen  auf  ben  Sßegen 
gur  Scßule  auf  unb  ßielten  ißre  SNitfcßüler  ab  teilg  burcß  Überrebung,  teilg  burcß 
SBegnaßme  ber  Vücßer,  beg  ÜRantefg  unb  beg  §uteg,  teilg  burdj  Sroßungeit  unb 
gauftfcßläge.  Ser  SNagifter  ßielt  mit  ben  menigen,  bie  ficf)  nod)  eittgefunben  fjatten, 
bennocß  Sdfule  unb  fonnte  unfdjmer  bie  Namen  ber  Unrußeftifter  erfaßren.  Sagg 
barauf  beftimmte  ber  Stubienpräfeft  bie  Strafe :  bie  Slnftifter  beg  Ungeßorfamg  mußten 
bie  Rute  füßlen,  bie  anbern  mürben  milber  beßanbelt.  Rfan  ßatte  ©ile  mit  ber  Ve- 
ftrafung,  um  meiteren  Unrußen  oorgubeugeu,  bie  fid)  bei  ben  Sßßilofopßen  bereitg  im 
geßeimen  oorbereiteten.  Socß  oergebeng.  Vereitg  am  Nacßmittag,  eine  Stunbe  oor 
bem  3eicßen  gur  Sdßule,  oerfammelten  ficß  bie  Unrußeftifter  oor  ber  ^jauptfircße; 
jeben  ißrer  SUiitfcßüler,  ber  ben  2öeg  gur  Scßule  neßmen  mollte,  fucßten  fie  gunt  Un« 
geßorfam  gu  üerleiten;  ftatt  gur  Scßule,  füllten  fie  miteiuanber  oor  bie  Stabt  gießen; 
mer  fid)  meigerte,  mürbe  mit  Sd)lägen  bebroßt.  So  ließen  fid)  beinaße  alle  bereben, 
unb  man  gog  in  Raufen  gur  Stabt  ßinaug  gum  Spiele.  Sarauf  feßrten  fie  in  bie 
SBirtgßäufer  ein,  mo  fie  big  in  bie  Nacßt  bie  ßtnt  mit  Srinfen,  Spielen  unb  allerlei 


1  *Memorialia  coli.  Diling. 

2  *  Acta  Congr.  Prov.  Germ.  sup.  1633. 


3  *Hist.  coli.  Monast,  ad  ann.  1646. 


£a§  ©tfntttafium:  Prämien  unb  ©trafen. 


515 


Unfug  gubradften.  SDer  Ißräfeft  moflte  bag  3Iuffef)en  in  ber  Dffentlicfjfeit  oermeiben 
unb  lief;  begfjafb  bie  ^armodje  fomie  bie  Ofterferien  offne  öffentlidje  Sffjnbung  oorüber* 
gehen.  @r  hoffte,  in  ber  gmifdjengeit  bie  ÜJiamen  ber  Stäbefgfüfjrer  burdf  bie  befferett 
©d fixier  gu  erfahren,  ^ebocf)  brei  Söodjen  »ergingen,  aber  eine  Sfngabe  ber  tarnen 
mar  in  feiner  SBeife  gu  erlangen.  Unb  bennocff  muffte  Orbnung  gefdjafft  merben, 
fonft  fd^ien  eg  um  bie  ©djufgucfft  nöllig  gefdjeffen  gu  fein,  gunäcffft  öerfud^te  man  eg 
mit  ©iite:  affen  mürbe  ©traffofigfeit  öerfprocfjen,  faffg  fie  bie  Sfnftifter  nennen  mürben; 
bie  ©djmere  beg  SSergefjeng  mürbe  ben  ©dfiifern  tmr  Sfugen  geführt.  9J?an  machte 
ihnen  ffar,  bie  (Sinftelfung  ber  SSorfefungen  hätte  unter  feinem  SSorraanbe  ergmungen 
merben  bürfen;  märe  an  jenem  Stage  bie  33orfefung  auggefaffen,  bann  märe  in  ber 
gangen  Söodffe  feine  gemefen  gum  ffödjften  ÜDtifjfaffen  ber  «Stabt  megen  ber  |jäufigfeit 
ber  freien  Stage,  ^ebod)  affe  biefe  Storfteffungen  Ratten  nic^t  ben  gemünfdjten  Erfolg. 
9?un  mürbe  eine  ©efbftrafe  üon  4  Slffeg  (breiiger)  angefeigt;  niemanb  fonnte  oerniinftiger* 
meife  biefe  gu  fjodj  finben.  SDennod)  beriefen  fid)  bie  ©tubenten  auf  bie  Sfugfage 
eineg  Orbengmanneg,  ber  bie  ©traffumme  afg  gu  fjod)  begeidjnet  habe.  @iner  um  ben 
anbern  erffärte  bie  ©träfe  für  gu  fjocf) ;  jebocf)  fei  er  bereit  gu  gafjfen,  menn  eg  aud) 
bie  anbern  täten.  Stag  ffiefj  ©pott  treiben  unb  bie  SBegafffung  auf  unbeftimmte  fjdt 
öertagen.  Siun  bebroffte  man  bie  SBtberfpenftigen  mit  bem  karger.  guerft  fottten 
bie  Sogifer,  unb  gmar  uad)  Orbnung  beg  Sffpffabetg,  gur  23egafffung  aufgeforbert  merben. 
2fffein  fcffon  fogfeid)  ber  erfte  naf)m  mit  aller  33ereitmiffigfeit  bie  ©träfe  beg  fö'argerg 
an,  afg  gälte  eg,  ficf)  einen  Striumpfftitef  gu  fiebern.  SBon  anbern,  bie  fief»  meigerten, 
gu  begaffen,  üerfangte  man  afg  fßfanb  ben  ^>ut  ober  ben  SJtantef.  ©ie  gaben  bag 
ißfanb,  begafjlten  aber  nid)t  unb  hatten  bagu  bie  Streiftigteit,  ficf)  öffentlich  ohne 
SDtantef  gu  geigen,  ja  tagg  barauf  offne  SJtantef  gur  ©djufe  gu  fomtnen.  2lfg  fie 
jebod)  mit  ben  übrigen  gur  ÜÖJeffe  gingen  unb  Dort  ben  Stffeofogen  gefdfoften  unb 
üerfpottet  mürben,  machten  fie  fid)  baüon  unb  eiften  nadf  £>aufe.  SZun  fannte  bie 
Frechheit  feine  ©djeu  mehr,  feiner  moffte  gurüdfftefjen.  Sin  öffentfidjer  ©tetfe  erfeffien 
eine  ©pottangeige:  „Um  ein  fßferb  gu  faufen,  fudjten  bie  ^efuiten  bag  nötige  ©efb 
eingutreiben.  "  Stuf  bem  fö'atffeber  beg  SOtagifterg  mürbe  bie  Slufforberung  eineg  Solfg* 
tribung  Oott  ber  2frt  beg  ©fobiug  niebergefegt,  im  Söiberftanb  augguharren.  Stie 
meiften  ©dfüfer  trieben  fich  in  ben  ©dfjenfen  herum  unb  »erbrachten  bie  ßeit  mit 
Rechen  unb  ©piefen.  Qn  fofdfj  unmürbiger  Söeife  mürbe  bie  ©ebufb  ber  Sefjrer  auf 
bie  ißrobe  geftetft.  Stern  Unfug  muffte  ein  @nbe  gemadjt  merben.  9Jtan  forberte  bie 
SBiberfpenftigen  auf,  fie  füllten  ihre  SKäntef  abhofen,  bamit  fie  am  Sonntag  ber 
üffteffe  unb  fobann  ber  ©obafität  in  Orbnung  beimoffnen  fönnten.  Stiefe  SSergünftigung 
mürbe  fogar  burch  Seiter  ber  ©obafität  ben  ©dfüfern  angeboten.  ©egen  Slbenb 
fanben  fich  acht  ober  neun  ©dfüfer  im  Kolleg  ein.  2öie  oorher  auggemacht  mar, 
mürben  fie  oom  ÜDtagifter  in  bie  23ibfiotf)ef  geführt  unb  geheimen,  ihren  SJtantef  an= 
gufegen.  Söafb  erfdfjien  ber  fßräfett  mit  bem  Steftor  beg  ^offegg  unb  anbern  fßatreg 
unb  äffagiftri:  man  begrüßte  freunblicff  bie  ©tubenten,  bie  bereitg  ben  SJtantef  am 
gefegt  hatten,  unb  forberte  fie  auf,  bie  ©träfe  gu  begafften,  mibrigenfaffg  mürben  fie 
mit  ben  Stuten  33efanntfdfaft  machen;  biefe  fagen  fdjoit  bereit.  Überrafdft  unb  erfdjredt 
faffen  fich  ©tubenten  oergebeng  nad)  einer  Sfugffudft  um  unb  baten  um  Siacfp 
ficht;  biefe  mürbe  ihnen  gugefieffert,  fatfg  fie  bie  ©träfe  begaffften.  Stad)  längerem 
3aubern  liefjen  fie  fid)  gum  53egaf)fen  herbei ;  gmei  jebodf,  bie  nidjt  begafffen  mofften 
ober  nicht  tonnten,  betonten  bie  Stute  gu  fühlen,  ©obalb  biefe  «Sache  befannt 
mürbe,  entfanf  ben  Sfufmiegfern  ber  9Jiut;  am  fofgenben  Stag  untermarfett  fich 
fämtfidje  ©chiifer  ber  Sogif  unb  ber  äftetaphhfif  ber  ©elbbufje;  nur  bie  ^hpfiter, 
bie  guerft  bie  Ungufriebenffeit  gefchürt  hatten,  trotten  noch  einige  $eit.  SUfein 
bie  ruhige  ©idferfjeit  ber  Qefuiten  tarn  ihnen  oerbädftig  üor,  fie  fürchteten  fid)  tmr 

33* 


516  2fd)te§  Sapitel.  ©tjmnafien  unb  llniüerfitäten. 

einer  neuen  Sift;  beStmth  fcejafjlten  fie  baS  ©trafgetb  unb  festen  gur  Orbnung 
gurüd 1. 

Sin  gutes  geidjen  für  *üe  Beliebtheit  ber  ^efuitenfdfjulen  mar  ihre  grofje 
grequeng.  Sah  mann  fdjreibt  im  $at)re  1631 :  Obgleich  in  ben  »ergangenen  fahren 
an  berfdjiebenen  Orten  unferer  (oberbeutfchen)  fßrobing  neue  Kollegien  unb  @qmna[ien 
errichtet  mürben  unb  bie  Steuerung  ber  Sehen!  mittet  eine  ungemöhntid)e  mar,  fo 
haben  tro^bem  bie  anbern  Stfabemien  unb  @t)mnafien  ber  ^efuiten  nicht  abgenommen, 
fonbern  bie  meiften  finb  an  ©djütergaht  gemadjfen.  Qn  SlugSfmrg  ftieg  bie  ©dfüter* 
gabt  fo,  baff  eine  klaffe  in  gmei  SötuS  geteilt  merben  muffte,  Oon  benen  ber  eine 
111,  ber  anbere  82  gähtte.  $n  München  maren  bor  acht  ober  gehn  fahren  ungefähr 
1000  ©tubenten,  jeijt  aber  mehr  atS  1400,  ohne  bie  Knaben  gu  gähten,  roetdje  bie 
SInfangSgrünbe  beS  Sateinifdjen  lernen2. 

Siefe  ftarfe  grequeng  hotte  aber  einen  großen  Übetftanb  gur  gotge,  nämlich 
bie  Überfüllung  ber  Staffen,  grnar  hatte  ber  fßrobingiat  fRofepf)iu3  am  2.  Stprit 
1604  üerorbnet,  baff  alte  Staffen,  in  benen  mehr  atS  80  ©cf)üler  feien,  geteilt  merben 
müßten 3,  aber  raegen  SRangetS  an  fRaum  unb  Sehrern  mürbe  biefe  meife  SSorfcfjrift 
teiber  nicht  immer  befolgt. 

$n  einer  Borfteltung  beS  ®ottegS  in  ^reiburg  in  ber  ©chmeig  an  ben  üiat  mirb 
auSgeführt:  SiefeS  ©hmnaftum  ift  nach  bem  üon  SäRünchen  unb  SlugSburg  baS  größte 
ber  fßrobing  unb  fotlte  menigftenS  ebenfoöiete  Staffen  haben  mie  anbere  fteinere  @pm= 
nafien.  Stnbere  Spmnafien  haben  auffer  unfern  Staffen  noch  eine  mittlere  Srammatif. 
SieS  forbert  auch  bie  .Qafft  ber  ©chüter,  bie  nicht  allein  über  100  beträgt,  fonbern  fid) 
bem  gmeiten  £>unbert  nähert.  Sin  Sehrer  ift  für  fo  üerfchiebene  Seftionen  ungenügenb. 
ÜRotmenbigermeife  miiffen  biete  ©chüter  bernadjtäffigt  merben,  ba  ber  Sehrer  genug 
gu  tun  hat  mit  benen,  metche  gum  Sluffteigen  fähig  gemalt  merben  fotten.  Stuch  bie 
auffteigen,  finb  fdfmach,  ba  ber  Sehrer  ihnen  nur  feine  halbe  Äraft  mibmen  tonnte, 
unb  fo  mirb  benn  gum  ©djaben  für  ben  fRuf  beS  ©tjmnafiumg  fdjmadjeS  ©chüter- 
material  für  ben  meiteren  Stufbau  geliefert.  Sie  Soften  ber  Sttern  merben  gefteigert, 
benn  in  ben  fRubimenten  finb  brei  ober  bier  üerfchiebene  ©taffetn  (Orbnungen),  in 
melden  bie  eingetnen  menigftenS  ein  $ahr,  bie  meiften  noch  länger  bleiben.  Sie 
Sttern  ftagen  über  bie  S5ergögerung,  aber  ben  Sehrer  trifft  feine  ©dfjutb.  Sie  Über* 
füttung  fchabet  aud)  fehr  ber  Sefunbheit  ber  ©dfjüter  unb  ber  Sehrer,  mie  mir  faft 
in  jebent  $af)r  erfahren.  Unter  ben  berfcf)iebenen  Stbteitungen  feiben  ©djutgucht  unb 
^ortfdjritt.  Qn  britttfatb  ©tunben  muh  ein  Sehrer  brei  üerfchiebene  Stufgaben  für  bie 
breifache  Stbteitung  biftieren,  bann  in  ben  beiben  oberen  Stbteitungen  noch  ^rangöfiftf). 
Sie  brei  Orbnungen  müffen  it)re  Seftionen  auffagen;  mie  biete  fönnen  abgefragt 
merben?  Sann  folgt  bie  breifache  Srftärung  unb  beren  SSieberhotung.  SS  bteibt 
menig  geit  für  anbere  Übungen,  unb  mätfrenb  eine  Stbteitung  befcfjäftigt  mirb,  fdfmapett 
bie  anbern  unb  bertröbetn  bie  ßeit.  SS  fchminbet  enbtich  ber  Sifer,  ba  bie  in  ber 


1  Sei  einem  ber  ©djüler,  bie  mit  9tuten  ge* 
äüdjtigt  ttmtben,  geigte  fid)  fedjS  2Bod)en  fpäter 
ant  gangen  Dörfler  unb  befonberö  an  ben  ©djul* 
tern  eine  2lnfd)meHung  (antimonio,  ut  crede- 
batur,  hausto).  ®er  ©tubent  ftarb  binnen 
Wenigen  Sagen.  Sn  ber  ganzen  ©tobt  mnrbe 
bie  Süge  auögefprengt,  jene  2lnfd)tnellung  unb 
bann  ber  Sob  feien  burd)  bie  fernere  3üd)ti= 
gung  Oon  feiten  ber  Sefnitcn  öeranlafft  loorben. 

SefonberS  mürbe  ber  SJiagifter  £eittrid)  ©panöu§ 

trog  feiner  Unfdjulb  fdjarf  getabelt  unb  Oer* 
lenmbet;  feinen  Samen  mit  bem  Ehrentitel  aB 


genfer  tonnte  man  allenthalben  auf  öffentlichen 
©troffen  an  ben  SBänben  lefen.  9Kan  tat  feine 
Schritte  bagegen;  baö  leere  ©erebe  miberlegte 
fid)  felbft.  ®er  Stagifter  @panäu§  lief)  fid) 
burd)  bie  ehrenrührigen  Sehen  nicht  auper 
gaffung  bringen,  er  geigte  fid)  fteB  hcücr  unb 
fanb  in  bem  3eugrtB  feines?  guten  ©emiffen§ 
einen  genügenben  @d)up.  *  Hist.  coli.  Monast. 
1646.  ' 

2  Lay  m  a  u  n ,  Iusta  defensio  343  f. 

8  SBgl.  oben  ©.  496. 


©tjntnafium:  fgreqitens  imb  Überfüllung  ber  flaffeit.  517 

erften  31bteilung  feljen,  bafj  fie  in  bcrfelbeit  klaffe  mit  3lbcfdjü|en  gleicfjfam  feftgefjalten 
merben 1. 

Zn  üöfündjen  gäljlte  bie  Humanität  1624 — 1626  160 — 170  ©djiiler;  fie  mürbe 
1626  geteilt,  halb  aber  mieber  oereinigt.  Strojj  ber  fcf)on  früfjer  erfolgten  Teilung 
ber  ©tjnta£,  ©rammatif  unb  fRubimente  bjatte  1624  bie  ©tjntaj:  je  gmei  (SötuS  gu 
65 — 95  ©cfjülern,  bie  ©rammatif  in  einem  Steil  109,  bie  SRubimenta  in  einem  Steil 
141  ©cfjüler2.  Zm  Zoljre  1649  gäf)lten  bie  fecf)§  klaffen  in  ÜRündjen  oon  ber  9If)e» 
torif  angefangen  91,  121,  163,  137,  155,  171  ©djüler  unter  fieben  Sefjrern,  oon 
benen  einer  für  baS  ©riedjifdje  angeftellt  mar3 *.  Zn  ®öln  betrug  bie  ©cf)ülergal)I 
in  ben  Zollten  1627 — 1637  ftetS  burdjgeljenbS  840 — 940,  baoon  famen  auf  einzelne 
klaffen  100 — 160,  ja  in  ber  unterften  klaffe  (tertia)  250 i.  Zn  bem  üuSgabelmcf) 
beS  P.  $afen  Reifet  eS  gum  Zofjre  1637 :  ®a  fdjon  inS  oierte  Zal)t  ber  Sßrofeffor 
ber  Intima  ber  Saft  unterlegen  mar  megen  ber  ©nge  beS  ©cljullofalS,  in  bem  er 
250  ©djüler  §ä^lte  unb  bie  Intima  fdjon  gmeintal  geteilt  morben  mar,  baten  bie 
Obern  ben  ©eneral  um  bauernbe  Steilung  ber  Intima,  maS  aucl)  bemilligt  mürbe, 
fö’afen  bettelte  in  Belgien  für  bie  ÜReueinridjtung  gmeier  ©cfjulgimmer.  ©tubenten 
Ralfen  ben  Arbeitern  beim  53au  ber  ©cfjulgimmer 5.  2Iucf)  an  Heineren  ©tjmnafien, 
mie  gu  ©mmeridj,  famen  Oon  ben  451  ©ctjülern  im  Zoljre  1616  auf  bie  ©tjntaj:  95, 
auf  bie  gmeite  ©rammatif  100,  auf  bie  britte  ©rammatif  170  ©cfjüler6.  Zn 
SOiünfter  traf  oon  ben  800 — 1000  ©djülern  auf  bie  einzelnen  klaffen  ebenfalls 
eine  oiel  gu  grofje  Zafjl.  23ei  beginn  beS  ©djuIjaljreS  1636  gäfjlte  ber  erfte  ßötuS 
ber  Intima  126  ©djüler  im  Sllter  oon  7  bis  16  Zollten.  ÜRur  52  ©djüler  fafsen 
im  erften  Zollte  auf  ber  klaffe,  oier  fcfjon  4 — 472  $af)re,  in  bem  gmeiten  SötuS 
maren  fogar  141  ©djüler,  ber  jüngfte  9,  ber  ältefte  16  Zoljre  alt.  64  fafjen  fdjon 
länger  als  1  Zofjt  auf  ber  klaffe,  mehrere  3  Zoljre.  SDie  ÜHRebia  gäfjlte  88  Zög¬ 
linge  oon  12  bis  19  Zoljreit,  in  bem  ^arallelcötuS  maren  83  ©djüler  oon  11  bis 
22  Zollten,  oon  benen  36  länger  als  1  Z:af)r,  einer  fogar  4  Zof)te  bie  klaffe  he- 
fucfjten.  Zm  Zaf)te  1637  fjatte  bie  SJRebia  in  itjren  beiben  SötuS  84  unb  101 
Knaben,  bie  bieSmal  ebenfalls  geteilte  ©tjntaj  76  unb  89  ©djüler  im  Sllter  oon 
12  bis  24  Zn  öem  Zoljre  1639  gälten  bie  beiben  Znfima-ßöten  179  bgm. 

183  ©cfjüler,  im  Z°f)te  16-10  161  bgm.  165  ©djüler.  Zm  Zofjte  1645  famen 
auf  bie  üerfdjiebenen  Söten  ber  Znfinia  361,  9Rebia  179,  ©tjnta£  225,  Humanität 
116  ©djüler7. 

ÜRadj  bem  Katalog  über  ben  SlrbeitSauSmeiS  ber  öfterreicfjifdjen  ^Srooing  oom 
Zoljre  1649  gäfjlte  in  SBien  bie  9fljetorif  95,  ^5oefie  80,  ©tjntaj  140,  ©rammatif 
132,  ^ringipia  170  unb  bie  Znfima  154  ©cfjüler8.  ÜRad)  bem  Catalogus  tertius 
beSfelben  ^afjreS  Ratten  aber  alle  biefe  klaffen  nur  je  einen  Sefjrer,  maren  alfo  nicfjt 
geteilt.  Zm  folgenben  Zollte  1650  mürbe  ber  Überfüllung  ber  unteren  klaffen  baburcfj 


1  *  greiburg  II  141  f. 

2  *  Diarium  Gymn.  Monac.  3um  31.  3<m. 
1630  beifct  e§:  SBegen  ber  großen  3af)t  in  ben 
3tubimenta  tourbcn  mehrere  Spulen  getoechfelt. 
Minor  Rudimentista  nec  centum,  maior  autem 
239  numerabat,  ideo  ex  maioribus  ad  minora 
prope  centeni  transgressi  sunt.  Haec  mutatio 
in  renovatione  fuisset  suscepta,  nisi  existi- 
mata  et  sperata  fuisset  Gymnasii  nostri  im- 
minutio  propter  Landishutanum  et  Burkhusia- 
num  nova  Gymnasia,  sed  contra  accidit. 

3  *  901.  94,  Jes.  570.  Sßgl.  oben  S.  205. 

*  *  Liber  consuetudinum  scholae  Colon.  S.  J. 


ab  anno  1611.  Sötn,  Stabtarcf)iO,  ünioerfitüt 
605.  ®gl.  oben  S.  21. 

5  Sie  erhielten  bafiir  27  ©ulben;  ein  anberer 
JJSoften  lautet:  4  ©ulben  für  93rot  für  bie 
arbeitenben  Stubenten.  *  Expensa  ebb.  U  IX 
685.  »gl.  oben  S.  21. 

6  *  Diarium  coli.  Embric. 

7  gr.  3urbonfeit,  2Iu§  ben  3cnfurenliften 
be§  ©t)mnafium§  oon  ÜRünfter  1636—1647, 
in  ber  geftfcfjrift  be3  ©ijntnafiutnS  Oon  SKünfter 
(1898)  56  ff.  ®gl.  oben  S.  51. 

8  *Catal.  function.  Prov.  Austr.  1649. 


518 


Stcfiteg  fapitel.  ©Qmnafien  unb  Uniüerfitäten. 


abgetjotfen,  inbetn  am  ^3rofepau§  ein  gmeiteS  ©pmnafium  mit  BorbereitungS*  unb 
brei  ©rammatifatftaffen  erridijtet  mürbe 1.  3n  ©rag  maren  für  bie  fedjS  ©pmnafiat* 
ftaffen  ftänbig  fecp  Seljrer,  bie  ©djütergaht  betrug  in  ben  einzelnen  klaffen  5.  33.  1649 
gmifctjen  100  unb  138,  bie  91t)etorif  gätjtte  130,  bie  Qnfima  1 38 2. 

Unter  biefen  nieten  ©djütern  bitben  proteftantifcfje  ©djüter  ftetS  eine  oer> 
fdjminbenbe  SluSnahme.  ®ie  Bebingungen,  bie  man  gumeiten  ftettte,  §eigen  ftar, 
bah  man  nidjt  fe^r  auf  proteftantifdje  ©d)üter  erpicht  mar.  iQd)  fjöre,  fdjrieb 
BitetteSdji  am  26.  Sluguft  1617  an  ben  oberbeutfd)en  ^roüingiat  gartet,  bah  31t 
StugSburg  bie  föinber  non  fpäretifern  gu  fcfjroff  gum  SfatedjiSmuS  unb  gu  anbern 
Übungen  ber  fatfjolifdjen  Religion  angetfatten  unb  auf  biefe  Söeife  gum  Slnftoh  für 
niete  gteidjfam  auS  unfern  ©deuten  nertrieben  merben.  SDtan  fottte  in  biefem  ©tiide 
mitber  oerfaf)ren,  mie  eS  an  anbern  Orten  üblich  ift,  mo  fie  allmählich  gutn  fathotifdjen 
©tauben  f)ingeteitet  merben.  2ltS  bann  ber  ^rooingiat  antmortete,  an  bem  2lugS= 
burger  ^efuitengpmnafium  feien  überhaupt  feine  proteftantifdjen  ©djüter,  meinte 
SSitetleöd^i  (4.  ütionember  1617),  baS  fomme  nietleid^t  eben  gerabe  batjer,  meit  bie 
©d)üter,  bie  anfangs  bort  gemefen,  gunt  ^ated)iSmuS  ufm.  genötigt  morben  feien; 
feine  Süiatjnung  gelte  tropbem  für  bie  gufunft3.  ©tnmeric^er  SDiarium  tjei^t 
eS  gum  24.  Qanuar  1618 :  ßathotifen  non  Strntjeim,  bereit  ©ohne  bei  uns  ftubiert 
hatten,  mürben  beStjalb  gur  Beftrafung  gitiert.  @ie  baten  um  ein  authentifdjeS 
3eugniS,  baf?  mir  tjier  unfern  ©d)ütern  ^Religionsfreiheit  geftatten  nacf)  bem  ©nt* 
befinben  ber  ©ttern  ober  Bormünber.  SiefeS  3eu9ni3  t)aben  mir  gefdjidt4. 

Bei  biefer  großen  ^requeng  fonnten  bie  ^efuiten  um  fo  leichter  bie  Errichtung 
anberer  ©djuten  hinnehmen.  2tuS  aüertei  Beforgniffen  beanfpruchte  man  aber  an 
eingetnen  Orten  eine  Strt  Monopol  für  ben  Unterricht.  ®urcf)  ein  fotdjeS  SJtonopot 
mürben  —  maS  man  mof)t  befonberS  im  Stuge  hatte  —  manche  ©treitereien  ner» 
mieben  unb  eine  einpeittidjere,  ftrammere  3ncf)t  gemät)rteiftet,  aber  audj  anberfeitS 
anbere  Kräfte  ferngehatten,  bie  ebenfoniet  9fed)t  auf  bie  ©rteitung  beS  Unterrichts 
beanfprudien  fonnten  unb  burd)  ihre  Seiftungen  eine  befonberS  auf  geiftigem  ©ebiete 
fehr  nüpticfje  ®onfurreng  geboten  hätten. 

®er  ©enerat  BitetteSdji  fpracf)  fidb)  fehr  entfchieben  gegen  ein  berartigeS  ©djut* 
monopot  au§.  2lm  2.  9?ooember  1624  fchrieb  er  bem  rf)einifdjen  SSigeproöingiat 
3oh-  ©opper:  P.  ütRatttj.  ©chricf  hat  mir  mitgeteitt,  in  ber  rheinifchen  ^ßrooing  fürdjte 
man  eine  Bermirrung  unferer  ©djuten  burd)  bie  patres  Stuguftiner,  bie  in  einigen 
©täbten  ber  ^rooing,  mie  fie  eS  fcfjon  bereits  an  oieten  Orten  in  Belgien  tun, 
©chuten  eröffnen  unb  nad)  ber  2lrt  ber  ©efetlfdjaft  ©pmnafiatunterricht  erteilen  motten. 
S)er  $ßater  hat  mit  oieten  ©rünben  gu  ermeifen  üerfudjt,  bie  Unfrigen  mühten  fidj 
alte  äRiifje  geben,  bah  &en  genannten  patres  bie  Erlaubnis  für  bie  Eröffnung  fotdjer 
©chuten  an  Orten,  mo  bie  ©efettfdjaft  ©chuten  habe,  nicht  erteilt  merbe.  Sßenn  id) 
nicht  glaubte,  bah  ®tt>.  fpodjmürben  fchon  Oon  fetbft  burdjauS  gegen  biefe  Slnficfjt 
mären,  bie  ja  ber  retigiöfen  Siebe  unb  Klugheit  fehr  miberftreitet,  mürbe  ich  öiete 
©egengrünbe  anführen.  ®a  id)  bieS  bei  ©m.  fpodjmürben  für  unnötig  erachte,  bitte 
ich  nur  barum,  bah  @4e  nicht  allein  ben  frommen  Bemühungen  biefer  patres  fein 
§inberniS  entgegenfepen,  fetbft  menn  mir  baS  irgenbmo  im  geheimen  tun  fonnten, 
fonbern  fie  mit  bem  gleichen  ©ifer  unb  ber  gteidjen  greunbfdjaft  unterftiipen,  gerabefo 
mie  mir  bei  ber  ©röffnung  einer  neuen  ©djute  oon  ihnen  unb  anbern  OrbenS* 
teilten  unterftiipt  gn  merben  münfchten.  SDiefe  Übergeugung  fotten  ©ie  bem  P.  ©chricf 
unb  allen  Unfrigen  überall  beibringen  unb  biefelben  ernfttidh  ermahnen,  bap  fie  mit 


3  *  £)rig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

4  *  Diarium  Embric. 


1  Mitterdorffer,  Conspectus  III  266. 

2  »gl.  oben  ©.  333. 


®a3  ©tjmnafium:  Unterricfjt^monopol.  —  Uncntgeltlidjfeit. 


519 


Siebe,  burct)  Stat,  Sat  unb  @mpfef)tung  bie  ^Bemühungen  biefer  fßatreS  unterftüfjen 
unb  förbern,  unb  auf  feine  SSeife  geigen,  baf?  ihnen  ber  ißtan  ber  patres  in  23egug 
auf  ben  ^ugenbunterric^t  mißfalle.  SXUe  ©egengrünbe  beS  ^5ater§  ermeift  bie  ©r* 
fat)rung  in  ^Belgien  als  unbebeutenb,  ba  ja  bort  bie  Schuten  ber  ißatreS  ben  Scf)uten 
ber  ©efeßfchaft  gar  nicf)t  gefc^abet  haben.  Siefe  ©egengrünbe  merben,  fo  fjoffe  icf), 
meber  @m.  £mcf)mürben  nod)  einen  anbern  ißater  gegen  meine  SSeifung  einnehmen, 
^d)  bjalte  bafür,  baf)  biefe  SBeifuitg  burd)auS  ber  Siebe  unb  bem  guten  92amen  ber 
©efeßfchaft  entfprid)t  unb  bie  ©ernad^Iäffigung  berfelben  beibem  miberftreitet.  SeS* 
fialb  empfehle  icf)  @ro.  £ocf)mürben  nochmals,  baf)  Sie  aßen  (Sifer  für  bie  allgemeine 
^Befolgung  berfelben  einfepen1. 

Sem  Aachener  fReftor  ©oSmin  Stiefel,  ber  Konfurreng  non  ben  neuen  Schuten 
befürchtete,  antmortete  23iteßeSd)i  am  16.  Sioöember  1624:  $luS  Qfirem  ^Briefe  nont 
5.  Dftober  habe  icf)  bie  ^Befürchtungen  @m.  .fpocpmürben  gegen  bie  neuen  Schuten 
ber  Stuguftiner  erfetfen.  @S  märe  leidet,  auf  bie  einzelnen  ©riinbe  gu  antmorten, 
icf)  halte  baS  aber  für  unnötig.  SJur  baS  fage  icf),  äße  Siacfjteite,  melche  gefürchtet 
merben  fönnen,  finb  feid^t  gu  oermeiben,  menn  mir  bafür  forgen,  bah  in  unfern 
@d)ulen  fähige  Seljrer  angefteßt  merben,  bie  mit  aßem  ©ifer  ber  Stege!  gemäf)  ihre« 
Soften  auSfüßeit.  ©efd)ief)t  bieS,  bann  ift  gar  feine  ©efafjr,  baß  bie  neuen  Schulen 
unfern  Schuten  fcfjaben,  mie  unfere  patres  in  ^Belgien  an  nieten  Orten  erfahren  haben. 
SeSf)atb  foßen  @m.  £md)mürben  ihre  gange  Sorge  auf  tüchtigen  Unterricht  in  ben 
Schuten  ihres  KoßegS  richten  unb  aße  furcht,  fei  eS  öor  SSerminberung  ber  Schüter* 
gabt,  fei  eS  öor  geringeren  ^Beiträgen  beS  SJtagiftrateS,  ©ott  anheimfteßen.  Sie  SZot 
^hre§  KoßegS  ift  mir  befannt;  icf)  merbe  aßeS  aufbieten,  biefetbe  gu  tinbern2. 

Srop  biefer  Siot  an  manchen  Orten  hieß  man  unentmegt  an  ber  Unentgeltlich* 
feit  beS  Unterrichtes  feft.  gortgefe£t  fcf)auten  bie  ©enerate  nicht  aßein  barauf,  bah 
fein  Schutgelb  für  ben  Unterricht  angenommen  merbe,  fonbern  fie  moßten  nictjt 
einmal  butben,  bah  man  tmn  ben  ©ttern  ber  Schüter  ein  Sttmofen  erbitte,  baS  atS 
eine  ©ntfdjäbigung  ber  Sfrbeit  gelten  fönnte.  Ser  Srierer  Steftor  grang  SfiapebiuS 
hatte  für  ben  Sieubau  ber  Schuten  bie  ©ttern  ber  Schüter  ober  ehemaliger  Schüler 
um  ein  Sttmofen  gebeten.  9?ur  baS  teuere  moßte  Stquaüiüa  auf  bie  ^Benachrichtigung 
tjieröon  geftatten,  nicht  aber  foßten  bie  ©ttern  oon  Scf)ütern,  bie  noch  bie  Schute 
befudfjten,  angegangen  merben;  benn,  fo  fdfjrieb  er  am  9.  £$uni  1611  an  SiapebiuS, 
hier  liegt  bie  ©efahr  öor,  bah  bieS  als  eine  ®ntfd)äbigung  für  bie  auf  ihre  Kinber 
oermanbte  Strbeit  erfd)einen  fönnte3. 

50er  5?a<f)fotger  StquaöiüaS  öertrat  benfetben  Stanbpunft.  Slnt  16.  Sioöember 
1624  tobte  $BiteßeScf)i  ben  oberbeutfchen  ^ßrobingiat  SJtunbbrot,  bah  er  im  Konftanger 
Kößeg  berboten  habe,  in  ber  $otge  bon  gmeunben  unb  bon  ben  (Sttern  ber  Schüter 
©etb  für  StuSfdhmüdung  ber  Schuten  unb  Oratorien  ber  Kongregation  gu  betteln. 
Senn  eS  ift  ficher,  fo  fchreibt  er,  bah  baburch  bie  ©ttern  unb  anbere  öertept  merben; 
megen  fotcf)er  Singe  erheben  audh  einige  ben  Sormurf,  bie  ©efeßfchaft  unterrichte 
gmar  umfonft,  aber  nicht  fetten  mürben  bie  Schüter  gu  fo  groben  StuSgaben  ge* 
gmungen,  bah  biefe  5U  einem  reichtidfjen  Scf)utgelb  für  anbere  Sehrer  ausreichten4. 

Studf)  bon  ben  Sdfjütern  fetbft  foßten  feine  ©etbbeiträge  erhoben  merben.  Qn 
Köln  begahtten  bie  ißhitofophen,  9Xf)etorifer  unb  ißoeten  aße  Ouatember  gmei  SttbuS 
(SBeihpfennige  ä  12  £>eßer)  für  ben  KuftoS,  ber  bie  Schuten  fetfrte;  in  ben  brei  ©rarn* 
matifatftaffen  gab  jeber  Schüter  aße  Ouatember  gmei  $ettmännd)en  (ü  8  §eßer). 


1  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  febbiu§,  16.  ©ept.  1607,  über  Sreiburg.  0rig.= 

2  *  Drig.*9teg.  ebb.  9teg.  Ad  Germ.  sup. 

3  *  0rig.=9teg.  ebb.  SSgt.  Stquobiöa  an  91o=  1  *  0rig.*9teg.  ebb. 


520 


3lcf)te§  Kapitel.  @t)ninafien  unb  Unieerfitäten. 


21n  P.  Stiefel  erging  aber  im  Qapre  1635  bie  SJfapnung  beS  ©eneralS,  bieS  oerftoffe 
gegen  bie  Konftitutionen  unb  fei  nadf  ber  SSerorbmtng  beS  P.  Olioer  SRanare  »er« 
boten;  berfelbe  pabe  ade  ^Beiträge  für  bie  Steinigung  ber  Scpulen  unterfagt.  SDer 
SlegenS  fülle  adeS  auS  ben  Strafgelbern  unb  ben  Überfd^üffen  ber  fßromotionSgelber 
beftreiten  1. 

SllS  ein  SJIittel  jur  görberung  oon  Unterricht  unb  ©rsiepung  betrachtete  man 
fortgefept  bie  SSermenbung  ber  fßäbagogen,  b.  p.  ber  Begleiter  unb  ^nftruftoren  ber 
reicheren  Sdfüler.  $n  äöien  hotten  noch  1650  ade  abeligen  «Schüler  fßäbagogen, 
bie  Stubenten,  entmeber  ^uriften,  fdtebijiner,  St^eorogen,  ^3^ifofopf)en  ober  auch 
Slpetorifer  maren  unb  bie  Schüler  jur  Schule  unb  oon  ber  Sdfule  nach  §uufe 
begleiteten2.  £$n  SJIitncpen  mar  eS  Sitte,  baff  bie  fßäbagogen  einigemal  im  ^alfre 
jufammengerufen,  ihnen  bie  Stegein  erllärt  unb  Slmoeifungen  über  bie  ©rsiepung 
ihrer  Schüblinge  gegeben  mürben.  P.  Staber  fepreibt  als  fßräfeft  beS  SJIüncpener  @pm- 
nafiumS  jum  5.  Januar  1625:  Stach  ^er  ©onntagSüefper  pabe  i<h  fßäbagogen 
berfammelt  unb  ermahnt,  bah  bo<h  Unfchulb  ihrer  Schüblinge  behüten  unb 
feben  Slnftoff  burch  fcplecpteS  33eifpiel  meiben  fodten;  ich  pa&e  ipuen  ©trafen 
oorgeftedt,  bie  baS  ©üangelium  bem  SlrgerniSgeber  anbropt.  @S  mareit  fo  oiele 
fßäbagogen,  bah  fm  ben  gangen  §örfaal  ber  Sogif  füdten3.  GüS  mirb  auch  ermähnt, 
bah  bie  fJ3äbagogen  §ugleicb  mit  ihren  Schülern  oom  ^Sräfeften  jitfammengerufen 
mürben  unb  eine  Srmapnung  erhielten4.  Sßäbagogen,  bie  fich  ferner,  5.  33.  burdj 
Stachtfchmärmen  unb  SErinfen,  oerfehlten,  üerloren  ihren  fjßoften5. 

Sehr  eingehenbe  ^nftruftionen  liegen  über  bie  fßäbagogen  in  SDtiinfter  Oor. 
SDort  mar  eS  alte  Sitte,  bie  fdjon  unter  Kerffenbroicp  beobachtet  mürbe,  baff  ade 
Schüler  entmeber  fßäbagogen  maren  ober  aber  ^ßäbagogen  unterftanben.  SDiefe  Sitte 
mnrbe  nach  ber  Qnftruftion  Oon  1616  be§ha^  beibehalten,  bamit  bie  Knaben  ju 
§aufe  fleihiger  ftubieren  unb  meniger  fich  auf  fon  ©troffen  herumtreiben;  ferner 
bamit  bie  fßäbagogen,  bie  fonft  megeit  SIrmut  bie  Schule  oerlaffett  mühten,  in  ben 
Stubien  fortfahren  unb  tüchtige  SJtänner  merben,  enblicp  um  fo  für  bie  oberen 
klaffen  eine  gröbere  Sdjülersapl  ju  fidjern.  ®ie  Sirmen,  bie  betteln  müffen  ober 
ben  fßäbagogen  baS  Honorar  (didactrum)  nicht  befahlen  fönnen,  finb  oon  biefer 
SSorfcprift  befreit.  ®ie  fßäbagogen  müffen  gleich  im  SInfang  beS  SdjuljapreS  ihr 
Sind  antreten;  fte  foden  mo  rnöglid)  ganj  ober  teilmeife  bie  Koft,  menigftenS  bie 
2öopnung  in  bem  £>aufe  ihrer  Sdjüplinge  erhalten.  Sin  bem  alten  (Gebrauch,  bah 
fein  fßübagog  opne  ©enepmigung  beS  SleftorS  eine  Stede  annehmen  barf,  ift  feft- 
jupalten,  um  leidster  Verführer  auSsufcplieffen,  für  bie  gaffungSgabe  ber  einseinen 
Scpüler  bie  fßaffenben  auSsumäplen  unb  fleiffigere  unb  oerbientere  fßäbagogen 
fepneder  ju  beförbern.  ®er  23emerber  put  bem  Sieftor  ein  ßeugniS  feines  SeprerS, 
feines  bisherigen  KoftgeberS  unb  mo  möglich  beS  fßräfeS  ber  SDIarianifcpen  Kon¬ 
gregation  beijubringen.  SSor  ber  Übernahme  beS  SlmteS  muh  fi<h  ^er  ^äbagog 
burd)  eigenpänbige  Uuterfcprift  Oerpflicpten,  bie  Siegeln  ber  fßäbagogen,  bie  er  ab* 
jufdjreiben  patte,  unter  Strafe  ber  ©ntpebung  oon  feinem  fßoften  genau  §u  be¬ 
obachten.  QebeS  SSierteljapr  müffen  bie  fßäbagogen  ein  oerfcploffeneS  unb  gefiegelteS 
ÜeugniS  ibreS  KoftgeberS  beibringen  über  Söoploerpalten  im  Slepetieren  unb  Stubieren, 
über  auferbaulicpen  fittfamen  £>anbel  unb  SBanbel  im  £>aufe  unb  brauffen;  über 


1  ®öln,  ©tabtardjiD  U  IX  685,  3.  £1.  £)ort 
aud)  Eingaben  über  bie  ©atäre  be§  ShiftoS  unb 
Sd)Iie&cr§  um  biefe  3eit. 

2  *  Difficultates  circa  erectionem  scholarum 

in  Domo  Professa  Viennae  1650,  Sr  6.  Austr. 

Fund.  II  ‘218.  3  *  Diarium  Monac.  1625. 


4  *  Consuetudines  generales  Gymn.  Mona- 
censis  1630.  Clm  1550,  f.  198  ff.  SSflI.  3.  Slob. 
1604. 

5  *  Diarium  Gymn.  Monac. ,  2.  3<m.  1630. 
Über  bie  Segeln  ber  SOtündjener  iPnbagogen  ngl. 
33b  I,  ©.  271. 


Sa»  ©hmnafiunt:  Päbagogen.  —  Seljrer. 


521 


33ermeiöung  oon  nädjtlidfem  ?tuSget)en,  ®artenfpiet  unb  Seicfjtfertigfeit.  £>ie  $et)Ier 
ber  ©dfjupefofjlenen  gu  §aufe  roerben  ber  ©djute  angegeigt  unb  oon  ber  ©djute 
geftraft.  ^Serben  oon  ben  Knaben  bie  päbagogen  wegen  Xrunffudjt,  näcfjtlid^en 
StuSgehenS  unb  S8erfiif)rung  mit  53emeifen  angegeigt,  bann  gefjen  bie  Knaben  fet&ft 
ftrafloS  aus.  Sinigemat  im  Qafjre  mirb  ber  fßräfeft  ben  päbagogen  bie  Siegeln 
crftären,  fie  unterweifen  im  Umgang  mit  ben  Knaben  unb  fie  befonberS  oor  ben 
bamatS  üblichen  Grobianismi  warnen 1.  ®ie  oben  ermähnten  Siegeln  für  bie  )ßäb> 
agogen  in  SOiünfter  ftammen  auS  bem  ^aljr  1605.  ®arin  mirb  twr  altem  bie  äJtacfjt 
beS  23eifpietS  betont.  ®ie  päbagogen  müffen  burcf)  ihren  gteifj  ifjre  ©djitplinge 
gum  gteifje  anfpornen,  müffen  fiel)  oor  größeren  gestern  hüten  unb  in  Söort  unb 
£at  SSürbe  geigen.  SDiit  ben  Sefjrern  ihrer  ©cf)ütztinge  fotten  fie  in  ftetem  33erlet)r 
fein,  bamit  fie  fo  beffer  ben  Knaben  Reifen  fönnen.  23ei  ben  Hausaufgaben  tonnen 
fie  befjilftief)  fein,  aber  nicf)t  fo,  bafs  baburd)  bie  Srägfjeit  geförbert  mirb.  $ur 
beftimmten  3^it,  81/*  ober  8V2,  gehen  fie  gugleic^  mit  ben  ©d)ütern  gur  Smutje  unb 
ftetjen  5  Uf)r  ober  früher  auf.  Sie  müffen  auf  fteifjige  unb  faubere  Hau§ar^e^en/ 
auf  Verrichtung  beS  SJtorgem  unb  StbenbgebeteS  achten,  ©ittfamfeit  unb  Sieinticf)!eit 
in  ber  Reibung  fetbft  beobachten  unb  üott  ihren  ©Gütern  forbern2. 

(5S  gab  aud)  ©tubenten,  welche  bei  mehreren  ©ctjütern  gugteidj  bie  ©teile  eines 
päbagogen  oertraten  unb  biefelben  in  ifjren  ©tubien  übermalten.  Stad)  einer  ©tif= 
tung  in  SOiünfter  üom  Qatjre  1633  foHten  gmei  arme  ©tubenten  für  je  geljn  arme 
©tubenten  „Paedagogia  Oermatten";  biefe  beiben  betamen  bafür  jährlich  jeber 
20  SieidjStater.  ®a  bie  ßafjt  gef)n  aber  ben  Sefu^en  3U  öiet  erfc^ien,  mürbe  bie 
Stiftung  fo  geänbert,  bah  20  arme  ©djüter  oerfdjiebenen  päbagogen  gugeteitt  mürben, 
bie  bafür  baS  entfprecfjenbe  ©tipenbium  erhielten.  SZur  ©cfjüter  beS  ©tjmnafiumS 
burften  päbagogen  merbeit;  mürbe  jemanb  aus  ber  ©cf)ute  enttaffen,  fo  muhte  er 
aud)  bie  ©tette  atS  ^ßäbagog  aufgeben.  9ftan  mottte  baburcf)  üer^inbern,  baf;  oer- 
borbene  Güemente  oon  ben  ^oftgebern  weiter  unterhalten  mürben.  Stucf)  fottte  baS 
Honorar  nicht  gang  am  Stnfang  beS  ^afjreS  begahtt  werben,  bamit  nicht  päbagogen 
Knaben  annähmen  unb  nachher  im  ©tief)  tiefen,  nadjbem  fie  ben  Knaben  baS  @etb 
betrügerifdhermeife  „aus  ber  9?afe  gegogen".  SBie  bie  eingetnen  ißäbagogen,  fo  blieben 
auch  bie  ißriüatfitentien  ber  Stuffidjt  beS  $taffentef)rerS  unb  beS  $ßräfeften  beS 
ßfpmnafiumS  unterftetlt :  wollten  bie  Gütern  fidj  biefen  Veftimmungen  nicht  fügen, 
mußten  ihre  ©ohne  bie  ©djute  oertaffen.  Seiber  tarn  eS  aud)  in  fünfter  oor,  bah 
bie  päbagogen  fo  eine  2trt  „päbagogifctjen  HauSfnedjt"  fpieten  muhten;  ein  Vürger 
oertangt  unter  anberem,  bah  fr  er  Sßäbagog,  falls  eS  nötig  fei,  ben  Ofen  angiinben, 
bei  2ifch  aufmarten  müffe  ufm.3 

£>aS  ©cf)ulhatten,  befonberS  baS  Unterrichten  am  ©pmnafium  galt  gu  biefer 
3eit  atS  etwas  überaus  Saftiges  unb  Hartes,  frßr  ©tanb  ber  ©pmnafialtetjrer  mar 
Oeradhtet4.  £)er  Qefuitenfeinb  ©cfjoppe’SlManber  macht  fidh  luftig  über  bie  Qefuiten 
atS  Sehrer  ber  ^ugenb,  fie  mürben  babei  nur  finbifdj  unb  gern  närrifcf).  Scholasticus  — 


1  3Bortlaut  bei  §.  Seppe,  Päbagogen  unb 
Präzeptoren  am  ©pmnafium  zu  Plünfier,  in 
geftfehrift  bei  ©pmnafiuml  124  ff;  pg[.  113  ff. 

2  SEBortlaut  ebb.  126  f;  pgt.  117  f. 

3  @bb.  115  ff  119.  2lud)  bal  SRünchener 
Siarium  beftagt,  bafj  manche,  auef)  reiche  ©Item 
ben  päbagogen  nur  SPohnung  unb  Soft  geben 
unb  bafür  aufjer  ber  beftänbigen  £>ut  ihrer 
Äinber  noch  oielel  anbere,  zuweilen  auch  fnech“ 
tifche  Strbeiten  Perlangen.  *  Diarium  ad  ann. 

1624.  3lnbermärt§  ging’§  noch  fd)Iimmer.  ©0 e> 


niu§  fchreibt  (äRagbeburg  1630):  „Sie  Sitern 
roüten  gegen  bie  Präzeptoren,  wenn  ihre  Sin= 
ber  mit  bet  6d)ulbi3ziplin  ettoa§  hart  am 
gefahren  werben,  fchtagen  bie  Präzeptoren  manch-- 
mal,  bah  ein  frommer  Präzeptor  barüber  in 
Sebcn^gefahr  gerät."  Sh 0 lut,  3ttabemifche§ 
Sehen  188. 

4  Pgl.  bie  Suffernngen  oon  Seipziger  Sehrern 
00m  ^ahre  1631  unb  1634  bei  Dtto  Äaetw 
mel,  ©efd).  bei  Seipziger  Schulmefen!  (1909) 
105,  St.  5. 


522 


SIdjteS  Äapitet.  ©tymnafien  unb  Uniberfitäten. 


fo  fagt  er  —  est  animal,  quod  ab  omnibus  deridetur,  ein  Sd)utfuch§  ift  ein  Stier, 
beffen  jebermann  lachet.  SManber  gibt  baburd),  fo  antwortet  gorer,  menigftenS  ju 
erfennen,  ma§  e§  für  ein  mühfetigeS,  arbeitfameS  SDing  fei,  mit  ber  unruhigen,  un< 
bänbigen,  mutmiüigen  nnb  befonberS  biefer  $eit  meiftertofen  $ugenb  Qahr  unb 
umgeben,  großen  ©eftanf  unb  Unluft  ftetig  babei  entnehmen  unb  öerfdjtuden,  um 
auSfprechtiche  ©ebutb  in  bcren  Untermeifung  unb  Stbftrafung  üben1. 

Sftan  brauet  ficf)  barum  nid^t  ju  nermunbern,  menn  befonberS  ^riefter  anbere 
93efd)äftigungen  bem  Sdjuthatten  norjogen.  ^n  einem  Stunbfchreiben  be§  ©eneratä 
(Earrafa  notn  28.  Quti  1646  mirb  beSf)a!b  gemahnt:  StacI)  bem  allgemeinen  Söunfcf) 
ber  ^atre§  ber  testen  ©eneratfongregation  füllen  ftd)  aucfj  bie  ißriefter  bem  ©pmnafiat* 
unterridjt  mibmen.  5Die§  ift  um  fo  münfcf)en§merter,  at§  e§  fid^  ja  beim  Unterricht 
um  ein  ber  ©efettfcfjaft  eigentümliches  Stmt  honbett,  ba§  üon  ben  anbern  Orben  meift 
ber  ©efettfcfjaft  übertaffen  bleibt.  ©emiff  ift  bie  Slrbeit  im  SDienfte  ber  (Schule  eine 
harte  unb  fetjr  fdfjmierige,  aber  ba  fich  fo  öiele  um  bie  Sßette  anbieten,  ihr  93 tut  in 
Qnbien  ju  üergiefjen,  fo  hoffe  ich,  baff  fich  fiele  nietben,  bie  Sd)ute  mit  ihrem  Scfjmeihe 
ju  begießen,  um  fo  für  ein  tangbauernbeS  üftarttjrium  bie  fö’rone  ju  erringen,  bie 
gmar  nicht  fo  föftticfj  in  ben  Stugen  ber  äftenfcfjen,  mofjt  aber  ebenfo  gtänjenb  in  ben 
Stugen  ber  (Snget  ift.  (Earrafa  münfcfjt  beSfjatb  bringenb,  bah  fich  atte  für  biefe 
herrliche  Stufgabe  begeiftern,  unb  mie  für  Qnbien,  fo  auch  für  biefeS  mühereidje  StrbeitS» 
felb  niete  ^Sriefter  fich  freimittig  metben.  SDiefeS  Schreiben  brachte  ber  oberrheinifdje 
ißroninjiat  ©ertjarb  Raufen  am  26.  Oftober  1647  in  ber  uadjbrücftidjften  SSeife  in 
(Erinnerung 2. 

2Bie  bamatS  bie  Seljrer  auf  bie  (Erziehung  einmirften,  hat  21tf)anafiu§  $ircfjer 
in  feiner  Setbftbiographie  banfbar  anerfannt,  bort  mo  er  non  feinem  Stufenthalt  an 
bem  Qefuitenghmnafium  in  gutba  (ca  1612 — 1618)  erzählt.  „5111er  (Eifer  im  Stubieren 
unb  ba§  auf  Stneignung  ber  Söiffenfcfjaften  gerichtete  Streben  ift  üergebenS  unb  fanit 
©ott  auch  nicht  mohfgefättig  fein,  menn  e§  nid^t  mit  mahrer  grömmigteit  unb  StuS» 
bitbung  be§  ©emüteS  nerbunben  ift.  $cfj  muh  batjer  bie  mahrhaft  üon  ©ott  ge» 
leitete  SSorfidfjt  meines  93ater§  bemunbern,  ba  er  mir  fotche  Sefjrer  unb  fotchen  Umgang 
gab,  bie  e§  mir  möglich  malten,  beibeS  ju  nerbinben.  P.  Johann  Stttind:3  au§ 
ber  ©efettfcfjaft  Qefu,  mein  Sefjrer  in  ben  nieberen  Staffen,  ein  üfftann,  höchft  erfahren 
in  ber  fd)mierigen  Stufgabe,  bie  Qugenb  nicht  btoh  gum  eifrigen  Streben  nad)  miffen» 
fchafttichen  S^enntniffen,  fonbern  auch  nad)  grömmigfeit  unb  ©ottfeligfeit  anjuteiten, 
mar  einzig  barauf  bebadjt,  baff  ich  meinen  (Eifer  für  bie  Stubien  mit  bem  für  bie 
retigiöfen  Übungen  nerbinben  möchte.  2)enn  er  lieh  feine  SBodje  nerftreichen,  in  ber 
er  mich  nicht  anhiett,  mein  ©emiffen  burd)  bie  heilige  93eicht  ju  reinigen,  unb  fo 
oft  e§  bie  93orfd)riften  ertaubten,  mich  burch  (Empfang  be§  heitigften  StttarSfaframenteS 
ju  ftärfen.  Stuherbem  nerhütete  er  auf  alte  ÜEßeife,  bah  ich  burdj  ben  Umgang  mit 
fcfjtedjten  ÜDUtfcfjütern  nerfüfjrt  mürbe.  SDeSfjatb  mottte  er,  bah  i<h  midh  nur  fotchen 
$ameraben  enger  anfdjtiehe,  metche  gleid^e  latente  unb  Neigungen  mie  id)  hotten 
unb  fich  burch  fehr  groben  (Eifer  in  (Erfüllung  ihrer  retigiöfen  Pflichten  au^eicfjneten. 
SOiefe  berief  er  hie  unb  ba  einzeln  ^u  fidh  unb  ermahnte  fie  auf  ba§  einbringtichfte, 
bie  Safter  ju  ftiehen,  bie  ©otteSmutter  ju  üerefjren,  fich  ber  Stugenben  ju  befleißigen 
unb  baS  Sehen  ber  Zeitigen  fidh  gunt  SJtufter  ju  nehmen.  ®urcf)  biefe  prinaten 
Unterrebungen  entftammte  er  un§  jumeiten  fo  fehr,  bah  toir  nichts  anbereS  ju 


1  fgorer,  2lnti=2Manber  253  f.  in  gulba,  ^fjitofopfjie  in  SBürjburg  lehrte,  bann 

2  *  Cod.  Bamberg.  I  47  f.  Srucf  Ratio  stad.  fpäter  9teftor  in  DSnabriicf  unb  93eid)toater  be§ 

III  63  ff.  93ifd)of§  ^ranj  Sßilfjelm  non  SBartenberg  mar. 

3  @3  mirb  P.  Sof).  Slltindf  au§  ©röningen  ßr  ftarb  ju  ÜJtünfter  am  26.  2tprit  1652.  SJgl. 

fein,  ber  1608  in  fötiinfter  eintrat,  Humaniora  oben  S.  89. 


2)ie  ünibcrfität.  $!)ilofop^ie:  9Jtetljobe. 


523 


münfcpcn  fcpienen  alg  einjig  bag,  mag  auf  (Sott  nb§iert.  Unb  fürmapr,  i cp  fann 
^ter  niept  üerfcfjtüeigen,  roelc^  grofje  Söemeife  feiner  fürforglicpeit  Siebe  mir  ©ott  gab, 
ba  er  mir  bie  ©nabe  berliep,  bafj  icp  tnicp  unaufhörlich  mit  ©tubieren  ober  mit 
Übungen  ber  grömntigfeit  befcpäftigen  fonnte,  unb  jtoar  mit  fo  großem  ©ifer,  baff 
idh  alteg,  morauf  Knaben  SSert  jit  legen  pflegen,  verachtete."  1 

Slucp  für  bie  ißpilofoppie  mar  an  ben  beutfcpen  ^efuitenfcputen  im  grofjen  unb 
ganzen  bie  ©tubienorbnung  mafjgebenb.  Ücach  einer  Slufjeicpnung  aug  bem  gapre 
1617  mürbe  um  biefe  geit  im  SSiener  ®otleg  in  fotgenber  SSeife  ißpilofoppie  bojiert. 
ÜÖJorgeng  biftierte  ber  ^ßrofeffor  oon  8  big  9,  bann  repetierten  bie  ©tubenten  a/2  ©tunbe 
bag  ®iftat.  Um  72 10  mar  h^Iige  SDfeffe.  üftacpmittagg  biftierte  ber  fßrofeffor 
mieberum  oon  2  big  3,  non  3  big  4  repetierte  einer  unb  jmei  machten  (Sinmürfe. 
©amgtagg  mar  bie  öffentliche  Disputation  von  x/22  big  a/24  Upr.  (Sin  ©tubent  oer* 
teibigte  bie  gefcpriebenen  STpefen.  monatliche  SDigputation  bauerte  einen  ganzen 
£ag,  unb  alte  brei  ^Srofefforen  mußten  mit  alten  ipren  tpörern  teilnepmen;  morgeng 
7 — i/alO  unb  nadpmittagg  J/22 — 4.  9Zur  folcpe,  bie  bie  Ütpetorif  gut  abfotüiert, 
mürben  jur  ißpilofoppie  gugelaffen 2. 

37acp  bem  Consuetudinarium  ber  rpeinifcpen  ißrotiinj  Vom  gapre  1628  mar  bie 
von  bem  SSifitator  gerb.  Silber  beftimmte  Drbnung  in  Übung.  SJZorgeng  unb  nacp* 
mittagg  maren  je  jmei  ©tunben  SSortefungen.  ©amgtagg  mitrbe  einige  geit  auf  bie 
Äatedpefe  öermanbt.  gn  ben  £>unbgtagen,  bie  nach  SJiaria  ütßagbalena  beginnen, 
maren  gerien  für  bie  pöperen  ©tubien,  ebenfo  mar  frei  Oon  ißalmfonntag  big  Söeifjen 
©onntag.  ®ie  ©cplufjferien  bauerten  vom  30.  ©eptember  big  3.  9Zooember  ober  je 
nacp  ber  Sanbegfitte  big  jum  (Snbe  ber  Sßeinlefe3. 

®ie  33epanblung  ber  Sßpilofoppie  mar  bie  fdpolaftifdpe,  bie  fiep  auep  an  ben 
proteftantifepen  Unioerfitäten  immer  mepr  33apn  braep.  2Sie  an  proteftantifepen,  mürbe 
auep  auf  fatpolifepen  Unioerfitäten  geftagt,  bajj  mit  unnüjjen  ©pi^finbigfeiten  geit 
oertoren  gepe  unb  9?otmenbigeg  oerfäumt  merbe.  SDer  in  ißpilofoppie  unb  gurig* 
prubenj  tüdptige  gngolftäbter  fßrofeffor  ®afpar  SJians4  fpradp  fidp  über  einzelne  fünfte 
1648  in  einer  eigenen  ©eprift  mifjbilligenb  aug.  SOfanj  geißelt  bie  nieten  über* 
flüffigen  ©ubtilitäten,  mau  bteibe  gu  lange  bei  ben  Unioerfatien  unb  ißoffibilien 
pängen,  fomme  niept  jum  Sßraftifcpen  unb  ütiüpticpen.  ©in  ©eleprter  pflegte  ju  fagen, 
menn  er  bie  ißpilofoppen  bigputieren  pörte,  ob  ein  ©ngel,  ber  ein  f teineg  ©tücf 
Rapier  in  bie  fteinften  Deite  teilt,  enbtiep  an  ein  ©nbe  fomme:  Die  ©ngel  im  §immet 
taepen,  menn  fie  fepen,  rnetepe  Dorpeiten  mir  bepanbetn.  gep  glaube,  fie  taepen  niept 
allein,  fonbern  jürnen,  menn  geleprte  unb  oerftänbige  HJfänner  ipre  geit  fo  unnüp 
oergeuben  unb  injmifcpen  bie  0?atur,  beren  $enntnig  ung  jur  Siebe  ©otteg  entflammen 
fönnte,  niept  berüpren.  SSeiterpin  beflagt  SJfanj,  baff  oieleg,  mag  gur  Dpeologie 
gepöre,  in  ber  ^pitofoppie  trabiert  merbe.  gn  ber  ipppfif  merbe  über  bie  abfolute 
SJiacpt  ©otteg  unb  über  tpeologifcpe  ©epeimniffe  gepanbeit,  ber  menfeptiepe  Körper 
bagegen  faum  je  erflärt.  (Sr  meint,  bie  ^pilofoppie  müffe  fo  geleprt  merben,  bafj 
alle,  ber  SJiebijiner,  ber  gurift  unb  ber  Dpeolog,  für  ipren  93eruf  auep  praftifepen 
9Juj}en  paben  fönnten 5. 


1  9t.  ©eng,  ©elbftbiograpbie  be§  P.  9Itl)a= 
nafiu§  Stirerer  6  f. 

2  *Austr.  Fund.  II  435. 

3  *  Consuetudines  Prov.  Rhen.  1628. 

4  Über  Sütanä  ögl.  ©  p  e  dt)  t ,  SiUingen  334  f ; 

ißrantl,  ^ngolftabt  I  424  ff.  Über  pro* 
teftantifdje  üniberfitäten  Dgl.  iß  a  u  I  f  e  n  a.  a.  0. 
I2  478  f. 


5  Casp.  Manz,  Iudicium  super  illa  quae- 
stione,  utrura  dari  possit  melior  et  Christia- 
nae  pietati  conformior  modus  docendi  pkiloso- 
phiam  quam  sit  vulgaris  (4°  20  ©.),  s.  1. 
et  a.  5  ff.  3)ie  al§  9}tonuffrifit  gebruefte  ©dprift 
ift  beut  P.  SBoIfgang  ©raüenegg  S.  J.  getoibmet. 
Briefe  be§  9teftor§  ©erb.  3SeiI)eIin  Dom  gunt 
unb  Suü  1648  (*  Original  9)t.  9t.,  Jes.  1373, 


524 


2Id)te§  Kapitel,  ©pmnafien  unb  llniüerfitäten. 


2Bie  ÜJttang  feine  (Schrift  bem  früheren  ißrooingiat  Söotfgang  ©raoenegg  mibmen 
fonnte,  fo  mären  and)  onbere  Qefuiten  mit  ben  unnüfsen  ©ubtititäten  beim  Setriebe 
ber  fß^iiofo^ie  nidf)t  einoerftanben.  Qm  Qafjre  1639  fpracfjen  firf;  bie  fßatreS  ber 
oberbeutfcfien  QBroötitgtalfongregation  bat)in  au§,  baf)  bie  äftiffftänbe,  bie  fic^  bei  ben 
pf)itofopf)ifcf)en  Sortefungen  eingefdjtidjen,  ba§  £)afcf)en  nad)  ©ubtititäten  unb  ba§ 
StuStaffen  nü|Iicf)erer  fragen,  mögticfjft  gu  entfernen  feien 4  3ef)n  Qahre  fpäter  be* 
fdftofj  bie  oberbeutfcfje  Sroöin<$iatfongregation  (1649),  über  ben  ©tanb  ber  fßhitofophie 
unb  Geologie  bie  fotgenbe  ®Iage  ber  neunten  ©eneratfongregation  in  Som  gu  unter* 
breiten.  37ad)  ber  heutigen  SOZetfjobe  merben  ißf)itofopt)ie  unb  S^eotogie  nicfjt  mit 
Südfidft  auf  ben  öffentlichen  9?u^en  gelehrt;  bie  üornehmften  SJiffenSgmeige  merben 
burdf)  nufdofe  unb  fpi^finbige  fragen  üermirrt.  Die  Dheotogie  mirb  phitofophifd), 
bie  $f)itofopt)ie  ttjeotogifd)  oorgetragen.  907an  bleibt  bei  fteintidjen  unb  törichten 
©ubtititäten  hängen.  2öaS  ben  fpörern  mirftid)  nü|t,  mirb  als  QuiSquitie  oerachtet 
unb  übergangen.  Die  Autorität  beS  StriftoteteS  unb  Xt)oma§  fcffroinbet.  Die  fpörer 
bringen  aus  ber  Dheotogie  faum  etmaS  mit,  maS  ber  ®irdf)e  hilft,  maS  bientid)  ift 
gur  Sefämpfung  ber  tpärefien,  gur  Serteibigung  ber  ©taubenSfähe,  gur  fßrebigt  beS 
göttlichen  SöorteS.  (Sehr  grofj  ift  bie  ®lage  ber  mirftid)  ©ebübeten  gegen  biefen 
gu  einem  öffentlichen  Übet  fidf)  auSmachfenben  ÜDüfsftanb.  ©ange  DrbenSgenoffen* 
fcfjaften,  bie  uns  früher  gern  atS  Selber  gehört,  tegen  feinen  Söert  mehr  barauf. 
Die  üniüerfitätsprofefforen  brohen,  bie  $ßrofeffuren  anbern  gu  übertragen,  bei  metchen 
bie  tpörer  etmaS  lernen  fönnen.  Da  mir  bertei  täglich  hören  unb  fetten,  fo  müffen 
mir  bie  ©eneratfongregation  bitten,  menn  irgenbmo,  tper  forgfättig  gugufetjen,  bah 
bie  ©efettfdfaft  in  biefem  fünfte  feinen  ©ctjaben  teibe,  für  ben  eS  batb  feine  Reifung 
mehr  gibt2.  Qnfotgebeffen  empfahl  bie  ©eneratfongregation  bem  ©enerat  bringenb, 
für  Stbhitfe  gu  forgen,  ber  feinerfeitS  eine  befonbere  Qnftruftion  barüber  in  batbige 
SluSfidjt  ftettte. 

SS5ie  bie  $tage  über  baS  Überhanbnehmen  ber  ©ubtititäten  in  Deutfdjtanb  aud) 
an  proteftantifchen  Unioerfitäten  eine  allgemeine  mar,  fo  trifft  bieS  auch  gu  über  eine 
befonbere  5?tage,  nämlich  bie  Sernadjläffigung  beS  DegiteS  beS  2triftotete§ :  Stbirrungen 
in  ber  SDJethobe  unb  Sernadf)Iäffigung  ber  erften  duetten  gehen  eben  überall  tpanb 
in  tpanb.  SBährenb  oon  SIriftoteteS  öon  1531  bis  1587  in  Deutfchtanb  (bie  beutfcfje 
©cpmeig  eingefdjtoffen)  oier  griedjifdfe  Ausgaben  erfchienen  maren,  bauerte  eS  bis 
gur  nächften  griechifchett  StuSgabe  über  gmei  Qahrfjunberte  (1791).  ©d)on  1590 
beftagt  QSotpfarp  Sepfer,  bah  auf  ber  SBittenberger  ünioerfität  bie  ©djriften  beS 
StriftoteteS  göngtidf)  oernadfitäffigt  mürben3. 

Die  Qngotftäbter  ünioerfität  ftettte  am  3.  ©ftober  1612  bem  fpergog  9J7ajimitian 
oor:  bah  „öiet  aus  uns  fein,  metche  brei  ganger  Qat)r  ben  oöttigen  Cursum 
philosophicum  oon  ben  tperrn  Patribus  gehört,  aber  inner  fotcher  3eit  in  eines 
ffßrofefforen  Rauben  ben  Aristotelem  nie  gefehen,  oiet  meniger  benfelbeit  tefen  ober 
epptigieren  hören".  ©S  märe  gut,  menn  ein  tüchtiger  metttidjer  ißrofeffor  beftettt 
mürbe,  ber  befonberS  für  bie  Quriften  ben  StriftoteteS  tefe  unb  bie  oiet  gu  fubtiten 
Disputationen  ber  fßatreS  untertaffe,  befonberS  aber  bie  Diateftif  unb  ©efcf)id)te  in 
Stnpaffung  an  bie  ©rfenntniS  beS  9ffecf)tS  tefe4.  ©ine  Denffcfirift  ber  oon  Qefuiten 


f.  105  ff)  toenbert  fid)  fdjarf  gegen  biefe  ©cprift. 
Garrafa  t)“It  in  bem  93riefe  oom  8.  ?luguft 
1648  an  SBeiljelin  eine  furge  unb  befcpeibene 
SBiberlegung  ber  ©djrift  beS  Dr  Wanj  für  an* 
gebracht.  *  Original  Clm  26471.  SSgl.  50t  e» 
berer  a.  a.  0.  II  318 f  328.  iOtanj  geht  in§ 
anbere  Gjtrem,  inbent  er  bie  ißhhfif  für  bie  no- 
bilissima  pars  totius  philosophiae  hält  (ebb.  12). 


1  *Acta  Congreg.  Prov.  Germ,  sup.,  19.  ^juli 
1639,  f.  232. 

2  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  1649,  f.  457. 
Unterfchrift  Andreas  Brunner,  Secretarius. 
®gl.  ebb.  f.  459. 

3  ipanlfen  a.  a.  0.  I2  475  ff. 

4  ißrantl  a.  a.  0.  II  376  f. 


Sie  Uniüerfität.  iJRjüofobpie:  Slriftoteleei.  —  £anbbiid)er.  —  Stebetitionen.  —  Siäjiblitt.  525 

befehlen  artiftifcpen  fjafultät  ^atte  bagegen  fdjon  September  1611  fjeröorgefjobeit : 
ES  ift  befannt,  bap  alle  ^rofefforen  in  ber  ^ß^ifofopf)ie  feinen  anbern  Slutor  als 
StriftoteteS  erftären,  nnb  gmar  gemöpnlkp  erftären  fie  ben  2ept  felbft,  beüor  fie 
eingepenbere  Erörterungen  über  bie  Sacpe  anfteüen.  Sie  lehren  auf  bie  2Irt  unb 
SSeife,  tuie  fie  bereits  in  ber  gangen  Söelt  übticp  ift1. 

®ie  Slriftotetesfrage  mürbe  am  19.  Quti  1642  auf  ber  oberrpeinifdjen  ißrobingiat' 
fongregation  üerpanbett.  Einige  ^Srofefforen,  fo  mürbe  perüorgepoben,  beriidficptigen 
gegen  bie  Sieget  ben  Sejt  beS  SlriftoteteS  nicpt,  inbem  fie  eS  für  iiberflüfftg  galten, 
auf  beffen  Erftäruug  3U  öermenben.  ES  mürbe  beSpatö  bie  Qrage  aufgemorfen, 
ob  bie  Kongregation  ben  Eenerat  bitten  fotte,  bie  ^Beobachtung  biefer  Siegel  als 
meniger  notroenbig  gu  erftären.  SDie  SDiajorität  fpracf)  ficfj  gegen  eine  fotdje  Sitte 
auS,  eS  fei  fein  Erunb,  üoit  ber  Siegel  abgumeichen,  metcpe  bisher  bie  meiften  fßro* 
fefforen  ber  ^Sroöing  beobachtet  hätten,  im  Eegenteit  füllten  bie  Obern  auf  beren 
Seobadjtung  bringen 2. 

®aS  Tteptbud)  beS  SlriftoteteS  mürbe  oietfacp  burch  (panbbücper  oerbrängt.  SltS 
§anbbncp  ber  SDiateftif  erfreute  fiep  baS  Sud)  oon  Qonfeca  gropen  SlnfepenS.  Qm 
17.  Qaprpunbert  trat  an  beffen  Stelle  baS  Kompenbium  beS  befgifchen  Qefuiten 
SDu  STrieu.  SiteüeSdji  fcpreibt  am  25.  üOiärg  1617  an  ben  rheinifchen  ißroüingiat 
Eopper:  2BaS  baS  fürglich  in  Setgien  erfcpienene  Kompenbium  ber  SDiateftif  beS 
P.  S^ttipp  ®u  £rieu  angeht,  fo  fehe  ich  feinen  Erunb  gegen  beffen  Einführung, 
menn  eS  für  bie  Sdjüter  Qprer  ^ßrobing  nüptidjer  ift  als  bie  Qnftitutionen  beS 
P.  Qonfeca;  bap  aber  bagu  Erftärungen  ben  Schülern  biftiert  merben,  hatte  ich  für 
burdjauS  untunlich 3.  SaSfetbe  ^anbbud)  mürbe  aud)  in  ber  oberbeutfi^en  Sßroüing 
gebraudjt4.  Unter  bem  29.  Oftober  1642  berichtet  baS  ®iarium  ber  artiftifchen 
Qafuttät  gu  Qngotftabt:  2)er  Sogifprofeffor  begann  an  Stelle  beS  Qonfeca  ben  ^5^ilipp 
S)u  Strieu  gu  erftären  unb  nadj  einer  neuen  SRetpobe  bie  fßpitofoppie  oorgutragen 
auf  Eepeip  beS  ^Srot)inginI§  Sßotfg.  Eraüenegg5. 

Sieben  ben  monattidjen  unb  möcf)enttichen  Disputationen  unb  Scputrepetitionen 
famen  auch  ön  einigen  Unioerfitäten  nodj  i^rioatrepetitionen  auf,  mie  g.  S.  in  Qngot- 
ftabt.  Qm  ÜRooember  1624  patten  arme  Stubenten,  meift  QSptjfifer,  bie  an  ber  Sforte 
beS  KoIIegS  gefpeift  mürben,  ben  ißtan  gefaxt,  eine  tägliche  Siepetition  untereinanber 
anguftetten.  ®er  Sieftor  beS  KottegS  bemitXigte  ipnen  gur  befferen  Seitung  einen 
£peotogen.  Qm  Saufe  ber  Qapre  traten  anbere  Stubenten  auS  ber  Stabt  bei.  Um 
größeren  Siupeit  gu  ergieten,  mürben  üerfcpiebene  Eruppen  gebitbet,  unb  jebe  erpiett 
einen  £peotogen  ober  ißpitofoppen  aus  ben  Sdjotaftifern,  ber  bie  in  ber  Sdjute  be= 
panbetten  SRaterien  prioatim  mit  ipnen  mieberpotte.  ®iefe  fepr  nüpticpe  Eemopnpeit, 
mie  ber  Stnnatift  fie  nennt,  btieb  über  baS  Qaprpunbert  pinauS  beftepen6. 

S)ie  Sepanbtung  ber  fßpitofoppen,  ja  gumeiten  auch  ber  Speotogen  mar  nietfad) 
bie  ber  Epmnafiaften,  befonberS  an  ben  Slnftatten,  mo  bie  ißpitofoppie  bem  Epmna* 
fiunt  angegtiebert  mar  unb  feine  Unioerfität  beftanb.  So  maren  nad)  ben  SRüncpener 
Consuetudines  üon  1630  bie  ^ßf)ilofoppen  unb  bie  Xpeotogen  ben  Epmnafiatgefepen 
untermorfen.  Qiir  eine  einmatige  Stbmefenpeit  mupte  eine  Krone  Strafe  begaptt  merben. 


1  *  Original  ÜDt.  U.  T.  17. 

2  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  1642  II  277. 

Ser  SSerfatl  bed  ariftotelifd)en  ©tubiuml  mar 
barnatS  auch  auf  ben  proteftantifdjen  llniberfi* 
täten  allgemein  unb  batiert  fd)on  üom  ßnbe 

be3  16.  SabrbunbertS.  Oiidpt  nur  bie  SluSleger 

be§  2lriftoteIe3,  fonbcnt  and)  bie  Sejte  beS 

2lriftotete3  unb  i)3lato  üerfdjmanben  au§  beit 


Slubitorien ;  au  beren  ©teile  traten  ;panbbüd)er 
unb  SluSjiige.  ®gl.  Spolud,  Ser  ©eift  ber 
Iittljerifdjen  Sljeologen  S3ittenbcrg§  im  17. gabr-- 
fjunbert  (1852)  56. 

3  *  Orig.=3teg.  Ad  Rhen. 

4  Ratio  stud.  II  242  280. 

5  *  Acta  Facult.  Artist.  Ingoist.  9Jt.  U.  014. 

6  Me d  e r  e r ,  Annales  II  239  f. 


526 


Std)te§  Kapitel.  ©tjmnafien  unb  Uniüerfitäten. 


gür  größere  ©elilte  trat  bie  Kargerftrafe  ein.  Söurbe  einer  aug  ber  ©djute  augge« 
fcfjloffen,  fo  bat  man  beit  ©tabtoberricf)ter,  benfelben  aud)  aug  ber  ©tabt  gu  üermeifeit, 
bamit  fein  Umgang  nicht  fdfiabe 1.  gebruar  1630  txmrben  gmei  ©fjeologen  in  ben 
karger  geftedt,  bie  an  einer  öffentlichen  ©angbeluftigung  teilgenommen  ober  gugefdjaut 
hatten;  einer,  meldjer  fid)  meigerte,  bie  ©träfe  angutreten,  mürbe  entlaffen.  Quni 
1630  erhielten  gmei  Theologen  Karger  megen  fortgefepter  Berfäumnig  ber  ©d)ule  unb 
Kirche.  21m  1.  ©egember  1631  erhielt  ein  ©Ideologe  *^e  ©ntlaffung  megen  fortgefepten 
©rinfeng  unb  9iad)tfdjmärrnerei.  21m  18.  ^uni  1638  manberten  neun  ©peologen  unb 
Sogifer  in  ben  Karger,  meil  fie  fiel)  oerfdjmoren,  bie  ©djule  nidjt  gu  befucf)en.  21m 
10.  äftärg  1638  mußten  gmei  Sogifer  megen  Prügelei  auf  ben  Boben  fnien.  ©ie 
furcht  üor  ber  humi  sessio,  bie  oont  ^ßrooingial  alg  ©träfe  für  bie  Sogifer  beftimmt 
morben,  hält  Diele  im  ßaume,  Tagt  bag  Diarium2.  2(f)ntidj  mar  eg  in  SGSien  (1617). 
9äemanb  burfte  bemaffnet  bie  ©chule  betreten;  bie  plumati,  bie  gebern  auf  bem 
£>ute  trugen,  mürben  in  ber  ©chule  nicht  gebulbet.  §erumfcf)märmen  in  ber  S'iadjt 
mürbe  ftreng  beftraft.  giir  gufpätfommen,  Berfäumnig  ber  Borlefung  ohne  (Sntfcfjul* 
bigung,  unbefdjeibeneg  unb  fredjeg  Benehmen  in  ber  ©d)ule  mürben  folgenbe  ©trafen 
angemanbt:  bie  klaffe  reinigen,  fnienb  beten  oor  beit  ©djülern,  bie  gange  Borlefung 
fnienb  fchreiben.  ©dimere  Vergehen  mürben  härter  beftraft,  Uuüerbefferlidje  entlaffen 3. 

(Sine  oft  unb  lange  oerl)anbelte  güage  betraf  bie  ©auer  beg  philofophifdjen 
©tubiumg,  ob  ein  gmei-  ober  breifähriger  Kurg  üorgugief)en  fei.  ©ie  rheiiüfdje 
Brooingialfongregation  beriet  am  31.  9Kai  1622  eingehenb  barüber,  ob  bag  brei» 
jährige  ©tubium  ber  $ßhtf°jophie,  bag  an  ben  meiften  rheinifdjen  Kollegien  mit  2tug> 
nähme  oon  Köln  beftanb,  nicht  in  ein  gmeijährigeg  gu  oermatibeln  fei.  (Sg  fei  für  bie 
Bljeinlanbe  guträglidjer,  biefeg  ©tubium  auf  2J/4  3ahr  gu  üerfürgen,  meil  burdh 
bie  Sänge  beg  ©tubiumg  unb  bie  ©rohe  ber  Soften  manche  fich  gur  Bedjtgmiffen- 
fdjaft  ober  gu  augmärtigen  21fabemien  menbeten,  unb  fo  mürben  gerabe  bie  tüdjtigften 
©chüler  ber  ©djule  eutgogen.  Bei  bem  breijäfjrigen  Kurg  habe  auch  bie  Sänge  ber 
Serien,  auf  melche  bie  ©tubenten  bei  einem  fchnelleren  Verlauf  gern  öergidjteten, 
erfahrungggemäh  fdjäblid)  eingemirft.  (Sine  grofje  SDtajorität  fprad)  fich  baf)in  aug, 
ben  ©eneral  um  bie  Berfürgung  auf  24/4  3al)r  Su  bitten,  ©ie  Kongregation  miffe 
gmar,  bah  öon  Born  mieberholt  bie  Beibehaltung  beg  breijährigen  Kurfeg  oerlangt 
morben.  ©ie  Konftitutionen  fchrieben  bie  brei  $af)re  nur  für  bie  Unfrigeu  oor,  bie 
Unfrigen  müßten  aber  fo  mie  fo  bie  Bh^0f°Phie  mieberholen  unb  bafür  fönne  ber 
noch  übrig  bleibenbe  ©eil  beg  britten  ^ahreg  oermanbt  rcerben;  gubem  fei  bie  ßafjl 
ber  Borlefungen  an  ben  Orten  mit  bem  Biennium  ebenfo  grofj  ober  noch  größer  alg 
bort,  mo  bie  brei  3ahre  mit  ihren  gröberen  Serien  beftänben4. 

3n  bem  (Gutachten,  meldjeg  bie  Kongregation  bem  ©eneral  überreichen  lieh, 
roerben  biefe  ©rünbe  noch  näher  auggeführt.  Unter  anberem  mirb  betont:  ©ie 
meiften  Bljeinlänber  üermenben  nach  Sanbegfitte  gegen  neun  big  gehn  3af)re  auf 
bie  humaniftifdjen  ©tubien  unb  motten  bann  auf  bem  fiirgeften  Söege  gu  ihrem  gadj- 
ftubium,  9ted)tgmiffenfdjaft,  üütebigin  ufro.,  gelangen.  $n  ©ouai,  Sömen  unb  Köln 
fommt  man  mit  gmei  fahren  gerabe  fo  meit  mie  anbergmo  mit  brei  3ahren-  ®on 
benjenigen,  bie  in  ber  rheinifdjen  ißrooing  bag  ©riennium  anfangen,  harrt  faitnt  ber 
fünfte  ©eil  aug,  unb  bag  finb  meift  ©tipenbiaten  ober  21rme,  gum  ©chaben  für  nufere 
Bh^ofophie,  bie  fo  üon  ben  21beligen  unb  beffer  geftellten  ©tubenten  oerlaffen  mirb. 
2Benn  bie  Konftitutionen  bag  ©riennium  oerlangen,  fo  gilt  bag  befonberg  oon  Säu¬ 
bern  mit  heihem  Klima,  mo  ebenbeghalb  häufigere  unb  längere  Serien  unb  meniger 


1  *  Diarium  Gymn.  Monac.  Clm  1550,  f.  200.  3  *Austr.  Fund.  II  485. 

'  *Sbb.  4  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  1622  II  20. 


Sie  Uniöerfität.  ^ilofop^ie:  Sriennium  ober  SBiennium. 


527 


©djulftunben  notmenbig  finb.  Diacp  ber  17.  Siegel  be§  ^proöinjialS  fte^t  e§  biejem 
frei,  an  ©cpulen  für  5tugmärtige  ein  gmeijäprigeg  ober  breijäprigel  ©tubium  ber 
^pilofoppie  anjuorbnen. 

Sitedegcpi  antmortete  am  31.  Sejember  1622,  er  mage  in  einer  fo  mistigen 
©acpe  nicpt  oon  ben  ^onftitutionen  unb  ber  beftänbigen  ^ra;ri§  feiner  Vorgänger 
abjugepeit;  er  poffe  aber,  bap  au§  bent  treuen  @5eporfant  fein  ©cpaben,  fonbent 
groper  üftupeit  entfielen  merbe,  tnie  ja  ber  blüpenbe  ©tanb  ber  Kollegien  trop  ber 
gefdjilberten  S^ac^teite  bie§  bi^fjer  bemiefen.  üßicpt  au§  ber  3apl  ber  Sorlefungen 
allein  fei  bie  SDauer  beg  Wurfes  ju  bemeffen,  fonbern  aucp  aug  ber  ßeit  unb  ÜDtupe, 
meldje  für  eine  folibe  ©rfaffung  fo  oieler  unb  fo  fcpmieriger  Materien  notmenbig  fei 1 II. 

Stuf  ber  oberbeutfdjen  ^robinjialfongregation  bont  ^apre  1639  mürbe  am 
20.  $uli  bie  grage  öerpanbelt,  ob  ntan  bie  ber  polnifcpen  ^robinj  erteilte  Erlaubnis, 
ba§  breijäprige  ppilofoppifcpe  ©tubium  in  ein  jmeijäprigeg  ju  oerfür^en,  aucp  für 
bie  oberbeutfcpe  Sßrobinj  erbitten  folle,  befonberg  an  ben  Orten,  too  feine  ©cfjolaftifer» 
feminare  fid)  befänben.  ©d)lieplidj  entflieh  man  fiep  bafür,  alleg  beim  alten  %u 
laffen.  Stenn  eg  gepe  jept  fcpon  ein  beträc£)tricf)er  Steil  beg  Strienniumg  an  bie  Serien 
berforen,  bie  nidfjt  berfürjt  merben  fönnten.  SBenn  man  ben  ©toff  in  jmei  Qa^re 
gufammenpreffe,  leibe  bie  (Srünblicpfeit.  Söürbe  ba§  Striennium  nicf)t  überall  ab» 
gefcpafft,  fo  bürften  bie  Uniberfitäten,  beren  Sorlefungen  unfere  ©djolaftifer  hörten, 
halb  feer  fiepen,  benn  alle  mürben  bortpin  gepen,  mo  fie  ein  ^apr  geminnen  fönnten. 
Sftatpematif  unb  (Stf)if  Ratten  burcp  bie  Serfürjung  befonbern  ©cpaben,  ba  feine  $eit 
mepr  für  fie  übrig  bleibe.  SDie  Seifpiele  aug  ^Belgien  unb  ^ranfreicp  bemiefen  nicptg. 
SDort  (in  granfreicp)  merbe  bie  ^SE)ilofopf)ie  in  einem  jmeijäprigen  ®urg  auf  bem 
©pmnafium  borgetragen;  in  Belgien  aber  feien  bie  ©cpüler  überbürbet,  ba  jebe 
Stigjiplin  gmei  ^Srofefforen  fjabe,  mag  bei  ber  9Zot  ber  beutfcpen  Kollegien  feine  @r» 
feidjterung  bringen  mürbe2. 

Söenige  $apre  fpäter  brängte  aber  fö'urfürft  üüiapimilian  eutfcpieben  auf  einen 
jmeijäprigen  $urg.  St>er  Sörief,  in  meinem  er  bieg  forberte,  oerurfacpte  93iteüe§cf)i 
grope  Sefümmernig.  Qn  feiner  Slntmort  bom  27.  ^uni  1643  bat  Sitellegdji  ben 
^urfürften,  bie  ©egengrünbe,  melcpe  P.  Seröau;r  entmideln  merbe,  gnäbig  andren 
SU  motten.  ©offte  er  bann  auf  feinem  Söunfcpe  beftepen,  fo  merbe  trop  aller  ent» 
gegenftepenben  ©cfjmierigfeiten  bemfelben  entfproepen  merben3.  @leicf)§eitig  manbte 
fiep  93iteEe§cf)i  an  Serüau£  mit  ber  Sitte,  er  möge  bem  ^urfürften  bie  (Srünbe  aug» 
einanberfepen,  megpalb  ber  ©eneral  unb  feine  Stffiftenten  ben  Söunfcp  nicpt  fogleid) 
erfüllt  pätten.  Sor  allem  fei  eg  ber  flare  SSortlaut  ber  ^onftitutionen,  bie  menigfteng 
brei  $af)re  oertaugten4,  baran  hielten  fid)  audj  alle  Qefuiten  in  Italien,  ©panien, 
Portugal,  Steutfcplanb,  ^olen  unb  Snglanb.  Qn  Selgien  unb  bem  größten  Steil  bon 
granfreiep  müßten  fiep  bie  ^atreg  ben  ©emopnpeiten  ber  bortigen  Uniberfitäten  an¬ 
paffen,  meil  fonft  bie  ©cpüler  augblieben.  ©obann  pabe  man  in  Selgien  bie  ^ßpilo» 
foppieprofefforen  berboppelt  unb  bie  Sorlefungen  auf  fünf  ©tnnben  täglicp  erroeitert; 
baraug  gepe  flar  perbor,  mie  fepmer  eg  fei,  bie  ganje  ^ßpilofoppie  in  jmei  $apren 
ju  botlenben.  ferner  fönnten  bei  ber  ©emäprung  ber  Sitte  auep  anbere  dürften 
in  ^eutfiplanb  unb  $ßolen  baSfelbe  für  ipre  Slfabemien  berlangen,  unb  e§  märe  bann 
fd)mer,  bie  Sorfcprift  ber  ^onftitutionen  aufrecht  ju  patten.  SDritteng  fei  bie  3U= 
fammensiepung  für  ben  ßmed  be§  Äurfürften,  bap  bie  ©tubenten  fd)nelter  unb  billiger 
ju  ben  ^adl;ftubien  ber  SUfebi^in  unb  ber  iRedjtgmiffenfcpaft  fämen,  niept  notmenbig. 


1  *  ©bb.  II  22  38.  Sie  17.  Siegel  be§  $ro-  2  *Congr.  Prov.  Germ.  sup.  1639. 

üiitjialS  in  ber  ©tubienorbnuncj  Ratio  stud.  3  *  Orig.-SReg.  Ad  Externos. 

II  242.  4  Const.  P.  4,  c.  15,  n.  2  unb  Lit.  B. 


528 


§td)te£  Äajutel.  ©tjmnafien  unb  Uniberfitäten. 


2)afür  fei  ja  fc^on  burdf)  bie  öorigjäfjrige  Verorbnuitg  bes  ßurfürften,  bie  aucf;  in 
Übereinftimmung  mit  ben  Verfügungen  bei  ©eneratg  fei,  borgeforgt,  infolge  berer 
in  ben  erften  jmei  $af)ren  bie  ben  Sflebijinern  unb  Quriften  mefjr  notmenbigen 


MVNDVM  TRADIDIT  DI.SPVTATIONI  EORVM  icci.m 


Ho  ■*  5EX DILKVM  * 

puo  d 

IN  ELECTOPAIi  YMVEP5ITATE  ING  OL  5TAEHENSI 

Philofophic*r  Di  fputatiom  PropoTuit 


111 AC  (3N.DIQ^(MAö/5AEMG™ 

I  LMBOINFRANSIE1NEFNEGGETMALCHINGETC. 

^  METATHVSICES  SjyDtOSVS  J 

P\leodegapio  HEKTENSTEIN  SOC.IESV  äm 

II  PHlLOSOPfflA  FBOrESTOBE  OKDINAMO.  jf  . 


INGOLSTADII 
ro  christi  mpcxxxvt 


titel  eines  3nplftabtev  2:fjefeii5etteIS  über  bag  ©cdjgtogettierl. 

Stid)  bon  SBoIfgang  Stlian  1636  (s/3). 


iUi aterien  ber  Sogif  unb  fßf)t)fif  getefen,  bie  fdjmierigeren  unb  mefjr  ben  Sfjeologeit 
bienenben  fragen  au§  ber  SDleta^fif  auf  ba§  britte  Qafjr  berfcfjoben  mürben  \  3Rit 


i  *  an  ©rcibenegg,  21.  3an.  SBihtfd&en  bei  Surfürjlen.  $ie  oberbeutföe 

1642:  ber  ©eiteral  cntfpridjt  fcereittbiöig  ben  5ßrobinjiaI!ongregation  bom  Qult  1642  batte 


2)ie  Unioerfität.  Rheologie:  .gabt  unb  Slrt  ber  SBorlefuitgen.  —  2)ogma. 


529 


beit  gmei  erften  Qaßren  ßätten  bie  Rtebiginer  unb  fünften  genug,  ba§  britte  .Qaßr 
fei  aber  für  bie  Geologen  burdjaug  notroenbig.  Qn  graufreid)  ßabe  man  an  einer 
Stfabemie,  mo  nad)  ber  Sanbegfitte  ber  ätueijä^rige  Kurg  eingefütjrt  mar,  bie  Slug* 
beßnung  auf  brei  $aßre  gemünfdjt  unb  erlangt,  meil  nad)  Slugmeig  ber  (Srfaßrung 
ein  fo  furgeg  ^ßilofopßieftubium  für  bie  Geologen  niefit  genügte.  SDegßalb  müßten 
bort  ade  Qefuiten,  bie  in  bett  öffentüdjen  ©djulen  nur  gmei  ;Qaßre  gehört,  für  ficß 
nodj  ein  britteg  Qafjr  ßören.  ®ag  merbe  aucß  für  ®eutfcßlanb  beftimmt  merben 
müffen,  menn  ber  Kurfürft  auf  feinem  SBunfd)  ber  3ufammengießung  beharre 1.  Qn« 
folge  biefer  Rorfteditng  ftanb  ber  Kurfürft  ooit  feinem  Verlangen  ab,  mofür  ißnt 
SSite£te§cf)i  am  8.  Sluguft  1643  in  ben  märmften  Slugbrüden  feinen  SDanf  abftattete2. 

SDte  Xßeologie  mürbe  nad)  mie  üor  in  üier  Qaßren  abfotoiert.  Racß  bent 
rßeinifcßen  Konfuetubinarium  oom  $aßr  1628  lafen  in  ber  Geologie  gmei  ißrofefforen 
täglich  üormittagg  je  eine  ©tunbe;  1/i  ©tunbe  mar  Repetition;  nacßmittagg  mar 
Söieberßolung  gu  §aufe  (repetitio  domestica).  2)ie  bogmatifcßen  Rorlefungen 
mußten  ade  ßören,  bie  Rorlefung  über  bie  ^eilige  ©cfjrift  bie  Geologen  beg  britten 
unb  oierten  Qaßreg,  bie  Rloral  bie  beg  erften  unb  gmeiten  Qaßreg.  ®agu  fant  nod) 
für  bie  STßeologen  beg  gmeiten  Qaßreg  Ipebräifd)3. 

35ie  fcßolaftifcße  £ßeo!ogie  mußte  im  SDreißigjäßrigen  Kriege  an  mehreren  Orten 
aufgegeben  merben.  2)ie  oberr^einifc^e  ^roüingialfongregation  beriet  am  19.  $uli 
1642  bariiber,  ob  man  fie  mieberbeginnen  fülle.  ®ie  Kongregation  fpracf)  fid)  bafür 
aug,  unb  gmar  entmeber  gu  SRaing  unb  SBürgburg  gugleicß  ober  an  einem  ber  beiben 
Orte.  ®ie  Rottage  ertjeifdje  gmar  bie  Unterbrechung  noch  für  mehrere  $aßre,  aber 
bie  oft  geäußerten  Söünfcße  ber  dürften  unb  Prälaten  unb  bie  ©efaßr,  baß  nidjt 
anbere  Orbengleute  bei  längerer  ßögerung  uitfere  Katßeber  einnäßmen,  fpräcßen  für 
bie  SBieberaufnaßme  biefer  Rorlefungen 4. 

Sllg  SDefan  ber  tßeologifcßen  gafultät  gu  Qngolftabt  ßat  ficß  P.  Slbatn  Scanner 
lebhaft  für  bie  ißrofeffur  ber  Kontroüerfe  auggefprodjen.  Unter  bem  12.  SDegember 
1605  füßrt  er  in  bem  ®iarium  ber  gafultät  aug,  bie  fcßolaftifdje  Geologie  fönne 
in  üier  ^aßren  üon  gmei  ^Srofefforen  gang  gut  üottenbet  merben,  ein  britter  ^rofeffor 
ber  fcßolaftifcßen  Sßcologie  fei  nur  eine  gegenfeitige  23eßinberung  für  bie  geitige 
Rollenbung  beg  ©toffeg,  mäßrenb  ein  eigener  fßrofeffor  ber  Kontroüerfe  üöttig  frei 
gleicßfam  außer  ber  Orbnung  üorangeßenb  bie  fcßolaftifcße  Xßeologie  nur  förbern 
fönne.  2)ie  (ärfaßrung  ßabe  aud)  gegeigt,  baß  bie  britte  ^Srofeffur  ber  fcßolaftifcßen 
Sßeotogie  faft  feine  gußörer  ßabe.  Slug  alten  biefen  ©rünben  begrüßt  er  bie  neue 
^ßrofeffur  ber  Kontroüerfe  in  ^ngolftabt  unb  münfcßt  fegengreic^eg  ©ebeißen5. 

2)ie  ^eilige  ©dßrift  mürbe  nicßt  überall  ßinreicßenb  gemertet6.  Söieberßolt 
gelangten  Söünfdje  nad)  Rom,  baß  man  größere  ©orgfalt  auf  bie  ^eilige  ©cßrift 


bem  ©enerat  öorftetten  laffert :  Stuf  SBunfd)  be§ 
Kurfürften  SUtai'imitian  bat  ber  ©enerat  ge= 
ftattet,  in  gngotftabt  bie  Strt  uitb  SSeife,  bie 
fßbitofopbie  äu  bojieren,  etma§  ju  änbern,  näm* 
tief)  bie  fd)toierigeren  fragen  in  bie  OJtetapbPfif 
ju  üerroeifen  unb  Sogit  unb  Sßbbfif  ju  türmen. 
$er  ©enerat  bat  bie§  um  fo  lieber  bemiltigt, 
toeif  e§  ber  ©tubienorbnung  mehr  cntfpridjt. 
®ie  Kongregation  bittet  nun  ben  P.  ©enerat, 
tierantaffen  jn  motten,  bab  bie  übrigen  beutfeben 
Slfabemien,  mo  unfere  fßrofefforeu  lehren,  bie= 
fetbe  Siornt  befolgen,  bamit  auch  in  biefem 
©tuet  bie  ©inbeittiebfeit  gemabrt  merbe.  SSiteP 
Ie§d)i  geftattete  bie  Stnberung  für  bie  ober* 
beutfebe  fjlrooinä  unb  befahl  bem  fßroüinäiat, 
S)u^r,  ©efdjicfjte  ber  3efuiten.  II. 


bie  bon  ber  fprobinj  gemünfcbjte  Sinbeitlicbfeit 
burebäufübren.  *  Original  Acta  Congr.  Prov. 
1642  II  262  f.  fügt,  fßrantt,  Unioerfität 
Sugotftabt  1  438. 

1  *  Drig.*9teg.  Ad  Germ.  sup. 

2  *  Drig.=9teg.  Ad  Externos. 

3  *  Consuetudines  Prov.  Rhen.  1628. 

4  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  1642  II  277. 

5  *Matricula  coli,  theolog.  Ingoist.,  SOI.  ®. 
III  112,  22  f.  $er  neue  fjlrofeffor  mar  ber  au3 
©djlefien  berufene  Dr  Stbam  ©erid. 

6  Sluffatteub  ift,  bafj  and)  an  proteftantifeben 
llnioerfitäten  im  17.  gabrbunbert  bie  ^eilige 
©ebrift  hinter  ber  Sogmatit  mehr  unb  mehr 
jurüdtrat;  um  bie  OOIitte  beg  Sabcbonbertg 

34 


530 


2lcf)te3  Kapitel.  ©qmttQfien  utib  Uniberfitäten. 


bermenbe.  Vei  ber  Vifitation  beg  SDiüinger  ®ollegg  ÜDfai  1616  mürbe  bem  Ißro- 
feffor  ber  ^eiligen  ©cprift  bringenb  empfohlen,  bie  borgefcpriebeite  Materie  gu  boll- 
enben  unb  nicpt  Bei  einem  Kapitel  gu  lange  Rängen  gu  Bleiben;  aucp  foCle  man  beit 
Spefen  ber  Xpeologie  bie  eine  ober  bie  anbere  aug  ber  ^eiligen  ©cprift  bei¬ 
fügen *  i.  ®ie  rpeinifdpe  ißrobingialfonfregation  oom  Qapre  1625  liefe  bem  ©eneral 
Vebenfen  borlegen  gegen  eine  Verfügung  ber  Vorlefungen  über  bie  ^eilige  ©cprift 
auf  1/2  ©tunbe.  Einige  paben  bagegen  geltenb  gemalt,  meil  bi§per  bie  ^eilige 
©cprift  in  ben  meiften  Kollegien  eine  ©tunbe  innegepabt,  merbe  bie  Verfügung  auf 
Vs  ©tunbe  in  ©eutfdplanb  loeniger  erbauen,  fomopl  megen  ber  ^roteftanten,  bie 
ben  ^atpolifen  oormerfen,  bafe  fie  in  ben  Vorlefungen  mit  Vernacpläffigung  ber 
^eiligen  ©cprift  bei  fpinöfen  fragen  pängen  blieben,  alg  aucp  megen  ber  ©cpüfer, 
bie  burcpgepenbg  für  bie  Vorlefung  in  ber  ^eiligen  ©cprift  nicpt  befonberg  begeiftert 
finb  unb  um  fo  raeniger  fic^  bafür  ermärmen,  menn  fie  miffen,  bafe  aucp  bie  Obern 
fie  nicpt  pocp  anfcplagen.  ®ie  Slntmort  beg  (Seneralg  lautete,  man  möge  fiep  an 
bie  ©tubienorbnung  palten;  fei  bie§  aber  megen  beg  Vraucpg  ber  ißrobing  ober 
aug  befonbern  ©rünben  nicpt  möglicp,  möge  man  ipm  näperen  Vericpt  einfenben2. 

21m  21.  2Iuguft  1627  mapnte  ber  (General  ben  öfterreiepifepen  ißrobingial  2)om- 
brinug,  er  möge  bei  feiner  Üfücffepr  nadp  (55ra§  barauf  aepten,  ob  für  bie  SSorlefung 
ber  ^eiligen  ©cprift  pinreiepenb  geforgt  fei;  einige  meinen,  fie  merbe  burep  bie  Ver¬ 
legung  auf  ben  ÜUacpmittag  unb  bie  Verfügung  auf  1/2  ©tunbe  grofeen  ©cpabeit 
erleiben3,  $n  ^ngolftabt  mürbe  nadp  ber  Vifitation  ber  Unioerfität  im  Qapre  1642 
beftimmt,  bafe  niemanb  gum  Sigentiat  ober  SDoftorat  ber  Xpeologie  gugelaffen  merben 
foüe,  ber  nicpt  gmei  $apre  bie  ^eilige  ©cprift  gepört  pabe4. 

gür  bag  miffenfdpaftlicpe  ©tubiunt  ber  ^eiligen  ©cprift  ift  bie  görberung  beg 
pebräifcpen  unb  ©riecpifcpen  eine  Sebengfrage.  ®urg  nadp  bem  £obe  21quaüioag 
erging  oon  SDeutfcplanb  aug  eine  SDenffcprift  nadp  fHom  über  bie  görberung  beg 
pebräifcpen  unb  ©rieepifdpen.  gaft  alle  ©eleprten,  fomopl  augmärtige  alg  ^efuiten, 
flagen  bei  iprer  fftücffepr  aug  9iom  nadp  SDeutfcplanb  nidpt  opne  unfern  ©cpmerg 
unb  Vefcpämung:  ®ag  ©tubium  ber  pebräifcpen  ©praepe,  melcpeg  unfer  peiliger 
Vater  Qgnatiug  in  feinen  ^onftitutionen  unb  P.  21quaüioa  in  ber  reoibierten  ©tubien¬ 
orbnung  ber  ©efellfdpaft  fo  fepr  anempfoplen,  liege  an  feiner  ©tubienanftalt  ber 
©efellfdpaft  fo  fepr  banieber  mie  am  römifepen  Kolleg,  melcpeg  mir  bodp  alg  gernein- 
fame  ÜDfutter  unb  alg  Vorbilb  unferer  ©tubien  mit  feiecpt  anerfennen.  ®ag  gilt 
nic^t  allein  bon  ben  augmärtigen  ©tubenten,  fonbern  aucp  bon  unfern  ©cpolaftifern, 
bie,  mag  fepr  gu  Bebauern,  bie  pebräifcpe  ©tunbe  gu  91om  ungern  pören  unb  mäprenb 
ber  Vorlefung  anbere  ®inge  treiben  ober  aucp  fanft  einfcplummern.  ©o  ift  eg 
nicpt  gu  bermunbern,  bafe  bon  ben  bielen,  melcpe  gu  9iom  in  fo  bielen  Qapren  bie 
pebräifcpen  Vorlefungen  gepört,  nur  fepr  menige  ein  ©pegimen  eineg  aucp  nur 
mittelmäfeigen  gmrtfcpritteg  gegeben  paben.  ®agu  fommt,  bafe  biele  bon  ben  Zög¬ 
lingen  beg  Kollegium  ($ermanifum,  melcpe  in  ber  ©eelforge  unter  päretifern  ber- 
meilen,  jefet  erft  merfen  unb  fcpmerglidp  empfinben,  bafe  ipnen  bie  pilfe  biefer 
©pradpe  gegen  bie  gtinbe  ber  ®ircpe  abgept.  3)iefe  geringe  ©orge  für  bag  pebräifcpe 
berminbert  bie  2tcptung  ber  ©efeUfdpaft,  bringt  allmöplicp  aucp  gur  ^enntnig  ber 
päretifer,  fdpabet  enblicp  baburdp  nicpt  menig  ben  ©tubien  in  ben  anbern  fßrobingen, 
bafe  man  fiep  fein  ©emiffen  baraug  madpt,  biefeg  ©tubium  gu  bernaepläffigen,  melcpeg 
in  9fom  an  ber  pauptlepranftalt  beg  Orbeng,  mie  man  fo  oft  pört,  felbft  bon  ben 

war  bie  Sj-egefe  an  manchen  biefer  Unitierfi-  2  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  1625  II  54. 

täten  faft  gang  gefdittmnben.  Sljoluf,  SIfa-  3  *Drig.-9teg.  Ad  Austr. 

bemifdfjeS  Seben  104.  4  *Matricula  coli,  theolog.  Ingoist.,  ©. 

1  *  Visitationes  coli.  Dillingen.  III  11  2,  99  f. 


2>ie  llnitierfität.  Geologie:  ^eilige  Schrift.  —  ipebräifd).  —  $ürd)engefd)id)tc.  531 


Unfrigcn  oernadjtaffigt  toxrb.  ©S  roirb  beStfatb  ein  großes  SSerbienft  um  bie  gange 
©efellfd^aft  fein,  menn  ber  ©enerat  burdffept,  baf)  bie  fjebräifdfe  Sprache  gu  Stont 
ben  ißtaf}  unb  gleicfjfant  bett  Slang  erlfätt,  ber  ben  fö’onftitutionen  unb  ber  ©tubien* 
orbnung  entfpridjt,  unb  bie  übrigen  ißroüingen  ber  ©efettfdfaft  ficf)  an  bem  @ifer 
beS  römifdjen  ®oltegS  ein  Seifpiet  nehmen  fönnen.  ©otange  baS  nic^t  gefc^iefjt, 
finb  ade  Semiif)ungen  aufferfiatb  SlomS  oergebenS,  wie  bie  ©rfaffrung  jo  oieler 
3af)re  gelehrt  tjat1. 

®er  rl)einifd)e  ißrotüngiat  ©opper  brang  $uti  1618  fet)r  auf  baS  ©tubiurn  beS 
^pebräifdjen  unb  bie  SßieberfierfteUung  ber  fjebräifdjen  Stfabemie  für  bie  Xfjeotogen 
beS  britten  unb  bierten  QalfreS2.  SDlefirfacf)  mürbe  ber  Serfucf)  gemacht,  bem  fo 
fühlbaren  SJtanget  eines  tüchtigen  ^ebräifcfien  SeyifonS  abgufjetfen.  Qcf)  freue  mid), 
fo  fcfireibt  SitetteSdffi  am  22.  Januar  1622  an  ben  ißrobingiat  ©renging,  baff 
P.  ©eorg  ^olgfjap  mit  ber  Stbfaffung  eines  f)ebräifcf>en  £ej;ifonS  betraut  ift  unb 
berfelbe  ben  Stuftrag  gern  übernommen  tjat.  SJtödjte  ber  gute  ^5ater  biefeS  SSerf 
gtüdtidfer  bottenben  als  feine  übrigen  Sßerfe!3 4 

Studj  ber  SJtanget,  ber  in  ber  gu  geringen  Söerücffid^tigung  ber  $ircf)engefd)id)te 
tag,  mürbe  fefjr  empfntiben,  unb  eS  fefjtte  nid)t  an  Serfudjen  gur  Stbffitfe.  ®agu 
gehört  ber  fcfjott  früher  ermäfinte  5Serfucf)  ber  ©rricfjtung  eines  fird)enf|iftorifd)en 
©eminarS  in  SDÜindfen1. 

SDie  erfte  $unbe  finbet  fidfj  in  einem  Briefe  beS  ©eneratS  Stquabiba  bom 
11.  gebruar  1612  an  ben  ißroöingial  SEfjeobor  SufaeuS,  in  rneldfem  er  fcfireibt, 
baff  P.  2)eder,  ber  in  feine  Sroüing  gurüdfelfre,  bie  SBünfcfje  in  Setreff  ber  ©in* 
ridftung  ber  Stfabemie  für  &'ird)engefcf)id)te  überbringen  merbe.  SttS  Segteiter  Ifabe 
er  bemfetben  ben  P.  SartfjotomäuS  SiaminuS  gegeben,  ber  fd)on  lange  bortjer  für 
biefe  Übung  beftimmt  morben  fei.  2)ie  Stfabemie  möge  aud)  bem  P.  ©retfer  empfohlen 
merben,  ber  biefetbe  fefjr  förbern  fönne5.  Stuf  biefeS  @cf)reiben  begiefjt  fid)  Stquabiba 
in  einem  meiteren  Sriefe  bom  7.  ^uti  1612  an  SufaeuS:  er  tjabe,  mie  bereits 
früher  mitgeteitt,  befc^Ioffen,  in  berfdjiebenen  Sßrobingen  Stfabemien  für  bie  Unfrigen 
einguridf)ten,  beren  ©toff  bor§ügticf>  bie  ®irdjengefdt)icf)te  fein  fotte;  er  empfehle  bie* 
fetbe  bon  neuem.  SufaeuS  möge  ernfttid)  feinem  ÜHadjfotger  (ÜDletdfiior  gartet)  anS 
^per§  legen,  baff  bie  Stfabemie  im  nädfften  Oftober  beim  ©dfitlbeginn  ifjren  Stnfang 
nefjme.  ®ie  ©djmierigfeiten,  bie  gmeifetfoS  anfangs  aus  ber  Serufung  bon  iJ3er* 
fonen  gu  biefem  gmed  entftänben,  müßten  burdfauS  übermunben  merben6.  ©obalb 
bann  SufaeuS  atS  Sifitator  in  SBien  angefommen,  empfahl  ifjm  Stquabiba  bie  Slfa* 
bemie,  bie  if)m  fefjr  am  bergen  liege,  nodjmalS  in  ber  bringenbften  SBeife:  „SBie 
in  Setgien,  fott  aud)  in  Oberbeutfd)tanb,  unb  gmar  gu  SJtündjen,  ber  Stnfang  ge* 
macf)t  merben;  unb  bamit  bie  grud)!  um  fo  reicffer  unb  aud)  biefen  ^ßrobingen  (Öfter* 
reicf))  gu  gute  fomme,  fo  münfcf)e  id),  baff  @m.  §od)mürben  gmei  ober  brei  auS 
ber  öfterreidfjifd^en  Sro^n5/  toelc^e  für  biefeS  ©tubium  geeignet  finb,  nad)  9)tüncf)en 
fenben,  bie  bort  auf  Soften  ifjrer  ißrooing  leben  unb  in  biefe  gurüdfefjren  nacf)  Stb* 
tauf  ber  ßeit,  metdfe  für  biefe  ©tubien  beftimmt  mirb."7 


1  *  Oriflinal  Codex  de  ratione  studiorum 
1582 — 1613,  488.  2)te  ilberfd)rift  De  excitando 
Studio  linguae  Hebreae  et  Graecae  ift  üon 
ber  §anb  bc§  P.  gerb.  Silber. 

2  *Memorialia  coli.  Mogunt.  1617 — 1626. 

3  *Drig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

4  93b  I,  S.  652. 

5  *Orig.*9ieg.  Ad  Germ.  sup.  ®iefe  9Bünfd)e 

9lquabioa§  finb  niebergelegt  in  ber  Ratio  in- 

stituendi  Academiam  ecclesiasticam.  $iefelbe 


finbet  fid)  banbfdjriftlid)  unter  papieren  ber 
ißrofuratoren  in  9Jt.  9t.,  Jes.  51.  ®rud  in  ber 
3eitfdjrift  für  fatbol.  Sljeologie  1910,  743  f. 

6  *  £>rig.=9teg.  Ad  Germ.  sup.  jtljeobor  93u* 
faeu§  mar  eben  pm  Stifitator  ber  öfterreidjifdjen 
ijtrobinä  ernannt  morben.  Slquabioa  an  93u* 
faeuä,  30.  guni  1612. 

7  *  Drig.*9teg.  Ad  Austr.  ®ie  Ratio  insti- 
tuendi  beftimmt  al§  Drt  gngolftabt  ober 
9Jtünd)en. 


34* 


532 


SIdjteS  Kapitel.  ©pmnafien  unb  Unioerfitäten. 


®te  Stfabemie  trat  wirftid)  £erbft  1612  in  fDriindjen  in§  geben,  war  aber 
leiber  nur  non  furjer  ®auer.  2öa§  wir  batwn  wiffen,  i[t  in  ^o^em  ©rabe  geeignet, 
unfer  Qntereffe  ju  erregen.  Sine  fReifje  oon  ©utadjten,  barunter  aud)  fold^e  oon 
^Teilnehmern  an  ber  Stfabemie,  bie  um  Oftern  1613  an  ben  ©eneraf  gefanbt  würben, 
oerbienen  beS^atb  93eacf)tung.  Stnfang  füttärj  1613  betont  P.  fßeter  ©ottraw  in 
feinem  Veridjte  an  ben  ©enerat  bie  großen  ©dfwierigfeiten,  wetdje  fid)  bei  ber 
Stfabemie  in  2ttünd)en  ergeben  haben:  eg  fefjte  an  Verfebr  mit  ©etetjrten,  am  3U* 
gang  ju  ben  oerfcf)iebenett  Vibliotbefen  unb  an  anbern  ^ilfgmittetn,  bie  Varoniug 
unb  Vedarmin  jur  Verfügung  gehabt;  einige  wollten  nur  bie  .fpauptfebwierigfeiten, 
anbere  alte  ©cbwierigfeiten,  bie  fid)  bei  einer  ^rage  geigen,  be^anbett  wiffen.  $ie 
fütettjobe  bei  ber  Vel)anblung  biefer  fragen  fönne  fefjr  öerfcf)ieben  fein:  man  föitne 
nad)  Strt  oon  Stnnaten  für  bie  einzelnen  Qabre  bie  einzelnen  fragen  in  ©efdjidjte 
unb  SDogma  befjanbetn,  bag  werbe  manche  SIrbeit  unb  oiete  3af)re  forbern,  man 
fönne  aud)  nad)  2trt  ber  Sftagbeburger  ^enturiatoren  für  bie  einzelnen  Qafjr^unberte 
bie  ©efdjidjte  ber  ^ärefien,  ber  Verfolgungen,  be§  ®ogma§  be^anbetn,  ^ier  ergebe 
fid)  biefetbe  Arbeit  unb  $eit;  eine  anbere  9JJetf)obe  fei,  irgenb  einen  £>äretifer  burd)- 
gunef)men  unb  im  einzelnen  gu  wibertegen  ober  Srgängungen  gu  Varoniug  unb 
Vedarmin  gu  geben.  Stt§  gang  befoitberg  wichtigen  fßunft  betont  ©ottraw:  wir 
müffen  notwenbig  einen  Seiter  (Praeses)  haben,  ber  oottftänbig  oon  jeber  anbern 
Strbeit  frei  unb  ein  tüchtiger  praftifcf)er  ©elefjrter  ift,  bei  bem  bie  anbern  in  if)ren 
Zweifeln  fid)  9iat  unb  £>iffe  boten  föniten1. 

SDag  ©utad)ten  beg  P.  3°f)-  9Jfocquetiu§  empfief)(t  at§  befonberg  geeignet  eine 
fpftematifdje  äöibertegung  ber  ^rrtümer  in  ben  fOiagbeburger  genturiatoren,  öon  fonen 
aud)  mand)eg  gu  lernen  unb  mandjeS  ©ute  gu  entnehmen  fei2.  9Zifofaug  ©att 
fdfreibt:  unferer  Academia  ecclesiastica  haben  Wir  bisher  biefe  ÜOZetbobe  Oer* 

folgt.  ®ie  oerfd)iebenen  ©djriftfteder  finb  unter  ung  fünf  fßatreg  fo  gur  Sefung 
oerteilt  worben :  ber  erfte  bat  bie  Briefe  ber  fßäpfte,  fö'ongilien  ufw.,  ber  gweite  bie 
tateinifd^en,  ber  britte  bie  gried^ifcfien  SSäter,  ber  oierte  bie  §iftorifer,  ber  fünfte  bie 
|)äretifer.  Qn  ^er  wöd^entticfjen  ^onfereng  werben  mehrere  fc^wierige  fragen  oor> 
gelegt,  darüber  referiert  jeber  au§  ben  oon  ihm  getefenen  ©ebriftftedern,  eg  finb 
oietfaef)  mehr  £befen  unb  Vebauptungen  afg  SSeweife.  SSiet  beffer  wäre  eg,  nur  eine 
wichtige  $rage  gu  bebanbetn,  gu  welcher  jeber  fchrifttich  bag  SDZateriaf  aug  ben  oon 
ihm  ftubierten  Autoren  beigubringen  hätte;  biefe  Veiträge  müßten  bann  burd)  fpätere 
gelegentliche  gunbe  ftetg  erweitert  werben.  Sin  anbereg  ÜDZitgfieb  ber  Stfabemie, 
©eorg  ^olg^at).  Sieget  unb  ^ebraift,  bringt  im  ^ntereffe  ber  praftifefjen  Verwertung 
auf  febrifttidbe  Stbfaffung  ber  aug  ber  $ird)engefd)id)te  unb  @efcf)i(f)te  ber  ®ogmen 
unb  Qrrtebren  gewonnenen  fRefuttate.  ©einem  flache  entfpredjenb  befürwortet  er  ein 
ßurüdgeben  auf  bag  9Zeue  STeftament3. 

Sin  furgeg,  aber  fef)r  gebiegeneg  ©utaebten  gibt  P.  gapmann,  ber  bamats  in 
9)Züncben  ÜDtorat  bogierte.  P.  gapntann  giebt  in  großen  $ügen  einen  umfaffenben, 
fdjarf  umriffenen  fßtan,  üermeibet  eg  aber,  auf  bie  ©cf)Wierigfeiten  ber  SDetailaugfiihrung 
eingugeben,  welche  in  ben  übrigen  ©utadjten  breiten  fftaum  einnehmen.  Sapmattng 
©ebanfen  finb  biefe:  Qebem  ÜDritglieb  ber  Stfabemie  wirb  eine  beftimmte  OiteIIen= 


1  *  Driginat.  $iefe§  unb  bie  folgenbeit  ©ut< 
ad)ten  in  Codex  de  ratione  studiorum  1582 
big  1613,  f.  519—530. 

2  Sn  ber  Ratio  instituendi  tnirb  betont,  au§ 

ben  Statoren  fotle  aüe§  notiert  toerben,  quae 
usui  aliquando  futura  atque  ad  refellendam 
praecipue  Magdeburgensium  Centuriatorum 


aliorumque  Novatorum  mendacia  censebuntur 
opportuna. 

3  Sn  bem  Elogium  oom  Snpre  1646  toirb 
^oläpob  a\§  SDtitglieb  ber  Slfabemie  bejeiepnet, 
quae  contra  liaereticos  olim  Monacliii  insti- 
tuta  fuit,  ad  quam  nisi  eruditissimus  nemo 
assumebatur.  SJt.  9{.,  Jes.  1961/«. 


2>ie  Unioerfität.  Geologie:  $ird)engefd)id)te. 


533 


gruppe  gu  eigenem  ©tubium  attgemiefen,  fo  baß  bie  §auptgue£ten  ber  f)iftorif(f)en 
Jßeotogie  aufgcteitt  merben.  Stile  acfjt  Jage  finben  gemeinfame  Befpredjungen  ftatt. 
Ja  foIXen  bie  fragen  beftimmt  merben,  bereu  Söfung  atg  näd^fte  Stufgabe  erfc^eint. 
9Ran  oermenbet  brei  Jage  auf  bie  Söfung  ber  fefigefteCtten  fragen,  brei  meitere 
Jage  auf  bag  ©tubium  ber  gugemiefeneit  ©d^riftfteEter.  J)ie  fragen  folten  chrono» 
togifd)  aufeinanber  folgen,  ein  ^ahrtfunbert  nad)  bem  aitbern  burdjgenommen  merben. 
^nnerfjatb  beg  Qa^r^unbertS  befürmortet  Saßmann  eine  fac^ticfje  Unterabteilung, 
nad)  bem  Vorgang  ber  ^enturiatoren.  Jie  ^irdfengefcffidfte  fteßt  ihm  in  engfter 
^Begiefjung  gur  Jogmengefcffichte  unb  gur  ©efdjicfjte  beg  föirdfenredjteg.  Saßmamt 
oertangt  gmei  Schriftführer,  ben  einen  für  Jogmengefdjid)te,  beit  anbern  für  ®ircfjen* 
gefd)icf)te.  ©ie  faffen  bie  Srgebniffe  ber  Strbeit  gufammen.  $eben  SRonat  fotte  ber 
(Sntmurf  oon  atten  SJtitgtiebern  burdjgefefjen  merben,  um  Berichtigungen  unb  @r* 
gängungen  fpogugufügen,  gumat  nach  tont  5ort9an9  ihrer  eigenen  Dueltenforfchung. 
Sitte  Zitate  feien  aug  primären  Duetten  gu  nehmen  unb  mörtlid)  angufüßren.  ^n 
fünf  ober  fedtjg  fahren  fönne  man  fo  15  $ahrtjunberte  burchgearbeitet  haben.  Jiefe 
firchen»  unb  bogmengefdjidjttiche  Strbeit  fei  ber  einzig  mirffame  Stugganggpunft  für 
bie  fßolemif,  metche  bann  erft  eingufepen  höbe.  3um  Schluß  betont  Saßmann  bie 
ÜRotmenbigfeit  einer  guten  Bibtiotßef  unb  bie  Stugmatjl  oon  SPtännern,  bie  ooraug* 
fichtlich  mit  SRupen  bei  ber  @acf)e  oerharren  mürben1. 

Jie  üerfcßiebeneit  in  ben  (Gutachten  geäußerten  Slnfichten  ließen  ben  SBunfcß 
atg  feßr  berechtigt  erfcßeinen,  eine  Gsntfcßeibung  oon  9tom  ßtobeigufüßren.  Jer 
Sttündjener  fReftor  fetter  manbte  fidj  begßatb  am  13.  Stprit  1613  an  Stquaüioa  mit 
ber  Bitte  um  eine  Qnftruftion;  biefetbe  mürbe  atgbatb  gefcfjicft.  Stquaüioa  fprach 
am  22.  ^oni  1613  bie  Srmartung  aug,  baß  fid)  „unfere  Stfabemifer"  nach  SRögtidj* 
feit  banach  richten  mürben2. 

Jiefe  ^nftruftion  finbet  fidh  abfcßrifttich  in  papieren  beg  P.  ©reifer 3.  J)arin 
mirb  ber  gmed  ber  Stfabemie  fchärfer  betont,  nömtid)  bie  ß'enntnig  ber  ^ircßengefdjichte 
unb  ber  ©ntmidtung  ber  ®irdje  in  allen  feiten,  um  bie  fathotifchen  Jogmen  gu  be» 
teuften  unb  gu  befräftigen  unb  bie  ^rrteßren  gu  mibertegen.  J)ag  $iet  ift  nicht, 
ein  neueg  Söerf  gu  oerfaffen,  fonbern  baß  bie  ©efeltfdfaft  auch  in  ber  ^ircßengeftßichte 
für  Seßrftüßte  unb  ©chriftftetterei  gelehrte  unb  gefcßutte  SRänner  gur  Berfitgung 
hat.  Jie  burch  bie  ©cfjmierigfeit  biefer  Stfabemie  bebingte  Strbeitgteitung  gibt  bie 
9iicf)ttinien  für  atteg  SBeitere.  Sttg  SRitgtieber  ber  Stfabemien  finb  gu  beftimmeit 
auggebitbete  Jheotogen  oon  reifem,  ruhigem  llrteit,  unb  gmar  fo  üiete,  atg  gur  Stuf* 
teitung  ber  Strbeit  unb  gegenfeitigen  Unterftüßung  notmenbig  finb4.  SBag  ben 
@5egenftanb  betrifft,  fo  ift  befonberg  gu  achten  auf  bie  ununterbrochene  Beiße  ber 
Bäpfte,  auf  ben  ©rrneig  ber  Übereinftimmung  alter  feiten  unb  auf  bie  ©efcßicßte  ber 
SRorat,  ber  Biten  unb  ber  ^örefien.  Jie  gu  berüdficßtigenben  Duetten  finb  ©efdjicßte, 
Äongilien,  Seben,  Jefrete  unb  Briefe  ber  fßäpfte,  bie  ©djriften  ber  Bäter  unb  Jßeo* 
logen,  bie  Biographien  ber  Zeitigen  unb  ßerüorragenber  Berf°nen.  Jie  Berteitung 
beg  ungeheuren  ©toffeg  hot  in  fotgenber  SBeife  gu  gefdfjehen :  Jer  eine  tieft  bie 
©chriftftetter  ber  fö'irdjengefchichte  unb  bie  ber  SSettgefcßichte,  fomeit  bieg  für  bie 
ßenntnig  ber  Ä'irchengefcßidjte  nötig  ift;  ber  gmeite  ftubiert  befonberg  bie  allgemeinen 
unb  fßartifutarfongitien,  ber  britte  tieft  bie  Seben,  Briefe,  Jefrete  ber  fßäpfte  unb 
bie  hauptfäcßlidjften  Seben  ber  ^eiligen,  ber  oierte  bie  ©Triften  ber  Bäter,  fo  baß 


1  2)rucf  in  ber  3eüfd)rift  für  fatfjolifdfe  fEfjeo*  *  2>ie  Ratio  instituendi  verlangt,  e§  folten 

togie  1910,  744  f.  valde  idonei  et  constantes  für  bie  Stfabemie 

2  *  0rig.=9ieg.  Ad  Germ.  sup.  beftimmt  merben,  menn  nid)t  gteid)  anfangs  ö, 

3  *  Miscellanea  Gretseri  f.  311  f.  Srudinber  menigftenS  4,  ne  qua  liinc  mora  rei  usque 

3eitfd)rift  für  fatfjotifcßc  £l)eotogie  1910,  745  ff.  adeo  utili  ac  necessariae  iniciatur. 


534 


2ldjte3  Äapitel.  ©tjmnafiett  unb  llniuerfitäten. 


iit  ben  Slfabetnien  menigftenS  ttier  SOiitglieber  fein  müffen;  treten  itocp  jtuei  f)tn§u, 
bann  finb  bem  einen  bie  griedjifdjen  ober  lateinifcpen  SSäter,  bem  anbern  bie  Seben  ber 
^eiligen  ju  übermeifen.  SllS  gaben  ift  unbebingt  an  ber  djronologifcpen  Qrbnuitg 
feftzupalten,  unb  §mar  foIX  man  öon  ber  geit  ber  Slpoftel  angefangen  einen  beftintmten 
Zeitraum  ober  eine  beftimmte  fReipe  Oon  gapren  feftfepen,  mit  beffen  ©tubium  fidj 
alle  befcpäftigen.  gft  biefer  geitraum  fertig,  fommt  ein  anberer  an  bie  fReipe.  ©ne 
genaue  gapl  oon  gapren  läfjt  fiep  faum  für  bie  gemeiitfame  Slrbeit  üorauSbeftinimen, 
ba  je  naep  ber  Dunfelpeit  ber  Quellen  unb  geit  rnepr  ober  meniger  Arbeit  erforbert 
mirb.  2lm  beften  erfepeint  bie  ©nteitung  ttadj  fßontififaten,  babei  fönnen  mehrere, 
menn  fie  furz  finb,  gufammengenommen,  anbere,  toenn  fie  länger  finb,  geteilt  toerben. 
($1  mufj  fidj  alfo  baS  ©tubium  unb  bie  Kritif  ber  Quellen  nacf)  ber  obigen  Ser» 
teilung  auf  ein  fßontififat  erftreden,  unb  jtoar  für  beffen  SBirff  amfeit  in  ber  ganzen 
Kirdje.  Über  biefeS  ^Sontififat  ober  über  eine  beftimmte  Slitjaljl  oon  gapren  merben 
bie  einzelnen  bei  ben  jur  feftgefetjten  geit  ftattfinbenben  Konferenzen  baS  ©gebniS 
iprer  ©tubien  oorlegen,  barait  fnüpft  fid^  eine  freie  Debatte  über  bie  aufgeftiegenen 
©djmierigfeiten;  finb  biefe  pinreiepenb  gelöft,  foll  ein  neues  Sßontififat  in  Singriff 
genommen  merben,  menn  nidjt,  fann  man  eine  neue  Konferenz  über  benfelben  ©egen- 
ftanb  anberaumen.  Sei  ben  Konferenzen  mirb  man  mit  Sefcpeibenpeit  unb  Siebe 
feine  Meinung  oorbringen  unb  ©treitereien  unb  audj  längere  Disputationen  Oer» 
meiben,  inbem  man  ftetS  üor  Slugen  fjält  bie  ©fenntniS  ber  Söaprpeit  ju  bem 
Oorgeftedten  gmede  ber  SSerteibigung  ber  fatpolifcpen  ^Religion  unb  ber  Sefämftfung 
ber  grrlepre.  gurn  ©eplufj  empfiehlt  bie  gnftruftion  ben  Stfabemifern  bringenb  bie 
Slnnalen  beS  SaroniuS,  bereu  Slufftellungen  man  ebjer  oerteibigen  als  befämpfen  fode 1. 

Slnt  fRanbe  biefer  gnftruftion  ftept  üon  ber  £>anb  @5retferS  gefeprieben:  „Die 
Slfabemie  mar  angefangen  morben  in  SRüncpen,  aber  furze  geit  barauf  ging  fie 
ein."  gu  biefem  ©ngepen  mirb  mopl  auper  ben  inneren  ©djmierigfeiten  andj  ber 
1615  eingetretene  Dob  beS  eifrigen  görbererS  berfelben,  beS  P.  Stquamoa,  oiei  bei« 
getragen  paben.  ©n  SBieberaufleben  mußten  bie  halb  beginnenben  SBirren  beS 
Dreipigjäprigen  Krieges  fepr  bepinbern,  menn  nidjt  unmöglidj  madjen.  gn  jebem 
galt  mujj  bieS  ©epeitern  bebauert  merben,  benn  nicptS  märe  mepr  geeignet  gemefen, 
bie  Süden  in  ber  fcpolaftifdjen  Dpeologie  auszufüllen,  als  biefer  ganz  ntobern  ge« 
baepte  feminariftiftfie  Setrieb  ber  pofitiöen  Dpeologie  aus  ben  erften  Quellen. 

Slufjer  bem  oierjäprigeit  Kurs  ber  fcpolaftifdjen  Dpeologie  an  ben  Hnioerfitäten 
beftanben  fomopl  an  ben  Hnioerfitäten  als  auep  an  oielen  ©pmnafien  ber  gefuiten 
abgefürzte  tpeologifcpe  Kurfe.  Um  bem  fepreienben  fßrieftermangel  abzupelfen,  patten 
bie  gefuiten  einen  gapreSfurS  für  Dialeftif  (unb  ftellenmeife  Kontroüerfe)  unb  einen 
zmeiten  für  SRoraltpeologie  (Casus  conscientiae)  eingerieptet.  @S  tonnten  fo  audj 
bie  ärmften  ©pmnafiaften  an  bemfelben  Qrte  bie  ganze  SluSbilbung  bis  zur  fßriefter* 
raeipe  erpalten.  Die  fünf  bis  fecpS  gapre  ©pmnafium  unb  z^oei  gapre  fßpilofoppie 
unb  Dpeologie  maren  gemifj  fein  gbeal  für  bie  priefterlicpe  SluSbilbung,  bebeuteten 
aber  boep  für  bie  bamalige  geit  einen  grofjen  gortfdjritt.  9Ran  mup  fiep  eben  er* 
innern,  mie  mangelpaft  eS  biSper  mit  ber  SluSbilbung  befonberS  ber  Sanbpfarrer 
geftanben,  mie  mandpe  niept  einmal  bie  SluSbilbung  einer  SoIfSfcpule,  gefepmeige  benn 
eines  ©pmnafiumS  erpalten  patten,  ©olcpe  abgefürzte  Kurfe  beftanben  in  ber  ober* 
beutfepen  ffSroüinz  im  gapre  1649  auf  ben  Hnioerfitäten  in  gngolftabt,  DiHingen, 


1  ©feiner  empfaljl  ben  Slfabemifern  befon* 
berg  audj  ba§  ©tubium  ber  Chronologie.  S« 
einem  ^Briefe  Born  7.  ffltärj  1G13  an  9taber  tjebt 
er  IjerBor:  Sa3  ©tubium  ber  SJtattjemati!  muf? 
Bon  ben  Unfrigen  fjöfjer  gefdjäfct  merben  at§ 


bisher.  $dj  mürbe  midj  fef>r  täufdjen,  menn 
©ure  Stfabemifer  ba§  nidjt  fdjon  erfahren  fjaben 
ober  redjt  halb  erfahren  merben.  *  Original 
Epp.  Raderi  I  187. 


$ie  Uniöerfität.  Sfjeologie:  Slbgefiiräter  $ur§.  —  9ted)t3ftreitigfetten.  535 

greiburg  im  23reiggait  unb  auperbem  in  Arnberg,  2luggburg,  f  onftanj,  greiburg  in  ber 
©dpmeis,  Sujern,  ^nn^brncf,  ÜDÜindpen  unb  Orient1. 

21nt  24.  SJJlärj  1(301  fcprieb  Slquaöiöa  an  ben  rfjeinifd^en  ^rotiiitjial  £peobor 
SBufaeug:  Einige  fqaben  eg  alg  münfdjengmert  erflärt,  bap  in  |jeiligenftabt  eine  2$or= 
lefitng  über  bie  ©emiffengfätle  eröffnet  merbe,  bamit  bie  ©djiiler  ©elegenpeit  jur 
pinreidpenben  21ugbilbung  paben,  beim  biefe  pflegen  fonft  nad)  ben  pumaniftifcpen 
©tubien  ju  ^rieftern  gemeint  unb  ju  Pfarrern  ernannt  ju  merben.  ®ieg  mürbe 
un§  fel)r  gefallen,  mie  mir  auch  fonft  billigen,  bap  in  all  unfern  Kollegien,  meldpe 
bie  Saft  tragen  fönneit,  bie  Casus  gelefjrt  merben 2.  @o  orbnete  SBufaeug  im  felben 
Qafire  auch  in  ©peier  eine  tägliche  SSorlefung  ber  Casus  an.  2rop  ber  furdftbaren 
Notlage  infolge  beg  Krieges  fdpug  ber  Steftor  öon  §eiligenftabt,  .fpeinrid)  gront, 
am  9.  Oftober  1648  bem  ©eneral  ßarrafa  bie  Söiebererricfjtung  ber  $)ialeftif  unb 
Casus  öor,  mag  biefer  alg  überaus  niiplid)  für  bag  Sanb  unb  bie  ärmeren  f lerifer 
bejeicpnete 3.  $n  ben  SDiüinger  Seftiongfatalogen  erfdpeinen  bie  Casus  feit  1609  mit 
ber  ^Bezeichnung :  §eranbilbung  ber  ^ßriefter  aug  göttlichem  unb  fircfjlic^em  fRecfjt. 

SJfit  ber  ©orge  für  bie  (peranbilbung  ber  ißriefter  mar  bann  meift  oerbunben, 
bap  man  bie  ^atreg  bat,  and)  bie  lepte  Prüfung  ber  §u  Orbinierenben  öorzunepmen. 
®ag  moHte  man  aber  in  Slom  burdpaug  nicht  zugeben.  ©o  fdprieb  ber  (General 
SBiteflegdpi  am  11.  9}?ärj  1617  bem  oberbeutfc^en  ^roüinjial  (partel:  ^cf)  bebaure 
fepr,  bap  nufere  Sßatreg  in  ^runtrut  bag  21mt  ber  Prüfung  ber  SBeipe-  unb  $J3farr= 
fanbibaten  auf  fiep  genommen.  @ro.  ^odpmürben  mögen  unterfudpen,  mie  bieg  möglid) 
mar,  unb  einen  ÜDtobug  augfinbig  madjen,  bag  21mt  nieberjulegen,  benn  eg  fann  nid)t 
offne  grofse  ©epäffigfeit  beibepalten  merben4. 

^n  ben  Dielen  Stecptgftreitigfeiten  gmifc^en  Unioerfitäten  unb  Qefuiten,  un§ 
noep  fpäter  befdfjäftigen  merben,  maren  bie  ©eiterale  ber  ©efellfcpaft  ftetg  für  S'Jad^ 
giebigfeit.  (pier  nur  ein  Seifpiel.  21m  16.  21pril  1644  fc^rieb  Sßitetlegc^i  an  ben 
Trierer  91eftor  SBernparb  SSimpfeling:  SDen  ©treit  gmifc^en  ben  Unfrigen  unb  ben 
übrigen  2lfabemifern  in  £rier  bebauere  ich  fepr,  unb  icf)  münfdpe  bringenb,  bap  bie 
(tsintradpt  auf  jebe  Söeife  mieberpergeftellt  merbe.  23or  allem  barf  bag  afabemifepe 
Steftorat  burdfaug  nicht  angenommen  unb,  menn  eg  übernommen  morben,  nicht  behalten 
merben.  f^rgenb  ein  ißrälat  foll  gebeten  merben,  bagfelbe  menigfteng  für  einige  $eit 
ju  übernehmen,  big  eine  Einigung  unter  billigen  SBebingungen  erreicht  ift.  21uperbem 
fdfeint  eg  im  ^ntereffe  beg  griebeng  ju  liegen,  bap  bie  Unfrigen  bei  ber  näcpfteng 
ftattfinbenben  SBapl  fid)  auf  ben  fanbibaten  ber  Quriften  öereinigen.  2öenn  biefe 
partnädig  barauf  beftepen,  bap  oorper  bie  gapl  ber  Unfrigen,  bie  bag  Söaplredjt 
paben,  oerminbert  merbe,  fo  fann  auch  bieg  mit  ben  notmenbigen  f  autelen  jeitmeilig 
angenommen  merben,  big  ber  f  urfürft,  ber  biefe  Sledpte  beftätigt  pat,  etmag  anbereg 
beftimmt.  21nbermärtg  pat  fiep  bie  ©emopnpeit  perauggebilbet,  bap  bie  Unfrigen, 
obgleich  fie  an  ber  21fabemie  gegen  bie  meltlicpen  SBöpler  in  ber  ÜDlajorität  finb,  boc^ 
nur  in  gleicher  ßapl  mie  bie  Söeltlicpen  gur  2Bapl  erfdpeinen,  inbem  halb  biefe, 
halb  anbere  abficptlicp  fortbleiben.  ®ieg  mürbe  icf)  auch  für  £ner  billigen5.  Unb 
alg  ipm  bann  P.  SSimpfeling  ant  20.  ÜDlai  bie  glüdlicpe  Beilegung  beg  gmifteg  gßs 
melbet,  brüdte  23itellegd)i  am  18.  ^uni  1644  barüber  feine  grope  greube  aug  unb 
fnüpfte  baran  bie  allgemeine  93emerfung:  „Qln  ber  £at  ziemt  eg  fid)  befonberg  für 
ung  Qefuiten,  äpnlicpen  fällen  lieber  oon  unferem  3tecpte  etmag  preigpgeben. 


1  *  Catalogus  1649,  5Dt.  9t.,  Jes.  570. 

2  *  £)rig.=9teg.  Ad  Rhen. 

3  *  Drig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

4  *  Drig.-9teg.  Ad  Germ.  sup. 


5  *  £>rig.--9teg.  Ad  Rhen.  inf.  $a§fe(be  fdjrieb 
SSitette^cOi  am  16.  Stpril  1644  an  ben  nieber= 
rf)einifcf)en  ^robinsial  s)3an^au^  (ebb.). 


Siebtes  Kapitel,  ©pmnafien  unb  Unioerfitäten. 


536 

at§  mit  ©traben  für  öie  Siebe  gu  ftreiten.  ÜDiöge  ©ott  bie  getreue  SDUtmirfung 
©to.  ^wcpwürben  betopnenl"  1 

Seoor  mir  uns  ben  einzelnen  Unioerfitäten  jutuenben,  müffen  wir  nodj  jwei  all¬ 
gemeine  Übelftänbe  berühren:  beim  beginn  ber  ©tubien  bie  SDepofition  unb  beim 
Stbfcptuß  bie  Gepflogenheiten  ber  Promotion. 

©in  ©cpanbfted  in  ber  ©efdjicpte  ber  beutfchen  Unioerfitäten  bitbet  bie  ®epofition 2 
unb  ber  ißennatiSmuS.  ©cpoit  ©nbe  beS  14.  QaprpunbertS  wirb  bie  ÜOäßpanbtung 
ber  iöeanen  (Neulinge)  burdp  bie  Kötner  Statuten  (1392)  oerboten.  ©nbe  beS 

15.  QaprpunbertS  bürgerte  fich  ber  9iame  Depositio  ein.  9J2it  bem  Stnfang  beS 

16.  QaprpunbertS  mar  bie  (Depofition  bereits  offizieller  Stft  an  alten  Unioerfitäten 
unb  ebenfo  notmenbig  für  ben  ©tubenten  mie  bie  Qmmatrifutation,  bie  opne  bie 
üorpergepenbe  2)epofition  nicht  oorgenommen  mürbe.  ®ie  23etämpfung  ber  ropen 
StuSfcpreitungen  unb  üöäßpanbtungen  bei  ber  SDepofition  fept  ein  gegen  ©nbe  beS 
16.  QaprpunbertS.  Qm  16.  Qaprpunbert  trat  aber  auch  &er  fog.  ^ennatiSmuS  auf. 
SDer  einmütige  Stft  ber  SJiißpanbtung  genügte  nid^t  mepr,  bie  9topeiten  mürben  an 
bem  Neulinge  baS  ganze  erfte  Qapr  pinburdp  fortgefept.  ®er  s$ennat  (penna)  mürbe 
atS  ein  unOernünftigeS  £ier  betrachtet,  baS  nacp  belieben  mißpanbett,  auSgefogen 
unb  mißbraucpt  merben  burfte.  ©S  gibt  feine  Gemeinheit,  bie  an  ben  ißenttötern 
nicht  auSgeübt  mürbe;  zuweiten  hatten  biefe  ÜDäßpanbtungen  fogar  ben  £ob  zur  Qotge, 
anbere  ißennöter  begingen  aus  ißerzmeiftung  ©etbftmorb3. 

©egen  ben  Unfug  ber  ©epofition  trat  im  Qapre  1636  ber  proteftantifcf)e  ißrebiger 
SJiepfart  auf,  inbem  er  fiep  auf  P.  ©onpen  berief4:  „®er  berüpmte  Qefuiter  Stbam 
©onpen",  fo  führt  er  aus,  „zürnet  beSWegen  unb  fepreibt:  ©S  gibt  ettiepe  ©efepe  an 
ben  Stfabemien,  bie  burep  bie  ©cputb  ber  äftenfdjen  unb  Qeiten  großen  SUipbraucp 
oerurfaept  paben.  Qebocp  motten  ettiepe  fotcpeS  oerteibigen,  niept  weit  fein  Unrecpt 
babei  gefepepe,  fonbern  weit  fie  attpergebraept  finb.  ©erabe  atS  ob  eine  fepterpafte  ©e- 
mopnpeit  weniger  fcpäbtich  fei,  je  älter  fie  fei.  Qcp  will  ein  (Stempel  auS  nieten  erzäpten: 
©epet  bie  ®epofition,  metepe  oiete  mordicus  oerteibigen,  unb  boep  was  9?up  fömmet 
au§  berfetbigen?  ®ie  Knaben  merben  tributiret,  auSgepönt,  zerfeptagen,  müffen  an* 
pören  grobe  Qoten  unb  parte  ©töße  leiben,  unb  in  SDeutfcptanb,  ba  fotepe  nörrifche, 
luntpige  unb  büffetige  ©omöbiett  gefpiett  merben,  enbet  fidp  baS  Stffenmerf  mit  Qreffen 
unb  ©aitfen.  ©o  oiete  finb  Oerwunbet  worben,  audp  oiete  burd)  fotdpe  graufame 
©dperzpoffen  geftorben;  patten  bemnadß  bafür,  eS  märe  billig,  fotdjeS  abzutun,  aber 
inbem  fie  oerbitfjet  fteben  auf  ben  ©efepen,  gefällt  eS  ipnen  beffer,  baS  atte  zu  be- 
patten.  Söenn  bu  biefe  $inge  auf  fremben  Unioerfitäten  oorfänbeft,  bu  mürbeft  fie 
nicht  leiben,  an  beiner  Stcabemie  tobft  bu  fie.  ©oroeit  ber  übermeifterte  ©onpen." 

2)er  ^ennatiSmuS  fonnte  an  ben  Qefuiten-UniOerfitäten  nicht  auffommen,  bie 
®epofition  mußten  fie  als  offiziellen,  überall  üblichen  ©ebrauep  butben.  ©etbft  in 
SDiltingen  beftanb  bie  SDepofition  beS  „33accpanten  23icp",  wenn  audp  in  moberierten 
Qormett 5. 

Qn  Qngotftabt  erpiett  ber  ®epofitor  ober  Quintus  im  Qapre  1626  infolge  oieter 
Klagen  einen  Verweis  üom  ®efan  ber  artiftifdpen  Qafuttät,  er  fotte  fidp  atter  obfcönen 
©päffe  entpatten  unb  mit  mepr  9J?aß  „mitten".  ©r  oerfpratp  altes,  piett  aber  wenig, 
felbft  nidpt  in  ben  ^Srioatbepofitionen  oon  ©öpnen  aus  bem  popen  SIbet.  SDazu  fam 


1  *  Orig.-3teg.  ebb. 

2  Sgl.  33b  1,  <s.  270  f. 

3  S3g(.  3t.  gief,  Stuf  2)eutfcblanbS  hoben 

Schuten  (1900)  45  ff  54  ff;  ebb.  474  bie  Site- 

ratur  über  $epofition  unb  3ßennaliSmuS;  ferner 


fZrans  ©ulenburg,  $ie  greguettä  ber  beut- 
fd)en  Unioerfitäten  (1904)  26. 

4  SDtebfart,  Ebriftlicbe  Erinnerung  Ooit  ber 
au§  eonngetifeben  hoben  (schulen  entroidjenen 
Crbnung327f.  5  Specht,  ®ittingen  177  f 649. 


$ie  llniüerfität.  Tcpofition  unb  Promotion. 


537 


bie  fdjtuere  SInftage  eine!  armen  ©pmnafiaften,  ber  infolge  ber  Sepofition  in  Sebenl* 
gefapr  fcfimebte.  Ser  §lr§t  mar  aber  anberer  SInficpt.  Sei  biefer  ©etegenpeit  mnrbe 
im  ©enat  bie  Qrage  üerpanbett,  mefcpe  Stedfte  bem  Sefan  ber  ppitofoppifcpen  Qafuttät 
über  beit  Sepofitor  juftänben,  ber  ftet!  im  tarnen  ber  gafuttät  panbte.  Sie  Qrage 
bfieb  einfitüeifen  offen.  Stm  14.  Oftober  1636  mürbe  ber  bamalige  Sepofitor,  ein 
©tubent  ber  Qurilprubens,  abgefept  unb  an  feine  ©teile  ein  üöfagifter  ber  ißpitofoppie 
unb  ber  Speotogie  ernannt.  21m  27.  Stoüember  1650  teilte  ber  Sefan  bem  neu* 
ernannten  Sepofitor  mit,  baff  in  ber  Qotge  nientanb  über  brei  Qapre  pinau!  Sepofitor 
bleibe  unb  jubem  febe!  Qapr  bie  Seftätigung  erneuert  merben  ntüffe1.  Qn  ber 
üfterreidfifcpen  $roüins  mürbe  bie  Scpofition  burcp  ben  Sifitator  Qtor.  be  iütontmorencp 
im  Qapre  1633  abgefdjafft,  aber  fpäter  mit  einigen  SOtitberungen  ju  2Sien,  @raj  ufm. 
mieber  aufgenommen2. 

Qn  £ötn  üertangte  1610  ber  Stpoftotifdfe  üttuntiu!  bie  SIbfcpaffung  ber  Se* 
pofition  unb  trug  bem  Sefan  ber  artiftifdfen  Qafuttät  unb  ben  Regenten  ber  ©pm* 
nafien  bie  Stulfüprung  auf.  Sie  ©tubenten  machten  belpatb  Tumult,  unb  bie 
Slfabemifer  marfeu  bie  ganje  ©cpittb  auf  bie  Qefuiten,  bie  burd)  ben  bantaligen 
Sefan  P.  ißeter  Siep  bie  ©ad)e  beim  Stuntiu!  betrieben  patten  3. 

Qm  fotgenben  Qapre  1611  naptn  fid)  ber  ÜDtagiftrat  ber  ©acpe  au.  21m  10.  Se* 
jember  1611  erliefs  ber  Kölner  9^at  ein  ©bift  gegen  bie  Sepofition,  in  metcpem  e! 
peipt:  Sa  ba!  Seponiren  neutief)  miber  eingefüprt,  onb  barau!  niete  ünsutäffige, 
ünb  faft  gefeprlicpe  Unorbnungen  entfpringen,  fotep  Seponiren  auep  an  ipm  felbft 
niept!  nupet,  fonbern  ein  lauter  Sacpanten  2Berf,  barau!  einzig  ünb  allein  alte!  Übel, 
©aufen,  Qreffen,  ©etbfSerfptitterung,  9?eib,  £>ap,  auep  üor  biefem  9)torb  ünb  Sobt* 
feptag  üerurfaept  morben,  ünb  alfo  gejintmenber  Qucpt  unb  ©rbarfeit  entgegen,  ünb 
feinelmeg!  gu  bulben  ift.  Selpatb  fott  ba!  Seponiren  piemit  giingtiep  abgefdpiafft 
fein.  Diicpt  altein  bürfen  bie  Sürger  fotdpen  actum  depositionis  in  ipren  Raufern 
nit  mepr  geftatten,  noep  bargu  Sorfdjub  teiften,  fonbern  auep  alte  ©tubenten  in  allen 
üier  Qaculteten,  in!  gemein  müffen  fiep  angeregter  deposition,  actiue  et  passiue 
pinfüro  entpatten.  Sie  fidp  niept  üntermerfen  ünb  babei  fiep  gebraudjen  ober  befinben 
taffen,  merben  mit  25  ©otbgutben  unb  Serpaftung  beftraft.  ©!  fotten  auep  bie 
Patres  Beanorum,  mie  fie  genannt  merben,  ünb  anbere  fomopt  Siirgern  at!  ©tubenten, 
bei  metepen  bie  Seponirfäd  bepaften  merben,  biefetben  innerpatb  brei  Sagen  in  bie 
^angtei  bei  obiger  ©traf  eintiefern,  ünb  bie  ©ematbriepter  bie!  ©bift  treutiep  ej:e= 
quiren4.  Ser  Stat  tiep  ba!  ©bift  an  ben  Soren  ber  ©tjmnafien  anfeptagen.  Über 
biefen  ©ingriff  in  bie  llniüerfitätlredjte  entftanb  nun  grope  Stufregung.  2tm  20.  Se* 
gember  1611  mürbe  bariiber  im  ©enat  ber  Uniüerfität  üerpanbett.  Ser  Stegen! 
bei  Saurentianum,  Utenberg,  ber  bamat!  Rector  magniticus  mar,  befapt,  ba!  ©bift 
an  bem  Sore  bei  ©tjmnafiuml  abgureipen,  balfetbe  tat  ber  Stegen!  bei  üötontanum. 
Son  bem  Sore  bei  Sreifronengpmnafiuml  mürbe  el  opne  Söiffen  ber  Qefuiten  am 
fetben  Stbenb  ebenfattl  abgeriffen5.  Um  einen  offenen  ©treit  mit  bem  ©enat  gu 
oermeiben,  mürbe  bal  Serbot  bapiit  mobifigiert,  bap  ben  ©tubenten  geftattet  fei, 
innerpatb  ber  ©pmnafien  opne  ©efeprei  unb  opne  ©ebrauep  ber  §örner  einige  gu 
beponieren.  ©o  mürbe  bie  Sepofition  nadp  mie  üor  geübt6. 

Über  einen  neuen  Sorftop  bei  SJtagiftrat!  berieptet  ber  Stegen!  be!  Sricoronatum, 
Slbam  $afen,  in  feinem  Sagebucp  am  23.  SJtärg  1628:  Ser  näcptticpen  2tul* 


1  *  Acta  Facultatis  Artisticae  904  U.  0  14. 

2  2)’ ©teert,  ©tubienanftalten  in  Süä^ren 
unb  Cfterreicf)ifd)*©cf)Iefien  (1857)  485. 

3  *  Sagebud)  be§P.  Äofeit.  Äötn,  ©tabtard)iü, 

Uniöerfität  605,  f.  233  f. 


4  93 i an co,  $ie  alte  Uniöerfität  Söln  I 
(1885)  244. 

5  *Excerpta  ex  Ephemerid.  Gymn.  Tri- 
coronati  ad  ann.  1611.  Srier,  Stabtbibl.  244. 

6  93ianco  a.  a.  D.  I  262  f. 


538 


2Xcf)teä  SapiteL  ©tjmnafieit  unb  Uniberfitäten. 


Breitungen  ber  ©tubenten  im  (Gefolge  ber  2)epofition  mar  ber  SDtagiftrat  mübe  uitb 
forberte  üom  Rector  magnificus  bie  öotlftänbige  Slbfcfjaffung  ber  2)epofition.  2)er 
Dteftor  berief  bie  öier  2>efane  ber  ^afultäten.  2)iefe  malten  geltenb,  e§  feien  jwei 
Übet,  baS  eine  groß  unb  neu,  nämlich  bie  Pennalisatio,  welche  ber  2>epofition 
äfjnlidj  fei  unb  feit  einigen  fahren  *wn  ^en  Suriften  auSgeiibt  merbe.  2)iefe  müffe 
gänjlidj  abgefdjafft  werben,  weil  fie  ofjne  öffentliche  Stutorität  eingefii^rt  worben ; 
ba§  anbere,  bie  alte  2)epofition,  fei  weniger  üom  Übet;  wenn  auch  Übelftänbe  mit 
unterliefen,  fei  fie  hoch  legitim  eingeführt  unb  beSljalb  nicht  abjufchaffen,  nur  bie 
Sölißbräuclje  füllten  befeitigt  werben,  ©o  fei  ba§  fdjmäljliche  prügeln  nicht  ju  ge* 
ftatten,  auch  biirften  bie  äöorte  ber  ^eiligen  ©cfjrift  nicht  ju  ©paffen  mißbraucht 
werben,  ebenfowenig  bürfe  man  bei  ber  2>epofition  taufen,  firmen,  beichten  ufw.  25er 
Rector  magnificus  ließ  mich  heute  (23.  S£Üär§  1628)  ju  fich  fontmen,  er  habe  biefe 
Slnficßt  ber  oier  2)e!ane  bem  ÜDiagiftrat  mitgeteilt.  3)er  Bürgermeifter  Bolanbt  habe 
aber  gebeten,  auch  bie  Slnficfjt  ber  ^efuiten  ju  hören  unb  ben  Regenten  ju  befragen, 
(jd)  antwortete:  SBenn  ich  um  Stbfdjaffung  bitte,  werbet  ihr  eS  borf)  nicht  tun,  weil 
alle  anbern  ber  gegenteiligen  Meinung  finb.  SCBenn  ich  weine  Meinung  fage,  wirb 
man  alle  (Geljäffigfeit  auf  bie  (Gefeftfdjaft  werfen,  wie  ba§  1610  gefdjehen  ift.  9iadj 
meiner  Meinung  fei  e§  ba§  befte,  wenn  bie  anbern  baju  bewogen  werben  fönnten, 
baß  bie  ganje  2)epofition  abgefchafft  werbe,  nidjt  allein  wegen  ber  fie  begleitenben 
üfitißbräuche,  fonbern  auch  Wegen  ber  oiel  fd)limmeren  2)inge  in  ihrem  (Gefolge,  wie 
2run!enheit,  Streit,  Un jucht  ufw.  ®iefe  großen  Übel  fönnten  nur  befeitigt  werben, 
wenn  man  bie  (Gelegenheit  abfcfjneibe.  SBir  haben  oft  oerfudjt,  fagte  ich  jWeitenS, 
bie  ÜDUßbräudje  ju  befeitigen,  aber  nidjtS  erreicht,  wenngleich  in  unfern  (Gpntnafien 
in  nuferer  (Gegenwart  bie  ganje  ©acße  jiemlidj  moberiert  oor  fich  geht;  icf;  wunbere 
mich  aber,  baß  eine  mit  fo  großer  (Gefahr  oerbunbene  Sitte  oon  ber  Unioerfität 
erlaubt  wirb.  2)ie  Unioerfität  befdjloß  aber  am  24.  SJZärj,  baß  bie  2)epofition 
bleibe  unb  bie  Sfifißbräudje  abgefcfjafft  würben. 

(Gegen  ben  mehr  unb  meßr  überfjanb  nehmenben  fßennaliSmuS  mußte  am  9.  0f* 
tober  1629  ber  fReftor  ber  Unioerfität,  ©eoerin  BiniuS,  lebhafte  ®lage  führen,  inS* 
befonbere  über  bie  burd)  auswärtige  unb  nicht  immatrifulierte  ©tubenten  eingeführten 
ungewohnten  Quälereien  ber  ©tubenten,  „bie  man  Pennalisatio  nennt".  2)ie  Uni* 
üerfität  befdjloß  einftimmig,  unter  ber  ©träfe  ber  Berweifung  unb  500  (Gulben  biefe 
Negationen  ju  üerbieten  unb,  wenn  nötig,  bie  weltliche  üUfadjt  um  Unterftüßung  an* 
jugeßen1  2. 

Über  bie  21rt  unb  SSeife  ber  moberierten  2)epofitionen  in  ®ölit  um  baS  Qafjr 
1635  finben  fich  folgenbe  9Jotijen:  bie  2)epofition  fanb  ftatt  in  ben  gefdjloffenen 
(Gpntnafien.  ßufdjauer  würben  nicht  gebulbet.  9iad)  bem  Schulanfang  erfolgte  bie 
2)epofition  ber  Sogifer;  (Gßmnafiaften  burften  nidjt  ohne  jwingenben  (Grunb  jur 
2cpofition  gugelaffen  werben.  Slußer  bem  Beanenüater  (Pater  Beanorum),  beit 
ber  9?egen§  aus  bem  jweiten  philofophifcfjen  ®ur§  wäßlt,  finb  bei  ber  2epofition, 
je  nadj  ber  ßafjl  ber  2)eponierenben,  immer  einer  ober  mehrere  aus  ben  Nhhfiüwn 
ober  ffilctaphhfifern  beteiligt,  bie  oon  ihren  Sßrofefforen  beftimmt  werben.  2)ie  ganje 
2)epofition  leitet  ber  fßrofeffor  ber  Sogif,  um  SluSfdjreitungen  in  ber  2)auer,  in  ben 
©chlägen  unb  Bräuchen  ju  oerhiitberit  unb  bie  Deponendi  oor  (Gelberpreffungen  ju 
befdjüßen.  Um  bie  häufigen  Betrügereien  ju  üerhinbern,  bleibt  baS  Siegel  bei  bem* 
felben  ^5rofeffor  aufbewahrt,  unter  beffen  Slugen  alle  3eu3niffe  Qeftegelt  werben. 
2>ie  ^nftrumente  ober  Sßaffen  ber  2)epofition  finb  in  ber  §ut  be§  (GpmnafiuntS. 


1  *  Original  in  Köln,  6tabtard)io,  llniberfi*  2  33  i an co  a.  a.  0.  I  262  f. 

tat  605,  f.  233  f. 


Sie  Uniberfität.  Sepofition  unb  Promotion. 


539 


Der  23eanenüater  barf  fie  gut  ißrioatbepofition  nicht  offne  augbrüdlicfje  ©rlaubttig 
beg  Siegeng,  bie  feiten  gegeben  wirb,  heraugnchmen  unb  muff  fie  am  felben  Sage 
fämtlidj  tttieber  ing  ©pmnafium  juritdbringen.  33oit  ber  Depofition  fiitb  nur  aug* 
genommen  bie  in  fjöfjcren  SBei^en  ©tef)enben,  ebenfo  Drbengfeute  unb  bie  Ijocbabeligen 
ißerfonen 1. 

Drop  adebem  fdfjeint  eg  an  Slugfdjreitungen  nid^t  gefehlt  ju  haben.  Denn  in 
bcrfelben  $eit  (1634)  flagt  ber  Kölner  Seuntiug  SUopfiug  ©arafa2:  SOIan  f)ält  hart* 
näcfig  an  bem  alten  9titug  ber  ©inweif)ung  ber  neuen  ©tubenten  feft,  mobei  bie 
auggelaffenen  ©tubenten  fiel)  grobe  unb  unanftänbige  Slugfchreitungen  jur  ©djmad) 
für  bie  gange  Kölner  SIfabemie  erlauben. 

Unter  ben  ilbetftänben,  bie  ber  9?untiug  bei  biefer  ©elegenheit  beflagt  unb  bie 
auch  feine  Vorgänger  üergebeng  abgufcfjaffen  gefugt  Ratten,  nennt  er  an  erfter  ©teile 
bie  Promotion  Unfähiger  jum  Doftorat 3.  Die  ßulaffung  Unfähiger  gur  Promotion 
hing  üielfad^  mit  ber  ^ulaffung  unreifer  ©tubenten  jufammen,  bie  üor  33olIenbung 
ber  Ijumaniftifd^en  ©tubien  of)ne  ©j;amen  fid)  auf  ben  Uniüerfitäten  einfdfjreiben  liefen, 
dagegen  haben  bie  ^efuiten  entfdjieben  angefämpft4.  Sludj  bie  ©enerale  liefen  eg 
nidjt  fehlen  an  Mahnungen,  menn  ihnen  Klagen  jufamen.  ©o  mahnte  infolge  foldjer 
Magen  33iteüegd)i  am  21.  Sluguft  1627  ben  öfterreicfjifdOen  fßroüinjial  Dombrinug 
über  ©rag :  Die  gitlaffung  llnmiirbiger  §u  ben  afabemifchen  ©tubien  benimmt  ben 
(traben  Sßürbe  unb  Slnfeljen  unb  fcfiäbigt  gugleid^  bag  Slnfefjen  ber  Slfabemie.  Deg* 

halb  füllen  ber  Mangler  unb  feine  dtäte  gemahnt  werben,  größere  9tüdfid)t  auf  bie 

©hre  ber  Slfabemie  alg  auf  ben  Vorteil  weniger  ©tubenten  §u  nehmen  unb  baf)itt 

ju  arbeiten,  baf;  lieber  wenige  Sßürbige  ju  ben  ©raben  gelangen,  alg  bajj  üiele 

Ungelehrte  mit  einem  falfdfjen  ©db)ein  Oon  ©etefjrfamfeit  gegiert  werben5. 

ÜDian  Ijat  üielfad)  bie  Deputationen  über  mandhmal  lächerliche  fragen  alg  einen 
33eweig  angeführt  für  ben  Diefftanb  ber  SSiffenfchaft  an  ben  betreffenben  Uniüerfitäten. 
©g  muh  aber  beachtet  werben,  bah  biefe  Disputationen  eine  mehr  heitere  ßugabe 
jur  Promotion  waren,  wie  eg  ja  überhaupt  bei  biefen  Deputationen  an  allerlei 
Sabfal  nicht  fehlte.  Da  würben  SBein  unb  ©ebäd  jur  ©tärfung  herumgereicht  unb 
an  bem  2&ein  würbe  nicht  nur  genippt,  ©o  berichtet  g.  33.  bag  Diarium  ber  tfjeo» 
logifcfjen  ^afultät  ju  ^ngolftabt  unter  bem  24.  ©eptember  1629:  SSäfjrenb  ber 
Deputation  würbe  2Bein  unb  ®onfeft  burdh  ben  üftotar,  Rebell  unb  anbere  herum* 
gereicht.  ÜDian  tranf  8  ÜÖtah  fpanifdjen  unb  gegen  100  SLRah  gewöhnlichen  SBein. 
2Weg  ging  fehr  befcheiben  her,  lein  ©lag  würbe  üerloren  ober  ^erbrochen6.  Der 
Promotion  üoraug  gingen  natürlich  bie  ©jamina,  unb  jwar  ein  Examen  morum, 
bag  j.  33.  in  ber  artiftifchen  gafultät  gu  ^ngolftabt  am  19.  Slpril  1621  morgeng 
8  Uhr  anfing  unb  nadjmittagg  3  Uhr  fdjlofj.  Dann  folgte  am  21.  Slpril  bie  wiffen* 
fdhaftlidhe  Prüfung,  an  einem  Dag  würben  brei  geprüft.  21m  22.  9Jtai  1619  hatte 
bie  artiftifche  gafultät  befchloffen:  2l/2  ©tunben  genügen  jum  ©tarnen  für  einen 
fßromoüenben  jum  33affalaureat  unb  SKagifterium 7. 

Der  9?untiug  ©arafa  beflagt  auch  groben  Stoften  bei  ber  Promotion:  ©g 
werben  nicht  üiele  auf  einmal,  wie  auf  anbern  Slfabemien,  fonbern  nur  immer  brei 
ober  üier  promoüiert.  Diefe  müffen  bann  gegen  100  ©äfte  einlaben,  ©o  finben 
bann  faft  währenb  ber  ganzen  fjaftengeit  afabemifdfe  ©djmaufereien  ftatt,  bei  welchen 
wegen  ber  üielen  ©inlabungen  gugleidj  ©elb  unb  ©ut  oft  bürftiger  ©Itern  mit  nidjt 

1  *Söln,  @tabtar<f)iü,  Ilniüerfität  006.  *  23gl.  unten  Sngolftabt. 

2  Ginzel,  Legatio  P.  Al.  Carafae  110.  6  *0rig.=91eg.  Ad  Austr. 

3  SSgl.  bie  Stage  SUtebfartS  in  feiner  Effrift*  6  *  Matricula  coli,  theolog.  Ingoist.,  9Jt.  ®. 

lieben  Erinnerung  280  f.  Er  beruft  fief)  auf  III  11  2,  88. 

Eonpen.  7  *  Acta  Facult.  Artist.  Ingoist.  $Dt.  U.  014. 


540 


3ld)te§  Äapitel.  ©Qmnafien  unb  Uniberfitäten. 


geringem  ©traben  für  bag  Slßgemeinmof)l  berfd)menbet  mirb.  SDie  Soften  ber  ®oftor* 
Promotionen  mären  befonberg  fjocf)  in  ®öln.  $ür  bag  tlfeologifche  Sigentiat  begabte 
man  an  ©ebüfjren  130  ©ulben,  für  gmei  SKerenba  unb  ein  ©aftmatjl  200  ©ulben. 
2)ag  ®oftorat  forberte  oiel  mehr,  für  brei  SRerenba  (Haustus)  57  ©ulben,  für  ben 
ißromotor  eine  £oga  100  ©ulben,  für  SRäntel  96  ©ulben,  für  SSirette  82  ©ulben, 
für  Reibung  beg  Sßebeßg  64  ©ulben.  ©rope  ©ummen  oerfdjlang  bag  ®oftormahl, 
gu  beut  gegen  300  ißerfoneit  eingelaben  merben  mufften,  alte  promooierten  SDoftoren 
aller  ^afultäten,  bie  Prälaten,  bie  iBürgermeifter  ufro.  2)agu  famen  bann  nod) 
anbere  ©infabungen.  gür  äRerenben  unb  bag  SDoftormahl,  bag  gemöhnlid)  auf  bem 
Ouatermarft  ftattfanb,  bejahten  bie  Kölner  ^efuiten  im  ^ahre  1631  1080  ©ulben, 
ungerechnet  ber  üom  §aufe  gelieferten  Vorräte.  Sin  ©efchenfen,  bie  bei  aßen  SDoftor« 
mählern  ©itte  toaren,  erhielten  fie  an  ©elb  unb  SebenSmitteln  870  ©ulben;  ab« 
güglid)  biefer  ©efcfjenfe  betrugen  bie  Sluggaben  noch  immer  bie  nach  bem  bamaligen 
©elbmert  enorme  ©umme  bon  1300  ©ulben1.  S)ie  ©infabungen  gur  SDoftorpromo* 
tion  nahmen  gmei  £age  in  Slnfprudj.  SDiefelben  erfolgten  burcf)  ben  ®anbibaten  mit 
gmei  Sigentiaten  unb  hier  big  fedjg  S3affalauren :  boran  fdhritt  bor  ben  Sßebeßen  ein 
ÜRarr,  ber  auf  Soften  beg  ^anbibaten  mit  fitbernen  gieraten  gefdßnüdt  mar.  Söährenb 
ber  gmei  £age  mar  grühftücf  unb  Stbenbeffen  im  £mufe  beg  ^anbibaten,  bag  SRittag« 
effen  bei  einem  greunb  auf  bem  SBege. 

Söieberholt  gaben  fich  bie  Qefuiten  aße  SRülje,  bie  ©pgeffe  abgufdjaffen. 
P.  Äafen  fdjreibt  in  feinem  STagebucf)  gum  31.  Januar  1629:  ^  9in9  5um 
Rector  magnificus  unb  faft  gmei  ©tunben  lang  oerlfanbelte  ich  mit  ihm  über  bie 
Stbfchaffung  ber  SRenge  ber  Sitte  (bei  ber  Promotion).  @r  gab  gu,  baf?  bie  Slb« 
fchaffung  gur  größeren  ©fjre  ©otteg  fei:  mit  ©emiffengbebenfen  f  äffen  mir  gu  lange 
bei  Xifdf)  in  ber  gaftengeit.  ®ie  alte  Slrt  unb  Söeife  ber  Sitte  fönne  nicht  aufrecht 
erhalten  merben,  ba  bag  guber  SSein  je|t  200  Xaler  fofte,  bie  ©tubenten  mürben 
gu  ftarf  belüftet  unb  fchliefslicfj  eher  ohne  Promotion  meggieffen.  ÜRacf)  oielem  §in« 
unb  ^erberaten  mürben  einige  geringe  SSefctiränfungen  befchloffen2. 

®ie  manchmal  faft  täglichen  atabemifchen  ©elage  maren  um  fo  mehr  gu  be« 
anftanben,  alg  fie  in  eine  geit  pe§  SUebergangeg  unb  beg  tiefften  nationalen  Un= 
glücfg  fielen.  Söieberholt  miefen  bie  Obern  barauf  hin.  ©o  fd^rieb  ber  ©eneraloifar 
©angro  am  28.  (Januar  1645  an  ben  oberrheinifcfjen  ißroüingial  (Joachim  §amman: 
©g  ift  burdfaug  oernünftig,  baff  man  in  biefen  fo  tief  betrübten  ßeiten  aßen  Stuf« 
manb  bei  ber  Slfabemie  fo  tiiel  alg  möglich  öermeibet,  gang  befonberg  bei  ben  ata« 
bemifdjen  ©d)maufereien.  SBeil  nun  ber  Äurfürft  (bon  SRaing)  ben  Slufmanb  für 
bag  SDoftormaf)!  mit  50  Malern  abgulöfen  erlaubt  hot,  mie  ©m.  §o  cf)  mürben  berichten, 
fo  märe  eg  fef)r  fcfjimpflid)  unb  eine  ©chmad)  für  bie  Unfrigen,  menn  fie  einer  fo 
heilfamen  unb  in  biefer  bon  Slrmut  gebrüdten  .Qeitlage  fo  notmenbigen  Slbficht  fich 
irgenbmie  miberfepen  foßten.  2)egf)alb  mögen  ©m.  ^odjmürben  mit  aßer  ßraft  ben 
fßlan  beförbern  unb  bie  Unfrigen,  bie  bagegen  finb,  mit  ftarfer  §anb  in  ©chranfen 
halten.  ®enn  eg  märe  unfereg  Stameng  unmürbig,  fo  bernünftige  unb  heilfome  be¬ 
trete  gu  befämpfen,  bamit  eg  nicht  ben  Slnfchein  geminnt,  alg  moßten  mir  unter 
bem  SDedmantel  beg  ©intreteng  für  bie  ^Beibehaltung  eineg  alten  S3raucf)eg  für  unfern 
©aumen  forgen3.  SRod)  fcfjärfer  fprad)  fich  ^er  ®eneral  ©arrafa  aug4.  Sluf  ihn 
bermieg  ber  ©eneraloifar  glor.  be  SRontmorencp  am  9.  Oftober  1649,  inbem  er 


1  *  Liber  consuetudin.  Scliolae  Colon.  S.  J.  2  Shirt,  ©tabtarcfjiD,  UniDerfität  605, 

$öln,  ©tabtarcfjiD,  Uniöerfität  605.  gür  3n=  3  *  0rig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

goßtobt  bgt.  Med  er  er,  Annales  Ingoist.  4  Sßgl.  22.  Sahitel. 

Acad.  II  302;  iJJrantl  a.  a.  0.  I  403  f  437. 


Ehtjelne  Uniberfitäten:  28ien. 


541 


bem  fJSrobindal  9ätl).  Siber  fcf)rie6 :  Setreff  ber  Slbfdfaffung  ber  f£)oftorfdjmaufe* 

reien  an  ben  Unioerfitäten  üöfainj,  Söiirjburg,  Samberg  ufm.  ftimme  id;  ganj  bem 
Urteil  @ro.  §ocf)mürben  unb  ^Ijrer  Slonfultoren  bei1. 

*  # 

grüner  fcfion  fjat  unS  baS  3ufammenprallen  be§  Modus  italicus  unb  Modus 
Parisiensis  auf  ben  Unioerfitäten  befdjäftigt2.  SDiefer  ßampf  naf)m  in  unferer  3ed 
befonberS  in  2Öiett  fefjr  ernfte  formen  an,  jumal  ein  9Jlann  non  ber  Energie  eines 
fö'Iefl  entfcfjieben  für  ben  Modus  italicus  in  bie  Scljranfen  trat.  @r  motlte  burdfp 
auS  unb  oermanbte  bafiir  bie  faiferlidje  unb  päpfttid^e  Slutorität,  bafj  bie  3eflllten 
in  Söien  auf  bie  tfjeologifdjen  unb  pfjilofopfjifdjen  Sorlefungen  in  iljrem  Kolleg 
enbgültig  öerjidfjteten  unb  biefelben  nur  auf  ber  Uniüerfttät  galten  füllten.  Solange 
eS  irgenbmie  möglich  mar,  miberfepten  fidfj  bie  SBiener  Qefuiten  biefent  fßlane  mit 
großer  ^d^igfeit:  fie  moQten  eoentuell  ijSrofefforen  für  bie  Uniberfität  ftetlen,  aber 
auf  bie  Sorlefungen  in  ifjrem  Kolleg  nicfjt  beraten,  meil  baburd)  einerfeitS  bie 
SDiSgiplin  ber  Stubierenben,  anberfeitS  bie  greiijeit  ber  OrbenSobern  über  ipre 
Untergebenen  ferneren  Staben  leiben  müßten.  ®ie  Stuffaffung  ber  Qefuüen  mürbe 
unterftüpt  burdj  bie  traurige  Sage  ber  SBiener  Uniberfität. 

®ie  Sßiener  Uniberfität  bietet  beim  Segimt  beS  17.  QafjrpunbertS  baS  Silb 
„einer  gänglicpen  geiftigen  unb  materiellen  Sermaprlofung" 3.  ©in  föniglicpeS  Sdtjrei» 
ben  bom  14.  9iobember  1609  ftellt  ber  Uniberfität  bor,  mie  „bie  Stubien  faft  an 
allen  fyafultäten  erliegen  unb  gar  menig  SlubitoreS  finben,  mäprenb  baff  bie  patres 
Iesuitarum  ben  Cursum  Philosophiae  in  ifjrem  ^oöegio  felbft  aucfj  lefen  unb  ancf) 
alle  3eit  smei  ®urfuS  abfolbieren,  epe  man  bei  piefiger  Uniberfität  mit  einem  an 
ein  @itb  lommen,  baper  fiep  bie  Qugenb  billig  bei  bemelten  SßatribuS  aufpält.  0b 
nicpt  ein  2Beg  märe,  bap  31m  SBiebererpebwtg  biefer  uralten  Uniberfität  ben  Patribus 
Societatis  Iesu  §ugefaffen  merben  möcpte,  neben  ber  STpeologia  aud;  ben  Cursum 
Philosophiae  bafelbft  in  universitate  ju  profitieren  .  .  .,  bod)  alfo,  bap  ber  gange 
®urfuS  in  iprem  ^ollegio  abgetan  unb  allein  fortan  bei  ber  Uniberfität  gelefen 
merbe" 4. 

2lm  16.  Januar  1610  erbat  fiep  bie  Uniberfität  Sebenfjeit;  am  2.  SJfärj  mürbe 
bie  Slblepnung  befcploffen.  Qn  ber  Slntmort  betont  bie  Uniberfität,  baff  bie  Über* 
tragung  beS  ppilofoppifcpen  Wurfes  an  bie  Qefuiten  gegen  bie  Üiecpte  unb  ^ribilegien 
ber  Uniberfität  berftope;  aucp  ftefje  baS  ®efret  SJfapmilianS  bom  Qapre  1573 
entgegen,  meldjeS  berbiete,  ben  ^efuiten  mepr  als  bie  beiben  tpeologifcpen  fßrofeffitren 
einjuräumen.  ®ie  ^efudeu  bollenbeten  bie  s}3pilofoppie  in  3  Qapren,  bie  ^jßrofefforen 
ber  Uniberfität  aber  ben  Statuten  entfprecpenb  in  5—6  eS  fomme  ja  audj 

nicpt  barauf  an,  mie  fdjnett,  fonbern  mie  gut  bie  Stubien  abfolbiert  mürben.  ®ie 
Qefuiten  füllten  ipre  Sorlefungen  nur  in  iprem  Kolleg  bemalten  opne  Südfiept  auf 
bie  Uniberfität;  ipre  Scpüler  mürben  jebodf)  bon  ber  artiftifdjen  gafuttät,  menn  fie  bie 
pinreicpenbe  3eit  bie  Sorlefungen  an  ber  Uniberfität  gepört,  gu  SaUalauren  unb 
Sßagiftri  promobiert  merben5. 

infolge  biefer  Slblepnung,  bie  mit  ben  SBünfcpen  ber  3efulten  übereinftimmte, 
nod)  mepr  aber  infolge  ber  politifcpen  Söirren  burd;  ben  Sruberjmift  im  §aufe 
^abSburg  mürbe  ber  fßlan  ber  ©nberleibung  einftmeilen  gtoar  fallen  gelaffen,  aber 


1  *  Orig.'fReg.  Ad  Rhen.  sup. 

2  23b  I,  272  unb  oben  ©.  318  ff. 

3  Äinf,  @efcf).  ber  Uniberfität  2öien  (1854) 
I  1,  340. 

4  SBortlaut  bei  Leop.  Senfeider,  Acta 

Facult.  Medicae  Universit.  Vindobon.  V  (1910) 


45.  23gl.  Äinf  a.  a.  D.  I  1,  346  mit  Saturn 
oom  1.  $0tai  1610. 

5  Seb.  Mitte rdorffer,  Conspectus  Hi- 
storiae  Universitatis  Yiennensis  III  90  f.  23gl. 
Sin  t  a.  a.  0.  I  1,  346  f. 


542 


5(d)te§  Äopitel.  ©tjntnafien  unb  Uniüerfitäten. 


Kteft  ^ieft  if)n  ftetS  im  Auge  unb  martete  nur  auf  eine  giinftige  (Gelegenheit,  Kaum 
mar  bie  politifcfje  Sage  nad)  bem  ©obe  beS  KaiferS  Otubotf  etmaS  gefeftigt,  griff 
Kteft  feinen  iptan  mieber  auf.  2Bie  Becan  ^uü  1614  an  Aquaöiöa  fcfjreibt,  plante 
Kteft  bie  Bereinigung  beS  ^efuitenfoltegS  mit  ber  Uniöerfität  unb  hatte  barüber 
öerfdjiebene  Borfchtäge.  ©er  ©enerat  empfafjt  einftmeiten  inbifferente  3urüdf)altung 1. 
©ie  {yr-nge  mürbe  am  17.  September  1614  auf  ber  öfterreidjifcpen  ^roöingiat* 
fougregatiou  öerf)anbelt.  ü)J?an  entfdjieb  fich  burdfauS  gegen  bie  Berlegung  beS 
phitofophifchen  StubiumS  an  bie  Uniöerfität,  aud)  falle  man  gu  gelegener  3eü  ernftlich 
banach  trauten,  bie  tf)eotogifd)e  Bortefung  mieber  ins  Kolleg  gu  übertragen;  nod) 
tiiet  meniger  füllten  bie  ip^ilofop^ie»  unb  ©heotogieprofefforen  getrennt  öom  Kolleg 
an  ber  Uniöerfität  mofjnen,  benu  in  biefent  gatte  fönne  bie  ©efetlfdjaft  nicht  frei 
über  bie  ^erfonen,  Stubien  unb  ©iSgiptin  öerfügen.  Seitbem  bie  tpeotogif^e  Bor* 
tefung  im  Kolleg  aufgehört,  fo  betonte  man,  madjen  bie  Alumnen  meniger  gort* 
fdjritte,  unb  baS  Kotleg  f)at  an  9iuf  nicht  menig  öerloren.  Sluch  ift  (Gefahr,  baff 
bie  (Gefellfdjaft  burd)  ben  SUchtgebrauch  ihres  BedpeS  auf  theotogifdje  Bortefungen 
©inbufje  an  biefem  9tedpe  erteiben  ober  bie  Sßiebertjerftetlung  fid)  fcfjmieriger  ge* 
ftatten  mirb.  giir  ben  gatt,  baf;  man,  mie  31t  ermarten  ftefje,  entfdfiebener  gebrängt 
merbe,  bie  $|3f)itofopf)ie  gu  übertragen,  unb  man  nicht  auSmeidjen  fönne,  einigte  fich 
bie  Kongregation  am  18.  September  bafjin,  ben  ©enerat  um  bie  (Erlaubnis  gu  bitten, 
bie  Übertragung  beS  ganzen  KottegS  mit  alten  ©infünften  unb  Freiheiten  oorfdjtagen 
311  bürfen,  fo  gmar,  bajü  öor  altem  ein  neues  Kotleg  mit  Kirdje  gebaut,  baS  jepige 
Kolleg  aber  gu  einem  ißrofephauS  umgeftattet  merbe.  So  fönne  bie  (GefetXfchaft 
entmeber  meiterem  ©rängen  öorbeugen  ober  ofjne  Beeinträchtigung  ihrer  Rechte  unb 
Freiheiten  ihre  Stubien  unb  Schulen  nad)  ben  formen  beS  gnftitutS  üermatten2. 

gngmifdhen  hotte  Kteft  ben  Kaifer  Matthias  gang  für  feine  Abfidjten  gemonnen. 
©ine  Kommiffion  mürbe  mit  ber  Ausführung  betraut,  ©er  öfterreichifdje  ^ßroöingiat 
©heob.  BufaeuS  berichtete  barüber  am  29.  ganuar  1615  an  ben  ©enerat:  ©er 
Kaifer  hat  mir  geftern  mitteiten  taffen,  baff  gmei  üon  ben  Unfrigen  an  ber  Uniöerfität 
Bhttöföphte  tefen  unb  bie  phitofophifchen  Bortefungen  im  Kolleg  unterbleiben  füllen, 
gef)  ha&e  um  Beit  gebeten,  bie  Schmierigfeiten  öortegen  unb  mit  bem  ©enerat 
beraten  gu  bürfen,  ohne  ben  ich  feine  ©ntfcfjeibung  treffen  fönne;  id)  btieb  trop  ber 
SBeigerung  ber  Kommiffare  barauf  beftehen,  meit  ich  muffte,  baff  bie  gange  Sache 
nicht  fo  fepr  üom  Kaifer  atS  öon  Kteft  betrieben  mirb.  ©ie  Kommiffare  brohten 
mit  ber  Stufhebung  beS  phitofophifchen  KurfeS  unb  fuchtelt  burcf)  anbere  ©rohungen 
bie  Abfid)t  ihres  Auftraggebers  gu  erreichen.  Kteft  befürchtet,  menu  ©rgpergog 
gerbinanb  gur  Regierung  £>fterreid)S  fommt,  feine  Abficf)t  nicht  erreichen  gu  fönnen. 
Atte  B°treS  gtauben,  mir  müßten  ftanbhaft  bteiben  unb  ftetS  befdjeiben  Se  Sftajeftät 
bitten,  er  möge  nicht  geftatten,  bie  Früchte  ber  gugenbergiepung  gu  fpnbern,  bie  mir 
unter  ber  3ud)t  beS  Kollegiums  einheimfen,  aber  bei  ber  atlgu  großen  Freiheit  unb 
Ungebunbenheit  auf  ber  Uniöerfität  öertieren.  gef)  tonn  nicht  anberS  benfen,  atS 
baff  bie  phitofophifchen  Stubien  fich  hier  öiet  fchtimmer  geftatten  merben  als  gu 
gngotftabt,  falls  bie  Übertragung  ftattfinbet,  meit  bie  §örfäte  entfernter  finb  unb  bei 
jebeSmatigem  §in*  unb  ^ergepen  eine  gange  Stunbe  öertoren  geht,  ferner  meit  feine 
3ucf)t  möglich  ift,  fonbern  alle  nad)  Belieben  megbteiben  fönnen,  brittenS  meit  nicht 
ber  gange  Kurs  gelehrt  mirb  unb  bie  Approbation  ber  Seprer  öon  ber  Uniöerfität 
abpängen  fott3.  Kteft  fudjte  auch  burd)  ben  ^ßapft  unb  ben  Nuntius  in  feinem 
Sinne  auf  bie  ^efuiten  eingumirfen 4. 

1  *  0rig.=9teg.  Ad  Austr.  4  *  ©eneralbifar  Silber  an  23ecan,  26.  @ept. 

3  *  Original  Acta  Congr.'  Prov.  XVI.  1615.  0rig.=9teg.  Ad  Austr. 

3  *  Original  Austr.  Fund.  II  489. 


Einselne  Itniberfitäten :  2Bien. 


543 


®ie  tiefgreifenbe  Bebeutung  ber  Bereinigung  jeigt  ein  Brief  beg  Prager  Bun« 
tiug  an  bcn  SSiener  Beftor  gtorian  Stoancini  oom  13.  Boüember  1615,  in  toelc^em 
er  einige  fBilberungen  anfüf)rt,  bie  er  oont  föaifer  im  ^ntereffe  ber  Qefuiten  ermirft 
habe:  1.  2)ie  Sttumnen  unb  ®onoiftoren  ber  Qefuiten,  bie  auf  feine  afabemifcfje 
SBürbe  Stnfprucf)  machen  ober  bie  bem  geiftlicfjen  ©taube  angefjören,  brauchen  nur 
bie  beiben  pf)iIofopf)ifd)en  Borlefuttgen  ber  ^efuiten  ju  hören;  bie  Saien,  Alumnen 
unb  $onüiftoren,  bie  grabuiert  merben  rnotlen,  müffen  aufferbent  täglicf)  menigfteng 
aud)  nod)  eine  Borlefung  etneg  anbern  profefforg  hören.  SDie  übrigen  Saieufcfjüler 
ber  Qefuiten  außerhalb  beg  ®onoiftg  unb  Sttumnateg  föitnen  bie  ©rabe  an  ber  Uni« 
oerfität  nirfjt  erhalten,  rceitn  fie  nicfft  auper  ben  Qefuiten  noch  jmei  anbere  pro« 
fefforen  gehört  ffaben.  2.  ®a§  Kollegium  mirb  ber  Unioerfität  fo  inforporiert,  bafj 
alle,  metche  in  bem  Kolleg  ©rammatif,  Humanität  big  Blfetorif  inftufioe  gehört  haben, 
auf  ber  Unioerfität  ben  ©rab  eines  Baffataureug  erhalten,  gteidffam  atg  Ratten  fie 
auf  ber  Unioerfität  felbft  ftubiert.  2)amit  bie  Patreg  frei  finb  in  ber  SDig^iptin  über 
SUumnen  unb  ®onoiftoren,  fotf  ber  Beftor  ber  Unioerfität  über  biefelben  feine  $;urig« 
biftion  haben;  alle  übrigen  ©djüler  merben  oon  bem  Beftor  ber  Unioerfität  Oer« 
teibigt,  toenn  fie,  mag  oft  gefcfjieht,  oor  ein  SBiener  SEribunat  geforbert  merben  unb 
bie  Berteibigung  ber  patres  ihnen  menig  fjelfen  foffte.  3.  ®ie  patreg  derben  oon 
allen  Saften  ber  Unioerfität  befreit,  müffen  aber  ben  öffentlichen  Promotionen,  SDig« 
putationen,  ber  Beftorgmaf)!  ufm.  beimohnen1. 

©in  faiferlicfjeS  SDefret  befahl  ben  ^efuiten,  Sogif  unb  Phpfif  nid^t  mehr  in 
ihrem  £oHeg,  fonbern  an  ber  Unioerfität  gu  lefen2.  Sag  Sefret  füllte  ben  ^efuiten 
öffentlid^  eingehänbigt  merben.  Sie  SBiener  Qefuiten  erflärten  aber,  ad  plenum  et 
apertum  Regimen  nicht  erfcfjeinen  ju  fönnen,  ba  eg  fid)  um  eine  geiftlidje  ©ad)e 
hanble,  in  ber  fie  Oon  ihren  Obern  anbere  Befehle  erhalten  hatten.  Sn  e^ner  Bor« 
fteKung  an  ben  ®aifer  festen  Beftor  unb  Kolleg  biefen  ihren  ©tanbpunft  augeinanber 
unb  baten  ben  ®aifer,  bie  Slugführung  beg  Sefretg  einftmeilen  ju  fugpenbieren,  big 
ber  233iCte  beg  ^eiligen  Baterg,  an  ben  man  refitrriert,  feftftelje3.  Bitellegdji  bat 
am  9.  Januar  1616  ben  Prager  Buntiug,  fiel)  bafür  ju  oertoenbeu,  baff  bie  ©efell« 
fchaft  nach  Übernahme  ber  beiben  Philofophieprofeffuren  an  ber  Unioerfität,  ju 
ber  fie  bereit  fei,  roenigfteng  ihre  Borlefungen  im  Kolleg  fortfepen  bürfe4.  Stuf 
biefen  ©tanbpunft  fcheint  fiel)  auth  ber  Papft  geftetlt  ju  haben5.  Sie  Bereinigung 
mürbe  unterbeffen,  toie  ber  Beftor  fylor.  Sloancini  am  11.  ÜBärj  1616  an  ben 
©eneral  berichtet,  fefjr  entfchieben  oon  ben  ©egnern  betrieben,  „bie  offen  erflären, 
fie  bäten  Oon  bem  Kolleg  feine  .fpilfe,  fonbern  beabficfjtigten  bie  tlnterbriicfung  beg 
Äollegg"6.  Befonberg  fd^arf  ging  SHefl  oor.  Serfelbe  erflärte  bem  Slbgefanbten 
beg  Söiener  Äollegg  Bapf).  ©obenjl  ÜBärj  1616,  ber  ®aifer  merbe  fchon  für  bie 
Slugführung  forgen;  er  brohte  fogar  mit  Betreibung  ber  ^efuiten7. 

Slrn  9.  Slpril  1616  toanbte  fid)  BiteCtegdhii  felbft  an  ®lefl  unb  bat  ihn,  er  möge 
fid)  jufrieben  geben  mit  ben  bereits  bemiUigten  §toei  profefforen.  Ser  hoppelte  ®urg 
an  ber  Unioerfität  unb  im  Kolleg  fönne  ben  ©tubierenben  nur  oon  Bupen  fein,  ba 
hoch  nicht  alle  an  bie  Unioerfität  gehen  mürben;  auch  an  anbern  Unioerfitäten  mürben 


1  *Äopie  Austr.  Fund.  II  453.  3$gl.  bie 
Acta  circa  Unionem  coli.  Viennensis  cum 
Academia  in  Barber.  Lat.  2852,  f.  63  ff. 

2  Conspectus  III 102  f.  ®inf  a.a.  0. 1 1,  348. 

3  *Äopie  Austr.  Fund.  II  339.  33gl.  Eo= 

benjl,  9.  9Mrä  1616,  ber  bie  §ärte  be§  SSor« 

gebend  bem  SSorfipenben  ber  ßommiffion,  bem 

3rreif)errn  ö.  Xeuffel,  einem  geinbe  ber  ^efuiten, 

jufcpreibt  (ebb.  II  334).  9tid)terfd)einen 


üor  bem  ffforum  mürbe  bom  9tuntiul  ouSbrüct« 
lid)  gebilligt,  ßobettsl,  21.  StJlärä  1616  (ebb. 

II  336). 

4  *  Drig.=9ieg.  Ad  Austr. 

6  9tad)  Briefen  beö  Dlffiftenten  ülbeob.  93u= 
faeu§  bom  23.  ^ait.  unb  13.  gebr.  1616.  Austr. 
Fund.  II  340.  e  <$bb  II  335. 

7  *  Sobensl  an  23itelle§d)i,  21.  fDtärä  1616. 
Original  ebb.  II  336. 


544 


2ld)te§  SJapitel.  ©tjmnafieit  unb  Uniüerfitäten. 


non  oerfdjiebenen  ißrofefforen  ait  üerfc^iebenen  Orten  Bortefungen  gehalten.  ®ie* 
jenigeit,  bie  früher  für  ba§  einftmeilige  Stufgeben  ber  t^eofogifcfjen  Borlefuitgen  im 
Kolleg  fid)  auggefprocfjen  haben,  bereuen  bieg  je|t,  ba  nach  ber  (Srfahrung  niete 
©tubenten  je£t  feine  Bortefungen  hören  ober  anbergmohin  gehen.  2>ag  Slubitoriunt 
ber  Geologie  an  ber  Uninerfität  J>at  tnenig  gemonnen  unb  nie  bie  frühere  ßalfl 
im  Kolleg  erreicht.  (Sin  |>auptgrunb,  marum  mir  bie  fßhilofopljie  im  ®oHeg  fort» 
guführert  münfchen,  ift  bie  Büdfid)t  auf  bie  SDiggiplin  unb  bie  fittlicfie  (Srgiefjung 
ber  jungen  Seute,  bie  im  Kolleg  mef)r  geförbert  roerbett  fann  alg  auf  ber  Uninerfität, 
roie  bie  tägliche  (Srfahrung  bemeift.  ®ieg  gilt  nicht  fo  fefjr  für  bie  fcfjon  reiferen 
ST^eotogen  alg  gang  befonberg  für  bie  noch  jüngeren  ijStjitofoptjen,  beren  gange  übrige 
(Srgiehung  unb  fpätereg  Sebenggtüd  non  einer  guten  $ucht  abbängt.  2Bäf)renb  icf) 
bieg  nor  bem  Slngeficf)te  ber  göttlichen  äRajeftät,  bie  un§  bie  (Srgiehung  ber  ^ugenb 
annertraut  bat/  ermäge,  febe  icb  nidjt  ein,  mie  icf)  mit  gutem  ©emiffen  ba§  preig* 
geben  barf,  mag  ung  bie  faiferticben  (Stifter  annertraut  haben1. 

Sllg  $lefl  biefeg  (Schreiben  erhielt,  mar  er  bereitg  auf  Borfdjlag  beg  föaiferg 
non  ißaut  V.  (11.  Slpril  1616)  gunt  Äarbinal  freiert  morben.  Qn  feiner  Slntmort 
nom  4.  $uni  unb  25.  $uli  1616  beteuerte  ®Iefl  feine  Siebe  gur  ©efetlfdfiaft;  gugleicf) 
aber  erftärte  er,  an  ber  (Sntfcheibung  beg  $aiferg  unb  beg  ißapfteg  in  Begug  auf 
bie  Verlegung  ber  fßfplofophie  feftfjalten  gu  müffen2 *.  (Sin  erneuter  bringender  S3e- 
fehl  beg  ßaiferg  gmang  nunmehr  ben  (General,  ben  SöitXen  ®leflg  gu  erfüllen.  Sine 
Slubieng,  bie  ber  atg  iproninjiat  nach  Ofterreich  gefanbte  P.  Silber  bei  £lefl  unb 
bem  ®aifer  (26.  $uni)  hatte,  fonnte  feine  Stnberung  her^eifti^ren  3-  Silber  fchrieb 
am  4.  Quli  1616  an  Bitetlegcfji,  baff  er  feinen  Befehl  bem  ®aifer  unb  ®lefl  mit» 
geteilt  unb  ben  Beftor  non  SSien  gum  @5ef)orfam  aufgeforbert  habe.  SDag  faiferlidje 
®efret  über  bie  Slrt  unb  SSeife  ber  Bereinigung  fönne  nicht  ohne  (Schmierigfeiten 
auggeführt  merben4.  Balb  barauf  muffte  Silber  am  18.  Quli  melben,  baff  ßlefl 
jefjt  unter  Drohungen  fogar  brei  philofophifdje  ®urfe  Oertange5.  $n  einem  (Schreiben 
an  Silber  nom  10.  Sluguft  1616  erflärte  ®lefl,  bah  er  flch  auf  feine  meitere  (Sr* 
örterungen  mehr  eiitlaffen  merbe6. 

3mei  SSodhen  nor  ber  (Sröffnung  beg  neuen  ©dhuljafjreg  ÜRooember  1616  erging 
ein  erneuter  faiferlicfjer  Befehl  an  bag  Kolleg,  bie  philofophifahen  Borlefuitgen  am 
Kolleg  gu  unterlaffen  unb  an  ber  Uninerfität  gu  beginnen.  Silber  berichtete  an  ben 
®aifer,  baff  er  bem  erfteren  Buuft  nachgefommen  fei,  aber  bie  fßh^°f0Pdie  föune 
auf  ber  Uninerfität  erft  bann  begonnen  merben,  toenn  bie  notmenbige  Bereinbarung, 
an  bie  er  feit  fünf  fRouaten  beftänbig  erinnert,  getroffen  fei.  Qnbem  Silber  bieg 
am  26.  SRoöember  1616  bem  (General  mitteilte,  bat  er  ihn,  bie  harten  Bebingungen  nicht 
angunehmen 7.  Silber,  mübe  ber  Bergögerung  burch  ®lefl,  reifte  nunmehr  gur  Bifitation 
nach  ®rag  ab  unb  geigte  bieg  bem  ^arbinal  ®lefl  am  25.  ÜRonember  1616  an,  inbem  er 
ihm  gttgleid)  mitteilte,  eg  feien  fdjon  niete  ißh^°f°P^en/  am  Kolleg  bie  fßhilofophie 
fortfe^en  ober  anfangen  mollten,  meggegogen;  einftmeilen  big  gur  Sröffnung  ber 
Bortefungen  an  ber  Uninerfität  habe  er  für  bie  päpftlidf)en  Sllumnen  unb  ®onöiftoren 
eine  fßrioatöorlefung  im  Kolleg  angeorbnet,  bamit  fie  nicht  niüfjig  gingen  unb  ,ßeit 
unb  Selb  oerlören.  ©obatb  mau  ernftlidf)  bie  Slrt  unb  SSeife  ber  Übertragung 
beraten  molle,  merbe  er  fofort  nad)  SSien  gurüdfehren8. 


1  *  0rig.=iReg.  Ad  Austr. 

2  *  Original' Austr.  Fund.  II  846. 

J  *  ®iteße§d)i  an  ben  Äaifer  nnb  an  2llber, 
11.  Suni  1616.  Orig. »Sieg.  Ad  Austr. 

4  *  Original  Austr.  Fund.  II  851. 


5  *  Original  ebb.  II  348. 

6  *  Original  ebb.  II  359. 

7  *  Original  ebb.  II  365. 

8  *  Sopie  ebb.  II  366. 


Sin^cltte  Uniüerfitäten :  SBiett. 


545 


gn  feiner  SIntmort  erftärte  $teft  biefe  fßriüatüortefungen  für  eine  Seracfjtung 
beg  faifertidjen  Sefetjtg.  gugteid)  oertangte  er  bie  Unterftettung  ber  ©djuten  beg 
®oÜeg§  unter  bie  gurigbiftion  beg  Seftorg  ber  Uniüerfität  unb  ben  SSergic^t  auf 
jegticfjeg  Sedjt  ju  pt)i!ofopf)ifc^en  Sortefungen,  audj  trenn  bie  gefuiten  üon  ber 
Uniüerfität  auggefdjtoffen  mürben,  mag  ber  Uniüerfität  freiftefjen  fotte1.  Son 
biefen  unb  einigen  meitereit  gorberungen,  bie  0eft  burd)  feinen  Stgenten  in  9iom 
geftettt  hatte,  bat  Sitettegdji  am  10.  unb  17.  ©ejember  1616  ben  ^arbinat  bei  feiner 
Siebe  jur  ©efeflfdjaft  Stbftanb  nehmen  ju  motten,  benn  bie  ©efettfdjaft  bürfe  bag 
ifjr  jugeftanbene  fRedjt  ber  Sortefungen  nid)t  einfachen  für  alte  gälte  preiggeben; 
auch  bie  Abberufung  ber  ißrofefforeit  tonne  nicbjt  an  bie  guftimmung  beg  ßan^terg 
gefniipft  merben,  ba  jumeiten  bie  ©rünbe  ber  Orbengobern  ftreng  üertrautid)  feien; 
bie  ©djüter  ber  ©hmnafiatftaffen  müßten  ben  Sefjrern  ber  ©efettfcfjaft,  nicht  bem 
9teftor  ber  Uniüerfität  unterftettt  fein,  mie  bieg  fidj  an  alten  Uniüerfitäten,  mo  bie 
©efettfdjaft  big^er  getefjrt,  bemäljrt  tjabe.  SDie  Serpftidjtung  ber  ^rofefforen  jur 
Teilnahme  an  ben  fßro^effionen  fei  etmag  ganj  üfteueg,  §u  Sorn  feien  bie  gefuiten 
baju  nicht  einmal  bann  üerpftidjtet,  menn  ber  ^Sapft  an  ber  ißrojeffion  teitnetjme2. 

gn  Som  fanb  SÜeft  nacffbrüdlidje  Unterftütjuug  beim  fßapfte.  ®er  ^Sapft 
münfdjt,  fo  fdjreibt  Sitettegdji  am  7.  ganuar  1617  an  Silber,  megen  Abmidtung 
fefjr  midjtiger  ©efcfjäfte  bem  ^arbinat  0eft  fomeit  atg  möglich  gefällig  ju  fein; 
begfiatb  möge  bie  ©efettfdjaft  in  ber  Uniüerfitätgfadje  bem  Starbinat  ju  SSitten  fein. 
St  nt  fetben  Sage  metbete  Sitettegdji  bem  ®arbinat  ß'feft,  baff  bie  gefuiten  ofjne  meitere 
Abmadjungen  unter  benfelben  Sebingungen  bie  ^S^itofopfjie  an  ber  Uniüerfität  über* 
nehmen  mürben  mie  früher  bie  tfjeotogifdjen  Sortefungen 3.  2Bie  Silber  am  8.  gebruar 
1617  bem  ©enerat  berichtete,  beftanb  aber  $teft  barauf,  bafj  bie  gefuiten  für  immer 
auf  jebeg  Secfjt,  in  ihrem  ^otteg  pt^itofop^ifd^e  Sortefungen  gu  hatten,  aitgbriidlich 
üerjidjteten 4.  ©djtiefjtidj  mu§te  ber  ijBroüinjiat  fich  fügen.  ®teft  geigte  fich  jmar 
über  bie  biegbejügtidfe  SRitteitung  Sllberg  üom  4.  9Rär§  gufrieben,  brüdte  aber  gu» 
gteidh  bie  ©rmartung  aug,  bafj  man  in  ben  meiteren  Sertjanbtungen  mit  bem  $aifer 
fidj  bemühen  merbe,  bie  frühere  SRafet  ju  tilgen5,  ©in  erneuter  fategorifdjer 
Sefeht  ^teftg  üertangte  unbebingte  Untermerfung  unb  fdjnitt  alle  meiteren  ©rörte* 
rungen  ab 6. 

(Sie  ©ingetheiten  ber  Übertragung  regelte  bann  bag  faiferlidje  SDefret  üom 
25.  gebruar  1617.  SDagfetbe  heüt  eingangg  bie  Serbienfte  ber  gefuiten  in  SSien 
um  bie  görberung  ber  tljeotogifdjen  ©tubien  her°ür.  (Sa  bie  ptjitofophifcfje  gafuttät 
fehr  baniebertiege,  habe  ber  fö'aifer  befchtoffen,  aucf)  biefe  burdj  bie  Berufung  ber 
gefuiten  üon  einem  augenfcheintichen  Untergang  gu  retten.  (Seghatb  merben  bie 
philofophtfcfjen  Sortefungen  fortan  nur  auf  ber  Uniüerfität  unb  nirgenbg  anberg  in 
ber  ©tabt  gehalten  merben.  Sitte  brei  fßrofefforen  (Sogif,  ißtjtjfif  unb  Sftetaptjhfü)  fatten 
gleidhigeitig  tefen,  unb  jmar  üon  8  big  9  Uhr  unb  2  big  3  Uhr.  (Sie  fßrofefforen 
müffen  für  bie  gutaffung  jur  gafuttät  ben  Actus  repetitionis  machen.  (Sie  Alumnen 
unb  fö'onüiftoren  brauchen  nur  bie  Sortefungen  ber  gefuiten  ju  hören,  bie  übrigen 
©djüter  müffen  aufjerbem  noch  gloei  Sortefungen  anberer  ^rofefforen  hören.  Sille 
£mrer  ber  gefuiten  müffen  fich  ber  (Sepofüion  untermerfen  mit  Augnaljme  berer, 


1  *  Original.  3£imene§  an  SSiteKe^dji,  10.  Sej. 
1616. 

2  *  Orig.=9teg.  Ad  Austr.  Äopie  in  Barb.  Lat. 

2852,  f.  67.  3  *  Orig.=9teg.  Ad  Austr. 

4  *  Original  Fund.  Austr.  II  376. 

5  *  Original  ebb.  II  392.  9Iid)t  alle  gefuiten 
tnaren  mit  biefer  Unterwerfung  jufrieben.  SSgl. 

2>ubr.  ber  gefuiten.  II. 


*  Eobenjl  an  SSitetie§d)i,  14.  iUJärj  1617.  *Ori* 
ginal  Austr.  Fund.  II  371. 

6  *  Copia  litterarum  111.  Dni  Ivleselii  (28.  ÜDMrj 
1617;,  quibus  respondet  ad  litteras  Provincia- 
lis,  22  Martii  datas,  de  variatione  capitum 
in  Bulla  Caesarea  contra  conventa  cum  Com- 
missai’iis.  Austr.  Fund.  II  398. 

35 


546 


Sld)te§  Safntel.  ©tjmnafien  unb  Uniöerfitäten. 


bie  gciftfidjc  Reibung  tragen,  gür  bie  pumaniftifdpen  ©tubien  genügen  bie  $cug- 
niffe  ber  Qcfuiten.  Sin  einmal  angefteHter  ißrofeffor  ber  ‘ißpilofoppie  barf  opue 
oorfjerge^enbc  Slngeige  beim  Sieftor  unb  ©uperintenbenten  ber  Unitierfität  nidjt  ab¬ 
berufen  rnerben1. 

SSlit  biefent  ®efret  maren  mieberum  meber  bie  ^efuiten  noep  bie  Uniöerfität 
eintierftanben.  fiebere  tierbrofj  befonberS  baS  Urteil  beS  $aiferS  über  ben  Xiefftanb 
ber  Unitierfität.  ®ie  ^efuiten  fügten  ftef)  unb  präfentierten  brei  fßrofefforen.  f£>er 
®efan  ber  pljilofoppifdjen  gafultät  tierlangte  nunmepr  tion  biefen  ben  Actus  repeti- 
tionis  niept  allein  für  bie  ppilofoppifepen,  fonbern  auep  für  bie  grammatifalifepen 
Disziplinen,  morüber  fiep  Silber  am  31.  üDiärj  1617  bei  bem  Sieftor  ber  Unitierfität 
befeproerte2.  SDie  brei  fßrofefforen  begannen  ipre  Borlefungen,  naepbem  für  ipre 
ißerfon  tion  biefem  Bedangen  Slbftanb  genommen  mar. 

S)a  roegeit  eines  gormfeplerS  bie  betreffenben  faiferfiepen  Delrete  fomopf  tion 
ber  Slfabemie  als  auep  tion  ben  ^efuiten  gurüdoerlangt  mürben,  fuepte  man  bie 
Qefuiten  gu  tierbäeptigen,  als  pätten  fie  baS  faiferlicpe  Defret  gurüdgefepidt,  um  ipre 
Beracptung  gegen  baSfelbe  an  ben  £ag  gu  legen3.  Silber  meint  am  8.  Slpril  1617, 
®lefl  merbe  noep  einige  Berfcplecpterungen  gu  Ungunften  ber  ^efuiten  in  baS  neue 
Defret  bringen4.  ®a  bem  ©eneral  berieptet  mürbe,  bie  SBiener  Qefuiten  maepten 
neue  ©djroterigfeiten,  obroopl  auep  ber  fßapft  Siacpgiebigfeit  anempfoplen,  mieS  er 
bie  Sßiener  patres  an,  trop  aller  ©cpmierigfeiten  unb  ßmeifel  fofort  bie  ppilo* 
foppifepen  Borlefungeit  au  ber  Slfabemie  gu  beginnen,  menn  bieS  niept  bereits  ge- 
fdjepeit  fei5. 

®ie  ppilofoppifdjen  Borlefungen  mürben  an  ber  Unitierfität  begonnen,  aber  ber 
©turg  ®leflS  unb  ber  £ob  beS  ÜaiferS  SJiattpiaS  tieränberten  plötjlicp  bie  gange 
Situation.  Srop  ber  friegerifepen  Söirren  tierpanbelte  man  über  bie  Siüdoerlegung 
beS  ppilofoppifepen  Sl'urfuS  tion  ber  Unitierfität  an  baS  Kolleg.  ®ie  Sßpilofoppie 
foHte  im  Kolleg  bogiert  unb  baS  Kolleg  für  fßpilofoppie  unb  ©tjmnafiunt  mit  ber 
Unitierfität  uniert  rnerben.  Stacp  Befucp  einiger  Borlefungen  an  ber  Unitierfität 
fodten  bie  ©tubenten,  bie  bei  ben  3efu'ten  bie  ^ßpilofoppie  abfoloiert  patten,  bie 
©rabe  an  ber  Unitierfität  nepmen  biirfen  6.  ®a  biefer  Borfdjlag  niept  angenommen 
mürbe,  erlaubte  ein  faiferlidjeS  Defret  tiom  4.  Januar  1620  bie  ßurüdoerlegung 
ber  ppilofoppifepen  Borlefungen  ittS  Kolleg7.  Diefelben  fanben  aber  raenig  §örer, 
meil  fie  nidjt  gu  ben  afabeinifdjen  ©raben  bereeptigten 8.  ^nfolgebeffen  mürbe  ßaifer 
gerbinanb  II.  gebeten,  bem  Kolleg  bie  Srteilung  ber  afabeinifdjen  ©rabe  gu  gemäpreu. 
®er  £aifer  patte  aber  fepon  eine  meitergepenbe  ©emäprung  ins  Sluge  gefaxt. 

Slm  22.  Dftober  1622  ernannte  er  eine  SiegierungSfommiffion  gur  näperen  Be¬ 
ratung  über  bie  Singelpeiten  ber  tion  ipm  unabänberlidj  befcploffenen  Bereinigung 
beS  ^efuitenfollegS  mit  ber  Unitierfität,  bereit  ©runbgüge  bereits  feftgefept  maren9. 
®aS  Übereinfommen  gmifepen  Sfegierung,  Unitierfität  unb  ber  ©efeUfdjaft  mürbe  be¬ 
reits  am  17.  Stooember  abgefcploffen 10;  aber  neue  ©cpmierigfeiten  ftellten  fiep  ber 


1  2)rucf  bei  $  i  n  f  a.  a.  0.  II  24  ff  unb  Con- 

spectus  III  106  ff. 

3  Äinf  a.  a.  0.  I  1,  352.  Conspectus  III 
115.  2$gl.  bie  Sitten  über  ben  Streit  in  SRom, 
Staatgardjio,  Ges.,  Informaz.  vol.  74,  f.  344  ff. 

3  *S3ecan  an  SSitefle3cf)i ,  29.  SIpril  1617. 
Eoben^I  an  SJitellegcbi,  6.  SRai  1617.  Original 
Austr.  Fund.  II  475  400. 

4  *0riginul  ebb.  II  385. 

3  *  S3iteHe§d)i  an  Silber,  12.  Slug,  unb  14.  Oft. 

1617.  Orig.-fReg.  Ad  Austr.  3$gl.  bie  Schreiben 


SIefI§  an  fö’arbinal  33orgf)efc,  27.  fDtärj,  3.  u. 
17.  SIpril  1617.  *  Original  Barb.  Lat.  6899, 
f.  34—44. 

6  *  Slalent.  EoroniuS  an  StiteHe£cf)i,  5.  Oft. 
unb  7.  2)eg.  1619.  Orig.  Austr.  Fund.  II  410  f. 

7  SBortlaut  in  Conspectus  III  132  f.  SJgl. 
®inf  a.  a.  0.  I  1,  353. 

8  *  öiteHe§d)i  au  SSecatt,  13.  Slug.  1622. 
Drig.-SReg.  Ad  Austr. 

9  SBortlaut  bei  ® inf  a.  a.  0.  II  434  ff. 

10  SBortlaut  ebb.  II  440  ff. 


©injelne  Uniberfitäten :  28ten. 


547 


2Xu§fii^riing  entgegen,  Sie  Unioerfität  miberfe|te  fid)  ber  betroffenen  Übergabe 
beg  tjerjoglicfiett  ^ollegiumg  unb  ber  alten  Surfen1,  ber  General  aber  moKte  bie 
SBäfjtbarfeit  beg  Seftorg  beg  Qefuitenf'oIIegg  gum  Seftor  ber  iüfabemie  unb  bie  gäng» 
licfje  Unterteilung  ber  $,efuitenfcf)üler  unter  bie  ^urigbiftion  beg  Uuiüerfitätgreftorg 
nitfjt  gugeftehen2.  Obgleidf)  ber  Jftaifer  münftffte,  baff  aud)  bie  ^efuiten  mie  anbere 
^ßrofefforen  bag  fReftorat  ber  Slfabemie  übernehmen  füllten,  fprad)  fid)  ber  General 
mieberfjoft  mit  aller  Gntfd)iebenf)eit  für  bie  Ablehnung  aug.  Gr  berief  fid)  bafür 
auf  einen  Srief  oom  1.  iüpril  1623  an  Secan,  auf  bag  au^brücflicEje  Serbot  beg 
hl.  QgnatiuS  unb  beg  Generalg  Saineg  unb  auf  bie  ^onftitutionen3.  SOJan  fülle  nur 
für  bie  freie  unb  unbetjinberte  Seitung  ber  @d)ulen  ©orge  tragen4.  ©ef)r  erfreut 
mar  Sitellegcfji,  alg  bann  ber  ^aifer  biefer  2Infid)t  beitrat5. 

^n  ben  ©djmierigfeitcn  non  feiten  ber  Unioerfität  fucfjte  ber  General  gu  üer= 
mittein  unb  nahm  miebcrholt  Gelegenheit,  bie  ißatreg  in  SBien  gu  langfamem,  rüd» 
fidftgüoEem  Sorgef)en  gu  ermahnen.  2llg  Sitellegcfji  barauf  aufmerffam  gemadjt  morben, 
ber  ®aifer  habe  bie  gur  Unterftiitjung  armer  ©tubenten  geftifteten  Surfen  gar  nicht 
üerfdjenfen  fönnen,  menn  nidjt  in  anberer  Söeife  Grfap  gefchaffen  merbe,  üerbot  er 
in  einem  Sriefe  üom  15.  Slpril  1623  an  ben  Sifitator  SIrgenti  beren  einftmeilige 
Sefipergreifung,  big  über  bag  Sedjt  beg  ®aifer§  unb  ben  Grfap  für  bie  armen 
©tubenten  entfdjieben  fei.  Ginige  meinen,  fo  fcfjreibt  er,  ber  $aifer  habe  bei  feinem 
Sefret  bod)  moI)I  felbft  ermogen,  mag  er  tun  bürfe;  anbere  antmorten  barauf  mit 
Sedjt,  ber  ^aifer  hatte  bei  feiner  hohen  Meinung  üon  ber  Gefellfdjaft  üorauggefept, 
biefelbe  merbe  nicf)t§  üon  ihm  erbitten,  mag  er  nidjt  mit  gutem  Gemiffen  tun  fönne. 
$n  biefem  ffaHe  märe  alfo  nicht  allein  bie  Gefahr  einer  ©cfjäbigung  ber  fürmen, 
fonbern  auch  einer  Seleibigung  beg  ®aiferg  gu  fürchten.  Sie  gange  ©adje  muh  alfo 
üon  neuem  griinblidj  unterfudjt  unb  aüe§  üermieben  merben,  mag  gerechten  Sabel 
üerbienen  fönnte.  $m  allgemeinen  hoben  einige  ißotreg  mit  tReci^t  gemahnt,  in  ber 
gangen  Uniüerfitätgfadje  gehe  man  gu  fcfjnelt  unb  unüberlegt  üoran,  unb  eg  fei  gu 
fürdjten,  bie  Gefellfchaft  merbe  mit  fünftof)  für  üiele  fid)  nur  in  nod)  gröbere  ©d)mierig» 
feiten  üermideln.  f^ch  bitte  alfo,  fo  nad)brüdlid)  ich  tonn,  bofür  5U  forgen,  bah  man 
langfamer  unb  bebädjtigcr  üorangehe.  Sa  id)  üon  fo  nieten  ©djmierigfeiten  unb 
üiclfad)em  Sabel  fomohl  non  feiten  ber  Unfrigen  alg  and)  ber  Slugmärtigen  höre, 
märe  eg  üielleicht  geratener,  auf  bie  afabemifchen  Käufer  gu  üergidjten,  bag  Kolleg 
an  feinem  jetzigen  fßlape  gu  taffen  unb  für  bag  fßrofefshaug  einen  anbern  Stop  gu 
fuchen.  Über  alleg  bieg  märe  bie  ?lnfid)t  ber  Ijerüorragenben  Satreg  unb  nirfjt 
altein  bie  beg  P.  Seftor  (Samormaini)  eingupolen,  ba  mehrere  Slugen  mehr  fehen 
alg  eineg 6. 

$n  einem  ausführlichen  Sed)tfertigunggfd)reiben  üom  27.  9Rai  1623  betont 
SIrgenti  in  Segug  auf  bie  Surfen:  Ser  ®aifer  unb  feine  Säte  polten  fich  für  be= 
recf)tigt,  bie  Surfen  gu  übertragen.  Gg  hanbelt  fidh  babei  um  gmei  Singe,  um  bie 
Ginfünfte  unb  bie  Käufer.  Qn  Setreff  ber  Ginfiinfte  bleibt  bie  gange  Sermaltnng 
beim  alten,  eg  bleiben  biefelben  ißroüiforen  unb  ©uperintenbenten.  2öag  bie  §äufer 
anbetrifft,  fo  mar  bie  2öof)nung  fc^mu^ig  unb  megen  ber  zugleich  bort  mohnenbett 
Söeiber  meniger  anftänbig.  2öir  bauten  beghatb  baran,  einige  Käufer  gu  fäubern 
unb  barin  alle  Surfiften  gu  üereinigen.  Gg  honbeit  flch  olfo  nur  um  eine  Ser» 
befferung.  P.  Secait  hält  bag  Secpt  beg  ^aiferg  für  flar  mie  bie  ©onne,  anbere 
$onfu!toren  behaupteten,  ber  fö'aifer  fei  bagu  üerpflid)tet.  P.  Seftor  fagt,  eg  hätten 

1  Näheres  ebb.  I  1,  356  f;  2,  222  ff.  4  •  Orig..«Reg.  Ad  Austr. 

s  *  33iteHe3d)i  an  ben  SSifitator  SIrgenti,  5  *  SSiteCfeSdji  an  93ecan,  3.  3nni  1623,  ebb. 

10.  $ej.  1622.  Crig.=3Ieg.  Ad  Austr.  6  *  Drig.=9Jeg.  Ad  Austr. 

3  P.  4,  c.  2,  §  3.' 


35* 


548 


S(d)te§  Siapitet.  ©tjimtafieu  unb  Unioerfitöten. 


in  biefett  Raufern  100  SBeiber  gewohnt.  Sßenn  wegen  beS  23erlufteS  beS  einen  ober 
anbern  genfuS  weniger  ©tubenten  untergebradjt  werben  fönnen,  fo  holte  id)  eS  für 
beffer,  in  geringerer  3al)l  gute  unb  anftänbige  ©tubenten  gu  unterhalten  als  gaf)l* 
reichere,  aber  oerborbene,  bie,  wie  man  behauptet,  bisher  mit  ben  SBeibSbilbent  wie 
in  einem  öffentlichen  §auS  gufammengetebt  hoben1. 

Qn  einem  23riefe  oom  3.  f^uni  1623  an  ben  SSifitator  Slrgenti  fpricht  SBitelleScfji 
oon  Klagen  über  baS  fcfjroffe  Vorgehen  beS  Söiener  9teftorS  Samormaini.  SÜian 
ftage  auch,  baff  gegen  bie  ©Ute  ber  3Biener  Unioerfität  für  bie  in  ©rag  fJ3ro« 
monierten  beffere  fJßläpe  (altiora  subsellia)  nerlangt  unb  gewalttätig  oorgegangen 
werbe.  Sin  Samormaini  felbft  fchreibt  SSitetleSdji  am  felben  Sage  (3.  fguni):  ©d)on 
wieberfjolt  unb  non  oerfdjiebenen  ©eiten  würbe  mir  mitgeteilt,  bie  Slbneigung  ber 
Slfabemifer  unb  anberer  ÜDiänner  gegen  bie  ©efeüfdfaft  werbe  immer  gröfjer.  Ser 
©ntnb  fei  nicht  allein  bie  Übertragung  eines  Seiles  ber  Slfabemie  (waS  ohne  gweifel 
benen  unangenehm  fein  muffte,  weldje  baS  befaffen,  waS  ber  ©efettfdjaft  gegeben 
worben  ift),  fonbern  gang  befonberS  baS  unbefdfjeibene  unb,  wie  man  fagt,  au* 
maff enbe  Vorgehen  ber  Unfrigen.  2Benn  baS  Wahr  ift,  waS  hierhin  gefdjrieben  würbe  — 
ich  behaupte  eS  nidft  — ,  fo  ift  eine  fchwere  23eleibigung  unauSbleiblid),  ba  wir  ja  felbft 
ohne  ©ntrüftung  eS  nicht  lefen  fönnen.  i^cf)  h°öe  ^en  SSifitator  gebeten,  nicht  allein 
bie  Unfrigen  an  bie  religiöfe  23eftf)eibenheit  unb  Sanftmut  gu  erinnern  unb  leine 
Slnntaffungen,  woburdj  bie  Slfabemifer  unb  anbere  beleibigt  werben  lönnten,  gugit« 
laffen,  fonbern  auch  ollen  gleiff  aufguwenben,  baff  burd)  bemiitigeS,  befdjeibeneS  unb 
wohlwodenbeS  Benehmen  bie  erbitterten  ©emüter  befänftigt  werben.  SaSfelbe  emp« 
feljle  ich  wegen  ber  Söicfjtigfeit  $hre§  SeifpielS  auch  @w.  (podjwürben,  fo  nachbriicf* 
lief)  ich  nur  lann:  ©ie  mögen  in  allen  Singen  auf  3hre  ^onfultoren  hören  unb 
immer  baS  erwählen,  waS  ber  religiöfen  SSefdjeibenheit  entfprechenber  unb  oon  ber 
©efaljr  einer  SSefeibigung  mehr  entfernt  ift.  SaS  ffteftorat  ber  Sllabemie  barf  in 
feinem  galle  angenommen  Werben2. 

Sen  faiferlidfen  33eidjtüater  23ecan,  ber  auch  gemeint,  man  gehe  gu  eilig  öorait, 
wieS  SitedeSdji  eine  Söodfe  fpäter,  am  10.  fgnni  1623,  an,  er  möge  ben  ßaifer 
bitten,  in  biefen  unb  anbern  Singen  guerft  feine  Sl)re  unb  feinen  Vorteil  gu  be= 
rüdfichtigen  unb  nichts  für  bie  ©efeüfd)aft  gu  tun,  waS  nur  im  geringften  feine 
Slutorität  unb  feine  91uf)e  fchäbigen  fönne.  ©ollte  eine  ©chenfung  bie  ©emüter  ber 
Unioerfität  gegen  ben  $aifer  erbittern  ober  bem  ß'aifer  in  ber  (folge  Ungelegenheiten 
bereiten,  fo  möge  ber  93eid)tüater  im  tarnen  beS  ©eneralS  auSeinanberfepen,  bah  er 
ber  gangen  ©efetlfd)aft  feinen  größeren  ©efatlen  tun  fönne,  als  ohne  fRücffidjt  auf 
ben  Vorteil  für  bie  ©efeUfdjaft  baS  gu  beftimmen,  was  er  feiner  @f)re  urtb  feinem 
üftufjen  für  guträglicher  eradjte.  $d)  wünfdje  bicS  mit  folcher  Offenheit  unb  Sluf« 
richtigfeit  bem  $aifer  mitgeteilt  gu  fehen,  bah  er  War  einfieht,  eS  Ifonble  fidf  fper 
nicht  um  einen  Slft  ber  ^»öflicfjfeit ,  fonbern  um  baS  bringenbfte  Verlangen,  bie 
©djwierigfeiten  mit  ber  Unioerfität,  gu  weldjen  tiietteicfjt  ber  Übereifer  einiger  ber 
Unfrigen  einen  Slnlaff  gegeben  hot  ohne  SSerbriefflichfeit  für  ben  £aifer  beigulegen, 
felbft  wenn  eS  beSfjalb  notwenbig  wäre,  ber  Unioerfität  alles,  WaS  ber  ©efell« 
fchaft  fürglich  gegeben  worben,  gnrüdguerftatten  unb  bie  ©dfulen  ber  ©efellfdfaft  in 
bie  alten  ©rengen  Wieberum  eingufchränfen.  2öie  ernft  eS  bem  ©eiteral  mit  biefer 
Söeifung  war,  geigt  bie  SJJitteilung,  bie  er  am  felben  Sage  bariiber  bem  SSifitator  gu« 
gehen  lieh3. 


1  *  öriginal  Austr.  Fund.  II  268.  propensissima  C.  Mtis  in  nos  benevolentia 

2  *  Drig.*9teg.  Ad  Austr.  nimis  liberaliter  utamur  et  importunius  quam 

3  *  Crig.=9teg.  ebb.  (Später  (27.  ^uli  1624)  par  est  quaevis  ab  ea  petamus. 
mahnte  ber  ©eiteral  mieber:  Cavendum  ne 


(Süiäelne  Uniüerfitüten :  SSien. 


549 


9iicf)t  allein  bag  Uniüerfitätgreftorat,  fonbern  aucfj  anbere  ^orberungen  beg  Üteftorg 
fiamormaini  mieg  93ttedegd)i  juriitf.  ?lnt  12.  Sluguft  1623  brücfte  er  beut  23ifitator 
feine  Sßermunberung  unb  feinen  ©cfjnterj  aug,  baff  man  »erlangt,  ber  SReftor  beg 
^ollegg  folle  in  ben  öffentlichen  Elften  ber  Uniöerfität  »or  bem  Sefan  ber  SheDi 
logie  fi^en,  ba  er  nidjt  einfc^e,  mag  aug  einem  folcfjen  9tang  für  bie  größere  ($l)re 
©otteg  heraugfomme.  @r  folle  forgen,  bafs  man  oon  biefer  Slrt  ©treberei  fofort 
Slbftanb  neljme  unb  burdj  bag  SBeifpiel  ber  religiöfen  23efd)eiöenheit  unb  nicht  burdj 
bag  .'pafcfjen  nadj  einem  ehrenoolleren  ©ifj  fidj  Slnfehen  bei  ber  Uniöerfität  oerfchaffe. 
@ine  anbere  gorberung,  bafs  ein  $efuit  ftetg  Sefan  ber  pf)iIofopb)ifc^en  güfultät  fei, 
fcheine  gmar  im  Qntereffe  einer  befferett  nnb  ruhigeren  Vollziehung  ber  SDigjiplin  51t 
liegen,  man  folle  aber  trofjbem  nicht  um  jeben  $reig  barauf  beftehen;  eine  ab» 
medhfelnbe  Vefejjung  fönne  ja  auch  genügen.  „Vei  ber  Veljanblung  biefer  ganzen 
©ad;e  münfdje  idj,  bah  @m.  ^odjroürben  beg  9tateg  unfereg  heiligen  Vaterg  (Qgnatiug) 
fehr  eingebenf  fei,  ber  eine  fleine  grudjt  ohne  Slnftofj  hofier  fcfjä^te  alg  bie  größte 
3?rucf)t  mit  einem  gerechten  fttnftofj  für  anbere."1  Sluf  bie  Mitteilung  hiib  bah  man 
in  einigen  fünften  hätte  nachgeben  müffen,  brüdte  Viteltegdfi  in  einem  Briefe  00m 
7.  Cftober  1623  an  Vecan  feine  oolle  ßufriebenfjeit  barüber  aug.  9Rit  ber  fdjliefp 
lidjen  Slbmacfjung  erftärte  er  fich  ganz  einoerftanben 2. 

2lud)  in  bem  ©treit  mit  ben  Sontinifanern  aug  Slnlafj  ber  Übertragung  ber 
£anbfcf)aftgfdjule,  einer  faiferlidjen  Stiftung  für  junge  Slbelige,  fuchte  9SiteHegcf)i 
milbernb  einjugreifen.  Sie  Sominifaiter  behaupteten,  biefe  ©djule  fei  gum  Seil  auf 
ihrem  ©runb  unb  Voben  gebaut,  unb  fragten  begljalb  am  11.  gebruar  1623  über 
Vefifjftörung  beim  ©eneral.  Vitellegdji  tabelte  in  einem  Schreiben  00m  15.  2lpril 
1623  an  ben  Söifitator  bie  2lrt  unb  SBeife  ber  SSefi^ergreifung  unb  oerlangte  über 
bie  9iedjtgfrage  eine  eingehenbe  Unterfudjung,  beoor  man  roeitergehe;  in  jebem  gall 
fei  eine  ßränfung  ber  Sominifaner  burchattg  gu  oermeiben.  Unter  bemfelben  Saturn 
brüdte  er  bem  ^onoent  fein  Vebauern  über  bag  Vorgefallene  aug  unb  fieberte  eingehenbe 
Unterfudjung  gu3.  ©päter,  am  4.  üftooember  1623,  beauftragte  SSitelleSchi  beit 
P.  Vecan,  bafür  zu  forgen,  bah  bie  Vefdjmerben  ber  PP.  Sominifaner  oont  föaifer 
angehört  mürben,  unb  am  18.  Siooentber  1623  fpradj  er  fidj  für  einen  billigen  Ver= 
gleich  mit  ben  Sominifanern  aug,  zumal  ^arbinal  ®lefl  erflärt  ^abe,  bah  bie  SQub* 
fchaftgfdjule  mirflicf)  auf  bem  Voben  ber  Sominifaner  gebaut  toorbeit  fei4.  $n 
fpätereu  ^afjren  fam  bann  ein  Vergleidj  ju  ftanbe. 

9?ad)bem  bie  ©djmierigfeiten  Ooit  feiten  ber  Uniöerfität  burdj  ein  ftrengeg  faifer» 
lidjeg  Sefret  00m  26.  9Rai  1623  befeitigt  morben5,  Unterzeichneten  bie  Parteien  am 
7.  Slitguft  1623  eine  genau  formulierte  Ubereinfunft,  bie  jmei  Sage  fpäter  üom 
faifer  beftätigt  unb  am  13.  Oftober  1623  alg  Sanctio  pragmatica  publiziert  mürbe. 
Siefe  midhtige  llrfunbe,  bie  für  bie  SBiener  Uniöerfität  länger  alg  ein  ^afjrljunbert 
mahgebenb  blieb,  oerorbnete  in  ihren  §auptpunfren  folgenbeg6: 


1  Qui  pluris  faciebat  exiguum  fructum  sine 
offensione  quam  maximum  cum  iusta  aliorüm 
indignatione.  Sgl.  *  SitetteSd)i  an  Secan, 
12.  2lug.  1623,  ber  ebenfalls  gegen  beibc 
rungen  tnar.  0rig.*9teg.  Ad  Austr. 

2  *0rig.=9teg.  ebb.  Sgl.  SiteüeSdji  an  2lr= 
genti,  14.  0!t.  1623. 

3  *  0rig.=9teg.  ebb.  9Jtit  feinem  Sriefe  bom 

27.  föiai  1623  fanbte  Slrgenti  eine  2)enffd)rift 

Ratio  scholae  Provincialis,  quam  Yiennae  . . . 

aedificaverunt  et  fundarunt  Imperatores  Au- 
striaci.  9tad)  biefer  mären  bie  faiferlidjen 


üommiffare  im  9ted)te  geroefen.  Austr.  Fund. 
II  256. 

4  Sgl.  Siteflesdji  an  Samormaini,  4.  9ioö. 
1623;  an  Secan,  2.  $ej.  1623.  *0rig.»9teg. 
Ad  Austr.,  unb  Earafa  an  Sarberini,  2.  $ej. 
1623.  *  Original  Barb.  Lat.  6984,  f.  144  ff. 

6  SSortlaut  bei  ®inf  a.  a.  0.  II  221.  Sgt. 
ülrgenti  an  SiteHeSdji,  27.  SJtai  1623.  *0ri= 
ginal  Austr.  Fund.  II  268. 

6  $rucf  bei  üin!  a.  a.  0.  II  447—466. 
2Iud)  im  Conspectus,  Slnfjang  511m  III.  Sb, 
6—29. 


550 


2(d)te§  ÄapiteL  ©tjmttafien  mtb  Uniberfitäten. 


Sie  Qefuiten  oer^icfiten  auf  bag  Steftorat  ber  Unioerfität.  Sag  ^efuitenfodeg 
wirb  ber  Unioerfität  inforporiert.  Ser  Qefuitenreftor  behält  feine  ^urigbiftion  über 
bie  Qefuitenprofefforen,  bie  an  ber  Unioerfität  teuren,  unb  über  alle  Qefuitenfcpüler 
wie  früher.  253enn  gegen  einen  biefer  Scpüfer  geridEjtlicf)  üorgegangen  werben  foll. 
Wirb  bie  Sacpe  oor  ben  Rector  magnificus  öerwiefen,  aber  nicpt  eper  bag  Streit* 
üerfaprett  eröffnet,  big  ber  pierüon  benacpricptigte  9teftor  beg  Äodegg  erfrört,  bie 
Sadje  fönne  nur  gericptlicp  auggetrageit  werben,  $eber  §örer  unterftept  bem  ®e= 
porfam  feineg  profefforg,  bem  P.  9teftor  ober  bem  Rector  magnificus,  je  nacpbem 
er  bie  SSorfefungen  ber  Qefuiten  ober  bie  anberer  Profefforen  afg  fpauptftubium 
befucpt.  Opne  ben  Steftor  beg  ®odegg  fann  feine  affe  £>örer  betreffenbe  Stubien* 
fad^e  befcpfoffen  werben.  SBenn  ber  Steftor  beg  ßodegg  einen  Sdjüler  entfaffen  pat 
geigt  er  bieg  bem  dteftor  ber  Unioerfität  an,  ber  feinerfeitg  bie  SUcptgufaffung  gu 
ben  anbern  ^afuftäten  üeranfaffen  wirb.  2öid  ein  $efuit  einen  bem  Steftor  ber 


LlPPlI 


Frr-iün  Jf.  A* .t£%8.  yr\ni(Ui 


o  Collegium  ber  Soc . 

CaDflffmrt  Jpaü $  l>Coll«W(|cf*< 


2>a8  nfnbemiftfje  ßolleg  mit  ßircfje  311  Stöieit.  ©tief)  bou  §.  ©perl  (s/2i).  ®unftfabinett  ju  ®alf§f>urg. 


Unioerfität  unterworfenen  Profeffor,  SJtagifter  ober  fpörer  oerffagen,  fo  muff  er  bie 
®fage  guerft  üor  ben  Rector  magnificus  bringen.  Stile  SSerfügungett  ber  Unioerfität 
an  ^efuitenprofefforen  gepen  bitrcp  bie  §anb  beg  ^efuitenreftorg.  $n  ber  ppifo* 
foppifepett  gafuftät  ift  abwecpfefnb  in  bem  einen  Semefter  ein  oon  ber  ©efedfepaft 
beftimmter  Pater  Sefan,  im  anbern  Semefter  ein  anberer  Softor  ober  9)?agifter, 
ben  bie  gafuftöt  nad)  bem  ^erfommen  wäpft. 

Ser  oon  ber  ©efedfepaft  beftimmte  Sefan  beforgt  alle  ©efdjäfte  ber  gafuftät 
mit  Stugnapme  beg  Stmteg  eineg  SUgereftorg  ber  Stfabemie,  wefepeg  ber  Spbefan  über 
nimmt.  SBäprenb  beg  Sefanateg  eineg  Siicptjefuiten  unterftepen  ade  Sdjuffacpen  bem 
©pbefait  ber  ^efuiten,  ber  auep  über  bie  Sigputationen,  Prüfungen,  Promotionen 
entfepeibet;  ebenfatfg  liegt  bie  ßenfur  feiner  §anb.  Ser  Sepofitor  päugt  Dom 
Sefan  ober  SUgebefan  aug  ber  ©efedfdjaft  ab;  oon  ber  Sepofitiou  finb  auggenomnten 
bie  ßferifer  unb  bie,  Wefcpe  geiftfiepe  SUeibung  tragen;  ade  aber  müffen  in  bie  ÜDta* 
trifef  eingetragen  werben. 


©in^elne  Unioerfitäten:  2Bien. 


551 


Von  ^Srofeffuren  werben  ben  ^efuiten  zugewiefen  bie  humaniftifcfjen,  philo- 
fopfjifdOeit  utib  tl)eologifd)en;  iit  ber  Sfjeologie  bleiben  ober  wie  btSfjer  aud)  bie 
nidjtjefuitifchen  Profefforen.  £)er  ^5rofeffor  ber  ^eiligen  Schrift  au§  ber  ©efeüfdjaft 
barf  nidEjt  zur  felben  ©tunbe  lefen  unb  niefit  iit  betnfelben  ^at)r  baSfelbe  Vud)  er- 
flären  wie  ber  anbere  ^ßrofeffor.  SDie  öon  ber  ©efeHfd)aft  bestimmten  Profefforen 
Zeigt  ber  Qefuitenreftor  bem  Rector  magnificus  an;  fie  werben  ohne  weiteren  @ib 
öon  biefem  al§  Profefforen  anerfannt.  $ur  tfjeologifcfjen  gmfultät  gehören  öon  ben 
Qefuiten  ber  Peftor  be§  Kollegs,  gwei  ^Srofefforen  ber  fdjolaftifdjen  S^eologie,  je 
einer  ber  ^eiligen  Schrift,  ber  ®ontroöerfen  unb  bie  ÜÜforalprofefforen;  jur  pljilo- 
fopf)ifdf)en  fyafultät  aufjer  bem  SDefan  ober  SSi^ebefan  bie  Profefforen  ber  SMaphpfif, 
@tf)if,  Phhfif,  ÜDiathematif,  Sogif,  SDialeftif,  Difjetorif,  ber  hebräifdjen  unb  griedjifchen 
Sprache,  enblid)  ber  Profeffor  ber  Poetif.  ®er  Oieftor  be§  ®oKeg§  wirb  in  bie 
t£)eo!ogifcf)e,  ber  SDefan  ober  Vizebefan  in  bie  pljilofophifdje  ^afultät  offne  ben  Actus 
repetitionis  jugelaffen.  06  bie  anbern  Qefuiten,  welche  fc^on  ein  ^al)r  an  einer 
Slfabemie  iljr  gadj  gelefen,  oljue  Actus  repetitionis  jugelafjen  Werben,  fiängt  öon 
ber  Veftimmung  ber  gafultät  ab.  Sin  ©teile  be»  Actus  repetitionis  tritt  für  bie 
neuen  profefforen  bie  Seitung  einer  öffentlidjen  5Di§putation.  gür  bie  anbern  pro- 
fefforen  bleiben  bie  früheren  Veftimmungen.  ®ie  Promotionen  ju  ben  ©raben  ber 
Philofopfjie  finben  in  ber  Uniüerfitäblaula  ftatt. 

®ie  Verwaltung  ber  Vibliotfjef  wirb  ber  ©efettfdjaft  übertragen,  alle  anbern 
Profefforen  fjaben  ßutritt  unb  ermatten  gegen  £)interlag§fd)ein  Vücher.  ®a§  @rj- 
^erjoglidje  Kolleg  \  bie  Vurfen  unb  alle  anbern  Uniöerfitätggebäube  aujzer  ben  ©prn- 
nafien  ber  Quriften  unb  üßebijiner  geboren  ber  ©efellfähaft;  an  beren  ©teile  Werben 
Äolleg,  ©djulen  unb  ®ird)e  für  bie  ©efeKfdjaft  gebaut.  ®afür  wirb  ber  Peftor 
be§  ^odeg§  für  Ä’onfiftorium,  Kanzlei  unb  21rcf)iü  ber  Uniöerfität  ein  ©ebäube  be- 
forgen,  ba§  in  ba§  (Eigentum  ber  Uniöerfität  übergebt. 

Über  bie  Vebeutung  biefer  pragmatifdjen  ©anftion  l)at  ber  ©efdfichtfdjreiber  ber 
Uniöerfität  geurteilt:  „Segt  man  noch  in  bie  2öagfd)ale,  baff  bie  ©ojietät  Weber  in 
ber  2CBaf)l  ber  perfonen  für  ba§  Sehramt,  nod)  in  ber  Sehrmethobe  irgenbwie  be- 
fdjränft  war,  fo  muff  man  fagen:  was  bie  Haltung  ber  Uniöerfität  im  ganzen  unb 
wa§  bie  Seiftungen  unb  Pidjtung  ber  t^eologifd^en  unb  pb)ifofopf)ifd)en  gufultät  in§« 
befonbere  betrifft,  fo  hatte  bie  pragmatifc^e  ©anftion  biefelben  unzweifelhaft  in  bie 
■Ipänbe  ber  ©o§ietät  gelegt.  2öa§  auf  biefem  ©ebiete  gelang  unb  wa§  mißlang,  wa§ 
an  pofitiöen  Pefultaten  erreicht,  an  Schaben  abgewehrt  warb,  furz  bie  ganze  ©e- 
fcf)icf)te  ber  Uniöerfität  mit  all  bem  Sob,  ba§  fie  fich  öerbiente,  unb  mit  all  ben 
ÜDiängeln,  benen  fie  öerfiel,  war  öon  ba  an  ba§  Söerf  ber  Sozietät.  Niemals  war 
in  öergangenen  feiten  einer  ©enoffenfdjaft  ein  fo  fcfjöner  unb  babei  fo  awSgebreiteter 
unb  fo  unbeengter  2Birfitngsfrei§  übertragen  worben;  um  fo  unüerfümmerter  mufj 
bie  Slnerfennuitg  fein  für  ba£,  wa§  fie  leiftete,  ba  anberfeit§  aud)  bie  Verantwortlich¬ 
feit,  bie  fie  übernahm,  fo  grofj  war."1 2 

9?ad)  biefer  Peuorbnung  fanb  bie  erfte  Promotion  in  ber  Philofophie  an  ber 
Uniöerfität  unter  ber  Seitung  be§  ®efan§  P.  PtatthiaS  Vaftiand)it3  am  15.  Slpril 
1624  ftatt3.  £sm  Piärz  1625  erfolgte  bie  Überfiebelung  ber  $efuiten  tu  i3*6  afas 
bemifchen  ©ebäube. 

^m  3a^)re  1^26  bradj  ein  Streit  ber  theologifchen  gafultät  mit  ben  oer- 
fdpebenen  Crben,  ®ominifanern,  Piinoriten  ufw.,  au§,  bie  in  ihren  Kirchen  öffentliche 

1  ©3  mar  ba§  alte,  Don  ^erjog  s21I£irect)t  ge=  3  2)er  Slnnalift  werft  att,  bafs  sunt  erftennial 

grünbete  SlrtiftenfoHeg.  sngleid)  mit  gebrudten  SSerfen  §anbf(^ut)e  an 

2  Sint  a.  a.  D.  I  i,  362  f.  Über  ben  bie  9tnmefenben  »erteilt  mürben.  Conspectus 

biftionSftreit  1640  Dgl.  Conspectus  III  219.  III  158. 


SldjteS  Kapitel,  ©Otnnafien  imb  Uniberfitäten. 


552 

tl)eoIogifd)e  Disputationen  oeranftalteten  unb  babei  bie  Vereinbarung  getroffen  Ratten, 
bie  Eingelabenen  ber  Unioerfität  ftetS  erft  an  bester  ©teile  zum  Objtgieren  jujulaffen. 
Die  tfjeologifdje  gafultät  Oerbot  beSfjalb  in  Übereinftimmung  mit  bem  $onfiftorium 
am  17.  ©eptetnber  1626,  an  biefen  Disputationen  teilzunefjmen,  falls  ben  llnioerfitätS» 
nütgliebern  nid)t  oor  ben  anbern,  bie  nidjt  jur  Unioerfität  gehörten,  ber  Vorrang 
im  Disputieren  eingeräumt  mürbe.  DaS  föonfiftorium  ber  Unioerfität  fügte  biefem 
Defret  nod;  bei,  bie  OrbenSleute  füllten  ifjre  Disputationen  aufferfjalb  ber  $ircf)e 
galten.  Der  VuntiuS  Earaffa  trat  entfliehen  auf  bie  ©eite  ber  90Iönd;e  unb  mahnte 
am  20.  Oftober  1626  bie  Unioerfität,  fid)  oon  foldfen  Eingriffen  in  bie  fird;Iid)e 
greiljeit  unb  bie  Vecfjte  ber  epemten  Orben  ju  enthalten.  Sitten  OrbenSobern  in 
SBien  oerbot  er  unter  ber  ©träfe  ber  Epfommunifation,  fiel)  bem  Defrete  ber  Uni» 
oerfität  gu  fügen.  Valb  barauf  oermeigerte  bie  tfjeologifdfe  f^afultät  bie  DruderlaubniS 
für  bie  DIjefen  einer  öffentlichen  Disputation  bei  ben  SJIinoriten.  Der  VuntiuS  be» 
fahl  ober  am  7.  Dezember,  am  Vorabenb  ber  Disputation,  ben  ^efuitentljeologen 
unter  ©träfe  ber  Epfommunifation,  an  biefer  Disputation  teilzunefjmen.  Die  beibeit 
Dfjeologen,  P.  fßenalofa  unb  Vaftiand)it$,  gingen  hin,  beteiligten  fid;  aber  nicht  an 
ber  Disputation.  Die  ©adje  fant  nad)  Vom,  unb  im  ^aljre  1627  erfolgte  ber  Ent» 
fd)eib,  baf)  bie  einzelnen  Orben  ihre  öffentlichen  Disputationen  außerhalb  ber  Uni» 
oerfitätSafte  of)ne  Vüdfidjt  auf  biefe  beibehalten  fönuten1. 

VitetteSdji  hatte  baS  fcfjarfe  Defret  beS  VuntiuS  bebauert  unb  baS  bemütige  Ver» 
fjalten  ber  patres  gelobt;  er  mafjnte  gugleich,  aud;  in  ber  golge  bem  VuntiuS  ©efjorfam 
unb  Ehrfurcht  ju  ermeifen.  '  Die  patres  möchten  fid;  an  baS  SBort  beS  1)1.  ©regor 
erinnern,  baf;  bie  Demut  ber  Diener  ©otteS  am  meifteit  zur  ßeit  ber  VetrübniS  fich 
Zeigen  müffe.  Vor  adern  folle  man  auf  ber  §ut  fein,  gegen  benjenigen,  ber  bie  ©teile 
beS  ißapfteS  oertrete,  irgenb  ein  3dd)en  oon  llngefjorfam  ober  geringere  EI;rfurd;t 
an  ben  Dag  ju  legen2.  Slud;  in  ben  fpäteren  gmrberungen  unb  9}ii^I;eIIigfeiten  mit 
ber  Unioerfität  fprad)  fid;  Vitet(eSd;i  mieberf;o!t  für  Vacljgiebigfeit  aus,  aud;  meint 
baS  ftrenge  Ved;t  bieS  nidht  forbere,  unb  freute  fid;,  rnenn  er  hörte,  baf;  in  irgenb 
einem  fünfte  ifjren  Klagen  Slbfjilfe  gefcfjafft  morben3. 

Die  Dätigfeit  in  ben  ©cfjulen,  befonberS  auf  ber  Unioerfität,  hatte  fich  injmifdjen 
fehr  gehoben.  DaS  3al)r  1625  jätete  fcf)on  17  Sefjrfräfte,  auffer  ben  früher  ge» 
nannten  gäcfjern  1  ©riedjifcf),  1  ÜDJoral,  1  §ebräifd),  1  ^eilige  ©d;rift;  baju  famen 
1629  nod)  fe  1  für  Dialeftif  unb  Etfjif.  Die  3aI)I  ber  ©djüler  beS  afabemifcfjen 
toIIegS  betrug  1624  gegen  1000,  1636  über  1400,  1637,  bem  DobeSjafjr  beS 
^aiferS  gerbinanb  II.,  1600,  1641  allein  in  ben  Ijumaniftifdjen  ©tubien  nafjezu 
1000,  in  ben  pf)i!ofopI)ifd;en  Disziplinen  über  400.  Sluf  bem  ©pmnafium  ftubierten, 
mie  bie  3ahre§briefe  1642  fjerüorfjeben,  80  aus  bem  erften  SIbel,  abgefef)en  oon  ber 
großen  3af)I  all§  bem  nieberen  SIbel.  Die  Sogif  zählte  215  §örer,  bie  ißf)l;fif  pro» 
mooierte  75  Vaffalaurei,  bie  ÜOtoapfjpfif  73  üVagiftri,  bie  Dfjeologie  7  Vaffalaurei. 

Die  Slrt  unb  Söeife  ber  pf;iIofopI)ifd;en  unb  tfjeologifcfjen  Vorlefungen  mar  ber 
©tubienorbnung  entfpredjenb.  $n  ber  Dffeologie  fdjlof)  man  fid;  eng  an  DfjomaS 
an.  ©treitigfeiten  in  Vezug  auf  bogmatifdje  ©cfjulfragen  fudjte  mau  baburd;  I)intan» 


1  Conspectus  III  178  ff-  33gl-  *  Earaffa  an 
SSarberini ,  28.  Oft.  1626.  Barb.  Lat.  6943, 
f.  23  f.  Earaffa,  14.  Slpril  1627.  Original 
Barb.  Lat.  6950,  f.  28.  SSarberini  an  Earaffa, 
20.  gcbr.  unb  22.  Sftai  1627.  Original  ebb. 

7060,  f.  51  58.  Earaffa  an  tarbinal  Subo» 
ßifio,  16.  guni,  28.  Slug.  1627.  *  Original 

Arch.  Propag.,  Lett.  di  Germ.  vol.  67,  f.  23  40. 


S8gl.  SSappler,  ©efd).  ber  tljeologifdjen  ga» 
lultät  ber  llniberfität  ju  SBien  (1884)  131. 

2  *  S3itelle3d)i  an  $ombrinu§  unb  ißenalofa, 
16.  gan.  1627 ;  au  Stoel,  23.  galt.  1627.  Orig.» 
9teg.  Ad  Austr. 

s  SSitelle^dji  an  Samormaini,  6.gan.,  3.  SJZärs, 
31.  SJIärs,  26.  9ftai  1629. 


Sinselite  UniOerfitäten :  ©ras. 


553 


guhalten,  baff  burcfj  faiferlidjeS  heftet  öorn  28.  Sioüember  1625  bie  nicht  bem  Qefuiten- 
orben  angeljörenben  fßrofefforen  für  ^eilige  ©d)rift  unb  Casus  angemiefen  rourben, 
nid)t  auf  fd)o(aftifcf)e  fragen  unb  ®i§putationen  itberjugreifen 1. 

2öie  bie  äftanuffripte  tf^eofogtfcfjen  Inhaltes  oom  fReftor  an  bie  theologifdfe 
gafultät  jur  ßenfur  übergeben  würben,  fo  erhielt  bie  theologifdje  gafrdtät  nidjt  feiten 
ben  Auftrag,  ©utadjteit  über  theologifdje  ober  in  bie  Sljeologie  eingreifenbe  fragen 
absugeben2.  ©o  berlangte  3.  93.  am  24.  9IpriI  1642  bie  öfterreichifdje  Regierung  bon 
ber  tf)eoIogifd)en  gafultät,  ber  aufjer  anbern  ^efuiten  batnalS  als  SRoralift  ber  ^efuit 
gerbinanb  b.  £jerberftein  angefjörte,  ein  ©utadjten,  auf  welche  Sßeife  bem  Unfug,  baff 
93erbredjer  in  Kirchen  unb  ßlöftern  ober  in  ben  Raufern  ber  auswärtigen  ©efanbten 
ein  2lft)I  fudjten  unb  fid;  fo  ber  berbienten  ©träfe  entzögen,  gefteuert  werben  fönne. 
®ie  gafultät  antwortete:  Sejüglic^  ber  ^irdjen  unb  ®Iöfter  gelte  bie  93uIIe 
©regorS  XIV.  bom  28.  DJIai  1592,  gemäfj  Welker  wirflidje  93erbredjer  auf  93egef)ren 
beS  weltlichen  ©eridjteS  ausgeliefert  werben  föunten;  baS  91fplred)t  ber  ©efanbten 
beruf)e  auf  oölferredjtlidjen  93eftimmungen  unb  fönne  nur  burdj  93ereinbarung  mit 
ben  betreffenbett  ^Regierungen  aufgehoben  werben.  2Iuf  eine  weitere  fyrage  ber 
Regierung  über  ben  ©eltungSbereid)  ber  93uIIe  ©regorS  XIV.  berwieS  bie  g-afultät 
am  18.  $uli  1644  auf  "ben  Inhalt  ber  93uIIe;  fie  würbe  nur  bann  nicht  weiter 
berpflidjten,  wenn  fid)  eine  redjtmäfjige  ©ewohnfjeit  bagegen  gebilbet  h<U>e-  91IS  bie 
Regierung  fpäter  (1656)  ein  erneuertes  ©utadjten  berlangte,  erflärte  bie  f^afultät 
auf  ben  93eridjt  beS  93ijebefanS  SRif.  Sloancini  hin,  bafj  fie  ihr  ©utachten  bom  ^aljre 
1642  aufrecht  erhalte3. 

9fuljiger  als  in  2Bien  geftalteten  fich  bie  93erfjöltniffe  in  ©raj,  wo  ben  Sefuiten 
aufjer  bem  ©tjmuafium  bie  gaige  Uniberfität  (fJShilofopfjie  unb  Rheologie)  übergeben 
worben  war 4.  2)a  bie  ©tobt  immer  außerhalb  beS  ÄtriegSfdjaupIaheS  blieb,  fonnte 

bie  Uniberfität  fich  ungeftört  entwideln.  Zuweilen  war  fogar  ber  in  ben  ÜRadjbar» 
länbertt  tobenbe  ®rieg  bie  Urfache  eines  größeren  ßuftrömenS  bon  ©tubenten.  93on 
ben  1200—1300  ©tubenten  famen  auf  bie  pfjilofophifdjen  unb  tljeologifdjen  SDiS» 
jiplinen  burdjfdjuittlidj  400 — 500.  Slufjer  ben  fech§  bis  fieben  Sefjrern  am  ©pmnafium 
wirften  als  f|3rofefforen  für  bie  fßhtf°f°Phte  3,  ©tljif  1,  9RatIjematif  1,  fdjolaftifdje 
Rheologie  2,  ^eilige  ©djrift  1,  äRoral  2,  ßontrooerfe  1,  ^ebräifcf)  1  (1633)  unb 
fpäter  (1643)  auch  noch  für  ^irdfjenrecht  1  fßrofeffor. 

Qn  ber  gunbationSurfunbe  bom  1.  Qamtar  1602  war  ben  ^efuiten  bie  bolle 
©eridjtSbarfeit  über  alle  ©tubenten  unb  ade  in  irgenb  einer  Söeife  ^ur  9Ifabemie 
©ehörenben  erteilt  mit  bem  fRedjt  ber  geffelung  unb  ©inferferung.  $ür  bie  fchwereren 
SJelifte,  befonberS  bie  ^rintinalfäde,  bie  nur  burdj  weltliche  fRidjter  unterfucht  unb 
abgeurteilt  werben  fönnen,  erhielten  bie  ^efuiten  baS  9fed)t,  einen  ober  mehrere 
dichter  ju  befteden,  feien  eS  SIbelige,  ^nriften,  93iirger  ober  ^ofbeamte.  2lde  biefe 
mußten  bereitwidig  baS  2Imt  übernehmen,  in  gleicher  SSeife,  als  wenn  fie  bon  bem 
©rjherjog  berufen  worben  wären5. 

©in  neues  ®iSjip!inarftatut  würbe  am  18.  $uni  1630  in  ©egenwart  ber  ganzen 
Uniberfität  —  mit  SluSfdjIufj  ber  brei  unterften  Sateinflaffen  —  bon  bem  UniberfitätS* 
notar  berfünbigt  unb  bom  fReftor  erläutert.  ®ie  Statuten  befagen:  ®er  9(fabemifer,  ber 
brei  £age  nacheinanber  ben  93orIefungen  fernbleibt  unb  bann  wieber  häufiger  fern» 


1  SB nppler,  ©efcf).  ber  t^eologifcfjen  ffafultät 
SU  SBien  129  f.  gn  SBien  tourbe  1628  ber 

ÜBraud)  eingefiifjrt ,  bafj  bie  neupromocierten 

Softoren  bie  Hansel  befteigen  unb  über  ein 

oom  $efan  OorgeIegte§  Problem  einen  furseit 

'Bortrag  batten  mufjten.  Sine  fReitje  foldjer 


fragen  bei  SBappIer  a.  a.  0.  141  ff.  Über 
bie  Stbiegung  ber  Professio  fidei  burd)  bie 
Brofefforen  f.  ebb.  152  ff;  ba§  ©eniorat  168  ff. 
2  Sbb.  155  ff.  3  Sbb.  158. 

4  93b  I,  ©.  166  ff,  unb  oben  333  ff. 

5  'Beinlid),  ©raser  Brogramtn,  1869  49. 


554 


2(d)te§  Kapitel,  ©pmttafien  unb  UuiDerfitäten. 


bleibt,  mirb  nad)  erfolglofer  breimaliger  ÜJJiaßnung  mit  bem  fßerluft  ber  afabemifdjen 
fßrioilegien  bebroßt.  Solange  bie  Uniöerfität  einen  Slfabeinifer  nidjt  auS  ber  SRatrifel 
ftreidjt  ober  fofange  berfetbe  mcßt  mit  ©rlaubniS  ber  afabentifdjen  33ef)örbe  ju  einem 
anbern  Berufe  übergetreten,  ßält  bie  Uniöerfität  ißre  ffiecßte  aufrecht  unb  ßot  fomit 
©eßorfam  ju  beanfprudjen.  (Sin  größeres  öffentliches  Sßerbrecßen  ^at  für  ben  Uber» 
führten  bie  Streichung  auS  ber  SRatrifel  jur  Qofge.  2UleS  nädjtlidje  Urnherfchmeifen 
ift  oerboten.  2Benn  einer  im  Sommer  nad)  10  Uhr,  im  Söinter  nad)  9  Uhr  auf 
ber  ©affe  mit  Saute,  Qitßer,  ©eige  unb  berg[eid)en  betroffen  mirb  ober  mit  Söaffen, 
Steinen  unb  bergleichen  ranbaliert,  fo  fann  er  oon  ber  bürgerlichen  Söacße  ergriffen 
unb  in  baS  bürgerliche  ©efängniS  gebradft  merben.  Sie  entfprerfjeitbe  Strafe  mirb 
ber  afabemifdje  SJJIagiftrat  beftitnmen.  Seiten,  meldje  unbotmäßig  ober  träge  finb 
unb  bei  ben  SiSputationen  nicht  erfcßeinen,  mirb  baS  QeugniS  oermeigert.  Sie 
^äbagogen  oerlieren  burd)  9iidjtbefuch  ber  SBorlefungett  ober  (Sigenmäc^tigfeit  in 
beren  SluSmaßl  nach  erfolgter  äRaßnung  ihren  ^Soften.  §Iud)  ber,  raelcßer  ohne 
Söiffen  ober  gegen  ben  SBillen  beS  afabemifcßen  ÜRagiftratS  eine  ©rjießerftelle  an» 
nimmt,  geht  berfelben  üerluftig.  Übermiefene  fBerleumber  ber  ffßrofefforen  ober  ber 
SIfabemie  merben,  im  Qaße  fie  feine  ©enugtitung  feiften,  öffentlich)  auS  ber  äRatrifel 
geftricßen  P 

Sroßbem  faitt  eS  in  ©ra^  mie  an  anbern  Unioerfitäten  mieberßolt  §u  Sumuften 
unb  Stusfdjreitungen  ber  Stubenten.  SaS  lag  teils  in  ber  milben  ßeit,  teils  in 
befonbern  Umftänben  begrünbet.  Ser  ©efcßidjtfcßreiber  beS  ©rajer  ÄoIlegS  ßef>t 
folgenbeS  ßeroor:  „Sie  Sogif  jählte  gemöhnlid)  bei  200  fpörer,  oon  benen  etma  bie 
fpälfte  oon  auSmärtS  fam  unb  nun  jum  erftenmat  bie  füße  Qreißeit  beS  UnioerfitätS« 
febenS  oerfoftete.  2öie  großen  ©influß  aber  auch  Qefuiten  auf  baS  Seben  unb 
bie  Sitten  berjenigen  Stubenten  hatten,  bie  unter  ißrer  Seitung  Ijerarigeroac^fen 
toaren,  bie  auch  fdjon  baburd),  baß  fie  jumeift  SKitgfieber  ber  äRariauifcßen  Sobatität 
maren,  unter  ftrengerer  SiS^iplin  ftanben,  fo  gering  mar  ißre  äRadjt  über  baS  erft 
neu  ßinjugefommene  Stubentenoolf,  baS,  jumeift  in  ber  äRurüorftabt  bequartiert, 
fein  Seben  unb  Sreiben  außer  bem  Kollegium  unter  feine  Kontrolle  geftetlt  miffett 
moßte.  ...  Sa  gab  eS  bann  inSbefonbere  bei  unb  nad)  Srinfgefagen  Spott  unb 
fpoßn  (über  bie  ^Bürger),  bann  Schimpf  unb  Streit  unb  nicßt  feiten  blutige  fpänbel, 
ba  nach  Sitte  ber  Beit  jebermann  bie  ,2Beßre‘  (Scßmert)  an  ber  Seite  trug."2 
2IuSfd)reitungen,  bie  bis  jur  Steinigung  eines  ^Bürgers  gingen,  bemogeit  am  27.  äRat 
1634  ben  sIRagiftrat  gur  £Iage  unb  bie  Regierung  31t  einer  ernftlicßett  äRaßnmtg 
an  ben  afabemifcßen  Senat,  „gebüßrenbeS  ©infeßen  oorjufeßren",  mibrigenfaßS  anbere 
ßarte  SRittel  oerorbnet  mürben.  ,Qmei  Qaßre  fpüter  flagte  ber  Üieftor  in  einem 
Schreiben  oont  16.  Slpril  1636  an  ben  ®aifer  über  bie  Saumfeligfeit  beS  9J?agiftratS. 
SOSegen  ber  Unruße  unb  beS  fRumorS,  ben  etlicße  tumultuierenbe  Stubenten  angefangen, 
möge  bie  Regierung  bem  Stabtmagiftrat  gemeffen  auferlegen,  bie  Oon  ber  Slfabentie 
als  fdjulbig  oerurteilten  Stubenten  aus  ber  Stabt  ju  fcßaffeit  unb  ißnen  ben  roeiteren 
©ingang  gu  oerbieten3. 

Sroß  ftrenger  fBeftrafung  naßmen  bie  Sumulte  fpäter  mieber  ju.  Qm  Qaßre 
1638  fam  eS  ju  einem  Sotfcßlag  unb  ernftem  SfBiberftanbe  gegen  bie  SicßerßeitS» 
macße.  ©ine  Sinnige  in  StBien  ßatte  ein  faiferlicßeS  Sefret  ootn  17.  äRat  1638 
jur  Qolge,  meldjeS  befaß!,  bei  folcßen  SInläffen  aucß  ber  prioilegierten  fßerfonen  beS 
SlbelS  unb  ber  Stubenten  nidjt  ju  fdjonen.  Stber  bie  „SIntaftungen"  oon  ^Bürgern 
inSbefonbere  §ur  SRadjtjeit  ßörten  nicßt  auf.  ©inmal  (1639)  trugen  bie  Stubenten, 


1  Krone§,  ©efd).  ber  Uniöerfität  in  ©ras 


2  fßeinlidj,  ©rajer  Programm  1870,  33. 

3  Krönet  a.  a.  0.  330. 


328  ff  615. 


©ingehte  Uniöerfitäten :  ®r q,v 


555 


Wäßrenb  bie  Quardi  (©tabtwadje)  am  9iatf)au§  ben  ©cßlaf  ber  ©eredjteu  fcfjlief, 
fämtlidje  öellebarben  berfelbeit  oom  SSadjpoften  fort.  ©in  anbermal  fliegen  ©tubenten 
auf  Seilern  in  bie  Sorratgfammern  ber  Sitrger  unb  trugen,  mie  bie  fö'lage  befagt, 
gange  ©pieße  üott  Sratmürfte  baoon.  Sei  anberit  ©elegenßeiten  marf  man  ben 
Seuten  o£)ne  weitereg  bie  fyenfter  ein  ober  fdjoß  mit  „gauftrößren"  (ißiftolen)  nad) 
benfelbeit.  ©o  fam  eg  bann  fo  meit,  baff  bie  Sßadje  einen  ©tubenten  ergriff,  auf 
bag  Diatßaug  fdjleppte  unb  bort  in  bie  „®eidjen"  (©efängnig)  feßte.  Stuf  energifdje 
Sorftettung  ber  Slfabemie  mußte  ber  ©efangene  mieber  auggeliefert  werben1.  ®g 
mar  ber  afabemifcßen  Seßörbe  nid)t  immer  leidet,  bie  9?ecßte  ber  afabemifcßen  Sitrger 
gu  magren.  Qn  einer  ©ingabe  Dom  27.  SUfai  1639  befragte  fidj  ber  bamalige  Gefror, 
P.  SDücß.  ©umereder,  bei  ber  Regierung  über  bie  Stttentate  beg  üöiagiftratg,  baß  bie 
©tabtwäcßter  frieblidj  fortgeßenbe  ©tubiofog  angreifen,  fdjlagen  unb  tierwunben, 
„attermaßen  erft  neuließ  ben  15.  biefeg  audj  oorßin  gunt  öftern  gefeßeßen".  ®ie 
©tubenten  batten  aug  jugenbticbem  Übermut  geßanbelt,  bagegen  follte  man  bei  bem 
SKagiftrat  Sfrter,  Sanftmut  unb  fRat  ooraugfeßen  unb  nidjt,  baß  man  bag  $euer 
mit  01  begieße.  35er  SJiagiftrat  motte  einen  ©tubenten,  ber  fdjon  gwölf  Sage  in 
£>aft,  ber  üniöerfität  nidjt  augfrefern.  3)er  Gefror  bittet  unter  anberem  um  ben  Se= 
fefjt,  „bie  ©tabtquarbi  möge  fid}  gegen  bie  ©tubenten,  metdje  öfterg  fürnebmen 
Slbelgftanbeg  fein,  befdjeibentlicß  benebmen  unb  fie  nit  mit  bewehrter  §anb  moleftirn". 
3)er  ©tabtrießter  erbebt  anberfeitg  in  feiner  Serantwortung  oom  3.  ^uni  Sefcßwerbe 
über  bie  ©aumfeligfeit  ber  afabentifdjen  Seßörbeit  unb  bie  ©djanbtaten  ber  ©tubenten. 
Oßne  Unterlaß  infultieren  bie  ©tubenten  bie  ©tabtwaeße.  ©§  ift  boeß  ein  ungereimteg 
Segeßren,  baß  fid)  bie  ©olbaten  mit  Steinen  werfen,  gofcßen  unb  taffen  laffen,  gu 
allem  ®ing  ftittfeßweigen,  wie  ein  angeleimteg  ßölgetneg  SÖilb  ftill  fteßen  unb  bann 
mit  gcfcßlagenem  Sudel  ing  Kollegium  flogen  geben  fotten.  35ieg  ift  leiber  unfer 
Deo  gratias,  wie  bie  ©tubenten  ungefähr  üor  gwei  Qaßren  aufrübrig  worben  unb 
im  Kollegium  bie  fünfter  eingeworfen,  baß  ißnen  (bem  Kolleg)  ber  ©tabtridjter  auf 
Slnrufen  etlidj  üftadjt  gu  §ilf  fommen.  35iefe  Sfoplif  batte  aber  feinen  ©rfolg,  bentt 
ber  SJtagiftrat  mußte  ben  gefangenen  ©tubenten  ber  5lfabemie  attgliefern2. 

35iefe  Slugfcßreitungen  unb  bie  babei  üorgefommenen  ^onflifte  gwifeßen  ben  üer= 
feßiebenen  ©erießten  Oeranlaßten  eine  genauere  Regelung  ber  afabemifcßen  ©erießtg» 
barfeit.  ®iefe  neue  0rbnung  ging  üon  ber  üniöerfität  felbft  aug;  für  bie  Se* 
redjtigung  bagu  berief  fie  fid)  auf  bie  ©tiftungg*  unb  Seftätigunggurfunben.  2)ie 
Promulgation  erfolgte  am  11.  Slpril  1641.  Sluggefcßieben  würben  bie  Klagen  oon 
©tubenten  gegen  ÜZidjtftubenten,  biefe  feien  an  bag  betreffenbe  ©eridjt  gu  Oerweifen, 
g-ür  fieß  naßtn  bie  SIfabemie  in  Slnfprucß  bie  Progeffe  oon  ©tubenten  gegen  ©tubenten 
unb  oon  ÜRidjtftubenten  gegen  ©tubenten.  ®ie  ©treitfaeße  ift  guerft  bem  ®efan 
beg  Ungefragten  oorgulegen,  ber  in  leichteren  fällen  felbft  entfdjeibet,  in  fdjwereren 
bem  Mangler  ÜJJiitteilung  maeßt.  ie&er  @ac^e/  bie  geridjtlidj  gu  erlebigen  ift, 
muß  bie  ®lage  fcßriftlidj  bem  9Mtor  ber  üniöerfität  eingereidjt  werben  mit  flarer 
2lugeinanberfeßung  beg  £atbeftanbeg  unb  mit  5lngabe  ber  ©üßneforberung,  wenn 
leßtere  nidjt  bem  Südjter  anßeimgegeben  wirb.  SDie  ßlagefdjrift  geßt  bann  an  ben 
Mangler,  um  ben  Termin  für  bie  gerichtliche  ©ntfdjeibung  feftgufeßen,  unb  an  ben 
^Ungefragten,  um  fidj  gur  fcßriftlidjen  Seantwortung  gu  rüften.  35ie  leßte  fyrift  für 
bie  ©inreidjung  ber  Älage  ift  adjt  £age  nadj  erfolgter  ©djäbigung,  unbefeßabet  beg 
Sorgeßeng  ber  Slfabemie.  Qft  bie  ©adje  fdjwer,  muß  auf  Seranlaffung  beg  sJieftorg 
ber  Unioerfitätgridjter  mit  feinen  Slffefforcn  bamit  befaßt  werben;  biefern  finb  oom 
Slnfläger  bie  ßlagefcßrift  unb  bie  anbern  Slfren  guguftellen.  ^n  ber  ©ericßtgfißung 


1  Iß  ein  lieb,  Programm  1870,  33  f;  tigl.  39  43. 


2  ßroite^  a.  a.  D.  327  f. 


556 


Sldjteg  Kapitel,  ©pmnafien  unb  Uniberfitäten. 


roirb  bie  SInftagefcprift  unb  bie  fdjriftticpe  ©erteibigung  beS  Ungefragten  oertefen 
unb  ber  münblicpen  ©erteibigung  burd)  ben  2(ngeftagten  ober  beffen  2lboofaten  SKaum 
gegeben.  9?acp  ber  Gattung  beS  UrteitS  burep  ben  UniüerfitätSricpter  unb  feine 
SIffefforen  gibt  eS  feine  Stppettation  mepr. 

Sßenn  bie  Slfabemie  bei  fepmereren  ©erbredpen  fefbft  Oorgept,  n?irb  bie  Stnftage* 
fdprift  an  bie  Sore  ber  Slfabemie  angefdjfagen  mit  Eingabe  beS  ©ericptSterminS. 
333er  auf  bie  gitation  ber  2Ifabemie  pin  nidjt  erfdpeint,  fei  eS,  bafj  bie  gitation  er‘ 
gef)t  burd)  ben  ißebett  ober  im  gälte  ber  Slbmefenpeit  burd)  Stuffdjrift  an  feiner  Xiire, 
rnirb  aus  ber  9Jtatrifel  getöfdjt,  unb  feine  Sadpe  mirb  ber  gioitbepörbe  übergeben. 
2Ber  iit  ben  UnioerfitätSfarger  ats  UnterfucpuitgSgefangener  gebracht  mirb,  mup  ent* 
taffen  merben,  menn  bie  $tagepartei  niept  innerhalb  breier  Sage  oorgept.  SGBer  jur 
Strafe  in  ben  karger  gefd)idt  mirb,  mup  bern  Rebelt  beim  ©intritt  y2  gtorin  be* 
jagten  unb  tägtidp  auper  betn  Unterhalt  einen  ©rofepen.  Ser  UnterfudpungSgefangene 
bejaht  nichts,  bafiir  mup  bie  Slnftagepartei  auffommen,  menn  nid)t  ber  Stifter 
fpäter  gur  Strafe  bie  Soften  bem  SSerftagten  aufertegt.  Sie  Stubenten  unb  Unter* 
tanen  ber  Uniüerfitäten  finb  gum  3eu9ni^  öerpftidptet,  menn  fie  bagu  aufgeforbert 
merben;  menn  bie  geugen  unter  einer  anbern  @ericf)t§barfeit  ftepen,  mup  man  fid^ 
an  bie  gormen  biefeS  ©eridpteS  patten.  Sie  geit  für  bie  Stbpattung  beS  ©eridpteS 
ift  baS  gange  gapr  mit  2IuSnapme  ber  ^erbftferien  oom  8.  September  bis  8.  9to* 
oember,  ber  SöeipitacptSferien  oon  ber  ©igit  oon  SBeipnacpten  bis  ©pippanie  unb  ber 
Ofterferien  Oom  Sßalmfonntag  bis  gum  Sßeipen  Sonntag  K 

Scpon  früp  mar  ber  ißtan  aufgetaucpt,  in  ©rag  eine  juriftifepe  gafuttät  gu 
errichten.  So  fcfjrieb  ber  ©ifcpof  oon  Saoant  ©eorg  StobaeuS  am  10.  9looember 
1604  an  P.  bitter:  ÜDUt  großer  Sepnfucpt  ermarte  id)  mieber  unb  mieberum  einen 
giinftigen  ©efdptup  über  bie  ©rrieptung  einer  juriftifcpen  gafuttät  unb  eines  ©iStumS 
in  ©rag.  grüper  fpraep  man  päufig  baöon,  jept  tiefes  Stittfdpmeigen.  Sen  ©runb 
fenne  icp  niefjt  genau,  aber  einer  ftüfterte  mir  gu,  bie  ©orfteper  beS  ©pmnafiumS 
patten  ben  gürften  oon  feinem  ©orpaben  abgebradjt,  meit  fie  fagten,  eS  fei  gu  fürdjten, 
bap  bie  juriftifepe  gafuttät  ber  Slfabemie,  baS  ©iSturn  bem  gürften  Sdpmierigfeiten 
bereiten  mürbe,  gep  fann  eine  fotepe  Sorpeit  oon  fotepen  9Jfännerit  niept  glauben. 
©S  ift  nidptS  töridpter,  atS  fo  midjtige  unb  notmenbige  Singe  megen  Scpmierigfeiteit 
angufeinben1 2.  Sie  Scpmierigfeiten  famen  menigftenS  teitmeife  Oon  ber  Stfabemie.  SaS 
gnftitut  ber  ©efettfdpaft  fdjtiept  graar  baS  fanonifdpe  ©edpt  niept  auS,  mopt  aber  ben 
Seit,  ber  fidp  auf  baS  Forum  contentiosum  begiept.  SJfebigin  unb  biirgerticpeS  fRecpt 
fottten,  meit  bem  gnftitut  ferntiegenb,  gar  nidjt  ober  nur  oon  auSmärtigen  ^rofeffuren 
getefen  merben3. 

P.  ©itter  patte  jebenfattS  feine  Sdputb,  benn  er  betrieb  beim  ®aifer  mie  bie 
©rridjtung  eines  ©rager  ©iStumS,  fo  audp  bie  ©rridptung  einer  juriftifepen  unb  mebi* 
ginifepen  gafuttät  in  ©rag.  gn  einem  ©riefe  oont  4.  guni  1622  teilte  bieS  ©itetleSdpi 
bem  faifertidpen  ©eidptOater  ©ecan  mit  unb  brüdte  barüber  feine  ©ebenfen  anS. 
©iete  feien  gegen  beibe  ißtäne,  meit  man  aus  ber  ©ermirftidjung  grope  Sdjmierig* 
feiten  für  bie  ©efettfdpaft  in  ©rag  befürdjte.  Sa  auep  ber  Äaifer  bagegen  fein  fotte, 
möge  ber  ©eidjtoater  bem  ßaifer  mitteiten,  eS  panbte  fidp  nur  um  einen  i)3tan  beS 
P.  ©itter,  bie  ©efettfdpaft  motte  fiep  in  feiner  SBeife  einmifdpen  unb  merbe  baS  aus* 
füpren,  maS  ber  ®aifer  befdjtiepen  merbe 4.  Sie  Sacpe  mürbe  meiter  betrieben,  gm 


1  Ritus  procedendi  in  iudiciis  academicis 

almae  Universitatis  Graecensis.  Graecii  Sty- 
riorum  Typis  haered.  Ern.  Widmanstadii  1641. 

5Bien,  ©elp  6taat§ard)io,  ©eiftt.  91rcf)io  9tr  491. 

Söngerer  S(u§äug  bei  &’rone3  a.  a.  D.  318 ff. 


SSoKftänbiger  §tbbrmf  in  Beiträge  pr  Äunbe 
fteiermärf.  ©efd)id)tlquetleit  1892,  28 — 32. 

2  Stobaei  Epp.  ad  diversos,  Venetiis  1749, 
163.  3  Const.  P.  4,  c.  12. 

4  *0rig.-9teg.  Ad  Austr. 


(Sttijelne  Unit)  er  ft  täten:  ©rag. 


557 


Quni  1624  fanbte  Biller  ein  ©utadjten  für  bie  Aitglieberung  einer  juriftifchen  unb 
ntebijinifdjen  gafultät  att  ben  ©eneral.  2)er  (General  mollte,  mie  er  am  27.  Quli 
1624  BiUer  antmortete,  ben  ^lan  nid^t  üerurteilen,  aber  Miller  möge  eS  gut  auf= 
nehmen,  meint  audj  bie  ©utadjten  anberer  eingeforbert  mürben,  mie  bieS  in  einer 
fo  midjtigen  ©ad)e  unb  bei  fo  jmiefpältigen  Meinungen  bie  Klugheit  erheifdje1. 
Später  mürbe  bie  Angelegenheit  mieber  aufgegriffen.  Samormaini  fdjreibt  1640, 
bah  oft  barüber  üerljanbelt  morben,  ber  Kaifer  fidj  aber  fdjliehlid)  gegen  bie  Er> 
ridjtung  ber  beiben  Q-afultäten  entfdjieben  habe2. 

SDZe^r  Erfolg  fetten  bie  Bemühungen  um  bie  Errichtung  einer  fanoniftifdjen 
Brofeffur.  SDer  öfterreidjifdje  ^3roöin§iat  Qof).  Turner  fdjrieb  barüber  am  28.  Qebritar 
1643  an  ben  ©eneral,  er  fei  für  bie  Erridjtung  einer  ^5rofeffur  beS  fanonifdjen 
BedjteS,  aber  fo,  bafs  nidjtS  an  ber  alten  Orbnung  in  Bejug  auf  Borlefungen  unb 
§örer  geänbert  merbe,  bamit  ber  bisherige  glüdlidje  ©tanb  ber  ©tubien  burcf)  biefe 
neue  Borlefung  nicht  geftört  merbe.  £>ie  ^3f)ilofop)^en  bürften  nicht  nach  ihrem  ®ut* 
befinben,  fonbern  nur  mit  Erlaubnis  beS  BeftorS  ju  ben  fanonifcf)en  Borlefungen  ju> 
gelaffen  merbeit.  SDen  Theologen  fotle  eS  freifteljen,  bie  Bortefungen  ju  hören,  aber 
fo,  bah  fie  ®ogma,  ^eilige  ©chrift  unb  im  erften  Qaljre  ^ebräifcf)  nicht  oerfäumten. 
Alle  BZoraliften  mühten  teilnehmen.  ®en  llnfrigen  folle  ber  Befudj  nicht  geftattet 
merben,  meil  bie  Borlefungen  in  ber  fcholaftifcfjen  Rheologie  beeinträchtigt  merben 
fönnten.  Qm  einzelnen  fdjlug  er  oor,  bie  Befugnis  jur  ^romoöierung  oon  SDoftoren 
beS  KirchenredjteS  gu  erbitten,  gumal  fonft  bei  ber  beabfichtigten  Errichtung  einer 
juriftifdjen  Qafultät  in  ©rag  alle  gu  ben  Quriften  gehen  mürben.  2öenn  man  oorljer 
baS  Becf)t  ber  Btomotion  höbe,  mürbe  ber  Kaifer  leichter  bie  juriftifdje  Qafultät,  an 
bereu  Erridjtung  er  beule,  bem  Beftor  beS  KollegS  unterteilen.  Auch  ©illingen  fei 
baS  BromotionSrecht  gugeftanbeu  morben.  SBegen  biefeS  BecfjteS  füllten  bann  auch 
einige  Qefniten  im  QuS  promooieren,  um  fpäter  anbere  promotiieren  gu  tönnen,  fonft 
rnüffe  man  bagu  AuSmärtige  nehmen.  Qür  bie  Qeit  ber  Borlefung  fei  am  paffenbften 
morgens  7 — 73/4  Uhr,  meil  fo  alles  anbere  bleiben  fönne.  Ein  furiftifcheS  Kollegium 
ton  brei  Batreg  foQte  eingerichtet  merben  für  bie  Brüfungen  berjenigen,  melcfje  bie 
©rabe  nehmen  mollten;  AuSmärtige  tonnten  gu  biefem  Kollegium  gugegogen  merben, 
aber  fo,  bah  bie  ÜJiefjrheit  bei  ben  Qefuiten  bleibe.  Einige  am  fpofe  arbeiteten  in  ber 
Bietung,  bah  bie  juriftifdje  Qafultät  fo  mit  ber  mebiginifdjen  in  ©rag  errietet  merbe, 
bah  fie  unferem  Bettor  nidjt  unterteilt  merbe.  $ür  ben  Qall,  bah  feine  ©efaljr 
fei  für  bie  Errichtung  einer  juriftifchen  Qmiuftät,  ift  ber  Broöinjial  mehr  bafür,  bah 
man  ohne  ©orge  für  bie  Br°motion  unb  ohne  Erridjtung  eines  juriftifdjen  Kollegiums 
bei  ber  alten  Einfachheit  bleibe  unb  nur  für  eine  gute  Borlefung  im  Kirchenrecht 
forge.  0b  mirflidj  bie  Errichtung  einer  juriftifchen  Qafultät  betorftelje,  fönne  man 
nod)  nid)t  beftimmt  fagen.  Sicher  fei,  bah  im  Oorigen  Qahr  ftarf  baran  gearbeitet 
morben,  unb  bah  fiele  glaubten,  fdjliehlich  merbe  fie  burd)  faiferlidje  Berfiigung 
mirflidh  eingeführt 3. 

BitelleSchi  entfchieb  am  6.  Quni  1643  meift  nach  ben  Borfdjlägen  beS  BcooingialS : 
Bon  unfern  Theologen  fönnten  2  ober  3  aus  ben  befferen  baS  Kirchenrecht  hören, 
aber  erft  nad)  Bolfenbung  ber  gangen  £(jeologie;  baS  ®oftorat  bürfte  aber  feiner 
nehmen,  meil  eS  gegen  ben  Braud)  ber  ©efeüfdjaft  unb  mieberholt  oerboten  morben 
fei.  Ein  juriftifdjeS  Kollegium  foCfe  errichtet  unb  bagu  ber  eine  ober  anbere  auS= 
märtige  ®oftor  berufen  merben,  befonberS  um  bie  ©rabe  gu  erteilen.  ®ie  Br°fefforen 
mühten  ber  Borfd^rift  beS  QnftitutS  eingebenf  bleiben,  über  baS  Forum  contentiosum 


1  *  ©bb.  35gl.  93itette§d)i  an  SBitter,  28.  @ept. 

1624. 


2  r  o  n  e  § ,  ©cfd).  ber  Uniüerfität  in  ©ras 
24  390  ff.  3  *  Drtflinal  Epp.  Austr.  II  246  f. 


558 


2Id)tc§  ffabiteL  ©tjmncifiert  unb  Uniöerfitäten. 


nicfjt  ju  lefen;  fad§  bie§  nötig  fei,  fülle  lieber  ein  9lu3märtiger  öiefe  Vortefung 
übernehmen,  at§  baß  ntan  gegen  bie  fö'onftitutionen  hanble1.  2ܧ  erfter  ^ßrofeffor 
be§  $ird;enred)te§  eröffnete  noch  im  Qafjre  1643  P.  SBabing  feine  Vortefungen2. 

Vacf)  einem  Veridfte  bom  28.  Januar  1645  maren  bie  ©tubien  in  (Gra§  in 
einem  btühenben  guftanbe,  vorüber  ber  (General  in  einem  Briefe  an  ben  Veftor 
Hermann  ^porft  feine  große  (Genugtuung  auSbriidte3. 

3n  Üngolftnbt  hatte  §mar  bie  Übertragung  ber  phitofophifcßen  gafultät  an  bie 
^efuiten  für  bie  görbcrung  ber  SDiSgipIin  unter  ben  humaniftifdjen  unb  phitofophifdfjen 
©tubenten  günftig  eingemirft,  aber  bie  ©treitpunfte  nicht  enbgüttig  erlebigt 4.  Strebten 
bie  ^efuiten  banadj,  ißre  ©elbftänbigteit  ju  behaupten,  fo  mar  bie  llniüerfität  ißrer* 
feitS  barauf  bebac^t,  itjre  alten  fRedfte  ju  magren  unb  bie  üiefuiten  a[§  ein  Mem- 
brum  universitatis  in  ?Ibljängigfeit  ju  erhalten. 

Über  bie  allgemeinen  guftänbe  ber  llniüerfität  fpracf>  fidf)  ^erjog  SBitfjelm  in 
einem  üertraulid^en  Schreiben  öom  8.  ÜOtai  1602  an  ÜDiapimüian  näßer  au§.  (Sr 
beüagt  feßr  bie  üucßttofigfeit  ber  ©tubenten,  e§  ßerrfdße  bort  üielfac^  ein  „üießifd) 
^reffen  unb  Saufen",  manche  Gütern  fcßidten  begßatb  ißre  ©ößne  mcßt  nach  ^-ngotftabt, 
fonbern  nach  ®idingen,  biemeit  fie  bafelbft  ber  SDiSgiptin  falber  oerfidjert  feien,  mie 
benn  aCfjeit  um  etliche  100  ©tubenten  meßr  ju  Gillingen  at§  ^ngolftabt  fein  faden, 
ba  man  bocß  bafelbft  meber  ^ura  nocß  GJJebijin  tieft.  ®er  ünficßt  ber  herzoglichen 
Väte,  baß  man  neben  ben  ^atre§  auch  anbere  Sßrofefforeit  für  fH^etorif,  Sogif  unb 
(Stßif  berufen  fade,  fönne  er  nidjt  beipftidjten  roegen  ber  großen  Unfoften  unb  megen 
GJlaitgelS  an  üußörern,  mie  bie  (Srfaßrung  früher  bemiefen  habe,  enblicß  meit  baburdß 
bie  ^Disziplin  leibe,  inbem  bie  fauten  ©tubenten  halb  au§reißett  mürben,  mit  Vor¬ 
gehen,  fie  fönnten  biefe  Vorlefungeit  aud)  in  libera  schola  fjören,  adba  man  ißnen 
nit  einrebet,  fonbern  fie  nach  (Gefallen  madjen  läßt5. 

Vei  ber  Vifitation  ber  llniüerfität  oom  Qaßre  1607  befanben  ficf)  üon  ^efuiten 
in  ber  tßeologifcßen  gafuttät  2  ^3rofefforen,  in  ber  philofopßifdfen  5,  am  (Gßmnafium  6. 
TDer  Vetter  ftagte  feßr  über  2lu§fcßreitungen  ber  ©tubenten,  befonberS  gegen  ba§ 
$onüift  burdß  nächtlichen  Särm,  blaSp^emifche  unb  obfcöne  Veben.  üudj  am  (Gßm- 
nafium  möchten  einige  bie  afabemifdßen  Vrioitegien  genießen,  benn  fie  hätten  jeßt 
in  ber  Vßetorif  4  ©tunben  unb  fteine  Serien,  an  ber  Slfabemie  mürben  fie  nur  eine 
©tunbe  unb  lange  Serien  haben6.  Von  biefem  ©tanbpunft  mar  bie  Veibeßaltung  ber 
Vßetorif  auf  bem  (Gpmnafium  gemiß  oodauf  berechtigt,  in  miffenfchaftliöher  §inficßt 
hätte  aber  eine  eigene  ^ßrofeffur  ber  Vßetorif  an  ber  llniüerfität  ficher  and;  ihre  Ve> 
redjtigung  gehabt.  (S§  maren  aber  in  ^ngolftabt  mie  auch  anber§mo  nicht  fo  fehr 
bie  miffenfchaftlichen  al§  bie  recßtlidjen  fragen,  metche  ben  alten  Streit  immer  mieber 
entfalten. 

2>a§  geigte  fidj  im  ^aßre  1608/1609,  al§  ber  ©treit  mit  neuer  ^eftigfeit  ent¬ 
brannte.  (£§  ßanbelte  fieß  um  ba§  Vedjt,  unbotmäßige  §örer  au§zufcßließett,  ma§ 
ber  artiftifcßen  gafultät  oon  ben  £>erjogen  VMlßelm  unb  üöiajünilian  jugeftanben 
morben  mar.  ®er  ^ßilofopßieprofeffor  Safob  Veißing  machte  oon  biefem  Vedßte 
(Gebraudj  unb  fcßloß  einen  roiberfpenftigen  Sogifer  au§.  ®iefer  naßm  feine  .guflucßt 
jum  Veftor  ber  llniüerfität,  ber  ben  Sogifer  mieber  jur  Vortefung  fdßidte.  ®ie 
$a!uttät  üermeigerte  aber  bie  Slufnahme.  begann  nun  ber  ^rieg,  fo  fdjreibt 
ber  Slnnatift  GVeberer,  ber  eine  üdtdmg  brieflich  in  ^ngotftabt,  bann  in  GJäindjeit 

1  *  0rig.=3teg.  Ad  Austr.  5  *  Original  in  9Jt.  ft\,  ©er.-£it.  1477,  V  139  ff. 

2  Krönet  a.  a.  0.  25.  2)rucf  bei  ^rontt,  Unioeriität  ^ngolftabt  II 

3  *  Orig.=91eg.  Ad  Austr.  Sabre  1649  351  f.  über  2tu3fcf)reitungen,  Quelle  ufto.  egt. 

ääpltc  bie  St^cologie  imb  $I)itofopt)ie  470  §örcr.  oiid)  Meder  er,  Annal.  Ineolst.  II  171  183. 

4  «gl.  93b  I,  6.  55  ff.  6  *  3R.  ff.,  ©er.-Sit.  1479,  97r  3. 


ßitiäclne  Itmberfitäten :  S«9oIftabt. 


559 


geführt,  öon  ben  fjiergu  Peftimmten  Ä’ommiffaren  Hier  Qaßre  lang  ßinaugge^ogen 
mürbe.  2)er  ©erninn  mar  faft  fein  anberer  alg  ber,  ben  bie  baoonjutragen  pflegen, 
bie  auf  einem  fcßmußigen  Terrain  fämpfen:  nacßbem  nämlicß  ber  eine  Xeit  ben 
anbern  mit  mieberßolten  Auflagen  unb  23ertcibigungen  befdjmußt  ßatte,  fam  man 
ju  einem  ^rieben,  ber  biefen  ßäuglicßen  Streit  meßr  beruhigte  alg  öoUftänbig  au§ 
ber  SSelt  fcßaffte1. 

SDie  artiftifcße  ^afultät  fteüte  bent  Senat  am  2.  April  1609  tmr:  Sßeil  unfer 
fßater  Sßifitator  erfahren,  baß  üor  einigen  ÜUJonaten  ein  Streit  entftanben  fei  über 
bag  fRedjt,  bag  unfere  $afultät  bisher  über  ißre  Scßüler  auSübte,  roiinfcßte  er  im 
guten  ©inüerneßmen  mit  bem  Senat  etmag  Seftimmteg  feftjufeßen.  2Bir  bitten  beg* 
ßalb,  unfere  güfultät  nacß  unferem  ^nftitut  öerfeßen  ju  bürfen,  nicfjt  allein  mag 
bie  Stubien,  fonbern  aucfj  mag  bie  Süg^iplin  betrifft,  mie  ung  biefeg  früher  mieber= 
ßolt  non  ben  dürften  ^ugeficßert  mürbe.  Somit  muff  ung  erlaubt  fein,  unbotmäßige 
unb  unmürbige  Scßüler  non  unfern  Schulen  augjufdßließen  unb  burdß  bie  anbern 
gemößnlicßen  Strafen  in  Scßranfen  ju  galten.  SBir  beabficfjtigen  bamit  burcßaug 
nicfjt  einen  ©ingriff  in  bie  Qurigbiftion  beg  Rector  magnificus,  fonbern  mir  be> 
fennen,  baß  ißtn  aucß  unfere  Sdjiiler,  fomoßl  bie  beg  ©ßmnafiumg  alg  bie  ber 
ffßßilofopßie,  untermorfen  finb  unb  er  fie  nacß  SSerbienft  beftrafen  fann.  28ir  münfcßen 
nur  für  ung  bie  greißeit,  über  unfere  Scßüler  beftimmen  51t  fönnen,  oßne  baß  mir 
anbern  alg  unfern  Obern  Siedjenfcßaft  geben  müffen,  mie  bieg  §ergog  Atbrecßt  ung 
bemilligt  ßat2. 

^n  ber  Antmort  beg  Senateg  00m  8.  April  1609  mirb  ben  ^efuiten  bie  ge* 
miinfdjte  ^urigbiftion  über  ißre  Scßüler,  bie  fie  nie  befeffen,  abgeftritten :  ber  fRefurg 
an  ben  Sieftor  ber  Unioerfität  müffe  ftetg  befteßen  bleiben;  ber  Sieftor  beg  ®oIIegg 
ßabe  in  ben  afabemifdßeit  Gingen  gar  nicßtg  ju  fagen  unb  fönne  nicßtg  ju  fagen  ßaben, 
mie  bie  Statuten  unb  fßriöilegien  ber  Unioerfität  flar  bezeugten3.  ®ie  artiftifcße 
güfultät  betonte  am  28.  Oftober  1609  nocßmalg:  Um  eine  ^urigbiftion  bitten  mir 
nicßt  unb  ßaben  nie  barum  gebeten,  fonbern  nur  um  bie  ©emalt,  melcße  mir  überall 
über  unfere  Scßiiler  ßaben  unb  meldje  aucß  bie  meltlidjen  artiftifcßen  ffßrofefforen, 
bie  früßer  mit  ung  leßrten,  geßabt  ßaben,  mie  aug  bem  Briefe  beg  ^erjogg  Albert 
00m  Qaßre  1576  flar  ßeroorgeßt.  SDiefe  ©emalt  ift  aber  nidjt  meßr  ^urigbiftion 
alg  bie  gulaffung  gu  ben  Scßulen  unb  SSorlefungen,  bie  Promotion  ober  ßurüd* 
meifung  oon  ben  afabeutifcßen  ©raben4. 

So  mürbe  ßin  unb  ßer  geftritten,  auf  ber  einen  Seite  ftanben  meitgeßenbe  S3e= 
giinftigungen  ber  ^erjage,  auf  ber  anbern  Seite  Seftimmungen  ber  Unioerfitätg* 
ftatuten.  Aufgeregte  unb  teilmeife  oerßeßte  Stubenten  ntifcßten  ficß  in  ben  Streit. 
®ie  maturior  studiosa  iuventus  Ingolstadiana  richtete  am  28.  £Oiär§  1610  eine 
maßlog  ßeftige  Anflagefcßrift  gegen  bie  ^efuiten  an  ben  Senat,  in  melcßer  ben  ^efuiten 
nicßtg  meniger  alg  bag  jeitlicße  unb  emige  SSerberben  ber  Stubenten  jur  Saft  gelegt 


1  Med  er  er  a.  a.  0.  II  195.  $8gl.  *  Hist, 
succineta  coli.  S.  J.  Ingoist.  9)t.  9t. ,  Jes. 
1363  ad  1609  ff.  9tad)  ben  ijjrotofollen  be§ 
afabemifdfen  ©enat§  erflärte  ber  9teftor 
9Dt an^art  ben  Stbgefanbten  ber  Sltabemie  am 
7.  2)e^ember  1608,  er  begebre  (einesteils,  nit 
anberft  als  gute  nad)barlid)e  Storrefponbens  unb 
f^reunbfdjaft  mit  ben  Iperrn  Oon  ber  Stfabemie 
ju  erbalten,  tooße  and)  bafür  fein,  baff  bmfüro 
bergleicben,  toie  oon  P.  9teibing  befcbeben,  nit 
ntebr  fürgenommen,  fonbern  gute  93efd)eibent)eit 
gcbraud)t  toerbe,  toietoobl  er  protestando  bar* 


für  batte,  baff  fie  bie  patres  in  Straft  Sbr. 
fürftl.  S)urd)(aud)t  gnäbigften  93efeblS,  fooiel  bie 
$bdofoobi1d)e  Facultatem  unb  baS  ©tjmnafium 
belange,  bieSfatlS  mol)!  berechtigt  feien  uttb 
nichts  toollen  Oergeben  haben.  Protocoll.  Uni- 
versit.  Ingoist.  (1608)  9Jt.  U.  D.  III  15  f 
40  ff. 

2  ‘St’onsebt  2)t.  St.,  ©er.*Sit.  1487/13.  Dri* 
ginal  *t.  U.  T.  14.  $rantl  a.  a.  0.  II 
363  f. 

3  *  Original  3».  9t.,  Jes.  1373,  f.  36. 

4  *  Original  StR.  11.  T.  14. 


SlcpteS  Kapitel,  ©pmnafiett  unb  Uniüerfitäten. 


560 

mirb1.  ®ie  „reifere  ftubierenbe  ^ugenb"  tie^  eg  bei  papierenen  Eingriffen  nidjt 
beraenbeit.  2Bie  eine  $tage  ber  ^efuiten  an  bie  ®ontmiffare  fagt2,  mürbe  bag  ßotteg 
nädjtlidjermeite  tuieber^olt  beunruhigt,  einmal  80  ©tagfdjeiben  eingemorfen  unb  Steine 
in  bie  ßimnier  ber  ^ßatreg  gefdjteubert. 

Stuf  bie  nieten,  teitmeife  ftarf  iibertreibenben  Etagen  gegen  bie  Qefuiten  Derfaßte 
©reifer  ffebruar  1611  eine  tangere  Stntmort,  bie  manche  intereffante  ©ingetheiten 
enthält 3.  SDie  Elppettation  ber  ©pmnafiaften  an  ben  Unioerfitätgreftor  megeit  ©djut« 
ftrafen,  fagt  ©retfer,  führt  nur  jur  Untergrabung  ber  2)i§jiptin.  ^eber  ^rioattehrer 
fann  einen  unbotmäßigen  ©dfüter  au§  ber  ©dritte  jagen  unb  beftreitet  baburch  nicfjt 
bie  $urigbiftion  beg  Obern,  freilich  wenn  mir  fie  einferferten,  menn  mir  fie  non 
ber  Unioerfität  augfdjtöffen,  bann  fönnte  man  fidj  über  ung  beffagen 4.  SSier  Strtiften 
unb  jrnei  Stheotogen  tonnen  an  ben  ©enatgfißungen  teitnehmen,  aber  bag  ift  fetten 
gefdjefjen.  fpätte  ©reifer  gemußt,  baß  feine  Stnmefenfjeit  im  Senat  unangenehm 
empfunben  morben,  märe  er  nicht  ßingefommen,  beim  er  fei  oiet  lieber  in  feinem 
©tubierjimmer  atg  im  ©enat.  ®ie  ^efuiten  tjaben  nicfjt  bie  äftajorität  im  ©enat, 
fie  finb  6,  2  SHjeotogen  unb  4  Strtiften,  bie  Stugmärtigen  2  Theologen,  3  SRebijiner 
unb  5  ^uriften5.  ÜRadj  ben  Statuten  ber  pfjitofophifdjen  ffatuttät  finb  bie  ^ßfjitofopfjen 
gehalten,  im  erften  ^ahre  mit  ber  Sogif  SJtattjematif  ju  hören,  im  jmeiten  mit  ber 
Ppfif  bie  @tf)if,  int  britten  mit  ber  SRetapfjtjfit  eine  anbere  SSorfefung  nach  ihrer  freien 
SBatjI.  ®iefe  Statuten  mürben  fchon  früher  beobachtet,  beoor  bie  ^efuiten  SRathe- 
matif  unb  ©tljif  lehrten.  SBotten  bie  ißhitofophen  beg  erften  unb  jmeiten  ^aßreg 
eine  anbere  SSortefung  hören,  fo  miiffen  fie  ©igpeng  tiom  ®etan  erbitten,  bie  aug 
öernünftigen  ©rünben  auch  gegeben  mirb,  befonberg  fjuriften,  beren  (Sttern  bieg 
münfchen.  Slber  menn  aucfj  eine  fotche  SDigpeng  nie  gegeben  mürbe,  ginge  bag  nur 
bie  ffafuttät  an,  bie  ifjre  Statuten  hnbe.  ©efällt  eg  einem  in  ber  ffStjitofophie  nicfjt, 
fo  ftetjt  eg  ifjm  frei,  in  eine  anbere  gafuttät  übertreten.  ®ag  gefdjieljt  ja  tägtidj, 
unb  oon  Stugfdjtuß  Don  ber  Stfabemie  ift  feine  fRebe.  SSiele  gehen  gteidj  nach  öer 
Siateftif,  Diele  nacß  SIbfofDierung  ber  Sogif  jur  ^urigprubenj  über,  unb  bag  hat 
ihnen  in  ^ngotftabt  nodj  niemanb  Dermefjrt.  SDaß  bie  ©pmuafiaften  für  Slbmefenfjeit 
Don  ©dfjufe  unb  ©ottegbienft  nidjt  ihrem  Sßrofeffor  ober  bem  fßräfeften  beg  ©pm- 
nafiumg,  fonbern  bem  fReftor  ber  UiüDerfität  fRedjenfcfjaft  geben  fotteu,  ift  gegen  bie 
Sigjiptin  unb  bie  augbrüdticheu  fßeftimmungen  beg  fperjogg  SBitljetm  bei  ber  Über» 
gäbe  ber  artiftifcfjen  gafuttät  an  bie  ^efuiten.  ®urcfj  bie  Befolgung  biefer  SBeftim« 
mungen  entziehen  fidj  bie  Strtiften  burcßaug  nidjt  ber  oberften  Qjurigbiftion  ber 


1  ^Original  ebb.  15.  $nuf  bei  «rantl 
a.  a.  0.  II  364  ff. 

2  2Infang  gebritar,  einige  Jage  nad)  Puri- 
ficatio  1611. 

3  *  Konzept,  m.  K.,  ©er.=Sit.  1487/13.  Ori* 
ginal  9ft.  U.  T.  15,  f.  56—87.  ©in  großer 
Seil  Don  ber  §aub  ©retferA  «gl.  «rantl 
a.  a.  0.  II  362  ff. 

4  Unter  ben  ©egengriinben  be3  (Senate  (am 
beften  in  bem  (Schreiben  Dom  3.  Oft.  1612  bei 
«rantl  a.  a.  0. II  372)  mirb  auggefiiprt,  baff 
für  manche  bie  SlnSfcpliefsuttg  au3  ben  «or> 
lefungen  ber  Slu^fcpliefjung  Don  ber  Unioerfität 
gleidjfomme.  —  (Streitigfeiten  jmifcpen  ©enat 
unb  Ülrtiftenfafultät  megen  be§  «eftrafnnggrecpteä 
gab  e§  and)  an  Uniüerfitäten,  mo  feine  Sefuiten 
loareu.  ©o  peifjt  e§  Don  greiburg  i.  93r.  im 

16.  Saprpunbert:  „2luf  gleidje  SBeife  patte  ber 


©enat  bie  friipere  ©trafgemalt  ber  (2lr= 
tiftenOfffafuftät,  fogar  in  ipren  Klaffen,  auf  eine 
Strt  befcpränft,  bafj  beren  ©cpüler  fannt  mepr 
gegen  ipre  Seprer  fidj  folgfam  bemiefen.  3eöe 
Kleinigfeit  foüte  Dor  ben  ffteftor  gebradjt  unb 
Don  bemfelben  Dor  bem  ©enat  entfcpieben  roer* 
ben"  (©cpreiber,  2llbert=£ubmigAUniüerfität 
in  greiburg  II  137). 

5  ©cpon  11.  91Iai  1606  patte  ber  91eftor 
SSelfer  ber  Unioerfität  gefdprieben:  Ultro  cau- 
tum  volunt  Superiores  Soc.  Iesu,  ut  in  senatu 
quidem  Academico  numquam  plures  consiliarii 
ex  Societate  quam  sex,  in  consilio  vero  facul- 
tatis  theologieae  numquam  plures  quam  ipsi 
sint  externi  dictae  facultatis  sententiam  suam 
dicere  possint,  quod  liactenus  etiam  factum. 
*  Original  2Jt.  U.  T.  14.  «gl.  SBelfer,  23.  2Jiai 
1606. 


©injelne  Unioerfitüten:  3n9°Iftobt. 


561 


Slfabemie,  bereu  fReftor  fie  atg  ihren  SSorgefepten  anerfennen.  SDte  23eftrafung  ber 
fßäbagogen,  bie  meifteng  Geologen  ober  fünften  finb,  gehört  Oor  ben  Sieftor  ber 
llnioerfität.  SDte  fßrofefforen  finb  in  ihrem  Stedjte,  für  bie  Stufje  ihrer  ©deuten  unb 
23ortefungen  gu  forgett,  fonft  fönnte  aud)  bei  ben  ^ßfjilofop^en  unb  Xfjeologen  ber 
Unfug  einreifjen  wie  je|t  bei  ben  ^uriften,  wo  fie  nidjt  trampeln,  fonbent  wüten, 
fo  baff  ber  ganzen  Unioerfität  baraug  ber  Stuin  brotjen  tarnt.  (£g  fe^tt  nichts  weiter 
bi§  §ur  Qnfotenj  ber  Italiener,  als  baff  fie  pfeifen  unb  mit  witbent  ©efdjrei  bem 
fßrofeffor  befehlen,  oom  Kattjeber  ^erab^ufteigen.  ®ie  Serien  ber  übrigen  gafuttäteu 
finb  3 — 4mal  länger  atg  bie  bei  ben  Strtiften.  Stn  allen  ©pmnafien  ber  ©efettfc^aft 
ift  e§  33raucf),  baff  alte  ©pmnafiaften  ohne  Slugnaljme  an  bem  offiziellen  ©pmnafiat* 
gottegbienft  teitnef)men  ntüffen;  in  ^ngolftabt  wirb  aber  leicfjt  ®igpeng  erteilt.  Gsg 
ift  ein  üjrrtunt  ^u  behaupten,  bafj  bie  Qefuiteu  tioit  atlen  ©Gütern  bag  gleite  üer> 
langen  unb  allen  gteidjfam  benfelben  §ut  anpaffen  motten.  @g  fdjabet  aber  ben 
©tubenten,  bie  au§  Xrägtjeit  oom  ©riedjifdjen  biSpenfiert  werben  motten,  gar  nicfjtS, 
wenn  fie  auch  etwag  ©riedjifdj  lernen  müffen. 

Gsg  ift  ein  ©efe|  unferer  ©pmnafien,  baff  alle  ©cf»üter  ^u  beftimmten  feiten 
bei  ben  Qefuiten  beichten  müffen.  Stufjer  biefen  feiten  tümmern  wir  un§  nicfjt 
barum,  wann  ober  wo  jemanb  beichtet.  2)afj  ©dfüter  oon  unfern  ©pmnafien  aug* 
gefdjtoffen  werben,  bie  bei  ben  patres  granjigfanern  ober  anbern  ißrieftern  beichten, 
tann  burctj  fein  Seifpiet  erfjärtet  werben;  eher  würbe  man  SDigpeng  erteilen,  wie 
bag  51t  Qngotftabt  wiebertjott  gefcfjepen  ift.  ®ie  93efdhulbigung  bejwecft,  bie  ^octjw. 
ffktreg  grauK§faner  gegen  ung  aufjubringeit,  aber  biefe  fßatreg  wiffen  fehr  gut,  bafj 
ihnen  oon  ber  ©efeltfdjaft  fein  ©djaben  gugefügt  worben;  oiete  berfetben  finb  aug  unfern 
©gmnafien  tjeroorgegangen.  ®ie  Sülarianifdhe  Kongregation  tjat  eine  alte,  üom  Zapfte 
beftätigte  Sieget,  bafj  an  ben  oon  ber  Kongregation  beftimmten  23eicf)itagen  bie  Seicht 
bei  einem  ^efuiten  abgelegt  wirb  K  ^ft  jenianb  biefe  SSeftimmung  unangenehm,  braucht 
er  fidh  ja  nicht  ber  Kongregation  an$ufchtiejjen.  Übrigeng  wirb  aud)  hierin  leicht  ®ig* 
peng  erteilt,  wie  bag  wieberhott  in  ^ngotftabt  gefdjehen  ift.  SßieleS  hat  ber  ©enat 
burd)  üuträgereien  erfahren,  bie  burdjaug  nidjt  beglaubigt  finb,  unb  wenn  einzelne 
gälte  wahr  wären,  fo  träfen  fie  einen  gefuiten,  aber  nicht  bie  gefuiten,  wie  ber 
©enat  behauptet.  SBenn,  wie  bie  Unioerfität  ftagt,  in  einem  halben  gafjre  nur  5  oon 
augwärtg  gefommen,  fo  wunbern  fidh  bie  gefuiten,  woher  benit  ihre  ©cfjüter  fommen. 
®ie  Slortefungen  ber  gefuiten  in  Sheotogie  unb  ißhil°f°Phie  finb  fo  befudjt  wie 
fetten,  ebenfo  bag  ©pmnafium,  unb  biefe  @d)üter  finb  bei  weitem  nicht  alte  aug 
gngotftabt.  Sin  ber  geringen  Slnjaht  ber  guriften  haben  bie  gefuiten  feine  ©<hutb; 
fehr  häufige  Serien  unb  fehr  wenige  SSortefungen  tragen  ja  nicht  baju  bei,  bie  juri* 
ftifdien  ©tubien  ju  förbern.  gubent  ^errfc^t  unter  ben  guriften  feine  ®igjiplin,  fie 
tun,  wag  fie  motten,  unb  begfjatb  ift  eg  nicht  ju  oerwunbern,  wenn  bie  Gütern  ihre 
©ohne  nicht  fdjiden.  Soweit  ©reifer. 

(Sine  Slegierunggfontmiffion  fottte  bie  ©treitfache  unterfuchen.  33ei  biefer  ©e> 
tegenheit  famen  überhaupt  bie  guftänbe  an  ber  Unioerfität  jur  erneuerten  Slugfpradje. 
Stuf  oerfdjiebene  fragen,  welche  oorgetegt  würben,  antwortete  ein  (Gutachten  oon  feiten 
ber  gefuiten1  2  u.  a.  folgenbeg :  Unter  ben  23orfd)tägen  jur  SSerbefferung  ber  Stfabemie 
wirb  an  eine  Verfügung  beg  ^erjogg  SRajcimilian  üom  6.  Sloüember  1598  erinnert, 
bah  einen  ®egen  ju  tragen  nur  ben  ©tubenten  geftattet  fei,  bie  fcf)on  mirflidf)  jwei 
gaf)re  ^ug  ftubiert  hätten.  Söenn  bie  fßrofefforen  ber  jßhtf°f0Phie  biefeg  Verbot  urgieren, 

1  SSgl.  ben  33rief  be§  9teftor§  5Rant)art  an  2  9Jt.  Ä.,  ©er.>2it.  1479,  9tr  3.  Responsum 
bie  Unioerfität  über  bie  93efd)ulbigungen  ad  quaesita  ca  controversiam  Academicam, 

gegen  bie  Kongregation  1610.  *  Original  Clm  Mai  1611.  Konsept  mit  Korreftnren,  oon  ber 

26  479.  '  ‘  §anb  ©retferS  ? 

2>ut)r.  ©efd^it^te  ber  ^efititen.  II.  36 


562 


?id)te§  Kapitel,  ©tjmnafieit  uttb  Uniöcrfitäten. 


fo  gi&t  eg  ©tubenten,  öie  lieber  bie  s$ljilofophie  alg  ihren  Segen  aufgeben,  ben  fie  frei 
ohne  irgenbroeldje  23ef)inberung  tragen,  roenn  fie  bie  ^fplofophie  öerlaffen  unb  bag 
beginnen.  Um  bie  nädjtlidjen  Stugfdjreitungen  einjubämmeit,  füllte  Oerorbnet  merben, 
baß  itad)  einer  beftimmten  ©tunbe  ber  9iadjt  unb  bem  geidjen  ber  ©lode  in  ©t  äftorij 
niemanb  auf  ber  Straffe  ofjne  9?ot  unb  ohne  Sidjt  fiel)  jeigen  biirfe.  ^eßt  burdj* 
jietjen  bie  ©tubenten  bie  ©troffen  bie  gan^e  äRadjt,  fdjreien,  läuten  an  beit  Raufern 
an,  gerbrecfjen  bie  fünfter,  inbent  fie  mit  ihrem  Segen  burd)  bie  ©itter  ftoßen. 
3Iußerbem  jroingen  fie  ben  Iparfenfpieler,  inbent  fie  bie  Siire  erbredjen  unb  mit  bem 
Solche  broijen,  menn  er  nicht  gefjordje  unb  aufftelje,  um  511  fpielen.  (Sbenfo  füllten 
bie  StBirte  nidjt  über  eine  beftimmte  ©tunbe  ©etränfe  oerabreicfjen  bürfen.  Qeßt 
§ecf>en  bie  ©tubenten  big  SDätternadjt,  unb  bann  geljt’g  auf  bie  Strafe,  um  ju  ran* 
balierett.  2tud)  bag  Statut,  baß  fein  ©tubent  ficf)  über  adjt  Sage  ^ier  aufhalte, 
ohne  bie  SSorlefungen  unb  jinar  tägticf)  brei  ju  hören,  mirb  nicht  beobachtet.  Unter 
ben  ©rünbeit,  marum  bie  Ißrofefforen  nidjt  tefen,  roirb  audj  angeführt  bag  föopfroefp 
feft  (caput  dolentium),  roie  eg  bie  ©tubenten  nennen,  bag  nad)  ben  ^cfttagen  eintritt, 
an  melcfjen  tüdjtig  getrunfen  mirb.  Sie  211'abemie  mirb  nie  blühen,  folange  bie  Bürger 

aüeg  fo  teuer  an  bie  ©tubenten  oerfaufen;  eine  fßreigtape  müßte  feftgefeßt  merbeit  für 

SRiete,  Seihen,  Söaren,  ©peife  unb  Sranf.  Sie  Softormäljler  foften  unerfdjminglicfjeg 
©clb,  bie  Srinfgelber  nehmen  immer  mef)r  311.  ©tubentenfdjulben  füllten  nur  big  jur 
£)ölje  oon  10  ©ulben  bejafjlt,  ber  9teft  3U  anbern  groeden  oerroanbt  roerben.  Offne  biefe 
©träfe  mirb  bag  jumpen  nidjt  aufljören.  ©eljr  beflogt  mirb  bie  Sernacßläffigung 

beg  ©tubiereng.  SSiele  machen  bie  SRadjt  jum  Sag,  in  ber  9iadjt  fdjmärmen  fie 

burdj  bie  ©troffen,  am  Sag  fdjlafen  fie.  ÜDlandje  ftubieren  31t  £>aufe  nidjtg;  Oon 
ber  föorlefung  gehen  fie  bireft  jum  SSagen,  Sßirtgfjaug,  33all  ufro.  Sie  einen  pflegen 
ihr  §aar  mie  bie  SBeiber  ober  bie  ©efangenen  bei  ben  Siirfen:  in  ben  paaren 
fönnten  ©paßen  niften;  bie  anbern  fleiben  fich  gu  prächtig  ober  leidjtfinnig.  Slnbere 
finb  bei  allen  ^odjjeiten  unb  Sänken.  Ermahnungen  ber  fßrofefforeit  jur  fittlidjen 
Rührung  merben  mit  Särnt  unb  Unfug  beantmortet.  2>on  einigen  raeiß  man  nidjt, 
ob  fie  aucp  nur  ihre  Dftern  hatten.  $u  fielen  ©ünben  gibt  Slnlaff  bag  ^irtenhaug 
am  Sonatiarm,  in  bem  Sirnen  mohnen  unb  auf  bie  ©tragen  geljen,  um  bie  23or* 
übergehenben  jum  Softer  3U  reijen.  Sag  [paug  fönnte  ohne  ©chaben  abgeriffeit  merben, 
jebenfattg  füllte  ber  ülRagiftrat  bie  fßolijei  öfterg  fchiden,  um  biefe  Seftien  31t  [trafen. 

Ser  Bericht  ber  Äommiffare  00m  Sftai  1611  fpridjt  fich  bafür  aug,  bie  $0* 
möbien  füllten  nidjt  31t  föftlid)  gehalten,  bie  Humaniora  nit  aifo  fdjülerifdj  ober  im 
^rioatgpmnafium,  fonbern  öffentlich  in  ber  Stfabemie  mit  freiem  Zutritt  für  alle 
bo^iert  merben,  bamit  eg  bei  anbern  Uniöcrfitäten  mof)l  erfchalle  unb  ber  .Qulauf 
befto  mehr  beförbert  merbe1. 

^m  Slnfdjluß  an  bag  angeführte  ©utadjten  unb  ben  23efd)eib  ber  ^ommiffion 
oerfügte  äJiajümilian  am  3.  Quni  1611:  Unbotmäßige  ©djiiler  fönneit  anggefdjloffeit 
merben;  für  ben  gaH,  baß  bem  ©djüler  ober  bem  ^ßrofeffor  00m  Sieftor  Unredjt 
gefdjießt,  mirb  eine  fpätere  Entfdjcibung  DZäßereg  feftfeßen;  ferner  ift  „nit  jeglichen 
fßufiöen,  jungen  ober  erft  angeßenben  ©tubiofen,  fonbern  neben  ben  ^lluftribug  unb 
SRobilioribug  allein  ben  Ermadjfenen  unb  Reiferen  ©eitenmeßr  3U  tragen  (bar* 
burdj  bie  $ugenb  leicfjtttd)  epabitriert)  geftattet".  Sie  &opfroef)feiertage  (caput 
dolentium)  finb  ab^ufcfjaffen.  Sie  artiftifcße  f^afultät  muß  gut  oerfeljeit  merben, 
juriftifdje  SBorlefungen  füllen  bie  Slrtiften  hören  bürfen,  menn  bie  Eltern  eg  münfdjen; 
iiberflüjfige  Unfoften  bei  ^omöbien  müffen  abgefteHt  ober  oon  ben  ^efuiten  allein  ge* 
tragen  merben;  bie  fßromotionggelber  bürfen  nur  im  5 all  mirflidjer  Slrmut  erlaffen 


1  SK.  R.(  ©er.=Sit.  1479,  9tr  3. 


ßinjelne  Uniöerfitäten :  gngolftabt. 


563 


roerben1.  ®eg  näheren  beftimmte  SRagimifian  am  15.  Oftober  1611  u.  a.,  bag 
flufionSred^t  fjabe  beit  $efititenprofefforen  ju  oerbleiben,  unb  eine  Slppedation  oon  bem 
profeffor  an  ben  Sieftor  fei  nidjt  ftattpaft;  ade  St^eofogieprofefforen  füllen  Consiliarii 
int  afabcmifdjen  Slot  fein,  bodj  bergeftalt,  bap  ftetg  nur  groei  SEpeoIogieprofefforen 
ben  ©enat  befitdjen2.  ®iefe  (Sntfd^eibung  mürbe  aber,  rote  bie  artiftifdje  gafultät  am 
15.  $uli  1613  bem  ^erjog  oorftedte,  oon  ber  Unioerfität  nidjt  angenommen  unb  nidjt 
öeröffentlidjt;  ©cpüler,  bie  au§  gerechter  Urfacpe  oon  ber  gafuttät  jurüdgeroiefen, 
mürben  ipr  gegen  ipren  SBißeit  mieber  aufgenötigt  unb  burep  einen  Slotar  Slecpenfcfjaft 
für  bie  ßurücfmeifung  geforbert;  bie  Klagen  ber  gafultät  mürben  monatelang  nidjt 
beantmortet;  eg  fei  fein  griebe  ju  ermarten,  menn  niept  ber  §erjog  bie  Promulgation 
feiner  ©ntfcpeibung  befehle3. 

Um  enblicp  ^rieben  511  pabett,  befdjlop  SOlajimifian,  ben  Söünfcpen  ber  Unioerfität 
entgegenjufommen,  unb  oerfügte  in  einem  SDefret  00m  19.  September  1613:  ®ie 
Slugfdpliepung  aug  ber  öffentfidjen  SSorlefung  fod  niept  oorgenommen  roerben,  beoor 
ber  Sieftor  ber  Slfabemie  ober  bei  jraiefpäftiger  SReinung  jroifepen  Sieftor  unb  ^efuiten 
eine  gemifdjte  ^ommiffion  entfcpieben  fjat.  ®ie  patreg  füllen  einen  Profeffor  für 
Siafeftif  befteßen  unb  forgen,  bap  biefelbe  nidjt  meniger  ben  fünften  unb  SRebijinern 
alg  ben  Speologen  unb  ppilofoppen  angepapt  roerbe.  Sitte  ©ebüpren  aug  ben  pro» 
motionen  roerben  bie  ^efuiten  erhalten,  baju  80  (Bulben  jäprlidj  oon  ber  Unioerfität; 
bafiir  müffen  fie  bag  ©tjmnafium  in  SDacp  unb  gadj  palten  unb  alle  anbern  orbent» 
licfjen  unb  auperorbentlicpen  Sluggaben  beftreiten 4. 

Sßie  bie  frühere  ©ntfdjeibung  be§  tper^ogg  ber  Unioerfität  unannepmbar  erfepien, 
fo  madjten  jept  einige  ^efuiten  ©eproierigfeiten,  benen  roieptige  Siebenten  nidjt  be> 
riieffidptigt  unb  befonberg  ber  Slecptgftanbpunft  nidjt  geroaprt  erfepienen.  £)er  (General 
Slquaoioa  münfepte  aber  tropbem  oöttige  Untermerfung.  ^n  einem  ©epreiben  oont 
12.  Oftober  1613  an  ben  prooinjial  spartet  bebauerte  Slquaoioa  jroar,  bap  man  in 
^Betreff  ber  Slugfcpliepitng  unoerbefferlicper  ©cpüter  niept  gu  einem  enbgültigen  SIb» 
fommen  gelangt  unb  man  fcplieplidj  oorgefdjlagen,  bap  abmecpfelnb  ein  ^apr  bie 
©efedfepaft,  bag  anbere  bie  meltlicpen  Profefforen  bie  SRajorität  in  ber  Beratung 
über  bie  ©pflufion  paben  folten.  Qn  SInbetradjt  aber,  bap  bie  bortigen  patreg 
unb  ber  Prooingial  biefer  Söfung  nidjt  abgeneigt  finb,  bann  aber  befonberg,  bamit 


1  @bb.  2lu§pg  bei  Prantl  a.  a.  0.  I 
368. 

2  *  tojfie  Pt.  91.,  Jes.  1373,  f.  69  ff. 

3  *  Original  in  Pt.  $. ,  ©er.=2it.  1487/13. 
Pgl.  Prantl  a.  a.  0.  I  372.  Ser  Steftor 
be§  Sotleg§,  gofj.  Ptanljart,  batte  am  Palm» 
fonntag  1613  noch  einmal  eine  $ufammen» 
ftellung  ber  PBünfdje  ber  Qefuiten  an  ben  Rector 
magnificus  eingefanbt.  Sie  artiftifdje  gafultät 
wünfdje  bie  Stedjte,  bie  fie  oon  Slnfang  an 
bnreb  bie  Statuten  ber  Unioerfität  (1478)  ge» 
Ijabt  unb  burdj  bie  Äonjeffionen  ber  ^erjoge, 
bie  1576  oon  allen  profefforen  angenommen 
toorben  feien,  erbalten  Ijabe.  gm  einjelneit 
miinfdje  fie  guriöbiftion  über  iljre  Schüler  in 
betreff  beren  Pesieljungen  pr  artiftijdjen  ga» 
fultät  (Statuten  1478,  §  11,  unb  1577,  c.  3). 
Jpier  feien  nidjt  allein  bie  Stubien,  foubern 
and)  auöbrüdlidj  disciplina  et  mores  genannt. 
Sie  gafultät  habe  ba§  2lbmiffionlredjt,  mie 

ber  Äoinmiffar  unb  9teftor  ber  Unioerfität  p» 
gegeben  haben;  fie  wirb  feinen  Oon  ber  Philo» 


fopbie  abbalteu  unb  feinen  swingen,  babei  p 
bleiben.  Sa3  Ius  exclusionis  fei  1576  Oon 
§erpg  2llbredjt  auöbrüdlidj  pgeftanben  worben, 
b.  b-  ©jflufion  oon  ben  Portefungen,  nicht 
(Sjdlufion  Oon  ber  Unioerfität,  über  bie  ber 
fReftor  bjw.  ber  Senat  befinbe.  SBenn  bie 
Stubenten  fidj  wegen  jeber  Peftrafung  an  ben 
Rector  magnificus  wenben  fönnten,  fei  feine 
Stube  unb  feine  Si^ifilin  möglich.  Sit  be» 
ftimmten  gatten  mürbe  gern  ben  SSünfdjen  be§ 
SteftorS  fRedjnuug  getragen.  Eine  fortwäbrenbe 
ßinmifdjung  be§  Senate  in  bie  Vorgänge  ber 
Schule  fönne  nidjt  gebulbet  werben;  für§  ge» 
wöbnlidje  müßten  bie  Magcnben,  wenn  eS  fidj 
um  geringfügigere  Singe  banble,  an  ihre  Pro» 
fefforen  unb  pm  fdjulbigen  ©eborfam  üerwiefen 
werben.  *  Original  Pt.  ®.,  @er.»Sit.  1487/13. 
Einige  SSorte  barau§  bei  Prantl  a.  a.  0. 

I  372. 

4  *  Original  Pt.  U.  T.  17.  Äofiie  in  Pt.  9t., 
Ies.  1373,  f.  74  ff.  Srud  bei  P  r  a  u  1 1  a.  a.  0. 

II  379/82. 


36* 


564 


?Id)te§  Kapitel,  ©tjtnnafien  unb  Uniberfitäten. 


enblidj  einmal  griebe  unb  ©intradjt  auf  biefe  Söeife  miebertfergeftedt  m erben  unb 
bie  ©efedfdjaft  non  ben  nieten  Stnfeinbungen  unb  SSerteumbungen  befreit  unb  tiiedeidjt 
auct)  geredfjtfertigt  merben  fann,  glauben  mir,  um  enbtidj  bem  Streite  ein  (Sitbe  31t 
macfjen,  man  fodte  fic^  itjrem  Verlangen  fügen;  unb  beStjalb  erlauben  mir,  bariiber 
einen  binbenben  Vertrag  gu  madjen.  S)amit  biefer  um  fo  rnefjr  23eftanb  fjaben 

fanit,  teilen  mir  ©m.  Ifodjmürben  mit,  bafj  man  im  £>errn  urteilt,  bie  Unfrigen 
gu  ^ngolftabt  tiertjanbetten  mit  ben  Slfabemifern  gu  fdfroff,  ja  nic^t  fetten  in  einer 
untjöflidjen,  gumeiten  fdjarfen  unb  gu  menig  befdjeibenen  SBeife.  SDaniit  Sie  bie 
^erfonen  fennen,  fo  tabett  man  menigeS  beim  S^eftor  unb  bem  fßrofeffor  ber  ÜDiatje» 
matif,  niedreres  beim  s^räfeften  (be§  ©tjtnnafiumS).  ©m.  £mdjmürben  foden  bem 

entfliehen,  fetbft  mit  23erfe|ung  ber  ^erfonen  entgegentreten  unb  gaitj  befouberS  Sorge 
tragen,  bafj  bie  Unfrigen  in  ber  gotge  mit  ben  auSmärtigen  ^rofefforen  nidjt  bes» 
potifdj,  gteidjmie  mit  Sdjutbuben  umgeben.  ®enn  baburd)  merben  fie  beteibigt,  burdj 
gegiemenbe  ®emut  aber  ocrfötjnt1. 

^ttbem  Slquaoitia  bem  Sßrotiingiat  gartet  am  18.  Januar  1614  ben  Empfang 
feines  23riefeS  oont  21.  2)egember  unb  beS  SDefreteS  über  ben  Streit  beftätigte,  gab 
er  fein  Urteil  über  ba§  SDefret  batjin  ab:  fgef)  finbe  nichts  barin,  maS  oon  ben 
Unfrigen  nid)t  beobachtet  merben  fann  unb  fogar  muff.  Selbft  menn  eine  Sdjmierig» 
feit  bamit  oerbunben  märe,  fo  raten  hoch  gur  diadjgiebigfeit  bie  ^Beobachtung  unfereS 
QnftitutS,  ber  ©efjorfam  gegen  ben  £>ergog,  bie  öffentliche  9tuf)e  unb  ber  gute  tftame 
ber  ©efedfdjaft.  2)e§tjalb  foden  @m.  ^odfmürben  fomotjt  Sorge  tragen,  bafj  ba§ 

SDefret  beobachtet  mirb,  unb  bafj  auefj,  mie  icfj  fcfjoit  früher  gemahnt,  bie  Unfrigen  in 

etjrentioder  Söeife  über  bie  Stfabemifer  fprecfjen  unb  mit  ihnen  in  retigiöfer  23e» 
fetjeibentjeit  tierfetjren;  bie  bagegen  fjanbetn,  finb  in  geeigneter  Söeife  gu  ntafjnen  unb 
gu  beffern.  9?amenttidj  empfehle  idj  ©m.  |jodjmürben,  einen  ^3rofeffor  ber  SDiateftif 
angufteden,  mie  bie§  ber  £>ergog  münfdjt,  meil  bie  ©efedfdjaft  bie  SDiateftif  mit  ben 
übrigen  Sortefungen  übernommen  fjat,  unb  gmar  in  ber  SBeife,  mie  fie  bort  früher 
gegeben  mürbe.  SBenn  biefe  2$orIefung  auefj  mit  ©uttjeifjung  beS  £)ergog§  einige 
Qatjre  auSgefefjt  morbeit,  fo  mürbe  e§  itjm  bodj  freigeftedt,  fie  nadj  ©utbefinben 
roiebertjergufteden.  5Xuch  fod  bafiir  geforgt  merben,  baf}  fie  in  ber  richtigen  SSeife 
norgetragen  mirb  unb  nicht  fo,  als  ob  ber  jßrofeffor  e§  barauf  abgefefjen,  feine 
£>örcr  gu  tiertreiben;  benn  ba§  märe  ein  ÜUJafel  für  bie  ©fjrtictjfeit  unb  beit  guten 
tarnen  ber  ©efedfdjaft.  2öa§  bie  SDedung  ber  StuSgaben  ber  artiftifchen  gafuttät 
burdj  bie  j}komotion3gebüf)ren  unb  anbere  ©infiinfte  angefjt,  fo  münfcjten  mir  bafür 
einen  anbern  StuSmcg,  nämtidj  bie  Stfabemifer  fodten  ade  jßromotionSgebüfjren  er» 
tjatten  unb  ber  ©efedfdjaft  barauS  eine  beftimmte  Summe  anmeifen  ober  bie  StuS» 
gaben  ber  gafultät  beftreiten.  Sodte  aber  bie§  nidjt  angeljen,  fo  ertauben  mir,  bie 
tiom  §ergog  gemünfcfjte  Strt  unb  Söeife  angunefjnten,  bitten  aber  bringenb,  bafj  man 
tion  ber  ©efedfdjaft  ben  3$ormurf  ber  23egatjtung  (nota  mercedis)  fernhatte 2. 

2lt§  einige  patres  immer  nodj  Sdjmierigfeiten  madjten,  mafjnte  ber  ©enerat  tion 
neuem  gum  ^rieben.  2öir  tjatten  geglaubt,  fo  fdjreibt  er  am  31.  Januar  1614  att 
ben  jßrotiingiat  gartet,  bafj  bie  ^ontrooerfe  mit  ben  ^ngotftäbter  ^rofefforen  burdj 
ben  tion  beiben  Seiten  angenommenen  unb  tiom  £>ergog  unterfdjriebenen  SSergteidj 
in  dfufje  unb  Triebe  beigetegt  fei.  ÜJidjtS  ift  un§  unangenejmer  at§  foldje  Streitig» 
feiten,  diun  tjören  mir,  bafj  in  ba§  ®efret  be§  ^ergogS  fidj  ein  SBörtdjen  eingefcfjtidjen 
über  ben  StuSfdjtu^  tion  SBiberfpenftigen,  morin  bie  ©efedfefjaft  bisher  nicht  ein» 
gemidigt  fjätte,  nämli(^  bafj  ber  2tu§gefdjtoffene,  für  ben  fyad  er  fidj  gu  Unredjt  be» 
fdjmert  glaube,  an  ben  gangen  Senat  appedieren  fönne.  9)teiu  ^ater,  bamit  idj  es 


1  *  Original  in  9t.,  Jes.  1373,  f.  80. 


2  *  Original  ebb.  f.  82. 


ßinaetne  Uniberfitäten :  ^ugolftabt. 


565 


ffar  fage,  tiefe  ©dfwierigfeit  ift  unS  f)öcf)ft  unangenehm,  fie  bringt  bie  ©efellfdiaft 
in  üble  9cad)rebe  unb  ift  mefleicf)t  auch  &ctn  ^er^og  befdjmerlicf).  2öir  münfchen  un* 
bebingt  ben  «Streit  beenbigt  ju  feheit,  auch  Wenn  mir,  um  pnt  ^rieben  51t  fommen, 
einen  9iad)teil  erleiben  unb  auf  unfer  9ied)t  oerjid)ten  müffen.  Söenn  ber  ^erjog 
nach  Slnljörung  ber  ©egengrünbe  bei  bem  non  ihm  Unterzeichneten  Sefrete  bleiben 
miö,  fo  münfdjen  mir,  baff  fomof)!  Em.  §od)Wiirben  als  and;  bie  übrigen  patres 
fich  it)m  bemittig  in  allem  miHfährig  ermeifen  unb  baS  SDefret  ausführen  mit  ber 
23efd)eibenheit  unb  griebenSliebe,  mie  fie  fich  für  bie  Üleligiofen  unferer  ($cfeüfdjaft 
gelernt 1. 

Srofs  tiefer  fo  cntfdjiebenen  SBeifung  ihres  EJeneralobern  mollten  einige  ißatreS 
in  ihrer  ipartnädigleit  noch  feine  9tuf)e  geben.  Sa  fanbte  Slquaoiöa  am  22.  SCRärj 
1614  eine  neue  erufte  Süiafjnung  an  ben  iprooinjial:  SBir  hören,  bah  §u  ^ngolftabt 
einige  patres  in  bem  Streit  mit  ber  Uniüerfität  zu  fcfjarf  mit  ben  SluSmärtigen  oer* 
hantelt  unb  gebrof)t,  fie  mürben  eher  bie  Uniöerfitüt  öerlaffen,  als  in  bie  23ebingungen 
ber  ißrofefforen  einmilligen.  SJlein  ißater,  mieberholt  haben  mir  über  tiefe  Klagen 
fdjon  gefdfrieben  unb  mir  bebauern,  fie  oft  mieberholen  ju  müffen.  ?Iber  meil  tiefe 
patres  ficf)  auf  Ero.  £>ocf)Würben  unb  anbere  Obern  berufen,  fo  müffen  mir  Em.  §od)* 
mürben  ernftlid)  ans  §erz  legen,  fofdje  SluSfcfjreitungen  zu  beftrafen  unb  an  ben 
Sag  ju  legen,  bah  @ie  mit  ben  hartföpfigen  Seuten  nid)t  übereinftimmen2.  Qn 
einem  meiteren  Schreiben  00m  10.  ÜDlai  1614  brängt  Slquabiüa  mieberum  auf  religiöfe 
Semut  ben  ißrofefforen  gegenüber:  SaS  ermarten  unb  forbern  auch  öie  fürftlichen 
9täte.  $mmer  roieber  entftehen  neue  Sdjmierigfeiteu,  meil  einige  ber  Unfrigen  ju 
nie!  forbern  unb  ju  menig  nachgiebig  finb.  SSäre  bodf  ber  Streit  nie  angefangen 
morben,  ober  mürbe  er  menigfteuS  fo  beenbigt,  bah  bie  Erbitterung  gegen  bie  ©efell* 
fchaft  beigelegt  unb  bie  Einbuhe  an  bem  guten  9iuf  ber  ©efeEfdjaft  unb  an  bem 
SBohlmolIeu  gegen  fie  mieber  roettgemacht  merben  fönnte.  SaS  Sefret  beS  §erjogS 
muh  beobachtet  unb  auch  wegen  ber  Sogifprofeffur  bürfen  feine  neuen  Sorftellungen 
gemacht  merben. 

Siöie  aus  bem  tmrigen  unb  tiefem  Briefe  fjerborgeht,  traf  mohl  ein  Seil  ber 
Schult  ben  ^roüinjial  Partei,  ber  feinem  tarnen  entfprechenb  etroaS  fjartnädig 
ooranging.  Slquaoioa  mahnt  ihn  im  Verlauf  tiefes  Briefes  nicht  allein  an  gröberes 
Entgegenfommen  gegen  SluSraärtige,  fonbern  aud)  an  liebeoolleS,  fanfteS  Benehmen 
gegen  bie  ^»auSgenoffen.  Er  erinnert  iljn  an  bie  33orfd)riften  ber  ^onftitutionen,  bah 
ber  Obere  feine  Untergebenen  als  guter  ißater  mit  foldjem  SöohlmoIIen  unb  folcher 
Siebe  leiten  miiffe,  bah  bereit  Seitftern  bie  Siebe  unb  nicht  bie  gurdjt  fei.  Ein  ju 
fcharfeS  Regiment  führe  nicht  feiten  jur  gurd)*  unb  zur  Srfaltung  ber  Siebe  gegen 
bie  Obern3.  Sie  ftrengen  befehle  beS  EeneralS  hatten  ben  Erfolg,  bah  fi<h  all* 
mählich  bie  Eemüter  beruhigten. 

SBenn  matt  fich  in  tiefem  Streite  auf  ben  ftrengen  SflecfftSftanbpunft  ftellt,  fo 
fann  man  ben  Qngolftäbter  ^efuiteu  menigfteuS  in  einigen  fünften  nicht  ganz  un* 
redjt  geben.  Senn  burdj  traurige  Erfahrungen  belehrt,  hatten  fie  nur  nad)  ben 
bünbigften  münblid)en  unb  fdjriftlichen  gufagen  für  oolle  Freiheit  unb  Unabhängig* 


1  *  Original  ebb.  f.  84. 

2  *  Drig.=3teg.  Ad  Germ.  sup. 

5  *  0rig.=SRcg.  ebb.  ®gl.  *  Hist.  coli.  Ingoist. 
(ßichftätt,  SMögefanarcOio)  f.  145  ff  152  155  f. 
2lit  beit  23erbanblungen  in  ©tünchen  nahmen 
bie  fReftoren  001:  ©tünchen  unb  gugolftabt  unb 
ßoit  feiten  ber  Uniöerfität  bie  ifSrofefforen 
©d)ober  unb  2)enicf)  teil.  ®a§  babei  getroffene 
Übereinfommen  tourbe  in  ber  fdjriftlirfjen  gaf= 


fung  cinfeitig  ju  llugunften  ber  gefuiten  ge* 
ällbert:  Quae  nostrae  rei  essent  dissimula- 
bantur  et  quae  saecularibus  favebant  quae- 
que  adeo  nos  miniine  assensi  eramus  dili- 
genter  explicabantur.  ®er  Jperjog  fei  auf 
ben  Sßerfaffer  erzürnt  geloefen,  aber  ber  ©eneral 
babc  befohlen,  im  Qntereffe  be§  grieben§  feine 
weiteren  Eimoenbungen  311  machen.  @0  bie 
Historia  f.  155. 


566 


2(d)te§  Äapitel.  ©tjmnafiett  unb  llnioerfitciten. 


feit  bie  artiftifdpe  gafultöt  lieber  übernommen.  Söefonberg  erfdjien  bei  bem  judf)tfofen 
Treiben  mandfer  Stubenten  in  Qngolftabt  bie  SDiSsipIin  beg  ©tjmnafiumg  arg  be= 
bropt,  menn  jebem  ©tjmnafiaften  ber  Dlefurg  an  ben  Rector  magnificus  freiftanb. 
Stncf)  in  bem  freien  Übergang  üoit  ber  Dtpetorif  gur  fßpifofoppie  erbfidten  bie  $efuiten 
mit  Dtedft  einen  Diacpteit  für  bie  Stubien  unb  bie  2)t8;$iplin.  2öie  an  anbern  Orten, 
Ratten  fie  begpalb  aud)  in  Qngolftabt  ben  Übergang  31t  ben  poperen  Stubien  öon  bem 
93eftef>en  eineg  SlbiturientenejamenS  abhängig  gemadjt,  aber  bie  Süabemie  rooUte  üon 
biefem  Gramen  nichts  toiffen  K  Stuf  ber  anbern  ©eite  fann  man  eg  ber  Unioerfität 
nidft  oerbenfen,  menn  fie  ipre  äftacpt  behaupten  moftte1  2,  alte  9tedjte  oerteibigte  unb 
ipre  §anb  über  bag  ©pmnafium  piett,  bag  nun  einmal  ein  ©lieb  ber  Unioerfität  mar. 
Sin  üöHiger  Sluggfeicp  biefer  Ütedjte  mar  fdfmer  ju  finben.  2)aff  bie  ^ngolftäbter 
Qefniten,  meldje  öerbriefte  Steckte  unb  bie  ©iSjiptin  gefdjmälert  fapen  unb  bie  folgen 
am  eigenen  Seibe  tagtäglich  oerfpüren  mufften,  abgefepett  oon  ber  §ipe  beteiligter 
Streiter,  fiep  nicht  leicpt  barein  ergeben  mollten,  läfjt  ftdj  menfcpficp  nacpfüplen  unb 
unfcpmer  begreifen.  ^ebenfaßg  trat  bie  Orbengleitung  im  Qntereffe  beg  griebeng 
unb  pöperer  ©üter  entfcpieben  für  Dladfgiebigfeit  ein,  unb  jmar  felbft  mit  Preisgabe 
ermorbener  Dtecpte.  SDiefeg  Sintreten  geigt  Rar,  mie  menig  fidh  bei  bem  böfen  Streit 
bie  Orbengobern  oon  £>errfcpfud)t  leiten  tiefen. 

Stöie  fiep..  im  Saufe  ber  näcpften  ^apre  bie  Dlerpöftniffe  ber  artiftifdjen  gafultät 
geftatteten,  taffen  bie  Statuten  ber  ppilofoppifcpen  $afultät  00m  Qapre  1649 3  mit 
pinreidjenber  SDeutfidjfeit  erfennen.  Dlad)  biefen  Statuten  gehören  jur  gafultät  ber 
Dleftor  beg  ß'odegg,  bie  Stubienpräfeften,  bie  fßrofefforen  ber  3)letaf.ipt)fif,  f|3pi}fif, 
Sogif,  Stpif,  äftatpematif,  ber  pebräifcpen  Sprache  unb  ber  fecpg  ©pmnafiafffaffen. 
®er  Dteftor  beg  $odegg  pat  bie  Seitung  ber  $afuftät.  ®ie  fßrofefforen  brauchen 
bem  afabemifcpen  Senat  feine  Dlecpenfcpaft  ab^utegen,  bag  gehört  oor  bie  Obern  ber 
©efedfdjaft.  2)er  SDefan  ber  ^afuttät  mirb  jebeg  Semefter  oon  ben  Diäten  ber 
gnfuttät  mit  Stimmenmehrheit  gemühtt  unb  oertritt  für  bie  augmärtigen  Stubenten 
ben  Stubienpräfeft;  er  felbft  unterftept  in  adelt  Stubienfacpen  bem  fßräfefteit  ber 
höperen  Stubien.  ®er  2>efan  meift  ben  Stubenten  nad)  ber  Qnffription  bie  31t 
pörenben  SSortefungeu  an.  Sin  Sjßptfofopp,  ber  mit  Srtaubnig  feiner  Sttern  31t  einer 
anbern  gafultät  übergehen  mid,  barf  nicpt  baran  gepinbert  merben.  SDer  3)efan 
pat  auch  ©orge  für  bie  Speatergarberobe,  bie  er  burd)  einen  ber  ©pmnafiaüeprer 
Oermalten  täfft;  bie  foftbareren  Stüde  bleiben  unter  Sßerfcpfuff,  unb  nicptg  barf  opne 


1  S3gl.  ben  intereffanten  33rief  be§  Oteftori? 
ÜDtanfjart,  13.  gebt.  1616.  Sn  bem  Slufgeben 
be§  SjamenS  fiel)t  er  einen  grofjen  ©d)aben 
für  bie  2)i§siplin  mäl)renb  be§  ©d)uljaf)re§ ; 
in  ben  lepten  Sagen  fei  in  ber  9tf)etoriffd)Ule 
ettua§  gefcfjefjen,  quod  honeste  non  potest  scribi 
coegitque  Praeceptorem  et  discipulos  e  scliola 
discedere  propter  foetorem.  *  Original  Olt.  U. 
T.  17.  3m  ben  Acta  sub  Decanatu  P.  Christo- 
pbori  Scheinen  anno  1615  jjeifjt  e3  unter  bem 

15.  OJobember:  Et  quia  in  admittendis  ad 
Philosophiam  studiosis  multi  ex  Humauitate 
et  Rhetorica  invitis  nobis  irrepunt,  non  in- 
scripti ,  non  examinati ,  convenientibus  et 
iuvantibus  iis,  qui  possent  et  deberent  irn- 
pedire,  sancitum  est  a  R.  P.  Rectore  (Joanne 
Manhart),  ne  tales  umquam  admittantur  ad 

ullas  exercitationes  scholasticas,  quales  sunt 
repetitiones ,  argumentationes  etc. ,  insuper, 


ne  gradus  illis  publici  impertiantur,  praeterea 
ne  testimonia  discedentibus  umquam  dentur. 
Slm  3.  3uli  1616  befd)top  bie  gafultät,  bei 
fotdjen,  bie  fid)  burd)  gute  0füf)rung  unb  große 
gortfdjritte  aui?jeidiueten,  Bon  biefer  33eftim= 
mung  abjufe^en.  SSgt.  2.  gebt,  unb  10.  Quiti 
1631.  Sab«  1614  eittfdjieb  ber  Äurfürft, 
bap  in  ber  ^olge  fein  ©tubent  Bor  SßoHenbuug 
ber  9tf)eforif  an  bie  'Jlfabcmie  ^ugeJaffen  toerbe. 
*Acta  Facultatis  Artisticae  3)t.  11.  0.  I,  4, 
f.  109  ff. 

2  ©in  ©utad)ten  be3  fßrofefforS  fpf)il.  Sttensel 
Born  24.  gunt  1612  betont  gegen  bie  9fad)= 
giebigfeit:  Habebunt  Patres  v.  g.  in  5 — 600 
studiosos  imperium,  ubi  contra  Rector  aca- 
demicus  vix  in  centum  circiter  illud  sit  habi- 
turus.  *  Original  fJJt.  U.  T.  17. 

3  SSortlaut  itt  Ratio  stud.  III  266  ff  unb 
fßrantt  a.  a.  0.  II  413  ff. 


Sinjelne  Uniberfitäten :  ^ngolftabt. 


567 


Sormiffen  be§  ®efan§  entnommen  merben.  StRit  ber  ®epofition  mirb  nad;  betn  alten 
Sraud;  »erfahren.  ®er  SDepofitor,  f)ier  Quintus  genannt,  mirb  öom  ®efan  au§ 
ben  älteren  pfjitofophen  beftimmt.  ®erfelbe  mu^  gemahnt  merben,  bafj  er  feine 
gegen  (Sfjrbarfeit  unb  SRäfjigfeit  üerftofjenbe  Sräud;e  auffommen  taffe.  ®er  ®efan 
forgt  aud)  für  bie  Scftrafung  unbotmäßiger  ©tubenten  nad;  bem  ©utbefinben  be§ 
Unioerfität§reftor§.  Of;ne  gemicf)tige  ©rünbe  fotten  feine  Promotionen  Stbmefenber 
^ngetaffen  merben.  ®en  ©ib  legen  bie  Qefuitenprofefforen  nad;  ber  formet  oom 
Qafjre  1572  ab,  baff  fie  ofjne  perfüntidje  9iüdfid;tnat)me  ba§  Söotjt  ber  Unioerfität 
im  Stuge  begatten  unb  ba§  Secretum  bematjren  merben.  Sitte  profefforen  tefen 
tägtic^,  mit  2lu§naf)me  be§  Hebräers,  ber  nur  au  ©amStagen,  bie  nicht  gefttage  finb, 
um  12  itf)r  für  bie  ®tjeotogen  be§  erften  Qa^reS  ©rammatif  unb  etma§  oon  ben 
Pfatmen  tieft.  SCRathematif  unb  ©tljif  merben  täglich  getefen  oon  1  bi§  1 3/4;  in  bem 
Cursus  triennalis  (ptfitofopfjie)  ift  tägtid)  Sortefung  8 — 9  unb  2 — 3,  9ff)etorif  tjat 
oier  ©tunben,  bie  unteren  Staffen  fjaben  fünf  ©tunben.  ®ie  profefforen,  metd;e 
biftiereu,  erftären  nad;  einer  batben  ©tunbe  ba§  ®iftat  raäfjrenb  einer  Siertelftunbe, 
bann  erft  fotten  fie  meiter  biftiereu.  ®ie  ©pmnafiattet;rer  galten  fidf)  in  attem  an  bie 
Sorfdjriften  ber  Ratio  studiorum,  bie  fchmereren  SSergetjen  ber  ©pmnafiaften  merben 
an  ben  P.  Sieftor  berichtet,  $n  alten  ©tüden,  befonber§  bei  ber  ©nttaffung  eine§ 
©d)üter§,  muß  jeber  Stnftoß  bei  bem  Rector  magniticus  ober  ben  anbern  Stfabemifern 
oernüeben  merben.  ®er  Präfeft  be§  ©t)mnafium§  fjat  für  bie  prämienoerteitung 
unb  für  bie  Sluffütfrung  be§  ©dhtußbramag  ©orge  ju  tragen  unb  besfjatR  zeitig  ben 
Sieftor  an  bie  2Bat)t  be§  ©tüdeS  unb  be§  ©pietteiterS  (Choragus)  ju  erinnern.  Sltg 
fefjr  münfd;en§mert  mirb  ber  ©tnpfang  ber  Zeitigen  ©aframente  menigftenS  an  ben 
^auptfeften  empfohlen.  ©riecfjifche  Stfabemie  ift  ©onntag§  574— 674  llpr ;  biefe  Slfa« 
bemie  fällt  aber  au§  itt  ber  gaftenjeit  unb  in  ben  großen  Serien.  93ei  ben  Prüfungen 
fott  nicht  fo  fefjr  auf  ®atent  unb  StuSmenbigternen  at§  auf  SerftänbniS  ber  @ad;e 
unb  Urteil  gefetjen  merben.  ®a§  ©jamen  für  ba§  SDiagifterium  bauert  eine  ©tunbe, 
für  ba§  Saffataureat  brei  Sßiertetftunben l.  Sei  ber  Promotion  ermatten  bie  SRagiftri 
ben  Phitofopbenmantet,  btaue§  Sirett,  Such  unb  Siing.  ®a§  SOZagiftermaf)!,  Ort, 
3af)t  ber  ©eric^te  ufm.,  hot  ber  ®efan  ju  beftimmen.  3um  SJiagiftermafjt  merben 
gefaben  bie  ftaattidhen  unb  ftäbtifcfjen  Sehörben,  alte  profefforen  unb  bie  Pfarrer; 
jeber  ®anbibat  barf  nod;  brei  ©äfte  eintaben.  ®em  ÜRaht  mohnen  oon  ben  Qiefuiten 
ber  ®efan  unb  Promotor  bei,  bie  ben  britten  unb  üierten  ptaß  nad;  bem  Rector 
magniticus  unb  bem  ©uperintenbenten  einnehmen.  ®ie  föanbibaten,  bie  bei  ®ifd; 
fißen,  bebienen  jugteid;  bie  ©äfte.  ®er  ®efan  unb  ber  Promotor  forgen  bafür,  bah 
nid;t  nach  Stufhebung  ber  ®afet  ©etage  abgehatten  merben.  ®em  SBirt  fott  fein  nach 
bem  äRaht  getrunfener  SBein  oon  ben  föanbibaten  bejahtt  merben. 

©nbe  ber  breißiger  unb  in  ben  oiergiger  fahren  maren  in  Qngotftabt  an  ^efrtiten« 
profefforen  für  fd;o!aftifd;e  Xheotogie  2,  SRorat  1,  Zeitige  @d;rift  1  (nur  für  bie 
©cfjotaftifer  be§  ß'ottegS),  Phitofopt;ie  3,  ($tpif  1,  SCRathematif  unb  (pebröifd;  1, 
©pmnafiunt  62.  Stad;  einer  Tabelle  oom  6.  Siai  1649  bojierten  in  ^ngolftabt 
16  ^efuiten 3. 


1  Sie  ©ebütjrcn  für  ba§  23affalaureat  betrugen 
an  feften  Sapen  ca  5  ©utben,  für  ba§  9)tagifte= 
rium  ca  10  ©ulbett,  barunter  pro  campana 
maxima  pulsanda  4  $r.  1  d.  nigrum  seu 
15  nummos  nigros. 

2  *Catal.  Prov.  Germ.  sup.  9{.,  Jes.  199. 

©in  fd)öne§  ber  Slnhängticbfeit  unb 

®antbarfeit  gegen  bie  SoüoIÜöbter  3efuiten= 
profefforen  enthält  ber  33rief  be§  langjährigen 


?(ug§burger  ©eneraloifarä  Safpar  Seiner  öom 
ll.fDiai  1656:  Iogolstadium  quo  loco  dulcius 
mihi  nihil  est . . .  me  informaverat  velut  altera 
mater  etc.  SBortlaut  in  91t.  fDlerfle,  StrcpiO 
für  ißaftoraI<Äonferenäen  I  (1848)  368. 

3  $ie  ftörer  »erteilten  fid)  1649  alfo :  ©djo= 
laftifche  STtjeoIogie :  Sef.  22,  Ütu^märtige  40; 
fDtoral:  !yef.  9/  2tu§m.  50;  ^eilige  ©djrift: 
gef.  14;  9Jtetapf)pfif :  gef.  10,  üluäto.  37; 


568 


2(cf)te§  Kapitel.  ©pmnafien  unb  UniDerfitciten. 


2Bie  ^ngolftabt  erfreute  fic^  beim  beginn  beS  17.  ü;af)rf)unbertS  aud)  Silüngcu 
eines  guten  BttfeS.  Qu  ber  äöafjlfapitulation  fjatte  baS  Augsburger  Somfapitel 
bem  am  29.  Aoocntber  1598  gemälzten  Bifdfof  tpeinridj  ü.  Knöringen  bie  Sorge 
für  bie  Uniöerfität  anS  .fjerg  gefegt  unb  bie  Sätigfeit  ber  bisherigen  Seiter  auS« 
brücfficfi  anerfamtt J.  Ser  neue  Bifdjof  t)atte  neun  ^affre  in  Spillingen  ftubiert,  unb 
fo  mufjte  oon  if)m  non  oornf)erein  ein  großes  üfttereffe  für  bie  Uniöerfität  enoartet 
merben.  Sie  Hoffnung  ber  Qefuiten,  fejot  enblicf)  bie  nocf)  immer  felflenbe  enbgidtige 
gunbation  ber  Uniöerfität  unb  bie  ebenfalls  nodf  auSfteljenbe  ^uftimmung  beS  §XugS= 
burger  SomfapitelS  gu  ber  Übertragung  ber  Uniöerfität  gu  erlangen,  fonnte  beSfjalb 
nur  als  gerechtfertigt  erfdfeinen  unb  mürbe  and;  fdjliefüid)  nad)  anfängtidh  oergeb= 
licken  Stritten  nicht  getäufdjt.  (Sine  erneute  Bittfdjrift  beS  ^rooingialS  DtofephinS 
oont  30.  Quli  1605  bradfte  bie  @acf)e  in  gluff.  Sarauff)in  ftettte  ber  Bifcfjof  Heinrich 
am  16.  Auguft  1605  bem  Somfapitel  oor:  Sie  Uniöerfität  in  SPiUingen  füllte  funbiert 
merben,  „in  (Srmägitng  fie  (bie  patres)  biefe  geitlfero  oiet  ÜUtüf)  unb  Arbeit  allfjie 
auSgeftanbett  unb  fo  großen,  gang  Seutfdjlanb  befannten  9?uüen  bei  ber  lieben 
Qugenb  gefc^afft,  anberer  ©uttaten,  bie  fie  bem  gemeinen  Bolf  mit  ihrer  2ef)r, 
(Stempel  unb  93eichthören  millig  unb  fleißig  geleiftet,  gu  gefdfmeigen"* 1 2.  SaS  Som« 
fapitel  fam  erft  Segember  1606  git  einem  entfdjeibenben  (Sntfdjlufj.  ©eine  Bor« 
fchläge  oom  31.  Segember  maren  aber  berart,  baff  ber  ißrooingial  fie  abte^nte  unb 
auf  SBunfd)  beS  Kapitels  am  2.  Januar  1607  ein  ausführlicheres  ©utadjten  über« 
reichte ,  baS  audj  gur  ©runblage  ber  meiteren  Berljanblungen  gemalt  mürbe3. 
Sltefjrere  SJionate  fdjmanften  bie  Beratungen  unb  Berljanblungen  fjin  unb  fjer.  Ser 
Bifdjof  brängte  üoran4. 

^n  ber  oon  Bifdjof  Heinrich  am  27.  SDXai  1606  bem  Augsburger  Somfapitel 
gemalten  „ißropofition"  Reifst  eS 5 :  „Sie  Academiae,  Gymnasia  unb  Stuten 
merben  oor  anbern  geiftlidjen  unb  metttidjen  ißerfonen  ben  Patribus  ber  Societet 
Iesu  untergeben  unb  anoertraut,  als  toeldje  ex  instituto  singulari  ad  iuvandum 
proximum  auf  allerlei  SBeiS  unb  SBege  fidf)  meljr  bann  als  alle  anbern  OrbenSleut 
ober  meltlidje  SJfenfdjen  gegen  ©ott  unb  bie  ABelt  üerobligiert  unb  oon  geit  ihres 
UrfprungS  an  ein  fotdjeS  mit  großem  diufj  ber  gangen  (Sfjriftenfjeit  .  .  .  burdj  iljr 
gottfeligeS,  unfträflidjeS  Seben  unb  gang  üermunberlidje  treffliche  ©efdjidlidjfeit  unb 
(Srfafjrnufj  mirflidj,  mie  üftiemanbS  Berftänbiger  beffen  in  Abreb,  fonbern  nolens 
volens  bei  feinem  ©emiffen  unb  SBiffen  befennen  mufj,  präftiert  Ijaben."  Söenn 
feine  ^unbation  erfolgt,  ift  ©efaljr  ber  Abberufung  ber  patres,  ba  biefelben  unter 
ben  alten  Conditionibus,  mit  melden  fie  bis  über  bie  40  ü;af)r  mit  großer  ©ebulb 
oergnügt  gemefen,  nicht  bleiben  merben.  SSenn  bie  patres  abgiefjen,  mürbe  bodj 
feiner  oerantmorten  moHen,  „baff  bie  Academia  gu  Sillingen,  melcfje  in  gang  (Suropa 
nunmeljr  erfdjollen,  befannt  unb  hochgeachtet ,  aufguljeben  fei".  SaS  märe  eine 
©djmadj  für  baS  ©tift,  „gu  gefdjmeigen,  bafj  bie  ©tabt  Sillingen  unb  bero  Bürger 
halb  ihrer  9?af)rung  unb  2Bof)lfaf)rt  falben,  bie  fie  bisher  oon  ben  ©tubenten  gehabt, 
mit  großem  9^ad;teil  gu  empfinben  hätten".  Ü0ian  müffte  alfo  burdj  ©elefjrfamfeit 
unb  grömmigfeit  fjerüorragenbe  ißrofefforen  fommen  laffeit,  benn  fonft  mürben  bie 
Studiosi  aufjer  3roeifel  if)ten  alten  Sefjrmeiftern  nadjmanbern,  mie  früher  in  $ngol« 
ftabt  gefdjefjen.  Sie  Soften  maren  fdjon  grofj  gu  beS  ^arbinalS  geit,  ba  einem 


SBSUfll:  Sef.  15,  2ht§ro.  60;  Sogif:  $ef.  4, 
Stugtü.  41;  :  3>ef.  10,  2lu3m.  44;  90tatl)e« 

mati!:  SO-  15,  SluSto.  38.  3«.  9t„  Jes.  570. 

1  33gl.  33b  I,  ©.  195  ff.  ©pedjt.  Siiütngen 
72  ff. 

2  *  Original  in  501.  91. ,  Jes.  1008\  $ort 


and)  bie  5Sorfd)täge  beS  fßrobinftialS  9tofep^iu§ 
Dom  30.  ^uli  1605. 

3  *  Original  in  90t.  9t.,  Jes.  1008a. 

1  $ie  Sßerbanblungen  auSfübrlid)  bei  F 1  o  1 1  o 
236  ff.  S3gl.  CS  p  e  cf)  t  a.  a.  0.  76. 

5  *ffofne  in  90t.  9t.,  Jes.  1008*. 


ßinjchte  llniöerfitäten :  $tHingen. 


569 


Theologo  Sontinifaner  0rbeng  neben  ber  33el)aufung  Speife  ufw.  für  feine  ^erfoit 
unb  einen  Wiener  nod)  bagu  1000  ©ulben  jäfjrficfjen  begabt  ttmrben.  So  hat  ber 
grangigfaner,  fo  eine  ßeitlang  ber  ^räbifatur  oorgeftanben,  beg  Qahreg  big  in  bie 
700  ©ulben  erhalten,  ba  bod)  ben  patres  ^efniten  aden  gugleid)  nach  Slbfterben 
beg  ßürbinalg  big  auf  bie  Regierung  33ifdjofg  SJiarquarb  nur  1400  ©ulben  gegeben 
worben,  bem  fjernacf)  quattemberlidj  75  ©ulben,  tut  gufammen  300  ©ulben  jäfjrlid) 
neben  etlichen  SOZalter  ®orn  unb  loggen,  gu  weldjen  S3ifcf)of  Johann  0tto  weiter  jebeg 
3af)r  600  ©ulben  unb  (betreibe  im  Söerte  non  150  ©ulben  üerorbnet,  in  Summa 
2450  ©ulben.  Unb  fann  nit  üerleugnet  werben,  baß  bie  patres  gu  ber  Seelen 
2öof)Ifaf)rt  prioatim  unb  öffentlich  allen  gleiß  anwenben,  jeben  Stanbeg  unb  ©e* 
fdjledjteg  $ßerfonen,  jungen  unb  alten,  fid)  gu  affommobieren  unb  iljnen  mißlich  gu  fein, 
fo  ift  am  Sag  unb  offenbar,  mit  wag  getreuer  SBadjfamfeit  unb  erbarem  gleiß  unb 
wie  artig,  ^olbfelig  unb  oernünftig  aud)  mit  üerwunberlicher  S)epteritet  adeg  Oon 
ihnen  »errichtet  werbe  unb  bi^hero  öetncfjt  worben,  aud)  wag  für  ein  9?uß  aller 
0rten,  ba  fie  ihre  Söohnungen  unb  ©jergitia  gehabt,  erfolgt  fei.  ©g  ift  gang  oer= 
wunberlid),  baß  fie  fo  einen  herrlichen,  gewiffen,  orbentlichen  unb  ber  gugenb  gum 
^rogreß  gang  nüßlidjen  unb  tauglichen  Methodum  in  adelt  gafultäten  unb  ben 
litteris  humanioribus,  toeldje  fie  gu  profitieren  pflegen,  haben,  bergleichen  gu»or 
nie  gewefen  unb  bei  anbern  Sdjulen,  wo  fie  nit  oorhanben,  auch  oodj  &i§  bato  nit 
gu  finben.  SBag  für  eine  herrliche  ©elegenheit  hat  eg  aud;  mit  ihren  Superioribug, 
inbem  felbige  Sag  unb  9xad)t  Sorge  tragen  unb  fid)  bemühen,  bamit  bie  üßrofefforeg 
ihrem  Slmt  fleißig  nachfommen,  gleidjwie  bie  ißrofefforeg  liegen  auf  ihre  unter» 
gebene  Siggipulog  gute  Sichtung  geben,  auf  baß  adeg  redjt  bei  ihnen  oon  ftatten 
geße.  So  fann  nit  genugfatnb  gelobt  werben,  baß  fie  fo  unterfdßebliche,  ber  gugenb 
feßr  erfprießlidje  exercitia  scholastica  theologica  unb  philosophica  halten,  auch  bie 
blüljenbe  gugenb  adgemad)  jeßt  mit  Üiegitation  einer  0ration,  ein  anbermal  etlicher 
Werfen  unb  Carminum,  fobann  in  ben  $omöbien  anführen,  bamit  biefe  fid)  oor  ben 
Seuten  nit  entfeße,  fonbern  .  .  .  ©elegenheit  befomme,  bapfer  unb  unerfchroden  gu 
werben,  intern  mit  wag  fchöner  0rbnung  pflegen  fie  gu  gewiffen  geiten  ihre  ©pamina, 
um  ben  gortfcßritt  ber  lieben  gugenb  baraug  gu  erfunbigen,  fobann  promotiones 
ad  gradus  anguftellen,  fo  gibt  eg  bei  ißnen,  wag  fonberlich  bem  9Kenfd)en  nad) 
altem  Sprüchwort  quocl  varietas  delectat,  annehmlidj  unb  gefällig  ift.  ©rfranft  eilt 
s^rofeffor,  wirb  ohne  gutun,  Arbeit  ober  ßoften  beg  ^apitelg  gleich  ein  anberer  oer» 
orbnet.  Sieben  bem,  baß  bie  $J3atreg  bie  gugenb  äum  ©tubium  anhalten,  befleißigen 
fie  fid)  and),  felbige  gu  ber  ©ottegfurcßt,  guten  Sitten  unb  anbern  Sugenben  alfo  unb 
bergeftalt  anguweifen,  alg  wenn  fie  fonften  nid)tg  gu  unterrichten  ober  mit  anbern 
©efdjäften  gar  nit  beloben  wären.  gu  biefem  ©ttb  haben  fie  im  ©ebraud),  oiel  gu 
prebigeit,  gottfeelige  ©j;hortationen  gu  halten;  itent  pflegen  fie  auf  aderlei  SBeig  bie 
gugenb  gu  häufiger  23eidjt  unb  Kommunion  angugewöf)nen,  unb  bamit  bie  ©otteg» 
furdjt  fortgepflangt  werben  fönne,  ßin  unb  wieber  Congregationes  ober  Sodalitates 
anguridjten.  gn  Summa:  wag  Oon  guten  ^rebigern,  herr^c?)en  33eid)toäterii,  für* 
trefflichen  ißrägeptoren  unb  ißrofefforen  immer  fönnte,  fodte  ober  möchte  erforbert, 
erwünfcßt  unb  begehrt  werben,  bag  adeg  hat  man  gu  Sidingeit  an  ben  §errn 
gefuitern  gehabt,  unb  ift  oon  iljnen  bigßero  bafelbft  unb  anbern  0rten  mit  großem 
unaugfpredjlidhen  92itß  Slufnaßm  unb  2Bof)lfal)rt  ber  ©hriftenßeit  wirflid)  präftiert 
worben,  weghalb  außer  greife!  gßre  päpftlicße  ^eiligfeit  ißre  Sllumnog  niemanbg 
in  Seutfdjlanb  unb  SBelfdjlanb,  alg  ihnen  bidig  gu  untergeben,  int  ©ebraucf)  haben. 
Speicher  oerniinftige  ätfenfd)  wollt  nit  gern  aud)  feine  Singehörigen  gu  bergleichen 
ißerfonen  tun  unb  abfdjiden,  adba  fooiel  herrliche,  bequeme  ©elegenheit,  ©efdjidlidjfeit 
gu  erlangen  unb  ein  gottegfürdjtigeg  Seben  an  fid)  gu  nehmen,  ©g  wäre  noch  oiel 


570 


2Id)teS  Kapitel,  ©pmnafien  unb  Uniüerfitäten. 


p  üermetben  öoit  itfrem  fittfamen,  friebfamen,  gotteSfürd^tigen,  gan§  tobreidjen  SBanbet, 
Stun  unb  Saffeit,  bamit  fie  männiglidj  ein  gut  Stempel  geben  unb  borteudjten,  ba§ 
motjl  gefagt  tuerben  tarnt,  baff  itjr  Sidjt  üor  ben  ÜJttenfdjen  leuchtet  unb  bie  3Jtenfctjen 
itjre  guten  SBerfe  fetfen. 

S)a§  Kapitel  tuar  jroar  mit  bem  33ifdjof  über  bie  Seiftungen  ber  ^efuiteit  ein= 
berftauben  unb  erfannte  bie§  auch  in  feinem  betrete  bom  12.  Quni  1606  aitSbrüdtid) 
an  V  jebocf)  bereiteten  bie  bon  9tofept)iu§  bertangte  ^urigbiftion  über  bie  Uniberfitiit 
unb  bie  Epemtion  bon  ben  bürgerlichen  Saften  nocf)  ©cfjmierigfeiten.  Slber  fdjoit 
batb,  am  14.  ^uni,  mürbe  bie  ©tiftunggurfunbe  feftgefefct  unb  nad)  einigen  fteinen 
Stnberungen  audj  bon  Stquabiba  am  24.  SIprit  1607  beftätigt2. 

Qn  ber  Einleitung  ber  ©tif« 
tung§urfunbe  fpenbct  ber  336 
fdjof  ber  mef)r  at§  biergigiäf)* 
rigen  SEätigfeit  ber  ^efuiten 
grofjeS  Sob:  er  rüfjmt  it)ren 
Eifer,  ihre  SHugf)eit,  if)ren  gteifj 
foraie  bie  groffen  Erfolge  in  ber 
§eranbübung  ber  Qugenb  nidjt 
allein  für  bie  SDiöjefe  3lug§* 
bürg,  fonbern  aud)  für  anbere 
Sänber,  bie  ihre  föinber  nad) 
trefflicher  2lu§bitbung  in  2Bif- 
fenfchaft  unb  djriftticfjer  3ucf>t 
bon  ber  Unioerfität  SiQingen 
guriiderfjietten.  gür  fo  biete 
Slrbeit  unb  für  fo  ungäljtige 
2Bof)ttaten  motte  er  nunmehr 
mit  ßuftimmung  be§  ®apitet§ 
bie  erfte  ©tiftung  Otto§  bot6 
enben.  $m  einzelnen  ermatten 
bie  3efu^en  an  ©ebäuben  ba3 
Kolleg,  bie  Stfabemie  mit  ber 
9J?uttergotte§ftrd)e,  unb  gmar 
mit  Freiheit  bon  atten  Saften, 
©teuern  unb  anbern  gemöffm 
liehen  unb  auffergemötptlicfjen 
Stuftagen;  für  ^nftanbljattung 
unb  Unterhalt  merben  gufammen 
jährlich  3000  rt)ein.  fftor.  au§« 
bejafjtt.  ®afür  ftetlt  bie  ©efetü 
fefjaft  eine  entfpredjenbe  $af)t  öon  ißrofefforen,  metd)e  mie  bisher  bie  fjumaniftifcfjen 
gadjer,  i}3f)itofopt)ie  unb  Theologie  teuren,  ffiir  Erbauung  einer  neuen  $ird)e  ber< 


iMETAPHyst 


ethice 


THESES  LOGIC  JE 

6  X 

PRIORIBVS 

ANALYTICIS. 
CELE'BL^I  *JCA- 

DEMIA  D ILING  ANA  PROPOSl- 
t&  die  UMartij  \^inno  UW.  D  C.  FI II , 

P  R  A.  S  I  D  E 

P.GEORGIO  HOL^- 

H  A  I,  S  OCI  ET  ATI  S  IE- 

SV,  PHILOSOPHIE  PRO- 

FESSORE  ORDINÄRE  O. 

ReJ]>ondcntc^> 

N  OB1LI  ET  ERVDITO 

IV  VENE  IO'ANNE  GEORGIO 

VANGDfRECK  IN  GERSTORFFET 

Puechrain,  PhiiofophiaeStudiofo. 

«•S  D  I  L  IN  G  JE, 

Apud  Ioannem  Mayer. 


iLOgICA. 


iMATHEMATl 


Millinger  Stjefen jettet  1608  (2/3). 


1  „©leidjtoobl  bie  $atre§  S.  J.  biefer  Seit 
diligentia  et  fidelitate  anbern  fürejefjett  unb 
forsan  inter  liomin.  memoriam  nid)t  quali> 
ficirter  ju  befommeit,  batjero  benn  3f)r  ©naben 
§r  Jljumbbecbant  in  ber  jiiugften  Kapitulation 
fiirgefdpagen  patten,  biefen  passum  beiftufepen, 
bafj  Dnus  Epus  Patres  sine  expresso  consensu 
Capituli  nit  remoüiren  nocp  ipnen  üoit  üorigen 
33ifd)ofen  au§  ffrreiroiHigfeit  gegebene  Additiones 


minbern  fofle  nod)  töune,  toeldjed  cunctis  tune 
praesentibus  Capitularibus  beliebt  unb  alfo 
ber  Kapitulation  beigelegt  loorben."  9Cft.  3t., 
Jes.  1008*. 

2  $ie  *  Originale  ber  beiben  llvfunben  in 
3Jt.  3t.,  Urfunben,  $iHingen,  Sefuitenfolleg, 
ga§ä- 15  u.  16.  $rucf  ber  ©tiftungdurtunbe  bei 
Flotto  240  ff.  ©ped)t  a.  a.  0.  655  ff. 


©iitjelne  Uniöerfitäten :  SMttittgen. 


571 


fpridjt  ber  Sifdjof  innerhalb  ber  näcfjften  gehn  Qafjre  5000  (Gufben.  Sie  Seituitg 
unb  Sermaftung  ber  Slfabemie  uuterftefjt,  mit  Sorbeffaft  be§  oberften  Stedjte:»  unb 
ber  ^öcfjften  ^urisbiftion  für  beit  Sifdjof,  gang  beit  Patres,  unb  gmar  fo,  bafjj  ber 
öom  Orben  aufgeftetlte  SMtor  be§  5loIIeg§  gugteirf)  aucfj  9ieftor  ber  Unioerfität  ift, 
ber  ben  ^aitgfer  unb  ade  anberit  Beamten  angufteden  ^at.  $ür  bie  (Streit-  unb 
^riminafgeridjtsbarfeit,  mefdje  bie  (Gefedfdjaft  nacf)  ifjreit  Siegeln  nid)t  auMben 
barf,  mirb  auf  Soften  be§  23ifd)of§  einer  feiner  juriftifchen  Siäte  af§  Gubernator 
aufgeftedt1.  Sie  Ernennung  ftefjt  beim  Sieftor,  bie  sibberufuug  beim  Sifdjof,  beut 
er  auch  ben  (Gib  gu  feiften  f)at.  Sem  Sieftor  loirb  ber  (Gubernator  ftet3  bie  ge- 
büfjrenbe  (S^rfurcfjt  ermeifen  unb,  abgefehen  oon  ben  Äriminaffäden,  bie  oor  fein 
Tribunal  gehören,  bie  (Gefdjäfte  im  (Sinoernehtneit  unb  mit  Sormiffeit  be§  Sieftor» 
erfebigeit.  Sa§  ^onüift  toerben  bie  ^efuiten  audj  meiterfjin  im  Siamen  beS  Sifcf)of§ 
mit  ooder  Freiheit  feiten  unb  Oerioalten.  ©omohf  für  ba§  $onoift  af§  aud)  ba§  $odeg 
finb  bie  Qjefuiten  nicf)t  gur  gemeinfamen  Sidinger  ©tabtioage  üerpflicfjtet,  fonbern 
fönnen  eine  eigene  Söage  fjabeit,  bie  aber  mit  ber  ©tabtioage  übereinftimnten  muß. 
Sfucf)  bürfen  fie  für  bie  f)äu§fidjen  Sfrbeiten  einen  eigenen  SJiet^ger  unb  {yifcfier  haben, 
bie  aber  für  ifjre  (Gefdjäfte  ben  bürgerlichen  Saften  unterftedt  bleiben2.  Ser  Sifdjof 
fpridjt  gutn  ©djfuffe  bie  Sitte  an§,  bie  patre§  mödjten  ba§  Sertrauen,  ba§  er  in 
fie  feige,  gum  (peife  ber  Unioerfität  rechtfertigen.  „Ser  Sifdjof  f)öt  ftch  burd)  biefe 
gunbation",  fo  urteilt  ber  (Gefdjicf)tfchreiber  ber  Unioerfität,  „ein  bfeibenbe§  Senfmaf 
gefegt  unb  ficf)  um  bie  Unioerfität  unb  bie  (Gefedfdjaft  grofje  Serbienfte  erioorben. 
Sie  (Gefedfdjaft  aber  fonnte,  nad)bem  fie  mehr  af§  40  ^alfre  eine  fo  unfidjere 
©tedung  eingenommen,  mit  freubiger  (Genugtuung  auf  bieje§  Siefultat  bfiden,  bemt 
e§  mar  auch  ihr  SBerf,  ba§  2Berf  ffuger  Sfusbauer  unb  giefbemufjten  ©treben§."3 

(Sin  toeitere§  Serbienft  ermarb  fidj  Heinrich  0.  Knöringen  burd)  bie  (Errichtung 
gmeier  juriftifdjen  profeffuren.  (S§  ging  babei  nidjt  ohne  ©cfjmierigfeiten  ab.  0b- 
gfeid)  bem  ©tiftungsbrief  unb  ber  päpftficf)en  Seftätigung  bie  (Erridjtung  einer 
juriftifchen  gafuftät  nicht  miberfprad),  fo  mar  hoch  befonber§  in  ber  erften  .Qeit 
bei  bem  Sftangef  an  ÜDUttefn  nicht  baran  gu  benfen  gemefen.  Somit  mürbe  e§ 
anberS  unter  Sifdjof  £>einrid).  Sitrcf)  Urfunbe  botn  28.  gebruar  1625  errichtete 
er  eine  Profeffur  für  ^irdjenredjt,  bie  ebenfad»  ben  ^efuiten  übergeben  mürbe4. 
Ser  erfte  ‘profeffor  mar  paut  Satjmanit,  ber  27.  Oftober  1625  feine  2fntritt§oorfefung 
hielt.  Sie  guten  (Erfolge  biefer  Profeffur  ermunterten  ben  Sifdjof  bagu,  am  24.  Of¬ 
tober  1629  aud)  eine  gioifredjtfidje  ^Srofeffur  für  einen  meftfidjen  Profeffor,  ber  bie 
^nftitutionen  3uft*nian§  Men  fodte,  gu  ftiften.  Somit  trat  ber  erfte  meftfidje 
^Srofeffor  bei  ber  Slfabemie  ein.  ©ein  Serfjäftnii»  gur  Sffabemie  mürbe  fo  ge¬ 
regelt,  bafj  er  mirffidje§  ÜDUtglieb  ber  SIfabemie  mar,  aber  in  adern  unter  bem 
Sieftor  ftanb,  ber  aud)  ba§  (Ernennung^-  unb  Sfbfehunglredjt  hflde-  Sem  Sieftor 
feiftete  er  ben  Sreueib,  unb  oor  ihm  fegte  er  ba§  tribentinifdje  (GfaubemSbefeuntnig 
ab.  Sei  ben  Promotionen  mechfefte  er  ab  mit  ben  anbern  profefforen  ber  juriftifchen 
gafuftät5. 

(Eine  grofje  ©djmierigfeit  faub  ber  (General  in  ber  gufaffung  ber  ^onoiftoren 
gu  ben  gioifrechtfichen  Sorfefungen.  Sie  Sidinger  patre§  ha^en  geftattet. 


1  Über  bie  lyuriSbiftion  ügt.  aud)  ben  33rief 
non  P.  ©renjing,  1.  SDMrs  1617,  bei  greifen, 
23ie  Unioerfität  ißaberborit  (1898)  73  ff. 

2  gür  bie  nähere  Kenntnis  ber  wirtfdfaft- 

Iidjen  Sler£)ä(tniffe  ätoifd)ett  ber  (Stabt  unb 

ben  gefuiten  ift  toertooH  ber  Sergleid)  oom 

14.  SOtärj  1645  jtoifcben  ©tabt  unb  gefuiten. 


*  Driginat  in  91t.  9t.,  Urfunben,  ®iltingen,  gef. 
ga§j.  7. 

3  <5perf)t  a.  a.  0.  80. 

4  *  Original  in  9Jt.  9t.,  Urfunben,  Wiltingen, 
gef.  ga§j.  16.  ®er  93ifd)of  beftimmte  für  bie 
fßrofeffur  jä^rlirf)  250  ©ulben. 

5  Sgl.  ©pecf)t  a.  a.  0.  119  ff. 


572 


2ld)te§  Äapitel.  ©tjmnafien  unb  Uniöerfitäten. 


©eljr  ernft  fd)rei6t  bariiber  SitelleSdji  am  23.  SDtärg  1630  an  bert  Sßroüingial  ÜDtunb« 
brat:  2öie  icf)  auS  S^rer  ©tinnerung  oom  18.  gebruar  erfe^e,  haben  bie  patres 
bet  SDillinger  Slfabcmie,  bie  Sorftefjer  unb  $onfultoren,  gebeten,  benot  bie  ben  $on« 
oiftoren  bereits  erteilte  (SrlaubitiS,  bie  ^nftitutionen  gu  hören,  mieber  aufgehoben 
merbe,  ihren  genaueren  Seridjt  über  bie  gange  ©acfje  abgumarten.  £)er  Seridjt  oom 
21.  Januar  im  tarnen  beS  fReftorS,  beS  Manglers  unb  ber  ^onfultoren  ber  Slfabemie 
t)at  aber  feinen  gmittgenben  ©runb  bafiir  erbracht,  baf;  eine  @ad)e,  bie  bisher  an 
ben  ©cfjulen  ber  ©efellfcfjaft  niemals  erlaubt  mar  unb  raegen  beS  93eifpielS  oiele 
Nachteile  befürchten  lief,  ofjne  Befragung  beS  ©eneralS  fofort  angefangen  merben 
burfte.  Stach  meiner  Meinung  ^aben  alle,  melcbe  biefen  ^tan  gebilligt,  bie  ©rengen 
iljreS  SlmteS  überfdjritten  unb  für  ihren  Qrrtum  eine  öffentliche  Suffe  oerbient.  @S 
füllen  alfo  ber  Sieftor  mit  bem  Rangier  unb  ben  afabemifd)en  ^onfultoren  unb  allen 
anbern,  meldje  Urljeber  biefeS  planes  gemefen,  gur  Suffe  an  ben  fleinen  Xifdj  gehen 
unb  megen  ihres  Fehlers  einen  öffentlichen  SertoeiS  erhalten.  ®amit  (Sm.  |)odj« 
mürben  nicht  glauben,  bieS  fei  etmaS  SteueS  unb  gu  ftreng,  fo  mögen  @ie  miffen,  baff 
ich  m  ähnlichen  fyällen  anberSmo  ebenfo  gehanbelt  habe-  3n  8u^unf^  follen  unfere 
^onoiftoren  im  (Siuüernehmen  mit  bem  Sifdjof  oon  ben  Sorlefungen  ber  Qnftitutionen 
ferngehalten  merben1.  2)er  Sifdjof  mar  aber  mit  biefer  Verfügung  beS  ©eneralS 
burchauS  nicht  einoerftanben.  (Sr  ljabe,  fo  erflärte  er  am  18.  ®egember  1630  bem 
Srooingial,  gerabe  beSljalb  bie  juriftifcf)en  ^Srofeffuren  errichtet,  bamit  bie  ©ohne 
beS  fchmübifdhen  SlbelS  unb  anberer  ljeroorragenber  SJtänner  nicht  unter  oielen  ©e* 
fahren  auSmärtS  gu  ftubieren  gegmungen  feien2.  Slber  bringenb  fdjärfte  SitelleSdji 
am  22.  gebruar  1631  bem  ^Sroningial  ÜDtunbbrot  ein,  fich  burchauS  nidjt  barauf 
eingulaffeit  unb  bem  Söifchof  oorguftellen,  baff  barunter  bie  SDiSgiplin  nicht  allein  in 
Spillingen,  fonbern  audj  in  ben  anbern  ®onoiften  fehr  leiben  merbe.  SllS  ©rünbe 
merben  auf  einem  befonbern  Platte  folgenbe  angeführt:  1.  ®ie  ©efettfdjaft  hat  bieS 
trof  üieler  unb  mieberholter  Sitten  nie  geftattet;  menn  bieS  jetjt  SPillingen  gemährt 
mirb,  muff  eS  auch  anbern  ^onoiften  erlaubt  merben.  2.  ®ie  (Erfahrung  lehrt,  baff 
baS  ©tubium  beS  gioilredjteS  meift  größere  f^ra^it  mit  fich  bringt.  3.  ®ie  §örer 
beS  ßioilrecfjteS  fönnen  nicht  gugleidj  aucf)  bie  Sßhilofopljie  gut  ftubieren;  biefe  muff 
notmenbig  barunter  leiben;  baS  ©tubium  beS  Siebtes  allein  befdjäftigt  gu  menig 
unb  läfft  gu  oiel  üDtiijfiggang  gu.  4.  Söenn  baS  ©tubium  beS  StecfjteS  ben  Slbeligen 
geftattet  mirb,  muff  eS  audj  ben  anbern  ©tubenten  auf  Sitten  ber  (Sltern  bemilligt 
merben.  ©o  mirb  bann  allmählich  bie  ^f)ilofop^ie  banieberliegen3. 

211S  Satjmann  1634  feiner  ^rofeffur  enthoben  mürbe,  öujferte  er  fich  über  bie 
bisherige  ©eftaltung  ber  firdjenredjtlidjen  Sorlefungen  in  einem  Sriefe  an  ben  S™' 
oingial  SJtunbbrot  oom  30.  Dftober  1634  alfo4:  ©eftern  habe  ich  111  aller  Slufrichtig- 
feit  gefcfjrieben,  baff  mir  bie  Sefreiung  oon  ber  ißrofeffur  beS  fanonifdjen  StecfjteS 
angenehm  fei.  ©ang  abgefehen  oon  meiner  ißerfon,  habe  ich  über  bie  Slbfdjaffung 
biefer  Sorlefung  folgenbe  Meinung :  ®er  Sericht,  baff  bie  Slfabemie  unb  baS  Kolleg 
unter  bem  fanonifdjen  Siechte  oiel  leiben,  munbert  mich  fehr5  benn  t>iele  ©tubenten, 
OrbenSleute  unb  SBeltlidje,  auch  fßriefter,  finb  nur  megen  beS  SUrdjenredjteS  nach 
Spillingen  gefommen,  Oon  benen  nicht  menige  oorfjer  fchon  bie  gange  fdjolaftifcfje 
Sljeologie  oollenbet  hatten.  Sor  meiner  Slbreife  hatte  ich  neun  §örer,  bie  feine 
anbern  Sorlefungen  als  bie  meinigen  hörten  unb  bie  nach  allgemeinem  Urteil  burdj 
Steife  unb  Sefcfjeibenfjeit  fich  auSgeicfjneten ;  öfters  finb  Sigentiaten  unb  SDoftoren  beS 
fanonifchen  Siebtes  promooiert  morben.  211S  eingiger  SZacfjteil  erfdjeint,  baff  nidjt 


1  *0rig.=9teg.  Ad  Germ.  sup.  3  *  Original  in  91t.  9t.,  Jes.  982. 

2  ©ped)t  a.  a.  O.  122.  *  *  Original  ebb.  983. 


ßinjetne  Uniberfitäten :  Sillingen. 


573 


nur  bett  Geologen,  fonbern  aitdf)  nieten  iJ3fjitofopf)en  ber  Befucf)  biefer  Borlefungen 
geftattet  morben  ift.  dagegen  habe  ich  mich  aber  gleich  bei  meiner  SInfunft  uor 
neun  fahren  erflürt,  teilg  rneil  fie  baburch  non  mehr  notmenbigen  ©tubien  ab« 
gezogen  inerben,  teils  meil  fie  fo  faft  ben  ganzen  Vormittag  in  ber  ©dfule  fi^en 
miiffen.  ÜUieinc  Bfeinung  mar  baffer  immer,  feinen  ^fjitofopfjen  51t  ben  firdfenredft* 
liehen  Borlefungen  jugufaffen  unb  non  ben  Theologen  nur  bie  nom  oierten  ober  etma 
auch  nom  britten  Qaljr,  unb  jmar  erft  nach  BoEenbung  ber  Borlefungen  über  bie 
-fpeilige  ©dfrift.  Um  bem  Qnftitut  mehr  zu  entsprechen,  fönnen  in  ber  golge  jmei  $ßro« 
fefforen  bag  fanonifcfje  fRecfit  in  (DiEingen  nortragen,  ber  eine  aug  ber  ©efeEfchaft,  ber 
anbere  ein  toeltlidfer  SDoftor,  bie  ben  (Stoff  unter  [ich  teilen  unb  innerhalb  nier  Qapre 
üoEenben  foEten.  2lucf)  bag  Kolleg  hat  feinen  @dfaben  gehabt.  $d)  habe  bem  Ä'oEeg 
für  600  ©ulben  Büd)er  gefauft;  500  ©ulben  habe  idf  non  bem  ©efdjenf  beg  (Erz« 
bifchofS  non  Salzburg  mitgebradjt,  aufjerbent  habe  ich  30  (Ejemplare  ber  erften  unb 
Ztneiten  Sluggabe  ber  ÜDforaltlfeologie  nerfauft  unb  bag  ©elb  jum  Slnfauf  anberer 
93ücher  nermanbt.  ®er  gürftbifdjof  hQt  mir  mehr  alg  200  ©ulben  gefchenft  alg 
Beifegelb,  ba  id)  in  jmei  fahren  in  bag  Bab  nach  ©ger  (?)  reifte.  (Dafür  hätte 
bag  ®oEeg  fonft  auffommeit  müffen,  ba  biefeS  Bab  mir  hödfift  notmenbig  mar  unb 
ich  baburd),  mie  ich  glaube,  non  einer  ferneren  $ranff)eit 1  befreit  mürbe.  Sllg  Badp 
teile  ber  Slbfdfaffung  beg  ^irdjenrecffteg  fönnten  bezeichnet  merben :  1.  (Die  ©tiftungS- 
urfunbe  nerlangt  augbrüdlid)  einen  (ßrofeffor  für  bag  fanonifche  Bedft,  im  $aEe  ber 
(Entfernung  unfereg  EßrofefforS  mirb  bag  Kapitel  einen  meltlidjen  berufen.  2.  ©eit 
nielen  fahren  ift  ba»  ©tubiurn  beS  $irdjenred)teg  in  (Deutfdflanb  in  hohem  Slnfefjen, 
fo  baff  in  einigen  Kirchen  ein  ©tatut  gemacht  mürbe,  jum  ©eneralnifar  bürfe  nur 
ein  (Doftor  ober  Si^eutiat  beg  ^lircfjenrechteS  beftimmt  merben.  Sludf  hält  man  bie 
nidjt  für  ©eiehrte,  bie  im  $irdfenrecht  nicht  bemanbert  finb.  (Degfjalb  ftubieren 
niete  menigfteng  prinatim  nach  BoEenbung  ber  fdfolaftifcffen  STheologie  ®irdjenred)t. 
Sludf  höten  unb  lehren  bie  Sftöndje  aEenthalben  biefeS  ffach  unb  neradjten  bie,  roetdhe 
in  biefem  ©tubiurn  nicht  bemanbert  finb.  EJian  fagt  offen,  bie  Qefuiten  feien  in 
praftifdfen  Gingen  nicht  bemanbert.  3.  (Die  Meinung,  baff  mir  feine  in  biefem  ffadfe 
tüchtigen  (JSatreg  h°t>en,  mirb  jur  ffreube  gemiffer  ©egner  noch  beftärft.  ßubem  mirb 
auch  unfer  Eöanfelmut  getabelt  merben,  menn  mir  bag,  mag  mir  nor  nicht  langen 
fahren  nerlangt  unb  burd)  bie  ©tiftunggurfunbe  befräftigen  fiepen,  jefct  plöfjlidf 
abfdjaffen.  $dE)  fchmeige  banon,  baff  aug  benfelben  ©rünben  bie  Slfabemie  non 

(DiEingen  in  ihrem  Slnfehen  unb  ihrer  ©chiilerjahl  leiben  mirb.  4.  (Dag  ©tubiurn 

ber  ©emiffengfäEe  hängt  ganz  öom  ®irdfenre<ht  ab,  ja  eg  ift  faft  nicfjtg  anbereg  als 
ein  Slbriff  begfelben.  (Da  aber  biefeg  ©tubiurn  unfern  (J3atreg  fo  fehr  am  §erzeit 
liegt,  fo  muh  ung  auch  fre  ^örberung  ober  Beibehaltung  beg  ®ird)enrecf)teg  an« 
gelegen  fein,  mie  idj  bieg  augfüffrtich  in  bem  ©dfriftftüd,  bag  (Em.  ^odjmürben  mit 
nad)  Born  genommen  haben,  bargelegt  höbe.  Bur  fchmer  habe  ich  mich  Zu  biefem 
Briefe  entfdjloffen,  bamit  eg  nicht  ben  Slnfdfein  habe,  afg  moEte  ich  midi)  nieEeidft 

mieber  zum  (Dozieren  anbieten.  SDieS  liegt  mir  fern:  ich  bleibe  bei  ber  geftern  ge« 

äußerten  Meinung. 

Sllg  Sapniann  halb  barauf  zu  föonftanz  non  ber  fßeft  meggerafft  mürbe,  fchrieb 
ber  ©eneral  am  12.  Slpril  1636  an  ben  ^Sroöiitzial :  ^dj  biEige  ben  (Entfdflufj 
(Sm.  ^ochmitrben,  bem  nerftorbenen  P.  Sapmann  feinen  Nachfolger  aug  ber  ©efellfchaft 
alg  Sßrofeffor  beg  ^irdfenredfteg  zu  geben,  fonbern  bem  Bifdjof  unb  bem  Kapitel 
bie  ©orge  bafür  zu  überlaffen2.  (Der  Bifcffof  bat  aber  ben  ©eneral,  man  möge  non 

1  Constipatio  pectoris.  foroeit  fie  äiemlid)  fertigfleftellt  finb,  öerüffent* 

2  *  Original  in  (Dt.  9t.,  Jes.  983.  $ie  ©(Triften  Iid)t  werben.  9$ielleid)t  fönnte  mit  biefer  ©orge 

be§  P.  Satjmanit,  fo  fügt  ber  ©eneral  bei,  follen,  P.  ©imon  gelij  betraut  merben. 


574 


SldjteS  tapitel.  ©tjmnafien  unb  Uniberfttäten. 


Shpfif  unb  ber  übrigen  'p^ilofop^ie  bei  ©t  Stnna  in  Stuggburg  abfefjett  unb  bafür 
gu  SDiHingen  an  «Stelle  beg  oerftorbenen  P.  Sapmann  einen  anbern  gefititen  jurn 
^Srofeffor  beg  römifctjen  Nedjteg  aufftetten.  gn  feiner  Slntwort  Dom  8.  Nooember 
1636  betonte  Sitettegcfji  feine  Söereitroifligfeit,  ben  SBünfcfjen  beg  Sifdjofg  ju  ent* 
fpredjen;  ba§  Nähere  werbe  er  nad)  eingefjenber  Beratung  burd)  ben  augenbtidtidj 
in  Nont  weitenben  ^ßrofurator  ber  oberbeutfcfjen  !fßrot)in§,  P.  SBotfg.  ©raüenegg, 
mitteiten  taffen  4  Sie  ^ßrofeffur  würbe  in  ber  Sat  wieber  befefjt  burd;  P.  ßfjriftopf) 
©djorrer,  ber  am  23.  Oftober  1637  feine  Stntrittgöortefung  f)iett1  2. 

Unter  mancherlei  ©cfjwierigfeiten  führte  ber  Sifcfjof  1644  audj  ba§  gioitredjt 
wieber  ein.  SDabei  erneuerte  ficf)  fogteid)  ber  atte  ©treit  um  bie  Seitnahme  ber 
Konoittoriften  an  biefer  Sortefung3.  Stm  5.  ÜNärj  1644  erfuchte  ber  93ifdE>of  ben 
©enerat,  bie  Seitnafjme  geftatten  gu  wollen,  gn  feiner  Stntwort  oont  2.  Stprit  1644 
bat  Sitettegdji  inftänbig,  oon  ber  ©ewährung,  bie  mit  fo  großem  9cad)teif  für  bag 
gnftitut  ber  ©efetlfcfjaft  oerbunben  fei,  Slbftanb  nehmen  ju  bürfen;  ber  Sifcfjof  möge 
bie  Unoerfehrtheit  beg  gnftitutg  unb  bie  Nüdfidjt  auf  bag  ©ewiffen  beg  ©eneratg 
höher  fdjäpen  atg  ben  Nufjen  weniger  Konoiftoren  unb  geftatten,  bafj  ihm  ber  Neftor 
bie  ©riinbe  näher  bartege4.  Unter  bemfelben  Saturn  beauftragte  Sitettegdji  ben 
Neftor  gofj.  Vernarb,  bem  Sifcfjof  in  aller  Semut  oorjuftetten :  1.  Sitte  ©enerate 
hätten  bieg  ben  gürften  ftetg  abgefchtagen,  fo  baff  bereu  Nadjfotger  in  biefer  @e= 
Währung  eine  Seleibigttng  finben  fönnten;  2.  werbe  biefe  Neuerung  in  SDiHingen 
bewilligt,  fo  müffe  fie  and)  anbern  dürften  gewährt  werben;  bag  fcheine  aber  bie 
©ewatt  beg  ©eneratg  ju  überfchreiten  unb  oietmehr  Sache  ber  ©eneratfongregation 
ju  fein,  benn  ba  bie  liierte  Kongregation 5  bie  Befreiung  ber  ©efettfdhaft  oon  alten 
Konüiften  gewiinfcht  habe  unb  bie  früheren  ©enerate  bie  Aufnahme  oon  ^uriften 
ftetg  oerweigert  hätten,  fo  fönne  er  in  einer  fo  wichtigen  ©adje  nidjt  bag  ©egenteit 
tun ;  3.  wegen  ber  ©efafjr  für  bie  Sigjiptin  in  ben  ©eminarien  fei  eg  beffer  nidjt  an* 
jufangen,  wag  man  fpäter  wieber  aufgeben  müffe;  4.  möge  ber  Sifcfjof  Nüdfidjt  auf 
bie  ©ewiffengrufje  beg  ©eneratg  nehmen,  ber  in  feinem  fjohen  Witter  fein  ©ewiffen 
nicht  mit  fotdjen  Neuerungen  betaften  wolle,  ©ottte  ber  Sifcfjof  trofjbem  auf  feiner 
Slnficfjt  beftefjeu,  fo  müffe  man  beraten,  ob  eg  nicht  beffer  wäre,  bag  ©emiuar  gan$ 
in  bie  £)önbe  beg  Sifdjofg  ju  übergeben0. 

gn  Übereinftimmuug  mit  biefen  Sriefen  fcfjtug  Sitettegdji  ebenfalls  unter  bem* 
fetben  Saturn  (2.  Stprit  1644)  bem  ©rafen  groben  SNaria  oon  giirftenberg  bie  Sitte 
ab,  mit  feinen  greunbeit  bie  gioitredjtlidjen  Sortefungen  befudjen  ju  bürfen 7.  Siefem 
©rafen  erlaubte  eg  aber  ber  Sifdjof,  ber  fonft  feinen  Söunfcfj  für  bie  anbern  Kon* 
oiftoren,  wie  eg  fcfjeint,  nidjt  weiter  urgierte8.  Stuf  bie  Sitte  beg  Sifdjofg  üom 
11.  guni  1646  geftattete  ber  Nachfolger  Sitetlegdjig,  ©arrafa,  am  7.  guli  1646, 
guriften  in  bag  Konüift  augunehmen,  aber  nur  oerfudjgweife;  fottte  ber  Serfitch 
ficf)  nidjt  bewähren,  fo  werbe  ber  Sifdjof  bie  gurüdjietjung  ber  ©rtaubnig  ficfjer 
genehm  hotten9. 

gm  übrigen  waren  Sehrfächer  unb  Setjrftoff  ähntid)  üerteitt  wie  früher,  bodh  ift 
eine  Senbenj  jur  Sefferung  unb  ©rweiterung  nidjt  §u  oerfennen.  gm  gahre  1603 


1  *  0rig.=9icg.  Ad  Externos. 

2  3m  3at)re  1639  wirb  ba3  Ius  canonicum 
cil§  „toleriert"  bezeichnet,  1647  Ius  canonicum 
vacat.  ©in  auswärtiger  fßrofeffor  lieft.  3m 
3a^re  1649  tourbe  wegen  ber  loegfotlenben  (Sin* 
fünfte  fein  fanonifd)e§  fRerf)t  gelefen. 

3  6pecf)t  a.  a.  0.  125  189.  S3gl.  oben 

®.  571  f. 


4  *  0rig.=9ieg.  Ad  Externos. 

5  Congr.  4,  Decr.  10. 

G  *  0rig.=91eg.  Ad  Germ.  sup. 

7  *  0rig.=9icg.  Ad  Externos. 

8  ©pecfjt  a.  a.  0.  189. 

9  *  0rig.=91eg.  Ad  Externos.  3$g(.  SBeitereä 
über  biefe  ffragc  int  9.  Kapitel. 


Einjelne  Uniüerfitäten :  ®iHingeu. 


575 


lehrten  an  ber  eigentlichen  Stfabemie  oon  6  profefforen  2  fcfiolaftifcfjc  ®f)eotogie, 

1  ÜIRoral  unb  Zeitige  Schrift,  3  Phitofophie;  1609  farn  t)inju  ein  eigener  Pro- 
feffor,  ber  ©tfjif,  9)catf)emati!  unb  hebraifd^e  ©prad)e  oorjutragen  hatte ;  fpäter  (1622) 
finb  biefe  brei  Rächer  unter  gmei  geteilt,  balb  aber  mieber  unter  einem  profeffor  oer- 
einigt.  ®er  SSifitator  SufaeuS  oerorbnete  im  $at)re  1609  für  bie  Zeitige  Schrift 
(ftatt  ber  bisherigen  einen)  brei  Sortefungen1 2,  für  baS  (pebräifdje  (baS  bisher  nur  in 
ber  SSatanj  gelehrt  mürbe)  jmei  Sortefungen  in  ber  Söoche.  ®ie  ^eilige  ©cfjrift 
muffte  oon  alten  Hörern  ber  fdjotaftifd)en  Sheotogie  oier  ^atjre  gehört  merben.  ®ie 
Sortefungen  für  üDiathematif  unb  ©tfjif,  bie  bisher  nur  in  ben  fog.  Caniculares 
(fpunbStagferien)  ftattfanben,  madjte  ber  Sifitator  in  übereinftimmung  mit  ber 
©tubienorbnung  ju  täglichen  Sortefungen,  unb  jmar  bie  SSRathematif  für  bie  Phhfifer 
(gmeiteS  ^a§r  ber  Phitofophie)  uoö  öie  ©tfjif  für  bie  ÜMapfjtjfifer  (britteS  3a^)r  öer 

2-  ©eit  1609  erfcfjeinen  auch  mieber  bie  fö'ontrooerfen  im  SeftionSplan; 
atS  ®e£tbncf)  mürbe  ber  größere  fö'atedjiSmuS  beS  ©anifiuS,  fpäter  (1635)  SecanS 
Äontpenbium,  bann  mieber  ©anifiuS  benutzt. 

Studj  unter  bem  fchmebifdfjen  ^ocfje  mürben  bie  Sortefungen  mit  StuSnatjme 
eines  äftonatS  faft  nie  ganj  auSgefept,  1633  fanben  fogar  mieber  Promotionen  in 
Phitofophie  unb  Theologie  ftatt.  Diad)  ber  fchmebifcfjen  ^ataftropfje  lehrten  1636 

2  Profefforen  fchotaftifche  ®he°i°9ie/  2  Phitofophie,  1  ^eilige  ©chrift,  1647  unb 
bie  fotgenben  ^afjre  2  fdjotaftifdje  Iheotogie,  1  Sforat,  3  Ä'ontrooerfen,  ^pebräifd), 
Phitofophie  unb  SUtathematif 3. 

gür  bie  ®iSjiptin  gatten  nach  öat  Statuten,  bie  am  2.  gebruar  1631  ber 
propaganbafongregation  oorgetegt  mürben4,  unter  anberem  fotgenbe  Sorfchrifteit : 
®ie  Slfabemifer  hatten  täglich  t>ie  heilige  SJteffe  gu  hören,  menigftenS  alte  ÜDJonate 
ju  beichten  unb  fiebenmat  im  ^afjre  bie  heilige  Kommunion  ju  empfangen,  ^äretifcfje, 
unreine  unb  jauberifcfje  Sücfjer  mürben  nicht  gebutbet  unb  mufften  abgetiefert  merben. 
Serboten  ift:  Söotjnung  ju  nehmen,  mo  üerbäcfjtige  grauenSperfonen  mohnen,  Saben 
in  ber  3)onau,  Kneipen  in  ben  SBirtSfjäufern,  fragen  oon  SBaffen,  Umf)er$iehen  mit 
SJJufif  ufm.  Söenn  ber  97adjtmädjter  bie  erfte  ©tunbe  auSruft,  barf  niemanb  aufjer- 
halb  ber  SBotjnung  fein;  ift  bieS  auS  irgenb  einer  Urfacfje  nötig,  barf  eS  nur  mit 
Si^t,  ohne  SBaffen  unb  ©efdjrei  gefcfjehen.  ®ie  SHeibung  fott  bie  ©tubenten  oon 
bem  großen  Raufen  unterfdjeiben;  SupuS  unb  neue  fJJtoben  finb  nicht  ertaubt.  ®ie 
in  ben  heiligen  SBeifjen  flehen,  tragen  baS  geifttidje  $teib,  bie  übrigen  ben  SDfantet, 
aber  feine  Sßaffen.  Seim  SJecfjfel  ober  Sertaffen  einer  SSofjnung  finb  juerft  bie 
©chutben  ju  bejahten.  ®ie  Übertreter  ber  ©tatuten  merben  mit  Üarjer  ober  auf 
anbere  Strt  nach  öer  ©ntfdjeibung  ber  Obern  beftraft. 

®aS  17.  Qatjrfjunbert  legte  einen  Stöert  auf  Sangorbnung  unb  Sortritt,  ber 
unS  manchmat  nicht  mehr  oerftänbtid)  ift.  Söichtige  Seratungen  unb  grojfe  Unter¬ 
nehmungen  formten  an  bem  ©treite  um  ben  Sortritt  fdjeitern.  Qn  ®ittingen  mar 


1  ©elefen  mürbe  ©enefiS  (1608),  STobiaS 
(1604),  Subitt)  (1614),  gftf)er  (1601 ,  1611), 
Saniel  (1606),  aRattljäuS  (1603,  1605,  1607), 
SobanneS  (1609,  1610),  SSrief e  an  SumotbeuS 
nnb  Sitn§  (1612,  1613).  S8gl.  ©ped)t  a.  a.  0. 
201  f.  2IIS  baS  fanonifdje  fJiedjt  eingefübrt 
mürbe,  büßte  bie  ^eilige  ©djrift  eine  con  ben 
brei  Slorlefungen  ein  (ebb.  188). 

2  9?cü)ereS  in  Ratio  stud.  III  187  ff-  SSfll. 

©pecbt  a.  a.  0.  187. 

5  SSon  ben  754  ©tubenten  in  Siüingen  im 
Sabre  1607  entfalten  auf  bie  2lfabemie  304: 


55  Slfeologen,  46  SWetabbbfRer,  89  fßbbfder, 
114  Sogifer.  S?on  ben  599  ©d)ü[erit  im  Sabre 
1626  finb  288  Slfabemiter:  80  Sbeologen  unb 
208  Pbüofopben.  ©ped)t  a.  a.  0.  383  f. 
9Iad)  bem  Äatalog  tmrn  6.  üliai  1649  ftubierten 
fcbolaftifcbe  Sbeolagie  16,  DJioral  30,  SKeta- 
Pbbfif  9,  fßbbfit  23,  Sogit  13,  @tbif  11,  SKatbe* 
matit  11. 

4  *Arch.  Vatic.  Borghese  ser.  1,  vol.  469, 
f.  81  f.  2t(S  au§  bem  Sabre  1670  ftammenb, 
nad)  einem  gleichseitigen  2)rud  bei  ©  p  e  d)  t 
a.  a.  0.  667  ff. 


576 


2Id)tel  Kapitel.  ©tjmnafien  unb  Rniüerfitäten. 


bie  Üfangorbnung  genau  geregelt.  9iacl)  bem  Qürftbifdjof  unb  ben  $ignitären  be§ 
Slugsburger  SDomfapitelS  nafjnt  beim  ©efjeit  unb  ©ijjen  ber  9teftor  bie  erfte  ©teile 
ein,  bie  groeite  bie  abeligen  ©tubenten  (Illustres:  dürften,  ©rafen  unb  Sßarone),  bann 
erft  folgten  Ä'anjler,  bie  ^rofefforen  ber  Stpeologie  unb  ber  fßfjilofoppie  ufm.  S)ie 
©tubenten  Oont  nieberen  Slbel  (Nobiles)  famen  nacp  ben  ftubierenben  ^anonifern  unb 
9ieligiofen  R  Qm  Qaf)re  1610  münfdjte  ber  Sßifitator  33ufaeu§,  bajj  bie  Mobiles  mie 
an  ben  anbern  Stodegien  ber  ^rooinj  aud)  in  SDidingen  nidjt  t>on  ber  gemöpnlidjeu 
©djulorbuung  befreit  feien  unb  aitcf)  feine  befonbern  ^ßläpe  erhalten  fodten.  9Ran 
möge  fie  auf  eine  fanfte  Slrt  admäfjlid)  baju  ju  bringen  fudjen1 2.  @3  fdjeint  bie§ 
nicfjt  gelungen  31t  fein,  ©päter  entbrannten  bann  ©treitigfeiten  über  ben  Vorrang 
ber  ©tubenten  au§  bem  freien  dieidjSabel  üor  ben  übrigen  abeligen  ©tubenten. 

Qn  biefer  Qeit  ber  fleinlidjen  unb  oft  lädjerlidjen  SSortrittSftreitigfeiten  fam  eS 
in  ®idingen  fogar  unter  ben  Qefuiten  felbft  ju  ^räjebenjftreitigfeiten.  Qm  Qaf)re 
1631  glaubte  ber  neue  UniüerfitätSprebiger  ©eorg  ©djönberger  ben  Sortritt  oor 
ben  )ßf)ilofopf)ieprofefforen  beanfprudjen  ju  foden.  ©eine  ©riinbe  legte  er  in  einem 
Schreiben  oorn  28.  Qanuar  1631  auSeinanber.  Sr  fei  fcfjon  fec£)§  Qapre  £>efan  in 
Qreiburg  gemefen,  aud)  bie  Söürbe  feines  SlrnteS,  fein  SebcnSalter  unb  fein  Elfter  in 
ber  ©efedfdjaft  fdjienen  biefeS  Verlangen  ju  rechtfertigen  ufm.  P.  t*peinrid)  Samparter 
fucpte  bagegen  (20.  Qanuar  1631)  im  Stuftrage  ber  $f)ilofopf)ieprofefforen  unb  beS 
ßanjlerS  baS  3ted)t  ber  QS^itofopfjieprofefforen  ju  oerteibigen.  ®er  33ortritt  beS 
^5rebiger§  fei  nie  23raucf)  gemefen.  Sludj  bie  ^rebiger,  bie  9tl)etorifprofefforen  ge- 
mefen,  Jütten  nie  ben  SBortritt  gehabt,  „unb  eS  märe  ja  aud)  abfurb,  bafj  ein  ©ptn- 
naftaflefjrer  beit  Söortritt  oor  ben  $f)ilofopf)ieprofefforen  pabe"  ufm. 3 

®urj  beoor  bie  Qluten  ber  fdjmebifcfjen  Qnoafion  über  Gillingen  pereinbracfjen, 
fonnte  SSifdjof  §einrid)  0.  Knöringen  mit  großer  93efriebigung  am  21.  Oftober  1629 
an  ben  ^eiligen  ©tupl  berichten:  Sine  nidjt  geringe  33ebeutung  für  bie  $ortfd)ritte 
ber  fatfjolifcpen  ©acpe  fjaben  bie  Arbeiten  ber  Unioerfität  Gillingen  gehabt.  SluS 
©idingen  gingen  unb  gefeit  nod)  ^eute  fjeroor  nacf)  ganj  SDeutfdjlanb  oiele  gelehrte, 
fromme  unb  eifrige  SRönner,  mie  fie  in  biefen  ©türmen  bie  ®ird)e  bebarf.  SDiefe 
dRänner  arbeiten  auf  ben  Pfarreien  jum  £>eil  ber  ©eeleit  unb  jur  33efef)rung  ber 
^äretifer  nadjljaltig  mit  unoerbroffenem  Sifer.  Slud)  bie  meiften  23ifcf)öfe  üon  Ober- 
beutfdjlanb  fjaben  auf  berfelben  Unioerfität  baS  Qunbament  ber  Qrömmigfeit  unb 
Sßiffenfcfjaft  gelegt,  unter  itjnen  bie  Sifdjöfe  oon  ^onftanj,  Spur,  Safel,  tSripen, 
Qreifing,  SlugSburg,  Sicpftätt  unb  ber  Srgbifcfjof  üon  ©aljburg.  ®er  fdjraäbifdje 
Stbel  mie  audj  bie  ©rafen  unb  greiperren  paben  in  fepr  großer  Qapl  auf  berfelben 
Unioerfität  ipre  SluSbilbitng  jum  2öof)t  ber  ®irdje  erfjalten.  Snblicp  fetiben  bie  üer« 
fcpiebenen  religiöfen  Orben  ipre  OrbenSleute  aus  ber  ©djrneij,  aus  Qranfen,  33apern, 
bem  Slfafs,  Ofterreid),  Xirol  unb  ©cpmaben  pierpin,  um  fie  fomopl  im  geiftlicpen 
Seben  al§  in  ben  ©tubien,  befonbern  in  ber  ^pilofoppie  unb  Xpeologie  auSbilben  31t 
taffen.  SDiefe  erpalten  aber  unter  ber  Seitung  ber  Qefuiten  eine  fold;e  21u§bilbung, 
bafj  mir  ben  bliipenbeu  ©tanb  ber  Orben  in  ©djmabeit  unb  in  ber  ©djmeij  jum 
großen  £eil  ber  ®illinger  Unioerfität  gutfd^reiben  fönnett4. 

®iefe§  gro^e  Sob  fonnte  ber  ©cfjme^er  97untiu§  Stocci  üoHauf  beftätigen,  al§ 
er  am  7.  Quni  1630  üon  9tont  mit  einer  Qnformation  über  SDiHingen  beauftragt 


1  ©pecfjt  a.  a.  D.  166.  8,  vol.  90.  Qn  ben  früheren  ©tatu^berirfiten 

2  Ratio  stud.  III  192.  üon  1606  unb  1612  toirb  bie  Slfabemie  in  Sil- 

3  *  Original  in  DJt.  91.,  Jes.  981.  lingen  all  in  fdjönfter  93Iüte  ftepenb  gerüljmt. 

*  *Epp.  ad  Bus.  Spnlidj  in  ben  Briefen  9Jt.  älter  fie,  Slrdjiü  für  $aftoraI«Sonferenjen 

oom  22.  Januar,  15.  unb  22.  9lprii  1630  an  I  (1848)  310  319. 
ben  9$apft.  Arcli.  Yatic.,  Miscellanea,  Armar. 


einzelne  Uniüerfitäten :  grciburg  im  SreiSgau. 


577 


mürbe.  3n  feiner  Slntmort  nom  26.  Sluguft  1630  f)ebt  er  Ijeroor,  bafj  er  iit  einigen 
fünften  al§  Augenzeuge,  in  beit  aitbern  auf  fef)r  genaue  (Srfunbigungen  f)in  berictjte. 
®ie  Slfabemie  üon  SDillittgen,  bie  au§  ber  ©djmeiz,  ©cbmaben,  ©Ifafj,  23apern, 
Cfterreid)  ufm.  fefjr  befudjt  fei,  lfabe  oiele  gelehrte  9J?änner,  fromme  unb  gute  Arbeiter 
für  ben  SSeinberg  be§  £>errn  geliefert,  oon  benen  manche  Prälaten  unb  23ifd)öfe 
gemorben  finb,  mie  bie§  bei  ben  noefj  lebettben  33ifd)öfen  Oon  ^onftanz,  ©l)ur,  33afel, 
Augsburg  ber  gatl  ift,  bie  id)  perfönlid)  fetme.  ^n  befonberer  Sßeife  betont  ber 
9iuntiu3  ben  großen  ©egen,  ben  bie  Uniüerfität  ®iÜingen  fo  nieten  ®löftern  in 
®eutfdjtanb  unb  in  ber  ©djmeiz  gebracht  Ijabe1. 

£>ie  faft  ein  IjalbeS  ^atjrfjunbert  bauernben  23emüt)ungen  ber  öfterreidfifdjen 
©rjtjerjoge,  ben  Qefuiten  Zugang  3ur  efjrmürbigen  Albertina  in  ^reiburg  int  2?rct§ßau 
Zu  nerfdjaften,  mürben  enblid)  im  $af)re  1620  mit  ©rfolg  gefrönt2.  ®er  ^3lan  mar 
fdjon  1577  bafjin  gegangen,  ein  Kolleg  in  greiburg  zu  errieten  unb  bie§  mie  ju 
^ngotftabt  ber  Uninerfität  ju  inforporieren.  ©aSfelbe  mürbe  aber  befonberS  Oon 
bem  Sljeologieprofeffor  ^obof  fiorid)  (au§  Srarbacf)  a.  ÜR)  befämpft,  meit  er 
baoon  eine  ©inbujje  für  bie  ^reiffeit  unb  (Sintracfjt  ber  Uninerfität  befürchtete.  ®er 
Serfatt  ber  3ud)t,  befonberS  Ijäufige  ÜDforbljänbel  ofjne  ftrenge  23eftrafung,  mußten 
bie  Uninerfität  in  9)Uf?ad)tung  bringen  unb  beren  93efuch  beeinträchtigen 3. 

Qafjre  1616  hatte  fie  nur  97,  im  fotgenben  iQatjre  9ar  nur  78  §örer4. 

Qn  greiburg  mar  1572  ba§  erfte  ^ßäbagogium  mit  2  Sefjrern  für  Sateinifd) 
unb  ©riedjifd)  errietet  morben,  ba§  fid)  bann  halb  zu  einem  ootlftänbigen  ©pmnafium 
mit  4  Staffen  (fRfjetoril,  'ißoefie,  ©rammati!)  entroidette.  SDie  ©cljüler  Ijiefien  Ijier 
Classici  im  ©egenfafz  ju  benen,  melche  bie  öffentlichen  Sortefungen  befudjten.  gür  bie 
$J3f)itofopf)ie  beftanben  brei  3af)re^urfe:  Sogif,  $£)t)fif  unb  ÜJJJetapfjpfif ;  neben  ber 
Sogif  füllte  ©efdjidjte  unb  fjebräifdfe  ©pradje,  neben  ber  ^f)pfif  sDlatbematif  unb 
neben  ber  SDtoapljpfif  ©tljif  gehört  merben5.  Qn  ber  S^eotogie  lehrten  brei  )]3ro= 
fefforen:  jmei  bie  ^eilige  ©djrift  unb  einer  bie  fdjolaftifdje  Rheologie ;  ber  britte 
^Srofeffor  füllte  mit  ber  ©rflärung  einzelner  53ücf)er  ber  ^»eiligen  ©djrift,  Casus  unb 
^ontrooerfen  med)feln  (1604).  23ei  ben  feiertidjen  SDiSputationen  ber  tfjeologifdjen 
gafultät  mürben  audj  hier  allerlei  fragen  zur  ©pradje  gebracht  (disputationes 
quodlibeticae),  mobei  ben  Qüngften  ba§  9ied)t  juftanb,  zu  opponieren. 

Qn  bem  non  ©rjfierjog  Seopolb,  bem  9teftor  ber  Uninerfität,  bem  ^3ronin§iaf 
©renjing  ufm.  unterfdjriebenen  offiziellen  i]Srotofott  ber  @infül)rung  ber  ^efuiten  nom 
16.  Sftonember  1620 6  merben  als  ©ritnbe  für  bie  Berufung  ber  Qefuiten  bie  §ebung 
ber  fatljolifdjen  Religion  unb  ber  Uninerfität  bezeichnet,  befonberS  um  an  letzterer 
bie  bafelbft  einige  3a^)re  tu  äJiifjöerftanb  unb  Abgang  geratenen  t)unianiftifdjen  unb 
pl)ilofopt)ifd)en  ©tubien  in  Sefferung  unb  SBofjlftanb  zu  bringen. 

£)a§  ^ßrotofoll  beftimmt  bann  im  einzelnen:  ®ie  fjumaniftifdjen  ©tubien  unb 
bie  ^Shilofophie  merben  bie  SSäter  ber  ©efeüfdjaft  Qefu  übernehmen  unb  biefelben 
nadj  i^rem  ©ebraud)  unb  £>erfommen  anorbnen.  3n  ber  tljeologifd^en  gafultät 


1  *  Driginat  Arch.  Vatic.,  Miscellanea  Ar- 
mar.  8,  vol.  90. 

2  SSgl.  oben  gretburg.  Kropf  II  234  ff. 
$ie  *  Äorrefponbenz  über  bie  ©tnfübrung  in 
ÄarlSrutje,  &.  2.,  greiburg,  Unio.  786  unb 
greibnrg,  Äoüeg  2211. 

3  Sgl.  <3  cf)  reib  er,  ®efd).  ber  2lfbert=2ub> 

mig§=Uniüerfität  ju  greiburg  i.  33r.  II  (1868) 
308  ff.  4  <B  cf)  reib  er  a.  a.  D.  II  124. 

5  Sbb.  II  130  ff  135.  3m  3af)re  1604  lagen 

35ul)r,  ©efdjidjte  ber  3efuiten.  II. 


9Katf)cmati!  unb  62>ebrätfd)  in  einer  $anb.  1615 
maren  ©riedjifd)  unb  @efd)id)te,  1620  fRlfetorif 
unb  ®ried)ifd)  in  einer  §anb  oereinigt. 

6  *  SRefjrere  Kopien  in  ®arI3rube,  ®.  2.,  fo 
in  fpf.  1496,  f.  290  ff.  Slu^ug  bei  ©djreiber 
a.  a.  0.  II  403  ff.  3um  3°l9euben  *  Com- 
pendium  bist.  coli.  Friburg.  Br.  1620 — 1633, 
SarlSruffe,  ®.  2.  2189,  greiburg,  Sofleg. 
*  2fftenftücfe  in  2191,  greiburg,  Uniüerfität 
1620-1694. 

37 


578 


2Icf)teS  Sflpitcl.  ©tjmnaficn  unb  Unioerfitäten. 


roerben  jroei  melttidje  fßrofefforen  bleiben,  bie  übrigen  fßrofeffuren  inerben  bie  93äter 
ber  ©efettfchaft  übernehmen,  bie  mit  Slugnafpne  beg  fReftorate§  (auf  bag  fie  felbft 
oerjichtet)  gleiche  Sledjte  mit  beit  metttidjen  ^ßrofefforen  erhalten.  2ltg  2Bof)nung 
roirb  ben  gefuiten  bag  Kolleg  ber  23urfe  gugemiefen,  bag  aber  an  bie  Unioerfität 
jurüdfättt,  fatlg  bie  gefuiten  eine  anbere  SBohnung  ermatten.  Sitte  ©tubenten  ber 
gefuiten  unterftefjen  bern  Steftor  ber  Unioerfität,  ber  aud)  in  alten  gerichtlich  ju 
entfdjeibenben  gatten  bie  @erid)tgf)arfeit  augübt.  2)er  ©tubienpräfeft  ber  gefuiten 
meift  ben  neu  Slnfommenben  bie  für  fie  geeigneten  fßorlefungen  an.  ®ie  ©tubenten 
geloben,  fidj  ber  ©tubienorbnung  unb  ber  Sig^iplin  nadj  ben  ©djutregetn  ber  @e> 
fettfdjaft  ju  untermcrfen.  gür  Vergehen  in  unb  außerhalb  ber  ©djute,  metdje  feiner 
gerichtlichen  23ef)anbtung  unterlegen,  nerhängt  bie  ©efellfcpaft  bie  gemöhntichen  SDig* 
giplinarftrafen  unb  fann  unabhängig  üom  Sieftor  Unüerbeffertiche  au§  ihren  ©deuten 
augfdjlieffen.  ©oldje  auggefdjloffene  ©dpiler  merbeit  bem  Sieftor  ange^eigt,  ber  bie> 
fetben  bann  entroeber  an  ber  Unioerfität  (aber  nicht  in  ben  ©chuten  unb  Sortefungen 
ber  ©efeUfdjaft)  bitlben  ober  aber  gänzlich  augfdjliepen  mirb. 

Eg  fcpieben  bemgemäfj  üon  ber  Unioerfität  aug  unb  erhielten  anbere  ©teilen 
ober  Serforgung  3  fßrofefforen  ber  ^h^°f°P^e/  1  ^ßPofeffor,  ber  ÜDZatt)ematif  unb 
Etpif  oortrug,  1  fßrofeffor  ber  Sttfetorif  (jugleicfj  ©riedjifch),  1  ^ßrofeffor  ber  fßoefie, 
enbtid)  1  fßrofeffor  ber  ©pntaj;  Zugleich  ©rammatif),  alfo  im  ganzen  7.  ®afür 
traten  üon  ben  gefuiten  ein  unb  liefen  fich  am  5.  Oftober  1620  in  bie  SJfatrifel 
eintragen:  2  fßrofefforen  für  £f)eotogie,  3  für  ißh^ofophie,  1  für  Etljif,  1  für 
SJiathematif,  5  für  bag  ©pmnafium1.  2lm  Siamengtag  beg  (Srjherjogg  Seopotb, 
15.  Siooember  1620,  erfolgte  bie  feierliche  Einführung  im  Seifein  Seopolbg  unb 
feineg  Sruberg  granj 2.  2lnt  24.  Siooember  begannen  bie  gefuiten  in  ben  brei  neuen 
^örfäten  ber  Unioerfität  bie  Sorlefungen.  ®a  bie  enttaffenen  fßrofefforen  nicht  fo 
fchnetl  oerforgt  loerben  fonnten  unb  ihre  ©epätter  loeiter  bezogen,  mürbe  in  einem 
Sergleidf  groifcfien  ber  Unioerfität  unb  bem  Kolleg  ber  gefuiten  üom  23.  Slpril  1621 
beftimmt,  baff  biefetben  ihre  Sefotbungen  noch  e‘n  ganseg  gatjr  lang  beziehen  füllten, 
nad)  ihrer  anbertoeitigen  Seförberung  bag  ertebigte  ©alarium  unb  nach  Verlauf  beg 
gafjreg  fämtlidjeg  ©atär  bem  ^’otleg  jufomme,  ber  getoefene  fßrofeffor  ber  Stpetorif 
aber  fein  ©atär  lebenglängticf)  behalte 3 4.  2lm  17.  ©eptember  1621  erfotgte  bie  erfte 
Erteilung  ber  philofophifdjen  SJiagiftermürbe  burd)  bie  gefuiten i.  gn  ber  SOheologie 
mürbe  ber  britte  Steil  ber  Summa  beg  hl-  Stfjomag  unb  bie  Zeitige  ©djrift  Oor* 
getragen.  ®ie  ^eilige  ©chrift  lag  1620  ber  Sieftor,  1621  ber  groeite  fßrofeffor  ber 
fcholaftifdjen  Stheotogie,  1623  ber  fßrofeffor  ber  ®ontroüerfen.  Son  1625  an  tritt 
nod)  ein  britter  Xheotogieprofeffor  für  ÜDforal  hm^u. 

gm  gahre  1632  erhielt  bie  theologifcfje  gafuttät  neue  Statuten,  bie  mahr» 
fcheintidj  üon  bem  bamaligen  ®efan  Shomag  £>enrici  unter  SSiitarbeit  ber  gefuiten 
oerfafjt  mürben5. 


1  Sie  92amen  ber  gttjölf  Sefuiten  beiiperm. 
901  e  t)  e  r ,  Sie  DJtatrifel  ber  Unioerfität  grei= 
bürg  i.  23 r.  I  (1907)  804. 

2  9täl)ere§  bei  <5  d)  r  e  i  b  e  r  a.  a.  0.  II  408  f. 

3  *  Original  in  ®arh§rul)e,  ©.  8.  2191. 

4  Mehrere  gebrucfte  Sl)efen  in  Sftiindjen, 
©taat§bibIiott)e!  Siffert.  4°  2087. 

5  Statuta  Facultatis  Theolog.  Friburg.  Brisg. 
Ex  Facultatis  theolog.  potestate  et  unanimi 
regentium  consensu  in  praesentem  ordinera 
digesta  1632.  gum  grofjen  Seil  abgebrucft 
oon  Sönig  im  greiburger  SibjefonardnO  XXIV 


(1895)  37 — 119.  Ser  3.  Seil:  De  professori- 
bus  ift  jum  Seit  toörtlicf)  ber  Ratio  stud.  enü 
nomnten.  Ser  91bbrud  bei  Äönig  a.  a.  C. 
68  ff  ftimmt,  abgefeljen  oon  einigen  Reinen 
2Iu3laffungen  unb  gufäpen,  Wörtlich  mit  bem 
Se;rt  in  Ratio  stud.  II  286  ff.  Sie  Ratio  stud. 
tonnen  nur  bie  gefuiten  jur  SSerfiigung  geftctlt 
hüben;  ber  fRebaftor  ift  aber  fchon  belfjalb 
fein  gcfuit,  loeil  er  ftet§  oon  ber  veneranda 
Societas  Iesu  fpridjt.  Über  §enrici  f.  Jperm. 
59t et) er  a.  a.  0.  I  855. 


©inseine  Uniüerfitäten :  greiburg  im  93rei3gau. 


579 


$>ie  ^Srofefforen  aug  ber  ©efedfcpaft  beftimmen  bie  Obern  beg  Orbeng;  oor 
Übernahme  iljreg  Sefjrarnte»  merben  fie  bem  Steftor  ber  Unioerfität  prüfender!  unb 
mie  üblicf)  in  bie  ÜJJfatrifel  ber  Unioerfität  eingegeicfjnet,  bie  doctores  saeculares 
merben  bem  afabemijdjen  (Senat  oon  ber  tljeologifcfjen  gafultät  oorgefcplagen  unb 
ifjre  SCBapl  non  iljm  beftätigt.  Son  ben  brei  SOZitgbiebern  e  veneranda  Societate 
Iesu  lehren  gmei  bie  fcpolaftifdje  Speologie  unb  ber  britte  bie  Sßaftoral  unb  SDioral, 
bie  gmei  aug  bem  SSeltllerug  bie  biblifdjen  SBiffenfcpaften  unb  bie  Äontrooerfen. 
Scfjolaftifdje  X^eologie  unb  Sttoral  paben  täglidj  je  eine  Stunbe;  in  ber  Sibelfunbe 
unb  Äontrooerfe  fann  abgemecpfelt  merben1.  ®ie  Sorlefungen  fiitb  entmeber  im 
Äodeg  ber  ©efetlfdjaft  ober  in  bem  oorntaligen  afabemifcpen  Sltpenäum  (alte  Uni» 
oerfität).  (Sine  neue  Seprmetpobe  barf  nicf)t  eingefü^rt,  nicptg  gegen  bie  allgemeine 
Sepre  oorgetragen  merben.  Unnüpe  unb  neraltete  Meinungen  finb  nicpt  gu  berüd» 
fic^tigen.  „2)ie  Söürbe  beg  Seprerg  erpeifcpt  eg,  bafj  er  feinen  Slutor  gitiert,  ben  er 
nidjt  felbft  gelefen."  Sterben  bie  Sorlefungeit  biftiert,  fo  fod  eg  fo  gefcpepen,  bafj 
nidjt  mörtlidj,  aucp  nidjt  interposita  mora,  sed  uno  fere  spiritu  gefprocpen  mirb; 
menn  notmenbig,  mirb  bag  ®iftierte  mieberpolt;  bie  Ouäftionen  joden  nidjt  gang  biftiert 
merben,  foitbern  abmcdjfelnb  biftiert  unb  bag  ®iftierte  erflärt  merben.  Steden,  bie 
ang  Slutoren  angeführt  merben,  fiitb  nicpt  gu  biftieren;  audj  finb  bie  §örer  auf 
Slutoren,  bie  bie  Sacpe  grünblidj  bepanbelt  paben,  31t  oermeifen.  SDer  pl.  Spomag 
ift  ber  doctor  proprius,  bodj  fod  audj  bei  ifjtn  feine  fflatiifdje  ÜJiacpfolge  ftattfinben. 
3)ie  fpefulatioe  Speologie  mirb  in  4,  bie  praftifdje  Xfjeologie  in  2  Qiapren  üodenbet. 
3mccf  ber  festeren  ift  Slugbilbung  tiicptiger  Pfarrer,  begpalb  finb  rein  fpefulatioe 
fragen  auggufcpliefjen  ober  nur  auf  bag  9?otmenbigfte  gu  befcpränfett.  Sei  ben  Sor» 
lefungen  über  bie  ^eilige  Sdjrift  mirb,  mo  eg  üftupen  pat,  aucp  ber  griedjifdje  unb 
pebräifcpe  STept  angegogen.  ßur  fdjolaftifdjen  Speologie  merben  nur  folcfie  gugelaffen, 
meldje  bie  ^pilofoppie  abfoloiert,  mo  möglidj  ben  Sfagiftergrab  in  berfelben  erroorben 
Ijaben;  praftifdje  Speologie,  ^eilige  Sdjrift  unb  ^ontrooerfe  fönnen  audj  folcpe  Ijören, 
meldje  nur  bie  fiogif  abfoloiert.  ®ie  Stubierenben  ber  fdjolaftifdjen  Ideologie  Ijören 
im  erften  unb  gmeiten  3a*)r  aucf)  ^ontrooerfen  unb  im  britten  unb  oierten  $apr 
tpeilige  Schrift.  Sllg  Slutoren  merben  aufjer  fXpomag  001t  Slquin  empfohlen  Slbant 
Xanner,  Suareg,  ©abr.  Sagqueg,  Secan,  Sapntann  ufm.  ®ie  ®igputationen  finben 
Ijäufig  ftatt,  unb  gmar  in  bialeftifdjer  gorm;  an  ben  Reffen,  aujjer  bem  beg  Sflhmrig 
ber  Unioerfität,  faden  fie  aber  in  ber  j^olge  fort,  „ba  jept  bie  Siarianifdje  Sobalität 
ben  Ideologen  ©elegenpeit  bagu  bietet".  SDer  ®oftorpromotion  gept  ein  gmeiftünbigeg 
Examen  rigorosum  aug  bem  gangen  Sfjomag  ooraug.  2)ie  neu  ©rabuierten  geben 
nadj  ber  )ßrDnioiion  ein  Specimen  eruditionis 2.  Slucp  fjier  ging  eg  offne  langen 
®oftorfdjmaug  mit  oielen  ©äften  nicpt  ab3. 

2)ie  grequeng  ber  Slfabemie  pob  fiep  rafdj;  bie  pöcpfte  ßapl  im  16.  ^aprpuitbert 
für  bie  fünfjährige  Seriobe  1555 — 1560  oon  gufammen  965  ^mmatrifulierten  mar 
in  ber  ißeriobe  oon  1615  big  1620  auf  512  gefunfen,  ftieg  1620 — 1625  auf  1187 
unb  hielt  fidj  trop  beg  ^riegeg  für  1625 — 1630  auf  742,  ftürgte  bann  infolge  ber 
^Belagerungen  geitmeilig  auf  O4.  SDafj  aucp  jüngere  Stubenten  inffribiert  mürben, 


1  ÄontroBerfe,  ^eilige  Schrift  unb  fcboIaftifd}e 
Rheologie  finb  morgend  7 — 10  Uffr,  Storni 
1  Uhr,  fdiolaftifche  Rheologie  2  Uhr,  fKehetition 
ber  fdjolaftifcheu  3Tf>eoIoflie  Bon  einem  ber 
heiben  iJSrofefforeu  3  Uljr. 

2  2)a  mürben  bann  §nr  fursmeil  bie  s«= 

mcilen  fomifdjeu,  bem  ©efchmad  ber  3<ut  ent» 

fprechcnben,  un§  aber  toenig  sufagenben  fragen 
gefteÜt,  bie  Bon  S  d)  r  e  i  b  e  r  (a.  a.  0.  II  421  ff) 


unb  ihm  uadjfdjreibenb  Bon  SSaumgarten 
(greibnrg  i.  93r.  1907,  66)  al§  Snbalt  ber  ba= 
maligen  SBiffenfdjaft  bargefteHt  merben. 

3  35gl.  Äönig  a.  a.  D.  112  ff. 

4  §ernt.  Steher  a.  a.  D.  II  (1910)  49. 
SSgl.  ®erf. ,  3ar  ©efd).  ber  grequens  ber  Uni» 
Berfität  greiburg,  in  geitfehrift  ber  ©efetlfchaft  ' 
für  ©efchid)t§!unbe  Bon  greiburg  XXVII  (1911) 
119  ff. 


580 


?ld)tel  Äapitet.  ©tjmnafien  unb  Uniüerfitätcn. 


toar  alte  ©Ute.  Sine  $rei6urger  SSorfd^rift  öonr^Q^e  1580  fiefagt,  bafj  fotdje, 
bic  bet  ber  ^mmatrifulation  nocf>  nic£)t  1 0 1/2  Qaljre  alt  finb,  burd)  ben  fßrofurator 
fdjmören  füllen.  ®afe  Knaben  üott  11  bi§  13  ^afjren  inffribiert  mürben,  mar  feine 
(Seltenheit,  ja  e§  fanten  aud)  ^äüe  üor,  baf)  7 — lOjüfjrige  ©tubenten  in  bie  fOiatrifel 
eingetragen  mürben 4. 

Sei  ber  ^Belagerung  jeigte  fid)  bie  Uniüerfität  fetjr  patriotifd)  unb  opfermillig, 
ma§  batnaB  burdfjauS  nicfjt  felbftüerftänblid)  mar2.  ®er  Steftor  be§  $oüeg§  erbot 
fidbl,  ba§  Slu^erfte  §u  tun  unb  aud)  bie  ^ircfjengeräte  ju  üeräufjern.  Unt  31t  retten, 
ma§  ntögtid)  mar,  jebierte  nad)  ber  ©innafjtne  ber  (Stabt  ber  ®efan  P.  9tutf)arb, 
7.  September  1633,  ber  Uniüerfität  ®oüeg  unb  Sibliottjef.  ©obalb  bie  ©tabt  aber 
ben  $etnben  entriffen,  begann  fHutfjarb,  14.  SDejember  1633,  mieber  ju  lefen,  ge» 
ftüfjt  auf  bie  SBteberetnfepung  in  alle  9ted)te  burcf)  bie  öfterreicfjtfdje  Regierung3. 

Qm  Qal)re  1636  marett  e§  mieber  6  fßrofefforen  für  Theologie  unb  ))3f)üofopf)te; 
ein  fjßfjitofopfiteprofeffor  ta§  jugleid)  ÜDJattjematif  unb  1637  ein  jroeiter  $ßf)tIofopf)ie’ 
profeffor  and)  bie  Zeitige  ©cfjrift  für  bie  ©djotaftifer.  Qm  Qal)re  1638  lefjrte 
1  fßrofeffor  Sogif,  $ßl)pfif  unb  9J?oral,  unb  in  ben  üier^iger  Qafjrett  konnten  megen 
ber  9cot  burdjfcfjnittlicf)  nur  2 — 3  fßrofefforen  lefen4. 

(Sine  Slrt  üon  Slfabemie  fam  aud)  in  Sujent  ju  ftanbe,  aber  ber  ^ßlan,  biejelbe 
üoüftänbig  au§3ugeftalten,  muffte  aufgegeben  merben.  ftänbige§  Sefjrfad;  mar 
bie  pf)itofopf)ifd)e  Sorlefung  bort  bereits  1643  eingeführt,  fo  bafj  üon  1645  an  brei 
ß’urfe  üorfjanben  marett5.  ©djon  1641  hatte  man  aud)  Sorfefungen  über  Sontro» 
üerfe  eröffnet6.  (Sine  meitere  Stusbilbung  erfufjr  bie  Sefjranftalt  1646.  Sftn  6.  Quli 
biefeS  Qal)re§  üerfjanbelte  ber  9xat  üon  Supern  über  ein  üon  ben  Qefuiten  felbft 
eingereichte§  Sftemoriale,  moritt  fie  „mit  guten  ©rünben  unb  ÜOiotiüen  bemonftriert 
unb  beigebracht,  mie  nüptidj  unb  f)od)notmenbig  e§  fei,  bafj  attfjie  neben  ber  ^f)ito- 
fophie  auch  bie  Xheologie"  bojiert  merbe.  SlJadf)  reiflidjer  Überlegung  ber  Itmftänbe 
bemilügte  ber  fJtat  einhellig  bie  ©infüffrung  ber  fEffeofogie7.  @0  begannen  üom 
§erbfte  biefeS  Qaf)re§  an  jmei  fßrofefforen  bie  fdjotaftifcfje  Rheologie  nad)  2f)oma§ 
üon  Slquin  ju  teuren8.  ®a§  Qaffr  1649  faf)  bann  bie  Grrmeiterung  ber  tfjeotogifdjen 
gäcfjer  burd)  @infül)rung  ber  Sortefnngen  über  bie  ^eilige  ©cfjrift9. 


1  Ebb.  I  lxxxvii  f. 

2  5ßgt.  Saemmel,  ESefd).  bei  Seipsiger 
©djulmefenl  74. 

3  §erm.  SKctjer,  3-reiburg  i. 93r.  unb  feine 
Uniüerfität  im  ®reifngjät)r.  Äriege,  in  Beit» 

fdjrift  ber  ©efeÜfdjaft  für  ©efdjidjtlfunbe  üon 
greiburg  XXVI  (1910)  148  157  163;  XXVII 
(1911)  48  f  71  f. 

*  Sabre  1630  tüirb  ein  fßater  all  fßräfel 
ber  bebr.  Ülfabemie  für  bie  ©djotaftifer  genannt, 
1631  mären  §ebräifd)  unb  iDtatbematif  in  ber 
£anb  einel  fßrofefforl  üereinigt.  9Zad)  einem 
Äatafog  üom  6.  9Kai  1649  üerteilten  fid)  bie 
tpörer:  ©djofaftifdje  Jtjeologie  8,  föloral  19, 
fßbbfif  19,  Sogif  25.  5D7.  9t.,  Jes.  570. 

6  *  Hist.  coli.  Lucernae  I.  Ad  ann.  1643 
bil  1645.  ®ie  fßrofeffur  bei  jtueiten  Äurful 
ber  tpbilofobfjie  (ber  tPbbfif)  tourbe  1644,  bie 

bei  britten  (TOetabfftjfif)  1645  bnrd)  ben  SCr^t 
Dr  Sof).  ©ifg  funbiert.  Über  biefe  gunbierung 

f.  and)  ©egeffer,  91ed)tlgefd)id)te  IV  573  f 
unb  g  I  e  i  f  d)  I  i  n  a.  a.  0.  XXVI  440. 

c  *Hist.  coli.  Luc.  I.  Ad  ann.  1641.  $iefe 
fProfcffnr  nebft  ber  für  §eilige  ©djrift  (für 


beibe  äufammen  ein  ißrofeffor)  tourbe  am 
25.  fOtärj  1651  burd)  ben  Stifter  unb  Statl» 
berat  Submig  SOicper  funbiert,  „in  2tnfebnng 
Sbrel  [ber  Sefniten]  ejemülarifcben  SBanbcll, 
unüerbroffenen  gteifeel,  fteter  Slrbeit  unb  in» 
brünftigen  ©eeteneiferl".  *  Original  im  2trd)iü 
ber  f^amitie  2Imrfjt)n  in  Sujern.  Unterjeidjitet 
unb  gefiegelt  üon  Subtnig  9Xeber,  tßroüinäiaf 
Ef)riftobb  ©djorrcr  unb  Steftor  Sorettj  gorer. 

7  *®opie  (aul  bem  ißrotofott  bei  täglidjen 
Statel  9Ir  68,  fol.  405)  im  6taatlard)iü  Supern, 
galj.  Ersiebuttgltoefen.  ®al  nötige  Kapital 
sum  llnterbatt  eittel  Sßrofefforl  gab  ber  ©tiftl» 
bropft  Soboful  ffinab.  ©ege  ff  er  a.  a.  0. 
IV  5741.  gfeifdjlin  a.  a.  0.  XXVI  440. 

8  *  Litt.  ann.  1646  ff. 

9  *  Litt.  ann.  1649.  ©ettebmigung  ber  2$or= 

lefung  im  93rief  bei  ©eiterat!  Sarrafa  an 
Sorer,  13.  Sehr.  1649.  *  0rig.=9teg.  Ad  Germ, 
sup.  3m  3af)re  1649  üerteilten  fid)  bie  £>örer 
auf  fdjolaftifcbe  Ideologie  15,  ffltoral  37,  Äon» 
troüerfe  38,  bie  brei  Sa^re  fJS^ilofopbte  22,  23, 
36.  9?.,  Jes.  570. 


Gin^elne  Uniöerfitäten :  Supern. 


581 


Slad)  ber  Einführung  ber  ^^ilofop^ie  unb  ST^eoIogie  gingen  Schultheiß  unb 
Slat  Oon  Sujertt  nod)  einen  Schritt  weiter  unb  richteten  am  3.  (September  1647  an 
Papft  Qnnojenj  X.  bie  Sitte,  biefer  höheren  Sehranftalt  bie  Oied^te  einer  2lfabemie 
31t  öerleifjen  mit  ber  Sefugnig  jur  Erteilung  ber  afabemifdjen  ©rabe1.  ®er  Nuntius, 
non  bem  bie  Kongregation  ber  Propaganba  Informationen  oerlangt  fjatte,  befiir- 
mortete  in  feiner  21ntwort  oom  10.  SDejember  1647  bie  Errichtung  ber  21fabemie: 
fie  fönne  ber  fatEjolifd^en  Religion  nur  §u  großem  Slußen  gereichen,  fcßon  megen 
ber  günftigen  Sage  an  einem  non  ber  £>ärefie  freien  Orte;  niefe  fönnten  baburdj 
audj  abgehalten  werben,  benachbarte  E)äretifd^e  2lfabemien  jit  befucfjen2.  21ud)  bie 
Orbengobern  waren  mit  ber  Erridjtung  ber  2lfabemie  einoerftanben.  21m  21.  SJlärj 

1648  teilte  ber  ©eneral  bem  Siettor  in  Sujern,  P.  Sernfjarb  $rep,  mit,  er  freue 
fid),  baß  bie  21tabemie  auch  non  feiten  beg  Kaiferg  geförbert  worben,  unb  er  werbe 
eg  an  feiner  SJlitwirfung  nicpt  fefjlen  laffen,  wenn  er  einmal  non  ben  Sebingungen, 
unter  weld)en  ber  21poftolifcf;e  ©tut)!  bie  Seftätigung  erteile,  Kenntnig  erhalten. 
Qnjwifdjen  möge  ber  Sieftor  alle  Sorbereitungen  treffen,  baff  bie  ©rricptung  ber 
2(fabemie  nach  ben  Seftimmungen  ber  Ratio  studiorum  oor  fidf)  gefje 3. 

®ie  £>auptfchwierigfeit,  an  ber  bie  Errichtung  ber  21fabemie  fcfjlie^lich  fcheiterte, 
bot  bie  grage,  weffen  Qurigbiftion  biefelbe  unterworfen  fein,  wem  bag  Siecht  ber 
Sifitation  berfelben  juftehen  folle.  ®ie  Qefuiten  in  Sittern  unb  ber  ©eneral  fließen 
fich  baran,  baß  man  bie  21fabetnie  unter  bie  QuriSbiftion  ber  Sluntien  fteßen  folle. 
$>er  ©eneral  erflärte:  SSenn  bie  Slfabemie  nidpt  frei  unb  unabhängig  ift  non  feber 
Sifitation  auch  ber  Sluntien,  wie  bie  anbern  2lfabentien  ber  ©efeUfdjaft  in  3)eutfdj= 
lanb,  bann  nerjidjten  wir  lieber  auf  biefelbe;  man  braucht  fich  and)  nicht  mehr 
um  bereu  Seftätigung  burd)  ben  ^eiligen  Stuhl  ju  bemühen,  wenn  feine  Hoffnung 
ift,  bah  ung  bie  freie  Serwaltung  berfelben  bleibt.  211g  Erfaß  wollte  ber  ©eneral 
bie  Ermächtigung  geben,  entfpredjenb  ben  ber  ©efeQfcfjaft  $;efu  oon  ben  köpften 
Oerlieljenen  prinilegien,  bie  ©rabe  in  Philofophie  unb  Xfjeologie  ju  nerleißen4. 
Earrafa  gab  auch  wirtlich  biefe  Ermächtigung,  wie  feinem  Sriefe  nom  13.  gebruar 

1649  an  beit  ©tubienpräfeft  Sorenj  gorer  ju  entnehmen  ift5.  2tttein  auch  biefeg 
patte  ©djmierigfcüen,  bie  man  auf  ber  Kongregation  ber  oberbeutfchen  Proniitj  in 
Sanbgberg  am  5.  SJlai  1649  jur  Spraye  brachte. 

2luf  ber  Kongregation  würbe  betont,  baff  ber  Siuntiug,  bem  bie  21fabemie  im 
g-aKe  ber  Seftätigung  burch  ben  Papft  hätte  unterworfen  fein  füllen,  in  ber  Er» 
teilung  ber  ©rabe  eine  ißm  gugefügte  Seleibigung  erblideit  werbe,  weil  man  fich 
baburd)  nur  feiner  21utorität  entziehen  wolle.  2lußerbem  würben  bie  fo  promonierten 
SDoftoren  unb  ÜDlagiftri  feine  2ldjtung  genießen,  unb  felbft  unfere  Patreg,  Welche  an 
anbern  2lfabentien  beren  Siechte  unb  ©epflogenheiten  51t  oertreten  hätten,  fönnten 
biefelbett  nidjt  anerfennen.  SJlan  fjielt  eg  barum  für  angejeigt,  bem  P.  ©eneral 
nahejulegen,  eine  günftigere  ßeit  abjuwarten,  big  ber  Papft  felöft  feine  2tbficf)t,  bie 
2lfabemic  ben  Sluntien  unterjuorbnen,  änbere  unb  greißeit  gewähre6.  Schließlich 
erhielt  ber  Sijereftor  gorer  non  bem  ©eneral  Piccolomini  am  12.  Februar  1650 


1  *  Original.  Arch.  Vatic.,  Lettere  di  Prin- 
cipi,  vol.  70,  f.  55.  *  föopie  im  Arch.  d.  Propag., 
Lettere  di  Svizzera  1647,  vol.  95,  f.  186.  $a3 
Schreiben  an  ben  $apft  liefe  ber  91at  biefem 
burcf)  ben  ^auptmann  ber  ©chtteigergatbe  Soft 
glecfenftein  überreichen.  53rief  be§  dlateS  an 
ben  ©arbepauptmann,  3.  ©ept.  1647,  in  Statpo» 
lifcpe  ©cfetoeijer  93lätter  1887,  305  f. 

2  *  Original  im  Arch.  d.  Propag.  a.  a.  D. 

vol.  96,  f.  1. 


3  *Drig.4Jieg.  Ad  Germ.  sup. 

4  Garrafa  an  ^Rrooinsial  S.  Steppler,  17.  Oft. 
1648.  2tpnlicp  5.  ©ept.  1648  an  ben  Dteftor 
grep  in  Sujern.  *  Orig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

6  *  Drig.>9teg.  Ad  Germ.  sup.  SBgl.  Garrafa 
an  Sleppler,  6.  gebr.  unb  29.  9Jtai  1649,  ebb. 

6  *Acta  Congreg.  Prov.  Germ.  sup.  SSgl. 
37 1) e o b.  Siebe it au,  $ie  projezierte  2lfa» 
beniie  in  Supern,  in  Statpolifcpe  ©cptueiäer 
Blätter  1887,  304—307. 


582 


9ld)te§  ®a}ritef.  ©tjmnafien  nnb  Uniüerfitäten. 


bie  Sßeifitng,  offne  83eiftimmung  beg  ffJuntiug  feine  @rabe  erteilen  ju  laffen  unb  bei 
beffen  SBiberftanb  gängticf)  baüoit  abgufefjen 1. 

Uber  bie  Uniöerfitäten  ber  rffeinifcffen  ^roöinjen  urteilt  ber  Kötner  9tuntiug 
2llofffiug  ßarafa  im  Qaffre  1634 2 :  Qn  bent  Söereid^  meiner  Nuntiatur  gibt  eg  neun 
Slfabemien,  bie  frei  öon  jeber  fftfafel  ber  .fpärefie  finb  unb  üon  ben  anbern  burcff 
bag  SBort  fatffolifdff  gfeidjfant  alg  @rfennungg3eidffen  unterfdjieben  merben,  näntlid) 
3U  Köln,  SCrier,  SJfainj,  SBürjburg,  ^ont=ä*9)?ouffon,  Sßaberborn,  ffJJolgffeim,  fünfter 
unb  Ognabrücf.  SSon  Köln  bemerft  er:  Gsnbficff  ffat  ficf)  bie  fo  fange  franfe  tb)eo« 
logifdje  Qafultät  bebeutenb  erffolt,  feitbem  31t  iffr  Sffeligiofeit  ber  ©cfeCffcfjaft  ßutritt 
crffalten  unb  burd)  iffr  23eifpiel  aucff  bie  anbern  0rben  angefeuert  ffabcn.  ÜOioraff 
tffeologie  unb  Kircffenrecfft  mirb  aber  an  biefer  ttjeologifdbien  Qafultät  nicfft  gelehrt, 
^ffilofopffie  unb  bie  freien  fünfte  finb  in  groffer  23lüte;  iffnen  bienen  brei  berühmte 
©pmnafien,  bag  Montaner,  Saurentianer  unb  SDreifronengpmnafium;  in  affen  merben 
©rammatif,  ©ffntaj:,  ^oefte,  Üi^etorif,  Sogif,  Stffif,  ^ßfffffif  unb  ffßetapfffffif  gegeben, 
aber  am  britten  (Sfftnnafium  nod)  befonberg  @riecf)ifcf)  unb  Sttatffematif.  2>ag  Montaner 
©pmnafiunt  3äfflte  700,  bag  Saurentianer  unb  SDreifronengffmnafium  je  1200  ©dffiler. 
®ie  ©cf)iiler^af)l  beg  burcff  Qrömmigfeit  un5  ©tubieneifer  befonberg  blüffenbeit 
SDreifronengffmnafiumg  märe  nocff  größer,  menn  nidjt  ber  ©efeüfcfjaft  bie  £>ilfgmittel 
3ur  Sfneiferung  genommen  mären.  SDenn  affe  ©tubienftiftungen  finb  auf  bie  beiben 
anbern  ©pmnafien  übertragen  morben;  bie  ^riefterbenef^ien  für  bie  Seffrer  ber 
anbern  Offfmnafien  nehmen  bie  Qefuiten  nicfft  an  unb  ftreben  nicfft  banacff;  fic  be= 
bauern  aber,  baff  aucff  iffren  ©drittem  bie  21ugficfft  auf  biefe  93enefi§icn  genommen 
ift.  $ag  SDreifronengffmnafiunt  mirb  befonberg  befudjt  öon  ben  Qöglingen  beg  er3> 
bifdjüflidjeit  Klerifalfeminarg  unb  beg  3meiten  ©eminarg  ber  Kongregation  üont  ffeiligett 
Kreit3,  morin  Jünglinge  aug  bent  ffäretifdjen  Sorbett  für  ben  ©faubett  ersogen  merben. 
©effr  beffagt  ber  ffiuutiug  bie  Übefftänbe,  gegen  bie  bisher  affe  feine  unb  feiner  $or» 
gänger  53efferunggüerfucffe  gefcffeitert  feien3. 

Über  anbere  Hemmungen  beg  SDreifronengffmnafiumg  fpridjt  fid^  ber  9iegeng 
begfelben,  Sfbam  Kafen,  im  Qaffre  1627  affo  aug:  SDie  anbern  ©ffmnafien  üerfangten 
üon  ung,  baff  mir  feine  ffftetapfffffif,  SUiatffematif  unb  (Stffif  leffren  füllten,  meif  audj 
fie  biefe  S)ig§iplinen  nicfft  fefjrten.  2Bir  fügten  ung,  naffmen  aber  nad)  einigen 
Qaffren  biefe  Sorlefungen  mieber  auf,  unb  bie  anbern  finb  ung,  mie  mir  feffen,  ge= 
folgt.  ©djaufpiele  führten  mir  suerft  auf,  in3mifcffen  öeranftafteten  raäffrenb  meiner 
Qeit  bie  Saurentianer  3mei  feffr  groffe  im  §ofe  ber  ffffinoriten,  unb  bie  Spontaner 
brei  groffe  in  iffrem  £ofe,  üiefe  ffeine  bei  ben  ®ominifanern  in  ber  23ruber* 
fdffaft.  Qm  Qaffre  1566  mufften  mir  bie  ©rammatif,  bie  mir  geteilt,  mieber  üer= 
einigen.  Qm  Qaffre  1608  üerfudjten  mir  in  fünfter  SGBeife  bagfefbe,  nadj  Verlauf 
üon  öier  big  fünf  Qaffren  folgten  bie  anbern  unferem  23eifpief.  Qm  Qaffre  1570 
erreichten  mir,  baff  mir  umfonft  unterridjten  burften;  admäfflid)  folgten  fie  ung 
unb  tun  jefft  bagfetbe.  Qn  ben  öier  ©treitpunften  im  Qaffre  1592 4  erreichten  mir 
affeg,  unb  bie  anbern  finb  ung  admäfflid)  gefolgt.  Söegett  ber  Sinlabungen  31t 
ben  ^Deputationen  flagte  man  feffr  im  Qaffre  1595;  im  Qaffre  1617  bei  ber  ®ig« 
putation  beg  §er3ogg  öon  Sotffringen  lieffeit  mir  mieber  Sinlabungen  ergeben, 
unb  nadjffer  hielten  aucff  bie  anbern  ©tjmnaften  ^Deputationen  unb  lubett  anbere 
ba3U  ein5. 


1  *0rig.=9ieg.  Ad  Germ.  sup. 

2  G  i  n  z  e  1 ,  Legatio  apostolica  Petri  Aloysii 
Carafae  105  ff. 

3  SSgl.  oben  S.  539. 


4  Slgl.  58b  I,  <S.  43. 

5  *  Consideranda  1627  in  renovatione  studi- 
orum.  Original  in  föln,  @tabtard)io ,  Uni> 
Oerfität  655. 


Sie  Uninerfitäten  her  rl)einifd)en  ^robinjen:  Sollt. 


583 


$n  ^Betreff  ber  theotogifdjen  Vortefungen  fcfjreibt  $afen  etmag  fpäter  im  Qa^re 
1630:  „(Sg  hat  ung  gereut,  baf?  mir  bie  im  Qafjre  1598/1599  angebotenen  t^eo= 
togifdjen  Vortefungen  nicf>t  angenommen  haben1.  233ir  Ratten  eg  getan  megen  ber 
babei  geteilten  Vebingungen.  SJiit  Vebauent  fat)en  mir  aber  in  ben  fofgenbeit 
Qa^reit,  mie  bie  Speotogie  fo  läffig  itnb  unüotltontmen  borgetragen,  bie  Vortefungen 
fo  oft  auggefeijt  unb  ber  gefamte  ®urfug  erft  fo  fpät  beenbigt  mürbe.  Slud)  bon 
anbertt  murbeit  biefe  Übetftänbe  bettagt  unb  oerfdjiebenttid)  ben  päpfttidjen  Nuntien 
borgetragen,  bie  übrigeng  fetbft  biefetben  bemerft  Ratten.  Vefonberg  fühlbar  mürben 
biefe  SJlififtänbe  für  ung,  atg  im  ^af)re  1616  ung  bie  Seitung  beg  neu  gegrünbeten 
Priefterfeminarg  übertragen  mürbe."  ^nt  3ahre  1623  tarn  nun  ber  Rector  magni- 
ticus  ber  Uniberfitöt,  Stbotf  ©chutteniug,  ein  ehemaliger  ©djüter  ber  ^efuiten,  mit 
einem  britten  Stngebot,  freilief)  ganj  im  geheimen,  ohne  Vormiffett  ber  übrigen  Pro» 
fefforen.  SSegen  feineg  @ibeg  atg  SReftor  ber  Uniberfitöt  glaubte  er  fid)  im  ©emiffen 
berpffiefitet,  ben  brofjenben  Untergang  ber  theotogifdjen  gatuttät  um  jeben  Preig  ^u 
bertjinbern,  mag  ihm  unb  anbern  nur  möglich  fdjien  burd)  bie  Berufung  ber  ^efuiten. 
SDenn  ber  ^auptgrunb  beg  „gemattigen  Viebergangeg"  tag,  mie  ber  päpftüdje  Vun* 
tiug  Peter  Sltopfiug  ßarafa  fdjreibt,  in  ber  SIrt  ber  Vefotbung  ber  Xheotogie* 
profefforen.  „®ie  ^Srofefforen  befaßen  nämlich",  fo  führt  er  aug2,  „megen  g-efjteng 
ber  ®ottegiengetber  unb  jeglichen  fonftigen  ©efjatteg  anftatt  beffen  traft  päpfttidjen 
^nbutteg  meift  gute  firchtidje  Pfrünben,  bie  fog.  Praebendae  primae  gratiae, 
bereu  reiche  (Srtrögniffe  ihnen  ein  ruhigeg  unb  gemädjlicheg  Seben  ermöglichten, 
fo  bafi  fie  fetbft  feiten  ober  nie  bie  Vortefungen  hielten,  fonbern  jiemtidj  allgemein 
fid)  burdh  anbere  oertreten  liefen,  ®o  mürbe  benn  ohne  regten  ©ruft  unb  ohne 
©rbnung  gelehrt  unb  ber  theotogifdje  $urfug  taum  oor  fünfzehn  fahren  beenbigt. 
Stuf  biefe  ffißeife  hatte  bie  Kötner  ©rjbiöjefe,  namentlich  bie  Sänber  Qütid),  föteoe, 
Verg,  fefjon  tängft  fchmer  gelitten,  meit  eben  Pfarrer  unb  geeignete  ©eetforgg» 
priefter  für  bie  Veubetebung  ber  gefuntenen  tathotifchen  Üteligion  erft  nad)  fehr 
langer  geit  auggebitbet  mürben."  Sitte  Verfucfje,  bei  ben  profefforen  fetbft  Söanbet 
ju  fdjaffen,  maren  fehtgefchtagen.  ©ie  abfe^en  unb  neue  ernennen  ging  audj  nicht, 
ba  fie  ben  Verpflichtungen,  metdje  bie  tirchtidfjen  Pfrünben  fetbft  ihnen  atg  Pfarrer 
ober  ^anoniter  aufertegten,  nad)tamen,  unb  bie  ©efatjr  bannt  nidjt  befeitigt  mar. 
Vielleicht  mochten  auch  manche  in  ber  STat  „mit  ben  Slrbeiten  in  ber  ©eetforge,  in 
ber  Pfarrüermattung  unb  fonftigen  öffentlichen  Stnitern  fo  betaftet  fein,  bafj  fie  nicht 
gut  täglich  Vortefungen  hatten  tonnten". 

®ie  befte  Söfung  unb  ber  einzige  gangbare  Stugmeg  fchien  baher  allgemein: 
^injujiehung  ber  ^efuiten  ju  ben  Vortefungen,  ohne  bafj  jeboef)  bie  alten  Profefforen 
abgefeimt  mürben.  „£)ag  hatten  bie  päpfttichen  Vuntien  unb  ber  Ä'urfürft  gerbinanb", 
fchreibt  P.  ßafen,  „fcf)on  lange  fehntichft  gemünfdjt;  aud)  hätte  eg  ber  ung  gemogene 
©tabtrat  gern  gefetjen."  Stuf  ben  Vorfdjlag  oon  ©chutteniug  mürbe  nun  hierfür  ber 
türjefte  unb  fidjerfte  S33eg  gemähtt:  Grrmirtung  eineg  Vefefjbg  beg  Papfteg  an  bie 
theotogifche  gafuttät,  bafj  fie  bie  ^cfuiten  gu  ben  Vortefungen  herbeijiehen  fotte. 
SDenn  atte  Profefforen,  fo  meinte  ©chutteniug,  mürben  fid)  famt  unb  fonberg  einem 
fotdjen  Vefehte  fügen,  unb  fo  mürbe  bag  einzige  ^inbernig,  ber  Söiberftanb  ber  Pro= 
fefforen,  mit  einem  ©chtage  übermunben  fein.  2>er  Vuntiug  befürmortete  entfdjieben 
bie  ©adfje  in  Vom,  unb  man  fchien  1625  bort  (Srnft  machen  ju  motten;  bann  aber 


1  *  Negotium  Theologiae.  Original  in  *Hist. 
gymn.  Colon,  ebb.  405  ff.  Sanad)  aud)  ba§ 
golgenbe.  Safen  tuar  bei  ben  SSer^aublungen 

fpäter  beröorragenb  tätig  unb  bietet  baljer  ba§ 
3uberläffigfte.  Sasu  *Rationes  ob  quas  ex- 


pediat  Professores  S.  J.  Coloniae  admitti  ad 
docend.  Theolog.  Söln,  @tabtard)iü,  Jes.  29. 
Sie  bei  SBianco  a.  a.  D.  I  956  ff  abgebrudten 
Sartegungen  finb  nid)t  genau. 

2  Carafa,  Legatio  apost.  106  f. 


584 


2Xd)te§  tapitel.  ©ptmtafien  unb  Unioerfitäten. 


trat  im  Hnfaitg  1626  ein  ftiücffcfjtag  ein,  inbent  bie  ißropaganba  ben  ©enerat  an* 
meifen  tief?,  ben  ^atre§  in  $ötn  ju  befehlen,  baf?  fie  non  alten  ©dritten  jur  @r* 
tangung  einer  fßrofeffur  übftanb  ju  nehmen  Ratten  K 

daraufhin  gab  Bitettegcfji  am  21.  fDMrz  1626  bem  Üieftor  ©ragmug  ©etbrop 
bie  SBetfung:  ,,©e  fjeitigfeit  fjaben  mir  mitteiten  taffen,  baf?  in  ber  fßropaganba* 
fongregation  befdjtoffen  fei,  bie  Unfrigen  möchten  fidj  nicfjt  meiter  um  bie  tfjeotogifcfjen 
Bortefungen  an  ber  Kötner  3tfabemie  bemerben.  ©m.  fpocfjmürben  motten  forgen,  baff 
bie  Unfrigen  biefem  Befdjtuffe  mit  alter  ©fjrerbietigfeit  nacfjfommen,  überzeugt,  baf? 
t)ier  nidjtg  ber  göttlichen  Sftajeftät  mot)tgefätIiger  fei  atg  ber  pünfttictje  ©efjorfam 
unferer  ©efetlfcfjaft,  mären  auch  bie  grüdjte  nocfj  fo  grof;,  bie  oon  unfern  Strbeiten 
unb  Stfütjen  in  Spaltung  ber  theotogifcfjen  Bortefungen  zu  ermarten  ftänben."1 2  Unb 
am  13.  ^uni  1626  fcfjrieb  Biteltegdji  an  ©etbrop:  „fzdEj  glaube  gern,  mag  ©ro.  fpodj* 
mürben  in  $hreni  testen  Briefe  berichten,  baf?  nicht  ©ie,  fonbern  ber  ®urfürft  unb 
anbere  fjerüorragenbe  fOiänner  in  ber  Überzeugung  oon  bem  großen  üftufien  bie 
Übernahme  einer  Stfieotogieprofeffur  an  ber  bortigen  Unioerfität  Oom  ^eiligen  ©tutjt 
erbeten  haben ;  aber  meil  baju  f)ier  bei  ben  beteiligten  gaftoren  feine  Bereitmittig* 
feit  oortjanben  ift,  fo  müffen  mir  bem  früher  ton  mir  überfanbten  Beffript  mitlfafjren. 
2Bir  fönnen  baraug  entnehmen,  baf?  ©ott  unfere  Mitarbeit  in  biefer  ©acfje  noch  nicht 
gebrauchen  mitt.  ®a  eg  bei  ^t?nen  an  anbern  Oon  niemanb  angefochtenen  Arbeiten 
für  bie  Unfrigen  nicfjt  fehlt,  fo  mögen  ©ra.  fpocfjmürben  bafjin  mirfen,  baf?  biefe  oon 
alten  mit  ©ifer  beforgt  merben."3 

©o  mar  juin  brittenmat  aCte§  umfonft  gemefen.  ©rft  einige  .Qahre  fpäter 
fottte  eg  bem  einflußreichen  ^heotogieprofeffor  ©eoeriu  Btniug  auf  einem  anbern 
unb  müfjfameren  SBege  gelingen,  $efuiten  an  bie  theotogifcfje  gafuttät  ju  jiefjen, 
menn  auch  nicht  für  alte  gädjer,  mie  ©ctjutfeniug  geplant,  fonbern  nur  für  bie 
beiben  Bortefungen  über  fcfjotaftifcfje  Xheotogie.  Sttg  Uector  magnificus  ber  llni* 
oerfität  hatte  er  im  ©ftober  1628  mit  ben  ^efuiten  neue  Unterhaltungen  ange* 
fnüpft  unb  troß  be§  ©träubeng  oerfdjiebener  fßrofefforen  eg  fdjliefjtich  burd^gefeßt, 
baf?  ein  Qefuit,  P.  ^3eter  Boeftiug,  menigfteng  oertretnnggmeife  für  ifjn  bie  Bor* 
tefungen  übernehmen  unb  am  14.  gebruar  1630  tor  etma  50  ßufjörern  tatfädjtich 
bamit  beginnen  fonnte4.  £)en  oereinten  Bemühungen  ber  ^efuiten,  fßrofefforg 
Btniug  unb  beg  ©eneratoifarg  ^ot).  ©etening  gelang  eg  bann  enbtidj  im  ÜUtärz 
1631,  baf?  bie  beiben  ^atreg,  ber  ©panier  ^oh-  Bertinug  unb  ber  fftamtänber 
ffranj  oan  ber  Beten,  atg  fetbftftänbige  fßrofefforen  für  fd^otaftifche  Xheotogie  zu* 
getaffen  mürben. 


1  3)ie  *Acta  S.  Cgis  (Prop.)  anno  1622  ad 
1625  (3)  befagen  pm  21.  gebr.  1625:  2?  In¬ 
stante  Nuntio  Apo.  Coloniensi  assignari  in 
Univers.  Col.  Cathedram  Theologiae  PP.  le- 
suitis.  S.  Cgo’  iussit  scribi  N?,  ut  inform.nes 
de  lioc  neg?  assumat. . .  et  referat  difficultates. 
(Eine  Information  für  beit  91untiu§  in  Söln, 
Stabtardjiö,  Jes.  21.)  2.  Maj.  1625:  24?  Re- 
ferente . . .  S.  Cgo’  comprobante  SS?  PP.  prae- 
dictos  habiles  reddidit  ad  illud  munus  sus- 
cipiendum,  iussitq.  scribi  Ap’o,  ut  cum  illius 
Universitatis  theologis  pro  habendo  eorum 

consensu  tractaret.  19.  Sept.  1625:  25?  Occ. 
instantiae  Ap’i  Col.  cupientis  PP.  S.  J.  in 

Univ.  ...  ad  leg.  theol.,  controversias  et  Ca¬ 
sus  conscae  S.  Cgo’  mandavit  scribi  Nib  Col., 

ut  Doctoribus  fac.  theol. ,  negligentiam  in 


conficiendo  illius  scientiae  cursu,  in  eaque 
legenda  methodum  inordinatam  exprob raret. . . 
et  significaret,  quod  si  .  .  .  quadriennio  cur- 
sum  ordinatum  non  conficerent,  Stas  Sua  .  .  . 
etiam  ipsis  invitis  providebit.  —  Acta  S.  Congr. 
1626-1627.  (4)  17.  Mart.  1626:  S.  Cgo’  man¬ 
davit  commoneri  General.  S.  J.,  ut  Pbus  suis 
Colonbus  praeciperet,  ne  de  cetero  Cathedras 
ad  theoliam,  ctrovias  et  casus  conscae  in  ea 
Univ.  legendos  procurarent.  2)ie  93riefe  be§ 
9tuntiu3  in  biefer  Sadje  unb  ein  ©rief  be§  Äar* 
binal§  ©arbini  oom  25.  Sept.  1625  in  Stöln, 
Stabtardjiö,  Jes.  21. 

2  0rig.*9teg.  Ad  Rhen.  inf. 

3  0rig.*9ieg.  Ad  Rhen.  ©gl.  baju  bie  ©riefe 
be3  9hintiu§  in  £öln,  Stabtardjiö,  Jes.  21. 

4  So  ba§  jitierte  *  Negotium  Theol. 


Xie  Uniberfitäten  bcr  r^einifcfjen  fßrobinjen :  Söln. 


585 


Der  errungene  Erfolg,  bet  bern  bie  beiben  patres  fic^  oiele  SSerbemütigungen 
feitenS  ber  anbern  ^3rofefforen  Ratten  gefallen  laffen  müffeit,  braute  freilidf)  nidjt  fo» 
gleid)  bie  gemünfdjte  Hebung  beS  DheologieftubiumS,  ba  bie  alten  ^ßrofefforen  bie 
Dätigfeit  ber  beiben  patres  ftarf  hemmten  unb  üielfad)  fruchtlos  machten1. 

Sefonbere  ©djmierigfeiten  oerurfachte  auch  in  $öln  bie  Promotion  unb  bie 
SibeSleiftung.  Die  93erb)äftniffe  ber  Promotion  beleuchtet  ein  ©utadjten,  baS  bie 
uieberrf)einifche  ißrooinä  1G28  bem  ©eneral  jufommen  lief).  @S  merben  l)ier  bie 
©riinbe  entmicfeit,  tneSfjalb  bie  tüchtigeren  ©djolaftifer  unter  ben  ^3r)iIofop£)en  in 
®öln  jum  SBaffalaureat  unb  9J?agifteriunt  promooiereit  füllten:  $n  ®öln  fann  nie» 
ntanb,  fo  E)ei^t  eS  in  biefer  Denffdjrift,  auch  nur  bie  Humaniora  lehren,  ber  nicht 
ben  SJc'agiftergrab  erlangt  hot.  Die  anberSmo  promooiert,  müffen,  beüor  fie  baS 
Sehramt  in  ß’öln  antreten,  ber  p»htt°^°P^ifchen  f^ctfuttät  jur  Slufnahtne  in  bie  gafultät 
präfentiert  merben.  Die  Slufnal)me  fann  oerraeigert  unb  Oon  uns  nidjt  errungen 
merben,  ba  bie  anbern  in  ber  Majorität  finb  unb  an  ihren  (Sptnnafien  nur  in  ®öln 
ißrotnooierte  lehren.  SUemanb  fann  in  ®öln  ben  9J?agiftergrab  erteilen,  mettn  er 
nidjt  junt  9iat  ber  ^afultät  gehört;  ba§feI6e  gilt  nott  bem  33orfit$  bei  ben  afabemifdjen 
Disputationen.  Das  Sehren  ber  ißhilofopljie  mill  man  ebenfalls  non  ber  Zugehörig» 
feit  jum  9tat  ber  gafultät  abhängig  madjen.  $u  lefsterem  mirb  aber  niemanb  ju> 
gelaffen,  ber  anberStno  promoniert,  eS  fei  beim,  er  höbe  nad)  feiner  Promotion  in 
St'öln  jtoei  Qaljre  ober  an  einer  anbern  berühmten  Unioerfitüt  nier  Qaljre  bojiert. 
Sille  biefe  Sebinguttgen  hoben  mir  bisher  erfüllt,  aber  mit  ©cfjmierigfeiten,  obgleich 
nor  ber  Deilung  (ber  fßrooinj)  fed)3  Slfabemien  unter  bem  einen  fßrooinjial  ftanben 
unb  berfelbe  fontit  für  $öln  geeignete  Ißrofefforen  auSfuchen  fonnte.  .gumeilen  9e* 
fdjal)  eS  tropbem,  baff  Seute  gefdjidt  mürben,  melche  ben  S3ebingungen  in  $öln 
nidjt  genügten  unb  fomit  nad)  vergeblicher  fReife  mieber  gurücfgefdfjicft  merben  mußten. 
Da  mir  aber  je|t  nad)  ber  Deilung  nur  grnei  Slfabemien,  Drier  unb  ißaberbont, 
haben,  oon  benen  geeignete  ^ßrofefforen  ermartet  merben  fönnen,  finb  mir  in  biefem 
unb  im  Oorigen  ^ahre  in  foldjer  üftot,  bah  faum  einer  für  bie  ißrofeffur  ber 
ißhilofophie  gegeben  merben  fann.  Stüe  brei  ^aljre  mirb  einer  ber  Unfrigen  Defan 
ber  ^afultät,  ebenfo  ein  anberer  Ouäftor  berfelben  gafultät  unb  enblid)  ein  Dritter 
GuoblibetariuS2.  Diefe  füllten  aber  alle  in  ®öltt  promooiert  ober  ebenbort  eine 
lange  unb  erfolgreiche  Dätigfeit  auSgeübt  hoben,  ba  fie  fonft  ihre  Stmter  nid)t  gut 
oermatten  fönnen  unb  ben  anbern  menig  genehm  finb3. 

Um  in  $öln  bie  gulaffung  ju  erlangen,  hotten  Berlin  unb  oan  ber  SSedeit  in 
Drier  promooiert,  tropbem  Berlin  fd)on  30  Qafjre  fßrofeffor  gemefen  mar.  Slber 
auch  baS  genügte  nod)  nicht.  Die  Kölner  Unioerfitüt  oerlangte  auch  noch  eine  ißro» 
motion  in  ®öln  felbft.  Die  beiben  patres  fügten  fid)  unb  biSputierten  oon  neuem 
in  Ä'öln.  Dabei  mußten  fie  ben  in  fö'öln  üblichen,  gerabeju  unfinnigen  Slufroanb 
für  baS  Doftormahl  mitmachen  unb  für  500  ©ngetabene  auf  bem  Cuatermarft  einen 
Doftorfd)mauS  oeranftalten 4.  Die  meiteren  (Schmierigfeiten  in  ^Betreff  ber  Promotion 
mürben  bann  fpäter  burd)  beftimmte  33orfd)läge  SUteUeSdpS  menigftenS  jum  Deil 
gehoben 5. 


1  *  Epitome  liist.  novi  coli.  Colon.  1631 
bi§  1660.  93  i  a  n  c  o  a.  a.  0.  I  964  ff.  911Ie§ 
au§füf)rlid)  in  *Hist.  coli.  Colon,  ad  ann.  1630. 
Söln,  ©tabtardjio,  Jes.  7. 

2  »gl.  93b  I,  762. 

3  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  1628.  I  216  f. 

*  *Hist.  coli.  Colon,  ad  ann.  1630  u.  1631. 

Sßgl.  fiöln,  ©tabtardjio,  Jes.  Cod.  8;  f.  219  ff 


bie  Soften  für  bie  fßromotion  oon  1631  unb 
239  ff  bie  Promotion  bon  brei  ^efuiten  1640. 
2)aju  93 i an co  a.  a.  0.  I,  2lnljang  107 ff  bie 
Sifte  ber  ©ittsulabenben,  85  ff  bie  getoöljnlidjen 
Einnahmen  unb  2lu§gaben. 

6  *  9Siteöegd)i  au  icfel ,  25.  2(ug.  1638 
*  Orig.-fReg.  Ad  Rhen. 


586 


$c£)te§  Kapitel.  ©pmnafien  unb  Uniüerfitäten. 


Studf;  in  93egug  auf  bie  ©beSteiftung  geigte  fid^  93itetteScE)i  entgegenfomntenb. 
Strn  15.  0ttober  1636  fdtjrieb  er  an  ben  rt)einifcf;en  ißrooingiat  Mietet:  ©o.  §odj- 
mürben  fjaben  micf)  fcfjon  öfters  gebeten,  bafj  unfern  patres,  rnetdje  gu  einer  ißnp 
feffur  ober  gu  einem  ©rabe  an  ber  Kötner  Unioerfität  gelangen  motten,  ertaubt 
merbe,  ben  ©b  nad;  ber  bei  ber  Slfabemie  üblichen  formet  gu  teiften.  Sine  neue 
ober  eine  anbere  Erlaubnis  fdfeint  mir  nid^t  notmenbig  als  bie,  metd;e  im  gafirc 
1568  ooit  bem  ©enerat  33orgia  auf  Stnfrage  beS  rf)einifcf)en  ißrofuratorS  gegeben 
mürbe.  Stuf  bie  $rage  nämtidt),  ob  bie  Unfrigen  an  ben  Uniöerfitäten  ben  üblichen 
©b  teiften  tonnten,  unb  menn  fie  if)n  geteiftet,  mogu  fie  üerpflidfjtet  feien,  mürbe 
geantmortet:  ÜDtan  möge  bie  ©adjüerftänbigen  befragen,  ob  bei  ber  ©beSteiftung  ber 
0rbenSteute  „redfjttid;"  Oerftanben  merbe  unbefcfjabet  ifjreS  gnftitutS  unb  beS  @ef;orfamS. 
SBerbe  baS  redjttid;  nidE)t  eingefdftoffen,  fo  bürfe  ber  ©b  nur  geteiftet  merben  mit  bem 
auSbrüdlidjen  gufatj:  unbefcpabet  beS  gnftitutS  unb  beS  ©etjorfamS.  SluS  biefer 
Slntmort  fdjeint  mir  ftar  fjerüorgugetfen,  maS  unfern  patres  ertaubt  ift,  unb  biefe 
©taubniS  ift  nie  gurüdgenommen  morben,  momit  ficfj  bie  Unioerfität  mofjt  gufriebeu 
geben  tonnte  unb  müfjte1. 

©ne  beftimmtere  Stntmort  fanbte  $8itetteS<f)i  am  10.  Januar  1637,  matfrfdjeinlidj 
nacpbem  iEjnt  ber  rtjeinifcfje  ißroturator  bie  ©acf)e  genauer  auSeinanbergefefjt :  ®a 
eS  fdf)on  ein  alter  33raud;  ift,  bafi  atte,  metcf;e  an  ber  Kötner  Unioerfität  gur  ißro- 
feffur,  gu  einem  ©rabe  ober  gu  einem  anbern  Stmt  gitgetaffen  merben,  einen  feier= 
ticken  ©b  auf  bie  Statuten  ber  Unioerfität  abtegen  unb  biefer  ©b  bisher  aud;  Dort 
unfern  patres,  bie  in  ber  tfjeotogifdjen  ober  pt)itofopf)ifd;en  gafuttät  präfentiert 
mürben,  geteiftet  morben,  fo  f;abe  id;  geglaubt,  baSfetbe  aucf)  für  bie  gufunft  bemittigen 
gu  fotten 2. 

$aS  S^eotogieftubium  begann  ficf)  attmät)Iicf)  gu  t;eben.  „®ie  arg  f  leine  £f)eo= 
togie",  fo  mirb  im  gapre  1641,  unb  grnar  gum  erftenmal  feit  1631  über  ben 
©tanb  biefer  gatuttät  berichtet H,  „mädjft  oon  gapr  gu  gaf)r  att  gufjorern  2tm 
fepen."  ®rei  gafjre  fpäter  mirb  bie  gal;t  ber  Sfjeotogen  in  ben  SSortefungen  ber 
beiben  gefuiten  auf  120  angegeben4.  Unb  menn  ber  SEpeotogieprofeffor  unb  Rector 
magniticus  Strnotb  SJteS^oOiuS  im  gapre  1651  allgemein  üon  ber  Unioerfität  fagt, 
baff  „an  ipr  bie  ©tubien  jept  perrtidper  unb  träftiger  blühen  atS  gemöpnticp" 5,  fo 
bürfte  aucf;  biefeS  geugniS  auS  bem  ÜDUtnbe  beS  Speotogen  ftcf;  mopt  befonberS  auf 
bie  tpeotogifcpen  ©tubien  begiepen. 

gu  ben  alten  Uniöerfitäten  ber  nieberrpeinifdpett  ißroüing  in  ßötn  unb  SErier6 
tarnen  in  unferer  ißeriobe  brei  neue  pingu  in  ißaberborn,  fünfter  unb  OSnabrücf, 
unb  gmar  gunäcpft  im  gapre  1614  in  sJ>aöerborit.  ®er  grofje  fftuf  unfereS  ©prn-- 
nafiumS,  fo  berichten  bie  ißaberborner  gefuiten  im  gapre  1613,  pabe  bem  33ifcpof 
ben  ©ebanten  eingegeben,  baS  ©t;mnafium  gu  einer  Unioerfität  gu  ermeitern7.  gn 
ber  ©tiftungSurfunbe  üom  10.  September  1614  pebt  ber  33ifcpof  perüor,  oor  ungefähr 
30  gapren  pabe  er  bie  gefuiten  gur  ^jüfe  perangegogen  unb  ipnen  ein  Slotteg  geftiftet: 
gum  großen  ©egen  für  feine  Untertanen  unb  gu  großem  eigenem  SErofte  pabe  er  fie 
in  ipretn  eifrigen  23emüpen  an  ber  Slrbeit  gefepen8.  9?acp  ber  ©rünbung  eines 


1  *  Orig.=5leg.  ebb. 

2  *  Original  Acta  Congr.  Prov.  1633  (1637) 
II  377.  Sie  ®orreff>onbenä  über  ben  ®ib  in 

Köln,  ©tabtardjiö,  Jes.  21.  333eitere3  in  ben 
Consnetudines  scholae  Colon.  S.  J.,  f.  430  ff 
503  ff.  3  *  Litt.  ann.  1641. 

4  *  Epitome  hist,  novi  coli.  Colon.  1631 

bi»  1660  ad  ann.  1644. 


5  Sianco  a.  a.  0  .  462. 

6  Über  Srier  bgl.  oben  <B.  24  ff. 

7  *  Litt.  ann.  1613,  200. 

8  Et  sane  magno  subditorum  bono  magna- 
que  consolatione  nostra  experti  sumus  eorum 
conatus  atque  industriam. 


Sie  Uniöerfitäten  ber  uicberrbeinifdjen  iprooiitä:  ipaberborn. 


587 


9coütjtat§  für  bie  ©efellfdjaft  hat  nod)  eins  gefehlt:  mir  faßen  nämlid)  bie  befferett 
Talente  nad)  ffiollenbung  ber  ©ßmnafialftubien  ficf>  mit  großer  ©efaßr  für  ißr  ©eelenßeil 
ju  ben  benad)bartert  proteftantifdjen  Slfabemien  menben  ober,  menn  fie  eS  nidjt  üor- 
Zogen,  ju  ben  in  eit  er  entlegenen  fatßolifcßen  Uniöerfitäten  zu  ziehen,  burd)  9)?angel  an 
Mitteln  if)re  ©tubien  abbredßeit;  mir  faßen  üiele  latente,  bie  für  ©eelforge  ober 
OrbenSberuf  geeignet  maren,  in  ben  ©tubien  geßinbert,  fo  baß  unfere  Pfarreien  unb 
fölöfter  tüchtiger  Arbeiter  entbehrten.  jT)e§^a!b  fei  bei  ibjnt  ber  ©ntfcßluß  gereift, 
jmei  ^afultäten  für  ^5f)ifofop^ie  unb  bie  ganze  fd^olaftifd^e  Rheologie  unter  Seitung 
ber  ©efeflfdjaft  Qefu  ju  grünben,  fo  baß  bie  öorjügtidjeren  Stalente  aud)  baS  SDoftorat 
crmerbctt  fönnten.  gür  ben  Unterhalt  ber  fßrofefforen  habe  er  gern  meitere  15000 
9?eid)Stalcr  geftiftet *. 

SDie  ©rünbe,  melc§e  ber  gürftbifcßof  SDietricß  bem  tßapfte  öortragen  ließ,  maren 
Stränget  au  gebilbeten  ZHerifern  unb  tüdjtigen  SSorftehern  für  bie  SHöfter,  bie  fünf 
bis  fecßS  Stagcreifen  meite  (Entfernung  fatßolifcher  Sdfabemien,  bie  Üiäße  ber  prote* 
ftantifdjen  Uniöerfitäten,  ber  Mangel  einer  fatßolifcßen  Slfabemie  in  bem  ganzen  alten 
©ad)fen.  $aul  V.  mürbigte  biefe  ©rünbe  unb  ftattete  am  2.  Slpril  1615  bie  Uniöerfität 
mit  allen  ^riöilegien  ber  übrigen  Uniöerfitäten  aus,  inSbefonbere  mit  bem  ^romotionS* 
recht  in  ber  ißßilofopßie  unb  Stheologie,  unb  unterteilte  biefelbe  gänzlich,  mie  ber  SBifdjof 
gemünfdjt,  bem  ©eneral  ber  ©efellfcßaft.  SDie  faiferliche  ^Betätigung  mürbe  am 
14.  Stejember  1615  üom  föaifer  SJJatffjiaS  unterzeichnet2,  £>erbft  1614  begann 
P.  Johann  ©IberS  bie  SBorlefungen  über  ^ßßilofopßie  ö°r  46  gußörern,  öon  metchen 
7  23enebiftiner  unb  5  ^efniten  mareit. 

SDie  feierliche  (Eröffnung  ber  Uniöerfität  erfolgte  aber  erft  am  13.  September 
1616,  unb  jmar  unter  großen  geftlidjfeiten,  mie  ber  fiebgigjährige  23ifd)of  für  biefen 
feinen  greubentag  gemünfcht  hatte.  SDie  Sanbftänbe  unb  öiele  benachbarte  dürften 
unb  Herren  maren  eingelaben.  9iacß  ber  Stufführung  beS  geftfpieleS  Salomo  sapiens 
mürben  bie  päpftlidjen  unb  faiferlidjen  Urfunben  oerlefen  unb  bie  Academia  Theo- 
doriana  Paderbornensis  für  eröffnet  erflärt.  „(Ein  mädjtigeS  ©efüßl  ber  Ütüßrung 
unb  23efriebigung",  fo  fdjreibt  ein  ^ßaberborner  §iftorifer,  „ergriff  ben  dürften,  als 
nunmehr  ein  mahrer  93eifadSfturm  in  ber  zahlreichen  SSerfantmlung  fid)  erhob  unb 
öon  allen  ©eiten  bem  ©rünber  ber  Uniöerfität,  ber  erften  im  Söeftfalenlanbe,  ßerz= 
ließe  ©lüdmünfdje  bargebradht  mürben.  Qeßt,  fo  äußerte  er,  jeßt,  mo  er  baS  2Berf 
feines  SebenS  gefrönt  feße,  habe  er  lange  genug  gelebt;  er  öerglid)  fid)  mit  bem 
alten  ©imeoit  unb  fpracß  gleich  biefem:  ,§err,  nun  laß  beinen  Wiener  in  ^rieben 
fahren.1"3  SDie  lateinifcße  geftfdfrift  (Panegyricus)  beS  P.  £orion  (§orrion)  ift  ein 
^reiS  SöeftfalenS,  inSbefonbere  ^aberbornS  unb  beS  SifcßofS.  ©ie  meift  unter  anberem 
naeß,  baß  Ißaberborn  aud)  oßne  ^uriSprubenz  eine  mirflicße,  eigentliche  Uniöerfität  fei. 

SDie  Statuten,  bie  ben  befteßenben  Uniöerfitäten,  befonberS  SDitlingen,  STrier, 
9J?ainz,  nacßgebilbet  finb,  mürben  am  20.  ÜZoöember  1616  publiziert4. 

SDie  erfte  pßilofopßifcße  Promotion  fanb  im  üttooentber  1616,  bie  erfte  tßeologifche 
1617  ftatt.  2)ie  tßeologifcßen  S3orlefungen  begannen  aber  erft  9coöember  1621  öor 
neun  ©d)olaftifern  ber  ©efeüfcßaft  unb  menigen  StuSmärtigen.  SDie  ^eilige  ©cßrift 
unb  ^ebräifd)  laS  P.  ^orion,  fcßolaftitße  Xßeologie  P.  3oß.  ©eorgii  unb  P.  §einricß 
Üiotßaufen,  SUforal  P.  griebr.  Ütörig.  Slnfang  1623  mürbe  aber  ben  SBorlefungen 
burd)  ben  ©infall  beS  tollen  ©ßriftian  ein  jäßeS  (Enbe  bereitet,  ©ine  93orlefung  in  ber 


1  Stbbrud  ber  Urtunbe  bei  9tid)ter,  @efd).  3  9lid)ter  a.  a.  0.  I  129. 

ber  ißaberborner  Zehnten  I  202  ff.  9tud)  bei  4  Ütbbrucf  in  Ratio  stud.  III  194  ff.  greifen 

greifen,  3)ie  Uniöerfität  ißnberborn  I  3  ff.  a.  n.  0.  13  ff.  53ei  greifen  a.  a.  0.  44  ff 

2  SBorttaut  ber  beiben  Urfunben  bei  9iid)ter  and)  bie  (Statuten  ber  tfjeoIogifd)en  gatuttät. 

a.  a.  0.  I  204  ff  unb  greifen  a.  a.  0.  I  5 ff.  Über  bie  guriSbiftion  ebb.  21  ff  76  f. 


588 


9ld)te§  ftapitcl.  ©hmnafien  unb  Uniberfitäten. 


Sogif  fam  erft  lieber  31t  ftanbe  im  £>erbft  1637,  fünf  Qafjre  fpäter  folgten  bie 
übrigen  p£)ilofopf)ifdjen  SSoriefungen.  |>erbft  1643  mürben  bie  tfjeologifcf)en  23or* 
lefungen  aber  nur  in  ÜDforal  unb  ^ontrooerfe  mieber  aufgenommen,  bie  übrigen  erft 
nacf)  unferer  $eit  (1651). 

Stucf)  trop  biefer  gemattfamen  Störungen  bleibt  bag  Urteil  beg  ©efdjidjtfdjreiberg 
ber  ißaberborner  Qefuiten  gu  9fed)t  beftefjen:  „®aß  93ifcF)of  £f)eobor  mit  Harem 
33lid  bie  Sebürfniffe  feiner  ,geit  unb  feines  Sanbeg  erfannte,  bag  f)at  bie  golgegeit 
glängenb  bemiefen:  bie  ißaberborner  §od)fd)ule  mürbe  unb  blieb  eine  §auptftüpe  beg 
Itatlmligigmug  im  ißaberborner  Sanbe."1 

®er  grofje  Slitbrang  gu  bem  Qefuitengpmnafium  in  'Dliinfter  legte  ben  ©ebanfen 
nalje  an  eine  Gmoeiterung  ber  Schuten.  Slm  12.  Stooember  1616  Ijatte  ber  ©etteral 
P.  ißitellegdji  bem  ^rooingial  £>einrid)  Sdjeren  gefdjriebeu 2 :  „®em  ^urfürften  (oon 
Stölit  —  er  mar  gugleicf)  23ifdjof  Oon  fünfter  — )  märe  eg  fef)r  lieb,  menit  im  Kolleg 
gu  ÜDJüufter  gu  ben  33orlefungen  über  SDialeftif,  ^ontroüerfen  unb  ©emiffenSfälle 

nocf)  eine  meitere  über  ©emiffenSfätle  ein* 
gerietet  mürbe,  bamit  ben  gal)lreid)en 
Stubenten  bortfelbft  eine  umfaffenbere 
SluSbilbung  in  ber  SJforaltfjeoIogie  er* 
möglidjt  merbe.  @r  erhofft  baraug  nicf)t 
geringe  SSorteife  für  bie  fatf)olifd)e  9ieli» 
gion  in  ber  SDiögefe.  ®a  id)  nun  bringenb 
münfdje,  baff  bem  um  unfere  ©efeüfdjaft 
fjodjoerbienten  dürften,  fomeit  eg  in  um 
fern  Kräften  ftefjt,  feine  33itte  abgefcfjlagen 
merbe,  unb  ba  mir  ferner  fjierburd)  aud) 
uocf)  ben  SBünfdjen  jener  angefefjenen 
unb  ebeln  ÜDfänner  gu  SOfünfter  entgegen» 
fommen,  bie  jüngft  Oor  @rrid)tung  ber 
Slfabemie  gu  ißaberborn  eine  nic^t  geringe 
©elbfumme  für  eine  Slfabemie  in  ^fünfter 
gufammengefteuert  unb  ung  überreid;t 
fjaben,  fo  empfehle  id)  bie  Slngelegem 
fjeit  @m.  ^mdjtoürben  fefjr,  meitn  nid)t 
fdjmermiegenbe  33ebenfen  eutgegenftefjen. 
Sldgu  fdjmer  mirb  bie  Erfüllung  beg 
SBunfdjeg  nic^t  fein,  ba  nur  eine  33orlefung 
mefjr  gu  galten  ift  als  oorbem."  So 
mürbe  im  £>erbft  1617  mit  biefer  neuen  SSorlefung,  einer  @tf)iföorlefung 3,  begonnen 
unb  auf  bag  drängen  beS  ©eneraloifarg  ^artmann  nunmehr  aud)  bie  2>ialeftif* 
oorlefung  auf  bie  gefamte  Sogif  auggebeljnt i.  Sllleg  bag  mar  aber  nur  bie  S3or* 
bereitung  für  bie  oon  bem  ^urfürften,  ben  furfürftlidjen  Späten  unb  ben  ®oml)erren 
fd^on  lange  erfefjnte  unb  betriebene  ©rridjtung  einer  Slfabemie  ober  gar  einer  ooll» 
ftänbigen  Unioerfität.  Slnt  1.  Sluguft  1622  bat  $urfürft  gerbinanb  ben  (General, 
feinen  'plan,  eine  Slfabemie  in  ^fünfter  gu  erridjten,  mit  allem  9?ad)brud  gu  unter* 
ftitpen5.  ^n' feiner  Slntmort  00m  5.  SZooember  1622  oerfpracl)  SBiteUeSc^i  alleg  auf* 


1  9tid)ter  a.  a.  D.  130.  4  * 33iteHe§d)i  an  gr.  Jpartmann  unb  ben 

2  *Ad  Rhen.  530.  ißrobinätal  Köpper,  1.  SIpril  1617.  *Catal. 

3  *  Litt.  ann.  1617  unb  *  Catal.  Rheni  (an=  triennal.  Rheni  1619. 

fang§)  1617.  s  *  Original  Epp.  Princip.  V  121. 


Xitel  eine§  2:5cfenjettel§  hon  SRünfter 
1621  (V2). 


25ie  Uniüerfttäten  bei-  nieberrfieinifdjen  tjkoüinj:  SMitfter. 


589 


gubieten ;  er  werbe  gunädEjft  ben  33rief  an  ben  ^3apft  burefj  ben  Stgenten  beg  ®ur« 
fürften  überreichen  taffen  unb  bann  felbft  fid^  beim  Zapfte  üermenben1. 

Über  bie  ©röffe  ber  ßumenbungen  üon  ißriüaten  für  bie  neue  SÜabemie,  bie 
fe^r  beträchtlich  waren  (über  30000  9ieidj§taler  unb  noch  30000  ffteidjgtater  in 
5lugfidjt),  berichtete  ber  ißroüingiat  ©opper  am  19.  Slprit  1624  an  ben  Stffiftenten 
£f)eobor  23ufaeug  unb  fügte  bei:  ©g  tiefje  fich  hier  ein  prächtige^  ©cfjotaftifat  für 
unfere  ißfiitofoptjen  unb  2f)eotogen  einricf)ten,  gang  gu  fdjmeigen  üon  bent  reichen 
©egen,  ber  fich  ni(ht  nur  über  bie  gange  SDiögefe,  fonbern  and)  über  bie  üftadjbar- 
gebiete,  befonberg  Dgnabrücf,  Bremen,  ^riegtanb  unb  bie  üötarf,  ergießen  wirb.  Um 
fo  nadhhaltiger  merben  beglfatb  ©ro.  §0  cf)  Würben  beim  Stpoftotifdjen  @tuf)l  bie  ©r< 
ridftung  ber  Slfabemie  fürbern2.  Stber  eg  brauste  nod)  fünf  Biafjre,  big  bie  päpft> 
liehe  ißeftätigung  erfolgte.  ®ie  95ulte  trägt  bag  Saturn  üom  9.  ©eptember  1629, 
ihre  Promulgation  fcffeiterte  aber  am  Sßiberftanb  beg  Somfapitetg3 4.  ©dfjon  oor  ber 
23eftätigung  begannen  im  ^perbft  1623  bie  SSorlefungen  über  ißtjpfif  unb  ein  $abr 
barauf  auefj  bie  über  ÜDfetaptfpfif  unb  gugteid)  in  ihrem  oollen  Umfange  fämttidfe 
tfjeotogifdjen  SSorlefungen i. 

9?ad)  bem  ißerfonatfatatog  üon  fünfter  1625/1626  lehrten  Stlbert  §ulfo  unb 
©ottfr.  Ommeren  bie  fdjotaftifcfje  Rheologie,  SSitfj.  Ufdjenborff  Zeitige  ©dfjrift  unb 
£>ebräifcf),  3  ißatreg  bie  brei  Qatjrgänge  ber  ißfjitofopfjie,  1  2)?atf)ematif,  aufferbem 
am  ©pmnafium  1  ©riechifch,  1  9ffjetorif,  2  Humanität,  6  ©rammatif.  3Son  ©dfota« 
ftifern  ftubierten  nur  iptfitofoptfen  in  fünfter.  Ser  Katalog  üom  ^a^re  1631  Der« 
geidfnet  faft  biefelbe  2Ingaf)t  bon  Sßrofeffuren:  eg  ftubieren  brei  Sefjrgänge  ©cf)otaftifer 
bort  bie  Sfjeotogie  unb  gwei  Batfrgänge  bie  ißfjitofoptjie;  im  ^af)re  1650  treffen  mir 
aufferbem  einen  ^Srofeffor  ber  flftoral;  bie  ©cfjotaftifer,  bie  Sfjeotogie  ftubieren,  finb 
fämtlidh  aucf)  ßatecfjiften  auf  bem  £anb  unb  für  bie  ©olbaten  in  ber  ©tabt. 

©iuer  großen  ©ntfattung  ber  ©tubien  mar  auefj  hier  ber  ^rieg  hinberlidh-  Bur 
$utturgefd)id)te  ber  Uniberfität  mag  bie  folgenbe  ©pifobe  bienen.  2tn  ber  Stfabemie 
gu  fünfter  pflegten  bie  ©tubenten,  um  ihrer  ©ntlaffung  nad)  beenbigtem  breijährigen 
ißhiIofopf)ieftubium  größere  geiertidfjfeit  gu  berieten,  ÜDfufif  gu  beftetten,  unb  gmar 
eine  ber  bon  Ort  gu  Ort  giefjenben  SDiufifbanben.  Sa  an  ber  SIfabemie  bie  $ßro« 
motionen  unb  ißromotiongfeierlidfjfeiten  fehlten,  fo  Ratten  bie  Qefuiten  bieg  ruf)ig  ge« 
fcfjefjen  taffen,  menngteid)  bie  ©itte  an  feiner  ihrer  fonftigen  Slfabemien  unb  Uni« 
berfitäten  beftanb.  üftadf)  unb  nad)  aber  famen  babei  grofje  Stugfdjreitungen  bor. 
93ei  ben  SKufifanten,  ungebilbeten  Seuten  unb  meift  ehemaligen  ©olbaten,  gab  eg  ein 
müfteg  Treiben  unb  Bedjen  in  ben  ©djuträumen,  moburd)  fetbft  ber  ©ottegbienft 
unb  bie  Stnbadjt  in  ber  anftoffenben  ß’irdje  geftört  mürben.  23ei  ben  ©tubenten  aber 
waren  eg  tagetange  ©dfmaufereien  unb  ©etage,  an  benen  wof)t  big  an  bie  fjunbert 
ißerfonen  beibertei  ©efdjledftg  teitnafjmen,  unb  wobei  Sag  unb  9?ad)t  gegeffen  unb 
getrunfen,  getaugt  unb  gefungen  mürbe,  atteg  unter  ben  Stangen  ber  beftettten  SÜZufif« 
fapeHe.  ©g  mar  für  bie  gange  ©tabt  ein  Urgernig  unb  üerurfacfjte  ben  ©tubenten, 
bie  fämttidtje  Soften  tragen  mußten,  grofje  Stugtagen,  fo  baff  manche  ©ttern,  fefjon 
gebrüdt  genug  burch  bie  ferneren  ßrieggfteuern  unb  bie  bisherigen  ©etbaufroenbungen 
für  bag  ©tubium,  ilfre  ©öfjne  fdjon  oor  ber  ©nttaffung  in  bie  £>eimat  gurüdriefen. 
Ser  Sßroüingiat  hatte  bem  Unmefen  burdf)  ein  Verbot  ein  ©nbe  gu  machen  gefudjt, 
monad)  nur  nod)  gmei  üftufifanten,  unb  gmar  nicht  üon  ben  f)erumgiet)enbett  roben 
9)tufifbanben,  fonbern  aug  SDlünfter  fetbft  beftettt  merben  burften.  ®od)  mürbe  üon 
ben  ©tubenten  bag  Verbot  umgangen,  unb  jene  SÖiufifbanben,  metdje  bie  ^auptfe^utb 


1  *  örig.=9teg.  Ad  Externos  1622. 

2  *  Original  in  Hist.  Rlien.  II. 


3  @  f  f  e  r ,  granj  gürftenberg  (1842)  250. 

4  *Catal.  Rhen.  1624  11.  1625. 


590 


9ld)te§  Kapitel,  ©pmnafien  unb  UniPerfitäten. 


an  bem  roüften  Treiben  Ratten,  fehlten  and)  in  ßufunft  nidjt;  ja  eg  mürbe  atteg 
nur  nod)  fcf)Iimmer.  S)a  unterjagte  ber  ^ßrotiingiat  bei  ber  Sifüation  be§  $ottegg 
im  £yat)re  1650  einfaef)  jegliche  Stecfjmufit. 

iDag  reifte  nun  bie  fjartföpfrgen  ©temente  unter  beit  ©tubenten.  ©ie  manbten 
fid)  an  ben  ®ombed)anten  Sernt).  0.  9ftaÜin<frobt,  ber  ben  ^ejuiten  menig  geneigt 
mar  unb  aud)  halb  mit  bem  neugemätjtten  gürftbifdjof  (Stjriftopf)  Sernt).  o.  (Säten 
gänjtidj  gerfiet1.  ®iefer  griff  ein,  obgleich  bem  ®om!apitet  über  bie  ©cfjuten  nur 
eine  3lrt  i)3roteftorat,  aber  fein  9?ed)t  begiigtict)  ber  ©djulbiggiptin  guftanb,  unb  Der- 
langte  bie  Seibef)attung  ber  ©itte;  ja  er  erfcfjien  perföntid)  an  bem  betreffenben  £age, 
bem  23.  $uni  1650,  in  ber  ©djute  unb  befatjt  trop  alter  Sorfteltungen  unb  Sitten 
beg  Seftorg  ber  non  ben  ©tubenten  beftettten  Sftufifbanöe,  gu  fpieten.  @g  mürbe 
jefct  nod)  ärger  atg  üorfjer.  Qn  ber  ©tabt  tjerrfdjte  Stuffefjen;  bei  ben  Qefuiten  aber, 
beren  Stutorität  bei  ben  ©djütern  ftarf  erfdjüttert  mar,  unb  bie  nod)  meitere  @in* 
griffe  in  itjre  Secf)te  unb  bie  öoUftänbige  Stuftöfung  ber  ©cfjutbiggiptin  fürsten 
mußten,  grofje  Serftimmung.  $n  itjrer  9iot  manbten  fie  ficf)  an  nerfdjiebene  ®om> 
Herren.  Sttte  mißbilligten  ben  ©emattaft  unb  bag  unftuge  Sorgefjen  beg  Sekanten, 
unb  in  ber  nädjften  ©ipung  beg  SDomfapitetg  mürbe  bieg  bem  ®ed)anten  gegenüber 
äum  Slusbrud  gebracht  unb  bann  ben  ^efuiten  itjr  altes  fRecßt  über  bie  ©d)ute  neu 
anerfannt2. 

§ilbegf)eim,  jßaberborn  unb  fünfter  Ratten  ißre  ®omfd)uten  fdjon  im  16.  Q;af)r* 
tjunbert  ben  ^efuiten  übergeben  unb  gu  Stfabemien  gu  ermeitern  gejuckt,  ^m  erften 
©rittet  beg  17.  ^atjrtjunbertg  folgte  bie  attetjrmürbige  $omfdjute  gu  Dgnabriicf 
biefem  Seifpiete3.  Seiber  friftete  bie  neue  Academia  Carolina  in  Ögnabrüd  nur 
ein  furgeg  Seben.  Sttg  Silit)  im  $at)re  1627  bie  Sänen  oerbrängt  ßatte,  nafjm  ber 
gmrftbifdjof  grang  SBitßetm  üon  Ognabrücf  mit  grofjem  (Sifer  1628  bie  Söieber» 
ßerfteltung  ber  fattjotifdjen  Religion  in  ber  gangen  Siögefe  in  bie  §anb.  Ser  fanget 
an  sßrieftern  unb  Odjuttefjrern  mar  babei  ein  grofjeg  £)inbernig.  „@3  ift  gum  ©r* 
barmen",  jo  feprieb  er  au  jeinen  Setter  ^urfürft  ÜJJIapintilian,  „bajj  man  leine  Seute 
t)aben  fann.  Sräbilanten  unb  ©djulmeifier  finb  abgejeßafft,  aber  ©rfap  ift  nirgenbg 
gu  finben."4  Sie  benachbarten  proteftantifdjen  Unioerfitäten  mürben  oon  Ognabriid 
aug  oiet  bejucfjt  unb  maren  fo  eine  grofje  ©tüpe  für  ben  bortigen  Sroteftantigmug5. 
Segpatb  befdjtofj  ber  Sifdjof,  eine  Unioerfität  für  Sfptofoptjie  unb  ißeotogie  gu 
errichten.  ©d)on  (perbft  1628  begannen  bie  Qefuiten  bie  Sortefungen,  obgteid)  Sotn 
©djmierigfeiten  machte,  bie  neue  Slfabemie  gu  beftätigen  bgm.  gu  errichten.  Ser 


1  Pgl.  über  ifpt  £iicfiug,  ßbrift.  Pernb. 
P.  ©aien  (1865)  2  f. 

2  *  SDtemoranbum  be§  9teftor§  P.  ©djüding 
an  ba§  ®omfapitet,  bat.  20.  (guli  1650  (Rheni 
inf.  Fund.  I  298  ff).  *  Litt.  ann.  1650.  2)er 
©enerat  granj  Piccolomini  mar  mit  bem  Por-- 
geben  be§  9te!tor§  nicht  ganj  einPerftanben.  ßr 

fcfjrieb  bemfelben  am  6.  9(ug.  1650:  Turbae 
porro  in  dimissione  metaphysicorum  concitatae 
valde  me  anxium  reddunt,  quod  difficulter 
componendae  videantur:  in  quibus  et  prae- 
cavendis  et  sedandis  varie  peccatum  est, 
primuni,  quod  tubarum  usus  non  auditis  con- 
sultorum  sententiis  abrogatus :  deinde  cum 
D.  Decanus  non  semel  sed  iterum,  ac  tertio 
pro  permissione  instaret,  imscxsca  suggerebat 

aliquid  dignitati  tanti  viri  deferendum  esse, 

cuius  mores  non  poterant  esse  ignoti :  ad  baec 


cur  extemporaneo  consilio  probe  suggesta 
gratiae  petentis  non  datum,  quod  importuni- 
tate  irrumpentium  et  violentia  extortum? 
Cur  non  denique  domi  suae  conuentus  statim 
laudatus  D.  Decanus,  qui  R.  Y.  adventum 
tota  die  operiebatur?  Poterat  fortassis  leni- 
tate  verborum  emolliri:  sed  et  nunc  suadeo 
mitiora  consilia  arripienda,  non  vim  vi  re- 
pellendam,  licet  senatorum  auctoritate  sufFulti 
possimus.  Nullo  autem  modo  metaphysici  di- 
missi  propterea  a  Theologia  audienda  arcendi 
ne  novis  tricis  implicemur.  *  Orig.=9teg.  Ad 
Rhen  inf. 

3  Pgl.  oben  S.  84  ff. 

4  ®lof>0/  S)er  S)reibigiäbr.  Srieg  III  135. 

5  3«  ber  Pulle  llrbanä  VIII.  Pom  22.  9lug. 
1629  merben  aufgesäbtt:  .^etmftabt,  Prcmen, 
iRinteln,  Marburg  unb  ©iefeen. 


Sie  Uniüerfitäten  ber  nieberrfjeinifcbeu  ^Sroöins :  Oänabrücf. 


591 


Kölner  9?untiug  Suigi  (Sarafa  würbe  jum  Seridjt  aufgeforbert,  ben  er  am  27.  Oftober 
1028  in  Slugfiept  [teilte  unb  am  23.  SWärj  1629  überfcpidte.  @r  fpracp  fiep  burdp 
aug  für  bie  ©rridjtung  aug  unb  für  bie  Übergabe  ber  beiben  gafultäten  an  bie 
gefuiten1.  Ser  ©eneral  meinte  aber,  mie  er  7.  Slpril  1629  an  ben  ©gnabrüder 
Seftor  gop.  SlÜincf  fcprieb,  eg  [ei  bei  ben  gegenwärtigen  Slnficpten,  bie  an  ber 
Ä’urie  pcrrfdjten,  fepr  wenig  ober  »ielmepr  gar  feine  Hoffnung  auf  bie  (Srlangung 
ber  Slfabemie;  in  ber  9Mpe  [eien  jwci  anbere  Slfabemien  ju  fünfter  unb  ißaberborn 
gegrünbet,  unb  eg  pflege  ber  Sebeutung  ber  Slfabemien  fepr  abträglid)  ju  [ein,  wenn 
mehrere  an  nicpt  weit  ooneinanber  gelegenen  Orten  errichtet  würben2.  Sropbem 
erfolgte  bie  ©rricptung  ber  Slfabemie  burdp  bie  päpftlidje  Sülle  oom  22.  Stuguft 
16293.  Sie  faiferlidje  Seftätigung  folgte  am  20.  gebruar  1630.  Sie  päpftlidje 
Sülle  traf  am  3.  97o»ember  1629  in  Ognabrüd  ein.  Sie  ftattete  bie  neue  Slfabemie 
mit  allen  Stecpten  ber  übrigen  Unioerfitäten  in  Seutfcplanb  aug,  befonberg  aucp  mit 
ber  Serleipung  aller  afabemifcpen  @rabe  in  ber  Sßpilofoppie  unb  Speologie.  Sie 
gunbierung  ber  Slfabemie  »erlangte,  wie  P.  Slltind  am  6.  97o»ember  1629  an  ben 
gürftbifdjof  fdjreibt,  minbefteng  1000  Saler  jäprlicp,  abgefepen  oon  bem  tüjeologifcfjen 
Seminar  ber  ©efellfcpaft,  für  welcpeg  ber  Orben  auffomtne.  Senn  aufjer  bem 
Rector  magnificus,  bem  ^an^ler  unb  bem  Stubienpräfeften,  Weldje  aug  ber  9teipe 
ber  ißrofefforen  entnommen  würben  unb  begpalb  feine  neuen  Sluglagen  erpeifdjten, 
mußten  funbiert  werben  jwei  Seprftüple  für  fcpolaftifcpe  Speologie,  je  einer  für 
©pegefe,  fjebräifcfje  Spradfe,  ÜUlorai,  üöletapppfif,  ißppfif,  $D7atpematif  unb  Qstpif, 
enblidp  Sogif;  aucp  ber  afabemifdje  Sfotar  unb  ber  erpeifcpten  eine  jäprlicpe 

Sefolbung4.  Sie  Statuten  würben  nacp  benen  in  ißaberborn  unb  anbern  Slfabemien 
»erfafjt.  Gnnftweilen  würben  bie  Sorlefungen  für  bie  Speologie  in  ber  Süfolaifapelle, 
bie  ber  ))3pilofoppie  in  ber  üDkrtingfapetle  gehalten.  Gsin  Neubau  für  bie  Slfabemie 
würbe  aber  fofort  in  Singriff  genommen  unb  fo  geförbert,  baff  §erbft  1630  bereitg 
bie  inneren  Slrbeiten  »ergeben  werben  fonnten.  „Solange  ber  Sau  in  feinem  Sigor 
war",  fo  peifjt  eg  in  einer  (Spronif,  „leucptete  er  aug  bem  .iperrenteicpgtore  bermafjen 
ju  gelbe,  baff  er  eine  gierbe  ber  ganzen  Stabt  war."5 

Ser  urfprünglicpe  geitpunft  ber  (Eröffnung  (1.  907ai  1630)  fonnte  wegen  beg 
Sorrüdeng  ber  Scproeben  nicpt  eingepalten  werben.  Sie  beiben  geftfdpriften,  bag 
Scpaufpiel  Salomon  redivivus  unb  bag  Athenaeum  Christianum,  peröorragenbe 
tppograppifdje  ßeiftungen  mit  perrlicpen  Sticfjen  beg  jüngeren  dlafael  Sabeler  unb 
Sufag  Kilian,  würben  fcpon  1630  gebrudt.  Ser  Serfaffer  beg  Athenaeum  War 
ber  in  ber  @efd)id)te  Ognabrüdg  bewanberte  P.  gop.  Silftein6.  gurn  $cmüer  öer 
Slfabemie  würbe  ber  ißaberborner  ißrofeffor  gop.  £wrion  ernannt.  Sie  feierlicpe 
Eröffnung  ber  Slfabemie  mit  geftjug,  geftgottegbienft,  gefttpeater  unb  feierlidper 
Promotion  fanb  am  25.  Oftober  1632  ftatt.  Ser  gürftbifcpof  fpradp  bei  ber  feier= 
licpen  Übergabe  ber  llrfunben  unb  ber  Siegel  bag  Sertrauen  aug,  baff,  wie  bie  ißatreg 
bigper  ipm  unb  anbern  in  äpnlicpen  Slrbeiten  fiep  auggejeidpnet  bewäprt,  fie  audp  in 
ber  gufunft  ipren  ßifer  unb  ipre  frudjtreicpen  Slrbeiten  in  perüorragenber  SBeife  an 
ber  neuen  Slfabemie  an  ben  Sag  legen  würben.  97acp  ber  Übergabe  ber  »ier  Siegel 
unb  ber  brei  filbernen  gepter  ^er  üfabemie  empfingen  ber  9teftor  beg  ^ollegg,  ber 
»om  Sifcpof  gurn  Rector  magnificus  ernannt  worben,  unb  bie  Srofefforen  ben 
[eibenen  Sfantel  unb  §ut.  ®er  ^anjler  |>orion  pielt  bie  lateinifcpe  geftrebe  über 
bie  wapre  SBeigpeit.  üm  folgenben  Sag  erfolgte  bie  feierliche  Promotion  »on  feepg 

1  *  Original  Nunz.  di  Colonia,  Arch.Vatic.  4  ^aeger,  Sie  Schola  Carolina  Osna- 

Arm.  1,  vol.  11.  3Sgt.  Barb.  Lat.  6201.  burgensis  58.  5  Sbb.  62  f. 

2  *  Orig  =5Reg.  Ad  Rhen.  inf.  6  gbb.  66.  Sßgl.  SKitteilungen  be§  Sßerein§ 

3  SBortlaut  in  Ratio  stud.  III  248  ff.  für  ©efef).  bon  Oänabrüc!  XVII  (1892)  213  ff. 


592 


2ld)te3  ffiapitel.  ©pmnafien  unb  Uniüerfitäten. 


doftoren  ber  Xfjeologie,  banit  baS  grop  Qefttheater,  baS  Nachmittage  in 
Stnfprud)  nahm1. 

©dijon  ein  Qaf)r  fpäter  nahm  bie  fo  feierlich  eröffnete  SIfabemie  ein  jäheS  @nbe. 
§Im  11.  September  1633  mürbe  bie  ©tabt  non  ben  ©cfjmeben  eingenommen:  Sifdjof 
unb  DrbenSleute  mußten  fliehen. 

(Sin  ähnliche^  ©djidfal  mie  bie  neue  Süabemie  in  OSnabrüd  hatte  bie  Neu» 
griinbung  in  9JioI§^etm.  Überhaupt  litten  affe  Uniüerfitäten  ber  oberrfjeinifdjen 
Sroüinj  fo  furchtbar  unter  bem  ®rieg,  baff  ihre  @efdjid)te  mehr  in  ben  Nahmen  ber 
ßriegSbrangfale  als  in  ben  ber  ©tubien  fällt.  deshalb  mögen  hier  nur  einige 
Notizen  über  bie  beiben  Neugrünbungen  in  ÜNolSheim  unb  Samberg  eine  ©teile  finbeit. 

@ben  üor  SluSbrud)  beS  Krieges  erfolgte  am  27.  Sluguft  1618  bie  feierliche 
Eröffnung  ber  Slfabemie  ju  üNolSfjeim  burch  ihren  ©tifter  (Srjherjog  Seopotb.  ©djon 
am  11.  Qmti  1607  hatte  ber  ^arbinal  $arl  üon  Sothringen  als  Sifdjof  üon  ©trafp 
bürg  in  ÜNolSljeim  ein  bifchöflicheS  Seminar  gegriinbet  unb  bem  SSeihbifdjof  üon 
©trafjburg  als  fßroüifor  unterteilt2.  ©inen  SNonat  fpäter,  31.  Quli  1607,  bat  er 
ben  ©eneral  um  fßrofefforen  für  dfjeologie  unb  fßhilofophie3 4.  ©rjherjog  ßeopolb 
ging  einen  Schritt  meiter  unb  betrieb  bie  Erhebung  beS  QefuitenfoffegS  ju  einer 
SIfabemie.  $aul  V.  erfüllte  ben  SBunfd)  burd)  Suffe  üom  1.  Qebruar  1617,  bie 
faiferlidje  Seftätigung  erfolgte  am  1.  September  1617 i.  Nach  ben  Urfunben  foffte 
bie  Süabemie  XJjeoIogie,  Shilofopfjie,  fobann  lateinifdje,  griedjifcfje  unb  h^räifdje 
©pradje  umfaffen.  Nach  ben  Statuten  müffen  bie  ©tubenten  bie  ihnen  attgemiefenen 
Sorlefungen  hören.  däglidje  Anhörung  ber  heitren  SNeffe,  monatliche  Seicht, 
Grmpfang  ber  heiligen  Kommunion  an  ben  größeren  Qeften  finb  oorgefdjrieben.  Qm 
©ommer  nach  9,  im  SBinter  nad)  8  Uhr  bütfen  bie  ©tubierenben  ihre  Söohnung  nidjt 
mehr  üerlaffen,  im  Qaff  ber  Not  aber  mit  Qadeln  unb  ohne  Söaffen.  Sie  foffen 
bie  Reibung  tragen,  tueldje  bie  ©tubenten  üon  bem  gewöhnlichen  Soll  (profanum 
vulgus)  unterfcheibet,  aber  feine  lupuriöfen  unb  mobilen  Kleiber,  diejenigen, 
melche  fdjon  SBeiljen  empfangen  haben,  foffen  geiftlidfje  Reibung  anlegen.  Sor 
bem  Söechfel  ihres  ^ofpi^eS  unb  üor  bem  Serlaffen  ber  SIfabemie  müffen  fie  ihre 
©djulben  befahlen5. 

Sei  ber  feierlichen  (Eröffnung  übergab  Seopolb  bem  Neftor  beS  QefuitenfoffegS 
bie  ©tiftungSurfunbe,  baS  Qepter  unb  bie  übrigen  Qnfignien.  die  ©tiftungSurfunbe 
trägt  baS  datum  üom  19.  Quni  1618 6.  ©in  Panegyricus,  ben  bie  neue  Süabemie 
ihrem  ©tifter  mibmete,  preift  u.  a.  bie  großen  Serbienfte  SeopoIbS  um  bie  ©efelff 
fchaft  Qefu  im  ©Ifafj7.  Qn  bem  ^ßerfonalüer^eidjniS  beS  ft'offegS  merben  in  biefer 
Qeit  als  fJSrofefforen  aufgeführt  3  für  fdjolaftifdje  dheologie,  1  für  (peilige  Schrift, 
3  für  ^hüofophie,  1  für  ($t£)if  unb  ÜJJJathematif,  6  für  ©riedjifdj,  Nljetorif,  §u= 
manität  unb  bie  brei  ©ratnmatifalflaffen.  Qm  Qafjre  1628  arbeitete  Samorntaini 
an  bem  ^lan,  bie  üfabentie  üon  SNolSljeim  nach  ©trapurg  ju  üerlegeit.  (Sr  meinte 
bieS  burdjjufehen,  menn  man  bemeifen  fönne,  baff  bie  fßroteftanten  baS  dhomaSftift 
in  ©traPurg  gu  Unrecht  befäpn8. 

1  9täl)ere3  ü6er  bie  geier  bei  3  a  e  g  e  r  a.  a.  0. 

71  ff- 

2  Stiftungsbrief  unb  Statuten  bei  0. Berger- 
Le  vrault,  Annales  des  professeurs  des 
acaddmies  Alsaciennes  (1892)  xexi  ff. 

3  *  Original  Epp.  Cardinal. 

4  $ie  Urtunben  bei  B  e  r  g  e  r  -  L  e  v  r  a  u  1 1 

o  a.  O.  ovm  ff  mit  bem  falldjen  Saturn  1612. 

6  Statuta  Generalia  in  alma  Catholica  Uni- 

versitate  Molsliem.  a  Studiosis  Academicis 


observanda,  ebb.  exm  ff.  gs  finb  biefelbeit 
roie  bie  SiUinger  Statuten.  Sgl.  oben  S.  575. 

6  Srucf  in  Inauguralia  Collegii  S.  J.  Mols- 
hemensis,  iDloISfjeim  1619,  6.  ff. 

7  Archiducalis  Academia  Molsliem.  .  .  .  ex- 
plicata  Panegyrico  Dicav.  Colleg.  Academ.  S.  J. 
Molsliem.  Molsliemii  1618,  236  ff. 

8  *Samormaini  an  3?itette§rf)i,  29.  ^an.  1628. 
Original  Epp.  Austr.  IV  49. 


Sie  Uniüerfitäten  ber  o6err!jeintfrf)en  Srobing:  Samberg. 


593 


®ie  folgenben  ®rieggbrangfale  machten  nicfjt  allein  einen  ©trid)  burd)  biefeit 
$PIatt,  foitbern  vernichteten  and)  bie  Stfabemie  in  SJJofS^eim  faft  öoUftänbig.  SBäfjrenb 
ber  erften  $eit  ber  fd)mebifchen  Offupation  mürbe  ber  Unterricht  in  ben  humaniftifd)en 
unb  pf)iIofop^ifcf)en  Rächern  mit  menigen  (Schülern  fortgesetzt,  ^m  $al)re  1639 
mären  nur  2  fßrofefforen  für  ^he°f°9'e  unb  1  für  £>umaniora  tätig '.  $ür  bie 
Qahre  1641 — 1649  finbet  fid)  ein  ^ßrofeffor,  ber  fHfjetorif  unb  Humanität  lehrt,  ein 
gmeiter  für  alle  ©rammatifalflaffen.  Qm  ^ahre  1650  beforgen  im  ganzen  2  fßriefter 
unb  1  SDiagifter  bie  @d)ulen2. 

Son  ben  ©eiehrten  ber  Sttolgheimer  SUabemie  ift  am  meiften  befannt  ber  @e> 
fd)id)tfchreiber  beg  fö'önigg  Dagobert,  ^obof  ®od)  (Coccius)  aug  Srier  (1581 — 1622), 
ber  auch  einen  größeren  Seitrag  für  bie  geftfdjrift  ber  ?lfabemie  geliefert  hat.  ©eine 
SIrbeit  über  ^Dagobert  fufjt  auf 
ard)ioaIifd)en  ©tubien  unb 
mürbe  erft  nad)  feinem  Xobe 
herau§gegeben3. 

SJJätten  in  ben  Sebräng* 
niffen  beg  dreißigjährigen  $rie» 
geg,  unb  gmar  im  testen  @ta* 
biunt  beSfelben,  reifte  auch  ber 
$Ian  gur  SIfabemie  in  Sam* 
berg.  Schon  bei  Seginn  beg 
fö’ollegg  ha^e  man  SDialeftit:, 

$afuiftif  unb  ®ontrot>erfe  bo* 
giert,  aber  bie  ©rünbung  einer 
toUftänbigen,  mit  ^ßromotiong* 
rechten  auggeftatteten  SIfabemie 
gelang  erft  unter  ber  9tegie* 
rung  beg  tatfräftigen  Sifcfjofg 
$DMd)ior  Otto  öon  ©algburg 
(1642 — 1653).  $m  S’iooember 
1643  mürben  Sorlefungen  über 
Sogif  unb  ÜUtoral  begonnen; 
biefen  reihten  fid)  bann  $ahr 
für  $ahr  neue  ®urfe  über  ^3t)hs 
fif,  äftetaphhfif  unb  fdjolaftifdje 
Rheologie  an4.  SJJäm  hatte 
fogar  baran  gebacht,  eine  2Ifa= 
bemie  ohne  fdjolaftifche  Ztyo- 
logie  gu  errichten.  Sluf  eine  Slitfrage  beg  Üteftorg  ^olj.  ®reif)ing  vom  8.  Quli  1644 
antmortete  ber  ©eneral  am  20.  Sluguft:  Söenn  man  unter  ber  geplanten  SUabemie 
ein  Studium  generale  öerftefje,  fo  fei  vor  allen  anbern  2öiffenfd)aften  bie  fcholaftifche 
Rheologie  erforberlich 5.  ©ehr  grofge  Serbienfte  um  bag  guftanbefommen  ber  SIfa* 


Srüvftbifdjof  Stcldjior  Otto  Sott  von  ©atjburg. 

©tid)  (Vj).  ®gl.  Sibtiothef  in  Samberg. 


1  Sie  Srofefforen  ber  Sheoiogie  lehrten  n»of)I 
bie  Storaltheotogie,  bie  1636  itad)  90iol§£)eim 
Verlegt  morben. 

8  Srop  ber  geringen  3<üÜ  ber  ©cbüler  finben 
mir  folgenbe  bramatifd)e  Stufführungen  ber= 
geid)net :  1640  ggnatiuS  unb  Starbod)äu3,  1646 
©t  Startin,  1648  Sheobofiu3  a(3  ©rgieljer  feiner 
©ohne. 

$ut)r,  @ej<t)ttf)te  ber  3efuitett.  II. 


3  R.  R  e  u  ß ,  De  scriptoribas  Alsaticarum 
rerum  historicis  (1898)  163  f.  fReuf?  üerteibigt 
ben  P.  ßoccinä  gegen  bie  Stnfchulbigung ,  er 
habe  ju  ©unften  granfreidjS  gefdjriebeit.  Sie 
fpätere  SBenbung  habe  er  gar  nicht  borauSfehen 
fönnen. 

4  *  Litt.  ann.  1643  ff. 

5  *  ©rig.=9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

38 


594 


2ld)te§  Äapitel.  ©tjmnafien  unb  Unioerfitäten. 


bemie  erraarb  fid)  ber  9ieftor  Söolfgang  ©petl)  (1644  big  1647).  21ug  ber  ®or» 
rcfponbens  ©peth§  mit  bem  23amberger  ^anjler  Dr  £>einr.  ÜOiertlod)  geht  Ejeroor,  bafj 
ber  91eftor  unabläffig  für  bag  .Quftanbefonunen  ^er  Slfabemte  arbeitete:  er  bittet, 
brängt,  befeitigt  tpinberniffe,  furj  entfaltet  eine  gerabe^u  raftlofe  Sätigfeit1.  ®ieg 
ift  um  fo  bemerfengmerter,  alg  bag  Kolleg  jur  felben  ßeit  bie  größte  S'iot  litt. 

2lm  16.  Qiuni  1646  flagte  ©peth  beim  S3ifcf)of :  2)ag  ganje  Qaf)r  fpnburcf)  fjabeit 
mir  oon  ber  Kammer  für  bie  ^ßrofefforen  nur  100  ©ulben  erhalten,  bag  Kolleg  mirb 
non  fjarter  2lrmut  gebrücft ;  ber  SBifdjof  möge  bie  Kammer  anmeifen,  menigfteng 
etmag  bem  tft'olleg  ju  §ilfe  ju  fommen2.  £ro|bem  berirfjtete  er  Slnfang  1647  bem 
Qürftbifdjof:  Qn  menigeit  Söodjen  mirb  ber  Cursus  philosophicus  abfoloiert,  bie  in 
Rhetorica,  Logica  unb  Physica  fid)  befinbenben  ©tubenten  finb  aber  mehrenteilg 
entfdjloffen,  an  anbern  Orten  auf  bie  Unioerfitäten  fid)  ju  begeben,  meilen  fie  fyex 
feine  Promotionem  ad  Magisterium  ju  erlangen  ner meinen,  bafjer  id)  forge,  eg 
mödjte  bag  angefangene  Studium  philosophicum  in  ^ürje  mieber  gan^  erliegen3. 
Unb  bem  23amberger  $an^ler  äRertlodj  fcfjrieb  er  um  biefelbe  ßeit:  Qd)  ^abe  (bem 
®efan)  geantmortet,  baff  mir  für  ben  21ugenblid  feine  meiteren  2(nfprücf)e  madjeit 
al§  unfere  bisherigen  23ejüge,  erft  nad)  9tüdfef)r  beg  Qriebeng  unb  beg  früheren 
2ßof)Iftanbeg  fei  ben  ißrofefforen  ein  angemeffeneg  Honorar  ju  bejahten4. 

211g  eg  fid)  um  bie  SOlobalitäten  ber  ©tiftunggurfunbe  ^anbelte,  fteHte  ©petl) 
bem  ^anjler  nor:  £)er  ^roningial  mit  feinen  ^onfultoren  münfdjt,  baff  in  ber 
Qunbationgurfunbe  bie  2(mter  beg  Üfeftorg  unb  beg  Äanjlerg  ber  ©efellfd)aft  über* 
tragen  merben,  unb  jmar  um  mit  größerer  9Mje  unb  größerem  (Srfotg  bie  afabemifcfje 
5£)ig3iplin  §u  magren.  SDiefe  leibet  oft  barunter,  menit  ber  9feftor  ben  Qefuiten 
menig,  ben  ©tubenten  feljr  gemogen  ift;  ferner  fjanbelt  eg  fich  nur  um  unfere  ©djüler, 
bie  nur  ung  untermorfen  finb;  enblich  merben  oielfad)  auf  ben  beutfdjen  21fabemien 
biefe  21mter  oon  ung  üermaltet,  fo  in  ©raj,  ©düngen,  i^aberborn,  Sülolgljeim,  Olmüp, 
felbft  auf  ben  Unioerfitäten  fßrag  unb  ^ont*a=9ftouffon  finb  unfere  fßatreg  9teftoren 
unb  ^an^Ier.  Qu  2öür§6nrg  fönnen  mir  faum  einige  Prälaten  geminnen,  befonberg 
oon  ben  ©omherren,  baf)  fie  bag  21mt  beg  9feftorg  übernehmen,  bemt  23rot  gibt’g 
babei  nicEjt  gu  Oerbienen5. 

liefen  SSünfdjen  mnrbe  in  ber  ©tiftunggurfunbe  oom  14.  9ioüember  1647 
entfprodjen.  ©er  23ifd)of  Ijebt  befonberg  fjeroor:  @g  ift  ung  mofjlbefannt,  melcfje 
angeftrengte  ^ätigfeit  fomof)!  an  anbern  Orten  beg  cfjriftlidjen  ©rbfreifeg  alg  aud) 
in  biefer  unferer  ©tabt  bie  Dteligiofen  ber  (Sefellfdjaft  Qefu  bigf)er  entfalten  fomol)! 
burcf)  ifjre  ißrebigten,  ihren  Unterricht  ber  Qugenb  in  ben  ©djulen  unb  ®ated)efen 
alg  aud)  burd)  alle  anbern  21rbeiten  ber  CEaritaS 6.  23ereitg  am  14.  ©ejember  1647 
nahm  ßarrafa  bie  ©tiftung  an 7.  Um  bie  faiferliche  Sßeftätigung  ju  betreiben,  reifte 
P.  ©peth  Frühjahr  1648  nach  s^Pra9-  ®ie  Slugfertigung  erfolgte  am  20.  2(pril  1648 8, 
einige  SDionate  fpäter,  am  18.  Quli,  bie  päpftliche  23eftätigung 9. 


1  Sie  Driginatforrefponbenj  über  bie  ©rün* 
bung  ber  2lfabemie  findet  ficf)  int  Samberger 
®reii?ard)iO  £.  451,  ga3ä.  4.  Acta  Universitatis 
Bamberg.  1646—1649. 

2  *  Original  in  Samberg,  21.  2lften  über 
bie  ^efuitengüter  1631—1657. 

8  228  eher  a.  a.  0.  101. 

4  *  Original  in  Samberg,  S.  21.  S.  451, 
ga§j.  4,  f.  12, 

5  ‘Original  ohne  Saturn  ebb.  S.  451,  ga§ä.  4. 

6  *  Original  auf  Pergament  ebb. ,  2. 

Srucf  bei  59t artinet,  (Stiftung  ber  Academia 

Ottoniana  (1847)  25  ff  unb  Sdjmitt,  ©efd). 


be§  ©rneftinifcben  tlerifalfemiuarä  51t  Sant» 
berg  (1857)  457  ff. 

7  ‘Original  auf  Serflament  m't  golbeucn 
Settern  in  Samberg,  21.  S.  451,  5a§ä.  2. 
Seilmeifer  Sruct  bei  59t  artin  et  a.  a.  0.  30; 
©djmitt  a.  a.  0.  476. 

8  *  Original  auf  Sergatncnt  mit  ©olbfdjnur 

unb  grobem  (Siegel  S.  451,  3.  Srucf 

bei  59t  a  r  t  i  n  e  t  a.  a.  0.  35 ;  (S  cb  m  i  1 1  a.  a.  0. 
465. 

9  *  Sibim.  Sergament  llrfunbe  S.  451,  3to§S-4. 
Sruct  bei  59t artinet  a.  a.  0.  32;  (Sdjmitt 
a.  a.  0.  469. 


Sorge  für  arme  Stubenten:  SerfdEjiebene  Slrteit  ber  llnterftüßung.  595 

2lm  1.  September  beSfetbcit  ^o^re§  fanb  bie  feierliche  Eröffnung  ber  Slfabemie 
unter  gropen  gefttidffeiten  ftatt.  Stfabemifdje  (Disputationen,  fßromotionen,  geft» 
reben,  geftfdjriften  unb  g-efttljeater  („(Die  fünf  Ottonen")  bitbeten  beit  äußeren 
Nahmen,  $iir  baS  tateinifdje  geftfpiet  mar  bie  Sühne  auf  Soften  ber  Stabt  auf 
öffentlichem  Sßtape  errichtet  morben;  oor  ber  Sühne  fprubelten  jmei  Springbrunnen 
2öein,  ein  geuermerf  am  Stbenb  bitbete  ben  Sdjtup L  (Die  Sortefungen  erftredten 
fidj  über  bie  gefamte  (ßhitofopfpe  unb  fdjotaftifdje  Xheotogic ;  festere  mürbe  oon  jmei 
^ßrofefforen  nach  ber  Summa  beS  \)\.  (DlfomaS  öorgetragen.  Schon  im  Qat)re  1649 
mirb  eine  gtänjenbe  (Disputation  aus  bem  fanonifchen  (Recht  ermähnt. 

(Rad)  ben  Consuetudines  ber  oberrheinifd)en  (ßroüinj  öom  ^alfre  1628  tefen  bie 
2  (ßrofefforen  ber  (Dtjeotogie  täglich  oormittagS  je  eine  Stunbe  mit  1/i  Stunbe 
(Repetition ;  bie  Casus  (äRoral) 
hören  bie  Stubierenben  beS  erften 
unb  jmeiten  ^apreS,  ^ebräifch  bie 
beS  jmeiteit  $at)reS,  Zeitige  Schrift 
bie  beS  britten  unb  öierten  QapreS. 

^n  ber  ^ßfjirofop^ie  finb  täglich 
jmei  Stunben  Sortefung,  bie  eine 
oormittagS,  bie  jmeite  nachmittags. 

(Der  ^Srofeffor  ber  griechifcfjcn 
Spradje  lehrte  morgens  in  ber 
(Rf)etorif  unb  nadjmittagS  in  ber 
Humanität 2. 

er 

(Die  meitere  ©ntmidtung  ber 
Samberger  Stfabemie  gehört  ber 
fotgenben  ^Seriobe  an. 

*  * 

* 

©in  alten  ©pmnafien  unb  Uni» 
oerfitäten  ber  ^efuiten  gemeinfamer 
ßug  ift  bie  tieöeüotte  Sorge  für 
arme  Stubenten. 

©egen  ben  Sorrourf  eines 
StnonpmuS,  bap  bie  ^efuiten  nur 
reidje  Schüler  ju  ihren  Sdjulen  ju» 
tiepen,  hebt  ©retfer  im  $ahre  1610 
heroor :  Schon  niete  Qaf)re  bin  id) 
im  Sefjrfacf)  tätig,  aber  immer  ^äfftte 
ich  mehr  ärmere  atS  reiche  Schüler3. 

Unb  Sapmann  fdjreibt  im  ^apre  1631 :  gaft  an  alten  ©pmnafien  unb  Stfabemien  unferer 
©efettfcpaft  gibt  eS  Slonüifte  für  arme  Stubenten;  biefe  Stubenten  merben  entraeber 
auS  ben  ©infünften  beS  ßottegS,  falls  bieS  mögtid)  ift,  ober  auS  Sttmofen  unb 
frommen  Legaten  unterhatten,  bis  fie  fo  meit  in  (ÜBiffenfdjaft  unb  Dugenb  auSgebitbet 
finb,  bap  fie  bei  ben  abeligen  ober  reichen  Stubenten  baS  Stmt  eines  Hauslehrers 
oerfefjen  fönnen.  Deshalb  fjut  in  ben  Äottegien  ein  (ßater  ber  ©efeflfcfjaft  nicht 
allein  für  ben  leiblichen  Unterhalt  biefer  armen  Stubenten,  fonbern  auch  für  ihren 
gortfdjritt  in  Stubien»  unb  ©harafterbitbung  Sorge  311  tragen.  Übrigens  gibt  eS 


1  2)a§  92äf)erc  bei  SBeber  a.  a.  D.  105  ff;  3  Gretser,  Haereticus  Yespertilio  (1610) 

ebb.  107  f  aud)  bie  geftfcfjriften.  146. 

2  *  Codex  Bamberg.  II  13  ff  27  ff. 


fei  o  r  ^fE 

Difpinarionis  Thcologicx  jg-pjj) 

DE.  ^ 

IlOMNIPR/ESENTIAll 

|||  ESSENTIAL!  DEI  |[g 

m  2  itijiofet  int  er  Caluinifla* 

Hollandi.i, 

M  PROPVGNATA  SCHOLASTI- 
ce,  InAcade  mia  Herb  i~ 

P  OL  ENS  I. 

P  R,  /£  S  I  D  E 

R.  P. 

Maximiliano  Sand&o 

E  SOCIET ATE  IESV,  SS  THEOL. 
DOCTORE,  PROFESSORE. 

A 

| M.  F.  Nicolao  Hoffman  S.  Ordinis gpjj 
CiftericenfisProfefToEB  erac  ENSI  jgCsJj 
j  SS  Thcologiat  Candidito. 

fl 

H  erbipoli  »Typis  Con.  Schwindtlauff  An.i6j6. 

s  V? 


Sffiürjbuvger  Süjefenaettel  1616  (5/8)- 


tcremiz  X XI II.  24. 
Calutn  &ttrram  Egoimplto. 


38 


596 


21d)te§  Sapitet.  ©tjmnaüen  unb  Umberfitäten. 


unter  biefen  ©tubenten  einen  Unterfcpieb:  bie  einen  erhalten  eine  regelmäßige  unb 
für  2lrme  pinreicpenbe  Unterftüßung;  bie  onbern  merben  ©pfpeftanten  genannt,  fie 
erpatten  ipre  DJapruitg  non  beit  übriggebtiebenen  ©peifen  unb  riicfen  nor,  menn  fie 
in  ben  ©tubien  unb  fittticper  Spaltung  Qortfdpritte  gemacht  paben.  Tie  Qapt  foldjer 
©tubenten,  bie  burcfj  bie  Qürforge  unferer  patres  unterhalten  merben,  ift  feb)r  groß ; 
für  fie  betteln  bie  patres  mie  für  bie  anbern  Firmen  Unterftüßungen  non  beit  fReidjen. 
Sei  ber  Sifitation  ber  Kollegien  pflegt  biefe  Qiirforge  ben  fßatreg  ganj  befonber§ 
empfohlen  $u  merben.  Um  ben  armen  ©tubenten  Nahrung  gu  nerfd^affen,  ift  in 
ben  meiften  Kollegien  ein  fßriefter  ber  ©efetlfdjaft  aufgeftedt,  beitt  non  2tmtg  megen 
biefe  ©orge  obliegt 1. 

Tiefe  Sepauptungen  Saßmamig  taffen  fidh  burch  eine  Qütte  non  ©in^etpeiten 
belegen,  Qreitid)  finb  mir,  mie  über  bie  caritatioe  Tätigfeit  ber  Qefuiten  überhaupt, 
fo  audj  über  ihre  Unterftüßung  ber  armen  ©tubenten  nur  mangelhaft  unterrichtet: 
eg  mar  eben  etmag  2ttttägtidjeg,  unb  über  bag  SXCttägliche  fdhmeigen  meifteng  bie 
Qapregbriefe  ebenfo  mie  bie  £>auggefd)icptett.  9?ur  bie  Tagebücher  ber  einzelnen 
©dhuten  ermähnen  bei  ihren  täglichen  ©intragungen  manche  ©in^ettjeiten,  meit  fie 
auf  bie  ©eftattung  ber  ©chuttage  ©inftuß  hatten. 

©o  enthält  bag  intereffante  Tagebuch  beg  ©mmeridjer  ©pmnafiumg2  eine  fReiße 
non  ©in^etheiten,  loetdje  bie  gerabeju  mütterliche  ©orgfalt  ber  Qefuiten  für  bie  bort 
fo  jahtreidpen  armen  ©djüter  bartun.  2Iußer  ben  häufigen  ©elbfpetiben,  bie  in  ben 
Staffen  an  bie  armen  ©tubenten  nerteitt  mürben,  forgte  man  audj  für  Sücper,  ^ßapter, 
©djupe,  ©trümpfe  unb  fReifegetb.  2tm  19.  Tejember  1618  merben  an  130  arme 
©tubenten  Sücper  nerteitt,  unb  am  fetben  Tage  mirb  für  136  ©djüter  non  nier 
©dpuftern  bag  3Raß  genommen  für  ©dputje.  Qm  Qapre  1621  peißt  eg  jum  9.  ge» 
bruar :  Unter  bie  2(rmen  (©tubenten)  mürbe  ©etb  nerteitt,  nom  Kolleg  mürben  3  9Ratter 
©etreibe  für  bie  brei  2trmenburfen  gefpenbet;  unb  jum  29.  September:  Tie  Sücper 
mürben  an  bie  2Irmen  nerteitt.  Stm  17.  ÜRonember  1630  mürben  ben  armen 
©tubenten  Sücper  nerteitt,  unb  in  ber  tRpetorif  unb  Humanität  erpiett  jeber  2  Such 
guteg  Rapier,  in  ben  übrigen  Staffen  ein  Such-  Qm  fetben  Qapre  27.  97oüember: 
©g  mürbe  bag  9Raß  für  bie  ©cpupe  ber  Strmen  genommen;  am  22.  Tejember: 
Unter  bie  Firmen  mürben  26  Tater  nerteitt,  bie  Tiateftifer  erpietteit  15  ©tüber,  bie 
fRpetorifer  14  unb  fo  abgeftuft  bie  anbern;  29.  Tejember:  ©inigen  tränten  unb 
uotteibenben  2lrmen  mürbe  eine  außerorbenttidje  ©etbfpenbe  gereicht.  Tie  befonbere 
Unterftüßung  ber  erfrantten  unb  burd)  Unmetter  am  Settetn  in  ber  Otadjbarfcpaft 
nerpinberten  ©tubenten  mirb  meprtnatg  ermäpnt.  Qmei  ^a9e  0or  SSeipnadpten  1636 
mürben  an  42  2trme  neue  ©cpupe  nerteitt.  Tag  ftRaßnepmen  unb  bie  Serteitung 
non  ©djupen  an  ca  50  ©tubenten  mirb  in  ben  fotgenben  Qapren  faft  regelmäßig 
ermäpnt.  2Iudj  bie  Serteitung  noit  Strümpfen  erfotgte  attjährticp.  2t m  23.  ÜRo* 
nember  1645  peißt  eg:  2Ran  taufte  Tucp  für  bie  ©trümpfe  ber  armen  ©tubenten. 
Sei  ber  2tbreife  erpietten  bie  ©tubenten  fReifegetb  (30.  September  1634),  unb  gtoar 
biejenigen,  bie  einen  längeren  2Beg  patten,  15  (?)  ©tüber,  bie  übrigen  bie  £>ätfte.  Ter 
Procurator  pauperum  patte  für  bag  fReifegelb  12  fReicpgtater  beftitnmt  (30.  ©ep= 
tember  1637).  Qm  Qapre  1647  bemerft  bag  Tagebudp  jum  8.  2lprit:  21m  ©rinn 
bonnergtag  mürben  in  ber  2lula  um  1  Upr  non  5  Herren  armen  fRpetorifern  bie 
Qüße  gemafdjen;  außer  einem  Trunt  Söein  unb  meißern  Srot  erpiett  jeber  1/2  fReidpg* 
tater.  Qm  fetben  Qapre  fdjenften  am  14.  Tejember  bie  fRonneit  non  ©t  2tgneg 
4  ß'örbe  Srot,  jeber  arme  ©djüter  erpiett  3  ©tüd;  am  22.  Tejember  mnrben 
100  ©tüd  SBeißbrot  nerteitt  ufm. 

1  Lay  mann,  Iusta  defensio  (1631)  2  *  Diarium  Gymn.  Embric.,  int  ©taatlardpö 

304  f.  5it  Siiffelborf,  Smmerid),  Qef.  37. 


Sorge  für  arme  Stuöcnten:  9Serfcf)iebene  31rteu  ber  Unterftügung. 


597 


®a3  STagebucp  be3  Kölner  3efuüengpmnafium3 1  erjäfjlt  jutn  ^a^re  1616: 
253eif)nacf)ten  mürben  Sttmofen  »erteilt  an  arme  ©tubenten,  40  ©pitofoppen  unb 
160  ©pmnafiaften ;  je  2  ©pitofoppen  unb  je  4  ©pmnafiaften  erhielten  1  ©rot  unb 
jeber  etron§  ©etb.  ®er  neue  ©tubienpräfeft  Stbam  ®afen  begann  fein  Stmt  S35ei£)= 
nacpten  1624  bamit,  bap  er  ben  ffteftor  um  SItmofen  für  bie  armen  ©tubenten  bat. 
©r  erfjielt  40  ©tafferb  unb  1  Gatter  ©etreibe,  au3  bem  60  ©rote  für  ebenfooiele 
©tubenten  gebacfen  mürben.  ©3  mar  eine  alte  ©itte  an  ber  Kötner  ^efuitenfcfiute, 
bap  tägticp  12 — 14  ©tubenten  oom  ©ater  ©eftor  um  12  Upr  ©rot  unb  ©uppe 

erhielten,  3m  ^apre  1623  »ermeprte  P.  ©cperen  bie  ©abe.  ^ebe  Sßocpe  gab  er 
1/2  937atter  ©etreibe,  au3  bem  21  ©rote  gebacfen  mürben.  SBegen  ber  Steuerung 
im  ^apre  1626  mürbe  bie  3flpf  ber  ©tubenten  auf  18  »ermeprt,  oon  benen  jeber 
aucp  ein  ©rot  erpiett.  SDiefe  18  maren  nur  au3  ber  ©pitofoppie  unb  ben  pöperen 
staffelt,  „meil  bie  ©cpiiter  ber  unteren  Staffen  fiep  meniger  fcpämen,  an  ben  Stüren 
ju  betteln".  Unter  ben  burepfepnitttiep  800  ©cpütern  ber  3efuiten  gab  eg  meift 
200  arme. 

$ür  bie  armen  ©tubenten  in  ©fünepen  „gab  e3  niept  menige  Hilfsquellen. 

Slbgefepen  Oon  ber  ©riüatmopttätigfeit,  üoit  ber  937 öglicpfeit ,  burep  Qnftruftionen 
unb  Hofmeifterftellen,  bnrep  ben  SDienft  eines  ©utfator3  feinen  Unterpalt  ju  finben, 

taten  aucp  bie  ^efuiten  unb  ber  §of  oiet.  3ene/  fepon  burep  bie  ©cputgetb* 

freipeit  ben  Sinnen  entgegenfamen,  üerabreiepten  auperbem  Seprmittet  unb  bare3  ©etb"2. 

Über  bie  einzelnen  ©eiepungen  entpält  ba3  93tüncpener  ®iarium3  manepe  Sin* 
gaben.  3um  H-  93iär§  1603  mirb  bemerft:  SDie  ärmeren  im  ©pmnafium  mürben 
üerfantmelt,  mit  2tu3napme  berer,  bie  im  Strmenfonüift  roopnen,  e3  fanben  fiep  gegen 
100;  ber  ©räfeft  »erteilte  unter  fie  12  ©utben.  Stpnticpe  ©etboerteitungen  merbeit 
päufig  ermäpnt4.  Stm  16.  fyebruar  1606  mirb  eingetragen:  @3  mürbe  burepgefept, 
bap  bie  armen  ©tubenten  für  ba3  Stbfcpreiben  Sopn  erpatten.  3m  3°Pre  1624 
maren  oon  1100  ©cpütern  infolge  ber  Steuerung  mepr  at3  bie  Hälfte  pilfsbebürftig 
(egeni).  Slucp  in  93tüncpeu  erpietten  bie  armen  ©tubenten  ©üeper,  für  beren  ©e> 
forgung  ein  eigener  Seprer  aufgefteüt  mar.  SDie  ©cpüter  mürben  angepatten,  bie 
©üeper  naep  ©ebrauep  jurüefjugeben  gemäp  ber  oon  ipnen  beim  ©mpfang  gegebenen 
©efepeinigung;  »or  ber  ©üefgabe  füllten  fie  fein  SIbgangSjeugniS  erpatten.  3m 
Stprit  1624  peipt  e3:  ©inige  »on  ben  armen  ©tubenten  fammetn  Sltmofen,  ba3 
nadp  bem  9Jtittageffen  an  bie  ©cpüter  ber  einzelnen  Staffen  »erteilt  mirb,  unb  jmar 
fo,  bap  einer  um  fo  mepr  erpält,  je  pöper  bie  Staffe  ift.  ©o  befamen  »on  ben 
gefammetten  27  ©utben  bie  ©ubimentiften  7,  bie  ©rammatifer  8,  bie  ©pntapiften  9, 
bie  fpumaniften  12,  bie  ©petorifer  15,  bie  Sogifer  18,  bie  Stpeotogen  24  ßreujer. 
SDie  ©ammter  erpietten  nebft  iprem  ber  SÜaffe  entfpreepenben  SInteit  noep  jeber 
30  ßreujer.  Stm  12.  97o»ember  1624  erpiett  jeber  arme  ©tubent  4  ©rote  („©eeten 
3etten")  unb  2  ^reujer.  3n  ber  ^'armoepe  mürbe  attjäprticp  ©etb  für  fie  ge* 
fammett.  Stucp  in  937üncpen  erpietten  bie  armen  ©tubenten  »on  ber  ©cpute  ©cpupe.  3m 
$apre  1647  maept  ber  ©räfeft  ben  ©intrag:  SDem  ©cpufter  pabe  icp  für  bie  ©cpupe 
ber  armen  ©tubenten  24  ©utben  20  ^reujer  bejaptt. 

3»  einer  Überfiept  über  bie  ©infünfte  unb  SIu3gaben  beS  $otteg3  »on  SDiüingen 
au3  bem  3aPre  1604  peipt  e3  unter  bem  Xitel  „Sttmofen" :  3um  anbern  mirb  möcpent* 
tiep  am  Sttmofen  »or  beS  S'ottegii  ©orten  auf  allerlei  arme  Seut  geben  20—30 
ßreujer,  item  pergebraeptem  alten  ©rauep  naep  ben  armen  ©cpütern  bei  bem  §afen 

1  *  Liber  consuetudinum  scholae  Colon.  S.  J.  3  *  Diarium  Gymn.  Monac.  Clm  1550. 

Köln,  Stabtarrfjib,  Uniberfität  605.  *  gm  gapre  1604  bettelten  bie  fßatvel  in 

2  33  alter,  2lu3  bem  Diarium  Gymnasii  S.  J.  SJtüncpen  1600  ©ulbeit,  um  bie  fRot  ber  armen 

Monac.  13.  Stubenten  p  peben.  Flott o  170. 


598 


2ld)te§  Kapitel.  ©ptituafien  lutb  Uniberfitäten. 


neben  ben  übriggebliebenen  ©peifen  aucfj  täglich  gmeimal  bie  9cotburft  23rot  in  bie 
©uppen  gereicht,  mirb  affo  bieg  Sllmofen  jährlich  angefcfjlagt  auf  60  ©ulben5. 

Qn  SSien  mar  eg  P.  Santormaini,  ber  fid)  mit  Siebe  ber  armen  ©tubenten 
annahm  unb  al§  Oberer  beg  $J3rofej3haufeg  eine  befonbere  Orbnung  für  bie  ©peifung 
ber  armen  ©tubenten  feftftellte,  bie  bann,  einige  $af)re  fpäter  (1635)  non  bem 
^rotüngial  ©umereder  beftätigt,  für  lange  $eit  mafjgebenb  blieb.  33or  allem  oerbot 
er,  bie  armen  ©tubenten  für  bie  ©peifung  arbeiten  gu  laffen;  bag  fei  fein  Sllmofen 
mef)r.  ®ann  forgte  er  für  au§reid)enbere§  (Sffen.  ©in  ißater  mufjte  bafür  ©orge  tragen 
unb  felbft  in  bie  $iidje  unb  an  bie  Pforte  gefjen,  um  nadj  bem  Rechten  gu  fef)en. 
Slug  Siüdficht  auf  bie  befferen  ©tubenten,  bie  ficf)  fdfämten,  oor  ber  £üre  auf  bag 
Sllmofen  gu  rnarten,  befahl  er,  fie  in  bag  £)aug  eingulaffen,  bamit  fie  bort  märten 
fönnten.  311g  9caf)rung  oerorbnete  er  marrne  ©uppe,  etmag  fyleifd),  eine  meitere 
©peife  unb  23rot  für  einen  £ag.  ©tatt  beg  einen  großen  fyamilienbroteg  für  alle 
Slrme  lief)  er  gm  ei  eigeng  für  bie  ©tubenten  geben.  Sin  ben  Slbftinengtagen  muffte  eine 
eigene  ©peife  bereitet  unb  bagu  eine  bide  ©uppe  gegeben  merben.  ßumeilen  füllten 
fie  auch  Rapier,  etmag  ©elb  gur  33ejaf)lung  ber  SDfiete  unb  an  fjofjen  gefttagen  eine 
befonbere  gleifdjportion  erhalten1 2. 

$n  ©rag  mürben  täglich  an  ber  fßforte  beg  ^ollegg  56  arme  ©tubenten  ge» 
fpeift,  mogu  bie  ©elbmittel  burd)  ©ammlungen  aufgebracht  mürben.  Qn  ben  Slnnalen 
beg  ©rager  ^oKegg  mirb  gutn  Qiahre  1631  gelegentlich  ber  Softorpromotion  beg 
©tubenten  Qoljann  üDlüngburger  folgenbeg  berichtet:  Slug  niebrigen  unb  bürftigen 
S5erl)ältniffen  fdjmang  er  ficf)  bitrc^  SBiffenfdjaft  unb  ©harafter  gu  ben  ^öc^ften 
SBürben  empor.  9?  ad)  abfoloierten  ©tubien  mürbe  er  Slboofat,  nach  einiger  geit 
9fat  ber  inneröfterreichifdEjen  Regierung,  SRegierunggpräfibent  unb  §offangler  gu  ©rag 
unb  alg  foldfjer  in  ben  greifjerrnftanb  erhoben.  Q3ei  all  biefen  31uggeid)nungen  be* 
mährte  er  eine  feltene  23efd)eibenheit.  ÜUian  erzählt,  bafj  er  gu  SOifcf)  feinen  ©äften 
aug  einem  irbenen  Köpfchen  in  filberner  ©infaffung  gugutrinfen  pflegte  mit  ben 
SBorten:  Qn  biefem  £opf  ftedt  mein  ©liid.  SUg  ich  @d)üler  ber  ©rammatif  mar, 
habe  ich  mir  bamit  an  ber  Pforte  beg  Qefuitenfollegg  täglid)  meine  ©uppe  geholt3. 

Slrmenbibliothefen,  b.  h-  53ibliotl)efen,  aug  benen  bie  armen  ©tubenten  ihre  ©cfjul» 
bücher  erhielten,  mürben  faft  an  allen  ^efuitenfdjulen  errichtet  unb  ein  eigener  ißater 
mit  bem  Slmt  eineg  Bibliothecarius  pauperum  betraut4 5,  ^n  bem  Stmberger  ®ia» 
rium  mirb  gum  18.  Oftober  1633  notiert:  Seit  Sinnen  aller  klaffen  mürben  heuer 
gum  erftenmal  bie  ©chulbiicher  aug  ber  Slrmenbibliothef  gum  ©ebrauch  gegen  einen 
©mpfangfd)ein  unb  bie  95erpflicf)tung  gur  9iüdgabe  auggeteilt5. 

SDafj  bie  armen  ©tubenten  burd)  ©ingen  an  ben  £üren  ber  Käufer  (©affen» 
fingen)  ficf»  ihren  armfeligen  Unterhalt  erbettelten,  mar  eine  aug  bem  ÜRittelalter 
überfommene  ©inrichtung  unb  blieb  mie  an  ben  meiften  proteftantifdhen  ©d)ulen6, 
fo  audj  an  oielen  $efuitenfcf)ulen  beftehen.  ©o  hdfjt  eg  g.  53.  in  bem  Slmberger 
SDiarium  gum  23.  Slpril  1627 :  Unfern  armen  @d)ülern  mürbe  bag  Umfingen  in 
gmei  ©ingchören  in  ber  oberen  unb  unteren  ©tabt  erlaubt,  um  Sllmofengelb  in  einer 


1  *  Original  in  9Jt.  91.,  Jes.  1001. 

8  Ratio  stud.  IV  245  ff.  ®af?  Samormaini 
ber  Verfaffer  ift,  gel)t  au§  ber  *VitaP.  G.  La- 
niormaini  Ijerbor. 

3  sp  ein  lief),  ißrogr.  1870,  44  24. 

4  Vgl.  bie  *Catal.  Rhen,  unb  Germ,  sup., 
3-  58.  £iilbe§heint  1633,  Äonftanj  1639  u.  1640. 

5  9tijner,  ülmberg  69.  Surcp  Xeftament 
üom  3al)re  1629  ftiftete  ber  Vamberger  SBeih* 
bifchofffförner  eine  jährliche  9tente  oonl0@ulben, 


für  welche  bie  gefuiten  al§  Seiter  be3  ©put» 
nafinmS  jährlich  oor  ber  {Eröffnung  ber  Schulen 
Schulbücher  3ur  Verteilung  an  bie  ärmftett 
©tubenten,  weldje  fid)  biefelben  nicht  anberS« 
woher  oerfchaffen  fönneit,  laufen  follten.  ®a§ 
Sapitat  oon  200  ©ulben  tonrbe  am  30.  ®e,3. 
1630  befahlt.  Vamberg ,  Krei3ard)io  ,  gadj. 
Hospitium  Marianum. 

G  Vgl.  fiaemmcl,  ©efd).  beS  Seliger 
Sd)ulwefen§  86. 


(Sorge  für  arme  (Stubenten:  2Serfd)iebene  Slrten  ber  llnterftüpung. 


599 


öerfd^toffcnen  Büdjfe  einjufammeln,  melc^eS  bann  ber  'pater  ©djulpräfeft  monatlich 
unter  fte  verteilen  füllte1.  ©djmierigfeiten  non  feiten  be!  Magiftrat!  üeranlafjten 
im  $aljre  1624  in  Mündjen  ein  erneute!  Verbot  be!  ©affenfingen!2. 

An  ber  ju  Arnberg  gefjörenben  fteinen  ©cfjule  in  ÜBeiben  naljm  ficf)  P.  Balfterer 
at!  ein  maljrer  Bater  ber  armen  ©djiiler  an.  ®a!  333eibener  Diarium  macfjt  fofgenbe 
Angaben.  Am  29.  Märj  1638  mürbe  ein  Bkifettfnabe  unterftüpt,  um  ein  £>anbroerf 
51t  lernen;  am  12.  April  erhielten  bie  armen  ©djüler  Kleiber.  Am  14.  Oftober 
fepte  man  mit  bem  ©djufter  ben  Prei!  feft  für  bie  Anfertigung  ber  ©djitlje  für 
bie  armen  Alumnen,  bie  in  einem  eigenen  £)au!  mofjnten.  Am  3.  ®ejember  erbettelte 
man  ba!  £udj,  ba!  man  aKjäfjrlidj  beit  Alumnen  gab3.  ®a!  Alumnat  erfjielt, 
mie  P.  Munbbrot  feftgefefct,  aKjäfjrlidj  üott  ber  Befiben^  ein  gaf;  SBein  non  4  ©intern. 
Ant  1.  $uni  1639  fant  ber  ©djneiber  öott  Bergfem,  um  bie  Kleiber  ber  Alumnen 
unb  ber  anbern  armen  Knaben  ju  flicfen.  ©in  Alumnu!,  ber  bie  ©tjntaj  abfolüiert, 
reifte  7.  ©eptember  1639  in  Begleitung  eine!  Pater!  nadj  Arnberg,  um  bort  feine 
©tubien  fortjufe^en.  ©r  erljielt  üott  ben  Patre!  3  SDufaten,  ber  Beftor  non  Arnberg 
gab  täglid)  ©uppe  unb  Brot  tont  Kolleg.  SDiefer  Alnmnu!  fjatte  fidj  unt  un!  fefjr 
üerbient  gemadjt  bttrdj  Unterridjt  ber  fleinen  Knaben  unb  burdj  $odjen  in  ber 
ßüdje,  ma!  er  gut  terftanb.  Am  22.  Oftober  1639  mürbe  Seber  gefauft  für  bie 
©cfjufje  ber  Alumnen,  ^m  nädjften  Qafjr  (22.  Auguft  1640)  fommt  mieber  ber 
©djneiber,  unt  für  bie  Alumnen  unb  bie  anbern  armen  ©tubenten  bie  Kleiber  ju 
flicfen  4. 

£$n  mannigfadjer  SBeife  fudjten  bie  ^efutteit  bie  nötigen  Mittel  jur  Unterftüpung 
ber  armen  ©tubenten  aufeubringen.  Manche  bebadjten  bei  ben  Berjid)tleiftungen 
auf  ifjr  Bermögen  befonber!  bie  armen  ©tubenten.  P.  ©eorg  Reifer  au!  Söeibenau 
beftintmte  am  6.  Oftober  1615  ju  ©la|  „allen  feinen  erblichen  Anfall  unge^muttgen 
unb  ttngebrungen  au!  fonberlidjem  Affeft  gegen  bie  armen  ©tubenten  bem  aüfjier  gu 
@la|  non  unfern  Patribus  neuerlich  aufgeridjteten  Seminario".  ©benfo  fdjenfte 
ber  Stegen!  ©fjriftopfj  SSeKer  am  5.  Märj  1616  fein  üäterlidje!  Bermögen  ton 
über  1000  ©ulben  bem  ©entinar  bafelbft5.  P.  fyegueli  gab  in  ben  breiiger  ^aljren 
bem  gmfpital  $u  greiburg  i.  ©d)m.  300  21aler  mit  ber  Berpflicfjtung,  au!  ben 
3infen  armen  ©tubenten  Brot  ju  reifen6. 

SSieberfjolt  brangen  bie  Obern  barauf,  bafj  alle  afabemifdjett  ©ebüfjren,  menn 
matt  fie  annefjmett  müffe,  für  arme  ©tubierenbe  termanbt  mürben.  ©0  fcfjreibt 
©arrafa  ant  4.  Auguft  1646  att  ben  ttieberrfjeinifdjen  Protiin^ial  Panfjaufj,  er  möge 
ftreng  barauf  galten,  baff  bie  afabentifdjen  f£)iftributionen  in  Höln  beim  Steftor  be* 
poniert  unb  für  bie  armen  ©tubenten  termenbet  mürben.  Unb  am  9.  Diooember 
1647  mafjnt  ©arrafa  ben  Mainzer  Steftor  ©eorg  Menpen:  $d)  billige  nidjt,  baff  in 
Matnj  unb  Söürjburg,  mie  idj  f)öre,  fleinere  ©elbbeträge  für  Promotionen  an* 
genommen  unb  für  bie  3mede  be!  §aufe!  öermenbet  merben.  Am  liebften  fäfje  id), 
menn  biefe  ©ebüf^ren  gänjlid;  fortfielen,  ma!  ben  ^onftitutionen  (P.  4,  c.  15,  §  4  u.  F) 
entfpredjenber  märe,  können  fie  aber  nidjt  umgangen  merben,  fo  füllen  fie  nidjt  für 
ba!  §au!  üermanbt,  fonbern  an  arme  ©tubierenbe  üerteilt  merben.  ®amit  bie!  mit 
größerer  Integrität  unb  ©rbauung  gefdjefje,  mögen  alle  bergleidjen  ©innafjmen  bei 
einem  ober  jmei  juterläffigen  ©tubenten  beponiert  merben,  bie  bann  nacfj  bem  Urteil 


1  fRijiter,  SImberg  G3. 

2  *  Diarium,  20.  9too.  1624. 

3  5)en  $au§(jatt  ber  Süumnen  beforgte  feit 

8.  Januar  1639  eine  SBittne.  Ein  $i§fantift, 

©oljn  be3  (Scf)ullef)rer§  in  Uteuftabt,  fang  am 

16.  Januar  1639  jur  fjkobe  roäfjrenb  be§  ©otteg* 


bien[ie§ ;  barauffjiu  erfjielt  er  bie  Slufnafpne  in 
ba§  SUumnat. 

4  *  Diarium  Res.  Weidensis  1638—1640. 
2?gt.  Kropf  I  423.  5  ©laper  ©tmnafial* 

trogr.  1832,  7  ff.  6  Berchtold,  Hist,  du 
Cantou  de  Fribourg  III  (1852)  30. 


600 


2ld)te3  Äapitel.  ©pmttaften  unb  Uniöerfitäten. 


ber  betreffenben  fßrofefforen  bie  Verteilung  oorneljmen.  Unfer  Soßn  foCt,  mie  unfer 
heiliger  Vater  ^gnatiug  jagt,  einzig  unb  allein  ©ßriftug  jein.  $E5a  icf;  für  Sollt  unb 
anbergmo  bieg  oerorbnet,  roünfcfje  id)  bagfelbe  audj  in  biefer  ^3rooin$  beobachtet  ju 
feljen  0  Vatb  barauf  mahnte  ©arrafa  am  18.  Januar  1648  ben  oberbeutfct;en  fßro= 
odi^ial,  nachbem  er  iljm  feine  greube  über  bie  gute  Orbengjucht  unb  ben  ©tubieneifer 
in  ^ngotftabt  auggebrüdt:  ®ag  fog.  Slrtiftengelb  ober  bie  afabemifdhen  Verteilungen 
münfdjte  id)  lieber  ganj  für  bie  Firmen  üermanbt  ju  feljen,  mie  ich  früher  gefd;rieben, 
afg  bah  audj  nur  ein  Steil  für  unfern  ©ebraudj  oermanbt  rairb.  ®ieg  entfpridjt  auch 
meljr  unferem  Qnftitut  unb  bem  ©eifte  unfereg  hei^9en  ©tifterg.  SDeghaib  foIX  fich 
ber  ißrofeffor  ber  fDJathemati!,  mie  eg  oiete  fßrofefforen  anbergmo  auch  tun,  f°  9ut  er 
fann,  mit  ben  fdjon  angefdjafften  Vüdjern  behelfen  unb  auf  beffere  $eiten  märten,  menn 
fich  bag  Kolleg  oon  ber  aitgenblidlichen  9?ot  erholt  hat  unb  anbere  anfdjaffett  fann1 2. 

Vielerortg  fameit  burdj  bie  Vemühungen  ber  jßatreg  größere  unb  fteinere  «Stif¬ 
tungen  ju  ©unften  ber  armen  ©tubenten  ju  ftanbe.  Ster  ÜDlünchener  ^räfeft  ^oh- 
Ijeiblberger,  ber  gang  unermiiblidj  in  ber  ©orge  für  bie  armen  ©tubenten  mar, 
fteXXte  1(527  ben  SIntrag  auf  ©rünbung  einer  gmnbation  für  arme  ©tubenten,  bie 
1628  getätigt  mürbe3. 

^n  ben  Qaljren  1601  unb  1602  üeranlaßten  bie  fßatreg  in  fßruntrut  mehrere 
Stiftungen  für  arme  ©tubenten.  SDer  Vifchof  fügte  jährlich  14  ©Reffet  ©etreibe 
für  Vrot  ben  früheren  gumenbungen  hmju.  Stag  Vrot  mürbe  auf  ber  (bifdjöflicfjen) 
Vurg  gebaden  unb  möchentlich  gur  ©djule  gebracht,  mo  bagfelbe  ein  fßater  unter 
bie  fleißigeren  ber  50  armen  ©tubenten  oerteilte.  SDafiir  mußten  bie  ©mpfänger 
täglich  eine  ©tunbe  ©efang  lernen  (cantum  tarn  figuratum  quam  choralem).  Stag 
Kolleg  felbft  gab  für  arme  ©tubenten  im  .jyahre  1602  100  ©olbftüde  aug.  ^nt 
^aljre  1610  mürben  groölf  arme  ©tubenten  in  einem  ipaufe,  mo  fie  auch  ÜDlufif 
lernten,  untergebracht4. 

P.  ©eb.  Dietrich  fcfjreibt  in  feiner  SReoifiott  beg  ^ngolftäbter  fö'ollegg  im  Qafjre 
1603:  Seil  bag  Kollegium  laut  ber  letzten  gunbation  gegen  oöllige  fftußung  beg 
ganjen  äftünfterfdjen  ©infommeng  etlidje  arme  Slitaben,  fo  ju  geiftlidjem  ©tanb  taug* 
lief),  auf  90?aß  unb  Seife,  mie  angeregte  gunbation  in  specie  ju  erfennen  geben, 
jährlid)  ju  erhalten  fdjulbig,  unb  ju  biefem  nüßlidjen  ^nftitut  unb  Vorhaben  neben 
bem,  mag  biegfallg  bag  Kollegium  jur  ©atigfaftion  feiner  Obligation  oon  bem  ©im 
fornmen  beftänbig  beputiert  unb  geeignet,  audj  etlidj  anbere  ©utXjergige  eine  foldje 
namhafte  ©umme  ©elbg,  fo  auf  jährliche  ßinfen  angelegt,  gefdjenft  unb  geftift,  baß 
allbereit  bag  oöllige  ©inlommen  ber  gemelten  Knaben  unb  Sllumnen  fiel)  jährlich 
auf  1000  ©ulben  erftreden  tut,  alfo  rnirb  biefe  Vermaltung  bem  Collegio  audj  ju 
oerrichten  anbefohlen.  Von  gemeltem  ©infommen  merben  anjeßo  in  allem  43  ißer» 
fouen  jährlich  unterhalten  mit  bem  llnterfdjieb,  baß  biejenigen,  fo  ^um  geiftlidjen 


1  *  0rig.=9leg.  Ad  Rhen.  $t)nlid)  an  bie 
ijlrolnnäiale  Dtterftebt,  29.  Sept.  1646,  unb 
.paniert,  23.  SJJoö.  1647,  ebb.  58gl.  ben  SSrief 
Oom  8.  gebr.  1648  unb  ben  SSrief  an  ben  neuen 
SRainser  9Jeftor  ©eorg  Sierborff  botn  20.  gebr. 
1649. 

2  *  Oriciinal  in  9K.  9!.,  Jes.  1373,  f.  103. 

gn  ber  Matricula  Collegii  Tlieologici  Ingoist. 

9D?.  ©.  III,  11  fyeijjt  e§  sunt  8.  guli  1648: 
A.  R.  P.  Generalis  Soc.  Iesu  scripsit  et  vo- 
luit,  ut  Pi’ofessores  eiusdem  Societatis  in 
theologicis  gradibus  suam  quotam  accipiant 
non  tarnen  in  suum  vel  Collegii  commodum, 


sed  in  bonurn  Pauperum  externorunr ;  ideo 
haec  res,  quae  etiam  in  aliis  Acade- 
miis,  ubi  Patres  Societatis  gradus 
co n feru nt,  practicatur,  hac  occasione, 
in  hac  Facultate  executioni  mandata  est  et 
tota  pecunia  in  Dominos  Professores  distri- 
buenda  in  quinque  partes  divisa  est  ad  nu- 
merum  Professorum. 

3  93  auer  a.  a.  0.  13.  2)ie  Stiftung  befielt 
nod)  beide. 

4  *Hist.  coli.  Pruntrut  1592—1724.  SSgl. 
Vautrey,  Hist,  du  College  de  Porrentruy 
20  f  31.  Flotto  58. 


Sorge  für  arme  Stilbenten:  3$erfcf)iebene  Slrten  bcr  Unterftüjjung. 


601 


©tanb  fid)  berbunben,  bereu  biefer  3eit  16  ftnb,  neben  ben  Beiträgen  zu  Sepaufung, 
|jolz,  Sidjt  eine  jieniltd;  gemeine  (gute)  $oft  fabelt,  meldje  ihnen  non  einem  baju 
bcftellten  meltlidjen  ©djaffner  nnb  ^oftperrn  täglich  gereicht  mirb.  f£>ie  anbern,  bie 
Zit  feinem  gemiffen  ©tanb  oerpftidfjtet,  laffen  fid)  mit  bem  Srot  nnb  täglicher  ©uppen 
unb  51raut  nad)  Gelegenheit  ber  .ßeit,  ttne  Sirmen  gebührt,  bocp  ohne  Mangel  be* 
gnitgen  nnb  haben  ihre  Wohnungen  in  ber  ©tabt  jeber  für  fich  felbft,  tnie  er  Ge* 
legenpeit  befommen  mag;  beren  finb  anjepo  27  ffein  unb  grofe1. 

einem  gleichfalls  bon  P.  f£)ietrid)  berfafeten  Gutachten  über  bie  finanzielle 
Sage  beg  ®oClegg  in  Sujern  bom  31.  Quli  1605  helfet  eS :  gür  bie  Unterhaltung 
armer  ©polaren  finb  ju  beftänbigem  (Sinfommeit  jährlich  laut  |jauptbrief  bon  1602 
bon  200  Gulbett  Kapital  jährlicf)  10  Gulben  ßinfen,  bie  bigper  allein  auf  einen  Knaben, 
melcher  bie  anberu  fingen  lernt,  berroanbt  morben.  ©onft  rcill  bie  eingenommene 
(Srfaprutig  genugfam  zu  erfennen  geben,  bafe  biel  gutherzige  ißerfonen,  bie  ju  foldpem 
SBerf  ber  Unterhaltung  armer  Knaben  gern  helfen  mürben,  borhanben,  menit  anberg 
bie  Unfrigen  aud)  bag  .Qprige  tun  unb  foldje  ißerfonen  bazu  redjt  ermahnen  unb 
antreiben  täten2. 

2lit  biefetn  (Srmapnen  unb  5Intreiben  liefen  eg  bie  ^efuiten  ju  feiner  $eit  fehlen, 
©omohl  im  Serfepr  alg  auch  in  öer  ißrebigt  ermunterten  fie  jur  Unterftüpung 
ber  armen  ©tubenten  auf.  ©o  forberte  P.  Georg  ßölberer  in  Sing  a.  ®.  am 
24.  Sluguft  1628  in  ber  ißrebigt  feine  gupörer  auf,  fidj  bocp  ber  armen  ©tubenten 
anzunehmen,  ©ogIeid)  nad)  ber  ißrebigt  fanbte  ber  ißrälat  bon  ©t  glorian  einen 
namhaften  Beitrag,  anbere  folgten.  Sorerft  fammelte  P.  ^öfterer  fieben  arme 
©cpüler  unb  forgte  für  ihren  Unterhalt,  ©d)on  im  Qapre  1631  fonnte  er  ein 
eigene»  fpaug  für  fie  faufen 3.  (Siner  ber  beften  Orientaliften  feiner  „Beit,  ber  am 
2.  ÜJiai  1648  zu  SD^aing  berftorbene  P.  Saltpafar  (Spei,  bermanbte  40  $apre  pinburdj 
alle  ÜDliipe  barauf,  Sllmofen  für  bie  armen  ©tubenten  zu  fammeln  unb  Stiftungen 
ZU  beranlaffen,  um  bie  ©tubenten  bon  ben  Subimenta  big  zur  Sollenbung  ber 
ißpilofoppie  mit  Kleibern,  Siicpern  unb  Gelb  zu  unterftiipen.  Gr  erlebte  bie  ffreube, 
bafe  biele  tiidjtige  SDtänner  in  ^tirefje  unb  ©taat  ipm,  bem  Pater  pauperum,  für 
biefe  Unterftüpung  ftetg  ein  banfbareg  Slnbenfen  bemaprten4.  ®em  in  Sluggburg 
am  16.  2(pril  1616  berftorbenen  P.  ätfattpiag  ffrid  gelang  eg,  eine  fo  grofee  ©umme 
für  bie  armen  ©tubenten  zufammenzubetteln,  bafe  fie  fepon  halb  einen  jährlichen 
ging  abrnarf5. 

©epr  nacpbrüdlid)  napm  fiep  ber  Sftüncpener  ^ofprebiger  ®repel  ber  armen 
©tubenten  an.  Seim  Sllmofen,  fo  fagt  er,  foll  man  and)  befonberg  borgiepen  epr* 
lidje,  arme  Jünglinge,  bie  ftubieren.  9Jian  pat  ztuar  Slrmenpäufer  (^onbifte),  man 
fammelt  Gelb  für  biefe  Slrmcn,  man  teilt  ipneit  Sllmofen  unb  (Sffeit  aug,  nieptg* 
beftomeniger  finben  fidj  fepr  biele  junge  ©tubenten,  benen  aud)  bag  fcpimmligfte 
Srot  nit  allzeit  zufommt,  bie  ®opf  genug  paben,  aber  fein  Gelb,  etmag  zu  lernen, 
©olcpe  Jünglinge  follten  fünftig  zu  grofeen  Seuten  merben,  auep  bem  allgemeinen 
SBefen  niiplicp  borftepen,  aber  bie  böfe  Slrmut  pält  fie  ab  bon  ben  ©djulen.  .  .  . 
Unb  fürmapr,  man  foll  biefen  bor  bielen  aubern  pelfen ;  anbere,  fo  unleprfam  unb 
tölpifcp,  bie  parte,  unfüglicp  bumme  fö'öpf  paben,  mag  man  pinter  ben  ißflug,  zu 
bem  ©cpufterleiften,  auf  ben  SBeberftupl  unb  in  ben  Ä'rieg  meifen.  Slber  bu  rairft 


1  *  Original  in  9)t.  9t.,  Jes.  1537,  9tr  20. 

2  *  Original.  Informatio  rer.  temp.  Luc. 
93t.  9t.,  Jes.  1727. 

3Insprugger,  Austria  rnappis  geogra- 

phicis  distincta  II  (1728)  106  f. 

*  *Hist.  coli.  Mogunt.  1645 — 1648. 


5  *Hist.  coli.  August.  1616.  3al)re 

1622  fjeifet  e§:  Sn  ber  großen  Steuerung  bet* 
telten  bie  Sefniten  fo  oiel  Selb  unb  (betreibe 
jufammen,  baß  fie  34  Stubenten  unterhalten 
fonnten. 


602 


2ld)te§  Kapitel.  ©pninafien  unb  Ititiüerfitäten. 


eintoenben :  ©olcpe  jungen  werben  enttoeber  ftof§  ober  laufen  baüon,  toentt  eS  tpnen 
toopl  gept.  ®arauf  anttoorte  id;:  SBeSpalb  baS  Sllmofen  nid^t  übel  angelegt  ober 
oerloren  wirb.  SBieoiel  gttngen  lernen  bet  fpanbtoerfern,  bie  fiel;  enttoeber  übel 
galten  ober  nit  auslernen.  gum  aubern  toirft  bu  eimoerfeit:  ®aS  ©tubieren  jit 
©nb  bringen  loftet  fepr  öiel,  unb  jebermamt  fcfjeut  fiep  baoor.  ®aS  toiberleg  i d) 
alfo:  ©S  ift  boef)  ein  gar  geringer  Unfoften,  ber  auf  einen  angepenben  ©tubenten 
oertoenbet  toirb.  SDenn  tuenn  er  pernaep  ju  pöperen  klaffen  geftiegen,  toirb  er  fiep 
burdf)  eigenen  gleifj  Reifen.  SBieoiele  fürtreffliefje  Seut,  ©tabtfdjrciber,  SDoftoren  ber 
Slrjnei,  ber  Stecpte,  ber  ^eiligen  ©djrift,  Söeipbifdjöfe  fennen  mir,  bie  oor  ben 
Raufern  pflegten  ju  fingen,  bap  fie  einen  geller  ober  Siffen  SrotS  erlangten,  ©ie 
finb  gtoar  jutoeilen  toenig  battfbar  gegen  bie,  ba  fie  eS  billig  fein  füllten.  $odj 
ift  nichts  baran  gelegen,  dergleichen  fod  unfere  ©uttätigfeit  nidfjt  abfdjreden,  baS 
nimmt  ber  SBürbe  beS  SllntofenS  nidjtS.  gum  britten  toirft  bu  eiumerfen :  gcp  gib 
in  ben  Kircpett.  Unb  toer  ftraft  bieS?  über  bodj  foll  man  oielmepr  bie  lebenbigen 
al§  bie  leblofen  Stempel  beforgen 1. 

Um  Xln§uträglicf)feiten  oor^ubeugen,  gab  eS  an  mattdjen  gefuitenfdjulen  für 
gulaffung  unb  Unterftüpung  ber  armen  ©tubenten  befonbere  Regeln.  ®ie  Siegeln 
für  bie  armen  ©polaren  beS  KodegS  ju  üugSburg  öom  gapre  1609  beftimmen 
folgenbeS.  Sei  ber  gulaffuttg  foll  grope  üuStoapl  getroffen  rnerben,  fotoopl  toaS 
©parafter  als  Talent  unb  gröntmigfeit  betrifft,  gaprenbe  ©änger  opne  3eu3niffe 
oerfpreepen  toenig,  toie  bie  ©rfaprung  lehrt.  ©S  toirb  Steife  für  bie  oberfte  ©ram» 
matif  oerlangt.  Sei  Kenntnis  ber  SJlufif,  bie  too  möglicp  alle  oerftepen  füllen,  fann 
pieroon  biSpenfiert  toerbett.  Untoürbige  bürfen  nicht  toeiter  unterftüpt  merbett.  ®ie 
toenig  üuSfidjt  auf  gortfepritt  geben,  merbeit  in  ben  ©uatemberjeiten  entfernt;  bie 
mepr  als  jtoei  gapre  in  berfelben  klaffe  fipen  bleiben,  füllen  auf  feinen  gad  länger 
gebulbet  toerben.  Um  bem  Sagabunbieren  gu  fteuern,  müffen  alle  fiep  fcpriftlicp 
oerpfliepten,  oor  üblauf  eines  gapreS  opne  getoidptigen,  oottt  P.  Sieftor  gebilligten 
©ruttb  bie  ©cpule  niept  ju  oerlaffen.  diefe  Serpflicptung  toirb  alljäprlitp  erneuert, 
©ie  toopnen  ju  gtoei  ober  oier  bei  anftänbigen  fatpolifdpen  Siirgern  naep  üntoeifung 
beS  ürmenpräfeften.  Släd)tlid)eS  Umperfcptüürnien,  SBirtSpauSbefud),  uuanftänbige 
©piele  unb  drinfgelage  fotoie  fdplecpten  Umgang  müffen  fie  meiben.  deiner  barf 
in  ber  ©tabt  an  ben  Stüren  für  ülmofen  fingen  ober  auf  anbere  SBeife  betteln  opne 
auSbrücflicfie  ©ettepmigung  beS  ürmeitpräfeften;  fie  foden  jufrieben  fein  mit  bem 
ülmofen,  baS  fie  toöcpentlicp  erpalten.  ©hier  oon  iptten,  ber  ©änger  ift,  foll  bie 
übrigen  an  allen  ©onn»,  geiertagen  unb  fonftigen  freien  Stagen  eine  ©tunbe  lang 
im  ©efang  üben,  nadjmittagS  um  2  Upr,  bei  biefer  Übung  müffen  ade  erfdjeinen 
unb  geporepen.  die  Südjer,  bie  ipnett  auS  ber  ürmenfifte  gegeben  toerben,  füllen  fie 
rein  unb  ganj  palten,  bamit  fie  fpäter  audp  noep  anbertt  bienen  föttnen;  bei  iprem 
äöeggang  müffen  fie  biefelben  getreu  bem  ürmenpater  jurüdgebett.  üde  merben 
fiep,  fomeit  bieS  ipr  ülter  geftattet,  ber  ÜDlarianifcpen  Kongregation  anfcpliepen  unb 
monatlicp  ober  aud)  öfter  bie  peiligett  ©aframente  empfangen.  SSlorgenS  ttadj  bem 
üufftepen  oerrichten  fie  baS  SJlorgengebet  toäprenb  einer  Siertelftunbe  fnienb,  unb 
abenbS  madjen  fie  eine  Siertelftunbe  ©etoiffenSerforfdjung.  gür  bie  lebenben  unb 
üerftorbeneit  SBopltäter  beten  fie  täglich  ben  ^ßfalm  Miserere,  baju  ©antStagS  bie 
üderpeiligenlitanei  unb  jebe  Söocpe  brei  Siofettfrättje. 

üttep  ber  pier  genannte  ürntenpräfeft,  getoöpnlicp  Pater  pauperunr  (Sater  ber 
armen  ©tubenten)  genannt,  patte  feine  eigenen  Siegeln.  Sor  adent  toirb  ipm  brittgenb 
ans  fperj  gelegt  grope  Siebe  unb  Sarmperjigfeit  gegen  feine  ©cpupbefoplenett.  Sieben 


1  Drexel,  Opera  omnia  germ.  1645,  II  467. 


Sorge  für  arme  Stubcnten:  Slrmettorbnuitgen. 


603 


ber  ©orge  für  ihre  materielle  Unterftüßung  fod  er  fid)  befonberS  beren  fortfcßritt 
in  SSiffenfchaft  unb  frömmigfeit  angelegen  fein  laffen.  ®en  einen  ©djlüffel  für  bie 
Slrmenfaffe  oerwahrt  er  felbft,  ben  anbern  ißr  auswärtiger  fßrof urator ;  biefent  wirb 
er  bie  ju  teiftenben  gewöhnlichen  unb  außergewöhnlichen  fafjlungen  anweifen.  Sitte 
Quatember  forbert  er  Don  bem  ©chaßmeifter  fRechenfcfjaftSablage  für  (Einnahme  unb 
SluSgabe.  Slußer  ben  priüaten  Mahnungen  foll  er  monatlich  eine  gemeiufame  (Er« 
ma^nung  galten1. 

SBieberhoIt  würbe  aud)  bie  frage  Derhanbelt,  ob  eS  beffer  fei,  bie  armen  ©tubenten 
in  einem  §aufe  jufammenwobnen  ober  ben  getrennt  in  einzelnen  Raufern  SBoßnenben 
wöchentfidh  ober  monatlich  eine  ©elbunterftüßung  jufommen  ju  laffen.  Slm  2.  ©ep« 
tember  J601  fdfrieb  bariiber  ber  Sujeruer  dfeftor  Slbam  ©traub  an  ben  ißrotiin^ial 
ÜiofephiuS.  P.  f obofuS  will  ben  Pfarrer  ju  feiner  Meinung  sieben,  ber  Pfarrer  bot 
aber  folgenbe  ©egengrünbe:  (ES  tarnt  fein  §auS  errietet  werben,  ohne  baß  bie  ©ad)e 
an  beibe  ©enate  fommt;  man  wirb  flogen  über  neue  £>äufererwerbungen  burcb  bie 
fefuiten.  (ES  ift  audb  fein  £>auS  oorßanben;  bnrcb  Slnfauf  wirb  bie  £>älfte  beS  ge« 
fammelten  ©elbeS  öerbraudbt.  ©inen  paffenben  §auSoater  ju  finben,  wirb  fdfwer 
fallen.  Steine  (beS  dfeftorS)  ©egengrünbe  finb:  ®aS  fufammenwohnen  fofcher 
©tubenten  macht  ungeheure  Slrbeit,  unb  wir  haben  gerabe  genug  Slrbeit.  Sludj  troß 
aller  ©orgfalt  unb  ©efcßidlichfeit  ber  Unfrigen  ift  feine  SiSgiplin  ju  halten.  (Ein 
einziger  ©tubent  fann  alle  adjt  bis  neun  Derberben.  SCRuh  einer  geftraft  werben,  wirb 
gleich  bie  Hälfte  aufrührerifch  unb  erfüllt  adeS  mit  Klagen.  Seben  fie  getrennt,  ift 
eS  leicht,  ben  ©dfulbigen  ju  ftrafen.  SRirgenbS  erfährt  man  größeren  Unbanf  als 
in  folgen  Käufern,  fft  einer  aufgenommen,  fo  meint  er,  adeS,  was  ihm  umfonft  - 
gegeben  wirb,  gebühre  ihm  Don  9fedjtS  wegen,  ©o  werben  fie  unbanfbar,  meinen, 
man  fönne  fie  nicht  enttaffen.  ®ie  getrennt  Sebenben  fönnen  monatlidh  nach  ©ebüßr 
beljanbelt  werben,  inbent  bem  einen  mehr,  bem  anbern  weniger,  je  nadj  bem  betragen, 
gegeben  wirb.  Sßon  niemanb  ift  bie  ©efedfcßaft  mehr  angegriffen  worben  als  Don 
foldjen,  bie  fie  mit  Dieler  ©orge  unb  üdlüße  in  bergteidjen  Käufern  erlogen  hat.  33ei 
einem  größeren  Vergehen  wirb  alles  bem  £>aufe  ber  ©efedfdjaft  jur  Saft  gelegt,  unb  - 
feßr  leicht  fdhreitet  ber  ÜDfagiftrat  jur  Slufljebung  beS  §aufeS,  unb  bod)  fann  ein 
foldfeS  §auS  nicht  ohne  fftadjrebe  ufw.  aufgelöft  werben. . . .  ®er  Pfarrer  meint,  man 
folle  fo  Dorangehen:  SDie  Stngelegenßeit  wirb  Dom  SKagiftrat  ben  Sllmofenpflegern 
übergeben.  Siefe  fammeln  unb  Derteilen  baS  ©elb.  Unter  bie  armen  ©tubenten  foll 
niemanb  aufgenommen  werben  ohne  (Empfehlung  nuferer  Seffrer  unb  beS  ißräfeften. 
$er  ©tubienpräfeft  ober  ein  anberer  Don  bem  9feftor  bamit  Getrauter  foll  ein  ge« 
naueS  Sluge  auf  bie  armen  ©tubenten  haben,  inbem  er  monatlich  bie  d?ad)läffigeren 
ober  fleißigeren  ufw.  ben  Obern  melbet,  bamit  bie  Stlmofenpfleger  fich  banadfj  richten 
fönnen.  fit  feinen  fdanbbemerfungen  ju  biefem  93rief  fpradj  fich  ber  Sßroüinjial 
bafür  auS,  baß  bie  armen  ©tubenten  nid)t  in  einem  £>aufe  jufammen,  fonbern  ge« 
trennt  wohnen  füllten;  ben  SSorfcßlag  beS  Pfarrers  naßm  er  an2. 

Sin  SSorwürfen  gegen  bie  fefuiten  wegen  Unterftüßung  ber  armen  ©tubenten 
fehlte  eS  auch  in  biefer  3^*  nid)h  suweilen  gingen  ße  auS  Greifen  ßerDor,  bie  wegen 
ihrer  ©eburt  glaubten,  ade  Slmter  unb  SBürben  adein  beanfpruchen  ju  biirfen.  fn 
einer  ©djinähfcßrift,  bie  hanbfdjriftlid)  in  Orient  Derbreitet  würbe,  betont  ber  Ser« 
faffer  unter  anberent  auch  biefen  SSorwurf.  ®er  fReftor  beS  Strienter  ®odegS,  f  ofj- 
fJSaudin,  hob  in  feiner  Slntwort3  im  faßre  1642  ßerDor,  bie  Sinnen  Don  ben  ©tubien 

1  Köln,  Stabtarcbiö,  Jes.  8,  f.  347  f.  $rucf  Collegio  S.  J.,  Tridenti  conscripta  a  P.  Ioarrne 

in  Ratio  stud.  IV  236  ff.  Paullino  1642.  $ie  Sd)mäl)fcf)rift  All’  111“° 

2  *  Original  in  9J1.  31.,  Jes.  1731.  Consulato  di  Trento  Veridico  ossequio  liegt 

3  *  Original  ebb.  Jes.  2124.  Apologia  pro  in  Kopie  bei. 


604 


2l<fjte§  Sapitel.  (Stjmnafiert  urtb  Uniüerfitäten. 


auggufcpliefjen,  nur  bamit  bie  Keicpen  ftetg  bie  befferen  $läpe  unb  Erntet  erhielten, 
fei  eine  grope  Ungerecptigfeit  unb  oerftope  burcpaug  gegen  bie  ©runbfäpe  ber  cfjrift* 
licfjen  Siebe.  SSenn  bu  arm  märeft,  mollteft  bu  bir  ben  Zugang  gur  SBiffenfcpaft, 
Ämtern  unb  SSiirben  nidjt  oerfcploffeit  luiffen,  jept  alfo  fotlft  bu  alg  Slbeliger  ben 
Sinnen  ben  SBeg  nicpt  oerfcpliepen.  Sind)  roenn  e§  bir  einen  Kacpteit  brädjte,  paft 
bu  nicfjt  bag  Kedjt  bagu;  gubem  fann  bein  perfönlidjer  9?acfjteif  nic^t  gegen  ben 
großen  Küpen  für  bag  ©emeinmopl  unb  bie  größere  ©pre  ©otteg  auffommen.  SBarum 
füllten  alle  SBürben  auch  nur  bem  Slbel  offen  fiepen  ?  ©inb  bocfj  alle  Klenfdjen  aug 
bentfelben  Sepnt  gebilbet,  mit  bemfelben  göttlichen  Silbe  auggegeicpnet,  burcp  bagfelbe 
foftbare  Slut  erlöft.  Son  unten  ift  ber  Slbel  emporgeftiegen  unb  fann  mieber  pinab* 
fteigen,  unb  ebenfo  fann  ber  Sinne  gum  Slbel  emporfteigen.  ©g  ift  fdjöner,  fagt 
ißlautug,  geabelt  gu  merben,  alg  abelig  üon  ©eburt  gu  fein.  Unb  ©prtjfoftomug 
fagt,  beffer  fei  eg,  niebrig  geboren  berühmt  gu  merben,  alg  podjgeboren  niebrig  gu 
merben.  Sor  ©ott  gilt  nur  ber  Slbel  ber  Sugenb.  Slucp  bag  Seifpiel  ber  ®aifer 
unb  fßäpfte  geigt,  bap  man  bie  armen  ©tubenten  auf  febe  Söeife  unterftüpen  rnup. 
SSenn  Slrme  ben  Slbeligen  Slmter  unb  SBürben  nehmen,  toie  ber  Serfaffer  flogt,  fo 
finb  bie  Slbeligen  felbft  fcfjnlb,  benn  nur  ber  Seffere  unb  ©eleprtere  roirb  ipnen  üor* 
gegogen,  unb  bag  ift  fein  Unredjt.  Slug  ben  Keipen  ber  Slrmen  finb,  mie  bie  ©efcpicpte 
geigt,  grope  ©eleprte  perüorgegangen.  Sluch  ber  Stbelige  mup  arbeiten,  audj  er  ftammt 
üon  Slbam,  audj  er  ift  mit  ber  ©rbfünbe  bepaftet.  ®u  millft  bie  Slrmen  oon  ben 
©cpulen  nidfjt  augfd^Iiefgen,  aber  ben  .Qutritt  millft  bu  oerfperren.  ©ott  macpt  eg 
nicfjt  fo :  bie  golbene  ©onne  läfgt  er  fdjeinen  über  Keicpe  unb  Slrme,  ben  befrucptenben 
§immelgtau  fpenbet  er  beiben,  für  alle  pat  er  bie  ©rbe  erfcfjaffen,  in  gleicher  SSeife 
forgt  er  alg  Sater  für  Slrme  unb  Keicpe.  ®em  ©inmurf  gegenüber,  bap  aug  ben 
Slrmen  fcplecpte  ißriefter  perüorgegangen,  fragt  fßauHin:  §aben  nur  fofcfje  ^lerifer, 
bie  aug  bem  Solf  perüorgingen,  ein  fchlechteg  Seifpiel  gegeben?  SSirb  nicht  in  ber 
armen  Söopnung  bie  priefterlicpe  SBürbe  oft  beffer  gemaprt  alg  in  bem  ffßalaft  ber 
Slbeligen?  ^>at  nicht  ©priftug  felbft  gu  feinen  ißrieftern  unb  Sifcpöfen  arme  unb 
niebrig  geborene  SKänner  ermiiplt?  glätte  er  nicht  aucp  Stbelige  aug  föniglicpem 
Slute  berufen  fönnen?  S)ie  aug  ber  Keipe  ber  Slrmen  gum  ^rieftertum  ©mpor» 
geftiegenen  finb  meift  miffenfcpaftlicp  unb  fittlidj  beffer  oorgebilbet  unb  an  Slrbeit  unb 
©tubium  mepr  gemopnt. 

Sille  ©rünbe,  bie  fiep  für  bie  Unterftüpung  armer  ©tubenten  anfüpren  laffen, 
fapte  am  beften  P.  ©retfer  mit  ebenfo  oiel  Siebe  alg  Kacpbrud  gufammen.  $m 
^apre  1620  fiep  er  eine  25  ©eiten  umfaffenbe  Srofdjüre  erfepeinen  unter  bem  Xitel 
„®er  HJtäcen  ber  armen  ©tubenten,  ober  ©rünbe,  toarum  Jünglinge,  melcpe  bie 
Slrmut  oom  ©tubium  fernhält,  oon  frommen  Seilten  unterftüpt  merben  füllten."  Sor 
mehreren  Qapren,  fagt  er  in  ber  ©infüprung  (12.  SKärg  1620),  pabe  idj  auf  Dieler 
Sitten  biefen  „Klagen"  gefeprieben.  ®er  ©rfolg  mar,  bap  auf  oielen  Slfabemien  unb 
©tjmnafien  ber  ©efelffcpaft  eine  grope  $apl  armer  ©tubenten  freigebig  unterftüpt 
mürbe,  gum  großen  Küpen  für  bag  ©emeinrnopl.  $cp  fönnte  fepr  oiele  aufgäplett, 
bie  burcp  foldje  freigebige  Unterftüpung  gu  Scannern  üon  groper  grßmmigfeit  unb 
©eleprfamfeit  perangemaepfen  finb,  bie  jept  ©ott  unb  ber  ®ir<pe  auggegeiepnete  SDienfte 
leiften  unb  fomit  ein  beftänbigeg  Sob  für  ipre  Söopltäter  finb.  ®a  megen  ber  oiel* 
fachen  Kacpfrage  bie  fcpriftlicpe  Seroielfättigung  gu  müpfam  mar  unb  auep  manepe 
gepter  fiep  einfcplidjen,  mürbe  bie  SDrudlegung  für  niiplid)  eraeptet. 

Kacpbem  ©retfer  im  erften  Kapitel  bie  Unterftüpung  ber  armen  ©tubenten  alg 
fromm  unb  nüplicp  aug  bem  allgemeinen  Segriff  beg  SUmofeng  ermiefen,  geigt  er  im 
gmeiten  Kapitel,  bafj  biefe  Unterftüpung  gottmoplgefälliger  unb  nüptieper  fei  alg  jebeg 
anbere  Sllmofen.  giir  ©taat  unb  ^irepe  finb  fromme  unb  geleprte  SKänner  üon  ber 


(Sorge  für  arme  ©tubenten :  Slufmunterung  u.  ißerteibigung.  —  Sötufter  eineg  53ettelftubenten.  605 

größten  Sebeutung  nad)  bem  Spruche  beg  SBeifen:  „Siele  Söeife  finb  ba§  £>eif  ber 
©rbe."  @o  jefjr  ©ott  bag  Söopf  ber  $irdje  am  £>erjen  liegt,  fo  lieb  i[t  if)m  bie 
SBopftätigfeit,  mefdje  auf  Stänner  bermanbt  mirb,  bie  offne  Slfmofen  entmeber  ipr 
©tubium  nidjt  f)ätteu  anfangen  ober  nidjt  boffenben  fönnen.  Sfffe  Serbienfte  biefer 
ÜDfänner  fommeit  beneit  ju  gute,  mefcpe  ipnen  jum  ©tubium  berpoffett  pabett.  ©in 
gang  befonberer  Sopn  bei  ©ott  ift  ipnen  fidjer.  £>ier  gilt  ber  alte  @ap :  ®ie  Urfadje 
ber  Urfadje  ift  aucp  bie  Urfadje  beg  Serurfacpten 1.  SDurcp  bein  Sffntofen  bift  bu  bie 
Urfadje  beffen,  mag  ein  titdjtiger  Sfann,  ber  offne  bidj  nie  f)ätte  ftubieren  fönnen, 
jept  in  mistigen  Ämtern  toirft.  SSapr  ift  bag  SSort  STertutiiang:  ©eminn  ift  bie 
Sfuggabe  für  bie  grömmigfeit;  menn  bieg  für  jebe  $römmigfeit  gilt,  roie  bief  mepr 
für  bie  geteerte  ^römmigfeit.  Siele  bon  biefen  fo  llnterftüpten  merben  ^riefter. 

©g  feudjtet  aber  ein,  mie  mistig  ein  guter  ißriefterftanb  ift,  unb  roie  bief  ©egen  ein 
einziger  guter  ^riefter  ftiften  fann.  $u  einem  guten  Sriefter  gehört  aber  $römmig= 
feit  unb  Sifbung.  ©ofcpe  an  ©ntfagung  gemöfjnte  junge  Scanner  geben  fiep  aucp  ^ 
feidjt  mit  ber  ©eelforge  auf  bem  Sanbe  gufrieben.  §fuf  bem  Sanbe  finb  aber  madj» 
fame  ©eefforger  feiten,  unb  faft  nirgenbg  finb  fie  notmenbiger  megen  ber  großen  Um 
miffenpeit  beg  Soffeg.  2Bie  Sfipbraucp  gegen  bag  Sffmofen  überhaupt  nidjtg  bemeift, 
fo  aucp  pier  nidf)t :  in  jebem  $affe  bfeibt  ber  ©egen  ©otteg  für  ben  ©eher.  SBenn 
einer  gang  fidjer  gefjen  miß,  foCf  er  fein  ©elb  nicfjt  einem,  fonbern  einer  ©tiftung 
für  arme  ©tubenten  gumeifen,  au§  ber  biefe  fange  geit  Unterftüpung  gieren,  ©inige 
meinen,  eg  fei  beffer,  ifjre  Sffmofen  für  Sau  unb  Sfugfdjmüdung  ber  Slircpen  gu 
geben.  ®iefe  benfett  nidjt  baran,  bajj  bie  pödjfte  unb  bornepmfte  $ierbe  einer  ®irdje 
ein  frommer  unb  gelehrter  ^3riefter  ift.  ®iefe  $ierbe  mirb  burcp  bag  Sffmofen  ge» 
monnen.  ÜBag  giert  benn  eine  ßircpe  mepr:  Silber,  ©tatuen,  peifige  ©emänber  ober 
aber  ein  burdj  grömmigfeit  unb  ©efefjrfamfeit  fjerborragenber  ^3riefter  ?  SDiefefbe 
Sfntmort  gilt  beneit,  bie  ifjre  Sflmofen  lieber  Möftern  gumenben;  fie  tnerben  ipren  ^ 
$med  bnrdj  bie  Unterftüpung  ber  armen  ©tubenten  erreichen,  benn  biefe  bon  ifjnen 
treten  in  bie  berfdjiebenen  Orben  ein  mtb  finb  burcp  ifjre  ©efefjrfamfeit  unb  ifjren 
lautern  Sebengmanbef  bereit  ©tüpe  unb  ßierbe2. 

Son  ben  f£aufenben  bon  armen  ©tubenten  aug  ben  Qefuitenfcpufen,  bie  fpäter 
eine  3ierbe  ber  ßircpe  mürben,  fei  nur  erinnert  an  ben  eprroürbigen  Sartfjofomäug  ^ 
£>ofgpaufer,  „rnopf  ber  peifigfte  unb  bebcntfamfte  SBeft»  unb  ©eefforggpriefter,  ben 
SDeutfcpfanb  in  ben  fepten  Qaprpunberten  perborgebracpt  pat",  mie  ein  peroorragenber 
beutfcper  f£peofog  fcpreibt3,  ein  „SJfann  bon  reinftem  unb  ebefftem  ©treben",  mie 
ipn  fefbft  ein  erbitterter  ©egner  ber  fö'ircpe  begeidjnet4.  ©eboren  1613  in  Saugna 
(®iögefe  Sfuggburg),  fam  er  afg  armer  Settefftubent  nacp  Sfuggburg;  erft  ber  Serfauf 
eineg  bon  feiner  Shitter  berfertigten  SSebftüdeg  bracpte  ipn  in  ben  Sefip  beg  fo 
notmenbigen  ©tubentenmantefg.  ®ann  erbettelte  er  fiep  burep  ©ingen  an  ben  Raufern 
feinen  Unterpaft.  ®urcp  bie  ißeft  betrieben,  fanb  er  eine  .Quffucpt  in  Sieuburg,  mo 


1  Quidquid  est  causa  causae,  est  etiam  causa 
causati. 

2  Mecoenas  studiosorum  pauperum  sive 
caussae  cur  adolescentes  piorum  liberalitate 
adiuvandi  siut,  quos  propria  egestas  a  litte- 
rarum  studiis  arcet.  Augustae  Vind.  1620. 

©tücfe  baraug  abgebrneft  in  Ratio  stud.  IY 
239  ff.  Xag  Criginal  mit  oielen  SSerbefferungett 

oon  ber  £>anb  ©retferg  trägt  ben  Xitel:  Trac- 
tatus  Quam  pium  sit  et  salutare  adole- 
scentes,  litterarum  studiosos,  sed  inopia  pres- 
sos,  re  et  opera  iuvare ;  ut  ad  Eccfesiae 


catholicae  et  cliristianae  Reipublicae  vtilitatem 
pietate  et  eruditione  informentur.  91  nt  JRanbe 
fteljt:  Fec-i  liunc  Tractatum  rogatu  P.  Georgii 
Hosser,  Praepositi  Domus  Pauperum  S.  Gre- 
gorij  Monac.  Iam  est  impressus  Augustae. 
*Miscell.  Gretseri  477. 

3  £>einrict)  in  ber  Sorrebe  pr  ftberfeöung 
bon  S.  ©abuel,  Seben  be§  93artl).  §o!j> 
baufer  (1862)  vm. 

4  fßrantl,  llnioerfität  Sngolftabt  I  404, 
91.  183. 


606 


3Id)ie3  Sapitel.  ©tjntnafien  unb  Uniberfitäten. 


er  int  Slrmenfonoift  ber  Qefuiten  öorüberge^enb  Aufnahme  fanb.  Nad)bem  er  an 
bem  ^efuitcng^mnafium  in  Neuburg  in  oier  big  fünf  Qa^ren  bie  fjumaniftifd^en 
©tubien  ooKenbet,  50g  er  1633  nacf)  Qngolftabt  unb  begann  bort  bie  fßljilofophie. 
9ln  beit  Untren  bettelte  er  feinen  Unterhalt,  SBoljnung  bot  ifjm  ein  Bürger.  Slucf) 
nadjbem  er  oont  Qcfuitenfonoift  be§  ^l.  §ieront)mu§  bie  $oft  befam,  befjielt  er  bie 
(Sitte  §u  betteln  bei  unb  gab  alles  armen  unb  franfen  ©tubenten,  benen  er  auch 
fdjon  früher,  maS  er  Don  ben  Sllmofen  erübrigte,  jeben  Freitag  oerteilt  hatte.  S^ad^ 
fechSjäfjrigen  ©tubien  empfing  er  fßfingften  1639  bie  ^eilige  fßrieftermeihe,  unb  im 
folgenben  $af)re  promoüierte  er  gum  Sijentiat  ber  Sfjeologie.  2Säl)renb  ber  fieben- 
jährigen  ©tubienjeit  mar  P.  @eorg  Sppranb  fein  giiljrer  unb  93eicf)toater.  Uerfelbe 
mürbe  fjeftig  angegriffen,  als  habe  er  93artl)olomäuS  bie  ^bee  ber  Reform  be§  Klerus 
eingegeben.  P.  Sppranb  bezeugt:  2Bäl)renb  23artf)olomäug  in  ^ngolftabt  ftubierte, 
geigte  er  gegen  bie  Slrmen  eine  überaus  grofje  Siebe  unb  93armf)ergigfeit,  fei  eS,  baff 
fie  oerlaffen  außerhalb  ber  ©tobt  lagen,  fei  eS,  baff  fie  fjalb  oer^ungernb  umljerirrten. 
Einigen  beforgte  er  ein  Nachtquartier,  ohne  baff  er  auf  bie  brohenbe  Slnftecfung 
adjtete.  (Sinen  mit  ©efdjmüren  bebecften,  faft  halbtoten  Traufen  trug  er  auf  feinen 
©chultern  in  ein  §auS  unb  forgte  fpäter  für  feine  Slufnahme  in  baS  £>ofpital.  gür 
bie  Flüchtlinge  auS  ©chmaben  bettelte  er  (Selb  unb  33rot.  (Sin  anberer  Qngolftäbter 
$efuit,  P-  @eb.  ©eiben,  bezeugt,  baff  fich  23arthoIomäuS  baS  Notmenbige  abjog,  um 
eS  ben  dürftigen  ju  geben.  (Sin  @efcf)enf  üon  100  ($ulben  lieh  er  einem  ^Bürger, 
ber  plö^lich  in  grofje  Not  geraten,  ohne  jebe  SluSficht,  einen  föreujer  mieber  ju  er¬ 
halten.  2Bie  feine  ^ngolftäbter  ÜNitbrüber,  fo  unterftügte  auch  ber  furfürftlid^e  53eicf)t- 
oater  93erüauj  baS  grofje  SebenSmerf  ^oljhauferS  (Institutum  clericorum  in  commune 
viventium)  nachbritcflicf).  ®er  Äurfürft  ÜNajümilian  felbft  empfahl  am  9.  Stuguft 
1646  baS  fromme  ^nftitut  bringenb  bem  fßapfte  ^itnojenj  X.  jur  Q3eftätigung :  baS 
^nftitnt  fei  um  fo  ^eitfamer,  je  größer  ber  ißrieftermangel  unb  bie  Unmiffenheit  beS 
ißolfeS  fei1. 

Ratten  bie  ^efuitenfcfjulen  auch  nur  einen  armen  ©tubenten  mie  93artholomäuS 
^oljhaufer  geförbert,  fiirroahr,  ade  ÜNiilje  märe  reichlicf)  oergolten. 


1  SBortlaut  in  ber  Biographia  Ven.  Barthol.  29  ff  bie  übrigen  9tact}lueife.  SSgl.  Mederer, 

Holzhäuser,  Bamberg.  1784,  80  f;  ebb.  8  ff  u.  Annales  II  316;  ißrautl  a.  a.  0.  I  404  f. 


Neuntes  Kapitel. 

^ontrifte. 


Sebcnfen.  —  SXUgemeine  S’onbifte:  ®öln.  Süffelborf.  gngolftabt.  —  Sie  Slufnapme 
ö oit  fünften.  —  Sillingen.  SBien.  ©raj.  Seoben.  gubenburg.  —  fßäpftlidje  SemP 
narien.  —  SSifitation  burcp  Slquatuüa.  —  ©tngreifen  ber  ^ropagaitba:  Verpflichtungen 
unb  Vifitationen.  —  Veubegriinbung  burcp  Urban  VIII.  —  gulba.  ©idtngen.  SBien. 
©raj.  93raun§berg.  ©ermanifum.  —  Sifdjöflidje  ipriefterfeminare :  Sßien.  fßaffau. 
fßruntrut.  StEingen.  !yngolftabt.  2attb§put.  Samberg.  Köln.  SJtünfter.  —  Slrnten» 
fonöifte :  SBien.  ©rag.  Sreglau.  ©lap.  §a£t.  @ör§.  Sillingen.  SMitcpen.  fRegeng« 
bürg.  Sieuburg.  SImberg.  SD^iinfter.  —  grage  beg  ©igentumgrecpteg.  —  Urteile. 

Sie  fonöifte  paben  fortgefept  mannigfachen  Eiupen  geftiftet;  fie  geigen  aber  auch 
berfcpiebentlicp  bie  früher  besagten  SJtifjfiänbe  \  befonberg  mo  eg  an  tüchtigen  Männern 
fehlte,  meldjen  bag  bornenoolle  unb  opferreiche  Slmt  ber  Seitung  anoertraut  werben 
fonnte.  $nbent  Slquaüiöa  am  11.  SJlai  1601  bern  oberbeutfcheu  fßroüinjial  9tofeppiug 
bie  «Sorge  für  bie  fonöifte  in  ^ngolftabt  an§  ^>er§  legte,  fprach  er  ben  ©runbfap 
aug:  $e  fruchtreicher  bie  Äonoifte  finb,  menn  fie  richtig  geleitet  rnerben,  um  fo  be* 
fchmerlicher  unb  läftiger  finb  fie,  mo  bieg  nicht  ber  gaU  ift1 2. 

Sllg  ber  Vifitator  ber  oberbeutfcheu  fßrooinj  Speobor  Vufaeug  bag  2lrmen> 
fonüift  oom  pl.  9«2ifolaug  in  Qnngbrucf  aufgeben  wollte,  erflärte  fidj  Slquaoiüa  am 
20.  Sejentber  1608  bagegen  unb  begrünbete  feine  Ablehnung  mit  ben  SBorten:  Sie 
Erfahrung  hat  an  ben  meiften  Orten  gelehrt,  bafj  oft  nicht  geringe  unb  nicht  ju 
oeradjtenbe  grücpte  aug  biefen  Strmenfonoiften  erhielt  werben,  ©eben  wir  bie  Sorge 
bafür  auf,  fo  werben  bie  Strmen  ber  §ilfe  ber  ©efeEfcpaft  unb  fomit  beg  Scpupeg 
beraubt  unb  größeren  Staben  erleiben.  Sarauf  muff  freilich  gefehen  werben,  bafj 
nicht  jum  Schaben  für  bag  geiftlicpe  Seben  biefe  fonft  fo  fjeilfame  Sorge  auggeübt 
wirb;  begpalb  foll,  wie  bieg  früher  fcpon  beftimmt  würbe,  bie  geitlid^e  Verwaltung 
wo  möglich  einem  Slugwärtigen  übertragen  werben3. 

Sie  Vebenfen  gegen  bie  ^onoifte  führten  auch  3ur  tatfächlichen  Verminberung, 
wo  bieg  nur  eben  anging.  Sag  berühmt  geworbene  Kölner  ^onoift4  wollte  ber 
Vifitator  Silber  im  Qapre  1603  gang  eingepen  taffen,  aber  Slquabioa  geftattete  bieg 
nicpt.  Slnt  19.  Slpril  1603  fcprieb  er  an  Silber:  So  fepr  wir  aucp  wünfcpen,  üon 
bergleicpen  Saften  bie  Unfrigen  gänjticp  gu  befreien,  bigpenfieren  wir  bocp,  wie 
©w.  ^ocpmürben  wiffen,  in  ben  ^rooinjen  jenfeitg  ber  Sllpen  wegen  ber  EiotWenbig* 
feit  unb  beg  großen  öffentlidjen  Eiupeng.  ©g  fönnte  auch  auffällig  erftfjeinen,  wenn 


1  ®gl.  33b  I,  <5.  295  ff. 

2  *  £rig.»3teg.  Ad  Germ.  sup. 

3  *(Sbb. 

4  gn  einer  Slufseidmung  über  bie  rfjeinifdjeu 
Konüifte  au§  bem  ga^re  1647  bemertt  ber  9?e= 
gen§  9lbam  Kafen  non  bem  Kölner  Konbift: 


Valde  floruit,  adeo  ut  P.  Max.  Sandaeus  ex 
istius  temporis  studiosis  asserat  florem 
equestris  et  patritii  ordinis  in  eo  convictu 
visum  esse  et  gymnasium  inde  magnum  decus 
accepisse.  *  Original  in  Köln,  ©tabtarcpio, 
Jes.  8. 


Neuntes  Kapitel.  Äonbifte. 


608 

mir  gu  Slöln,  wo  bis  gu  öiefer  Qeit  Äonöiftoren  gemefen  ftnb,  jeftt  plöftlid)  bie  $on= 
niftoren  erttfaffen,  gleicf;  als  ob  erfi  jeftt  ycacf)teile  fic^  geigten,  weldje  fo  niete  Qaftre 
fjinburcf)  nidjt  erfannt  worben.  ®agu  fommt,  baft  eS  feit  ber  Qeit,  oI§  gu  2rier 
nor  einigen  Qaljren  baS  föonöift  aufgelöft  würbe,  nidjt  an  Stimmen  gefehlt  fjat, 
weldje  gtanbten,  biefent  Umftanbe  eine  Verminberung  ber  Qudjt  gufdjreiöen  gu  follett. 
üDian  muft  alfo  Vorforge  treffen,  baft  nicfjt  etwas  SXf)nIicf)e§  gu  ®öln  gefdjiefjt,  unb 
überlegen,  wie  beit  ScfjWierigfeiten  gu  begegnen  ift,  bamit  in  3u^unft  eine  größere 
Qrudjt  ergieft  werbe.  ®ie  Sacfje  fantt  auf  ber  nädjften  ^rooingialfongregatioit  be* 
raten  werben,  unb  bann  mögen  bie  ©utacfjten  bie  (Sntfcfjeibung  in  Vom  erleichtern 1. 
Qm  Qaftte  1607  würbe  baS  ®ontiift  bennod)  beim  Söüten  ber  fßeft  gefdjloffen  unb 
nachher  nidjt  meftr  eröffnet  wegen  ber  öielfättigen  Etagen  ber  fßatreS,  weldje  bie 
Seitung  gehabt  Ratten.  Später  aber  bereute  man  bie  Sdjlieftung,  unb  wieberljolt  badete 
man  an  eine  SSiebereröffnung,  befonberS  ber  Veftor  Qol).  (Sopper2. 

Sei  ber  Übernatfme  neuer  $onöilte  geigte  fidj  aber  aud)  Slquaöiüa  fcfjWierig. 
Vur  mit  SBiberftreben  gab  er  am  18.  Qanuat  1614  bem  rfjeinifdjen  fßroüingial 
Sdjeren  bie  Quftimmung  gur  Übernahme  ber  beiben  Ä'onüifte  in  9RolSI)eim.  (Sr 
fdjärfte  iljiu  ein,  nur  gang  guüerläffige  Seute  mit  ber  Seitung  gu  betrauen,  bie  öf o- 
nomifdje  Verwaltung  aber  einem  Söeltgeiftlidjen  gu  übertragen.  ®a  fidj  aber  hierin 
gu  grafte  ScfjWierigfeiten  ergaben,  muftte  aud)  bie  Verwaltung  übernommen  werben, 
waS  ber  (General  am  8.  äftärg  1614  geftattete3.  Qm  Qafjre  1635  löfte  ber  Veftor 
Vif.  Sllberti  wegen  ber  fcftwierigett  SfriegSläufte  baS  ßonüift  auf,  eine  9ttaftnaf)me, 
bie  nicht  nur  bie  Qreunbe  in  üftolsfjeim,  fonbern  aud)  ber  ©eneral  billigten4. 

Qu  ©üffelborf  würbe  ein  $onbift  im  Qafjre  1623  eröffnet;  eS  war  für  fatfjolifdje 
Stubenten  jeglichen  StanbeS  unb  VerufeS  beftimmt.  „Qdj,  $eter  Saer  auS  Qeüenaar, 
^anonifuS  an  ber  ^otfegiatfircfje  gu  (SerreSfjeim  unb  SDüffelborf",  fo  fagte  ber  ©riinber 
beSfelben  in  ber  StiftungSurfunbe  öom  16.  Quli  1623 5,  „will  ein  Seminar  errichten, 
in  welchem  nidjt  bloft  arme,  fonbern  auch  tioruefjme  Qünglinge  unentgeltlich  woftnen 
foHett.  21uS  iftm  f  offen  einftmalS  fatfjolifdje  ÜÜJänner  für  jeglichen  Stanb  fteroor- 
geften. . . .  2>aS  ^auS,  welcfteS  öon  mir  unter  bebeutenben  Soften  neu  erbaut  unb 
eingerichtet  ift,  foll  nur  ber  fatfjolifdjen  Qugenb  bienen. . . .  Qdj  übergebe  eS  ber  @e= 
fellfcftaft  Qefu.  SDer  P.  fReftor  beS  föotfegS  foll  nidjt  nur  ben  Stubenten  unb  ^3rä* 
feiten,  bie  er  felbft  ernennen  fann,  fonbern  aud)  bem  Dfonomen  unb  bem  ©efinbe 
Statuten  geben  unb  bie  SebenSweife,  fowie  bie  wiffenfcfjaftlidfe  unb  religiöfe  SlitSbilbung 
beftimmen  unb  überwadjen."  ®ie  fonftige  Seitung  unterftanb  ben  fog.  SDireftoren, 
nämlidj  bem  P.  Veftor,  bem  SDefait  bet  ®otfegiatfird)e  unb  bem  Vürgermeifter  üon 
®üffelborf.  ®ie  fßräfeften  waren  für  gewöfjnlid)  bie  Stubieupräfeften6. 

(Sin eit  (Srfaft  für  ein  ®onbift  boten  in  £rier  mehrere  Vurfen,  bie  ber  ©tjmnafial« 
präfeft  in  oerfcfjiebenen  Seilen  ber  Stabt  erridjtete,  man  gäfjlte  beren  in  lurger  Qeit 
18,  mit  gufammen  380  Schülern.  Qebe  Surfe  hatte  einen  Vorftefter,  ber  aud)  für 
bie  SBieberfjolung  beS  SdjulftoffeS  forgte.  SDiit  ben  fftefultaten  war  mau  feftr  gu- 
frieben7.  Qn  ®öln  beftanb  eine  ähnliche  (Sinridjtung. 


1  *  Drig.=9teg.  Ad  Rhen. 

2  33i§  1607  umren  bie  Konbiftoren  in  bem 
Saufe  „greubenberg",  ba§  aber  fpiiter  abge= 
brocf)en  würbe :  stetit  eo  loco  in  platea  S.  Mar- 

celli,  quo  iam  sita  est  nostri  templi  turris. 

Stil  bon  bem  Äurfürften  ba§  §ati£>  „Salgfafj" 
für  ba§  Seminar  getauft  würbe,  berfpradjett 

bie  $efuiten,  bie  Stlumnen  iit  ba3  Sonbitt  am 

alten  ÄoHeg  aufgunebtnen  unb  felbft  ba§  Sau§ 

„Salüfafe"  gu  begießen.  *Informatio  be§  P.  9tb. 


Safen  1647  in  ßötn,  Stabtardjio,  Jes.  8.  — 
9tud)  bal  Konbift  uoit  fDtaing  ging  ein,  aber 
erft  fpäter  bei  ber  Söefepung  bon  9)taing  burd) 
bie  ©djweben.  3  *  Orig.-fHeg.  Ad  Rhen. 

4  * S8itetle§d)i  an  Sllberti,  28.  3uli  1635. 
Drig.-fReg.  Ad  Rhen. 

5  Slbgebrudt  bei  Äniffler,  3?a3  3£Üiiten- 
gpmnafium  gu  Süffelborf  ÖProgr.  1892)  16  f. 

6  Sergeid)iti§  berfelbeit  ebb.  18  f. 

7  *  Litt.  ann.  1625  u.  1635. 


OTgemeine  ftonbifte:  Äöln.  —  Sbüffelborf.  —  Sngolftabt. 


609 

®ie  oberbeutfdje  SßroDinj  fjatte  iljre  bebeutenbften  Äonoitte  ju  ^ngotftabt  unb 
®ittingen.  ®ag  $onoift  beg  fjeitigen  9)tärttjrerg  39natlU!*  jütjlte  Diele 

Slbelige  unb  ÜDiöndje.  ü8on  1601  big  1608  roeilte  bort  ©raf  granj  SBilljetm  Don 
SBartenberg,  ©ofpt  beg  .fperjogg  SXtbredEjt ;  im  Qafjre  1626  fatj  bag  ®onDift  unter 
feinen  ßögtingen  §mei  ißrin^en  ©on^aga,  einen  Sanbgrafeit  non  Seudjtenburg  unb  niete 
anbere  ©rafeit  unb  53arone:  feit  biefer  $eit  mürbe  bag  ®onöift  Dielfad)  bag  Stbetigen» 
fonoift  genannt1.  ®ie  gafjf  ber  örbengteute  betrug  40 — 50,  int  .Qaffre  1617  ftieg 
fie  auf  80 2.  5luf  eine  Anfrage  ÜDkpimitiang  Dom  22.  Januar  1621  fanbte  ber 
Sieftor  Sttunbbrot  am  6.  gebruar  1621  jmei  Siften  ber  ßlöfter,  bie  in  ^ngotftabt 
Dertreten  rnaren.  Qtt  ber  Sifte  Don  1619  fielen  34  batjrifcffe  ^töfter  mit  56  9teti- 
giofett,  jebeg  fötofter  mit  burcf^fcfjnittticf)  1 — 2  ißerfonen.  ®en  ©tubien  nadj  Der* 
teilen  fie  ficfj  auf  bie  Humanität  big  jur  9Jietaptjtjfif,  SDjeotogie  Ijören  nur  jmei. 
9?eun  aufjerbatjrifdje  $tofter  marett  mit  14  ißerfonen  Dertreten:  ©t  ©alten  mit  4. 
9Jlur  mit  1  Xfjeotogen,  bie  anbern  mit  9if)etorifern  ober  ißtjitofoptjen.  ®ie  Sifte  Don 
1621  jäf)tt  27  bat)rifd)e  ßtcfter  mit  57  ißerfonen,  barunter  finb  10  Xtfeotogen 3, 

Qn  ben  SBirren  beg  SDreiffigjätfrigen  Krieges  fanf  and)  bag  Äonoift;  im  ^a^re 
1636  ftieg  bie  ßafjt  mieber  auf  50.  SDie  (Srfotge  maren  nidEjt  grofj.  P.  9JMcf)ior 
Segentjart  ftetlte  bem  ^roDinjiaf  über  bag  ßoitDift  fotgenbeg  Dor:  SDie  grudjt  fjat 
unferer  üJiüfje  nidjt  entfprodjen,  unb  gmar  begtjatb  nicfjt,  meit  biefeg  ^onDift  fdjon 
feit  einigen  ^afjren  einzelne  ^oitoiftoren  gäbjtt,  metdje  fdjon  Dorbjer  Derborben  ober 
an  gürftenfjöfen  aufgezogen  maren  ober  tjier  in  ber  (Stabt  ein  fcf)tedjteg  Seben  ge* 
füfjrt  tjaben.  9cicf)t  menige  finb  Don  ben  ©yternen  Derfüfjrt  morben,  unb  aucf)  jefjt  nocf) 
merbett  fie  betäftigt,  befonberg  Dott  fotdjen,  metdje  megett  ©djänbtidjfeiten  aug  bem 
®onüift  entfernt  mürben.  SD'li^Iid^  ift  audj  bie  2tbf)ängigfeit  Don  ber  UniDerfität, 
metcf)e  einzelne  ^onDiftoren  gegen  un§  mipraudjen.  ®ef)r  fjat  ber  $ud)t  gefcfjabet 
ber  häufige  28ed)fet  ber  ißräfeften  ober  beren  geitroeilige  SXbroefenfjeit.  gumeiten 
finb  bem  Ä'onDift  unfähige  ißräfeften  aufgebrungen  morben,  metc^e  man  fonft  nirgenbg 
braunen  formte ;  biefe  tjaben  burcfj  itjre  fDiänget  nic^t  atlein  ifjrer  Autorität,  fonbertt 
audj  bem  9iufe  ber  ©efetlfdjaft  fetjr  gefdjabet.  9?acf)  einer  Verfügung  beg  P.  |>of* 
faeug  bürfen  bie  9ü)etorifer,  ißljitofopfjen  unb  audj  bie  anbern  öfteren  ©djüter  nidjt 
gejüdjtigt  merben;  bag  t)at  ju  großen  ©djmierigfeiten  Slntafj  gegeben,  ©egen  bie 
Orbination  beg  P.  Otioeriug  finb  aud)  bie  ^3äbagogen  ber  Stbetigen  jurn  großen 
©c^abett  für  bag  ^ottüift  jugetaffen  morben4. 

Stfjntidjeg  rairb  in  einem  ©utadjten  aug  ben  breifjiger  ^afjren  auggefüljrt 5.  ®ie 
grudjt  beg  ^onoiftg  ift  feit  Dielen  ^afjren  gering.  @g  gibt  aucf)  genug  gute  Slug* 
märtige,  beiten  bie  ©ttern  mit  SSorjug  Dor  bem  $onoift  ihre  ^inber  anDertrauen. 
§tug  fo  Dielen  Arbeiten,  9Mfjen  unb  ©orgen  bei  tJag  unb  ^caefjt  folgen  mandjmat 
nur  Abneigung  oft  burdj  bag  ganje  Seben,  ©eringfdjä^ung  ber  Unfrigen,  Dielfacfje 
23eläftigungen  unb  @f)rabfc^neibung.  ©g  ift  fetjr  fdjmer,  bie  ©ttern  jur  ßafjhmg  ber 
^Senfion  anjutjatten,  oft  erfolgt  biefetbe  erft  fpät  unb  nad)  Dielen  Umftänben  unb 
Etagen  über  ju  Diete  Stugtagen  ufra.  2)ie  aug  bem  ^onDift  Stuggefto^enen  bereiten 
burcf)  näd)ttid)en  Särm  unb  Unfug  bem  ®otiDift  Dietfadje  ©törung.  Orbengteute 
fommen  nur  mefjr  menige.  ®ie  öenebiftiner  fdjiden  bie  3^ri9en  na<^  ©atjburg, 
bie  9?orbertiner  ^aben  ein  ©eminar  im  ^'tofter  SBintberg,  bie  Sluguftiner  tefen  in 
jmei  ober  brei  ßtöftern  i|3^itofopt)ie  unb  Casus  für  bie  ^fjrigen,  bie  ©iftercienfer  Robert 
bei  bem  testen  ©djulanfang  tjier  ein  ©eminar  mit  20  9Migiofen  eröffnet.  Slbetige 

1  Mederer,  Annales  Ingoist.  II  191  247.  5  *Deliberatio  an  expediat  couvictum  om- 

2  (Sbb.  219.  nino  solvere  Ingolstadii  tempore  Regentis 

3  *  ft'orrefponbenä  unb  Siftert  in  Clm  26477.  P.  Francisci  Dichtl  privatim  instituta  Ingol- 

4  *  Original  SK.  SR.,  Jes.  1870.  stadii.  9Jt.  91.,  Jes.  1870. 

Sutjr,  ©efcSic^te  ber  Seiuiteit.  If. 


39 


610 


Neuntel  Äapitcl.  Sonüifte. 


3äf)fen  mir  feine  mefjr ;  au§  gang  Batjern  haben  mir  nur  einen  gögling.  $n 
ber  (Stabt  flehen  gute  SGBoIjnungen  and)  bei  ben  Brofefforen  gut  Verfügung.  ©g 
fönnte  and)  fjier  roie  in  ÜÖZündjen  mit  großem  Siufjen  für  bie  Qugenb  eingerichtet 
merben,  bajj  mehrere  Spüler  gufammenmohnen,  benen  ein  ^Sräfeft  aug  ihrer  SDZitte 
unter  Seitung  ber  ©cfellfdjaft  gegeben  mirb.  2113  bag  blü^enbe  Äonoift  in  ÜDZündjen 
aufgehoben  mürbe,  hörte  man  audj  Klagen;  jefjt  finb  fie  ooöftänbig  üerftummt;  fo 
mirb  eg  auch  4n  ^ngolftabt  gehen. 

@3  fann  be§ha^  nicht  munbernehmen,  menit  mieberfjolt  bie  f^rage  erörtert 
mürbe,  ob  eg  nicht  beffer  fei,  bag  $onOift  gang  aufgulöfen.  groar  hotte  Bitellegdji 
am  6.  21pril  1630  gegen  bie  2Iuf!öfung  entfchieben,  aber  fpäter  änberte  er  feine 
Meinung,  $m  iQaljre  1636  forberte  nömlidj  ber  cßroüingial  SKunbbrot  Oon  mehreren 
Batreg  (Gutachten  über  bie  beiben  fragen:  1.  ob  bag  ®onoift  beigubeljalten  fei  unb 
2.  ob  in  biefem  f^aUe  Quriften  al§  Zöglinge  aufgenommen  merben  füllten.  2)ie 
Stubenten  ber  fRechtSroiffenfdfjaft  maren  barnalg  fo  oerrufen,  bafj  man  fie  nirgenbg 
in  bie  ®onüifte  aufnehmen  raollte1.  ^n  einem  ©utadjten  beg  P.  grang  SDicfjtt  oom 
25.  2tpril  1636  merben  bie  ©rünbe  für  unb  gegen  bie  2luflöfung  gufammengeftellt, 
bie  man  früher  angeführt  habe,  fyür  bie  2luf(öfung  mirb  geftenb  gemadjt:  eg  ift 
feine  Hoffnung,  bie  3ah^  ^er  ®onüiftoren  gu  Oermehren,  manche  SJiöndje  gehen  nach 
Salzburg,  oiefe  ßlöfter  finb  oermüftet  unb  oerarmt,  bie  ^ofmeifter  ober  ^äbagogen 
ftubieren  meift  ^u3  unb  laffen  begfjalb  bie  21beügen  nicht  in§  ßonoift,  ferner  ber 
Schaben  für  ©efunbheit  unb  gortfdjritt  unferer  Sdjolaftifer,  bie  alg  Sßräfeften  in 
ihren  Xheologieftubien  mefentlidj  behinbert  merben,  enblidj  gibt  eg  genug  gute  Äoft* 
häufer  in  ber  Stabt,  ©egen  bie  Bermenbung  beg  Äonüifteg  gu  anbern  gmeöfen 
merben  bie  Älöfter  fein,  melche  für  ben  Bau  am  meiften  beigetragen,  ebenfo  merben 
ber  Äurfürft  unb  bie  Stänbe  nidjt  gufrieben  fein,  ©inige  maren  ber  SDZeinung,  man 
fülle  bag  Äonoift  nur  geitroeitig  big  auf  beffere  ßeiten  auflöfen2. 

©in  anbereg  ©utadjten  oon  P.  SBolfg.  ©raoenegg  oom  6.  2Ipril  1636  fpridjt  fiel) 
mit  SZücffidjt  auf  ben  ßnrfürften  unb  auf  bie  SSerhältniffe  für  Beibehaltung  aug; 
^uriften  feien  aber  megen  Störung  ber  SDiggipIin  unb  §augorbnung  nidjt  aufgunehmen. 
211g  Mittel,  betn  £onoift  aufguljelfen,  mürben  empfohlen :  beffere  unb  fparfamere  Ber» 
maltung,  Berbot  ber  unnötigen  ©aftereien,  ©ntfaffnng  ber  göglinge,  bie  nidjt  gu  ben 
beftimmten  Terminen  galjlen,  21btragung  ber  Scfjulben,  mie  bag  allmählich  gliicflich  in 
SDiHingen  gefchehen3. 

gür  bie  Beibehaltung  beg  Äonoifteg  fpradj  fidj  auch  fehr  entfchieben  ber  ^ngol- 
ftäbter  Siegeng  ©eblj.  9ia|enrieb  in  feinem  Briefe  oom  2.  Sioüember  1636  aug,  ebenfo 
befürwortete  er  bringenb  bie  2lufnahme  oon  ^uriften :  mandje  tüchtige  Stubenten  beg 
^ug  münfchten  bie  21ufnahme  in  bag  iüonoift,  meil  fie  in  ber  Stabt  guoiel  2luf« 
manb  machen  müßten  unb  gegen  ihren  SBillen  Oom  Stubium  abgeljalten  mürben, 
freilich  oerhehlte  er  nidjt,  bafj  oiele  gegen  biefe  21ufnahnte  feien4.  ÜDZeljrere  ©nt- 
achten  fprachen  fid)  in  ber  £at  fdjarf  gegen  bie  Aufnahme  oon  ^uriften  aug:  beffer 
fei  eg,  bag  gange  ®onüift  aufgugeben.  Betont  mirb  unter  anberent  ber  21ugfall  an  ©in¬ 
nahmen  für  bie  Bürger  unb  bie  ftrenge  ßudjt  im  ®onüift,  meldje  bie  ^ßatreg  oerfjajjt 
madje.  Bitellegdji  fchrieb  am  11.  Dftober  1636  bem  ^rooingial:  ®a  man  früher  ftetg 
gegen  bie  2luflöfung  unb  gegen  bie  2(ufnahme  oon  ^uriften  entfchieben  Ijabe,  fei  eg 
beffer,  bie  grage  münblidj  mit  bem  Br°furator  ber  ^ßrooing  gu  befpredjen5.  3nt 
SZooember  1636  fdjeint  fid)  Bitellegdji  für  bie  2luflöfung  auggefprochen  gu  haben,  hoch 

1  Sn  Sßiirgburg  fara  e§  beSfjalb  1630  gu  5  *  Original  ebb. 

.Klagen  non  feiten  be§  9lbel3.  93  rann,  hieran*  4  *  Original  9Jt.  9t.,  Jes.  1370. 

bilbung  be§  ftdernS  in  Sßiirjbnrg  I  367.  5  *  Original  ebb. 

2  *  Original  Clm  26  477. 


Allgemeine  Sonbiftc:  $ie  Aufnahme  öon  Snriftcn. 


611 


füllte  oorljer  bie  ©endjmigung  beS  Äurfürften  ciugeljolt  merben.  ®iefe  ©enefjmigung 
erfolgte  aber  nidjt,  benn  ber  Jlurfürft  trug  fid)  mit  bem  s$latt,  fogar  ixodE)  ein 
neue§  föonoift  für  60  Sfjeologett  uitb  ebettfooiele  Quriften  in  Qngolftabt  eiuzuricfjten 
unb  beit  Qefuiten  gu  übergeben. 

liefen  ^ßlan  teilte  ber  ^rooittjial  ©raüenegg  am  23.  Quli  1638  bem  ©eneral 
mit.  SitelleSdji  antroortete  am  21.  Sluguft  1638,  bem  fßlane  ftänben  grofje  Schmierig* 
feiten  entgegen,  ber  Mangel  au  Qudjt  bei  ben  Quriften  unb  bie  ©efaljr,  baff  biefe 
Steuerung  als  Seifpiel  angerufen  rnerbe.  ^ebenfalls  mü^te  bie  Sadje  oorljer  ein* 
geljenb  beraten  unb  nähere  Slufflärung  gefanbt  merben.  ^Daraufhin  forberte  ber 
^rooinjial  am  7.  September  1638  ©utadjten 1  üon  üerfcfiiebenen  ißatreS,  ba  be* 
fonberS  bie  Slufnaljme  oon  Quriften  unannehmbar  erfdjeine.  Scharf  gegen  ben 
neuen  fßlan  fpradj  ficf)  ber  P.  Qolj.  ©lüdlj  aus.  Qm  allgemeinen  bemerft  er:  ®ie 
Erfahrung  lefjrt,  bafj  biejenigen,  melcfje  unter  nuferer  f)än§Iic^en  ®iSjiplin  ge* 
ftanben  (mo  fo  mandjeS  Unangenehme  oorfommt),  uitS  meniger  mohlgefinnt  bleiben 
als  biejenigen,  rnelche  nur  ben  Unterricht  in  ber  Schule  unb  unfere  Seitung  im 
ißriDatleben  auf  ihre  Sitte  erhalten  haben,  unb  benen  bieS  nidjt  aufgebrängt  mürbe, 
mie  eS  in  ben  Äonoiften  ber  Qall  ift2.  2öaS  bie  Slufnaljme  oon  Quriften  angeht, 
fo  fönneu  biefe  im  ^onoift  nidjt  beauffidjtigt  merben,  fie  gehen  aus  unb  ein,  ins 
SBirtSfjauS,  fommen  betrunf'en  ltacf;  |jauS  unb  ranbalieren.  ®ie  Erfahrung  hat  bieS 
bemiefen,  beShalb  hat  P.  ^offaeuS  1595  alle  Quriften  aus  bem  ßonoift  auSgefdjloffen 
unb  feine  mehr  aufgenomnteit,  maS  oon  P.  Slquaoioa  gebilligt  mürbe.  Ebenfo  ent* 
fdjiebeit  1609  P.  SufaeuS  unb  SitelleSdji  1617  (24.  Quni)  unb  1629  (8.  ®e^ember). 
ES  gibt  nodj  oiele  anbere  ©rünbe,  fo  oon  feiten  ber  Eltern  unb  ber  Quriften,  bie  bei 
einer  SluSftofjung  beleibigt  merben,  oon  unferer  Seite,  meil  mir  nic^t  fo  oiele  tüdjtige 
^Regenten  ftellen  fönnen,  ungeeignete  aber  nur  Schmierigfeiten  machen,  ©eorg  Spaifer 
ift  troj3  aller  Schmierigfeiten  für  ben  Q51an ;  ben  Übelftänben  fann  abgeholfen  merben, 
geeignete  Qnftruftoren  für  bie  juriftifdjen  Stubien  mirb  ber  ^urfürft  ftellen,  ber 
grofje  äRangel  an  tüdjtigen  Seamten  jmingt  zu  einem  foldjen  Seminar,  beffen  Über* 
nähme  nidjt  gegen  baS  Qnftitut  oerftüfjt.  P.  SJttanhart  meint,  menn  eine  gute  Orbnung 
erlaffen  rnerbe,  fönne  baS  fö'onüift  übernommen  merben,  aber  eS  müffe  ein  tüchtiger 
fßrofeffor  gemonnen  unb  ber  Sefucfj  oon  SBirtSljäufern  unb  überhaupt  oon  anbern 
fremben  fpäufern  oerboten  merben.  Sille  müffen  im  Slnfang  erflären,  bah  fie  frei, 
ohne  Qmang  in  baS  ®onoift  fommen  unb  bereit  ftnb,  feine  Statuten  ju  beobachten. 
Sludj  P.  Qorer  ift  trog  aller  Sdjtoierigfeiten  bafiir  megett  ber  großen  9?ot.  £>urdj 
fdjlechte  Seamte  hat  in  biefen  letzten  20  Qafjren  bie  fatljolifdje  ^Religion  mehr  Schaben 
gelitten  als  burdj  bie  ^ärefie.  Qn  Qnbien,  Ehina  unb  Qapan  tut  bie  ©efettfcfjaft 
auch  auS  9cot  oieleS,  maS  fie  fonft  nidjt  tut;  baS  gilt  auch  für  ®eutfcf)Ianb.  SDie 
fdjlimmen  Erfahrungen  beS  ^urfürften  haben  iljn  311  feinem  ißlane  bemogen. 

P.  Slnton  SSelfer  finbet  ben  ißlan  beS  ßurfürften  ausgezeichnet.  Qm  mefentlichen 
unterfcheibet  fidj  ein  folcfjeS  ^onoift  nicht  oon  ben  anbern,  bie  mir  fdjon  haben.  Slucfj 
fdjreden  midj  nidjt  bie  Stubenten  ber  QuriSprubenj,  benn  auch  biefe  ftnb  Qünglinge, 
unb  jmar  oielfach  bie  Slüte  ber  Qugenb,  bie  fittlidjer  Qudjt  unb  djriftlidjer  Erziehung 
bebürfen,  bie  einftigeu  Säulen  beS  Staates.  ®ie  ^auptfcbmierigfeiten  liegen  in  ber 
SBahl  eines  tüchtigen  Regenten  unb  in  ber  Slbfaffung  guter  Statuten.  P.  Sljriftoph 
SteboniuS  betont:  Seutfdjlanb  leibet  heute  ebenfofehr  unter  bem  SRangel  an  guten 
Quriften  mie  an  guten  ißrieftern.  Quriften  follten  audj  eine  Sorlefung  über  ®ontro» 


1  25ie  *  Originale  ber  ©utacbten  in  9Jt.  2  ASortlaut  bei  Jßrantt  a.  a.  0.  II  385. 

©er.*2it.  1483  ad  5C,  teilroeife  gebrucft  bei  2>a§  ©Jüerpt  biefer  (Stelle  ebb.  I  375  ift  finit* 
ißrantl  a.  a.  0.  II  382  ff.  entfteüenb. 


612 


9teunte3  Kapitel.  Konbifte. 


Oerfen  ^gleich  mit  ben  Geologen  hören  wegen  ber  ^äretifer,  mit  betten  bie  ^uriften 
unb  fRäte  oft  oerleljren.  Sie  ^uriften  braunen  für  ßiüirrerfjt  8—10  Qaljre,  für  ein 
Stubium,  baS  in  jntei  fahren  ooüenbet  toerben  fönnte.  SaS  $irdjenredjt  rairb  feljr  Oer* 
nadjläffigt.  3*™  3ute  Stiften  müßten  gewonnen  werben  für  gioilrecfjt  unb  lanonifdjeS 
fRecijt,  bie  ^gle  h  ^Srofefforen  ber  Unioerfität  wären,  3ft  bieS  wegen  ber  Stellung 
jur  Unioerfität  unb  juni  OiegenS  nicftt  möglidj,  bann  foll  man  eigene  Quriften  be> 
folben,  weldje  ber  Sllabetnie  als  aufjerorbentlicfje  ^Srofefforen  beijugeben  wären  mit 
allen  9tecf)ten;  einem  biefer  ^5rofefforen  wäre  aud)  bie  ßioiljurigbiftion  über  bie 
$onoiltoren  51t  geben,  fo  bafj  bei  ber  ©efeÜfdjaft  nur  bie  oäterlidje  ©ewalt  bleibt, 
jährliche  Prüfungen  ber  Quriften  wären  Oon  ben  beiben  ißrofefforen  im  Söeifein 
eines  ber  Unfrigen  obwalten.  Sie  Uufleifjigen  unb  Unfähigen  müfjten  entlaffen 
werben. 

Ser  i^lan  latn  nidjt  juftanbe.  ^uriften  würben  nad)  wie  oor  nid^t  auf» 
genommen  trop  aller  Sitten  unb  Sorftellungen.  9?icf)t  einmal  ißriefter,  bie  nur 
ijtedjt  ftubierten,  wollte  man  julaffen.  211S  ber  2Ibt  ißiuS  oon  St  ©allen  am 
30.  3ül1uar  1^39  bei  bem  Qngolftäbter  Steftor  Qof).  ©lüdfj  anfragte,  ob  nidjt 
jwei  feiner  ^Sriefter,  bie  er  nadj  Qngolftabt  fdjide,  um  bort  ju  ftubieren,  im 
^onoift  wohnen  fönnten,  bebauerte  ber  Oteltor  in  feiner  Antwort  am  9.  gebruar 
1639,  bafs  er  leine  ^urxften  in  baS  ^onoilt  julaffen  lönne;  ber  ©eneral  wolle  baS 
nicf)t  jugeben,  benn  eS  ^auble  firf)  fjier  um  eilt  Srin,$ip  *• 

SiefeS  ^Srin^ip  fonnte  aber  auf  bie  Sauer  bod)  nicht  aufrecht  ermatten  werben. 
Sie  grage  lehrte  immer  wieber.  3n  einem  grofjen  ©utadjten  geigt  ber  Qngolftäbter 
9tegenS  ©ebljarb  Seininger,  baff  baS  Ä'onoilt  wegen  beS  großen  SßerfonalS  (Segens, 
SubregenS,  2  ißräfelten,  Sdjreiber,  ©inläufer,  Säder,  ©ärtner,  Pförtner  unb 
2  Siener)  unb  ber  geringen  Slnjaljl  ber  Zöglinge  im  feigen  3uftanbe  nidjt  aufrecht 
erhalten  werben  lönne.  ©S  finb  oiele  neue  ©tjtnnafien  entftanben;  bie  ^^ilofoplien 
hören  im  ^weiten,  bie  Sljeologen  bereits  int  erften  3af)re  aber  aße,  bie  QuS 
ftubieren,  bürfen  in  baS  ®onoilt  nidjt  aufgenommen  werben.  Sie  golge  ift,  bafj 
je|t  nur  nodj  ^ödjftenS  30  ^onoiltoren  üorfjanben  finb.  SaS  einzige  Mittel  gut 
Slbljilfe  ift  bie  ßulaffung  oon  foldjen,  bie  QuS  ftubieren.  Mandje  fünften,  audj 
bereit  ©Item  unb  ißrofefforen  wünfdjen  bieS,  and)  liegt  eS  im  ^ntereffe  ber  g-örbe» 
rung  in  Sugenb  unb  SCBiffenfdjaft.  ©ineS  ift  ju  beachten:  gute  2luSwafjl  mufj 
getroffen  werben;  nur  foldje  finb  aufäunefjmen,  welche  bie  Slufnaljme  oerlangen  unb 
wirtlich  ftubieren  wollen.  Sie  früher  gegen  bie  Slufnafjme  ber  griffen  fpredjenben 
©rünbe  fallen  wegen  21nberung  ber  Serljältniffe  weg.  Sie  Serfiiljrung  ber  jüngeren 
©tjmnafiaften  burch  bie  3lu'iften  ift  nicht  mehr  ju  befürchten,  ba  wegen  ber  neuen 
©ijmnafien  laum  mehr  ©tjmnafiaften  eintreten ;  bie  ©efahr  bet  Soderung  ber  SiS» 
giplin  lann  burdj  üluSwafjl  oerminbert  ober  oermieben  werben.  Übrigens  ift  bie 
frühere  ftraffe  SiSgiplin  überhaupt  nicht  mehr  aufrecht  ju  erhalten,  unb  jwar  wegen 
ber  geänberten  3eitöerfjäftniffe  infolge  beS  Krieges,  beS  greiheitSfdjwinbelS  bei  ben 
Stubenten  unb  ber  fdjledjteit  ©rjieljung  burh  bie  ©Itern.  ©ine  Milberung  in 
ber  SiSgipün,  bie  mit  ©runb  gefdjiefjt,  ift  itoh  leine  Unorbnung;  audj  ift  nidjt 
jebe  Neuerung  fdjäblid)  unb  ju  Oerwerfen,  ba  oernünftigerweife  jept  baS  gefallen 
lann,  waS  früher  nid;t  gefallen  hat-  SöenigftenS  ift  ein  Serfudj  mit  ben  ^uriften 
511  mähen 1  2. 

3n  einem  weiteren  Metnoriale  ftellt  bann  P.  Seininger  fehl'  oeruünftige  21n» 
fihten  über  bie  Seljanblung  älterer  Stubenten  auf.  Sie  Qurifteu  bürfen  nidjt  fo 


1  *93eibe  Briefe  im  Original  in  Clm  2  *Rationes  Clm  26477.  ScaS  Saturn  geljt 

477.  ait-g  ben  beiliegeitben  Korrefponbenäen  Ijerbor. 


Mgemeine  $oubiftc:  Gillingen. 


613 


eingeengt  inerben  tnie  bie  s}3ßilofopßen;  in  milber  unb  fünfter  Söeife  finb  fie  gur 
93eobacßtung  ber  ipauSorbnung  angußalten.  $n  93egug  auf  SluSgänge  unb  SÜidfeßr 
muß  man  S^ad^ficfjt  üben.  3fn  fanfter  SBeife  foll  an  üöforgeit»  unb  Stbenbgebet  unb 
regelmäßiges  Sluffteßen  unb  ©cßlafengeßen  gemahnt  inerben.  2Benn  fie  an  bem 
©otteSbienft  gumeilen  nidjt  teilneßmen,  fann  man  barüber  megfeßen.  ©olcße,  bie 
nicßt  mollen,  unb  folc^e,  bie  einen  böfen  Seumunb  genießen,  follen  nidjt  leicßt  auf» 
genommen  merben,  aud)  foCt  man  ftdf;  nicßt  leidjt  einen  ®onüiftor  aufgmingen  laffen. 
©enen,  melcße  bie  Slufnaßme  begeßren,  muß  gefagt  merben,  maS  man  non  ißnen  öer» 
langt :  Stnpaffung  an  bie  £auSorbnung,  ©eßorfam,  nidjt  braußen  fcßlafen,  recßtgeüigeS 
©rfdjeinen  bei  ©ifd),  abenbS  91üdfeßr  nor  9  Ußr,  feine  ©rinfgelage  im  Ipaufe. 
Übrigens  mirb  ein  nerftäubiger  Segens  in  allen  biefen  fünften,  inforaeit  ein  Der» 
nünftiger  ©runb  norliegt,  9?acßficßt  gu  üben  miffen 1. 

P.  ©eininger  fanbte  am  24.  ütfooember  1645  fein  ©utadjten  an  beit  fßrooingial 
üftifaftuS  Söibnman,  ber  ficß  bantalS  auf  ber  ©eneralfongregation  in  9iom  befanb. 
©iefer  erüärte  fid)  in  einem  Briefe  nom  29.  ©egember  1645  mit  bem  ©utacßten 
gang  einnerftanben,  er  loofle  baSfelbe  aber  nicßt  ber  ©eneralfongregation,  fonbern 
bem  neuen  ©eneral  norfegeu2.  ®ie  ©ntfcßeibung  Dergögerte  ficß  ttocß.  ®a  ber  neue 
©eneral  ßarrafa  auf  ©rängen  beS  93ifd)ofS  non  SlugSburg  am  7.  ^uli  1646  bie 
oerfudjSmeife  Slufnaßme  non  fünften  in  baS  ©illinger  ®onöift  geftattete,  fo  er» 
neuerte  ber  fßrooingial  fein  ©efud)  für  baS  Qngotftäbter  ßonoift,  unb  nun  erft  er» 
laubte  ßarrafa  am  18.  Stuguft  1646,  ben  Serfucß  aud)  in  ^ngolftabt  gu  madßen, 
mo  biefelben  unb  noeß  triftigere  ©rünbe  norlägen3. 

®aS  bebeutenbfte  föonoift  ber  oberbeutfeßen  ^ßrooing  mar  baS  gu  ©i  Hin  gen4. 
®ie  .gaßl  bafelbft  erreichte  ißren  |)ößepunft  mit  300  fö'onoiftoren  im  $aßre  1622. 
1602  maren  eS  212,  1625  230 5.  ©iefe  niefeit  ßonbiftoren  fonnten  nur  unter» 
gebrad)t  merben  bureß  Gsrmeiterung  beS  93aueS.  9)?ärg  1603  mürbe  mit  ber  lieber» 
legung  beS  alten  HonüifteS  begonnen,  ber  Neubau  bis  9tonember  unter  ©aeß  gebracht 
unb  1605  bezogen.  93on  ben  groei  ©eilen  mürbe  ber  Storbbau  ben  ©tubierenben 
auS  ben  Älöftern  (fReligiofenbau),  ber  SJlittelban  ben  ^anbibaten  beS  geiftlidjen 
©tanbeS  (i2llumnenbau)  gugemiefen.  ©er  ©übbau  mnrbe  erft  1618  angefangen  unb 
1621  beenbet ;  er  naßnt  bie  meltlicßen  unb  befonberS  bie  abeligen  ©tubenten  auf 
(©äfularenbau).  ©er  gange  ^onoiftSbau  fonnte  400  ©tubenten  aufneßmen,  maS 
ficß  aber  nur  babureß  ermöglicßen  ließ,  baß  bie  ©djlafräume  über  ben  ©tubienfälen 
(ällufeen)  in  ben  unteren  ©acßräumlicßfeiten  untergebradjt  mürben.  93ifcßof,  Kapitel 
unb  Ä'lofter  fpenbeten  gu  bem  93au  über  10000  ©ulben6. 

gür  bie  93erföftigung  gaßlten  bie  fö'onüiftoren  im  Qaßre  1622  am  (perrentifcß 
möd)entlid)  4  glor.,  am  gemößnlicßen  ©ifd)  3  glor.,  im  barauf,  aber  mit  93er» 
riitgerung  ber  ©peifen  2  bgm.  1  glor.  ®ie  ©infeßränfung  ber  ©peifen  mürbe  am 
24.  Quni  1623  oom  93ifcßof  Oerorbnet,  meil  eS  nid)t  nteßr  als  billig  fei,  „baß  man 
and)  bie  ®oft  ben  ÜDÜingforten  naeß  ringere".  giir  ben  9Sein  mürbe  bie  SJZaß  gu 


1  *Clm  26477,  au  einer  anbern  ©teile,  aber 
nad)  ;panbfd)rift  unb  Snljalt  gebärt  ba§  Me» 
moriale  bem  ©utaepten  „Rationes“. 

2  *  Criginal  Clm  26477. 

3  $ie  Söriefe  ßarrafag  an  SBibnman  in  Clm 
26  477  unb  911.  91.,  Jes.  982. 

4  gür  baS  golgenbe  ©ped)t,  Siflingeit 
401  ff. 

5  Süumneu  beiden  and)  hier  aHe  Sonbiftoren, 

bie  ©tipenbiateu,  fei  e§  be§  93apfte3  ober  be§ 


93ifd)ofä  ober  auberer  ©tifter,  loaren.  3m  3abre 
1604  maren  22  ©tipenbiaten  be»  $apfte§,  4  bes> 
93ifd)ofä  Don  5lug§bitrg,  5  be§  93ifd)of3  Don 
Eidjftött,  11  bc3  ©rafen  3afoä  Äur§  ufm.  Dor» 
panbeu. 

6  ©pecpt  a.  a.  0.  102.  ipant,  ©efd).  ber 
©tubienanftalt  SiHingen  (1854)  89  ff-  93ei  lep» 
terem  eine  eingeljenbere  93efd)reibung  be§  93aue§. 
35gl.  bie  ©tatuSrelation  Don  1606  bei  911  er  fie, 
2lrd)iD  für  93aftoral=ßonferensen  I  310. 


614 


9feunte§  Kapitel,  Konbifte. 


18  ßreujer  gefegt.  „Unb  üerfefjen  mir  ung,  man  merbe  mit  fofdjem  Sta£  jufrieben  fein, 
in  Sebenfung,  bafi  bennodj  bie  $oft  mödjentfid)  um  1j2  ©ufbeit  geringer  angefdjfagen 
mirb  afg  anberer  Orten,  unb  bag  Kollegium  bag  oorige  ^a^r,  ber  ^ugenb  31t 
©utem,  ein  ©tarfeg,  mie  nninnigfid)  befannt,  öerforen.  (Sollten  bie  SBaren  f)infiiro 
roeiter  abfteigen,  fo  mirb  man  bag  ®oftgelb  aucf)  ringern."1  Seim  galten  ber 
Sebengmittefpreife  trat  bann  in  ber  S£at  ein  meiterer  Siadßaf)  ein,  fo  1625  1  gfor. 
30  ®reit3er  (22 V2  Sajjen)  6310.  1  g-for.  12  ®reu3er  (18  Sapeit),  mithin  mieber  ber 
Sßreig  oon  1585.  2Bof)nnng,  §ei3itng  unb  Sidjt  lofteten  jäljrfid)  12  $for.,  „Sett* 
gemanbt"  6  gßor.,  SEBäfdje  4  gfor.  ®a3U  famen  nod)  für  Slr3t  unb  Sarbier 
1  gfor.  40,  Rebell  16  ßreit3er,  für  Stinte  24  Steuer.  „SDer  SSein  fiat  fein  fonbere 
9red)nung,  je  nadjbem  man  ifjn  einfauft,  unb  mirb  jebem  fooief  eingefdjenft  unb  üor= 
gefegt,  alg  für  ratfarn  erfannt  mirb  unb  bie  §errn  Maecenates  (Stifter)  ober  ©ftern 
üermißigen.  SDer  Se3af)fung  falber  finb  3toei  gief  im  Sn^r'  darauf  man  pflegt 


Konoift  in  2>tHütgen  1627.  Stid)  non  ©ianaffer. 


aßer  ©tubenten  fRaitungen  (9ted)nuttgen)  3U  fertigen,  Qof).  Saptift  (24.  Quni)  unb 
SDfjomag  Slpoftef  (21.  SDesember).  Unb  biemeil  bag  Äoßegium  fonft  fein  anber  ©im 
fommen,  baoon  nit  aßein  aße  notroenbige  Sictualia  .  .  .,  fonbern  aucf)  bie  £mnbmerfg= 
leut  müffen  be^a^lt  merben,  mirb  erforbert,  baff  man  oon  einem  fjalbeit  Qafjr  311m 
anbern  tmraugf^afjfe." 2 

9JJit  ber  Soraugbe3af)fung  kaperte  eg  fo  fefjr,  bafj  ber  Sifdjof  einfcfjreiteu 
muffte.  ©r  ertiefj  am  21.  SOegember  1626  an  ben  9iegeng  ein  offeneg  Slugfdjreibeu 
beg  ^nfialteg :  ©r  fyabe  in  ©rfafjrung  gebradjt,  baff  man  ein  fange  geit  fjero  oon 
bem  alten  ©ebraudj  unb  augbriidfidjen  ÜDianbat,  bie  f)afbjiif)rige  ^afßung  anti> 
3ipationgmeig  ftetg  ridjtig  einsubringen,  meit  abgemidjen  fei.  Studf)  fjabe  man  ber 


1  Ratio  stud.  IV  335  f.  Qn  biefer  ©erorb= 
nung  mirb  für  bie  2InnaI)me  ber  ©elbforten 
feftgefefct:  1  Salcr  =  1  ©ulben  30  Kreuzer, 
1  ®utat  =  2  ©ulben  20  Kreujer,  1  Krone  ober 
©olbgnlben  =  1  ©ulben  44  Kreujer. 

2  Ratio  stud.  I  454.  ©in  ©£pen?äettel  au? 


bem  gabre  1G29  forbert  für  ben  ^errentifd) 
mödjentlid)  25  ©afcett,  für  ben  gemeinen  ©ifd) 
ioöd)entlid)  20  ©a$eit.  ©inblattbrnd  in  ben 
©bradjer  Klofteraften  II  128  in  ©amberg,  Krei?= 
ard)iü.  Koft  unb  ©rei?  in  ©tollljeim  f.  Ratio 
stud.  IV  334  f. 


Sltlgemeine  Äonbitte:  2)ißingen. 


615 


fdjon  verehrten  $oft  unb  anberer  9?otburft  fjalber  für  bie  ^onüiftoreS  auSgelegten 
©elbS  adbereitS  verfallenen  Üiedjnungen  23ejahlung  burdj  viele  2Jtüf)e  mit  immer« 
mäfjrenbem  S8rieffcf;reiben  unb  23oteu  bennocf)  nit  fuitben  §u  Rauben  bringen.  ®arauS 
folgt,  baf)  bei  redjter  $eit  SSiftualien  nit  nad)getrad)tet,  fonbern  gleich  täglicf) 
allein  bie  blofje  9iotburft,  aud)  menn  ade  am  teuerften  eingefauft,  unb  unter  bem  ber 
arme  (patibmerfSmann  mit  verlogener  23ejahlung  befdjmert  morben,  meldjeS  unjiemlid) 
unb  ben  armen  £>anbmerlsleuten  nit  tveniger  unerträglich  fei;  aud)  lönne  für  bie 
^onviftoren  ®oft  unb  geling  nid)t  fo  billig  als  fonft  bei  geitiger  SBejaljlung  ver« 

red)net  merbeit.  Um  bem  beizeiten  ju  begegnen,  ift  unfer  ernftlidjer  23efef)l,  baff 

alle  9ied)nungen  unb  Unfoften  fofort  eingeforbert  unb  von  nun  an  bie  ©tubenten, 

fie  feien  meS  ©tanbS  fie  mollen,  in  baS  ®odeg  nid^t  aufgenommen  tverben,  eS  fei 

beim,  baf;  beren  (Sltern  unb  Sßormünber  auf  1/2  3df)r  ^an9  Zähnung  vorauf« 
bejahten  unb  ebenfo  nach  Verlauf  eines  hQ^en  3a^reö  mieberum  fßorfchufj  geben1. 


Äoubift  in  2>iflingen  1627.  ©t id)  non  SKanaffer  (Vi)- 


@in  befonbereS  SSerbienft  erroarb  fidh  baS  ^onvift  in  SDidingen  um  bie  §eran* 
bübung  jal)lreid)er  SJJtöndje  unb  baburcf)  um  bie  ^Reform  unb  SSlüte  vieler  ^löfter2. 
3m  3Q^)re  1607  befanben  fid)  unter  250  ^onviftoren  über  100  Sleligiofen  aus 
40  ßlöftern,  barunter  auch  2  f£)ominifaner  aus  SBien;  bie  hoffte  3al)l  i$eigt  1612 
mit  157  dieligiofen  aus  41  SHöftern,  1622  noch  130,  bann  infolge  ber  97eugrüm 
bungen  in  ®onftanj  unb  ©aljburg  (Senebiftineruniverfität)  1625  nur  mehr  70  aus 
21  Mßftern.  SDer  ©cfjmebenfrieg  braute  natürlich  noch  weitere  SSerminberung.  23er« 
treten  luaren  23enebiftiner,  Sluguftiner,  s}3rämonftratenfer,  ßiftercienfer,  $artöufer, 
SRinoriten  ufro.3 

®ie  SWigiofen  bemohnten,  luie  bereits  ermähnt,  einen  befonbern  Straft,  ben 
nörblichen  Heil,  ben  fog.  Üieligiofenbau.  31)re  ^eitfion  betrug  jährlich  100  glor. 4, 


1  ßinblattbrucf  Clm  26  478. 

2  Vgl.  33b  I,  ©.  500  ff.  3um  folgenbett 
©fjedjt,  SBiHingen  415  ff.  $ort  416  f  bie 
Verteilung  auf  bie  einzelnen  Drben  unb  Älöfter. 
Vgl.  384. 

3  ©in  1650  angefertigteg  Verjeicf)ni§  ber« 


öffentlicfjte  SB  i  d)  n  e  r  äuerft  in  ©tubien  unb 
Vtitteilungen  au§  bem  Venebittiner«  unb  ßifter« 
cienferorbeit  (1885)  397  ff  unb  bann  in  feiner 
©tubie  über  bie  Vrobftei  ©Ifenborf  (1899)  58  ff. 

4  ober  60  nummi  aurei,  mol)[  ©olbgulben 
=  1  ©ulbeit  44  Äreujer. 


•Jieuntel  Kapitel.  Äonoiftc. 


616 

bie  aber  mit  bcn  SZebenauSgaben  für  SGSein,  Strjnei  ufro.  jroifdßen  100  unb  140 
fcßmanft.  Xie  Orbnung  mar  faft  gan§  rcie  bie  ber  übrigen  Äonoiftoriften;  Seidjt 
unb  Äonununion  alle  8  bis  14  Hage,  nur  menige  alle  Monate,  alle  14  Xage  eine 
©pßorte  ober  ©rflärung  ber  Siegel  beS  ßl.  Senebift  ober  Slitguftin.  ©in  eigener 
P.  ©piritual  mar  ißr  Seicßtoater  unb  gugteicf)  $JMfeS  ißrer  Äongregation.  Sei 
Xifdj  ßielten  bie  fReligiofen  mittags  juraeilen  Vorträge  auS  bein  ©ebiete  ber  ©djule, 
au  beftimmten  Xagen  abenbS  eine  ^ßrebigt.  X)ie  meiften  malten  audj  jäßrlicß  bie 
geiftlidjen  Übungen.  Xie  adjttägigen  ©jerjitien  mürben  oon  einigen  OrbenSobern 
il)ren  Untergebenen  üorgefcßrieben,  fo  im  Qaßre  1614  oom  ©eneraloifar  beS  fJM’ 
monftratenferorbenS.  ©in^elne  OrbenSobern  gaben  für  ben  Slufentßalt  in  X)iUingen 
befonbere  Oiegeln,  in  benen  außer  ben  ©ger^itien  befonberS  regelmäßiger  (Empfang 
ber  ©aframente,  bie  pflege  beS  geiftlidjen  SebenS,  Sorfidjt  im  Umgang  unb  im 
Xrinfen  anempfoßlen  mirb.  ÜJZadj  Seenbigung  ber  Sßßilofopßie  ging  ber  größte  Xeil 
mieber  in  ifjre  Älöfter  jurüd,  fo  baß  baS  SerßältniS  ber  Xßeologen  unb  fßßilofopßen 
unter  ißnen  burdjfdjnittlicß  1  : 3  betrug. 

Sei  einer  fo  großen  3aßl  oon  ÜDZöncßen  auS  fo  ocrfcßieben  gearteten  Älöftern 
braucht  eS  nidjt  munberjuneßmen,  menn  bie  ftrenge  ßucßt  in  Xillingen  gumeifen 
auf  ©cßmierigfeiten  fließ,  jumal  menn  unjufriebene  ©lemente  ficß  jufammentaten,  um 
bie  ©cßranfen  ber  gudjt  3U  burcßbrecßen.  X>a  fonnte  eS  fogar  ju  meßr  ober  minber 
gefährlichen  Seoolutionen  fontmen.  ©o  entftanb  3.  S.  3ult'  1614  eine  fleine  9fe> 
oolte  au§  Unlaß  eines  SerboteS  beS  SallfpieleS  im  Utrium,  meil  fo  Diele  genfter» 
fcßeiben  jerbrodjcn  morbett.  ®a  ber  9ieftor  fidj  burd)  feine  Sitten  ermeidjen  ließ, 
fein  Serbot  juriidjuneßmen,  oerfdjmoren  ficß  bie  126  SZöncße  unb  fpielten  alle  am 
12.  int  Sltrium  troß  beS  SerboteS.  Stuf  ein  SedjtfertigungSfcßreiben  oom 

20.  Quni  1614  ließ  ber  Übt  oon  ©alem  25.  ^uni  1614  feinen  Untergebenen  einen 
fcßarfen  Xabel  jufommen:  fie  hätten  gegen  alle  feine  Slnmeifungen  geßanbelt,  juerft 
hätten  fie  bem  2lbt  fdjreiben  müffen,  aber  feine  offene  Üfebellion  ntacßen  bürfen. 
yZadj  ©mpfang  feines  ©cßreibenS  foUten  alle  bem  9M'tor  fniefäHig  Abbitte  leiften. 
Xem  Sfeftor  fcßrieb  ber  §lbt  unter  bemfelben  X)atum,  baß  er  bie  üfebellion  feiner 
9feligiofen  feßr  bebauere;  er  ßabe  biefelbett  ©eßorfam  unb  nidjt  Rebellion  gelehrt ; 
er  raerbe  bie  gebüßrenbe  ©träfe  eintreten  laffen1. 

©päter  erregte  bie  ©infdjränfung  beS  ÜEßeintrinfenS  große  Unjufriebenßeit. 
©djon  1613  ßatte  ber  ^rooingial  äMcßior  Partei  bei  ber  Sifitation  oon  Xüllingen 
eingefdjärft,  man  folle  ernftlicß  barauf  feßen,  baß  bie  Äonoiftoren,  befonberS  bie 
OrbenSleute,  nidjt  fo  üiel  außergemößnlicßen  Söein  unb  nicht  meßrere  fog.  SBein» 
jettet  (schedas  vinarias)  erßielten  unb  gegenfeitig  üertaufdjten;  benn  fo  mürben 
bie  SluSgaben  geringer,  bie  ©efunbßeit  fräftiger,  bie  Sermaltung  leicßter2.  ßeßn 
Qaßre  fpäter  trat  ber  ißrooingial  ©ßriftopß  ©rcnjing  gegen  bie  Sftißbräudje  bei 
bem  Xrinfen  auf.  ©egen  feine  ©infcßränfungen  manbten  fidj  bie  SDZöncße  bireft  an 
ben  ©eneral.  SitelleSdji  autmortete  am  17.  Qluni  1623  unter  bem  SluSbrud  beS 
XanfeS  für  baS  ißnt  bemiefene  ßutrauen.  ©r  merbe  ben  $ßroOin$ial  anmeifen,  feine 
Serorbnung  fo  gu  milberit,  baß  oßne  ©efaßr  für  Unmäßigfeit  ben  Sebürfniffen 
unb  bem  Xroft  aller  fRecßttung  getragen  merbe.  ©efdjeße  bieS  nicßt,  ober  glaubten 
fie  fonft  in  irgenb  einer  ©adje  ficß  ju  ßart  beßanbelt,  fo  möcßten  fie  ißnt  nur 


1  *  Original  unb  Äopie  in  $arl§ruhe,  ©.  2., 
Salem  32,  6.  Sorrefponbenjen  barüber  in  ben 

*  Epistolae  Wiblingens.  I  178  ff  (ißfarrardjiö 
in  Saiblingen).  Ser  9legen§  $ugo  SBolffurt 
icbrcibt  am  21.  guni  1614,  ba§  SSerbot  fei  ge= 
rechtfertigt  gemefen. 


2 *  *  Visitationes  coli.  Diling.  1612 — 1618. 
33ei  biefer  ©elegenljeit  fügt  ber  iprooinäial  aucf) 
bei,  e3  foüe  SSorforge  getroffen  merben,  baß 
bie  iBuchhäubler  unb  ^anbtuerfer  oon  ben  fion= 
oiftoreu  nicht  ju  hohe  greife  forberten. 


'Mgcmeinc  Souoiftc:  55>iHirtgen. 


617 


wieber  fcßreiben;  erwerbe  bann  bei  bem  'proDingial  unb  ben  |>augo6ern  bag  Zotige 
oeranlaffen  K 

91n  ben  ^Sroüingial  felbft  richtete  93iteHe§d)i  am  2.  September  1623  ein  aug» 
füßrlicßeg  Scßreiben,  in  bem  eg  ßeißt:  2llg  $ßaul  V.  Don  mir  oernommen,  im  SlonDift 
gu  Sidingen  ftubierten  unter  ber  Leitung  ber  ©efedfdjaft  gegen  130  Sleligiofen  au§ 
oerfdjiebenen  Orben,  §eigte  er  fidj  bariiber  feßr  erfreut  unb  äußerte  fieß  in  Slnbetracßt 
beg  großen  Slußeng  aug  einem  foldjen  $onoift:  Sie  Seitung  unb  £>eranbilbung  fo 
tieler  Orbengleute  fdjeine  ißm  Don  folcßer  93ebeutung,  baß  bie  Strbeiten  ber  ©efeQ* 
fdfaft  in  Seutfcßlanb,  wenn  fie  audj  nießtg  anbereg  tue,  alg  überaus  nüßließ  für  bie 
fatßolifcße  Äircße  betrachtet  werben  müßten.  ÜJlit  biefem  Urteile  beg  Sßapfteg  ftimmen 
Diele  angefefjene  Scanner  überein,  welcße  bie  Seitung  biefer  gowdie  für  eine  ber 
widjtigften  unb  Dorgügücßften  Arbeiten  ber  ©efeüfcßaft  in  Seutfcßlanb  halten,  $cß 
fann  begßalb  nicht  begreifen,  wie  wegen  ein  wenig  SSBein  eine  foldje  unb  fo  lang 
bauernbe  Aufregung  gum  größten  Scßaben  beg  ®onöiftg  entftanben  ift.  Um  bie 
©intracht  unb  Siebe  wieberßergufteüen,  muß  burdj  SSiebereinfüßrung  ber  fettet  ober 
auf  anbere  SBeife  für  ben  notwenbigen  Sranf  geforgt  werben  gemäß  bem  SBillen  ber 
Obern  ber  Flößer,  welcße  ißre  Sleligiofen  naeß  Sillingen  feßiden.  Sa  P.  SSolfgang 
üüleßger  feßon  früher  unb  befonberg  jeßt  bie  ©emüter  ber  Orbengleute  fieß  entfrembet 
ßat,  foH  berfelbe  Don  feinem  Sind  alg  Siegeng  entfernt  werben.  SCßeil  bie  SJleinung 
ber  Unfrigen  geteilt  ift  unb  bie  einen  für  ben  Siegeng,  bie  anbern  für  bie  SJlöndje 
Partei  ergriffen  ßaben,  foll  für  bie  SSieberßerfteHung  ber  ©inigfeit  Sorge  getragen 
werben.  Ser  Siegeng,  bem  ber  SßroDingial  etwag  gu  Diel  bie  Stange  ßält,  ßat  geßler 
gemaeßt.  93ei  ben  ©rünben,  bie  Don  bemfelben  einigen  JUofterobern  gefeßidt  würben, 
um  ißnen  bie  Slbfcßaffung  ber  SBeingettel  munbgereeßt  gu  maeßen,  wirb  bie  ®lugßeit 
unb  fteHenweife  aueß  bie  Söaßrßeit  oermißt,  g.  93.  wenn  er  feßreibt,  im  $alle  ber 
93eibeßaltung  ber  gettel  fönne  nießt  genug  2Bein  befeßafft  werben;  ober  baß  ber 
größere  Seil  ber  Prälaten,  weldje  ißre  Seute  naeß  Sillingen  feßiefen,  wegen  beg  ©e= 
braueßg  ber  Söeingettel  Slrgernig  gebe;  ober  wenn  er  beßauptet,  naeß  ber  Slnficßt 
meßrerer  Slrgte  fämen  bie  ®ranfßeiten  ber  ®onöiftoren  Don  übermäßigem  SBeingenuß, 
wäßrenb  ber  ßonöiftgargt  eine  folcße  Äußerung  beftreitet  unb  anbere  barüber  uießt 
befragt  worben  finb.  Sind)  ift  eg  unflug,  wenn  ber  Siegeng  in  bemfelben  93rief  bie 
Unmäßigfeit  ober  Scßlidje  einiger  weniger  bem  gangen  ßötug  ber  SDlöndje  gu  beren 
großem  93erbruß  gur  Saft  legt,  ba  bie  Don  bem  Siegeng  gerügten  Spgeffe  nur  wenigen 
gur  Saft  fallen1 2. 

Sie  Sarlegungen  beg  ^roDingialg  Dom  24.  unb  26.  September  1623,  ber  adeg 
gu  tun  üerfpracß,  um  bie  Ungufriebenßeit  auf  gute  Strt  gu  ßebeu,  berußigten  ben 
©eneral,  wie  berfelbe  am  21.  Oftober  feßrieb;  boeß  fcßärfte  er  nocßmalg  folgenbe 
fünfte  ein :  SSor  allem  barf  fein  engereg  unb  ßärtereg  Verfaßren  in  93egug  auf  bie 
Verpflegung  unb  bie  §auggudjt  eingefüßrt  werben,  alg  wie  eg  bie  ^lofterobern,  bie 
ißre  SJlöndje  naeß  Sillingen  fdjiden,  ober  wenigfteng  bereu  größerer  Seil  billigen, 
ferner  foll  bie  Slnberung  fo  gütig  unb  faeßte  eingefüßrt  werben,  baß  fieß  bie  Orbeng* 
leute  barüber  nicht  mit  Slecßt  beflagen  fönnen;  benu  fonft  fann  bei  erbitterter  unb 


1  *£rig.4Reg.  Ad  Externos.  $ie  Üieüoltc 
Siebt  fid)  burd)  bag  gange  Safjr  1623,  mie  bie 
SSriefe  in  ben  Epp.  Wiblingens.  I  301  ff  geigen. 
2>er  9tegeng  SBoIfg.  9Jleßger  betont  am  1.  Smn 

1623  unter  ben  ©rünbeu  für  bie  Stbfdjaffung 
befonberg  bie  bamalige  große  Neuerung.  Sie 
jungen  9Jtünd)e  loollten  aber  bie  ©rünbe  nidjt 
gelten  laffen ;  e§  fdjeint  ihnen  unerträglid), 
aquam  cum  sanitatis  periculo  potitare.  ©in 


21bt  maljnt  feine  9teligiofen,  ut  de  potu  liti- 
gare  desinatis  praesertim  hoc  tempore  quo 
de  sanguine  Christianorum  passim  hauriendo 
decernitur.  $er  fßräfeg  ber  9teligiofen«®on» 
gregation,  P.  21bam  ©traub,  fndite  oermittclnb 
eingumirfen,  mag  bie  jungen  SJZöndje  mit  großem 
Sobe  anerfennen. 

2  *  Original  in  9Jt.  9?.,  Jes.  976. 


618 


Neuntes  &apitel.  Sonoifte. 


abgeneigter  Stimmung  troß  aller  9Jiüße  ber  ©efeüfcßaft  nkßtS  ©uteS  geförbert  werben, 
unb  bie  große  gaßt  ^er  Peligiofett  wirb  fid)  halb  fef)r  üerminbern.  $ur  letzteren 
SluSfiißrung  füge  icß  ßier  bie  befdjeibene  Porftellung  ber  OrbenSleute  an  mid)  wörtlicß 
bei.  ©ie  SBetoilligung  biefer  SBiinfcße  tttadje  id)  aber  oon  ber  ©inwitligung  ber 
Prälaten  abhängig,  auf  bie  in  ber  ganzen  Sacße  große  fRiidficßt  ju  nehmen  ift. 
©ie  befdfeibene  Pitte  ber  Peligiofen  lautet:  „2Bir  bitten  nur  barum,  was  unS  allen 
ober  bocß  ben  meiften  nad)  unferem  unb  ber  Slrjte  Urteil  jur  ©rßaltung  nuferer 
Kräfte  unb  nuferer  ©efunbßeit  ßierortS  notmenbig  ift,  b.  I).  im  einzelnen  wödfentlid) 
brei  bis  oier  SBeinjettel  ober  brei  bis  oier  Ouart  Sßein  für  jeben  Krater,  welcße  bei 
ber  gewößnlicßen  SlJJafjl^eit  auf  SBunfd)  gegeben  werben,  bod)  fo,  baß  bei  einer  SKaßl» 
geit  nur  ein  Ouart  oerabreicßt  wirb.  2Benn  aber  einige  wenige,  bie  eS  ßier  fautn 
gibt,  glauben,  innerhalb  ber  ©rennen  ber  Sftäßigfeit  etwas  bariiber  ju  bebürfen,  fo 
ß  alten  wir  eS  für  recßt  unb  billig,  baß  in  einem  foldßen  gälte  ber  P.  fftegenS  fid) 
bei  ber  SBiHenSäußerung  beS  Prälaten  berußigt.  ©er  jweite  Punft,  in  bem  wir 
bie  £>ilfe  ©w.  Paternität  anrufen,  betrifft  fowoßl  bie  Sorge  für  bie  Oranten,  bie 
biSßer  feßr  gering  war,  als  aud)  bie  Scßwierigfeit  mit  bem  SBeiit,  bie  wir  unter 
biefem  fHegenS  burd)gängig  bisßer  geßabt  ßaben,  weil  uns  zuweilen  unb  jiemlid) 
lange  ein  fotcßer  ÜBein  oorgefeßt  worben,  ben  oiele  oon  uns  fautn  trinfen  fonnten." 
©aS  finb  bie  SSünfdße  ber  Peiigiofen,  für  bereu  ©rfüdung  fie  oon  mir  aber  feinen 
Pefeßl  an  bie  unmittelbaren  Obern  erpreffen  wollen,  fonbern  fie  finb  bereit,  barum 
ben  ÜtegenS  in  aller  ©emut  als  um  eine  SBoßltat  ju  bitten1. 

(Sinige  $aßre  fpäter  macßte  PitelleSdfi  am  7.  Februar  1626  ben  Prooinjial 
9)lunbbrot  barauf  auftnerffam,  eS  fei  oielleicßt  gut,  ebenfo  wie  in  ^ngolftabt  aucß 
im  Äonoift  ju  ©illingen  benen,  bie  feinen  SSein  trinfen  wollten  ober  fönnten,  Pier 
oorjufeßen.  ©enn  jeßt  müßten  mand)e  mit  nid)t  geringem  Sdßaben  für  ißre  @e» 
funbßeit  SSaffer  trinfen,  unb  infolgebeffen  fämen  oiele  nicßt  nad)  ©illingen.  SJian 
möge  alfo  beraten,  ob  man  bort  Pier  brauen  unb  ben  Äonüiftoren  geben  fönne2. 

3lbgefeßen  oon  folcßeit  einzelnen  (Spifoben  unb  einzelnen  Perfonen,  war  baS  Pe= 
tragen  ber  meiften  Sftöncße  mufterßaft,  wie  in  oielen  Pericßten  ßeroorgeßobett  wirb. 

©in  Sob,  welcßeS  bie  Propaganba  1630  ©illingen  fpenbete,  gilt  befottberS  bem 
Äonoift  ber  Pefigiofen.  3n  &em  ©utacßten,  in  weldjem  bie  Äarbinäle  ber  propaganba 
bem  Papfte  Urban  VIII.  im  3aßre  1630  bie  Überweifung  ber  ©infünfte  einiger 
Älöfter  an  bie  Slfabemie  ©illingen  empfeßlen,  ßeißt  eS:  ©ie  üerßßiebenen  religiöfen 
Orben  fcßiden  ißre  Pegularen  aus  ber  Scßweij,  granfen,  Papern,  ©Ifaß,  Ofterreid), 
©irol  unb  Scßwaben  bortßin,  um  fie  fowoßl  in  ber  OrbenSjucßt  als  in  ben  pßilo» 
fopßifcßen  unb  tßeologifdfen  SöiffenSjweigen  auSbilben  gu  laffen.  Sie  werben  aber 
üon  ben  Patern  3efuiten  fo  ßerangebilbet,  baß  wir  biefer  llnioerfität  ©illingen  ben 
bliißenben  Stanb  ber  religiöfen  Orben  in  Scßwaben  unb  in  ber  Scßweij  jurn  großen 
©eil  jufcßreiben  fönnen3. 

^n  ber  öfterreicßifcßen  prooinj  finben  wir  oor  allem  in  Söien  meßrere  Äon» 
oifte,  ein  allgemeines  Äonoift,  ein  Slrmenfonoift,  bann  baS  pajmaneum  für  Ungarn 
unb  baS  Slgramer  Äonoift  für  Äroateu.  $aßre  1635  Waren  in  brei  Äonüiften 
4  priefter  unb  6  Scßolaftifer  tätig,  im  Qaßre  1642  in  ben  oier  Äonoiften  jufammen 
11  ^efuiten.  3n  ^em  allgemeinen  Äouoift  waren  1640  90  ßögünge,  barunter  16 
auS  oerfcßiebenen  Orben,  im  3aßre  1644  121  Zöglinge4. 


1  *  Crig.»3}ecj.  Ad  Germ.  sup.  ift  größer  at§  je  suüor  et  quidem  omnes  fere 

2  *  £>rig.»9teg.  ebb.  optimae  exspectationis.  *  Original  in  Sarll« 

8  ©peept  a.  a.  D.  419.  9lm  17.  ©tai  1609  ntpe,  ©.  2.,  Salem  325. 

fdjreibt  P.  Gprift.  ©renjiitg  aul  'JÜEingen  an  4  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr. 

ben  §(bt  üon  Salem :  $ie  Rapt  ber  Steligiofen 


Sltlgemeine  Äonbifte:  SBiett. 


619 


§113  am  22.  §lpril  1607  bag  Äolleg  ber  ^efuiten  am  §of  abbrannte,  famen  bie 
göglinge  in  bag  33ecffcf)e  §au§  am  .jpof,  in  meinem  eine  Kapelle  ju  Sfjren  beg 
1)1-  ißanfraj  bem  £onoift  ben  tarnen  ©t  fßanfra$  gab1,  unb  bann  jum  Seil  1616 
in  bag  £mrracf)fd)e  ^au§  bei  bem  ©djottenflofter.  Qn  bem  Sedfdjen  .fpaug  blieben 
nur  bie  armen  ©tubenten.  Ser  ütame  föonoift  ©ti  fßancratii  blieb  für  beibe  £>äufer. 
£yür  bie  oon  ber  Unioerfität  übernommenen  ©tipenbiaten  unb  Surfiften  faufte 
P.  Samormaini  jmei  Raufer  unb  errichtete  bort  bag  Kollegium  ©t  ^gnatiug;  in 
lefjtereg  jogen  im  $af)re  1654  itad)  (Srricfjtung  eineg  9?eubaueg  auf  ber  ©tätte  ber 
früheren  Siofenburfe  and)  bie  ißanfratianer 2. 

©inen  guten  ©inblid  in  biefe  ©ntmidlung  vermittelt  ein  ©utadjten  über  bag 
Äonoift  beg  1)1.  ^gnatiug  aug  bem  ^al)re  1650,  melcfjeg  burcf)  P.  ^af.  Srinfeliug 
bem  ©eneraloifar  überreicht  mürbe.  Sie  ©runblage  biefeg  $onoiftg  bilben  bie  Raufer 
ber  vier  Surfen  (9?ofe,  Silien,  Samm  unb  ©entium),  in  benen  früher  bie  ©tipenbiaten 
ber  Unioerfität  unterhalten  mürben,  unb  aufferbem  bag  £>aug  „©olbberg",  mo  bie  am 
fommenben  ©tubenten  aufgenommen  mürben,  bamit  fie  nicht  genötigt  mareit,  auf  ber 
©tröffe  §u  übernachten.  Siefe  fünf  ©ebäube  erhielt  bie  ©efellfchaft  aujfer  bem  @e= 
bäube  ber  Unioerfität  unb  ber  ©dfulen  oon  ber  Unioerfität,  um  bag,  mag  für  ben 
Sau  beg  Kollegs,  ber  ©djulen  unb  ber  $ird)e  nidjt  notmenbig  märe,  ju  föonoifteit 
ju  oerroenben,  mo  möglidjft  oiele  ©tubenten  unter  ber  Seitung  ber  ©efellfchaft  fßlap 
fänben.  Sen  ©tipenbiaten,  bie  ohne  Unterfdjieb  ber  gafultät  oon  ben  Patronen 
oorgefdjlagen  merben,  muh  öon  btx  ©efellfchaft  nach  ber  s^ragmatifd)en  ©anftion 
Wohnung  unb  Unterhalt  in  einem  ®onoift  geboten  merben,  unb  jmar  fo  lange,  al§ 
fie  fich  ber  (paugorbnung  fügen.  Sen  Sermaltern  ber  ©tiftungen,  beren  ©infünfte 
au3  Weinbergen  fliehen,  muh  ein  Ort  für  bie  Leiter  unb  Slufbemaljruttg  beg  Weineg 
angemiefen  merben.  Siefer  Serpflidjtung  gemäh  faufte  P.  Samormaini  bag  jetjige 
©ebäube  beg  ^onüiftg  beg  1)1-  Qgnatiug  für  8000  rhein.  $lor.,  bie  er  alg  Sllmofen 
jur  freien  Serfügung  erhalten  hQde;  eine  ebenfo  grohe  ©umme  lieferten  oerfdjiebene 
Wohltäter  jur  $nftanbfe|ung  beg  ^paufeg.  Son  anbern  üllmofen  faufte  P.  Samormaini 
bag  benad)barte  £)au§  „Sarfug",  aug  bem  bag  ^onoift  einen  jährlichen  ging  oon 
500  ©ulben  erhält.  Siefen  ging  l)atte  P  Samormaini  beftimmt  jum  Unterhalt  oon 
jtoei  armen  ©tubenten  aug  ben  Untertanen  beg  ^ollegg  jenfeitg  ber  Sonau  unb  oon 
jmei  Waifenfnaben  aug  Wien,  beren  Senennung  bem  Siagiftrat  überlaffen  mürbe 
aug  Sanfbarfeit  für  bie  greigebigfeit  beg  ÜDfagiftratg  beim  Sau  beg  $oHeg§.  Sie 
Serleihung  ber  ©tipenbien  füllte  burd)  faiferlicheg  Sefret  geregelt  merben,  meil  oiele 
©tipenbien  ©chreibern  unb  fßräjeptoren  anftatt  ber  Sefolbung  gegeben  mürben.  Sa 
bie  §öhe  ber  ©tipenbien  jmifdjen  15  unb  30  ©ulben  fdjmanfte  unb  bafür  fein  Unterhalt 
in  einem  ©eminar  geboten  merben  fonnte,  befdjloh  man,  mehrere  ©tipenbien  big 
jur  §öhe  oon  60  ©ulben  ju  oereinigen,  ©tiftungen  unb  (Sinfünfte  füllten  mie  früher 
oermaltet  unb  oerliehen  merben,  nur  bie  ^jaugjudjt  follte  ber  ©efellfchaft  unterfteheu. 
§llleg  bieg  muh  nun  auggeführt  unb  bamit  oom  ©eneral  einer  ober  mehrere  ber 
Wiener  Obern  betraut  merben.  ©g  ift  mol)t  ju  merfen,  bah  ben  Obern  beg 
^ollegg  ober  bem  Sauleiter  nicht  frei  ftefjt,  biefeg  .fpaug  beg  hl-  ggnatiug  Su  anbern 
gmeden  ju  üermenben  ober  mit  bem  äftufiferfeminar  oon  ©t  fßanfra^  ju  oereinigen, 
ba  bag  Äonöift  ©t  ggnaj  beim  91nmacf)fen  ber  ©tipenbiaten  beiber  Käufer  bebarf, 
unb  eine  Sereinigung  beiber  ©tiftungen  ben  Unmillen  ber  beiberfeitigen  ©tifter  Ijeroor* 
rufen  mürbe.  9?iemanb  fannte  beffer  alg  P.  Samormaini  bie  Verpflichtung  beg&'ollegg. 

1  Über  ba§  SonOitt§f)au§  ©t  fßanfraä  öcjt.  2  Conspectus  Hist.  Univers.  Vienn.  III  271 

ben  93rief  be§  ©djottenabteä ,  SBien,  5.  ®ej.  143  267.  SSgl.  Stint,  Unioerfität  2Sien  I 

1610,  bei  9t.  Sllatjer,  Quellen  jur  OJefd).  ber  1,  367. 

©tobt  SBien  III  (1897),  9lr  2708. 


620 


•Jieunteg  Änpitel.  £ont>iftc. 


3BeiI  er  ober  fab,  bag  Kolleg  fönne  einfttretlen  tiefer  Verpflichtung  nidjt  nadjfommen, 
tu o Ute  er  lieber  felbft  mit  bem  §u  feiner  freien  Verfügung  fteljettben  ©elb  ber  Ser» 
pflidjtung  Genüge  leiften,  um  bie  oielfacfj  gehörten  Klagen  gum  Scfjmeigen  ju  bringen. 
®arauS  gebt  audj  I;ert)Dr,  baff  bie  Stiftung  ber  neuen  Surfe  mit  15000  ©ulben, 
meldje  ber  faiferlidje  Sat  ^uftu§  ö.  ©ebfjarbt  bei  Sehweiten  beg  P.  ßamormaini  ge» 
plant  l)at  unb  audj  augfüfjren  mill,  nicht  bag  gunbament  biefeg  $onöiftg  bilbet, 
fonbern  alg  eine  neue  Stiftung  §u  gelten  b°t,  bie  ju  ben  alten  Surfen  binsufommt. 
Sermenbet  man  bie  alten  Surfenftiftungen  nach  bem  eben  entmidelten  ißlan,  bann 
merben  auch  mieber  neue  Stiftungen  gemacht,  fonft  aber  nidjt,  mie  bieg  augbrüdlicf) 
mehrere  oornefjme  sperren  erflärt  haben.  Unfere  Verpflichtung  rnirb  hier  fo  fdjarf 
betont,  bah  neulich  jenranb  fagte,  üor  ©rfebigung  berfelben  fönne  P.  ßamormaini  nicfjt 
in  ben  §immel  fommen,  meil  er  ber  Urheber  ber  Übertragung  bet  Surfen  mit  ber 
angegebenen  Verpflichtung  mar1. 

^n  ©rag  mar  aufier  bem  üfrmenfonoift  gerbinanbeum  noch  ein  erjhe^oglidjeg 
ßonüift  für  bie  ^eraitbilbung  öon  tüchtigen  Seelforggprieftern.  SDagfelbe  wählte 
1618  gegen  100  ßöglinge,  unter  benen  nicht  feiten  20—25  ©rafen  unb  Sarone  fidf 
befanben2.  2)ag  ©rager  ^onoift  mürbe  am  10.  Oftober  1627  faft  jur  fpälfte  burch  freuet 
gerftört,  aber  halb  mieber  aufgebaut,  fo  bah  eg  1628  140  ßöglinge  aufnehmen  fonnte. 
darunter  befanben  fich  22  fdjleftfdje  Sitter,  Oon  benen  18  ißroteftanten  raaren.  ®er 
^’aifer  unb  ©raf  ®ohna  forgten  für  ben  Unterhalt  biefer  Sdjlefier.  Son  ben  130 
^onoiftoriften  beg  ^ahre§  1629  maren  16  Orbengleute  aug  ben  fteirifcfien  Ä'löftern, 
3  ©rafen,  44  Freiherren  ober  Witter.  @nbe  ber  uiergiger  ^ahre  jäljlte  bag  ®onöift 
megen  $rieg  unb  Neuerung  nur  mehr  50 — 60  Zöglinge3.  2Iuherbem  maren  noch 
föonüifte  in  Seoben,  ^ubenburg,  fö’lagenfurt,  Saibadj,  Flume  unb  ©örj. 

Fn  Seoben  mar  burdj  Stiftung  eineg  Sergbaubeamten  unb  eines  Pfarrers  1641 
bie  Eröffnung  eines  £'onüifteg  jum  hl-  ^ofeph/  /,^ofephinum///  möglidj  gemorben.  21n» 
faugg  fonnte  eg  nur  5,  1642  aber  bereitg  24  göglinge  aufnehmen  *.  Unter  ben 
20  göglingen  beg  Faljreg  1645  maren  8  Stiftlinge,  bie  mie  überall,  fo  auch  ^ier 
SUumnen  genannt  mürben5. 

SDag  $onüift  ju  ^ubeitburg,  ebenfadg  nadj  feinem  Sdju|patron  „^ofephinum" 
genannt,  nahm  1638  feinen  Slnfang.  @g  hotte  feiten  mehr  alg  10  Stiftlinge,  aber 
vielfach  eine  brei»  ober  oierfadj  fo  grohe  $afjl  öon  jaljlenben  ^oftjöglingen  (®on« 
oiftiften) 6.  ®ag  1611  in  ^lagenfurt  errichtete  ßonoift  gählte  1615  gegen  50  ge¬ 
linge,  barunter  20  Slbelige,  bag  Saibadjer  föonoift  beherbergte  1625  70  unb  1630 
90  3öglinipe7. 

*  * 

•1-* 

2öie  Slquaöioa  für  bie  Stubien  unb  Sermögengoermaltung  in  ben  einzelnen 
Kollegien  im  Seginne  beg  17.  3ahr^un‘5ertt3  eigene  ^nfpeftoren  befteftte,  fo  oerorbnete 
er  burd)  Sunbfcfjreiben  oom  10.  Sluguft  1601  auch  befonbere  ^nfpeftoren  für  bie 
päpftlicfjen  Seminare.  3n  bem  Sdjreiben  an  ben  rheinifdjen  ißrooinjial  betont 
Slquatüoa  bie  grohe  SBidjtigfeit  biefer  Seminarien  für  bie  .fjeranbilbung  tüdjtiger 
Seelforger.  ®a  bie  ^Sroöingiale  bei  ihren  Sifitationen  auf  biefe  Seminarien  nicht 
immer  bie  notmenbige  Sorge  hätten  oermenben  unb  genauen  Sericfjt  erftatten  fönnen, 
ernenne  er,  mag  ja  in  ben  Raufern  unb  Kollegien  ber  ©efellfchaft  guten  ©rfolg  ge» 
Ijabt,  eigene  ^nfpeftoren  für  bie  einzelnen  ^roDinjen,  meldje  eine  genaue  Sifitation 


1  *  Original  in  Epp.  Austr.  1601—1660,  4  ©6b.  1870,  40  f;  1872,  82. 

II  277.  5  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1645. 

2  SPcinlid),  $rogr.  1872,  81.  3  iJSeinlicf),  ißrogr.  1872,  82. 

3  ©6b.  1870,  22  f  43  f.  7  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr. 


fßäpftticbe  Sentinarieu :  93ifitatiou  burd)  Slquaöitoa. 


621 


ber  ©eminare  tiornehmen  unb  barüher  ausführlichen  Beridjt  erftatten  füllten,  gür 
ba§  einzige  ©eminar  ber  rfjeinifcfien  ^Srotiing,  $ulba,  möge  ber  ißrotiingial  felbft  einen 
geeigneten  Qnfpeftor  beftimmen,  ifjm  biefe  Stufgabe  in  ber  nad£)brü(ftict)ften  SGSeife  an§ 
£>erg  legen  unb  bie  beifotgenbe  ^nftruftion  gur  genauen  ^Beobachtung  übergeben1. 

®iefe  „Qnftruftion  für  bie  Qnfpeltoren  ber  päpftlidfen  ©eminare,  wa§  fie  unter* 
fucfjen  unb  morüber  fie  an  ben  ©eneral  beridjten  füllen'',  tierlangt  Sluffdftuff  über  bie 
ßatjt  ber  Sllumnen,  ob  eine  ©rljöhung  möglid;  fei,  über  bie  ©tubien,  ob  nidft 
gu  tiiet  unb  ofjne  SJupen  fcfjolafttfche  Geologie  ftubiert  merbe  unb  bie  praftifcfje 
SCIjeoIogie  511  furg  fomme,  über  bie  Slufnahme,  ob  man  ftrenge  Slugmahl  treffe,  über 
galjl,  ’ißerfonalieu  unb  Seiftungen  ber  bisher  auS  bem  ©eminar  ^ertiorgegangenen 
^riefter,  über  ben  brieflichen  Berfeljr  ber  Stegenten  mit  ben  festeren  unb  bie  liebeoolte 
Unterfiüpung  berfetben.  ferner  tiertangt  bie  ^nftruftion  genaue  SIu§weife  über  ©iu* 
nahmen  unb  3lu§gaben,  Bericht  über  bie  Beobachtung  ber  Stegein  unb  ber  SInwetfungen 
be§  P.  ißoffetiin,  über  ettoaige  ÜDtiffftänbe  unb  bereu  Slbftellung.  ©nblid)  füllen  bie 
Borftänbe  ber  ©eminare  gemahnt  werben,  baff  fie  nach  biefer  ^nfpeftion  unb  in  ber 
$olge  jährlich  nach  ^r  Eröffnung  ber  ©chulen2  bie  Siamen  unb  fßerfonalien  ber* 
jenigen  Stimmten  bem  ©eneral  einfenben,  tuel(f)e  im  folgenben  ^aljre  ihre  ©tubien 
tiollenben  ober  fonft  geeigneter  für  bie  Slrbeit  im  SBeinberge  be§  §errn  finb,  bamit  ber 
©eneral  Slnfragen,  bie  gumeilen  au£  Stom  felbft  an  ifjn  gelangen,  beantworten  fönne. 

$mei  Qahre  fpäter  fepte  P.  Silber  bei  ber  Bifitation  ber  rheinifdjen  ißrotiing  im 
Qahre  1603  folgenbe  Bebingungen  für  bie  Slufnafjnte  in  ba§  päpftlidhe  ©eminar  gu 
$ulba  feft 3 :  ®ie  Stufnahme  fteljt  beim  fßrotiingial,  ber  fid)  gu  tiergewiffern  I;at,  ob 
ber  ^anbibat  ben  tiom  Zapfte  tierlangten  Bebingungen  entfpridht.  ®ie  ^anbibaten 
müffen  tioit  ritterbürtigem  SIbel  ober  fonft  tiom  SIbel  au§  ben  nörblichen  ^roöingen 
fein.  Slud;  einige  Siichtabelige,  aber  au§  fehr  guter  gatnilie  unb  mit  auggegeidjneten 
Stnlagen  werben  aufgenommen,  ©rforbert  finb  ein  Sllter  oon  menigfteng  gwölf 
fahren  unb  Äenntniffe  ber  SlnfangSgrünbe  be§  Sateinifchen.  ®ie  Stichtabeligen  müffen 
reif  für  bie  mittlere  ©rammatif  fein,  ©in  ©emefter  foll  für  bie  SßrüfungSgeit  ge* 
geben  werben,  ob  ©harafter  unb  Talent  entfpridht;  erweifen  bie  ^anbibaten  fid)  alg 
nidjt  paffenb,  fo  werben  fie  nad)  £>aufe  gefdhidt.  Bon  ber  greigebigfeit  be§  ißapfte§ 
erhalten  fie  nur  ©peife,  £ranf  unb  SSohnung,  nicht  aber  ^leibung ;  für  leptere,  unb 
gwar  eine  anftänbige,  haben  bie  ©Itern  gu  forgen  unb  ba§  ©elb  bafür  gu  hinterlegen. 
SBenn  bie  ©Itern  nicht  für  entfpred)enbe  ßleibung  forgen,  werben  bie  ßöglinge  ent* 
laffen.  Slud)  für  bie  anbern  Sluglagen  haben  bie  ©Itern  aufguf  omrnen4. 


1  Srud  iit  Ratio  stud.  IV  268  f ;  ebb.  270  ff 
auch  bie  Snftruftion.  fgür  Sittingen  würbe 
P.^ob- ?iaber  sunt  Snfpeftor  beftimmt.  © e  dj  t, 
Sillingen  429. 

2  Schon  au3  biefer  Raffung  gebt  herbor,  bafj 
biefe  Snfpeftion  nidjt  al§  bauernbe  ©inrichtung 
tiorgefdjrieben  würbe. 

3  Sgl.  93b  I,  S.  305. 

4  *9Borttaut  in  Köln,  Stabtardjio,  Jes.  8, 
f.  341.  Srud  in  Ratio  stud.  IV  286  ff.  9kd) 
einem  beutfdjen  fötetnoriale  be§  gulbaer  $ro= 
!urator§  Dom  Slprit  1624  mußten  bie  päpft* 
liehen  Sltumncn  in  gulba  20  9teid)3taler  Se* 
pofitunt  mitbringen,  welches  ihnen,  wenn  fie 
nichts  babon  Derjehrt,  bei  ihrem  SSeggaug  uit* 
Derminbert  wiebergegeben  Würbe,  ^ährlict)  bat 
jeber  an  ©jtraorbinarien  ju  geben  6  9teid)S> 
tatet-  2  93afcen  für  §oIj ,  Sidjt ,  Sßäfdje, 


Slrjt,  Sdjneiber  unb  93ett.  Sie  Seinwanb  „als 
©djtaffpcber  unb  Suffenäiedjen",  ebenfalls  einen 
tBorfjang  für  itjr  93ett  müffen  fie  felbft  mit* 
bringen,  ferner  müffen  bie  SUumnen  haben 
einen  febwarjen  $ut,  einen  langen,  fdjwar^en 
SKantet,  jwei  gute  ebrtidje  itnb  ftarfe  Steiber, 
etliche  §emben,  Stagen,  Strümpfe  ufw.  2Ba^ 
Sinte,  Rapier,  93üdjer,  Siften  unb  $ult,  bie 
93üdjer  unb  Steiber  §u  befdjlicfjen,  audj  etwa 
Schube,  wenn  fie  e§  nicht  mitbringen,  belangt, 
fo  fauft’3  man  atlhie  um  ihr  ©etb.  Sür  foldje 
Singe  müffen  fie  noch  etliche  ©utben  mitbringen. 
Sie  $au§eptraorbinarieu  werben  halbjcihrlid) 
ooran^bejahtt.  Sie  fRedjnungen  werben  zwei¬ 
mal  im  ^ahr  ben  ©Itern  jugefchidt,  entWeber 
auf  ber  gfranffnrter  SDteffe,  wo  ber  iprofurator 
be§  Seminar^  in  ber  Sdjttnrgaffen  beim  Srie* 
rifdjen  Jpof  31t  finbett  ift  ober  burdj  eigenen 


622 


3?eunte§  Kapitel.  Konbiftc. 


Xroü  ber  entfliehen  gehaltenen  Borfdjriften  beg  Bifitatorg  brangen  halb  mieber 
Etagen  über  bag  gulbaer  ©eminar  nadf  9?om.  ÜDes^atb  beauftragte  ber  ©eneral 
am  28.  $unt  1608  ben  rheinifcfjen  ^roüinjtal  ©eueren,  fief;  nach  gulba  ju  begeben, 
um  bie  Beobachtung  ber  früheren  Borfchrifteit  ein^ufcfiärfen.  Befonberg  auf  bei» 
fotgenbe  gtüölf  fünfte  möge  er  adjten  unb  auf  firenge  Durchführung  ber  fünf  gälle 
für  unmiberruflicfje  ©ntlaffung  bringen.  Darin  liege  nidjtg  9?eueg,  benn  fo  tuerbe 
eg  auch  im  beutfefjen  Kolleg  gehalten.  ©nblid)  möge  er  barauf  fel)en,  bah  ^e 
©ubfibien  beg  ißapfteg  für  60  Sirme  nicht  auch  für  Reiche  nertnanbt  mürben,  rnozu 
ungeftümeg  Drängen  unb  furcht,  burch  Slbmeifung  ju  beleibigen,  Slnlafi  gebe l. 

Die  jmölf  fünfte  beefen  fidf)  meift  mit  ben  Berorbnungen  beg  P.  Silber;  aufjer» 
betn  mirb  Beobachtung  ber  Dtegeln  unb  (paugorbnung  eingefefjärft ,  ferner  $u’ 
friebenheit  mit  bem  gemeinfamen,  ihrem  ©taube  entfpredjenben  Difch.  Die  fünf 
®afug,  bie  unmiberruflid)  bie  ©ntlaffung  nach  ficf)  Riehen,  finb:  1.  toenn  fie  ficf> 
gegenfeitig  oerprügeln,  2.  toenn  fie  fidh  j$u  paufe  ober  brauffen  in  Sirgerttig  gebenber 
2Beife  betrinfen,  3.  mentt  fie  SJieffer  ober  anbere  Sßaffen  gegenfeitig  gegen  ficf)  ober 
gegen  Selfrer  ober  Borgefetjte  jüden,  4.  toenn  fie  burd)  Boten  ober  Briefe  mit  um 
ehrbaren  ober  öffentlich  infamen  ^erfonen  oerfehren,  5.  toenn  fie  nadjtg  burch  bie 
genfter  ober  über  bie  äßauer  enttoeidhen,  üerbädjtige  Orte  unb  Drinfgelage  befuchen 2. 

3m  3°hre  1622  rief  ©regor  XV.  bie  fö'arbinalgfoitgregation  de  Propaganda 
fide  ing  Seben,  ber  aitdj  bie  päpftlichen  ©eminarien  in  Deutfdjlanb  unterteilt  tourben. 
©chon  im  fofgenben  $al)re  oerorbnete  bie  Brofmganba  eine  Bifitation  biefer  ©entinare. 
3nt  Sluftrag  beg  9?untiug  tßeter  gdanz  Bifdjof  oon  SJeocaftra,  hielt  ber  gmrftabt  oon 
gulba  3of).  Bernharb  am  23.  Sluguft  1623  eine  Bifitation  beg  päpftlicheit  ©eminarg 
Zit  fffulba,  über  bie  ein  notarieller  Slft  oorliegt.  Dag  ^rotofoll  enthält  bie  Siamett 
aller  ©eminariften;  barnnter  finb  foldje,  toeldje  fchott  7  ^ahre  bem  ©eminar  an» 
gehörten.  Bon  ben  Slbeligen,  bie  jährlich  je  30  ©olbfronett  erhielten,  toarett  10  9U)e° 
toriler,  10  §umaniften  unb  20  ©rammatifer.  Die  ^leibung  fonnte  in  biefen 

fd)toierigen  ^rieggjeiten,  fo  fagt  bag  ^3rotofotf,  oielfach  oon  ben  ©Itern  nicht  be> 
fchafft  toerben,  in  einzelnen  fällen  auch  nicht  ber  nötige  Borfcfjuh,  toeil  bie  ©Itern 
felbft  oont  Kriege  hflrt  mitgenommen  roaren.  Sludj  in  ben  früheren  fahren  toar 
bie  ßal)!  ber  Sllumnen  nicht  immer  üollftänbig,  toeil  bag  ©eminar  grofze  Berlufte 
erlitten  hade,  befonberg  burd)  ben  Branb  oon  1616,  too  bag  ganze  Dad)  beg 

©eminarg  oerbrannte.  Bon  ben  armen  ©tubenten,  bie  aber  nicht  im  ©eminar 
ioohnten,  bie  jährlich  mit  600  fronen  oom  Zapfte  unterftütjt  tourben,  toaren  12  Bhe» 
torifer,  16  pumaniftett  unb  30  ©rammatifer. 

Unter  ben  ga'üdjlen,  bie  bag  ©eminar  gebradjt,  fybt  ber  Bifüator  bie  oielen 
tüdjtigen  SJlänner  hervor,  bie  ang  bem  ©eminar  heroorgegangen,  barunter  ber  gurft* 
bifdjof  3°h-  ©ottfrieb  üott  Slfchhaufen,  ber  Slbt  oon  gulba  3°h-  ^nebr.  o.  ©djmal- 
bad),  oiele  Defane  an  ben  oerfhiebenen  $atl)ebralen  zu  äJiünfter,  pilbegheint,  gulba  upüv 
©eneraloifare,  zahlreiche  Benebiftiner,  fö'artäufer,  gdanziSfaner,  ^efuiten  ufto.  Äautn 
gebe  eg  aud)  einen  §of,  an  bem  nicht  frühere  gelinge  in  anfehnlidjen  Simtern 

getroffen  mürben,  rnozu  u.  a.  auch  btx  faiferlicfje  Bilanzier  Baron  ^Seter  Heinrich 

o.  ©tralenborf  gehöre.  Slug  ben  s^aupereg  ober  ©tipenbiati  feien  faft  alle 
in  ber  ganzen  Untgegenb  heroorgegangen,  bie  fonft  aug  Mangel  an  Spitteln  nidjt 


93oten,  nämlicp  1.  Slpril  unb  1.  Cltober.  Köln, 
Stabtarcpiü ,  Jes.  8 ,  f.  343.  $rucf  in  Ratio 
stud.  IV  291.  3)a§  Koftgelb  für  zapfenbe  3ög= 
lingc  betrug  außer  ben  ßptraorbinarien 44 (Reiche 
talcr.  $aö  päpfttiepe  Seminar  in  gulba  mar 
1601  burd)  einen  Neubau  ermeitert  morben,  fo 


baß  130  SKumnen  bequem  $iaß  fanbeit.  K  o  m p, 
ßtneite  ©cpule  gnlbaS  (1877)  32. 

1  *  örig.’DJeg.  Ad  Rhen. 

2  *  SSorttaut  in  Köln,  Stabtardjiü,  Jes.  8, 
f.  342.  $rucf  in  Ratio  stud.  IV  289  f. 


'Päpftliche  Scminarien :  ©ingreifen  bcr  ipropagauba. 


623 


fjätten  flubieren  fönnen.  Unter  bcn  Mitteln,  burch  iuelcfje  fo  fdjöne  fjrüdjte  gezeitigt 
moröen,  nennt  baS  ^rototoll  bic  mörfjentlicfje  Seidjt,  gu  ber  aber  (päretifer  nidjt  Der- 
pflidjtet  feien,  bie  monatliche  Kommunion,  bie  @yf)orten  an  ©onn-  unb  ^efttagen, 
bie  geiftlidhe  fiefung,  bic  Sluffidjt  ber  SSorftefjer  unb  ein  ernfteS,  nachhaltiges  Sin- 
fpornen  junt  ©tubium.  (Einnahmen  unb  SluSgaben  für  bie  40  SUumnen  Dom  ^ahre 
1584  an  unb  für  bie  Sinnen  oom  fjjaljre  1585  bis  1623  mürben  oorgelegt  unb  ge¬ 
prüft;  in  ber  ß'affe  für  bie  SUumnen  mar  ein  fReft  Don  86  fReicfjStalern  19  23apen, 
in  ber  für  bie  ©tipenbiaten  159  fReidjStaler  9  Sapen.  S)ie  SBopnung  ber  SUumnen 
beftanb  in  guten  ©tuben  unb  jmei  ©ölen,  jeber  ©aal  patte  feinen  SUtar,  oor  bem 
SRorgen-  unb  Slbenbgebet  oerridjtct  mürbe;  jeber  SUumnuS  hotte  fein  eigenes  SSett,  baS 
mit  ©arbineit  oerfdjloffen  mar.  SWeS  mürbe  in  ber  gehörigen  Orbnung  gefunben. 

Sei  ben  SefferungSoorfcfjlägen,  bie  oou  bem  Sifitator  oerlangt  raorbeit,  hob 
biefer  hernor,  baff  bei  ben  feit  30  fahren  geftiegeuen  greifen  baS  für  einen  SUumnuS 
auSgemorfene  ©elb  nidjt  mehr  reidje.  3Xuc^  habe  baS  ©eminar  ftetS  unter  ber  .fpölje 
beS  SSechfelfitrfeS  gelitten.  ®er  granffurter  ©ulben  fiepe  fo  tief  in  ben  Unruhen 
ber  lepten  oier  ^apre,  baff  man  1621  für  900  ©olbfronen  ber  Kammer  nur 
360  9ieid)StaIer  erhalten  habe.  (ES  märe  fetjr  gu  münfchen,  baff  ber  fßapft  für 
jebeu  SUumnen  noch  10  fronen  bemidige  jur  Sejaplung  ber  ÜRebenauSlagen.  SIuS 
Dielen  ©rünben  feien  jept  im  ©eminar  faft  nur  bie  40  päpftlicpen  SUumnen,  unb 
hoch  müffe  für  fie  ber  ganje  Apparat,  Qnfpeftion,  Sebienung  unb  SBopnung  ufra., 
bleiben,  gteichrcie  menn  bie  3a£)X  Diel  größer  märe1.  $ur  Slbpilfe  ber  pier  an¬ 
geführten  Stängel  manbte  fich  ber  $ulbaer  S^eftor  Sambert  ©traDiuS  am  30.  Sep¬ 
tember  1623  an  ben  ©eneral.  SDiefer  antmortete  am  4.  Siooember,  ber  gürftabt 
merbe  fid)  megen  ber  Serlufte  infolge  beS  ©elbfurfeS  DergebenS  in  Vom  beflagen, 
benn  bie  plöplicpe  ©elbfrife  in  ®eutfd)lanb  habe  man  in  Vom  nidjt  DorauSfehen 
fönnen;  man  habe  mit  bem  römifdjen  Sanfier  für  brei  Qapre  abgefchloffen,  fo  unb 
fo  Diel  ©ulben  für  ben  römifdjen  ©olbfcubo  auSjubejahlen.  Sludj  eine  Sitte  um 
Erhöhung  ber  fßenfion  habe  gar  feine  SluSficpt.  ®er  gürftabt  möge  barauf  Der- 
pichten,  baff  3—4  feiner  SUumnen  gegen  bie  SIbfidjt  beS  ©tifterS  aus  ber  päpftlidjen 
Senfion  unterhalten  mürben,  benn  fonft  müfjten  ebenfooieie  Slbelige  auSgefcploffen 
merben,  Junta!  Dielleidjt  ber  Kirche  ein  nidjt  geringerer  Vupett  auS  ber  (Erjiepung 
ber  Slbeligen  als  aus  ber  anberer  SUumnen  ermacfjfen  fönne2. 

2>ie  Sr°paganbafongregation  erlief  am  9.  Sluguft  1624  ein  ®efret,  melcheS 
bie  Verpflichtungen  ber  päpftlichen  SUumnen  regeln  fottte.  SUS  ber  VuntiuS  baS- 
felbe  (SRärj  1625)  nadj  gulba  jur  Sefolgung  gefanbt,  reichte  ber  Veftor  eine  ®enf- 
fchrift  beim  ©eneral  ein,  in  melcher  er  u.  a.  fjerüorpob:  ®aS  ®efret  oerlangt  Don 
jebem  SUumnuS  gleich  &ei  feinem  (gintritt  einen  breifachen  (Eib,  1.  in  feinen  Drben 
ohne  (Erlaubnis  beS  Slpoftolifcpen  ©tuhleS  einjutreten,  2.  bie  ^Srieftermeihe  ju  emp¬ 
fangen,  3.  am  Seelenheil  in  ber  jemeiligen  (peimat  ju  arbeiten.  @o  gut  baS  SDefret 
gemeint  ift,  fo  miberftreitet  baSfelbe  bireft  ber  ©rüitbungSibee  beS  gulbaer  ©eminarS 


1  *  Visitatio  Seminarii  Fuldensis,  ®op.  Fund. 
Rhen.  sup.  17(3.  2)ie  *  23ifitation  Oou  1626  im 
2trd)iD  ber  'jSropaganba ,  Visite  dei  collegii 
1626  IV  74  ff;  VI  1  ff. 

2  *  Crig.-iReg.  Ad  Rhen.  9Jtit  ben  römifcfjen 
3al)lungcu  ging  eS  aud)  anbcrn  fdjlecht.  9(n 
ben  monatlichen  20000  ©ulben  ijilfsgelbern 
be§  $apfie§,  bie  nach  2lug§burg  Übermacht 
mürben,  gingen  in  srnei  DJtonaten  10  000  ©ulben 
üerloreu.  infolge  ber  fortmährenbeit  93er- 
fd)Iechterung  ber  2Rünsen,  befonberS  ber  ©ul- 


beit,  ftanb  ein  2>ufat  1621:  3  ©ulben  23; 
1622:  6  ©ulben  45;  1623:  15  ©ulben,  unb 
ber  9teid)3taler  1621:  2  ©ulben  20;  1622; 
4  ©ulben  30;  1623:  10  ©ulben.  Über  biefe§ 
fDtünjelenb  Dgl.  Ipurter,  gerbiuanb  II.  VIII 
296  ff.  3)ort  aud)  ©.  311  über  bie  „9Wünä- 
©alaba"  unb  bas?  „lange  ©elb".  „Salaba" 
nannte  mau  bie  Operation,  burd)  melche  bie  in 
Umlauf  gemefenen  ©tüde  „lange  ©elb"  nad) 
ihrem  inneren  3Bert  auf  ben  SBert  ber  neuen 
©tüde  (gute  ÜDlünse)  prüdgefept  mürben. 


624 


Neuntes  Äapitel.  ÄonPifte. 


itnb  fdjeint  e§  auf  beffen  Sfuffjebung  abgefefjen  gu  Ijdben.  ©regor  XIII.  verlangte 
au§  ben  gemidjtigften  ©rünben  feine  ©ebingung  unb  feinen  ©cfjmur.  Söeber  Sie 
(Sltern  nod)  bie  Alumnen  merben  bie  geforberten  ©ebingungen  eingef)en.  ©or  bem 
16.  eine  23erpflicfjtung  auf  fid}  gu  nehmen,  mit  melier  bie  ©eobadjtung 

ftänbiger  ^eufcfjfjeit  oerbunben  ift,  mirb  niemanb  raoflen  unb  fönnen.  Qn  gulba 
merben  nur  bie  Humaniora,  nicf)t  aber  fßljifofophie  ober  Sfjeofogie  gelehrt,  be§f)alb 
fönnen  bie  SIfumncn  eine  über  biefe  ©tubien  fjinaulge^enbe  SSerpflicfjtung  nid)t  über* 
nehmen.  Sie  SluSfüfjrung  be§  Sefrete§  mirb  bem  ©erebe  gegen  9tom  unb  ben 
römifdjen  ©tufjl  neue  9?afjrung  geben.  3lu§  all  biefen  ©riinben  möge  ber  Sßapft 
eine  fflUfberung  be§  Sefrete§  eintreten  faffen1. 

Ser  ©eneraf  antmortete,  er  habe  ficf)  ber  ©ad)e  fc^on  üorfjer  angenommen  unb 
roerbe  alles  tun,  um  eine  SRilberung  be§  SefretS  gu  ermirfen2.  Siefelbe  mürbe 
menigften§  teifroeife  erreicht;  beim  burdj  ba§  Sefret  ber  fßropaganba  oom  24.  Diooember 
1625  mirb  ber  ©ib  gmar  aufrecht  erhalten,  aber  mit  ber  ©efdjränfung  be§  Verbotes 
beä  (Eintrittes  in  einen  Orben  mäf)renb  be§  SlufentfialteS  im  $offeg  unb  auf  bie 
erften  brei  $af)re  nach  ©erfaffen  be§  ®oHeg§;  bie  35erpfüdt)tung  gum  geiftfidjen 
©tanbe  unb  ber  ©eelforge  in  ber  Heimat  tritt  nur  ein  auf  ba§  ©erlangen  bes 
fßroteftorS  ber  fjßropaganba  ober  beS  9?untiu§3. 

$n  einem  auSfüljrlicfjen  Schreiben  ftetlte  aucf)  ber  gmlbaer  ©egen§  ^afob  Siebft 4 
am  4.  September  1626  bem  Kölner  9?untiu§  Suigi  ©arafa  biefelben  ©djroierigfeiten 
t»or:  in  einem  fo  garten  Slfter  fönne  man  bie  jungen  Seute  gu  einer  eiblicfjen  ©er* 
pfficf)tung,  beren  gange  ©djmere  fie  nodj  faum  gu  faffen  im  ftanbe  feien,  nid)t  ait= 
haften.  ©omeit  er  ben  beutfcfjen  ©fjarafter  fenne,  mürben  bie  Seutfdjen  burdj  2Sof)f’ 
taten  gemonnen,  aber  in  f)ohem  ©rabe  abgefdjredt,  menn  für  bie  2Sof)ftat  bie  ißreiS-- 
gabe  ber  Freiheit  unb  gmar  für  ba§  gange  Seben  geforbert  merbe.  ©eroifj  forbere 
man  aucf)  fonft  in  Seutfdjfanb  Oon  SIfumnen  bie  Übernahme  beS  geiftficfjen  ©tanbeS, 
bann  aber  mürben  nicht  allein  Unterhalt  unb  Reibung  mäfjrenb  ber  gangen  ©tubien 
geboten,  fonbern  aucf)  für  fpäter  beftimmte  ©enefigien.  Sie  2Iu§füf)rung  ber  eiblidjen 
©erpfficfjtung,  bei  ber  ©üdfefjr  in  bie  Heimat  ficf)  bort  ber  ©eelforge  gu  mibmen, 
fei  gubem  in  ben  proteftantifdjen  ©egenben  gang  unmöglich,  ba  in  ©adjfen,  Reffen 
unb  bem  übrigen  Biorben  feine  2fu§übung  ber  fathofifd)en  SWigion  befiele.  Siefen 
©rief  fanbte  ©arafa  ant  18.  ©eptember  1626  an  ben  ®arbinal  Subooifi,  ben 
ifßräfeften  ber  fßropaganba,  unb  befürmortete,  baff  bie  Alumnen  au§  ben  im  ©riefe 
angeführten  ©rünben  bem  ©ibe  nicfjt  untermorfen  mürben.  Ser  2fbt  oon  $ulba  fei 
berfefben  Meinung,  er  habe  noch  beigefügt,  bie  &'atf)ofifen  mtb  fßroteftanten  mürben 
niemals  geftatten,  bafj  fiel;  ihre  ©ohne  für  ben  einfachen  Sebenäunterfjaft  oon  menigen 
fahren  für  ba§  gange  Seben  üerpffichteten B.  Surdj  Sefret  ber  fßropaganba  oom 
21.  9J?ai  1627  mürbe  bann  beftimmt,  baff  oon  ben  30  gufbaer  Sffutnnen  20  ben 
©ib  leiften  fotften,  bie  übrigen  10  oom  Nuntius  befreit  merben  fönnten6. 

©ine  9Zeuorbnung  für  bie  päpftlidjen  ©eminarien  traf  Urban  VIH.  im  Qjaljre 
1628.  gür  gitfba  mürbe  bie  neue  Orbnuug  geregelt  burch  bie  ©ulfe  Quoniam 
divinae  oom  19.  Segember  1628.  ^m  ©ingang  lobt  ber  Sßapft  bie  ©emiffen* 
haftigfeit  unb  Integrität  ber  ©efefffdjaft  in  ber  Seitung  ber  päpftlicfjen  Sffumnen. 
SSSeil  biefe  fo  erprobt  fei,  übergebe  er  audj  bie  meitere  Seitung  ber  ©efefffdjaft. 


1  *  Original  Acta  Congreg.  Prov.  1625, 
11  51. 

2  *  Original  ebb.  II  53. 

3  Sefret  unb  Sßortlaut  be§  Gibes?  in  Ratio 
stud.  IV  283,  ber  Gib  mit  falfdjer  Satierung. 

4  Siebft  mürbe  1631  in  £>er§fe(b  oon  ben 


Reffen  gefangen,  fpäter  auggetaufdjt.  So  mp 
a.  a.  O.  40. 

3  ‘Original  im  Slrdiio  ber  ipropaganba, 
Lettere  di  Germania  LXVI  161  ff.  SBgl.  Vi¬ 
site  dei  collegii  1627,  V  163  ff;  VI  1  ff. 

0  SSortlaut  in  Ratio  stud.  IV  292  f. 


Pöpftlicbe  Semtnarien  -fteubegrünbung :  burrf)  Urban  VIII.  —  gulba. 


625 


Qätjrtid)  merbett  1800  ©otbfcubi  angetoiefen  für  30  Alumnen.  15  müffen  ben 
©ib  abtegen  nad)  ber  Qormet  ber  übrigen  Kollegien,  bie  übrigen,  befonberg  menn 
eg  Sötjne  proteftantifdjer  ©Itern  finb,  fotten  burd)  ben  Siuntiug  non  ber  fieiftung 
beg  ©ibeg  entbunben  merben.  Qu  ©unften  ber  erfteren  fotten  nod)  300  Scubi  non 
ben  600  oermenbet  merben,  bie  bigfjer  jur  Unterftü^ung  armer  Sttumnen  aufjertfatb 
beg  ®onoiftg  bienten.  ®ie  oon  ber  fpropaganba  am  25.  ®ejember  1625  gegebenen 
Siegeln  mürben  bestätigt  unb  eingefdjärft 1. 

Stber  aucf)  biefe  Suite  fonnte  bie  Sdfmierigfeiten  nicfjt  aug  bem  SBege  räumen, 
unb  bie  Qefuiten  festen  ifjre  Semütfungen  fort,  eine  ©ntbinbung  üon  bem  geforberten 
©ibe  31t  erlangen.  SIm  4.  Januar  1636  berichtete  ber  Kölner  Siuntiug  an  bie 
^propaganba,  ber  Siegend  oon  Qutba  bitte  um  2)igpeng  oom  ©ibe  für  ade  Stimmten2. 
®ie  Sitte  mürbe  nicht  geroätfrt.  Später,  im  Qafjre  1645,  moHte  ber  Sieftor  oon 
Qutba  P.  SIbam  Italfoüen  einen  neuen  Serfucf)  marfjen,  bie  ©ntbinbung  menigfteng 
ber  abeligett  Sttumnen  Oon  ber  Serpftidftung  jum  geifttidjen  Stanbe  ju  ermirfen, 
aber  ber  ©eneratoifar  ®art  Sangro  riet  in  einem  Sriefe  oom  4.  SJlärj  1645  oon 
bem  Serfucfje  atg  augfidftgtog  ab:  ®iefe  ©ntbinbung  mirb  jmar,  tote  id)  glaube, 
ber  fattjotifdjen  Sacfje  förbertid)  fein,  aber  aug  oerfdjiebenen  ©rünben  ift  eg  nicht 
gut,  baf)  mir  biefetbe  forbern.  Söenn  ber  Qürftabt  in  feinem  Siamen  ben  Serfud) 
madjen  miß,  fo  mirb  er  auf  unfere  tpitfe  rechnen  fönnen  unb  oiet  leichter  jum  Qiete 
gelangen,  atg  menn  mir  atg  bie  tjauptfäd)ticf)en  Sefürmorter  erfcfjeinen3. 

Sei  ber  Serroüftung  ffutbag  unb  ber  Sernidjtung  beg  föottegg  im  Qat)re  1632 
flüchtete  bag  päpfttidje  Seminar  nad)  fö’ötn  unb  blieb  bort  big  1651 4 *.  $ie  ©r» 
funbigungen,  metdje  im  Qaljre  1635  ber  Kötner  Siuntiug  SJfartino,  Sifchof  oon  Qfota, 
über  ben  Stanb  beg  Seminarg  eittjog,  ergaben  ein  menig  erfreutidjeg  Siefultat.  Seit 
1633  mar  bie  päpfttidje  ^enfioit  nidjt  meljr  bejafjtt  morben;  bag  Seminar  in  Qutba 
mar  Oottftänbig  auggeptiinbert;  in  ®ötn  mürbe  nur  metjr  bie  Hälfte  ber  Sttumnen 
unterhalten.  Qm  Stnfang  ber  Sertreibung  maren  alte  ju  if)ren  ©ttern  enttaffen 
morben;  ©nbe  1633  mürbe  ein  Seit  in  ®ötn  untergebradjt,  anbere  traten  in  bag 
tpeer,  anbere  fdfjeinen  nodj  in  ihrer  £>eimat,  anbere  geftorben  ju  fein.  Qm  ganzen 
merben  13  Siamen  oon  päpftüdjen  Sttumnen  in  ®ötn  angegeben6.  ®urd)  SDefret 
oom  25.  Quni  1635  forgte  bie  ißropaganba  für  bie  Stugbejafjtung  ber  päpfttidfjen 
ißenfion.  Qn  ber  Qotge  tauchten  oerfdjiebene  fßtöne  auf  über  bie  Sertegung  beg 
Seminarg.  Querft  badjte  man  baran,  bag  Seminar  bauernb  in  ft'ötn  gu  begatten. 
SDer  fjßtan  mürbe  oom  Siuntiug  betrieben.  Stuf  Sefdjrcerbe  beg  Qürftabteg  betonte 
ber  ©enerat,  bafj  bie  Qefuiten  feinen  SIntafj  ba^u  gegeben  hätten 6.  Einige  Qafjre 
fpüter  tauchte  ber  fßtan  auf,  bag  Seminar  nad)  Stöiirgburg,  SJlainj  ober  Samberg 
ju  übertragen7.  ®er  ©enerat  ©arrafa  mieg  aber  am  7.  Sioüember  1648  ben  ober- 


1  Ius  Pontificium  C.  de  Propaganda  Fide 
IBullarium)  I,  Romae  1888,  105  ff.  So  mp 
a.  a.  0.  37  f. 

2  *  Original  im  SIrcpio  ber  Propaganba,  Let- 
tere  di  Germania  LXXVIII  162. 

3  *  Orig  -9ieg.  Ad  Rlien. 

4  SSgl.  So  mp  a.  a.  0.  57.  gm  2Ipril  1634 
mar  baäfelbe  in  Söln  luieber  im  ©ang.  PiteP 

le^dji  an  Gopper,  29.  guli  1634.  *  0rig.-9teg. 
Ad  Rhen. 

6  *  Original  im  2trd)io  ber  i)3ropaganba, 
Lettere  di  Germania  LXXVII  90  ff;  pg[.  ebb. 
f.  102.  Über  bie  Unterbringung  ber  Stlumnen 
in  Söht  batte  ber  ©eneral  am  27.  Sluguft  1633 
au  bett  gulbaer  Steftor  Gopper  gefdjrieben: 

Siutir,  ©cfi^i^te  ber  Sefuiten.  II. 


Quod  R.  V.  quaerit  circa  alumnos  seminarii 
Fuldensis,  existimo  bene  facturam  si  ex  iis 
quotquot  potent  in  unam  familiam  collegerit 
isticque  aut  in  alia  civitate  magis  opportuna 
sub  cura  gravis  ac  prudentis  alicuius  sacer- 
dotis,  ut  Fuldae  fiebat,  collocaverit.  Hoc  enim 
si  factum  fuerit  spero  fore  non  difficile  iis 
alendis  hinc  solitas  pensiones  submittere. 
*  0rig.=9ieg.  Ad  Rhen.  sup. 

6  23iteße3cbi  an  Salfooen,  12.  gutti  1638; 

Garrafa  an  23iber,  23.  3au.  1649;  Piccolomini 
an  93iber,  31.  ®es.  1650.  *  0rig.=9leg.  Ad 

Rhen. 

7  28eitere3  bnrüber  in  ber  Sorrefponbenj  be§ 
Stegen!?  P.  5c>b-  2tntoni  mit  bem  Stuntim?  Gb'gi, 

40 


Sßeuntel  Kapitel.  Konoifte. 


626 

rheintfcfjen  Sßrooingiat  93iber  an,  man  fotte  auS  Sücffidjt  auf  ben  giirftabt 
non  gutba  fid;  nicht  einmifcfjen  unb  meöer  für  ben  einen  noch  für  ben  anbern  Ort 
Partei  ergreifen,  fonbern  bie  @ad)e  ben  dürften  unb  Nuntien  übertaffen  unb  bereit- 
mittig  baS  auSfüt)ren,  maS  ber  Zeitige  ©tuf)t  fdftiefüicf)  befehlen  merbe* 1. 

ähnlich  raie  in  gulba  mar  bie  ©imoirfung  ber  fßropaganba  auc^  bei  beut 
2)it(inger  Seminar.  SDie  neue  (SibeSformel  fanbte  ber  Sßiener  SuntiuS  Karl 
ßaraffa  am  25.  SSärg  bgm.  24.  Sooember  1625 2.  Sange  Serhanbtungen  riefen  bie 
Stnfprüdfe  beS  SifcfiofS  non  ©hur  auf  mehrere  greiptä^e  fjernor.  ®ie  ißropaganba 
entflieh  gu  (fünften  ßpnr§3.  ®ie  erfte  päpfttiche  Sifitation  fanb  auch  ^ier  im 
.Qaifre  1627  ftatt.  ®er  Sßiener  SuntiuS  Kart  (Saraffa  betegierte  an  feine  ©teile 
ben  2tugSburger  ©ciftticf)en  Sat  Dr  ^of).  Seinotb.  ®er  bamatige  Segens  P.  Qoh-  ©tücfh 
gab  über  alte  non  ber  ißropaganba  aufgeftettten  fragen  StuSfunft,  ftagte  aber  über 
bie  ftiftungSmibrige  21ufnaf)me  non  Sttumnen  aus  ©raubünben.  2luS  einem  Ser- 
geid)niS  bet  Sltumnen  ber  Qafjre  1585  bis  1627  ging  pernor,  baff  bis  1627 
252  Sttumnen4  ergogen  morben,  non  benen  bie  meiften  nacf)  ber  SuSfage  beS  Segens 
in  ©cfjmaben,  Sapern,  ben  beiben  ^folgen  unb  anbern  benachbarten  ^roningen  als 
fromme  unb  gebildete  Pfarrer  bei  Katpotifen  unb  ^roteftanten  mit  großem  Supen 
tätig  feien,  einige  feien  ©eneratoifare  unb  2öeif)bifd)öfe  gemorbeit5.  3um  ©djluffe 
beS  notariellen  ißrotofotlS  über  bie  Sifüation  begeugte  ber  Sifitator,  baff  ber  Segens 
auf  atte  flogen  Hör  unb  rücffjaltroS  geantroortet  höbe,  bafj  in  ben  SecfjnungSbüchern 
altes  georbnet  eingetragen  fei,  fomie  bap  er  nach  tion  ihm  oorfcffriftSmäpig  nor- 
genommener  3nflie^on  nichts  norgefitnben  höbe,  maS  nach  feine*  Meinung  einer 
Sefferung  bebürfe,  unb  noch  oiet  meniger,  maS  einen  SEabel  oerbiene0. 

®ie  ißropaganba  mar  aber  mit  ber  Sifitation,  bie  (Saraffa  am  28.  1627 

einfanbte7,  nicht  gang  gufrieben,  ba  nur  ber  Segens  unb  nicht  bie  Stimmen  oer* 
nommen  morben.  ®urcf)  ®e!ret  oom  24.  September  1627  an  ßaraffa  oertaugte  bie 
Kongregation  auch  ein  Sertför  ber  Stumnen,  befonberS  auch  0on  fotdien,  bie  bereits 
auS  bem  Konoift  enttaffen  feien.  Dr  Seinotb  Oerfjörte  bemgufotge  am  22.  unb 
23.  Sooember  1627  im  bifchöfticfjen  ißataft  bie  Stumnen.  ®iefe  maren  mit  bem 
Segens  P.  ©tücfh  gufrieben  unb  tobten  feine  Klugheit  unb  fein  SSohtmotten,  ben 
SSagifter  SSicfjaet  £>uber  (^Sräfeft)  hielten  oiete  für  inbiSfret  in  ben  ©trafen 8.  2)urch 
®efret  oom  10.  Sprit  1628  oerfügte  bie  ißropaganba,  ber  ©enerat  folte  ©orge  tragen 
für  milbere  Q3et)anbtung  ber  Stumnen,  ©rfchmeruug  ber  SuSftopung  unb  gleichmäßige 
Kteibnng  (Ttatar  unb  Sonfur).  TDem  SuntiuS  mürbe  befohlen,  jebeS  ^atjr  einen 
Katalog  ber  Stumnen  unb  einen  SectjenfchaftSbericht  eingufenben9. 


9tom,  Bibi.  Chigi  BI,  1,  f.  295  ff.  —  3  m 
$abre  1645  fanb  eine  neue  SSifitatiou  bei 
©eminarl  ftatt.  2tm  14.  Ülpril  1645  berichtete 
Slrnolb  9Jle§f)oben  Bon  Köln  an  bie  IJkopaganba 
unter  £ob  auf  ben  9?egettl  8°bamiel  Slntoniul 
unb  bie  2llumnen,  er  habe  bal  gulbaer  päpft- 
licpe  ©eminar  oifitiert;  pgleid)  fanbte  er  ben 
Katalog  ber  93ibliotbef  unb  bie  Dlameit  ber 
ültumnen  ein.  *  Original  im  9lrd)io  ber  95ro- 
paganba,  Lettere  di  Germania  XC  162  ff. 
ÜBeiterel  über  biefe  SSifitatiou  in  Bibi.  Chigi 
B  I,  1,  f.  292  ff. 

1  *  Orig.-91eg.  Ad  Rhen. 

2  pau^mann,  ©efd).  bei  ehemaligen  päpft» 
lieben  Üllumnatel  in  2)iHingen  (1883)  40  ff. 
Sgl.  ©pecbt,  ®i(lingen  431  ff. 

3  pjaulmann  a.  a.  0.  53  ff. 


4  93i!  1637  maren  el  321  Sllumucn. 

6  pau.smann  a.  a.  D.  95  ff. 

G  $  aulmann  a.  a.  0.  98. 

7  Visite  dei  collegii  1627,  V  147  ff.  2lrd)i0 
ber  ißropaganba. 

8  *  Vis.  'dei  coli.  1628,  ebb.  VI  56  ff. 

9  paulmann  a.  a.  0.  98.  ©olcbe  93ericbte 

unb  Siften  liegen  oor  für  1631 — 1633;  bie 
8abl  betrug  im  1633  23  Sllumnen. 

9lrd)ib  ber  $ropaganba  *  Collegii  e  Visite  1634, 
XII  30  ff.  91ad)  einem  93riefe  bei  SSiener 
Uluntiul  Pom  14.  Oft.  1645  follte  eine  erneuerte 
päpftlidje  Sifitation  bureb  ben  ©eneralüifar  üou 
Slugiburg  abgebalten  merben;  am  3.  Wärj  1646 
febrieb  ber  üluntiul  ßamitlo,  ßr^bifd)of  Bon 
ßapua,  fie  habe  ftattgefunben  unb  befinbe  fid) 
in  feinen  tpänben ;  er  fönue  aber  bie  ^Relation 


(ßäpftlidje  ©eminarien :  3)illingen.  —  SSiert.  —  ©ras. 


627 


2II§  Sifcßof  ^einricf)  am  2.  (Sejeniber  1637  ben  fßapft  bat,  bocfi  bie  ganzen 
©infünfte  bem  päpftlicßen  ©eminar  in  ®idingen  ju  beiaffen  megen  be§  großen 
SßrieftermangelS  in  ber  2Iug§burger  ®iöjefe,  roo  oft  auf  20  Orte  faunt  ein  ^riefter 
fomme,  betonte  er  junt  ©djluß :  ®er  ^Sapft  mürbe  leicßt  feine  Sitte  gemäßren,  menn 
er  ermäge,  mie  oiele  oorjüglicße  Scanner  au§  biefeit  Alumnen  §unt  großen  9iupen 
für  bie  Religion  in  ber  2lugSburger  ^Jiö^efe  unb  ben  benadjbarten  ^rooinjen  ßerüor» 
gegangen  feien,  unb  mit  mie  großem  Sob  im  Qafjre  1627  ber  tiom  ü>?untiuS  in 
SBiett  befteüte  Sifitator  bie  Sermaltung  ausgezeichnet  ßabe* 1. 

3n  ber  öfterreichifchen  Sro°t11ä  mareit  gmei  päpftlicße  ©eminare  511  28ien  unb 
ju  ®ra§,  bocß  mürbe  über  ben  ©ßaraftcr  bei  ©rajer  in  unferer  3ed  geftritten.  ®ie 
3aßl  ber  2Uumnen  in  SBiett  betrug  non  1574  bis  1628  409 2.  (£)a  bie  SrDf,a9an^)a 
einen  genauen  Seridjt  ;münfdjte,  fanbte  ber  SBiener  9?untiu§  Karl  ©araffa  am 
19.  2Iuguft  1626  einen  folgen  oon  ber  £>anb  beS  9tegen§3.  2lu§  biefem  Seridjte 
geht  ßeroor,  baß  befonberS  bie  fcßledjte  SRün^e  oiel  511  fcßaffen  machte4.  ®a§  SBiener 
päpftlicße  ©eminar,  ba§  feit  1574  in  bem  SBiener  Konoift  errichtet  mar5,  hatte  eine 
päpftlicße  Senfion  oon  jährlich  1532  3teicߧtalern  =  2298  rßein.,  bie  oierteL 
jäßrlicß  mit  574  ©ulben  30  Kreuzern  auSbezahft  mürbe.  2>ie  3aßf  ber  Alumnen 
mar  nicht  beftimmt,  fonbern  ridftete  fich  nacß  bem  greife  ber  SebenSmittel.  ®ie 
3aßl  fdjmanfte  jmifdfen  11  bis  30,  in  ben  leisten  faßten  burcßfdfnittlidj  15;  Krieg, 
Seft  unb  Hungersnot  mareit  faft  gleichmäßig  an  biefen  ©cßtoanfungen  fchulb.  2)ie 
gemadjten  ©cßulben  fommen  außer  oon  ben  Krantßeiten  baßer,  baß  in  ben  brei 
fahren  12  Alumnen  nad)  Sodenbung  ihrer  ©tubien  bie  Seieftermeiße  empfangen 
ßaben;  für  biefe  mußten  SluSgaben  für  ^rimiz  unb  Kleibung  beftritten  merben;  enblicf) 
mürbe  nad}  ber  calada  monetae  im  ^aßee  1623  ber  ©elbtoert,  nicßt  aber  ber  SreiS 
ber  SebenSmittel  oerminbert.  2(ud)  in  SBien  erfolgte  eine  E^eueinridßitung  beS  päpft- 
ließen  ©eminarS  bureß  Urban  VIII.  am  1.  Suni  1627  6.  gür  bie  jäßrlicß  au§  ber 
päpftlidjen  Kammer  ju  bejaßlenben  1380  ©cubi  füllten  menigftenS  20  3öglinge, 
barunter  6  ©djraei^er  (je  2  au§  ©raubünben,  Sern  unb  SSadis),  unterßalten  unb  ju 
Srieftern  ßerangebilbet  merben  naeß  ben  oon  ber  Kongregation  am  9.  9?ooember  1626 
feftgefeßten  Dtormen.  2)a§  9tecßt  ber  Slufnaßme  fteßt  bei  bem  fMtor  be§  KonoittS, 
bie  Oberaufficßt  ßat  bie  Sr0paganba.  2lucß  in  biefer  Sude  fteßt  mörtlidj  biefelbe 
2lnerfennung  ber  ©efedfeßaft  für  bie  Leitung  beS  ©eminarS  mie  in  ber  Sude 
für  $ulba7. 


noct)  niefjt  (dürfen  megen  ber  (ßeftgefahr  in  StQs 
lien.  *  Original  im  9lrd)iü  ber  tpropaganba,  Let- 
tere  di  Germania  1645,  XC  117,  X  C1II 45.  Über 
bie  burd)  ben  91ug§burger  ©eneralöifar  Äafoar 
geiüer  am  14.  unb  15.  91oü.  1645  abgelfaltenc 
SSifitation  ift  nid)t§  9Iähere3  befannt  geworben, 
©pedjt  a.  a.  0.  441.  2Üe  Snftruftion  oom 
28.  gebr.  1645  enthält  11  fünfte  für  bie  33ifi= 
tation  (ebb.  441,  3t.  3). 

1  *  Original  in  91om,  Barber.  Lat.  6869, 
f.  149  f. 

2  *  Original  im  Slrdjio  ber  fßropaganba,  Visite 
dei  collegii  1626,  IV  99  ff;  Dgl.  ebb.  V  138  ff; 
VI  30  ff;  VIII  18  ff  449;  XIII  61.  £>ier  finben 
fid)  bie  -Kamen  ber  3llnmnen  unb  bie  9 Ied)= 
nung^ausmeife  für  bie  ^ahre  1627—1635. 

5  *  Original  im  2Ird)iö  ber  (Probaganba, 
Lettere  di  Germania  LXVI  103  ff. 

4  Ziir  bie  Summe  oon  8900  ©ulben  19  Streuner 


in  longa  moneta  erhielt  man  in  guter  OJtünje 
nur  1112  ©ulben  34  Äreu^er.  ißom  1.  Quli 
1623  bi§  1.  Suni  1626  mürben  für  bie  f>äbft= 
liehen  Sltumnen  in  guter  OKünse  2014  ©ulben 
53  teurer  mehr  au^gegeben,  all  mau  erhalten. 
Siefe  ©uninie  fdiulbeten  bie  Sllumncn  bem 
Äonöitt. 

5  SSgl.  93b  I,  ©.  301  ff. 

6  Ius  Pontificium  C.  de  Propaganda  Fide  I 
82  ff.  93gt.  futfd)!er,  ©efd)id)te  be§ 
£leri!alfeminar§  ber  SSBiener  ©rjbiöjefe ,  im 
Söicner  Siojefanblatt  1869. 

1  21uf  SBeifung  ber  (ßropaganba  oom  25.  gehr. 
1645  hielt  ber  9Biener  9Juntiu§  eine  erneuerte 
93ifitation  ab,  mie  biefer  am  26.  3Iug.  unb 
14.  Oft.  1645  nad)  9iom  berichtete.  *  Original 
im  91rd)io  ber  fprohaganba,  Lettere  di  Ger¬ 
mania  XC  117.  SSgl.  ebb.  XCIII  45.  SBeitere 
Sitten  ebb.,  Visite  dei  collegii  1643,  23. 

40  * 


628 


92eunte§  ft'abiteL  Sonüifte. 


®er  SSifitation  beg  ©rajer  ©eminarg  ftefften  fidj  erfjebtidje  ©djmierigfeiten  ent¬ 
gegen.  2ltn  14.  Oftober  1645  melbete  ber  SBtener  ÜJZuntiug,  baff  eg  ifjm  bigfjer 
nic^t  gelungen,  bag  ©ra^er  püpftfidje  Seminar  §u  Difitieren.  ®er  53ifdjof  oon 
©edau  fjabe  megen  ju  Dieter  Sfrbeit  abgelebt.  Söegen  Krieg  unb  $J3eft  fönne  er 
perfönfidj  bie  Söifitation  nidjt  oornefjmen1.  ®urdj  ©Treiben  Dom  12.  9JZai  1646 
beauftragte  ber  ÜJZuntiug  ben  2fbt  Don  Slbmont  mit  ber  53ifitation 2.  liefern  fanbte 
ber  Üieftor  beg  Koffegg,  §erm.  £)orft,  am  14.  Oftober  1646  ein  faiferficfjeg  ®efret 
Dom  16.  2fprif  1646,  mefdjeg  bie  SSifitation  Derbot;  biefeg  ®efret  fofften,  mie  ber 
9iuntiug  am  4.  Januar  1647  berichtet,  bie  ^efuiten  Dom  Kaifer  ertuirft  fjaben3. 
SDurdj  ©cfjreiben  Dom  28.  Oftober  1646  fegte  ber  Kaifer  beim  2fbt  fein  Sßeto  ein 
mit  ber  23egrünbung,  bag  Kolleg  fei  Don  feinen  SSorfafjren  botiert  unb  erfjafte 
feinen  Unterhalt  nidjt  Don  ber  päpftfidjen  Kammer4.  9?adj  einem  23riefe  beg 
©ra^er  9Zeftorg  iperm.  .fporft  Dom  16.  Stuguft  1646  an  ben  Obern  beg  SBiener 
^rofefifjaufeg  ©fjriftian  33erfcf)tiabeg  lag  bie  ©acfje  fo:  ®a  ber  Kaifer  auf  feine  SBeife 
bag  ©rajer  Alumnat  afg  ein  päpftfidjeg  gelten  faffen  miü,  fcfjreibt  ber  9Zeftor,  fo 
müjjte  man  Dom  Kaifer  eine  beftimmte  Information  erhalten,  jumaf  er  ben  fReftoren 
Don  ©raj  Derboten  fjat,  fidfj  in  biefe  Kontrooerfe  einjumifc^en.  Qjm  ©ra^er  Äonoift 
finbe  icfj  fein  ®ofument,  aug  meinem  bag  fjiefige  Slfumnat  afg  ein  päpftfidjes  er» 
tniefen  merben  fönnte;  tuenn  eg  ein  fofcfjeg  gäbe,  fo  müfjte  bagfefbe  meineg  ©radfjteng 
nirgenb  anberg  afg  im  SfrcfjiD  ber  ^ropaganba  gefunben  merben.  SIber  idj  glaube, 
eg  mirb  mofjf  nid^tg  bergfeidjen  bort  fein,  ba  bigfjer  bie  Kongregation  nie  ein  SDefret 
für  bie  fjiefigen  2ffumnen  gegeben  ober  irgenb  eine  23ifitation  oerfucfjt  fjat5. 

®ag  päpfttidje  ©eminar  in  53raungberg  mürbe  1623  Difitiert.  2fnt  29.  ©ep» 
tember  1623  fanbte  ber  5öarfdjauer  SZuntiug  53.  Sanceffotto  ben  53erid)t  über 

bie  Don  bem  ©rmfänber  Kanzler  $d£).  53aftoriug  am  16.  Sluguft  1623  abgefjaftene 
SSifitation 6.  ^n  23raungberg  mürbe  über  bie  Sfufnafjme  Don  Üiutfjenen  üerfjanbeft, 
einige  mürben  jugefaffen7.  2lnt  19.  $ufi  1626  beridjtet  ber  SKarfdjauer  üßuntiu«, 
bafj  bie  Slfumnen  unb  ^efuiten  in  53raungberg  ficf)  gerettet  fjätten,  beDor  bie 

©djmeben  bie  ©tabt  befept,  nur  gmei  Qefuiten  feien  in  ben  §änben  ber  ©djmeben 8. 
55afb  barauf,  am  2.  2luguft  1626,  mefbet  ber  9Zuntiug,  ber  9Zeftor  unb  einige 

päpftficfje  Sffumnen  aug  33raungberg  feien  in  Söarfdjau  angefangt,  bie  anbern 
mürben  in  ein  Koffeg  ber  ^efuiten  gefdfjidt,  um  bort  bie  SSorfefungen  ju  fjören. 

£>ie  SZuntien  fd^icften  in  ber  $ofge  jebeg  ^a^r  bie  9Zamenfiften  unb  9Zecf)nungg» 
augmeife  beg  53raungberger  Sffumnatg,  bag  Don  1627  an  unb  in  ben  fofgenben 
Qafjren  in  ^uftoüa  (i|3oIojf)  fidj  befanb9.  ©rft  nadj  53eenbigung  ber  fdjmebifcfjen 
Offupation  unb  nacf)  ber  am  3.  Oftober  1635  erfolgten  ßurüdgabe  ber  ©tabt 

fonnten  bie  ^efuiten  mieber  nacf)  53raungberg  gurüdfe^ren  10. 

2lm  9.  3anuar  1G46  berietet  ber  SBarfcfjauer  9Zuntiug  3°^-  ^orreg  an 
bie  $ßropaganba,  bag  53raungberger  ©eminar  fei  oon  bem  ©rmfänber  5Beif)bifd)of 
SO^iaftjngfi  unb  bem  ©rmfänber  tropft  2ffb.  ÜZubningfi  Difitiert  morben.  2lffeg  fei 
in  guter  Orbnung,  aber  bag  ©eminar  fjabe  feit  neun  sD?onaten  üon  9iom  bie  ge» 
möf)nficf)e  ^enfion  nidf;t  ermatten  unb  befinbe  fic^  beg^afb  in  9?ot  unb  ©djufben. 


1  *  2trd)it)  bei-  ißropacjonba,  Lettere  di  Ger¬ 
mania  XC  121. 

2  2)rucf  bei  3.  SB i ebner,  ©efeb.  beei  a3ene» 
biftinerftifteä  Slbmont  IV  (1880)  620. 

3  91rd)iü  ber  Br°bO()anba,  Visite  dei  collegii 
1647,  XXVIII  179  ff.' 

4  3)rucf  bei  3Bi  ebner  a.  a.  D.  IV  620  f. 

5  *sIIrcbiD  ber  Brobaganbn,  Lettere  di  Ger¬ 

mania  1646,  XCIII  100. 


6  *  Visite  dei  collegii  1622/1624,  I  42  ff. 

7  *  Lettere  di  Polonia  1626,  LVI  13  86. 

8  5BgI.33enber,  ©efd).  ber  pbüofopbifcbcn 
uttb  tfjeologifdjeri  ©tubien  in  Srmlanb  61  f. 

9  *2lrd)ib  ber  Bi'opaganba,  Visite  dei  collegii 
V  443  ff;  VI  8  ff  153  f;  XI  87  ff;  XII  3  ff; 
XIII  55  ff. 

10  25gt.  oben  <3.  375  ff. 


$äp[tlicf)c  Seminarien :  SBraunlberg.  —  ©ermanifum. 


629 


(Jkigfelbe  berietet  ber  SBeifjbifdjof  ®gialt)ngfi  am  17.  SDegember  1645  V  ®ie  Sitten 
biefer  Söifitation,  bie  am  28.  diooember  1645  unb  ben  fotgenben  Stagen  ftattfanb, 
finb  feljr  eingefjenb;  fie  geben  Sluffdjlufj  über  gunbation,  Vau,  Vibliotljef,  Vedjitungg- 
liefen,  ^erfonal  ufm.  Von  ben  20  Sllumnen  maren  brei  geflogen.  ®er  ÜMtor 
©im.  Verent  mar  fcfjon  fetf)§  Qafjre  ba,  ber  Sßräfelt,  ein  SJlagifter,  mürbe  jebeg 
I)albe  Qa^r  gemecfjfelt.  93ei  ben  notariell  beglaubigten  Sitten  liegt  ein  üodftänbiger 
Viidjerfatalog  beg  päpftlidjen  ©eminarg,  ein  Qnoentar  beg  (paufeg  unb,  mag  micfj- 
tiger,  ein  oodftänbigeg  Vergeidjnig  „ber  päpftlidjen  Sllumnen,  bie  mit  Sob  bag 
©eminar  bemoljnt  unb  na  cf)  ifjrem  Slugtritt  $ierben  ber  Kirdje  gemorben  finb".  SDag 
Vergeicfjnig  enthält  349  Sftamen  unb  erftredt  fid)  über  bie  $af)re  1578 — 16431  2. 

^n  biefer  Sifte  befinbet  ficf)  u.  a.  Sftartin  ©trider  aug  Sitbed,  ber  1604  ^efuit 
mürbe,  aber  megen  Kranffjeit  augtrat.  ©trider  I)at  ftc^)  grofje  SSerbienfte  ermorben 
um  bie  Grfjaltung  ber  fatfjolifdjen  Religion  im  ÜRorben  ®eutfd)lanbg.  Qn  ben  ftür- 
mifdjen  feiten  beg  SDreiffigjäfjrigen  Kriegeg,  mitten  unter  Gefahren,  Gntbefjrungen  unb 
Verfolgungen  oder  SIrt,  fiat  ber  eifrige  ÜJftann  halb  fjier  halb  bort  gearbeitet,  ge¬ 
holfen,  mo  nodj  gu  Reifen  mar,  gerettet,  mag  nocf)  gu  retten  mar3. 

Gin  fdjöneg  3eu9n^  für'  bag  päpftlicfje  ©eminar  in  Vraungberg  gab  am 
17.  Oftober  1647  ber  üftuntiug  in  Giooanni  be  STorreg,  CSrgbifcfjof  oon 

SIbrianopel,  aug  SBarfdjau  in  einem  Veridjte  an  ben  SJSräfeften  ber  fßropaganba: 
Sluf  meiner  Veife  burcf)  Sßreufjen  unb  bei  bem  Stufeutfjalt  in  Vraungberg  fanb  icf) 
bag  bortige  päpftlidje  ©eminar  gu  meiner  großen  Genugtuung  in  fef)r  gutem  $u- 
ftanbe  in  Vegug  auf  grömmigfeit,  ©tubien  unb  Vermattung4.  3n  ^em  beigefügten 
Verist  beg  Veftorg  mirb  u.  a.  fjerüorgeffoben,  baff  burcf)  Vefcfjränfung  ber  Sluf» 
nafjme  auf  abfoloierte  Gßmitafiaften  ben  ©cfjotten,  97ormegern,  SDänen  unb  ©djmeben 
ber  Söeg  ing  Sllumnat  teifroeife  oerfdfloffen  merbe.  3n  biefen  Gegenben  feien  feine 
fatffofifcfien  ©dfjulen,  unb  begfjalb  magten  fatholifdje  Gltern  nicf)t,  if)re  Kinber  in  bie 
proteftantifd^e  ©djule  gu  fcfjiden,  fonbern  festen  ifjre  einzige  Hoffnung  auf  bag  päpft» 
lidje  ©eminar.  ®ie  Kongregation  f)ielt  aber  in  ifjrer  SIntmort  baran  feft,  baff  bie 
Sllumnen  bei  ifjrer  Slufnaffme  in  ben  ©tubien  fo  meit  fortgefcpritten  fein  müßten, 
um  gleicf»  mit  ber  £ugif  beginnen  unb  ben  gangen  Kurg  in  fünf  ^afjren  ooffenben 
gu  fönnen;  bodj  mürbe  bem  9?untiug  bie  Grlaubnig  gegeben,  in  micfjtigen  $äden  gu 
bigpenfieren. 

Stucp  bag  große  beutfdje  päpftlicfje  ©eminar  in  Vom,  bag  Gerntanifum5,  ^at 
in  unferer  .Qeitperiobe  mieberunt  SOeutfd^lanb  Diele  tüchtige  SIrbeiter  geftedt.  SDie 
Kriege  in  Italien  maren  für  bag  Germanifum  befonberg  oerfjängnigood,  meil  feine 
lombarbifcfjen  Vefitjungen  befonberg  feit  1626,  mieberpolt  Dermüftet  mürben.  SDie 
3af)I  ber  Sllumnen  fanf  oon  100  auf  80  fjerab  unb  fonnte  auf  biefer  §öf)e  nur 
burcf)  Slufnafjme  gablenber  Konoiftoren  erhalten  merben.  ®ie  urfprünglidEje  ^ee  ^er 
Stiftung  geriet  infofern  in  Gefafjr,  afg  infolge  $ürfpracf)e  I)of)er  Herren  oom  ^ßapfte 
ober  ben  Karbinal-Vnüeftoren  aud)  nicf)tbeutfd)e,  untaugliche  ober  folcfje  ßöglinge 
aufgenommen  merben  mufften,  bie  fiep  gar  nicfjt  bem  geiftlidpen  Verufe  mibmen 
modten.  ©o  bat  im  3ahre  1602  ber  Kurfürft  oon  Sütaing  ben  Sßapft  Klemeng  VIII. 
um  bie  Slufnafjme  einiger  junger  SIbeliger,  bie  für  meltlidje  Vegierunggämter  aug- 
gebilbet  merben  fodten.  SDrei  3ahre  fpäter  fdpidte  ber  neue  Kurfürft  ©ctjmeifart 
oon  Kronenberg  mit  Verufung  auf  eine  oom  IJSapfte  erhaltene  3ufa9e  einen  abeligen 


1  *  2trd)io  ber  $ropaganba,  Visite  dei  col-  4  *  Original  im  2Ird)in  ber  ißropaganba, 

legii  XXVIII  5  f.  Lettere  di  Polonia  LXV  7  ff. 

2  *  Sbb.  XXVIII  10—47.  5  2)a§  fgolgenbe  naef)  ©teinbuber,  ©efd). 

3  lieber,  ®ie  ißrobaganbafongregation  unb  be§  .fottegiunt  ©ermanifum  I2  (1906)  379  ff. 

bie  norbifd)en  iDtiffionen  26  ff.  ißgl.  23b  I,  ©.  309  ff. 


630 


Neuntes  feintet.  Sonoifte. 


Jüngling,  ber  bie  meltlicße  Saufbahn  einfcßlagen  foßte.  Qm  Qaßre  1650  gä^lte 
man  mit  Sinrecßnuitg  ber  ^ammerbiener  niefjt  meniger  als  14  meltlicße  fßenfionäre. 

Sine  4?auptmunbe  berührt  eine  Information,  bie  im  erften  SDrittel  be§  17.  Qaßr’ 
^unbert§  an  bie  beutfeßen  ^Srooinjiale  gefanbt  mürbe.  Sieben  ber  fHüdbfidf)t  auf  ©e» 
funbßeit  be3  Körpers  unb  ©eifteS  möge  man  bei  ber  ©enbung  oon  jungen  Seuten 
Oor  allem  auf  Sßarafter  unb  S3eruf  jum  geiftlicßeit  ©taube  fefjen,  unb  e§  nicht  für 
ßinreicßenb  galten,  menn  Sltern,  um  fid^  bie  ©orge  für  ißre  saßfreieße  Qamilie  ju 
erleichtern,  ißre  ®inber  für  beit  geiftlicßen  23eruf  beftimmten,  ofjne  baß  biefe  felbft 
biefen  23eruf  moßten.  S§  ift  ganj  offenbar,  mie  folcße  berufslofe  Qünglinge  unruhig 
ftnb,  mie  menig  fie  in  ber  Qrömmigfeit  üoranfeßreiten,  unb  mie  fe^r  fie  anbern  bureß 
ißr  fcf)Ied^te§  SSeifpief  feßaben.  2öie  groß  ift  ferner  bie  ©efaßr,  baff  fie  nur  ge= 
^muitgen  ober  erheuchelt  ben  nach  beit  ^onftitutionen  geforberten  Sib  ablegen  unb 
jur  ^Srieftermeihe  hin^utreten ! 1  meiterer  Übelftanb  mar,  baß  Qöglinge,  bie  e§  im 
©ermaitifum  nidht  jutn  ®oftor  gebracht,  auf  ber  DiücEreife  nach  ®eutfcßlanb  in  ©ietia, 
^erugia  ober  Bologna  mit  leichter  ÜDIüße  ben  $)oftorf)ut  ermarben,  ber  mohl  bie 
Sitelfeit  be§  Prägers,  nicht  aber  ben  Stuf  be§  ©ermanifutng  oermehren  fonnte. 
mürbe  auch  gefragt,  baß  ju  oiele  Qefuiten  (15)  unb  §u  oiele  ©änger  (10)  im  Kolleg 
unterhalten  mürben  unb  bie  öffentlichen  ^Deputationen  ju  große  Soften  oerurfachteit. 
Snblicß  gab  ber  äitnehmenbe  bauliche  Verfaß  bei  ®oHeg§gebäube§  Slnlaß  ju  oielen 
Unbequemlicßfeiten. 

©egen  bie  meiften  biefer  Sllißftänbe  führte  ber  Oerbiente  Sieftor  Saftorio,  ber  bent 
Kolleg  mit  furjer  Unterbrechung  oon  1600  big  1634  oorftanb2,  einen  jahrelangen, 
unerbittlichen  $ampf,  unb  e§  gelang  ihm  auch,  in  einigen  mistigen  fünften  Abhilfe  ju 
fchaffen.  Sin  SDefret  ber  fö'arbinaOißroteftoren  23ellarntin,  23orgßefe  unb  SJIelliito  oom 
20.  ©eptember  1616  üerbot  ben  übermäßigen  ißrunf  bei  ben  ^Deputationen,  bie 
Sluffüßrung  oon  Sßlufifftücf en ,  bie  SluSfcßmücfung  ber  2ßefen$ettel  mit  SBappeit, 
©erfeit  unb  begleichen.  2lm  23.  Qanuar  1627  beftätigte  Urban  VIII.  fünf  SDefrete 
ber  ißroteftoren,  melche  ben  Seftrebungen  be§  SleftorS  Saftorio  ihren  Urfprung  oer-- 
banften.  Sion  neuem  mürbe  eingefcßärft,  e§  folle  in  ber  Qolge  niemanb  in§  Kolleg 
gugelaffen  merben,  ber  nicht  in  ®eutfcßlanb  Oorfcßrifemäßig  geprüft,  tauglich  be* 
funben  morben  fei  unb  bie  förmliche  Aufnahme  erfjalten  habe.  2öer  ohne  triftigen 
©runb  oor  SSoßenbung  feiner  ©tubien  bie  Slnftalt  oerlaffe,  foll  jur  Srftattung  bel¬ 
auf  feinen  Unterhalt  oermanbten  Äoften  angeßalten  merben.  Sliemanb  barf  nach 
Slbfoloierung  ber  ©tubien  in  Slom  gurücfbleiben,  fei  e§  als  Slgent  ober  Sßrofurator 
eines  Qiirften  ober  Prälaten,  fei  e§,  um  bie  ^ßraji§  an  ber  ®urie  ju  erlernen.  Sie 
SUumnen  bürfen  an  einer  außerrötnifeßen  italienifcßen  Uniüerfität  ben  tßeologifcßen 
SDoftorgrab  nicht  ermerben,  e§  fei  benn,  ein  ijlroteftor  ober  ber  Sieftor  hätten  bie 
Srmacßtigung  bagu  erteilt. 

Qn  einer  SDenffcßrift  über  ba§  ©ermanifutn  hotte  ber  Sieftor  Saftorio  Q5aul  V. 
unter  anberem  OorgefteUt:  Sie  aus  ben  fäcßfifcßen  Greifen,  SBeftfalen  unb  ®Ieüe  fommen* 
ben  Qöglinge  feien  häufig  naeß  ißrer  Slücffeßr  in  bie  Heimat,  roeil  fie  oon  ißren  ber 
£>ärefie  anhängenben  Qamilien  üerftoßen  unb  enterbt  mürben,  oßne  alle  Slerforguitg. 
SeSßalb  follten  biefe  Qöglinge  mit  SSenefijien  oerforgt  merben;  fo  fämen  fircßlicße 
ißfrünben  nießt,  mie  e§  leiber  fo  oielfacß  gefeßehen,  in  bie  £>änbe  oon  ganj  ober¬ 
halb  häretifeßen  Skmerberit,  unb  bie  fatßolifcße  ©aeße  mürbe  in  jenen  ©egenben  bureß 
fircßliöh  gefinnte  ^Sriefter  eine  neue  ©tüt$e  geminnen.  Slber  mit  biefen  SSorftellungen 
ßatte  Saftorio  meber  unter  ijlaul  V.  noeß  unter  Urban  VIII.  oiel  Srfolg.  S§  finb 

1  *  Capita  de  quibus  monendi  videntur  Pa-  f.  745.  Stuf  ber  Stücffeite  Missa  per  P.  Ziglerum 

tres  Germaniae  circa  Iuvenes  qui  ad  German.  Prov.  Rhen.  etc.  2  Über  ben  bebcutenben 

Collegium  mitti  debent.  *  Hist.  coli.  Germ.  I,  fDlamt  f.  ©t  ei  nt)  über  a.  a.  €.  I  372  ff. 


tJSäpftlidje  ©entinorien :  ©ermanifum. 


631 


ttaf)egu  oier  Qafjre,  fcf^reibt  CEaftorio  Sluguft  1627  nadj  ®eutfd)fanb,  bafj  icf)  ben 
Sßapft  nidjt  gefefjen  fjabe  unb  nur  ein  einziges  ÜD?al  ben  $atariu§.  @r  Jjabe  non 
le|terem  in  18  Qafjren  !aum  ba§  eine  ober  anbere  Senefigiunt  für  ©ermanifer  er* 
galten,  ba  fie  faft  nur  auf  ©mpfefjfung  beutfdjer  dürften  oerfiefjen  mürben. 

Um  eine  gute  SluStnafjf  ber  ^anbibaten  gu  fidjern,  gingen  mieberfjofte  Qnftruf* 
tionen  nadj  $eutfd)Ianb.  So  fc^ärfte  Slquaoioa  am  15.  dftärg  1609  mieberum  ein, 
e§  feien  guoerfäffige  Informationen  über  ©tubien  unb  CEfjarafter  ber  ^anbibaten  an 
ben  Seftor  be§  @ermanifum§  gu  fenben.  Grbenfo  toieberfjofte  SSitetleScfji  am 
26.  ®egember  1637  bie  ÜRafjnung ,  nur  geeignete  ^anbibaten  gu  fdjidett,  bie 
oorfjer  non  einem  fßater  in  ®eutfcf)fanb  geprüft  morben  feien,  Qn  eittgefjenben 
Qitftruftionen  toirb  unter  anberem  gemahnt:  SBeber  bie  ©tubenten  nodj  bereit  Sftern 
foHen  gebrängt  inerben,  bamit  bie  ^anbibaten  ficf)  fpäter  uicfjt  beftagen  föntten,  fie 
feien  gegen  ifjren  2öiHen  nad)  Sont  gefommen.  SSegen  ber  Sebeutung  unb  be§ 
8fnfefjen§  be§  $odeg§  ift  e§  non  großer  SSidjtigfeit,  ftrenge  2fu§toaf)f  unter  ben 
Äanbibaten  gu  treffen,  bamit  biefelbeu  ben  auf  fie  gefegten  Hoffnungen  entfpredjen; 
latent,  (Sfjarafter  unb  ©tubieneifer  finb  gu  beriidfidjtigen;  aud)  ntüffen  bie  $anbibaten 
gum  frucf)treid)en  ©tubium  ber  ißljilofopfjie  unb  Geologie  befähigt  fein.  Sfticfjt  af§ 
Sebingung,  aber  af§  münfdjenSinert  loirb  Sodenbung  ber  pfjifofopfjifdjett  ©tubien 
begeidjnet,  bamit  fie  fdjtteder  in  ben  SSeinberg  be§  Herrn  gurüdgefdjidt  tnerben  fönnen 
unb  nidjt  burdj  längeren  2(ufentf)aft  in  Som  an  ifjrer  ©efunbffeit  Staben  leiben. 
Qm  allgemeinen  loirb  ein  Sitter  non  20  Qafjren  für  ben  Eintritt  oerlangt,  aber 
Hierbei  ift  auf  ben  Qortfdjritt  in  ben  ©tubien  Südfidjt  gu  nefjtnen.  £>a  bie  Alumnen 
nämlidj  ein  Qafjr  nor  ber  Südfefjr  nacf)  SDeutfdjfanb  bie  ißrieftertoeifje  erhalten  müffen, 
füllten  biefenigen,  loetdje  bie  fdjofaftifcfje  £f)eofogte  beginnen,  toenigften§  ba§  22.  Qafjr, 
unb  toefdje  bie  pofitioe  Sljeofogie  ftubiereu,  toenigfienS  ba§  23.  Qaf)r  angefangen 
fjaben.  SDie  Slbeligen,  toefdje  an  ben  beutfdjen  ßatfjebrafen  af§  ®anonifer  gugelaffen 
tnerben,  fönnen  gmar  nadj  ber  Sude  mit  16  Qaljren  eintreten,  aber  bie  ©rfafjrung 
f)at  gefefjrt,  baff  foldje  Qüngfinge  ober  nielmepr  Knaben  faunt  je  gu  einem  glüd= 
lidfjen  Güinbe  ber  ©tubien  gefangen,  fonbern,  nadj  einem  ober  grnei  Qafjren  ber  ®i§* 
giplin  iiberbrüffig,  fidj  unb  anbern  läftig  finb  unb  ofjne  Qrudjt  non  bannen  gieren. 
2)e3fjafb  fodten  aucf)  bie  Sfbefigen,  roenn  irgenb  ntögfid),  nicpt  fo  jung  eintreten. 

8fu§gefdjfoffen  foden  tnerben:  bie  nidjt  fäfjig  finb,  bie  Heiligen  Söeifjen  gu  emp* 
fangen,  fofcffe,  bie  nur  burdj  ©trafen  im  3aum  gehalten  tnerben  fönnen  ober  anbere 
öon  ber  Qrömmigfeit  unb  bent  ©efjorfam  abgubringen  fudjen;  ift  einer  offne  ben  ifjtn 
angemiefenen  ^Begleiter  (non  einem  8fu§gange  in  bie  ©tabt)  gurüdgefefjrt  ober  fjat 
er  benfelben  nor  ber  Ttiire  ftepen  faffen  unb  imogefjeim  in  einem  Haufe  oerfefjrt,  fo 
loirb  er  nicfjt  toieber  in§  föodeg  aufgenommen.  SDagfelbe  gilt  non  bent,  ber  auffer* 
Halb  be§  $odeg§  fidj  betrunfen,  ebenfo  tuenn  bie§  innerhalb  be§  ®odeg§  toieberfjoft 
unb  nidjt  burdj  ßufad  gefdjefjen.  3ff§  niedere  2fusfdjfief3itng§grünbe  tnerben  genannt 
ba§  ©djreiben  non  unfaubern,  aufriifjrerifdjen  unb  nerfeumberifdjen  Sriefen,  Ser* 
toeigerung  ber  Slnnafjttte  non  auferlegten  ©trafen  ufto.  SDie  9fufgenommenen  müffen 
fidj  eiblid)  nerpflicHten,  nadj  Sodenbung  ber  ©tubien  ficf)  nidjt  bent  H0^ekn  ober 
bem  ©tubium  be§  tneftficben  Sedjtg  ober  ber  SRebigin  gugumettbett,  fonbern  nadj  2Bei« 
fung  ber  Obern  fogfeidj  na<^  jDeutfdjlatib  gurüdgufefjren,  um  am  ©eefen^eif  gu 
arbeiten.  8H§  bie  giinftigfte  3dt  für  bie  8fufunft  in  Som  tnirb  tnegen  ©efunbfjeit 
unb  ©tubien  ber  Herfiff  begeidjnet1. 

®a§  £>efret  ber  ißropaganba  nont  25.  ÜRooember  1625,  tnefc^eS  bie  Serpffic^* 
tungen  für  bie  8ffumnett  oder  päpftfidjen  ^odegien  feftfepte,  fam  im  Qafjre  1627 


’  *  Codex  Bamberg.  I  37  ff- 


632 


Neuntel  Kapitel.  Äoitbiftc. 


aud)  im  Kollegium  ©ermanifum  jur  StuSführung.  Vorftedungen  bagegen  bei 
Urban  VIII.  Ratten  nichts  gefruchtet.  So  mußten  benn  bie  SUnmneit  au^er  ben 
bisherigen  Verpflichtungen  aud)  noch  eiblich  oerfpredjen,  ohne  ©rtaufmiS  beS  Stpofto- 
tifchen  StufüeS  ober  ber  ^ropaganba  ober  beS  päpftlicfjen  diuntiuS  oor  Slbtauf  oon 
brei  fahren  nach  ihrem  Austritt  aus  bem  fö'odeg  nicht  in  einen  Orben  311  treten, 
ferner  auf  ©eheib  ber  fßroteftoren  ober  ber  fßropaganba  ober  beS  üftuntiuS  in  ben 
geifttichen  Stanb  ju  treten  unb  bie  Söeihen  mit  ©infehlub  ber  ifkieftermeihe  ju  emp¬ 
fangen,  enblich  nach  SInorbnung  berfelben  in  ihre  llpeimat  juriiefjufehren  unb  bafelbft 
am  Seelenheil  zu  arbeiten  unb  bieS  auch  bann,  rnenn  fie  fid)  einem  geifttichen  Orben 
angefdftoffen  hoben  füllten. 

®a  bie  Stnerfennung  ber  im  ©ermanifum  erteilten  ©rabe  an  beutfehen  Uni* 
oerfitäten  auf  Sdjmierigfeiten  flieh,  erteilte  ber  ®aifer  14.  September  1628  auf 
Vitten  beS  ÜleftorS  ©aftorio  ein  fßrioifeg  ju  ©unften  biefer  ©rabe.  ©r  betont  in 
bem  ®iptom  ben  groben  9?ut3en,  ben  baS  Kollegium  ©ermanifum  ber  beutfehen 
Nation  burch  f^örberung  unb  ©rhaftung  ber  mähren  fMigion  gebracht,  fomie  bie 
grobe  Stnjahi  ausgezeichneter  unb  gelehrter  Scanner,  bie  aus  ihm  heröorgegangen 
unb  bem  religiös  zerrütteten  9teid)e  burch  233ort  unb  Veifpief  in  öorgügticher  SBeife 
geholfen  hotten  unb  üorauSfichtlich  in  .Qufunft  meiter  helfen  mürben.  SDeShatb  füllten 
bie  im  $odeg  ©rabuierten  im  beutfehen  Reiche  unb  überall  alte  Rechte  unb  Freiheiten 
ber  übrigen  fßrofefforen  befi^en  unb  mie  bie  an  ben  übrigen  §ocf)fchu(en  )J3ariS, 
Vofogna,  fßabua,  fßerugia,  fßifa,  Söien,  $ötn,  ^rrgofftobt  fßromooierten  an  allen 
$)J?etropolitan-,  ßathebraf*  unb  fö’odegiatfirchen  zu  ollen  ^ßfrünben  unb  SBürben  zu* 
getaffen  merben1. 

Qn  ©eutfehtonb  mar  man  ängfttich  barauf  bebadjt,  bab  baS  ®odeg  ein  beutfdjeS 
bleibe.  ®ur<h  einen  SBürzburger  S)omherrn  maren  Klagen  oerbreitet  morben,  ber 
fdeftor  beS  ©ermanif'umS  ftehe  auf  feiten  ber  franzöfifdjen  Partei.  Qm  Fahre  1640 
mürbe  bieS  oon  Stainz  nad)  fRom  berichtet2.  Vatb  barauf  manbte  fich  fogar  ber 
$aifer  Fer^iuanb  III.  in  biefer  Sadje  am  4.  Fefmuar  1641  an  ben  ©enerat  Vitef- 
teSchi:  Vor  furzem  hoben  mir  oernommen,  bab  in  bem  bortigen  Kollegium  ©er¬ 
manifum  franzöfifd)e  )ßräfeften  aufgefteHt  merben  füllen,  maS  ber  beutfehen  Nation 
auS  oielen  ©rünben  abträglich  unb  bem  tarnen  beS  ^odegS  entgegen  märe.  2>eS- 
hatb  bitten  mir  bringenb,  bafür  Sorge  zu  tragen,  bab  nicdjt  Franzofen  an  bie  Spi£e 
beS  beutfehen  ^odegS  geftedt  merben3.  VitedeSdji  erraiberte  am  16.  ÜDZärz  1641, 
bab  er  an  fo  etmaS  nidjt  einmal  gebacht  hQbe.  Sludj  in  .Qufunft  merbe  er  ftetS 
bafür  forgen,  bab  nie  etmaS  zum  Schoben  ber  beutfdfen  Nation  gefdjelje  ober  irgenb 
einer  im  beutfehen  ®odeg  angeftedt  merbe,  ber  bem  ®aifer  mibfaden  ober  ber  beutfehen 
Fugenb  im  Kolleg  fchaben  fönnte4. 

SDer  SInbrang  zum  Äodeg  blieb  in  nuferer  $eit  gleich  ftorf  mie  früher.  SBieber- 
fjolt  mubten  bie  ©enerafe  mit  (pinroeiS  auf  bie  grobe  Cottage  Äanbibaten  abmeifen. 


1  SBortlaut  bei  $  feiner,  ©efd).  ber  geift* 
liefen  53ilbung§anftalteit  (1835)  429  ff. 

2  93riefe  be3  P.  fftitlf.  93iber  bom  27.  2)ej. 

1640  unb  be§  $roöinätal§  pamman  au  ben 
beutfdjen  2lffiftenten  SKunbbrot,  20.  ftuli  1640. 
Stn  festeren  93riefe  fyeifft  e§:  Est  aliud,  Rde 

Pater,  quod  liic  (SDtainj)  intellexi,  censuique 
R.  Yae  proponeudum,  ut  pro  sua  prudentia, 
si  iudicet,  alicui  incommodo  possit  occurrere. 
Narratur,  in  Collegio  Germanico  constitui 
quosdam  e  Societate,  natione  Gallorum,  qui 
iuventuti  Germanae  praeficiantur.  Dolerem 
ego  cum  aliis,  qui  sensum  affectumque 


Eminentissimi  nostri  Electoris  aliorumque 
principum  Germanorum  bene  perspectum 
habemus,  hoc  ipsmn  ad  eorum  aures  deferri, 
qui  sane  graviter  offenderentur  et  indigne 
ferrent,  Gallos  moribus,  indole  et  affectu  a 
Germanis  alienos,  iisdem  dirigendis  et  iufor- 
mandis  assignari  moderatores.  Et  hoc  prae- 
sertim  calamitoso  tempore,  quo  constat  quam 
exulcerati  sint  animi  Germanae  Nobilitatis, 
Principum,  et  ipsius  totius  nationis  in  Fran- 
ciam.  *  Original  Hist.  coli.  Germ.  vol.  2. 

3  *  Original  Epp.  Princ.  VI  235. 

1  *  Orig.-fReg. 


s$äpftti<f|e  Seminarien:  ©ermonifum. 


633 


So  fdjrieb  93iteCte§df)i  am  7.  Oftober  1625  an  ben  ^itbeSßeimer  Neftor  Xurrian: 
gär  SaurentiuS  Söarteuberg  mürbe  icß  gern  einen  $taß  forberit,  menn  bie  ginanj- 
läge  beS  CottegS  burd)  bie  Nermüftungen  im  9J?aitänbifd)en  nidjt  fo  gelitten  ßätte, 
baß  faum  bie  Stufgenommenen  unterhalten  merben  fönnen1.  Unb  fpäter,  27.  Xe- 
jember  1643,  üertoeift  NitetteSdji  ben  Nürnberger  fHeftor  ^of).  Creißing  auf  bie  große 
Notlage  beS  CottegS,  metdje  neuen  Stufnaßmen  im  Söege  ftänbe2.  3ulüe^en  betrug 
bie  3öf)t  berer,  bie  im  oorauS  für  bie  folgenbeit  Qaßre  angemetbet  mären,  meßr 
al§  100.  3aßre  1629  mar  bie  3oßt  ber  megeit  ber  Stufnaßme  Oertröfteten 
Stfpiranten  auf  meßr  als  70  geftiegen.  tiefer  große  3ubrong  bemeift,  mie  groß 
bie  Sichtung  mar,  beren  ficß  baS  Cotteg  ju  erfreuen  hatte. 

Qmmerßin  beträgt  bie  3a0^  ber  oon  1600  bis  1655  aufgenommenen  3öglinge 
unb  Conoiftoren  in  runber  Summe  gegen  1000.  Xie  meiften  I)aben  ber  genoffenen 
(Sr^iehung  ©ßre  gemadft,  oiete  außerorbentticß  fegenSreidj  gemirft,  manche  ßoße  fircß- 
tidje  SBürben  erlangt.  Xer  Sr^bioaefe  9Jfain§  fcßenfte  baS  Kolleg  oon  1604  bis 
1647  brei  mürbige  (Sr§bif<f)öfe ;  3oß-  Scßmeifart  oon  Cronenberg  (1604—1626),  er 
mar  ein  frommer,  feßr  eifriger,  um  gan^  Xeutfcßtanb  oerbienter  9Nann3;  ©eorg 
ffriebrid;  oon  ©reiffenttau  (1626—1629),  ein  ftarfmütiger  $ürft  unb  großmütiger 
fförberer  ber  Söiffenfcßaft;  Stnfetm  Cafimir  oon  Söambotb  (1629 — 1647),  ber  auf 
baS  Stngebot  ber  Neutralität  bem  franjöfifdjen  ©efanbten  antmortete,  lieber  motte  er 
oon  Xür  ju  Xür  betteln,  atS  üom  Caifer  abfatten4.  Sterbenb  erftärte  er  eS  atS 
feinen  größten  Xroft,  atte  feine  oielen  SNüßeit  jum  SSeften  ber  fatßotifcßen  Netigion 
unb  beS  NeicßeS  oermanbt  gu  ßaben.  Xer  berüßmte  Conoertit  unb  Niain^er  SBeih= 
bifcßof  Stbolf  ©ottfrieb  NotufiuS  madfte  ebenfalls  feine  tßeotogifcßen  Stubien  1638 
bis  1642  im  Colteg.  Non  30  Xrierern 5  biefer  fßeriobe  mürben  fpäter  brei  Nifcßöfe: 
Söilbericß  oon  Sßatberborf  (SBien),  Heinrich  oon  Nöttingen  (Speier)  unb  fpeinrid) 
oon  Stnetßan  (Cöfn).  2(uS  ber  Cötner  Sr^biö^efe  ftubierten  in  biefer  3eit  gegen 
100  im  ©ermanitum.  Xer  reicßsftänbifcße  Slbel  fanbte  nur  einen  3ögting.  Xie 
Nerpfticßtung  jur  ^rieftermeiße  ßiett  bie  Sprößtinge  reicßSgräfticßer  gamitien  fern, 
meit  biefetbe  bie  Hoffnung  auf  eine  Stelle  im  Xomfapüet  oon  Cötn  abfcßnitt.  Xie 
reicßsftänbifcßen  Stbetigen  („Xomgrafen"),  bie  oon  50  Xomßerren-  unb  Xomijettar- 
pfriinben  am  Cötner  Xom  ftetS  42  befehlen,  pflegten  bie  ßößeren  SSeißen  nicßt  ju 
empfangen.  Unter  ben  Cötner  3ögtingen  befinbet  ficß  ber  fpätere  Speierer  Nißßof 
Qoß.  |)ugo  oon  OrSbed,  ber  Cötner  SBeißbifcßof  .  unb  ©efdjkßtSforfcßer  Stgib  ©etend, 
ber  ÜNiffionär  unb  Stftronom  Qoß.  Stbam  Scßatt  oon  Nett.  Non  ben  28  2öürj> 
burger  ©ermanifern  mürben  brei  Sßeißbifcßöfe  oon  Söürgburg.  Unter  ben  10  Grieß- 
ftätter  3bgtiugen  ragt  befonberS  ber  gürftbifdjof  SNarquarb  Sdjenf  oon  Saftet! 
ßeroor.  StugSburg  fanbte  unter  ben  40  3ögtingen  u.  a.  bie  beiben  Nrüber  ^oaeßim 
oon  ©raoenegg  (^ürftabt  oon  ffutba)  unb  Söotfgang  oon  ©raüenegg,  ber  als 
eine  bebeutenbe  Xätigfeit  in  Oberbeutfcßlanb  unb  Xirot  entfaltete.  2tuS  bem  großen 
NiStum  Conftanj  finben  mir  103  3öglinge  im  ©ermanifum.  Unter  ißnen  treffen 
mir  3  Nifcßöfe,  8  SBeißbifcßöfe,  1  DrbenSgenerat,  8  Stbte  ufm.  SNeßrere  biefer 
3öglinge  arbeiteten  fpäter  fegenSreid)  in  Steiermarf,  mie  bie  ©ebriiber  Sbertein, 
3afob  Slbt,  Martin  ÜNotitor.  Unter  biefen  Conftanjern  befinbet  ficß  aud)  SufebiuS 
Xrucßfeß,  ber  fpätere  Qefuitenprooinjiat  unb  Stffiftent  in  Nom.  Über  ißn  feßrieb  ber 


1  *0rig.-91eg.  Ad  Rhen.  33g{.  an  benfetben, 
2.  fölai  1637.  ' 

2  *  0rig.>9teg.  Ad  Rhen.  sup. 

3  «gt.  31  ante,  ^äpfte  I  262. 

4  P.  ttlntoni  an  Gtjigi,  28.  9)lai  1647.  *  Cri- 

ginat  in  Slam,  Bibi.  Chigi  B  I,  1,  f.  307. 


5  Ser  Srierer  Äurfürft  ißfjit.  ßfiriftopt)  öott 
Sötern  (1623—1652)  roar  nicht  3ögling  beö 
©ermanitumö.  Sie  2tngabe  bei  ßorbara  ift  irrig. 

c  5)3.  be  ©rect,  Seben  unb  SEirfen  bei  Stgib. 
©eien  (1835).  ©diroerö  in  ben  2lnnaten  beS 
'-Bereinö  für  ©efd).  beö  91ieberrheinö  1910,  30  ff. 


634 


9Jeiutte§  Kapitel,  föortötfte. 


©eneral  ©arrafa  am  15.  SRai  1649  an  beffen  0nfel,  ben  ©rafen  9J?aj  non  Söoffegg : 
Ser  §err  ©ufebiuS  Sruchfefj  ift  gfiicfftd^  in  9tom  angelangt  unb  ^at,  mie  id)  er» 
fahre,  in  ber  furzen  3eit  feines  Aufenthaltes  im  ©ertnanifunt  non  Anfang  an  einen 
fo  herrlichen  (Sharafter  an  ben  Sag  gelegt,  bafj  ber  fReftor  unb  bie  übrigen  'jßatreS 
mit  ihm  fef)r  jufrieben  finb  unb  fiel)  ©roffeS  non  ihm  oerfpred)en.  ABenn  ich  ettnaS 
ju  feiner  Aufmunterung  unb  görberung  tun  fann,  merbe  ich  bieS  gern  unb  reiflich 
tun,  fomobl  tneil  3hr  inertes  Schreiben  mir  bieS  nahelegt,  als  auch  in  ber  (Erinnerung 
an  bie  auherorbentlidje  Siebe  beS  großen  ^arbinalS  Otto  Srudjfefj  gegen  uitfere 
©efellfchaft,  ben  ja  (Euer  (Erlaucht  mit  Üiecfjt  als  leudjtenbeS  23eifpiel  3hrem  Steffen 
nor  Augen  geftellt  tniffen  mollen *. 

23on  ben  23afeler  ßöglingen  gelangten  brei  jur  bifchöflic^en  ABürbe.  Sie 
20  (Ef)urer  Stefanen  maren  jum  größeren  Xeil  gelbfirdjer.  (Einer,  3of).  $lugi 
non  Afpremont,  tuurbe  Sifchof  non  ©f)ur  (1636  —1661);  er  bemühte  fid)  fehr  für 
bie  Ausbreitung  beS  ^nftitutS  beS  23artf)oI.  fpolzhaufer  unb  für  bie  (Errichtung  beS 
QefuitenfodegS  in  ^elbfircf).  3llie*  5e^^rc^er/  AnbreaS  fö'apittel  unb  Seonfjarb  (Ereber, 
mürben  ^efuiten,  ein  britter,  Dr  2conf)arb  23utenreiner,  mirfte  fehr  nachhaltig  guerft 
als  ©eneraloifar  in  ©hur,  bann  45  Qahre  als  Pfarrer  in  fjetbfirch-  9iad)  beut 
gelbfirdjer  ©hroniften  mar  er  „ein  fehr  gelehrt  unb  eifriger  SRann,  meldjer  baS 
©dhmebifdhe  ABefen  unb  bie  barauS  entfprungeneit  Ungelegenheiten  fambt  jmo  peftP 
len^ifchen  Sudjten  in  größter  SJJüf)  überftanbeu  hat"1 2. 

Sie  greifinger  SOiögefe  ftellte  37  Hanbibaten,  unter  ihnen  grnei  ©rafeit  non 
ABartenberg,  Sohn  unb  (Enfel  beS  ^erjogS  gerbinanb  non  Sapern,  non  benen  ber 
erftere  als  33ifd)of  non  OSnabriid  unb  fRegenSburg,  ber  gmeite  als  ABeihbifcfjof  non 
fRegenSburg  eine  höcfjft  frudjtreidje  SOätigfeit  entfaltete.  SBon  ben  fyreiftnger  @er= 
manifern  mürben  mehrere  ©eneraloifare,  kröpfte  unb  jmei  3efuiten,  fyriebrich  non 
Aßeilljamer  unb  ber  fdjidfalSreiche  ARattfjiaS  gmber,  ber  befonberS  burch  fein  großes 
)ßrebigtmerf  befannt  ift.  3tt)ei  bei  18  fßaffauer  3ögünge  mürben  non  öfterreidjifchen 
SUöftern  ju  Abten  gemählt.  Srei  non  ben  16  Salzburger  ©ermanifern  fdjmüdte 
fpäter  bie  bifchöfliche  ARitra,  barunter  ARaj:  non  $unberg,  ber  $arbinalerjbifd)of 
non  Salzburg.  Aud)  bie  40  33rij:ener  3ö9^n9e  ftettten  3  ©ifchöfe  unb  2  ABeih" 
bifdjöfe  für  53rij:en.  AuS  ben  50  Srienter  ©ermanifern  gingen  10  23ifd)öfe  unb 
2  ©eneraloifare  heroor.  5$on  ben  253öglingen  ber  ASiener  Siözefe  gelangten  fieben  zur 
bifchöflichen  ABürbe,  barunter  ©rnft  non  §arradj  (^3rag),  Philipp  o.  Sreiner  (ABien) 
unb  ©rnft  non  Srautfon  (ABien).  Sie  21  SßreSfauer  3ögünge  mürben  bis  auf  brei 
fämtlicf)  Domherren  in  33reSlau.  „SaS  Somfapitel  non  ABreSlau,  beffen  Statuten 
abelige  ©eburt  nic^t  zur  Sebingung  ber  Aufnahme  machten,  tat  fid)  nor  ben  meiften 
Kapiteln  Seutfd)lanbS  in  mehrfacher  Beziehung  norteilhaft  heroor.  Sämtliche  $a= 
nonifer  maren  Eßriefter,  unb  ein  großer  Seil  non  ihnen  zeichnete  fid)  burch  tüchtige 
theologifdje  23ilbung,  grömmigfeit  unb  fir<hlid)e  ©efinnung  aus."3  Unter  ben  53reS» 
lauern,  meldje  3  ABeihbifchöfe  unb  fämtliche  Abminiftratoren  mährenb  ber  bifdjofS- 
lofen  3eit  1625 — 1655  ftellten,  ragt  befonberS  heefor  s^Seter  ©ebauer,  ber  1621 
Ard)ibiafonuS,  AHStumSabminiftrator  unb  |mfrichter  mürbe4. 

©S  ift  unmöglich),  hier  aud)  nur  bie  bebeutenbften  ARänner,  feien  eS  A3ifd)öfe, 
Somherren,  ifBrofefforen  ober  Pfarrer,  bie  in  biefer  3eit  aus  bem  ©ermanifunt  fjer- 
norgegangen  finb,  alle  namentlid)  zu  ermähnen.  AIS  ber  A3ruber  beS  $aiferS, 
©rzherzog  Seopolb,  im  3nhre  1625  in  9iom  Urban  VIII.  ben  $ergid)t  auf  feine 


1  *Drig.=9teg.  Ad  Externos. 

2  33rugger,  g^tbfircfjifcfje  Söefcfjreibintg  97, 

Bei  ©teilt t)ub er  a.  a.  C.  I  445. 


3  ©  t  e  i  n  t)  lt  b  e  r  a.  a.  0.  1  470. 

4  3  int  g  tt  i  $ ,  ißeter  ©ebouer  (1892),  unb 
T  e  r  f. ,  ifie  $8re§Iauer  ©ernianifer  (1900)  103  ff. 


93ifd)öflid)e  fßriefterfeminare :  SBien. 


635 


SBistiimer  ‘ißaffau  linb  ©trapburg  erftärte,  überreichte  er  bem  fßapfte  aucp  ein  93?e« 
tnoriate  ju  ©unfteit  beS  ©ermanifumS.  ®aS  Kollegium  ©ermanifum,  nerfidjerte  ber 
©rjperjog,  fei  eines  ber  Slntiegen,  bie  ipm  nom  Inifer  befonberS  empfohlen  worben. 
3)ie  fatpotifdpen  dürften  SDeutfdptanbS  fcfjä^ten  eS  fepr  pod)  wegen  beS  gropen  9?u£enS, 
ben  bie  nieten  im  Kollegium  gebilbeten  Pfarrer,  ^anonifer,  ©eneratnifare,  Söeip* 
bifdföfe,  Sifcpöfe,  ©rjbifdpöfe  unb  anbent  ißrätaten  jur  ©rpattung  nnb  $örberung 
beS  ©taubenS  unb  ber  fatpolifcpen  SMigion  in  ihren  Säubern  ftifteten1. 

®er  rührige  93?attpiaS  $aber  fagt  in  ber  SBibmung  beS  ^weiten  Weites  feines 
beriipmteu  ißrebigtwerfeS  au  ben  Sieftor  unb  bie  ßögtinge  beS  ©ermanifumS  (9?ew 
mar  ft,  28.  SDejember  1632):  g-aft  burd)  gan^  SDeutfcptanb  ift  ber  9?upnt  beS  ifotte* 
gium  ©ermanifum  gebrungen.  StuS  biefern  Kollegium  finb  gteicpfam  wie  aus  einem 
trojanifdpen  ^ferbe  bie  berüpmteften  9J?änner  pernorgegangen,  wapre  ßierben  beS 
SBatertanbeS,  ©rjbifcpöfe,  Sifdpöfe,  ^rofefforen,  pope  ^Beamte  unb  ©eelforger,  bie  in 
©eutfcptanb  unter  allen  mit  befonberem  ©tanj  peroorteucpten.  ®ent  fö'otteg  oerbanfe 
aitcp  er  alles,  unb  beSpalb  fei  eS  eine  ißftidpt  ber  SDanfbarfeit,  wenn  er  fein  SBerf 
bem  ^ofteg  mibme2.  93? it  3?ed)t  fonnte  beSpalb  ber  ©efcpidjtfdjreiber  beS  ßottegS  bei 
ber  erften  ©äfutarfeier  im  Qapre  1655  perüorpeben :  „£rop  ber  furcptbaren  95er • 
peerungen  beS  SDreipigjäprigen  Krieges  patte  ®eutfd)Ianb  mieber  miirbige  23ifcpöfe, 
gute,  jum  £eit  tüchtige  SDomfapitet,  einen  wenn  aud;  wenig  japtreicpen,  fo  bod)  im 
allgemeinen  woptunterricpteten,  eifrigen  MeruS,  niete  btüpenbe  iHöfter  unb  trefftidpe 
©cputen.  $ie  noin  ^eiligen  ©tupt  mit  gropen  Opfern  ins  Seben  gerufene  beutfcpe 
Stnftatt  in  üiom  burfte  opne  Üiupmrebigfeit  einen  bebeutenben  Slnteit  an  ber  Herbei¬ 
führung  ber  bcfferen  firdjlidpen  $uftänbe  atS  ipr  SSerbienft  in  Stnfprudp  nepmen."3 

Söenn  aucp  bie  päpftticpen  Seminare  jur  ^ebung  beS  gropen  ißrieftermangetS 
in  Seutfcptanb  erpebtidpe  |)dfe  leifteten,  fo  madjte  fid)  bocp  in  nerfcpiebenen  SDiögefen 
immer  mepr  bie  Sfotwenbigfeit  gettenb,  eigene  ^riefterfeminare  ju  begrünben,  über 
bie  ber  S3ifd;of  für  bie  Sebürfniffe  ber  SDiö^efe  frei  nerfügen  fonnte. 

£yür  bie  ^eraubitbung  non  ^rieftern  für  bie  beiben  SDiöjefen  2öien  unb  Söiener» 
9?euftabt  patte  föarbinat  ®teft  im  Qapre  1618  ein  Kapital  non  20000  $tor.  rpein. 
auSgeWorfen.  23on  ben  3infen  würben  arme  ©tubenten  im  ßonüift  ber  Qefuiten 
unterpatten.  Qn  feinem  £eftamente  nom  Qap«  1630  ftiftete  SHefl  jum  fetben  ßwed 
weitere  20000  gtor. 4  2ltS  nun  23ifd)of  ^Spitipp  ©raf  Sßreiner  ein  eigenes  ^Sriefter- 
feminar  erricpten  wollte,  erpob  fidp  bie  grage,  wem  baS  Kapital,  non  bem  bie  ^efuiten 
fcpoit  20000  gtor.  erpatten  patten,  gepöre,  ben  ^efuiten  ober  bem  23ifcpof.  3n 
einem  Briefe  nom  25.  Februar  1645  mup  fidp  ber  Sifcpof  beim  ©eneratnifar  ber 
©efeltfcpaft,  ©angro,  über  ben  3$erjug  ber  ©rünbung  eines  eigenen  ©eminarS  beftagt 
paben;  benn  biefer  antwortete  am  25.  93? är^  1645,  bap  ipm  bie  ©acpe  neu  unb 
ganj  unerpört  fei,  eS  würbe  ipn  fepr  fdjmerjen,  wenn  burdp  bie  ©cputb  ber  fßatreS 
ein  für  bie  bortige  SDiö^efe  fo  nüptidpeS  Unternepmen  fo  tange  aufgefdjobeit  worben 
wäre.  2>er  53ifcpof  möge  auf  ©erecptigfeit  redfnen,  beim  bie  ©efetlfdjaft  fei  bereit, 
eper  ©dpaben  ju  leiben,  atS  fotdjen  ju3ufügen. 


1  ©teintfuber  a.  a.  0.  I  389. 

5  Sie  SBibmung  ftef)t  am  Anfang  bc§  2.  STeite^, 
beffen  Sitelbtatt  aber  nod)  Dom  1.  Seit  per* 
riitjrt  (Pars  I,  Ingolstadii  1631). 

3  ©teinlfuber  a.  a.  C.  I  472. 

4  Über  biefe  Stiftung  9tät)ereö  im  SBiener 
Sibjefanblatt  1891.  ©ebaftian  Senid)  fdjreibt 


am  25.  guni  1631  über  bad  SBiener  ©eminar, 
ba3  er  befudp:  Seminarium  Viennense  mihi 
summopere  placet  utpote  pulcherrimis  insti- 
tutis  inclioatam,  bonis  artibus  et  disciplinis 
ornatum,  et  magna  cum  dexteritate  admini- 
stratum,  ut  certum  sit  maguos  ex  illo  viros 
quondam  progressuros.  *  Original  Clm  26  478. 


9teunte§  Kapitel.  Komufte. 


636 


Sadjbem  ©angro  genaueren  Seridjt  üon  ben  SBiener  ißatreS  etngeforbert,  fcfjrieb 
er  am  24.  $uni  1645  bem  93ifcf>of :  Sad)  bem  SBorttaut  beS  SeftamenteS  fc^eint 
baS  Kapital  motjl  mefjr  ben  $atre§  gupftehen,  aber  in  einer  gtueifel^aften  ©adje 
motten  mir  mit  bem  Sifdjof,  ber  uns  fo  üiete  SBofjttaten  ermiefen  f)at,  nicf)t  ftreiten. 
%d)  üerjpdjte  alfo,  fooiet  an  mir  liegt,  auf  biefeS  mie  immer  geartete  Sedjt  unb 
auf  baS  ganje  Sominium  über  bie  40000  glor.,  mit  ber  Sitte,  audj  bie  Sermat« 
tung  unb  mithin  aucf)  baS  gan^e  ©eminar  anbern  unb  nidjt  ben  ^efuiten  ju  über» 
geben,  ßu  biefer  Sitte  bemegen  midj  oiele  ©rünbe,  befonberS  aber  ber  Söunfdj, 
baS  äöotjtmotten  ©uer  bifdjöft.  ©naben  unS  ju  ermatten,  baS  fonft  aus  ber  Ser» 
fdjiebentjeit  ber  Meinungen  über  bie  Sermaltung  affmäfjficf)  ©djaben  leiben  fönnte1. 

2lm  felben  Sage  fdjrieb  ber  ©eneratoifar  bem  öfterreidjifcfjen  ^roüinjial  ©eorg 
Surcooidj:  Sadj  reifficfjer  Überlegung  ffabe  id)  geglaubt,  in  Übereinftimmung  mit 
ber  jmeiten  ©eneratfongregation2  nicfjt  allein  baS  Segat,  fonbern  auch  mo  mögtidj 
bie  Sermaltung  beS  bifdjöftidjen  ©eminarS  abtef)nen  ju  fotten.  Sie  ©rünbe  fjierfür 
finb  bie  Setrete  ber  jmeiten  unb  oierteu  ©eneratfongregation;  festere  fpritpt  im 
breijefjnten  Sefret  ben  lebhaften  SBunfdj  aus,  bie  ©efettfchaft  üon  bergteidjen  Saften 
befreit  ju  fefjen;  ferner  ber  gute  Same  ber  ©efettfchaft,  bamit  eS  nicfjt  ben  2tnfd)ein 
tjat,  atS  ob  mir  aus  ©eminnfudjt  banad)  trauten;  brittenS  bie  Siebe  jum  ^rieben 
unb  jur  ©intradjt  mit  bem  Sifdjof  unb  beffen  Sachfotgern,  ba  bie  C£rfafjrung  anberSmo 
burcfjgängig  tetjrt,  bap  bergfeirfjen  ©eminare  eine  fortroäfjrenbe  Quelle  üon  Mipfjettig» 
feiten  finb;  üiertenS  bie  grope  Saft,  metdje  bie  ©efettfcfjaft  burd)  bie  Sermaltung  ber 
©iiter,  mit  ©inforbern  ber  ganten,  Setfauptung  ber  Seifte  ufm.  auf  fic^  nehmen 
mup;  fünftens,  müpte  fcptieptid)  bie  ©efettfdjaft  bie  Sermaltung  übernehmen,  fo  märe 
eS  bodj  beffer,  bap  bieS  nur  gefcfjäfje  auf  mieberfjofteS  Sertangen  beS  SifdjofS,  nicht 
aber  nad)  unferem  SBitten,  gefcfjmeige  benn,  bah  dnr  banad)  trachten,  ©offten  fich 
bie  ^onfuttoren  aber  hoch  für  bie  Übernahme  ber  Sermaltung  auSfpredjen,  üietteicht 
meit  man  fcfjon  20000  gtor.  erhalten,  bie  man  nicht  jurüdbe^afjten  fann,  fo  rate 
ich  bringenb,  meber  eine  Sürgfdjaft  für  bie  Diente  noch  eine  beftimmte  §öhe  berfelben 
ju  forbern,  fonbern  eine  roenigftenS  ^a!6jä^rlid^  üorauS^ubeäafjtenbe  ^3enfion  nach 
ber  ^opfjapt  ber  Süumnen,  über  metdje  bie  ©efettfchaft  feine  SedjnungSabtage  ju 
feiften  hat;  Seftrafung  unb  ©nttaffung  mup  oottftänbig  ber  ©efettfdjaft  guftepen  mie 
in  ben  anbern  ©eminarien  ohne  Serufung  auf  anbere  Sribunate;  ben  Alumnen  barf 
feine  eibtidje  Serpfticptung  jum  ©djaben  beS  QrbenSftanbeS  auferlegt  merben;  ber 
©efettfchaft  fteht  eS  frei,  jeberjeit  jur  Sermeibung  oon  Mippettigfeiten  mit  bem 
Sifcfjof  ober  aus  anbern  geredeten  ©rünben  bie  gaitje  Sermaltung  in  bie  ^uinbe 
beS  SifdjofS  juriidjugeben.  ©ottte  ber  Sifchof  baS  Secpt  ber  Slufnapme  fiep  üor- 
behalten,  fo  mürbe  ich  barunt  nidjt  üiet  ftreiten.  SßenigftenS  entgehen  mir  fo  ben 
©ehäffigfeiten  oon  feiten  üieler  (bie  nicht  aufgenommen  merben)  unb  fcpneiben  bie 
Etagen  ab,  bie  fonft  teidjt  entftehen,  atS  ob  mir  menig  geeignete  Seide  für  biefe 
Sistüiner  lieferten3. 

Ser  Sifchof  bat  in  ber  Sat  am  15.  $uli  1645  ben  ©eneratoifar  um  Über¬ 
nahme  beS  ©eminarS.  ©angro  fagte  am  19.  Stuguft  1645  ju,  gab  aber  bem  SSunfcpe 
SuSbrud,  bap  ber  Sifchof  nicf)t§  oon  ben  Qefuiten  üerlangen  möge,  maS  gegen  beren 
Segetn  ober  ©emohnheiten  üerftope.  Ser  Seftor  merbe  bie  näheren  Sorfdjtäge  unter¬ 
breiten,  bie  ber  Sifchof  gütig  gemäpren  motte4,  ©cptiepticp  fam  eine  Sereinbaruug 
311  ftanbe,  bie  in  ben  föonftitutioneu  beS  bifcpöftidjen  Alumnates  ihren  SluSbrud  fanb. 
Sie  Stufnapme  fteht  bei  bem  Sifdjof  unb  bem  Segens  beS  fö’onoiftS.  Ser  9tuf= 


1  *Crig.=3teg.  Ad  Externos.  3  *0ng.=9leg.  Ad  Austr. 

■  33g[.  S3b  1,  ©.  319  f.  4  *  0rig.=9teg.  Ad  Externos. 


33ifd)öflid)e  fßriefterfeminare:  2Sien. 


637 


äuneljmenbe  mufj  18  3ahre  alt  fein  unb  bie  Humanität  abfolöiext  haben.  gair  beit 
Unterhalt  Serben  je  100  ^tor.  rf)ein.  bejaht.  Sie  Sltumnen  unterftefjen  in  Stubieit 
unb  SiSjiplin  ben  ^efuiten  unter  Oberaufficf)t  beS  23ifd)ofS;  fie  üerpflid)ten  ftcf)  eib- 
lief),  bie  ^rieftertneifje  ju  empfangen  unb  menigftenS  brei  3ahre  in  einer  ber  beiben 
Siöjefen  in  ber  Seelforge  ju  arbeiten.  Sie  Reibung  beftel)t  in  einem  faftanienroten 
Salar  nadj  Slrt  beS  päpftlichen  ÄollegS  unb  einem  fdjmarjen  9J?anteI  mit  rotem 
Äragen.  Sie  $01)1  ber  Alumnen  brachte  ber  93ifcf)of  für  beibe  Sii^efen  jufamtnen 
auf  60  4 

SBifdjöflidje  fßriefterfeminare  maren  aud)  baS  fßajmaneum  unb  baS  froatifdje 
Äonüift  in  SBien.  SDa§  fog.  Sßajmaneum  oerbanft  feine  Stiftung  bem  ungarifdjen 
Äarbiual  unb  ©r^bifchof  oon  ©ran  ißeter  Sßajntant).  Mittels  Urfunbe  öont  10.  Sep¬ 
tember  1623  ftiftete  ^ajmanp  115000  ©ulben  (fpäter  noch  45000  ©ulben)  unb 
ein  £auS  für  junge  Seute  auS  Ungarn  unb  ben  Siebenlänbern,  bie  jum  ^ßriefterftanbe 
heraitgebilbet  toerben  füllten.  Sie  $aljl  füllte  fidf»  nad)  ben  ©rträgniffen  beS  ÄapitalS 
richten.  Sie  SSermaltung  ber  Stiftung  unb  bie  Seitung  beS  Seminars  übertrug  er 
gaitj  ber  ©efellfdjaft.  SaS  9iedjt  ber  2lufnaf)me  hatte  ber  ©r^bifdjof  oon  ©ran. 
Sie  Slufeuneljmenben  mufften  menigftenS  15  ^aljre  alt  fein  unb  bie  ©rammatif,  fpäter 
bie  Humanität,  üollenbet  haben.  Sie  oerpflidjteten  fiel)  eiblidj,  ißriefter  ju  merben  ober 
bie  Äoften  ju  erftatten  unb  nach  ber  ißrieftermeihe  brei  3ahre  in  *)er  ©eelforge  in 
Ungarn  tätig  §u  fein.  23ei  ber  Slufna^me  foUten  befottberS  Siebenbürgen  unb  bie 
oon  ben  dürfen  befejjten  Seile  Ungarns  berüdfidjtigt  merben,  rnenn  bie  Äanbibaten 
oerfpradjeit,  in  biefe  Sänber  jurüdjute^ren  unb  bort  bie  Seelforge  auSjuüben.  SaS 
Seminar  trat  fßfingften  1625  mit  13  Sllumnen  in  ber  ehemaligen  Silienburfe  ins 
Seben.  Sa  fidj  biefe  aber  halb  als  ju  flein  ermieS,  jog  baS  Seminar  1627  in  ben 
„©olbberg"  (ehemalige  Slrntenburfe).  Um  halb  oiele  ^riefter  ju  erhalten,  mar  anfangs 
für  bie  meiften  ßöglinge  nur  Äafuiftif  unb  fßolemif  oorgefdhrieben,  1633  aber  mürbe 
jebe  SSefdjräitfung  beS  tieferen  tfjeologifchen  StubiumS  aufgehoben1 2.  2US  ^a^manp 
fein  Seminar  ben  3efmten  anbot,  fonnte  fid)  ber  ©eneral  SBiteHeSdji  nur  ferner 
entfdjliefjen,  bie  Stiftung  an^unehmen.  ©r  fdjrieb  barüber  am  16.  Slpril  1622  an 
ben  öfterreichifdjeu  ’fjrooinjial  Turner:  Qdj  habe  in  biefen  Sagen  mit  ben  Vtffiftenten 
beraten,  ob  bie  Unfern  bie  Seitung  beS  Seminars,  meld)eS  ber  ©r^bifdjof  oon  ©ran 
in  SBien  ju  grünben  beabfid)tigt,  übernehmen  füllen.  Sro(3  ber  ©rünbe,  melche  gegen 
bie  Übernahme  fpredjen,  haben  mir  bodh  geglaubt,  bem  2öunfcf)e  beS  ©rjbifdjofS  ent* 
fprecfjen  ju  müffen,  in  3tnbetrad)t  ber  großen  Notlage  ber  Äirche  Ungarns,  für  melche 
oon  biefem  Seminar  in  furjem  eine  grofje  §ilfe  ju  ermarten  ift3.  Siefe  Hoffnung 
ift  in  ber  golge  nicht  getäufd^t  morben4. 

3m  3ahre  16^2  fam  ju  biefen  bifchöflichen  Seminarien  in  SSieit  ein  neues, 
baS  Slgramer  ober  froatifdje  Seminar,  meld)eS  ber  93ifchof  ©eorg  Sippat),  ©rjbifdjof 
oon  ©ran,  für  25  göglinge  ftiftete5. 


1  SBortlaut  ber  Äonftitutionen  im  SBiener 
Siöjefanblatt  1891,  198  ff-  £>  e  r  m.  3  f  d)  o  f  f  e, 
2)ie  tf>eotogifd)en  ©tubien  unb  Slnftalteu  ber 
fatffotifdjen  iürdje  in  Öfterreid)  (1894)  520  f. 

2  Sßgl.  C.  Ri  me  ly,  Hist.  coli.  Pazmaniani 
(1865);  SBappIer,  X^coIogifd)e  f^afultät  in 

SSHen  126  ff.  93ei  Rimely  9  ff  bie  ©tiftung!- 
urfunbe;  52  ff  bie  33eftätigung!urfunbeu  Ur¬ 

baul  VIII.  üom  14.  9?ob.  1623  unb  10.  äftai 

1624;  293  ff  bie  Leges  a  Fundatore  prae- 
scriptae. 


3  *  Drig.-fReg.  Ad  Austr. 

*  $a!  ungarifdje  Kolleg  jälflte  im  Qa^re  1637 
62  Äonüiftoren,  im  Qa^re  1639  65  (unter  einem 
Stegen!  unb  jmei  ißräfeften),  1640  65  Zög¬ 
linge.  3m  3df)«  1640  trat  eine  ßrtneiterung 
ber  SSoljnung  unb  SBernteljrung  ber  Zöglinge 
ein.  3m  3al)re  1644  maren  e!  80,  1648  64, 
1650  73  Zöglinge.  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr. 
1637  ff.  9)gl.  Rimely  70. 

5  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1642. 


Neuntes  Kapitel.  Äontüfte. 


638 


SXucf;  in  her  alten  Metropole  SBienS,  in  $affau,  fam  ein  ißriefterfentittar  ju 
ftanbe,  freilief)  unter  großen  ©djmierigfeiten.  ©djon  15.  97ooember  1605  fjatte  gürft* 
ifefdjof  Seopolb  baS  ißaffauer  ©omfapitel  beauftragt,  über  bie  ©rünbung  eines  tri* 
bentinifdjen  ©emiitarS  in  $ßaffau  31t  beraten1;  fpäter,  in  ben  groan^iger  unb  breifeiger 
Qaferen,  fanbett  bann  lange  Serfeanblungett  ^roifefeen  Sifdfof,  Kapitel  unb  ben  ^efuiten 
ftatt.  Sefonbere  ©djmierigfeiten  boten  bie  fäferlidje  ÜfedjnungSablage  unb  bie  ©nt» 
laffung.  21ttf  erftere  mollten  fid)  bie  ^efuiten  roegen  ber  ju  befürchtenden  ©dfefattett 
nidjt  einlaffen,  bie  festere  aber  int  Qntereffe  ber  .ßudjt  felbft  in  ber  §anb  befjalten. 
$m  Qafere  1637  entfdfeeb  ber  gürftbifdjof  Seopolb  Söilfeeim  fiel;  baffen,  baS  ©emiuar 
ben  ^efuiten  ju  übergeben;  fie  füllten  eS  nach  ben  in  SDeutfcfjlanb  bei  ifjnen  üblichen 
Siegeln  leiten.  Um  ben  ©djmierigfeiten  mit  ben  SRedjnungen  ju  entgehen,  füllte  für 

jeben  Sflumnen  eine  beftimmte 
©umme  (100  9feidjStaler  ober 
150  glor.  rfjein.)  begaffet  mer* 
ben,  bie  (Sntlaffung  mürbe  betn 
Sieftor  jugefproefeen 2.  @o 
fonnte  Oftern  1638  baS  ©e* 
minar  ins  Seben  treten.  (Sin 
gebrudteS  „^rogramnta",  mel* 
cfjeS  oottt  ißaffauer  Kolleg  am 
29.  9Rärj  1638  auSgittg,  oer* 
fiinbigte,  bafe  ber  gürftbifdjof 
ein  ©eminar  für  bie  £>eran* 
bilbung  ber  ©eiftlidjen  errichtet, 
unb  bafe  beShalb  in  bent  erj» 
f)er§oglicfjen  ©pmnafium  ber 
©efellfdjaft  Qiefu  in  $affau 
Sttoral,  fanontfd)eS  Siecfjt  unb 
SDialeftif  oorgetragen  mürben. 
97ad)  Oftern  merbe  fomofjl  mit 
ben  Sorlefungen  als  audj  mit 
bent  ©eminar  begonnen  mer» 
ben;  eS  füllten  fid)  beSljaIb 
biejenigen  tnelben,  meldje  fid) 
für  biefe  Sorlefungen  ober  für 
baS  ©eminar  entfdjloffeit  feiit* 

f^üvftbifc^of  Grjöerjog  Seopolb  SBilbdnt.  ten3 *.  ^m  ^afere  1642  featte 

Stieb  nad)  Sfjeüenffelter,  Äonterfet  Äuppferfticb,  1721  (5/7).  büS  ©eminar  12  Sllltmnen  unb 

15  meift  abelige  ßonoiftoren; 
fie  lebten  im  felben  Ipaufe,  aber  in  getrennten  SBofen*  unb  ©cfjlafräumen ;  mit  bem 
Sau  eine§  eigenen  IpattfeS  mar  fdjon  1638  begonnen  morben. 

®aS  ^affauer  ®omfapitel,  baS  üon  Slnfang  an  ber  (Srricffeung  beS  ©eminarS 
fo  grofee  ©djmierigfeiten  bereitet,  ridfeete  int  ^aljre  1647  an  ben  ^ürftbifdjof  Seopolb 
Sßilfjelnt  bie  Sitte,  baS  ©eminar  bis  auf  beffere  Qeiten  mieber  auf^uljeben.  $n 


1  *  Criginal  in  9J1.  91. ,  Jjjodfetift  ißaffau 
91r  1622. 

2  ®ie  gntfdjeibungen  unb  Slnttoorten  be§ 

SSifdjofS  üom  13.  ^an.,  31.9Kära,  9.  Slprit, 

7.  Sept.  unb  21.  $ej.  1637  *  Original  in  911. 91., 


SÖodfetift  ißaifau  91r  1622.  ßbb.  ba3  ijkotofotl 
über  bie  Slerbanblnngen  in  SBicn  jtüifcben  ben 
Äonnniffären  unb  bem  öfterreidjifeben  tproüin* 
äiaf,  24.  Slug.  1637. 

3  ©inblottbrud  in  911.  91.  a.  a.  0. 


93ifd)öflid)c  '^ricfierfcminnre :  ^affou.  —  5?runtrut. 


639 


feiner  Slntmort,  batiert  ipaffau,  14.  SKärg  1647,  trägt  ber  23ifcpof  ouf  eingegogene 
Information  pin  billig  23ebenfen,  biefe  mit  gutem  23ebacpt  aufgericptete  gunbation 
gu  Faffieren,  unb  oerfiept  fidj  oom  Kapital,  bap  eg  nicpt  allein  acquiefgiere,  fonbern 
oielmepr  Fooperiere,  bamit  bag  «Seminar  erhalten  bleibe1. 

$n  ber  beitiegenben  Slntroort  beg  9tegeng  auf  bie  33efcpmerben  beg  Kapitell 
f)eif?t  eg:  53ig  jept  finb  aug  bem  Seminar  37  Kooperatoren  peroorgegangen,  bie  mit 
Slugnapnte  beg  einen  ober  anbern  ade  oier  ^apre  ber  ®iögefe  gebient  ober  noch 
bienen.  Sefonberg  nüpen  fie  burd)  ihre  IfSrebigten  gur  großen  gufriebenpeit  ber 
Pfarrer,  bie  unabläffig  um  Alumnen  bitten.  ®iefe  mürben  noch  ntepr  roirFen,  menn 
ipnen  nicht  oft  3Sagi  ($rembe)  oorgegogen  mürben.  £)er  SXifdjtitel  mirb  nicpt  allein 
ben  Alumnen,  fonbern  aud)  oielen  anbern,  aud)  ben  23agi  gegeben;  biefeit  füllte  er  oer- 
meigert  mcrben.  ©g  Fönnen  10  SHumnen  unterhalten  merben,  unb  tatfächlich  unter¬ 
hält  bag  Seminar  jept  10,  für  bie  pro  Kopf  150  ©ulben,  alfo  im  gangen  1500  be« 
gaX)lt  merben.  ®rei  ^efuiten  erhalten  im  Seminar  Koft  unb  Kleibung,  aber  Fein 
Salär,  giir  biefe  brei  ^efuiten  unb  alle  Wiener  merben  gufammeit  jährlich  600  ©ulben 
auggegeben.  £ie  KonoiFtoren  unb  2l(umnen  f)aben  benfelbeit  iXifcp,  bie  Konoiftoren 
befahlen  alleg,  bie  Sllumnen  fdjulben  für  bag  oerfloffene  ,Q;apr  noch  659  ©ulben. 
3)ie  Konoiftoren  paben  für  ben  Unterhalt  ber  Sllumnen  eher  genüpt  alg  gefcpabet, 
benn  menn  bag  ©elb  für  bie  Sllunmen  nicfjt  eingept,  merben  fie  oon  bem  ©elb  ber 
Konoiftoren  unterhalten.  Slud;  menn  Feine  Konoiftoren  ba  mären,  müpten  für  ben 
tpaugftanb  biefelben  Sluggaben  beftritten  merben2. 

Qn  Sirol  mad)te  fiep  ber  Mangel  eineg  ißriefterfeminarg  reept  füplbar.  P.  $op. 
gaber  (ber  oon  bem  poftulierten  33ifcpof  oon  Sripen  um  9tat  angegangen  morben) 
feprieb  barüber  aug  ^nngbrud,  26.  gebruar  1601,  an  Slquaoiöa:  ©g  ift  gu  beflagen, 
bap  für  bie  brei  23igtümer  in  Sirol  Fein  geeigneteg  Seminar  oorpanben  ift  unb  aud) 
auf  30  beutfdje  Steilen  naep  allen  £>immelgricptungeu  pin  Feine  lateinifdje  Scpule, 
auper  ber  oon  £>all  unb  ber  unfrigen.  $n  biefen  beiben  Sdjulen  mälgen  36  fßerfonen 
faft  nur  ben  23Iod  ber  ©rammatif.  ^n  §all  finb  ©rammatif  unb  Humanität,  in 
Qnngbrud  mar  früper  auper  ber  SXpetorif  noep  2>ialeftif;  feit  24  ^apren  aber  ift 
bie  pöcpfte  Klaffe  bie  Humanität,  ^njtrifcften  feplt  in  gang  £irol  bie  Sftöglicpfeit, 
^rieftet  auggubilben,  bie  in  allen  anbern  fßrooingen  oorpanben  ift,  unb  bod)  ift  Faum 
anbergmo  ein  fo  groper  Mangel  an  guten  ^rieftern.  Qn  biefem  ungliidlidpen  Stirol 
finb  bie  Seelenpirten  meift  SFpoftaten,  Unroiffenbe  unb  Konfubinarier.  SJleifteng 
fütbieren  nur  Sirme,  bie  fidj  auperpalb  SEirolg  auf  ben  Slfabemien  nidjt  fortbringen 
Fönnen.  ÜJJlan  füllte  oieüeidjt  in  einem  unferer  Kollegien  nur  ©rammatif  bogieren,  in 
bem  anbern  auper  Humanität  unb  SxpetoriF  ®ialeftif  unb  KafuiftiF,  mogu  eg  nidft 
nötig  märe,  bie  Slngapl  ber  ^erfonen  gu  oermepren3.  Später  rourbe  bem  Mangel 
abgepolfen. 

$n  ^reiburg  in  ber  Scpmeig  mirb  in  einem  ©utaepten  mehrerer  ^efuiten  peroor- 
gepöben :  bie  9Zot  an  guten  ijkieftern  in  ber  Sdjmeig  fei  fo  grop,  bap  bie  ©rrieptung 
eineg  ^riefterfeminarg  burdfaug  nötig  fei.  2>ie  SJFittel  Fönnten  nad)  ben  Slnmeifungen 
beg  Xrienter  Kongilg  burd)  KolleFten  befepafft  merben.  Söegen  ber  gröperen  ent- 
gegenftepenben  Sdjmierigfeiten  fei  eg  beffer,  menn  bie  ©efellfdjaft  bie  Leitung  beg 
Seminarg  iibernepme4. 

$n  ißruntrut  mürbe  ber  ißlan  oermirflid)t.  ®er  Stifter  beg  ^efuitenFodegg  in 
‘ißruntrut,  gürftbifepof  klarer  oon  SSartenfee5,  patte  im  Qapre  1607  and)  ein  Seminar 

1  *  Original  ebb.  4  ®t.  9t.,  Jes.  1327.  $a§  *  ©utadjten  of)ne 

2  *Responsio  Regentis  Matth.  Klinika.  $atnm  ift  unter[d)rieben  t>on  ben  Sefuiten  9iup. 

Original  ebb.  Üteinbel,  'llnton  5®elfer,  Slbant  Straub,  93artb- 

3  *  Original  Germ.  Epp.  XXXVI  362.  Stndlin,  ißeter  9Jtariu§.  5  3?gl.  93b  I,  S.  222 ff . 


640 


Neuntes  Kapitel.  Konöifte. 


errichtet1.  SDringenb  bat  er  bie  Qefuiten  um  Übernahme  beg  Äonoiftg.  ®er  bieg- 
bejügfidjen  Sitte  oom  15.  Sluguft  1609  an  ben  P.  Seneraf  um  einen  Sefefjf  an  bie 
$atre§  fügte  er  mit  Sefriebigung  bie  Söorte  tjinju:  Ohne  biefen  Sefefjf  merben  fie 
fiel)  meigern,  mäfjrenb  „fie  im  übrigen  unb  befonberg  in  ber  gefdjidten  Serroaftung 
beg  $offegg,  auf  ben  Sefjrftüfjlen  ber  göttlichen  mie  menfdjficfjen  SSiffenfdjaft  unb  in 
unermübficfjer  Xätigfeit  ung  unb  anbere  öodauf  beliebigen  unb  feinen  Sfnfah  ju 
Etagen  bieten". 

Stuf  einen  abfehtägigen  Sefdjeib  megen  beg  SfRaitgefg  an  Seuten  unb  beg  Ser- 
boteg  ber  Seneraffongregationen  manbte  fich  ber  Sifdjof  an  ben  9?untiug,  an  ®arbinäfe 
unb  feine  $rofuratoren  in  fRom,  bantit  fie  auf  ben  ©eneraf  einmirften.  Strophem 
tehnte  Sfquaüioa  im  Qafjre  1612  jmeimat  ab,  am  25.  Quni  unb  12.  Oftober.  Slm 
21.  Oftober  1612  richtete  P.  SIbam  ©traub  oon  Siffingen  aug  an  Sfjriftopf)  ©djenf 
oon  Saftet,  ben  Sanbfjofmeifter  in  Sßruntrut,  einen  Srief,  moritt  er  bezüglich  ber 
Übernahme  beg  $onoiftg  fagt,  man  fei  in  fRom  nicht  geneigt  baju,  auch  barum  nicfjt, 
„biemeit  man  fiöh  heftig  beforgt,  raofern  man  gemetbeteg  ^onoift  im  Sruntruti- 
fcfjen  ©tjtnnafio  raerbe  annefjmen,  merbe  fich  bie  ©ocietet  audj  in  mehreren  Orten 
biefer  ^Sroning  non  folcfjer  Sürbe  gar  faum  ober  befdjroerfidj  mög  erroefjren,  bann 
eg  ber  Sfbef  für  SRüncfjen,  unb  anbere  für  ^onftanj  (üertangen),  ebenfo  ftarf  treibenb, 
unb  fann  fich  b*e  ©ocietet  nod)  big  bato  atfenthatben  nit  beffer  augrebett,  atg  bah 
man  eine  foffidj  Saft  unb  Sürbe  in  feinem  ©pniuafio,  ba  man  allein  Inferiora 
Studia  traftiert,  nit  funbe  nodj  möge  auffaben".  Qm  fotgenben  Qafjre  betraute  ber 
Sifcfjof  feinen  ©uffragan,  ben  er  megen  anberer  ©efchäfte  nadfj  9iom  fanbte,  mit  ber 
Slngefegenfjeit;  biefer  erreichte  aber  fein  Qief  meber  beim  ©eneral  nod)  beim  Zapfte. 
®er  Sifdjof  mar  natürlich  nnjufrieben,  jumaf  meit  bie  oon  ben  Qefuiten  angegebenen 
Sriinbe  if)m  nicht  genügten  nnb  man  if)m  üon  fRom  am  2.  Quni  1613  mitgeteitt  hatte, 
ber  ©eneraf  ^abe  bie  anbern  Srünbe  burdjaug  nicfjt  mitteiten  moffen.  Qm  Qafjre 
1621  machte  ber  Sifdjof  feiner  Ungufriebentjeit  mieber  Suft.  Qn  bem  93eridf)t  an  ben 
^Jkpft  über  ben  ©tanb  ber  ®iö^efe  führte  er  aug:  2)ie  Sefdjmerbe,  bie  ber  Sifcfjof 
gegen  bie  ^ßatreg  ber  ©efefffdfjaft  früher  ju  führen  hatte,  nutfj  er  audj  fegt  mieber- 
fjofen.  ®iefe  Sßatreg  feien  oon  feinem  Vorgänger  auef)  fjauptfäcfjtidj  barum  nad; 
^runtrut  gerufen  morben,  bamit  fie  bie  ©orge  unb  Sermaftung  beg  ^onoifteg  auf 
fich  nähmen.  9iadjbem  nun  bag  Äonoift  mit  ungeheuren  Soften  erbaut  unb  funbiert 
fei,  oermeigerten  fie  jept  beffen  Übernahme,  unb  hoch  hätten  fie  bieg  früher  oft  Oer- 
fprocfjen.  ®er  Sifdjof  bitte  atfo  ©eine  §eifigfeit,  bah  er  bie  genannten  ißatreg  gminge 
entroeber  gur  Übernahme  beg  ^onoifteg  ober  jur  Sröffnung  ber  Srünbe,  marum  fie 
bieg  nicht  mofften  2. 

Qm  Qafjre  1632  fatn  enbfich  eine  Sereinbaruttg  ju  ftanbe.  Sin  augfüfjtfidjeg 
Sutadjten  für  bie  Übernahme  entmideft  mit  Sefdjid  bie  ©riinbe,  mefdje  an  einem 
Orte  mie  ißruntrut  afferbingg  ju  Sunften  eineg  ^onoifteg  oorgebracht  merben  fonnten. 
®ie  ©tabt  ift  ffein,  affe  Raufer  finb  überfüllt,  nur  menige  Siirger  gibt  eg,  mefdje 
©tubenten  in  £'oft  nehmen  moffen,  meghafb  manche,  befonberg  oornehmere  Sftern  ihre 
©ohne  oon  hier  megnefjmen  muhten.  2)er  Slbef  oon  Surgunb,  SIfah  unb  ber  ©djtoei^ 
mirb  ferngehaften,  ba  in  ber  ganzen  ©tabt  feine  oier  ober  fünf  geeignete  £augmirte 
ober  SBofjnungen  für  Sfbefige  gefunben  merben.  ®ie  Sürger  moffen  bie  Sßäbagogen 
ber  abefigen  ©tubenten  nicht  in  ihren  2Bofjnungen  bufben,  menn  fie  nicht  gan$  uadj 
ifjrer  pfeife  tanken,  moburdfj  eine  Qucfjt  unmöglich  ift.  Qn  ben  meiften  Raufern  gibt 


’  V  a  u  t  r  e  y,  Hist,  du  coli,  de  Ponentruy  16. 

2  *  33ern,  ©taatf-ardüö,  S3ifd)bf(.  ?lrd)io  oon 
jßruntrut ,  Coli.  S.  J.  Bruntruti  XXXVII 


unb  Visitatio  Limin.  II.  SjflI.  bnju  Slquaöioa 
an  ben  'IkoDittäial  Partei,  20.  Cft.  1612. 
*  Original  in  51t.  flt.,  Jes.  900“. 


93ifcf)öftid)e  ißriefterfeminare :  ißruntrut.  —  Gillingen.  —  3n80Iftnbt.  641 

eg  auf)er  ben  ÜDiägben  heiratsfähige  Södjter,  bie  einen  ÜDiann  mehr  fuchen  atg  er» 
märten;  ba  gibt’g  bann  ©aftereien,  Xanjbetuftigungen  unb  anbere  gefährliche  @e» 
legenheiten.  SBenn  bie  ißöbagogen  bagegen  einfdfreiten,  mirb  itjnen  gefünbigt.  ®egt)atb 
mußten  abelige  Sttern  ihre  Söhne  jurücfrufett,  bamit  fie  nicht  anftatt  ber  Söiffen* 
fcf)aft  eine  grau  mit  nach  £>aug  bringen.  Stufjer  bem  Slonoift  gibt  eg  fein  SDiittet, 
bie  Überforberungen  ber  23ürger  für  Xifd)  ufm.  einjubämmen.  2öie  bie  früheren 
gürftbifdjöfe,  fo  bräugt  noch  mehr  ber  jepige,  unfer  großer  2Bot)ttäter,  auf  bie  Über* 
nähme  beg  $onoiftg,  metdje  bie  ganje  SDiöjefe,  bag  Kapitel  unb  ber  Slbet  münfdjen. 
Sin  Seminar  für  i]3riefter  ber  Safeler  ®iö^efe  ift  tjödjft  notmenbig ;  mitten  unter  ben 
§äretifern  ober  unter  metttidjer  Seitung  fönnen  bie  ®anbibaten  beg  ißrieftertumg  nicht 
auf  ein  mahrhaft  priefterticfieg  Sebeit  öorbereitet  merben.  SDie  Stbetigen  unb  Orbeng* 
teilte  fönnett  nicht  ba^u  gebracht  merben,  ihre  Singehörigen  einem  meltlicfjen  Seiter 
anjuöertrauen,  benn  fie  haben  fd)on  feit  20  gahren  erfahren,  bafj  im  ®onüift  bie 
Soften  größer,  ber  gortfcfjritt  aber  fteiner  ift  atg  an  irgcnb  einem  anbertt  Orte.  Sie 
Ofonomen  fefjen  nur  auf  ihren  Vorteil  unb  beförbern  bie  SOrinfgetage ;  fcfjreitet  ber 
Stubienpräfeft  bagegen  ein,  merben  bie  Stubenten  gegen  ihn  gehest.  Sin  paffenber 
Ofonont  ift  fdjmer  51t  finben,  in  biefen  teijten  oier  gat)ren  ift  fchon  breimat  gemedjfett 
morbeit.  Ser  gürftbifchof  flagt,  bag  ^onoift  mache  ihm  mehr  Saft  atg  bie  ganje 
Siöjefe.  Sr  felbft  muffte  feine  Steffen  aug  bem  ®onoift  nehmen  unb  anberSmo 
unterbringen,  unb  fo  fteht  bag  gut  eingerichtete  ®onoift  teer  unb  mirb  teer  bteiben 
junt  großen  Sdjaben  für  bie  gugenb,  meitn  mir  eg  nicht  übernehmen,  gn  einer 
geit,  mo  SBeftteute  unb  93auern  bie  ©efettfcffaft  befeinben,  feilten  mir  in  biefem 
Stüde  bem  giirften  unb  Slbet  nachgeben,  guntat  aud)  felg  fo  niete  nnferer  oerbannten 
93rüber  bei  Pfarrern,  SIbetigen  ufm.  eine  Unterfunft  fud)en  müffen,  bie  fetjr  gut  im 
Stonoift  angefteCtt  merben  fönnten1.  Segfjatb  ift  P.  Sieftor,  alte  Honfuttoren  unb 
anbern  fßatreg,  benett  Ort  unb  Umftänbe  befanut  fiub,  burcfjaug  für  bie  Übernahme. 
Sie  tauge  Srfahruug  hat  bie  ipotreg  beg  ßoltegg  betehrt,  baff  fie  burd)  feine  ÜDIüffe 
bie  glicht  beg  ^onüifteg  hoben  fetten  fönnen,  obgleich  fie  bie  gnfpeftion  über  bag* 
fetbe  befipen,  basfetbe  oft  befudften  unb  ben  Ofonomen  unb  s$räfeften  Stnmeifungen 
gaben.  Somit  bleibt  nid)tg  übrig,  a(g  baff  mir  bagfetbe  übernehmen2. 

SSiteltegcfji  erfannte  bag  ©emidg  ber  ©rünbe  an.  2ltn  13.  Sioüember  1632  er» 
taubte  er  bem  gSronin^iat,  bem  SBunfdje  beg  gürftbifdfofg  gu  entfpredjen  unb  bag 
®oitüift  311  übernehmen  megen  beg  grofjen  Siupeng,  ber  baraug  für  bie  S3afeter  Siögfe 
ju  erhoffen  fei3 *. 

Stuffer  einigen  bifdjöftidjen  Sttumnen  im  Sitlinger  gefuitenfonoift  mar  für  einen 
beftimntten  uub  fidfern  Siadjroudfg  ber  Seetforger  in  ber  großen  Stuggburger  Siöjefe 
nicht  üorgefef)en.  Surcp  eine  00m  S3ifd)of  Heinrich  0.  Knöringen  1610  auggefdjriebene 
$ottefte  unter  bem  föterug  unb  burd;  üerfepiebene  SSermäcfjtniffe  mehrerer  Pfarrer 
fonnte  bie  gabt  ber  „bifcpöftichen"  ober  „Siöäefan"»2ttumnen  üergröfjert  merben.  2tm 
6.  SIprit  1614  mürben  gehn  Sttumnen,  fJ3hitofopt)en  unb  £mmaniften  in  einem  bürger* 
tidjen  £>aufe,  mo  fie  and)  bie  ®oft  erhielten,  oereinigt,  1621  fanben  fie  in  bem  unterbeg 
fertig  gebauten  neuen  ^onoift  Unterfunft.  Seituug,  Aufnahme  unb  Snttaffung  ftanb 
bei  bem  Sitlinger  Sieftor  unter  Oberauffidjt  beg  fSifdjofg*. 

Sine  SIrt  fßriefterfeminar  für  bie  Siöjefe  Siegengburg  mar  bie  Stiftung  beg 
ißropfteg  unb  fpäteren  gefuiten  Ouirin  Seonin,  bag  Seminar  00m  t;t-  -föieronpmug 
in  gngotftabt5.  SSon  ben  Sltumnen  mürbe  üertangt:  Sttter  oon  16  gahren,  Sieife 

1  Sabre  1632  Jam  cn  Biete  flüchtige  Sc»  3  *  Original  ebb. 

fuiten  Bom  Dberrtfein  naef)  fßruntrut.  Vau-  4  9?äfjere3  bei  Specfjt,  Sillingen  447  ff. 

trey  a.  a.  0.  36.  Sbb.  660  f  bie  Statuten  Bon  1614. 

s  *  Original  in  9Jt.  9t.,  Jes.  900\  5  Sßgl.  93b  I,  ©.299.  Unter  ber  „0ber= 

Su^r,  ©a^i^te  btr  gefuiten.  II.  41 


642 


9teunte§  Kapitel,  föoubifte. 


für  bie  Spntap,  Kenntnis  ber  Söiufif  ober  gäpigfeit  unb  33ereittx)iUigfeit,  fie  ju 
lernen.  Sie  mußten  fidj  oerpflidjten,  bie  ißriefterroeihe  empfangen,  fallg  bie  Obern 
ber  ©efeUfdjaft  eg  oerlangten,  fonft  aber  bie  ßoften  juriicf^uerftatten.  ©er  unmittelbare 
^Sräfeft  mar  ein  äöeltpriefter  aug  ihrer  SDtitte,  bem  auper  SBopnung  unb  Unterhalt 
ein  beftimmter  ©epalt  angemiefen  mürbe* 1.  2118  Ädeibung  mar  oorgefdjrieben  ein 
langet  Radium,  barnnter  eine  fdjmarje  ©uniceßa,  bie  über  bie  ßnie  Verabreichte,  ein 
nicht  gu  hoher  .fput  mit  breiterem  fKanb,  ein  einfaches  Dollar  aug  Seinen 2.  2lud)  maren 
bie  Sllumnen  gehalten  ju  praftifcpen  Übungen  in  ^Srebigt  unb  ^atedjefe  ju  §aufe 
ober  auf  ben  umliegenben  ©örfern3.  üDtan  unterfcfjieb  2llumnen  be§  erften  unb  jmeiten 
©ifdjeg.  ©ie  erfteren,  16  an  ber  gapl,  erhielten  SBopnung  unb  Soft;  föleibung 
mupten  fie  felbft  [teilen,  bie  Süumnen  beg  jmeiten  XifcfjeS,  fpäter  aud)  Alumni 
secundarii  genannt,  erhielten  nidjtg  alg  eine  geringere  föoft.  ©ie  ganje  Sorge  für 
ben  Unterhalt  oblag  einem  „|jaugüater",  ber  für  [eben  Alumnen  beg  erften  ©ifdjeg 
mödjentlid)  10  23apen  erhielt,  ben  Süumnen  beg  jmeiten  ©ifcpeg  brauchte  er  nur 
mittagg  unb  abenbg  ißlap  ju  gemähren  unb  bie  Speifen,  bie  aug  bem  Kolleg  für  fie 
gefchidt  mürben,  311  märmen4. 

gn  einer  fpäteren  Information  über  bie  Alumni  secundarii  mirb  gefagt,  bap 
bag  iörot,  „Sdjuelerlaibl",  melcfjeg  biefelben  täglich  erhielten,  im  Kolleg  gebaden 
unb  üon  bem  Ülegeng  aug  ber  Stiftung  befahlt  merbe.  ©ie  olla  (§afen),  aug 
meldjer  biefe  Sllumnen  Speifen  erhielten,  mar  nicht  bie  gemöhnlidje  grope  olla 
beS  ÄollegS ,  aug  meldjer  bie  „©pfpeftanten"  (Stubenten)  an  ber  Pforte  gefpeift 
mürben,  fonbern  fie  beftanb  aug  übrig  gebliebenen  befferen  Speifen,  gleifdj,  ©e* 
müfe  ufm.  SBegen  ber  gropen  ©euerung  mürben  bie  Sllumnen  im  gapre  1622 
aug  bem  Seminar  in§  ft'olleg  herübergenommen  unb  bag  |>aug  an  einen  Bürger 
Oermietet;  fpäter  mieg  man  baSfelbe  ben  in  ber  Stabt  gerftreut  mohuenben  Alumni 
secundarii  (ungefähr  gehn)  §ur  Sßohnung  an5,  ©in  ©utacpten  eineg  ungenannten 
gefuiten  über  bag  ®lerifalfeminar  beg  pl.  £>ieront)mug  fpridjt  manche  behergigenS- 
raerte  ©runbfäpe  aug.  23on  27  SUumnen  finb  nur  noch  16  übrig,  fo  bap  im  Saufe 
eines  gapreg  11  entlaffen  mürben  ober  bie  ©ntlaffung  erlangt  paben.  ÜD£an  ift 
mit  ber  ©ntlaffung  ju  fdjnell  bei  ber  §anb;  biefclbe  füllte  nur  auf  grope  ©pjeffe  hin 
ftattpnben.  ©enn  menn  aud)  eine  folche  ©ntlaffung  oiel  jurn  ab  fch  reden  ben  93eifpiel 
für  bie  anbern  bient,  mag  P.  Stefior  befonberg  im  2luge  pat,  fo  ift  auf  ber  anbern 
Seite  ber  Nachteil  bod)  noch  gröper.  SSiele  Ä'often  finb  umfonft  gemefen.  ©ie  ©nt* 
laffung  gerät  in  SJÜpfrebit  unb  mirb  fcplieplicp  oeradjtet;  ficper  oerlieren  anbere,  bie 
fiep  fonft  gut  führen,  ben  äftut,  menn  fie  für  irgenb  einen  gehler  gleich  entlaffen 
merben.  ©ie  ©ntlaffung  füllte  nie  gefdjepen,  ohne  bap  bie  eine  ober  anbere  Mahnung 
oorauggegangen  märe.  ®ag  ©egented  trägt  oiel  §ur  SSermirrnug  unb  Slngftigung 
bei.  ©inmal  mürbe  mir  befohlen,  einen  oon  nuferem  Stifter  Ouirin  empfohlenen 
Sllumnen  §n  entlaffen,  ohne  bap  je  eine  Mahnung  oorauggegangen  mar,  unb  jmar 


infpeftion"  oon  9tegen§burg  ftaitb  ba§  Seminar 
in  SImberg.  2Jt.  Jpögl,  Sie  93efet)rung  ber 
Dberpfalj  burd)  SCRayimiliau  I.  II  (1903)  191  f 
199. 

1  2R.  9t.,  Jes.  1371. 

2  $a§  ©etüöf)nlid)e  in  ben  Sefuitenfonbiften 
war,  bap  nur  bie  in  I)öljeren  Sßeitjen  Steifem 
ben  ober  bie  bereite  93encfijiaten  maren,  geijllidje 
®leibnng  (ÜTalar)  tragen  tnupten,  fo  in  gngob 
ftabt  (fOt.  9t.,  Jes.  1370)  unb  SÜHingeu  (CS p  e  ct)  t 
a.  a.  0.  407). 

3  *  Nonnulla  circa  disciplinara  et  Obligatio¬ 


nen!  Alumnorum  Seniinarii  Clericorum  S.  Hie- 
ronymi  Ingolstadii  constituta  anno  1609, 
11.  Aug.  Quirin.  Leonin.  5Dt.  9t.,  Jes.  1361. 

4  *  De  origine  Seniinarii  S.  Hieronymi.  Clm 
26  476.  §ier  liegt  and)  ein  Catalogus  Semi- 
naristarum  1600 — 1645. 

5  *Informatio  de  alurnnatu  secundario  in 
Clm  26476.  S8gl.  *Hist.  succincta  coli.  In¬ 
goist.  ad  ann.  1622,  in  91t.  9t.,  Jes.  1363, 
unb  ben  93rief  be§  9teftor§  9Int.  SBelfer  au 
9tofep£)iu3,  4.  Suni  1601.  *  Original  in  ®t.  9t., 
Jes.  1371. 


Sifdjöflidje  $riefterfeminare :  gngolftabt.  —  2anb3f)ut.  —  Samberg.  643 

auS  feiner  anbern  Urfadje,  als  mcif  er  einen  bem  Ipaufe  nidjt  entfpredjenben  ©harafter 
höbe.  2)aS  fdjien  nidjt  allein  ben  Alumnen,  fonbern,  um  eS  offen  31t  geftefjen,  audj 
mir  bocf)  eine  gu  allgemeine  Slnflage.  S)a  er  mid)  nämlidj  frug  um  Eingabe  oon 
©ingelfjciten,  meil  er  fidj  gu  beffern  miinfdjte,  fonnte  id)  feine  anbere  Slutmort  geben, 
unb  aud)  ber  Reftor  gab  mir  nie  eine  anbere  3lntmort.  2)aS  ©ffen  bürfte  meines 
©radjtenS  nidjt  gu  gering,  menngleid)  aud)  nidjt  fpfenbib  fein,  fonbern  mie  eS  gur 
(Ertragung  ber  geiftigen  Slrbeit  fjinreicfjenb  ift.  Xie  jepige  Rührung,  metdje  fie  fdjon 
feit  gmei  Monaten  hoben,  ift  fjinreidjenb,  aber  eS  bürfen  audf)  in  ber  golge  bagegen 
feine  neuen  ©dfroierigfeiten  erhoben  merben.  SDer  RegenS  foE  burdj  bie  Süumneit 
feinen  ©djaben  leiben,  aber  aud)  feinen  großen  Sorteil  baüoit  hoffen.  @0  fdjeint  es 
mir  31t  teuer,  menn  mir  ifjrn  für  ein  Sudj  Rapier  fünf  Äreuger  bejafjlen  müffen, 
mäfjrenb  eS  ifjn  „bem  rif)  nadj"  faum  brei  Ä'reuger  foftet.  Öffentliche  Arbeiten 
follteit  oon  ben  Süumnen  nidjt  oerlangt  merbeit,  mie  3.  S.  £mlg  gunt  Sau  herbei« 
tragen.  ®a  niimlidj  affe  in  ben  höheren  ©tubien  finb,  müßten  fie  bafiir  gu  fehr 
ben  ©pott  ber  auSmürtigen  ©tubenten  ertragen  unb  bafiir  oieEeidjt  ©pifjuamen 
hören  mie  bie  aus  bem  ©eorgianum,  bie  auS  irgenb  einem  ©runb  ©panffauber  unb 
©panhader  genannt  merben.  ©ie  fodten  and)  gu  ben  Repetitionen  ber  Äonoiftoren 
gugelaffen  merben,  meif  bie  ©tubiengeit  oon  3  bis  6  Ufjr  fonft  gu  lang  mirb,  guinaf 
niemanb  ba  ift,  fie  angufporueu,  unb  fie  meiftenS  an  Talent  faft  ade  anbern  Äon« 
üiftoren  übertreffen,  mie  ifjre  Repetitoren  ÜRoquetiuS,  ©liaS  ©raf  unb  granfenreiter 
bezeugt  hoben.  SUS  gufünftige  ©eiftlidje  oerbienen  fie  audj  moljl  nod)  mehr  unfere 
Sorge  als  anbere  Äonoiftoren,  oon  benen  oieEeidjt  nicht  fo  üiet  gu  hoffen.  Über 
eine  beftimmte  (geiftlidje)  £radjt  braudjten  mir  uns  einftmeiten  ben  Ä'opf  nidjt  gu 
gerbredjen,  baS  ©elb  bafiir  mürbe  meines  ©radjtenS  beffer  auf  baS  ©ebüube,  Ser« 
mefjrung  ber  SibliotfjeE  unb  beS  ^auSrateS  oermanbt.  ©oEte  ficfj  einer  fdjledjt  auf« 
führen,  fo  märe  gubem  baS  Ärgernis  geringer,  menn  er  melttidje  atS  geiftlidje  Äleibung 
trägt,  ©in  ÜrgerniS  ift  aber  möglich,  ba  fie  frei  ein«  unb  auSgehen  fönnen  unb 
aEe  ben  ^muSfdjlüffel  hoben1. 

g-ür  bie  SDiögefe  gdeifing  ftiftete  burdj  Itrfunbe  00m  12.  üRärg  1631  ber  grei- 
finger  SDomljerr  SMjelm  BciftuS  Äepfer  megen  beS  großen  ißrieftermangelS  unb  ber 
barauS  entfpringenben  großen  llnmiffenheit  unb  Serfommenheit  beS  SolfeS  ein 
Seminarium  clericorum  (Äepferianum)  unb  unterfteEte  eS  bem  QefuitenfoEeg  in 
SanbSfjut.  ©r  faufte  oon  ber  Siga  für  8000  ©ulben  einen  Rentenbrief  Oon  400 
©ulben  in  guter  Riiinge.  21IS  .Q^ed  bezeichnet  er  bie  ©rgiehung  guter  Pfarrer,  be* 
fonberS  für  bie  greifinger  ®iögefe  unter  Seüorgugung  ber  {yreifinger  SDiögefanen. 
®ie  Aufnahme  fteht  bei  bem  gairftbifdjof  oon  Reifing,  bocf)  fo,  bah  bie  ©efeEfdjaft 
bie  Untauglichen  nicht  gu  behalten  üerpflidjtet  ift.  ©in  meltlidjer  ^ßräfeft,  mo  möglidj 
ein  Äferifer,  hQt  bie  unmittelbare  Sluffidjt  mit  Unterorbnung  unter  ben  Reftor  beS 
ÄoEegS,  bem  bie  ®ireftion  unb  Qnfpeftion,  nicht  aber  bie  Rütbenüpung  ber  SBofjnung 
gufteht.  SDer  Reftor  oerhängt  audj  bie  ©trafen,  felbft  Ä'arger  unb  Slusfdjliefjung. 
©rforbert  mirb  für  bie  Rufnafjme  Reife  für  eine  ©rammatifalflaffe  unb  Sereitmiüig« 
feit  für  ben  geiftlicfjen  ©tanb;  baS  Serfprechen  gu  letzterem  legen  bie  Süumnen  in 
ber  Humanität  ab.  ©ie  müffen  Rfufifer  fein  ober  menigftenS  fidj  bemühen,  RJufif 
gu  lernen.  ®er  gürftbifdjof  oon  greifing  Seit  Slbam  betätigte  bie  ©tiftung  am 
14.  Riärg  1631 2. 

Sludj  baS  Samberger  ^Sriefterfeminar  übernahmen  bie  ^efuiten.  $n  einem 
Sriefe  00m  29.  öftober  1613  an  ben  ^Srooingiat  ©djeren  biEigte  Sfquaoioa  bie 
Übernahme  biefeS  ©emiuarS.  Xe r  Sßrooingiaf  oerorbnete,  bah  bie  ißatreS  im  ©cminar 


2  *  Scibc  Urfuubcit  itt  911. 91.,  llrfunben,  2anb<jf)ut,  gef.  ga§g.  1. 

41  * 


1  *  Original  in  911. 91.,  Jes.  1871. 


644 


9teunte?  Kapitel.  Konüifte. 


nidjt  fpeifen  füllten,  unb  fepte  bie  ©riinbe  bafür  bem  ©enerat  auSeinanber,  moraufpin 
biefer  am  6.  September  1614  bie  Sadje  ber  (Entfcpeibung  beS  ißroüinjiatS  iibertiep1. 
Sepr  brang  Uquaüiüa  barauf,  bap  bie  fßatreS,  bie  im  Seminar  mopnten,  ein  ejrempta« 
rifcpeS  Seifpiet  geben  müßten2. 

Slacp  bett  Statuten  üom  ^apre  1613  ftanb  bie  Uufnaptne  an  unb  für  fic^  beim 
Sifdjof;  ber  Sieftor  beS  ShdtegS  gab  über  bie  Uufjunepmenben  nacp  üorpergegangener 
Prüfung  ein  ©utadjten  ab.  ©eforbert  mürbe  ein  Sitter  non  15  Qapren  unb  Steife 
für  bie  oberfte  ©rammatifatftaffe.  SDie  ^anbibaten  ntupten  fidj  üerpfticpten  jum 
ißriefterftanb  unb  fo  niete  ^apre  atS  Seetforger  in  ber  SDiöjefe  gu  arbeiten,  atS  fie 
im  Seminar  uuterpatlen  morben,  anbernfaltS  mupten  fie  bie  UnterpattungSfoften  er« 
ftatten.  ©rüube  für  bie  (Entfernung  auS  bem  Seminar  mären  befonberS  Un^ucpt, 
näcptlidjeS  UuSbteiben,  öfteres  Setrittfett,  fdjmere  Stauferci.  Sei  ber  (Enttaffung 
mupten  fie  eigenpänbig  ben  ©raub  ber  (Enttaffung  befdjeinigen,  um  fpäteren  falfdjen 
UuSftreuuugen  üorjubeugen.  Sladj  ben  Siegeln  mar  ber  Sefudj  üon  öffentlichen 
Säbern  üerboten,  Saben  ju  §aufe  nur  auf  Sorfdjrift  beS  SlrjteS  geftattet,  baS  UuS« 
gepett  nur  mit  einem  ^Begleiter  ertaubt,  gür  alle  beftanb  bie  Serpflidjtung  beS 
fteten  ©ebraucpS  ber  tateinifdjen  Spradje.  ®ie  fpauSorbnuug  mar  aucp  pier,  mie 
in  SDittingen,  Qngolftabt,  SaubSput,  bie  in  Qefuitenfonüifteu  übliche :  A1/^  Upr  Uuf» 
fiepen,  Settmacpen;  5  Upr  eine  SSiertetftunbe  betracptenbeS  ober  ntünbticpeS  ©ebet,  bann 
Stubium;  7  Upr  Sdjute;  8  Upr  peitige  SDleffe;  9  Upr  Sdjute;  KU/4  Xifcp,  nacp 
Xifcp  (Erpotung  unb  ©efang;  12  Upr  Stubium.  Sladj  ber  Sdjute  am  Scadjmittag  eine 
patbe  Stunbe  Lepren  ber  ßimnier  unb  Säte;  6  Upr  Slbenbeffen,  nacpper  (Erpotung 
unb  ©efang;  8  Upr  Sitanei  unb  ©emiffenSerforfdjung;  um  8 3/4  Upr  mupten  alte 
ju  Sette  fein  3. 

UuS  ben  fdjriftticp  fixierten  Sebingungen,  unter  metcpen  bie  ^efititen  baS  Satu« 
berger  Seminar  antraten,  gept  peroor,  bap  fie  auS  feiner  Serpftidjtung,  fonbern  aus 
Slüdficpt  auf  ipreit  SÖSopttäter,  ben  Sifdjof,  bie  Seitung  übernepmen  nnb  bringenb 
münfdjen,  menn  bie  Sorfdjriftett  nicht  mepr  beobachtet  merben  föntten,  üon  ber  Sei« 
tung  befreit  ju  merben.  3)ie  äupere  Serrcattung  mirb  abgetepnt.  StegenS  nnb  ißrä« 
feften  mopnen  im  Seminar,  fpeifen  aber  im  ftotteg.  SJtittagS  unb  abenbS  ift  eine 
patbe  Stunbe  ©efang,  unb  in  ber  SJtufif  merben  bie  Zöglinge  üon  bem  (Eporbirigenten 
(Magister  Capellae)  gepörig  geübt.  Un  (ErpotungStagen  unb  Sonntagen  ift  mäprenb 
einer  ganzen  Stunbe  öffentliche  ©efangSübung  mit  ben  übrigen  Stubenten  in  ber 
Scpute 4.  ®aS  Seminar,  baS  in  ber  StiftungSurfunbe  ber  Uniüerfität  üom  14.  Sto« 
üember  1647  gan^  beit  ^efuiten  übergeben  mürbe,  bepietten  bie  Qefuiten  nur  bis  jum 
^apre  1652 5. 

SDarüber,  bap  in  Stabt  unb  Siöjefe  ßöln  nodj  fein  Seminar  für  steriler  be« 
ftanb,  fpradj  ^Saut  V.  am  21.  SJlai  1611  in  Sriefen  an  ben  SluntiuS  unb  ben 
Kötner  SJlagiftrat  fein  Sebaitern  aus  unb  befürmortete  bringenb  bie  (Errichtung  eines 
fotcpen6.  Uudj  ber  SluntiuS  (Unton  Utbergati)  betonte  in  einem  Scpreiben  üom 
19.  Uuguft  1612  bie  Slotmenbigfeit  eines  ißriefterfeminarS  für  bie  Kötner  (Er^biögefe 7. 
Um  meiften  ÜDliipe  gab  fidj  für  biefeS  Seminar  ber  Kölner  Sieftor  ^op.  (Eopper, 


1  *  Drig.«9teg.  Ad  Rhen. 

2  *  33rief  Oom  23.  Slot).  1613,  ebb. 

3  De  gubernatione  Seniinarii  Ernestini 

Bambergae  prout  eam  R.  D.  J.  Godefridus 

E.  B.  Patribus  S.  J.  Collegii  Bamberg,  tra- 

didit  et  confirmavit  1613.  Sßortlaut  bei 

2.  <5  d)  m  i  1 1 ,  ©efcfj.  bei?  Srneftinifdjen  Klerifal« 
feminar?  (1857)  404  ff. 


4  Quibus  conditionibus  Collegium  S.  J.  gu- 
bernationem  Seminarii  admiserit  (ebb.  410  f). 

5  ßbb.  165.  (StiftungSurfunbe  ebb.  457  ff. 

$ie  Slnnaljme  erfolgte  burd)  ßarrafa  am 
14.  ®e^.  1647.  *  Drig.=9teg.  Ad  Externos. 

6  *Registr.  Pauli  V.,  9tom,  Arcb.  Vatic., 
Arm.  45,  vol.  15,  f.  11  f. 

7  *  Original  in  Barb.  Lat.  6740,  9ir  64. 


2Mfd)öfIid)c  ißriefterfctninare :  23antberg.  —  Sollt. 


645 


mobei  ib)n  ber  ©eneral  Slquaüioa  lebhaft  unterftii^te 1.  £fn  einem  (Schreiben,  batiert 
S3onn,  28.  $uli  1615,  erfudjte  ber  ßurfürft  gerbinanb  ben  Sieftor  ßopper  unb 
P.  SßinaeuS,  mit  feinem  ©el).  Slat  ©raf  griebricf)  ©itel  non  £)of)enjoHern  baS 
SJähere  über  baS  Seminar  51t  beraten.  ©g  fei  notig,  „bei  biefen  oerfüf)rerifd)en 
feiten  bie  ®ird)e  allenthalben  mit  gelehrten  unb  qualifizierten  ^ßaftoren  ju  nerfehen, 
ba  bie  tägliche  ©rfahrung  geige,  mag  Übelg,  Unheil  unb  fßerberben  burcf)  folche  un* 
gefdjidte  unb  forgtofe  Sßorfteher  nerurfacht  merbe""2 *.  ©ie  ^afjregbriefe  beS  Kötner 
®oHegg  berichten  über  bie  Slugführung  jum  ^aljre  1615:  ©er  fö'urfürft  unb  ber  ©om* 
propft  ©raf  ©itel  {yriebricf;  non  ^ohenjottern  haben  anfangs  (perbft  ein  fßriefter* 
(fßfarrer*)Seminar  für  bie  (Srgbiögefe  gegrünbet  unb  unferer  Seitung  annertraut,  mit 
Slugnafjme  ber  zeitlichen  SSermaltung,  mofür  fßrooiforett  angefteUt  finb.  ©ie  $ahl 
ber  Sllumnen,  bie  nad)  unferer  2Sal)l  unb  ©mpfef)lung  aufgenommen  finb,  beträgt 
gtüölf.  @g  finb  ©heotogen,  5ßh^°f°P^en  unb  91hetor^er3-  Siad)  ^em  93ericf)te  beS 
Kölner  Siegeng  ®afen  mürbe  ba§  Seminar  begonnen  am  30.  Slooember  1615  unb 
am  1.  ©egember  bag  §aug  ^reubenberg  fcegogen,  mo  bis  1607  bag  ®onüift  ge* 
mohnt  hatte4. 

gür  bie  Slufnahtne  mürbe  bag  18.  ^alfr  unb  minbefteng  bie  Steife  für  bie 
SU)etorif  geforbert.  S?ad)  bem  Verlauf  einer  Probezeit,  bie  einen  SDfonat  bauerte, 
mußten  bie  Sllumnen  ficf)  eiblich  nerpflichtett  zunt  Sßriefterftanb  unb  zur  Seetforge 
nad)  bem  SöiHen  beg  ©rzbifdfofg;  ferner  auch  nerpffidjteten  fie  fid),  ohne  fdjriftliche 
©rlaubnig  beg  (SrgbifchofS  in  feinen  Orben  zu  treten,  auch  Oom  ißapft  feine  ©igpeng 
oon  biefen  eibfid)  eingegangenen  S3erpflid)tungeu  zu  erbitten,  ©iejenigen,  roefd)e  üon 
mäßigem  (mittlerem)  Vermögen  maren,  fodten  beim  ©intritt  bie  feftgefetjte  ©aje  ent* 
richten5,  ©er  3enfor  ober  £>ebbomabariu§  leitete  bie  Drbnung.  33ei  SluSgängen 
maren  fie  zu  zweien,  bei  ©ifd)  fet$te  man  fid),  mie  mau  fam,  nur  bie  fßriefter  hatten 
ben  oberften  ißla^  nad)  bem  Öfonom.  ©ie  Sllumnen  lafen  bei  ©ifch  unb  hielten  mäh* 
renb  begfelben  ^3rebigten  unb  Satedfefen,  auch  begleiteten  fie  bie  patres  zur  $ated)efe 
unb  halfen  babei,  um  bag  ®ated)ifieren  zu  lernen.  Sin  ben  Söodfentagen  felfren  fie 
oon  31/4  big  4  W)r  bag  £>aug  unb  bie  3imnter  Unb  tragen  bag  notmenbige  Ipolz 
herbei,  ©abei  burfte  gefprod)en  merben,  fonft  mar  Stillfchmeigen.  ©er  briefliche 
SSerfehr,  mit  Slugnahme  ber  SSriefe  an  bie  ©Itern  unb  33ormünber,  unterliegt  ber 
Slufficfjt  beg  Stegeng6,  $n  ber  ©rholung  ift  mittagg  eine  halbe  Stunbe  SJtufif, 
abenbg  ©horal 7 ;  auf  bem  ©hör  ber  ^efuitenfirche  fingen  fie,  fo  oft  fid)  ©elegenheit 
bietet,  um  ficf)  meiter  auSzubilben. 

©ie  ^augorbnung  mar  biefelbe  mie  bie  oorher  bei  Samberg  angeführte:  Sluf* 
ftehen  4^2  Uhr,  ÜDtittageffen  lO1^  Ul)r,  Slbenbeffen  6V4  Uhr.  Sor  bem  Slbenbeffen 
ift  eine  Siertelftunbe  geiftlid)e  Sefung.  ©ie  ©rf)olung  bauert  mittag»  big  12  Uf)r,  abenbg 
big  8  Uhr.  Sin  ben  ßommuniontagen  mürbe  „aug  ©f)rfurd)t  oor  bem  Saframente" 
fein  grütjftüd  gegeben,  mie  bieg  bamalg  and)  bei  ben  Qefuiten  Sitte  mar.  Sluf 


1  *  ©riefe  t>om  12.  gan.  unb  15.  $uni  1613. 
*  0rig.=91eg.  Ad  Rhen.  ©gl.  Negotium  Theo- 
logiae  (P.  2tbam  Safeit).  Cod.  Exaet.  405v. 

8  *  Original  in  Cod.  Exaet.  Hist.  gymn. 
Colon.  410.  ©gl.  ©aul  V.  an  Snrfiirft  fgerbi* 
nanb,  23.  ®ej.  1615.  Slont,  Arch.  Vatic., 
Arm.  45,  vol.  15,  f.  86. 

s  *  Litt.  ann.  coli.  Colon.  ©gl.  Carafa, 
Legatio  apostolica  110. 

4  *De  Seminario  Archiepiscopali ,  Sollt, 
Stabtard)io,  Jes.  8,  f.  321  f. 

5  Srucf  ber  Siegeln  in  Ratio  stud.  IV  316  ff. 


6  @o  and)  in  ben  *  (Statuten  be*  Sngolftäbter 
3gna,vSontu!te§  (901.  31.,  Jes.  1370)  unb  in 
ben  SSür^burger  Statuten  Oon  1608  (Ratio 
stud.  IV  299).  Über  ba§  SBürjburger  Seminar 
f.  ©raun,  ^eranbilbung  be§  Stlerud  in  ber 
Siöjefe  SBürgburg  1  (1897)  369  ff,  unb  bie 
Briefe  ©quaoiüaS  Oom  8.  ^uni  1602  unb  ©i= 
tclle3d)i£  Oom  31.  Ott.  1626  an  ben  ©roüinjial 
ßopper.  *Drig.-91eg.  Ad  Rhen. 

7  Sn  ber  (Minderung  üom  31.  Slug.  1629 
tjeifjt  e§ :  Omnes  meridie  cantabunt  rnusice, 
vesperi  choral  iter. 


Neuntes  Sapitet.  Sonbifte. 


646 


Slnftanb,  befonberS  bei  Sifdj,  unb  ÜDZafjfjalten  int  (äffen  unb  Srinfen  mirb  feljr  ge» 
brungen J. 

9cadj  ber  Slufjeidjnung  beS  P.  $afen  trugen  bie  Stimmten  feit  30.  Januar  1616 
fferif'ale  SHeibuitg,  b.  £).  eine  über  bie  ®nie  reidjenbe  Soutane,  einen  Salar  (toga 
talaris)  unb  einen  „üieredigen  |jut,  baS  fogenonnte  23irett".  ©egen  lefjtereS  traten 
einige  UniüerfitätSprofefforen  auf,  benn  baS  33irett  trugen  nur  bie  Softoren,  bie 
anbern  ©eiftlidjen  einen  runben  Eput.  Sarauffjin  üerorbnete  ber  ©rjbifdjof,  ade 
©eiftlidjen  füllten  baS  üieredige  23irett  tragen.  SieS  bürgerte  fid)  fo  ein,  bafj  man 
halb  taum  mefjr  einen  runben  ,fput  ju  feljen  befam.  SZadj  üerfdjiebenen  Sßedjfelfällen 
ging  baS  ©eminar  infolge  ber  SBirren  beS  Sreifjigjäljrigen  Krieges  im  Qaljre  1647 
ein;  bie  ©djulben  mareit  gu  grofj  gemorben,  unb  genügenbe  ©innaljmen  mangelten1 2. 

3ur  ©efdjicfjte  beS  ©eminarS  oerbient  nodj  Ijerüorgeljoben  ju  merben  ber  Sßiber» 
ftanb,  ben  ber  „jmeite  unb  britte  Klerus  ber  ©tabt  ^öln"  ber  33eitragSleiftung  ju 
biefem  Seminar  entgegenfefjten.  Qn  einer  auSfüfjrlidjen  Sorftellmtg  an  ben  ©rjbifdjof 
ljeijjt  eS:  Ser  jmeite  MeruS  üon  ®öln  unterhält  fämtlidje  ißaftoren  ber  ©tabt  ®öln, 
meldje  alle  für  iljren  Unterhalt  fßräbenben  beS  groeiten  Klerus  ^aben.  ÄleruS  unb 
Sßolf  merben  burcf)  oier  neue  9J?enbi!anten!löfter  befdjmert.  SluS  ben  ©tjmnafien  unb 
ber  Unioerfität  erhalten  alle  ^'löfter,  auclj  baS  9^ooi§iat  ber  fgefuiten,  iljre  ßanbibaten. 
Siefe  OrbenSlanbibaten  mürben  für  alle  Pfarreien  genügen.  Söirb  baS  Kölner 
f|3riefterfeminar  ber  ©efellfdjaft  ober  einem  anbern  Orben  gur  ßeitung  übergeben,  fo 
ftefjt  nicfjt  mit  Unrecht  ju  befürchten,  bafj  eS  efjer  ein  Seminar  ber  ©efellfdjaft  ober 
eines  anbern  OrbenS  als  ein  ©eminar  für  £öln  mirb.  Patrone  ber  fö'irdjen  finb 
oielfad)  §äretifer  ober  ©djiSmatifer,  benen  nicfjt  üorgefdjrieben  merben  fann,  men 
fie  anftellen  füllen.  Siefen  finb  aber  bie  auS  ©eminarien  tjeroorgegangenen  ißriefter 
nic£)t  angenefjm,  befonberS  menn  fie  iljre  SluSbilbung  bei  ben  ^efuiten  erhalten  haben, 
ba  jene  mie  biefe  Dielen  üerfjafjt  finb,  fo  bafj  in  üerfdjiebenen  9?ad)bargegenben  unter 
ben  fcfjmerften  ©trafen  ber  23efudj  ber  ^efuitenfcljulen  oerboten  ift.  SaS  ift  jroar 
unrecht,  aber  bie  Stimmung  beS  ißatronS  unb  beS  SolfeS  muff  boct)  berüdficfjtigt 
merben,  um  uns  nidjt  bie  Pforte  gu  üerfdjliefjen3.  Sie  $urc^  Dor  Beiträgen  Ijat 
ben  SSerfaffer  biefer  tßittfdjrift  bodj  moljl  etmaS  gu  gaghaft  gemadjt.  ©erabe  bie  ju 
meit  geljenbe  fRüdftdjtnaljme  auf  unberechtigte  unb  ungerechte  Urteile  unb  Stimmungen 
hatte  ja  fo  oiele  tßerlufte  für  bie  ^atfjolifen  gegeitigt  unb  bie  Pforte  an  Dielen  Orten 
enbgültig  gefdjloffen. 

Studj  in  fünfter  fjaden  fdjon  im  Anfänge  beS  Qüfjiljtmbeid»  SSerfjanblungen 
gefchmebt,  ein  s^Sriefterfeminar  ju  gritnben  unb  bie  Seitung  ben  ^efuiten  gu  über» 
geben;  aber  biefe  Ijatt-en  fidj  auf  Stnmcifung  üon  9?om  ableljnenb  üerljalten,  meil  ju 
grofje  93eläftigungen  bamit  üerbunben  feien4,  ©leid)  im  beginn  feiner  Regierung 
roieS  ^urfürft  f^erbinanb  als  Sifcfjof  üon  ÜDUinfter  am  1.  Qud  1612  feine  fRäte  in 
Üftünfter  auf  bie  großen  Siadjteile  fjin,  meldje  ber  ÜOfangel  üon  tauglichen  unb  quali» 
fixierten  ^5farrherren  mit  fidj  bringe,  meSljalb  fdjon  ^urfürft  ©ruft  an  bie  ©rridjtung 
eines  ©eminarS  gebadjt  Ijabe.  ©S  foUe  nunmefjr  aller  gleifj  auf  baS  ©eminar  üer« 
menbet  merben,  baS  nötiger  fei  als  bie  ©rridjtung  einer  Unioerfität5.  Ser  ©eneral» 


1  *Sßtn,  ©tabtardjio,  Jes.  8,  f.  321  ff.  Sgl. 
Ratio  stud.  IV  315  ff.  SJtondje  33eftimmungen 
äpntid)  in  ben  äMrjburger  ©tatuten  ebb.  IV 
294  ff. 

2  *  S  af  en  a.  a.  D. 

3  *Iusta  ratio  et  humilis  ac  supplex  de- 

precatio  cleri  secundarii  et  tertiarii  Civitatis 

Coloniensis  ut  non  gravetur  onere  contri- 
butionis  ad  erectionem  novi  seminarii.  Söln, 


©tabtard)iü,  Jes.  8,  f.  312vff.  Ser  gtrieite  Äleruä 
beftanb  auß  ber  ©tiftßgeiftticbfeit,  ber  britte 
aue>  ben  ©eelforglgeiftlidjen  unb  ffltenbifantem 
orben.  ©ine  ®efd)ict)te  biefer  Drganifation  ftept 
nod)  auß. 

4  Sgt.  j.  33.  3tguabiba,  1.  Slprif  1605. 

6  Setter,  ©egenreformation  in  SBeftfaten 
III  429;  ogt.  ebb.  418  f. 


Slrmenfontiifte :  Sßien.  —  ©roj. 


647 


nifar  ^artniann  macfite  int  folgenben  ^afjre  einen  Anfang  mit  fieben  SUumnen1. 
®ie  Überuapme  beg  Seminars  burd)  bie  Qefuiten  lepnte  ber  ^Srobinjial  Sdjeren  ab, 
ma§  Slquaüioa  am  23.  dJoöember  1613  burcpaug  billigte2.  «Später  mufjte  ficf)  aber 
ber  Sprooin^iaf  Pacing  bodj  baju  bequemen,  unb  23ittedegcf)i  entfdjieb  am  5.  ®e- 
jentber  1626  im  felben  Sinne3 *. 


®ie  meiften  )$riefterfeminare  biefer  geit  maren  jugleid)  aucp  Slrmenfonöifte, 
b.  p.  ®onüifte,  in  meldje  arme  Stubenten,  bie  ^riefter  rnerben  modten,  opne  ©nt* 
gelt  aufgenommen  mürben.  @3  feplte  aber  aucp  nidjt  an  Slrmenfonöiften  für  ade 
Stubenten  opne  ©infdjränfung  beg  23erufeS.  ©in  foldjeg  mar  5.  23.  bag  St  ißanfraj» 
fonoift  in  Söien.  ®ie  ßapl  ber  Zöglinge  aug  bem  ©pmnafium  unb  ben  pöperen 
gafultäten  ftieg  im  $apre  1639  auf  61,  in  ben  fpäteren  Qapren  fdjmanfte  fie  jmifcpett 
60  unb  64 i.  $m  Qafire  1638  litt  bag  ißanfratianum  fepr  unter  ber  Neuerung; 
ba  palfen  öerfcfiiebene  23Sof)ltäter.  ®ie  Ä'aiferin  ©leonora  liefj  bie  alten  SBetten  er* 
neuern  unb  ein  guteg  ^ranfen^immer  mit  aden  ©rforberniffen  einricfjten ;  bie  Speifen 
für  bie  Traufen  lieferte  bie  .fpoffüdje. 

Qn  St  ^anfraj  mürbe  eifrig  bie  Sdiufif  gepflegt,  megpalb  eg  aucp  bielfacp  bag 
9J2ufiferfont)ift  genannt  mürbe.  ®ie  ©fefapr  lag  nape,  bajj  bie  Zöglinge  jumeileit 
tnepr  alg  gut  für  Sluffüprungen  nermanbt  mürben.  ®a  mußten  bie  Obern  einfdjreiten. 
So  fcpreibt  am  28.  Stuguft  1649  ber  ©eneraloifar  $lor.  be  ädontmorencp  an  ben 
öfterreidjifdjen  ^roüinjial  23ncedeni:  Qdj  pöre,  bafj  im  SSiener  ißrofefjpaug  bie  21m 
badjten  gunepmen  unb  mit  ipneit  bie  Saften  für  bie  dftufifer  beg  $onöiftg  St  ißam 
frag.  SDaper  rüpren  bie  päufigen  Klagen  ber  Sßrofefforen,  bie  Stubien  unb  Sdjulen 
mürben  non  ben  ^onüiftoren  bernacpläffigt.  @m.  £>ocpmürben  foden  be§f)alb  mit 
Qfjren  ^onfultoren  ernftlicf)  unb  gemiffenpaft  für  Slbftedung  biefer  Übelftänbe  unb 
Klagen  Sorge  tragen,  inbem  man  entmeber  bie  neuen  2(nbacpten  nerminbert  ober  auf 
anbere  SSeife  entfcpieben  21bpilfe  fcfiafft.  Sonft  mirb  ber  SOSide  ber  Stifter  biefeg 
Seminarg  nidjt  erfüdt,  beren  ^auptjmed  unjmeifelpaft  mar,  biefe  jungen  Seute  in 
Sugenb  unb  Sßiffen fdj oft  peranjubilben5. 

^jn  ber  Stiftunggurfnnbe  ber  ©Iraker  Unioerfüät  bom  1.  Januar  1602  patte  ©ty 
fjerjog  gerbinanb  audj  ber  armen  Stubenten  gebadjt  unb  ipnen  §aug  unb  ©infünfte 
angemiefen,  bie  bann  fpäter  nodj  ermeitert  mürben.  ®ag  §aug  erhielt  nacfj  feinem 
Stifter  ben  9?amen  ^erbinanbeum.  fyürftbifdjof  S3renner  übergab  am  31.  SOZarg  1607 
ein  Kapital  non  1000  glor.  rpeiti.  bem  Superior  beg  gferbinanbeumg,  P.  dftarjed 
ißodarbt,  alg  Stiftung  für  jmei  Jünglinge  auf  SSorfcplag  beg  jemeiligen  23ifcpofg 
bon  Secfau.  „®a  unfer  erlaucfjter  gürft",  fo  jagt  ber  93ifdjof  im  Stiftunggbrief, 
„ein  §aug,  melcpeg  gerbinanbeum  genannt  mirb,  erbaut  unb  für  einen  glüdlidjen 
Anfang  ber  Stiftung  bereitg  mit  einigen  liegenben  ©ütern  freigebig  anggeftattet  pat, 
bamit  in  bemfelben  audj  Stubierenbe  minber  begüterter  ©Itern  in  grömntigfeit  unb 
Söiffenfdjaft  erlogen  rnerben  lönnten,  unb  ba  mir  miffen,  meid)  reicfje  güücpte  bie 


1  @bb.  III  465.  2  *  0rig.=fReg.  Ad  Rhen. 

3  S8iteHe3d)i  fcfjreibt  am  5.  3)ej.  1626  an  beit 

SReftor  $eter  91ntbiu3:  Proposui  in  consulta- 

tione  P.  P.  Assistentibus  conditiones,  quibus 
Dni  Commissarii  admodum  Revdi  et  Prae- 
nobilis  Capituli  Cathedralis  Ecclesiae  Mona- 
steriensis  petivit  (sic)  a  Collegio  isto  recipi  ad- 
ministrationem  Seminarii  seu  Alumnatus  Epi- 
scopalis.  Et  cum  in  iis  nullam  esse  putemus, 
quae  honeste  admitti  a  nostris  non  possit, 


scribam  hodie  ad  P.  Provincialem  per  me 
licere,  ut  ob  insignem  fructum  quem  ex  ad- 
ministratione  eiusdem  seminarii  in  Episcopatu 
illo  sperari  video,  eam  acceptet,  ac  primo 
quoque  tempore  Patres  designet,  qui  eam 
curam  cum  dignitate  sustinere  possint.  *  0vig.> 
91eg.  Ad  Rhen.  inf. 

4  Sie  Eingaben  nadb  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr. 
1616  ff.  Sßgt.  oben  619. 

5  *  0rig.>fReg.  Ad  Austr. 


648 


Neuntes  ÄafnteL  Äonbifte. 


©entinarien  unb  ber  Unterricht  ber  SSäter  ber  (55efetlfcf;aft  gefu  itnntermährenb  fjeroor* 
bringen,  fo  fjalten  mir  eg  für  unfere  Pflicht,  biefeg  fo  fromme  unb  bem  ©emein* 
motfle  fo  nüptidfe  Sßerf  nadj  Kräften  ju  förbern."1  9Son  100  gögtingen  im  gatjre 
1618  ftieg  bie  gafft  ber  gerbinanbiften  im  gahre  1629  auf  127.  S3ei  ben  ^romo* 
tionen  gum  Söaffalaureat  in  ber  ^3f)ilofopf)ie  maren  1629  oon  31  23emerbern  20 
unb  oon  32  SDoftoren  13  gerbinanbiften.  ®ie  Neuerung  ber  fpäteren  gaffre  ber' 
minberte  bie  gal)t  im  gaffre  1649  auf  96,  im  gaffre  1650  auf  84.  Sluherbem  mürben 
an  ber  Pforte  beg  Ä'ottegg  tagtief)  56  arme  ©tubenten  gefpeift 2. 

£>ie  faifertichen  ©tifttinge  beg  gerbirtanbeumg  maren  in  Söe^ug  auf  ihre  23erufg* 
maf)t  gang  frei,  ©ie  mufften  fid)  aber  oerpftidften,  eine  beftimmte  geit  ^inburcf)  bei 
ber  SJtufif  in  ber  £ioffird)e  an  aßen  ©onn*  unb  geiertagen  mitgumirfen.  S)e§f)alb 
erhielten  fie  audf)  befonbern  Unterricht  in  ber  Sofctt*  unb  gnftrumentatmufif.  ®a 
bie  ©rfatfrung  geigte,  bah  geübtere  ÜDtufifer  nah  ^Belieben  roeggogeit,  mürbe  1642 
eingefüt)rt,  bah  ^'e  ©tifttinge  einen  SReoerg  augftetten  muhten,  eine  beftimmte  geit 
(3  gat)re)  im  £mitfe  gu  bleiben3 *. 

gn  Sing  a.  ®.  fjatte  P.  ©eorg  halberer  im  gat)re  1628  in  einer  ^5rebigt  bie 
Dtotmenbigfeit  betont,  fctjon  bie  garte  gugenb  beg  güngtingg  üor  gestern  unb  Saftern 
gu  bemaf)ren  unb  in  it)r  ben  93eruf  gum  fßriefterftanb  frü^geitig  mit  ©otteg  ©nabe 
gu  medeit  unb  gu  pflegen.  ®eghatt>  fei  eg  fo  fjeitfam,  im  ©inne  beg  ®ongitg  oon 
Orient  ©emiitarien  für  fotche  güngtinge  gu  errichten.  ®er  fßropft  Seopotb  oon 
©t  gtorian,  ber  biefer  fßrebigt  beigemotjnt,  übergab  fofort  1000  ©utben  gu  biefem 
gmede.  9Kit  7  Knaben  begann  fö'ötberer  im  fetben  gatjre  ein  Ä'onüift  in  bem  alten 
23enefigiatenf)üust.  Söeit  bie  SItumnen  auch  ^irdtjengefang  unb  &'ircf)enmufif  Unter* 
rieht  erhielten  unb  bei  ben  feierlichen  ©ottegbienften  in  ben  Kirchen  aughatfen,  t)iehen 
fie  auch  Alumni  musici.  SDie  $oft  erhielten  fie  anfangg  teitg  aug  bem  gefuiten* 
fotteg,  teitg  oon  Söohttätern  in  ber  ©tobt.  1629  maren  eg  fhon  17  arme  Knaben, 
oon  benen  bie  meiften  gleichfarbige  ^teiber  trugen,  gm  gat)re  1631  gähtte  bag 
ftonüift  20,  1633:  25,  1636:  40  göglinge*. 

®ag  ^onoift  gum  hl-  gofeph  in  33regtau  mürbe  1642  oon  gseter  ©ebauer  mit 
einem  Kapital  Oon  24000  ©utben  geftiftet.  gn  ber  ©tiftunggurfunbe  beftimmt  er, 
bah  fre  ©tifttinge  gu  feinem  befonbern  ©tanbe  oerpfticf)tet  finb.  ®er  Stifter  be* 
merft,  er  t^be  atg  gögting  beg  ©ermanifumg  in  9tom  ben  ©egen  berartiger  Stn* 
ftatten  an  feiner  ißerfon  erfahren  unb  motte  beghatb  burdj  Eingabe  feineg  gangen 
SSermögeng  aud)  anbern  güngtingen  bagfetbe  ©tüd  gumenben.  „Slttbiemeit  ich  otjne 
alte  Scheu  freimittig,  ehrlich  muh  befennen,  mie  bah  i<h  Studium  philosophicum 
unb  theologicum  in  bem  hodjberiitjmten  Collegio  Germanico  gu  fRorn,  metcheg  Oon 
berogteichen  tjeitfarnften  gunbationen  geftiftet,  abfotoieret,  hat  mich  bie  chriftlidje  Siebe 
unb  SDanfbarfeit  aud)  batjin  bei  biefen  jetzigen  fchmeren,  fummerhaften  fö'rieggtciuften, 
ba  moht  and)  SSornetjme  oom  Slbet  ihre  Äinber  in  studiis  gu  Oertegen  nicht  Oer* 
mögen,  unb  bie  trefftidjften  Ingenia  brachliegen  unb  gbioten  Derbleiben  müffen,  be* 
mögen,  bem  gemeinen  Sßatertanbe  gu  Stufen  unb  grommen  ein  -fpaug  unb  Unter¬ 
haltung  für  arme  ©tubenten  gu  funbieren." 5 

9?adj  ©röffnung  beg  ^ottegg  in  ©tap  im  gahre  1597 6  muhten  bie  ©dfüter 
bei  ber  meift  nidjtfathotifdjett  93ürgerfd)aft  roohnen.  Um  biefem  Übetftanbe  abgutfelfen. 


1  Sdjufter,  gurftbifdjof  9Jt.  Brenner  583. 

2  ißcinlicf),  ifßrogr.  1869,  54  f;  1870,  23. 
Über  Stiftungen  für  arme  ©tubenten  ebb.  4 
unb  7. 

3  ebb.  1872,  78. 

*  *Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1628  ff;  ügt. 


Sdjmibt,  Kollegium  in  Sinj  13  ff;  Solb, 
•Mitteilungen  über  bie  Qefuiten  in  Sing  49  ff. 

5  Programm  be3  fatl)olifdien  ©mnnafiumS  in 
SBreSlau  1828,  3.  gungnip,  $ie  SreSlaiter 
©ermanifer  113  f. 

6  33b  I,  <S.  175  ff. 


Strmenfonbifte:  93re3lau.  —  ©lap.  —  §aH. 


649 


regte  ftcf»  bei  öen  patres  ber  SSunfdj  nad)  Errichtung  eines  ^onbifteS.  Sie  Brachten 
burcf)  Sammlung  800  ©ufben  jufammen  unb  tauften  1614  bafitr  ein  neben  bem 
©pmnafium  ftefjenbeS,  jebod)  bereits  baufälliges  §auS.  ÜUadjbem  biefeS  roieber  her» 
gerietet  mar,  tonnte  eS  1616  oon  12  Sßenfionären  nebft  einigen  armen  Sdjiifern,  bie  um» 
fonft  unterhalten  mürben,  bezogen  merben.  Qm  fotgenben  Qahre  ftieg  iffre  Qafjf 
auf  32 1.  ®aS  §auS  fiel  1622  mie  baS  ®oüeg  ber  QerftörungSmut  anheim.  Erft 
1626  erhielten  bie  Qefuiten  bottt  Inifer  ein  33ürgert)auS  jur  Einridjtung  für  ein 
ß'onoift2.  „f£)ie  raftlofe  $D7üf)e  ber  Qefuiten  fdjuf  aus  biefent  ^aitfe  in  bemfetben 
Qahre  nod;  eine  Sfnftaft,  mefdje  beit  barin  aufjune^menben  Qögfingen  menigftenS 
freie  Söotjnung  bot,  unb  ermunterte  bie  Qreunbe  ber  Qitgenb,  ihren  frommen  unb 
motjltätigen  Sinn  bem  angefangenen  Söerfe  jujumenbett  nnb  burdb)  Sdjenfungen  unb 
SSermädjtniffe  ihm  28ad)Stum,  Qeftigfeit  unb  ®auer  ju  geben."3  Qm  Qafjre  1627 
mürben  fdjon  mieber  30  arme  ©d)üter  aufgenommen4.  fßon  einer  foftenfreien  $er« 
pffegung  tonnte  auS  ÜDJangel  an  ÜDiittefn  nod)  feine  9iebe  fein.  Eine  erfte  ©tiftuug 
hierfür  erfolgte  1628,  ber  1633  unb  1649  nod)  meitere  folgten.  ÜDieljrere  Qefuiten 
gaben  ibjr  oäterfidjeS  Erbe  bafür  ^er5.  ®iefe  ©tiftungen  mürben  am  26.  Quti  1649 
oereiuigt  unb  barüber  oon  ben  ©tiftern  eine  Urfunbe  abgefaftt,  moriit  bie  Qafjf  unb 
2lnfnaf)me  ber  Qöglinge,  bie  Strt  ber  33eföftigung  unb  Reibung  ufm.  genau  geregelt 
mürben.  ®ie  Stiftung  fanb  am  7.  Oftober  1649  bie  faiferlidje  Seftätigung.  ®ie 
Äoft  mirb  reidjlid)  gubemeffen :  mitttagS  Suppe,  jmei  gefodjte  Qfeifdj  unb  ©etniife, 
abenbS  Suppe,  Qfeifcf)  unb  ©emüfe;  mittags  unb  abenbS  ein  @fat)er  Ouart  gutes 
93ier.  Qür  bie  Aufnahme  mirb  eingefdjärft,  baff  feine  @öf)ue  reicher  ober  mof)f» 
fjabenber  Eftern  unb  feine  oöffig  unfähigen  Sdjüfer  aufgenommen  merben.  ®ie 
jeitigen  9ieftoren  beS  QefuitenfoffegS  foden  nach  Urteil  unb  Klugheit  entfcfjeiben ;  bie 
Stifter  briiden  baS  Vertrauen  auS,  baf)  bie  fReftoren  ftetS  bie  größere  Ef)re  ©otteS 
unb  baS  2öof)f  beS  33aterfanbeS  im  üuge  ^aben  merben.  Qür  bie  franfen  ßfonoif» 
toren  mu|  in  93e^ug  auf  pflege  unb  9trjt  gut  geforgt  merben.  üffe  ^onüiftoren 
foden  fid)  nad)  bem  äftafj  ihrer  Qäf)igfeit  auf  Qnftrumentatmufif  unb  ©efang  oer» 
fegen;  für  einen  mögfidjft  guten  Unterriebt  barin  mirb  ber  9ieftor  beS  ®offegS  Sorge 
tragen 6. 

„ES  trat  baljer  mit  bem  erften  QriebenSjafjr  1649",  fo  bemerft  ein  ©fa^er 
©efcf)id)tSforfcher,  „bie  Oon  bet  ©roffmut  ihrer  Stifter  fo  reidffid)  befdjenfte  EtjiehungS» 
anftaft  ins  Seben,  in  ber  feit  ihrer  Entftelfung  fo  oiefe  ©öfjne  unbemittelter  Eftern, 
um  beS  Unterrichts  auf  bem  ©pmnafium  gu  genießen,  in  gaftfreunblicfie  pflege  ge» 
nommen,  oor  9£ot  unb  SJJangef  gefdjütd,  an  eine  beftimmte  ßebenSorbnuitg  gemöfjnt, 
burch  ^äuSlic^en  Qfeiff  ifjre  ©eifteSfähigfeiten  frei  entroidefn  fonnten  .  .  .,  um  als 
brauchbare  Scanner  in  Ämtern  unb  SBürben  geiftfidfen  unb  meftfichen  StanbeS  bem 
fßaterfanbe  j$u  bienen."7 

Über  baS  ürmenfonüift  in  |iaff  fchreibt  ber  reoibierenbe  fßrofurator  ©ebaftian 
SDietrid)  am  16.  Oftober  1605:  ®ie  $atharina»23ef)aufung  mar  1573  oon  ber  Königin 
SJiagbafena  gefauft  unb  für  ein  ®oftI)auS  gugeridjtet  morben,  bantit  aflba  nit  allein 
bie  fö'apefffnaben,  fo  jur  ÜJJiufif  für  bie  StiftSfirdfe  gehörig,  unb  Qf)r  f£>urd)(aud)t 
geftiftete  Slfumni,  fonbern  aud)  anberer  ehrlicher  Seute  föinber,  fo  ad  studia  hmü)er 
gefefjidt,  Unterhaft,  £oft  unb  2öof)nung  unter  guter  Qudjt  ha^eo  möchten.  ®aS 


1  fßanl  §abnel,  (Seid).  be§  fönigl.  Äon»  6  $er  erfte  fUegenl,  ßfjriftobl)  SBeüer,  fdjenfte 

Oift§  ju  ©lap  Oprogr.  be3  ©OmnafiumS  su  16]  5  fein  ßrbe  itn  93etrnge  Oon  1022  ©ulben, 
©lap  1899),  4  21.  ein  anberer  fßater  1635  fein  Vermögen  Oon 

2  33 ad)  a.  a.  0.  296  301  f.  852  ©alben.  §af)nel  a.  a.  D.  18. 

3  58  ad)  a.  a.  ö.  296  f.  6  SBortlant  in  *Bohem.  Fund.  I  210. 

4  Sßgt.  ebb.  194.  7  Sad)  a.  a.  D.  302  f. 


650 


Neuntes  Kapitel.  Sonbifte. 


§au§  mürbe  ber  C55e[eHfd^aft  übergeben,  fie  foUte  einen  ißräfeften  ober  Superior  famt 
einem  Dfonomen  unb  ®oftgeber  befteden.  SDiefeS  SBerf  ift  Oon  einem  gum  anbern  Japr 
nit  fontinuiert,  fonbern  teifS  auS  Sfbgang  ber  ^ofifnaben  (inmapeit  fiep  aucp  je^t 
adba  nit  über  acf)t  befinben,  ungeachtet  bap  ißfap  für  100  unb  mepr  Knaben  ju* 
gerichtet),  junt  Xeit  meit  bie  Sozietät  fid)  biefer  Sfbminiftration  §u  unterfcf)iebticf)en 
feiten  unb  auf  etlicf)  Japr  felbft  entfdjtagcn,  aufgehoben  unb  erft  im  Japre  1604 
mieber  angenommen  morbeit.  Jnfofgebeffen  finb  feine  richtigen  Siedlungen,  be* 
fonberS  feit  acht  fahren,  geftedt  morben1.  Jm  Japre  1627  mürben  bie  ^onoiftoren 
entfaffen  unb  baS  £>auS  einem  SBeftpriefter  übergeben2.  Jn  ben  Jahresberichten 
oon  1643  peipt  eS:  ©S  mürbe  ein  Seminar  für  arme  Stubenten  begonnen.  Jm 
Jahre  1625  patte  ei»  ehemaliger  Sdjiifer  oon  tpad,  ber  Pfarrer  SJiattpiaS  Spip, 
ein  geborner  Jelbfirdjer,  1600  ©ttlben  oermadjt  jum  Unterhalt  für  arme  Stubenten 
in  §ad.  SluS  bem  bafür  gekauften  unb  eingerichteten  §aufe  ift  eine  Stente  gefammett 
morben,  burcp  bie  jept  arme  Stubenten  Unterfunft  unb  ®oft  erhalten,  fomeit  eS  ber 
geringe  ©rtrag  guläfst 3. 

Jn  ©örj  mar  ein  Sfrmenfonoift  für  12  Stubenten  errichtet  morben,  baS  1634 
ein  eigenes  §eim  erpieft.  Slucp  japlenbe  Ä'onoiftoreit  mürben  aufgenommen4.  2fnt 
2.  93iai  1636  ftiftete  ©raf  Söerbettberg  ein  ^onoift  unter  ber  Seitung  ber  bortigen 
Jefuiten  unb  nannte  eS  Seminarium  Werdenbergicum.  ®er  Stiftsbrief  beftimmte, 
bap  24  Stubenten  SBopnuitg,  Sraprung,  Reibung  unb  23ücper  mäprenb  eines  fünf* 
jährigen  SfufentpafteS  gegeben  mürben.  ®ie  Reibung  fofl  oon  blauer  Jarbe 
fein.  ®ie  Sfufnaptne  ber  Stifttinge,  bie  jmötf  Japre  alt  unb  oon  ben  Jefuiten 
geprüft  fein  müffen,  ftept  bei  bem  Jamilienfenior  beS  Stifters.  SDer  Sieftor  felbft 
fann  adjt  nutfiffunbige  Stimmten  für  bie  33erperrticpung  beS  ©otteSbienfteS  aufnepmen. 
S3eoorjugt  bei  ber  Stufnapme  finb  Strme,  befonberS  arme  SIbetige.  ®er  23eruf,  ob 
geiftlicp  ober  mettlicp,  ift  üodftänbig  frei.  Sluper  beit  24  Stiftungen  fönnen  aucp 
anbere,  japtenbe  ßonoiftoren  aufgenommen  merbeit,  bodj  barf  baburd)  ben  äöerben* 
bergifdjen  Sttumnen  in  nidjtS  eine  Söefdjränfung  ermacpfen5.  Jm  Japre  1649  gäplte 
baS  Konoid  60  Jöglinge  unter  ber  Seitung  oon  brei  Jefuiten6. 

Sludj  in  TDidingen  mopnten  bie  armen  Stubenten  (§afenfcpüter)  in  einem  eigenen 
§aufe,  bem  Seminarium  S.  Hieronymi7.  ©S  mürben  barin  Stubenten  beS  ©pmnafiumS 
unb  ber  Slfabemie  opne  33erpflid)tung  gum  geiftticpen  Staube  aufgenommen.  Ju 
©unften  biefeS  StrmenfonüiftS  erliep  Jürftbifcpof  §einricp  am  24.  Juni  1604  ein 
Siunbfcpreiben,  in  metcpem  er  auSfüprt:  Seit  ber  ©rünbung  ber  SDidinger  SXfabemie 
roaren  bie  33ifcpöfe  oon  StugSburg  barauf  bebacpt,  eine  gute  Japt  armer  Stubenten, 
bie  gemöpnticp  Subcollegiales  seu  Ollarii  genannt  merbeit,  ju  unterhalten,  unb  grnar 
burdj  23rot  unb  Speife  üom  £mfe  unb  oon  bent  Kollegium  beS  pt.  ^ieronpmuS. 
Söeit  aber  ipre  Japt  ftetS  mäthft  unb  bie  SebenSmittetpreife  jäprtid)  geftiegen  finb, 
ift  ipre  Unterhaltung  affmäpficp  fdjmieriger  gemorben,  guntaf  auS  oerfcpiebenen 
Urfadjen  iticpt  allein  für  ipre  £foft,  fonbern  aucp  für  anbere  Skbürfniffe  geforgt 
merbeit  mup.  2)a  nun  auS  biefer  fog.  „Oda"  fcpoit  oiefe  Scanner,  ©eiftfidje  unb 
Saien  in  adelt  SebenSftänben,  peroorgegangen  finb,  bie  bem  Staat  unb  ber  ®ircpe 
nüpticpe  ®ienfte  reiften  unb  burdj  ipre  pier  erlangte  23ilbung  ju  SBoptftanb  gelangt 
finb,  fo  fcpeint  eS  bie  Sidigfeit  ju  erforbern,  bap  fie  auS  TDanfbarfeit  gegen  bie 


1  Status  rer.  temp.  coli.  Hall.  *  Original 
in  9Jt.  9t.,  Jes.  1854.  *Excerpta  ex  Hist, 
coli.  Hai.  iit  9t.,  Jes.  1344  unb  Flott o 
170.  ißrobft,  Beiträge  95. 

2  *Excerpta  ad  ann.  1627. 

3  *Litt.  ann.  Prov.  Germ.  sup.  1643. 


4  *  Litt.  ann.  Prov.  Austr.  1634. 

5  HBortlaut  bei  Morelli,  Istoria  della 
Contea  di  Gorizia  IV  139  ff. 

6  *Catal.  Funct.  Prov.  Austr.  1649. 

7  Otidjt  ju  bertbecpfelu  mit  bem  Collegium 
S.  Hieronymi.  Sßgl.  ©ped)t  a.  a.  0.  465  ff. 


SlrmenfoitPifte:  §aü.  —  ©ör^.  —  2)iflingeit.  —  SDliindjen. 


651 


i^neit  gefpenbeten  SBopltaten  aud)  iprerfeitS  für  ein  fo  gutes  unb  nüßlidjeS  SSSerf 
beitragen.  Sie  ißriefter,  weldje  jäbjrlicfje  Sinfünfte  oon  100  ©ulben  ober  barüber 
beziehen,  foüen  baöon  jäprlid)  5  gdor.  bem  9ie!tor  ber  Sllabemie  für  ben  Unterhalt 
ber  armen  ©tubenten  sollen;  im  SöeigerungSfaüe  fönnen  fie  burep  bie  Obrigleit 
baju  gezwungen  merbeit.  Sin  ©teile  beS  jäprlicpen  Beitrages  lann  aud;  eine  ein» 
malige  Slbfinbung  treten,  ^n  bie  ßapl  ber  Oüarier  mirb  in  ber  golge  niemanb 
mepr  aufgenommen,  ber  fief)  nidfjt  51t  biefer  Veifteuer  oerpflieptet.  Sie  jeßtgen 
Oüarier  foüen  innerhalb  beS  ^a^reS  zu  biefer  Verpflidjtuug  angepalteu  unb  im 
SöeigerungSfaüe  oon  ber  weiteren  Unterftüßung  auSgefdjloffen  werben 4 

Unter  bemfelben  ^ürftbifcpof  trat  an  ©teüe  ber  bisher  aus  ber  bifcpüflicpen 
Äüdje  gelieferten  ®oft  eine  ©etreibefpenbe,  wöcpentlidj  ein  ©ad  loggen  unb  alle 
Ouatember  ein  ©ad  $orn.  „Vei  ber  großen  Neuerung  beS  QapreS  1624  patten 
bie  ©eminariften  fcpwer  51t  leiben,  fo  baß  man  bereits  baran  benfen  mußte,  oon 
ben  48  ©tubenten  einen  Seil  gu  entlaffen.  Sod)  gelang  eS  ber  unermüblidjen 
Sätigleit  beS  P.  Qopann  ßauponiuS,  befonberS  oon  ben  benadjbarten  ©eiftlicpen 
Unterftüßungen  teils  in  ©elb  teils  in  ©etreibe  ju  erlangen,  fo  baß  troß  ber  großen 
Ü2ot  wäprenb  anbertpalb  ^a^ren  ben  ©eminariften  baS  Nötige  gereicht  werben  tonnte. 
SSäprenb  beS  ©cpwebenfriegeS  trat  für  fie  wieber  eine  barte  $eit  ein.  SllS  i^r 
befonberer  SBopltäter  erwies  fiep  in  biefer  VebrängniS  ber  ÜiegenS  beS  ÄonoiltS, 
P.  ©regor  ^rernS."2  Serfelbe  ließ  fie  in  biefer  $eit  ins  dtefeltor  ju.  ,,^ft  üiel  über* 
geblieben,  pat  wan  i^nen  foldje  reliquias  gegeben;  ift  nidjtS  geblieben,  fjabeit  fie 
mit  ber  ©uppe  unb  ®raut  müffen  gufrieben  fein."3  Sie  Qefuiten  überließen  ben 
©eminariften  einen  Seil  ber  ©portein  für  bie  alabemifcpen  ©rabe,  gaben  ipiien  1642 
baS  ißrioilegium,  unentgeltlidj  bie  ppilofoppifcpen  ©rabe  ju  nehmen.  ®aju  traten 
Sntlopnungen  für  ntufitalifcbe  Sluffüprungen  unb  baS  Slmt  eines  ißäbagogen  ober 
^nftruftorS.  SJadj  ben  Statuten  oon  1604  würben  oorgüglicß  ©djwaben  auf» 
genommen;  bie  Slufzunepmenben  mußten  bie  Steife  für  bie  jweite  ©rammatif  haben 
unb  fieß  einigemal  im  Qaljre  einem  Spamen  über  ihren  $ortfdjritt  in  ben  ©tubien 
unterziehen.  Slucp  Vüdjer  würben  geliehen,  bie  fpäter  wieber  anbern  bienten.  Sie 
©aitgeSfunbigen  waren  oerpflidjtet,  in  ber  Ä'irdje  ju  fingen  nach  Maßgabe  beS 
©efangSpräfetten.  SluS  ben  älteren  war  einer  fßräfelt,  bem  bie  anbern  bei  Streitig» 
leiten  unb  in  ber  ^auSorbnung  jn  gehorchen  patten.  „Slucp  bie  anbern  3enforen, 
bie  unter  ipin  finb,  bürfen  fie  wegen  biefeS  SlmteS  Weber  burep  Söort  nodj  Sat  be* 
leibigen."4  Sin  ijSater  beS  ©pmnafiumS  füprte  als  Qnfpeftor  bie  Stuf  fiept,  wopnte 
aber  nidjt  im  Seminar,  fonbern  tarn  nur  zuweilen  pin. 

SaS  Slrmentonoift  in  ÜDtüncpen,  baS  @t  ©regori»,jpauS 5,  patte  fiep  auep  in 
unferer  $eit  einer  opferwilligen  gürforge  ber  ^efuiten  zu  erfreuen.  Ser  ©efepiept» 
fdjreiber  beS  &'onoiftS  pebt  bieS  auSbrüdlicp  peroor:  „SaS  3efuitenloüegium  zog 
auS  ber  Verwaltung  für  fid)  gar  leinen  materieüen  SSorteil ;  bezog  ja  nidjt  einmal 
ber  jeweilige  ißater,  ber  mit  ber  Seitung  biefer  Slnftalt  beauftragt  war,  irgenb  eine 
Vefotbung,  nodj  patte  er  SSopnung  unb  Verpflegung  im  Seminar.  SeSuugeadjtet 
brachte  baS  Kollegium  noep  überbieS  große  Opfer.  Um  nur  einiges  zu  erwähnen, 
fo  ließ  ooin  Qapre  1636  an  ißater  üteftor  alles  Vrot  im  Kollegium  baden,  ,waS 
bie  Knaben  über  baS  §ofbrot  gebrauchen1.  Sr  gab  im  ©ommer  meprmalS  in  ber 


1  ©inblattbrud  in  ©roßfolio. 

2  ©pedjt  a.  a.  D.  466.  3auponiu§  ftarb 
1635.  $ie  armen  ©tubenten  öerloreit  in  if)tn 
einen  »ater.  @r  mirb  genannt  paupernm  stu- 
diosorum  indefessus  procurator. 

3  Informatio  P.  Greg.  Krems ...  ad  P.  Alb. 


Faber  1645.  ^anbfcßrift  in  greiburg  bei 
©  p  e  d)  t  im  $;al)rbud)  be§  Slereini  ®il* 

lingen  XIII  (1900)  4. 

4  SBortlaut  bei  ©  p  e  dj  t ,  Spillingen  653  ff. 

5  »gl.  »b  I,  ©.  316  f. 


652 


Neuntes  Äapitet.  Sonbifte. 


Sföodje  ben  Salat  unb  monatlich  6  Saibe  Srot;  an  öerfcfiiebeneit  gefttagen  im  ^afjr 
mehrere  (Sinter  Sier;  enblicf)  fdjenfte  baS  Kollegium  bem  Seminar  bei  feinen  öer= 
fcfjiebenen  Sauten  niete  Xaufenbe  non  ßiegelfteinen." 1  Slufferbem  manbten  mehrere 
^efuiten  bei  ihren  Serjidjtleiftungen  anfef)nlid)e  Summen  bem  ®onöifte  ju,  fo  im  ^aljre 
1623  P.  ©eorg  ßelberer  (ßülberer)  750  ©ulben  unb  P.  Qafob  Sßartt)  500  ©ulben2. 
$ur  Sergröfferung  beS  HaufeS  taufte  P.  Qafob  fetter  am  1.  $uni  1622  ein  |)au§ 
in  ber  feigen  Her3D9frttalgaffe  für  6500  ©ulben,  moju  in  ber  $olge  nocf)  einige 
meitere  fteine  Käufer  tarnen.  ®er  fpätere  Sieftor  non  Orient  Qof).  ^autlin  baute 
1645/1646  für  baS  Seminar  eine  eigene  ^iräffe:  bie  ©regoriuSfirdje,  and)  Sieb« 
frauenfircfjtein  genannt3.  ®ie  Saufoften  beliefen  fid)  auf  etma  8000 — 9000  ©ulben. 
®er  Sieftor  beS  ßolIegS  fcfjenfte  jum  portal  ben  Marmor,  ber  aus  alten  Monu¬ 
menten  ju  ©berSberg  gemonnen  mürbe4. 

®ie  oberfte  Seitung  lag  in  ber  Hanb  beS  SieftorS,  bie  eigentliche  Dbforge  fjatte 
ber  nom  ^roninjiat  beftimmte  „^nfpeftor".  Sefjterer  befugte  baS  Seminar  täglich 
ober  mehrmals  in  ber  Söodje.  Sierteljäfjrlid)  muffte  er  bem  Sieftor,  jährlich  bem 
fJSroüinjial  Siedjnung  abtegen.  Stettnertreter  beS  $nfpeftorS  im  Seminar  mar  ber 
fßräfeft,  aucf)  Öfonom  genannt.  (Sr  mar  anfänglich  ein  Saie,  feit  1612  meift  ein 
jßriefter.  Son  feiner  Südjtigfeit  f)ing  in  befonberer  Söeife  baS  Sßofjl  beS  Seminars 
ab.  Seine  Sßirffantfeit  erftrecfte  fich  auf  Seauffidjtigung  beS  ganzen  HaufeS, 
SBa^rung  ber  Orbnung,  SiedjnuugSführung  unb  Seitung  ber  Mufif.  g-iir  Slufredjt* 
fjattung  ber  §auSgefet$e  ftanben  if)nt  ältere  ßöglinge  als  SJionitoren,  'ißräfeften  unb 
^nftruttoren  jur  Seite.  ®ie  ^nftruftoren  mußten  ben  Zöglingen  ber  unteren  Staffen 
auch  in  ber  Mufif  unentgettticf)  Unterricht  erteilen5.  ^m  Qafjre  1607  mürben  für 
göglinge  unb  SDienftperfonal  eigene  Satzungen  in  beutfdjer  Sprache  entmorfen,  bie 
ben  Zöglingen  allmonatlich  üon  bem  ^ßräfeften,  bem  ®ienftperfonal  üiertetjüffrticf) 
üon  ber  Pflegerin  (Mater  familias)  oorgetefen  mürben6.  Unter  ben  Regeln  finben 
ficf)  fotcfje  für  einen  Pförtner,  ber  gugteicf)  ben  Speifefaat  ju  beforgett  fjatte,  für 
eine  Stranfenmärterin  unb  eine  Siäfjerin  (Seinmanb  unb  SSäfcfje),  bie  ber  Pflegerin 
(Haushälterin)  untergeorbnet  maren.  ®ie  SageSorbnung  Oom  $a!)re  1633 7  mar 

bie  in  ben  ^efuitenfonoiften  geroöhntiche:  Um  43/4  läutet  ber  Pförtner  unb  ruft 
in  beiben  ß'ubifeln:  Surgite  studiosi,  tempus  est.  Salb  barauf  medt  ber  ))3räfeft 
oon  Sett  su  Sett  mit  kanten  unb  geht  nicht  eher  fjiumeg,  bis  alle  aufgeftanben. 
Um  10  Uhr  ift  SDiittagStifdj,  mährenb  beSfelben  mirb  ein  Kapitel  auS  ber  Heiligen 

Schrift  gelefen,  banach  aus  einem  beutfdjen  Suche.  Siad)  £ifcf)  fingt  ber  ©efang* 

lehrer  mit  ben  Slnfängern  im  Siefeftorium  1/i — 4/2  Stunbe.  Um  11 — 12  ift 

Übung  in  ber  SJiufif;  bie  einzelnen  ^nftrumente  unb  öoÜftänbige  Meffen  ufm.  merben 
geübt.  $m  SEinter  haben  je  brei  ein  Sicht.  SDer  Pförtner  beforgt  bie  9iad)ttid)ter 
in  oier  Saternen  auf  ben  ©ängen,  im  ßranfenjimmer,  neben  ber  ^ücfje  ufm.  Um 


1  33.  ©  t  u  b  e  n  b  o  1 1 ,  ©efcf).  beS  ^oöanb’fcfjert 
SnftitutS  (1874)  57. 

2  ©6b.  58.  Unter  ben  SBotjItäterinnen  au$ 
bem  bienenben  Stanbe  figurieren  it.  n.  1623 
grau  3(ntta  Ütueborferin,  be§  tperjogS  Sllberti 
$inb§magt,  mit  100  ©ulben,  1636  Sftagbalena 
©öljerin,  @eminariijau§bälterin,  mit  200  ©ulben, 
unb  1645  3Ippolonia  3Beiljbergerin,  ©emtnari* 
magt,  mit  100  ©ulben  (ebb.  63). 

3  ©6b.  85  ff  91  ff. 

4  ©bb.  96.  gn  ben  SJtündjener  3af)re3= 

brtefen  beifit  e§  junt  gafjre  1646:  Nova  Do- 

mus  (in  qua  similiter  sunt  40  adolescentes) 


ad  eandem  disciplinam  formatur,  cui  Yeterani 
a  multis  iam  annis  insuevere,  ac  praeter  hos 
utriusque  domus  alumnos,  viginti  aliis  pau- 
peribus  adolescentibus  (quos  exspectantes 
vocant)  ex  nova  domo  non  modo  victus  prae- 
betur,  satis  quidem  ille  tenuis,  honestus  ta¬ 
rnen,  sed  et  habitatio  insuper  parata,  in  qua 
studiis  una  vacare  et  reliquis  alumnorum 
exercitiis  prope  paria  agere  non  incommode 
possint. 

5  ©tubeuooll  a.  a.  0.  117  ff. 

6  ©bb.  120  ff. 

7  ©bb.  146  ff. 


5lrmenfonuifte:  9Mitd)en. 


(353 


6  Upr  ift  ©benbtifd)  mit  Sefung  mie  mittags.  $m  Sommer  i(t  nad)  bem  Slbenb» 
tifcf;  meift  Spagiergang  unb  ©adfpiel.  Slnbere  Spiele  roaren  eine  Slrt  ©idarb, 
©linbefup,  Stodfdjlagen,  ©odfpringen,  feit  1620,  aber  nur  in  ben  großen  Serien 
unb  an  ben  ^afcpingStagen,  fö'artenfpiel  um  1  geller.  ©ad)  bem  ©benbgebet  uub 
ber  ©emiffenSerforfdjung  (8 — 874)  mufften  fid^  ade  gur  ©upe  begeben. 

s<!luS  bem  Qapre  1609  ift  wtS  eine  Sifdjgudjt  erhalten,  bie  fulturpiftorifd)  -nicf)t 
opne  $ntereffe  ift.  Sa  Ejei^t  eS  u.  a. :  $n  bem  (Sffen  fod  er  fid)  nit  übereilen,  als 
ob  er’S  alles  mollt  allein  auf  einmal  fcpluden.  @r  foll  aud)  nit  fdjmctpen,  nit  alle 
beebe  ©aden  öotl  einfdjieben,  bie  manne  Speis  nit  blafen,  bap  eS  allenthalben  ge» 
Ijöret  merbe;  baS  ©3amS,  fragen,  Sifdjtucp  mit  Speis  ober  Sranf  nit  befubeln. 
@r  foll  baS  ^leifdj  nit  mit  ben  (pänben,  fonbern  mit  bem  ©äbele  ergreifen,  er  foll 
auch  nit  in  ber  Schüffel  perumfucpen,  melcheS  baS  größere  ober  beffere  märe,  aubern 
auch  nit  auf  ihre  Seiler  unb  Portion  fepen.  deinen  £>ut  foll  er  bei  bem  Sifd) 
aufhaben,  fonbern  ein  (päublein  (Kalotte),  baSfelbe  nit  mit  ben  -fpänben  befepmieren; 
foll  aud)  nit  büfplet  (gebiidt),  fonbern  aufredjt  fipen,  melcheS  ber  §öflid)feit  gemäp 
unb  ber  ©efunbpeit  fiirträglid)  ift.  Qn  bem  Srinfen  foll  er  nit  untnäpig  alles  auf 
einmal  pineiufdjütten.  @t  foll  in  fein  28eg  geigen,  baff  eine  Speis  ober  Sranl  ihm 
nit  redjt  fei,  üiel  meniger  baritber  murren  ober  gar  foldje  mieberum  in  bie  ®ucpel 
fdjiden.  @r  foll  nit  mit  bem  fJJieffer,  ©äbele,  Seiler,  Söffe!  ober  ©rot  bentlen 
(fpielen)  unb  bie  Seiler  unb  Sifcf)tücE)er  nit  üerfepneiben.  Sr  foll  baS  ©rot  fauber 
fdfjneiben,  ©loden  (®rume)  unb  ©inten  (Prüfte)  gugleicp  effen.  Sie  ,3üpn  foll  er 
nit  ftiren  (ftoepen)  mit  bem  ©leffer  ober  ginger,  fonbern,  mo  eS  oonnöthen,  nad) 
bem  Sifd)  mit  einem  3ahnfttre^'  aitS  ©ein,  .fpofg  ober  einer  geber.  ©lit  fdjmalgigen 
£)änbcn  foll  er  baS  ©rot  nit  befdfmieren,  nichts  unter  ben  Sifd)  merfen  ober  fallen 
laffen.  SSenn  er  etmaS  auf  feinen  Seiler  nimmt,  foll  er  nit  ein  gangeS  Schober 
oor  fid)  legen,  fonbern  maS  ehrlich  unb  giemlid)  ift,  bamit  aud)  anbern  maS  bleibe. 
Über  Sifd)  oiel  räufpern  unb  fpuefen,  ©afengrübeln,  Scpneugen,  ^opffrapen  ift  nit 
höflief),  fonbern  baprifcp,  mie  and)  ift  fich  auflainen  (auf  ben  Sifcf)  legen).  SeS» 
gleichen  aud)  ben  ©lunb  mit  ber  (panb  ober  bem  Strmel  abmifdfen,  baS  ©feffer  in 
baS  ©rot  fteden,  ben  Söffe!  abfd)led'eit  mie  ein  ®ap  ober  beim  ©agen  mie  ein 
(pünblein.  2öenn  er  getrunfen  unb  ehe  er  trinfet,  foll  er  ben  ©lunb  mit  bem  Seroet 
(Seroiette)  abmifd)en.  ©ad)  bem  Sifcf)  foll  er  mieber  anbächtiglid)  beten,  bie  §änb 
mafdjen  unb  trodnen,  enblid)  ftill  aus  bem  ©efeftorio  gehen,  ©ach  bem  (äffen  foll 
er  nit  gleich  laufen  ober  fpringen,  fonbern  etlidjmal  auf»  unb  abfpagieren  ober  ftehenb 
fonoerfieren,  nit  fepreiben  ober  ftubieren 1. 

gur  görberung  beS  StubiumS  mürben  1624  aus  ben  alteren  Zöglingen  eigene 
©epetitoren  aufgeftetlt,  melcpe  täglich  ben  jüngeren  göglingen  ©adjpilfe  erteilen 
mupten.  Sie  unfleipigen  Zöglinge  ermarteten  empfinblicpe  Strafen2.  gn  einer 
Sde  beS  SpeifefaaleS  ftanb  ein  eigener  Sifd),  mensa  carentiae,  an  melcpem  nur 
Suppe,  ©rot  unb  SBaffer  ober  nur  ©rot  unb  SSSaffer  aufgefept  mürben.  geber 
Zögling,  ber  in  ber  Sd)ule  bei  einer  Sofation  nidjt  ben  ^31ap  in  ber  erfteu  ©auf 
erhielt,  mupte  fid)  1 — 2  Sage  an  ben  gaftentifcp  fepen.  Statt  ©leffer  unb  Sabel 
lag  ba  neben  bem  Seder  eine  ©ute,  um  gu  geigen,  „maS  er  eigentlich)  oerbient  patt". 
Slnbere  Strafen  maren:  au  ber  Söanb  fiepen  mit  ber  ©ute  in  ber  (panb,  (polg» 
tragen,  gimmerfepren  ufro.  2Ber  am  Snbe  beS  SdjuljapreS  nidjt  in  bie  pöpere 


1  Ebb.  241  ff-  Sanad)  in  Ratio  stud.  IV  Sngolft.  gef.,  2)  eine  Honestas  morum 
332  ff.  2)iefe  Slfcbpdjt  gebt  auf  ältere  ißor»  in  mensa  (35  fünfte),  bie  bielfacf)  mörtlid)  mit 

logen  priiet.  @0  befinbet  fid)  unter  ben  alten  ber  oben  mitgeteilten  übereinftimmt. 

(Statuten  be§  Convictus  S.  Ignatii  Martyris  2  (Stubenboll  a.  a.  0.  153  ff. 
in  Sngolftabt  (9R.  SR.,  Jes.  1370,  unb  Urfunben, 


654 


9?eunte5  Siapitel.  Sionüifte. 


klaffe  aufftieg,  mürbe  entfaffen.  (Siner  befonbern  pflege  erfreute  fidj  aitdf)  immer 
bie  9J2ufif,  nidjt  allein  bie  firdjticpe,  fonbern  aucp  bie  mettticpe1.  2)ie  Qögtinge 
rnaren  in  Compagnien  eingeteilt,  beren  jebe  ein  fteineS  Orcpefter  für  fid)  bitbete. 
®ie  Slufficpt  über  fDtufifübungen,  Qnftrumente,  SKufifbücper  füprte  ein  älterer  ßögting, 
ber  fog.  „SJiufifpräfeft".  Qn  einer  für  biefen  SJhtfifpräfeften  1647  oerfapten  Qm 
ftruttion  mirb  it.  a.  eingefdjärft:  „Sitte  Slufmerffamfeit  oermenbe  er  barauf,  bap  bie 
SJtufif  beS  Kaufes  ernft  unb  mürbig,  gur  Stnbadjt  ftimmenb,  lieber  etmaS  mepr 
fünfttief)  fei,  atS  bap  fie  einer  Xangmufif  gleite  ober  Sacpen  oerurfaepe."  Xie 
IDhififteprer,  fDtitgtieber  ber  ^offapetle  ober  cittere  Zöglinge,  merben  befonberS  gur 
©ebutb  ermahnt.  ©in  guter  Sliufifteprer  fiept  barauf,  bap  ber  ©eiger  bie  ©eige 
fcpön  patte,  er  bringt  auf  genaue  ©inpattung  beS  XafteS,  auf  prägifen  SluSbrud 
jeher  eingetnen  9?ote.  ©in  guter  ©efangteprer  aeptet  barauf,  bap  bie  Sdjiiter  ipre 
oolte  Stimme  opne  alte  Xrägpeit  oernepmen  taffen,  bap  fie  bie  Qäpne  öffnen,  jebe 
Silbe  genau  unb  beuttid)  auSfprecpen,  nidjt  näfeln  ober  mit  gefenttem  Copfe,  fonbern 
mit  erpobener,  freier  Cepte  unb  mit  bem  ridjtigen  Slffeft,  mie  eS  baS  Stüd  erforbert. 
Von  Compofitionen  tarnen  in  unferer  Qeit  üorperrfcpenb  bie  üon  Ortanbo  bi  Saffo 
gur  Stuffüprung.  Ortanbo  fetbft  mie  feine  Söpne  Qerbinanb  unb  fRubotf  napmen 
fidj  beS  ConoiftS  mann  an.  Qe  gröper  ber  9tuf  beS  ConüiftS  für  feine  Seiftungen 
in  StRufif  unb  ©efang  mürbe,  um  fo  mepr  napm  man  bie  Qöglinge  für  Circpen, 
Congregationen  unb  fßrogeffionen  in  Slnfprucp2 3.  Seit  1630  mupten  grnei  Com 
oiftoriften  auep  in  bie  ^»offapede  gefepidt  merben.  Vei  ber  Stuffüprung  ber  gropett 
Singfpiete  im  Qefuitenfotteg,  mie  g.  V.  bei  ber  fßpitotpea8,  ftetlte  baS  ©regori-§au§ 
natürtiep  bie  gröpte  Qapt  ber  föOififer  unb  Sänger.  StuS  ben  Qögtingen  gingen 
nidjt  allein  tücptige  SBett*  unb  OrbenSgeiftticpe,  fonbern  audj  oorgüglidje  Slrgte, 
Veamte  unb  Capetlmeifter  peroor4. 

Studj  an  anbern  Orten  tarnen  neue  Slrmenfonoitte  gu  ftanbe.  Qn  fRegenS* 
bürg  entftanb  baS  Seminarium  Ambrosianum ;  in  ben  OrbenSfatatogen  mirb  feit 
1610  ein  ißater  als  fßräfeft  ber  armen  Stubenten  biefeS  Seminars  genannt6.  Qu 
Sieuburg  mürbe  für  bie  50  Qögtinge  halb  ein  neues  §eim  aus  ben  Don  ben  Qefuiten 
erbettelten  Verträgen  erridjtet.  SluS  biefem  ^>aufe  gingen  oorgüglicpe  Stubenten 
unb  gute  Sänger  peroor;  gugteiep  rnaren  bie  Zöglinge  ein  SJtufter  für  bie  anbern 
Sdjüter6.  Qn  Stmberg  napm  1631  ein  Seminar  für  arme  Stubenten  feinen  Stnfang 
unter  bem  Xitel  „SJtaria  in  ber  Verbannung  in  Stgppten".  Slucp  pier  patten  bie 
patres  gu  Beiträgen  angeregt.  Xie  Stufgenommenen  patten  feine  anbere  Verpfticptung 
atS  Qortfdjritt  in  Söiffenfcpaft  unb  Xugenb  unb  baS  ©rternen  ber  Vota!*  unb  Qm 
ftrumentalmufif 7.  Qm  füefrotog  beS  P.  ^einriep  ©rap,  ber  1650  gu  Xrier  ftarb, 
peipt  eS,  bap  eS  feiner  Siebe  gu  ben  Slrmen  gelang,  gu  SJtünfter  baS  SJtarianifdpe 
£>auS  für  bie  armen  Stubenten  gu  taufen  unb  naep  SJtögticpfeit  burdj  bie  Qdei* 
gebigfeit  oon  SBopttätern  gu  funbieren8. 

Xie  Obern  ber  ©efellfdjaft  rnaren  ängfttidj  barauf  bebadjt,  baS  ©nt  unb  bie 
Vedjte  ber  armen  Stubenten  gu  mapren.  Qn  SJiündjen  mottte  £>ergog  Sßilpetm  ein 
gröpereS  Conoift  erridjten  unb  bagu  audj  bie  (Sinfünfte  beS  ©regorianumS  oermenben. 
SltS  ber  fßtan  bem  ©enerat  unterbreitet  mürbe,  äuperte  biefer  in  feiner  Stntroort  00m 
15.  Quti  1617  an  ben  oberbeutfdjen  ißroüingiat  gartet  grope  Vebenfen.  Xie  Sttmofen, 
fo  fdjrieb  er,  metdje  bem  ©regorianifdjen  Strmenfonoift  üon  meprereit  ©rbtaffern  gu* 


1  ©  tu  £>  e  n  0  0 1 1  a.  a.  0.  171  ff.  4  Sie  Sifte  bei  ©  t  it  b  e  n  0  0  ft  a.  a.  D.  164  ff. 

2  Slawen  ber  ißrofefforen  tonnten  bestjalb  6  33gt.  Flotto  406. 

nidjt  au?bieiben.  Sgl.  19.  unb  21.  9Jtär§  1635  6  Kropf  I  111. 

im  Diarium,  Clm  1550.  7  *  Litt.  ann.  Prov.  Germ.  sup.  1631. 

3  Sgl.  10.  Kapitel.  8  *Necrol.  Prov.  Rhen. 


Strmenfonbifte :  «egeitg&urg.  —  9?euburg.  —  Slmberg.  —  fünfter.  —  Eigentumsrecht.  655 


gemiefen  morben,  ftnb  ol)tte  bie  Vebingung  ber  Verpflichtung  jum  geiftlidjen  ©taube, 
meldje  ber  ^»erjog  jept  oerlangt,  gegeben  morben.  sbeöt)aI6  fann  mit  Ved)t  ge» 
Zweifelt  merbeit,  ob  eine  fofcfje  Verpffidjtung  gegen  bie  Slbfidjt  ber  «Stifter  an  bie 
oon  ihnen  hintertaffenen  Stenten  gefnüpft  merben  fann.  2Bir  (ber  ©eneral  unb  bie 
Stffiftenten)  finb  ber  SVeinung,  bafs  bieS  feineSmegS  ol)ne  Unrecht  gegen  oiele  Sinne 
gefd)ef)en  fann,  menn  bie  Slutorität  beS  Zeitigen  VaterS  nicht  etmaS  anbereS  ent« 
fdjieben  hat1. 

2113  P.  Samormaini  mit  bent  Slrmenfonüift  ©t  ißanfraz  in  28ien  einen  Raufer» 
taufd)  machen  mollte,  bei  bem  ©t  ißanfraz  zu  furz  gefommen  märe,  forberte  ber 
©eiteral  am  12.  SDezember  1626  ben  ißater  auf,  größere  Vüdfidft  auf  ben  Stufjett 
ber  Sinnen  al3  auf  ben  Vorteil  ber  ©efellfcfjaft  ju  nehmen  unb,  falls  ein  SEaufdj 
Ztoifdjen  ©t  ißanfraz  unb  ber  Vurfe  beS  gotbenen  VergeS  ftattfinbe,  fo  oiel  bem 
Konoift  barauf  ju  befahlen,  als  bie  Sifferenj  jmifdjen  bem  SSerte  ber  beibeit 
Käufer  betrage2. 

2Bie  früher3  hielt  man  baran  feft,  baff  bie  ©efellfdjaft  fein  Eigentumsrecht  an 
ben  Slrmenfonüiften  habe.  ®a3  ©utadjten  einer  XheoIogenEommiffion,  melcher  bie 
f^rage  nad)  bem  Eigentumsrecht  oorgelegt  mürbe,  führt  aitS :  ®ie  ©üter  ber  Raufer, 
in  beiten  arme  ©tubenten  unterhalten  merbeit,  gehören  nidjt  ber  ©efellfdjaft,  fonbent 
ber  Kommunität  ber  armen  ©tubenten.  ilnfere  patres,  meldje  biefe  §äufer  ein* 
gerichtet  haben,  fudjten  für  fich  barauS  feinen  zeitlichen  Vorteil,  fonbern  fie  errichteten 
biefeS  2Berf  ber  Siebe,  um  burdj  bie  2Bof)ltätigfeit  frommer  Veidjett  ber  Vot  ber 
armen  ©tubenten  ju  £>ilfe  ju  fontmen.  Sludj  bie  SBopltäter  haben  ihre  Sllmofeit 
unb  Venten  für  bie  armen  ©tubenten,  nicht  für  unfere  Kollegien  gegeben.  Oie  Ver» 
raaltung  fontmt  ber  ©efellfdjaft  ju,  rneil  fie  allein  biefeS  Söerf  eingeridjtet  hat,  unb 
ihr  ift  bieS  audj  leidjter.  OaS  mar  auch  meift  bie  Slbfidjt  ber  ©penber;  finb  in 
ber  Stiftung  anbere  für  bie  Vermaltung  genannt,  fo  muh  beobadjtet  merben. 
Ohne  Verlegung  ber  ©eredjtigfeit  barf  oon  biefen  ©tiftungen  nichts  für  bie  ©efell« 
fdjaft  oermanbt  merben,  aud)  baS  nicht,  maS  burd)  unfere  befonbere  SDlütje  gefamtitelt 
ift.  ES  ift  nicht  allein  geraten,  fonbern  feljr  nüplidj,  menn  bieS  ben  SluSmärtigen 
befannt  gegeben  mirb;  mir  haben  nichts  als  bie  SJlülje  unb  Saft,  unb  mir  finb 
meiter  nidjtS  mie  Vormiinber  unb  Kuratoren  in  ber  Vermaltung  ber  ©üter  oon 
SKünbeln  unb  SVinorennen4. 

2SaS  hier  oon  Trennung  beS  Vermögens  ber  Slrmenfonoifte  oon  bem  Vermögen 
ber  Kollegien  gefagt  mirb,  moKte  man  in  Vom  auf  alle  Konoifte  angemanbt  miffen. 
©o  ridjtete  VitelleSdji  am  21.  Oftober  1623  eine  ftrenge  Vlaljuung  an  ben  ober« 
beutfdjen  ^Srooingiat  Eljriftopf)  ©renzing  über  baS  Verhalten  beS  Oillinger  KonüiftS« 
regenS,  ber  häufig  ©peifen  unb  ©etränfe  in  baS  Kolleg  fcpidte.  £$n  biefer  ©adje 
fei  nicht  auf  ÜVahhaltung,  fonbern  auf  oöllige  Slbfchaffung  za  bringen;  ber  VegenS 
bürfe  nidjtS  bergleidjen  fdjiden  unb  ber  Veftor  nichts  annehmen.  §ier  in  Vom 
pflegen  mir  oon  ben  oon  uns  geleiteten  ©eminarien  gar  nichts,  aud;  nidjt  einmal 
einige  menige  grücljte  als  ©efdjenf  anzunehmen.  OaS  foK  aud)  bort  fo  gehalten 
merben.  ©ollte  eS  maljr  fein,  maS  man  fdjreibt,  bah  ber  VegenS  auf  Koften  beS 
KonoiftS  me  fyront  beS  KollegS  tündjen  lieh,  f°  tnünfdje  idj  nidjt  allein,  bah  foldje 
Oinge  in  ber  .Qufunft  unterbleiben,  fonbern  aud),  bah  baS  Kolleg  bie  Koften  bem 
Konoift  erftatte 5. 


1  *  0rig.«91eg.  Ad  Germ.  sup. 

2  *0rig.=3teg.  Ad  Austr. 

s  «gl.  33b  1,  ©.  311). 

4  *  Dubia  theolog.  Patribus  deputatis  deci- 


denda.  Xer  Xitel  bon  ber  §<mb  beS  P.  gorer. 
Original  iit  9Jt.  ®en. » SJegiftr.  1568/14. 
«gl.  ©tubenboll  a.  a.  0.  117. 

5  *  Orig. «Steg.  Ad  Germ.  sup. 


65G 


9teunte§  Kapitel.  Sontiifte. 


Sie  SSemertung  ber  ®ontiifte  im  allgemeinen  als  einer  mancherorts  notwenbigen 
itnb  fegenSreidjen  (Einrichtung  blieb  biefelbe  mie  in  ber  früheren  ^ßeriobe.  Sie  päpft» 
liehen  Nuntien  gaben  biefer  Überzeugung  mieberholt  AuSbrucE  in  ihren  Sepefdfen 
unb  ^Relationen.  3Cucf;  in  Vom  mar  man  fief»  über  ben  SBert  flar.  Qn  ber  Qn» 
ftruftion  tiom  26.  ^uni  1624,  melche  bem  Kölner  SRuntiuS  Suigi  (Earafa  bei  feiner 
Abreife  nach  Seutfcplanb  mitgegeben  mürbe,  heipt  «3 :  mirb  eine  tiorzüglidje  Auf¬ 

gabe  fein,  bie  fd)on  errichteten  Seminare  ju  pflegen  unb  bie  (Errichtung  neuer  ju 
bemirfen;  in  foldjen  Arbeiten  finb  bie  SSäter  ber  (Sefettfdjaft  Qefu  bemunberungS» 
mürbig.  SeSioegen  hot  $h1'  Vorgänger  (ber  SRuntiuS  SRontorio)  ©djritte  getan, 
um  bie  Väter  nach  ^ranlfurt  ju  bringen,  gür  bie  Vermirflidjung  biefeS  planes 
manbte  er  fiep  an  ben  Äaifer,  unb  unfer  £>err  (ber  fßapft)  liep  beSmegen  an  ben 
Nuntius  am  Äaifertjof  fdjreiben,  mit  bem  fidj  (Em.  Roheit  zu  bemfelben  .Quiede  iu§ 
(Eintiernehmen  fepen  füllen.  Ser  Sturfürft  tion  äRainj  hat  ©r  ^eiligfeit  tiorftellen 
laffen ,  bap  eS  jur  Verbreitung  ber  fatholifd^en  Religion,  metdje  in  ber  Unter» 
Pfalz  gup  faffe,  lein  geeigneteres  SRittel  gebe  als  bie  (Erridjtung  tion  ©eminarien 
unb  ^ontiilten  für  ben  rpeinifchen  Übel.  $ur  Ausführung  DiefeS  planes  fönnten 
gut,  fo  fdjlägt  er  ©r  ^eiligleit  tior,  bie  @üter  einiger  SHöfter  feiner  Siözefe  oer» 
menbet  merbeit1. 

Sen  gropen  Vupen  ber  Armenfonüifte  hflt  u.  a.  ber  berühmte  Siroler  Arzt 
©uarinoni  in  feinen  „©remel  ber  Vermüftitng"  im  ^apre  1610  gepriefen  unb  bar» 
auf  pingemiefen,  mie  tiiele  gelehrte  URänner  zu  jeber  $eit  barauS  pertiorgegangen2. 
llnb  ein  neuerer  ©efcpidjtfdjreiber  hebt  peroor:  „(Eine  ber  fegenSreidjften  Stiftungen, 
meldje  man  ben  ^efuiten  tierbanft,  finb  bie  ©eminarien  für  bie  ftubierenbe  ^ugenb, 
b.  i.  bie  ßoft»  unb  (ErziepungSpäufer,  zunädjft  für  unbemittelte  talentierte  ©tubenten 
beftimmt,  melcpe  bafelbft  unentgeltlich  entmeber  auf  Soften  beS  QnftitutS  ober  mit 
£)ilfe  tion  Stiftungen  burdj  einzelne  ^ßrioate  Unterhalt  unb  (Erziehung  roährenb  ber 
©tubienzeit  erhielten,  aber  audj  ben  Söhnen  bemittelter  (Ettern  zugänglidj,  für  melche 
ein  entfprecpenbeS  ^oftgelb  gezahlt  merben  mupte.  Ser  ©egen  biefer  Stiftungen 
reicht  noch  bis  in  unfere  ßeit  unb  mirb  biefelbe  auch  nodj  lange  überbauern.  .  .  . 
Saufenben  mürben  pierburep  bereits  bie  Pforten  ber  Unioerfität  erfchtoffen.  .  .  .  &’ircpe 
unb  ©taat  tierbanfen  biefen  ^nftituten  unb  ihren  Stiftungen  einen  nicht  beredjenbaren 
©epap  tion  geiftiger  $raft,  ber  zu  ihrem  Veften  für  baS  Seben  gemonnen  mürbe."3 


1  9t  ante,  $äpfte  III,  Sfnpang  190  f.  3  $  entlief),  ißrogr.  tion  ®ra^  1872,  70. 

2  ©vetüel  ber  Skrtoiiftung  (1610)  262. 


3 e f) n t e §  Kapitel. 

3)te  ©djulfomäbte. 

Stilgemeine  Setoertung.  (Stoffe,  geit.  Sauer.  —  Sefcpränfungen,  Unfälle  unb  gabeln.  — 
©inmürfe.  —  28eit)nad)tgfpiete.  —  gaflnacptgfpiete.  —  ^Saffiongfpiele.  —  Ofterfpiele.  — 
gronleidjnamgfpiete.  —  SOt^fterienfpiete  au§  bem  Stilen  unb  Plenen  Sefiatnent.  — 
Segenbe.  —  ©efcf)icf)te.  —  Sag  nationale  unb  patriotifcpe  ©tement.  —  SRoratitäten.  — 
Sotentang.  • — Dratorien. —  Sie  £auptbicf)ter:  2töancini,  SJtafen,  Salbe,  Bibermann. 

©in  tjeröorragenber  gorfdjer  auf  bem  ©ebiete  ber  Sheatergefdjicfjte  f)at  über 
ben  Söert  ber  gefuitenbramen  geurteilt:  „@g  ift  ungmeifettjaft,  bap  bie  gefuitem 
bramen  eine  Beachtung  üerbienen,  bie  ihnen  big  f)eute  nidf)t  genitgenb  gefc^enft  mürbe. 
Sag  f utturfjiftorifc^e  Moment  fommt  babei  in  elfter  Sinie  in  dtecpnung.  .  .  .  Bein 
theatergefdjid)ttich  betrachtet  hcdten  fie  ein  tünftterifdfeg  ©djaufpiet  bei  aller  Stuper« 
tidjfeit  aufrecht,  unb  fie  ermeifen  ficfj  aud)  auf  biefem  ©ebiete  atg  Bemaprer  ber 
fftunfitrabition,  bie  ohne  fie  gu  ©runbe  gegangen  märe,  ©ehr  richtig  fagt  gtg  in 
feiner  fcfjörten  ©tubie  über  Stnbrea  bet  :  ,Sie  $unft  ber  gefuiten  !am  mie  ein 
grüf)ting§fturm.  ©ie  Ratten  ben  gauber  ber  garbe,  ber  SJtufif/"1 

gn  Begug  auf  bie  päbagogifdje  SBertbemeffung  mirft  ein  gadjmamt  in  ber 
neueften  fritifcfjen  ©efdjicfite  beg  Stadjener  gefuitengpmnafiumg  bie  grage  auf,  „ob 
fid)  bie  Befdjäftigung  ber  gugenb  mit  ttjeatralifchen  Singen  üom  päbagogifdjen 
©tanbpunfte  aug  überhaupt  rechtfertigen  taffe".  Sie  Stntmort  lautet:  „Siefe  grage 
mup  unbebingt  bejaht  merben.  ©rinnern  mir  ung,  metchen  2Bert  bie  gefuiten  mit 
9ied)t  auf  bie  atg  ©prechübungen  im  gropen  ©tit  aufgufaffenben  Seftamationen  legten! 
SBaren  biefe,  befonberg  bie  fgenifdjen,  !aum  etmag  anbereg  atg  ©cpaufpiete  im  fteinen, 
unb  lief?  eg  fid)  bei  ben  Sialogen  ber  gnftmiften  ferner  entfcheiben,  gu  metcper  ber 
beiben  öerfdjmifterten  ©attungen  fie  gu  rechnen  feien,  fo  muffte  bag  ©cfjaufpiel  in 
gleichem  SJiape  mie  ein  Seftamationsftüd  ben  ©djüter  gu  beutlidjer  Stugfprad)e  unb 
finngemäpem  Bortrag  beg  Sateinifdjen  ergiepen.  Stber  nicpt  bagu  allein.  Sag  öffent¬ 
liche  Stuftreten  mupte  jegtidje  Befangenheit  beg  ©cpüterg  öerfcheudjen  unb  gab  ihm 
©etbftbeherrfchung,  nötigte  ihn,  auf  gute  Körperhaltung  unb  fdjöne  Bemegungen  gu 
adjten,  tauter  Borgüge,  bie  mir  im  ©inne  beg  griedjifdjen  ©rgiepunggibeatg  aucf) 
unferer  gugenb  münfcpen.  Unb  ber  Berfouenreid)tum  ber  gefuitenbranten,  00m  titera* 
rifchen  ©tanbpunft  aug  bebenftidj,  biente  bagu,  bap  ber  ergiepticpe  ©inftup  fotcper 
Stufführungen  einer  gropen  Stngapt  ©cpüter  gu  ftatten  tarn.  Stitd)  bie  ©itte,  bap 
man  nicht  ftetg  literarifd)  erprobte  Sramen  aufführte,  fonbern  meift  ber  SRagifter 
bag  oon  feinen  ©djütern  barguftettenbe  ©tüd  fetbft  oerfapte,  barg  mancpeg  ©ute  in 


1  2t.  ö.  353  eiten  in  geitfd)rift  für  beutfdjeg 
2tttertum  unb  beutfd)e  Siteratur  XLI  (1897), 
2lujeiger  (5.  281.  gür  bie  weitere  gorfdjung 
bemerft  32Beiten:  „(Sine  ©efcf)id)te  beg  gefuiten- 

Sutjr,  ©e|djic§te  ber  3efuiten.  II. 


bramaS  ift  notmenbig  unb  fie  tnirb  fid)  öon 
einzelnen  gorfd)ern  nur  atg  23rot>inäiatgefd)id)te 
löfen  taffen,  um  bann  eüentuetl  pfammen- 
gefafjt  p  merben"  (@.  282). 


42 


658 


3et)nte§  Kapitel.  $ie  ©dfulfomöbie. 


ficf).  Stuf  bie  Strt  tonnten  gtoar  nicfjt  immer  (Stüde  oon  größerem  Söerte  entftet)en, 
aber  eS  fam  bod)  oieleS  gum  33orfd)ein,  maS  nod)  ^eute  unfer  ^ntereffe  feffelt.  Stuf 
jebett  $att  bitbete  bie  SIbfaffung  eines  fotcben  X^eaterftücfeS  für  ben  jungen  SJtagifter 
eine  mertootle  fpradjliche  unb  metrifdje  Übung  im  Sateinifdjen,  mitunter  aud)  im 
®eutfd)en.  2öaS  t)ier  fdjübigenb  mirfen  tonnte,  mar  einzig  baS  Übermaß  ober  bie 
SSernad)täffigung  midjtigerer  Stufgaben  ber  ©djule.  SDaoor  marnten  aber  ftetS  bie 
SSerorbnungeit  ber  Obern."1 

®ie  SluSgeftaltung  ber  ©djulfomöbie  in  unferem  3eitraum  Ü*  überaus  reidj 
unb  oietgeftattig.  SEBie  früher  finben  mir  2Seihnad)tSfpiete,  PaffionSfpiete,  Ofterfpiete, 
gronleidjnamSfpiete  unb  gaftnadjtsfpiete  oertreten,  menn  aud)  bie  Heineren  SDiatoge 
mancherorts  eine  mefenttidje  93efcf)ränfung  erfahren  haben.  ®ie  Zeitige  Schrift  liefert 
oiete  Stoffe,  befonberS  baS  Sttte  Seftament;  aber  aud)  bie  padenbften  ©genen  unb 
©haraftere  beS  Steuen  XeftamenteS  finben  reiche  Serroertung.  Sieben  bem  Sttten 
Xeftament  ift  eS  mohl  bie  Segenbe  mit  ihren  gelben  unb  ^elbinnen  unb  ben  munber- 
baren  @efd)ef)niffen,  metdje  am  meiften  auSgebeutet  mirb.  SefonberS  üben  bie  Zeitigen 
als  Patrone  beS  SanbeS  unb  ber  ©tabt  immer  mieber  if)re  StngiehungSfraft  auS; 
fpiegelt  ficf)  in  ihnen  ja  aud)  ein  gutes  ©tücf  33obenftänbigfeit  unb  (peimatsliebe. 
StuS  letzterem  ©runbe  mirb  auch  immer  unb  immer  mieber  bie  @efd)id)te  aufgefcf)tagen, 
um  33egief)ungen  gu  ©tabt,  Sanb  unb  bem  angeftammten  gürftenhauS  gu  finben  unb 
gu  üert)errlid)en.  $n  oieten  biefer  ©tüde  putfiert  ftarfer  Patriotismus  unb  tiefe 
Stnhänglidjfeit  an  bie  ®pnaftie.  S)ie  geftlidjfeiten  im  gürftenhaufe,  ©eburt,  S3er» 
mähtung,  Stüdfefjr  beS  dürften  oott  ber  Steife  ober  aus  bem  Kriege  ober  fonftige 
frohe  ©reigniffe  geben  Stnlafs,  burd)  eine  entfpredjenbe  fyeier  baS  SSotf  enger  mit 
bem  gürftenljaufe  gu  oerbinben.  SDie  ©röfje  unb  33ebeutung  beS  SanbeS  ober  ber 
©tabt,  ©ieg  unb  ^rieben  feiern  eigene  ^cftfpiete. 

ÜUtandje  ®ramen  fugten  aufjer  gefchidjtlidjen  ^enntniffen  aud)  bie  StttertumS» 
funbe  gu  oermittein.  @o  befchreibt  ©eorg  ©tenget  in  einem  33riefe  oon  Qngolftabt 
an  feinen  23ruber,  ben  S3enebiftiner  fö'art  in  ©t  lllrid)  (StugSburg),  23.  Oftober  1605, 
bie  Stufführung  beS  „QgnatiuS  SJtartpr"  oon  P.  Stgricota  in  ^ngotftabt,  mobei  bie 
römifchen  Stiten  beS  Opfers,  ©olbatentänge  gur  @f)re  beS  SJtarS,  Stufgug  beS  StaiferS 
mit  großem  ©efotge  genau  bem  römifdjen  ^erfommen  nadjgebilbet  maren2.  3)er 
griedjifche  Opferritus  ift  genau  bargeftellt  in  bem  „Qafon"  beS  P.  ©lagiuS3. 

Stnbere  Stoffe  raerben  beShatb  gemähtt,  um  ben  $ampf  gegen  bie  Safter  ber 
3eit  unb  beS  SanbeS,  £runffucht,  SSöCterei,  SitpuS  ufm.,  nad)briidlid)er  aufnehmen 
gu  tonnen.  $u  biefen  Stoffen  faun  man  aud)  bie  ©rneuerung  ber  alten  Sotentänge 
rechnen,  in  benen  ber  £ob  bie  Torheit  beS  SafterS  unb  bie  Sergänglidjfeit  atteS 
Qrbifdjeit  in  braftifdt;  ergreifenber  Söeife  oor  Stugen  führt,  ©ingbramen  bgm.  Dra= 
torien  fünbigen  fd)on  baS  fommenbe  ßeitalter  ber  Oper  an.  Polemifcfje  ©tüde  mie 
„®er  lutherifdje  33ettlermantel",  aus  fyliden  aller  ^äretifer  gufammengenät)t,  ber 
gaftuadjt  1602  gu  Sftündjen  aufgefüt)rt  mürbe,  oerfdjminben  im  Verlauf  unferer 
Periobe  faft  gang.  ®aSfelbe  gilt  oon  ben  ©tiiden  ber  alten  ßlaffifer;  einmal  finben 
fid)  bie  Captivi  oon  piautuS  in  Sceuburg  1649.  9J?t)thotogifd)e  Stoffe  finb  fef)r 


1  2t.  grip,  $a3  2Iad)ener  2>efuitengt)mna= 
fium  (geitfcprift  be§  2(ad)ener  ©efd)id)t3oerein§ 

1906)  168  f.  ©oettje  I)ebt  in  einem  2tuffope 
über  bie  ©infüprung  ber  beutfcben  ©pradje  in 
$okn  (1813/14)  Ijeroor:  „63  paben  bie  8e= 
fuiten,  bie  gemif)  mußten,  mie  man  9Jtenfd)en 

ju  bepanbetn  Ijat,  ba§  ©d)aufpiel  mit  in  ben 
fßtan  itjrer  ©rgiepung  aufgenommen."  SBerte 


(SubetaUiSgabe  1912)  XXXVII  36.  58g[.  58b  I 
6.  325;  91.  ©cpeib,  Sie  bramatifcpen  ©cpüter= 
auffütjrungen  (1901)  5  ff. 

2  ‘Criginat  Clm  617,  f.  91. 

3  58gl.  ben  2ejt  bei  Süljr,  Iason  fabula. 
©in  ©d)nlbrama  be§  Seüütcn  2bomaä  ßtagiuS. 
ORöffeler  fßrogr.  1899,  38  f  unb  Sitctbtatt  oben 
6.  380. 


Stoffe.  —  —  Sauer.  659 

feiten.  Slufjer  einem  „fperfuteg  om  ©cfjeibemege",  tueldfer  in  Sßien  aufgefiifjrt  mürbe, 
finbet  ficf;  nodj  bie  „Slrgonautenfage"  öermertet. 

Siefe  gäbet  non  „gafon"  fpiette  bag  ©pmnafium  ju  Stöffet  §  erb  ft  1634,  atg 
ber  ermlärtbifcf)e  SBifcfjof  Stifot.  ©gpggfomgti  gunt  erftenmat  bag  öon  if)m  geftiftete 
©pmnafium  befudjte.  Ser  Serfaffer  ift  P.  St)omag  ßtagiug  (Ittage),  ein  ©rmtänber, 
geb.  1597  gu  fpermgborf  (®r.  Stttenftein),  geft.  gu  Stöffel  1664.  „gn  bem  ©ebraud) 
ber  frtteinifcfjen  ©pradje  geigt  Staging  eine  gang  augerorbentticffe  ©idjertjeit  unb 
©emanbttjeit;  er  oerfügt  über  eine  unenbtidje  gütte  unb  SJtannigfattigfeit  beg  Slug» 
brudg.  Sei  feinen  Sidjtungen  fdjimtnert  bag  ftaffifdje  Sorbitb  beutticf)  burd),  nidjt 
jebocf;  fo,  baff  mir  itjn  bei  einer  bireften  Stadfbitbung  ober  ungefcfjidten  Sntletjnung 
ertappen  fönnten;  er  fpiett  gteidffatn  mit  ©ebattfen  unb  Söenbuitgen  ber  römifdjen 
Sidjter,  bie  er  ooflftänbig  bef)errfct)t,  fo  baff  mir  oft,  namenttid)  in  ben  Iprifcfjen 
Partien  beg  Sramag,  einen  ftaffifdjen  Sidjter  oor  ung  gu  tjaben  glauben.  Surd) 
Setefentjeit  in  ben  atten  Stutoren  allein  ift  biefe  Srfdfeiuung  nicf)t  gu  erftären;  ein 
gemiffeg  bidjterifdjeg  latent  merben  mir  itjm  entfd)ieben  guerfenneit  müffen."1  Ser 
Stjarafter  beg  „gafon"  atg  eineg  ebetn,  magemutigen  gelben  ift  trefftief)  tferaug« 
gearbeitet,  „gafon",  ber  fo  gefiel,  baff  er  modfentang  bag  ©efpräcf)  bitbete,  ift  in  ber  Sat 
eineg  ber  öorgüglicf)eren  ©tüde  ber  gefuitenbütjne.  Sie  Strgonautenfage  fommt  bariit 
gu  einer  tebtjaft  bramatifdjen  Sarftettung,  ^ofje  giete  unb  ebte  Segeifterung  befeeten 
bie  §etben,  ber  Siatog  mirb  furg,  fdjtagenb  unb  fpannenb  meitergefüifrt.  Sfjöre  unb 
Steigen  nacf)  bem  ftlange  ber  üötufif  am  ©nbe  jeben  sidteg  ertjöfjen  Seben  unb  ©djmung2. 

Sie  Sauer  ber  ©lüde  fdjmanft  gmifdjen  2  unb  7  ©tunben;  einige  geftfpiete  nehmen 
2 — 3  Sage  in  Stnfprud).  Sag  Kölner  Srama  „©teptjanug"  (1627)  mürbe  an  bre 
Sagen  gefpielt,  unb  gmar,  mie  bag  ©genar  fagt,  am  16.  Stoüember  öon  1  big  4  Utjr 
ber  1.,  2.  unb  3.  Stft,  baran  fdjtofi  fid)  bie  Verteilung  ber  greife  für  bie  Stfjetorifer 
unb  fßoeten;  am  fotgenben  Sage,  17.  Stooember,  ber  3.,  4.  unb  5.  2tft,  banaef)  mar 
fßreigöerteilung  für  bie  ©d^üter  ber  brei  ©rammatifalftaffen,  am  britten  Sage,  ben 
18.  Stoüember,  mürbe  öon  12  big  5  Ut)r  bag  gange  ©tüd,  alle  5  Stfte,  für  alle  ©tänbe 
unb  Sttter  miebertjott3.  Sag  groffe  Sittinger  geftfpiet  oom  gatjre  1617  beanfprudjte 
brei  Sage:  am  11.  guni  1617  V/2  ©tunben,  am  12  guni  biefetbe  geit  megen  beg 
Stegeng,  bann  am  13.  guni  oon  6  Uf)r  in  ber  griitje  big  1  Utjr  nactjmittagg 4.  Sie 
Ü'omöbie  üon  „@t  gulian"  (ÜDtündjen  1630)  bauerte  tmn  12  big  5  Utjr,  Sibermanng 
„gotjanneg  ßatpbita"  (1638)  Don  12  big  7  Ut)r. 

Sluffer  ben  geftgeiten  unb  auf$ergemöt)nlid)en  ©etegentjeiten  f)at  fic^  eine  beftimmte 
geit  für  bie  Stuffüfjrung  gebitbet,  eg  ift  gemötjntid)  ber  |)erbft:  Snbe  ober  Stnfang 
beg  ©djutjalfreg.  SRandje  ©tüde  mürben  bann  gmei-  big  breinmt,  jebegmat  oor  einem 
anbern  fßubtdum  gefpiett. 


1  »gl.  2  ü  h  r ,  9töffetcr  $rogr.  1899,  25  f. 
Grbb.  28  ff  ber  SIbbntcf  be§  ScpteS,  fotoeit  ber= 
felbe  erhalten.  Sie  Sluffübruttg  fanb  nicht  1633, 
fonbern  1634  ftatt,  toie  2iihr  (S.  22  f)  betoeift. 

2  Ser  Shor  am  Schluff  be§  erfien  31fte§: 

Seni  ephebi  Iasonis,  Candorum 
Nomine.  Ad  modos  Musicos  et  choream, 
Lunulas  manu  praeferunt: 

Quaterni  candores 
De  coelo  splendores 
Duci  gratulamur. 

Luceat  hac  face 
Et  bello  et  pace 

Dux  noster  precamur  uflt). 


Sen  britten  31  ft  fcpliefft  ein  Celeusma  nauti- 
cum  cbori  loco,  nach  beffen  einzelnen  Strophen 
oom  ganjen  6t)or  gefnngen  mirb: 

Ad  navim  valido  pergite  remige 
Et  lentis  properi  solvite  portubus. 

Ser  31utor  fanbte  ein  ßjemplar  an  ben  Kölner 
Üiettor  Hermann  Saöing,  unb  fo  fam  in  ba§ 
ftöltter  Äoüeg.  Sept  in  Äobej  6,  31rd)io  ber 
2lpoftelnpfarrei  ft'öln. 

3  2atein.  Sjenar  ebb. 

4  Sürrmäcpter,  31u§  ber  grithjeit  be§ 
gefuitenbramag  (Jahrbuch  be§  ir»iftor.  SBereinS 
Siüingen  1896)  1779. 


42* 


660 


3el}nte§  Sapitel.  Sic  ©dfullontöbie. 


gn  einzelnen  gaßren  Rauften  fidf;  bie  Sramen.  ©o  1638  in  Sftündßen:  10.  ge- 
hruar  in  ber  Humanität  „SDamoffeS"  (nad)  Cic.  Tusc.),  11.  gunt  „Stanislaus"  in 
ber  gtneiten  ©rammatif,  14.  gunt  „©cßülerträgßeit"  in  ber  britten  ©rammatif,  18.guni 
S.  Grualbertus  in  ber  erften  ©rammatif,  2.  guli  S?ongregationSbrama,  6.  guli 
„(SßoSroe"  in  ber  Ütßetorif,  9.  guli  ABieberßoIung  tion  „©ßoSroe",  5.  unb  7.  Oftober 
„GEalßbita". 

Ser  Ort  ber  Sluffli^rung  für  bie  Sllaffenbramen  finb  meift  bie  eigenen  klaffen* 
gimmer  ober  fonft  ein  geeignetes  ©djulgimmer,  für  bie  größeren  Aufführungen  ge« 
mößnlid)  bie  Aula  ober  ber  £>of  beS  ©pmnafiumS,  gumeilen  aber  aud)  ein  öffent¬ 
licher  fßlafc.  SaS  Söiener  Kolleg  ^ielt  feine  Aufführungen  mandjmal  am  |>of,  unb 
ber  ^aifer  unb  anbere  angefeßene  gufcßauer  hatten  ißre  ^fö|e  an  ben  genftern 
beS  ^oüegS1. 

Sie  Aufführung  auf  öffentlidjen  flößen  fließ  hie  unb  ba  auf  ©dßmierigfeiten, 
tnie  g.  23.  1634  in  dmmeridj.  AIS  man  ben  „Sriumpß  SanielS"  aufführen  unb  um 
12  Ulfr  fdjott  beginnen  mollte,  fdjidte  ber  äftagiftrat  infolge  ber  Sßadjenfcßaften  ber 
ißräbifanten  ben  ©tabtridjter  mit  bem  ©efretär  gunt  Kolleg,  um  bie  fö'omöbie  gu  »er* 
hinbern  ober  nur  ben  ©cßülern  baS  3ufcf>aueit  3U  geftatten.  Audh  brohte  er  unS, 
fo  ergählt  baS  Sagetmcß,  ©träfe  an,  toeil  mir  ohne  ©eheiß  baS  Programm  beS 
©titcfeS  gebrucft  unb  verbreitet  hatten.  AIS  mir  unS  mit  ber  langjährigen  ©emoßnßeit 
entfchulbigten  unb  betonten,  baß  mir  baS  £>erbeiftrömen  beS  Golfes  nidjt  oerhinbern 
föunten,  ging  man  nicht  meiter,  fonbern  ließ  jeben  rußig  gu  bem  ©cßaufpiel  geßen2. 

gn  ©mmeridj  fam  aud)  ber  feltene  gad  öor,  baß  bie  gange  Sßeatertruppe  beS 
$oüegS  nach  auSmörtS  gog,  um  bort  gu  fpielen.  SaS  Siarium  beS  @mmerid)er 
©pmnafiumS  berichtet  barüber:  Am  1.  guli  1647  reiften  P.  fHeftor  unb  ber  9tßetorif* 
profeffor  Sftagifter  ©tael  mit  ben  Sheaterfpielern  nach  Klette  gur  Aufführung  einer 
®omöbie  tior  bem  fö'urfiirften  tion  23ranbenfmrg.  Am  SonnerStag  ben  4.  guli  mürbe 
unter  Seitung  beS  P.  Üleftor  unb  beS  SJfagifterS  ©tael  bie  ®omöbie  aufgeführt  oor 
bem  ^urfürften  griebrid)  SBilßelm  (bem  ©roßen)  unb  feiner  ©emahlin  Suife  oott 
Oranien  unb  bem  übrigen  £>of.  9tadj  23eenbigung  ber  Homöbie  (eS  mar  „Philipp 
ber  ©ute"  unb  „Ser  betrunfene  23auer")  mürben  bie  ©cßaufpieler  am  §ofe  gurüd- 
gehalten  unb  in  einem  befonbern  gimmer  mit  P.  fReftor  unb  Sftagifter  ©tael  berairtet. 
Am  greitag  ben  5.  guli  führte  P.  Üteftor  bie  ©pieler  nacf)  ©nimerid)  gurüd.  Am 
21.  guli  erhielten  bie  Stßetorifer  befonbern  £oßn  für  bie  große  äftüße  bei  ber 
Aufführung  einen  freien  AuSgang  nad)  ^eüelaer3. 


1  33gl.  Conspectus  Univ.  Viennens.  III  148 
(für  1G22). 

2  *Hist.  coli.  Embric.  Sie  ißerioche  Trium- 

plius  Danielis,  Daniel  Triumpberende  Speel- 
sche  wijse  vertoont  van  de  edele,  voortreffe- 
lijke,  gheleerde  . . .  Jeucht  der  wijt  beroemde 
Schoole  van  de  Societeyt  Jesu  tot  Embrick 
den  10.  Julij  anno  1634  (Sobep  6,  Slpoftelu- 
Pfarrei  Sollt).  SIm  Schluß :  Men  vindtse  te 
koop  by  Samuel  Arentsz,  Boekverkooper  in 
den  Latijnsclien  Bijbel  tot  Embrick.  Über 
bie  ©efd)id)te  biefeS  „belgifcgcn"  Srude?  Ogi. 
ba?  Diarium  Gymn.  Embric.  Sa?  Diarium 
ift  auf  ba?  exoticum  negotium  be?  Srude? 
wie  überhaupt  auf  ba?  ©tüd  nicht  gut  51t 
fprechen ,  baöfelbe  fei  Diel  511  laug  getreten 
(oon  2  bi?  8  Uhr)  unb  habe  ben  (Schülern  wenig 
genügt.  SSier  ©olbaten  hielten  bie  Erbnuttg 


aufrcdjt.  Sem  gimntermann  war  für  bie  ßr> 
ridjtung  ber  Söühue  erlaubt  worben,  oon  febem 
Bufchauer  jwei  bi?  brei  Stüber  311  nehmen. 
Sie  Sßeriodje  gibt  beit  Schalt  ber  fünf 
Handelinghe  in  nieberbeutfcher  Sprache,  gebe 
föanblung  wirb  eröffnet  burd)  ein  lebenbe?  S3ilb, 
ba?  bie  ganje  ^anblung  barftellt  (Swijgende 
vertooningh  van’t  eerste  deel  ufto.),  bann  erft 
folgen  bie  einzelnen  (7—12)  ©jenen.  Sie 
©d)lußfjene  jeber  Jpanblung  gibt  eine  geiftlidje 
©rllarung  ber  gefpielten  tpanblung  (De  Sinn- 
ekens  doen  een  geestelijke  uytlegginge  ufw. 
ober  een  geestelijk  bedietsel).  Sa?  ©ange 
fdjließt  fid)  eng  an  Saniel  Sap.  5  u.  6. 

3  *  Diarium  Gymn.  Embric.  ad  1647.  Sa? 
©tüä  „fßhüipp  ber  ©ute"  ift  wahrfdjeinlid) 
ba?  1645  in  SOtünfter  Oon  Wiafen  aufgeführte 
©tüd. 


Szenarien.  —  Sprache. 


661 


®ie  Einübung  beS  ScfjlufjbramaS  gefcEjat)  üielfad)  in  ber  SBeife,  baff  nadj  ben 
Prüfungen  ber  SDiagifter  ben  ermäfjlten  Spielern  ihre  Sollen  biftierte.  gür  bie 
erften  Übungen  fonnten  audj  bie  gemöfjnlidjen  Sdjulftunben  jur  SSerfiigung  geftedt 
werben.  ®ie  ©eneralprobe  fanb  entmeber  mit  ober  ohne  Koftüme  ftott1. 

21m  Stage  üor  ber  2tuffüf)rung  beS  ®ramaS  rnufjte  ein  Sßater  in  ber  Stabt  ein« 
laben  gehen.  (Singelaben  rnnrben  j.  23.  in  gngolftabt  alle  UniüerfitätSprofefforen,  ber 
Statthalter  unb  bie  SRäte,  ber  SD^agiftrat,  OrbenSleute  ufm.  21ufjer  ben  grauen  ber 
^ßrofe[foren  mürben  auch  onbere  tiornehmere  Samen  gugelaffen.  $ur  Selben  $eit 
mirb  ber  Sheaterjettel  (Argumentum  dramaticum)  an  bem  23rett  ber  21fabemie  unb 
beS  ©tjmnafiumS  unb  an  ben  Kircfjentüren  angeschlagen 2.  Sei  ben  Einlabungen 
mürben  mohl  audj  Schon  bie  SEfjeatergettel,  Szenarien  ober  Sßeriodjen,  bie  eine  üod« 
ftänbige  Sfigge  beS  gangen  StiideS  enthielten,  oerteilt. 

Siefe  „ißeriodhae",  bie  gegen  Enbe  beS  16.  gafjrfjunbertS  auffamen,  mürben  faft 
überall  eine  ftänbige  Einrichtung  unb  mandjmal  in  gmei  21uSgaben  lateinifcfj  unb  beutfcfj 
gebrudt,  üon  bem  „St  21brian"  (Süftündjen  1606)  je  300  Exemplare  in  lateinifcher 
unb  beutfdjer  Sprache.  Später  mürben  bie  ißeriodjen  häufig  nur  mehr  beutfd)  ge« 
brudt,  mahrfdjeinlidj  megen  ber  Soften;  fie  genügten  ja  auch,  toeil  alle  beutfch  üer» 
ftanben.  2Bar  baS  in  gmeifpradjigen  ©ebieten  nicht  ber  gad,  fo  mürben  bie  Szenarien 
in  ben  beiben  bort  henrfdjenben  Spradhen  üerfafjt.  So  finb  bie  Szenarien  ber  Stüde, 
bie  in  greiburg  in  ber  Sdjmeig  1639,  1642  unb  Später  gebrudt  mürben,  in  bentfdjer 
unb  frangöfifdjer  Spradje  abgefafjt,  ebenfo  bie  ^eriocpe  üon  Sßruntrut  im  gaf)re 
1630  („Sfjeobalb")  unb  bon  Solothurn  1650.  gn  Srient  ftnben  mir  Szenarien  in 
lateinijcher  unb  italienischer  Sprache  (1648)  ober  bei  ben  KongregationSbranten  (1637) 
nur  in  italienischer  Spradje3. 

2luS  ber  Sprache  biefer  Szenarien  fann  auf  bie  Spradje  ber  21uffiihrung  nicht 
gefchloffen  merben.  21bgefeljen  üon  ben  Srarnen  ber  bürgerlichen  Kongregationen 
mürben  bie  Schulbramen  faft  ausnahmslos  in  lateinifcher  Sprache  aufgeführt. 

SaS  Sateinifdje  mar  ja  für  bie  bamalige  gebilbete  Sßelt  feine  tote,  fonbern  eine 
lebenbe  Sprache,  bie  ade  ©ebilbeten  üodftänbig  beherrschten.  2Benn  auf  ben  ©e« 
brauch  ber  SanbeSfpracfje  in  ber  Schule  eine  Strafe  gefetjt  mar,  ber  Seljrer  mit 
feinen  Schülern  nur  Sateinifdj  Sprechen  fodte,  fo  mar  eS  flar,  bah  aucf)  auf  bem 
Theater  nur  Sateinifd)  gesprochen  merben  burfte4.  2Bie  fich  beim  Ttfjeater  ber  grofje 
Vorteil  beS  Sateinifcfjen  in  ber  gnternationalität  einer  lebenben  Sprache  für  ade 
Nationen  geigte,  fo  trat  jebod)  auch  ein  Sftadjteil  hier  redjt  beutlidj  in  bie  Erfdjeinung, 
bie  gurüdbrängung  ber  23olfSfprad)e  in  Kunft  unb  Sßoefie.  gür  baS  gufdjauenbe 
S3oIf  mar  ber  Nachteil  nicht  fo  grofj.  S)aS  23olf  mar  fo  erpicht  auf  bie  IateiniSdjen 
Schaufpiele,  baf}  öfters  üdülitäraufgebote  notmenbig  maren,  um  bie  Drbnung  aufrecht 
gu  erhalten  ober  mieberfjergufteden.  £)er  ©runb  lag  aufjer  ber  dieugierbe  unb  ber 
fßrachtentfaltung  barin,  bafj  burcfj  bie  beutfdjen  ißeriodjen  ber  ©ang  ber  einzelnen 
Sgenen  erläutert  unb  bereu  SSerftänbniS,  auch  menn  man  bie  einzelnen  Säpe  ober 
SBorte  nicht  üerftanb,  mandjmal  bis  ins  fleinfte  oermittelt  mürbe.  So  mirb  audj 
bie  Ergriffenheit  ber  Sdfaffe,  üon  ber  bie  23erid)te  fo  oft  ergäben,  eher  üerftänblicf). 
®agu  fam  noch  fre  SOlufif,  bie  fchon  früh,  befonberS  für  bie  Eljöre  23ermenbung  fanb. 


1  91  i  er  a.  a.  0.  60  f.  *  Diarium  coli. 
Landish.  1642. 

2  *Directorium  generale  pro  Gymn.  Ingol- 
stad.  Clm  26  469,  f.  240  ff. 

3  Sie  Jßruntruter  ißeriodje  Triumphus  veri- 
tatis  Pom  Sabre  1608  bringt  ben  gangen  Sejt 

aber  nur  lateinifcfj.  Sweifpradjige  ©genarien 


f.  oben  fßruntrut  ©.  295,  ©olotljurn  ©.  291, 
Srient  ©.  222. 

4  ©ine  21u3nafjme  bilbet  eine  teitloeife  grte« 
djifdje  Äomöbie  „Sfjeobofiuä",  bie  1630  in 
©mmeridj  gefpielt  tourbe.  *  Hist.  coli.  Embric. 
ad  ann.  1630. 


662 


3djnte§  Staphel.  SBie  ©djulfontöbte. 


@o  fjeifct  eg  in  bem  9J?itncf)ener  SDiarium  gitm  Qahre  1601,  baff  jeber  tympanista  unb 
tibicen  einen  Ijalben  glor.  erhielt,  mag  fcfjon  atg  geU)öf)nlicf)er  Soljn  geforbert  mürbe. 

®ie  SSülfne  mürbe  meift  für  bie  jemeilige  Stuffülfrung  aufgefc^tagen.  SDiefeg  Stuf« 
fdjtagen  mar  bet  größeren  Sühnen,  mie  ber  in  ber  Stuta  ju  ©tünchen,  fef)r  umftänbtid) 
unb  forberte  niete  Strbeit.  Qtr  einigen  größeren  Kollegien  finben  mir  aber  auch 
fcfjon  ftänbige  fefte  Sühnen.  Über  bie  Sühne  beg  SEßiener  föottegg  berichtet  ber  ©e« 
fdfidjtfdjreiber  beg  Söiener  STtjeaterg:  „®ag  ®ottegium  erhielt  1650  ein  groffeg  2t)eater 
unb  eine  fteine  Übunggbühne.  Seftaretto  er^ätjtt:  ,®ie  ©deuten  finb  nid)t  non  ge« 
ringer  ©teganj  unb  befinbet  ficf)  ju  allert)öd)ft  ein  ^errtidjeg,  fdjötteg  unb  groffeg 
Stubitorium  famt  einem  baranftofjenben  SEtjeatro  für  bie^omöbien;  beSgleic^en  ficfjer 
nirgenbg  bei  benen  PP.  S.  J.  gtt  feiert ;  fotdjeg  Stubitorium  t)at  auf  beibett  ©eiten 
nie!  ^enfter;  jurüd  in  ber  £>öt)e  einen  großen  ßfjor  für  bie  SOtufifanten;  obentjer 
ift  eg  mit  fauberer  SEifdfterarbeit  betafett,  mit  nergotbten,  großen,  gemailten  Sattb« 
fdjaften,  Saubmerf  unb  anberem  ©emäht:  oornljer  aber  mit  einer  prächtigen  fjaffabe. 


©runbrtfe  ber  Sefuitenbüljne  ju  Süßten.  Sülufrijj  ber  tMuitenbüfiue  su  Süßiett. 

(9tad)  Furtenbach,  Architectura  recreationis  1640.) 

großen  Sdbertt  unb  fdjöner  Strdjiteftur  augftaffiert.  hierauf  folgt  bag  Theatrum 
in  feiner  fßerfpeftioe,  fo  fdfier  größer  ttnb  länger  atg  bag  Stubitorium  fetbft,  unb 
fann  man  bie  barin  ftetjenben  Seenas  öfterg  atg  jmötf«  big  breije^nmat  augenblidlidj 
neränbern.  SJtetjrbefagteg  Stubitorium  ift  fo  grof?,  baff  eg  bei  3000  SJtann  fafjt. 
$n  bem  llntergebäu  ift  nod)  eilt  fteinereg  Stubitorium,  metdjeg  aucf)  ein  mof)t  ge« 
madjteg  unb  mit  ettidjen  Scenis  gejierteg  £f)eatrum  fiat,  atlf)ier  Ratten  bie  unteren 
Schuten  ihre  ^rioatfomöbien  unb  ®eftantationen.‘"  „®ie  SDeforationen  unb  Stug« 
ftattung  biefer  Süffne  merben  in  beit  ©tidjen,  meldfie  bem  Qefuitenbrama  Pietas 
victrix  beigegeben  finb,  erfidjttidj.  .  .  .  ®er  itatienifd)en  Sarodbütjne  abgetaufd)t  ift 
hier  bie  ard)iteftonifd)  umrahmte  Sorberbühne,  ftanfiert  burd)  mächtige  fReiterftatuen, 
unb  ber  ftreng  perfpeftioifdfe  Stufbau.  Sefonberg  d)arafteriftifd)  ift  bie  groffe  Ser« 
menbung  beg  Suftraitmeg.  gtug«  unb  2öotfenntafd)inen,  funftootte  ©eriifte  finb  burd) 
bie  eigentümliche  SDoppelfjaiibtutig  ber  bargeftettteu  ®ramen  bebingt  unb  jeugen  in 
it)rer  Stugfütjrung  für  bie  raffinierte  £f)eatertecf)nif  ber  geit.  ©reffe  ©cf)tach)ten,  gauje 
Seegefechte,  für  bie  ber  hintere  ©rabett  befonberg  gut  ju  oermenben  mar,  fann  biefe 
33ü^ne  mit  Seidjtigfeit  üürfüfjren,  glimmet  unb  §ötte  bieten  ihr  feine  ©djmierigfeiten." 1 


1  2t.  o.  SB  ei  len,  ©efd).  be§  SBietter  SSbeaterdefenS  25  f. 


9tu3ftattung  ber  93iit)ne. 


663 


Sie  Sühne  beg  ©raget  ^eftfpieleS  im  ^af)re  1640  befdfreibt  ein  ©rager  «fpiftorifer 
alfo :  „Sie  gan^e  93reite  beg  großen  ^oKegShofeg,  155  gufj  meffenb,  mürbe  gegen  bie 
Storbfeite  f)in  big  gur  §öf)e  beS  SadjeS  in  bie  eigentliche  Sühne  tiermanbelt.  Somit 
bie  gu  breite  Slugbehnung  bett  Überblid  nicht  fjinbere,  maren  gu  beiben  ©eiten  fanft 
auffteigenbe  $uliffen,  Serge  tiorftellenb,  gur  ©infdjlieffung  beg  Sül)nenraumeg  errichtet. 
Siefer  hatte  eine  Siefe  öon  23  guft,  fdjien  aber  burd)  einen  funfttioü  gemalten 
§intergrunb  in  größere  fernen  gu  führen.  Socf)  eigentlid)  mar  eg  nicht  eine  Sühne, 
fonbern  gmei;  benn  über  berfelben  erhob  fid)  im  §intergrunbe  auf  hohen  ©äulen 
eine  aitbere,  mie  eine  ©alerie  gebaut,  mit  Stumen  unb  ©tatuen  finnreich  gefdjmüdt 
unb  im  Innern  fo  in  Serbinbung  gebradjt,  bafj  bie  ©djaufpieler  leidet  tion  ber  einen 
gur  anbern  gefangen  tonnten."  Sie  Sarfteüung  beg  ©tiideg  „Ser  Sroppet  ©liag" 
entfaltete  eine  grof)e  SDZafcfjinerie.  „Sa  fah  man  einen  tebenbigen  Staben,  ber  mit 
Srot  im  ©cfmabel  non  ber  fpöfje  beg  fö'ollegiumg  in  bie  §öf)le  beg  (Slias  auf  ber 
Sühne  flog;  ba  mürbe  ber  $öniggfo£)n  0gocf)iag  tion  ben  Rinnen  ber  Surg  herab« 
geftürgt  mit  fotdher  Säufdjung,  bafj  man  anfangs  glaubte,  eg  fei  mirftid)  ein  Unglttd 
gefchehen.  SZidjt  ininber  täufchenb  mar  ber  ©turg  ber  ^ejabel  unb  bie  3erfleifdjung 
ihres  Seidjnamg  burd)  bie  §unbe,  ba  bie  fßuppe  berfelben,  mit  Sfut,  gleifdjftüden 
unb  ©ebeinen  gefüllt,  Oor  ben  erfdfredten  Sliden  ber  3ufdjauer  geraffen  mürbe. 
Sann  fah  man  Siefanten,  Sörnen,  Sären  unb  gange  gerben  tion  Slffen,  bie  fid)  auf 
ber  Sühne  herumtummelten,  bann  Sänge,  ©peerfpiefe,  3tt>eifämpfe,  Olefechte  unb 
©iegegaufgüge." 1 

gür  ba§  f^eflfpiel  (Salomon  redivivus)  gur  Sröffnung  ber  Slfabemie  in 
OSnabrüd  (Oltober  1632)  mürbe  bie  Sühne  in  folgenber  SBeife  hergerichtet:  „Sie 
fötaler  bemalten  21  gehn  gmf)  h°t)e  unb  gmölf  gmf)  breite  Safeln  mit  ben  für  bie 
©generie  nötigen  SarfteHungen.  Sa  brei  ©d)auplä|e  in  bem  ©tüde  tiorlamen,  fo 
maren  brei  ©ruppen  tion  Silbern,  jebe  gu  fieben  Safein,  herguftellen.  Sie  erfte 
©ruppe  führte  bem  3ufd)auer  bie  ©ebäube  oor  Slugen,  meldje  ber  ®önig  ©alomon 
bemohnte,  unb  bie,  meldje  er  für  bie  §ohenpriefter  unb  Sorfteher  ber  ©d) ule  erbaute. 
Sie  gmeite  ©ruppe  brachte  Söälber  unb  Sinöben,  burd)  melche  bie  Stationen  tion 
öerfchiebenen  Stichtungen  her  gu  bem  friebreid)en  Könige  ftrömten,  um  ihm  ©efdjenle 
bargubringen.  Sie  britte  ©ruppe  geigte  ben  föteergott  SZeptun  mit  ©efolge  unb  bie 
Ungeheuer  beS  ÜÖZeereg  in  ben  fturmgepeitfd)ten  Sßogen  fchmimmenb,  unb  einen  3ug 
hochragenber  ©d^iffe,  melche  bem  ©alomon  bie  ©chäpe  ferner  Sänber  guführten.  Sag 
Ordjefter  hatte  eine  Sänge  non  100  guf)  unb  eine  Sreite  tmn  50  gatfj.  Saljinter 
lag  bie  Sühne.  Stuf  berfelben  ftanben  gmifdjen  ©äulen  brehbare,  breiedige  fötafchinen, 
an  beneit  bie  oben  befdjriebenen  ^uliffen  befeftigt  maren."2  Sie  Sühne  mar  im 
£)ofe  beg  ß'oHegS  errichtet.  Sie  3ufd)auer  fa£)en  tiom  §of  unb  ben  ^enftern  ber 
benachbarten  ©ebäube  gu,  ber  gürftbifdjof  unb  anbere  tiornehme  Seilnehmer  non  ben 
genftern  beg  ©peifefaaleg. 

Sie  Soften  maren  mandjmal  nicht  gering.  Sie  Slufführung  beg  „SBilfjelm 
tion  Slquitanien"  1612  gu  ©rag  foU  5000  glor.  gelüftet  haben3,  bie  für  baS  $eft« 
fpiel  „grang  datier"  in  2Bien  1640  13000  glor. 4  ^oftbare  ©emänber  mürben 
tiielfad)  tion  h°^en  $erren  unb  dürften  geliehen,  fo  in  Siüingen  1617,  mo  bie 


1  iß  ein  lief),  fßrogr.  1870,  37.  $ie  93ül)ne 
be§  75eftt£)eater§  im  ©eminarfjof  ju  $iHingen 
1617  mar  60  guf;  breit  unb  107  fguff  lang. 
Sodjner  öon  £üttenbacf),  3efuiten!ird)e 
ju  Gillingen  18. 

2  3  a  e  g  e  r ,  $ie  Schola  Carolina  Osna- 

brugensis  71;  ögl.  ebb.  76.  —  Über  bie  33iU)ne 


ögl.  nod)  9t.  $iirr  mödjter,  Sßoit  ber  ©d)ut« 
büfjne  in  alter  unb  neuer  Seit,  in  &od)lanb 
1908,  581  ff,  unb  $erf. ,  gafob  ©reifer  unb 
feine  $ramen  (1912)  122  ff. 

3  ®rone§,  Uniöerfität  ©raj  15.  6iel)e  oben 
©.  334. 

4  9t.  ü.  28 eiten  a.  a.  0.  22. 


6G4 


3el)ntel  Sabitel.  ®ie  Sdjulfomöbie. 


ßoftbarfeit  biefer  ©etuänber  gmang,  baS  ©tücf  rnegen  beS  fHegenS  gu  unterbreiten. 
®ie  Seftreitung  ber  Soften  für  bie  ßomöbien  rourbe  gumeilen  fogar  in  bie  ©tiftungS* 
urfunben  ber  Kollegien  aufgenommen  K 

®ie  ©tubienorbnung  oon  1599  patte  in  ber  13.  Siegel  beS  SteftorS  beftimmt, 
bafs  feine  roeiblic^e  Sfolle  ober  föleibung  gugelaffen  toerbe.  ©egen  biefe  Siegel  toanbte 
fiel)  ein  ©utaepten  auS  ber  öflerreid^ifd^en  ißrooing:  2öaS  bie  nreiblicfjen  Sollen  an« 
geü)t,  fo  fönnen  biefetben  in  ben  ©rauten  mie  „gubitp",  „©ftper"  ufm.,  too  eS  fiep  um 
bie  ^auptroüe  panbelt,  nic^t  auSgefd^toffen  merben,  ober  man  miipte  alle  bergleicpen 
©tücfe  auSfcpeiben,  maS  nicf)t  immer  möglicp  ift.  Söeiölicpe  9fot(en,  bie  opne  9iot 
eingefcfjaltet  merben,  fönnen  opne  ©epaben  auSgelaffen  merben1 2.  ®ie  Unmöglicpfeit, 
bie  meiblicpen  Sfollett  gang  anSgumergen,  mürbe  auep  in  bem  ©utaepten  ber  ober» 
bentfc^en  üßrooing  oom  gapre  1602  ftarf  betont,  gn  ber  früheren  ©tubienorbnung 
pabe  man  fiel)  barauf  befcfiränft,  gu  fagen,  eS  füllten  nur  anftänbige  (honestae) 
grauenrollen  gugelaffen  merben,  unb  baS  fcfjeine  baS  Sficptige.  gn  ber  Slntmort 
bemerfte  Slquaoiüa,  fcf)on  früher  fei  für  Oberbeutfcplanb  in  biefem  fünfte  eine  ©iS* 
penS  gegeben  morbett,  nur  fottte  bieS  feltener  gefepepen  unb  nur  ernfte  unb  befepeibene 
grauenrollen  gugelaffen  merben3. 

21n  biefe  Seftimmungen  f;ielt  man  fiep  aber  niept  fef>r  ängftlic^,  unb  befonberS 
bei  geftfpielen  glaubte  man  etmaS  roeiter  gelten  gu  bürfen.  gn  bem  guli  1612 
in  ©rag  gu  ©pren  beS  §erS°9g  Söil^elm  oon  SBapern  gegebenen  geftfpiel  „©er 
pl.  Söilpelm,  §ergog  oon  Slquitanien"  fommen  gepn  meiblicfje  Siollen  oor,  barunter 
bie  §offräulein  ©ailbiS,  ©eltilbiS,  9fterilbiS  unb  SaüilbiS,  bie  oon  ©pntajüften  unb 
©rammatifern  gefpielt  mürben,  mäprenb  bie  gürftin  23altilbiS  oon  einem  Sffpetorifer 
gegeben  mürbe,  gn  bem  1629  gu  ®onftang  gefpielten  ©tücf  Dapiferi  traten  aept 
SRpmppen  auf. 

©S  gefepap  in  Segug  auf  bie  bramatifepen  Aufführungen  geitmeilig  an  einigen 
Orten  beS  ©Uten  eper  gu  oiel  als  gu  menig,  unb  roie  früper  mürben  auep  in  unferer 
^Seriobe  Oerfcpiebentlicp  Klagen  laut,  gn  einem  öfterreiepifepen  ©utaepten  gut  ©tubien* 
orbnung  oon  1599  mirb  bemerft:  gn  93egug  auf  bie  §äufigfeit  mirb  gefehlt,  gunt 
großen  ©traben  für  ©tubien  unb  geit;  auep  fann  man  fiep  mit  ben  gürften  nicht 
entfchulbigen ;  man  mirb  ipnen  bie  bereits  üblichen  ©tücfe  beim  ©cpulanfang  unb 
gu  gaftnaept  nicht  üermeigern,  unb  menn  fie  fpegiell  um  ein  ©tücf  bitten,  aber  man 
foll  auep  nicht  mieber  unb  mieberum  folcpe  anbieten.  ©ie  Aufführung  füllte  mög* 
lichft  menig  ^»inberung  bringen  unb  nicht  gu  lang  fein.  ©S  ift  nämlicp  gar  nicht 
nötig,  bei  ber  ißreiSOerteilung  eine  lange  unb  müpfame  ^omöbie  ober  ©ragöbie  auf* 
gufüpren,  ein  Dialog  oon  2  bis  3  ©tunben  mirb  genügen.  ©aSfelbe  gilt  oon  gaft* 
naept,  unb  auep  bann  füllten  nur  eines  unb  nicht  oerfepiebene  ©tücfe  oon  ben  $on* 
oiftoren  unb  ben  ©pternen  aufgeführt  merben.  SSeiterpin  märe  SSorforge  gu  treffen, 
bafj  ber  Seprer  nicht  bie  gange  Saft  ber  gnfgenierung  unb  Einübung  bei  größeren 


1  Urfunbe  für  3)iHingen  1606  Flotto  243. 
Sutneilen  »erben  Magen  über  bie  groben  Soften 
laut,  g.  33.  1622  unb  1645  in  ^ngolftabt  (Acta 
Facultatis  Artisticae  W.  11.  D.  I  4).  ®ort  ttmrbe 
and)  1625  über  bal  guüiele  Printen  ber  (Spieler 
93efd)toerbe  erhoben:  Visum  est  liic  annotare 
in  futuram  cautelam,  nisi  attendatur,  ab  Ac- 
toribus  in  Comoedia  enormiter  potari,  uti 
hoc  anno  factum ,  quo  e  solius  Facultatis 

crumena  (praeter  amplam  pecuniam,  quam 
post  dedit  Rmus  et  Illmus  Princeps  et  Praesul 

Eystachianus  Comoediae  spectator)  in  eam 


rem  ad  23  florenos  insumserunt  (ebb.  f.  143T). 
—  Über  Stulgaben  für  ®ramen  unb  bal  Cubi- 
culum  scenicum  in  Söltt  f.  bal  Shtlgabeubud) 
bei  Tricoronatum  oon  Safen,  Söln,  Stabt* 
arcE)it>  U  IX  685,  befouberl  bie  3“^  1627, 
1629—1636.  —  Qu  ben  Satalogen  fteljt  bie 
Dbforge  für  bie  Stjeatergarberobe  all  ein  eigencl 
Stint  fefjon  1603  in  ©rag  nergeiepnet,  fpüter  aud) 
in  anbern  Soüegieu. 

2  *Epp.  Austr.  II  26  f. 

3  Ratio  stud.  II  488. 


Söeftfjränfuncjcn,  Unfälle  lutb  gabeln. 


665 


©tiiden  hat,  treit  fonft  gu  biefer  Jeit  bie  eigene  ©djule  üernacfjläffigt  mirb  l.  Jn 
ber  öfterretdf)ifcf;en  fßroüing  mürbe  fdjliejslid)  in  jeber  Klaffe  jährlid)  ein  Srama 
non  ungefähr  brei  Viertelftunben  erlaubt  in  ungebunbener  Vebe,  mit  Ausnahme 
meniger  93erfe,  unb  ein  mäßiger  fgenifcfjer  Apparat.  ©ingelabeit  merbeit  bie  ©rften 
ber  anbern  Staffen,  nicf)t  aber  beren  Sefjrer.  SaSfelbe  fanit  in  ber  Humanität  gefdjehen 
nnb  für  bie  SIuffüEjrung,  menn  man  miü,  bie  afabemifdje  Aula  benüpt  merbeit2. 

2Bie  biefe  äußeren  Verljältniffe  fidj  in  SBien  geftatteten,  fdjilbert  ber  ©efdjidjt- 
fdjreiber  beS  SBiener  SljeaterS3:  „Sie  Jeit  bis  gu  Seopolb  I.  bilbet  bie  Vorbereitung 
gur  Vlüte  beS  JefuitenbramaS.  Sie  Jafjl  ber  jäfjrlidjen  Sluffü^rungen  mehrt  fidj 
beträdjtlidj.  ©djon  1602  mirb  gu  Vegimt  beS  ©djuIjaljreS,  im  Jafdjing  unb  gu 
Jronleidjnam  gefpielt,  bann  fontmen  ©ebenftage  beS  OrbenS  unb  feiner  .^eiligen  unb 
feftlidje  Anläffe  in  ber  faiferlicfjen  Jamilie  fjingu,  fo  bafj  um  1630  fünf  bis  fed)§ 
Aufführungen  gur  Vegel  merbett.  SDabei  finb  bie  fleinen,  in  ber  (Schule  üom  lßro= 
feffor  üeranftalteten  fgenifdjen  Übungen  nicht  mitgerecfjnet,  bie  gunädjft  mof)l  feinen 
tljeatralifdjen  ©Ijarafter  Ratten,  halb  aber  menigftenS  Koftüme  üermenbeten.  Sie 
großen  (Spiele  finb  oft  oon  foldjer  AuSbefjnung,  bafj  fie  auf  grnei  Sage  »erteilt 
merben  müffeu,  ifjr  ©rfolg  macht  mehrmalige  Aufführungen  notmenbig,  gu  benen 
audj  bie  Väter  ber  «Stabt  beigegogen  merben.  ©efpielt  mirb  nachmittags,  bie  Sauer 
ber  Vorftellung  beträgt  gemöfjnlidj  gmei  ©tunben;  hoch  beljneit  fie  fidj  auch, 
fonberS  burdj  bie  mufifalifcfjen  unb  djoreographifd)en  ©inlagen,  auf  5  bis  6  ©tunben 
auS;  ba  aber  fühlen  fidj  bie  geiftlidjen  Veranftalter  Perpflicfitet,  fidj  beim  Kaifer  gu 
entfchulbigen,  ber  immer  gnäbigft  üerficfjert,  nidjt  einen  Augenblid  Sangemeile  Oer- 
fpürt  gu  hoben.  Sie  Vühne  ift  ber  §of  beS  Kollegiums,  für  befonberS  grofje  Ve» 
anftaltungen  ber  VlaiJ  am  §of.  ®tft  1620  mürbe  „im  neuen  Aubitorium"  mit 
bem  Srama  üom  hl-  jßanfratiuS  ein  mirflicheS  Sheater  eröffnet4.  9Rit  befonberem 
ifßrunf  mürben  bie  großen  ©djaufpiele  auSgeftattet.  ©nbe  Oftober  1608  gogen  im 
Srama  üom  1)1-  Seopolb  bie  ©hoffen  unb  ©aragenen  gegeneinanber  in  mädjtigen 
feeren  auf,  fjotf)  3U  Vofj  unb  Su  ^ufj,  in  blinfenben  Lüftungen  unb  Angügen, 
mie  fie  bis  bafjin  in  SSieit  noch  nicht  gefehen  morben  maren.  .  .  .  ©ang  befonbern 
Anlafj  gur  ©langentfaltung  bot  bie  Jubelfeier  beS  OrbenS  1640,  bie  fogar  ben 
ÜDionardjen  üon  ber  Jagb  in  ©berSborf  nach  ber  ©tabt  rief.  Sa  mürbe  im  £>of 
beS  KollegS  ein  großes  allegorifdjeS  ©djaufpiel,  bie  Verufung  beS  JrangiSfuS 
3caüeriuS  fchilbernb,  üorgeführt.  Jn  ber  SRitte  beS  jßlapeS  ftanb  eine  grün  ummum 
bene  ^Spramibe,  bie  ber  Diame  JefuS  frönte.  Auf  üier  Sheatern  in  ben  ©den  er* 
fdjienen  bie  üier  Seile  ber  ©rbe,  gange  Ketten  üon  SampionS  —  bie  Vorftellung 
fanb  auSnahmSmeife  um  4  Uljr  abenbS  ftatt  —  fdjlangen  fiel)  üon  einem  gum  anbern. 
ÜRadj  einem  Te  Deum  traten,  als  9Rufif  unb  ©efang  fdjmieg,  Ijunbert  Knaben  in 
meinen  unb  roten  ©emänbern  üor  unb  fangen  ^jpmnen  auf  bie  ©efedfdjaft  Jefu, 
beren  Sob  in  langer  Anfpracfje  ihr  ©eniuS  üerfünbete.  Sa  geigten  fiep  auf  ben 
bisher  üerbedten  Vüljnen  bie  Weltteile  in  Vilbern  unb  ©ruppen,  auf  ber  Sßtjramibe 
entgünbete  fich  ein  Jeuermerf,  baS  fiep  über  bie  üier  Sheater  fortpflangte.  Veite» 
fdjaren  gogen  üon  ihnen  herab,  ©ngel  ftimmten  ihre  ©efänge  in  üerfdfjiebenen  ©pradjen 
an;  ben  ©pilog  hielt  mieber  ber  ©eniuS,  unter  fßaufen  unb  Srompeten  mürbe  gegen 
10  Uhr  biefeS  ©djaufpiel,  üiel  gu  früh  für  &ie  ©djauluft  ber  galjllofen  Jufefjer, 
befcplofjen."  5 

Jn  einem  ©utachten  auS  ber  oberbeutfdjeit  ^Sroüing  aus  ber  erfteit  ^älfte  beS 
17.  JahrhunbertS  peipt  eS:  Sie  Sramen  an  ben  üier  unteren  Klaffen  füllten  ent» 


1  *Epp.  Austr.  II  26  ff.  3  21.  0.  28  eilen  o.  a.  D.  21.  4  116er  bie 

2  *  Consuetudines  Prov.  Austr.  1640,  102  gornt  biefer  23ül)ne  f.  ebb.  25.  5  Gbb.  22. 


666 


gcljnteg  Kapitel.  Sie  ©dnüfontöbie. 


meber  ganz  abgefd^afft  ober  bocf;  fehr  feiten  bemidigt  merben.  33et  beren  Abfaffung 
unb  Gsinübung  oerlieren  bie  Setjrer,  bei  bem  Au?menbiglernen  unb  ben  fßroben  bie 
@cf)üler  oiele  $eit.  Sie  jätjrticf)  aufzuführenbeit  Komübien  füllten  fo  abgefajgt  luerben, 
baff  fehr  oiele  Spüler  Sloden  erhalten  fönneit  unb  fo  junt  Stuftreten  unb  §um  freien 
furdjtlofen  Sprechen  augeleitet  merben 1.  Stuf  ber  oberbeutfdjen  ^rooinjialfongregation 
üom  ^a^re  1636  mürbe  bie  grage  öerljanbelt,  ob  bie  feenifcfjen  Seflamationen  in  ben 
Staffen  ganz  abgefdjafft  merben  füllten.  ÜÖlan  ^iett  bafiir,  fie  nicht  ab^ufcfjaffen, 
aber  aud)  nicf)t  ber  Söidfür  ber  Sefjrer  zu  übertaffen,  fonbern  ber  Seftimmung  ber 
Obern  anffeunjugeben.  Sefonber?  fode  SJiaf)  im  fzenifdjen  Apparat  gehalten  unb  bie 
Schüler  anberer  klaffen  füllten  nidjt  eingelaben  merben.  Stucf)  fei  e?  nicht  gut,  in  ben 
SJlarianifdjen  Kongregationen  jährlich  ein  ©tüd  aufzuführen,  ba  burd)  bie  häufigen 
Stuffüfjrungen  bie  Stubien  zu  oiel  gefd)äbigt  mürben.  Sie  ©dpiler  müßten  iljre 
Sloden  au?menbig  miffen  unb  be?!jalb  bie  Rillte  jum  Stbtefen  entfernt  merben. 
©ouffleure  (Suggestores)  bürften  geftattet  merben.  Slan  müffe  rechtzeitig  ben  @cf)ü- 
lern  ben  ©toff  jum  Au?menbiglernen  übergeben.  93ei  ben  Seflamationen  feien  mirf* 
liehe  Sieben  ober  ©ebidjte  üorzutragen,  nicht  ein  ©emifd)  üon  Siebe,  (Stegie  unb  Obe2. 

Sie  fDlonita  ber  rfjeinifdtien  fßroüinzialfongregation  oorn  3ahre  1615  betonen:  Sie 
fzenifdjen  Sarftedungen  fotten  feiten  fein  unb  ohne  fßoffen.  Sie  öffentlichen  Stuf» 
führungen  merben  höcfjften?  alle  brei  3uhre  ftattfinben  unb  mehr  auf  Erregung  ebler 
Slffefte  gerichtet  fein.  Sie  Sarftedungen  in  ber  ©djule  füllen  fich  burch  ©leganj  ber 
Sprache  unb  mürbeüollen,  medjfelreidjen  ©til  au?zeid)nen  unb  fo  oiel  al?  möglich 
fzenifchen  Stpparat  oermeiben3. 

Aud)  an  allerlei  Sheaterunfäden  fehlte  e?  nidjt.  ($?  mar  noch  nicht  fdjlimm, 
menn  einige  ßufdjauer  megen  be?  ftarfen  fßulüerbampfe?  ba?  Sheuter  öerliefien, 
ober  menn,  mie  1637  ju  fdlündjen,  in  einem  ju  @l)ren  be?  Sleuburger  fßrinjen  rafd) 
infjenierten  Drama  tumultuarium  ber  ©preefjer  be?  f]SroIog§  beim  britten  Sßort 
fteefen  blieb  unb  bie  ^eiterfeit  ber  .Qufdfauer  erregte4.  Stber  aud)  fdjlimmere  Unfälle 
liefen  fich  nicht  immer  oermeiben.  Sei  ber  Aufführung  be?  geftfpiel?  „Karl  ber 
©rohe"  auf  bem  SJlarftplape  ju  Aachen  im  3Qt)re  1640  erzählt  bie  (55efcf)icf)te  be? 
Aachener  Kolleg?:  „Sladjbem  man  einen  üollen  SJlonat  in  häufigen  groben  geübt 
hatte,  mürbe  auf  öffentlichem  SJlarfte,  mo  ber  SJlagiftrat  auf  feine  Koften  eine  Sühne 
hatte  bauen  taffen,  ein  ©djaufpiel  gegeben,  bem  eher  Klagen  al?  Seifadläufjerungen 
gefolgt  mären,  menn  nicht  ber  allgütige  @ott  ba?  Ungliid  abgemenbet  hätte.  Am 
Slanbe  ber  Sühne  brach  nämlich  ein  Sailen,  unb  mehrere  Spieler,  mit  gejüdten 
©djmertern  unb  anbern  SBaffen  oerfehen,  ftürjten  üon  ber  h°hen  Süljne  tjernü  zu 
einem  mirren  Knäuel,  ©djon  fürchtete  man  mit  Sledjt  menigften?  zahlreiche  Ser- 
munbungen,  aber  nur  einer  mar  am  Sein  oerlejjt,  ba?  in  ben  nächften  Sagen  heilte."5 

Sin  anberer  Unfall  mirb  üon  ©Iah  im  3ahre  1642  berichtet.  Ser  (SrzherZ°g  Seo* 
polb  mar  auf  feinem  SZarfdje  mit  bem  faiferlidjen  £>eere  bafelbft  angefomnten,  unb 
bie  ^efuiten  moUten  ihn  burdj  ein  ©chulbrama  ehren.  Sa  e?  noch  bie  3eiten  be? 
Sreifjigfährigen  Kriege?  maren,  mufjte  ein  ©chmebe  mit  bem  Kaifer  fechten  unb 
natürlich  ßerlieren.  Obgleich  bie  Sorfdjriften  ber  Orben?obern  berartige?  oerboten, 
glaubten  bie  Säter  in  @Ia|  fidj  barüber  megfetjen  zu  biirfen  unb  mieteten  ztuei  ge- 
manbte  Rechter.  Ser  ben  „Kaifer"  oorftedenbe  ^edjter  üermunbete  ben  „©dfmeben" 
au?  Unadjtfamfeit  ein  menig  an  ber  $anb,  morüber  biefer  fo  böfe  mürbe  unb  fo 
allen  (Srnfte?  auf  ben  „Kaifer"  einbrang,  bah  berfetbe  enblidj  auf  bie  Knie  nieber- 

1  *Clm  26469,  f.  207  ff-  Non  videtur  tutam  liuiusmodi  tumultuarias 

2  *Congr.  Prov.  Germ.  sup.  1636.  actiones  Principibus  exhibere. 

3  *  Cod.  Bamberg.  II  in  fine.  6  81.  grip,  Sag  2Iad)ener  Sfcfuitengtjmna* 

4  Sag  *  Diarium  Clm  1554  bemerft  ba^u:  fium  177. 


33efdjränfungen,  Unfälle  unb  gabeln. 


667 


fanf,  um  ©nabe  unb  um  Sehen  fcittenb.  hiermit  mar  ttatürlicf)  ba§  gange  ©piet 
oerborben,  unb  3 mar  bor  ben  Etugen  be§  ©rgpergogS  unb  ber  gufcpauenben  EJJettge *. 

©tue  ©rfinbung  ift  ein  äputicper  UnfaE,  ber  bom  |)itbe§peimer  ^efuitent^eater 
atfo  ergäptt  mirb:  ,,^m  ^afjre  1631  liefen  bie  ^efuiten  ein  gropeg  ©cpaufpiel  auf* 
fiteren,  mogu  ber  Stoff  aug  ber  ©efcpicpte  beg  Oreipigjüprigen  Krieges  genommen 
mar.  SSon  gtuei  ©pietern  patte  ber  eine  bie  3ioEe  beg  Königs  ©uftab  2lbolf,  ber 
anbere  bie  beg  ©eneralg  f£iEp  übernommen.  33eibe  famen  gu  fßferbe  bor  unb  mufften 
miteinanber  fämpfen.  E?acp  bem  fßtan  beg  ©tiicfeg  füllte,  mie  fiep  benfen  läpt,  2iEp 
ben  föampfplap  bepaupten,  aber  gutn  größten  Etrger  ber  ©epaufpietbireftoren  menbete 
fiep  bag  93Iatt  auf  eine  gang  unermartete  Sßeife.  ®enn  alg  StiEp  ben  ß’önig  im 
EJameit  faiferlicper  Eftajeftät  anrebete  unb  fragte,  marum  er  opne  ©runb  unb  Urfacpe 
beg  peiligen  römifepen  Üteicpeg  ©runb  unb  Soben  betreten  pabe,  unb  bag  btinb* 
gelabene  fßiftol  auf  ipn  lüfte,  fiel  ©uftab  SIbolf,  feiner  Slnmeifung  gemäp,  niept 
bom  fßferbe,  fonbern  bergap  Orbre  unb  EtoEe  in  ber  £)tpe  unb  feptug  bem  ©enerat 
bag  SWorbgemepr  fo  peftig  um  bie  Dpren,  bap  er  bom  fßferbe  ftürgte  unb  patbtot 
bon  ber  23üpne  getragen  raerben  mußte."2 

©rftnbungen  finb  gteiepermeife  bie  Eluffüßruttgen,  in  benen  £utg  ober  Sittper 
auf  offener  23üpne  bem  geuer  ober  bem  Xeufel  übergeben  fein  foEen.  „ßmo  Eherne 
ßeitung"  berbreiteten  im  ^apre  1614,  „mie  bie  Qefuiten  ein  ©omoebi  ge  EEiotßpeim 
agirt  unb  £>errn  Ooctorent  Sutperum  burep  einen  Teufel  gerreipen  moEeit,  aber  ber 
reepte  erfcpröcfticpe  SLeufel  ift  fommen  unb  pat  einen  ^efuiten  in  ©tutfen  gerriffen: 
2H§  ber  elfte  teufet  ben  Sutper  gerreipen  moEen,  fommt  mit  gropem  ©efepret  ber 
breigepnte  erfcpröcfticpe  STeufel  perbei  unb  greift  mit  gropem  ©rimmen  benjenigen  an, 
fo  ben  Sutper  gerreipen  foEen,  unb  gerreipt  benfelben  im  Slngeficpt  beg  SSotfeg  gu 
©tucfen,  bap  ipm  bag  £>erg  unb  bie  ©ingemeib  bor  bie  güß  gefaEen,  metepeg  mit 
gropem  ©epretfen,  ßittern  unb  ßagen  bon  bem  umftepenben  Sßolf  augenfcßeinlicp 
gefepen.  ®aß  aber  biefe  ^iftori  mapr  fei,  ift  fie  bon  gtaubmürbigen  fßerfonen  in  unter* 
fdjiebticpe  bornepme  Orten  gefeprieben  morben."  SBenn  bie  „Eieroe  Leitung"  ber 
bamaligen  ßeit  feine  meitere  ^Beglaubigung  pat,  fo  müffen  fotepe  afigemeine  „glaub* 
mürbige  fßerfonen"  unb  „unterfepiebtiepe  bornepme  Orte"  ftetg  perpatten. 

SOiefefbe  „Eieme  Leitung"  meip  auep  mit  benfelben  SBemeifen  bon  einer  $8er= 
brennung  Sntperg  unb  einer  ESerbrennung  bon  |>ug  gu  beriepten:  „Ettfo  bor  ettiep 
$faßren  paben  fie  ein  ©omebi  gu  ©onftang  gepalten  unb  ben  Qopann  puffen  noep* 


1  Schmidt  1  773  f. 

3  9t ein t).  50t ii Iler,  £)itbeSheimer  5$rogr. 
1901,  8  f.  Seine  gleichzeitige  Quelle  ermähnt 
ein  berartigeS  ©tüd;  bie  erfte  fDtelbung  gefd)ief)t 
in  bem  ber  S3erf)errlid)ung  ©uftaö  SlbolfS  ge= 
mibmeten  93ud)e  „Sreifacher  fd)tüebifdE)er  2or* 
beerfranz"  (1.  SSucf),  3.2t,  ©.379),  tneldjeg 
1633  erfchien  unb  ben  fßrebiger  9L>7attf).  2ung= 
miß  pm  Serfaffer  bat.  Siefer  fd)ilbert  pm 
gahre  1631,  mie  SiHt)  bie  ©ad)fen  unt  iljr 
Seelenheil  unb  ihre  ©eligleit  bringen  mill.  Sn 
biejer  Serbinbung  fjeifet  eä  bann:  11m  „biefe 
Seit  hielten  bie  Seiten  ju  |)ilbe§l)eim  eine 
Comoedi . . . ;  benn  berjenige,  fo  be§  Silit)  fjterfon 
rebräfentiert  (meil  ber  regierenbe  Sönig  non 
©d)mebeit  if)m  ju  gefdfroinb  mar),  in  etmad  ju 
hart  getroffen  morben,  alfo  bafj  er  00m  fltferbe 
gefallen,  baß  man  iljn  Ijat  megtragen  müffen". 
9tnn  folgt  bie  Senbenj:  „Siefer  ^attbel  ift  bon 


teils  Satljolifdjett ,  fonbertid)  aber  bon  allen 
(Sbaugeliftfjen  für  ein  fonberlid)  Omen  gehalten 
morben.  3IIfo  baß  ber  ©raf  Silit)  3hre  fönigl. 
5Dtafeftät  §u  ©djmebett  uid)tS  anßaben,  fonbern 
bon  ihm  übermunbeu  merbett  foHte,  mie  beim 
aud)  hentad)  gefchehett  ift."  Surj  borher  (©.  378) 
bringt  Sungtoiß  bie  gäbe!  bon  bem  jefuitifd)en 
Sittentat  auf  ©uftab  SIbolf  (bgl.  24.  Sabitel). 
©ine  anbere  gäbet  berichtet  *5Reiffenberg 
junt  gal)re  1645 :  ©in  gefuitenbrama  foHte  in 
^ilbeShcim  jur  ißerhöhttung  ber  ©chmebeit  auf^ 
geführt  morben  fein.  Sie  ©efanbten  bon  IgilbeS* 
heim,  bie  bei  SönigSmard  maren,  hören  bott 
biefem,  er  toerbe  bafür  9tadie  nehmen,  ©ie  for* 
bern  beShalb  ben  ftieftor  bon  §iIbeSl)etm  auf, 
baS  Srama  p  fd)iclen.  Ser  9tettor  millfahrte. 
SllSbann  ließen  bie  ©efanbten  bie  Somöbie 
brnefen  unb  überreichten  fie  bem  ©enerat,  ber 
baburd)  beruhigt  mürbe  (II  540). 


668 


Qefjnteä  Kapitel.  ®ie  ©djuttomöbie. 


malen  oerbrennen  motten :  aber  mie  ein  großer  Vranbfdpaben  barauS  entftanben,  ift 
männigfidp  Bemüht.  ^Desgleichen  gu  SSien  oor  acpt  .Qapren  paben  bie  ^efuiten  ben 
Sutper  nodj  einmal  oerbrennen  motten,  e§  fiat  aber  ber  gerechte  ©ott  aud)  bieSmaf 
fein  gerecht  mtfträffidp  Urteil  fepen  baffen  nnb  burd)  ben  Sutper  ipr  gangeS  podp« 
foftfidheS ,  ja  fiirftticpeS  ^otteg  in  Vranb  geftedt."  Qn  ben  festeren  Sßorten  geigt 
fidj  ftar  bie  Senbeng  be§  3edung§fabrifanten.  Sa  bie  gäbet  öief  oerbreitet  mürbe, 
bezeugten  £>auptmann,  Vürgermeifter  nnb  9tat  ber  (Stabt  ^onftang  burcp  Urfunbe 
oon  12.  Segember  1614,  „bap  bie  gange  3ei*  P^,  f°  fang  fiep  eprembefagte  ^SatreS 
ber  ©ocietät  gefu  in  ©onftanp  befinben,  oon  ipnen  gefuiterit  ober  ipren  Unter« 
gebenen  gopann  §u§  nie  gcfpieft,  in  feiner  ©omoebie  nie  agirt,  nocp  roeniger  ber 
bezogene  Vranbfcpaben  baburdp  canfirt  morbett"1. 

Sie  gäbe!  oon  ber  Söiener  Stufführung  mürbe  ebenfalls  ftarf  üerbreitet  aucp 
in  fofgenber  gaffung:  2(m  ©onntag  Duafimobogeniti  (1608)  paben  bie  gefuiter  in 
Söien  eine  fßrogeffion  gehalten.  9cadp  berfelben  haben  fie  ben  ^mnniurn  nnb  ©ret« 
ferum  unb  ein  jßoftcottoquium  introbucirt.  StfS  enbticp  §unniu§  oon  bem  ©retfero 
übermunben  morben,  haben  fie  ipit  gurn  geuer  conbemnirt  unb  im  ©aal  fein  ©ffigiem 
geftedt,  mefdjeS  gurn  Verbrennen  präparirt  gemefett;  fie  paben  Vadett  taffen  an« 
günbeit  nnb  barauf  fdpiepeit.  gnbem  fie  fo  mit  bem  ^unnio  umgepen  unb  au§  grop* 
loden  jubifirt  unb  ba§  Te  Deum  laudamus  fingen,  fcpidt  e§  ©ott  munberbarfid),  bap 
ein  9tadetf  in  ein  ßimmer,  barin  ihren  fjßrooiant,  als  ©ped,  ©cprnatg,  Df  unb  ber« 
gfeidjen  ©acpeit,  fie  gehabt,  fommen  ift,  pebt  e§  an  gu  brennen  unb  fommet  ba§ 
fetter  atternächft  babei  in  ein  ©emötb,  barinnen  fie,  mie  man  fagt,  in  bie  gmötf 
Sonnen  fßufoer  gehabt,  unb  günbet  ba§  gange  ©otteg  an,  bap  ipre  Vibtiotpeca  fammt 
ipren  fßrioifegien  atteS  oerbrunnen.  Unb  mie  fie  bie  gefuiter  fetbft  biefen  ©cpaben 
in  bie  gmötf  Sonnen  ©olbS  fdpäpen  tun,  menn  bem  alfo  ift,  fo  ift  e§  eine  äugen« 
fdjeinlicpe  ©traf  ©otteS.  Sie  gäbet  madjte  gropeS  Sluffepen  in  Ofterreich,  ©teier« 
marf  unb  ben  angrengenben  Sänbern.  Ser  ©tabtricpter  oon  ©rag  fodte  bie  ©e« 
fdpidjte  nadp  SfugSburg  geniefbet  paben.  Stber  laut  ©rftärung  be§  ©rager  ÜDtagiftratS 
oont  28.  Stuguft  1608  muffte  ber  ©tabtrichter  nicptS  oon  ber  ©acpe,  unb  ber  SBiener 
ÜDJagiftrat  bezeugte,  bap  meber  Oon  ber  fßrogeffion  nodj  oon  ber  Vorftetfung  beS 
£mnniu§  unb  ©retfer  in  SSien  etmaS  befannt  fei2.  — 

3ur  Veroietfättigung  ber  Stuffüprungen  patte  nicht  menig  beigetragen  ba§  grope 
Stnfepen,  beffen  fiep  ba§  gefuitentpeater  nicpt  allein  bei  ben  Ä'atpofifen,  fonbern  and) 
bei  ben  fßroteftanten  gu  erfreuen  patte,  ^ßroteftantifepe  ßufdjauer  fpradpen  mieber« 
poft  ipre  grope  SInerfennung  au§.  ©o  roirfte  e§  aucp  ermunternb  auf  proteftan« 
tifepe  ©cpufen  ein.  Ser  9teftor  ber  proteftantifepen  SfnbreaSfdpufe  in  ^ifbeSpeim 
£>einridp  ©öbefeit  bat  am  21.  ganuar  1608  ben  Vürgermeifter  ©priftopp  Sfteper  um 
bie  ©rfaubniS,  eine  Comoedia  publica  aufgufiipren,  „befonbern  auep  man  fid)  auf 
fofdpen  ©dpfag  ben  üermeinenb  funftreidpen  unb  feparffinnigen  gefuiten  bequemtidj 
gumiberfepen  fönnte,  ober  jo  ipn  (ipnen)  etmaS  nadjfommen,  mo  nidpt  guoor" 3.  3U’ 
meifen  ergingen  audp  oon  proteftantifdjer  ©eite  ftrenge  Verbote,  ben  gefuitenfepau« 
fpiefen  beigumopnen.  ©o  mürben  1607  bie  ©cpüfer  in  ^ifbeSpeim,  bie  bem  ©epau« 
fpief  ber  gefuiten  beigemopnt  patten,  mit  9futen  beftraft4.  Qn  ben  fjSrotofoden  beS 
proteftantifdpen  ß’onfiftoriumS  in  Slawen  peipt  eS  gutn  30.  Sfprif  1602:  „SOZatpeiS 
§eufft  unb  ©priftof  Oon  §olfitp  foffen  fiep  fortpin  Oon  ^efuiten«©ommebien  ent« 

palten."5 

1  ßinblattbrud.  58g[.  Gretser,  Libelli  2  Gretser,  Commentarius  in  Satyrara 

famosi  adversus  Card.  Bellarminum  castigatio  Misenicam  (1608)  416  ff. 

1615,  39  f.  ®bb.  36  f  42  f  über  ben  23ranb  3  Dl.  SKülter  n.  a.  D.  (1901)  6. 

in  SJtolsljeitn  unb  einen  äfjnlicfjen  in  9Jtünd)en.  4  ßbb.  7.  5  gfrip  a.  a.  D.  26,  2t.  1. 


Einmürfe.  —  Hirten  unb  Stoffe  ber  Sdjulbramen. 


669 


Sludj  unter  beit  ^atfjolifen  gab  eg  einzelne  ©egiter.  Stuf  bie  Slngriffe  ©djoppeg 
gegen  bag  Jefuitentljeater  antmortete  Jorer  int  Jaljre  1634:  £)?icf;t  mehrere  Monate 
nimmt  bie  Sluffüfjruitg  in  Slnfprudj,  fonbern  alleg  ift  in  ungefähr  brei  SBocfjen  fertig. 
®ie  Dramen  ln  erben  in  SDeutfd^Ianb  meift  im  £jerbft  um  ©t  Sufag  fjeruitt  aitfgefüfjrt, 
alfo  jur  Jeit,  rno  mehrere  läge  Jerien  finb,  in  benen  bie  ©tiide  eingeübt  unb  aug» 
luenbig  gelernt  inerben.  ®ag  bringt  nidjt  allein  beit  ©tubien  feinen  ©cfjaben,  fonbern 
ben  hoppelten  Vorteil,  bafj  bie  ©tubenten  biefe  Sage  nidjt  gan^  müfjig  jubringen 
unb  burdj  biefe  Einübung  eine  gemiffe  Seidjtigfeit  unb  ©ic^erljeit  im  Auftreten  ge» 
Irinnen.  @g  ift  befannt,  mie  aud)  ben  befteit  unb  gebitbetften  Jünglingen  ein  furcfjt« 
fanteg  unb  ungefdjidteg  Auftreten  fdjabet.  SDegfjalb  bitten  nidjt  feiten  bie  Eltern, 
mau  möge  ifjre  ©öfjne  bodj  nidjt  Dom  Sweater  augfcfjliefjen.  ©djöne  Jeugniffe  fönnte 
idj  beibringen  non  folgen,  bie  frei  befennen,  eg  Ijabe  ifjnen  feljr  genügt,  unb  eg  fei 
für  fie  meljr  alg  ©olb  inert,  bafj  fie  in  ber  Jugenb  gumeilen  Stollen  auf  bent  Stfjeater 
gefpielt  fjätten,  too  fie  für  ifjr  fpätereg  Seben  gelernt,  frei  nor  bem  SSolfe  ju  fpredjen 
ober  in  ©efcfjäften  unb  ©efanbtfdjaften  nor  Königen  unb  Jürften  in  Haltung,  ©e» 
bcirbe  unb  ©pradje  ficfjer  aufjutreten.  2Öenn  jumeilen  megen  ber  Slnfunft  eineg 
dürften  bag  fEfjeater  länger  gebauert  Ijat,  fo  gefcfjalj  bieg  auf  Söitten  ber  Obrigfeit, 
benen  bie  Jefuiten  entfprecfjen  mußten.  2öag  bie  23arbarigmen  unb  ©olögigmen 
anbelangt,  rneldje  bie  ©djiiler  auf  bem  fEfjeater  lernen,  fo  finb  jmar  nicfjt  immer 
ältere  Jefuiten  bie  SSerfaffer,  aber  bie  ®ramen  merben  ftetg  notier  non  ben  ©tubiem 
präfeften  genau  gelefeit  unb  geprüft.  Jdj  fann  nerfidjerit,  bafj  idj  niete  non  Jefuiten 
üerfafjte  STljeaterftüde  gefeljen  Ijabe,  bie  in  jeber  Söeife  tüdjtig  roaren.  @g  ift  aud; 
befannt,  mie  feljr  bie  ©efellfdjaft  barauf  bebadjt  ift,  bei  bergleidjen  Sluffüfjrungen 
alleg  fern  gu  f;alten,  mag  ber  llnfcfjulb  unb  fReinljeit  irgenbmie  ©d;aben  bringen 
fönnte.  53ei  ben  ©inübungen  fönnen  ftetg  bie  f^übagogen  ber  ©djiiler  gugegen  fein, 
fo  bafj  jebe  ©efaljr  auggefcfjloffen  ift.  2öie  aber  uad;  bem  ©pridjroort  feine  $ircfje 
fo  Ijeilig  ift,  moran  ber  Teufel  nidjt  eine  Kapelle  baut,  fo  ift  and;  fein  SBinfel  fo 
gefdjii^t,  feine  Sluffidjt  fo  genau,  bafj  nidjt  äßifjbraudj  möglidj  ift.  SSenn  ber 
Seljrer  nodj  fo  feljr  aufpajjt,  mirb  er  gumeilen  getäufdjt.  SDie  ©tüde  felbft  fielen 
auf  SSerebelung,  nidjt  auf  Seidjtfinn.  SDer  einzige  Jtoed  ber  Jefuitenbitljne  ift  bie 
©fjre  ©otteg,  bag  ,!peil  ber  ©eelen,  bag  öffentlidje  Sßofjl.  Jdj  felbft  tnar  alg  Ju» 
fdjauer  31t  Jngolftabt  unb  anbergmo,  alg  bie  SDratneit  über  ben  Xob,  bag  gegfeuer, 
ben  gmölfjäfjrigen  Jefug  ufm.  gegeben  mürben,  unb  fafj  Diele  aug  ben  Jufdjauern 
meinen  unb  fd;Iudjjen.  9(udj  Don  anbern  Orbengleuten  Ijabe  idj  oft  gefjört,  bafj  fie 
erfahren,  mie  aug  biefen  Sßorftellungen  reidje  geifttidje  J-rudjt  ertoacfjfett  fei 1. 

*  ❖ 

SSenn  mir  nunmefjr  barangefjen,  eine  llberfidjt  über  bie  fjauptfädjlicfjften  Slrten 
unb  ©toffe  ber  ©djulbramen  unferer  Iperiobe  311  geben,  fo  mufj  bie  SSoüftänbigfeit 
Don  oornljerein  auggefdjloffen  merben,  meit  fie  gu  meit  füfjrett  mürbe;  eg  fann  nur 
ein  Überblid  mit  einigen  ©ingelfjeiten  geboten  merben2. 


1  L.  Tor  er,  Anatomia  Anatomiae  S.  J. 
(1634)  150  ff. 

2  Sie  fjmmtfädjiidjften  Clueüen  für  bett  Hladj« 
rneil  ber  einzelnen  Stüde  finb  bie  gebrudtcn 
Szenarien  (Periochae)  auf  ben  Öerfdjiebenen 
93ibtiotijefen,  befonberS  bie  grofje  Sammlung 
auf  ber  StaatSbibiiotljef  ju  9Mudjen,  Bav.  4° 
2193 — 2197,  ferner  Serapeum  25.-27.  93anb, 
93  a  l)  l  m  a  u  n ,  gefuitenbramen  ber  nieberrijein. 


OrbeuSbroUinä  (1896),  bie  öerfdjiebenen  9Jiono= 
grapljieu  über  ba3  3efuitenbrama  ober  bie  ge» 
fuitenfoKcgien  ooit  Sürrmädjter,  9ieinlj. 
SJliiller,  9ieinljarbftöttner,  geibler, 
bie  DrbenStjifmrifer  glotto  unb  Sropf  unb 
bie  ^anbfdjriftlidjeu  Sramenfammlungen  in  ben 
öerfdjiebenen  93ibliotlje!en,  enblidj  nidjt  sulefet 
bie  tjaobfdjriftlidjen  Siarien,  Litterae  annuae 
unb  Historiae  Collegiorum. 


670 


Befjnteä  tapitel.  3>ie  ©djulfomöbie. 


23offuet  fagt  in  einer  feiner  berühmten  ©rauerreben :  „®ie  Pon  ©ott  erleuchtete 
unb  burdf)  bie  Slpoftel  unterricfjtete  ^ircße  fjat  bag  ^aßr  f°  eingeteitt,  baß  man  barin 
neben  bein  Seben,  neben  ben  ÜUtyfterien,  neben  ber  *prebigt  unb  Sefjre  ^efu  Eßrifti 
bie  mirflicfje  gündjt  aüe§  beffen  in  ben  mmtberbaren  ©ugenben  feiner  ©iener  unb 
in  ben  S3eifpielen  feiner  Zeitigen,  enbtich  aucf)  einen  geheimnigootlen  Stbri^  beg  Sitten 
unb  Neuen  ©eftamenteg  unb  ber  ganzen  ^irdjengefdjidjte  finbet.  ©aburd)  finb  ade 
feiten  für  bie  Eßriften  fruchtbar;  alleg  ift  barin  Poll  Pon  ^efug  Eßriftug,  ber,  mie 
ber  Slpoftel  fagt,  immer  ^errlid;  ift,  unb  grnar  nic^t  nur  für  fidj,  fonberu  aud}  in 
feinen  Zeitigen,  $n  biefer  ÜJNannigfaltigfeit,  meldje  gang  auf  bie  non  Qefug  (S^riftuS 
fo  brittgenb  empfohlene  heilige  Einheit  hingielt,  finbet  bie  unfcßulbige  unb  fromme 
(Seele  neben  ben  himmlischen  $reuben  eine  fräftige  Nahrung  unb  ihr  Eifer  mirb 
fortmährenb  erneuert."  ©iefe  Sorte  führt  ©upanloup  an  unb  fnüpft  baran  bie 
treffenbe  33emerfung :  „Namentlich  in  einem  öhriftlidjen  ErgiefjungShaufe  bietet  biefe 
fdjöne,  Pon  ber  23erebfamfeit  33offuet§  fo  gerühmte  Einteilung  ber  fatholifchen  $eft£ 
ein  nadj  bem  Sorte  beg  fd-  $aulug  ,für  $Nenfd)en  unb  Engel  liebticheg  ©djaufpiel1, 
bereitet  ben  ßinbern  bie  reinften  greuben  gur  felben  Zeit,  fie  ihnen  bie  wach* 
tigften  Hilfsmittel  gur  ©ugenb  bietet,  gemährt  ihren  Sehrern  bie  tiefften  ©röftungen 
unb  einem  ganzen  ^aufe  mäßrenb  eineg  gangen  Zaßreg  bie  erhebenbfte  unb  frucßt« 
reichfte  Anregung."  ©er  berühmte  $öbagog  gef)t  noch  heiter  unb  behauptet:  „Ein 
in  einem  frommen  Ergiehmtgghaufe  fdjön  gefeierteg  dhriftlicpeg  fjeft  ift  alfo  mehr  a(g 
eine  große  retigiöfe  Erinnerung;  eg  ift  eine  göttlidje  ©atfadje  in  ihrer  gangen  Sirf= 
licfjfeit,  eine  erhabene  Hanbtung,  ein  roahrhafteS  ©rama,  in  meinem  bag  Sort  beg 
Eoangetiumg,  ber  geiftlidje  ©efang,  bie  heiligen  Zeremonien  unb  ber  gegenmärtige 
Ertöfer  $efug  ©hriftuS  fich  ber  ©eeten  bemächtigen."  1  ©iefe  freier  ber  djriftlidjen 
gefte  hat  bag  ^efuitentheater  unterftüßt  unb  geförbert,  mie  eg  auch  fjinmieberurn  ben 
djriftlidjen  heften  bie  mannigfachfte  Anregung  oerbanft. 

„®ie  Qefuiten",  fo  fdjreibt  ein  neuerer  Stitifer,  „maren  fehr  bafür  eingenommen, 
ben  geftgebanfen  f)oher  firdjlid)er  Feiertage  ber  Zugenb  auch  burdj  ^ie  Sühne  nahe* 
gubringen,  um  audj  auf  biefem  Sege  bie  Entmidtung  einer  religiöfen  ©efinnung  gu 
förbern.  ©aß  fie  bei  biefem  Seftreben  gern  auf  bag  Seihnacßtsfeft,  bag  man  ja  in 
Sahrtjeit  bag  geft  ber  Zugenb  nennen  fann,  ihr  Stugenmert  richteten,  mirb  jeber 
öerfteljen.  ©o  tonnen  mir  benn  im  ©iarium  (beg  HitbeSheimer  ßollegg),  toeldjeg 
ung  über  biefe  fteinen,  fich  mehr  im  gamdienfreife  ber  ©cßule  PoUgiepenben  SSor* 
ftettungen  allein  berichtet,  Pon  Anfang  big  gu  Enbe  bag  SeiljnadjtSfpiel,  halb  alg 
feftlicfje  ©ettamation,  batb  gum  förmlidjen  ©rama  erraeitert,  burdj  bie  lange  Neiße 
ber  Zaßre  Verfolgen.  Zn  ben  grammatifdjen  Staffen  mürben  oor  Seihnachten  Grippen 
aufgebaut,  geitmeife  fogar  in  ber  Nßetorif.  Nor  biefer  Grippe  fanben  bie  fefttichen 
©eftamatiouen  ftatt,  ja  bie  kleinen  mußten  fidj  mot)I  gar  mie  bie  frommen  Hirten 
ber  Grippe  näßen  unb  bem  göttlichen  fö'inbe  ißre  ©aben  barbringen."2 

Seihnadjtgfpiele  merben  an  öerfcßiebenen  Orten  ermähnt.  Seißnadjten  1601 
führten  bie  ©djüter  Pon  greiburg  in  ber  ©djmeig  bie  „gdudjt  nach  Ngtjpten",  im 
folgenben  Zaßre  ein  Hietenbrama  auf,  an  Seihnadjten  1604  bie  „©ibpdinifdjen  Seig*  • 
fagungen  über  bie  ©eburt  Eßrifti".  Um  biefelbe  Zeit  fpietten  Sugerner  ©djiiter 
,,©t  Sernßarb",  mie  ißm  in  feiner  Zngenb  bag^efugtinb  erfcßeint;  fpäter,  1649,  „©er 
groölf jößrige  ZefuS  im  ©empel".  Zn  2Bien  merben  Seißnad)tSfpiele  ermähnt  1615, 
in  &öln  1635,  in  Negengburg  1605  unb  1641,  in  äftinbelßeim  1640  („®ie  gludjt 
nach  SXgtjpten"),  in  ^aufbeureu  1636  („©er  fö'nabe  Qefug  in  feinen  Arbeiten").  Slm 


1  D upanloup,  De  l’education  II  95  f  2  3i e i it I).  9Jt ü 1 1 e r ,  ißrogr.  be§  ©tjmnofium 

99.  gofepljinum  in  £>ilbe§f)0m  1901,  46. 


2Beif)nad)t§fpieIe.  —  ^affion^fpiele.  —  Dfterfpicle.  —  gronletdjnatn^fpiele.  671 

9.  Januar  1650  mürbe  ju  Sanbgljut  in  ber  Kirdje  ein  beutfdjeg  Srama  über  bag 
Qefuglinb  mit  SeifaH  unb  grudjt  aufgefiit)rt 1. 

häufiger  alg  bie  Söeiljnüdjtgfpiele  finb  bie  ^ßaffiongfpiele,  bie  meift  an  bem  in 
ber  Kirdje  errichteten  ^eiligen  ©rabe  gefpielt  mürben,  $n  ©rag  gab  man  am  Kav 
freitag  1601  „Sie  t)I.  Helena,  bie  ihrem  @ofjne  bag  Kreuz  bringt".  Qn  ASien  mnrbe 
Karfreitag  1615  „Sie  Opferung  Qfaafg  ein  Sorbilb  beg  Kreuzopferg"  gefpielt,  1643 
in  ©egenmart  beg  Kaiferg  „Sie  ßufludjt  jutn  Kreuze  ©t)rifti".  Sie  allegorifdjen 
©eftalten  ©ottegfurdjt,  ©eredjtigfeit  unb  fjrönimigfeit  besagen  iljre  Sage  unb  nehmen 
unter  ber  gütjrung  ber  Hoffnung  ihre  ßuffudjt  jum  Kreuze.  ^m  3ahre  1648  toirb 
in  SSien  alg  Sßaffiongfpiel  „Ser  9Ieifenbe  non  Qeridjo"  aufgeführt,  häufig  maren 
bie  ^affionsfpiele  in  Sieiffe,  fo  1630  „Sie  Kreuzabnahme  unb  ©rablegung",  1631 
„Sie  Opferung  ^faalg",  bag  leptere  ©tiid  mar  non  bem  bortigen  dieftor  Arnolb 
a  ©ampo  (au§  Sütticf))  öerfajjt  unb  erntete  non  ben  5000  3ufdjauern  aufjerorbent» 
liehen  Seifad.  $n  ^en  Saibacher  Annalen  merben  ermähnt  1635  „Ser  Sobegfampf 
im  Ölgarten",  1641  „Qofeph  mirb  non  feinen  Srübern  in  bie  ßifterne  gemorfen", 
1642  „SJJorbodjäug  mirb  jum  Sobe  verurteilt",  1643  „Saniel  in  ber  Sömengrube", 
1645  „Qofepfj  mirb  non  feinen  Srübern  nerfauft",  1650  „Sag  Slut  Abelg,  bag 
jum  Rummel  fcfjreit".  Aud)  an  aubern  Orten  fanben  ähnliche  Aufführungen  ftatt, 
fo  in  ©mmeridj  1633  („Ser  leibenbe  £>eilanb"),  Klagenfurt  1648  („Sie  gefreugigte 
Siebe"),  Konftanj  1650  („Seiben  ©Ijrifti")  u)lü- 

Alg  ©egenftanb  ber  Ofterfpiele  finbet  fidj  häufig  „Sttagbalenag  Klage  am  ©rabe 
beg  £>eilanbeg",  fo  j.  23.  Oftermontag  1602  in  Siegengburg,  in  beutfeher  ©praefje 
Ofterbiengtag  1625  in  ber  ^augfapelle  ju  Süffelborf.  „SJIagbalena  am  Oftermorgen" 
mürbe  aufgeführt  am  Aßeijjen  ©onntag  1627  ju  Amberg:  SJkgbalena  mit  jmei 
allegorifdjen  ißerfonen,  ber  Statur  unb  ©nabe,  erfdjeint  am  ©rabe,  unterrebet  fich 
mit  ben  ©ngeln  unb  bann  mit  bem  Auferftanbenen.  Sagfelbe  ©tüd  mürbe  raiebev 
holt  in  SDIündjen  1638.  Sei  ber  Auferftefjunggfeier  am  29.  SD^ärg  1603  ju  ©rag 
fpielten  bie  Keinen  ©chüler  „Ser  felige  Knabe  Hermann"  (Qofeph).  Am  Karfamgtag 
1641  mürbe  ju  28ien  nor  ber  Kaiferin  ©leouora  zur  Auferftehunggfeier  eine  mufifalifcf)e 
Aftiunfula  gefpielt  „Serpens  contritus,  ber  ©ieg  über  bie  ©djlange".  Sie  $aljreg' 
berichte  beg  äöiener  Kollegg  bemerfen,  eg  fei  bem  ^ofe  eine  greube  gemefen,  bah  au 
gleicher  3eit  ber  fchmebifche  ©eneral  ©chlang  non  ben  faiferlichen  ©olbaten  unter 
©rghergog  Seopolb  gefangen  genommen  morbeit. 

gronleiehitamgfpiele  finben  fich  faft  an  allen  Orten  in  ber  öfterreichifdjett  ^Srooing ; 
fie  mürben  entroeber  in  ber  Kirche  ober  nodj  häufiger  auf  öffentlichen  ißlöpen  bei 
einem  ber  ©tationgaltäre  aufgeführt.  3hren  ©egenftanb  entnehmen  fie  vielfach  ben 
Sorbilbern  im  Alten  Seftament.  ^n  ^en  Seridjten  beg  SBiener  KoKegg  oom  Qahre 
1616  Ijeifjt  eg:  Sie  gronleidjnamgprozeffion  raitrbe  biefeg  ^afjr  über  bag  Kolleg 
hinaug  über  ben  uächften  öffentlichen  auggebehnt,  mo  mir  bie  Aufführung  eineg 
Sramag  nidjt  unterlaffen  haben,  gür  bag  3ühr  1615  ermähnen  bie  Söiener  Qahreg» 
berichte  jmei  ©tüde:  „Sie  ©tärluug  beg  SroP^eten  ®lia§  burdj  einen  ©ngel"  unb 
„©amfong  ©tärfung  burcf)  ben  |>onig".  ABäfjrenb  ber  gronleichnarngprojeffion  1617 
mürbe  „^ofepljg  SSiebererfennen  burdj  feine  Srüber",  1638  „Ser  bürftenbe  Saoib", 
1648  „Ser  eudjariftifdje  £>eilaub  ber  §ort  ber  Sebriingten"  bargeftellt.  Sag  ©tüd 
„Arma  Austi’iaca  ober  ber  ©ieg  Saüibg  über  ©oliath"  mürbe  bei  bem  Sefudje, 
ben  ber  Kaifer  gerbinaub  bem  euchariftifchen  ^eilanb  in  ber  Kirdje  beg  ^rofefp 
haufeg  in  Söien  abftattete,  am  18.  ^uni  1645  gefpielt  unb  „Sag  Opfer  SJMdji« 
febedjg"  am  ©onntag  in  ber  gronleidjnamgoftao  1650  oor  bem  Kaifer  gerbinanb  III. 


1  *  Diarium  coli.  Landishut.  1650.  Sßgl.  aud)  oben  ©.  339. 


672 


3eljnte§  Kapitel.  Sie  ©djulfomöbic. 


guni  1616  mürbe  in  ©raj  nadj  ber  gronleidjnamgp^effion  aufgefüfirt  „©ag 
SBaffermunber  non  äftofeg",  in  Saibad)  1642  „Qeridjog  Untergang  beim  Umjug  mit 
ber  ©unbeglabe",  1644  „f^ofueg  ©efeljl  an  bie  ©ontte",  1646  „©er  9ieifenbe  oon 
Qeridjo",  1650  „©ubolfg  Oon  ^abgburg  SSerebjrung  ber  Sudjariftie".  Sind)  in 
ber  böfpnifdjen  ^rotrinj  maren  bie  ^ronleidjnamgfpiele  Ijerfömmlidj;  fo  treffen  mir 
3.  33.  grofje  Sluffüljrungen  in  ©rof3»@logau  (1629),  ©djmeibnip  (1630),  9?eiffe  (1650) *. 

Slud)  an  $aftnadjtgfpielen  fehlte  eg  nid)t;  eg  maren  teilg  luftige  ^omöbien,  bie 
irgenb  ein  Safter  geißelten,  ober  ernfte  ©tücfe,  um  oor  Slugfdjreitungen  in  ben  gaft* 
nadjtgtagen  ju  marnen.  ©ie  Curiositas  (sJieugierbe)  mürbe  in  ber  gaftnadjtgfomöbie, 
bie  man  1602  ju  Gillingen  fpielte,  gegeißelt1 2.  SSieKeid^t  ift  eg  bagfelbe  ©tüd,  bag 
am  ütfadjmittag  beg  5.  Oftober  in  ber  großen  Slula  31t  äftiindjen  311  Sfjren  beg 
fürftlicfjen  ©efudjeg  aug  Sotfjringen  gegeben  mürbe:  „^d)  meifj  nidjt,  ober  bie  ntenfdj* 
lidje  9?eugierbe".  ©er  gubrang  mar  fo  grofj,  baff  ein  ftarfeg  SJcititäraufgebot  nötig 
mürbe,  um  bie  oorbrängenbe  SJlenge  3urüd'3uf)alten 3.  SBeiter  finben  fidj  oe^eicfjnet 
,,©ie  ©efefjrung  beg  Ijl.  ©buarb"  alg  gaftnadjtgfpiel  1611  31t  ^ilbegfjeim,  „©er 
oerlorene  ©oljn"  am  21.  gebruar  1629  in  Slmberg  unb  ebenbort  „Nemo  choragus, 
§err  Siiemanb  alg  (Sfjorfüfjrer".  ©ag  festere  «Spiel  am  7.  gebruar  1633  bauerte 
über  3mei  ©tunben.  (Sin  grofjcg  gaftnadjtgfpiel,  bag  oiermal  fjintereinanber  $aft* 
nadjt  1636  in  $üln  oor  üerfdjiebenen  gufdjauerfreifen  (suet-ft  oor  ben  in  ßöln 
meilenben  9?eid)gfürften)  gegeben  mürbe,  mar  „©er  ©erfauf  beg  Rimmels"  (Mercatus 
coeli).  (Sg  mürbe  gefpielt  in  ber  Slula  beg  @pmnafium§,  jebegmal  oon  1  big  4  Uf)r 
nacfjmittagg.  ©ie  35  ^erfonen  maren  abfoloierte  ^fjilofopljen  unb  ©iener  (Man- 
cipia)  ber  allerfeligften  Jungfrau.  ^aftnacljt  1616  mürbe  31t  ^jagenau  „©ie  ©e» 
fef)rung  beg  Ijl.  Sluguftinug"  unter  großem  $ulauf  unb  großer  ©emegung  gefpielt, 
in  Äoegfelb  gaftnadjt  1650  „©ie  ©teinigung  beg  1)1.  ©tepfjanug".  „©er  ft'rieg  3toi« 
fd)en  gaftnadjt  unb  gaffen"  gaben  bie  ©cfjüler  im  ©eifein  beg  fdjmebifdjen  ®otm 
manbanten  $anofgfp  in  greiburg  im  ©reiggau  am  20.  gebruar  1639.  „©er  bolle 
©auergfönig,  b.  i.  (Sin  üofler  ©auer  3U  föniglidjer  SBürbe  erhoben,  bann  folgenbg 
gleidj  burdj  fernere  ©runfenfjeit  mieberum  in  ben  ©auernftiefel  geflogen",  fjat  3ur 
gaftnad)tg3eit  im  allgemeinen  ©fjeatro  ber  Slfabemie  bie  afabemifdje  gugenb  Su  ®raS 
aufgefüfjrt  im  Februar  1639.  ©ie  ©erfpottung  ber  ©runffucfjt  be3medte  bag  @5ra3er 
gaftnadjtgfpiel  im  galjre  1608  „(Stjprianug";  bie  ^eudjelei  branbmarfte  ebenbort 
gaftnadjt  1602  „*|3f)ilautug,  ber  entlarüte  ©ugenbtjeudjler",  bag  leere  ©efdjmäp 
gaftnadjt  1616  „©trobilug,  ber  ©djmäjjer";  bag  töridjte  ©reiben  ber  Sfiöelt  gaft* 
nadjt  1609  „©er  oerlorene  ©oljn"  unb  „©iogeneg  im  gafj".  giir  SB i eit  merbeit 
alg  gaftnadjtgfpiele  genannt  im  gafjre  1604  „©t  ©arbara"  unb  1647  „©er  be» 
fümmerte  ©elifar",  für  gnngbrud  1607  „©ag  9teidj  beg  ©obeg"  unb  1646  „©acdjug 
ober  9?adjteile  unb  ©or3Üge  beg  SBeineg",  in  Saibad)  1635  bag  luftige  ©piel  Pris- 
cianus  vapulans  unb  ein  ©otentan34. 

giir  §erbftbramen  unb  geftfpiele  Ijat  befonberg  bag  Sllte  ©eftament  reidjen  ©toff 
geliefert.  ©0  mürbe  bie  ©efdjidjte  oon  ©obiag  in  ©mmeridj  (1602),  ^obleng  (1624) 
unb  ^onftait3  (1629)  gefpielt;  am  teueren  Ort  fiiljrt  bag  ©3enar  ben  ©itel  „Cornico- 
tragoedia  ©on  bent  jüngeren  ©obia  unb  ben  fieben  Scannern  ©arae.  $n  melier 
ange3eigt  mirb,  mag  für  97ut^  bie  gute  Üinber3udjt  bringe."  „©aniel"  gab  man  in 
£'oblen3  (1624)  unb  (Sinmeridj  (1634),  „©aniel  alg  ©orbilb  Sljrifti"  in  ©iegen  (1644) 
unb  „©aniel  am  §of  beg  Sfabudjobonofor"  (oon  Seif,  ©djaten)  in  §ilbeg^eim  1646. 

1  SSgl.  3riet>r.  ©djmibt,  ©cfc^idjte  ber  3  Flott 0  118.  gaftnad)t  1645  lieg  ber  9U)e 

«Stabt  ©djmeibnip  (1848)  II  56;  Sclimidl  torifprofeffor  Sitnon  SJtopr  in  9Mncf)en  auf« 
III  939.  führen  ba§  Bellum  pharisaicum. 

2  Flotto  96.  4  ®irmip,  ©efd).  Äraing  III  464  f. 


9J?t)ftcrienfpiefe  cm§  bem  Sitten  unb  SJeuett  £eftament. 


673 


©aS  grofje  ©rama  „d?abud)obonofor  ober  ©ötttidjer  ©eredjtigfeit  unb  53arm= 
Ijerjigfeit  ©djaufptel"  oon  StnbreaS  23runner  mürbe  bet  (Setegenfjeit  ber  23ermäf)tung 
beS  Kurfürften  9JZajtmtItan  1635  ju  dJJiindjen  gegeben,  ein  äfjntidieS  ©tüd,  „©er 
gezüchtigte  ©totj  beS  diabudjobonofor",  1640  ju  SreStau1. 

häufig  finb  bie  ©ramett  bom  ägpptifdjen  Qofeph-  5ItS  geftbrania  tourbe  „©er 
ägpptifdje  ^ofeph  un^  feine  ®rf)ebung  jum  Sijefönig"  jur  freier  ber  Krönung 
^erbinanbS  II.  jum  Könige  tmn  ...... 

33öt)men  am  7.  unb  8.  diobember 
1617  in  ©ra§  aufgefü^rt  im 
großen  §ofe  beS  ^oüegium§. 

„®aS  ©djaufpiet  jeidjnete  fidj 
nicht  nur  burd)  bie  bicpterifdje 
©pradje  unb  Sdeganj  ber  23erfe, 
burd)  bramatifdjeS  Seben  unb 
ben  Sleij  beS  @efüf)ISmed)fetS 
au§,  fonbern  aud)  burd)  bie 
pradjtbode  ©jenerie  unb  ad  baS 
dflerfmürbige,  toaS  ben  Slugen 
3 um  ©diauen  unb  ©taunen  bar« 
geboten  umrbe.  ^nSbefonbere 
gefielen  einige  ©jenen,  fo  bie 
©ableauj,  metd)e  bie  ©räume 
barftedten,  bie  $ofepf)  auslegte; 
eine  ©arftedung  beS  dtoten  dftee« 
reS  mit  einfjerfegetnben  ©Riffen, 
auftaud)enben©eeunget)euernunb 
einem  ©injuge  d?eptunS  mit  ad 
feinem  ©efotge  oon  ©ritonen  unb 
d?ereiben.  diid)t  geringen  33ei« 
fad  fattb  aud)  bie  SIdegorie  in 
ber  $orfüf)rung  beS  böl)mifd)en 
Sömen  mit  feinem  Ungeftüm  unb 
©rotje,  ben  bann  gerbinanb  burd) 

©iite  unb  dMbe  fänftigte.  Unter 
ben  Stufzügen  erregte  jener  ber 
©öttin  gama  33emunberung,  ba 


IMudjoOöttofbr 

(Bodftdjw  ©ercdfM^fdf  Mb  95awu 

©cpamfptcl/ 

Omi  Jürffen  mb  %mn 

Werten 


anmiluwo 


9>f<%raum  bei)  Obi 

»nnt>  d?ib:  ^Öaprn  /  bcg  £>.  ^amifchcn  9ütc()$ 

€rf?michfe|fent>nD  QT^ttrfnrflen; 

?)ann  au$  bet  €mtc£leucJ)f  $ften  ff  (jtir- 

$ärfünt>nt>$ram(ti/ 

gratom 


am  Utttta 


3«  Oeftmdcf?  /  je. 
Qtfyaitnex  ff  (jurgör  w  ^odf^de/ 

jtipnt>mf)4M0fIcn  £l?rti  /wn  bcmff()ur$tSrtfU<$«i 

Gymnafio  Der  @ot»cf  et  3efa/  in  äJJtJndjen 
ang<fftUt. 

3nm>  i  6  j  j. 

©muef  t  bf  9  ff  oruüio  ff&ur  $tSr(W#<a 

<©ncf)tnirf«r  pnb  ®wdj$anNer. 

JBnutnerä  Seftftuel  „SJabudjobonofor"  1635  (2/3). 


fie  auf  einem  ©riumpfjmagen, 
oon  ©lefanten  in  SebenSgröfje  gejogen,  eint)erfam.  Stuffadenb  mar  aud)  bie  ißradjt 
ber  Koftüme.  Qtrbinanb  hatte  fie  bor  ^apren  ju  einer  anbern  (Gelegenheit  befefjaffen 
taffen;  fie  mürben  aber  bei  biefem  geftfpiete  jum  erftenmat  gebraucht."2 


1  Sieben  ©aut  (SDtainä  1641  unb  Sujern  1648) 
i[t  $abib  I)äuftg  oertreten:  „$abib  unb  bie 
58oll3säf)lung"  in  ©mmerid)  (1605);  „5)ie  $er« 
folgung  3)abib§  burd)  ©aul",  ©mmerid)  (1633); 
Supern  (1639),  Slmberg  (1641),  StugSburg  (1646); 
„®ie  93upe  ®abib§",  SRains  (1645).  ©in  an« 
bere§  ©tücf,  „5)at)ib§  unb  3onatt)a0’  fjreunb« 
fd)aft"  (Don  ©eorg  Sang),  führte  man  1642  in 
Slmberg  unb  1646  in  Slug^burg  auf.  ©inen 
„Slbfaton"  gab  ©mmerid)  1608,  Sluggburg  1630, 
Sinj  a.  b.  ®.  1646,  |)ilbe3f)eiin  (Oon  Söper)  1649. 
®ut)x,  ©ef^ic^te  ber  3e(uiten.  II. 


„©alomon  unb  Slbonia§"  fbielte  man  in  Slad)cn 
1643 ;  „Salomon  vere  sapiens  ober  Sßolgemipig« 
ter  ©alomon,  toa§  mabeit  er  netnlid)  in  ©r« 
fatjrung  gebradjt,  mie  aller  seitlicher  $rad)t  unb 
SBoöuft  ein  purlautere  ©itelfeit  fei",  tourbe  in 
£anb3l)iit  im  Oltober  1630  aufgefübrt  (f.  oben 
©.  253);  „©alomong  Saflcubseit"  gab  ba§ 
D^ttabrüder  ©pmnafium  im  .'perbft  1631;  „Sa= 
Iomon§  SSeiäpeit,  gatl  unb  33uBe"  ba3  ju 
^ngolftabt  1639. 

2  5ß  e  i  tt  I  i  d) ,  fftrogr.  1870, 14.  $ie  Tragico- 

43 


674 


3eljttte3  tapitel.  3>ie  Sdjulfomöbie. 


Sßon  Qltteftamentlicfjen  (Stoffen  ftnben  fic^  u.  a.  nod):  „SDer  Äampf  ber  SJiaffa* 
bäer",  ein  grofjeS  $eftfpiel,  roelcfjeS  am  15.  $ufi  1645  auf  bem  ÜiatfjauS  gu  Sugern 
aufgefüfjrt  tuurbe  anfäfjfid)  ber  feierlichen  SBunbeSerneuerung  gtüifdfen  ben  fattjolifdjen 
Kantonen  unb  SBaffiS.  ®ie  „Xragöbie  üon  9?abotf)"  aus  bem  3.  SBudje  ber  Könige 
fpiette  baS  ©pmnafiunt  üon  Stadien  1602,  SfegenSburg  1609,  ®üffefborf  1624 
unb  .fpilbeSfjeim  (oon  ÜRif.  Saaten)  1645.  AfS  „Spiegel  ber  ©ftern  gab  baS  AugS» 
Bürger  ßoÜeg  am  11.  unb  14.  Dftober  1621  bie  ,Comico-Tragoedia  üon  §efi  bem 
^oljenpriefter  unb  91id)ter  in  $Sraef‘,  melden  ©ott  ber  ^err  famt  feinem  gangen 
©efdffedjt  erfcfjrödfid)  geftraft,  meil  er  feine  gtoeen  Söfjne  Dpfjni  unb  $ßf)tneeS  fo 
übel  gegogen".  ®ie  „Strafe  ©otteS  über  ben  SSater  .fpeli"  mürbe  ÜRoüember  1630 
aud)  in  DSnabrüd  gefpielt  unb  1650  in  ^aberborn.  SDie  „23ufje  oon  ÜRiniüe"  ober 
„ffiigfidfeS  Sdjaufpief  üon  ber  ^Srebigt  beS  Propheten  $onaS"  mürbe  „fürgefteüt" 
üon  bem  ©pmnafium  in  9tegenSburg  am  17.  Dftober  1624  unb  ^oeSfefb  1650. 
„Aman,  baS  ift  Comico-Tragoedia  üon  bem  (pocfjmut  beS  sßerfianifdjen  (poffjerrn 
Aman:  and)  beffen  gefaxten  ßorn  unb  ©raufamfeit  miber  baS  auSermäfjlte  SSolf 
©otteS  unb  enbficf)  beS  ArnanS  fpöttfidfer  £ob  unb  Unbergang"  fpielte  baS  afabemifcfje 
©pmnafium  gu  ^ngofftabt  am  13.  Dftober  1627.  Sine  Atlfafia  fjaben  mir  in  bem 
Stiid:  „9ceu  Comoedi,  mie  ^oaS’  nod)  einjähriges  ®inb  ber  SBüterei  feiner  ©rofj» 
mutter  Atljafia  mit  (puff  ber  fromen  f^ofabet  entfommen,  im  Sempef  heimlich  auf» 
ergogen,  batb  im  fiebenten  ^afjr  feines  AfterS  gurn  fönigficfjen  X^ron  erhoben,  bie 
Abgötterei  üertifget,  Atf)afiam  famt  SRatfjan  hinrichten  taffen,  ©efjaften  beim  ge» 
toöfjnfidjen  AScenS  üon  ber  eblen  ^aulinifcfjen  äftiinfterifdjen  ^ugenb  ben  7.  Sag 
SßßintermonatS  im  $af)r  1644"  1. 

Audj  bem  ÜReuen  Seftament  finb  eine  Üfeifje  fdjöner  Stoffe  entnommen.  So 
bie  „©üangefifdje  ©omebi,  üont  groffen  Abenbtmafjf,  ober  königlicher  £>ocfjgeit. 
9?ad)  ber  ©feidfnufj,  9Rattfj.  am  22.  unb  SucaS  am  14.  ©ap.  SDaS  £)immefreicf)  ift 
gleich  einem  könig,  ber  feinem  Sofjne  £>od)geit  madjte.  So  üon  ber  fyugenb  beS 
^autinifdjen  ©pmnafii  S.  J.  gu  äRünfter,  in  anftefjenber  ©rnetuerung  ber  Scfjufen, 
jeptfauffenben  ^af)rg  1632  ben  3.  ÜRoüembriS  fol  gehalten  merben.  (künftiger  £efer, 
in  biefer  ©omebi  ift  ©ott  ber  .jpimmefifdje  SSatter,  ber  könig :  ber  Bräutigam,  ©ott 
ber  Soffn:  bie  23raut,  bie  menfdfticfje  9?atur:  bie  gefabene  ©äft,  alle  äRenfdjen. 
©etrucft  gu  fünfter,  im  $|af)r  1632".  „Ser  eüangelifche  ^muSüater  unb  bie  23e» 
rufung  ber  Arbeiter  gu  unterfdjiebfidjen  Stunben  in  ben  SBeinberg  beS  eüangefifdjen 
^auSüaterS"  fpielte  Augsburg  Dftober  1625  unb  ©urgfjaufen  September  1645;  „bie 


Comoedia  bon  „Josepho,  bem  ^eiligen  Patri» 
archen",  mürbe  gehalten  bon  bem  ©hmnafium 
Sßilibalbino  S.  J.  p  ©pftett",  Dftober  1623. 
„Iosephus  venditus,  b.  i.  Tragi-Comoedia  bon 
Sofepp,  Patriardjen  gafobä  Sohn",  fpielte 
ba§  Augsburger  ©hmnafium  am  9.  unb  13.  Dft. 
1631  unb  Atündjen  am  9.  unb  11.  Dft.  1640; 
Iosephus  Aegyptiacus  Amberg  1640  (bon 
P.  ©eorg  Saug);  ba§  „SSunberbarlidje  ©piel 
ber  göttlichen  SBeiedjeit  mit  bem  fp-  Sofebh 
fpatriardjen"  Sujerit  1647.  Sfufjerbem  gab  man 
ben  ägpptifdjen  Soiept)  1603,  1633  unb  1640 
p  ©mmerid) ,  1607  ju  $dbe§f)iam,  1615  p 
9JUind)eu,  1619  p  83relfau  („S)ie  göttliche  fgiir» 
fid)tigfeit  in  bem  Patriarchen  Sofcph  crflärt"). 
„^ofeph,  ber  ©rretter  Agppten§",  fateinifd),  mit 
beutfdjen  Phpthmeu  burdjfept  pm  leichteren 
PerftcinbniS  für  ba4  Polf,  gab  ba§  Kolleg 


in  ©iegen  1640,  benfelben  «Stoff  Srier  1647, 
SBien  (Abancinug)  unb  §ilbe§heim  (panl  ©der) 
1650. 

1  Pon  meiteren  Stoffen  feien  nod)  genannt: 
„fRoboam",  DSnabriicf  1626;  „©ebcoit",  Aadjeit 
1628;  „Abel  bon  ©ain  ermorbet",  Siegen  1627, 
O^nabriicf  1629;  „2)a§  Dpfer  Abraham^",  tob» 
lenj  1609,  Sitlingen  1649;  „tönig  Sebeciaä", 
3.  unb  4.  San.  1628  im  Scblofjpof  p  Siegen 
(62  Perfonen);  ,,©äecf)ia§",  ^agenau  1616  unb 
Sanb^berg  1646;  „2)er  büfeenbe  Atanaffe§", 
Afünftereifef  1631  unb  tonftanj  1645;  „Sam» 
fon",  ©mmerid)  1626;  „gofue",  ©mmerid) 
1627;  ,,©lia§",  ^ngolftabt  1640;  „®er  Smlber 
Sob",  Suserit  1647 ;  „Subith  unb  imtoferneö", 
Sugolftabt  1642  unb  Supern  1647  unb  1650; 
„Soa§",  Atünfter  1645;  „SitfannaS  Pettung", 
Seoben  1650. 


ÜDitjfterienfpiele  au§  bem  2tlten  unb  üftcuett  Seftament. 


675 


tß&tfcgmiBM* 

onnöStrmm^an 

2ufs  CbtifTt  tf3unb/t>on  0.  fZuca  c.  1 6.  bcfcfcHfxn. 

2fn  j ie$t  in  fcem  €r$fürftftckn(8r)mnafio  tit 

0oci«t«t  jtfu/  ju  PnFprugg/  in  t>ic2lug<n 

e«rlrfjtct. 

3(itno  1646.  0(tr  3.611b  f*  0fpi<ttt&n’$. 


^ßarabef  nott  ben  SSingern,  bic  ben  Soffn  beg  fpaugnaterg  ermorben",  mürbe  breintal 
aufgeführt  äRüncfjen  (September  1647 1.  „SDer  Yillicus  iniquitatis,  ber  ungetreue 
SSermalter",  non  bem  üDiagifter  Qüh-  23Ianfenforft,  mürbe  1^45  in  SIMnfter  ge» 
fpielt.  „®ie  Tragicomoedia  Lazarus  resuscitatus,  bag  ift  ^fägfidjeg  Speftafef  unb 
Sdjaufpief  non  ©rroedung  beg  Sagari",  faf)  ÜOtünchen  breimat  im  September  1645, 
unb  Sluggburg  am  2.  unb  6.  September  1650.  „Seben  unb  Stob  beg  reichen  SKanneg 
unb  armen  Sagari,  aug  ©hrifti  ÜD7unb  non  St  Suca  c.  16  betrieben,  mürbe  gu 
^nn§brucf  in  bie  Stugen  gerietet  ao  1646  ben  3.  unb  5.  September".  ®ie  „enam 
gefifdje  ^erle"  fpielte  man  in 

ßöfn  Sämember  1643,  bie  fßa*  £c6ctt 

rabel  nom  barmherzigen  Santa» 
ritan  in  ©mmend)  1646. 

®ie  Parabel  nom  nertore» 
tten  Sohne  mürbe  auffer  gur 
SSerfpottung  an  gaftnaefjt  auch 
alg  gröffereg  SDranta  aufgeführt ; 
fo  am  11.  Oftober  1635  gu  2)if* 
fingen :  „Cosmophilus.  S3om 
SSerforenen  Sohn".  ©in  anbereg 
StücE  Cosmophilus,  b.  i.  ein 
fred)eg,  üppigeg  SBeftfinb,  mie 
fofdfeg  anfänglich  ber  SBeft  bient, 
enblicf)  aber  gu  ©ott  befehret 
mirb,  mürbe  bei  angehenben 
Schulferien  am  gefttag  beg  f)f .  SDä» 
djaef  auf  bem  Saal  beg  faifer« 
liehen  ^oflegii  S.  J.  in  Sing 
actiongroeig  non  ber  ftubierenben 
$ugenb  repräfentiert  im  Qdhre 
1633.  Slud;  in  ÜPJündjen  mürbe 
am  9.  Oftober  1641  ber  Filius 
prodigus  „ben  S3üffenben  gu 
einem  (Stempel  fürgeftefft"2.  ©ine 
anbere  Sgene  aug  bem  ©oange» 
lium,  bie  fchon  früher  ©reifer 
befjanbeft,  führte  bag  non  P.  ^oh- 
SBauntann  nerfaffte  unb  gu  2lm» 
berg  am  15.  Oftober  1626  auf» 
geführte  SDrama  nor:  „®ie  §ei» 
lung  beg  53finbgeborenen".  SDerfelbe  Stoff:  „Caecus  Evangelicus,  ©oaugefifdjer 
Slinber,  mirb  nou  ber  fvugenb  beg  ©nmnafiumg  gu  /paff  burch  ein  ®rama  fürqefteHt 
ben  10.  September  1643" 3. 

®ag  erfte  SDrama  über  ben  Diährnater  Qefu  finbeit  mir  1648  in  Solothurn: 
„^gofeph-  ©in  augermähfter  9?ähr«  unb  3ieh0atter  ^efu  ©hrifti.  ©in  jungfräulicher 
©hemann  ber  üftutter  ©otteg  äftariae.  ©in  h^fl^ngenber,  reiner  Spiegel  aller 
©laubigen.  3um  ©jempef  fpietmeifg  fiirgefteflt  non  ber  ftubierenben  Qugenb  beg 


@«ru  cf*  iu  2?(tfpruöa/  &f  9  20agn<r» 

2>ie  3mt§6vnc!cv  ßomöbie  00m  9teidjm  praller  1646  (2/s). 


1  ©an^er  Sejt  öon  P.  ©imon  9ttat)r  in  *Clm  3  Über  ©retfer§  „Teilung  be3  9Slinbgeborenen" 
2129.  2  Slufjerbem  „2)er  oerlorene  ©oljn",  Ogi.  Siirrtoäcfjter,  ©retfer  unb  feine  $ra= 

23omberg  1644,  §ilbe3lfeim  1646/1647  (lejjtereS  mett  35  ff. 

oon  P.  Söernf).  fRottmamt). 


43* 


676 


3eljnteg  ßapitet.  Sic  Sd)ulfomöbie. 


97eo  ©pmnajii  ber  Societet  Fefu  ju  Sofotßurn  ont  5.  (September  1648".  Sin 
SDranta  über  bie  ßeilige  Familie  füf;rt  ben  Xitel:  „$efu§  äftaria  Qofepß  iit  all  ißrent 
@tenb  bret  Sonnen  ober  brei  Summen  rechter  Sodfommenßeit,  jebermänniglid)  ju 
größerer  Sieb  ber  Xugenb  fürgeftellt  oon  bem  ef)urfürftficf)en  ©pmnajium  ber  Societät 
Feju  ju  ilftündjen  ben  7.  unb  9.  Oftober  1636". 

Xie  fßerjon  ßßrifti  mirb  außer  in  ben  Söeißnadjtg«,  ^SaffionS-  unb  Sfterjpielen 
aucß  nocf;  in  anbern  Stiiden  oorgejüßrt,  jo  in  Sftüncßen  üdfariä  Sicßtmeß  1602  „Xer 
jmötfjäßrige  Feju3  itn  Xempet"  oor  ben  Scßriftgeleßrten;  alle  ^ringen  mären  jugcgen 
unb  maren  jo  befriebigt,  baß  bag  Stiicf  adjt  Xage  jpciter  oor  bem  §erjog  roieber- 
ßolt  merben  mußte.  Xen  „ämölfjäßrigen  Qeju§  (Sfüdfeßr  au§  bem  Xempet)"  jpielten 
in  Supern  1649  bie  jüngeren  Stubenten.  „(Sf)riftu§,  ber  gute  £ürt,  auj  ber  Sucße 
nacß  bem  üerlorenen  Scßaf"  mürbe  Oon  ben  abjolüierten  fßßitojopßen  in  ®ötn  1643 
am  gefte  SJfariä  Serfünbigung  bargeftedt,  „Fejug  bie  Siebe  ber  üüttenfcßen"  ju 
Samberg  1645. 

„Xag  Qugenbteben  ^opanne§  beg  Xäuferg"  gab  bag  ©rajer  ®odeg  September 
1608  ben  Florentiner  ©ejanbten  ju  ©ßren  afg  Feftfaie*«  „Xroß  ^er  ßünfacßßeit 
beg  ©egenftanbeg  mürbe  bag  Xtama  burcß  großartige  SDfajcßinerien,  Sjenenmed^jel 
unb  eingelegte  Xänje  jo  interejjant,  baß  eg  raujcßenben  SeijatI  janb  unb  nact)  menigen 
Xagett  ju  ©ßren  beg  (Srjßerjogg  ®art  mieberßott  merben  mußte."1  Xie  „Cornico- 
tragoedi  oon  bem  ßt.  Xäuffer  Qoßanneg,  Sßrifti  Sorlauffer  unb  ÜDZartßrer",  mürbe 
geßatten  ju  Fttngbrucf  im  er^ßerjoglidjen  ©tjmnafium  S.  J.  am  10.  Oftober  1623 
unb  bagjefbe  Stüd  am  2.  Oftober  1631  ju  Xidingen2. 

Sine  jajt  unoer jiegbare  Quede  jür  bag  Xßeater  bot  bie  £>eitigentegenbe3.  Sie 
erfreute  ficß  um  jo  größerer  Sermenbung,  je  leicßter  man  aug  ißr  bie  Slnfnüpfungg- 
punfte  mit  ben  nationalen  unb  fircßtidjen  (Sinricßtungen  ber  engeren  §eimat  entnehmen 
fonnte,  inbent  man  einjefne  ^eilige  afg  Sanbeg»,  Sigtumg*  unb  Stabtpatrone  beßanbette. 

Xag  Hodeg  jn  fjßruntrut  jpiefte  am  12.  Xejember  1604  bei  ber  ©inmeißung 
ber  neuen  ®ircße  im  £>ofe  beg  fürftbijcßöfficßen  Scßlojjeg  „St  fßantafug",  ben  erjten 
Sifcßof  oon  Safet.  $u  ^onjtanj  jeierten  bie  ^ejuitenjcfjiiler  12.  Cftober  1605  in 
einer  „ßomicotragöbie"  ben  „ßt.  fßetagiug",  Patron  beg  Sigtumg  ^onftanj,  unb  am 
6.  Oftober  1607  „bei  ber  Xebifation  ber  neuen  erbauten  St  ^onrabgfircßen  ber 


1  iß  ein  lief),  ißrogr.  1870,  5. 

3  Siehe  oben  S.  215.  —  ißerfotten  beg  9?euen 
Seftamenteg  beljanbeln  and)  bie  fßetrug«Sramen, 
bag  Stüd!  „fßetrug  unb  ißaufug",  bag  alg  geft« 
brama  am  19. 21uguft  1612  p  53amberg  aufgefiiprt 
mürbe,  uitb  bag  im  SEtober  1627  p  Ütegengburg 
„fürgeftcllte"  Srama  „Petrus  Apostolus,  b.  i. 
Tragoedo-Comoedia  ober  ®d)aufpiel  Oon  etlid)eit 
oornefjmen  Sljaten  beg  heiligen  2lpoftefg  ißetri, 
fo  fid)  bon  ber  glormürbigen  Sluffahrt  E^rifti 
big  auf  ben  benfmürbigen  Untergang  Sönigg 
§erobig  Slgrippa  Oerloffen".  Sen  Sriumpb  beg 
f)I.  fßetrug  über  „Simonem,  beit  erften  Seßer 
unb  3auberer,  unb  ben  blutgierigen  Äaifer  Ne- 
ronem"  fdiilbert  bag  SBitfinger  $rama  S.  Petrus 
triumphans  Oom  DEtober  1629.  Slnßerbem 
S.  Petrus  apostolus,  21ad)eit  1602,  S.  Paulus 
apostolus,  Snjern  1649. 

3  @o  mürbe  j.  53.  bie  „93eEef)rung  beg  E)I.  2tu> 
guftinug"  1624  unb  1643  ju  §eifigenftabt  auf* 
geführt  unb  10.  DEt.  1630  gu  ®iliiugen,  1638 
ju  Sllainä.  „S.  Atlianasius  exul,  b.  i.  Spiegel 


beren,  fo  um  Efjrifti  unb  ber  ©eredjtigEeit  miKett 
SBerfoIgttng  leiben,  fürgeftellt  Ooit  ber  3uQ*mb 
beg  ©pmnafiumg  S.  J.  gu  ßoftanß"  im  Sahre 
1632.  „$ie  SSarmhergigEeit  beg  hf-  9tiEolaug" 
fpielte  Sujern  1633,  fOtainj  1647 ;  beg  1)1.  53ern- 
Ejarb  „SBeltfdjeudje  ober  mie  ber  f)f.  33ernharbug 
in  feiner  Su9en')  öie  untreue  SBelt  geitlict)  be= 
urlaubet.  5?on  ber  Qugenb  djurfürftlidjen  Gym- 
nasii  S.  J.  jum  SeifpieE  öffentfid)  fürgepalten 
in  Saubg^ut  1644".  gerner  mürbe  befjaitbelt 
53ifd)of  SBoffgatig  gu  Sillingen  1602  oon  bem 
tüchtigen  Satiniften  SBolfgang  Starcf,  ber  fd)ott 
1606  p  Eümangen  ftarb.  Sie  93üfjerin  ®taria 
SKagbalena  mnrbe  beim  Schulanfang  1604  ju 
©raj  gegeben,  fßruntrut  gab  im  gahre  1606 
bie  Segenbe  Oon  ber  ülufermecfung  beg  hl-  2ltta* 
ftafiug,  bie  mährettb  fieben  Stuttben  im  felben 
3ahre  ju  Supern  unter  großer  Sführutig  ber 
gahlreidjett  3nfd)auer  oor  bem  ÜJtuntiug  unb  bem 
gürftbifdjof  oon  Äonftans  (gafob  gttgger)  auf« 
geführt  mürbe. 


Segenbe. 


677 


Societas  Jefu"  bie  „ßomebi  oon  bern  Seben  beS  ^eiligen  SeidjterS  (SefennerS) 
Sonrabi,  Sifcfjofen  unb  Patron  ju  Gonftanj" 1. 

SDert  „f)I.  Engelbert"  fptelte  $öln  1633,  ben  „hl.  ^»einrid^"  als  ©rünber  beS 
Samberger  SiStumS  ®raj  1611,  Samberg  1625;  bie  ®omöbie  Oom  „^eiligen  fö'aifer 
£>einrid)"  gaben  1624  Sujern  unb  Jngolftabt,  1644  Slugsburg,  1650  ®öln,  „®er 
f)I.  Heinrich  unb  bie  1)1.  ^unigunbe"  (non  2lnbreaS  Srunner)  Jngolftabt  1613  unb 
oeränbert  unb  ermeitert  als  Jeftfpiel  Reuburg  1618.  ®en  „1)1.  Otto"  als  S3ifcf)of 
oon  Samberg  fpielte  Samberg  1613  unb  1643,  ben  „1)1.  Ulrid)"  als  Sifdfof  öon 
SlugSburg  bie  ^odjfdjule  ju  SDidingen  am  3.  Oftober  1611,  ben  „bl-  SSolfgang" 
als  Sifc^of  Oon  RegenSburg  baS  Regensburger  todeg  am  5.  ÜDfai  1612  gelegentlich 
ber  2tuffinbung  ber  Reliquien,  ben  „bl.  SSidibalb"  als  erften  Sifc^of  oon  ©idjftätt 
baS  @id)ftätter  ^odeg  am  15.  Oftober  1615,  ben  „bl.  ÜRapimilian"  am  18.  unb 
19.  Oftober  1615  „auf  öffentlichem  Rlarft  unb  $ßlap"  bie  „neu  eingetretene  Societet 
Jefu  gu  Snfisbeim";  ben  „bl.  Jribolin"  als  Slpoftel  oon  Sädingen  feierte  unter 
freiem  £>immel  mäbrenb  fed)§  Stunben  baS  Sujerner  ^odeg  1618;  oorber,  1616, 
batte  baSfelbe  $odeg  ben  heiligen  Schmei^er  Slpoftel  „Seat"  gefpieli.  SDie  „bl.  Grlifabetl) 
oon  Sbünngen"  führte  im  Jal)re  1617  baS  ßoblenjer  ®odeg  auf  unb  in  bemfelben 
Jahre  SlugSburg  bie  „hl-  £)iltegart  ©rofje". 

®ie  „hl.  ©äcilie"  mürbe  ju  Seginn  beS  Schuljahres  1602  in  @raj  aufgeführt: 
„^erioche,  baS  ift:  ^ur|er  begriff  onb  Inhalt  ber  fd)önen  unb  anbächtigen  STragebt) 
oon  ber  heiligen  Jungfrauen  unb  Slutjeugin  ßfjrifti  Säcilia.  (Gehalten  .  .  .  21  m  Xag 
Renovationis  studiorum,  ber  Slcabemifchen  ©rä^ex'ifcfjen  Jugenbt  (Slnno  1602)." 
SRan  errichtete  bie  Süffne  in  bem  geräumigen  ift'odegiumShofe.  ®aS  Stüd  mürbe 
in  jmei  Slbteilungen  in  gmei  aufeinanber  folgenben  Sagen  gefpielt.  2lm  erften  Sage 
fam  baS  tugenbreicfje  Seben  ber  heiligen  Jungfrau  unb  ber  erften  ©hriften  mitten 
in  bem  lafterhaften  heibnifchen  Rom,  am  jmeiten  bie  graufame  ©hriftenoerfolgung 
unb  ber  Rtartertob  ber  f)elbin  jur  Sarftedung.  Ser  (Siitbrud  beS  SdjaufpielS  auf 
bie  Jufchauer  fod  aufjerorbentlid)  gemefen  fein.  Sie  ©rjberjogin  Sleonora,  Jer» 
binanbS  II.  Sdjmefter,  melche  nachher  in  baS  Stift  ju  £>ad  in  Sirol  eintrat,  fpracf) 
eS  fpäter  offen  auS,  bajj  biefeS  fromme  Sdjaufpiel  in  ihr  guerft  ben  ©ebanfen  ermedte, 
fich  in  flöfterlidher  2lbgefd)iebenheit  ganj  bem  Sienfte  ©otteS  gu  mibrnen2. 

Sie  Segenbe  oon  ben  „Siebenfcf)läfern"  mürbe,  mie  fdjon  früher  Oftober  1615 
ju  JnnSbrud,  fo  am  16.  Oftober  1625  gu  Jngolftabt  gefpielt:  „Septem  fratres 
Ephesini,  baS  ift  ^omöbie  oon  ben  heiligen  fieben  ©pfjefinifchen  Srübern,  melche 
aus  Jurdjt  oor  ber  Serfolgung,  fo  unter  bem  ®aifer  Secio  miber  bie  ©hriften  ent» 
ftanben,  fid)  in  eines  SergeS  fohlen  färntlid)  oerfchloffen,  unb  barin  aus  munberbarer 
Jtirfehung  ©otteS  mit  einem  Schlaf  überfaden,  bis  in  bie  jmeihunbert  Jahr  ge» 
fd)lafen:  unb  mie  eS  ihnen  hernach  meitergegangen".  Salb  barauf,  am  16.  Oftober 
1628,  mürbe  baSfelbe  üRotio  gegeben  in  äRiindjen  unb  1640  in  Sujern3. 


1  ©iefje  oben  ©.  260. 

2  iß  ein  lief),  ißrogr.  1869,  57  f.  „$ie 
bl.  ßäcilia"  ttmrbe  auch  gefpielt  gu  §att  1626, 
Sing  a.  b.  ®.  1629  unb  SBurgbaufen  1637. 

3  SSon  anbern  Segenben  feien  nod)  genannt: 
„§l.lßaulin",©lapl609;  „§l.  Hubert",  SJliincpen 
1612;  „£>I.  Pirmin",  Stonftang  1614;  „£>l.  Efjri» 
ftopt)oru3",  ©idjftätt  1616;  ,,©t  2lle£iu3",  ©rag 
1639,  greiburg  i.  b.  ©djm.  1642,  Samberg 
1645,  Slmberg  unb  Äöln  1646;  ,,©t  Somitian" 
§er^og  oon  Samten,  ©raj  1641 ;  ,,©t  ©ebaftian" 
fünfter  1650;  „Ser  pL  ©igiämunb ,  itönig 


Oon  33urgunb",  StRüncfjen  1624  unb  Stacpen  1646. 
©et)r  beliebt  loar  bie  Segenbe  ber  1)1.  Sattjarina, 
ber  Patronin  ber  ißfjilofoplfen.  2113  fßatronin 
beä  ©pmnafiumg  ;;u  JnnSbrud  mürbe  fie  bort 
gefeiert  Oftober  1606  „für  einen  gfücffefigen 
Stnfang  be§  neuerbauten  Gymnasii  S.  J."  $eu 
„Sieg  ber  fff.  Äatparina  über  bie  fßf)ifofopf)en" 
gab  man  in  Sujern  1643.  „$ie  pf.  ^ebmig, 
^Patronin  Oon  ©djtefien",  fpielte  man  in  üfteiffe 
1629.  „®er  t)l.  §ermenegifb,  SJtartpr"  mürbe 
aufgefüprt  gu  jngolftabt  18.  Oft.  1623,  gu 
2Iug§burg  12.  unb  14.  Oft.  1626,  Syrier  1646, 


678 


gehuteS  Kapitel.  Sie  ©djulfomöbie. 


2Öte  bie  $ramen  au§  bem  Sereidje  ber  Segenbe  manche  gefcf>id^tücfie  ßenntniffe 
»ermittelten,  jo  gilt  ba§feI6e  oft  nod)  in  pöperetn  ©rabe  oon  ben  SDramen,  meldje 
ifir  9Rotio  ber  2Seftgefd)id)te  entlehnten,  ©efjr  beliebt  mar  ba§  £f)ema  oon  bem 
ßaifer  3Raurttiu§.  ®a§JeI6e  finbet  fid)  1603,  1640,  1642  unb  1648  ju  Qngolftabt, 
1611  ju  gilbeSljeim,  1613  ju  SReuburg,  1625  ju  ®ra$,  1639  ju  greiburg  i.  ©djm., 
1642  ju  äftainj.  ®en  „Saifer  £f)eoboftu§  ben  jüngeren"  fpielte  man  1613  ju 
fRegenSburg  unb  1631  ju  ^nnSbrud,  ben  „®aifer  £eraftiu§"  1617  ju  ÜDÜindjen, 
ben  „®aifer  Julian  SIpoftata"  1608  ju  ^ngolftabt1,  1640  ju  SO^ain^  unb  1648  ju 
Xrier,  „®aifer  Saterian"  1641  ju  ^ngolftabt.  (Die  erfdjrödfidje  ^iftorie  »on  bem 
gottlosen  ®önig  unb  Stjrannen  „StntiodjuS"  repräfentierte  ba§  ©pmnafiutn  ju  2Iug§* 
bürg  im  Oftober  1619.  Slucf)  „(Dietrid)  oon  (Bern,  ber  groffmädjtige  $önig  ber 
gotifdjen  Golfer  im  2Seffd)fanb",  mirb  üort  bem  StugSburger  ©pmnafium  im  $af)re  1627 
auf  bie  Siifjne  gebradjt.  (Bei  Gelegenheit  ber  „(ESeipung  oon  fedjS  Slftären  in  ber 
tirdjen  ber  ©ocietät  ^eftt"  ju  ^ngolftabt  mürbe  am  20.  Oftober  1624  bort  auf« 
geführt  bie  „(Dragöbie  oon  ©tilico,  einem  gemaftigen  unb  fjodjberüfjmten  Obriften 
unter  ben  grofjmädjtigften  ®aifern  £f)eobofio  unb  §onorio,  melier  megen  baf?  er 
firdjfidje  Freiheiten  freoenttich  angegriffen,  aud)  felbften  in  Oerräterifdien  (ßraftifen 
ergriffen,  au§  geregtem  Urteil  ©otte§  Oon  feinem  fjofjen  ©taub  in  äufferfteg  ©fenb 
geftürjet  unb  mit  einem  ftägfidjen  ©nb  anbern  ju  einem  ftägtidjen  ©peftaful,  ©cfjau* 
unb  (Beifpief  morben".  (Die  „Sfftion  oon  fRabbobo,  ft'önig  in  griefjlanb",  melier 
burd)  teufüfdje  Sift  oon  bem  djriftfidjen  ©tauben  abgefjatten  morben  unb  unfefig 
geftorben,  gab  ba§  afabemifcpe  ©pmnafium  ju  ^ngolftabt  Oftober  1620  unb  fpäter 
(Diiffefborf  1633 2.  Sftefjrfadj  finbet  fid)  aud)  ®arl  ber  ©roffe  oerf)errlid)t.  (Dem 


21fd)affenburg  1G48.  Sen  „§I.  ?(Iej:anber  als 
Sßbilofopb,  Kohlenbrenner,  SBifd)of  unb  SDtar« 
tprer"  brachte  baS  §eiligenftäbter  Kolleg  im 
Sabre  1607  auf  bie  SBüfjne,  benfelbeit  Zeitigen 
§att,  Oft.  1629.  Sie  „Segenbe  Pom  fei.  §er« 
mann  Sofeph,  bem  ißrämonftratenfer  p  ©tein« 
felb",  fpielte  man  in  ßujern  im  Saljre  1622. 
,,©t  IBituS,  fßatron  poitßanbSberg",  gab  SanbS« 
berg  am  11.  ©ept.  1645,  „Ser  heilige  fOiar« 
tprer  SSituS  als  $auptpatron  Poit  Böhmen" 
gab  3?eiffe  1630.  „Ser  1)1.  fötartin,  SBifcfjof  üon 
SourS",  mürbe  1608  in  Sujern  auf  bem  fOtarlt 
unb  1648  p  fßruntrut  aufgeführt,  „St  ©eorg" 
p  ©raj  1630,  ,,©t  SllejiuS"  p  Konftan*  1630, 
„Sie  ^Belehrung  beS  hl-  33runo"  in  SBien  1637, 
„@t  Pantaleon"  in  Sujern  1637,  ,,©t  SBenjeS« 
IauS"  (33öhmen)  öfters,  in  SiHingeu  1607  (fRep), 
^oblenj  1616,  Sngolftabt  1647,  „Sie  ht-  StgneS 
als  Sriutnph  ber  Seufchfjeit"  in  SunSbrucf  1608, 
,,©t  ©ebaftian"  in  SRünd)en,  ©ftober  1629, 
„£>t.  ShomaS,  ©r^bifchoffen  unb  fUiartprer  ju 
Eanbelberg  in  ©ngellanbt",  27.  9?cm.  1626  p 
Sonftanj,  „£>t.  ©uftach,  SlriegSobcrfter"  in  SJtüu* 
djen,  12.  unb  14.  Gft.  1626,  „§I.  ©mmerid),  Sil« 
lingen"  in  Sitlingen  1626,  „§I.  gelician"  in 
Steuburg  1626,  „§I.  Stephan"  in  SSien  1626. 

1  *  Ser  Sejt  beS  Iulianus  Apostata  Pott  Srejel 
in  Clm  2125.  Sn  einem  lebhaften  fßrolog 
geben  fed)S  ©belfnaben  Snhatt  unb  ßrtlärung 
beS  ©tüdeS.  Su  ber  lepten  ©jene  faßt  ber 
©horfiihrer  bie  ÜDioral  beS  ©titdeS  pfammeit. 
Sabei  fept  breimal  ber  ©hör  ein. 


©rfte  ©trophe: 

Heu  Iulianus  occidit! 

Falx  Julianum  sustulit! 

Mors  Iulianum  messuit! 

Heu  Iulianus  occidit! 

©djlußftrophe : 

Eheu  momento  vertitur 
Mortalium  felicitas. 

Eheu  momento  sternitur 
Mortalium  sublimitas. 

Sie  lepten  SBorte  fpridjt  ber  ©horfiihrer: 
Quicumque  amatis  et  tractatis  litteras, 
Amare  illas  et  tractare  illas  sobrie 
Vel  rniseri  Iuliani  exemplo  discite. 

Nil  possunt  sine  virtute  litterae,  tarnen 
Prodest  virtus  sine  litteris.  Mortalium 
Et  fuit  et  erit  liaec  pestis  semper  maxima, 
Scientia  quae  coniunctam  habet  superbiam. 

3  Sßeiterhin  finben  fid) :  „König  ©loboalbuS" 
(SlPancinuS),  SBien,  22.  Slug.  1647,  SlugSburg 
1649;  „Kaifer  Konrab  III.  unb  Seopolb,  ®raf 
in  ©cbmaben",  $aü,  ©eptember  1647 ;  „Sie 
Sragöbie  Pom  Conradino,  ber  ©cbmaben  lepten 
igerpg",  fpielte  man  am  2.  unb  6.  ©ept.  1644 
in  fütündjen  (ber  ganje  Sejt  in  Clm  2128)  unb 
am  4.  ©ept.  1650  in  SiKiugen.  Sie  „Komöbie 
Pon  Karl  V.,  9tömifd)en  Karfer,  melcber  nad) 
oiel  glormürbigen  Slictorien  ju  SBaffer  unb  ju 
Sanb  enblid)  SBehr  unb  SBaffen  biuban  gelegt, 
fich  ämu  ermünfdjten  grieben  begeben",  mirb 


©efdjidjtc.  —  Sa4  nottonale  uttb  batriotifdje  ©lement. 


679 


Stiftgfapitel  non  2fad)ett  mibrnet  bag  §facf)ener  Qefuitenfodeg  am  30.  ^u(i  1640 
bag  Summarium  Caroli  Magni  in  5  äfften.  Sen  erften  äfft,  bie  äSerteibigung  beg 
ißapfteg  £>abrian,  befchfiefjt  ein  ©f)or  mit  bem  Sriumphgefang  ber  Religion;  bet  jmeite 
äfft  [eiert  ®arf  afg  23cgrünber  ber  Sd)ufen  unb  93efieger  beg  Sefiberiitg,  ber  ©f)or 
bringt  ben  ^ubet  ber  «Stabt  9?om  nnb  ber  befreiten  $ird)e  jum  äfugbrud.  $m 
britten  äfft  mirb  bie  33efiegung  ber  Saufen  bargeftedt,  unb  ber  ©l)or  ftfjfiefjt  mit 
einem  Sobgefang.  äfm  ©nbe  beg  oierten  äffteg,  bie  ^aiferfrönung,  münfdft  ber  ©hör 
Seutfdjfanb  @füd  megen  beg  neuen  ^aiferg.  Ser  Schfujjaft  bringt  bag  ©eföbnig 
®arfg,  ju  äladfen  einen  Som  ju  bauen,  ßum  Sdjfuf)  preift  ber  ©f)or  $arf  atg 
Sieger.  Sie  91eid)gftäbte  begfüdmünfchen  äfadjen,  bag  mit  bem  $aifer  auf  bem 
faiferfidjen  Sriumphrnagen  fifct* 1. 

Sie  Segrönberin  beg  SDamenftifteg  üon  |)ad,  „bie  Königin  dKagbafena",  feierte 
ein  Sdfaufpiel  „dRagbafena  Regina",  mefdjeg  oom  ®odeg  oon  §ad  am  4.  Oftober 
1607  beim  ©intritt  ber  ©rjfjerjoginnen  ÜÖiaria  ©hriftierna  unb  ©leonora  in  bag 
Stift  aufgeführt  mürbe.  Ser  «Stifter  ber  Unioerfität  Sidingen,  ßarbinaf  Otto,  ift 
©egenftanb  beg  Otto  redivivus,  ber  am  22.  Oftober  1614  gelegentlich  ber  Über» 
tragung  ber  ©ebeine  nad)  Sidingen  gefpieft  mürbe2,  ©iner  äSerfjerrfichung  Dttog 
unb  mehrerer  ©lieber  ber  gamifie  Söalbbitrg  gilt  bag  Stiid  „Dapiferi.  Sag  ift 
£>eroifd)e  ober  ritterfidje  Säten  etlicher  beg  ^eiligen  röntifchen  9teid)g  ©rb=Srucf)feffen 
aug  bem  hod)föbfid)en  uralten  £>aug  SSafbburg  comoebiemeif)  fitrgeftefft  oon  bem  @t)tn* 
nafium  ber  Societät  $efu  ju  ©onftanj  ben  12.  Februar  1629" 3.  ^n  ber  fateinifcfp 
beutfcf)en  ißeriodje  fteht  juerft  in  beutfcfjer  Sprache  ein  furjer  93egriff  ber  fürnembften 
Säten  beg  ^eiligen  römifchen  ffteidjg  ©rb*Srucf)feffen  oon  äöafburg  (SSafbburg),  fo 
in  biefer  äfftion  fürgeftellt  morben.  äfdeg  gezogen  aug  glaubmürbigen  ^iftoricig  unb 
aug  uralten  fd)riftfid)en  Sofumenten  gu  SBoIfegg.  Unter  ben  S3erf)errlid)ten  „ift  ber 
britte  ber  bapfere  unb  in  bem  gangen  fKeid)  nod;  biefer  geit  f)od£)5erü^mte  -fpelb 
©feorgiug,  melcher  in  ber  erfdjrödfidjen  ©mpörung  ber  23auernfcf)aft  bag  ©enerafat 
geführt  unb  mit  bapferer  f}auft  biefer  dauern  ^odjmut  gebämpt,  oief  taufenb  erlegt 
unb  bag  fmcfjf>eträngte  Seutfdjfanb  mieberum  §u  9iuf)  unb  ermünfdjtem  ^rieben  ge* 
bradjt".  Sem  Sauernaufftanb  unb  bem  „Sauernjörg"  finb  mehrere  Svenen  gemibmet. 
^n  bag  ganje  Stüdf  finb  luftige  Sjenen  oermebt,  bie  geförbert  merben  burch  bie  ©in* 
ffeibung,  ba  ein  Saufenbfünftfer  burdh  §mei  SBalbgötter  etfidje  Srudjfeffen  fyexhzi* 
bringt,  $m  ®pdog  haften  ade  mitmirfenben  Spieler  einen  Sriumphjug  ju  ©f)ren 
beg  -Ipaufeg  Söalbburg. 

dritten  in  bie  äßirren  beg  ®riegeg  unb  beg  Seffneng  nad;  grieben  fetten  ung 
enbfich  eine  9reif)e  oon  Sranten,  moburcf)  bie  Qefuiten  ben  gefunfenen  9Jtut  ber  Bürger 
§u  heben  fuchten,  inbem  fie  bie  Siege  unb  Sriumphe  beg  ßreujeg,  ber  Kirche  ober 
hefbenhafter  Scanner  auf  bem  Sheater  jur  Sarftedung  brachten,  fo  bie  gufbaer 
Sranten  „Ser  Sieg  beg  ^onftantinug  über  dfta^entiug"  (1639),  „Ser  Sriumph  beg 
föaiferg  §eraffiug  burch  bag  ^reu^"  (1644),  „Ser  Sieg  beg  Propheten  Sanief  über 
feine  geinbe"  (1645).  Sag  adgemeine  SSerfangen  nad)  enblidjem  ^rieben  gibt  mieber 


„fürgeftellt"  oon  bem  ©tymnafium  S.  J.  in  2tug§= 
Burg  am  9.  Oft.  1641,  „IJjomaS  3J{oru§,  ber 
eugtifdje  Äanjter"  bom  33nmberger  Stotteg  1647. 

1  2)a§  4  ©eiten  umfaffenbe  $erfonenoerjeid)= 
ni§  in  Cod.  6  fiötn,  SIpofteln.  Unter  ben  mehr 
all  150  ißerfonen  befinbet  fid)  u.  a.  ein  Sol). 

@o§min  37idel  ä  Gobtar,  jebenfalt^  ein  21er» 

toanbter  bed  P.  ©o^min  Stidet.  $a§  Iateinifdje 
unb  beutfdje  ©^enar  ber  Äomöbie  Carolas 
Magnus,  bie  in  brei  Seilen  an  brei  Sagen  im 


2tuguft  1618  in  9JlolM)cim  gefpielt  tourbe,  ift 
abgebrndt  in  ber  geftfdjrift  Inauguralia  Coli. 
S.  J.  Molshemens.,  Molshem.  1619,  6 — 24. 
Sa§  beutfdje  ©jenar  mit  beutfdhen  Serien  gibt 
(©.  31)  bie  Slamen  aller  (85)  ©pieler.  Sen 
GljriftuS  fpielte  SW.  SauluS  Sauli. 

2  Sgl.  2lug§burger  Sofeedong  1892,  Sit. 
Seilage  40 — 43.  ©ietje  oben  ©.  229. 

3  ©ielje  oben  ©.  265. 


680 


3el)nte§  ÄapiteL  Sie  ©cbultomöbie. 


bag  gang  au3  ©teilen  ber  )|>ropf)eten  unb  pfählten  gufamtnengefepte  Kölner  Srama 
Maria  regina  Pacis  (1643),  „bafj  fie,  unt  Europa,  bag  fdjon  fo  lange  unter  ber 
fjarten  ©eifiel  feufjt,  non  ber  ßrieggnot  31t  befreien,  bie  Serbienfte  ifjreg  ©ofjtteg 
(Spriftug  bem  erzürnten  Sater  oorftede".  Ser  erfte  Seil  fiifjrt  bie  ©djttlb  unb  bag 
glefjen  ©uropag  Oor  Slugen,  ber  gmeite  SEeil  bie  brei  ©otteggeifjeln  ißeft,  junger 
unb  ßrieg,  ber  brüte  Seil  ben  ©ieg  ber  Sarmpersigfeit  burcf)  bie  gürbitte  Mariag b 
Sag  Süffelborfer  Srama  Tandem  post  nubila  Phoebus1 2  feiert  SIpril  1636  bie 
SJüdfetjr  Sßolfgang  Sßilfjelmg  in  bag  Saterlanb.  Sag  betrübte  Saterlanb  tuirb  be» 
brängt  oon  ißeft  unb  $rieg;  bie  ©raufamfeit  ber  ©olbaten  gegen  bie  armen  Säuern 
mirb  febpaft  gefd)ilbert;  ber  junger  fucfjt  bag  Saterlanb  gu  üernicpten;  fcpliefilid) 
crfdjeint  Merfur  unb  üerfünbet  bie  fHücffefjr  ber  ©onne;  bie  ©onne  oerfcpeucpt  bann 
alle  ©cpreden.  9Hg  bann  enblicp  Triebe  gemorben,  erfdfjallt  oon  ber  ^efuitenbiiljne 
£ob  unb  Sanfgefattg  über  bie  enblidje  Errettung  beg  SSaterlanbeg.  „ßorobabel  ober 
bie  frofje  9füdfepr  beg  augermäplten  Solfeg  aug  beut  perfifcpen  (Spül"  mürbe  am 
3.  97ooember  1648  oor  ben  griebenggefanbten  oon  bem  paulinifcpen  ©pntnafium  in 
fünfter  aufgefüprt.  ©0  grüßten  1650  §eüigenftabt  bag  oon  fo  oielen  Seiben  be* 
freite  Saterlanb,  Sinj  bie  Erlangung  beg  griebeng  unb  SBien  ben  ^rieben  im 
beutfcpen  9teicpe. 

Sie  alten  Moralitäten  finb  oertreten  burd)  mancpe  ©tüde,  bie  fiep  fd)on  in  iprem 
Site!  gegen  einzelne  Safter  menben.  „Sag  Säftergeridjt  ober  göttliche  ©traf,  meüpe 
über  bag  $Iud)en,  ©cpmören,  ©ottläftern  nteprmalen  ergangen:  anjepo  aber  allen 
Säfterjungen  ju  einem  ©djreden  fpielroeip  fürgeftedt  in  bem  ©r^perjoglicpen  SIfabe« 
mifcpen  ©pmnafium  S.  J.  ju  £yreiburg  im  Sreiggau  ben  25.  Sag  SBeinmonateg  im 
$apre  1637".  Sie  Süge  befämpft  bag  ©tiid  „Sogi  —  Sugen,  b.  i.  (Somoebia  ober 
Sugenfpil,  Oon  aderlei  ©orten  ber  Menfcpen  oorgefpilt,  omnis  liomo  mendax 
(ißfalm  115).  Qu  einer  Slbmapnung  unb  Söarnung  nacpgefpilt  in  bem  afabemifdjen 
©pmnafio  S.  J.  ju  $reiburg  im  Sreiggau  ben  19.  Oftober  1642".  (Sitten  äpnlidjen 
ßmed  üerfolgte  bag  1644  $u  Sfödt  gefpielte  ©tüd  „galco,  ber  gelobt,  nie  ju  lügen,  unb 
bie  Siebe  gur  Söaprpeit  felbft  bem  Seben  oorjog".  Sen  ©ieg  ber  SBaprpeit  über  bie 
Süge  fcpilbert  1629  ein  SImberger  Srama  Oon  P.  Map  Serdjenfelb.  Sie  „Tragica 
ambitionis  scena,  b.  i.  Unglüdlicpeg  Serberben  Slbfalonig  infonberpeit,  barnad)  beg 
Sfmang  unb  anberer,  melcpeg  ipnen  ber  ©prgeij  üerurfacpt  pat",  „brachte  aufg 
Speatrum"  bag  ©pmnafium  gu  ^ad  ben  6.  Oftober  1642.  ©egen  bie  ißlittobulia, 
ben  Mammongbienft,  menbet  fic^  bag  gleicpnamige  Su^erner  Srama  oont  ^apre  1609. 

Sie  ©cpüler  beg  Kölner  Äodegg  führten  1612  ein  ©tüd  gegen  bie  Sntnffudjt 
auf:  „Ser  trunffüdjtige  ©dpntieb",  ftiepen  aber  bamit  in  ein  SGBefpenneft.  Sie  3unft 
ber  ©cpmiebe  erpob  bittere  Älfage  bei  einem  ber  Sürgermeifter,  meil  einer  iprer 
^unftgenoffen  in  bem  ©tüd  jur  §öde  gefahren  fei,  mag  ein  eprbareg  ^anbmerf  nidjt 
ertragen  fönne;  eg  müffe  begpalb  oon  ben  ©enugtuung  oerlattgen.  Ser 

Siirgermeifter  begütigte  bie  Sefd;merbefüf)rer  bamit,  baf)  aud)  Üficpter  unb  ©enatoren, 
überhaupt  Seitte  jebeit  ©tatibeg  in  ben  ®omöbien  ebenfo  bepanbelt  mürben,  ofjne 
bap  ipre  ©tanbeggenoffen  baran  SInftof?  näpmen3.  Sbenfo  gegen  bie  Srunffudjt 
menbet  fidp  bag  in  ^onftan^  Oftober  1625  gefpielte  ©tüd  „Ebrietas  vindicata,  bag 
ift  ©traff  ber  Tüderei". 

Slnbere  ©tüde  bepanbelten  einzelne  Sugenben.  Um  jttr  Unterftiipung  ber  SIrmen 
anäufportten,  biente  bag  ©tüd  „Eleemosynaria  ober  (Somoebie  üott  Sarmperj*  unb 


1  Sateirt.  ©jettar  in  Cod.  6  Ä'öln,  ^Ipoftelxt.  2  Sateiit.  ©jenar  Dusseldorpii,  Sub  typis 

@igenttid)e  ®rieg§bilber  gibt  ein  Kölner  ©tiicf  Christophori  Ort,  Dacalis  Typographi  1636,  in 

„SUittjan"  (1633),  tötn,  ©tobtarcbib  U  659.  Cod.  6  a.  a.  0.  3  Reiffenlberg  I  426  f. 


fDtoralitäten.  —  Stotentanj. 


681 


greigebigfeit  gegen  ben  Sirmen  burd;  bag  Seben  unb  ©jrempef  beg  fjf.  SRicofai  äRagni, 
©ehrten  in  ber  ©tobt  Stugspurg  üon  ber  $ugenb  beg  ©ptnnafii  ber  ©ocietät  $efu  ba= 
felbft  jum  erflenmal  ben  9.  Oftober,  junt  anbernmaf  ben  11.  Oftober  int  Qafjr  1623". 
(Sinen  ähnlichen  ßwed  üerforgte  mofjf  bag  ©tiicf  „Date  unb  Dabitur,  bag  ift  ©omoebia 
üon  jtüeien  Brübern",  beren  einer  Date  (@ebt),  ber  anbere  Dabitur  (tnirb  eud;  gegeben 
werben)  genannt,  bag  am  7.  unb  9.  Oftober  1624  ju  Sluggburg  aufgefü^rt  mürbe.  SDie 
Streue  befjanbefte  bag  ^ngofftäbter  ®rama  üom  Qafjre  1626:  „Sragicomöbie  üon 
jweier  Wiener  Streu".  $>en  „undjriftfid;en  ißofitijigmug"  branbmarft  bie  ^ngofftäbter 
„Slftion"  üom  ^afjre  1615:  „Bon  Seontio,  einem  ©rafen,  meiner,  burcfj  SJZacdjia» 
üeffum  üerfiifjrt  ein  erfdjrödfidfjeg  ©nbe  genommen,  baraug  abjunefjmen,  Wie  fdfjäb» 
fid)  fei  ber  feigen  $eit  fdfjwebenber  undjriftfidjer  ißofitijigmug".  ©g  ift  bie  äftefte 
bramatifdje  Bearbeitung  beg  cfjarafteriftifcfjen  ©nbeg  beg  St)on  Quan.  „St)er  Seontiug 
beg  .Qefuitentljeaterg  ift  ber  Vertreter  beg  rüdfidjtgfofen,  mit  affen  fittfidjen  SSerten 
bredjenben  Qnbiüibuafigmug  beg  üon  ber  D^ertaiffance  inaugurierten  ©eifteg  ber 
ÜReujeit. " 1 

©in  beliebtes  Stfjema  beS  mittefafterfidjen  SDrantag  mar  bie  SSDarfteCfung  beg 
£obe§  unb  beg  Stotentanjeg.  $fud;  biefen  (Stoff  fittben  mir  in  unfern  ©tüden  üer» 
treten;  entfprad;  ja  berfelbe  ber  Borfiebe  für  Slffegorien  unb  ber  |>aupttenbenj, 
fäuternb  ju  mirfen,  wofür  ber  Stob  afg  Berfünbiger  ber  Bergänglicfjfeit  aüeg  ^rbifdfjen 
ben  padenbften  ißrebiger  abgab.  @o  erfdjeint  benn  ber  Stob  afg  fjanbefnbe  ißerfon 
auf  ber  Bütjne,  afg  ©djnitter,  9Zeigenfüfjrer,  Zottig,  Striumpfjator.  Sffg  SDiener  tritt 
er  auf  in  bem  „Suboüifug  ©arbineffug",  ber  1642  in  SRündjen  gefpielt  mürbe: 

2>er  Sinnen  ^ütte  wie  be§  ÄönigS  ©djtof) 

^Betritt  mein  gufj,  unb  eine  §ütte  t)ab’  id) 
giir  f)obe  wie  für  niebre  Häupter.  .  .  . 

SSotjl  wirb  er  fließen,  bod)  nimmermeljr  entfliefju. 

SBotjin  er  eilt,  ba  toure  id)  auf  it)n. 

SIber  ber  Stob  wirb  nicf)t  nur  afg  etmag  ©djredf;afteg,  fonbern  aud),  wie  in 
ben  Stotentanjbifbern,  afg  ©rföfer  üon  SJZüfje  unb  ÜRot,  afg  ber  Befreier,  afg  bag  SSerf- 
jeug  einer  ^öfteren  äRacfjt  bargeftefft.  SDen  erften  eigentfidfjen  Stotentanj  führte  am 
6.  Februar  1606  bag  afabemifdje  ©tjmnafium  ju  ^ngofftabt  auf,  ein  „Drama  tragi- 
cum  üon  bem  Stobt  ober  Stobtentanp,  in  weld;em  etliche  fonberbare,  erfcfjrödfidje 
unb  Wafjrfjafte  Sfuggäng  aug  biefem  Seben  fomofjf  ber  jungen  afg  ber  alten  Seut 
begriffen  werben"2.  „SDer  Stob  ift  in  unferem  ©tiide  afg  bie  gofge  unb  ©träfe  beg 
Safterg  aufgefafjt.  ©r  fjanbeft  bafjer  im  ©inüerftänbniffe  mit  ©atan  unb  fjoft  feine 
Opfer  üon  ©ünbe  unb  Safter  weg  ju  feinem  Stanje.  .  .  .  ®ie  üon  if;m  jum  Stanje 
©efabenen  finb  meift  tppifdje  Bertreter  ber  Sebengafter  unb  ©tänbe,  wie  fie  ber 
gangen  Stotentanjbidfjtung  eigen  finb,  aber  fie  finb  fjier  djarafterifiert  unb  inbiüi* 
buafifiert.  SDag  erftere  baburdj,  baff  jeber  ©tanb  ein  beftimmteg  Safter  ju  üertreten 
fjat.  ©g  ift  fein  gemöfjnfidjer  ®nabe,  ben  ber  Stob  entführt,  fonbern  ein  ffudjenber 
®nabe;  eg  ift  fein  einfacher  ßrieggmamt,  fonbern  ein  fredjer  ©ofbat  uff.  Qnbiüi* 
buafifiert  aber  finb  bie  ©tänbe  baburcfj,  bafj  aud;  fjier  afg  Bertreter  ber  einzelnen 
©tänbe  beftimmte  Stppen  ber  ^efuitenbüfjne  befjanbeft  finb.  .  .  .  $n  mehreren  ©jenen 
ift  aud;  ber  Stotentanj  fortgebifbet,  ben  mobernen  Berfjäftniffen  jur  ßeit  beg  ©tiideg 
angepafjt:  ber  Sfftronom  üertritt  bie  Sfftrofogie  ber  ^eit,  unb  in  bem  fredjeu  Ä'riegg= 
mann  fpiegeft  ficfj  ber  ©ofbatenftanb  beg  17.  ^a^r^unbertg.  SDie  üerfommenen  unb 
raufettben  3et^&rüber  erinnern  mieber  an  bag  3eifa^er  ber  Strunffudjt,  unb  ber  reid^e, 

1  $ürrtoäd)ter  in  §iftor.=üotit.  Stätter  unb  SotentanseS  auf  ben  Sefmtenbütjneu,  üor= 
CXXIV  356  f.  äng§weife  in  23at)ern.  gorfdjuitgen  jur  Snttnr= 

8  2)iirr Wächter,  ®ie  2)arfteHung  be§2obeg  unb  Siteraturgefcf).  S3at)ern§  1897,  91  f  101  ff. 


682  8ef)nte3  Äapitel.  ®ie  ©djulfomöbie. 

aber  fargenbe  ©utsfjerr  mit  bem  armen  dauern  finb  uns  ebenfalls  als  ©eftalten 
jener  <$pocf)e  belannt."  1 

Qn  einem  Qreiburger  ©tüd  Aeternitas  (Smigleit)  üont  Qaljre  1G39  ift  ein  Slft 
bem  Tob  al§  ©ieger,  ein  anberer  bem  Job  als  Sefiegten  gemibrnet.  Qm  erften  2Ift  fommt 
ber  Tob  ins  SßirtSlfauS  31t  ben  üollen  Qedjern,  ju  ben  reichen  ©elbljerren,  ju  ben 
biSputierenben  ©eleljrten,  als  Slpotljeler  in  bie  Slpotfjefe,  als  (General  ju  ben  ©ob 
baten,  bie  gegen  ben  Tob  eine  Qeftung  bauen.  Qn  ber  oierten  ©jette  fefjt  fiel)  ber 
Tob  auf  bie  9{itterban!:  brei  abelige  ^aüaliere,  ein  ©panier,  ein  Qranjofe,  ein 
©eutfdjer,  ftecfen  grojje  Sritlen  auf  unb  blättern  fo  ftarf  an  bem  grofjen  ©tammbudj, 

bafj  eS  laut  raufdjet.  ©er  Tob  [teilt  fiel) 
üor  in  Sauernfleibern,  fpridjt  bie  ®aoa> 
liere  als  feine  ©öljne,  $inber  unb  Srüber 
an.  ©a  [ie  baS  nic^t  gelten  taffen  toollen, 
mirft  er  ifjnen  SIfdje  in  bie  Slugett  mit 
ben  SBorten:  Memento  homo,  quia  pul¬ 
vis  es  et  in  pulverem  reverteris. 

SDa  2tbam  tjacft’  unb  Eüa  fpann, 

3Ber  tuar  bas’mal  ein  ©beimann  ? 

Qu  ber  fiebten  ©jene  fäbjrt  ein  ®önig 
auf  eiuem  föniglicffen  Triumptjmagen  ein¬ 
her.  Qn  ©eftalt  eines  Totengräbers  füljrt 
ber  Tob  il)m  nacf)  mit  einem  ©c^ubfärfin, 
[türjet  ben  ®önig  00m  Tfjron  unb  labet 
iljn  auf  baS  Totenfärlin.  ©er  jtoeite  SIft 
jeigt  bann  in  einer  Seilje  Oon  parallelen 
©jenen,  bafj  ber  Slllbejminger  Tob  bort 
feinen  ©djreden  terloren,  mo  bie  Söelt 
unb  ifjre  Suft  üeradjtet  toirb.  ©er  Tob 
laffet  feine  attgefangette  Tüd  nit,  üer> 
ftellet  ficb  in  unterfdjieblidje  ^ßerfonen, 
üerfudjet  fie,  befinbet  aber,  bafj  biefe  SSSelt- 
feinb  tobtfeft,  Ijart  gefroren,  ja  ber  Söelt 
gar  abgeftorbett  finb.  ©0  [teilet  er  in  ber 
britten  ©jene  ÜDlartio,  bem  SBeitt-  unb 
Söeiberfeinb,  oor  bie  Qetle  eine  Qlafdje 
SBein  unb  eine  allamobifdje  Söeiberljauben. 
Stber  ber  SUtüater  erfcfjricft  oor  bem  Söein, 
als  toentt  er  ein  ©ift,  unb  oor  ber 
Rauben,  als  toenn  eS  eine  ©djlangenlfaut  märe,  ©er  Tob  lobt  ifjn  bafiir  unb  jief)t 
aus  bem  Qutter  ber  £mube  einen  Totenfopf,  ben  er  als  einen  Slbrijj  aller  fcfjönen 
©eftalt  jebermann  üor  Slugen  [teilt.  Qm  ©cfjlufjdfor  beS  jmeiten  SllteS  bietet  ber 
Tob  biefen  Söeltoerädjtern  einen  ^ranj  aus  ben  Slumeit,  bie  er  als  ©djnitter  junt 
©djlufj  beS  erften  2IfteS  abgefdjnitten.  ,,©o  ift  alfo  biefeS  ©tücf  eine  eigenartige 
Söeiterbilbung  beS  TotentanjeS  auf  ber  Süljne,  inbem  fieben,  jumeift  §o!bein  uadp 
empfunbenett,  mandjmal  füljn  auSgefii^rteu  ©jeueu  00m  ^errfdjer  unb  ©ieger  Tob 
fieben  ganj  bem  ©tile  beS  QefuiteutljeaterS  angefjörenbe  Silber  oon  bem  befiegenben 
unb  Ijulbigenben  Tob  entgegengeftellt  finb."2 


©umma 

fit)  furßcr 

£aUDRAMATIS  TRAGICI 

fOonti  Dem  ToDt/ 

-Ober 

Cobteiitanrj. 

SEtm  welchem  ctltcfx  fon&er&arr  /  et* 

fcfuocf  (Icbe/onD  füar(?affre  Siujjgäng  auß 

Difcm  i eben/  fo  rool  Der  jungen  ale  Der  alten 
teuf[i  begriffen  racrDen. 

(geM  ten  ittrt  bem  2Icaöemffct><n  Gymnafio 

Sociecacis  I  £  s  v  Su  ^ngolftaDt  /  Den 
V  I.  Fcbruarij,  Anno 


qM. 


T>C.V1. 


©etrurft  tn  ber  £bcrffcben  Trucferep/ 
Durclj  3(nDream  3ngermeper. 

$er  ^ngolftiibter  fotentnnj  1600  (2/3). 


1  ®ärrn3äd)ter  a.  a.  £).  103  f. 

2  ©bb.  100  f.  2UjnIicf)e  ©tücle  finb:  „Stobtem 


fpil,  ba§  ift  Tragoedia,  in  toelcfjer  fiirgeljalten 
rnirb,  toie  ein  junger  italienifrfjer  Sbelmann  in 


Sotentanj.  —  Oratorien. 


683 


Sin  neuerer  ^ritifer  f)at  bag  Üiefultat  feiner  ©tubie  über  ben  Sotentanj  auf 
ben  beutfcfjen  Qefuitenbüfjnen  in  bie  SBorte  jufammengefafjt :  „Sag  mittelalterli<f)e 
©piel  oom  Sotentanj  irirb  auf  ber  ^efuitenbüpne  nidjt  blojj  in  feiner  urfprünglicfjen 
21rt  oorgefiiljrt  unb  funftood  aufgefrifcfjt,  fonbern  audj  in  jener  oertieften,  gebauten» 
reicheren  Sluggeftaltung  Sigentuni  ber  bramatifdfen  fö'unft,  roie  fie  ^otbein  bem  ge» 
malten  Sotentanj  gab.  9?eue  ©eiten  merbeit  bem  Sotentanj  abgemottnen  burcfj  bie 
Vetradjtung  beS  Sobeg  alg  beg  ftrafenbeit  Srgebniffeg  eineg  Safterlebeng,  roie  eg  bie 
©egenmart  bot  unb  anberfeitg  alg  beg  Oon  ber  Sugeitb  unb  2lgjefe  Vefiegten. 
ßum  fpejififdjen  Sotentanj  beg  3efuitent^eater§  aber  mürbe  bag  alte  ©piel  fo  recfjt 
baburd),  bajj  eg  in  feinen  ©jenen  mit  ©toffen  beg  Qefuitentfjeaterg  auf  bag  innigfte 
oerfnüpft  mürbe.  .  .  .  Sie  $eit,  in  meldje  bie  meiften  biefer  ©jenen  faden,  ift  bag 
17.  Qatfrfjunbert.  Verbreitet  maren  fie  über  ade  beutfdfen  ^efuitenbüfjnen,  boc^ 
paben  fie  in  Oberbeutfdplanb  befonberg  eifrige  pflege  gefunben.  3umeifl  toaren  eg 
©tiicfe  oon  großer  bramatifdier  2Birlunggfäf)igfeit  unb  Sebenbigfeit  unb  mürben  oft 
mit  oielem  ©efdjid  befjanbett,  fo  baff  man  eg  mof)l  augfpredfjen  barf:  bie  bramatifdje 
Vüljne  jener  3e*l  ift  burdj  ben  Sotentanj  auf  bem  Qefuitent^eater  mit  eigenartigen 
unb  padenben  ©cpöpfungen  bereichert  rnorben."* 1 

Sine  befonbere  Srmäffnung  oerbienen  nodj  bie  in  unferer  ^5eriobe  auffommenben 
©ingbramen  ober  Oratorien,  bie  Vorläufer  für  bie  Oper  auf  ber  Qefuitenbüfjne. 
Sine  „@ing=Somöbie  oon  Vefreiung  3gnatii  Sopotae,  ©tifterg  ber  ©ojietüt  Qefu, 
gefungen  oon  ber  Söürjburgifdjen  3u9en‘3  in  frent  afabemifcfjen  ©tjmnafio  S.  J.  ben 
31.  ^eumonatg  (Quli)  1617 ",  gefiel  fo,  baff  fie  am  1.  ©eptember  mieberfjolt  merben 
muffte.  Sag  erfte  ©ingbrama  in  SMndjen  ift  bie  am  19.  fJJMrj  1643,  alfo  in  ber 
g-aftenjeit  aufgeführte  „fßhilothea  bag  ift  SSunberlidje  Siebe  ©otteg  gegen  bie  ©eet 
beg  SRenfcpen  aug  göttlicher  ,*pl.  ©djrift  gejogen  unb  in  liebliche  ÜDMobep  ein» 
geführt".  Sg  ift  ein  adegorifcfjeg  ©ingfpiet  mit  beutfdjent  Sejte,  üerfajft  Oon 
bem  dtfjetorifprofeffor  P.  3°f)-  ißaudin2.  3m  Prolog  lehrt  ber  föniglidje  ©änger 
burcfj  fein  Veifpiet  bie  Siebe  ©otteg,  meldje  bie  ©eele  aug  ber  Siefe  beg  ©ünben» 
abgrunbeg  ju  bem  ©ipfel  ber  |jeiligfeit  ergebt.  3m  erften  2lft  geigen  bie  Siebe  ©otteg 
unb  ber  ©djupengel  ijßpitotpea  ben  SBeg  jum  £>immel  unb  jur  §öde,  eg  folgen  bie 
SSelt,  bag  gdeifdj,  ber  böfe  $einb  mit  ihren  97ad)ftedungen.  fßhilotpea  unterliegt,  fie 
fädt  unter  bie  dtäuber  unb  finbet  nur  Unglüd.  Ser  jtueite  unb  britte  9Ift  fteden  bar 
bie  erbarmenbe  Siebe  ©otteg  gegen  bie  gefadene  ©eele,  ber  oierte  unb  fünfte  Slft  bie 
Veroodtommnung  in  ber  Siebe.  3m  ©pdog  ermahnt  bie  Siebe  ©otteg  ade  jur  gött» 
liehen  Siebe,  aujjer  ber  adeg  eitel  unb  oergänglid)  fei.  Sie  fßerfonen  finb  Sljriftug, 
iß^ilotpea,  bie  göttlidje  Siebe,  ©eredjtigfeit,  Varmljerjigfeit,  Triebe,  ©üte  ufm.,  unb  biefen 
gegenüber  bie  SBelt,  bag  gleifcf),  bie  §öde;  17  ©änger  (oierftimmig)  unb  15  ^nftrumente 
mirfen  mit3.  Sag  ©tüd  gefiel  fefjr;  eg  mürbe  am  26.  ÜDtärj  üor  bem  fßrooinjial, 
am  31.  SJlärj  (in  ber  föarmodje)  oor  bem  ^urfürften  mieberpolt.  9iacf)  ben  Slnnalen 
beg  ütRüncfjener  ®odegg  oom  3ahre  1646  erlebte  bag  Oratorium  1643  eine  fieben» 
malige  unb  1646  eine  breimalige  Sluffiiprung.  Sie  ÜDtufif  machte  gemaltigen  Sin» 
brud,  oielen  ftanben  bie  Sränen  in  ben  Slugen.  3m  3ahre  1650  mürbe  eg  in 
greiburg  in  ber  ©djmeij,  1658  mieber  in  ältündjen  gefpielt 4.  Sie  „^fjilotffea"  mar 


ber  gaftnacpt  feinen  Beften  greunb  in  ber  9Jla§fe» 
robe  ertoürgt  unb  benfelben  in  einer  tobten 
Sartien  öff entlief)  ju  bent  lobten  3)anp  pat 
tragen  taffen,  ©epalten  oon  bem  ©nmuafium  S.  J. 
in  9tug3burg  ben  10.  gebr.  1640."  Mortis  in 
hominem  imperium,  fOlain^  1640. 

1  $ürrtoäd)ter  a.  a.  D.  104  f. 


2  23gt.  Stubenoott  a.  a.  D.  198  209 
212. 

3  2  tßiolinen,  3  Siototta,  1  SBiolone,  2  Gor» 
nettini,  3  Sromboni,  ie  1  g-agotto,  Gtaoicembato, 
Strpicorbo,  2iorba;  fo  nad)  ber  ißerioepe  Oom 
Sapre  1658. 

1  Sögt.  *  Diarium  Gymn.  Monac.  CIm  1554. 


3ef)nte§  Kapitel.  Sie  6d)uIfomöbie. 


684 


•An — 


THEOPHILVS 


S  E  V 


C  H  A  R 

HOMINIS 


I  T  A  S 


bie  Sorläuferin  einer  eigentlichen  mufifatifd^en  fßaffton,  bie  fßaudin  am  18.  9Jfärj 
unb  bann  roieber^olt  am  22.  äftärg  1644  aufführte  K 

®er  „«ßh^othea"  folgte  im  felben  $af)re  „^to^xhxZ,  baS  ift:  35ie  Sieb  beS 
ÜDienfcpen  gegen  ©ott.  Qn  einem  gefungenen  Sdfaufpiel  fürgeftedt  oon  ber  $ugenb 
beS  djurfürftlicfjen  ©pmnafii  ju  SQZüncfjen  am  4.  unb  9.  September  1643" 2.  $n 
ber  lateinifcfjen  Sorrebe  Praecentio  mirb  auSgeführt:  Sor  furjem  ha^en  mir  in 
biefem  ^ahr  bie  bie  Siebe  ©otteS  gu  ben  ÜD?ettfd)en,  bargeftedt,  in 

gleicher  Sßeife  moden  mir  jept  ben  „XheophituS",  bie  Siebe  beS  9J?enf<hen  ju  ©ott, 
norführen.  „®ie  Art  unb  Sßeife  ift  ungemöhnlidj,  fdjeint  aber  bodj  einer  religiöfen 
Sühne  nicht  unangemeffen  unb  fcfjon  beSfjalb  lobenSmert,  meit  fie  trefflich  seigt,  bah 
mie  bie  obf^önen  25arftedungen  burdj  bie  SOiuftf  oerberfdid)  einmirfen,  fromme  @e* 

fange  auf  ber  Sühne  ben 
frommen  Seelen  nüpen,  befon* 
berS  menn  ber  heilige  STept, 
in  bem  eine  munberbare^raft 
liegt,  in  frommer  ABeife  oer> 
menbet  mirb.  ASo  ASorte  ber 
heiligen  Schriften  fehlten, 
mürben  einige  menige  Säpe 
au§  bem  ^eiligen  Offijium 
eingefügt.  233eil  mir  aber 
feine  9J2ufifer  oon  ißrofeffion 
finb,fodniemanb  fünftferifche, 
feinere  garbengebung  unb 
Afroamata  ermarten,  fonbern 
Affefte,  bie  geeignet  finb,  bie 
Seele  höher  ju  ftimmen." 

SDaS  gan^e  Stiid  ift  ein 
au§  ben  fdjönften  Serfett  ber 
^eiligen  Sdfrift  gufammen* 
gefepteS  Oratorium,  $m 
Prolog  „Sorreb"  erffärt  bie 
£)immelSfönigin  als  äftutter 
ber  fchönen  Siebe  bereu  Sor> 
trefflicpfeit  unb  labet  ade 
hörer  ein,  bie  Siebe  ©otteS 
nicht  allein  auf  ber  Sühne 
ju  flauen,  fonbern  audj  in 
ihrem  gangen  Seben  aus* 


IN  DE  VM. 

CANTATO  DRAMATE 
IN  SCE-NAM'DATVS 

ajuuentute  Eledboralis Gymnafij  Monachij 
4.^9.  Septtmb.  i/inno  <£M.  DC.  XL III. 


;fkop6i(up  / 


Z)ae  j(l : 

©w  fceß  ©oft. 

3n  einem  gelungenen  ©djarcfpil  fdrgefRUt 

t>«  3u9<nN  t>cf?  £f)urfür(H.  ©»mnaftj 

lu  SKündjcn/ 

4.t)nb9.©cptfm^tm3a&r  jm?. 


0efrucft  ju<5WundKn/  fc«n€orn<tii f«r>ftrrf  (?rb<n.  ==1131* 


So?  SJlümfjener  ©ingbrnmo  SljeopIjdiiS  1643  (2/3). 


jupreigen.  SDie  ^erfonen  beS  ^rologS  finb  auper  ber  SJiutter  ©otteS  gtoei  ©ngel, 
©taube,  Hoffnung  unb  Siebe.  ®er  ©hor  fc^lie^t  mit  bem  ©efang:  ®ie  Siebe  ift 
beS  ©efepeS  ©rfüdung.  ®er  erfte  Aft  gibt  bie  Semeggrünbe  ber  Siebe;  SheopfjiluS, 
ber  Scpupengel,  bie  Slajeftät  unb  Schönheit  ©otteS  treten  als  meitere  ißerfonen  auf. 
©rgreifenb  mup  ber  ©hor9efal19  getoefen  fein:  heilig,  heilig,  heiÜ9  ift  ber  ©ott 
ber  §err,  ber  Allmächtige,  ber  ba  mar,  ber  ba  ift  unb  ber  ba  fontmen  mirb.  9?ad)* 
bem  bie  Schönheit  ©otteS  gepriefen,  fällt  mieber  ber  ©hor  ein:  Laudamus  te, 


1  Rhetor  drama  musicum  exhibuit  de  pas-  im  Sioriltm :  In  schola  Humanitatis  datum  a 

sione  Domini  (ebb.).  SSorläufer  tnaren  bie  $af>  Rhetore  drama  de  Christo  patiente. 

fionSbramen.  3um  31.  SJiärj  1637  tjeipt  e§  2  4°  26©.  Ser  ganje  Sejt  Iatcinifdfj  u.  beutfef). 


Oratorien. 


685 


benedicimus  te,  adoramus  te,  glorificamus  te.  Sie  (Süte  (Sotteg  beginnt:  (pebe 
beine  Slugen  auf  unb  fiefje;  unb  bie  Soliften  greifen  btefe  (Sitte:  (Sin  unbefleckter 
(Spiegel  unb  ein  33ilb  feiner  (Sitte.  (Sr  läfjt  feine  Sonne  aufgeljen  über  bie  (Suten 
unb  bie  23öfen.  Unb  Sheoplplug  fingt:  SEBag  ^abe  id)  int  §imtnel  unb  auf  (Srben, 
mag  f)abe  id)  oon  bir  begehrt?  (Sott,  meinet  Derjeng  Stärke  unb  mein  Anteil  emiglid). 
Ser  Spor  fept  ein :  Tu  solus  sanctus,  tu  solus  Dominus,  tu  solus  Altissimus. 
2llg  meitere  Söemeggrünbe  jur  Siebe  (Sotteg  merben  gefeiert  bie  Schöpfung,  bie 
ätfenfdjmerbung,  bie  (Srtöfung,  bie  3ied)tfertigung,  bie  SSefeligung.  Ser  gmeite  2lkt 
fdjilbert  bag  SBerben  ber  Siebe.  Spriftug,  unfer  |)eilanb  unb  Seprmeifter,  unter« 
meift  Speoppilug,  baf)  bie  Siebe  ber  fiirjefte  2Beg  §um  Zpimmel  fei:  Qd)  bin  gekommen, 
ju  fenben  ein  $euer  auf  (Srben,  unb  mag  miß  id)  attberg,  alg  bafj  eg  angegünbet 
merbe.  Ser  Spor  forbert  auf:  Sretet  ju  if)m,  kaffet  eitd)  erleuchten,  unb  euer  2ltt< 
gefickt  foß  nicht  ju  Sdjauben  merben.  STheophifuS  ift  bereit,  (Sott  ju  lieben,  aber 
bie  rebeßifepe  Statur  fteßt  ftdj  ihm  in  ben  2Seg.  Sa  kehrt  (Spriftug  Speoppilug,  fi<h 
fekbft  ritterlicf)  ju  überminben,  nach  ^em  93eifpiek  Stbrapamg,  ber  feinen  Sohn  opfert. 
Sag  Opfer  Slbrapamg  mirb  bramatifd)  oorgeführt  mit  ben  SBorten  ber  (Senefig. 
9iad)  langem  Kampfe  entfdjkiept  fid)  Speoppilug,  (Sott  ju  lieben.  Sa  fteßt  ipm 
(Shriftug  jur  SBapl  bie  golbene  unb  bie  Sornenkrone.  Sie  Sornenkrotte  (Shrifti 
entfepeibet  feine  Söapl.  (5h^t[tu§ ,  bie  Siebe  unb  ber  Schutzengel  rufen  ihm  ju: 
Siebe,  aber  nicht  mit  bem  üffiorte,  niept  mit  ber  ßunge,  fonbern  mit  ber  Sat  unb 
in  ber  Söaprpeit.  Sen  Sopn  preift  bann  einfaßenb  ber  Spor:  ®ein  Slug’  pat  eg 
gefepen,  kein  Ohr  gehört  unb  in  teineg  üßlenfdjen  Zper^  ift  gebrungen,  mag  (Sott  benen 
bereitet,  bie  ihn  lieben.  Ser  britte  5ltt  fdjilbert  bag  Söacpgtum  ber  Siebe,  bie  öoß« 
kommene  (Srfüßung  beg  (Sefepeg  mitten  in  ben  Sodungen  unb  Sroljungen  ber  Söelt, 
bie  fchmeichelnb  unb  fcpredenb  fich  naljen,  aber:  92ein,  nein,  id)  bin  gemijj,  bah  meber 
Sob  nodj  Seben,  noch  (Sngel  noch  ^ürftentum,  noch  §öpe  noch  £iefe,  noch  irgenb 
eine  Kreatur  ung  fcheiben  kann  oon  ber  Siebe  (Sotteg,  bie  ba  ift  in  ßprifto  $efu, 
unferem  (perm.  Ser  (Shor  öerkünbet  triumpljierenb :  Sag  ift  ber  Sieg,  ber  bie  SBelt 
überminbet,  unfer  (Slaube.  Sie  Siebe  (Sotteg  ift  Siebe  ju  ben  9)ienfd)en,  beg^alb 
lernt  Speoppilug,  nach  Überminbung  ber  Söelt  (S^riftuS  im  Bettler  aufjunepmen,  31t 
fpeifen  unb  gu  kleiben.  2Ber  mirb  mir  geben,  bah  id)  fei  beg  Slinben  Slug’,  beg 
Sahmen  gufj,  ber  Slrmen  SSater?  Ser  oierte  Sltt,  bie  eifrige  Siebe,  fdjilbert  bag 
Verlangen  nad)  ^reuj  unb  Seiben  unb  bie  apoftolifdjen  Säten  ber  Siebe;  ber  fünfte 
Slft,  bie  inbrünftige  Siebe,  oerfünbet  ben  Sohn,  Segnabigung  mit  ben  ÜDfaljeicpen 
ber  hakigen  fünf  SSunben  unb  ben  Sob  aug  Siebe.  Ser  Sdjlithchor  forbert  bag 
üßkenfcpengefcplecht  jur  Siebe  auf,  mobei  bie  Scpluhmorte  bag  (Scho  auglöfen:  Ama, 
amabo.  93ei  ber  Sluffüprung  biefeg  Oratoriumg  maren  83  ^erfonen  tätig,  barunter 
40  Sänger  unb  32  ÜDZufiker1 2.  @g  muhte  uocp  smeirnal  mieberholt  merben. 

*  * 

* 

($g  erübrigt  noch,  einen  Slick  auf  bie  SBerfaffer  ber  Sramen  ju  merfen.  ÜOtafteng 
mürben  mit  ber  Slbfaffung  ber  Sramen  bie  Seprer  ber  beiben  oberften  (Spmnafial« 


1  6  SSioIirten,  2  Siolott  (Viola  da  braccio), 
4  Sortiert,  3  Sromben,  2  Fagott,  4  glöteit, 

2  2iorba,  2  Organon.  —  (Sitten  mufifalifd)en 
„@lüdrounfd)d)or",  „Slagdjor",  „$attfd)or"  unb 
nochmals  „Slagdjor"  enthält  and)  ba§  grojje 
2)rama  „(St  ©tejiljanuS",  baS  Oon  bem  Söltter 
©tjmnafium  üom  16.  bis  18.  SRoOember  1627 
beim  Einstig  in  bie  neue  SDiaria  §imntelfabrts= 


!ird)e  gefpielt  mürbe.  SaS  Stild  meift  in  bem 
Elenchus  Personarum  über  200  ißerfonett  auf, 
unb  bajit  als  Smrba  Btoerge,  fRiefen,  Spijj« 
buben,  illboofaten ,  ©laubiger,  ©aufter  ttfm. 
©in  ©ingbratna  mar  aud)  „Ütaria,  bie  Sönigin 
be§  grabend",  meldieä  am  gefte  SRariä  Sier« 
fünbigung  im  Sabre  1643  oon  ben  ©obalett 
(9Jf)etorifer  unb  $f)Uofobl)en)  be§  Kölner  $rei« 


686 


3ef)ntc§  Kapitel.  Sie  ©djulfomöbie. 


ftaffen  betraut,  ©tüde,  bie  befonbern  SlnHang  fanben,  mürben  bann  auch  non 
anbern  ©pmnaften  begehrt  unb  bort  aufgefü^rt.  StuSnahmSmeife  beteiligten  fidj  aud) 
bie  ©djüter  einer  klaffe  an  ber  Stbfaffung  beS  ®taffenbrama§.  £>ier  fönnen  öon 
ben  SSerfaffern  nur  bie  bebeutenbften  eine  ©rmähnung  finben. 

Steitmeife  in  unfere  Qeit  fällt  ber  Xiroter  SfafotauS  öon  Stöancini,  geb.  1.  ®e* 
gember  1611  ju  SSrej  bei  Orient.  ©r  gehört  f)ierf)in  für  mehrere  Fronten,  bie 
in  Xrieft,  Saibad)  unb  Söien  aufgefüfjrt  mürben.  Qm  Qafjre  1634  treffen  mir 
if)n  al§  Sefjrer  ber  ©rammatif  in  Xrieft,  1635  at§  9tf)etorifprofeffor  in  Saibacf) 
unb  in  ber  gleichen  (Sigenfcfjaft  1641  in  SEBien.  @r  I}at  „burd)  eine  Steife  non 
Qafjren  ba§  ft'oüegium  unb  fßrofeffhauS  ju  SEBien  mit  ben  erfolgreichen  SDrameit 
öerforgt"1.  Stüancini  ift  ein  SJiann  öon  ebter  ©efinnung,  bem  be§  beutfdjen  Steiges 
2Bo£)I  unb  2öet)e  tief  ju  ^perjen  gefjen.  Qn  ben  erften  feiner  Oben,  bie  ein 
Qreunb  gelegentlich  einer  SEBiener  Promotion  im  Qahre  1651  h^rouSgab,  beftagt 
Stüancini  fdjmerjbemegt  bie  unheitüollen  folgen  be§  ©reiffigjährigen  Krieges  für 
®entfd)tanb :  ©ie,  bie  unüberminblidfe  Königin  ber  SBelt,  ©ermania,  ift  beftedt  mit 


§nubfc§nft  beS  P.  9tif.  2lüancinu§  1646. 


SBtut,  burchbofjrt  öon  feinbtidjen  ©efcfjoffen,  rings  ummogt  fie  ein  Qtammenmeer, 
faunt  gibt  fie  noch  ein  fchmacheg  SebenSjeichen  öon  fid^ 2. 

„SDie  SDramen  be§  SlöancinuS  verfallen  in  brei  ©ruppen:  attegorifdje,  bibtifdje 
unb  hiftorifcfje.  Qu  ben  attegorifd)en  jähtt  fein  erfteS  großes,  1640  gur  Jubelfeier 
be§  OrbenS  aufgeführtes  ©dfaufpiet:  Zelus  sive  Franciscus  Xaverius.  Qmar  ift 
angeblich  ber  grofje  ^eibenapoftet  au§  ber  ©efellfdjaft  Qefn,  QranjiSfuS  -EaüeriuS, 
ber  §etb.  Slber  bie  eigeüttiche  (panbtung  führen  Ofjibent  unb  Orient,  ben  ^eiligen 
entlaffenb  unb  begrüfjenb,  unb  ber  mahre  ©taube,  ber  itjn  befdjüfjt  unb  auf  ber 


IronenghmnafiumS  gezielt  würbe.  Dramate 
Paraenetico-Musico  proponitur,  fagt  ba§  ©je= 
nar  in  Cod.  6  a.  a.  D.  (©iehe  oben  ©.  680). 
Sßeitere  mufifalifdje  Sratnen  werben  erwähnt 
in  9teuburg  1641,  ;Qnn3brucf  1646.  Sie  ©ing= 
bramen  fdjeinen  fidt)  um  biefe  3e't  gehäuft  ju 
haben,  benn  bie  mufifalifcheit  2luffüf)rungen 
(actiones  musicae)  würben  bei  ©elegenheit  ber 
oberrheinifcfjcn  s4)roDinjiaIfongregation  üotn 
Salfre  1649  twtt  einer  befonbern  Erlaubnis  beS 


^SrobingialS  abhängig  gemacht.  *Memorialia 
Congr.  Prov.  Rhen.  sup.  1649. 

1  21.  b.  SBetlen  a.  a.  D. 27.  Sgl.  31.  ©cf) ei b, 
9Jif.  2lbancini  (gclbfircber  Srogr.  ber  Stella 
xnatutina  1899)  5  ff. 

8  Hecatombe  Oclarum  (1651)  67.  Sie  fol< 
genben  bon  2loancini  felbft  beforgten  2luSgaben 
feiner  ©ben  gehören  in  ben  3.  Sb.  Sgl.  S  u  f)  r, 
Sefuiteufabeln 4  345  ff. 


Sie  ipauptbidjter :  Aoancini. 


687 


$al)rt  feitet.  ©efjnfudjtgöoH  ruft  ber  Orient  nadfj  iljm :  ,0  foimtt,  geliebter  3£at>eriu§l 
SlKsu  taug  ift  ber  £ag,  aUju  lang  bie  97ad)t  fiir  getrennte  2ief>enbe!‘  SSie  in  einem 
Qmifdjenfpiele  mirb  ber  triumpfjierenben  ®ird)e  bie  gan^e  ©tfjar  d)riftlid)er  DJJärttjrer 
non  ber  fäntpfenben  ®ird)e  üorgefüfjrt.  SDie  plumpe  Qntrige  ^*er  ©üfjenbienerei 
mirb  leidjt  burd)  bie  befefjrten  ^eibenfinber  öereitelt." 1  Qm  folgenben  Qafjre  1641 
fdjilberte  Sloancini  bie  oerfolgte  Unfdjutb  in  bem  ©tiid  „5)er  Stpfel  be§  SEfjeobofiuS" 
(Suspicio  sive  pomum  Theodosii)2. 

SBie  in  biefent  ©tüde  bie  Suspicio,  33erbäd)ttgung,  if;re  un^eitoolle  9J?ad)t  jeigt, 
fo  mirb  in  bem  ®rama  be§  Qatjreg  1642  Fiducia  in  Deum  sive  Bethulia  liberata 
an  bem  33eifpiel  ber  Qubitf)  bie  aüe§  befiegenbe  ®raft  be§  ©ottocrtraueng  gefeiert3. 
®ie  Ambitio  sive  Sosa  naufragus  fteltt  bie  2eibenfdjaft  be§  @f)rgeije§  an  ben 
Pranger.  97adj  ber  Eingabe  be§  SSerfafferg  unb  ber  Qaf)re§berid)te  mürbe  bag  ©tüd 
1643  jmeimat  ju  SBien  gegeben,  ßfjöre  unb  Stände  er!()öf)ten  feine  SBirfung.  ®er 
®aifer  felbft  f)atte  bie  Söieberljolung  gemünfd)t4.  ®ie  folgenben  ^riegg*  unb  $ße[F 
jabre  maren  ben  bramatifdjen  Stuffü^rungen  in  SBien  nidjt  giinftig.  @rft  am  22.  Sluguft 
1647  mürbe  mieber  ein  grofjeg  SDrama  SloanciniS  aufgefüljrt  jur  Qeier  ber  ungari» 


J^rufic^uvi  \M^>  'Jiucubl-etn.  trLeJtcMaA'm 

Gf-rjiAujitt'  eia  ca  'rMsjrio-n.ej  ,  CAjl-om  Ottern 

lUit  (  e<-  Ctrutyn  etwi,  .  dtt 

Pta  ha  .  J£v'7U>  Sc-xe-tAAtjPymo  afiddh*  _ 

tfjw  O&OM*,  Vn  fcde^A  Sou£4AHsJlefy, 


^anbfdjvift  beS  P.  3nfob  SDtafcn  1648. 

fc^en  ßöniggfrönung  Qerbinanbg  IV. :  „ßfdoboalbug  ober  bie  23efef)rung  ©adjfeng" 5. 
Qur  Qriebengfeier  im  Qatjre  1650  mürbe  in  SBien  oon  Sloancini  aufgefüfjrt:  „Pax 
imperii  ober  bag  SBiebererfennen  Qofepfjg  burd)  feine  23rüber"6. 


1  21.  0.  25  eilen  a.  a.  0.  29  31. 

2  Ser  Se£t  in  21üancini§  Poesis  dramatica 
I  (1655)  73  ff.  Sie  9ftad)t  ber  aHegorifdjen 
Suspicio  fcfeilbern  u.  a.  bie  25orte: 

Mihi  nemo,  nemo  sit  innocens : 

Virtus  nocens  sit  ipsa, 

Innoxios  et  noxios 
Prosterno  fulminatrix. 

3  Sejt  in  Poesis  dramatica  I  360  ff.  Sie 
bortige  Angabe  1643  exhibita  ift  irrtümlich, 
ba  bie  *  Litt.  ann.  coli.  Viennens.  bie  jtoei* 
malige  Aufführung  be§  Srama§  jurn  Sahre  1642 
beriditen. 

4  Poesis  dram.  I  71.  *  Litt.  ann.  coli. 

Viennens.  ad  ann.  1643.  Sa§  Shema  ift  toahr» 

fdjeinlich  ben  Heroum  Epistolae  oon  93iber= 


mann  (1633)  entnommen,  too  fid)  aiuh  anbere 
Sieblinggftoffe  bc§  :gefuiteutheater§  beljanbelt 
finben,  33.  Alejiug,  Gcuftad)iu§,  33elifar  ufro. 

5  Sie  $eriod)e  oon  1647  enthält  ben  ©ang 
be§  @tüde§  unb  ba§  Igerfonenoerjeichnig;  unter 
ben  SarfteHern  befinben  fid)  and)  ätoei  junge 
SBallenftein.  Ser  Sejrt  in  Poesis  dram.  I  347  ff 
geigt  tocnige  2(n  heran  gen ;  ber  fßrolog  fehlt 
bort. 

6  *  Litt.  ann.  coli.  Viennens.  Se£t  in  Poesis 
dram.  I  471  ff.  Ob  bie  in  SBien  im  Safere 
1648  gefpielte  S.Rosimunda  (Dymena;  f.  oben 
6.  318)  oon  Aoanciiti  ift,  liefe  fid)  nicht  feft= 
ftctleu.  25ahrfd)einlich  ift  bie  im  Sahre  1650  ju 
Seoben  aufgeführte  Susanna  liberata  xbentifd) 
mit  ber  Susanna  Hebraea  in  Poesis  dram.  V 
347  ff. 


688 


fgelfntel  Kapitel.  Sie  ©djulfomöbie. 


$n  bem  ©genar  bei  großen  (Drama!  „©tepßanul",  meldje!  in  $ölit  am  16. 
bt§  18.  Siooember  1627  üon  ben  Spülern  bei  ^efuitengpmnafiuml  aufgefü^rt  mürbe, 
finbet  fiel)  unter  ben  faft  200  tarnen  bei  fßerfonenoergeidptiffe!  and)  mehrmals 
genannt  Iacobus  Masen,  Dalens.  Physicus,  b.  f).  ^afob  Strafen  aul  (Dalen,  (pörer 
ber  (2.  Qafjr  ber  fßfjilofopfjie).  Süiafen  trat  in  bem  ©tüd  in  öier  Sollen  auf  all 

ßdrbinal,  all  (poffaplan,  all  ©efolglmann  unb  all  SBerfcßmoreiter  K  21ud)  bie  gmei 
^aßre  fpäter  (1629)  oerfa|te  ffeftfdjrift  „(Die  eudjariftifdfe  ^Srogeffion  ber  SSäter  ber 
©efellfdfaft  ^efu  bei  ber  Überfiebelung  in  bie  neue  ßirdje",  bie  aul  Beiträgen  ber 
©djüler  bei  ^efuitengtjmnafiuml  befielt,  enthält  einen  21uffat$  non  Iacob.  Masen, 
Philos.  Licent. 2  (Sinige  Monate  itadj  biefer  großen  freier  trat  äftafen  am  14.  2J7ai 
1629  in  bal  Sioöigiat  ber  ^efuiten  gu  (Drier.  ®a  er  am  23.  SCRär^  1606  geboren 
mar,  ßatte  er  bei  feinem  (Eintritt  bal  23.  Sebenljafjr  oollenbet.  (Er  mirfte  oiele  $af)re 
all  Seßrer  ber  fßoefie  unb  9tfjetorif.  Sieben  ber  ©cßule  entfaltete  Sftafen  eine  große 
(Datigfeit  all  ^Srebiger  unb  ©cßriftfteller.  „SDlafen  mar  bal  treue  (Eljarafterbilb  einel 
©djulmannel  unb  ©cßriftfteüer!  aul  ber  alten  Qefuitenfcßule  bei  17.  ^afjrßunbertl."1 2 3 

2111  Seßrer  ber  Sßoetif  unb  (Rßetorif  »erfaßte  SDfafen  eine  Steiße  bon  ©cßul« 
Büdfern,  bie  bem  $iele  biefer  klaffen  bienen  füllten4.  ©o  beßanbelt  ÜDtafen  in  ber 
allgemeinen  fßoetif  bie  bic^terifc^e  ^ongeption  unb  bie  äußere  gmrm.  (DaBei  geigelt 
er  aud)  bie  aul  fflaüifcßer  Stacßaßmung  bei  211tertuml  eingeriffene  Unfitte  ber 
(pumaniften,  überall,  aud)  bei  djriftlicßen  (Stoffen,  bon  ©Ottern,  (Göttinnen  unb  Stpmpßen 
gu  fingen,  gür  bie  Sprache  berlangte  er  bal  Söefte,  b.  i.  bie  ©pradje  bei  golbenen 
Zeitalter!.  (Den  bantall  üBerßanb  neßmenben  ©djmulft  oergleicßt  er  mit  bem  flingenben 
unb  blinfenbett  ©cßrnud,  momit  bie  gußrfnecßte  if)re  ©äule  bedangen.  ÜDtafenl  (ßoetif 
bebeutet  gegen  bie  früheren  Arbeiten  einen  mirflicfjen  gortfcßritt.  23efonbern  (Sinflug 
ßat  bie  SDramatif  ÜDtafenl  auf  bie  Orbenlfcßule  genommen.  SÖSagl  bei  (Stoffel,  21ufbau, 
21u!arBeitung  unb  bie  gange  duffere  (Decßnif  bei  ^efuitenbramal  gat  ÜDtafen  lange 
3eit  beeinflußt:  „(Er  recßnet  gu  ben  füßrenben  ©eiftern  unb  ber  231ütegeit  bei  ^efuiten- 
bramal."  „g'ür  bal  ^efuitentßeater  in  (Deutfcßlanb  bebeutet  ÜDtafen!  2luftreten  .  .  . 
bie  §öße  einer  ftufenmeifen  (Entmidlung  in  ber  (Dßeorie  fomoßl  all  aud)  in  ber  2ln* 
orbnung  ber  aufgeftellten  ^unftregeln."5  ©ine  neuere  gacßftubie  legt  im  eingelnen 
bar,  melcße  gortfcßritte  ÜDtafen!  (Dramatif  aufmeift:  flarere  SBegrifflBeftimmungen, 
©ntmidlung  bei  ©ßorel  gur  (Dßeatermufif,  melcße  bie  (panblung  einleitet  unb  be¬ 
gleitet,  fittlidje  Steinßeit  ber  Stoffe  ufm.  (Der  üßerfaffer  biefer  Stuöie  urteilt:  „hier¬ 
mit  fcgliege  icß  biefen  21ulgug  aul  ÜDtafeniul,  melcßer  uni  ben  Scgarffinn  oor  Singen 
füßrt,  mit  bem  bie  Qefuitenbramaturgie  aud)  bie  feinen  ©cßönßeiten  ber  bramatifcßen 
(Decßnif  ßeraulfanb." 6 

©einer  (Dramaturgie  ßat  ÜDtafen  all  groben  einige  bon  ißm  oerfaßte  (Dramen 
beigegeben.  ©I  finb  meift  ©cßaufpiele,  bie  mäßrenb  ber  Qaßre  1640 — 1650  in  ®öln, 
©mmericß  unb  fünfter  aufgefüßrt  mürben,  $n  ber  ©inleitung  gu  ben  ©cßaufpielen  Be- 
merft  ÜDtafen:  merbe  jeßt  bie  gemifcßten  fomifcß-tragifdjen  ©tüde  Oorlegen,  bie  friißer 

bei  ber  (Darftellung  auf  bem  (Dßeater  meßr  all  bie  ^omöbien  unb  (Dragöbien  großen 


1  Dal  gebrucfte  lateinifdje  ©jenar  mit  Sßer- 
fonenüerjeicbnig  grtbet  fidj  int  Sobeg  6  bei 
fßfarrarcf)ibl  t>ott  ©t  Stpofteln. 

2  *Supplicatio  solemnis  eucliaristica  1629 
im  Solltet:  ©tabtardjiö,  Jes.  46. 

3  (ßgt.  91.  ©  d)  e  i  b ,  Der  ^efuit  gafob  (Olafen, 
ein  ©d)ulmann  nnb  ©djriftftetter  bei  17.  !3at)r- 
tfunbertl (1898)  72;  Slintenberg,$al  9Jtar> 
äeüengpmnafium  in  Söln  (1911)  98  ff. 

4  Slufjer  einem  58ud)e  über  Spigrammatif 


(1649)  nttb  ©bmboli!  (1650)  oerfaffte  (Olafen 
eine  Palaestra  eloquentiae  ligatae  (1654),  bie 
im  erften  Seit  bie  allgemeine  (ßoetif,  im  jmeiten 
@Ui!  unb  Stjrif,  im  britten  bie  Sramati!  enthält. 

5  ©d)eib  a.  a.  D.  11  ff  36  71. 

6  91  if.  91  e ffler,  Dramaturgie  ber  Sefuiten 
(ßontanul,  Donatul  unb  (Olafeniul  (Sßrogramm 
bei  f. !.  ©OmnafiumS  ju  (örijett  1905)  16  ff  43. 
SSgl.  Berber,  Senotabtjimn  bei  Didjterl  gatob 
(Salbe  in  feiner  Serbfidjore  (^empet  237). 


2>ie  ipauptbidjter:  9Jiafen. 


689 


SBeifatl  gefunben  haben,  befonberg  in  9)fünfter  1647  unb  1648.  Unb  für  feine  ben 
©djaufpieten  oorauggefjenben  Suftfpiete  bittet  er  um  tRadjfidjt,  baß  fie  nicf)t  tpn- 
reicpenb  geglättet  feien,  mett  ,,id)  bag  nteifte  mit  jugenblidier  geber  ju  Rapier  ge¬ 
bracht"  4  Sg  gehören  mithin  alle  ung  befannten  SDramen  beg  P.  äRafen  ber  3eit 
uor  1650  an.  Sludj  feine  Theorie  über  bag  ®rama  mar  mahrfdjeinlich  fdjon  oor 
1650  gefchrieben,  meit  er  bag  miebergibt,  mag  er  oorljer  in  ber  (Schule  gelehrt,  unb 
meit  er  fcfjon  im  Qaljre  1649  auf  ihr  Srfdjeinen  oermeift1 2. 

Sin  herüorragenber  Äritifer  rühmt  oon  äRafeit,  baß  er  bie  bizarren  Slugmüdjfe  am 
®rama  feineg  geitatterg  Pefämpft  habe.  „Seicht  raufdjenbe  SRufif,  bie  burd)  milben 
Särm  ober  ben  9teij  ber  Neuheit  bag  Ohr  betäubt  unb  bie  Heroen  aufregt,  nicht 
©peftafetftüde  mit  mandjertei  SRafdjtnenmerf,  mo  s$häton  ben  ^immelgmagen  teuft, 
Kometen  erfcheineit,  brachen  unb  ©enieit  burch  bie  Suft  fliegen,  ©eefd)tad)ten  auf 
ben  Srettern  geliefert  merbeit,  machen  (nadj  ÜDiafen)  ein  funftgerecpteg  ©tiid,  fonbern 
bag  ®rama  muh  ein  lebenbigeg  Semätbe  fein,  bag  ung  bie  2Birfticf)feit  in  fünftterifcher 
Serftärung  miebergibt.  Sine  SIrt  Seffing  beg  ©djut»  unb  ^efuitentßeaterg  atfo  .  .  . 
hat  er  feine  Theorien  auch  fclbft  ing  i)3raftifd)e  umgefeßt  unb,  ohne  bag  eigentliche 
Sßefen  eineg  SOichterg  ju  befißeit,  eine  2(njaf)t  oon  SDramen  gefdjaffen,  bie  nicpt  bloß 
burch  ihren  Sinftuß  atg  9Rufterbeifpiete,  fonbern  aud)  burch  fi<h  felbft  bie  Seadjtung 
ber  £iteraturgefd)id)te  üerbienen.  ©eine  einzige  in  fein  Such  aufgenommene  £ragöbie 
Mauritius,  Orientis  imperator  ift  eine  ber  beften  ^Bearbeitungen  beg  für  bie  ^efuiten. 
bühne  fo  häufig  gemählten  tragifdjen  ©toffeg.  Bon  feinen  ©chaufpieten  behanbetn 
jmei  in  ernfter  unb  ergreifenber  Söeife  ^arabetftoffe,  bie  ben  ÜtRenfchen  atg  fotdjen, 
feinen  galt  unb  feine  Srtöfung  jurn  Segenftanb  haben,  ©ein  Sefteg  aber  gibt  ÜRafeit 
auf  bem  Sebiete  beg  Suftfpielg.  ®te  Ollaria,  bie  Reifung  eineg  jungen  Seizßatfeg 
nach  einer  Spülung  fßetrarcag,  baut  fid)  mit  regelmäßiger,  fteigenber  Sntraidtung, 
£)öt)e  im  britten  unb  heiterer  Söfung  im  fünften  Stft  fehr  einfach  unb  ganz  nach 
SRafeng  £f)eorie  auf.  Bacchi  schola  eversa  hat  troß  einzelner  trefflich  gelungener 
©Zenen  hoch  mefentlid)  nur  fultur^iftorifcf)en  SSert;  ber  Rusticus  imperans  bagegen, 
bie  St'omöbie  oom  ,träumenben  Sauer4,  ber  einen  STag  lang  tftönig  mar,  geigt 
fünftterifdjen  SReiftergriff  unb  hat  atg  bag  oielteicßt  ,befte  Suftfpiet  ber  ganzen  Qefuiten- 
bramatif4  zahlreiche  Stufführungen  erfahren.  StRafen  ift  nadj  Sibermann  ber  bebeutenbfte 
.  .  .  SDramatifer  beg  Orbeng  gemefen."3 

Stuf  bie  Sefämpfung  beg  beutfdjen  ÜRationattafterg,  ber  Xruulfucht,  t)atte  e3  SRafen 
befonberg  abgefepen.  Qn  feiner  SDramatif  fcpreibt  er:  Unfern  ^toed,  bie  ©djänbtidp 
feit  ber  Xrunffudjt,  bie  gemeinhin  bei  ben  SDeutfcßen  nicpt  für  fo  groß  eradjtet  mirb, 


1  Masen. ,  Palaestra  eloquentiae  ligatae 
(1657)  210.  Sie  obige  Angabe  über  bie  21uf- 

fütjrungen  in  ältünfter  finbet  fid)  itt  ber  21u3- 
gäbe  üon  1664  ©.  310.  Sßon  „gofapbat"  mirb 

aud)  in  ber  erften  2lue!gabe  auSbrüdlid)  bcmerft, 
baß  er  1647  öor  ben  griebenSgefanbten  in 
SRünfter  gefpielt  morben  fei.  $n  SJZaing  mürbe 
1637  ein  „Sofapljat",  1642  ein  „50tauritiu§" 
oufgef üljrt.  Sn  ben  3abre§berid)ten  oon  SRünfter 
mirb  bemertt,  bafj  bort  1642 — 1648  oiele  jlo- 
möbien,  befonberg  oon  P.  SDtafen,  gefpielt  mor¬ 
ben  feien.  Sn  einer  ungebrudten  Hist.  coli. 
Monast.  über  bie  Sotjre  1643 — 1648  Ijeifjt  eS, 
baff  gcbruar  1645  ,,$f)ilippu§  2)ouu3"  oon 
P.  ältafen  aufgefübrt  morben  unb  Sep¬ 
tember  biefeg  Satjre-J  „2ele§biu§"  oon  bem- 
felben  23erfaffer;  ba3  ©tüd  habe  ben  sablreicben 

2)ul)r,  ©efdjidjte  ber  3efuiten.  II. 


3ufd)auerit  fepr  gefallen.  21m  SJtontag  oor 
fßalmfonntag  1646  gab  fütafen  ben  „2tnbro-- 
ppiluS,  b.  b-  bie  Siebe  be§  leibenben  §ei(anbe§ 
gegen  bie  fötenfdjen".  (Bie  21uffülfrung  Oon 
„23arlaam  unb  Sofapbat"  mürbe  burd)  ben 
Dtegen  geftört.  Sm  Kölner  ©tabtardjio  (Uni- 
üerfität  663)  finbet  fid)  ein  goliant,  ber  mehrere 
©tüde  Don  9Jtafen  enthält,  3.  21.  Concertatio 
inter  Neptunum  et  Bacchum,  ob  2Bein  ober 
SSaffer  beffer,  „$ie  gaftnacbt  1647"  unb  eine 
Concertatio  inter  Rusticum,  Militem,  Docto- 
rem  uter  reipublicae  praestet,  bie  ebeufaUö 
1647  äu  Äöln  aufgefübrt  mürbe. 

2  Sn  ber  Sorrebe  ber  Nova  ars  argutiarum 
(1649). 

3  ®  ü  r  r  m  ä  d)  t  e  r  in  ben  §ift.=poIit.  231ättern 
CXX1V  288  f. 

44 


690 


gefjnteS  Äapitel.  Sie  ©djulfomöbie. 


jit  zeichnen  unb  oor  i£)r  gu  marnen,  ^aben  luir  itt  ber  auggefegten  Sactfjitgfdjule 
öurcf)  eine  offene  giftion  erftrebt,  öurd)  eine  oerflecfte  unb  §ugteicf)  parabolifdje  in 
„SeleSbiuS",  öurd)  ein  gefdjicfjtlidjeg  Seifpiel  im  „Sauer  gürft".  gm  erften  ©tüd 
hat  man  bie  (Sigenfd)aften  ber  f£runffüd)tigen,  im  festen  ihre  grrtümer,  im  jmeiten 
ihre  fdfmereren  gehler  un^  ©trafen1. 

gn  ber  „5luggefegten  Saccfjugfchule"  betlagt  9Jlafen  mit  großem  ©djmerz  bie  in 
SDeutfc^tanb  eingeriffene  2runffucf)t.  ©anj  ®eutfd)lanb  leibet  unb  ftöljnt  unter  biefer 
©djmad),  meil  ba§  ©d)Iemmen  bei  f)o<h  unb  niebrig  im  ©d)mung2;  er  malt  bie 
fporentlirrenben  3ec^^rüber,  bie  nie  einen  @aul  befliegen,  bie  ju  £>au§  2Beib  unb 
£inb  barben  taffen,  ade§  oerfaufen  unb  fdjliefflicf)  in  Sanben  raubenb  unb  morbenb 
ba§  ftitle  Ipeirn  beg  SanbmanneS  Überfällen.  gn  bem  (Spilog  fcfjilbert  er  ben  unter 
ba§  Sief)  gefunfenen  Srunfenbolb:  Söann  merben  bie  ©eutfcfjen  lernen,  meniger  grau- 
fam  gegen  fid^  ju  miiten?  (Sin  §eer  oon  ®ranl£)eiten  züchten  fie,  @id)t,  SDelirium, 
©tupibität  unb  Shäfse.  Sßenn  man  bie  SCruntfucht  öffentlich  branbmarfen  unb  Per» 
fpotten  moüte,  mürbe  ®eutfcf)lanb  halb  meniger  Xntnfenbolbe  gälten.  Sllfo  lernet 
9iüd)ternl)eit,  gebenfet  ftetg,  bah  in  jebent  unmäßigen  £ranf  gugletcf)  auch  ©ift  getrunfen 
mirb.  2lud)  an  £>umor  fef)lt’g  nidjt.  „gn  ber  oierten  ©zene  fehen  mir  jmet  Setrunfene 
auf  ber  Sühne,  einen  frommen  unb  einen  SfBilbfang,  S1U§  unb  SrutuS.  (Srfterer 
fpricht  über  bie  grömmigteit,  legerer  über  ben  Söein,  unb  $iug  läfjt  fich  auch  öon 
Srutug  ooKftänbig  überzeugen,  baff  eigentlich  nur  ber  SÖßein  bie  echte,  maffre  grömmig» 
feit  ermede."  „(Sine  anbere  fomifche  ^erfon,  ein  eitler  9tidjter,  brüftet  fich  mit  feinen 
SBaffentaten  bei  bem  3u9e  be§  Sacdfjug  nach  gnbien.  ®ie  Rebellen  fchmeicheln  bem 
Sichter,  ihrem  §errn,  ing  ©efidjt,  bem  umftehenben  Solle  fagen  fie  aber,  feine  grau 
fenne  bie  ttrfadjen  feiner  SBunben  ganz  genau,  unb  bie  rote  Safe  habe  er  nicht  oom 
Slute  feiner  geinbe."3  (Sin  ßritifer  rechnet  bie  Sac<hugfcf)ule  zur  „fabulofen  ®o» 
möbie",  bie  oft  mit  glücflicfjen  gügen  bie  ©itteu  ber  geit  fchilbert  unb  mit  ju  ben 
beften  ©atiren  ber  geit  zählt.  ®er  ©chluhdjor  „ift  ein  berebter  Slugbrud  beg 
©djmerzeg,  ben  feber  mohlmeinenbe  ÜSann  barnalS  über  ben  Serfall  ber  ©itten  unb 
namentlich  über  jene  müfte  ©djlemmerei  fühlte,  melche  gegen  (Snbe  beg  16.  galjr» 
fjunbertg  eingeriffen  mar" 4. 

gn  bem  „Sauer  gürft"  befommen  auch  ^ie  beutfdjen  gürften  ihren  Seil.  Sllg 
fich  herausfteüt,  bah  ber  ^feubofürft  nicht  lefen  fann,  entfchulbigt  bag  einer  ber 
Umftehenben  mit  ben  ^Sorten :  „Sun  ja,  mit  foldjen  fünften  fich  ju  befcfjäftigen,  ift 
nicht  üblich  bei  ben  gürften,  anbere  müffen  für  fie  ftubieren,  bie  gürften  hoben  bie 
grofje  äftülje,  für  anbere  ju  trinten  unb  ju  effen."  Sa§  finbet  ber  neue  gürft  ganz 
erträglich  unb  üerfpricf)t,  in  biefem  ©tücf  feine  ^SfticE)t  oollauf  zu  tun5.  Sie  aug» 
länbifchen  Stoben  Perfpottet  Stafen,  inbent  er  ben  Sarbier  fragen  lüfjt,  ob  er  fpanifch, 
frangöfifch  ober  mehr  bentfch  ben  Sart  ridjten  fode.  Safiir  erhält  ber  Sarbier  oon 


1  Masen. ,  Palaestra  eloquentiae  ligatae, 

dramatica  (1657)  37  f.  —  Ser  „SeleSbiuS"  ift 
aud)  beöfjalb  befonberS  bcmerfenSmert,  meil  er 

ftarfe  Slnflänge  an  Sftotiüe  ©alberonS  enthält 
unb  fog.  „ftnmme  ©jenen"  aufmeift,  eine  SIrt 
lebenber  Silber,  mcldje  jmifdjen  ben  einzelnen 

Sitten  ben  gnfjalt  ber  boraufgeljenben  ^mnblung 
barfteüen.  ©o  geigt  bie  ftnmme  ©jene  nad) 
bem  jtoeiten  Sitte  ben  Senfei,  ber  ben  fütenfctjen 
feines  meinen  ÄleibeS  beraubt  unb  als  ©e» 
fangenen  mit  fid)  icbleppt,  ben  roeincnben  ©d)up» 
eitgel  unb  ben  über  baS  £eben  triumpbierenben 

Sob.  ßin  anbereS  lebenbeS  Silb  fteüt  einen 


Sotentanj  bar  unb  ben  ©treit  beS  ©djuögeifteS 
mit  bem  Seufel  um  bie  Seele  beS  SeleSbiuS. 
Sgl.  ©djeib,  TOafen  50. 

2  Inde  tot  calamitates 
Nostra  fert  Germania, 

Quod  per  vulgus  et  magnates 
Regnet  haec  insania. 

3  Sr  ent  le  im  greiburger  Siöjefan<Slrd)io 
II  (1866)  160  ff. 

4  ßbb.  162. 

5  Sgl.  ©djeib  a.  a.  D.  45  f. 


Sie  §auptbicf)tcr :  SDJafett.  Salbe. 


691 


einem  .fpofbiener  bie  9?üge :  „Su  fennft  atfo  ben  heutigen  fSraud)  nid)t:  ^leibintg 
franjöfifdj,  grifur  fpanifcfj,  Srinfen  beutfd)." 

gu  ben  Sidjtern,  metcf)e  in  unserer  geit  Beiträge  für  bie  ©chutfomöbie  lieferten, 
ift  and)  23albe  ju  rechnen1.  @r  gehört  f)ier^in  mit  jmei  ©tiiden,  non  benen  bag 
eine  1629  311  gnngbrud,  bag  anbere  1637  ju  gngotftabt  aufgeführt  mürbe,  gn 
gnngbrucf  tiejj  33atbe  atg  2ef)rer  beg  bortigen  gefuitengpmnafiumg  am  1.  Oftober 
1629  aug  Stntaff  ber  Saufe  ber  ©rjherjogin  ®tara  gfabetta2  ein  Ouobtibet  tragi* 
fomifcfjer  ©jenen  locus  serius  theatralis  auffüt)ren,  in  benen  er  an  adjt  ^piftorien 
jeigt,  mie  „aug  ©cf)erj  ein  ©rnft  merbe"3.  gm  Praeludium  comicum  löfft  ficf» 
Srifignor,  ein  „rufjmfüdjtiger  ^ßrachthang",  non  feinem  ©chitbfungen  fßutpino  über- 
reben,  bie  ganje  ^’omöbie  merbe  ju  ©tjren  beg  breifadjen  §errn  Srifignor  eingefteüt. 
Grntjüdft  bariiber  erjäfjtt  biefer  Sri- 
fignor  mit  langen,  großen,  breiten 
SBorten  feine  ritterlichen  Säten,  metcfje 
er  tiom  bö^mifd^en  Kriege  big  auf 
biefe  ©tunbe  in  großer  Nitf)e  bafjeim 
hinter  bem  Ofen  mit  Stpfetbraten  »er¬ 
richtet.  @r  treibt  bag  ©efdjmäfi  fo 
fange,  big  er  tmn  etlichen  Srabanten 
mit  fchimpftidjen  Söorten  hinten  bag 
Sheater  gemiefen  mirb.  gn  ber  erften 
©jene  tritt  ein  betrunfener  ©betmann 
auf,  ber  ftatt  feineg  Sienerg  ben 
Seufel  ruft,  ihm  bie  ©tiefel  augju- 
jiehen.  Siefer  fommt,  jiet)t  bie  ©tiefet 
aug  unb  fdjtägt  fie  famt  ben  ©poren 
bem  £>errn  um  ben  $opf.  Stud)  in 
ber  jmeiten  ©jene  tritt  ber  Seufet  auf. 

Um  einen  bra»en  ©chmieb  ju  galt  ju 
bringen,  nimmt  er  bie  ©eftatt  eineg 
fcfjönen  Sßeibeg  an  unb  mitt  ben 
©chmieb  tiebfofen.  Siefer  jüdt  bie 
gange  aug  bem  geuer  unb  »erbrennt 
bem  Seufet  bie  Nafe,  „mit  metcher  er 
auch  abgejogen".  gn  mehreren  ©jenen 
tritt  ber  ©djaufpieter  ©enefiug  auf, 
ber  bie  Shr^en  nachäfft,  ficf)  ptötdicf) 
befehrt  unb,  meit  er  ben  ©öttern  nidt)t 
opfern  mitt,  enthauptet  mirb. 

Stuf  bie  luftigen  ©jenen  fpiett  mot)t  S3atbe  an,  menn  er  in  ber  Obe  an  23runner 
fagt,  ba§  er  früher  fecfjg  ©cbjeffet  Serentianifchen  ©atjeg  auf  bie  33üt)ne  geftreut 
unb  mit  ißtautug  bie  äftüf)te  getreten  ha^e4-  ©eine  ©poben  enthalten  audj  einen 
Siatog  jmifchen  ber  SBoftuft  unb  ©ntf)attfamfeit,  ben  er  für  bag  Sheater  gefdjrieben 
hatte5.  Sie  bäurifdfe  Nachahmung  beg  ißompeg  mifjfiel  ihm,  er  faf)  barin  nur  bag 
foftfpietige  ©erät  eineg  armen  ©eifteg6. 


S3ilb  unb  fjanbfdjrift  Don  P.  Salbe  ('/,). 


1  Salbe  lfat  in  einem  ©ebidjte  Turbia  thea- 
trorum  spectacula  sacris  esse  permutanda 
feine  SXnfirfjt  über  bie  2luffül)rung  Don  Srameit 
au3gefprocf)en  (Opp.  V  306  ff). 

2  Sgf.  Sedjner,  SnnSbr.  fßrogr.  1908/9, 103. 


3  Sie  Seriöse  abgebrudt  bei  SBeftermaber, 
Salbe  274  ff.  Sa  cf),  Salbe  106  ff. 

4  Lyr.  1,  33.  6  Epod.  16. 

0  Lyr.  1,  33. 


44* 


692 


3eJ)nte§  Kapitel.  $ie  ©djulfomöbie. 


Qm  £>erbft  1637  liefe  33albe  in  Qngolftabt  eine  grofee  (Dragöbie,  „(Die  (Dodjter 
Qepfeteg",  auffüfjren.  (Sr  felbft  leitete  bie  ßinftubierung  unb  Sluffüferung.  „(Dag 
2Berf,  im  ©til  be§  ©eneca  »erfaßt  unb  mit  gemattigen  ßfeören  auggeftattet,  ift  un¬ 
gemein  finnooll  angelegt.  (Der  (pelb  Qepfete  featte  oor  ber  ©cfjladit  gelobt,  mürbe 
ifjm  ber  ©ieg  juteil,  fo  folle,  mag  immer  ifern  juerft  aug  feinem  £>aufe  entgegen- 
fomtne,  bem  ^errn  jum  Sranbopfer  gemeint  fein.  (Da  begegnet  ifjm  guerft  feine 
Softer,  unb  fie  mufe  für  ben  ©ieg  be§  augermäfelten  Solfeg  jum  Opfer  fallen. 
(Diefe  (Docfeter,  meldje  ftirbt  für  if)r  Soll,  mirb  als  Sorbilb  beg  ßrlöferg  aufgefafet. . . . 
(Der  innere  Äonflift  beg  gelben  gmifdjen  Neigung  unb  Sßflidjt,  ber  fdjon  in  ber 
SBafel  beg  ©toffeg  fo  tief  begrünbet  ift,  tritt  mit  erfdjiitternber  SJiadjt  feerüor  unb 

toürbe  nocf)  mädjtiger  mirfen,  menn  er 
nid)t  nad)  ber  breiten  Einlage  be§  ©tüdeg 
^u  fefir  auggefponnen  märe.  (Die  Öko¬ 
nomie  ber  (Dragöbie  legt  Salbe  finnig  unb 
fdjön  feinem  Qreunbe  Slnbreag  Srunner  bar 
in  ber  33.  Obe  beg  1.  Sudjeg  ber  Sprifa."  1 
gerbet  finbet  bag  (Drama  „ood  lüfener 
ßfearaftere  unb  ftarfer  ©entenjen,  feft- 
gehalten  unb  ftrenge  geenbigt"2.  (Die  Slug* 
ftattung  mar  großartig.  Salbe  Ijat  felbft 
einige  Slnbeutmtgen  barüber  gegeben:  „Sor 
bem  entfdfeibenben  Söieberfefeen  Qepfeteg 
unb  feiner  (Dodjter  rnufete  bie  ßrmartung 
ber  Qufcfeauer  möglidjft  gefteigert  rcerben. 
(Die§  mürbe  baburcl)  bemirft,  bafe  eine 
Siertelftunbe  üoraug  bie  ©iegegfanfareit 
beg  feeitnfefjrenben  §eereg  erllangen,  guerft 
gebampft  mit  leifem  SBiberfjaH,  alg  tönten 
fie  fern  aug  bemalbeten  ©djlud)ten,  bann 
immer  ftärler  unb  ftärfer,  big  enblidj  ber 
(pelb  öon  ber  einen  unb  fein  ®inb  oott 
ber  anbern  ©eite  gur  fd}merglidf)ften  Se- 
gegnung  nagten." 3  ©päter  arbeitete  Salbe 
bag  ©tiid  um  unb  liefe  eg  1654  in  Ilm¬ 
berg  unter  bem  (Ditel  Qepfetiag  im  (Drud 
erfdjeinen.  Qn  ber  Sorrebe  bemerlt  er, 
bafe  bag  ©tüd  früfeer  einigemal  aufgefüfert 
unb  oft  oon  ifem  oerlangt  morben  fei. 
ßr  gibt  Sluffcfjlufe  über  Ouellen  unb  Sluffaffung,  gugleicfe  oerteibigt  er  mehrere 
©teilen,  fo  3.  S.,  bafe  bag  Opfer  nicfjt  auf  ber  Süfene  üoüjogen  merbe.  Qm  Sin- 
feang  folgen  bie  Soten  gu  ben  ©efängen.  Qn  einer  Semerfung  gu  biefen  ©efangett 
fpridjt  er  fidj  gegen  bie  gefünftelten  SMobien  mit  iferen  meidjen  ©eufgerit,  ifjrent 
©epipe  unb  ©ejirpe  aug.  (Die  ßfeöre  feien  oon  ben  Sitten  begfealb  eingefüfjrt  morben, 
bamit  bie  Slffefte  ber  (Dragöbie  nod)  mefjr  burcf)  bag  Ofer  in  bie  ©eele  bringen, 
ßinige  Stelobien  fjabe  er  umgeformt,  anbere  Solfggefängen  entlehnt4. 


Sitelölatt  oon  33albc,  Jeplitias. 

©tidj  Oon  SBoIfg.  Kilian  C/i). 


1  SB  e  ft  er  tn  a  p  er  a.  a.  D.  67  f.  $>n  ber 

lebten  ©troppe  beutet  53albe  bie  Sßirfung  an : 
Sed  iam  decoro  cerno  madentium 
Submissa  fletu  lurnina  deiici: 

Moerore  spectator  liquescit 

Multa  putans  animosque  miscet. 


2  Jerpfidjore  (§enipel)  235. 

3  Jephtias  (1654)  27.  SBeftermaper 
a.  a.  D.  68. 

4  $gl.  aud)  Lyr.  1,  29  gegen  ben  toeidpidjen 
©efang. 


$ie  §auf>tbid)ter:  93albe.  SSiberntamt. 


693 


Sin  berufener  Kritifer  urteilt:  „93albeS  i^epptiaS  gehört  in  febem  23etracpt  ju 
beit  beften  Seiftungen  ber  jefuitifdjen  ©djutbramatif.  ®ie  Sprache  be§  ©tüdeS  ift 
mie  bie  Satinität  be§  beutfcpen  (poraj  überhaupt  ,nicf»t  oirgitifd),  f)ora§ifc^,  tufanifcp, 
ftatianifcp  ober  ftaubianifdj,  fonbern  atteS  ba§  jufammen,  bemunbernSmert,  felbftänbig, 
eigenartig,  ftaffifcf;,  balbifd)4 i.  .  .  .  gleitid)  mutet  e§  auf  ben  erften  83tid  fonberbar 
att,  baff  ein  (Spiel,  baS  für  bie  Schule  gefdjrieben  mar,  mit  ficptticpem  SSoptbepagen 
ein  SiebeSoerpältniS  in  feiner  Sntroidtung  fcpitbern  fonnte.  S3ei  genauerer  Sinficpt 
aber  mirb  man  finben,  mie  ba§  SBerben  2lrippanaffo§  um  SRenutemaS  £>anb  fo 
jart  uub  gücfjtig  gehalten,  ja  mit  einer  2trt  pöperer  Söeipe  unb  Rerftärung  bar* 
gefteüt  ift,  bafj  aucp  nicpt  einmal  ber  ©ebanfe  einer  Unftattpaftigfeit  auffteigt.  .  .  . 
@anj  befonberS  finb  bem  geborenen  Sprifer  bie  mepr  Iprifcpen  Sporpartien  gegtüdt; 
RerSmafj  unb  ©pracpe  unb  bie  £)öpe  ber  SXuffaffung  mirfen  jufammen,  um  ben 
Sinbrud  51t  oerftärfen.  äRan  oergipt  über  iprer  ©cpönpeit,  bap  fie  oft  lang,  oietleidjt 
ju  breit  auSgebepnt  finb."1 2 

®er  mirffamfte  2)ramatifer  ber  ©djutbüpne  mar  ^afob  23ibermann,  „ba§ 
ftärffte  Stpeatertatent  ber  ^efuitenbüpne" 3.  „SRit  23iberntann  patte  baS  Qefuiten* 
brama  feine  pödjfte  23tüte  erreicht."4  Sibermann  „oerpalf  ber  ^efuitenbüfjne  ju 
einer  SBtüte,  bie  muftergüttig  für  ba§  ^efuitenbrama  blieb  unb  für  ben  Seffing  beS> 
felben,  menn  man  feinen  Reformator  $afob  9Rafen  fo  nennen  barf,  bie  ©runbtage 
fcpuf"5.  Qafob  Ribermann6  au§  Spingen  (©cpmaben)  fam  mit  acpt  ober  neun 
$apren  1586/1587  nad)  StugSburg  an§  ^efuitengtjmnafium,  mo  befonberS  P.  Raber 
a(S  Seprer  unb  §ieremia§  SDrejret  at§  SRitfcpüter  ipm  itäper  traten,  iQm  Sttter  oon 
16  ^apren  bat  er  1594  um  bie  2lufnapme  in  bie  ©efeüfcpaft.  Rtit  Raber  unter* 
piett  er  aucp  roäprenb  feiner  ©tubien  im  Orben  einen  lebhaften  föriefmecpfet7.  $m 
lepten  $apre  feiner  ppitofoppifdjen  ©tubien  (1600)  mürbe  23ibermann  als  Spor- 
agu§  mit  ber  Seitung  be§  £peater§  oon  ^ngotftabt  betraut;  au§  93efcpeibenpeit 
magte  er  nidjt,  feinen  angefangenen  „23runo"  fpieten  gu  taffen,  fonbern  tiep  fiep  oon 
Raber  ein  ©tiid  fdjiden.  £>erbft  1600  fiebette  er  nad)  StugSburg  über.  2lt§  Seprer 
ber  Humanität  füprte  er  pier  im  $apre  1602  fein  erfteS  ®rama  auf:  „“Ser  äRärtprer 
Saffian",  ber  Oon  ben  ©riffeln  feiner  ©cpüfer  erftodjen  mirb,  unb  in  bemfetben 
^apre  in  ber  SRarianifcpen  Kongregation  ben  berüpmten  ®oftor  Oon  $ßari§  „Seno* 
bopuS",  ber  oier  ©tunbeu  in  Stnfprucp  napm8.  (perbft  1603  begann  23iberntann 
feine  tpeotogifepen  ©tubien  in  Qngolftabt,  brei  $apre  fpäter,  £>erbft  1606,  feine  Sepr* 
tätigfeit  am  ©pmnafium  in  Rtündjen,  beffen  SDireftor  er  1609  unb  1610  mar.  Qn 
9Ründjen  leitete  er  am  2.  Oftober  1606  bie  2Iuffiiprung  feines  SDramaS  „3)er 
äRärtprer  Stbrian",  ba§  mit  großer  fßraept  über  bie  23retter  ging.  2tucp  ba§ 
®rama  beS  ^apreS  1607  lieferte  unb  leitete  Ribermann:  „Retifar".  Sa^re 
1609  mürbe  fein  „®oftor  oon  ^3ati§"  gefpiett,  1613  fein  „ÜRafariuS",  1615  fein 
„Q;ofepp".  Racp  2tbfotoierung  beS  britten  ^ßrobejapreS  (Xertiat)  in  Sbersberg  mürbe 
23ibermantt  ^rofeffor  ber  ^pitofoppie  1615 — 1618  unb  bann  1618 — 1626  ber 
Speotogie.  Qn  ®ittingen  füprte  er  1618  feinen  „Satpbita"  auf;  piet  erfepienen  auep 


1  9{ealenät)tl-  für  Oroteftant.  Speologie  unb 
Sircpe  II3  370. 

2  97.  <5 cf) ei b,  23albe  ol§  ®ramatifer,  in 
ben  §ift.=Oolit.  93Iättern  CXXXIII  (1904)  37  f. 

3  2f.  c.  SS  eilen,  ©efep.  be§  SSiencr  Jpeater* 
mefenS  29. 

4  SReinparbftöttner  a.  a.  0.  45. 

5  2)ürrlüäd)ter,  Sibermamt  unb  ba§ 
Sefuitentfjeater,  Kultur  (SSien)  1903,  150. 

6  SSgf.  Kropf  II  543  ff;  ©abil, 


S3ibevmann,  fßrogr.  be§  ©t)tunafium§  B«  ben 
©djotten,  SSien  1899,  6  ff. 

7  S3riefe  an  «Raber  1610—1612.  Clm  1610. 

8  S)ie  *Historia  collegii  Augustan.  (greiburg 
i.  b.  ©d) tu. ,  ®antonalbibIiotf)ef)  beridjtet  junt 
Sabre  1602 :  Placuit  prae  Cassiano  Cenodoxus 
et  secundum  vehementius  desideratus.  Utrius- 
que  auctor  fuit  Iacobus  Bidermannus,  Huma- 
nitatis  magister. 


(594 


$ef)nte3  Kapitel.  $ie  ©cpulfomöbie. 


feine  (Epigramme  (1620)  unb  Erjäf)lungen  (1621) 
unb  feine  „§erobiaS"  (1622).  Seiber  mürbe  er 
burcf)  feine  fßrofeffur  in  SDittingen  feinem  Sieb- 
lingSfacf)  entzogen,  bod)  mibmete  er  immer  nocfj 
einige  3eit  feiner  fJJJufe.  21IS  er  bem  ©eneral  $i* 
telleScfji  feine  Epigramme  überfanbt  fjatte,  briicfte 
biefer  am  28.  fDfärj  1620  feine  große  greube  bar* 
über  auS  unb  ermunterte  iljn  jur  SSoüenbung  äßn* 
lieber  Arbeiten,  fomeit  eS  feine  anbern  föefcßüfti* 
gungen  fließen,  benn  er  tabele  bie  auf  folcße 
Arbeiten  öermanbte  äftiiße  niefit  nur  nidjt,  foitbern 
münfeße  fie  fogar  feßr.  9?acß  Empfang  eines  Seiles 
ber  „£)erobiaS"  feßrieb  SSiteüeSd^i  am  2.  Slpril  1622, 
baß  er  mit  großer  SSegierbe  baS  ©anje  ermarte. 
Sie  jmeite,  öerbefferte  SluSgabe  ber  Epigramme 
befielt  SSitelleScßi  auf  feinem  Sifcß,  um  fie  gan^ 
ju  lefen.  ©o  teilt  er  föibermann  am  2.  9)iär$  1624 
mit:  2SaS  bie  anbern  SSerfe  (Opuseula)  betrifft, 
fo  erinnere  icß  mi cf),  baß  icß  im  .Qaßre  1620 
Em.  £>odßmürben  ermuntert  ßabe,  fie  ju  feilen  unb 
für  ben  Srucf  ju  bereiten 1.  ©eine  letzte  ©tation 
erhielt  Q3ibermann  als  Sßeolog  unb  3enf°r  in  9?om, 
bort  ftarb  er  ant  20.  kuguft  1639  am  ©eßlag* 
flnß.  Ser  OrbenSnefrolog  enthält  über  ißn  bie 
SGSorte :  P.  23ibermann  mar  „ein  liebenSmürbiger  Eßarafter,  ftreng  in  Seobacßtung 
ber  OrbenSbiSjiplin,  ein  ÜD?ann  ber  Semnt,  ©anftmut  unb  grömntigfeit".  ©einer 
SlnfprucßSlofigfeit  ift  moßl  gujufeßreiben,  baß  er  fieß  nie  oerfteßen  fonnte,  fein  |>aupt* 
merf,  bie  allgemein  gelobten  Sramen,  ju  oeröffentlicßen :  fie  erfeßienen  erft  brei 
Sejennien  naeß  feinem  Sobe  im  3aJ)re  1666  3U  ÜDiüncßen 2.  SaS  „füieiftermerf 
23ibermannS,  bie  ^erle  beS  erften  23anbeS  (feiner  ©efammelten  Sramen)  ift  fein 
,Senobo£uS‘,  ber  Softor  oon  )ßariS.  .  .  .  Qn  feinem  ©tüde  ift  eS  bem  Sidjter  in 
gleicher  SGBeife  gelungen,  altflaffifdje  ÜteminiSjenjen  unb  cßriftlicße  $been  3U  °er* 
einigen" 3. 

„EenobopS"  nennt  Q3ibermann  ben  berühmten  Softor  Pon  fßariS,  ber  in  ber 
befannten  Segenbe  beS  ßl.  23runo  ©egenftanb  eines  feßreefließen  EreigniffeS  mar, 
mobureß  ber  ^eilige  beftimmt  mürbe,  bie  SSelt  ju  oerlaffen  unb  ein  bußfertiges 
Seben  ju  führen.  Sie  SSorrebe  ju  S3ibermannS  Sramen  ßat  folgenbeS  barüber : 


Titelblatt  ber  gpigrnmute  SBtbcrmonuS. 

©tidj  (Vi). 


1  *  0rig.=91eg.  Ad  Germ.  sup.  93gl.  8.  SRai 
1621.  ®a§  2lutograpl)  ber  Deliciae  sacrae  mit 
Sorrefturen  unb  ber  genfur  (^ndbofer,  25.  9loö. 
1635)  in  Bibi.  Yatic.  Regin.  Lat.  863.  $er 
©eneral  f)ielt  beit  P.  93ibermann  and)  für  fäf)ig, 
bie  bat)rifd)e  ©efd)id)te  jit  fdjreiben.  21m  13.  gebr. 

1621  fdjreibt  er  an  ben  Sßroöinäial  ©renjing: 
Historiam  Bavaricam,  quam  iam  prident  Sermi 
Duces  a  Societate  exspectarunt,  et  quam  hoc 
tempore  post  reportatam  adeo  illustrem  ex 
perduellibus  victoriam  vehementius  desiderare 
videntur,  R.  Y.  quam  possum  maxirne  com- 
mendo,  ut  eam  seu  P.  Bidermanno  seu  alteri, 
a  quo  opus  illud  eleganter  ac  splendide  per- 

fici  posse  existimabit,  quam  primunt  com- 


mittat.  Mihi  quidern  ex  iis,  quae  de  P.  Iacobo 
Bidermanno  hucusque  audivi,  videtur  ipse  ad 
scriptionem  hanc  ingenio  et  iudicio  ac  doc- 
trina  bene  comparatus.  Monendus  tarnen  ut 
ab  horridiore  illo  et  exotico  scribendi  genere 
abstineat,  quo  aliquando  in  vita  B.  Ignatii, 
quam  latinam  fecit,  usus  fuit,  hortandusque, 
ut  quantum  poterit,  conetur  optimos  liistoriae 
latinae  auctores  puritate  et  elegantia  dictio- 
nis  exprimat.  *  0rig.=9teg.  Ad  Germ.  sup. 

2  Sine  beut|'d)e  Überfettung  be3  Cenodoxus 
ocröffentlidjte  3  o  a  d).  9Jt  e  i  d)  e  l ,  DDtündjett 
1625.  Sgl.  barüber  ^afjrbud)  für  SUtündjener 
©efdjidjte  III  (1889)  535. 

3  91  e in barbftött ne r  a.  a.  0.  41. 


SDie  £>auptbid)ter :  33tbermann. 


695 


„SJBietuofjf  biefeS  ©tüd  bie  SacfpuuSfefn  ber  3ufcf)auer  f0  in  Semegung  oerfejde,  bafj 
bie  «Stühle  in  ©efafjr  gerieten,  jo  machte  eS  bocf)  auf  bie  ßufdjauer  ejnen  j0 
jamen  ©inbrud,  baff  man  14  berfefben,  ^odfjgejtellte  ißerfönfidjfeiten  am  baprifdjen 
hofe,  an  ben  fofgenben  Sagen  ficf)  in  bie  ©injamfeit  juriidjiefjen  fafj,  um  ©jrergitien 
ju  machen  unb  ifjr  Seben  ju  änbern;  100  Sßrebigten  hätten  feinen  folgen  ©rfotg 
gehabt.  3a  bei  ben  ©chfufjfjenen,  in  benen  ßenobojuS  oor  feinem  emigen  9ticf)ter 
erjdfjeint,  jitterten  bie  meijten  ßufdjauer  an  aßen  ©fiebern,  als  ob  jie  felbft  ba 
gerietet  mürben.  Ser  ©cf)aufpieler  ber  ^auptrotte  trat  halb  barauf  in  unjere 
©efeßfdfaft  ein,  morin  er  nach  einigen  in  Unfdjufb  unb  ^eifigfeit  oerbrad)ten  3ahren 
jefig  ftarb."1 

Sie  Sfnfage  beS  ©tiideS  ift  fef)r  einfach :  eS  entmicfeft  fid)  oor  uns  baS  Seben 
eine§  jog.  „S^renmanneS",  ber  in  ben  Sfugen  feiner  SRitbürger  ein  Orafef  ber  2öeiS» 
heit,  ein  SRufter  oon  Sugenb  unb  Sopafität,  aber  oor  ©ott  ein  armfefiger  Sropf 
ift.  ©eine  £>auptleibenfcf)aft,  bie  ^offart,  ift  bie  Sriebfeber  aßer  feiner  ^anbfungen ; 
fein  ©emiffen,  fein  ©djufjgeift  menben  aßeS  auf,  ihn  ju  befehren;  umfonft.  ©S 
umgibt  if)n  ein  ©d)marm  oon  ©dfjnteichfern,  bie  ihn  in  ihrem  §erjen  üeradften,  aber 
in§  ©efidfjt  befobfjubefn.  SaS  gibt  bem  Sinter  Seranfaffung  §u  ben  broßigften 
©jenen.  Sie  fefjte  Sfnregung  jur  Sefehrung  oerfitcfjt  ber  ©chupengef  burcf)  eine 
&'ranff)eit;  aber  audj  barin  treibt  ber  arme  Softor  fein  fjeuc^IerifcfjeS  ©pief  fort, 
unb  fo  ftirbt  er;  bann  folgen  im  fünften  2lft  bie  furcfjtbar  ergreifenben  ©ericf)tS* 
{jenen,  bereit  ©rgebniS  ber  Seidfjnam  breimaf  anfünbigt:  icb  bin  angeffagt,  ich  bin 
oerurteilt,  icf)  bin  oerbammt.  Sie  SBaffrljeit  unb  objeftioe  2Birffid)feit  beS  ©tütfeS, 
baS  Sifb  oon  oiefen,  üiefen  äRen* 


0imlm«tVifcp<tr  fnnbalt 


fdjen,  ergreift. 


3m  einjefnen  ift  ber  ©Ijarafter  <^$Wpnm iroTt-lcrrerlien 
beSßenobopStreffenb  burchgefüfjrt.  v^OllllCvJ  1  lcl^CJCUICris 

©offart  unb  ©hrgeij  beftimmen  fein  fcom  Doftor  £Upanß/iWlcl^rtMrC§ 


Serhaften  felbft  ben  Sinnen  gegen* 
über.  ©r,  „ber  Sater  ber  Slrmen", 
meift  bie  Siotfeibenben  ab,  menn 
niemanb  feine  SSofjftat  fiefjt.  Ser 
©hrgeij  madjt  if)n  fogar  jur  lädier* 
fidlen  gagur.  ®r  fra3t  einen  ferner* 
hörigen  Sauer,  maS  man  in  ber 
Sorftabt  oon  ©enoboguS  rebe.  Ser 
Sauer  hat  ben  tarnen  nie  gehört. 
Sa  fragt  ©enobopuS,  ob  er  biefen 
berühmten  SRann  nicht  fe^en  möchte. 
Ser  Sauer  antroortet,  er  gebe  feinen 
^reujer  für  ffunbert  ©enobopS. 
2Iud)  bie  9iettungSüerfud)e  finb 
padenb  gegeicfjnet.  Ser  ©d)u|engef 
menbet  aßeS  auf,  ben  hochmütigen 
ju  retten.  @r  geigt  ifjm  im  Sraum 
baS  Sud)  feiner  ©ünben. 
taufenbmaf  fte^t  hodfnmt  barin 


©djalfett  $u  3Rftnc$at  trt  fcmt  prftli* 


otgtie^efanDtmi^/Por  ©Ott  ange* 


(htnGymnafioberSocictec  Iesv. 

2(nno  )  6  o  p. 


flagf/fömdjftmb^rrbam&f 

»Pibra. 


1  Ludi  theatrales  sacri  sive  opera 
comica  posthuma  (1666),  Praemonitio 
ad  Lectorem. 


©etrucf  t  ju  Sy?t4tich€n/t>urc^ 

SBibenmtun?  „Dotter  311  SßaviS"  1609  (2/s). 


696 


3el)nteS  Kapitel.  Sie  ©djullomöbie. 


getrieben.  Unb  als  ifjm  im  Xraunt  bie  ©trafen  ber  £ölfe  oorgefpiegeft  werben, 
jammert  er  unb  ruft  ©ott  gu  £>ilfe,  aber  ber  Xeufel  antwortet  ifjm:  „®u  felber 
warft  betn  ©ott,  fo  rufe  bidj.  9?ie  fjaft  bn  beinen  £)odjmut  oerfeugnet.  Sftun  füfjfe, 
wa§  wir  leiben,  ba  bu  unS  in  Ipoffart  gleich  geworben."  ®er  fcf)recflicf)e  £raum 
fruchtet  nichts.  ®ie  ©igenfucfjt  überrebet  ben  ©efefjrten,  bei  feinen  Xugenben  fei  SSer« 
bammung  unmöglich.  ®ann  fommt  aber  bie  ßranffjeit  als  fjinfenber  armer  ©reis 
in  fein  £>auS.  $wei  ©cf jüfer  bebauern,  ben  ©enobojuS  nidjt  üom  ^atfjeber  fjören 
gu  fönnen,  aber  audj  auf  bem  ^ranfenfager  fei  er  ein  Sefjrer  ber  STugenb.  ©eno* 
bojcuS  fjeudjeft  weiter:  $u  fjanbefn,  nid)t  gu  reben  fefjrt  bie  $ugenb.  ®er  ®ranf« 
fieit  unb  beS  £obeS  pfeife  lernt  mit  mir  üeradjten.  2£ar  mein  Seben  furg?  0 
affgulang,  wenn’S  übel  war,  unb  war  eS  gut,  bann  war  eS  fang  genug  —  ben 

meiften  war  baS  Seben  nur  gum  üftadjteif,  ben  wenigften  ber  f£ob.  ®er  ©cfjüfer 

meint:  £)er  SDJann  bebarf  beS  XrofteS  nidjt,  ber  franf  bie  ©tarfen  auferbaut.  Unb 
bie  !>eud)efei  an  ber  ©eite  beS  Ä’ranfen  ftimmt  bem  £>eud)fer  bei:  „28ie  fromm, 
fiefjft  bu,  wie  man  bidj  liebt!  fRedjt  fo,  baS  war  befdjeiben."  ©in  ©ngefdjor  be» 
fragt  ben  SSerbfenbeten.  ©ein  ©cfjujjengef  madjt  bie  festen  Sfnftrengungen :  er  fudjt 
ficf)  gu  nähern,  aber  bie  ^öHifcfjen  ©eifter,  bie  bicfitgebrängt  um  baS  Säger  ftefjen, 

faffen  ifjn  niefit  burcf).  ©in  feüter  ©treit,  ein  fetjteS  gfefjen  fofgt: 

fßanurguS:  9Rein  ift  er  nun  burcf)  feine  ©ünben.  —  Sir  bat  er  nicht  gebient,  bu  nicht 
geherrfcht. 

Enget:  2lch  mel).  nur  aüp  tttehel  —  ©iehc,  EenobopS,  jene  (Sterne,  maS  ift  herrlicher 
als  fie  ?  Sort  ftrebe  hin. 

§eud)elei:  Sieh  biefe  2Bclt,  fo  weit,  fo  grofjl  2BaS  gibt  eS  Schöneres  unb  höheres,  als 
fie  mit  beinern  fRuljm  p  erfüllen,  gelaunt  fein  unb  geliebt  fein  Don  allen  unb  p  leben  nach  bem 
Sobe  noch  ? 

Engel:  SBaS  nüpt  eS  mohl,  toenu  bu  ben  fRuljm  geminnft,  bie  ©eligfeit  berlierft?  SSenn 
beinen  ÜRamen  treu  bie  Sßelt  bemalfrt,  bie  $ötte  beinen  Seift  ?  D  menbe  bich  p  mir,  EenobojuS  I 

fDiefer  aber  wenbet  ficf>  ab.  ®er  ©ngef  mufj  unter  bem  ©pott  ber  fjöffifdjen 
fRotte  weichen.  f£)ie  Sfrgte  fommen,  fie  finben  nur  einen  ©terbenben;  fie  fjören,  ber 
tranfe  fjabe  mit  ^nnigfeit  bie  ©aframente  empfangen.  £>ie  ^öffengeifter  umfangen 
jubefnb  ben  ©terbenben.  ^eierfidj  fommt  ber  £ob.  üüfadjtooff  unb  ergreifenb  oer« 
fünbet  er  feine  Iperrfcfjaft  über  alles  unb  affe  an  unb  ftöfjt  bann  bem  ©enobojuS  ben 
2>ofdj  ins  §erg.  ®er  ficfj  anfdjfiejjenbe  £otencfjor  ffingt  in  bie  SBorte  auS: 

Saum  baf?  ÜRenfcIJen  finb  geboren, 

©inb  fie  fchon  bem  Sob  erloren. 
fEBaS  ber  fülenfd)  auf  Erben  lebt, 

SBie  ein  Sraitm  borübcrfchtnebt '. 

^m  fofgenben  Sfft  ruft  ©t  SDfidjaef  ben  ©eift  beS  ©enobojuS  oor  ben  Ütidjter* 
ftufjf.  ®er  Teufel  tritt  afS  Sfnffäger  auf:  ,,$d)  will  nid)t  größer  machen  feine 
©cfjufb  —  wie  fönnt’  idj  audj?  2öar  biefer  bod)  fo  rucfjfoS  fdjon  wie  feiner  fonft. 
©o  mancher  würbe  fjingeriffen  oon  biefer,  jener  ©ünbe  —  biefer  ba  üon  jegficfjer. 
SDiit  einem  SBorte  nenn’  idj  affe:  §offart.  2Bo  biefe  wofjnt,  ba  fcfjfagen  alle  Safter 
ifjren  SBofjnfifj  auf.  Vertrieb  nicfjt  biefe  ©ünbe  unS  aus  biefem  §of  ber  ^errfidj- 
feit?  Unb  fjaft  bu  unS  oerbannt,  wie  nimmft  bu  biefen  auf?  ®em  §immef 
folf  gehören,  ber  immer  meinem  ßepter  fidj  gebeugt  unb  niemals  bir?  ©ntweber 
fdjminbet  bie  ©eredjtigfeit;  wenn  nidjt,  bann  fprecfjt  mir  biefen  ju.  ©enobopuS 
ruft  jum  fffid^ter  um  Sarm^er^igfeit,  aber  ber  Sfnffäger  fteigert  noc^  bie  ©djulb: 
©iefj  bie  S3erbfenbung  an.  ©r  wufjte  wofjf,  ba§  bu  fein  ©djöpfer  bift  unb  ifjn  um 
einen  teuern  fßreiS  erfauft  —  er  aber  flo^  oor  bir,  er  wiberftanb.  2US  idj  ifjn 


1  Üherfchung  nach  35ürr möchte r,  Job  unb  lotentanj  93. 


$ie  ^axt^tbidbler :  23ibermann. 


697 


faum  nur  rief,  ba  ßört’  er  micß.  Sei  Sag  unb  9?acßt  oertangt  er  nacß  bcr  ©ßre. 
Surcß  biefe  ©ucßt  üerbarb  er  jebe  Slrbeit,  Sßiffenfcßaft  unb  ®unft.  Sie  ßeitigften 
Verrichtungen  hot  er  auS  @£)rbegier  mißbraucht  unb  fie  gu  Saftern  umgemanbett. 
©r  müßt’  ficß  felber  ber  VerbammniS  meißn,  menn  er  fein  eigner  ßticßter  märe." 
Von  neuem  bittet  ©enobo^uS:  „Verbeiße,  §err,  oergeißet,  fRicßter  ißr."  5lber  ber 
Vöfe  feßt  rcieberum  ein:  „Socß  ntancßeS  ©roße,  ©cßöne  tat  er  moßt.  Ser  Firmen 
ßaft  bu  bicß  erbarmt,  bocß  mie?  marum?  Verftummft  bu  jeßt?  2öaS  braucßt 
eS  anberer  ©ünben?  Sie  guten  Säten  fcßon  üerbantmen  ißn." 

SBäßrenb  ber  grift,  bie  ber  Slngeftagte  gur  Verteibigung  erßätt,  folgen  mir  auf 
©rben  bem  VegräbniS  beS  ©enobopS.  2Bie  bie  ©ebete  beginnen  fotlen,  erßebt  ficß 
ber  Sote  oon  ber  Vaßre  unb  ruft:  „SSeße,  meße!  Vor  bem  ©ericßte  ©otteS  bin 
icß  oerftagt."  Vor  ©cßrecfen  mirb  baS  VegräbniS  auf  ben  fotgenben  Sag  Oer- 
fcßoben.  gm  ©ericßte  befteßt  ber  Ütngeftagte  nicßt.  Sie  Verteibigung  burcß  feinen 
©cßußengel  geftaltet  ficß  gur  ülnftage.  SeSßatb  ßören  mir  in  ber  fotgenben  ©jene, 
mie  ber  Sote  ficß  mieber  non  ber  Vaßre  erßebt  unb  unter  baS  Volt  ruft:  „SSeße, 
meße!  Vom  ftrengen  ©ericßte  ©otteS  bin  icß  gericßtet."  SaS  ©ericßt  fommt  gum 
©cßtuß.  Sem  ©enobopS  merben  alte  Söoßttaten  oorgeßatten,  bie  er  ein  gangeS 
Seben  lang  mit  Unbau!  oergotten.  SaS  Urteil  mirb  gefällt. 

EenobojpS:  SGBef)e,  meße,  meffe!  galtet  über  mich,  ihr  93ercje,  unb  bebedet  mid). 

SaS  ©ericht:  ©eretfjt  ift  ©otteS  ©ericht.  Er  fei  oerbammt. 

ißanurguS:  9Jun  alfo  bift  bu. mein,  unb  niemals  ßörft  bu  auf,  mir  ju  gehören. 

£  e  u  o  b  o  £  u  S :  ©o  fei  baS  £id)t  üerflud)t  unb  er,  ber  eS  gemacht,  unb  alle,  bie  eS  fcbaueit. 

SÖSie  bie  ©infegnung  enbticß  erfolgt,  ba  fcßreit  ber  Sote:  „Söeß  mir  2trmften 
unter  allen!  SBeße,  meße,  meße!  gcß  bin  oerbammt."  Sie  ©cßlußfgene  gibt  eine 
ergreifenbe  ßtebe  VrunoS  an  feine  greunbe  über  bie  ©itetfeit  ber  SBett.  Stße  ftimmen 
ein  in  ben  9tuf:  „Sebt  moßt  unb  lernt  üeracßten  bie  greuben  biefer  Söett."1 

„@S  ift  Vibermann  gelungen",  fo  fcßreibt  ein  ^ritifer,  „eine  ecßt  menfcßticße 
gigur  gu  geicßnen,  beren  ©cßicffat,  gerabe  meit  ißre  geßter  nicßt  fcßänbticßfter  2lrt 
finb,  fonbern  fo  mancßem  oon  unS  gemeinfam,  uns  überaus  feffetn  muß.  ©r  füßrt 
©enobopS  ein  als  ben  ,©tang  ber  ^Sarifer  Softoren4;  aßeS  eitt  gu  ißm,  nur  ißm 
moßen  fie  ißr  §eit  anoertrauen;  ,baS  gaßrßunbert  fann  ißn  nicßt  entbeßren4,  ,ber 
©rbfreiS  ßat  nicßt  oiete  fotcßer  Sicßter4.  Vtan  ßätt  ißn  für  maßrßaft  fromm;  mit 
inniger  Siebe  ßängen  feine  £)örer  an  ißm.  Sie  Vürgerfcßaft  betet  ißn  an.  2BaS 
SBunber,  menn  er  meiter  ftrebt,  menn  er  ben  SBettentenfer  bittet,  ,er  möge  ißn  mit 
fotcßen  Sugenben  fcßmücfen,  baß  alte  ißn  beneiben,  er  feinen4!  @o  fällt  er  freiließ 
ber  ©elbfttiebe  unb  ber  ,*peucßetei  in  bie  Strme;  alles  mirb  gurn  ©eßein  bei  ißm, 
maS  bie  äftenfeßen  für  §eitigfeit  unb  Unfcßulb  ßatten.  2Bie  menfeßtieß  natürlich  be¬ 
rührt  uns  ber  galt  beS  SflanneS,  ber  in  feiner  ©elbfttiebe  ficß  feßtießließ  fagt,  er 
allein  fönne  bieS  aßeS!  223ie  großartig  ift  ber  ©ebanfe,  ben  bie  §öße  unternimmt, 
ben  üßtann  babureß  gu  ftürgen,  baß  man  fein  ©emiffen  ternießte !  Somit  fäßt  er. . .  . 
©S  mar  ein  ©tücf,  bem  bie  ^atßarfiS  gemiß  nicßt  feßtt.  . . .  Ser  Seufet  fpiett  in 
VibermannS  ©tiiefen,  unb  üorneßmlicß  im  , ©enobopS4  eine  mirftieß  bramatifeße  9toße. 
©r  fteßt  auf  berfetben  £>öße  mie  in  ©atberonS  ,2Bunbertätigem  ÜDtaguS4.  3luS  ber 
roßen,  unflätigen,  berben  ©eftatt  beS  ^ößenfürften,  mie  er  im  Spiel  beS  ÜDtittetatterS 
erfeßeint,  ift  eine  tragifeße  ©eftatt,  ein  Verfüßrer  gemorben,  beffen  Auftreten  bie  un= 
faubern  ©cßroänfe  ber  testen  gaßrßunberte  üößig  oergeffen  ließ."2 * 


1  SluSjug  nad)  ©abil,  fßrogr.  1899,  25  ff.  2  9teinharbftöttner,  gar  ©efdjichte  beS 

SaS  ©tüd  mürbe  oft  geßnelt:  Supern  1609,  gefuitenbramaS  in  9Jtünd)en  44  f. 

ißruntrut  1615,  gngolftabt  1617  unj,  Später 

1636  in  granfreid)  unb  Belgien. 


698 


Seljnteg  Kapitel.  $ie  (sdjulfomöbie. 


„Stn  (Semattigfeit  beg  (Sinbrnrfeg  mup  unter  Siberntanng  fämtticpen  ©türfen 
ber  ,3opanneg  (Satpbita4  bem  ,(Senobop§‘,  allen  23ericpten  jufotge,  am  näcpften  ge* 
fommen  fein.  Sttg  berfetbe  gezielt  mürbe,  bracp  alleg  in  einen  Strom  bon  tränen 
au§;  unb  eg  ift  nitf)t  jn  leugnen,  bap  ©cpirffat  unb  (Sparafter  beg  gelben  23e* 
munberung  unb  9)titteib  in  popern  ©rabe  peraugforbern.  lieber1  ift  eg  bie  ©etbft* 
berbamtung  eineg  in  üppigem  Sehen  gebornen  Qüngtingg,  ber  Sater  unb  SDiutter, 
£>aug  unb  Steicptümer  bertäpt,  um  gang  unb  oößig  (Sott  bienen  ju  fönnen.  . . . 
bie  S3erlaffenpeit  ber  Sßüfte  pinaug  folgen  iprn  bie  ©äntonen  unb  motten  ipn  jur 
9iücffepr  ing  SSatertanb  oerlorfen.  . .  .  Stber  nicpt  nur,  bap  ^opanneg  alten  biefen 
ißerfucpungen  fiegreicp  miberftept,  er  mitt  nun  pöttifcpe  fünfte  mit  feinen  fünften 

c  toammec  rar  v  RITA  oernicpten.  (Sr  faßt  ben  großartigen 

o.  lUAJNJNiiB  LALlßllA  (Sebanfen,  ben  ®ampf  gegen  bie 

£>öt(e  birett  auf^unepmen,  inbem 
er  nacp  9iom  gurürfeitt,  um  bort 
oor  ben  ÜDiaitern  beg  päpftticpen 
^ßalafteg  unbefannt  ein  Seben  ber 
SDernut  unb  (Sntfagung  §u  füpren." 
SSater  unb  ÜDtutter  gepen  an  ipnt 
üorüber.  (Srft  im  ©terben  entberft 
er  fiep.  „Sieben  ber  paffioen  @e* 
butb  beg  armen  §iob  beg  Sitten 
S£eftamenteg  entfaltet  fiep  in  bem 
freimittigen  Sutber  ^opanneg  (Sa* 
Ipbita  bag  Qbeat  eprifttieper  53e* 
§Ö  (joßertt  €()im  t»cr  parrlicpfeit  unb  fetbftgemäptter  (Snt* 

£atpoItfcpcn3ugnU  /  tnbcrSiSbltcpm'Öm*  fagung.  0b  barum  auep  ber 

uerfttdt  $ü  SDitmgcn  /  im  3apr  (Sparafter  fo  manepen  93erüprung§» 

i  6  i  $.  punft  mit  §iob  pat,  ftept  er  boep 

um  oieteg  pöper  unb  pat  fiep  unter 
SSibermanng  marm  empfunbenen 
SSerfen  eept  bramatifcp  geftattet. 
Sibermanng  ®rama  pätte  jebeg 
meitere  entbeprtiep  gemaept."2 

®ag  §aupttpema,  bag  Q3iber> 
mann  immer  unb  immer  mieber 
bariiert,  ift  bie  grope  attgemein 
menfeptiepe  unb  eprifttiepe  Sepre  bon 
ber  SSergängticpfeit  atteg  Qrbifcpen; 
auep  bag  größte  (Stürf  fiepert  niept 
bor  bem  jäpen  ©turj  unb  bag  größte  Ungtürf  mecpfelt  mit  ber  (Srpöpung  ober  (Sr* 
töfung.  $£>er  fiegreic^e  getbperr  Selifar  fipt  auf  einem  Stein  unb  pätt  atg  ge* 
btenbeter  53ettter  fein  ^otjfcpiiffetcpen  ben  iBorübergepenben  entgegen  auf  berfetben 
©trape,  bie  er  bor  furjem  atg  ^riumppator  burepjogen.  Unb  in  feinem  (Stenb  ber* 
fünbet  ißelifar  bie  grope  Sepre: 

Sag  Sine  lerne,  SBürger,  grembling,  lerne 

Sieg  Sine  nur  au§  meinem  jäfjen  galt: 

Vertraue  nidjt  beg  ©lüdeg  eitiem  SBaljn. 


tDaStft: 

0ummavtfc6ctQ3cgrtffDnt>2(uf^ug 

t'Cl*  Comicotragoedia:. 

c^m  DcitcfnntrDiftcn 

QBanttd  fmnfc  fehlen  Slblabcn 

S.  IoannisCalybit/e. 

(Bemalten 


C5cbrucff|ö^>tltngm/6ct>  Q5w  üara 
SKaprm  / 

©rfte  Qtuffübvung  t>on  SBiberniamiS  „3oIj.  ßaUibtta" 
1618  (»/,). 


1  SSie  bei  ber  Äomöbie  „Ser  Körner  SCRafa* 

ring",  aufgefüfjrt  1613. 


9t  e  i  n  b  a  r  b  ft  ö  1 1  tt  e  r  a.  a.  €.  39  f. 


Sie  £muptbid)ter:  Sibermamt. 


699 


Unb  mitlft  bu  frei  Don  Unglücf  bid)  bemahren, 
©ntftiehe,  wenn  bae>  ©lücf  bir  lotfenb  Winft, 
Senn  nahe  bei  be§  ©liicfeä  lichter  $öhe 
©ahnt  tief  ein  2tbgrunb,  unb  ber  gaß  ift  jähe! 


Sebengmalfr  öerfünbet  bieg  g-ortuna  im  ©pilog  beg  „Selifar":  ®a§  ©lüd  ift  eilt 
bemegteg  9iab.  235er  fjeute  oben  fte^t,  fann  morgen  unten  fein.  ®ie  irbtfc^e  ©lorie 
ift  ein  ^5feil,  ber  fdjneü  fliegt  unb  nie  mieberfeljrt;  ein  Suftfjaud),  ber  nie  ftiüe  ftef)t ; 
eine  Söetle,  bie  im  felben  Momente  emporfteigt  unb  fallt;  ein  ©djatten,  ber  gerabe, 


loettn  er  am  längften  ift,  öerfdfminben 
muff;  ein  ©las,  ba§  jerbridjt;  ein 
Xraunt,  ber  lügt;  ber  ©djaum,  ber 
jerfdjmitjt;  ein  greunb,  ber  fcfjntet* 
djelt;  ein  $einb,  ber  üerberben  mid. 
Unb  bennod)  liebt  bie  SBelt  biefe 
©lorie.  2öa§  täte  fie  erft,  menn 
biefe  ©torie  nur  ein  menig  bauer= 
fjafter  märe?1 

®en  umgefefirten  2öeg  mie  „93e= 
lifar"  gef)t  „®er  ägt)ptifcf)e  ^ofepf)". 
„Sielmat  ift  biefer  «Stoff  oor  Siber» 
mann  bearbeitet  morben,  faum  aber 
mit  fo  glüdtidjer  Konzentration." 2 
2)ie  dfjarafteriftif  3;ofepf)g  ift  meifter* 
fjaft:  atleg  menfdjlid)  ©dföne  unb 
@bte  tritt  bei  if)m  in  bie  ©rfdjeiitung 
im  SBorte  unb  nocf)  mefjr  in  ber  £at. 
2Xtg  bie  fRadje  ifjn  aufftadfelt,  ba 
raeffrt  er  fiegreid)  ab:  „Siiemanb  ift 
gröfjer,  alg  mer  fdjont;  bie  Kleinen 
folgen  ifjrem  ßorn." 

Sieben  ber  aug  ber  ©ottegliebe 
entfpringenben  Söeltentfagung  fefjrt 
bei  Sibermann  faum  ein  SJiotiü  fo 
häufig  mieber  atg  bie  Siebe  ber  ©ttern 
ju  bcn  Kinbern  unb  ber  Kinber  zu 
ben  ©Itern.  Sttg  Selifar,  zum  armen, 
blinben  Settier  gemorben,  feinen  ©of)n 
Strfabiug  aufforbert,  if)n  zu  üerlaffen, 
ermibert  biefer: 


SumHt<u-ifcb<t)tmba!cbcfl0ifco2ifcbcn 

Tragocdieru, 

Hon  OcmCtfriffficfen 

gewaltt^m  SclDofmftm  imfc^aupfc 

matt 

BELISARIO. 

2Blc  folc^cr  ©  on  ^öc^ftcm  glücf  liebem 

^S5olftant>t/in  4uffcr|tcsf  tniglürf  Pub 

not  gcrutbctt. 

£3c|ct)(h«t 

^Dnbctbem  berbümbten  Iuftiniano, 

Ürtgefafjt  omb  bas  jjar  <£fj:t|tt  PnferS  •£>  ©  ot  0?  si 
tmö  Sfliginjchfte  SmifffnmDrrt  /  Dwflig  /  hiß 
auff  bae  @cch(?igi(T. 

jjij ber Societet  Iesv  Gymnafio 
ju  COiuncbnt, 


(ßeteudt 

©urc^  Nicolaum  Henricum, 

Anno  i  6  o  7. 

Sie  trftc  9luffüljrung  Don  23ibernioun§  „SSelifot" 
1607  (2/s). 


2Bie  fönnt’  ich,  teurer  Sater,  bid)  üerlaffen  ? 

£)  nein!  Don  bir  foH  feine  Wacht  mich  trennen. 
Unb  mag  ber  Saifer  aüe3,  atle§  rauben, 

Seit  ©oljn  mufj  er  beni  SSater  tro^bem  taffen. 
2Bo  mar’  ein  ©d)up  fo  ftarf  mie  Saterfdiup  ? 
Sie  ©d)äpe  nahm  ber  Äaifer,  Dom  Salaft 
©tiefe  bie  ganiilie  er,  bod)  einen  ©d)ap, 

Sen  f)öd)ften,  fonnte  nimmer  er  mir  rauben: 
Sid),  teuren  Sater. 


1  Sgl.  ©abil,  Srogr.  1900,  12. 

2  ©abil  a.  a.  0.  Sgl.  21.  D.  2Beiteu, 


Ser  äghbtifche  Sofefh  im  Srama  be§  16.  3at)r= 
tjunbertS  (1887)  161  f. 


700 


3el)ntc3  Kapitel.  ®ie  ©cf)ulfomöbie. 


,,^o^anne§  ©atpbita"  ift  bem  £>elbert  ntcfjtS  fdjmieriger  unb  fchmer^ticher 
ats  ber  2tbfd)ieb  Oon  ben  ©ttern,  fein  ©ebanfe  todenber  atg  bie  Sehnfudfjt  nad)  ben 
©ttern.  Sei  ber  ^tudft  aug  bem  Saterlfaufe  ruft  er  au§:  „0  meine  ©ttern!  Sdper 
merbct  ifjr  eg  ertragen.  .  .  .  Serjeiffe,  Sater,  oergei^e,  SJfutter,  mir  biefe  gtudft." 
$n  bent  £raum,  ber  it)n  umgaufett  unb  ihm  fRont  oorsaubert,  ift  eg  ber  Sater  unb 
bie  meinenbe  äRutter,  bie  ben  mädftigften  ©inbrud  auf  if)it  madjen.  „0  mein  Sater, 
id)  bin’g!  90?eine  SRutter,  SRutter!"  $er  Sater  ruft  an  bem  Sterbelager  beg 
Sot)neS  auS:  „@ebt,  ^immtifdie,  baff  id)  ben  Sotfn  nod)  finbe.  2öer  bu  aud)  bift, 
bei  ©ott  befcfjmör’  id)  bid),  mach  fterbenb  nod)  bie  Stoten  tebenb,  gib  un§  unfern 
Sot)n.  .  .  .  2ßel)e,  metfe!  SRein  Sohn,  mof)in  get)ft  bu  mieber?  fRimrn  oortjer  nod) 
ben  testen  $ufs  beineg  Saterg."  Unb  an  ber  Seidje  beg  Sotfneg  ruft  bie  StRutter 
aug:  „3cf)  ungtüdfetige  Butter!  0  menn  bu  bod)  meine  Umarmung  ermartet 
fjätteft!  .  .  .  Safct  mid)  ifjn  umfaffen  im  £obe.  ßegt  bie  Seicfje  in  meinen  Strrn." 

Stm  ergreifenbften  tritt  ung  bag  9Rotio  beS  tiebenben  ^inbeSherjenS  unb  beS 
geängftigten  Satertferjeng  im  „Stgpptifdjen  ^ofeph"  entgegen.  2tfg  bie  Srüber  Qo* 
feph  bag  ®teib  öom  Seibe  reifen  motten,  ba  ruft  er  aug:  „®eg  Saterg  te£teg 
©efdfenf."  „Seim  greifen  Raupte  beg  Saterg"  flefjt  er  um  Schonung.  „Sater, 
Sater!"  ift  fein  teijter  fRuf,  atg  er  jum  £obe  geführt  mirb.  51  tg  junger,  ÜRot  unb 
Kummer  in  5tgppten  ihren  (Singug  batten  motten,  ba  ift  eg  ber  ©ebanfe  an  ben 
Sater,  ber  $ofeph  am  meiften  befcfjäftigt.  £>a  feufgt  er:  „Stet),  mie  mirb  eg  meinem 
Sater  geben?  |>at  mobt  ber  ©reig  ficb  unb  fein  £>au§  üermabrt  Oor  biefer  §unger§* 
not?  0b  er  noch  unter  ben  Sebenben  meitt  unb  nicht  um  mid)  fid)  grämenb  tängft 
entfcbtafen  ift?  0  fern  fei  fotcb  fcfjredticf)  Sog!"  SDie  Srüber  fommen.  Simeon 
febnt  fidb  fort  aug  ftgppten  aug  SebjnfucEjt  nad)  bem  atten  Sater:  „^dj  roeifj,  mie 
febr  fid^  biefer  grämen  mirb.  ®en  jüngften  Sobn  oertor  er  einft  burcb  äRiffgefdjid. 
O  mieoiet  tränen  bflt  er  biefem  nacbgemeintl  Äein  £ag  oerging,  faum  eine 
Stunbe,  mo  er  beg  Sohneg  ÜRamen  nicht  gefeufjt,  beffagt."  SDag  ift  für  $ofeph 
ju  oiet:  „0  Sater,  Sater I  £)a§  um  mich-  fö'ann  icb’3  ertragen?"  5ttg  Senfamin 
feinen  Sruber  Simeon  erbeten,  fpridft  er  ^u  ^ofept) :  „So  fott  eg  ©ott  bir  lohnen, 
mie  bu  bem  Sater  mohttuft."  Qubag  tp  fidb  für  Senfamin  beim  Sater  oerbürgt,  er 
mit!  lieber  fein  ßeben  taffen,  atg  Senfamin  preiggeben:  „SBittft  bu  mich  äum  äRörber 
meines  SaterS  machen?  3U  Ixuife  be§  Saterg  tränen  fehen,  bag  trag’  ich  nicht. 
®ienen  fann  ich,  unb  fterben  fann  id),  ben  Sdper^  beg  Saterg  fehen,  bag  fann  id) 
nicht."  Unb  alte  Srüber  oerlangen:  „Ung  ade  töte,  nur  ben  einen  gib  bem  Sater." 
Sei  ber  ergreifeitben  ©rfennunggfeene  ift  bie  erfte  grage  QofepfjS:  „5Bag  macht 
mein  Sater?"1 

©iner  ber  §auptoorjüge  ber  Sibermannfdfen  Dramen  ift  feine  pfhdfotogifdfe 
©ntmidtung  ber  ©haraftere.  „S33ic  Sfjafefpeare  beftrebt  ift,  pftjc^otogifcf)  bie  oor* 
gefunbenen  ©haraftere  gu  erftären,  fo  fucf)t  Sibermann  bie  ©rjähtung  feiner  Sortage 
aug  ber  ^rifttichen  Stnfdfauung  hernug  ju  motioieren.  ©r  täfjt  barum  ©emiffen  unb 
£eibenfd)aften  alg  hnnbetnbe  fßerfonen  auftreten;  baburch  aber,  bafj  er  fie  ftramm 
Sufammenfajgt,  breite  fReben  oermeibet,  auch  ben  Allegorien  ©harafter  unb  Seben 
üerteif)t . . .,  oergeffen  mir,  bah  abftrafte  ^been  hier  perföntich  auftreten,  mir  glauben, 
an  bem  ©emiffen  einen  roarmen  greunb,  an  ber  Selbfttiebe  einen  abfchentidhen  Ser* 
füt)rer  beg  gelben  ju  erbtiden,  in  ben  Seibenfdfaften  ebenfooiete  feuchter,  bie  ihn 
hintertiftig  umgarnen."2 

©in  anberer  Sorjug  Sibermanng  ift  fein  naturfrifdfer  unb  erquidenber  §umor. 
®ie  erfchütternbften  Sjenen  merben  oorbereitet  ober  begleitet  burd)  Sjenen,  bie  an 


2  9teinf)arbftöttner  a.  a.  0.  36  f. 


1  9tnct)  6  a  b  i  I ,  $rogr.  1900,  20  ff. 


Sie  §auptbid)ter :  Sötbermoitn. 


701 


bie  £ad)muSleln  ber  Qufdjauer  bie  größten  Slnforberungen  [teilten  unb  burcp  bie 
Äontraftmirlung  bie  SEragif  ber  ernften  ©jenen  um  ein  bebeutenbeS  erpöpten.  „@S 
ift  allgemein  aufgefallen",  fo  bemerlt  ber  Herausgeber  ber  Vibermannfdpen  SDramen, 
„baff  gerabe  bie  ©tüde,  meldje  am  meiften  ben  Humor  äur  Geltung  brachten,  bie 
reidjften  grüßte  bradjten."  Qm  „©enobojuä"  füprt  Vibermann  „ben  fßarafiten 
ÜDiariSluS  —  ,ein  £ifdjrat‘  f^ei^t  if)n  bie  ißeriodje  —  in  maprpaft  Haffifcper  Slrt  üor. 
üütan  muf  [ie  lenneit,  biefe  launigen  ©gurten  beS  ^31autu§  unb  ipre  SBife,  mit  benett 
[ie  ein  SÜiittagSmapl  liftig  erfjafcfien,  um  ju  mürbigen,  mit  tuelcpem  VerftänbniS 
Vibermann  [ie  auf  bie  üütiincpener  ^efuitenbii^ne  ju  nerpflanjen  mufte".  Qn  ^er 
tiefen  Erregung  über  ben  fdjredlicpen  Straum  miÜ  ÜUiariSluS  gepen,  bie  Stftapljeit 
ju  beftellen.  Stuf  biegrage  beS  ßenobopuS:  „SOSaS  niift  baS  peute?"  antmortet  ber 
©cpmarofer:  „£>aS  mirft  bu  fetten :  9Zun  ift  mein  SDtagen  leer  unb  nacpper  ttoll. 
SDaS  nennft  bu  leinen  9?upen?"  „2)er  ©Hane  2)ama,  ber  mit  ben  beften  Vorgängern 
bei  VlautuS  fiel)  rüprnt,  feinen  Vüden  gegen  fßrügel  abgehärtet  ju  fiaben,  fpielt  bent 
gierigen  ^arafiten  einen  böfen  ©treid),  inbem  er  ihn  nom  HQUfe  fernhält  mit  bem 
Vormanbe,  eS  perrfcpe  brinnen  bie  fjSeft."  3) er  Ä'ocp  fei  au  ber  ^Seft  geftorben  unb 
ber  Herr  raeit  meggejogen 1.  311S  ber  i]3arafit  ben  Vetrug  erlennt  unb  miitenb  jurüd* 
lehrt,  marnt  ber  ©Hane  feinen  Herrn  nor  bem  s$ara[iten,  ein  mütenber  Hun^  pobe 
ihn  gebiffen,  unb  fo  mirb  ber  ©dpmaroj3er  als  toll  eingefperrt.  Qn  bem  „SÖSudperer 
Qalob"  mirb  ein  ©tubent  beim  Vetteln  non  bem  Sßucperer  über  bie  ©tiege  geroorfen. 
®er  ©tubent  empfiehlt  einem  anbern  baS  H^uS  als  gute  Ouelle.  9iur  bei  ber  ©tiege 
folle  er  adptpaben,  bie  fei  gefährlich- 

Qm  „$gt)ptifcpen  Qofepp"  ift  eS  ber  ©cpmarofer  V^rnuS,  ber  aud;  träume  auS* 
legen  miÜ.  S)£acp  ben  Vemeifen  feiner  Sunft  gefragt,  gibt  er  Velege:  Qcp  träumte 
geftern,  bafj  idp  bürfte,  unb  fiepe,  heute  ftedt  in  ber  Ü’eple  ein  gräflicher  ®urft.  Slucp 
träumte  mir,  icp  h^tte  mein  (Selb  nerloren,  idp  ftepe  auf,  öffne  meinen  Veutel  — 
unb  fiep,  nidpt  ein  Pfennig  mar  brin.  ®er  Her0^b  mollte  biefe  ißrobe  aber  nicpt 
gelten  taffen.  Qn  einer  fpäteren  ©jene  lomrnt  ber  ©cpmarofer  angeheitert  aus 
bem  SOSirtSpaufe  unb  meint,  ber  SOSein  fei  beffer  als  baS  SSaffer.  ®ie  SCBirte 
leugneten  eS  jmar,  fonft  mürben  fie  nidjt  SOSaffer  in  ben  SOSein  giefen:  Qd)  pabe 
beibeS  getrunlen  unb  meifj,  baf  ber  SOSein  beffer  ift  als  jebeS  Sßaffer.  Opo!  halb 
märe  icp  gefallen.  2>aS  macpt  ber  2öein  —  SOSaffer  ift  fcpmadj,  pat  micp  nodj  nie 
umgemorfen. 

Qm  „QopanneS  Salpbita"  üerfpottet  ber  ©eefaprer  bie  Slngft  ber  Seute  üor 
einer  gaprt  auf  bem  ÜDteere,  man  fiirdjte  fid;  ja  aucp  nidpt,  ju  Vette  ju  gepen,  unb 
bennocp  ftürben  bie  meiften  SDtenfcpen  im  Vette.  Qn  ber  ßomöbie  „Vpilemon"  führt 
ber  Helb  beS  ©tüdeS  einen  laiferlidjen  Voten  abfidjtlicp  in  bie  Qrre.  ®ann  taufdjt 
^pilemon  feinen  SDtantel  mit  bem  eines  ©Hatten  aus,  bamit  biefer  oon  bem  miitenb 
juriidfeprenben  Voten  anftatt  feiner  bie  Vriigel  bejiepe.  Slber  ber  Herr  biefeS  ©Hatten 
lomrnt,  pält  megen  ber  Reibung  feinen  greunb  ifSpilemon  für  ben  ©Hatten  unb 
prügelt  ipn  für  fein  langes  SluSbleiben. 

©o  ftreiten  bei  Vibermann  tiefernfte  fragil  unb  fprubelnber  Humor  um  bie 
Valme.  @iner  ber  beften  Kenner  beS  QefuitentpeaterS  pat  in  einer  ©tubie  über 
Vibermann  beffen  SDramen  alfo  beurteilt:  „£)er  perttorragenbe  Vüpnenerfolg  foldjer 
SDranten  ift  nicpt  ju  oermunbern.  Qm  (Segenteil,  eS  märe  rounberbar,  menn  unter 
ber  popen  ©pannung,  unter  ber  fiep  bie  Söfung  oorbereitete,  baS  ^ublilum  nidjt  bis 
ins  Qnnerfte  gepadt  unb  pingeriffen  morben  märe,  ©o  erllärt  fiep  aucp  ber  (Srfolg 
einem  ijSnblilum  gegenüber,  baS  bie  lateinifdje  ©pradje  feiner  $ramen  nidpt  üerftanb, 


1  ebb.  41  45.  ©abil,  $rogr.  1899,  25  f. 


702 


3eljnte3  Stapitel.  S)ie  ©djulfomöbie. 


ober  burd)  bie  ausgegebenen  Inhaltsangaben  mit  ihrem  (Stoffe  tiertraut  mar.  ®ie 
jebod)  auch  feine  (Sprache  beherrfdjten,  tonnten  ihre  mahre  greube  auch  an  ihr  haben. 
£aS  ift  nicht  baS  rhetorifbhe  ffeuermert  neutateinifcfjer  Stilübung,  nicht  leerer  Schall 
grofjtönenber  SSorte,  nicht  baS  ^SathoS  einer  auf  Steigen  geteilten  Segenbenpoefie, 
roie  fo  oft  in  ben  Qefuitenbramen  beS  auSartenben  BarodftilS.  @S  ift  ungegmungen 
bahinraufchenber  glufj  beS  Dialoges,  natürlicher  SluSbrud  beS  (Smpfunbenen,  gleifd) 
oom  gleifdje  einer  nicht  mehr  toten  Spraye  unb  ©eift  oorn  ©eifte  eines  gehanten* 
reichen  ÜBanneS.  3um  SBortgeflingel  rnirb  biefe  Sprache  für  uns  SOienfchen  einer 
anbern  3eit  nur  ba,  mo  in  ben  häufigen  ®ämonenfgenen  fiel)  SatanaS  unb  feine 
©enoffen  fidfj  ihrer  bebienen.  ®em  3eitalter  beS  troffen  SteufelSglaubenS  unb  beS 
|>ejenmahnS  mochte  auch  fie  natürlich  erfdjeinen.  üiaren  auch  fßcrfoui« 

fifationen  nic^t  befrembenb,  burdh  meld)e  Bibermann  feelifche  Vorgänge,  Sdjmanfen, 
Kämpfe,  3lt|eifel  nnb  anbereS  auSgubrüden  unb  bramatifch  oorguführen  pflegte,  giir 
feine  Beurteilung  finb  biefe  SlUegorien  auch  h)ente  noch  mertoott  als  Bemeife  ber 
mieberljolten  Berfuche  feinerfeitS,  in  baS  Seelenleben  feiner  gelben  eingubringen  unb 
eS  bidjterifcf)  blofjgutegen."  Bibermann  hot  baS  3efuitenbrama  „gunäcfjft  oerinner» 
licht,  ohne  auf  bie  ftarten  theatralifd^en  ©ffefte  gu  Oergichten.  9J?an  fann  überall 
in  feinen  SDramen  Ieicf)t  nachmeifen,  mie  unb  mo  er  $Iap  für  ben  Üiegiffeur  frei- 
gehalten,  bannt  biefer  feine  fünfte  fpielen  laffen  fann.  ®aum  eines  feiner  Stüde 
entbehrt  einer  ÜJJfaffenfgene,  feines  ber  Iprifchen  Partien,  mo  bie  SDütfif  beS  3eitaIterS 
Orlattbo  bi  SaffoS  fdhmefterlich  mit  ber  bramatifdjen  ÜDJufe  gufarnrnenmirfen  burfte. 
Söenn  aber  baS,  maS  ed)t  oolfstümlid)  fein  foß,  feineSmegS  blof?  gum  bergen  beS 
BoIfeS  fpredjen  barf ,  fonbern  auch  in  Slugen  unb  Ohren  ber  fdjauenben  unb 
laufcfjenben  9Jlenge  bringen  foü,  bann  ift  Bibermann,  meil  er  biefen  Bebiirfniffeit 
aüfeitig  Bedjnung  trug,  edht  oolfstümlich  gemefen.  Boch  heute  mirft  baS  Ober* 
ammergauer  ^5affionSfpiet  fo  merfrnürbig  auf  ©ebilbete  mie  Ungebilbete  gerabe  burd) 
bie  Bereinigung  biefer  brei  Elemente,  eines  hohen  Inhaltes,  ber  Iprifdjen  Bülfrung, 
ber  ÜBufif  unb  ber  BSürbe  unb  Sdjönheit  beS  theatrafifc£)en  GsffeftS.  Bibermann 
oerftanb  biefe  Harmonie  unb  fchuf,  nicht  ber  Sprache,  aber  ber  gorrn  unb  bent 
©eifte  nadj,  ein  beutfcheS  Qefuitenbrama  über  bie  Stfthetif  feines  SelfrerS  Montan 
pinmeg.  ®enn  man  mag  feine  SBerfe  meffen  an  biefer,  mie  man  mit!,  fie  laffen 
fid)  nicht  nach  ihr  ftreden,  fie  laffen  fiep  nur  begreifen  als  eine  mit  üollem  Be* 
mufjtfein  unternommene  SIbmenbung  oon  ber  ftarr  flaffifdjen  Schulbramatif  gu  ber 
freieren,  mit  Baum  unb  3eit,  Spor  unb  ißerfonenmahl  feffelloS  üerfahrenben  ®ra- 
matif  beS  beutfehen  BobenS.  SBenn  man  oon  Shafefpearefd)em  ©eifte  bei  ihm 
reben  mollte,  tper  tonnte  man  eS  tun  mit  bem  ^linmeiS  auf  ben  lebhaften  2Bed)fel 
ber  Sdjaupläpe,  auf  bie  ÜDüfdfung  oon  Sdjerg  unb  Qrrnft  unb  auf  baS  trotjbem 
ftetige  |)ereinragen  ber  Schatten  feiner  Sßettanfdjauung  aitdh  in  bie  fonnige  SBelt 
beS  SchergeS." 

Bibermann  ift  burd;  feine  SDramen  „ein  ^rebiger  geblieben,  ein  SBerber  für 
ben  ftrengen  ßtiegSbienft  ber  SEBeltfludjt.  hat  er  QII  ben  $omp,  ben  fßrunf, 
bie  fgenifche  fö'unft,  bie  Stugenluft,  auf  melthe  baS  ^efuitentheater,  baS  ütRüncpener 
am  menigften,  nicht  Oergichten  tonnte  unb  mollte,  bienftbar  gemadjt  unb  ihm  ben 
richtigen  2öeg  gemiefen.  Söenn  er  jebod)  über  bie  ÜDtauern  beS  fö'ollegS  hinausführen 
fodte,  fo  burfte  er  bie  Söelt,  mie  fie  einmal  mar,  nicht  oermeiben,  unb  barum  ge* 
ftattete  Bibermann  aud)  ihren  übermütigen  ^inbern,  menn  auch  nur  in  bem  auS* 
gelaffenen  Bolf  ber  S)iener,  ber  $öcpe,  ber  i]3arafiten,  ber  luftfrohen  3ugenb  einen 
s$lap  an  ber  Sonne  feiner  bramatifchen  Dichtung.  3a  niept  einmal  bie  Siebe  fcplop 
er  gang  aus,  in  ber  gortn  ber  Siebe  ber  oerlaffenen  Braut  behielt  er  auch  fie  bei- 
2>agu  gemann  er  iit  gefehlter  SSapl  bem  Qefuitentpeater  Stoffe,  bie  bis  in  feine 


Sie  ipauptbicbter:  Sibermaun. 


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letzten  feiten  fidf  jugenbfräftig  bewahrten  unb  immer  mieber  jur  93ear6eitung  ein» 


(üben  ober  in  feiner  ^Bearbeitung  ficfj  auf 
hinein  erhielten."1 


1  2>ürrmäd)ter,  Saf-  fBibermann  unb 
baS  Sefuitentßeater  a.  a.  0.  148  f.  —  SS 
mären  hier  nod)  eine  (Reiße  anberer  fRamen  ju 
nennen,  bor  adern  SRattß.  (Raber,  ber  Seßrer 
SibermamtS;  aber  troßbem  eine  Sammlung 
feiner  Sramen  ejiftiert  bat  finb  bie  meiften 
nod)  nidjt  nacßgemiefen.  9lm  22.  Sept.  1608 
fcßidt  P.  Sßolfg.  ScßönSleber  bem  P.  (Räber 
beffen  Sramen  juriid :  S<b  bube  ade  gebidigt  mit 
fHuSnaßme  beS  „SptßagoraS" ;  ber  „SpbremiuS" 
tnirb  ©cßmierigfeiten  megen  ber  Kleiber  machen, 
meil  adeS  moralifcbe  f^erfonen.  gugleid)  fenbet 
ScßönSIeber  feine  eigenen  Sramen 
unb  „fßetruS".  Sn  einem  Briefe  an  SRarfuS 
Seifer  banft  (Räber  für  bie  f^eljler,  bie  Seifer 
in  ber  „2Ifra"  notiert,  er  habe  bie  „Slfra"  in 
3toifd)enräumen  gearbeitet  unb  beSßalb  früher 
gebraudjte  9lttSbrücfe  bergeffeit.  *Epp.  Raderi 
I  163;  II  278.  Sine  eigene  SIrbeit  über  P.  (Raber 
als  Sramatifer  märe  febr  ermiinfcbt.  —  Sin  be= 
liebter  2)ramenbicßter  mar  Kafpar  (Rbet).  Sou 
ihm  mürben  aufgefüßrt  im  Sabre  1603  „Sufta= 
cßiuS"  unb  „SbriftopbiluS"  (ber  Knabe  SefuS) 
in  OlugSburg,  leßterer  breimal  unter  großem 


ber  93iif)ne  bt§  tief  in  ba§  18.  Qafjrfjunbert 


Seifad,  1613  „Sbe°bofiitS  junior"  in  (RegenS» 
bürg,  bie  Scala  Iacob  in  SlugSburg;  beit  „Sßrh 
ftopßiluS"  üerlangte  man  in  ©raj  (IRbet)  au 
(Raber,  28.  9Iug.  1613,  *Epp.  Raderi  I  115), 
„§abrian"  1612  in  SlugSburg  (ebb.  I  117;  ogl. 
I  154),  „ÜUejanberSarbonariuS"  1610  in  9IugS= 
bürg  (bgl.  ebb.  I  115),  Simon  (Tridentinus 
puer  a  Iudaeis  occisus)  1605  in  SlugSburg. 
—  Soit  Srejel  mürben  1604 — 1606  in  9IugS= 
bürg  mehrere  (Dialoge  gefpielt,  fo  j.  S.  De 
milite  Carthaginiensi  redivivo ;  Oon  SRaj  2er= 
cßenfelb  Caelum  (1628),  „Sieg  ber  SBaßrbOt" 
(1629);  bon  Kafp.  Sedjner  Ephrem  puer  unb 
Paulinus  Nolanus  (beibe  in  SlugSburg  1608). 
9Ibam  ©djirmbcfb  berfaßte  1642  als  jRßetorif= 
profeffor  in  SanbSßut  ein  (Drama.  Son  S°ß- 
(Rieß  ift  Schola  Christi  et  diaboli  (22.  ftchx. 
1629,  Sicbftätt).  S°b-  (Rieß  (Suecus  Holzensis) 
ftarb  am  13.  (Rob.  1634  im  Üllter  bon  51  Saßren 
ju  §ad.  Sn  bem  SRefrolog  loerben  gerühmt 
feine  großen  Srfolge  als  Seßrer  ber  Humanität 
unb  als  Serfaffer  non  (Dramen,  bie  überad  mit 
bem  größten  Seifad  aufgefüßrt  morben.  9R.  IR., 
Jes.  196>/2. 


Date  Due 


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