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öefcbidjte ber Jefuiten
in ben Cänbern beutfdi er 3unge
Don
Bernijarb Duljr S. ].
3 weiter Banb
öefctjidjte ber Jefuiten in ben Cänbern beutfetjer 3unge
in ber erften fjälfte bes XVII. Jatjrtjunberts
Cr ft er Teil
£23
Freiburg im Breisgau
fjerberfdie Derlagsbanblung
1913
Berlin, Karlsruhe, TTIüncben, Strasburg, Wien, Eonbon unb St Couis, JTTo.
öefcbicbte ber Jcfuiten
in ben Cänbern beutfcber 3unge
in ber erften fjälfte bes XVII. Jafirbunberts
Don
Berntiarb Duljr
Cr ft er Teil
mit 90 H b b i I b u n g e n
BOSTON COLLEGE LIBRARY
CHESTNUT HILL, MASS,
Freiburg im Breisgau
fjerberfctje Perlagsba nblung
1913
Berlin, Karlsruhe, JTTünchen, Strafiburg, IDien, Conbon unb St Couis, TITo.
ßx
Zlö(o
Stile Siedete borkfyalten
140032
Sudlbruderei her Jperberfdien SDerlagSbanblmtg in Srtetbutg
$ o r to o r t
CITVie ber erfte Banb biefer ©efdjicfjte ungefähr ben Zeitraum eines falben
fjunbertS umfaßte, fo rnirb auch biefer jmeite Banb bie ©rennen eines fjctlben
^atjrljunbertS nicfjt überfcfjreiten unb fid) auf bie erfte §älfte beS 17. QahrtjunbertS
befd^ränfen.
SDiefe Befdjräntung mar geforbert üor allem burcfj ben großen Umfang beS ju
betjanbetnben ©toffeS. ©rftredt ftcf> ja bie Sarfteßung auf oier grofje OrbenS»
prooinaen mit ga^Ireicfjen atten Biebertafjungen unb faft ebenfoüieten 9?eugrünbungeit.
gubem mußten einige Sänber in ben $reiS ber Bearbeitung gezogen merben, metdje
ftrenggenommen nidjt in ben 9kf)tnen ber Arbeit faßen. ©S finb aufjer SBetfdjtirol
nocf) Kärnten, $rain, bie SHiftenlanbe unb ^ftrien, bie aße jur öfterreidjifcfjen ißroöinj
gehörten. Saju fommt im 9?orboften aud) baS ehemals potnifcfje Breuf3en/ SBeft«
unb Oftpreufjen. ßmar finb bie beiben festeren Broüin^en fdjon oon bem ©e-
fd)id)tfcf)reiber ber potnifcfjen Broöinäen befjanbett; fie tonnten aber megen beS
beutfcfjen ©rmefaitbS unb ber beutfcfjen ©tabte in ißreufjen tjier nic^t ganj über»
gangen merben.
©ine Befdjräntung beS Zeitraumes tnar ferner geboten burdj bie SBidjtigfeit
ber Beriobe unb ber fie bemegenben fragen. 2SaS bergen nid^t aßeS biefe 50 Zatjre?
®ie Borbereitung, SBedjfetfäße unb ben Slbfdjtufj eines ber grauenhafteren Kriege,
metdje bie gioilifierte 2Belt gefefjen. Stß bie ©reuet höben nidjt £>att gemacht üor
ber ©djmeße ber 3efuüen: fengenb unb brennenb ftürjten bie geinbe über bie
ßoßegien her, unb mancher 3efuü verblutete unter ihrem ©djroerte. Bon mieoiet
SIrbeit meifj biefe ißeriobe ju berichten in ©djute unb ®irdje, in ben ifktäften ber
©ro^en unb in ben Jütten ber Firmen, oon mie dielen Opfern bis jur freubigen
Preisgabe beS eigenen SebenS in ben ©pitätern ber fßeftfranfeit unb im mitben
^riegSgetümmet! ©S ift etroaS ©rofjeS, ja §etbenljafteS um bie SEätigfeit ber ^e*
fuiten in biefer Beri°^e- Befh junger unb ®rieg müten; üertierte, beutegierige
SanbSfnedjte ptünbern unb bejubeln bie ^oßegien; diele Qefuiten, jumeiten bie ^älfte
ober noch mehr, faßen ®rieg unb ©eudjen jum Opfer : bie menigen übriggebliebenen
fepen mit bemfelben Sftut ihr 2öerf bei ben Fronten unb Strmen fort, reinigen bie
oermüftete unb befdjmutjte SEBofjnung unb ©chute, unb atsbatb gibt bie ©chutgtode
baS ßeichen gum SBieberbeginn beS UnterridjtS mitten in ben ©reuetn beS Krieges
unb mährenb ringsum noch bie flammen jutn §immet tobern.
Slber aucf) rein futturgefdjichttich unb literarifd) gefafjt, mie diele herüorragenbe
Männergeftalten finb nidjt ju fd)ilbern in ihrer mächtigen ©iumirtung auf bie Zeit;
5Da begegnen uns ^ofbeidjtüäter mie Becan, Samormaini, ©onpen, Beroaup in ihrer
tiefgreifenben STütigfeit an ben £)öfen oon SBieit unb München, Xheologen mie Stbam
Banner unb Baut Sapmann, ©efdjidjtfdjreiber mie ©reifer, Baber, Brunner, 2)idjter
mie Bibermann, ©pe, Batbe. liefen üßiännern gerecht ju merben, mar nicht fo
leicht unb tonnte nicht baS SBert meniger 3eton fein. ®aS ütftateriat muffte Oor«
gelegt merben, bie Sefer foßten felbft flauen, empfinben unb urteilen.
VI
SBorioort.
die ©lieber ung be§ großen Stoffes i(t eine einfache unb natürliche. Stuf
bem £)intergrunb ber politifdjen nnb religiöfen Sage deutfcf)lanbg rnirb oor allem
bie äußere ©ntmidlung ber nieberr^einifcfien, o6errf)einifcf»en, oberbeutfchen unb
öfterreid)ifd)en OrbenSprooinj unb beren Slnteil an förieg unb ^rieben im allgemeinen
gefcfjilbert; baran fcfjließt fiel) bie eingehenbe darftedung ber däti gleit auf ben
üerfdjiebenen Gebieten ber Schule, Seelforge, Siteratur unb Kultur; bann folgt bie
innere ©efcfjic^te, meldje Slufnaljme, SluSbilbung, Seben unb Streben unb 23er*
maltung umfaßt; ben Sd)luß bilben jmei Kapitel, bie ber Beurteilung burct) geinb
unb greunb unb ber Zeichnung ber innerften Striebfebern an ber §anb einiger
(Sfjorafterbilber gemibmet finb.
die Quellen bilben mieberum üor adern bie oertraulidjen OrbenSforrefpon*
benjen au§ ben üerfdjiebenen Slrdjiüen be§ OrbenS. Seiber finb bie meiften 23riefe
unb 53Denffct)riften , bie in unferer au§ SDeutfcfjIanb nad) Born gefanbt
mürben, öernid^tet morben, unb jmar fdjon oor Slbtauf be§ uns befchäftigenben
Zeitraumes.
Über bem Slrdjiü ber ©efeüfd^aft f)at nämlich Jur Zeit beS ©eneralS BitedeSdji
lein guter Stern gemattet. 2118 Samormaini für fein Seben beS ®aiferS gerbinanb
beftimmte Briefe oerlangte, mußte ihm BitedeSdji am 6. 92oüember 1638 jurüd*
fchreiben: „^dj fürchte, baß Sie aus unferem Slrdjio für Zhre ©efdjidjte menig
|>ilfe haben merben. Sdjon habe ich baSfelbe genau burdjfudjen laffen, aber meber
bie gemünfdjten Briefe beS ^erjogS üon grieblanb nod) bie über Sebaftian Briart
lonnteu aufgefunben merben; bie älteren Briefe, ungefähr oor bem Zaljre 1620,
finb fdjon längft oerbrannt morben. ©inigeS menige, baS unter ben an P. BufaeuS
gerichteten Briefen gefunben mürbe, fchide ich mit biefem Briefe."
So müffen mir befonberS auch ben Berluft ber nach ^°m gerichteten Briefe
unb dentfcfjriften eineö P. Spe, Balbe, Sapmann, Brunner ufm. betragen. der
Berluft mancher Briefe üon Obern an einzelne SJlitglieber ift menigftenS teilmeife
auf eine Berfügung beS ©eneralS BitedeSdji gurüd^ufüßren. BitedeSdji oerorbnete
nämlidj am 2. Sluguft 1636 jur SBatjrung ber Freiheit beS brieflichen BertefjrS mit
ben Obern unb jur Sicherung beS BriefgeljeimniffeS, beim dobe eines SftitgliebeS
fodten fämtliche Briefe ber ©enerale, ber Slffiftenten unb ^rooinjialobern an ben
Berftorbenen ton bem Obern beS £>aufeS auS bem Nachlaß auSgefchieben unb um
gelefen oerbrannt, bie übrigen bem Brc)Ddwal jur Bernidjtung ober Stufbemaljrung
übergeben merben. der ledere Seit ber Berfügung hatte baS ©ute, baß mirtlidj
ber eine ober anbere briefliche üftadjlaß jur Slufbemaljrung an baS ^ßrooin^ialardjio
abgegeben unb fo gerettet mürbe, mie bieS j. B. mit bem 9?adjlaß gorerS ber gad
mar. 2öäre bie Mahnung BitedeSd^iS beffer befolgt morben, fo mürben mir nicht
ben Berluft mancher überaus midjtigen Oueden für bie ©efdjidjte ju betlagen haben.
Schon Seibnij hQt bie Sorglofigteit bebauert, bie über bem dladjlaß berühmter
Zefuiten gemaltet hat. ÜDtandje Obern maren ju fehr mit ben Sorgen beS dageS
belaftet unb badjten ju menig an bie literarifcfje ober tulturhiftorifche Bebeutung
für bie 3utunft. 2)je Rettung märe in ben meiften gäden bie Slufbematjrung im
^ßrooin§ialar<h io gemefen.
©in Heiner SOeit üon ben Briefen, bie auS deutfdjlanb nach ^om gingen,
mürbe aufbemafjrt, fo 5. B. bie Briefe an ben Slffiftenten dßeobor BufaeuS, 001t
benen BitedeSdji in feinem Briefe an Samormaini fpridjt. BufaeuS ftanb mährenb
beS dreißigjährigen Krieges in fleißiger ®orrefponben§ mit oielen BatreS; er notiert
bei ben Briefen ftetS ©mpfang unb datum ber Beantmortung. 2luf eine Slnfrage
bei bem greifen £)iftoriter beS dreißigjährigen Krieges, Onno £lopp, ob fidj biefe
Briefe mofjl jur Beröffentlidjung eigneten, antmortete berfelbe am 3. SJtärj 1902:
SBonoort.
VII
„SSiefe biefer Briefe erachte id) für gerichtlich feßr mertood, uamenttid) junädjft
für ben Orben fetbft. ©ofdje SSetfpiefe beg opfermidigen ^etbenmuteg finb ja Ijerr*
Itcfje SDenfmäter, beren Kenntnis jebem SRitgtieb beg Orbeng jum Prüfte unb jur
greube gereidjen mirb. 2I6er aud) für beit Verlauf ber SDinge im großen unb
ganjen entsaften bie Briefe höchft fdjäßengmerte Beiträge."
®urd) bie große Sütfe in ber Korrefponbenj aug SDeutfdjtanb merben bie Briefe
ber ©enerate nad) ®eutfcf)tanb um fo mertooder, meil mir nur aug ihnen oiete
ÜRad)rid)ten, bie aug ®eutfd)tanb itacfj fRorn gingen, fennen lernen. ®iefe Briefe
ber ©enerate finb aber in ben Originatregiftern faft oodftänbig erhalten. Außer
ben fcfjon früher befteßenben Abteilungen gibt eg für itnfere $eit nod) ein eigeneg
Originatregifter non gaitj Vertraulichen ©riefen „Soli“, b. t). burdjgefjenbg bie Ant»
roorten auf bie ©riefe, metdje alg befonberg vertraulich mit ber Auffdjrift Soli
(Praeposito Generali) nach Vom gefdjidt morben maren. ®aju fommt nod) ein
meitereg Vegifter „Ad Externos“ ; eg hatten fid) nämlid) bie ©riefe an Augmärtige,
b. h- Vid)tmitgtieber ber ©efedfdjaft, befonberg dürften, Vifdjöfe, «Stabte ufm., fo
gehäuft, baß man eg für geraten fanb, ein eigeneg fRegifter bafür anjutegen.
©ine feßr micßtige ©rgänjung ju biefen ©riefen ber ©enerate bieten bie ßanb»
fcßriftticßen Kataloge, bie fcßon aug ber gaiihseit beg Orbeng ftammen, oon Aqua»
oioa aber $u größerer ©intjeittidjfeit unb Vegetmäßigfeit gebracht mürben. 9iicht
adein für ijßerfonenfragen, and; für bie oerfd)iebenen Ämter, Arbeiten, ißrofeffuren,
für Vermattung unb ffinan^en finb fie manchmal bie einzigen Oueden. Außer ben
Catalogi breves ober Catalogi personarum et officiorum, bie adjößrticf) für jebeg
einzelne £)aug ade ^nfaffen, feien eg ifktreg, ©djotaftifer ober Vritber, mit ihren
oerfdjiebenen Ämtern angaben, mußten oon alten Orbengprooinjen ade brei ^aßre
bie fog. Catalogi triennales angefertigt unb an ben ©enerat nad) Vom ge»
fanbt merben. SDiefe Catalogi triennales enthaften brei Kataloge, einen Catalogus
primus, secundus unb tertius. ®er Catalogus primus gibt im Vat)men ber ein»
jetnen £>ciebertaffungen bie äußeren ißerfouatnoti^en oder ^nfaffen an: tarnen, Atter,
©eburtgort; bie Angaben über ©eburt, ©intritt, ©tubien, Ämter ufm. ftammen oon
ben einzelnen ißerfonen fetbft unb finb besßatb burcßgeßenbg bitrcßaug §uüertäffig.
2)er Catalogus secundus mürbe oon ben Obern oerfertigt unb gibt ganj adgemein
gehaltene Votiven über latent, ©ßaraftereigenfdjaften unb Komptejion ber einzelnen
ÜRitgtieber. ®a biefer Katalog ganj fdfematifd) gehalten (gut, mittelmäßig, gering ufm.),
hat er atg ßiftorifche Ouede menig SBert, jumat bie an unb für ficf) feßr fdpoierigen
Angaben oielfad) meßr ben fubjeftioen ©inbrud ber einzelnen Obern miberfpiegetn.
SReßr SBert ßat mieber ber Catalogus tertius ober temporalis, ber über bie
ginanstage jebeg §aufeg unterrichtet, bie ©röße ber ©infünfte, ber ©d)utben, ber
Seiftungen ufm.
3u biefen Katalogen fam bann nod) im ^ahre 1649 ein befonberer Katalog
für ben Arbeitgnacfjmeig ber einzelnen Kodegien, unb jmar mit genauen ftatiftifdjen
Angaben über bie Art unb 3af)t ber Arbeiten, $aht bet ©djuten unb Schüler,
Kongregationen unb Kongreganiften. Seiber mar biefer Katalog nicht für ade ißro»
oinjen auf^ufinben; für bie öfterreidüfdje liegt er üodftänbig, für bie oberbeutfdje
ißrooinj nur in einem unoodftänbigen Konzept oor.
©ine midjtige Ouede Gilben aud) bie fog. 2)iarien. An einzelnen Orten
mürben mehrere fotcfjer Xagebüdjer geführt, eineg für bag Kotteg von bem Viinifter
beg Kaufes, ein jmeiteg für bag ©pmnafium oom Stubienpräfeften, ein britteg für
bie Kirche oom Kircfjenpräfeften, enbtid) ein oierteg oon bem ^ßräfeg ber Kongregation,
äumeiten fogar ein fünfteg oon bem ißrofurator. ©iete ©injetßeiten, befonberg über
bag innere Seben beg ^aufeg, Stubienbetrieb, Vermattung ufm., erfahren mir nur aug
$uljr, ®e(4itf|te bei 3e)uiten. II. 1. a**
VI II
SBortoort.
biefen SEagebüchern. SDiefefben ftrtb nur jum Steil befannt, ba mand)e oerforen ge«
gangen, anbere nod) in öffentlichen nnb priüaten Slrdjioen üerborgen rn^en.
Stuwer fefjr gat)Ireicf;en £>anbfd)riften in ben OrbenSardjiüen tnurben and) für
biefen Sanb bie micf)tigften römifcE)en Sfrdjioe unb eine ganje 3^eit)e oon Slrd^ioen
in ©eutfcfjfanb, £)fterreid) unb ber ©d}mei,$ benüjjt.
(Sbenfo fanb bie gebrudte ßiteratur ausgiebige Sermertung. Sei ber großen
SfuSbefjnung, mefcfje bie bieSbe^ügTic^e £)iftorifc^e ßiteratur angenommen — befijjt ja
nicht allein jebeS ßanb, fonbern faft jebe Sr°mni$/ jebe größere ©tabt ihre befonbern
fjiftorifdjen Sereitte, .geitfchriften unb SOUtteifungen — , mar eS faum ju oermeiben, bafj
bie eine ober anbere Arbeit bem Sadjforfdjen entging ober nicht beigefdjafft merben
fonnte. Sfbfidjtfid) ift feine ©dfjrift, fein Sfuffat) unb feine STcotig, bie fadjfidje ÜDfit*
teilungen enthält, unbenüjjt geblieben. Sein fubjeftioe unb unfarf)Iid^e SDarfteßungen
mürben nid)t ermähnt, fdjon aus bem ©runbe, um überffüffige ißofcmif ju oer«
meiben. SBenn unrichtige Sluffaffungen burch bie Statfadjen ihre SBiberfegung ftnben,
fcf)ien bieS b)inreicf)enb ; jubern mürbe eine pofemifcf)e SluSeinanberfejjung ben ruhigen
©ang ber ®arfteffung ftören unb für bie meiften ßefer menig erfreulich fein.
gitr bie 2frt unb Sßeife ber SDarfteffung mürbe an ben im Sormort junt
elften Sanbe entmideften ©runbfäpen feftgehaften.
©S ift fchmer, allen ju genügen. ®eit einen mirb ein ©ingehen auf fjäuSficfjeS
SDetaif unb baS innere ßeben als gan^ überffüffige Sreite erfdjeinett, anbere mieber
merben mehr über biefe SDinge ju erfahren münfchen. ®ie einen finben bie ©nt«
midfung ber Kollegien, bie äußere SEätigfeit, ®ampf unb ©treit ju ausführlich, bie
anbern ju menig eingehenb gefd)ilbert. Sllfe biefe Urteile richten fid) je nach bem
©tanbpunft unb gntereffenfreife beS Urteifenben. Um aßen 2öünfcf)en gerecht gu
merben, rnufjte eine gemiffe ÜDUtteffteffung eingehalten merben. gn feinem gaffe burfte
baS gntereffe ber DrbenSmitgfieber, für melcfje biefe ©efdjichte, mie früher bereits
ermähnt, in erfter ßinie beftimmt ift, ju furj fommen. Übrigens finb auch manche
häusliche SDetaifS, bie auf ben erften Sfid nur bie DrbenSmitgfieber ju intereffieren
fcheinen, hoch aucf) für ben braunen ftehenben ^ritifer oon Sföert ; benn in biefen
ffeinen gügen fpiegeft fidh gumeifen ber ©eift beS ©anjen ffarer afS in großen Staten.
2Bie im erften Sanbe fchien auch m biefem Sanbe grofje Sorfidfjt im Urteife
geboten, gft eS fdjon fo fdjmer, einen Sftenfcfjen, mit bem man tägfid) umgeht unb
ben man genau beobachten fann, gerecht §u beurteilen, fo mäcfjft biefe ©cfjmierig«
feit um ein bebeutenbeS, menn man einem fängft Serftorbenen gegenüberfteht, beffen
SBirfen unb SBorte unS nur teifmeife befannt, über ben Sfateriafien überliefert finb,
bie oft nur eine ©eite beS ÜÖfanneS geigen ober nur fofcfje Urteife, bie burch Ä'offifion
ber gntereffen, UnfenntniS, Abneigung ufm. getrübt finb. ©in farbenreid)eS ©Ijarafter«
bifb ift ja bafb entmorfen, aber eS fontmt bod) atfeS barauf an, ob bie garben
gut gemähft, ßid)t uub ©chatten richtig oerteift finb. Socf) fchmieriger ift gumeilen
ein fixeres Urteif über allgemeine ©trömungen, bie fidh nur au§ ber Sufammen«
faffung öon einzelnen Sfufjerungen unb Sorgüngen geminnen faffen. Sei biefer
pragmatifdjen gufammenfaffung fommt bod) mieber alles barauf an, ob bie ©injef*
erfdjeinung unb ©ingefäufjerung richtig erfaßt, ob mirffidj ein gufammenljang gmifdjen
biefen ©ingeferfcheinungen beftefjt ober ob äufjere Umftänbe, gufalf u. bgf. int ©piefe
maren. 2öie leicht fann eS ba gefdjefjen, bafj biefer jßragmatiSmuS mehr bie fub«
jeftioen SorauSfetjungen unb Sfnfidjten beS ©efcfjichtfchreiberS afS bie mirffichen
Xatfadjeu miberfpiegeft. SDeSfjafb fdhiett audj hie1' Sorficpt unb ßurüdljaltung ge«
boten: ber aufmerffame ßefer mirb um fo ungestörter burd) fubjeftioe Seeinffuffung
fich fefbft ein Urteif bifben fönnen, fomeit bieS bie angeführten SEatfadjen er*
mögfidjen.
Bormort.
ix
$>ie größte gurüdfjattung f)at fidj ber 93erfaffer in feinen Urteilen über bie
gelter anberer, bem Orben nidjt angefjörenber ißerfönlidjfeiten, ingbefonbere anberer
Orbengteute auferlegt. Qeber SDtenfd) fann ofjne Slnftoff unb oft fogar mit @r»
bauung oon feinen eigenen getflern unb ©djroädjen reben, aber bie gefjter anberer
fott er nidjt fdjitbern, ofjne baju gejmungen ju fein. ®ag gilt aitcf) üon jeber
©enoffenfdjaft. £>ier mirb bie ©efdjicfjte ber Qefuiten getrieben unb nidjt bie @e-
fcfjic^te anberer Orben. Unb ba erfdjeint ber @rnnbfai$ burdjaug richtig, ben ber
(General Stquaoioa in einem Briefe oom 8. üftooember 1606 an P. ©djeren aug*
fpridjt: ®ie SDominifaner ober gran^igfaner mögen ifjre getjter fdjitbern, bag ift
aber nidjt unfere Stufgabe; mir fönnen unfere gefjter fc^ilbern, nidjt aber bie ber
anbern Orben.
Qn allem mürbe, mie fidj ja oon fetbft oerftefjt, an bem erften @runbfa|e
ber ©efdjidjte burdjaug feftgefjatten : Söafjrfjeit. S3albe tjat in einer feiner Oben
mit fdjarfem (Griffet fidj für bie SSafjrtjeit unb gegen ade ©djminfe erftärt:
28a3 mirflid) ittar, mufj of)ne Bemäntelung
Unb Bomp gejagt fein. Sernet ben ftrengen Srnft
2)er SBatjrfjeit prenl 9tie mit SBiffen
Soff’ idj fRomane bafiir mir bieten.
3u ^ama§ Bufjterfiinftcn erniebrige
3dj meinen ©eift nidjt; ©djminfe bereit’ idj nidjt,
Jydj fämbfe nidjt mit ftotjen SKaSfen,
9J?ag nidjt erlogene greife geben.
SDenfetben ©ebanfen fteibet 33atbe an einer anbern ©teile furj unb treffenb in
bie SBorte: SSiffe, bie ©efcfjidjte ift bie 33otfdjaft ber Soten an bie Sebenben,
nicfjt aber umgefefjrt.
®aran barf ancf) bie ßugefjörigfeit beg ©efdjidjtfdjreiberg ju einem beftimmten
Orben nidjtg anbern. @g märe gemifj oon oornfjerein unfritifdj unb infonfequent,
roottte mau beifpietgmeife für eine SDarftettung ber $ßerfon Suttferg atg unbebingteg
©rforbernig bie ßugefjörigfeit jum ißroteftantigmug üertangen, für eine ©efcfjidjte
beg $efuitenorbeng bagegen in ber gugefjörigfeit pe§ $gerfafferg gu biefem Orben
ein unüberminblidjeg ^jinbernig erblicfen. £>ag fjie^e nicfjtg anbereg, alg oor einer
eingetjenben ^iftorifdjen Uuterfudjung ben eigenen ©tanbpunft §um SJtafjftab beg
bodj erft ju erforfdjenben unb ju meffenben STatfadjenmateriatg anjunefimen unb
feftgubjalten.
SJieine ßugefjörigfeit gur ©efetlfdjaft Qefu tjat midj nirgenbg genötigt, ben
Sßoben ber rein tjiftorifdjen gorfdjung ju oertaffen. ©emifj befenne idj offen, baff
idj bie ©efetlfdjaft $efu, ber idj nunmetjr 40 Satjre angeljöre, liebe unb üerefjre.
SDie ©infidjt in bie gefjeimften Vorgänge, mie fie mir ein 25jät)rigeg gorfdjen in
ben getjeimen Strdjioen beg Orbeng unb in nieten öffenttidjen ©taatgardjioen oer*
mittelte, fjat micf) jmar im Urteil oorfidjtiger gemalt, aber meine Siebe unb SBerefjrung
nidjt im geringften geminbert. ®iefe Siebe unb SSeretjrung mar ein um fo ftürferer
Stntrieb, nur bie aug ben Ouetten fidj ergebenben £atfadjen ^ur SDarftettung ju
bringen fomoljl aug Siüdfidjt für ben Orben fetbft atg aud} um eine fritifc^ere
Söürbigung für ben Orben anjubatjuen. ®enn bag Satfadjenmateriat muff bie not*
menbige Unterlage für jebeg fjiftorifdje ltrteif bitben. üfiur auf bem S3oben ber
£atfadjen mirb fidj, bei nodj fo üerfdjiebener Sßertung je nadj bem ©tanbpunft beg
33eurteiterg, eine Slnnäfjerung ober ein Sluggleidj finben taffen.
$ür bie nadjfidjtige unb moljtmotlenbe Stufnafjme, metdje ber erfte 23anb biefer
©efdjidjte nidjt allein bei fatljotifdjen, foitbern aud} bei fjeroorragenben proteftantifdjen
©etefjrten gefunben ^at, fprecfje icfj aufrichtigen ®anf aug. f^ie SSiinfdje, bie funbige
X
SBortoort.
gadjleute geäußert, finb banfbar berüdfidjtigt morben, fotoeit nidjt anbere fd^roer»
miegenbe ©riinbe entgegenftanben.
äftefjreren meiner SJfitbrüber, bie meine Slrbeiten in felbflfofer unb opfermilliger
Söeife unterftüjjt fjaben, bin idj ju großem 2)anf o'erpflicfitet, jo befonberS ben
PP. 3;of)anne§ 9JhtnbmiIer unb SluguftinuS SSringmann.
Slucf) für bie nielfeitige görberung in ben gaf)Ireid)en Strc^ioen unb 23ibliotf)efen
füfjle i d) mid) gebrängt, erneuert fjerjlid) ju banfen, unb biefer SDanf gilt mieberum
an erfter ©teile ben Herren Sorftänben unb Beamten ber fg(. 2lrd)itie unb S3ibliotf)efen
in 9Jiünd)en.
®a§ S3ormort biefeS 53anbe§ glaube idj nicfjt beffer befdjliejjen unb mein
Streben nidjt beffer fennjeidjnen §u fönnen als mit ben SBorten, mit benen Slbam
Banner bie $orrebe eine§ feiner großen SbBerfe gefrönt fjat: Vigeat caritas, vincat
veritas, möge blüfjen bie Siebe, möge fiegen bie 2Bafjrf)eit.
Sflündjen, SSincentinum, 18. fernher 1912.
SBernfjarb $ufjr S. J.
SnfialtSüer^etcfjniö
©eite
S o r m o r t
.
V
Serseicbnii ber
benüpten Slrdjiöe unb einiger Slblürgungen
. xv
Serjeidjnii ber
Slbbilbungen .
XVII
©rftei Äapitel.
Solitifdje unb religiöfe Sage Seutfdjlanbi ....
. 1—13
fRüdblid auf bai 16. Sabrbunbert 1—5. — llrfacbe unb Sntafj bei Sreifjigiäbrigeu
firiegei 5 — 13.
3 tt> e i t e § Sapitel. Sie nieberrbeinifcbe Sßrobinj . 14—142
Sie beutfdjen Crbeniproöinjen 14. — Umfang ber r^einifdjert Sroöinj 14. — Ser>
fd)iebene $Iäne übet it)re Seilung 14 — 17. — Teilung in nieberrbeinifcbe uitb ober* •
rffeinifcfje Srooinj (1626) 17. — Sie nieberrbeinifcbe Sroöins 17—142. — Sitte ®oI=
legien: Söln ((äffen) 17—24. — Stier 24—28. — Soblenj 28—31. — §ilbe§f)eint
($alberftabt) 32—37. — Saberborn (galfenbagen, fliietberg, Sippftabt, Sortmunb) 37
bii 50. — SJlünfter (9Reppcn , SSecpta, Dftfrieilanb) 50—64. — ©mmerid) (Santen,
SBefel) 64—75. — Stachen 75—80. — Steue 92ieberlaffungen : Süffelborf 80 — 84. —
Dinabrücf (gburg, SBiebenbrücf, 9ReHe, Quafeubriicf) 84—92. — (Siegen 92—98. —
§abamar 98—102. — Slocifelb 102—105. — 97eufj 105 — 111. — Süren Cgülid)) 112
bii 118. — SDtünftereifel (Sdjleiben) 118—124. — Sonn 124 — 126. — Siieberlaffungen
im 9torben: Sftinben 126—127. — §ameln 127—128. — Stabe 128 — 130. — Serben
130—131. — ©oitar 131—133. — §amburg>2Utona 134-139. — Sübed 139—140.
— Sremen 140 — 142.
Srittei Kapitel. Sie oberrbeinifdje fßroPinj . 143—198
©ntfteljung unb Stuibebnung 143. — Sie Kollegien, Sefibenjen unb 9Jtiffionen:
SDlaina (fironberg, Sreusnad), granffurt a. 9) l.) 143—148. — Slfdjaffenburg 148—152.
— tpeiligenftabt (grifjlar) 152 — 157. — (Srfurt 157 — 158. — gulba (Jperifelb) 158 bii
162. — SBürgburg 162—164. — Samberg 164—169. — ©peier (©ermeribeim, Srud)*
fal, Sretten, 9teuftabt) 169—174. — 28ormi (granfental) 174—178. — Ipeibelberg
178 — 182. — Saben (fRaftatt, ©tttingen, Dtteriroeier) 182—187. — Stolibeim (Socfem
beim) 187 — 190. — Hagenau (Selgj 190 — 194. — ©cbtettftabt (Sufacb) 194—198.
Siertei Sapitel. Sic oberbeutfdje fjirobiitj ....... 199—312
Umfang, 9lntoad)fen unb Seilungipläne 199—200. — Sifitationeu 200—202. —
Sitte unb neue 97ieberlaffungen : ^ngolftabt (Siburg) 202 — 204. — 9Ründ)en (®beri*
berg, Slltötting) 204—210. — Snnibrud (SReran) 210-217. — £>atl 217-220. —
Srient (SRoüerebo) 220—224. — Slugiburg 224—228. — Sillingen (güffen, öttingen,
©ttroangeij) 228—233. — SRegeniburg 233—235. — ©idjftätt 235—239. — Steuburg
239—241. — Slntberg 242 — 244. — SRinbelbeim (SRemmingen, S?aufbeurett) 244—250.
— Surgbaufen 250—253. — fianbibut 253—255. — Straubing 255—257. — fianbi*
berg 257 — 259. — Äonftanj (Siubau) 259—267. — greiburg im Sreiigau 268—270.
— ©nfiibeint (Solmar) 270—277. — (Rottenburg 277—278. — SBürttembergifdje ©ta*
tiouen 278—282. — ©cbtociä: Supern (Settinjona) 282—289.— ©olotburit 289—291.
greiburg 291 — 294. — fßruntrut 294—297. — SBattii 297—306. — ©raubünben
306—309. — Sorartberg: getbfird) 309—312.
xii SufialtSberjeitfintS.
Seite
fünftes kapitel. Sie öftemtdjifcfje ißrontnj . 313—391
©tanb bei- öfterreidjifdfen igrobin,! 313. — SSifitationen 313—315. — 33erl)anblungen
über bie Teilung ber 5ßrotiinä 315 — 317. — Sie Seihtng in bie öfterreirf)ifd)e unb bie
böljmifdje Ißrobinj 1622 317. — Stieberlaffungen in fRieberöfterreicf) : SBien 318—322.
— kremS 322—325. — Sßaffau 325—327. — Dberöfterreid) : ßinj 327—332. — ©tepr
332 — 333. — ©teiermarf: ©raj 333—337. — fieoben 337 — 338. — gubenburg 338
bi§ 340. — körnten : klagenfurt 340—345. — kräht : Saibacf) 345—347. — Sftrien :
©örj 348—350. — STrieft 350-352. — giurne 352—353. — ©dEjleften : ©lab 353
bis 357. — Reifte 357—361. — ©rofr®logau 361—362. — Sroppau 362—366. -
©ogan 366 — 367. — ©djtneibnib 367 — 368. — Dber=©logau 368 — 369. — S3reSlau
369—375. — öftpreufjen: S3raunSberg 375 — 378.— Löffel 378—380. — £>eiligelinbe
380—381. — SBeftpreufsen : Sanjig 381—384. — Slltfdjottlanb 384—386. — Sf)orn
386—388. — 33romberg 388—389. — ©raubenj 389. — HRarienburg 389—391.
© e cf) ft e S Kapitel. firiegSuot . 392—451
Sie böfjmifdppfctfätfcbe ^Seriobe 392—393. — ©intoirfung beS Krieges auf bie gefuiten
in ©cf)lefien, in ber fßfalj unb in SBeftfalen 393 — 403. — Sie fcbtoebifdje Sleriobe:
ÜRot unb Seiben in ber nieberrf)einifd)en, oberrf)einifd)en unb oberbeutfdjen Sßroöinj
404 — 442. — ©inmifdfen in kriegSunternefjmungcn 442—443. — SaS lebte iyabrsebnt
1638—1648 443—444. — Sie grage ber glucpt 444—447. — Unterbringung ber glüdjt*
linge 447—448. — Sroft unb SluSbauer 448 — 451.
Siebtes Kapitel. SfriebenSbeftrebuttgen unb ©egenfhötnungeu . . . 452—493
Verträge mit tpäretifern 452—456. — ©iiltigfeit ober Ungültigfeit beS SlugSburger
fReligionSfriebenS 456 — 460. — SaS fReftitutionSebift 1629 460 — 465. — Ser fRegenS*
burger fReicpStag 1630 466—468. — Ser fßrager Triebe 1635 468 — 471. — Sie
SImueftiefrage 1641 471—474. — Sie griebenSüerffanblungen in SRünfter unb Stürm
berg 1646—1650 474—493.
21d)teS kapitel. ©pmnaftcn unb Unimfitateu . 494—606
kultureller Stiebergang Seutfd)IanbS 494. — folgen für bie ©tubien 494—495. —
Sie Surcbfüfjrung ber neuen ©tubienorbnung 495. — SaS ©pmnafium. ©cfjul«
jeit unb gerien 495 — 500. — ^Religion 501 — 503. — Satein 503 — 504. — ©riedjifcb
504 — 506. — Seutfcf) 506. — ©efang 506—507. — ©dfulbüdjer 507. — SluSfteflung
non ©d)üferarbeiten 507 — 508. — 2tufnal)me, Sluffteigen unb ©ntlaffung 508 bis
510. — fßrämien unb ©trafen 510—516. — Srad)t 512—514. — grequens unb Über*
füHung ber klaffen 516—518. — fßroteftantifcfie ©d)üler 518. — UnterridjtSmonopol
518—519. — Unentgeltlidjfeit 519 — 520. — fßäbagogen 520—521. — 2el)rer 521 bis
523.' — Sie Unioerfität. $f)ilofopl)ie: SRetffobe 523 — 524. — SlriftoteleS. — §anb=
büdjer. — fRepetitionen. — SiS^iplin 524—526. — Sriennium ober 93iennium 526 bis
529. — Sfjeotogie: Safyt unb 9Irt ber Sorlefungen 529. — Sogma: Ser bl- SfjomaS
529. — §eilige ©djrift. — £ebräifcf) 529—531. — kird)engefd)id)te 531—534. — 9lb=
gefügter kurS 534—535. — 9ted)tSftreitigfeiten 535 — 536. — Sepofition unb ißro*
motion 536—541. — ©injelne Unitierfitäten : SBien 541—553. — ®raj 553—558. —
^ngolftabt 558—567. — SiHingen 568 — 577. — greiburg im 93reiSgau 577—580. —
Sujern 580—582. — köln 582 — 586. — fßaberborn 586 — 588. — fünfter 588 bis
590. — DSnabrüd 590—592. — SRoISljeim 592—593. — SSamberg 593 — 595. —
©orge für arme ©tubenten: SSerfdjiebene Slrtett ber Unterftüftung 595—602.
— Slrmenorbnungen 602—603. — Slufmunterung unb S$erteibigung 603—605. —
fötufter eines S3ettelftubenten 605—606.
SteunteS kapitel. konbifte . 607 — 656
S3ebenfen 607.— SIHgemeine konbifte: köln. Süffelborf. ^ngolftabt 607—610. —
Sie Slufnafjme oon Suriften 610—613. — SiHingen 613 — 618. SBien. ©raj. Seoben.
3>ubenburg 618 — 620. — SJäpftlidje ©eminarien 620—635. — SSifitation burcf) Slquaoiöa
621—622. — ©ingreifen ber ißropaganba : SSerpflidjtungen unb SSifitationen 622—624.
— ÜRenbegrünbnitg burd) Urban VIII. 624—625. — gulba. SiHingen. SBien. ©ras
625—628. — SIraunSberg 628 — 629. — ©ermanifum 629—635. — 33ifd)öflid)e s4?riefter*
SinhaltSberjeichniS.
XIII
©eite
fentinare: SMett 635—637. Raffan 638—639. Rruntrut 639—641. Sitlingen 641.
gngolftabt 641 — 643. SanbSljut 643. Samberg 643—644. Köln 644—646, fünfter
646 — 647. — 21rmenfonbilte : SSten 647. ©raj 647—648. SreSlau 648. ©Iah 648
bi§ 649. §all 649—650. ©ör^ 650. Sillingen 650 — 651. SKündjcit 651 — 654. Re=
geitSburg. Reuburg. 2lmberg. SJtünfter 654—655. — grage beS Eigentumsrechtes 655
bis 656. - Urteile 656.
BeljnteS Kapitel. Sie Sdjulfontöbic . 657—703
Allgemeine Semertung. Stoffe. 3eit- ®auer 657 — 664. — Sefcpräufungen, Unfälle
unb gabeln 664—669. — ©inmürfe 669. — Arten nnb Stoffe ber ©chutbramen 669
bis 670. — 2Beihnad)tSfpiele. — SaffionSfpiele. — Ofterfpiele. — grottleichnamSfpiele
670—672. — Sipfterienfpiele aus bem Alten unb Reuen Seftament 672—676. —
Segettbe 676—677. — ©efd)id)te 678—679. — SaS nationale unb patriotifdje Element
679 — 680. — SRoralitäteu 680 — 681. — Soteutanj 681—683. — Oratorien 683 — 685.
— Sie £>auptbid)ter : Abattcini, StRafen, Salbe, Sibermamt 685—703.
Sa urfpriinglid) eine 3roeiteitil«g nidjt borgefepen mar, fiub im erften Seil einige Riale bie Kapitel
in ber alten Reihenfolge 1—25 zitiert. Sa ber erfte Seil baS 1.— 10. Kapitel, ber ätoeite Seil baS
11.— 25. Kapitel enthält, ift mithin bei Sertoeifungen auf 11—25 ftetS ein 3eh'ter abju^iehen,
alfo 11. Kap. = 2. Sl, 1. Kap., 17. Kap. = 2. St, 7. Kap., 25. Kap. = 2. Seil, 15. Kap. ufm.
$eräeid)tti§ ber bemi^tert 2lrd)tne mt b einiger
2lbfürpngen.
* Acta Congr. Prov. = Acta Congregationum
Provincialium S. J.
Acta S. Sedis f. Synopsis.
2Iug§burg, ®tabtardnD, $Diöje[anard)io.
* Austr. Epp. = Epistolae e Provincia Austria
ad Generalem.
SBamberg, ®rei§ord)iö, 55iöjefan= unb Kapitell
ard)iü.
* Barb. Lat. = Barberini Latin, in beit §anb»
fdjriften ber $atifanifd)en SBibliotfjef.
23ern, Staat3ard)io.
Sörüffel, £anbfd)riften ber $. 33ibliotf)ef.
* Catal. Austr., Germ., Rhen. etc. — §anb=
fdjriftlidje ißerfoualfataloge ber einzelnen $ro=
binnen ober Kollegien.
* Catalogi triennales, $erfonaI> unb 93ermögen3-
regifter über brei S^re.
* Cgm = Codex german. in ber ©toatSbiblio«
tt)e! 31t SDlüncben.
ß()ur, 2>iöjefanard)io unb ©eljeimardjiD.
* Clm = Codex latinus in ber 6taat§bibliotI)ef
ju SUtündjen.
ßoblenj, 6taat3ard)iü.
* Codex Bamberg. = Archivium CollegiiBam-
bergensis int ßapitelardjio ju Samberg.
Congr. (1) D (91) = Congregationis gene¬
ralis (lae) decretum (91) in bcn 2lu3gaben
be§ Institutum (Constitutiones S. J.).
Const. P. 6; 3, 5 = Constitutiones S. J.,
Pars 6, Caput 3, Nr 5. gn allen 21u§gaben
ber Sonftitutionen gleid) ; neuefte 2lu3gabe
Florentiae 1892 — 1893, 3 vol.
Cordara = Jul. Cordara, Historia S. J. 1616
ad 1625 unb 1615 — 1633. 2 vol. Romae
1750 1859.
®üffe!borf, 6taat3ard)ib.
©idjftätt, örbinariat3ard)io.
*Epp. ad Busaeum = Epistolae ad P. Theod.
Busaeum. Sriefe Don Igefuiten au§ $eutfdp
Ianb ufto. au§ ber 3eit be3 S)ret§igjä^rigen
Krieges.
*Epp. Cardinalium = Epistolae varior. Car-
dinalium ad Generales S. J. scriptae.
*Epp. Episc. = Epistolae Episcoporum ad
Generales S. J.
*Epp. Lamormaini = Epistolae P. Guil. La-
mormaini ad diversos.
Epp. Praep. General. = Epistolae Praeposi-
torum Generalium ad Patres et Fratres S. J.
Romae 1615, Pragae 1711, neue 2lu§gabett
Gandavi 1847 unb Rollarii 1909.
* Epp. Princip. = Epistolae Principum ad Ge¬
nerales S. J. scriptae.
Flotto = Adam. Flotto, Historiae Provinciae
S. J. Germaniae Superioris a P. Ign. Agri-
cola olirn coeptae, nunc continuatae Pars
tertia ab anno 1601 ad 1610. Augustae
Vind. 1734.
greiburg in ber ©djtoeis, 6taat§ard)io, San=
tonalbibliotfjef.
* Fund. Austr., Germ., Rhen. = Fundationes
Provinciae Austriae, Germaniae Sup., Rhe-
nanae.
* Germ. Epp. = Epistolae e Germania ad Ge¬
nerales S. J. scriptae.
§ilbe§l)eim, föanbfdjriften ber ©tjmnafiab unb
23eoerianifd)en Sibliotljef.
Sunsbrud, 6tattf)altereiard)i0.
Juvencius = Jos. Juvencius, Historia Soc.
lesu 1591 — 1616. Romae 1710.
* Juvencius = Historia Soc. Iesu 1616 — 1646
in Clm 774.
®arl§ruf)e, ©eneraLSanbe3ard)iD uttb ©eljeimeS
§au§ard)io.
®öln, 6tabtard)io, ipfarrard)ib Don 6t Ulpofteln.
Ipanbfdjriften ber ®eminarbib[iotf)ef.
Kropf = Franc. Xav. Kropf, Historia Pro¬
vinciae S. J. Germaniae Superioris. I = Pars
quarta 1611 — 1630. II = Pars quinta 1631
ad 1640. Augustae Yindel. 1746 — 1754.
* Litt. ann. = Litterae annuae, uttgebrudt.
Litterae annuae Soc. lesu 1600 — 1614. 14 vol.
Antverpiae etc. 1618 — 1619.
Supern, 6taat3ard)ib, 6täbtifd)e§ SlrdjiD, 2Ird)iD
ber Familie Slmrljün.
SCRainj, 3ef.«2lrd)iD in ber 6täbtifd)eu 93ibliotJ)ef.
SDlündjen, SReidjSardiiü (SR. 9t.), Ärei§ard)iD
(SLR. S.), 6taat3ard)io (SR. ®t.), $au§ard)ib
(SR. $.), UniDerfität§ard)iü (SR. U.); aufjer*
bem 6täbtifd)e§ 2Ird)ib , ÄonfiftoriatardjiD
unb bie 2lrd)ibe be§ ©regorianumä , ber
SSürger» unb größeren lateinifdjen Sougre=
gation.
*Ordin. Gen. = Ordinationes Generalium.
XVI
SkrjeidjniS ber bcniifetcu 9Ird)ibe imb einiger Slbfürgungen.
*0rig.=9!eg. Ad Austr., Germ., Rhen, (etc.)
= 0rigiuab9tegifter ber SSriefe ber ©enerab
obern an bie 0bern uub SJtitglieber ber öer=
fdjiebeuett OrbenSprobinjen.
*0rig.=91eg. Ad Externos, biefelbett an 9Hd)G
Sefuiten.
fßaberborit, £anbfd)riften ber THfeoboriattifcben
93ibIiotI)ef.
Ratio studiorum = Ratio studiorum et Insti-
tutiones scholasticae S. J. per Germaniam
olim vigentes. Ed. Pachtler. 4 vol. Berlin
1887—1894.
9tegen§burg, OrbinariatSardnü.
Reiffenberg = Reiffenberg, Frid., Historia S. J.
ad Rbenum inferiorem. Coloniae 1764.
* Reiffenberg = Historia etc., 2. 93b ©tabt=
ard)iö in fiötn unb paginierte Slbfdjrift in
fßriüatbefifc.
9tl)einifd)e Sitten = 3°f- hänfen, 9tf)einifd)e
Sitten jur ©efdjicfite beS QtefuitenorbenS 1542
bi§ 1582. 93onn 1896.
9tom, Slrdjit» unb Sibliotpef im SSatifan, Slrdnt»
ber fßropagattba, ©taatSard)©, tpanbfdjriften
in ber 93ibliotf)ef C£l)igi.
Schmidt = Ioan. Schmidt S. J., Historiae S. J.
Provinciae Bohemiae 1555 — 1653. 5 vol.
Pragae 1747 ff.
©intancaS, ©taatSarcpiü.
Sommervogel = Carlos Sommervogel S. J.,
Bibliotheque de la Compagnie de Jdsus.
9 vol. Bruxelles 1890 — 19Ü0.
Sotvellus = Nathan. Sotvellus, Bibliotheca
Scriptorum Soc. Iesu . . . recognitum et
productum ad annum 1675. Romae 1676.
©peier, ©tübtifdjeS Slrd)io.
©t ©allen, ©tiftSardjiü.
Synopsis = Synopsis actorum S. Sedis in causa
Societatis Jesu 1540 — 1773. 2 vol. Flo-
rent.iae 1887 uub Lovanii 1895.
Saiblingen, ^Sfarrardjiü.
Sßien, ©taatSard)in, §offannnerard)ib, ®riegS>
ard)ib, £aubfd)riften ber igofbibliotlfef.
9(uf$erbem mürben bie üerfdjiebenen 0rbenSard)ibe in §oüaub, Sfterreicf) unb Italien bemifct.
2luS biefen $riüatard)ibeit entftantmen alle 2lrd)it>alien , bei benen feine gunbftetle angegeben
ift. — $a§ ©terndjen (•) bebeutet §anbfd)rift.
^eräetcf)tti§ Der 5lDDiIDmtgeit.
©eite
1. ©eneral 9P. PiteHeMji , mit Puto*
grapp . 11
2. ©ddufjoignette . 13
3. Plan berSeüung ber rpeinifepen pro*
Pin$ 1622 . 15
4. ©eneral 25. ßarrafa, mit Slutograpp 27
5. Porübergepenbe imb bauernbe Pieber*
lafjungen in Seutfcplanb 1601—1650 34
6. ©ptnnafium p Paberborn .... 38
7. gürftbifepof Sietricp Pott gürftenberg 39
8. ^ßfatsgraf SBoIfgang 333il£)elm Poit Peu*
bürg . 81
9. Äurfiirft gerbinanb Pon ft'öln . . 107
10. ©eneral gratis Piccolomini, mit 21uto=
grapp . 122
11. 3;opanne3 Sferclaeei Pon Silit) . . 129
12. ©cplufjPignette . 142
13. §anbfd)rift be§ P. 3°P- Sietnf). gigler 149
14. ffiurfürft gobanu Pbam ooit 9Pains 153
15. gürftbifepof Sopann ©ottfrieb Pon
Pfcppaufen . 165
16. P. SBilfjelm SBoIff Pletternicp S. J.,
mit Putograpp . 170
17. §anbfcprift be§ P. 2Bilp. Pletternicp 17i
18. Ptarlgraf SBilpelm Pon 23aben . . 183
19. ft'otleg itnb Äircpe ju SOJoISfjeirrt 1618 187
20. ©cplujjoignette . 198
21. ltnterfepriften ber Profeffett ber ober*
beutfdien ProPinj . 201
22. £>anbfcprift be§ P. Ptaj Sercpenfelbt 206
23. Sitelbilb pr @efd)icbte ber Ptutter
©otte§ Pon Pltötting, 1643 . . . 209
24. Gcrjperjog SPajimilian, Seutfcpmeifter 212
25. Sie 3nn§bruder ®omöbie Parlaatn
unb !yofappat 1614 . 214
26. Sie 3nn§britder Äomöbie Ser heilige
Säufer 1623 215
27. Sa§ Srienter Ä'ongregation^fpiel So-
dalis Parthenicus 1637 .... 222
28. Srei Prinjen Pabsitoill . . . 225
29. Sie Siflinger Somöbie Otto Redi-
vivus, 1614 . 229
30. Sic PegcttSburger Ä'ombbie Iodocus,
1650 . 234
31. gürftbifepof Sopann Gpriftopp Pon
6id)ftätt . 237
©eite
32. Sialog Pon ber Pufridjtung be§ ©pm*
nafiumS p Peuburg 1617 . . . 240
33. Sie Peuburger Sragöbie 1619 . . 241
34. Sie 2anb3puter Kotnöbie Salomon,
1630 . 253
35. 8ur ©intoeipung ber Sefuitentircbe in
Sonftans 1607 . 260
36. Sie Äonftonjer Komöbie Pliilemon
1618 . 261
37. 3pp Äonfetration be§ 33ifcpof3 Sopantt
p. SPoIbburg 1629 . 265
38. Sitel ber (SnfiSbeirner Äomöbie 1623 273
39. Sie Summer Äomöbie Pom 1)1. Dgtoalb
1621 . 284
40. Sanbfcprift unb Potariatlpidjen Pott
P. ©pfat . 288
41. Sie ©olotpurner Äomöbie Psittacus
1650 . 291
42. Sie Pruntruter Stomöbie Sbeobalb
1630 . 295
43. tpanbfcprift be§ P. Sbeobor 23ufaeu§ 314
44. Sa§ SBiencr gaftnocpt^fpiel Pofi*
munba 1648 318
45. Profef)pau§ in 333ien . 319
46. ®rem§ (1649) . 323
47. Sins (1649) . . . 328
48. Sie ©ra^er Tragicomoedia Pom
bl. SBilpelm 1612 . 334
49. ßin Qubenburger 2Beipnacpt3fpiel mit
§anbfdprift be§ ©poraguei, 1650 . . 339
50. Älagenfurt (1649) . 342
51. ©räborpg Sari, Pifcpof Pon PreStau 354
52. Sa§ Peiffer g-eftfpiel 1636 ... 360
53. gur geftfeier be3 ÄollegS in Peiffe
1636 . 361
54. Sitelblatt ber Pöffeler Äomöbie Jason
1643, mit §anbfcprift be3 SSerfafferS
(©lagiu§) . 380
55. Sitelblatt ber Linda Mariana 1659 381
56. ©eplufjoignette . 391
57. Potiobilb ber Ptündjener ©eifein in
ber 2BatIfaprt§fird)e ju Pamer^borf 428
58. Ser oberrpeinifepe ProPingiat Soadjim
§amman über bie SriegSbebrängniffe
1639 . 443
59. ©cplupPignette . 451
SSerseidfjntg ber 21bbilbungen.
XYIII
©eite
60. P. gorer, mit 2lutograpb .... 458
61 . 93rief bei P. 2lbcmt Gottheit au! 9tegen!=
bürg . 465
62. Shtrfürft SHnfelm Safimir oon 2Painj 477
63. ©cpulbilb au! bem Alphabetum Christi
1618 . 512
64. ©cpulbilb au! bem Alphabetum Dia-
boli 1618 . 513
65. Titel eine! Igngolftabter Xbjefenäettelö
über ba! ©ecb!tagett>erf 1636 . . 528
66. Ta! afabemifebe SoKeg mit Sird)e ju
SBien . 550
67. Tiüinger Thefenjettel 1608 . . . 570
68. Titel eine! Thefenjettel! Don fünfter
1621 588
69. gürftbifefjof SRelcpior Otto S8oit Don
©aljburg . 593
70. SSürgburger Sttjefenjettel 1616 . . 595
71. ©cplufsoignette . 606
72. ffionüift in Tillingen 1627 . . . 614
73. Äonüift in Tillingen 1627 . . . 615
74. gürftbifebof grjtjer3og Seopolb SBil»
beim . 638
• ©eite
75. ©cbfufjoignette . = . . 656
76. ©runbriff unb 2lufrifj ber gefuitem
bübne gu SSien . 662
77. Srunner! geftfpicl „SRabucbobonofor"
1635 . 673
78. Tie gnnlbrucfer Äotnöbie Dom ^Reichen
qSraffer 1646 . 675
79. Ter gngolftäbter Totentang 1606 . 682
80. Ta! -JRüncbener ©ingbrama Tbeo>
pt)ilu! 1643 684
81. £>anbfcf)rift be! P. 9tü. 2lDancinu! . 686
82. £)anbfd)rift be! P. gafob StRafen 687
83. IBitb unb §anbfd)rift Don P. S3albe 691
84. Titelblatt Don 93albe, Jephtias . . 692
85. Titelblatt ber Gpigramme 23iber>
mann! . 694
86. 93ibermann! „Tottor gu tßaril" 1609 695
87. Grfte üluffübrung Don 23ibermamt!
„Sot). Gatpbita" 1618 . 698
88. ©rfte 2tuffübruug Don SHbermanu!
„Selifar" 1607 699
89. ©cblufjoignette . 703
Ta! ©iegel auf bem Titelblatt nmrbe Don ben erften ©eneralen unb teiüoeife uodj unter bem
©eneral Stqnaüiua gebraucht.
©rfte! Kapitel.
^olttifdje itnb reltßtöfe Sage 2)eutfdjlanb^
fRürfblicf auf ba! 16. ^aprpunbert. — Urfacpe unb Stntafj be! jDreifjigjäprigen Kriege!.
SRur mit tiefem ©eptner^ !amt ber beutfcpe ©efcpicptfcpreiber bie folgen bcr
©tauben!trennung für unfer beutfcpe! Sktertanb betrachten.
35ie retigiöfe ©pattung im erften Viertel be! 16. ^iaprpunbert! fjat ben bürger*
ticpen ^rieben auf! unpeitoottfte gefcfjäbigt, bie fReicp!oerfaffung untergraben, ben
SRiebergang be! beutfcfjen Üieicpe! für lange $eit befiegelt. ®ie retigiöfen 23ruber--
fämpfe napmen niete Prüfte nottftänbig in Stnfprucp unb entzogen biefetben ben
großen futturetlen unb potitifcpen Stufgaben be! Steicpe!. 9ticf)t brei ^a^rge^nte
nach ber ißroftamierung be! Stbfatt! nom fircpticpen Oberpaupte, bem Zapfte, ftanben
bie im ©cpmalfatbifcpen 23unbe bereinigten Stnpänger ber neuen Sepre um bie äRitte
be! 16. ^oprpunbert! offenen Kriege gegen ba! wettticpe Oberhaupt, ben ®aifer.
Stt! bie proteftantifcpen dürften be! Üaifer! allein niept SReifter geworben, Oer*
bünbete fiep einer berfetben wenige 3aPre fpater mit ^ranfreiep. SDiefer Verrat
foftete bem beutfepen fReicpe bie brei reiepsbeutfepen ©täbte 9Rep, STout unb 23erbun.
©! war bie erfte, aber niept bie tepte territoriate SBunbe infolge be! ©tauben!*
jwifte!. ©etbft bie grauenöotten ©infätte ber Xürten in! fReicp oermögen beutfepe
dürften nid^t an ipre fReicp!* unb ©priftenpftiept ju gemapnen: fie maepen bie ©r*
füttung iprer ^SfHcpt gegen ba! fReicp abpängig non ßugeftänbniffen für ipre retigiöfe
Neuerung.
$>er ÜRiebergang be! beutfepen fReicpe!, ber fepon öor bem beginn ber retigiöfen
©ntjweiung offenfunbig war unb woju bie Trennung ber germanifepen ©cpmeijer
unb Stiebertänber, ber Verfall ber §anfa, ba! ©infen be! SDeutfcpen Orben!, bie
Umgeftattung be! wefteuropäifepen |>anbet! unb anbere Umftänbe niet beigetragen
patten, würbe burep bie retigiöfe Steuerung wefenttiep gefteigert.
Stn biefer Serwicfetung pat ber 2tug!burger 9tetigion!friebe (1555) mit feinen
gotgeerfepeinungen niept unwefenttiepen Stnteit.
®urcp ben Slug!burger fRetigion!frieben erpietten bie Sanbe!perren unb non ben
freien ©täbten biejenigen, wetepe fiep bereit! gänjticp unb ungeteilt jur Stug!burgifcpeu
ßonfeffion betannten, ba! fRecpt, in ipren ©ebieten ju reformieren (ius reformandi),
unb im übrigen gteiepe fRecpte mit ben ber alten ßirepe treugebtiebenen fatpolifepen
9teicp!ftänben. ®er geifttiepe SSorbepatt (reservatum ecclesiasticum) beftimmte aber,
bafj geifttiepe fReicp!ftänbe (Sifcpöfe unb S(bte) bei iprem Übergang jum fßroteftan*
ti!mu! Söürbe unb ©intunfte Oertieren fottten.
tiefer geifttiepe Söorbepatt würbe non manepen proteftantifcpen dürften um
bebenftiep oertept; fie jogeit 23i!tümer unb Stbteien für ipr §au! ein. ©ie gingen
babei fo noran: non ben Kapiteln liefen fie einen ^rinjeit ipre! £>aufe! jum Stb*
miniftrator be! 93i!tum! Wäpten, ober fie befteüten, wie Ü'urfürft Qoacpint II., au!
eigener ÜDtacptootlfommenpeit einen fotepen ; gelangte bann ber Slbminiftrator 3ur
£anbe!regierung, fo würbe ba! 53Ütum auf immer mit bem £anbe oereinigt.
$ul|r, (Sejdjidjte ber Jjefutfett. II. 1
2
ßrftc» Äapitet. tßolitifdje unb religiöfe Soge $eut[d)Ianb§.
©o entzog man mit Sertefjung beg Setigiongfriebeng ber fatpolifepen £ird)e
bie ^Bistümer |>avetberg, Sranbenburg, Sebug, 9J2erfe6urg , Naumburg, SReifjeit,
Äamin unb ©djmerin. 3n •5er erften §ätfte ber Regierung Subolfg II. gingen
verloren bie Sigtiimer SSagbeburg, Bremen, Serben, Sübed, ©gnabrüd, Safjeburg,
^palberftabt unb Stinben, unb geitmeitig fdjien ber Sertuft auep von fünfter, ^ßaber-
born, fpitbegpeim unb £tötn unabmenbbar 1.
jDie ißroteftanten verte|ten ben geifttiepen Sorbepatt nid)t allein tatfädjticp, fie
Verlangten auep beffen Abfcpaffmtg. üüiit aßen ÜDtittetn fugten fie bie greifteüung,
b. p. bie ißreiggabe ber fat^olifc^en Sigtümer unb «Stifte an dürften unb Herren
gu ergingen, ©ie felbft übten unb verlangten bag Ius reformandi, ben Anpängern
ber alten ft'irdje aber fucpten fie bie Augübung begfelben Secpteg auf jebe Aßeife gu
vermepren unb gu erfdjmeren.
„Unb boep", fo fdjreibt S) ö Hing er, „mufjte jebem bie natürliche Sittigfeit
beg ©runbfapeg einteuepten, baf; ber Sermatter eineg ipm von ber föirdje über»
tragenen Amteg, tvenn er fich von ber $ircpe logfage, hiermit auep biefem Amte
entfage, unb auf bie barnit verfniipfte ©eroatt unb Söürbe feinen Anfprud) mepr gu
madjen pabe. 2)ag Secpt, gu reformieren, morunter man bag Secpt, bie IHeligion
ber Untertanen gu beftimmen, verftanb, übten bie proteftautifepen dürften opne ©djeu
unb ohne ©djonung aug. ©o führte ber föurfiirft griebriep III. 1563 in ber Sfatg,
metepe bigper tutperifd) getvefen mar, ben ©alvinigmug ein, gmang alte ©emeinben,
ben auf feinen Sefept verfaßten (peibelberger fö'atedjigmug unb ben reformierten
®uttug angunepmen, unb vertrieb bie ©eifttidjen, metepe fidj nicht fügen mottten,
aug bem Sanbe. Attein fein ©opn Submig, ein eifriger Sutperaner, lieh naep bem
2obe feineg Saterg 1576 bie leeren föirdjen mieber mit Silbern gieren, ben ©otteg»
bienft mieber nad) lutperifdjer SSeife palten, bie catvinifdjen ^rebiger unb Seprer
mufften aug bem Sanbe meinen unb bie fämtlicpen Untertanen fiep von lutperifepen
Seprern unterridjten taffen, ©r ftarb aber fepon 1583, unb nun lieft fein Sruber
Ä’afimir, atg Sormunb feineg itnmünbigen ©opneg, biefen ^ringen mieber in ber
calvinifcpen Seligion ergiepen unb biefetbe im gangen Sanbe mit ©ematt mieber ein»
füpren. ©o patte bie innerhalb 60 $apren viermal bie Seligion gemeepfett.
$n gleicher SSeife mürbe 1596 bem gürftentum Anpatt unb 1604 ber Sanbgraf»
fepaft ,fpeffen»SIaffet ftatt ber tutperifdjen bie eatvinifdje Seligion aufgebrungen. Söenn
bagegen fatpotifdje dürften biefeg Secpt, gu reformieren, in ipren Säubern augübten,
mie bieg ber Sifdjof Quting von SBürgburg feit 1585 unb ber ÜDIarfgraf fßpitipp
von Sabeit-Saben feit 1571 taten, fo erfüllten bie ißroteftanten 2>eutfcptanb mit iprem
©efeprei über Serteftung beg Setigiongfriebeng." 2
ifkaftifcp unb tpeoretifdj forberten bie )}3fätger unbefdfränfte Seligiongfreipeit
für ben ßatvinigmug, Unterbrüdnng ber Sutperaner unb ßatpotifen. 311g bem ®ur»
fürften fyriebriep III. von ber ipfatg gegen bie perbe Sebrüdung feiner tutperifdjen
Untertanen vorgeftettt mürbe, baft er baburd) bag Sorgepen ber fatpotifepen ©tänbe
redjtfertige, erroiberte er (16. ®egember 1575), baft eg viel ein anber ®ing fei, einen
gum ©uten unb gu ©otteg 2Bort unb gur SSaprpett, atg gum Söfen, gut Abgötterei
unb gur Süge gu treiben, biemeit bag eine von ©ott geboten, bag anbere aber ftracfg
von ipm verboten3, [yriebridj IV. von ber ^fUg Uefapl am 19. Quni 1608 feinen
föirdjenräten unb ber tpeotogifdjen fyafuttät gu §eibetberg, in einer eigenen ©eprift
gu geigen, „mag ber Unterfcpieb fei, barum bie ^Pap>ifteu ben ©vangetifdjen, fo unter
1 @id)f}orn, $eutfd)e Staate unb Sed)t3= 2 §ortig»S)öIIinger, ®ird)engefd)id)te
gefd)id)te IV6 (1844) 142 146. Sgl. Sitter, II (1828) 467 f.
$eut|d)e ©efd)id)tc im Seitalter ber ©egenrefor» 3 ®ludt)of)n, Sriefe fgriebrid)§ be§ grom»
matton II (1895) 420. inen II (1872) 926.
fRüdblid auf ba3 16. 3;al)rl)unbert. — llrfadje unb SInlafj bc§ Sreifjigjäljrtgen friegc§. 3
i^nen Wohnen, baS Exercitium suae religionis ju nerftatten fdjulbig, bie (St)ange=
lifdjen ober fofcfjeS hingegen ju tun nicfjt fcfjulbig" 1.
Bei folgen Slnfdjauungen brauet eS bann nicf)t 31t öerwunbern, wenn bie
Bfälser banad) trachteten, beit SlatholisiSmuS oötlig auSsurotten. ®aS ging aber
nicht ohne ©turj beS ®aiferS unb ber 9Ieich§oerfaffung, unb aucf) baoor fcfjredten
fie nicht juriicf.
Bei ber gufammenfunft beS fiichhfchen ^urfiirften S^riftian unb beS fßfals*
grafen Johann ®afimir in flauen ant 2. ÜDMrs 1590 beftritt man nicht allein
mehrere Beftimmungen beS SlugSburger 9^etigiongfrieben§, fonberri griff aud) offen
bie faiferlidfe ©erid)tSbar!eit an. infolge tiefer Slbmadjungen fprengten bie ^fäljer,
©adjfen unb Branbenburger eine orbnungSmäffig berufene 9teicf)Soerfammluug ($ranf*
furter SDeputationStag, September 1590). SDie Sttafjlofigfeit Johann ÄafimirS fannte
laum itod) eine ©renje2.
Stuf ber oon ben meiften proteftantifdjen dürften befcfjidten proteftantifdjen Xag*
fapung 31t Sorgau (gebruar 1591) mürbe ein BünbniS ber proteftantifdjen ©tänbe
mit granfreid) gefdjloffen, unb fdfjon Sluguft 1591 fonnte ein |jeer oon 15000 SRann
nadj granlreid) geführt werben. Heinrich IV. muffte fich üerpflidjten, ben pro*
teftantifchen tReichsftänben, falls er bie Slrone erlangt unb bie ©tänbe felber be*
brängt würben, mit einem (peer oon 8000 Sftann 3U (pilfe 3U fommen3. MeS war
fertig für einen groffen Slnfdjlag gegen ben $aifer, als ber £ob ber leitenben fßer*
fönlichfeiten, beS ^Sfalggrafett $of)ann ^afimir unb beS ^urfürften ©hriftian oon
©acfjfen, beibe rolfe unb wüfte ßedjer, einen ©trich burcf) bie forgfältig vorbereitete
fRedjnung ma^te (1591/1592).
3hre Begebungen würben auf ber Xagfapung oon (peilbronn (9Rärs 1594)
unb auf beut 9IegenSburger ^Reichstag ($uni 1594) wieber aufgenommen. 2ln ber
©pipe ber oorantreibenben Partei ber Bfälser, ber fpäteren „®orrefponbenten", ftanb
Spriftian oon Slnpalt, „ein Agitator beS politifcpen UmfturseS". ©ein catoinifcfjer
£mff gegen bie fatholifcfje ^ircpe „half itjm über all bie fRedjtS* unb BertrauenS-
brüdje, bie in feinen Umftur3plänen als unentbehrliche Mittel erfcpienen, hinweg"4.
Berfagung feber Sürfenpilfe unb ffrupellofe Berbinbung mit bem StuSlanb waren
gan3 felbftoerftänbliche SRittel. Slucp hier trat für ^en Slugenblicf wieber eine Ber*
3Ögerung ein, unb 3War bieSmal burcp ben ©treit perfönlidjen ©IjrgeiseS einiger
beteiligten dürften um ben Oberbefehl. ®er fortwuchernbe Bierflofterftreit goff neues
Öl in bie flamme. 9?ach langen Beratungen unb Bersögerungen hotte baS Kammer»
gericfjt in einer fö’lage über wiberredjtlicfj eingesogene ^löfter enblid) (1600) bie aud)
für Br°teftanten einleucptenbe ©ntfcfjeibung getroffen, baff ber Beligionsfriebe nur
eine Slnorbmtng über bie oor bem Baffauer Bertrag eingesogenen ®löfter unb ©tifte
enthalte unb beSfjalb für bie fpäter eingesogenen Älöfter. baS gemeine Siecht su be*
fragen fei. Slber baoon wollten bie ipfälser natürlich nichts wiffen. „Sin fidjereS
Mittel bot ihnen sunätfjft bie fo lange geübte Hunft, bie Befugniffe ber ihnen un¬
gültigen fReicpSgewalten mit ben oerwegenften BedjtSbebultionen ansugreifen." 2)a*
burcf) würbe aber „bie fRedjtfprecfjung beS ^ammergeridjteS, auf ber bie 9Röglid)feit
eines georbneten fRedjtSsuftanbeS oornehmlich beruhte, in ben wichtigeren Sachen
ftreitiger ©eridjtsbarfeit lahmgelegt". ®ie Äorrefponbierenben erreichten bamit ben
3ufammenbruch ber 3uftt5Derfaffung beS fReicpeS.
S)iefer Stampf gegen ben dufferen unb inneren Beftanb beS fReicfjeS würbe noch
öerfcfjärft burd) bie Steigerung ber ffkoteftanten, ben oerbefferten Slalenber ansunehmen.
1 (Ritter, Briefe unb Sitten pr ©efd)icf)te 2 Dtitter, 2)cutfd)e ©efcfjidite II 47 ff.
be§ dreißigjährigen Krieges II (1874) 27. 3 ßbb. II 54. 4 Sbb. II 147 ; ogl. 149.
4
©rfte§ Ä'Qpitel. Jßolitifdje unb religiöfe Sage 2)eutfd)tanb§.
9iacp Vefraguttg faft fämttidjer djriftlicfjen dürften unb Unioerfitöten fjatte ©regor XIII.
burdj Vuße oom 24. gebruar 1582 angeorbitet, bafj jur Sluggleicpung ber aftro-
nomifcpen unb ber ^alenberjeit am 4. Oftober 1582 bei 3^fung beg fofgenben
Sageg je^n Sage iiberfprungett werben füllten. Italien, Spanien unb ^ranfreicp
nahmen ben neuen Äalenber fofort an. 3m September 1583 befaf»! auch föaifer
Ülubolf bie ^nnapme. ©eit 17. Januar 1584 finb ade faiferlicfjen Schreiben nah
bem neuen ßalenber batiert. Sie fatpolifcpen ©tänbe folgten bem föaifer, nicpt fo
bie ^roteftanten. Ser letzte ©runb mar ber Ijafj gegen bag ^ßapfttum. Sie Vro’
teftanten rechtfertigten bie Ablehnung mit nicfjtsfagenben unb oft recht gepäffigen
©rünben; fie behaupteten, jebe päpftliche ?(uperung bejtnecfe bie Vernichtung beg
9Ieicpe§ Gprifti. ©o warb neben ber politifdjen ©paltung ein weiterer ®eil in bag
bürgerliche Seben unb ben täglichen Verfepr getrieben — jum ©(haben eine! ein*
trächtigen patriotifcpen Söirfeng.
Verfdjärfenb wirften weiterhin bie fortgefepten fonfeffionelleit ©treitigfeiten fo*
wopl ber ißroteftanten unter fich alg auch Ziepen ^roteftanten unb ^atpolifen.
Unter ben ^Sroteftanten wütete ein unerbittlicher, häßlicher ©treit über einzelne
©laubengwaprljeiten. Vanfe pat einige 3üge biefeg föampfeg gezeichnet: „Qn ®önigg*
berg hoi man nicht allein auggefprengt, Ofianber werbe oon jwei Seufeln in ©eftalt
ftfjwarjer §unbe begleitet, man hot geprebigt, ,b« Slnticprift fei ihm erfhienen1.
©eine Anhänger gingen mit gewaffneter £>anb einher; feine ©egner fpien oor beneit
aug, bie in feiner ^irdje gemefen — eg waren ihre 9iacpbarn unb nädjften greuttbe.
Sie Uuioerfität oerfiel; bag ganze Sattb fpaltete fih in fyaftionen. 3n \5ena rücften
einmal zePn gäpnlein ©olbaten ein, um ein paar ©egner beg glaciug aufzuheben
unb nah bem ©rimmenftein in ©ewahrfam abzuführen, ©ben biefe würben wieber
frei unb bagegen 30 Sßrebiger aug ber gal)! ihrer SBiberfadjer zufammen abgefept.
Ser föurfürft oon ©ahfen oerjagte einmal fämtlihe fflacianer aug Shüringen.
Herzog 3°ponn Söilpelm nahm fie fämtlidj wieber auf. 3ufommen fontmen bie
Parteien empor, überwältigen ihre ©egner, werben Oon anbern überwältigt, bie
bann ben Vefiegten wieber einmal ^lap mähen müffen." 1
Qn ber Vefämpfung ber alten ßirdje fühlen manhe ^ßroteftanten eg Sutper
gleihzuluit. SBüfte, nicht feiten gerabezu efelhafte Vefdjimpfungen ber ^äpfte,
Vifhöfe unb ißriefter waren etwag SUItäglidfeg unb entzweiten unb oerbitterten bie
©emiiter immer mehr. Sie ÜUJagbeburger 3enturien mit ihren 2lmmenmär<hen unb
gifcpartg Satiren mit ihren fdjmupigen Slnfpieluttgen gaben oielfad) ÜDiufter unb 21n*
leitung zur Weiteren Verpepung. Seiber liefen fih auch ^atpotifen oerleiten, im
Sienfte ber Verpepung zu arbeiten. Slnftatt fih Zu begnügen, ben iQntmn zu
wiberlegett unb bie ÜBaprpeit zu oerteibigett, oergriffen fie fih in nidjt Zu bißigenber
Söeife an ber Verf°n beg ©egnerg.
©alten oielen ^roteftanten ber VaPft alg SIntidjrift unb bie fö’atpolifen alg
Seufelgbiener, fo pleiten manhe Watpolifen ben oon ber föircpe ftetg betonten Unter*
fhieb ber formellen unb materiellen fpärefie praltifdj nidjt feft. ^atpolifcpe ^olentifer
begingen ben gefjler, ben Vegriff ber Äeperei alg einer ftfjmer fdjulbooßen §alg*
ftarrigfeit gegen ben ©Tauben auf aße ifßroteftanten zu übertragen, für bereit 9JMjr*
peit bie Slnwenbbarfeit beg Vorwurfeg ber $eperei in biefem formeßen Sinne nidjt
Zu erweifen war. Stuf ben beiberfeitigen falfdjen Stuffaffungen berupt ein guter Seil
ber pipigen, lieblofen ^olemif, aug ihnen entfprangen manche SÖJafjnapmett fowopl
bei ben ^roteftanten wie bei beit ß'atpolifen, bie unfere Vißiguttg nidjt zu finben
üermögen.
1 Manie, Sämtt. Söerfe VII (1874) 57 f.
SRiicfblicf auf bag 16. SaJjrljunbert. — Urfadje unb Stnlafj beg Sreifjigjäffrigen Krieges. 5
Sin ber fathotifdjen ©ad)e feijr abgeneigter ©efd)id)tfchreiber faßt bie Srgebniffe
beg 16. $af)rf)unbert§ in bie SSorte jufammen: „$n bem Auggburger fRetigiong«
unb Sanbfrieben üerjichteten bag Oberhaupt unb bie !atf)o!i[cf)en ©tänbe beg beutfcfjen
fReidfeg enbgültig auf bie gemattfame Verfolgung beg £utf)ertumg. ©ie geftanben
beffen Anhängern ftaattidje ©teid)bered)tigung zu, üerfprad)en, beten big bafjin ge«
madjte Srmerbungen an geiftlicfjem ©ute nicf)t anzufedjten, unb ftellten für bie $u«
funft allen roettticfjen fReidjgftänben frei, jur Auggburgifchen ^onfeffion übertreten
unb beren Betenntnig beit Untertanen aufzunötigen." „Unbefümmert um bie Der«
einbarten ©aj$ungen z°9en bie ißroteftanten erft je^t in ber 9Ref)rheit ber ©ebiete
bag ®ird)engut ein, unterbriicften bie fRefte beg &’at£)oti§igmug, foroeit ihre SOZac^t
reichte, unb bemächtigten fid) im korben deutfchtanbg nidjt meniger reicf)gunmittel=
barer ©tifte unb Bigtitmer." „die ißroteftanten behaupteten fed ihre Berechtigung,
bag Üirdjengut einzuziehen ober ju reformieren, fdfrien eg alg empörenbe ©ematttat
aug, menn bie ftattjolifen gleirf) ihnen bie Untertanen jum eigenen Befenntnig
jmangen, unb oertangten für ihre ©taubenggenoffen in ben fReicffgftäbten bie Freiheit,
eine fatf)otifd)e SRinberfjeit 'ju unterbrüdeit ober einer anberggläubigen äRehrheit jum
drope ihre fRetigiongübung aufjurichten. 9Rit Ingrimm beftritten fie ferner bie
^onfurrenj beg 9teicf)ghofrateg mit bem ®ammergerid)te, unb ohne ©cheu leugneten
fie fpäter bie Berbinbtidjfeit ber Befdhtüffe, metche bei ^Reichstagen Don ber 9Ref)r»
heit in ©etb« unb fRetigiongangetegenheiten gefaxt mürben. 3a fprachen zuteßt
fogar bem £ammergerid)t bie Befugnig ab, in ©adjen, metche nach ihrer Stuffaffung
ben ©tauben berührten, ein Urteil ju fallen ober ben fRetigiongfrieben augjutegen,
unb mollteit beibeg einer gütlichen Bergteicfjung ber fReidjgftänbe oorbehatten miffen.
©ie ftellten fomit bie Söirlfamfeit alter jener Sinridjtungen, in metchen fich bag
tReid) noch betätigte, in ffrage unb üernid)teten biefetbe, fomeit ihre 9Rad)t reifte.
ÜSSenngteid) nicht eben im Bemußtfein, fo hoch in ber dat übermiegenb, trieben
potitifche Abficf)ten Dormärtg. Sg fjunbette fid; um bie meitere ©tärfnng ber burd)
bie Berträge Don 1552 unb 1555 geförderten derritoriatmadjt, menn bie ©tänbe
bag in it;ren ©ebieten gelegene Äirdjengut einigen, unb um bie Berfjütnng ihreg
finanziellen fRuing, menn fie jebe richterliche Sntfdjeibung über ben neu gemonnenen
Befiß abmehrten. @g ^anbelte fich um bie Besorgung nachgeborner ©ohne unb
dödjter unb um bie Srmeiterung ber fpaugmadü, menn ber geifttidje Borbehatt an«
gefodjten unb bie Anerfennung ber ©tiftgabminiftratoren ober ber proteftantifdjen
Äbte unb Äbtiffimten geforbert mitrbe."1
©otange bie fatfjolifchen ©tänbe allen Bertepungen beg fRetigiongfriebeng unb
alten tättidjen Übergriffen gufahen, „ohne ©timme ober fpanb ju erheben", blieb
alteg ruhig- ©obalb aber bie fft'atfjotifen fich für siRed;t unb bag ©efep jur
2öet)r festen, mußte ber &f entbrennen juerft in Söort unb ©djrift unb fcßtieß«
lieh und) burd) bie dat.
Qn biefen h'er furz gezeichneten Borgängen beg 16. ^afjtljunbertg liegt bie
Urfadje beg greulichen föriegeg, ber in unerhörter SBeife breiig 3af)re fQng unfer
beutfeßeg Batertanb oerfjeeren unb jum dummetptaß beutegieriger Abenteurer, jum
ßanfapfet frember (Eroberer madjen füllte.
%
2öie bei jebent Kriege müffen aud; beim dreißigjährigen Kriege Urfache unb
Anlaß augeinanbergehatten merben. der teßte ©runb maren potitifche 9Rad)tfragen.
„die [frage ber nach 1555 (Augsburger fRetigiongfriebe) erzielten unb noch fernerhin
1 ©tieöe, ft'ampf um Sonauroörtf) (1875) 1 5 ff.
6 Erfteä ftapüel. fßolitifdje uttb religiöfe Sage 2)eutfdjlanb0.
ermatteten SRadjterm etter ung ber ißroteftanten mar in bem großen ©treit ber Parteien
bie §auptfad)e." 1 ©S fonnte aber feine pofitifcße SRachtoerfcßiebung eintreten, of)ne
bie fonfeffionellen Serf)äftniffe in SJcitleibenfd^aft ju sieben, tueil bie föonfeffion ber
derritoria(f)erren beftimmenb für bie ber Untertanen mar: SBeffen baS 2anb, beffen
and; ber ©taube.
SBie bie Urfadje, fo mar aucf) ber entferntere unb nähere Sfnfaß gunt dreißig*
jährigen Kriege äunädfft eine pofitifcße 9Jiad)ttierfd)iebung.
der entferntere Sfnfaß mar bie ©innafjme Oon donaumörth bnrd) ben
§erjog RJajimifian non Sapern am 17. de^ember 1607. 2ffS baprifcßer |)iftorio=
grapf) pat fid) aucf) Qafob Salbe mit ber fjrage nad) bem llrfprung beS dreißig*
jährigen Krieges befdßiftigt. ©r fief)t in ber ©innahme non donaumörth bie SBurjel
beS dreißigjährigen Krieges. die ReicfjSftabt donaumörth — fo führt er auS — fjatte
im Qaf)re 1607 ^er^og 9J?ap oon Sapern im Auftrag be§ 5?aiferS jur ©träfe für
ifjren Ungeporfant gegen ben fö'aifer mit gemaffneter £>anb eingenommen. die ©tabt
mürbe bem §erjog afS ißfanb jugefprocpen, bis ber Äaifer bie $riegSfoften be^apft
f)ätte. diefe Übergabe erregte Reib gegen ben dürften unb §aß gegen bie Äatpofifen.
denn bie übrigen ReicpSftäbte mürben Oon donaumörtp aufgeftadjeft, meil eS fid)
um gemeinfame geuerSgefapr panbfe. SUtf aßen folgenben Reichstagen brach ber
©cpmerj ber ißroteftanten über biefe Sergemaftigung oon neuem foS. 2Ber foßte eS
glauben, bie 3urüdbepaftung donaumörtpS burcp Sapern mar bie ^aupturfacpe
biefeS dreißigjährigen Krieges, daher fam eS, baß bie erbitterten dürften fid; auf
Rüftungen oerfegten, bie reichen ©täbte fid) üerfdjmoren, baS gegenfeitige Vertrauen
Oerforen ging unb bie ^atpofifen ben ©oangefifchen, aber nocp oief mehr biefe ben
^athofifen mißtrauten2, diefe darfteßung SafbeS ift nur teifmeife gutreffenb, bie
Urfad)eu liegen tiefer, reichen meiter jurüd unb hätten auch opne donaumörth
fchfießfidj jum Kriege führen müffen. Richtig ift, baß ber £ampf um donaumörth
ben Angriff befdhfeunigte. durch bie ©innahme oon donaumörth (1607) erhielt
bie aggreffioe ißolitif ber ^fäfjer mieber Obermaffer. daS geigte fid) auf bem ReidjStag
ju RegenSburg (1608) 3. @S gelang ben ^fäf^ern, im -fpinbfid auf donaumörth
mieber aße ^roteftanten, auch ©acpfen, gu einigen unb jur Sfnnapnte beS Oon ©acpfen
befämpften pfäfjifchen ©runbfaßeS ju bringen, bie Sercißigung ber dürfenfteuer oon
ber Sefriebigung ber proteftantifcßen Sfnfprütße abhängig ju madjen. „der Sorfcßfag
ber ©achfen ging oon ber Unterfcfjeibung jmifchen friebfertigen föntpolifen unb ^efuiten
auS. da, mie fie meinten, bie Qefuiten madjfenben ©inftuß am faiferfidjen £>of
unb bei fathofifdjen dürften gemännen, ipr unoerrüdteS 3iet aber bie Zertrümmerung
beS RefigionSfriebenS fei, fo müffe afS Sebingung jeglicher ©teuerbemißigung ge*
forbert merbeu, baß erft ber RefigionSfriebe im Reid)StagSabfcf)ieb förmlich beflätigt
unb bie Seftreitung feiner unüerbrücljfichen ©eftung in Sücßern unb ifkebigten unter
©träfe gefteßt merbe."4 ©cpließfid) oerließen bie ^Sfäfger unb ißr Sfnßang ben
ReidjStag, unb fo mürbe baS feßte Organ ber ReicpSterfaffung, ber Reichstag, fapm*
gelegt, der nädjfte ©dpritt mar bie Silbung einer friegSbereiten Partei, um auch
gegen ®aifer unb Reich bie gorberungen ber Sßroteftanten burdjjufeßen, mie man
bieS fdjon früher üerfudpt fjatte.
daß bie ®atf)ofifen auf bem Reichstag oon RegenSburg auf eine ©rmeiterung
beS SlugSburger RefigionSfriebenS unb auf bie Ser^icptfeiftung ber feit 1556 entrifjenen
£ircf)engüter nid)t eiitgepen moßten, rechtfertigt ein ßeroorragenber ©efdjichtfdjreiber
1 Sfitter, ®eutfd)e ©efcpicpte II 225. 3 Sgl. 3 a tt ff e n* ip a ft o r , ©efiß. be§ beut=
2 93 a d) , Sofob Salbe. Interpretatio Soranii fcpen Sollet V16 (1902) 304 ff.
de cursu Historiae Bavaricae (1904) 120. 4 fRitter a. a. D. II 224.
iRüdblid auf baS 16. ^al)rt)unbert. — Urfactje uitb Ütntafj be§ ^reifjigiäfjrigeit Krieges. 7
btejer 3eit mit ben SBorten: „2öogu fonnte ihnen [beit ßalljolifen] ein Vertrag
bienen, menn if)re ©egner in einem Eltern erflären : 2öag mir eud) genommen haben,
bemalten mir, unb mag mir eucf) nodj nehmen fönnen, bag merben mir nehmen.
Qm oorfjinein ermeitern biefe ihr fdeformationgredjt nidjt blofj auf ihren gegen*
märtigen 23efij3, iticfjt bloji auf bag, mag ihnen burdj ©rbfdjaft gufaden fönnte,
fonberit aucf) auf bag, mag ihnen ,auf anbere fffieife* ju teil merben mürbe. (Diefe
,anbere 2Beife‘ mar eg, meldje ifjnen gum S3efi^ fo Dieter reidjgunmittelbarer fSigtiimer
Oerljolfen f)atte; biefelbe , anbere 2öeife‘ mar eg, meldje fte erft oor furgem in ber
©üfularifierung non Sturlöln nerfucf)t Ratten unb bie, nadt fjerauggefagt, nidjtg alg
©emalt mar. Unb nun bebenfe man, bafj bie Urheber unb Vertreter ber pfälgifdjen
Qnftrultion, ädänner mie ©amerariug, ißleffen, oor allem aber ber Qiirft ton Slnljalt,
fic^ nidjt entblöbeten, gegen Qefuitigmug, papiftifdjen ®efpotigmug, gegen ben ge*
loaltfamen Unterbrüder ber ,etangelifd)en 23atjrt)eit‘ Qerbinanb oon ©rag gu bonnertt,
fie, bie bocf) ©runbfälje aufftedten, in benen ber ©emiffengfreifjeit beg 35oIfe§ minbefteng
ebenfomenig Ütedjnung getragen mürbe, alg bieg bei jenen ber Qad mar, metdje fie
nidjt mübe mürben gu oerläftern unb an ben fßraitger gu fteden."1
©in 23eifpiel, mie aug ben fßfälger Greifen bie Qefuiten atg bie eigentlichen
Qriebengftörer oerfdjrieit mürben, bietet ber 23rief beg ©rafen SSilljelm ton 9iaffau,
batiert ^peibelberg, 25. Qanuar 1608, an feinen 3>ater ©raf Qofjanneg: ,,©g ift flarer
alg bag dageglidjt, bafs bie Qefuiten (bie fdjeufjlidjfte Stdeufcfjenart, bie ber Teufel
felbft gur ©tülge beg finfenben )]3apfitumg aug ber §öde gerufen fjnt) nur eing er*
ftreben, nämlidj ben Qrieben gu oernid)teu unb SDeutfdjlaub in einen furchtbaren
$rieg gu üermicfeln." Qunt föemeig fügte er bie angeblidjen Söorte eineg jefuitifchen
fö’angelrebnerg an: ©inb mir ßatljolifen nidjt geriiftet mit ©elb, ©olbaten unb
SBaffen? 2Bag gögern mir nodj? Söarum erheben mir ung nidjt, bie .päretifer mit
©tumpf unb ©tiel auggurotten?2
Slm 4. äftai 1608 brachte ber ißfälger Äurfürft Qriebridj IY. bie Union gu
ftanbe. ©g traten bei aufjer ^urpfalg: fßfalg-Dieuburg, 33ranbenburg*2tnsbadj unb
Sapreuth, Söürttemberg unb 23aben*®urladj; etmag fpiiter Sturbranbenburg, Reffen*
Staffel unb bie ©täbte ©trafeburg, Nürnberg unb Ulm. ©rft ein Qafjr fpiiter, am
10. Quli 1609, mürbe gur Slbmeljr ber oon ber proteftantifdjen Union brohenben
©efahren bie fadjolifdje Union gegrünbet, bie fpiiter ben kanten Siga erhielt. Qn
biefer fatholifchen Union oereinigten fich £)ergog Sdaj; oon Söatjern unb fieben geift*
liehe Qürften, Söürgburg, Stonftang, Sluggburg, ©rgljergog Seopolb alg SBifdjof oon
©trafjburg unb ^Saffau, Stegengburg, ©dmangen unb St'empten; einen üütonat fpüter
fchloffen fich bie brei geiftlidjen Sturfürften unb ©rgljergog Qerbinanb oon ©teiermarf
an. Slnfnüpfenb an frühere SBerfudje fdjlof? bie proteftantifche Union am 11. Qe*
bruar 1610 ein förmlidjeg Sitnbnig mit Qranfreid)3. ßmei Qafjre nacf) ber ©rün*
bung biefer Union fädte ber Sturfürft oon ©acfjfen am 18. üülärg 1610 über bie
bigherigen ©rfolge bag Urteil: „®er oon ben linierten angegebene Qmed ber Union :
©rleidjterung ber Sonaumörther 3)rangfale, Qriebe im fHeidj, ißeförberung beg
eoangelifchen Söefeng, ift nidjt erreicht, bie Union hat bie eoangelifdje ©adje oielfadj
in größere ©efahr gefegt, ©g liegt am Sage, bafj ber Union ganje Qntention allein
bahin geht, ben faiferltcfjen befreien nicht gu parieren. ®ah, oeranla^t burdj bag
1 ©inbell), Stubolf II. 1 (1862) 160. Bur
Süuftration biefer 2Borte mag beigefügt merben,
bah bon 1602 bis 1618 ber fatf)oIifcf)en ®ird)e
nod) fünf Bistümer entzogen mürben: Stamin
1602, ©djmerin 1603, Sübed 1607, 31abeburg
1610, §alberftabt 1616 — ade burd) proteftan*
tifebe g-ürften unb grinsen. 9titter a. a. 0.
II 420.
2 £ateinifd)er SBortlaut bei ©trübe, 9(uS*
fübrlicbe ^tftorie ber 9{eIigionSbefd)merben I
(1722) 427 f. 3 über frühere Skrfudje bgt.
Sutfjr, Sd’uitenfabein* (1904) 163 f.
8 SrfteS Äapitel. SoIitifd)e unb religiöse Sage $eutfd)lanb3.
beginnen ber Union, bie ®atf)olifd)en fich aud; gefaxt machen, ift ihnen nicht 311
Derbenfen." 1
3luf eine 9iecf)tfertigungSfd)rift ber Union antworteten am 30. 1610 brei
nicf)tfatholifd)e dürften, ^er Äurfiirft non ©adjfen, ber £>ergog §einricf) Julius 001t
Sraunfcf)Weig unb ber Sattbgraf Subwig Don £>effen*Sarmftabt u. a. : „GS liegt jjept
am Jage, bap bie Union, bie Aufwedung frember Potentaten unb bieS oorftepenbe
ÄriegSwefen eigentlich unb allein baf)in gerietet ift, ben Sefreten beS föaiferS nicht
gu gehorcfien unb bie fatpolifchen ©tänbe heimgufudjen."2
©djon im ^apre ber Grünbung ber Union patte fid) bei ben Pfälgern baS
©treben nad; ber böhmifchen ®rone funbgegebett, unb ber ©treit um biefe ®rone
füllte bann ben nädjften Anlap gum Kriege geben3.
$n Söpmen hatten bie proteftantifdfien Abeligen eine immer brohenbere Haltung
gegen ben Äaifer angenommen, ©ie warteten nur auf eine Gelegenheit, bie böpmifdje
förone einem proteftantifepen dürften aufs ^aupt gu fepen. Siefe Gelegenheit boten
ihnen bie befannten, Dollftänbig rechtlichen SRapregeln gegen ben Sau proteftantifdjer
Kirchen auf bem Gebiete fatpolifcper geiftlicpen Herren4. Gin podjDerräterifdjer
ÜRorb an ben pöcpften Seamten brachte bie Abfidjten ber böhmifchen Sefenforen mit
fchredticher Seutlicpfeit an ben Sag. 3uerft tooUte man bie beiben Statthalter in
ber föniglichen ßanglei nieberftechen, bann aber wählte man ben barbarifepen „alten
Sraucp" unb ftürgte fie am 23. ÜDtai 1618 aus ben genftern hinunter in ben Surg*
graben. Sie ^Rechtfertigung beS ÜRorboerfucpS enthält bie offene Grflärung beS
Aufruhrs, unb nunmehr beginnt bie offene Serbinbung mit ber proteftantifepen Union.
Sie Union begnügte fidj nicht allein bamit, bie böpmifdjen fHebellen aufgumuntern,
fie oerbürgte fich für eine Anleihe Don 200000 Gulben an bie Gmpörer (Quni 1618).
SaS (paupt ber Union, g-riebrid) Don ber Pfalg, nahm bann bie Don ben Aufrührern
angebotene, nicht erlebigte böpmifdje $rone an. Gr erflärte babei feierlich: „2öir
bezeugen aber babei nodjmalS mit reinem Gewiffen, bap, im galle wir einige SRittel
ober Gewippeit gefehen, burd^ unfere Üiepubiation biefer unfelige $rieg in continenti
gelegt, ber eble f^rieb gugleicp mit Seftanb erhalten, aud) beffen allen baS gange
römifdje Üteidj genugfam hätte Derfichert werben fönnen, bap unS alle ber Söelt Gpr
unb Gut nicht Derleitet höben füllte, fonbern wir wollten aisbann nicht allein bie
offerierte ®ron auSgefcplagen, fonbern auch nodj unfer äuperfteS Vermögen bagu
gern angewenbet hoben/' Ser proteftantifdje £)iftorifer ©enfenberg, beffen ©pmpatpien
ben Gebellen mehr gehören als ihren Gegnern, urteilt über biefeS ©djreiben: „^ft
eS möglidj, Gott gum $eugen gu nehmen, man höbe nicht nad) Grhöhung getrachtet,
mau höbe nicht» beSpalb praftigiert, wenn man bodj felbft beS Gegenteiles fich &e*
wupt ift? SBenn ^riebridj biefen AuSbrud feines SRanifefteS felbft gelefen unb
alfo gebilligt hot, war nicht bieS allein genug, um bie ©träfe ber fälfdjlich an*
gerufenen Gottheit auf fein §aupt perabgugiepen?"6
Gine Abmapnung ber fünf Ä'urfiirften, alfo aud; ©achfenS unb SranbenburgS,
Dom 26. Oftober 1619 an griebrid) Don ber Pfalg hebt peroor: „Sie Grotte Don
Söpmen ift nidjt erlebigt. Sen ©tänben Don Söhnten fiept nicht baS Redjt gu,
auS eigener SRacpt ihren gefrönten uttb anerfannten föönig wieber gu üermerfen.
1 Sitter, 93riefe unb Elften jur ©efdjidjte
be§ Sreifjigjäfir. ®riege§ III (1877) 209 2. Sgl.
Sitter, 3)eutfd)e ©efd)id)te II 247 ff 332.
2 ©enfenberg, £äberlin§ SenereJeutfdie
9{eicb»gefd)id)te XXIII (1792) 288.
3 Sfaljildje 2(u§blide nad) Söfjtnen batieren
fdjon bom ^afjre 1605, alfo nod) nor bem
$ouantbörtf)er ßreigui§. Sgl. .spiftor. 3eitfd)r.
LXXIX 241 ff.
4 Säffereö iutjr, Sefuitcnfabeln4 167 ff.
5 ©enfenberg, ^äbertinS teuere Seutfcfje
9ieid)§gefd)id)tc XXIV (1793) 388 2(.
SUicfblicf auf ba§ 16. 8af)rf)unbert. — Urfacfje unb 2fnlaf) be§ S)rei§igjäf)rigen Krieges. 9
Kurpfalg ift oon bem Kaifer nidjt offenbiert morben. gerbinanb mirb fid) fein ©rb>
fönigreid) nidjt aus ben (pänben reihen faffen, fonbern baS Sufferfte babei auffehen.
Jie ffteidjSftänbe werben if)n babei nidjt hilflos taffen. 21uch anbere Potentaten,
bie bisfjer ber Sache gugefetjen, merben ber gefätjrlidjen Konfequengen halber biefen
9)?obum nid)t gut^ei^en, fonbern als in gemeinfamer ©efaljr bent Kaifer bie (panb
bieten. 21uS meinem allem bann ein foldjer allgemeiner Krieg unb 21ufftanb im
9ieicf) fid) ergeben unb begeben möchte, baff öon bem erfcfjrecflidjen Slutoergiefjen,
2anb« unb ßeute*23erberben unb beffen 23erurfacf)ern bie ^piftorien gu reben haben
merben, folange bie Sßelt fteljt."1
211S bann griebrid) bie 91nnaf)me ber böfjmifchen Krone in einem offenen 21uS<
fdjreiben oerteibigte, erlief) gerbinanb II. eine proteftation, in roeldfer er ben
©harafter ber Jefenfion betont unb ben 23ormanb ber Religion entfcfiieben gurüd=
meift. „|)ierentgegen uns gang fchmerglicf) gu ©ernüte gefjt, maS bigfjero burd)
fBerurfadjen etlicher meniger SSibermärtigen, fo unter bem Hantel ber Religion if)re
abfdjeuliche Rebellion bebeden, unfern armen Untertanen für 23ebrängniS an Seib
unb ®ut oon beS einen unb beS anbern JeileS KriegSüoIle gugefügt mirb: 211S
begeugen mir hiermit gleichfalls, baff mir an allem bem unfcfjulbigen 231ute, 21rmut
unb 23erberben, fo biefer leibige Krieg, babei niemanb mehr als mir ©dfaben leiben,
meil eS um unfer £anb unb Seute gu tun, oerurfadjt unb auch ferner mit fid)
bringen möchte, unfcfjulbig fein roollen, fintemal mir oor ©ott in unferem chriftlichen
©emiffen beffen unS mohl befriebigt finben, bah tuir gu allem foldjem Unheil leine
Urfadje gegeben."2
gn bemfelben 21ugenblid, in meldjern bie Böhmen, Mähren, Scfjlefier, Ungarn
bie gähne beS 91ufruf)rS gegen ihren redjtmähigen gürften erhoben unb bie gadel
beS Krieges entgünbeten, erhoben fie gegen bie gefuiten bie 21nflage auf (Störung
beS griebenS. Sie blieben auch, gleich bem SBotf in ber gabef, nicht bei ber 2ln*
Hage beS SBaffertrübcnS ftehen, fie festen ihre SSorte in Jäten um. üöenige Jage
nad) bem genfterfturg oermiefen bie böhmifchen Jireftoren in „unerhörter Kühnheit
ben fatholifchen (Srgbifcfiof, bie 21bte non Straljom unb oon ißraunau unb anbere
Prälaten aus bem Sanbe unb fanbten in alle Greife eine fdiarfe . . . ißerorbnung
gegen bie gefuiten. J)aS Jefret ber Stänbe ift Oom 9. guni. So muhten bie
gefuiten ihre Kollegien, bie fie gu Prag, Krumau, 9ieuf)auS (unb ©la^) hatten, aufs
fchleunigfte räumen unb binnen 14 Jagen auS bem gangen Königreiche meidjen.
ÜUidfeljr mürbe ihnen bei JobeSftrafe oerboten. 2öer einem gefuiten 21ufentf)alt
geftatten ober für fie gürbitte einlegen mürbe, follte als geinb beS ißaterlanbeS
geachtet fein"3, ißon biefen Gebellen mürben bie gefuiten befc^ulbigt, bah fie „21uf=
rühr unb ©mpörung anridjten, bie Obrigfeiten miber bie Untertanen unb fjergegen
bie Untertanen miber bie Obrigfeit aufgemiegelt, bie Könige unb ©efalbete beS fperrn,
bie ihren böfen fRat ©otteS unb ©emiffenS halber nachgufolgen immer Scheu ge=
tragen, einem jeglichen Jotfdjläger angutaften erlaubet"4.
Jie möhrifcfjen „ J)ireftoren" Überboten nodj ihre böhmifchen 23rüber an ©ifer
gegen bie gefuiten. 21m 6. ÜOiai 1619 geboten fie ben gefuiten, fie füllten fiel) „auS
biefem äftarfgrafentum Mähren hinmegpaden, unfer liebes SSaterlanb fliehen unb
meiben. 2Bofern aber einer fid) ferner mürbe finben taffen, berfelbe foüe ohne alle
©nabe unb rechtliches fßerljör am Seben geftraft merben". Jie fdjlefifdjen gürften
unb Stänbe, bie einen palt mit ben böhmifchen Gebellen gemadjt hatten, erliefen
1 Londorp, Acta publica I (1627) 684. 23öf)men I (1844) 340. 211. ^roefj, ©efcf).
2 @6b. II 439. ber böf)mifcf)en ißrobinj ber ©efeüfcfjaft 3lefu I
3 Sßefcfjef, ©efcf). ber ©egenreformation in (1910) 907 ff. 4 f)3efd)ef q. q. 0. I 342.
10 • ©ifteS Kapitel. fßolitifdje unb religiöfe Sage $eutfd}IanbS.
am 24. ^uni ein patent jur Slugtreifcung ber ^efuiten, meil bag ^Srafti^ieren unb
Verfolgen berfelbett offenbar itnb am Stag fei. Sin bie fßatreg erging ber Sefeljl,
bei £ei£>- unb SebenSftrafe aug bem Sanbe ju meinen, an bie ©inmofjner bag Serbot,
tfjnett Unterfcfylupf ju gemäßen, bei Serluft öon §ab unb ©ut1.
®ag mar bag Sog ber ^efuiten im Stnfange beg SDreifeigjä^rigen Krieges. ®ie
Qefuiten f)aben bie böljmtfdjen sperren gemiji nid^t jum SüRorböerfudj gegen bie faif er¬
liefen Beamten gebrängt, unb alg bag ©räjiltcfje gefefefen, tonnten fie bod) rnotjl
feine Partei für bie SRörber ergreifen. SDaff fie fdfon im ^ntereffe beg SRecfjteg,
fomofjl beg faiferlicfen alg beg irrigen, entfdjiebeneg SSorgefen gegen bie fRebellen
münfd) ten, fann ifjnen nidjt oerargt merben, nadjbem eg einmal fo meit gefommen 2.
fffiäfrenb bie Stimmung meiter proteftantifefer Greife beim Slugbrud) ber böf-
mifdfen Sebellion bie auggelaffener greube mar3, ferrfefte bei ben ^efuiten alleg
meniger alg Übermut. ®er ©erteral Sitellegdji gab am 23. ^uni 1618 in einem
Sörief an ben fßroüinjial ©eorg fRumer feinem Sdjmerje unb feiner Söeforgnig Slug*
bruef über biefe traurigen ©reigniffe, beren ©nbe ft cf nidf)t abfefen taffe ; er empfieflt
eifrigeg ©ebet, bafs ©ott alleg jum beften lenfe. Qn äfnlicfem Sinne fcfreibt er
unter bemfelben SDatum an P. Valentin ©oroniug4. ©in ^afr fpäter, am 15. ^uni
1619, rief tete ber ©eneral ein fRunbfcfreiben an bie ganje ©efellfcfaft, in melcfem
er ju ©ebet unb Suffe aufforbert, um bie großen ©efafren oon Söfmen unb SDentfcf--
lanb abjumenben5.
©ntfefieben für bie ^efuiten trat ^erjog SRagimitian oon Sofern auf. ^n
bem Sefcfeib tiont 24. Quli 1618 tief er bie böfmiftfen Stänbe barauf aufmerffam
maefen, baf bie Qefuiten burcf ben ^aifer gtrbinanb mit beg ganjen Sanbeg Ser-
1 L o n d o r p , Acta publica I 427 f.
2 Stau beruft fid) bielfad) auf eineu Vrief
beS P. 91umer auS ißaffau au P. Samormaini
in ©rag. 2)iefer Vrief inurbe abgebrudt in ber
Vrager glugfdjrift „§ufitenglocfe" unb in ber
„©rofjen ober anbern Slpotogia ber Vöf)mifd)en
©tänbe sub utraque" (394 f), beibe auS bem
gafre 1619. Scanner antwortete in ber Apo-
logia auctior (85 ff), baf? er nod) nidjt tniffe,
ob ber Vrief ed)t ober wenigftenS ofne frembe
Sufäße fei. ©ollte ber Vrief ed)t fein, fo be=
weife er bod) nid)t, was bie ©egner loottten.
Senn eS »erbe barin bie Hoffnung auf Erfolg
auSgebrücft, toenn gegen einen fffeinb, ber fdjon
in SBaffen ftelje, aud) mit 2Baffengewalt bor-
gegangen toerbe. Übrigens feien alles perfön-
lidje SBünfcpe unb Meinungen eines einzelnen,
aud) wenn eS fjeijje, bafj jefet bie geiube feIbft
bie ©elegenfjeit perbeigefüljrt, ipneu bie bem
Trieben beS SanbeS fo fd)äblid)eu ißrioilegien
gu entgiepen. 9)tit SRedjt betont Sanner, mie
bie ©egner eS bann bod) magen bürften, bie
Vertreibung ber Sfefuiten mit einem Vriefe gu
rechtfertigen, ber erft n a d) ber Vertreibung ge-
fdjrieben fei. Über ben Vrief SRunterS fcfreibt
P. Valent. EoroniuS an ben ©eneral auS SBien
am 20. Oft. 1618: Litteras R. P. Y. 15. Sept.
dat. accepi, ad quas rescribendum nihil occur-
rebat nisi quod litterae P. Provlis (Rumer)
ab aequo lectore lectae reprebendi quidem
non possunt; ab iis vero, qui omnia nostra
sinistre accipiunt, male explicantur. Sie Vöfp
mett pätten mieberum eine (Schrift perauS-
gegeben, in meldjer fie unter ben Urfadjen für
bie Vertreibung ber ^efuiten aud) biefen Vrief
anfüprten. Sie ©cplefier gäben unter ben ür-
faepen für bie Unterftüßung ber Vöpmen an,
baß fie einen Vrief eines ^efuiten gefep en, auS
bem Har perborgepe, bafj eS fid) um einen 91e=
ligionSfrieg panble. Sie Sage in Vöfmen unb
VSien ftelfe oergtoeifelt. Has calamitates R. P. V.
volui (quod dolens feci) insinuare ut eo magis
communibus precibus Soctis R. P. V. nos ad-
iuvet ut bonus Dominus qui suos castigat
sua sancta consolatione etiam ditet. * Orig.
Über mtbere Ulnflagen gegen bie gefuiten wegen
Verlegung beS SJtajeftätSbriefeS ufw. f. Sufr,
^efuitenfabeln4 160 f.
3 ©o g. V. in Erfurt. VitelleScfji an Ea-
linuS in Erfurt, 29. ©ept. 1619. * Drig.äReg.
Ad Rhen. 4 * Orig.-Veg. Ad Austr.
5 * SBien, ©efj . ©taatSard)io, ©eiftl. Slrdjiö
91r 488. Slud) fd)on üorfer war bie Stimmung
ber gefuiten bielfad) eine fefr gebrüdte. 2luS
9lnlaß ber Vorgänge in ©cflefien fdjreibt g. V.
P. 3°f)- $eder am 18. 9Joü. 1612 auS ©rag
an ©tobaeuS : Res ista vereor ne longius ser-
pat et ista prooemia quantum auguror tragi-
cam dabunt catastroplien. Scenam mox ex-
hibebit Moravia ; si illam bene novi, nec
conticescet Austria nisi de macliina succurrat
Deus et tragoediam nobis vertat in cornoe-
diam. Quod optare magis libet quam sperare
(Stobaei Epistolae 378).
Stücfbticf auf ba§ 16. 3abtf)unbert. — Urfacbe unb 9tntaf> be3 $reif}igjäbrigen &riege§. 1 1
midigung unb fräftiglid) oerfprodjenem ©chufj unb ©djirnt eingeführt, aud) im öffent¬
lichen SDrud befennen unb befenbierert, ben 2InberSgIäubigett müfje bie Streue bemafjrt
merbeu. 3tucf) ber größte Übeltäter fönne nach bem 9iaturred)t nicht berurteilt unb
eyeguiert tu erben, er fei juoor gehört unb legitim öerurteilt mürben1, ^n ber ^n>
ftruftion für feine ©efanbten, bie er auf Verlangen beS ÄaiferS ju ben griebeuS»
oerhattblungen an bie
©tänbe fdjidte, oer-
langte er unbebingt bie
fofortige fReftilution
ber Patres Societatis,
bie formlos offne ^3ro*
geh unb of)ne Vertei-
bigung geächtet mor-
ben; bergleicfjen i}3ro>
jeff fei felbft bei dürfen
unb Reiben unerhört.
@S fei funbbar, baf?
bie S’efcer jur Unter-
briidung ber fatfjoli-
fd)en Üteligion allent¬
halben fein größeres
.fpinberniS , bagegen
bie fatf)olifd)e9ieIigion
feinen befferen ©dftein
hätten als eben bie
Patres Societatis ; bie
Äefcer fähen eS nur
barauf ab, biefe Päch¬
ter uon bem ©cfjafftad
megjubringen, um fo
hernach beS©d)afftadS
äfteifter ju merben.
Söerbe bei einem or«
bentlichen ^Srojeh be-
funben, bajj einer,
mehrere ober ade in
bem einen ober anbern
©tüd fich uergriffett,
aisbann fode man
miber fie ihrem Ver¬
brechen nach mit oer-
bienter ©träfe öerfaf)-
ren. SIber bah ohne
Unterfudjung unb Urteil ein nidjt juftänbiger 9tidjter ejequiere, fei „miber adeS 9ied)t,
miber bie Vernunft, meldje fogar bie milben Stiere, gefdjmeige bie 9Henfd)eu gelten
laffen foden unb muffen"2.
$er ©eneval SßiteDeMji. Stich (5/s).
Stutograph ait§ einem Söriefe.
*
1 Gfjr. b’Eioert, SBeitere Beiträge jur @e- (1868)134. Sßgl. f|S. $b-SBolf, SJlagimilianl. IV
fdjidjtc ber böt»mifcf)en Sauber im 17. gatjrbimbert (181 1) 135. 2 ßeitfdjr. f. fatf). 3Tf>eoI. 1896,187 ff.
12
Grfied Kapitel, fßolitifcfje imb rcligiöfe Sage $eutfd)Ianb§.
$n ber gangen neueren (55efcf)icf)te gibt eS lein Veifpiel, bafg ein $rieg gmifdjen
ben 9LT2äcf)ten nur megen einer ^bee geführt tourbe; eS maren ftetS SBefi^fragen, bie
ben $rieg oerurfachten. Dicht anberS üerhält eS fiel) mit bem ®rei^igjiif)rigen Kriege.
„9?ic^t um ®ird)entümer, fonbern um $ürftentiimer unb Königreiche f)anbelt eS
fich, unb als ein DeligionSfrieg fann ber fjeillofe ®ampf, meldfer um baS ^afjr 1648
geenbigt mirb, nur infomeit gelten, als er freilief) aus ber Deformation peroorging,
als bie ftreitenben Parteien bie religiöfen ©efinnungen ber Dlaffen bei Veredlung
ihrer SIngriffS* ober SBiberftanbSfraft mit in Slnfdjlag brachten, als einzelne Streitenbe
roirflich burd) religiöfe Vemeggrüitbe gum ^anbeln getrieben mürben." 1
Vorbereitung unb SluSbrud) beS Kriegen fallen in erfter Sinie ber pfälgifdfen
Partei gur Saft. „®ie pfälgifdje Partei fonnte, §ugfeidf) im Vunbe mit ben Dieber*
lanben, im 3af)re 1613 burd) Sprengung beS DeidjStagS gu DegenSburg bie SD?a§fe
oöüig abmerfen. ®ie linierten ober fö'orrefponbierenben oermarfen bie ©eltung ber
Stimmenmehrheit auf Deicf)Stagen: in Vegug auf DeligionS» unb ©emiffenSfadfen,
KontributionS» unb ®ammergerid)tsfachen, Gß-emtionen, ißrioilegien, in Sachen, barin
oon beS gemeinen VaterlanbeS SBoIflftanb, |>eil unb Duhe gehanbelt mirb, in
Streitigfeiten gmifdjen Katholifchen unb ©oangelifdjen , Deid)S*&onftitutionen, Ver¬
trägen ber ©efcplechter, Verhanblungen unb Verbünbniffen. 2llfo mit einem SBorte:
in allem. Sprechen foldje gorberungen nicht jebern ftaatSrechtlichen ©runbfape gang
offen §ohn? Qft nicht burd) ihre Veljauptung baS Deich tatfädjlid) aufgelöft? ^ft
ein föampf gegen eine foldje frangöfifch=h°ltäubifche gaftion ein DeligionSfampf?"2
„®er nädjfte Urheber beS dreißigjährigen Krieges ift griebrid) oon ber )}3falg,
mit beffen KriegS§ug gegen ben Kaifer ber Krieg beginnt, die böhmifchen Unruhen,
oon benen man ihn auSgef)en läßt, mären entmeber frieblich beigelegt morben ober
hätten fich nicht über bie ©rennen VöhmenS oerbreitet, menn fyriebrid) be§ 2)reifronem
raubeS fiep enthalten hätte. ViS gu feinem KonfeffionSraechfel ftanb baS pfälgifdje
HauS mit bem Kaifer in gutem Grinüernehmen ; eS ermieS fid) ihm treu unb ergeben.
SCber genau oon ber $eit an, als eS fich 3um ©orte unb Vorfämpfer beS GaloiniSmuS
aufmarf unb feine ißolitif oon ©enf fich oorgeichnen ließ, ftellte eS fich in erfter Deifje gu
ben ©egnern ber Habsburger, ftrebte heimlich burch Siicfe unb Verleumbung bem Kaifer
ffeinbe gu erregen, mo eS fonnte, unb übte gegen Spanien offene ffeinbfeligfeit unb
©emalttaten. 9Jät meldjen Kriegs^ unb UntmälgungSplünen fcpoit güiebridjS Vater
(fyriebrich IV.) unb fein Datgeber (5hriftion oon Slnpalt fich trugen, mie beibe für
bie Slusführung berfelben gleich bon oornf)erein in einer für baS nationale ©efüljl
unb ^ntereffe oöllig rüdfidjtSlofen SBeife fich mit He>nrid) IV. oon granfreiclj in
Verbinbung fepten unb auf baS 3uftanbefommen ber oon ihm entroorfenen Union
proteftantifd)er dürften unter frangöfifchem Ißroteftorate losarbeiteten, liegt feit fordern
enthüllt oor. üffiie ber (Sntfcßluß, ben Kaifer gu befriegen, feßon bei ^riebrid) IV.
feftftanb, fo hatte ihn fein Sohn ebenfalls, unb gmar oier .^ahre üor bem 21uSbrucf)e
ber böhmifchen Unruhen, mithin unabhängig oon ber Annahme ber böhmifchen förone
erfaßt. 35en VemeiS hierfür bietet unS baS 9(ufforberungSfd)reiben, meldjeS ^rieb*
rieh V. im 3af)re 1614 oon Heilbronn burd) einen feiner diener an ©uftao Slbolf
gum Veitritte in bie Union unb gur tätigen Teilnahme an ben ©ntmiirfen ber oer-
bünbeten beutfehen dürften abfanbte. 51uS allem Slngefiihrten gel)t heroor, bap baS
pfülgifcfje Haa^ ben Eingriff fdjon feit degennien im Sd)ilbe führte."3
1 21. ÜJtiiller, günf Söiidjer Dom bö^mi= 3 911. ®od), ©efef). bc§ beutfdjen 91eid)e3
icfjeit frieg 1618—1621 (1841) xxxi. unter fgerbinanb III. (1865) in f. SB gl. ©in*
2 ßbb. xxxv. beit), ©efef). be§ ® reifeigjäf)rigert SriegeS IV
(1880) 3 ff.
fRücfbttcf auf bag 16. $3af)r^unbert. — Urfadje unb SInlafi be# $reifjigiäl)rtgen ffirtegeg. 13
Äurj: 9iitf)t megjufeugnenbe Xatfadjen erroeifen al§ le^te llrfacffen be§ ÄriegeS
bie ficf) an ben 2Iug§burger fReligion^frieben anfdfliefcenben 23efi|sfragen unb bie im
(£almni§mu§ auf§ äufterfte gefteigerte Slngriffgtenbenj, bie oor feiner ißerletjung non
®efe| unb 9iecf)t, aud) nidjt nor bem ©turj ber beutfdjen 9feid)3öerfaffung unb be§
beutjdjen 9feid)e§ gurüdfdjredte. —
®a3 Verhalten ber ^efuiten im Verlaufe be§ Krieges mirb un§ fpäter be=
fd^äftigen ; einftroeilen müffen mir baju übergeben, bie äußere @efc§id)te, unb jmar
junädjft bie Slusbreitung ber uerfdfiebencn Orbengpronin^en unb ifjrer Siieberlaffungen
ju fcfjilbern.
3 tu e i t e § Kapitel.
3)te n t eb er r ^ einif df) e Sßroirittg.
®ie beutfcßen Orbengprobinjen. — Umfang ber r^einifcfjen fßrobtnj. — SSerfcfjiebene
ißläne über ißre Leitung. — Steilung in nieberrßeinifdfe unb oberrßeinifcße ^rDDinj (1626).
— ®ie nieberrßeinifdje Probinj. — Sllte Kollegien: Köln (Sffen). — Xrier. — Koblenj.
— ^nlbegßeim (£>alberfiabt). — tßaberborn (galfenßagen , Sftietberg, Sippftabt , ®ort«
ntunb). — SRünfter (SReppen, ülecßta, Oftfrie»Ianb). — (Smmericl) (Xanten, SSefel). —
2lacf)en. — Steue SRteberlaffungen : ®üffelborf. — Ognabrücf (36urg, SSiebenbriicf, SRefle,
Ouafenbriicf). — Siegen. — §abantar. — Koegfelb. — Steuß. — ®üren (Sülicf)). —
SRünftereifel (Scfjleiben). — 33onn. — SRieberlaffungen im Storben: SRittben. — Jameln. —
Serben. — Stabe. - — ©oglar. — §amburg=Stttona. — Sübecf. — Bremen.
33eim Q3egimt beg 17. Qafir^unbertS gab eg im beutfcfjen [Reicße brei Orbeng«
prouinjen, bie rßeiitifcße, oberbeutfdje unb öfterreicßifcße fßrobinj; bie Kollegien unb
Siieberlaffungen in Oft« unb SBeftpreußen gehörten gu ben polnifcfjen fJSrooinjen K
3e nteßr bie fßrobinjen anmucßfen, um fo bringenbet [teilte ficf) bag 23ebürfnig ein,
biefetben mieberum gu teilen. Solche Leitungen fanten ju [taube bei ber rßeinifcßen
unb öfterreicfjifcßen fßrobinj; bei ber oberbeutfcfjen t^robinj blieb eg beim ^51ane.
®>ie rßeinifdje fßrobinj ßatte [icf) fräftig entmicfelt. 33on 381 SRitgliebern im
3a^re 1601 mar [ie im 3a^re 1609 auf 508, im Qaßre 1614 auf 579 unb im
Qaßre 1626 auf über 800 geftiegen2. ^mmer tbieber mürben neue SRieberlaffungeit
angeboten, aber mieberßolt marnten bie ©eneräle bor einem 3u°iel3. ©o fcßrieb
33itellegcf)i am 1. Quli 1626 an ben f|3robinjial Sabing: 93ei ber Slnnaßme neuer
Sßieberlaffungen finb jmei fünfte ganj befonberg ju beamten. 1. SDarf aug über¬
großem ©ifer, allen §u ßelfen, bie ©efeüfcßaft nicfjt an Orte gefettet merben, bie unferem
Qnftitut meniger entfprecßen; 2. [ollen mir nicßt mefjr 9£ieberlaffungen anneßmen,
alg mir mit tauglichen fßerfonen befepen fönnen. ltnb am 10. ^uni 1628 briicfte
SSiteUegclii bemfelben fßrobinjial feine bolle ßbftimmung aug, meil er gefcßrieben,
man müffe langfam unb nur mit großer Slugmal)! neue lieber laff ungen anneßmen,
aucß menn bebeutenbe ©infiinfte unb Stiftungen angeboten mürben4.
®ie rßeinifcße fJSrooinjialfongregatiou bon 1622 befcßloß faft einftimmig, beut
©eneral bie SBitte um Leitung ber ^robinj oor^nlegen. Über bie Slrt unb Söeife
ber Teilung, ob in eine linfg* unb recßtgrßeinifcße (cisrhenana unb transrhenana)
ober in eine ober« unb nieberrßeinifcße fßrobinj, ßerrfcßten große ÜSReinungsberfcßieben«
ßeiteu: für bie erftere Slrt ber Steilung [timmten 18, für bie leßtere 19 äRitglieber5.
1 Pgl. 33b I, <B. 92 ff. 2 Rad) ben Litt ann.
3 ®ie ©eneräle finb: Glaubiuä 21quaoiöa,
19. gebr. 1581 big 31. San. 1615 (©eneral«
üifar gerb. Silber) ; 9Rut. SSiteHeScpi, 15. 9tot>.
1615 big 8. @ept. 1644 (f 9. gebr. 1645; ©e«
neraltiifar Sari Sangro); 33inc. (Xarrafa, 7. San.
1646 bt:3 8. Su>ti 1619 (©eneraloifar glor.
be SRontmorenct)); granc. Piccolomini, 21. ®ej.
1649 bi§ 17. Suni 1651.
* * 0rig.=9leg. Ad Rhen.
5 ‘Original in ben Acta Congr. Prov. 1622
II 20.
8iücite§ Kapitel. 2)ie nicberrfjeinifdje ^roain.v Umfang ber rljcinifdjcn ^rooinj. 15
3n einem augfüfjrlidjcn ©utacfjten für beit ©eneral merbeit bie Sor> unb
9iad)teile ber beiben Setlungen augeinanbergeiegt. Sie Iinf3rl)einifd)e fjßroüinj follte
alle Kollegien biesfeitg be£ fH^eineö utnfaffen: ©djlettftabt, Sftolgffeint, Hagenau,
0peier, SBorntg, föoblenj, fö'öln mit ber fRefibenj Sonn, ütieuff, Srier unb ba§
Septenlrio
© © Hoc Signum Academiam \
5j- Uenotut
OHocCollpgiücum Oymnasio
O O Residentiam i’elrmßmnem
o Designaten qua? sperantur.
O Hamburg
O
Lüneburg
4.
O Larven bürg
Meridies
|Unn ber Leitung ber r^einifdjeu ^roDiitj 1622.
ffite $djreit>weife Lona fiit Lana, Herbipoli für Herbipolm ufro. faßt bem 3et$ner ber alten Karte jur Saft.
iftomjiat, enblidf ?ladjen; bie reditgrfjeinifdje Samberg, Söürjburg, $ulba, fjkberborn,
SDZünfter, £)ilbe§f)eim, £>eiligenftabt, Erfurt, Slfdjaffenburg. 2Bof)in ©mmerid) unb
Siiffelborf fomnten, mirb nod) nidjt entfdjieben. Sei ber anbern Slrt ber Seilung
erhält bie oberrfjeinifcfje ^roninj Samberg, SSürjburg, 2lfd)affenburg, ©djlettftabt,
SKolsfjeim, ^pagenau, ©peier, 2Borm§, 3J?ainj, ^oblenj, Srier unb ba§ Srierer
16
3tt)eite§ ftapitel. Sie nieberrtieiitifc^e JßroPinä.
9Joöijiat; bie nieberr^einifd^e 3tacf)en, Emmeridj, Tüffetborf, ffieufj, $ötn mit Sonn,
äftünfter, ^aberborn, |jitbeSf)eim, £>eitigenftabt, Erfurt, gutba. Tie fedjS Slfabemiett
fönnen nicf)t gteidjmäfjig »erteilt merben, bie eine ^rooinj mirb oier, bie anbere
jmei erhalten.
gür bie SIrt ber Teilung ift nicfjt allein mafjgebenb gemefett, fo betont ein
©utac|ten, bie gatjt ber ißerfonen unb bie ©röfje ber Entfernungen, fonbertt aucfj
bie gafjt ber Raufer unb infolgebeffen bie SDienge ber ©efcfiäfte. $ür bie Teilung in
eine tinfS* unb redjtSrljeinifdje ^rooin^ fpricfjt bie beffere SIrt ber fHefrutierung, bie
leichtere Vermattung, bie größere ©eetenfrucfjt megen ber ©pracfje. Sföegen ber
geringen gafjt ber $anbibaten, bie am Oberrfjein eintreten, mirb bie oberrfjeinifcfje
Vrooup ifjre oier Stfabemien aus eigener ®raft nicf)t Ratten fönnen, fonbern auS
anbern Vrooinjen tpitfe erbitten miiffen. Söegen ber Entfernungen unb befferen
9?eifegelegenf)eit fann ber fßroüinjiat bie fßrooins leichter »ifitieren. Tie ^rebiger
üotn Oberrfjein merben am 92ieberrl)ein gern gefjört unb gut oerftanben, fönnen atfo
and) mefjr mirfett 1.
gür bie Leitung in eine nieberrfjeinifcfje unb oberrfjeinifdje ißroüinj fpred^en
fotgenbe ©rünbe: 1. bie leichtere Vermattung unb ber leichtere Verfefjr megen ber
mefjr jufammenfjängenben Kollegien ; 2. ©pracfje unb SebenSroeife finb am lieber-
rfjein anberS atS am Oberrfjein. Von ben nieberrfjeinifdien Vauern unb ®inberit
merben Sßrebiger, $atecfjeten unb Veicfjtüäter oom Oberrfjein nicfjt oerftanben. $n
ben nieberbeutfdjen Kollegien mirb überall Vier getrunfen, bort merben Vutter
unb anbere ©peifen gebraudjt, am Oberrfjein mirb meift VSein getrunfen, Vutter ufro.
ift menig gebräucfjticf). Verfefjr unb Verbinbungen gmifdjen Siieberrfjein unb Ober*
rfjein finb megen ber Verfdjiebenfjeit in Efjarafter unb SebenSmeife nicfjt befonberS
grofj. ßötn fjat großen Verfefjr mit SBeftfalen, unb ntandje feiner beften 5am^en
flammen auS SBeftfaten; eS üerfefjrt aber menig mit bem Oberrfjein, mit SluSnafjme
ber reichen SSeinfjänbter, bie oom Oberrfjein bie feinen VSeine bejiefjen2; 3. ber
Däeberrfjein umfaßt äufammenfjängenbe Territorien; bie |jauptpoft für ben ganzen
SJieberrfjein ift Ä'ötn, für ben Oberrfjein ©peier; 4. bie firdjfidje unb bie politifcfje
Einteilung (meftfätifdjer ÄreiS) erftreden ficfj über beibe Ufer beS VfjeineS; baSfetbe
gilt oon ben VrDütn5en ber anbern Orben, nirgenbS finbet ficfj bie Einleitung oon
tinfS* unb redjtSrfjeinifcf) 3.
Tie Teitung fam nodj nicfjt juftanbe, benit VitetteSdji antmortete am 31. Te=
jember 1622: Ta bie fatfjotifcfje ^ircfje am ttffjein grofje ^ortfdjritte üerfprecfje unb
fomit audj ber ©efettfdjaft fiel) ein größeres SfrbeitSfelb bieten merbe, fei eS beffer, bie
neue Entmicffung abjuraarten unb bann erft ju teilen, bamit nicfjt halb mieber
geänbert merben müffe. ©päter merbe ftcfj and) ftarer geigen , roetdjer oon ben
beiben Teilungen ber Vorzug ju geben fei4.
Söeit bie Verfjaltniffe immer mefjr gitr Teilung brängten, fpradjen ftcfj bie 1626
in Vfainj oerfammetten Vn^re§ mieberum einmütig für bie Teilung auS unb baten
ben ©enerat, bie näfjeren Veftimmungen ju treffen, ^n feiner Sfntmort oom
23. ÜDJai 1626 briiefte VitetteSdji bem ^prooingiat Vaoing feine grofje $reube barüber
auS, bafj bie fdjmierige Verfjanbtung mit fo grofjer fffufje unb Siebe oor ficfj ge*
gangen5. Stuf bie mir jur Entfdjeibung oorgetegten fragen antroorte idj : 1. Tie
1 * Original in b. Acta Congv. Prov. 162211 24. 3 * Original in ben Acta Congr. Prov. 1622
2 93eigefiigt toirb al3 ©runb fjierfür: cum II 26 f.
Colonia rubellum tantum propignat, albo vino, 4 * Original ebb. II 38.
sicubi circa Coloniam nascatur, vix bonam 3 Sitjnlidj an ben ißroPinjiat Sopper am
aliquam notam merente. 22. Slnguft 1626. * Orig.*9teg. Ad Rhen.
Reifung in nieberrfjeinifd)e unb oberrffeinifcpe ißroötnj. — Kollegien: Äöln (Sifen). 17
Steilung fott fobalb atg möglicf) ftattfinben; 2. trop ber entgegenftefjenben ©utadjten
fcfjeint mir bie Steifung in eine oberrfjeinifcfjc unb nieberrfjeinifdje fJSrooins ben
SSorjug ju Derbienen. Um bie Ungleichheit für bie nieberrfjeinifdje ^roninj ju tjebeu,
billige id) gern ben Sorfdjtag, itjr bag ganje Strierifdje ©ebiet beijufügen. 2S3eit
aber fo bie oberrfjeinifdje )J3roüin,$ fein SZoDijiat fjat, foden alle Stooijen, big 51t
SDZotgfjeim ober anbergroo ein eigeneg SßoDijiat errietet mirb, im Strierer Dionijiat
bleiben. (Sine ©ntfdjiibigung für bag SZoDigiat an bie oberrtjeinifdje ißroDinj 311
Satjten, fdjeint nidjt notmenbig, ba ja, roie bie oberrtjeinifdje bag SZooijiat, bie
nieberrljeinifdje faft alle Seminare für bie Scfjotaftifer (®ogma, 9)forat, Humanität),
bie in ber oberrfjeinifdjen ^ronin^ oerbfeiben, Dertiert. Söeif jebod) ade ju 9fat
gezogenen ^atreg fid) für eine ©ntfdjäbigung auggefprocfjen, fo beftimme id), bafj
aug ben ©infünften beg Strierer ^iooijiatg mätfrenb jetjn fahren ber oberrtjeinifdjen
jätjrtid) taufenb @u(ben gejault merbeit. ®a nunmehr ber Steilung nidjtg metjr im
2Bege ftetjt, mögen ©m. jpodjtoiirben nad) ©mpfang biefeg 93riefeg bie Seitung ber
oberrfjeinifdjen ^rooinj bem P. ^;of). ©opper übergeben, Sie fetbft aber bie Seitung
ber nieberrtjeinifcfjen ^rooinj befjatten1.
Stie Leitung erfolgte bereite am 22. ^uli 1626. SDer nieberrf)einifd;en fßroDing
mürben 406 SÜZitgtieber ungeteilt, unb Don ben 22 Kollegien erhielt fie 10, unb jmar
bie am 9Zieberrf)ein, im Strierifdjen unb SBeftfaten, aufjerbem nodj bie Üiefibenjen
Sonn, Sippftabt, Söarenborf, Xanten, 9Zeufj unb ad)t 9JZiffionen2. —
Söemt mir nun baju übergefjen, einen Slid auf bie ©ntmitftung ber einzelnen
föodegien unb SZieberlaffungen ju merfen, müffen mir ung megen ber großen gafjt
berfetben notmenbigerroeife eine gemiffe Sefc^ränfung auferlegen; eine lüdentofe St)ar=
fteüung ift bjier unmögtid), nur einige SDaten unb 9iid)tlinien fönnen geboten roerben.
2öir beginnen mit ber nieberrtjeinifcfjen ‘prooinj, unb jmar mit ben alten ßodegien
unb DZiebertaffungen, benen fidj bann bie ÜZeugrünbungeti burdjgefjenbg nad) bem
3af)r i^rer ©ntftefjung anreifjen foden3.
* *
2)ag elfte ^efuitenfodeg auf beutfcffem Soben, in itöln, ^atte ficf) im 16. 3a^r*
fjunbert trop großer äußerer unb innerer Sdjmierigfeiten ju einem bebeutenben SoU=
merf ber fat^ofifcfjen Sacfje entmideft4. SDag neue ^Q^^DDbert brachte Dor adern
eine feftere finangiede Unterlage bnrdj bie greigebigfeit beg baprifdjen gürftenfjaufeg
unb anberer SBoljftäter. Sdjon im 3a^re 1611 ^eic^ten bie ©infünfte für ben
Unterhalt ber bamafg im $odeg befinbfidjen 40 ißerfonett5. Siete ber früheren
Sdjulben beg föodegg f»atte tperjog Söiffjetm Don Sapern, ber 1609 fedjg Stage atg
@aft im ßodeg meitte, be^atjlt unb jubem nodj ein jäfjrfidjeg üffmofen Don 1000 ft.
oerbürgt6. Seinem Sotjne, bem ^erjog SDZajimitian, unb beffen Srnber, bem ft'ur=
1 * Drig.»9?eg. Ad Rhen.
2 *luvencius, Historia Soc. Iesu, 1616
bil 1646. Clin 774.
8 Sic jproOinjiale ber nieberrfjeiniidien jpro>
Pinj mären: Sl)eob. 33ufaeul, 10. Oft. 1598;
&einr. ©djeren, 22. Suni 1606; gol). Sopper,
27. Sluguft (17. Oft.) 1616; ©erf). Sßenpler,
SJtai 1624 (f 30. Sept. 1624); $erm. 93aoing.
24. S’C&r- 1625; @o3ro. Stictet, 18. 2)e,v 1630;
$et. «RuibiuS, 24. 2tug. 1637 (+ 19. Scpt. 1638);
©olm. Stiefel, 30. San. 1639 (oorper Sßise=
iProo.); Sot)- s4}anf)auB, 30. Slug. 1643; ©ottfr.
Otterftebt , 29. Slug. 1646; S°f)- SßflTtJjaufj,
S)ul)t, ©efi^tcftte ber 3efuitcn. II.
8. Sltai 1650. — 33ifitator: Serb. Silber, ®ej.
1602 bil 7. Sehr. 1604, unb 1608.
4 3$gl. 33b I, ©. 33 ff. giir bie ©efd)icf)te ber
rpeinifepen Kollegien Perbanfe id) fepr mertpofle
33eiträge meinem SJtitbruber P. §einr. 33remer.
5 *(Jatalogus triennalis 1611.
c * Historia Coli. Colon, im Kölner ©tabt=
ard)iP, Jes. 7. $er erfte Seil biefer ©efdjidjte
(bil 1625) ftammt aul bem erften drittel bei
17. Saprbnnbertl unb enthält Sufäße pott ber
§anb bei Üteftorl Slbr. Iporn. Ser gmeite
Seil (poit 1626 bil 1657) ift pou ber £>anb bei
P. Äri^rabt.
2
18
gweiteg Äapitcl. Sie nicberrfjeinifdjc ^Srooins.
fürften gerbinanb, berbanfte baS Kolleg aud) bie SOZögticfjfeit, enblicft am 15. SJtai 1618
mit bem Sau einer mürbigeit $ircf)e beginnen p fönnen1.
®ie um baS f^ünffacfje bergröfterte unb mit ©mporen öerfefjene 21cf>atiu§fapeIIe
fonnte je länger je meniger bem madjfenben SInbrang genügen, ©cfjon 1609 fjatte
ber Steftor ^einricf; ©eueren ben fßlan gefaxt, eine größere ßirdfje ju bauen, fünf
galjre fpäter nahm baS fßrojeft greifbare ©eftalt an. Slnfang 1614 bermanbte
fidj ®urfürft gerbinanb beim SDomfapitel um Überlaffung non einigen Käufern
unb einem ©tüd SSeinberg an bie fßatreS für ihren Neubau, er lieft bie ©acfje be>
treiben, „als ob eS unfer eigen üüBoftlfafjrt anging". 31m 15. gebruar 1615
bemilligten ©rjbifdjof unb SDomlapitel ben gefuitert für ihren Neubau mehrere
Heine Raufer troft aller entgegenftefjenben ©djmierigfeiten: „^Demnach bie Patres
Societatis Iesu eine geraume $eit fter binnen ber ©tabt ©oeln in SteligionSfadjen
aud) ©bucation unb gnftitution ber gugenb gemeiner Söoftlfaftrt gum beften biel
©utS getftan unb biefelben bei ©. Slcfjatio mit ihrer Äircften ©ollegio unb ©cftulen
faft eingefpannen unb beSmegen mit oorjeitigem Slbfterben oieler Patrum unb fünften
aüerftanb Ungelegenheit aulgeftanben ftaben, beroftalben benn mir ... für eine Stot»
burft ermeffen, baft obgebadjte ber Patrum ^ireften unb Kollegium auf ein anberer
Ort unb ihrem jeftigen ©ollegio gegenüber, alles auf @. ÜDtarcelli ©traften nad)
bem Often gu unb jur anberer ©eiten jeftiger ©traften tranSferirt unb oon neuem
gebaut raerben möchte."2 ®er Hurfürft bat feinen Sruber, ben ^erjog SJfaj, um
eine Seiftilfe für ben Sau unb um bie ©enbung „eines erfahrenen Slrdjitecti, ber
foldjem Sau mit duften Oorftänbig fein fönnte, felbiger aber biefer Sanben nicht
erfinblidj ift". SluS bem Slnfang 1616 ftammt aucf) ein f|31an, ben P. Steinl). giegler
au§ 31fcftaffenburg gefdjicft ftatte3. gm gahre iß17 murbeu berfdfjiebene fJSIäne unb
©utadjten unb ganuar 1618 ein neuer fßlan nach Stont gefanbt. ®ie guftimmung
beS ©eneralS ju biefem leftten fßlan erfolgte am 24. Februar 1618. gür biefen
neuen fßlan fjatte bie im §erbft 1617 fertig geftellte Äoüegsfircfte in SÖtolSheim
a(§ Sorbilb gebient. ®er Saumeifter biefer rcie ber Kölner föirdje ift ©hriftopf)
SBamfer auS ©tolstjeim. Slm 15. ÜDtai 1618 fanb bie ©runbfteinlegung bureft ben
StuntiuS Stlbergati ftatt. £>erbft 1619 er!) oben fid) fefton bie UmfaffungSmauern
au§ ben gunbamenten. ®ie ©eele beS SaueS mar mieber P. ©cfjeren. Slm
27. ©ejember 1620 feftreibt er bem ^erjog SOtay, baft ber ®ircf)enbau glüdlid) Poran«
fcfjreite unb bem fö'urfürften überaus gefalle4, ©r bittet, bei ber grühjaftrSmeffe
beSfelben gebenlen gu mollen. SJtap, beffen ginanjen bureft ben böftmifeften f^elbgug
fefjr in Slnfprucf) genommen, antmortete am 14. Januar 1621, im grüfjjahr !önne er
maljrfcfteinlidj nichts fd^iefen, er merbe aber mo möglich ben besprochenen Seitrag
für biefeS galjr 5ur -fperbftmefje leiften5.
©in grofteS Ungtiid im felben gahre fonnte auf ben Sau nidjt förbernb ein»
mirfen. Slm f|3almfonntag, 4. Slpril 1621, fd)tugen abenbS gegen 10 Uhr plöfttid)
bie glommen an mehreren ©teilen beS Kollegs empor; innerhalb jmeier ©tunben maren
bie SldjatiuSfapelle, bie reiche Sibliothef mit einem groften £eil beS Kollegs ein Staub
beS geuerS, baS bon proteftantifdjen ganatifern gelegt morben fein füllte6, ©ine
1 giir bag golgenbe 33 r a u n , Sie Sircfjen»
bauten ber beutfdjen Qefuiten I (1908) 64 ff, unb
Stimmen aug 9Jtaria=2aacf) 1909 I 282 ff. SSgt.
95. (£1 e m e n , ßunftbenfmäler ber SttjeinproDins
Äöln II, 1. 2lbt. (1911), 125 ff : ©tDlariäiüimmel«
fafjrt; 166 ff: Sag ehemalige SefuitenfoIIeg.
2 *Arch. coli. Colon. II 147. *iftöln, Stabb
ardjib, Jes. 1.
3 *®opie ebb. II 113 ff. Ilbbrud in ben
Stimmen aug 9)taria=£aacb a. a. 0. 286 ff.
4 * Original. UI. 91. 2t. 2lften beg Sreifeig«
jäljrigen ßricgcg 103.
6 ^Äonjept, a. a. 0.
6 25iteEegrf)i ait Scheren, 22. 9Jtai 1621:
uti apparet haereticorum furore. *0rig.-9{eg.
Ad Rhen. Ser Äurfürft gerbinanb tröftet
SoHegien: Sollt (Cgffert).
19
mahre Srauerbotfdjaft mar eS, fo fc^rieö ber ©eneral am 22. üö?ai 1621 bem Üleftor
©djeren, maS ©m. ^odjmürben mir am 10. Slpril über bie ©inäfcfjerung eines guten
Seils beS Kollegs, ber ®ird)e unb ber reichen Bibliotljef gefcfjrieben unb moran id)
nicfjt ohne baS größte üüfitleiben benfeit fanit. ©S tröftet mich babei ber tapfere
©inn, mit bem bie Kötner üö?itbriiber ben furchtbaren ©djlag ertragen, unb bie
©tanbljaftigfeit, mit ber fie baS Seelenheil beS 9iäd)ften in einer fremben fö'irdje
gu beforgen fortfahren* 1. Siefe frembe Kirche mar bie fdjöne ©t 3lnbreaSfird)e. Sie
©tiftsfjerren Ratten fie bereitroidig ben Qefuiteit für ben ©otteSbienft angeboten.
Siefelbe blieb adjt 3jaf)re im ©ebrauch ber ^efuiten, bis jurn 9Jlattf)iaStage 1629,
mo baS 2ÜIerf)eiligfte in feierlicher projeffion in bie nunmehr öoCfenbete neue Äirdje
übertragen mürbe.
Bis eS fo meit fam, hatte eS mitten in ben ^riegSmirren einer gerabeju heroifcfjert
SluSbauer gebraucht, um an ber Söeiterführung beS Baues nidjt ju Oerjmeifeln. 2llS
ju bem Kriege nod) infolge ber SD^üngoerfchlechterung eine allgemeine Seuerung auS=
bradj, brüdte felbft ber ftanbhafte fReftor Scheren am 11. ^uni 1622 bem ©eneral
feine Befürchtung aus, bie SBeiterführung beS Baues einftellen gu rnüffen. Bereit*
millig befürmortete ber ©eneral bei bem prooingial bie Bermenbung oon Patrimonien
ber ^efuiten für ben SBeiterbau. Sen neuen Beftor ©oSm. 9tidel mahnte ber ©eneral
am 23. Januar 1627, bei Mangel an Mitteln für ben Söeiterbau lieber ben Bau
§u oerlangfamen, als baS ÄoKeg mit ©chulben ju belüften ober bie Patrimonien
jum ©d)aben attberer armen Kollegien ju feljr in Slnfprud) ju nehmen2. Slnfaitg
1629 fonnte bann 92idel bie freubige ®unbe nad) Stom melben, bie ®ird)e fei fomeit
fertig, baff ber ©otteSbienft barin abgehalten merben fönne.
^n einer faft elfjährigen Bauzeit unb mit einem ß’oftenaufmanb oon ettoa
130000 Beid)3talern patten bie Oereinten Bemühungen beS StteifterS SBamfer, beS
BeftorS ©djeren unb ber funftfinnigen Kölner Saienbrüber ein mtrflid) bebeutenbeS
©otteShauS in fpätgotijdjem ©til fjingeftellt. Sie ßeitgenoffen Rollten bem Bau ihre
Bemunberung 3. ©in neuerer föunftfenner urteilt : „Sie mädjtige SBirfung beS Baues
muh man im 3nnern fuchen. §ier macht er einen gerabeju padenben ©inbrud,
einen ©inbrud, mie ihn aufjer bem Som feine anbere ber oielen ®ird)en fö’ölnS
heroorbringt. Ser ©runb hierfür liegt ohne gmeifel nicht junt geringften Seit in
ber SBeite unb §öhe beS ÜDlittelraumeS, in bem frifdjen BhpthmuS ber fdjlanfen,
bidjt aufeinanber folgenben ©äulen unb in ber äufjerft ftimmungSooüen, gerabe^u
magifchen Beleuchtung beS ^nnern. Qm reichgeglieberten, brillant ornamentierten
SanghauS gebämpft, flutet baS Sicht im ©hör in oollen Sßellen ju ben hohen Qenftern
hinein. 3lber alles baS ift eS nidjt allein, maS bem Bau eine fo bebeutenbe iBirfung
oerleiht unb ben ©intretenben unmillfürlidj toie mit einem Qauber umfängt, ©benfo*
fehr ift barauf oon ©influfj bie berounberungSmürbige ©inheit unb Harmonie jmifdjen
bem Bau als folgern unb feinem Mobiliar. Ser eine fpätgotifclj unb faft nodj
ftilrein, baS anbere barod unb ohne jebe ©rinnerung an bie ©otif, unb bodj ein
fo gliidlidjeS Qufammenmirfen beiber, mie ein gotifcheS SJlobiliar eS faum beffer
juroege ju bringen oermöchte. ÜDfan hat eS mit feinfinnigem ©mpfinben oerftanben,
burdj ben ©tud, ben man in ben Saibungen unb um bie ütiifdjen ber Qenfter herum,
an beit ftapitälen, ßonfolen, ©cheibbogen, ©mporenarfaben, ber Sriumphbogemoanb
unb fonft aubradjte, bie ©egenfäpe jmifdjen ber ernften, feftgefügten ©otif beS Baues
öfter« 1621 ben fKeftor über ba§ infortunium
vel potius flagitiuni illatum (Reiffenberg
1 523). 93gl. SBiattco, Uniberfität Söln I
(1885) 339 948 f.
1 *Drig.=9leg. Ad Rhen.
2 ®bb.
3 9SgI. Carafa, Legatio apostolica ad Tract.
Rhen. 1624 — 1634 (1840) 129; Gelenius,
De admiranda magnitudine Coloniae (1645)
505 f.
20
3roeite§ Kapitel. Sie nteberrfjeirtifcfje ^rotutift.
unb bem üppigen, frei fiep entfaltenbett 33arocf beg SRobitiarg in gtücfticpfter SBeife
augzugteiepen unb einen öermittetnben Übergang non ber einen zum anbern zu fepaffen.
. . . Q;n iprer SSirfung ift bie Kölner föircpe jtneifeüoS bie bebeutenbfte unter ben nieten
^efuitenfirepen in Xeutfcptanb." 1
ÜDUt bem Sau ber irtirepe patte man gleichzeitig bie ißtäne für einen Neubau
beg ®ot(egg entmorfen. Sftacp einem jmifdjen bem )ßrooinziat Gopper unb bem
Seftor ©epereu nereinbarten Gntmurf Dom 14. Oftober 1017 foltte bag erfte §aug
an ber ÜUtorzettenftrape brei ©toefroerfe erpatten, bag zweite Hier ©toefroerfe. Xie
£>öpe biefer ©toefroerfe mit ber Salfentage fotlte beim erften 18, beim zweiten 14
unb bei ben beiben tepten 12 gup betragen, bie ©efamtpöpe ber Stauern 56, um
ber £röpe ber ©eitenfepiffe ber Äircpe zu entfpreepen. Xag zweite §aug fotlte ben
§of beg £ottegg oorn £rofe ber Gpternen trennen2. 2tm 11. 9cot>ember 1617
fepenfte ber fRat oon ß’öfn ben Qefuüen zu iprent fürpabenben Sau eineg neuen
fö'ottegg bie gemeine ©ap, roelcpe aug ber Xranfgaffen zu>ifcpen iprem Steingarten
unb ©t äRapimingftofter pergept, „barin opnebag niete laftertiepe ©epanb unb Ult*
tpaten betrieben mürben" 3.
Stm 13. Dezember 1617 beantragten bie $J3atreg beim SOtagiftrat, ipnen bag
<paug, bie Sabftub mit gubepör auf ber SRapiminenftrape für ben Neubau zu über*
taffen. Xie Sitte mürbe burep Sefcptup beg Sftagiftratg Dom 20. Xezember 1617
gemäprt: „Obroopt ein eprfamer 9tat fiep erinnert, baff innerpatb roenig ^apren
niete anfepntiepe metttiepe iJUüpe beu ©eifttidpen übertaffen unb in bergteiepen Se>
gepren nidpt teiept zu bemittigen, fo ift boep um ber Qnftitution ber Q;ugettb unb
®inber unb anberer gottfeligen Übungen unb Urfacpen mitten, bamit bie töbtiepe
©ocietät ben Gin* unb Stugmärtigen unaufpörtiep bient, befeptoffen, bap ipnen noep
für biegmat in iprem Segepren ©ott zu Gpren aug gnäbiger, fonbertidper Slffection
gemittfaprt merbe."4
25er Sau beg neuen Äoflegg zog fiep aug ÜOtanget an Mitteln fepr in bie
Sänge. 2tnt 24. Stprit 1627 tobte ber ©enerat, bap an bem fßtane für ben ^otteggbau
oon bem Sr°oinziat Saüing nicptg geänbert morben fei, unb am 7. Stprit 1629 fpraep
er bem fReftor Mietet bie Grroartung aug, bap ebenfo mie bie ®ircpe auep bag Äotteg
halb fertig merbe, um ben Umzug alter )ßatreg aug ber bigperigen Gnge zu er*
mögtiepen5. Xiefer Umzug tonnte zmei ^apre fpäter, am 14. Sluguft 1631, ftattfinben.
^e mepr burep biefe Sauten bie ^efuiten eine fefte ©tüpe gemanneit, um fo
rupiger tonnten fie bie bieperige fegengreiepe Xätigfeit fortfepen unb meiter ent*
falten, ©epr zu ftatten tarn ipnen babei, bap ber 9?at je tanger je mepr bie
Arbeiten ber ißatreg unterftiipte, ba er einfap, mie biefe Slrbeiten niefjt atteiu im
religiöfen, fonbern im foziaten unb ftäbtifepen Qntereffe tagen. Septereg zeigte fiep
befonberg bei bem Slufrupr, ber im üiapre 1609 in $ötn gegen ben Üiat aug*
Zubrecpen bropte6. Galoinifcpe Ü^iebertciuber patten bag Sott gegen ben 9iat auf*
Zureizen gefuept, um zugteiep mit gröperer bürgertieper greipeit auep ipre Stnfprücpe
auf retigiöfe greipeit burepzufepen. Xie ©ärung mar fepon meit gebiepen unb bie
Sorbereitungen für einen Xumutt getroffen, atg einige eifrige SJiitgtieber ber
9)Jarianifcpen Sürger » ©obalität 7 unb befonberg ber Gifer beg Xomprebigerg
1 3. SSrautt, Sie Äirdjenbauten ber beut*
fcfien Sefuiten I 101 f.
2 * Arch. coli. Colon. II 118. ftölit, ©tabt*
ardfiö.
a * Arcli. coli. Colon. II 205.
4 ©bb.
5 *Drig.=9Ieg. Ad Rhen. 9tad) ben * Litt.
ann. begann man ben föotlcgSbau, als bie Sirdje
unter Sad) mar.
6 33gl. bie CueUen bei Reif fenberg I
456 ff unb ßnnen, ©efd). ber ©tabt Äölit V
(1880) 535 ff.
7 21. 9JtülIer, Sie Kölner 55ürger*@obaIität
(1909) 20 f.
ÄoHegien: ®öln (Sffett). 21
P. Joß. fKutger fid) mit ©rfolg bemühten, baS geuer 3U erfticfen. Sie Simburger
©ßronif beridjtet barüber:
„Jn (Sollen entftefjet ein großer unb gefährlicher DJlißoerftanb jioifcfjen bent
9iatß unb beit ©affelen um bie Sßaßl berer, jo im 9iatf) ermäßet morben. Senn
Slnno 1582 bet beS Srud)feß 3ed mit fRatf) Francisci Episcopi Yercellensis et
Nuntii Apostolici ßeilfamig oerfeßen unb uff» fünftig oerorbnet morben, baß oon
beu ©affelen feiner jutn 9tatf) möge ernennt toerben, er habe bann 14 Öfteren uff
ßatßolifcße 2Beiß communicirt juoor, baß er felbigeS erftlidj befcheinige, bamit ben
ßalüiniften unb Sutßeranern bie Sßur üerfdjloffen toorben. SiefeS Statutuni haben
etliche fpißfinbige Neulinge ben gemeinen ©affelen, als märe eS nachtheilig burger*
lieber Freiheit, ßodj aufgehoben unb fo meit gebracht, baß auch ben ©atßolifcßen bie
Singen bonfei morben. @3 lief} fiel) aud) um bie (Stabt ©oellen ein große äfteing
Staabifcßen Volts feßen, ebenba ber Tumult am heftigften mar. ©nblicß anno 1608
. . . mieber ein gut» Vertrauen, jeber bem Vati) mieber fdjmöreit ober ber Stabt ent*
meichen muffen, ißater 9iutgeru§ gemefener Praefectus S. J. 31t (Soblenj, ber 3e't
31t ©oellen in ber Stabt Sontprebiger, hat fid) bie Sach laffen ße^licf) angelegen
fein, heftig uff ber Kabeln oermahnet 3ur ©inigfeit faft mit biefen Söorten: Jfjr
Katßolifdje, Jfjr ^atholifche feit einig, feit einig! benn eS gehet über Suren fällig;
baruff ein anberer gejagt, man füllte bem uffrurifd)en Jefuiten bie Junge aus bem
£mlS reifen, ©r aber ehe mehr gefeßrieen unb gerufen: Jrieb, Jrieb, ihr Katßo*
Iifchen I ftefjet bei ein, haltet sufammen!"1
Sie feelforglidjen Slrbeitett ermeiterten fid) immer mehr, bie regelmäßigen Kate*
d)efen mueßfen auf 25, oon benen 12 innerhalb unb 13 außerhalb ber Stabt ge*
halten mürben, bie Slnsaßl ber SRarianifcßen Kongregationen ftieg auf 11. 3U>
fammenfaffenb e^äßlen bie Jahresberichte 311m Jahre 1639, unb baS gilt für jebeS
Jahr: 2Bir fpenbeten ^ilfe ben Kranfen unb Sterbenben, bie mir bei Sag unb
bei 9?ad)t befueßten, tröfteten unb 3um leßten Kampf ermutigten, ben 3um Sobe Ver*
urteilten, bie mir 3U einem ftarfmütigen, guten Sob oorbereiteten, ben ©efangenen
unb ben Jnfaffen ber Verbergen unb Kranfenßäufer, bie mir tröfteten unb mit 511*
mofen unterftüßten, ben gremben unb Verbannten, benen ber Krieg §ab unb ©ut
unb ^eimat genommen unb beren 9iot mir burd) Veforgung oon Obbad), Vetten,
^»auSgerät unb Sammlung oon Sllmofen 3U linbern juchten 2. Ser ©mpfang ber
heiligen Safrantettte ftieg. Jn ber neuen Kirche maren att ben Vorabenbett ber
Sonn* unb Jefttage unb an biefen felbft 22 Veicßtftüßle befeßt3.
Sroß ber beftehenben äußerft fcßmierigen Verßältniffe unb fRioalitäten entmidelte
fid) aud) bie Sdjultütigfeit auf ber Unioerfität unb im ©ßmnafium in erfreulicher
SBeife. Jm Jaßre 1606 mürbe bie unterfte Klaffe geteilt unb 1616 eine Unter*
flaffe angegliebert. Jm Surdjfcßnitt 3äl)lte baS Tricornatum 1000 Sd)üler. 3um
Jaßre 1640 heißt eS in ben Jahresberichten : Unfer ©pmnafium, baS blüßenbfte
unter ben btei ©pmnafien ber Stabt, hatte biefeS Joßr über 1000 Schüler, eine
Jaßl, bie bisher meber bei nnS noch bti ben anbern ©ßmnafien erreicht morben;
baüon fatnen, maS bisher ebenfalls noch meßt bagemefen, auf bie üDtetapßhfif 50,
auf ^ßpfif unb Sogif je 100 £>örer4.
Slud) bie 3aßl ber fid) 3ur Slufnaßme in bie ©efelljdjaft melbenben Scßüler
mar fo groß, baß oiele surüdgeroiefen merben mußten. Jm Jaßre 1627 traten
1 Chronicon Limburgense. Hontheim, * * Litt. ann. 1639.
Prodromus Hist. Trevirensis Diplomaticae 3 Gelenius, De admiranda magnitudine
1156. 97äbere§ über ben Snßatt ber ißrebigt Coloniae 507.
bei Reiff enb erg I 458 f. 4 *Litt. ann. 1640.
22
3meite§ Sapitet. SPie nieberrheinifche fproPinj.
15 Magistri artium ein, im $ahre 1632 mürben üon 30, bie fiel) gemelbet, nur
8 ©djolaftifer unb 3 23rüber aufgenommen 4 Unter ben ÜDJännern, inefcfje bie
Kötner ©dpite bem 0rben geliefert, mären u. a. ÜDZartin 23ecan, (S^riftop^ 23romer,
Cornelius 23od)oIh (a Sapibe), Qoh- 23oHanbuS, Slbam ©on|en, Slbam ©d)atl, griebrid)
(£pe unb ber fpätere ©euerat ©oSmitt Mietet.
Über bie attgemeine STätigfeit beS Kötner KottegS enthält ber Katalog auS bem
^affre 1649 folgenbe Angaben : ®aS Kotleg unterhält jetzt 73 ÜUJitglieber, baoon
finb 45 ^Sriefter, 5 Setjrer ber Humaniora, bie übrigen Saienbrüber; eS ^at 13 2}or«
lefungen: 3 ©rammatif, 1 Humanität, 1 ülfjetorif, 1 für ©riedjifch, 3 für $f)itofopf)ie
aufjer einer für ©dpt unb einer für SJfatljematif, enblid) 2 für fchotaftifdje Stjeologie
an ber Uniüerfität1 2. ^n bem fßerfonaÜatalog üon 1650 3 merben aufter ben ijSro*
fefforen unb ben Katecheten für bie einzelnen Kirchen unb einem ‘ißräfeften aller
KatedjiSmen4 je ein ißater aufgeführt, ber bie Werfer unb bie tpofpitäter befudjt,
bann bie ^3räfibe§ für bie üerfcfpebenen Kongregationen, ferner gmei SDomprebiger
für Vormittag unb Nachmittag, ein tateinifdjer fßrebiger, ber §ugteid) ^ßräfeft beS
2)tufi!choreS ift, ein ^rebiger im Kapitol, ein fßrebiger für bie ^ofpitäler unb jmei
2}oIfSmiffionäre: alle biefe Stmter beuten auf eine meit auSgreifenbe SCätigfeit in
©djute unb Kirdfje f)in.
Sei ber erften ^a^rljunbertfeier im Qahre 1645 fonnte besfjalb mit Necfjt ber
Kölner KanonifuS ÜgibiuS ©eteniuS fcf^reiben : „f£)ie Ijunbertfäljrige @efcf)icf)te beS
KollegS mit feinem munberbaren 28ed)fel üon Ungtüd unb ©tüd, feiner gemaltigen
2trbeitSIeiftung unb feinen reichen unb mannigfachen ©rfotgen, bie eS in guten unb
böfen Sagen errungen hot, geigt, bah burcf)auS maf)r ift, maS ber hl- SßuatiuS 3U
fagen pflegte: bah nämlich bie Kollegien, bie anfangs üon ben ftärfften ©türmen
gefdjüttett merben, fpäterljin bie größte f^rucfjtbarfeit entfalten, $n ber 2at mürben
bei biefent in Kirche unb ©djute bisher fo üiele Früchte geerntet, bah man eS auf
ein paar ©eiten gar nicht barlegen fann. 28er fann gälten bie üiefen, bie burch
baS SSSirfen ber ^atreS üom ^rrtum zur 2Bahi'heit, üom Safter zur STugenb, üom
gemöhnlicljen Seben zum Seben ber Sollfommenheit geführt finb? ©leich ferner mürbe
eS fein, bie gafft unk tarnen ber ausgezeichneten SDtänner aufzuführen, bie, in
ihren ©cfjulen hier gebilbet, fich in ganz ©uropa 9iuf ermorben, ben cpriftlichen
tarnen burch 28ort unb Stat geehrt unb ©hrifti ©ache burdh ihre $eber, ihren ©in«
fl uh unb ihr Seben geförbert hoben. " 5
Son Köln aus mürbe eine neue Niebertaffung in ©ffen üorbereitet. ©djon
im ^ahre-1562 mar ber ^51an aufgetaucht, in bem üon bem ißroteftantiSmuS ge«
fäfjrbeten ©ffen ein gefuitenfotteg zu grünben. $te neue gürftäbtiffin beS gräflich
freimeltlichen ©tifteS zu Offen, grmgarb ü. ®iepf)otz, hflde mit ihren Kapitularen
fdjon alles üereinbart, auch ken <©tabtrat nidjt abgeneigt gefunben unb Slnfang 1563
1 *Hist. coli. Colon, ju 1627 unb 1632.
2 *Catalogus rerum et personarum coli.
Colon. 1649.
3 * Catalogus personarum Rhen. inf. 1650.
4 Praefectus cateckismorum.
5 Gelenius a. a. 0. 505 f. Stach bem
Catalogus trienn. Pom Fahre 1645 maren bie
jährlichen ©infünfte auf ca 5000 Staler geftieejen,
mit benen in ruhigen Seiten 80 ^erfonen unter«
halten merben tonnten, infolge ber SriegS«
luirren hatte ba§ Solleg aber zeitmeilig jahre«
lang 130—170 ißerf orten unterhalten, abgefehen
Port ben Pielen Flüchtlingen, bie e§ beherbergen
muffte. Stach bem * Catalogus Pon 1649 gingen
bie meiften ©infünfte gar nicht ein, teils megett
Sßermüftung ber S’tcfer. Stber auch nur bie ©elb«
auSftänbe einzutreiben zeigte fich feine £>off«
nuttg. — ®ie Steftoren maren : £>einr. ©cheren,
14. Slpril 1600; Sah- Gopper, 22. Funi 1608;
Foh- Seffel (3tize=31ettor), Oft. 1616; £>einr.
©cheren, 31. Suli 1618; ßraSm. ©elbrop,
15. Febr. 1624; ©oSm. Stiefel, 28. Oft. 1626;
2lbr. §orrt, 14. Oft. 1631; ©oSm. Stiefel,
29. Stoß. 1637; §erm. Saoittg, 3. ^uli 1639;
Soh- 3mcnbrüggen, 11. Funi 1644; 33ertth. $ab«
bei, 31. Fuli 1647 ; Slrn. SJtpliu^, 31. guli 1650.
Kollegien: Äöln Offen).
23
mit ben gefuiten ju &öln bie Verhanbtungen eingeleitet. Sodj mar ber iß tan aug
©cfjeu üor ben nieten Soften halb mieber falten getaffen toorben L günfjig gatjre
fpäter, als bie neue Sehre fdjou ootlftänbig bie 0berl)anb f;atte unb fetbft fcfjou
©tiftgbamen fid^ ju itjr befannten, fam bie eifrige Slbtiffin ©tifabetp oan ben Serg
auf ben ißtan juriitf, um gemäfj ihrem bei ber Söafjt geteifteten ©ib bie „feljr
abgenommene fRetigiou mieber in oorigen ©ifer unb SBoljIftanb ju bringen", ©ie
marb im galjre 1605 burdj bie Semütjung beg ©rafen gotj. ö- fRietberg jur Slb-
tiffin non gredenhorft geraäljtt unb hatte mit §itfe beg P. gaf. Vpgmid, ber ba=
malg in fRietberg tätig mar, oieleg jur ^Reformation unb tpebung biefeg ©tifteg ge>
tan. Sa fie bie gefuiten nätjer fennen gelernt, erfat) fie biefetben aucf) für (Sffen aug.
©nbe 1613 famen auf itjr ©efudj jmei ißatreg aug $ötn, P. gotj. Saumeifter unb
P. Söitt). Sopfj1 2. Siefe nahmen ficf) auch iffrer Stufgabe fo eifrig unb erfolgreich
an, bafi, mie eg in einem ©cfjriftftücf ber ßapitutare oom 11. gebruar 1614 Reifst, bie
©acfje „altbereitö einen guten gortgang genommen"3. Ser am 14. Januar 1614
erfolgte Sob ber Slbtiffin, bie nodj in ihrem Seftamente burcf) eine gahregrente oon
700 Veidjgtalern bie ©rünbung beg Äottegg ju fidjern gefudjt hatte, brohte jmar
bei ber Stufregung ber fßroteftanten adeg mieber ju nichte ju madjen; hoch hatte
bie gteichgefinnte unb nod) tatfräftigere Sedjantin, SRaria tfttara ©räfin ju ©paur,
gleich nad) ^ern Sobe bag ©tiftgfapitet oerfammett, unb am 11. gebruar 1614 marb
„einhellig capitulariter batjin befd^loffen, baff bie füuftige grau Slbtiffin mof)tgemetbte
ißatreg atthier ju ©ffen erhalten unb befdjüfjen, fie in ihren gottfetigen Übungen
förbern, auch auf SRittel unb SBege bebacht fein fotte", bie gunbation ju oottenben,
unb gum „Sau ber ©djuten, Kirche unb Kolleg ißläfje aug unfern Ä'apitutarljäufern,
metdje ju bem ©nbe am bequetnften fein merben", einjuräunten unb gu aUommobieren unb
fdjtiefjtid) „alles, mag gur gortpftanjung ber fathotifcffen fRetigion bientief) fein mirb,
taut ber fö'apitutation in ©tabt unb ©tift beförbern fotte"4. SttS nun batb barauf
bie ©räfin ju ©paur fetbft einfiimniig jur Sfbtiffin gemähtt mürbe, „gingen fie unb
mir", fo berichten bie gefuiten5, „emfig baran, bie fathotifd)e Veligion ju feftigen
unb bie retigiöfe gud)t mieberherjuftetten. ©ie entfernte bie nieten ißroteftanten
aug ihrer nädjften Umgebung, bie ihre Vorgängerin megen ber Ungunft ber geiten
nod; hatte butben müffen". gm ©tift mürbe bann bie atte Sebengmeife unb ber
feierliche ©hör* unb ©otteSbienft in feinem ganzen Umfange mieber eingerichtet unb
mit ©rfolg jugleid) an ber Untermeifung beS Volfeg gearbeitet.
Sod) jur ©rünbung eineg ®odegg ober einer fRefibenj fottte eg troij ber emfigen
^Bemühungen ber Slbtiffin nicht fommen. „Sie eifrige Sätigfeit ber Unfrigen in
©ffen", fo fchrieb am 22. Vooember 1614 Slquaoioa bem ißrooinjiat ©cheren, „en
füllt mid) mit greube. ©g ift aber gut, baf3 ©m. §od)mürben Verhanblungen be*
treffg eineg fiottegg oerhinbert haben, ba ja bie oon ©m. £>odjmiirben angeführten
©rünbe mirflid) oortiegen." Unb atg ber ^ßroüingiat feinen ©ntfchlufj, nidjt ftänbig
)ßatreg in ©ffen ju taffen, nach Vom berichtete, billigte bieg am 21. 9Rärj 1615
ber ©eneratoifar Silber mit bem Seifügen, ftatt beffen mögen fßatreg ab unb 31t
ju beftimmten geiten beg gahreg hingefanbt merben 6. Ser ©runb für bie Stbtehnung
fdjeint oor adern ber grofse SRanget an Leuten gemefen §u fein ", unter bem bamatg
bie rheinifcfje fßrooinj litt, bann aber aud) bie geringe Slugficht, in ©ffen mit irgenb=
1 9tbeinifcf)e Sitten 447 461 464 467. Sgl.
Reiffenberg I 94.
2 Litt. ann. 1614, 163 f. Catal. Rhen. 1614.
Reiffenberg I 478 f.
3 Reiffenberg I 104.
4 ßbb. SBgl. 3- ei bem amt, Sie 33e>
guinenfonDente ßffen§, itt Beiträge äur ®efd)id)te
ber ©tabt @f|en (1886) 16 f.
5 * Litt. ann. 1614.
6 * 0rig.=9teg. Ad Rhen.
7 Sßgl. * Litt. ann. coli. Colon. 1615.
24
ßtDcitc# fabitel. $ie nicbcrr^einifcfje «roDinj.
ruie nennenSmertem @rfolg ju arbeiten, ba bie Slbtiffin ber «Stabt gegenüber ganj
ohnmächtig tnar unb nidft einmal bie geraubten föircßen unb fircßlicßen Vefißungen
jurüderßalten fonnte. @S famen nun feit 1615 ab unb ju fßatreS auS bern Kolleg
in fünfter jum Stift. 91ucf> ging bie fromme unb eifrige ?lbtiffin, gerabe mie
i^re Vorgängerin, oon Stiftsbainen begleitet öfter nach fünfter, fei eS, um bie
©aframente gu empfangen ober großen fircßlidjen ^eierlic^feiten beUumoßnen 1.
911S enblicß breijeßn ^aßre fpäter, Slnfang 1628, bie Slbtiffin, geftüßt auf ein
faiferlicßeS SDefret unb mit §itfe fpanifcßer Gruppen, ißre ooÜftänbige 0berßoßeit
über bie Stabt miebererlangt, bie ©ertrubenfircße unb jmei anbere ben ^Sroteftanten
genommen unb bie fßrebiger auSgemiefen fjatte, bat fie bie Qefuiten öon neuem um
(Srricßtung einer 9Zieberlaffung. ®ocß meinte ber ©eneral, baß „eS moßl hinreiche,
roenn fßatreS auf fo lange bort mirften, bis baS Volf für bie fatßolifcße fö'ircße
miebergemonnen fei" 2. ^m ©ommer 1628 mürben nun bie gmei tüchtigen äftiffionäre
P. ^einricß ©cßacßt unb P. Ä’onrab Pranger gefanbt3. ©ie arbeiten „bei bem
menig unterrichteten Volfe mit foldjem (Erfolge, baß in furjer 3eit (nocß im gleichen
^af)re) 60 Familien jur fatholifcfjen &'ircße jurüdfeßrten". ®ocß machten bem glücf-
liehen SEBirfen feßon im §erbft beS folgenben QaßreS bie hollänbifc^en Gruppen ein
©nbe, melche nach &er Eroberung SEßefelS auch ®ffcn einnahmen, bie Qefuiten Oer»
trieben unb alles mieber in ben früheren ßuftanb jurüdoerfeßten. ®ie Ubtiffin felbft
ging nadj Stöln, mo fie am 13. ©eptember 1644 ftarb. 2)ie ^efuiten füllten erft
nach fier ®ejennien mieber nach ®ffen jurüdfeßren. —
SSäßrenb ®öln ben ganzen fö'rieg ßinbureß nie ein feinblicßeS £>eer in feinen
dauern fah, mußte 2rier mieberholt jum lummelplaß beS Kampfes merben. £roß»
bem mürbe babureß bie bisherige ©ntroidlung nidjt mefentlicß aufgehalten4.
Über bie Sage unb bie Arbeiten beS ÄollegS ju £rier fjei^t eS im Qaßre 1603:
2)aS Äolleg unterhält 29 fßerfonen: 16 ^5riefter, 3 fDiagiftri unb 10 Saienbrüber.
Bmölf oon ißnen finb fßrofefforen : einer für fcßolaftifcße Rheologie, einer für ^eilige
©cßrift unb ÜDioral; beibe gäcßer merben abmecßfelnb einen um ben anbern Sag
geleßrt merben; brei für ^ßßilofopßie, einer für @tßU un^ 9Jiatßematif, einer für bie
fRßetorif, einer für bie Humanität, einer für ©riecßifcß unb brei für bie brei ©ram»
matifflaffen. ®ie ©infünfte an ©elb, (betreibe unb Söein belaufen fieß auf 1800 £aler
unb burcßfcßnittlid^ 200 ialer an 91lmofen. 9?acß Slbjug ber Saften fönnen 24 fßer«
fonen unterhalten merben5.
3af)I unb Arbeiten ber ^efuiten änberten fieß in ben näcßften 50 $aßren
nur menig. ®ie 3af)t Per 3e?uüen im Kolleg mar im 1650 nur um jrnei
ßößer, unb bie Arbeiten hatten fieß nur an ber Unioerfität ermeitert. 3m £>erbft 1618
mar nämlich nocß eine gmeite Vorlefung über fcßolaftifcße SEßeologie unb im §erbft
1647 eine für ^ebräifd) eingefüßrt morben. f^ür bie ©cßulen, bie 40 Qaßre lang
getrennt oom fö'olleg in ber Unioerfität gehalten merben mußten, mürbe ein neues
©cßulgebäube in ben 3at)ren 161 1 — 1615 hießt neben bem Kolleg errichtet.
®ie Erfolge ber Arbeiten in ©djule unb Äircfje maren aueß im neuen Qaßr»
ßunbert gliicf ließ. 93ei ben fßrebigten unb Hatedjefen ftanben bie Seute $opf an
föopf6. Unb 51t ber ^ateeßefe, bie im 3flt)re 1604 auf Sitten beS ©tabtratS im
1 * Litt. ann. coli. Monast. 1626 1615 1611.
2 * 33 i te 1 le§ d) i an P. §einr. SRotthaufen,
15. San. 1628.
3 * Litt. ann. 1628. * Hist. coli. Sigen.
* Catal. Rhen. 1628. Reiften b erg I 480.
«gl. auch * «iteüeSchi an ben «roDiujial «a=
Ding, 21. Suli 1629.
4 «gl. 33b 1, 95 ff.
5 * Catal. trienn. 1603. «gl. beit ähnlich
lautenben * Catal. trienn. 1611. gür ba3 3'Oh
genbe Dgl. *Litt. ann. 31t ben betreffenben
Sahren.
6 Litt. ann. 1600, 370.
Kollegien: Xrier.
25
£>ofpital üor einer großen ©d)ar ©ettler begonnen würbe, ftrömte eine folc^e Un»
maffe oon Kinbern ^er6ei, wie in feindlichen übrigen ^ircfjen ber ©tabt nid)t ge»
febjen würben1. £>er Smpfang ber ©aframente in ber Koüeggürche, bie im ^afjre
1626 reftauriert worben unb 13 neue ©eicfjtftühle erhalten hatte, würbe immer größer,
unb mehrmals würbe ber ©eneral t>on ben 9teftoren, freilich oergebeng, um ©er»
mef)rung ber Kräfte, oor ollem ber ©eidjtoäter, gebeten2. iJSfingften allein, fo fyeifjt
e§ im Uüf)re 1627 3, fommunijierten in unferer Kird)e 2700. ©elegentlid) ber
Zentenarfeier beg Orbeng (1640) flieg bie Zahl ber Kommunionen burd) bag Zu»
ftrömen oon augwärtg auf 22 000. ©ielleicf)t nod) erfreulicher war bie SBtüte unb
ber 3luffd)Wung ber Schulen. „Sg tat ung wohl7', fdjrieb P. Slquaoiüa am 20. 0f*
tober 1607 bem ©eftor ißaul Seugler, „oon ber ©lüte ber ©djulen gu hören unb
ber fo gasreichen Promotion oon SDoftoren unb Baccalaurei ber ^S^üofop^ie. " 4
„5Die ©cfjulen blühen", fo fjetht eg int Zahre 1611 5, „fräftiger alg man glauben
unb erwarten foHte : eg würben 6 2)oftoren ber Rheologie, 39 ber ©hilofopSe unb
70 Baccalaurei promooiert." ®ie ©dfülergahl, bie im Zahre 1601 fiel) auf 750
belief, war im Zaljre 1617 „auf 1000 geftiegen, tro^bem einige hocfjgeftellte Herren,
welche in ihrem ungeitigen Sifer bie ©dfulgucht bei ben fßhilofopfjen gu lodern
juchten, barnalg gerabe ber ©chule einen ferneren ©c^lag oerfejd hatten"6. ®ie Zahl
erreichte bie l)öd)fte jpöf)e im §erbft 1631, wo man nad) ber feierlichen Eröffnung
beg neuen @d)uljahreg gegen 1200 ©cf)üler gäl)lte: Jünglinge, überaug lenffam,
eifrig in ben ©tubien unb ben Übungen ber grömmigfeit, barunter ©ötjne oom
2lbel, ©arone unb ©rafen, unb oon fürftlichem ©lute.
®ie unglüdliche, reid)güerräterifcf)e ©olitif jeboch, welche ber Trierer Kurfürft
Philipp ©hriftoph oon ©ötern (1623 — 1652) bei bem ©orbringen ber Schweben
(1632) gegen ben ©Sillen beg Sanbeg einfehlug unb Welche fo oiel Seib unb (Slenb
über ©tabt unb Stift brachte, fnidte bie ©lüte ber Schulen7. Um fid) oor ben
©chweben gu fd^ü^en, hatte fich ber Kurfürft unter ben Schuh $ranfreid)§ geftellt
unb auher ben geften ©hrenbreitftein unb ißhtlippSfmrg aud) Syrier unb Kobleng
ben jyrangofen übergeben. 2luf feine Sinlabung war im Uuguft 1632 bag franjöfifcfje
£>eer oor £rier gerüdt unb hatte bie ©tabt, bie burd) bie ©ürger unb eine fleine
fpanifdje ©efafcung oerteibigt würbe, nach gweiwödjiger ©elagerung am 26. Sluguft
erobert. 9J2it einem Schlage war nun bie ©djule wie oeröbet. 9Jfan gäl)lte „faum
mehr nod) alg bie wenigen ©chüler aug ber ©tabt unb ber nächften Umgebung".
Zwar lehrten fpäter manche wieber gurüd, befonberg nadjbem bie ©tabt burd) Über¬
rumpelung am 26. 9J?är§ 1635 eine faiferlid) fpanifche ©efafjung erhalten hatte. ®ocf)
liehen bie fdpoeren Krieggbrangfale, unter benen ©tabt unb Sanb faft big gum Snbe
beg Kriegeg furchtbar gu leiben hatten, bie ©djülergahl big 1650 nie mehr gu ber
bigfjerigen jpöf)e emporfommen. Sin ©lücf war eg noch, bah ber Unterridjt felbft
infolge beg ©djupbriefeg König Subwigg XIII. unb burd) bie gmrforge beg fran»
göfifdjen gelbmarfcfjallg Slnnibal b’Sftree auch in ben fahren 1632 — 1635 un»
gefchmälert weiter gehalten werben fonnte.
1 Ebb. 1604.
2 SSgl. bie * 93riefe Dom 23. 2lug. 1618 unb
29. Suni 1624.
5 *Hist. coli. Tievir. 1625 — 1627. £rier
mar, ruie ber bamalige Kölner 9tuntiu3 fßeter
9tIot)fiu§ Sarafa fepreibt, nicht grofj, weniger
ftart beoöllert al£ Sftainj, ba3 felbft nicht Diele
Einwohner aufweift unb nicht Diel mehr al§
3000 Bürger wählte. Carafa, Legatio apost.
187. 1 » 0rig.»9teg. Ad Rhen.
5 * Litt. ann. 1611.
0 * Ebb. 1617. * Siteüe^chi an SReftor 9tofen»
bäum, 1 . 2Ipril 1617. Drig.=fReg. Ad Rhen.
Über bie Einmifchung in bie $anbf)abung ber
©chulpcht f. Brower-Masen, Annal. Tre-
vir. II (1670) 46.
7 SBgl. k n i p f ch a a r , Äurfiirft Philipp
Epriftoph (1895) 66 97. Brower-Masen
a. a. 0. II 505 ff. * Litt. ann. 1632 ff. 33rief Dom
27. SOlörj 1635 bei *Reiffenberg IIMantissa.
26
3toeite3 Kapitel. 2>ie nieberrpeimfcbe ©robins.
Sepr fcf)äbigenb mirfte bie Qeinbfdjaft beS gegen £anb, Kapitel unb ®aifer
ftreitenben $urfürften ein, ber bie Qefuiten feinen ganzen ©roll füllen Iiefj V (Seine
©efangennepmung int Qapre 1635 fcprieb er nicpt feiner ungliicf[icf)en ^Sotitif, fonbertt
ben Qefuiten 51t. Unb als er nacp äepnjäpriger ©efangenfdjaft üom $aifer enblicp
freigelaffen tnurbe unb am 18. Voüember 1645 nacp Xrier fant, feilten biefe ben
tiefen ©roll beS argmöpnifcpen unb »erbitterten dürften füllen. SDer Veftor beS
ßotlegS mürbe jur Segrüpuitg nicf)t jugelaffen. Qm 9Vär,$ 1646 griff ber grollenbe
Qürft ungeachtet ber Sitten beS VonijenmeifterS P. SSeibenfelbt in baS ©igentumSrecpt
beS VoüijiateS ein, üon bem im Qapre 1635 ber üermeintlicpe Verrat ausgegangen
fein füllte, ©r liefj ohne meitereS am borgen beS 19. Viär^ einen Seil ber Puffern
mauer beS Vom^iatSgartenS nieberreifjen, um Vaum ju geminneit für bie (Errichtung
eines neuen QeftungSmerfeS, raelcpeS baS Voüijiat beperrfdjen füllte, bamit, mie er
in gepüfftger Söeife auSftreute, Stabt unb Qürft oor ben Qefuiten fieser feien, falls
bie Spanier mieber einmal mit einem Überfall fiep nahen füllten. 211S nun P. SBeibem
felbt ju übereilt ben Arbeitern ihr QerftörungSmerf üerbot, meil baS £>auS unmittel’
bar bem Sßapft unterftellt fei, unb ihnen zugleich bie ©pfommunifation angefünbigt
patte, mürbe ber Qorn beS dürften aufs pöcpfte entflammt1 2. £>aS Voüijiat mürbe
mehrere SCage üon Solbaten umfteüt gepalten, unb noep ScplimmereS ftanb gu er=
märten, Qn ihrer Vot fanbten bie Qefuiten jmei ^atreS nach ^atiS. ®er $ro>
t)in§ial begab fiep unüerjüglicp nach ®üffe!borf ^um ^faljgrafen SBoIfgang Söilpelm,
ber üon allen beutfdjen dürften beim Äurfürft am meiften galt. ®ie fofortige
Vermittlung biefer beiben dürften unb befonberS bie jmeiftünbige SluSfpracpe beS
Äurfürften mit bem neuernannten Veftor beS ^ollegS, P. ©erarb ©rapol, ber ipm
üon Speier unb fö’oblenj per mopl befannt unb üon ipm gern gefepen mar, befänf*
tigten enblicp ben Qorn beS ßurfürften. Stuf Sitten beS VeftorS üerfpradj er fogar,
bem üerarmten Kolleg §u helfen, maS er aud) in Heineren Stücfen tat3, Qpre
Vecpte auf baS Ü^oüi^iat erpielten bie Qefuiten erft fpäter mieber, naepbem bie üom
Äurfürften erbauten Sefeftigungen auf faiferlicpen Sefepl niebergeriffen morben.
Qm fiiepte beS eigenfinnigen unb ftreitfücptigen ©parafterS beS ®urfürften unb
feiner beutfcpfeinblicpen ^oliti! müffen all bie üielen 3(nflagen betrachtet merben, bie
er mie gegen alle unb alles, auep gegen bie Trierer Qefuiten erpoben pat. ®er
Nuntius ©pigi feprieb am 18. Januar 1647 auS fünfter naep Vom: Vom Kapitel,
üon ben faiferlicpen Seüollmäcptigten unb üom Trierer Klerus pöre icp täglich neue
Klagen gegen ben ^urfürften üon Syrier, ber auf feineu üernünftigen Vat pört unb
nur feinem ©igenfinn unb ben Qrangofen folgt. ®ie Qefuiten »erfolgt er unüer»
föpnlicp in SGöort unb STat, mie auep alle, üon benen er meint, irgenb ein Unrecpt
erfapren ju paben4. ^urj üor feiner ©efangennapme patte er ben ^Slan, bie Qefuiten
auS £rier ju »erjagen, mie ber Kölner VuntiuS Sllfieri am 13. Slpril 1635 nacp
Vom berieptet5. Vad) feiner ©efangennapme befcpulbigte ber ^'urfürft mieberpolt
ben P. Samormaini, baff er feiner Sefreiung Scpmierigfeiten entgegenfepe 6. Slucp
pegte er Verbacpt, baff bie Qefuiten in feinem Streit mit S. SVayimin auf feiten
beS 21bteS ftänben. Qm Qapre 1646 baepte er mieberum baran, bie Qefuiten auS
ber Stabt 31t üertreiben7.
1 ©gl. B r 0 w er-M a s en a. a. 0. II 475 ff;
Hontheim, Hist. Trevir. Dipl. III 276 ff;
9Jt a r p , @efd). bes> QcraftiftS STrier I (1858) 335 ff.
2 * Dtterftebt, 31. 9Jiärs unb 8. Slprit 1646.
Rhen. Inf. Fund. II 11 ff.
3 ©gl. bie brei * ©riefe GarrafaS Dom 16. gebr.
u. 11. Sdlärä 1647 unb Dom 20. fyebr. 1649.
* Drig.’fReg. Ad Rhen. inf.
4 * 3Iom, Arch. Vatic., Nunziatura di Paci
vol. XXI.
5 *Arch. Vatic., Nuntiatura di Colonia,
arm. 1, vol. XIV.
6 * 9Ilfieri an ©arberini , 9. gebruar unb
3. ©tat 1636. Barberini Lat. 6756 in ber
Bibi. Vatic.
7 * Dtterftebt, 8. Slprit 1646.
Kollegien: Jrier.
27
Vergebens Ratten bie Obern, befonberS bie ©eneräte, ben ftörrifcfien SJJJann ju
üerföf)nen gefudjt. 2tt§ ber Kurfürft im gafjre 1627 ficf) fetjr erjürnt auf bie gefuiten
jeigte, toeit er glaubte, bajj einige gefuiten gegen ifjn unb für feine ©egner gearbeitet,
entfdjutbigte 3>itette§d)i am 2. Januar 1627 bie ettua begangenen gelter unb bat
um Eingabe ber ©djutbigen, bie ber tierbienten ©träfe nidjt entgegen fällten. 5tSa§
unb tnie aber aud) gefehlt toorben fei, fo möge ber ©rjbifdjof bie getjter einzelner
nidjt ber ganjen ©e*
fettfdjaft jufdjreiben
unb biefetbe rticfjt öon
feinem SBofjlrootlen
au§fd)Iie^en, benn e§
ttürbe gegen bie 33il-
tigteitoerftofien, unter
ben geblern einzelner
eine ganje ©enoffen-
fdjaft leiben ju taffen1.
©päter fletjte (Sarrafa
mieberljolt ben Kur*
fürften an, er möge
bocf) bie Unftugfjeit
einzelner oerjeitjen
unb bie gelter ber*
fetben nidjt äße gefui*
ten entgelten taffen 2.
gm übrigen fanb
bie SBirffamfeit in
Syrier oietfacfie ?tn=
erfennung. gn einem
©djreiben be§ Kur*
fürften Sotfjar ü. 2J?et*
ternicf) Dom 20. 0f«
tober 1603 an ben
©enerateinnefjmer be§
oberen ©tift§ tjeifjt e§,
bie patres feien üon
ben Kontributionen ju
befreien, meiten fie,
mie männigtidj befen=
nett mu|, im 2öein= QOfl CCn?li<J CJ CWAm
berge be§ £>errn merf* "
tidjen großen, unt)er= $cr (Seneial 2i. Garvafa. @tid) (s/s)- Stutograpf) au§ einem Söriefe.
broffenengteifffomofjt
mit ^Srebigen als and) gnftituierung ber gugenb 3U @t)ren @otte§ unb be§ ganjen
£anbe§ Sßofjtfafjrt anmenben3. ©päter, am 22. ©eptember 1639, begrünben 2)ed)ant
unb ®omfapitet oon Xrier bie ßpemtion be» gefuitenfotteg§ Xrier mit ben SBorten :
Ofjnebem aud) tunbbar ift, raa§ mefjr angeregte patres mit gottfetigen djrifttidjen
1 *0rig.=9teg. Ad Extern. 1627.
2 * Garrafa an 6ötern , 23. Sunt 164G.
0rig.=9ieg. Ad Extern.
3 * Kopie Köln, Stabtarcpiö, Jes. 21, aud)
gebrudt in bem „Slftenmäfjigen Status", fielje
folg. Sinnt.
28
Streitet Kapitel. $ie niebcrrtjeinifctje ijßrobing.
Sehren unb uitoerbroffener müljfamer Unterteilung ber Qugenb audj fonften hiefiger
©tabt unb ganzem (Sr^ftift für erfpriehtidjen Spulen, |ogar mit Beibehaltung ber
früheren Stngaht trol^ ber in biefen betrübten Qeiten f° befdjroerticfjen unb foft*
fpietigen Unterhaltung ber Sßerfonen mit fonberbarem (Sifer befchaffen tun R —
Unter beit bitrcf) ©ötern oerantahten ©chmierigfeiten hatte audj fraS ®otteg in
Noblen, 5 oief 31t leiben, hoch mürben biefe BMbcrmärtigfeiten gelinbert burd) baS
überaus 2öot)tmoIIen, baS bie Bürger biefer ©tabt roie früher, fo auch jefjt
unauSgefetjt ben patres entgegenbrachten 2.
Qnfotge ber ungtücffeligen Sßotitit beS ^urfürften mürbe ®obleng am 2. Quti 1632
nach furger Betagerung non ben ©chmeben unter .Sporn befetjt, oier Jahre fpUter,
am 4. 9)iai 1636, nach gehnmonatiger Belagerung non faifertidjen Gruppen guriicf-
erobert unb nach einer meiteren Belagerung non einem Jahre, am 27. Juni 1637,
auch baS non ben grangofen im Jahre 1632 in Befi§ genommene ©Ijrenbreitftein.
2tm Jefte Beter unb Baut hatte ber ^urfürft, atS im Jahre 1632 bie ©roberung
ber ©tabt burd) bie ©chmeben benorftanb, alten OrbenSteuten ©chupriefe gu»
ftetten taffen, nur nicht ben Jefuiten, benen er fidj feinbfetiger benn je geigte.
|)ätte bamatS nicht ber frangöfifche ßornmanbant non (Shrenbreitftein, §err be ©a»
tubie, auf bie briitgenben Borftettungen beS P. föafpar S'Jaget nach gmeimatiger
abfdjtägiger Stntmort enbtid) beim britten 997ate bem ®urfürften ben ©diuprief
förmtid) abgerungen, fo märe baS ^otteg non ben ©djmeben nottftänbig geptünbert
morben3. Stud; mährenb ber Befepng ber ©tabt geigte fidj ber Jürft ihnen
abgeneigt i. freilich hatte baS Kolleg ftatt feiner an bem frangöftfchen Jetbmarfdjatt
Stnnibat b’©ftre'e einen @d)üpr erhalten, ber ihm in ber bebrängten Jeit mehr
©uteS ermieS, atS ber föurfiirft nietteidjt gu tun nermodjt hätte, ©eine SDagmifchen»
funft unb bann ber ©cfjuprief feines Königs, ben er halb bem Kolleg überreichte, be»
freiten baS Äotteg, mooon fonft faft niemanb freibtieb, fogar non jeglicher (Einquartierung
unb allen Saften, fo bah baS $oQeg alte Arbeiten in nottem Umfang fortfepn
fonnte, mie ber Bericht fagt, unb unter ben allgemeinen ®rangfaten mie eine Jnfet im
mogenben ÜDteer atten, ©eifttichen, OrbenSteuten unb Saien, immer ein fefter §ort
unb eine fidlere JuftuchtSftätte btieb. Ju jeher 8eü/ auch bei Berteumbungen megen
SanbeSnerrat, geigten bie ^obtenger Bürger ben Jefuiten großes SBohlmotten.
Qm Jahre 1602 heijjt eS in ben Jahresberichten, freilich mit bem gemohnten
Optimismus: SCBir haben burch unfere oerfcfjiebenen Arbeiten aller bergen fo ge»
monnen, bah m ber gangen ©tabt moljt faum jemanb gibt, ber, mie eS fonft
faft gemöhnlicf) ift, unS meniger günftig gefinnt märe. 3)aS fö'otteg ftep attgemein
als §ort beS JriebenS unb ber ©intracht unb als Jörberin beS öffentlichen 2öof)IeS
’ 3l!teitmähiger Status Causae iit Sachen
bepbcr Collegiorum S. J. gu STrier unb ©oblenß
contra bie Sanbftänbe be? ßrgbiStfjum? Jrier
puncto bie Immunität berer . . . ßfyurf. Ca-
meral ©iiter betreffenb. $rucffd)r. opite 3af)r<
f. 63 f. Staat?ard)io Eobleng , 3ef- ®oüeg
£rier 32. 53gl. bie Urfunbe be§ (fomfapitel?
üom 12. 9)tai 1639 mit großem 2ob für bie
Sefuiten in ben * Trierer fgunbationlurfnnben,
Ätöln, Stabtarcpio, Jes. 705. — Sie 9teftoren
waren: ißet. SRofenbanm, Ott. 1599; Sobofu?
93arIo, 9too. 1603; Spaiil Seueder, 1606; 2tm*
brof. ßarolug, 1608; gof). 9MU)ufinu§ (©pi$»
na§), 1609; grang fUnpcbiu?, 1609 ; sRet. Siefen«
banm, 1614; SBilf). ÜDtetternid), Slnfang 1619;
Stet. 2tlbcitf)ooen, 25. guni 1625; Syof). S8er>
oanp, (Sommer 1630; 9)et. 9t[benßooen (®ige>
reftor), Sommer 1631; SBernf). SBimpfting,
1632; SBilf). ft’nauftiu?, 1638; Steinweg,
6. $e§. 1642; ©er t). ©rapol, 1. ^uti 1646;
9tit. Seßm , 1649; ipeinr. Sürd, 13. 9too.
1650.
2 3?gl. 93b I, S. 100 ff. * Annal. coli. Conti.
1579 — 1688 im Äötner StabtarcpiP, Jes. 685.
3) 0 m i n i c u 3 , ©efd). be§ Äotleginm? S. J. gu
Äobleng II (1872).
3 * Litt. ann. 1632 1635.
1 93gl. * 93iteüe?d)i an ben fReftor Sebm,
5. 9too. 1633 unb 20. 9J?ai 1634. * Orig. ©leg.
Ad Rhen.
Kollegien: Koblenj.
29
in £ocßacßtung. Hub fo blieb eg bie folgenben Qaßre. Qm Qaßre 1640 mürbe
bie Qentenarfeier ber ©rünbung beg Orbeng non ber ganjeit «Stabt, ÜBagiftrat unb
S3off, in fo großartiger SSeife unb unter fo allgemeiner Beteiligung gefeiert, baß bie
Qefuiten ganj iiberrafcßt maren. 2lm Qefte beg ßl. Qgnatiug prangte alleg in ©riiu
unb Blumen, unb eg fcfjien nicßt Söerftag, fonbern ein Qefttag ju fein, „ein
glänjenber Berneig", fo fügt ber Bericßt bei1, „ber aufrichtigen Siebe ber Stabt
^u ung". Ser ißrebiger ooit St Saftor tjatte Sonntagg oorßer auf ber Kansel bie
©efellfcßaft Qefu mit ben größten Sobfprücßen bebacßt unb ging, fo erjäßlt ber
Bericßt, in feinem (Sifer fo roeit, baß er frei unb offen behauptete, Fohlens märe
ooöftänbig eine Beute ber Qrrleßre gemorben, menn nicßt burd) ©otteg gnäbige
Qiigung bie ©efellfcßaft Qefu eg burcß ißre Sugenb unb ©eleßrfandeit Oerßinbert ßätte,
unb biefer gans allein gebüßre bag Berbienft. @r bäte begßalb briugenb, baß alle
in unferer Kircße ©ott anfleßten, er molle gnäbig bod) audj in ben fiinftigen Qaßr-
ßunberten einen folcßen Orben ber Stabt unb bem Sanbe erßalten unb bemaßren.
Bei foldjer Stimmung in ber Stabt mußte bag BSirfen ber Qefuiten reidfe
Qrücßte tragen. Sie regelmäßigen fßrebigten in ber eigenen Kircße unb ber Sieb-
frauenfircße, bie breijeßn Katecßefen in unb außerhalb ber Stabt2, bie fünf Kon-
gregationen, ber Befucß ber £>ofpitäler unb ©efängniffe, bie oielen Bolfsmiffionen,
für bie fpäter jmei ftänbige SBiffionäre mirften, boten ein ebenfo anftrengenbeg roie
fegengreicßeg Slrbeitgfelb. Sdßon im Qaßre 1602 (9. 9J?ärs) ßatte Slquaoioa auf
einen Bericßt beg Beftorg SOJufer ermibert: Spießt geringe Qreube braeßten ung bie
SOcitteilungen oon ben feelforgerlidjen Srfolgen unb bem ftarfen Befucß ber Kircße.
Qmölf Qaßre fpäter (8. ÜBai 1614) ßeißt eg in einem feiner Briefe an ben Beftor
P. Bleftorff : Sag SBacßfen ber Kommunionen an ben leßten Sagen beg abgelaufenen
Qaßreg unb ben erften beg angebrodjenen ift ein beutlicßer Beroeig, baß bie Seelen¬
ernte oon Sag ju Sag bort reießließer roirb3. Qm Qaßre 1616 empßngen am
Ofterfeft über 1000 unb am Sßeißnacßtgfeft über 1500 bie ßeilige Kommunion in
bem Saale unter ben Scßulflaffen, moßin man am 25. Oftober 1608 ben ©otteg-
bienft aug ber gans baufälligen unb bacßlofen Kircße oerlegt ßatte. Bidjt raenige
ßatten an BSeißnadjten megen beg engen Baumeg bort überhaupt nid)t bie Kommunion
empfangen fönnen 4. Bocß bebeutenb ftärfer mürbe ber Qubrang nad) bem Umbau
ber Kircße. Sie große Qaßl ber Kommunionen in unferer Kircße, fo fdjrieb ber
©eneral am 9. Qebruar 1619 naeß Koblens, ßat mieß ungemein getröftet. @g ift
mir bag ein Qeidjen, baß bie Unfrigen bort mit großem Qleiß unb ©ifer arbeiten 5.
Slucß fpäter mirb ber große Qubrang su ben Beicßtftüßlen mieberßolt ßeroor-
geßoben 6. Qn all ben Qaßren ßatten bie Qefuiten in Koblens aueß einige, fei eg Sin-
ßeimifdje fei eg Qrembe, sur alten Kircße surücffüßren fönnen. Qm Qaßre 1601
maren eg 16, im folgenben Qaßre 37, im Qaßre 1605 50, unb fo ging eg all bie
Qaßre mecßfelnb meiter, big in ben oiersiger Qaßren bie Qaßlen surüefgeßen. —
Sie Qaßf ber Kräfte im Kolleg mar oon 17 im Qaßre 1601 auf 23 im Qaßre 1617
oermeßrt morben unb belief fieß im Qaßre 1650 auf 27 : 14 Sßatreg, 4 SBagiftri
unb 9 Saienbrüber7.
Ser oben ermäßnte Umbau mar burcß bie Baufälligfeit ber alten Bonnen-
fireße sur unabroeigbaren Botmenbigfeit gemorben8. Qm Qaßre 1607 befdjloß
man, bag fcßabßafte Sacß s11 erneuern unb ftatt ber flacßen Sede bie Kircße su
1 * Litt. ann. 1640. 6 33gt. j. 33. ®Litt. ann. 1641.
! *Annal. coli. Confl. ad ann. 1650. 7 * Catal. trienn.
3 *Drig.-9leg. Ad Rhen. 8 $a3 golgenbe naef) 33 raun, 2)ie Kirnen«
4 * Litt. ann. 1616. 5 * £rig.-9leg. Ad Rhen. bauten ber beutfd)en Qefuiten 1 33 ff.
30
3tocite§ Äapitel. Sie nieberrtjeinifcfje ißroOinj.
mölben. folgenben .^apre mürbe megen ber ©rridjtung beS SDacpftupfeS ber
©otteSbienft in bie Slula beS ©pmnafiumS oerlegt. Salb barauf fapte ber 3f{eftor
Bop- SReftorff ben ipian eines ©rmeiterungsbaueS, moburcp bie föircpe um bie
Hälfte breiter, um ein drittel länger mcrben unb auper einem ©etoölbe ©mporen
über ben ©eitenfcpiffen erhalten füllte. Sltn 16. 9Q2är§ 1609 bat ber fReftor in
einem Stufruf bie Setoopner üon fö'oblenj um Seipilfe für ben Sau. ©S gelte niept
bem Leiter ober ber Kammer beS ^ollegS, nic^t fterblicpen SRenfcpen. ®em ©prift=
finb fotte eine Verberge, ber Fjeitigften ®reifaltigfeit ein Stempel, ben ©laubigen
ein SetpauS erridjtet raerben ; fiep aber bauten bie ©eher eine einige Söopnung unb
machten fid^ alles ©uten teilpaft, baS im neuen ©otteSpaufe gefcpepe. ®ie ©in-
meiner ber ©tabt mosten ber Opfermilligfeit ifjrer Sorfapren gebeuten unb fidj
erinnern, baff Sttmofen, jur ©pre ©otteS gegeben, niept arm maepen. Slucp füllten
fie fiep in§ ©eböcptniS rufen, meldje f^reube fie über bie Slnfunft ber ißatreS gehabt
unb mit melcper ©enugtunng fie bemertt, bap bie Oteligion burdj biefe geroaprt unb
bie Bug^*5 f° ttmpl unterridf)tet merbe. ©cplieplicp folgt bie Sitte, alte mosten
ipren ÜRamen unter Stngabe if>rer ©penbe in eine Sifte eintragen ober eintragen
taffen, bamit bie patres niept ju ungelegener ßeit an iprer £üre anttopften. 2)aS
Sucp merbe im ©otteSpaufe oerbteiben, bamit ber Sßopltäter ftetS im ©ebete gebadet
merbe. Stber bie Seute Ratten menig ©etb. SBegen äRangelS an SRitteln mupte ber
Sau halb unterbrochen merben. ©rft als bem fReftor P. SReftorff 1612 eine
menngleicp feineSmegS bebeutenbe ©umme aus feinem oäterlicpen ©rbe jugefatteit
mar, tonnte man an bie SBieberaufnapme benfen. ^n ben fahren 1613 unb 1614
fdjritt baS Söerf nur tangfam fort. £>ie ©aben jum Sau tiefen fo fpärlid; ein,
bap bie patres am 6. SRooember 1613 alten noch übrigen Sorrat an 2Bein im
©rtrag oon 1200 ft. üerfaufen mußten. @S fehlte nicht allein an SRitteln für
ben Sau, fonbern auch für ben Unterhalt ber patres. SEropbem oerjagte ber
tapfere fReftor nicht, ©r baute meiter. ®iefe StuSbauer mürbe mit ©rfotg gefrönt.
Stm 3. ©eptember 1617 mürbe bie Kirche oon bem Kötner SBeipbifdjof Otto o. ©ut*
mann, einem gebornen Äobtenjer, eingemeiht. BopanneS ber Käufer, ipr neuer
Patron, tonnte mit ber ftattlicpen, prächtig gemötbten unb reichbemalten £ircpe
mopl jufrieben fein.
„2>ie ^obtenjer föoIlegSfircpe fiept gleich ber ^ottegSfircpe ju SRiinfter nocp
burcpauS auf bem Soben ber ©otif, menngteiep einer reept fpäten unb ftarf entarteten.
Stbgefepen oom portal gibt eS in ipr nur menige ©temente, bie ber fRenaiffance
entnommen finb, unb fetbft bei biefen panbett eS fiep überall nur nm nebenfäcpticpeS
Detail. Baptreicper faft noch al§ bie fRenaiffancebitbungen finb bie Slnflänge an
ben romanifdjen ©tit, namentlich *n ben Profiten ber ©efimfe unb Sogen. . . .
Stuffaltenb ift in ber ^obtenjer ^ottegSfircpe bie auperorbentlidje Sreite beS SRittel«
fcpiffeS. SDiefelbe ift pier freitiep niept fomopt bie golge beS SeftrebenS, ber an»
bäcptigen äRenge oöttig unbepinberten Süd auf ben ©por unb £>ocpattar ju ermög=
tidjen, atS oietmepr beS UmftanbeS, bap man für baS SRittetfcpiff bie Sreite ber
alten ÜRonnenfircpe beigubepalten gejmungen mar. ^nbeffen biefe glüdlicpe
9iotmenbigteit burdjauS ben beftepenben £enbenjen entgegen, im ^ntereffe einer
befferen Slnteilnapme ber ©läubigen an ben gotteSbienftlicpen gunftionen ein meiteS
SRittelfcpiff ju fepaffen. gm* bie äftpetifepe SBirfung beS SaiteS ift bie üerpältniS«
mäpig geringe £)öpe oon einigem 9?acpteil. ®aS innere erfepeint etmaS ju niebrig.
Son alp$u groper Sebeutung ift biefer ÜJRangel feboep niept, meil überhaupt ber
Slnlage ein frifcpeS Sluffteigen fremb ift. 2öie bem aber auep fein mag, jebem
falls ift bie föirdje fepr ftimmungSooK, ftimmungSooller oieüeicpt, als menn baS
SRittelfcpiff um einige SReter pöper pinaufginge. ©ie ift im eigentlidjen ©inne
Kollegien: Äoblenj. 31
be§ SBorteS eine Kirdje, bie zur Slnbacßt einlabet, eine mirflicf) trauliche ©ebetS*
ftätte." 1
Uber baS ©hmnafium fjeijgt eS im ^ahre 1601: „Untere ©djuljugenb muß
meßr nad) ißrer Stücßtigteit als nach ber .Qahl bemeffen merben, menngleid) fie im
|)inblicf auf bie ©inneSart ber Seute unb bie Slttfcßauungen in ber ©tabt biefeS
3af)r giemlid) gafjlreicf) mar."2 $)odß mirb in ber golge mehrmals Don einer
ßunafjme ber ©rfiiiler berietet unb im ^alfre 1624 gejagt: ®aS ©pninafiutn blül)t
je^t burd) Xiicfjtigfeit unb galf! feiner ©cßüler mie nie junor3. Slnfang ber Diesiger
3af)re, al§ nad) bem ftarfen ÜJZiebergang beS ©pmnafiumS infolge ber Kämpfe um
Koblenz Ijerum mäffrenb ber 3aßre 1632 — 1637 mieber ein neues Slufblüljen ber
©d)ulen eintrat, Reifet eS einmal: „£roß ber Verheerung beS SanbeS roeit unb breit
blüf)t urtfer ©tjmnafium fo fefjr, baß eS für geroöhnlid) ungefähr breißunbert ©d)üler
jä^It, unb jmar ausgezeichnete." 4 ®iefe Zunahme rührte teilmeife oon bem (Singehen
ber ©chule in Simburg her5.
©ine fegenSreidje Stätigfeit entfaltete baS Kolleg in roeitent Umfreife außerhalb
ber ©tabt. „95iel merben mir", fo hei^t eS im ^ußre 1604 6, „nach braunen begehrt.
@S finb Slbelige, 2lbte unb anbere ßeroorragenbe SJtänner, raeidje unS auf fechS bis
neun 9)?eilen rufen. ^lofter (9Jtaria«2aad))7 haben mir bie ©perjitien gegeben."
Unb im 3ahre 1649 fagt ber Veridjt: „2öir fudjen nicht nur bie ©tabt, in meldjer
mir außer ben ftar! befuchten ißrebigteit unb Katedjefen fünf Kongregationen haben
unb auch bie Verbergen, Kerfer unb bie ©tanbguartiere ber ©olbaten häufig befugen,
jur Vefferung beS SebenS aufzumuntern, fonbern auch Vororte, bie Dörfer unb
alles, maS an ben Ufern beS 9tf)einS unb ber ÜÖiofet mohnt, unb zmar mit gutem
©rfolg."8 VefonberS roaren eS Stnbernadß, SKontabaur unb Sinz, mo ihre |jilfe
feit 1601 regelmäßig lange 3aßre h’uburdj in ber Karmodje unb in ben £agen
um SBeihuadßten in Slnfprud) genommen mürbe unb burdjmeg mit guter $rud)t.
„$5ie SJadfridßten über bie nicht zu oeracßtenben Früchte ber Arbeiten in Slnbernacf)",
fo fdjrieb ber ©eneral P. Slquaüina am 9. Qunt 1611 an ben Stettor P. SJteftorff,
„taten uns ungemein mohl, unb mir bitten ©ro. fjodjmürben, fid) berartige ÜJJiiffionen
redjt angelegen fein zu laffen. " 9 fjn Sinz, mo ber ißroteftantiSmuS fdjon ziemlich
ftarf um ficf) gegriffen hatte, ging alles fo glüdlidß oon ftatten, baß z- SS- im 3aß*e
1608 oiele zur alten Kirdje zurüdgefüßrt mürben10 unb im 3uhre 1624 zu SBeihnadjten
eine folcße ÜDienge bie heiligen ©aframente empßng, baß ber Pfarrer öffentlich oon
ber Kanzel fagte: „©eitbem ich ßier Pfarrer bin, finb noch nie fo Diele an biefem
jfefttage zur heiligen Kommunion gegangen." ©S maren ihrer ungefähr oierßunbert
gemefen11. ©eit 1605 mürben bie ^SatreS aud) öfter nacß Simburg unb fpäter nad)
Oberlaßnftein unb 9JJünfiermaifelb gerufen. ®aS 3aßr 1628 faß SJtiffionen in
DJtontabaur, ffreuSburg, Kircßen, SDaaben, Velbenz ufro. 3,n 3aßre 1638 arbeiteten
bie patres in bem früßer ftarf caloinifcßen StßenS 12. ©anze Orte im näßeren unb
entfernteren UnifreiS füßrten fie zur fatßolifcßen Kircße zuriid. ©o erftredte fid)
bie fegenSreicße Slrbeit beS Koblenzer KollegS nicfjt allein auf bie ©tabt, fonbern
auf baS ganze Sanb um 9Jiittelrßein, ÜDiofel unb Saßn13. —
1 93 raun, 2)ic ft'ircfjenbauten ber beutfcfjeu
lyefuiten I 45 f.
2 * Litt. ann. 1601, 610. 3 *®bb. 1624.
4 * Hist. coli. 1642—1645.
5 *Annal. coli. Confl. ad ann. 1646.
6 * Litt. ann. 1604.
7 93gl. * SlquaoiDa an P. 93ercf)eber, 10. Suli
1604. 0rig.-9teg. Ad Rhen.
8 * Litt. ann. 1619.
H * 0rig.=9teg. Ad Rhen.
10 Litt. ann. 1608, 475.
11 *Litt. ann. 1624.
12 *Annal. coli. Confl. ad ann. 1628 u. 1638.
13 $ie finansietle Page blieb wegen SDtangelS
einer bütreidjenbcn gunbation ftetS eine fefjr
bebrängte. 9U3 ber Ärieg feit 1632 alle3 runb
32
Sroeited Sapitet. 5J)ie nieberrheinifche fJJroOina.
Über bie Sage ber Qefuiten in ^itbeäfjetni1 ergäbt ein 23eridjt aug beut
Qatfre 1600: Unfere geiuöhntidje STätigfeit umfaßt bie fßrebigten im Som unb ben
ltnterricfjt in ber ©djute. Über 1000 empfingen bei ung bie ©aframente, unb
36 Sutfjeraner über (üatoiner fefjrten gur Äircfje gurüd. Sie ^onoertiten f)aben
manchmal öiet gu leiben. Qhre ütamen merben non ben fßrebigern mit ©cf)impf
non ber Mangel nerfünbigt unb allen üfiadfbarn ber fßerfetfr mit ihnen unterfagt;
ihre Gangtüren inerben burd) ©cfj läge mit ©eiten bearbeitet unb mit ß'ot beraorfen;
fie fetbft aber auch tnof)t mit Ohrfeigen unb Qauftfdjlägen übet mitgenommen. Stm
meiften ergrimmt finb unfere ©egner über bie Qortfdiritte unferer ©d)üter in
SSiffenfdjaft unb Qrümniigfeit. Sefjtereg todt Stüter aug ihren ©djuten gu ung
herüber ober, fallg ihnen babei ^inberniffe in ben 2Beg gelegt merben, gu anbern
Kollegien unferer ©efedfcfjaft2. Siefer 23erid)t bietet in föiirge ein getreueg Slbbitb
ber Arbeiten, ber ßrfotge unb ^emmniffe beg $ottegg in ben nädjften 50 Qaffren:
gtiidtidje ©ntmidtung ber ©djute, tangfame aber erfyebenbe ©rfotge in ber ©eetforge
unb anbauernbe gefjäffige SInfeinbung feiteng ber ißroteftanten.
Sie gerftreut untergebradjten ©djutftaffen mürben 1603 in einem 9£ad)barf)aufe
vereinigt unb ber Unterricht ermeitert. 9)?it bem Qatjre 1604 mürbe in ben oier
Staffen anftatt üon brei nunmehr öon oier Selfrern unterrichtet, 1607 auch b© fünfte
fomie tägliche 23ortefungen über SiateÜif begonnen. SSier Qaljre fpäter, im Qatjre
1611, afg oom Somfapitet neue 91äume, g. 33. eine Sotnfurie unb ber grofje ©aat
oorn am Äreuggang, gu ©chutgmeden übergeben maren, eröffnete man nod) 33ortefungeu
über ©emiffengfätle, unb im fotgenben Qalfre über bie ^ontrooerfen3. GMeidjgeitig
mar aud; bag Äolteg fetbft fo ermeitert raorben, bafg eg 30 Qimmer gäfftte4. Sie
Slngietjunggfraft ber ©djuten mar nicht gering. Qm Qahre 1603 berichten bie Qefuiten5:
2tug ben oerfchiebenen Orten fommen auggegeidjnete Qüngtinge herbei, freilich gum
2trger ber hiefigen s^5rebiger. Ser ©uperintenbent fudjt forgfam tpeimat unb 9iamen
ber ©djüter auggufunbfdjaften, um burd) feine Bottegen bie Ütüdrufung berfelben bei
bem betreffenben Sanbesfürften gu ermirfen. Socf) taffen ficf) bie meiften ©tubenten
herum gu öerheeren begann, mürbe bie 9tot
immer briicfenber. „3)ad SoHeg", fo lautet ber
58erid)t über bie 58ermögenslage im 3al)te 1639,
„fann bie 22 ihm notmeubigeu $erfouen nicht
mehr unterhalten, toenn ed nicht ©elb aufnimmt.
Unfere ©djulbuer fönnett auf feine SSeife junt
3ahleu gebracht merben. Unfere Sänbereien
miiffen mir fetbft beacfern, um 58rot ju haben"
(* Catal. trienn. 1639). 2)ie ©djulbeit fliegen
immer höher, unb bie ©laubiger bräugten immer
mehr. ®ie fdjlimmften 58eläftigungeit muffte
man fid) Don ihnen gefallen laffen, unb fein
Üludmeg unb fein DJtittet mar borhaubeit, fie
ju befcpmichtigen (*Hist. coli. Conti. 1645 bid
1648). 3m Sabre 1649 maren bie ©d)ulbcit
auf 17 903 9teid)ötaler gemachten, „fo bah unfer
Srebit", fagt ber 58erid)t (* Catal. trienn. 1649),
„gemaltig gelitten hat unb gar nicht mehr baran
ju beuten ift, bafj fetnaub und ©elb leiht.
Ulud) gibt ed feine Sltmofen, ald höchftend ganj
geringe." ©rft ber neue Soabjutor unb fpätere
Kurfürft Sari Safpar Pott ber Sehen, ber am
11. Sum 1650 gemäblt morbeit mar, unb anbere
©ömter bradjten bem finfenben Solleg eublich
bie erfchutc Ipilfe. — $ie fReftoren maren:
fjlet. SDtufer, 9)tai 1600; ©eorg 58ergheber, Suli
1603 bid Suni 1608; Sah- 9)teftorff, 12. 9too.
1608; §erm. Senitep, 6. ©ept. 1617 bid
1618 (f); Sah- Seffel, 19. 9toD. 1618; ©erf).
Grapol, 10. Sunt 1625; fßet. fRuibiud, $eg.
1629; 9tif. Sehnt, Sej. 1630; Sah- föeinr.
fPrad, 14. fötärä 1638 bid 1641; 9llb. ©pid),
7. Oft. 1641; Sah- £>audbranbt, 3. ©ept. 1646
bid 1650; §ei:tr. Gobonaeud, 24. S‘eör. 1650.
1 Sgl. 58b I, ©. 113 ff.
2 *Litt. ann. 1600. Uber beit $»afe gegen
bie Sefuitenfdiule ogl. auch *Sra$, ©efcp.
bed Sefuitcafollegd in §ilbedheim f. 19, §ilbed=
heim, 93eöer. 58ibl. unb 9t. SJtüIIer, 58eitr.
Sur ©efd). bed ©d)ultheaterd (fßrogr.), $ilbed=
heim 1901, 6 f.
8 * Catal. Rheni 1599 ff uttb * Litt. ann.
1603 ff. $gl. 58 er tr am, 55)ie 58ifd)öfe oou
§ilbedheint (1896) 199; 58aIfettI)oII, ©efd).
bed Sollegd unb ©pmttafiumd Sofephinum ju
§ilbedheim (1898) 31.
4 * 2(quaoioa an ben fproOittjial ©djeren,
8. ffltärä 1614 (ad Rhen.); * Litt. ann.
6 Litt. ann. 1603, 555.
Äoüegien : §ilbell)etm.
33
tr»enig fcfirecfen. Smei Saf)re fpäter bringt ber 53ericpt nocp genauere Angaben:
®ie ©cputen blühen tuiber atleS (Srmarten. SDie SQpt ber ©dpüter unb ipr (Sifer
nimmt immer mepr ju1. SRancpe ©dpüter ber beiben proteftantifcpen ©pmnafien
mürben gern ju unS fommen, menn ipnen nur bie SBopnung nidpt genommen mürbe.
SDie proteftantifcpen Bürger nämticp, metcpe eS roagen, unfere Stüter ju beherbergen,
merben öffentlich bon ber Kantet bertefen, bont proteftantifc^en Slbenbmapl auS*
gefchtoffen unb burcp bie f}3rebiger fo lange gequält, bis fie unfere ©dpüter aus bem
fpaufe jagen. Slls im ^afjre 1(331 auper ber ®iateftif SBortefungen über bie gefamte
ßogif eingeführt mürben, fügt ber 33ericpt pin^u: ®ie ©dputjugenb mächft felbft bei
ben Kriegsgefahren. SIbelige unb bürgerliche fommen in nicht geringer Saht2.
®ie ©cpüterjapt betrug fdjon im Sapre 1610 300; int Sapre 1616 belief ficfj bie
Saht ber armen ©dpüter aüein, für beren Unterhaltung man mitforgte, auf 170 3.
SRepr ©ebutb atS bie ©cpute erforberten bie Slrbeiten in ber ©eetforge. ®er
unfruchtbare boben, fo peipt eS im Saf)re 1608 4, bringt nur fpärticpe unb ber auf»
gemanbten Slnftrengung nicht entfprecpenbe grüdpte. ®ie menigen Katpotifen maren
eben ju furchtfam unb ju fehr eingefcfjüchtert , bie fßroteftanten aber biet ju fepr
berpept5. SBegen ber ©efapren non feiten ber fßroteftanten, fo fcpreiben bie patres
im Satjre 1603 6, hielten mir bislang nur in einer Kapette in ber ©tabt Katecpefe.
(Srft biefeS Sapr begannen mir bie Katecpefe aucp braunen bei bem ganj unmiffenben
botf in ben Dörfern, unb jmar in oier Ortfdfjaften. Stuf ihren (Sängen maren bie
Sefuiten felbft üor btutigen SRippanbtungen nicpt ficfjer. ©anj erftaunt maren mir,
fo fdjrieb am 15. Souuar 1614 ber ©enerat nach £)iIbeSpeim, über baS, rnaS oon
ben ©efapren ber llnfrigen mitgeteitt mürbe, bap fie nicht nur geflogen, fonbern
felbft mit ©teinen unb SR eff er tt angegriffen mürben, ©ut mar eS, bap man fiep
nidjt jur SBepr gefept, fonbern fotepen SöutauSbrücpen bor^ubauen unb fiep fieper ju
ftetten fudpt. Übrigens poffe icp, bap man einmal mit ga'euben ernten mirb, mo
man jept mit tränen fäen mup7. Stucp in Sufunft btieben bie ^efuiten bor fotepen
Sätticpfeiten niept gefepüpt8. Sm Sa^re 1632 fagt ber Söericpt: 45 Sapre feufjen
mir unter einem fepmeren unb brüefenben S0CPe- SBir finb überpäuft morben mit
©dpmäpungen, tßerteumbungen unb SSerfpottungen, ©teinmürfen, ©epfägen unb
SBunben unb einer Slnjapt äpnlicper, faft täglicher llngered^tigfeiten 9. Slucp bie
Strbeiten in ben Stmtern fßeine unb Sterpen unb ©ropnbe maren mit bieten Opfern
unb ©efaprett berbunben. P. ©pe bietet ein 23eifpiel bafitr10. SRocp inbenSapren 1646
unb 1647 mirb bon fepmeren SRippanbtungen unb fHopeiten berieptet.
Sttt biefen ®rangfaten fepten bie ^efuiten Hoffnung, SRut unb StuSbauer ent>
gegen. Slnt 30. Quni 1618 ermiberte SSitetteScpi auf ein ©dbjreiben beS fReftorS
^uneefen : Sidp fepe, frofi unfere Slrbeiten naep unb naep gan^ erfreuliche grücpte ju
tragen beginnen. ÜRocp reieper merben fie poffenttiep merben burep bie in neun Ort*
fefjaften mieber aufgenommene Katecpefe. ©epon am 24. SRär^ 1603 patte Stquaoioa
naep fpitbeSpeim gefeprieben: Siidpt menig erfreut maren mir über bie bebeutenbe SaPt
ber Übertritte n. @S maren im Sapre 1602 im ganzen 51 gemefen, faft hoppelt fobiet
atS in ben Snpren borper12. 3DaS retigiöfe Seben felbft pob fiep jmar ganj tangfam,
1 ebb. 1605, 729. 8 SBflt. 5. 93. bie *93riefe bom 13. ®ej. 1614,
2 ‘Litt. ann. 1631. 7. ©ept. 1619, 7. ®ej. 1619. * Litt. ann. 1615
3 * Sbb. 1616. 1631.
4 Litt. ann. 1608, 484. 9 * Litt. ann. 1632.
5 93gl. aud) gor ft, ißdit- Sorrefponbenj 10 93gl. über P. ©pe bal lepte Äopitet.
bei ©rafen grj. 2BiI0- b. SBartenberg (1897) 11 * Drig.*9teg. Ad Rhen.
230 312 374 397 ic. 12 Mel, aud) bal golgenbe, nad) ben* Litt.
6 Litt. ann. 1603, 553. ann. 1600 ff unb ben * 93riefett ber ©eneröte
1 * örig.‘3teg. Ad Rhen. nad) ^itbelpeim.
Su^r, ©efe^tebte ber ^efutten. II.
3
34
groeiteg tapitel. Sie rtieberr^einifdje Sßrobins.
aber ftetig. ®er Empfang ber ^eiligen ©aframente [lieg non $af)r §u Qalfr. ®ie ,gal)l
ber Kommunionen betrug im $af)re 1600 1000, im ^a^re 1601 1376, im ^jafjre
1602 2300, ftieg bann nad) 30 Qaljren, im Sa^re 1632, auf 8700, atfo ba§ §ld)tfad)e
gegen ben SBeginn be§ $af)rf)unbert§, unb erreichte im folgenben $af)re, als üiete fatfjo«
flollesie« (C), aFtefibenjen (R), SBtiJfionen (M), 9lo6i}iate (N), $rofejjl)auä (P).
falls ein Srfolg unter fdjmierigen Sßerf)ältniffen, jumal bie ^efuiten nicfjt über eineKirdje,
fonbern nur eine Kapelle, bie SlntoniuSfapelle, im füblidjen fyliigel beS ©om-KreujgangeS
oerfügten. @S Ratten beim aud) bie Sieftoren beS KotlegS feit bem ^af)re 1621 mieber*
fjolt freubig üon „ben reichen grüdjten" ber Arbeiten an ben DrbenSgeneral berietet1.
1 $ie Sieltoren Don ^»ilbe^^eim umreit : Sol). $uneden , 1610; £>einr. tRottfjaufen , 1618;
.viommer, 1601; $et. ßrbiu?, ©ept. 1603; Stil. 2twg. Surrian, 1620; Sob- Ouinfen, 1629;
Kollegien: Jpilbelbeim.
35
SDie Qreube über bie erfotgreidje Sätigfeit nnirbe nodp befonberg gehoben burcp bie int*
erfcfjiitterficfje Stanbpaftigteit unb Streue ber ®atpotiten unb namentlich ber ®onoertiten,
welche trop aller Verfolgungen unb Seiben, wie oft bie Veridjte anerfennenb perDor*
heben, nicpt wanften unb treu ant tatpolifdjen ©tauben feftpietten. Stucp in noch
fcpwereren Qeiten fottte biefe Sreue fid) bewähren.
Sag $otteg, bag fid) aug befcpeibenen SInfängen tüchtig emporgearbeitet hotte, feit
1621 burdpweg 19 Qefuiten gäptte: 8 fßatreg, 6 äßagiftri unb 5 Saienbriiber, unb
§erbft 1630 and) Sip beg Sergiateg geworben war, würbe batb ein Opfer beg^riegeg.
<Sd)on Sttifang 1632 patte berfetbe mit wenigen Unterbredjungen um (pitbegpeim herum
gu wüten begonnen. Stm 22. Quti 1634 war bie Stabt nach faft einjähriger Vetagerung
gum gweitenmat Don braunfcpweigifcpen Struppen befept, unb einige Stage fpäter, am
27. Quti, würben fämtticpe Qefuiten „in giemtich unmenfcpticper SEBeife"* 1 mit Vertuft
iprer gangen £>abe unb aller (pabfeligteiten aug ber Stabt gejagt, „.fperggerreifjenb", fo
fcpliefjt ber Veridjt hierüber2, „war bag SBeinen unb Sdjtudjgen ber Seute, alg unfer
^riefter bem in großer Qapt Derfammetten fatpotifcpen Volte ben Segen gab unb alten
bag tepte Sebewopt fagte." ©rft neun Qapre fpäter, ^jerbft 1643, feprten bie erften
Qefuiten in bag auggeptünberte S'otteg wieber guriid. @g hatten bie trieggmüben
^ergoge Don Vraunfcfjweig im Qapre 1642/1643 gu ©ogtar mit bem ßaifer unb bem
Qiirftbifdjof Don £)itbegpeim, ®urfiirft Qerbinanb Don Ä'ötn, Qriebeit gefdptoffen unb
nicpt btofj bie jüngft ottupierten |)itbegpeimifdjen ©ebiete, fonbern auch ben größten
Seit jeneg großen ©ebieteg Don 19 Ämtern, 5 ©raffcfjaften, 8 Stäbten ufw., wetdpeg
fie in ber grofjeit Stiftgfepbe 1519/1523 an fid; geriffen hatten, wieber auggetiefert3.
föurfürft Qerbinanb hatte gteid) nach Stbfdptufj ber Qriebengoerpanbtungen pje 9tüd=
berufung ber Qefuiten in bie SBege geleitet, bamit „bie tatpotifdje Religion nicht
btofj in ber fReicpgftabt ^itbegheim, fonbern audj im gangen Stift allgemach befto
fiiglicher wieberum ptantiert werben möge", unb am 29. Quti 1643 bem Kolleg burcp
bie ©inoerteibung ber Drei fö'töfter SDorftabt, ^einingen unb SSöltingerobe anftatt
ber bigper nur bebingunggweife überwiefenen fircpticpen Venefigien enbtid; einen
bauernben, feften Veftanb gegeben4.
21m 17. Stuguft 1644 fucpten bie ißatreg beim Somtapitet um bie ©rtaubnig
nadj, in jebem Qenfter ber niebrigen, gweifcpiffigen Stntoniugfapetle ein Qadj gum
Offnen einricpten gu bürfen, ba bie Seute eg fonft Wegen beg übetn ©erucpg
nicpt augpatten tonnten. Qm fotgenben Qapre baten fie unter bem 16. SJfärg um
Übertaffuitg ber pinter ber fö'apette fiep befinbenben ®optentammer, beren fie gur
Stntegung einer Satriftei benötigten. Stnt 2. Stprit witlfaprte bag Kapitel bem
Vhtnfcpe. Qm Qapre 1646 würbe ben Qefuiten geftattet, eine fteine ©tode auf
bem Sadj beg SDormitoriumg, bag über ber ßoptenfanimer tag, angubringen, am
4. Diooember 1650, einen Qugang gur ®apette Dom fteinen Sompof per angutegen,
bamit man nidjt mepr burep ben SDorn gu gepeit brauchte5.
Qm Scooember 1643 eröffneten bie Qefuiten bie Scputen mit 50 Sdjütern.
Siefe patten fid) aber fepon innerhalb gweier iöionate auf 130 oermeprt6 unb tarnen
fo gaptreidj, bafj im ^erbft 1645 alte fünf Ätaffen, wetepe anfangg tombiniert gepalten
2tug. Surrian, 1630; fgreucfingf), 29. Oft.
1630 bi§ 1634 (@jil); SDtattf). falcooen, 1643;
§erm. 93ufenbaum, 1644; Micron. 9JMImann,
12. ®tai 1647; Sfrit. £ontbum, 1650.
1 * 23iteHeld)i an P. grenefingfj , 20. gan.
1635. Orig.-9teg. Ad Rhen.
2 *Litt. ann. 1634.
s 23 er tr am, Sie 23ifd)öfe hon ^pilbeS»
heim (1896) 168 ff. Sauenftein, Siblomat.
§iftorie bei 23iltuml Jpilbelfjeim II (1740)
115 ff.
4 *Sopie in Fund. Rhen. inf. I 212 ff.
5 23 r a u n , Sie Äirdjenbauten ber beutfdjen
Qefuiten I 123.
6 23alfenf)o ff, ©efd). bei ÄoHegl unb
©hmnafium Sofebhinum ju £>ilbelf)eim 6.
36
groeiteS Sapitel. Sie uieberrbeinifdje Srouinj.
mürben, mieber gang getrennt mären. 1646 begann man aucf) mieber bie Sortejungen
über ®iateftif. 2)er Suf ber ©djuten 50g troß ber mieberermacßenbett geinbfetigfeiten
ber ißroteftanten Qaßr um Qaßr neue ©djüter ßerbei1. Son Hamburg, ^annoüer,
Jameln ltnb anbern ©täbten ber SDiö^efe, fo ßeißt eS im Qaßre 1646, fonimen
tutßerifcfje Jünglinge ju uns, beren Sefdjeibenßeit unb gteiß gute Hoffnung für bie
Seligion gibt. ©ie erregen burcß bie ermorbenen Kenntniffe, meint aucf) nur mittet*
mäßig auSgebitbet, in ißrer ^jeirnat Semunberung, ba biefe ^ädjer nadjtäffig bei
ifjnen betrieben merbett. ©etbft atS im ^aßre 1650 jum Strger bieter Sürger burcf)
ben Stagiftrat ben Kinbern ber Sürger ber Sefucß unferer ©djuten ftrengftenS
unterfagt mürbe, btieb bennodj bie ©cßüterjaßt im ©teigen. Socß erßebenber maren
bie feelforgticfjen Strbeiten. Stuwer brei regelmäßigen ißrebigten unb brei EKarianifdjen
Kongregationen fjatten bie ^efuiten megen beS großen EftangetS an ißrieftern jugteicf)
nod) außerhalb fünf Pfarreien gu oerfeßeit: §arfunt, Sorffum, Eftarienrobe, Joppen*
bürg unb ©teuermatb. Uber ißre erfotgreidjen Arbeiten, ben (Sifer unb bie ^reue ber
Katßolifen in ber ©tabt, metdje mäßrenb ber ^aßre 1634/1643 ßart bebrüdt morben
maren, berichten fie mieberfjott mit großer ©enugtuung: „©§ ttingt faft uugtaubtidj",
fo fdjreiben fie im $aßre 1650, „baß bei ber geringen ßatjt ber Katfjotifen 9000
in unferem Kirdjtein bie ßeitige Kommunion empfangen ßaben." ©S mar bieS um
gefößr biefetbe gatjt mie furg Por ber Sertreibung; atfo ein beutticßeS ßeidjen,
bie Konoertiten treu geblieben, ber Gsifer ber Katfjotifen in ben neun ^aßren fernerer
SebrängniS nicf)t erfattet mar.
£)aS Kolleg gäßtte im Qaßre 1650 mieber 21 ^efuiten: 13 patres, 3 Eftagiftri
unb 5 Saienbrüber. Siet ßatte man teiben müffen oon ben ©egnern, in ben teßten
igafjren aud) nidjt menig unter geitticßer Sftot, ba etma 3/4 ber inforporierten ßänbereien
unbebaut mareu unb infotgebeffen große Strmut ßerrfcfjte2. Elfter mit großer Se*
friebigung fonnte man aucfj gurüdbtiden auf bie gtüdtidjen ©rfotge. Unb mit
©enugtuung mußte eS bie ^efuiten erfüllen, gu fefjen, mie motjtmottenb unb banfbar
gefinnt bie Katfjotifen |jitbeSf)eimS gegen fie maren. „®ie Katßotifen", fo fdjreiben
fie im ^afjre 1648, „finb gegen uns überaus freunblicß unb treten fräftig für unS
ein, allen tiorauf aber baS ©omfapitet." Seßterem fjatten bie ^efuiten mofjt baS
meifte gu Oerbanfen. ®aS SDomfapitet mar ifjnen immer bie mädjtigfte ©tüße ge*
mefen, menn ßie unb ba alles gu raanfen fcßien unb bent Kotleg fdjon ber Untergang
brotjte. Qnt ^aßre 1620, am 28. Eftärg, Ijatte g. S. ber OrbenSgenerat nadj £>ilbeS=
tjeim fdjreiben fönnen: ,,^d) feße beutticß, baß bie SDomßerren eS finb, burdj bie baS
£icßt beS ©taubenS inmitten ber ginfterniS beS Irrglaubens erßatten mirb, unb
baß mir unter fo oieten geinben oßne fie faum fidler mären, nocß audj oiet in ben
Strbeiten für baS ^eit ber ©eeten noranfommen mürben." 3
Sadj ber Sertreibuug ber Qefuiten aus falber ft abt4 ßatten fid) bie §itbeS*
ßeimer patres ber Katßotifen in ^»atberftabt angenommen. Soit biefer Saitigfeit
mürben fie abgetöft, als @nbe 1629 bei ber SDitrcßfüßrung beS SeftitutionSebifteS
bie fatßolifcßen Kommiffäre jmei patres mit einem Saienbruber in bie ©tabt führten
unb ißiten bie ißrebigten im ®om übertrugen5. ®er ^roöinjial P. Saoing, ber
1 2lHe3, and) ba3 golgenbe, nadi *Catal.
Rhen. inf. 1643 ff; *Hist. coli. 1645 — 1648;
* Litt. ann. 1646 ff, unb beit * Briefen ber
Drben§generale.
2 * Catal. trienn. Rhen. inf. 1645 ff.
8 * Drig.-9teg. Ad Rhen.
4 Sgl. Sb I, <3. 426.
5 Sn einer Ütelation über baS $8i§tum falber*
ftabt, mcldje Sifd)of granj SCBilbelm boit
ö^nabrücf am 20. gebr. 1629 an beit 9?uiitiu§
Suigi (Sarafa fd)ic!te, beißt c§: Staterlingburg
desolatum et in alios usus hactenus con-
versum commodam sustentationem et funda-
tionem dare posset Patribus Societatis, qui
ultra 43 annos clam palamve, ut occasio
ferebat, saepe non absque praesenti captivi-
tatis et vitae periculo, utriusque Dioecesis
Halberstadiensis et Magdeburgensis Monaste-
Kollegien : jfjilbeSfjeint Opalbcrftabt).
37
gleich nacp SBeipnadjten 1629 nad) |>allierftabt gefommen mar, bemühte fiep barum,
ob nidjt in ber ©tabt ©djufen eröffnet toerben fönnten1. ©d)on einige ÜRonote
forper patte er bent Orbenggeneral gefeprieben: „©tabt unb fOiöjefe oerbienten in
ber Xat ein Kolleg unferer ©efedfdjaft; benn fie liegt inmitten Oon üliieberfacpfen,
fo bap fid) oon fjier aug ber ©egen fatf)o!ifcf)er ©cpuien auf oiele ©ebiete pin aug*
bepnen fömtte."2
©eine Semüpungen patten Erfolg. fyür ben Unterhalt forgte, big oom päpft*
lidjen ©tuple fircplidje Einfünfte angemiefen mürben, ber Herzog Oon griebfanb.
®ie 2Sopnung aber, bie ben Qefuiten übergeben mürbe, mar fo, mie man fie nid)t
beffer münfepen fonnte3. §erbft 1630 mürben bie ©djufen mit jraei klaffen er*
öffnet4. ÜUian jäplte gleicp über 50 ©cpüler, barunter oiele Kinber proteftantifeper
©Itern. ®er 9fuf ber ©cpule flieg, alg oon ben ©cpiilern einigemal, mag bort
gan^ ungemopnt mar, fleine ©cpaufpiele aufgefüprt mürben. 9lud) in ber ©eetforge
patten bie Qefuiteu Erfolg. Slufmerffam pörte man ber ißrebigt unb ber 1631 ein*
gefüprten Katecpefe ju, unb ber Empfang ber ©aframente pob fiep fo rafcp, bap
man oon Januar big ©eptember 1631 über 600 Kommunionen jäplte. SJfeprere
Kanonifer, Sifare unb anbere Klerifer feprten jur fatpolifepen Kirdje jurüd, ferner
manepe Saien, barunter jmei fiirftlicpe 9iäte mit ipren Familien, im gangen 57 inner*
pafb lA/2 Qapren. 9Jfan baepte fepon barait, bie ßapf ber ^efuiten, bie barnalg fiep
auf feepg belief (2 patres, 2 ÜKagiftri unb 2 Saienbrüber), 31t üermepren, alg bie
©djladjt bei Sreitenfelb ade Hoffnungen oernid^tete. Slrn 22. ©eptember 1631
mußten bie Qefuiten Halberftabt oertaffen. Stuf SBunfcp be§ abroefenben 93ifcpof§
oon Hafberftabt, beg Erjperjogg Seopolb Söilpelm, oerfudjte gmar ber ©uperior
^op. Hau3branbt 4m 3af)re 1638 bie SCBieberaufridptung ber 9tieberlaffung, boep
mupte er im folgenben ^apre oor bent fepmebifepen ^efbntarfdpall Sauer mieber aug
Hafberftabt ffücpten5. groei Sapre fpäter (1641) maepte er einen neuen Serfudj.
Eg mcilten in ber ©tabt, bie nur noep ein groölftel iprer Semopner jäplte6, fepon
mieber 5 ^jefuiten: 4 ißatreg unb 1 Saienbrüber, afg im Her&ft 1643 bie lieber*
faffung junt brittenmal aufgelöft merben mupte7.
S)ie ^efuiten in ipaberbortt 8 merben im neuen ^laprpunbert enblicp bie güüdfte
iprer Slugbauer ernten, boöp füllten biefe grüdjte mieber unter neuen unb noep gröperen
Seiben unb ®rangfalen aller 9lrt peranreifen.
ria et Catliolicorum reliquias, qua exhorta-
tionis vei’bo qua sacramentorum munimine
tamquam racemos post vindemiam college-
rint, colligarint et Stae Matri Ecclesiae pro
posse conservarint , eorumque autem opera
ad iuventutem et plebem erudiendam com-
moda censeatur, atque adeo Catbedrale ca-
pitulum optet de Collegio componendo et
fundando ex Imperatoris etiam voluntate,
illos introduximus, qui etiam tum concio-
nando tum scholas incipiendo vocationi suae
magno Catliolicorum gaudio, et non minori
fructu initium dederunt (*Sot>ie Barb. Lat.
6202). 91m 8. fütürä 1630 überfanbte ßarafa biefe
Relation au ben Karbinal Barberiiti. * Original
int Arch. Vatic., Nunz. di Colonia I, vol. 12.
1 * ©erf). Erapol , ber ^Begleiter beg fßro*
biu^ialS, an Bufaeug, SDtünfter, 14. SDlärj 1630.
* Original Epp. ad Bus.
2 * Narratio compendiosa (Docum. hist.
Prov. Rhen.) , of)tte Saturn unb Unterfcf)rift,
bod) ergibt fiel) beibeg aug bem 93riefe Bitei*
[egdjig an Baoing üom 21. 1629. *Orig.=
9teg. Ad Rhen. inf.
3 *9Iug. Surrian an Bufaeug, §ilbegl)eim,
4. 9toü. 1630. Original a. a. 0.
4 * Litt. ann. 1631 unb *Catal. Rhen. inf.
1630 f.
6 *Hist. coli. Monaster. 1636 — 1639. Sögt,
fpieper, ®ie $robagauba*S?ongregation unb
bie norbifdjen füliffionen (1886) 53.
6 91nftatt ber 2416 Bürger be» 3al)re3 1624
jäÜlte man nur nod) 200 (ßeitfd^r. be§ Iparj*
Bereing für ©efd)id)te XXXVIII [1905] 174).
7 *Catal. Rhen. inf. 1642 ff. * Biteüeldji
au ^erting , 24. DIob. 1643. Drig.*9?eg. Ad
Rhen.
8 Bgl. 93b I, <3. 136 ff.
38
3wcite§ Äapitef. Sie nieberrljeinifd)e 5ßroöinj.
Sie äußere Sage änberte fid) teitmeife burd) bie Sftiebermerfung bei Stufftanbel
ber noch immer faft ganj proteftantifd^en ©labt, bie im Aufträge bei ^ürftbifdjofl
SDietricf) im 3>af)re 1604 oon bem Ä'rieglöotf bei fonoertierten ©rafen Qof)anit
non 9?ietberg eingenommen mitrbe. ®al £>aupt bei SXufftanbel, ber 23iirgermeifter
SßidEfart, naf)m (oor feiner quatootten Einrichtung) infolge mehrerer Unterrebungen
mit P. griebricf) SSadfjtenboncf ben fat^olifcfjen ©tauben an 1. Stuc^ für bal $otteg
mar bal Qafjr 1604 in mehrfacher Erficht bebeutunglootl. 9?adj 23eenbigung ber
tiefgreifenben Sößieberherfteflunglarbeiten an ber ehemaligen ÜDiinoritett* ober Qohanni!»
Xircfje mürbe biefe nunmehrige ^efuitentirche am 8. September 1604 oom 28eihbifd)of
non fünfter neu eingemeif)t. SBälfrenb ber firdftichen geier legte ber ^ürftbifdjof
bei ber Opferung bie ©tiftunglurfunbe bei ßottegl auf ben Stttar. $n biefer
6t)muaftum JU *4taber6ont. ©tid) auS ben Monumenta Paderborn. 1672 (7/s)-
©tiftunglurfunbe, batiert 8. ©eptember 1604, betont ®ietrid), baff er bem Verfall ber
fathotifchen Religion in SBeftfalen burd) ^Berufung oon fittenreinen, treuen Selfrern
unb tüchtigen, tugenbhaften fßrebigern habe entgegenarbeiten motten. ©eltfatb hübe
er bie Don ©ott gefanbten SSäter ber ©efetlfdjaft berufen, unb burch niete Qatjre
hinburdh f)dbe er ihre SEugenb unb höcfjft erfpriefjtidhe Strbeit erprobt unb ftifte ihnen
belhatb ein Kolleg in ^Saberborn. Stuwer ben ©infiinften oom SDomfapitet übermeift
er ihnen feine reiche 23ibtiotf)ef', bie Eätfte ber ©infünfte bei ehemaligen ßtofterl
gatfenfjagen, jmei 23encfi§ien unb ein Äapitat oon 10000 Katern. SXucf) erteilt er
ben IfSatrel bie Stpprobation für bie ganje tiDiojefe für atte feetforgtidjen Strbeiten2.
1 33gl. bie ©d)rift beS 33ilbl)auer§ © r ö<
ninger, ber als Slugem unb Dljrenseitge be=
richtet: SSarljafftige Söefeljrung beS Siborit
Söidjarp, ijjaberbont 1604. 9lbgebrucft bei 9Iid)=
ter, ©efd). ber ißaberborner Sefuiten I 153
bi§ 178.
2 Ser befte Srud nad) bem Original im ipaber=
borner ©tubienfonbS-9lrd)iü bei 9i i d) t e r , ©efd).
ber IJSaberborner lyefuiten 1 194 — 199. Ser
ülbbrud bei Seiler (©egenreformation in
Sßejlfalen II [1895], 9tr 494) ungenau, bei
© t r u n d (Annal. Paderborn. III 658 ff) unb
Kollegien: $aberbortt.
39
@iit ^af)r barauf (9Jtai 1605) fonnten bie ^efuitett in ba§ feit 1596 im 23ait
bcgiiffene neue Atolleg einjietjen, beffeit 9iol)£>au 1602 fertiggeftellt morben. ®er
Sceubau mar befonberS merlmürbig burcf) einen 55 m f)of)en £urm, ber mit feiner
öftlidfien Sftauer an bie ehemalige ^ofjannigfirdfe ftieff. ®er SluSbau be§ neuen
Atollegg naffm ttocf) mehrere ^a^re in Slnfprucf) ; nur aHmäfjlicf) erhielten alle üiäunte
fyuffböben unb fünfter, bag untere ©todmerf ein fteinerneg fßflafter1.
2)ie Spulen
blieben einftroei*
len nod) in ben
alten Räumen am
®ompürting, big
fie 1609 in bag
neu ermorbene
Gratofcfje £aug
öerlegt mürben.
21nton Grato, ein
eifriger )ßrote<
ftant unb heftiger
©egner ber ^e>
fuiten f)atte fidj
gerabe ber Qo«
Ifanniglirdje ge«
geniiber ein fdf)ö«
neg §aug gebaut,
bag aber nacl)
feinem £obe bon
feiner Sffiitme ber«
lauft merben
muffte. „21m_
20. ^uni 1609
berfammelten fidj
in bemfelben jum
erftenmalauf bag
gegebene ©loden«
jeictjen — ein ba«
malgeingefüfjrter
©ebraucf) — bie
@cf)üler jum Uit«
terridjt. ,©o gef)t
eg mit ben planen unb SBünfdjen ber SRenfdjen1, fjei^t eg bei biefer (Gelegenheit in
ben Slnnalen. Unb fürmabr, feltfam genug mochte ber ganje Vorgang gar mannen
bünfen. Grato hatte feinerjeit ein ©cf)riftcf)en veröffentlicht mit bem Stitel : $aitu ein
rechtgläubiger 9Rann mit gutem ©emiffen feine @ö£)ne ben ^efuiten in bie ©dfule
g-xirftbifefjof Sietritf) uou Siiifteuberg.
©tid) au§ ben Monumenta Paderborn. 1672 ( s/7 ).
9teiffenberg I (Mantissa 89 ff) mit bem
fatfdjen Saturn 8. Sej. Sie Slnnabtne ber
(Stiftung burd) SlquaBioa erfolgte am 2. Steril
1605; Srud bei Setter a. a. £>. II, für 505.
Bieter (öeben unb SBirfen Safpar3 Bon
gürftenberg [1873]) notiert aus! bem Sage«
bud) unter bem 12. ülprit : „Ser 83ifitator
Societatis fdjreibt abn fj. ©., luitt nod) mefjr
über bie 10000 91tf)tr betteln, Berberbt ben
ganzen Raubet bamit" (9t i d) t e r a. a. ö. 1 77 4).
1 9t i d) t e r a. a. 0. 57 81 103 145. Sie £;e=
fuiten batten bisher in ber engen unb baufälligen
Somprebiger=Surie am Sfenberg gemot)nt. ©rft
im 3a^re 1609 mürben in einem Slnbau au
ber Oftfeite bie bei ber Stntage Bergeffenen 2tb«
orte angelegt.
40
3taeite§ Sapitel. Sic nieberrljeinifdje iproBinj.
geben? Sr f)atte feinen tarnen, fein itnb feiner $rau Sßappen an bem neuen
Ipaufe angebracht, itnb nun mar gerabe bag £)aug beg SRanneg, ber in Söort unb
©chrift gegen bie ^efuitenfdjule geeifert, fdjoit menige ^af)re nadj feinem £obe ber
©ip bcrfelben gemorben."1
£>rei ^afjre fpäter, am 31. Quli 1612, legte giirftbiftfjof SDietridj ben ©runb-
ftein ju einem neuen, grof3en ©pmnafialgebäube, bag ficf) nach Sföeften unmittelbar
an bag Kolleg anfcfjlop. ©cpon Slnfang 1614 fonnten bie ©epilier in bag neue,
prächtige ©pmnafiitm mit feinen großen ^Räumen überfiebeln. SDer Slulaflügel ent-
hielt in febent ©todmerf nur einen fRaurn, im Srbgefdjofj ben Sljeaterfaal, im jmeiten
©tod bie Slula, im brüten bie SBibliothef 2.
Sllleg bieg hotten ^efuiten oorjügtid) bem ^iirftbifdfjof Dietrich gu oerbanfen,
bem bie ^aberborner ^jefuiten ftetS ein banfbareg Slnbenfen beroahrten. „2öag hotte
ber Qefuitenorben", fo führt ber ©efdjidjtfchreiber ber ffkberboriter ^efuiten aug,
„ihm nicht alleg §u oerbanfen! Sei feinem fRegierunggantritt befafj berfelbe in
fßaberborn eine fRefibenj mit noch nicht gehn fßerfonen. ^|n feinem STobegjahr (1618)
bagegen moljnten 45 fßerfonen in einem prächtigen Kollegium, melcheg nicht nur
einen auggebeljnten ©arten unb eine geräumige Stircffe umfaßte, fonbern auch bie
notmenbigen üfäume für bag SJooijiat, bag ©pmnafium, bie Unioerfität. Unter unb
burdj Stpeobor ift ^aberbont ein (pauptfip beg Orbeitg in 9?orbmeftbeutfdjlanb ge-
morben, gemiffermafjen ein fefteg Säger, oon meinem aug bie ^efuiten nicht nur
bie ©täbte, Ortfdjaften unb fölöfter beg $aberborner Sanbeg, fonbern audj bag
Sippefdje, bag SRietbergifclje, bag furfölnifdje SSeftfalen ltfro. leicht erreichen fonnten."3
Slnbere hoben ^oberborn bag „meftfölifdje Qngolftabt" genannt.
Qfjre SDanfbarfeit fudjteu bie ))kberborner ^efuiten befonberg burch immer eifrigere
Slrbeit in ©eelforge unb ©djule ju betätigen. Slufjer fßrebigt unb Äatecfjefe im ®om
unb in ber eigenen föirdje übernahmen fie 1605 auch bie fö'atedjefe in ber eben noch
proteftantifdjeu SRarffirdje, im ^aljre 1609 Äatedjefen auf fünf benadjbarten Dörfern4.
Sin Slugbauer unb gleifj lieh man eg nicht fehlen. Slm 15. ^uni 1613 fcfjrieb
Slquaoioa bem fReftor Saüing : „SRit ^reube fehe idj, baff alle im Kolleg nicht nur
an Seib unb ©eele gefunb finb, fonbern audj emfig im (paug unb braupen, in «Stabt
unb Sanb an ber Sefeljrung ber Seute arbeiten trop beg ©rolleng ber ■«pöretifer." 5
Sig nach 9iiel)eim unb Srafel, nadj SRargberg unb Slrngberg, ©efefe, SBerl unb
©oeft mürben bie Satreg begehrt6. 2)ie Slrbeiten blieben auch nidfjt unbelohnt.
SDer ©rünber beg Äollegg, SDietricp o. f^iirftenberg, felbft erflärte im Qapre 1612:
SDie grüßte, meldje mir oon unferer ©rünbung erhofften, fehen mir mit groper
greube unfereg £>erjeng offen baliegen, ©elbft unfere geinbe bezeugen, mieoiel in
menigen ^aljren in biefem faft ganj oerrailberten SBeinberge beg |>errn erreicht ift unb
mieoiel mir begpalb fünftig nod) erhoffen fönnen7. ®och erfolgten feine befonberg
gahlreicfje Übertritte jur fatfjolifdjen ®irdje, menigfteng nidjt in Sßaberborn felbft,
bag im $apre 1611 nach einer ©cpäpung beg oertriebeuen ©tabtfpnbifug ©üntljer
nod) über 1000 mehrhofte proteftantifdje Sürger gählte8, auch bann nidjt, alg ber
Sifdjof in ben ^apren 1609 — 1612 burdj ftrengere Srlaffe bie SDätigfeit ber ^efuiten
ju unterftüpen fudjte9. SDie SRipftimmung in ber Siirgerfcpaft, melcper nach bem
1 91 1 cp t er, ©efd). ber 5Paberborner Sefuiten
I 96 f. 2 ebb. I 124 f 146. 3 ebb. 1 139 f.
4 * Litt. ann. 1605 u. 1609.
5 * örig.=9icg. Ad Rhen.
6 * Litt. ann. 1610 u. 1616.
1 ©üftung§urfunbe be§ 'Paberborner 91oBi-
äiate§, bat. 28. guni 1612. 5)iefe aud) bei
31id)ter a. a. 0. I 199 ff.
s Seiler, ©egenreformation in SSeftfalen
III (1895) 656.
3 * Litt. ann. 1609 ff. 9!od) im 3af)re 1619
Ragt ber üloBijenmeifter P. $iep: Necdum
frugis copiam in civitate respondere nostro-
rum laboribus ; Bgl. * 3?itetteörf)i an benfelben,
7. ©ept. 1619. 0rig.-91eg. Ad Rhen. 3JgI.
91 i d) t e r , ©efd). ber ©tabt Ißaberborn II (1903)
$ ollegien : Saberbortt.
41
Slufftanbe alle Freiheiten uab 9iecf)te entzogen mürben, unb bie Unterftüpung ber
benachbarten ißroteftanten, naelcfje fid) ftarf in bie ^Saberborner 55er^ättni[fe ein»
mifdften, mirften babei mit. 2öie früher, fo l)ei^t eg noch ©ube 1617 in bem Qaf)re3«
berichte: „®ie §auptf)offnung, bie fatholifdje Religion hier toieberherjufteHen, beruht
auf ber ftubierenben ^ugenb unfere§ ©pmnafiumg."
$n ber erfolgreichen ©djultätigfeit fanben bie ^efuiten für bie rnenig frucfjtreicfjen
Slrbeiten ber ©eelforge in ber Sat eine reiche (Sntfchäbigung. f£)ie ©tfiüterjahl hatte
fich nach SSieberfepr beg ^riebenS im ^apre 1604 innerhalb eineg Qahreg oerboppett* 1.
©ie betrug im ^atjre 1605 200, im .^apre 1607 400 2 unb blieb ftänbig im SBacpfen.
3)er gubrang mürbe noch größer, atg bag (Spmnafium 1614 jur Slfabemie
ermeitert mürbe3. 21m 7. ®e§ember 1619 fchrieb ber (Seueral an ben Üieftor 23aüing:
„Qdj miinfche bem Kolleg unb ber Slfabemie, an metcher, mie ich höre, eine fo aug»
gezeichnete unb eble ^ugenb erzogen mirb, Oon ganzem ^»erjen (Slüd."4 SDag Kolleg,
mit metchem feit (perbft 1614 noch ein ©cpolaftifat unb Stooijiat oerbunben mar,
gebieh fidjtlicp5. @g zählte Anfang 1619 77 ^efuiten: 12 ^Sriefter, 5 SRagiftri,
14 ©djolaftifer, 39 Scooijen unb 7 Saienbrüber 6. 21udj bie feelforglidt)en Slrbeiten
geftalteten fich immer frucfjtreid^er. 21m 21. Sluguft 1621 fchrieb ber Orbenggeneral
ooll ber 23efriebigung an ben fReftor: ®a bie feelforglichen Erfolge fo grofj finb, bah
bie befte Slugficht auf balbige unb oollftänbige Überminbung ber Irrlehre in ber
bortigen (Segenb befteht, falls bie Unfrigen ähnlich eifrig unb forgfältig bie Bürger
in ber (Stabt unb bag Sol! auf bem Sanbe in ber Religion unb ben £>eilgmaprheiten
51t unterrichten unb zu förbern fortfahren, fo molle (Sott allen im Kolleg Ä'raft unb
(Sefunbpeit unb ben glühenben (Seeleneifer erhalten7. @nbe 1621 mar, mie ein
proteftantifcher ^rebiger fich augbrücft, „burd) bie ^efuiten unb anbere Wiener beg
Slnticpriftg beinahe ganz ^aberborn bem Steufel geopfert"8. 211g nach bem £obe
SDietricpg ber neue Fürftbifcpof ^urfürft (Srnft bie ^Bürger aitfforberte, „fiel) nunmehr
Zur uralten, fatpolifcpett Religion zu belennen"9, maren bie (Semüter bereitg nie!
empfänglicher. 2öag noch fehlte , oollenbeten bie fchmeren .fpeimfuchungen burch
ßpriftian oon 23raunfcpmeig unb feine Iporben (1622) 10. ®er ^Reftor ©aoing briiefte
gleich tu feiuern erften Briefe, meldjen er unter bem 2. ^-uli 1622 nach her fRüd«
lehr in bag oon ßpriftian auggeplünberte unb oerroüftete $odeg an ben Orbeng«
general richtete, bie Hoffnung aug, „baff eg halb um alleg, auch um bie Slrbeiten
am (Seelenheil beg SRäcpften noch beffer flehen rnerbe alg oorher". ©djon ein ^apr
fpäter, am 6. Oftober 1623, fonnte er bem (Seneral mitteilen, bah hie (Stabt enb«
lieh lieber oodftänbig fatholifd; fei unb bie ^atreg fich nun nicht mehr fo fefjr
mit ber fRüdfüprung Qrrenber, meldje faum noep oorhanben feien, alg oielmepr mit
ber Untermeifung unb ©tärfung ber Übergetretenen zu befaffen hätten11, gür ben
fReft ber ^roteftanten patte bie ^Regierung Februar 1623 eine Slufforberung zur
Diücffehr erlaffen12. @nbe 1623 maren mit Slugnapme meniger alten Seute alle
142 ff 198 ff; *2fquatiiüa an ben Saberbonter
3teftor, 20. Sej. 1608; * SiteIIe3d)i an ben«
felbert, 4. Suni 1616. * 0rig.«91eg. Ad Rhen,
feiler a. a. 0. II, 9lr 497 ff; III, 92r 627 ff.
1 * Litt. ann. 1605.
2 91 i cfit er, ©efd). ber Saberborner Sefuiten
I 84.
3 Sgl. 8. faf). * Litt. ann. 1617.
4 * 0rig.«9ieg. Ad Rhen.
5 * Litt. ann. 1613—1614. Sgl. * SiteIIedd)t
an Samtig, 13. 2lug. 1616; 25. gehr. 1617;
1. Sefd. 1618. Orig.«9Ieg. Ad Rhen.
6 *Catal. Rhen. 1619.
7 * 0rig.«91eg. Ad Rhen. Sgl. * SiteIIe3d)i
an Saoittg, 27. fjuni nnb 29. 21ug. 1620.
8 91 i cf) t er, ©efd). ber StabtSaberbornII245.
9 ©bb. II 229; feiler, ©egenreformation
III 685.
10 Sgl. 21. 2Bc§famb, §erjog ©fyriftiatt
non Sraunfd)tt>eig unb bie (Stifter SJlünfter
unb Saberborn (1884) 72 ff.
11 Sgl. * SiteIIe§d)i an Satting, 27. 2Iug.
1622; 25. 91oü. 1623. 0rig.«91eg. Ad Rhen.
12 91 i d) t e r , ©efd). b. Stabt Saberborn II 258.
42
3n>eite§ Kapitel. 2)ie nieberr^einifdje fproüin,v
Bürger fatfjoTifcf; unb biefe blieben treu, aud) afg fie fpäter unter bie £>errfdjaft
ber Reffen (1633 — 1636) famen. Qür bie macfjfenben SIrbeiten maren bie Kräfte
nidjt augreichenb. Qu einem Briefe üom 23. 9coüember 1624 fagt ber ©eneraf:
„Qdj bebaure eg fetjr, ba§ bei einer fo reichen (Seelenernte bie bafür beftimmten
Slrbeitgfräfte teifg burcf) ben Stob fjinmeggerafft, teifg ober burcfj Kranffjeiten be-
ljinbert merben."1 SDie Kommunionen in ber Qefuitenfircfje überfliegen im Qafjre
1626 bie aller früheren Qafjre2. £>ie Katedjefe in nieten Pfarreien in unb au§er-
fjalb ber Stabt unb bie fünf Kongregationen gaben öiele Arbeit. SDie ©efamtzaljf
ber Stüter au ©tjtnnafium unb Uniüerfität belief fidj im Qafjre 1624 tro£ ber
ooraufgegangenen Krieggftiirme auf 600 3, ftieg im Qapre 1661 fogar auf 900
unb mürbe trotj beg Krieget, ber feit Oftober 1631 um ^aberborn mieber ftarf §u
toben begann, nidjt bebeutenb geminbert, fo baff bie faiferlidjen ©enerafe, mefdje fidj
Zeitmeifig in ißaberborn auffjieften, ihr Staunen an ben Xag legten4. ©rft im
Qapre 1633 mürbe bag blüfjenbe Kodeg eine Seute beg Kriegeg. 2fnt 16. Sluguft
mußten ade Qefuiten auf Sefefjl beg Sanbgrafen 2Biff)etm bon Reffen, ber fidj in ben
Sefip ^aberborng gefegt fjatte, Stabt unb £anb bertaffen trop ber Qürbitte, mefdje
bie Stabt für fie eingefegt Ifatte5.
2Ifg am 26. 3fuguft 1636 bie Stabt burdj ben faiferlidjen Qefbfjerrn, Qofjann
b. ©öfs, ben Reffen mieber entriffen mürbe, fefjrten bie Qefuiten, 4 patres unb
3 Saienbrüber, trop ber ftarf mütenben Sßeft unbermeift in§ Kodeg jurücf, „zur
großen Qreube ber Bürger"6. „®ie Kodegggebäube fanben fidj in jiemfidj gutem
Quftanbe, unb bie Bürger maren bem fatfjofifcfjen ©tauben nodj treu ergeben."7
„Unfere Sfrbeiten", fo fcfjrieb ber ffteftor Saüing im Sommer 1637 bem ©eneraf8,
„fommen admüfjfid} mieber ing alte ©efeife." ®ag ©tjiunafium entmidefte fidj fogar
fefjr rafcfj. Qm Qanuar 1637 fjatte man auf Sitten beg Sftagiftratg unb ber bifcfjöf-
fidien Sefjörbe ben Unterricht in jmei Klaffen begonnen, unb fcfjon im ^erbft maren
ade fünf Klaffen unb ber griecfjifdje Unterricht in ben beiben oberen Klaffen mieber
eingerichtet 9. STro^hem bie Krieggfjeere big jum ©nbe beg Kriegeg Stabt unb £anb
beunruhigten unb häufig fdjredfidj heimfuchten unb Sefjrer unb Sdjüfer üerfprengten,
hielt fidj bag ©tjtnnafium, unb anfangg 1646 jäfjfte eg fogar über 500 Sdjüfer 10.
Sangfamer ging eg mit ber Stfabemie11. ®ie Sfrbeiten in ber Seefforge befdjränften
[ich in ben erften Qafjren nach ‘)er fdüdfefjr faft nur auf bie Stabt. Später fonute
man auch lieber in ber Umgegenb, in Stabten unb Dörfern, in Kföftern unb auf
Surgen tätig fein 12. 2luf eine Sftitteifung herüber unb über bie feefforgerfidjen @r-
folge entgegnete am 28. ÜDfai 1644 ber ©eneraf bem fReftor Meeting: „jpödjft erfreu-
fidj maren bie fftachridjten ©m. ^ocfjmürben üom 23. Sfprif über bag SBadjfen ber
Arbeiten außerhalb ber Stabt unb bag SBieberaufblüljen ber SRarianifdjen Sobati--
täten. Söode ©ott auch ebenfo bie zeitlichen Serfjäftniffe heben, bamit mir, üon
irbifchen Sorgen frei, befto beffer bag ©roige förberit fönnenl"13 SDiefe Sorgen maren
freilich fehr brüdeitb, jumaf bie macfjfenben Arbeiten, befonberg itt ben Schufen, bie
^jerbeijiefjung immer gafjfreicfjerer Kräfte erforberten. ©in Sericfjt barüber aug bem
Qafjre 1645 lautet14: SDag Kodeg unterhält 37 ^Serfonen ; baoon ftnb 2 ^rofefforeit
1 * Drig.=9teg. Ad Rhen. 2 * Litt. ann. 1626.
3 *Litt. ann. 1624.
4 *®bb. 1631 u. 1632.
6 *®bb. 1633. SBgl. fRicfjtet, ©efd). ber
©tobt jfjaberborn II 270 f.
c *Litt. ann. 1636.
7 93aüing an ben ©eneraf; ügl. * Sßiteffe§cf)i
an 33aoing, 4. guti 1637. 0rig.=9ieg. Ad Rhen.
8 «gf. * 5BiteIIe$d)i an 23aüing, 28. 9?oü. 1637.
9 Litt. ann. 1637. 10 *ßbb. 1646.
11 *Hist. coli. Paderborn. 1642 — 1645.
12 * Litt. ann. 1637 ff unb *Hist. coli. 1645
bt§ 1648.
13 * Orig.=9ieg. Ad Rhen.
14 *Catal. trienn. Rhen. inf. 1645. 93g[.
aitd) bett * 93erid)t ber PP. Sorenj fDtattentfobt
unb ^teinr. Jure! üom 15. Sesember 1647
(* Original in Coli. Paderborn. S. J. 10). 3n
Kollegien: ißaberbont.
43
ber Geologie, 4 ber fJ3hilofopljie, 6 ber f)umattiftif<f)en Rächer unb bie übrigen mit
ben fonft gemohnten Slrbeiten befcfjäftigt; 3 finb für gemöhnlicf) in galfenhagen.
®inft mürbe bas Kolleg ju ben nnt beften ftefjenben ber ^roüinj geregnet, jefjt aber
gehört eS mit ju ben ärmften. SDiefer SGBec^fet rührt bafjer, bafj bag ßoKeg 1. in
ben lefjten etma 28 paaren über 30000 BeidjStaler eingebiipt fjat; 2. in biefem
Kriege menigfteng breimat oollftänbig auSgeraubt mürbe unb beg gesamten §augrateS
öerluftig ging; 3. bafj bie ©iiter be§ ^[öfters galfenhagen, meldjeS einen £>aupt>
beftanbteit unferer Stiftung bitbet, fdjon feit 15 fahren unbebaut batiegen. . . . Soju
ruf)t auf bem Meg eine Scfjulbenlaft non runb 13 000 9?eicf)§talern. $ie bieSjährigen
Sinfünfte an ©elb merben ficfj öorauSfidjtlid) auf etma 380 BeidjStaler, bie an
betreibe auf 44 Gatter SBei^en unb 16 9Mter ©erfte belaufen. ®a eS hier feine
Sllmofen gibt, fo fönneu nur fünf big fed)S ^erfonen unterhalten merben. ©S leudjtet
atfo ein, unter meldjer Saft bei biefer großen Sln^l öon Seuten bag Kolleg feufjt.
2öir hoffen aber, bafj ber gütige ©ott feine Wiener nidjt oerläpt \
©ott oertieh bie patres auch nidjt in ben fommenbett fchmeren fahren, ^aber-
born mar big jurn 16. 3)iai 1646 in ben ^änben ber ®aiferlid)en geblieben. Sin
biefem Sage hotte fidj bie Stabt nadj heftiger Befdjiefjung an Söranget bebingunggtog
ergeben müffen. Sie Stabt mürbe geplünbert, bag Qefuitenfodeg aber glimpflich
behanbelt megen ber fran^öfifchen Schu^briefe unb ber Bermenbmtg beg fran§öfifd)en
©efanbten in fünfter. SBranget nahm ade Bedungen ber Societas Iesuitarum
unter feinen befonbern Sd)uf$. Sllg er am 20. ÜÖtai ißaberborn uerliefj, übergab er
bie Stabt ben oerbiinbeten Reffen. Surd) einen fühlten Überfall bradjte ber faifer-
liehe ^ommanbant in SBiebenbrüd am 1. Sejentber 1646 bie Stabt in feine ©emalt.
Sie lepte unb furcfjtbarfte Belagerung unb Befchiefjung hatte bie Stabt aug^uhalten
burch bie Reffen oont 1. big 13. September 1647. Ser tapfere ^ommanbant fällig
alle Singriffe ab. Sie Stabt glich nach bem Slb^ug beg g-einbeS oielfach einem
Sdjutthaufen. ©ine erneute, mehrtägige Befdjiejjung burch bie Reffen im Oftober 1648
blieb ebenfalls erfolglog megen ber ©ntfdjiebenljeit ber fleinen Befapung unb ber
Bürger. Slnt 16. Oftober mürbe bie Stabt entfett burdj ben ©rafen Sambotj. Seit
Üftoüember 1646 hatten bie Bürger oon ben ^aiferlidjen nicht meniger alg oon ben
geinben p leiben. 9taub unb ©rpreffungeit maren etmaS SllltäglidjeS. Beim ^rieben
mar bie Stabt ausgebrannt unb oerarmt; bie nur mehr 500 Bürger maren Qammer=
geftalten üor ©lenb unb 9tot; Bettler unb Bagabunben burdjfdjroärmten allüberall
Stabt unb Stift; bie Sitten maren öerroht. $n feinen Ätagegefängen über bie Ber--
müftung Seutfcf)lanbS hflt Balbe (im ^ahre 1643) ißaberborn eine ergreifenbe Strophe
gemibmet: ^äfften mödjte icf) üielleidjt bie Sanbförner am SJteere ober bie Söogen,
melche ber Sunb erregt, aber ^aberbornS Seiben merbe idj nimmer ermeffen2.
$aum mar ber ®rieg gu ©nbe, ba brohte ein fchmerer Bermögengüerluft; eS
mar ber üoKftänbige Berluft ber einen Hälfte üon ben Bedungen galfenhagenS.
Stm 15. Sluguft 1649 fdjrieb ber ©eneraloifar an ben Beftor Johann $etri: „üöiit
bemegtern ^erjen fehe ich baS ß'otleg unter fchmierigen unb brüdenbeit Berljältniffen
jmifchen gurd)t unb Hoffnung fdjmeben unb meifs gar nid)t, mie £ilfe gebracht
merben fönnte. Ünfere Stüpe ift einzig ©otteS ©üte, auf bie mir um fo fefter
ung oerlaffen fönneu, je unermiiblid)er bie Unfrigen bort arbeiten, oon bereu ©ifer
unb ©rfolgen ©ro. ^odjmürben ja fdjrieben."3 ©rft fpäter mürbe bag Kolleg aus
feiner bebrängten Sage befreit4.
ben $;apren 1649 unb 1650 patte ba§ Koüeg 2 fRicpter a.a. D. II 285— 296. Sie ©tette in
roieber über 300 ©cpüter (geitfepr. für üaterl. Balde, Silvae 4, 2. 3 * Drig.<9teg. Ad Rhen,
©efepiepte X [1847] 100 ff). 4 Sie 8<Ü)l ber fßerfonen, treppe eä anfangs
1 * £>rig.--9teg. Ad Rhen. 1650 unterpielt, belief fiep auf 36 : 20 ißatreS,
44
3meite3 Äapitel. $ic nieberrbeiuifdje (ßromuj.
SSon großer 23ebeutung für Sßaberborn blieb bal ßtofter gal fenf)agen, rneit
ipnt non bort ber größte SEeit feiner ©infünfte juftofe. SDiefel ehemalige 3ifter*
äienferinnen» unb fpätere ^reujperrenftofter im gürftentum Sippe «®ctmotb, eine
Stiftung bei ©rafen §u Scpmatenöerg, verfiel im 16. ^aprpunbert unb mürbe im
^apre 1596 non bem catoinifcpen ©rafen Simon VI. jur Sippe, bem Oiacpfommen
ber ©rafen non (Schmalenberg, gemattfam ben Orbenlteuten entriffen* i. 9tur bie
Heinere (paffte ber S3efipungen hatte öom SDiö^efanbifcpof, bem 93ifc^of non ^aber»
born, ber ®ird)e gerettet merben fönnen unb mar im $;ahre 1604 bem ifßaberborner
^efuitenfotteg einoerleibt morben. Rechtlich mürbe einige Qiapre fpäter auch bie
gmeite Hälfte, auf ber ßtofter unb Ätofterfircpe ftanb, (Eigentum bei ®ottegl,
unb jmar junäcpft burch bie 53utte ^5apft ^aittl V. nom 15. SXuguft 1607 unb bann
noch burch bal £eftament bei ©rafen (permann jur Sippe, bei ^meiten Sohnei
Sintonl VI., ber im $apre 1620 fatpotifcp gemorben mar unb noch gleichen
$apre furj nor feinem £obe bal nom Sßater ererbte fötoftergut bem Kolleg gu
)ßaber£>orn nermacht patte. ®ocp mar bem fö'oüeg bie mirflidje fBefipergreifung
biefer jmeiten £>ätfte burch ben regierenben ©rafen jur Sippe, ben ätteften 23ruber
(permannl, unmöglich gemacht, ©ematt galt für füedfit, bi§ fdjtieffticp, ba ber ©raf
aucf) beit faiferticpen ©ntfdfeibungen unb föefepten tropte, faiferliche ^ommiffäre im
^apre 1626 bie ^efuiten in ben 23efip ihre! ©igentuml fepten. 21m ^efte $reuj»
©rpöpung patten biefetben mit 150 Sotbaten bal fölofter befept, gegen SIbenb bie
©inroopner non fieben Dörfern nerfammett unb bem neuen (pernt, bem Oleftor bei
ijkberfmrner ^ottegl, putbigen taffen, ba bal fö'tofter in feinen Sefiputtgeit tanbel»
herrticpe Oredjte unb „bie ©perjierung poper unb nieber ©erecptigfeiten" befap2. Stm
anbern borgen, bem 15. September, mürbe nach tanger Unterbrechung in ber ®tofter»
fircpe mieber ber erfte feierliche fatpotifcpe ©ottelbienft gepalten. Unb mit biefem
Otugenbticfe, fo erjüplt ber erfte Qaprelbericpt non gatfenpageit ©nbe 1626 3, begann
bal fötofter Sip ber ©efettfcpaft ^efu ju merben. ©I meiten bort jmei ^rieftet
mit einem Saienbruber. Sie paben bie ißfarrfeetforge aul^uüben nicpt btop in ben
bem Jl'tofter unterftepenben ^Dörfern, fonbern aucp in anbern, unb fcpon ben Stnfang
gemacpt, bie atte OMigioit mieber aufjuridpten. OHcpt fdofj einzelne Seute, fonbern
ganje gamitien paben fiep ftetl offen gur fatpotifepen $ircpe befannt unb in ben
30 ^apren (ber tippifepen §errfcpaft) nie bie catoinifcpen ^rebigten befudjt. Sang»
fant neigen fiep auch kie anbern Seute uni ju. ßur peitigen OJteffe unb gur ^Srebigt
unb ©priftentepre ftrömt attel, fetbft bei ber raupen Söinterfiitte unb trop ber non
@i! unb Scpnee ftarrenben 33erge unb Söütber, fogar aul ben enttegeneren Orten,
in foteper SOtenge perbei, baff mir nur bie reiepften griidjte erpoffen fönnen. ®ie
Unfrigen paben nun begonnen, um biefem tobenimerten ©ifer nod) mepr entgegen»
jufommen, bie Seute aud) in ipren Dörfern ju befuepen unb fie bort §u unter«
4 9Jtagiftri, 4 ©djolaftiter , meldje bie SSor»
lefungen über 9JtoraI hörten , unb 8 Saien»
brüber. — 2)ie (Reftoren mareit : griebr. SBadjten»
bond, 1601; §einr. s(Roe3t, 9toü. 1601; 9Rattl).
@d)rid, 9Rai 1605; !gop. Stoberti, 1609; §ernt.
93aüing, 1612; Gffrift. Sennep, 1625; §erm.
93aüing, 1632; Qof). grendingf) (SSiaereftor),
1636; 99tart. Meeting, 1642; 93ernf)- SBiinpf»
ling, 1645; $etri, 2. Sau. 1648.
1 Strunck, Annal. Paderborn. III (1741)
582 ff 689 f. * Litt. ann. 1626. Sonferbatoriat»
fdireibeit be§ ©rafen liKt), tßaberboru 1630
(Rhen. inf. Fand. II 195 ff). Sßiete Stftenftücte in
ber ®rudfd|rift : (Stanblfafte SSebauhtung bereit
beftbegrünbeten ©ered)tfamen ... auf ba§ Slofter
3alfenbagen(1775), ferner in SBien, @taat§ard)ib
§ofrat, Jes. 116: 93aberbont, galfenbagen 1597
bi§ 1717.
3 Sie Slnfpritdje ber Äreuäfjerren mürben
gütlid) beigelegt; bgl. * 58itettee!d)i an ben ißaber»
borner fReftor am 7. Oft. 1628: Cum magna
mea consolatione didici, cum fratribus Cruci-
feris tandem . . . tarn aequis pactis contro-
versiam omnem sublatam esse. Crig =9leg.
Ad Rhen.
3 * Litt. ann. 1626.
Kollegien: ^aber&orn (galfenfjagen).
45
lueifen. ®iefe flute SDZeinung ber ißatreg oon ber ©mpfänglidjfeit ber Seute ttnirbe
in ber Qolge nid)t getäufcf)t. Qm Qapre 1030 lehrten 3. 23. 390 ©rmadjfene jur
fö'irclje jurücf, im folgenben Qapre 50. ©rofi ift, jo jagt ber Seridjt be§ Qaljreg 1631,
ba§ Qntereffe uitb bie Siebe ber Seute jur SZeligion, jo baff in einem entfernteren
®orje eine jmeite ßatedfefe für bie älteren unb fdfmädfereit Seute eingerichtet mürbe K
Qm Qafjre 1648 berieten bie sUatre§: 2öir halten ade ©onn> unb Qefttage in
oier Dörfern ßatedfefe. fDabei finbet fid) eine foldje ÜDZenge ein, baff man nicht
mehr münfdjen faitn. d)Zan mirb ergriffen, roenn man fiept, mie alte ©alüiner mit
bcm ©lödleiit in ber £>anb bie Qprigen in ben Dörfern 31t biefem Unterricht sufammen*
rufen, ©eftiegen ift aud) ber ©ntpfang ber ©aframente, fo baff 3umeilen gegen 200
in unferer ®ird)e am Xifdje be§ ^jerrn erfdjeinen1 2.
©0 erfreuenb bie Qritcpte ihres SBirfenS in biefer dfefibens maren, fo bitter
maren aber aud) bie Seiben, tnelche bie Qefniten hier auSsuftehen hatten 3. SOZehrmalS
mürbe ba§ ®lofter oon ben $rieg§fjorben überfallen unb auggeplünbert unb bie
Qefuiten oerjagt, im Qapre 1633 auf brei Qapre. ®ag ©cplimmfte aber maren
bie ropen ©emalttütigfeiten ber ©rafen 3ur Sippe, bie burdjaus ba§ ßlofter unb
bie 3toeite ipälfte feiner Sefipungen an fidj reihen modten. ÜOZeprmalg fielen
bie gräflichen Beamten mit bemaffneter §anb in ba§ ßloftergebiet, bradjen bie
©tälle auf unb führten ba§ Siel) fort. Um 3. Upril 1628 brachten fie bei einem
neuen Überfall bie „unfcpulbigen, f)ocf)bebrängten galfenpagenfcpen Untertanen mit
gemehrter £>anb" unter anberem „burd) einen abgeprefjten leiblichen ©ibfdjmur bapin,
bah fie ber ©osietet gänslid) abfagen unb ade il)re 2)ienfte (Abgaben, ©teuern,
Qronbienfte ufm.) fünftig auf unb nach ©djmalenberg 3U leiften sufagen" mußten.
2)abei fdjmebten bie Qefuiten felbft „jeberseit in grober ©efapr SeibS unb Sebeng,
be§ seitlichen @ut§ 311 gefchmeigen". Um 6. Qebruar 1628 abenbg gegen 9 Uhr
mürbe gar bag fttofier unb bie Qefuiten felbft oon einer großen Unsapl „mörberifdjer
©efeden", bie mit „Qeuerbiid)fen, %ten unb Seilen moploerfepen" maren, überfaden,
ber eine ber ißatreg, P. Qop. Qrendingp, „mit oielen SBunben an §aupt, Sinn unb
©cpultern unb fonften adentpalben fo erbärmlich üerlept, bah ba§ Slut paufenmeife
auf bie ©rbe geronnen", unb ber anbere ißater, P. Unbreag dZefenug, ber fich burd)
bie Qlucpt retten modte, „mit Siicpfen unb prügeln fchier bis auf ben £ob pin*
gerichtet". ®a adeg bisherige ©infcpreiten beS ßüiferg unb beg 33ifd;ofS oon sUaberborn,
ß’urfürft Qerbinanb oon ®öln, nicht geholfen patte, erging am 8. Qanuar 1630 oon
•ESien aug ein faiferlid)eg ©trafmanbat an bie ©rafen oon Sippe unb eine Sor=
labung oor bag faiferlidpe ^ofgeridjt unb am 4. Uuguft ein Sefepl an £idt), ben
Qefuiten jeberseit 31m ©eite 31t ftd)en. Uber auch biefeS brachte nur öorübergehenb
§ilfe. Qn ben Qahren 1631 unb 1636 mieberpolten fid) bie tibergriffe unb ©emalttätig*
feiten4 *, unb am 22. Uuguft 1649 fepte fid) ber ©raf sur Sippe mit ©emalt mieber
in ben 23efip beS Ulofterg unb ber palben Sefipungen. ©r gab nämlidh oor,
Qalfenpagen gehöre 31t ben reftitutiongpftidjtigen ^ircpengiitern, unb modte trop beg
©egenentfcpeibeg ber faifertidjen Seoodmädjtigten 311 fünfter bag Sefiptum nicht
Suriidgeben6. SDie Qefuiten richteten fofort auf ber anbern Hälfte eine 9?otfapede
1 *©bb. 1631.
2 * ©bb. 1648.
3 $a£ golgenbe nad) bcm ©trafmanbat bed
Äaiferg an bie ©rafen Gfjriftian uon SBalbecf,
Sjopatut Submig ju Uoffau unb Otto jur Sippe,
„aB tueplanbt ©rafen ©imottS 3ur Sippe pintcr=
laffene Äinber, Sormiinber ufm.", bat. SBien,
8. ^an. 1630, in *Reiffenberg II Mantissa
unb im Äonferüatorialfcpreiben a. a. D. Sgt.
bie * SSriefe be§ Orben^generate nacp fßaber=
born unb an ben ißroninsiat (1626).
* * Litt. ann. 1631. * 33iteIIe§d)i an &’ur=
fürft 5er^*naitt>, 25. Qan. 1637 (Ad Externos
93) unb an P. ©cpretel, 24. ^an. 1637. Orig.»
9teg. Ad Rhen.
5 *Hist. coli. Paderborn. 1649 — 1654.
46
gmcitel Kapitel. $ie rtieberrfjeinifc^e $roöins.
ein, üon mo ein fßater bie ©eetforge bei ben bebrängten ®atf)otifen mutig meiter
auSübte1. ©er StuSgang beS ©treiteS gehört einer fpäteren $eit an.
SBie gatfenhagen, fo führten bie gefuiten auch bie ©raffcfjaft fRietberg jur
fatfjotifchen ®ird)e jurücf. gn ber ©raffcfjaft iHietberg, beren üier Pfarreien efjematS
jur ©iöjefe OSnabrüd gehörten, hatte ber ©rotefiantiSmuS fchon faft feit 70 fahren
bie fatf)o!ifc^e Religion öottftänbig öerbrängt2, als im Qatjre 1601 ein neuer SanbeSljerr
bie alte Religion mieber^erjuftetten fudjte. ©S mar ©raf gohann non OftfrieSlanb,
ein jüngerer ©ruber beS regierenben ©rafen ©nno III. t>on OftfrieStanb, ber burdf
bie £>eirat mit feiner ÜRicfjte ©abina Katharina, ber ©ocfjter ©nnoS unb ber ©rbin
ber ©raffctjaft fRietberg, am 23. Februar 1601 fperr biefeS SänbdjenS gemorben mar.
SttS ©eneral in fpanifdjen ©ienften mieber §ur fathotifchen fö’irdje jurücfgeletjrt,
brannte er üotl ©ifer, auch anbere für ben alten ©tauben mieberjugeminnen3.
©eine junge ©ematjlin, ju beren Untermeifung er P. gafob SRtjSraicf, burdfj ben er
fetbft im fat^olifc^en ©tauben unterrichtet morben mar, aus beut gefuitenfolteg ju
fünfter hatte fontmen taffen, trat fchon Oftern 1601 ebenfalls jur fattjotifchen Kirche
über. Sßährenb eines breimonatigen StufenthatteS in OftfrieStanb, im §erbft 1601,
mohin ©raf ©nno baS junge ©pepaar eingetaben hatte, mar er in ähnlicher fRidjtung
tätig gemefen, unb atS er nun im fRooember nach ©ietberg gurücfgefehrt mar,
begann er mit ©ifer auch feine Untertanen jur fRetigion ihrer ©orettern guriicf-
juführen, unb jmar mit §itfe ber ^efuiten. ÜRach unferer fRüdfefjr nad) fRietberg,
fo fdhrieb barüber P. ©t)Smid am 31. ©ejember 1601 an Slquaöiüa4, mar bie
erfte ©orge beS gräflichen ©aareS, bie ®apette ihrer ©orat)nen, metche burch eine
SOZühte oerunftattet mar, mieber in ftanb ju fejjen, bann ficf) unb bie Seute am
(pof mit neuem ©ifer jur grömmigfeit anjufpornen unb ernfttich §u forgen, bah
möglichft niete fiep ber Kirche mieber anfdjtöffen. Stuf ihren SöunfdE) hielt ich
beShatb möchenttich brei ©rebigten unb mit gutem ©rfotge. ©erfdpiebene traten
über, unb non ©ag §u Stag mädhft bie gatR ber Stnhänger, angejogen burch
bie fathotifcfje Sehre, bie ihnen bislang unbefannt mar, unb baS norgügtidje ©eifpiet
beS gräftidjen ©aareS, baS öffenttid; mit bem §of gern unb oft fommunijiert unb
niet ©etb auf ben ©chmud ber ®apette nermenbet. ©er neuermachte ©ifer hier in
fRietberg in ben SßeihnadjtStagen aber mar fo grofj unb hat mir folgen ©roft be=
reitet, mie ich ihn noch nie in meinem Seben empfunben habe, gief) h°ffe nach biefen
fteinen Anfängen eine reiche ©rate, ©er ©raf ermartet auS granfreidf) hier auch
feinen ©ruber unb meint, bah frag fromme Seben hier auf ber ©urg unb bie retigiöfe
Untermeifung benfetben gu einem guten 5?atf)oIifen machen mürben5, ©ie SCRiffion
ging in ber ©at gtücftid^ üoran. P. fRpSmid befucfjte hoch unb niebrig, bie
Slbetigen auf ihren ©djlöffern, bie gemöhntidjen Seute in ihren Jütten unb fprach
fie an auf ber ©trafje ober bem gelbe, ©er Zutritt jur ©urgfapette ftanb fetbft
bem ©ettter offen; bie Stbetigen unb fRitter aber mürben auSfrrüdticf) jum ©efudh
beS ©otteSbienfteS eingetaben. 3Rit ben ©rfotgen mar man gufrieben. 3Rancf)e be*
faitnten fich noch §unt fathotifchen ©tauben, gegen 20 traten burdjfdjnitttidj jebeS
Qafjr jur fathotifchen ®ircf)e über, barunter im gafjre 1605 allein fieben Stbetige6.
©roijbent hatte man gleich f°n Stnfang an mit fo heftigen ©cfjmierigfeiten unb Sin*
1 * Litt. ann. 1650.
2 SRofenfranj in ber Seitfctjr. für oaterl.
©efcf)id)te unb 2Uterhtm§funbe XIV (1852) 123.
3 Litt. ann. 1601 , 621. * ätguatuba an
SRpSmicf, 19. SJtai 1601, unb an ben $rot)im
äiat iBufaeul, 16. Si'uni 1601. Drig.>fh'eg. Ad
Rlien. S8gl. Dtofenfrans a. a. O. 125.
4 * Original in Germ. Epp. XXXVI 870.
5 tiefer S3ruber — er bhp Gfjriftopb —
folgte bem 93eifpiele be§ @rafen unb mürbe
iat^olifcf). Serfelbe mar fpäter (Statthalter üon
Sujemburg.
6 * Litt. ann. 1601 ff 1602 ff.
Kollegien: Sßaberborn (SRietberg. Sippftabt).
47
feinbungeit §u fämpfen *, baff P. 9xt)§tricf oon feinen Oberen abberufen morbeit märe, wenn
fid) nidjt ber ©raf mit oder fö'raft bagegen gemehrt hätte. 33eruf)igenb hatte fdjliefdicf)
ber ©eneraf Slquaoiöa am 12. Quti 1603 an P. 9^t)§tt)icf gefchrieben1 2: SBegeit
eine» längeren SSermetleng @m. §ochmürben bafelbft fann ber ©raf nnbeforgt fein.
Sein Sßttnfd) fod erfüllt merben. ha^eu 3U>ar einige patres für geraten ge»
halten, bie SRiffion jettmeilig ju unterbrechen, um ben §ah ber ©egner ju milbern.
Söenn aber ber ©raf anberer Meinung ift, fo merben fief) ade feiner Slnfidft gern
anfchlieffen. P. fRpgmid arbeitete alfo mutig meiter, bis ihn am 15. Oftober 1606
eine Seudfe im ®ienfte ber franfen Sotbaten fjimregraffte 3 4. Sin feine Stede mürbe
öon fßaber&orn au§ P. Qof). @tapebiu§ gefanbt*. Qm Qafjre 1607 mürbe bie Stede
be§ ,£>offapIan§ einem SBettpriefter, einem ehemaligen Qögting be§ ^odegium
©ermanifum, übertragen unb ba§ begonnene SBerf burd) häufige Slusfliige oom
i]3aberborner ßodeg au§ meiter geförbert5. Qm Qahre 1610 hielt enblid) bie fatholifche
®ird)e mieber ihren ©injug in bie Stabt Sfietberg. ®ie proteftantifchen QSrebiger
mufften bie Stabt oerlaffen, bie oier Kirchen mürben burd; ben fßaberborner fReftor
fRoberti entfühnt 6. SDurd; jmei Qefuiten mürbe ber fatholifcffe ©otteSbienft mieber
eingefüfjrt am 28. Qebruar 1610 in ber fßfarrfirdje ju fRietberg, am 18. Oftober
in fReuenfirdjen, am 12. Sejember in SSerl, am 15. ®ejember in äRaftfmfte. Qm
Qahre 1611 fefjrten adein 664 jur Kirche juriid7, unb am 27. Sluguft 1611 fchrieb
Slquaoioa bem neuen fßaberborner Sfeftor SSaoing: 9Rit Qreuben lafen mir bie
fRad)rid)ten üon ben fo gliidlichen Erfolgen unferer Slrbeiten in ber ©raffdjaft fRiet»
berg. ©ott mode ba§ Sanb reichlich fegnen ! 8 ®ie Xätigfeit ber Qefuiten mar bamit
abgefdjloffen. 9?ur für bie erfte Qeit hatten fie bis jur Slnftedung ber Pfarrer bie
Seelforge in einigen Pfarreien augübett müffen.
2Bie SRietberg mar auch Sippftabt fc^on früh burdh abgefadene Sluguftiner ber neuen
Sehre sugefüfjrt morben (1531) 9. Qefuiten famen nach Sippftabt erft im Qahre 1620 10,
unb gmar auf SSunfd; beS fjSfaljgrafeu Söolfgang SSilhelm oon Sßfaf^SReuburg. „®er
^erjog", fo fcfjrieb barüber ber Q3rooin§ial 93aoing im Quni 1629 an ben ©eneral11,
„glaubte, als er bie Stabt burd) bie Teilung oon 1616 erhielt, bah °on bort megen
ihrer Sage fef;r leicht bie fatf)oIifdje ^Religion über ganj SBeftfalen fid) mieber aug»
breiten fönnte, mie ehemals fich ba§ Suthertum oon f)ier aus über bie benadjbarten
53iStümer unb anbere ©ebiete auggebefjnt habe, ©r modte beSbjalf), bah ein Kolleg
ober ein ^au§ unferer ©efedfdfiaft bort erftehe, unb ermirfte bei Sßapft ©regor XV.
bie Übertragung beS alten unb Ifalbüerfadenen (SIuguftiner-©remiten>) Älofter§12, meldjeg
1 93gl. * SlquaPioa an fRpgroicf, 9. u. 23. Stoö.
1602 unb 1. SRärj 1603. 0rig.=(Reg. Ad Rhen.
2 * Sbb. 151. 9SgI. * Slquaüioa an ben ©rafen
Sodann, 12. guli 1603. Über bie STüdjtigfeit
be3 P. fRtj§toid nnb feine 93elie£)tf)eit beim
©rafen Soljann ogl. * Slquaoioa an ben fßro*
oinsial Sffeob. 93ufaeu§, 9. SRä rj 1602.
3 Litt. ann. 1606, 442 f. * Slquaüioa an
ben ©rafen Sfohann, 13. Slpril 1607. Orig.»
fReg. Ad Rhen. $gl. 16. ftap.
4 *Catal. Rheni 1607.
5 Litt. ann. 1607, 719 f; * ebb. 1609. *2lqua>
Oioa an ben ©rafen Johann, 13. guni 1609.
0rig.=9Ieg. Ad Rhen.
6 Litt. ann. 1610, 395. fRofenfrans
a. a. 0. 126 f.
7 * Litt. ann. 1611. Strunck, Annales
Paderborn. III 708.
8 * 0rig.*fReg. Ad Rhen.
3 fRofeitfranj a. a. 0. 122 ff.
10 33gl. * SBiteKeldji an 33aüing, 29. Slug.
1620. 0rig.*fReg. Ad Rhen.
11 * Compendiosa narratio. 5$gl. * $iteHe§d)i
an Saüing, 21. Quli 1629. Ad Rhen. inf.
12 fpfal^graf SBolfgang SBilljelm febrieb am
14. Sluguft 1620 an ben fßapft, er hoffe nidjt
allein Sippftabt, fonbern and) bas> benachbarte
SBeftfalen pm fatfjolifdjeu ©lauben surüd»
führen ju fönnen, ioenn bie Qefuiten eine ftän=
bige ÜRieberlaffung in Sippftabt erhielten; er
bitte beäbaüb ba§ Perlaffene Sluguftinerftofter
beit Qefuiten in Sippftabt ju inforporieren.
* Original im Arch. Yatic. Borghese I 692
f 77. ©regor XV. betoitligte bie Sitte burd)
Sreoc oom 16. Quli 1621. 2)rucf (mit falfdjem
Sahr 1620) bei Reiffenberg I Mantissa 114.
48
3ü>eite§ $a*utel. 2)ie nieberrljeinifcbe fprobinj.
öon ben SQ^öndfien, ben erften 2fnf)ängern Sutfjerg, öor etwa 80 Qafjren (1544) oer-
laffen worben war. . . . ®te auggebefjnte unb fefte ©tobt, welche ehemafg wegen ifjrer
^oflegiatfirche unb zwei ®föftern einen tarnen hatte, ift ganz proteftantifcf) 1. ©eitbern
bag Älofter ung übergeben ift (21. Oftober 1621), leben bort zwei ^5atre§ mit einem
Saienbruber. ©ie Ijaben mit nieten Unfoften bag fölofter ton ©djmuh gereinigt
unb and) bie £ircf)e mieber in ftanb gefegt unb unter bem ©djup ber 23efapung ben
fatfjolifcfjeu ©ottegbienft mieber eingefüfjrt. 2)a bie ©tabt jmei §errfd)ern unter-
ftef)t2 unb ben Bürgern bei ber Übergabe 9Zefigiongfreif)eit oerfprodjeu ift, fo waren
bie ©rfofge bei ber 23ürgerfdjaft nocfj gering; bocf) haben fie unter ben ©olbaten
unb in ben 9Zad)barorten fdjon niete jur ßirdje jurüdgefü^rt. ©in f^ater fdjreibt
mir, baf? innerhalb eineg Qa^reS 150 teifg Sutfferaner, teifg ©afoiner non ber ^rr-
lehre abfotniert worben feien. SDie ^atre§ mußten bisher faft nur non üfntofen
leben; benn faft fömtfidfe ^toftergiiter finb non ben abgefattenen äfZöncfjen nerfauft,
üerbraud)t ober fonft nerfdjteubert, fo baff bie jährlichen ©infiinfte fidj nicf)t auf
mehr afg jwötf TDüer (scuta) betaufen. Sßenn bafjer ©ott burcf) Söiebererfangung
ber ßirdjengüter nid)t bie ÜOZittef barbietet, fo weifj idj nidjt, wie bie Unfrigeit bort
feften ^ufj faffen foüen."
2öie ber ^fatjgraf, fo üerfpradjen ficf) aucf) bie ^efuiten non ber SZieberfaffuug
in Sippftabt nicfjt Wenig. üuf ein weit augfdjauenbeg Schreiben beg ©uperiorg
Sßernt). 23ud)ofh entgegnete ber ©eneraf am 27. 9J?är§ 1627 fofgenbeg: „ ®ie ©tabt
ift aud) nadj meiner Überzeugung non fwher Sebeutung unb ernfter ©orge unb
Arbeit wert; benn mit ÜZedfjt fann man fjoffen, bafj ficf) bie fathofifdje fMigion non
bort aug wieber über bie benachbarten 23offgftämme big zum Ozean f)in augbreiten
werbe. Qdj freue mic^ begfjatb fefjr, bafj bie SZieberfaffung ber ©orge ©w. ^odjwiirben
überwiefen ift, ba ©ie mit fotdjer ßtugfjeit unb Siebe bag SDüffefborfer Kolleg tjaben
feftigen Reifen. SDag @feid)e erwarte id) auch bod- 8utlä<hft jebod) ift bag nerwatjr*
tofte §aug gut in ftanb zu fepen unb angemeffen einzurid^ten, nor attem aud) mit bem
nötigen |>augrat zu nerfef)en, bamit, wenn Ooraugfichtticf) näcfffteng mehr Kräfte gefanbt
werben, bag Ungemach ber 2öof)nung bei ben ünfrigen feine $ranff)eiten nerurfadje." 3
SDZan hegte bezügticf) ber ürt ber SZieberfaffung bie nerfdhiebenften fßfäne: halb
fottte bag SZoniziat non fßaberborn borthin nertegt werben, halb wollte man ein Xerziat
bort errichten. 8m ^erbft 1631 madjte man fchfiefilid), wie P. 23ud)ofh norgefchtagen
hatte, ben ünfang eineg fö’oHegg unb eröffnete eine ©cfjufe, wefdje im fotgenben 8a^)re
auf brei klaffen nermehrt würbe unb unter Seitung non z^nei Sef)rern ftanb +.
$on bem ©tanbe ber feelforgfichen ürbeit fjeifit eg in ben 8nhreg^eüdjten non
1631: „Unfere Erwartung, fax in biefetn Qafjre fruchtreicher wirfen zu fönnen,
würbe ziwir infolge beg übzugeg ber faiferlichen 23efapung anfangg beg grüfjjahrg
ein wenig getäufcht. SDod) ift auf ben umtiegenben Ortfdfaften burd) 23eidjtf)ören
unb fßrebigen, befonberg aber burd; bie $inberfated)efen nicht wenig ©uteg geftiftet.
1 Stur ba§ 34<meuflofter ber „Sdjmeftern be3
genieinfamen Sebeit§" St Sinnen fRofengarten
Ijatte allein mitten in bem allgemeinen Slbfatl
ben fatpolifdjen ©tauben bemalfrt. Über bie
©infüljrung be§ 9Jroteftanti3mu§ f. S). Stic-
möller, fReformation^gefcbidite bau Sippftabt
(1906).
2 Sippftabt ftanb unter ben ©rafen gur Sippe
unb ben ^er^ogen non Siebe unb SJtarf. Über
bie politifcpen SSerbältniffe f. Obermann,
Sippftabt (1901) 21 f; 9t. ßffalpbüuS, ^ipp-
ftabt (1876) 152 f.
3 * Drig.-9teg. Ad Rhen. inf. Magna ibidem
occasio est, excurrendi ad finitima loca dioe-
cesis Paderbornensis, Coloniensis, Monaste-
riensis, Osnaburgensis, comitatus Marcbiae,
Ridbergae etc., in quorum omnium colliniitio
est Lipstadium, pei^t es? in bem um 1624 ber-
afeten ©utaditen für ben Orben^general. *Ra-
iones, cur Novitiatus e Paderbornensi Col-
legio Lipstadium sit transferendus (Rhen. inf.
Fund. II 48).
* * Litt. ann. 1631 f unb * Sütette^dn an ben
Superior Ouinden, 15. fZebr.1631. AdRhen.inf.
Kollegien: $aberborn (Sortmunb).
49
2113 mir burd) bie ©tragen ber (Stabt bie gronteidjnamSprojeffion anfteüten, ftrömten
audj bie Seute aus ben nahen Dörfern unb ^lecfen fjerbet uttb raaren üott 23er*
munberung, bafj mir fo etmaS in ber ganj proteftantifdjen Stabt ju unternehmen
magten unb habet aud) nicht geftört mürben."
®ie aufbtüfjenbe 9iiebertaffung fanb aber batb ein jäfje§ (Snbe. Stm 31. SDfai
1633 mürbe ben ^efuiten, bereit 3aht auf fieben angemadjfen mar (3 s}3riefter,
2 ÜRagiftri unb 2 Saienbrüber), baS ®tofter entriffen im Stuftrage beS branben*
burgifdjen ®anjterS ju (Smmeridj. SDer proteftantifc^e ©tabtridjter StnbreaS SBefter*
mann befe|te gemattfam baS Ätofter; atte§ fircfjtidje unb profane ©eräte mürbe
geraubt, nidjt einmal eines auf ben (Xob erlrantten 1J3aterS mürbe gefdjont1. (SS
blieben noch jmei patres in ber ©tabt, bodj nötigte auch &er ©tn^ug beS hcfftfdjen
feeres ant 27. 2)ejember 1633 jur gtucfjt2. 9iadj bem SBorttaut beS Söeftfätifdjen
^riebenS mufite baS SHofter ben Inhabern üorn ^affre 1624, alfo ben Qefuiten,
reftituiert merben, maS auch burd) faifertiöfjeS ®efret Dom 16. 9Zotiember 1651
entfdjieben mürbe3.
©ehr fpät mürbe in SDortmunb ein SSerfuch gemacht. 3n bie freie 9feid)Sftabt
®ortmunb, bie gegen (Snbe beS 16. QafjrfjunbertS etma 8000 (Sinmohner ääfjtte,
mar ber )J3roteftantiSmuS attmähtich eingebrungen unb hatte mit beginn beS 17. 3ahr”
hunbertS giemlich atteS in Sefifj4. gaft nur ^Satrigierfamilien unb bie ßtöfter ber
SDominifaner, granjiSfaner, ®onoentuaten unb ber ^rämonftratenferinnen hatten fidj
feiner ermehrt. Serfdjiebenttidj mar öon bem in ®ötn refibierenben SDortmunber
SlrdjibiafonuS ber 23erfud) gemadjt, bie ©tabt für bie fatfjotifdje $ird)e rcieber^u*
geminnen; aber oergebenS. Stuf baS lebhafte Setreiben eines ®ortmunber ^atrijier*
fohneS, beS tüchtigen föanonifuS oon ©t Stpoftetn ju $ötn, ^iof). Gepping, fottten
bieferfjatb um 1626 Qefuiten berufen merben 5. SttteS mar bereit6, ^ür eineSÖotjnung
hatte ®aifer gerbinanb II., für ben Unterhalt bie ®ortntunber ^atrijierfamitie
SerSmort geforgt7. f£>od) bie ftänbigen $riegSmirren unb allerlei £)inberniffe, fo
bie Sermeigerung ber .Quiaffung oon ^efuiten feitenS beS tutfjerifdjen SJiagiftratS,
jogen baS kommen berfelben hinaus. Stnfang 1648 enbtich fanben jmei ^efutten,
P. 9?ifotauS ©djaten unb P. Sote, als getbfaptäne ber faiferlidfjen Sejaipng ungehinbert
(Sintafj. ©ie hatten, maS fchon fange geplant, befonberS aber oom päpfttidjen 9?untiuS
gabio (Shigi gu fünfter unb bem gürftbifcfjof oon OSnabrüd gemiinfdjt mar, oott
ihrem Obern ben Stuftrag, ficf) tor altem an ben öffentlichen ©cfjulbisputationen,
metdje ber ©uperintenbent unb fUeftor beS ©pmnafiumS, ©hriftoph ©cfjeibter8, halb*
1 *23erid)t be3 Obern GuinqueniuS (Ouincfen)
über bie ©eroalttaten in $üffelborf, ©taotl*
ardjiO: Emmerid), Jes. 1.
2 Eingeljenber 23erid)t in * Litt. ann. 1633.
5 97ül)ere§ and) über bie 21nforücf)e ber 21u*
guftiner auf ba§ Älofter bei Job. Crusius,
Commentariorum Hayanorum . . . discusso-
rum Tractatus tertius, Coloniae 1653, 30 ff
185 ff. 23gl. *Hist. coli. Paderborn. 1649 bi§
1654. Piccolomini an ben fßaberborner Üieftor,
19. 9?oo. 1650. * Drig.*9teg. Ad Rhen. inf.
2)ie Sorrefbonbens be§ fßfalprafen unb ber
Sefuiten mit bem Äurfürften Oon 93ranbenburg
betr. bie fReftitution oon 1649 in ®üffelborf,
<Staat3ard)io : Emmerid), Jes. 1.
4 Eb. Srömede, @efd)icf)tl. 9tad)rid)ten
über ba§ Sominifanerflofter in 2)ortmunb (1854)
32 ff. tamofd)u!te, ©efd). ber Einführung
S)ul)t, ©ejdöi^te ber 3e[uiten. II.
be§ fßroteftanti^mn§ (1866) 216 ff 429 ff. Bei¬
träge pr ©efd). $ortmunbe I (1875) 148 ff;
ogl. aud)9iübel, ©efd). ber 9?eid)3ftabt ®ort*
munb 2 (1906) 70 ff.
5 * 2SiteHe3cf)i an 33aöing, 17. Sa«- 1626.
Ad Rhen. inf. Ein $efret gerbinanbS II. Dom
4. gebt. 1628 bei Carafa, Com. de Germ.
(1639), 2Int). 37.
6 *Litt. ann. 1650. *Hist. coli. Monaster.
1646—1648.
7 21m 7. ©eaember 1627 erteilte ftaifer 3^
binanb ber ©efeüfcbaft S^fu al§ einem gemein*
nüpigen unb ©ott moblgefädigen Orben einen
taiferlidjen ©djupbrief für ihre Olieberlaffnng
in 2)ortmunb. * Original in Söln, ©tabtard)iD,
Jes. 243.
8 Über bie Sätigfeit beSfelben f. Beiträge
pr ©efd). S)ortmunb§ I 171 f. Sr Ijiefs „ber
4
50
gtoeiteS Sapitel. Sie nieberrijeinifctje ißromnj.
jäf)rlicfj oeranftattete, ju beteiligen, ©ie feilten bie niaptofen Stngriffe ©cpeibterg
auf bie fatpotifape Religion, moburcp er in ber gangen ÜDJarf unb in ©acpfen befannt
geworben mar unb ber fat^ofifdjen ®ircfje fcpmeren ©djaben jugefügt patte, jurücf*
meifen, bie Äatpolifen fapüpen, ermutigen unb ftärfen. £)ag gefdjap audj mit gliicf»
lidjem (Srfotg. „(Sine grope ßupörerfcpar", fo berieten bie ißatreg, bie in bem
£>aufe beg fßatrijierg ©ereon ^tepping mopnten, (Snbe 1650, „ftrömte jebegmat ju
ben ^Deputationen perbei : ißrebiger unb Seprer, fßatrijier, fRatö^erren, Bürger unb
©olbaten, felbft Seute nom Sanbe, bie niept einmal Satein oerftanben. . . . Biet pat
ber SRann unb aud) bag Sutpertum an Stnfepen eingebiipt, ber in feiner einzigen ©ig*
putation auep nur ben SSaprfcpeinticpfeitgbemeig für feine Behauptungen erbringen
fonnte. . . . ®ein ^ßrebiger ober fonftiger Sutperaner magte irgenb einmal, bem
Befiegten beiguftef)en. . . . Biete Seute fagten, fie mürben, faß» eg ju einem öffent¬
lichen Betigiongmecpfet fäme unb greipeit perrfepte, nicht bie tepten fein, bie jur
fatholifchen ßirfae jjurücfjufepren münfcpten. Unb überaß fam man un§, felbft atg
bie Befapung fepon abgewogen mar, trop oieter f^einbe unb Berteumber mit Slcptung
unb (Sprerbietung entgegen. ... $u ^n ^rebigten für bie ©olbaten auf offenem
ÜDfarfte tarnen oft mepr Bürger atg ©olbaten unb pörteit aufmerffam ju. Unb leicht
märe eg mopt gemefen, oiete Seute für bie ßirepe mieber^ugeminnen, menn förieg
unb Triebe einen anberrt Stuggang gepabt patten." ©o aber mufften bie 3efuiten,
bie eben im Siormatjapr 1624 in SDortmunb feinen ©ip gepabt patten, im
Siooentber 1650, einen ÜDionat naep Stbjug ber Befapung, bie ©tabt mieber oertaffen
3u gropem Seibmefeit ber ^atpotifen SDortmunbg unb ber umtiegenben fatpotifapen
©täbte unb Dörfer, bie man mäprenb ber brei $apre päufig befudjt patte. —
SGSie in iJSaberbont, fo patten bie Qefuiten °UCP in bem 9?ad)barftift fJJtüttfter
ein banfbareg Strbeitgfetb gefuttben* 1. Stm 19. SJJiai 1601 faprieb SlquaOiüa bem
ßieftor ^op- ßopper: ÜDiit überaug groper greube paben mir ben Bericpt oon ben
frueptreiepen Arbeiten unferer ©efeßfepaft in ©tabt unb Sanb getefen2. Batb mar
eg ber grope ßnbrang gu ben Beicptftüpten, batb bie Stenge ber ßupörer bei ben
Brebigten, batb bie Dielen, metdje burep bie Batre§ für bie fatpotifepe $ircpe mieber
geroonnen maren, morüber fßeftoren unb Äonfuttoren ooß greube an ben ©enerat
berichteten. SBieberpott begegnen mir ber &tage über ben äRanget an Kräften unb
ber Bitte um rnepr Arbeiter für bie grope (Srnte. ®ie Bautätigfeit, bie im oorigen
^aprpunbert bie fßetergfirepe erftepen tiep, mürbe fortgefept oor aßem in einer
mürbigen Stugftattung ber Shrcpe burep fepöne ©tatuen unb Bitber3. SDa^u fam
1608 ber Neubau beg ®oßegg, über beffen Sßtan man feit 1605 mit Born oer*
panbette 4. Qm Qaljre 1608 mürbe ber ©runbftein gelegt unb ber Ban innerhalb
breier SRonate big jum ®acp gefüprt. fotgenben 3aPie (1609) mar ber Bau
faft ooßenbet. 3)aju fam 1611 ein neuer f^ttfaet oon 220 gup, ber auper föitdje
unb ©peifefaat 30 geräumige gimmer entpiett. ÜRod) oor Beenbigung beg ^riegeg,
atg bie fjriebengüerpanbtungen in fünfter fiep bem Stbfcptup juneigten, mürbe am
23. 1648 ber ©runbftein gu einem neuen ©cputgebäube gefegt, unb am
26. SRooember fonnte bereits auf bag breiftödige ©ebäube bag SDacp gefept unb 1649
bie neuere ©inridfaung ooßenbet merben. Baumeifter mar ber Bruber Balentin Botp5.
lutperifdje fßapft ber Start". Sg(. and) ©djeib«
ter, ©efd). ber gamilie ©cpeibler (1895) 15 ff.
1 Sgl. Sb I, ©. 144 ff.
2 * Orig.«9teg. Ad Rhen, giir ba§ golgenbe
Ogi. * Slquaoioa an Köpper, 13. Stärj 1604;
an Söfenborf, 8. Ses. 1612 u. 2. SUtärj 1613.
3 Sgl Sraun, Sie Äird)enbauten ber beut*
fdien Seßüten I 26 ff.
4 Über beit fßlait bgl. * StquabiPa an ben
SJteftor, 28. San. u. 8. Oft. 1605; 17. S«ni
1606. 91eun fßunfte einer Snftruftion tragen
bie ilberfcbrift: Quomodo fieri debeat delineatio
et ichnographia Coli. Monasteriens. * Orig.«
91eg. Ad Rhen.
3 Sgl. * Hist. Rhen. I 6 f ; III, 3, 22; 28, 10.
Sine Idea Scholarum, 13. ©ept. 1648. *Drig.=
Sollegien: ißaberborn (Sortntunb).
51
2)ie (Schule hatte fidj gut enttoicfelt, fie jaulte bisfjer burchfchnittlid) 1000 ©djüler
unb naßm einen immer größeren Üluffcßwung. 3m ^af)re 1608 mußte bie unterfte
klaffe wegen Überfülle geteilt werben unb im folgenben ^afjre auch bie jweite* 1.
@nbe 1616 melbet ber Jahresbericht: 2)ie ©cßulen fjaben einen folgen 9tuf unb
warfen fo non £ag gu Xag an ©djülern, baß bie neuerbauten ©djulräume mit ber
3eit nidjt meßr alle werben faffen fönnen; fdjoit längft jaulen wir über 1300 ©dfüler 2.
3 nt Jahre 161^ waren e§ naße^u 1400 3. (Sin Jahr fpäter mußte auch bie britte
unb im Qa^re 1623 bie oierte ßlaffe, bie Humanität, geteilt werben4. Unb nod)
immer blieb bie 3aht 4144 ©teigen, fo baff ber Vericht be§ JahreS 1626 fagt 5 :
„SBenn je, fo glänzten unfere ©djulen burcf) bieäftenge iEjrer ©djüler in biefem Jahre."
®ie ©tabt fünfter felbft war nidjt wenig ftolj auf „bie fjerrlidjen ©cf)ulen ber
©tabt" unb für ifjre (Srljaltung im Kriege beforgt 6. (Eroßbem feit 1633 ba§ ganje
S3i§tum mit SluSnaljme Oon fünfter unb Söarenborf oon ben Reffen faft beftänbig
befeßt gehalten würbe, fcßeint bie ©djülerjafjl feiten unter 1000 fjerabgefunfen 31t
fein, benn bie untern klaffen bedielten immer ifjre jWei fefjr ftarfen SIbteilungen ;
im Jahre 1641 jaljlte man über 1000 ©djüler, 1646 über 900. ®ie größte Jaljt
ftammte au§ fünfter unb bem SJtünfterlanbe, etwa gehn ^rogent au§ entlegeneren
©egenben, befonberS au§ £ollanb. „(Sinen oerfjältniSmäßig großen 93rud^teil ftellte
ber weftfälifdje, §umal münfterlänbifdje Slbel; all bie oollflingenben feubalen tarnen,
benen wir in ber £erritorialgefdjid)te fo oft begegnen, ®rofte*Vifcf)ering, ©aleit,
®orff>©cf)miefing, ^etteler, ÜiaeSfelb, SJtallincfrobt, unb wie fie fonft lauten mögen,
taudjen hier in bunter Jolge auf, unb als jugenblidje ©djolaren gießen ißre Präger
an uns oorüber."7 21m 20. Juli 1650 fcßrieb ber 9Mtor Joß. ©cßüding: „0ßne
gu praßten, mu§ man befennen, baß bie ©cßule nicfjt wenig gur Üteform in ©laube
unb ©itte, gur Hebung Oon Jrömmigfeit unb Vilbung in ©tabt unb £anb, bei
©entließen unb Saien über baS gange JürftbiStum hin beigetragen hat." 8
(Sbenfo blühten bie Arbeiten in ber ©eelforge. SDie Jaßl ber regelmäßigen
ißrebigten war brei: nämlich bie ®omprebigt, welche man im Joßre 1595 fjatte
übernehmen müffen, bie ^Srebigt in ber eigenen föircfje unb bie lateinifcße ißrebigt
für bie ©d^üler unb bie gebilbeten Scanner aus ber ©tabt in ber ©djulaula9.
ßatecßefe hotten bie Jefuiten allmählich außer in ber eigenen ®ircße in allen fecßS
^ircßen $D7ünfterS eingeführt unb hielten fie getreulich aufrecht 10. ®ie 3ahl ber ®°nt«
munionen allein in ber Jefuitenfircße, welche im Jahre 1615 auf 27 900 geftiegen
war, belief ficfj neun Jahre fpäter auf 41060 unb hielt fiel) auf biefer ^pöße
währenb all ber ^riegSjaßre11. ®er )|3roteftantiSmuS war allmählich üollftänbig oer=
fchwunben. ®er ©tabtrat, in welchem im Jahre 1607 noch bie ^roteftanten ftarl
baS Übergewicht hatten12, gäßlte bei ben Neuwahlen, gehn Jahre fpäter, mit 2IuS=
nähme oon gweien nur ÜDJitglieber ber ÜDtarianifdjen Vürgerfongregation 13. Jrn
Joßre 1623 war fdjon „bie große 9)teßrgaf)l ber (Sinwoßner aufrichtig fatßolifcß" 14.
Unb al§ im Joßre 1635 mit großem ©lang bie 3entenarfeier ber Vertreibung ber
34eg. Ad Rlien. Über 33oI|j bgl. 33 raun a. a. €.
I 90 f.
1 * Catal. Rhen. 1609 f. * Litt. ann. 1609.
2 *Litt. ann. 1616.
8 * Ebb. 1617.
4 * Catal. Rhen. 1619 u. 1624.
5 * Litt. ann. 1626.
6 3ße3famt>, $a§ §eer ber 2iga in 2Befi=
falen 1622—1623 (1891) 148.
7 5. Burbonfen, 21u§ ben Benfurtiften
be§ ©tjmnafiumS (bon SUünfter) 1636 — 1647,
in ber geftfcfjrift $a§ ipantinifdje ©bmnafium ju
fünfter (1897) 56.
8 * Äopie in Fund. Rhen. inf. I 300 v.
9 * Catal. trienn. Rhen. 1599 u. 1614.
10 * Catal. Rhen.
11 * Litt. ann. ber betreffenben Sabre-
’2 Seiler, ©egenreformation in SSBeftfalen
II 387 f.
13 *Litt. ann. 1617.
14 Schreiben beä 9Jtagiftrat§. 325 e§famp
a. a. 0. 148.
4*
52
ßroeiteS Kapitel. Sie nieberrheinifcbe fßrobinj.
SGöiebertäufer gefeiert mürbe, gab eg feinen einzigen iJ3roteftanten metfr in ber ©tabt.
®ie Jubelfeier mürbe um fo freubiger begangen, fo ßeißt eg am ©dftuß beg 93e-
ridE)te§ barüber1, meit erfteng bie ©tabt in biefent Kriege nie in Jeinbegßanb
geraten unb gmeiteng meit fie fo fdjnelf gur fatf)ofifd)en Kirdje mieber gurüdgefüßrt
mar; benn feft fatfjofifd) maren nor unferer Sfnfunft nur menige Jamilien, jeßt
aber gibt eg feinen meßr, ber öffentlid) ber Jrrleßre anfjinge.
®ie Jaßl ber Jefuiten, melcße Sfnfang 1601 15 betrug : 9 ifSriefter, 2 ÜDiagiftri
unb 4 Saienbrüber, mar Slnfaitg 1628 auf 66 geftiegen: 16 ißriefter, 10 Stfagiftri,
11 ißfjilofopßen, 19 Stßeologen unb 10 Saienbriiber. Stuf biefer ^ötje fomofjt begüglidj
ber ßaf)t alg aud) ber SBirffamfeit ßiett fid^ ba§ Kodeg all bie Krieggjaßre ßinburd).
Stnfang 1650 lebten im Kolleg 60: 32 ^riefter, 5 SOJagiftri, 9 Geologen unb
14 Saienbriiber 2.
©in großeg SSerbienft an ber glängenben ©ntmidfung beg Kodegg gebührt ber
großmütigen Jreigebigfeit üon Klerug unb S3otf gu fünfter. Jßr ©belfinn ermöglichte
eg ben Jefuiten, für bie troß mannigfadjer ^erßanblungen feine ßinreicßenbe Jun-
bation befdjafft roorben mar3, ben oielertei 93eöürfniffen unb 2öünfdjen in ©tabt
unb Sanb gerecht gu merben. Jreilid) maren biefe Jumenbungen nicht fo groß, um
alte 9?ot oom Kodeg ferngußatten. ©djon SJiitte 1632, nod) betior ber Krieg bag
23igtum berührt hatte, bat ber Dieftor Heinrich Kraß ben ©eneral um bie ©rtaubnig,
bie bamalg bebeutenbe ©umme oon 2000 Später leihen gu biirfen, um bie Seute im
Kodeg menigftcng unterhalten gu fönnen4. ®ie 9cot mud)g bann immer meßr.
Jmar geigte fid) bie Siebe unb SBoßltätigfeit ber ÜUtünfteraner mieber in befonberer
Sßeife in ben Jaßren 1633 — 1635, mo bie üieten Jtücßttinge au§ ben 9cieber>
taffungen gu ©tabe, Serben, Jameln, ^atberftabt, ©ogfar, Quafenbrüd, deppen,
ißaberborn, OSnabrüd, Koegfelb, Sippftabt unb 33edum in äRünfter eine Juftucßt
gefunben hatten unb an bie 120 Jefuiten im Kodeg meitten5. ®ie 9?ot mürbe aber
nicht bauernb gebannt. ÜÜJan tebte immerfort in nidjt geringen ÜUaßrunggforgen, unb
am 29. ®egember 1646 fcßrieb ber ©eneral ©arrafa tröftenb an ben dieftor ©Örter:
STief fdjneibet mir bie 33ebrängnig beg Kodegg in bie ©eete. Jaft überall briideit
ung ©djulbeit, unb eg fdjeint ber £>err unfere ©ebutb im Jeuerofen ber heiligen
Strmut prüfen gu motten. 2öie eg ißm gefüllt, fo gefcßeße eg. SDocf) h°ffe ich
gutierficßtlid), baß er, ber bie £iere näßrt, bie Siaßrung feinen ^Dienern nicht üor»
enthalten mirb6. ©rft nadj bent Jaßre 1650 mürbe biefer bebrängten Sage ab=
geholfen 7.
©inen großen 2>ienft fonnten bie Jefuiten ber ©tabt fünfter im Jatjre 1650
teiften. Stm Karfreitag hatte ber 83liß in ber ijßulüermütjte an ber Sta gegünbet.
1 * Litt. ann. 1635.
2 * Catal. Rhen, unb Rhen. inf.
3 SSflt. bie Gntraürfe unb ®orfd)Iöge in
*Fund. Rhen. inf. I 279 ff- Giner üon biefert
unbatierten Gntmürfen au§ bem Saßre 1607 ift
öftere als „gunbationSurfunbe" gebrucft, gu=
lefct bei Keller a. a. 0. II 402 ff, jebod) mit
Unrecht. 3)a§ geßüa beS SatumS seigt fdbotr,
baß bie „Urtunbe" nicht rechtöfräftig fein fonnte.
gubent fagt ber * Catal. trienn. Rhen. 1614
auSbrücflicf) : Fundatio nulla approbata est,
unb noch genauer ber *Catal. trienn. 1619:
Ad nihil de iure obligamur, quod prima for-
mula fundationis, in qua concio germanica
in aede cathedrali, oratio synodica . . . pro-
ponebantur, a R. P. Claudio acceptata num-
quam fuerit. Eam tarnen formam Cathedrale
Capitulum propter appensum a se sigillum
ratum habet. Sgl. aucf) * Slquaoiüa au
Söfenborf, 4. jgult 1608. Litt. ann. 1607,
719.
4 Sßgl. * iRteüeSchi an Crah, 18. ®ej. 1632.
5 * Litt. ann. 1633 ff.
6 * 0rig.=9teg. Ad Rhen.
7 2>ie fReftoren maren: EoPimr. 1601;
^terrn. 33öfenborf, ^mit 1605; §einr. fDtcichebe,
1617; ^et. fRuibiuS (SRuibt), 1624; §einr.
Grap, 1629; Gljtift. Seuuep, 1636; Komet,
ferner, 1643; ©ottfr. Görler, 10. 2lug. 1646;
Sol), ©chücfing, 1650.
Kollegien: Siftünfier.
53
Sn bem nädjften Surm lagerten 15 000(?) Rentner $JMüer. üfßenn ein gmnfe in biefe
Sftaffen fiel, bann mar e§ um einen großen £eif ber ©tabt gefcßeßen. ©djon
glimmen bie ©cßinbefn unb bag 3)acß. ®ein Bürger magt ftcf> ßeran. 2>a bringen
brei 9)titglieber beg fö'otfegg, gmei Saienbrüber unb ein ÜDtagifter, mutig in ben £urm.
©ie föfeßen guerft ba§ $euer auf bem SDadje, bann öerßinbern gmei, baß feine
gfüßenben ®oßfen burcf) bie Stilen ber 2)ede ßinunterfaHen. £>er britte magt fidß
in bie ijMüerfammer, mo bag ißufoer oßne Raffer unb 2)eden lagerte. ®ie§ founte
ber mutige 2Kaun in bem 9taud) unb ®unfet nur burcf) Saften feftftellen. ©ofort
6ego§ er bie ifMoermaffen mit SSaffer. ^e^t erft faxten auef) einige Bürger ÜJJtut
unb eilten gu §iffe. ÜÖfit ©rauen ßatten ÜSiirgermeifter unb Sflagiftratgperfonen
bem gefäßrfießen ©djaufpief gugefeßen. 2lm fofgenben Sage eilte ber SBürgermeifter
in§ Kolleg, ftattete im tarnen ber ©tabt ben Said für bie Rettung ab unb ließ
nad) ber bei außerorbentfidjen Sfnfiiffen üblichen ©itte ©ßrenmein unb ©ßrenguder
üb erreidjen L
9Scm fünfter au§ entfalteten bie ^efuiten mit ber $eit eine große Sätigfeit
im gangen ©tifte. ^n ben erften ^aßren fonnten fie nur menig außerßafb ber
©tabt tätig fein. 23otfmarfen, ÜÖfarsberg, ©affenberg, Sedfenburg, 5Berf unb menige
anbere Ortfdjaften maren eg, mo $J3atre§ au§ fünfter gefegenttid^ für furge 3eit
gemirft ßaben1 2. Sag ®oüeg naßtn eben affe Kräfte oolfauf in Sfnfprucß. „53on
braußen ergeben oft 9?ufe an ung", fo fiei^t eg im $aßre 1 6 1 1 3, „boeß müßten
mir bie einmal übernommenen Strbeiten im ßolfeg liegen faffen, menn mir affe
befriebigen moflten." Ser sDfangef an Kräften mürbe immer fühlbarer, gumaf
ber giirftbifcßof, ber föurfürft gerbinanb oon ®öfn, feit 1612 bie Hebung ber
fatßolifcßen Religion in ber Siögefe energifeßer betrieb4. 2luf bie mieberßolten
Klagen antmortete am 21. gebruar 1615 ber ©enerafoifar Silber bem fReftor
Q3öfenborf: Qcß feße gmar reeßt moßf, meid) reiche ©rate in ber gangen Umgebung
oon äftünfter gu ßaften märe, boeß geßt ber 3fuf nadß meßr Seuten burdß bie gange
ißroüing, unb ba neue Kräfte niefjt fo fcfjneEt ßerangebifbet merben fönnen, fo bitte
icß ©ott, baß er ung ßeffen mode unb ben patres ®raft unb SJfut bemaßre unb
ißnett audj bafb neue |jilfgfräfte gufüßre5. ©rft naeß unb naeß entmidefte jteß eine
umfangreieße Sätigfeit außerhalb ber ©tabt6, fo baß man eg bebauerte, afg bureß
bie Sßefeßung beg SiltumS burdj bie Reffen im ^aßre 1633 biefe Slrbeiten jahrelang
unterbleiben mußten, ©rft mit ber Slnfunft ber griebengbeoollmäcßtigten im Qlaßre
1643 fonnte man eg mieber mögen, fefbft meitßin Slugßilfe gu feiften. ©g maren
SBerne, Sübingßaufen, Sefgte, äöofbed, Nienberge, 23eüergern, Sfngefmobbe, Sfmefg’
büren unb anbere Orte7, mo man ßauptfäcßticß an ben ßoßen ^efttagen tätig mar.
Sagu fam bann roäßrenb beg ©ornmerg bie ftänbige fö'atedßeje auf ben näcßftgelegenen
Ortfcßaften, metcße im ^aßre 1647 g. 23. fieß auf neun beliefen8. Sfm 7. SJtai 1644
feßrieb 3Siteffe§cßi an ben 91eftor P. ferner: „Ungemein freue idj mieß über bie guten
ÜJiacßricßten oon ben frueßtreießen Sfrbeiten, raefeße bie Unfrigen bureß bie ^ateeßefe
auf ben umliegenben ^Dörfern ooübringen. ©§ finb ja gfeießfam bie erften grüdßte
be§ fo ßeiß erfeßnten ^rieben»."9
1 *Reiffenberg II 638 ff.
2 * Initia et successus coli. Monast. ; Litt,
ann. 1601, 620; 1611.
3 * Litt. ann. 1611.
4ÄeIIer, ©egenreformation in SSeftfaleit
III 421 ff.
5 * Ad Rhen. 58g[. auef) * iHquaOica an iööfen=
borf, 26. Sttat 1612; 2. 9Kärä 1613; 15. Suni
1613; an Sdjeren, 21. gfebr. 1615. * 9Sitetfe§d)i
an Sööfenborf , 12. 31oD. 1616; 1. Steril 1617.
Drig.=9ieg. Ad Rhen.
6 * Litt. ann. 1631 u. 1632.
1 *ßbb. 1638 ff. *Hist. coli. Monast. 1642
bi§ 1645.
8 *Hist. coli. Monast. 1646 — 1648.
9 * Drig.=9ieg. Ad Rhen. inf.
54
3tt»eite§ ®afntel. 5)ie nieberrfjeinifdje ^roötitj.
Son biefer regelmäßigen unb gemößnticßen STätigfeit ßetd ficf) eine außerorbent»
li cße unb bebeutfame Arbeit ob, metcße baS koüeg mit Unterftüßung ber Kollegien
ju ^aberborn unb ©ntmericß auf Stnorbnung beS {Jürftbifd^ofS gerbinanb in beit
gaßrett 1624/1626 außerhalb SCRünfter geteiftet ßat. @S mar bie gurüdfüßrung
mehrerer größtenteils proteftantifcßer ©täbte beS SiStumS jur tatßotifcßen kircße 1.
2)ie ©täbte Slßlen, Sedum, Sodfott, Sorten, ®ütmen, Raitern, fRßeine, Sreben unb
SEBarenborf ßatten in ben faßten 1622/1623 troß ber ftrengen Sefeßle beS kurfürften
unb fetbft beS kaiferS ftcß gemeigert, ben Sruppen ber Siga, metcße gegen ÜIRanSfelb
unb ßßriftian oon Sraunfdjmeig im gelbe ftanben, Ouartier ju geben, unb fdjtießticß
mit ben SEBaffen fidj jur SEBeßr gefeßt2. ®ocß maren fie fcßnett bejmungen unb
beftraft morben. Hnt aber ben ©eift beS StufrußrS ju erfticfen unb ber Sotmäßigfeit
feiner Untertanen ficf) für bie gufunft rneßr gu üerficßern, ließ ber kürfiirft burd)
einen Srlaß üorn 4. guti 1623 u. a. „alle unfatßotifcßen Sjerjitien" nerbieten,
bie ÜReuaufnaßnte non Seiden „ju Sürgern, bie nicßt ber tatßotifcßen ^Religion üer»
manbt, ben ©taubenSeib auSgefdjmoren unb non ißren ©eetforgern beglaubigte
Sltteftation ißreS SebenS, SßanbetS unb ^Religion eingeliefert" ßatten, unterfagen unb
fcßtießticß bie fRüdfüßrung ber Seute ju ißrer alten ^Religion anorbnen3. ©S maren
fcßon feit 1611 allerlei Serorbnungen ergangen, aber fie ßatten teinen ©rfotg
geßabt. Studj jeßt fcfjrieb einer ber turfiirftlicßen kommiffäre: „©S ift eine fcßmierigc
unb gefährliche ©ppebition. ®a aber bie ÜRanutenenj, mie gu üerßoffen, erfolgt,
mirb alles guoorberft ju ber ©ßre ©otteS, nacßßer gßrer kurfürftticßen ®urcßtaucßt
ju unfterbtidßem fRußme gereichen unb biefe SBieberßerftettung ber Religion für eine
fonberticße fßrooibenj beS SWmöcßtigen ju ßatten fein."4 ®ie erften Arbeiten ber
gefuiten hatten in ben ©täbten, mit benen man junäcßft begann, roiber ©rroarten
günftige ©rfotge5. SDer OrbenSgeneral mar oon ben SRitteitungen 'Darüber fo über»
rafcßt, baß er felbft ben fßapft baoon in Kenntnis feßte 6. gn anbern ©täbten fehlte
eS jebocß aucß nicht an SSiberftanb. ©nbe 1624 ließ ber kurfürft mit ©trafen
broßen, unb jaßtreicße fßroteftanten teßrten jur fatßolifcßen kircße juriid7. gm
gaßre 1624 maren eS in Sorten 117, in Sodfolt 280, in Sreben 250, in Rattern
„ein großer £eil ber ©tabt", in fRßeine, „mo nicßt einmal fo oiele tatßolifcße Sürger
meßr zu finben maren, um ben neuen SRagiftrat barauS bilben ju fönnen", 400, in
SEBarenborf, „mo unter beit rnoßl über 600 Sürgern faum noöß fiebeit mirtticße katßolifeit
gemefen fein füllen unb mo faft alle grrleßren oertreten maren unb ficß mie in einer
feften Surg lange rußig unb ficßer gefiißlt hatten", 586 unb in Slßlen bie gefamte
Sürgerfcßaft8. ©cßon am 24. ©eptember 1624 mar oon ßier aus ber kurfürft in
Kenntnis gefeßt morben, baß fid) „bie Sürgerfdjaft auf oorßergegangene ber Herren
Patrum Societatis gnftruttion ganz geßorfam mit Seiften unb kommunizieren
fand unb fonberS eingeftellt" ßätte9. ©nbe 1625 maren audß Sorten, fRßeine unb
Sreben mieber ooüftänbig fatßolifcß, leßtere burd) ben P. konrab ©eiftßöoel auS
1 SB e § f a m 0 , §eer ber Siga in SBeft»
falen 1622 — 1623 211 f. Über bie retigiöfen
Suftänbc in biefen ©täbten Ogi. aud) Seiler,
©egenreformation III 397 ff unb liefert,
SJhinfter. Urfunbenfammlung I (1826) 357 ff;
Sibu§, SBeibbifdjöfe non fünfter (1862) 157.
2 SBef’tamb a. a. D. 141 ff.
3 ©bb. 206 ff.
4 Sörßof an SBartenberg , 25. Suü 1623
(2Be§famb a. a. D. 209).
5 SB e§ lamp a. a. £. 212.
6 * S?itefle!?'d)i an §einr, fötefd)ebe, 20.
1624; egl. and) 15. SJIärj 1625. Drig.=91eg.
Ad Rhen.
7 $gl. * S}iteüegd)i an 9ütibiu3, 10. fötai 1625,
unb an P. ^tofftinger, 21. SWärä 1626. Orig.»
fReg. Ad Rhen. inf. ; SB e § f a m f> a. a. 0. 213 ff.
8 Stad) * 33riefen ber fßatre§ au§ 33or!en,
fRßeine unb SBareitborf an ben fReltor ju SRiinfter.
©leicbjeitige Stobie in Docum. hist. prov. Rhen.
*Narratio compendiosa ( Dgl. SOtiinftereifel).
*Hist. coli. Embricensis 1621—1624 unb *Litt.
ann. 1624 ff. ®anad) aud) ba§ golgenbe.
9 SBe^tamb a. a. 0. 210.
Sotlegien: fünfter.
55
3tf)ten. ©einem ©ifer unb ©efc^icf mar e2 gelungen, bie Seute, mefcpe fid) int
23ertrauen auf bie |)ilfe ber ^»oüänber lange gefträubt Ratten, gu gemimten unb beit
Reft, über 420, gur fö’ircpe gurüdgufüpren 1. 2112 er bafb barattf, ant 29. ©eptember
1625, gu ÜRünfter au ber fßeft ftarb, fcpriebeit feine ÜRitbrüber über ipit: „liefen
fßater fdfien eine befonbere 23orfepuitg ©otte2 gu uit2 gefcfjicft gu fjaben; benn fo
eifrig, gfiidfid) unb erfofgreid) pat er in Streben, 2lpfen, 23edum unb fonft noch au
ber Ritdfüprung ber fßroteftanten gearbeitet, bap matt näcpft ©ott in erfter Siitie
ifjm ade» gufcpreibeit mu§, ma2 in biefett gm ei Qapren in biefen ©täbten erreicht
ift.//2 Qm fofgenben Qapre mar aud) SEBarenborf unb int Qapre 1627 a!2 fepte
non ad biefen ©täbten 23od)oft mieber gang fat^olifcf) 3. §ier patte man mit ber
Arbeit erft mieber int Qapre 1626 eingefept, aber trop mandjer §emmniffe fofdje
©rfolge gehabt, bap im gleichen Qapre 662 mit ber ®irdje auSgeföfjnt morben maren4.
Slujjer biefen ©täbten mareit bie fßatre2 gleicpgeitig noc^ in anbern Orten,
g. 23. Söertte, 2fpau2, Rant2borf ufm., tätig gemefen unb Ratten nicpt mettige fßroteftanten
für bie ®ircpe miebergemonnett, in Söerne g. 23. int Qapre 1625 adein 45 5. Rur
menige ©täbter Ratten bie 2(u2manberung bem Übertritte gur alten Äircpe oor=
gegogen. Qn SBarenborf, ber bebeutenbften biefer ©täbte, mo bie fßatre2 ben meiften
2£iberftanb gefunben Ratten, maren g. 23. bi2 gum 4. Rooember 1625, mo fcpon
faft ade2 mieber fatfjolifcf; mar unb man fdjon runb 1800 Äommunifanten gäpfte, nur
gmöff au2gemanbert; gubettt maren ntandje itt ben ©täbten fortgegogeit, bann aber batb
mieber guriidgefeprt unb fatpofifd) gemorben6. ®er Reft geigte fid) rneffad) giemficp
entfliehen unb forberte non ben Qefuiten niete 2tnftrengung unb Racpficpt. ©o fcpricb
g. 23. P. SDitmar (padenberg int §erbft 1625 non Söareitborf an ben Reftor Ruibiu2 gu
SRünfter : „SDie gange Qeit, feitbem icp fjier bin, bin icp in einem fort baran, bie nod)
Rüdftepenben (etma 130 ÜRann) gu mir gu rufen unb gu examinieren, fo bap idj oft erft
brei ©tunben nad) ber gemöpnficpen Qeit gu SRittag effen fann. (Sinige Seute finb
gemattig partnädig; bod) finb e2 meniger, at2 icp geglaubt patte. 2)er ©tarrfinn
rüprt nermutlid) non ber Qurcpt per, bie ben Seiden eingejagt gu fein fcpeint. Sägficp
ftope id) faft auf neue f)3roteftanten, bie ttidjt in bie Siften eingetragen finb. ©ie
paben bem P. üppaufen ade2 üerfprocpeit, aber nid)t2 gepaften, meit fie glaubten,
man mürbe fie bocp nicpt feicpt im 2tuge bepaften tonnen. . . . 2Ü2 id) peute einen
banott rufen fiep, mar er fepr erftaunt, mie mir perau2gefunben patten, bap er
proteftantifd) fei. £>od) erfapren mir ade2 mit Unterftüpung be2 |)ocpm. Ferrit
fßfarrer2, be2 ©efretär2 unb eine! ber 23ürgernteifter au2 ben 23ürgerfiften ober im
gefegentficpen ©efpräcp mit ben 2ormäcptern (portarii) ober enbficp non ben Seuten
felbft, bie fid) bei bem 2$erpör auf anbere berufen." ©o ging e2 nun Söocpen unb
SRonate pinburd). „©eit meinem festen 23rief", fo fcprieb P. ^adenberg am
4. 2>egember, „finb über 20 mieber gurüdgefeprt. ®en gangen £ag aber mup id)
an ber 2frbeit fein. Qcp unterrichte, fabe ein, bitte unb befcpmöre bie £eute unb
fann faum an etma2 anbere2 benfeit. £>eute pabe id) mit ben Qüngfingen unb
Qungfrauen begonnen, bie man aber nur fcpmer gunt kommen bemegen fann. Qd)
mürbe in bie efterfidfe Söopnung gepen unb bort mit ipnen über bie Religion oer*
panbefn, bod) pat micp bie ©rfaprung gefeprt, bap ba2 nicpt gut gept; benn mäpreub
1 * Litt. ann.. 1625. s *665. 3 *665. 1626.
4 *665. Sn 93odjolt maren fßatre? au?
ÜJiünfter fcfjon im Sabre 1612 un5 bintD'e5er
5rei Sabre fpäter fBatre? am? 6mmerid) tätig
gemefen. $ie 3af)t 5er Dfterfommunionen be¬
trug im Sabre 1615 700, jeöod) maren öie
Satbolilen febr furd)tfam un5 oersagt. * Litt.
ann. 1612 1615. 58gf. Seiler a. a. 0. III
375 ff 392 394 f 397 ff 407 f 510 528 ff.
6 Sn 2lf)au? ga6 e? nur nod) s'oei Satbo--
lifen. Sm Sabre 1640 mar alle? fatbolifd).
S it d i n g , fünfter unter 6briftopb 33ernt)arö
0. @alen (1865) 285.
6 * Die o6engenannten Briefe 5er $atre?.
56
3ioeite3 Kapitel. $ie nieberr^cinifcfje ^roüinj.
id) oon ber Stnnahme beS fathotifdjen ©taubenS fprecf»e, bringen fie baS ©efpräd)
auf anbere ©egenftänbe unb laben pm Sffen unb Printen ein."1 So plagte fid)
P. |>adenberg nod) mehrere ÜDtonate, bis ade in SBarenborf pr tathotifd)en Slirc^e
prüdgefehrt maren. Stber auch nach ooltenbeter Arbeit fufjr man im Unterridjte
fort, bi§ im Sommer 1627 oom ^roöinjial P. 93aoing alte priidgerufen mürben,
ba Kräfte für anbermärtS freigemadjt merben mußten2.
Stuf beit SSunfcfj beS föurfürften mufjten bie Sftünfterer Qefuiten in ben fofgenben
fahren nod) öfters bie genannten unb and) anbere Orte beS Stiftes befucfjen, um
ein SBiebereinbriugen ber $rrlef)re p nerf)üten3. ®ie 93efefpng beS gefamten 93iStumS
burd) bie Reffen im ^apre 1633 — nur fünfter unb SBarenborf blieben aus»
genommen — festen freilich biefer Sätigfeit ein 3iet. ®od) hfltte baS SSolf feinen
alten ©tauben fdjon genugfam mieber lieb gemonnen unb blieb it)m nun trop beS
langjäfjrigen fjeffifcfjen Regiments treu. So berichten §. 93. bie ^efuiten im ^apre 1649
über Q3orfen, bafj bie Sinroof)ner trop ber nid)tfathotifd)en 93efatpng ftanbfjaft an
if)rem ©tauben feftfjietten 4. Uttb gürftbifcfjof CS^riftopf) 93ern^arb 0. ©aten fagt in
bem S8eritf)te, ben er im ^afjre 1651 über ben ßuftanb |einer SDiö^efe an ben ißapft
fanbte, baf) bie TDiöjefanen ber ^irdje burd)meg treu ergeben feien5.
Über bie 93ebcutung biefer Sätigfeit ber Qefuiten urteilt ein Kenner ber ba»
maligen 3eit: föurfürft gerbinanb, bem „oorpgtid) unfer ganjeS Stift bie ©rpattung
ber fatt)otifd)en Sietigion p öerbanfen hat", mürbe unter ben obmattenben Umftänben
„mit bem fräftigften SBitten unb ben burdjgreifenbften 9)ia^regetn nie feinen ßroed
erreicht hüben, menn er nicht barauf oerfallen märe, bie ^efuiten atS SJtiffionäre
altentfjatben im Stift anpftetlen unb ihnen bie Seetforge mit p übertragen". SDiefe
„oerftanben baS 93olf p geminnen unb pgeit burd) ein fe^r erbautidjeS Seben alter
podjachtung, Siebe unb gutrauen an fid)- ®ie toaren ben ^farrgeifttic^en unb
ÜDtönd)en in altem roeit überlegen unb tonnten bei bem nerroirrten guftanbe unferer
®ird)e baS mitten, mop jene nidjt mehr fäpig maren. . . . 93oIfSunterrid)t im
ßtjriftentum, befonberS fatedjetifd^er Unterricht ber gugenb auf bem Sanbe, mar eine
ihrer üorpgtidjften 93emühungen. SDen gefuiten gebührt baS 93erbienft, in unferem
Stift bie fathotifche Religion erhalten p haben. 2)ie ©efchichte bemahrt bie ®enfmate
ber Xreue, momit fie für bie £'ird)e gefämpft haben"6.
Sine meitere einbringenbe Stätigfeit mürbe non fünfter aus im üü?ünfterfd)en
ÜJfieberftift, befonberS in ülfteppen entfaltet.
Qm SZorben ber SDiö^efen fünfter unb OSnabrüd,. pufd)en SmS unb ginnte
behnt fich ein ©ebiet auS mit etjematS 45 Pfarreien in fedjS 21rcf)ibiafonaten 7, metcheS
bis pm gaffre 1667 ber meltlichen guriSbiftion beS 93ifcf)ofS oon fünfter unb
ber geiftlicfjen beSjenigen non OSnabrüd unterftanb unb burd) bie gahrtäffigfeit ber
Strchibiatonen im Anfänge beS 17. gahrtjunbertS in ganj nermahrtoften guftanb ge¬
raten mar8. gn ker erften S3erhanbtung, metche ber ßurfürft gerbinanb am
1 *©bb.
2 * 33iteHe§d)i an ben (Reftor (Ruibiu3, 4. ©ept.
1627 unb 4. ®tärs 1628. £)rig.‘(Reg. Ad Rhen,
inf.
3 * Litt. ann. 1631 unb 1632.
4 *®bb. [SWeppen] 1649.
5 §iifiug, Gtjriftopl) 99ernl)arb o. ©alen
(1887) 179.
6 liefert, äRiinftcrfcbe Hrfunbenfamnt»
lung I (1826) xxvm xxx ff. 2(ucf) bie * Litt,
ann. (coli. Bonn.) 1650 fdjreiben bal §aupt=
oerbienft an biefer SBiebertjerfteKung ber fa»
tfjolifdjen (Religion bem Kurfürften 3erbi‘
nanb p.
7 SSericfft be§ 33ifd)of5 oon fUtiinfter Oom
3. (RoOember 1660 (.fpiifing a. a. 0. 267);
©tiioe, ©efd). be§ .'gocpftift^ D^nabriic! II
(1872) 455.
8 SmfimÜion be^ Äurfiirftcn gerbinanb Oom
1. 3uü 1612 (Keller, ©egenreformation III
421 f; *2lquaoioa an IXljeob. (Rbgroicf, 8. Sütärj
1614. Drig.=(Reg. Ad Rhen.).
Sollegien: SJtünfter (SDteppen).
57
12. $lpril 1612 mit feinen Späten iifier bie fKeligionSoerpältniffe im (Stifte fünfter
f)ielt, fjatte ber Canjler be^üglicp biefeS ©ebieteS, beS fog. Slttünfterfcpen SUieberftifteS,
erflärt: ,,^m SmSlanb, Cloppenburg, SSedjta unb SBilbeSpaufen fei feit 50 ober
60 ^apren fein exercitium fatpolifcper fHetigion mepr gemefeit. ÜD7an mitffe auf
gute ©eelforger benfen; eS fei ju ermägen, ob bie Patres Societatis Iesu bie Seel«
forge ju Steppen unb anbermärtS nicpt übernepmen motten; mala vita pastorum
merbe alles oerberben. SDie 9titterfd)aft fei fcpmierig." 1
Curfürft gerbinanb griff pier nun unüermeitt ein. Sr ftattete einen tatfräftigen
9)?ann, ben er am 1. Qanuar 1613 gu feinem ©eneraloifar für fünfter ernannt
patte, ben CanonifuS oon ©t SaffiuS unb glorentiuS ju Sonn Dr Qop. (partmann,
mit auSgebepnten SSollmacpten aus unb trug ipm auf, „mit äuperftem gleip feine
oerfüprten Untertanen" jur fatpolifcpen Circpe äurüdjufüpren 2. Curfürft unb ©eneral*
oifar befucpten opne langes ^Barten unb gögern baS Biieberftift. ©ie famen überein,
in ÜUieppen unb Secpta ^efuitennieberlaffungen gu erricpten, metcpe SluSgangS- unb
©tiippunfte beS gefamten UnternepmenS unb ben überall anjuftellenben ©eiftlicpen
£>ilfe unb ©tüpe fein füllten 3. 2luS Mangel an Cräften fonnten jebocp bie ^efuiten
oorläufig nur ÜDieppen amtepmen. ©cpon im ©ommer 1613 famen Xpeob. 9tp§mid
unb §einr. Uppaufeit bortpin4. „Sine grope Sarbarei tat fiep üor ipren Slugen auf,
aber auep eine grope Srnte."5 „fftaep Slbfepung ber ^Srebiger finb mir", fo berichten fie
felbft6, „mit einigen Pfarrern in§ SmSlanb gefepidt. Unfer Slrbeitsfelb ift bie
^auptftabt SDfeppen, unb oon bort aus befuepen mir bie umliegenben ©täbte unb
Dörfer. Unfdjmer laffen fiep bie SReppener üom Sutpertum ab^iepen. §aufenmeife
fommen fie ju ber fßrebigt unb jur peiligen ÜDJeffe, unb eS ift gute Hoffnung, bap
fie halb jur fatpolifcpen Cirdpe juriidfepren merben. 9?ur aus SeforgniS um ipren
Stuf unb aus gurept oor ber Seicpt naep fatpolifdjer SBeife fepeuen fie noep oor
biefem ©epritte jurüd. 30 jebocp finb fdjon mutig übergetreten." ^tnmer japlreicper
mürben bie Übertritte, immer umfangreidjer bie Slrbeiten, fo bap P. fRpSmid fiep um
/pilfSfräfte felbft naep 9tom manbte. Slm 22. Sluguft 1615 ermiberte ipm ber
©eneraloifar Silber: „®ie glan^enben Srfolge in Sfteppen unb Umgegenb finb überaus
erfreuliep. Slud) mir münfepten, bap mepr Beute bortpin gefanbt mürben; jebocp ift
bie 9iot ber ffßroüinj fo grop, bap burep bie Obern unmöglicp pinreiepenb Slbpilfe
gefepafft merben fann."7 ©o arbeiteten bie beiben patres allein mit ben Sföelt-
prieftern eifrig meiter. „äftepr als einmal paben mir", fo beriepten fie Snbe 1615 8,
„mit ungefäpr 13 Pfarrern beS SlndeS Steppen eine gufammenfunft gepalten, um
noep burepgreifenber mirfeit gu fönnen. ®iefe arbeiten mit unS fo einmütig, bap
fie nicptS beginnen, opne eS oorper mit unS überlegt ju paben." ©cpon ein
3:apr fpäter „pielten oon ben oielen fßroteftanten in Steppen nur noep oier an
ber $rrlepre feft"9. Slpnlicp unb noep beffer ging eS an anbern Orten, „ba eben
bie SUtepr^apl ber Beute eper unmiffenb als irrgläubig" mar 10. £$n ben SöeipnacptS*
tagen 1617 füprte man 3. 33. eine ganje Pfarrei, bie noep feinen fatpolifepen Pfarrer
patte, jur Cirepe jurüd. 2öaS fiep am längften fträubte unb abfeitS pielt, lenfte
1 Seiler a. a. 0. 418; ügl. aud) ebb.
437 f.
2 2>ie Slttenftüde bei Seiler a. a. 0. III
464 466; £ibu§, 2Beif)bifd)öfe oon SJUinfter
147 ff.
3 97 i e m a n n , $a§ Olbenburg. SWünfterlanb
II (1891) 181 f 193.
4 Sgl. ben Gerlaf; be§ Surfürften gerbinanb,
bat. SRegenSburg, 12. Slug. 1613, bei Seiler
a. a. 0. III 468.
5 Sgl. * Slquaoioa an 93öfenborf, 8. Sftärs
1614. 0rig.=9ieg. Ad Rhen.
0 * Litt. ann. 1613/1614, 201 f. Sgl. aud)
Seiler a. a. 0. III 468 ff.
7 * 0rig.=9ieg. Ad Rhen. inf. Sgl. * Slqua¬
oioa an Söfenborf, 23. Slug. 1614.
8 * Litt. ann. 1615; äf)nlid) * ebb. 1616.
0 Sgl. * Sitelle§d)i an Söfenborf, 10. guni
1617. 0rig.-9teg. Ad Rhen.
10 * Litt. ann. 1617.
58
3tt)eite§ Sapitel. Sie nieberrpeinifche 55roütns.
fcptieplidj infolge beS SRünfterfcpen 9?eligionSerIaffeS Don 1623 ein, fo 3. 23. .fpafelünne,
Ino Don ben SReppener ißatreS im Qapre 1624 jufammen 400 Sutperaner für bie
Stircpe miebergemonneit mürben1. ©inige .^apre fpäter, im Quni 1629, fcfjrieb ber
ißroDinjial 23aoing an ben ©enerat: „^ept ift nicf)t nur bie ©tobt SReppen, fonbern
aucp faft baS gan^e Sanb, 23off unb Slbel, burcp bie beibett ^ßatreS ju 9Reppen ber
Stirdje mieber angegliebert morben."2
®ie Qefuiten, melcfje fepon im Qapre 1622 ben ißoften gern aufgegeben hätten,
blieben auf ben Söunfdj beS Sturfürften gerbinanb in SReppen unb arbeiteten um
Derbroffen meiter in ©tobt unb Sanb3. 2US man 1629 ben ^efuiten bie Pfarrei
in SReppett, bie früher aus bem ©tift ©orDep befept morben, neunten moltte, fdjrieb
ßurfürft gerbinanb am 23. 2lprit 1629 an ben gnirftbifdjof f^ranj SBilpelnt
ü. Söartenberg: „ÜRun ift mir mopl bemufjt, maS Don ben Patribus bafelbft für
9?upen gefdjafft unb nocp ferner ju ermarten, bapero eS mir nit lieb fein mürbe,
menn fie bergeftalt Don bannen gemiefen merben fodten."4 „®eine Pfarrei gibt eS
im ©mSfanb", fo lautet ipr 23ericpt Dom ^apre 1631 5 *, „in ber mir nicpt tätig
gemefen mären. Unfere ©cpritte mürben Don ©ott mit glüdtidpem ©rfolg gefegnet.
ÜRur pemmten bie föriegSunrupen ein menig bie Slrbeiten."
SDiefe auSgebepnte Stätigfeit, bei melier im Qapre 1632 Dier ißatreS befcpäftigt
maren, mürbe unterbrochen, als bie ©djmeben unter ®obo D. Änpppaufeit im Qapre
1633 baS Sanb befepten. 2öie int $apre 1622/1623 Dor SRanSfelb, fo maren bie
Qefuiten aucp fept gelungen, bie gludjt ju ergreifen ö. SDodj faum maren bie ©cpmeben
im 9Rai 1638 auS bem ©mSlanbe Derjagt, ba mufjten bie Qefuiten auf betreiben beS
fturfürften gerbinanb Don Stötn Don neuem fiep mieber in SReppen nieberlaffen 7.
SDie beiben ißatreS, melcpe feit ©nbe 1638 mit einem Saienbruber bort meitten,
patten mit mifjlidjen Verpättniffen aller Slrt ju fämpfen, befonberS pemmten bie
ftänbigen ®riegSunrupen8.
©ine freunblicpere ßufunft geigte fidj erft im $apre 1641. ®er SDrofte beS
©mSlanbeS, SDietricp D. 23elen, patte infolge eines ©elübbeS ben ^efuiten ein Sanbgut
gefepenft unb bann noep ben ißlan angeregt, bie ^efuiten bauentb in ÜReppen ju
bepalten unb burdj fie ein ©pmnafiitm eröffnen ju laffen. ®iefer )J3tan, ber fepon
1611 Don ber ©tabt betrieben unb 1629 burdj ben ©uperior 9?ifoIauS $rebS aud)
bei ben OrbenSobern befürmortet mar, fanb in ÜReppen freubige ßuftimmung, |0 bap
felbft bie bisherigen gtinbe fidj für bie ^efuiten ermärmten9. SIber eS fehlte an
bem nötigen Unterpalt. 2)ie ©elbmittel ber ©tabt fomie bie beS ^urfürften, ber
feinerfeitS fepon im Qapre 1617 an eine ftänbige ÜRieberlaffung gebadet patte10, maren
burd) ben $rieg fo erfdpöpft, bap fie nicptS beifteuern fonnten. SDa legte fidj in
ber 23erlegenpeit ber 23ürgerfcpaft ber eifrige greife ©uperior Strebs ins Mittel.
1 * Litt. ann. 1624. Sie furfürftlidjen ©rlaffe
bejüglicf) §afelünne unb anberer tniberftrebenber
Orte bom 3. Sltärj 1618 , 10. gebr. 1621 ic.
bei Seiler, ©egenreformation III 543 545 f
566.
2 * Compendiosa narratio.
3 * @bb. * ®iteüe§d)i an 9teftor 9Jtefd)ebe ju
SJtiinfter, 27. illug. 1622: Non solum (missio-
nem) Vechtensem, in qua multum adliuc ne¬
gotii superest, continuandam exsistimo, sed
alteram quoque Meppensein. . . . Proinde
nolim ullo modo nostros ex hoc oppido (Mep¬
pen) revocari nisi prius Smo Electori id pro-
batum fuerit. * Drig.=9teg. Ad Rhen. inf. g o r ft,
^ßolitifcfje Sorrefponben* be§ ©rafen graitj 2BiL
^elm b. SBartenberg 312 f.
4 ©bb. 5 * Litt. ann. 1631.
6 2>iepenbrocf, ©efd). be§ 2lmte§ SOieppen
(1838) 409 ff 427 ff.
7 * S8iteKeäd)i an ben SRijebrabinsiat 90cfe[,
27. 9Job. 1638. Orig.>9teg. Ad Rhen. * Hist,
coli. Mouast. 1636—1639.
3 Siepenbrocf a. a. D. 393 f 444. * Litt,
ann. 1639 u. 1640.
9 *Litt. ann. 1641. * @bb. coli. Monast.
1611. Siepenbrocf a. a. 0. 375 ff.
10 SJgl. *®itetle§d)i an llpfjaufen, 2. 2)ej.
1617. Orig.=9teg. Ad Rhen.
Kollegien: SüKünfter (^Dlep^en).
59
2Xu§fiif)rIicf; fepte er feinet: Obern bie 23erf)äftniffe augeinanber 1 : Slffe Beamten beg
©mgfanbeg, ber ©tabtrat öon deppen, bag gange Sanb unb bie meite 9?ad)barfd)aft
miinfcijten mit fömtfichen patres bie (Srrid^tmtg beg ©ptnnaftumg. ©eforbert merbe
bieg burd) bie Vebeutung ber ©tobt, mefcfje ^eftung, ©ip beg Sroften unb eine
Vormauer mehrerer fathofifcpen Siögefen fei, burd) bie Verffältniffe beg Sanbeg,
mefdjeg ringg non proteftanten umgeben, itt meitem Umfreife aufjer ben Sriüialfdhufen
feine pfjere Vilbungganftaft aufroeife, burd) bie ^ntereffen ber fatf)o!ifcf)en Dieligion,
mefdje baburd) eine nidjt geringe ©tüpe erhalte, $ür bie 92ieberfaffung panbfe eg
fid) um eine ©jüftengbebingung, meit fie nacf) Stbfeljnung ber ©cfjufe feinen 93eftanb
geminnen fönne. ©djfiefjfid) fei eg ber auggefprocfjene SBunfd) ber beiben S8ifcf)öfe
öon 9Jiünfter unb Ognabrüdf. Sag £muptf)inbernig aber, bie 23efd)affung beg
Unterf)alteg, fei jiemfidf) gehoben; betttt ein Haug, unb gmar bag größte unb gefegenfte
in ber gangen ©tabt — ein ©efcpenf beg ©tabtrateg — , befäfjen fie bereitg; eg fei
bagu ermeiterunggfäfjig unb habe ©arten unb H°f; 400 9ieic^gtater jährlich galjfe
ber ßurfürft; ber Srofte fjabe einen Vauernljof gefd^enft 2, unb ba feine Kollegien
in ber ÜÄäfje feien, fo fiefje fid) f)inreid)enbe Unterftüpung üom 2Bof)ltätigfeitgfinn beg
Voffeg erhoffen, infolge biefer Sarfegungen beg P. Ärebg gfaubte P. Vitelfegchi eine
Stugna^me machen gu füllen unb fdfjrieb am 19. $ufi 1642 an ben Sßigeproüingial
Diitfef: „©g gef)t gtoar nidjt an, neue 9fteberlaffungen of)ne eine fefte (Stiftung gu
errieten; menn eine fofcfje jebod) in ber gufunft gu ermarteu ift unb ein reidjer
©eminn att ©eefen gur ©riinbung einfabet, fo märe bie ©efegenfjeit bagu trop einiger
Unguträglidjfeiten nidjt öon ber §anb gu meifett. Sie SJieppener @ad)e empfepfe ich
aber ©m. §od)mürben um fo bringenber, ba fie bem ®urfürften öon $öfn unb bem
gürftbifdjof öon Ognabrüdf befonberg am bergen liegen foff."3
SIdeg ging nun rafcf) öoran. Vereitg am 4. dJoüember 1642 mürbe bag ©tjmnafium
„unter bem ungeheuren ^ubef öon ©tabt unb Sanb" eröffnet 4. Sie ©dhüfergafjf mucfjg
fo, bafj nach einem ^aljre brei Pfaffen in betrieb maren5. ÜDiefjr afg brei klaffen
freilid) glaubten Proöingial unb ©eneraf üor ber §anb nidht einrichten gu foffen6.
2lm 10. Sluguft 1644 legte eine grofje geuergbrunft üiefe Käufer Söieppeng unb aud)
bag ©cpufgebäube in Sffdje, unb brei $ahre fpäter, am 4. 9Joüember 1647, bombarbierte
ber fchmebifche Oberft itöniggmarf bie ©tabt, mobei affe Raufer big auf 80 ein»
geäfdjert unb bie augmärtigen ©cf)üfer aug Sftangef an Obbad) mieber in bie §eimat
getrieben mürben7. SBifbe Äriegghorben burchgogen in ber fyofge fengeub unb
pfünbernb bag Sanb, fo bafj ber ©chufbefud) ftarf fanf8. ©rft nach Veenbigung
beg heillofen ®riegeg gingen mieber neue Hoffnungen für bie ©chufe auf. Sie
^efuiten mürben öon ben dJfeppenern gur Anfügung niederer ©chufffaffen faft gebrängt,
©eneraf Piccolomini aber hielt gurüd. „^d) Bitte ©ro. Ho^Würben bringenb", fo
fcfjrieb er am 27. Sfuguft 1650 bem Proöingial Panhaufj, „mit ben ©chufffaffen nicht
gu eifen; benn bie Sffmofen, mefche man fpenben miff, finb ein unficherer Unterhalt:
fie hören auf, fobafb ber SBiffe fidf) änbert ober ber Sob fid) einftefft; Saften aber,
bie man einmal, menn aud) ohne jegliche Verpflichtung, übernommen hat, fann man
faum mehr in guter SBeife abfegen." Stuf bie erneuten Vorfteffungen beg proöingiafg
jeboch gab Piccolomini am 5. S'Joüember feine ßuftimmung für bie Humanität, unb
1 2)iepenbr o cf a. a. 0. 379 f.
2 ©inpaup im SÜrdppiel ^>erglafe. ©bb. 400.
©§ ift baä eben genannte Sanbgut.
3 * Orig.=9teg. Ad Rhen. inf.
4 SBgt. * SiteHeld): an Sreb§, 3. San. 1643.
5 Siepenbrod a. a. 0. 380. * Reiff en-
berg II, 1. 21, c. 4.
6 * 93itette§cfü an $anf)au6, 28. 9toü. 1643.
7 3)iepenbroda. a. 0. 380 ff 400 ff ; * Litt,
ann. 1647; *Hist. residentiae Meppen. 1645
bi§ 1648.
8 3)gl. * ßarrafa an ben Superior Stporpooen,
8. 9tug. 1648. Drig.=Üieg. Ad Rhen, inf.:
$iepenbrocf a. a. 6. 449 f.
60
3weite§ Sapitel. Sie nieberrf>einifd)e s$roüinä.
fo „fabelt mit", berichten bie Qefuiten ©nbe 1650, „im Vertrauen auf baS 2Bof)I*
mollen unb bie Qreigebigfeit ber Seute bie Gierte Claffe angefügt unb fefjen aud)
fd)on, mie mir gefjofft hatten, bie ©djülerjahl, aud) aus ben nichtfathoIifd)en Vadjbar*
gebieten, fid) mehren" 1.
SDie houpttätigfeit ber ÜVeppener Qefuiten aber, beren gabt im Qahre 1642
fünf unb im Qafjre 1650 neun, fieben patres unb jmei Saienbrüber, betrug2, mar in
all biefen Qafjren bie ©eelforge gemefen. ©ie Ratten trol3 ber §emmniffe unb ©cfjreden
beS Krieges in ber ©tabt unb meiten Umgegenb mmerjagt unb nicf)t ohne gute ©rfolge
gearbeitet. „2tuS bem Briefe ©m. ^oc^mürben oom 9. Quli", fo fcfjrieb ber ©eneral
©arrafa am 17. 2(uguft 1647 an ben ©uperior ju SDteppen, „erfehe id), baf) trofj
ber Späten unb ©efahren beS Krieges niefjt geringe (Erfolge erhielt merbeu, ja baf)
ber ©aframentenempfang fogar non £ag ju Sag fiel) fteigert. hoffentlich mirb ber
gütige ©ott feine Arbeiter, bie fo angeftrengt unb erfolgreich tätig finb, mitten im
Söaffengetümmd unoerfel)rt erhalten unb aud) nicht julaffen, bah e§ ihnen on ^em
nötigen Unterhalte gebreche."3 Qhre eifrige Arbeit hatte ihnerl Sßohlmoßen unb
31cf;tung ermorben. Qm Qahre 1641 fdjrieben bie Bürger SJieppenS an ben Cur*
fürften Qerbinanb oon Cöln: „Sie patres ber ©ojietät Qefu hoben fich jeithero oiel
Qafjren ju großem Vupen nid^t allein ber ©tabt, fonbern aud) beS ganzen ©mSlanbeS
adhie ju Steppen auf gehalten." 4 Unb im Qaf)re 1650 erflärte ber einflufjreidje unb
angefehene SlmtSrentmeifter ©erl)arb ÜDiartelS oor ben Sanbftänben: „Ser Vifdjof
hat jur Verbreitung ber fathotifdjen Religion, jum Unterricht ber Qugenb, bann aud;,
bah bie ©eiftlidjen in biefem ©mStänbifchen Quartier befto beffer in ihrer Qunftion
fonferüiert merben unb nicht abfaUen möchten (mie eS unter ber ©chmebenherrfcfjaft
1633/1638 oielfad) gefchehen mar), eine 9tefiben§ ber herrn fßotreS Societatis Iesu
hiefelbften fjodjnühlid) angeorbnet. . . . Unb bis je|t ift hanbgreiftich oerfpürt raorben,
bah burd) fie ein grober 9cupen in biefem gangen Quartier unb ben angrenjenben
^rooingen oerurfadjt morben ift."5
Sßeit gröbere ©djmierigfeiten als baS 2(mt Steppen oerurfadjte in ber Viid*
füfjrung gur fatholifcfjen Kirche ber olbenburgifche Seil beS VieberftifteS, bie Ümter
Vechta, Cloppenburg unb SBilbeShoufen. 2öohf om ftärfften mar ber
SSiberftanb in Vechta. Sie beiben 2Bettgeiftlid)en, toeldje erft 1613 hier angefteüt
maren, hotten leinen ©rfolg6. „2ln ihrer ©teile höbe ich beShalb", fo Oermerft ber
©eneraloifar hortmann im Qftober 1615 in feinen ^ßrotofollen, „am 12. Oftober
oon 9J?eppen aus jmei patres S. J. eingeführt : P. Conrab Otten unb P. ©eorg
fftiffe, famt einem Saienbrüber. 211S SSohnung höbe ich ihnen bie mieber in ftanb
gefegte ^aftorat iibermiefen." Qn einer Urfunbe mirb ber ©uperior jugleich „©eneral*
Qnfpeftor unb Sireftor ber geiftlichen ©achen" genannt7.
Über Vechta berichten bie patres nach ben elften brei Söionaten ihrer Sätig*
feit: „Vei ben ©inmohnern hier hot fich bie Qrrlehre infolge beS leichten Verfel)rS
mit Vremen fehr feftgefef$t. ©ie merben barin burd) einen ißrebiger, melcher fich
in einem Vachbarorte aufhält, immer neu beftärft. ©S geht belfjolb in Vechta lang*
fant unb nur fdjrittmeife Ooran. ©iner f)äü in ber ©tabt, ber anbere auf einem
Soppelborf (Opthe) jeben ©onn* unb Qefttag morgens ißrebigt unb nachmittags
©hriftenlehre. Sa oor ben ungebilbeten Seuten oon ControoerSlehren gefcfjmiegen
1 * £>rig.=9leg. Ad Rhen. inf. * Litt. ann.
1650.
2 *Catal. Rhen. inf. 1642 ff.
3 * 0rig.*9teg. Ad Rhen. inf.
4 2>iepenbrod o. n. 0. 376.
5 ßbb. 402.
6 Über bie Buftünbe bofelbft Dgl. SB i 1 1 o l),
®efd). ber fatpol. Pfarreien im §eräogtutn
Olbenburg III 74 ff; Seiler, ©egenreforma-
tion III 472 f 496 498 ff 503.
7 SB i 1 1 o f) a. a. D. 89 95 ; Dgl. aud) Seiler
a. a. D. 507.
Sollegien: fünfter ÖBecfjta).
61
unb nur gur Stugenb aufgemuntert unb oom Softer abgefcpredt mirb, fo ift bie
Kircpe bicpt gebrängt bott unb pören bie Seute aufmerffam gu. ®ie Knaben unb
SJMbcpen, roelcfie non fatpolifdjen Seprern unterrichtet merben, fomuten mit (üsrlaubniS
ber Gütern jeben borgen in bie fjeitige ÜDfeffe. 31m 2öei^nad^t§fefte mürben oier
(Srmadjfene in bie Kircpe oufgenommen unb 18 bie heilige Kommunion aulgeteilt.
®ie Grippe, meüpe hier errichtet mürbe unb ben Seuten ein gong unbefanntel ©djam
fpiel mar, gefiel ungemein; man opferte bem Qjefulfinb bergen unb fonnte fiep gar
nicht batmtt trennen1, $m Qapre 1616 fcploffen ficf; nur 60 unb im $apre 1617
nur 52 ber Kirdje mieber an, unb bie ©efamtgapl ber Kommunionen belief ficf; im
groeiten $;apre iprer Sätigfeit in SSecpta auf nur 145, mäprenb man um bie gleiche
ßeit in ÜDfeppen 3217 gäplte2. 9iod) geringer fcpeinen bie Srfolge in ben folgenben
^apren gemefen gu fein, trop nteprfacper furfürftlidjer ©trafanbropungen 3. ^n 33e=
ridjten aul ben ^apren 1619 unb 1620 oergmeifeln bie Sßatrel faft baran, bei ben
Srmacpfenen etmal gu erreichen4. 9iur auf bie junge ©eneration, bie Kinber
in ber ©cpule, bürfe man nod) Hoffnung fepen. (£§ brauchte unter folcpen 33er*
pältniffen oiel SJlut unb ©ottbertrauen. ©cpon im ^apre 1617 patte ber ©eneral
bie i|5atre§ aufgemuntert, mutig aulguparren unb nidjt gurüdgumeicpen, fonbern mit
großem ©ottbertrauen gegen bie ©djmierigfeiten angufömpfen5. ÜDfancpen ©efapren
mupten bie patres ficf; ausfepen. ®er ©eneraloifar ^Seter Sticolartiul bon ÜÖiünfter
fcfjrieb am 1. ©eptember 1623 an ben SSecptaer 9tentmeifter : „®ie )J3atre§ paben
um Kurfürftl. SDurdjlaucpt untertänigften SDienftel mitten ipr Seib unb Seben in
©efapr gefepet, gum Steif aud; aufgefept, unb fo mill e§ fiep feineimegl gebiipren,
bap e§ ipnen an leibtieper 97otburft ermangle."6 ®er furfürftlicpe üfeligionlerlap
oom 4. Quli 1623 7 bradjte ben partnädigen Söiberftanb gum SBanfen. ©cpoit im
9tooember 1623 beridjtete ber iReftor Ütuibiul oon fünfter naep 9tom bon bem
Übertritte biefer ^roteftanten in 33ed)tas. llnb ein Qapr fpäter melbete ber 33ericpt
bei SMnfterer Kotlegl: „SSecf>ta, bal trop ber Slrbeiten unb Slnftrengungen biefer
Qapre unb trop ber ®ropungen bei Kurfiirften fo feft an ber ^rrlepre pielt, pat
ficf) enblicp biefel Qapt ^er angeftrengten Stätigfeit gmeier 'ißatrel (Qoboful Xpor*
meften unb (Seorg fRiffe) ergeben. 31Cte, mit Slulnapme bon nur brei ober bier, finb
mieber fatpolifep. Um gu geigen, bap ipr fo lang pinaulgefcpobener Übertritt aul
innerer Übergeugung perborgepe, gingen fie, naepbem fie ißfingften gunt erftenmal bie
peilige Kommunion empfangen patten, Sßeipnacpten (über 200) aul freiem Slntrieb
bon neuem gu ben peitigen ©aframenten. 23on graei ^rebigern, bie noep iprel Slrntel
entpoben mürben, mürbe einer, ber epemall in ©ropenfneten geroirft patte, fatpolifcp
unb gog burep fein 93eifpiel auep anbere perüber. 3lucp bie ©cpule, bie man epe*
mall begonnen patte, erpielt jept einen neuen Sluffcpmung." 9
£>ie ^atre§ blieben nod; in SSecpta bil 31nfang 1627, roo fie bom ^robingial
33abing, ber Kräfte für neue Slrbeiten frei maepen rnupte, abberufen mürben 10. ®ie
^efuiten bon 33ecpta mirften audp an anbern Orten ber brei Slmter. $nt Qapre 1617
1 * Litt. ann. 1615. Über bie peillofen Sler*
pültniffe in ber ©djule Dgl. SSi(Iof) a. a. 0.
111 198 ff.
2 * Litt. anu. 1616 lt. 1617.
3 2)ie Erlaffe Dom 23. 9Jtai 1618 zc. bei
Seiler a. a. 0. III 474 487 f 546 567 f.
* SSiltof) a. a. 0. 93 f. 97iemann, 3)a§
01benburg. SOiünftertanb II 223 f.
5 58itetie§d)i an SSöfenborf, 2. ©ept. 1617.
* 0rig.*9teg. Ad Rhen.
6 SBillol) a. a. 0. III 96.
7 SSgr. barüber SDtünfter.
8 Slgt. * SSiteHeSdji an 9iuibiuS, 13. Sam
1624. 0rig.=91eg. Ad Rhen.
9 * Litt. ann. 1624. 35gt. Seiler a. a. 0.
unb ben Erlab Dom 10. gebr. 1621; ferner ben
93erid)t beS ©eneralDifarS 9ticoIartiu§ bei SS e 1=
famp, $a§ §eer ber 2iga in SSeftfalen 215
9t. 1.
10 3?gl. oben fOtiinfter unb *Catal. Rhen. inf.
(anfangs) 1627, mo jum Ieptenmal patres für
33ed)ta aufgefütjrt finb.
62
$tt>eite§ ÄapitcL Sie nieberrljeintfcbe Sßrobinj.
berichten fie über Arbeiten in tfttoppenburg unb 2S5iIbe§f)aufen, im ^affre 1625 üoit
ber 9iücffüf)rung oon 26 fßroteftanten 31t ©ffen 1. Säitgere geit toirften fie in
©rohenfrteten, Sutten unb grieSot)tf)e 2. SEßaf^rfc^einlicf) merben fie infolge ber Ober*
auffic^t über alle geiftticfjen 2lngetegenf)eiten roie im Stmte SReppen, fo aud)
im otbenburgifdfen 9Riinftertanbe an ben meiften Orten fürjer ober länger tätig ge*
mefen fein.
SSon SReppen au§ mürbe aud) ein neuer 9Riffion§Oerfud) in OftfrieStanb
gemalt.
®er erfte ißerfud), in OftfrieStanb bie fathotifd)e Religion raieber einjufü^ren,
ging oom ©rafen Johann Oon OftfrieStanb unb fRietberg au§3. P. Qafob 91t)3roid,
ber tateinifdje ißrebiger be§ $otteg§ 31t üöiünfter, fcffrieb barüber am 31. ®ejember
1601 an Stquaoioa: „Anfang Stugnft reifte id) mit bem gräflichen ißaare oon 9tiet*
berg itad) OftfrieStanb, root)itt bagfetbe mitfamt bem £rofe oom ©rafen ©nno III.,
bem älteften S3ruber be§ ©rafen, in liebeooder Söeife eingelaben mar. ©raf ©nno
berrfdjt über ein meit fid) f)inftrecfenbe§, ootfreid)eS unb gutbefeftigteS Sanb, baS
fieben Slntter umfaßt unb fid) ungefähr fteben beutfdje Seiten längs ber diorbfee
hinget)!. ®ie ^auptftabt ift ©mben, ein ©tapetptap, fo fjerüorragenb, mie ich ihn
nie in meinem Seben gefehen I)dbe, unb mit einem geräumigen tpafen inmitten ber
©tabt, ber oon großen ©djiffen au§ ^nbien unb faft alten fonftigen überfeeifchen
Sänbern oufgefud)t mirb. Seiber hat öaS Sanb fchon feit 60 fahren bem alten
©tauben entfagt unb ift bann nad) unb nach in ein fotd)eS ©emirr oon .Qrrtümern
geraten, bah e§ tnoht taum irgenbmo mehr ©eften geben fann. SDie houpt}äd)tichften
finb bie ©atoiner, bie Sutheraner unb bie Sibertiner; bei letzteren giett altes auf§
gdeifd) hin; fie fümment fid) menig um ba§ Üled)t ber ©begatten unb bie einftige
Stuferftehung, paffen fid) atten an, nehmen infotgebeffen am ftärt'ften ju unb ha&en
gar jüngft mit einer Stpotogie für ben üerftorbenen ®aoib ©eorgiuS unb ihren Un»
glauben einen heftigen ®ampf gegen bie ©atüiniften begonnen, ©raf Johann (oon
ÜRietberg), ber at§ echter Witter nid)t btop fathotifd), fonbern aud) oon großem ©ifer
befeett ift, hier £)itfe ju bringen unb bie üerirrten @cf)afe be§ £>aufeS QSraet mieber
aufjufuchen, gteichfam ein neuer Stpoftet feineg SSatertanbeS, fepte nun im SSerein
mit feiner frommen ©emat)titt, bie erft türjtid) fathotifd) geroorben ift, alte tpebet
in S3emegung, um roenigftenS einen Stnfang mit ber SSieberfjerftettung ber ^Religion
ju machen, ©r raünfcfjte baher, baf) ich gleich am erften borgen auf ber .fpaupt*
bürg feines ^eimattanbeS baS heilige SRefjopfer barbrächte unb ©ott bem |)errn
grieStanb empfähte. ©päter forgte er mutig, jeboch in guter Stöeife, bah ieh °nd)
auf ben übrigen töurgen, mo ba§ Stnbenfen an bie heilige 9Reffe ootlftänbig oer*
fd)munben mar, eS tat, unb baju auch ißrebigten hielt, beneu nicht nur fein |)of,
fonbern mer nur mottte, beimof)uen fonnte. SltleS ging ohne ©törung ooran. 2lt§
aber bie Sanbftänbe unb atten ooran bie catoinifd)e 9titterfd)aft bieS mahrnahmen,
unb mie ©raf ©nno atteS ruhig gefchetjen taffe, mürben fie fet)r erzürnt, ©ie fanbten
jum ©rafen Johann unb mir einen tRecfjtSgetehrten. ©ie raunberten fich, fo liehen
fie erftären, über bie Kühnheit beS ©rafen; bie fchon feit tangen fahren abgefcfjaffte
StReffe mage er gegen bie eingegangenen Verträge beS SanbeS mieber einjuführen;
Unruhen feien ju befürchten, menn er nicht halb bamit aufhöre; id) fetbft fönnte
jmar meiter in ber Umgebung be§ ©rafen bleiben, hoch bürfte ich nicht mehr bie
heilige SLReffe lefen. ©raf Johann entgegnete barauf flug unb taftoott: ©S fomme
ihm munberbar oor, roie fid) bie SRitterfdjaft burd) etroaS oertept fühlen fönne, ma§
1 *Litt. ann. 1617 u. 1625.
- SBitfof) a. a. 0. II 176 322; III 515 f ;
IV 472 480. «Niem ann a. a. 0. II 234 237
278 ff. 3 SBgl. über if)n oben 9tietberg.
ÄoHegien: fünfter (Dftfrieglanb).
63
im ganzen fRömifcpen 9^eidf; erlaubt fei, gumal ber ©aloinigmug felbft gar fein fRedft
befipe; baju märe in grieglanb felbft, mie fie roopl müßten, üolle greipeit allen
,©eften‘ gemährt; fcpliefflicp fönne eg unmöglich ein mirfliefjer ©runb beg Um
millcng für fie fein, menn er, ber tmn feinem 23ruber jum 33efucf> eiitgefaben fei,
bie $8ereprung ©otteg unb bie fonftigen refigiöfen Übungen pier niefjt unterfaffen
unb nidf)t mie ein Sier leben molle, jumal er nientanb ftöre, fonbern alleg priüatim
anfteöe, um feinem nnb ber ©einigen ©emiffen ju genügen. Sie ^eftigfeit beg
©rafen liep allmäplicp bie Aufregung fief; mieber legen, fo bap bie friefifefjen
§ofleute mäprenb beg breimoitatigen üufentpalteg fiep mir gegenüber freunblicp
unb gefällig ermiefen. ©raf ©nno felbft mar mir fepr zugetan, menngleid) er mir
Oor ber Sffentlicpfeit feine befonbere greunblicpfeit ermieg. SBenit eg mir jumeilen
in bem fo unruhigen Sanbe bang §u SOZute mürbe, fagte er mir : ,|>aben Sie 9Rut,
fßater! 2öer ©ie anrüprt, rüprt meinen SCugapfel an.* 1 SReifteng am übenb, menn
eg ju bunfeln anfing, pflegte er fiep mit mir über Religion unb grömmigfeit gu
unterpalten. ®ein 3euge ^ar bann jugegen mit üugnapme beg ©rafen ^opann,
ber meifteng Söac^e piett, bamit fein unliebfamer Störer ung iiberrafepe. üm Sag
oor unferer übreife liep er miep nod) einmal burep ben ©rafen Qopann in fein
ißriöatgemacp rufen, mo mir bann ganj allein big jum ünbruep ber fRacpt beim
geuer fapen. ©r öffnete mir fein f)er§ unb banfte mir in überaug perjlidjen unb
freunblidjen SBorten, bap icp bem ©rafen 3opann gulieb in biefeg Sanb gefommen
fei. Seiber — eg fepmer^te ipn in tieffter ©eele — pätten feine SSorfapren bie Qrr«
lepre angenommen, bie fo oiele Söitterfeiten ju foften gebe, ©ie pabe fiep jept im
ganjen Sanbe fo tief eingefreffen, bap er faum noep Rettung fepe. greiliep pabe
er bie Hoffnung nod) niept ganj aufgegeben, unb eg fei fein SSunfcp, bap niept blop
mieber bie alte Religion, fonbern auep ein Kollegium ber ©efellfcpaft in feinem
Sanbe erftepe."1
Söeitere Racpmirfungen patte jebodj biefer Sefudj niöpt, unb mir pören erft
mieber im Qapre 1639 oon ©ftfrieglanb.
Qn biefem ^apre madfte oon SReppen aug P. Sernparb ©ogmini, ein geborener
Oftfrieglänber, ber mäprenb feiner ppilofoppifepen ©tubien §ur fatpolifdjen ®ircpe
jurüdgefeprt mar, eine SRiffiongreife in fein ^eimatlanb. „©ine fürmapr fepmere
ürbeit", fo peipt eg in bem Söericpt barüber, „menn niept einer, an Sanb unb ®lima
gemöpnt, alle ©cpmierigfeiten ebelmütig überroinbet. ülleg im Sanbe ift ber neuen
Sepre anpeimgefaHen, feit 9Renfcpengebenfen fein fatpolifeper fßriefter mepr pier ge«
fepen. deinen einzigen gebornen grieglänber, ber römifcp«fatpolifd) fiep auep nur
genannt pätte, traf unfer äRiffionär auf ber erften Reife, fein fatpotifepeg §aug, mo
er alg fßriefter fiepere Unterfunft pätte finben fönnen. üuf meiten SBegen, unter
unfäglicpen SRüpeu irrte er umper, mit ben fircplicpen ©erätfepaften auf ber ©cpulter,
in fumpfiger ©egenb, inmitten oon ©efapren, unb burepmanberte bie einzelnen Orte,
forfdjte in ben meit jerftreut liegenben ©epöften naep gerfprengten ßatpolifen. Sie,
raelcpe er fanb, maren eingemanbert, patten aber feit mepr alg 20 Qapren oon
fatpolifepem Seben nieptg mepr geübt, feine ©aframente empfangen, alle Sepren Oer«
geffen unb nur noep ben fatpolifepen Ramen, freiliep nur ganj inggepeim für fiep,
bemaprt. Ser fßater fonnte manepen, pier 50, bort 80 unb 90 bie ©aframente
fpenben; eg befinben fiep barunter epemalige faiferlidje ©olbaten: Seutfipe, granjofen
unb Italiener, melcpe gefangen unb bann mit ©emalt bem peffifepen £>eer eirtgereipt
maren."2 über aud) einige ißroteftanten traf er an, meldfe jur fatpolifepen ®ircpe
1 * Original in Germ. Epp. XXXVI 369 f. 2 *Litt. ann. 1639. 2) i ep e n b r o ct, ©efef).
35gl. * Litt. ann. 1602, 562 ff; Reiffenberg be§ 2lmte§ iötebben 360. ©ogmini mar 1602 ju
I 390. ©roningeit geboren unb 1622 in bie ©efeU«
64
3toeite§ Sabitel. Sie nieberrpeitiifcpe fßroüinj.
mieber §urücffel)ren tuollten ; barunter eine gebilbete, üontehme Salüinerin, bie fid)
über alleg fd^on unterrichtet hatte unb Don felbft junt Übertritte anmelbete. „Sen
aufgemanbten SDtühen", fo fchlie^t ber 33ericf»t, „entsprach ber Srfolg, unb ba eine
fatf)oIifd)e abelige SJfatrone nom ©rafen öon ^rieglanb bie Srlaubnig erhalten hat
einen fatholifdjen ißriefter ju hatten, mag bi§her niemanb geftattet mar, fo beftefjt
bie frotje Hoffnung, fünftig noch freier in grieglanb arbeiten ju fönneit."
Qn ber Sat tuar eg möglich, ben üerlaffenen £'atf)olifen in ben fotgenben fahren
noch üeffer beijuftepen. Sie Baronin o. ©öbeng, mopl jene „abelige Patrone",
unterhielt einen ^efuiten ftänbig auf ihrer Burg, ber auch bie ^atholifen in ber
nächften Umgebung befugte. $ür einen jmeiten ^Sater aber, ber ohne feften ©ip
bag übrige Oftfrieglanb ju burchmanbern hatte, mürbe im ^ahre 1642 eine jährliche
Bente öon 50 (Bulben au§ ber Kammer beg Äürfiirften oon Bapern erlangt unb
auch öon ^er freigebigen Baronin ö. ©öbeng nod) gefolgt, fo bafj biefe Sätig*
feit ftänbig auggeübt merben fonnte* 1. Sin anfchaulicheg Bilb baüon entmirft
P. fö'afpar Beder, ber feit 1643 bamit betraut mar: „Qn uuferer SJüffion in grieg*
lanb, unb jmar in bent biegfeitigen Seile — ben jenfeitigen, Heineren beforgt
P. griebridh gefen2 — , finb über 400 ©eelen, lauter frembe unb jurücfgebliebene
Krieger, £>anbmerfer, Shiedjte, Slrbeiter ober folcfje, bie ben üorigeit Kriegen an*
gehören, ein armeg Bolf. Sg fann nur ju £eer, 2lurid), Smben unb etma ju
korben ©ottegbienft gehalten merben; bie übrigen Äatholifen merben in ihren Käufern
befucf)t; fonft entbehren fie beg ©ottegbienfteg. ßommt ber ißriefter gu ihnen, bann
beichten fie mie ®ranfe unb empfangen auch f° frag heilige Slbenbrnapl, mobei eine
Heine Slnrebe gehalten mirb. Sie gemeinen Seute übertreffen burcf) ih^e erhebenbe
Slnbacht bie Sauigfeit ber &'atl)olifen, bie täglich in bie ®ird)e unb gu ben ©afra*
menten gehen föunen. ©djon ^epn ^apre burchmanbere id) fo bag Sanb (anbere
bor mir fd)on länger), big bie jurüdgepaltenen baprifcpen 3infen mich nötigten,
nach SSeftfaleit jurüd^ufepren, unb jmar jum größten Nachteile ber ©eelen, für
bie nicht mehr in früherer SBeife geforgt merben fonnte, inbem id) an ben gefttagen
befdjäftigt unb überbieg ju entfernt bin. Big jept mohnte ich ™ ^eer frei einem
Bäder, bem ich für ^augmanngfoft unb ©tube jäprlid) gmölf fReicpgtaler bezahlte. . . .
3n Smben ift ber Stufenthalt für nng mit ©efapr oerbnnben, obgleid) mopl 70 ®atpo*
lifen bafelbft mohnen, unter biefen 10 Bürger, bie anbern ©olbaten, (panbmerfer
unb Unechte; Seer jäfjlt über 100 ®atpolifen; bie anbern mohnen jerftreut in ben
Sörfern unb auf ben Bauernhöfen." 3
*
Sinen unermartet glüdlicpen Sluffdjmung nahm in ben erften fahren beg neuen
Qaprpunbertg bag Äolleg ju Smnteridj4. SWeg, mag bigher gehemmt hatte: bie
Sropungen ber (poüänber unb bie Bebrängniffe beg fpanifdpnieberlänbifchen ®riegeg,
mar feit 1601 oerfcpmunben. ©tabt unb Umgegenb atmeten auf. SHg fefjr er*
giebig erzeigte fid) bag Strbeitgfelb ber Qefuiten, bag borper bürr unb unfruchtbar
erfchienen5. Bon allen ©eiten ftrömten bie ©cpüler ju ihren ©chulen, unb fcpon im
fcOaft Sefu eingetreten. Später nannte et ftd)
SBernp.fRponen (* Catal.trienn.Rhen. inf. 1636).
1 Sie ürfunbe Dom 22. 9Jtär* 1642. * ßopie
Rlien. inf. Fund. I 342. * Litt. ann. 1647.
Siepenbrocf o. o. D. 361 .
2 Über P. bgf. *Reiffenberg II
547; * Litt. ann. miss. Frisl. 1646 ff; *Hist.
coli. Düsseid. ad an. 1661.
3 Siepenbrocf a. a. £). 362 f. Sa? SDte*
moriale ift au§ bem gapre 1654. P. SSecfer
patte feit 1654 bie Pfarrei fRpebe ju Dertoalten.
4 Sgl. 93b I, 155 ff.
5 Sa§ golgenbe itad) ben 93riefert 91quaDiual,
*Litt. ann. unb ber *Hist. coli. Embric. (93ibl.
be§ erjbifcfjöfl. ©eminarS in Äöln). *Memo-
riale be§ P. §afin§ (Rhen. Fund. I 156).
* Sitten be§ ©taatSardpDS in Süffelborf. Emme-
rief), Jes.
Kollegien: ßmmerid).
65
^a^re 1603 flieg beren 3af)l auf 400 unb 1608 linb 1609 auf faft 500. Slud)
für bie ©eelforge ermeiterte fid) ber SSirfungsfreig immer mehr. Bon braufteit
famen bie Seute meit her unb in großer 3al)l. 3n ber ©tabt gelten fie feit 1602
an allen Sonn- unb gefttagen in beit beiben §auptfird)en , ber äRartinug» unb
Sllbegunbigfirche, unter ftarfem ßubrange aug allen Schichten beg Bolfeg Katedjefe
unb oft audf) bie ^Srebigt.
Sin Beridjt beg P. THjeobor Slpgmid aug Smmerid) (17. Slpril 1606) fjebt beit
guten ßuftanb unb bie reichen grüdjte beg Kollegg ^erüor: Unter ben Sörübern blüht
grömmigfeit unb Sintracht, bie ©tubien merbett ernft betrieben, bie Siegeln beobachtet.
®ie Siebe ber fyreitnbe hQt nicht nad)gelaffen. 3n ber ^aftenjeit unb befonberg
um Oftern mar ein fefjr großer ßubrang 311 ben Beid)tftüf)Ien, unb bie grömntig=
feit ber Bürger hat einen großen Sluffcfjroung genommen. Bon feiten ber fürft-
liehen Siäte unb Bürger fudjt man fdjon nadjbriidlich nach einem geräumigen ißlap
für bag Kolleg. Sin Bater mürbe um Oftern mieberum nach 91eeg berufen unb
hat in ber ©tabt burd) ^rebigt unb S8eicf)tf)ören fruchtreich unb mit Slnerfennung
gemirft 1.
£>ie Bemühungen ber gmeunbe um eine beffere SBofjnung maren halb üon
Srfolg gefrönt. ^ag Kapitel non ©t ÜÜlartin hatte 1606 bie jroei lebten Tonnen
beg Klofterg SlRarienfamp, bie oljne Klaufur unb ohne Obern bort lebten, in (55üte
ju bemegen getourt, bag Klofter mit einer anbern 2Bof)nung 3U Oertaufchen, unb
gegen eine ©elbrente Klofter unb Klofterfirdje ben Qefuiten übergeben. Stach ben
notmenbigen Umbauten jogen biefe am 17. 9J?ai 1607 in il)r neueg §eim,
bauten 1608 einen neuen Flügel an unb ermarben §ugleicf; mit Unterftüpung ber
©tabt ein grofjeg 0Jad)barhaug für bie Schulen unb tierlegten barauf im §erbft 1608
auch t)iefe in bie befferen unb größeren Bäume. Qm 3af)re 1609 mürbe bann bie
üRauer ber Kirche nach beut ©arten hin burdjbrochen unb ein sDlufifd)or angebaut 2.
®ie 3af)t ber ^efuiten hatte fidh gegen bag ^af)r 1600 nahezu oerboppelt. Sg maren
Snbe 1608 inggefamt 19: 9 Batreg, 5 SOfagiftri unb 5 Saienbrüber, unb acht ^afjre
fpäter 25. ®ie Schulen erhielten 3U ben Borlefungen über SDialeftif, bie non Ein¬
fang an gehalten maren, feit 1614 noch foldje über Bloral (Casus). Stuf ben
bringenben SSunfd; ber Smmeridjer gebachte man jmanjig 3ahre fpäter auch noch
Borlefungen über bie Kontrooerfen einjufülfren 3, hoch mürbe ber ißlan, mie eg
fdjeint burd) Krieg unb Beft, oereitelt. 3n ber ©eelforge famen allein für bie
©tabt ju ben brei Katedjefen bie regelmäßigen ^rebigten in ©t Martin, bie latei«
nifdfen ^Srebigten, meldje feit 1609 für bie reiferen ©djüler unb bie gebilbeten
SKänner ber ©tabt in ber ©cfjulaula gehalten mürben, unb bie STätigfeit in ben
nach unb nadj entftehenben fedfjg Kongregationen. TDie 3ahf ber Kommunionen ftieg
oon 9000 im Qafjre 1606 auf 14000 im Qahre 1616 unb auf faft 18000 im
Qahre 1634.
Qnsmifchen mar in ben politifdjen Berl)ältniffen beg Sanbeg eine große Ber*
änberung oorgegangen, melche 3m ar bunfle ©chatten auf bag Kolleg unb feine Slrheiten
marf unb fpäter felhft ben gortbeftanb begfelben hebrohte, aber aud) ben Opfermut
ber Qefuiten für bag 2Bof)l unb 2jBef)e ber arg gefäf)rbeten fatfjolifdjen Religion nur
nod) mehr anfpornte. 31m 25. $D?är3 1609 mar ber lepte fatf)olifche §er3og ber
jülidpfleoifdien Sänber, Johann BMlhelm, finberlog geftorben. Sin feine ©teile
maren jraei proteftantifdje dürften, ber Kurfiirft oon Branbenburg unb ber Bfal3s
graf oon Beuburg, getreten, melche gleidje Srbanfprüdje geltenb machten unb big
1 * Original in Germ. Epp. XXXVII 9. 3 Sßgl. * 58itelte§d)i an £)oltfjaufen, 13. 91ng.
s 91äf)ere3 *Hist. coli. Embric. ad 1607. 1633. Drig.>9ieg. Ad Rhen.
Suljr, @e[dji$te ber 3eluiten. ir.
5
6(j 3roeite§ fapitel. 2)ie nicberrbeinifdjc ^roöinj.
jur rechtlichen ©utfdjeibung barüber erft genieinfam unb bann infolge be§ Überein-
fommeng oom Loüeniber 1614 getrennt bie Sänber regierten: 23ranbenburg bag
^erjogtum föfeoe nebft 9Jfarf unb Lattensberg, ^falj-Leuburg aber bag ^erjogtum
^iilid; unb 93erg unb fpäter aud) Laoenftein. (Oag fcfjon länger beftefjenbe unb
immer madjfenbe ßerroürfnig jmifdjen ben beiben ftreitenben dürften Ijatte bie ©in-
mifdjung ber §oKänber oerurfadjt, unb im Sluguft 1614, gerabe atg ber fpanifdje
getbherr Spinola, mie früher ermähnt, mit feinen Gruppen bie Lieberlanbe »erlief
unb gegen bag aufrührerifdje Sladjen marfdjierte, fjatte ^rin§ äftoriß öon Oranten,
ber Oberbefehlshaber ber ^odänbifc^en Slrmee, bie ©rennen überfdjritten unb einen
großen Seit beg (perjogtumg Klette befeßt, u. a. auch ©mmerid) (7. September)1.
Loit nun an mar nid)t mehr ber fö'urfürft oon Sranbenburg, beffen ©emogenßeit
bag Qefuitenf'oüeg mehrfad) erfuhr2, ber eigentliche ©ebieter beg Sanbeg, fonberu
bie „hod)mögenben -fperrn" im )paag3, bie erflärten geinbe ber .Qefuiten unb &eg
©mmeridjer föoKegg. Sdjon halb begann eine ftarle Sebrüdung ber fatholifchen
Leligion, allen oorab ber fatholifchen ©eiftfidjfeit unb befonberg ber Qefuiten.
£a§ Kolleg fchmebte feitbem ftänbig in großen ©efaßren. Salb mar eg Sanbeg-
öerräterei4, halb bie oorgeblid) ungerechte Sebriidung ber Sßroteftanten in ben jülid)-
bergifdjen Säubern, meldje atg Sormanb bienen follte, bie Qefuiten uug ©mmerid)
511 oerfagen.
3n aü biefen Sebräugniffeit unb ©efaßren unterließen bie ^efuiten feine ihrer
Slrbciten. 3^)re Slnftrengungen unb ihr Opfermut mürben burd) erhebenbe ©rfofge
reid) belohnt. 2>ie Qefuiten felbft ftaunten über bag faft bauernbe Sliif)en ihrer
Sdjufcn. SSeber förieg unb Seuchen nod) bie oft erneuten ftrengen Verbote ber
©eneralftaaten, Äinber borthin in bie Schule ju fd)iden5, üermodjten ihre Sliite
bauernb ju fniden6. Xroß ber fo traurigen feiten, troßbem alleg brunter unb
brüber geht unb überall bie $riegStrompeten fdjmettern, fo berichten bie ^efuiten
©nbe 1615 7, blühen bie Schulen infolge beg ©iferg ber Seljrer unb ber freubigen
Sernbegier ber Sdßüler ungemein; mir jählen heute über 400 Schüler, ©g ift gar
nicht ju fagen, mit meldjern STroft man erfüllt rairb, menn man fiefjt, mie gebulbig
unb ergeben biefelben all ben Spott unb ^offn ertragen, momit bie (caloinifdjen)
Solbaten fie auf ber Straße unb big iug ©pmnafium hinein überfcßütten. ®ie Schüler«
gaf)t flieg 1616 auf 450 unb belief fid) 20 ^aßre fpäter troß aller Serfolgungen
unb SDrangfafe noch auf 330 8. Sie fdjeint überhaupt faum je unter 200 hetab*
gefüllten ju fein. 3°fyre 1624 mürbe mit bem ©ßmnafium eine Sorfdjule oer«
bunben, an meldjer bie fßatreg einen meltlidjcn Seßrer anfteüten. ®ie Sorfdjule
jäl)lte halb 60 Schüler9. Seit 1649 begannen fie, befonberg burd) hollänbifdje Schüler,
mieber ftarf jugunehmen. ®ie gafjf ber Selfrcr betrug bamalg fiebeit: fünf klaffen«
lehret* unb je einer für ©riedjifd) unb ®ialeftif.
1 2> e b c r i d) , Slnnalen ber Stabt ßmmericf)
(1867) 434.
2 * Litt. ann. 1609 1616 1627. * SSiteHeltf)i
ait Sofciuä, 10. Smti 1617. Orig.=9teg. Ad
Rhen.
3 58ci bcm 58erid)t über bie ißertreibung ber.
Sefuiten au3 ©mmericf) im Satire 1629 rnirb
beigefügt: . . . coinite Schwarzenberg, qui ex
Brandenburgici Principis parte aderat, nil
opis praeter dolorem suum adferente, quod
diceret, Batavos pro voluntate atque imperio
citra Principis sui atque urbis Domini con-
sensum administrare universa. * Litt. ann.
1629. 58gt. aud) $iftor. Safjrbud) 1899, 53 f;
1903, 5li ff 736.
4 ,£musfud)ungen nad) SSIaffen nfm. fanbeit
ftatt 5. 58. 1615, 1626, 1628, 1629, 1638, 1641,
1647.
6 ©oldje Verbote ergingen 1612, 1616, 1622,
1629, 1634, 1638, 1641, 1646 unb 1649 unb
brachten feit 1629 über mandje ber imtniber«
banbelnben ©djüter fdjmereS 2eib, ©efangni^ ufro.
6 58gl. and) E. Wassenberg, Embrica
(1667) 206 ff.
7 * Litt. ann. 1615. s * gbb. 1634.
9 *Hist. coli, ad ann. 1624.
Kollegien: Emmerid).
67
9cocf; erl)ebenber mären bie (Erfolge in ber ©eelforge. Srot) ber immer [teigenben
Vebrücfungen unb Verfolgungen manften bie KatI)olifen nicfjt, fonbern geigten fid^ nur
nocf) ftanbf)after unb eifriger. Voll Vernmnberung fdjrieb am 27. 21uguft 1616 ber
©eneral an ben Veftor £o|iuS: 2111 bie 9iacf)ricf)ten über bie fo traurige Sage beS
Kollegs haben micf) nicht fo überrafd^t als baS öiele ©ute, maS bei fo unfidjern unb
mirren Verfjältniffen in ber ©tabt itnb im gangen Sanbe non ben Unfrigen gur Er-
Haltung unb Verbreitung beS fat^olifcfjen ©laubenS geleiftet mirb. ®enn baff in einer
©tabt, bie gang unter nidf)tfatf)olifcf)er ^errfcfjaft ftel)t, in ber aller ©ebanfen mit Krieg
befcfjäftigt finb, ein OrbenSfjauS grofje geitlic^e S'Jot leibet, ift nicht fo rouitberbar,
al§ bajj eS in il)r nod) fo öiele Seute gibt, mit beren Untermeifung, görberung unb
Xröftung ficf) bie Unfrigen unbehelligt befaffen fönnen. ®ieS flöfjt mir bie §off*
nung ein, baf) ©ott in ber ©tabt roeber bie tat^olifcfie Religion gu ©runbe gefjen,
nocf) aud) unfere ©efellfdjaft aus iljr oerjagen taffen mirb1. ®ie Erfolge nehmen
immer mel)r gu, fo baff ber ©eneral, mie er am 30. ^uui 1618 an ben Emmerid)er
Veftor fdEjrieb, non ben reichen gamdjten aud) bem ^eiligen Vater Mitteilung machte2,
©elbft auf bie fßroteftanten machte bie [yrömmigfeit unb ber Eifer ber Katl)o[ifen
tiefen Einbrucf. SDaS mufifalifche Hochamt am ©onntag, fo heifit eg in bem 23e=
richte beS Jahres 1621, gieht eine foldje VoIfSmenge, Katf)olifen unb fßroteftanten,
gur Kirche, baf) man faunt ein unb aus gehen fann. ®ie ^Sroteftanten benehmen
ficf) babei fjödjft eingegogen. Viele ißroteftanten, barunter nicht menige ber bort
lagernben hoßänbifcfjen ©ofbaten, lehrten gur fatholifd^en Kirche gurücf 3. 21n biefen
fcf)önen Erfolgen änberte auch nichts 2BefentIid)eS ber fchmere ©cf)lag beS ^afjreS 1628,
ber bie Katfjolifen aufs empfinblichfte traf unb ben ißroteftanten fd)on Hoffnung auf
ben Untergang ber fatholifchen Veligion in Emmerich machte4. Es mürben nämlich am
18. ©eptember 1628 ben Katfjolifen Emmerichs fämtlidfje fünf Kirchen entriffen unb
blieben über 40 Qahre, bis gum Qafjre 1672, entriffen, auS feinem anbern ©runbe,
als meil auf bie 2Iuregung beS päpftlicfjen üüuntiuS gu Köln, 2UotjS Earafa, in
SSefel burd) ben ^ergog SSolfgang äBilfjelm non ißfalgMeuburg am 25. Quni 1628
bie gmei größten fatfjolifcfjen Kirchen, beren ficf) bie ißroteftanten erft nach bem ^ßaffauer
Vertrag bemächtigt hatten, ben Katfjolifen mieber gurütfgegeben morben maren5.
®ie Qefuiten, meldje ihre eigene Kirdje nerloren, aber in ber allgemeinen 9Zot fofort
in ber ©d)ufe unb ihrer Söofjnung gmei grofje Kapellen eingerichtet hatten, bie für
900 ißerfonen s}Uaj3 boten6, berichten einige ^afjre fpäter, im ^afjre 1634: ©rofj
finb bie grücfjte ber $ßrebigten unb Katedjefen; beim an Kommunionen gälten mir
17 811 (3000 mehr als 20 Qühre norher). ®ie Veengung beim ©otteSbienfte
haben mir in biefem Qahre unter eifriger Veiljilfe ber Katpolifen enblich glücflicf)
heben fönnen. ES gelang, bie 9iäume, meldje mir bafür im Kolleg unb in ber
©cpule hergericptet hatten, fo gu ermeitern, bafj fie nun auSreid)en. SöenigftenS fann
nunmehr jeber, ber miß, felbft menn bie Menge, meldje fich an ben gemöhnlicfjen
©onntagen auf 1200 beläuft, ait ben hohen gefttagen nod) fo feljr anfdjmißt, eine
iJSrebigt hören; benn bie Kangel ift fo gefteüt, bafj man bei ben offenen genftern
ben ^Srebiger aud) auf bem @d)ull)ofe nerftehen fann. Unb in ber £at hören bei
gutem SSetter auch nicht menige non bort auS ber i|3rebigt gu7.
1 * 0rig.=9teg. Ad Rhen.
2 * Ebb. ©cf)on im 3>Qtjre 1608 am 7. <Sept.
batte ütquaöiöa an beit Dteftor Sippiud ge^
fdjrieben : Magna nos affecit laetitia narratio
illa de istius populi ad Christi virtutem pro-
pensione. $8g(. aud) ben * SBrief com 29. ©ept.
1618.
3 tßgt. J. 58. * Litt. ann. 1617.
4 * Ebb. 1628. Sie * SSriefe be3 0rben3=
generali Dom 11. 9ioö. 1628 unb 21. Ütprit
1629 nad) Emmerid) unb Seberid) a. a. D.
440 ff.
5 tßgf. hierüber Aloys. Carafa, Legatio
apost. 44 ff.
6 *Litt. ann. 1633.
7 * Ebb. 1634.
5*
68
3toeite£ ftapitel. Sie nieberrheiuifdje fprobinz.
93ei ad biefen erfolgreichen Arbeiten war bie Sage ber ^efuiten felbft wenig
beneibengwert. Über bie traurigen Slermögengöerhältniffe beg Kodegg, bag feine
fefte Stiftung befah1, berichten fie im ^ahre 1636 unb 1639 an ben Orbeng*
general : Hie jährlichen (Sinfünfte beliefen fid) oor bem Kriege unb bem SBechfel in
ben relgiöfen Slerhältniffen auf etwa 2111 Oleidjgtaler, welche ung teilg (getnäfi
ber Slnorbnung beg lebten fatfjolifchen £>ergogg Johann 2Bilf)elm) non ber herzoglichen
Kammer unb fedjg flelüfdjen Kodegiatlirchen auggegahlt würben, teilg aber aug felbft
erworbenen @ütern, ferner aug bem Klöfterdjen SJlarienfamp unb Sllmofen ititg ju*
floffen. ^ept aber, wo bie branbenburgifrfje Oiegierung frfjon feit fo oielen fahren nicht
nur ben .Qufdjufi aug ber herzoglichen Kammer oerweigert, fonbern auch noch fdjwere
Stbgaben oorn Kodeg forbert, wo bie Kodegiatfirchen, burd) bie Slerwüftung ber
Sänbereien unb bie ftänbigen, immer brücfenberen Kontributionen felbft ftarf in Olot
geraten, fdjon feit zehn fahren gar nichts mehr zahlen, wo unfere hodänbifdjen SGBo^ltäter
unb 3Bof)ltäterinnen ooit hier weggezogen finb unb nun ihre Sllmofen ber Missio liollan-
dica zuwenben, wo bie fyrangofen unb ^odänber adeg üerwiiftet unb vernichtet haben,
fann gar nidjtg gefteg unb 33eftimmteg mehr angegeben werben2. Söie fchlimtn eg
augfaf), wirb genau unb anfcfjaulid) im $af)re 1645 gefchilbert: „Olad; Stbgug ber
$infen für bie Schulben", fo f)ei^t eg, „unb ber 400 Oleidjgtaler Krieggfteuer an bie
branbenburgifche 91egierung unb ber fonftigen Abgaben bleiben für ben Unterhalt
oon 23 Sßerfonen nur 285 01eicf)3taler übrig. Hie Sdjulbett belaufen fid) auf
7287 Oleidjgtaler." 3
Hagu hatten bie ^atreg perfönlicfje Unbilben oder Slrt zu erbulben. Qn ber
grüfje beg 13. September 1629 brangen ^ollänbifche Solbaten burd) bie für bie
ÜDlefjbefucher offene oorbere Pforte in bag Kodeg ein unb befahlen ben Qefuiten,
innerhalb 24 Stunben bag Kodeg zu räumen. Söäljrenb ber Oleftor beg Kodegg
oergebeng ooit bem anfüljrenben Offizier ben @runb hierfür fowie einen fdjriftlidjen
93efel)l ber ©eneralftaaten forberte, machten fich bie Solbaten ang ißlünbern. gwar ge*
lang eg ben fßatreg, trojj Spott unb Schlägen bie Sachen, bie man ginn Slugzug an
bie Pforte brachte, zu retten, aber bie Solbaten ntad)ten fid) bafür an bie Vorräte ber
Speifefantmer unb pliinberten bie Kapede. ^mmer mehr ©efinbel unb Solbaten brangen
burd; bie fyenfter ein; fie würben nodj befonberg angelodt, alg fie Solbaten im
Olefeftor bag für bie Qefuiten beftimmte OJ£ittaggmaf)l einneljmen fahen. Sldeg, wag
fid) fortfd)leppen lieh, ujurbe geraubt. Her ganze Schaben würbe auf 3000 Haler-
berechnet. Gsg war eine traurige Olacht, welche bie ißatreg unb S3rüber nad) einem
feEjr färglichen Slbenbbrot in einem engen Olaunte auf einem Stuhl ober einer 93anf
ober auf bem 33oben gubratfjten, währenb bie Offiziere nidjt weit baoon ein wüfteg
©elage hielten. Slm folgenben OJlorgen brachte man bann 53ücf)er unb ^auggeräte
mit §ilfe ber Schüler unb 33ürger in bie Sdjiffe. Hie gröberen OJlöbel hatte man
entweber bei Bürgern ober mit bem Siegel beg SSigegouoerneurg oerfeheit an einen
fichern Ort gebracht. OJlit biefer traurigen Slrbeit «erging ber 14. September, bag
geft Kreuz=©rhöhung. Hie Speifen zum SRittagg* unb Slbenbmahl lieferten gute Sürger
ber Stabt. Hag üöcitleib beg furfürftlichen Stattljalterg Sd)mart3enberg aber befdjränfte
fich auf ben Slugbrud feiner Heilnahme an bem OJlifjgefchid ber Qefuiten, währenb
ber 33igegout>erneur bodj wenigfteng bag OJlitnehmen ber ©ibliothef unb gwei Hage
1 * Catal. trienn. Rben. inf. 1639 u. 1642.
s * ßbb. 1636 lt. 1639. 9ticf)t fo fefjr «6=
neigung gegen bie Sefiuten q!§ bie eigene groffe
finanzielle 9tot fdjeint bie branbenburgifdje 94e=
gientng in Siebe ju biefett brödcnben Auflagen
getrieben zu haben. SRait gab nid)t3 auf bie
herzoglichen unb faiferlidjen greiheitcjbriefe, nod)
felbft auf ©egeuerlaffe be§ Surfürften oon 93ran>
beuburg in ben fahren 1624 u. 1627. * Litt,
ann. unb *Hist. coli, in ben fahren 1617,
1621, 1622, 1624, 1627, 1631, 1633.
3 * Catal. trienn. Rhen. inf. 1645.
Äoflegien: gntmericp.
69
$eit jnm Slugjug geftattet fjatte. 21m borgen be§ 15. September begann ber 21u§*
jng jn ben Schiffen, auf melcpen bie ^efuiten abfapren füllten. SDie S^adfjt patte
bie 9J?e^r§af)I bei guten greunben, bie anbern fcplafloS in einem ßirnmer jugebradjt.
IRacpbem bie ^atre§ in oerfdjiebeneit Oratorien bie 9Reffe gelefen, Oerliefjen fie jur
feftgefepten 3^it ba§ oermüftete Kolleg unb jogen unter bent ©Seinen unb ©Sepflagen
ber ©eoölferung, melcpe bie Strafen unb ba§ fRpeiitufer anfüllte, ju ben ©djiffen. ®a
ber ©tjegouoerneur ben ^efuiteit auf ipr ©itten einen ^Trompeter al§ Begleiter mit*
gegeben, um fie ungefäprbet burcp bie oon $einben lieferten Orte ju bringen,
gelangten fie glüdlid) nacp Dollar, mo fie ^>alt machten. ©rft nacp brei ©Socpen,
am 3. Oltober, mar c§ ifjnen oergönnt, unter bem ^ufiel unb groploden ber fatpo*
lifcpen ©eoölferung ©mmertdp§ mieber in ba§ ®oUeg jurüd^ufepreit.
£>ap ba§ Kolleg all biefen ©türmen tropen fonnte, banfte e§ faft ganj ben Ober*
befeplspabern ber pollänbifcpen ®rieg§ntacpt, bem fßrinjen DJforip oou Oranten (f 1625)
unb beffeit ©ruber $riebricp fpeinrtcp (f 1647) 1. ©ie pa&en bem Kolleg ftet§ eine
aupergemöpnlicpe fpulb ermiefen, bagfelbe gteid) nad) ber ©efepung ber ©tabt in tpren
©d)itp genommen, für neutral unb frei oon Abgaben erfliirt, mieberpolt burcp ipre
©efudpe geeprt unb jebeSmal bie ©rlaffe ber ^Regierung im fpaag ju nicpte gemadjt.
Unb nocp gegen ©nbe feines SebenS erflärte ißrinj g-riebricp fpetnrid), baf? man, fo*
lange er lebe, nicpt ju bangen braudje. (Sinntal mar e§ aucp ber @rope ^urfürft
griebricp ©Mlpeltn oon ©ranbenfutrg, meldjer bantalä in $leoe §of pielt, ber ba§ Kolleg
oor bem bropenben Untergange bemaprte. mar nämlid) (Snbe 1648 ben Qefuiteit
feitenS ber branbenburgifcpen Regierung su ®leoe bie 21u§meifung angebropt, roenn
fie nidjt beim §erjog oon fßfaIj»$Reuf>urg ben ©roteftanten in $ülicp*©erg größere
9ieligion§freipeit ermirften. ©om $urfürften felbft mürbe nun ba§ ®efret laffiert.
21ud) fdjon oorper, ©nbe 1646 unb Slnfang 1647, patte ber ®urfürft, empört über
bie ©ingriffe ber ©eneralftaaten in feine Sanbesrecpte, ba§ ß’olleg in ©cpup genommen.
Unb ©nbe 1649 bericpten bie Qefuiten: ®er ^urfürft pat un§ ftetS mit nicpt ge*
möpntidjem ©Soplmollen aufgenommen unb bepanbelt. 211S er fürjlid) bei feiner
Slbreife au§ föleoe pier burcpjog, befucpte er mitfamt feiner ©emaplin unb ben ©rften
beS §ofeS nnfer §aug. 2Iuf unfere ©egrüpung mit einer lateinifdpen IRebe reidpe
er jebem bie §anb unb erzeigte un» nod) oiele anbere ©emeife feiner §ulb, inbem
er beifügte, baß er burdjauS fein geinb unferer ©efellfcpaft nocp aucp ber fatpolifcpen
^Religion abpolb fei2.
ülufjerpalb @mmerid)§ maren bie ^iefutten ’n ^en erften ^apren be§ 17. ^apr*
punberts nur menig unb üereinjelt tätig. 3n ^lebe mar e§ bem P. Stpeobor 9ip§mid
1 2tde§ nacp beit oben jitierten Oueden. Sgl.
aucp bie * Sriefe Süede3d)i3 oom 17. Ott. 1626,
13. gebt. 1627, 24. Slug. 1638, 20. $ej. 1642,
30. 90tai 1643, roelcpe bie Santborteit be§ Or=
ben3general§ gegen ben tprinjen griebrid) §ein*
rirf) auöbriiden. Ob bie guneignng für bie
Sefuiten ober ber Sinn für @erecf)tigfeit ober
bie Spannung unb geinbfdjaft, roeldje gtoifcben
ben tpriitäen itub ben ©eneralftaaten beftanb,
ben Sefuiteu biefe ©unftbejeigungcn ermirften,
ift fdimer p entfcfjeiben.
2 * Litt. ann. 1649. Unter bem 22. Oft. 1649
patte ber Äurfürft bie Scfuiten in (Smmerid) auf
bereu Sitten in feinen Scpup genommen: „2pttn
aucp fo!cpe§ in Äraft biefe§ s45ateut§, unb »er*
ficpern fie unfereS gnäbigften lanbelfürftlicpen
Sdjupel, alfo bap fie in iprem obangebeuteten
EoHegio 3U Srnmerid) ipreä SpnenS unb Qn*
ftitution ber Sugenb ffeipigft abmarten, biefelbe
3tt adern guten, infonberpeit fcpulbigftem ®e=
porfam unb devotion gegen ipre Sanbeä-Obrig*
feit antoeifen mögen, unb barin üon niemanb
beeinträchtigt merben folten. Hub befehlen
pier obgemelten unferm Statthalter unb 9?äten,
bap fie ipren Steftoren unb bie obige SatreS
3efuita§ Embricensis in unferer 2tbmefenpeit
beftermafjen recommanbiert fein laffen , ben*
fefben bei aden gäden gebüprenben Scpup unb
Stffiftenj ermeifen, aud) niemanb fie 311 be=
fepmeren oerftatten, fonbern bei mirfiidjer 6mp=
finbuug unb ©enup biefeg unfereg protectorii
manutenieren moden." Stutpent. Sopie, ®üffel*
borf, Staat^ardjio Smmericp, Jes. n. 2, 9tefi=
gionlmefen.
70
3»eite§ Kapitel. Sie nieberrfjeinifdje Sroüinj.
in ben Qafjren 1606 unb 1607 gelungen, bie verbreitete unb tjartnäcfig feftgeljattene
(Sitte, unter beiben ©eftalten gu fommunigieren, wogegen fein Beamter unb fein
©eifttidjer aus gurdfjt »or «Schlimmerem etwas gu tun ober gu fagen wagte, auf
gute SSeife faft ooCtftänbig gu befeitigen 1. £)ier mar ber ißtan einer ftänbigen lieber«
laffung aufgetaucht2. 'Ofynücfyen ©rfotg »erfpretfjenbe Strbeit minfte an anbern Orten.
Stber bie vielen Arbeiten in Sinmeritfj felbft unb ber ÜÖtanget an anbern verfüg¬
baren Kräften Oerhinberten ein umfangreicheres SSirfen außerhalb ber Stabt.
Srft baS herauSforbernbe unb gewalttätige Stuftreten ber Satoiner, bie mit bent
£ob beS festen fatholifchen |)ergogS ifjre $eit für gefommen erachteten3, unb ber
ütfotfcfjrei nicht weniger Stabte, bie nach b£r SIrbeit ber ©efettfchaft $efu »erlangten 4,
nötigten gerabegu bie ^efuiten, fich mehr ber ^attjotifen außerhalb SnimeritfjS an*
guneljmen. üqua»i»a bat am 11. Vooember 1613 ben $ßro»ingiat Scheren, fehen
ju wollen, ob bort nitfjt einige „äßiffionen" eingerichtet werben fönnten, unb unterlieft
eS iticftt, ben eifrigen Smmeritfjer üfeftor ©erarb SippiuS gu noch gröfterent Sifer
angufpornen, bamit ber ©taube in jenem Sanbe bewahrt werbe unb nitfjt oottftänbig
ertöfdje. Sßeforgt ftfjrieb er ihm fdjtiefttitfj am 28. ^uni 1614: SBir fiirtfjten gar
feftr, baft, wäljrenb bie beiben dürften um ihr Vedjt ftreiten, fianb unb Seute ihrem
geitlidjen unb ewigen Untergange entgegengehen, Von gut unterrichteter Seite haben
wir nämlictj üernommen, baft oon ben benachbarten ffeinben banatfj getrachtet werbe.
®aS fo ben ^atftotifen broftenbe Unheil ftfjneibet uns tief in bie Seele. Unb
wenn wir auch tviffen, baft Sw. §od)würben unb alte ifjre Untergebenen voll Sifer
finb, ben umwohnenben Äatfjofifen gu halfen, fo möchten Wir eS bodj nitfjt »er*
fäumen, autfj noch auSbrüdtitfj alte bringenb gu bitten, ben bebrängten ^atljolifen
$itfe gu bringen unb ifjren ©tauben gu fdjiiften. üftidjt wenige fteöifche Stäbte
finb ja, wie wir hören, nodj gientfitfj fatfjotifch, unb bie föatfjolifen würben burtfj
bie Unfrigen, bie bei benfetben in hohem Slnfeften ftehen foCten, burch SBort unb Vei*
fpiet geftärft werben fönnen. Sw. fpodjmürben wollen beShatb um jeben ißreiS bie
^fjrigen tjmauSfenben, bamit fie ben ®atfjotifen 9J?ut einftöften unb SBatfjfamfeit
gegen bie Seelenoerführer einfdjärfen5.
^n ©otfj arbeiteten gwei ißatreS auS Smmerich in ben fahren 1623 — 1625
wäljrenb ber Vefeftung ber Stabt burch bie Spanier. 93ei bem Überfall burtfj
fjottänbiftfje Gruppen im Stnfang 1625 würben bie beiben Qefuiten, Xheobor Vorget
unb Sheobor üitjSwicf, gefangen genommen unb natfj Vpmwegen gefcfjteppt. §ier
behanbette man fie fehr hart, um fo fdjnetter ein ßöfegetb gu erpreffeit. ^ti einem
fdjmuftigen Vertieft würben fie mit Verbrechern an berfetben ®ette angefettet, ^nfotge
biefer Ouaten ftarb nach fetf)§monatigem ©efängniS P. fRtjSwicf am 4. Quti; P. Vorget
tieft man batb barauf frei6.
2ltS mit bem ^atjre 1633 ber gröftte SCeit beS SanbeS »on ben hoüänbiftfjen
Vefaftungen wieber befreit war unb baS Kolleg gu Smmeritfj burtfj bie öieten fftüdjt*
finge auS ben aufgetöften Kollegien in Satfjfen über gatjlreidje §itfsfröfte »erfügen
fonnte — eS weilten bort g. V. im Qatjre 1633 inSgefamt 39 Qefuiten, barunter
21 ^riefter — , begann ein regeS unb auSgebeftnteS SBirfen in ber weiten Umgebung
1 Stljeob. 9tp§nncf an SqitaüiPa, 17. 2lprit
1606. * Original in Germ. Epp. XXXVII 9.
Litt. ann. 1606 ff.
2 Sgl. * ÜlquaDiüa an 9tofenbaunt, 6. 3<m-
1607 ; an 9lt)3tt>icf, 27. fDiai 1607. örig.*9teg.
Ad Rhen.
3 Sgl. 5>iftor. Saljrbucf) 1898, 314 ff; 1899,
218 ff.
4 * Orig.=9teg. Ad Rhen. Sgl. Wassen¬
berg, Embrica 196 ff.
5 *Drig.*9teg. Ad Rhen.
6 *Hist. coli. Embric. ad ann. 1625. Iljeob.
St^tnicf an Sufaeul, 31. San. 1625. *00*
ginal in Docum. hist. Prov. Rhen. Sgl. C o r-
dara I 580 f; Reiffenberg I 592 ff ;
Ipiftor. Saljrbud) 1899, 226 ff.
ftollegiett: Emtnerid).
71
ber ©tobt. Überall ftrömten bie Seute gaplreicp perbei. ®ie ftinber, fo lautet ber
Vericpt, famen weit entgegengelaufen unb führten un§ jubelnb in ®orf unb ©tabt,
bie ©rwacpfenen empfingen un§ mit grofjer Siebe, wopl and) mit tränen ber greube
•in ben Slugen, unb bie Pfarrer waren übergliidlid) über bie £>ilfe unb biefe neue
Sätigfeit, bei ber fie ipre fßfarrfinber ju allem ©uteu bereit fanben. 2ludj Diele
9?icptfatpoIilen würben wieber fatf)o!ifcf> 1. SDie fo glänjenben ©rfolge, antwortete
VitetleMji am 9. ©eptember 1634 auf ba§ ©djreiben be§ Steltorg ^erenpaeff, weldje
unfere Slrbeiten auperpalö ber ©tabt in foldjer giitle begleiten, finb für mid) eine
wapre (Genugtuung, unb ba£ um fo mepr, weil man cf) einer wopl meinte, bie Um-
gegenb fei ju unfrudjtbar ober wenigften§ wegen ber Dielen (Gefahren für eine
größere Sätigfeit nidjt geeignet2.
^n ’8 §eerenb erg, einem benadjbarten ©täbtdjen in ber gleidjuamigen ©raf-
fdjaft, Ratten bie (SalDinifteu au ©teile be§ fatpolifcpen Pfarrers einen cafDinifdjen
Vrebiger eingefept. ®ie ©mmeridjer ^efuiteit pielten im Qiapre 1637 bort beit
fatpolifcpen ©ottesbienft aufredjt, inbent fie bie ganje feelforghdje £ätigfeit be§
Pfarrers übernapmen. ©nbe 9ßär§ 1638 gelangten aber jwei ©bitte nacp ^eerenberg.
®a§ eine Derbot ben ßulauf ju bent fatpolifdjen ©otteSbienft, ba§ anbere Derlangte
Sluffcplup über bie ©üter, welcpe bie ^3atre-S in ber ©raffdjaft inne patten, unb
über bie s^riefter, welcpe bort Qagb auf ©rbfcpaften madjten. £rop be£ Verbotes
feierten bort jwei patres an Slllerpeiligen unb SWerfeelen auf Bitten ber SBitwe be§
©rafen Don Verg ben ©ottesbienft. Stuf ber 9hidfepr würben fie üon pollänbifcpen
©olbaten auf Vefepl be§ ©ouoerneurS Don ©mmerid) gefangen genommen unb nadj
Slrnpeim geführt. Sll§ am Sage barauf ber ^rofurator be§ &oüeg§, P. ©priftian
®nau§, ber ©efdjäfte in ’§ ^eerenberg ju beforgen patte, mit 9D7. Slrnotb be Vergp
bortpin gefdpidt würbe, um jugleicp ju erfunbcn, wespalb bie jwei fßatre§, P. £>eim
ricp 9te£ing unb P. ©eorg 9ieuter, abgefüprt worben feien, würben aud) fie er>
griffen unb nacp Slntpeim gebradpt. ÜberbieS brangen ©olbaten in§ Kolleg unb
fcpleppten bie ©cpüler au§ pollänbifcpent ©ebiet fort, ©rft nad) langen Verpanb»
lungen gelang bie Befreiung ber patres burcp bie Vejaplung eine§ £öfegelbe3 Don
1500 ©ulbeit3.
®ie Orte, in benen man fonft nocp befotiberS tätig war, waren ®leoe, Kranen*
bürg, Söiffen, £>ulpuifen, geoenaar, ©Iteu, ©reitpaufen unb oor allem f alfar, „ba§ fiep
unter ben fleoifcpen ©täbteu am meiften ber Qrrlepre erweprt patte" 4 unb wo bie
^efuiten bei ber Vertreibung im Qapre 1625 eine fo freunblicpe Slufnapme im §aufe
be§ fRatgperrn Cornelius Vacutn gefunben patten. Verfdjiebene biefer Ortfdjaften
waren bamal§ bie ßufludjtäftätten für bie bebrängten pollänbifcpen föatpolifen, beneu
im eigenen Sanbe ber fatpolifepe ©otte§bieuft Derboten war, unb bie fid) pier jept
in groper $apl einfanbeu5.
1 * Litt. ann. 1633. $a§ ^ofgettbe rtad) ben
eingebenben * Litt. ann. 1634 ff.
2 * örig.--9teg. Ad Rhen. Slbnlid) 20. S<m.
1635.
3 * Hist. coli. Embric. ad ann. 1637 ff. Sitten
barüber in SDüffclborf, Staatäarcbib Emmericb,
Jes. n. 2. 2)ie erften Slrbeiten ber SOuiten
im ©djlofj p £eerenberg fallen in ba3 Sabr
1627.
4 * Litt. ann. 1635. 3” SBifien pielt man
1625 bem Sblen b. 2oc, Iperrn bon SBiffen,
ber früher biele Sabre 9iat be$ §erpg^ 2öil=
beim bon fö’lebe gemefcit nnb fid) ftetS at$ ein
marmer Sreunb ber ©efellfcbaft bettiiefen batte,
bie £eid)enrebe. *Hist. coli. Embric. ad ann.
1625. ÜBgl. jutn Sflbre 1629 bie Äonberfion
ber bermitmeten §errin bon SBiffen.
6 ®ie 9{ettoren bon Emmerid) mareit: fßet.
9Jofenbaunt, 1595; Sob- §afiu^, 1601; $et.
Dtofenbanm, 1605; ©erb- Sippiul, 1609; Sab-
Sop, 1617; ©i^b. Mrbect (Eörbed), 1624;
Sob- Jpoltbaufen, 1629; Samb. ^erenbaeff,
1635; Slug. STurrian, 1636; Slrn. 39ard)mann
(93argman), 1638; 9iutg. Elop, 1645; Söernb-
SBitfelt, 1647.
72
BroeiteS Scqhtel. 2)ie nicberrf)einiicf)e tjjroöinj.
©ine nacf>f)aftigere ü£ätigfeit entfalteten bie Qefuitcn in Xanten. 9Zad)bcm id)
fcfjon ungefähr ein fjolbeg fjüfjr in Xanten gugebracht höbe, jo fcfirieb am 19. Slpril
1610 P. Tttjeob. ÜZpgmid an Slquaüioa1, raerben nähere 9?ad)rid)ten über ben Stanb
biefer SDZiffion ©m. Paternität nicfjt unlieb jein. . . . Xanten ijt eine nicht unjcfjöne
unb nicfjt menig öolfreidje Stabt beg |jergogtumg S’leoe unb befannt burcf) bie
St 35iftor-93afififa, mit ber ein gatjtreicfjeg Stift§f)errenfolIegiitm oon ungefähr 50 ÜDZit*
gliebertt »erbunben ijt. . . . 25ie ^rrlefjre Ijotte jicf) hier jcfion längjt eingejcfjlicfjen, ohne
jebod) gu Sebgeiten beg fpergogg (Qof). SBiffjefm) ifjr fpaupt ergeben gu tonnen2. Sllg
biejer aber im oorigen Qaljre jtarb, magte jie jicf) füfjn ^eroor, oerpöljitte fed in
öffentlichen Prebigten bie ß'atfjolifen unb brofjte fogar, über furg jid) in ben Pefifj ber
St Piftorfird)e jepett gu mollen. ®ie Stiftgljerren maren in Ijödjjter 9iot; beim ber
giemlidj berebte Stiftgprebiger hatte infolge eineg ßermürfniffeg mit einem üütitfanonifer
unb oielleidjt aud), meil er mehr @ef)alt »erlangte, gerabe je|t in biejer bebrängten
Sage bie Prebigten aujgegeben unb tonnte burd) nidjtg gur SBieberaufnahme berjelben
üermodjt merben. ®ie Pürger blieben aug ber Äirdje, unb bie proteftanten rühmten
jid) jdjon, halb alleg in ber bemalt gu hoben. ®a manbte fich ber SDefan unb bag
Kapitel, in meldjem jd)on immer einige ung gern bort hätten arbeiten fefjen, an bag
Kolleg gu ©mmerich um fpilfe unb machten zugleich bag Slnerbieten, eine ftänbige
Pefibeng für ung bort grünben gu mollen. ®er P. Peftor unb P. |jafiug, melche
im Aufträge beg P. Prooittgialg mit bem Kapitel oerf)anbeln mußten, entfd)ieben jid)
bahin, mit gmei Patreg ben Perfudj gu mad)en. P. ^onr. Webber unb ich fomen
alfo am 22. Oftober 1609 nadj Xanten, freunblich »ont Kapitel begrübt. Sllg
SBoljnung erhielten mir einen Steil ber fe^r geräumigen Iturie beg Portariug, beg
9Zäd)ften nad) bem SDefan, mo mir, fern non allen Störungen, angemejjene ßimmer
haben, ungejtört mie gu fpaug leben unb adeg Nötige in reichlichem ÜDtafje nom
Kapitel geliefert befommen. Unjere Sätigfeit begannen mir am nädjften Sonntag :
id) mit einer Prebigt um 2 Uhr nadjmittagg — benn ber Pfarrer mochte bie be*
quemere am Vormittag nicht gern abtreten — , mein Begleiter mit ber ^atedjefe nad)
ber Pefper. ©g hotte unjere Slnfunft bie $atf)olifen in grofje Slufregung gebracht,
unb eg tarn in bie Prebigt jo üiet Polt, alg menn eg ber f)öchfte gefttag gcmejen
fei. SOiejer gubrang f;ält big auf ben heutigen Xag an. Sind) gur ©hrijtenlehre
brängten fich jehr üiele ©rmachjene, barunter nidjt menige aug bem ®(erug, unb
grofje Scharen ^’inber, jo baff mir fdjliefjlid) eine Teilung »ornaljmen: einer hot bie
Knaben, ber anbere bie ÜOZäbchen. @g macht ung biefe Slrbeit grofje grertbe; benn
um bie SCBette geigen bie kleinen auf, um etmag aufgufagen unb einen preig gu ge-
minnen, unb föitnen fich üon ung nid)t trennen, infolge biejer glüdlichen ©rfolge
beftefjen bie meijten unb gerabe bie angefehenften Stiftsherren burcfjoug barauf, bah
mir hier eine ftänbige DZieberlaffung grünben. ®ie gefamte S3ürgerfd^aft, nur menige
Proteftanten auggenommen, ift ung mit Siebe gugetan, unb ich gloube, mir fönnten
nid)t ohne bie größten 9Zad)teiIe für bie gute Sache bie Stabt öerlaffeit. ®er
9JZut ber ®atf)olifen ift gehoben, in nidjtg fürchten fie fid) mehr oor ben Proteftanten,
in ben Vereinen unb 3ufonunentünfteu überführen fie biefelben frei beg Qrrtumg
unb oerteibigen mit grobem ©ifer ben ©tauben ihrer Porfahren. ©m. Pater¬
nität molle beghalb für ung beten, bamit ber oerhängnigooHe ®rieg, ber bem Sanbe
jept broht, glüdlid) enbe unb bie alte Religion hier öollftänbig mieberfjergeftellt
merbe 3.
1 * Original in Docum. hist. Prov. Rhen. 2 3$gl. Selter, ©egenreformatioit in S5?eft=
SSgl. and) *Litt. ann. 1609 unb *Hist, resid. falen II 67 72 237 259 f.
Xanthensis (Germ. Fund. I 264). 3 gur ba§ golgenbe befonberl bie * Hist. coli.
Embricensis unb *Hist. resid. Xanthensis.
Kollegien: Emmerid) (Xanten).
73
Sfm 12. 9)?är$ 1611 entgegnete Sfquaüioa auf neue 9cadjrid)ten beS P. VpSmid:
^mtige greube uub großen ©roft bereiteten mir bie üDütteifungen über bett gfitdUdjen
Fortgang ber fathofifchen Sadje, troßbem braunen ber Krieg tobt uub in ber «Stabt
alle§ ooll g-urdjt unb Slngft ift. Grm. £md)mürben motten fortfa^ren in ben fo er-
folgreid)ett Sfrbeiten unb mit iftadjbrud unb SfuSbauer baS Seelenheil biefer guten
Katholifen in jeber Söeife förbern1. 2ffS 1611 bie patres suriidgerufen merben
füllten, beftürmteu bie Bürger ben StiftSbefan unb ben Sfeftor non ©mmerief), um
baS Verbleiben ber ^efuiten ju ermirfen. $m felben ^a^re übermieS man ben
patres ein §auS mit allem £muSgerät unb eine Kapelle, in ber 1611 gegen 1600
Kommunionen auSgeteift mürben2. ©ie beiben eifrigen patres arbeiteten mutig noran.
@ott fegnete, fo fehreiben fie nach breijäf)riger ©ätigfeit3, unfere Slrbeiten fo fefjr,
baß alle in ber Stabt fiel) munberten über bie Ummanblung in ben Sitten unb baS
neue religiöfe Seöen. gaft täglich gebe» fie uns Vemeife ihrer Siebe unb ©anfbarfeit.
greubigeS (Srftaunen erregt eS, fo melben fie im folgenben ^aßre, menn mir etmaS
oon ben alten religiöfen Sitten unb (Gebräuchen, melche fdjon feit mehr als 60 fahren
hingefchmunben maren, mieber ins Sebett jurüdrufen L $m $aßre 1612 mürbe
eine SDfarianifche Vitrgerfongregation errichtet, bie jmar nur menige StRitglieber fühlte,
aber befonberS burch baS Veifpiet mächtig eiumirfte3 5 6. ©er Saframentenempfang
ftieg oon ^hr 3U 3aßr- fjteubig berichten fie, baß im $af)re 1615 allein in ihrer
Kapelle in St Viftor (^eiliggeiftfapelle, bie heutige ©auffapeffe) 5459 bie heilige
Kommunion empfangen hätten ti. $m folgenben Qahre maren eS über 6000 unb
20 $af)re fpäter über 8000, abgefehen oon beiten, melden fie am ißfarraltar bie
heilige Kommunion austeilten7. 9?idjt menige lehrten jur fatholifefjen Kirdje jurüd:
in ben fahren 1612 — 1616 wählte man 135, fpäter jährlich 20 bis 30 Konoertiten.
^ahre 1616 ging bie proteftantifdje (Slementarfdjufe ein, unb im ^alfre 1650
oerfchmanb ber feßte ißroteftant aus bem Stabtrat8.
infolge ber fruchtbaren ©ätigfeit ber patres in Stabt unb Sanb mürbe im
^affre 1630 bie bisherige ÜDJiffion jur Vefibenj erhoben, unb anftatt ber bisherigen
jmei patres fameit nun nad) unb nach meitere Kräfte. Über ihre Sage unb 2Birf>
famfeit rairb im 5?ahre 1635 berichtet: SGBir leben in biefer 9iefibenj ju neun, fech§
patres unb brei Saienbriiber, uub jrnar nicht fo fehr oon ber Stiftung (bie nur
menig einträgt), als oon ben täglichen, menn auch üeinen Sllmofeit guter Seute. ©er
eine bringt ein Körbchen mit (Gemüfe, ber anbere eines mit 9?üben, ber britte einige
süfunb f^leifd), ber oierte Vrot, leßtereS befonberS bie Seute oom Sanbe, meldje bie
©emohnheit hoben, jebeSmal, menn fie baden, ein bis jmei Vrote als Sdmofen ju
geben9. ÜBir fuchten, fo heißt eS in ben roeiteren Veridjten, biefe rüfjrenbe SBohl*
tätigfeit ber Seute burdj (Gifer in unfern gemohnten Slrbeiten gu entgelten, fomohl
in ber Stabt als auch in ber Umgegenb, mo mir regelmäßig in jmei Stäbtdjen unb
brei ©örfern prebigten, Katedjefe hinten unb Veidjt hörten unb nicht geringe ©rfolge
hatten, namentlid) in SluSrottung oon Stberglauben unb Veilegung alter $einbf chaften.
©aju fam ber Vefucf) ber Slrmen unb Kranfen unb bie SluShilfe bei ben Pfarrern 10.
1 * Orig.=9teg. Ad Rhen.
2 *Hist. coli. Embric. 1611.
3 Litt. ann. 1612, 335.
4 Ebb. 1612, 229 f.
5 * Hist. coli. Embric. 1612.
6 * Litt. ann. 1615. Sßgl. 3 o f. Steinen,
Xantener 3eitgefd)id)te (1900) 76.
1 * Litt. ann. 1616 u. 1636.
8 * Ebb. 1616 u. 1650.
9 2(11 im Sabre 1635 Kroaten bie Umgegenb
oermüfteten, gelang ben Xantener $atre§,
nicht aüein ®at£)o(ifen, fonbern aud) $roteftan>
ten oor ben $(ünbereien p bemabreit; felbft
geraubte^ @nt tonnten fie loiebererlangeit, ba§
geraubte Sliel) trieben fie mitten burd) ba§
Säger mieber ben Eigentümern p. * Litt. ann.
1635.
10 * Ebb. 1638, 1640, 1634.
74
3tt>eite§ Sabitel. 2)ie nieberrl)einifd)e Sßrobittj.
23on ben Orten, auf benen bie ^atre§ befonberg tätig maren, merben im Saufe bcr
$apre ^iufig genannt : Übent, ©ongbed, SReeg, 33irten, SRarienbaum, ®alfar. , Ster
£>auptnerö iprer Stätigfeit mar bie ßatedjefe. Qit Xanten felbft pielten fie biefelbe
ni(f)t nur (Sonn* unb gefttagg in ©t S8iftor, fonbern aud) an feftgefepten Stagen ber
SEBodje in ben nier ©lementarfcpufen L
Stiefe Süßirffamfeit erlitt niept geringe ©inbufje gegen ©nbe beg Kriege?, afg im
$af)re 1641 fjeffifcfie Struppen bag Sanb überfluteten unb Xanten befepten. 2Bir
leben f)ier, fo fdjrieb ber ©uperior SBernf). £>aniug im Qiafjre 1649, in befdjeibeneit
SBerpäftniffen. SRaprung unb Reibung müffen mir, um feine ©cpulben ju macpen,
bent geringen ©infommen anpaffen. 2Bir erhalten üom ©tiftgfapitef, bag ung jäprlid)
150 SReidfgtafer üerfprodjen pat, nur jmei Strittet, unb 3 mar erft nadj Söitten. Staju
fommen bann bie faft täglichen, freilief) fteinen SUmofen guter Seute2. Stie 3Q^f
ber ^efititen f)atte üerminbert merben müffen. 3a^re 1650 mären eg fünf:
üier Sßatreg unb ein Saienbruber, bie jeboep überood befdjäftigt maren. ©ie arbeiteten
eifrig, mürben üom Stoffe gefepäpt unb erfuhren felbft üom Sanbegfiirften ©unftbemeife3.
©in meiterer Sßerfud), am 9?ieberrpein unb jmar in 233 e f e I einen ©tüppunft
ju begriinben, fd)eiterte. Sten erften Sßerfucp, in SBefef, mefepeg jiemlid) fepned unb
faft üodftänbig bem ©alüinigmug jugefaden mar, bie fatpolifdfje SRetigiongübung
roieberfjerjufteden, madjte bie jüficp*ffeDifd)e ^Regierung Anfang 1599, unb jmar auf
Anregung beg fpanifdjen 2Ibmirafg SRenboja4. 2lde $ircpen mürben für ben fatpo»
tifepen ©ottegbienft mieber eingerichtet, ©in Qefuit begann Anfang gebruar mit bem
$aptan beg päpftlicpen SRuntiug, mefeper felbft üon $öfn bortpin gefommen mar,
bie SIrbeit. Stocp pörte adeg am 22. SJtai fdjon mieber auf, ba XRenbo^a abgewogen
unb fein §aft für ein meitereg SSirfen üorpanben mar.
©in jmeiter SSerfucp mürbe jur ßeit beg jiiticpdfeüifcpen ©rbfofgeftreiteg gemadjt.
SBefef mar infolge beg ©inrüdeng ber §odänber in bag ^»erjogtum föfeüe im Qapre
1614 non ©pinofa, bem gefbperrn ber fpanifepen Slrmee in ben 9?ieberfanben, am
5. ©eptember 1614 befept morben. „9luf bag Strängen beg Sßfaljgrafen üon ÜReuburg",
fo feprieb 15 Qapre fpäter, im 9Rai 1629, ber ^robingiaf 23aüing an ben Orbeng»
general, „ift neben ben jmei SRefibenjen ju Stüren unb SRünftereifel im £)er3ogtum
^iitiep (Anfang 1627) aud) noep 3U Söefel im ^»erjogtum SHeüe eine neue lieber»
laffung eingerichtet morben. Sta bei ber tlbergabe ber ©tabt Religionsfreiheit 311»
gefiepert mürbe, fo paben unfere ^3atreS bei ber 23ürgerfdjaft felbft noep menige ©rfolge
auf^umeifen, mopl aber fdjon unter ben übrigen ©inmopnern unb bei ber Sefapung.
2lud) finb bie Ä'atpolifen, mefepe bort nod) übrig geblieben finb, im ©lauben befeftigt
morben. 2lde ©uten fäpen pier gern ein ^odegium unferer ©efedfepaft erftepen,
meit faum auf einem anbern 2öege alg burep Unterricht ber Qugenb reformiert
merben unb auf biefe SBeife jugleid; üon pier aug aud) ben anbern ©ebieten, mefdje
oon ber ^rrfepre angeftedt finb, §ilfe gebracht merben tonnte." 5 ©g arbeiteten in
SBefel unb aud) ber Umgegenb üier SJ3atreg6. Stie Arbeiten üerfpradjen adtnäplid)
©rfolg. 2fud) ber ©eiteral Sßitedegdji mar niept gegen bie ©riinbung eineg ®odegg, für
bag fid) bie Slusfidjten befferten. „9Zur moden ©ro. £ocpmürben forgen", fo fdjrieb
er am 29. Qufi 1629 an ben S^robinjiaf, „bafj bie Unfrigen nicht burd) 31t grofjen
©ifer unb Unftugpeiten anftopen. ©g mögen fotepe SRänner bortpin gefenbet merben,
melcpe niept nur burep bie Sßrebigt unb bie anbern Slrbeiten unfereg Orbeng, fonbern
1 * Litt. ann. 1634. 2 * Catal. 1649.
3 ‘Earrafa an §aniu§, 21. 9Jtärs 1648.
4 * Litt. ann. 1399. Seiler, ©egenrefor»
mation in SBeftfalen II 61 ff.
6 * Narratio compendiosa. 31gt. * S3itelle^d)t
an iöaoing, 24. 9(pril 1627. 0rig.=9Ieg. Ad
Rhen. inf.
6 * Catal. Rhen. inf. 1628 f. * Litt. ann.
1627, roo einge^enb über bie Sötigfeit be¬
richtet tnirb.
Äotlegien: 21ad)eit.
75
aud) burdf baS Söeifpief ißreS retigiöfen SebenS unb bitrdj Ätugßeit ©otteS ©ßre
förbern. Aud) füllen jur eüentueden (Eröffnung ber Sdjuten nidjt meßr Seifte gefcßidt
merben, als mit ben üorßattbenen SRittetn unterhalten merben fönnen."1 Jiefe
^Släne mürben burd) bie (Eroberung SöefelS feitenS ber fpodänber am 19. Auguft 1629
mieber üereitctt, infolge bereu bie ^efuiten SSefet räumen mußten.
* *
*
Jie Qefuiten in Aachen haben mir am ©nbe beS 16. ^aßrßunbertS mitten in
ben Sßerßanbtungen um ein Äodeg ocrtaffen2. Jie Hoffnung, bie Aquaüiüa am
30. 9coüember 1600 auSgebrücft, baß ber ÜJftagiftrat non Aadjen, fobalb er bie
Qefuiten beffer fennen gelernt, billigere 23ebingungen fteCten mürbe, füllte fid) im
neuen ^aßrßunbert in reidjem fDiaße erfüllen, menn aud) anfangs fid) nod) bebeutenbe
(Scßmierigfeiten in ben 2Beg ftedten3. Um biefe 311 befeitigen, fanbte ber Sütticßer
3-ürftbifcßof, üurfürft (Srnft non ®ötn, im Slpril 1601 ben gemanbten Domherrn
Slrnolb non SBadjtenbond nad) Aadjen, junadjft um eine fefte SfSoßnung für bie
^efuiteu 3U erlangen. Jiefer faßte adeS fo gefcßidt an, baß miber Gfrmarten innerhalb
brei Jagen nidjt nur bie Söoßnung, fonbern auch eine fotdje ftRdberung beS fRatS=
befdjtuffeS nom 6. Qnni 1600 erreidd mürbe, baß ade 2Bege für bie Erlangung einer
ßinreidjenben Stiftung geebnet fcßienen. Jie SBürgermeifter, Schöffen unb ber fRat
„mit feinen 150 9Ritgtiebern" hatten am Samstag, ben 7. Slpril, „jur großen 93e=
ftürgung ber fßroteftanten, meldje mäßrenb ber Sißuug in feßr großer 3oßf braußen
auf bem fßtaße geftanben hatten", einftimmig befcfjloffen, junädjft ben ^efuiten bie
günftig unb gefunb gelegene SBoßnung beS geächteten 33ürgermeifterS ßodjtt, in
metdjer biefelben fdjon bamatS mohnten, fomie für bie Sdjuten baS fRadjbarßauS,
„3um großen 53od" genannt, metcßeS innerhalb brei bis oier Qaßren getauft merben
füllte, als Eigentum ju übergeben. Jann brachte idj auch, f° berichtete SSadjtenbond
nach Süttid), bie 33eftimmung oont oorigen 3ahr Su wonach bie 3efllden
unfähig mären, irgenbmetcße Scßenfungen, Segate, Jeftamente ufm. a^uneßmen4.
dcur fonnte ich nicht erreicfjen, baß ber fRat fi<h üerpftidjtete, ben 3ufd)uß auf emige
3eiten 3u 3aßlen 5 * * * * *. Qebod) oerficßerten fie mir, baß menn bie Bürger erft einmal
feßen mürben, maS ©uteS burcß baS £’odeg geleiftet mürbe, eS ißnen nicßt fcßmer
fei, bieS unb maS man nur mode, 3U erreidjen. JaS einsige ift nun, baß ber OrbenS«
general baS Anerbieten annimmt, moran ber Superior P, JßoüarbuS freilich 3roeifett.
Aquaüiüa seigte fid) jebocß entgegenfommenb. @r fdjrieb am 16. 3uui 1601 an ben
^ßroöingial Jßeob. 23ufaeuS: ©S freut uitS, baß ber Aachener fRat bie bisherigen,
fo ßarten 23ebingungen ßat faden taffen, freilich ift eS menig, maS 3um Unterhalt
ber Unfrigen geboten mirb; bod) ift baS nicßt Scßidb ber Stabt, fonbern ber traurigen
3eitüerßättniffe. Ja mir nun üon Anfang an oerfprocßen haben, unferfeitS adeS
1 * Crig.=9teg. Ad Rhen. inf.
2 Sgl. Sb I, <S. 413 ff.
3 gür baS golgenbe ügl. auffer ben in Sb I
genannten Quellen *Historia coli. Aquensis
non P. Sambert bu GfjaSteau im ©tabtarcbio
hon Köln. Über itjreit Slert f. grip, ®a-’
ütacpener Sefuitengt)tnttafium (190(3) 3. (Sine
fördere *Historia coli. Aquisgr. bis 1626 in
9tom, <StaatSard)iü, Jes. Coli. 4. gerner *
rid)te SBacptenboncfS, Slacbett, 9. 2lpril [1601],
Original in Rhen. inf. Fund. I 19, unb beit
* iRatSbefcbtufj Dont 7. Slprit 1601, beglaubigte
Abfdjrift ebb. 11 ff. SBefjling, Stonfeffioneüe
Unruhen in Aachen (1905) 5 ff.
4 Stguaoina nennt in feinem Sriefe oont
30. 9?ou. 1600 biefe Sebingungeit graves et
ignominia quadam aspersas unb fügt bann in
einem fpäteren Sriefe, üom 6. San. 1601, nod) bei :
Hoc sublato obstaculo (b. i. jene Sebingungeit)
dabimus operam, ut cives nostram in eos pro-
pensionem experiantur , intelligantque nos
eius urbis fructum et auxilium omnibus com-
modis nostris anteposuisse. Orig.=9teg. Ad
Rben.
6 (SS mar bie (Srgänsung ber 700 Srabanter
©ulben, metcpe baS Stapitel beS SRunfterS ben
Sefuiten jätfrlid) ju ^aplen fiel) üerpfliebtet fjatte,
auf 1000 2(ac^ener Jaler ; ügl. g- r i fc a. a. 0. 15.
76
ßrociteS Äapitel. $ie niebcrrfjeinifcfje Skoninj.
ju tun, um ber ©tabt ju Reifen, jo müjfen mir jept bie gemünzten ©deuten mof)I
eröffnen. '©m. §odjmürben motten beShatb biefen |jerbft beginnen taffen, unb jmar
mit brei Staffen; benn mit meniger fann man mof)t faum anfangen1.
Stnfang ©eptember 1601 taten fich atfo in Stachen bie erfefjnten ©cfjuten auf,
aber nur acht ©cfiiiter erfcf)ienen. Sodj bon Sag ju Sag ftieg ifjre Qaty, fo baff
am ©nbe beS Schuljahres ficf> gegen 200 ©djiiter in ben brei Staffen gefammett
hatten2. ©S maren bie ©üt)ne beS SlbetS unb ber erften Familien aus Stadien unb
ben umtiegenben ©täbten; felbft fünf proteftantifdje ©d^üter Ratten ficfj eingefunben,
beren ßa^t in ber gotge noch juna^m. SttS man im £>erbft 1602 ju nicht ge¬
ringer ©enugtuung beS S'tateS unb beS SapitetS bie bierte Stoffe anfügte, faubten
aud) bie Sominifaner, Sluguftiner, Sarmetiten unb bie regulierten ßf)orf)erren itjre
jungen OrbenSmitgtieber3. Qmmer mef)r f)ob fid) bie üftiebertaffung. £fm Satire 1603
erhielt fie ben 9iang eines SottegS, -jperbft 1606 mürbe bie bisher oereinigte erfte unb
jmeüe ©rammatifftaffe getrennt unb 1607 bie fünfte Stoffe, bie <Rf)etorif, eröffnet4.
Sind) bie feetforgticfje STätigfeit fdjien einer gtüdticfjen ßufunft entgegenjugeljen.
Über fie berichtete ber ^eftor SftatthäuS ©djrid Stnfang 1611: SSir hatten im
fünfter ©onm unb gefttagS unb an jmei Söodjentagen beS SlbbentS unb ber haften-
§eit beutle Prebigten, baju jmei Satechefen, eine in unferem Sirchtein unb eine in
ber £>auptpfarrfir<he. Slufjerbem haben mir jmei ©obatitäten für bie ©djüler unb
jmei für ©rmadjfene; üon tepteren eine für ©ebitbete unb eine für bie gemöhntichen
Seute. 3U att biefem fittb mir f'ontrafttid) nicht berpftidjtet, jebod) merben bie
prebigten im fünfter oom Sapitet üertangt. Sie Arbeiten bringen reidje grüdjte
für ben 97üd)ften5.
Sie 3aht &er 3efuüen betrug bamatS jroötf: fechS patres, oier SJtagiftri unb
jmei Saienbrüber. Qhre Sage in ber ©tabt mar aber tro| ber günftigen ©ntmidtung
ber SIrbeiten unficher. ©chon im ^ahre 1608 (5. Sejember) hatte eS in einem ©^reiben
SlquabibaS an ben 9?ettor P. SJfuferuS geheimen: ©ro^e ©orgen machten mir bie
fdjlimmen Nachrichten bon ben gefahrbroheuben Umtrieben unb Parteiungen in ber
©tabt unb baju bie gebriidten 93erhättniffe beS SottegS. ltnfere einzige ©tiitje ift
bie göttticfje SSorfehung, unb idj hoffe auch, baff bie 93ereitmitligteit ber tlnfrigen,
atteS für ©hriftuS 3U leiben, fomie ißefdjeibenfjeit, Semut unb ©ebulb, mie fie jeber
OrbenSmamt haben fott, einerfeitS fich bor bem aufrührerifdjen Söefen unb Treiben
ber bortigen Proteftanten nicht fürchten, anberfeitS aber bie Stbneigung ber Pfarrer
unb anberer Seute, fo ©ott mitt, entmeber in ßuneigung bermanbetn ober bod)
menigftenS alle SluSbrüche bon §afj unb Neib unfchäbtich machen 6. ©in brotjenber
Stufftanb mar bamatS noch gtüdtidj gebämpft morben7. $m Qat)re 1611 aber füllte
baS im ftitten meiter gtimmenbe geuer ptöhtidj in h ette stammen auffchtagen8.
Stm 5. Quti hatte ber SJtagiftrat fechS gefangenen Proteftauten, metche fich hartnädig
meigerten, megen beS berbotenen „SluStaufenS" eine ©etbftrafe 31t ertegen, StuSmeifung
au§ ber ©tabt angebroht. daraufhin brach nachmittags 4 Uhr ber Stufrupr toS.
©in ^aufe bon 200 SBemaffneten, bem fich ^er Pöbet anfdjtofj, bemächtigte fich beS
SiatljaufeS. Sie Sore unb ©djtüffet ber ©tabt maren halb in ihrer ©eroatt. ©ine
1 * 0rig.=9teg. Ad Rhen.
2 Litt. ann. 1601, 635; 1602, 577.
3 ghb. 1603, 569.
4 ßbb. 1606, 456; 1607, 727.
5 * Catal. Rhen. 1611, 67. 3$gl. * 2lqua»iüa
an ©djricf, 9. ^uni 1611. Crig.=9teg. Ad Rhen.
c * 0rig.=91eg. Ad Rhen. 9tacf) proteftanti«
}d)er Angabe fotten um 1611 jroei drittel ber
©tabt proteftantifd) getnefen [ein. ipelper in
3eitfcf)r. be§ 2tacf)ener ©efct)id)te!berein§ XXV
(1903) 198 2t. 1. SBe&Iing, Äonfefftoneüe
Unruhen in ?tad)en 89.
7 * Litt. ann. 1608, 491 f ; 9Mbere§ bei SB e &•
li ng a. a. 0. 13 ff.
8 2>a3 golgenbe nacf) bem eingetjenben 33e-
richte * Litt. ann. 1611. (Sin italienifdjer unb
Kollegien: 2Iacf)en.
77
töifbe DIotte mätgte fid) gegen ba§ ®otteg. Srei ins Kolleg gurüdfeßrenbe ^efuiten
retteten nur mit fnapper DIot ißr Sebeit ; bie im föotteg aber fürchteten ba§ Scßtimmfte,
felbft at§ fid) ber ^aufe beim Sunfetroerben roieber nertief . Sie ^Befürchtungen
maren nicht oßne ©runb. Senn taum graute ber borgen — e§ mar gegen 3 üf)r — ,
al§ fid) bie Slufrüßrer non neuem oor bem Kolleg fammetten. Sie Qefuiten erhoben
fich fchneE non ißrem Säger, um ficß auf ben Sob üorgubereiten. ©erabe empfingen
fie in ber ®ird)e bie heilige Kommunion, ba gärten fie brößnenbe Stöße unb Sdjtäge
auf bie fcßmere föottegSpforte nieberfatten. Sange tonnte bie Pforte nicht miberfteßen.
ÜDIan mottte fid) besßatb ben geinben freimütig übergeben, modjte fommen, maS ba
mottte. Sa§ Sor mürbe atfo — e§ mar gegen 5 Ut)r — geöffnet, unb fofort brangen
bie ©mpörer ein, nahmen bie ^efuiten in ber $ircße — e§ maren neun — gefangen
unb führten fie unter lautem ©efdjrei unb ©efpött gum DlatßauS, mäßrenb bas
$otteg fand ber ®ird)e geptünbert unb üermüftet mürbe. Sie Qefuiten fdjroebten
gmifdjen Seben unb Sob, ben gangen Sag mürben fie oerf)öf)nt unb mißßanbett.
©rft gegen Stbeub gelang e§ einigen angefeßenen unb einflußreichen ß’atßotifen
unb einfichtigen ^roteftanten, fie in ber Sedfanei in Sicherheit gu bringen. Sort
blieben fie fünf ÜUtonate lang gteidjfam in freier (paft, bis ber fraugöfifeße ©efanbte
SBieuöiIXe, metchen bie ßönigimDtegentin SJiaria 0. üdtebici, bie ©emaf)tin be§ ermorbeten
Heinrich IV. tion granfreieß, fchon im September gu güttidjer Vermittlung nad)
Stachen gefanbt hatte, fie im Segember in feiertid)em $uge in§ fö'otteg gurüdfüßrte,
unter ^roteft ber ^efuiten, meteße au§ einem berartigen ©ingreifen bie fdjmerften
Diacßteite fürchteten K
©egenüber ben ^roteftanten, metdje bie fid) einmifeßenben fran§öfifchen ©e=
fanbten fefttief) empfingen, fdfreibt ein Stad)ener ©efdjicßtSforftfjer : „©§ ift beftagen§>
mert, baß gu jener 3eit bie Qefuiten bie einzigen in Stachen maren, metche ber
©inmifeßung ber ffranjofen miberfprachen. Sie miefen bie ihnen oon ben gram
gofen angebotene Söoßttat gurüd, inbent fie an baSjenige erinnerten, maS fie als
Seutfdje bem beutfehen Äaifer feßutbig feien."2 Ser Hergang mar fotgenber: Stm
5. Segember 1611 oormittagS erfchien Vieuoitte in ber Sedjanei, unb nad)bem er
ben Qefuiten über bie Sorgfalt feiner Königin unb über feinen eigenen ©ifer für
ihre ©efeltfdjaft eine lange Diebe gehalten, erfliirte er, baß er entfcßloffen fei, fie gu
reftituieren. Ser Dteftor ÜDtattßäuS Scßrid aber ermtberte, er müffe ba§ Stnerbieten
ber grangofen abteßnen, bie gefuiteit mottten nur bureß faifertid)e§ SJIanbat reftituiert
merben; ma§ bie grangofen beabfid)tigten, fei ein ©ingriff in bie Dtecßte be§ ÄaiferS,
ber e§ mit Dtecßt übet aufneßmen mürbe, menn in einer feinem $epter untergebenen
Stabt bie ^efuiten burd) eine anbere Slutorität als bie feinige in ißr ©igentum mieber
eingefeßt mürben; ber SDIarquiS möge felbft ermeffeit, maS feine Königin fagen
mürbe, menn in granfreid) ber beutfdje $aifer burdß feinen 33otfd)after baSjenige
oorneßmen ließe, raaS jeßt fran^öfifche ©efanbte in einer beutfdjen Stabt unternehmen
mottten; enblid) hatten fie, bie gefuiten, aueß nießt bie SBefugniS, oßne ©inmiltigung
ihrer Obern ein fotdjeS Stnerbieten mie baS beS 9)IarcptiS anguneßmen; man möge
ißnen atfo ertauben, bei benfetben in einer fo mießtigen Sacße angufragen; motte man
baS nid)t tun, fo mürben fie eS für eine mirttieße SBoßttat anfeßen, menn man fie
gum Sore ßinauSraanbern ließe. Ser ÜÖIarquiS erftärte aber, menn bie ^efutten
franpfifeber * S8ericf)t, fotnie ber 93rief be3
P. ©djrid barüber an 2(quaoiüa, fDIaaStridjt,
25. Quli 1611, in Docum. hist. Prov. Rhen,
«gl. SRobpiuS, Sladjener Gßronif II (1632)
217 ff; SDtetjer, 2Iad)enfcf)e ®efd)id)te I (1781)
549 ff.
1 «gl. Sßefjling a. a. 0. 59 ff 80 f ; fßelper
a. a. D. 199 ff.
2 o. gürtl), Beiträge pr ©efd)id)te ber
ülacfjener «atriäierfamilien II (1882) 85 21. 1.
«gl. ben «eriefjt be3 branbenburgifefjen
niiffar^ Sangenberg 101.
78 3meitc§ Äapitet. Sie nieberrbeiuifdbe ^rotnnj.
fidj nidjt gütlid) ing Kolleg guriidbringeit laffen sollten, fo merbe eg mit 3roattg
gefcßeßen. hierauf ließ berfelbe einen Sagen ßerbeifommen, unb ba ber ffteftor
©cßrid nidjt gutmillig einfteigen modte, fo gog er ißn mit ©emalt gum Sagen, unb
bort ftießen bie Sebientcn beg SRarquig ben 91eftor in ben fRiicfen, baß er gum
Sagen ßineinftiirgte. 2llg bie umfteßenben fatfjolifcfjen Sürger bieg faßen, mürben
fie fo aufgebradjt, baß eg unfehlbar gu Sätlicß feiten gegen bie grangofen gefontmen
raiire, menn nidjt ©djrid aitg bem Sagen ßeraug bem Solfe gugerebet ßätte, fie
möchten einßalten unb eine fo böfe ©acße nicßt nodj fcßlimmer madjen. gugleidj
rief er aber aucß, er mode fie baran erinnern, baß bie ^efuiten nidjt ifjrem Sillen
gemäß guriidgefüßrt mürben. ®er ^jSater f^Iabin^ miberfeßte ficfj nocß ßeftiger alg
©cßrid, mürbe aber audj mit nocß größerer ^eftigfeit in ben Sagen ßineingeftoßen.
3mei anbere ^efititen ftiegen jeßt auf ©eßeiß beg fReftorg gutmillig in ben Sagen,
unb eg mürbe fein fernerer Siberftanb meßr geleiftet1.
®ag ftarfmütige Seneßmen ber Qefniten fanb fiele 2lnerfennung. ©djon am
27. 2luguft 1611 fjatte ber Orbenggeneral bem fReftor ©cßrid, ber gmar felbft an
bem Unglüdgtage öerreift geroefen mar, gefdf;rieben : ©g ßat ung fefjr gefreut, baß
bie Unfrigen bei bem Überfall ficß fo bereitroillig unb freubig bargeboten fjaben, ben
7tob für ©otteg ©ad)e gu erbulben2. Son ber 2(acßener Söürgerfcfjaft aber bericfjten
bie Qefuiten ©nbe 1611: ®ag 2lnfeßen unferer ©efellfdjaft ift in biefer furgeit 3eit
burcß unfer gebulbigeg Seiben meßr gemacßfen alg in allen früheren Qa^ren gu*
famnten. Vieler bergen finb mie umgemanbelt, unb ißr Soßlrooden gegen ung be*
ginnt aucß fdjon, ficfj in Soßltaten gu geigen3. 2llg ber Kölner Äurfiirft gerbiitanb
am 19. Sluguft 1612 bem süaßfte bie bebroßte Sage 2ladjeng unb bie 9cot ber ^efuiten
melbete unb für leßtere bie Übermeifung eineg ^ofpitaliterßaufeg in SRaagtricßt er»
bat, fügte er bei: £roßbem ßaben bie Qefuiten ißre Arbeiten fortgefeßt unb fogar
unter Sebenggefaßr mitten im tobenben 2lufftanb, unb gmar nidjt oßne grucßt, ba
felbft in ben großen Sibermärtigfeiten fein eingiger ßatßolif oon Sebeutung gu
ben ©egnern, bie bereitg bie £>errfdjaft mit ©emalt an ficß geriffen ßaben, über*
gegangen ift4.
®ie proteftantifdjen 2lufrüßrer fjatten fdjon halb nadj ber 2at ißr ünrecßt ein*
geftanben unb bei ben eingeleiteten Serßanblungen nocß öor ber tatfäcßlidjen fRiid*
füßrung ber ^efuiten in ißr $odeg offen erflärt, biefelben follten mieber in ißr Kolleg
gurüdgefüßrt merben unb in ißrem Sirfen ungeftört bleiben unb alleg mieber er*
ßalten, mag ißuen entfrembet morben fei5.
9cadj ber 9fiidfeßr ing $odeg naßmen bie Qefuiten, obgleicß bie ©tabt nodj
in ber ©emalt ber 2lufrüßrer mar, ungefäumt ißre friißere Xätigfeit mieber auf.
$aum mar im Sluguft 1614 bem faiferlidjen ©trafurteil enblicß burdj ben fpanifdjen
fyelbßerrn ©ßinola ©eltung oerfcßafft unb ber fatßolifdje SRagiftrat mieber eingefeßt
morben, begann ber uitermüblicße Sieftor ©djrid troß ber ÜRotlage ben Sau eineg
neuen ©ßmnafiumg unb halb barauf audj ben Sau einer neuen Üdrcße. Qn ben
erften 3a*)ren ßatten bie 3efuiten ben ©ottegbienft für ißre ©cfjüfer im SRiinfter,
bann feit Snbe 1607 in einer mit einem Stufmanb öoit naßegu 2000Xa(ern neu erbauten
^aßede geßalten. 3m 3anuar 1617 fanbte ©cßrid bie Sittmürfe für eine neue
größere St'ircße nad; 3fom. 21m 28. SOiai 1618 mürbe ber ©runbftein gelegt, am
1 0. giirtf), ^Beiträge II 88 f.
2 *£rig.*9{eg. Ad Rhen.
3 * Litt. ann. 1611.
1 * Original in Barb. Lat. 6S73, f. 9. Unter
bemfelben Saturn fdjrieb gerbinanb an ®ar*
binal Sorgljefe über bie Qefuiten in Stachen:
Sustinent in ea rem catholicam cum mani¬
feste» vitae discrimine patres societatis Iesu.
Arcli. Vatic , Lettere dei Principi 56 A.
5 Sßefjting, Sonfeff. Unruhen 41 57 68.
Äoüegien: 2lad)en.
79
16. äftai 1627 ber erfte ©ottegbienft barin gepalten1. 2fm 10. Sfuguft 1628 be--
ricf;tete ber Kölner ütfuntiug (Sarafa nacp )Kom, bap er am 6. 2luguft für bie $e=
fuiten in Slawen eine ®irdje fonfefriert, nnb ermähnt babei mit Sob bie grömmigfeit
ber 2facpener ^at^olifen, bie mit fo großem Gsifer unb in fo großer $apf bie ^eiligen
Saframente empfangen2. ®er 9facpener Gpronift 9ioppiug mefbet 1632 non ber
Äirdje: „f£)iefelbige ift jimblid; grop unb fcpön oermölbet, pat jmo £>aupttpüren, unb
an jeber Spüren fteinerne Stiegen ju ber (pocp ftircpen, mefcpe gfeicpfafg groepmaf über
eiitanber öermüfbet. Sie ©aferepen ber (pocp &'ircpen fetjnb non meiffen auggepamenen
Steinen unb bie Seiften oben barüber non blam polirten ÜDfarmor. Sie ®ird) pat
aucp brep Slftär, barob jepunb ber fRapt ben £)Open 2Iftar bamen fäpt, bie genftern
aber pabeit fein ©emäpft innen, fonbern fepnb nur oon runbeit granffurter Scheiben,
ba§ ^3flafter Oon meiffen Setfcpamer Steinen."3
^m ^apre 1641 mürbe an bie ®ircpe eine Sorpaffe unb 1647 eine $|ofeppg<
fapelle angebaut. Obgfeicp bie Sfacpener itirdje, mefdje mie bie frühere Ä'apeffe bent
pf. Sfticpaef gemeipt mar, oiel Heiner ift af§ bie Kölner Qefuitenfircpe, geigt fie bocp
immerpin eine Sänge oon 42 m, eine Söreite oon faft 21 m, mäprenb ipre £>öpe
nur gegen 16 m beträgt. Ser Slupenbau ift tnepr afg fdjficpt unb geigt menig
SSecpfef. Surd) bie Söeiträumigfeit mirft bag innere ber ®ircpe trop ber 9?iebrigfeit
impofant. Ser Stil ift eine SfRifcpung oon Spätgotif unb 9ienaiffance, bocp miegen
bie gotifcpen Seftanbteife fo oor, bap' bie ®ircpe ben gotifcpen ^ircpenbauten beigegäplt
merben muff. „Sei allen ÜRängefn ift fie nocp ein redjt anfpredjenber unb ftimmungg'
Doffer, jebenfaffg aber ein eminent praftifdp eingerichteter Sau."4
Sie Sdpulen napmen nacp ber Überfiebefung in bag neue ©pmnafium (12. Sftooember
1616), beffen Sau ber 9ieftor „mit Sermunberung ber ganpen Statt gefcpminb unb
eifenbg in einem ^apr (1615 — 1616) aupfüprte" 5, einen neuen Sluffcpmung. Sa icp
pöre, fo fcprieb am 26. Januar 1619 ber Drbenggeneral an ben fHeftor Scprid,
bap bie bortigen Scpufen oon einer augerfefenen ^ugenb befudjt merben, fo bebauere
icp fepr, bap bort nidpt in jeber £>infitf)t tiidjtige Seprer angefteüt finb. @m. (pocpmürben
mollen balbmögficpft ben P. ^3rooingiat baooit in Äenntnig fepen — mag icp übrigeng
and} felbft bei näcpfter ©efegenpeit nicht oerfäumen merbe — , bamit für bag 2öopf
biefer jungen Seute unb aucp für ben 9ruf ber Scpufe gut geforgtfei6. Sie Sürger
2(adjeng felbft maren mit ben Seiftungen beg ©pmnafiumg fepr gufrieben. Senn afg
ber 9iat am 4. September 1626 auf bie Sitte beg Üieftorg ©ogmin Stiefel ben jäpr=
liepen ©elbjufcpup enblicp für emigeßeit feftfepte, fügte er afg ©runb bei, „bap bie^atreg
big anpero mit ^nftruirung ber Qugenb oiel ©utg unb ÜRupeng in biefer Stabt
gefepaffet" pätten7. 2ludj ber Sreipigjäprige ®rieg oermodjte in feiner erften ^älfte
bieg Slüpen nidjt ju fcpäbigen. Srop ber traurigen unb unrupigen ßeiten, berichten
bie ^efuiten ©nbe 1633 8, napmen bie Scpufen berartig ju, bap bie 91petorif nocp
nie fo oiefe Scpüfer (50) gegäplt pat. Unb §mei Qapre fpäter, im Qapre 1635,
belief fiep ungeaeptet ber ^Seft bie ©efarntjapf ber Scpüfer immer nocp auf 320.
©rft jept begannen bie Sdjufen burd) $rieg unb anftedenbe fö'ranfpeiten bauernb ju
1 93 raun, Sie firdjenbauten ber beutfepen
Sefuitcit I 105 ff. © d) e i n , ©efd). ber Sefuitem
fird)e pm 1)1. SRicpael in 91 ad) eit (1884) 16 ff.
3in 9tom niad)te man ernfte ©djmierigfeiten,
weil bie 9ftittel fehlten. * 35itelIeSd)i att ©opper,
29. Sej. 1620; an ©djrid, 27. gebr. 1621.
©rig.>9ieg. Ad Rhen.
2 * Original im Arch. Vatic., Nunz. di Colon,
arm. I, vol. X. ©ine ®opie in Barb. Lat. 6201.
8 SfoppiuS, 2fad)ener Sfjronif I (1632) 93.
4 93 raun a. a. D. I 121.
5 91 o p p i u § a. a. 0. I 92.
6 * 0rig.=9ieg. Ad Rhen.
1 Reiften b erg 1 Mantissa 139 f. ffrrij?,
2>a3 2lad)ener Sefuitengpmnafium 17.
8 * Litt. ann. 1633 (Hist. Rhen. inf. II,
5, 20).
80
3roeite§ Kapitel. $>ie nieberrbeiniidje 93roüins.
feiben. ©egen (Enbe be§ Krieges jebocfi f)oben fie fid) tnieber. ^m 3a^)re 1649
mar bie ©djülerjafd non neuem bis auf 300 geftiegen.
Sine größere (Entraidlung Ratten injmifcfjen bie feelforglidjen Arbeiten genommen.
SDie 3al)l ber in ber ©eelforge tätigen patres fjatte ficf) im ^afjre 1634 gegenüber
bem Qaf)re 1614 mefjr als oerfünffac^t. (ES lebten biefeS Qalfr, fo lautet ber über=
ficfjtlidfe 23crid)t über ßafjl unb Stätigfeit ber 2lad)ener ^efuiten im Qaf)re 1634,
l)ier im ganzen unfer 26: 11 ^riefter, 8 ÜD?agiftri unb 7 Saienbrüber. 2)aS
gelb ber S£ötigfeit bilben bie 5 ©djulflaffen, bann 8 ©obalitäten, 4 Katedjefen in
ber ©tabt unb eine in ber Sorftabt, 2 ißrebigten (im fünfter unb in unferer
Kircfje), 2 Slnfpradfen in grauenflöftern, ba^u bie Uranien in ber ©tabt unb in ben
Hofpitälern, ferner bie ©efängniffe unb fcfjliefjlidj bie fonftigen Arbeiten in |mu§
unb Kird)e. Sllljälirlid) neranftalten mir brei iprojeffionen : eine am ©rünbonnerStag
burcf) bie ©tabt, bie jmeitc am Stage oor ©t Slnna nad) SDüreit unb bie britte am
geft ber 1)11. Cornelius unb (Etjprian (16. ©eptember) nad) Kornelimünfter. SDiefeS
gafjr aber gelten mir megen ber Sebrängniffe ber ©tabt (inSbefonbere megen ber
mütenben ißeft) nod) eine oierte ju ben Häuptlingen ber ©tabt am gefte ^5eter unb
^aul bei ©elegenfjeit beS gubiläuntS. @ie füllte jmar nur üon ben ©obalitäten
unb ben ©djullinbent, Knaben unb äRäbdfen, oeranftaltet merben; eS naljm aber
ber gefamte ©tabtrat unb eine gemaltige Sollsmenge baran teil. ®ie ber gadeü
träger unb jener, melcfje babei SDarfteüungen non ißerfonen unb Segebenfjeiten aus
ber Heiligen ©cfjrift unb bem Seben ber Heiligen trugen, mar fo grofj mie nie jubor1.
2luS biefer bielfeitigen unb umfangreichen Xätigfeit, bie fid) auf immer meitere Greife
auSbefjnte, auS ben bielen religiöfen Seranftaltungen unb bem gubrange beS SolfeS
babei lüfjt fid) in etma ein ©djlufj gieren auf bie SÜBirlungen unb grüdjte ber feel=
forglidjen Söirffamleit beS Kollegs. SDie gaf)l ber Kommunionen in ber gefuiten»
fircfje, bon ben meit jafjlreidferen Seidjten ju fdpoeigen, belief fid) im .gafjre 1647
auf über 22000 unb flieg im folgenben gaf)re auf über 25 000 2. $D?it grofjent
Strofte erfüllten mid), fo fcfjrieb am 25. gebruar 1645 ber ©eneralüifar P. ©angriuS
an ben Seltor £efjm, bie Sadjridjten bon beit (Erfolgen unfer Arbeiten, bem aufeer»
orbentlicpen 2Sol)ImolIen ber Sürgerfdjaft unb ber OrbenSjudjt im Kolleg, greilid)
fel)e icf) aucf) mit tiefem Sebauern, fo fügte er fjinju, bafj bie geitlicfje Sotlage bort
eine roaljre ©d)ule ber ©ebulb für bie Unfrigen ift. ©ebe ©ott, baff alle babei ben
9Jfut bemalten unb fid) nicf)t nieberbrüden taffen3. —
SDie gerriitteten Serfjältniffe am H°fe <3U ^üfielborf Hatten ber bärtigen fegenS-
reichen Stätigleit beS P. 9Jfid)ael ein friilfeS (Enbe bereitet4. ®ie erften ^efuiten,
melcfje im 17. gaf)rl)unbert mieber in SDüffelborf längere geit mirlten, 21nton SBelfer
unb gafob Seiljing, maren ^rebiger unb Seidjtöäter am H°fe ^ ^falggrafen
Söolfgang SBil^elnt non Seuburg, ber im gafjre 1613 am 19. guli ^u SOtüncfjen
jur fatljolifdfen Kirdje übergetreten mar5, im Sooember fid) mit ber baprifd)en
1 * Litt. ann. 1684. Sm Sabre 1639 lrar bie
3af)l ber ißrebigten 3 : im SQtiinfter, ©t 2tbalbert
unb in ber eigenen Kircpe ; bie ber Katedjefen 6 :
in ©t Soiflan, ©t Slbatbert, ©t Satob, ©t $tgi=
biu§, in ber eigenen Kirdje unb in i£)t>rn ; bie ber
ütnfpradjen in grauentiöftern 4: in ©t Seotv
Ijarb, in 9)tariental, im 9ionnenfiofter ju 93urt=
fdjeib unb im KranfenfjauS. * Catal. Rhen,
inf. 1639, 13; ngl. grip a. a. ö. 45 f.
2 * Litt ann. 1647, 164S.
3 * Orig.=9ieg. Ad Rhen. inf. 2)ie 3abl ber
Sefuiteu roudjS immer meljr. Sm Sabre 1650
maren e§ 29: 13 ißriefter, 5 9)iagiftri, 4 ©djo-
laftifer unb 7 Saienbriiber. — i£ie Obern maren :
£ubm. 3iboDarbu§ (©uperior), 1601; ißet. ©iufer
(9(lbenljoiien), 1603; SOlattf). ©djrid, 1609; @.
9tidei, 1622; Sab- ®iten, 1629; jfpeob. 2>ul=
man, 1636; ©ottfr. Otterftebt, 1638; Dtifol.
Sefjm, 1645; Sab- Senren, 1646; Sab- Gronem
bürg, 1650.
4 Sgl. 93b I, ©. 151 f.
5 3)er ^faljgraf Ijatte au$ poiitifdjen ©riin=
ben beit Übertritt anfangs nodj getjeim gehalten.
Grft am 25. 9Kai 1614 madjte er itjn ju SDüffeh
borf befannt. Söotf, ©efdj. SKafimilianS I.
III (1809) 528 ff.
Sleuc Sliebetlaffungcn: SDüffelborf.
81
ißrinjeffin fDiagbalena, ber ©cpmefter ^erjog 9Ra£imiIian§ II., öermäplt unb im
SDejember feinen £jof auf ein Qapr nacp 2)üffelborf neriegt fjatte. SBenig geneptu
maren bie beiben ^efuiten beit branbenburgifcpen fRöten, bie bamal§ — e§ mar bie
Beit be§ jülicp-fleoifcpeu (Srbfolgeftreiteso — nocf) gemeinfam mit bem ißfaljgrafen non
SDüffelborf au§ bie ftrittigen ©ebiete regierten, ©ie Ratten fogar, freilicp nergebenS,
bie (Sntfernung ber ^efuiten nerlangt1.
SDauernb begannen bie ^efuiten in ®üffe!borf ju arbeiten, al§ am 19. 9Rärj 1619
bie beiben s^atre§ ©erparb Sipp unb 53ernparb 33ucf)f)oI^ (Sucpolp) bort anfamen, um
bie ©rünbung be§ nom fßfaljgrafen geplanten ®otIeg§ norjubereiten 2. ®ie Befuiten
feilten ba§ perjoglicpe ©pmtta*
fium, ba§ fog. Seminarium
reipublicae, übernehmen, ba§,
im Bapre 1545 gegrünbet, unter
feinem erften fReftor Bopanne»
äRonpeim eine pope 53Iiite er»
langt patte, bann aber mieber
fcpnell gurücfgegangen mar3.
Bn^mifcpen aber maren bei bem
©eneral 23iteße§cpi Siebenten
aufgeftiegen, ba§ SInerbieten
an^unepmen, unb jmar megett
ber 9cäpe ber ©cpule, melcpe
ber Kölner ßurfürft in fReufj
erricptet patte. (Sr fcprieb am
17. Oftober 1620 an beit fJ3ro»
ninjial (Eopper: 93etreff§ ber
©cpulen gu 35üffeIborf fanit icp
faunt beftimmen, ma§ ju tun
ift, nacpbem mir jene Stntmort
be3 ®urfürften non $öln ju
Opren gefommen ift. SSenn
mir nicpt gan^ flug norangepen,
fürcpte icp gar fepr, einen ber
beiben dürften ju beleibigen.
SRacp reiflicper Überlegung
fcpeint e§ mir am geratenften,
nor (Sröffnung ber ©cpulen
nocp einmal ben ^urfiirften ju fragen, ob biefelbe aucp feine Billigung finbe ;
benn bie ©cpulen bürfen opne feine ßuftimmung nicpt eröffnet merben. 3^ £)offe
4'faligraf Söolfgnng SBilljelm oou Sleuburg.
©tid) Oon SSolfg. Kilian (2/3).
1 Setter, ©egenreformation in SBeftfalen
III 225. ©injelbeiten über bie erfte SBirtfam*
teit in *Hist. coli. Neoburg. 1615 — 1619.
9Jt.=9t., Jes. 1951.
2 Reiffenbergl 512 ff. Sie 9Soröerf)anb=
hingen über bie ©rünbung einer Seiu4en=
fdjule in Süffelborf begonnen 1616. * Sitten
barüber in Süffelborf, <3taat§ard)iO, Süffel*
borf, Jes. 1. Dpne Oon biefen Skrpanblungen
etroa§ ju wiffen, patten bie Sreuaperren in
ben Sliebertanben ben ißtan gefaßt, in Süffel*
borf eine ©djule ju erridjten. StlS aber ber
®uljr, ©efctiicljte bet Sjefuiten. II.
tßfaljgraf feine Slbfidjt in 93etreff ber Sefuiten
mitteitte, Dergicßtete ber ©eneral ber Sreuj*
tjerren, Slug. SteeriuS, inbern er am 16. grebruat
1620 bem ißfal^grafen antwortete: Quos (Pa¬
tres S. J.) cum scimus in hoc studio longis-
sima experientia edoctos et nostros longe
superare, qui etiam hoc nomine ubique suspi-
ciuntur ab ulteriori instantia in praedicto
loco abstineo et abstinebo. * Sitten a. a. D.
IO1/..
3 ©efd). ber Stabt Süffelborf (1888) 67 ff
262 ff. Sgl. über iDtonpeim 33b I, 6. 678 f.
6
82 $tt>eite§ Kapitel. $ie nieberrlfeinifcfje ^rotiinj.
Zmar, baff er bem Sßlan beg üermanbten unb benachbarten dürften nicfjt abgeneigt
fein mirb1.
9?od) beüor jebocf) biefer Srief an feine SIbreffe gelangte, hatte ber ßurfürft
fcfjon feine guftimmung gegeben2, unb am 12. S'ioüember 1620 maren bie ©deuten
mit fünf klaffen in itjren alten Stäumen unter großer geierlicfjfeit eröffnet morben3.
21m 3. Dftober 1621 fanbte ber ißfaljgraf bie ©tiftunggurtunbe üom 14. 2luguft
1621 mit ber 93itte um 21nnaf)me an ben ©eneral4. ®iefer nahm am 20. Üftoüember
1621 unter üielent ®anfe bie ©tiftung an5. ®afür üerfprad) bann ber Sßfa^graf
am 27. ®ejember 1621 üon neuem feine bereitmiüige Unterftütjung 6. ®ie ©deuten
^oben fiel) rafdf). Sie zeichnen fief) aug, fo heifü eg im $af)re 1625 7, burd) bie
3af)l ber ©cfniter fomie ben ©ifer unb bie g-römmigfeit berfelben. ®rieg unb Sßeft
brauten gmar ©törungen, fo baff im $af)re 1633 üon „geringerer'' ©ctjülerjaf)!
gefprodjen mirb8. SDocf) fcffeint bag ©pmnafium halb neuen Sluffchmung genommen
ZU haben. Qm Qalfre 1634 mürbe bie ßat)! ber bigfjerigen fünf Sehrer um jmei
oermehrt, unb feefjg Qahre fpäter mirb berietet: 2)ie ©djulen finb, fotange mir fie
leiten, nie fo ftarf befudfft morben9. Sluctj fpäter noch mirb üon meiterem 3umacf)g
gefprodffen 10.
Qn ber ©tiftunggurlunbe hatte ber fßfalzgraf für bie SSofinung geforgt. 21 tg bie
Qefuiten am 30. 9JJärj 1619 in SDüffelborf angelangt maren, Ratten fie üortäufige Stuf«
nähme gefunben bei einem atten Qreunbe ker ©efeüfchaft, X^eobor Heiftermann, big
bie für fie beftimmte enge SÖofjnung eingerichtet mar. 21m Slnbreagtag 1621 fonnten
fie bag geräumige ü. Offenbroicf)ifcf)e Sefihtum beziehen n. SDen ©ottegbienft hielten
fie anfangg in ber ^otlegiattirche SDiariä Himmelfahrt (©t Sambert) unb in ihrer
HaugfapeÖe, big fie über bie eigene Kirche üerfügten. 2>er fßlan ju biefer mürbe
bereitg 97oüember 1621 nach Stom gefanbt unb am 5. Quli 1622 ber ©runbftein
gelegt. 2lm 20. Sluguft 1622 fcfjrieb ber ©eneral an ben ©uperior S3ucf)ol^, er
freue fidf), bah ber ^Slan beg Haufeg unb ber Kirche noch rechtzeitig angefommen fei.
®a ber 5ßlan hier ein menig umgeftattet morben unb auch in ®üffe!borf fo gebilligt
mirb, fo mögen @m. H0(^n)ürben forgfältig barauf achten, bah bie Sßerfteute beim
Sau nicht baüon abmeichen 12. 9cadh üier Qalfren mar man big gum ®ach gefommen,
mieber brei Qahre fpäter fonnte bie ^irefje in ©ebraucf) genommen merben. 25er eigent»
liehe Saumeifter ber Kirche ift nicht befannt. Sauleiter mar ber im Saumefen erfahrene
P. Qof). ^achfoniug. ®ie Kirche, bem hl- Stnbreag gemeiht, ift ein breifdfiffiger
Haüenbau üon 43 m Sänge unb 16 m Sreite unb Höhe- ®ag Qnnere zeichnet fiel)
aug burdh reiche ©tuefbeforation. ©g zeigt an ben ©emölben „eine in Sitbmer! üer-
förperte Sitanei üon allen Heiligen", ©tiliftifcf) ift bie Kirche halb ©otif, halb
Sarocf. Qn manchen fünften ähnelt fie ber Neuburger Qefuitenfirche, bie )ßfatz=
graf SBoIfgang SBilheltn mohl alg Sftufter üor Slugen fchmebte. 9tacf) fompetentem
Urteil gehört bie 2lnbreagfircf)e „zu ben herüorragenbften ®irchenbauten, melc^e in
ber rheinifchen Orbengproüinz errietet mürben, unb bag nicht zun: menigften burch
ihren nach 5orm unb ©ebanfeninhalt fo glänzenben ©tuef fehmuef" 13.
1 *0rig.=9teg. Ad Rhen.
2 33gl. * 33iteHeScf)i an Sof>per, 23. San. 1621.
Sbb.
3 Reiffenberg I 516.
4 * Original in Epp. Princ. V 89. Sin
jmeite? Original in Sbiiffelborf, ©taatSardjiü.
5 *0rig.=9ieg. Ad Extern.
6 * Original in Epp. Princ. Y 102.
7 * Litt. ann. 1625.
8 *Sbb. 1633.
9 *Sbb. 1634 1641.
10 *Sbb. 1647.
11 Über biefeS £>auS f. Kniff ler, $aS 3e«
fuiten « ©pmnafinnt gu Siiffelborf (1892) 8.
©runbrifj in geitfdjr. f. fircfjl. Kunft 1906, 77.
12 * Orig.=9teg. Ad Rhen. 97ad) 33 r a it n , $ie
Kircbenbanten ber beutftfjen Sefuüen I 201, be=
jog firf) bie 3'lnberung nur auf ben 93auplan
be§ Kollege.
13 18 raun a. a. 0. I 199 — 220.
9teuc fftieberlaffungen : Siiffelborf.
83
Slußer in ber eigenen Kircße prebigten bie ^efuiten in ber 9Rariä ^immelfaßrtg»
fird^e. Katecßefe ßielt man, im $aßre 1633 j. SB.1, in ben jmei Kirdßen ber ©tabt,
in ber Kapelle beg §ofpitafg unb auf fecßg umliegenben Dörfern, unb jmar unter
feßr ftarfem ßubrang felbft ber ©rmacßfenen. Saju famen gaßlreicße Sfugßilfeit in
©erregßeim, Kaifergroertß unb befonberg in fRatingen, moßin bie Sßatreg lange Qaßre
an ben £)ö£)eren heften regelmäßig gerufen mürben, unb jmar für gemößnlicß ju jmei,
unb enblicß bie STätigfeit in ben nacß unb nacß errichteten fünf Kongregationen.
Überhaupt, fo berieten bie Qefuiten im ^aßre 1633, maren mir barauf bebacßt,
feine ©efegenßeit ju iiberfeßen, bem SRäcßften ung nüßficß ju ermeifen, fei eg in ben
©efängniffen unb Kerfern, bie mir regelmäßig befucßen, fei eg in bem Slrmen»
ßofpital, rao mir roöcßentlicß jmeimal einer großen ©cßar Sfrmen bag SBrot ber
cßriftficßen £eßre bredfen, fei eg am SBette ber Kranfett, ju benen mir gerufen merben
unb bie mir aucß fonft bei £ag ober 9iacßt befucßen, fei eg in ben Knaben» unb
SRübcßenfcßufett, fei eg bei ben ©olbaten, fei eg bei ben ^Bürgern, bie mir in ihrer
SSoßnung auffucßen unb benen mir burcß 9iat unb (Tat, fomeit eg unfere Orbeng*
beftimmungen gutaffen, ju helfen tracßten.
SReicß finb bie $rücßte, fo fcßrieb ber fReftor ©tberti am 31. SDe^ember 1633
an beit ©eneral, mefcße mir burcß unfere öerfcßiebenartige SBirffamfeit ßier ernten2.
5£)ie 3ahf ber Kommunionen, mefcße ficß im Qaßre 1624 auf über 4700 belief, hatte
ficß allein bei ben ^efuiten nacß jeßn Bfaßren meßr afg oerboppelt. 2fn ben ßößeren
^efttagen, fo heißt eg in bem SBericßte, famen fo oiele jur SBeicßt, baß bie fecßg SBeicßt*
üäter oft über ißre Kräfte angeftrengt mürben, ©g fommunijierten allein bei ung
10 283, eine Baß*/ melcße für bie nicßt große ©tabt, in ber jubem jmei Brrfeßren
feften gmß gefaßt ßaben — etma 13000 Katßofifen neben 700 ©aftiiniften unb
200 Sutßeranern3 — burdßaug nicßt gering ift. 2lucß feßrten einige Sßroteftanten
gur fatßolifcßen Kirche mieber jurücf, bei ben Qefuiten felbft jäßrticß burcßfcßnittlid)
jmanjig. S£)ie STätigfeit nacß außen mürbe burcß ben Krieg unb befonberg burcß bie
SRepreffafien ber ^oüänber ftarf beeinträchtigt.
$n SRom mar man mit ber fegengreichen Stätigfeit ber SDüffelborfer ißatreg feßr
jufrieben. ©o brücfte SBiteüegcßi am 19. SfRärg 1622 bem P. ^einricß ©cßacßt feine
greube aug über bag gliicflicße ©ebeißen beg Koüegg. „2)a im §aug alleg gut
fteßt", fo fdhrieb ber ©enerat ermutigenb an ben SReftor ©Iberti am 19. gebruar 1628,
„ba iugenb unb religiöfe ©igjiplin bort bfüßen unb aucß braußen nacß Kräften
am £eil beg SRäcßften gearbeitet mirb, fo macßen mir bie ßäuglicßen SBebrängniffe
menig ©orge. SDer gute ©tanb beg geiftlicßen Sebeng, ber gtüßenbe ©ifer, ©otteg
©ßre ju förbern, unb ber große ©rfolg, momit ©ott bie Arbeiten fegnet, gibt mir
bag fefte Sßertrauen, baß bie göttlidße SBorfeßung bag Kolleg aucfj in ben seitlichen
9cöten nicßt nertaffen merbe."4 5 Bmei Qaßre fpäter, am 15. Quni 1630, antmortete
1 * Litt. ann. 1683; auch * ebb. 1637 1646
1648.
2 »gl. * S3itefle§cf)i an ©Iberti, 13. 9Kai 1634.
Drig.=9ieg. Ad Rhen.
3 Über bie 93eDölferung ift eine genauere
2lngabe au3 bem Safjre 1658 oorfjanben. §ierin
beißt e§ : „Sie Süffelborfer Pfarre umfaßt jmei
Slbteilungen : bie ^nluobnenben unb bie 2Iu§=
luärtigen. 3u ben 2tu3märtigen gehören bie
SBemoßner ber um Siiffelborf liegenbeu SBoß*
nungen unb Drtfcßaften. . . . Siefer Siftrift ent*
hält 175 Käufer, 559 fatßolüen, 49 EalDiniften,
5 Sutßeraner, jufammen 613. Sie Smuoßnen»
ben finb bie SBetooßner ber (Stabt felbft, mit
StuSnaßme ber retigiöfen Drben . . . unb ber
6oIbaten, bie am §ofe Ouartier haben. Sie
©tabt felbft ßat 648..päufer, 13289 fatßolifcbe,
658 calüinifd)e unb 208 lutfjerifcbe ©inWoßner,
alfo pfammen 14 155 S3ewoßner." Sa§ gan^e
$farrgebiet Don Süffelborf umfaßte alfo 13 848
Slatßolifen, 707 SolDiniften, 213 Sutßerauer,
jufammen 14 768 Serooßuer. 93erid)t be§ Se»
cßanteu SSoeß an bie ^offanjlei, Sejember 1658,
bei 93 a t) e r I e , Sie fatßolifdjen Äircßen Süffel»
borfä (1844) 73.
4 * Srig.*9ieg. Ad Rhen. 93gt. 5. 9tug. 1628.
6*
84
3lueite§ Äapitel. 2>ie rtieberr^etrtifdje »robin^.
er auf bie günftigen 23erid)te ©berti§: „SBotte ©ott bocf> nid)t gutaffen, baf; bie
Arbeiten, moburd) bort fo §erborragenbe§ für ba§ £>eit ber Seelen, bie ©fre ©otte§
unb bie Unberfehrtfjeit ber OMigion geleiftet mirb, burd) ben $rieg geftört merben,
unb aud) in Qufunft bie (Stabt bor ben Qeinben fcf)üj3en." 1
Siefe 23efitrd)tung bor einer Störung burd) ben ßrieg ermie§ fid^ teiber nur
ju balb atg berechtigt, menigfteng für ben Unterhalt be§ Kollegs, Qaft bon
SInfang an hatte ba§ Äotteg unter nicht geringer seitlicher 9?ot su leiben gehabt2.
Sie Stiftung ermie§ fid) balb atg bnrd)au§ ungutängtich. Schon brei Qatjre nad)
ber Stiftung, ba ba§ fö'otteg nur erft 15 Sßerfonen, 6 $atre§, 5 StRagiftri unb
4 Saienbrüber säfjlte, Reifst e§ in einem Briefe be§ ©eneratg an ben SRettor: „Sie
Stiftung ift stoar nicht bebeutenb; bod) hat ba§ Kolleg einen fo freigebigen Stifter,
baf; eg mot)t faum großen SRanget teiben bürfte, sumat menn ber $ßfatsgraf, mie mir
hören, bort ftänbig §of hatten mirb."3 Ser atteg bersehrenbe £rieg fe|te aber aud)
ber Qreigebigfeit beg fürfttid)en ©önnerg batb ihre ©rengeit, fo baf) ber s^ßfatggraf im
Qaf)re 1630 bem üteftor ©berti offen feine eigene ÜRottage eingeftaitb 4. Qm Qafjre
1645 berichtete ber 9teftor nach Sfiont: fönnten hier mit ben ©nfünften bon
1494 9Reid)gtatern, menn un§ aUe§ richtig auSgegahft mürbe, 16 ißerfonen unter»
hatten merben. Sa eg hierin aber ftar! fehlt unb aufjer 27 ißerfonen im $otteg
aud) noch bie ÜDliffionen (in Sittarb, 23tanfenberg unb tRaoenftein) fomie bie ©äfte
unterhalten merben müffen, fo finb Sd)utben borhanben, unb stnar in §öhe bon
1700 9Reich§tatern 5 6. Sröftenb fdfirieb ber ©enerat P. (Sarrafa am 1. 2luguft 1648,
atg ber Qriebe in Sid)t mar, an ben 9teftor Stufen: ,,Qd) h°ffe nun and), baf; ©ott,
ber jetjt faft überall bie Seinen im Qeuerofen ber SIrmut geprüft hat, ber seitlichen
ÜRot beg ®ottegg batb ein ©nbe mailen mirb/7 6 Qebod) hatte fie fid) tro£ ber
mieber reidjtidjer ftiefsenben Spenben beg ißfatsgrafen bor 1650 nod) nicfjt gehoben7. —
Sehr medjfetreid) geftatteten ficf) bie ©efdpde beg neuen Ä'oUegg in Dgnabrütf.
Qn ber Siösefe Ognabrüd mit ihren 300 Pfarreien hatten faft ein Qat)rhunbert lang,
bon 1532 big 1623, faft nur proteftantifcf)e 23ifd)öfe im Sinne ber neuen Sehre gemirft.
Saf) in biefer Qeit bie fathotifche 9tetigion nicht bottftänbig bernic^tet mürbe, ift
borgügticf) bag SSerbienft ber fattjotifchen ÜRitgtieber beg Somfapitetg, bie nicht nur
im Som, fonbern and) in ber Siösefe ben tatfjolifdhen ©ottegbienft su erhalten
fudjten8. Unter ber langen Regierung beg proteftantifchen 23ifcf)ofg ißh'lipp ©igi§-
munb bon Söolfenbüttet (1591—1622) hatten bie fathotifchen Somherren bie 9Ref)r*
heit erlangt, unb fo gelang eg ihnen nad) bem Sobe Sigigntunbg, mieber einen
^atfjolifen sunt 53ifdjof su mähten. Qf)re SBahl fiel auf ben früheren Sompropft
in Stötn, ben ©rafen ©tet Qriebrid) bon §ot)ensottern, ber feit 1621 atg ^arbinat
in 3tom refibierte. © mar nad) bem llrteit beg Söiener ÜRuntiug Garto Garafa
ein fehr gefd)äftggemanbter unb ber beutfd)en SSerhättniffe überaug funbiger Qürft9.
Ser ^arbinat griff fofort ben ißtan auf, ben fein tepter fathotifd)er Vorgänger,
Qofjann b. £mt)a (1553 — 1574), lange im Sluge behalten unb ber aud) fpäter mieber
1 * Drig.=9teg. Ad Rhen.
8 Sgl. Sn if fl er a. a. 0. 9: „5)ie Sin»
fünfte ber ^efuiten ftanben meift auf bem
Rapier."
3 * 0rig.»9teg. Ad Rhen.
4 »gl. * »iteüeSdü an Slberti, 10. Slug. 1630.
S6b. 5 * Catal. trienn. Rhen.
6 * 0rig.=9Jeg. Ad Rhen.
7 $a3SotIeg äa^lte bamal§ im ganzen 28 3e>
fuiten: 13 »atrel, 4 SJtagiftri unb 11 Saieu»
brüber. — Sie Obern maren: @er^. Sipp, 1619;
»ernlj. »udjolp, 1620; gol). SJteftorff, 1624;
So!)- Slberti, 1626 ; Sol)- 3>oenbrüggen, 1637 ;
©o§m. Stiefel, 1644; Slbam Safen, 1647.
8 Stühe, ©efd). be§ §od)ftift§ DSnabrüd
II (1872) 477 ff.
9 Carlo Carafa, Commentaria (1639) 189.
Über ben Ü'arbinal hgl. Sorft in ben SJtit»
teilungen be§ »ereirn? für @efcf)id)te hon 0§na-
brücf XIX (1894) 95 ff; berf. , »olitifdje Sor»
refpotibenj bed ©rafen SranA SBilf). h. S5?arten'
berg (1897) x ff.
9?eue ÜJticberlaffungen: Olnabriicf.
85
auftaudjte, nämtid) jur Söieberfjerftetlung ber fatfjolifc^en Religion ^ejuiten ju be¬
rufen. ©teidP) nad) feinem Sinjuge in 0Snabriid, (perbft 1624, bat ber ^arbinat fefjr
nacpbrüdticp ben ©enerat 93iteüe§cpi um mögticpft fcpteunige ©enbung einiger patres.
Slm 23. j&ejember 1624 befcptofj ba§ Kapitel auf Antrag be§ $arbinat§, bie
Dertaffene SßaulSfapeüe nebft bem iJSfarrpaufe unb einem anbern |>aufe, ferner bie
®arotinifcpe ©cpute nebft beren Sinfiinften ben Qefuiten ju übergeben. 2tm 29. Ja¬
nuar 1625 famen ber 9ieftor Don äRiinfter, $ßeter 9fuibiuS, unb P. £>einricp UppauS,
SDZiffionär in Söarenborf, jur 23eficptigung nad) 03nabriid. $n bem eigenpänbigen
©cpreiben Dom 29. Januar 1625, in metcpem ber ®arbinat bem ®ombecpanten bie
Slnfnnft ber ^atre§ angeigt, peifst e§ non P. 9^uibiu§ : „2)er s^Sater 9Mtor ift mein
Seicbtnater gemefen; icp fenne ipn, ift mag ffruputoS, mollt gern at§ auf einmal
paben, aber eS gepet nit alfo ju, mie man gern moüt, aügemad) fommt man aud)
raeiter." 1
23iteüeScpi patte am 1. fyebruar 1625 ben ißroDinjiat Sopper angetoiefen, fofort
einige ißatreS nad) OSnabritd 311 fenben, bamit fcpon um Oftern ber Unterricht in
ber ®omfd)ute begonnen merbeit fönne. „Slufjerbem begeprt ber ®arbinat nocp
minbeftenS fecpS patres für bie ätfiffionen, melcpe er an brei 0rten feiner SDiögefe
einricpten miü. ©obatb at§ möglich foü all biefen SBünfcpen entfprocpen merben,
benn ber ^arbinal miü ber ©efeüfcpaft eine fefte 9fieberlaffung in OSnabriid be«
grünben, benor er anbergmopin abgerufen mirb. ©omit ift bie größte Site in 2lb-
fenbung ber gemiinfcpten üßerfonen notroenbig. ®a nun bie Seute, metcpe in einer fo
nermaprtoften @egeub bie gunbamente für ein neues ®oüeg erricpten foüen, Scanner
oon großer t£ugenb, @5eteprfamfeit unb $tugpeit fein miiffen, foüen fetbft auf Soften
anberer ^oüegien megen ber großen ÜJottage in 0Snabriid unb ber gropen SSerbienfte
be§ ®arbinat§ um bie ©efeüfcpaft nur fotdje ÜDJänner gefdjidt merben."2
2tm 9. 2lprit, am greitag oor ^atmfonntag alten ©titl, famen P. £>einricp
UppauS unb P. £>einricp ©d)acpt mit einem Saienbruber nacp 0§nabrüd3. ®ie
©tabt gab menig Hoffnung auf frudjtreicpe Arbeit. 3mar mar ber SDont, bie ^oüegiat-
fircpe ©t Qopann, ba§ ®ominifanerftofter unb bie jmei, freifid) teer ftepenben, friiperen
®Iöfter ber Stuguftiner unb granjiSfaner nocp in ben |)änben ber ®atpotifen unb
nur bie Siebfrauen- unb ^atparinenfirdje ben ißroteftanten jugefaüen4; bocp befannten
fiep bie Sinmopner jum größten Xeit jum „SatoiniSmuS ober SttpeiSmuS" 5. fö'aum
jepn maren nocp fatpotifcp unb biefe tau unb manfenb 6. SDa^u patte fid) bie ©tabt
aüertei tanbeSperrticpe dfeepte, auep ba§ 9?eformation§red)t, angeeignet unb fudjte
nunmepr, um nicht bie fatpotifepe Religion mieber annepmen ju müffen, beim ®aifer
gar um Söeftätigung berfetben nadp unb um Spemtion Don ber geifttiepen unb rnett-
tiepen ^urisbiftion be§ neuen gürftbifcpofS7.
2tm 18. Stprit — in 0Snabrüd, mo man nocp nad) bem Qutianifdjen ^atenber
reepnete, ber erfte 0ftertag — begannen bie ^efuiten ipre tJatigfeit. ©ie pietten
ißrebigten im ®om unb in ber $ominifanerfirdje unb eröffneten jmei Sage fpäter
bie ©cpute in ben Räumen ber atten ^arotinifepen ©cpute am ®omportifu§8.
1 Säger, 2>ie Schola Carolina Osnabrug.
(1904) 54.
2 * 0rig.=91eg. Ad Rhen.
3 * Hist. coil. Osnabrug. (Germ. Fund. I
210).
4 © t ü ü e a. a. 0. HI (1882) 100. * Litt,
ann. 1625 a. a. 0. ; * Hist. coli. a. n. 0.
5 gürftbifdjof grans itBilf). »• SBartenberg
an ben 2Beil)biid)of S°b. Reifing , 12. 2}ej.
1627. Korrefbonbenj bei ©rafen b. SSarten-
berg 173.
6 * Status ecclesiae et dioecesis Osnabru-
gensis , . . . designatus a. 1629 mense Maio.
*Reiffenberg II Mantissa.
7 6bb. unb 0. ®Iopb, 3)er ®reiiügjäbrige
Krieg III (1895) 133.
8 * Hist. coli. Osnabrug. Säger a. a. 0.
51 f.
86
Btoeitei Kapitel. $ie nieberrpeinifcbe tJSrobinj.
40 ©cpüler Ratten fiep eingefunben; beren 3apl flieg trop bei proteftantifcpen Dtatl*
gpmnafium! unb trop ber Peft im Sluguft fo rafc^, bap man im £>erbft 160 gäplte
unb bei ^Beginn bei neuen ©cpuljaprel im Üftoüember fcf)on alle fünf klaffen ein*
ridjten fonnte. Sie 3apl ber ^efuiten mar ingmifdjen auf 12 oermeprt morben:
4 ^ßriefter, 4 9)Jagiftri unb 4 Saienbrüber.
Sa trat plöplid) ein für bie fatpolifcpe ©adje ungünftiger Sßecpfel ber SSer*
^ältniffe ein. ©ang unermartet mar nämlidp am 19. (September 1625 ber neue
23ifcpof geftorben unb bamit aüel rcieber in $rage gefteüt. 3luar patte ®ont»
fapitel in oder Site nacp Stblauf einel üdionatl am 26. Oltober einen ebenbürtigen
üliacpfolger gemäplt. Sl mar ber ehemalige 3ögüng bei Kollegium ©ermanitum,
©raf grang SBilpelnt ü. Söartenberg, ein SSetter bei Kötner föurfürften, ein Sftann
oon gropem Sifer für bie fatpolifcpe Religion, oon fcpneller unb fcparfer Sluffaffung,
Oon meitem 23lid unb gäper Söillenlfraft \ mie bet päpfttidje üiuntiul fiuigi Sarafa
oon ®öln urteilt, aulgegeicpnet burcp feine natürliche Befähigung, feine SBitbung,
feine grömmigfeit unb fein reinel Seben1 2. Sodj beüor noch ber neue Bifchof fein
23iltum übernehmen tonnte, fo berichtet eine gleichzeitige Senffcprift, patten bie gmei
proteftantifcpen Sanbftänbe, ber Stbet unb bie ©täbte, an ihrer ©pipe Olnabrüd,
fiep gegen ipn erflärt. ©ie fepten aüel baran, Gruppen bei Sänenfönigl inl (Stift
gu ziepen. 9?acpbem biefe im 9)?ärg 1626 inl £anb eingerüdt roaren, mürben ber
Sompropft unb Sombedpant am 10. SJiärg gefangen aul ber Stabt meggefüprt. Sal
Somfapitel mupte beit ©opn bei Sänenfönigl all ®oabjutor annepmen. liefern
übergaben bie ©tänbe bie befeftigte 33urg unb bifdpöftiepe dtefibeng fyürftenau unb
faft bal gange ©tift, fo bap ber gürftbifepof nirgenbmo opne ©efapr feine Siägefe
betreten tonnte3.
Sie 3efniten toaren bei Slnnäperung ber Sänen geflüchtet, nur ein pater
blieb unb unterrichtete bie ©cpüter in bem §aufe bei ber Paullfapetle. Srft
all 2illp bie Säuen befiegt unb aul gang üftorbbeutfcplanb oerbrängt patte,
begab fiep ber g'ürftbifcpof im Segember 1627 in feine Siögefe, fepte fiep am
3. Januar 1628 mit §ilfe ber Sruppeit ber £iga mieber in ben Befip feiner Befi=
beng gürftenau unb ermirfte Dom ßaifer, bap Sidp am 19. Januar 1628 eine
ftarte iBefapung in bie §auptftabt Olnabrüct legte, um fo bie ©tabt gur Bot=
mäpigteit gu bringen. Sie tanbeloerräterifcpeu Umtriebe ber Bürger maren fo
meit gegangen, im ©ommer 1627, all ber ©lüeflftern ber Säuen im Srlöfcpen mar,
©tabt unb ©tift ben ^»ollänbern angubieten unb im Januar 1628 bie Sänen mieber
gurüefgurufen. Slnfang! fepeint bie Sruppeneinlagerung, für bie monatlich 16000 Saler
aufgebraept merben mupten, menig gefruchtet gu paben. Senn am 10. äftai 1628
fdjrieb ber Bifdjof aul Olnabrüd an ben Kölner Äurfürften : £)ier fiepen bie ©aepen
in politicis noep fdplecpt. äftan fann ben Seuten burdjaul niept trauen. $or oier
Sagen brad) fepier ein 2tufftanb aul, mobei ein ^Bürger ben Dbrift*2öacptmeifter
mit einer 2ljt auf ber ©affe überlaufen, ipn gu erntorben gebropt unb mir auep eben
alfo gu tun gerufen. Ser üüiagiftratul ift gang pallftarrig in allen ©aepen. Sie
^Bürger bürfen öffentlid) fagen, el merbe halb anberl merben, icp merbe halb ab*
reifen. Saper bie ©aepen mopl miiffen folibiert merben. Ser Sftagiftratul pat
lange tergioerfiert, bap man bie gortipfation (bie 3itabelle Petersburg) erft peute
1 9tad) & o I b f cf) m i b t , granj SBilf). b. 2Bar-
tenberg (1866) 13 f; gor ft, ßorrefpottbeng
x ff- gratis SBüpelm entflammte ali ältefter
©opn ber morganatifdjen ©tje bei ^erjogi ger*
bittanb Oon 33at)ern, bei jüngften $8rnberi bei
£>er*ogi SSiUfelm V., mit fDtaria o. fßettenbeef.
$ie Shtber biefer Spe führten ben Xitel
0. SBartenberg.
2 Aloys. Carafa, Legatio apostolica 29.
3 * Status ecclesiae et dioecesis Osnabrugen-
sis 1629 a. a. Q. 3?gt. bie Briefe bei f^ürft*
bifefjofi bei ffrorft, Sorrefponbenj 172 ff.
9teue 9?ieberlaffungen : ©eiitabrücf. 87
angefangen ßat au§gufteden. ©o lange ba§ nidjt ift, !amt man ficß feiner «Sicher»
fjeit getröften1.
Sie fa(t unerfcßroingtidje Saft ber SSerpftegungsfoften bradjten aber batb eine
Snberung ferner. 9)?an roanbte fic^ ßilfefteßenb an Sittp2. Siefer mürbe bann
burd) ba§ große (Stenb, roeteßeg er mit eigenen Stugen bei einem 53efucße ber (Stabt
gu fef)en tief am, unb bureß bie untermürfige ©efittnung ber ^Bürger bemogen,
am 23. Stuguft 1628 an beit in üötüncßen meitenben 23ifcßof gu feßreiben: „Qd) ßabe
felbft gehört, roie tätig, mittig unb erbötig bie gange 33ürgerfcßaft mit SBeib unb
ßinb gu atter Sreu, Devotion unb ©eßorfatn gegen ©ro. ©naben, atg ißren
non ©ott gefegten Sanbesfürften, mit fußfättigem ©upptigieren, mit ftießenben ßeißeit
Bäßren unb tränen fief) in tiefer Untertänigfeit erftärt unb erboten ßat, baß icß bei
fo befd)affenen ©aeßen faft beängftigt unb genötigt mürbe, ißtien meine Ißarote gu
geben unb gu öerfpredjen, baß icß innerhalb 14 Sagen gmei Compagnien afmeßmeit
unb anbergrooßin oertegen motte."3 Stillt) felbft meinte, baß ber übermäßige Srud
„meber bem 23ifcßof felbft, nodj ber ©eifttießfeit, noeß bem SCBerf ber ßonüerfion
gunt 92ußen" gereieße4.
9iocß beoor aber biefer Umfcßtag in ber ©efittnung eingetreten mar, feßon am
14. 9U?ärg 1628, gmei Sage nad) feinem ©inguge in bie ©tabt, ßatte ber 33ifcßof
mit ber 2(u3füßrung feiner ißtäne gur SBiebergeroinnung feiner Untertanen für ben
alten ©tauben begonnen5. Sa§ ^efuitenfotteg mürbe fofort feft funbiert6, bie
grangi§faner=Obferoanten in ba§ ehemalige ®tofter ber $onüentuaten gerufen, bie
beiben ben ®atßotifen entgogenen .ßireßen biefen gurüdgegeben, ba§ proteftantifeße
9tat§gßmnafium unb fämttidje fonftigen proteftantifeßen ©cßuten gefeßtoffen, am
28. SÖtärg eine Siögefanfpnobe geßatten, am 14. SDJai ein ßterifatfeminar für 30 $ög*
tinge unter Seitung ber Qefuiten eröffnet unb bagu noeß batb barauf ein $onoift
für Stbetige errichtet. 3tnt 13. üDiai 1628 formte ber gürftbifeßof an ben tßaber=
borner Söeißbifcßof Qoßann Reifing feßreiben: Sie begonnene ^Reformation geßt gut
ooran. ©inige S3iirger fiub fdjon mieber gurüdgeteßrt; mandj anbere mürben folgen,
menn nur jemanb oon ben Slngefeßeneren üoranginge. f^reitieß mirb biefe§ fo teießt
nießt eintreffen, ba man ficß in biefen Greifen immer noeß Hoffnung auf Umftoßung
atter SSerorbuungen maeßt, unb menn ber ®aifer ißr ©efueß nießt energifd) abroeift
unb alte Hoffnung nimmt, nod) lange ßartuädig babei üerßarren mirb7.
Sie Qefuiteu ßatten naeß ißrer fRüdfeßr menig ©rfotg bei ißren Strbeiten. ©§
bauerte noeß ein gange§ 3a^r/ ein nennen^roerter Utnfdjmung eintrat, troß eifriger
Strbeit ber Qefuiten unb ber grangi§faner»0bfert)anten, roie ber 53ifcßof in einem
©cßreiben oom 3. 9Rai 1628 an ben ÜRuntiuS Suigi ©arafa anerfannte8. 3tm
6. Segember 1628 ßieß e§ in einem Briefe be§ 33ifeßof§, baß ficß nur roenige Bürger
für fatßotifcß erftärten unb baß biefe oerfpottet, oertaeßt unb „aueß oon bem 9Ragi.
ftrate in meßreren SBegen befeßmert" mürben, fo baß babureß anbere oon ber fatßo=
tifeßen Religion abgeßatten mürben9. Sie 23eoorgugung, bie ber fyürftbifcßof ben
^atßotifen angebeißen ließ, bie SReuroaßt be§ gefamten ©tabtrateä im ^nnuar 1629,
in meteßern bureß ba§ ©ingreifen be§ gürftbifcßof§ bie brei 33ürgermeifter unb ber
größte Seit ber 9tat3ßerren ^atßotifen maren 10, fomie bie attmäßtieße ©nttaftung 11
1 gorft a. a. D. 234. 2 0. Stopp,
2iDp I (1861) 465 ff. 3 Sbb. 547.
4 ©bb.467. S8gt. bie S9riefe bei g o r ft a. a. D.
289 ff.
5 * Litt. ann. 1628. ©tiioe a. a. D. III
103 ff. © o 1 b f cf) m i b t a a. 0. 21 29 ff 43 ff.
Sorft a. a. 0. 218 ff.
6 * $ie Stiftunggurfunbe bom 14. rj 1628.
Sopie in Fund. Rhen. inf. I 328 ff.
I gor ft a. a. 0. 238.
8 * Arch. Vatic., Nunz. di Colonia, Arm. 1,
vol. X. 9 © o t b f cf) m i b t a. a. 0. 49.
10 ©bb. 48 unb * Status eccles. a. a. 0.
II 0. Stopp, 2)er S)reif3igjät)r. Srieg III 141 f.
88
fpneiteei ffapitel. ®ie niebcrr^cirtifdje fßrobiitj.
ber (Stabt öort bei* briicfenben ©inquartierung freuten nad; unb nad; bie ^er^en
empfänglicher gemacht 311 haben. Slnt 18. Stprit 1629 berichtete ber S3ifcf)of oon
feiner Siefibenj 31t ^burg bem ißaberborner SSeifjbifc^of : Unter großer 0-reube meilte
ich oom ©am§tag üor fßalmfonntag bi§ gestern, 2)ien§tag nach Oftern, in Oönabrücf.
®ie Katl)oIifen, fotüofjt bie alten mie bie in biefem Qahre neu hinsugefommenen,
empfingen in großer 3al)l am Sßalmfonntag, ©rünbonnergtag unb Oftern in ihren
ißfarrfirdfen öffentlich bie heUige Kommunion. (Sinige finb mieber neu übergetreten,
für noch fiele anbere aber hegt man gute Hoffnung. Sin ber ^Projeffion, melcfje
am Oftermontag alle brei Pfarren 311 ihrer ÜOJutterpfarre, bem ®om, anftellten, be¬
teiligten fich ade Katf;oIifen beiberlei ©efd;lecht§. 3lt)ei un& 3mei U11^ unter ©efang
30g man in ben ®om unb blieb bort roährenb ber gatten freier. ®ie üftidftfatholifen
hatten fich aug freien ©lüden angefchloffen unb begleiteten bie ^roseffion in 9teif)e
unb ©lieb ober fcharentoeife. ^m ®om, in ber Vorhalle unb auf bem Kirchhofe
ftanb alles fo bid)t gebrängt ooll, bah fich mof)l bie gan3e ©tabt bort 3ufammen-
gefunben hat1. Unb einen 9Konat fpäter, Slnfang $uni 1629, fcffrieb ber ^ro-
0in3ial Hermann Sßaoing an ben ©eneral: ®ie ©tabt famt ber ®iö3efe OSnabrüd,
melche nach bem £obe be§ KarbinalS b. 3°öern mit bem ®änenfönig fich insgeheim
in SSerbinbung gefegt hatte nnb auf Verrat fann, jeßt aber burd; bie faiferlichen
SBaffen 3um ©ehorfam 3urüdgebrad)t ift, bietet ben Unfrigen ein großes SlrbeitSfelb
bar. Stile ^atre§ finb eifrig an ber Arbeit. 3n nnb außerhalb ber ©tabt mirfen
fie emfig unb haben jeßt fchon innerhalb rceniger ÜDtonate 208 mit ber Kirdfe
raieber auSgeföhnt. fleißige unb tüchtige ÜDJitarbeiter haben fie in ber ©tabt an
ben gra^iöfanerpatreS de Observantia unb an einigen Pfarrern auS bem Söelt-
HeruS2. Stbgefehen oon ben Katecßefen in unb außerhalb ber ©tabt unb fonftigen
s$rebigten, hatten bie ^efuiten bie regelmäßigen ^3rebigten im SDom unb in ber
Kotlegiatfirche ©t Johann unb 3eitmeilig ben ©otteSbienft unb bie ißrebigt aud; in
ber Siebfrauenfircße 3.
®ie ©rfolge hielten an. „©roßen Xroft bereitete mir ba§ ©cßreiben @m. ^jorfj-
mürben über ben ©tanb bes KollegS", fo entgegnete ber OrbenSgeneral ein ^aßr
fpäter, am 13. Stpril 1630, auf ben Bericht be§ OSnabrüder ®omprebiger§ ißaul
Stottmann : „@§ erfüllt mich mit innigem ®an! gegen bie göttlicfie ©üte, baß ber
©ifer unb bie Arbeiten, momit ein jeber ©otteS ©ßre unb ba§ .'peil ber ©eelen 3U
förbern fucßt, nicht gehinbert merben burch bie enge SBoßnung unb anbere Un¬
annehmlichfeiten be§ noch nicht recht eingerichteten KolIegS unb baß infolgebeffen bie
©rfolge ftetig madjfen."1 SDie ßaßl ber fatholifcßen gamilien, meldje fid; im ^aßre
1628 bloß auf 53 beliefen, hatte fid; bi§ 1630 um ba§ ©iebenfache, auf 362, ber-
mehrt, unb nur nod; bie Heinere §älfte, etmaS über 700 Bürger, oerharrten bei ber
neuen Sehre5. 3mei ^aßre fpäter, im 3ahre 1632, ftieg bie 3aht ber Kommunionen
allein bei ben 3efuiten auf 4100 6.
®urd) bie ©tiftungSurfunbe mar ben ^efuiten lue cm 3°hre 1542 üerlaffene
unb oom ÜOiagiftrat ermorbene Sluguftinerfircfje nebft ©ebäulicßfeiten unb ©infünften
3ugemiefen raorben. |>erbft 1629 erhielten bie patres eine beffere, aber nod; immer
feßr mangelhafte SSoßnung, ®e3ember 1630 auch ein beffereS ©chullofal; leßterel
mar ein £>of am Seiten ©raben. ®ie frühere Sluguftinerfird;e, nunmehr .QflnatiuS-
firche genannt, mürbe reich auSgeftattet, befonberS burch einen mit ©d;nißmerf unb
1 Sorrefponbenj 310. 4 *0rig.=9kg. Ad Rhen. inf.
2 * Compendiosa narratio. 5 ©olbfdjmibt, ^ranj SJill). 0. SBarten-
3 * Catal. Rhen. 1630. ff unb * Litt. ann. berg 62 83.
1628. « »Litt. ann. 1632.
97eue Sticberlaffungen: 0§itabrüd.
89
©olb reich berfefjenen ^odjaftar, ber in Ponn angefertigt morben; bie fÜbernen
Statuen beS f)I. Ignatius unb beS t)t. güong datier hatten Baprifche ©olbfchmiebe ge*
arbeitet1.
2In bem ©pmnafinm raud)S bie Sdjüfergahl non Sag gu Sag2. Unter großen
$eierlicf)feiten mürbe bie Schüfe am 25. Dftober 1632 gur Unioerfität erhoben3.
Sie gafjf ber ^efuiten felbft mar bis @nbe 1631 auf 41 oermetjrt morben :
14 patres, 6 ÜNagiftri, 12 Sdjofaftifer unb 9 Sörüber. Slucfj bie fonftigen Per*
häftniffe im ßotteg maren jufriebenftellenb, fo baff ber ©eneraf am 5. ^uni 1632
bem Neftor Slftind fc^rieb : „Sie äftitteilungen ©ra. |>ochraürben im gebruar über
ben berhäftniSmäfjig guten ©taub beS ßotfegS maren mir um fo angenehmer, je
meniger i cf) bei biefer unheifüolfen Sage Seutfd)fanbS fold^e freubige Nachrichten
erraarte."4 ©in grofjeS Perbienft an allem biefem hatten nächft bem Pifcfjof ebelfinnige
greunbe, befonberS ber Sompropft SiptuS ü. Siaufema, ber Sombed)ant Sietrich
üöiorrien unb ber Sefan ber ^offegiatfirdje St Johann, Saoib gabriciuS, melcfje
baS Kolleg in jeber SSeife gu f)e&en fudjten 5.
SBährenb fo afleS in gfüdfichem SCufftreben begriffen mar, ba fegte mit einem
9Naf ber ^riegSfturm bie oiefoerfpredjenbe Slnftalt im §erbft 1633 h^^eg. 2fm
11. September 1633 fiel bie Stabt nach mehrmöchiger tapferer Perteibigung in bie
,f?änbe beS fchmebifc^en gelbmarfchaffS Sobo ü. ^npphaufen unb am 6. Oftober
and; bie mutig oerteibigte gitabeüe ber Stabt, bie Petersburg6. Unb nun mufften
bie Qjefuiten, eS maren 47 : 18 patres, 7 ÜNagiftri, 12 Sd)ofaftifer unb 10 Saien*
brüber, mie auch bie grangiSfaner unb ^lariffen bie Stabt mieber oerlaffen, in
melcher alles auf ben guftanb Oor 1623 gurüdgeführt mürbe7. Por 1650 fehrten
fie nicht mehr gurüd. Soch blieb ihnen ihr (Eigentum; benn ber umfidjtige gürft*
bifdjof hatte in ber StiftungSurfunbe oom 14. äftärg 1628 auch biefen gaff oor*
gefehen, baS Kolleg unb feinen Pefih unter ben Schuh ber ßurfürften oon ßöfn
unb Papern geftellt unb bann beftimmt, baff bie jährlichen ©infünfte mährenb ber
$eit ber Perbannung ben ^efuitenfollegien gu ÜNünfter unb $öfn guflöffen gur
gmrberung beS feelforgtic^en SöirfenS in ber Siögefe OSnabrüd.
($rfolgreicf)er als bie Arbeiten in OSnabrüd maren bie ^Bemühungen ber ^efuiten
um Söiebereinführung unb Neubefebung beS fatholifdjen ©faubenS außerhalb ber
Stabt, 3unädjft njaren eS hier bie fog. ÜNiffionen, melche ber ^arbinal oon Rolfen*
gollern aufjer bem Kolleg gu OSnabrüd burch bie $efuiten in ber Siögefe hotte
einrichten laffen. Sie erfte unb bebeutenbfte mar bie gu ^burg, ber Nefibeng
ber DSnabrüder gürftbifcf)öfe. Sie mürbe oom ^arbinal perfönlich geförbert unb
hatte als SBirfungSfreiS bie brei Slmter 3&ur3/ Söeftenau unb Pörben8. Sie
Sfrbeiten begannen hier fcfjon gegen £>erbft 1624 burch öen Peicfjtüater beS ^arbinalS,
Joachim QoanniS, ber gleich nadj ber Sfnfunft beS ^arbinalS in Qburg oom
Kolleg gu fünfter borthin gefchidt morben mar. Noch im 3af)re 1624 lehrten
gehn ©rraaöhfene gur fatholifchen Kirche gurüd, unb fedjS Pfarrer beS SlmteS Q&itrg,
melche oom ^arbinal auf bie Purg befdjieben raorben maren, mürben burcp bie
1 Säger, $ie Schola Carolina Osnabrug.
56 f 71. Über bie SBopnung unb bie Sinrid)*
tung ber Äirdfe «gl. * Litt. ann. 1631.
2 * Litt. ann. 1631 u. 1632.
3 (Siebe ba§ Äaoitel über bie ©d)ulen.
4 * Crig.*3teg. Ad Rlien. inf.
5 SSgl. bie * Hist. coli, unb * Litt. ann.
1628 ff.
6 * Litt. ann. 1632 u. 1633. Säger a. a. 0.
63 ff.
7 $ie Obern waren: £einr. Upfiaufen (üb*
bau§), 1625—1626, ©uf>. ; Sch- £einper, 1626
bi§ 1627, aSigefup. ; Sof). 2Iltind (SHtingt), 1627
bi§ 1633.
8 $a§ golgenbe nad) * Hist. coli. Osnabrug. ;
* Litt. ann. coli. Monast. 1624. $8gl. SB ö 1*
fing, SonfeffionSftanb ber Sanbgemeinben bed
23i3tum3 OSnabrüd am 1. Sanuar 1624, in
fötitteilungen be§ S8erein§ für @efd)id)te oon
OSnabrüd XXIII (1898) 134 ff.
90
3«eite§ Sapitel. 3>te nieberr^einifdje ^roDirtj.
(Sperjitien, iueld^e P. JoantiiS ihnen geben muffte, fo umgemanbett, baff fte ber
Jrrlepre entfagten, bie $onfubinen entließen unb roieber fatpotifcpett ©otteSbienft
gelten. ®ocp fe^te bie eigentliche SJJiffionSarbeit erft ein, atS Anfang 1625 nod)
ein jmeiter fßater, Söilp. £>ampteau, non fünfter nadjgefdjidt mürbe.
SDer ®arbinat üerorbnete nun, baff alle Pfarrer, ftüfter unb <Scf)uIIef)rer fiep oon
ber Jrrlepre toSfagten, baS tribentinifc^e ©taubenSbefenntniS abtegten unb bie heiligen
©aframente empfingen L Sitte maren baju bereit, mit SluSnapme üon jmei ^Srieftern unb
einem ©cputteprer, bie bann ihr Slmt niebertegen mufften. ®ie (Sperjitien, ju beneu
ber $arbinat bie fitttich tief gefuntenen fßriefter ber Sfeipe nach auf feine 23urg
fommen tieff, ooüenbeten bie Umtehr. gnjmifcpen — eS mar in ber gaftenjeit beS
JapreS 1625 — patte ber Zweite ißater, Söith- ^ampteau, feine Stätigfeit in ben
Ortfchaften beS SlmteS Jburg begonnen. SDiefer erzielte nach ben JapreSbriefen
oon 1625 burch feine fö'atecpefen, fßrebigten unb ben fßrioatüerfepr fotcpe (Srfotge,
baff altein in ben Dftertagen über 1000 bei ihm beichteten unb ihm beim Kommunion*
auSteiten faft bie Strme erlahmten, tBatb lehrten bann bie Pfarrer, metche burd) bie
©perjitien gteichfam in anbere ÜDfänner urngemanbett maren, jurüd unb halfen mit
Seicptpören, fo baff im Slmte Jburg moht alte ohne SluSnapme in ber Ofterjeit
bie ©aframente empfangen hoben. ®iefe unermarteten (Srfotge erfüllten ben gürft*
bifchof mit foltfjer greube, baff er bem ^ßater auf alte SBeife feinen SDanf unb fein
SBoptmolten ju erfennen gab.
®ann lam bie 9teipe an baS auSgebepnte Slmt dürften au. ®aS 35otf
aber mar pier etmaS meniger zugänglich, zumal in gürftenau fetbft. ®ie föinber
gingen bem fßater auS bem SSege unb über ben ^atecpiSmuSunterridjt machten
fie fid) luftig. <Scf)Iie^ticf) aber befiegte bie ©ebulb beS fßaterS unb bie (Sin*
führung beS ©efangeS, mobei auch bie ^ofteute beS ^arbinatS, ber bamatS in
gürftenau meitte, mithatfen, menigftenS in etma baS ungebührliche Benehmen.
S3on hier ging eS nadf SSörben. ®ie Slrbeit mar jmar nidht geringer, ber
©rfotg aber größer, pauptfäcptid) auS gurcpt ober auS (Shrfllrc^t üor bem gürft*
bifchof. ®abei unterftüpte ber tathotifche 23ürgermeifter farnt feiner grau auf febe
SBeife bie ^Bemühungen beS fßater^. Jprem 33eifpiet, befonberS im ©mpfang ber
©aframente, fotgten allmählich auch bie Bürger fomie bie Seute auS ber Um*
gegenb; ja ein ziemlich beüötferteS SDorf famt bem bejahrten Pfarrer fdptoff fich oott*
ftänbig ber ^ircpe mieber an. ©o meit ber SBericpt. SDiefe erfolgreiche £ätigfeit
mürbe jmar burd) ben £ob beS $arbinaIS unb bie bann fotgenbe Stufhebung ber
Jburger SJiiffion im 0ftober 1625 unterbrochen. „SDocp finb mir SBeipnacpten",
lautet ber Jahresbericht oon OSnabrüd ©nbe 1626, „mieber in SSörbeit geraefeit
jum großen SCrofte ber ©otbaten unb Bürger. SBäprenb ber ^’riegSunrupen beS
üerftoffenen JapreS patten ber S3ürgermeifter, ein ausgezeichneter ©önner uitferer
©efettfcpaft, unb fein iBruber, ber 0rtSricpter, trop oder ®ropungen bie Jutaffung
eines fßräbifanten in bie fatpotifdje ^ircpe ftanbhaft oermeigert."
2)ie jmeite SJJiffion mar SBiebenbrüd2. ©cffon jepn Japre üorper maren hier
Jefuiten oon i|5aberborn auS tätig gemefen8. SBiebenbrücf, peipt eS, „ift eine peroor*
ragenbe ©tabt beS 33iStumS OSnabrüd. ©ie ift eine geftung, pat eine japtreidje tBeoötfe*
rung unb befipt jmei föirdjen : bie SJlarien* unb bie Äotlegiatfirdje. ®ie ^anonifer finb
jum gröpten Xeit proteftantifcp ober öffentliche fö'onfubinarier; baS SSotf ift jmar etmaS
rop unb bäuerifcp, aber ber atten Religion größtenteils nidjt abgeneigt". ®ie beiben
erften Jefuiten, P. ^einricp SSitenfiS unb P. Jopann SBenner, metcpe im Japre 1625
1 *Litt. ann. 1625.
8 *et>b.
3 gotgenbe itadj * Hist. coli. Osnabrug.:
Litt. ann. 1625 f. 3 4 ^ Litt. ann. 1615.
9ieue Sttieberlafiungett : Olnabrüc! (ÜBiebenbriicE. — Wette. — Ouafettbriicf). 91
fjingefdjidt mürben, erlagen gmar nod) im gleichen Qaljre ber Sßeft, bocf) errangen
ihre 9Zad)foIger in lurger $eit bebeutenbe Erfolge, unb halb mar über bie §ätfte
ber ©tobt mit ber lathoüfdjen $ird)e mieber auggeföhnt. ©ine neue Unterbrechung
öerurfadjten bie bänifdjen Gruppen, meldje im ^aljre 1626 in bie Siögefe ein*
brangen unb am 17. SDiärg Sßiebenbrüd eroberten. aber ba§ feinbüche §eer
burd) ©raf Slnfjolt am 21. Quli gurüdgebrängt morben mar, nahmen bie patres,
bie ingmifdjen oon ben Sänen oiel gu leiben gehabt hotten, ihre Sätigleit mit neuer
ßraft mieber auf, fehr unterftüjst burch ben neuen gürftbifdjof grang Söinjelm. tiefer
mar nämlich gleid) nadj Serjagitng ber Sänen herbeigeeilt, ©r fefcte einen neuen
ÜDJagiftrat ein, entfernte bie fdjlechten ober megen iljreg ©laubeng tierbäcfjtigen ©lemente
unter ben Sßrieftern, üerbot jegliche ©hefchliefjung unb lird^lidjeg Segräbnig, roenn
nidjt oorljer bei ben ^efuiten bie Seicht abgelegt fei, unb fejjte fc^lie^lid^ eine ©etb--
ftrafe für jene feft, bereu $inber eine ber beiben Äatedjefen berabfäumten, melche
bie Qefuiten jeben ©onn» unb gefttag aufjer ber ijkebigt holten füllten. „©o führte
bann", bemerfett bie ißatreg1, „Hoffnung unb furcht in lurgent 120 borher bem
lathoüfdjen ©tauben gang abgeneigte Sßerfonen mieber gur atten Kirche gurüd." Sie
Qefuiten arbeiteten in SSiebenbrüd unb Umgegenb big gunt ^aljre 1627 unb lehrten
bann gurüd, atg alleg mieber latljoüfch mar2.
Sie britte ÜDüffion hotte ber $arbinal für ÜOcette beftimmt. „Sog Sott mar
hier", fo tautet ber Sericfjt 3, „üielfadj ftarrlöpfig, fdjmerfäüig unb roh- Stile 21n*
ftrengungen ber beiben ißatreg maren anfangg faft umfonft. Sod) ftimmte bag be*
fcfjeibene Stuftreten berfetben unb ihre Uneigennütügleit, bie auf jegliche ©abe ber*
Richtete, bie bergen allmäf)ticf) mitber unb mohlmollenber. üD?an hörte halb gern auf
ihre SBorte, prieg gar öffentlich ihren ©ifer, ihre Siebe unb grömmigleit unb ifjr
matettofeg Seben, unb 150 fchtoffen fid) fdjliefjlich ber Kirche mieber an. ©g mären
moht noch mehr gefolgt, menn nicht P. ©hriftian ^arbaum, ber megen ÜOiangelg an
Seuten gulefst hier altein arbeitete, fdjon am 6. ©eptember 1625 geftorben märe."
Ser Sob beg ^arbinatg fetbft, ber 14 Sage fpäter erfolgte, berhinberte bann bie
SBieberaufnafjme ber 9)2ijfion.
©ine bierte SJliffion mürbe Slnfang 1628 bon bem gürftbifdjof $rattg SBilfjeün
in Dualenbrüd eingerichtet. Ser SSifchof berichtet barüber am 3. ÜUtai 1628 an
ben Kölner 9?nntiug Suigi ©arafa: 3^ höbe in Ouafenbritd nur noch einen tatho*
tifdhen Sürger gefunben, alle anbern finb ^äretifer. Son ben 12 Ä'anonifern unb
8 Silaren ber £ollegiatlird)e maren 6 anmefenb; biefe finb gemeiht, aber fämtlid)
föonlubinarier, ©chigmatifer ober §äretifer, brei anbere finb noch fatfjolifd) unb
gute 9ttänner. Qdj höbe gmei Sßatreg ber ©efettfchaft berufen, bie oorgüglidj
arbeiten 4. „2Bir begannen", fo berichten bie ißatreg in ben i^ohregbriefen bon 1628,
„mit bem ®atedjigmug unb hoben baburdj big jetd (©nbe 1628) fdjon fichertich 60
gur Kirche guritdgeführt. Sin ber gronleidjnamgprogeffion, bie mir mieber einführten
unb bereu ©lang mir burch eine ©djar Knaben in ©ngelgtracfjt — ein ungemoljnteg
©chaufpiet hier — nodj erhöhten, nahmen ber ©tabtrat unb bie gefamte Sürger*
fchaft mit greuben teil. " gmei Sotreg feisten bie SDüffiongtätigleit big gunt
gahre 1631 fort6. „gn biefem Qaljre", fo mirb berietet 6, „lehrte audj ber Üteft
gut lathoüfdjen Äirdje gurüd. ©g maren 574, meifteng gamitienoäter unb «mütter.
9iadjbem fo bie ©tabt burd; bie nafjegu üierjäfjrige SBirlfamleit gmeier nuferer
1 *®bb. 1626. vol. X. $g[. 93rief üom 16. Wai unb D. Slop p,
2 *@bb. 1627; * Compendiosa narratio. 2)er dreißig jährige Stieg III 135.
3 *Hist, coli. Osnabrug. ; * Litt. ann. 1625. 6 * Litt. ann. 1629 u. 1630.
4 • Areh. Yatic., Nunz. di Colonia, Arm. 1, 6 *@bb. 1631.
92
3toeitel Äapitel. $ie nieberrfjeinifdje $romtiä.
s$atre§ nad) faft achtzigjähriger Strennung für bie fatfjolifdje Kirche miebergemonneit
mar, rourbe bie ÜDfiffion aufgelöft unb ein Pfarrer angefteüt."
3u biefen Arbeiten, roeTcfie burcfj bie oier SDUffionen für bie ®iö^efe »on ben
^efuiten geleiftet mürben, fam bann in jmeiter Sinie bie nirfjt unbebeutenbe Stätigfeit,
meldje ba§ Kolleg ju OSna&rüd felbft noch außerhalb ber ©tabt entfaltete. ©d)on
gleich im erften ^iabre berichten bie fßatreS1: „Auch aufjerfjalb ber ©tabt maren mir
tätig. An brei Orten erteilten mir &'ated)efe; in bem gleden Sramfcfje aber ^aben
mir, als ber proteftantifcf)e ^3rebiger abgefept mar, aud) ben ©otteSbienft oerfeben
unb bie Seitte mit ©ott unb ihrem 23ifd)of mieber auSgeföbnt." ®rei ^af)re fpäter
beifjt e§2: „®on f)ier au§ mürben apoftolifdje Ausflüge nach Siffenborf, SSörben,
SSedfta, SQJeCfe, gürftenau unb anbern Orten unternommen . . . unb auf fünf Dörfern
ßatedji§mu§unterrid)t erteilt." Si^nlicf) lauten bie Q3erid)te in ben fotgenben fahren.
Söenn bentnad) ber gürftbifdjof in ber ©tiftungSurfunbe beS ®ollegS bie Hoff¬
nung auSfprad), baf; bie Qefuiten „ihrem Qnfütut unb Berufe gemäfj unfere Unter¬
tanen unb befonberS bie unmiffenbe £$ugenb in ©tabt unb Sanb burd) ^rebigt,
®ated)efe, ©penbung ber ^eiligen ©aframente in ber magren Religion unterrichten
unb jur d^riftlic^en Smgenb unb grömmigfeit anfpornen", fo hoben fie biefer ©r=
martung nacf) Kräften entfprocfjen.
9?od) med^fefreid^ere ©cfjidfafe als baS Kolleg Oon ©Snabrüd erlebte baS neue
Kolleg in ©iegeit.
SDie naffauifcfien Sänber nörblid) ber fiafm, raeldjc feit bem Xobe beS ©rafen
Johann VI. (1559 — 1606) in bie öier ©raffdjaften 9kffau-©iegen, Üftaffau-Habamar,
9?affau=®illenburg unb ütfaffamSDiej verfielen, maren um bie ÜÜJfitte beS 16. $af)r«
fjunbertS burd) bie regierenbeit ©rafen mit Sift unb ©emalt ber neuen Sehre, erft
ber Iutl)erifd)en unb barauf ber cafüinifdfjen, zugefüfjrt morben 3 4. ®ie ©rafen fetten
ben ftanbbaften „^atbolifdjen nicht allein gar fein ©i'erjitium geftattet, fonbern
fie auch aus bem Sanb unb oon ihren ©iitern »erjagt unb öerftofjen" i. ©inen
Umfcfjmung ber religiöfen SSerfjältniffe in ber ©raffdjaft 9?affau-©iegen bafjnte baS
^affr 1623 an, in melcbern ©raf Johann ber jüngere, ber ältefte ©obn beS Ie|ten
Regenten, jur Regierung beS SanbeS fam5. 2Bie er felbft ben 2Beg jur fatf)0«
lifcben ®ird)e mieber gefunben, molfte er aud) fein Sanb für ben fatbolifdjen
©lauben mieber geminnen, aber nic^t „burd) jmanglidje Mittel", fonbern „burdb
gute Sehr unb Seifpiel"6, unb jmar mit Hilfe ber ©efeflfdfjaft. Aufgemuntert mürbe
er bei bem fdfimierigen Unternebmen burcb feine eifrige ©emablin, bie belgifdbe
ißrinjeffin ©rneftine Oon Signe, noch mehr aber burcb ben päpftlicben Nuntius am
föaiferbof, ©arlo ©arafa. „$d) l)ahz'\ fo fcbrieb biefer fpäter7, „bem ©rafen, ber
in biefer ©ad)e zu fnrdjtfam unb ju fdjmanfenb mar, mehr als einmal ÜDIut gemacht
unb, maS ibm febr ermünfdbt fam, beim Ä'aifer oerfdjiebene SJiale ©cbreiben erroirft,
fomobl an ibn felbft als and) an bie Untertanen, mefcbe oon einem fReligionSmed)fel
ganz unb gar nichts miffen mochten."
2)ie Ausführung feiner ijUäne fonnte ber ©raf jebod) noi^ nicf;t fofort in Angriff
nehmen8. 2>ie friegerifc^en S3emegungen riefen ihn fcbon im äRärj 1624 mieber aus
1 * Litt. ann. 1625 a. a. D. 25 unb * Hist,
coli. Osnabrug.
2 * Litt. ann. 1628 (Hist. Rhen. II 19 22).
3 £>einr. o. Sfcfjenbad), ©efd). ber ©tobt
Siegen I (1894) v 3 ff; II (1894) vm 45.
4 Äußerung beä ©rafen Sofiann bei Siingereit
gegenüber bem ©iegener ©tabtrat im
1626 (ebb. II vm 18). Sßgl. and) §öt)ncf,
©efd). bei j?efanatl ©iegen (1904) 23 ff.
5 9tät)ere! bei 2t cf) enb ad) a. a. D. I vn
46 ff unb * Hist. coli. Sigen. , uerfafjt im
Sabre 1628 (Germ. Fund. I 217 ff).
6 21 cb enb ad) a. a. €. I vm 8 ff; II vii
26 ff.
7 Commentaria de Germania sacra (1639)
234.
8 $a! golgenbe nacf) * Litt. ann. coli. Colon.
1624 unb ber eingeljenben *Hist. coli. Sigen.,
9?eue Sftieberlaffungen : (Siegen.
93
feinem Sanbe fort. Bor feiner Slbreife hatte er in ber Qofeannigtirdfe, ber ehemaligen
granjigfaner- unb bamatigen ^offircfee, burdj ben Qefuiten Sominifug Sorig, meiner
auf Sitten beg gräflichen fßaareg für bie furje $eit if)rer Stntüefen^eit am 24. Se=
jember 1623 oon ®ötn nad) (Siegen gefommen mar, am 21. Januar 1624 rcieber
ben erften fatfeotifcfeen ©ottegbienft höben taffen.
Erft Enbe 9Rai 1626, mo bag gräfliche fßaar auf einige äRonate nad) Siegen
jurüdfeferte, begann ber ©raf fein Sßerf, unb jmar mit großer Energie, feauptfädjtid),
mie eg fcheint, infolge „emfiger ÜJRanbate oon Ä'aifer unb fßapft" 4 Stuf ber fRiicf-
reife aug ben fRiebertanben tjatte er fjmei fßatreg beg Kötner ßottegg, ben fReftor
©etbrop unb P. 2orig, mit fid) nach ©iegen genommen. Srei Sage nad) ber
Stnfunft, am fßfingftfeft, tiefe er feierlichen ©ottegbienft in ber ^ohanntSfircfie hatten.
Qn einem Briefe oont 23. $uni 1626 berichtet ©etbrop bem Kötner ÜRuntiug,
er fei am 27. 9Rai mit P. Sorig nad) Siegen aufgebrodfen, mo fie unter nieten
©efaferen unb fRacfeftettungen non feiten ber £uiretifer eingetroffen feien. 21m fßfingft*
fefte habe er eine ^rebigt gehalten, moju ber ©raf ben ganzen ^offtaat, SJRagiftrat ufro.
habe rufen taffen. Siefe mie bie in fefer grofeer .Qafet onmefenben Bürger hätten be>
fcfeeiben unb gebulbig feine fßrebigt angehört über bie Söorte : „Sie Strenge ber
©täubigen mar ein ^>er^ unb eine Seete." 2tm fetben Sage, fo fährt ©etbrop fort,
hielt ber ©raf eine Beratung über ben Erfafe eineg fReformationgbefreteg, metcheg
er bann ohne fRüdficfet auf bie entgegenftehenben Scfemierigfeiten am Sag nor SreO
faltigfeit (6. ^uni) feiertid) nor §of, Stbet unb SRagiftrat nertünbigen tiefe2. 9Rit
ßuriidmeifung alter ©egennorftettungen befafet er bie fofortige genaue 2tugfüferung,
mag auch gefcfjah- 2tm 9. $uni haben tx>ir bie ®irdjen eingenommen unb bie
fßräbifanten entfernt. Sen fcfemarjen Sifcfe Eatoing, an metcfeem fßfingften 1500
gefpeift, habe ich mit eigener £>anb umgeftürjt3. Qefet prebigen unb fatedhefieren
fcfjon unfere beibeit fßrebiger (peinrid) Schacht unb fßeter Egmont alle gefttage in
ben nerfdfjiebenen Kirchen. Unb meit feine anbern fßriefter oorfeanben finb, metd)e
in fotd)er ©efahr teben unb mit fo mächtigen ©egnern fämpfen motten, rufet alte
2trbeit auf biefen brei fßatreg. Sa nun ber ©raf fiefet, bafe er biefeg fo fearte unb
ber £>ärefie ganj ergebene Botf ofene §itfe ber ©efettfd)aft nicht surüdfüferen fann,
brängt er fefer auf bie Errichtung eineg Äottegg in Siegen. Unfere Obern finb
baju bereit, menn eine entfprecfeenbe gunbation angeboteit mirb, gteid)üiet mof)er
ber ©raf fie nimmt. Unb meit bafür feier mefe ^Rittet aufeer ber früfeer oor>
gefchtagenen Übertragung beg granjiSfanerftofterg jur Verfügung ftehen, münfcht ber
©raf, bafe eine fotcfee Bereinigung oon Em. §ofeeit in fRom beförbert merbe. Sie
©efettfcfeaft mit! aug nieten ©rünben auf eine fotcfee Union burcfeaug nicfet brängen,
ift aber, menn ber ©raf fie erlangt, bereit jur 2Irbeit.
2tm 26. $uni fanbte ber SRuntiug biefen Brief nebft einem Briefe beg ©rafen
nacfe Born mit lebhafter Sefürmortung ber 2lngetegenfeeit unb ingbefonbere ber
Bereinigung oon jraei feit 80 ^aferen in proteftantifcfiem Sefife befinbticfeen ßtöftern4.
Borfeer, am 16. Quni 1626, featte ficfe ber ©raf perfönlid) in berfetben Sad)e an
foWie * Descriptio ditionis Nassov. et de fun-
dando coli. Sigen. (Berfafit im 3°bre 1626),
in Fund. Rhen. Inf. II 361 f. 9SgI. aud) 9Id)en=
bad) a. a. 0. II vm 7 ff unb §öt)ttd a. a. 0.
29 ff 225 ff, bereu Eingaben baburd) mef)tfad)
berichtigt werben.
1 91 d) e n b a cf) a. a. 0. II vm 12. Sgl. auch
* Sitetfeichi an ben Kölner fJteftor ©elbrop,
25. Suli 1626 (Ad Rhen. inf.).
2 Näheres bei 91 d) e n b a ch a. a. 0. II 12 ff.
* Stad) 9Id)enbad) (a. a. 0. II 16) waren
eö nur 800 gewefen. 2>iefe §anbluug beö 9tef=
tor§ war eine unnötige fpärte, welche bie ffero=
teftanten nur noch mehr erbittern muffte.
4 * Original im Arch. Vatic., Nunz. di Co-
lonia, Arm. 1, vol.IX. 2)ort aud) bie Kopien ber
Sriefe be§ Seftorä unb be§ ©rafen. Sgl. Barh.
Lat. 6905.
94
3t»eite§ Äapitel. $ic nieberrljeinifcfje ißrooinj.
ben ißapft gemanbt1. Schon am 18. Qufi 1626 fam Urban VIII. btefen SBiinfcfien
nach uitb beftimmte baS ehemalige ^rangiSfanerffofter in (Siegen unb baS ehe¬
malige ißrämonftratenferinnenffofter in Neppet (Kreis Siegen) für bie g-unbation
beS geplanten KoßegS2. SIm 7. Stuguft melbet ber 97untiuS nach SRom, er
merbe beut ©rafen Oon ber gemährten ©unft Mitteilung machen unb ihn ber er¬
haltenen SBeifung gemäß ermuntern, in feinem heroifdfjen Stöerfe fortgufaßren 3. SaS
Ätofter Keppel mar feit fange ein proteftantifcßeS Samenftift. üfiacß Entfernung
ber fieben proteftantifcßen ©tiftSbamen übergab ©raf Qoßann baSfefbe am 14. ©ep»
tember 1626 ben Qefuiten4. @o fonnte er am 9. ©eptember 1626 bie ©tiftungS-
urfunbe ausfertigen5.
Qngmifcßen geitigten bie Arbeiten ber ^efuiten anfangs meniger Erfolg, afS man er-
märtet hatte. Sie ißatreS maren enttäufcßt unb fcßließlich fogar etmaS entmutigt. „Sßir
begannen", fo berichten fie, „mit freubigem Mut; hoch bemerften mir halb, baß bie
ißrebiger, benen bie Seute naturgemäß mehr gugetan maren afS unS, über bie gefegte
3eit hinaus in ben Pfarreien blieben, baß fcßarfe Erlaffe gmar befannt gemacht,
aber mcßt auSgefüßrt mürben. . . . ©feiäßmohf mürbe in affen Pfarreien (in ber
©tabt unb ben neun Sanbpfarreien) üief gearbeitet. Sroß ber unmegfamen Serge
unb troß beS tiefen ©cßneeS unb fefbft mitten in ber grimmig falten SBeißnachtS*
nacßt eilten mir tmn Sorf gu Sorf; hoch menig ober gar nichts mürbe erreicht;
benn überaff maren auch jeßt noch btt ^rebiger. . . . Mit noch größerer Sfnftrengung
feßten mir ein, als Oftern ßerannaßte; benn affe oermeinten beftimmt, baß feßt moßf
einige Saufenbe ficß ber Kirche anfd^Iießen mürben, ba feßr oiefe nicht gar abgeneigt
fcßienen unb auch neue Sefrete üom ©rafen (aus ben 9Ueberfanben) gefanbt unb
oeröffentfidht morben maren. Unb in ber Sat hatten mir gleich an biefem erften
Ofterfefte einen Triumph über ben EafoiniSmuS gefeiert. Sodß gar bafb merften
bie Seute, baß eS bei bloßen Sroßungen blieb, unb fümmerten ficf) nun menig meßr
um unS unb bie befreie, gumaf afS mit Seginn beS ©ontmerS auch noch holfänbifcßeS
KriegSüolf oon ©oeft in ber gangen ©egenb ßerumguftreifen begann."6 ^n Siegen
fefbft halten ficf) bie Sürger nicht einmal an ben ©regorianifcßen Kalenber unb
magten eS fogar, „gu ißreS SanbeSßerrn Sefpeft" unter ben Sfugen beS ©rafen giemficß
allgemein baS SBeihnacßtSfeft 1627 nach bem aften Kalenber am 4. Januar 1628 gu
feiern. 92ur ein Ort, Irmgarteichen, hatte eine üluSnafjme gemacht. P. Heinrich ©cfjacht,
ber rebegemanbte ißrebiger ©iegenS, hatte hier mit nur menigen unb oereingeften
“prebigten unermartete Erfolge errungen. Schon nach einigen Monaten belief ficf)
bie ßafff ber Übertritte auf 252, bie bann burcß bie roirfungSootfe !ßrebigt am
Karfreitag 1627 noch beträchtlich ftieg.
Erft im ^aßre 1628 foffte auch in ben übrigen Pfarreien ein Umfcßlag ein*
treten, unb gmar in ber Oftergeit, auf mefche man jaßrS guoor fchon fo oief gebaut
hatte. 3n ben erften Sagen beS Januar 1628 mar ber ©raf mieber in Siegen
gemefen, hatte bann, unmiffig über ben ©tarrfinn feiner Untertanen, befannt gemacht,
baß jeber, ber bis Oftern ficß nicht ber Kirche mieber angefcßfoffen habe, baS Sanb
1 * Original in Barb. Lat. 6905, f. 109.
2 Hegeft in Acta S. Sedis in causa Soc.
©. 816, 9tr 46.
3 * Original in Nunz. di Colonia a. a. 0.
* 9läf)ere§ bei C r u s i u s , Commentariorum
Hayanorum discussorum tractatus tertius 86 f.
Reiffenberg I 512 ff. 2>ie faiferlid)ett 33e-
ftdtigungen Pont 4. Sipril 1628 unb 8. fötai
1641 in *Reiffenberg II Mantissa.
5 SBortlaut bei Reiffenberg I Mantissa
140 ff. $ie 2lnnal)nie burd) 9JiteHe§d)i erfolgte
am 10. 9Jlai 1627. $gl. ebb. I 614; .fjöpncf,
©efrf). be3 Sefanate! ©iegen 225 ff; * S8iteHe3cbi
an 93aöing, 5. guni 1627. Orig. -'lieg. Ad
Rhen. inf.
c *Hist. coli. Sigen. 221 f. Sßgf. aucf) * $i=
teüeld)i an ben ©uperior Rummel, 7. 3Ing.
1627. Ad Rhen. inf.
9?eue Dliebcrlaffungen : Siegen.
95
oerlaffen miiffe. ©in fatferlicf)e§ ©bift befräftigte biefe Sftahregel. „211S nun anfangs
ber ^aftenjeit", fo berichten bie ^efuiten 1, „baS faiferlid)e ©bift üeröffentlidjt mürbe,
nahmen mir mit frifdjem Sttute bie Arbeit mieber auf, eilten üon ®orf ju ®orf unb
unterrichteten bie Seute unb beftimmten bie $eit für 23eid)t unb Kommunion. . . .
Siele fügten fid) jefjt mittig, bie meiften aber erft auf fernere Drohungen unb ©trafen
hin. ©egen Sßfingften maren etmaS über 2300 mieber jurücfgefehrt." 2 „Unglaublich
ift eS, mit meid; tierfd)iebener Stimmung bieS h'er aufgenommen mürbe: bie einen
jubelten auf, bah enblid) fo meit gefommen fei, bie anbern fnirfd)ten tior 2öut,
bah ^er ©aloiniSmuS unterbrüdt merbe unb baS ^ßapfttum mieber auffomme. . . . (Sin
grober ©eminn ift eS, bah überall bie gräflichen Beamten, bie ©emeinbeoorftetjer
unb ©dhöffen fatfjolifch finb. 2ludj in ©iegen haben bie beiben Bürgermeifter, ber
ganje ©tabtrat, alte Beamten unb überhaupt alte einflußreichen 9J?änner ben fatfjolifchen
©tauben burd) ©mpfang ber ©aframente offen an ben £ag gelegt, mehrere fogar
burch mieberhotten Empfang bemiefen, bah fie bet fathotifcfjen Kirche aufrichtig unb
ooit ^erjen ergeben finb. 2)aS £>auptoerbienft an attem biefem gebührt bem
P. Heinrich Schacht." 3 „Qn ber ganzen ©raffdhaft ift je|t bie fatholifche SMigionSübung
ooüftänbig mieberhergeftetit. Sludj finb beit patres, bie bisher alles allein ju tun
hatten, einige Pfarrer jur Bermaltung ber Pfarreien ju £ilfe gefommen."
©S mar ein bie ©rmartungen überfteigenber ©rfolg4, menngteidh nodj nicht alte
bem ©aloiniSmuS ben 9iüden gelehrt hatten, ©o feierten 3. 23. im ^afjre 1630 in
©iegen noch 112 ^erfonen baS SEÖeihnachtSfeft nach bem alten ^alenber5, unb bie
3af)t berjenigen, metche burch bie ^efuiten noch im ^ahre 1631 für ben fatf)olifd)en
©tauben gemonnen mürben, belief fich auf 137 6.
^njmifdjen hatte fid) amh bie Schute, meldje man gleich im erften $af)re, am
12. 97ooember 1626, in ben Säumen ber aufgehobenen Sateinfdjule eröffnet hatte,
günftig entmidett. ©ie mar mit nur menigen ©djülern unter jmei Sehrern begonnen
morben, aber fdjon nach einem ^afjre fo gemachfen, bah atte fünf Staffen mit fünf
Sehrern eingerichtet unb ©nbe 1628 auch noch ein eigener Sefjrer fürs ©riedhifche an*
geftettt mürbe, ©nbe 1628 jäf)tte baS Kolleg 14 Qefuiten: 5 patres, 6 SSagiftri unb
3 Saienbrüber7. ©eit 1629 fingen bie blüf)enben Schuten, mahrfdheintich burch bie
©treifjüge ber ^ottänber, mieber auffällig ju finfen an8, unb brei ^affre fpäter mürbe
infolge ber ©d)lacht bei Breitenfelb faft atteS Vernichtet, nicht jmar unmittelbar burd)
bie fchmebifchen |>eerhaufen, fonbern burch bie catoinifcf)en Bermanbten beS ©rafen.
2>er oerftorbene Segeut hatte nämlich 1621 in Befürchtung beS SeligionSmedjfelS
int £anbe bem fonoertierten Sohn baS ©rbe oerfleinert unb jmei drittel ber ©raffchaft
3m ei anbern ©öfjnen, Söilßelm unb Johann Sftorih, teftamentarifch jugemiefen 9. ®aS
Seftament mar jmar 00m ^aifer noch 3U Sehweiten beS Segenten faffiert unb für
1 * Hist. coli. Sigen. 225.
2 Über ben 2lnteil ber einzelnen Orte an
biefer 23emegung ügl. $ ö t) n d a. a. 0. 35 f 95 ff.
3 23i3 Ijierfjer bie * Hist. coli. Sigen. Sie gtt>ei
folgenben Säpe entflammen ber * Compendiosa
narratio be§ iproüinäialä P. 23aüing, ber fid)
auf ben 23erid)t be§ Siegetter 9teftor3 ftüfct.
Ser ßr^bifcbof Don SJtainj gab am 24. Süiärs
1629 ein S'ibutt, traft welchem alle aud) am
Cfterfcft in ber gefuitenfirche beidjten unb fom*
munisieren burften. * Original im Kölner Stabt*
ard)iö, Jes. 704; bort auch Weitere 2lften über
ba§ ft'oüeg.
4 * 34itelle§d)i an beit Superior Rummel,
23. Sej. 1628. Ad Rhen. inf.
5 21 d) eit b ad), ©efd). ber Stabt Siegen II
vm 59.
0 * Litt. ann. 1631.
7 * Hist. coli. Sigen. unb * Catal. Rhen.
1626 ff.
8 * Catal. Rhen. 1629 ff. Sie Sdjule äüljtte
viele Schüler üon aufwärts, unb biefe fdjeinen
infolge ber üielen Streifpge boflänbifdfer ©öl*
baten oom S3efud) abgeljalten morben p fein.
Sgl. bie * Sriefe be§ Drben3general§ an ben
Dteftor ju Siegen üom 29. Sej. 1629 unb
13. Slpril 1630. Ad Rhen. inf.
9 21 d) e n b a d) a. a. 0. 1 vii 12 ff. § ö t) n cf
27 ff.
96
3toeite§ Kapitel. 2>ie nieberrffeinifdie ißrooinj.
ungültig erffärt. St)odj gelten 2StIf)efm unb Qohann äRorip nichtSbeftomeuiger
baran feft 1. Qm Vunb mit Sdjmeben bemächtigte [ich ber 28jährige ©raf Qotjann
Sflorip Anfang $D?är$ 1632 mit ©ematt beS SanbeS, baS er ficf) oorher non ©uftao
2lbotf hatte übertragen taffen2. ®amit mar baS 2oS ber fathotifdjen Religion be<
fiegett. Sdjon jroei Stage nach bem ©injuge beS ©rafen in Siegen, am 2. ÜOJärj 1632,
nachmittags jmifdjen 3 unb 4 Uhr, mürben bie Qefuiten — eS maren noch fieben —
unter Spott unb §ohn auS Stabt unb Sanb berjagt unb bann bie fathotifdje Religion
unb jebe Erinnerung baran überall mit ©ematt roieber unterbrücft3. Es gelangte gmar
©raf Qohann Anfang 1636 infolge ber Siege ber faiferticfjen SB affen mieber in ben
23efip feines SanbeS, bod) hatten bie bier Qaljre calbinifc^er §errfcfjaft genügt, um bie
fatfjotifche Religion faft bottftänbig ju erftiden; benn „mit nur raenigen StuSnahtnen
maren aüe jum EatbiniSmuS abgefallen" 4.
Überall muffte mieber bon born angefangen merben; bie Qefuiten, bie Anfang 1636
ju 12 (7 patres, 2 SJiagiftri unb 3 Saienbrüber) jurücffehrten, hatten ähntid) §u arbeiten
unb ju fämpfen mie bor gehn Qafjren: überall bie gleichen ^emmniffe, ber gleiche Sftanget
an Unterftüpung feiteuS ber gräflichen ^Beamten unb bie gleichen Sftiherfotge. Erft
Enbe 1638 trat eine Vefferung ein, mie eS fdjeint, infolge beS StobeS beS ©rafen,
ber mitten in feiner SiegeSIaufbahn gegen bie Qraujofen am 27. Quti 1638 ju
9ienaij in Vetgien ben Strapazen unb ber 9fuf)r erlegen mar. „9?ad| feinem Stöbe",
fo berichten bie Qefuiten Enbe 1638 5, „machte [ich ein munberbarer SBechfel in ber
Stimmung bemerkbar." SDie §ulbigung für ben erft elfjährigen Sohn Qof). Qran^
StefiberatuS nahm bie SBitme beS oerftorbenen ©rafen entgegen; fie erfolgte ohne
Schmierigfeit. 35ie gasreicher merbenben ^onüerfionen hemmte bie Stätigfeit ber
Qamitie beS Oerftorbenen ©rafen6. VefonberS mar eS bie ftänbig in Siegen mohnenbe
Stiefmutter, bie ©räfin Margareta, melcfje burch ben ißräbifanten, ber nur für fie
unb ihren §of geftattet mar, baS Votf oon ber fathotifchen Dfetigion gu ben catoinifdjen
^Srebigten unb bem 2lbenbmaf)t jog, inbem fie betonte, bah if)re ©ohne fid) ber
©raffcpaft mieber bemächtigen unb alte fathotifchen ©eifttidjen famt ben Qefuiten
oertreiben mürben7. Qhre im $etbe ftehenben Söhne fcfjidten Voten gu ben Qefuiten
unb brohten „neben oietfättigen ehrenrührigen Sd)anb> unb Schmähmorten ben
äufjerften Stob unb Verbergen an", menn fie nicht oon ber Verbreitung ber fathotifchen
Vetigion abftünben. „2lud) füllten bie ißatreS [ich begnügen taffen, bah fie fo öiete
Qahre baS Votf unb bie gange Qugenb untermiefen unb eine gute Slngaht fathotifcf)
gemacht hätten. SDie Vefehrung ber übrigen nichtfatholifchen Einmohner mürbe nur
feuchter fcfjaffen, metche batb mieber, menn eine Veränberung ber £>errfdjaft fotlte
ergehen, umfattetn unb mieber abfallen mürben." Qn einem ©efud^e an ben Erg*
bifchof oon 9)iaing ftagt bie ©räfimSEBitme 1642, bah „ber mehrere Steil ihrer
Untertanen gu Siegen bem catoinifchen ißräbifanten noch anhange" 8. SDie Qefuiten, bie
auch nod) burd) bie ungünftigen SBohnungSoertjättniffe auf ber Vurg unb zeitliche Sorgen
nicht menig gebrüdt maren, liehen [ich nicht entmutigen unb arbeiteten unüerbroffen
meiter. Sie hatten in ber Stabt, beren Pfarrei int Qafjre 1637 bem ®oHeg inforporiert
mar9, bie gefamte Seetforge unb oietfach auch noch in ben Sanbpfarreien — im
1 2Id)eitbad), ©efd). ber Stabt Siegen II
vm 11 ; I vii 25 ff.
2 Ebb. I vii 48 ff. £> 5 1) it cf , ©efd). bei? Se*
tanat§ Stegen 43 ff.
3 *Litt. ann. 1632. 21 djenb ad; a. a. D.
II vm 63 ff. £öt)ttd a. a. 0. 230.
4 *Litt. ann. 1636 f. 2)anad) aud) ba§ gol*
genbe. SBgl. aud) bie * SSriefe be§ Crbenl*
general§ nach Stegen. Ad Rhen. inf.
5 * Litt. ann. 1638.
G 41 Ebb. unb 1640. * 33iteIIe§d)i an Rummel,
22. Suni 1641 u. 26. 2lpri( 1642. Ad Rhen,
inf.
7 21 djenb ad) a. a. D. II vm 69 ff.
8 Ebb. II vm 69.
9 $ie gräfliche llrfunbe ift batiert 23rüffel,
5. 3u'ü 1637, bie be§ Erjbifdjofg non SJtainä
au§ bem Sabre 1639.
9Jeue fUieberlaffungett: Siegelt.
97
Qapre 1640 5. 93. in öier — , für bie man nid)t pinreidpenb Pfarrer ftnben fonnte1.
2)0311 fam bie Xätigteit in ber Scpule, melcpe im $apre 1636 gleich mieber mit
brei klaffen eröffnet morben mar unb feit 1640 einen größeren 2luffd)mung naptn.
©3 patte nämlid) ein 3meitägigeS Sdjaufpiel, „2)er ägpptifcpe ^lofepp", meldpeS im
$apre 1640 bei ber ßentenarfeier ber DrbenSgrüubung 3meimal aufgefüprt roerbeit
mupte, fo üiel non fid) reben gemadjt unb bem ©pmnafium einen folgen 9iuf gebracht,
bap bie Sdpiile^ahl fofort 3U fteigen begann unb innerhalb eines ^af)re§ fiep gar
üerboppelte. 2)ie Scpule erhielt jept mieber ipre fünf klaffen unb einen eigenen
Seprer fürs ©riecpifcpc unb §erbft 1643 aucp nodj 93orlefungen über TDialeftif.
©nbe 1644 ftanb baS ßodeg auf bem |)öpepunft feiner ©ntmidlung. ©S gätjlte
bamalS in feinen 9J2auern 24 Qefuiten: 15 fßatreS, 4 ÜÖiagiftri unb 5 fiaienbrüber.
2)a fameit neue feinere ©rfcpütterungen, melcpe bie ^'üdjte mitpeüoder Arbeiten
teils fcpmer fcfjäbigen, teils für immer oernidjten fodten. 2>en erften Stoff oerfepte ber
oben ermähnte ©raf üopann ÜDiorip2. ©r mar nadj langjähriger übmefenpeit im
$uli 1644 au§ 93rafitien nach ©uropa 3urüdgefeprt unb fepte fiep uner märtet im
Januar 1645 mit Sift unb ©emalt non neuem in ben 93efip ber gräflidjen 93urg
3U Siegen unb ber 3mei drittel ber ©raffcpaft, auf melcpe er gemäp beS SeftamenteS
ein dtecpt 3U paben glaubte. Sofort mürbe nun pier unb 3um 2eil aud) in ber
Stabt Siegen, meldEje nach bem 2eftamente gemeinfameS ©rbe fein füllte, bie fatpolifdje
9MigionSübung mieber unterbrüdt. 9iur im erften Stammteite, fo fd^rieb ber ©raf
gleich an ^en ^ciifer unb ben fö’urfürften non $öln, mode er „bie P. Iesuitas mit
ihrem exercitio religionis nicfit beeinträchtigen". 2)en smeiten Stop erhielt baS
®odeg burcp bie 93eftimmung beS 9öeftfälifcpen ^riebenS betreffs beS diormaljapreS
1624 unb bie ©ntfcpeibung ber dteicpslommiffion, metche bem fö’odeg faft feine ganse
Stiftung, ben Äatpolifen SiegenS aber ^irdje, Sdjule unb (pofpital entrip unb nur
ben üdiitgebraucp ber fcpon im ^apre 1624 ben ©aloinern genommenen Johannis»
fircpe liep3.
,Qu bem gefahrbrohenbften Stope polten Anfang 1651 §mei 93rüber beS ©rafen
^opann Sftorip aus, bie, mit ber ©ntfcpeibung ber 9teicpSfommiffion unsufrieben,
bie üodftänbige llnterbrücfung ber fatpolifcpen Religion unb bie „Slbfcpaffung" beS
ÜjefuitenfodegiumS mit ©emalt 3U erreichen fucpten. ®ie ®ircpen mürben, aud)
im erften Stammteile, überad ben Äatpolifen nerfperrt, bie 93urg, auf ber bie
Qefuiten mopnten unb bie ©nbe 1650 ber ©räfin-SBitroe ©rneftine n. Sigue
mieber surüdgegeben mar, belagert unb fcplieplicp ade ^efuiten, „als moüon adeS
Unpeil perfommt unb lommen mirb", bis auf 3mei patres am 10. Qluni aus bem
Sanbe nerjagt. 21deS fcpien nerloren. 2>a fcpritt jebocp nocp rechtzeitig ber Slaifer
ein, an ben fiep bie macptlofe @röpn»2Sitme gemanbt patte. Sein 93erbift gegen bie
unrupigen, eigenmächtigen unb „lanbfriebbrücpigen" ©rafen unb bann bie Vermittlung
ber gräflichen Vermanbten brachten nun halb Ülupe unb Orbnitng. einem 93er«
gleidEje üom ®e3ember 1651 oerfpraepen ©raf ^opann äftorip unb feine Vriiber, „bie
Herren patres S. J. in ben Stanb unb Übungen, mie fie oor ber üuSfcpaffung
gemefen, 3U fepen unb . . . unmoleftiert 3U laffen", ben ^atpolifen aber in ber Stabt
unb in bem einen drittel, melcpeS bem Sopn beS ©rafen ^opann geblieben mar.
1 fftad) *Litt. ann. 1637 ff; *Catal. Rlien.
inf. 1639 ff; banad) aud) ba§ golgeute.
2 gür baS golgenbe bgl. *ßeiffenberg
II 1. 22, c. 3; *Litt. ann. 1646 ff; 9Id)en=
bad) a. a. O. I vii 71 ff; II vm 72 ff; §öt)ud
a. a. D. 49 ff. 2. SJrieffen, 2eben be§
dürften SOtorig bon 9?affau=@iegen (1849) 24 ff.
Suljr, ©efdjicfjte bet 3efuifeit. II.
SBgl. aud) bie * Briefe ber Drbeu^geueräie nad)
Siegen, in benen fid) bie Seiben ber S]3atre3
fotnie if)r @ifer unb 9Jint unb ihre lluerfd)roden=
heit tniberfpiegetn.
3 2>ad 3-oigenbe nad) *Hist. coli. Sigen.
1649—1654; Sichenbad) a. a. 0. II vm 74 ff;
§ ö h u d a. a. £>. 52 ff.
98
ßweiteg Kapitel. Sie nieberr^etnifcJje SßroPins.
b. i. in ben $ircpfpiefen ^rmgarteicpen, SRetppen, fRöbgen unb SCSifnSborf, ooßftänbig
freie IReligionSübung ju gewähren1, ©o blieb bag Kolleg, „bag unftreitig reiche
grüßte getragen patte unb für bie fatpofifcpe ^Religion im ©iegerfanb mie ein
23oflmerf mar"2, befielen, nacpbem eg freifiep faft ad feine ©infünfte oerforen fjatte.
^n ©iegen felbft maren 1650 160 fatpofifcpe Familien3.
SBie ©raf Qopann non SRaffau* ©iegen na cf) feiner ^onüerfion ©iegen jur
fatpofifcpen $ircpe jurücffüpren motfte, fo bot fein Onfef ^opann Subroig Oon
fRaffam^abamar nacp feiner ^onoerfion in Söien (1629) affeg auf, um bie fatpofifcpe
^Religion in (p a b a m a r mieberpergufteffen. Über feine Ubficpten erjäpft ber ^obfenjer
fReftor ©erparb ©rapof in bem 33ericpt über eine fReife, mefcpe er ©ejember 1629
oon Äoblenj aug mit bem ^3rot)ingiaf £>erm. 23aüing nacp ©acfjfen unb SBeftfafen
antrat, fofgenbeg: „Sfßir reiften mit bem ©rafen $opann oon ÜRaffau=©iegen. Um
jmeiten Sage unferer fReife fainen mir nacp (pabamar jum ©rafen ^o^antt Submig
oon Dcaffau, ber oor furjem ju Söien in unferem ®oöeg jur fatpofifcpen ®ircpe
jurücfgefeprt ift. SDie $reube auf beiben ©eiten mar groff; benn jmei £age Oor
ber Ubreife patte icp Oon iprn ein ©cfjreiben erpaften, morin er um fßatreg gebeten
patte, mefcpe feine cafüinifcfjen Untertanen jur fatpofifcpen ®ircpe jurücffüpren fofften4.
SDer ©raf begann nun mit bem P. fßroüittjiaf megen einer ftänbigen ÜRieberfaffung
ju unterpanbefn. ©eine ganje Hoffnung, fagte er, rupe auf un§; benn in feinem
Sanbe fei affeg cafoinifcp. @r felbft fei, fügte er nocp bei, burcp ben 93erfepr mit
ben tlnfrigen in Sßien fo fepr für unfere ©efeflfcpaft eingenommen, baff er, menn
er nicpt oerpeiratet märe, in biefefbe eintreten mürbe. 35er P. fßroüinjiaf fagte
ipm jmar patres aug bem ^obfenjer Kolleg für bie fRücffüprung feiner Untertanen
ju, nicptg aber bejügficp einer bauernben JRieberfaffung. . . . Ufg idp nacp Äobfenj
gurücffeprte 5, erfd^ien am gleichen ^age ber ©raf. GSr motfte ben ©rjbifcpof begrüben
unb jugfeic^ bie fßatreg abpofen, mefcpe feine Untertanen befepren füllten, mag pier
allgemein grofie ^reube gemecft pat."6
®em ©rafen, mefcper am 28. Januar 1630 oon ^obfeng mieber abreifte, mürben
jmei fßatreg, mefcpe gerabe ipr britteg fßrobejapr malten, $op. fRingef unb
$einr. fßracf, mitgegeben7. Um 2. Februar, bem 5eft 2Rnriä Sicptmep, pörte man
in ber SRorgenfrüpe oon ber neuerbauten ©cpfofjfapetfe jurn erftenmaf mieber feit etma
80 Qapren bag Uoegföcffein über bie ©tabt pintönen. £agg barauf, ©onntag
©epagefima, fanb in ber fjaupt* unb ißfarrfircpe §abamarg, ber epemafigen ©tiftg*
fircpe Unferer Sieben $rau, erfte fatpolifcpe ©ottegbienft ftatt. ®ie $ircpe
mar bicpt befept, ber ©raf felbft gugegen, unb bie ^Srebigt beg ^efuiten fanb günftige
Uufnapme. ÜRun folgten ber fReipe nacp bie anbern Orte ber ©raffcpaft (1 pfeifen
1 Sie ©iegenfcpcn SteligionSrejeffe öom 11.
unb 14. Sej. 1651 in *Reiffenberg II
Mantissa.
2 * ©erterolotfar ©angriuS an Rummel, 29. Slug.
1645. Ad Rhen. inf.
3 ö t) n d a. a. 0. 202. — SBeitere Sitten
int Staat3ard)iö juSSien, 91eicJ)§^ofrat, Jes. 114.
— Sie Obern waren: 9Iub. Rummel, 1626
(©up., SSisereEtor , Sfteftor); Sol), fßanpaufj,
1629; SDlattf). Salcoüen, 1632; 9Iub. Rummel,
1640 (1642); gol). ©ronaeitl, 1646; SRub.
puramel, 1650.
4 Sie erfte Gittlabung baju war fdjon im
Dftober ergangen; bgl. * 95iteIIe§d)i an Grapol,
16. Sion. 1629. 0rig.=9Ieg. Ad Rhen. inf.
5 21m 22. Januar. SB a g n e r , Sie 9Iegenten=
fantilie öon 9Iaffau=§abamar II 2 152. *Missio
Hadamar, in Docum. hist. prov. Rhen. , tter=
faßt um ißfingften 1630 unb burd) ben 35i^e=
reftor $etr. 9Iuibiit§ ju Sobleuj am 6. gutii
bem Orbenlgenerat gefanbt; bgl. * SSitehe^dpi
an 9luibiu§, 27. guli 1630. 0rig.=3teg. Ad
Rhen. inf.
6 Ser 23eri<f)t ift batiert ÜRitnfter, 14. SDIärä
1630. * Original in Epp. ad Bus.
7 Sa3 golgeube nad) * Litt. ann. 1630; Au-
nales coli. Confluent. ad ann. 1630 in ®öln,
©tabtardjio, Jes. 685. ^tt biefen Stnualen finben
fid) augfüprlidje ^aOre^Eteridjte iiber^abamar;
SBagner a. a. 0. II* 152 — 178. 93gt. and)
Heller, Sie Srangfale bee: naffauifdfjen 33olfe§
(1854) 117 ff.
9teue üftieberlaffuitgen : §abontar.
99
unb 70 Dörfer). Srei patres üon ®obten§ roaren nod) nad)gefcf)idt morben. ©ie
fanben roiHige Stufnahme, unb bie Seute hörten aufnterffam bem Unterricht in ben
©taubenSmahrf)eiten jn. ©S mar für bie ^efuiten eine frudjtreicfje Strbeit, bie freilich
megen beg herumftreifenbert SlriegggefinbetS mit nieten ©efatjren oerbttnben mar, fo
ba§ ber ©raf überall 2öacf)en aufftetten unb bie patres burch bemaffnete Männer
aus ben üerfcfiiebenen ^irchfpieten jebegmat abhoten unb guriicfbringen tief). 0ftern
empfingen fd)on gegen 340 bie ©aframente, süfingften ftieg bie 3af)t auf 900, unb
am ©nbe beg ^ahreg fah man über 2300 mit ber fathotifdjen Kirche mieber auSgefötjnt.
Ser fatfjotifche ©ottegbienft mürbe für ^abamar, 9iieberf)abamar, Offheim,
DZieberjeu^heim, gridtjofen, Safjr, SBeper, ©ppenrob, 9Jtengergfircf)en, Sittfjaufen,
ersoff unb £mf)n mieber eingerichtet unb fdjon teitmeife non neu angeftellten
Pfarrern beforgt. fofgenben ^ahre „ging bie Arbeit", fo berichten bie ißatreg,
„noch erfolgreicfjer ooran. 33on ber gräflichen 33urg, auf ber mir gu oier mohnen,
ziehen mir in bie umtiegenben Sörfer unb Ortfdjaften. ©g finb groar täftige
unb gar befdhmertidhe ©änge, hoch fönnen mir megen beg Krieges unfern 2ßof)nfih
nidht ohne ©efaljr in ben Ortfchaften fetbft auffchtagen. . . . Über 3000 haben
in biefem 3a§re oacf) fathotifdjem 9tituS bie heilige Kommunion empfangen. Sie
hatten alte gan^ freimittig unb ohne gmang bie 3rrtef)re abgefchmoren; benn fie
hatten eS für eine ©ctjanbe, fid) 31t einer Sehre erft jmingen ju taffen, in ber ihre
Sorettern fo fromm gelebt hätten. Ser ©ifer unb bie Opfermittigfeit ber Seute ift
fo grofj, baf) 13 ü^farrfirchen, 23 oietfacf) fd^on oerfattene Kapellen unb 38 Stttäre
mieber inftanb gefegt merben fonnten. Stud) fetjtt eg in ben Kirchen unb bei ben
sürojeffionen fchon nicht mehr an bem nötigen @d)mud, fo freigebig fteuern bie
Seute jufammen."1
Söenn bie Berichte ber ^efuiten aud) etmaS ju ftarf bie tßereitmittigfeit ber
Seute betonten, fo ftefjt eg hoch auch anbermeitig feft, bah in 9Jaffau*§abamar bie
2öieberf)erfteIIung ber fattjotifdjen Religion auf meniger ©chmierigfeiten ats anbergmo
flieh- ©S mußten freilich aucf) hier bie ißrebiger, bie nicht jur atten Kirche jurüd=
feljren mottten, bag Sanb oertaffen, e§ mürbe auch hier befohlen, bie atten $eft>
unb Safttage gu tjatten, aber fonft tieft man nichts ton anbern gmanggmittetn.
„S5a§ mar es nun", fo fragt ber proteftantifcf)e Pfarrer, ber bie ©efdjidjte ber
naffauifchen Sänber im Sreihigjäfjrigen Kriege gefdjrieben hat, „mag bem Äathoti*
gigmug in ber ©raffcfjaft £>abamar eine fo rafche unb in fpäteren fahren eine fo
nachhaltige Aufnahme oerfchaffte? ... 33ig gum Qahre 1540 mar bie ganje ©raffchaft
ber proteftantifdjen Sehre jugetan. Ohne ^noeifet hatte aber baS ^inneigen ber
naffauifchen ©rafen ottonifdfjer Sinie gur reformierten Stirdje (©atoinigmuS) manche
für ihr neueg Sefenntnig nicht günftig geftimmt unb mir fefjen noch big jum $af)re
1603 einige llnjufriebenheit barüber oormatten. Ser Übertritt 311 einer anbern
tonfeffion mar baher für bie $8emof)ner ton §abamar nicht fo fremb, ba ein großer
Seit benfetben früher erlebt unb mitgemacht hatte, ©obann fcbeint ^ofjann Submig
in hohem Stnfelfen bei feinen Untertanen geftanben 3U haben. ©r mar ohne groeifet
ber Sätigfte, um ben Srucf beS Krieges ton ben armen Seuten abjumenben. @r
freute babei feine Slnftrengung, feine Stufopferung, feine ©efahr, mochentang fam
er, fojufagen, nicht mehr 00m ißferbe herunter, um möglichen Unorbnungen unb
23ebrüdungen oorsubeugen. Söenn er nun bei feinen Untertanen feit oieten fahren
atS ein SSater beg SatertanbeS galt, ber fid) 3um Übertritt 3U einer anbern fionfeffion
entfcfjloh, fanb man fchon barin einen nicht unmicfjtigen ©runb, fid) ber neuen
Orbnung anjubequemen, oon ber man ohnehin in jener Beit mahnte, bah fie mit
1 *Litt. arm. 1681.
7 *
100
3roette§ Kapitel. $ie nieberrljetntfdje $robhts.
(S5etralt in gang ®eutfcf)fanb eingefüfjrt mürbe. 28ie grojj ba§ Sinken Johann
Submigg bei bem Bolfe mar, get)t aud) aug einer Slujjerung beg (proteftantifdjen)
Pfarrers Sop gu ©ften ^eröor, ber auSbrücflid) nach ^bftein berichtete: ,pabamar
fönne bie Untertanen ber §errfd)aft ©ften mit einem fjaar meiter gieren alg ©aar*
brüden mit betten1, bie an fid^ nicfjt ungünftige ©timmung fiel noch in jener geit
mit ber ^errfcE»enben Untermürfigfeit gufamnten, mit ber man ben Stnorbnungen beg
Sanbegfjerrn auch in Sachen ber Religion folgen gu miiffen glaubte, fpiergu fommt
nod) bie grope Mugpeit unb ber unermüblidje (Sifer, mit bem ^efuiten if)r Befeprungg*
merf gu treiben pflegten. . . . ®abei miffen fie fidj bie Siebe beg Boifeg baburd)
gu ermerben, baf fie bie ^farrgenoffen in ihren SSo^nungen befugen, Äranfe
heilen, $einbe augföpnen, bie einmal ©emonnenen burdf) öftere Unterrebungen feft«
äufjalten fuc^eit/'1
®ie[e raftlofe Xätigfeit ber ^efuiten erhielt aber ©nbe 1631 einen empfinblidjen
©tojj. 2)ag fiegreidje fdjmebifdje fpeer nötigte bie ißatreg gur gtuctjt. 21 nt 10. fNärg
1632 berichtete barüber P. Ningef an ben ^ßroöingial Nicfef nach ®öfn: „^cfj ging
©nbe gebruar tion fpabamar fort, gmei Monate fpäter afg bie übrigen fßatreg. Qcf)
mar länger geblieben, meil ber ©raf meinte, baff bie Stbreife ber ißatreg, melche in
bie benachbarten Dörfer gu gehen pflegten, genugfam ben fjaf? ber fjerumftreifenben
£>orben befdjmicfjtigen mürbe, unb niemanb eg ihm tierargen fönnte, memt er gu
feinem Srofte einen ißater, ber fidh nidjt in ber Öffentlichfeit geigte, bei fidfj auf ber
Burg hafte. 2Ifg jeboch ber frangöfijche ©efanbte hier burdhreifte, um in granffurt
megen ber Neutralität gmifchen bem Stierer ©rgbijchof unb bem ©chmebenfönige gu
tierhanbeln, riet biefer bem (Grafen bringenb, ja nötigte ihn faft, feinen Qefuiten
bei fich gu behalten, menn er fidj unb fein Sanb in ©idjerf)eit ftetfen moffe. @g fei
burdjaug gu befürchten, bop man bie Burg erftürme unb mich mit ©emalt abführe.
Ser ©raf tierfjeimlidfjte mir tiorberhanb biefe Befürchtungen beg ©ejanbten. 2llg er
aber tion granffurt, mohin er auch fmfb reifte . . ., gurücffefjrte, eröffnete er mir bie
©efapren eineg längeren Bermeifeng. . . . Sa nun bie Arbeit auch öon anbern ohne
©efapr für iljr Seben geleiftet merben fonnte, orbnete ich in aller (Sile unfere Sachen
unb bie ber tierfchiebenen Kirchen unb reifte bann nach ®obfeng ab."2
©in ©tüd mar eg, bah fdjon faft überall auf ben Dörfern SBeftpriefter afg
Pfarrer angeftefft maren unb bie ©eelforge in fjabamar fefbft burch ^rangigfaner
aug Simburg übernommen merben fonnte, bie ben ©djmeben meniger oerhapt maren3.
©rft im Notiember 1636 fonnten bie $efuitett, gmei Batreg, mieber nach §abamar
gurüdfepren4. ^hre erfte ©orge mar, im gangen Sanbe umfjergureifen, um ben
3uftanb in E'irdje unb ©chufe nach &en fielen Seiben unb Srangfafen ber lepten
fünf Qafire in 2lugenfchein gu nehmen. Sag Sanb mar fdjredfidj mitgenommen.
Biele Käufer maren eingeäfchert ober tierlaffen unb bie ©inmohnergaljl burd) ?ßeft, junger
unb Not ober flucht ftarf gufammengefchmofgen. Sem ©tauben aber maren bie Seute
treu geblieben, unb mohin bie ^efuiten famen, mürben fie tiom Boff mit fyreube
empfangen 5. — Sie Sätigfeit ber ißatreg in ben fofgenben fahren umfapte bie
ftänbige ©eelforge auf ber gräflichen Burg unb in ber ©tabt fjabamar, bann bie
Unterftüpung ber Pfarrer in ber ©raffdjaft unb fdjtieptid) eine bem örben frembe
unb miberftrebenbe Slrbeit, ber man fiep trop oder BorfteHungen beim päpftlidhen
Nuntiug in ßöfn nidjt entlebigen fonnte : bie gefamte firchlicpe Bermaftung beg
Sanbeg, bie ©orge für geeignete fßfarrer unb Seljrer, bie Prüfung ber $irdjen* unb
1 Heller, ®ie Srangfale be§ naffauifdjett
SSoIfeS 122 ff.
2 *Epp. ad Bus.
3 SB a g rt e r , $ie 91egentenfamilie üon 9taffau>
§abamar II 2 189 ff. 4 ®bb. 197 ff.
6 ®bb. 1 2 403 f. * Litt. ann. 1637.
9teue SJliebertaffungen : §05011101.
101
Slrmenretfjnuug, bie fircf)lidf;en Sßifitationen ufw. 1 ©S gelang ihnen auch, neu öorn
©rafen erworbene ©ebietsteile in furjer geil für bie fatf)o!ifcf;e ®irdje wieberjugewimten:
int Qafjre 1638 ©ed, im Qaffre 1645 baS $ird)fptel SSillmenrob mit Gier Dörfern
unb im ^afjre 1650 baS ftart beoöllerte ßircljborf Obertiefenbacf) 2. SSoCt Slnerlettnung
fdjrieb ber ©eneraloifar ©angriuS am 25. Februar 1645 bem ©uperior üöinfelmann:
„$>ie Unfrigen miiffett bort ausgezeichnet gearbeitet haben, ba fie, fo gering an gal)!,
fdjon eine ganje ©raffdjaft jur ®ird)e juriidgeführt fjaben. " 3
Bugleid) mit ber gurüdfiilfrung feiner Untertanen jnr fatholifd)en Äircfje hatte
©raf 3°^)ann Submig gleid) 001t Slnfang an bie ©rünbung eines ^efuitenfotlegS
inS Sluge gefaxt, ©dfon am 7. Januar 1630 fdjrieb er an s^apft Urban VIII.:
„Qcf) tjabe in meiner 23urg SSäter ber ©efellfdjaft Qefu, Üuge unb eifrige Männer,
bie felbft non beit Väretüern bemunbert werben. SDiit ihrer ^pilfe beginne icf) nun
alle meine Untertanen oon ber caloinifdjen 3n'lel)re zurüdguführen." f£)er ^Sapft
möge beSl)alb geftatten, bap er bie ©infiinfte ber ehemaligen ^ollegiatf irdfje ju ®iej
unb bie Älöfter ®ierftein, ©nabental, 2f)ron unb 23efelid) für eine in ^abatnar ju
griittbenbe ÜRieberlaffung ber ^efuiten üerwenbe4. SDer ißapft willfahrte am 12. Slpril
1631 bem SSunfdje beS ©rafen5, aber bie uns bereits befannte Vartnädigfeit beS
föurfürften ©hrifl°Ph 0011 £rier erhob gegen bie 2luSfüf)rung gro^e ©chwierigf'eiten 6,
bie ber Nuntius Suigi ©arafa im Aufträge oon 9Iom oergebenS ju heben fudjte.
„3$ fo fcf;reibt er am 26. ©eptember 1631 att 23arberini, „eine fofche §art>
nädigfeit bei bent ®nrfürften gefunbcn, bafs eS mir unmöglid) War, etwas ju erreid^en ;
idh werbe mir aber alle SJfühe geben, auf einem anbern SBege ber Söeifitttg 0011t
6. ©eptember nachzufommen." 7 ®aju tarnen nod) ©dhwierigfeiten oon feiten anberer
Orben, bie mehr Slnfpriidje auf einige biefer fölöfter ju haben glaubten. 21ud) Iper
fiel bie ©ntfdjeibung ju ©unften ber (Stiftung beS ©rafen aus8; aber bamit war wenig
erreicht, ba bie proteftantifdfjen Sinien oon 9?affau, in bereit ©ebieten bie fö'löfter zum
größten Seile lagen, bie Verausgabe berfelbett oerweigerten.
1 33gt. bariiber SBagner a. a. 0. II2 200 ff
262 ff. Ser ©runb lag in gurilbiftionlftreitig*
feiten. Ein * ©utadjten bariiber in Informatio
de iurisdictione et statu ecclesiastico in Com.
Nass. Hadamar, nebft grnei Briefen bei <Bu--
perior! ©ertad) §oeu »om Segember 1648 in
9tom, Bibi. Chigi Q II 52, f. 375 ff.
2 38 0 g n e r 0. a. 0. II 2 206 238 f 259 f.
3 * Orig.=ffieg. Ad Rhen. inf.
4 * Original im Arch. Vatic. Mise. Arm. 8,
vol. XCI. S8g[. vol. XC 93rief bei ©rafen eom
30. 2tuguft 1630 unb fßattotto an 33arberini,
28. ©ept. 1630. — Sie naffauifefje ©raffdjaft
Sieg mar erft nach bem fRetigionlfrieben pro=
teftantifiert morben, unb gegen ben Söorttaut
bei griebenibertrag! mären bie Slöfter Sier=
ftein (Oranienftein) unb ©nabentat fomie ba!
Sieger Sottegiatftift ber fatfjotifdjen Sirdje ent=
riffett morben. ©feidje 93emanbtni! bade
mit ben Stöftern 33efetid) bei §abamar, Stjron
bei Ufingen, ©nabentat bei SBielbaben. Ser
Srierer Surfiirft ßpiftopt) Ijatte im gatfre 1628
bie fRiicfgabe mehrerer biefer Stöfter burdjgefep,
unb fo mären in ba! bisherige proteftantifdje
abeligc Samenftift ©nabentat Siftercienferinnen
unb in 33efeticf) fßrämonftratenfer eingegogen.
Seiler, Srangfate 101 144 335.
5 Sa!93rebe abgebrueft bei Rom. Hay, Aula
Ecclesiastica et Hortus Crusianus (1648) 316 f.
6 f$t)itipp Stjriftopt) an 93arberini, 16. guni
1631. * Original in Barb. Lat. 6896, f. 1.
7 * Original in Barb. Lat. 6749. 33gt. ebb.
berf. an benf. , 19. 2tug. 1631 unb 2. 9)tai
1631 im Arch. Vatic. Arm. 8, vol. XCI;
ferner gof). Submig au 95orgt)efe, 10. ©ept.
1631, ebb., Borghese III, 15 a, f. 330. Sie
mofjl gu biefem ^Briefe geprenbe gnformation
befagt: Sie Congregatio Palatinatus, an bie
fid) ber Surfiirft geroanbt, pt gegen ifju ent=
fdjieben unb bie 3tu!fübruug bei 93rebe bem
Sötner 9Iuntiu! aufgetragen. Arch. Vatic.
Mise. Arm. 8, vol. XCI.
8 33reoe Urban! VIII. Pom 10. 2tug. 1637
bei Rom. Hay a. a. 0. 318. 2tm 11. guti
1638 bat ber ©raf ben Saifer um SRermenbitng
beim f$apft in 93etreff ber tpoffepebung unb
gmmiffion ber Stöfter ©nabentat, 93efetid) ufm.
(*Sopie Epp. Princip.), unb am 12. 2tug. 1638
gab ber Saifer gerbinanb III. feinem Orator
in fRont bie entfpredjenbe SBeifung (* Original
ebb.). Sa! Urteil ber fRota 00m 29. 9Jtai 1641
bei Crusius, Tract. III 157 ff. 3?gt. nod)
SBagner, Sie 9legentenfamilie oon 92affau=
§abaniar II2 267 ff; * Litt. ann. 1638.
102
glueitef' Sapitel. Sie nieberrOeinifd)e fßrobinä.
3m ^a^re 1645 beridpet her «Superior SSinfetmann: „Qtt tiefer ÜDüffion finb mir
4 ^Sriefter unb 2 Saienbrüber, unb gmar ju bern 3tDe(^/ baß ein Kolleg famt einem Knaben»
feminar errietet merbe. Sd)on finb un§ jmar ba§ ßottegiatftift ju S)iej unb bie Hier
au§geftorbenen ffrauenftöfter 23efeticf), SDierftein, ©nabentat unb 2f)ron als Stiftung
übermiefen. ®od) beließen mir nur ©infünfte non 23efetid), tjauptfädjtidj ©etreibe,
unb einige 3e^n*en be§ Ä'otlegiatftifteg, alles gufamnten im 2öerte oon etma
300 £Reic^StaIern. 2lQe§ übrige liegt eben in proteftantifdjen ©raffcßaften." 1 (Srft
©nbe 1649, at§ ber ©raf, metdfer, feit 1638 non feinem Sanbe abmefenb, all faifer*
lieber ©eneralbeoottmädftigter bie güiebenSoerfjanbtungen erft in ®ötn unb feit 1642
in fünfter geleitet hatte, nad) fpabamar jurüdfetjrte, trat ein Umfcfjmung ein.
innerhalb meniger Sftonate hatte ber ©raf burd) eine H'auffumme non 3000 Malern
bie entfpredjenben ©ebäulicfjfeiten unb burd) einen SSergTeicf) mit ben proteftantifdjen
Stgnaten fiinreic^enbe Untert)attung§mittel in fpötje non runb 860 fHeic^Stalern au§
ben übermiefeiten föirdjengütern gemonnen. 2lm 3. ^aaaat 1650 bezogen bie Qefuiten,
roetdje fd)on feit §erbft 1641 nicf)t meßr auf ber gräflichen 23urg, fonberit in einem
eigenen |)aufe in ber Stabt gemofjnt hatten, bie neue SBoßnung, bie aber erft nier
3af)re fpäter jur Ütefiben^ erhoben mürbe2. —
Unter bie Kollegien, bereu Stufbtüßen ber Strieg fniefte, ja jeitmeife üernidhtete,
gehört aud) $oe§fetb im Stifte fünfter3, hierhin berief bie Qefuiten im Qa^re 1627
ein efjrmürbiger ^SrieftergreiS namen» 3°§ann ©teilt, ber früher bem Qefuitenorben an«
gehört hatte unb feit 1621 beibe Pfarreien, St Samberti unb St ^afobi, nermattete.
©r hatte in ber Stabt, bie 3 mar äußerlich nod) fatt)otifd) fjiep, aber in 2Birftid)feit
nacf) bem Urteil eine§ ßeitgenoffen ebenfogut nidjtlatfjolifdj mie fatljotifdj mar, bie
meiften fperjen mieber für ihren ©tauben ermärrnt. $ür bie ©rßattung ber fatfjo«
tifchen Religion fudjte er mit altem ©ifer bie ©efettfdjaft 3efu bortßin ju jiet)en.
f£)er gürftbifdjof gerbinanb, bem er im fperbft 1626 feinen $tan norgelegt hatte,
empfahl it)m, bie beiben 23ürgermeifter unb ben Stabtrat bafür ju geminnen. SDieS
gelang Steil! troß alter fpinberniffe, befonberS burd) eine ©ingabe an ben Stabtrat,
in ber er ju Stnfang 1627 feinen )J3tan bartegte. ®er Süihm einer Stabt, fo
führte er au§, feien gute unb rcotjterjogene Bürger. SDiefe tonnten jeboef) nur au§
guten Sdjuten fjeröorgefjen. f£)er allgemeinen Älage über ben fdjtedjten Unterricht
in ber Stabt müffe beStjatb abgeholfen merben, unb 3 mar burd) fperbeirufuitg ber
©efettfdjaft Qefu, bie eben oon ©ott jum Unterrichten gteidjfam berufen fdjeine.
ßubem mürbe man burd) bie Stufnafjme berfelben in bie Stabt bie bebeutenben
Sofien fparen, meld)e ben ©ttern ba§ Stubium ihrer Söhne in fünfter oerurfadje ;
bie SBürger mürben burch bie oieten Stüter aud) nod) ©etb geminnen. SLJJancheS
Statent, ba§ jeßt au§ fanget an SOZittein oerfiimmere, mürbe fid) §ur 3^rbe unb
gum Üiuljm ber Stabt entmidetn unb entfalten tonnen, ©nbtid) gemänne bie Stabt
fetbft ^rebiger, 23eid)toäter, Seßrer, SZechtS- unb ©otteSgetehrte, bie prädjtigen gefte,
bie Ä’irdjenmufit, bie 23ruberfd)aften, ^Srojeffionen unb £ßeater. «Schließlich tonnten
bie Qefuiten, bie fid) fo Diele Sßerbienfte um ben mähren ©tauben unb bie cßrifttidje
1 *Catal. Rhen. inf. 1645 u. 1649. 58efetid)
war am 3. 3uli 1638 in ben 33efip ber Sefuiten
übergegangen. Sßagner a. a. D. II 294 f.
2 SBeitere 9t!ten in SBien, <5taat^ard)iD, 9ieicf)^
tjofrat, Jes. 114. — Obere merben ge=
nannt: Ringel, 1630; §einr. $rad, 1636;
Cbrift. Sßintelmann, 1638; S°b- ^olt^aufen,
1646; ©erlad) §oen, 1648; §einr. §oItrnp,
1650. Slripiealien im $farrard)iü ju §aba«
mar, Orbinariat§ard)iD ju Simburg a b. S.
unb ©tabtardüD in ßötn.
3 3ür ba§ golgenbe bgl. *Compend. hist,
de initiis residentiae postea coli. Coesfeld. 1 ;
9)tarj, ©efd). be§ ©t)ntnafium§ gu fioelfelb
(1829) 5 ff. 3SgI. aud) ©teitld S3rief an ben
Äurfürften 3'^rbinanb, bat. Soegfelb, 24 Smt.
1622; Seiler, ©egenreformation in SSeftfalen
III (1895) 579 f.
SJeue Stieberlaffungen : ÄoeSfelb.
103
Siebe ermorbeit Ratten unb belfjalb bie allgemeine 2fcf)tung ber dürften genöffen,
bei lederen in ber gofge oief ©ute! für bie (Stabt mirfen. SSor allem aber —
unb ba! fei bie ^auptfacfje — müffe Sorge getragen merben, baß nicf)t mieber oer*
loren getje, mal er für ben ©tauben fo müfjfam gemirft habe. ©r fei burdj ®ranf»
fjeit unb Sffter aufgerieben unb bem Sobe naße unb fönne nidjt tanger arbeiten; e!
müffe aber in bem ©eifte fortgemirft merben, in mefdßem er ju mirfen begonnen habe1.
2)iefe ©ingabe fanb biete Quftimmung. n. gjjärj 1627 fd^rieb Steiß an
ben ÜDfünfterfdßen Steftor P. ßtuibiul: „Bürger unb 9tat!fjerren , aße fjaben be«
fcßfoffen, bie ©efeßfcßaft Qefu ßerbeijurufen; nur ftrüuben fitf) nocß bie hier Häupter
ber Stabt, bie beibeu Siirgermeifter unb bie beiben Kämmerer. Socß menn fie nid)t
innerhalb jmeier Sage beiftimmen, merben fie e! mit ber Stabt ju tun befommen
unb gebemütigt merben/'2 Siefe 23eiftimmung folgte batb, unb bereit! am 14. SRai
1627 erging bal ©efudß ber Stabt $oe!fefb an ben ^rooinjiaf um Qefuiten3.
2tm 28. Sftai tarnen bann bie erften Qefuiten, P. SBernßarb SBudjofß, ein geboruer
®oe!felber, unb P. 5ttb. fpof^apfef, nach Äoelfefb 4. Sie mürben mit großem Qubef
empfangen. „Qcß fann midß üor Qreube nidjt haften", fcßrieb Steiß brei Sage
fpäter, am 31. ÜDfai, an ben Dteftor 9?uibiu! nad) fünfter, „unb mit mir jubelt
bie gange Stabt. Sen ßocßm. P. 93ernf)arb (Sudjofß) fjaben unfere Bürger auf»
genommen unb angefcfjaut mie einen ©ngef oom §immet. Surcß feine geftrige ^rebigt
fjat er aßer §ergen erobert unb mit ficfj fortgeriffen. Sie beiben Sürgermeifter . . . maren
üßtittag unb Stbenb mit uni guSifcß."5 Sie Qefuiten moßnten oortäufig bei Steiß
unb hielten in ben beiben ^farrfirdjett oft ^Srebigten unb regelmäßig &'atedji!mu!»
unterricht oor gaßfreicßen Qußörern6.
Qm Saufe bei Sommer! mürben mit ben Sffmofen, mefcße Steiß gefammeft,
gmei Raufer gefauft: eine! all fünftige SSoßnung unb ba! §meite, 90 Qatß fang,
für eine $apeße. ©feicßgeitig richtete man im Ütatßau! für bie Schufen, mefdje im
£>erbft eröffnet merben foßten, bie nötigen 9täume fjer7. Qmar fdjrieb ber Orben!»
generaf nocß am 16. Oftober 1627 bem ijkoüingiaf Satiing: „9fngefeßenen Sßatre!
ber Sßroöing fcßeint bal StäbtdEjen menig geeignet für ©rünbung eine! $oßegl, gutnaf
ooraulficßtfieh in 23äfbe meit größere unb ßeroorragenbere Stabte in Sacfjfen ben
Orben um ^oßegien angefjen merben. ©m. fpocßmürben moßen belßafb mit fad)»
funbigen ^Satre! oorßer gut überlegen."8 Socß beoor biefer S3rief in bie |)änbe
bei ^roüingiaf! gelangen fonnte, maren bie Sdjufen fdjon unter großer Qeierficßfeit
mit brei Pfaffen eröffnet morben. ©feicß am erften Sage, am 9. 9?oöember, hatten
ficß über 100 Sdjüfer eingefunbeit. Qßre 3a^ ftieg raf^- ^ocfj mäßrenb bei
Qaßre! mürbe bie oierte Pfaffe unb §erbft 1628 bie fünfte unb feßte Pfaffe angefügt.
9Kan gäßfte jeßt 221 Schüler. Sie Qaßf ftieg nadf) gmei Qaßren, im Qaßre 1630,
auf 323 unb belief ficfj groei Qaßre fpäter auf 373 9.
©ünftig hatte fid; ingmifcßen auch bie Seefforge entmideft. Sfußer ber .^atecßefe
in ben beiben ^3farrfircfjen mar ben ’ißatre! im Qafjre 1629 in St Samberti auch
1 SOtar j a. a. D. 8 ff.
2 ®bb. 143 f.
8 * ©taatSardjiö ÜMnfter.
4 *Comp. hist. 1’. *Catal. Rhen. inf. 1628.
8 9Jt ar £ a. a. 0. 24 150.
6 * Litt. ann. 1627.
7 *Comp. hist. 2. ©teiK ßatte bereits boit
ber ^ibtiffin beS abeligen eiftercienferinnen»
ftofterS SDtarienborn bie Abtretung ißrcS Stto=
fterS erlangt, aber ber $lan frfjeiterte an bem
Sßiberftanb beS GiftercienjerabteS non 2llt=
Rampen. 901 arg a. a. D. 22.
8 * örig.=9teg. Ad Rhen. inf. 2luf ben ©egen»
berid)t beS i)3rooinjialS antmortete 23itetteS<f)i
am 27. 9Wai 1628: Coesfeldiam cum R. Y. col-
legio Societatis tarn opportunam variis argu-
mentis ostendat, habebo quod respondeam, si
quis deinceps aliud de eadem huc scripserit.
a *Compend. hist. 2. *Catal. Rhen. inf.
1628 f.
104
3meitc3 Kapitel. $ie nieberrljeiuifdje ^roüinj.
bie regelmäßige 'prebigt übertragen 1. „Sind) feaben mir", fo erjagt ber 33ericf)t oont
$afere 1632, „unfere SBirffamfeit nad; augmärtg auggebefent: nacfe 21gbed, SRorup,
Sette, 23illerbed, Segben, 2)arup, Oftermicf unb fotueit eg unfere geringe $afel luir
gu liefe, unb ftnb niemals ofene bebeutenbe ©rfolge gurüdgefefert." 93egüglicf) ber ©r»
folge in Koegfelb felbft fagt ber fßericfet beg Qjafereg 1631: „SGSir gäfelten allein in
unferer Kapelle 4612 Kommunionen, gang abgefefeen üon ben triefen , melcfee in
©t Samberti aug unferer £anb bie feeilige Kommunion empfangen feaben."
2lucfe ber finanzielle ©tanb ber Uiieberlaffung mürbe halb geficfeert, unb gmar
burdfe bag Sßerbienft beg überaus rüferigen ©upcriorg 23ucfeolfe, ber im ©ommer 1628
oom ©tabtrat bie gafelung einer jäferticfeen fRente üon 480 Malern ermirft, halb
barauf oon feinem 23ruber Hermann, bern SlmtSrentmeifter oon 2lfeaug, eine bebeutenbe
©umme erhalten unb aud; fonft um bie 23efcfeaffung ber nötigen ©elbmittel fiel) Diel
bemüfet featte2. 21m 15. 9Rärg 1631 feferieb ifern ber Orbenggeneral: „©efer gefreut
feabe iefe miefe, bafe bie ÜRieberlaffung allmäfelid; fo erftarft, bafe mir fie feoffentlid;
halb in bie Dteifee ber Kollegien fefeen lönnen. Qngmifcfeen faferen ©m. ^ocfjmürben
mie bigfeer fort, mit ben Untergebenen ©otteg ©fere gu meferen, oon beffen ©iite
auefe bag meitere SEßacfegtum ber ©elbmittel gu erhoffen ftefet."3
®ie gafel ber Qefuiten, melcfee feit 1629 im gangen 11 gemefen mar: 3 ißatreg,
6 SRagiftri unb 2 Saienbrüber, mürbe im Qafere 1632 auf 16 erfeöfet: 7 Sßatreg,
6 SOiagiftri unb 3 Saienbrüber. 2lnerfennenb fcfjrieb nod; am 6. ÜRoüember 1632
ber ©eneral bem P. fBucfeolfe: „®ie grofee greube bariiber, bafe bort noefe aUeg Oon
bem Kriegggetümmel unberührt geblieben ift, melcfeeg nun fefeon fo lange $afere faft
gang SDeutfcfelanb erfüllt, mirb nod; baburefe gemefert, bafe iefe fefee, mie @ro. §od;>
mürben bie rufeige ,ßeit fo oorgüglid; fiefe gu nufee macfeen, um ©otteg ©fere in unb
aufeerfealb ber ©tabt auf alle Söeife gu meferen."4 2lber faum moefete P. 23ucfeolfe
biefen Sörief in §änben feaben, ba mar eg mit ber rufeigen ßeit aud; in Koegfelb
gu ©nbe unb bagu mit ber gefamten STütigfeit ber Qefuiten. Unermartet mar näm*
liefe ©nbe 1632 Sanbgraf SBilfeelm oon Reffen mit feinem §eere ing ©tift fünfter
eingefallen unb featte rafd; giemlicfe atleg erobert. 21m 14. gebruar 1633 featte fid;
auefe Koegfelb ergeben müffen. ©inige Monate fpäter, am 30. Oftober, ging oom
©tabtfommanbanten Karl o. Uffeln bem ©tabtrat ber 23efefel gu, bie ^efuiten aug-
gumeifen. 2lüe ©egenoorftellungen blieben fruefetlog, unb am 11. ÜRooentber mufeten
bie $efuiten bie ©tabt oerlaffen5.
©o fanf bie üieloerfprecfeenbe ÜRieberlaffung mit einem ©djlage in krümmer,
unb bie Käufer ber ^efuiten, bie im Saufe ber ^afere auf fieben angemaefefen maren,
mürben mit einer eingigen 21ugnafeme gerftört. ©rft alg fid; ber Krieggfturm aug»
getobt featte, begann bie Sonne mieber über ber Säeberlaffung gu glängen. Kurg
naefe bem griebengfefeluffe erging nämlicfe oom Kurfürften gerbinanb an bie
^efuiten bie 21ufforberung, bie STätigfeit in Koegfelb mieber aufgunefemen6. SDie
Sanbgräfin 2Imalie oon Reffen, bereu Gruppen noefe oorläufig bie ©tabt befefet
feielten, fanbte bem ©tabtfommanbanten fogar ein ©nipfefelunggfcfereiben für bie
^efuiten 7. 21m 22. 9ttai 1649 betrat mieber ber erfte Qefuit, ber neue ©uperior
1 *Catal. Rhen. inf. 1629 ff- * 3$itelte§d)i
an 93ud)oIp, 4. Slug. 1629. 0rig.=91eg. Ad
Rhen. inf.
2 *$BitcHe3d)i an S3ud)olp, 4. Slug 1629.
SJtarE, ©efd). be§ ©tjmnafiumS ju ÄoeSfelb
38 ff.
3 *Sif)uüd) SRtetteSdji an fßrooinüial SSaPing,
7. Slpril 1629, too er bem S5roPin,üal ©liid
hmnfdjt gu bem guten ©tanb ber Üteftbens
®oe§fe!b.
4 *0rig.=9tcg. Ad Rhen. inf.
3 SJlarj a. a. 0. 45 ff. *Comp. hist. 2vf.
* Litt. ann. 1633. ©ie fanben Slufnatjme in
Emmerid). *Hist. coli. Embric. 1633.
6 *Comp. hist. 3V.
7 Sltarp a. a. 0. 55.
9?cuc 9Jicberlaffungcn: Skuf].
105
£>einrid; Stejring aus SlßauS, bie fdßwer ßeimgefud;te (Stabt 1. ©ie bot einen trän»
rigen SInblid. Sie 3a^ ber Bürger war üon faft 800 auf bie £älfte gufammen«
gefcßmoljen, ber 9teft aber größtenteils oerarmt; 47 Raufer lagen in Srümmern.
Überall fanb P. 9tejing unfreunblicße ©efid;ter unb froftigeS unb abftoßenbeS Se«
nehmen. Ser Pfarrer non ©t Samberti oerweigerte ißm fogar, an bent Stltare, ber
eßebent ben ^efuiten in ber Äircße iiberwiefen war, bie ßcilige 9J?effe gu lefen. Unb
ba ißn nientanb aufneßmen wollte, mußte er in einem SBirtSßaufe Unterfunft fucßen.
Qn feiner 9tot wanbte er fid; an ben ßeffifcßen St'ommanbanten Qoßann o. ©ifengarbt.
Siefer feßte ißn wieber in ben Sefiß beS noeß fteßen gebliebenen Kaufes unb fucßte
bann aueß famt feiner ©emaßlin Cornelia ö. Sroicß aus 9ieeS, einer eifrigen ®atßo»
lifin, unb ben anbern ßeffifd;en Offizieren burcß ©elb unb SebenSmittel ber brüdenben
Slrmut abgußelfen.
9ceue Kräfte fonnteit nun nacßfommen, nnb am 31. Quli, am gefte beS
ßl. ^gnatiuS, begannen bie ^efuiten in ber §eiliggeififapelle, welcße ißnen ber
ÜDiagiftrat nad; langen Sitten überlaffen ßatte, enblicß wieber öffentlichen ©otteS*
bienft, ^ßrebigt unb ^ateeßefe gu ßalten. Slnfang SioOentber eröffneten fie bie
©dfulen, unb gwar mit oier klaffen, wenn aud; unter nur gwei Seßrern. SaS
wedte wieber unter ber Sürgerfcßaft baS alte SSoßlwoüen. „$D?an ift fogar", be»
ridften bie ^efuiten, „woßltätig geworben unb wetteifert felbft, uns täglicß bureß
Sllmofen in unferer Slrrnut beigufpringen." Sen oollen ©ieg errangen bie gwei
©cßaufpiele gu gaftnadjt unb ißfingften 1650, welcße auf offenem SJiarlte aufgefüßrt
würben. Sie erregten einen folcßen Seifall, baß beibe nod; gweimal wieberßolt
werben mußten. Salb gelangten bie fgefuiten wieber in ben ungeftörten Sefiß ißreS
früßer erworbenen ©runb unb SobenS. „SJian bot uns", fo melbet ber ^aßreSberidjt
oon 1650, „fogar an, bie ©cßulen wieber in bie früheren 9täume gu oerlegen, was
wir jebod; nidßt für gut ßielten. Slud; ift unS ber SUagiftrat, ber wegen ber fcßlecßten
feiten gwar bie eßemalige ^aßreSrente noeß nießt auSgaßlen fonnte, bod; mit einem
anfeßnlicßen Sllmofen gu .fpilfe gefommen." Sie $aßl ber ^efniten War bis ©itbe
1650 auf 7 gewaeßfen: 3 ißriefter, 2 ÜDiagiftri unb 2 Saienbrüber; bie $aßl ber
©cßüler auf 139, bie nunmeßr in fünf klaffen unterrichtet würben. Sie heilig»
geiftfapelle erfreute fid; ftarfen SefucßS, ebenfo aueß bie ®ated;efe, welcße man im
£>erbft 1650 auf Srängen beS Pfarrers in ber ^afobifireße ßatte überneßmen müffen.
Sagu würbe man oft außerßalb ber ©tabt um SluSßilfe gebeten. 9iur eines maeßte
fid; empfinblicß geltenb. ©S war ber alte ©aft, bie brüdenbe Slrmut. ÜDian mußte
fid; bie nötigen SebenSmittel bei guten greunben, unter benen befonberS ber $ar«
täuferprior Sruno Srune ßeroorragte, noeß maneße ^aßre erbitten2.
DJießrere 9iieberlaffuugen ber nieberrßeinifeßen Srooin^ entwidelten fid; nur feßr
langfam gu eigentücßen Kollegien. £>ier ift üor adern Sienß gu nennen.
Sen erften Serfucß, ^efuiten naeß 9?eitß gu bringen, ßatte ber Kölner ©rgbifd;of
3oß. ©ebß. 0. SDfanSfelb (1558 — 1562) gemaeßt. Slm 19. $uni 1561 feßrieb ber
Kölner Üteftor Reffet barüber nad; 9tom3: „©eftern fanbte ber ßoeßmürbigfte §err
©rgbifcßof feinen Offizial gu unS um einen ißrebiger für 9?euß. @S leßrt nämlicß
bort ber $rebiger in ber £auptfircße öffentlich oon ber Mangel ßerab bie Qrrleßre.
Seiber ßaben wir niemanb; benn nid;t geringe grüeßte ftänben gu erwarten, fowoßl
für 9ceuß als aueß für baS gange Sanb unb bie angrengenben ©täbte, in benen bie
£ärefie oon Sag gu Sag meßr um fid; greift; aud; würbe bie eßemalS gerüßmte
1 * Comp. hist. a. a. £>. S)anad) aud) ba§ 33ud)olp, 1627—1633; §einr. Slejing, 1649
golgenbe. 1652.
2 * Comp. hist. Sie Dbern waren: 93ernf). 3 9Jßeinifd)e 91ften 397.
106
3toeite§ Kapitel. $ie nieberrifeinifcfje ijgroPins.
©djute gu Sieuh mit her geit ung übertragen merben." — Stucf) ein gmeiter SSerfud;
beg ^urfürften ©rnft im ^afjre 1586 fcfjeiterte. ®od) oerfpradjen bie Kölner ^efuitext,
„ab unb gu ^atre§ fjinjufenben, mag bie Sänbftänbe ebenfo bringenb münzten".
®ag gefdjaf), mie eg fc^eint, gurn erftenmat um ißfingften 1587 1.
$ür bie ©rrid)tung eineg ^efuitenfottegg in 9?euh, fo metbete am 10. ÜDtai 1590
ber Kötner Nuntius g-rangipani an ^arbinat SJtontatto, ^abe er bem ^urfürften ein
leidstes üötittet oorgefcfjlagen, nämlich ben ©enerat ber Stuguftiner>©horherren gu
bemegen, bie ©infünfte beg (im ^a|re 1583) gerftörten Stuguftinerftofterg in SJeufj
in grnei Xeite gu teilen, ben einen für bag Stuguftinerftofter in ®ötn, mofjin bie
Steurer ©f)orf)erren überfiebeln fönnten, ben anbern für bag in Sieuh gu erridjtenbe
$efuitenfotteg. SDer ©enerat fei nicfjt fef)r abgeneigt: eg märe eine grofje 2Bof)ttat
für bie Qugenb non ^ütidpßteöe. SIm 2. ^uni 1590 antmortete ^arbinat SJtontatto :
Sßenn ber 9?untiug ben ©enerat ber Stuguftiner beroegen fönne, fo möge er nur
öorangelfen mit ber beabficfjtigten Steilung, ba eg fid) ja um ein fo fegengreidjeg
Söerf hanbte2. SDer ^tan fam nidjt gur Stugfülfrung, bereitete aber ben Qefuiten
niete Qa^re grofje S3erbriehlid)feiten.
Stm 26. Januar 1600 berichtete barüber Stf)et,bor S5ufaen§ bem ©enerat: SDie
gefjäffige ©acf)e mit bem ®tofter in Sieufj gieljt fid; fd)on gehn ^affre t;in gum SSer*
brüh für niete ©rafen unb (perren, bie früher Sätzen au§ bem ®tofter gezogen. SDer
SZuntiug ha*te 1597 ben Stuftrag erhalten, bie ©treitfadje gu prüfen unb Seridjt gu
erftatten. SDa aber aug Storn fein SBefdjeib fam, tiefen bie Unfrigen alle ©iiter beg
^tofterg mit 33efd)tag belegen unb in 3$ermat)rung nehmen. SDag nermehrte ben
Tumult noch, gteichfam at§ ob fie mit ©emalt bag ßtofter an fid) Riehen mottten,
ba fie bodj feinen Pfennig aug ben ©infünften erhalten. ®ie (Erbitterung fteigert
fid) um fo mehr, atg ber (Stuguftiner=)0rbenggenerat, ber früher in gleiche Leitung
eingemittigt, nunmehr feine ©inmittigung §urüd§ief)t, meit er feine 33ottmad)t bagu
gehabt. SJtan möge hoch in 9tom ber ©ache enblicf) ein ©nbe mailen, ba fotdje
(Streitigfeiten nur Stbneigung heröorrufen unb bie geifttidje 5rud)t unferer Strbeiten
hinbern. ®ie meiften münfd)ten, man hätte bie ©adje nie angefangen, aber je|t,
fcheint eg, müffen mir oorangetjen, ba eg fid) auch um bie ©t)re beg ©rgbifdjofg
hanbett3. SDie Söfung mar fdjtiefjtid), bah bie Stuguftiner fetbft ein neueg ßlofter
im Innern ber (Stabt bauten.
Qngmi[d)en mollte ber föoabjutor gerbinanb ©nbe 1599 menigfteng eine 9tefibeng
in 9?euh errichten, meit biefetbe non ben Bürgern fchon tange gemünfdjt unb für
bie ©eetforge nötig fei4 *. Stuf ben 33ericf)t beg ^ßrooingiatg 33ufaeug antmortete aber
Stquaöiüa am 14. Stprit 1601 : „®ie 3^efiben§ gu Sieufj mürbe, mie ©m. (podjmürben
mit Stecht urteilen, bem Kolleg gu ®ötn, ooit bem fie unterhatten merben mühte,
eine fdjmere Saft fein. Stud) ift eg ftetg unfere Stnficfjt gemefen, bah bie ^rooing
bei fo grobem ÜDtanget an Seuten bie Säebertaffungen ohne ©d)aben nicht Oermehren
fann, ba ja bie atten ber Kräfte beraubt merben mühten, bereu fie fetbft notmenbig
bebürfen. Qcf) h°ffe/ ber $ürft mirb bei fotcher Sage ber SDinge nic^t unfchmer
nachgeben." 6 ©teichmot)! finb feit bem 3a^re 1*300 anftatt ber bigherigen getegent»
tidien unb furjen Stughitfen jebeg Qahr mährenb ber gangen Stboentg= unb ^aftengeit
ein ober gmei $atreg aug ^ötn in SJeuh tätig6.
1 *Hist. coli. Colon. 1543—1587 (Germ.
Fund. I 172).
2 (£ t) f e § , Nuntiatur grangipotti (1899) 472
479.
3 * Driginal in Germ. Epp. XXXVI 274.
StquaPioa fagte am 25. ÜDMr;) 1600 eine genaue
Prüfung ber ©adje 31t. * Drig.=9?eg. Ad Rhen.
4 * @mpfe()runggfd)reiben bed tnrfiirften nom
17. 9toP. 1599. Originär in Süffefborf, Staate
ardjiP, 9?enb, Jes. 49a.
6 * Orig.’SReg. Ad Rhen.
6 * Litt. ann. 1615. * ®6b. [Colon.] 1600 ff.
* Catal. Rhen. 1600 ff. * StquaPiPa an Sfjeob.
83ufaeu§, 9. SJlärs 1602. Orig.<91eg. Ad Rhen.
Dfeue 9?ieberlaffungen : Üteufj.
107
®er föurfürft lieff aber feinen fßlatt nicht fahren. Sei ber Ausführung ging
er nicht ohne eine gemiffe ©emalttätigfeit oor, unb jtoar nid)t allein gegen bie
granjiSfaner in Deuff, bie toeidjen mufften, fonbern aucf) gegen bie gefuiten, bie an
beren ©teile traten. £)er granjisfanerfonüent in Deuff, früher ben (Tempelherren
gehörig, „hatte in ber jüngften 3eit bie alte 3ud)t unb ©trenge mefjr unb mehr
fahren gelaffen, meSfjalb ®urfürft gerbtnanb ficf> bezogen füllte, in einem aus Sonn
am 29. Januar 1615 an ben Deuffer ©tabtrat gerichteten ©cfjreiben ju erfrören,
baff er ,auS erheblichen betoegenben Urfacfien in bem ÜJDinoritenfrofter eine Anberung
unb Deformation oorjunebmen
refoloiert unb gemeint fei‘". ®a
bie granjiSfaner fich meigerten,
ihr fölofter §u oerlaffen, lieh ber
^urfürft fie nach ®öln bringen.
S)er ©tabtrat fteHte ihnen am
9. gebruar 1615 für ©otteS-
bienft unb (ßrebigt ein günftigeS
3eugniS aus1.
Am 6. gebruar 1615 fdjrieb
ber ^urfürft an ben ©eneral, er
habe au§ fchmermiegenben ©riin*
ben oor furjem einige Äonüen»
tualen beS granjiSfanerfrofterS
in Deuff in ihr fölofter nach ®öht
üermiefen unb ben ^Sroöin^iat
Heinrich ©dferen fehr bringenb
angegangen, bah er in baSDeuffer
ßfofter, raie eS fchon lange fein
fehnlidjer Sßunfd) gemefen, enb-
lief) bei biefer guten (Gelegen¬
heit einige gefuiten äur Sefor-
gung beS ©otteSbienfteS fenbe.
Aber aus üerfdfiebenen ©rünben,
befonberS auch meil feine Er-
laubniS beS ©eneralS oorhan-
ben, hat’e ftd) ber fßrooinjial
fehr fchmierig in ber Erfüllung
biefer Sitte gegeigt. Sr hofo if)o a^er fo entfdjieben gebrängt2, bah er einer fofdfen
Dotlage gegenüber nadhgeben muhte. (Ter ßurfürft oertraue, bah ber oom fßroüinjial
berciefene ©ehorfam bem ©eneral nicht unangenehm fein rnerbe, unb bitte um gort*
fefjung ber gefuitenrefibenj in Deuff unb um Einrichtung einer ©djule, bie burdiauS
notmenbig fei. (Ter ©eneral möge auch beim Zapfte bahin mirfen, bah fein Vor¬
gehen gegen bie granjiSfaner, ju bem ihn nur bie fircfjliche Dotlage unb baS gegebene
Ärgernis oeranlaht, Oom Sßapfte nidjt ungnäbig aufgenommen toerbe3.
(Ter in bie Enge getriebene fßrooinjial ©cheren toanbte fich om 21. gebruar 1615
an ben ©eneral mit ber ©djilberung ber ©ad)Iage. (Ter gürft unb feine Düte oer*
ßurfürfi ^erbinaitb non flöht.
9tad) flh^oenhitter, flonterfet fluppferfticf), 1721.
©tief) (ca ®/7).
1 % ü cf i n g , ©ef cf). be§ ©pmnafiuml ju eufj
(1885) 23 f. 2)erf. , ©efd). ber fircf)lid)en ©in-
ridjtungen ber ©tabt Uteufj (1890) 264 ff- ®ie
©ntfernung ber granjilfaner auö ihrem flfofter
erfolgte am 31. Januar 1615. *Hist. coli.
Colon, ad ann. 1615. flöht , ©tabtaretjiü,
Jes. 7.
3 Ursimus illum tarnen adeo vehementer.
5 *flopie in 9tom, ©taat§ard)io , Inform.
LXXIII 123.
108
gmeiteg Äofiitel. $ie nteberrt)einifd)e Srocinj.
fieberten, bie Sermeifung ber ®on»entualen öon Sfnbernad) imb Reuff naef) ®öln fei
unbebingt notmenbig gemefeit unb fie Ratten offne SSerle^nng beg @etüiffen§ nicTjt
anberg Ifanbefn fönnen. 3U Sfnbernad) miü ber Äurfürft Obferöanten, in Reufj
^efuiten anfiebeln. @r brängt micfj unaufhörlich burdf 33riefe, Sitten, ja Sefeffle.
Sig jept habe ich mid) getueigert. §eute aber ffabe icf) jmei Sät er, bie aucf) fonft
um biefe .Qeit nad) Reufj gefdjidt §u merben pflegen, gefanbt, um jur Serfjütung
beg Sfrgerniffeg jumeifen in bem öerlaffenen Softer ju zelebrieren. Sag fjat ber
^urfiirft mir abgenötigt, inbem er ade ©effäffigfeit unb bie Sertjanblung bei bem
s^apft unb @ra. ^Saternität auf fich genommen, llnfere greunbe unb ©önner raten nad)*
jugeben unb bem ^urfürften nicht meiter Söiberftanb ju leiften, mag ohne Seleibigung
unb ©ntfrembung nicfjt möglidj fei. Sagfelbe meinen bie fjiefigen Patreg. SRöge
alfo, menn eg möglidh ift, @m. Paternität bem SSunfdje beg ^urfürften miflfafjren
unb bie in Rom entgegenftefjenben ©cfjmierigfeiten ebnen. Sag aber foll @ro. Pa*
ternität miffen, bajj mir in biefer ©adje nidjtg getan unb ung unredjt gefd)ief)t,
menn man anberg fc^reibt1.
Sin ©teile beg ingmifcpien oerftorbenen P. Sfquatüöa antmortete ber ©enerafoifar
P. gerb>nan& Silber auf biefen Srief am 14. ÜRärj 1615. @r lobt bag Serpalten
beg proöinjialg, bafj er nad) 9Röglicf)feit bie Reufjer SRiffion abgelehnt unb ben
patreg öorgefcfjrieben habe, ihre SBofpiung nicht in bem granjigfanerflofter ju nehmen.
Sie ©adje fei fehr gefjäffig. „^jd) merbe bem ®urfürften fchreiben, @m. ^ocfjmürben
mürben einige Slrbeiter nad) Reufj fcfjiden: icf) münfdje aber bieg in ber Slrt, bafj
bie Unfrigen nicht in bag ^lofter einziehen, unb ferner, menn bieg irgenbmie möglid)
ift, aucf) in ber föircffe beg 0ofterg nicfit bie fällige SReffe lefen, um felbft ben
©cfjatten beg Serbadfteg ju oermeiben. Grrft menn ber papft bie ©ntfeffeibung ge*
troffen, mirb bie ©efeüfdfaft nacf) feinem Söillen fich richten." $|n bemfelben ©inne
fdfrieb ber ©eneralüifar am 25. Stpril mieberurn an ben proüin^iaf unb am felben
Sage an ben Reftor beg Kölner ^ollegg P. ^oljann (Sopper2. Papft Paul V.
nafpn bag gemalttätige Sorgefjen beg ßurfürfteit fehr übel, gab aber fd)fiefjfidj nicht
ofjne bireften Sabel am 13. gebruar 1616 feine guftimmung 3. Offne frefe Bu*
ftimmung ab^umarten, hatte ber ^urfürft Februar 1615 bie Grntfenbung einiger
patreg bem proüingial befohlen unb feinem Sogt in Reufj mieberffoft ftrenge
Söeifung gegeben, biefelben in bag gran^igfanerflofter einzuführen 4. Sfm 16. SRärj
1615 erfolgte bie Grinfülftung ber beiben Patreg Subroig Hafimir ^mfflicff unb
Sernfjarb SRirou. Sag fämtlidfe SRobiliar unb &dofterüermögen blieb ben gran^iS*
fanern 5.
Qn ben ^afjregberidften öon 1615 ffeifjt eg: „@g meilen hier fept 4 ber Unfrigen:
2 Priefter nebft 2 Saienbriibern, unb liegen feefforgfidfen Sfrbeiten ob. Sie ©dfulen,
auf beren (Eröffnung alle begierig finb, finb fcffon auf Soften beg $urfürften f)er*
1 Äopie iit 9tom, ©taatgard)iö, Inform.
LXXIII 127. Sciat nos hoc in negotio nihil
egisse et, si aliter scribatur, iniuriam nobis
fieri.
2 * 9tom, ©taatgardpü, Inform. a. a. 0. Sgl.
auef) 1. 9Xai 1615. Drig.=91eg. Ad Rhen.
3 *®ot>ie in ®üffeIborf, 6taat^ard)ib, gef. ju
9teufe. Sßg(. Reiffenberg I 482. Sinige
3al)re fpäter fudjte ber Surfurft einige ben
Äarmeliten suge^örige ©iiter für ba§ Dteufeer
Äoüeg su erlangen. 9(uf bie Äunbe ^iercon
fdjrieb 35iteüe§d)i am 31. Dftober 1620 an ben
23eiditbater beg Shirfürften , ißeter 2Binaeug:
„©oUte bie ©ad) e mal)r fein, fo muff ber ®ur<
fürft inftänbig gebeten merben, baoon abju*
fielen unb lieber bag üteujjer ßolleg in feiner
9Irmut ju laffen, atg auf folcfte gebäffige SBeife
if)m su Reifen." Orig.-9{eg. Ad Rhen.
4 * Äurfürft f^erbinanb au ben Sogt, 9. gebr.
u. 10. SRärs 1615; an ©eueren, 9. u. 18. gebr.
1615. Süffelborf, ©taatdarebio, Qef. ju 9teufj.
5 * Instrumentam investiturae a. a. D. Sgl.
*Litt. ann. 1615; Jüding, ©efef). bei ©t)m*
nafiumg ju 9teuü k25.
92eue ÜJUeberlaffungen: ffteufj.
109
geridjtet. üftuunteßr ift man barait, ben nötigen Unterhalt für bie erforberlidjen
Seute ju bcfdjaffen." 1
Mit ber Söefcßaffung ber erforberlidjen (Stiftung ging eg jebod) langfam. ©leidj=
ttwßf brängte ber ^urfürft, bie ©deuten gu beginnen. 2(m 23. Quli 1616 geftattete
ber ©eneral auf bie Anfrage beg ^roninjiatS bie Eröffnung non jwei klaffen nnb
am 1. Oftober 1616 aud) bie bon beliebigen weiteren klaffen in 91üdficßt auf bie
®anfbarfeit, bie man bem Üurfürften fdjulbe 2. @o n)urben bemt unter allgemeiner
ffreube am 14. Dtoüember 1616 bie brei erften Staffen eröffnet3. SDer 9iat gab
feiner (Genugtuung Sfusbntcf bureß ba§ ©efdßenf eineg fetten Odjfen, ber 161 ©ttlben
gefoftet4. „@g mehrten fiefj bie ©djiiler berartig", fo ßeißt eg ein Qaßr fpäter 5,
„baß lüir noeß bie bierte klaffe biefeS Qaßr angefügt ßaben." Qm §erbft 1619 fam
auf ba§ drängen beg ^urfürften aud) bie fünfte unb leßte klaffe ßinju 6. SSier Qaßre
fpäter tourbe ein eigener Seßrer für bag ©riedjifdje angeftellt unb im Qaßre 1632
nodß ein jmeiter. 23ejüglicß ber ©cßülerjaßt fehlen jwar genauere Eingaben, bod)
feßrt in ben 53erid)ten oft bie 23emerfung mieber, baß bie ©cßulen gut befucßt finb
unb blüßen7.
Qu ber ©eelforge roirften feit 1617 brei unb feit 1626 oier ißatreg. 2Ib=
gefeßen bon ben Arbeiten in ber eigenen fö'ircße, ßatte man audß in ber $farr» unb
©tiftgfireße ©t Ouirin bie regelmäßige ißrebigt am ©onntag unb feit 1629 aud;
bie ®atedjefe gu galten. Über bie (Erfolge ßeißt eg fdjon im ^weiten Qaßre ber
Siiebertaffung8 u. a. : „Söäßrenb man früher nur nod) in geringer Qaßl an ©onm
unb Qefttagen ^ier ber ßeiligen Meffe beiwoßnte, wädjft nunmehr non Xag ju Sag
fcßon bie fromme ©ewoßnßeit, biefelbe täglid) ju befudjen. ÜRicßt weniger fteigert
fieß, jum ©taunen ber Seute, ber Empfang ber ßeiligen ©aframente. 2llg fürjlid^
am Sßeißnacßtgfeft einer ber beiben Siirgermeifter aug unferer föirdje nadß §aug
gurüdf'am, fagte er ju ben ©einen : ,Qcß weiß nicßt, mag ßeute ift. @g feßeint mie
Oftern ju fein; bemt fo groß ift bie SQZenge ber SBeicßtenben unb ß'ommitnijierenben.4
Qn ber Qrüße waren näntlidß 400 meßr, atg eg leßte Oftern waren, jur Zeitigen
Kommunion gegangen. Slm 9?adjmittag aber ftrömte eine foldje Menge jur ©Triften»
leßre, baß unfere niefjt ffeine ^irdfie fie faum affe faffen fonnte." ®rei Qaßre fpäter,
am 11. Mai 1619, feßrieb ber Orbenggeneraf auf ben 23eridjt beg ©uperiorg Subwig
föafimir ^öfflicß, ber üfteuß genau fannte unb bort feit 1600 regelmäßig in ber
üboentg* unb Qaftenjeit gewirft ßatte9: „SSiel Slngeneßmeg bradfite ber 23rief, be*
fonberg bie Mitteilungen über bie fo glüdlicße Ummanblung unb llmfeßr ber Seute,
fo baß in ber ©tabt, in ber in beit nerffoffenen Qaßren niefjt wenige angetroffen
würben, melcße feine guten ©efinnungen über bie ^Religion ßatten, biefe nunmeßr
fo feiten geworben finb, baß halb ade inggefamt wieber eineg ©laubeng fein werben,
©ebe ©ott, baß feine Slrbeiter, bie biglang mit fo großen ©rfolgeit bort gearbeitet
fjaben, bie fo frudjtreicfje f£ätigfeit immer glüdlidj fortfeßen fönnen!" „Sfudj aug
bem Schreiben beg P. ^rooinüolg erfefje icß", fo feßreibt ber ©eneral am 7. 2)e*
gember 1619, „baß bie Süeberlaffung, abgefeßen oon ben fnappen 23ermögeng=
berßältniffen, fieß in einem borjüglicßen Quftanbe beßnbet unb in STnbetracfjt ber
wenigen Kräfte nicßt geringe ©rfolge in ber ©eelforge aufjuweifen ßat."10
1 lI6er bie 93efd)affung be§ llnterbatteS f.
9I!ten in Siiffelborf, <5taat§ord)io , Sef- 5«
•JJeufs.
2 *0rig.=9{eg. Ad Rhen.
3 * Litt. ann. 1616.
4 Sücfing a. a. D. 26.
6 * Litt. ann. 1617.
6 *Catal. Rhen. 1620. * SBiteüeM)i ait beit
$robinäiat Köpper, 13. guli 1619. Orig.=9{eg.
Ad Rhen.
7 * Litt. ann. 1624 ff unb *Catal. Rhen.
1624 ff. 8 * Litt. ann. 1616.
9 * Catal. Rhen. 1600 ff.
10 *Drig.=3}eg. Ad Rhen. SSgt. S3iteßeäd)i an
ben fßroüinsial iöabing, 24. 91pril 1627, unb
an ben ©uperior Steffel, 2. 9Jtai 1637. * Litt. ann.
110
3rocitc£ Äapitef. 2)ie nteberr^einifdje $roüins.
©o unb äßnlicß lauten bie Sericßte unb Sriefe nucf) in ben fpäteren Qaßren.
$ie immer fteigenben Erfolge §eigen ficß ziffernmäßig an ber ,gaß( ber Kommunionen,
meldje im $aßre 1617 auf 4500 geftiegen maren, big jum Qaßre 1624 auf bag
^Doppelte anmucßfeit unb im $;aßre 1632 bie £>öße üon 10530, im ißeffjaßre 1634
bie £>öße üon 13 000 erreichten SDie ißrebigten hatten ftarfen gulaitf unb fanben
feßr bereitwillige £>erzen2.
2lud) außerhalb ber ©labt hatte ficß adntäßlid) eine größere ü£ätigteit ent*
micfelt. ©eit ben erften 3af)ren ^er 97ieberlaffung mar regelmäßig in ^olzßeim
Katedjefe gehalten morben. „Unfere Sütigfeit außerhalb ber ©tabt ift biefeg Qaßr
gemäßen", fo melben bie ^aßregbriefe Don 1641. „geßn umliegenben Ortfdjaften
ließen mir (an ßößeren gefttagen) unfere £>ilfe angebeißen. $>n breien baüon hielten
mir mäßrenb ber ©ommermonate ftänbig Katecßefe. $n ber Karmodje aber härten
mir in ad biefen Orten unb ba^u nod) in anbern big ju jmei big brei ÜDteilen (Ent¬
fernung Seidjt; in zweien aucß hielten mir ^rebigten über bag Seiben (Eßrifti.
Sldeg mar fo fruchtreich, baß z- 93- jmei Sßriefter bei nur breimaligen Sßefudhen zu*
fammen je über 1000 Seidjten gehört ßaben. Slußerbem ßaben mir öfter brei big
üier SBodjen lang jene Pfarrer üertreten, bie an lieber tränt banieberlagen."
SDiefeg gebeißlicße SSSirfen mürbe erft geftört burcß bie unglüdlicße ©cßladjt bei
Kempen am 17. Qünuar 1642 unb bie bann acht Sage fpäter folgenbe (Eroberung
üon üfteuß burcß fraitzöfifcß-ßeffifcße Gruppen unter bem fyelbmarfcßad ©uebriant.
„3« ber Kirche unb ©cßule", fo ßeißt e§ in einem gleichseitigen Sericßte, „auf ein¬
mal ungeheure Obe unb (Einfamfeit ! (Eg galt, bie Überrefte ber ©cßüler, ber Seute
in ber Kirche unb an ben Seicßtftüßlen zu fammetn unb zufammenzußalten unb ben
Bürgern, bie in SSaßrßeit bag (Entfeßlicßfte hatten erbulben müffen, unb ben ©ol*
baten bie gemoßnte £ätigfeit zuzumenben. ©cßulen (nur 2—3 Klaffen) unb ©obali*
täten, ißrebigten, Katecßefen unb Seicßtftußl mürben meiter beforgt, troßbem eg
überad fo ungemein leer mar."3 *
Um fo zaf)lveid)er maren bie üielen Kranfen unb Sermunbeten, benen man
Siebe unb .jpilfe auf jebe Söeife angebeißen ließ. „Slucß boten ung", fo berieten
bie 3efuiten im 3aßre 1643 i, „bie Kerfer ein großeg 2lrbeitgfelb für unfere Siebeg*
tätigfeit bar. Sor adern geigten mir ßier ben ißrieftern unfere Siebe, bie ba nadt
in ©cßmuß itub Ketten lagen unb benen mir burdj Sitten unb ©elb bie greißeit
mieber üerfdjafften. 2lde übrigen aber, bie mir eben nicht zu befreien üermocßten,
ßaben mir in ben fcßmußigen Verließen an Seib unb ©eele zu erquiden gefucßt,
namentlid) in ben SSeißnacßtgtagen, mo ung ber (ßeffifcße) ©tabtfommanbant Koß,
ber ung ununterbrodjen äußerft moßlgeneigt bleibt, fogar geftattete, bei ber Sefaßungg«
mannfcßaft tätig zu fein." $)azu bemüßte man ficß uacß Kräften, aucß ben um¬
liegenben Ortfcßaften, melcße ißrer Pfarrer beraubt maren, £>ilfe ju bringen,
Z. S. Korfcßenbroicß, Cbenfircßen, ijpotzßeim, ©refratß, SBeüelingßoüen. Slm 7. ^a-
nuar 1645 fcßrieb ber ©eiteral bem Superior ÜOtattßüug (Eocciug: „©eßr freut eg
midß, baß bie Unfrigen bort unter fo großen ®raitgfalen mit foldjer ©ebulb unb
Unüerbroffenßeit bag ©eelenßeil beg diä'cßften zu förbent fucßen."5
Qu biefer SSeife arbeiteten bie ^efuiten aucß in ben folgenben 3afyren meiter.
®aß man ad bie Qaßre in ©tabt unb Umgegenb fo üiel mirfen tonnte, oerbantte
man zunäcßft bem Söoßlmoden beg franzöfifcßeit gelbmarfcßadg ©ue'briant, eineg eße-
maligen 3efuitenfcßülerg, ber gleich beim ©iuzug in 9cenß bie ^efuiten in feinen
1 *Litt. ann. * *Hist. resid. Noves. 5; tigt. ebb. 10 f.
2 $gl. beionber«? *Litt. ann. 1626. 5 *örig.-9?eg. Ad Rhen. inf. ; äfjnlicf) fcßon
3 * Hist, resid. Novesiensis 1642 — 1649; ügt. *13. fjebr. 1644.
S ö b r e r , ®efd). ber ©tabt 9leub (1840) 314 ff-
9ieue 9tieberlaffungen: 9Jcu§.
111
©cf)up genommen, üor ifjrer 353of)nung jmei ©olbaten als 2Ö3ac^tpoften aufgefteüt
unö „ermntigenb ben patres gefagt fjatte, fie mürben unter feinem ©d)u£e in üfteuf;
gerabe fo fidler unb unangetaftet leben mie innerhalb ber SDJauern £ölnS ober im
fernen 9tom" 1. Sin gmeiter (Stelle mar eS ber ©cfuthbrief ber Sanbgräfin Stmalie
non Reffen, meldjen biefe im Qatjre 1644, als ©uebriant nicht mehr in ^ieuff mar,
non Gaffel aus ben Qefuiten gefanbt hatte, mie eS fc^eint, burch bie Vermittlung ihres
VruberS, beS Sanbgrafen (Srnft üiobert, ber fiel; ben Steuffer Qefuiten immer ungemein
geneigt geigte, unb beS franjöfifcfjen QriebenSbeüollmäcf)tigten ju fünfter, beS ©rafen
b’Sdoaup 2.
Stroh biefer mächtigen ©djüper tjatte jeboch ben Qefuiten an Slnfeinbungeit
unb fchroeren Seiben aller Slrt nicht gefehlt3, Qm Qal)re 1646 fdjrieb ber ©eneral
©arrafa bem ©uperior ©oeciuS: „SDie fdfjmierige unb brangfalreicffe Sage ber lieber-
laffnng geht mir ju ^ter^en; bod) mirb ber ©olbat ©hrifti erft in bem ©d)ladjt=
getümtnel ber Seiben erfannt."4 Qm Qafjre 1647 maren gar fänttlidje Qefuiten —
bamalS 14: 8 SßatreS, 1 äßagifter unb 5 Saienbrüber — auf bie erfunbene Slnflage
ber Verräterei hm oier SOlonate lang in ftrengem ©etoahrfam gehalten morben, bis
bie Unterfudhung ihre öoUftänbige Unfdjulb an ben STag gebracht hatte5.
SJian atmete auf, als eitblid; am 24. Oftober 1648 ber Triebe gefdfloffen
mürbe unb ber Slbgug ber feinblidfen Gruppen unb bie Vüdfehr oon SRuhe unb
Orbnung nahe beüorftanb. „^öffentlich mirb auef)", fo fchrieb Sarrafa am 5. 3)e»
gember 1648 bem ©uperior Vopman, „jef}t, mo ber Qriebe fd^on im ganzen Veidj
oerfünbet ift, bie Vefibenj neu aufleben unb mirb man allmählich bie ehemaligen
geiftlicfjen ©raten halten fönnen."6 £>od) bauerte eS mit ber Üiüdfehr ju bem
bliihenben Quftanbe unb ju ber ausgedehnten unb fruditreicben SEätigfeit oon
ehebem auS allerlei Urfadjen noch fiele Qaljre. ®on ben ©cfjulen ^ei^t eS 3. V. gleich
im Qahre 1649 7 : „SDie ©djulen, roeldje biefeS Qalfr 311m erfientnal feit ber Ve=
fehung ber ©tabt bis jur Vhetorif ermeitert maren, mußten megen Mangels an
©chülern für bie oberen klaffen auf bie brei ©rammatifflaffen mieber befdjränft
merben, in benen jmei SßatreS ben Unterricht erteilen." SDaS fpaupthinberniS beS
rafchen SlufbfühenS aber mar ber SRangel einer Ijinreichenben feften ©tiftung. SCCteS
hatte gumeift auf ber V3ol)ltätigfeit beS ©rünberS ber SJieberlaffung, beS ^urfürften
Qerbinanb, geruht8. Veim £obe beSfelbeit im Qahre 1650 mar baher bie lieber«
laffung plö|lidj in eine recht tnifflidje Sage geftürgt 9, fo baff fie faft untersugehen
brohte unb mehrere Qaf)re fpnburd) nidjt mehr als etma 15 Sßerfonen unterhalten
fonnte, mährenb in ben Qaljren 1633 — 1642 über 20 bort gelebt hatten, im Qahre
1641 3. V. 24: 12 patres, 6 ÜUiagiftri unb 6 Saienbrüber. 9iur in einem Sßunfte
hatte bie 9£ieberlaffung gleid) nach bem QriebenSfd)luffe gegen früher einen Qortfdfritt
gemacht: fie mar am 27. SD?ärg 1649 tro| beS Mangels einer feften unb hin*
reiefjenben ©tiftung jurn Vaitge eines ^ollegS erhoben morben, meil fie eben fdjon
feit langen Qafjren fo oiele ^erfonen unterhalten habe10.
1 *1681. resid. Noves. a. a. 0. * Catal.
trienn. Rhen. inf. 1642.
2 *Hist. resid. Noves. 5 u. 10; ög[. and)
ben * 93rief SSiteHeSdjil tiont 25. £juni 1644
ltad) 9Jeuü.
3 *Hist. resid. Noves. a. a. 0. unb *Litt.
ann. 1646 ff.
4 * Drig.*9Reg. Ad Rhen. inf.
5 3$g[. *Reiffenberg II 528 ff. $er f5ür>
fpradje b’2loau£’ bei ben Reffen oerbanften bie
Sefuiten ihre Befreiung.
6 * 0rig.=9teg. Ad Rhen. inf.
7 * Litt. ann. 1649.
8 SSgl. * Catal. trienn. 1636 ff.
9 93gl. j. 93. * Sßiccolomini an Söopman,
19. 97oo. 1650.
i° * «ßiccolomini an Dtterftebt. 0rig.»9teg. Ad
Rhen. inf. — $ie 0bern maren: Subro. fafim.
®öffli4 1615; ©ottfr. 9iooS, 1622; Soh- 2U-
tingf, 1625; £jof). ^oltffaufen , 1627; goh.
Reffet, 1628; §einr. Sllfoicf, 1642; SKatth.
Gocciuä, 1644; ^af. 93ot)man, 1647.
112
8tt>eite§ Kapitel. Sie nieberrljeinifcbe fßroinns.
Qm feffiert Qaljre rnie ütfeuff mürbe Si’treit (1649) jum Äotleg erhoben. Qtt
Süren, meld)e§ als feinen größten ©djafj, ©d)u| unb ©cf)irm ba§ £>aupt ber 1)1. Stnna
betrachtete, hatte ber fßroteftantiSmuS um bie SO^itte be§ 16. QafjrljunbertS burd) bie
flüchtigen nieberlänbifdjen ©aloiniften au Voben gemonneit. Ser ehemalige üöänorit
QSeter ©tommef, feit 1563 Pfarrer ber ©t 31nnafird)e, hatte 1566 bie ^rojeffionen
unb firdjlidfen Segnungen abgefdjafft unb für fein Verfahren eine grofie ©tiifje an
ben VatSfamilien gefunben. Surcf) bie fßeft, bie ben Pfarrer fchneü megraffte, trat
eine Vefferung ein, befonberS infolge be§ ©infdjreitenS ber fieben SCmbacfjtSmeifter
(Qünfte). ©treitigfeiten jmifdfen bem Vat unb ben folgenben Pfarrern, befonberS
über bie Verteilung be§ 91nnaopfer§ (oon bem nacf) ben Verträgen oon 1511 — 1517
bem Pfarrer 1/i unb bem 9tat 3/4 jufielen), mirften öerberbtich auf bie ©emeinbe
ein. Sie Süren ber @t 2Innafird)e burften nad) bem ©otteSbienft nicht gefdjloffen
merben, unb fo liefen nad) einer fölage oon 1599 Qerfel unb fonftigeS Viel) in ber
®irdje uml)er. Ser 9tat mar nid)t formell abgefallen, aber Vernadjläfftgung ber
fatholifdhen i)3flid)ten unb Vegünftigung beS IßroteftantiSmuS mürben if)m oorgemorfen.
Sie Verhättniffe befferten fich langfam. Ser 9teoer§ oom 31. Quli 1609 gmifdjen
Vranbenburg, 9?euburg unb Süren fefcte feft, bafj in Süren öffentlich nur bie fatf)o*
lifdhe Veligion geftattet fei, bagegen SlnberSgläubigen bie SluSübung ber Veligiott
nicht üerroefjrt merben bürfe. Sie ^onoerfion be§ fßfaljgrafen SBolfgang SSilljelm
oon üfteuburg 1618 fam aud) ber fatholifchen @ad)e in Süren fel)r ju ftatten. Qm
Qaljre 1619 mürben in ber fünnafirdje fäljrlid) über 400 Äommunifanten ge=
jaljlt 1. Um biefe Qeit ftofjen mir auf ben erften ^lau einer 9?ieberlaffung ber
Qefuiten in Süren. 2lm 21. 9J?ai 1622 fdjrieb ber ©eneral ViteHeSdhi bem Obern
beS SDüffelborfer föotlegg, Vernf). Vudjol^: „äftit großer Qreube habe icl) Oon ben
Qriidjten gelefen, meld)e ©ro. fpocl)mürben in ben Oftertagen ju Qülidh geerntet haben.
Sort felbft ober gu Süren ein Kolleg gu erridjten, ift gmar fein übler Vorfcfjlag,
jumal ba eS bie ©inmoljner ber beiben Orte fo fefjr münfdien. Qebod) müßten erft
bie nötigen Mittel üorfjanben fein, beoor man über einen folcfjen ißlan 9iäl)ereS be*
ftimmen tonnte." Sßieberum taud)t ber ffSlan auf im Qaljre 1626. 2lm 1. Quli
biefeS QafjreS mafjnte nämlich VitelIeSd)i ben ^rooinjial Vaoing, mit ber ©rünbung
eine§ fö’ollegS in Süren nicht ju eilen, benn e§ fei mof)l gu überlegen, meldjer oon
beiben Orten, SDÜinftereifel ober Süren, für ein Kolleg ben Vorzug oerbiene2.
Qmei Qaljre fpäter füllte ber ^lan jur 2öirflid)feit merben.
Qm Qaljre 1626 — 1627 hatte bie heftig mütenbe ^ßeft in Süren oiele ©inmo^ner
hinmeggerafft, am 27. September 1627 and) ben Pfarrer unb bann nod) mehrere
patres be§ Sürener QtanjiSfanerflofterS, melcf)e nad) bem Sobe beS Pfarrers bie
©eelforge üerfaljen unb fid) mit ©ifer ber Fronten angenommen Ratten 3. Ser neue
Pfarrer, ber §offaplan be§ SanbeSfiirften, be§ ^faljgrafen Söolfgang Sßilfjelm, gögerte,
bie gefährliche ©teile anjutreten. Um nun ber großen feelforglid)en 9tot abjufielfen,
oeranlaftte ber ^faljgraf bie Qefuiten, fid) ber fo fdjmer ^eimgefud)ten Stabt anju*
nehmen. Slm 28. Qebruar 1628 famen jmei patres, ÜJiifolauS £el)in, auS einer
alten Sürener Qamilie, unb ^rnbert Vutter, bort an. Ser ©mpfang mar menig
ermutigenb. SUIerlei ©erebe oon ber Habgier ber Qefuiten, ihrer ©inntifd)ung in
politifdhe Slngelegen^eiten u. ä. mar im Umlauf. 9£id)t einmal eine Söofjnung mürbe
ihnen angemiefen tro^ ber SSeifung ber Regierung, fo bafs fie bei ber SJcutter
1 <B d) o o o , ^Beiträge pr ©d)tt[= unb ®irdjett=
gefd)ict)te 2)ürenS, in ber ßeitfcfjr. be§ 9Iad)ener
©efd)id)t§0erein§ XXVI (1904) 288 ff. Sie 3^1
ber ftenersat)(enben Bürger im 1^30 be=
trug 963; ebb. XXIV (1902) 297.
2 * Drig.=SReg. Ad Rhen. inf.
3 $a§ 3°l3enbe uacl) * Hist. S. J. Marco¬
dur. 1628 — 1635 (Germ. Fund. I 185) ; * Litt,
ann. 1628.
©eue ©ieberlaffungen : $üren.
113
be§ P. 2ef)m Unterfunft jucken mußten. ®odj liefert fid^ bie beiben patres l)ier-
burcf) nidjt entmutigen. Ungefäumt begannen fie bie fXätigfeit unb trop ber Stänfe
itjrer ^einbe getnannen fie burd) ifyreit Grifer unb itjren Söanbet in furger güift fo
bie bergen aller ©innropner, bafj Beim ©eriicpt oon if)rer balbigen SIbreife eine
„Supplicatio famtlicfjer Slmbadjten ÜDieifter im Manien gemeiner Vürgerfdjaft pro
retinenda et dotanda Societate" an Vürgermeifter unb Stat eingereicpt tnurbe.
„Stuit miffen mir unb alle fatfjolifdfjen Vürger insgemein", fo fpefs e§ bariit u. a. 1,
„bafj gemelte patres, bie geringe ßeit bei un§ gemefen, nidjt allein ber Sßfarrfirdjen
friif) unb fpät mit Sehren unb guten (Rempeln gu meprern Stuferbauung ber ßattjotifdjen
getreutid) oorgeftanben, fonbern aucf) an ber ^ugenb unb ^irdjentetjren
nichts paben erfitjen taffen. 3n üDtapen mir feinen haben, bafj fie fomoljt
in ^ranffjeit at§ ©efunbt)eit, unb fo oft e§ bie S?ot erfordert, atten Bürgern, arm
unb reich, beiftetjen." Sä fei gurn ©djaben ber gurüdgeteprten Gottesfurcht, menn
fie bemnächft au§ ÜDtanget an Unterhalt mieber abgentfen mürben. ®er Stat ant=
mortete augmeicfienb. Stber ber fßfatggraf 2Botfgang SBittjetm, ber im ©ommer
gufättig nach ®iiren gefommen mar, mie§ nun fetbft burcfj Urfunbe Oom 6. Scoüetnber
1628 ben Qefuiten ein §au§, bae> ipm gehörte, bis auf meitereS an unb auch beo
nötigen Unterhalt2.
©o mar ber Stnfang einer bauernben Siiebertaffung gemacht. SDodj beS £>ergog§
^tan ging meiter. @r hätte gern, mie in feiner Stefibeng SDüffetborf, fo aucfj in
®üren ein ßotteg ber Qefuiten gefehen. SSitelteSchi riet inbeS am 16. ®egember 1628
bem fßroüingiat Vaoing entfliehen baoon ab, unb am 20. Januar 1629 fcfjrieb er
if)m: „f£>er ©ifer be§ |jergog§ üon Sieuburg, bie 3aljt ber llnfrigen in SDüren gu
üermepren, unb ba§ Stnerbieten, eine größere fRente gu galjten, oerbient gmar hohe
Stnerfennung. £)a jebocf) in ben ©egenben, oon metcfjen ©m. §odjmürben in bem
Vericf)te über bie Steife gurn ©rafen XiCtt) fchreiben, bie Stot oiet größer ift, fo bitte
idj, bei bem SJtanget an Seuten in ber fßroüing, nicht fo eilig bie ©efettfdjaft an
bie Heineren ©täbte gu feffetn, meldje meniger bebrängt finb unb leicht Oon be=
nachbarten Kollegien §i(fe erhalten föniten, mätjrenb fo oiete anbere unb meit
größere ©täbte in fotcf)er Stot fidj befinben unb bagu üon unferer ©efettfdjaft £>itfe
ermarten." 3
f£)er $ßfatggraf aber gab feinen ^tan nicht auf. gunädpt übertrug er ben
^efuiten, atS ber neue Pfarrer fdjon innerhalb QahreSfrift ftarb, gegen ben Söitten
beS 0rbenlgenerat§4 am 12. SJfärg 1629 bie Vermattung ber SDürener Pfarrei,
©r tue bieS in Slnbetradft ber „gducpt unb ©rbautidjfeit, beren bie PP. societatis
Iesu allenthalben . . . fomotjt in ©rgietp unb Untermeifung ber .Qugenb, at§ aud)
Verbreitung be§ fattjotifcfjen ©tauben^, mie nit meniger in Stebugierung ber oerirrten
©djäftein mit Sehren unb ^rebigen gerühmt merben"5. ®ie immer erfotgreidjeren
1 *£opie ©üffelborf, ©taat3ard)iü , gef. in
$üren, ©r28bc. 3)rucf bei ©djoop a. a. 0-
299.
2 Original in ©üffelborf, ©taat^arcpiü, gef.
SU jDiiren. ®rucE bei ©cpoop a. a. 0.324 ff.
panbelte fiep um bie fürftlidje 93e^aufung
nädjft bei ber SJientmeifterei in ber $fatjgrafen=
gaffe. Qu einem ©djreiben Oom 27. Snli 1628
patte ber Süffelborfer 9teftor Soll- ElbertS bie
an bie Übergabe gefniipfte 33ebingung ber eoen>
tuetlen Dtiidgabe angenommen. Original in
Siiffelborf, Staat^ardiio, SO- in 2)iiren, 9tr 1.
3 * Orig.>9ieg. Ad Rhen. inf.
$ufjr, ©e[^ic6te ber Qefuiten. II.
4 * SliteHeSdji an 93abing, 21. Quli 1629.
Ad Rhen. inf.
5 ütbbritd bei Scpoop a. a. 0. 326. ®ie
Seftätigung be§ Kölner ©eneralbifarä Sop.
©eien Oom 23. Slpril 1629 bei * Reiffenberg
II Mantissa. $ie Snforporation ber 2lnna=
fpfarrei erfolgte erft 30 Sapre foäter. Sn einem
©riefe oom 11. gebruar 1645 an ben 25ürener
©uperior 9tap bebauerte ber ©eneralüitar ©angro
ben Kampf ber 9JieberIaffung mit ber grofjeu
9tot unb fügt bei: „SOBenn au§ ber Sntorpora«
tion ber ©farm, bie mir bi§per Permaltet, etrna?
§ilfe tommen tann unb bie gürften, ber ©um
8
114
3meiteS Kapitel. ®ie nicbcrrßeiuifcbc Srooinj.
Arbeiten forberten anmäf)Iicf) eine fteigenbe fßermehntng ber Kräfte. ©djon Stnfang
^unt 1629 hatte ber fßrooingtaf 23aöing bem ©eneraf bie ÜDtitteifung gemacht: „®ie
fRefibeng ift in ®üren begonnen. 2)er Sßfalggraf tjat bie öffentliche fReligionsübung
für bie Sutfjeraner unb bie ßafüiner aufgehoben. Sßenngleidj bie $rrfef)re bamit
noch nicht gefcf)ttmnben ift, fo fyabtn bie beiben patres bocf) in biefem $unft fdjon
mit ©füd §anb an§ SBerf gefegt."1 @füdfid)er nod) mar ihre Hauptarbeit, bie
Arbeit bei ben ßathoftfen.
$nt ^apre 1631 mürbe ein britter ^Bater fanit einem gtoeiten Saienbruber
nadh ®üren gefanbt, unb am ©nbe be§ ^ahre§ berichten bie patres : „^n folcher
üötenge unb mit fofdfer Stufmerffamfeit roohnen bie Seute hier ber s^rebigt unb
^atecfjefe unb bem täglichen ©otteäbienfte bei, baff angefehene DJfäntter barüber
offen ihre 23ermunberung auSbrürfen. $u SSeihnadjten allein gingen 800 gu ben
heiligen ©aframenten unb meit mehr noch 3U Oftern, an ÜDcuttergotteg’geften aber
oft fo tuefe, bap ein fiirftlidjer 9tat, ber in Spüren aufgemachfen ift, fagte, er
habe in feinem gangen Seben gu ®üren faum je fo btefe fommunigieren fehen." 2
23ier 3a^ve fpäter, im Qaf)re 1635, mar bie ßapt ber ^efuiten in ®üren auf gehn
geftiegen : 7 ^Sriefter unb 3 Saienbrüber. günf ber ißatreg arbeiteten in ber ©tabt
unb gmei außerhalb in ben benachbarten Rieden unb Dörfern unb auf ben gaf)freid)en
Bürgen, ^n ber ©tabt mären bie )J3atre§ an ben f)öheren ^efttagen faum ber
Arbeit im 23eid)tftuhf gemachfeit, mo oor einigen fahren ein 83eidjtüater reiflich
für affe au3gereid)t, unb außerhalb ber ©tabt „führten bie beiben $atre§ burch ihre
^Srebigten unb fftatedfefen fo oiefe gum ©mpfang ber ©aframente, baff fie oft bis fpüt
in bie 9?adjt Seicht hören mußten"3.
tiu§ unb aud) bie Stobt ihre 3nftimnutng geben,
mie Em. Siodjmürben oerficßern, fo mag eS ge*
fcßeßen. 3uerft muß aber bie Sacße mit P. $ro*
üinsiat reiftid) überlegt merben, unb wenn man
ben Serfud) mögen miü, mögen bie giirften,
melcße bie Sache angebt, ben sJ?apft baritm an*
geben, beim mir merben Iper bei einer foldjeu
Sitte gan* ficßer abfdjlägigen Sefcßeib erbatten."
* 0rig.=9teg. Ad Rhen. inf. 3m ber ®at manbte
fid) ber Sfaljgraf Stolfgang Stilßelm aut 3. Sprit
1645 mit ber Sitte an ben Kölner 9Zuntiu§
Eßigi, beim ^eiligen Stubt bie Snforporation
p befürmorten. Sd)on 1629 ßabe er bie Ser*
maltung ber Snna*Sfarrei ben Sehnten über*
tragen fomobt megen ißrer frucbtreicben 'Arbeiten
in ber Seelforge al§ aud) auf ba§ Srängen be§
Kölner ©eneraloifarö S°ß- ©eleniuö. ®urd)
bie Stiil) e unb ben Eifer ber Satreö bat fid)
baö fatl)oIifd)e Seben ber Stabt feitfjer beben*
tenb gehoben, mand)e tpäretifer in unb außer*
halb ber Stabt haben fid) belehrt, bie Sfarrer
im $erpgtum Sülid) menben fid) bei Schmie*
rigfeiten an biefe Satre3 unb finbett bei ihnen
§alt unb Untcrftiißung. deshalb halte er e§
für nötig, um Stabt unb 9Zad)barfcßaft im fa*
tßolifdien ©tauben p bemabren, bie Sfarrei
ber 9ticberlaffung ber Sahnten p inforpo*
rieten. * Original in Ütorn, Bibi. Chigi B I,
5, 312 f. ®iefelbc Sitte richtete ber Sfalpraf
mit großem Sob über ba§ fegenöreicße SMrfen
ber Sefuiten unter bem 31. Sanuar 1646 birett
an ben Sapft. Äopie ®iiffelborf, Staatöarcßio
a. a. 0. 3t t 28 bc. ®ie päpftlidje Safarfora* *
tionöbutle erfolgte erft am 15. gebruar 1659.
*Reiffenberg II Mantissa. Eine meitere
Urfunbe oom 20. Sluguft 1659 bei S o n n * 3t o m*
p e I , Sammlung öou 3JtateriaIien pr ©efcßicßte
®ürenö (1835) 365 f. ®ie Seßauptung ber biel*
fad) mißachteten Sfarrrcd)te öermicfelte bie Se=
fititen in Streitigfeiten mit bem 9tat ufm. megen
©lodcnläuten§, Senußung ber Sfircße, Si'ääcbenj
ufm. Sgl. ba§ SJtemorial ber ®üreuer Satreö
an ben Sfalägrafen oom Saßoe 1634 unb bie
ülntmort Oom 16. SJtärä 1634. ®üffelborf,
Staat§ard)io $üreu, Jes. 9tr 28 b u ; ferner
Scßo op a. a. 0. XXVI (1904) 310. Über bie
früheren 2lnmaßungen bei 3)tagiftrat§ ebb. 292 ff.
1 * Narratio compendiosa. Sat Saßoe 1645
erhielten bie Eatoiner miebcr freie Steligionö*
Übung in ®üren troß ber ©egeubemüßungen
ber Sehnten. 8 *Litt. ann. 1631.
3 * Litt. ann. 1635. $ie Litt. ann. üon 1635
bi§ 1638 finb abgebrucft bei S- SBernerS,
fgortfeßung ber SJtatcrialienfammlung jur ®e=
fcßid)te ®üreu§ (1886) 728—762. Über ben
Stert ber ®ürener Litterae ann. urteilt S d) o o p :
„®iefe SaßreSberid)tc ermeifeit fid), fomeit icß
fie nrfuublid) fontrollieren fonnte, als poer*
Iäffig. . . . SefonbereS Sertraueit geminnen mir
p biefer Cuclle baburd), baß and) bie fcßlim*
men 3tad)reben ocrjeicßuet finb, benen bie Se‘
fuiten oou ißrem erften 21uf treten an in ®üreit
auSgefcßt maren" (3eitfd)r. beS 21acßener ©e*
fd)id)tSoercin» XXVI 308).
Diene 9?ieberlaffungert : Siiren.
115
©nblicfj füllte ber ipauptmunfdj beS ^jergogS, bie ©rridjtung eines ©pmnafiumS
in ©üren, in (Erfüllung gehen. ©ie ®erf)anblungcn barüber im ©tabtrate, bcm ber
$iirft bie Angelegenheit anbefof)len fjatte, mareit jmar gefdjeitert, hauptfäd)lid)
infolge ber ©elbfrage L $m Qaf)re 1636 aber fant üon einer ©eite .fpilfe, öon ber
man eS nid)t ermartet hotte, ©ie ©Itern beS P. ©berf)arb 9Rcl)rat üon fReifferfdfeib
hatten fiel) bem ©intritt ihres ©of)neS miberfe^t unb maren beShatb ber ©efeKfd)aft
anfangs fehr abgeneigt, ©alb aber üermanbelte fief) biefe Abneigung in groffe
neigung, fo bafj fie burch ©eftament oom 31. Oftober 1634 ihr ganjeS Vermögen
jur ©riinbung eines ^efuitenfodegS in ©üren oermacfjten1 2. ©amit mar baS .fpinberniS
gefallen. ©djon am 18. Oftober 1636 fdjrieb ber ©eneral SitedeSdji an ben noch
jögernben fßroüinjial : „©a bie ©tiftung für baS ßolleg in ©üren üon uns am
genommen ift unb bie ©iiter fchon in 23efip genommen, fo miifste man nunmehr
bcm äöunfdje beS dürften unb ber Bürger miflfahren unb bie ©djufen bafbmöglichft
eröffnen."3 Qebod) foCtte baS nicht fo fdjneft bemerffteßigt merben.
gurdjtbar miitete bamafS in ber ©tabt bie fßeft. ©ie hatte fieben üon ben neun
Qjefuiten, mefdje fid) ber ißeftfranfen eifrig annahmen, ffinmeggerafft: üier patres unb
brei Saienbriiber, barunter ben ©upertor Stöilh- ipampteau am 14. Oftober unb einen
SRonat fpäter, am 18. SRoüember, auch feinen ©teflüertreter P. @berf). SReprat üon
üieifferfcheib; bie beiben übrigen fßatreS, fo fd)lief)t ber Bericht, mürben §mar aud) leidjt
üon ber fö’ranffjeit ergriffen, aber burd) ©otteS |)ilfe gerettet, bamit menigftenS nod)
einige am Sebcn blieben, um ihre üerftorbenen ÜJRitbriiber §u begraben, ben ij3eftfranfen
unb ber bebrängten Pfarrei beijuftehen. Unb bei all biefer 9>2ot mürbe baS am
gefangene ASerf ber ©djule nicht auS ben Augen gelaffen4. 9?eue Kräfte mürben
gefanbt unb am 22. ©ejember 1636 bie ©d)ule mit brei klaffen eröffnet unb
jmar in ben fRäumen ber alten Sateinfdjule, bie furz üorher auf betreiben beS
iperzogS üon ber ©tabt ben ^efuiten übergeben mar5. Auf ©rängen beS ÜRagiftratS
fam im folgenben ^ahre bie üierte klaffe6 f)inzu unb fdfliepd) im (Jahre 1640 unter
bem freubigen Beifall ber gefamten 23iirgerfd)aft auch bie fünfte unb lepte klaffe.
,,©ieS lepte zog", fo beruhten bie patres ©nbe 16407, „nicht nur eine noch zaf)lreid)ere
©d)üler^ahl, aud) üon ben ÜRachbargpmnafien, h^'bei, fonbern gemann uns in noch
höherem ©rabe baS 2Sof)lmotlen üon SRagiftrat unb SBiirgerfcf)aft unb nod) ftörferen
^ubrang ju unferer Kirche."
^njmifihen hotte fich aud) baS $elb ber ©eelforge immer mehr entfaltet, namentlich
bie ftatechefe. 9Ran fjxelt fie nicht nur in ber ©tabt unb grnar getrennt für Knaben
unb 9Räbcf)en unb üor einer bid)t gebrängten 3ut)örerfd)ar, fonbern jeüt aud) üiel
außerhalb bis nach Werfen unb ißier, ßangermehe, ÜRibeggen unb SRerzenid)8. ©in
neuerer ©ürener gorfdjer fdjreibt üon biefer SCBirf famfeit : „©ie (bie (Jefuiten) finb
unermüblid) im ißrebigen, ßatedjifieren ; zahlreiche ^rojeffionen merben abgeholten,
unter biefen mit ganz befonberer Fracht bie Annaprojeffion. ©ie SRarianifdfe, bie
Urfula», bie Annafongregation, ber 9Rütterüerein ju ben fieben ©chmerjen SRarienS
1 <5 d) o o p a. a. 0. 302 ff.
8 3?gt. bie Litt. ann. 1636 bei 28 er ne r 3
a. a. 0. 739 ff; 91 i cf) t er, ®efcf). ber $abcr=
borner Reimten 98 f ; © d) o o p a. a. 0. 314.
3 *0rig.=9teg. Ad Rhen. inf.
* * Litt. ann. 1636. 28 er n er 3 a. a. 0. 743.
5 ßbb. Sie ftäbtifrfje Sateinfcfjule patte 1618
üier Seljrer; mir ipre Oberflaffen mürben ben
lyefuiten eiugeräumt, bie fog. Sriüialfcpute mit
jroei Sefjrern blieb eine ftäbtifebe Stnftalt.
© cf) o o p a. a. 0. 284 312 f.
6 * Litt. ann. 1637. 2Berner§ a. a. 0. 753.
Ser Äontraft ättnfcpen DJiagiftrat unb Sefuiten
betreffs ber ©djulen Dom 15. 0ft. 1640 in
Siiffelborf a. a. 0. Dir 2.
7 * Litt. ann. 1640. 2?gt. bie Briefe ber
©eiteralc nach Silren 1640. 0rig. = 9teg. Ad
Rhen. inf.
8 * Litt. ann. 1637 u. 1638. Sgl. ju allem
bie * Hist, resid. Marcodur. 1636 — 1642 unb
1642-1648.
8*
116
3roeite§ Kapitel. Sie nieberffjeinifdje ^rotiinj.
finb teils neu errietet, teils erneuert. ©ie eifern in ißrebigten unb Bei onbertt
©etegengeiten gegen ben ÜDtifjbraucg, baf; an ©onn» unb fyeiertagen faft in berfetben
iißeife Söaren in bie ©tabt eingefügrt derben mie an Sßerftagen, fie fegen eS bei
Slmtmann unb Bürgerin eifter burdj, baff abenbS nadj 9 Ugr näd)ttic£;e§ Umgerfcgmeifen
Verboten mirb."1
Sie $agt ber Qefuiten gatte ficg faft Oerboppett. @S lebten bort im $agre 1641
10 patres, 4 9J2agiftri unb 5 Saienbrüber. $n igrer äußeren Sage mar aber ein
auffaHenber Sücfgang eingetreten, ©cgon (Snbe 1637 geigt eS in einem ©cgreiben
beS OrbenSgeneratS üom 19. Segember an ben ©uperior SDlengenS: „2lu§ bem, maS
(Sro. ^ocgmiirben im oorigen ÜDionat über bie brücfenben ©cgutben, bie Slnfecgtung
ber ©tiftung unb bie anbern ©cgmierigfeiten betreffs ber ©cgule unb ber Pfarrei
mir mitteilten, erfege icg, melcge fcgmere Arbeiten ficg gleicg beim Eintritt ^greS
SlmteS Qgnen aufbrängen." 2 (Sine Quelle bieten SSerbruffeS unb mancger ÜÖtiggeEig*
leiten mar nämlicg bie menig freunbticge Gattung beS ©tabtrateS. „(SS fcgmebte",
fo bericgten barüber bie ^efuiten 3, „gmifcgen bem §ergog unb bem ©tabtrat ein alter
greift barüber, mer bon ignen beim Sobe eines ©cgöffen (scabinus) ober 9tatSgerrn
ben (Srfagmann gu ernennen gäbe. Sa feiner nacggab, fo gatte bislang jeber einen
ernannt, ©erabe mürbe fegt auf bem ÜteicgStag gu ÜfegenSburg ((Snbe 1640) bor
bem ®aifer barüber geftritten, als eS einem unferer patres gelang, ben £>ergog gu
bemegen, freimütig bem SJiagiftrat biefeS Dted^t abgutreten. SaS erregte natürlicg
in ber ©tabt groge greube unb gemaitn unS — maS ber £>ergog burcg fein 9?acg=
geben gerabe im Stuge gegabt gatte — bie Siebe ber gangen ©tabt, bie mir aucg
baS gange $agr ginburcg erfagren gaben." Unb am 16. gebruar 1641 fcgrieb ber
QrbenSgenerat bem neuen .©uperior Etat): „@egr erfreut gaben micg bie glücflidfjen
Slnfänge Qgrer 5lmtSfügrung, bie StuSfögnung beS tpergogS (mit ber ©tabt) unb aucg
bie Serfögitung beS ©tabtrateS (mit mtS)."4
©egr brücfenb blieb aber ber Etüdgang in ben SermögenSüergättniffen unb bie
barauS folgenbe Strmut unb Etot5. Eöägrenb bie (Sinfünfte uodg ÜÜtitte 1636 für
ben Untergalt oon 13 bis 14 fßerfonen gereicgt gatten, maren biefetben brei Qagre
fpäter fcgon fo gufammengefcgmotgen, unb bie ©cgulben fo geftiegen, bag nacg Slbgug
ber ©cgutbenginfen unb fonfiiger Abgaben mit bem Etefte faum nocg gmei fßerfonen
untergatten merben fonnten6. Sou ber EBogttätigfeit ber Bürger mar nicgtS gu
ermarten, ba bie UriegSbrangfate, mefcge ficg nacg ber Eciebertage beS faifertidjen
§eereS Sfnfang 1642 bei Kempen über Siiren enttuben, bis gum ©nbe beS
Sreigigjägrigen Krieges meitertobten 7. Etocg im ©eptember 1648, atfo furg bor
bem ^rieben, gatte bie ©tabt eine fcgrecfticge Setagerung auSgugatten, melcge brei
SBocgen bauerte. Siete Raufer gingen in stammen auf. Sie Qefuiten maren Sag
unb E2ad)t an ber Strbeit, bie (Sntmutigten aufguricgten. SefonberS bei ben näcgt*
tidjen Sränben legten fie unermübticg §anb an, unb eS gelang ignen, mancgeS £muS
gu retten. SefonberS geicgnete ficg gierbei ber EJtinifter ^og. ßocciuS aus, ber fidg
mitten in bie 04Qmmeit magte, um gu löfegen. Ser Sürgermeifter Söitg. ®emp,
fonft fein befonberer fyreunb ber 3efu^en/ brüdte bem ©uperior feinen befonbern
Sanf für biefe Siebe aus, mobureg fein eigenes tpauS unb anbere Raufer gerettet
morben8. ^n ber ©tabt, bie gteid) nacg ber Eciebertage oon bem frangöfifdpgeffifdjen
1 ©djoop, 58eiträge 311. 6 * Catal. trienn. Rhen. inf. 1636 u. 1639.
2 * örig.=9ieg. Ad Rhen. inf. 7 58gl. * Hist, resid. 1636 ff. :isLitt. ann.
2 *Litt. ann. 1641. 1639 ff. 58 rillt, Sproiti! ber ©tabt Suren
4 * £)rig.=9ieg. Ad Rhen. inf. (1895) 135 ff. ©djoop, ^Beiträge in Seitf(f)r.
6 58gt. bie * 58riefe ber DrbenSgenerate nad) be§ Sladjener ©efd)id)t§»crehm XXIV 295 ff.
Süren. 8 * Litt. ann. 1648.
Stcuc Sticberlaffungen : Türen (Jülich).
117
£>cere nebft Kempen unb ifteuft erobert mar, f)atte fid) bie üüot fo gefteigert, baft
@nbe 1648, gerabe im Stugenbltd beg Qriebengfdjtuffeg, ein Schreiben beg ®itrener
Sttagiftrateg jagte : „2öir alle fein burdj ©inquartierung unb feit 1640 big batjer
bitref; bie neunmalige ^aifertidje, atg fran^öfifdpmeimar-beffifche, feinbtidje Stttaquen
atg occupationes, recuperationes unb Überfall alfo jugerid)tet, haft tuofern ber
fjriebe nidjt erfolgt märe, mir biefeg Ortg nicht länger hätten ftefjen fönnen, fonbern
nuferem geliebten 9}atertanbe ben Dtüden hätten menben unb gteid; anberen Senadp
barten ing ©tenb oertaufen müffen."1 2Die Kot bei ben Qefuiten mar nach jmei
Qat)ren nod) fo groft, baft ber ©enerat am 23. Quti 1650 bem ißrobinjiat ^3anf;auf3
fcfjrieb : ,,©g gef)t ung bie Nachricht 51t, baft bem ©ürener Kolleg ber Untergang
brotje, ba eg mit feinen ©infünften faum nod; fünf big fed)g Seute ernähren fönne."2
Sroftbem unterhielt eg bamatg 18 ißerfonen: 10 ißatreg, 2 SJtagiftri unb 6 Saienbrüber.
©ine ©f)re für bie ®ürener ^efuiten ift ifjre ©ebutb unb il)r itnoerbroffeneg
SBirfen in ad ben tätigen, teibengootten fahren, in beneit man mit ber Strmut fo
ju ringen ^atte. ÜJJidjt einmal bie Sdjuten hatte man oerminbert ober längere Qeit
gefdjtoffen, fonbern ftänbig unb in oottem Umfange mie eftebent gehalten, auggenotnmen
nur bie Qätte, mo bie ©efecf)te um bie Stabt ein für,3eteg Stugfeften notmenbig gemadft
hatten. SBiebertjott auch hat ©arrafa bieferhatb ben i^atreg feine Stuerfennung aug*
gebrüdt. „Qcf) freue mich fehr", fo fdjrieb er am 17. 9J?är§ 1646 bem Superior
P. „über bie ©rgebentjeit, mit raetdjer bie Unfrigeit ihre Strmut ertragen; bag
ift ja auch ber SBeg, ben bie {yu^ftapfen ber ^eiligen geheiligt haben." Unb jmei
Qafjre fpäter ermiberte er am 21. SJiärj 1648 auf ben Bericht beg Superiorg; „®aft
bort alle fo eifrig unb gut am eigenen unb beg Scädjften Seetenfjeite arbeiten, gereicht
mir 51t großem ÜTrofte. . . . ©ebe ©ott, baft mir bei ber zeitlichen Strmut reidh unb
überreich merben an STugenben, namentlich an ber foftbaren ©ebittb."3
®on ®üren aug erfolgte bie S3egrünbung ber Siiebertaffung in Qü Iidj4. 9?ad;
ber 9iiebertage beg faifertidjen §eereg bei Kempen im Qaftre 1642 flüchtete atteg
oor bem franjöfifdpheffifdjen qpeere in bag ftarf befeftigte Qütidj. ©egen 30000 QtüdjP
tinge lagerten in §ütten unb fetten in unb um Qüticft. Stttertei ^ranffteiten, namenttich
bie Spgenterie, rafften niete bahin. Qn biefer 33ebrängnig tarnen jmei Qefuiten aug
£>üren, P. 2S3ith 23oftg unb P. Qoft. SJteinam, 51t |>itfe. Sie maren oon bem Superior
9tat) gefcfjrcft, um bei ben oieten ®ürener Qtüdjttingen bie Seetforge 31t oerfeheit.
2>ie beiben iJSatreg arbeiteten „aug alten Kräften bei Sag unb 9?adjt, bei reid; unb
arm, bamit niemanb ohne bie Saframente aug bem Seben fcheibe".
Sie aufopfernbe unb rafttofe Sätigfeit medte überalt grofte Siebe unb Quneigung.
Stn nichtg tieft man eg iftneu mangeln; ja man bat fie fefttiefttieft, gan^ bort 31t
bteiben, unb gab ihnen 1643 eine eigene SBofjnung5. Qftre Sätigfeit behüte fieft oon
Qaftr 3U Qaftr meiter aug. Qm Qaftre 1644 tarn ein britter ißater, unb Slnfang 1648
bat ber Superior P. ©ronenbitrg (©ronenberg) ben Orbenggenerat um meitere Kräfte 6.
Qm Qahre 1650 berichten fie über ihre SSirffamfeit fotgenbeg: „2öir leben ftier für
1 Tat. 31. Oft. 1648. 93rüll a. a. 0. 146.
2 Orig.=9teg. Ad Rhen. inf.
3 ©6b. — Tie Obern waren : 9?if. 2el)m,
1628; SBilf). §ampteau, 1633; 3of). ffemp,
1636; ©er£). fötengeng, 1639; Tfjeob. 9tap, 1642;
fjricbr. . piltrop, 1646; 28in. SScibenfelb, 1650.
gür weitere gorfchungen: * Annal. coli. Marco-
durani unb * Copiae aller gunbationäbriefe im
Slrd)iD ber 2lnnatird)e 3U Türen, Sitten im
Stabtardpo ju Türen unb nod) reichhaltigere
Sitten unb llrfunbett im Staatgardpo ju TüffeO
borf.
4 Tag ^olgenbe nad) * Hist, resid. Iulia-
censis (Germ. Fund. 1 182 ff) unb * Hist, resid.
Marcoduranae 1642 ff (Hist. Rhen. inf. III 12);
ügl. 3 o f. ff u ft l , ®efch- ber (Stabt Sülid), 1891
big 1893.
6 Sgl. ffuftl a. a. 0. II 5.
G Sgl. * ©arrafa an ©ronenburg, 29. gebr.
1648. Ad Rhen. inf. 108.
118
StoeiteS Sapitel. Sie nteberr^einifc^e fßrobini.
gemöhnüd) ju liier: brei ^SatreS unb eilt Saienbruber. SSir leiten fed)§ Kongregationen,
galten in ber )J3farr* unb ©tift§fird)e Unserer Sieben $rau unb auf ber 33urg reget*
mäfiig (S^riftenlefjre unb prebigen ©onn* unb gefttagS bem SSoIfe, greitagä aber ben
©olbaten. 2)aju fommt ber SBefucf) ber Kerfer unb ^ofpitäfer unb bie nicf;t geringe
Strbeit in ben 23eid)tftüf)ten, beren luir brei in ber ^farrfird^e beforgen."1
®ie reichen Sttmofen, mefche ihnen au§ faft allen Kreifen, h° d) unb niebrig,
fogar au3 ben Sfacfjbarorten öon ben Pfarrern juffoffen, beroiefen bie banfbare Sin*
erteitnung2. Stt§ §erjog Sßolfgang SBit^etm im ^atjre 1646 oerfprad), ben f^atre»
bi§ auf meitere§ 234 9ieid)§tafer jährlich auSjujatjten, fügte er anerfennenb bei, bafs
bie 5ßatre§ fid) fcfjott feit etlichen ^a^ren „in geiftfidjen fatfjotift^en Übungen, fonbertid)
aber bet) Uitterlneifung be§ gemeinen 9Rantt§ gu augenfdjeinlidjer 23eförberung beS
fatt)otifd^en ©laubenS, auf gortfeijung djrifttic^er Slnbadjt mit altem gteifj gebraudjen
taffen unb ©ottlob oiet @ute§ anSgerid^tet" 3. SDie 8af)t ber Konvertiten betrug im
^atjre 1650 inSgefamt jmötf4; e§ maren meift gretnbe ; beim in ^üticf) felbft tjatte
bie Qrrtefjre feine neiinem§roerten ©roberungen geiitadjt. 23ei einer göhlung ber
^roteftanten im 3ahre 1624 gab e§ nur 47 ©aföiniften unb 10 Sutt)eraner, toetd)e
aber jumeift nidjt in Scüfid) geboren, fonberit unter ber £>errfcf)aft ber ÜRieberlänber
(1610 — 1622) von braunen in bie (Stabt gefommen maren5.
©ern hätten bie 23ürgcrfd)aft unb ber ^er^og e» gefefjen, mettit bie Qefuiten
aud) bie ftarf jttrüdgegattgene ftäbtifdje ^artifufarfchute übernommen fjätten 6. ®odj
fehlte e§ einftmeiten nod) an einem tfinreidjenben Unterhalte. ®ie ^ütidjer mußten
üorberhanb jufrieben fein, baf) bie ^atre§ im Q|at)re 1646 bie Oberauffidjt über bie
©djute übernahmen unb biefetbe, mie man e§ raünfdjte, ganj nadj Strt ber üfefuiten*
fchuten einrichteten 7 8. —
3u ben brei ÜRieberlaffungen, bie im ^ahre 1649 ben 9iang eines Kotteg§ er*
hietten, ohne bah fie hinreitf)en&e ©infünfte hatten, gehört auch Wi'mftereifet s. Stuf
bie bringenbett Sitten beS ^fal^grafen Söotfgang SSilheltn, beS 9Jlagiftrat§ unb
einiger Stiftsherren in SRünftereifel famen Stnfang 9Rai 1625 jmei ^efititen,
P. Heinrich fRincop unb ein Saienbruber, bott Köln nach 9RünftereifeI. Sie fattben
Unterfommen bei bem Stiftsherrn Hermann ©ebour, einem ehemaligen Zöglinge fog
Kollegium ©ertnanifum. ,,‘Rad) einigen Söodjen fchon empfingen an ben gemötjn*
fidjen (Sonntagen mehr Seute bie heiligen ©afratnente, mie tmrbem nicht einmat am
SöeihnachtS* unb ^fingftfefte. @0 grofj ift ber gubrang 311 ber ^rebigt, bafj bie
Kirche nicht atte 3uhörer faffen fann. $Did)t gebrängt fleht man nodj braunen an
ben 2üiren. 2)ie Seute, mefdje jefjt braunen ftehen bleiben ntüffett, übertreffen nodj
an gabt jene, metdhe man ehemals in ber Kirdje fetbft fafj."9 2)ie 9iat§herren
maren barüber nicht menig erfreut, bie g-einbe ber Qefaden aber, beren e§ nicht
menige in ber ©tobt gab, über bie 9Rafjen aufgebradjt. ®er freuttblidje ©aftmirt
ber Qefuiten geriet fogar in SebenSgefahr, unb bie ^efuiten felbft moüten bie ©tabt
1 * Litt. ann. 1650.
2 tuf)l n. a. 0. II 6 11 f.
3 Sie Urfuube üont 28. Sej. 1646 ebb. II 8.
4 * Litt. ann. 1650.
6 tuf)I a. fl. 0. I 87.
6 (Sbb. II 8.
7 ebb. II 10 f. SBeitere llrfunbeit unb Sitten
im StaatSardjiü ju Süffelborf. — Sie Obern
waren: Siet. Sdjleitmer, 1644; Qot). 6roucn=
bürg, 1646; gob- Sicftjoff, 1648.
8 Sa§ gotgenbe nacf) *Hist. coli. Monast.
Eiffliaci (Germ. Fund. I 191) unb Reiffen-
b e r g I 594 f .
8 * Litt. ann. 1626. war bie 3of)amte3--
fircbc. Sapfet), @cfd). ber (Stabt SJlünfter*
eifei I (1S54) 216. Sie Stabt fdteiut ganj
fatljolifd) gewefen su fein. e§ war jwar im
ülnfattg be^ 17. Sabrbuubert§, wo e§ etwa fünf*
jig $r°Ieftantcn in ber Stabt gegeben Ijabeu
foll, ein Slerfud) gemacht worben, eine pro*
teftantifdje ©emeinbe su grünbett, bod) opne
erfolg. Sa pf et) a. a. D. I 367 ff.
9kue Sttieberlaffungen : SMnftereifel.
119
fd^on ruieber öertaffen. legte fid) tuiber Smarten ber ©turnt, nidjt gunt menigften
aud^ burcf) baS Sinfdjreiten beS Sßfatjgrafen unb feines SlmtmanneS in ÜUUinftereifet.
tLropbem gebadeten bie ©bern, bie 9Jtiffion aufguljebett. Slm 15. Januar 1626
fünbigte ber ißrooingiat 53aoing bem P. Ütincop an, er fei gegmuttgen, ihm ben
P. SSenget ©c^abet meggunehmen unb megen ber großen Leutenot nadj ©iegen gu
fenben, 9fincop felbft merbe oietleidjt um Oftent nadj Söefel gefctjidt merben '. ©egen
letztere Slbfidjt erf)ob fiel) aber ftarfer Sßiberftanb. Stm 2. 9?oüentber 1626 banften
Sürgermeifter, ©tröffen unb 9iat oon ÜJJlünftereifet bent ißrooingial für feine S3ereit>
mittigfeit. „®em tjeitfamen Söerf, non bem biefer ©tabt unb beS gangen 93atertanbeS
Söohtfaljrt bepenbire, fjätten fiel; gmar ettidje roenige audj geifttidjen ©tanbS miber»
märtige unruhige Häupter mit Unfug gu opponirett getüften taffen, fie (Bürger*
meifter unb 9tat) hätten aber beren Motus fotüet atS mögtidj jebergeit gebämpft unb
tuiirben aucf) continuiren, bie ©ogietät gu üertreten. ©eftüpt auf bie bereits üom
^fatjgrafen bemittigten ÜDtittet, bitten fie um brei ^ßrofefforen unb nodj einen Patrem,
fo fjiefigem |jerrn Patri affiftiren fönnte."1 2
9?odj bringenber fdfjrieb batb barauf (3. Februar 1627) ber föanonifuS ©eboitr
an ben ^rooingiat: Sr Ejabe bereits im testen iöriefe gebeten, bie ©efellfdjaft möge
boef) nidjt ben gufj aus ber Sifet gurüdgieljen. ®aS Strbeitsfetb fei auSgebefjnt unb
bie tjödjfte 9cot fdjreie nadj Arbeitern. Um SOtünftereifet herum finb im UmfreiS
non einer ÜDleite über 70 Dörfer. Qn ben benachbarten 93ergen unb SBätbern herrfdjt
eingerofteter Stbergtaube; ber ©aframentenempfang aufjer Oftern unb im £obe ift
»erfdjmunben, bie Unmiffenfjeit fo grofj, baff bie meiften alten Leute ben ©tauben
unb baS SBaterunfer nidjt auffagen fönnen. Unb bodj täfft fid) aus bem SSotf etrnaS
machen. SS ift gang gemijg fein geringeres SSerbienft oor ©ott, tper go arbeiten,
atS in ben meit entfernten §eibentänbern. Sitte patres, bie hier audj nur fürs fid)
aufgehatten, hoben fidj für bie 9iotmenbigfeit ber ^tefigen Strbeit auSgefprodjen. £>er
ÜÖlagiftrat tut, maS er fann, tro£ alter Stgitation audj oott geifttidjer ©eite, ©otlte
ben patres etmaS festen, fo fei er (©ebour) bereit, ihnen ein Qatjr lang ben nötigen
Lebensunterhalt gu bieten3.
£ro|3 attebem beharrten ber ^3rot>in§iat unb feine ^onfuttoren bei ihrer Meinung.
„SSor brei Söodjen", fo fdjreibt er am 18. gebruar 1627 an P. 9lincop, „haben fidj
alte ßonfuttoren einmütig für bie Stuffjebung ber SJliffion in SDtiinftereifet auSgefprodjen.
üütiinftereifet fotte oon einem benachbarten fö'otteg auS geholfen merben." 4 ^ngmifdjen
gingen auch eingefjenbe S3ericf)te nadj 91 om, unb ruie in inandjen anbern gatten
mürbe ber 93tid auS ber Slogetperfpeftiüe audj ber ©tation in ÜDlünftereifet gur
fRettung. ,,©a man in ÜDtiinftereifet", fo fdjrieb ber ©enerat 93itet(eSchi am
24. Stprit 1627 an ben ißroüingial 53aoing, „fo tjeifj nadj uns »erlangt unb auch
nicht gu üerachtenbe SDlittet für ben Unterhalt anbietet, unb ba nach Qhrer 2ln-
ficht ein fetjr frudjtreidjeS SlrbeitSfetb in unb aufjerljatö ber ©tabt gu ermarten ift,
fo geftatte ich, bie nötige Stngaht patres unb gratreS hingufenben." 5 ®er ^rooingiat
madjte am 20. ÜDlai 1627 bem P. 9lincop SJlitteitung oon biefer SSenbung. tber
SJlagiftrat miiffe aber für E)iitreichenbe Dotation forgen, falls er bie ©rünbung eines
ÄottegS motte; jebettfallS merbe er (ber ^rooingiat) oorher feinen Lehrer fdjiden.
©djtiefstidj üerfpridjt er aber bodj, ben einen ober anbern ÜJJtagifter Oon £’obten3 jn
fdjiden unb einen jroeiten $ater fdjott im Sertauf oon jmötf 2agen6.
gaft gleichseitig (19. 9Jlai 1627) hotten fich Sürgermeifter, ©djöffett unb 9lat
an ben Sßrooirt§iat gemanbt, er möge hoch enblidj bie ißräseptoren fdjiden. SS hänge
1 * Original in 2)üfieIborf, <2taat3ard)iD, 3 *0ri3inat ebb. 4 * Driginat ebb.
ÜKünftereifel, Jes. 3. 6 * Drig.=3teg. Ad Rhen. inf.
s * Original ebb. 0 * Original in $üffelborf, StaatSardjiö.
120
3roeitc§ Kapitel. $ic nieberrfjeinifdje $roDinj.
für bag 2Bot)l ber Stabt unb aud) für if)re (beg äftagiftratg) (Sfjre guüiel baüon ab.
23cm bem ©ntfdjeib beg ©eneralg hatte ber Sliagiftrat fdjon ®unbe, benn er fügt
gum ©cf)luffe bei: Sollte ber 93rief beg ©eneralg aufgefangen ober oerloren gegangen
fein, fo möge ber ^rooingial proüiforifch menigfteitg gmei ißrägeptoren auf bag ehefte
fdjicf'en 1 ®en nädjften 23rief beg ißroüingialg an Stincop oom 25. ÜOiai 1627 über*
brachte ber elfte SDiagifter £>einridj 9iofe, ber für bie unterfte ©rammatif beftimmt
mar. ®ie 9tefibenj in äßünftereifel füllte big auf meitereg bem Kolleg in ®üffe!borf
unterfteljen1 2
^jerbft 1627 übernahmen ein ißater unb gmei ÜDiagiftri ben Unterricht in ber
©d)ule, bie fc^on gleich nadj SInfunft ber Qefuiten im Qaljre 1625 bort unter gmei
augmärtigen Sefjrern eröffnet mar. S)er Unterricht mürbe in ben brei ©rammatif»
flaffen erteilt3. Slngefehene patres h^e^en jeboch bag „Stäbtlein", meldjeg bamalg
3000 ©inroofjner gählte4, für ein föolleg ungeeignet. ®er ^Srooingial mufste nodj
einmal nach eingefjenber Beratung alleg bem Orbenggeneral augfithrlid) barlegen.
Unb nun gab 23itellegdji am 25. SDiärg 1628 bem ^3roüingial folgenben 23efcf)eib:
„SBenngleidj bie Stabt nadj bem Urteil ©m. §od)mürben für ein Kolleg nicht um
paffenb gu fein fcheint, fo ift hoch feine augreicfjenbe Stiftung üorhanben; vielleicht
aud) finbet fid) int Saufe ber Qeit in ber 9?acf)barfchaft ein noch geeigneterer Ort
für ein Kolleg, Qd) hoffe beshalb bafür, baff bie 9Ueberlaffung in SRiinftereifel nur
eine Siefibeng bleibe unb audh feine neuen klaffen mehr eingerichtet merben, big bie
Qeit felbft lehrt, mag fdjliefjlid) mit ber S^efibeng gu gefdjehen hat."5 Qm folgenben
Qahre (1629) fanbte ber ^rovingial SBaüing bem ©eneral meitere Slufflärung. „®er
.fjergog famt ben ©tiftgherren unb ben fiirftlidjen Späten", fo fdjrieb er, „halten ben
Ort für fefjr paffenb, trotjbem fiel; faunt fedjg big fieben ©tunben baoon entfernt
anbere Kollegien befinben. ®ie ©ifel ift nämlich ein groffeg ©ebiet unb umfaßt
mehrere ©raffcfjaften unb §errfd)aften unb bagu noch ©ebietgteile üerfdjiebener Qürften.
®ag 23olf aber, meldjeg in bem grojgenteilg unfruchtbaren unb gebirgigen Sanbe
mofjnt, ift an vielen Orten fo ungebilbet unb fcfjledjt unterrichtet, baff bag Sanb
eifrigen ©eelenhirten mie eine ©egenb Qnbieng oorfommen famt. Qrrleljre, 2lber»
glaube uub Qauberei haben mit ber Unmiffenheit gleichen Schritt gehalten, ©g
arbeiten gmar jetjt auf bem müftett 23rad)felbe brei i)3atreg unb brei Seljrer unb
forgen burdj ©cf)ulnnternd)t, ßatecfjefe unb bie anbern Arbeiten unferer ©efeüfdjaft
für bie 23efel)rung unb bag Seelenheil ber SSemohner. 2)od) märe erft richtig für
bag grofje §ergogtum Qülidj-ßleüe geforgt, menn ■ noch h4er fomie in ®üren unb
SEBefel Kollegien errichtet mürben."6
Um bie nötigen ©infünfte gu fcfjaffen, fudjte i|3falggraf Söolfgattg SBilhelm gmei
^anonifate für bie Dtieberlaffung gu erlangen, aber 23itellegcf)i fpradj fich in einem
S3riefe oom 7. Stpril 1629 an ben Superior 9iincop fehr entfdjieben gegen biefett
ißlan aug. ©g fei bafür gar feine Slugfidjt üorhanben unb merbe nur Schmierig»
feiten unb Streitereien im ©efolge haben. Um biefent ein ©nbe gu madjen, habe
er fdjon begonnen, audj bie Kollegien, benen bereitg ftanonifate inforporiert feien,
oon biefen gu befreien. ®er Superior möge bieg bem dürften in guter Söeife gu
verftehen geben unb gugleid) bemerfen, bafs mir gerne marteteu, big anbere üüittel
gur Verfügung ftänben7.
1 * Original in SJiiffelborf, Staatlardjiü.
2 * Original ebb.
3 * Litt. ann. 1626 u. 1627. * Catal. Rhen.
1628.
4 Äapfet), ©efd). ber Stabt SDliinftereifel
1 312.
5 * Orig.=91eg. Ad Rhen. inf.
6 * Narratio compendiosa.
7 * Orig.«91eg. Ad Rhen. inf. 2Bie berechtigt
biefe SSkifung war, jeigen bie Dielen Streitig«
feiten, metcbe bie ißatreS mit bem Äapitel ber
Stift§fircf)c Chrysanti et Dariae fchon Wegen
9Jeue -JHeberlaffungen : fÖtünftereifeL
121
Qn ben Qafjren 1629 — 1631 fjntten bie ©djufen ftarf unter anftedenbcn Kranf*
feiten jit leiben, aber taubem mürbe neben ben brei Settern für je eine ©ramniatif»
ffaffe §erbft 1632 nod) ein eigener Sefjrer für bag ©riecfjifdie unb im folgenben
Qafjre nod) ein grueiter augeftellt, .jperbft 1634 ober 1635 aud) bie oierte klaffe unb
£>erf>ft 1636 enblid) bie fünfte unb le^te Stoffe angefügt* 1. „®er SJZagiftrat f)at
nunmehr", fo bemcrft 51t teuerem ber Qafjregbericfjt ömbe 1636 2, „bie Eröffnung ber
9if)etorifftaffe erlangt, um bie er fo fange unb bringenb gebeten fjatte, nadjbem er
für ben Unterhalt be§ Seljrerg eine fefte jöfjrfidje ©umme (70 iReidjgtafer) beftinunt
f)at." §erbft 1636 mirften an ber (Schute fieben £ef)rer, bie fünf Stlaffenlef^rer unb
jmei fiirg ©riedjifdje3. 9?ur in ber ©djüfer^afü blieb eg hinter ber anberer Koffegien
jurüd. ©ie belief fidj iperbft 1635 auf 135 unb mirb 19 Qafjre fpäter, im Qafjre
1654, auf „nafje 200" angegeben4.
2)ie ©efamtgafjl ber patres mar 001t brei Snbe 1631 auf fccfjg @nbe 1636
geftiegen unb f)ob fidj feit 1640 auf bag hoppelte 5. ©ie arbeiteten in ber ©tabt
unb nacf) unb nad) aud) in ber ganzen Umgegenb. Qm Qafjre 1636 bemerft ber
33eridjt: „Oft gingen mir hinaus auf bie Dörfer unb ju ben ©täbten unb ben be>
nadjbarten 23urgen ber Slbeligen; mir ftreuten ben ©amen beg göttlichen SBorteg aug
unb hörten oiele 23eid)ten. Stufjerbem fjaben mir nod) an anbern Orten bie ©teile
ber Pfarrer oertreten unb aud) fjier nid)t fruchtlos gearbeitet." 21ud) nad) ©djfeiben,
@ugfird)en, ©ingig, 2lbenau unb ißrüm mnrbe ihre ^pilfe begehrt, dfamentlidj maren
eg bie ihrer ©eelforger beraubten Orte, meldje bie Xätigfeit ber ißatreg aufserfjalb
9)iünftereifelg erfjeifcfjten. „Sitten großen Steil beg Qafjreg fjaben mir", fo berichten
fie im Qafyre 1646, „in ben Ortfdjaften gearbeitet, bie ihrer Pfarrer beraubt finb.
Qahlreidjer mie fonft maren and; bie Orte, ju benen mir an ben f)öf)eren Qeften
unb fonft, unb jmar mef)r mie gemöhnlich, gerufen mürben. 2öir taten eg gern,
fanben überall freunblidje Slufnafjme unb Ratten nie! Srfotg. 9J?an begrüßte ung
faft überall gleidjfam mie Sttgef 00m |)immel. Qtt brei Dörfern, mo mir biefeg
Qaljr jum erftenmal bie Sfjriftenlefjre begannen, mußten bie Seute nicht, mie fie fidj
erfenntlicf) ermeifeit füllten. Q()r (Sifer mar fo grofj, bafj alleg, grojj unb flein, jur
Katedjefe herbeiftrömte unb bie Käufer faft üoüftänbig leer ftanben. 211g ber oon
©regor XIV. oerfiefjene Katedjefeabfafj gemonnen merbeu füllte, lauten alle inggefamt
ju ben heiligen ©aframenten."0 fSie Orte, an benen man in ber Umgegenb regeü
mäfjige Katedjefe erteilte, fdjmanften jmifdjen oier unb fecfjg. ®er Smpfattg ber heiligen
©aframente flieg in ber ©tabt felbft oon 6000 Kommunionen im Qaljre 1646 auf
10000 im Qafjre 1649 unb bieg nur in ber eigenen Kirdje.
2)iefe frudjtreidjen Arbeiten fanben mieberljolt freubige Slnerfennung. Qn ber
Urfunbe, in ber ^Sfalggraf Söolfgang Söilfjefnt am 2. 2(uguft 1631 ben Qefuiten in
ber guforporation be§ 2Intoniu§aItare§ hatten.
Sßgl. * Defensio S. J. contra iniquas querelas
de incorporatione Altaris Monast. Eifl., ge=
richtet an bie <Stift§f»erreu öoit üMnftereifet.
Äöln, Stabtard)iD, Jes. 692. Sort aud) tuen
tere Sitten 1642/1643. Sie Defensio and)
Jes. 717.
1 * Catal. Rhen. inf. 1627 ff.
2 * Litt. ann. 1636.
3 * Catal. Rhen. inf. 1637.
4 * Hist. coli. Monaster. Eifel. 1649 — 1654
Äofcfct), ©efd). ber Stabt SWiinftereifel I
235.
5 Siefe unb ade folgenben Angaben, bie nicht
näher bejeidntet finb, nad) * Catal. Rhen. inf.
1631 ff unb * Litt. ann. 1631 ff.
6 * Litt. ann. 1646. Über bie Pfarrei ©u§=
firdjen fd)rieb Garrafa am 8. Sluguft 1648 au
ben Superior Strden: Gaudeo Parochiae iam
prospectum de Parocho, et eidem intactos
semper manere suos reditus competentes, nec
inde aliquid percipi a nobis. Laetor etiam
Concionatores et alios rite fungi muneribus
suis, et denique bene prospectum videri re-
ligiosae disciplinae. Orig.=9?eg. Ad Rhen. inf.
Sie äßartinäpfarrei in (SuSfirdjett ftanb unter
bem Patronat be3 gefuitenfottegS in 9Jüinfter=
cifel. fapfet) a. a. 0. II 65; ogl. 70.
122
groeite^ Kapitel. $ie nieberrbeinifcfje Proöins.
SJiünftereifel bag Patronat über ©t äßartin in Sugfirdjen, bag Vifariat in £od)=
heim unb ben Slntoniugattar in bem ©tift 3U ÜViinftereifet überträgt, fagt er: „®ie
heitfamen unb ftetg madjfenben griidjte ^er $atreg ^at uitg bie tägtidje Srfafjrung
ju unserem grofjen Srofte gezeigt, ©ie ^aben fid) nid)t begnügt mit bem Unterricht
ber ^ugenb in ber ©cfjute, fonbern itt ber ©tobt unb in ber ganzen Umgegenb,
u. a. in unferer ©tabt Sugfirdfjen burd; ^atecfjeje. Unterricht, ißrebigt, Vermattung
ber ©aframente uner*
mübtid) gearbeitet." 1
2tud) bie Obern in Vom
anerfannten bie Arbeit.
Stm 23. Sdtärj 1647 er*
miberte ber ©enerat
Sarrafa auf ben Ve*
rieht beg ©uperiorg
P. Srüdjten : „®ie Vadj*
ridjten Sro. §od)mür*
ben oont 22. Januar,
monach non ben Unfri*
gen mit ganj augge*
jeidjneteit ©rfotgen in
unb außerhalb ber
©tabt gearbeitet unb
gefdjafft mirb, ha&en
mid) mit großer greube
erfüllt."2
Vei alt biefen ge*
fegneten Strbeiten fehlte
eg nicht an mancherlei
Seiben. 3unäcf)ft mar
eg ein langjähriger unb
erbitterter ©treit beg
.fperjogg Sßolfgang 2Bit*
heim, beg ©önnerg unb
ber £>auptftiipe ber
fuiten, mit ber 2Bott*
meberjunft ju Vlünfter*
eifei unb bann bie
gmiftigfeiten ber
fuiten mit bem Kapitel
ber ©tiftgfirdje bejüg-
lief) firdjtidjer Sin*
fünfte3. SUg beibeg enb*
fid) gliidtid) beigelegt
mar, fdjrieb Viteffegdji am 22. 1644 an ben ©uperior gabriciug: „Vadjbem
nun bie ©treitigfeiten nach SBunfcf) beigelegt finb, metdje jmeifetlohne bie ©emiiter
ung vielfach entfrembeten, merben hoffentlich unfere Arbeiten fiinftig nodj frudjtreidjer
$er ©eneral ^rnttj Piccolomini. Stid; (5/8)-
?(utograpf) aus einem Briefe.
1 * Original ©ef. Pergam., 2>uffelborf a. a. 0. Pitette»cf)i3 Oom 3. iDtära 1040 an ben Superior
Urfunben 9tr 50. Sftetternid). 3 Pgl. barübet Hist, resid.
2 * Drig.=9teg. Ad Rlien. inf. Pgl. ben 53rief Monaster. Eifel. 1642 — 1644.
Peue Pieberlaffungeit : SDtünftereifel (Sdjleiben).
123
derben."1 SDamt maren eS Ärieg unb Seuchen, unter benert bie ganje ©ifel feit
1636 nie! ju leiben ^atte, unb enblicf) bie jeitfidje Dfotlage2. 2)er 23erid)t beS
gafjreS 1639 barüber an ben OrbenSgeneral jagt: „®ie jährlichen ©infünfte be¬
laufen fid) eigentlich auf 1500 9?eid)Staler; jefjt aber, mo alles burd) bie Solbaten
üermüftet ift, auf faum 1100. 9?ad) Ab^ug non 443 9feid)Stalern ginfeit für ge¬
machte Sdjulben . . . fönnen mit bein 9?eft faum gehn Perfonen unterhalten merben. . . .
©Sieben hier aber fiebjehn."3 ge näher aber bergriebe fam, befto mehr befferten
fid) bie Sßer^ältniffe. Unb am 22. gebruar 1648 ftfjrieb ber ©eneral ©arrafa an
ben (Superior Arden: „Sehr getröftet hat mich, ^aS ®ro. Dochmitrben über ben ge-
orbneten unb ruhigen Staub beS (paufeS berichteten, geh münfehte nur, alle Kollegien
blüljten ähnlich nach innen unb aufjen."4 ©in galjr fpäter, am 23. SJJiärg 1649,
mürbe bie Säeberlaffung ton P. ©atrafa gum 9iange eines ÄolIegS erhoben. SJian
badete auch fdjon ernftlidh an ben 23au einer eigenen föircfje, aber bie Ausführung
muffte auf fpätere gaffre oerfdjoben merben5. ®ie gal)l ber gefuiten belief fid) im
gahre 1650 auf 23: 14 PatreS, 3 DJfagiftri unb 6 Saienbrüber 6.
9Son SDiünftereifel aus mürbe bie SDiiffion in Sd)l eiben gegrünbet. gn ber
©raffdjaft Sd)leibeit hatte bie neue Sehre unter ben brei testen ©rafen aus bem
§aufe 9DZanberfd)eib-Sd)leiben ©ingang gefunben unb fd)lieplid) bie Oberfjanb ge«
monnen7. 9iad) bem SEobe beS lepten ©rafen SDianberfdfjeib im gahre 1593 mar
ber gröfjte Steil beS SanbeS mieber in ben 93efip eines fatl)olifd)en |>errfd)erS ge«
fommen, beS ©rafen Philipp tmn ber 9J?arf. ©r unb fein Sol)n ©rnft fucfjten bie
fatholifdje Religion überall roieberf)erguftellen. gm gapre 1642 rief ©raf ©rnft
gefuiten öon SDiünftereifel. ®er erfte 23ericf)t barüber lautet: „®ie SJiiffion, bie
biefeS gahr für bie Stabt unb ©raffdjaft Sdjleiben oon groei unferer PatreS be¬
gonnen mürbe, mar üeranlafjt burch beit ©rafen (©ruft) oon ber SDZarf unb Saffen-
berg, ber baS Sanb gegen ben ©rafen oon ber 9fede im 53efip behauptet, ©r hat
itnS bie SBermaltung ber Pfarrei in ber Stabt iibermiefen, melcpe infolge ber glucpt
beS Pfarrers, eines Parteigängers ber oon ber 9iede, fd)on geraume geit üermaift
mar. Sie beibeit PatreS fanben bei ihrer Anfunft faum gehn, melcfje ber heiligen
SDieffe beimohnten; benn bie Stabt ift reich mie an ©ifen, fo aud) an grrlehren unb
hat biefe in ber ©ifel oerbreitet. SDiit ©otteS |>ilfe ift nun (am ©nbe beS gahreS
1642) fchon fo üiel erreicht, baff 50 unb auch niepr &ei ber heiligen SDleffe gugegeit
finb. gmölf haben fid) ber fatfjolifchen Kirche angefd^loffen, bod) ift einer mieber
abgefallen." 8 Sie beiben PatreS arbeiteten unüerbroffen meiter, ber eine als Pfarr-
oerroalter oon Sdfleiben, ber anbere als foldjer oon 931umenthal unb ^ellenthal9;
fie prebigten unb fatedjefierten, festen bie Oermaprloften Kirchen unb oerfallenen
Kapellen mieber in ftanb unb belebten bie alten Anbauten unb Progeffionen. 9?ur
langfam unb allmählich f)°& fieh mieber baS religiöfe Seben. Stach gmeijähriger
1 * Drig.-Peg. Ad Rhen. inf.
2 Dgl. bie * Söriefe üom 12. Ptärä 1639.
3. PMrj 1640, 7. Dttrs 1643 nnd) 9Mnfter«
eifel. Ad Rhen. inf.
3 * Catal. trienn. 1639.
4 *Orig.«Peg. Ad Rhen. inf.
5 ®er ©eneral Piccolomini fdjreibt am 5. Pou.
1650 att ben Protiinjial Panfjauf): Ideam
templi Monaster. Eifliaci non vidi, ubi vi-
dero et media aedificaudi suppetere cogno-
vero, fabricam poterunt auspicari sed citra
periculum aeris alieni. * Orig. = Steg. Ad
Rhen. inf.
6 Sie Obern maren: §einr. Pincob (Pinbib
cop), 1625; Demi). Pletternid) , 1636; gol).
gabriciug, 1644; ©tepb- <5rüd)tcn, 1646; Jpilger
Strden, 1647; ©erb- Saaten, 1650.
7 Snnen, ©efd). ber Deformation im De-
reiche ber alten ©rsbiö^efe Söln (1849) 297 ff.
Schorn, Eifiia sacra II (1889) 512 f.
9 * Hist, resid. Monast. Eifel. 1642 — 1648.
* Litt. ann. 1646 ff.
9 bet: * Catal. Rhen. inf. 1644 ff finb
bie Sitel für bie PatreS: pro-parochus in
Schleiden nnb pro - parochus in Blumenthal
et Hellenthal.
124
3roeitc3 Äapitet. $ie nieberrpeinifdjc fßrobinj.
(Xütigteit empfingen an ben höheren ^efttagen inSgefamt 50 — 60 öie fjeüigen ©atra-
mente, ^m ^aßre 1650 belief fief) bie 3flf)t fämtticßer Kommunionen auf 1200.
3ur fatßotifdßen Kirdje priidgefeßrt mären jährlich burcf;fcf)nittlicf> fiebert, 3m Qa^re
1646 fjatte man an ber £rioialfd)ute in ©eßteiben aud) mieber einen tatßolifcßen
ßeßrer angefleUt. SttteS ba§ fjatte ben 9)iut ber Katßotifen gehoben. 2(n ben brei
i)Srojeffionen be§ 3flf)re§ 1647 p ©eßteiben naßm §. 33. bie gan^e £)errfcßnft teif.
„2Iu§ (Stabt uub Sanb", fo berichten bie patres, „maren bie Katßotiten in großer
3aßt ßerbeigeeitt, um ißren tatßotifcßen ©tauben offen p befennen. 3n jcfjötter
Orbnuitg unb unter frommen ©efängen pgen fie über bie ©troffen. Stnfang unb
©djtuß ber iprojeffion bitbeten proteftantifcße ©otbaten in Söaffen."1 ®ie in fünfter»
eifet eingefcfjriebenen ÜDlitgtieber ber 9J7arianifcßen Kongregation münfdjten aud) in
©dfteiben bie gemüßntidjen KongregationSöerfammtungen p hatten2. ®ie SOiiffiort
mürbe 1654 aufgetöft. —
©etjr tangfant entmidette fidj ba§ Kotteg p 23mtn. ©eit bem ©nbe beS
16. 3af)rf)unbert§ mareit bort pei patres am .fpofe be§ KoabjutorS gtrbinanb
oon kapern tätig3. ©nbe 1602 mürbe in 33onn eine eigenttiefje Ütefibenj ein-
geridjtet4. giir ben ©otteSbienft mie§ ba§ ©tift ben patres bie KtemenStapette
an. 2tußer ber Strbeit am ^pofe hatten bie patres feit 1605 bie regelmäßigen
fßrebigten in ber SKünfterfirdje unb feit 1608 auf 323unfdj ber ©tiftsßerren aud)
bort ben fatedjetifdjen Unterricht ©onm unb gefttagS nachmittags 1 Uhr p
hatten5. ®ap tarnen fonftige fßrebigten in ber ©tabt, bie Katecßefe auf um»
liegenbeit Dörfern — im 3aßre 1634 mareit eg brei unb im 3ahre 1648 merben
genannt: Keffenicß, f)3oppeI§borf, ®ottenborf unb güielborf6 — ltnb bie STätigfeit in
mehreren Ktöftern, metdhe ihre -fpitfe in Stnfprudj nahmen, 5. 33. ©ngettßat, 9Jfariem
forft, 9iotanb3mertß. — Über bie SGSirffamf'eit in 33onn heißt eS im 3aßre 1639:
„33ci ben f|3rebigten ift bie geräumige 9)iünfterfird)e mit einer großen ßuhörerfdfaft
angefüttt. Studf) ber ©r^bifeßof mohnt mit bem ganzen §ofe berfetben oft bei. ®ie
©ßriftenteßre aber, p ber niefjt nur bie Knaben unb ÜUJäbdjen, fonbern auch bie @r-
madjfenen ßerbeiftrömen, trägt fo reidje gritdjte, baß biet bariiber gefprodjen mirb.
Cffen fagt man, biefetbe fei eine ber ßerrtidjften unb nußreidjften ©inrießtungen in
ber fatßotifdjen Kirdje, fie fei ein (Shrertjeichen unferer ©efettfeßaft unb eine Söoßttat
für bie gefamte ©tabt."7 ©ine grudjt ber ^rebigt unb Katedjefe mar ber madjfenbe
ßubrang p ben 33eidhtftüßten, metdje bie ^efniten . in ber äftünfterfireße unb §eit=
raeitig auch in ber üöiinoritenfircße befaßen. Unb at§ im 3aßre 1638 nod) ein britter
fßtater gefanbt mürbe, bamit in ber ©tabt unb ber Umgegenb noch mehr gemirft
merben tonne, oermodjten aud) biefe brei an höheren Uefttagen bie Strbeit im 33eicßt-
ftußte nidjt p bemättigen, fo baß man oft genötigt mar, au§ Kötn tpilfe ßeröei-
prüfen 8.
Stnerfennenb feßriefj ber ©enerat ©arrafa am 22. Qnni 1647 bem Superior
P. Heinrich ©iüert: „Qdj freue midj, baß in ber fteinen ©d)ar alte fo etnfig ißren
Strbeiten obliegen unb baß bie menigen ßeute beim ©inßeimfen ber ©eetenernte bureß
ißre STätigfeit unb 9iegfamfeit ba§ leiften, mop fonft oiete erforbertieß mären." 9 ©inige
1 * ßarrafa an ben Superior ooit 917ünfter=
eifet, üfrefen, 10. 8(ug. 1647. £)rig.=9teg. Ad
Rhen. inf. 2 *Litt. ann. 1647.
3 83gl. 83b I, S. 418.
4 *Hist. missionis, nunc residentiae Bonn.
1586— 1645. * Sttquabioa an ben Sifitator
5116er, 8. Sfuni 1603: De stabilita Bonnae
residentia libenter audivimus. 2>ie elften Litt,
ann. batieren oom Qaljre 1603.
5 50t a affen, ©efd). ber Pfarreien beg 3)e-
fanat§ 93onn I (1894) 293.
6 * Catal. Rhen. inf. 1649 f.
7 * Litt. ann. 1639.
8 * Catal. Rhen. inf. 1637 u. 1639. * Catal.
Rhen. 1612 pat bei einem fßater ben 3ufab:
confessarius in parochia S. Remigii. * Hist,
mission. Bonn. 1645.
9 * DrigPieg. Ad Rhen. inf.
■Jieue Pieberlaffungen : Potiu.
125
Würben audj gur fatfioUfd^en ®ird)e gurüdgefüf)i't (jährlich burdjfcfjnittlich 10 — 12,
im $af)re 1630 fogar 42); Dielen Uranien mürbe, befonberg gur $eit &er £roft
unb §ilfe gebraut, fo baff mir, fo Ijei^t eg in einem Seridjte beg Qnljreg 1645,
nocfj jejjt öoit bem guten Stufe gehren, ben ltnfere Vorgänger fjier oerbreitet fjaben 1.
Sei biefer gefegneten SSirffamfeit mar Slnfang ber öiergiger Qa^re in ber ©tabt
aucf) ber SBunfd) nad) einem bon ^efutten geleiteten ©pmitafium aufgetaudjt „unb
bie Sürger unb bie Slbeligen unb furfürftlicffen State am £wfe (unb ber fö’oabjutor
Sftajümilian Jpeinridj) baten bie fßatreg oft unb bringenb um ©röffnung ber ©djulen"2.
9)tit 3uftimmung beg ©eneralg f)atte bann ber ©uperior Slbrian §orn im ^affre 1643
begonnen, bie notmenbigen SJtittel für Kolleg unb ^irdje unb ben Unterhalt gufammen«
gubringen; bemt ^ier lag bag ^jauptfjinbernig für bie fofortige Sermirflidjung beg
2Bunfcf)eg. ©g Ijatten aucf) ber $of unb einige wohltätige Sürger nad) Kräften bei«
gefteuert unb einige ^efuiten il)r in ben Orben eingebradjteg Vermögen bem gu
grüubenbeit Kolleg oermncf)t, fo baff im ^aljre 1648 ber Sau eineg Äollegg begonnen,
innerhalb gwei Qaljren nebft einer Kapelle fertiggeftellt unb im ge&ruar 1650 be«
gogen werben fonnte. 2>odj fehlten nod) bag ©cf)ulgebäube unb nor allem bie SJtittel
für ben Unterhalt. Se^tere reidjten g. S. (Snbe 1649 erft nur für ben Unterhalt
non fecbjg fßerfonen. ©o fam eg, baff bie Stieberlaffung, welche gmar im gebruar
1650 gum Stang eineg Stollegg erhoben mar, bie Eröffnung ber ©djulen noch gwei
Qahrgefjnte f)inaugfd)ieben muffte3.
®ie Xätigfeit ber Sonner ^efuiten fafjt ber neuefte ©efdjidjtfdjreiber beg Sonner
©pmnafiumg in bie Sßorte: „Sie prebigten in ber SMnfterfirdje, unterrichteten bie
^ugenb in ben Sehren ber Steligion, mibmeten fid; mit befonberem Gsifer ber ©eel«
forge im Seicf)tftuf)le, tröfteten föranfe unb Oiefangene burdj religiöfen ßufprud), be«
gleiteten bie gum Xobe nerurteilten Serbredjer gur Stic^tftätte unb fudjten nor allem
and) in ber Sefefjrung Slnberggläubiger ifjrer Slufgabe geredet gu werben. Sefonberg
oerbienftlidf) mar, baff bie ©tabt auf ihre Seranlaffung gu ber oom SJtünfterftift unter«
haltenen SJtiinfterfdjule, ber eingigen Xrinialfcfjule, welche Sonn big bahin befaff, im
3ahrel627 gmei neue ©djulen einridjtete, für Knaben eine unb eine für SJläbcfjen." 4 * —
(Sine Sieilje non geitmeiligen Stieberlaffungen nerbanfte ihre (Sntftehung
ben Semühungeit f£iHtjg unb ber Slugführung beg Steftitutiongebifteg notu 6. SJtärg
1629. SBenige SQßocfjen nad) ©rlafj biefeg (Sbifteg mürben für bie eingetnen Streife
beg Steicheg faiferlidje $ommiffionen ernannt6. Sin bag §aupt ber $ommiffiott für
ben nieberfüchfifdjen ®reig, ben Dgnabriider giirftbifdjof gdang Sßilljelm, fanbte ber
®aifer gleidj im Slnfange folgenbeg ©djreiben6: „3u mehrer gortpflangung unferer
1 * Hist, mission. Bonn. 1645. 21m 20. 2(ug.
1650 erneuerte Piccolomini bem P. 2Irnolb ©i«
bert in Ponn bie frühere ©rtaubniio, fid) in
befonberer SBeife ber Gfjnftenlehre für Kinber,
llntniffenbe unb ©olbaten gu toibmett „aI3 einer
Sache, bie ©ott unb ber ©efeüfchaft fetfr an«
genehm fei"; and) erflärte fid) ber ©eneral gern
bereit, bie bort errichtete ©obatität gefu unb
Piariä ber römifdjen Kongregation gu aggre«
gieren. * 0rig.=9ieg. Ad Rhen. inf.
2 $a3 golgeube nad) *Hist. mission. a. a. 0.;
*Ortus et progressus coli. Bonn, conscriptus
ann. 1709; ber ©eneral an P. $orn unb an
ben Probingial Pidef, 7. 9Pärg 1643, unb bie
folgenben Priefe au ben Koabjutor 50iai*. £eiit=
rid), 9. Piai 1643; * Litt. ann. 1646 ff; *Catal.
trienn. 1645 u. 1649.
3 ©eit Jperbft 1647 lebten in Ponn 7 ge«
fuiteit: 5 patres! unb 2 Saienbriiber. Schon
im gapre 1645 mürbe Soun ah» Collegium
inchoatum betrachtet unb beffett Oberer gur
Probiugiatfongregatiou berufen. Acta Congr.
Prov. 1645 I 82. — 2)ie Obern marett: ©i£b.
Pierbad), 1604; grang Popebiue!, 1606; pet.
2Binaeu§, 1610; ©eorg ©djretel (Schrott), 1622;
21br. §orn, 1642; £einr. ©ioert, 1646; 21b r.
§orn, 1650.
4 Sof. Puf chm an u, gur ©efdjidjte be§
Pomter ©tjmnafiumS, Polin, ©tjmn. -Progr.
1891, 2.
6 0. K f o p p , $reihigiähr. Krieg III, 1 (1893)
416. gor ft, Polit. Korrefponbeitg be§ ©rafett
grang SBitl). b. SBartenberg xiv.
6 0. Klopp, Sitlp II (i861) 457.
126
ßioeiteg Äapitcl. ®ie nieberrfjeiuifd)e fßroöinj.
uralten, allein feligmad^enben fat^olifcfjen ^Religion Ijdben mir e§ für gut angefeljcn,
bafj in be§ ^eiligen fReidjeS Greifen für bie 93äter ber ©efeflfdjaft 3eiu Griffe
Orte §ur Erbauung öon Kollegien unb ©eminarien auSerfefjen trerben ; benn fie
fönnen mit Haltung ber ©djulen, emfiger Untermeifung ber ^ugenb unb fleißiger
Übung anberer fatholifdjer Offizien nidjt menig grucfjt fcfjaffen. . . . $emnadj möchten
mir gnäbigft gern fehen, bafj...-$u reftituierenbe geiftlidje ©üter baju appliziert merben
möchten." ®ie Sontmiffion fam bereitmillig biefer Söeifung nadf. 2>ie ©tübte, für
meldje ^efuitenfoßegien geplant mürben, maren SOZinben, Jameln, Serben, Stabe,
©oglar it. a. ®ie ©riinbung ber IRieberlaffungen ging unter bent niädjtigen ©d^u^e
£illtjg überall oljne befonbere ©djmierigfeiten non ftatten. ©eine Söaffen öffneten
ben ^efuiten bie Store faft aller jener ©täbte unb pielten fie bort gegen alle ©emalt*
tätigfeiten fidjer gefdjüpt. „Of)ne ihn", fo lautete ein 93eridjt beS faiferlicfjen fRatesS
§pen an ben ßaifer, „hätte feiner (ber fpatreS) introbujiert merben ober introductus
bleiben fönnen."
®ie erfte ©tabt, in bie oom OSnabrüder giirftbifdjof ^efuiten eingeführt mürben,
mar fDiinben.
91m 3. Oftober 1629 fdjrieb barüber ber CSnabrüder jReftor 911tind an ben
Slffiftenten löufaeuS1: „9Rit ber faiferlicfjen ^ommiffion mirb ber gürftüifc^iof in ber
nädjften Söodje beginnen. 9Rit SLRinben ift fdjon alle§ glüdlidj erlebigt. ®ie 95er»
anlaffitng mar folgenbe. IRädjften SDe^ember merben e§ oolle |unbert Qapre,
man in SRinbett, mo man fidj ßutljer angefdjloffen ^atte, gemaltfam in bie ß’irdjen
einbrang, bie firdjlidjen ©eräte raubte unb fämtlidje ^irdjengüter, bemeglicfje unb
unbemeglidje, an fid) rijj unb bi§ je|t befjielt; benn ber fßro^efj, meldjen bie ©eift«
liefen oon ben üier ®irdjen, bie redjtmäf3igen Qnfjaber ber Senefijien, gegen bie
©tabt angeftrengt fjatten, 30g fidj Diele ^afjre fjin, fo bafj ihn bie SDominifaner
megeit ber großen ltnfoften nicht meiter fortfiiljrten. 93or furjem erft fällte enblidj
ba§ jReidj§fammergerid)t ba§ Urteil, monacfj ade§, bie $irdjen, bie ßirdjengeräte,
alle bisherigen ©infünfte ufm. juriiderftattet merben müffen. SDie 95olfziehitng beS-
felben mar nun unferem gürftbifdjof übertragen morben, unb fo reifte er am 20. ©ep«
tember bortljin, liefj ber ©tabt am 21. ben Auftrag anjeigen unb am 22. ba§ Ur*
teil Derlefen. 91nfang§ fträubte man fidj ein menig, boef) fcfjliefjlidj gab man nadj.
©ie gaben bie brei ftdrdjen, roelcfje im Urteil genannt maren, jmei Stollegiatfircfjen
nnb eine fßfarrfirdje, nämlicfj ©t äRartin, ©t Johann unb ©t ©imeon, mitfamt ifjren
©iitern jurüd2. ®a§ Übrige aber — 40000 fReidj§tafer für bie geraubten ©adjen
unb 300000 für bie bezogenen ©infünfte, ma§ ihnen ju zahlen unmöglidj mar —
mürbe einer frieblicfjen Vereinbarung oorbehalten. 91m 23. September liefj ber -jpocfp
mürbigfte |jerr eine feierliche fßro^effion mit bem 9lllerheiligften Dom ®om nadj
©t SRartin oeranftalten. ©r felbft, fein £>of unb bie ©eiftlidjfeit im ©horrod nahmen
baran teil. ®ie ©tabt ftaunte; benn feit fjunbert fahren mar fo etroa§ nicht mehr
in ihren SRauern gefehen. ©iner unferer Vatre§ mufjte in ©t SRartin, mo |jodjamt
unb SEebeum gefungen mürbe, fofort bei ber freier Don ber Mangel 93efip ergreifen
unb prebigen. ©in gmeiter fßater foll am nädjften Sonntag audj im ®om bie
f|5rebigten beginnen." SDie beiben jjktreS in URinben maren föafpar 93ranbi§ unb
1 * Original in Epp. ad Bus. 491. Sßgl. and)
ben übercinftimmenben 93rief be§ Dänabrüder
Söifcbofd an ben Äurfiirficn gerbinanb, üOiinbcn,
23. ©ept. 1629, bei o r ft , ipolit. Sorreipoin
ben^ 352 f.
2 2>a§ Siebfrauenftift, ba§ oon einigen nidjt«
fatijotifdjen Qimgf rauen betooljut mar, ttntrbe
mit feinen (Sinfünften bon jäfjrlid) 2000 ÜTafern
oom Saifer für ben Unterhalt ber Qefuiten be«
ftimmt. * Litt. ann. 1630. — Über einen fpä«
tereu SBerfud) bgl. ba§ OJicntoriale ber ©tabt
SOtinbeu Oom 91Mrg 1646 bei Meiern, Acta
pacis Westf. II 883.
9?ieberlaffungen im Storbcn: SKinben.
127
^ofyann Soreng. ©ie Ratten in ber ©tabt einen fdjmeren ©taub. SDie Beüötferung
raar aufgeregt nnb il)uen abgeneigt. „ ?lu^er ben ©olbaten", jo lautet ber erfte 93e-
ricfjt1, „tommen nur menige gur Äircf;e. 2Bir fucfjen beSfjatb burd) SiebeStätigfeit,
burd) Befud) ber ©efängniffe, burd) Begleitung ber Verurteilten gur Bidjtftätte u. a.
bie falten unb tjarten bergen gu ermeidjen unb gu gemimten." $mar tourbe bie
Katedjefe, metche im $at)re 1632 im SDome eingefiifjrt mürbe, ton oieten Äattjolifen
unb jßroteftanten bejudjt2, bod) blieb ba§ eigentliche $etb djrer Stätigfeit bie 2itlt)fd)e
Bejahung.
®ie SBirffamfeit mürbe nod) erfdjmert bitrcf) bie feinb jelige Haltung be§ SDom*
fapitetg, ba§ meljr bem Barnen nad) alg in 2Birftid)feit fatfjolijcl) mar. „Bid)t menig",
jo flagt ber Beridjt Snbe 1633, „ftetjt ttn§ ba§ Söomfapitet im SBege, höuptjädjtid)
infolge ber ©pannung, metche burd) bie faifertidje Überroeijung be§ SDamenftifteg an
itn§ fjumorgerufen mürbe. Bor Qaf)re§frift ift ba§ ©tift un§ entrijjen morben unb
ber s^rogeh ift nod) anhängig. ... S£)a un§ audj nod) bie brei STater entzogen finb,
metche uni mödjenttid) entrichtet mürben, jo ift bie Biebertajfung ohne (Sinfünfte.
2Sit leben hauptfäd)tid) non ben (Sinfünften ber -jpametner Biebertafjung, mogu bann
nodj bie Sttmofen guter ^reunbe fommen, unter benen ber hocfjro. tjperr Strnolb oon
Sanbtiberg ben erften ^Sta^ einnimmt. " 3 ®ie Biebertaffung ging Snbe 1634 gu
©runbe. Bad) ber (Eroberung oon §ilbe§f)eim begann am 1. Sluguft 1634 burd)
braunfchmeigijdje Struppen bie Belagerung oon SBinben; am 11. Booentber erfolgte
bie Kapitulation unb am 20. Booembcr bie 516rei je ber ^cjuiten nach Köln i.
@in höt^eS öahr jpäter at§ gu ÜBinben, im 9Bai 1630, mürbe in Jameln,
bai gur ®iögefe SBinben gehörte, ein Berjud) gemacht, nadjbem bie ©tabt eine Be»
ja|ung Stillpi aufgenommen hotte6. 3ahre 1631 feljrten in ber ©tabt, mo ber
jjSroteftantiimui eine faft hunbertjährige §errfd)aft behauptete, 48 unb im folgenben
gegen 30 gur fatholifchen Kirche guriid. SDie ©chute, bie man im $af)re 1632
eröffnete, gäf)lte nod) im felben ^ahre 70 ©djiiter. „2Bir jchreiben bieg", jo jagt
ber Bericht6, „ben oerfdjiebenen öffentlichen Sluffü^rungen gu, metche bei ben Bürgern
unb ben ©d)ütern ber proteftantijd)en ©chute großes ©taunen erregten, jo baf) le^tere
gern gu ung tarnen, menn bie furcht oor ben ©ttern unb ben Sehrern fie nicht ab*
hielte." „SDie ©olbaten", jo ergöt)lt ber Bericht oon 1632, „haben fid) gu größerer
Übung ber grömmigfeit unb gu häufigerem Grmpfang ber ©aframente bemegen lafjen.
$eben borgen fief)t man fie in grofjer 3al)t ber heiligen ÜBeffe beimohnen. SDer
©cf)mud ber Kircfje, ber ©efang, gumat an höheren heften, unb bag Beijpiet ber
/pauptleute unb anberer Cffigiere, bie ung jehr gemogen finb, mag bagu oiet bei*
getragen h<röen."
SDie hofftutnggoode Biebertafjung, bie manchem flüchtigen ^efuiten einen fidjern
Zufluchtsort geboten hatte, janf gujammen, alg bie ©tabt Stnfang 1633 oom §ergog
©eorg oon Braunfd)meig=Süneburg unb bem ©enerat SDobo o. Kniphaujeit umgingett
unb am 20. $u(i oom Kommanbanten übergeben mürbe. Bod) am gleichen Sage
gogen bie .Qefuiten — eg maren ihrer 31 — mit ber Bejahung, ber freier Slbgug
gugefichert mar, nach SBinben7. ^nfotge ^ SBohtmotleng, bag fie fid) in £>ametn
ermorben hotten, fdjidten mand)e ©ttern ihnen ihre Kinber gum Unterricht nach
SBinben nad). „Seiber aber", jo ergät)tt ber Bericht, „meigerte jid) bag (SBinbener)
2)omfapitet hurtnäcfig, ung einen Baum für eine ©chute gu übertaffen. 2Sir unter*
1 * Litt. ann. 1630.
2 * Sbb. 1632.
3 *@bb. 1633.
* *@bb. 1634. — $ic Cbern waren : Safp.
93ranbi§, 1629; Dtart. §erting, 1631; ffltattf)
SatcoDen, 1633.
5 “'Litt. ann. 1630.
7 *ßbb. 1633.
6 *®bb. 1632.
128
Stoeited Kapitel. $ic rtieberrfjeinifdje fßroüins.
ritfjten nun in unserer Sßoljnung, aber nur einige inenige, bereu ©Itern eg eben
megen ihrer 2öoI)ltütigfeit nid)t gut abgefcfjlagen merben fonute."1 ÜJüt ber ©in«
nähme 9JZinben§, ein ^atjr später, hörte jebod) auc§ biefe Sätigfeit für Jameln auf.
Sie Diieberlaffung, für bie Silit) fiel) gang befonberg intereffierte, tnar ©tabe,
bag er Slnfang 1628 erobert ^atte. 9lm 31. Sluguft 1628 fdjrieb Silit) üon ©tabe
an ben föaifer, e§ feien Sefjrer unb ißrebiger nottoenbig für bie ®onüerfion, „bagu
bie Vürgerfdfaft nid)t übel infliniert". (Sr bittet bie @ottegf)üufer utriusque sexus,
bie feist profanem ©ebraud) bienten, ben Patres Societatis gugueignen, bamit fie
ein ^odeg errichteten, mag aud) für ÜDJinben, Siineburg unb Verben münfdfengmert
fei. Safür füllten üor anbern ben Qefuiten bie üerlaffenen ^irdfengüter cittgeräumt
tnerben. ©djliefjlid) erfud)te er utn Sluftrag unb ©emalt, bie Loca sacra gu
apprel)enbieren unb ben $ßatre§ Societatis lesu eingurättmen2. 2lm 26. Oftober
1628 [teilte SiHp bem ftaifer üon neuem üor, bag befte fei, in ©tabe ^efuiten
eittguführen3. 3n Prüfen forberte Silit) beit ^rooingial Vaüing auf, nad)
©tabe gu fontmen. 9lm 27. 97oüember 1628 traf Vaüing in ©tabe ein, alg Silit)
gerabe gmei Sage üorf)er fid) nad) Sßeugenburg in äftecflenburg ju SBaHenftein
begeben hatte, ©leich nad) feiner 9iüdfef)r eröffnete SiHt) (am 3. Segember) bem
^ßroüingial, rnarutn er ipn bie meite Steife üon ber üDtofel an bie ©Ibe l)abe
machen laffen, nämlich um mit il)tn megen einer Sßieberlaffung in ©tabe gu unter«
panbeln, üon roo au§ bie Sßatreg bag gange ©Ibgebiet befugen füllten. SBegen ber
ÜDtittel für bie ©rünbung eine» Äollegg fjabe er an ben ißapft unb ben Saifer
gefd)tieben; er ertuarte eine günftige Slntmort. ©obalb alg möglich füllte eine 9ieft«
beng für neun ober gel)n Sßerfonen begonnen tnerben, er (Silit)) tuerbe big gur $un«
bation für ben Unterhalt forgett. Ser ^roüinjial üerfprad), einftraeilen gmei SÜtiffionäre
gu fenben. Sieg berichtete Vaüing am 20. Segember 1628 an ben ©eneral4. Qn
einem fpäteren Vericfjt üom $uni 1629 fdfreibt er üon ©tabe: „©tabe, eine fefte
unb fd)öne ©tabt beg ©rgbigtumg Vremett, Iüo mit bem Sutfjertum nod) bie üer«
fdjiebenen ^rrlelfren gemifd)t finb, melcfje üon englifcffen unb frangöfifdjen pugenot*
tifchen ^aufleuten bortpin gebrad)t mürben, mirb nad) Vertreibung beg Sänenfönigg
üon Silit) felbft befept gehalten. ©r bemüfjt fidh fef)r, baff unfere @efellfd)aft megen
ber günftigen ©elegenffeit, ßfjrifti ©ad)e gu förbern, bort feften g-ufj faffe. Stuf
feine ©inlabung finb bal)er in biefem ^al)re Slnfang £Ocär§ gmei ^atre§ bortfjin ge«
fanbt, meld)e üon ihm gefdjüpt unb and) unterhalten merben, big er üom 9lpoftoIifd)en
©tuljle aug ben reichen ®ircf)engütern beg ©rgbigtumg (Vrernen) eine Stiftung ermirft
Ijabe. Sie fßatreg ha&en mit d)ren $rebigten unb priüaten Untermeifungen fdfjon
jept einen gliidlidhen Slnfang gemad)t unb einige gebilbete äRänner gur fatl)olifd)en
£ird)e gurüdgefül)rt."5
9lm 1. Februar 1629 bebanfte fid) Silit) bei bem föaifer, baff er feinen Vor«
fdjlag megen ber Qefuiten angenommen. Sr fd)lug für bie ©rricf)iung ber Qefuitcn«
follegiett in Siineburg, Verben unb ©tabe beftimmte ©infiinfte üor; für ©tabe
füllte bag Älofter ^immelpforte üermanbt merben6. ©nbe 9?oüember 1629 er«
1 * Litt. ann. Mind. 1633. — ®ie Obern
tüctreu: SHtfjmar §acfenberg, 1G30; Sdtottt).
Kokotten, 1632.
2 * Original in SBien, Staatgardjib, 9teid)3«
fanslei, 9teIigion§aften 9tr 33. 33gt. tppcu
an ben Kaifer, 22. Slug. 1629, a. a. 0. 9fr 35.
3 *Originat in SBien, ©taat^ardjiü, tHeid)'?«
Ijofrat, Jes. 116.
4 93erid)t 93aning§, bat. 9JJiinfter, 20. 2>es.
1628, an S?itetleäd)i. * Kopie in 9tom, Arch.
d. Propaganda, Lettere d. Germania, vol. LVII,
f. 119 f. 8iteffe§d)i banft am 27. San. 1623
für ben Seridjt, er tuerbe beitfelbett ben Kar«
binäten ber Sßropaganba übergeben. * 0rig.=9{cg.
Ad Rhen.
5 * Narratio compendiosa. 93g[. hierüber
* ißitetteSdji an Saning, 5. San. 1630 u. 10. 9)tai
1731. örig.=9teg. Ad Rhen. inf.
6 * Original in 28ien, ®taat§ard)io a. a. 0.
Dlieberlaffungen im 92orben: fülinben.
129
fdjieneit bie faiferlidfen £ommiffare, um ba§ Üieftitutionlebilt bort au§jufüf)ren.
21nt 30. 9?oüember 1629 fc^rieb STiHt) an Saniormaini, eS fei für bie SSieber-
fierfteHung ber fatholifcfjen Religion in «Stabe ba§ befte, menn ber ißapft bie Äirdjen,
aber ofjne bie iJSfarrlaftett, ben Qefuiten iibermeife1. Unb am 17. $>e$ember 1629
befürmortete gürftbifdjof fyranj SBilljelm feljr einbringlicf) bie ©ritnbung eines
QefuitenfollegS in «Stabe als ©tüftpunft für bie SBieber^erfteUung ber latfjolifcfjen
^Religion in ber SDiöjefe Bremen2. ®ie ^efniten erhielten bie ^ßfarrfirdje ©t 2Bide»
Ijabi nebft ber anftoffenben SBofjnung unb jum Unterhalt bie ehemaligen ÜRonnenflöfter
SReuenmalbe unb §inimelpforten im (ErjbiStum öremen. (ES tarnen nun ju ben
jtoei patres noch §toei 9Ragiftri mit einem Saienbruber, unb fofort begann bie
(Eröffnung einer Schule. „®odf
bie Hoffnung auf einen SBechfel
be§ ®riegSglüdeS", fo lautet
ber öeridft oon 1630 3, „er*
fcfjmerte bie ^ortfdfritte un=
gemein. . . . ®aS SBüten ber
^rebiger unb bie Slbneigung
beS 2J?agiftrat§ üerhinberten
eS, baff bie öürger in größerer
Babl frei ju unS fommeit
tonnten. 9tur jtoei Familien
fefjrten jur fatf)olifd)en Äirdfe
jurüd. . . . SDer 21uSfalI ift
freilief) auch eifert frui‘«h bk
(Srfolge bei ber öefatjung,
oon ber 300, barunter 21belige
unb £)auptleute, ben fatlfoli*
fdjen ©lauben angenommen
haben." blieb bie Sage
in ber ^olgejeit: groffe Er¬
folge bei ben ©olbaten, ge*
ringe bei ben öürgern, bis
im Qaljre 1632 bie lieber*
laffung raieber unterging. 21m
25. 2lpril 1632 mar nämlich
ber ©eneral ^Oppenheim nad)
(Entfettung ber fchon mehrere
2Ronate oon ben ©chmeben
belagerten ©tabt eingerüdt unb fjatte bann brei Söodjen fpäter bie tapfere öefaftung
jur öerftärfung feines (peereS mitgenommen. ü)Jcit ben Struppen mußten auch &ie Qe=
fuiten, bie mit biefen ben nötigen ©djufj oerloren hotten, bie ©tabt oerlaffen. „hierbei
nun", fo fügt ber öeridft an, „geigte eS fid) jum erftenmaf, mie fehr bie Siebe jur
fatholifcfjen ßirdje unb gu nuferer ©efeflfdjaft in ben §erjen ber Seute SBurjel ge*
fchlagen unb fid) entmidelt holte; beim oielen ftanben bie Stränert in ben 2lugen,
SoljanntS 2feiclac3 oon Silit).
Stid) oon SucaS Silian 1621 (5/8).
1 * Original 911. 91. Jes. 329. Qu einem
©utadjten für beit $aifer (20. San. 1630) fprad)
fid) Samormaini für Surdjfüljrung be§ fReftitu*
tion3ebifte3 in Stabe ati§. * Original in SBien,
Staat3ard)io, fReidjätjofrat, Jes. 113.
® uljr, ©cf(i)icf)te ber 3e|ui4en. II.
2 * Arch. Vatic. , Nunziatura di Colonia
1 1 vol. XII. $ie baju gehörige Descriptio
Bremensis Archiepiscopatus in Barb. Lat.
6202.
c * Litt ann. 1630.
9
130
3weite§ Äapitel. 2de niebcrrfjeinifcbe fßrobins.
unb fie faxten offen, bafj fie ben 216§ug ber Unfrigen bebauerten, ba fie je|t ben
geplanten Übertritt jur fatfjolifcfjen ®irdje nicfjt au§fiif)ren fönnten. . . . Sine ganje
©djar Bürger bezeigte unS nodj ifjren Sauf bafür, bafj fie burdj unfere Vermittlung
oor ©ematttätigfeiten unb jßtünberung feiteng ber abjiefjenben ©otbaten bemafjrt ge¬
blieben mären. (Sinige ißroteftanten bemafjren unS aud) je|t nodj ifjre Sreue, inbem
fie ungeadjtet ber angebrofjten ^nnridjtung unb ©ütereinjiefjung unfere Sachen, bie
mir ifjnen in Vermähr gegeben Ratten, nicfjt oerraten."1
üßieberfjott unb in ber bringenbften Söeife fjatte Sifftj Stnfang Sejember 1628
bem ^rooinjiat Vaoing Verben für eine Viebertaffung ber ^efuiten anempfofjten.
2tm 6. Sejentber 1628 befudjte Vaüing Verben unb fanb bie «Stabt atS fefjt ge¬
eignet für biefen ßmed2. „9t acfj Verben", fo erjäfjten bie erften ^afjregbriefe über
biefe ©rünbung, „tarn ein jßrtefter nuferer ©efetlfcfjaft gugfeic^ mit ben Sruppen
beg ©eneratg Silit) im $uni 1629. ©ottegbienft unb ißrebigt fjiett er in ber
ßottegiatfirdje ©t Stnbreag. Vur tangfam jebocf; ging alteg ooran. ©rft atg ber
$ürftf>ifdjof ^ranj SBilfjetm Oon Ognabrüd (ber nacf) Slbfepung be§ futfjerifdjen
2fbminiftratorg, eines bänifdjen jßrinjen, aucfj jutn Vifdjof oon Verben ernannt mar)
ba» ViStum (1. Vfai 1630) in Vefip genommen3, bie üßrebiger überall entfernt unb
mefjr ißatreg fjerbeigerufen fjatte, maren bie Arbeiten and) oon größerem (Srfotge
begleitet." 4
Sie ^efuiten, fünf jßatreg unb ein Saienbruber, fodten fofort nid)t btofj in
Verben, fonbern in fämttidjen Crtfdjaften ber ffeinen SDiö^efe bie Vüdfüfjrung jur
fatfjotifdjen &ird)e in bie £>anb nefjmen. Über bie Slrbeit fcfjrieb ber .fpilbegfjeimer
Somprebiger P. Stuguft Surrian am 3. $uti 1630 an Vufaeitg: „2üg ber gmrft-
bifdjof nacf) ber feiertidjen ^nttjronifation unb ber Veenbigung ber Siögefanfpnobe
mieber abreifte, empfafjl er mir befonberS bie Stabt unb ben Sorn, in bem idj big
fept bie jßrebigten gehalten fjatte. ©ämttidje Ortfdjaften aufjerfjatb ber ©tobt finb
in brei Seite geteilt unb merben oon brei jßatreg befudjt: jmei baoon molfnen auf
bem (bifdjöftidjen) ©djtojj Votenburg unb ber britte in Verben, oon mo er feine
©änge unternimmt. Sag Votf ift freitnbficf) unb fügfam unb erft feit 62 ^afjren
oom ©tauben abgeirrt."5 Ser fünfte jßater fjatte in ber ©tabt ben Unterricht mit
ber unterften ©tjmnafiatffaffe begonnen6.
Siefe Sätigfeit bauerte nicfjt lange, ©nbe 1631 er^äfjtt ber Veridjt: „Unter
großer SVüfje unb 2tnftrengung maren mir in mtb aufjerfjatb ber ©tabt tätig. Sie
©rfotge, bie jmar in fidj gering maren, entfpradjen bodj üottauf unfern ©rmartungen.
Vicfjt menige Seute äußerten ifjre Zuneigung §u nuferer Vefigion, magten aber aug
gurdjt feine meiteren ©cfjritte ju tun. ... Sa tarn bie Viebertage bei Seipüg unb
mit ifjr ganj rafd) ber Untergang unferer Viebertaffung. . . . 2Bir retteten ung teitg
über Vremen unb teitg über Votenburg nadj ©tabe, oon mo mir gegen @nbe beg
Jfsafjreg (1631) mieber nacf) OSnabrüd famen."7
@iner oon ifjnen mar bei feinen Arbeiten bag Opfer beg ©eeteneiferg gemorben :
Sof). Sfrnotbi, geboren am 24. $uni 1596 ju SEBarburg unb am 11. Vooember 1617
in bie ©efetlfcfjaft $efu eingetreten, fjatte feit 1629 jufamtnen mit bem ©uperior
1 * Litt. ann. 1632. — 2)er Obere üon ©tabe
war 9Kattf). talccwen, 1629—1632.
2 * SSaoing an $iteHe§d)i , 20. ®ej. 1628.
9tom, Arch. d. Propaganda, Lettere di Germ.
LVII 119.
3 9täf)ere§ baritber in ber eingetjenben *Re-
Jatio (Hist. Rhen. 221) ; t>gl. aud) © o I b=
fcfjmibt, SBill). b. SGSartenberg 65 ff;
gor ft, ijßolit. Äorrcfponbenä 370.
* * Litt. ann. 1630. 5 * Epp. ad Bus.
6 * Catal. Rhen. inf. 1631.
7 * Litt. ann. 1631. — $ie Obern waren:
£erb. Sinfc, 1629—1631 ; Sonr. prangen, 1631;
Ottmar ®ranbil, 1631.
«icbcrlaffungen im «orbeu : «erben. — Stabe. — ©oliar.
131
P. £inp in Serben gemirft1. „Unermüblicp unb ooll apoftolifcpen ($ifer§ öerfaf)
er", fo lauten bie Seridjte feiner OrbenSmitbrüber über ihn, „brei Pfarreien:
Siffelpöoebe, Seuentirdjen unb ©cpneüerbingen, eine oon ibjnen fünf ÜDfeiten non
Serben entfernt, Qleifjig befudjte er fie, ftärfer an ©eift als an Körper. SBeber
bie raupe SBinterfälte, uodj bie glüpenbe ©ommerpipe, nocp bie ©efapren ber Steife,
nocp fonftige ©cpmierigfeiten fdpienen if)n ju §au§ galten ju fönnen. Qm Qapre 1630
mar er einmal überfallen morben, patte ben SJtantel unb ben oon einer ®ugel burdj=
bohrten (put berloren unb nur burcf) bie Qlucpt fein Seben gerettet. 21IS jefjt jmei
äRonate naep bem ©iege beS ©djmebentönigS über bie faiferlicpen Gruppen bei
Seip^ig audj bie Qefte Sangmebel, nalje bei Serben, burd) Serrat ben Qeinben in
bie (pänbe gefallen mar unb alle in Serben, OrbenSleute unb ©eiftlicpe, bifcpöflidje
Seande unb ©olbateu, an bie Qludjt bacpteu — benn Serben mar opne Sefeftigung — ,
ba glaubte unfer ißater, feine (perbe, meldje er bistjer burd) Söort unb Seifpiel
genährt patte, nod) einmal befudjen 51t füllen unb alles gut in Orbnung 51t
bringen, beoor bie mütenben UriegSporbeit fid) überallhin ergöffen. Slrn ÜDtartinStage
(11. Soüember) fuhr er nadj SaubeSfitte auf einem SSageu, ben ein ®nabe lenfte,
auS ber Pfarrei (Siffelhöüebe) jurüd. @r mar ganj allein; benn feinen ftünbigen
Segleiter, einen ©olbaten, hatte er in Serben jurüdgelaffen, bie beiben aus ben
Unfrigen aber, meldje mit ihm gegangen maren, tags gubor an einen fiebern Ort,
nach Sotenburg, boraufgefanbt unb ben ©atriftan berabfehiebet. Sluf einmal ftürjen
bemaffnete Sanbleute — mie berichtet mürbe, bom abgefe^ten, proteftantifchen fßrebiger
beS OrteS gebungen — auf ben unfdjulbigen ißater loS, reifen ihn bom SSagen
herunter, fchlagen ihm mit einer Slpt fo auf ®opf unb Sruft, bafj er mie tot jufamntem
brach- Unb als er mieber ju fidj §u fommen fchien, ba 50g einer ber ÜDteucfjelmörber
baS fDteffer unb burepfdpnitt ihm bie Ü'eple. SDer tnabe, ben man borher aufs Sßferb
gemorfen unb gur Qludjt genötigt hatte, tonnte nur bon ferne jufepauen. ®ie
Seiche mürbe bann fämtlidjer Kleiber beraubt, unb ebenfo mürben bie Meldje unb
übrigen Ä'ircfiengeräte, melche ber ißater jur ©idjerpeit mit fid) genommen tjatte,
fomie bie ÜDtäntel ber OrbenSgenoffen geraubt. ®urdj bie Qürforge beS OrtSborfteherS
mürbe bann bie £eicpe, fo ehrenboll eS ging, in ber ißfarrEird)e beigefept. ©0 hat
benn ber Sßater bie Kirche ju Siffelhöüebe, melche er fo gtänjenb auSgeftattet hatte,
biefeS Qapr 1631 auch nocp 3U 9u^er £et3t n^t feinem eigenen Slute fchmüden
müffen."2
®ie (pauptnieberlaffung ber Qefuiten im nieberfaepfifepett Greife mar für bie
alte ßaiferftabt ©oSlar geplant. 2)en Slnftofj baju patte , fdjeint eS, bie Sage
unb Sefdpaffenpeit ber ©tabt unb ihre grofje föaifertreue gegeben. Über bie ©tabt
unb bie «Stimmung in berfelben peifjt eS in einem ffteifeberiept beS Ä’oblenjer SettorS
©erp. Srapol aus bem Qapre 1630: „Sluf ber Südreife (mit bem ©rafen Qopann
oon Saffau-Siegen, melcper 00m §erjog oon grieblanb naep §alberftabt gerufen mar)
tarnen mir (jmifdjen bem 6. bis 10. Qauuar) guerft naep ©oSlar. 2)ie ©tabt liegt
im SiStum ^ilbeSpeim, fie jäplt 2500 Siirger unb befipt ©ilbergruben, berentmegen
fie augenblidlicp beim £'aifer einen fßroäefj gegen ben ^erjog oon Sraunfcpmeig füprt,
melcper biefelben in Sefip genommen pat. SDer ©raf mürbe eprenooll empfangen
unb, als er ber ©tabt u. a. audj bie Südgabe ber ben Südpoliten entriffenen tftirepen-
giiter anempfapl, oerfpradj eS ber SSagiftrat fofort. ©S mar ipm audj ernft bainit
gemeint; benn faum patte bie (taiferlicpe) tommiffion ipre Slnfunft gemelbet, ba
1 * Catal. Rhen. 1619 u. 1629. ift nod) nid)t er(ofd)en. «gl. £ag ernennt,
2 »Litt. ann. 1631 unb * Necrologia Rhen. @efd). ber «formen in SBarburg II (1904)
inf. 1620-1700. $a3 Stnbenfen an ben «ater 102 ff.
9*
132
3roeite3 Capitel. 2)ie nieberrljeinifcbe Slrobinj.
Befaßt ber SD^agiftrat fofort ben ißrebigern, bem Sßolfe in ber ^Srebigt bargutun, baff
bie faiferlidje gmrberung, nmttad) alle ©üter, meldje nad) bem fßaffauer Vertrag ber
$ircf)e entriffen feien, gurlicferftattet rnerben müßten, geredet fei. Sind) feien bie 95er*
bienfte beg Staiferg unt bie ©tobt fo groß, bafj ber üftagiftrat gemiHt fei, felbft memt
berfelbe nod) meljr forbere, tiod unb gong gu gehorchen. Salb barauf (am 18. Januar)
erhielt bie ®ommiffioit in ber £at alleg, mag ber $aifer gemünfdjt hatte."1
£>ie faiferlid)en fö’ommiffare unb ber )ßrotiingial SBaoing, ber bie Äommiffion be>
gleitet hatte, maren halb in ihren planen einig. ©oglar füllte ein Qefuitennotiigiat
für meljr alg 80 Königen fomie ein ©pmnafium nebft Unitierfität erhalten unb fomit
bie ißflangftätte für bie tperanbilbung ber notmenbigen, feelforglidjen Kräfte in gang
©adjfen unb SBeftfalen rnerben. 2Weg mürbe mit folgern ©ifer betrieben unb mit
foldjer BereitmiHigfeit millfahrt, bafj üon ber ©tabt fdjon am 15. ^uni 1630 bag alte
Äaiferljaug nebft gmei ®omlurien, auf 33efe^I beg ®aiferg aber am 19. ©eptember
ber ®om unb bie Sßräbenben beg eingeäfdjerten fßeterftifteg unb ein fjalbeg ^aljr
fpäter nod) bie beiben $löfter Sööltingerobe unb ©ernrobe ben Qefuiten übergeben
mürben 2. Stfur ber Orbenggeneral P. Bitellegcfji, meldjer öfter ben ißrotiingial ge=
mahnt hatte, „nicht gu fef)r gu eilen unb alleg üorfjer mit feinen ßonfultoren forg=
faltig gu überlegen"3, Ijatte immer noch gurüdfg eh alten unb gab erft nach Slblauf
eineg tmllen Qapreg gu ben planen feine ßuftimmung. „gütig and) Sro. §ocpmürben
unb bie £onfultoren", fo fdjrieb er am 22. Februar 1631 au ben neuen ißrotiingial
Seidel, „ben iß lau gfjrcg Borgängerg betreffg ©rridjtung eineg 9?otiigiateg unb eineg
®ollegg gu ©oglar billigen, fo habe idj nidjtg metjr eingumenben. SDer (pauptgrunb,
megfjalb mir Bebenfen fegten, mar, baff bie ©tabt gu meit non bem eigentlichen
SDüttelpunfte ber ißrotiing entfernt unb begfjalb für ein Uiotiigiat meniger paffenb gu
fein fdjien; bann maren mir auch tmn einigen ißatreg aufmerffam gemadjt, baff bie
©tabt für ein ®oUeg unb eine Sllabemie gu menig gefunb fei. Söenn ($m. ^odjmürben
unb bie $onfultoren alfo anberg bariiber urteilen, fo pflidjte id) bereitmillig bei."
2Kit ber ©rridjtung tion 9?otiigiat unb ©cfjule ging eg nun bodj nicht fo fdjnell
unb gmar aug Mangel an ©elbmitteln. 9)?an hatte aber ingmifcfjen bie feelforglidje
Sätigfeit begonnen unb nicht ohne Grrfolg. ©in ißater, gof). ®emp, mar, mie eg
fcpeint, gleich mit ber ßommiffion am 18. ganuar 1630 nach ©oglar gefommen;
im Saufe beg ©ommerg mar bie gapl auf fed) §, brei ißatreg unb brei Saienbrüber,
tiermehrt morben 4. SDer Sftagiftrat hatte burcf) 21nfd)lag an fämtlidjen ®irdjentüren
jeglidje Befdjimpfung unb Belüftigung ber gefuiten unter ©träfe tion Werter ober
Slugmeifitng tierboten5, unb bag Bolf, fo fdjrieb ber ehemalige tpilbegljeimer Beitor
Sluguft Xurriait, ift tiiel milliger unb freunblidjer alg hier in ^ilbegheim6. Über
bie Arbeiten unb bie gefamte Sage beridjtete am 26. Slpril 1631 ber ©uperior
©erl). ©rapol nach Born: „tpier in ©oglar gehen bie ©adjeit nicht fcfjledft ooran.
SlUeg mürbe fogar nach SSunfd) gehen, meitn nicht bag Ä'riegggetöfe unb immer neu
auftaudjenbe SBirren ben gortfdjritt ber latholifdjen Beligion hinhielten. ®ie ©tabt,
1 * Original in Epp. ad Bus. Sßgt. C I o p p e n=
bürg in ber 3eitfdt)r. beä §arsberein§ für
@efd)ict)te XXXIX (1906) 153 ff.
2 Cloppenburg a. a. D. 156 f 160. 0.
CIopp, Sreiffigjäfjr. Crieg III 426 f.
3 * S3iteHe3cf)i an »atttng, 18. fdtai 1630;
Ogi. 6. Stpril unb 27. ^uli 1630. Orig.=fReg.
Ad Rhen. inf.
4 Cloppenburg a. a. £. 155. *Catal.
Rhen. inf. 1631. ?(m 20. fgebruar 1630 fdjrieb
ber 3'ürftbifdjof S-rans SSil^elnt au ben Cölner
9Juittiu3 Suigi Garafa : In Goslar inducti
sunt Patres S. J. duo qui divina et conciones
in primo templo SS. Sim. et Iudae peragerent
quod et faciunt. Ulic oninino Collegium
constituendum esset eiusdem Societatis Pa-
trum. 9iom, Arch. Yatic., Nunz. di Colonia
I, vol. XII. ÜBgl. Barb. Lat. 6202.
6 * Litt. ann. 1630.
6 * Original in Epp. ad Bus., 3. Sfuli unb
4. Stob. 1630.
9ticberlaffungeu im 9?orbeu: SJtagbeburg.
133
meldpe bem Inifer fo ergeben unb gubem fd^ort feit 100 ^apreit lutperifcp ift, mirb
nodj nidjt ^ur 21nnapme beS fatpolifdjen ©laubenS gebrängt. ES fönnen eben aud)
bie anbern Stäbte, trelcfje rebellifdp finb ober rtoren, nodj nidjt gebrängt n> erben.
2öir lepren injmifcpen bie SBaprpeiten nnferer Religion unb paben halb japlreicpe, batb
toeniger japlreidje ßupörer, festeres, roeü bie ißrebiger aufpaffen1. Sei ben Bürgern
fiepen mir in großer 2ld)tung, ben ißrebigern aber finb mir ein Sd)reden, fo baff
fie trop ihrer grofjen ßapl unS menige, nämlicf) nur brei patres, ängftlicp meiben.
28ir treten gonj frei unb offen auf unb miinfcpten gern mit ifjnen jufammenjutreffen.
Sie Sürger erfenneit an, bafj unfere Religion gut unb nur burdj bie ißröbifanten,
benen nunmehr baS Sdjmäpen unb Serleumben unterfagt ift, entftellt fei. Ser
9Jiagiftrat ermartet baS Enbe ber rebellifdjen unb ebenfalls lutperifdjen Stäbte unb
mirb fiep bann leidjt junt Übertritt bereit finben, mie mir perfönlicf) fdjon einige ber
einflitfjreidjften DiatSperren erflärt fjaben. Nötigung märe im ^inblid auf bie anbern
Stäbte in ber Sat unangebracht; nur aufjerpalb ber «Stabt merben bie Dörfer, fomeit
eS nur gef)t, reformiert. Slufjer ber ißrebigt unb ^atecpefe in ber Stabt Ijatten mir
fdjon auf brei Drtfcpaften, aus meldjeit in biefem SD^onat bie ißräbifanten entfernt
mürben, fattjoüfcfien ©otteSbienft. Seiber fönnen f)ier aus Spränget an ben notmenbigen
Mitteln nocp nidjt metjr Seute unterhalten merben. Sludj fcpreitet bie Einrichtung
beS 9ioüiäiateS in bem ®aiferpaufe megen beS fpärlicp fliefjenben ©elbeS langfant
ooran. . . . Sie Einfünfte bei St ißeterftifteS finb teils öeräufjert, teils geraubt, teils
ungerecptermeife uns noch borenthalten. Sie Sänbereieit liegen berroüftet unb unbebaut
ba. SaS ehemalige grauenflofter ÜBöItingerobe, meines uns in ber gaftenjeit (am
28. 9Kärj) übermiefen mürbe, ift ebenfalls ftarf oermüftet unb auSgeplünbert. Slucfj
Ijaben bie lutherifdjen Sermalter bie ©üter fdjmer gefchäbigt. . . . ÜDüt ber Seaderung
einiger Sänbereien ift aber fdjon mieber angefangen." 2
Socp alle Arbeiten unb Hoffnungen fanben halb ein jäl)eS Enbe. 92ad) ber
Schlacht bei Sreitenfelb (Segember 1631) fam ein fdjmebifcher Hauptmann in bie
Stabt unb forberte u. a. bie SluSlieferung ber Qefuiten. Ser SJlagiftrat oermeigerte
eS, biefelben feien üom ®aifer gefcpidt. 211S aber bie Sage in ber Stabt immer
uitfidjerer mürbe unb fcpliefjlid) aud) ber mofjlgefinnte flftagiftrat feinen 9?at niepr
muffte, oerliefjen am Sage öor äöeipnacpten jmei patres unb ein Saienbruber fjeimlidj
bie Stabt, mäprenb ein fßater unb brei Saienbrüber jum Scpup ber Habe noch
jurüdblieben3. Ob biefe noch am 2-1. Januar 1632, als ©oSlar non ben Sdjmeben
befept mürbe, in ber Stabt mären unb bie „greulichen" ÜDüfjpanblungen feitenS ber
Sdjmeben ju erbulben patten, oon benen eine ©oSlarer gantiliencpronif bericptet4,
fonnte nicpt näper feftgeftellt merben. ^ebenfalls mar eS mit ber 9cieberlaffung für
immer aus.
Slucp in ber SDiagbeburger Siojefe fdjien fidj eine auSgebepnte Sätigfeit ben
3efuiten öffnen ju raollen. ES maren Kollegien für fie ju Halle a. <S. unb ju ÜRagbe»
bürg geplant. Über elfteres patte P. Sluguft Surrian am 3. ^uli 1630 an SufaeuS
gefcprieben: „Ser Slbminiftrator oon SJJagbeburg unb Halberftabt, Herr SUletternicp,
1 tpeinecciuS (Antiquitates Goslar.) flogt,
baff au f )ofjen gefttagen bie eoangetifdjen ®it=
cpen faft leer gewefen mären (Cloppenburg
a. a. 0. 160). 33gl. autf) * Litt. ann. 1630.
2 ‘Original in Epp. ad Bus. $a§ Caifer*
t)au§ war fefjr gerfatten unb muffte teitmeife
abgeriffen unb neu gebaut werben. $er 93au
würbe im tperbft 1630 begonnen. * Litt. ann.
1631. 9Mtette3d)i fepreibt am 16. 9toöember
1630 an ben tßroüinäial SSabing: De Gos-
lariensi domicilio cuius hic novam ideam
curavi delineari, sitne nempe illud Collegio
an Novitiatui aptandum et an ibidem Aca-
demia seu Universitas erigenda . . . exspec-
tabo iudicium successoris R. V. 0rig.’91eg.
Ad Rhen. inf. 9$gt. 93iteKegrf)i an D'Jicfel, 25. San.
1631. 3 * Litt. ann. 1631.
4 $gl. Cloppenburg a. a. 0. 165.
134
3tt>eite§ Kapitel. Sie nieberrl)einifcf)e $roDin,v
ttntt gleid^ nacp feiner Dliicffepr üom OteicpStag ju 9legenSburg mit ber ^Reformation
beiber SDiögefen beginnen. ©r gebenft, baS ®ofteg ju £>alle unb bie (Eröffnung ber Sdputen
um ©t ÜJRicpaet (29. September) perum beginnen gu taffen1, ^m §erbft 1630 maren
audp jmei patres, SRarfuS Sloet unb ß'afpar SBittpeim, bortpin gefanbt morben2.
®ocp mupten fie fcpon im micpften .Qapre nacp bem Siege ber Sdpmeben bei
Sreitenfetb bie Stabt mieber üertaffen. 9lacp SRagbeburg felbft, mo nacp ber @r=
oberung ber Stabt burdp Xittp ber faifertidpe Stattpatter ©raf ÜDlanSfetb ben
Qefuiten unter bem 4. Quni 1631 einen ^tap für bie ©rridptung beS $oflegS an»
gemiejen patte 3 4, fcpeint fein Qefuit mepr gefanbt roorben ju fein.
3u ben Stabten, bie S£iHp bem i^rooin^iat 23aüing befonberS anempfapt, ge»
pören audp bie fpanfeftäbte Hamburg, Bremen, Sübedf. Seit 1597 patten einjetne
^efuiten in Hamburg »Sttton a gemirft*. 5DaS neue ^aprpunbert bropte ber jungen
9ciebertaffung eine trübe ßufunft ju bringen. 3a^re 1601 mar ©raf Stbolf
üon Scpauenburg geftorben unb oon feinem 23ruber unb SRadpfotger, bem ©rafen
©rnft, fcpien baS ©cptimmfte ju bropen5. ®ie fatpotifcpen ßaufteute Hamburgs,
Stteffanbro 9tocpa an ber ©pipe, boten aCte§ auf, ben neuen Siegenten 31t geminnen.
Sie manbten fidp um gürfpradpe an ben ®aifer, bie fatpotifcpen ^urfiirften, felbft
an ben Sänenfönig ©priftian IV. Studp ipre eigenen ÜRadptmittet, baS ©etb, fparten
fie nicpt. $on ben Qefuiten mürbe ebenfalls eifrig gearbeitet, namentticp bei einem
greunbe beS ©rafen, bem ©rafeit Qopann oon OftfrieSIanb unb Slietberg 6. ®iefe
Semüpungen patten ©rfotg. ©raf ©rnft üertängerte nicpt nur bie ©rtaubniS ber
freien ÜletigionSübung ju Stttona, fonbern geftattete audp, mepr ©runbbefip ju er»
merben, ein gröpereS §auS gu bauen unb fetbft eine Sdpute gu eröffnen, aber nur
für ßittber bon ®atpolifen. Unüermeitt begann man, fiep biefe Sergünftigungen
ju nupe ju maepen. £anb mürbe gteiep angefauft, ber ÜReubau eines geräumigen,
hoppelt fo gropen £>aufeS fepon im 3af)re 1602 begonnen unb bie Sdpute Oftern
1603 eröffnet, fyür biefetbe marb gteicp^eitig üon einer fatpotifcpen SBitme in einem
9cacpbarpauS ein fteineS ßonüift eingeridptet7.
Scpon nadp einem patben .Qapre, ®nbe 1603, beridpteten bie Qefuiten üon ber
neuen Sdpute: „®ie ©dpüter paben in biefem erften patben Qapre fotdpe gortfdpritte
gemaept, bap fie ju Söeipnacpten fdpon S)iatoge öffenttidp patten fonnten. So an»
giepenb mürben üon ipnen bie Wirten ju 93etptepem bargeftettt, bap alte ßufdpauer
bie ©emanbtpeit ber ©dpüter, üon benen ber ättefte faum mepr atS fieben ^apre
gäptt, bemunberten. dreimal mupte bie Stuffüprung mieberpott merben, jebeSmat
in ©egenmart üieter Seute aitS Hamburg unb Sfttona. 3Ran brängt uns gar, baS
Stüdf nodp ein üierteS 9Rat üorfiipren ju taffen. 2öir erpoffen beSpatb Hebung unb
nicpt geringes SBacpStum unferer Sdpute."8
Sie feelforglicpen Arbeiten erftredften fiep nicpt nur auf anfäffige föatpotifen,
fonbern audp auf bie üieten $remben, metdpe naep Hamburg famen. „9cidpt fetten
§äptt man", fo fagt eine SDenffcprift auS bem 3äpre 1605, „an 1000 ©eget auf
ber Oleebe üon Stttona, Scpiffe ber üerfdpiebenften Nationen: 3tfl0euer, Spanier,
1 * Original in Epp. ad Bus.
2 * Catal. Rhen. inf. 1631 f.
3 * Sie Urfnnbe bei R e i f f e n b e r g II Man-
tissa; ügl. aud) ebb. ben Sörief be3 P. Sol).
9JIauritiu§, be3 93eid)tbater§ Sitlt)3, bat. 9)Iagbe--
burg, 28. 9Jtai 1631.
4 33b I, 432 ff.
5 Sas? golgeitbe nad) Streit berg, 2IUona
(1893) 12 f. Litt. ann. 1601, 630 f; 1602,
581 f.
6 3$gL bie * 33riefe 3lquabiüa§ an ben fReftor
P. Jammer p ^pilbeSfjeint. * Drig.»9teg. Ad
Rhen.
7 9Iad) ben Litt. ann. 1603 ff. 2tud) für ba>3
fyotgenbe.
8 Litt. ann. 1603, 578. ben 3af)re3»
berichten über 1608 ^ei§t e§ üon ber ©djule:
Praeter Latinam linguam et Graecam tradi-
mus etiam vernaculam cum rudi aliqua cogni-
tione Aritlimetices.
Stieberlaffuttgen im Storben: §amburg=9ütona.
135
^ortugiefen, grattgofen, fylamlänber, ©nglänber, ©Rotten, unb felbft aug Qnbien.
Unter beit Seuten befinben fid) Diele Katf)olifen, meldje menigfteng ben STroft haben,
f)ier bequem bie ^eilige SDZeffe fjören ober beichten gu fönnen unb 2roft unb Veiftanb
ju finben, trenn ber Hob fie hier ereilt." 1
2>ie (Erfolge maren gmar nicfjt bebeutenb. Sin Kommunionen §äf)lte man
im Qafjre 1602 150, im ^al)re 1603 216 unb im Qahre 1607 242. $>ie gab!
ber Konrertiten betrug im ^afjre 1602 6, int ^afire 1607 8, im ^afjre 1611 7.
(Gleidjmoljl legte man biefer DZieberlaffung, mochte fie auch augenblicklich geringe
Srfolge auftreifett, he>he Vebeutung bei. „Vlofj an biefe Vieberlaffuitg erinnert gu
trerben", fo fdjricb am 3. gebruar 1607 Slquarira an ben ©uperior ^einricf) Diener,
„toedt in ung grofje greube; bentt mir fe^en, bajj alleg, toie menig eg aud) fein
mag, mag auf bem fo reröbeten unb bürren Slder geerntet roirb, nur einer gang
großen unb befonbern £mlb (Gotteg gu oerbanfen ift. Um fo freubiger fönnen besljalb
@m. Imdjmiirben unter ben Arbeiten unb ©dnrierigfeiten augljarren unb ber gurerficf)t=
licken Hoffnung fein, baff mir einmal mit ^rofjloden ernten merben, mag jept in
Xränett gefät rairb. Paffen @ro. tpodjmürben fiep feine (Gelegenheit entgehen, ung
über bie Sage ber Unfrigen unb bie ©rfolge ihrer Sätigfeit ftänbig auf bem laufenben
gu holten; bentt menn audh berartige Diadjrichten ung überallher lieb finb, fo haben
mir bod) ein gang befonbereg Verlangen nadj folgen über biefe Vieberlaffung." 2
Diodj in anberer SBeife geigte halb Slquarira, meldje Meinung er ron ber SBichtig-
feit ber Slltonaer DZieberlaffung hegte. $m ^apre 1607 hatte man mit grofjer DJlühe
ront (Grafen bie Verlängerung ber freien Veligiongübung auf 20 ^apre erlangt.
„Qefd, mo id) biefeg fdjreibe", fo berichtete barüber deiner (Sgnope an ©teile beg ab=
mefenbett ©uperiorg Dieöer unter bem 5. ^uni 1607 au Slqitarira, „bringt tperr
Vodja bag ^nbult beg (Grafen, moburep bie Slugübitng ber Veligion, Haltung ber
©chule unb bie gemünfepten Immunitäten auf 20 ^apre gemährt merben gegen eine
jährliche Slbgabe ron 100 ®ufaten. . . . @m. tpoepmürben feljen, mie riele unb grojje
Sllmofen pier öonnöten finb, unb bagu fommen nod) bie Koften für bag neu gu er=
rieptenbe (Gebäube."3 ®ie Slufbringung ber notmenbigen DJtittel aber mar für bie
fatpolifcpen Kaufleute gu Hamburg — eg roaren ihrer nur rier, meldje bafür
forgten — , fdjon ror fünf fahren überaug fchmer gemorben4. ^ept fepienen bie
erforberlicpen Drittel unerfdjminglicp gu merben. ®a griff Slquarira felbft ein. ©r
oerhanbelte mit Karbinälen gu Vorn unb fonnte halb 200 (Golbgulbett gur Verfügung
fteHen5. 51m 4. Dftober 1608 fdjrieb er an ben P. DZerer, baff für 5lltona ron Vom
aug fünftig jährlich 100 (Golbgulben gezahlt mürben.
SDafj man bie fleine DZieberlaffung, bie biglang aufjer einem Saienbruber nur
gmei unb feit 1608 brei s$atreg gählte, nicht gu podj einfdhä^te, geigt mohl ber
machfenbe §a^ ber $|3rebiger in Hamburg. Qpre unaufhörlichen 51nfeinbungen, benen
fcpliefjlid) felbft ber ©enat feinen 51rtn lieh, uturben feit 1607 eine ernfte (Gefahr.
2)ie neue Verlängerung ber freien Veligiongübung hatte fie mit neuem Qngrimm
erfüllt6. P. DZeöer fonnte gmar bie Vieberlaffung in Slltoua burd) einen faiferlichen
©djupbrief fchüpen, ben er perfönlid) in ^rag im ^apre 1608 ermirft hatte, bie
1 *Ragioni ... di quanta importanza sia
una residenza d’ alcuni padri della Comp, di
Gesü in Altona. Rhen. inf. Fund. I 162 f unb
Arch. Vatic. Borgliese II 448 ab, f. 158 f.
2 * £)rig.=fReg. Ad Rhen.
3 ‘Original in Rhen. inf. Fund. I 180. Sgl.
aud) ©fjren&erg a. a. D. 25 ff.
4 Sgl. ifjre * (Schreiben Dom 24. Slug. 1602
unb 9. Sun. 1603 (Rhen. inf. Fund. I 179 ff)
an beutfdje St'irdjeitfürfteu tc. unb ®lemen3 VIII.
5 * Slquaüiba an Steuer, 31. Suni 1608. Ad
Rhen.
6 *P. ©gnope au SlquaDiDa, 8. Sunt 1607
(Rhen. inf. Fund. I 180 v). (Sfjrntberg a. a. Q.
®reDe§, ©efd). ber fatf)oI. ©emeinbett 51t
Hamburg unb SUtona2 (1866) 34 ff.
136 3Weite§ Kapitel. $ie nicberrpeinifdje Vroüins.
fatpotifdfen ^aufteute in Hamburg aber maren meprtoS unb mußten atteS über ficf)
ergeben raffen *. Oer reicpfte unb erfte unter ipnen, bie .fpauptftüpe ber SUebertaffung
in Stttona unb bie Seele non altem, ber Florentiner ®aufperr 9?od)a, befam ben
©roll ber ^Srebiger am einfcfjneibenbften gu füllen. Qm Fflf)re 1609 mürbe ipm eine
gang bebeutenbe Söarentabung einfad) meggenommen unb etrnaS fpäter fein gefamter
qpanbet bradjgelegt. ©etbft fein unb ber ©einen Seben mar niept mepr ficfjer. 9?ur
bie unoergüglidje Verlegung feines ©efcpäfteS nad) ©eoitta tonnte itjn üor oöttigem
Ütuin betoapren1 2.
fö'aum fjatte fidj ber ©türm ein menig mieber gelegt, ba traf üon anberer ©eite
ein fernerer ©cptag bie SUebertaffung. Oer SD^üngmeifter beS ©rafen ©rnft tjatte
fid) feit 1611 empfinbticpe ©ingriffe in bie ©igentumSrecpte ber Fefuiten erlaubt.
Stquaoioa tjatte gteid) anfangs ben P. fetter gemahnt, fid^ gu bemüpen, ben ©rafen
fid) geneigt gu ftimmen3. ©cptieffticp aber f)atte ber ißater bod) in feinem SSefdjmerbe*
fcpreiben oom 23. Slprit 1612 an ben ©rafen geäußert: mir feinen ©cpup
gegen fofcfje gemalttätige Übergriffe erlangen tonnen, fo motten ©m. (popeit eS nid)t
übetnetjmen, menn mir, falls unfere Obern eS geftatten, anberSmopin gieren, mo bie
SanbeSfürften freie 9WigionSübung umfonft gemäßen."4 Oie testen üertepenben
SBorte fcpeinen ben 3orn beS ©rafen erregt gu paben. Stm 23. ^uni 1612 erging
an bie Qefuiten ber 33efept, innerhalb 14 Oagen baS Sanb gu oertaffen5.
©o enbigte bie üftiebertaffung gu Stttona. ©teicpmopt mürben bie ®atpotifen
jept üon ben ^efuiten nictjt im ©ticp getaffen. „Sßenn aucp teiber", fo t)atte halb
nacpper, am 8. September 1612, Stquaüioa nad) §itbeSpeim gefd)rieben, mopin bie
patres gegogen maren, „bie 9Jiebertaffung auf Stnorbnung beS ©rafen aufgetöft ift,
fo poffen mir, baff ißatreS oon bort auS ab unb gu bie ^atpotifen befud)en unb
ipnen SEroft unb §ilfe bringen."6 Unb bieS ift bann aucf) oon .fpitbeSpeim auS
gefcpepen.
Oie Hamburger ®atpotifen, an iprer ©pipe ber Kaufmann Slbonbio ©omigtiano,
mottten aber bie ^efutten für ftänbig mieber gurüdpaben unb madjten bieferfjatb
grope 5tnftrengungen7. Stm 8. ÜHiärg 1614 fcprieb Stquaüioa an P. -gteinricp 9?ottpaufen,
ber in ber gmifcpengeit päuftger in Hamburg tätig gemefen mar: „Oie geftigfeit ber
Hamburger Slatpotifen in iprem ©tauben, ipr ©ifer für bie 9tetigion unb ipr 93er-
langeit nadj ben Unfrigen, mie eS fiep in bem Schreiben berfelbeit oom 28. Oegember
funbtut, pat unS niept menig geriiprt. ©ern möd)ten mir nun ipnen, mo fte jeglidjer
geifttiepen §itfe entbepren, petfen. Stöir paben beSpatb an unfere patres in Spanien
gefeprieben, fie möd)ten ben ®önig um fttüdfüprung ber Unfrigen angepen. Oer
®önig fönne bieS burdp einen 33rief an ben ®aifer ober noep beffer burep ein 23e»
fcfjmerbefcpreiben an bie 33ürgermeifter üon Hamburg bemerfftettigen, in metepem er
mit Sluftöfung ber ^anbetSüerträge brope, menn fte niept, mie fie fritper üerfiepert
pätten8, bie Qefuiten unb bie fatpotifd)e ÜtetigionSiibung bort bulbeten unb biefe
1 Vgl. * Slquabiüa ait 9Jeüer, 21. guni 1608
unb 14. Slpril 1609. Ad Rhen. 21ud) ber fpa=
nifepe ©efanbte ßuniga fcprieb üon iprag am
20. fSejentber 1608 nacf) Sftabrib ju ©unften
ber Stieberlaffung in Slltona. *Arch. Simancas
Estado 2494.
2 Vgl. bie * Briefe Slquaüioaö an Dteüer unb
fRocpa feit 1609. 0rig.=9teg. Ad Rhen.
3 * datiert 19. fOtarj 1611. Ad Rhen. 21m
3. Februar 1611 inapnte ber Kölner 9tuntiu§
ben P. ffteber, in allen Verfolgungen au§p=
parren unb ipm mit^uteiten, ob in ben benadp
barten Orten weitere fOtiffioncn erridjtet werben
tonnten. *Registr. litt. Modena, Bibi. Est.,
Campori Append. 9tr 652.
4 Spreu berg, Slltona 38 40 ff.
5 (Sbb. 44 ff. 6 * 0rig.=9teg. Ad Rhen.
7 Vgl. bie * Vriefe ber Orbenögenerale an
©omigliatto unb nad) £>ilbeöpeim. Ad Rhen.
1614.
8 Vgl. baju * Slquaüioa an ben Vifitator
P. gerb. Silber, 20. ®ej. 1603 (Ad Rhen.),
unb fßieper, Sie Vropaganba>Kongregation
unb bie tiorbifdjen SJliffionen (1886) 16 27.
üRieberlaffungen im fRorben: &amburg=2Utona.
137
toieöer guliefjen unb fdjiijjten."1 ®odj blieben alle ©dEjritte für eine böuernbe lieber*
laffung erfolglos.
©rft bie ©rünbung ber $ßropaganöa=fö'ongregation (6. Januar 1622) unb öaS
oermeljrte Qntereffe, im korben, befonberS in ®änemarf unb ©djmeben, bie fatfjotifdfie
Äircfje mieberfjergufteden, rnofür in erfter Sinie beutfcfje unb belgifdje ^efuiten in
SluSficfjt genommen maren, regte audj mieber fräftig ben ©ebanfett an eine ^lieber»
laffung in Hamburg an. Slm 9. $uli 1622 fc^rieb 23itedeSdji an ben rfjeinifcfjen
Sßroüingial ßopper, er möge möglidjft halb Seute nadj Hamburg unb Sübecf fcfjicfen,
o^ne bie ©rlaubntS gur SBieberaufridjtung ber alten Sftieberlaffung in Slltona ab»
gumarten. ©ie fönnten in Söeltfleibern in aller ©title bie Arbeiten beginnen.
Unterfunft gu Hamburg, fo habe icb früher fdjon erinnert, ift uns oon jemanb
angeboten unb ebenfalls ein Üiaum für Slufftedung eines SlltareS. SlfjnlidjeS bürfte
bei etmaS fleißiger Utnfdjau moljl auch in Sübecf gu erreichen fein2.
Qngmifcfjen mürbe burdj baS eifrige 23emüljen ber $|Sropaganba»®ongregation unb
beS päpftlicfjen ÜJuntiuS gu $öln nodf) ©nbe 1622 oon bent neuen ©rafen oon ©cfjaum»
bürg, QuftuS Hermann, freie 91eligionSübung gu Slltona miebererfangt3. ÜDlan plante
bort bie ©rricfjtung eines ©eminarS für £eranbilbung oon fßrieftern für ®änemarf
unb 9?ormegen4. SDodj mußten bie beiben ^efuiten, Slnbr. 9?efen unb QuftuS gifdjer,
fdjon am $eft ^eter unb ißaul 1623 unter SebenSgefaljr aus Slltona mieber flüchten,
©in Srupp fcfjmargoermummter Leiter fjatte bie ©laubigen beim ©otteSbienft über»
faden, 2 getötet, 26 oermunbet, oon benen 2 nodj nadjfjer ftarben, unb bie übrigen
fdjntäfjlidj mifjfjanbelt, bann Slltar unb Mangel gerftört, bie Silber gerriffeit unb adeS
geraubt.
Slltona blieb nun für immer aufgegeben5; ber Sinn aber, ben fdjon im $af)re
1603 ber Sifitator ^erbinanb Silber6 unb furg oorfjer ber ^rooingtal ©opper an»
geregt fjatte, ftatt in Slltona in Hamburg felbft eine SZieberlaffung gu grünben, mo
ber ©dfjup beS Königs oon Spanien iljnen gur ©eite ftefje unb ber Siutjen oiel
größer fei, mürbe nicf)t aus bent Singe gelaffen. SitedeSdji fjatte fdjon am 22. Oftober
1622 bent ^rottingial gefcfjrieben : „®em Sorfdfjlage ©m. ^jocfj mürben, in Hamburg
felbft einen Söofjnftjj gu fudjen, ftimme idj gang unb gar bei. SBenn audj gmei
®ominifanerpatreS fdjon bort meilen, fo gibt eS gmeifelloS in ber fo Oolfreicfjen ©tabt
meljr Slrbeit, als bafj gtoei ^Sriefter bafür auSretcfjen. @ro. £>od)mürben bürften ben
Slan itidjt aufgeben aus Mangel an Mitteln; benn im äufjerften $ade mürbe bie
Sropaganba gern etmaS besteuern." Unb als iljm halb barauf gemelbet mürbe, bafj
audj bie ®atfjoIifen Hamburgs biefen jßlan gern öermirflidjt fiiljen, fcfjrieb er oon
neuem am 8. Quli 1623: ,,©ro. ^jodjtoürben mögen alfo fefjen, ob ber SBunfd) erfüdt
merben fann. 9Jfan fagte mir, baff nacf) Seenbigung beS Krieges in jenen ©egenben,
1 Ser fpanifdje ©taat^rat öerfjanbelte am
22. 9Inguft 1614 über eine Senffdjrift ber Sa»
tf)olifen unb ber fpanifdjen Saufleute in §am*
bürg, bie fönten batten in Slltona über jroanjig
Satjre Diel ©utel geroirft, bie gürfpradje £pa=
nien§ werbe erbeten : ber ©taatSrat orbnete bie
nötigen ©cfjritte an. * Original in Simancas
Estado 2776. Unter bem 13. Sejember 1614
befiehlt ber £erpg non Serma bem ©taatSrat,
ein -ättemoranbum be§ 9tuntiu§ p beraten über
bie fötittel, bie patres ber ©efeUfdjaft Sefu
nad) Hamburg prüdpfüfjren. Sa§ beiliegenbe
SRemoranbum be§ 9?untiu§ befagt: Sie freie
3tu§übung ber fatholifdjen ^Religion ift feit ber
SScrtreibung ber ^efuiten au§ Slltona gefjinbert.
Sie Satljolifen in Hamburg finb gaitj neriaffen
unb haben fich an ben $apft um Ipilfe geinanbt.
Ser ißapft fieljt fein anbereö Sltittel al§ bie
Saätnifdjenfunft beö Sönigö non ©panien, ber
burd) bie §anbellbeäiehungen bie £amburger
bap bewegen fönnte. Simancas Estado 2501,
f. 146 f.
2 * Orig. »Steg. Ad Rhen.
3 Pieper a. a. O. 9 f.
4 9i a n f e , Sie römifcheit fßäpfte III, 9InI). 188.
6 33efgifcf)e ^efuiten machten jwar 1646/1647
wieber einige Serfuche. ®gl. * ßarrafa an ben
ißroninsial Otterftebt. Ad Rhen. inf.
6 »gl. * Ülquanina an Silber, 20. Sej. 1603.
Ad Rhen. 175.
138
3meite3 Äapitel. 2>ie nieberrf)einifd)e ffkobins.
jumat bei einem Siege ber Äattjotifen, in Hamburg fotuie aucfj in Sübed, äRagbeburg
nnb ^atberftabt jroei ober menigfteng ein fßriefter unserer (55efeHfcf)aft feinen Sit*
nehmen fömtte gum Xrofte ber bort nod) tebenben $att)otifen unb tiietfeicf)t aud) jur
33ermef)rung itjrer 3af)t. $od)mürben motten atfo fefjen, mag offne ©efaljr ge«
fdfeljen fann, unb eg bann mit altem ©ifer ing 28er! fefjen."1
fRad) fectfg Qafjren, nacf) ben Siegen ber faifertictjen £>eere über bie Stufrülfrer
unb fremben ©inbringtinge, tarn ber ^3tan jur Stugfülfrung unb jrnar burd) 9J2it>
mirfung beg ß’aiferg. ©g mürbe Don biefem feit 1629, mie öier $af)re üortfer megen
ber äufjerft gefa^rüollen Sage eineg fatlfotifdfjen fßriefterg in ber unbutbfamen «Stabt
üoit ber ^ropaganba«$ongregation borgefdftagen mar2, ein ftänbiger ©efanbter in
Hamburg gefjatten, bei metcfjem ber ^efuit ofjne ©efafjr unb Störung mofjnen unb
©ottegbienft Ratten tonnte3. (Sin fjerüorragenber ÜRiffionär mar üon Sßiteüegd^i fetbft
fdjon ein ^at)r borffer für biefen fßoften beftimmt morben4, P. §einrid) Scf)ad)t,
ber im $at)re 1623 aud) mit ber gefafjrbotlen äRiffion in Sdjmeben betraut morben
mar unb mit @efct)id unb ©liid in Stodtfotm gearbeitet fjatte. P. Sdjacfjt geigte aud)
in Hamburg mieber fein ©efd)id. ®a feiteng beg Senatg ber ßutritt jum ©efanbtfdfaftg«
gottegbienfte ben Slattfotifen oerboten mar, muffte P. Scf)ad)t fud^en, anbermeitig bei
ifjneit tätig ju fein. ÜIRefjrere bornef)me Protestanten, 3. 53. einen §errn 0. Süt)om,
jmei S3rüber beg faifertidfen ©efanbten ü. äRenjet, eine $rau 0. fRanüom, eine §ot=
fteinerin b. 23urd)matbt, gemanit er für ben fatf)otifd)ett ©tauben. „2Rit großer greube
1) abe id)", fo fdjrieb iffrn am 15. 9Rärj 1631 SSitettegdfi, „in bem Briefe @m. £md)=
mürben 00m 10. Januar oon ben ©rfotgen bafetbft trofj fo oieter Scfimierigfeiten
unb ©efafjren getefen. $;df) fef)e baraug, mieüiet bort geteiftet merben tonnte, menn
nur metfr Kräfte borfjanbeit mären unb mefjr ^reitjeit in jenen ©egenben fjerrfdfte. . . .
2) ie großen ©rfotge jebodf), metdfe in ben testen Qatjren anbergmo ju attgemeinem
Staunen errungen finb, taffen ung aud) tjier bag 53efte üon ©otteg SlCtmac^t tjoffen."5
33effer, menn auef) nidft gefalfrtog, mürbe bie Sage, atg im $af)re 1643 ftatt
beg faifertidjen ein franjöfifdjer ©efanbter, ©raf b’3loau£, nacf) Hamburg tarn. SDag
energifdje ©ingreifen biefeg ©efanbten unb bie gmrdft oor bem ®önig bon granf*
reidf Ratten bemirft, baf; nunmelfr bie tange unb biet geplagten ®atf)otifen freien
ßutritt 311m ©efanbtfdjaftggottegbienfte erhielten 6. S)ie gemährte gdeiffeit mürbe
bon ben ®att)otifen immer melfr benüpt. 2tttmäf)tid) mehrten fid) bie ©rfotge, aber
freitief) audf) ber §ap ber ©egner. „2)er gubrang junt ©ottegbienft", fo berichtete
P. Sdjadjt über bie Sage im ^atjre 1647 7, „ift felfr ftarf. ®ag §aug tann niefjt
alte faffen, fo baff biete auf bem §of ftefjen bleiben müffen. ©g fommen ®atf)o«
tifen unb fßroteftanten, Stnfäffige unb $rembe: ®änen, tRormeger, ©ngtänber, ^r«
länber, Sdjotten, Söhnten, 9Räf)ren ufm. . . . ®ie Prebiger finb fetjr erregt, infolge
if)reg ftänbigen SBtiteng ift ber Senat beim franjöfifctjen ©efanbten fogar borftettig
gemorben, baf) bie ®atf)otiten fict) ju häufig berfammetten unb jubiete ^roteftanten
ju ipnen überträten." SDer 3U ^*en 33eid)ten mar im Qaf)re 1650, obgteidj
noc^ ein gmeiter ^efuit ^in^ugefommen mar, an gemiffen Xagen fo ftarf, baff manef)
einer unüerridjteter Sac^e mieber fortge^en mupte. „®er ©ifer mürbe noc^ größer
fein", fo fügt ber 33erid)t bei, „menn man ben $att)otifen nicht fo entgegen märe."3
1 * Drig.=9teg. Ad Rhen. Sßgl. bie 35or=
fcfjläge be§ päpfttidjert 9tuntiu§ SWontorio 311
Äüln in feinem 93erid)t nottt Sab« 1^24 an
ben f)3Qpft. 91 ante, $te römifefjen ipäpftc III.
?(nb- 188.
2 fjlieper, $ie fßropaganba«Äongregatiott
uftn. 17.
3 * Hist. coli. Hildesheim. 1645 — 1648.
2)reüe§, ©efdj. ber tatbol. ©emeinben su
Hamburg unb SHtona 2 29 ff.
4 * SßiteHe§d)i au ben Sßroöinäiat SSahing,
8. 3mt. 1628. Ad Rhen. inf.
5 *Drig.=fReg. Ad Rhen. inf.
6 2) r e D e § a. a. D. 59 ff. fß i ep e r a. a. €. 33.
7 * Litt. ann. 1647.
8 * Litt. ann. 1650. 9(m 10. Sejember 1650
Stieberlaffungen im Sorbett: Sübecf.
139
Ser Senat hatte 3. 33. in ber 92ä^e beg ©efanbtfcfiaftggebäubeg ^olijiften aufgeftetlt,
bie ben ©ottegbienft übermacf)en ober bie Seute gegebenenfalls mit ©emalt baoon
abfjalten füllten, unb erft auf bie energifc^e ©infpradje beS ©efanbten maren biefe
2Bacf)tpoften mieber entfernt morben. Sie 3af)I ber in Hamburg mohnenbeit fö'atholifen
mochte bamalg etraa 200 betragen. 26 3ahre üorher fjatte ein ißerjeidjnig, melcfjeg
ber päpftlicfje 9Zuntiu§ öon Sörüffet im ^afjre 1624 nad) 9tom gefdjidt hatte, inggefamt
176 gejäfjlt; fie maren meift i^aufleute ober ^anbtnerler1.
33oit Hamburg ans mürben auch bie ^atffolifen ju ©lüdftabt, bag einige
Steifen meermärtg öon Hamburg liegt, feit 1630 burdf) P. Schacht mehrfach befugt2.
2Iuf betreiben beg fpanifdjen Äönigg !am fchliefslid) im ^afjre 1645 ber $efuit 33ernt).
9?t)onen (©ogmini) für ftcinbig bortf)in. Söoljnung unb Unterhalt bot if)m bag §aug
beg fpanifdjen ©efanbten ©abriet be 9iot). Qn feiner Xätigfeit ftiefj er faft faum
auf fpiuberniffe. (Sr tonnte frei prebigen unb aud) ziemlich ungeftört in ber Stabt
ftcfj bemegen. Seim ©ottegbienft maren oft mehr Sßroteftanten alg ®atf)oIifen, unb
ber bänifdje geftunggfommanbant begünftigte ben ^efuiten fdfjon nach furjer 3eib
befugte ifjn, tub ihn gu fid) unb bot if)tn fogar, falls 97ot if)n einmal jum Sertaffen
ber Stabt jmingen mode, felbft Söofjnung unb Sifd) an unb unterftüpte ihn fpäter
freigebig burd) Sümofen3. P. Üt^onen fanb bei ben etma 100 ^atf)olifen, gröfjtenteilg
Solbaten, midige ^erjen unb hatte gute ©rfolge. Son ©lüdftabt aug befudjte er
auch bie Äathotifen ber Untgegenb big nach Bönning, ^riebridfjftabt 4 unb nod) meiter
unb aucf) bie üor Sinter liegenben Schiffe. ©in anfchaulidEjeg Seifpiel legerer Sätig*
teit bringt ber Seridjt beg ^afjreg 1650: „Sllg nod) ein jmeiteg fpanifcf)eg ®riegg=
fcfjiff nidjt mcit öon fjier anhielt unb auf günftigen 2Binb für bie tpeimreife martete,
begab fidf) unfer i|3ater aufg ©d)iff, erbat fid) 00m Kapitän bie ©rlaubnig jum
prebigen unb machte mit feinen SSorten auf bie Semannung folgen ©inbrud, bafj
ade Äatholilen, 70 an ber 3aht, bie ©alramente empfingen, ©g gefdjah auf bein
Scfjiffe felbft. Senn ba ber Kapitän bei etmaigent betreten beg Sanbeg eine Ser»
minberung ber SO^annfcfjaft burd) bie gducfjt befürchtete, fo mar bag 21derf)eiligfte
aug ber tpaugfapede aufg Schiff gebraut, mo bann ade in ber auggefdjmüdten
Kajüte beg ®apitäng bie Ijedige Kommunion empfingen, 3*°^ Fronten mürbe bag
2tderl)eiligfte ang Säger gebracht, unb jmar unter Sorantritt jmeier Solbaten mit
brennenben bergen unb bem ©efolge ber übrigen: adeg ju großer ©rbauung unb
Semunberung ber aufmerffam jufdjauenben, etma 300 ißroteftanten. 3^ öon ihnen
fdjloffen fid) fogar ber tatljolifdjen $ird)e mieber an unb empfingen ebenfadg bie
Saframente."5
P. Schacht tarn aud) Sübed ju -fpilfe. £>ier mar ber fatholifcfje ©otteSbienft
üodftänbig gefdfmunben. Sie fatfjolifdjen Som^erren hatten if)n feit 1587 nicht
einmal in ihren äöohnungen mefjr halten bürfen. Sie 3af)I ber fatf)oIifd)en Som*
herren felbft mar immer mehr gufammengefchmohen. 3m 3al)re 16-10 lebten bort
am Som nur nod) menige fatf)oIifd)e ©eiftlicfje, bie aber, fo berichtete am 1. Januar
1640 ber tpilbegheinter ß’anonifug ÜÖiartin Strider an bie ißropaganba^ongregation,
fdpreibt ber ©eneral bem fßroüinäial ißanlfauf),
er möge in Setreff ber Hamburger SOtiffion bem
SBunfcfje beö 9tuntiu§ entfpredfen unb bie Itnter--
ftü^ung ber SroüaQantm annefjmen. * Drig.=
fReg. Ad Rhen. inf. Sgf. baju bie Sriefe üon
Sanbauü an ßffigi 00m 9toöember 1650.
Original in 9tom, Bibi. Chigi BI, 1,
f. 347 f.
1 Sief er a. a. D. 17.
2 *Hist. coli. Hildesh. 1645 — 1648. * Litt,
ann. 1647 ff.
3 * Stiefel an Kircber ju ©liicfftabt, 31. Slug.
1652. Ad Rhen. inf.
4 Sn Sriebrichftabt Ijatte im S<ü)re 1642 ein
Sefuit für ftiinbig fid) niebergelaffen, mar aber
halb burd) bie @d)meben mieber tiertrieben mor^
ben. * Hist. coli. Hildesh. a. a. D. 3. *Catal.
Rhen. inf. 1643 ff. 5 * Litt. ann. 1650.
140
3roeitc3 Kapitel. Sie nicberr^einifdjc $robing.
burch iljre gurefjt oor ben ^roteftanten unb ihr fittentofeS £eben bie fatt)otifd)e Sache
mehr hemmten atS förberten 1. £>ier eine £>?teberlaffung gu grünben, f)atte ber rfjeinifcfje
Vrooingiat ©opper im Qaf)re 1622 angeregt unb baniit and) beim OrbenSgenerat
lebhafte ßuftimmung gefunben2. SIber Qa^re fottten oergefjen, bis bie StuSführung
möglich mürbe. Qngmifdjen maren patres oon |>itbeSheim unb fpäter P. Scfjadjt
non Hamburg aus oft bortt)in gegangen3. „SßiematS jebodf) hatten fie", fo ergäbt
ein Vericf)t4, „aus äRanget an Unterhalt lange bort meiten föntten." ©rft bie
Stiftung einer SCBitme in ^öfje non 2000 Sübeder Katern unb bie 93eifteuer anberer
Kathotifen, bereu ßinfen für ben Unterhalt eines ^riefterS reichten, ermöglichten ben
bauernben Slufenthatt eines Qefuiten. So fam im ^affre 1641 P. Sßeter SSernid)
bort^in. Seine Sage mar anfangs nicht beneibenSmert. Söegen ber Verfolgungen
unb 9iacf)fteIIuttgen muffte er fid) halb in biefent, halb in jenem §aufe aufbatten,
©rft fpäter mürbe eS etmaS beffer. ^m ^affre 1647 tautet ber Verist über bie
Sage: „£>er ÜDiagiftrat bat biefeS Qabr feine ©bitte gegen unS ertaffen, fei eS, baff
man fid) atlmäf)lid) an ben fat^olifc^en ©otteSbienft gemötjnt, fei eS, baff bie fßrebiger
mitber geftimmt merben. ®er Vefud) beS ©otteSbienfteS unb ber ©mpfang ber
Saframente ift infotgebeffen geftiegen. Sehr gehoben mürbe biefeS Qabr baS Stnfetjen
nuferer Religion burd) ben dürften SKajimitian Vubotf non Sadjfemfiauenburg,
ber hier geftorben ift. ©teicb atS bie töbtiche Kranftjeit if)n befiel, tieff er ben $ßater
gu ficb fommen, beichtete, empfing bie letzte äßeggeljrung unb nier Stunben nor bem
£obe auch bie letzte Ölung. 2ttS er in ©egenmart nieter Beugen öaS Sribentinifche
©taubenSbefenntniS abtegte unb bann taut bie lügenhafte ermedte, mürben alte gu
tränen gerührt. . . . 2)er ältere Vruber, bisher nott §ah gegen unS, mürbe, atS er
non altem hörte, fo umgeftimmt, bah er burd) einen Wiener 20 VeidjStaler fanbte
unb noch mehrfad) Vemeife feines 2Bof)ImodenS an ben £ag fegte."5
©teidbmoht muhte man immer oorfid)tig noraitgehen, „um nicht", fo fagt ber
Veridjt ttom Bahre 1648, „biejenigen, burd) bereit ©üte unb greigebigfeit mir hier
meiten, in ©efafjr gu bringen. So muhten mir notgebrungen nieten ben Antritt gu
unferem Oratorium nermeigern, namentlich an ben höheren gefttagen, mo auS bem
nahen §otftein niete fieute herbeifommen. ©ine reiche ©rnte fönnte man hier hatten,
menn nicht jebe beffere 91egung burch bie furcht mieber erftidt mürbe. Neulich nod)
fagte ein angefehener ÜDJann, mehr atS 300 mürben gleich fatfjotifcb merben, menn
man nur mühte, mie man bem bann brobenben Verberben entrinnen fönnte. — Viele
grembe, Italiener, Brangofen, Vetgier, -jpollänber unb anbere, fommen auf ifjrer
üleife nach SDangig hierhin. Sie empfangen gemöf)utid) oor ihrer SBeiterreife bie
heiligen Saframente. ®iefe allein fefjon fönnten eine ÜUieberfaffung in Sübed redfjt-
fertigen". ®ie 3ahf ber Kommunionen belief fid) im Baffre 1650 auf 250 6.
Bn V rem eit maren Qefuiten manchmal oon §itbeSheim unb Hamburg aus
tätig gemefen. ©in ftänbiger fathotifd)er ©otteSbienft mürbe bort nach mehr atS
hunbertjähriger Unterbrechung am 12. September 1647 burch P- B°fy- B^enbrüggen
mieber begonnen. ©S mar bieS gefcbeljen auf Verantaffung beS oor furgem nach
Vremen gefanbten faiferlidjen KommiffarS B°*)ann Vehr7. ®iefer führte am
28. September 1647 bem üftuntiuS ©t)igi in einbringlid)eit SBorten ben oöttigen
1 * Original in 9?ont, 2Ird)iö ber $ropa=
ganba, Lettere di Germ., vol. LXXXII, 142.
S8gt. ipieper, Sie if$ropaganba*Iongregatiou
32 f.
2 * 3)iteHe§d)i an Gopper, 22. Oft. 1622. Ad
Rhen.
3 Gbb. *Catal. Rhen. 1624 ff (Hildesheim),
wo mehrere 3abre ein $atcr bie Bezeichnung
in missione baltica führt. * Litt. ann. 1624 ff
(Hildesheim — Missio Saxonica).
4 *Hist. coli. Hildesh. 1645 — 1648.
5 * Litt. ann. 1647.
6 *Gbb. 1650. Bgt. *Reiffenberg II
549. 7 *Litt. ann. 1648.
9tieberla)t'ungen im 9torben: SBremen.
141
Verfall ber fatholifdjen fHeligion in Bremen for Slugen. Slpoftafierte 9JZönd)e unb
anbere Sdjreier erfüllen nidjt allein bie Protestanten mit Slbneigung gegen bie
fatljolifdje $ird)e, fonbern fucßen and) bie wenigen Überbleibfel ber ^atljoliien unb
bie oieleit auswärtigen ®atf)olifen, bie nadj Bremen fommen, gum ülbfall gu bringen.
3)aS gelingt iljnett um fo leidjter, je meßr wir ber Sjilfe ber Priefter entbehren.
SZeulid) wären gwei ^atfjolifen ßroteftantifd) geftorben, wenn nid)t ein Priefter ber
©efeKfdjaft, gleidjfam oon ©ott gefanbt, gur redeten 3eit £>ilfe gebracht hätte. 2(ud)
bie ^atfjolifen, weldje außerhalb ber (Stabt, teils in ben proteftantifdjen Flößern,
teils in ben Dörfern wohnen, finb berfelben ©efaßr ber Berfüßrung auSgefeßt. Surd)
Stlmofen unb einen ftänbigen Beitrag ber ißropaganba Sollten gwei priefter ber
©efeÜfdjaft Qefu unterhalten werben, um fid) in unb außerhalb ber (Stabt ben BSölfen
entgegenguftetlen l. SDiefen Brief fanbte (S^igi am 8. SDegember 1647 nach 9Zom uab
Scfjlug nach Beratung mit bem Bifdjof non OSnabriid oor, eine SZefibeng oon gwei
patres gu errichten, weldje ber gunädjft gelegenen üZefibeng in SDZeßpen unterteilt
werben fönnte2.
Qngwifdjen hatte P. 3wenbrüggen mutig ooratt gearbeitet. „9JZit greubeit
laS id)", fo Schrieb ihm ©eneral (Sarrafa am 14. ®egember 1647, „ben Brief
©w. §od)würben oon ©nbe Oftober, ©ott wolle ben Soften feftigen, ber fo
günftig ift, Seelen gu retten, unb and) bie Arbeiter mehren, ©efßannt bin id) nur,
welchen ©rfolg bie Bemühungen beS ÜJZuntiuS haben werben, um bie notwenbigeit
SDZittel für bie Slufrecßterhaltung ber fo oiel berfpred^enben Slrbeit gu befcßaffen."3
gür ben Unterhalt würbe oorläufig Oon bem faiferlichen fö’ommiffar felbft geforgt.
2lm 4. ®egember 1647 teilte P. 3wenbrüggen bem ©eneral mit, baß SluSfidjt fei,
oielleidjt oom Senat felbft ein Oratorium gu erhalten4. Unb nadj einem ^aßre
berichtete er: SBiber aller Erwartung hat fid) bie Söirffamfeit hier fo entwidelt, baß
unfere ©egner üielfach fcßon gang anbereS über uuS reben unb benfen unb offen ge-
Stehen, man habe über bie ®atßolifen nur Sügen unb Berleumbuugen oerbreitet. . . .
2öie oiele bislang gur fatholifd^en föirdje gurücfgeleßrt finb, fann nicht genau an¬
gegeben werben. Sicher nur ift, bat anfangs feßr wenige gur Prebigt unb bem
©otteSbienft famen, jeßt aber über 200 regelmäßig ber heiligen ÜDZeffe beiwohnen. . . .
3war fehlten audj Slnfeinbungen nid^t. 3uerft fudjten Knaben burcß Qoßlen unb
Sdjreien ben ©otteSbienft gu flören; bann ließen bie lutljerifdhen ©omßerren burdj
einen Boten erfucßen, ben ©otteSbienft in ber SDomfurie aufgugeben, bamit biefelbe
bei einem etwaigen Sluflauf beS Pöbels nicfjt befcßäbigt werbe; fcßließtid) fudjte man
burcß Flugblätter baS Bolf gegen unS aufgureigen, unb als wir unS burdj nichts
einfdjitcßtern ließen, bemühte man fid) enblid), audj ben Senat gegen uns einguneßmen.
Seßterer aber geigte fid) mit unfern ©egengrünben unb ^Darlegungen fo gufriebett,
baß er unS fogar in ber golge nicht unbeutlidje 3eichen feines äSotjlwotlenS ge¬
geben hat. Seit biefer 3eit nun führen wir baS begonnene B3erf um fo mutiger
fort, täglich ift heilige SJZeffe, Sonn- unb 3-efttagS oormittagS prebigt unb nadj-
mittagS ©ßriftenleßre, wobei auch gefungen wirb. 2ludj ift baS Jubiläum üerfiinbet
unb neunzig haben eS gewonnen. . . . Biete Proteftanten geben offen ber fatßolifdjen
Religion ben Borgug, bocf) werben fie burdj SDZenfdjenfurdjt unb burcß bie SluSrebe,
in jeber ^Religion felig werben gu fönnen, oont Übertritt abgehalten5. fotgenben
3aßre, am 21. ÜDZai 1649, wanbte fidj P. 3wenbrüggen, welcher bislang allein in
Bremen gewirft hatte, um Senbung neuer Kräfte an ben OrbenSgeneral. SDod) war
1 *®opie in 9tom, 21rcf)iti ber Sroßaganba, 3 * Drig.-9ieg. Ad Rlien. inf.
Lettere di Germ. vol. XCVII, 135. S3gl. iß i e p e r 4 Sgl. * Garrafa an P. 3tt>enbriiggen, 18. San.
a. a. 0. 40. 1648. 5 * Litt. anu. 1648. Sgl. *Reiffen-
2 * Original ebb. vol. XCVII, 134. berg II 548.
142
8)ticite3 Äapitcl. 3)ic niebcrri)einifcf)e ißroDinä.
ber eifrige görberer ber 2Kiffion, Sarrafa, ingmifdien geftorben. 31m 29. ^uni 1649
antmortete ber ©encraloifar ^or- be äftontmorenct) : „®ie reid^e ©rnte, meldfe
@m. ^mdjmürben mit folgern (Sifer unb folgen Slnftreugungen bort einheimfen, erfüllt
mid) mit grcuben. 2Bären nur biele tiidjtige Kräfte borfianben, um möglidjft halb
£)ilfe gu fenben. SDa aber ber ifSater ©eneral, ber ohne greife! §ilfe gefenbet fjätte,
geftorben ift, fo fann bor ber ©eneralfongregation nichts Söeitereg beftimmt merben."1
33or 1650 mürbe feine ^meite ^raft mehr gefdjidt.
©o mar nacf) fmnbertjähriger Unterbrechung im Diorben ®eutfd)lanbg mieber
in einer Steife ber bebeutenbften Orte ber fatljotifdje ®ultug mieber eingerichtet. „SDie
SOZiffionare", fo hebt ber ©efdjidjtfchreiber biefer Sttiffiongftationen herbor, „maren
faft überall s$riefter ber (SJefeIXfchaft Qefu. ^hrem eifrigen unb mufterhaften Seben,
ihrer Singbauer unter fchmierigen SSerhültniffen, ihrer ©elehrfamfeit in theotogifdbjen
unb befonberg auch in ftontrobergfragen, berbunben mit meifer ÜUfäfügung, berbanft
bie fatholifche ®ird)e bie (Erhaltung ihrer inmitten einer proteftantifdjen ®ird)e
mohnenben unb ben Übertritt bieler big baf)in getrennten ©lieber."2
1 * 0rig.=9teg. Ad Rhen. inf. ®ie Tropen 2>ie ißropaganbcnS’ongregation unb bie norbi=
gauba bewilligte am 9. guni 1650 eine jätjr- fcfjeit SRiffionen 40.
lidtje Unterftüfeung non 50 ©cubi. Pieper, 2 fiepet a. a. 0. 39.
©ritt eg Kapitel.
£>ie ofcerrfjetmfdfje $rotn%
©ntftepung unb Slugbepnung. — ©ie Jft’oüegien, 9leftben§en unb Siiffionen : Stain^
(Aremberg. — ßreujuacp. — granffurt a. St.). — Slfd^affettburg. — fjeiligenftabt ($rip=
lar). - — Gsrfurt. — gulba (fjergfetb). — Sßürjburg. — Samberg. — ©peier (©ermerg»
peim. — Srucpfal. — Sretten. — Seuftabt). — SBormg (granfental). — §eibetberg. —
Snben (©tttingen. — ©ttergtoeier). — Stolgpeim. — Soctenpeim. — §agertau (@elj). —
©cplettftabt (fRufacp).
Sei her Teilung ber rpeinifepen )ßroüin3 am 22. $uli 1(326 erpiett bie ober»
rpeittifepe Sßroüinj 434 ÜDtitglieber unb bie 12 Kollegien ÜÜtainj , SlfcpaffettBurg,
gjeiligenftabt, (Erfurt, grntba, in grauten SBürgburg unb Samberg, in ber Sßfatj
©peter unb Söormg, im ©tfafj SÖMgpeim, £>agenau unb ©cplettftabt; bagu noep
bie Siefibenjen griptar, ^eibelberg, Srucpfal, Saben, ©elj unb bie ÜD'tiffiongftattonen
in ^eppenpeim, ^reujnacp, Sretten, SEeuftabt1.
®ie brei elfäffifcpen Kollegien fuepte ber ^erjog üon Sotpringen 1630 üon ber
oberrpeinifepen ^5rot)in§ lo^^utrennen. ©er ^Sroöingial Sambert ©traüiug besagte fiep
bariiber am 25. Januar 1631 bei bem Sr^per^og Seopolb unb bat, bieg niept ju»
gulaffen, meil bie Sogreifjung ber ^Srobinj jum gropen ©epaben gereiepen mürbe2.
$eine Drbettgproüing mürbe fo fureptbar üorn ®rieg berroüftet mie bie ober»
rpeinifepe. geitmeitig maren aüe ipre Kollegien oerlaffen unb bie Scitglieber in alle
^nmmelgricptungen jerftreut. ®ie $apt ber SDiitgtieber fiel üon 457 im gapre 1633
auf 255 im gapre 1649. Son ben 457 fütitgliebern maren im gapre 1633 nur
noep 147 in ber oberrpeinifepen fßroüinj, bie übrigen gerftreut in 14 ^ßroüinjen in
Selgien, granfreiep big naep Italien unb ©panien3. @rft im gapre 1638 tonnte
naep elf jäpriger Unterbrecpung mieber eine ^roüinjialfongregation abgepalten merben.
gn ber ©eftpiepte beg bebeutenbften ^otlegg ber Sroöinj, begjenigen üon föloinj 4,
finb pauptfäcplicp jmei fßerioben ju unterfepeiben, bie erfte big jur Stugmeifung ber
1 Sßgl. oben ©. 14 ff unb *Juvencius,
Historia S. J. 1616—1646, Clm 774.
2 ‘Original in gnngbrud, ©tattbalterei»2tr=
djiü, Leopoldinum. ©er fjerjog üon Soüjringen
batte ficb in biefer ©adje am 10. Slpril 1630
audj au ben ®aifer gemanbt. SBien, ©taat§=
ardjiü, Jteidjgbofrat, Jes. 113. — ©ie ifjroüin»
jiate ber oberrbeinifdjen $rooins Waren: gob-
Eobper (Fopper), 22. guli 1626; Samb. ©tra»
PiuS, 26. Soü. 1630; goadj. £jamman, 15. Slug.
1637 ; ©erb. Raufen, 7. ibtai 1645; 9tiÜj. 93iber,
8. Sftai 1648 bi§ 1651. Über bie ißerfonalien
ber oberrbeinifepen $roüinä üon 1597 big 1737
gibt äuüerläffigen Sluffdjlufj ein wertüoHerfobej
aug bem Slrdjiü ber oberrbeinifdjen Sßroüinä in
SHainj, ©tabtbibliotfjef, Jes. B 44 (7).
3 *Catalogus personarum Provinciae Rhe-
nanae superioris per 14 Provincias Societatis
dispersarum. Anno 1633. In Rkenana su-
periore supersunt personae 147; in Rlienana
inferiore exulant 34; in Gallo - Belgica 28;
in V. Provincia Anglia 13; In Flandro-Bel-
gica 10; in Provincia Prancia 32, Aquitaniae
24, Lugdunensi 43, Tolosana 19, Campaniae
25; in Provincia Germaniae superioris 24;
in Austriae Provincia 42; in Ungaria 3; in
Bokemia 5; in Italia 3; in Hispania 5.
4 SSgl. 93b I, ©. 103 ff.
144
drittes Äapitet. Sie oberrpeinifcpe jproüinj.
Qefuiten (1633), bte gtueite feit ber Siütffe^r (non 1635 bis 1650) *. Qm 33eginn beS
17. QafjrijunbertS [teilte ftcf) immer bringertber bie 9Zotiüenbigleit eines Neubaues für
baS Kolleg l)erau§. ©eSfjalb mürbe 1609 ein ©eil beS alten föollegS abgeriffen unb
bafür ein größerer Neubau aufgefüljrt. ©ie brei ©todmerfe beS neuen QlügelS, mit
breiten, 100 Qufj langen (Sängen, enthielten einen großen ©peifefaal unb 23 Qimmer.
©urdj einen bebecften ©ang mürbe bie ißerbinbung mit bem alten Kolleg fjergeftetlt.
9iur menige Qapre [pater begann bann auch ein großer Neubau für bie Schulen.
21m 31. Quli 1615 legte ber ßurfürft ben ©runbfteiit im ©arten beS ßollegS, ©nbe
1616 mar ber 23au [chon unter ©ad). ©er Ä'urfürft, baS Kapitel unb .fpergog 2Bil=
heim noit 23apern [teuerten gröbere ©ummen bei. ©er gange 33au loftete über
33000 ©ulben2. SBieber geljn Qaljre [päter (1626) mürbe bie Kirche einer grünb*
liehen fReitoüation untermorfen : SSänbe, Qenfter, ©eftüljl unb 2lltäre mürben erneuert.
©ie ©djulen erreichten unter tüchtigen ißrofefforen mie 33efan unb donpen eine
holje S31üte3. Unter ben 50 ÜDfitgliebern beS fö'ollegS im Qaljre 1603 maren an
^rofefforett 2 für fdjolaftifdje Theologie, 1 für ^»eilige ©chrift, 1 für ^ebräifch,
3 für ’ißhitofapfü6/ 1 für dtljif unb ÜDZatljematif, 5 für baS ©pmnafium. Qm Qaljre
1622 mirb nodj ein eigener ^rofeffor für äftoral ermähnt. Qm ©urdjfdjnitt maren
täglidj brei SBorlefnngen in ber ©Ijeologie unb brei in ber ^fjilofopljie. SJlit ben
Qefuiten*©d)olafti!ern, bie teils ’tßfjilofopfjie teils Rheologie hörten, [tieg bie Qaljl ber
Qefititen balD auf 60—70. ©urdj bie fchmebifche ©ffupation unb bie SluSroeifung
ber Qefniten am 15. Quni 1633 nahmen alle ©djulen ein jäljeS dnbe4. 9fur lang*
fam lonnte man 1637 mit ber Söiebereröffnuug beginnen unb grnar gunädjft nur
mit bem ©pmnafium unter brei Seljrern; bann mürbe 1638 ein ®urS Sogif unb 1639
baS gmeite Qahr fpijttofophte uiit Üftatfjematif beigefügt, ©er Gsinridjtung ber gangen
^pijifofophie (1640) folgten 1642 bie erften SSorlefungen ber fdfjolaftifcbjen ©fjeo*
logie ooit gmei ^rofefforen. ®aS ©pmnafium hatte 1643 oier Seljrer, unb erft 1645
lonnten bie bisher fombinierten Pfaffen mieber felbftänbig gemadjt merbeit unter fünf
Sefjrern. ©ie ©djülergapl mirb 1625 auf aunäfjernb 800 angegeben, fpäter fehlen
bie Qafjlen.
©ie Kirche ber Qefuiten mar ftarf befucht. ©er SiuntiuS ßuigi darafa briidte
barüber in einem Sßeridjte oon ÜDlaing, 20. Oftober 1626, feine grofje ißermunbe*
rung auS 5. ©ie Mangel Derfafjen bie Qefuiten im ©ont unb in ber Qefuiten*
firdje; fpäter (1644) übernahmen fie audj bie früher Dom ©ompfarrer gehaltene
ÜDlorgenprebigt im ®om; im Qaljre 1637 merben gmeimal mödjentlid) ftattfiubenbe
Qaftenprebigten ermähnt; fie beljanbelten bie ber bamaligen Sage [ehr entfpredjenbeit
^lagelieber beS QeremiaS, benu baS dlenb mar gräfjlid). ©ie grofje Hungersnot
Don 1636/1637 trieb gtt ©elbftmorb, S’inbermorb unb 83ergel)ren ber Seidjen. Siele
ftarben Dor Hun9er-
©ie ©ätigfeit in ber £atedjefe mar [ehr auSgebehnt. Qm Qaljre 1609 gaben
bie Qefuiten dhriftenlefjre tu 19 ©djulen; Don biefen ©dfulen maren in bemfelbeit
Qaljre Dier neu errichtet morben. Qm Qaljre 1611 ljeifjt eS: fö'atedjefe mürbe an
1 gär ba§ fgfolgenbe *Litt. ann. : *Catal.
Prov. Rhen. ; *Hist. coli. Mogunt. 1636 — 1641.
2 Sie *Rationes novae scholae Perjeicbnen
Einnahmen unb 2lue:gaben. Sötainj, (Stabt*
bibliotpel, Jes. AL 3, A.
3 Sn einer Relation, bie um 1620 über ben
fjuftanb bc§ ‘©tainaer GrsftifteS nad) JRom gc=
fanbt imtrbe, peifjt es?: Est autem scliola PP.
(Societatis Iesu) frequentissima, in qua cir-
citer 700 aut 800 iuvenes frequentare viden-
tur ad discenda grammaticalia humanitatis
et philosophiae studia. Similiter theologica
schola multos habet auditores ac professores
eximios ex patribus Societatis. JJtöm. Ouartal*
fd)rift XXI (1907) 142 ff.
4 93gt. 6. fapitel.
5 * Original in 9?otn, Arch. Vatic., Nunz.
di Colon, vol. IX.
ftoüegien, gtefibenjen unb «ötiffionen : SJiatnj (Urenberg).
145
20 Orten innerhalb unb au^er^alb ber (Stabt gegeben. 9?ad) ber fRüdfefjr brachte
man 1644 Katedjefen in brei Kircf)en ju ftanbe, 1647 in üier unb 1650 in fünf
Kirdjen. Soit ben feit 1646 in ÜDlain^ meitenben SJoüijen mürbe 1648 au 14 Orten
bieSfeitS unb jenfeitS beS SüjeinS ©Ijriftenlefire erteilt.
®er ©aframentenempfang fcfjmanft in ben erften Qafjrjefynten j$mifcf)en 13000
unb 16000 Kommunionen; 1624 maren eS 23 900 unb 1630 gegen 25000. Ocur
tangfant fonnten nad) ber ©cfjmebenjeit bie früheren Qafylen annäf)ernb erreicht merben;
üon 7800 im Qaljre 1639 ftiegen bie Kommunionen 1644 auf 17 000 unb 1647
auf 19000. Slud) fjier jeigte ftcfj bie grofje ©inmirfung ber monatlichen ©eneral>
tommunion. Sin Konoerftonen merben in ben erften Qafjrje^nten jährlich §mifcf)en
60 unb 120 bezeichnet.
3u ben ©tubentenfongregationen fam 1609 bie Sürgerfongregation; fie begann
mit 40 SDUtgliebern. 9?acf) ber ©cfjmebenjeit lebte fie 1637 mieber auf unb ^äfjfte
1644 360 unb 1648 400 ÜUtitgüeber. Qm Qaf)re 1610 entftanb eine fünfte Kom
gregation, nämlich bie tmm aUerfieiligften ©atramente für ^Sriefter, ber audj ber ©z=
bifd^of beitrat. ©ed)S Qahre fpäter (1616) fjeifit eS, bafj eine fiebte Kongregation
für junge £>anbmerter mit 60 9J?itgliebern ihren Slnfang naf)m. ®er 1623 gegrünbeten
©aframentSfobalität traten bie üornefjmften Männer bei; 1625 fjielt fie eine grofje
ißrojeffion unb gab nad) berfelben auf öffentlichem ißlatje ben Sirmen ein 9)Jaf)h bei
bem brei Qefuiten bte Sinnen bebienten. Qm Qahre 1643 beftanben mieber brei
Kongregationen.
Qn ben Qeiten ber ißeft unb Hungersnot Ralfen bie Kongreganiften ben patres
in ifjren SBerfen ber Sarmf)ezigfeit, befonberS bei ber pflege ber Kranlen unb ber
oermunbeten ©olbaten 1640. Qn ben ^5eftjahren 1606 unb 1611 mürben ein ißater
unb ein Sruber für ben ißeftbienft exponiert1. Strot) ber eigenen 9iot bettelten bie
Qefuiten in ber Hungersnot öoit 1637 für bie Sebürftigen. Sei ber freier beS
Jubiläums im Qaf)re 1640 mürben aud) Ijier bie Sirmen reichlich bebaut2.
Son SD?ain§ aus mürben auch bie beiben SäJiiffionSftationen in Kronberg unb
Kreujnad) begrünbet.
fftacf) Kronberg im SaunuS famen bie Qefuiten 1626 unb arbeiteten bort
brei Qaf)re an ‘Der fftüdfüfjrung ber ©inmoffner jur fatholifcfjen Kirche, ©obalb bie
meiften fid) für fatljolifd) erflärt Ratten, sogen bie ißatreS fort, unb ein Pfarrer über*
nahm bie ©eelforge. Sei bem (Sinbrucf) ber ©cfimeben mürben bie ©inmohner mieber
proteftantifcf). Qn ^er 3°l9e &er Sdjladjt Don ÜUörblingen lehrten gegen ©nbe 1637
jmei Qefuiten nad) Kronberg jurütf unb fingen mit oieler ©ebulb bie Slrbeit mieber
oon oorn an. Qm Qal)re 1638 merben aus Kronberg unb Umgebung ungefähr
49 Konüerfionen oerjeidjnet. Slud) in ben folgenben Qaljren ging eS nur langfam
üoran, unb als ber Qriebe ju fünfter gefcf)loffen mar, mußten bie beiben patres
Kronberg räumen, unb bie fßroteftanten nahmen ^ßfarrfircfje unb fßfarrhauS mieber
in Sefit)3.
1 über bie «ßeft bon 1606 ogl. §. ©djrobe,
Äurmains in ben ipeftjobren 1666 — 1667 (1903)
4 f.
2 Sie Obern Waren: granj Stapebiug, 1591;
«Bet. 2Binaeu§, 1602; Dtein^. 3ifller, 1609;
Saitt). £ager, 1611; §erm. 93ofenborf, 1621;
©tebb- StuibiuS , 1623; 9titf). 33iber, 1629;
©eorg SDtenp, 1644; SSit. ©rbermann, 1647;
©eorg Sierborf, 1648.
3 * Litt. ann. Rhen. 1638 ff. Heller, Srang»
fale 469 f. Sie Sätigfeit ber SWainger Qefuiten
Siuljr, ©efcftid&te ber 3ejuiten. II.
erfirecEte firf) jeitweitig and) auf SBieäbaben unb
Siebrid). 1644 bitten fie ben ©otte^bienft in
ber ipfarrfirdje oon 2ßie§baben übernommen.
Unter bem 1. 9Mrft 1646 befdjmerte fid) ber
©räflid) 97affau=Saarbrüdifcbe Stbgefanbte 3°b-
Slbam ©d)rat) über „bie Surbation be§ Exer-
citii Augustanae in SSibrid) unb 9Jto^bad)",
weil ber ©ouoerneur in 9Jtain§ am 17. Se=
gember 1645 befohlen, bie Sefuitett unb Stugu=
ftiner in 23iebrid) unb 9Jio§bad) in ihrem ©otteä=
bienft nidjt ju binbern, uttb am 12. gebruar
10
146
drittes Kapitel. Sie oberrf>etnifd)e ^ropinj.
Sänger bauerte ber Slufentpalt in ^reujnacfj. Jroei Jefuiten famen bortpin
1625 gunäepft für bte ©olbatenfeelforge im |)eere ©pinoIaS. Jugleicp arbeiteten
fie, mie ber ^rotiin^ial Eopper an ben ®aifer fepreibt, frueptreiep an ber fRiicffüprung
ber ^roteftanten unb in bem Unterricht ber Jugenb. SDer fprooinjial päft bie ©tabt
fepr geeignet für bie Errichtung eines ÄoUegS : bie Bürger finb fefjon offen fatpolifcp;
eine paffenbe Sßopnung hat baS faiferlicpe Regiment mit 93eiftimmung beS SftagiftratS
bereits angemiefett. Jür bie Junbation bietet ber ÜJJJarfgraf oon Saben baS frühere
Sluguftinerflofter in ©cpmabenpeim an1.
9?acp ben Jahresberichten mürbe 1625 bie fpauptfirepe ben Jefuiten übergeben.
®ie fßrebigt für bie ©olbaten mar franjöfifcp. ®ie (Stjriftenlefjre mürbe auper
©onntagS auch an ^en Freitagen mepr als 200 Bettlern gegeben, bie bei biefer ©e*
tegenpeit mit SUmofen bebaut mürben. ®ie Regierung patte bafür 20 9Jialter ©e-
treibe angemiefen. Jm Oftober 1626 mürbe auf Sefepl ©pinolaS ben Jefuiten ber
Unterricht ber ß’inber übertragen; am erften £age famen 6, am ^meiten 8, allmäplicp
mucpS bie Japl; gegen Enbe beS JapreS maren eS 120 ßinber2. 2Bir arbeiteten,
fo peipt eS in bem Sericpt üon 1626, foöief eS bie unbefiegtiepe fjartnäefigfeit ber
Bürger juliep. Söäprenb ber ^Belagerung oon ©t ©oar öerfapen bie patres bie ©eel»
forge beim §eer. S3ei biefer ©elegenpeit maren bie patres auep in bem fjofpital
oon Obermefel tätig unb hielten ©otteSbienft in ©immern. Jn ber Umgebung oon
ft'reujnacp mürben oier ©örfer für bie föircpe gemonnen. Jn biefen Dörfern perrfepte
bamalS bie fßeft. P. fßeter Eremer napm fiep aller Fronten mit gropem Eifer an;
fcplieplicp mürbe er felbft oon ber ^Seft ergriffen unb naep SBalpaufen gebraept, mo
er halb jum gröpten Seibmefen ber 23eroopner erlag.
Sluguft 1636 übermieS ber $aifer baS Mofter ©dpmabenpeirn für ein in ®reu3=
naep gu erricptenbeS Kolleg. Jm folgenben Japre (1637) maren mieber jmei patres
unb ein 33ruber in ber ©tabt. ©ie hielten an ©onm unb Jefttagen fßrebigt, mit
menig fieptbarem Erfolg, mie ber 23ericpt oon 1640 fagt. Jm lepteren Japre mürbe
©cpmabenpeim oon ben Jran^ofen oerbrannt, bamit eS niept ben ^aiferlicpen in
bie .fpänbe falle. Jeitroeilig (7 Monate) maren bie Jefuiten aus Äreugnacp aus»
gemiefen, aber 1641 feprten fie jurücf. ®a fie auep bie ißfarrfeelforge gu oerfepen
patten, erpielten fie mepr Slrbeit, als 1642 ben proteftantifepen ^ßrebigern bie ©pen*
bung ber ©aframente üerboten roorben mar. 23ei bem näcptlicpen Überfall burep bie
Jran^ofen 1645 märe ein $ater beinape Oon einem ©olbaten erfcplagen morben;
ber anbere fßater mürbe fälfcplicp als ©pion angegeben. Jum Japre 1646 peipt eS,
bie beiben Sßebauer beS unfrueptbaren ^reu^naeper SobenS bemirften burep ipre ge*
mopnten Arbeiten, bap bie f leine ©epar ber 150 Äatpolifen trop beS beftänbigen
164(5 biefen 93efetjl erneuert fjabe. Ser SBort*
laut biefer 33efeple bei Meiern, Acta pacis
Westph. II 833. 3n bem zweiten 93efel)le werben
terres de Wisbade, Mosback unb Lienz ge=
nonnt. 9tm 10. gebruar 1646 pobe fid) ein
Sefuit namens QobanneS Gremeriud erfübnt,
im Stauten be§ St’ommanbanteu ben ©dpltbeifj
p 33iebrid) in ba§ gefuitenfoücg p SÜtains p
zitieren , um ibm einen 93efet)t mitpteilen.
SBortlaut bei Meiern a. a. 0. II 834. Sgl.
ft'eller a. n. 0. 443 f. biefen Orten fei
aber bie ganje $eit über bie SlugSburgifdjc
fonfeffiott in Übung gemefeit, „bi3 üor etlid)
menig fahren nad) bem fßrager ©d)lu§ unb
nncerfdjulbeter ÄonfiMation ber ©räflid) Staffau*
©aarbrüdifdjen ©ütcr $sbre ©burfürftl. ©naben
p SOlains rwrgemelbte 3>efuiter unb Sluguftiner
bafelbft pm erftennial de facto eingefütjrt unb
nad) unb nad) einfdfleidjen taffen".
1 *Äopie in 50tains , ©tabtbibliotbef, Jes.
B. 31 B. Sgl. bie *Informatio de residentiis.
f^ür ba*3 gotgenbe * Litt. ann. Prov. Rhen,
sup. 1625 ff unb *Hist. coli. Mogunt. 1636
bid 1641.
2 ©pinota batte fid) in biefer ©adje an ben
©enerat 3titelte§d)i gemanbt, ber be^batb am
1. Sluguft 1626 ben iprotiinjinl SBaoing aitmieg,
bem SOunfctje ©pinola§ für ©röffnung einer
©d)ule in Sreujnad) p entfpreeben. * Orig.*
Steg. Ad Rhen.
Kollegien, SRefibeujen unb Sütiffionen : granffurt a. $)t.
147
Kampfe» mit ben 31fatpolifen im 53efenntniS unb in ber Übung ber fatpolifepen
Religion treu auSparrte.
Stuf bie Kunbe com Slbfcpluff beS Söeftfälifcpen $rieben3 triumphierten bie
fßroteftanten, meil jept bie ^efuiten Kreuznach oerlaffen müßten; boc^ fehlte eS biefen
nicht an Sefchüpern, melcpe alles barait fepten, bie (Station aufrecht gu erhalten.
2)ie ^efuiten fuhren be3pall> mit ihren ^Srebigten (fran^öfifcp für bie Solbaten unb
beutfep für baS 53olf) unb ber Katecpefe fort unb fudjten fo gut als möglich bie
Eingriffe ber f|3roteftanten gegen bie Heine fatpolifche ©emeinbe ab^umepren. 1649
gäplten fie 275 Kommunionen, ^m felben ^apre erpielten fie burep Vergleich oom
22. September 1649 für fßfaffenfepmabenpeim baS Klofter St fßeter, unb fo mürbe
ein längerer Streit mit ber SBinbeSpeimer Kongregation beigelegt. 3113 bann 1650
bie oielen Einmanberer aus ber fßifarbie bur<h Kranfpeit unb Hungersnot unfäglich
litten, bettelten bie ^efuiteu SUmofen oon Haug ält Haug/ Pflegten bie mit Scpmu(3
bebeeften Kranfen unb labten bie Hnngernben. Einer ber patres mürbe infolgebeffen
oon ber Seuche ergriffen, fanb aber jept felbft fo liebeüoHe unb gute pflege, baff er
bem £ob entrann. SDurcp ipre fßrebigten übten bie ^efuiten grofjen (Sinfluf} aus
auf Einbämmung oon Unjucpt unb Unreblichleit im Honbel unb SSanbel auch bei ben
fßroteftanten. biefem 3aPre betrug bie 3aPl ber Katpolifen 600. SBie 93emüpungen
ber ffkoteftanten für bie Entfernung ber ^efuiten mürben einftmeilen noch vereitelt.
Es mar ein peiffeS, aber oergeblicpeS Gingen, bie Qefuiten mieber einjufüpren in
granffurt a. 911., rco fie bereits oorübergepenb im 16. Qaprpunbert eine Stätte
gefunben patten1. 3nf0^e beS 3IufruprS beS SeblücplerS ^injeng fyettmilcp patte
Kurfiirft Scptueifparb 1614 ootit Kaifer ben SSefepl erpalten, bie 9iupe in fjranffurt
mieberperjuftellen. Slnläfflicp biefeS 31uftragS richtete ^aul V. am 25. Dlooember
1615 ein 93reOe an ben Kurfiirften, in melcpem er ipn mapnt, ben fatpolifepen
Bürgern in 5ranülirt bie ootle 3rei§eit für bie fatpolifcpe Religion auSjumirfen
unb nacpbrücHicp Sorge ju tragen für bie Errichtung eines ^efuitenfotlegS2.
Einftmeilen gefepap uicptS; aber befonberS feit 1624 betrieb P. 3igler als Oberer
Oon 31fcpaffenburg lebpaft ben fßlan, in granlfurt ein Kolleg ober fßrofeffpauS ju
errichten. ®er ©eneral mar fepr bamit einoerftanben unb manbte fiep bieferpalb aucp
an ben Kaifer3. 31m 23. 3lpril 1628 patten bie Kapuziner in granffurt im fog.
Slntoniterpof eine 92ieberlaffung gegrünbet4. Hieran fnüpfte P. ßigler in einem
Schreiben auS 9Jlainj (12. $uni 1628) größere H°ffnun9 für bie Einführung ber
Qefuiten. Er münfepte, baff bie ißropaganba biefe Sacpe beim Kurfürften oon
DJlainj betreibe, ba granffurt ju beffen Siö^efe gepöre, unb ben i|3apft erfuepe, baS
oom granlfurter 9JZagiftrat in SBefip genommene 9connenHofter beS 9J?aria 9)fagba(ena=
OrbenS ben ^efuiten gujuroeifen. ®afür fei nötig, baff ber Erjbifcpof oon 9!lain$
auf faiferlicpe Slutorität pitt biefeS Klofter oom 9Jlagiftrat miebererlange unb ben
Qefuiten übergebe. ®ie fßropaganba befcploff in ber Sipung oom 22. 31ugitft 1628,
bie nötigen Schreiben ju erlaffen5.
1 Sgl. Sb I, ©. 412 f.
2 Wortlaut im 2Ird)iö für granffurtg ©e=
fd)id)te 1854, 128: Quantum profuerint salu-
tari adolescentulorum educationi studia atque
labores dilectorum filiorum Soc. Iesu optime
nosti ideoque facile credimus probari tibi
adhibendam esse omnem diligentiam ut Col¬
legium Iesuitarum Franckfurti constitua-
tur.
3 Sgl. SiteHe£d)i an Bigler unb an ben $ro=
öinjiat Gopber, 20. San. 1624, ferner an 3i0ler,
14. gebr. unb 18. Slpril 1626. *Drig.=9teg.
Ad Rben.
4 liefen Slntoniterbof follen 1624 bie Sefuiten
angefauft, bann aber mieber aufgegeben l)nben.
21rcf)iß a. a. 0. 127. Sber erft 28. gebruar
1626 gibt Urban VIII. beit Slntonitern bie 6r=
laubnis, ibr §au§ in granffurt ben Sefuiten
ju Verläufen. ‘Original in SDlainj, ©tabt-
bibliotbef, Jes. B. 43 E.
5 * Original in Som, 9lrd)it> ber Sropaganba,
Lettere di Germ. LXIX 123.
14S
$ritte£ Äafntel. ®ie oberrtjeiitifdje ^roöin^.
9Ran fjiett biefe ©adje für fefjr micfjtig. 21ud) ber Orbenggeneral mafjnte auf
Briefe aug ®eutfd)lanb f)in am 5. üuguft 1628 ben P. gigler, biefe üngelegenfjeit,
bie oon ber ganzen ^5rooin§ fo erfeljnt merbe, eifriger ju betreiben1. Unter bent
13. föiär* 1629 mieg Urban VIII. ben Offizial beg ©rjbifcfjofg oon SRainj an, £>aug
unb ®ircf)e beg ®lofterg ber fjl. ÜRaria SDtagbalena in granffurt, bag früher ben
Süfjerinnen ober SBeiffen grauen gehörte unb oon bem fjäretifcfjen fDlagiftrat in 93e-
fifs genommen, jefjt aber burd) ®aifer gerbinanb miebererlangt fei, für ein in granf=
furt ju erridftenbeg Kolleg ber gefuiten ju übermeifen2. Son ber SBiebererlangung
mar man aber nod) febjr meit entfernt. ®ie ©tabt meigerte fidj entfdjieben, bag
„SBeifjfrauenflofter", bag fie fcfjon üor bem fßaffauer Vertrag offupiert, fjeraugsugeben.
©ie machte u. a. geltenb, bag Sßeifffrauenflofter fei ein militärifcf> midjtiger Sßunft,
ben man nidjt ben gefuiten übergeben fönne, alpte genötigt ju fein, Ttag unb 9iad)t
SCBadjen ju fteüen. Sludb) bie Sefelfle unb SDroffungen ber 1630 nadf granffurt ge-
fanbten faiferlidjett ^ommiffare fjatten feinen Srfolg3. üuf SSeranlaffung beg fRateg
oerfafjten bie elf proteftantifdjen ^3rebiger ber ©tabt ein ©utadjten gegen bie gu>
laffung ber gefuiten, bag am 27. ganuar 1631 im fRate oerlefen mürbe. gn biefem
©utadjten, bag fjanbgreiflidfe Unmaf)rf|eiten enthält, ffeifjt eg u. a.: ®ie gefuiber
fetjn bie allergreulidffte reiffenbe SBölf, fo irgenb in ber Söelt ju finben. . . . ©ie
lefjren aucf) unb bleuen eg fonberlidj ber gugenb ein in ilfren ©djulen, baff bie
Untertanen nidfjt fdjulbig fepen, einer eoangelifcfjen Obrigfeit geljorfam ju fetjn . . .
ju gefdjmeigen, bafi fie ©eroerb unb (Sommunen an fidj jiefjen, aucf) §anbmerfleuten
großen ©djaben unb ©ntrag in ifjrer ÜRaljrung tun. . . . liefern 2Men nad) gelanget
an @. @. unfer bemiitigeg gefjorfameg Sitten, fie moflen ficf) in biefer f)od)mid)tigett
©adf)e alg unerfcf)rodene aucf) treue Pfleger unb ©eugammen ber Güpriftlidjen ßircfje
jeigen unb biefen Sßölfen feinen Itnterfdjleif nocf) ben geringften ißla| addier ge=
ftatten 4 5.
Sor biefen „reifjenben Söölfen" mürbe granffurt burcf) bie ünfunft ber ©cfjmeben
(im ÜRooember) bemafjrt. 25ie ©tabt feiftete ben ©djmeben ben £reueib unb oertrieb
fofort bie ^apuginer famt ben Karmelitern6. Urban VIII. fjatte bereitg am 9. Of*
tober 1631 bie Übertragung beg 12 SReilen oon granffurt gelegenen, oerfaffenen
9?onnenflofterg ©t Klara an bag granffurter Kolleg angeorbnet6. ®erfelbe Sßapft
bat, alg bie geiten fid^ gebeffert, am 9. Oftober 1634 ben Kaifer bringenb, ber
@efellfd)aft gefu, bie er mit fRedjt fo liebe, ehr Kolleg in granffurt ju grünben7.
über aud) biefe Semüfjuttgen Ijatten feinen Gsrfolg.
gu üfdjaffenbnrö, ber SEßinterrefibenj ber SRainjer Kurfürften, entftanb eine lieber-
laffung im gafjre 1612 auf ben Söunfcf) beg Kurfürften gof). ©d)meifl)arb oon
Kronberg, aber aud) „auf ber Untertanen felbft ünljalten" 8. 23igf)er mären gefuiten
nur am furfürftlidfen §ofe tätig gemefen unb gmar alg Seidftoäter beg Äurfürften
unb ber ^ofleute 9. 2lin 12. 97oOember 1612 famen für bie Üiieberlnffung bie erften
1 * Drig.=91eg. Ad Rhen. sup. S8g[. ben
23rtef oom 9. ©eht. 1628.
2 * Original auf Pergament 9Rains, Stabt-
bibliotljef, Jes. B. 28 A. 9legeft in Acta S. Se-
dis in causa S. J. 833.
3 S3cjl. S. 3- ® r a c a u e r , (Sin SSerfnd) 5er=
binanb§ II., bie Sefuiteit in grantfurt a. 9Ji.
einpfübren, im Strcfjio für granffurt^ @efd)id)tc
1889, 260 ff.
4 SBortlaut ebb. 285 ff.
5 ©ine fiaritatnr, bie Vertreibung ber Äa=
pujiner 1633 barftehenb, ebb. 1854, STafel 28.
6 Acta S. Sedis 334. Vgl. * 91untiu§ 9tocci
an Varberini, 16. 9Iug. 1631. Barb. Lat 6220,
f. 53.
7 * Austriae Fund. II 300. — ©ine grobe
Äorrefponbcnj über bie beabficfjtigte Einführung
ber Sduiten in granffurt aU‘o ben fahren 1615
bi§ 1631 liegt in SBieit, ©taatSarcfjio, 94eid)*d-
Ifofrat, Jes. 113.
8 ©tiftung^urfunbe üom 8. Sitarn 1626 ge>
brucft in granj ©piringcr, 2)a3 8tfd)affen>
burger ©qmnafium, fßrogr. be§ ©hmn. 9lfbhaffen-
bürg 1901, 50. 9 Litt. ann. 1612, 346 ff.
Äoflegien, SJefibenjett unb Sütiffionen : Stfdfioffenburg.
149
^efuiteit an : Qol). 9?einf)arb 2lbolf Senepp unb ^n?ei Paienbriiber. Mit beit
(Erfolgen mar man jufriebett. „$>af; ber ©taub ber Üiefibenz", fo fcfjrieb 5>itelle§cf)i
am 20. Quni 1018 an ben SBijefitperior gacieg, „fo oorjüglirf) ift, mad)t mir greube;
bafj aber in jener ©egenb jo oiele j;ur fatfjolifdjen ^ird^e jurücfgefehrt finb, freute
mid) fo fefjr, baff id) aud) bem fßapfte baoon glaubte Mitteilung machen ju müffen.
ÜDerfelbe Ijat beim aud) grofje greube bariiber empfunben."1 Sie ©rfolge bemogen
ben Surfürften, einen längft gehegten fJSlan zur Slugfüljrung ju bringen, nämlid) bie
©rmeiterung ber fRefibenj ju einem Heilten Solleg mit etma jtnölf fßerfonen unb jtoei,
f)öd)fteng brei ©rammatifflaffen2. Ser ©eneral fcfjrieb barüber am 7. September 1619
bem ffßroüinsial ©opper : „©in foldjeg Solleg ift zmar in ber rheinifdjen fßrooing etmag
ganz 9?eue§. Sod) glaube id), bafj mir bem Söunfdje beg ung fo mofjlgefinnten Sur»
fiirften burcf)au§ nadjfommen müffen, unb bag um fo elfer, ba reiche grüßte ju ermarten
finb unb ein allmählicher Slugbau ju einem oollftänbigen Solleg nidjt unmahrfd)einlid)
ift."3 St lg Söohnung biente ben Qefuiten für bie erften ^afjre eine leerfte^enbe
Surie in ber „©rauen ©afj" (jejjt fßfaffengaffe), bie ben 9?amen „3um deinen
Sfgppter" führte; für bie ©eelforge mar ihnen ein ©eitenfcfjiff ber ©tiftgfirdje an»
gemiefen morbeu. 3m 3ahre 1617 erhielten fie eine eigene ffeine Sapelle 4. ©chon
1619 begann man mit bem 23au einer geräumigeren Sirdje, bie 1620 fertiggeftellt
unb 1621 mit großer ^eierlidjfeit ooirt ©r^bifcpof eingemeiht mürbe. Sie ©eefe biefeg
S3aueg unb beg gleichzeitig in Singriff genommenen ©djulbaueg mar P. 3igto:;
Mittel aufjer bem S3aupla§, 11560 ©ulben, I;atte ber Surfürft gegeben. Sie Sirene,
ein römifdjer 33arodbau mit Sonnengemölbe fiat eine Sänge öon ftarf 30 m, eine
^)öhe Don faft 18 m unb mar ben 33ebürfniffen eineg fleinen Sollegg angepafjt5.
1 *Drig.=5Reg. Ad Rhen. 4 ©pi ring er a. a. D. 10 ff.
3 * 31fller an 6en Stffiftenten 93nfaeu^, 20. 9J7ai 5 33 raun, Sie Stirdjenbauten ber bcutfdjen
1620. Rhen. sup. Fund. I. Sefuiten 1 192 ff. 3>a§ Äoltcg tuurbe fpäter
3 *0rig.=9teg. Ad Rhen. gebaut, beim in einem SSriefe be3 ©eneralg
150
$ritte§ Kapitel. S)tc oberrpeinifdje fßrobinj.
2)en Unterricht hatte man Slnfang (beS Schuljahres?) 1620 mit einer klaffe
begonnen unb 1622 auf brei Staffen unter brei Sefjrern ermeitert* 1. „®ie Sdjulen,
raeldje non Stag gu Stag an (Schülern machfen", fo fdjrieb am 1. üguni 1621 P. 3i(Üer
an ben ©eneral, „merben aümählid) gu ftein. ®er 3ubrang aber gu unferer Kirdje ift
für biefe fleine Stabt ftar!. fßfingften empfingen über 1300 bie Zeitige Kommunion."2
©ine hoppelte Kongregation mürbe eingerichtet, bie eine für bie Schüler, bie anbere für
ben Kleru§ unb bie ^Bürger. Unb in einem Sdjreiben ViteUeSchiS oom 4. SRooember
1623 an ben P. 3iQ^er heifjt eS: „S£)er oorgüglidje Stanb ber ÜRieberlaffung unb bie
reichen grüdjte unferer bortigen Sßirffamfeit machen unS nicht menig greube. £mffent=
lief) mirb auch ber SSunfd) @ro> (podjmürben, gur Vemältigung ber ©rnte mehr Seute
bort unterhalten gu fönnen, fid) halb erfüllen, menn nur ©ott ruhigere 3eiten fcfjidt
unb ben Kurfürft erhält." 3 SDiefer SEBunfcf) ging halb in (Erfüllung, Schon Slnfang
1624 äußerte ber Kurfürft felbft bie Slbfidjt, baS Kolleg meiter auSgubauen, unb
oerfügte fchon am 12. Januar 1624 bie Vermehrung ber Stiftung4. §erbft 1624
mürbe nun bie oierte Klaffe unb gmei 3a^re fpäter, £>erbft 1626, audj bie fünfte unb
lefjte Klaffe angefügt, nacf)bem fdjon QaljrS guoor bie SUeberlaffung oont OrbenS*
general ben fRang unb Stitel eines eigentlichen KollegS erhalten hatte5.
Über bie bisherige Stätigfeit ber ^efuiten unb feine meiteren ©rmartungen äußerte
fief) ber Kurfürft in bem brüten Stiftsbriefe oont 8. 9Rärg (Reminiscere) 1626 alfo:
2Bir haben „bisfjero im SEBort unb in ber Stat Oerfpühret, baf; mehr gebadete ^riefter unb
©eiftlidje ber Societät 3efu bei ber Qugenb burd) ©atedjefiren unb ©rhaltung breier
Schulen ©ramniaticeS nit allein, fonbern auch &ei männiglichen in unb außerhalb ber
Stabt, in benadjbarten Rieden unb SDorffchaften mit ^rebigen unb Untermeifung merf*
liehen ??u^en gefdjaffet unb unfere mahre catholifche ^Religion in foldje Slufnahme ge*
bracht, bafj bem lieben ©ott höchlich barunt gu banfen, auch ber Gütern [ich gu freuen,
bah fie unb ihre Kinber in furgem gu rechter ©laubenSerfenntnifj unb gu gottfeligen
Übungen djriftlidjer catlfolifcher Söerfe fommen, unb bie Kinber oljne ber Gütern
fdjmere Koften in ber ÜRähe bei beren Schulen erhalten merben fönnen; bahero mir
biefem uuferm Oberftift nit allein gang nith unb oerträglid), fonbern auch h°cf)nötig
befinben, oft gebadete )|3riefter unb ©eiftlid^e ber Societät 3efu als nach nunmehr
erbauten Kirdjen unb beftänbigem 2Bof)nhauS gu einem Collegio fomohl fünftiglid)
mit beftänbigem, notbürftigem Unterhalt gu üerfefjen, als aud) noch ferner bahin gu
trachten, mie bei fo üerfpührenbem guten Gsffect über bie allbereith aufgerichtete unb
bis bahero rühmlich erhaltene brei Schuhten ©rammaticeS beneben ber ißoetica noch
bie fRhelarica alfobalb unb bann bie SDialectica mit nädjftem auch eingerichtet unb
biefelben ber 3ugenb oorgetragen merben mögen"6. 3n berfelben ürfunbe übergibt
ber Kurfürft gum Unterhalt meiterer ißerfonen „fraft überörtlicher ©emalt unb bar*
über habenbem päpftlid^en Qnbult unfer nun etliche Qafjr hero befolat geftanbene
Klofter §immeltf)al famt allen beffen Vefifjungen unb fRedRen"7.
93itelte§d)i bom 16. fDtärj 1630 an beit Stettor
§oen Reifet e§ : Egit idem (P. Zigler) hic quo-
que mecum de fornta aedificii Collegii istius,
quam etiam delineatam ostendit, quae cum
aptissime descripta videatur, valde opto ut
ad illarn formam omne aedificium exaedifi-
cetur. *Drig.=91eg. Ad Rhen. sup.
1 *Catal. 1622. Slgl. ©pivinger a. a. D. 14.
2 * Original in Docum. hist. Prov. Rhen.
3 * 0rig.=9teg. Ad Rhen.
4 * 33itelIeM)i an Bigter, 6- ?tpri[ 1624.
Spiringer a. a. €. 49 f.
5 *Litt. ann. 1624. *Catal. Rhen. sup.
1626. * S8itelle§d)i an B'QU’r, 4. 3 an. 1625.
Ad Rhen. Slitnapme unb 2)anf S8iteüe-§d)tg öom
11. San. 1625 au ©ebtoeifparb. * 0rig.*9teg.
Ad Extern.
6 $rucf bei ©pi ringer a. a. D. 50 f.
7 Über ba§ gegen @nbe be§ 16. Saprpunbcrt!?
ganj berfonitneite ßiftercienferinnenttofter tpim*
meltpal im fübroeftlid)en 33orlanb be§ Speffart
tigt. 2lrd)io be§ §iftor. Sereing oott Unter*
fronten unb Slfdjaffenburg XL VII (1905) 211 ff.
9lnt 1. Snti 1626 bat ©dpueitljarb um iöeftäti*
Sollegien, fRefibensen mtb Miffionen: Stfdjaffenburg.
151
.Qur Qjinfüprung ber 3)ialeftif farn eg jmar nicpt, bocp gebieten bie ©deuten1
unb bauerten audj bie ©rfolge in ber feelforglicpen Xätigfeit an2, fo baff bag
Äodegiatfapitel im Qapre 1629 ben Qefuiten and) bie ^Srebigten in ber Stiftgfirdje
übertrug3 unb ber neue Slurfiirft ©eorg Qriebricp üon ©reiffenflau bei ber 9?eu*
beftätigung ber Stiftung im Qapre 1629 mteberum „rüpmenb beg frommen ©tferg
unb ber üerbienftooden erjieperifdjen £ätig!eit ber Slfcfjaffenburger Qefuiten gebaute" 4.
Qpre 3a^ @nbe 1630 auf 18 angemacpfen : 7 ißriefter, 5 üOJagiftri unb
6 Saienbriiber. SDioüember 1631 machte bag |)eranriiden beg Sdjroebenfönigg bem
$oHeg mit einem Sdjlag ein (Snbe. Stuf ben 9tat flilltjg tterliefjen ade Qefuiten
bie Stabt, nadjbem ber ^Heftor 9iifolaug £>oen felbft feine aufopfernbe Sütigfeit bei
ben tränten Ttitlijfcpen Solbaten mit bem Xobe bezopft patte5. @rft (Snbe 1634,
nacp ber Scpladjt bei ÜRörblingen unb bem iRücf^ug ber Scproeben au§ 2lfd)affenburg
feprten oier Qefuiten ^uriid. Sie fanben aber überall (Slenb unb 9iot unb baju
bie fdjredlicp mütenbe ißeft. 500 Seicpen lagen megen beg partgefrorenen 33obeng
unbeerbigt ba, unb „baff ipr ©rab nidjt ber §JJain mürbe", fagt ber Qapregbericpt,
„Oerpinberte bie bide ©igbede".
„Qn biefen Qeden ber 9cot", fo fdjreibt ber neuefte ©efcpicptfdjreiber beg ®oI*
legg, „bemiefen bie bier Qefuiten einen rüpmlicpen (Sifer im SDienfte ber djriftlidjen
Siebe unb Sarmperjigfeit. Unerfdjroden leifteten fie ben Äranfen unb ben Ster*
benben ipren Seiftanb." 6 Qm folgenben Qapre mürbe aucp bie Scpule mieber er*
öffnet. SDiefe pob fiep aber bei bem ftänbigen ®riegggetümmel unb bei ber ftarf
j$ufammengefd)moljenen 23eoöIferung nur langfam. Qm Qapre 1637 unterrichtete
man in ^roei Pfaffen. 33ei einem Überfall burep bie Sdjmeben Slpril 1637 mürben
®oöeg unb ßirepe geplünbert unb ber fReftor . Qafob Siebft in feinem eigenen
Qimmer faft töblidj oermunbet. . Slnfang 1638 feprten bie geflopenen Qefuiten mieber
jurüd. Sllsbalb fudjten fie audj bie Scpule ju eröffnen, aber eg ging natürlich
fepr langfam. 31m 16. Stooember 1641 fepreibt P. ©eorg ©tjfaeug; Ünfere Sdjulen
finb fepr fepmadj. 2Sir paben 3 §umaniften, 8 Spntapiften, 4 Setunbaner unb un*
gefäpr 20 Qnfimiften. Slber bie fleine Scpar fürchtet fidj nidjt7. Qm Qapre 1643
jäplte bie Scpule mieber bier klaffen, aber je jmei fombiniert. „®a nun bie Sdjüler
fiep meprten", fo erjäplt ber Söericpt be§ Qapreg 1644, „unb bei ber 3(uffüprung
beg Sdjaufpielg ^permenegilb ju Slnfang beg neuen Scpuljaprg burdj ipr gemanbteg
Sluftreten audj ben 33eifall beg ®urfürfteit geerntet patten, fo mürben brei Seprer
angeftellt, meldje bie Qugenb in fünf klaffen beffer unterridjten tonnten."8
31pnlicp langfam entmidelte fiep bie feelforglicpe £ätigfeit in ber Stabt unb auf
ben umliegenben Ortfdpaften, bie bielfach iprer Pfarrer beraubt maren 9. ®ie reget*
gung mit ber 23egrünbung : Magno Archiepi-
scopatus nostri bono et subditorum nostrorum
in pietate et religione Catholica profectu, ali¬
quot iam annis in urbe Ascbaffenburgensi . . .
Patres Societatis lesu operam suam mihi im-
penderunt indefessain. Ut adeo magnopere
mihi curae sit, ut Societati lesu hoc loco
erectum per me in honorem Sanctissimae
Trinitatis Collegium , extrueto iam templo
et habitatione necessariis etiam alimentis pro-
videam . . . ea Sanc,as Ya rata habeat, illud-
que certo statuat, industriam Patrum Socie¬
tatis lesu multarum millium animarum ad
fidem Catholicam reductione iam nobis testa-
tam, ampliores adliuc fructus in horrea Domini
llaturos. * Original in Barb. Lat. 6882, f. 73.
SBegen be3 am 17. (September 1626 erfolgten
2obe3 ©djtoeifljarbS üersögerte fid) bie 93eftäti=
gung; fie erfolgte erft am 15. Mai 1627. 9lrd)tu
a. a. 0. 295.
1 * Litt. ann. 1630.
2 Sßgl. * Ad Rhen. sup. 1628, 240; 1629,
251 ; i630, 272 280.
3 *Catal. Rhen. sup. 1629 — 1630. * Litt,
ann. 1631.
4 ©piringer, 2)a3 9l|d)affenburger ©pnt*
uaftum 20.
5 * Litt. ann. 1631.
0 ©piringer a. a. 0. 25.
7 * Original itt Mains, ©tabtbibliotljef, Jes.
A. 25 A. 8 * Litt. ann. 1644.
9 SSgl. * ebb. 1637 u. 1639.
152
®ritte§ Äapitel. Sie oberrljeinifclje ^rotiinj.
mäßigen Katedjefen in ben ^Dörfern unb gledett fonnte man erft im $afjre 1644 mieber
aufnefjmen. Stamäfjticf; fjob fiel) non nun an mieber ber Empfang bet ©aframente,
^m ^aljre 1647 mären eS „5000 Kommunionen in ber ©tabt unb mehrere ütaufenbe
braunen auf ben Pfarreien" unb gmei $af)re fpäter „io öiele, mie nodj nie feit ben
fdjmebifdjen KriegSftürmen" 1. ®ie Slfcfjaffenburger ^efuiten, beren gal)! im 3af)re
1650 mieber auf 16 geftiegen mar, grnölf Priefter unb oier Saienbrüber, fjaben in
all biefen ^aljren ber 9cot unb beS ©djred'enS nie! auSgetjalten, gugleicf) oiel 9Kut,
(Sifer unb 2IuSbauer bemiefen. 21m 21. Januar 1640 Ijatte 93itelle§cf)i Doll ber
Slnerfennung an ben 2lfdjaffenburger fReftor gefdjrieben: „@ef)r erfreut mar id) über
ben freubigen SOiut ber Uitfrigen unter fo Dielen SDrangfalen, inmitten beS STobeS
unb umgeben Don Krieg, junger unb Peft. fpier mel)t fürmaljr ber Gleift @otteS,
ber unS audj über bie irbifcfjen @d)idfalSfd)täge emporljebt." Unb geljn Qaljre fpäter
fjeifjt eS äfpilicf) in einem Schreiben beS ©eneralS Piccolomini: „Sftidjt gemö^nlicfje
greube medte in mir bie 9?acf)ri<f)t Don ber TTugenb unb bem (Sifer ber Unfrigen
trop aller geitlidjen 9?ot. :Qdj fjege bie fefte Hoffnung, baff @ott feinen Wienern, bie
fo emfig für if)n arbeiten, ben notmenbigen SebenSunterfjalt nidjt Derfagen roirb."2
2Bie fetjr ber SBürgengel gemittet, geigt am beften bie £atfacf)e, baf; Don 7000 männ*
lidjen Semoljnern beS 2lfd)affenburger 2lmteS am ßnbe beS Krieges nur noef) 700
am Seben maren3.
i*c
®aS Kolleg in £)ciltgenftnbt fe|te bie frühere fegenSreicfie STätigfeit fort4. Seim
£obe beS ÜUiainger Kurfürften Söolfgang Don ®alberg (1582 — 1601) bemerft ber neuefte
@efcf)icf)tfd)reiber beS SicfjSfelbeS : „Sei ber Serbeffermtg beS fatf;o!ifcf)en SebenS im
GridEjSfefb maren if)tn bie 3e?uiteit beS fpeiligenftabter KoöegS fefjr befjifflicf). ©ie
forgten nidjt nur für ben 9iad)mud)S eines frommen unb miffenfdjaftlid) gebilbeten
KleruS, fonbertt nahmen fid) auef) ber fd)on im 21mte befinblidfjen Priefter an unb
forgten burd) bie geiftlicfjen Übungen für ©rfjattung beS priefterlidjen SebenS unb
©trebenS. ®iefelbe SSoljltat ermiefen fie ben OrbenSgeiftlicfjen, befonberS ben
Konoentualen Don 9feifenftein. Unter bem Sanboolf festen fie unerntüblicf) itjre
£ötigfeit fort."5
„®er ©tanb beS KolIegS", fo fc^rieb ber ffteftor ßof). äfteftorff am 16. $uli
1600 Don §eiligenftabt an SlquaDioa6, „ift berfelbe mie fonft. ßu fpaufe f)errfd)t
9iuf)e unb Triebe, unb ein jeber Derfiept gu meiner Dollen ßufriebenfjeit fein 2tmt. . . .
Unfere Slrbeiten fiub in biefer ©egenb nicf)t unnüp. ©eit Oftern Ijaben fdjon neun
Pfarrer bei uttS bie geiftlicfjen Übungen gemacht; einige Ijaben mir aud) aus ifjrern
unreinen Seben fjerauSgeriffen. Über 30 Ijaben mir fcfjon in biefem fjalben Qafjre
gur fatfjolifdjen Kirche gurüdgefüfjrt. Oft gefjen mir gu ben benadjbarten Dörfern,
gu ben Klöftern unb 2Ballfaf)rtSorten. SDabei Ijaben gumeilen gmei patres an einem
Sage gegen 200 Seidjten gehört."
®er am 15. 9Jiai 1601 gemähte neue Kurfürft Don SO^aing , ^oljantt 21batn
Don Siden, fjatte fdjon früher baS Kolleg unterftiipt. 211S Gsrgbifdjof fügte er ben
beftefjenben Klaffen je eine für fRfjetorif unb SRoraltfjeologie fjingu, er ftiftete Prämien,
1 *Litt. ann. 1644 it. 1647.
2 * 0rig.=fReg. Ad Rhen. sup.
3 ©piringer a. a. 0. 29. — Sie Obern
maren: IReinb- Qtglcr, 1612; $et. 1*325 ;
9tif. .f)ocn, 1628; SBenpet, 1631; S°b-
Sugeifen (SSiüereftor), 1636; Siebft, 1636;
Sol). Htnngolt (SBijereftor), 1637; tpt)il. Spalter,
1638; ©eorg SOtenjj, 1642; SHcinl). f^auft, 1644;
2tbr. 0utitcfen (Sßisereftor), 1647 ; Sob- ßarb,
1648-1651.
4 »gl. 93b I, ©. 109 ff.
5 »b. Srtieb, ©efd). ber ^Reformation unb
©egenreformotion auf bem ©idjSfelbe2 (1909)
300.
c * Original in Germ. Epp. XXXVI (1601)
71.
Soflegicn, SRefibcnscn mtb 9Jtiffioncn : ^eiligenftabt. 153
übermieg ein angren^enbeg |>au§ unb eine grope SBibliotfjef. ®ag Kolleg „mar if)nt
lieb unb teuer alg bie fßflanjfd)ule eine§ tüchtigen ®leru§" 1.
9iad) bem frühen Job Slbamg folgte am 17. Februar 1604 bcr arbeitfanie unb
fromme, oon ÜRatnr etmag ängftlidje Qof). ©djmeifharb ooit ^ronberg. 23ei feinem
9iegierunggantritt roaren in .fpeiligenftabt nod) mehrere fjunbert ißroteftanten oor*
fjanben, benen ber ^urfiirft 1605 mieberfiolt befahl, „ihre ^Religion ober ihren
333ob)nfi^ gu änbern", aber biefe 23efef)le frudjteten menig 2.
hierüber berichtete am 2. Januar 1606 ber Sieftor ^of). SDZeftorff an Stquaöiöa:
,,^m oerfloffenen SRonate maren hier bie furfürftlidjeu ©efanbten, an beren ©pipe
ber SDombefan ^afob o. (SIp . . ., unb oerorbneten, baff big SQZariä Sichtmep alle ^Bürger
unb überhaupt alle ifSroteftanten
jur fatholifchen ®ird)e §urüd*
fehren ober aber ihre ©ad)en
oerfaufen unb bag Sanb oer*
laffen müfjten. SDod) fcheint bie
SBerorbnung auf bie 93ürger hier
— mit ihren ^inbern nod) 300
unb mehr — menig Sinbrud
gemadjt jit hoben; benn äpnlid)
ift eg ihnen fdjon öfterg augju*
meidjen gelungen, ©leidjmohl
fcheint ber CSrjbifcfjof bie ©acf)e
ernft 311 nehmen. . . . ®er 23ürger>
meifter, eilt ÜDiann Oon 60 ^af)«
ren, ift um 2Beihnad)ten gur
®ird)e juriidgefehrt unb hot in
nuferer $ird)e gur großen f^reube
ber anmefenben ^'ommiffare unb
unter bem ^ubel ber ^atpolifen
bie heilige Kommunion noch fa*
tholifchem fRitug empfangen. . . .
Seiber reidien unfere Kräfte für
bag grope Slrbeitgfelb nidjt aug,
ba ung bie Slrbeiten ju §aug
3U fepr in Slnfprud) nehmen."3
Um größeren ©rfolg ju er*
sielen , fdjrieb ber Srjbifdjof giad) SbeDenljiller, Sonterfet Äimbferftid), 1721. (Stid) (ca 5/7).
um Oftern 1606 an ben Sieltor
beg ^ollegg, er fülle bie ^Bürger in feinem ÜRanten ermahnen, bie ©timme ifjreg
SSaterg unb gurten folgfam ju hören, er fucf)e nichts anbereg alg ihr ©eelenpeil
unb ihre SBoplfahrt. 33ig gegen ©nbe beg Qüfjreg traten befonberg infolge beg
®rängeng ber Sommiffare gegen 100 ißerfonen jur fatholifchen &'ird)e jurüd. £)ie
Termine ber Slugmeifung mürben immer mieber oerfängert big in bag Qal)r 1610
hinein. Stuf bie fRüdfepr ber 1608 nod) übriggebliebenen 40 ißroteftanten übte ber
®omfapituIar Slnfelm Äafimit o. Söambolb großen (Sinflup. „21(g furfürftlicher
©teüoertreter oermeilte er ben ganzen ©ornnter beg ^apreg 1610 in ber ©tabt unb
unterftüpte bie ^5rebigten ber ^efuiten burd) fein Slnfepen. ©o fam eg, baff nun
ber lepte fReft ber lutl)erifd)en ^Bürger jur fatholifchen fö’irdje jurüdfeprte. . . . ipätte
1 Änieb a. a. 0. 301 f.
2 Sbb. 321.
3 * Original in Germ. Epp. XXXVII 12.
154
drittel Kapitel. 2)ie oberrf)einifd)e fBrooina.
bet Äurfiirft gum ©editierte gegriffen, mie ein äftorih non §effen, bann märe er
rafdher gum 3*?^ gefommen unb ^ätte bem Sanbe manche Unruhe erwart; ob bann
aber auch eine mirfliche ©inneSänberung ber im Irrglauben alt gemorbenen ^erfoneit
eingetreten, ob ba§ fatfjolifc^e Seben fo rafcf) aufgebläht märe, mie e§ gefdjehen,
ba§ ift eine anbere gnrage." 1 fpeiügenftabt gäfjtte um biefe 3eit faurn 600 £>erbe,
non ben Vemohnern raffte bie fßeft 1611 mehr als 600 meg. Um biefe ßeit
maren bie 2öof)nung§nerf)ättniffe ber ^atre§ nicEjt günftig. 2lnt 14. St)egember 1613
fdjreibt Stquaoioa bem Sßrooingial ©djeren megen Etagen über bie ben (Sinfturg
brofyenben ©djulgebäube unb ben Übeln @erud) in ber Kirche infolge ber nieten
Seidjeit2. St)iefen Etagen mürbe 1616 teilrceife abgefjolfen burd) einen großen Neubau,
ber 164 ffuf lang unb 36 gmjj breit in brei ©tocfroerfeit einen ©aal unb Söofjn«
gimmet umfafste. 3um 3ß^re 1622 heifjt eS, in bem alten |jauS feien unten bie
@d)ulen gemefen unb oben hätten bie ©cfjolaftifer (Sßhilofophen, bie non fßaberborn
geflofjen) mit ihrem ^5rofeffor gemoljnt; baS neue üont (Srgbifdjof gebaute .fpauS biene
als f)inreid)enb gute 2öof)nung.
St)ie 3ß^I ber fßerfonen betrug oor ber ©djmebengeit burchfdjnittlich 18 — 20,
fpäter fchmanfte fie je nach bem (Urabe ber Vermüftung gmifdjen 5 — 15, bie geringfte
3af)l geigen bie 3ßf)re 1641 — 1645 mit 6—8 Sßerfonen. 1632 unb 1633 mürben
bie 3efuiten nertrieben, 1640 ©tabt unb Kolleg in einem 3ßhr fünfmal geplünbert.
3m 3af)re 1646 tonnte nad) fedhgehnjäljriger Unterbrechung mieber eine Vifite burd)
ben fßrooingial gehalten merben. (Srft Dftober 1650 gogen bie lebten Struppen aus
ber ©tabt fort3.
Stroh alt biefer Söebrängniffe leifteten bie ^efuiten baS SOienfdfjenmögliche. ®ie
©chulen entrcidelten fid^ gut; eS mürben 1601 bie 9K)etorif, 1603 bie Sftoral, 1609
gmei roeitere Vorlefungen über Stialeftif unb Kontrooerfe beigefügt4. $ür ba§ 3a^r
1628 merben 9 fßrofefforen aufgegählt, 6 für baS ©pinnafium, barunter 1 nur
für baS ©riecfjifche, aufjerbem je 1 fßrofeffor für SD'ialeftif, Sftoral unb Kontrooerfe.
9cach ber Vertreibung muffte bann oon neuem angefangen merben. Staunt marett
1632 einige ^efuiten gurüdgefeljrt, fingen fie nach SDftern fofort mieber ben Unter-
ridjt an, ber aber burd) ihre ©efangennaljme mieber unterbrochen mürbe. Slnfang
1636 famen gu bem einen ^efuiten, ber 1635 bie Sßrebigten mieber aufgenommen,
noch gmei Sßriefter unb ein DJiagifter, bie fofort bie ©chulen eröffneten.
Sta mar feine lange (Sinlabung nötig, fo lautet ber Veridjt oon 1636, benn bie
(Sidjsfelber 3ugenk ift f° erpicht aufs ©tubieren, baff bei bem erften ©eriicfjt oon
ber (Sröffnung ber ©cf»ule bie einen ben fßflug, bie anbern ben Jammer ober mogu
fie fonft immer ber Krieg üerurteilt hßUe, als ihrer unmürbige 3nftrumente meg-
roarfen unb mit bem SebertoamS (corio), gerabe mie fie nad) SanbeSfitte gefleibet
maren, herbeieilten, ohne in ihrer Ungebitlb auf 2Infertigung oon ©tubentenmänteln
gu märten. 3n wenigen Stagen maren 50 beifammen. 3wei Seljrer hielten ©chule;
ohne oiel 2JJühe mürbe aud) bie Kongregation mieber errichtet. Stroh aller fßlünberungen
unb ber faft üölligen Verteuflung ber ©tabt maren eS 1644 über 150 unb 1646
über 240 ©djüler. St>ie Veridjte oon 1645 bemerfen gu biefer über alles (Smarten
1 & n i e b , ©efd). ber [Reformation ufm. 324.
2 * Orig. -[Reg. Ad Rhen. 3rt ber Sirdje batte
ber ©tattfjatter 1605 eine Gfjorbülfne bauen
[affen, bamit fie mefjr Seutc faffe. [Reftor SWeftorff
an Slquabiüa, 2. San. 1606. * Original in
Germ. Epp. XXV11 12\
3 ®ie3 unb baS fgotgenbe nad) * Litt, ann.,
* Catal. unb * Hist. Rhen. sup. ®ie * Hist.
coli. Heiligenst., bereu erfter 33aub oon 1574
biä 1685 reid)t, befinbet fid) in ber ©qmnafial-
bibliotljef 3U $>eiligertftabt. 35gt. Sol). 93 r ü 1 1,
Urfunblid)e3 jur @efd)id)te be§ ,'peiligeuftäbter
SefuitenfoHegiuni^. [progr. 1897, 22 ff.
4 1603 ääfpte bie fflloral 15 Jpörer, eine für
bie geringe SöeoöRerung grobe 3abb fo fügen
bie 58erid)te bei.
Kollegien, fRefibenjen unb iDZiffioneit : §eiligenftabt.
155
großen ßaljl: fo groff ift bie Siebe biefeS VolfeS junt ©titbium, baff SSitmen unb
arme SIrbeiter beu lebten Pfennig herbeifdjaffen, um ihrem ©ohne baS ©tubium auf
unfern ©dfulen ju ermöglichen.
£$m ^af)re 1(345 lehrten jmei ^Sriefter bie bier ©bmnaftalflafjen, unb meil bie
©djülerjahl ftarf rauche mürbe noch mährenb beS QafjreS ein britter Sehrer für bie
Vljetorif berufen. biefem unb ben folgenben fahren mareit fombiniert Vhetorif
mit Humanität, bie oberfte mit ber mittleren ©rammatif, bie unterfte ©rammatif
beftanb für fid). Siooember 1648 traten audj ©ialeftif unb 9)Joral f)in§u, nach
einer Unterbrechung bon 17 fahren, unb jmar, mie ber 33eri(d)t beifügt, yju großem
Vorteil für baS Sanb, baS unter fo großem SOZangel an ©eelforgern litt, $nt
Qahre 1650 maren bie fünf ®t)mnafialflaffen mieber felbftänbig, inbem bie fRljetoirif
bon ber Humanität getrennt unb für bie Humanität ein fünfter ^rofeffor am
geftellt mürbe.
fjür fßrebigt, Katedjefe unb 23eid]tftuf)l mar ben ^efuiten bie bebentenbfte ber
brei ^farrlirdjen, ©t Marien, bon bem ©rjbifdjof jugemiefen morben, unb fie mufften
bort auch auf beffen Verlangen (podjamt unb SSefper übernehmen. Sluffer ber Katedjefe
in biefer Kirdje hielten fßriefter unb ÜOJagiftri mährenb ber ^aftenjeit 1601 in 17
unb 1602 in 20 Dörfern ßfjriftenlehre. ©erabe burd) bie anhaltenbe Katedjefe in
jaljlreidjen Dörfern mürbe, mie eS in ben ^aljreSbriefen 1624 unb 1625 beifjt, bie
SBieberherftellung ber fatfjolifdjen Üteligion fehr geförbert. Um in ber ©tabt bie
©hnfienlehre noch mehr gu heben, üeranftaltete ber 9J7a giftrat 1615 eine 3äfjlung
ber Knaben.
Qn ber ©tabt mirlten für bie Vefeftigung ber fatfjolifdjen Kirche mehr als alle
ftrengen ©efeije bie brei Sftarianifdjen Kongregationen, oon benen eine bie älteren ©tm
benten unb gebilbete Herren, bie jmeite bie jüngeren ©tubenten, bie britte bie 53ürger
umfaffte 4 ©iefe brei Kongregationen mürben nach ber Vertreibung bereits im ^ahre
1637 mieber erridjtet, fpäter (1646) beftanb auch eine Kongregation für grauen, unb
1647 trat als fünfte Kongregation bie ber jungen (panbmerfer fp^u, bie oon ber
Vürgerfongregation abgejmeigt mürbe. SllS ein Verbienft ber Vürgerfongregation
mirb 1649 ermähnt, baff fie bie früher regellofen unb unorbentlicfjen ^rogeffionen
auf ben Hülfensberg beffer organifierte, fo baff in biefem ^aljre gegen 2000 fjßerfonen
baran teilnahmen. Sludj oiele SluStjilfe außerhalb ber ©tabt mürbe geleiftet, be*
fonberS an Orten, bie burch ben Krieg ihrer ©eelforger beraubt maren, fo 1646 bis
an bie ©renje oon Reffen, an Orten, mo feit fieben fahren feine SJieffe mehr gelefen
morben. ©orthin ftrömten bann bie Katholifen mit mahrem junger unb Heils»
begierbe üon allen ©eiten herbei, befonberS audj folcfje, bie gerftreut unter ben
fßroteftanten lebten. Sicht ©age oorher mürbe ber Ort überall befannt gemacht, mo
ber Va*er ben ©otteSbienft hollen mürbe, fo bah bie Seute ber ganzen ©egenb fid)
ridjten unb teilnehmen fonnten1 2.
SllS E)ödl)fte 3afjl für ben ©aframentenempfang ftnbert fich im Qafjre 1625 über
10 700 Kommunionen angegeben, ©iefe 3afjl mürbe nad) ber Stüdfehr langfam
mieber erreicht; in ben fahren 1637 — 1644 gählte man burchfcf)nittlicf> 4300, 1647
finb eS fdjon über 8000 unb in ben folgenben Qafjren gegen 9000. Sluf bie
Steigerung f)atte/ 4oie bie Berichte betonen, bie feit 1647 eingeführte monatlidje
©eneralfommunion mit oollfommenem Slblaff einen groben (Sinflu^ auSgeübt3.
1 Söericfyte üon 1613 uitb 1614. 3 2)ie JReftoren waren: 3ob- SOteftorff. 1595;
2 *Litt. ann. 1646 u. 1647. Über bie £eit= !yob. Keffcl, 1606; §einr. Sfteücr, 1612; ©tept).
nafjme be3 P. Konrab Otto an ber SBifitation 9tuibiue>, 1615; gof). Stau, 1617; ülbolf SIeüer,
üon 1628 f. Sßotf, 6id)$felbifcbe Kirchen» 1624; Kafp. Sennep, 1630; 9llb. 53öüing, 1639 ;
gefd)icf)te (1816) 134 ff. §einr. grom 1646.
156 drittes! Äapitcf. $ie oberrtjeinifdje fjjroöinä.
Son ^jeifigenftabt fam and; 1615 gum erftenmaf ein Sater nad) grigfar
(Reffen), mefcgeg politifd^ unb fircgficg gum $urfürftentum ädaing gehörte, um an
ben §auptfeften für bie Erneuerung beg fatfjotifcfjen Sebeng gu arbeiten. Eg tat
not. ®er ^roteftantigmug f;errfd;te oor bei ben Bürgern, unb bie ©eiftfidjen gaben
Sfrgernig. ©egen beibeg fcgritt ber fö’urfürft ein1. 2)erfefbe oerlangte üom Kolleg
üoit dftaing einen tüchtigen ^ater, um bei bem Herfe ber Hiebergerftedung gu gelfen.
Ein ^5ater mit einem Araber trafen 1616 in grigfar ein, mürben aber oon Bürgern
unb ©eiftficgen fegr fd^Iedjt aufgenommen. SDie lederen maren befonberg ergrimmt,
meil ignen ber ßurfürft ib)re ®ebgmeiber genommen2. Sfde s$rebigten beg Qjefuiten
nugteit im Stnfang nicgtg. SDen Sefegfen beg Äurfürften fegte man im Vertrauen
auf ben Seiftanb £>effeng Ungegorfam unb offene ©emaft entgegen. Erft nadjbem
fcgarfe furfiirftfidje unb faiferfidje üüianbate ben Bürgern ben Ernft ber Sage ftar
gemalt, bequemten fie fid) gur 9?ad)giebigfeit. Sefonberg mirfte babei mit bie lieber»
raerfung beg dfufftanbeg in granffurt. 200 erflärten, fie motlten lieber augmanbern,
aber fcgliefjficg führten nur 40 biefen Entfcgfufj aug. ^rebigten unb 5?atecgefen
mürben nunmegr gut befugt, bie alten ^rojeffionen mieber abgegaften. ^nt ©ommer
1616 mürbe ein gmeiter Sßater gu ^ilfe gefcEjicft unb bie Sftiffion bem näger ge»
legenen ^eitigenftabt gugeteift. Heitere ^erfonen folgten. 3lm 2. Sftärg 1624 brücfte
Sitedegcgi bem dteftor oon ^eiligenftabt, Qog. 91au, feine greube barüber aug, bajj bie
Bürger in grigfar admägfid) gur fat^olifcfjen Religion §urürfgefüf)rt mürben unb bie
^ßatre§ frucgtreid) arbeiteten3. Sfucg Stuten mürben errietet, fo bafj bie halb gur 9ie»
fibeng erhobene diieberfaffmtg 1628 3 patres, 3 Sftagiftri unb 2 Srüber gagfte. SDann
fam ber ®rieg unb mit igm bie Reffen. Qn einem Briefe an grang Hifgefm
o. Hartenberg, gürftbifdjof oon Ognabrüd, batiert ^ranffurt 18. ©eptember 1631,
geigt e§: ®ie Egur»9ftapngifd}en gaben ung am 15. biefeg ergält, bag bag §effifcge
93oIf bie cgurfurftficge ©tabt grigfar mit ©ernafb angriffen, morgeng gmifd;en 3 unb
4 Ugr mit gtmrmerf, aud) grobem ©efcgüg bie ^fortten eröffnet unb adeg aug»
geplunbert, bie ^efuiter übel tractirt, gar big auf bag §embt auggegogen, bie £)änbe
auf ben 91üden mie üDägtgätern gufammen gebunben unb alfo burdj bie ©tabt ge»
fiigret. Sanbgraef Hifgefm foU felbft in loco gemefen fein, unb mirb bie ©tabt
oon ben |)effifcgen nod) befegt4.
©päter modte man nicgt bortgin gurüdfegren. ®er oberrgeinifcge ^rooingiaf
fegt am 29. $ufi 1635 bem Orbenggeneral bar: „SDie ©tabt grigfar in Reffen
ergieft oor etma 20 3af)ren eine däeberfaffung ber ©efedfdjaft. @ie mürbe auf bag
ungeftüme drängen unb Sitten ber bortigen Obern gin admägfidj fo erroeitert, bag
fie acgt ^erfonen gägfte unb auger brei ©ratnmatifffaffen and) nocg bie Humanität
für menige ©djiifer untergieft. SDie diieberfaffung fcgeint aber bem ^nftitut ber
©efedfcgaft menig gu entfprecgen unb beggafb nidjt mieber aufgunegmen; benn erfteng
ift audi fegt nocg nacg ben jagrefangen Serfucgen unb oergeblidgen Sitten beim
Ergbifcgof bie Erlangung einer ginreicgenben ©tiftung für ein ®odeg augficgtgfog;
gmeiteng mucgg bigger mit ber Sßerfonengagf gmar bie diot, nidjt aber in gfeidjem
dflage ber Erfolg, gumaf bei ben angefegeneren dJMnnern, mit benen man nicgt feiten
in ©treit geriet; britteng, bie ©tiftggerrn finb ood Sitterfeit gegen ung unb erflärten,
afg mir oom Sanbgrafen oon §effen im ^agre 1631 oertrieben mürben, offen unb
fed, fie mürben nufere dtüdfegr bortgin um feinen Srei§ gugeben. Sfudj oorger
gaben fie igre Sfbneigung an ben Stag gefegt, afg fie trog ader Sitten eine ©eroititt,
1 * Litt. ann. Hilligenst. 1615. I~rei§ard)iO, füiainger 21rcf)io, Stifte 3029 K 750
2 3>ie§ unb ba§ golgenbe nad) ber *Refor- u. Sabe 636 H 2244. 3 * Crig.=fReg. Ad Rhen.
matioFritzlariensis 1615 — 1616. Sßeitere Sitten * g o r ft , s4?olitifd)e Sorrefbonbciiä be§ ©rafen
über bie ©infübrnnq ber Sefuiten: SBürjburg, 5rai,S SSilg. 0. SBartenberg 556.
Kollegien, fRefibenzen unb ÜRiffioneit: g-ritüar. — Erfurt.
157
melcp für ein 0röenSf)auS fo arg brüdenb unb ber ©efunbfjeit fo fcf)äblid) ift, non
ber 9?iebertaffung nicht megnet)men modten; oiertenS, baS £>auS ift non ben feinb*
licken ©olbaten oodftänbig auSgeptünbert unb fo jugeridftet, baff einem jep überall
naefte Söänbe anftarren. S3ei ber Slrmut ber ©inmohner fehlen aber aud) bie SJtittel
für bie StuSbefferung. 3)a bie Qinfen beS Kapitals, meldfeS ber ©rfurter 2Beifj-
bifefjof SBeber ber 92iebertaffung oermaep hatte, nad) Slüfpren berfetben bem nädjften
®odeg jufaden füllen, fo finb roir aud) non biefer ©eite nodftänbig frei. SBenn
jebod) ber $urfürft non 9J?ain-$ burdfauS auf einer Xätigfeit ber ©efedfd^aft in
Qripar beftänbe, fo mühte niep nur ber notmenbige Unterhalt non ipt oerlangt,
fonbern ifjm aud) ftar gefagt tn erben, baff ein ®odeg tnegen 9JtaugetS ber ©tiftung
bort nidjt errichtet merben fönne, noch überhaupt für eine fo unbebeutenbe ©tabt
non 9iupn fei; bah man aber auf einige Qeit bortpn jurüdfepen mode, um ben
Seuten ju plfen, benen feit einigen Qafjren bie Qrrtepe beigebradft ift."1
Von ^eiligenftabt gingen aud) bie erften fo fdpierigen Verfucp in Erfurt aus 2.
SDiefe Verfudje mürben trofz ber anbauernben ©djmierigfeiten befonberS non feiten
ber proteftantifepn Söiirger unb ber benaeparten proteftantifcfjen dürften in bem
neuen Qaphunbert mit größerem ©rfotg gefrönt3, Qm Qape 1601 tonnte bie bis*
prige „üJtiffion" jur 9?efiben§ erpben merben; 1604 roagte man in ber bamatS
gemöplidjen ßleibung ber Qefuiten öffentlich ju erfepinen. SItS ©cprmprr ber
©tabt nerlangte ©adffen 1609 bie Vertreibung ber Qefuiten; aber ber fö'urfürft er=
mirfte 1610 ein faiferticpS SDiptom, um bie Qefuiten gegen Qnfulte ju fdjüpn.
1611 eröffnete man eine fteine ©cf>ule. Qm felben Qaf)re jogen bie nier fßatreS
unb jmei Vriiber auS bem §aufe, in melcprn fie feit 1607 für 25 TDufaten jur
äßiete moljnten, in eine neue, geräumigere 2Bof)nung4. SDie STätigfeit entmidette
fid) immer mehr, fo bah ^>e Vefibenj 1619 als ®odeg erflärt mürbe. SDie ^erfonen*
^af)l betrug feitbem 16—18, barunter 6 ißatreS unb 6 äJtagiftri. ®ie ©djmeben
fnidten auch Per bie Vtüte5; bie Qefuiten muhten 1632 baS fö'odeg, 1633 bie ©tabt
räumen unb tonnten erft 1635 juriidfehren. ©cfjon 1637 erhielt bie ©tabt mieber
fd)mebifcp Vefaptng. 9?ad) löfähriger Unterbrechung tonnte 1646 mieber eine Vifi*
tation burch ben fßrooinjial ftattfinben. Unterbeffen fehlte eS nid)t an ifStadereien
ader 51rt; fo mar 1643 eine groffe §auSfud)ung nach oerborgenen SBaffen, 1647
mürbe jeber ißerfonenmechfet öom ^ommanbanten oerboten.
®ie ©dhute hatte anfangs (1611) nur eine klaffe, in metepr abmechfetnb bie
eine ©tunbe ein ißater, bie anbere ein ®anonifer Unterricht erteilten. Qm folgenben
Qahre unterrid)teten jmei patres in jmei klaffen, 1615 traten bie Humanität, 1616
bie 9?hetorit, 1618 ®iateftif unb 9Jtorat pn^u. Qn letzterem Qal)re mürbe für baS
©rieepfep ein eigener fßrofeffor angeftedt; äftatpmatif gab 1621 ein eigener i)3ater in
ben ^rioathäufern 6. Qm Qape 1622 gählte baS ®odeg fieben ffSrofefforen, je einen
für bie fünf ©pmnafialflaffen, für ©rieepfd) unb ©iateftü. 9iacf) bem @£it mürben
1636 brei ©rammatifalftaffen unb 9Jtorattf)eoIogie eingerichtet, bann 1638 SDiateftif
unb 1639 auch bie fdhetorif angegliebert ; letztere muhte aber bereits 1640 megen
1 *Informatio de residentiis ; ügl. barübet'
»rudjfal. 2 Sßt. 93b I, ©. 422 ff.
9 fffür baS gotgenbe befonberS *Hist. coli.
Erfurt. 1577 — 1769, *Litt. ann. unb *Catal.
Prov. Rhen.
4 58 iS baljin tjatten fie in ber eräbifdjöflidjen
5J3faIs Otefibenj) geioobut. Sn ben neuen 50hetS=
roofjnungen tnaren fie nod) 1619, weil baS burd)
ißoul V. am 25. Smutar 1615 inforporierte 9lu=
guftinerflofter (Sjmopsis 270) für bie äBofjnung
megen ber Entfernung nid)t paffenb mar. * Catal.
trienn. 1619.
5 Über bie ©diroebenseit Pgt. baS 6. Kapitel,
ferner 91. K o cb , 2)ie Erfurter 5E3eif)bifd)öfe 100 ff,
unb fRäb, KouPertitenbilber XI 430 f.
6 Sie ©cbülerjabt betrug fd)ou 1619 über
100; 1625 mirb bie ©d)ülersaf)[ als eine ge>
ringe bezeichnet.
J 58
Srittcä Kapitel. $ie oberrbeinifcbe SroPins.
Mangels an Schülern mieber aufgegeben merben. 1646 beftanben int 1. ©emefter 4,
im 2. ©emefter 5 klaffen unter 2 profefforen; um biefe Qeit tuaren fombiniert bie
unterfte mit ber mittleren ©rammatif, bie oberfte ©rammatif mit ber ^Soefie. fjür
bie armen ©tubenten mürbe 1618 ein |>auS für bereit Unterfunft eingerichtet.
An ber noch immer beftetjenben alten Unioerfität mar 1630 ber ffteftor beS
KolIegS Sefan ber theologifcfjen Qafultät gemorben. ©pater (1649) oerfuchte man
bie Qefuiten tmn ber tf)eologifdjen Qafultät, bie in biefem Qahre bett Katholifen
juriidgegeben merben muffte, auSjufchliehen, aber oergebenS; im Qal)re 1650 mürbe
ein neuer ©erfudj gemalt1.
Qn ber ©eelforge mirften anfangs nur jmei Priefter, 1608 fam ein britter,
1609 ein üierter l)tn§u. ©tänbige Prebigten I;atte man fpäter (1648) brei, aufser-
bem noch öiele auffergeroöhnlicf). Katedjefe mürbe menigftenS feit 1601 in ben
Kn ab enf<h ulen, fpäter (1622) im ganzen an fünf Orten gegeben; für baS Qahr 1648
finbet ficf) aud) bie Aufführung oon Sialogen bei ber ^atecfjefe ermähnt. AlSbalb
nacf) (Eröffnung ber ©dfule errichtete man fcfjoit 1614 eine Kongregation für bie
jüngeren Schüler, 1616 trat eine gmeite für bie älteren ©tubenten unb sperren,
1619 eine britte für bie ©iirger, 1624 eine bierte für grauen hinju. Qm Qahre 1630
mürben ooit ber ©ürgerfougregation aus Aniah ^eS QubiläumS 100 Arme öffentlich
gefpeift; Kongreganiften, Saien unb Priefter, bebienten bie Armen bei Sifdj. Sie
3af)l ber Kommunionen ftieg bon 1000 im Qal)re 1606 unb 2200 int Qaf)re 1615
auf 3700 im Qahre 1629; 1640 maren eS miebec 3500 unb 1647 über' 3600 2.
Sie Konberfionen fdjmanfen meift jmifchen 10 unb 30, einige Qahre finb eS über 40.
Qm Sienfte ber peftfranfen ©olbaten mürbe 1626 ber ÜDUnifter beS £>aufeS meg*
gerafft; ein Pater unb ein ©ruber mibmeten ficf; im felben Qahre auSfdjIiehlid) ben
peftfranfen 3.
Srop ber großen politifdhen SSirren, bie im 16. Qahrhunbert über Qulba
hereingebrocljen maren4, hatten bie Qefuiten ihre Arbeiten mutig unb mit (Srfolg fort*
gejept. Ser fffetter QulbaS, ber Qürftabt ©altfjafar bon Sermbacf), fehrte enblidh
(19. Sejember 1602) infolge beS ©ntfdjeibeS beS SfeichSfammergeridjtS nach 26jäf)rigem
@£il nach Qulba gurüdf. Qn ben brei folgenben Qahren gelang eS ihm noch, gegen
20000 ©eelen in ©imbach, tpammelburg, Kothen, Spotten, ^»erolj, §erbftein, Sber*
ufhaufen, ©iterfelb unb ben angrenjenben Sörfern ber fatljolifdjen Kirche gujuführen,
mobei bie Qefuiten ben Unterricht unb bie erfte ©eelforge übernahmen.
„SDiit £>ilfe ber Qefuiten brachte eS ber Abt bafjin, bah bie ©ebölferung bis
gegen @nbe beS QaljreS 1604 im mefentlichen ihrem ©efenntniffe entfagte." Qnfolge
eines faiferlichen SefreteS manbten fid) auch bie bisher noch hodnädfig gebliebenen
©emohner bis auf einen Meinen Seil, ber auSroanberte, mieber ber alten Kirche ju5.
Am 15. äftärj 1606 fejjte ein ©chlagfluh bem (Sifer beS unermüblicfjen, erft 57 Qahre
gät)lenben AbteS ein jäfjeS Qiei. „Aber er fonnte", fo führt fein ©iograph aus, „gu>
frieben fterben, benn feine Aufgabe mar nicht ungelöft geblieben. ©3ie bie ©efdjichte
ooit Qulba mirb auch bie 9tei<hSgefdjidjte bem ftreitbaren Prälaten ein unüergäng»
licheS Anbenfen bemahren. An 9Kad)t unb Anfehen gehörte er ja feineSmegS 311
1 *Hist. collegii. Sitten barüber in SUtainj,
Stabtbibliotbef, Jes. B. 4 A.
2 Ein langfamee!, aber ftetigeS Steigen läfet
ficb feftftetten. 1608: 1280, 1609: 1329, „mehr
al§ je jubor", 1612: 1500 Kommunionen.
3 Sie Obern maren: Sof. SJtangolbt, 1601;
3oh. EbolinuS, 1602; (50b. Stau, 1613; 3<>b-
EbolinnS, 1617 ; Sßet. Sllbenboüen, 1618 (elfter
Stettor); SRattb. Sürcf, 1625 (f 1626); $ob.
EbolinuS (Sijereftor), 1626; ©tepb- StoterobuS,
1627 (f 1628); ^ob- Settingen, 1628; 3°b-
EbolinuS , 1633 (f 1634); @eorg Sierborf,
1635; S^b- Kreibing, 1646.
4 Sgl. Sb I, ©. 128 ff.
5 £> e r m. ü. ß g 1 0 f f ft e i n , ffmrftabt Saltb.
oon Sermbacb (1890) 78 f.
Äoflcgiett, Dicfibcnjcn imb SKifftonen : gulba.
159
ben bebeutenberen fatholifdfcn 9teid)sftünbeit, um fo bemerfeit§merter i[t e§ baffer,
baff er einer ber erften mar, bie ben 3J?ut fjatten, ficf) bem uitaufhaftfamen $or»
bringen be§ ^roteftantigmug in ben 2Beg ju ftetlen. £rug bod) fein Verhaften nidft
menig baju bei, feine ©fauben^genoffett au§ ihrer Untätigfeit aufjurütteln unb fo
bie fReftaurationsbemegung in Qluff ju bringen."1
£>er zweite Nachfolger, Qof)ann Sernfjarb ©cfjenf ju ©dfroeingberg (1623 — 1632),
öodenbete ba3 Sßerf 23aftf)afar§ unb aud) bie Qunbation be§ QefuitenfodegS burd)
llrfunbe am 31. Quli 1626, bie am 20. 9ßai 1630 aucf) tmm Kapitel „au§ ©emogem
^eit gegen ba§ Ä'odeg" beftätigt mürbe. SDer Qürftabt mad)te bie Stiftung „in ber
feften Überzeugung oon ber ©röffe ber Vorteile, rcefdje bie Üieligiofen ber ©efedfdjaft
Qefu burd) ifjre unermiiblidjen, bereitmidigen Arbeiten ohne llnterlafz ber (Stabt unb
bem Sanbe Qufba bringen unb jum 23emeife unferer §ulb unb 2Bof)fgemogenf)eit,
mit ber mir ihnen nid)t minber af§ unfere Vorgänger jugetan finb unb meit mir fie
in ©tabt unb ©tift bauernb gefidjert miffeit moden2.
®iefe Arbeiten erftredten fid) §unäcf)ft auf @d)ufe unb ©eminar3. Unter ben
35 — 40 ^erfonen, mefdfe bi§ 1631 ba§ fö'odeg beroofjnten, arbeiteten 7 für bie
©djute, 6 für ba§ ©eminar; 6 SOfagiftri, barunter einer au§fcf)Iiefffid) für (55riecf)ifcf),
üerfafjen bie fünf klaffen be§ @t)mnafium§; ein fßater mar fjkofeffor ber 9J?oraf
ober föontroterfe. TDie ©d)üferzaf)f mirb für 1601 auf 500 angegeben; im fofgenben
Qafjre belief fid) bie Qafjf ber Qögfinge int ©eminar unb ^onoift auf 180. 9Rit
bem ©infad ber Reffen brach bie ©cffufe zufammen.
2>ie traurigfte $eit für Qufba maren bie Qafjre 1632 — 1635, in benen bie
©dfufen ganz aufhörten, ba bie Qefuiten Qebruar 1632 oertrieben mürben, ©rft
Oftober 1634 fefjrte ein fßater zuriid, if)tn folgten halb oier meitere, bie aber ade
oier nod) im felben Qafjre oom £obe meggerafft mürben. Qn furzen Slbftänben
erlitt bie ©tabt mieberfjofte fßfünberungen, unb einigemal mußten aucf) bie ^sefuiten,
aber nur für fürzere Qeit, flüchten. £ropbem mürben bie ©djulen mit menigen
ffeinen Unterbrechungen burdjgehaften. Sfprif 1635 begann ein üoritbergefjenber Unter¬
richt mit einer klaffe; 1636 eröffnen zwei SJfagiftri mit nur menigen ©djülern ba§
©pmnafium; 1638 mirb trop ber geringen ©djülerzaf)! zu ber unterften unb mittleren
nod) bie oberfte ©rammatifalflaffe beigefügt, fo baff brei klaffen unter z^tei Sefjrern
beftanben; 1639 fam aud) bie Humanität mit einem eigenen Sefjrer hinzu. Qm
folgenben Qaf)re (1640) mürben ©tabt unb ®odeg mieberfjolt gepfünbert; aber faum
Zurüdgefefjrt, fügte matt ben bisherigen Pfaffen aud) nod) bie Nffetorif bjtn^u. Qn
ben fofgenben Qaf)ren blieben bann ade klaffen be§ ©pmnafiumS unter brei Sefjrern
befielen, einer für SWjetorif unb Humanität unb z^ei für bie brei ©rammatifad
flaffen. Qür 1644 mirb bie @d)iiferzaf)f auf 80 angegeben, 1645 flieg biefefbe nod)
etmag. Qn ben Qafjren 1643 — 1650 fonnten im föodeg infolge ber groffen Not nur
10—13 fßerfonett unterhalten metbeit.
ift mirflid) rüfjrenb zu fefjen", fo fjebt ber ©efdjidjtfdfreiber ber Qmeiten
©d)ufe Qulba§ f)eroor, „mit mefdfer Siebe unb ©orge bie Qefuiten in biefem 2(uf*
unb Niebermogen bes &riege§ ber ©d)ufe uttb ber ftubierenben Qugenb fid) annaffmen,
mit meld)ent 9Nute fie ade Seiben bufbeten unb mit mefd)er Qreubigfeit fie immer
mieber auf ihren fßofteu zurüdfefjrten." 4
®ie§ Sob gilt aud) für bie @eelforg§arbeiten. Nuffer burd) bie beiben ffkebigten
im 2)ont unb ber Qefuitenfirche unb bie $atecf)efe an oerfchiebenen Orten arbeiteten bie
1 ßbb. 80. 3 $a§ golgenbe ttad) *Litt. arm. unb *Catal.
2 Äomp, gürftabt Sob- 33ernt). ®d)en! ju Prov. Rhen. 31g[. 33b I, ©. 132 f.
©d)tnetn§berg (1878) 43 ff. 1 Sornp, ®ie gtr eite Sd)u(egulba3(1877)49f.
160
drittes Sopitel. 2>ie obervbeinijcbe JßroPinjj.
^atre§ eifrig für bie Kongregationen ber ©tubenten unb ber Bürger. Septere jä^Ite
1631 120 ©obalen. $u biefen brei Kongregationen trat 1630 nodj eine oierte für
junge fpanbtuerfer; fie füllte bie jungen |>anbmerfer richtig §eranbitben unb jugleidj
eine ißflanüdjule für bie Siirgertongregation fein: fie begann mit 50 SJiitgliebern.
9?adj ber SRüdfeljr mürben 1636 gleich raieber jmei Kongregationen, eine für ©tu«
benten unb eine für bie Stirger, ins Seben gerufen. 1643 beftanben mieber alle
üier Kongregationen, unb 1646 mirb betont, bafj alle Kongregationen blühten, ©in
©efdjidjtfdjreiber tjebt fjeroor, bafj biefe Kongregationen Diel geleiftet unb Diel bei¬
getragen, bie Sürgerfdjaft im fattjolifdjen ©eifte ju erhalten 1.
®er ©aframentenentpfang ftieg 1630 auf über 10000 Kommunionen unb nadj
ber Slüdfefjr Don 4600 im Qaljre 1636 auf 6000 im ^aljte 1640 unb auf über 7000
in ben Qaljren 1646 — 1650. gurn 3»a*)re 1643 mirb bemerft, bafj nur mehr
200 Bürger übrig feien, unb in ben Dörfern, mo bie ißfarrfeelforger fehlten,
1300 Kommunionen gefpenbet morben feien.
Überhaupt arbeiteten bie gulbaer üjefuiten aud) Dielfad} braunen in ©täbten
unb Dörfern. SefonberS maren fie tätig bei ber SBieberfjerfteHung ber latfjolifdjen
Religion 1603 unb 1604, raobei einige ißatreS 400, anbere 200, alle jufammen meljr
als 4000 jur Kirdje jurüdfüfjrten. $n berfelben SSeife maren fie 1624 tätig 31t
HJieufirdjen unb £>ettenljaufen. DJac^bem bie ißräbifanten bort auSgeroiefen, erhielten
jmei ^efuiten Dom ffürftabt ^ofjann S3ernfjarb ben Auftrag, auf einige 9)£onate bie
1J3farrfeelforge ju oerfefjen. „SDurdj iljre 9J?ilbe, üDtäfjigung, ©ebulb unb unerfdjütter«
licfje SluSbaiter", fo f)ebt ber Siograph beS gürftabtS ^oljann Sernfjarb Ijerüor,
„übermanben fie alle ©djmierigleiten unb befänftigten allmäfjlidj bie ©emüter. 95or-
jüglidj mirfte ber unermüblidje gleifj im fatedjetifdjen Unterrichte ber Knaben unb
9)?äbcfjen, in ber ©inübung frommer fatfjolifdjer Sieber, in ber Slbljaltung ber ißro«
jeffionen." ®ie latfjolifdjen Übungen, bie an biefen Orten ganj aufjer ©ebraucfj ge«
fommen maren, ja fogar Derfpottet mürben, famen mieber mie bei ihren Voreltern
in Slufnafjme. P. ©hriftoph 91üh§ au§ Stauffenburg, ber bereits in ber $ßfat$ unter
ben ©aloiniften ficfj Diele ©rfafjrungen ermorben h^tte, erhielte auch ^er burdj feinen
unermiiblichen gleifj biefeS fchöne 9iefuttat. ©r erfaufte eS burdj baS Opfer feines
SebenS, er erlag am 21. Sluguft ber SDpSenterie2. 2luch bei ber ÜBieberherftellung
in ben nodj übrigen Orten beS §odjftifteS im ^aljre 1628 leifteten bie f^ulbaer
Qefuiten fpilfe, inbem fie ben Kommiffaren unb ben neueingefefjten Pfarrern mit 9lat
unb SEat gut ©eite ftanben3.
Xrotj ber eigenen großen 9£ot nahmen ficfj bie patres mit großer Siebe ftetS
ber leibenben Bürger an. üftadj ihrer 9lüdfehr herrfcfjte 1637 in ©tabt unb Kolleg
bie äufjerfte 9Zot. „Obgleich eS ju £>auS fetjr fdjmal juging", fo erzählen bie Se«
richte beS Jahres 1637, „finb mir ben Slrmen nach Kräften beigefprungen. -Dreimal
in ber SBodje hflbeit mir an ber Pforte einigen fjun^rt, bie mehr ©chatten als
SJtenfdjen glichen, ©uppe auSgeteilt. ®ann ging ein ^3ater burdj bie ©tabt unb
brachte ben Firmen, bie in ber äufjerften 97ot maren, Srot unb hörte bie Seichten
ber überall unter freiem ^jimmel ©terbenben."4 5 SDafür erfreuten fidj bie ^efuiteu
mandjmal eines munberbaren ©chufjeS, mie ber üieftor KalfoDen am 1. Sep¬
tember 1643 an ben ©eneral beridjtete, unb bieS troff breimaliger ißliinberung
ber ©tabt6.
1 Somp, Sof)- 33ernf)arb 10. ©eorg SSercpeber, 1601; ßfjriftoptj 33roroer,
2 ®bb. 41. 3 ©bb. 91. 1601; ©er. SBenßter, 1615; ©ottfr. Semmig,
4 * Hist. coli. Fuld. 1637. 1617; Samb. ®traüiul, 1622; Sbert). grancfen«
5 * Slitettegdji au Stalfoöen, 3. Oft. 1643. feit, 1630; ^of). Gopper, 1634 ; 9(bnm italfonen,
0rig.=9teg. Ad Rhen. — Sie 9te!toren tuaren : 1636; SBerntj. 2inniu3, 1646; goacf). Sier, 1650.
Äotteflien, fRefibensen unb SKtffionen : §er3felb.
161
Von bem SBirfen ber Qefuiten in gulba überhaupt jagt ber gürftabt Johann
Vernljarb, geftüfjt auf lange, eigene S3eo£»acf>tung, in ber gmnbationgurfunbe oom
31. $uli 1626: „$£)ie Orbensleute ber ©efeflfdjaft $efu haben feit mehr alg fünfzig
fahren in unferem Stifte gitlba mit bem Aufgebot aller Kräfte gearbeitet burd)
ben Unterricht ber ftubierenben Qugettb, bie freier beg ©ottegbienfteg, bie i^rebigten
für bag Votf, bie $ated)efen für bie föinber, bie ©penbung ber ©aframente ber
Vuffe unb beg Slltarg, bie tröftenben Söefuc^e ber Traufen unb Verlaffenen, bie Ve>
fefjrung ber Qrrenben unb bie unauggefepte Verrichtung ber übrigen Arbeiten iffreg
Verufeg in ber Offentlidjfeit mie in ihrem 'prioatleben." 1
Von gmlba aug üjurbe auch eine fRefibenj in §ergfelb gegrünbet. Sllg
2lbt ^voadjim oon ^ergfelb 1606 geftorben mar, hatte man *>on Sfulba aug lier’
fucht, bie ©djmefterabtei oor ber Habgier ber §effen 311 retten. Später (1628)
ernannte $aifer gerbinanb ben gürftabt Johann Vernlfarb jum faiferlidjen Vi§e=
abniiniftrator beg ©tifteg. Um biefelbe geit mar bort ein fßater alg äftilitärfaplan
bei ber faiferlichen ©arnifon tätig, ^m folgenben Qafjre errichteten bie ^efuiten
eine fleine Üiefibenj, übernahmen bie ©eelforge in ©tabt unb Sanb unb begannen
eine Schule. SDie reformierten Venebiftiner münfdften aber felbft bie ganje Obforge
für ^ergfelb ju übernehmen, unb fo legte ber gürfiabt ben Qefuiten bag üufgeben
ber fRefibenj nahe. 2>a aber ber $aifer für bag Verbleiben ber ^efuiten mar,
raünfchten ledere eine pofitioe Slbberufnng burd) ben giirftabt. SDamit gögerte jebod)
ber gürftabt, um nicht beim ®aifer anjuftoffett 2.
Über bie ganje ©ntmidlung berichtet ber ^rooinjial ©traoiug im Sommer 1635
bem Orbenggeneral3: „ÜJacfj ^>ergfelb fam unfere ©efellfcfjaft oor acht Rafften, unb
jmar burch ben oerftorbenen ^ürftabt oon fyulba, Johann Vernharb, melier zugleich
Vermefer ber 9lbtei -fpergfelb mar. ©g hatte bieg ihm felbft unb anbern groffe greube
bereitet. ®ie ^Satreg mußten bie ©teile beg fßfarrerg üerfet)en unb haben bie ©in>
mohner Oom Saloinigmug jur fatfjolifd^en ®irdje gurücfgefüfirt. Um ber 9?ieber=
laffung ein feftereg gatnbantent ju geben, mürben iljr auf Vitten beg Ä'aiferg oom
gairftabte beftimmte jährliche ©infünfte iibermiefen, unb jmar ißfanbbriefe, beren jöl)r=
liehe ginfen, ga^Ibar burch bie beiben Saubgrafen oon Reffen unb ®armftabt, feit
mehreren fahren ben proteftantifchen Sefjrern ber §ergfelber Schule gugefloffen maren.
Nunmehr mürbe bie 3af)l ber Unfrigen oermehrt unb eine Schule eröffnet, in meld)er
jmei SDfagiftri bie ©rammatif lehrten. fDUttlermeile münfehten bie Venebiftiner,
meldje jüngft in ihr fö’lofter jurücfgefehrt maren, tro^ ber umfangreichen ß'lofter»
gebäube aud) nodj bag Ipaug, melcheg ber gürftabt unfern fßatreg in ber £>iäf)e ber
Slbtei angemiefen hatte. Sie mufften aud) ben fyürftabt für ihre i^been ju geminnen,
unb fo fam algbalb oon biefem an unfere Vatreg bie Ütufforberung, bag §aug 511
üerlaffen unb in bie Vfarrmof)nung überjufiebeln, me(cf)e red)t flein unb eng mar.
2lug berechtigten ©rünben aber glaubten biefe eg bamit nid)t fo eilig nehmen gu
braud)en unb fcfjoben bie ©a che in guter SSeife t)inaug." ©df)lie^lich mürben bie
Qefuiten aber gegmungen, bie Söofjnung 31t üerlaffen (1630). Urot) ber engen Ver*
hältniffe hielten bie fjktreg aug, big fie oon ben feinblid)en heffifd)en Gruppen im
^ahre 1631 oertrieben mürben, ©egen 2öieberaufnaf)me ber Üiieberlaffung machte
ber ^5rooingial folgenbe ©rünbe geltenb: 1. ®ie ©tabt ift flein unb unbebeutenb;
2. auffer ben Venebiftinern haben bort noch bie grangigfaner ein Silo ft er, melche
oon ber greigebigfeit ber ©tabt unb Umgegenb leben, ben Unterhalt erbetteln unb
beghalb gern ihren ©uttätern bie geiftlid)e Ipilfe angebeihen laffen ; biefe mürben fid)
1 ®omp, 3of). 58ernf)arb 43. 3 * Inforniatio de residentiis etc. SBeiterc
2 ©6b. 102 ff. Slften inSESten, ©taatlarcb-, 9teid)^ofr., Jes. 113.
Suljr, ©efäidjte bet ^ejuiten. If. 11
102
dritte» Sapitel. 2de oberrf)eiitifcf)e 91roDinä.
baf)er bureß unfere Ofefellfdjaft beeinträchtigt fühlen; 3. eg fehlt an i)31a| für ©r*
rirfjtung eines ^ollegg; 4. bie Stiftung, melcße non ben jtnei proteftantifefjen Sanb*
grafen ju gaffen ift, liegt in unfießern (pänben; 5. bureß ÜUfiffionen au§ bem nahen
Qulbaer Kolleg mürbe, menn bie 93enebiftiner bieS geftatten, ßinreicßenb für bie 21btei
geforgt fein1.
* *
*
Qn äöiirjburg2 reidjte bie fleine ®irdje beS Slgnetenflofterg feßon lange nicht
mehr aug. Sie mürbe 1606 abgeriffen unb in bemfelben Qaßre ber ©runbftein ju
einer neuen Kirche gelegt, Qn bem Berichte non 1608 heißt eS : S)er Sau ber föirdje
fchreitet noran. Qm Qaßre 1608 tonnte fie eingebedt merben unb am 11. üliooember
1610 fanb bie ©inmeißung ju (£f>ren beS ßl. Michael ftatt. ®ie SEürme mürben
1618 auggebaut. ®er breifeßiffige Sau hatte 33 m in ber Sänge unb 12V2 m in
ber Sreite3.
■Oag Kolleg nahm eine auffteigenbe ©ntmidlung big 1631; unter ber (perrfdjaft
ber Schieben lag eg ganj brach äum Qaßre 1635, mo bie Qefuiten jurüd»
fehrten unb algbalb ißre SEätigfeit in S^ule unb Seelforge unnerbroffen mieber
aufnahmen 4.
Qm Slnfang beg Qahrhunbertg jäßlte bag Kolleg 30—40 fßerfonen, barunter
an fßrofefforen jmei für fcßolaftifdje £ßeologie, einen für ^eilige Schrift unb ^ebräifch,
brei für fßßilofopßie, einen für (Stßif unb SJfatßematif, einen für ©riedßifdj, fünf für
bie fünf klaffen beg ©ßmnafiuntg. Qm Qaßre 1622 mar bie Qaßl ber ißrofefforen
bie gleiche, nur in ber Rheologie mar ein oierter fJSrofeffor ßingugefommen. ®ie
burd) bie Scholaftifer fefjon 1619 auf 54 geftiegene Qaßl roudjg 1624 auf 74 unb
1630 auf 85. Qu biefer Qeit ftubierten über 40 Scholaftifer in SBürjburg bie
fßßilofopßie. Seim Dtaßen ber Schmeben flohen bie Qefuiten auf augbrüdlicßen
SBunfcß beg Qürftbifcßofg, nur brei blieben noch für furje Qeit. 9Jach ber Schlacht
bei UJörblingen (6. September 1634) fiel SCSiirjburg im Oftober in bie £>änbe ber
^aiferlicßen, unb im SDe^ember fehrten einige Qefuiten jurüd. Sie fanben bag Kolleg
greulich oermüftet, 9iaßrunggmittel fonnten fie faum auftreiben5. Sinen Xeil ber
SBertftüde hatte ein Sürger unter Ttobeggefaßr für bie Qefuiten bei fieß oerroahrt6.
Qm Qaßre 1636 ftieg bie Qaßl ber Qefuiten mieber auf jman^ig. SJlit frifeßem
SOZut begann man langfam audj bie Sdjulen. Qiinf Beßrer unterrichteten in fünf
klaffen beg ©tjmnafiumg unb einer trug bie Sogif Oor, unb jmar im Seminar
St Kilian, meil bag befdfjmu^te ©tjmnafium einftmeilen nicht benußt merben fonnte.
@nbe 1636 fant auch noch ie ein Beßrer für ©riedjifcß unb fßßßfif hinSu- ®e*
rieht beg Qahreg 1636 ermähnt bie giinftige Grinmirfung ber Schule auf bie in ber
Scßmebengeit üermilberte Qngenb. Salb (1637?) begannen §mei fßrofefforen mit
Sorlefungen über ÜDJoral, unb jmar teilten fie bie SJfaterie fo ein, baß bie £>örer
bag für einen Pfarrer üliotmenbigfte in einem Qaßre fid) aneignen fonnten. ®aju
trieb bie 9Zot, ba nach unferer fRüdfeßr, roie ber Sericßt ßeroorßebt, in ber einen
1 ®ie ©ebulb ber Sßatre§ bei ber barten 93e*
banblung im Sabre 1630 tobt 58itelle3d)i in
einem 93riefe Dom 23. gebruar 1630 an ben
Superior P. Saf. Siebft. Snfolgc ber Slage
be£ fyürftabteS über bie 93efd)toerben ber $atre3
gegen ibn tuieS 93iteHeeid)i am 29. S«li 1630
ben ißroüittäial ßopper an, alles gu tun, um
ben guten dürften gufriebengufteüen. * 0rig.=
9ieg. Ad Rhen. Eine 93ittfcf)rift be§ ißroDingiatS
Eopper an ben Saifer um Seftlegung ber ©djule
unb fßräbifatnr in ber s45f arrfirrfje in ÜDlaing,
Stabtbibl., Jes. B. 31 B. 2 93gl. 93b I, 120 ff.
3 58 raun, ®ie Sircfjenbauten ber bcutfdjen
Sefuiten I 29 ff. *Litt. ann.
4 $a§ Sal0eabe nad) * Litt. ann. *Hist.
coli, unb *Catal. Prov. Rhen. 1601 — 1650.
5 9?gl. Sari 93 rann, £>eranbilbung beS
SleruS in SBürgburg ü (1897) 71 ff.
6 93itelle3d)i an ben dleftor fjjet. SacieS,
21. Sud 1635. * 0rig.=5Reg. Ad Rhen.
Äoöegien, SRefibenaen unb SJtiffionen: SSür^burg.
163
SDiö^efe SBürgburg über 400 Pfarreien üermaift maren. ®aS $af)r 1638 fal) -toieber
28 ißerfonen im Kolleg, barunter öier ^ßrofefforen für bie if?l)iIofopf)te unb fed)S für
baS ©tjmnafium. 2)ie Sorlefuttgen in ber fcholaftifdjen Xf)eoIogie nahmen 1642 gmei
ißrofefforen auf unb itad) langer Unterbredfung fanb bie erfte ®oftorpromotion ftatt,
brei ^afjre fpäter ift aucfi bie ißrofeffur ber ^eiligen ©djrift befef)t.
®ie ©djülergaf)!, bie 1602 über 900, feit 1603 gegen aber über 1000 betragen
hatte, fonnte nad) bem Kriege nicf)t mieber auf bie alte §öl)e gebracht merbeu. ©S
ntufj aber als ein feljr günftigeS Sfefultat betrachtet merben, baff fie 1642 bereits 600
überfdjritt unb fid) in beu nädjften fahren troij ber neuen KriegSfd)reden auf biefer
t>öf)e erhielt. ®er (Seift ber ©dfule tjob fid) halb mieber. SBaren fcfjon früher manche
©d)üler in bie üerfdfiebenen Orben eingetreten — 1625 allein 14 gu ben ^efuiten,
barunter 10 Magistri artium — , fo mibmeten fid) 1639 18 ©djiiler bem OrbenS»
beruf in nerfd)iebenen Klöftern.
2lud) an ißrebigt unb Katedjefe liefg man eS nicht fef)feu. $tn ®ome hatte
einer ftiftungSgemäfj an ©onn» unb ^efttagen gu prebigen. ©eit 1628 maren bafür
gmei ^ßrebiger beftimmt, 1648 finbet fid) aufjer biefen beiben ißrebigern nod) ein
britter für bie lateinifdjen ^ßrebigten in ber UniüerfitätSfirdje. Snt $al)re 1639
hielten bie ^efuiten Diele ißrebigten baS gange ^atjr hinburd), itt ber ^afiengeit täg»
lidh eine tjatbftünbige ^Srebigt nad) bem Miserere; febe 2Bocf)e fant ein anberer
ißrebiger an bie 9!eihe. ®ie ftänbigen Kated)efen, bereit öor ber ©djmebengeit fünf
geroefen, fonnten nad) ber 9tüdfe^r fd)an 1638 mieber auf üier unb 1650 auf fünf
gebracht merben. Qn ben Sommermonaten 1615 hielt man regelmäßig Katedjefe an
gtoölf oerfd)iebenen Orten außerhalb ber ©tabt, fpäter raeitere Katecfjefen für bie
Sirmen beim SUmofen an ber Pforte, 1639 für bie SBaifenfinber bei ©t Surfarb unb
für bie ©reife außerhalb ber ©tabt. 9JJand)e ber leideren famen bann nad) Diel»
jähriger Unterbredjung aus ädangel an ©eelforgern mieber gur Seicf)t. Unter ben
größeren SDÜffionen merben befonberS bie in 28ettringen (?) (1617) unb ©erbrunn
(1625) genannt. Sei ber 2Biebereinfül)rung ber fatholifdfjen Religion in biefen
beiben Orten übernahmen gmei patres bie Untermeifung unb bie ©penbung ber
©aframente.
$D?arianifd)e Kongregationen beftanbett in Söürgburg im 3ahre 1615 eine für
Slfabemifer unb Herren, gmei für ©pmnafiaften unb eine für Sürger. ^n ber leßteren
maren 1624 u. a. beibe Sürgermeifter unb elf ÜDiagiftratSräte, ber ißräfeft mar ein
faiferlidjer 9iat. ®urd) ben Krieg gingen biefe Kongregationen für einige $af)re
ein, aber 1639 beftanbett mieber ade üier. ®agu fant 1643 nod) eine Kongregation
für .fpatibmerfer, bie mit 40 SDütgliebern begann unb 1650 auf 300 ftieg. ®ie
Sürgerfongregation mud)S 1638 üon 50 auf 100 ÜDütglieber. 211S bie micf)tigfte
Kongregation mirb bie afabentifd)e begeid)net. 2)iefelbe lub 1638 üon neuem gum
2(nfcf)luß ein, unb ber ©rfolg mar, baß üiele ißrofefforen, höhere Seamte ufro. bei*
traten, $nt adgemeinen mirb bemerft, baß nach fo langer Unterbred)ung bei bem
Söieberbegintt im ^aßre 1636 fich ein maßreS Verlangen nad) ben 2(ufmunterungen
einftedte unb beSßalb ade KongregationSüerfammlungen ftarf befucht mürben.
®er ©aframenteempfang mar üor bem Krieg fortmährenb geftiegen, bie Korn*
inunionen üon 26700 im 3al)re 1616 auf 45000 im ^aßre 1626. 2)a mährenb
ber ©chmebengeit manche nid)t mehr gebeid)tet, fanben 1636 gehn Seid)tDäter Diele
ülrbeit, fünf» bis fed)Själ)rige Seichten maren etmaS ©emöf)nlid)eS. Obgleich üott
ben 1800 Sürgern nur mel)r 400 übrig, gäf)!te man 1639 mieber 22000 unb 1645
gegen 27 000 Kommunionen.
3um großen Xroft gereichte ben ^efuiten bei ihrer 9iüdfel)t bie ©tanbhaftigfeit,
meld)e ©tabt unb 2anb troß ber fdhmebifchen ^errfdjaft unb troß ader Serlodungen
164
drittel Äapitel. 2>ie oberrfjeinifdfe ^rotntiä.
gum Slbfad betoiefen Ratten. ÜDie 93iirgerfdf)aft unb ber 9tat Ratten allen Semiihungen ber
Regierung, ben ißroteftantigmug mieber einguführen, gäben SEBiberftanb entgegengefetjt 1.
#
9?ocf) im erften Qaljrgehnt be§ 17. ^a^rf)unbert§ gelang eg, aud) eine 9cieber=
laffung in ber alten, herrlichen ®aiferftabt Samberg gu errieten. 2>ie fittlidjen unb
religiösen ^uftänbe int ganzen Sigtum mären non ber traurigften SIrt. Sergebeng
Ratten einzelne gürftbifcftöfe bie Serufung ber fgefuiten im 16. Qafjrfjunbert ing Singe
gefaxt. ®a enblicf) gelang eg bent UürftbifdEjof $of)ann ©ottfrieb oott Slfchhaufen
(1609 — 1622), ber eine .Qeitlang bei ben ^efuiten in gulba ftnbiert Ijatte, biefen
Sfatt gu öermirflidjen2. Stuf feine ©inlabung fant ber rfjeinifcfje ißroüingial am
15. fguli 1610, bem ^efte beg 1)1. £>einrid), nadj Samberg, unb halb mären bie
nädjften Schritte erlebigt. Saul V. äußerte in einem Sreoe Dom 4. September 1610
feine grofje greube: „Siidjtg Seffereg fjätteft bu gu beinern Sorfjaben ausfinnett fönnen",
fo oerfid^ert er bem ^ürftbifdjof, /rfei eg, baff mir bie Sehre, bie ^römmigfeit unb
Süchtigfeit jener frommen Scanner ober bie 9?ot ber $ugenb ing Singe faffen."3
Sereitg am 16. ®egember 1610 fonnte ber ^Srooin^ial groei $ßatreg unb einen Sruber
in Samberg einführen. „®a§ mar ber unfdjeinbare Slnfang einer Orbengbruber»
nieberlaffung, bie 163 ^aljre lang in ®ird)e unb Schule fegengreich für bag £md)’
ftift mirlen follte."4
SIud) bie Serfjanblungen beg Sifdjofg mit bem ©omfapitel nahmen einen gün»
fügen Serlauf. Slnfang 1611 ftellte ©ottfrieb bem Kapitel oor, bah bie bigEjerige
Schule nic^t bie gemünzte $rud)t gebraut habe, „beffen allen man ficf) bei berührten
Patribus nit, fonbern gemifjlicf) gu oerfehen, baff bie Qugenb tro^l unb getreulich
instituirt, auf berfelben Seben unb SBanbel fleißig Sicht gehabt . . . gugefchmeigen,
bah man h4er‘:,urcf) ©elegenljeit befommt, bie Praedicaturen (an benen gu biefer ßeit
nicht bag Söenigfte in ber d)riftlid)en Kirche gelegen) nit allein ordinarie", fonbern
auch tu Notfällen in unb auherhalb ber Stabt gu Oerfehen5.
S)ag SDomfapitel muffte nicht recht, mie fich entfcheiben. SDenn, fo heißt eg in
bem Sitmnggprotofoll oom 2. ÜDtärg 1611: „9?a<h abgehörtem biefem Schreiben feinb
aKerljanb Consultationes foldjer Sachen halber borgangen. . . . Unb obmol aller-
hanb erhebliche Sebenfen, marum fie bie ^efuiten aßhier nit angunehmen, jebod)
meil man fich gleidljiriohl erinnert unb befennen muh, baf? fie auf ben hangeln unb
in ben Schulen fürtreffliche Seut . . . fo ift foldjer ©eftalt fie auf unb eingunehmett
bemiKeget roorben." liefen Sefdjlufj teilte bag Kapitel in einem Schreiben botu
2. SJtärg 1611 bem Sifdjof mit, in bem eg u. a. he4Bt - „2öir befennen beineben
unb fallen ^fjrer fürftlichen ©naben hierin bei, bah fie bie Patres nit allein für ihre
fßerfon eyemplarifche, auf Ä'angelnen unb in ben Schulen fürtreffliche Seut, fonbern
auch &ie 3u9enb emfiger unb fleifjiger alg bigmeilen meltliche ißrofefforeg lehren unb
untermeifen."6
1 SS e g e I e , UniOerfität SBirsburg I 340 f.
— Sie fReftoren waren : §einr. §aöer, 1601 ;
S<üj. fRütger, 1603; $et. fRofenbaunt, 1608;
Set. QsrbiuS, 1612; §einr. fReüer, 1615; SInbr.
®ird)berger, 1617; 33altt). §ager, 1624; Qol).
Siegeifen, 1628; «ßet. gacieä,’ 1630; 9hf. 91b
berti, 1639 (f 1641); 93ertram Simburg (SBije*
rettor), 1641 ; ©erf). §anfen, 1641 ; $af. 93aunad),
1645; goad). £>amman, 1647.
2 Sgl. £> e i n r. SSeber, ©efd). ber gelehrten
©dfulen im £>od)ftift Bamberg (1880) 82 ff;
Sol). SooSlforn, ©efeb- be§ 93i^tutn§ 93am«
berg V (1903) 391 ff; bort über bie 3ufMnbe
um 1612, V 409 ff. Über einen früheren 31er=
futf) f. * 93ifd)of Seit an SSJlercurian am 25. Sej.
1575. Original in Epp. Episc. III 124.
3 * Original auf Pergament in 93amberg, $reis?=
ardjiu, Sabe 451, ga§j. 1. Sruif bei 28 eher
a. a. 0. 583 f.
4 SSeber a. a. 0. 84.
3 * Samberg, ®rei§ard)iö, Somfabitel, fRejeft“
büdjer Sb XXVIII, f. 139 ff.
6 *®bb. f. 141.
ffoßegien, 9?efibcn^en unb 9Jtiffionen: Samberg.
165
21m 11. ÜJiai 1611 beurfunbeit SBifcfjof unb Kapitel einen Sßergleic^ mit ben
miirbigen unfern lieben anbädjtigen ben ^5atri6u§ ber Societet Jesu, baf; ©ie ^iin
füro unfer Kollegium unb ©djut aKf)ier inne ^aben, biefetbige mit quatificirten Prae-
ceptoribus oerfetjen, aitcf) bie ^ßofgejs fürberlidf) einnehmen fotten V Qin ^er notariellen
Urfunbe oom 16. 9J?ai 1611, mobnrd) ben Qefuiten bag Krneftinifdje Kolleg mit ber
Äircfje übergeben mürbe, mirb ber ergieherifdfen (£ätigfeit ber ^efuiten mit großem
£obe gebaut1 2.
Über meitere 5Berf)anbtungen ^ei§t eg im ißrotofott ber ©ifjung be§ ®ont-
fapitetg oom 16. SDegember 1611: „hierauf ift referirt morben, melier ©eftalt bie
Patres Soc. Jesu üerfdjienenen ©onntag auf bie fünfte be§ Kapitels fiel) erÜärt:
nämlich baft fie biefelben fleißig in 2td)t nehmen, ihre Vocation abmarten unb fid)
angebeuter Waffen unoertoeig-
lid) erzeigen mollten, boef) mit
biefer angefjängten 23itt, ba
miber ©erhoffen etma einer aug
ben gingen, fonbertid) ex
praeceptoribus oietteidjt in ber
©djut ober fonften mag Sßer-
meigtidjeg reben ober begehen
mürbe, baff man fotcheg nicht
atgbalb bie gange Societet mode
taffen entgelten, fonbern ben
SSorftetjern angeigen, bamit fie
gebührliche Remedia gegen ben
Delinquenten ad satisfactio-
nem hätten anguftetten." 3
$n ber guobationgurfunbe
oom 22. gebruar 1612 gebenft
ber 23ifd)of ber großen 58er»
bienfte ber Qefuiten für bie
raiffenfdfafttidje unb retigiöfe
Krgiehung ber $ugenb unb er¬
hofft oon ihrer ©efchidtidjfeit
unb ©ittenreinheit bie reidjften
^rücfjte für bie gange ®iögefe4.
5)ie ^efuiten hatten unterbeffen
bereitg roader £anb angelegt.
Über ihre erfte 2ätigfeit ergähten bie Qahregbriefe oon 1611: „SJÖir prebigen in ber
£muptpfarrfird)e (©t Martin), ber eine am ©onntag, ber anbere an ben gefttagen,
unb hatten in beiben ißfarrfirchen ^atedjefe. gugteid) begannen mir bie ®ranfenf)äufer
unb ©efängniffe gu befrieden, bie Oranten gu tröften unb bie ©terbenben auf ben
testen ®ampf oorgubereiten, gumat gur $eit ber 5ßeft, mo mir £ag unb 9fod)t bereit
ftanben. £)ie Strbeit mar groft, bie Krfotge gut. günfgig fehrten gur fathotifchen
Kirche gurüd . . . unb bag SSotf, metcheg fid) ung anfangg oielfad) abhotb geigte, mürbe
fo für ung eingenommen, baff in ben Oftertagen 2200 gu ung gur $Seid)t tarnen, fo
Siirftbifdjof Sotjann ©ottfrieb oon Slfdjljaufen.
©tid) oon ©aloer. Samberg, ffgf. Sibliotfjef. (Vs)-
1 * Original in Samberg, ®rei3ard)iü Sabe 451
gaSjf. 1. $rucf bei SBeber a. a. 0. 584 f.
2 ‘Original ebb. $rud bei SSeber 585 ff.
3 ‘Original ebb., 9tejefebücter Sb XXVIII,
f. 296 \
4 * ft'opie in Samberg, Srei3ard)io, Sabe 451,
fase. 1. 3)rud bei SBeber a. a. 0. 588 ff.
$ie berrtid) itluftrierte Stf^eptation^urfunbe Oom
21. 9?ooember 1612 ebb. Original auf Ser-
gament. $rud bei SSeber a. a. 0 . 594 f.
166
$ritte§ ßapitel. $ie oberrfjeinifdje fßrobinfl.
baß bie ganje ©tabt tioll Slnerfennung ift für biefe angeftrengte Xätigfeit. . . . 5lnt
30. Quli bezogen wir baS Älerifalfeminar (baS ehemalige ^armeliterflofter), nach*
bem bie Zöglinge anberSwo untergebrad)t waren . . . unb SInfang ÜJooember, wo
fieben fßriefter unb brei Sftagiftri l)ier weilten, begannen wir ben Unterricht: bie
f)umaniftifdf)en $ädjer unb jugleid) ®ialeftif, ^afuiftil unb bie ßontroüerfen." 1
®ie ©djule, welche mit ben gleidjen g-ädjern fdjon oorßer beftanben hotte, nahm
einen fdjneüen Sluffdjwung. SDie ßaßl ^er ©cfjüler ftieg gleich erften Qaßre
bon 150 auf 300, unb als man im .fperbft 1612 baS neuerrichtete ©djulgebäube
be^og2, waren eS 350 3. ^m folgenben ^aljre (1613) mufften bie Qefuiten aud) bie
Seitung beS Seminars übernehmen4. ®er 9tuf ber Schulen berbreitete fich immer
mehr. ©d)on im 3ahre 1614 fürchtete man, baff bei ber wadjfenben ©djüterjahl
felbft baS neue ©djulgebäube halb nid^t mehr alle faffen fönute5. ®ie 3ahl ^er
auswärtigen ^onöiftoren, weldje bie ^efuiten ju ben bifdjöflidjen Sllumnen ins
©eminar aufjunehmen begonnen hotten, war bon 18 im erften Qaljre auf 43 im
jweiten 3°l)re geftiegen, barunter Benebiftiner bon Banj unb 3Üter§ienfer bon
ßangljeim6. 3m ^erbft 1617 begannen bie patres Borlefungen über Sogif unb
@thif unb ridhteten gugfeicf) ein ©eminar ein, worin bie eigenen ©djolaftifer Sttoral*
Ideologie ftubieren follten7. ®ie Bibliotßef erhielt eine große Bereicherung im
^ahre 1630 burch ein BermädjtniS beS SGSeihbifdjofS ferner, ber in feinem ftefta*
mente bom 12. SJtärj 1629 „baS was mir im Seben baS Xeuerfte unb als ber
teuerfte ©cßaß galt", bie Bibliotfjef, ben ^efuiten öermacfjt hatte. (ürr wollte baburefj,
wie er fich auSbrüdt, feinen einftigen, bielgeliebten ßefirern einen gang befonbern
Beweis feiner innigen Siebe geben8.
ÜUMt ber Slrbeit in ben ©d)ulen hielt bie feefforglicße STätigfeit gleichen Schritt
in ©tabt unb Sanb. ©d)on im Qafjre 1613 helfet eS in einem Briefe SlquabibaS
an ben Bantberger 9Mtor Johann §ommart: „@ott fei Sob unb SDanf, baß im
£>aufe bie religiöfe 3uc^t unb in ben Schulen bie ©tubien blühen unb überallhin
fich auch ber ©eeleneifer fo fegenSreid) auSbehnt."9 3U ben Reiben &'ated)efen in
ben jwei ipfarrfirchen richteten bie fßatreS im Qahre 1614 nod) eine britte in
©t ©angolph ein, „gu welcher bie Seute in folcher Söienge jufammenftrömten, baff
man eS bereute, fie nicht fdjon eher begonnen ju hoben, SDa^u befuchten gwei patres
regelmäßig jebe SBodje bie 13 BolfSfcfjulen, bie 5 SllterSheime unb bie 2 £>eime für
SluSfäßige. Sludj ben weit über 1000 Bettlern, welchen ber Bifdjof aUmödhentlidj
auf bem ans ©pmnafium ftoßenben $ßlaße Sllmofen austeilen ließ, hielt nian eine
Unterweifung" 10. $urj, eS „würbe bei großem Mangel an Prüften", wie eS in einem
1 * Litt. ann. 1611.
2 Litt. ann. 1612, 341.
3 SB e ber a. a. 0. 94 427.
4 (Sbb. 86.
6 * Litt. ann. 1614. Über ben neuen ©cfjuL
bau, ber 1611 unb 1612 mit einem Softem
aufroanb bon 7094 ©ulben aitfgefiibrt mürbe,
f. SB eher a. a. 0. 477 f.
6 ebb. 94 f.
7 * Litt. ann. 1617.
8 Ut omnes ex aequo Religiosoruin Ordines
unice semper amavi et colui : Ita praecipue
RR. PP. Societatis Iesu Praeceptores olim
meos longe charissimos singularis amoris af-
fectu, plurimis de causis, nullo non tempore
sum prosecutus: quamobrem, ut vel unico,
qua facultates meae sinunt, indiculo, meutern
meam, erga illos declararem, id quod in vita
mihi charissimum et omnium instar Thesau-
rorum extitit, Testamento meo illis relinquere
volui, et hoc ipso Elogio meo, dono, appro-
prio ac contrado, Bihliothecam meam. . . .
^Sonjept bon ber $anb gorner§ unb Original
mit acht (siegeln in 93amberg, &rei3ard)it>,
„Seftament be§ 3Beil)bifcf)of§ g-orner". Sie
Quittung be3 fReftorü 1630. Slufser Stiftungen
für brei firattfenbäufer unb bie SBaifentnaben
bermad)te Corner 200 ©ulben al§ 23üd)erftih
tung für arme ©tubenten, bie bei ben gefuiten
ftubieren. $a3 ganje Xeftament ift ein fjerr=
liebet Sotument be§ ©tauben! unb ber Siebe
gornerS.
9 * 0rig.=9ieg. Ad Rhen. 35gl. 8. SJiärä 1614.
10 * Litt. ann. 1614.
Kollegien, 9lefibenäen unb SUtiffionen : 33am6erg.
167
Briefe beS ©eneratS oom 10. September 1616 an öen Sieftor Sdjüfj ^et^t, ,,fo
tüchtig öon ben ^nfaffen be§ ßottegS gearbeitet, baff bie öürgerfdjaft nicf)t mehr
Oertangen fonnte" 1. SDie ©rfotge jeigten fid) in bem Stnbrang ju ben Saframenten.
^af)re 1615 empfingen 10987 in ber ^efuitenfirdje bie fjeilige Kommunion; im
folgenbett Qafjre maren eS 13 886, unb fünf $al)re fpäter berichten bie ^efuiten:
„®ie 3al)t ber Seute, bie bei uns beidjten, ift in ber S£at ungeheuer." StCfein 37 037
empfingen im Qatjre 1621 bie heilige Kommunion in ber ^efuitenfirdfe. ®ie 8a^
ber Seichten aber mar nod) meit größer. 3n &en Oftertagen allein beichteten bei
ben ifjlefuiten 6000, bie nidjt in ber ^efiiitenfirdfje, fonbern in ihren ^3farrfirtf)en
fontmunijierten 2. SQJandje ißroteftanten lehrten jur fatholifdjen ^ircfje §urüd; in
bem einen Qafjre 1Ö18 maren eS 188, barunter mehrere Slbetige.
®er gubraitg gu ben ißrebigten mar fdjliefjlid) fo ftarf gemorben, bah, f° lautet
ber Seridjt beS ^aljreS 1621, „bie Kirche trop beS SiieberreifjenS einer flauer unb
SBegräumung anberer §inberniffe bie 3u^örerfchaft nidjt mehr faffen fonnte unb
megen eines Neubaues mit bem Sifdjof oerhanbett mürbe. SDerfetbe ift", fo fügte
ber Seridjt bei, „über bie fyrömmigfeit ber Bürger unb bie frudjtreidjeu Strbeiten
ber ©efettfdjaft fo erfreut, bah er eine jatjrtidje Seifteuer für bie neue ßircfje oer»
fprochen hat unb bei ber groben Steuerung nuferer 9iot burch ein ©efdjenf oon
100 ©utben unb 4 guber guten SBeineS fehr ju §ilfe gefommen ift." 3U ^er
Stätigfeit in ber Stabt tarnen bann noch bie Slrbeiten in ber ganjen Umgegenb, in
Dörfern unb Stabten, auf ber Mangel unb im Seidjtftutjt unb oor adern burch ®r’
teilen ber ßatecfjefe, namentlich feit bem Qafjre 1617, mo bie in Samberg ftubierenben
Sdjotaftifer fid) bamit befahten. „ttnfere (13) STfjeotogen", ff ^ei^t eS im ^Berichte
beS QafjreS 1621, „mühen fid) ab, bie ^atedfefe meit unb breit in ber SDiöjefe
einjuführen."
®od) halb famen grofje 2)rangfate über baS Äotteg. „SSir maren h^r", fo
erjäljtt ber Seridjt beS ^alfreS 1631, „ju 31 : 12 Sriefter, 5 SD^agiftri, 7
logen unb 7 Saienbrüber. 9Rai toaren noch 6 i^hifofophen unb im Stuguft noch
meitere 9 Sdjotaftifer gefommen, um bie fpumaniora ju ftubieren. SltteS fchien einen
glüdfidjen Fortgang nehmen ju mollen. SDod) ba machte baS nach ber ©djtacfjt bei
Sreitenfetb fid) näf)ernbe SSaffengetöfe ptötjtidj alles ju nichte." Stuf baS bringenbe
SInraten ber bifchöftichen ^Regierung ergriffen bie patres bie gtudjt. ßmar lehrten
gegen Grnbe beS QaljreS etma 19 mutig ins fö'otteg jurüd, bodj muhten fie nadj
einigen ÜÖtonaten mieber fliehen. @S folgten nun brei fdjtimnte, teibenSootle ^afjre,
mo mehrfache fytudjt unb Sfüdfefjr miteinanber medjfetten3. ©rft @nbe 1634, nach
ber Sd)tad)t bei ÜRörbtingen, fonnte man fich mieber in einiger 9tut)e in bem oolt»
ftänbig auSgeptünberten $otteg fammetn4. Slltmähtid) mürbe bie frühere Stätig*
feit mieber aufgenommen, im Februar 1635 and) ber Sdjutunterrid)t. Über bie
äuhere Sage unb' ben Stanb ber Arbeiten berichtete nadh oier fuhren, out 1. 9io=
oember 1639, ber Steftor 3°hann ^reifjing an ben ©enerat:
„2)ie häuslichen Sertjättniffe finb nod) recht fnapp. . . . ©etb ift gar nidjt oor»
fjanben. Unfer Vertrauen auf ©ott aber ift grof). SDurdj nidjtS mirb aCCeS Soran»
1 * £)rig.=iReg. Ad Rhen.
2 * Litt. ann. 1621. Sßon ©ebräuchen er=
Wählten bie * Consuetudiues coli. Bamberg.
(Cod. Bamberg. II 41) bie ©benbung Don ge=
toeihtem Sßein am ©t SobmtneStag (27. 2)ej.j:
distribuitur extra cancellos ex calice stro-
phiolo bene infra munito ad cornu Epistolae
accedentibus. 3U ©i1 SKartin (11. 9?oö.) toirb
aud) ein ©t SJtartinStruut ermähnt: Opifices
solent petere haustum S. Martini. Datur cere-
visia Vigili in S. Martini turri, in B. Virg.
et in Altenburg, figulo Vitriario, singulis fere
mensura vel quantum placet. Ser 33ifd)of
Johann ©eorg hat burch ®efret Dom 25. ©eb»
temher 1648 biefe ©emohnheit abgef^afft.
3 * Litt. ann. 1681; Dgl. ba3 6. Kapitel.
4 *Litt. ann. 1634.
168
drittes Kapitel. Sie oberrheinifcfee ^robittj.
fontmen mefer gefeemmt atg bitrdf) ben ®rieg. ßein t£ag faft gefet oorüfeer ofene 23e*
ängftigung, ofene Sluftauf, ofene ©djarmüfeet, ofjne ^fünberung non greunb unb oon
geinb. Sticht blofe finb bie SEBege beflänbig unficfeer, fonbern aud) bie Dörfer unb
bag Sefifetum ber Sanbteute. ©efafereit brofeen oft oon allen ©eiten, unb mofein
man fidj menben foll, roeife man niefit. 2)ag ®otleg, metcfeeg mieber eingerichtet ift,
gäfett 14 Seute: 9 ißatreg, 1 SJJagifter unb 4 Saienbrüber. . . . 2Iüe finb mofetauf
unb gefunb, ein ,f)er$ unb eine ©eete. SGBir alle feaben aug ber fpetmfucfeung neuen
SOfut unb neue $raft gefcfeöpft, aud) bie Süffigeren unb bie, metcfee mofet Saft malten,
fcfeeinen fiep ernfttid) ju beffern. 2Bir featten fünf klaffen mit nur brei Seferern:
einer hat bie erfte unb jmeite Utaffe, einer bie britte unb Gierte unb ber britte bie
$nfima. 2)ie ©obatitäten finb brei: bie Maior latina, ju metefeer aud) bie ©tubenten
aug ber 3ifeetorif unb Humanität gehören, bann bie btüfeenbe Sürgerfobatität unb
bie ©ngetfobatität ber Knaben. ^ateefeefe geben mir in ber ©tabt unb in ber Sor»
ftabt, braufeen aber feine megen ÜDiangetg an Kräften, ißrebigten feaben mir nur
in unferer ®ird)e; fie finb aber ftarf befuefet. günf $atre§ feören regefmäfeig in
nuferer St'irdje Seicfet. @ie feaben an ben gemöfentidjen ©onntagen giemfidj ju tun,
an fyefttagen aber müffen nodj einer ober jmei gu §ilfe fommen. Stufeerbem gehen
mir nodj ab unb gu nacf) braufeen auf bie Dörfer, meifteng an ben feöfeeren ffefttagen." 1
®er ©enerat mar mit biefer 9ceuentmidfung beg fö'ottegg mitten im fö’riegg*
gemoge fefer gufrieben. „9Jtit Semunberung unb ^reube", fo lautete feine (Srmiberung
oom 18. Februar 1640, „tag iefe, bafe bei fotefe fefetimmer Sage unb fo menigen
Seuten bie gefamte Xätigfeit in unb aufeerfeatb beg fpaufeg fo üoüftänbig mieber auf*
genommen ift unb fo ftanbfeaft beibefeatten mirb — @ro. £md)mürben roodett fo mutig
meiter arbeiten unb aud) ben P. EJSrootnjial baran erinnern, jeber einzelnen Pfaffe
mieber einen eigenen Seferer §u geben."2 fperbft 1641 erhielten bie fünf klaffen
mirf tiefe ifere fünf Seferer3. Salb füllten aud) bie feöfeeren ©tubien, unb jmar in
gröfeerem Umfange, aufgenommen merben. SDer neue Sifcfeof ÜDMdjior Otto SSoit
oon ©atjburg, metefeer am 25. Stuguft 1642 gemiifeft mar, fafete ben ißlatt, bag
Äofteg ju einer SIfabemie ju erfeeben. Stm 1. ©eptember 1648 erfolgte bie feierliche
ißroftamation ber Stfabemie4.
2)er Söeftfätifdje ffriebe braefete ber Sfrbeit beg ®ottegg neueg ©ebeifeen unb ent*
fdjäbigte bie ^efuiten für bie Gielen bornenreiefeen ^afere. „SDie ©efeuten", fo be¬
richten bie Qefuiten @nbe 1649, „madjfen an ßafet unb auefe an ^enntniffeu unb
grömmigfeit. . . . S)ie $atecfeefen merben oon einer jafefreiefeen SJcenge, grofe unb
ftein, befnefet, bie mit gefpannter 2Iufmerffamfeit jufeören. ... ©o oiete feaben biefeg
$afer gebeiefetet, bafe naefe bem Urteil feeroorragenber SJfänner feit SOfenfcfeengebenfen
eine fotefee grömmigfeit in Samberg niefet gefefeen ift. Siete, fo feört man oft
1 * Rhen. Sup. Fund. II 25 ff- Ser Mangel
an ©elbmittein oeranlafete 1639 eine Slnberuutj
ber gnnbation; an ©teile beg baren ©elbeg
traten öerfdpebene größere ©üter. Sie *In-
formatio de bonis immobilibus quae collegio
pro commutatione fundationis offeruntur 1638
(6 Sogen), Samberg, Sreigardpo, 2.451, gag^. 1,
im Slugjug bei SB eher, ©efd). ber gelehrten
Schulen ufto. 447. Ser *Recessus inter Ep.
Bamberg, et P. M. Vitelleschi ratione funda¬
tionis coli. Bamberg. Pont 24. gebrnar 1639.
Original ebb. gagj. 2, Srud bei § aug, ©efd).
ber Pfarrei ©t SÜIartin ju 33amberg (1845)
799 ff, Slug^ug bei SB eher a. a. D. 442 ff.
Sie Äorrefponbenäen barüber in Samberg,
Äreigardjio, Sitten über bie Sefuitengiiter 1631
big 1657, unb in *Fund. Rhen. sup. II 25 ff.
2 *Drig.“9teg. Ad Rhen. sup.
3 *Litt. ann. 1641. Sie 92ot beg ÄoIIegg
um biefe 3eU war grofe. „©eit SBodjen", fo
fdjreibt P. Streifeing am 29. itltärj 1643, „featte
id) 3U §aufe nicht einen Saler jur Verfügung."
‘'Original in SUainj, ©tabtbibliothet, Jes.
B. 3 L.
* “Litt. ann. 1643 ff. Sgl. bag 8. Äapitel
über Uniocrfitäten unb bie Worrefponbenj beg
P. Äreifeing mit bem Srooiujial Ipamman, in
SJlainj, ©tabtbibliothet, Jes. B. 3 L.
Kollegien, JRefibenjen itnb SJiifftonen : ©peier.
169
jagen, feiert burdf bie ©efefffcfjaft gerettet, bie fonft, in Safter unb Qrrturn oerftridt,
ber Serjmeiffung anfjeinigefatlen mären, Qebenfaff! ift infotge unferer angeftrengten
Sätigfeit eine fofdje ©innelänberung in ber ©tabt eingetreten, baff ba! SBotjlgefaden
non f)od) unb niebrig uni gehört itnb man uni nicht ftfof; an ©onntagen auf ber
Somfanjef ju felfen raünfdjte, fonbern aucf) an ben Qefttagen unb in ber fjaftengeit,
mal benn aud) geftfjetjen ift. Sen ftar! befucfjten fßrebigten mo^nt oft aucf) ber
Qürftbifcfjof bei, ber feine Qreube fiat an ber gabjlreic^en ÜDienfcfjenmenge im Sont
unb biefen je£t herrlid) auljuf ermüden gebenft. Um nod) mehr fein SSofjfmoffen gegen
uni j$u geigen, fjat er aucf) unfere, fo öieffadj fd^abfjafte iürdje in ftanb fef$en unb ben
©fjor auf beiben ©eiten mit neuen unb gefdfmacftmflen ©tiefen aulftatten faffen."1
Sie 3af)f ber Qefuiten im Samberger ^offeg betrug im Qahre 1650 23: 13 fßriefter,
5 üftagiftri unb 5 Saienbrüber.
„Sa! größte Serbienft bei Sifdjof! Qohann ©ottfrieb um bal Siltum Sam»
berg", fo urteilt ber ©efdjidjtfdjreiber biefel Siltum!, „ift bie Serufung ber ^efuiten,
raoburcf) eine gefieberte Reform bei ®Ierul mie bei Söffe!, eine (Erneuerung unb
(Erhaltung bei ^atfjofijilmul erhielt mürbe."2
Qn ©peier3 machte gunädjft ber Sau ber neuen ®ird)e üiefe ©orge: man faf)
fiefj genötigt, einige fßatrel in üerfcfjiebene ©täbte gurn ©ammefn oon SUmofen ju
fchiden. Qn ^om ftrar man aber mit biefem Settefn menig jufrieben3. Über ben
©taub bei Sauei berichtete ber Seftor 2öiff)efm Sietternicf) am 31. Oftober 1600
an Slquaoiüa: „Ser Sau unferer neuen Kirche ift gegen öiefer (Ermartung burd)
eine befonbere ©nabe ©ottel unb bie Qreigebigfeit frommer Seute fo meit gebief)en,
baff mir aufjer @efaf)r unb fidjer oor bem ©potte bei Söffe! finb. Qept ift ba!
Sad) aufgefept unb mirb mit teuren Qiegefn gebedt. Sa! Qnnere ber $ircf)e mirb
fangfant unb oieffeidjt etma! fpät ooffenbet, ba bie menigen Satfjofifen fdjon ihre
Seiträge gegeben ho&eu. ©roffen Sanf fdjufben mir ©ott, ber un! bei fofdjer
Neuerung, bei einer fo geringen Stngafjt bon ®atf)ofifen unb fo gafjfreichen ©egnern
beigeftanben. SBir haben in ber Sat nicht geringe Sefäftigungen unb ©djroierig»
feiten übermunben."5 Qn ben Jahresberichten heifÜ e! bann jum Qahre 1601: „Ser
Sau ber Kirche fcfireitet boran, biete fteuern freigebig bei, unb 1602: Ser Sifcffof
(Eberharb bon ©peier fchenfte für ben Sau 4600 ©ufben; im gangen betrugen bie
©efchenfe für ben Neubau 15 800 ©ufben. 2lm 15. ©eptember 1602 mürbe bie
Kirche feiertief; eingemeiht unb tag! barauf ein ©cfjaufpief bei Sfpoftef! fßaulu!
gegeben6.
Qm Qahre 1604 mürbe ba! Sertiat ber rffeinifchen ißroöing nach ^peier ber»
fegt, meift maren e! 10—12 Sertiarier. Sie QSerfonengaht f)iett ficf) im Surchfcffnitt
auf 20 — 30, bie bann infolge bei Kriege! groffe Serminberung unb ©chmanfungen
ertebte ; in ben biergiger Qahren maren e! mieber 15 — 17. Sie ©efdjide ber ©tabt
maren in bem großen Kriege fehr medjfefreicf). Safb maren el ©djmeben, bafb
Qrangofen, bafb ^aiferfiche, mefdje ©tabt unb Umgebung branbfehahten unb ber-
1 *Litt. ann. 1649. Sie ©onntag§prebigt
im Som mar 1648 ben gefuiten übertragen
morben. *©bb. 1648. — Sie Obern maren:
Sot). Jpommart, 1610; ^op. ©d)üfe, 1614; $et.
Siep, 1619; Soacf). |>amman, 1624; Sob. Sö=
ring, 1630; 2Xbolf ßleüer, 1634; 3of). Kreifjing,
1635; Söolfg. ©petß, 1644; ßppr. £>uber (Sije»
reftor), 1647; Siicquin ©öltgem», 1648—1651.
2 SooSßorn, ©efd). be§ Siltumio 33am=
berg V 479.
3 Sgl. 99b I, 6. 115 ff. 4 Sgl. 11. Kapitel.
5 * Original in Germ. Epp. XXXVI 72.
6 * Litt. ann. 1601 unb 1602. Sie Kircße
mürbe gebaut auf bem Stape (area) ber alten Som»
propftei, bie 1598 ba3 Somlapitel ben Sefuiten
gefdjenft ; bie gunbamente mürben 1599 gelegt.
3n bem 9ied)uung3au3mei§ tmn 1603 beißt es!,
baß Don bem Kapital 744 ©cuta für ben Dteubau
ber Kircße oermenbet morben, bie aHmäßlid)
Surüdbejablt merben müßten.
170
$ritte§ Äapitet. $ie oberrfjeinifdje fßrobinj.
njüftetert Sange ÜSerfjanblitngen fanben 1629/1630 ftatt jmifcfjen ber Stabt unb
ben Qefuiten, ob bie festeren in bie „Siadjtung" aufgenommen merben füllten ober
nidjt. Qtt ausführlichem ©utadjten oont 3. SRooember 1628 legte P. 9?itl). 93i6er bie
©riinbe für bie Slttfnafjme oor, aber ber 9iat erflärte am 5. SRärj 1629, er mode
bie Qefuiten toie bistjer treulid) befd)ü|en, aber in bie üiadjtung jmifdjen ®om*
betont unb bem Kapitel ber üier Stifter fönne er fie nicht aufnehmen1 2. Qm Qaljre
1622 mürbe bag SHofter £>eilgbrud bem Speierer $oüeg §itgefprocf)en ; eg lebten
bort für bie 23emirtfd)aftung unb Seelforge jmei fßatreS. 2Ref)rere fßlünberungen
üerroüfteten bag ßlofter, unb
eS ging babei 1638 unb 1643
nidjt oljne fdjmere äRijjljanb*
lungen ab. Qm ®e$ember
1646 mürben bie Qefuiten aug
bem 23efip beg ßlofterg Oer*
trieben (burdf) bieSlbtiffin oon
^öniggbrud), unb obmoljl bie
Speierer Qefuiten gefonnen
mären, alleg auQubieten, um
mieber in ben 23efip beg $lo=
fterg ju fommen, befahl ber
©eneral bocf) auf Söunfdj beg
ßurfiirften oon Srier, oon
einem 9iecf)tgftreite 3tbftanb
ju neunten3.
9tadj ben Katalogen oon
1603 unb 1619 beftanben an
bem ©tjmnafium fünf klaffen
(dtljetorif, Humanität unb brei
©rammatifflaffen) unter fünf
Sefjrern; für bag ©riecfjifdje
mar ein eigener ^rofeffor auf*
geftellt, ein fiebter ißrofeffor
trug SRoral (Casus) oor.
Später (1628) fiel ber s}3ro>
feffor für bag ©riedjifdje fort,
jeher Seljrer gab bag ©rie*
cfjifdje in feiner klaffe. 5lufjer*
bem mären nodj brei Qefuiten
im Seminar befdjäftigt; fie
fpeifteit aber im Kolleg, oon
bem fie aucf) fonft alleg Dcö*
tige erhielten. ®ie (pungerg*
not oon 1638 oerfdjeudjte bie
Schüler, unb im folgenben
Qaljre beforgten nur jmei 3Ragiftri bie unterften Sdjulen. ®rei Qaljre fpäter (1642)
trat su ben beiben Seljrern nod) ein britter, unb bie burdj ben Slrieg unterbrodjenen
Sdjulübungen mürben teilmeife mieber aufgenommen. SDie brei Sefjrer oerteilten fid) fo,
P. SÜMlfjelm äßolff SJtctternid) S. J. ©tief) nad) £>amt) (*/3).
Sfutogvapfj au§ einem 93riefe.
1 SSgt. ß. SüBeifj, ©efd). ber ©tobt ©peier 3 iSieS unb bat’ golgenbe nad) * Litt. ann.
(1876) 77 ff. 2 $ie Sitten in ©peier, ©tabt* unb * Catal. Prov. Rhen,
ardjib 408, 9Jr 11 12 18.
Kollegien, 9ieftbenjen uitb SJtiffionen: ©peier.
171
bafj einer fR^etorif unö Humanität, ber jvoeite bie oberfte unb mittlere ($rammatif, ber
britte bie unterfte ©ramntatif teerte. ©o blieb e§ and) bie folgenbeit Qafjre; bi§ 1650
maren jmei ißriefter unb ein SRagifter an ben ©dfuten tätig 1. „®a§ Qefuitem
foüegiunt", fo fjei^t e§ in einer neueren fßublifation, „hob burdj eifrigen unb ge*
biegeneit Unterricht bie ©djule in erfreulicher SBeife, fo baff burdj biefe (Erfolge er¬
mutigt Philipp ©hriftopl) befdjlofj, eine jmeite Qefuitenfdjute in feiner SDiö^efe $u
Sßrudjfat ju grünben."2
2Ba§ bie ©eelforge betrifft, fo begann man in ber neuen Kirdje fofort mit ber
Katedjefe. Qm Sotn prebigte ein i|3ater an allen ©onn* unb Qefttagen öormittagg
unb aufjerbent jmeimal in ber Söocfje im Stboent unb in ber gaftenjeit. 2lu§ ber
©tubentenfongregation töfte fid) 1605 eine Kongregation für Kteru§ unb gebitbete
Saien ab; biefelbe hotte monatlich nur eine 23erfammlung; tägtidj mahnten manche
ihrer SRitgtieber, befonberg oont 91eid)gfammergeridjt, ber heiligen äReffe bei, bie auf
33erantaffung ber Kongregation um 10 Uhr gelefen mürbe, um fo auch beit Herren
be§ 9?eid)gfammergeridjtg bie Slnfjörung §u ermöglichen. Qefjn Qaljre fpäter (1616)
entftanb bann eine beutfche 23iirgerfongregation, bie burdj ben Krieg faft ju ©ritnbe
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£anbfdjrift be? P. 2öilh. IJJlettcrnidj, 1623.
ging, aber 1641 mieber auflebte unb 1642 ade Süffigen augfdjtofj. Qm Qafjre 1650
traten bie jungen §anbroerfer ber 23ürgerfongregation bei. f£)ie Kommunionen
hielten fidj in ben erften Qafjrjehnten auf 6000, eine grofje Qafjf für bie fo Heine
§erbe, mie ber Bericht oom Qahre 1616 bemerft. ©pater fiel bie Qaf)I, um bann
1643 auf 7000, 1646 auf 9000 ju fteigen. (Die Konoerfionen fdjmanfen in ben
erften Qahr^ehnten jmifdjen 150 unb 250. Sßiele ÜCRiffionen mürben abgehalten, fo
1 Über bie ©d)ülerpf)t firtbet fid) nur bie
eine Eingabe „400—500", unb par in ber hef¬
tigen ülnftagefcbrift ber ©peierer Stbgefanbten
Born 30. 3uti 1011 auf bem Sage p 9toten<
bürg, ©peier, ©tabtardjin 408, 9tr 11. 3m
3at)re 1645 Reifet e§, bie Saht ber ©dtjüler fei
etwa§ größer gewefen al§ bie teptoerfioffenen
3ahre, unb 1649 wirb bemerft, bie Sluflöfung
ber ^»eibelberger ©djute habe bie ©dplerphl
Bermehrt. gfür bie armen ©tubenten gelang
el 1644, ein Segat Bon 5500 ©ulben freip-
madjen, au§ beffen erften Siufen Kleiber für
bie ©tubenten angefchafft würben. — 3$on bra=
matifdben Sluffütjrungen werben erwähnt: 1642
„Ser Berlorene ©ohn", 1645 „Heinrich VI.",
1646 „Sie japanifepen 9Jtärtt)rer", 1647 „3üe-
jiu§", 1650 in ber 3nfima „3ugenb be§ hl- 6b=
munb Bon ßanterburt)", in ber erften unb jwei*
ten ©rammatif „Sugenb be§ ht- Shoma3", Bon
bem ganzen ©tjmnafium ,,©t ©tjmbhcwian".
2 K. fReifjinger, Sofumente pr ©efd)icpte
ber hmnaniftifeben (gdmten in ber 33at)erifchen
fPfatj (1910) 40.
172
SritteS Kapitel. $ie oberrbeinifcpe jßroPinjj.
1617 in SBeilerftabt, 1628 in Sanbftufjf, 1646 in 9Zeuftabt. Qm 3a^re 1616 3e*
lang eg ben Semiifjungen ber Qefuiten, eine Solfgfdjute für ÜDZäbdjen ju errieten;
fdjon einige Qafjre Dorfjer fjatten fie bie ©rritfjtung einer foldjen für Knaben im
Seminar burdjgefept. Qür 2lrme, Trante unb ©efangene fonnte Dietfad) geforgt
roerben, fo 1604, mo bie nieten Oranten bei £ag unb 9Zad)t befucfjt, bie ÜZotfeibenben
unterftüpt; 1636, rao eine grofje Stnja^I Don 2(rmen täglicf) an ber Pforte gefpeift
mürbe, Qn ber großen .fpungergnot Dom Qafjre 1638 ftrömte bag Sanboolf in bie
Stabt unb fud)te £)dfe bei ben Qefuiten. Qm Qafjre 1646 gelang eg ben ißatreg enb»
lief», megen ifjrer ^enntnig ber franjöfifcfjen Spradje Qugang ju ben ©efängniffen
unb Spitälern ju erreidjen, meit bort Diele franjöfifdje Sotbaten lagen.
SBieberfjoIt fpradjen bie Obern ben Speierer ^efuiten ifjre Stnerfennung für
if)r tapfereg Sertjatten aug. So fdjrieb Sitellegdji 8. 2Iuguft 1643 bent dZeftor
Qofjann Kart: „@g ift ein großer STroft, in biefen Beiten auf bem ^3often in bet
geroöfjntidjen 2(rbeit augjufjatten", unb (Sarrafa antmortete bemfelben ÜZeftor am
17. Qebruar 1040 ; roar mir ein großer £roft 511 oernetjmen, mit melier Stanb*
tjaftigfeit fief) bort bie llnfrigen ber Seelforge mibrnen, unb jmar mit ©efafjr ifjreg
Sebeng. So jiemt eg fidj ja für apoftoltfdje ÜDZänner, ifjr Seben aufg Spiel ju
fe|en unb bafür ein beffereg ju gemiunen." 1
Son Speier aug mürbe aud) eine ffeine ÜÖZiffion Don jrnci ißatreg in ©errnerg»
1) e i nt (feit 1628?) begrünbet. Qn einem Seridjte Dom Qafjre 1635 fjeifjt eg: „©ermerg»
fjeim, ein Stäbtcfjen ber 9if)einpfalg, mürbe Don ung auf Sitten beg ©r^erjogg Seo»
polb Dom ©afüinigmug jur fatf;olifcf)en Äircfje jurüdgefüfjrt. 2öir Dermalteten bie
bortige Pfarrei, big bie Stabt im Qafjre 1631 ben Scfpneben übergeben mürbe.
Son biefer £ätigfeit befreit, bie fo lange auf ung gelaftet fjat unb bie mir fo oft
einem Pfarrer 511 übermeifen gebeten Ratten, fjaften mir bafür, bortfjin nicfjt mieber
gurüdfetjren gu fotlen, ober menn eg fein miifjte, fjödjfteng in Qorm einer ÜDZiffion
(per modum missionis); beim eine fo lang bauernbe ^ßfarrfeelforge entfpridjt burdj»
aug nidjt unferem Qnfiitut."2
(Sbenfaffg Derbanft bie 9Zieberfaffung in Srudjfaf Speier ifjre ©ntfteljung.
£>er Seridjt, mefdjen ber ißroüingiaf Sambert Straoiug im Sommer 1635 an ben
Orbenggeneral fanbte, fagt über biefe SZieberlaffung 3: „$)ie SZefibeng gu Srudjfaf, in
melier gmei Sa*re3 mit einem Saienbruber lebten, beftanb ungefähr 20 Qafjre.
Sie mürbe gegrünbet auf Sitten beg Speierer Sifcfjofg ^ßf)ilipp Sfjriftoplj, mefdjer
mollte, bafj Salre§ unferer ©efefffefjaft in ber bortigen Stiftgfircfje bie ißrebigten
gelten unb bann überhaupt fidj mit ber refigiöfen llntermeifung ber Sitrger befaßten.
SDodj erhoben ficf) batb nidjt geringe Sdjmierigfeiten, fo baf) man gern bie Stabt
mieber Dertaffen f)ätte, menn man nidjt gefürchtet hätte, ben Sifcfjof gu fränfett.
9Zad)bem ung nun bie Sdjmeben Dor Dier fahren oertrieben haben, halten mir bafür,
nidjt mieber bortfjin gurüdfefjren gu füllen, unb gmar aug folgenben ©rünben: 1. @g
1 * Drifl.--9teg. Ad Rhen. — $ie jReftoren
mären: SBilf). iDtetternicb, 1595; ©teuf)- 9tni=
binS, 1617; ©erb- Sßengeler, 1624; $fob- Eoupcr,
1624; 2lnbr. Goftar (SBijereftor), 1626; 9titb-
«iber, 1628; £einr. fReffap, 1630; SDtattt).
jßiftoriu§ (^ijereftor) , 1633; ©erb. hänfen,
1636; Sob- Gort, 1641; 91if. ^ibter, 1646;
©erb- Raufen (SSi^ereftor), 1649; §einr. 33re=
genfer, 1650.
2 *Infonnatio de residentiis etc., bat. 29. Jyuli
1635. ©ermergbeim mar am 14. 9luguft 1622
burd) ©rjberäog Seopolb erobert morben. SSgt.
* ©tepb- Stuibiuei an $bcob. 58ufaeu§, bat. (Speier,
16. 21uguft 1622. Epp. ad Bus.
3 *Informatio de residentiis etc., bat. 29. Suli
1635 (Docum. hist. Prov. Rhen.). ©§ ift ein
©efamtgutaebten mehrerer ipatre^ betreffs 2Bieber=
aufnabme bon Stiebertaffungen, melcbe beim ©in»
faß ber ©cbmeben ju ©runbe gegangen maren;
ogl. * 2SiteßeSd)i an ben 'Rrooinjiat P. 2. ©tra=
oiuS, 22. ©ept. 1635. Ad Rhen. sup. S3rucb-
fal maren 1619 ff jmei ißatreS unb ein 23ruber.
Kollegien, iRefibenjen itnb SÜliffionen: ©ermerSf)eint. — 53rud)fal. — iöretten. — 92euftabt. 173
ift faum Slulfidjt norfjanben, baff ber 93ifcf;of bal 33erfpred)en erfüllt, roornit er bie
©efellfdjaft borttjin eingelaben hatte, nämlid) ein Xertiat 31t errieten; für ein Solleg
aber ift bie ©tabt zu flein nnb unbebeutenb; 2. bie ©rfolge in ber ©eelforge roaren
für eine ftänbige Nieberlaffung nid)t bebentenb genug unb hätten non ©peier aul
burd) bie fßatrel int britten fßrobejatjr ebenfo gut erhielt toerben fönnen; 3. bie 2lrt
uttb Söeife, tuie bie Unfrigen unterhalten tourben, tnar für Orbenlleute tuenig paffenb
unb mit allerlei Klagen nerfnüpft. @1 mußten nämlid) bie fjauptfädjlidjften Nahrungl-
mittel, Qleifd) ufro., an beftimmten Sagen ber 2öod)e non ber Qeftung Ubenheim,
jept 5ßf)ilip)p»§burg genannt, geholt toerben. Nid)t oljne ©rröten aber muffte man
barunt bitten unb manchmal mürben fie in unmirfdjer, barfcfjer SBeife non ben fürft»
bifd)öf(id)en Beamten, fei e! aul Trägheit unb ©eroiffenlofigfeit, fei el aul 2lb=
neigung gegen bie ©efeflfcbaft, oerabreidft, fo baff bie Unfrigen bie notroenbige
Nahrung halb nicht zeitig genug, halb in nerborbenem unb fdjledjtetu Quftanbe er»
hielten. . . . Sie abeligen ©tift§f)erren aber, gegen beren SBillen, unb toie fie oor»
gaben, auch gegen beren Nedjte in ber Ernennung bei fßrebiger! bie Sanzel uni
nom SBifchof übergeben mar, rnerben faum geneigt fein, ben Unterhalt aufzubringen,
unb el nielleicht auch nicht fönnen, ba fie felbft non ben ©djmebett aulgeraubt finb;
4. fdjliefjlicf) ift bie geringe Qaf)l Seute njenig förberlicb für bie notmenbige 33e»
obacf)tung unferer Orbenlregeht."
33on 33rud)fal ging bann hinmieberum bie „Nliffion" in 33 retten, betn @e=
burtlort SMandjthon!, aul. 3luf 33eranlaffung ber Qefuiten forberte ber batjrifche
©tatttjalter im Qat)re 1624 für feine Familie einen fatholifchen Pfarrer. 33il biefer
fam, begann ein ^efait (1624) ju prebigen auf ber Sanzel, bie auch 5tuei calninifche
fßrebiger benutzten. 3lm Sage nach Saurentiul hielt ber fßater bie erfte fßrebigt,
morüber fich bie Sutheraner aul 2paff gegen bie (üaloiner freuten. Srei iNonate
bauerten biefe gleichzeitigen fatfiolifchen unb calninifchen fßrebigten, bil man bie cal»
oinifchen ^Srebiger entfernte zur Qreube ber menigen Satfjolifen unb fogar ber Sutlje»
raner, bie in ben calninifchen fßrebigern „Seufellbiener" fahen. Sie SNiffiou ftanb
1625 unter jmei fßrieftern, non benen einer in ber ©tabt felbft an ©teile bei fßfarrerl
rnirfte, ber anbere in einem Nachbarorte. Qm Qaf)re 1625 mußten bann in ber
ganzen f|3falz alle, bie nicht fatholifd) merbcn mollten, auimanbern 1.
Qu ©peier gehört meiter^in bie SNiffion zu Neuftabt, bie 1625 ihren Slnfang
genommen. Qn bem 33erid)te non 1635 Ijeifst el: „Qu Neuftabt, jept im ©peierer
©ebiet, früher unter bem fßfalzgrafen nom Nf)ein, lebten zmei fßatrel auf Soften ber
fpanifdjen 33efa£ung, bil biefe abzog unb ©dfroeben bie ©tabt befepten. §ier mar
gute Slulfidjt, erfolgreich zu mirfen, zumal bie ©tabt ringl non Sörfern umfäumt ift.
Socf) ift fürzlid) unfere SBolfnung bort ein Naub ber Qlammen geraorben, fo baff
fich bezüglich ber 2öieberaufnal)me unferer Sätigfeit bafelbft augenblidlich nidjtl 23e>
ftimmtel fagen lä^t." 2
Sen fßatrel mar 1625 bal Collegium Casimirianum (eine frühere fatfjolifche
Kirche) übergeben morben. Qn einer in biefem S'olleg errichteten SapeQe halten fie
fJ3fingften 1625 ben erften ©ottelbienft 3. Qm Sluguft mürbe bann bal &hor ber
fßfarrfirdje für bie fatholifdjen ©olbaten abgetrennt. Srei Nlonate fpäter erhielten
bie Qefuiten bie ganze f|3farrfird)e; bie brei fßräbifauten mußten ihre Qunftionen ein»
ftellen unb bie Qefuiten bie fßfarrfeelforge, Saufen ufro. übernehmen. Qn ihrer
1 * Litt. ann. Bruchs. 1624 — 1625. SBgl. an ben Kaifer, oljne Saturn. Konzept in 9)2ainj,
Slierorbt, ©efd). ber eoangel. Kird)e im Stabtbibliotfjef, Jes. B. 31 B.
®robber5ogtum iöabcn II 171. 3 *Litt. ann. Rhen. sup. 1625, Missio Neo-
2 *Informatio de residentiis etc. Sßgt. Eopper stadiana.
174
$ritte3 fapitcl. $ie oberrfjeinifcbc fßroDins.
Kapelle gelten bie ißatreS an ben Sonntagen morgens frangöftfcfie ißrebigt, itadj*
mittagS beutfdje Katecf)efe. Sie befugten bie (befangenen unb Kranfen, and) bie
ißeftfranfen ; eS gelang ifjiten, ac^t auS bem Werfer unb brei oom Strang ju erretten.
®aju machten fie tjäufige StuSftüge in bie benachbarten Pfarreien. SBei^nacfjten
mürbe eine Grippe errietet unb bie Kinber fangen beutfcfje Sieber babei, bie ihnen
ein ißater oorfang. SDie Knaben- unb ÜDiäbcfjenfcfjuten mürben einem fatholifchen
Sefjrer übergeben unb an Stelle beS .fpeibelberger Katechismus ein fat^olifrfjer ein*
geführt. 2>ie Sdjmeben machten biefer £ätigfeit ein Snbe. Seit 1638 finb mieber
gioei patres in Steuftabt unb eifrig an ber Slrbeit ; befonberS 1645, mo bie Kranf*
fjeiten unter ben Solbaten müteten. Sie beforgten raie früher bie ^Sfarrfeelforge.
^atjre 1646 mürben 500 Kommunionen gejäfjlt; menige jrnar, mie ber 33erid)t
fagt, aber oiele für bie fleine 3af)t ber Katfjotifen. 2)er SBeftfätifcfje griebe, ber
ben ißfä^er §uriicffüf)rte unb bie Entfernung ber franjöfifdfen Struppen beftimmte,
fe£te aud) ber ÜTätigfeit in Steuftabt ein $iet. Stiefelbe mürbe mit äßüfje nod) furje
$eit fortgefe|t, aber ÜJJtitte gebruar 1650 mußten mit ber fran^öfifctjen ©efa^ung
auch bie patres bie Stabt oertaffen1.
9)tef)r Seftanb hatte bie ebenfalls oon Speier auSgetjenbe Stätigfeit ber ^efuiten
in ütÖointS. Stuf Sitten beS eifrigen SBormfer 23ifd)ofS 2£itf). ü. Sffern (1604 — 1616)
hatten Speierer Qefuiten im ^atjre 1605 aud) in ber Söormfer SDiö^efe eine rege
Sätigfeit begonnen. $n SöormS fetbft, moI)in fie in bem einen ^at)re oiermat ge*
rufen maren, hatte if)r SBirfen fo oiet Seifatt gefunben, bafj bie Kattjotifen fie gern
ftänbig in ber faft ganz proteftantifcfjen Stabt tätig gefe^en Ratten2, $n ber Stat
bemirfte ber Sifcfjof, melier burcf) bie Eperjitien noch mel)r für ben Orben ein*
genommen morbeit mar, baf) mit bem 2. ÜÖtai 1606 jmei patres auS Speier, Stuguft
Sturrian unb EiSbert Sernarbi, eine bauernbe Stätigfeit in SESormS entfalteten3.
Sie fjietten erft in ber oermaiften Imuptpfarrfircfje, feit 1608 aber im SDom ^5rebigt
unb Katecfjefe. SDer ÜJtuntiuS Sttitio rühmt in einem 23erid)te oom 20. Januar 1608
an Karbinat Sorgtjefe bie frucf)treid)e Xätigfeit ber SSormfer ^efuiten unb bettagt,
bafj ber SJtagiftrat mit §itfe beS ^fätjer Kurfürften bie Qefuiten zu oertreiben fuc^e 4.
„®ie Katecfjefen im 2)om", fo berichten bie ^efuiten fetbft im ^af)re 1609 5, „finb
ungemein frucfftreid). 2öir fe^en barin fetbft oiele Suttjeraner unb Eatoiner, roetdje
berfetben mit Stufmerffamfeit unb großer Sefcfjeibenheit beimotjtten. ®ie ermadjfenen
Kattjotifen aber fommen immer gafjtreid^, gleich als märe biefetbe mehr für bie Sr*
madjfenen atS für bie Kinber. üßie aber bie ißrebigten mirfen, §eigen bie neuen
Sänfe im SDom, bie Stbftettung ber SJtifjbräuche, ber häufige Empfang ber Zeitigen
Saframente — mir gäfjtten biefeS $at)r 1165 Kommunionen — unb baS ftänbige
Üßacfjfen ber gufjörer, ber Katf)oIifen fomotjt mie auch ber ißroteftanten, metd) festere
mnfo offener unb ungeteilter fommen, je mehr ber Qt)rigen fie unter ber 3uf)örer*
fdjaft erbtiden. Sechzehn finb zur fattjotifdjen Kirche ^urüdgete^rt."
3)tit biefen Erfolgen mar aber aucf) bie feinbfetige Gattung be§ tut^erifd^en
9tate§ ber freien 9teid)Sftabt gemad)fen. Seit 1608 bot er atteS auf, um bie Qefuiteu
ju oerjagen6, ^m ^uni 1609 mar bie ©efatjr aufs f)öd)fte geftiegen. Sdjon maren
bie Kanonen aufgefatjren, um bie bifdjbftidje ^fatj, in metdjer bie ^eiuiten waren,
ju erftürmen. SDa traf aber nod) rechtzeitig ein ftrengeS SJtanbat beS SteichSfammer*
geridjteS unb ein Scfju^brief beS KaiferS ein, melier bie Qefuiten menigftenS gegen
1 *Litt. ann. Rhen. sup.
2 Litt. ann. 1605, 687 ff.
3 66b. 1606, 420.
4 * Original im Arch. Yatic., Borghese II 186.
5 * Litt. ann. 1609.
6 Litt. ann. 1608, 460 unb * 9Juntiu3 SXtilio
an Sarbinal 33orgI)efe, 20. San. 1608. Arch.
Vatic., Borghese II 186.
Kollegien, iRefibengen unb SDliffionen : 2Borm§.
175
©emaftmaßregefn beS SiateS für bie Qufunft ftcßer ftellte f£)ie proteftantxfd^en
linierten mifcßteu ficß ein unb oerfangten 1611 oon bem Sifcßof bie §lusfcf;affung
ber Qefuiten. SDie geiftficßen $urfürften, fomie Qürftfnfcßof ©ottfrieb üon Samberg
unb §erjog äftaj: oon Samern traten aber entfcßieben für bie SBormfer Qefuiten ein1 2.
2)er Sifcßof lief? ficf) nicßt fc^recten. Qm SinoerftänbniS mit bem SDomfapitef
ü6ermieS er ben Qefuiten ein eigenes £>auS, bie ®urie beS ®omprebigerS, genannt „Quin
roten Kolben", unb im §erbft 1609 bie SDomfcßufe, in mefcßer oon ißnen fcf)on feit
Stoei Qaßren regelmäßig $atecßefe erteilt raorben mar3. Sin neues Seben 30g in
bie ®omfcßufe ein; faft Qaßr um Qaßr meßrten ficf) bie Pfaffen, bis ißre Sntmicffung
im §erbft 1613 burcf) Anfügung ber oierten Pfaffe oorfäufig ißren Slbfcßfuß erreichte;
benn meiter ju geßen geftatteten bie fnappen Sinfiinfte nicßt, mefcße burcß bie ©tiftungS*
urfunbe üom 22. Slprif 1613 ben Qefuiten jugeficßert maren4. 2fucf) blieben raegen
ber meniger gaßfreicßen ©cßüfer bie beiben unterften Pfaffen ftänbig fombiniert5.
®aß bie ©cßufen meniger Qufauf ßatten, ift raoßf ßauptfäcßficß bem Sntgegenarbeiten
beS feinbficßen States jujufd^reiben; benn im Qaßre 1625 ßeißt eS: f£)aß bie ©cßufen
in ber großen ©tabt fcßfecßt befucßt rnerben, oerurfacßt ber affmögenbe proteftantifcße
©tabtrat, mefcßer bie einßeimifcßen föinber, mefcße fonft in großer Qaßf fommen
mürben, an bem Sefucße ßinbert6.
Srmutigenber maren bie fonftigen Arbeiten unb Srfofge, namentlicß in ben
meift ganj proteftantifcßen Ortfcßaften ber Umgegenb. SJfan fonnte j. S. im Qaßre
1617 außerßafb SöormS auf brei Dörfern unb in gmei ©täbten regelmäßig Äatecfjefe
erteilen 7. „®a icß feße", fo fcßrieb ber ©eneraf an ben SBormfer fReftor Subroig
Qrancfenftein am 5. Sfuguft 1616, „mefcß reicße Srnte ficf) auf ben umfiegenben
Dörfern barbietet, bie ficf) fcßon anfcßicfen, jur alten Religion jurücfgufeßren, fo märe
eS aitcf) mein innigfter Söunfcß, baß meitere UnterßaftungSmittef befcßafft mürben,
um bort meßr Seute ernäßren gu fönnen."8 SeßtereS fcßien jebocß auSficßtSfoS, jumaf
als ber Ärieg auSbracf) unb SöormS in ben erften Qaßren fo ßart ntitnaßm, baß bie
Xätigfeit ftarf eingefcßränft mürbe9. Srft ber ©ieg ber f'aiferficßen Söaffen unb bie
Sfcßtung beS föurfürften oon ber ißfafj brachten Sefferung. 2)ie ©tiftung mürbe im
Qaßre 1626 oermeßrt burcf) bie Sinoerfeibung beS eßemafigen SfuguftinerffofterS gu
Qranfentßaf, beffen Sefißergreifung aber erft im Qaßre 1636 erfolgte10.
2)ie SBirffamfeit fanb ein neues 2lrbeitSfelb in ben Gebietsteilen beS geädßteten
^urfürften. Qm Qaßre 1625 mußten bie SSormfer Qefuiten auf SBunfcß ber faifer-
1 ‘Litt. ann. 1609.
2 ©ieße ba3 24. Kapitel.
3 *Catal. Rhen. 1. Litt. ann. 1610, 401.
*Litt. ann. 1609 a. a. 0. Litt. ann. 1607, 734.
4 *Fundatio coli. S. J. Wormatiensis utib
Initia coli. S. J. Wormatiensis (bort aud) bie
©tiftungSurfunbe) 9tom, ©taatäardjib , Col¬
legia M. 173. Sie 23eftätigung§urfunbe 2Iqua=
üioa§ Dom 24. 9JJai 1613 ‘ Original auf fJ3erga=
ment in ffltaing, ©tabtbibliotßef, Jes. B, 18 H.
5 ‘Catal. Rhen.
6 ‘Litt. ann. 1625.
7 * 6bb. 1617.
8 * Drig.=9Jeg. Ad Rhen.
9 SSgl. * Catal. Rhen, nitb bie * ^Briefe 235
tetle3d)i§ an geanctenftein in ben Sabeen 1620
bi§ 1623.
10 ‘Hist. coli. Wormat. 1645 — 1648 (Hist.
Rhen. sup. II, 39, 5 ff); 1649—1651 (ebb. III,
17, 3 ff). $a3 Klofter granfentfyal in ber Unter =
pfalg mar feit 60 lyabrm in proteftantifdjen
§änben; bie 21uguftiner=ßl)orberren batten e§
1562 bem ifSfalggrafen um eine geringe 21 b=
finbung übergeben. 2tuf 93itteu ber ©ebrüber
ü. Salberg, al§ ©rben unb 9tarf)f'ommen bee>
©tifterl (15. ^uni 1626), inforporierte 93ifcpof
©eorg ^rtebricf) am 1. 21uguft 1626 ba§ ißm
in boppelter SBegieljung unterfteßte Klofter bem
Kolleg üon 2Borm3. 92ad) ißeröffentlidjung be§
9Ieftitution§ebitte§ mie§ ber Kaper am 23. guni
1631 bie rßeinifcpen KreigejefutionSfommiffäre
an, ba§ SBormfer gefuitenfoKeg in ben 93efip
be§ KlofterS gu fefeeu. ®ie 21ftenftücfe bei Cru-
sius III 37—46. ©benbort 49 f über bie
forporation beö Drtenberger £ofei> in 2Borm§.
Ser SBefeljl Dom 23. ^mti 1631 mürbe am
23. Igunt 1636 mieberbolt. SBortlaut bei Cru-
sius III 69. Siefe unb meitere 21ften ljanb=
fdjrifttidi im Arch. Vatic. , Miscell. Arm. 8,
vol. XC.
176
drittes Äapitet. ®ie oberrbeinifcbe $roOins.
liefert Regierung ju Kreuznad; z- 23. an fieben Orten tätig fein, auS benen Dörfer bie
ißrebiger au§gen?iefen maren L 9(m 27. äRärz 1627 fcf^rieb ber OrbenSgeneral nad;
SEBorntS : „Qdh fef)e, baß bem Kolleg nur eines mangelt, eine angemeffene SSoßnung
unb fjinreidjenber Unterhalt. S)enn alles anbere, maS @ifer unb 91nftrengung jur
Qmrberung ber @l;re @otteS unb beS feiles beS $Räd;ften zu leiften üermag, gefd;iel;t
ja mit foldjer Unüerbroffenheit unb foldjer 91uSbauer, baß man faurn mef)r oerlangen
fann. Unb ba aud; bie Erfolge nicht gering finb, fo tonnte mir bie 9?ad)ricf)t oon*
bem fo angeftrengten unb regen SBirfen ber Unfrigen nur große Qreube madjen."1 2
©elbft auf bie freie Üieicpftabt Ratten bie neuen 23erf)ältniffe in ber fßfalz eine gün»
ftige fRüdroirfung auSgeübt. ®ie Kommunionen üerbreifadjten fief) faft innerhalb
fünf Qaljren. Sie maren im Qal;re 1630 in ber ©t SiifolauSlapelle, meld;e oon
Anfang an ben Qefuiten Übermiefen mar, auf 3400 angemacfjfen. ®ie 3°^ ber
Konüerfionen ftieg oon 55 im Qafjre 1625 auf 90 im folgenben Qafjre unb erreidjte
im Qaljre 1627 bie §ö^e üon 130 3.
2)ie guten 9luSfid;ten fanfen aber halb jufammen, als im £>erbft 1631 bie
©djmeben ^eranrüdten. 9t tn 17. SDegember mufften bie Qefuiteu bie 3tud)t ergreifen,
unb al§ fie oier Raffte fpäter, im Quli 1635, nad; SIBormS zurüdfeßrten, fanben fie
baS 9(rbeitSfelb gemaltig geänbert. ©tabt unb Sanb maren fjeimgefuebt üon fßeft
unb Krieg. Qfjre Sätigfeit fing langfam roieber an mit Katedjefe in ber ©t ÜRifolauS*
fapeüe unb Unterricht in ber eigenen 9ßof)nung (Ottenberger |jof). @rft im Januar
1636, am geft ber heiligen SDreilönige, beftiegen fie auf Söunfd) beS 23ifcf)ofS mieber
bie j^omfanjel, meld;e mährenb ihrer 9(bmefenheit üon ben Kapuzinern üerfefjen mar,
unb im 9lpril tonnten fie aud; mieber zwei Klaffen in ber SDomfdjule eröffnen4.
©S tarnen jebocf) nur menige ©chüler. |jerbft 1641 mürbe burch baS öffentliche
©djaufpiel — baS erfte mieber nach üielen Qaßren — , weldjeS üon ben Schülern
im Kreuzgang beS SDomeS unter großem SSeifaü aufgeführt mürbe, nicht unbebeu«
tenb 3ahl unb Sifer ber Schüler gehoben. Qebod; blieb auch jeßt, obgleich man
noch «iperbft 1642 bie üierte Klaffe mieber angefügt hatte/ bie 3a^ f° gering,
baff immer je zwei Klaffen fombiniert blieben. Qm |>erbft 1646 mürben fogar
fämtliche Schüler bis auf zwölf mieber zerfprengt, unb erft brei Qafjre fpäter, nach
23eenbigung beS Krieges, tonnte ber Unterricht üon neuem auf brei Klaffen auS*
gebehnt merben5.
9Rel;r greube erlebten bie Qefuiten au ber feelforglichen STätigfeit. SBenngleid;
man megen ber ßerurnftreifenben KriegSbanbeit an ein regelmäßiges Arbeiten außer*
halb ber ©tabt nicht bettfen tonnte, fo fanben fie um fo meßr in ber ©tabt zu tun.
„2Sir müffen", fo berichten bie QaljreSbriefe, „megen beS äRangelS an fßrieftern oft
in ben fJ3farrfird;en (ber ©tabt) prebigen, in anbern Kirdjen bie fjeilige ÜDieffe lefen,
in ben ÜRonnenflöftern 23eid)t hören, unb in unb außerhalb ber ©tabt auf ben üer*
laffenen Dörfern unb itöeilern üielen Kranfeit bie heiligen ©atramente fpenben unb
auch bie 2oten begraben."6 Qn ben beiben fßfarrfirdien ©t fRupert unb ©t Sambert
prebigten bie Qefuiten auf 23itten ber ®efane ber beiben Stifte ©t fßaul unb ©t 9R artin,
meldßen biefe Kirchen zugehörten, längere 3eit regelmäßig, in ©t Öambert fogar
mehrere Qaßre lang. 9Rit ben (Erfolgen maren fie in 9lnbetrad;t ber bamaligeit 3eit=
läge zufrieben. „fEroß ber menigen Katholifen", fo berichten fie im Qaßre 1638,
„finb bod; bie prebigten (im ®om) gut befud;t, befonberS in ber 2lbüentS* unb fyaften-
Zeit, fo baß mir zumeilen 500 3uf)örer zählten unb aud; bie 23eid;tüäter frud;treid;
1 * Litt. ann. 1625. Hist. Rhen.). *Catal. Rhen. sup. * Litt. ann.
2 * Driß.>3teg. Ad Rhen. sup. 1634.
3 * Litt. ann. ber betreffenben Sabre. 5 * Hist. coli. Worniat. * Litt. ann. *Catal.
4 *Hist. coli. Wormat. 1635 — 1639 (Suppl. Rhen. sup. 6 * Litt. ann. 1638 ff.
Kollegien, fRefibensen uttb SJtiffionen: fffranf entbot.
177
arbeiten fonnten." Unb aud) in ben fpäteren fahren äußerten fie nod) öfter ihre
3uf nebenbei! barüber, baff „fie frud)treidj arbeiten" unb „baff bie CSrfofge, tüe[df)e
man burd) bie fßrebigten erntete, bie Vitterfeit ber feiten mitberten"1. ©raffe ün*
erfennung fpenbete ben ^efuiten unb ihren frucf;treicf)en Strbeiten ber greife Vifdjof
©eorg SInton o. fRobenftein (1(329 — 1(352) in feinem (Schreiben üom 1(3. Januar 1(347
an ben Statthalter non ^Belgien2, in mefdjent er „bag ejremplarifctje Seben ber
f|3atre§, ihren apoftolifdjen (Sifer, ihre unermitbliche Xätigfeit unb ihre grojjen Sr*
folge in ber Sßormfer SDiöjefe" lobenb fjeroorhebt. Sr molle oerhinbern, „bah fofdje
apoftolifdje Arbeiter, mie mir fie burd) Erfahrung fennen gelernt hoben, unferem
Vigtum entjogen merben". £e£tereg ftaub freilich feü 1647 fehr ju befürchten, ba
bie gefamte Stiftung angeftritteu mürbe3. 9iur bem kräftigen Singreifen mächtiger
greunbe, oor adern beg $aiferg gerbinanb III., mar eg ju oerbanf'en, bah bag Kolleg
nach breijährigem ®ampf tro| mancher Sinbuffen fid) in Sßortng behauptete4.
®er Übergang ber Unterpfalj an Spanien führte im 3ahre 162*3 SBorntfer
^efuiteu nach ber fjefte fjranfenthal, mo fie in erfter fiinie bie Seelforge bei ben
^Beamten unb ber S8efa|ung augüben follten5. Seit 1(327 lebten jmei fßatreg ftänbig
bort, big am 4. ©ejember 1632 granlenthal ben Schmeben übergeben unb bie Spanier
au§ ber Unterpfalj vertrieben mürben 6. $n einem SBericfjte, ber unter bem 29. $uli
1635 über einige Vefiben^en unb SRiffiotten aug ber oberrbeinifdjen ifSrobinj nach
9iom ging, heifft eg über $ranfenthal: „Sg mohnten bort f|3atre§ als gelbgeiftlidje
unb mürben bom ÜBiilitärfisfug unterhalten. 9Ilg bie gefte ben Spaniern entriffen
mürbe, lonnten bie Unfrigen 511 einem georbneten Orbengleben mieber guriidfehren.
Vei all ihrer 9Rüf)e unb Slrbeit mährenb ber nicht menigen Qahre üermodjten fie ben
Starrfinn ber caloinifdjen ^Bürger nidjt ju beugen; lieber motlte man §aug unb
£>of oerlaffen unb in bie Verbannung gehen, alg bie fatholifcfje Religion annehmen."7
Vei ihrer Vüdfefjr im Qahre 1637 gingen SSormfer fjktreg auf Vitten ber
fpanifdjen Regierung in ^ranfenthal feit SRariä Himmelfahrt 1637 mieber jeben Sonn*
unb Seflta8 borthin, big frfjliefjlich „auf bie gemeinfamen Vitten unb ^Briefe ber
Herren oon ber Regierung jmei fßatreg am britten übücntfonntag (1(338) einen feften
SBohnfih in granfenthal nahmen."8 21uf SInorbnung ber Statthalterin oon ^Belgien,
ber ^nfantin £Üara Qfabella, erhielten fie monatlich 24 9teid)3taler 9. Qhre Tiätig*
feit mürbe jebeg ^afjr fruchtreicher, befonberg nachbem ber caloinifcfje fßrebiger aug»
gemiefen unb am 1. 9Rai 1640 bie ^auptfirdje, bie ehemalige üuguftinerfirdje, ihnen
jurn ©ebraud) übergeben mar10. Sie halten nicht nur fßrebigt unb ®ated)efe in
1 * SBriefe an ben SSormfer 3?eftor 1643 bi§
1645. Drig.=9teg. Ad Rhen. sup.
2 Slbfdjrift in *Hist. coli. Wormat. 1645
bi§ 1648 (Hist. Rhen. sup. H, 39, 7).
3 $er ganje Streit eingetjenb unb mit ben
Slbfcbriften ber gemecpfetten Scbriftftücfe * ebb.
unb in * Hist. coli. Wormat. 1649 — 1651.
$er Streit mürbe geführt mit ben Stuguftinern,
bem 93ifd)of, bem Stabtrat Don 2Borm3 unb
bem neuen $fatjgrafen. Eine * ®erteibiguug3*
frfjrift gegen ben Stabtrat, melcber ben recht*
lid)en SBeftanb beä SoHeg§ öor 1624 beftreiten
motlte, au§ bem S^bre 1650 in SJlainj, Stabt*
bibliothef, Jes. B 18 V.
* $ie 3<Ü)I ber Sefuitcn in 2Borm§ betrug
nie mehr al§ 12; im $;abre 1613 muren e3
4 $atre3, 3 SJlagiftri unb 3 Saienbriiber, im
3ahr 1630 5 SßatreS, 3 StRagiftri unb 4 Saien*
®ul)r, ®e[ ä)iä)tt ber Stefuitett. II.
brüber unb im 3“bre 1650 enblid) 7 $atre§
unb 2 Saienbriiber. Sn einem Söriefe oom
26. 9Jiäi’ä 1650 an ben Siäeproüinjiat ipanfen
ipricht ber ©eneral üon ber extrema egestas
be§ SBormfer £oHeg§. * Drig.*91eg. Ad Rhen,
sup. — SieDbern mareit: Slug. Surrian, 1606;
Subm. grandenftein, 1611; got). ©eien, 1622;
33ernf). Sinn, 1629; 33arth- Simburg , 1636;
©erl). Socciug, 1639; SBilh-SPÜcm, 1645; Stbam
Äalcooen, 1648. 6 *Litt. ann. 1626.
6 * Hist, resid. Frankenthal. 1632 (in Docum.
hist. Prov. Rhen.).
2 * Informatio de resid. et mission. uon-
nullis Prov. Rhen, sup., 29. gitli 1635 (Do¬
cum. hist. Prov. Rhen.).
8 * Hist. coli. Wormat. 1635 — 1639.
9 * ©bb. 1649-1651.
10 * Litt. ann. 1640 ff.
12
178
2)ritte3 Äapitcl. $ie oberrpeinifcpe ißroüinä.
ber ®ircße, fonbern and) regelmäßig Slnfpradjen an bie ©olbaten auf ber Söacfje an
ben Soren unb auf ben Söällen. S)a$u fam bie 5Xätigfeit bei ben ©efangenen, beit
5 um Sobe Verurteilten, ben Sinnen unb Traufen. Über bie grudftbarfeit ißreS
SöirfenS äußern bie ^efuiten mehrmals ißre gufriebenßeit. Slnt 15. Slpril 1(145
fcßrieb ber ©eneralöifar ©angro an ben ©uperior £>erm. ©elßorft: „3h freue
midi feßr, baß tooit ben Unfrigen bort fo erfolgreich gearbeitet mirb unb baß felbft
unter ben SBaffen bie grömniigfcit gwrtfcßritte inacßt. Qdß gefteße freilich gern,
baß bie Slrbeiten bort fdjmierig finb unb baß eine Sftilitärftation unaitgeneßme unb
harte Slnforberungen an bie niebere Statur [teilt; bocß um fo größer ift aucß ber
Soßn im 3enfeitS." 1 Sie Slrbeiten ber beiben $efuiten fanbeit fo oiel Veifall, baß
bie Offiziere unb bie Veamteit bringenb audj um bie ©rridjtung einer ©cßule baten,
©o fam benn im 3aßre 1650 nodj ein britter ißater unb eröffnete bie ©dßule, melcße
jebocß nicht lange befleißen füllte 2. —
„Slm 20. Sluguft begann", fo fcßrieb ooll greube am 27. ©eptember 1622
P. Qafob Heller oon üDlündjen nadß Vom, „(General SiHt) ^etbelberg §u belagern
unb am 16. ©eptember eroberte er bie ©tabt mit gewaltiger Slnftrengung feiner
©olbaten. . . . Söeber ©ieger nodj Vefiegte ßatten geglaubt, baß fdßon an biefem Sage
bie ftarf befeftigte ©tabt fallen mürbe. . . . Sie Unfrigen ließen am folgenben Sage
(©amStag) in ber §auptfircße baS ßeicßen 3um ©nglifdßen ©ruße geben unb lafen bort
am ©onntag aucß bie ßeilige SVeffe, wobei P. 3oß- Slgricola üor bem ©eneral unb
ben ©olbaten prebigte. Sen ©cßluß bilbete baS Te Deum."3 ©S war bieS nad)
langer Unterbrecßung wieber ber erfte fatßolifcße ©otteSbienft in ber §auptftabt beS
geächteten ^urfürften griebrid) V. Ungefäumt begann bie Söieberßerftellung ber
fatßolifcßen Veligion in ©tabt unb Sanb. ©djon geßn Sage nah '5er Eroberung
fdßrieb ber calüinifcße fßrofeffor fö'onrab ©cßoppiuS: „Sie ^efititen ßaben ficß ber
fö'ircßett bemädjtigt unb ftreden ißre §änbe nun aucß fcßoit nah unfern Seßrftüßlen
au§, um allein in unferem Sßjeum gebieten gu fönnen."4 SJiitte Oftober fam
ber ißroüingial 3uß- ©opper nah |)eibelberg, „um ju feßen, waS augenblicflicß
jur SluSbreitung ber fatßolifhen Veligion gefcßeßen fönnte", unb gu üerßüten, baß
ben fßatreS „eine Söoßnung jugewiefen würbe, weldje weniger paffenb ober für anbere
OrbenSleute oerleßenb wäre" 5. Sod) Silit) ßatte bereits ben beiben ^efuiten, weihe
bei feinem £>eere waren, 30*)- Slgricola unb ^oß. ißierfon, ein (pauS gang in ber
Väße feines eigenen OuartierS angewiefen: bie Söoßnung beS S'anglerS ©ßriftopß
o. ©rün, naße am Sore, welheS oon ber ©tabt gum ©cßloß ßinauffüßrte. SBegen
feiner günftigen Sage unb ©inricßtung würbe baS §auS nun aud) gum ©iß ber
neuen Stieberlaffung beftimmt6.
1 * Drig.»3teg. Ad Rhen. sup. 58gl. bie 33riefe
be§ @eneral§ an ben Superior in granfentpal,
1641.
2 * Hist. coli. Wormat. 1649—1651.
8 * Original in Epp. ad Bus.
4 Sßinfelntann, Urfunbenbud) ber Uni»
berfität §eibelberg I (1886) 377.
5 * SSitelleSctji an Gopper, 3. $ej. 1622.
SBegen ber Ipeibelberger 23ibIiott)ef patte 31itel»
Ie£d)i fdjon am 13. Oftober 1622 gefdjrieben:
Cum intelligam Bibliothecam Palatinam, quae
expugnata nuper Heidelberga in potestatem
Principum Catholicorum pervenit, aSermaArchi-
duce Isabella et Sermo Duce Bavariae, Sanc-
tissimo Dno nostro ad augendam bibliothecam
Vaticanam promissam esse, hoc ipsum R. V.
indicandum duxi, ut eo cognito non solum
caveat, ne quisquam nostrorum vel unicum
etiam codicem ex ea pro se aut aliquo Socie-
tatis domicilio a quoquam petat aut donatum
acceptet , verum etiam quantum per se et
alios praestare poterit, omni studio allaboret,
ut tota illa bibliotheca nullo prorsus libro
subtracto, in eorum manus perveniat, quos ad
illam huc transferendam Sua Sanctitas istuc
est missura. Sßg[. SBiteHeäcpi an ben Speierer
SReftor 9titibiu§, 24. Sani 1623. *0rig.»9teg.
Ad Rhen.
6 *Annales domus Heidelberg. 1622—1638
(in Docum. hist. Prov. Rhen.).
Kollegien, Stefibensen unb Sötiffionen : §eibelberg.
179
Sie erfteit brei patres, meldje in ^eibelberg unb aud) in SßieSlod) tätig fein
mußten, Ratten einen fdjmeren ©taub; benit bie Ungemifjfjeit über beit fünftigen
£anbeSf)errn unb beffen Religion unb nod) mef)r bie berftedte Hoffnung auf Üßieber*
einfe|ung beS Kurfürften Ijemmten fefjr bie Srfolge ifjrer Slrbeiten1. Ser OrbenS*
general fpornte bie jagenben ißatreS ju üdhtt unb Vertrauen an. „StmaS", fo fcfjrieb
er am 13. Januar 1624, „mirb boc^ immer erhielt merben, mag baS £anb an men
aud) immer faden", unb ein IjalbeS Qaljr fpäter: „Qdj liege bie fefte Hoffnung, baff
baS gelb einmal eine um fo reichere Srnte geitigt, je länger biefelbe jept burdj
mibrige SBetter fjinge^alten mirb."2
Snbe 1624 berieten bie patres über iljre Slrbeiten unb 21uSfid)ten in ^eibelberg
folgenbeS3: 2öir finb fjier ju 5, 2 ifSriefter, 2 93?agiftri uttb 1 Saienbruber. Sin IjalbeS
Qaljr lang mar f)ier nodj ein britter ^ßriefter, melier mit einem ber beiben üdfagiftri
außerhalb ber ©tabt, in ÜBieSlod) unb Siufjlod), mirlte, bis SBeltpriefter bort am
geftedt mürben. 2Bir übrigen arbeiteten in ber ©tabt für ^Bürger unb grembe.
©onn* unb gefttagS finb in ©t $ßeter unb ber Kodegiatfirdje jum ^eiligen ©eift4
jmei Katecfjefen unb jmei ifkebigten bor einer gasfreieren unb geneigten guprerfefjaft.
Saju berriepen mir ade fonftigen ißfarrarbeiten. 2Sir befugen bie ©efängniffe,
mo mir ben Unglüdlicfjen öfters auef) ülJacpaf) iper ©trafen, felbft ber SobeSftrafe
ermirlen fonnten, ferner bie Uranien ufm. . . . Qur ^irefje finb in ber ©tabt troij ber
berfcfjiebenen 'pinberniffe 23 jurüdgefept unb aufjerfjalb berfelben 8. Kommunionen
gäSften mir in ber ^eiliggeiftfirdje bon ißfingften bis Sßeipadjten runb 170, an
Sßeipacpen felbft 84; aufjerfjalb ber ©tabt maren eS an ben berfcfjiebenen fatplifdjen
unb proteftantifdjen Orten, mo mir auSplfen, 146. . . . Slufjer ben feelforglidjen
Arbeiten pben mir nod) eine 2lrt Sßribatfdjule, melcp etma 20 ©dfüler gäfjlt. . . .
§eibelberg berfpridjt einmal eine grofje ©rate, meldje borberpnb jmar noclj mannen
Qmifcpnfäden unb ©efapen auSgefefjt ift. . . . üdfandje ^Bürger finb uns non §er^en
gugetan, unb bie Sepen unferer Kirche finben bei bem 35of£ 93eifad unb Quftimmung."
©leicfjmop fonnten fid) bie meiften niefjt entfdjliejjen, §ur fatplifdjen Kirche mieber
gurüefjufepen 5 *, obfcpn unter ben Konbertiten fid) aud) angefepne ÜÖZänner befanben,
§. 23. ber greife Später beS faiferlid)en ©tattplterS, §einridj b. üKetternicfj, unb ber
fßplofoppeprofeffor ©piftopf) QungnitiuS, melcpr im Qape 1622 jur $eit ber
^Belagerung fReftor ber |>eibelberger llnioerfität gemefen mar. ©elbft als ber Kur»
fürft StRapimilian bon 23apern im Qape 1626 burd) einen ©rlafj bie 9?iidfep jur
fatplifdjen Kirdje befal)!, regten fid) menige.
©rft als im folgenben Qape ein neues Sefret bon SRündjen auS erging, unb
mof)t and), rneil ‘matt fdjliefjlicf) an einer SBiebereiitfeptng beS Kurfiirften griebricl) ber*
gmeifefte ö, bracS baS ©iS. 91m 9. gebruar 1628 fd)rieb über ben Umfdjmung P. 25ernf).
23aumann bon |>eibelberg an P. ©onpen nadj SRündjen7: „Qm begangenen Qape finb
in ber ©tabt 460 unb aufjerplb über 1200 bon ber Qrrlepe abfolbiert morben. 2öeif)*
nacSten adein jäpten mir in ber §eiliggeiftfircp etma 700 Kommunifanten. . . . ©S
pt baS biel Arbeit unb ©djmeifj gefoftet. Senn bor einem fjalben Qape nod) maren
1 * SßiteHeSdji an beit ©uperior Jpöff(id),
13. Sem. 1624 u. 21. 2Iug. 1627. Drig.*9teg.
Ad Rhen.
2 * Orig.=9teg. Ad Rhen. , bat. 28. ©ept.
1624.
3 * Litt. ann. 1624.
4 *Catal. Rhen. 1624 ff.
5 ÜBieoiele Äat^otiten bamatä in £möelberg
maren, geigt in etma bie 3af)I her öfterfom*
munionen ju Dftern 1625. ®er 33erid)t fagt
bariiber: „Sn ©t $eter [bei ben $ominifanern]
empfingen 16, bei ben g-ranjiSfanent 53, bei
nn§ in ber ^eiliggeiftfirdie 165 bie Dftertom*
mnnion." * Litt. ann. 1625.
6 * 58itette3d)i an §öfflicf) , 4. Snli 1626,
6. SHärj, 25. SHai u. 21. 2tug. 1627. Drig.*
9teg. Ad Rhen. sup.
7 SB i n t e l m a n n a. a. D. I 383 ff. Sgl.
Slierorbt, ©efd). ber eoangel. Sirdje im
©ro^erjogtunt Söaben II (1856) 172 ff.
180
Bmeite? Kapitel. Sie nieberrbeinifche ißroöinj.
bie reiferen 23ürger fo f)aitnäcfig, bafj 200—300 mit ber Stugmanberuitg brofjten,
menn fie burcfj ein Tefret gur SInnaf)me beg fattjolifdjen ©taubeug gelungen mürben.
2ltg gehn Tage üor fßfingften ade Bürger auf bem 9latt)aug erfdjeinen mufften unb jeher
megen feiner (Stellung gutn fatfjolifcfjen ©tauben gefragt mürbe, erftärten gange fünfte
— fo hatten fie nämlich üorfjer unter ficf) auggemadjt — , fie mollten in bem ©tauben,
ben fie tmn ben Sttern ererbt hätten, fterben, berfetbe fönne ihnen nicht mie ^>ab unb
©ut entriffen merben. 2tt§ bann bag Tefret oon SRiindjen fam, hatten fie fdjtau eine
Sift erfonnen, um basfetbe unmirffam gu rnadjen. ©ie oertangten, ©efanbte ober eine
SBittfdjrift an ben ßaifer ober ben ßurfürften fdjiden gu bürfen, unb biefeg Verlangen
mürbe oon ben meiften ^Bürgern unterftü|t. über bie ^Regierung fam bem ftug guoor ;
befonberg ber (Statthafter tjat fid) burd) feinen ©ifer unoergängtidje 23erbienfte er«
morben; ich ha£>e ihn ftetg gu jeber £>itfe bereit gefunben. ütle £>inberniffe, Oor attem
bie oerftedten Treibereien ber ißräbifanten, mürben übermunbeit, unb fchtiefjlich trug
bag gefugfinb über ben catoinifdjen Teufet ben ©ieg baoon. üm 2Beihnadf)t§feft
föhnte ficf) ber gröfjte Teil ber ^eibetberger Bürger in ber §eitiggeiftfird)e burd)
©mpfang ber heftigen ©aframente mit ber fö'irdje aug. Stn ben fotgenben f^efttagen
famen bie übrigen, metjr atg 600, in bie ®ird)e, Oon beiten mir 360 abfotoierten.
^se^t hanbett eg fid) barum, bie ^artnädigfeit ber grauen gu überminben. ©ie
maren auf ÜDlariä Sidjtmefj (2. gebruar) eingetaben, aber nur etma 20 fanben fid)
bereit. SBenn bie Regierung nidjt auch mit biefen ßrnft madjt, fo mirb eg ttod)
biete geit foften 1. Übrigeng ift mit ©otteg ©nabe jetjt bie gefamte, 23at)ern gehörenbe
fßfatg mieber fathotifd), nur jene Ortfcfjaften auggenontmeit, mo noch ^ie Pfarrer
ober bie notmenbigen ©adjen gur Stbhattung beg ©ottegbienfteg fehlen. . . . Slug*
gemanbert finb aug ber ©tabt (fpeibetberg) etma 14 Bürger, ©ie gehörten gu ben
Reicheren, maren ooCt ^jafj gegen bie Ü'att)olifen unb hatten gum großen Teil nie
eine fattjotifdje fßrebigt gehört ober bagu bemogen merben fönnen." ©ehr beftagt
23aumann aud) bie ©fanbate ber neuen oon überallher herbeigelaufenen fatholifdjen
Pfarrer, moburch bie ffßfätger in ihrer oon ben ^roteftanten beigebrachten Meinung
oon ber Ungutst unb Trunffudjt ber fßriefter beftärft mürben, SUtmähtidj teuften
aud) bie grauen ein. gm gahre 1630 g. 23. fehrten 109 in ben ©cfjofj ber fathotifchen
Äircfie gurüd2. Unb am 16. Sluguft 1631 fdjrieb ber ©enerat an ben ^eibetberger
©uperior ^an: „SDZit greuben fehe idf), bafj ber Söiberftanb ber ^Bürgerinnen alt«
mähtich gegenüber bem beharrtidjen unb eifrigen SBirfen ber Unfrigen fdjminbet unb
immer mehr grauen gur $ird)e gurüdfef)ren."3
gngmifdjen hotte fich aud) bie im gapre 1623 begonnene ©djuttätigfeit gtücftid^
entmidett. gafjr um gahr faft hotte man eine neue ©djutftaffe anfügen fönnen4 *,
unb ©nbe 1628 hotte fid) bie fteine fßrioatfdjute beg gahreg 1623 gu einem ootl*
ftänbigen ©pmnafium mit fünf Staffen auggemacpfen6 unb mar, „bamit eg gu
mögticpft großem ©taug unb 9tnfef)en gelange, unter bie Seitung oon (5) redjt tiidp
tigen Sepram" geftettt6. gn einem Schreiben Oom 15. Slprit 1628 au äRapimitian
hotte SSitettegcpi ben äßunfcp auggefprodjen, ber Üurfiirft möge bie Schola Heidel-
bergensis ber ©efettfchoft übergeben7. 2lm 11. 9Jtai 1628 antmortete SRajcimilian,
1 Sine 9tanbbemertung au biefer ©teile ent«
t)ält folgenbe 9tefoIution 90taj:imilian§ : „©egen
ben SBeibern ein anber ernft ber 9iegierung an«
äubefet)Ien."
2 * Litt. ann. 1630.
3 * Drig.«9teg. Ad Rhen. sup. S(m 7. ^mu
1631 batte SBitette3d)i gemahnt: Non infringat
R. V. sociorumque suorum conatus haereti-
corum in retinendis erroribus, qui tot annis
in animis eorum radices fixerunt, pertinacia
multa, quae vi et invpetu superari non pos-
sunt, continuatis leviter studiis superantur.
4 * Litt. ann. 1624 ff. *Annales a. a. 0.
5 * Catal. Rhen. sup. 1628 ff.
0 * SßitelleScbi an tpöfflid), 4. 9tob. 1628;
27. San. 1629.
7 * Original in 9)4 94, Sitten be? Sreijjig«
jährigen Kriege;? 103.
Kollegien, SRefibcnjcn ltnb SKiffionen: ^eibelberg.
181
er höbe bisher bie Hilfe ber @}efeflfd)oft in ber obern ltnb untern sßfalj benu|t gunt
großen 9?ußen für bie fatholifdje ßircfje unb jum §eil oieler «Seelen, unb er rnerbe fie
and) in ber Qolge bafür in 9lnfprud) nehmen. Über bie ^eibelberger Scfjule fönne
er noch nicfjtS beftimmen, meil bie ©nfünfte größtenteils in ber ©emalt ber ©panier
feien unb er bie Stabt einftmeilen nur im bauten beS ^aiferS befeßt halte; fpäter
rnerbe er aber bei ber Schule an bie ©efettfcßaft benfen L SiefeS Serfprecßen er»
füllte DJJapimilian fdjoit im fofgenbeit Qafjre. 211S bie Unioerfitöt nad) breijähriger
Unterbrechung am 16. Quni 1629 mieber eröffnet mürbe, iibermieS ber ®urfürft bie
gafultäten ber ^3E)ilofopf)ie unb Sfjeologie ben Qefuiten1 2. Ser Slnfang mar jmar
megen SJiangelS an ©djülern fef)r befc^eiben. ©n einziger ißrofeffor genügte in
jeber ber beiben Qafultäten. Sie Sorlefitngen ber St^eologie eröffnete ber neue
©uperior, P. Slrnolb Han, unb bie ber ^Sfjitofop^ie P. Qol). ^ollanb 3. Um in ber
ißf)iIofopf)ie 3u^örer ju hoben, maren eigens einige ©djolaftifer für bie Sogif nach
Heibelberg gezogen4. Sod) allmählich mehrten fid) auch bie auSmörtigen ©tubenten,
unb ©tbe 1630 melbeten bie Qefuiten: „Qahlreidje ©tubenten fanben fid) biefen
.'perbft für bie Sogif ein; für bie Sogifer aber beS testen QahreS finb nun bie Sor»
tefungen ber ißhhfif eröffnet." Sie Qa!)! ber Qefuiten felbft mar auf 20 angemachfen:
7 ^ßriefter, 4 ÜDfagiftri, 6 Sogifer unb 3 Saienbrüber6.
„äftan gab ficf»", fo berichtet ber ©jronift6, „frohen Hoffnungen auf große
(Erfolge hin, als plößüch ©ibe Oftober 1631 baS glüdlid) aufgerichtete SSerf burch
baS H^onrüden ber ©chmeben in fich jufammenftürjte. . . . Sei ber eiligen Sluflöfung
fo oiefer Kollegien ber rheinifdfjen ^roüinj mußte aud) unfer Hau» aufgegeben merben.
üßur einer, ber beim Soff beliebte ißrebiger P. Sentl). Saumann, blieb mit einem
Saienbrüber jurüd für bie ©olbaten unb Sürger unb jum ©djuße unferer ©adfen."
SllS fidß aber halb baS @erüd)t oom Heranna^en ber Qeinbe als eitel ermieS,
fehrten ber ©uperior, einige patres unb Saienbrüber mieber jitrüd. Sod) mar ißr
Sleiben nur Oon furjer Sauer. Qm grühfaljr 1633 rüfteten fich bie ©chmeben
jur Selagerung ber Stabt. Slm Ofterfeft mußte man öon neuem bie Qludjt er»
greifen, unb am 12. Quli, bei ber Übergabe beS ©djloffeS, oerließen auch bie leßten
SatreS, meldje bei ber Sefaßuitg geblieben maren, bie ©tabt. ©ft als Hribelberg
im ©ommer 1635 beim britten Serfudje üon ben Sapern jurüderobert marb, fonnten
auch bie Qefuiten mieber surüdfefjren. ©ie fanbeit baS äußere SluSfeßen ber ©tabt
infolge ber oielen Selagerungen gemaltig geänbert; aud) maren oiele Sürger ber
fatholifcßen Religion untreu geroorben7. Sie Slrbeiten jeboc^ h°üen ftc^ balb mieber.
SaS ©pmnafium, meldfeS man im ^perbft 1636 mit ber unterften klaffe eröffnet
hatte, befaß im Herbft 1640 feine ehemaligen fünf klaffen, freilich jeßt unter nur
oier Sehrern8. Unter ben „jiemlicl) saplreichen" ©Mülern befanben fich aud) bie
brei ©ohne beS ÜUlarfgrafen oon Saben9. Sie Qaljl ber Qefuiten mar im Qaßre
1640 auf 18 oermehrt: 10 SatreS, 3 SOJagiftri unb 5 Saienbrüber, unb bie Sätig»
feit in ber ©eelforge mar nod) auSgebeßnter als früher. 9Jian üermaltete in ber
©tabt bie Heiliggeiftpfarre unb außerhalb oom ©ftercienferflofter Sobenfelb aus,
melcheS am 29. ©eptember 1629 an bie Qefuiten gefommen mar unb feit 1638 oon
jmei patres bemohnt mürbe, bie beiben bem $lofter unterfteßenben Pfarreien Soben»
1 * Codc. ebb. (Sdjon am 1. Sfuli 1623 patte
3?iteHe§d)i an P. 23ecan gefcfjrieben, er möge,
roenn eö ipm gut fcpeine, beim Ü'aifer bie Über¬
tragung ber §eibelberger Slfabemie an bie ©e»
feüfdjaft befürworten. * 0rig.=9teg. Ad Austr.
2SBinfe(manit a. a. 0. II (1886) 192 f,
9Ir 1580 1584. * Annales a. a. 0.
3 *Catal. Rhen. sup. 1629 ff.
4 * Annales a. a. 0. SB i n ! e I m a n it a. a. 0.
5 * Litt. ann. 1630.
c * Annales a. a. 0.
7 * Litt. ann. 1636.
s * Catal. Rhen. sup. * Litt. ann. 1640 u.
1641. 9 * Litt. ann. 1638 f.
182
$ritte§ Kapitel. Sie oberrbeinifdje iprotunj.
felb unb SDilSberg. ®agu fam bei bem SRangel an Pfarrern eine auSgebreitetc
Stätigfeit in ber gangen Umgegenb, im Qaf)re 1640 g. 23. in ad)t Ortfdjoften. ÜRad)
ÜRedargemünb ging man mehrere Qaljre jeben Sonn« unb Qefttag. Qn bem Slmte
©raben begann man auf Sitten beS SlmtmanneS in ber Qaftengeit beS QafjreS 1643
bie fRüdfüljrung beS SolfeS gur fatfjolifchen $ircf)e. Qn ^eibelberg fetbft fdjmauften
bie jährlichen fö'onüerfionen gmifdjen 12 unb 34. 2)ie Uniüerfität blieb öbe unb leer.
Sin eine Söieberaufnahme ber Sorlefungen mar bei bem SRanget au Zuhörern nicht
gu benfen1.
®aum aber mar ber ®rieg beenbigt, ftanb baS gefamte SBirfen ber Qefuiten in
^eibelberg in Qrage; benn im SBeftfälifdjen Qrieben mar bie fRüdgabe ber Unter«
pfalg an ben proteftantifdjen Sßfalggrafen ®arl Submig, ben älteften @ol)n beS ge>
ädjteten ^yriebricf) V., oerfügt morben. „Sßie (Sott miß, fo gefdjehe eS", fcfirieb am
9. Januar 1649 ber ©eneral Earrafa an ben ©uperior Qoh- Eremer, „mich bauert
nur bie arme §erbe, bie, menn mir fortgie^en müffen, ber ©tärfung ber fjeiligen
©aframente beraubt i[t unb üießeidjt mieber abirren mirb. Em. £>od)mürben moüen
alle§, fo gut eS gefjt, in Orbnung bringen unb barauf fefjen, bafs mir beim Qort=
gehen feine ©chulben hmterlaffen." 2 Unter ber geitlidjen ÜRot nämlich hotte man
all bie Qafjre oiel gu leiben gehabt. Qm £>erbft 1649 erfolgte bie Sluflöfung ber
SJieberlaffung. „SBir maren", fo lautet ber Sericf)t barüber, „Ijier gu 13, 10 fßriefter
unb 3 Saienbrüber . . . , als am 7. Oftober bie baprifcfjen ©olbaten oerabfdjiebet,
^eibelberg famt ber gangen Unterpfalg ben ^ommiffaren beS ^Pfalggiafen übergeben
mürbe unb auch baS Enbe unferer ÜRieberlaffung gefommen mar. ®ie ®atf)olifen
hatten gleich beim erften ©erücf)t oon ber Slnfunft ber ®ommiffare ihre SeforgniS
um ben ©tauben gu erfennen gegeben: einige rüfteten fich fdjnelt gur SluSmanberttng,
anbere ftärften fich noch einmal burdj Empfang ber heiligen ©aframente für bie
beoorfteljenben Kämpfe. SefonberS treu unb opferfreubig geigten fid) unfere ©cfjiiler,
oon benen einige fogar Eltern unb Erbe Oerliehen unb in bie Qrembe gogen. Seoor
mir abreiften, lieh un^ ^er SRagiftrat fein Seileib auSbrüden unb banfte für ben
llnterridjt, ben mir ber Qugenb erteilt hätten, unb für bie Untermeifung beS SolfeS
in ber Sßrebigt. £>ie ®omntiffare felbft behanbelten uns ebel unb menfd)enfreunblid)
unb gemährten unS nicht nur bie SRitnahme unferer ©adjen, fonbern auch oollftänbige
3oEtfreiheit für biefelben. Sei ben fßroteftanten fah man fein Qeidjen oon Qreube
unb Qubet, mohl aber beS SebauernS." 3 —
®ie fo erfolgreidjen Slrbeiten ber Qefuiten in Saben (1570 — 1573) 4 mürben
burcf) bie politifdje Entmidlung faft oerniditet. Qm Qaljre 1577 hotte s^if)ifipp II.
nach Sollenbung feiner ©tubien tn Qngolftabt bie Regierung ber SRarfgraffdjaft
Saben angetreten, mar aber bereits 1588 im Sllter oon 30 Qaf)ren furg oor ber
geplanten Sermählung geftorben 5. ©einem Setter unb Siadjfolger Ebuarb Qortunat
nahm ber proteftantifche SRarfgraf Ernft Qriebrid) oon Saben«®urlach (Scooember
1594) bie 9Rarfgraffd)aft meg, mobei er burcp bie gafjlreidjen fRefte ber proteftantifdjen
Semohner unterftü^t mürbe6. Ernft Qriebricf) gog baS ®lofter Qrauenalb ein unb
führte aßmählidj baS £anb mieber bem SroteftantiSmuS gu, obgleidj er bem $aifer
in eigenem fReüerfe hotte oerfpredjen müffen, bie ^Religion beS SanbeS unoeränbert
1 * Litt. ann. 1638 ff. *Hist. domus Heidel¬
berg. 1639—1641 (Suppl. bist. Rhen.). *Hist.
domus Heidelberg. 1646 — 1649. * Catal. Rhen,
sup. 1641 ff.
2 * 0rig.=9teg. Ad Rhen. sup.
3 *Litt. ann. 1649. — Sie Obern tnaren:
Äafimir §öfflid), 1622; Strnolb £>an, 1629;
9ticquin ©iütgenl, 1633; §einr. ßocfjum, 1646;
3op. Gremer, 1647.
4 »gl. 23b I, ®. 402 ff.
5 3Sgl. 3eitfrf)r. für @efd). bei Cberrbeinl
XXIV- (1871) 399 ff.
6 S3ierorbt, ©efd). ber eüangel. Äirdje tm
©rohberjogtum 23abeit 11 59.
Kollegien, ^efibengett unb SDtiffionen : 23aben.
183
Sereniss. ac Celsiss* Principi. ac Dom domWilhelmo,
gu laffeit. Sein SBerf feßte äftarfgraf ©eorg griebrid) fort, troßbem er 1605 beit«
felben fReberS unterfdjrieb. ilurg, in ber 28 $;aßre lang bauernben Cffupatiou
(1594 — 1622) mürbe bie SDJarfgraffcßaft mieber faft gang proteftantifiert, felbft bie
StiftStirdje in Sahen als Siniuttaneum and) ben ^roteftauten eingeräumt (1610) 1 .
„So mar alfo bie fiebte Seränberung ber firbßlidjeit 3Sert)ältniffe ber 2Rarfgraffchaft
Saben-Saben gmar nid)t bollftänbig, aber bod) größtenteils eingetreten; erft bie nad)
ber Scßladjt (bei Söimpfen) üorgenomntene adjte Stnberung, bie 2öiebereinfiißrung beS
^atholigiSmuS, ift beftänbig ge¬
blieben." So ber©efd)id)tfdßreiber
ber etiangelifdjen ®ird)e in Sa¬
hen 2.
Sin biefer bauernben Stube«
rung haben bie Qefuiten einen
großen Slnteil. ^u ber Sdjladjt
bei SBimpfen mürbe ber ÜDfarf-
graf @eorg fyriebricß oon Sahen«
SDurladß am 6. SLftai 1622 öoCC-
ftänbig gefdßlagen, unb am 26. Slu-
guft 1622 erhielt ber rechtmäßige
(Erbe, ber in jeher Segiefjung
ßeroorragenbe ÜDiarfgraf Söilljelm
(ber ältefte Soßn beS SRartgrafen
gortunat) fein fo lange borent«
ßalteneS Sanb guriid. Sftarfgraf
SBilßelm mar „ein gürft oon
tlarem fö'opfe, feftem SSideit, rüh¬
riger Qsinfidßt unb bont (Entfdjluffe
befeelt, feine £)errfcherpflid)ten in
üoüftem Umfange gu erfüllen unb
feine gange ßraft für bas SBoßl
feines SanbeS eingufeßen" 3. $eßt
fonnten bie ^efuiten, meldje Gsrnft
^riebricf) proftribiert unb beren
Schulen gu befud)en er ftreng
berboten hatte, bie Seelforge in
Sahen mieber aufneßmen, b. ß.
an mancßem Ort mieber bon
neuem anfangen.
SDer rßeinifcße ißrobingial ßopper fdjidte nocß bor Slblauf beS ^aßreS 1622
gmei patres bon Speier nad) Sahen, mo fie gmei Xage bor SGöeißnadßten eintrafen
unb bon bem SRarfgrafen SSilßelm unb feinem Sruber gortunat feßr freunblicß auf¬
genommen unb in jeher Söeife unterftüßt mürben4. ®er eine ber beiben patres,
fßßilipp ginner, begann fcßon SBeißnacßten bie Slrbeit in Sahen; ber anbere, SJtartin
gronapfel, in (Ettlingen. ®ie Slrbeiten maren fo erfolgreich, baß im folgenben ^aßre
nod) gmei patres tarnen unb bie bisherige SJäffiort gur üiefibeng erhoben mürbe.
®ie patres begogen 1623 eine bom £>ofe getrennte Söoßnung, mo fie ber SRarfgraf
SRarfgraf Sffiilljeltn uon Söaben.
©tief) Don gacob Dan öepben 1635 (*/*).
1 ebb. 60 f.
2 ebb. 63. 23gt. griebr. D. 335 e c cf) , 23a«
bifdje ©efd)id)te (1890) 164 f.
3 g. b. 355 e e d) a. a. 0. 162.
4 $a§ golgenbe weift nad) ber *Historia
dom. Badens. 1623 — 1638, * Litt. ann. unb
* Catal. Rhen. sup. Sgl. ©. g. Seberle,
@efd). be§ ©pmnaftumä ju Staftatt (1908) 4 ff.
184
drittes Äopitel. Sie oberrfjeinifdje Sßrobins.
mieberpolt befudfte. Qn einem ^Briefe oom 24. Qunt 1623 brücfte 95itelle§cfji bem
©peierer Veftor VuibiuS feine groffe greube anS über beffeit ©orge für S3aben unb
bie vielen ^Belehrungen in ©tobt unb £anb ; jugleid) fpracp er ben SEBunfcp aus, in
S3oben ein ftänbigeS Somijil ber ©efellfcpaft §u erridjten1.
Siefe Slbficpt mürbe fcpon 1627 ber Vermirtlicpung näher gebraut, inbem ber
ÜDlarfgraf ben Qefuiten e’n fePr geräumiges, gut gelegenes |>auS mit faltem unb
marmern SSaffer fcfjenfte, bie frühere fürftlicpe SHiünje. ©eit 1629 mohnten bort
10—12 Qefuiten, unb fcpon 1629 mürbe bie Vieberlaffung non ©peier loSgelöft unb
als Domus Badensis bejeidjnet. Qm Qapre 1631 gäplte baS |>auS 14 Qnfaffen unb
oorübergepenb nod) 14 flüchtige ©cpolaftifer mit ihrem ißrofeffor ber Sogif. ©cpon
im folgenden Qapre fam bie fReihe ju fliehen auch an &ie Qefuiten in 23aben. SBJai
1632 mürbe bie ©tabt eingenommen; bie eine §älfte ber ^efuiten blieb, bie aitbere
Hälfte, bie floh, lonnte ©eptember jurüdfepren. Sann fielen bie SBürttemberger
über 33aben per. SBäprenb bie ißatreS unter ben ©cpmeben rupig meiter arbeiten
tonnten, mürben fie oon bem Surlacper (20. Quli 1633) „mit roper ©ernalt, fogar
unter ©cplägen über ben fRpein getrieben"2 unb tonnten erft infolge beS ©iegeS bei
Vorbringen 1635 jurüdfepren. ©eit 1636 maren bann burcpfcpnittlicp mieber ein
Supenb Qefuiten in 23aben. ©dpon feit 1626 patte ber ÜVarfgraf ben fßapft um
baS Stlofter Qrauenalb gebeten jur SBegrünbung eines Kollegs in SBaben; aber feine
unb anberer dürften ^Bitten maren am Sßiberftanb beS SifcpofS Oon ©peier gefdjeitert3.
Qm Qapre 1639 bat er in Vom um baS Vettorat in OtterSmeier unb oerfcpiebene
anbere Sßfrünben für ein Kolleg. 21m 17. Januar 1640 fteöte ÜVarfgraf Söilpelm
eine ©cpenfungSurfunbe aus, moburd) er meprere Raufer für Kolleg unb ©cpule ben
Qefuiten übergab4. Sie eigentliche ©tiftung beS ÄollegS erfolgte unter bem 20. ÜVai
1642. Qn ber ©tiftungSurfunbe meift er ben Qefuiten ju ben „greppeitpof" unb
baS gegenüberliegenbe £>auS, „gürftenbab" genannt, ferner fecf)S anftoffenbe, oon ipm
angefaufte 23ürgerpäufer, bamit baS ©anje eine Oon ©tragen umgebene Qnfel bar=
ftelle, obgleich ein Seil aucp jenfeitS ber ©trape liege, mit bem man burcp einen
23ogen eine Verbinbitng perftellen tönne. 2lufjer anberem mirb ber ÜDfartgraf nod)
jäprlidp 1500 ©ulben unb 100 Klafter Vrennpolj geben; ferner erhalten bie patres
bie SOMflungSgerecptigfeit für bie breifadje Qapl oon ©cpmeinen, mie fie ben fürft-
lidfen Beamten juftept. Sie patres merben fünf klaffen beS ©pmnafiumS bis
Vpetorit einfdfliefflicp, ferner Vorlefuitgen über ^afuiftit unb Sialettit palten.
Qm Singang beS ©tiftungSbriefeS erflärt ber SDlartgraf, er pabe eS für nötig
gepalten, Scanner auSfinbig ju macpen, raelcpe, perüorragenb burcp üöiffenfcpaft unb
gute ©itten, ben cpriftlicpen ©lauben unb bie Veinpeit ber ©itten im Sanbe befeftigeit
tonnten. Qu biefem Qmede pabe er burdj lange (Srfaprung als befonberS tauglid)
befunben bie Veligiofen ber ©efellfd^aft Qefu, melcpe fcpon feit punbert Qapren ipre
Sücptigfeit in ber 211ten unb Veuen SBelt unb befonberS in bem fcpmer peimgefudften
1 * Drig.=9leg. Ad Rhen. sup. $em P. ©corg
SSercbebcr in SSaben fdjrieb S3iteHe3d)i am 6. Stprii
1624 auf beffen 93erid)t über ba§ grofje $8of)L
wollen ber SJtarfgrafen gegen bie ©efeUfdjaft :
Quam voluntatem etsi optem eos omni ob-
sequio et cultu a nostris conservari nolim
tarnen eosdem nimis importune urgeri ad res
Societatis in sna ditione stabiliendas , sed
nostrorum in eo potissimum curam et indu-
striam occupari ut quam plurimos e subditis
ad verae fidei professionem debitamque suis
principibus fidelitatem oboedientiamque ad-
ducant.
2 SS i e r o r b t , ©efd). ber eoangelifdjen Sircbe
II 203.
3 ©Treiben in biefer ©ad)e au§ ben 3abreu
1626 — 1628: * Originale in Barb. Lat. 6706
u. 6901 unb im Arch. Vatic., Mise. Arm. 8,
vol. LXXXIX.
4 3eitfd)r. für ©efd). beS Oberrljeing XXIV
447.
Kollegien, Pefibenjen unb Ptiffioncn: Paben. — Paftatt.
185
®eutfdf)faub erliefen Rotten. ®ie Qrücpe iper üfrbeiten für Qugenb unb 35oIf pbe
bie 9J?arfgraffd)aft fdjott feit stoaujig Qapen reicfjücf; erfahren1.
Seiber mürben fcfjon int fofgenben Qape ©tabt unb Sanb toieber greulich pim*
gefucp unb öon Qreunb unb Qeinb auSgefogen unb gepfünbert. Qn aff biefen 2Sedf)feO
fällen liefen bie Qefuiten bie ©djufe nicp auS beit Sfugen. ©feid) im Qape 1623
fjatte ein $ater Knaben gefammeft unb nnterridfjtet jur gropn Qreube ber ©ftern;
benn bie fpudjt geigte ficfj balb, meif, mie ber 23ericfjt fagt, bie äftarfgräffer fefjr
loipegierig unb gute Köpfe finb. 9lfS bie ©cpifer§ap mudp, fcpnfte ber Sftarfgraf
aupr bem SEBoppuS nod) ein jmeiteS, geräumiges ©ebäube für bie ©cfjufe, loo
gtnei Seper in mehreren ©rammatifffaffen unterrichteten ; 1630 fam bie Humanität,
1631 bie Üiptorif, 1632 bie Sogif pnju. 9?adfj ber 91üdfep beftanben 1639 brei
©rammatifffaffen unter jmei Sepern. ®ie ©fementarfdjufe, bie fcpn tor ber
©bEjmebenjeit innerpfb beS ©pmnafiumS beftanb, mürbe 1641 oon neuem eröffnet
unb einem Saien übertragen. S3on 1642 an fepen brei Seper bie fünf ©pmnafiaf*
ffaffen; gemöpfid) maren 9?ptorif mit Humanität unb bie oberfte ©rammatif mit
ber mittleren oereinigt, mäpenb bie untere ©rammatif eine eigene Pfaffe bifbete.
Qm Qape 1630 mürbe aucf) eine ©tubentenfongregation erridfjtet, bie 1637
ipe 2fuferftepng feierte. Qn einer Kapelle ber ©tiftsfirdje beftanb eine alte 23ruber=
fcpft für beibe ©efdjfecper; bie Qefuiten gaben ip 1623 neue Regeln ähnlich mie bie
ber Kongregation (monatfiep SSerfammfungen, ©mpfang ber ©aframente ufm.), unb
1647 nafjtn biefe Söruberfchaft aucf) ben tarnen Kongregation ÜDlariä SSerfünbigung
an. ©päter (1650) trat bann nod) eine Kongregation für junge ^mnbmerfer mit
40 SOiitgfiebern ins Seben.
®en ©otteSbienft ptten bie Qefuiten anfangs in einer Kapelle ber ©tiftsfirdp
gehalten ; 1628 üerroanbeften fie ben gropn s)MnpiaI in ipem neuen §aufe in eine
Kapelle. SDie ißrebigt an ©onm unb Qefttagen in ber ©tiftsfirdp behielten fie nad)
mie oor bei, anfangs beS Borgens, unb als ©ftern 1624 ber neue Pfarrer bie
ÜÖJorgenprebigt für fidj beanfprucpe, nachmittags, in ber Qaftenjeit auch äftittmocp
unb freitags 2. ®urd)fd)nittficf) ptten fie aucf) brei Katedjefen innerpfb unb aupr--
pfb ber ©tabt. Qm Qape 1642 peften fie ©piftenfepe an brei, 1645 an fünf
Orten auprpfb ber ©tabt.
2fn ben gropn Qeften gingen 1623 100—200 jur pifigen Kommunion, SBeip
nadjten 1626 ppte man 1500. 9?acf) ber Sffüdfep ftieg bie Qap ber Kommunionen
üon 3400 im Qape 1637 auf 5200 im Qape 1645 unb auf 16000 im Qape 1650 3.
©leid) oon Slnfang an befdpänfte man bie STätigfeit nicp allein auf bie ©tabt;
oiele (pfurfionen mürben gemacht, fo nad; Üfaftatt unb ben umfiegenben ©rtfcpften,
nacf) 9Jtapberg, Qrauenafb, ©berftein, Sap, ©ttfingen, OtterSmeier. Qn fRaftatt
mirften bie Qefuiten fdjon 1623, fpäter (1644) oerfaf) P. SSilpfm Qriberici an ©onn*
unb Qefttagen bort ben ißfarrgotteSbienft. Qm Qape 1625 mürben ÜOliffionen in ber
©raffchaft ©berftein gepften; ein Q3ater nafjm feinen ©ip in ber ©tabt ©ernSbad)
unb befudjte oon bort ein $ierteljap fang bie umfiegenben Dörfer; aber ber ©rfofg
1 SBortlaut ebb. 447 ff. Sie Slnnatjme burd)
ben ©eneral erfolgte am 28. Iguni 1642. ßbb.
449.
2 Ser Piarfgraf traf am 30. Pictr^ 1643 eine
Peftimmung über bie Prebigt, bafj bie Qefuiten
mit ben Kapuaineru abmedjfeln füllten. ßbb.
447.
3 Sie Obern maren: Philipp Binner, 1623;
2BiIf). Plufter, 1626; St)om. Streit, 1636;
Pljil. Selmle, 1641 (erfter JRettor 1642); Ptattf).
Piftoriue;, 1646; (Stjpr. £>ueber, 1650. Septerem
brüdte ber ©eneral Piccolomini am 11. Suni
1650 feine grofje greube au§ über bie anbauernbe
Siebe be3 Ptarfgrafen gegen ba§ Kolleg unb bie
unoerbroffene, ffarte Slrbeit ber Patre* in ber
Seelforge, qui quo acerbior et copiosior eo
fructus dulciores reddet. * 0rig.=9ieg. Ad
Rhen. sup.
186
Sritteä Kapitel. Sie oberrf)einifd)e Sßroühtj.
mar einfttreilen nicfjt grofj, ba atteS ringsum lange $eit proteftantifch gemefen1.
1650 arbeiteten bie patres in ber ©raffd^aft mit bent ©rfotg, baff ganje Dörfer fich
für gefthatten am fat^olifcfjen ©tauben erftärten. Sthnticf) mar e§ in ber |>errfcf)aft
Safjr; in ber ^errfcfjaft fDZa^Iberg mürben einige Qafjre fpäter bie proteftantifdEjen
Pfarrer auSgemiefett2. Oftern unb ^Sfingften 1630 arbeiteten jmei patres in kuppen«
heim unb ber 9cacf)barfd^aft ; fie berichten, im ganjen feien neun SDörfer jur Kirche
gurücfgefe^rt unb 900 gälten bie ©aframente empfangen. 3n bie neun SDieitett oon
23abett gelegene ©tabt SDtahtberg mürben 1630 jtoei patres gefdjicft, bie bort fermere
Slrbeit fanbeit. 23efonberS eifrig unb erfolgreich arbeitete fjier P. 9)?artin gronapfet,
ber fdfjon an anbent Orten burd) feine Slftilbe oiete Staufenbe gemonnen hotte, £)ier
brach er unter ber SIrbeit jufantmen unb muffte nach 93aben juriieffehren, mo er
halb im SOienfte ber fßeftfranfen ber fßeft ertag3.
P. föiartin gronapfet mar auch ber 33egrünber ber ütftiffion in 6 tt fingen,
©chon SBeifjnachten 1622 begann er bort feine Stätigfeit, 1623 mar ein gmeiter ißater
hingugefommen, 800 ^roteftanten feierten in biefem ^alfre 3ut Kirche suri'tcf, freilief)
nicht ohne bie gemöhnlichen ©trafanbrohungen unb ©trafen oon feiten ber metttichen
23ef)örbe4. ®ie fütiffion mar abhängig oon ber Ülefibeng 23aben. SDen fßfarrgotteSbienft
in ber miebergemonnenen ©tiftSfirche oerfah ein $ater; fpäter (feit 1647?) mareit
bort ftetS jmei patres. ©ie hotten bie ©orge für fiebert Pfarreien in oerfchiebenen
©täbten unb Dörfern; im jmeiten tpatbjahr 1650 befd)rönfte fich bie Vermattung
auf brei Pfarreien. 3n biefem 3ahre §äf)Iten fie 4000 Kommunionen5.
2tucf) in OtterSmeier bei S3üf)t mar eine ftänbige üftiffion. Sotjre 1648
maren bort ein ^3ater unb ein Vruber, 1650 auffer bem Vruber noch jrnei fßatreS,
bie in biefem Qahre -1000 Kommunionen jäf)tten. ®ie Stbminiftration beS ftrittigen
ÜieftoratS ber Kirche ju OtterSmeier hotte ber ÜDiarfgraf ihnen fchon am 16. ÜDiärj
1641 übertragen6. ®ie 9J?e^r§af)f ber ©üter beS SieftorateS tagen auf ortenau»
öfterreid^ifd^em ©ebiete. ®ie Beamten biefeS ©ebieteS mottten baS ^räfentationSrecfjt
auSüben unb auf eigene gauft Pfarrer beftetten; fie oerantafjten auch bie ©emeinbe
3u ©dritten, um baS Üieftorat rnieber „in ben atten ©tanb ju bringen", ©egen
bereit Ktagefcfjrift proteftierten am 7. SJfärj 1650 ©chuttfjeih, ©tab^atter unb ©eri<f)tS*
teute fämtticf)er auf babifefjem ©ebiete tiegenben gitiatorte (SJeufafc, SBalbmatt, tpapem
meier), inbem fie „bei ihren Streuen unb ©iben ber SBahrheit ju ©teuer" beteuerten,
ber fßfarrabminiftrator P. Vurfart -fpoffmann (biefer mar megen ^änbetfucht angegriffen
morben), ber fie feit brei fahren bebiene, höbe fich att^eit bergeftatt gehatten, „bah
niemals einer oon unS, auch unfer Söeib unb Kinb nicht, mit bent geringften böfen
Söort ober SGBerf Oon ihm beteibigt ober geärgert morben. . . . Qa bie größte Siebe
fomoht in Kranfheit als ©efunbfjeit hot er unS erzeigt, ttnfere Kinber aufs fteifjigfte
untermiefen, bie Kirche mit anfef)ntichem ©otteSbienft oerfehen, mie bieS bei unferer
ättefteu Vitrger ©ebenfen niematen gefefjen morben"; beShotb legten fie ^Sroteft ein
gegen bie ©ntfernung beS P. ^toffmann unb überhaupt ber ^iefuiten üom fReftorat
OtterSmeier 7.
_ #
1 $8gl. Stier orbt, ©efd). ber eüartgelifd)ert
Kirdje II 182.
2 ©bb. 183 ff.
3 *Hist. dom. Badens. 1630.
4 Stgt. Stierorbt a. a. D. II 178 f. Sort
aud) Briefe über bie Stellung be§ Ktofter3
Sidjtentpat gegen bie SOuiten.
6 *Hist. coli, unb Litt. ann.
6 Stgl. Stierorbt a. a. 0. II 196 217;
K. 9t e i n f r i e b , Sie ehemalige Sefuitenrefibens
in StterSroeier, im fyreiburger Siö-;efauard)iD
XXIV (1895) 239 ff. Sdton früher (1630) fjatte
Söilttelm mieberfjolt in 9iom Schritte getan,
um ba§ 9teftorat non Dtten?tt)eier für ein in
S3aben §u grünbenbe^ ^efuitenfoCteri ju erhalten.
Sie * Originalbriefe in 9tom, Arcli. Vatic.,
Mise. Arm. 8, vol. XC.
7 Dleiitfrieb a. a. 0. 245.
Kollegien, Ütefibensert unb fDMffionen: 9JloI§i)cim.
187
Qu ber oberrfietnifdjen fßrotiinj gehörten aud) bie meiften Kollegien im Grlfaf).
Qm Qaljre 1602 l^atte ßaifer 9iubolf bie t)orberöfterreicf)ifcf)en Sanbe feinem 93ruber
äRopimilian überlaffen, unb nad) beffen Sob übertrug $aifer Qerbinanb (1619 ober
1620) bie Regierung feinem 93ruber Seopolb, ber feit 1609 23ifd)of Don Strasburg
mar. Sd)on früh mürbe baS Slfafj in bie Söirrniffe be§ Krieges fjineingejogeit,
1621 unb 1622 fiel eS ben 9?aubfd)arett beS (Grafen SöJanSfelb unb beS 9Jiarfgrafeit
@eorg Qriebrid) Don 93aben, 1632 ben Sdjmeben unb 1637 SSern^arb Don SScimar
jum Opfer.
2)aS Kolleg Don 9Üiol§l)eim 1 erlebte in unferer Qeit jmar feljr frofje, aber nod)
mel)r traurige £age. ®er Sommer 1605 fab bie Grrridjtung eines neuen ©ebäubeS
für bie Sdfulen1 2. Qnfolge ber SSermidlung beS ©rjberjogS Seopolb in ben Qülicber
$rieg mürbe SRolSljeim 1610 Don bem SRarfgrafen Don Sranbenburg belagert unb
eingenommen. ®aS Kolleg, in bem nur einige Qefuiten prüdgeblieben, madfte ber
SRarfgraf ju feinem Hauptquartier. 211S bie Qefuiten nad) bem Slbjug ber Qeinbe
SOCIETATIS IESV t MOLSHEMl
ftolleg unb Äirrfje 31t SJJioläljcim 1018. ©tid) im SanbeSardjiö ju Strasburg (s/i2)-
jurüdfebrten, fanben fie Diele» geraubt ober jerftört. ®aS (Slenb mürbe nod) ge*
fteigert burd) bie ißeft. fö'aum batte man Slnfang 1611 bie Schulen mieber begonnen,
als bie Seuche ausbradj unb ben britten £eil ber noch Dorbanbenen Bürger meg*
raffte. (Srft gegen ÜRoDember fonnten Sebrer unb Schüler aus Qulba, mobiu fie
geflüchtet, gurüdfebren 3. Qm SJejentber 1621 mürben bie Qefuiten Dertriebeit ; bis
jum 17. Qanuar 1622 maren mieber 56 jurüd, bie aber um biefe Qeit teilraeife Don
neuem Derfprengt mürben.
Qm Herbft 1631 ftarben infolge anftedenber Äranf beiten ad)t. ®ie 9ioDijen
unb bie ingmifefjen jablreid) gemorbenen fflüd)ttingc Dom 91bein unb SRain fanbte
man nad) 93apern, Öfter reid) unb Qranfreid). 211S im September 1632 bie Scbmeben
1 58gt. 58b I, ©. 133 ff ; R. R e u fi , L’Alsace
au 17« siede II (1897) 351 ff.
2 $en 58au leitete P. $>of). 3§forbin, über
ben einige Ragten, meil er ju präd)tig gebaut,
ßrjberäog fieopolb münfdjte itjn aber fpäter and)
al§ 58auteiter für ißaffau. ?(guaoiüa an §einr.
©d jeren, 28. Siprit 1612. * Drig.*5Jteg. Ad
Rhen.
8 * Litt. ann. unb * Catal. Prov. Rhen. 5Sa*
nad) meift aud) baS golgenbe.
188
3)ritte$ fapitet. Sie oberrfjeinifdje fJ3roüina.
nagten, mürben 30 Qiefuiten aug Sftofgpeim an anbere Orte gefdfjicft. Sei ber Se*
fagerung ber «Stabt fragte man aucp ben 9ieftor beg ^efuitenfollegg, ob man bie
Stabt übergeben foffe. ©r antmortete, bag fei eine pofitifcpe Sacpe, über bie eg iprn
nidfjt guftepe, eine ©rffärung ju geben; mag immer befcfjloffen mürbe, fo merbe er
feine Sßfficpt tun. Oie Übergabe erfolgte am 18. ÜRoüember 1632 1.
2Bie anbergmo, oerlangte man aucf) in Sttofgpeim üon ben Qefuiten einen ©ib.
Siteflegcpi fcprieb bariiber am 29. ^ufi 1634 an ben ifßroüinjial Straüiug; SSenn
ber oon ben Sßatreg in SfRofgpeint bem 9ipeingrafen gefeiftete ©ib fein ^räfubij unb
feinen Stäben für ben 9fuf ber ©efefffcpaft mit fiep bringt, pabe icp nichts bagegen;
anbernfaffg möge er jufepen, roie ber Scpabe abgumenben fei2.
Sfm 28. $ufi 1635 belobte ber ©eneraf ben fReftor ÜRifofaug Sffberti, bap er
feinen ^Soften trop aller Scpicffafgfcpfäge tapfer behauptet pabe3. Oa bie ©ffäffer
Kollegien mäprenb fieben Qapren niept oom Sßroüingiaf befugt morben, pieft in feinem
Sfuftrage ber Scpfettftabter 97eftor ^iopann |)omppaeug 1639 eine Sifitation ab. ^m
fefben Qiapre fepfug |>ergog oon Söeimar fein Stanblager bei iüJolgpeim auf unb
oermiiftete ringsum bie ©rnte. ©in Oeif ber Stabtmauer mar 1633 niebergeriffen
morben, unb nun ffaffte eine grope Öffnung mit ©efapr für bag Kolleg unb feinen
©arten, ©in furchtbarer Sturntminb, ber 1645 in ber Stabt grope Sermüftung an--
rieptete, marf ben höheren Sturm ber Ä'ircpe in ben hinteren ©arten, fo bap baburep
bie Sücfe gefepfoffen mürbe.
Oie für ben ©otteSbienft benupte Spitaffapeffe patte fiep ntepr un^ me^r
ju ffeiit ermiefen. iRoüember 1614 mürbe ber Sau einer neuen $ircpe befepfoffen
unb ^ebruar 1615 ber ©runbftein gefegt4. Oer effäffifepe Klerus fteuerte für ben
Sau gegen 4000 ©ufben bei. gepfte eg an ©elb, fo paff ftetg gropmütig ©rjpergog
Seopolb. Oer Sau erforberte gmeieinpafbjäprige Strbeit. Süferpeiligen 1617 fonnte
bie neue föircpe in Senupung genommen merben. Sfm 26. Sfuguft 1618 mürbe bie
föircpe fonfefriert an erfter Steife gu ©pren ber heiligen Oreifaftigfeit. Sei biefer
©efegenpeit gab Seopolb eine grope Oafef, gu ber gegen taufenb ©äfte gefaben maren.
Stuf bem ÜDfarfte forgte ein gebratener Ocpfe unb ein Oueff üon meipern unb rotem
Söeitt für bie Sabung beg Soffeg. Oie neue ®ircpe ift ein ftattfieper Sau üon
61 m Sänge, 21 m Sreite unb 20 m £>öpe. Oie fieben üorberen $ocpe beg SCRittef*
fepiffeg finb üon Seitenfcpiffen begleitet, benen man ©mporen eingebaut pat. Oer
©por erpäft eine gfut üon Sicpt burep neun, faft affe nur menige SDReter über bem
Soben beginnenbe ^enfter. Oiefe SicptfüHe üerftärft ben mäeptigen ©inbruef, ben
bag innere mit feiner SSeiträumigfeit unb feiner febenbigen ©fieberung maept. Sfucp
im Supern roirft bie föircpe fepr impofant. Oer Stil ift menn auep niept gang rein,
boep burepaug gotifcp im Innern unb im Supern. „Oie SJioIgpeimer fö'ircpe ift fünft*
piftorifcp gmeifellog ein SBerf üon perüorragenber SSicptigfeit. . . . Sie ift neben iprer
Kölner Scpmefter bie gröpte unb bebeutenbfte gotifdpe Slnfage, mefepe im 17. ^apr*
punbert niept nur üon ber rpeinifepen Drbengproüing, fonbern überhaupt in Oeutfcp*
fanb neu aufgefüprt mürbe."5
SOfit ber ©inroeipung ber neuen föircpe mürbe bag fö'offeg, mie Seopolb gemiinfept
patte, gur Sffabemie erpoben. Oie ©röffnung ber neuen Sfabemie fanb am 27. Sfuguft
1618 ftatt. ©in gropeg Scpaufpief, „fö'arfg b. @r. grömmigfeit, SBeigpeit unb ©rop*
pergigfeit", bag in brei Oeifen an brei aufeinanber fofgenben Oagen üon beit Scpiifern
1 C o r d a r a , Hist. Soc. Iesu II 604 ff. 93gl. I ac je t, Senfmale ber 93aufunft im ©Ifafj (1906)
I 472. 2 *0rig.=fReg. Ad Rhen. sup. 94 f. Sie au§füf)tlid)e 93efd)reibuug ber Äirdje
s * 0rig.=9teg. Ad Rhen. irt Archiducalis AcademiaMolshemiensis (1618)
4 Sa§ golgenbe nad) 93 r a u n , Sie Sirdjcn» 255 ff.
bauten ber beutfepen gefuiten I 49 f ; (5. spo= 6 93 raun a. a. 0. 60.
Kollegien, Shefibenjen unb DJtiffionen: SRoIl^eim.
189
gefpielt mürbe, er^ö^te bie freier. Söäfjrenb bag Kodeg im Qaf)re 1603 nur 27 SDiit-
glieber gejault Ijatte1, wieg bie neue Slfabemie einen nie! größeren fßerfonenftanb
auf. Unter ben 62 SRitgliebern waren 14 ^Srofefforen. Sott ben 27 Qefuiteit»
fcpolaftifern im Kodeg [tubierten 6 fdfjolaftifdje Geologie unb 21 fßljilofopliie. 3m
©entinar waren je ein 'priefter alg fRegeng unb alg ÜJRinifter, jwei ©djoIaftifertf)eologen
alg ^5räfeften unb swei Sriiber. ®urd) beit Krieg ging nidjt allein bie 2lfabemie,
fonbern audj bag ©tjmnafiunt faft tiodftänbig ju ©runbe2.
gür bie ©eelforge gefdjaf) in SRotgfjeim nie! audj in ben bebrängteften ßedett.
Katedjefe würbe 1608 ftäubig an neun Orten gegeben. 2ln einem biefer Orte fanb man
bie (Sitte, itidjt tior bem 16. 3afjr ju beichten, 3m ^al)re 1624 begann man eine
Katedjefe für bie Firmen not ben Soren ber ©tabt; fie fanb jweimal in ber SBodje
unb an allen ©onn* unb gefttagen ftatt. Sie Sürgerfongregation blüfjte; fie er»
ridjtete 1613 in ber iRäfje ber ©tabt eine 2trt Kreuzweg, nämlidj fiebett äRarterfäulen
mit Sarftedungen aug ber Seibenggefdjidjte. Surdj ben Krieg ging bie Kongregation
fefjr jurüd; 1639 fjeijjt eg, baff fie wieber aufatme. 211)nlid) war eg mit ber
©tubentenfongregation, bie 1617 in eine größere unb Heinere geteilt worben3.
Ser ©alramentenempfang litt natürlich audj fefjr burdj bie Krieggereigttiffe.
Sei ber SerUinbigung beg Slblaffeg im ^a^re 1632 würben troijbem über 11 000 Korn»
munionen gejütjlt, im folgenben Qa^re aber nur ftarf 6000, eine 3afjl, bie regelt
ber breintonatigen Sewadjung unb weil bie Sürger an ben gefttagen arbeiten mußten,
nic^t alg Hein angefefjen werben barf. SRadjbent bie ©tabt burdj fßeft, junger unb
Krieg förmlicf) behindert war, jäljlte man 1639 unb 1640 bodj nodj über 3000 Korn»
munionen. 3n ben ^a^ren 1641 — 1647 fcfjwanft bie galjl gwifdjen 4500 unb 5500.
3u biefer Steigerung ^atte fefjr bie feit einigen 3<d)t'en eingefiifjrte monatliche ©enerat»
fommunion beigetragen. 3m 3a§re 1650 waren eg wieber über 7000.
2lud) su fßeft unb Sagerfeelforge gab eg mefjrfadj (Gelegenheit, ©o würbe in
bem fßeft* unb ^pungerjafjr 1609 ein fßater für bie Kraulen exponiert unb ben
^mngernben auf jebe mögliche SSeife §ilfe gebracht. 211g 1636 ber Pfarrer tiott
SRolgfjeim an ber fßeft ftarb, trat ein ißuter fofort für längere .Qeit an feine ©tede.
Qm 3afjre 1648 waren bie fßatreg befonberg in ber Sagerfeelforge tätig, hörten bie
©olbaten in ben beutfdjen ^Regimentern, bie in ber SRäfje ber ©tabt unter einem
franjöfifdjen Sefefjlgfjaber lagerten, Seidjt unb halfen, wo fie nur Hunten4.
©efjr oiele Sienfte erwiefen bie fßatreg tion SRolgtjeim audj ber näheren unb
entfernteren Umgebung. 3m 3a*)re 1601 arbeiteten jwei ffßriefter im Slböent unb
in ber gaftenjeit in ben Sogefentälern; im folgenben Qafjre fanben fürjere SRiffionen
in ©djirmed, Sllbegborf unb an anbern Orten ftatt. Sei einer SRiffion in Ober»
eljnfjeim im 3°^)re 1608 würben 1200 Seicfjten gehört, audj fpäter (1639 unb 1640)
würben in Oberefjnfjeim unb gabern SJRiffionett gehalten. 3m 3flf)re 1624 füfjrten
bie fßatreg ben Ort Krieggfjeim, ber feit einem falben ^ahrhunbert oon ben ©trafj»
burger fßräbifanten im 3ndum beftärft worben, jur Kirche guriicf, unb 1630 gäfjlten
SWei fßatreg in ber ©raffdjaft ©aarwerben (Sodenfjeim) über 1000 Konüerfionen5.
3n ben tiierjiger fahren tiertraten mehrere ißriefter bag gange 3af)r an brei benadj»
barten Orten ben Pfarrer.. Sie ÜRot war fo grofj, bafj für einen eigenen fßfarrer
1 12 ^rieftet, 7 ©cbolaftifer, bie teils Seljrer
teils ©tubierenbe ber SWoral roaren , unb
8 Sörüber.
2 StäbereS in bem 8. Kapitel.
3 * Synopsis hist. coli. Molshem. ißfarr»
ardjio Bon SOtoISbeim-
4 2)ie Obern waren : Sob- 9tocbu§, 1601;
Sob- SSforbtnfl, 1604; 2beob. 9teeS, 1610(?) 1
Sob. 9Jtercurian, 1622; 91ubr. Sfirdjberger, 1624;
ißet. 2)ieb, 1628; ^ob- ©cbarpffbilltd) (SBije»
reftor), 1632; Kilol. Sllberti, 1632; ^ob-
©cbarpffbiüid) , 1639; $efib. SupiuS, 1646;
IHicquin ©öltgenS, 1650 (?).
6 Über SBocfenbeim Dgl. 17. Kapitel.
190
$ritte§ fapitcl. $ie oberrf)cinifd)e (probin^.
feilt Unterhalt £>efcf;afft merben fonnte. SSegen be§ ÜÖIattgetg an ^Sfarrfeelforge
[trömten bie Seute au§ ber ganjen Umgegenb nadj ÜDMpeim, um bei ben Qefuiten
ju beidjten. (Sin eigentümliches ©djaufpiet mar e§, at§ 1650 gmei ©cfjotaftifer auf
baS Sanb gingen, um Katedjefe ju galten. $8011 atten ©eiten famen nidjt nur Kinber,
fonbern and) (Srmachfene prbei; ein magrer junger nad) retigiöfer ^Belehrung geigte
ficf) bei ben Seuten, bie jo lange jeben Unterricht unb auch ietd noch georbnete ©eet*
forge entbehren mußten.
(Sine befonbere (Srmäfjnung tierbient bie feeljorglicfje Xätigfeit ber 5D?olg^eimer
patres in ©trafjhurg. Qm Qafjre 1632 mar ein ißater in ©trapurg tätig um
2Beihnad)ten, Dftern unb ju anbern Qepeiten. $>er Kommanbatar ber SDeutfcf)^erren
hatte bie SBerantaffung gegeben. (Sinige Qatjre fpäter (1639) jählte ein SKotSpimer
$ater bort 900 unb 1641 fogar über 2000 Kommunionen. Qn biefern unb ben fotgenben
Qatjren arbeiteten alljährlich bie ÜFJotSpimer Qefuiten längere Qeit in ©trapurg.
(Sin Q5ater teilte am ißatmfouiitag 1646 400 Kommunionen au§, unb im fotgenben
Qatjre 1647 maren tion äßeihnacfjten bi§ TDreifönig täglich Kommunionen, fo baff
bie ißroteftanten fich munberten über eine fo grop Qafjt oon Kathotifen, bie fie in
©trapurg nidjt tiermutet. (Sinmal (1628) arbeitete man auch baran, ben Qefuiten
bie ©trapnrger ®omfanget 311 übergeben1; hoch mürben biefe ^Bemühungen moht
befonberS burdj bie fotgenben KriegSereigniffe tiereitett. —
Qn ber 9tei<h§ftabt Jpageitau, bem ©ip be§ öfterreidjifdjen SanboogteS für (SIfajj,
hatte bie Qrrtehre (Siitgang gefunben in ben Qaf)ren 1530 — 1558, ba bie £anb>
oogtei atS Sßfaitb bem Kurfürften tion ber Sßfatg unterftanb2. Qebocf) maren tiiete
bem alten ©tauben treu geblieben unb nur bie QranjiSfanerfirdje in bie .jpänbe ber
Suttjeraner gefommen. ©teidjmoht mar ber fathotifdje ©taube gefährbet. Schon
feit 1595 hotten Qefuiten au§ ÜDiotpeim auf Sitten beS machfamen Pfarrers Qetip
©djman |)itfe gebradjt; im Qatjre 1604 aber rief fie ber SDJagiftrat auf Serantaffung
Kaifer 9tubolf§ II. in bie ©tabt unb räumte ihnen baS teerfteffenbe Qohanniterftofter
ein. Qmei patres mit jmei Saienbrübertt famen in ber erften (pätfte be§ QatjreS 1604
in bie ©tabt. „28ir mürben", berichten fie 3, „mit gropm Qubet oon ben Kathotifen
empfangen, bie nun metteifern, un§ Söoljltaten ju ermeifen _ 2öir prebigen ©onn*
unb QefttagS (in ber ^auptfirdje ©t ©eorg) unb bei ben häufigen Seidjenbegängniffen.
®en KatechiSmuSunterridjt febodj untertiepn mir nod) tiortäufig auf ben SBunfdj ber
fatfjotifdjen Statsfjerren. ... (Ss befteht grop Hoffnung, t)kv reirfje Qrüdjte ju ernten,
jumat menn hier, mie man fdjon ptant, Kotleg unb ©cfjuten errichtet m erb eit."
2e|tere§ fam batb gur StuSführung. SIm 21. 9?otiember 1607 mürbe ben
Qefuiteit ba§ beftetjenbe fteine ©pmnafium tiom SKagiftrat übergeben, mit ber S3e-
ftimmung jebodj, bah ^er proteftantifche Seljrer, metcher mit bem eben üerftorbenen
fathotifchen Üleftor an ber ©cfjute tätig gemefen mar, audj ferner mit ben Qefuiteit
ben Unterricht erteilen helfe4. SSier Klaffen mürben eingerichtet, unb innerhalb eines
QafjreS ftieg bie ©df)ütergahl tion 60 auf nahe an 200; auch ÜDÜtglieber tierfcfjiebener
Orben jäljtte man barunter5. ®odj hotten bie Qefuiten burch bie etroaS tiorfd)nette
1 Samormaini batte in biefer fRidftung 1628
an ben Slbminiftrator gefdjriebcn nnb, wie e§
fcfjeint, eine günftige 2(nttoort erhalten, ögl.
2amormaini§ 93rief an SiteßeSdji, 29.
1628. * Original in Epp. Austr. IV 49.
2 ^iir ba3 fffolgenbe Ogi. A. Hanauer, Le
Protestantisme ä Haguenau (1905) 244 ff
265 ff; V. Guerber, Hist, de Haguenau
(1876) I 244 ff; II 150 ff. $ie Annal. coli.
Hagen. 1604 — 1692 befinben fiel) im $farr=
ardjio ju 9EoI§l)eim. Siefen Slnnalen folgen
bie Sluffäpe SDlurpä über ba3 Kolleg Oon §a--
genan in ber Revue Catholique d’Alsace 1910,
277 ff. ©ine cinge^enbe Fundatio coli. Hagen,
im Stabtardjio ju §agenau.
3 *Litt. ann. 1604.
4 * Litt. ann. 1607, 731 f.
5 Litt. ann. 1608, 493. *Litt. ann. 1609.
Kollegien, fKefibenjen unb SJJZtfftonen : .fcagcnau.
191
Übernahme ber Schute tmtb Berbrufj i *. gunädjft mar eg bie Beibehaltung beg pro*
teftantifdjen Sefjrerg. <Sd^on am 6. September 1608 machte Stquaüioa ben Superior
Bircffinger auf bie faum augbleibenben mißlichen folgen aufmerffant a, unb halb
mußten bie ^agenauer ^efuiten fetbft if)m recht geben. £$n bem Qahregbericht
non 1611 heifct eg nämlich : „©rop ber Slnpaffung beg lutherifchen Seprerg an bie
Schüler unb trop att feiner Siebe unb SßiUigfeit itng gegenüber bemirfte hoch bie
Berfdjiebenpeit ber Üietigion, bafj bie Schüler ber gmeiten Pfaffe, bie unter feiner
Seitung ftanb, in ihrem ©tauben tau unb fatt mürben. Slug Beforgnig für ben
©tauben fcpidten bie ©ttern ihre ftduber entmeber anbergmohin ober münfcpten, bafj
biefetbett mit Überfpringung ber gmeiten Pfaffe gteicf) in bie britte aufgenommen
mürben. Stuf unfere Bitten finb ung nun fämttiche Staffen oom BJagiftrat über*
geben morben, mährenb für bie ^roteftanten, ihrem Stnfuchen gernäfj, ein eigeneg
©pmnafium eingerichtet mürbe."3 ©ie ^auptfdjmierigfeit aber, ber fanget einer
feften Stiftung, fcfjien unüberminbbar. ©ag hatte im Qahre 1612 faft gur Stbberufung
fämttidjer Seprfräfte geführt4 5. Sdjtiefjtid) jebod) poben fich burd) bag ©ingreifen
beg ©rgpergogg Seopotb oon Öfterreid), beg Bigtumgoermeferg öon Strasburg (1607
big 1625), auch biefe brüdenben Sorgen6. Slm 8. Stprit 1614 üermanbte er fid)
für bie ^efuiten, „metdje feit 1604 mit grofjem ©ifer unb nidjt geringem ©rfotge
in ^agenau gearbeitet unb fich für bag £>aug ©otteg ben ©egnern mie eine Blauer
entgegengefteltt", bei V- 6 unb ermirfte beim Bfagiftrat, bafj berfetbe am 3. Quni
1614 bie Stiftunggurfunbe augftettte7. ©r fetbft ergänzte biefetbe bann burch Über*
meifung beg BMtpetmitenhaufeg unb aitberer ©infünfte ungefähr um bag ©oppette,
fo bafj er Blitgriinber beg ^ottegg genannt mürbe8.
Stm 1. Januar 1615 mürbe nun bie ©rpebung ber ÜJiebertaffung gu einem $odeg
in £>agenau unter grofjem ^ubet oerfünbet. ,,©ie greube mar um fo größer, je gröfjer
bie ©efapr ber Stuftöfung megen ber nieten Schmierigfeiten bei ber gaptreidjen prote*
ftantifchen Beoötferung unb ber mannigfachen Slbneiguitg gegen unfere ©efetlfdjaft ge*
mefen mar."9 ©ie SBirffamfeit nahm nun einen neuen Sluffdjmung. ©ie Schute erhielt
im £>erbft 1615 bie fünfte unb tepte klaffe unb im fotgenben Qjapre eine eigene Sehr*
fraft für ©riecpifd). 9?acp bem Katalog non 1622 maren in §agenau fieben Seprer am
©pmnafium, nier für ©rammatif unb je einer für Humanität, Bpetorif unb ©riechifdj.
Stpntid) entmidette fidj bie feetforglicpe ©ätigfeit. Statt brei im ^ahre 1614 mirften
feit 1616 faft ftänbig fecpg ^Stricfter 10 in ber Stabt unb audj oietfadj in ber Um*
gegenb, g. B. in Blarientat, mo im $ahre 1617 bie Sßattfaprtgfirdje nebft ^töftercpen
ben Qefuiten Übermiefen mar11, bann in Sütttenpaufen, Bapenborf, Scpäffotgpeim,
Bifdjraeiter, Bucpgmeiter, 91eicpghofen u. a. ©ie 3apt ber Kommunionen ftieg non
2600 im ^ahre 1609 auf 6037 im 3ahre 1617 12- ®er Sfaftor Boeft fonnte in
1 *Litt. ann. 1615.
8 *0rig.=9leg. Ad Rhen.
3 *Litt. ann. 1611.
4 * StquaPitm an ben $robinäial ©djeren,
26. Stprit 1612. Ad Rhen. SSgt. über bie ©ad)*
tage bie * 93riefe ebb. 1611 u. 1612.
5 * Stquaüioa an ipirdpuger, 10. SJJai 1614.
Ad Rhen.
6 * Original in Arch. Vatic. , Lettere de’
Principi n. 57, f. 99. Seopotb bat um Über*
toeifnng be3 Monasteriolum S. Wilhelmi in
Hagenau an bie Sefuiten: Ultimus religiosus
ante mortem coram notario resignavit dictum
monasteriolum mihi expresse, utsubsidio esset
fundationi Patrum Societatis. SSgt. Hanauer
a. a. 0. 279 f. Über bie SBilfjetmiten f. Guer-
b er a. a. 0. II 144 ff.
7 * Original auf Pergament in ®tain^, (Stabt*
bibtiotfjef, Jes. B. 8 A. ber llrtunbe Ijeifjt
e§, baff man bie Sreue unb ben g-teifs ber
i)Satre§ fdjon mehrere Sapre mit befonberer ©e*
nugtuung erfahren. SSgt. Guerber a. a. O.
II 259 415 ff; Hanauer a. a. 0. 269 ff.
8 * Stquaoioa an S?ird)inger, 10. SJtai 1615.
9 * Litt. ann. 1615. 10 *Catal. Rhen.
11 Über bie unrichtige Sarftettuug bei 9töljrid)
pgt. Hanauer a. a. 0. 281 h
18 *Litt. ann. ber betreffenben gaffre.
192
dritte? ftapitel. Sie oberrf)einifcf)e fproöinj.
einem Briefe üon ber Qrömmigfeit be§ SotfeS berichten. SIucp mehrte fiel) non Qapr
ju Qapr bie ßapl ber Übertritte jur fatpotifepen Äircfje unb ftieg in einem Qapre
auf 127. 2tm 24. 9Jiärj 1618 feprieb ber ©enerat nad) §agenau: „9J?it großer
Qreube Ia§ icp bie 9tacprid)ten üon bem gtüdticpen Soranfdjreiten ber fatpotifdjen
@ad)e. . . . ®ie ÜDJitteitung, bap biefeS Qapr fein ißroteftant in ben 9?at gemäht
unb ber proteftantifdje ©cputüorfteper fand ben Kuratoren ber proteftantifepen $?ird)e
aus ber ©tabt gemiefen feien, fcfjien mir non foteper Sebeutung, bap icp auep ben
Sßapft, ben fotdje Erfolge fepr freuen, baooit in Kenntnis gefept pabe."1 Qm Qapre
1625 toareit unter ben 8000 ©inmopnern noep 1000 ^ßroteftanten ; im Qapre 1628
mürben bie nodj übrigen ^5roteftanten auSgemiefen 2. ©tet§ Ratten bie Qefuiten einen
fräftigen görberer iprer Arbeiten unb treuen Sefcpüper gegen ipre Qeinbe an bem
ipnen fefjr gemogenen ©tabtrate3.
2>er nun auSbrecpenbe Ärieg änberte anfangs, abgefepen üoit ber furzen Qtudjt
im Qapre 1622, menig. ©cfjoit ein Qapr naep ber gluckt berid)tete ber Üieftor an
ben ©enerat mieber öon ben „fo frudjtreidjen feetforgtiepen Arbeiten" 4. ©nbe 1631
jeboep brachen für baS £>agenauer Kolleg fepmere Qeiten an.
Stuf ben 9fat ber Qdeunbe maren guerft alle fortgefcfiicft morben, nur ber neu*
ernannte 9?eftor Qopann ©remer unb ber ^rebiger P. StafiuS SBitpetmi mit brei
Saienbrübern maren jurn £roft unb jur §itfe ber Bürger unb ©otbaten jurüd»
geblieben unb Ratten bei ber peftig mütenben Q3eft Anfang 1632, bei meteper Diele
felbft auf offener ©trape tot jufammenbradjen, über unb über ju tun5. Anfang
9J2ai 1632 mürben jebocf> auf Sitten be§ ©tabtratS bie ©cputen mieber eröffnet unb
bie Qapt ber Qefuiten auf 15 üermeprt: 6 Sßriefter, 4 SJtagiftri unb 5 Saienbrüber.
®iefe fottten nun halb bie SDrangfate unb Seiben beS Krieges bitter füllen. 2lm
21. SDe^ember 1632 mürbe bie ©tabt öon ben ©djmeben genommen, öier SBodjen
fpäter öon ben ß'aiferticpen überrumpelt unb am 1. Qebruar 1634 öon ben Qran>
jofen befept unb behauptet. Sffiegen ber Sefapung unb ber Dielen geflüchteten Sanbteute
mürben 9?ot unb ©tenb in ber ©tabt oft grop unb bie Qefuiten, metepe Anfang 1636
auf aept oerminbert maren, patten Diel barunter ju leiben. „2)?it meldjer ©cpmierig=
feit", fo peipt eS in einem ©epreiben be§ ©eneratS Dom 4. Quti 1637 an ben 9ieftor
Bremer, „bie Unfrigen bort ipr Seben friften müffen, fepe icp au§ Qprern Sriefe." 6
Qm Qapre 1634 mar noep 1/e ber Seüötferung, naep ber gropen (pungerSnot Don
1637 maren üon ben früperen 1300 Sürgern noep 150 übrig. Einige Qapre fpäter
mitpte bie ©tabt ©loden unb peilige ©efape öerfaufen7. ®ie Sänbereien ber Qefuiten
mürben oft Don feinbtiepen ©otbaten abgeerntet unb tagen üietfaep braöp; ba§ Siep
auf ben Söeiben aber, lange Qeit bie £>auptftüpe für ipren Unterpatt, mar nad) unb
naep faft öoEtftänbig meggetrieben, fo bap man im Qapre 1643 fiep mit ©rtaubniS
ber Obern burep Serfauf üon Sier, baS ein Sruber braute, eine neue ©innapme-
quelle eröffnen mupte. Son ben Qran^ofen mürben fie mit ©rpreffungen gebrüdt
unb mit ÜJJtiptrauen bepanbett, fo bap baS £>auS oft nad) ÜBaffen ober fonftigen
Qeicpen üerrüterifdjer Serbinbung mit ben ^aifertidjen burdjfudjt mürbe.
1 * 0rig.=fReg. Ad Rhen. $ie fDlaferegel mar
berurfadjt burd) bie §epereiert ber ffiroteftanten.
Sm Saljre 1624 mürbe burd) faiferlidje Äom=
miffare ben Sutljeranern bie freie 9ieIigion§=
Übung genommen unb bie gi-'flniÜ^fanerfircbe
ben gnmäi§fauern surüdgegeben. *Litt. ann.
1617 u. 1624. 5ßg[. Hanauer, La guerre de
trente ans ä Haguenau (1908) 244 ff 278 ff 297 ff.
2 R. Reufi, L’Alsace au 17e siede I 459 ;
II 529 ff.
3 * Litt. ann. 1616 1617 ff.
4 SSgl. * 5ßiteße^d)i an ben ffteftor, 9. ®ef)t.
1623. 0rig.=fReg. Ad Rhen.
5 golgenbe nad) *Hist. coli. Hagen.
1631 — 1638 u. 1642 — 1644 (Hist. Rhen. sup.
II 2 u. 16). SBgl. A. Hanauer a. a. 0.
155 ff.
6 * 0rig.=9teg. Ad Rhen. sup.
7 R. R e u ß , L’Alsace au 17e siede 1
460.
Äoltegien, 9iefibenjen unb -Utiffionen : §agenau.
193
Sei all biefent Jammer fiefj man aber ben 9J?ut nidjt finfen unb „arbeitete auf beut
fcfjmeren ^ßoften mit allem (Sifer, fomeit e§ nur bie 3eitöerfjäftniffe geftatteten" L Stn
unbeugfamem SDZut ging aßen Doran ber unerfcfjrocfene 9Zeftor Qofiann (Sremer1 2. „$er
|jodf)finn @ro. Ijocfjraürben", fo fc^rieb i^m am 14. 2fprif 1(540 Doß Sfnerfennung
ber ©eneraf, „unb ber ßbefmut ^^rer Untergebenen, momit bei fo Dielen unb großen
Seiben ber ^Soften gehalten mirb, unb bie freubige Sereitmißigfeit, efjer ba§ £>ärtefte
ju erbulbeu, af§ ifjn prei^ugeben, fjabeu miß) fjocfj erfreut. Ratten ©ie nur mutig
au§." 3 SJJlut unb 2fu§bauer mären hoppelt notmenbig, nidjt an fester ©teße aud), um bie
Satfjofifen £agenau§ ju ftürfen, ba Sfnfjänger Derfcfjiebener ©eiten, mefdfje in ^jagenau
©djuj) gefunben Ratten, ifjre Sehren ju Derbreiten fugten unb int ^afjre 1640 Don
betn franjofifdEjen ©ouoenteur freie 9Zefigion§üfmitg in ber ©tobt erlangt fjatten 4.
®iefe Sfnftrengungen ber Qefuiten blieben tro£ mancher ©nttäufdjungen fdfjlie^lid) nicfjt
frudjtfoS. 3m Qafjre 1645 berichten fie: „®ie ifirebigten in unferer (@t ©eorg§-)
Sirdje5 mie aud) in ber granjigfaner* unb $ßrämonftratenferlircf)e finben Seifaß....
2335 fjaben bie fjeifige Kommunion empfangen. . . . 3um erftenmal mürben aucfj
mieber bie ©djufen mit ißrämienoerteifung unb einem ©cfjaufpiel Dor einer grofjen
SOZenge Soffeg eröffnet." 2fud) fjatten ifjre ©djritte gegen bag 2fuftreten ber ©eften
beim ©enerafgouDerneur be§ ©ffaffeg unb bem Sönig Don granfreidj enbfid) ©rfofg 6.
^m ^afjre 1646 mürbe ben (Safüinern bie freie ÜZefigiongübung in §agenau mieber
unterfagt7. 21 tu 25. Sfnguft 1646 fdfjrieb Sarrafa an ben £>agenauer 9Zeftor: „®ie
grofje ©ebufb unb £angmütigfeit, momit bie Unfrigen fidj bort abntüfjen, erbaut micfj
fefjr. Sro. §ocf)mürben aber fpredje id) meinen ®anf au§, bafj ©ie burcf) ©dritte
bei ben Seamten be§ aßerd^riftfic^ften Sönigg bie Unfrigen gegen bie ÜJZadEjenfdjaften
ber ^ßroteftanten gefdjütjt fjaben."8
©eit 1646 ging eg fangfam Doran. ®ie ©deuten, in mefdjen biSfjer ein einziger
Sefjrer fämtfid^e ©cfjüfer unterrichtet hatte, jäfjften ^erbft 1649 mieber ihre fünf
Stoffen, memt audfj nodj bie Dier oberen ju je §mei fombiniert maren9. SDie 3a^
ber patres, mefcfje im 3af)re 1641 auf Dier jurücfgegangen mar, flieg im 3o^re 1646
mieber auf adfjt. Sfnerfennenb fcfjrieb am 19. SJZärj 1650 ber ©eneraf ^ßiccofomini
an ben SZeftor Johann ©dCjarfbilfich : „9Zidjt menig greube bereitete mir bie ÜJZadj*
ridjt, bafj unfere 2frbeiten bei aßern ®rud ber jeitfidjen Sage nicht ofjne Grrfofg finb.
©g ift mir bag ein beutficfjeg ty'ufyen 9uten Orbenggeifteg bort im Soßeg."10
2Ug bann im felben 3fll)re franjöfifcfje Sefafjung abjog unb auf Sfnorbnung be§
©tabtrateS ein feierlicher SDanfgottegbienft gehalten mürbe, burfte man mit OZecfjt auf
beffere 3eiten fjoffen11.
Über bie SBirffamfeit ber ^efniten faßt ber ©efcfjidjtfdjreiber ber ©tabt Hagenau
bag Urteif : ®ie Qefuiten förberten bie fatfjofifdje ©faubengübuttg, bie unter bem ®rucf
1 *Srief an P. Gremer, 11. 2)ej. 1638 (Ad
Rhen. sup.).
2 Sgl. * Hist. coli. Hagen. 1631—1641
(Suppl. Hist. Rhen.).
3 *0rig.*9ieg. Ad Rhen. sup.
4 *Hist. coli. Hagen. 1631—1641. *Litt.
ann. 1639.
6 $ie ©t ©eorgsfircbe war jmar nicht Gigen«
tum ber Seßüten, jebod) im Sabre 1625 ihnen
jur ganj freien Senupung Pom Slfagiftrat über*
tniefen. *Litt. ann. 1624.
6 * Litt. ann. 1645. Sgl. Srief an beitrage*
nauer 31eftor, 14. 9Jtärj 1643. Drig.=9feg. Ad
Rhen. sup.
7 * Litt. ann. 1646.
$uljr, ©efcf)id|te ber Sefuiten. IF.
8 * Drig.*9ieg. Ad Rhen. sup.
9 * Catal. Rhen. sup.
10 * Orig. -Steg. Ad Rhen. sup.
11 *Hist. coli. Hagen. 1649 — 1650 (Hist.
Rhen. sup. III 12). — 2)ie Obern maren: gab-
9Iocb. Sirchinger, 1604; §einr. 9ioeft, 1617; Jyobof
fDiepering, 1624; ©imon §eubö, 1629 (f 1630);
Sol). ©charfbiKid), 1630; Sob- Gremer, 1632;
Sob- »taugolb, 1642; Äajpar GaefeliuS, 1645;
£einr. SOtenfing, 1648; Sol), ©charfbitlich 1649.
3n ^agenau gehörte aud) bie 9iefibens ©elj
(Salesiana), mo feit 1625 bil pr ©chmebenjeit
ätoei SatreS unb ein Sruber ftationiert maren.
2l!ten über bie fpropftei ©elj 1623—1630 in
SBten, ©taat§ard)ib, JReichöbofrat, Jes. 116.
13
194
Sritteä Äapitcl. Sie oberrf)einifct)e Vroöing.
eine§ öormiegenb proteftantifc^en ©tagiftratS feufgte. ©ie nahmen fic^ ber ©rgiefjung
ber $ugenb an unb banf ü)rer Su*en 2ftetf)°be bitbeten fie tüchtige ©Mnner. ®aS öon
ber ©dtjute gemirfte ©ute ift öietteidjt bie fcfiönfte ©litte ihrer Sätigfeit. ©ie mußten
für bie Söieberfjerfteüung beS $athotigiSmuS ©ürger, ©tagiftrat unb ^ugenb gu ge-
»innen. ®urcf) ipre ©ürger* unb §anbmerferfongregationen beförberten fie bie cfjrift-
ticfje Sefjre unb bie Strbeitfamfeit, baS materielle unb morattfdje 2Sot)I. $n all ben
nieten ©dfredenStagen fonnte nichts it)re ©ebutb ermüben, nichts itjre Siebe erfc^öpfen 1.
©ad) bem faifertreuen ©chfettftnbt famen bie ^efuiten im Qafjre 1615 2. „Stnno
1615 uf ©titmudfen, ben 14. ^anuari gu Slbenb, finb aU^ie gu ©. Traumen (Fides)
einfommen bie Herren ©atreS : P. Heinrich (©tefdfebe) (ghr ®urd)taud)t ©eidjtüater,
mie aud) P. ©Mcffior unb P. ©ernf)arb." ©o ber ©ericht einer ©dftettftäbter
©hronif3. Slm fotgenben Sage erfolgte burd) ben ©traffburger ©ifdjof, ©rgfjergog
Seopotb, bie Übermeifung ber ©ropftei famt Kirche unb ©ütern unter allgemeiner
greube ber ©tabt4. „2öir errichteten bie S^ieberlaffung", fo fdfrieb ber ©ifcpof in
bie ÜbertraguitgSurfunbe üont 23. £0Zär§ 1616, „um baS brot)enbe ©inbringen ber
^ärefie gu üerf)inbern, mogu unS bie ©ater ber ©efettfchaft $efu um fo geeigneter
fdpenen, je mehr uns if)r ©ifer in ©rebigt, Untermeifung ber ^ugenb unb ben anbern
Arbeiten if>re§ ©erufeS befannt unb oietfättig erprobt mar."5 * ©erantafjt mar bie
@infüf)rung in erfter Sinie burd) ben ©djtettftäbter Pfarrer ©raSmuS ©tpetin (©Zütin),
meldjer nicht geruht ha^e/ auf bie Üiotmenbigfeit ber ©rünbung einer Qefuiten-
nieberlaffung h4t1ällft,e4ien 6-
Stm ©nbe beS Jahres 1615 berichteten bie ^efuiten: „®ie ©tabt gähtt über
1200 ©ürger. ©ie. befipt nur eine ©farrfirdfe, bie aber fehr geräumig ift. ©on
ben fünf ^töftern ift eines, baS güangisfanerftofter, feer unp fm JSefiPe ber ©tabt.
®aS jmeite, ein SDominifanerftofter, gäl)tt nur gmei ©tünche, bie beibe uns fehr
gemogen finb. SDaS britte ift ein SDominifanerinnenftofter unb ftar! befept. SDaS
oierte gehört bem ^ohanniterorben, ehemals öon OrbenSrittern, jept nur öon OrbenS-
prieftern bemot)nt. SDaS fünfte ift baS nunmehr uns gehörige ^tofter ©t fyibeS. . . .
2öaS unS unb unfere Strbeiten angeht, fo maren mir piet meiftenS gu 3: 2 ^ßriefter
unb 1 Saienbruber. ©rft am ©nbe beS Jahres tarn nodh ein britter ©riefter. 2Bir
hielten raöhrenb beS gangen ©ommerS an brei Orten ®ated)efe. Oie in unferer
Kirche mar fehr ftarf öon ftein unb grop befudjt. Stuf bem Sanbe aber fanb fie fotcpen
Stnftang, bap ©eifttidje unb Saien unS ermunterten, in biefer Oätigfeit nicht gu er¬
matten. . . . ©in häufigerer ©mpfang ber heiligen ©aframente fonnte gmar nicht fo
fdjnett eingeführt merben. . . . ®ocf) famen gu Oftern fo niete gu unS, bap nicht menige
7 — 8 ©tunben auShietten, um enbticf) in ben ©eidjtftut)t gu fommen. . . . ©ehr gefiel
in ber ©tabt unfere tiebeöotte ©orge für bie Traufen unb ©terbenben." 7
„2Bie grop ber ßutauf ift", heP3t eS im ©ericht beS Jahres 1619 8, „fiept
man barauS, bap an ben höheren f^efttagen 500 — 600 beichteten, gu Oftern aber
1 Guerber a. a. D. II 169.
2 ©ent), Sie Saf)rlntd)er ber gduiten su
Sdpettftabt unb Stufad) I (1895) 372. ©entjd
Sßert enthalt im 1. Vanbe bie Litt. ann. öon
1615 an unb im 2. Vanbe bie Hist. coli, öom
Sabre 1631 an, nebft öerfdjiebenen Stftenftücfen.
3 gbb. I 372. 4 gbb. I 4.
5 ßbb. I 5. Sie bäbfttid)e S8eftätigung§butle
ift öom 15. gebntar 1625 (batiert nact) bem
'Knnuntiationsftil, 15. gebr. 1624; * Utopie in
Rhen. sup. Fund. 492 ff). S'r bem 3tegeft Acta
S. S. 312, Kal. Febr. 1624. Sie «Stiftung
mürbe nod) öermefjrt burd) bad ißriorat St Va¬
lentin gu 9tnfad), Seoftolb, 27. 2Iuguft 1616,
©ent) a. a. 0. 1 6 f. fßaul Y., 8. gebr. 1619,
ebb. II 614 ff.
6 gbb. I 50 f. Über ÜOtiiiin (fOttjelin) ebb.
I 380 f.
7 gbb. I 3 8 f. 3unt Sabre 1617 beißt e§:
Civitas liaud latis pomoeriis angusta non
multos cives eosque opere manuum laboriosam
vitam agentes alit.
8 gbb. I 21. Vgl. and) * Vitelle§d)i an §orn,
26. Oft. 1619. Drig.-fReg. Ad Rhen.
Äoßegien, SRefibenjen nnb SMiffionen : ©cfjlettftabt.
195
fo Diele famen, baß mir, obgteid; n)ir (ju brei) gegen 2000 S3eicfjten fjörten, bennocß
nicfjt alte! bemättigen tonnten." Sttteßr Kräfte mären bringenb nötig. ®er ©enerat
fetbft fcfjrieb am 14. SDejember 1619 an ben fßroüinjiat (Sopper : „gef) ßöre, baß
ju ©djtettftabt, befonber! an feeren gefttagen, meßr Seute erforbertieß finb. galt!
nun Unjutängtidjteit ber ©infünfte ober Mangel an fßerfonen eine äSermeßrung un«
möglicf) machen fotlte, fo mögen öorberßanb bie 9}?ot!ßeimer fßatre! an ben ßößeren
gefttagen freubig §itfe bringen, geh münfeße aber, baß man auf SRittel unb 2öege
finne, um bort für bie fßrebigten unb anbern Arbeiten meßr Seute unterhalten ju
fönnen."1 3(ber erft bie Erhebung ber tftiebertaffung ju einem Kotteg fotlte auch
mehr Kräfte für bie ©eetforge nad; ©djtettftabt Reffen.
©djott am 10. guni 1617 hatte 9SiteHe§cf)i an ben ©uperior Heinrich ütftefcßebe
gefcfjrieben : „2öenn bie Strbeiten unb ©rfotge auch ferner fo oorangehen, fo märe gu
überlegen, ob man bem ütßunfdje ber Bürger naeßtommen unb ©cßuten eröffnen
folle." ®iefer SBunfdj nach ©dfuten erhob ftd^ immer lauter, unb fo mürben nach
Überminbung be! Siebenten!, at! fönnten bie ©djuten ben tftadjbartottegien ©intrag
tun, Stnfang 9Jtai 1623 bie gmei unterften ©rammatifftaffen eröffnet. 9tm 19. Stuguft
1623 fprach ber ©enerat bie Hoffnung au!, baß auch bie ©djütergaßt batb macßfen
mürbe, jumat menn man barauf achte, baß bie ©chüter forgfättig unterrichtet mürben2.
®ie Stuten hoben fiep in ber f£at batb. gm §erbft noch lourbe bie britte Klaffe,
§erbft 1624 bie oierte unb jmei gaßre fpäter auch &ie fünfte unb teßte Pfaffe an»
gefügt jur großen greube ber ganzen ©tabt. £>ie Stnftettuug einer fecfjften Seßrfraft
für ©rieeßifeh üodenbete im -fperbft 1628 ben inneren 2Iu!bau be! ©pmnafium! 3.
gnjmifcßen hatte fid; aud) bie ©eelforg!tätigfeit meiter au!gebeßnt. ®ie fßatre!,
metche im gaßre 1623 oon brei auf fedj! oermehrt maren, fanben immer mehr, baff
„©tabt unb Umgegenb ein fruchtbare! gelb mar unb reiche ©raten lieferte"4. ®ie
©efamtjaßt ber Kommunionen in ber gefuitentireße mar im gaßre 1628 auf 12540
geftiegen, ba! dreifache oon benen im gaßre 1617 5. gn ber ©tabt hielt man feit
1623 regelmäßig bie fßrebigten in ber fßfarrfireße ©t ©eorg, unb aud) in ber Um»
gegenb gab e! oiete Pfarrer, metche eifrig nach ben gefuiten begehrten6. 23on ben
Orten, auf benen man tätig mar, merben genannt: 33ergßeim, Stnbtau, ©otmar,
Keftenßotj, ©chermeiter unb Oberbergen7.
tDiefe Sätigteit fanb aud) immer mehr Stnerfennung. SDer SDZagiftrat, metdjer
fcfjon mehrfad; burch ©etbunterftüßuugen geholfen hatte, fdjentte im Dftober 1628
brei anftoßenbe Käufer im Söerte oon 4700 ©utben8. 2>em Steftor gat. 23aunadj
getang e!, oiet üerfdjteuberte! ©igentum ber ^Sropftei ©t gibe! jurüdjugeminnen,
unb jmar, mie am 22. 9?oüember 1631 ber ©enerat anerfannte, „mit fo meifer
SJtaßßattung, baß ber gute fRuf ber ©efeltfcßaft meßt gefcßäbigt mürbe unb bie $er»
teumbungen megen ©eij ober ©elbgier erfpart blieben" 9. gm ganuar be! gaßre!
1632 unterßiett ba! Kotleg 5 fßatre!, 6 üütagiftri unb 6 Satenbrüber 10.
1 *0rig. = 9teg. Ad Rhen. $gt. auch bie
* SSriefe öom 11. Stprit nnb 19. ©ept. 1620.
2 * 0rig.»9?eg. Ad Rhen.
3 ©ent) a. a. 0. I 28 31 36 42.
4 * Sßitetle§d)i au SBaunad), 8 guni 1630.
Ad Rhen. sup.
5 ©ent) a. a. D. I 42 13. 6 ©bb. I 29 39.
7 ©6b. 16 33 37 ff. * Catal. Rhen. sup.
1630/1631. S71 Sergpeim pielt ein ißater im
Safyre 1617 aße Sonntage Äatecfjefe, 51t ber
faft aße 33iirger pfammenftrömten. 1618
biefe Xätigfeit au§ SRattgel an Seuten nidjt
fortgefept werben tonnte, fdjicften bie S3erg»
fjeimer ©efanbte nad) ©djlettftabt, unb al§ bieg
nieptö tjatf, eine 93ittfd)rift an ben 93ifctjof, tun
bie SBieberaufnatjme ber ßateepefe p ertoirten
(®ent) a. a. D. I 16).
8 ©bb. I 31 ff 45. * 9SitelfeSd)i an 93aunad),
17. gebr. 1624. Ad Rhen.
9 * 0rig.»9teg. Ad Rhen. ®gl. and) ben 93rief
üom 6. ©ept. 1630.
10 ©ent) a. a. 0. II 3.
13*
196
drittes ftapitel. Sie oberrt)eittifd)e ^roütns.
®ie gtüdtiche ©ntmidtung fottte aber halb jäf) unterbrochen merben. Am
13. SDegember 1632 mürbe bie ftarf befeftigte ©tabt nach breimöcf)iger Belagerung
burd) ben fd^ruebtfcfjen getbmarfdjatl ©uftaö £>ont genommen nnb gur ßafjlung eines
„BiftorigetbeS" non 30000 ©ulben öerurteift1. Bei ber großen Not fiatte ber
üNagiftrat aud) bie OrbenSfeute gur Aufbringung ber Ifofjen ©umme herangegogen.
®ie Qefuiten boten an, maS fie an Naturalien, an ©etreibe unb SBein, erübrigen
fönnten, fogar, menn bie Not eS erforbere, fämtlid)eS ©ilbergerät ber ®irdje; nur
bares ©elb gu jagten — 1250 ©ulben raaren geforbert — , fei ihnen unmöglich-
©cf)on Dorier fjatten fie eine ©djulb oon 700 ©ulben, beren gafdung ihnen
unmöglich mar, nur burd) eine grofje Söeinlieferung begleichen fönnen. ^n Um
fenntniS ber Berf)ältniffe meinte ber SNagiftrat, baS ©elb für biefen Söeinöerfauf
ntüffe boih oorfjanbeit fein. SDaburd) fteigerte ftcf) bie ©rbitterung über bie Steigerung
ber Qefuiten. ®iefe glaubten ifjrerfeitS megen ber fircf)lid)ett Immunität unb ber
alten faiferlidjen Privilegien ber ißropftei mit |)artnädigfeit ihre Ned)te oerteibigen
gu müffen. ©o fämpfte man fcfjarf gegen fdjarf. ®er SDNagiftrat ging fo meit, baf)
er am 3. Januar 1633 baS bürgerliche ^nterbift über baS Äolleg oerfjängte, rooburcf)
ben Bürgern jebe (pilfeleiftung, SDienft, $auf unb Berfauf an baS Kolleg unter
©träfe üerboten mürbe. Am 22. April mürbe aud) baS Biel) ber Qefuiten, baS gur
SBeibe getrieben mürbe, nicht gu ben TEoren herauSgelaffen, fonbern guriidgefchidt,
moburdj bie Qefuiten in bie größte Not tarnen, ©o muhten fie ficf) untermerfen
unb auf ihre gorberung, öor ber Lieferung beS SBeineS unb ©etreibeS baS Qnterbift
aufguheben unb bie Sieferung felbft nicht als AbfdjIagSgahlung auf bie geforberte
©etbfumme gu betrachten, oergichten2.
SDie Not im Kolleg muchS fo, baf) im Qahre 1634 nur noch 5 lebten: 3 BatreS,
1 ÜNagifter unb 1 Saienbruber. ©rft mit bem Abgug ber ©cfjmeben unb bem
©ingug einer frangöfifdjen Befa|ung am 9. Nooember 1634 mürbe bie Sage ein
menig erträglicher. ÜNan hörte an 2Beihnacf)ten 1634 mieber Beicht in ber Kirche,
metdje feit bem 1. 9Nai 1633 auch öent proteftantifdjen ©otteSbienfte hotte bienen
müffen3. Am 28. Q:uli 1635 fdjrieb ber ©enerat an ben Neftor ^omphaeuS, ber
©treit gmifdEjen ÜNagiftrat unb Kolleg habe ihn fehr unangenehm berührt unb er¬
hoffe auf balbige Beilegung4.
®ie Not in ber ©tabt mürbe immer größer5. Boll ÜNitleib tröftete ber ©enerat
ben Neftor §omphaertS am 19. SDegember 1637 : „f£)ie Nacbrid;ten Ooit ber bebrängten
Sage beS ßodegS fdjnitten mir tief in bie ©eele. s^d) bebauere bie guten patres
unb Brüber, metche nun fcfjon fo lange ,Qeit mit fo vielen Seiben unb SXrübfaleit
gu fämpfen haben. ®a ber SebenSuntertjatt fo fnapp gemorben ift, bah nicht mehr
als vier bation leben fönnen, fo mirb ber P. provingial mof)l fehen, bah öie übrigen
anberSmot)in gefchidt merben."6 ,,©ar fehr aber", fo fchrieb er am 12. Quni 1638,
1 ©ent) a. a. £>. I 57 f; II 5 ff 571.
2 ©bb. I 58 ff; II 6 ff 571 ff. Sen fdjarfen
©tanbbunft be§ SfoltegS betont aud) bie Historia
Collegii : Constituimus nihilominus, quo acrius
contra canones res gerebatur, eo constantius
immunitatem ecclesiasticam et privilegia Cae¬
sarea . . . retinere et mordicus quoad liceret
defendere (II 9). Sie 9tah§brotofoIIe finb üon
einem ben Reimten feinblid) gefinnten @d)reiber
abgefaßt : e§ mir b hon ber Sefuiten „gcmötjm
lidjett 2lrt nnb Siftigfeit", ©eij, fyalfd)f)eit ufro.
gefprodjett. Ser 9tat c§ für grobe Un=
bantbarfeit, bafs bie Sefuiten bie ©uttat, fo
ihnen burd) Übergabe oon fünf Raufern auf
6000 ©ulben erjeigt, nidjt gebeuten (ebb. II
572).
8 ©bb. II 12; I 392.
4 *Drig.=9teg. Ad Rhen. sup.
6 Sic ©tabt ääljtte ©nbe 1635 „nidjt metjr
ah? 240 99urger" (©ent) a. a. D. I 395). Sie
§unger§not im $iaf)re 1636 unb Äranffjeiten
enttiöllerten biefelbe noch mehr (ebb. I 76 80).
6 * Qrig.=9leg. Ad Rhen. sup. SSgl. aud)
bie SSriefe öom 12. ^uni 1638 unb 26. fgebr.
1639. ©I lebten bamat§ im SoIIcg 5 $atre§
unb 3 Saienbrüber.
Kollegien, SRefibenjen unb Sftifftoncn: £d)Iettftabt.
197
„tröftet midj bie greubigfeit unb ber 9Jhtt, momit ©m. |jocpmürben unb bie übrigen
ber guhinft in§ Slngeficpt flauen unb entfcploffen finb, alles, mag fontmen, maS ba
mode, ftanbpaft gu ertragen."1 SDafj ba§ Kolleg nicpt gang gu ©runbe ging, oer*
banfte man Submig XIII., melcper mit bem 1. SIpril 1638 burcp bie ÜDIilitärOermaltung
in ©cplettftabt täglidj fieben „©ommifjbrobte" ober baS ©elb bafitr bem Kolleg gu=
[teilen lief?2.
£rop allem fjatte man tapfer meitergearbeitet, oor allem am Äranfenlager unb in
ben ©efängniffen 3, unb aucp bie Qugenb nicpt üernadpläfftgt. ®ie ©cpulen patte
man immer gepalten; au§ ÜDIangel an ©cpülern freilicp halb mit brei, halb mit
oier, aucp mopl mit allen fünf klaffen unter einem ober grnei Seprern4. ©eit 1646
lonnte man ftänbig alle fünf klaffen einricpten, unb grnar unter brei Seprern, oon
benen einer bie Ülpetorif unb Humanität, ber gmeite bie beiben erfteit ©rammatif«
flaffen, ber britte bie lepte klaffe leitete, ©eit 1646 poben fiep bie feelforglicpen Sir«
beiten mepr unb mepr. Stuf Sitten beS frangöfifepen föommanbanten pielt man feit
1648 fßrebigten aucp in frangöfifeper ©praepe für bie SefapungSmannfcpaften. Stuf
bie SJIitteilungen über bie Arbeiten ermiberte ©arrafa am 8. Sluguft 1648 bem Sxeftor
§omppaeu§5: „Qcp freue miep, baf; oon ber geringen 3apl Seute burcpauS nic^t
geringe ©rfolge aufgumeifen finb." 35ie 3af)f ber ^efuiteit, melcpe im 3üPre 1643
gum gmeiten SJfale auf fünf gefunlen mar, mar im Qftpre 1649 geftiegen auf 8 fjkiefter
unb 1 Saienbruber. ÜJJIagiftrat unb Sürger maren mieber ipre greunbe6. 9?ur follte
ba§ Kolleg noep einmal bitter bie Slrmut unb 9?ot füplen, als am 12. Oftober 1649
bie frangöfifepe Sefapung abgog unb bamit aucp bie fo banfbar entgegengenommene
Unterftüpung ber SJJilitärüermaltung fortfiel7.
Stm 18. Oftober 1618 patte ber ©trafjburger Sifdjof, ©rgpergog Seopolb, ba§
oom päpftlicpen ©tuple unterbrüdte Senebiftinerpriorat ©t Salentin gu Sufacp
ben ^efuiten oon ©cplettftabt übergeben8, ©eit Januar 1620 oerfapen nun ^efuiten
bort ©otteSbienft unb ©eelforge9. ®ie gmei patres, meldje für gemöpnlicp fatnt
einem Saienbruber bort lebten, erteilten beibe $ated)i§muSunterricpt, fpenbeten bie
©aframente unb pielten ab unb gu aucp ^Srebigten 10. Strpre 1624 bericpteit fie:
„f£)ie Sufacper patten gern, ba^ mir nachmittags in unferer ^irepe prebigten, raeil,
fo fagen fie, bie Qefuiten bie §ergen gu rüpren müfjten. Slucp meinen fie, bap,
menn ber ®atecpiSmu§ ipnen fepon oor 40 — 50 3a^ren f° öorgelegt morben märe,
e§ jefjt mopl meniger 3auberer ipnen geben mürbe."11 Sei ber gmeiten ©in«
napme 9iufacp§ burep ben SIpeingrafen Otto Submig am 15. gebruar 1634 mürbe
ipnen jeboep ba§ ißriorat mieber entriffen, naepbem P. 3°^°^ Sttepering unb ber
Saienbruber SInbreaS SDIartini graufam ermorbet maren12. Sind) als frangöfifepe
Gruppen im folgenben Qapre bie ©tabt befepten, fonnten bie ^efuiten trop oieler
Serfucpe niept bauernb guriicffepren; benn frangöfifepe Senebiftiner ber Slbtei ©t ’ißeter
gu ©pegp patten fiep mit £>ilfe beS frangöfifepen ®ommanbanten oon ©olmar in
1 * 0rig.=deg. Ad Rhen. sup.
2 ©ent) a. a. 0. I 81 90; II 30 ff. *936
tettelcpi an 4>onmJjaeu§, 26. gehr. 1639. Ad
Rhen. sup.
3 ©ent) a. a. 0. I 71 ff. * 93iteüe3cf)i an
föonmfjaeug , 30. SDtai 1643; 5. Se^. 1643;
7. 2Kai 1644; 10. 9Mrs 1646. * 0rig.«9teg. Ad
Rhen. sup.
4 ©ent) a. a. 0. I 65 ff ; II 24 ff.
6 *0rig.«3teg. Ad Rhen. sup.
6 ©ent) a. a. 0. I 90.
7 ©6b. I 93. * 9Siteüe§d)i au £ompf)aeu§,
15. 2tug. 1649; 19. SRärj 1650. Ad Rhen,
sup. — 2)ie 06ern toaren: £>emricf) 9Jtefd)ebe,
1615; Slbrian §orn, 1617 ; gat. 93aunad), 1623;
gop. $onmbaeu§, 1632; gof). Strein, 1646
(SSisereltor) ; gof). §onmbaeu§ 1648.
8 ©ent) a. a. 0. I 19; II 601 ff.
9 ©6b. I 23. 10 * Catal. Rhen.
11 ©ent) a. a. 0. I 34.
12 3>wi 99erirf)te barüber ebb. I 65 ff ; II 18 ff
580 ff.
198
$ritte§ Äafutel. 3>ie oberrtjeinifdje ^rotHnj.
ben Söefi^ gefegt unb mußten fid) §u Behaupten1. Srft ber fyriebe itnb ba§ Sin«
fcfjreiten Äaifer gerbinanbä III. gaben im ^afjre 1651 ben Qefuiten ifyr Eigen¬
tum juriicf2.
ßmei meitere 92ieberlaffungen im Stfajj, Snfisfjeim nnb Solmav, merben un§
bei ber oberbeutfcfjen Sßroöinj begegnen.
1 9Zur t>ott 1641 bil 1644 mar ein ifSater
mit einem Saienbruber roieber bort gemefen
(@ent) a. a. D. II 30 ff 619 ff).
2 ßbb. II 43 630 f. — $ie Dbern maren :
Sof)- §oItfjau§, 1622; SüMdjior 93rcibenbad),
1624; ßffriftian ^afselmamt, 1626; SDtarg.
Jpattftein, 1628; Solj. §omf)I)aeui, 1631; Sa!.
Skitnad), 1632.
Viertes Kapitel.
3)ie o&erbeutfdje $rot)in^
Umfang, Slnttmcpfen unb SeilungSpläne. — Vifitationen. — Sllte unb neue 9iieber=
laffungen. — gngolftabt (Biburg). — ÜDtüncpen (Eberäberg. — Slltßtting). — !3nn§‘
brucf (SDteran). — §all. — Orient (fRoöerebo). — SlugSburg. — Sillingcn (puffert. —
Ottingen. — Ettloangen). — 9fegen§burg. — Eicpftätt. — Steuburg. — Arnberg. —
SDtinbelpeim (StRemmingen. — Saufbeuren). — Vurgpaufen. — 2anb§put. — (Straubing.
— Sanbsberg. — föonftanj (Sinbau). — greiburg im VreiSgau. — EnfiSpeint (EoO
mar). — Stottenburg. — 325iirttembergif(f)e Stationen. — S^meij: Sujern (93eHin3ona). —
Solotpurn. — greiburg. — ’ipruntrut. — 2SaÜi§. — ©raubiinben. — Vorarlberg.
3;n ber oberbeutfcpen Orbengprooinj mit Vapern, Sirol, Vorberöfterreicp, ©cpmei^,
©raubiinben, Vorarlberg ufm. ftieg bie 3af)f ber üöiitglieber bon 338 im $;apre 1(301
innerpalb jepn ^apren bi§ 1611 auf 465, bie auf 12 Kollegien uub 7 Stieber*
laffungen bcrteilt umreit. Söäprenb ber erften Äriegsperiobe, in ber bie oberbeutfcpe
fprobinj jiemlicp berfcfjont blieb, nmcpg bie ßapl bi§ 1630 auf 820 (377 fßriefter,
248 ©cpolaftifer unb 195 Vriiber), bie in 20 Kollegien, 7 feften unb 6 geitmeiligen
ÜRieberlaffungen loopnten. Sa^u fommen nocp 10 ÜDfiffiongftationen in ber Ober*
pfalj1. Siefe§ anpaltenbe ÜEBacpStum ber ^robinj rnupte aucp pier beit ©ebanfen
an eine Teilung napelegen.
Sie oberbeutfcpe fßrooinjialfongregation befcplop Qluli 1628 einfiimmig, bie
Leitung ber fßrobins bom ©eneral ju erbitten, aber erft bann, menn für bie Seminare
unb ÜRoüijiate pinreicpenb Vorforge getroffen fei. 2(1§ ©rünbe merbeu angeführt
bie ©röpe ber Entfernungen unb bie äRenge ber ©efcpäfte, benen ein fßroüinjial
nicpt genmcpfen fei. Vorgefcplagen tourbe bie Seilung in eine elfäffifcpe unb baprifcpe
ober oberbeutfdje fßrobinj. $ur elfteren füllten gehören : Kempten, SRemmingen, Ulm,
Sinbau, ®onftanj, greiburg im VreiSgau, bie Scptoeij, Elfap unb SSürttemberg; jur
baprifcpen fßroöinj: fö'aufbeuren, SIRinbelpeim, Sirol, Vapern, Oberpfalj, Slugsburg
unb Gillingen mit ben beiben fRefibenjen Sonaumörtp unb Ellmangen2. Sie Slnt*
toort be§ ©eneralg Oom 25. 9cooember 1628 lautete: Sie Erfahrung pat geleprt,
bei ber Seilung ber fßrooinjen fepr langfam imran^ugepen unb alles mit groper
Vorfiept ju überlegen, bis man jur Seilung fcpreitet. Obgleicp icp fepr billige, bap
fcpoit jept aßeS für eine etma notmenbig merbenbe Seilung oorgefepen mirb, fo fcpeint
mir bocp im jepigen Slugenblicf nocp feine Veftimmung über bie Seilung felbft am
fßlape §u fein3.
1 9tad) ben *Litt. ann. Prov. Germ. sup.
betrug bie 3apl für 1630 910, maprfcbeinlid)
ift pier ba§ ©cpuljapr 1630/1631 gemeint, fjür
1631 finbet ficf) bie gabt 900 angegeben; babei
mären aber 56 glüdptlinge oom 9tpein inbegriffen.
2 * Original in Acta Congr. Prov. 1628 1 202.
Vgl. Kropf, Historia Prov. S. J. Germaniae
Superioris I 502.
3 * Original ebb. I 208. Vgl. * Clm 26 479.
200
ißiertc§ Äapitel. $ie obcrbeutfdje ©roöinj.
SDer ißlan würbe halb roieber aufgegriffen. 2fuf ein ©utacfjten beS P. Qofob
Heller über bie Steifung ber oberbeutfchen ^robinj antwortete ber ©eneraf am
8. ^uni 1630, fowof)f bie ©röfje ber fßrobinj atS aucf) bie $af)I ber Raufer fd^ienen
auf eine Steifung fjinjubrängen. Sro^bem fei er entfcfjloffen, biefefbe nicf)t eher am
jugreifen, bis eine jebe ißrooinj ihre (Seminare unb inSbefonbere ifjre gut funbierten
S'couijiate habe. ®aju beranla^ten if)n bie ernften Streitigfeiten, welche jmifcfjen
ben r^einifcfjen ^robin^en gfeicf) nach ber Steifung entftanben unb aucf) jefct nocf)
nicht oöffig ausgeglichen feien. SDamit affo nicfjt ähnliche Streitigfeiten auch bort
(in ber oberbeutfchen fßrooinj) mit nicht geringem Schaben für bie gegenfeitige Siebe
fpta| griffen, ha^te er e§ für geratener, felbft mit einer SBefäftigung für ben ißro«
oingiaf, bie Steifung ju oerfcf;ieben, bis bie -Slnfäffe ju fofcf)en .Qwiftigfeiten oöffig
befeitigt feien 1.
Q3afb barauf ergoffen fiel) bie SSogen beS fdjwebifchen Krieges aucf) über ©e*
fifbe ber oberbeutfchen ^rooinj, bie baburch großen Scfjaben unb eine bebeutenbe
©inbuhe an äRitgfiebern erlitt: im Qahre 1639 finb eS nur mehr 558. Staju fam
bie fortbauernbe Ünficherf)eit ber $erf)äftniffe, fo bah man an grofse ÜReuorganifationen
faum benfen fonnte.
f£roi3 beS anbauernbeit Krieges hob ficf; bie 3af)l ber DJfitglieber langfant. ©in
fangfameS, aber anhattenbeS Steigen beginnt 1640 mit 572 fßerfonen, 1643 finb
eS roieber 627. 2>ie 3af)f fp^t ficf) mit einigen Schwanfungen auf biefer £>öhe;
im Schfufsjahr nuferer fßeriobe (1650) §äf)[te bie oberbeutfcffe fßrooinj 637 SRitgfieber.
92ach einer Sfuffteffung üom 6. ÜDJai 1649 oerfügte bie fßrooinj über 20 föoffegien,
2 fßrüfnngShäufer, 15 fftefibenjen unb fDfiffionSftationen 2.
SDie groffe SfuSbeffnung ber ffSrobinj war ftetS ein fpinberniS für bie reget»
mähige SSifitation. SD er ißrooinjial füllte jährficf) fefbft alle Käufer feiner ißroüinj
befucf;en unb nur wegen wichtiger ©ritnbe einen anbern mit ber Sßifitation betrauen 3.
Xro^bem fam eS oor, bah me gen ber groben unb befdfmerlichen fReifen einzelne
Kollegien mehrere 3af)re fang nicht oifitiert würben. So mahnte Sfquaüioa am
18. Sfuguft 1601 ben oberbeutfchen fßrooinjiaf 9fofephiu§, er möge nach feiner fRiicf*
feffr aus ber Schweij fofort baS fö’oHeg in fpaff, baS feit brei 3flf)ren feinen fßro*
oinjiaf gefehen, oifitieren4. P. ffRunbbrot, ber 1624 — 1631 unb bann wieber 1634
bis 1636 fßroüinjial üon Oberbeutfcfjfanb war, fonnte gleich im erften Qahre feines
fßroüinjiafateS wegen $ranff)eit nicht affe Kollegien befuchen5.
9Jfit bem SSSachfen ber fßrobinj muhte bie Überfaftung beS fßroOinjialS natürlich
noch gefteigert werben. So fchrieb SSiteffeSchi am 6. ^ufi 1630 an äRunbbrot:
SDa bie fßroöinj fo wächft, bah einer allein für beren Seitung nicht mehr ju ge=
niigen fcheint, fo hoben bie ^onfuftoren gewünfcfjt, bah t<h ®w. ^ochwürben einen
^weiten SociuS (Sefretär) gebe, ber Sie wenigftenS beim 33rieffdf)reiben unterftüfce.
1 * 0rig.*9teg. Ad Germ. sup.
2 * Original in ©t. 9t. , Jes. 570. 9tad)
biefer iiberficbt bom 6. ©tai 1649 »erteilten fidj
bie ©titglieber auf bie einzelnen Käufer alfo:
Slmberg 10 ©riefter, 3 ©cfjolaftifer, 5 ©rüber
(Xirfcbenreutfj 2 ©riefter, 1 ©ruber), 9lug£burg
13, 3, 5 (©riefter, ©djolaftifer, 93riiber), ©rum
trut 9, 3 (©riefter, ©rüber), ©urgf)aufen 11, 2, 4
(©tauerfircben 2 ©r.), Äonftang 15, 3, 5 (Sinbau
2, 1, gObfird) 2, 9tottenburg 2), 2)iüingen
11, 3, 4 (Eütriangcn 2, Ottingen 2), Enfig«
fjeim 5, 1, 2, Eid)ftätt 7, 1, 3, greiburg i. ©r.
10, 1, 3 (2f|ann 2, 1, ©t ©toranb 2, 1),
f^reiburg i. Sd)tt>. 17, 14, 6, §all 11, 8, 5,
Qngolftabt 24, 57, 14 (©iburg 3, 2), 2anb3=
but 7, 3, Sanblberg 9, 1, 7 (baju Stoüi.v
©djol. 23, 9toüiä=93riiber 15), Sujeru 17, 4, 5
(93eUinäona 4, 2, ©oIotf)urn 7, 2), SDtinbelheim
8, 1, 3, ©tiind)en 33, 3, 14 (Eberöberg 9, 4),
9teuburg a. ®. 11, 5 (jjjilpoltftein 3, 1),
brud 17, 7, 6, Otting (Slltötting) 15, 6, 9te=
gen^burg 8, 3, 5, Straubing 5, 2, Orient 14,
3, 5.
3 Regulae Provincialis 118—119.
4 * 0rig.=9teg. Ad Germ. sup.
5 * Sitelle|!d)i an ©tunbbrot, 16. 9to». 1624.
Umfang, Stntoadfjfen unb JeitungSpläne. — SSifitationen.
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Unterfdjviften bev ^rofcffcn ber oberbeutfdjen ißioöinj.
9Iu§ einem ©Treiben an ben ißapft Dom 18. ^ejember 1604.
202 SSierteS Kapitel. Sie obcrbeutfcf)e ißrobinj.
®a bieS aber bisher in ber ©efefffdjaft nicfjt gebräudjtid^ war unb ein fofdjeg Sei-
fpief anbere jur fefben Sitte oeranfaffen fönnte, mödjte icf) einen anbern Sorfdjfag
machen, ber oieffeidjt nicfjt weniger gu öftrer Erleichterung beitragen wirb. Erften§
foüten ©ie nidf)t fefbft alle Kollegien oifitieren, fonbern ben ©ociu§ ober einen anbern
geeigneten ißater mit ber Sifite eines XeiteS ber ißroontj betrauen, ferner foüten
Sie, wenn bie Sriefe fo jafjfreicf) finb, baß ©ie unb 3hr ©ociuS biefefben nicht
bewältigen fönnen, einen ißater beS £offeg§, in bem ©ie gerabe finb, mit ber Se»
antwortung ber weniger wichtigen Sriefe betrauen, wie e§ juweiten oon ben i|Sro«
üinjiafen anberer ^rooinjen ju gefdjefjen pflegt, ©offte baS aüeS nic^t hiitreidjenbe
Erleichterung bieten, fo bitte icf), mich ju mahnen, bantit id) überlege, wie für weitere
Erfeidjterung ju forgen ift1.
Sei ben Sifitationen hatte fidj aCfmä^Iic^ bie (Sitte gebilbet, baß bie ^5rot>ingiafe
oon ben 9ftiniftern ber betreffenben Käufer beffer (lautius) bewirtet würben.
P. ÜDJunbbrot fd^affte biefe ©ewofjnfieit ab, wofür er oon SiteffeScfji am 22. 2fpri£
1634 großes Sob erntete. 3u9Wcf) brütfte ber ©eneraf ben SSunfdj au§, baß biefel
Seifpiel oiele üttadjafjmer finben möge2.
2fud) ber Nachfolger beS P. ÜOZunbbrot, SSoffgang ©raoenegg (1636 — 1643),
fonnte bie Saft nicfjt bewältigen. 2fm 21. Qufi 1640 empfafjf if)m SiteffeScfji, bie
©djweij, wettfje feit faft brei Qafjren nicfjt mefjr oifitiert worben, fobafb af§ möglidfj
ju befugen unb befonberS ben patres in Supern, oon benen fdbjon einige unter ber
llberfaft ber Sfrbeit gufammengebrodjen feien, £)ilfe ju fenben3. SDiefelbe ÜÖfafjnung er¬
ging am 31. ^ufi 1649 an ben ißrooinjiaf $eppfer: bie Silage ber ©djweijer Kollegien
ift nicfjt unbegrünbet, ba feit brei 3ahren lein ^rooinjiaf fie oifitiert Ijat4.
©ef)r erfdjWert würben bie Sifitationen burd) ben $rieg. §ier unb ba war
e§ ben ^rooinjiafen für fange 3e*t einfadj unmöglid), bie Kollegien ju erreichen,
©o fam e§, baß einzelne Kollegien 10—20 Qaßre of)ne Sifite blieben5.
2fu§ bemfefben ©runbe fonnten feine außerorbentfidjen Sifitationen ftattfinben.
Sor bem Kriege waren fofc^e abgeljalten worben burdj Dfioer SNanare (1601) unb
£f)eobor SufaeuS (1608). 3uo außerorbentfichen Sifitation ber ©tubien hatte Sfquaoioa
im ^afjre 1603 ben P. Saber beftimmt, unb 1604 bereifte ©ebaftian 3)ietridj afS
Sifitator bie Ä'offegien, um ben ©taub ber Serwaftung unb ginan^en gu prüfen.
Sei ber Serwaftung ber einzelnen Kollegien werben wir feinen ©puren begegnen.
* *
*
2)er ©iß be§ ißroüinjiafS ber oberbeutfdjen ißrooinj war in 3ugo(ftaöt, wo
bie Qefuiten if)r erfteS fö’olfeg in Oberbeutfcfjfanb erhalten hatten.
£)a§ ^ngolftäbtcc ®odeg nahm in uuferer 3eit einen ungehemmten, fefbft burdj
^3eft unb $rieg wenig geftörten Fortgang6.
Sßofjnung unb ®ird)e mußten erweitert werben. 2fußer ben Erweiterungen unb
Sfnbauten in ben 3ahren 1603 unb 1605 führte man 1613 am öftfidjen Enbe be§
1 * £>rig.=9teg. Ad Germ. sup.
2 *(£60.
3 * Original 9Jt. 9t., Jes. 381.
4 * ©eneralöifar ‘Dtontmoreuct) an ®cppler.
Drig.=9teg. Ad Germ. sup.
5 Sie ^rotnnjiate ber oberbeutfcben ^Sroöin§
waren: ®regor 9tofeffiuS, 29. @ept. 1600;
Sfyeobor 93u}aeu§, 13. ^nni 1609; 9Jtefd)ior
§ärtel, 14. ütprit 1612; Gfjriftopb ©renjing,
9. 9Jtai 1618; ©ualter Xftunbbrot, 9. ®tärj
1624; SInton SCSelfer, 20. San. 1631; ©ualter
SDtunbbrot, 28. San. 1634; 2öoIfgang@raoeuegg,
25. 9toO. 1636; 9ti!a[. ÜBibnman, 19. gebr.
1642; Sorenj ßeppler, 8. 9iot>. 1646; G^riftopt)
©d)orrer, 3. 9(pril 1650.
6 SSgl. »b I, ©. 53 f 611 ff. gür ba§ gof*
genbe: *Hist. coli. Ingolst. biä 1671 im j£iö=
jefanarcbio ju Gid)ftätt. $eit SInfang bilbet ein
Summarium de variis rebus Coli. Ingolst.
dedicati societati nominis Iesu Domini Nostri.
2)ie Historia würbe im 16. Sfüubunbert be¬
gonnen unb bann afljäfjrlid) weitergefiibrt. Gin
Stlte unö neue 9tieberlaffungeit : Sngotftabt.
203
Kolleg! einen großen Querflügel auf, ber fiel) in fiiblidjer Süchtung erftrecfte. ®ic
^ircfje erhielt 1611 ©alerien unb mürbe 1624 burcf) ben Umbau non ßfjor unb
£angf)au! faft ein anberer Sau. Sttan burdjbrad) bie SSänbe bei £anghaufe! unb
errichtete recht! unb linf! je brei Kapellen, über benen ©alerien angebracht mürben* 1.
$ie Slnjahl ber ^Serfonen (ftiftunglgemäjj 70) belief fidj bereit! 1613 auf 125
unb ftieg jeitmeife burdj bie Slufnahme nieler Flüchtlinge au! Söhmen unb norn
Schein auf mehr al! 150. Obgleich ^ngolftabt trop f)orter Sefdjiefjung (1632) fein
feinbliche! .fpeer in feinen dauern faf), raffte bodj ber im ©efolge ber £anb!lned)te
einherfdjreitenbe Sürgengel, bie $eft, allein öon 1632 bi! 1634 35 Fefuiten hinmeg.
Stud) bie Sermitftung ber Sefifjungen, au! benen ba! Kolleg feine ©infünfte bejog,
mirfte ftarf auf bie Serminberung befonber! ber in Fngolftabt [tubierenben ©djolaftif'er
ein. S)odj ftieg bie Faf)* öon 40—50 Qefuiten in ben Fahren 1638 — 1640 mieber,
unb jmar bi! 1650 auf 108.
Son ben 155 SDUtgliebern be! Kolleg! im Fahre 1625 maren 42 ißriefter,
5 9J?agiftri (£ehrer am ©pmnafium), 80 ©djolaftifer (STheologen unb ißhüofophen)
unb 28 Saienbrüber. Son ben ißrieftern lehrten im ®urd)fchnitt gehn Shetorif,
$ßtÜMophie unb 3Ühe°l°9ier bie übrigen maren in ber ©eelforge unb Sermaltung
befchäftigt ober faheit, gebrochen burd; ein ftrapajenreid)e! £eben, bent ©nbe unb ber
Krone ihrer Arbeiten entgegen 2.
®ie &er ©djüler am ©pmnafium belief ficf) nach ben non
1604 unb 1605 auf 500; fpäter merben felbft in ber ©efchidjte be! Kolleg! feine
Fahlen mehr genannt. Fn einem ftatiftifdjen Katalog be! Fa^reg 1649 mirb bie
Fahl auf 204 angegeben3. Fn ^er ©eelforge entfalteten bie Fn9°ifiübter Fefudett
eine aulgebehnte Xätigfeit. Slufjer ben ißrebigten für bie ©pmnafiaften unb Slfabemifer
üerfahen fie ba! ißrebigtamt in ber £iebfrauenfird)e unb ju ©t Slorip.
Fm Slnfang be! 17. Fahri)un^ert§ toirften bie Fefuüen in ätuei Kirdjen al!
Katedjeten, außerhalb aber an neun Orten; im Slboent unb in ber gaftenjeit aufjer*
halb ber ©tabt 1613 an 15 unb 1617 an 22 Orten unb fo ähnlich in ben folgenbeit
Fahren. ®a! gan^e Fa^r f)inburch hielten fie 1618 unb 1619 an acht Orten
(Shriftenleljre. Fm Faf)re 1624 bat ber ÜDiagiftrat um eine foldje in @t ©ebaftian,
aufjerbem hielt man fie in biefem Fa^re noch nn 21 Orten mährenb be! größeren
Seile! be! Fdf)re§- ©inige Fahre fpäter, 1631, maren oier Katedjefen in unb neun
außerhalb ber ©tabt. Fm Ffll)re 1636 mirb auch eine eigene unter freiem Fimmel
für bie Settier ermähnt.
Slufjer anbent Orten mirften bie Sflire§ mieberfjolt in ©eifenfelb; mie fdjott
früher hielten fie bort 1624 niete ißrebigten unb Katedjefen, liefen nor bem Solfe
beutfdje ©cfjaufpiele auffühven ufro. Fm Fa^re 1624 hörten bie ijktre! in ©eifern
felb 3000 unb 1626 4000 Seichten. Sie in ben §mei Kongregationen für bie
©tubierenben unb afabemifdj gebilbeten sperren unb einer brüten für bie Orben!«
leute unb Konoente entfalteten bie Fanden befonber! in ber beutfehen Sürgerfongre*
gation Maria de Victoria mit ihren 1200 Siitgliebern (1649) eine tiefgreifenbe
Sirffamfeit 4. ®ie Kranfen unb ©efangetten mürben non einem eigen! für biefel
9tu§sug ift bie Hist, succincta Coli. Ingoist.
1587—1639 in 5Ut. 9t., Jes. 1363. *Litt. ann.
unb *Cat. Prov. Germ. sup. 1601 — 1650.
Plotto, Hist. Prov. S. J. Germ. sup. 150
200. Kropf I 88; II 2 40 46 ufto.
1 93 raun, $ie Kircpenbauten ber beutfepen
Sefuiten II 20.
2 *Cat. tertius Prov. Germ. sup. 1603 ff.
* Cat. Person. Coli. Ingoist. 1605 ff.
3 * 50t. 9t., Jes. 570. Stuf bie einsetnett Staffen
öon ber 9tpetorif angefaitgen fallen bie gaplen
29, 25, 30, 43, 33, 44.
4 * Litt. ann. Prov. Germ. sup. 1644 ff.
Über ba§ Colloquium Marianum externorum
ügt. Kropf I 94 unb ba§ 12. Kapitel über
bie Kongregationen; bort auep 9täpere§ über
bie Kongregation Maria de Victoria.
204
Viertel Äapitel. 2)ie obcrbcutfc^c ißrooing.
SImt beftimmten uub im fßerfonalfatatog öergeicßneteit ^5atei* regelmäßig aufgefudft
unb leiblicß unb geiftlicf; erquidt. SBon P. Sernßarb goretta, ber 1615 ftarb, be*
richten bie Qaßregbriefe, baß er gang in ber ©arge für bie Strmen unb Krönten
aufging unb ficß ißnen bei £ag unb bei 9?acßt mibmete. Er forgte nicßt allein für
ißre ©eefen, fonbern audj für ißr leibliches 2Boßt, bettelte überall Sebengmittet unb
trug, manchmal mit köpfen unb ©efcßirren förmlich bepadt, alleg feinen lieben Slrmen
unb Krönten ju1. Sind) ßier reifte alg fcßöne grucßt ber feelforglicßen Söirffatm
feit eine ftetS macßfenbe Xeilnaßme am Empfang ber heiligen ©aframente: bie
3aßl ber Kommunifanten ftieg non 14000 im 3aßre 1615 auf 20000 im 3a^re
1630 unb auf 40000 im Qaßre 1650 2. ÜReßmen mir bagu, baß gur felben 3e4t
©eleßrte mie ©retfer, Xanner, Sapmann, ©cßeiner bie afabemifcßen £eßrfangeln gierten,
Scanner mie 9iem, Srunner, S3albe unb 33iffeliu§ am Konöift unb am ©pmnafium
mirften, fo üerfteßen mir, menn ber neuefte ©efcßicßtfcßreiber 33aßerng ßertmrßebt:
„Qngolftabt mit feinen ^efuiten bemäßrte fid) in ber Siteratur mie ^3raj:iS alg bag
feftefte iBollmerf beS alten ©laubeng, üon bort erfußr bag proteftantifcße ©ßftem
bie gefäßrlicßften Singriffe, bortßin richteten aucß £utßeraner mie Ealöiniften un*
abläffig halb bag fcßmere 23elagerungggefcßüß gelehrter ^ßolemif, halb bag ißorpoftem
feuer beg Sßißeg unb ber ©atire."3
23on bem gum Qngolftäbter Kolleg gehörigen fBiburg4 au§ entfalteten einige
patres, bie bort ftänbig moßnten, eine fegengreicße fXätigfeit. ®ie Einäfcßeruttg beg
Klofterg burcß bie ©cßmeben (1632) öernicßtete biefelbe für meßrere ^aßre. Slud) fpäter,
1641 unb 1648, mürben burd) bie fdjmebifdjen Einfälle bie Slrbeiten für furge 3^it
unterbrocßen. 9?icßt allein bie föemoßner oon 23iburg unb Kircßborf, fonbern aucß
bie oon Slbensberg, ©iegenburg unb befonberg oon Slllergborf (Sttallergborf ?) ßatten
ficß beg ©egeng biefer Slrbeiten gu erfreuen. S)a infolge beg Krieges bie meiften
biefer Orte ißrer ipirten beraubt maren, berfaßen bie Söiburger patres ben gangen
ißfarrbienft. f£roß ber SSermilberung, bie Krieg, junger unb ?ßeft mit ficß bracßten,
güßlte man in meßreren biefer Pfarreien jäßrlicß 1000 big 2000 Kommunionen5.
£ag gmeitältefte Kolleg ber oberbeutfcßen ißroüing, in Sftüitcßett, erlebte in unferer
ißeriobe eine glängenbe Entfaltung; lag eg ja in ber Siefibeng beg bebeutenbften
beutfcßen dürften feiner 3e4t/ beg gielbemußten, fraftoollen £>ergogg unb Kurfiirften
9J?apimilian, ber nicht allein auf bie ©efcßide 23aßerng, fonbern aucß auf bie beg
gangen Steicßeg einen beftimmenben Einfluß augübte.
®ie bigßerige Söirffamfeit ber Qefuiten in ÜOiüncßen 6 ßatte bielfacße Slnerfennung
gefunben. ©elegentlicß einer meit berbreiteten bögmilligen SSerleumbung fleibete ber
SJJagiftrat bon SJtündjen biefe Slnerfennung am 12. $uni 1607 in bie Söorte : „Ung
unb mämtiglid) unferer ©tabt unb löblichen 33ürgerfcßaft, mie aud) allen benjenigen,
meldjer Religion unb Nation fie feien, bie fid) eine 3eitlang allßie aufgeßalten, ift
1 * Litt. ann. 1615.
2 * Hist. coli. Ingoist. unb * Litt. ann. ®ie3aßf
ber Äonöerfionen fcßwanft jtüifcfjen 6 unb 40.
3 Stieg ler, ©efcßicßte Saperni? VI 376. —
£rofe ber großen ßinfünfte Oon ca 8000 biä
9000 ©ufbcn geriet ba3 ÄoHeg befonberl wegen
23erwüftung ber gunbationägüter guweilen in
große Stot. gut gaßre 1638 reichten bie ßin-
fünfte nur für 15 fßerfonen; int gaßre 1649
fonnten oon ben reinen ßinfünften oon
ca 5000 ©ulben 35 ißerfonen leben, tatfäcßlicß
würben 88 ißerfonen unterßalten; bie ©cßulben
betrugen 15 000 ©ulben. — Sieftoren waren :
2(nt. SSelfer, 1599; goß. SDianßart, 1609;
©uaft. SJiunbbrot, 1616; ßafoar Secßner (®ige>
Sieftor), 1624; £ugo Siotß (Siott), 1624; goß.
©lücfß, 1628; Gßriftobß SDieubler, 1645; Ser>
Oil. Sßeißefin, 1646; goß. 93ernarb, 1650.
4 Sgl. 58b I, ®. 400 ff.
5 *Hist. succincta. *Litt. ann. 1641 ff. S8gl.
Flott o 40 66 100; Kropf II 422. 33ei
glotto aucß Siäßerel über bie oerfcßiebenen 9ieu=
bauten unb bie Sircßenreftaurationen.
6 SSgl. 29b I, ©.183 ff 625 ff. gür ba§
golgenbe *Annales Coli. Monac., * Litt. ann.
unb * Catal. 1601—1650.
Sttte unb neue 9tiebertaffungen : 9Mndjen.
205
lunböar unb Betrugt, weldjermaßen bie eßrwürbigen 93äter ber löblidjen Societät
Qefu nunmehr oiet Qaßre her aKßier einen ehrbaren, frommen, aufrechten, gültigen,
itnfträflicßen priefterlidjen SSanbel geführt unb mit Haltung fleißigen ©otteSbienfteS,
^rebigen, fSeicßtßören, ßinberleßre, Untermeifung unb Sernung ber lieben Qugenb
üiel ©uteS erwiefen haben unb noch täglid) ermeifen; fpringen auch &en hänfen unb
in SobeSnöten liegenbeit fßerfonen fo 9?acßtS als bei STag treulich unb oäterlidj bei." 1
Siefe Sätigfeit betonte ficf) immer weiter auS, unb jwar üor adern in ben Sdjulen.
Sie Schulen hatten großen Qulauf auch 1100 auswärtigen Schülern, bie über bie
©pmnafialflaffen hinaus nod) fßorlefungen über Sialeftif, $ontroüerfe unb SUioral«
theologie hören tonnten2. Sie Sdjülerjaßl war bis ^itm Qaßre 1632 faft in ftetem
233ad)fen begriffen. 1618 waren eS über 1200, 1631 1464; aud) bie ©rricßtung
üon jwei neuen Kollegien in föurgßaufen unb Sanbsßut (1629) hatte feine Slbnaßme
bewirten tonnen, eine folcf)e trat erft ein nad) bem ©inrüden ber Sdjweben. Sie
infolge ber großen Qaßl ber Schüler in ben ©rammatifflaffen fchon oor 1600 ein«
geführten Soppelfurfe mußten beibeßalten werben. Sroß ber Seilung waren in
manchen klaffen über 100 Sdjüler; bie fcfjon geteilte unterfte ©rammatifflaffe mußte
weiter geteilt werben 3, fo baß üier üOlagiftri für bie nunmehr oierteilige klaffe
erforberlid) waren. Qm Qaßre 1626 teilte man aud) bie §umaniora; 1624 hatte
bie ungeteilte klaffe 163 unb 1626 gar 178 Schüler gewählt4. Slußer bem ©tjmnafium
unterrichtete „ber Sßräfeft unferer ÜDiufifer" nocß über 100 Scßüler in feinem §aufe
„mit großem ©ifer unb ©efdjid", üon benen bann bie beften bei ben üerfcßiebenen
QaßreSterminen in baS ©ßmnafium aufgenommen würben, ©ine gewaltfame Störung
erlitt biefeS blüßenbe Scßulleben, als am 7. 2lpril 1632 bie SdjredenSfunbe üon ber
©innaßme SonauwörtßS burdh bie Schweben in äftündjen eintraf. 3lm folgenben
Sage hatte ficf) üon ben faft 1500 Schülern bie £>älfte fchon jerftreut, am 17. Slpril
würben aud) mehrere Seßrer an anbere 0rte gefcßidt, unb für acf)t Sage war feine
Scßule meßr5. SllS ber Scßreden fid) allntählid) etwas gelegt, eröffnete man wieber
am 26. SIpril mit 400 Sd)ülern baS ©ßmnafium. Qm 9)iai rüdten bie Schweben
ein, blieben „ohne größeren Schaben" brei SBocßen, nahmen beim Slbjug am 7. Quni
1632 42 ©eifein mit, barunter ben ^räfeften beS ©pmnafiumS, P. ©leßlin. ©ine
neue gewaltfame Unterbrechung erlitt baS ©pmnafium burd) bie fßeft. §erbft 1634
mußten bie Schulen für üier Monate gefcßloffen werben. Ärieg unb jßeft (mars
et mors) raubten bem ©pmnafium innerhalb breier Qaßre faft 1000 Schüler. Qm
Qrüßjahr 1635 jaulte man nur meßr 450. Sie Qaßl fteigt nur langfam wieber,
erft 1645 finb eS 800 unb 1647 1007 6.
©in Qreubentag für bie Scßule war ber 3. Slpril 1635: bie ^üdfeßr ber ©eifein.
Slm 11. Slpril fcßreibt ber mit ben ©eifein jurüdgefeßrte f)5räfeft beS ©pmnafiumS
1 * örig. auf Pergament mit (Siegel 9)1. 94,
ltrfunben fDtündjen, Sef. 2. galj. ©ef. ©in«
blattbr-, Jes. 1937. S3gl. 3 an f f en , ©efdjidjte
bei beutfdjen Sßotfel V 513.
2 * Diarium gymnasii Soc. Iesu Monacensis,
Clm 1550 ff (benupt üon SB- 93auer, 2tul bem
Diarium gymn. S. J. Monac., fUtündjener fßro«
gramm 1878). 2>anad) aud) bal gotgenbe.
3 33gl. Stquaüioa an ben Üteftor 9Jtetd). gartet,
8. $ej. 1601). *Drig.=9teg. Ad Germ. sup.
4 Seiber beifit el im Diarium jum 18.
1628 : Denuo coniuncta humanitas frustra
ante divisa. Ser junge ÜDtagifter 93albe batte
1626 in ber oberen 2lbteitung ber unterften
©rammatif 140 @d)üter.
5 $on beit mehr all 80 3ri’uiten üertiefjen
inlgefamt 42 9Jtund)eit, barunter 6, metdje bie
bergogtid)e gamitie auf ber f$tud)t begleiteten.
* Litt. ann. 1632. Kropf II 57 ff.
6 ®ie gabt 1007 üerteitt fid) auf bie einsetnen
Staffen mie folgt: Sbeotogie 54 (bie gefuiten«
fdjotaftiter inbegriffen), fßbitofopbie 66, 9?be«
tori! 102, ipoefie (Humanität) 119, Syntax
maior 146, Syntax minor 152, ©rammatif 190,
Rudimenta maior. 100, Rudimenta minor. 78.
Siefe Saft trugen nur 10 fprofefforen : 3 für
Xbeotogie unb fßbtlofopbie, 7 für bal ©qm«
nafium. $ie 9Jot ber geit machte fid) aud)
hier gettenb. 9Igt. ©arrafa an ben fßroüinäiat
Äepplcr, 30.SD?ai 1648. *Orig.=9teg. Ad Germ. sup.
206
SBierteS Kapitel. Sie oberbeutfd)e tßroöing.
in ba§ Xagebucfj: „2ll§ ©eifei gurücfgefefjrt, fjabe icf; mieber bie Seitung über»
nommen"; unb unter beut 17. Slpril: ,,Q;df) fjabe megen meiner gliicflicfjen IRücffe^r
(üorn P. ffteftor) einen freien 97acf)mittag für ba§ ©tjmnafium ermirft." ©egen Grnbe
be§ Krieges bebrofjte ber geinb mieberfjoft bie Stabt. Unter bent 12. SJooember
1646 berichtet ba§ Xagebncfj : „$m Sluftrag be§ ©tabtfommanbanten, be§ @eneral§
Xrucf müder , fomntt ber 93ürgermeifter §örl in§ Kolleg mit ber Slnfrage, ma§
bei einem feinblidfen Eingriff üon ben ©tubenten gu ermarten fei, ob fie bereit
feien, bie SSaffen gu ergreifen, ©iefe Slnfrage mürbe in ben klaffen öerfünbigt unb
•önubidjnft be§ P. ®tnr gcvcfjenfelbt, 1640.
mit großem ÜDfut aufgenommen, $n ben oberen klaffen boten fiel) bie meiften an:
im gangen maren e§ faft 200 (oon 670), melclje bie Söaffen ergreifen fonnten unb
moflten."
SBenn mir bie fßerfonalfataloge be§ München er ®oHeg§ muftern, tritt un§ neben
ber ©cfjultätigfeit eine fef)r groffe 21rbeit§laft entgegen1. Singer ben öielen 93eicf)t»
oätern in ber eigenen fö'ircfje unb am §ofe finben mir g. 93. im Katalog 1647/1648
al§ ißrebiger P. £eop. 9Pancinu3 am fitrfürfificfjen /pofe, P. 9J?anfr. 93o|f)eim al§
1 Eine Diethe biefer Ijanbfdjriftlidjen Catalogi unb 1647/1648 ftnb Don ber §anb be§ P. ®ta£
Personarum et officiorum Germaniae supe- ö. Sercfjenfelbt gefdjrieben, ber bamalS ©efretär
rioris in 9Jt. 9t., Jes. 199. Sie üon 1646/1647 (Socius) be§ iProOinjialS tnar.
Sitte unb neue SHeberlaffungen : SUüncben.
207
s$rebiger im Som 1, P. (S^riftopf) (Sngelberg in ©t SD?ic^aeI , P. ^of)- §efelitt im
SBaifenhauS, iß^il. Üfeinbl im peiliggeiftfpital, P. Vapt. £>aimb itt ber 2lula be3
(GßmnafiutnS. Srei patres fabelt außer bem 2lmt all Veidjtoater nocfj bie be*
fonbere Obliegenheit be§ KranfenbefudjS, u. a. auch im |)ofpital ©t ^iofeph, ein
meitercr ift beftimmt für bie Werfer. 2113 ißräfibeS ber ÜÜlariaitifdjen Kongregationen
ift je ein Sßater üerzeidjnet für bie Kongregation ber Viirger, für bie ber paubmerfS*
lehrlinge (pueri opifices), ber jungen §anbmerfer (iuniores opif.), für bie große,
Heinere unb Heinfte (angelica) ©tubentenfongregation. Von ben beiben Emeriti
hat ÜEBoIfg. ©cßünSleber noch 2lmt be3 SrudbogenforreftorS (corrector typi)2.
3u biefen Arbeiten !am noch bie ©orge für fieben ftänbige Katecßefen an oer»
fchiebenen Orten (1632) unb für jmei große SBruberfdjaften, bie SobeSangftbruber*
fcfjaft (pro defunctis) unb bie gorftenrieber Vruberfd)aft tiorn heiligen Kreuze3.
(Sin eigener ißater hatte bie ©orge für bie Verteilung guter Vüdjer, be3 fog. golbenen
2llmofenS4. Sie charitatioe Sätigfeit für bie Slrmen, bie (Gefangenen in bem §of»
unb ©tabtgefängniS unb bie Kranfett beanfprudjte oiel ßeit unb Kraft. VefonberS in
ben i^eftjeiten mürben bie ^efuiten ftarf in 2lnfprud) genommen unb f)(iben gerabeju
heroifd)e Opfer bi3 gur pingabe be3 eigenen £eben3 gebracht. $n ber ^eftjeit oon
1632 bi3 1634 fielen in SJJfündjen nicht meniger al3 38 ^efuiten ber ©eudje jum
Opfer5. $nt §erbft 1634 raffte bie $ßeft in München gegen 10000 $D7enfd)en fort6.
®aju mar man auch noch vielfach über bie ©tabt hinaus tätig; fo arbeitete man
unter anberem in SBafferburg, Vraunau, 9feid)enhall, ^Sfarrfircfjen ufm. 7
2113 eine fcfjöne ^rucht biefer Sätigfeit barf ber ftetS fteigenbe (Smpfang ber
heiligen ©aframente bezeichnet merben: 39000 Kommunionen im 3af)re 1601 unb
75000 im 3ahre 1609; im 3flf)re 1632 finb e3 gegen 133000; nach i*er ®ejimierung
ber Veüölferung burd) Krieg unb ©eitdjen flieg bie 3ahi lieber oon 63000 im 3Q^re
1638 auf 86000 im 3ahre 1648.
(Sine meitere grucht biefer Sätigfeit mar bie oielfadje 2lnerfennung, meldje ben
patres in München zuteil mürbe, nidjt allein oon ber Veüölferung, fonbern auch
oon bem £anbe3fürften unb bem ftäbtifchen SOlagiftrat. Kurfürft 2Jiapimiliatt
biefe 2lnerfennung oft auSgefprodjen unb in feinem Seftament in ergreifenb fdjöne Söorte
gefaßt8. Ser ÜD7agiftrat oon München nahm mieberholt bie (Gelegenheit maljr, um
feiner 3ufriebettf)eit mit bem SBirfen ber ifSatreS 2lu3brud ju oerleihen. 2113 bie
ÜJJfeifter fich über ba3 2lrbeiten ber „Kiftler (Gefeiten" im Kolleg beflagten, entfdjieb
Vürgermeifter unb 3fat am 12. Januar 1629, baß biefe 2lrbeiteit ohne ©träfe unb
ungeljinbert paffiert merben füllten, unb etmaS fpäter, am 18. Oftober 1642, oer§id;tete
ber ÜÖfagiftrat auf bie 9iadjfteuer „Oon ben oäterlidjen unb mütterlidjen (SrbSportionen",
mit peroorhebung „be3 rühmlichen (Sifer3", ben bie ^efuiten fomohl in Unterrichtung
ber 3u9en^ fll3 anberSmo gezeigt9.
1 2)ie $omfanjel nmrbe im 2. gabräeljnt bei
17. gabrljunbert! ben gefuiten für immer über»
tragen. Kropf I 24.
2 8um Saljre 1611 macht Kropf (I 18)
bie 93cmerfung: Erat Monachium aegrotantium
de nostris debiliumque iam tum confugium.
3 Über biefe 93ruberfd)aften ögl. ebb. 24 81.
4 *Catal.Pers. 1641. SSgl. bal 11. Kapitel.
5 *Litt. ann. 1682 — 1634. Kropf II 63 f
316 ff.
6 * Diarium Gymn., 23. guni 1635.
7 Kropf I 103 ff.
8 $gl. bal 15. Kapitel „§ofbeicf)töäter" unb
bal Schreiben bei Knrfürften 9)tap an ißapft gn»
nojens X., 15. 2)e$. 1645. * Original in 9iom,
Arch. Vatic., Lettere di Principi LXX, f. 15.
9 * SUüncpen, ®rei§ard)io, 9)1. g. 115/8856,
f. 268 270. Uber bie ©nfünfte bei SoUegl
Pgl. bal 23. Kapitel über „SZerttmltung". $ie
Siettoren waren: SJield). tpartel ($ärtl), 1598;
fülatth- SJiaprljofer, 1605; gat. Keller, 1607;
Soh- fOianhart, 1623; gaf. Keller, 1628; SEBaltf).
SJlunbbrot, 1631; ©eorg fReeb, 1635; SBoIfg.
®raüenegg, 1635; (Xfjriftopf) SOtenbler (93ije=
reftor), 1637; ©eorg Spaifer, 1639 ; got). Siegerl»
reiter, 1646; 9lifaf. ©ibnman, 1650.
208
Vierteg Stapftet. 2>ie oberbeutfdje fßroüins.
Unter bem ßotleg in ättündjen ftanb bie fRefibeng ©E>ergf> erg E $ier waren
ftetg einige fßatreg in ber S3erWaItung ber ©üter ober in ber ©eelforge am Orte
unb in ber Umgegenb befcfjäftigt1 2. 33efonberg nafjm man fidj ber SSaUfatjrtgfirdje
beg f)t. ©ebafiian an; fie mürbe 1609 oollftänbig reftauriert uitb mit einem Slufmanb
oon 3000 ©ulben ein neuer £>od)altar errietet. 9?acf) alter ©itte tranfen bie
SBaflfafjrer SBein aug bem ©cßäbel beg 1)1. ©ebaftian atg ÜDlittel zur 23emaf)rung
oor ber Sßeft. Qu bemfelben Qmede würben aud) ©ebaftiangpfeile oerteilt. 2>ie
1644 neu errid)tete ©t ©ebaftiang»93ruberfcf)aft naljnt einen großen Sluffd)Wung, aucf)
Slbelige unb 93if<höfe traten if)r bei. ®ie Qal)l ber Söallfafjrer mudjg fo, baß man
1601 über 4000 unb 1645 17000 ®ommunifanten jäfjlte. ©eit 1603 behnte man
bie $ated)efe auf meitere Orte ber Umgegenb aug. Qn ©rbing maren zwei, zuweilen
brei ißatreg ftationiert (1646— 1648); aud) bort forgte man für bie Uranien unb
©efangenen in befonberer Söeife; im tpofpital erlangte man beffere Siaßrung für bie
Qnfaffen3. 33on 1603 big 1638 mar in Sbergberg aud) bie fog. britte ißrobation
(Sertiat) mit burd)fd)nittlid) 12 — 20 TTertiariern. Vorüber gel)enb mürben and)
©djolaftifer nad) ©bergberg gefdßdt, um bort ißren ©tubien obzuliegen (1638).
©djrner litt ©bergberg burcf) ben $rieg: 1632 unb 1648 mürbe eg oon ben ©cßmeben
oollftänbig auggeplünbert unb oermüftet4. Stroßbem fonute eg gerabe in ben leßten
Qaf)ren beg fö'riegeg eine großartige 2Sof)ltätigleit entfalten. Qm Qafjre 1646 nafjm
eg innerhalb zweier Monate meßr alg 300 flüchtige ißriefter unb Orbengleute auf unb
beherbergte länger alg ein 93ierteljaf)r mehr alg 40 ärmere ißerfonen, bie bann noch
bei ber üiüdfefjr ju ben Q^fjrigen mit einem orbentlic^en Qeßrpfennig befdjenft mürben;
anbern Sinnen unb 33ebrängten fprang man mit einem reidjeren unb außergemöfjn»
lidjen SUmofen bei. Stud) im Qaßre 1649 mürben Diele oerarmte Orbengleute frei»
gebig unterftüßt. ®ie ungezählten ©cßaren oon Sirmen, bie meilenmeit täglid) nach
©bergberg ftrömten, erhielten ein SUmofen, mehr alg ßunbert oerarmte Untertanen
tägliche Nahrung5.
Qu SDiündjen gehörte, mie fdjon früher, bie üftieberlaffung an ber gefegneten
©nabenftätte Slltötting6, bag beutfdfie Soreto, mie eg in einer 2)enffdjrift aug
biefer Qeit genannt mirb.
Qn ben erften Jahrzehnten zählte bie SJieberlaffung burchfdjnittlidh 10 ÜDUtglieber:
4 — 6 ißriefter unb 4 33riiber; 1638 mürbe bie Qaf)l burd) bie fßatreg beg britten
^ßrüfunggjahreg oerboppelt7. Sllg Unterhalt erhielten bie Qefuiten aug ber heiüßen
Kapelle 1000 — 1500 ©ulben, oon benen 12 ißerfonen unterhalten unb zugleich bie
Soften ber oielfadj in Slnfpruih genommenen ©aftfreunbfchaft beftritten merben lonnten.
Unter bem 24. 2}?ai 1606 betätigte 3J?aj bie Qambation unb fteüte einen emigen
©tiftgbrief aug, „nadjbem mir mehrmalen bie Dielfältige geiftlicße §ilf unb Uroftung
Zu ©emüt unb £>erzen geführt, bie nit allein ben ßirchfahrteren, bie in großer Qal)l
mährenb beg Qaßreg bie heilige Kapelle befud)en, fonbern auch ^en anliegenben
©täbten, SD^ärften unb Dörfern burd) bie gebachten ißatreg ihrem Qnftitut unb 23raud)
gemäß erzeigt merben; auch ha&en wir in ber ©pperienz erfunben, baß bie angemanbte
Slrbeit Oon £ag zu £ag an gebauten Orten zu mehrerer Qrud)t gelangen tut"8.
1 Vgr. Vb I, ©. 401 f.
s *Hist. Eberspergensis 1596 — 1701 in Clm
1351. * Litt. ann. 1641—1650.
3 * Litt. ann. 1647.
4 bag 6. Stapftet „Strieggnot".
6 * Litt. ann. 1646 u. 1649. 2>ie falidßen
Eingaben über bie ©bergbergifcfje §ofmarf £orn=
bad) unb bie Vertreibung beg ©eorg Don 9Jtarot=
bing (bei Saug, ©efd). ber gefuiten in Vapern
132) finb ridftiggeftettt Oon SSittmann, ®ie
Sefuiten unb ber Stifter §einrid) ü. Saug (1845)
30 ff. Vgl. 35 ff.
6 Vgl. Vb I, 396 ff. gür bag gotgenbe
* Litt. ann. unb *Cat. 1601 — 1650.
7 Über bie fZimbation beg Üertiateg Dom
7. 3>an. 1640 f. bag 21. f apitel.
8 * Original mit Siegel in 9Jt. 3t., llrfuttbett
SUtenötting, *®opie, Jes. 729, bort aud)
3tlte unb neue SJlieberlaffungen : SDliindjen (Eberöberg. — Stltötting).
209
(Später würben mit ber Wadfjfenben Arbeit unb ber baburdj bebingten Sermehrung
ber Arbeiter wieberljolt bie Sezüge erweitert1.
Sie ©inljeimfung biefer [frucfjt forberte freitief) eine fe^r angeftrengte Arbeit.
Sie 3^ ber Kommunionen mar ftf)on 1616 auf über 20000 geftiegen (1604 waren
eS nur 8000). Sa§ Jubiläum be§ Qa^re§ 1617 [teilte befonberS große Slnforbe-
rungen an ben (Sifer ber patres. Einige Monate fjinburc^ mußten fie üielfadf) fc^ort
3 UI)r in ber fyrüfje mit ben Seiften beginnen, bie in biefem [faßre bie ßa^l üon
40300 erreichten. Sie 3aht fteigerte [ich noch 1625—1630 auf 48000 — 49000.
Obgleich im 3aßre 1632 bie Srücfen über ben $nn abgebrochen unb baS ©nahem
bilb nach ©Ulzburg geftücfjtet worben, beliefen [ich bie Seichten in unb außerhalb
Slttötting hoch noch auf 33 000.
Sann ftiegen bie Seichten aber wieber
im 3ahre 1635 auf 50300, 1640
auf 76 300. Sie höchfte 3ahl er'
reichten fie in bem [fubiläumSjahr
1641 mit 90000; in ben folgenben
fahren fcfjwanfen bie 3aI)bm jwi*
fdfjen 74000 unb 81 000. 3ur fetben
3eit betrug bie 3ahl ^er Kommu-
nionen jwifcfjen 40000 unb 50000.
Schon im 3°^re 1604 ftagt ber Se-
rieht: „Surcß bie ÜDZenge ber Pilger
werben wir faft erbrüeft, an einem
Sage finb e§ oft über taufenb, unb
fein Pilger will ohne Seicht bie
©nabenftätte üerlaffen; bie iprebig=
ten müffen oft im [freien gehalten
werben." Sazu famen bie oielen
Arbeiten in ber Umgegenb, Surg-
fircf;en, 9Zeuötting, ©ngelsberg, Kle-
bing, SBilbenau; über bie ©renjen
ihrer Salzburger (Srgbiöjefe hinaus
würben bie patres in bie 2ßaffauer,
SffegenSburger unb [freifinger Siö*
Zefe gerufen. Katecßefe würbe regel¬
mäßig gegeben an zwei, feit 1631
an brei, feit 1639 wäßrenb be§
ganjen 3ohre§ an fecßS Orten, [faft-
nacht 1641 würben alle KatecßiSmuSfinber in feierlicher ißrozeffion zu ber ©wigen
SInbetung in bie 3efnitenfircße geführt, ihnen fcßloffen [ich bann bie Pfarrer mit
oielen ^farrfinbern an. Sie ÜDtarienfongregation zählte 1617 gegen 150 ÜDtitgtieber,
bie Kongregation be§ f)t. Qfibor für Sanbleute nahm 1644 200 neue ÜDtitglieber auf,
bie [ich felbft üon entfernten Orten in biefelbe einfd)reiben ließen.
Unter ben frommen SBanfaßrern erwähnen bie Serielle üon 1642 unb 1644
bie Kaiferinwitwe ©leonora, ben ©eneral 30ßann ü. SBertß, ber nach fünfjähriger
©efangenfcßaft ber ÜDtutter ©otteS feinen Sanf für bie Sefreiung abftattete, ben Kur-
fürften SDtapimilian mit feiner ©emaßlin unb feinem ©rftgebornen [ferbinanb.
Sitclbilb jur (Sefdjicöte bev SJlutter ©otte§ tum QUtötting
(P. SrflUfl 1643). (Stid) bon SBolfg. Äiliait (4/s).
bie ba^u gehörige Sorrefbonbenj. gine notariell
beglaubigte $obie Jes. 134 trägt ebenfalls ba§
Saturn 24. SJlai 1606. 91acf) ben SBerbaub-
2>ut)r, ©efc^itfite ber Sefuitett. II.
(uugeu fauu bie tatfädjtidje 2tu3fertigung erft
Suli erfolgt fein.
1 Einzelheiten iu 9)1. 31., Jes. 734.
14
210
«icrte3 Kapitel. $ie oherbeutfcpe fgrobiiiä.
©ine ©enffdjrift über bie Siiebcrlaffung in Slltötting au§ bent ^a^re 1637 fcf)ä^t
bie 3apl ber jäprlidjen pilger auf 40000—50000; barunter finb alle klaffen ber*
treten, befonberg dauern ; biefe finb aber bielfacp fo fcpledjt unterrichtet, baß tuir fie
^reu^eicfjen unb Stofenfranj lehren unb non ifjren abergläubifcpcn ©emopupeiten ab«
bringen miiffen. 2>ie gleidje Slrbeit tnirb pier geleiftet tuie in jebent roenigften§
mittelgroßen föolleg; benn in meldjem ©ßmnafium ber probinj merben fo niele Un>
miffenbe unterrichtet?1
®ie furfürftficfien SSerroalter ber heiligen Kapelle befürworteten am 14. Quli
1637 einen 3ufdjuß für bie ^efuiteu mit ber 23egrünbung, weil fie mit ^Srebigen,
93eid)thüren unb „^ünberläpr" fomopl pier al§ an anbern Orten mit ihren äßiffionert
nie! @ute§ unb gleichfam bem ganzen Sanb (roeil allerorten allhero großer Concurs)
großen Siußen präftiren unb nit menig biefeS heiligen Ort3 Slufneptnen unb ©in*
fommen§ IXrfach feinb, audj ber heiligen Kapelle tiiglid) bienen2.
3it einer 23ittfd)rift an ben ®urfürften nout September 1649 führt ber Sieftor
„be§ ProbierpaufeS gu Stltenötting", Seonparb Sercpenfelb, au§: 93ei ber Slnfunft
ber Qefuiten belief fitp bie 3apl ber Pönitenten auf einige punbert jährlich; biefelbe
ift fo gemacpfen, baß fie allein in ben leßten faßten oon 1645 big 1649 in bie
400000 betrug. ®e§palb mußten, um ben ^ircpfaprtern fcpleunige unb erfledlicpe
£>ilfe ju leiften, ftatt 20 24 — 25 Perfoiten unterhalten roerben, fo baß mir Scpulben
machten; ba^u famen bie oielen flüchtigen patres, bie ftet§ pier eifrig auggepolfen
pabeu. Slußerbem paben mir in biefer fcplimmen 3eit allein oorige§ 3aßr über
anbertpalbpunbert OrbenSperfonen für einen ober mehrere £age beherbergt. $>ann
paben faft täglicp bei ober über 200 arme Seute bor unferem £mu§ um ba§ Sllmofen
gebettelt.
Stuf ©rforbern beg ^urfürften SDZa^imilian beftätigten bie geiftlicpeu unb melt*
lidjen ®ireftoren unb Vermalter ber heiligen Kapelle unter bem 26. Oftober 1649 bie
^Darlegung be§ 91eftor§ unb fpradjen fiep für ©emäprung feiner 33itte um einen 3m
fdjuß für bie Sermeprung be§ perfonal§ au§. 3n feinem ©anffepreiben bom 18. Qnni
1650 berichtet P. Sercpenfelbt, fie patten fo allen Arbeiten genügen fönnen unb baju
Söeipnadjten unb Oftern, ba ber ^rembenjulauf flein ift, einen guten Zeit ber Patre§
aud; in etma§ meiter entfernte Orte, al§ nadj -fpaag, SDZattigpofen, SJZauerfirdjen,
Pidjlborf, für SSolfSmiffionen augfdjiden fönnen mit bel'anntem großen 97uß bieler
taufenb Seelen3.
@o mar bie alteprmürbige ©nabenftätte für bie ^efniten ein ebenfo fegengreicheg
mie opferbodeS Slrbeitgfelb gemorben.
3u ben älteften Kollegien ber oberbeutfepen probinj gepört audj ba§ bebeutenbfte
^efuitenfolleg Xirolg in ber SanbeSpauptftabt Sttnsbrucf 4. Sieben 3apre uaep bem
£obe beg ©rjpersogg gerbinanb (f 1595) patte ^aifer Slubolf feinem S3ruber, bem
§ocp* unb ©eutfepmeifter SOJapimilian, im 3aßre 1602 bie SSermaltung £irol§ über«
tragen5. 3n einem Schreiben bom 8. Sluguft 1603 an bie Kammer djarafterifiert
©r^per^og äftapimilian Sage unb Seiftungen beg föollegg alfo: Un§ langt glaub«
1 * Consideratio Status domus Oetting. S. J.
1637. Original 9J1. 91., Jes. 734.
5 *ßopie tOl. 91., Jes. 734.
3 Stile angeführten ©Treiben * Äopie 9)1. 91.,
Jes. 734, fol. 10 ff.
4 «gl. 93b I, 6. 188 ff 607 ff.
5 2sie «crtunltung bauerte bis 1612; bon
1612 bi§ 1618 regierte 9Uaj;inulian al§ 2anbe3=
fürft; ihm folgte a(3 ©ubernator ©rjherjog
Seopolb, bon 1625 bi§ 1632 als Iperrfcher.
Seopolb§ ©emahliit, ft'laubia bon 9)lebici, re«
gierte al§ «ormiinberin bon 1632 bi§ 1646
für ihren ©ol)n gerbinanb Start, ber 1646 bie
91egierung antrat.
21Ite unb neue Sftieberlctffungen : 3tut8bru<f.
211
mürbig an, bafs bie SßatreS fiel) frugal unb eingegogen Ratten unb mit ben fjiefigeit
äftöndjen gmar in gleicher 2lngaf)l fein, aber fid) mit nie! ringern (©infünften) be-
gniigen müffen, mären aber bamit, menn fie richtig erfolgten, mol conteut unb gm
frieben. Sllfo ift unfer Befehl, baff gfjr auf ein 2Seg unb DJOttel bebadjt fein mollet,
bamit gljnen ^SatribuS, ba fie gu gemeinen BaterlanbS 97upen unb gur ©f)r ©otteS
in emfiger Untermeifung ber lieben gugenb allen gleifj ergeigeit, fjinfiiro mehr Be-
fürberung ermiefen, and) bie auSftänbige (Summe beS SeputatS alsbalb entrichtet
merbe 1.
Söiit ben Grinfünften beS Kollegs ftanb eS in ber Sat nicht gut. Ser reoi-
bierenbe ißrofurator P. Sebaftian Sietrid) f)at int galjre 1605 bie Büdjer einer ge¬
nauen Prüfung untermorfen unb folgenbeS feftgeftellt. SaS jäf)rlidf)e ©infommen
beträgt 2140 ©ulben. Nation gefeit aber ab 515 ©ulben, fo baff ein reines ©in*
fommen oon 1625 ©ulben bleibt. Allein „auf nie! unb mancherlei ©öft gu fHofj
unb gu gufj, fo bieS ©ollegium be^f)aI6en oon ben Surdjreifenben hoch befchmert
mirb, tut führlid) an Unfoften aufs menigft angefchlageit 180 fl." Ser fßrofurator
berechnet ben Unterhalt für eine fßerfon an 93rot täglich auf 1 ®reuger 3 Vierer2,
jährlich für 9 ©ulben 42 ®reuger 2 Vierer, an SBein (Sfftg) täglich 2 9JZafi = 8 ^reuger,
jährlich 48 ©ulben 32 ^reuger; an gleifd) täglich l1/* ißfunb a 22/5 Äreuger, jähr¬
lich) bei 214 gleifdjtagen 10 ©ulben, 42 ßreuger; an gifcf) unb ©iern täglid) 4 Sfreuger,
jährtid) bei 150 gifdjtagen 10 ©ulben. Sie gifdje merben als fehr teuer begeidjnet;
baS ißfunb gemeine Badfifche foftete 5 — 7 ^reuger unb Specht 12 — 13 ^reuger.
9ied)nete man bagu bie übrigen 2luSgaf>en, fo g. B. jährtid) auf eine ißerfon §olg
unb Sidjt 5 ©ulben, Slrgnei unb Softor 3 ©ulben, ßleibuug unb SSäfdje 20 ©ulben,
Büdjer, Rapier, Sinte, gebet 4 ©ulben, fo fam eine ^Serfon auf jährlich 130 ©ulben,
20 fßerfonen auf 2600 ©ulben. Sie reinen ©innahmen oon 1625 reichten nur für
13 Sßerfoneit, fo bafj alfo bei 20 fßerfonen ein jährlicher 21uSfalI Don 975 ©ulben
gu beden mar. Ser 9ieoifor roeifj fein anbereS SÖtittel, als entmeber §all mit gnnS-
brud gu oereinigen ober bie brei oberen klaffen in gnnSbrud aufgufjeben. Sie
Sdjulen hotten feine ©infünfte, baS ÜJotmenbige mürbe oon ber Kammer geliefert3.
Schlimmer als mit ben ©infünften ftanb eS mit ben fölaffenräumen. Schon 1580
hatte eine ^ommiffion oon Bauoerftänbigen erflärt, bafj bie Sdjulgimmer, „mie bie-
felbett bergeit mit Knaben befept, eben flein, eng unb fdjlecfjt, bagu auch °on roegett
beS täglichen ©infjeigenS gu SBinterSgeiten geuerSgefaljr halben maS forglichen feien".
Hub am 17. September 1599 flagte ber Steftor gaber, bap fie nun fdjon feit
24. gafjren „nit in Schulen, fonbern in beS Collegii Ambulacris ober ©eng unb
dämmern bociren". 9? och 3ahre 15" mufften bie Sd)üler gmeier klaffen bie
gange Unterrichtszeit ftehen. Söieberfjolt mürben aus ÜDiangel an fßlap Sd)üler
gurüdgeroiefen4. Sodj hotten alle Bemühungen ber gefuiten, geeignetere fRäume gu
erhalten, lange feinen ©rfolg. 211S aber 9J7apimilian am 8. guli 1602 nach gnnS-
brud fam, nahm er fid) ber Sache an unb betrieb mit allem Sifer ben 9ieubau beS
©pmnafiumS. 21m 5. guli 1603 mürbe ber ©runbftein gelegt unb ber Bau im
1 * Sopie in Initium et progressus Coli.
Oenipontani 1561 — 1685 (Hist. coli. Oenip.)
f. 138. 2)iefe £>auf>tquc(Ie (im gefuitenfolleg
511 gnulbrud) liegt ben folgenben Einsetlfeiten
ju ©runbe, wo nicf)t§ anbercä oermertt wirb.
2iefelbe ift auef) öielfad) benutzt Oon g. Sie¬
bin g er, ©efdjidjte be§ (gmtgbruder) ©qm-
nofiumä (2 2le, gnn§brutfer fßrogramnt 1858
u. 1859) unb in ber auf wefentlicf) erweiterter
ard)it>alifd)er gorfdmng beruljenben ©efcfjicfjte
be3 ©t)mnafium§ ingun^bruct Oon 5t. Sedjner
(5 2Ie, gnnSbrucfer Programm 1907—1911).
2 1 Äreujer galt 5 Vierer unb 1 Vierer
4 ferner (denarius parvulus Veronensis). Über
ba§ SJiünäWefen in 2irot f. 21rd)iü für ©e-
fd)id)te Sirolg V 5 f.
3 *Informatio status rerurn temporal. Col¬
legii S. J. Oenipont. 1605. Original in 9D7. 91.,
Jes. 1564.
4 Sedjner a. a. 0. 1. 21 22 f 24 2.
14*
212
SierteS Äapitel. 2>ie oberbeutfdje $roüi«s.
£>erbft 1606 oollenbet; am 3. Üßoüember begog man ba§ ©pmnafium unb tjielt am
25. besfelben ÜDlonatS im ©pmnafialfaale ben elften SdjulgotteSbienft. „®aS neue
©pmnafium (ba§ 11363 ©ulben gelüftet) mar ein redjt anfeljnlidjer ©au bon 110 g-ufj
Sänge unb 70 ^ufj ©reite, mit brei großen Stören, bereu gmei einanber entgegen»
gefegt gur ©urdjfaljrt bienten, mäfjrenb ba§ britte unb größte ben Zugang Su ^en
Sefjrgimmern bot. . . . ©benerbig unb im erften Stodmerfe, gu meldjent breite (treppen
emporfüljrten, maren je bier Sefjrgimmer, int gmeiten Stodmerfe ber 98 gufs lange
unb 66 gmjj breite, mit fjotjen gemötbten 5en[ier^°9en beiberfeitS berfefjene ,Sd;ul»
faal‘; feine SDede mar auS Stannenfjolg, unb am ©itbe befanb fid) eine Ijalbrunbe
9iifd)e für ben 2tltar, benn er
mürbe gum ©ottesbienft, aber
audj gu ben Stffeateraitffüfjrungen
benüpt." 1
2Bie bie früheren Sdjulräume
gu eng maren, fo mar audj bie
1568 — 1571 erbaute föircfje gu
ftein2. fyür einen Neubau fjatte
©rgljergog SDfapimilian ©auplap
unb ©etb gegeben. Ster ©runb»
ftein lonnte aber erft am 14. SJfärg
1619, fünf ÜDIonate itadj 9J?api»
milian§Stobe(18.9Jobemberl618)
gelegt morben. ©in eifriger gör*
berer beS ©aue§ mar fein 9iadp
folger, ©rgljergog Seopolb, ein
©ruber be§ ifaiferS fyerbinaub II.
Stropbem fdjritt ber ©au nur
fefjr langfam bormärtS unb rufjte
infolge ber llngunft ber .geit unb
©elbmattgelS an bie gmei galjre
(1622 — 1624) gang3. 211S er
1626 faft bollenbet baftanb, ba
ftürgte am 12. September 1626
morgens um 3 Uf)r bie an bie
Strafe anfto^enbe Seitenmauer
famt bem Stad) unb bem baS
SangfjauS abfdjlie^enben ©iebel
ein. Stie beiben t>on ©rgljergog
Seopolb beigegogenen ©adjüerftünbigen, Santino Solari, ergbifd)öflid)er ©autneifter in
Saigburg, unb @Iia§ (pod, Stabtbaumeifter non SlugSburg, begeidjneten in ifjren ©ut;
achten al§ Urfadjett beS UnglüdS Sdjmädje ber gunbamente, ©fängel im ÜJJZauermerf,
bei bem bie ©inber meggelaffen morben maren, unb fehlerhafte ^onftruftiou beS fdjmeren
StadjeS. Sd)on P. Sdjeiner, ber 1619 — 1621 ©aulciter mar, madjt in einem bom
16. Oftober 1621 batierten ©utadjten4 mit einer gemiffen Schärfe auf bie beim ©au
grjtjerjog ÜJJnjtntilian, 25eutfc^mciftcr.
9iod) Sbeoenpilter, ®onterfet ilubbferfticE), 1721.
©tid) (ca 5/t).
1 Seiner a. a. D. 27 ff- 23gI.*Hist. coli.
Oenip. ad a. 1606.
2 23b I, ©.608. 23 raun, 2)ie Äirdjenbauten
ber beutfcben Qefuiten II 11 ff. $a§ g-olgenbe
über ben Äircbenbau, tuo nicf)t§ anbereS äitiert
ift, nach 23 raun a. a. D. 162 ff.
3 Kropf I 382.
4 *Memoriale P. Scheinen pro fabrica 1621,
über 90 ©eiten gan,t non ber £>anb ©cbeiuerä.
2>iefe§ 9J2emoriaIe ift für bie 23augefd)id)te fefjr
iutereffaut; e§ bcbanbelt bie 23e[d)affung oon
©elb, SKaterial, SBerfgcugen, gibt u. a. bie 23e<
2llte unb neue 9JieberIaffungcn: SnnSbrucf.
213
begangenen $ef)fer aufmerffatn unb lefjnt bie 9}eranttoortuug bafür ab. @r looüte
üon beit gutn 53au üerloeubeten SBilbener ober Slmbrafer ©djieferfteinen nidjtl toiffen,
beim el raten alle guten Scanner unb ©teinmeifter bagegen; ber ©teilt ift mürbe
unb brühig unb famt feine SZotfaft leiben; menn bie 5eudüe in ifjn fdjiägt unb
bann gefriert, üerfdjiffert er fic^ gu fteinen Slätttein, beim Slnfgefrieren rnirb bie
Mauer fcf)abig. Unb belmegen, meint biefem anfefjnlidjen @ebäu foüte belfjalben
fünftig etloal guftefjeit, mit! id) mid) hiermit entfdjulbigt fjaben; beim eine grofje
3af)I biefer ©teine ift erft biefer Stage miber mein SSiffen unb SöiUen erlauft morben,
ba icf) bodj all templi procurator aud) barumb foüte gefragt morben fein. 216er
(Eurer (dürrer) fjat biefe ©ad)e offne mein SSiffen gemalt* 1.
2Iud; toegen bei ©aubgrabenl mar ©dfeiner mit bem 23ruber dürrer, ber
„feinem eigenfinnigen ®opf nadjgeljt", nidjt einöerftanben. SDte Pfeifer gegen beit
^apeüenmauren finb nit minfefrecpt gefept, bie ^ßfeiler fo gegeneinanber fiepen, finb
fruntm. Meifter ^anl2 pat geantmortet, mit bem 2Burf moüe er aüel pereinbriitgen,
aber el finb fdjlimme 21ulreben. ®er üötnfel mirb menig gebraucht, er pabe ben
Meifter ipanfeit oft gebeten, aber nit erbeten. Man muff beizeiten ben Zeptern
begegnen, fonft mirb el ein niifflid) SDittg merben, menn bie ©emötbegurten auf bie
Pfeiler foüten gefteüt merben gu ©efapr, ©djaben unb DZadjteil bei gangen (Semölbl.
Man foü aucp lange 9Zägel unb 23anbfiiid nidjt fparen, el liegt oiet an biefen
Gingen 3.
9Zacp bem (Einfturg fcpmanfte man gmifcpen ffteftaurierung unb SZeubau. fö’oüeg
unb Regierung entfcpieben fiep für bal festere4. 2lm 30. Mai 1627 fanb bie
©runbfteinlegung ftatt. SDer 23au fonnte aber megen ber fdjmierigett ^rieglgeiten
erft 1640 ooüenbet merben. SDie (Sinmeipung erfolgte fpäter am 21. Januar 1646
burdj ben Q3ri;rener SBeipbifcpof 21nton (Erufinul. @1 mar immerpin eine reept ftatt*
tiepe ®ird)e gemorben, beren kuppet bil gur Saterne gegen 38 m §öpe erreichte unb
beren reiepe ardjiteftonifdje Sntmidtung fie fogar oor oieteit gfeiepgeitigen fö'ircpen
aulgeicpnete. SDie ©inganglmanb pat gmei Emporen, bie obere für ben Mufifcpor.
©djiff unb Gpor ber föirdje geigen (Tonnengewölbe. ©epr reiep ift bie (Beleuchtung
ber Otterarme unb ber kuppet, moburdj bie SSierung mit iprer impofanten kuppet
um fo mirfuuglooüer in bie (Erfdfeinung tritt5.
fdjreibung unb Slbbilbung „etlicher 3üg" für
ben 23cm (brei §ebeDorrichtungen).
1 Ser Saienbruber gafob Äurrer mar Sdjei*
nerd ©eljilfe; au feine Stelle trat nachher ber
23ruber Johann 23artenfd)lager, bem Sdjeiner
grofjed £ob sollt. * Comittenda Ioanni Barten¬
schlager.
2 ©egen ben SJtaurermeifter £>an§ Süberthaler
erhebt Scpeiner fdjmere 21nflagen : Homo versi-
pellis, proprii commodi plus aequo studiosior
et pro parvo suo lucro maxima nostra com-
moda postponit, propter minima sua damna
praecavenda nobis ingentia praecavenda non
curat. Gr ift ein “Kamt bott £ug unb Srug,
Radix: avaritia, er arbeitet nicht, pafjt nidjt
auf, ed muß ein anberer Äontraft mit ihm ge*
madjt merben. — 3m bem Äontraft üerfpridjt
„§ann§ Sllbertal üon 9toffled) im SDtifofer Spal",
fich beim Äirdjenbau für einen 9Jteifter ber
SRaurer unb .txmhiDerfer gebrauchen jit taffen,
für bie 6—7 SJtonate (Sommer) erhält er
150 ©ulben mit Gffen unb 2Bof)nung. *0rig.
Sabei liegt ein Serjeichnid, ma§ 9)teifter §and
SllberbaOer unterlaßen unb nit üoübradjt.
3 Schon pm 3. September 1620 Derjeidpet
ba£ * Diarium templi (1620 — 1657): Inter
prandium ... in novo templo structura con-
cidit, quae aliquos laesit tantum cum motu
omnium et terrore.
4 Über bie 23emüf)ungen Scheinet gegen ben
neuen $lan ügl. SSitelleSchi an ®focquetiu§,
3. 3uli 1627. * Drig.=9teg. Ad Germ. sup.
5 ülähered bei 23 r a u n a. a. 0. II 177. Sort
auch 9S3eitere§ über bie ben P. Sdjeiuer ablöfem
ben 23auleiter P. Äarl gontaner unb P. Sol)- 23.
Gpfat. Sie innere 21u§ftattung üerbanft oiet
bem 23r. 0§malb Äaifer. P. Gpfat rühmt in
einem SSriefe Dom 15. 21ug. 1636 ben 23ruber
03m. Äaifer al§ Äunftfdjreiner für ben Sau
Don Sütäreu ufro., in quorum proportione et
delineatione multum excellit. * Original ©i. 9t.,
Jes. 1551. gür bie 23augefd)icf)te Don 1627
bid 1638 gibt eingeljenben Sfuffcpluh bie §anb=
fdjrift * Status Fabricae templi Smae Trini-
214
Viertel Kapitel. ®ie oberbeutfdje Srooinj.
3)ie neuen 9?aumoerf)ältniffe geftatteten nun audj eine belfere Entfaltung her
Xätigfeit in Sdjule unb $ircf)e. Qm Qaljre 1604/1605 mürbe 31t ben bisherigen
fünf Sdjulflaffen beS ©tjmnafiumS bie fRf)etorif mieber fjingugefügt 1. Mit bent
Schuljahr 1606/1607 eröffnete P. Sllbert SDanner bie SBorlefungen über SDialeftif
unb Moral2. Um 1615 mürbe bie früher eingegangene Elententarfchule mieber eim
geführt, jebod) einem meltlicfjen Sehrer antiertraut, ber öon ben Qefuiten bie 2(m
meifnng erhielt, maS unb mie er ju lehren hotte. Untergebracht mürbe biefe Schule
nidjt im (Stjmnafium, fonbern
^ COM OE DIA, im 9iifoIaif)aufe. Sie jäljlte bei
ber Eröffnung 60 Sdjüler 3.
®ie bon Er$herjog Maximilian
1607 gemiinfdjte SSorlefung über
ßirdhenredht tarn nidjt ju ftanbe 4.
1610 führte man für bie Spüler
ber Humaniora, fR^etortf unb
bet Ü)Ultbc?fhmcit jpijtOtt (q, oerSfatedjefe ein5. SÖereitS 1601
6!?oemanocrtft|cfl
Seien
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ofapfjafo
©enomrnen
QojjannteDamafcou/ bk er vcui Ikbrtt bub ‘SUanDcl
fcapber ^tilgen ^Bcicfjtfga Q3ar(.iam pnnb
fjofapbats gefcljnben.
2(ngeflfl(f/
gehalten bon bem Gymnafio
Sodetads I e s v gfaßprugg/
inDmt£><tof>cr.
©tfrucff$ii$tifiprugg/ bcpDanklpaur*
hatte man am Kolleg auch eine
föatedjefe für italienifche Knaben
ju halten begonnen, bie an
Sonn- unb Feiertagen ftattfanb.
21udj in ben fpäteren Qaljren
maren am Kolleg burdjfdjnittlidj
8 ^rofefforen tätig: 4 ffßriefter
unb 4 Sdjolaftifer. ®ie ©efamt=
gaf)l ber Sdjüler aller ®urfe 31t“
fammen, bie im Anfang bei Qaljr=
hunbertS halb 300 überfdjritt,
fdjmanfte bann bis 1650 meift
§mifd)en 400 unb 480 unb fanf
nur borübergehenb baS eine ober
anbere Qaljr unter 400; 1617
gäljlte man fogar 520 6. Qmei-
mal traten im Schulbetrieb be>
fonbere Störungen ein, in ben
Sßeftjahren 1611 unb 1634. Qm
folge ber Seudje blieben bie
NNO, lM. dc. xir.
Sie gmtSbnttfer Kontöbie Snrlnam unb gofnpbat 1614. (2/3.) Sdjulen üom £)erbft 1611 an
faft fechS Monate gefdjloffen unb
mürben erft am 7. Mär§ 1612 mieber eröffnet. ®ie im Qafjre 1634 rcütenbe ^Seft
geftattete bie Eröffnung ber Schulen erft am 1. Qanuar 1635.
tatis. ®a3 erfte Sud) enthält ein Compendium
historiae huius Fabricae 1627 — 1688. ®ort
beifit e§, bafj 21nfang 1638 ber Sau »Degen beS
Krieges Döllig unterbrodjeu werben nullte:
Lapicidae, Marmorarii, Tegularii, Murarii etc.
dimissi. Equi interea ad Alpes compacti ;
retenti dumtaxat Arcularii duo pro opere
arculario aliquantum promovendo et boni
Operarii pro quibusdam Pilis et Coluranis
Templi marmoreis expoliendis.
1 Litt. ann. unb Sedjner a. a. 0. II 61.
2 F 1 o 1 1 o 258. Sgl. £ e d) n e r a. a. 0. II 62.
3 @bb. 55 f. Safelbft bie gnftruftion für ben
toeltlidjen fiebrer.
* g. g r e i S e i f e n , Gbnftopb IV. non ©paur
(1900) 77.
5 * Hist. coli. Oenipont. Sgl. £ e d) n e r
a. a. 0. 64.
c ©cuauere 3al)len ebb. 70. gm galjre 1649
jäblte bie SJtoral 19, bie Sogit 24 £>örer; auf
5üte unb neue 9MeberIaffungcn : gnnSbrucf.
215
ÖS
miffer
®ie Söogen beg SDreifjigjäfjrigen Krieges malten ftcf) in Qnngbrud nur infofern
fühlbar, alg Qefuiten au§ anbern Kollegien bafjin flüchteten J. SSäfjrenb fonft bie
Qal)! ber Qefuiten, meldje bag ftänbige fßerfonal beg Kollegg bilbeten, burdjfdjnittlicfj
nur 22 — 29 betrug, fteigerten bie flüchtigen biefelbe 1632 jeitroeilig big auf 90;
unter 60 maren eg int übrigen Verlaufe biefeg Qafjreg, öon 31pril an, nie. SDie
33emirtung fo öieler bradjte freilich bag Kolleg itt grofie 9iot. Qum Unterhalt ber
Qlüdftlinge mufjte fogar ein Steil beg ©ilbergeräteg ber Kirdje üerfauft toerben2.
Über ber eigenen Notlage
E3tg8l
oergafi man aber bod) bie Fir¬
men unb Traufen ber ©tabt
nid)t; man befucfjte unb unter»
ftüRe fie nad) Kräften 3. SDfit
ber ©orge um bie Traufen
maren nach 3lu§meig ber Ka¬
taloge oielfad) ftänbig jmei,
jumeilen (j. 33. 1637 unb 1638)
fogar brei 'rßatreS betraut. Qfjre
Slufmerffamfeit erftredte fid)
audj auf fronte Stienftboten,
für bie man 5. 33. 1609 eine
beffere pflege oon feiten ihrer
£>errfd)aften ermirfte. Qm
Q;af)re 1616 übertrug bie Re¬
gierung ben Qefuiten bie ©orge
für bie ©efängitiffe, im fol-
gettben Qaljre 1617 bieQenfur
über bie ju brudenben 33üdjer 4.
Qm Qaljre 1603 mürben bie
33atreg mit ber Slbfaffung ber
betrete ber 33rirener ©pnobe
betraut. 21m f)ofe mirften bie
ißatreg nicht blofj alg 33eid)t-
öüter beg ©rj^erjogg unb ber
(Srj^erjogin, fonbern audj alg
Srgieljer ber ergljerjoglidjen
Kinber. Qm Qaljre 1638 maren
ber Üieftor beg Kollegg üon
©nfigfjeint unb ber oberbeutfdje
^ßroöingial längere Qeit hier,
um auf Sitten ber Sr^er^ogin Klaubia jur Seileguttg ber ©treitigfeiten mit bem
Qürftbifdfof oon Srijen mitjuljelfen, mag aucfj jur großen Qufriebenfjeit beiber
Steile gelang.
ttmmarif$et Unnf alt ggf
bctComicocragcedihölt j§i&
£ent J?.
grämte/ Cßrtftt £>or(auffer
onD b5?artprcr.
(geboten jujgitßprugg
In
Archiducali Gymnalio Sociecatis
1 E 5 V.
Anno M. DC. XXIII. die lO.Oftob.
©ctnicft ju Unßprugg/ bep
©rtmcl *paur.
Sie 3uitSöiutfer ftomöbie Ser Ijetltge Säufer 1623. (2/s.)
bie 6 Staffen beg ®t)muafium§ entfielen bon
ber 9ifjetorif 32, 54, 64, 42, 63, 41 (Scfjüter.
*9ft.=9t. 91., Jes. 570.
1 * Diarium templi SS. Trinitatis a. 1620
ad 1657 267 (13. Slpril 1632).
2 * Litt. ann. 1632. git ben Sagten 1632
bi§ 1636 iiberfd)ritten bie Ausgaben um metjr
at§ 16 000 ©utben bie Ginnaf)men. Sie Scfjul-
ben tuurben teilmeife gebecft burd) größere 93ei=
träge einjetner Raufer unb be§ $robinäiaI§
itnb babei and) ex sacra suppelectili templi
conflata 650 ©ulben. 9)t. 3t., Jes. 1566.
3 * Litt. ann. 1632. gn ben * Litt. ann. oon
1649 Ijeißt e§: Impigre excursum ad aegro-
tos maxime pauperes, qui alio fere solatio
destituti et animi et non raro corporis.
1 *Hist. coli. Oenip. ad ann. 1617. ißgl.
Sedjner a. a. £5. III 89l.
21(5
$icrte§ Äapitel. $ie oberbeutfehe «J3rooinj.
Son brei Kangeln tierfünbeteit bie ißatreg bag 2öort ©otteg: am £of, in ber
«ßfarrfirdje unb in ber eigenen Kirdje. Son 1637 big 1650 patte P. SInbreag
«Brunner bie Mangel in ber fßfarrfirdje inne. Stänbige Katecpefen mürben an grnei
Orten ber (Stabt, anbere geitmeilig augmärtg gehalten1. Sllg CSrfoIg in ber Seel«
forge geigte ficf> eine erfreuliche Qunapme beg Saframentenempfangeg. ®ie Qapl ber
Kommunionen ftieg t>on 14364 im Qopre 1601 big auf 39000 im Qapre 1636
unb auf 47 000 im Qapre 1640 2. Kongregationen beftanben feit 1636 brei, eine
für bie Sürgcr, gmei, bie größere unb bie Heinere, am ©pmnafium ; gu biefen mürbe
für bie Scpüler ber unterften Klaffen beg ©pmnafiumg 1649 noch bie Congregatio
angelica errichtet3.
Son Qnngbrud aug farn nach tiielem tiergeblichen ^Bitten beg Sifcpofg tion (Spur
enblid) aud) eine SJtiffion in Meran gu ftanbe4. Qm Qopre 1618 mürben tion
Qnngbrucf gmei patres borthin gefcf)icft. Siefe bleiben mit einem Sruber mährenb
beg gangen folgenben Qapreg 1619 bort; in ber Qaftengeit folgten nod) gmei meitere
fßatreg. ®ie Slrbeit mar fo grofj, bafj in biefem einen Qapre gegen 8000 Seichten
gehört mürben5. £>ie Miffion blieb benn audj bie folgenben Qahre hefteten. Qm
Qahre 1622 bropte aber bie Sluflöfung befonberg burch ben Steffen beg Sifcpofg
tion ©hur, Qopanneg Qlugi, ber bie Seiftung tion 250 ©ulben aug ben «ßfarreinfünften
gu befdpnerlid) fanb. Schon mollte man bie ^SatreS gurüdgiepen, aber ©rgpergog
Seopolb tiereitelte bie Slbberufung. SDerfelbe ©rgpergog oermittelte auch folgenben
Qahre beim Sifcpof tion ©hur, bafs ben Qefuiten bie «Pfarrfangel enbgültig gugefproepen
mürbe6. SDer erfte Superior ber SJteraner SOZiffion, P. Martin Opfer, ftarb 16. Qe=
bruar 1622, naepbent er tiier Qahre ber Miffion gur allgemeinen ßufriebenpeit tior«
geftanben. ®er Magiftrat tion Meran liefj ihn auf öffentlidhe Koften in ber fßfarr«
firepe beifepen. Qm Qahre 1627 mürben bie «ßatreg aug Meran abberufen. Qm
Qapre 1632 fanben gmei fßatreg, bie tior ben Sdjmeben aug Memmingen geflüchtet,
Slrbeit in Meran unb blieben big 1635; fie patten bort audj eine Heine Schule mit
60 Knaben. Spätere fjSläne beg Sifcpofg Qopanneg tion (Spur, Qefuiten mieber nadj
Meran gu bringen, mürben burep tierfchiebene ^inberniffe burepfreugt7.
Slucp fonft entfalteten bie Qnngbntder «ßatreg außerhalb ber Stabt eine eifrige
Sätigfeit. So maren 1635 faft bag gange Qahr pinburd) fieben «ßatreg in ben
Solfgmiffionen befepäftigt 8. Über biefe STätigfeit urteilt ein ©efepieptfepreiber : „iiDag
«ßrebigen, bie (Epriftenlepre unb anbere religiöfe Munitionen, melcpe bie Qefuiten«
miffionäre auf ben Sergen unb in ben Tälern Xirolg nach etilen Stichtungen jährlich
unternahmen, bradjten bie perrlidjften Qriicpte gur Steife unb bilbeten ben ungleich
größten Xeil biefeg Solfeg gu SJtenfcpen unb Untertanen, bie mit ftrenger ©emiffen*
paftigfeit auf ©otteg, bann iprer Obrigfeit Sefeple adjteten, mit forgfältiger üöadjfam«
feit ben milben üugbrücpen ihrer Sinnlicpfeit unb Seibenfcpaften mehrten, bie aug
Siebe medjfelfeitig fid) unterfiüpten unb Sift unb Setrug unter fiep niept bulbeteu.
®aper auep Xirolg Seperrfdjer, benen bie feltene Sugcnb ber S)anfbarleit ftetg eigen
' * Litt. ann. 1601 1642 ff.
5 SBeitere 3abPn in ber *Hist. coli. Oenip.
3 £ecf)ner a. a. 0. II 76.
4 Scbcm 1601 mürbe ber S8orfcf)lag gemacht,
in «Hieran ein Kolleg p grünben, unb p biefem
3mecfe ein Slofter augehoten. ?(guat)iöa leljute
ah am 19. «Uiai 1601. Sörief an ben «Proüinjial
fRofephin§. *Crig.-9teg. Ad Germ. sup. Später
(1619) mürbe ber «plan nochmals ermogen. 3SgI.
Srient.
5 21 nt 6. Slpril 1619 fprach SSitelleSchi bem
fProPinjial ©renjing feine große greube über
bie fruchtreiche 2(rheit ber «ßatre§ in «Hieran
au§. * Drig.=9ieg. Ad Germ. sup.
6 Srjherpg Seopolb an Ghrift- ©ren^ing,
16. 3u(i 1623. * Original in «Ui. 9i., Urlauben,
SnnShrud, 30-
7 ß. Stampfer, ©efchichte hon «Hieran
(1889) 114 123 ff. Sßgl. 3. ®. «Hi aper, ©efef).
be§ 58i§tum§ Eljur II (1911) 376 f.
8 * Litt. ann. 1635. SSgl. ba3 11. Äapitel.
9IIte unb neue Sticberlaffungen: $all.
217
mar . . ., bie SSäter ber ©efeEfcpaft $efu ehrten unb ipre SSerbienfte um ßircpe, ©taat
unb SBiffenfd^aften ju belohnen fugten."1
£>ag jmei ©tunben öon ^nngbrucf gelegene $oEeg ju §aU2 mar mie früher,
fo au cf; im beginn nuferer ^Seriobe ein mapreg ©cpmerjengfinb ber oberbeutfdjen
^roöinj, unb bieg befonberg megen beg ®amenftifteg unb ber unjureicpenben Sßopnungg»
unb ginanjüerpäftniffe. ^n einem ©cpreiben oom 10. ©eptember 1602 beffagl ber
oberbeutfcpe ißroöinjiaf 9?ofepf)iu§ lebhaft, in mefcpeg Sabprintp bie Raffer Qung»
fronen bie ©efeEfcpaft geftürjt, mie argfiftig man eineg nacp bem anbern ber ©efeE’
fcpaft entzogen : bag befte fei, bie ©efeEfcpaft öon ber ©orge für bie ®ircpe, bie ipr
gar nicpt gehöre, §u befreien 3. ©erabe öorper patten febpafte 23erpanbfungen gmifcpen
bem ^erjog SBifpefm unb bem ^3roöin§iat ftattgefunben in ^Betreff ber geiftficpen
Obforge für bag ©tift. 5©)ie ©tiftgbamen fepten am 18. Qufi 1601 bem £>erjog
augeinanber, fie moEten nicptg, mag gegen bag ^nftitut ber ©efeEfcpaft oerftope, ja
fie feien bereit, (paug unb ®ircpe ber ©ocietät ju übergeben unb unten in ber ®ircpe
ju beicpten, nur ben ®ranfen möge ©elegenpeit jur Seicpt im ©tift geboten roerben.
®ie Oberin ^atparina ü. 23ranbip erffärte in einem ©cpreiben oom 4. Januar 1602
bem Üieftor oon §aE: Qcp unb bie anbern moEen aEen $feip baranfepen unb
ung in nicptg fperren, bap ber ©ocietät bag ,£>aug unb bie ®ircpe mieber eingeräumt
mirb. . . . Sieber miE icp fterben, afg ber geiftficpen §iff ber ©ocietät beraubt fein
ober jugeben, fooief an mir fiegt, bap bie ©ocietät miber ipr Qnftitut bebrängt mirb 4.
Unb in einem anbern ©cpreiben erffären bie ©tiftgbamen, fie moEen eper bag ©tift
üerfaffen unb bie geiftfidpe tpiffe ber ©ocietät an einem anbern Orte fucpen, epe bap
bie ©ocietät oon §aE foEte megfommen. 9tofeppiug befapf aber bem Sieftor, bie
©cpfüffef ber ®ircpe ben ©tiftgbamen ju übergeben. ®ocp §erjog SBifpefm bat am
7. Januar 1602 ben fßroüinjiaf bringenb, er möge nocp eine SBeife jumarten, big
er anbern 23efcpeib erpafte, unb bem ^jerjog üertrauen, ber für aEeg forgen merbe 5.
^erjog SSifpefm moEte aEeg baranfepen, bap man ben $efuiten eine eigene
Äircpe unb ein neueg ßoEeg baue, ©einen perfönfiepen 33emüpungen bei ©rjperjog
SDlajürnifian gefang eg aucp, bap bie benötigten ©ummen befcpafft mürben6. ®ie
meiteren ©cpmierigfeiten für fßfap, ißfan ufm. fucpte er mit aEer ©ntfcpiebenpeit 31t
peben. ®en ©tiftgbamen riet er, fie möcpten oon iprem Verlangen nacp einer eigenen
©rnpore in ber neuen ®ircpe abftepen, ba bie ißatreg bemfefben nicpt entfprecpen
mürben. ©0 fonnte enbficp am 28. Sfprif 1608 ber ©runbftein gefegt merben7.
©egen ©nbe Ütfoüember mar bie fö’ircpe unter ®acp, unb am 2. SJiai 1610 mürbe fie
gemeipt ju ©pren aEer ^eiligen. Slfg 33aitmeifter patten bie Obern ben 53ruber
©teppan tpuber fommen faffen, ber eben bie neue Sonrabifircpe in Äonftanj fertig
gefteEt patte. Siacp bem SBorbifbe biefer föircpe ift aucp bie ffeinere §aEer ®ircpe
1 Sibotogfq, ©efdjidjte ber ^efuitext iit
2iiroI 94 f. — ®ie Stettoren mären: Sol). gaber,
1601; 93artf)ol. 9ßel§perger, 9. Ott. 1602; ©eorg
Sern, 1606; SJtetcpior gärtet, 1608; gof). ©a-
[teiger, 1610; Sari Stott, 1613; (Sljriftofjf)
93ranbi3, 1618; SJtelcfjior gärtet, 1620; 3°P-
2Belj, 1626; Sol). SItocquetiug , 1631; Sol).
Sqfat, 1637; ©eorg Steininger, 1641; gof).
9Kocquetiu§, 1642; 95>oIfg. ©raüenegg, 1643
bi§ 1647 ; SCSibert $ietrict), bi§ 1651.
2 93b I, 190 ff. 93gt. SK. $ 0 1 a u § , Surje
©efcpidjte be§ ©t)mnafium§ (ju 4>aH), 3 Sie.
^Programm be§ ©t)mn. ju §all, 1874—1876.
3 * Sopie in SK. St., Jes. 1343. Qn einem
93riefe Oom 8. 3uni 1602 an P. £>aoer fprid)t
ÜtquaDiüa Don crux illa, quam hactenus (So¬
cietas) in eo coilegio (Hall) sustinuit. * Orig.»
Steg. Ad Rhen.
4 * Original in 9)t. St., Jes. 1343.
5 * Original ebb. 3)gl. bie Sorrefponbenj
be£ iper^ogg SBilfjelm mit SlquaDiDa ebb. ; 9lqua=
DiDa an 3tofepl)iu3, 20. Oft. 1601; * Orig. »Steg.
Ad Germ, sup.; *Excerpta ex Hist. coli. Hall.
SK. St., Jes. 1344, 1601 u. 1602.
6 Stä£)ere§ im *Suppl. hist. Hall, unb ben
*Excerpta. Flott o 247 315 f.
7 * Excerpta , 93 raun a. a. 0. II 119:
1. SKai 1608.
218
SSierteg Kapitel. Sie oberbeutfcbe q5rot>in§.
gebaut; bie Sänge beträgt inSgefamt 30 m, bie 53reite lim, ©d)iff unb CEf)or haben
Tonnengewölbe. Über ben SJifdjen beS ©djiffeS fittb Emporen angebracht, bie (Sin*
gang§feite l)at feine Empore. Troß ber Einfachheit fpridjt baS Äirdflein an unb
labet jum S3eten ein. Ter Sieubau beS ßodegS fam nicht ju ftanbe, anftatt beffen
würbe baS alte fö'ofleg einem Umbau unterzogen1, hierbei fpielten natürlich bie
finanziellen Sßerhältniffe eine große Sfolfe.
Tiefe waren nichts weniger als erfreulief). 9?ad) einer genauen StuffteUung beS
mit ber Dieüifion betrauten P. ©ebaftian Tietricf) nom 16. Oftober 1605 betrugen
bie Einfünfte 1660 ©ulben. Taoott gingen aber nod) üerfcfiiebene Ausgaben ab,
fo z- 100 ©ulben für bie nieten ©äfte, befonberS OrbenSleute, fonberlidj bie auf
©elegenfjeit ber ©chiffahrt warten, weil fonft „feine geiftlkße SSerfammlung ober
ßlofter" am Orte war. Es blieben an reinen jährlidjen Einfünften 1437 ©ulbett.
Tauon fonnten, bie ißerfon zu 130 ©ulben berechnet, nur elf Sßerfonen unterhalten
werben, wäßrenb 16 ißerfonen benötigt waren. Tie befte Slbfjilfe wäre, fo fcfjlügt
Tietrid; üor, bie ©d)ulen adf)ie, fo ohnebieS mehr im 2(b> als im Funeßmen be*
griffen finb, aufzuheben unb gen ^nnSbrud zu transferieren, baS ganze ^teftge Ein--
fommen aber bem Äoüeg in ^nnSbrud zu inforporieren. 93on QunSbrud fönnten
wöchentlich ein ober mehr patres für 53eid)t, ßatedjiSmuS unb ^ßrebigt gefdjidt
werben, bie ihre Söohnung in bem ber ©efellfdjaft gehörenben ©djulhaufe finben
unb bie ®oft burch baS ©tift beziehen würben. Söofle man lieber eine Sfefibenz
mit einigen patres unb ztnei 93rübern, fo fönnte baS ©djulhauS ebenfalls bienen.
Tie 9fefibenz wäre bann non FnnSbrud zu unterhalten2. ES blieb aber beim alten,
Zumal fid) fpäter bie Einfünfte befferten3.
^ßeft unb Ärieg machten fich auch in §all fühlbar. Tie ißeft wütete befonberS
1611 unb 1634/1635. 3um Qahre 1611 berietet eine §aller Eljronif: „Tie
Äranfen fepnb zur ^Seft Feit wohl nerfehen geweft, fonberlicf) burd) bie Iperrn Qefuiter,
bie ihnen nie! geiftlidje unb leibliche Ipilf geleift, wie bann wegen ihrer großen Treu
audj brei patres mit ihrer fö'ranffjeit öerfeßiebn." 4 Ein feinblicheS Ipeer faß §all
nicht in feinen ÜUiauern, wohl aber oiele Flüchtlinge. 33on Schwaben unb 93apern
her famen bie oor ben Schweben im Frül)iaf)r 1632 flüchtenben ^efuiten „faft
feßarenweife" nad) £>ofl. Tie Faß! ber Flüchtlinge ftieg zeitweife bis auf 60. TaS
fiolleg, baS in ber Siegel für ©djule unb ©eelforge bis bahin nur 15 — 20 unb
erft nad) 1640 22 — 27 ißerfonen beherbergte, fonnte natürlich nidjt alle Flüchtlinge
aufnehmen; niele fanben freuublidjfte üufnaßme in ber ©tobt unb Umgebung bei
befreunbeten ©eiftlichen unb Saien, bon beneit einzelne biele SOionate ßinburd) brei
bis fecßS Fefuiten gleichzeitig beherbergten. SllS im Fdßre 1048 bie feinblidjeit
Ipeere 93apern unb bie Sfadjbarlänber überfchwemmten, übte baS Äolleg auch 011
bielen auSwärtigenFlüchtlingen, befonberS OrbenSlenten, großmütige ©aftfreunbfehaft5.
TaS ©pmnafiunt mit Humanität (ißoefie) unb brei ©rammatifalflaffen erhielt
im Fuhre 1630 nadj borauSgegangenen baulichen Skrbefferungen als fünfte klaffe
bie SUfetorif6. Später (1647) würbe bie unterfte ©ratnmatifalflaffe geteilt, fo baß
nunmehr fecßS klaffen mit fecßS Sehrern oorßanbeu waren7. Futueilen heißt eS,
1 93 raun. Sie ftirebenbauten ber beutfdjen
Sefuiten I 117 — 126.
2 * Status rerum temporalium coli. Halae
1605. 9J1.-9L, Jes. 1354.
8 Snt Sabre 1625 betrugen bie ©infünfte
2500, 1649 fogar 3060 ©ulben ; im felben
Sabre beliefen fid) bie ©djulben auf 9680 ©ulben.
*Catal. triennales 1625, 1649.
4 *Excerpta ad anu. 1611. 95gl. ba§ 13. fta*
pitel. 5 * Litt. ann. 1648.
c *Excerpta ad ann. 1630. Über bie frühere
$eit Ogi. * Litt. ann. 1624 ff.
7 ©bb. unb *Catal. personar. Über bie
Oom ©omnafium aufgefübrten Äomöbien Ogt.
91. 91 eff ler, Sa4 Seiu'tenbrama in Sirol
(ißrii'ener ©pinn.-iprogr. 1906) 26 ff.
2Ute unb neue 9tiebertaffungen: §att.
219
bie Scpüferjapf flieg, bamt mieber, fie ging juriicf ; aber in all ben Qapregbericpten
finbet ficf) feine einzige beftimmte ßßfjfotangabe. 9cur für ba§ Qapr 1649 ift bie
3opf non 199 Scpüfern nerbürgt 1 2.
3u ben jttjei ftänbigen s^rebigteit in ber Kircpe be§ Samenftiftel unb be§ neuen
Kodeg§ übergab ber Sripener ©enerafnifar int Qapre 1616 ben Qefuiten auep bie
SDforgenprebigt an Sonn* unb Qefttagen in ber Sßfarrfircpe St diifolaug. Sur cp
Urfunbe nont 23. Quni 1616 toollte er ipnen biefe ^ßrebigt für ade 3ufunft gegen
eltnaige Ginfprüdpe ber Pfarrer unb ber Sftacpmittaggprebiger gefiebert tniffen3. Qn
ber Qörberung ber Katecpefe tnurben bie Qefuiten raieberpolt nom SJiagiftrat unter»
ftüpt. Qm Qapre 1623 befahl er ben Gütern unter Slnbropung non Strafe, ipre
Kinber jur Katecpefe §u fdpiefen, unb fanbte jur Qed ber Katecpefe SSäcpter burep
bie Strafen unb auf bie ^fäpe, tnelcpe auf ettna perumlungernbe Kinber fapnben
follten. Später (1644) oerfügte ber äRagiftrat gemeinfam mit ber fircplicpen Sepörbe,
bafi ade Knaben unb SRäbdpen nom 5. bi§ 15. Qapre bei bet ^atec^efe fiep ein»
gufinben patten. Sie Seprer unb Seprerittnen tnurben angemiefen, bie Kinber bapin
ju begleiten unb bie Dramen ber Qepfenben auf^ujeidpnen. Son neuem fdpärfte er
ein, baff bie Gütern auep bie Kinber, tnetdpe feine Sdpufen befuepten, jur Katecpefe
fdpiefen unb bafj bie Sdpulmeifter ade brei DJionate bie D?amenfifte ber Scpüfer
fcpriftlidp beitt Katecpiften einpänbigeit müßten3.
ber Grjper^og SJfapimilian 1604 ben ber Sürgerfcpaft läftigen SSettel
ftreng nerbot unb bafür bie Slrmen an Sonntagen in ba§ ftäbtifdpe Spital fommett
piep, too ipnen bie non ben Bürgern gefpenbeten SItmofen au§geteift mürben, ner»
orbnete er gfeidpjeitig, bei biefer ©efegenpeit fode ipnen in ber Kircpe non brei Pfaden
ber Katecpi§mu§ erftärt merben4. Sigmeifen pietten bie ‘patres, bie mit ben Se»
fudpett in ben Spitälern unb Slrmenpäufern betraut maren, bort auep Katedpefen 5.
Stuper jmei Katecpefen in ber Stabt erteilte matt noep folcpe in brei beuaepbarten
Dörfern6. Qm Qapre 1648 fiep man bie KatecpigmuSfcpüler jmei ffeinere beutfepe
Sdpaufpiefe auffüpren7. Gin pernorragenbe§ ©efdpicf, Katecpefe ju paften unb ben
Kranfen Sroft ju fpenben, mirb bent P. fßeter Düiebinger nacpgerüpmt, ber bei feinem
Sobe (1604) nott ber ganzen S3ürgerfdpaft betrauert mürbe8.
Surdp bie Stubentenfongregation unb bie feit 1606 non biefer abgetrennte
Siirgerfongregation, bie 1636 über 400 DJlitglieber jäpfte, ferner burep bie Sruber»
fepaft nom peifigett Kreuje für einen guten Sob (1625) mirften bie Qefuiten mit
Grfofg auf bag fittfiepe unb refigiöfe Seben ber einzelnen Stäube ein. Sie 3aW
ber Kommunionen flieg non 18 000 im Qapre 1611 auf 30000 im Qapre 1634
unb 33 000 im Qapre 1641, ging aber bann toopf infolge ber KriegSmepen um
einige taufenb jurücf9.
Sfuperpafb tgadg entfalteten bie ^atre§ mieberpoft eine reiep gefegttete ÜRtfftong»
tätigfeit. SBefonberS püufig mirften feit 1631 jmei patres im Qißertaf, ütopin ber
eifrige Pfarrer non Qed, Qopann Qafcpinger, fie berufen. 2113 ftänbige DRiffion
mäprte biefe Missio Cellensis ober Cilleriana non 1637 big 1644. Sou 1632 an
arbeiteten auep meprere ffücptige Qefuiten, bie bei bem Qeder Pfarrer gaftfidpe 2(uf»
1 Unter fecf)§ ßefjrern meifeit bie Staffen, bou
ber fRfjetorif angefangen, fotgenbe ßafjleit auf:
30, 28, 32, 40, 32, 37. * 911. 3t. Jes. 570.
2 *Excerpta ebb. Süafelbft bie Urfunbe im
2tu3jug. S5gt. Kropf I 180. ©djon früher
mar „ber Societat bemittigt, bie fpfarrfanjet ju
berfcfyen". So ®eb. S)ietrid) ant IG. Oft. 1605
itn Status rer. temp. ebb.
3 * Excerpta 1623 u. 1624.
4 * Excerpta unb Flotto 170.
6 *Litt. ann. 1601.
6 * ebb. 1646 ff.
7 * @bb. 1648.
8 * Excerpta ad ann. 1604.
9 Excerpta. * Litt. ann.
220
Viertel Sapitct. $ie oberbeutfcpe ^Sroöing.
napme gefunben, mit großem ©egen im gangen SCate. Siete SDiipbräucpe mtb aber*
gtäubifcpe Semopnpeiten mürben gepöben, fo u. a. ber Slbergtaube, nacp eingenommenem
^rüpftüd biirfe man feiner 9J2effe mepr beimopnen. ßum ^a^re 1637 f)e6t bie ®e=
fcpidjte beS S^otlegS peröor: Söiiprenb anberSmo ber Ärieg mütet, entfalten unfere
gtüdpttinge in ben Sergen eine pöcpft frucptreicpe Üätigfeit in ber Untermeifung beS
SanbootfeS1. ©o marf ber blutige Sl'rieg einen ticpten Söiberfcpein in bie Xäter
Tirols gum ©egen für oiete2.
Qu ben beiben £iroter Kollegien ^nn^brucf unb (patt fam in unferer ißeriobe
ein neues fjinju, in ber eprmiirbigen ÄonjitSftabt Orient.
333opt an menigen anbern Orten mären Sinfüprung unb Serbteiben ber ^efuiten
mit fo oiefen ©cpmierigfeiten terbunben mie in Orient. SereitS jur $eit beS Sion*
gitS fap Orient ^efuiten in feinen ÜÖlauern ; eS maren bie patres Sainej, ©atmeron,
QajuS unb SaitifiuS. Ourcp ipre ©eteprfamfeit in ben Serpanbtungen beS ^onjitS
unb burd) if)re STätigfeit auf ben St'anjetn unb in ben ©pitätern erregten fie bie
Stufmerffamfeit nicpt btop beS ^arbinatS Spriftopp StKabrujjo, SifdjofS non Orient,
fonbern aucp ber Siirger ber ©tabt fefbft. ©cpon 1558 oerfpracp ber ßarbinat
„ernfttid)" bie Srricptung eines $otlegS unb münfcpte beSpalb mit SanifiuS in Ser*
panbtungen ein^utreten 3. Slber erft unter bem jmeiten 9tacpfotger SpriftoppS, bem
Slarbinat Start SJtabru^o, ber meift in Italien meitte unb baS SiStum burcp einen
(ft'oabjutor, feinen Neffen Slart Smanuet SDlabrujjo, oermatten tief), fam eS ju ent*
fdjeibenben ©cpritten4. SS mar jept Oor altem bie ©tabt, metdje bie Stngetegenpeit
betrieb. Sin görberer iprer SBünfcpe erftanb ipr in bem Srjperjog ÜDiaj;imilian,
ber 1614 fiep tebpaft für ben ‘ißtan einfepte.
Sinige $apre fpäter (1619) mürbe ber $ßtan ermogen, ftatt in Orient in üfteran
ein Slotteg ju gritnben; aber fomopt ber SßroOinjial atS auep ber ©eneral gaben
Orient ben Sorjug5. ®ie erften entfepeibenben Serpanbtungen falten in baS Qapr
1623 6. 2tm 26. Stuguft 1623 berieptet P. ^opanneS SBetp, Seftor oon QnnSbrucf,
bap bie Sürger oon Orient mit Ungebutb bie Stnfunft ber fjefuiten unb bie Sröffnung
ber ©(pute ermarteten.
$ur fyüprung ber Unterpanbtungen fam 1623 ber ^ßrooinjiat Srenjing fetbft
nadp Orient. Sr feptop am 9. 9ioöember 1623 ein Übereinfommen für fünf Qapre:
er üerpftieptete fid), oier ^efuiten atS ßeprer gu fenben, meinen bie ©tabt SBopnung
unb jäprticf; 300 ©utben ju geben oerfprad). Stuperbem tiep er fiep ju einem jmeiten,
gepeimen Stbfommen perbei, metdjeS bie Qefu^en oerpftieptete, feine ltnbemeglicpen
Saiengiiter im Skbiete oon Orient ju ermerben ober anjunepmen opne ßuftimmung
beS ©enateS; fottten fotepe ^ufatten, fo müpten fie um einen gerechten )ßreiS an bie
nädjften Sermanbten üerfauft merben1.
Unter bem 30. SDejember 1623 fepte Skenjing bem Senerat auSeinauber, meS*
patb er gegtaubt pabe, auf baS Sertangen ber ©tabt eingepen gu fotten: baS £erri*
1 *Excerpta 1631 ff. *Litt. ann. 1641 ff.
U. a. wirb nod) eine ad)ttoöd)ige SDtiffion in
giigen (1636) ermähnt.
2 Sie Stettoren waren: SJiarfu# ©rabiu§,
1598—1609; SJtittner, — 1616; ©eorg
Steiner, — 1618; Sonr. 9teif)ing, — 1626; §ugo
SBolffurt, — 1631; ©eorg 6paifer, —1635;
ßgolpt) Stirer, —1639; Safp. Slbegg, —1644;
Sitn. Strnotb, — 1647; ©eorg ©obat, — 1650;
SJtaj. (Sifenreid), — 1652.
3 EanifiuS an Sainej, 1. gebe- 1558. Can.
Epp. II 192. Uber ba^ ßinbringen beä ißro«
teftantilmu^ in Srient ogl. Vig. Zanolini,
Appunti e documenti per una storia dell’ ere-
sia luterana nella dioc. di Trento. ißrogr. bei
fiirftbifd)öfl. ©pinn, in Orient 1909.
4 Kropf I 361 ff.
5 * 9SiteHe§d)i an ©renjing, 6. Stprit 1619.
0rig.=9{eg. Ad Austr.
6 $ie *0riginaIforrefponbenj über bie erften
Serpanblungen in Germ. sup. Fund. III 126 ff.
7 *Sopie beiber Verträge ffl. St., Jes. 2103.
Sitte uub neue 91ieberlaffungen : Orient.
221
torium fei flein unb ber Vefip ber ©eiftlidjfeit aber bereits bebeutenb, jubem fei
Hoffnung auf ©rlattgnng einer firdjlichen ßommenbe oorljanben1. 2)iefe $ufage
luurbe bie Ouelle oieler llnannehmlichfeiten. ßunädjft traten aber neue Schmierig«
feiten non feiten beS föoabjutorS unb beS föarbinalS ein, meldje fd^tie^ticf) beibe bie
Erlaubnis für eine Diieberlaffung tiermeigerten 2. ^Daraufhin öerfügte ViteüeSchi
§erbft 1624, bafj bie jmei ^efuiten (P. 2Bell3 unb ein Söruber) bie feit SDegentber
1623 in Orient meilten, bie ©tabt oerlaffen follten.
infolge ber Qnterjeffion beS ßaiferS, ber am 14. 9)fai 1625 feinen ©efaitbten
in 9tom, ben dürften ©aoelli, beauftragt hatte, bie @ad)e Orients entfdjieben bei
bem Äarbinal ju oertreten3, ferner aus Vütffidjt auf bie Sitte beS @r^erjog§
Seopolb gab ber Äarbinal enblid) itad) 4 *. ^m ©eptember 1625 traf P. 51bam ©traub
mit P. StnbreaS Üieinotb unb einem Saienbruber ein; halb folgten nod) jmei patres
unb ein ÜUiagifter. SöereitS am 26. 9iooemf>er eröffnetext fie im alten Sßalazjo ciöico
nad) einem feierlichen ©otteSbienft in ber $ircf)e fUiaria sDtaggiore mit etma 60 ©djülern
bie ©deuten, unb §mar bie Älaffen ooit ber ©rammatif bis jur Humanität6, ^m
Qa^re 1627 mürbe bie 9if)etorif hinjugefügt unb megen ber großen ©cf)üler§af)l bie
unterfte ©rammatifflaffe in gmei ©oeten geteilt, ©cfjon 1635 mürbe bie Sogif ein«
gefüfjrt unb 1639 auch bie ÜDforal (Casus). 91nt 1. Januar 1639 erhielt bie lieber*
laffung, bie bisher nur eine 9iefiben§ gemefen, ben 9tang eines $oüegS, unb ber
bisherige Obere, P. geuerftein, mürbe junt erften 9teftor ernannt.
®ie ©chiilerjahl ftieg noch innerhalb beS erften 9KonatS nach ©röffnung auf
mel)r als 100; 1628 maren eS nicht nie! unter 300; 1639 fühlte man 440, 1641
470, 1648 450. 9)land)e tarnen auS bem italienifcf)en, befonberS bem oenejianifcfjen
©ebiet. ©in in Venebig 1639 gegen bie Qefititen erregter ©türm oeranlafjte ein
SDefret, baS ben ©Item unter STobeSftrafe gebot, iljre ©ohne auS ben Qefuitenfdjnlen
abzuberufen. ©o üerliefjeit manche Italiener mahrenb beS Schuljahres Orient6.
£)ie Vermehrung ber Arbeiten in Schule unb ©eelforge hatte auch eine Ver«
mehrnng ber ’tßerfonen beS ®oKegS gur golge (im $af)re 1639 maren eS 19), unb
fo fonnte ba§ surSöohnung jugemiefene Spital nicht mehr genügen7. ®iefe 2Bof)nungS*
frage brachte oiele ©djmierigfeiten mit fiel). ©egen ben ®auf beS Kaufes eines ge«
miffen ^ieronpmuS Ouetta erhob bie ©tabt ©infprucf), geftüpt auf bie früher gegebene
^uficherung, feine anbern als $ird)engüter ju ermerben. 911S bie ^efuiten aber
geltenb machten, biefeS Verfprecfjen fönne nicht auf ben ©rmerb einer notmenbigen
SSohnung auSgebehnt merben, gab ber 9iat am 7. fölärz 1628 bie ©rlaubniS, aber
nur unter ber Vebingung, ba§ ber ^Sapft ben in $rage ftef)enbeu Verzicht beftätige s.
©egen biefe Vebingung erhoben bie Qefuitext Söiberfprud), meil eS fidj ja um eine
geheime Slbmadjung panble, bie jubem bem fßapft nicht genehm fein mürbe. üöian
möge fidj mit ber Veftätigung beS Verzichtes burdj bie OrbenSobern begnügen9.
* * föopie ebb.
2 K r o p f I 364 f .
3 *&opie in Germ. Fund. III 206. ^er
Äaifer Oatte fid) bereit! am 21. Slpril 1624 bireft
an ben Äarbinal ÜDtabruääo geroanbt. * Äopie
®arl!ruf)e, ©.=£.«91., f^reiburg, Äolleg 91r 2189.
$ort aud) jmei weitere 93riefe be! Äaifer! unb
be! ©räfjerjog! fieopolb in berfelben ©ad)e Pom
Safjre 1624,
4 * Litt. ann. 1625. Kropf I 365 f.
6 *Litt. ann 1625. Kropf I 366. Über
ben Streit, melden ba! unbefugte Slbreifjen
be! am 4?artale angebrachten £eftion!fata!oge!
ätoifdjen bem SQlagiftrat unb bem Äoabjutor
fjeroorrief, f. Kropf unb SJJropft, Beiträge
(1858) 105 ff.
6 * Litt. ann. 1639. Kropf II 445 f.
7 3m Safyre 1649 mirften in Orient 8 2epr=
fräfte: je 1 für SJioral, für Sogit unb für bie
6 ©pmnafialftaffeit. ®ie iüloral äätjlte 8, bie
£ogif 12 £örer, bie ©pmnafiaütaffen Pon ber
9t()etorif angefangen 47, 45, 68, 73, 83, 88
Sdjüler. 5K. 91., Jes. 570.
8 *Äopie 9J1. 91., Jes. 2103, unb Kropf
I 368.
0 Kropf a. a. O.
222
Viertes Äapitel. $ie oberbcutfcbe fßrooinj.
?lm 28. 91pril 1628 leiftete ber ©eneral biefen SSer^icpt1. 2lnt 15. 9Jtai 1628 [teilte
Der ^3rooin§iaI DJtunbbrot beni P. 2lbam Straub in Srient eine 21bfcprift öiefeS
SBer^icpteS gu2. Ser SKagiftrat war bamit nod) nicpt gufrieben, fonbern forberte
am 5. Januar 1629 nochmals eine päpftlicpe SSeftätigung. 211S aber ber fßroöinjial
brof)te, bie Qefuiten non Srient abjuberufen, liep ber 9tat [eine $orberung auf fiep
berufen. 9Jacp Slbfcplup beS Kaufes patte man im September 1628 bie neue SBoptiung
im tpaufe Ouetta bezogen; [ie bot [ür 15 fßerfonen bequem fftaum3.
211S 1630 in Orient unb Umgegenb bie fßeft in [d^recfenerregenber SCBeife paufte
unb ipr an 5000 9)tenfdjen gum Opfer fielen, leifteten bie Qefuiten ber Stabt gang
peroorragenbe Sienfte. Sabei erlagen
& ih @ ©
i S O D A L I S ®
HPARTHENICVSI
^ Cio e @
(jjp Ser uo diuoto , e Compagno fedele di Maria
*jfe arrollato nella Congregatione d'efsa . ^
Dalli Sie.» dclla Congregatione mag- ah
giore, fotto il titolo della B. V. An-
nunciata,nuouamente cretta. ^
Rapprefentato in Scena>et da eff er imi -
aJlfe tato neiTeatro della Vir tu . Xttk
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ln Trento , nella Sf *mp. Epifc.del Zanetti
Conlictnxjadc' Superieri. I S J 7-
2)(i8 Jvieitter ffmtgregationSfptel Sodalis
Partlienicus 1637. (2/3.)
audj gwei fßatreS, barunter P. Saracin,
ein Srienter. Ser SJtagiftrat [tattete
nidjt allein ben Qefuiten Sauf ab,
fonbern richtete auep ein Sdjreiben an
ben ®aifer, worin er ben patres popeS
Sob [penbete unb bem SSunfcpe 2luS*
brud »erlief, bie ^efuiten möd)ten
neben pinreiepenbem Qsinfommen auep
ein eigenes ©pmnafium unb eine eigene
^irdje erpalten. Ser $aifer möge
piergu [eine SDtitwirfung nidjt üer=
fagen4. Einige Qapre fpäter (1635)
fepenfte ©eneral ©alias für einen Neu¬
bau 30000 ©ulbeit5; auep anbere
Summen würben gu bemfelben gwede
gegeben. Slber eine grofse ScpWierig-
feit bot ber Sauplap. Sange 23er«
panblungen über ben Qsrwerb ber
SeutfcporbenSfommenbe [epeiterten 6.
Ser $auf eines anbern [ür ben
23au notwenbigen tpaufeS [aepte ben
alten Streit wegen ©rwerbS nieptfirep»
lieper Immobilien wieber an. @S ging
geitweife feparf per. Ser Söiagiftrat
bropte am 20. ^uli 1641 mit Scplie*
pung ber Sdjulen. Sie Gsrgpergogin
^laubia trat 1. September 1641 gurn
Scpufee ber ^efuiten ein : „[internalen
1 * Sitetie8d)i ait 90tunbbrot. * Orig. 9Jt. 9t.,
Jes. 2103.
2 *3lopie 9Dt. 9t. a. a. 0. Um biefe $eit
burcf) flogen toilbe ©erüebte bie ©tobt, al3 moU>
teu bie gefuiten fidi aller Slöfter bemädjtigen.
P. Slbam ©traub fcffreibt baritber 3tnei Sabre
fpäter, 24. guli 1630, an ben ißrior Pon 9Bib=
lingcn, bap biefe ©eriiebte gro^e ©rbitterung
fjeroorriefen : al§ fie ju mir brnngen, ging icp
in bie nädjften Älöfter, proteftierte gegen bie
gäbet unb geigte, bafj nüe§ erbiebtet fei. * ®opie
in Epistolae Wiblingenses I 276, ißfarrarcbib
ju SSibtingen.
3 Kropf I 368 f. * Litt. ann. 1628.
Über bie oielen Unannebmlicbfeiten , meldje
Ouetta Pertrag#mibrig biä 1639 ben gefuiten
lnegeit ber Äauffumme machte, f. Kropf II
442 ff. Äaiferlicbe Seftätignng eine§ 91ergleicb8
jwifdjen ÄoIIeg unb ©rben Ouetta§ Pom 3. Oft.
1650. * Original mit großem faiferl. ©iegel
in Acta Tridentina.
4 Kropf I 494 ff.
5 * Sitten bariiber 90t. 9t., Jes. 2116 unb in
* Acta Trident.
6 $ie * Driginaltorrefponbenj 1639 — 1642
®t. 9t., Jes. 2118. SBgl. KroPf II 446 f.
2Ute unb neue SRieberlaffungett : Orient.
223
mir bann nit fefjen, baff bic Stabt $u bergleidjen Attentaten einige Urfadje habe gegen bie
SßatreS, non beiten fie tnetjero mitQnftruierung berQugeub unb in anber SBegen benorab
bei ber unlängft bafelbft ju Orient gradierter Qnfeftion nie! ©uttaten empfangen" 1.
2BieP. Qriebrid) Sßeifhammer auS Orient am 2. Sftärj 1642 bent ^roninjial ©raoenegg
fdjreibt, l^errfdjte über bcn Streitpunft and) bei ben Qefuiten 9J?einungSoerfd)iebenheit.
AuS UnfenntniS ber Alten hatte ber 3teftor bie oerpflidjtenbe ®raft beS Vertrages
mit bem SJtagiftrat beftritten, mar aber bann non feinem Irrtum juriidgefommen.
®er Sftagiftrat, fo fährt P. Söeilfjammer fort, f)Qt fid) feid)t beruhigt unb erffärt,
ein ißfap jum 23au fofie unS nidjt nermeigert merben. 9ütr baS f;at mit 9ted)t ber
erfte ®onful befdjeiben ju oerftefjen gegeben, eS fjabe ber Stabt mifsfalfen, baff bie
llnfrigen nad) ihrem belieben batb f)ier, batb bort Käufer jufammenfaufen motlten.
©S Ifat fid) bei ben 23efprecf)ungen ftar gezeigt, baff unfere Herren nidjtS anbereS
münfcffen afS einen friebfidfen Sergfeid) unb ber ©efeflfdfaft ju genügen, fomeit fie
bieS in ehrenüofler SBeife tun tonnen. Alte bisherigen ißerfjanbluttgen mürben non
allen mot)(moIIenb geführt, ausgenommen einige Sdfreier, bereu eS überall gibt2.
®er Streit tobte meiter.
Schließlich erbot fich ©arrafa am 3. April 1649, alle 23ebingungen beS ÜD?agiftratS
anjunefjmen, fomeit fie nicht ber firdjlidfen Immunität jumiber feien, ©r oerfprad)
non neuem, feine unbetoegfidjen ©üter ^u ermerben of)ne 3ufümmurtg be§ Senates.
9?ur bitte er um genügenben ^31aß für $offeg, $ird)e unb Schufen, um roeitere
3af)lung ber 300 ©ulbeit, ba ofjne biefelbeit ber Unterhalt faum möglich fei, ferner
um Steuerfreiheit gur Sßatfrung ber fird)ficf)en Immunität. Auch ttüfligte er in ben
SSerfauf non nerfcfjiebenen Raufern, rnefdfe für ben 23au nicht nötig feien. Um einem
aubern 2öunfd)e ber Stabt ju entfpredfen, hatte ©arrafa fdjon normet (Oftober 1648)
bem fßrooinjiaf ®eppfer bie SSerpfficfftung auferlegt, in Orient fein 9?ooijiat unb fein
Seminar ju errichten 3.
Qiir ein neues Äolleg mar bereit» 1647 non bem 3^eftor P. Qof)anneS fßauüin
ein fJUait entmorfen morben; am 14. iDejember 1647 forberte ©arrafa non bem
^ronindat ein ©utacfjten bariiber4. f£)er Neubau mürbe 1649 bezogen, ©ine
eigene Ä'irdfe hatte mau noch nicht; ebenfo fehlte nod) ba» ©pmnafium. 3)ie erften
Qaf)re bebiente man fid) einer bei St SBenebift gelegenen Kapelle5. AfS biefe bie Seute
nicht mef)r faffen fonnte, geftatteten 1627 bie föanonif'er bie 23enupung non üDtaria
ÜDtaggiore, in mefd)er baS ^onjif feine Sifjungen abgehaften batte, auf emige Qeiten.
Seit Qttni 1628 machten bie patres non biefer ©rfaubniS ©ebraitd). 9tad)bem fie
1633 bie Kirche nor bem Untergang burd) 23ranb gerettet batten, moffte bie 93iirger=
fdfjaft if)nen nun biefelbe ganj übergeben 6. Set S3ifd)of mar einoerftanben, aud) ber
föaifer nerraanbte fid) bafiir, aber baS Kapitel entfcbieb am 29. April 1635 bagegen.
Qm Qaf)re 1636 befdjränfte eS bie Qefuiten nur auf einen Altar unb fdffieffficf) ner«
mieS eS biefefben gang aus ber ®ird)e. Am 29. Qanuar 1648 jogen bie Qefuiten
in bie Kapelle ber fßropftei, mo ihnen fed)S fBeidpftühfe jur Verfügung ftanben7.
Srop aller ältibhfdigfeiten, SSerleumbungen unb Schmähfchriften 8 entfalteten bie
Qefuiten nicht allein in ber Sdfufe, fonbern auch tu ber Seefforge eine fegenSreid)e
1 *m. 3?., Jes. 2108.
8 * Original SR. 3t. 9t., Jes. 2103.
3 * 0rig.=3tcg. Ad Germ. sup.
4 * Orig.-3teg. Ad Germ. sup. $erfd)iebene
33(äne in 9)t. 3t., Jes. 2105.
5 Kropf I 367.
6 * Litt. ann. 1633.
7 Sie * Originalforrefbonbeuj über biefe 9ln=
gelegenbeit 9Dt. 3t., Jes. 2104 unb *Acta Tri¬
dent., befonberS fJ3auHin an bai Kapitel, 26. galt.
1648, unb beffen furger 93efcbeib öom 28. San.
1648.
8 ©egen eine biefer ©d)mäf)fcf)riften oerfaffte
33 au tl in 1642 eine Apologia pro Collegio S. J.
Tridenti. * Original 9Jt. 3t., Jes. 2124. $ort
beifft e§ u. a. : Sa§ ©pmnafium in Srient
haben feit faft 10 Sabvra 300—450 ©d)üler
befud)t. 9Son biefen haben gegen 200 auf ihre
224
5Bierte§ Sapitel. 3)ie oberbeutfdje fproninj.
Stätigfeit. ©d)on um 1628 mürbe ifjneit bie ftänöige beutle Prebigt in ber Pfarr«
fird^e ©t Peter, wo Ijauptfädjlid) bie beutfdjfpredjenbe Seüölferung ficf) einzufinben
pflegte, übertragen1, ©tiinbige Katedjefeit werben zwei öergeicfjnet ; bie eine Ijatte
man 1629 im @inüerftänbni§ mit ben Kanonilern in SDJaria SÜtaggiore begonnen;
Zu il)r fanben ftc^ nid)t nur Kinber, fonbern aud) ©rwacfjfene ein. ©ine anbere
Katecfjefe fjielt man in ©t Peter. Qür Sefudfe bei Uranien waren meift jwei Patre§
eigene beftimmt. $ie fcljon im erften ©c^utjafjre 1625/1626 eingefüljrte Kongre=
gation würbe 1637 in bie größere unb bie Heinere geteilt itnb oon ber Heineren
um 1644 bie Congregatio angelica für bie ©djüler ber unterften klaffen abgetrennt.
2)ie $al)l ber Seichten ftieg im Qaljre 1644 auf 38000. Qm Qafjre 1648 zählte
man 30000 Seidjten unb 20000 Kommunionen2.
Qu bem fünf Steilen oon Orient gelegenen Slooerebo Ijatte man fcfjon 1627
nad) einem Qefuitenfolleg oerlangt, aber üergeben§. Qwei Qaljrzefjnte fpäter wnrbe
ber s^Slan mit großer ©ntfdjiebenljeit Oon bem bortigen Uftagiftrat wieber aufgegriffen.
Slm 24. SDiärg 1649 wanbte fid) ber ÜOJagiftrat an ben ißrooinjial mit ber bringenben
Sitte um eine ÜJiieberlaffung unb bot .fpamo, Kirche unb ©infiinfte att, unb am
10. Quli 1649 richtete er bie Sitte um eine fRefibenj oon fedj§ patrcg an beit
©eneraloifar. Unter bem 21. 31uguft 1649 bewilligte ber ©eneraloifar 9)fontmorenct)
eine 9iefibenj oon 6 — 7 patres, beren 3(nflöfung aber im Selieben ber ©efellfdjaft
fielen follte. SDät Serufung auf ein ®efret Uri>an§ VIII., baff Höfterlidje lieber*
laffungen Oon weniger al§ 12 perfonen ber btfdjöflidjen Qurisbiftion unb Sifitation
unterteilt feien, oerlangte ber Sifdjof bieS audj für bie in üiooerebo jn erridjtenbe
ütefibenj. ®araufl)in oer§icf»tete ber neue ©eneral Piccolomini auf bie dtieberlaffung.
Qu einem Schreiben oom 9. Slpril 1650 bezweifelte er, ob baS Verlangen beS Sifd)of§
bei folgen oorübergeljenben 9Jieberlaffungen gerechtfertigt fei; ber ©ebraudj in Italien
fpredje gegen ben Sifdjof. SSegen biefer ©treitfrage, bie fidj nod) fpäter fortfpinnt,
fant in unferer Periobe in Ülooerebo nichts ju ftanbe3.
Qu ben älteften Kollegien in Oberbeutfdjlanb gehört audj ba§ Kolleg Oon
2(ug3burg, welches im 16. Qaljrljunbert burd) bie Qreigebigfeit ber flügger eine fefte
Segrünbung erhalten batte L Qm 17. Qafjrljuubert war basfelbe einem fefjr wecfjfelw
ben ©efcfjid unterworfen. Qunäcfjft jeigt e§ eine Sliite in ftänbiger ©ntmidlung,
wie bieS fdjoit bie Qaljl ber SDätglieber oerrät, weldje in ben Qafjren 1601 — 1632
ZWifdjen 30 unb 40 betrug5.
Soften gelebt unb jährlich 90—120 Aurei be=
jahlt. Ungefähr 150 tarnen au§ beit benadp
barten Jätern, oon benen jeber für 93ett, 8int=
mer unb SBüfcfje ntonattid) 1 Aureus befahlt,
gür fpapier, Jinte unb Gebern inerben jährtid)
über 100, für bie Rudimenta Graeca 20 Aurei
audgegeben. 2tnd) wirb (tnegen ber Schüler)
niet SSein oerfanft. 2)er 2Bein in Jrient ift
gut, fiubet aber nicht genug Säufer, fo bafs faft
jebe§ 3abr SBein ju ©ffig unb 93ranntwein oer=
fdjtedjtert werben mufj. Später beifjt ed, im
Jrienter ©ebiet Wadjfen jährlich 45 Jaufeitb
guber, unb taum je tonnen alle Oerfauft
werben.
1 * Litt. ann. unb * Catal. 1625 ff aud) für
bad (f-otgenbe.
2 Jie Dbern waren: 9(bam Straub, 1625;
Subw. Saraciui, 1629; gof. geuerftein, 1630;
Sot). J5au£tin, 1646.
s Jie * Drightalforrefponbenj unb niete ®ut-
acpten non fpauttin, Sdjorrer, Jicaftitto, £>au«
notb :c. in 911. 9t., Jes. 2125. — Über ben
Serfud) be3 hl. Sari 23orromäu§ im Qahre 1583,
ein fteines; Sefnitentotteg in DtoOerebo su er=
richten, f. 3- ©. 9Jtaper, ©efd). be3 93i§tumd
©hur II 204 ff.
4 Sßgl. Sb I, S. 200 ff 617 ff.
5 3'ür ba§ g-olgenbe *Hist. coli. August,
in ber Santonat^bibtiothef in greiburg i. b. Sdjtn.
* Litt. ann. unb * Catal. Prov. Germ. sup.
f|J. o. Stetten, ©efd). ber Stabt 2(ug$purg
II (1758) 2 ff 98 ff.
Stlte uitb neue 9JieberIof)ungen: ?tug§£>urg.
225
23on beit 30 SJiitgliebern im Zahre 1606 fefjrten oier bie ©rammatifafflaffen,
einer Humanität, gmei 9ff)etorif, einer Sialeftif nnb KafuS. DZadf) bem Katalog non
1625 jäfjlte ba§ Kolleg 40 ^ejuiten, barunter 9 ©djolaftifer unb 9iooijen, meldje
bie Sifjetorif [tubierten. Sie acfjt £ef)rer mären mie früher üerteilt; an Stelle be§
jroeiten £ef)rer§ für bie Üifjetorif mar ein eigener ißrofeffor für Sogif getreten; bie
üDloral unb Kontroüerfen jufammen lehrte ein ^ßrofeffor. ©eit bem Qaffre 1619
hatte man bie fiogif au ©teile ber Sialeftif gegeben unb bie SBorlefung über bie
Kontroüerfen beigefügt. Ser im Zahre 1604 erfolgten Teilung ber britten ©ram-
matif in eine obere unb untere Abteilung folgte im Zahre 1630 bie Zweiteilung
ber unterften klaffe. Sie Somfcfyule iibermieS 1611 ben polieren Unterricht ben
Zefuiten unb befdfränfte fid) nur mehr
auf bie nieberften klaffen (9fubimenta
unb ©lementarfdjule).
Sie ber ©cfjiiler betrug
1605 380, ftieg 1608 auf 400, 1612
auf 450, 1615 auf 500, 1617 auf
530, 1618 auf mehr al§ 600. ©päter
nahm bie Zaht infolge oon fßeft,
junger unb Krieg ab, 1629 maren
e§ aber mieber 470, für bie fpätere
Zeit finben fid) feine Zafden mel)r an“
gegeben.
Stufjer ben ißrebigten in ber Slula
für bie ©tubenten unb in ber eigenen
Kirche für baS 23olf üerfahen bie Ze’
fuiten nod) bie Kanjeln im Som unb
©t äftorit). Zu ben bret Kated)efen
in ber ©tabt famen 1611 noch eine
üierte unb 1617 meitere in ©t 9)?orit$
unb Sechhaufen. Zn ber ^efuiteufirdfje
hielt gmölf Zahre tQn9 bi3 1611 ber
9ieftor felbft bie (5^riftentef)re.
Sie Kongregation ber ©tubenten,
bie 1602 gegen 120 ÜDIitglieber gäf)fte,
mürbe im Zahre 1609 in eine größere
unb Heinere geteilt; baju fam im
Zaf)re 1613 bie SBürgerfongregation.
Zh^e äftitglieberjal)! ftieg in breiZafjren
auf 150 unb im Zahre 1619 auf 240.
2Il§ oierte Kongregation trat 1623 bie für junge §anbmerf§gefellen hinju. Zm Zahre
1615 arbeiteten bie Kongreganiften eifrig baran, bie ßefung frommer 23üd)er in
ben Familien einjufüfjren, um baburdj bie unreinen Sieben ju oerbannen.
Sie Zahl ber Kommunionen ftieg oon 15000 im Zahre 1610 auf 25700 im
Zafjre 1620 unb 27 700 im Zahre 1626. Sie Sßeft be§ Zahre~’ 1628 fteigerte bie
Zahl auf über 35000, bie fotgenben Zahre fanf bie Zahf auf 27 000 bis 28 000.
Sine grofje SSeränberung brachte baS Zahr 1629. SlugSburg mar freie 9?eid)§»
ftabt unb mad)te als foldje Slnfprud) auf baS SieformationSredjt. fjütrftbifd^of
^einrid) forberte aber baSfetbe für fid) unb ftüijte fict) babei auf ben Vertrag oon
1548, in meldjem bie ©tabt bie geiftlidje ^uriSbiftion beS KarbinalS Otto über
ÜlugSburg anerfannt habe- 21 uf ben Seridjt ber nad) Slugsburg gefanbteit faiferlicheu
2uet grinsen ittabüwiH.
§lu§ Räder, Viridiarium Sanctorum 1604*).
©tief) (*/.).
*) ffiiefe brei iprinjen (3oI). ©corg, 9lbalb. 3BIabi§Iau§ unb
Et)riftopIj 9Iifoluu§) ftubierien bei ben JSefuiten in Süugäburg;
fRaber tuibmeie iljnen fein Viridiarium.
Su^t, ®cfd)i(f)te ber gefuiten. II.
226
Sßierteä Kapitel. Sie oberbcutfd)e fßrooing.
Üommiffare tont 26. ^iuli 1628 entfcfieb ber ®aifer am 8. SRärg 1629 im ©inne
beg ffiirftbifcfofS unb fpracf if)m baS IReformationSrecfjt in 2lugg6urg gu, moburdj
bie SSieberferftetlung beg fiicf)licf;en Vefifftanbeg oon 1548 ermöglicht marb1. Qn«
folgcbeffen mürben ^uli 1629 bie proteftantifcfen ißrebiger, bie nicfjt non ifren
(Sltern fer bag ^Bürgerrecht befaßen, aitg ber ©tabt oermiefen, bie proteftantifcfen
Kirchen geschloffen unb jeber öffentliche unb prioate proteftantifcfe ©otteSbienft üer*
boten. üftan hielt bie ^efuiten für bie Urheber biefer SDtafregeln 2. ^ebenfalls
mären fie, mie bie meiften ßlatfolifen unb ber römifdje ©tufl, fefr gufrieben mit
biefer Söenbung. ®er Vifcfof oon SlugSburg ridjtete am 10. Sluguft 1629 einen
^ubelbrief an ben ^ßapft unb au bie ffßropaganba, bafj if)nt bag grofge SSerf nacf
gmeijähriger, foftfpieliger Slrbeit gelungen. SDie ißropaganba münfcfte bem Vtfcfof
©liid unb lief burdj ben Runtiug and) bem fö'aifer banfen3.
©ine augführlidhere SDarftellung gibt ffürftbifcfof ^einridj in bem Veridjt über
ben ©tanb ber ©iögefe an ben ^eiligen ©tufl oom 21. Oftober 1629. ©S fehlte
nicht — fo berichtet ber Vifcfof — an foldjen, melcfe bie oielen DRiifen unb Soften
bei einer fo üergmeifelten ©acfe für unfluge üufroenbungen hielten, ba für bie
Sutferaner menn nichts anbereg, fo boch bie Sänge ber 3eit fpracf; benn bie tpärefie
hatte fiel) hier fdjott feit einem gangen Qlafrfunbert eingeniftet. Qm Qafre 1537
befahl ber SOZagiftrat bem SHeruS entmeber Untermerfung ober Sofortige Räumung
ber ©tabt. ©o mufte ber ®lerug bie ©tabt oerlaffeit. ®en Äatfolifen mürben
föircfen unb Slöfter gemaltfant entgegen, infolge beg ©iegeg ^arlS V. über bie
©cfmalfalbener fonnte bie ©eiftlidjfeit nacf elfjähriger Verbannung im Qafre 1548
nadj Sluggburg guriidfefren. ®er ben ^atfolifen gugefügte ©djaben mürbe nur
teilroeife erfept, unb einige ber fpauptfirdjen blieben im Vefip ber üßroteftanten. ®er
Ä'aifer gmang aber bie ©tabt gu einem Vertrag mit bem bamaligeit Vifcfof ^arbinal
Otto Xrudhfefg, in meinem eine ©ntfcfäbigung unb bie SBieberferftedung ber Qurig«
biftion beg Vifcfofg ifrem gangen Umfange nacf feftgefept mürbe. 3)er Vertrag
fam aber burcf bie Ungunft ber Qeit nicht gur oollen 21uSfüfrung; meber alle
ßirdjen noef alle Recfte über bie Veioofner oon Sluggburg mürben bem Vifcfof
gurüdgegeben. Srof aller SInftrengungen ber ßatfolifen übertraf bie Qafl ber
§äretifer faft um bag 3el)nfac^e ^er ®atf olden 4. ®agu trugen oiel bei bie
14 lutferifefen ^feuboboftoren, bie 1552 nacf breijährigem ©jil Oom ßurfürften
ÜUtorif oon ©aeffen unb ülbrecft oon Vranbenburg mit gemaffneter £>anb gurüd*
geführt morben rnaren. 2(n einem Vormanb für ihr Verbleiben fehlte eg nicht.
2)enn ber SlugSburger ReligionSfriebe oom Qafre 1555 erlaubte ben Reicfsftäbten,
in melcfen gu biefer Qeit beibe Religionen in Übung rnaren, bie (freifeit für bie
fatfolifefe Religion unb bie StugSburger tonfeffion. Qnfolgebeffen mar nicht allein
1 Stopp, Sreißigj. Srieg III, 1, 214 ff.
2 *Hist. coli. August, ad ann. 1629. Sa3
£auptoerbienft feßreibt ber ©eneral in einem
Briefe oom 15. ©ept. 1629 on gorer nädjft
bem Saifer bem 93ifcßof Oon 9tug§burg gu.
0rig.=9leg. Ad Germ. sup. 9}gt. 9Sitefle§d)i au
gorer, 12. San. 1630: Ne Societas minus
quam aliae omnes quae Augustae sunt re-
ligiosae familiae gaudere videatur de exclusis
studio S. C. Maitis ex illa urbe haereticorum
praeconibus, erlaubt er eine jäfjrlicße Sanf*
meffe für biefe SBopItat gu öerfpredjen. Ser
93ifcßof ßat biefen 958unfd) geäußert. Sad ®om<
fapitel, bie ©tifte unb Slöfter tjatten firfi 1629
oerpflicfjtet, für ben Saifer jäfirlicf) eine San!>
meffe unb naef) feinem Sobe einen SaßreStag
gu patten, fß t a c i b u § 93 r a u n , ®efd). ber
93ifd)öfe üon 9tug§burg (1815) IV 151.
3 * Original unb Songept in 9tom, StrdjiP
ber fJ3ropaganba, Lettere di Germania vol. LXX,
f. 118 f. '
4 9?acb bem 93erid)t ber taiferlidjen Som=
miffare oom September 1628 toar faum ber
getjnte Seil ber 93ürgerfd)aft tatbotifd) (fRitter,
Seutfdje ©efdjidjte im 3eüaüer ber ©egem
reformation III 431). Über bie ßimoobnergaf)t
91ät)ere§ bei 0. ©tetten a. a. 0. II 514 590
640. gür 1640 loerbeu 6170 Satt)oti!en unb
13 790 ißroteftanteu angegeben.
2lltc unb neue fRieberlaffungen : 2lug§burg.
227
bag lutfjerifdje Volf, fonbern aucf) ber SO?agiftrat, ja faft ganz SDeutfcfjlanb ber Über¬
zeugung, baß bieg auch für 2Iugg6urg gelte, unb zttrnr aucf) troß ber augbrücfltcf)en
ißroteftation be§ Ä'arbinalg Otto gegen biefen ^rieben. ©emäß biefer faft allgemeinen
Sluffaffung maren bet bem oor jmei Qafjren begonnenen fßrozeß §ur SBieberertangung
ber ^ireßengüter nicfjt toenige ber faiferlicßeit Väte gegen bag Verlangen beg Vifcfjofg,
aber fdjfießlicfj fiegten feine 2lugbauer unb feine ©rünbe, ba ber üaifer unb bie
fatßolifchen ßurfürften fief) für bie 2lugfüf)rung beg 1548 abgefc^Ioffenett unb 1580
toieberum öorn ß’aifer beftätigten Vertrages erflärten 1. ©o ber gürftfüfehof.
SDie nädfifte golge für bie ^efuiten mar eine große Steigerung ifjrer Strbeit
unb bie Srricßtung einer jmeiten Siieberlaffung in 21uggburg. ®a§ ehemalige
^'armeliterüofter ©t 21nna mürbe ben ^roteftanten mieber genommen unb oom gürft*
bifdjof ben Qefuiten übertragen. 21m 11. Januar 1631 nahmen brei ^ßatre§ unb
brei Vrüber bort SBoßnung. 21m 23. Oftober eröffneten bie 3efu^en in ©1 21nna
Vorlefungen über ^fjilofopf)ie (Sogif unb Sßhßfif)2.
®ie greube beg Vifcßofg unb ber ^atßolifen mar nicht oon langer ®auer.
®ie (Sinnahme Sluggfmrgg burcf) bie ©djmebett im ^aßre 1632 führte einen öoU-
ftünbigen Umfdhmung tjerbei. ®ie ^efuiten mürben mit ben anbern Orben oertrieben
unb lehrten erft fßalmfonntag 1635 aug ber Verbannung gurüd3. .Querft mußten
bie üerroüfteten 2öof)nungen unb ©cßulen üom ©cfinmß gereinigt unb mieber einiger¬
maßen ßergeridjtet merben. Sütcßbem bieg gefeßeßen, brach in ber bereitg entoölferten
©tabt bie Sßeft oon neuem aug. @rft um ©t üütartin fonnte man bie ©cßulen mit
menigen ©cßülern in fünf klaffen mieber eröffnen, benen bann am (Snbe beg $aßreg
bie 9tßetorif beigefügt mürbe, $n bem $aßre 1641 unb ben folgenben fahren
Zählte bag Kolleg meift 19 ^ßerfonen. Von ben zmölf ißrieftern lehrten oier neben
Zmei SJJagiftri am ©ßmitafium. ®ie ©eelforge auf ber Kanzel unb in ben brei
Kongregationen mürbe im felben Umfang aufgenommen mie früher. SDurcß bie feit
1638 eingeführte ©eneralfommunion am erften ©onntag jeben SJtonatg fteigerte fief)
1 *Relatio status Ecclesiae et totius Dioe-
cesis Augustanae in Epp. ad Bus. (Sine aueb
füf)rlicf)e 93egrünbung ber gorberungen be3
S8ifcf)of§ bei (Laymann), Pacis Compositio2
520 ff. Sie Sßiberlegung ber Eintoürfe ebb.
540 ff. Über bie ©rünbe, auf bie fidf) ®nö-
ringer ftüfcen fonnte, ügt. ip e r nt. 95 o g e 1 , Ser
tampf um bie Einführung ber Rarität in
2lug3burg (1900) 4 f. Sie allgemeine 2In=
fdjauung aud) am föaiferfjof bi§ 1629 mar für
bie ©ültigfeit be3 3teIigion3frieben3 in SlugS-
burg; ebb. 3 f. o. ©fetten a. a. 0. II
29 ff.
2 Ser ©eneral 33iteüe§d)i mißbilligte bie
Slnnaßme Bon ©t Sluna. Unter bem 22. 9Jtärä
1631 fdjrieb er an P. SKunbbrot : Administra-
tionem domus ac templi Stae Annae Augustae
a nostris receptam esse quo minus probare
adliuc potuerim, faciunt non solum querelae
Patrum Carmelitanorum , qui molestissime
ferunt a Societatis hominibus quos hucusque
magna ubique caritate et benevolentia colu-
erunt monasterium illud sibi ereptum esse
(omnino enim persuasum illis est, si istic tarn
serio monasterium illud recusassent nostri,
quam ego hic recusaui et istic recusari cu-
piebam, nunquam illud sibi fuisse eripiendum),
sed etiam aliorum paene omnium religiosorum
imo et secularis cleri indignatio, quibus exem-
plum illud non minus urbi periculosum, quam
Patribus Carmelitanis noxium est visum. Quae
res cum etiam liic commiseratione dignam
faciat cum non leui Societatis inuidia eorun-
dem patrum spoliationem, vehementer metuo,
ne quod istic adhuc ab lllmo Episcopo obtinere
non potuerunt a Summo Pontifice obtineant,
atque ita cum magno rubore Societas tandem
restituere cogatur rem auidius quam pruden-
tius occupatam. De quo quamdiu a Summo
Pontifice nihil certe decretum erit, censeo
lente admodum in aperiendis in domo Stae
Annae scholis et stabili illi censu quaerendo
esse progrediendum. * Drig.-3ieg. Ad Germ,
sup. 91m 9. guni 1631 befahl Urban VIII.
bem Offizial be§ SBifdjofg bon Eichftätt, Erl).
Dteptter. bie Übergabe be§ ehemaligen ®arme=
literfloftersS ju oolIUehen. Sie Srabitionl-
urfunbe bonx 6. Oft. 1631 im Original in
SDt. 9L, Urfunben, 9tug3burg, gef.
3 Sßgf. ba§ 6. Kapitel unb bie ^Relation beS
23ifd)ofä Pom gahre 1639, in ©ifjungSber. ber
9Mnch. 2tfab„ hijtor. Äfaffe 1878, 371 ff.
15*
228
Viertel ftapitel. Sie oberbeutfd)e ^robinj.
halb mieber ber Empfang ber ©aframente, fo bafe 1639 22000 unb 1647 fogar
29 000 Kommunionen gejäfjlt mürben, mäfjrenb bie Seiften nod; gasreicher maren.
§lud; bie Belagerung be§ 3a*)re§ 1646 burdj bie ©darneben unb grangofen hatte
auf bie Steigerung be§ ©aframentenempfangeä großen (Sinftufj.
Sieben beit Slrbeiten im Kolleg nahm aud; bie frühere Stätigfeit in ©t Stnna
mieber ifjren Fortgang K Slm 6. Stprit 1635 erhielten bie Qefuiten bie Ktofterfirche
unb etmaS fpäter aud; ba§ Ktofter ©t Stnna gurücf, fo bajj am 24. Januar 1636
brei $atre§ bort 2Bof)nung nehmen unb bie Bortefungen über pf)itofop|ie unb
907orat beginnen fonnten, unb graar batb oor 80—100 ^örern (1643 unb 1644).
©d)on 1641 gingen au§ ©t Stnna fieben Söettpriefter fjeroor. ©eit 1642 motjnten
in ©t 2tnna fünf Bfltie3, öon beneu einer Btorat unb brei Sßfjitofopfjie oortrugen.
3tt ber Kird;e fjatte man jäf;rtid; 6000—8000 Kommunionen. 2Bät;renb ber Be¬
lagerung oon 1646 fdjme&te ©t Stnna in großer ©efafjr, üertoren gu gehen, ba bie
Broteftanten bie oöttige SBieberherftettung beS früheren ßuftanbeS al§ Bebingung
für i^ren Beiftanb gegen ben geinb forberten. Sinige 3a*)re fpäter trat biefer
Bertuft mirftid; ein. infolge be§ 3Beftfälifcf)en $rieben§ mußten bie Qefuiten am
22. 9D7ärg 1649 Ktofter unb Kirche oertaffen1 2. 9Ü7it alter bemegtidjen §abe gogen
fie in ba§ Kotleg, metdf)e3 nunmehr auch bie Stätigfeit ooit ©t Slnna übernahm.
3m 3af)re 1650 gäf)tte baS Kotteg 24 Berfonen, barunter groötf B^iefter, oon biefen
tafen 1 907orat unb 2 Bh^°f0P^e? 2 Briefter unb 4 9D?agiftri lehrten am ©pmnafium3.
3n bem gangen Zeitraum übten bie ^efuitett oott Stugsburg aud) in ber Um»
gegenb oielfatf; ©eetforge au§; fo g. B. ging man 1611 alte acht Stage nad) griebberg,
SDonaumörtf), Obernborf, 9D7inbeIheim, fpäter aud; nad; 9Düdf;aufen unb (SDetftetten
unb anbern Orten 4. —
gür ^iütitgcit5 brad;te bas neue ^attr^uttbert enbtid; bie taug erfef;nte, hin*
reichenbe Dotation burd; bie ©tiftungsurfunbe be§ gürftbifcfjofS 3°^- oon Knöringen
oont 14. 3«ni 1606 6. Bod; etroaS früher hatten umfaffenbe Neubauten begonnen.
Batb nad; Bottenbung gmeier großer fftüget für ba§ Konüift (1603 — 1605) 7 mürben
bie B^nne für eine neue Kirche entroorfen (1608). 9tm 29. 9Bärg 1610 begannen
bie $tu§fd;achtung§arbeiten, unb am 6. Stprit 1610 mürbe burch ben Beftor ©rengiug
ber elfte ©tein gelegt; megen ber Kriegsgefahr fanb bie feierliche ©runbfteintegung
bitrdh ben Bifdfjof erft am 1. Oftober 1611 ftatt. Bad; einer Baugeit oon ftarf
fed)§ 3ahren fonnte ber Bifdfjof, ber für ben Bau 10 000 ©utben gefpenbet, bie
neue Kirche meitjen (Söfariä f)immetfaf)rt) 8. Bei bem Bau biefer Kirche mar mie
bei anbern 3efnitenfird)en „erfter ßmecf, einen Baum herguftetten, geeignet, eine
mögticfft grofje 9Jtenfd)enmenge gu faffen, gefd;idt angelegt, um bie gaf;Ireid;en Slttäre
unb Bei<htftüf)te organifdh eingufügen, nach aujgen einfad; mie ber Orbenshabit, nad;
innen großartig, um baS Bolf angugieheu, mit einem SSort eine ÜBifftonSfircfie gu
1 Surdj ben Stfforb t>om 13. SWärg 1635 war
bie 1629 gefdjebene faiferlid)e ^Reform wieber»
Oergeftellt, ben Sproteftauten aber freie 9teligion$=
iibung gewährt Worben. fßlaci bu§ 23 raun,
©efd). ber 23ifd)öfe oon Slugäbnrg IV (1815)
245 ff.
2 23gt. bie beweglichen Klagen be3 23i§tum§=
üerweferl 3obann 9tuboIf bon 9ted)berg in
feiner 9telatiou oon 1649 (©ibungeiber. a. a. £).
390 ff).
3 gm 3af)re 1649 waren unter neun Sebrern
bie Äurfe alfo befept: fDtoral 15, SJSbOftf 16,
Sogifll; ba§ ©tjmnafium hatte oon ber 9tbe=
torif angefangen 34, 35, 43, 44, 56, 64 ©djüler.
* 2R. 9t., Jes. 570.
4 Sie 9teftoren waren: 9Jtetd)ior ©tör, 1599;
3a!. 9Jtat)r, 1613; §ugo SSolfurt, 1617;
ebnftopb ©netter, 1621 ; ftonrab 9teif)ing, 1626;
23altl)af. ©eiffler (23igereftor) , 1635; granj
Sidjtt, 1635 (f 13. 9toü. 1636); ©ebb- 9*ajen*
rieb, 1637; 9Jtai' Serdjcnfelb, 1641; 3c*b-
Sernbarb, 1644.
6 23gl. 23b I, ©. 194 ff 610 f.
6 ©iebe ba3 8. Sapitel.
7 ©iebe bad 9. Kapitel.
8 23 raun, Sefuitenürdjen II 126 ff.
Sitte unb neue Slicbcrlaffungcn: Tillingcit.
229
erbauen" 1. ®ie !iDfariä»|jintmelfal)rtl*®ird(je ähnelt in Diaumgliebcrung unb Stufbau
ber ÜDiündjener üölidfaellfirdje. ©ie ift bie erfte Sienaiffancefirefje in ®eutfcf)lanb,
in ber bie ben beibeit Gfjorjocfjen angefügten 9iifcf)en in jroei ©efdfoffe aufgeteilt
finb, non bencit bal obere Oratorien, bal untere bie ©afriftei enthält. ®a bal
Sidft burd) feine (Smporen gefjinbert ift, fann el fid) burd) bie fjofjen, runbbogigen
$enfter nott in bal innere ergießen. 2)ie Sänge ber Äirdje beträgt 47 m, bie
.'pöfje bei Sangl)aufel 18 m. ®al Sturere ift monoton unb nüdftern2.
9?acf)bem 1621 bal $onnift aulgebaut morben, fam 1628 bie fcfjon lange bau*
fällige Slfabemie an bie 91eil)e. 3m Slpril 1628 rourbe mit ber 9?ieberlegung bei
alten Slfabemiegebäubel be»
gönnen unb am 10. $uli ber
©runbftein juni Neubau auf
einem oom Sifcfjof gefdjenften
s$faf$ an ber ©tabtmauer ge*
legt. SSegcn bei Striegel ge»
bief) ber Sau nur bil jur
Soüenbung bei erften ©todl
unb blieb unnollenbet. ®ie
fcfjon mäljrenb bei Sauei im
Stonnift untergebracfften @pm--
itafialflaffen, für bie ber jmeite
©tod beftimmt mar, mußten
fo trolj oder Unbequemlicfjfeit
niele ^aljre im ßonnift ner*
bleiben3. SDie ßaljl ber 3e=
fniten betrug burdjfdjnittlid)
30 — 40 ; im Qafjre 1604 maren
el 40, 1624 fogar 46, non
benen fünf ‘jßatrel unb fünf
©dfolaftifer im Äonnift mofjn*
ten unb beffen Seitung beforg»
ten. ®ie niebrigfte 3af)l geigt
bal 1633, rao nad) bem
©dfmebeneinfall nur meljt jmötf
^efuiten in Gillingen maren;
biefe 3a^l ftieg aber halb
mieber auf 20 — 30.
9cacf) bem Smger ^rieben
Ratten bie Qefuiten eine 3eit»
lang 9tulje. Sieuen ©cfjreden brauten bie 1645 unb 1648. 3n erfterent gmang
ber Süidjug ber Sapern nacl) ber ©df)lacfjt bei Slllerlfjeim jur ©dilieffung ber ©djulen.
3m 3aljre 1648 mürbe bie ©tabt non granjofen unb ©cfpneben breimal geplünbert.
Septere nerblieben bann in ber ©tabt bil SDtitte 16504. ©roff maren mäfjrenb ber
Äriegljeit bie pefuniären Saften: ßaljlung non Söfegelbern, Serpflegung ber gefangenen
Satrel, fö’often für Semirtung non Offigieren, Unterftiifjung non armen Sürgern
ev;
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ift;
Otto Redivivvs.
^umanMer fgn*
0t Der Comoedi t>on erfter ©tifc
tung/Slnfatig tmb ^ottpfkn^ung ber V n i-
uerlitcr DcrSocietec 1 e s v intDtlingen^urdjroei*
lauteten Oc*n’ütM«i(I<n8i'it(l(nOT6JeKtin/^)«!n Ot¬
to StmJ)fefi»on!2B<»itpitr<i/ ter-ti. Dt- jUtdbeniBt»
fefcoff rnb (Eartlnal »iilll&an t'Ji&'Äitßfpurg/
<p?ob(t pnnt .£><5rmn jft
'irlt»rttig<n.
©galten in (rrntlKt Vniuerfitcc $ü Siltngcn/
ten jj.£>crobittf. Unno i 6 14-
r
©cbntcft &üS>ilingcnbct)
^So^annte
liiiiSliüüüliSi
$ie TüDinger fiontöbie Otto Redivivus, 1614. (2/3)
1 D3far So ebner Don ipüttenbacb, Sie
2>cfuitenfircf)e ju Sillingen (1895) 16.
2 93gl. 93 raun a. a. 0. II 133 ff. ©ine 93e*
fdjreibung ber Äircbe in * Litt. ann. 1617.
3 Spccfjt, ©efef). ber llniDerfitöt ®iHingcn
(1902) 103 f. 9?gl. ba§ 93ittgefncf) be§ P. ©iger§=
reitter Dom 16. Slug. 1629 an ba3 Somfapitel
um llutcrftüpung für ben Sleubau. * Original
im 9». SR. 91., ies. 1008\
4 ©ped)t a. a. 0. 91.
230
Viertel Kapitel. Sie oberbeutfeße fProüinj.
unb ©tubenten. ßur felben 3ed blieben natürlicß bie Sintiinfte bei Koüegl rneßr
unb rneßr aul. 1632—1636 beliefen fidj bie an! Kolleg unb an bie SUabemie
nidjt rneßr eingejaßlten gmnbationlgelber auf 12 615 ©ulben. ©o mußten bann
gurueifen felbft Kircßengeräte oeräußert merben, fo 3. 93. ein golbener Kelcß um 400
©ulben, eine filberne Sampe um 800 ©ulben ufro.
®urcß bie SBecßfelfälle bei Krieges mürbe bie SEätigfeit ber Qefuiten oielfadj
beßinbert, bie 931üte ber ©cfjule gefnidt. Slußer ben fecß! Sßrofefforen an ber
Slfabemie 1 jäßlte ® düngen 1603 fecß! Seßrer für bie fünf klaffen bei ©pmnafiuml;
bie Humanität umfaßte megen ber großen ©djiüerjaßl jmei gleicße Slbteilungen;
1613 trat eine fedjfte klaffe (Rudimenta) unb 1625 eine fiebte (Principia) ßinju,
in letztere traten nur bie Slbcfcßüßen ein. ®a! ©rieeßifeße begann feßon in ben
Rudimenta. Sin eigener Seßrer für ba! ©rieeßifeße ift nicfjt borßanben. S)ie pflege
bei ©riedjifcßen fdßärft aber 93ufaeul 1609 befonberl ben Seßrern ber unteren Staffen
ein, bamit nidjt bureß ißre ©djulb biefe ©praeße in ben oberen klaffen jurüdgeße2.
®ie ©cßülerjaßl betrug um biefe ßeit üon 1604 an gegen 700 — 750 für ©ßmnafium
unb Slfabemie jufammen3; fpäter, in ben erften ^aßren bei dreißig jäßrigen Kriege!, fiel
bie 3aßf auf 600. SJacß ber fdjmebifcßen 93efeßung leßrte 1636 ein s^3ater fftßetorif,
einige roeitere bie ©rammatif, 1647 finb gmei i|3riefter unb ein ÜDtagifter am ©ßmnafium
befcßäftigt, 1648 — 1650 ein ißriefter für bie ütßetorif unb jmei ÜDiagiftri für bie hier
unteren Klaffen. 2)ie 3aßl ber ©cßüfer betrug 1632 unter 150 unb ftieg 1642
toieber auf 240 für Slfabemie unb ©ßmnafium, um 1647 auf 160 unb 1649 auf
100 ju falten unb bann mieber ftetig ju fteigen4.
Sieben ber aulgebeßnten Sätigfeit für ©cßule unb Konoift fonnte auf bie übrige
©eetforge meniger ©orge oermanbt merben. ^mmerßin übernaßm man aber außer
ben ißrebigten unb Katecßefen in ber eigenen Kircße audj bie in ber fßfarrfireße unb
mar fleißig im 93eicßtftußl. SDie 23eicßten erreießten 1609 außer benen ber Slfabetnifer
bie 3aßl üon 10500, bie Kommunionen betrugen 1616 über 12000, 1624 faft
17 000 unb 1630 über 23 000. Siadj ben erften unb fcßlimmften Krieglmirren ftieg
bie ber Kommunionen im 3aßre 1640 mieber auf 8000.
Slucß bie £Ttacf>barfcßaft, mie Sauiitgen, §öd)ftäbt unb bie ganje Sßfalj, erfreute
fidj oielfacßer Slulßüfe5.
SBie um Slugiburg ßat fidj 53ifdjof §einricß 0. Knöringen aueß um ÜDidingen
große 23erbienfte ermorben 6. ®er ©efeßießtfeßreiber ber 53ifcßöfe non Slugiburg ßat
über ißn bal Urteil gefällt: „^einrieß mirb mit Siecßt unter bie größten 53ifdjöfe
nidßt nur feiner Kircße, fonbern aueß feiner 3ed gegäßlt. Sr bilbete fidj ganj naeß
ber 93orfdjrift bei großen Slpoftell, mar untabelßaft, nüdjtern, flug, üereßrung!»
mürbig, gefittet, ein maßrel SSorbilb ber ©laubigen in ber Seßre, im Umgänge, in
ber Siebe, im ©tauben, in ber Keufcßßeit unb tiernadjläffigte bie ©abe nicfjt, bie
er bureß bie Sluflegung ber priefterlicßen £>änbe empfangen ßatte. ©treng in feinen
1 ©ieße ba§ 8. Sapitel.
2 Ratio studiorum III 190.
3 ißon ben 754 ©tubenten be§ lyößreS 1G07
faßen auf ba§ ©pmnafium 463: Stßetorif 76,
Humanität 118, ©pntap (in -poei fJJaraKel«
turfen) 117, ©rammatif 68, Rudimenta 84.
2)ie 311 ©qmnafiaften be3 3aßre3 1626 oer*
teilen fid) auf ffißetorif 49 , Humanität 56,
obere ©pntaj: 50, niebere ©pntap 34, ©ram=
nxatif 45, Rudimenta 46, Principia 31. ©ped)t
a. a. D. 383 f.
* Snt Saßre 1649 entfielen auf bie fedj?
Staffen be§ ©pmnafiumS 10 (fRßetorif), 14, 7,
9, 12, 16 <Sd)üler. * 911. 31., Jes. 570.
6 Sie OJeftoren loaren: Siü- $ri§cianenfii,
1599; ©ßriftopf) ©rensing, 1603; f)jet. ©ottrato,
1618; Soß. SRocquet, 1622; ^oß. @iger§reitter,
1625; SSJoIfg. ©rabenegg, 1631; ©eorg 9teeb,
1635; ©eorg (Stengel, 1640 ; Qoß. 93erußarb,
1643; §einr. Samparter, 1644; 9>batn ©riefjer,
1647 ; ©igm. ©djuremberger (©cßauernberger),
1650. Sic uäßeren Säten bei © p e d) t a. a. 0.
267 ff.
6 ßbb. 80 ff.
2Ute uttb neue ffiicbertaffungen: Gillingen (güffett. — Öttingen. — Ellwangen). 231
©runbfäfjen unb in feinem SBanbel, forgte er eifrig für bie guten (Sitten, befoitberS
bei beit (55eiftlicf;en ; er braitg in biefe ;$ur $eit unb Unzeit; er ftrafte, bat, brofjte,
aber mit ©ebitlb unb mit Velefjrung. (Sein Sifer für bie Srhaltung unb Verbreitung
ber fatf)olifdjen Religion ging fo meit, baff er aus feiner Siöjefe alle Qrrleliren mit
©eroalt oerbrängen unb ade 3nvnben in bie Kirdje jurüdjuleljren burcf) bie ftrengften
unb f)ärteften SÜta^regeln jmingen mollte. Sr litt für bie Religion alles Ungemacl),
Verfolgung, Vermeifung, Veraubung feiner ©üter unb Sinfünfte, unb jeigte fidj.aud)
bereit, für feine Kirdje fein Seben aufjuopfern. Sr madjte über bie Vedjte feiner
Kirche mit unerfd)ütterlid)em StTiute unb unüberminblidjer ®tanbl)aftigfeit." 1
3u Spillingen gehörten aud) bie Vefibenj in griffen unb bie äRiffionSftationen
in Öttingen unb Sllmaitgen. 3n giiffen unb ber Umgegenb Ratten fcfjon 1597
5toei patres fegenSreicf; gemirft. 3m 3a^re 1611 mürbe bort auf Verlangen beS
VifdjofS ^eiitrid) 0. Knöringen, bem bie ©tabt in toeltlidjer unb geiftlidjer Vejieljttng
untergeben mar, eine Heine ©tation mit ^mei patres unb einem Vruber gegrünbet2.
Sin ©treit jmifdien bem Slbt beS ©t SÖJagnuSftifteS unb bem Vifcfjof über bie Ve»
fefjitng ber ißfarrfanjel, bie ber Vifdfof 11. äftai 1616 ben 3efuiten äugefprodjen,
mürbe fo gelöft, bafj bie Veuebiftiner fidj mit ber Veforgung ber Kanzel burd) einen
3efuiten an ben ©onntagen einöerftanben erllärten. Ser Vifdfof mar mit ben
Arbeiten fel)r jufrieben. 3n einem ©djreiben tont 18. Oltober 1617 an ben ©eneral
fpenbete er ber Sätigfeit unb ben (Erfolgen ber patres in $üffen großes 2ob unb
bittet unb befdjmört ben ©eneral um bie ©eubung ton jrnei meiteren patres für
bie Srrid)tung ber britten unb jroeiten ©rammatifflaffe 3. SPiefe ©djule mürbe 1618
errichtet, aber fo fdjroad) befugt, baff man halb mieber an if)re Slttflöfung backte.
Ser (General meinte in einem Vriefe tont 22. ^uni 1619 an ben ^ßrobinjial ©renjing,
man fotte mit ber Sluflöfung noch etmaS jumarten, oielleidjt befferten fidj bod) noch
bie Verf)ältniffe. Sie ©cfjliefjung erfolgte 1621, unb einige Qalfre fpäter mürbe bie
©tation bei ©elegenfjeit ber 92eugrünbung in Kauf6euren ganj aufgegeben: am
8. Sioüember 1627 jogett bie 3efu’ten db.
0 Hingen (im VieS), ber ©i($ ber ©rafen oon Öttingen, mo 3efuifen f<hon
1601 torüf)ergef)enö gearbeitet Ijatten4, mirb 1643 als ftänbige SJtiffion genannt,
^m 3afjre 1644 beforgten gmei ißatreS in Öttingen fünf Pfarreien in ber Ilm»
gegenb. 3n *)er ©tobt, in ber etma 400 Katholifen maren, mürbe fleißig Sf)riften»
lel)re gehalten. Sie 1647 eingefüfjrte monatlidje ©eneralfomntuniou ^atte ben Sr»
folg, baff überall ber Smpfang ber ©aframente ftieg. 3m 3a^re 1648 gälflte man
3900 Kommunionen (1644: 1100). häufige SluSfliige in benachbarte Sörfer fanben
ftatt. Qm 3af)re 1649 t)ei^t eS, bie gmei patres f)ßben oier Pfarreien gu terfefjen,
eine in ber ©tabt unb bie anbern außerhalb5.
3n SH man gen, mo ber gefürftete ©tiftSpropft bie meltlidje £>errfd)aft, ber
Vifdjof üon StugSburg aber bie geiftlidje 3uriSbiftion (mit SluSnaljme ber ©tiftSfircfje)
befafe, f)ade 1568 ^5eter SanifiuS gemirft, unb fpäter hatten oft patres oon Sillingen
1 SS raun, ©efd). ber 93ifd)öfe oon 9tug§»
bürg IV 286. S3gl. g. © p i n b I e r , £>einrid) V.
oon Änöringen (1911) 72 ff.
2 Kropf 1 62 389. ©t ei cf) eie, 93i§tum
2Iug§burg IV 424 ff. $ort 37äf)ere§ über ben
©treit wegen ber Hansel. SSaumann, ©efd).
be§ 2Wgäu§ III (1894) 449. ©ped)t, $il»
lingen 474.
3 2>er 23i[d)of fagt u. a. : Quantum vero
illi (duo Patres e Societate) tarn exiguo tem-
poris intervallo fructus collegerint , qua e
pulpito ad populum dicendo teneramque iuven-
tutem orthodoxae fidei rudimentis imbuendo,
qua et privatis congressibus exemplo vitae-
que probitate fatebuntur animo lubente cives
omnes. Qm einzelnen erwähnt ber 23ifd)of ben
häufigeren Empfang ber heüisen Saframente,
ben täglichen Söefud) ber heü'Sen SJieffe, bie
öor acht fDlonaten errichtete 9Karianifd)e Äon»
gregatioit :c. *Orig. Epp. Episc.
4 Flotto 32.
6 * Litt. ann. nnb *Cat. 1644 ff.
232
SSierteS Äapitel. 2!ie oberbcut[d)e fßrobing.
bort gearbeitet1, ©eit 1602 famen faft jebe§ ^at)r gmei fßatreS Don Gillingen gu
längerer ÜRiffionStätigfeit, jo baff eS 1609 fjeifjt, bie «Stabt fei jc^on efjer eine fefte
äRiffion als eine SluSfjilfiSftation gu nennen. Eine eigentliche SDRiffionSftation mürbe
aber erft 1611 errichtet. Wieberljolt tnar non ben Stiftspröpften bie ©rünbung
eine§ Kollegs in Ellmangen angeftrebt morben, aber ftetS oergebenS. Enbe 1617
hatte ber fJSropft CSfjriftoph Don Wefterftetten feinen bringenben Wunfcf) bem (General
auSfprecfjen raffen, aber bie Slntmort fiel mieber Derneinenb aus. Slm 6. Qanuar
1618 britcfte SitelleScf)i bent SDiüinger Sfeftor auf fein bieSbegüglicffeS ©efud) fein
groffeS Sebauern auS, megen anberer nichtigerer Arbeiten unb SeutemangelS bent
Wunfdfe beS fßropfteS nicht entfprechen gu fönnen. ®ie Ablehnung mar bem fßropfte
fehr fchmerglidj ; er hätte, fo fdjrieb er am 15. ffebruar 1618 an ©renging, nichts
SiebereS gefehen unb gemiinfcht, als baff feine Stbfidjt enblich üerroirflicpt morben
märe 2. Qn gmei ©utatfjten mirb gegen bie Errichtung eines ßollegS geltenb gemacht
unter anberem ber geringe Umfang ber Stabt, ber üble Stuf megen ber Dielen £>ej;en,
ber auSmärtige Schüler fernhalten mürbe, gang befonberS auch bis ^Ibficht, baS
Pfarrhaus bem ß’olleg gugumenben unb bie Pfarrer mit einer fßenfion gurn Unter*
Ijalt beS ^ollegS gu belaften, maS nur Unmillen unb Slbneigung IjerDorrufen fönne 3.
9CRai 1632 mürbe Ellmangen nach Burgern Wiberftanb Don ben Sdfmeben befept.
®ie beiben fgefuiten, bie bort auSgeharrt, fonnten ihre Slrbeiten fortfepen, unb fo*
lange bie Scffmeben in ber Stabt maren, gefchah ihnen lein 2eib. Schlimmer be»
hanbelte fie (fguni 1633) ber ©raf föraft ^ofjenlofje, bem Ellmangen Don Openftjerna
gugeteilt roorben. Hohenlohe oerhölfnte bie fgefuiten unb befahl ihnen, bie Stabt gu
oerlaffen. Stad) Dielen 2öecf)felfällen gelangten fie erft im SDegember 1633 nad)
Gillingen. ÜDtefjr als gmei ^alfre mufften fie Ellmangen fernbleiben4. Erft 1636
fonnten fie mieber bahin gurüdfehren.
Slm 14. Sluguft 1638 errichteten bie beiben fßatreS ^oh- Slnreiter unb fgoh-
tpeffelin auf bem Scffönenberg ein mit bem Silbe ber ÜDtutter ©otteS gegiertes ßreug
mit ber Überfchrift Mariae Lauretanae. Salb nachbem baS ®reug errichtet mar,
famen gasreiche fromme Wallfahrer Don nah unb fern. Slm 24. gebruar 1639
befcfjloffen bie SatreS, um ben Dielen frommen Wallfahrern auf bem Serge ©d)uf$
gegen Sturm, Siegen unb Schnee gu oerfdfaffen, ein IjölgerneS SethäuSd)en gu er¬
richten. 25a bie ©läubigeit ficf) beeiferten, Saumaterialien her&eigufd)affen, tnar
fdjon nad) Dier STagen ber hölgerne Sau hergeftellt. ®er Sau felbft ftf)lo^ ben
Äreugesftamm bis über baS ©nabenbilb ein, mährenb baS ^reug felbft baS ®ad)
überragte. SereitS am 25. SJiärg mürbe ber erfte feierliche ©otteSbienft gehalten,
unb am britten Ofterfeiertage, 26. Slpril, ftellten bie umliegenben Ortfchaften Sitt*
gänge gum SDtuttergotteSbilbe an. Salb ermieS fid) bie hölgerne Kapelle beim groffen
Slnbrang ber fßilger gu flein; fchon einige fDtonate nad) beren Errichtung legte am
24. Quni 1639 ber gürftpropft Johann fgafob Slarer Don Wartenfee ben ©runb*
ftein gu einer aus Stein gu erbauenben Kapelle. ®afür fammelten bie patres Don
tpauS gu fpauS bie nötigen SOiittel. ®iefe floffen aud) Don feiten ber Wallfahrer
reichlich, unb fo fonnte ber Sau, beffen Seitung bem fürftlicfjen tpofmeifter Johann
$afpar Slarer unb bem ©eiftlidjen 9iat Salthafar ®önig übertragen mar, nod) im
gleichen fgaljre Doßenbet merben. 2)ie Kapelle mürbe am 8. September 1639 oont
Weifjbifchof Don SlugSburg gemeiht. Zahlreiche Wallfahrer maren bei biefem Slnlaff
herbeigefommen; Dier fßatreS hörten unter ben nahen Säumen beren Seichten5. Salb
1 Flotto 86 253 314. Kropf I 64 f; 3 $ie ©utadjten ebb.
II 138 432. « Kropf II 65 f 138 ff.
2 $ie beiben 93riefe * Original in 91t. 9t., 3 9t. ©ecfler, 93efd)reibnng ber gefürfteten
Jes. 1254. 9teid)3propftei ßfltuangen (1864) 41 ff.
Sitte unb neue Sßieberlaffungen : 9tegen§fmrg.
233
würbe bie Kapelle weit unb breit berühmt, fo baff ficf) ben i|3atreg eine fegengreicbe
Sätigfeit bei ben oieten Söattfahrern barbot.
gn ben fotgenben ®rieggftürmen, atg ber tropft anbergwo eine guftucfft fudfte,
blieb meift ein fßater in ©ttwangen, um Bürgern unb ©otbaten beigufteben. Siefe
£)itfe mar befonberg nötig 1645, atg bie ©otbaten bie fßeft einfcfjfeppten. gm
gat)re 1646 waren wieber gwei patres tätig, unb 1650 ^ei^t eg, baff man häufig
auf bem ©cffönenberg für bie nieten Söatlfatjrer prebige. —
Sag Kolleg in ber faft gang proteftantifdjen 9teic^§ftabt Regensburg nahm
gunädjft einen guten Fortgang K ©g gäfjtte burchgetjenbg 20 SRitgtieber. gm gaffre
1601 würbe ein neueg ©tjmnafium gebaut. 24ud) ber Sau eineg ®ottegg erwieg
fid) immer mehr atg notwenbig. 5lm 17. Stprit 1614 würbe ber ©runbftein gefegt
unb ber Sau nacf) bem Oon P. $nab entworfenen ißtan in bier gaf)ren oottenbet
im gahre 1618; groffe Serbienfte erwarb ficf) ^terbet ber baufunbige Reftor Rnbreag
fRair (SRatjr), ber fetbft ben Sau leitete. ©r tieff ficf) bei bem Sau non bem
©runbfafj leiten: bie größte ©orge für bag Rotwenbige, einige Rüdficfjt auf Se* *
quemticf)feit unb ©tit, feptereg befonberg wegen ber Sage in ber ©tabt, gar feine
Rütfficfjt auf Supug unb fßradjt2. ©inen Seriell oom 25. guni 1617 befcf)Iie^t
P. ÜRair mit ben SBorten: „23ie aber nicht prächtige ©ebäube, fonbern gute Stirger
ben Ruf)m einer ©tabt augmadjen, fo gereichen gute Orbengteute einem ß’otteg gur
gierbe; fie geben ihm feine gorm, bitben feine ©eete; möge fotche Gerieten ber
weifefte Saumeifter, ber ^»eilige ©eift! Stmen."3 Stug Stntaff ber oerfcfjiebenen
Reichstage fah bag ßotteg Diele ©äfte; fo ftieg möhrenb beg Reicf)gtageg 1630 bie
gabt ber gnfaffett beg ^ottegg auf 60 — 70; im gangen gäfjtte bag fö'otteg in biefem
galjre gegen 100 ©äfte aug üerfdjiebenen ißroüingen, barunter brei fßrooingiate.
Söährenb beg Reid)§tageg Oon 1636 ftieg bie gabt ber £)augbewof)ner Don 12 auf 50.
Sie SBogen beg ^riegeg fchtugen erft 1631 an bie dauern, unb gwar oorerft
nur burch Diete gtüdjttinge oom Rljein/ bei ber Sebrofjung ber ©tabt atgbatb
ihren 2öeg weiter nach Ofterreich nehmen mußten. Rad) gwötftägiger Setagerung
nahm ber tperjog non SSeimar am 15. Roüember 1633 Regengburg. Srei Sage
fpäter würben bie ©eifttidjen unb bie weiften Orbengteute gefangen genommen. Rian
oertangte 200000 Sater oon ihnen, fdjtiefflidj gab man fid) mit 150000 Satern
gufrieben. Sa fo Diet ©efb nicht oorhanben war, mußten bie foftbarften föunftmerfe
aug ben Kirchen an bie ©tette treten. Siefe würben aber nur nach ihrem ©itber=
wert angerechnet. Sag ^otteg ber gefuiten würbe burch bie gedjenben ©otbaten
tangfam auggeptünbert; mieberfjolt grub man Sag unb Rächt, um bie großen ©djäfje
ber gefuiten gu finben. Radjbem bie ©djweben fid) fperburd) fdjtiefflidj fetbft bei
ben fßroteftanten täcfjertich gemacht, fdjrieben fie ihren SRifferfotg im ©cfjapgraben
ben gauberfünften ber gefuiten gu. 2tm 8. Segember würben alte ©eifttichen unb
Orbengteute aug ber ©tabt oertrieben mit Stugnafjme ber ©eifetn für bie Segaljtung
ber Reftfumme oon 50000 Satern. Son ben 35 gefuiten mufften atg ©eifetn bteiben
ber Reftor, ber fßrofurator, ber Sotnprebiger unb gwei Srüber, bie im fötofter ber
Sominifaner in tpaft blieben unb faum bie notbürftigfte Rührung erhielten. Stm
9. ganuar 1634 würben auch biefe ©eifein aug Regengburg oertrieben unb auf bem
2Bege noch mehrere Riate auggeraubt. Ser tpergog oon SBeimar fcfjenfte bag
1 »flt. 33b I, ©.205 ff 619 ff. giir baS
gotgenbe * Litt. arm. unb *Cat. 1601 — 1650.
*Hist. coli. Ratisbonn. — 1644 in SU. 91.,
Jes. 1999. * Coli. Ratisbonn. initia, fundatio
et incrementa — 1773 in Jes. 1999. 95gt.
Et) r. Stein ft äußer, ©efef). be§ ©t)mnafium§
ju ©t fßaut, 93ert)onbtungen be§ fjift. 93erein3
oon Cßerßfatj unb JtegenSßurg 1883, 74 ff.
2 Kropf I 86 ff.
3 * Original in ®t. 9t., Jes. 1999.
234
SßterteS ftapitel. 5)te oberbeutftfie Srobinj.
J O D O C V S
Britannici Regni a Fratre Rodichaele Rege obJati
CO TEMPTOR.
©agili
^LitterttcGer Streite
I O D O C I
S^Jtt fernem ©tu6er Rodichasie ß&ntg bes
fUmcrn’-Örittanmfn/^nöCMffttungttfr^fgicrun«
t>ce» Jttfntjjrfic&s
Surcfc ein
C O M OE D I A.
Qefuitenfolleg ber (Stabt, bie e! ju einem proteftantifepen $ßrebigerfonöift bestimmte.
®aburcp mürbe menigften! ba! Kolleg öor raeiterer Qerftörung bemaprt 1. Stacp ber
©innapme ber (Stabt burrf) bie Kaiferlicpen fonnten im Quli bie Qefuiten jurücf»
teuren, Don benen aber halb elf ber ^eft gitm Opfer fielen.
Qm Anfang be! Qaprpunbert! maren feep! Seprer am ©pmnafium tätig, einer für
Stpetorif, einer für Humanität unb öier für ©rammatif. SDa! ©pmnafium fanb eine
©rmeiterung 1615 burcfj bie SJtoraf, 1616 burep bie ®ialeftif unb 1617 burep eine
S3orbereitung!flaffe unter einem Au!märtigen. £ie unterfte klaffe (Intima) mürbe
1625 megen ju großer Ungleicppeit ber Kenntniffe in §mei Abteilungen geteilt.
©in Heine! Armenlonöift
ST“ . “ . .
Eg
jum 1)1. Ambroftu! begann
man 1609; einige arme
©tubenten fanbeit barin
Unterhalt; fcpoit öorper,
1602, patte ein Stegen!»
burger Pfarrer 2000 ©ul»
ben für bie armen ©tu»
bentenüermaept. 23i!1604
ftubierten am ©pmnafiunt
40 SJtitglieber öerfepiebener
Orben, 13 Söenebiftiner,
10 Qnranjüfaner, 8 Augu»
ftiner unb 3 SDominifaner.
©onft mar bie ©cpiiler»
japl niept grop. Qm Qapre
1638 peipt e!, e! feien
noep niept 100 gemefen.
®iefe Qapl öerboppelte fiep
bei ©etegenpeit be! Steicp!»
tage! 1640 burep ©opne
be! öfterreiepifepen Abel!
unb faiferlicpe $agen. Qm
Qapre 1646 betrug bie
Qapl etma! über 100,
unter benen ber Abel §apl»
reiep öertreten mar. Aitper
ben 8ßrebigten pielten bie
^atre! eine Katecpefe in
ber ©tabt unb eine öor ber
©tabt, ju melcper bie
Seute öon meit unb breit perbeieilten. ®aju tarn 1626 eine britte Ka teepefe in
SBinjer. ®er gröperen unb Heineren ÜOtarianifcpen Kongregation fügte man 1636
mäprenb ber SteicpÜage eine britte bei, in melcper Vorträge für öornepme Herren in
italienifcper ©praepe gepalten mürben; bie gröpere Kongregation jäplte 1649 über
200 ÜDtitglieber.
©röpere SOtiffionen mürben faft alljäprlicp im ÜSaprifcpen Söalb gepalten, bei
benen meift gmei ^Satre! meprere üötonate mit gropem ©rfolg arbeiteten. Aucp bei
ben bifepöfliepen 35ifitationen begleiteten päufig jmei bi! öier Ißatre! ben Söifcpof
Söorgeflelt
<3ö8 bef 5fdt fiollfcfccn Qugeubbfö : Gymnafij
Cer Societc: J £ s v bei) S. Paul
3n 9?(gctifpurg/t>fn 6. seprembris Qm Qapr
(£ftrtfli 1 6 y o.
/^. I? £<rrisrL*--££^j
$ie AcgetiSbmgcv Hotnöbie lodoens, 1650. (2/s)
1 *Relatio de illatis damnis et periculis 1633 in 9J1. 91., des. 1999. Kropf II 151 ff.
2tlte unb neue 92ieberlaffurtgett : ©icpftätt.
235
(SCBoIfgaitg ü. Raufen), burdf) bereit fßrebigten unb llntertoeifungen bie SBifitationen
fid) ju Erneuerungen firdjtidjen ßebeng geftafteten. Sie Qapt ber Kommunionen
flieg üon 6500 im Qaf)re 1604 auf 20000 im Qapre 1626, oon 8300 im Qaffre
1635 auf 18000 im Qat)re 1641, in beit folgeitbeit Qaffreit fjielt fie fiep auf 15000
big 17 000. Sie Konüerfionen betrugen burdjfchnittlid) jä4)rlicf) 20—50. Sie
£>auptforge mar aud) Ijier bie Erhaltung im fatljolifcfjen ©tauben. Ser Söerid^t oon
1650 benterft augbrüdlid) : Sie int ©tauben ©efäfirbeten mürben ermuntert unb ge=
fräftigt; bie SDienftboten, bie bei ben fßroteftanten in (Stellung maren, unterrichtet,
benn bag ift tjier bie £>auptfrud)t, baff bie menigen nod) übrigen Katpotifen int
©tauben bemaprt merben1. Seit 1626 mar Ütegengburg aud) bie ÜDtiffion (Üiefibens)
oon Epam unterftettt, bie aber 1630 mieber abgetrennt uitb bem Stmberger Kotleg
jugemiefen mürbe. Sttt Stelle üon Epam trat Oftober 1631 bie Üiefibenj in Straubing.
9iur menige Schüler ftettten fid) ein, afg nad) ber SBiebereroberung ber Stabt bag
©hmnafinm 1635 mit fedpg Klaffen unter brei Seprern mieber eröffnet mürbe. Sie
ÜDiorat trat mieber 1637, bie Principia unter einem Slugmörtigen 1640 pinju.
Qm Qapre 1645 mürben Sogif unb SDZoraf oorgetragen, bie 1648 aug SJtanget an
Hörern megfieten, 1650 aber mieber eingeführt fittb. Sie Qapt ber Seprer betrug
1639 nur oier (1 SJtoral, 3 ©pmnafium), 1646 aber fünf. Qm Qahre 1649 gäptte
bag ©pmnafium in fedjg Sfbteitungen unter tier Seprern 99 Schüler2.
Ser 9tuf ber Stegengburger Qefuitenfchute mar eilt guter. Ser Sandiger
^rofeffor Qohann Sdjröber fc^rieb barüber am 19. Stuguft 1620 an beit fHat oon
Sattjig: „gair jme Qahren höbe id) bie Qefuiten ju 33rauttgberg befudjt, furm
Qahre bin ich barum in 93apertanb nach Stegengburg üerreifet (metche Steife mir
100 unb 12 ©ulbett gefoftet), baff id) etmag üon ihnen feheit möchte. fpütte bie
öfterreicpifdjen ^atreg unb Qratreg auch nod) gerne befuget, menn mid) nicfjt bie
fpanifcpen Krieggteute gepinbert hätten. . . . Ser Stegengburger Strt gefaltet mir am
beften unb möchte munfdjen, baff er atthier auch in ben Schuten mürbe in Stdjt
genommen, mag fie ©uteg höben, fofern bag ©efcpmeiff atthie möchte einniften." 3 —
S3on ben üieten neuen Kollegien fam bag erfte juftanbe in ber eprmürbigen
23ifcpofgftabt beg pt. Sföitlibatb, Eidjftätt. $ier hotten fdjon früher mehrere Qefuiten
fegengreid) gemirft, fo 1544 Qajug unb 1547 SBobabitta 4, üorübergepenb meitte
hier 1549 Eanifiug mit Satmeron. Eine ganje 3teipe üon Qefuiten, bie in Qngotftabt
ftubierten, mie Sanner, Sapmann, 93ibermann, Sdpeiner ufm., empfingen in Eidjftätt
üon ben SSeipbifcpöfeit Eigjepf unb Sprefiug bie peitigen Sßeipen. S3ei fotcpen ©e=
tegenpeiten fanben fie ftetg gaftticf)e Stufnapme im SBittibatbianum, bem üon SJtartin
ü. Sdjaumberg 1563 begrünbeten tribentinifdjen Seminar. Ser tepte ßeiter beg-
fetben, Stappptug, muffte teiber, meit bag Kapitet bie nötigen ÜDtittet üermeigerte,
ben 3Serfalt beg üon ihm fo fepr geliebten Sßittibatbiauumg erteben. Qn einer
Senffchrift üotn 25. Qebruar 1613 beftagte Stappptug ben Siiebergang ber Schuten
unb bie Sßerminberung ber Sdjüter. $Üg nadj bem Sob beg Sifdjofg Konrab
(7. Stoüember 1612) ber Sombecpant Qohann Epriftopp ü. äöefterftetten, ber jugteich
tropft üon Ettmangen mar, burd) Slfftamation jum 23ifd)of gemähtt morben, be=
fürmortete Stappptug tebpaft bie Übergabe beg Söitlibatbianumg an bie Qefuiten.
1 3>ie fJtettoren waren: ©eorg ©cprötet,
13. Cft. 1599; Safb- 28einfd)enf, 13. <Sept. 1603;
Sa!. Seiler, 28. 5Dtärs 1606; ©eb. 2>tetrid),
1607; 9tnt. SCBelfer, 1610; ütnbr. SDtair, 2. San.
1614; Sop. ©igerSreitter, 1620; 9iif. ©all,
1625; 9JHd). ©beer, 1633 (f 20. 2Iug. 1634);
©eorg ©baifer, 1634; Sonr. £>enjet, 1639;
Sor. Sebbür, 25. 93tärä 1642; Utr. ©beer,
9Jtai 1645; ipeinr. 9)tair, 10. ®eä- 1646.
2 2tuf bie einzelnen Staffen famett 16, 18,
10, 18, 8, 29 (tepte Slaffe).
s §irfcp, ©efcp. be§ afab. ©bmn. iDanjig
15, 2lmn.
4 23b I, ©. 19 30.
236
Viertes ffapitel. $ie oberbeutfcfje ißrobinj.
5£>amit traf er öodftänbig gufammen mit ben 2öünfd)en beg neuen Vifdjofg, eineg
begeifterten gteunbeg ber Qefuiten1.
Johann ©hnftoph berief Sätare 1613 feinen Veidjtöater, ben 3efuiten
S3erc^tc>lb, nach ©idjftätt unb mieg if)m famt feinem Vegleiter eine 2Bof)nung in ber
Vurg unb einen 53eicf)tftu^I im ®om an2. (Sin britter ißater, ©eorg ©top, fam
im folgenben ^afjre unb prebigte ^nöocaöit gum erftenmal im 5£)om. 2(m 4. SIpril
1614 gegen bie brei fßatrel, ju benen fiel) batb ein vierter gefeilte, in§ Seminar
©t SßSillibalb ; ihr ©ffen erhielten fie einftroeilen au§ ber SDomfcfjenfe. ^uli 1614
richteten fie eine eigene ^aul^altung ein unb gur felben 3eit eröffneten fie brei
Schulen. Vi§ eg fo meit gefommen, fiatte eg aber öiele unb ernfte Verhanblungen
abgefefjt, benn bag 5£)omfapiteI mar gegen bie Übergabe beg 233idibalbianumg unb
hatte fidf) in ber 2Baf)lfapituIation überhaupt gegen bie Berufung eineg neuen Orbeng
erflärt. Vergebeng fjatte ber Vifcfjof bag Kapitel gebeten, if)m einen anbern SSeg
ju geigen. ÜRad) Dielen unb langen Verf)anblungen mar enblid) am 15. Januar 1614
ein Übereinfommen gmifc^en Vifcfjof unb Kapitel abgefdjfoffen morben. ®a bag
Söidibalbianutn — fo peijjt e§ in bemfelben — nidjt bem beabfidjtigten 3med ent*
fprocfjen habe, merben bie 3e?uiten bagfelbe übernehmen, bie oon ©ott gur Seitung
fofcfjer ©eminare berufen erfdjeinen. ®a§ Söidibafbianum mit allen fdedjten mirb
ben ^efuiten übergeben ; fie errichten fünf ©pmnafiafffaffen, Rudimenta bis Vfjetorif,
aufjerbem eine Vorfefung für SDialeftif, Casus unb ^eilige ©chrift, bie beiben festeren
jeben gmeiten Stag abmechfelnb ufro. ®ie patres merben gur Verhittberung einer
Verteuerung ber Sebenghaftung bie ©tabt nicht mit itberflüffigen Seuten belaften,
ba fchon gafjfreicfje Vürger unb ein sahfreid)er ®ferug borhanben finb; ferner merben
fie fich beim $auf Don SebenSmitteln an bie öffentlichen Verfügungen ber ®iögefe
hatten3. 5£)iefe teilmeife eigentümfidjen Vebingungen fonnten für bie Qefuiten Dicht
fefjr ermunternb fein. SIber am 29. SJlärg 1614 brängte ber Vifcfjof ben ißroöingiaf
^ärtel, bag Kolleg angunefjmen; er merbe fpäter für eine anbere Urfunbe forgen;
ben fßrofefforen beg ©eminarg ha&e er 3um 1- 9J?ai gefünbigt 4. (Sbenfo fdjrieb er
am 29. ÜDtärg 1614 an ben ©eneraf um Sinnahme beg ®odegg. Siefer antmortete
am 10. ÜD?ai 1614 bejafjenb; an ber Sfufnafjme ber Dom Kapitel geftedten Vebingungen
in bie ©tiftunggurlunbe mode er für biefeg SJIal feinen Slnftofj nehmen, nur biirfe
baraug für bie ©efedfdjaft fein ißräjubig entftehen5.
Um ber Slufnahme ber Vebingungen in bie ©tiftunggurfunbe gu entgehen, ftedte
ber Vifcfjof auf Verlangen beg Äapitefg am 26. Quli 1614 eine meitere Urfunbe
aug, in mefcfjer er fagt, er habe für feine ©tiftung feine geeigneteren ÜDIänner fiitben
fönnen alg bie efjrmürbigen Väter ber ©efedfdjaft 3efu/ bie, mie adgemein befannt,
in unferem Oeutfcfjfanb, befonberg im ©ebiete ber ^ircfjenfürften, burch ben ©ifer für
bie fatholifche Vefigiott, bag Veifpiel eineg untabelhaften Sebeng, burch djre Dor’
gügficfje miffenfcfjaftlidje Vilbung unb ihren unermübfidjen (Sifer, gu lehren unb gu
helfen, bie alte ©laubeng* unb ©ittenlehre entmeber aufrecht erhalten ober mieber-
hergeftedt hoben, giir bie Übergabe ber alten Stiftung beg Söidibalbianumg habe bag
1 S.©. Suttner, ©efd). be§ bifcfjöfl. Senti*
narg ©idjftätt (1859) 53 ff.
2 *Hist. coli. Eistad, unb * Diarium Gymn.
Eichst, im gicbftätter 2>iögefan=2lrd)iü. * Ortus
et progressus coli. Eichst, in 5Dt. 9t., Jes. 1238.
ßbenbort Urtuuben in ber Abteilung Urtunben,
ßicbftätt, Qefuiten. Slufferbem * Litt. ann. unb
* Cat. 1618—1650. Sgl. Kropf I 52 ff 319 ff.
9lHe Sevfonalicn be§ Äollegä bei 9iomftöcf,
3ur ©efd). be§ ^efititenfotlegS in ßicfjftätt.
©ammelbfatt be§ Ipft. Sereinö ©idjftätt XVI
(1901) 50 ff. 9tomftöcf urteilt: „®ie ®iöjefe
©id)ftätt f'ann nie bergeffen, n>a§ fie ben Zimten
@ute§ su toerbanfen bat" (©. 51).
3 *®opie in 50t. 9t., Jes. 1237. 91u§sug bei
Suttner a. a. D. 58.
4 * Original in 91t. 9t., Jes. 1237.
5 *Drig.’9teg. Ad Germ. sup. Sgl. ebb.
ben Srief öorn 10. 5Dtai 1614 an §ärtel.
2llte unb neue 9tieberlafiuttgen : ©icpflätt.
237
Kapitel Sebingungen geftellt: erfteng bie Befuiten biirften feine Immobilien ermerben;
jroeiteng ftd} nicht in ©taatggefdjäfte einntifdjen; britteng nicf)t über 20 fßerfonen
in Gsidhfiätt galten; üierteng füllten fie für ein etroaigeS fpätereg Sllumnat einige
$ßatreg fletten. Schließlich ^abe bag Kapitel auf biefe 23ebingungen üerjidhtet, aber
er, ber Sifcfjof, neunte bie ganje SSerantmortung für alle etma fic^ ergebenben nadf»
teiligen BD^n auf fidfj1 2.
®a bag Kapitel aber noch immer Sebenfen tnig, ficf) burd) bie Unterzeichnung
ber llbertragunggurfunbe aud) für alle B°^Se Su binben, ftettte ber 33ifcfjof am
8. September 1619 bie Bum
bationgurfunbe aug. 2)ie
Befuiten erhielten jä^rlid)
3000 (Bulben unb einige
anbere DJaturalienbejüge.
ßum Schluß fprid^t ber 93i=
fdjof bie Hoffnung aug, baß
bie Stiftung bie reidjften
Brüdjte tragen merbe; er üer»
traue auf bie ^5atreg, bie er
aug langjährigem SSerfeßr
fenne, ißre Sittenreinheit, ihr
©efcßicf, ju lehren, ihren
Sifer in ber Sr^iehung, ihren
Seeteneifer unb ihre uner«
müblidjen Arbeiten im Söeim
berg beg £>errn3.
Unter bem 14. Bebruar
1621 betätigte ©regor V.
bie Stiftung3. Um bie Stif¬
tung noch me*)r Zu fiebern,
erbat unb erhielt ber 23ifd)of
Bebruar 1623 auch einen
faiferlicßen unb baprifcf)en
Sdjupbrief4. 2llg SBoßnung
ertuarb ber Sifdjof ein an
bag Seminar anftoßenbeg,
bem ®omfapitel gehörenbeg
&ürjil>iftfjof 3opann (Sfjriftopö t>ou (Sidjftätt.
6ticp non SJBoIfgaug Kilian (5/s)-
1 * Kopie in 901. 9t., Urfunben, ©iepft., SO.
2 * beglaubigte Kopie auf bergameitt in
9Jt. 9t., Urfunben a. a. 0. Snt gebruar 1618
patte ber ffrürftbifcpof bem fßapfte üorgeftetlt :
In ipso statim Episcopatus mei ingressu in
subsidium mihi partimque laboruni Patres
Societatis Iesu advocavi, qui iam per annos
quinque adeo mihi fidelem operam prae-
stiterunt, ut uberes inde consecutos fructus
et magna animi voluptate coram aspiciam,
et pro iis Divinae Bonitati ex intimo corde
laudes et gratias agam, dum non solum in
aetate tenera et puerili, sed in hominibus
etiam utriusque sexus adultis, quin et non
raro iam grandaevis Christianam disciplinam
et avitam religionem et pietatem indies magis
reviviscere et reflorere comperio. @r bittet
bann um alle bollmadjten für bie Errichtung
beS Kollege. * Kopie im 93t. 6t. 6dptt>arä
87/10. 2)ie Kopie liegt bei bem Drigiualbrief
beS bifcpofS an ben ^er^og (20. [26.] gebr.
1618), toorin ber bifepof ben tper^og bittet,
ipnt beim bapft ju pelfen. 2)aS entfpreepeube
6cpreibeu beS ^»erjogS oorn 28. gebr. 1618 au
ben babft ebb.
3 * Originalbulle mit bleifiegel, batiert XVI
Kal. Mart. 1620 P. a. 1. (SlnnuntiationSftil),
90t. 9t. ebb.
4 Ser 6d)upbrief be§ §erjogS OJtajimilian
bom 18. $ebr. 1623. * Kopie in 9Jt. 9t., Ur
fitnben, Eidjft., gef. Ser 6d)Upbrief beS KaiferS
im 90t. 6t. 6d)roarj 87/10.
238
Viertes Äapitel. $ie oberbeutfdje $robin,v
£auS mit ©arten, fo baff fßlafc für 20 fßerfonen unö bie ©djulgimmer gemonnett
mürbe. Die Katl)arinenfapelle beS Seminars fjatte fief) halb als gu eng ermiefen,
nnb be§f;aI6 f)atte baS Domfapitel bereits 1614 bie Qof)anniSfapeIIe auf bem Dom*
freitfjof gum ©ebraudje übergeben; aber auch biefe mar halb gu Hein für bie fief)
immer gafjlreicf^er anbrängenben ©laubigen, fftafcf) entfdjloffen fafjte ber Sifdjof ben
fßlait, ben Qefuiten eine neue grofje Äircfie gu bauen. Der Sau ber Äircfje begann
am 13. äftärg 1617; jmei Qafjre fpäter mürbe baS Dad) aufgefept, unb am 30. Sluguft
1620 tonnte fie eingemeiht merben; bie Kirche ift „bon fdjönen Serljältniffen unb
trefflicher Qnnenmirfung, nädjft bem Dom bie bebeutenbfte Kirche ©icfjftüttS" x.
©ine fernere Kranfljeit berljinberte ben Sifdjof, fogleid), mie er gernoKt, baS
Söillibalbianum ju einem QefuitenfoIIeg umgubauen. 9Jüt SInfang 2lpril 1624 mar
aber alles für ben Neubau borbereitet, unb am 9. 2lpril legte ber Sifdjof ben ©runb*
ftein gum neuen Kolleg; nac^ jmei Qahren mar baSfefbe fertig. 2(m 17. Oftober
1626 jogen bie fßatreS auS ber Kurie beS DompropfteS, mo fie geitmeilig gemoljnt,
in baS neue Kolleg, ©in groffeS ©ebäube, baS bisher meift als ©etreibemagagin
gebient, mar in berfelben Qeit für bie ©djule umgebaut morben. 2ÜS im Qafjre
1614 brei Pfaffen im SBillibalbianum eingerichtet mürben, mareit bie beiben oberften,
Humanität unb fRfietorif, in einer klaffe Bereinigt, Qm fofgenben Qafjre mürben
biefe klaffen getrennt unb aufjerbent noch Sorlefungen über Dialeftif unb ÜJTcoral
beigefügt. Qm gangen gühlte man 200 ©djüler. Qür bie SfnfangSgrünbe im
Sateinifdjen gur Vorbereitung auf baS ©tjmnafium mürbe ein auSmärtiger fieljrer
aufgeftedt. Qm Qafjre 1625 maren bier Sßriefter unb brei Süfagiftri für bie ©djule
tätig; fie umfaßte ÜDioral, Sogif unb fünf ©pmnafialftaffen. Qür baS Qafjr 1627
merben öffentliche Disputationen auS ber SJioral mit gebrudten Dljefen ermähnt.
DaS oom Sifcfjof 1626 — 1628 erbaute Sltumnat mit 14 — 25 Süitmnen leitete ein
SCBeltpriefter1 2.
2lm 8. Degember 1614 mar eine lateinifdje 907arianifdje Kongregation auS
©djüfern unb Klerifern unb eine Sürgerfongregation mit 120 äftitgüebern auS bem
?(bel, ©eiehrten, Seamten ufro. errichtet morben. Qm September 1617 mürbe bie
lateinifdje Kongregation in eine größere (Klerus, ©eiehrte) unb eine Heinere (©tjmnafium)
geteilt. 1621 bereinigten fid) bie Klerifer» unb bie Sürgerfongregation gu einer ©emein*
fcfjaft. ©djon 1615 mürben aufjer im Dom fßrebigten gehalten im §ofpitaI unb in
oerfcfjiebenen Dörfern, Katecfjefe in ber fßfarrfirdje unb in ber Sorftabt, aufjerbent
mährenb ber Qaftengeit unb im 3Ibüent in ben Dörfern Sftottenfelb unb fRupertSbudj.
Überhaupt entfalteten bie fßatreS bon ©ichftätt auch oufjerfjalb ber ©tabt eine leb»
hafte 9)Iiffionstätigfeit, fo in Sercfjing, Verrieben, äJfonljeim, Kipfenberg unb SBembing.
Die gange Dätigfeit füllte halb eine jähe Unterbredjung erleben, all bie Sauten ein
grofjer Drümmerhaufen merben. 31m 4. SUiai 1633 erfolgte bie Übergabe ber ©tabt
an bie ©djmebeit.
Die Qefuiten mußten ein h°he^ Söfegelb begahlen unb mürben alle eingefperrt.
Qm Degember mürben ber 9teftor unb ber Domprebiger DfjomaS Slnreitfjer als
©eifein meggefiihrt unb brei Ü0?onate gefangen gehalten. Den bon ben ©djmeben
geforberten ©ib leifteten bie Qefuiten nicht. 2lm 12. Qebruar 1634 am ©onntag
©eptuagefima mürbe bie gange ©tabt attgegünbet. Kolleg unb Kirche brannten faft
gang nieber, fechS Qefuiten fanben bis 4. Oftober eine Qufludjt auf ber Surg. Dagu
fam bie fßeft, bie Qanuar 1635 erlofd). ©rft 1637 fonnte man an ben SSieber*
aitfbau beS KoIIegS gehen unb 9cobember 1638 baS fjalb reparierte Kolleg mieber
1 Sraun, $ie Äirdjenbauten ber beutfdjen 2 33gl. Suttner, ©efd). be§ bifdjöft. @e«
Qefuiten II 141 ff. tninarä jju ©idiftätt 73.
Sitte unb neue ©icberlaffungen : ©euburg a. b. Sonau.
239
begiepen. 33ig bafjixx patte ein ißrioatpaug Unterfunft getüä^rt. ©rft 1642 mürbe
bag j£acß beg Kofiegg ootlenbet, bag innere mar nodj nicpt fertig. $on ber Kirdje
ftanben faft nur nocfj bie dauern unb ber Sturm. ®ie Söölbung blieb gum Steil
erhalten, nur fangfam fonnte fie pergeftelft unb bie Kirdje erft am 27. September
1640 mieber beniißt merben. Qn beit fofgenben Qapren finb rneift gepit Qefuiten in
©idjftätt, barunter 6 — 7 ^riefter unb 1 SRagifter. St)ie Stätigfeit mürbe mutig, menn
aucp in ffeitierem äftaßftab mieber aufgenommen.
Qm Qapre 1644 finb mieber 4, 1645 5 Seprer tätig für SJioraf, ©iafeftif unb
©pmnafium. Qm Qapre 1648 fafen 2 fßriefter ÜJRoraf unb Sogif, 2 Q5riefter unb
1 äRagifter beforgten bag ©pmnafium. 2Iudj bie Seelforge bliipte fangfam mieber
auf. Qm Qapre 1645 unb in ben fofgenben Qapren maren eg mieber über 11000
Kommunionen, int Qapre 1650 über 14000: eine Qrucpt ber monatlichen ©eneral«
fommunioit; Katedjefen mürben in gmei Kirdjen gepalten. Stlie QSrebigt an Sonn»
unb Qefttagen im St)om pieften mie früper bie Qefuiten, ebenfo bie ^Srebigt am §ofe
beg Qürftbifdjofg. ®aß bag Kofieg in aff ben Krieggftürmen nocp fortbeftanb,
recpneit bie Qapregbericpte oon 1648 näcpft ©ott ber Klugpeit unb außerordentlichen
©üte beg Qiirftbifcpofg DJJarquarb o. ©aftelf gum Sßerbienfte 1. 23on 220 Seelforgg»
geiftfidjen maren faum 70 mepr übrig, fßeft, §unger unb Krieg patten bie übrigen
meggerafft ober oerjagt. ffRancpmal mürben fecpg fßfarrfprengef einem einigen
Sßriefter anoertraut, unb opne Prüfung mürbe jeber afg Seelforger gugefaffen, ber
fiep nur geneigt geigte, bie entblößten unb auggeraubten Stationen gu übernepmen2. —
fRadp ÜReuburg an ber 2)miau famen bie erften Qefuiten im SRooember 1613 3.
@g maren P. Sfnton SBeffer unb P. Qafob fReiping. ÜOkgbalena, bie eben mit bem
jungen fßfafggrafen Sßolfgang SBifpefm oermäpfte Scpmefter beg §ergogg SRajimifian,
füprte fie mit fic^ afg 93eicptüater unb Sßrebiger. 2lfg Söolfgattg SBilpefm am SDrei»
faltigfeitsfefte beg fofgenben Qapreg in SDiiffelborf bag fatpolifc^e ©laubengbefenntnig,
bag er bigper gepeim gepalten, audj öffentlich abgelegt unb fein SSater, ber regierenbe
Sßfalggraf Sitbmig QSpitipp, fepon brei fUionate fpäter geftorben, mürbe bei ber 9tüd»
fepr nad) ÜReuburg (gebruar 1615) ben Qefuiten bie £>offapelfe übertragen, ©in
Qapr fpäter, 1616, richteten bie fßatreg, bie ©nbe 1615 nocp gmei ©epiffen erpaften,
eine eigene £>augpaftung ein; bigper patte ipneit alfeg ber £>of geliefert.
Qm felbeu Qapre übergab ißfalggraf Söolfgang bie Sateinfcpule beu Qefuiten.
2fn biefer patten bigper oier Seprer 90 Scpüler unterricfjtet. Qnfolge ber §eße ber
Sjkäbifanteu gegen bie Qefuitenfcpule pielten fiep bie Sdjüler fern. So mußte man
9Ritte SDegember 1616 mit fedjg fatpolifcpett Scpülent beginnen. Sfucp bie 24 Stift=
linge ber Sßräbenbe üergidjteten lieber auf ipre Sßläße, alg baß fie gur Qefuitenfcpule
gefommen mären. Stroßbem pielt man am 2. Qanuar 1617 mit 16 Scpüfern eine
feierlidje ©röffnung in ber ^offapelfe. ÜRadj brei ÜRonaten fonnte aber bereitg eine
groeite Klaffe, Oftern bie britte. Oftober bie oierte (oberfte ©rammatif) beigefügt
merben. 1618 folgte bie fßoefie, .fperbft 1619 bie SRpetorif. SDie ©rpebung ber
ÜJtieberlaffung gu einem Kolleg erfofgte im Qapre 1617. Unter bem 21. Quni 1617
patte fßauf V. auf bie 53itte SSolfgang Sßilpefmg bag feit mepr alg 50 Qapren in
proteftantifepem 23efiß fiep befinbenbe Klofter ©fepenbrunn gmifepen Sauingen unb
1 Sie Obern maren : Stifol. ©all, 19. Oft.
1614 (3. Slug. 1616, fReftor); ©eblj. SRapenrieb,
21. Suni 1621; Äafb. Slbegg, ©tai 1631;
Stlbert Gurs, ©tai 1639; 3. 93. ©jfat, 3. ©od.
1646; Ulr. Soeer, 17. ©fürs 1650.
2 SSgl. Suttner a. a. 0. 73.
3 *Litt. ann. unb *Catal. 1616 — 1650. Sie
*Hist. coli. Neoburg. 1613 — 1700, in ber ®an»
tonalsbibliotfjef' in greiburg i. ©cbm. Excerpta
barau§ in ©t. SR. , Jes. 1951; bort auch bie
febr genaue *Hist. coli. Neoburg. 1613 — 1619.
93gt. Kropf 1 31 ff 56 110 ff. Äolleftaneem
blatt für bie ©efdjidjte ber ©tabt ©eubnrg,
1849—1851.
240
Sierteä Sapitel. Sie oberbeutfdje ißroDing.
©unbelfingen bent Kolleg inforporiert1. Qm Qafjre 1622 waren gtrei fßatreg itnb
gmei SRagiftri in gwei ©rammatifflaffen, ber Humanität (fßoefie) uttb Si^etorif, tätig,
1625 fam nodj ein britter unb 1633 ein nierter Seljrer für bie ©rammatif f)ingu2.
Qngwifdjen f»atte ber ©eneral Sitellegdji am 30. SÜiai 1626 auf bie Sitte beg ißfalg*
grafen nocfj je einen ißrofeffor für Sialeltif unb Sftoral bewilligt3. 2luct) für Söofjnung
unb Äircfje forgte ber ißfalggraf. 2(nt 21. 21pril 1618 legte auf feinen SSunfd) ber
nod) nidjt breijäljrige fßrittg SEBolfgattg ben ©runbftein gum Koüegbau; im folgenben
Qafjre reichte ber Sau big gum 2) ad). Srei Qaljre fpäter fonnteit bie Qefuiten bag
Kolleg begieljen. Sag fefjlenbe SBaffer
GYMNAS1VM
NEOBVRGI CV M
2>aSf|t:
©ummanfc^r S«n£alf
cpangcffcTtcit
logt ober (Bef'prdcbtf hon bem
auff$ai(t)Un ^ürftlicbf n Gy mnafio
Jti ftcinburg,
AnnoSalutisM DC XVII.
mürbe nad) nieten nergeblidjen Ser*
fudfjen enblidf) in einer Siefe non
80 Qufj gefunben4.
211g Kirdje erhielten bie Qe*
fuiten 1618 bie feit 1605 im Sau
begriffene, faft fertige ^offirdfje. Sei
bent Sobe beg Erbauers £ubmig
$l)ilipp fehlten aufjer bem ©emölbe
nod) ber ©iebet unb ber Serputj
beg Qnttern. 21m 21. Dftober 1618
mürbe bie Kirdje feierlidj eingemeif)t.
Sen ^odjaltar gierte bag Qüngfte
@erid)tnon9iubeng. Qm Qaljre 1624
mürbe ber Surnt auggebaut. Sei
biefem Sau finb mithin bie Qefuiten
wenig beteiligt, nur ber 21usbau beg
Surmeg unb bie ^erftellung beg Qn=
nern erfolgte unter ifjrer SJiitmir«
fung 5.
Sie ©eelforge geftaltete fid) an*
fangg in ber gang proteftantifcfjen
©tobt natürlidj fefjr fdjwierig. Qür
bie ©djüler ber STrinialfcljule unb
bie ©djüler ber unterften Satein*
Haffen mürbe Katedjefe gehalten guerft
in @t ^5eter, bann in ber Qefuiten»
firdje. Qm Qaljre 1618 mar Kate*
dje fe an groei Orten in ber ©tabt
unb in brei Sörfern ber 9?ad)bar*
fdjaft. Surcf) fromme Dialoge nad) 2(rt non fgettifdjen Sarftellungen juckte matt
SBeifjnadjten, itt ber Karmodje ufro. ben Kinbern bie ©laubengleljren gu neran*
fdjaulidjen. ©ine Kongregation mürbe fdjon 1617 für bie befferen unb fähigeren
©tubenten unb eine groeite für bie Sürger eingerichtet. Sie Sürgerlongregation
füllte befonberg mitarbeiten bei ber 2öiebereinfüf)rung ber fatljolifdjen Religion;
®ebvutf t 8U TJculiurg an ber S5onafo
tmrcf) Oorcnt? £)anf)aufcr.
ANNO M. DC XVIL
Sialog tum ber 5lufrtdjtmtg be§ (5t}iiin«fiunt§
ju Weuburg 1617. (2/3)
1 * Original mit SSIeifiegel in 901. 91., Ur=
fitnben, 91eubnrg, 3®iv 1 ; bort aud) bie
Orig.=Urfunbe t»on SSJolfg. SBilfjelm, 2. fyebr.
1617, unb ber fpätere ffunbation^brief bom
7. ®ept. 1638, Orig.
2 Sgl. 3. 9tapinger, ©efd). b. ©tubienanftalt
in Weuburg a. S.. Weltbürger $rogr. 1851, 9 ff.
3 * Orig.=91eg. Ad Externos.
4 Kropf I 107 f.
B iS raun. Sie $ird)enbauten ber beutfdjeit
Sefuiten II 180 ff- Äofleftaneenblatt für bie
©efd). WeuburgS (1095) 30 ff. Gbriftlidje Äunft
1905/1906, 206 ff. Kropf I 108 f.
Sitte uitb neue 9tieberlaffungen: 9teuburg a. b. $cmau.
241
33ürger, fpofleute urtb ber ißfafjgraf felbft traten bei; innerhalb eine3 Qafjreg jä^tte
fie 60 SJtitglieber, ber fßfafjgraf tttar ber erfte fßräfeft1. 3)ie proteftantifierten
Kirdjen unb £>ofpitäIer tmtrben ben Katlfolifen übergeben, bie fßrebiger 1617 au§»
gemiefen. SDtefjrere Pfarreien in ber 9tacf)barfcf)aft, fo 3o3f)ofen, 23ittenbrunn, Stieb
unb .Qeff, mürben rnegen ÜDtangefl an ©eefforgern öon ben patres oermaltet; mehrere
ißrofefforen mußten neben ber ©cfjute aud) nod) eine Pfarrei üerfefjen. (Später
famen nocf) baju mehrere SDtiffionen, fo in Sauingen, 9Jtonl)eim (1618), £>ifpoftftein
(1627), §ofjenrieb (1629), mo burcf)get)enb§ jmei fßatreg längere $eit oerto eilten.
2)ie Kommunionen ftiegen oon
5600 im ^afjre 1624 auf
20 300 im Qaljre 1631. f£)er
Krieg bradjte aud) für 9tem
bürg ©djrecfen unb 9cot. ßmar
änberte ©uftao Sfbolf bei feinem
23efud) in Steuburg (1632) nidjtiS,
aber im folgenben Qaljre 1633
mürbe ber Steftor be§ Kolfegg,
P. ^unbpiji, mit bem Statt»
palter oom ^»erjog Oon Söeimar
gefangen fortgefüfjrt unb burfte
erft 1634 gurüdfeljren. ®ie
3af)re 1633 unb 1634 maren
3af)re ber fßeft unb ber IpungerS*
not, halb bebrängen fcpnoebifcpe,
halb faiferlicfje Gruppen bie
Stabt. Qm 3<if)re 1646 fcfjidte
ber fßfaljgraf Sßfjilipp SBilfjelm
ben P. ©uoillierS nad) ^ari§,
unb bei biefer ©elegenljeit fdfjrieb
ber oberbeutfcpe fßrnoinjial am
13. Sluguft 1646 einen Srief
an ben Karbinal fDtajarin, morin
er um ©djonung für bie ^efuiien
bat. Karbinal ÜDtajarin antroor»
tete am 27. Stoüember 1646, e§
rcerbe ber 33efef)l gegeben, foroeit
als möglich bie Sage ber Qefuiten
in Steuburg ju erleichtern 2.
3m 3af)re 1636 mirfen bann boch mieber gmei Seljrer für ©rammatif, 1 für
bie oereinigten Klaffen ber Humanität unb Stfjetorif, 1 für ÜOtoral; feit 1648 raerben
brei Sefjrer am ©pmnafium unb je ein ^Srofeffor für SDtoral unb Sogi! aufgefüfjrt.
3n ber Seelforge ging e§ aucf) langfam mieber bergan. ®ie 5000 Kommunionen
im 3af)re 1637 ftiegen 1644 auf 10000 unb 1648 auf 15000. 3n ^en Oierjiger
3afjren maren burchfcfinittlicf) jmei Katecfjefen in ber Stabt unb jmei in ben Dörfern
unb an allen ©onn» unb gefttagen je eine ^rebigt in ber Stabt unb in ber SSorftabt.
3n ben lepten 3a^en be§ Krieges unb aucf) nod) nacf) bem Kriege mar bie Sage ber 3efuiten
in Steuburg eine fefjr bebrängte, mie bie Briefe be§ SteftorS Sflbert Surj an fßijilipp
SBilfjelm bemeifen. 9Jtan backte ernftficf) baran, bie Kircfjengeräte gu oerpfänben3.
1 Kropf I 112 ff- SUuf) für ba§ golgenbe. 3 35gf. bie 93riefe be£ P. Surj, 17. $ej. 1048,
2 * Original in 9)1. 96, Jes. 1952. 14. u. 21. San. 1649. Original im 9)6 0t. S3iau
SBuIjr, ©efdjidjte ber Sjefuiten. II. 16
0timmanfc£cr t><r
Traggedi
ottöcmft'epferj
«
Ludouico Pio, Ö) IC Ct fcitICItl
(gmljti Ludouico Ätfnlgm üti
TW? * 33. 3a§rnac^fd=
&Ä non aMeibm f(4g(idj cr-=
fcfjuneru
« -
%
©wurftju Wernburg an ber £1)0*
* naw/burcbioi-en^Äans
Raufer.
M. DC. XIX.
v- vir ^ *-g*v
2>ic Sleuburger Sragöbie 1619. (2/3.)
242
23icrtcg Äapitcl. Sie oberbeutfdje ißrobinj.
®urd) bie ©djfadjt am äöeipen Serge ging ber )ßfalzgraf griebrid) V., ber
SBintcrfönig, feiner ©rblanbe üerluftig: am 22. Januar 1621 fpracf) ber Älaifer über
if)n megcn Sanbfriebenlbrudjel unb §od)Derratl bie Sicht aul. ®ie Sermaltuttg ber
Oherpfalz übertrug ber ®aifer bem ^erjog Rlap non Samern; erft fpäter, am
22. gebruar 1628, erhielt fte 9Kaj: all Eigentum zur ©ntfd)äbigung für bie öon
ifjm aufgemenbeten großen ^rieglfoften. 31(1 gelbpater ^er batjrifc^eit Gruppen
Zog 1621 aud; ein Qefuit, P. ©inllin, in Stmberg ein unb feierte nad) mehr all
fünfzigjähriger Unterbrechung mieber bal erfte heilige Riepopfer1. Qn ben nächft-
folgenben fahren mtrften jmei bil brei ^efuiten in ber ©tabt. Stach öorübergefjenber
Semtpung ber non ben ISaloinern in einen i^ferbeftad bermanbelten ^poffapelle tnurbe
1622 bie ad ihre! ©djmudel beraubte unb üermaprlofte @t ©corglfirdje ben Qefuiten
übergeben unb ebenfo 1624 ber non bem calüinifdjen ^Srebiger bemohnte )J3farrhof
non ©t ©eorg. SDurch ben Rezep nom 23. Februar 1629 mürben ade ^Sfarrredjte
unb Saften non ©t ©eorg auf bie im ßentrum ber ©tobt gelegene, herrliche
©t SJfartinlürche übertragen2. ®ie letztere hotten bie Qefuiten megen ihrer ©röpe,
ber ©ernitute ufm. abgelehnt 3. Sin fpäterel (Gutachten (1641) fudjte zu errceifen,
bap ©t Rlartin in jeber Beziehung ben Sorzug nerbiente4.
Sei ©t ©eorg mar eine grope ©chmierigfeit bal ©örgentor, bal an ber Rorb=
feite ber ©eorglfirdje lag unb über beffen Srüde ber 2öeg nach ^ciftl unb Reumarft
führte. Rur ungern ging bie Sürgerfcpaft 1631 auf ben Sorfdjtag ber Sßatre! ein,
bal £or zu fdjliepen unb bafür ein neuel £or zu öffnen5, ^m ^apre 1641 be=
richtete ber Reftor Samparter bem ©eneral, bie burd) ben Sau bei neuen f£orel
nötig gemorbene Sermehrung ber ftänbigen Söadje, ber baufädige ßuftanb biefel
£orel unb Üherbrup megen ber burd) bie Reparaturen beranlapten unaufhörlichen
Soften machten bal Serlaugen nad) bem alten, ben Siirgern günftiger gelegenen,
aber nun gefcfjloffenen ©eorgitor immer ungeftümer6.
®ie auf fed)l Qaljre angemiefenen Sinfünfte bei ^lofterl Reichenbach mären
ganz ungenügenb, unb belfjalb erhielten bie ißatrel 1636 mit Semidigung beteiligen
©luplel bal ehemalige ©tift ®aftl mit ber Serpflidjtung, für Slodeg, ©pmnafium
unb ©eminar aufzufommen7. Slber bie Sinfünfte reichten faum zum Unterhalt ber
patres 8 * 10. Rlai 1630 begannen bie Sorbereitungen für ben Reubau bei ^odegl.
^m folgenben ^apre lt,ar Sum Sau gerüftet unb P. Spfat all Slrdpiteft be«
55/11, I u. II. 3m Sabre 1649 mürben au
Schülern unter fünf Seprern geköpft: in ber
SOtoral 3, Sogif 5; bie fecp§ Slbteilungen beg
©pmnafiumg Ratten Oon oben angefangen 5, 14,
8. 8, 8, 6, 9 (Schüler. — Sie Obern maren:
2lnt. SBelfer, 1615 (1617 9teftor); ©eorg Stop,
17. Slpril 1622; ©priftopp Sranbig, 6. 3uli
1626; 2lnt. SOelfer, 22. Stpril 1629; grieb.
.ymnbpiß, 14. 3ulil631; 2tnt. SBelfer, 28. 3uni
1640 (f 1640); 3of ). §orft, 17. gebr. 1641;
2llb. ©ur^, 16. Oft. 1646; Jpeinr. Samparter,
10. ÜRärj 1650.
1 * Litt. ann. unb *Catal. 1621 — 1650, bie
*Litt. ann. Amberg. 1621 — 1725, im Orbin. «
StrcpiD ju ©iepftött. Sag * Diarium Gymn.
Amberg. 1626 — 1773 in ber ©pmn.‘93ibl. ju
Slmberg. 2Iugjüge baraug bei St)- 91 i jener,
©efd). ber Stubienanftalt ju ülmberg (1832)
59 ff. Söeitere Sitten im Orbin.*2trd). 9legeng=
bürg, 30uiUmfoIIeg in Slmberg 1629 ff. Slu§=
jüge aug ber Hist. coli. Amberg. 1621 — 1709,
in 90t. 91., Jes. 769. $gl. Kropf I 273 ff
428 ff; 3- 2Iuer, Sie SBirffamfeit ber 3efniten
in Slmberg (1891) 5 ff.
2 SBortlaut be§ 9tezeffeg bei 5Dt. §ögl, Sie
SBefeljrung ber Oberpfalj burd) “äftajimilian I.
II (1903) 184 ff. Sie Stelle über bie 3eiuiten
ebb. 189 ff- $ie Originalbriefe beg 9Ieftorg
9Ranf)art über fpäterc SBerffanblungeu (1638)
in SOI. 9t., Jes. 771.
3 95gl. ©. SHi-ißncr, ©efd). ber ©corgg=
firdje in 2lmberg (SSerbanbl. beg pift. ißereing
ber Oberpfatä, 93b L) 29 ff.
4 ebb. 35 ff. 5 ebb. 33.
c ebb. 37 f.
7 Sie Snforporationgbulle Urbang VIII., 12.
Cal. Octob. 1631, in SOI. 9t., Jes. 771, unb
Urfunbcn, Slmberg, 3efuiten; bort and) bag
Original ber Srabitiongurfunbe oom 9. 3au.
1636.
8 38 1 ö ß n e r a. a. 0. 33 f. K r o p f II 376 f.
Über Jteicpeubad) ipögl a. a. 0. II 58 203.
Sitte unb neue Stieberlaffungen: 2Imberg.
243
rufen, aber bie üüRittel entliefen fidj als ungureichenb unb bie ßeiten als gu ungünftig.
$n bern ©utadjten, baS ber Gefror Samparter am 19. Segember 1641 an beit
©eneral richtete, ljei§t eS non ber SSofjnung: ©eit länger als 20 fahren mofjnen
mir mahrljaft erbärmlich in gerftreut liegenben, baufälligen §äu§cf)en. Sie $ßrofefforen
müffen täglich gunt ©pmnafium über eine fehr lange ©trape gehen mit großen
Opfern an $eit unb noch gröberen Unannehmlichfeiten. $ur tperftellung
HollegS, ©tjmnafiumS unb ©eminarS, bann gur ^nftanbfefeung ber ©eorgSfirdje finb
menigftcnS 100000 ©ulben nötig. SSoit beit Haftlfdjen Sinfünften inerben mir biefe
SOiittel erft nadj nielen fahren erübrigen fönnen 4
©djon int $;ahre 1625 hatten bie ^5atre§ im ißfarrljof uoit ©t ©eorg eine fleine
©djule für bie oom Hur für ft en unterhaltenen ©eminariften unb einige auSmärtige
©djüler angefangen. 21m 22. Quli 1626 mürbe ihnen bann baS non g-riebrid) III.
au§ firdjlidjen Stiftungen im ehemaligen ^ranjisfanerflofter errichtete ißäbagogium
übergeben. Sie 33 ©djüler unterrichtete ein Sehrer in gmei 21bteilungen, unb grnar
fo, bah immer bie eine SIbteilung nad) 2lblauf einer ©tunbe entlaffen mürbe, menn
bie anbere anfatit. Qm Oftober gu Slnfang beS ©djuljaljreS 1626/1627 famen fdjon
fo niele ©djüler, bah gmei Sehrer für bie brei ©raminatifflaffen erforberlich maren.
Sag grangisfanerflofter mürbe 21nfang 1627 feinen ehemaligen ißefipern gurüd*
gegeben, meSljalb bie ©djulen 10. Qebruar 1627 in baS neue 1577 für bie
©eminariften erbaute §auS an ber Hrambriicfe bei ©t 9Jfartin neriegt merben
muhten1 2. Qm folgenben ©chuljahr 1628/1629 traten bie beibett oberften HIaffen
Humanität unb fRhetorif Ijingu- Sie bisherige Sftefibeng mürbe 1629 gum angefangenen
Holleg unb 1630 gum Holleg erflärt, baS bereits 7 ifSriefter, 3 SRagiftri unb 3 Sörüber
umfahte. Qm SDegember 1631 mirften am ©pmnafium fünf Sehrer. ^jerbft 1632
mürbe bie Sogif unb §erbft 1633 bie SRoral beigefügt3.
Qngmifdjen hatten aber bie HriegSbebrängniffe fdjon begonnen. Oiadj bem Sin*
guge ©uftao 21bolfS in Nürnberg fanbte ber iReftor 1631 auf ben 9Iat ber Regierung
bie Hranfen unb bie ÜDfagiftri teils nadj fReidjenbadj, teils nach OtegenSburg. Sr
felbft harrte mit 2 patres unb 2 Stübern auf bem ißoften auS. Sagu fam im
folgenben Qaljre Steuerung unb 1633 bie Sßeft.
Qn all biefen Söebrängniffen festen bie ^efuiten ifjre 21rbeiten fomeit als möglich
fort ober nahmen fie halb mieber auf. ©djon am 29. Oftober 1631 begann ber
23igereftor äRärfel als einziger Sehrer für bie roenigen ©djüler bie ©djule in gmei
21bteilungen. ©egen Snbe 1634 maren elf Qefuiten im Holleg. Qnt Qahre Dorljer
maren eS mit ben SRiffionen unb ber Ütefibeng in iReidjenbadj 28 gemefen, baoon
hatte ber Sob, inSbefonbere bie ^Seft, 18 meggerafft. 9?adj ber ißeftgeit begannen
1635 gmei Sehrer für bie inSgefaint 26 ©djüler mieber beit Unterricht4. Qm fol*
genben Qahre lehrten 1 ißater bie Sogif, 1 bie SKhet°ri? unb ißoefie unb 2 SRagiftri
in brei ©rammatifflaffen ; in ben folgenben Qaljren maren fieben bis acht Sehrfräfte
tätig. /perbft 1640 trat ein ^ßrofeffor für SRoral fjingu. SiefeS Qaljr mieS einen
Qumacfjä oon 50 ©djülern auf. Qm Qaljre 1650 betrug beren ©efamtgaljl 152 5.
93iS gum Qahre 1630 hatten bie Qefuiten bie gange ^Sfarrfeelforge oerfehen;
in biefem Qaljre übernahm ein SSeltpriefter bie Pfarrei ©t ÜDJartin, nur bie Hanget
oerblieb ben Qefuiten. 2Refe prebigten auperbem nodj in ©t ©eorg, in ben groei
1 33 töfen er a. a. 0. 37.
2 3$gl. 3 ul. $eitf, 3,Dei ehemalige Sehr*
unb Ersiehuuglanftalten 9tmberg§ (Slmberger
©tjmn.äßrogrnmm 1903/1904) ‘25 46 f 53 f.
s Slußer ben *Catal. üqt. 9tirner a. a. 0.
53 ff 59 ff.
4 9thetorif unb fßoefie 6 ©djüler , ©ram*
matil 10, Principia 10.
5 Sogif 10, 9if)etorif 18, Humanität 18,
Spntaj 23, ©rammatif 33, Rudimenta 14,
Principia 36. ®gl. 9tij;ner a. a. 0. 54 f 70
unb für 1649 9J4 9t., Jes. 570.
16*
244
93ierte4 Sapitel. Sie oberbeutfdje 5ßrobin,v
9lrmenf)äufern uitb bem SeprofenfjauS; ^atecfiefe gelten fie für bie größeren Kinbcr
in ©t @eorg, für bie ffeinereit in ber i)3farrfird)e. Sluperbem mürbe 1641 Kated)efe
in Hier Dörfern unb 1642 in 18 Dörfern gegeben. 2)ie beiben üftarianifcfjen Kon¬
gregationen, für ©tubenten feit 1626 unb für bie bürger feit 1630, lebten 1635
mieber auf. ®er ©aframentenempfang fteigerte fiel) non 3000 Kommunionen im Qafjre
1631 auf 7000 im Qaf)re 1635, fiel bann mieber bis 1638 auf 1400. Qm Qapre
1640 jät)tte Slmberg nur mehr 300 bürger, tro^bem ftiegen bie Kommunionen infolge
ber neu eingefüfjrten ©eneralfommunioit auf 5300 im Qafjre 1641 unb auf 9000
in ben Qatjren 1648 — 1650 1.
befonbere S8erbienfte um Stmberg ermarb fid; ber Sieftor Kafpar Ipell. S5iteCte§cf)i
fdfrieb an ifjn am 18. SJlärj 1634: ,,©ott fei gebanft, bafj ©m. §od)mürben für
bie Siettung Qljrer SOiitbürger unb jur (Erlangung non £)ilfe für bie belagerten
Qfjren Kopf gemagt, glüdlid) burcf) bie Qeinbe gebrungen unb bie £)ilfe nom Kur»
fürften erreidjt haben. ©S mar aud) gut, bajj ©ie jur redjten Qeit baS Kolleg mit
(betreibe nerforgt, um fo ben belagerten leichter unb freier helfen unb bie Unfrigen
auf ihren ißoften erhalten gu fönnen." 2 —
Qn bem fdjön unb hoch gelegenen SLfitttbelljeitn an ber SJlinbel hatten befonbers
feit 1598 unb 1611 öfters Qefuiten non SJtitndjen unb SanbSberg norübergehenb
gemirft, aber bie bemühungen um eine ftänbige Siieberlaffung maren lange ohne
©rfolg geblieben3. ©rft als bie gange §errfd)aft an 9Jlaj:imiIian non hapern ge¬
fallen, mürbe ber ^tan nermirf'licfjt. Slnt 3. Quli 1618 fam P. Keller mit mehreren
Qefuiten unb mürbe non ber Regierung in ben befi|$ beS verfallenen, längft Der»
laffenen SluguftinerflofterS eingemiefen4. Qmei patres begannen fofort mit ber
©inrichtung beS §aufeS. TDie brebigten in ber $farrfird)e, beren Kanjel ihnen gur
berfitgung geftellt mürbe, hotten großen Qulauf. 2DaS bolf, baS im Slnfang guriid»
haltenb gemefeit mar, legte immer mehr bertrauen unb grofje Slnljänglidjfeit an ben
2ag. ©cpon 1622 mürbe bie Slefibeng gurn Kolleg erhoben; 1623 erhielt fie ihren
erften Sieftor. ®a bie alte Sluguftinerfirche bem ©infturg brohte, mujjte man halb
(1624) anfangen gu bauen. SBäprenb ber 6l)or ^er alten Kirdje ftehen blieb, mürbe
baS SanghauS abgebrochen unb am 24. Sluguft 1625 ber ©runbftein gum neuen
©d)iff gelegt, ©dpon am 11. Oftober 1626 fonnte bie neue Siebfrauenfircpe ein»
gemeiht raerben. ®aS £ang!)auS ift 27 m, ber ©hör 20 m lang, bie breite beS
©fjoreS beträgt 9>/2 m, beS SangpaufeS 16V2 m. ®er urfprünglich gotifc^e ©hör
erhält burcp grope Slunbbogenfenfter reiches Sicht. ®a baS SanghauS fpäter um¬
gebaut mürbe, läfjt fid; nur fagen, bap eS mit einer getäfelten balfenbede oerfeljen
mar unb eine SBenbeltreppe in ber linfen ©de gur Orgelempore führte5, baumeifter
mar bruber Qoh- £>oll. SDie Koften mürben burcf) Sftajümilian getragen, bie bürger
Don SJlinbelheim metteiferten mit freimilligen Quhrbienften. S)er bau eines neuen
1 91land)e Äonnerfionen waren im Slnfang
aud) tjier nur ©djeinfonnerfiouen. Sie * Litt,
ann. non 1631 berichten: Quod enim plerique
exilii potius metu quam salutis suae desi-
derio Catliolicam fidem susceperant , eam
simulationis larvam cito eius temporis oppor-
tunitas ipsis detraxit. — Sie Obern waren :
fßet. §ugo, ©eorg (Stoß , Suli 1626; ®afp.
Seit, 4. Oft. 1630 (1. gtettor); gof). SJlanpart,
1637; £>einr. Samparter, 1640; SOia^ Sercpen»
felbt, 1644 (?); Sop. fiiberk, 19. Seg. 1646;
911aufr. 93oäpain, 1650. — Sie p Slmberg gehören»
ben 9Hiffionen werben fpäter ßrwäpnung finben.
2 * Orig.»91eg. Ad Germ. sup.
3 * Litt. ann. unb *Catal. 1618 ff. *Hist.
coli. Mindelh. 1618—1725. Sitten in 911. 91.,
Jes. 1752—1754, über bie Saljre 1625 ff aud)
Sitten im Orbin.-Slrd). SlugSburg. Kropf
I 207 ff 315 f.
4 Sie ©tiftuugSurfunbe 9Jlajimilian3 nom
11. guni 1618 * Original auf fßergament in
911. 91., Urtunben 91iinbelf)eim, Qef. 2at. unb
beutfcpe Äopie in Jes. 1752.
6 91äljere§ bei 93 raun, Sie Äircpen ber
nberbeutfdjcn OrbenSproninj 263 ff.
2IItc unb neue DIiebcrIaffungen: SKinbel^eim. — Lemmingen.
245
ÄoIXegg mürbe 1630 begonnen unb 1631 fortgefeßt, tonnte aber megen beS Krieges
nicht ooltenbet m erben, benn ÜDfai 1632 fielen bie Schmeben fengenb unb brennenb
über SD^tnbelfjeim fjer1.
®ie ^erfonengatjl betrug anfangs 4, fpäter 8, bann bis gur Scfjmebengeit
burchfchnittlid) 14; in ben oiergiger ^atjren ftieg bie ßat)I mieber auf 10 — 12,
1650 maren eS 9 ^riefter unb 3 SBrüber. $m 3ahre 1622 lehrten 2 patres bie
©rammatifatftaffen, 1623 unterrichteten 3 $ßrofefforen in 5 klaffen: einer Üitjetorif
unb ißoefie, ein gmeiter bie erfte unb gmeite ©rammatif, ein britter bie britte ©ram»
rnatif; 1628 maren eS 6 Staffen, aber auch nur unter 3 ^rofefforen, fo baf jeber
£et)rer 2 Staffen unterrichtete (fo noch 1633). 3a()re 1636 mürbe bie non ben
Sdjroebeu üermüftete (Schule mieber mit ber ©rammatif unb 1 Setjrer eröffnet, aber
nur menige Schüler ftellten fich ein2; 1639 ftieg bie 3at)t, f° bafj man bie ^Soefie
beifügte; bie klaffen mürben non 2 ^ßrieftern beforgt. $8om Schuljahre 1642/1643
an oergeidjnen bie Kataloge mieber 3 Sefjrer: 1 für Üifjetorif unb ^Soefie, 1 für erfte
unb gmeite ©rammatif, 1 für bie britte ©rammatif.
2(uS alten Stngaben geht her0or/ bafj bie Schütergatjt ftetS gering mar. 2)ie
oberbeutfche ijkooingiatfongregation oom 3ahre 1628 nahm barauS Stntafj, bem
©enerat oorguftelten : 2)ie ©rfat)rung lehrt, bafj bie Schuten in 9Jiinbet£)eim nicht
ben erhofften ©rfotg haben megen ber geringen Slngaht ber Schüler; bagegen ift in
ben benachbarten Stabten grofje Hoffnung für Kollegien, metche niete Schüler unb
reichere ffrucfjt ermarten taffen, deshalb bittet bie Kongregation um bie ©rtaubniS,
baS Kotteg in ÜD2inbeIf)eim in ein tJiooigiat ober STertiat nermanbetn gu bürfen. ®ie
Stntroort S3itetteSchi§ nom 25. 9£ooember 1628 tautete: Stugenblicftict) fdjeint fein
gmingenber ©runb für biefe Stnberung norhanben; fottten ficf) mit ber ßeit fotche
©rünbe geigen, fo möge man genaueren 23erict)t nach 91om fenben3.
®ie Seetforge in Stabt unb Umgegenb gab niete Slrbeit. Sdjon 1622 mürbe
eine ÜDtarianifche Kongregation für junge ^anbmerfer, im fotgenben $at)re e‘ne foldje
für ^Bürger errichtet. TDie Stubenten, bie fictj bisher biefen beiben Kongregationen
angefchtoffen hatten, erhielten 1624 eine eigene Kongregation, bie nach ben Kriegs»
fchrecfen mieber erneuert mürbe (1643). SDie 23ürgerfongregation erholte fich feit
1648 fo, bafj 1650 faum nier ^Bürger ober ^anbmerfer in ber Stabt maren, bie
ihr nicht angehörten. Sluct) auS ber Umgebung traten Söiitgtieber bei; benn 1650
heißt eS : Sieben Sanbteute, bie megen ber meiten ©ntfernung nicht fommeit fönnen,
hatten für fich eine .gufammenfunft mit einer halben Stunbe geifttictjer Sefung.
Stufjer ben ißrebigten in ber 'pfarrfirc^e, beren Kanget 1629 oom SBifdjof für
immer bem Kotleg Übermiefen mürbe4, fetten bie patres Katechefe an brei Orten,
^eitmeitig mußten fie auch bie beiben bem Kotleg inforporierten Pfarreien fetbft
oermatten, meit eS an ben nötigen Subfiftengmitteln für einen eigenen Pfarrer fehlte
(1636). SSon 2tuSt)itfen unb ÜDUffionen merben befonberS Obergüngburg, Stngetberg,
SBefternach, ÜJJiinbetau unb Kempten genannt. 2)et Saframentenentpfang ftieg oon
7000 Kommunionen im 3ahre 1624 auf 14400 im 3ahre 1631 unb nach ber
Schmebengeit oon 1700 im 3ahre 1636 auf 5000 im 3ahre 1640 unb auf 11000
im 3ahre 1648.
©rofje ÜDiütje gab fich ber 23ifdjof Heinrich oon SlugSburg, um bie Qefuiten in
bie freie 91eich§ftabt Flemmingen eingufütjren, mo nur mehr neun fatholifdje gamitien
fich befanben5. 2tm 2. Ftärg 1626 fanbte ber SBifcfjof feinen 2Beihbifcf)of unb ben
1 Kropf I 315 f; II 36 ff 357 f. 3*Clm 26479. 4 Kropf I 316.
2 * Litt. ann. 1636 : Gymnasium tot numerat 5 Über bie Deformation itt Dtemmingen Ogi.
alumnos quot Musas. 23 a u m a lt n , ©efd). be§ 2HIgäu§ III 334 ff.
246
Viertes Sapitel. Sie oberbeutfdje fßrotHnj.
Bifc^öftid^ert Pfleger ©gfoff öon 3ed nad) Lemmingen, bie bem IHat ber ©tabt bic
äftitteifung machten, ber 93ifcpof pabe üor, um ben ©eiftlicpen in ber Sorge für bie
500 ober 550 fatpofifdjen ©eefen in ber proteftantifcpen ©tobt gu unterftüpen,
„Patres societatis Iesu, afg beren institutum unb ampt feie, beicpt pören, ben
catecpigmum ejercieren, franfe oifitieren, mie aud) prebigen, piepero ju üerorbnen" 1.
2ff§ Söopnung foHte ben ^efuiten bag bifcpöfficpe, fog. „Siffingerpaug" bienen, bag
oor mepr afg 100 $apren (1516) ein Vorgänger beg 23ifd)ofg §einricp 0. Knöringen
ermorden patte. Unt ©cpmierigfeiten ju begegnen, fjatte ber 93ifcE)of öon Äaifer
gerbinanb II. einen ©cpupbrief für bie Qefuiten ermirf't (14. Üftoüetnber 1625), ben
feine SIbgefanbten bem 9tat überreichten 2.
Ser Sftat inbeffen befdjfop in feiner ©ipung öom 4. SOfärj 1626, bem SBorpaben
beg 93ifcpofg „fo ftarf mögfid)" entgegen^umirfen, unb fud)te unb erhielt aud) Unter»
ftüpung öon Ulm, ©tuttgart, bem §erjog öon SBürttemberg unb bem ^urfiirften
öon ©acpfen3. Ser 9Iat machte geftenb, bap bie ©infüprung ber Qefuiten bie ber
©tabt üerbürgten greipeiten öerfepe; jubem fei oljne bie Qefuiten genügenb für bie
Ä’atpofifen geforgt. Ser SBifcpof ermiberte, bie ©ntfd)eibung, ob genügenb für bag
©eefenpeif feiner Siojefanen geforgt fei, ftepe ipm allein ju; aud) fönne er nicht
jugeben, bap burcp ben faiferlichen ©cpupbrief bie ftäbüfcpen ißriöifegien gefdjmäfert
mürben; benn bie ißriöifegien erftredten fiep nur auf meftficpe Sfngefegenpeiten unb
feien nicht auf geiftfidfe augjubepnen. Ser Vertrag öon 1516 über ben §au§üater
in bem Sidingerpaug unb bie ©rrid)tung öon irgenb einem Stift in bem (paufe
fdffiepe nicht aug, bap neben bem §augüater anbere ißerfonen im Sidingerpaug
mopnten, unb er beabficptige gar nicht, irgenbmetd)e „geifttid)e gdeipeit" einsufiipren;
barum fönne er in bem genannten (paufe ben Qefuiten fofange Slufentpaft geroäpren,
afg if)m beliebe 4.
Slitch bag iBemüpen beg 9Iateg unb feiner ißerbünbeten, ben faiferlichen ©cpup*
brief rüdgängig §u machen, hatte feinen ©rfofg. Ser $aifer erflärte, bap er bie
bagegen öorgebracpten ©rünbe nicht für triftig genug palte, um benfelben auf»
gupeben; begpalb ermarte er, bap fiep ber 9Iat über bie Sfufnaptne ber ^efuiten nid^t
meiter befepmere unb biefe gegen jebe Unbid augreiepenb fepüpen merbe5. Ser
9Iat mollte aber ben ^efuiten ben Zugang jum Siflingerpaug naep 9)?ögfid)feit er>
fepmeren. Segpafb napmen bie Beamten beg SSifdjofg ipre guffuept ju einer Sift.
hierüber fepreibt SSifcpof (peinriep ö. Knöringen in feinem 33erid)t an ben ^eiligen
©tupf öom 21. Oftober 1629: Ser SDIagiftrat fiep bie Sore ber ©tabt aufg forg»
faftigfte bemaepen, um ben ©injug ber Qdfmto1 ju oerpinbern. ^njmifcpen famen
brei ^efuiten in einem gefepfoffenen Söagen an bie Sore ber ©tabt in ^Begleitung
eineg feftfiep geffeibeten 9Ieiterg, eineg bifepöffiepen ^Beamten. Sie Sormäd)ter pieften
ben üornepmen fReiter für ben ^Begleiter feiner ©attin ober fyamifie in bem SBagen
unb fiepen ade ein. Sffg bann bie ^efuiten bei bem bifdjöfficpen §aufe augftiegen,
lief bag SSoff jufammen, bie §äretifer fnirfepten, bie ßatpofifen faxten. Ser ÜDfagiftrat
fepidte fofort einen ütfotar mit ßeugen, proteftierte gegen ben ©in^ug unb forberte
‘Sauer, Sie ©treitigfeiten toegen ber
Einführung ber Sefuiten (in Stemmingen), in
Seitfdjr. be§ ^ift. Serein§ für ©djtoaben unb
Steuburg 1891, 129 ff. * Litt. ann. coli. Diling.
ad ann. 1626 ff. K r o p f I 386 ff. ©pinbler,
£>einr. 0. Änoringen 75 ff. Sitten über bie Sin»
füfjrung im ©tabtnrdjib ju fDtemmingen.
2 * Original, in 9Jt. 9t., Urfunben, Sefv ®tl*
fingen, ga§s. 2.
3 Sauer a. a. 0. 129 ff. $cr Sifdjof bon
üluggburg manbte fidf) am 27. 9J?ärj 1626 mit
feinen Stagen an Sltajimilian bon Sapern.
• Original in 9)t. 9i. 1719 bort unb 1718
weitere Sriefe in biefer ©adje.
4 Sauer a. a. 0. 131.
5 Sbb. 133. S)a3 faiferlitfje ®efret (30. Quni
1626) mürbe bottt Sifdjof bon 2fug§burg bem
9lat am 11. September jugeftellt. ®ie Sor»
refponbens mit bem Saifer 1625— 1627 in
SBien, ©taat^ard)io, 3teid)§pofrat, Qef. 115.
Sllte unb neue 91teberlafiungen : Sütemmingen.
247
bringcnb bie balbige (Entfernung ber ^efuiten. ©iefe miefen ben faiferlidjen ©djup*
Brief oor, in bem unter fermerer ©träfe eine ^Belüftigung ber ^efuiten oerboten
mar. ©er 9J?agiftrot befragte fid) beim ®aifer: nadj bem eingegangenen Vertrag
biirfe in bem bifdjöflidjen §anfe nur ein 9J2emminger Bürger mofjnen. ©er 83ifd)of
ermiberte, eS ntiiffe jmar immer ein Bürger in bem fpaufe mobilen, aber eS tonnten
aufjer bem ^Bürger audj nodj anbere Stidjtbürger in bem £jaufe mofjnen — baS fei
burdj ben Vertrag nidjt auSgefdjloffen. ©er Ä'aifer entfdjieb p (fünften beS S5ifdjofS.
©o blieben beim bie Qefuiten unb bemaljrten burdj fßrebigt, SSeidjtljören unb Äatedjefe
nidjt allein bie nodj übriggebliebenen menigen fatljolifdjen 23ürger, fonbern audj bie
nieten auSmärtigen fatljolifdjen ©ienftboten im ©tauben, ©ie $rudjt mirb nodj
gröfjer fein, meint einmal erft bie ©cfjulen eröffnet merben. ©ie feljr erregten
Sutfjeraner in biefer ©tabt mürben etmaS milber geftimmt, als bie ^efuiten 2Beifj=
nadjten unb Cftern fromme ©ialoge über bie ©eljeimniffe beS ©laubenS unb baS
Seiben (Efjrifti burdj unfdjulbige Änabeit in beutfcfier ©pradje auffüfjren liefen1,
©omeit bie ©arftellung beS S3ifcf)ofS.
©ie erneuerte 23efd)merbe beS fRateS fjatte ber $aifer am 15. ©ejember 1626
mieberum pritdgemiefen: bie Oom 33ifdjof ben Patribus üermilligte Söofjnung fei
bem aufgericfjteten Vertrag ober bem SieligionSfrieben nidjt pmiber; bie Oermeiuten
33efdjmerben feien alfo befdjaffen, bafj man bieSortS $ur* unb dürften mit gug nidjt
Ijabe beseitigen füllen unb föitnen. ©aS iBerfjalten beS States gegen ben ^auSoater im
©illingerljauS unb gegen bie üßerfonen, meldje ben patres irgenbmeldje ©ienfte leifteten,
nebft ber ftrengeu S3eaufficf)tigung ber patres, bie nadj ober burdj SJJemntingen reiften,
begeidjnet ber ß'aifer als unftattljaft unb forberte Slbftellung ber ^Belüftigungen, „bamit
man nidjt auf ,ben miberigen ffaK* pr Slnmenbung fcfjürferer ÜJJiittel gepungen merbe"2.
©ie patres, meldje auf foldje Söeife iljren Sßeg nadj Lemmingen gefunben
Ijatten. maren Qafob flügger unb ©eorg ßimmern. Qn ber ^nftruftion, bie ber
i]3roöinpl am 14. ©eptember 1626 unterjeidjnete, mirb ifjnen ©emut unb 33e>
fdjeibenljeit gegen alle, befonberS gegen ben ÜOJagiftrat anempfofjlen; in ben ^re-
bigteit füllten fie menigftenS oorläufig feine ßontrooerfen beljanbeln, fonbern baS
©ogma pofitiü barlcgen, oolfStiimlidj erflären unb bie entgegenfteljenben örrtiimer,
o^ne beren Urfjeber p nennen, mit iBermeibung oon fjerbein ©abel in milber Söeife
miberlegen. ©urdj ißroüofationen bürften fie fid) nidjt reifen laffeit. Sor allem fei
ein gutes SBeifpiet notmenbig. Sticht bie Tonnen, moljl aber bie Sinnen, föranfen
unb ©efangenen füllten fie befugen. Sillen ©egnerit, audj ben i^räbifanten, müfjten
fie im SSerfefjr freunblid) begegnen 3.
©rop aller ©djmierigfeiten fjarrten bie patres aus. SSeil ber iljnen beigegebene
93ruber 1629 an ber ißeft ftarb unb bie patres megen SlnftedungSgefaljr oon jebent
fBerfefjr abgefcfjnitten mürben, oerliefjen fie für furje $eit bie ©tabt, meit fie bodj
nidjtS mefjr arbeiten fonuten; teerten aber im folgenben ^af)re bortfjin priid4. SllS
1631 infolge faiferlidjen ÜUJanbateS unb püpftlidjer SBemilligung bie Stirdje ©t SJtartin
unb baS ehemalige Slntoniterflofter für ein ^efuitenfolleg beftimmt mürben, fam eS
p Unruhen in ber ©tabt, bie burdj ben ©rafen f^ürftenberg, ber mit feinen ©ruppen
au§ Italien Ijeranpg, unterbrüdt mürben5.
1 “"^opie in Epp. ad Bus.
8 93 a u e r a. a. £). 146 f.
3 * Original in 3JI. SR., Jes. 1718.
4 Kropf I 388 f.
6 *Litt. ann. 1631. Kropf II 26. $a§
faiferlicpe äJtanbat Dom 8. SJtärj 1631 * Dri=
ginat in 9Ji. 91., Jes. 1718. g-ür bie ©e=
toinnung ber ehemaligen Praeceptoria S. An-
tonii nebft ber baju geprigen 6t DJiartinltircbe
gab fiep Söifdjof ipeinrid) Don 9tug§burg Diele
ÜJiiipe. 6eine ©riinbe in Causa et rationes,
propter quas Rmus Ep. Augustanus praecep-
toriam S. Antonii Memmingae sitam prae-
habito Sedis Apostolicae consensu patribus
248
33icrtc3 Kapitel. Sie oberbeutfdje fJSroPin,).
®ie 33efe|ung ber ©tobt burdj bie ©djmeben (Slpril 1632) bereitete bann Der
Sßieberlaffung ein gemaltfame§ Snbe: bie Qefuiten mürben oertrieben, iffr ^ab
unb ©ut geplünbert1. $mei heitere SSerfuc^e im ^jafjre 1633 unb 1635 fdjeiterten
an ben friegerifd)en ©reigniffen : bei ber Sinnafjme ber ©tabt burcf) §orn 1635
entging ber lefcte $ßater nur mit üftot einem fdjlimmeren ©efdftd2.
®ie ßurüdbrängung ber ®atf)oIifen in ^aufbeitren burdj ben oorraiegenb
proteftantifdjen äßagiftrat3 bauerte aud) im Stnfang unferer ^Seriobe fort unb oer»
anlafjte mehrere faiferlidje föommifftonen, benen e§ aber nid)t gelang, alle 33efd)merben
ber Äatfjolifen abjuftellen. Srft al§ bie äftadjtfteflung be§ $aifer§ geftärft mar,
traf am 14. SDZärj 1627 eine neue faiferlidje Äommiffion ein, mefcfje bie feit 1601
unerlebigt gebliebenen religiöfen unb politifdjen 33efcfjmerben enbgültig erlebigen füllte.
Sin neuer ÜUiagiftrat mürbe eingefeljt unb bie Ausübung be§ proteftantifdjen ©otteg*
bienfteS fefjr befdjränft4.
51m 27. ^uni 1627 bat ßurfiirft SWajimilian ben fRat non ^aufbeuren, er möge
ben Patres Societatis, bie im Sluftrage be§ 33ifdjof§ eine -JKiffion jur gortpflanjung
ber fatfjolifdjen Religion unb §ur Untermeifung ber c^riftticf;en $ugenb üorneljmen
mürben, ©cf)ut3 unb görberung juteil roerben laffen. SDer 91at midfaljrte. ®er
33ifd)of tief) am 2. Oftober 1627 bem 9tat feine Slnerfennung für bie Sereitmiüigfeit,
bie ^efuiten einjufüljren, ausbritden, unb am 6. 97oüember 1627 fcf)rieb er an ben
Pfarrer Don ^aufbeuren: ®a er furj üermicfiener Xage etliche Patres Societatis Iesu
nad) ®auf6euren üerorbnet unb ifjnen bie Sßfarrfanjel ju tierfefjen befohlen fjabe, fo
fülle fie ber Pfarrer baran nidjt fjinbern, fonbern ifjnen alle görberung angebeifjen
laffen5. Snbe Oftober ober Slnfang SRoöember 1627 mürbe bie Offener lieber*
laffung nad) ^aufbeuren oerlegt. 25er $J3fan be§ 53ifcf)ofl ging auf bie Srridjtung
eine§ Kollegs. St bemühte fid^ junädjft, ben ^efuiten eine entfpredjenbe SSofjttung
unb ®irdje ju befdjaffen. ^n einer Slbmacfjung gmifdjen ben ^ommiffaren unb bem
9iat üom 27. SO^ai 1628 bemilligte festerer, bajj fünf Käufer famt ©arten auf Soften
S. J. assignari cupit 7. Aug. 1629 (Cop. Arch.
dell. Propaganda, Lettere di Germania LXX,
f. HO ff). 9)9!. fein Schreiben Com 7. $jcni
1629 au bie $ropagatiba (Cop. ebb. f. 115).
llrban VIII. gelcäbrte am 29. $>an. 1630 bie
Sitte (Synopsis 332). 21m 10. 21pril 1631
bat 23ifchof Heinrich ben Karbinal Sarberini
um fcpuelle 21usfertigung be3 S'efreteS betr.
Übergabe ber Praeceptoria, welche i£)tn ber
fßapft für eine Schule ber gefuttert bewilligt.
Sowohl ber Kaifer al§ ber fßapft unb bie betben
Kongregationen ber ißropaganba unb be§ fßala«
tiuated hätten ihm bie Praeceptoria fdjon längft
jugeftanben. * Original in Bibi. Vatic. Barb.
Latin. 6869, f. 61. gine 2>enffcfjrift be§ 93i<
fd)of§ com 24. guni 1631 jeigt bie 9ted)tlich=
feit ber Übertragung : Rationes aliquot breves,
quibus ostenditur translationem Praeceptoriae
Mein, ad Soc. Iesu iure merito esse factam
neque ullo modo esse revocandam. S)iefe
2lu3einanberfepung richtete fid) gegen ben $ro=
teft ber au3 SSienne ftammenben 2lntoniter unb
ihre» 25roteftor§, be£ Könige con granfreid).
*Kopie in 9Dt. 91., Jes. 1718 unb Arch. Vatic.,
Miscellanea Arm. 8, vol. XCI. gn einem
Schreiben an ben fran^öfifchen ©efanbten in
9Iom flicht ber ißrofurator be§ 91ntoniterorben»
bie ©rünbe be3 93ifd)ofi§ ju miberlegen. Kopie
in Arch. Vatic. a. a. 0. Unter bem 13. Sept.
1631 fertigte Urban VIII. bie 33utle für bad
Kolleg con 9Jlemmingen au§. Notariell be>
glaubigte 2lbfd)rift auf Pergament mit Siegel
in 9Jt. 91. , llrfunben Sillingen, 3-
1 * Litt. ann. 1632. Kropf II 27 f.
2 Kropf II 118 358 f.
3 Sgl. 23b I, S. 475.
4 Steid)ele = Sd)rüber, 93i§tum 91ug§burg
VI (1904) 384 ff. Spinbier, Heinrich Con
Knöringen 74 f. S. S5> agenfeil, ^Beitrag
jur ©efd). ber 9Ieformation uftc. (in Kauf«
beuren) (1830) 29 ff. Über ÜBagenfeil cgi.
Stiece, Kaufbeuren (1870) 102. $ie * Annales
Resid. Kaufbeur. 1628— 1772 in ber 23ib!iotf)ef
gu Kaufbeuren.
5 Steid)ele«S darüber a. a. D. 403 f. —
Später, 20. Oft. 1629, trennte ber 23ifd)of ba3
ißrebigtamt in ber $farrfirche 311 Kaufbeuren
com Pfarramt unb übertrug eS bauerub ben
Sefuiten, bie e^ fchou einige 3^t mit gutem
grfolg üerroaltet hätten. Über bie heftige
fprebigttceife einiger Pfarrer mar mieberholt
geflagt roorben (ebb. 400 412). 2>ie 93efd)merbc
be^ fßfarrerl con Kaufbeuren, Ulrid) SG3atI,
f. 11. Kapitel.
2üte uitb neue fRieberlaffungen: Äaufbeureit.
249
ber «Stabt getauft unb beit ^efuiten eingeräumt roerben foGten, itnb gtnar mit 33e=
freiung öon ollen bürgerlicpen Sefdjmerniffen V Scpon am 14. Slpril 1628 fjatte ber
SBifc^of bem ju griinbenben Kolleg bie fog. fponolbfdpe ißräbifatur, bie ^rouenfir^e
unb bie feit öielen ^apren oerfallene Slfrafapeüe inf orporiert1 2. SDie teuere Kapelle
mürbe als baufällig niebergeriffen. 91m 4. ÜRooember 1630 jogen bie ^efuiten in
baS Dom Söifc^of gefdpenfte £>auS, „Scplöfflein" genannt.
®a ber SroteftantiSmuS erft nacp 1555 eingefüfjrt unb bie faiferlidpen ÜDtanbate
nidpt beamtet morben3, unterbrächen Sifcpof Ipeinridp unb Kurfürft f0ia£ Slpril unb
2Rai 1628 bie SluSübung beS proteftantifcpen (SotteSbienfteS unb liefen fämtlicpe
Stellen im fRat mit Katpolifen befepen. ®ie ißroteftanten meigerten fiep aber, bie
fatpolifcpe Kircpe ju befugen. Son SRai bis yjoüember 1628 fef)rten non 287 nur
17 Bürger jur Kircpe guriidf. ®a September 1629 ber lepte Termin jur 2IuS»
manberung ober fRücffepr jur Kircpe beftimmt mar, oerliepen 32 Bürger mit ipren
ffamilien (gegen 200 fßerfonen) bie Stabt. ®aS StiftungSDermögen ber proteftantifcpen
Kircpe, 3400 ©ulben, mürbe ben Qefuiten übergeben4.
Über bie ÜBirffamfeit ber ^efuiten fcpreibt Sifcpof ^einricp in feinem Sericpt
oom 21. Oftober 1629 an ben ^eiligen Stupl: $ur SöieberperfteKung ber f'atpolifcpen
grömmigfeit mürben bie Später ber ©efellfcpaft $efu nacfj Kaufbeuren gerufen; fie
paben bort biSper eine nüplicpe unb OorKiglicpe Sätigfeit entfaltet burep ißrebigt,
Katecpefe, Sefudp ber Traufen unb anbere Slrbeiten ipreS QnftitutS, unb ber Sifcpof
fitcfjt mit affen Kräften ipnen bort einen ftänbigen Sip unb ein Kolleg jur Unter»
meifung ber ^ugenb gu öerfcpaffen 5.
Seit 1629 maren brei patres unb feit 1631 aucp jmei Scpolaftifer als Seprer
in Kaufbeureri tätig, £$m ^apre 1630 patte man mit einer fleinen Scpufe begonnen
unb biefelbe megeit ber immer japlreicperen Scpüfer im fofgenben $apre ermeitert.
(Sin SRagifter gab bie erfte unb jmeite unb ein jmeiter bie brüte ©rammatifalflaffe.
Scpon 1631 magte man bie Sluffüprung einer fteinen Komöbie. SDie Qefuiten prebigten
an allen Sonn» unb gefttagen morgens unb in ber gaftenjeit aucp nacpmittagS. $m
Qapre 1630 gäplte man in ber iäRuttergotteSfapelle 2450 unb 1631 fcpon 3600
Kommunionen, darunter merben aber mopl mandpe Safrilegien fein, benit bie neuen
Konüertiten mußten fiep unter ©elbftrafe bei Seicpt unb Kommunion einfiitben.
Salb fam aucp pier eine Söenbung burep bie fcpmebifdfien Siege. 2lm 14. Quni
1632 gogen bie Scpmebeit ein. Son ben auSgeroanberten Sr°teftanten oeranlapt,
erging am 27. ^uni 1632 ber fepmebifepe SSefepl, ben proteftantifepen ©otteSbienft
in Kaufbeuren mieber freijugeben. $n ber näcpften ßeit mar bie Stabt mie ein
Fangball halb in ber fpanb ber Kaiferlicpen, halb im Sefip ber Scpmeben. Sinnen
anbertpalb Qaprett mürbe fie acptmal geplünbert.
Slucp ben Qefuiten mürbe alles geraubt; 1637 maren fie oollftänbig tierarmt.
Xropbem parrten fie aus, nur bie SRagiftri jogen fort, meil man bie Scpule auf«
geben muffte. Sei ber mieberpolteit (Sinnapme ber Stabt burep bie Kaiferlicpen
fuepten unb fanben manepe Sroteftantcn Scpup bei ben ^efuiten, fo befonberS im
^apre 1634. Gsrft 1642 fonnte man mieber mit bem Unterricht einiger Knaben
einen fleinen Stnfang maepen; Sicptmefj beSfelben QjapreS gaben bie Knaben eine
fjenifepe ®arfteüung beS geftgepeimniffeS in ber Kircpe. Sdpon öorper patte man
trop ber ©reue! ber Sermiiftung SöeipnacptSfpiele in ber Kircpe auffüpren laffen,
fo 1636 ben Knaben QefuS bei ber Arbeit. 3U liefern Dialog patten aucp ißroteftanten
1 * Äopie in 9K. 3t., Jes. 1578.
2 *6bb., Jes. 1579.
3 Über bie (Sinfüprung ber ^Reformation
ogt. 33 a um an n, ©efdjidjte beg 2ÜIgäu§ III
385 ff. 4 (Steid)ele»©cf)röber a. a. 0.
VI 406 ff. 5 * Sobie in Epp. ad Bus.
250
Viertes ftapitel. Sie oberbeutfdje ißrobinä.
Seppidje unb Koftüme geliehen. Sie ^ßrebiglen an ©onn» unb Qefttagen hielten bie
^3atre§ feit 1641 meiftenS tüieber in ©t Btartin. Qm felben Qaljre üerfaljen fie
fünf äRonate ben ^often be§ erfranften Pfarrers. Sie Kommunionen fliegen oon
2000 im Qaljre 1641 auf 4000 im Qaljre 1648; auch l)ier mirb bie Steigerung
befonberS als eine Qrud)t ber neu eingefüljrten monatlichen ©eneralfommunion be¬
gegnet. Qm Qaljre 1645 nafjm ber oertriebene Qürftabt oon ©Umangen mit feiner
Begleitung ein Vierteljahr SBofjnung bei ben f|3atre§. Sie ergmungenen Konoerfionen
hatten in ber ©djmebengeit meift nidjt ftanbgehalten : im Qahre 1640 mären mieber
mehr als gmei Srittel ber Bürger proteftantifdj \
Sie Berichte fönnen nidjt genug baS Söofjlmollen ber Kaufbeurer Katljolifen
preifen. Siefelben festen bei ben QriebenSOerhanblungen alles barait, bie Beftrebungen
ber Bt'oteftanten für bie Vertreibung ber Qefuiten gu oereiteln. Bei ber (Spefution
beS QriebenS, ber für Kaufbeuren bie B3ieberf)erftellung beS ©tanbeS Oon 1624 be-
ftimmte, „oerfügten bie miirttembergifdjen Slbgeorbneten mit Berufung barauf, bafj
bie 9iieberlaffung im 9?ormaljahr nodj nidjt beftanben tjabe, einfeitig bie SluStoeifung
ber Qefuiten. Sa fie bei biefem Vorgehen an ber fdjroebifchen Befapung einen
Ütüdljalt hotten, fo mar jeber Sßiberftanb auSfidjtSloS, unb eS blieb ben fonftangifdjen
©ubbelegierteit nichts übrig, als gegen bie 51norbnung gu proteftieren unb ben Slb>
giehenben alle Vedjte oorgubeljalten". 3tm 17. Slpril fanbten bie Söiirttemberger ben
Qefuiten baS SlusmeifungSbefret, unb fdjon am 19. Slpril mußten bie Qefuiten bie
©tabt üerlaffen. „Sie fatholifdje Biirgerfdjaft betrieb fofort mit einmütigem ©ifer
unb unter Slufroeubung namljafter Koften bie Veftitution ber Qefuiten, burcfj bereu
2Beggang ein empfinblidjer Mangel ber minbeftenS auf 700 ©eelen gu beredjnenben
tatljolifdjen ©inmoljnerfdjaft entftanben mar."1 2
Sie (Sntfcheibung oergögerte fidj, benn bie Qrage, ob in ben gemifdjten ©täbten
jebe Konfeffion fo üiele ©eiftlidje aufnehmen fönne, als fie für nötig eradjte, ober ob
auch für bie Qaljl ber ©eiftlidjen ber Befipftanb beS QaljreS 1624 mafjgebenb fein
folle, mürbe bem BeidjStag oorbefjalten unb nie entfdjieben. ©rft 1651 erreichten
bie Katljolilen ihr Qiel; benn infolge oon fünf Klagefdjriften beim VeidjShofrat erging
am 17. Quli 1651 ein faiferlicfjeS Veffript, meines ber ©tabt Kaufbeuren befahl,
bie Qefuiten gu reftituieren 3. —
Sie oon ber ©algacf) umfloffene ©tabt Burghöfen in Oberbapern erhielt im
Qaljre 1630 ein Kolleg4. (pier prebigten im Sluguft 1627 auf Veranlaffung beS
BfarrerS gmei BotreS aus Slltötting. Surdj bie Befi mürben fie oom Verleljr ab-
gefdjnitten unb mußten in Burghaufen bleiben, ©ie arbeiteten in Kirche, ©djule
unb ©pital unb moljnten anfangs im Bfon'hauS, fpüter in einem Bürgerhaufe. Qu
ben B^igten an ©onn- unb Qefttagen roährenb beS ^odjamtS (ber Bfarrer prebigte
in ber Qrüljmeffe) mar grofjer Qulauf, ebenfo mollte alles bei ben Qefuiten beidjten:
fie gäljlten SBeiljnachten 1627 1175, im folgenben Qapre über 5000 Beidjten. Sie
Beft gab meitere Arbeit bei Sag unb bei ^cad^t. Sie beutfchen ©djuleit mürben
alle brei Btonate gum Beidjtunterricht ober gur Beidjt geführt. Sftit ben Kinbern
führte man an Söeihnadjten unb in ber Qaftengeit geiftlidje Sialoge in ber Kirdje auf.
1 ©teid)ele = ©d)röber a. a. 0. VI
408.
2 Ebb. VI 412 f. Ein 53erid)t über bie 2tu3=
toeifung in 9)t. 9t., Jes. 1580. $u bem Sampf
für unb gegen bie Semiten pgl. SBagenfeil
n. a. 0. 108 ff.
3 Sie Slusf üt)rung erfolgte erft am 17. fg-ebr.
1652. ©teid)ete«©d)röber a. a. 0. VI 414 f ;
bort ©. 420 ff aucf) bie meitere ©efd)id)te ber
fRefibenj.
4 *Hist. coli. Burghusii 1627 — 1637. 9J1.
9t., Jes. 916. * Litt. ann. 1627 ff. £>uber,
@efd). ber ©tabt Söurgfjaufen in 0berbapcrn
(1862) 227 ff. 5 a 1 1 e r m a f) e r , @efd). bc3 ©tu-
bienmefeng in 93urgfjaufen, fßrogr. 1891/1892
11 ff. Kropf I 430 ff; II 303 f.
2llte urtb neue 9tieberlaffuugen: 23urgfeaufen.
251
infolge einer fßrebigt über baS gludfeen liefe ein angefefeener ÜDJann gu tpaufe eine
Südjfe mit einer Weinen Öffnung auffteCten, für jebeS $ludjmort mufete ein ©elbftiid
für bie Sinnen feineingemorfen merben.
$n ber Sürgerfcfeaft entftanb ein lebhaftes Verlangen nacfe einem Kolleg, unb
aud) bie Regierung bemüfete fid; eifrig bafür. 21m 4. Januar 1629 banften Bürger»
meifter unb 9iat bem ßurfürften unb baten um gitrfpradje beim Sßroüingial, bafe
berfelbe bie ©dfeule fobalb als möglid) eröffne 1. ©cfeon unter bem 6. Februar 1629
fagte SÖiajimilian bie ©rricfetung eines ®oHegS gu unb oerfpracfe 40000 ©ulben für
ben Sau unb 3000 ©ulben für beu jäferlicfeen Unterhalt2.
Qn bem gunbationSbrief üom 16. Sluguft 1629 betont ber Surfürft, bafe er
fidfe frei entfdjloffen feabe, in feiner ©tabt Surgfeaufen gu ©ferett beS fei. ^ofepfe eine
fö’ircfee unb Kolleg für bie mürbigen Säter ber ©ogietät ^efu gu bauen. SDie
©ogietät feabe fidfe bie gange 3ed, bie fie in Safeern gemefen, um gürft, Sanb unb
Seute unb befoitberS um bie Qugenb mofel üerbient gemacfet unb folcfeen merflidjen
Siufeeit gebradjt, bafe er bereit gnäbigfteS ©efallen unb SOfänniglicfe ficfe beffen gum
feödjfteu erfreuen unb bebanfeit3 *.
21m 20. 2Ipril 1629 mürbe bie ©djule mit ben grnei unterften klaffen eröffnet,
im |)erbft beSfelben ^afereS traten bie brei oberen klaffen feingu. ®ie ©rfeebung
ber ÜJZieberlaffung gum ®oüeg erfolgte am oierten f^aftenfonntag 1630. 3m ^>erbft
1632 mürbe bie bisfeer mit ber Humanität bereinigte difeetorif als felbftänbige klaffe
erridfetet. £>ie Sluffidjt über bie SolfSfcfeule unb baS SefteüungSrecfet beS SefererS er»
feierten bie Qefuiten 1633. fyünf Qafere fpäter mürbe bem ©pmnafium bie Sogif
beigefügt. ®ie Semüfeungen, bie ©ericfetsprioilegien ber anberit ^efuitenfollegien
gu erfealten, maren 1642 oon ©rfolg gefrönt, inbem ber ®urfürft bie ©ericfetSbarfeit
geraäferte unb nur bie fcfemereren Sergefeen bem furfürftlidfeen Oberridjter oorbefeielt L
gür ben ©otteSbienft, ben man anfangs in ber ^farrfirdje, bann in einer an*
ftofeenben Kapelle feielt, mürbe eine neue ®ircfee gebaut. SDie ©runbfteiulegung faub
am 1. SDiai 1630 ftatt. SDrofe ber grofeen ©cfemierigfeiten bei ber gmnbamentierung,
inbem ber Soben §erflofe, gebiefe ber Sau nocfe 1630 bis gum ®acfe unb fonnte
fdjon am 9. Sooember 1631 gu Grferen beS fei. Qofepfe eingemeifet merben 5. ®ie
Saufoften betrugen gegen 15000 ©ulben. 3n Üiaumglieberung unb Slufbau erinnert
ber Sau au bie ßoIIegSfirdjen in ©icfeftätt unb Spillingen, im Slufeern geigt ber ©iebel
ber gaffabe Slfenlicfefeit mit bem oon SMndjen. SangfeauS unb ßfeor erfeielten feofee
Sunbbogenfenfter. SDaS 11 breite unb 2l1/2m lange, üierfodfeige ©cfeiff geigt
an beiben Sangfeiten je oier SBanbnifcfeen. SDer Xurnt an ber ©übfeite beS ßfeoreS
oerrät ben üDJangel an Mitteln, er reidfet nur bis gum ÄranggefimS beS ®acfeeS 6.
£>ie oier ©loden oon 18 (22), 11, 6 unb 3 ßentnern fofteten 1600 ©ulben.
®ie gröfete ©lode, bem fei. Qofepfe gemeifet, geigt bie Überfcferift:
Su ©otte3 2ob, ßl)r’ unb fßreiä
©ofs mid) 99artf)olome 9®engle in 91tünd)en mit gleiö7.
®er Sau beS föollegS, ber fdjon 1630 geplant mar, laut erft 1643 menigftenS
teilraeife gur SluSfüferung 8.
1 * Original im 99t.®., ©crid)t3=2it.416, 9tr90.
2 ißerljanblungeit jmifdfen 9)tagiftrat unb
SKajimilian in 91t. 9t., Jes. 911.
* *®opie in91t.9t. 91., Urfunben 23urgf)aufen,
Sef. !• Uber ba§ Original f. ipuber
a. a. 0. 2292. SteilS abgebrucft bei Lay¬
mann, Iusta defensio, Appendix 7, mit bem
2)atum ber notariellen 23eglaubigung oom
12. San. 1630.
4 ®ie * ®orrefponbens barüber 91t. ®., ©er.=2it.
460, 9tr 90. 5 9täbere§ bei § u b e r a. a. 0. 231 .
6 93 raun, 2)ie ®ird)en ber oberbeutfdjen
Orben^proDinj 156 ff.
7 ®ie Unterfdjrift : D. Iosepho. Deiparae.
Sponso. Dei. Nutritio f. §uber a. a. 0. 231.
$er 93ertrag mit bem ©lodengiefjer oom 26. 2lug.
1631 in 91t. 9t., Jes. 911.
8 33ie Idea Collegii Burgh. mürbe fdjon 1630
252
Viertes Äapitel. Sie oBerbeutfdfje fßroüinä.
©aS Kotleg jäbtte in ber erften Qeit burc^gef)enb§ 6 ißriefter, 2 SDlagiftri unb
einige 33rüber, fpciter finb eS 16—17 ißerfonen, barunter 5 Sebrer. Qm Qabre 1634
mud)S bie Qabt ber Qefuiten megen ber nieten Qtiicfjttinge auf 29. Qn ^Betreff ber
3af)t ber ©ebiiter Reifet eS im Qabre 1636, bie Qaf)! fei nitfjt febr grofj gemefen.
9?ad) ber ©abette nom 3Jtai 1649 jätjtten bie fedjS Stbteitungen unter fünf Seffern
135 ©cbüter1.
Qu ber Kongregation für bie ©tubenten, bie fdjon 1629 errichtet mürbe, !am
1630 eine meitere für bie Herren unb 23ürger. ©er ©aframentenempfang ftieg
fortmäbrenb; 93eid)ten mnrben 1630 11000 unb 1632 über 12000 gejätjtt. ©ie
Kommunionen ftiegen non 7000 im Qabre 1631 auf 18000 im Qabre 1635. ©aju
famcit noch über 2000 in ber ißfarrfirdje. ©ie böcbfte Qabl roeift baS Qafjr 1648
mit 27 000 Kommunionen auf.
Stuf bie 33itte beS Kurfürften mürbe am 8. SDtärj 1633 bie ißfarrfirdje ©t Qafob
nom Erjbifcbof non ©atjburg ben Qefuiten gur einftmeitigen SSerraattung übertragen,
bamit baS megen beS Krieges megfatlenbe ©rittet ber Einfünfte auf biefe SBeife er*
fept mürbe, ©aju f'am nod) ber ißfarrbienft in jmei ©örfern. Qm Qabre 1633
batten bie patres faft an atten Sonntagen nier ißrebigten unb nier Kate^efen. ©ie
i)3farrfircbe mürbe 1638 einer grünbficfien Reinigung unterzogen, auef) einige Stttäre
unb alle 33änfe erneuert. SSier Qabre fpüter erhielt bie ^ßfarrfird^e mieber einen
eigenen Pfarrer, rnoburd) bie 91ube beS KottegS bebeutenb gernann. S3ei ber ißeft
beS QabreS 1634 mibmete fiel) P. Stbain operier Enbe Oftober freimittig ben ißeft*
tränten. (Sr mürbe mit 1 Sruber unb 1 Knaben in ber ©tabt exponiert unb teerte
mot)tbebatten am Enbe beS QabreS ins Kotteg Qurüct. SJtit nicht geringerer ©efahr
bienten brei meitere patres ben QSeftfranten.
Qm Qabre 1629 tarn bie ÜÖfiffion itt Sßilbenau bmju. ©iefetbe begann ein
Qtiidjtting, P. Konr. Kaut. (Sr batte foteben (Srfotg, bafj if)m batb ein ©efäbrte in
ber ^erfon beS P. Söotfg. ©djönSteber gegeben merben mufjte. ©ie SftiffionSftation
beftanb bis jurn ©obe beS Sierra SBotfg. SBiguteuS oon Stbam, 1644. Sin ben ©onntag*
nacbmittagen batte ber fromme £>err auch fetbft Katecbefe abgebatten. Qerner arbeiteten
je jtoei ißatreS teils gur StuSbitfe, teils ftänbig oon 1634 bis 1650 in Söfauerfirdjen
unb ißicbtborf (33id)etborf, Siffetborf). Einer ber ißatreS fammette 1643 mehr atS
1000 ©utben für Strme unb Kranfe. 9Son 1641 bis 1645 mirb ein $ater atS SDfiffionär
in ÜDfauternborf genannt.
S3on 53urgbaufen btag audb bie ütJfiffionSftation in £ allein ab, bie oon
1632 bis 1635 beftanb. Stuf ber Qtuctjt oor ben ©djtoeben batte P. @eorg ©to£ 1632
in einer 93urg bei Rattern, bann in ^»allein fetbft eine febr fegenSreicbe ©eetforge
entfaltet; atsbatb mürbe if)m ein jmeiter Ijkter beigegeben, ©ie eröffneten eine
iBotfSfdjute, an metdjer 36 Knaben teitnabmen, unb eine ©djulengetfongregation,
bereit üöfitgtieber einen großen Eifer an ben ©ag tegten. Ein neues fircbticbeS
Seben begann, ©ie ©ätigfeit bebnte ficb fo auS, baf; 1633 ein britter unb 1634
ein oierter ißater ju £>itfe gefc^icft mürben, ©ie ©dptte mürbe auf jmei Klaffen
ermeitert. SSiete gute ©ebriften mürben oerbreitet; in ber Umgegenb, mie 93erdjteS*
gaben, half man oiet auS. ©a brach OJtober 1634 bie ^5eft auS, jmei patres fieten
in jmei ©agen berfetben junt Opfer, barunter P. Eeorg 33runner, ber frühere EJenerat*
oifar Oon Eidjftätt, ben man in ^allein attgemein für einen ^eiligen hielt. 9?ad)
einigen ÜWonaten erlag ber britte ^ater (^etfooer) ber ^ßeft, nadjbem er fetbft oiete
nad) 9tom gefdpeft unb öort oerbeffert. * Sittel» 1 Stuf bic 9?f)etorif unb bie folgenben Ätoffeit
Ie§d)i an ättunbbrot, 23. 9?oö. 1630. Orig.» entfallen 15, 29, 27, 20, 23, 21 Schüler.
9ieg. Ad Germ. * Jes. 570.
2Ilte unb neue -JJieberlaffungen : Sanbl^ut a. b. Sfar-
253
üon ber fßeft geteilt; beim ben Slrmeit mar er nidfjt allein Seelenarjt. 33alb fofgte
ber nierte fßater, (Shriftopl) ÜDlerfl, ber jmar non einem breimaligen SlnfaU ber ^eft
genaS, aber einer @e^irnfranfi)eit jum Opfer fiet unb ertranf. So mar bie ganje
tapfere 33efapung non ^»allein gefallen. @S mürbe jmar für einftmeilen nodj ein
fßater ju §ilfe gefc^icft, aber aus Mangel an Seuten muffte bie Station am 8. SOiai
1635 aufgelöft merben. ®er Slbfcfjieb foftete niete SEränen1. —
Qn ber fdjönen nieberbatjrifdjen §auptftabt SanbSfjut an ber Qfar mit bem
herrlichen Sdjloff SErauSnifj, ber ehemaligen fRefibenj ber baprif^ett ^»erjoge, patten
bereits im 16. Qahrhunbert
Saloman vere fapiens,
•öbcr
oiaennßtgtct* Salo-
p mon, watfmafim er neml>Itcf> in erfaß*
H rung gebracht (velutpifcatoridusfapit) mir
ftafiflnerieifkdher>15rachtmitiÖ<?'ßofluft fene cmourlau#
ba6cillerjci(kcbcr’Pracljftmnb<IBpttu(t fepe cm purlau#
«rc(£t)t<lfcit/licf[ciurfclb(Tcnaii(l)®cc(<f. am i. Sap.^cug.
miß gibt alfo auf fd)tcrj<nt ;
Vanitas Vanitatum & omnia Vanitas.
£s? tft alles? gan^ £ptl/ia ^tclf e it nber
öllc(£ptclfctt.
^orgeftellt
c<&
Qefuiten mie ßanifiuS, Sdjo
rief), SPengin u. a. fegenSreid)
gemirft2. Schon .fperjog §16
breefjt bjatte bie ©rridjtung
eines Kollegs geroünfcfjt, unb
audj fpäter gaben bie SanbS*
fjuter felbft mieberfjolt ihrem
Verlangen nach einem Kolleg
SluSbrud. SDie ©rünbung
eines fotdhen in bem Heineren
©urghaufen lief) ben SSunfdj
mieber mächtig aufleben.
Sdjoit feit längerer Qeit lagen
SBermädjtniffe für ein ÄoUeg
bereit. §3efonberS ber fßropft
beS ©tifteS St ÜIRartin, Qa>
fob Qmbof, un^ ^er
©eorg fRiebel arbeiteten für
bie Berufung. §lm 26. Quni
1629 famen bie brei erften
Qefuiten an unb bezogen am
2. Quli bie für fie hergerichtete
ÜBohnung3. 2lm 23. Oftober
1629 eröffneten bie fßatreS
bie Schute mit 5 klaffen unter
4 Seffrern, im fotgenben 06
tober 1630 fügte man bie
9?hetorif, fpäter auch bie Sogif U-Ä
bei. ®ie bisherige Satein* sic SanbS^uter flomöbie Salomon, 1630. (?/3.)
fdfule lieferte allem fegon
100 Schüler. Söegen ber macfifenben Sdjülerjahl muffte man mieberhott mit ben
fölaffenräumen medjfeln.
9?ad) ben ÄriegSbrangfalen bon 1632 bis 1635 i mürben bie Schulen oom Sdjmu(j
gereinigt unb 20. Qebntar 1635 mit 6 klaffen unter 3 Sehrern mieber eröffnet.
Qm Qahre 1636 nahm man and) bie SSorlefungen über Sogif mieber auf, unb 1640
traten SBorlefungen über SKoral hinju. Um biefe Qeit (1641 unb 1642) mären non
ben 8 fßrieftern 4 fßrofefforen, aufferbem roaren am ©ptnnaftum noch 3 üttagiftri
3*111 einer Comicotragoedia »on Dem (Effurfurfllidfen
$2 GymnafiobcrSocietetI e s v jll i<Ulbtf(UCf Sw
öi ijHm-OctoJer.itfjo.
@<(rucf( Ju3Jilinctl(n/D<t)Corne!ioLey(rerio,S!)Urflir(tliCt)<n
Q5ud)tmcfcr »nb 55ud)^anbl<r.
1 *Hist. coli. Burgh. ad ann. 1635. Kropf
II 304 ff. Sßgl. ba§ 13. Äapitel.
8 Sgl. 93b I, ©. 472 f. Kropf I 477 ff.
3 f^ür baS golgenbe *Hist. coli. Landishut.
1629 — 1718 in ber ÄantonSbibl. f5ret6urc{
i. ©d)iD. Eine *Hist. 1629—1630 unb 1639
bi§ 1641 in 2Ji. 91., Jes. 1647.
4 Kropf II 55 f. ®gl. baS 6. Sapitcl.
254 $ierte3 Sapitel. $ie oberbeutfdje fßrobinä.
tätig; febe Pfaffe fjatte mieber it)ren eigenen Sefjrer. Sie erfte Angabe über bie
©c^üferjaf)! begegnet uns 1642: eS tnaren bamalS ftänbig 200, 1643 über 200.
©egen ©nbe beS Krieges fafj bie ©tobt oon neuem bie Scfjmeben in ihren DJfauern.
21m 30. ÜJJiai 1648 mußten bie Sdjulen gefdjloffen merben. ©rft nach bem SXb^ug ber
Scfjmeben (29. September 1648) mürben bie Schulen mieber eröffnet, bocf) muffte
anfangs feber ber beiben fßrofefforen brei klaffen übernehmen, bie Sogif tonnte
man erft im fotgenben ^afjre lieber beginnen, ^n ben fahren 1649 unb 1650
merben für ade klaffen 4 ©rofefforen genannt 1.
®ie $rage beS ^arjerS hatte bie Qefuiten 1636 üeranlafjt, ben ßurfürften um
bie ©ericfjtsprioilegien oon üüfündjen gu bitten. ®er ©ntfdjeib oerjögerte fid^. 21m
18. ©färj 1642 ftellte ÜUiajjimilian bem Kolleg einen ©rioilegienbrief aus, in melcfjem
er beftimmte, „baff biefer Schulen ju Sanbsfjut einoerleibte SdjolareS, nit meniger
auch biejenige, fo biefe SdjolareS als £au§ Paedagogi nad) ®ireftion ber gebadeten
Societet §u leiten unb ju unterrichten haben, in gravioribus delictis, fo bie Rdi
Patres Societatis als geiftlicfje ©erfonen meber abftrafen mögen noch foßen, itnferm
Oberrichter bafelbft untermorfen fein, bemelter unfer Oberridjter aber foll fidh, juoor
unb ehe er üon ben Patribus erfucht mirb, feiner Sadjen (fie mären benn gar no-
toria ober ein befonbereS periculum in mora) für fiel) felbft unterfangen. So oiel
bie 21bminiftration, ^nfpeftion, SBifitation, ©iSpofition ober 21nftellung aller unb
feber ber Sdjulenfadjen antrifft, eS feien Praeceptores, Lectiones ober Exercitia
litteraria, füllen biefelben ohne üßfittel febcrgeit bei ber Societet ober berfelben
Superiorn fein unb bleiben unb ihnen hierin auf feinerlei 2öeiS irgenb ein ©intrag
befdjeljen, oiel meniger Orbnung unb ßftafj gegeben merben."2
gür ben ©otteSbienft hatten bie ©atreS juerft bie StiftSfirche oon St ÜJiartin,
fpäter bie Salüatorfapeße benüijt, aber halb ging man an ben ©au einer neuen
föirdje. SDer ©runbftein mürbe am 30. ^uli 1631 gelegt. ©ei ber gunbamentierung
madjte fliefjenbeS Söaffer grofje Schmierigfeiten. Söegen ber ^riegSjeit mürbe 1632
unb 1633 nur menig gearbeitet, unb bie ©innafjme ber Stabt burcfj bie Scfjmeben
1634 brachte ben 23 au oößig jurn Stoden. ©rft 21pril 1637 fonnte man mieber
beginnen. 9? ach mancherlei neuen ©erjögerungen mürbe bie Hircfje 1639 im Rohbau
oollenbet unb 25. Siooember 1640 gu ©hren beS fjß ^gnatiuS gemeiht. ®er ©au*
meifter mar ber ©ruber $ofj. §oß, ber hier einen ^er bebeutenbften ^irdfenbauten
ber oberbeutfchen ©rooinj aufführte. ®ie Sänge beS Innern beträgt 53 1/2 m, oon
benen 20 1/2 m auf ben ©hör fallen. ®aS SanghauS hat einfdjlie^Iich ber 4 '/4 m
tiefen Seitenfapellen eine ©reite oon 23 m (baS ©hör 12 m), bie innere £>öfje er*
reicht 20 m. ©ifdjen für bie Kapellen unb ©mporen an ben Sangfeiten unb ber
Stirnfeite, furj bie gan^e ©aumbispofition unb ber ganje Slufbau ber Kirche erinnern
an bie Münchner SftidjaelSfirdje. „®ie SBirfung beS $nnern ift oortrefflicf) unb
immerhin bebeutenb. $)ie ©erhältniffe finb fehr gut. ®ie ©lieberung beS Sang*
fjaufeS erfcheint fefter unb gef djloff euer als in ber ÜDfidjaelSfirdje." 2)er Hochaltar
ift im @egenfa| ju ber Sdjeinarcfjiteftur bei bem in St ©fidjael „ein jielftrebiger,
ftreng gefdjloffener, organifdj fid^ entmidelnber 21ufbau, eine mirflicfje 2lrd)iteftur" 3.
®ie Soften beliefen fidj bis jurn Qjafjre 1640 auf 60000 ©ulben4.
1 Sm gafjre 1649 jaulten bie fect)§ klaffen
unter 4 Seljrern 19 (9H)etorif), 13, 18, 13, 16,
26 ©cfjülcr. 9J1. 91., Jes. 570.
2 * Original, ißergamenturfunbe mit Siegel.
®t. 91., llrfunben Sanbätjut, gef- 2. (Sine
anbere 21u3fertigung Jes. 1648.
3 33 raun a. a. 0. 95 ff. Sßg(. bie *Hist.
ju ben einzelnen Sauren, befonberS 1637—1640
unb über Sof). £mll 1648.
4 2In ber ©tuffatur mürbe nocf) 1641 ge>
arbeitet, Sm felben Sab« mürbe eine Orgel
mit 14 ißfeifen im SSert Bon 1300 ©ulben auf*
gefteflt. * Litt. ann. 1641.
3üte unb neue SRieberlaffuitgen : Sanbsfjut a. b. 3far. — Straubing. 255
Sie erfte Kongregation unter beit ©tubeitten 511 SanbSput tourbe am 1. 2tbocnt*
fonntag 1629, atfo nid)t einmal jrnei StRonate nadj (Eröffnung beS KottegS, errichtet,
©djon im fotgenben gapre 1630 fam bie Siirgerfongregation baju. @S traten biefer
gfeicfj 58 SOiitgtieber bet. gm gapre 1635 ift in ber ©efcfjidjte beS KottegS bereits
oon brei Kongregationen bie Vebe; fpäter (1649) tourbe auf oieler Sitten bie tateinifdje
mit ber Siirgerfongregation oereinigt. Sie Kommunionen ftiegen im gapre 1641
auf 17 700 unb 1643 unb ben folgenbett gapren auf über 20000; audj f)ier trug
bie Gsinfüprung ber monatlichen ©eneralfomntunion fefjr gur Steigerung bei.
2ÜS guni 1648 ber ©tobt mit Verbrennung gebropt tourbe unb Söranget fcpoit
einen Seit ber Vorftabt in gtammen aiifgepen tiefj, tourbe ein ^ßater mit einem
Somittifaner 311m Knrfürften gefanbt. Hier ertoirften fie ben Sefept an ben ge*
flüchteten ÜJtagiftrat, mit 20000 ©utben bie ©tabt üon ber ©inäfdjerung toSsuf'aufen.
2tufjerbem legte man aud) bem Kolleg 3000 Sater auf. 2ttS baS Kotleg nur 400
anbot, brofjte Söranget mit fetter. 9Ran einigte fidj bann auf 1000 Sater, bie
P. Utridj ©peer in Sraunatt unter oieten SRüpen unb ©efapren jufanimenbradjte;
injtoifchen aber tourben toeitere 300 Sater geforbert. 2(ud) oiete töridjte Sefcput*
bigungett bradjte man gegen bie gefuiten oor: fie hätten in ber 9?acpt ©efpenfter
auf ben oberen Surm gefaffett, um bie SBadje 3U fteinigen; and) ©otbaten hätten fie
in Saueritfteibern inS §auS eingetaffen; ttn Kolleg feien 300 gtititen ufto. Von
©bersberg per brachten bie geinbe am 11. Sluguft ben P. Speobor SieSbadj inS
Kolleg, um ©etb 3U erpreffen. Sa fie nidjtS erreidjten, toarfen fie ihn 21. 2tuguft
inS ©efängniS. gefuiten unb Somittifaner paben, toie ber ©efcpicptfcpreiber ber
©tabt SanbSput fagt, ihr mögtichfteS getan, um bie Saft abtragen 31t helfen1.
SEßäprenb ber fiebentoöchigen fcptoebifdjen Sefejjung tonnte ber ©ottesbienft in ber
gefuitenfirdje ungeftört fortgefept toerben, fogar mit äRufif an ©onn* unb geiertagen,
bis SBranget bei ©etegenpeit ber Saufe feines neugebornen ©otjneS fiep bie SRufifer
erbat nttb einen ganzen SRonat bei fid) behiett. gtoei befonberS tüdjtige junge
äRufifer jtoang er, mit ihm ju 3iepen. 21uch bie Kranten unb 2trmen tonnten be*
fudjt unb oiete franjöfifche unb fdjtoebifcpe ©otbaten Seicht gehört toerben2.
SaS Siarium beS SanbShuter KottegS bemertt 311m 1. iRooember 1648: bie
Kunbe oon bem am 24. Oftober 3U SRünfter gefdjtoffenen grieben langte heute nacht
hier an. Sann berichtet baSfetbe Sagebud) 3um 13. SCRär3 1649: „Sie unerhörte
Hungersnot in Sapern bauert noch an. 2tujjerhatb ber ©täbte fann man nirgenbS
einen Htttib ober eine Kape mehr finben. Sie Settter att ber Pforte bitten oft um
einen Hunfr/ a^eS Vieh ift oon ber ©eudje raeggerafft, auch unfere Untertanen
hatten oiete Sage auch nicht einen Sroden Haferbrot; aud) ©idjetbrot luar nicht 311
erpatten, oiete ftarben oor Hunger. iRur toenige gamitien gibt eS in ber ©tabt,
roetche baS Srot nach Sifd) nicht gteid) oerfcptiefjen; aud; oiete Softorett geben ihren
Kinbern nicht teicpt Srot bei Sifd; nach Setieben. Viele furfürfttidje Seamte trinfen
nur SBaffer. gn ©etigenthat ftritten fid) bie 2trmen um baS gteifdj ber an ber
©eudje gefallenen Kühe. Vom Hnnger getrieben, raubt unb ftietjtt man. Viele
haben auS Ver3toeiftung Hanb an fidj gelegt."3 —
Sie alte Sonauftabt ©traubiitg im fiibtichen Sapern patte int gapre 1558
(SanifiuS in ihren ÜCRauern gefepen4. SereitS bamatS mar ber ißtan einer lieber*
taffung erörtert toorben. ©päter patten bann in ©traubing mieberpott patres oon
1 S. ©ottfcpalf, ©efd). oon Sanbsput
(1887) 189.
2 Sie Obern toaren: Ulricp Speer, 1629 bi3
1643 (feit 14. «tärj 1630 3teftor); «ßfjil. 9tem*
bolbt, 1643; SBoIfg. ipalmair, 1646 (SSigereftor);
Sporn. 21nreitter, 1647 ; Sitbto. Sup, 1650.
3 * Diarium coli. Landishut. 1642 — 1655.
4 «gl. 33b I, S. 79 f.
Viertes ft’apitel. 3>ie oberbeutfcfje iproniny
256
fötiindjen unb fHegenSburg oorübergepenb gearbeitet, befonberS in ben gapren 1564,
1589 unb 1622. ®er öfters non ben ©traubingern geäußerte SSunfcp nadj einem
Sotteg ging 1629 bei ©elegenfieit eines Streites ber ©tabt mit beni Kolleg in
gngotftabt in (Erfüllung. @S panbette ftdj um eine infolge beS oeränberten (35elb-
roerteS fepr nertnidelte StuSzaptung an bie (Srben beS ©traubinger ©tjnbifuS @eorg
Stirer. Sin ^rojefj pätte oorauSfidjtticp mit ber Serurteitung beS burd) gaprtäffigfeit
beteiligten ©traubinger StRagiftratS gefüprt. OeSpatb fcptitg ber furfürfttidje Üteut»
meifter in ©traubing, gerbinanb U. Sucppaufen, nor, bie gefuiten in gngotftabt
fotiten bie Srben auSbezapten unb ber Sftagiftrat non ©traubing ben gefuiten eine
9Uebertaffung grünben ’. ©ein fßtan mürbe non ber ©tabt angenommen1 2. gnfotge»
beffen befcptoffen bie Regierung, Sürgermeifter unb 9tat am 26. SDejember 1629
eine Eingabe an ben Surfürften. ©ie beitagen in berfetben ben fcptecpten ©tanb
ber tateinifdjen ©djute unb beren nerbroffene unb unfteifjige ©rf^ulbiener, metdje bie
©cf;ulfinber mepr non ber Sepre abfcpreden, atfo bap bie Sttern gelungen toerben,
mit fcproeren Unfoften ihre Sinber attberSmopin aucp aufjer SanbS §u fdpden. SDeSpatb
bitten fie ganz ftepenttid), biefe tpauptftabt ©traubing aud) mit einem Collegio ber
töbticpen unb Zeitigen Societet Iesu ju erfreuen gum ÜJJupen für bie unerzogene
fdjöne gugenb unb für bie gemeinen Seut. Sinftmeiten fotiten loenigftenS etliche
patres, benen attpier fcpon eine Sirdje unb Unterpatt famt anbern Dlotraenbigfeiten
tonnte befcpafft merben, pierper nerorbnet merben3.
®er Surfürft napm 3inar biefe Stnfang 1630 non bem Sizeboni ©raf ^repfing
perfönticp überreichte Sittfcprift fepr gnäbig auf unb fpracp fiep für bie ©rünbung
eines SottegS aus, münfepte aber norper ben SRacpmeiS beS nötigen Unterpatts. 2)ie
Serpanbtungen pierüber zogen fiep befonberS megen ber mit ber Slngelegenpeit ftetS
nerquidten SrbfcpaftSfacpe pinauS4.
©eptieptid} tarn eS am 30. Stprit 1631 zu einem Vertrag zmifepen ber Regierung,
ber ©tabt unb ber ©efettfdjaft. ®ie ©tabt gibt jäprticp 700 ©utben zum Unterpatt
unb für baS zu errieptenbe ©qmnafium zmei ©ebäube, nebft 500 ©utben für bie Sin*
rieptung ; bie Sapelte zu Unferer Sieben grau roirb mit iprem Sinfommen ben gefuiten
übergeben, ©t SufaS fott ber Unterricht in zwei ©cputen mit je einem Seprer be¬
ginnen5. Oie Söeftätigung burep ben Surfürften erfolgte am 6. September 1631°
unb burep ben Sifcpof Sttbrecpt non D^egenSburg am 13. Oftober beSfetben gapreS7.
5tni 24. Oftober 1631 famen bie erften fünf gefuiten in ©traubing an, barunter
ber ©tubienpräfeft unb ein SUtagifter für bie beiben unterften Staffen. $lm 26. 9?o-
nember mürben nier Staffen eröffnet, am 22. Dezember erfolgte bie feierliche ©in»
füprung in Sircpe unb |)auS. $ur fetben $eit (22. Oezember) mürbe bie fünfte
Stoffe (ißoefie) beigefügt auf Sitten ber ißrätaten non Ober-- unb DZieberatteicp, bie
ipre OrbenSfanbibaten an baS ©qmnafium fdjiden mottten. Später folgte auep bie
9tpetorif. Oer fcpmebifdje Sinfatt braepte ber jungen ©cpute eine lange Unter»
1 * Modus componendae litis propositus
18. Oct. 1629 in 93t. 9t., Jes. 2072. 93gl.
Kropf II 9 ff unb 93 u r f p. 953 e i fj e n»
berget, ©efd). beä ©t)tnnafium§ ©traubing,
©traubinger Programm 1898, 20.
2 9tät)ere3 in * Protocollum seu series, tüte
e§ ^ergangen, al§ bie loblicpe Societet non ber
Ütegierung unb ©tabt coniunctim begetjret
tuorben. 93t. 9t., Jes. 2072.
3 *Äopie in 93t. 9t., Jes. 2072. 2>rud bei
Lay mann, lusta defensio, Append. 29.
Kr o p f II 13.
4 *Relatio actorum, bie 5unbation betr-,
14. SOtärj 1631 bi3 14. Oft. 1634, in 93t. 9t.,
Jes. 2073.
5 *$opie in 93t. 9t., Jes. 2073. 9Iu§sug bei
SBiefjenberger a. a. C. 21 f.
c * topie in 93t. 9t., Jes. 2073. $ort aud)
bie ineitere Sorrefpoubenä. 2)ic 93riefe ber ©tabt
unb be§ Stiftet an ben 93ifd)of Sllbert non
9tegeulburg au§ bem 3>at)re 1631, im 9tegenl=
bürget $iöäef.=9trd).
7 93t. 9t.( Urfunben ©traubing, ^ef. 3tgt.
aud) Kropf II 14 f.
Sitte uttb neue Stieberlaffungeit : 2attb3berg.
257
bredjung unb oiele ©djmierigfeiten. 2lm 23. Dioüember 1 <333 mürbe bie ©tabt burcf)
ben ^erjog non 2Beintar befe^t. Ser Obere, P. SKbert Käpfel, mürbe als ©eifei
nad) VegenSburg geführt unb fjatte bort in elfroöcßiger §aft nie! ju leiben1. SDie
im fefbeit ^oßre auSbredfenbe ^Seft raffte alle patres mit 2luSnaf)nte eines einzigen fort.
$n ben ^aßren 1(334 unb 1635 blieben bie ©dßulflaffen oon ber fcßraebifcßen
Einquartierung befept, erft 1636 tonnte bie ©djule rnieber eröffnet roerben. Sie
©tabt oermodjte aber infolge ber Kontributionen ftatt ber 700 ©ulben für mehrere
£eßrer nur meßr 100 — 150 ©ulben beijufteuern 2. Sod) ftieg bie 3oßl ber ©djüler
langfam toieber fo, baß man 1640 an einen Neubau benfen mußte. 97ad)bem man
einige benachbarte Käufer angefauft, begann man 1647 mit bem Vau unb üollenbete
benfelben innerhalb breier Qaßre infolge ber ©penben auS allen ©d^icf)ten ber Ve-
oölferung. ©leidfjeitig mürbe hinter bem Kolleg ein eigenes Sßeatergebäube errichtet 3.
9iacß ber Votlenbung beS VaueS erhielt ©traubing aud) einen pßilofophifcßen Kurs.
SBäßrenb man 1643 nur 70 ©cßüler 3äßlte, mürben im Slnfang beS Schuljahres
1650 100 eingefcßrieben4. Sa^re 1641 mareit in ©traubing 7 3efuiten;
oon ben 5 ißrieftern lehrten 3 in ben 6 Klaffen beS ©pmnafiumS; bie IRfjetorif
mar 1641 mieber beigefügt morben. Sie bisherige fRefiben^ erhielt 1644 ben 9camen
Collegium inchoatum, unb 1650 mürbe fie gum Kolleg erhoben.
Sie Kommunionen fliegen Oon 11000 im 3a^re 16dl auf 16000 im 3aßie
1647 unb auf 20000 im 3a^re 1650. 21ucß £)ier mirfte bie Einführung ber
monatlichen ©eneralfommunion ftarf auf bie Vermehrung beS ©aframentenempfangeS
ein. 3U ker gleicf) anfangs errichteten ©tubentenfongregation trat 1646 eine Koit-
gregation für bie Vürger, bie im ^oßre 1650 um 200 90?itglieber 3unaßm. Kam
ein Kongreganift §utn ©terben, fo erneuerte ber ißriefter mit ihm baS ©elöbniS oor
bem Empfang ber SBeggehrung.
21ucß fonft ftanb man Sag unb 9iadjt ben Kranfen unb ©terbenben bei, mie
3umeilen and) auSbrüdlidß in ben Veridjten heroorgeßoben mirb, fo 3. V. im ^oßre
1641, mo ein mütenber SBolf oiele angefallen unb oermunbet hotte; acht ißerfonen
ftarben an ber Sollraut. 3m folgenben ^aßre 16-12 gelang eS, bie ©eelforge in
ben ©efängniffen 311 erhalten, unb 1650 begann man mit ben monatlidjen Ep-
hortationen in ben 21rmenßäufern; bie Kranfenßäufer unb 2(uSfäßigen mürben ftetS
regelmäßig befudjt. —
SaS leßte ber baprifcßen Kollegien in unferer ißeriobe mürbe in SanbSberg
errichtet, mo bisher nur ein Diooi^iat beftanben hotte5. Sie Vürger Oon SanbSberg
faßen in ber Errichtung beS ©pmnafiumS einen Söunfcß in Erfüllung gehen, für
ben fie faft ein halbes ^aßrßunbert niit beifpiellofer 3ö^9leit fid) bemüht hatten.
21m 6. 9)7ärj 1600 festen Vürgermeifter unb 9tat bem §erjog 9Jfapimilian ißr Ver¬
langen nad) einer ^efnitenfcßule auSeinanber: 2Sir haben bereits eine ißartifularfdjule,
aber bie Seßrer oerlieren ju oiel 3eit mit bem Sienft in ber Kirche, moburdj bie
Qugenb oernacßläffigt mirb. SeSßalb haben mir fcßon etlicßemal bie Qefuiten um
Übernahme ber ©djule gebeten, aber fie finb bagegen, raeil bort mit einem 9?ooi3iat
fein Kolleg oerbunben fein fülle. SBir bitten besßalb um Einmirfung auf ben
fßrooi^ial unb Vifitator, benn bie ©tabt ift feßr geeignet für ein Kolleg, fie ßat
1 @bb. II 159 f.
2 2)er Sergfeid) ättnfcben Stabt unb Samten
Dom 29. fütai 1637 in 91t. 9t. , Jes. 2074.
3 Söeifjenberger a. a. D. 29.
4 3m Sobre 1649 japlte ba§ ©tjmnafium
unter brei Sefjrern in fed)3 ülbteitungen Don
2)ul)t, ©efdjidjte ber Sefuiten. 11.
oben angefangen 15, 11, 16, 18, 17, 24 Sdniler.
9Jt. 9i., Jes. 570.
5 Sßgt. 93b I, (S. 530 ff 615 ff; 3.$etlinger,
©efd). be§ 3cfwitento[leginin§ in 2anb§berg, int
Dberbatjr. 9Ird)iü XIV (1854) 115 ff; ff. 3toer<
ger, ©efd). 2anb$berg3 (1889) 62 f
17
258
Viertel Äapitel. Sie oberbcutfcße $rooinj.
gute ßuft, gutes SBaffer, billige Se&enSmittel ufm. 1 ®er 23itte beS ÜDJagiftratS ent*
fpredjenb manbte fidj äRajimilian am 28. 9Rärg 1600 an Slguaüioa, aber biefer
lernte 20. 9Rai 1600 megen Mangels an Kräften ab2.
(Sine erneute 2ü>meifung erfolgte im ^afjre 1615. ®er fRat hatte 1601 er»
fangt, bafe bie ^efuiten bie ^nfpeftion ber ©djule übernahmen. ®a üerlor Sanbsberg
1604 ben ©algfjanbel unb bamit eine tpauptquefle feines (SrmerbeS. ®iefer Sßerluft
— fo fagt bie ©efdjichte beS Sanbsberger ßodegS — machte bie £ef)rer unb ben
SCRagiftrat uns abgeneigt, fo baff mir gegmungen mürben, baS gut angefangene 2Berf
gu oertaffen unb auf bie ^nfpeftion gu oergidjten. (Sine Qnftruftion beS SRateS oom
3af)re 1612 mieS Kantor unb ©djutmeifter an, alles nach ber 2lrt ber ^efuiten»
fdjuten einguridjten, bamit bie Knaben, menn fie an anbere Orte oerfchidt mürben,
gteidj in bie höhere klaffe auffteigen fönnten3. 3ahre 1614 bat aber ber fRat
üon neuem bie Qefuiten um Übernahme ber ©dfule, nicht allein megen ber ftinber
in SanbSberg, fonbern auch um auSmärtige ©tubenten angugiefjen, oou benen bie
Bürger leben fönnten4. (Sin ©utadjten aus biefer $eit erörtert als ©rünbe gegen
bie Übernahme bie 2trmut ber ©tabt, ben hohert $reiS ber SebenSmittel, bie geringe
SluSfidjt auf Slnftellung üon ©tubierten ufm.5
(StraaS erreichte aber ber fRat hoch, nämlich eine ÜReuorganifation ber ©chule
unb bie Übernahme ber ^nfpeftion burdf bie 3efu’teu- ®iefelben befuchten bie
©chulen häufig, gaben ihr Urteil über ©eflamationen unb Dialoge, mahnten ben
Prüfungen bei ufm. 6
(Sinen neuen SBerfucf) beim ^urfürften machten S3ürgcrmeifter unb fRat am
2. ®egemf>er 1630. Qnbem fie feine gufagenbe üntroort oom 15. äRärg 1600 fenben,
führen fie auS : gür ben Unterricht unferer f^ugenb erfennen mir fein beffereS ÜRittel
als eine ©djule ber ©o^ietät mit fünf ober fccf)S Sehrern unb klaffen. 28ir haben
bie patres mieberholt fcfjriftlicf) unb münblid) gebeten, aber immer eine abfcfjlägige
Slntmort erhalten, ©eit 1615, als baS hefige ©pmnafium aufgeric^tet morben, hat
ber §err P. fReftor baS 2)ireftorium, ein anberer ^ßater aber bie Qnfpeftion, ber
®ed)ant bie fßräfeftur übernommen. SDaS ©pmnafium mürbe errichtet nach 2ln*
leitung unb 93orfcf)lag ber löblichen ©ogietät. ®ie erhoffte grucht ift aber nicht
oerfpürt morben. ®a bie §erren patres raiber alles Sßerfjoffen nit felbft böseren
füllten, merben bie ©chulen in furger ,geit gu ©ruttbe gehen, ba eS fcpmer ift, Sefjrer
gu befommen. ®er (Sinraurf, bafs eine ©chule in Äaufbeuren errichtet fei, fann
nichts bemeifen, ba SanbSberg größer ift unb mehr grucht üerfpridjt. Söeil ber
fßrooingial burd) ben SDefan unb fRatSmitglieber angegangen morben unb geneigt
gu fein fdjeine, bitten fie um bie gürfpradje beS ßürfürften7.
1 * Original in 9Ji. 94, Jes. 1605. 93iirger=
nteifter unö 9lat erneuerten biefe Söitte am
‘24. Sfflärft unb 14. 9lug. 1600. S8g[. 3- 93.
Äraltinger, ©efd). beS SanbSberger Schul*
toefenS. Sanbsberger Programm 1883 , 8 ff.
2 * Original ebb. $g(. Slquaoioa, 21. Oft.
1600.
3 SSortlaut bei Ärallinger a. a. 0.
10 ff.
4 *Excerpta ex Hist. coli. Landsberg. 1574
bis 1720. Excerpta ex hist. Domus 1574—1678.
91t. 9t., Jes. 1600.
5 *Relatio de scholis latinis quae Lands-
bergae petuntur a Societate 1615. $Dt. 9t.,
Jes. 1600. S8gl. Sr a Hing er a. a. 0. 17.
6 * Praxis inspectionis circa schol. Landsp.
habitae, 9Jt. 9t., Jes. 1600. Eine ausführliche,
ca 50 ©eiten umfaffenbe Ratio restituendi scho-
las latinas Landspergae 1615 t>on ber Ipanb
eines igefuitcn fept bie ßinjelheiten ber neuen
Organifatiou feft; bie äußere Stbminiftration
hat ber Seebant, bie innere Schulleitung ber
9te!tor beS „IJJrobationShoufeS". Sie 9tegeln
entfpredjen ben 9tegeln ber ^cfuitenfchulen. Ser
erfte Sehrer erhält 200, ber jmeite 150, ber
britte 100 ©ulbeit. 9t. a. 0., Jes. 1605. SSort*
laut ber neuen Sdjulorbnung non 1615 mit beni
bezüglichen Sefret beS StagiftratS Dom 9. 0ft.
1615 bei Ära Hing er a. a. 0. 19 ff.
7 * Original SW. 9t., Jes. 1605.
lütte unb neue -ftieberlaffnngen : Äonftonj.
259
ÜUfajimüian forberte unter bem 7. Segemkr 1630 bie (poffammer gu einem
^8ericf)te auf. Siefer Seridft Dom 12. Segentber 1630 fiel gegen ben 9?at aus,
meil SanbSberg gu arm, ringsum fefjon ©pmnafien genug feien, bie Schule burcf)
bie Oberleitung ber ^efuiten f)inreic§enb Derforgt fei1.
Sie £anbsberger liefen aber niefjt loder, fie gemannen ben ßürfürften unb ben
“^roDingial für ihren $lan. 21m 13. September 1631 fam ein Vertrag groifc^en
bem Sat unb bem ^robinjial Söelfer gu ftanbe, nad) meinem bie ^efuiten baS
©pmnafium übernehmen, bafür jäfjrlicf) 600 ©ulben erhalten, bie nic^t erhöht merben,
menn auch fpäter Sialeftif unb SJtoral fjingutreteu; beim Kolleg baut bie Stabt ein
©hmnafium, einftmeilen unterrichten bie patres in bem alten fleinen ©pmnafium2.
Ser fdjmebifdje ©infall aber machte biefe ^läne gunic^te. 211S bie meltlidfen
Sel)rer geflohen, übernahmen bie Qefuiten auShilfSroeife 1633 bie Schule3. $m
^afjre 1640 erneuerte bann ber fRat feine Sitte bei bem fßroüingial ©raoenegg.
SOiefer antmortete am 7. 9Jtai 1640, ber 9?at möge mit bem Seftor beS SioüigiatS
bie Sache näher befprecf)en. ©nblid) fam am 1. September 1640 ein neuer Sertrag
gu ftanbe, in bem eS unter anberem t)ei^t ; „SRadb) fo Dielen unb mieberholten Se=
mühungen ihrer Sorfahren hat enblich ber ^roüinjial SBoIfg. ©raDenegg ihren
gliihenben Sitten @ef)ör gegeben. Ser Sat mirb einen Neubau für baS ©pmnafium
unb eine Söafferleitung für baS SioDigiat herftellen, jährlich 150 ©ulben galten ufm."4
Sie ^ahreSbriefe oon 1641 berichten: SaS ©pmnafium, baS ber ÜD7agiftrat Don
SanbSberg fdf)on lange erbeten, mürbe enblich in biefem ^ahre errichtet mit fünf
klaffen (^oefie eingefchloffen) unb 43 Schülern. $|m ^ahre 1642 trat bie Shetorif,
1650 bie Sogif hingu 5.
$n bem heutigen Saben entftanben gmei Kollegien in ®onftang unb greiburg.
Ser 21uSbau ber feit 1592 in ^onftanj befte^enben SRieberlaffung 6 gu einem Kolleg
Ijatte mit Dielen Schmierigfeiten gu fämpfen. „Ser ßuftanb ber Siögefe ^onftang
mar um bie Söenbe beS 16. QahrffunbertS fe^r bebenflid). Siele meltlic^e ÜD?acf)t’
haber betrachteten bie Kirche nur als eine gute Ouelle, aus ber fie fich bereichern
fönnten, unb bie ^riefter ihrer Serritorien füllten ihnen babei (panblangerbienfte
leiften. Ser fö'leruS mar gum großen Seil pflichtoergeffen. . . . Sie ®löfter hatten
mit menigen 2luSnahmen ihre Seftimmung aus bem 21uge oerloren."7
3n ®onftang felbft mar ber ^roteftantiSmuS oorperrfchenb unb ber ©lagiftrat
allen fat^olifd^en ^ntereffen feinblich gefinnt. „9?ad)bem fö’onftang (1538) in Dolle
21bl)ängigfeit Don Ofterreich gefommen unb bie 21uSübung ber alten Seligion mieber
eingeführt mar, betrachteten bie ^onftanger alles rein £tatholifcf)e mit äftifjtrauen.
Söagten auch bie Seugläubigen nicht mehr fo rüdfidftSloS Dorgugehen mie in ber
$eit beS 21bfalIeS, fo mehrten fie fich hoch gegen bie 21uSbreitung beS ^atpoligiSmuS,
fomeit eS ihnen nur möglich mar. Sagu fommt noch, baff bie ^efuitenfurcht für
bamalS als eine ber pauptfächlichften geitfranffjeiten überhaupt betrachtet merben
1 * Sopie ebb. f *®t. 31., Jes. 1605.
3 Krallin ger a. a. 0. 30. Über bie
©djiDebenjeit ogl. g. 3 to erg er, ßur ©efd).
2anb»berges mäprenb be§ iSreifjigjäbrigenKriegeS.
2anb3berger Programm 1882, 13 ff unb bat?
6. Kapitel.
4 * Kopie Jes. 1605. SBortlaut bei Kral»
I i lt g e r a. a. 0. 33 ff. SSeitere Sitten im
DrbinariatSarcfjiö Süuggburg : gefuitentolleg
Sanblberg.
5 * Litt. ann. Landsberg. Qapre 1649
äätjltert bie feefy» klaffen unter brei 2eprern
oon ber 94f>etorif angefangen 5, 13, 16, 10, 8,
13 ©cpüler.
6 $ßgl. 33b I, ©. 407 ff. $ie * Originalton
refponben^ über bie SSegrünbung beS Koüeg§
1591 ff in Karlsruhe, &. 2., Konftanj Stifte
unb Klöfter 886.
7 § o 1 1 , fgürftbifcpof 3at. tgugger (1898) 83.
21gl. ebb. 35 ff 44 ff.
17
260
Süierted Äapitet. $ie oberbeutfdje fßroüinx.
muff" Sei ben Bemühungen um ein Äolleg in ®onftanj „mar ber fjauptfäd;Iic^fte
BerhinberungSgrunb ber entliehene SBiberftanb ber ©tabt ßonftanj" 1.
®er fifauptförberer beS Kollegs, ber ^arbinal 21nbreaS, ftarb am 12. üftooember
1600, unb fo fcfjienen bie 21uSfidjten menig günftig. 216er ber neue Bifdjof Johann
©eorg 0. £>aßmet)l, ein ^efuitenfclfüler unb ^ongreganift non SDidingen, ber anfangs
freilich mehr für ein ©eminar mar, fucfjte 6alb mit ben Ipinberniffen entfdjieben auf«
juräumen. 21ud) ber Sujerner Nuntius gab fomofjl beim Kapitel als bei bem
neuen Bifdjof ben entfdjiebeneu SSillen beS ^apfteS für bie ^ollegSgrünbung funb.
Clemens VIII. felbft lobte am 5. 9J?ai 1601 ben (Sifer beS BifdjofS unb Kapitels
unb empfatjl fefjr bringenb baS Kolleg2. ®er ©tabthauptmann, ber Qaljre Ijinburd)
ber Regierung in QnnSbrnd mit
0unmiartfd)er 3nn$4ft
jctComcolPonOcmUc^
Den beß ^ctIt^cnQ3cic^hvjcr^$onrabi/
^t'fc^pjfcnenP 'Patronen jn^oflanß.
©eilten
ffofhmf amQ5obcnfee/&cp ber Dedicatioa
bernemen erbafofen©. £onrabt £irdjfn/ NrSocietet
IE S V, fo Der -Oocbroäroigc in ©ott #ür|l »nnbdDm/
S)tr> 3afob/Q5ifrf)ojljn jfcPanQ/fxrifnöfrOlfie^tiKW/
tm&Otningtn/i'c.icn ‘4-. Oftobus.confccrirt
pnnb gtnptp^et bat.
allerlei Befürchtungen bange
gemacht, nahm eine künftigere
Haltung ein. „®ie 21ufnahme
ber ^efuiteit hatte Ja meber
eine reidjSüerbroffene fßartei in
®onftanj gefchaffen, noch bie
angefehenften Bürger in ben
Xhurgau getrieben, noch be.m
©emeinmefen fdjäblidjeßmiftig«
feiten unter ben Bürgern ge«
geitigt. 21ud) mit bem SSelt«
HernS oertrugen fid) bie ‘patres
gut, unb ber latljolifdjen 9teli«
gion maren fie eine (pauptftüfje.
©o h^ten fid) alfo bie Be«
fürcfjtungen . . . als eitel unb
grunbloS ermiefen."3
®ie Berhanblungen, um
baS nötige ©tiftungSfapital ooit
40000 ©ulben gu befdfjaffen,
über baS mau fid) im f^ahre
1602 im mefentlidjen geeinigt,
brachten natürlich noch manche
©dimierigfeiten. 2lm 22. Sftärj
1603 erlaubte 2(quaoioa für
beit (perbft bie Errichtung oon
oier klaffen bis gur §umani*
tat. 211S fich bann neue ^inber«
niffe befonberS roegen ber in
21uSfid)t genommenen SBoljnung einfteUten, mahnte am 30. 21uguft 1603 ®arbinal
©pntljiuS im tarnen beS ^apfteS ben Bifdjof, baS SSerf gu befchleunigen 4. ©in
(Sebrucf tju
^öobenfee/bei)
t>fn TBittib.
I 6
f’eonh.Straui
ANNO
3ur Gintoeitmug ber 3efuitenfirdje in fionftonj 1607. (2/3)
' $q o 1 1 a. n. D. 85—87.
2 ionr. ©röber, ©efd). be§ Qefuiten«
follegö unb @t)mnafiutn§ in Sonftanj (1904)
35 ff. £uer vn ff bie befte Überfidd über bie
Ütrcbiüalicn unb bie gebrudte fliteratur. ©nt
orientiert bie ipanbfcbrift: ©rünblidjer Söegriff
be§ ®otIeg3 iit Sonftan*. $art§rut)e, ©. ü.,
Siopialb. 149G. Jpier f. 21 baö SDtemorial beS
P. Stlej fetter Opöüer) über bie bem &otleg
cntgegenftelfenben SdjtBierigfeiten.
3 ©röber a. a. D. 38.
4 6bb. 40 ff. 33gl. ba§ Schreiben Don ßtfjo
©tfenreid), 24. 2tng. 1612, an bett 3Midiof unb
Stntroort be§ lefcteren, 15. Oft. 1602, in ® rünbt.
begriff 29 ff.
261
9dte unb neue DJieberlaffungcn: Sonftanj.
9teje§, ber Dom 93ifcf;of am 22. Oftober 1603 an beit ißapft gefcljidt unb beftätigt
mürbe, regelte bie Sinjellfeiten 1. SDiefer S^ejefj fanb jroar nidjt beit ootten Seifall
ber ftonftanjer Qefuiten, aber ifjre Sebenfen fcfjlug Slquaöioa mit ber SBeifung
itieber, ber ißapft ftefje über ben ®onftitntionen unb beSfjalb fei ber Sfejefj anju*
neunten 2.
®er injmifcffen, 11. Januar 1604, erfolgte £ob beS eifrigen unb fittenreinen
Sifdjof-S o. ^jattmepl fonnte ben niederen Fortgang nicfjt fjemmen, ba bereits am
27. Januar 1604 ein ebenfo eifriger Prälat, Qafob Su99er/ Qn feine ©teile trat.
Obgleid) bie Sage nod) nid^t ganj gefeftigt mar, begann ber Obere, P. Sifenreicf),
am 6. Slpril 1604 mutig ben Sau be§ Kollegs, unb fcfjon am 28. Stuguft 1604
legte ber Sifdjof ben ©runb*
ftein für bie Stirdje. ®a§ 1605
unter 2>adj gebrachte Ä’odeg
mar ein ftattlicfjer Sau non
227 gufj Sänge unb 48 gufj
Sreite, enthielt aufjer ben
SBirtfdjaftSräumen 41 gimmer
unb 20 E)ci§bare @tuben(Hypo-
causta); e§ mürbe am 16. Of*
tober 1607 bezogen. 2)ie$ircf)e
fonnte am 15. Oftober 1607
eingemeifjt rcerben. ift ein
fdjlicfjter Sau, ber meber im
Slufjern nod} im Innern eine
padenbe SBirfung auSübt3.
2>er neue ©pntnafialbau mürbe
1608 begonnen unb 1609 Doll*
enbet. @r mar 130 gufj lang
unb 50 fyufj breit unb fjatte
aufjer ber Slula (im oberen
©tod) adjt fef»r geräumige
fölaffenjimmer, bie 1610 in Se*
nutjung genommen mürben.
@o mar ber Sau oon ßolleg,
föircfje unb ©tjmnafium inner*
fjalb fed)§ $af)ren oollenbet
morben trot3 ber teuern $eit,
be§ ©elbmangelS unb fortmäl)*
renber Sefefjbung. ®urcf) frei*
millige ©penben maren über
30000 flor. aufgebracht morben. „@S gab faum eine klaffe ber Seüölferung, aus ber
nicht bem Sau llnterftüfjungen jufloffen. ©S fam felbft baS ©cfjerflein ber SBitfrauen,
ber £)ienftboten, ber manbernben Seute, ja fogar bie Qnfaffen ber 2(rmenl)äufer
©ummarlf^cr^ttn^dlt txr £tcm<bf<tr7
ont>em|3pi(m(M0P
imton / tmt> ferner SBunDctPadtcfe»
Sötft&rung.
©galten $u £ ofian# tn btm Gymnafio Socictatis
I E S V , ben lo-O&ob.Änno 1 6 1 8.
©ttrutft ju Manf? am 33obfnf<(/bur$ £rc>n$qrt
6mwbcn/ Typ. Ordinario. Anno
MDC.XVIIL
2>ic fionftfliiaer fioiniibie Philemon 1618. (2/3)
1 * Original in SarlSruffe, ©. 2. Sonftanj,
ffilöfter 873. SBortlaut and) * ©riinbl. begriff
50 ff. 2>rucf bei © r ö b e r a. a. 0. 265 ff.
2>aS 93reoe Siemens’ VIII. oont 10. San. 1604
in ©riinbl. Sericfjt f. 48 ff unb in Sonftanä,
Slöfter 873.
2 Slquabioa entfdjieb 1604: Omnino acquie-
scendum breveque Summi Pontificis, cum is
supra Constitutiones, sit venerandum. Hist,
coli. Const. —1638, SariSrufje, ©. 2., £anb=
fefirift 1400, f. 25 v. 93gl. ©röber a. a. 0.
59 f.
3 93 r a u it a. a. D. II 109 ff. ©röber
a. a. 0. 67 ff.
262
Sßierteg ftapitel. 2>ie oberbeutfd)e tßroüinj.
moKten besteuern unb freuten fidj, tuenn man nur ihre geringe ©abe ber 2lnnat}mc
miirbigte."1 ©er 9Ragiftrat fd;enfte einen großen unb einen neuen 23ruunen.
©roffe ©uninten fpenbeteu ber 23ifdjof, bie fJ3rätaten, Srgtjergog 9Rag;imiIian oon
©irot, bie pergoge non 23at)ern, ber 2lbet beS |>egauS, 2tttgäuS unb oom 23obeitfee,
unter ihnen befonberS föonrab non 23obmann2.
®ie 1603 auS 9 f}3rieftern unb 6 23rübern beftefjenbe ÜRiebertaffung gäljtte feit
1605 meift 19 — 22, geitmeitig tuegen ber nieten Qtüdjttinge 40—50, feit 1639 burdj-
fdjnitttich 24 OrbenSmitgtieber. „Qum erften tßeftor mürbe eines ber tüdjtigften
OrbenSmitgtieber gemäljlt, P. SRetdjior ©egentjart. Sr mar geboren gu ©djmäbifd)«
©münb. Qn 91om trat er, bereits ißriefter, in bie ©efettfdjaft. Sr mar fetjr feelen-
eifrig unb tjatte eS befonberS auf bie Qugenb abgefefjen. 9iodj atS Dieftor mifdjte er
fidj unter bie fö'inber unb unter bie §äretifer beS niebrigften ©tanbeS in ben 23orftäbten
unb Dörfern, um ihnen bie SlnfangSgrünbe beS fat^otifcf)en ©taubenS beigubringen.
Sr mürbe ftein mit ben kleinen unb mürbe allen atteS, gur §itfe ben 2lrmen, gum
9J?af)ner ber 9ieicf;en, Berater ber ©efunben, ©röfter ber Fronten, £>itfe ben ©terbenben,
um alte für StjriftuS gu geminnen. ©abei mar er mitbe unb immer fjeiter. Sr er-
roartete altes nur non ©ott unb nom ©ebet. ^atte er ein befonbereS Stntiegen, fo
fügte er bem ©ebet fernere 2(btötungen fjingu, bis er Srfjörung fanb. StBurbe er auf
SRiffionen gefdjidt, fo begann er batnit, bie 2tuSfäüigen gu pflegen unb in ben ©pitälern
bie fcfjmerften ©ienfte gu oerrid)ten." 3
2(m 18. Of'tober 1604 begann ber Unterricht in fünf engen ^Räumen. ©a bie
Qaljl ber ©dpiter batb auf 250 ftieg, teilte man 1606 bie ©tjntaj; in gmei 21b-
teitungen, fo baff fecfjS ©pmnafialflaffen beftanben. ©aneben mürben noch 23ortefungen
über ©iateftif unb 9Rorat (Casus) gehalten, beibe anfangs oon bem nämlichen
fßrofeffor. Qm Qafjre 1643 mnrbe noch ein philofophifdfer ®urS beigefügt, roeit
oiele abfolüierte 91hel°r^er megen SRangetS an Mitteln auSmärtige 2lfabemien nidjt
befuchen fonnten unb fo ihr ©tubium abbredjen mufften. Qm Qafjre 1648 lehrten
2 fßatreS 9Rorat, 1 Sogif; 3 fßriefter unb 3 ©djotaftifer unterrichteten am ©tjmnafiutn4.
©ie Äonftanger Qefuitenfdjute mar nidjt allein oon Dielen 21betigen befucht, and)
oerfdjiebene Crben fanbten ihre jungen SRitgtieber borttjin. ÜRadj ber fJSeft mürben
im Qahre 1637 300, 1639 unb 1646 400 ©djiiter gegäf)tt. 23oit biefeit ermähtten
manche ben OrbenSberuf; fo g. 23. traten 1645 24 in oerfdjiebene Orben unb 2 in
bie ©efeüfdjaft.
©er Söiograpl; beS 23ifdjofS Qafob Qugger hebt perDor : „gälten bie Qefuiten
btoff bie Schuten gehalten, fo mären ihre 23erbienfte um föonftang unb bie ©iögefe
fcf)on grojf genug gemefen, aber fie taten nodj mehr burdj ihre fonftige ©eetforge.
Qt)r erfteS 2tugenmerf ridjteten fie auf bie ßinber, um oor altem biefe im fatfjotifdjen
©tauben gu erhalten ober fie bemfelben mieber gu geminnen. SReift hielten fie bie
$atedjefen in ber ßirdje beS ht. QobofuS, bie in einer faft nur oon ^5roteftanten
bemohnten unb ftarf oerrufenen 23orftabt tag. ©er Srfotg mar anfangs grnar
gering; als aber bie afatfjotifdjen Sttern fahen, mie tiebeoott bie ^inber betjanbett
unb mit fteinen ©efdjenfen für ihren Qteiff belohnt mürben, ba fdjidten audj fie bie
ihrigen, fo baff batb mehrere tjunbert gufammenfameit, bie nadjfjer gum größten ©eit
bem fathotifdjen ©tauben erhalten blieben."5
©eit 1592 prebigten bie Qefuiten an alten ©onit- unb Qefttagen im ©orn, unb
groar anfangs nadjmittagS, feit 1607 aber oormittagS; in ber Qaftengeit maren audj
1 ©röber a. a. 0. 54. 2 ©bb. 61. auf bie einzelnen Slurfe unter ad)t Sctjrern:
3 £>oll a. a. D. 94. 91toral 20, Sogif 18, 9lf)etorif uft». 30, 37
* * Litt. ann. unb *Catal. Prov. Germ. sup. 74, 51, 58, 51. * 9)1. 9t., Jes. 570.
3m Sabre 1649 »erteilten fidj bie Stubenten 5 §oll a. a. D. 96.
Sitte ltnb neue Stiebcrtaffungen: Konftanj.
263
an Söerftagen ^ßrebigten. £>a$u famcn bie Sßrebigten in ber Kolleggfirdje. ütt
brei Orten ber ©tabt fjielten fte Katecljefen. ©djon 1601 nmrbe bag öierjigftünbige
©ebet toäfjrenb ber gaftnadjtgtage eingeführt. gür bie Qaljre 1646 unb 1647
werben beutfdje ^affion»fpiete erwähnt, bie am ©rünbomtergtag unb Karfreitag in
ber Kirdje aufgeführt würben unb einen ungeheuren ßulauf fanben.
Balb nach Eröffnung ber ©djulen nahm 1605 eine ÜDtarianifdje ©tubenten*
fongregation mit 70 SRitgliebern ihren üitfang, 1649 waren eg 200. ©djon am
5. gebruar 1606 würbe eine größere lateinifd)e Kongregation abgeneigt, ber Saiett
au§ ben hbfjeren ©tänben unb ©eiftlidje beitraten, unter festeren Bifdjöfe unb übte.
®ie Biirgerfongregation, bie befonberg aug tüchtigen £>anbwerfern beftanb, begann
29. SRärj 1615 mit 20 Bürgern, im fotgenben ^ahre gäljlte fie 150 unb 1619
bcreitg 250 SJRitglieber. Ebenfallg im Qiahre 1615 würbe bie Bruberfchaft für
jüngere ^rjanbwerfggefellen mit 90 9Ritgliebern gegrünbet.
ün ©onntagen fajjeit gewöhnlich adjt ^Satreg ben gangen Vormittag im Beidjt*
ftufjl. ®ie jährliche 3af)l ber Beidjtenben betrug in ben fpäteren fahren burch*
fdjnittlid) gegen 40000. ^n bem ^weiten ^ahrjehnt gählte man jährlich 18— 25000
Kommunionen, 1632 waren eg 29000, 1645 unb bie fotgenben Qaljre 28 — 30000.
üudj hier wirfte bie Einführung ber monatlichen ©eneralfommunion fet)r jur
görberung beg ©aframentenempfangeg.
„üucfj an anbern Orten, wo bie ^efuiten miffionierten, waren ihre Arbeiten
non reichem ©egen begleitet, ^n fftatengburg waren fie fiegreidje SSerteibiger beg
fatholifdjen ©taubeng unb hemmten bag Untfidjgreifen ber £>ärefie; in SReersburg
prebigte ülepanber Roller mit großem Erfolge, unb in oieten anbern Dörfern unb
©täbten ringg um ben Söobenfee wirften fie in gleicher SBeife. ^hr $Ruf oerbreitete
fich immer mehr, unb auch anbere ©täbte, wie Überlingen unb Bregenj, boten ihnen
je£t ÜRieberlaffungen in ihren SRauern an." über bie Übernahme muhte wegen
SRangelg an Seuten abgetetjnt werben 1.
Obgleich Konftanj nie ton feinbticfjen Gruppen befe^t würbe, machte fidj ber
Krieg bodj Wieberhott fe£)r fühlbar, ülg fich ani H- 1632 bie erften fchwebifdjen
Leiter üor Überlingen geigten, floh atteg nad) Konftanj 2. ®ag Kolleg war über»
füllt ton flüchtigen ^atreg unb ©cholaftifern. üud) SRitglieber anberer Orben
fugten unb fanben im Kolleg Söofjnung unb Unterhalt. „®ie Qefuiten nahmen an
ben 2>rangfalen ber ©tobt treuen ünteil unb taten, wag in ihren Kräften ftanb,
um ben 3Rut ber Betölferung burd) ißrebigt unb ßufprud) Su h^011/ toofitr ihnen
nidjt allein bag Kapitel, fonbern aud) bie ©tabtbehörbe tiefen 2)anf wufjte."3
folgenben Qafjre 1633 wütete im Qnnern bie ton ben faiferlidjen ©otbaten eilt
gefdjleppte fßeft, unb tor ber ©tabt brofjte ber fdjwebifdje ©eneral §orn mit ©türm.
„®ie ^atreg eilten ton ©djan^ ju ©djanje, um 9Rut jujufpre^en unb felber (panb
anjulegen."4 üucfj bie ©tubenten, weldje SSaffen tragen fonnten, würben bewehrt
unb bezogen bie 2Sadjen auf ben Stauern unb ©djanjen. ÜRadjbem ber tpauptfturm
am 10. September 1633 glüdlicfj abgefdjlagen, befdjlofj ©eneral £orn, am 1. Oftober
bie Belagerung aufjuljeben. üucfj in ben folgenben Krieggjaljren, fo 1643 unb
1647/1648, bejogen augerlefene ©tubenten wieberfjolt bie SBacfjen. SDie $olg0n b0§
Kriegeg waren für bag Kolleg fefjr traurig, fie brachten bie äufjerfte tRot unb
ürmut, man muhte alteg täglid; teuer einfaufen, ÜÜRejjger unb §anbmerfer fonnten
jahrelang nidjt bejaf)lt werben; eine erbriidenbe ©chulbenlaft war bie $olge5.
1 (£bb. 89. SSgt. ebb. 101 f unb baS 11. Ka=
pitet.
2 K. 93 e t) c r I e , Konftanj im Sreifstgjäfjrigen
Kriege (1900) 20 ff.
3 © r ö b e r a. a. 0. 86 f. 4 ebb. 87.
6 ebb. 94. — Sie Obern waren: 2tte£.
£iöder, 1592; Otto eifenreid), 1602; 9Jteld)ior
Segenfjart, 1604; etjriftoptj (steboriu^, 1614;
264
Viertes Kapitel. 2>ie oberbcutfcfjc SJJroöing.
all biejen Sfrbeiteit unb Seibeit waren aber fdjöne ©rfofge erhielt worben.
„9)?an barf ohne Übertreibung jagen", jo ^ebt ber neuejte ©efdjichtjdjreiber beS
it'onftanger ftottegS t)eroor, „baff tonftang unb ein guter Seil oon ©übbeutfdjlanb
beit ^efuiten beit fattjolijcfjen ©tauben oerbanfen."* 1 „Sie (Stabt ßonftang", jo
fjeijtt eS in einer SluSfage auS bent ^afjre 1627, „wirb oon 7000 ^erfotien be=
woljnt, unter benen jtef) nur itoc^ wenige 3lnberSgläubige bejinben."2 Ser int Anfang
fefjr gegen jie eingenommene ^onftanger fRat bezeugte fcfjon in jeiner ©Ijrenerflärung
oom 12. Segember 1614: „2Sir jotleit, fönnen unb miijjen ungrrüfjmt nidjt tajjen,
bafj bei ben patres anbereS nidjt als ein ejremplarifdjer, untabelfjajter, priefterlicfjer
SBanbel gu erfeljen; and) bafj jie gegen weltliche Obrigfeit ©fjrerbietung erzeigen,
gegen il)re 9?ebenmenfd)en mit ©uttaten mittig jinb unb bafj alt itjre gürforge eingig
bahin gejteCtt ijt, mit emjigen ©otteSbienften, jßrebigen, S3ejud)ting ber Sirmen unb
Äranfen rühmlichen frommen unb 9iut$ gtt fdjaffen."3 3luc^ jpäter fprad) ber
Sfagiftrat ben ^ejuiten burdj 2Bort unb Sat mieberfjott jeine Slnerfennung aus4,
©o „Ratten jidj", mie ber Siograph beS SifdjofS gugger betont, „allen Ser«
teumbungen unb Serbacfjtigungen gttm Srop bie Witter ber ©ejelljcfjaft in alt itjren
2Birfung§freijen rajd) bie Siebe unb Seref)rung aller erworben, unb jogar itt ber
©tabt fö'onftang, wo man jie anfangs mit jo grofjem SBiberftreben aufnahm, war
ein ooflftänbiger SBanbel ber Meinungen eingetreten"5. Sin biejen ©rfolgen ^atte
ber erjte Obere, SUepanber Rätter, einen gang bejonbern Slnteil. „Sie ©rftarfung
beS fatholifcfjen ©laubenS unb SebenS in ^onftang am beginn beS 17. ^aprhunbertS
ijt nid}t gum minbejten HöllerS Serbienft."6
©r war geboren im Qafjre 1535 in Stöien, wo jeine ©Itern bem erjten ^ejuiten
in ber ^aiferftabt gajtticfje Slufnaljme gewährt Ratten. Saburch reifte in it)m ber
©ntfdjlufj, jidj biejen ÜDÜinnern angufd)liefjen. 9Jfit 21 fahren eilte er nadj Som
unb würbe bort oon P. Satjneg in bie ©efellfdjaft aufgenommen. Son feinen
oerjdjiebenen Arbeiten würbe bereits friifjer berichtet 7. Sei ber ißeft im ^afjre 16 H
bat ber 72 jährige ©reis ben Sieftor inftänbig, er möge ifjm bie pflege unb ©eel«
jorge ber jßeftfranfen gejtatten. ©r fei ein alter SÜJiann, an bem nicht oiet gelegen,
ber ohnehin batb jterbe, mätjrenb ber Sob eines ber jüngeren patres für baS Ä'otteg
ein fdjwerer S5er(uft jei. Ser Oleftor jdjtug bie Sitte ab. Sropbem bereitete jidj
P. Holler auf ben Sob Oor. Salb erfranfte er attdj wirftic^. „211S man in ber
©tabt oon P. Rollers ©rfranfung erfuhr", jo berichtet ber ©efdjid)tfdjreiber beS
fö'oüegS, „geigte jidj überatt bie her3fidjfte Zeitnahme; beim Rotier, ber nun baS
achtgehnte ^ahr in ^onftang tätig war, hatte burdj fein heiügmäfjigeS Seben, burcf)
bie Seutfeligfeit im Serfef)r mit alt unb jung unb burcf) feine Sücf)tigfeit als ©e«
wijjenSrat unb ©eelenfüfjrer bie ©pmpatljie aller gewonnen. Scocf) im SUter hielt
er an ber jtrengen förderlichen SlSgefe, bie er mäfjrenb jeiner fräftigen ^afjre geübt
hatte, jejt. 28ie ber lepte Saienbruber befolgte er bie Hausarbeiten. Um mehr ßeit
für bie ©eel jorgearbeiten gu gewinnen, jtanb er an Seid)ttagen eine ©tunbe oor
ben anbern auf unb wibmete jie ber ^Betrachtung. Sann fajj er jajt ben gangen
Sag über im Seid)tftuf)l- Oliej man ihn nachts, jo folgte er jreubig, ohne SDiurren.
Qn ben festen neun DJfonaten feines SebenS hatte er nodj 12260 Seidjten gehört.
Söafjrer Sugenb fann niemanb feine 21nerfennung oerjagen. SaS geigte jidj wieber,
als P. HöIIer am 29. ©eptember [1611] ber Äranfljeit [ber jßeft] erlag. Sa befahl
Sal. ffltapr, 1618; 366. tf)äpfcl, 1623; ©e&l).
Meininger, 1629; 3J taj ©ifetireicf), 1645; gaf.
'Hobler , 1647 ; ©eorg SHiiglin , 1650. Sgl.
©röber a. a. 0. 274 ff.
1 ©bb. 188. 2 Sbb. 192.
3 ©inblottbrucf. Sgl. © r ö b e r a. a. 0. 79 f.
4 Sgl. ebb. 72 f.
5 £> o 1 1 a. o. 0. 105.
6 ©röber a. a. 0. 197.
7 Sgl. Sb I, 407 ff.
5tltc unb neue 92icberlaffungcn : ßonftanj.
265
ber SD?agiftrat, bafj am hellen Sage — man begrub fonft bie Soten in ber ißeftgeit
tor bem 2loe am borgen ober nad) bem StngeluS am Slbenb — ein allgemeines,
feierliches Seic^enbegängniS ftattfinbe. Sa fam jnfammen, roaS gefunb unb nicht
bei ber pflege ber [SJ5eft*] Oranten nötig mar. Sa läuteten bie ©locfen mieber ein¬
mal ju einem 53egräbniffe, ba trugen in bem ^eichenjuge bie ©eiftlidjeu unb OrbenS--
leute auS ber ganzen (Stabt Kerzen in ber Siechten unb begleiteten bie Seicfje auf
ben SJiünftergotteSacfer, eigentlich gegen ben üBillen beS 93erftorbeneit, ber gebeten
hatte, auf bem Schottenfriebhofe, raie bie anbern Opfer ber fßeft, begraben ju merben.
Sie Überzeugung mar allgemein, baff man einen ^eiligen begraben, unb man ftritt
fich um f leine Slnbenfen aus feiner armen ^interlaffenfcfjaft." 1
Slucf) mehrere in jeber 93e*
Ziehung heroorragenbe SRänner |j A \j I H H k
hatten bie Slrbeiten beS ^ollegS jbibliotheca||
auf alle SBeife unterftütjt, fo i REGiA!£)a|s jß;
Z- 93. ber $onftanzer2Beil)bifchof "Tnl
Söalthafar SBurer, ber 9. Fe¬
bruar 1606 im üllter oon
92 fahren ftarb. Sr mar beit
Qefuiten fehr zugetan unb
pflegte oor ihrer Sinführung
in ^onftanz zu fagen : „Qcf)
merbe nicht eher fterben, bis
ich eiue fefte ÜRieberlaffung ber
1 O A N N I
©Ifcf offen )it SofMmj/^cnn Oer CKrteßciui»
. . . "" 'n ° Oeningen/ k. ^nferem (öncbigen dürften lenPhtnu/
ju onbcrthfnigfnShtf«/vnb/mfgeniinigftfimlcrgaug*
nctföifchöfflichfnConfecration,S3lürftrunf(h*
ung ff omebimcifi fürgcftcllt.
‘JDon Dem
Saaten / etltcba: bc$ fy. SXom. 9Cetel>£ £r(h
^ruchfrffcn auf beni hochlöblicheti t^taltcn
2Ealbur,jj.
Qefuiten in biefer Stabt felje."
Unb als er, oon Sllter unb
enihochwutCMcn
ur.
Somprebiger aufgeben follte,
antroortete er: „Sobalb bie
^efuiten bie Kanzel betreten,
miß id; gern herabfteigen."
Sterbenb gab er ben Qefuiten,
bie um fein Seit fnieten, noch
ben bifchöflichen Segen, mie
ein ißater feine Slinber zu feg*
neu pflegt. SBurer mürbe „in
ber Shumblürchen bei ber ßau*
Zel begraben, bem fein Stady
folger in bem Sl)umprebiger*
amt P. 2pößer eine fehr rühmlich
GymnalioberSocietet IE SV Jll ffcffatif ben
2 2.Februarij.
CJemitftju ff oftanf anl33obcnfcc /55c p onfiart 0tr<un
t><n/ Typ. Ord. Anno M. DC. XXfX.
3uv ßonfefrntion beS SBifdjof» Zollamt t>. SJßnlbbmg 1629. (2/3)
Seidjenprebig gehalten"2.
Sin ebenfo großer greunb unb görberer mar ein anberer ^onftanzer 2Seih*
bifchof, Qoh- ^af. üötirgel (geftorben 22. September 1629). Sr hatte Den ©runbfah:
SBaS bu ton @ott empfangen, muht bu zu ©otteS Sfjre termenben. Slufjer tielen
3uroenbungen für ßircfje unb Jft’oßeg ber Qefuiten ftiftete er 1626 noch 5000 ©ulbeit
Zu Stipenbien für brei arme Stubenten. Q3on einer anbern Stiftung mürben fünf
Qefuiten in greiburg unb ^onftanz unterhalten3.
1 ©röber a. a. 0. 196 f.
2 (£bb. 63. $ oll a. a. 0. 184 ff.
3 ©röber a. a. D. 85. ipoll a. a. D.
189 ff. Über ba» Urteil beö SJuntiuö Slquino
tigt. 191 f.
2(36
SSierteS &abitel. $ie oberbeutfcfje fßrooinä.
2Bie biefe SSeifjliifdjöfe, fo maren and) bie 23ifd)öfe üon Äonftanfl eifrige görberer
beS ÄoIIegS. @anj befonberS mar i£)m gafob gugger gugetan (geftorben 1626).
&ein gal)r ging üorüber, in bem nicfjt bie gafjreSberidjte 2Bof)ftaten non if)m üer»
jeidjneten, mefjr als lOOOO ©ulben manbte er bem fö'olleg ju. „©einem ÄleruS
ging er burcf) fein eigenes unbefcfjolteneS Seben, bitrcfi feine grömmigfeit unb feinen
(Sifer ftetS mit gutem Seifpiel üoran. gn mannen ©tüden jeicfjnete er fid) üor
ben meiften fßrälaten feiner geit auS." (Sr mar ein großer greuitb ber $inber
unb Sinnen; feine ^er^enSgüte unb greunblicfjfeit mären befannt. ©ein ganjeS
Vermögen üermadjte er ju guten gmeden 1. ©ein gmeiter S^ad^folger, gofjanneS
non 2Salbburg=233olfegg, mar ber erfte ©djüler beS ^onftanjer gefuitengpmnafiuntS,
ber ben bifcfjöflic^en ©tuf)l beftieg. (Sr mirb als ein fittenftrenger, fjeiligmäfjiger
93ifc^of gepriefeit2.
S3on ^onftanj aitS mürbe bie SJiiffion in ginbau begrünbet. gn Sinbau f]errfd)te
feit 100 gaf)ren bie Sefjre gmingliS. ®er 53ilberfturm üon 1530 fjatte mit üielett
efjrmürbigen (Srinnerungen an bie fatfjolifdje 23ergangenl)eit aufgeräumt. Äatfjolifd;
blieb nur baS reicf)Sfürftticf)e, freimeftlidje SDameuftift llnferer Sieben grau3. Stuf
SSeranlaffung beS 93ifd)ofS golfanneS üon 2Balbburg*2Bolfegg unb beS ©rafen SOcontfort
tarnen am 7. Slpril 1628 bie §mei ^atreS OSmalb Sluguftin unb (Sf)riftopf)oruS Sßib»
mann nadj Sinbau jur ^Saftoration beS faiferlidjen §eereS unb ber umliegenben
Orte4. „(SS fjaben atlba unfere patres ifjre Söofjnung üon Slnfang if)reS (SinjugeS
in bem fürftfidjen ©tift, mie anc^ bie rnefjrifte Unterhaltung bis auf baS 1634. gafjr
gehabt."5 ®ie gefürftete Slbtiffin ©ufanna üon SSubenfjofen unterftütjte fie tatfräftig.
„Sinbau mar für bie gefuiten ein bornenreidjeS SlrbeitSfelb; aber fie hielten troij
ffSeft, ßriegSunruhen unb 93efet)bung üon feiten ber s^roteftanten auS, audj nacfjbem
mit bem lobe ifjrer ©önnerin 1634 bie flöfterlid)e ©aftfrennbfcfjaft enbigte unb fie
in einem 53ürgerl)aufe fid) einquartieren mußten. Sin Saienbruber füfjrte ihren ärm»
liehen (pauShalt, bie SluSlageu mürben teils üom Äonftanjer Kolleg, teils üom S3ifdjof,
teils üon anbern 2Bot)ltätern beftritten." 6
SBeitergehenbe ißläne fcfieiterten. TDer 33ifd)of üon Äonftan^ manbte fid) am
2. Sioüember 1630 au ben Ä'aifer für bie (Srridjtung eines Kollegs in Sinbau.
(Daraufhin befahl ber $aifer am 9. Sloüember 1630 feinen ß'ommiffaren, bem 33ifcf)of
ju millfaljren unb burct) ben äftagiftrat eine Sßohnung für bie gefuiten befdjaffen
ju taffen. (Die SluSfüfjrung fd)eiterte am SSiberftanbe beS ÜDlagiftratS, trophein ber
$aifer am 4. guni 1631 feinen 23efef)l erneuert holte7. ©päter tauchte ber ipian
mieber auf, aber ber Äonftanjer Sieftor, @ebf)arb (Deininger, erflärte fid) in einem
Schreiben üom 20. Scoüember 1638 an ben ^roDin^iaf ©raüenegg jmar für bie
^Beibehaltung ber ©tation in Sinbau, aber gegen bie (Srricfjtung eines ÄollegS unb
gegen bie Slnnatjme beS angebotenen gran$iSfanerflofterSs.
1 §oII a. a. 0. 267.
5 ©röber, SefuitenfoHeg itt Äonftanj 81 f
204.
3 Ä. 993 o (fort, ©cfd). ber Stabt Sinbau
(1909) I, 1, 263 ff. Über bie Steifung bc§ Stiftet
ebb. I, 2, 85 ff.
4 * Litt. ann. unb * Catal Prov. Germ. sup.
Kropf I 472 f. © r ö b e r a. a. 0. 96.
5 91 nt. Subemig, 23riefe unb Sitten jur
®efd)id)te bc§ ©tjmnafiumg unb be§ SoIIeg§
ber ©efeUfdjaft Sefu. Programm ber Stella
Matutina 1908, 42. Ißgl. 50.
ß ©röber a. a. 0. 96.
7 * föopie ber oerfd)iebenen Schreiben in TO. 9}.,
Jes. 1713. Sd)on am 27. Sluguft 1630 hatte
ber Äaifer bie Sommiffare beauftragt, mit
bem TOagiftrat mcgcn einer SBohnung p ber»
hanbeln.
8 * Original TO. 9t., Jes. 1713. 3)ort and)
ba§ Schreiben be3 granjiSfanerbrobinsiali bom
27. 9Iuguft 1631, ber bem 93ifd)of baS Söarfüßer»
tlofter gegen eine ©ntfdjäbigung bou20000 ©ul»
ben abtreteu wollte.
SCIte uub neue SHeberlaffungen : Sinbau.
267
SDie Söii'ffamfeit für bie Bürger ber ganjf proteftantifd^en Stabt mar nicpt be>
beutenb, aber bie Sotbaten unb bie auS ber Itmgegeitb perbeiftrömenben Sanbteute
gaben niete Arbeit unb nieten Stroft. $m ^apre 1631 gälten bie ^3atre§ bereits
über 3300 Seicpten. Studp in ber Racpbarfdjaft Ralfen fie befonberS in ber SCBeip»
nadptS« unb Dfterjeit ben Pfarrern auS, fo in Sangenargen unb SReerSburg. $n
ben ^5eftjat)ren 1633 — 1636 tnar ein ^5ater ftetS für bie ^Seftfranfeit beftimmt.
SDer neuefte ©efdpidptfcpreiber ber Stabt f)ebt ferner: „SltS bie entfeplidpe ^eft in
SinbauS Raufern tuütete, ba befudpten bie ^efuiten opne Rüdfidjt auf bie SInftecfungS-
gefapr aud) bie 2lnt)änger ber enangetifepen Äonfeffion. SDiefe eifrige Seetforge Oer«
fefjtte nidjt it)re Söirfung."1 $m Qapre 1641 göptte man 2000, fpäter 4000 Kont*
munionen. fetben Qapre fam ein britter $ßater gu Hilfe. SDie Setagerung SinbauS
burdj bie Sdpmeben im 3;apre 1647 brachte befonberS infolge ber gropen Sparen non
Säuern, bie in bie Stabt geftopen, Hungersnot unb Krantpeiten unb bamit für bie
^efuiten Arbeit bei Xag unb ÜRadjt; pod) unb niebrig fuepten bie ^SatreS Hilfe ju bringen.
2rop großen SÖiberftanbeS non feiten beS proteftantifcpen SRagiftratS mürbe um
1640 eine fatpotifepe Stementarfdjute eingerichtet, bie fid) halb atS ju ftein errnieS.
1644 eröffneten bie patres fetbft eine Sdjute; auf faifertidjen Sefept mürbe ipnen
ein benadjbarteS ©ebäube gegen ben Stßitten beS SRagiftratS angetniefen. Stuf bie
roiebertjotten Sefdpmerben beS SRagiftratS beftimmte Kaifer gerbinanb III. am 1. Sep«
tember 1644: SDie $efuiten finb ©arnifonSfapIäne; mit bem Slb^ug ber ©arnifon
merben fie bie Stabt oertaffen; baS befepte Hau^ tft nur Ooriibergepenb, aber nidjt
atS (Eigentum ben Qefuiten jugefproepen; bie (Errichtung ber Schute mar für bie
©arnifonSfinber eine uubebingte Rotmenbigfeit2.
Über bie Sdpute erfahren mir RäpereS auS einer SDenffcprift oom Qapre 1648:
Stuf Sitten ber tatpotifepen Offiziere unb Sotbaten, bie ipre Kinber nicht in bie
proteftantifcpen Sdputen fepiden mottten, mürbe nor oier Qapren eine Sdpute eröffnet.
(Einer ber Satre§ iibernapm bie obere unb untere Spntap; ©rammatif, Rubimente
unb teprte ein pitmaniftifcp unb ppitofoppifcp gebitbeter Solbat. SDie gapt
ber Knaben, unter benen aud) einige auSmärtige abetige maren, ftieg auf 70. SDie
Sdpute ermarb ben Satre§ &ei Offizieren unb ©emeineit grope Spntpatpie. ©in
groper Seit ber Sotbaten napnt teil an ber monattidpen ©eneratfommunion am
erften Sonntag im 9Ronat3. ^m ^apre 1644 füprten bie Sdjüter am ©eburtStag
beS Kommanbanten auf bem Sdputtpeater ein mufifatifcpeS Stüd, ben Stob beS
Herzogs Konrabitt, auf; bie Sitte beS Kommanbanten, für bie Sluffüprung einige
Singfnaben aus ber Stabtfcpute ju ftetten, fd)tug ber Rat ab4, $m fotgenben Qapre
finbet fidp nerjeidjnet ein Karfreitags« unb ein SöeipnadptSfpiet; aud) fpäter mürben
noep Scpaufpiete aufgefüprt, fo 1648 bei ber Sermäpfung beS Kommanbanten, beS
©rafen 9Ra;c non 2Balbburg«2BoIfegg, mit ber gürftin Qfabetta non S(nfd)ott. ©raf
9Rap non SSoIfegg mar ftetS ein eifriger Sefdpüper ber ^efuiten gemefen5. SttS er
infolge ber Seftimmungen beS Söeftfätifdpen griebenS mit ber Sefapung ^uni 1649
auS Sinbau ab^og, mupte audp bie Riebertaffung ber Qefuitett aufgetöft merben.
„Rad) bem Stbjug ber Qefuiten fanb man bie am portal ber (non ipnen benupten)
Stfd)ad)er Kirdpe in Stein gemeipetten Sruftbitber ber Reformatoren Sutper unb
SRetancptpon unnerfeprt nor." c —
1 SB 0 i f art a. a. 0. I, 2, 81.
2 Ebb. I, 2, 80.
3 * Informatio de statu Missionum Prov.
Germ. sup. 1648, Ianuar.
* SBolfart a. a. £>. I, 2, 82.
5 3)ie * Sorrefponbenfl üon 9)taj; ü. SBoIfegg
liegt neben anbern auf Sinbau (1630 ff) bejüg«
lieben ©epreiben in SBieu, ©taat^ardjio, 9teicb§--
bofrat, gef. 117. SBgt. befonberä ba^ ©djreiben
SBoIfegg^ bom 19. 3^6 1644 mit gropeni Sob
ber Reimten.
6 Sßotfart a. a. 0. I, 2, 81.
268
Viertes Äapitel. 2)ie oberbeutfetje ffSrobins.
(Der erfle Qefuit, ber ftrci&urg tut Vreiggau betrat, mar mof)f ^3eter ©anifiug,
ber bort Januar 1558 fic^ mit ben ißrofefforen über bie Hebung ber Slfabemie
bejpracf) 1.
9Jcefjr al§ 50 Qafjre — fo beginnt ber ©efdjidjtfchreiber ber oberbeutfehen ißro*
eins ben Sfbfdjnitt über bag fö’offeg in Qreifmrg im Vreiggau — Ratten bie öfter»
reicfiifdjen ©rj^erjoge eifrig banadj geftrebt, bie ©efeßfefjaft in biefe «Stabt ein^uführen.
9iing§um Sutfjeraner, Qmingfianer un^ ßafoiner, in näc^fter 9iäf)e bie mehr unb
mehr aufblütjenben proteftantifdjen ©cfjufen in ©trafjburg, Vafef, 93ern, Qüridf,
Tübingen, fcf)ien bie Qreifutrger SIfabemie bem bebrof)ten Vreiggau feine fjinreic^enbe
©tüfje ju bieten. (Sr^er^og Qerbinattb oon Stirot f)atte fc^on atte Ipebef angefefd,
um bie ©rricfjtiing eineg Qefuitenfoffegg ju ermirfen. betrug ©anifiug mar fefbft
in Qreiburg gemefen unb für bie Qörberung eingetreten, aber ber Mangel an Seuten
fteffte fief) afg grofjeg ^inbernig entgegen. (Da^u fant bag SSiberftreben ber Qrei»
burger Unioerfität. ©inen erneuerten Verfud) macf)te Sr^erjog äffayimifian, aber
er muffte fief) mit ber 9iieberfaffung in ©nfigf)eim begnügen. Qm Qahre 1618 naf)m
sDfaj.-imifian ben fßfan mieber auf unb mürbe babei non ©rjherjog Seopofb, bem
Vifdjof non ©trajfburg, mit aller @ntfcf)iebenf)eit unterftü^t2. üftadj bem im fefben
Qahre 1618 erfolgten 2obe ÜDfajümifiang mürbe Seopofb an ©teile SO^ajinriliang oom
Äaifer jum ©tatthafter ernannt. Quni 1620 fam er fefbft nach Qreiburg unb be=
mirfte burcf) feine Vorfteffungen bie Quftimmung ber Unioerfität.
9?od) oor Slbfchfuff ber Verhanbfititgen mit ber Unioerfität maren einige fßatreg
nadj Qreiburg gefommen, unter ihnen and) P. Sfnbreag Vrunner. ©ie fanben bie
freunbficfifte Sfufnahme bei bem ©tabtpfarrer ßfjriftop^ fßiftoriug, einem treuen Qreunbe
ber ©efefffchaft. (Die ©tabt fefbft geigte fid) ebenfaffg fefjr geneigt, ba oor brei Qaffren
jmei (ßatreg aug ßnfigfjeim groffen Veifatf gefunben Ratten. (Dag Volf ftrömte ga^f-
reich jur ^rebigt beg P. Vrunner in bag SJUinfter unb gur ^atedjefe beg anbern
Q5aterg in bie £mfpitalfircf)e.
(Durd) Vereinbarung mit ber Unioerfität erhielten bie Qefuiten bie ber pfjifo»
fopfjifc^en Qafuftät gef)örenbe Vurfe jum Sfbfer ober jum Pfauen (fo ^ie^en bie
Käufer, aug benen bie Vurfe entftanben) unb bag Kollegium beg f)f. Dieroupmug,
bag fog. &artäuferf)aug, jugemiefen. (Die Qrangigfaner geftatteten bie einftmeifige
Venii^ung ihrer Kirche. SJiit großer Qeierfidjfeit mürbe bie ©efefffchaft, bie burdj
ben Q5rooingial ©renjing oertreten mar, am 15. 9?ooember, am Seopofbgfefte 1620,
oon ber Slfabetnie unb ber ©tabt aufgenommen. 3fn biefem (Dag bezogen bie Qefuiten
auch bie if)neu ^ugemiefene Vurfe. @g maren 8 Ißriefter, 4 ©dfofaftifer unb 4 Vriiber 3.
(duffer ben Vorfefungen in ber s$f)ifofopf)ie unb mehreren Vorfefungen in ber
(Dfjeofogie4 übernahmen bie Qefuiten bag ©pmnafium mit fünf Pfaffen. „(dfgbafb gogen
bie größeren unb reiferen ©djüfer fdjarenmeife aug ber ^Sartifufar-[Satein*]©cf)ufe
trofc beg ©ntgegenmirfeng ber guftänbigen 93ef)örben ju ihnen hinüber."5 SO^eift
gaben 2 (ßriefter bie Vhetorif unb ^oefie (Humanität) unb 3 (Dfagiftri bie brei
©rammatifafffaffen. Qm Qaf)re 1628 mürbe bie britte ©rammatif in eine obere
unb untere Sfbteifung geteilt. SDie Unioerfität nahm einen neuen Sfuffdjmung, ber auch
bie nächftfofgenben Qahre anbauerte6. 2Säf)renb ber ©chmebengeit fonnte bag @pm=
1 93gt. 53b I, 6. 79.
- *Compemlium hist. coli. Friburg. Brisg.
S. J. 1620 — 1633 unb *Continuatio hist. coli.
1634-1635 in torlgrufje, ®. S. 2189. ^ Litt,
ann. unb *Catal. 1620 ff. Kropf I 233 ff.
3 Kropf I 237 ff. Später mar ber ©otte3=
bienft in ber ülula be§ @pmnafium§ unb in ber
.<jau£fapetle. Sbb. 486.
4 Sie^c ba3 6. ffapitel.
5 g r- 33 a u e r , ®ie Sorftänbe ber Freiburger
2ateiufcf)ule. Programm be§ Streunt! ju Frei=
bürg i. 53r. (1867) 53.
0 §erm. iOtoper, 3ur ©efepiebte ber Fre^
guenj ber Unioerfität Freiburg, in 3eitfd)r. ber
©efeüfcbaft für ®efd)icbt^funbe in Freiburg
XXVII (1911) 126 f.
2(fte unb neue 9JieberIaffuncjett : fgreiburg im $rei3gau.
269
nafium am 1. Segember 1633 rnieber für furge $eit eröffnet merben; nacß ber glucßt unb
^lünberung im ^af)re 1634 maren am ©pmnafiutn nur itocf) 1 ^riefter unb 1 SRagifter
tätig 4 33ott ben 9 $ßrofefforen im ^a^re 1636 unterricßteten gmei ©rammatif unb
einer bie beiben oberften Staffen, ^it ben folgenben faßten meift baS ©ßmitafiunt
burcßfdjnittlicß 3 Seßrer auf, erft 1648 finb eS mieber 4. Sie ©djülergaßl ift nur
für baS Qaßr 1649 befannt: eS maren in 6 klaffen 991 2.
SSon Slnfang an prebigten, mie bereits bemerft, bie ^efuiten auc^ im fünfter.
2>er ©rgßergog Seopolb unb ber SSifcßof münfdjten bie Übergabe ber SRünfterfangel
an bie ^efuiten, aber erft 1629 geftanb bieg ber afabemifcße Senat, ber baS fßatronat
über bie Kaitgel ßatte, für bie meiften ©ountage gu3. ^m 3aßre 1639 prebigten
bie Qefuiten jeben ©onntag im ^fünfter, Katecßefe gab man 1621 an brei ©teilen,
1632 fcßon an fedjS innerhalb unb au^er^alb ber ©tabt. $m Qaßre 1628 mar ein
SRagifter Katedjet in ©bnet, im Qlaßre 1625 ein ^ßilofopßieprofeffor Katedjet im
Klofter Oberrieb unb ein SRagifter Äated^et bei ©t 9UfoIauS.
©cßon 1621 mürben an bem ©pmnafiutn unb ber Slfabemie gmei Kongregationen
eingerichtet, bagu tarn 1624 eine britte für bie jungen ^anbmerfer4 unb 1628 eine
tiierte für oerßeiratete Sürger, bie fdjon im felben $af)re auf ca 170 anraudjS. 9iacß
ber fdjmebifcßen öefeßung mürben biefe üier Kongregationen 1635 mieber erneuert,
^nt ^alire 1644 gäßlte bie afabemifcße Kongregation 80, bie ber Bürger 250 90?it>
glieber. Sie Kongregation ber jungen £>aubmerfer, bie 1636 mit ber Bürger«
fongregation üerfcßmolgen morben, erhielt 1647 auf ihre 23itte mieber felbftänbige
Serfammlnngen. Ser $ater, melier im fünfter prebigte, befugte audj regelmäßig
bie Ipofpitäler unb Kerfer unb führte bie Sluffidjt über bie Srioialfdjule3. Ser
©aframentenempfang in fyreiburg ftieg oon 12000 Kommunionen im ;Qaßre 1625
auf 19000 im Qaijre 1628, im Surcßfdjnitt maren eS fpäter 17 000, nacß ber
©djmebengeit ßob ficß bie feßr gefunfene 3aßl longfam mieber auf 8000.
Slud) außerhalb ber ©tabt mürbe fleißig gearbeitet. 1639/1640 »erfaßen bie
patres meßrere Monate bie oermaifte Pfarrei in ©bringen (8,6 km non greibttrg)
auf SBunfd) beS gürftabteS oon ©t ©allen, bem bie Pfarrei unterftellt mar. Um
biefelbe geit paftorierten fie baS ebenfalls üermaifte Slltfircß (Sljaß), fo baß oon
ben beiben im Kolleg nodj bleibenben patres einer gumeilen breimal im Sage prebigen
mußte. 3üßre 1641 leifteten fie SluSßilfe in nteßr als 14 Pfarreien, 1642
3/4 3aßre lang in Kircßgarten. Sagu tarnen nodj bie Slrbeiten in ©t äkoranb,
@t Ulrich unb Oienberg 6.
SaS Kolleg in gmeiburg ßatte nämlich oom ©rgßergog Seopolb 1621 bie beiben
fßropfteien ©t SRoranb unb ©t Ulrich int ©unbgau erhalten 7. ©cßott 1621 mürbe
eine fRefibeng in ©t 9Roraitb erricßtet mit 2 patres, bie außer in ©t äRoranb in
gmei anbern Kirchen unb befonberS in bem benadjbarten Slltfird; oon Slnfang an
eifrig arbeiteten. 1626 tarn gur gunbation ßütgu baS ©tift Oienberg. 9iadj bem
Sobe beS biSßerigen ^nßaberS naßmen Oftober 1626 2 patres 33efiß oon Oienberg.
$on ßier aus mürbe feit 1628 befonberS aud) fRetningen burd; $rebigt unb Katedjefe
paftoriert8. Sie ^ßropftei ©t ÜDtoranb mürbe megen beS Krieges geitmeilig (1645)
©nfiSßeint unterftellt. Sie ©eelforge geigt 1627 3000 unb 1631 fogar 7000 Kom=
munionen, an benett bie gange llmgegenb beteiligt ift. 1650 ßatte ©t SRoranb
1 *Hist. coli. Friburg. ab urbe capta usque
ad sociorum expulsionem 1633 in Äarl^rupe,
Ob. 2. 2189. 58gi. 2194.
2 ©ie Oerteilen ficf) auf bie Staffen, non oben
angefangen: 10, 11, 17, 8, 17, 36.
2 Kropf I 486 f.
4 e liberis civium adultioribus operariaque
iuventute, fagt Kropf I 485.
R * Catal. 1631. 6 3$gi. Kropf I 488 ff.
7 23eftätigung (and) für Öienberg) burd)
Urban VIII., 7. Siugufi 1626. Synopsis 317.
8 3u biefett Siefibenjen Ogi. Kropf I 488 ff.
270
Viertes Kapitel. Sie oberbeutfcfje IßroDittä.
1400 Seiften unb Kommunionen unb 2 SBruberfcpaften. ^n Ölenberg mürben 1631
1500 Kommunionen gefpenbet, 1639 mupte megen beg Krieget bie Station nad)
Spann oerlegt m erben, rao bann mcift big 1649 2 ’ißatreg unb 1 33ruber roopnten.
Sie oerroatteten bie brei ju Ölenberg gepörenben Pfarreien, 1648 jäplten [ie 2200
Seichten unb besorgten audj eine Heine Scpule. 1650 mar bie 9iefiben§ mieber in
Ölenberg. Slud) in Slltfirdj finben fiep 1647 — 1649 2 ißatreg unb 1 23ruber.
2öag bie s}3atreg burcp bie fcproierige Stellung jur Unioerfität unb anbere
Umftäitbe bei einzelnen an Spmpatpie einbüpten, bag malten fie meitaug mieber
mett burd) ipre liebeoolle unb aufopfernbe Slrbeit in aller 9cot unb ©efapr. ^n
ben fcproierigften ßeiten, 11)0 felöft bie größte 9?ot litten, unterftüpten fie ganje
Scparen oon Sinnen unb fprangen ben Bürgern bei, mie befonberg in ben 33eridjten
oom Qapre 1638 peroorgepoben mirb.
Slnfangg patte man bag ©erücpt oerbreitet, bie ^efuiten feien ftolje Seute, bie
nur auf Sßrunf unb Spreu auggiitgen unb mit bem niebrigen SSolf nicptg ju tun
paben moUten. 311g man aber fap, mie fie fidj ber Kranlett unb 33ebrängten aucp
aug ber §efe beg 2Mfeg annapmen, bie Raufer ber Slrmen unb bie fcpmupigften
Kerfer auffucpten, mit bem 23oIf unb ben Kinbern auf ber Strape unb in ber Scpule
mit nidjt geringerer greubigfeit oerfeprten alg mit ben 3^ei(f)en unb ©eleprten,
braupen nidjt allein in bie Scplöffer unb Klöfter, mopin fie gerufen mürben, fonbent
audj in bie Käufer ber dauern unb bie Jütten ber Slenben gingen, oerroanbelte
fiep bie früpere Meinung in ^ocpadjtung unb SSereprung, bie um fo gröper mürbe,
je bemütiger gerabe bie peröorragenbften ißatreg fiep benapmen. ©ropeg 31nfepen
geroann ben ^efuiten aucp bie liebeüolle unb pingebenbe Sorge für bie oielen auf
bem 3ug gegen SD^angfelb erfranlten unb palb oerelenbeten italienifcpen Solbaten.
Sie ^efuiten forgten in bem armen unb fdjmupigen §ofpital fo^ufageu für alleg,
für Kranfenpflege, Slr^nei, Kleibuitg unb fcplieplicp noep für ein .geprgelb. Sie
erbettelten bie nötigen Mittel unb legten felbft mit §anb an. üftidjtg, fo pebt ber
©efcpidjtfcpreiber peroor, geroann ben ^efuiten mepr Zutrauen oon 33oil unb Klerug
alg biefe bemütigen, opfermilligen Slrbeiten1.
$n ber gropen Urfunbe oom 30. Quli 1630, in meldjer Srjper^og Seopolb
alle feine Stiftungen für bie ^efuiteit in greiburg jufammenfapte unb belräftigte,
ftellt er iprer SÖätigfeit in bem oerfloffenen erften ^apr^epnt folgenbeg .Qeugtiig aug:
9JUt greuben paben mir gefepett, mie bie Slrbeiten ber ißatreg bie gemünfdjte f^rudjt
jum gropen üftupen für bie Slfabemie, bie Stabt unb bie Umgegenb gebradjt paben.
Surdj ipr SBiffeu, ipre unermüblicpe Slrbeit unb ipr epemplarifdjeg Seben mürben
unb roerben täglicp mepr reidje griiepte peroorgebradjt. Sluper ber oorjüglicpen Unter*
roeifung unb ber Sppepung ber gangen ^ugenb ift burdj ipre üülüpen unb tpren Sifer
feit biefer furzen $eit jur greube aller ©uten eine grope Slnberung in allen Stäuben
erfolgt2. —
2Bie ber 33reiggau, fo ftanb audj ber Sunbgau unter ber oorberöfterreiepifepen
Regierung, bie ipren Sip in Gitftspetm patte. £)ier in Snfigpeim mürbe ein Kolleg
im ^apre 1615 gegrünbet. Scpon oiel friiper maren mieberpoltc Serfucpe gemadjt
morben; befonbere Slnftrengungen liep eg fidj im $apre 1584 ber Pfarrer oott
Snfigpeim, Koffer, foften. Gaffer mar ein fepr gebilbeter, frommer unb
raftlog tätiger ißriefter. „31uper bem Srjperjog gerbinaub gibt eg im öfterreiepifepen
Slfap leinen DJfann in biefer $eit, bem bie fatpolifdje Kirdje ju gröperem Sani
oerpflieptet ift."3
1 Kropf I 486. 3 ©fror er, Sie fatfjol. ®ircf)e im öfterr.
2 Kropf 1 482. ebb. 239 490. 2tud) Slfafi unter @rjt>ersoß getbinanb, in geitfebr.
bei Laymann, Iusta defensio 344 f. für @efd)icf)tc beg £)berrl)ein§ 1895, 480 ff. M.
Sitte uit 5 neue fftieberlaffuitgen : (Snfiäheim.
271
Über ihn fdjreibt P. j^erbinanb Silber am 8. Quin 1584 non $nnSbrucf an
Slquaoiüa: Qn beit lehtoergangenen ©agen fam ber Pfarrer ber ©tabt ©nfiS-
heim nad) 3;nnSbrud, ein SNann non auSgegeidjneter ©ittenreinljeit unb großem
©eeleneifer. SSäfjrenb 2G fahren f)at er mit aller ®raft an ber Erhaltung ber
fatholifdjen Religion in ©nfisfjeim unb beit benachbarten ©täbten gearbeitet. Bor
einigen fahren l)at er bort and) eine ©djule errichtet unb eS jo weit gebracht,
bafe in beit nach Slrt ber ©efeüfdjaft eingerichteten 5 klaffen mehr als 200 ©cf)üler
oon befolbeten £el)rern unterrichtet merben 1. ©ie oberfte Seitung ber @d)ule hat
er bisher zugleich mit ber Beforgung bet Pfarrei auf [ich genommen, aber wegen
SllterS unb ®ranff)eit Dermag er bie Saft nidjt länger gu tragen, unb ein getreuer
Nachfolger, auf beffen ©chultern er bie Saft legen tonnte, fehlt gänglid). Nun
fürchtet er, bah mit feinem Hob guni Schaben ber fatholifchen ©ad)e unb gur greube
ber ^äretifer alles gufammenftürgen wirb. ©ie eingige Nettung erblidt er in ber
©efeüfdjaft, bie fein SBerf nicht allein aufrecht erhalten, fonbern weiter entwickeln
werbe. ©ie Ijet'twnragcnbften Katholiken haben feinen ißlan gebilligt. ©eSf)alb hat
er ohne Nergug bie neuntägige Neife fymfyx gum ©rgfjergog angetreten mit 93itt=
fdjriften ber Negierung an beit ©rgfjergog unb mid). ©er ©rgfjergog hat feine 3u«
ftimmung gegeben. 14 ©age hat er hier oergebenS auf ben P. ^rooingial gewartet,
au ben td) ihn gewiefen. ©inftweilen führe ich füer bie ©rünbe an, weld)e für bie
Sinnahme fpredjen. Nor allem ift ©nfiSljeim oon gegen 100 Dörfern unb ©täbten
umgeben, bie oon bort auS in wenigen ©tunben erreicht werben tonnen, $tt ©nfiS-
heim ift ber ©ifj ber erghergoglichen Negierung2, oiele Slbelige unb Magnaten
wol)nen bort; nicht wenige Herren ber Negierung finb ber ©efeüfchaft fel)r gewogen;
baS Nolf ift burd) bie Bemühungen beS Pfarrers gut fatholifcf); auf eine fleine
Ermahnung beSfelbett begehren an ben gröberen fyeften 500 — 600 bie heiligen ©afra¬
mente; aber weil bie ^farr-Hooperatoren auher Oftern feine Beicht hören wollen
unb ber Pfarrer fie nicht aüein hören fann, müffen mandje auf ihren Sßunfd) oer-
gid)ten. Slud) in biefer Nücffidjt bittet ber Pfarrer bringenb um bie Ipilfe ber ®e>
fellfcfjaft für ißrebigt unb Beidjtftuhl. ©ie ©tabt ift gefunb unb peftfrei, nicht aber
greiburg im BreiSgau, wo ja bie llnfrigen ein Ü'oüeg haben woüten. $n ©nfiS«
heim finb auch feine ©treitigfeiten mit ben Slfabemifern gu befürchten. ©ie SebenS-
mittel finb in güüe oorhanben unb billiger als fper- tSine ©d)ule für 5 klaffen
mit Slula hat ber Pfarrer gebaut, ©aneben ftefjt ein geräumiges IpauS, in welchem
jefd bie Sehrer mit 40 ^onüiftoren wohnen, ©ine fleine föirdje ift ebenfalls fchon
gebaut, fie fann leidjt Oergröjjert werben, ©einen eigenen groben ©arten würbe
ber Pfarrer famt feiner auf 500 ©nlben gefcf)ät$ten Bibliothef uns fdjenfen. Bon
©infünften finb fchon bereit 800 ©nlben, bie aber wegen ber billigen £ebenSf)altung
1500 ©nlben gleicf)fommen. ©inige reiche §erreit, welche bie ^erbeigiefjung ber
©efeüfdjaft wiinfehen, haben bem Pfarrer weitere ©infünfte gugefagt. SlüeS bieS
habe ich größtenteils oon bem ljod)W. £>errn Pfarrer ßafpar (Qoh ) Naffer oer-
nommett, unb ich fdjreibe bieS um fo guüerfidjtlidjer, je mehr ich bie ßuoerläffigfeit,
Neinfjeit, Slufridjtigfeit unb ben ©eeleneifer beS Sierra in ben 14 ©agen feines
hiefigen SlufenthalteS fennen gelernt habe, ©ein trefflidjen SNann liegt biefe ©adje
fo am bergen, bah er ©ag unb Nadjt baran benft, unb wenn fein Sind unb feine
Üörperfräfte eS guließen, würbe er nach Nom eilen, um feine Slbfichten gu eröffnen.
Sollte wegen beS SNangelS an Seuten, ben id) ihm entgegengehalten, bie Errichtung
eines föoüegS jeßt fcfjwierig fein, fo wünfdjte er wenigftenS eine SNiffion üon 2 ober
Merkten, Hist, de la ville d’Ensisheim 1 3)gl. ©frörer a. a. 0. 518 522 ff.
(1840) 191 ff 202 ff. SSgl. Slßgent. beutfdje 2 ®gl. R. Reufj, L’Alsace au 17e siede
«iograpljie XXVII 332. ' I 862 ff.
272
Viertes Sopitel. 2!ie oberbeutfdje iprobinj.
3 fßatreS für ^Srebigt, ©df)ute unb Söeic^tftu^I, bie bann gugleicf) aßeS in Stugen*
fcfjein nehmen unb bie Strt unb SBeife beS 33aueS üorfdjreiben fönnten. 55er gute
9Jiann fürrfitet, bafj beim Sluffdjub megen ber tägticf) macfjfenben £)ärefte unS fpäter
ber 3u3an9 oerfcfjfoffeu mürbe1.
©ef)r entfliehen nafjm ficf) ber ©adf)e DiafferS ber ©rj^erjog gerbinanb an.
Sr fdjrieb fofort an ben fßrooinjiat ©aber, unb als biefer erftärte, bie Entfdjeibung
ftef)e beim ©enerat, manbte er fid^ am 6. ^uti 1584 an Stquaüiüa in einem fefjr
bringenben Schreiben, bem er eine ®enffcprift Gaffers beitegte2. Xro|bem muffte
Stquaüiüa megen ÜDtangetS an fßerfonen abte^nen (27. 3uti 1584). Stuf ben Vorfcfjtag,
einige ßögtinge beS ©ermanifumS bem Pfarrer ju §itfe ju fenben, antmortete Erg*
tjerjog gerbinanb am 8. Januar 1585, bie ©ermauifer feien noch ju jung unb un¬
erfahren, aud) in ber fßrebigt ^u f)i^ig unb mürben in ber ©cfjute nicht bie f)in*
reidjenbe Stutorität haben. Sr bat bann menigftenS für ben Stnfang um 2 ffktreS
für 3 — 4 Sftonate, üon benen einer prebigen, ber anbere bie ©cfjute teilen foltte;
biefent fönnten bann einige ©ermanifer jugefeßt merben. 5)ie ©chute fotfte ganj
ber ©efettfcfjaft unterftettt unb jährtidh non einigen ^efuiten üifitiert merben3.
Stber auch biefeS ©efud^ mürbe abfcfjtägig befdjieben. 3e^n 3ahre fpüter famen
bann brei ÜDtagiftratSmitgtieber üon (Snfisheint nach 3nn3brud, um beim Srjherjog
unb ben ^efuiten bie Sache üon neuem ju betreiben, aber aucfj bieSmat ohne Erfolg,
jumat ju gteicfjer 3eit bie Errichtung eines SMtegS in ^onftanj in fyrage fam4.
Erft 20 ^ahre fpäter, unter ber Regierung beS 25eutfd)meifterS SRapimitian,
foltte ber lang erfefjnte SBunfd) ber EnfiStjeimer in Erfüttung gehen. Slm 15. 3flnuar
1614 beftettte bie Regierung üon EnfiStjeim ben Sieftor üon fßruntrut, fßeter ÜDtariuS,
ju einer Vertjanbfung nad) EnfiStjeim, bie bann am 30. 3Qnuar ftattfanb unb jur
oorläufigen Stnnahme eines ß'oßegS üon 5 patres unb 3 Vrübern führte5. Eine
enbgültige Stbmadjung fam Enbe SOiai 1614 ju ftanbe6. ÜDiit £itfe guter greunbe,
befonberS beS Pfarrers üon $D?aSmünfter, 3°*4 unb beS ©tatthatterS Siub.
Votmeit mürben bie anfänglich großen ©djmierigfeiten überraunben7. Ein be=
fonbereS Verbienft haben auch bie ßapuginer fidj ermorben, inbem fie auf ber fö'anjel
bie ©efeßfdjaft bringenb empfaf)ten. Enbe ^ebruar 1615 famen 8 ^efuiten (5 ^3riefter,
1 SJiagifter unb 2 Vrüber) nach EnfiStjeim unb übernahmen fofort bie Vermattung
beS beftehenben ©pmnafiumS. Stm 7. SOiär^ (55homaS üon Stquin) mürben bie
©cfjuten mit 4 Staffen (3 ©rammatif unb 1 Humanität) eröffnet. StnfangS mohnten
bie patres in einem gemieteten )pauS; nad) jmei 3ahren/ atS ihre 3ah[ auf 12 ge*
ftiegen unb bie Vljetorif beigefügt morben, bezogen fie baS früher üon ben mettticheu
Setjrern bemohnte ©t SrfjarbS*®oßeg, beffen ^apette fie bereits benütjten. Seiber
erlag fdhon 1616 an einer fetbft ben Strjten unbefannten ®ranff)eit P. 3°^ Sam*
berger aus f^reiburg in ber ©dhmeij, ber ficfj nicht aßein burd) fein Söiffen, fonbern
audj burch eine aufjerorbenttidje Eingabe für feinen Veruf unb feine SJiitbrüber
auSjeidjnete. ®em Vefucf) ber ^ofpitäter unb Werfer mibmete er fidh mit grofjer
Siebe. Er fehrte bie 3immer feiner SD^itbrüber, brachte ben ©chmüdjeren baS SBaffer
üom Vrunnen unb teiftete ihnen inSgetjeim bie niebrigften SDienfte.
1 * Original in Germ. Epp. XXY 27 ö.
2 * Original in Epp. Princip. III ‘290.
3 * Original ebb. III 297.
4 Söriefe bei P. ^ol). gaber üom 17. guli
nnb 13. Slug. 1594 an Slquaüiüa. * Original
in Germ. Epp. XXXIII 677 ff.
6 *Relatio eorum quae tractata sunt inter
D. D. Deputatos ab Excel. Regimine et Cam.
Ensisli. et P. Rectorem Bruntrut. ratione
futuri Collegii Ensish. exstruendi, in Sarli*
rulje, ©. 2., greiburg 2211.
6 * Original ebb.
7 2)ai golgenbe nad) Kropf I 172 ff,
* Litt. ann. unb * Catal. Prov. Germ. sup.
(Sin föoftjettel für bie Qefuitenfd)üler bei ben
S3iirgern in ©nfiiljeim üom 3al)re 1615 ab=
gebrudt bei giala, Solothurn II (1876) 23 5.
Slli Sinblattbrud in *Clm 26 478.
Mite unb neue Mieberlaffungen : Gnfi^Ifeim.
273
9iocp fein gapr feit ber 21nfunft mar »ergangen, alg fcpon brei -äftarianifcpe
Kongregationen errichtet mürben, bie erfte für Sie ©tubenten: fie mürbe gfeicf) int
SOiär^ 1615 mit 60 SDfrtgliebern begonnen; bie jmeite im fofgenben ^afjr für Bürger,
fßriefter unb Orbcnsleute mit 70 ÜÖiitgliebern, bie britte, eine 21rt fKofenfran^
Söruberfcpaft für grauen, gn ber £>auptfircpe pielten bie gefuiten allroöcpentlicp
fßrebigt unb Katedjefe, 2 — 3 i)3atreg befugten ftänbig bie Kerfer unb §ofpitäler unb
bie umliegenben Orte. Rüningen, barnalg nod) ein $orf, bag üon 23afel aug
proteftantifiert morben, führte ein fßater aug C£nfi§f)eim in fjalbjäfjriger Strbeit 1623
jur Kirdje juriid. gür bie Seprofen mürbe um 1626 ein eigener 23eid)tüater ge=
[teilt. SDiait napm bie gefuiten
überall mit auperorbentlicper
greunbücpfeit unb groper Siebe
auf.
21nt 5. gebruar 1628 legte
©r^perjog Seopolb ben ©runb*
fteiit für ben Dieubau bon Kol¬
leg, Kirdje unb ©cpule. 2Iuf ben
23au oermanbte Seopolb über
15000 ©ulben, nadfbent er fcpon
5 gapre üorper mehrere benacp»
barte Käufer gefauft unb ben
©infünften beg Kollegg jäprlicp
1000 ©ulben jugefiigt patte1.
SJiagiftrat unb Bürger metteifer=
ten in greigebigfeit unb bie
dauern aug ber 9?acpbarfd)aft
mit gttf)ren. ®ie Siebe ber 23e*
mopner mar befonberg üermeprt
morben burcp bie gurcptlofigfeit,
mit ber fiep bie gefuiten in ben
fßeftjapren 1627 unb 1628 allen
©efapren auggefept patten. 97acp
jmei gapren fonnten im gapre
1631 bie gefuiten, 18 an ber
gapl, bag neue Kolleg bejiepen.
®er S3au ber Kircpe, für ben
man im gapre 1633 eine ©dpul»
benlaft t>on 21218 ©ulben mit
jüprlidj 1060 ©ulben gu oer*
jinfen patte, fam infolge beg Kriegeg nicpt ju ftanbe. 23ei bem 23au beg Kollegg
mar Sruber gafob Kurrer tätig2.
9?un famen aber aucp für ©nftSpeint halb bie Seibeng« unb ©cpredengtage.
211g fidj ber ÜUiarfgraf SSilpelm üon 23abett üor ben Gruppen beg fftpeingrafen Otto
Subrnig patte jurüdjiepen ntüffen, erfcpien biefer am 26. 2cooember 1632 üor ©nfig«
MORANDVS
06«
«rt^er Stmp alt/
m t>er Comocbt fcom U
tfs ^oranb/fbüon Dcm^rpperpogtfcpenGym- $2
nalio Societatis IE SV $u €nft|ü(jfiml>
gepalten/ mt gapr naep £pn(?( ©f burt
)CZ3. im 2Bcinmotiat.
J
jPJj ©cttucftju ßrepburg (m ‘Srrpfig am/ bep
2|)foDoro SJtei?«;/ gm ga§r
2itcl ber CsnftSljeimer ftontöbte 1623. (2/3)
1 Mm 31. fDZai 1629 Bat ßrKjeräog Seopolb
ben ft'arbinat SBarberini für bie gefuiten in
(£nfigl)eim um gnforporation ber Pfarrei SSolf«
lingmeiler (SBoIfemoeiler); bie Seelforge mürben
bie gefuiten übernehmen. Mpnlid) 33ifcf)of gol).
Suljr, ©ejdjitbte ber Sefuiten. II.
Ipeiuridj ton 23afel an Urban VIII., bat. 17. Mot.
1630. * Original in Aich. Vatic. , Miscell.
Arm. 8, vol. XC n. XCI.
2 Srauit, 2)ie Äirdjenbauten ber beutfefjen
gefuiten II 152.
18
274
Viertes Slapitel. Die oberbeutfdje fßrobins.
fjeim 1. ©ie ©tabt erga6 fiel). ©d)on Dörfer maren tiiefe Bürger geflogen uitb bie
©d)ufe auf 33efef)f beS SRagiftratS gefdjfoffen morben. Qn beit Sebingungen gur
Übergabe ^attc ber SOZagiftrat aud) für baS Kolleg ©d)u§ auSbebungen. ©otteS»
bienft unb ißrebigt ln ur beit meiter gehalten. ©ie fßeft beS fofgenben QaffreS raffte
einen großen Seil ber 23ürgerfd)aft meg. ©ie ißatreS fjalfen in ber gangen Untgegenb
in ben if)rer ^pirten beraubten Pfarreien. Qn ben fahren 1633 unb 1634 erfreute
fid) baS Kofieg mit feinen 12 Qnfaffen (6 patres, 1 füiagifter unb 5 SBritber) eines
befonbern, tion ben patres mit großem ©anf anerfannten ©djutjeS beS ©outierneurS
Uott Obereffaf), ©Ijriftian öott Kalbenbad). 9Zac^ ber ©d)facf)t timt Sftörbfingen er»
fjielt bie ©tabt eine faiferlidje ©efafjung. SOian fonnte bie ©dfule unter 4 Sefjrerit
tnieber eröffnen (Januar 1635) unb batb barauf bie 9J£arianifd)en Kongregationen
erneuern. ©ie Hungersnot tion 1636 ricfjtete grofse SSerfjeeritngen an, babei mar
bie ©tabt beftänbig tion ber frangöfifcfjeit 23efa£ung in 6ofmar bebrofjt. Sfnfang
Sfuguft 1637 mürbe Snfisfjeim tion 2Beimarfd)en ©nippen eingenommen unb gepfiinbert,
aud) baS Kodeg üötlig aitSgeraubt2. ©ie Qefuiten mufften bie ©tabt oertaffen, nur
2 patres unb 1 23rubcr burfteu bleiben. ©rot) ber eigenen groffen 9Zot fucfjteit
bie Qefuiten burdj Söort unb SSeifpief bie Bürger aufguridjtcn, prebigten, fpenbeten
bie ©aframente unb erfetjten gang ben fef)fenben Ißfarrer. ®iefer Quftanb bauerte
niedrere Qafjre, bis ©onuner 1641 ber neue fßfarrer eintraf.
©rop ber ÜZotlage unb trof) ber menigen Kräfte (4 fßriefter unb 2 Sörüber) er»
öffneten bie fßatreS diooember 1642 3 — 4 Klaffen unter 2 Sefjrern; 1645/1646
mürben Humanität, Sogif unb SäRoral, im fotgenben Qafjre aud) bie fRfjetorif bei»
gefügt, gut baS ©pmnafium fonnten infolge ber äufferften SIrmut nur 2 Sefjrer
beftettt merben, bis 1648 nodj ein britter fjingufam3. ©ie ©djufe mürbe aud) aus
bem benadjbarten Sotmar befucfjt, meit bort fein fatl)oIifd)er £ef)rer gebutbet mürbe,
©abei mar baS Kolleg 1644 baS Hauptquartier beS ©enerafS ©aupabef, ber über
einen Sftonat im Kodeg mofjnte; biefem folgte bann ber ©eneraf ©urenne. ©rot)
aller SGSirreit begannen bie fßatreS im fetben Qafjre 1644 bie feit 9 Qafjren unter»
taffenen monatlichen ©eneralfommunionen für bie armen ©eeten am erften ©onntag
beS EOionatS mit foldjetn (Erfolg, baff faum einer in ber ©tabt oon ber Kommunion
fernblieb 4 * * * *.
©er ©aframentenempfang, ber tion 6200 Kommunionen im Qa£)re 1617 auf
8300 im Qaf)re 1626 unb auf 11500 im Qal)re 1630 geftiegen mar, fanf natürlich,
ba bie Setiölferung burdj Krieg, fßeft unb Huuger fef)r tierminbert morben. Qm
Qaf)re 1636 gäl)lte man 1160 Kommunionen unb 1642 an 1400, bis bann 1644
bis 1650 bie Qafjt fid) auf 3300 — 3600 Hielt. 33on ÜSRiffionen merben 1635 bie
tion ©ulg unb 1642/1643 bie in Qelbbad) ermähnt, ©a bie 9?ot anbauerte, Ratten
bie 5 — 6 fßriefter eine groffe Slrbeit gu bemättigen, für bie fonft faum bie hoppelte
1 * Collegii Ensislieim. fortnna 1632 — 1634,
ÄarlSrutje, ©. 2. a. a. 0. Kropf II 105 f
231 f. Merk len, Hist, de la ville d’Ensis-
heim 237 ff.
2 Kropf II 402 434.
3 Qm 3<U)re 1649 äöfjlten bie 6 ßlaffen
unter 3 Sefjrerit 7 (Stfjetorif), 11, 15, 10, 16,
19 ©cfjüler. * Wl 3t., Jes. 570.
4 Über ben 3llftonb berichtet ©eorg fgriebrid)
Don Slnblau am 27. 9Jtai 1645 an bie ©rg»
fjersogitt Älaubia, er fjabe toafjrgeuommen, baß
„burd) ber ©ojietet gefu eifrige^ 3utun unb
beftäubige Skrfdjung ber Äanjet, neben auf»
erbauliefjeu guten fprebigern, ber ©otte§bienft
alfo abminiftriert, bafj ob gleidjtoof)! fid) alt»
t)ier 511 ßnfi^beitn, unterfd)ieblicf)e ßrieg§» unb
aubere Offizier ber toibrigeu Steligion einge»
fd)tcift, bod) roie fonften in ©ln. fiirftt. $uri^»
lauefit Vorlauben, folnoljl in (Stabten at3 auf
bemSanb, bcfdjiefjt, feine $räbitauten aufgeftetlt
roorbcu, jubem bie Patres f)iefigcn Collegii,
ein juüor, unb in ber betrübtiften, gefdf)r»
Iid)ften unb elenbiften Säuffen, bie attfjiefige
Derlaffene fPfarr unb Administratio aller ©afra»
menten oerfeljen". * Crigiual (?) in ©trafjburg,
Sejirf^arebiD, 9lfabemieaften 9tr 81.
Ülltc unb neue SJMeberlaffimgen : (Solmar.
275
genügt hätte. So fonnte ber ©eneral ßarrafa am 7. ÜDlärj 1648 mit 91ed)t
bem tHeftor £)ieron. Schreiber feine grof^e Olnerfennung auSbrüden über bie SluS*
bauer ber patres, bie bie bärtige fdjmierige Station aufrecht Rieften trop ber großen
Slrmut nnb bie bnrd) ifjre OlrbeitSleiftung bie 3aht öieler Slrbeiter erfepten L
©nfiSheim fanbte and) einige SßatreS für eine Otieberlaffung nacf) ß o t m a r.
3n biefer jur SDiöjefe Safe! gehörenben freien Sleidfsftabt, melcpe um bie §älfte beS
16. ,Qaf)rl)Uttbert§ gegen 9000 ©inmofjner jäfflte, mar bie fatf)olifd)e Sleligioit ge*
maltfam unterbriidt morben. 40 Qaffre lang Ejatte ber proteftantifdje üdlagiftrat bie
®atf)olifen auS allen Ämtern auSgefc^loffen. SDurcf) beit beim beginn beS 17. Q-apr*
punbertS iiberffanb ne^menben ßalöiniSmuS mürbe bie ^ntoleranj noef) gefteigert.
Sdflieplid) blieben ben nur mehr 1500 ^atpolifen nod) St 9J?artin unb baS SDomini*
faner* unb Oluguftinerflofter. Vergebens maren ade Klagen ber ÜDlinorität oerlfadt,
bi§ bie Siege beS ®aiferS SluSficpt gaben, ben ^atpolifen ju itjrem 31ed)t ju bereifen,
^erbinanb II. befaf)! 17. ^uti 1627 bie SBieberfjerftedung ber fat^olifc^en Religion.
Haiferlidfe ®omntiffäre festen 3Jcär§ 1628 ben proteftantifdjen dJlagiftrat ab unb
fugten für bie fatl)oIifd)e Religion bie alte Stedung mieberjugeminnen1 2.
Qu biefein ßmede betrieb man ernftlid) ben ißlan, ein ^efuitenfodeg in Solmar
gu errieten. Schon früher maren oorübergepenb einige Qefuiten oon ifSruntrut aus
in Solmar gemefen: im $af)re 1597 ein ißater als Stedoertreter beS öerftorbenen
Pfarrers unb 1604 jmei ^efuiten §ut SluSpilfe in ber gaften^eit. ®ie (enteren
maren aber bom üdlagiftrat auSgemiefen morben unb Ratten nur in ben benachbarten
Dörfern ihre Arbeit fortfepen fönnen3. ©ejember 1627 famen jmei patres bon
Sufispeim, bie juerft in St ÜDcartin, bann auch in anbern Kirchen prebigten unb
Spriftenlepre hielten. SDie Spitalfirdje unb jmei üßräbifantenmopnungen mürben
bon bem insmifcpen mit ®atpolifen befepten ÜÖlagiftrat ben patres für Söopnung
unb Sdfule jugemiefen. 53alb famen noch 2 patres unb 1 ÜDlagifter jur ^pilfe,
aber Sßopnung unb ®oft hatten ®ranfpeiten jur gmtge4-
Qn^mifdjen geftalteten fid) bie 93erpanblungen um eine fjunbation fehr fang*
mierig. ®iefetbe mürbe befonberS eifrig betrieben bon Srjher^og Seopolb unb bem
püpftlicfien ÜJluntiuS in ber Schmeiß Sllejcanber Scappi. Stm 6. Slpril 1627 befür*
mortete Seopolb bei bem ÜJluntiuS bringenb bie Berufung ber ^efuiten5. ®er
ÜJluntiuS fepidte feinen Üöeicptüater, P. ÜUlarfuS ©ueninuS, jurn Sr^per^og nach ^onftanj
ju meiteren ÜBerpanblungen, mie er am 28. September 1627 ber üßropaganba be*
richtete6. 33alb barauf (30. September 1627) brüdte Seopolb in einem üörief an
ben ÜJluntiuS feine greube aus über ben Sntfd)luf3 ber üßropaganba, bie Solmarer
ÜJlieberlaffung aus ben Sinfünften beS ^lofterS St ©regor 311 funbieren7. 91m
25. Sftober 1627 manbte fid) ber Nuntius burch P. ©uenin an ben üßrobinjial ber
oberbeutfdfjen üßrobinj, nm eine genaue Slufftettung §u erhalten. ®er üßrobingial
antmortete am 22. ÜJloöember 1627 : SBode man in Solmar etmaS 2)auernbeS er*
reichen, müffe man ein fö'odeg griinben. gür ein mittleres ®odeg feien aber nötig
1 Oleftor, 1 ÜÜlinifter, 1 Spiritual, menigftenS ein üßrebtger, ein Üöeidjtüater für bie
1 * Orig.=31eg. Ad Rhen. sup. — Sie Obern
waten: ißeter 9Jlnriu3, 1616; 2löam Straub,
1619; Sof). SJtanfjart, 1621 ; Sol). ®oger, 1623;
21nt. SSeinbart, 1625; SCBilf)- ®oranb, 1647;
§ieron. Schreiber, 7. 9toü. 1647.
- * Litt. ann. Prov. Germ. sup. 1628. Kropf
II 463 f. Reuß, L’Alsace au 17e sibcle II
463 ff.
3 Flott o 185.
4 Kropf I 468 ff.
5 * Äopie im Slrdjio ber f|Irobaganba, Lettere
di Svizzera vol. LXV'III, f. 61.
6 * Original ebb. vol. LXVIII, f. 140 146.
ßin 93erid)t bcA P. ©uenin oom 15. 9Io0. 1627
über eine zweite Senbung nad) <$nfi§f>eirn Arch.
Vatic., Nunziatura di Svizzera vol. XVI A.
7 *21rcf)iü ber fßrobaganba, Lettere di Svizzera
vol. LXVIII, f. 147.'
18
276
2?ierte§ Kapitel. $ie oberbeutfd)e Sßroüinä.
Stugmärtigen, ber zugleich bie föranfen, ©terbenben unb (befangenen befuge unb
iröfte, ein fßrofurator, menigfteng ein SJtiffionär für bie Umgegenb, ber gleichzeitig
aud) für albere, bie erfranft, einfpriitge, 1 ©djutnorfteher unb menigfteng 5 fiehrer
für bag ©pmnaftum, ba^u 5 Sriiber für bie £>au§bienfte. Sag Üüofter ©t ©regor
mit aßen feinen ©infünften, bie auf 2000 ©utben gefdjätjt mürben, fei für aües
hinreidjenb 1.
Stm 25. Januar 1628 fanbte ber SZuntiug ©cappi einen Sericfjt über bie Se»
ratung ber faiferüchen Äommiffäre in ©otmar an bie fßropaganba. Ser ©enerat»
nifar beg 93ifcf»of§ non Safet hat atg faiferlic^er iftommiffär an ber Beratung teil»
genommen unb berichtet : Sie günjtidje Stbfcfjaffung beg fßroteftantigmug in ®irdje
unb ©dhule ift befdjtoffen. Sie Berufung auf ben fßaffauer Vertrag mürbe ner»
morfen, ba ©otmar 1555 ganz fatfjotifd) mar unb big 1575 geblieben ift. @5 mirb
ein ©bift oeröffenttictjt, bafs ade innerhalb fecfjg SJZonaten zur föirdje zurüdfehren ober
augmanbent müffen. SDeSfjalb mirb bie ©enbung ber Qefuiten für ©djuten unb
^atedjigmug nötig fein trotj beg SBiberftrebeng ber fßroteftanten. SBenn nidjt ©t ©regor,
fönnte bag non ber ©tabt getaufte fßriorat ©t fßeter für bie SZiebertaffung ber
Qefuiten geeignet fein. Sag Nähere mirb mein Seicljtoater ©ueninug mit ©rzherzog
Seopotb, ber auf bie Berufung ber ^efuiten brängt, nächften gebruar in ©nfigheim
befpredjen. 3nZluifd)en hat ber SZeftor beg föodegg in ©nfigheim auf Sitten beg
©eneratoifarg letzte Sßeifjnadjten 2 feiner f}3atreg nach ©otmar gefdfjidt, bie niele
Seiften gehört unb oft geprebigt haben, mag feit nieten fahren non ben ißroteftauten
nerhinbert mürbe, Satfdjmeiter (?), bag firdjtidj unb potitifdj bent Sifcfjof non
Safet unterftetjt, ift Söeitjnachten non ben ca 600 ©inroofjnern bie §alfte zur Stirdje
Zurüdgefehrt, unb eg befiehl Hoffnung, baff Oftern bie anbere |)ätfte nacfjfotgt2.
Über bie Sefpredjung mit bem ©rzherzog nerfaffte P. SDZarfug ©ueninug, atg er
non (Snfigfjeim zutn SZuntiug zurüdgefehrt, einen Seridjt, batiert Suzern 26. fyebruar
1628: ©t habe bem ©rzherzog, non bem er bei feiner Slnfunft in ©nfigheim fofort
empfangen mürbe, bie Stufträge beg SZuntiug augeinanbergefe^t unb über bag an»
fängfidje ©chmanfen beg Sifdfjofg non Safe! berichtet. Seffen ©eneratnifar ^ofj.
gader erftärte im Januar bie Sereitroidigfeit beg Sifdfofg für bie SJJiffion ber
Qefuiten. Ser ©rzherzog habe u. a. geantmortet, er münfdje, baff ber SZuntiug bag
ßtofter ©t ©regor ber ^efuitenniebertaffung in ©otmar überroeife. ©ine Konferenz
mit bem ©eneratnifar hat ergeben, baff ber Sifdjof non Safet für bie SZiebertaffung
ber Qefuiten fei, aber für ben Unterhalt lieber bag fßriorat ©t fßeter nermanbt fehen
mödhte. ^n ben nädjften Sagen mirb ber ©eneratnifar einige fßatreg non ©nfigheim
nach ©otmar rufen, um bie üdiiffion zu beginnen; ben Unterfjatt rnerben fie non ben
©infünften non ©t ©regor haben, big bie Itnterhanbtungen megen ©t üßeter ab»
gefdfjtoffen finb. Ser ©rzherzog mid non feiner SJZeinung in Setreff ©t ©regor
nidjt abftetjen, gibt ficf) aber einftmeiten gufrieben, menn ber Äaifer ober ber SZuntiug
ober ber Sifchof bag fßriorat nom Zapfte erlangen3.
Stm 4. ^uni 1628 berichtete ber Sifdjof SBilhetm non Safet bem Zapfte über
bie frudjtreidje Strbeit ber fßatreg ber ©efedfdjaft ^efu in ©otmar burdj s^5rebigt
unb prioate Sefprecfjungen. Über bie Strt unb SSeife ber gunbierung beg Stodegg
fei bigher noch leine ©inigung erzielt morben. Qefjt bemohnten bie f^atreg ein ge»
mieteteg £>ofpitat unb benüfden bie non ben granzigfanern nertaffene geräumige unb
fcfjöne ßirdje. Sttg Unterhatt foden ihnen bie ©infünfte beg nertaffenen fßriorateg
nott ©t fßcter angemiefen rnerben. Stuf anbere 233eife fönne bem fo frommen Unter»
1 * fiopie im 9trd)iö ber iJSropaganba, Lett. 2 * Original ebb. vol. CXXX, f. 124 f.
di Francia vol. CXXX, f. 119 f.' 3 * $ opie ebb. CXXX, f. 146 f.
Sllte unb neue 9tiebertaffungen: Stottenburg a. 9?.
277
nehmen woßf faum geholfen werben. ©er Jpeitige fßater möge fieß besßalb nicf)t
üon anbern für eine anbere ©ntfeßeibung beftimmen laffen 1. Qn betnfelben Sinne
^atte fid) ber 9?untiu§ feßon üorßer (24. 21pril 1628) geäußert2.
£>ie 2lu§geftaltung ber 9iieberlaffung ging langfam oorait. Qm Qaßre 1628
weilten 4 f)3atre§ nnb 1 23ruber in ©olmar, bie f)3atre§ waren ^Srebiger unb
®atecßeten, im fofgenbeit Qaßre gelten 1 fßater unb 1 SJiagifter brei ©rammatifal*
flaffen, 1630 würbe bie bisherige ÜKiffion jur 9iefibenj erßoben; bann trat 1631
51t ben 2 Seßrern and) nod) ein ißater al§ Praefectus scholarum fiinju. 1632
teerten 3 patres ©rammatif, fie waren aber gugfeief) SBeidjtüäter unb Slatecfjeten.
Qm felben Qaßre ftarb ber feit 1630 in ©olmar bie beiben unteren klaffen
unterrießtenbe HJiagifter ©ßriftopß ©djeitenberger au§ Söangeit, ber neben feinen
Schularbeiten bie ßranfen tierpflegt unb ben erfranften Saienbrubet erfept hatte3.
(Sr würbe auf ©eheiß be§ 9Jiagiftrat§ begraben in bem ©ßor ^er großen, früher
proteftantifdjen föirdje unter 33eifein be§ 9)fagiftrat§ unb $leru§. ^Sroteftanten
ärgerten fid) barüber unb äußerten, baß fie bie Seidje halb wieber auggrabett würben.
Sdjon feßr balb fam bie üon ben fßroteftanten erfeßnte Stnberung. ©uftao §orn
naßm 97oüember 1632 bie Stabt ein, wobei proteftantifeße Bürger bie Verräter
fpielten. ®iefeI6en Verräter wollten ben Qefuiten 92afen unb Ohren abfeßneiben,
wa» aber tporn burd) eine Scßußwacße üerhinberte. ®ann oerbreiteten bie ©alüiner
genau biefelbe Qabel wie in 21ug§burg, bie Qefuiten hätten ißulocrminen in ißrer
Ä'ircße gelegt, um biefelbe bei bem erften ®otte§bienft famt ^Bürgern unb Scßweben
in bie ßuft 31t fprengen. 2)a§ ©rfeßeinen ber Qefuiten bei ber erften fßrebigt maeßte
bie Qabel ju Sdjanben. Qanuar 1633 würben bie 4 fßatrel mit eßrenoollem @e=
leitsbriefe unb einer Scßußwacße naeß ©nfigßeim entlaffen, ber 93ruber folgte einige
Sage fpäter in berfelbeit SBeife nad)4.
Unter ber üorberöfterreicßifdjen Regierung in ©nfisßeint ftanb aueß bie Stabt
91ottenburg am DJedar. Scßoit im Qaßre 1623 ßatten fieß ©rjßerjog Seopolb
unb ber ©idjftätter 23ifdjof Qoßann ©ßriftopß üon SSefterftetten bemüßt, ßier eine
DUeberlaffung ber Qefuiten ju begrünben, aber biefer Sßerfucß war wie audj ein
weiterer im Qaßre 1628 mißlungen5.
SBaren biefe Semüßungen an bem SBiberftanb be§ fRate§ gefdjeitert, fo naßm
nadj ber ©inäfeßerung ber Stabt im Qaßre 1644 ber äftagiftrat felbft bie Sadje
in bie tpanb. 21m 16. 9iooetnber 1647 wanbten fidj 23ürgermeifter unb 9?at an ben
fJSrooinjial Sor. „Tippler" mit einem bringenben Sdjreiben um Senbung einiger
Qefuiten. SSegen be§ 92iebergange§ ber Stabt im ©eiftlicßen unb SSeltlicßen infolge
be§ Krieges fei ißnen 311 fersen gegangen, „baß unferem betrübten Quftanb mit
feinem befferen 9?acßbrud al§ burd) ba§ ßeilige Qnftitut ber löblicßen Societet Iesu
unb beren tröftlidje ßocßepemplarifdje ^Srofeffion 3U begegnen". Qn ißrer innerlichen
Siebe unb 21ffeftion 3ur ©efeüfcßaft bitten fie „biefelbe ßocßfleißig, naeßbem un§ fein
größerer ©efallen fann erwiefen werben, als wenn ßoeßbefagte Societät gerußen
1 * Original ebb. vol. CXXX, f. 189. ®opie
int Arch. Yatic., Miscell. Arm. 8, vol. XC.
2)ort weitere Sitten. Unter ben ©egnern war
Äarbinal 9tid)elieu al§ „Abbas Caput et Ad¬
ministrator generalis totius ordinis Clunea-
censis“, gu bem St ißeter gehörte.
2 *Äopie im Arch. Vatic., Miscell. Arm. 8,
vol. XC.
3 Kropf II 260.
4 (Sbb. II 108 ff. — 3)ie Obern waren: fJSet.
©ottraw, 1628; Sit. Suetbart, 1629; ®onr.
Siirgi, 1630; 3oß. SEBelp, 1631.
5 Kropf I 318. *Srief be§ ©eneral§
SiteUe3d)i an Srobingial ©renging, 1.3ulil623.
0rig.=9teg. Ad Germ. sup. *Hist. coli. Rotten¬
burg. 1648—1766 in Tübingen, Uniberfität3=
bibliotbef. Sanad) 5 r. 99t ii 1 1 e r , $ie gefuiten
inSottenburg a. 9t., Seilagegunrl}iöjefan=91rcbiü
non Schwaben 1891, 29 ff. Sgl. 2. §afjler,
Sbrcmif ber Stabt Sottenburg (1819) 169 ff.
278
SSierteg Kapitel. 2>ie oberbeutfifjc fßrootng.
mürbe, bei ung einen fyup 5U fepen unb mit beren perrticpen Sepre unb Seben gu
raten unb gu Reifen". Wegen beg Krieges föitnen fie feinen Unterhalt bieten, motten
aber ißtap unb SOZaterialien für ben 23au einer bequemen Wopnung geben J. 2tm
18. SRoOember 1647 fanbte P. Qafob £pebag, bamatg Superior ber ÜRiebertaffung
in Tübingen, biefeS 23ittgefucp mit mariner 53efürmortung an ben fßrooingiat : ®ie
fRottenburger feien ber ©efettfcpaft fepr gugetan unb festen auf fie ipre einzige
Hoffnung. Qn ber Stntmort oom 26. SRoüember 1647 banfte Ä’eppter bem fRottem
bürget äRagiftrat für bag SInerbieten, bag er aber genauer überlegen müffe. 9tm
4. unb 9. SDegeniber 1647 brängte t£pebag ben ffkoüingiat gur Stnnapme. ®er
f)3rooingiat gögerte. $a fanbte Sipebag einen eingepenberen 23ericpt, batiert Tübingen
15. September 1648: SDie Stabt, bie ficf) früher felbft bem ©rgpergog Seopotb miber«
fept, münfcpe jept bringeitb bie ÜRiebertaffung unb biete einen guten fßtap, mo oor
bem 93ranbe bag geugpaug geftanben. Wenn mir Württemberg oertaffen müffen,
erhalten mir fo einen guten Ort, mopin mir unfere Sacpen bringen fönnen. gubem
ift Waffer unb Suft gut, ber Unterpaft billig. SDie ©ntfcpeibung mar nocp nicpt
gefallen, atg ber £)ergog oon Württemberg bie fRäumung oon Tübingen big Weip=
nacpten 1648 befapt. 2ttg S£pebag mit ber Slbreife gögerte, befapt ipm ber ffirooinäial
am 12. Januar 1649, bem SBeifpiel ber anbern gu folgen unb unter fßroteft ab=
gureifen. 9?un gog P. Stpebag mit nocp einem anbern $ater nacp fRottenburg, mo
er mit groper greu&e aufgenommen mürbe. 3tm 16. $uni 1649 erfolgte bie 33e»
ftätigung ber 9äebertaffung burcp C£r§per§og gerbinanb $art1 2.
Stuper $atecpefe, ißrebigt unb ß'ranfenbeptcp eröffneten bie Qefuiten, bie £>erbft
1649 nocp burcp einen britten oerftärft morben, eine fteine Scpule für ©rammatif.
$ür biefe Scpule räumte ipnen ber SRagiftrat bag fRatpaug ein unb oerlegte bie
Sipungen in ein ^ofpitat • — ein ÜBeifpiet, bag mopl faum an einem anbern Ort
ber fßrooing oorgefommen fein bürfte — , mie ber ^apregbericpt oon 1650 fagt3.
Wäprenb biefer 33ericpt bie Wicptigfeit ber ÜRieberlaffung megen ber 9cäpe oon
Tübingen unb beg gropen fßrieftermangefg in ber gangen ÜRacpbarfcpaft nacpbritcfticp
perüorpebt, mar man in fRom oon biefer Wicptigfeit nicpt überzeugt unb bacpte an
bie Stitfpebung ber Station 4. SDer fßfan, bag Itarmeliterftofter in fRottenburg für
bag gu grünbenbe Kolleg gu oermenben, patte man bort fcpon früper mit alter @nt»
fcpiebenpeit abgetepnt 5.
❖
SBeoor mir bie nocp übrigen Kollegien ber oberbeutfcpen fßrooiug oorfiipren,
müffen mir einen 23ticf merfen auf bie Skrfucpe, bie für fRiebertaffungen in Württeim
berg gemacpt mürben, infolge ber Scptacpt oon ÜRörblingeit mar Württemberg oon
ben Saiferticpen befept morben. $Bon ben miberredptticp entriffenen ®toftergütern
mürben aucp ben ^efuitett einige gugemiefen6 unb infotgebeffen fam eg gur ©rricptung
ber ülRiffiongftationen in Stuttgart, Tübingen, (Göppingen unb 33acfnang. SDiefe Orte
patte ber berüpmte miirttembergifcpe Qltrift ßprift. 33efoIb in einem ©utacpten über
bie Slugfiepten ber fatpotifepen ^Religion in Württemberg atg geeignet für bie @r>
rieptung oon Kollegien oorgefeptagen.
^n biefem ©utacpten füprt 23efotb aug: 2$on ben Beamten unb fßräbifanten,
bie ipren Unterpatt Oon ben geiftlicpen ©üterit ober ber fürfttiepen Kammer erpalteu.
1 * Original in 93t. 9t. , Jes. 2030. $ort
aud) bie folgenbett Briefe.
2 * Kopie in 93t. 9t., Jes. 2030.
3 * Litt. ann. 1650 unb * Ülnfang ber 9tefi=
beng, alSbann Collegii Rottenburg., Karlsruhe,
®. 2. 1496, f. 99
4 * 93tontmorenct) an ©raoenegg, 27. 9too.
1659. örig.=9teg. Ad Germ. sup.
6 * 95iccoiomini an ©eporrer, 20. Slug. 1650.
Original in 9Jt. 9t., Jes. 2030.
6 3?gl. baS 14. Kapitel.
Sitte unb neue Sftiebertaffungen : SBürttem&erg.
279
ift nichts ju ermarten. hingegen finb unter bem gemeinen SRann mie nicfjt meniger
unter ben fßotitif'ern, ©etetfrten ober fonft Serftänbigen nidt menige ju firtben,
bie mit ifjren fßräbifanten übet fontent unb beSmegen an ber tutf)erifd)en 9ietigion
etmaS ju smeifetn anfangen, fürnetjmtid) aber recf)t geifttid)en unb gottfetigen ®iict)ern,
fo ooit frommen ®atf)otifcf)en gcmadjt, mit $teij) nadjtradfjten unb fetbige gern tefen.
^nmafjen benit erft oor menig :Qaf)ren ju Gütungen bergteicffen geifttidie ©djrifteit aud)
unter ben Qbioten fo gemein morben, bafs bie fßräbifanten, fonbertid) Dr Xt)ummiu§ unb
Dr Ofianber, fotdje ftarf oerboten; berofjalben nid)t anberS ju fdftiefeen, bann baff
bafetbft mit tauglichen Mitteln, infonberfjeit mit untabetigen geteerten oernünftigeu
^Srebigern üermittetft ber ©nabe ©otteS nad unb nad ein großer Stufen ju fdjaffen,
aud) etmau mit ber ßeit einet non bem fiirfttidjen @efdjted)t befetjrt merben mödjte.
®ie SRittef betreffend roie fotdeS ju erlangen, fdjeinen bie aller fügtidfften ju fein,
meint in unterfdjiebtidjen unb fjieju taugticfjen Orten Collegia PP. Societatis Iesu auf»
geridjt, erbaut, aud) il)nen nicht allein bie Qugenb ju informieren, fonbern aud) öffentlich
3U prebigen geftattet mürbe. Oabei bann biefeS fonbertid) 3U ermägeit, baff in bem
£>er3ogtum Söürttembcrg bie fßartifutarfduten gar übet beftedt, aud) alte ©ttern, fo
ihre ®inber ftubieren taffen motten, mit ber $eit fetbige in bie Gymnasia ber sperren
Patres Societatis gefyen tiefen, ba bann ftetig etroa ein Störnlin ^interftettig Oerbteibt,
fo burd) ©otteS ©ebeit)en gute grud)t bringen fann. giirnemtid ift Tübingen nidt
au§ ber 2td)t 3U taffen, meit bafetbft bie Unioerfität, beren Ideologen jebergeit ber
fatfjotifden ^Religion sumiber gemefen, atfo fetbigen f)iemit gteid)fam ein Contramine
gemacht merben fönnte. @0 ift biefer Ort 3U @nb be§ SaitbeS unb tfjut aucf) an
oieter f'athotifd)en ©rafeit, sperren unb Dom Stbet ©üter gren3en, metd)e ooit nieten
fahren fjer gemünfdt, baff fie if)re ®inber megen be§ studii juris, fo bafetbft jeber
$eit ftorirt hat, bortfjin fenben tonnten, unb I)at it)nen attein ein Catholicum
exercitimn gemangelt. . . . Stud) an geeigneten ©ebiiuben für ein $otteg fet)(t eS in
Tübingen nicht. 9Ran fönnte bie fßropftei, ober rnemt biefer Ort nid)t betiebig,
ba§ fiirfttid Kollegium, fo ein gdansiSfanerftofter gemeft, hiermit gebraud)en. SBegen
ber ©infünfte fönnte man aud) biefen 9tat fchnffen, menn man ettidje ®anonifate
be§ ©tifteS Pferrenberg baf)in transferieren tfjut. . . . Söottte man bann etma ba§
grauenftofter Od)fenf)aufen, fünften ©nabengell genannt, fo and) gan3 ruiniert,
braudfen, fjätte man gar gute ©etegentfeit, meit baSfelbe ex parte 001t SBürttemberg
miber altes fRedt unb of)ne einigen ©dein einge3ogen morben unb, mie teid)ttid 31t
ermeifen, immediate bem heiligen römifd)en fReict) untermorfen, aud nidt meit üon
Tübingen abgelegen ift. 2fud) ba§ (Stift Sadnang märe ermünfd)t für ein ^efuiten»
fotteg, 3umat e§ mit ©infünfteit für fid fetber fjinreidenb botiert. SBottte man ein
fotdeS fotteg in ber ©tabt ©tuttgart erbauen, fönnte eS in ber fßropftei unb ben
umtiegenben Raufern gefd)et)en. Söottte man für bie ©infünfte ein fyrauenftofter
gebrauden, mären ©teinheim bei SRarbad ober SBeit bei ©^fingen metjr bann
taugtid). . . . SOenn aud) biefe ©otteSfjäufer fomofjt at§ Odffenffaufeit unb mefjr anbere
^rauenftöfter nad bem fßaffauer Vertrag eingesogen unb fraft ihrer ffkioitegien
ber mürttembergifden tanbeSfürfttidjen Obrigfeit nid)t untermorfen finb. SBürbe
bann Qf)re fönigtide SRajeftät bie ©tabt ©öppingen, als 31t ber f)ofjenftaufifd)en fßfanb»
fdaft gehörig, eingiehen, märe bie ermünfdte Offaffion, ein Kollegium ber Herren
PP. Societatis Iesu bafetbft ansuridten, fonbertid) megen be§ ©auerbronnen, baf)in
jährtid ßadotifde fommen. Käufer mären bafür genug 31t befommen. . . .
Qnfonbert)eit aber t)aben bie pferreit PP. bafjiit 3U fef)en, baff menn ihnen ©üter
ober Örter in bem Sanbe Söürttemberg eingeräumt, fotd)e oon attersfjer unmittelbar
ober anjepo a jurisdictione territoriali Wirtembergica ejimiert merben, beim
fünften, mo nit anjefm, ober in ben erften Qafjren, jebod) mit ber $eit eS über bie
280
SßierteS ffapitcl. 35ie oberbeutfcfje fßrobinj.
maßen großen Streit unb Ungelegenheiten abgeben würbe. (Sg wäre rötlich, für
biefe Kollegien unb @üter quoad temporalia einen mächtigen Sßroteftor wie Seine
föniglidje SKajeftät 31t gewinnen. Ser 2Mmächtige wolle gu allem, fo ju feiner (Sfjre
bient, feinen milbreicljen Segen geben1.
gur (Srricfjtung oon Kollegien fam eg nic^t, fonbern nur jn Sftiffiongftationen,
unb auch auf biefen war bie feelforgliche Sätigfeit fefjr gehemmt burch ben ®ampf
um bie Sicherung ber (Sinfünfte, burch bie IXnfic^erfjeit ber Sage unb bie große 216=
neigung ber (Sinmohner.
2lm 19. 2Ipril 1635 gab $erfrmaub HI. ben 23efeßl, bie Qefuiten in 23acfnang
unb Stuttgart einjufüfyren. Ser fßrooiitjial SDZunbbrot beauftragte am 24. $uni
1635 bie patres ©eorg fHau, $afpar §elin, Submig SU3 unb Söolfgang Slftänbl, nacf)
SBürttemberg ju reifen unb bie @üter gu übernehmen. 21m 31. ^uli 1635 erfolgte
ber (Sinsug beg P. üülänbl in 23acfnang2. P. SDMnbl, ein fluger unb eifriger ÜDiann,
fucfjte nor allem bie nerfaHene Sßohnung noieber^erguric^ten unb bie für bie 23 e«
ßauptung ber Vedfjte notmenbigen Sofumente 3U fammeln. Hftitten in biefen 21rbeiten
mürbe er halb non ber Sßeft ergriffen unb meggerafft3 4. 21n feine Stelle traten in
23aclnang P. 23altljafar Ipeuffler unb P. SD^icfjaet SBeibenfjiller nebft einem 23ruber.
Sie Vücffeßr beg ^ersogg (SberEjarb non üBiirttemberg (Oftober 1638) üerfcfjlimmerte
bie fcfjon an unb für ficf) fcßwierige Sage noch mehr. Obgleich ber £>er3og fich halle
nerpflichten müffen, ben fatßolifchen 33efi^ unb beffen Siechte in feiner Söeife 31t be¬
helligen unb 31t fcßäbigen, folgte eine Vecf)tgfränfung ber anbern1. 2(ucl) ein Schuß-
brief ^erbinanbg III. bom 7. SJfai 1639 fonnte biefen Ouälereien fein (Snbe bereiten5.
SSenn ber ^Bericht beg P. @regor ßimmermann nom 6. Quni 1640 über bie gälfcfjung
eineg faiferlichen Sefreteg burch P. ^peufffer 6 richtig ift, fo hat [ich berfelbe eineg ebenfo
häßlichen mie törichten SJlittelg bebient, um nach feiner oorübergehenben flucht infolge
ber (Sinnahme Stuttgartg burch bie Schweben wieber halb in ben 23efiß feiner
früheren Stellung 3U gelangen. Sie unhaltbare Sage oeranlafjte ^euffler, Frühjahr
1639 aug 23acfnang absusiefjen. Seine Vacfjfolger miffen nur non Srangfalen unb
Verfolgungen 3U er3ählen7. P. Qof. (Sglin bemerft in feinem 23ericht nom 6. September
1640, er möchte lieber unter Sürfen unb Reiben fein 231ut oergießen, alg in
23acfnang in ber Sorge für bie seitlichen Singe fo nie! (Slenb erbnlben8. (Sine
3eitlang hielt einer ber fßatreg regelmäßigen ©ottegbienft in SSinnenben unb Scf)orn=
borf für bie oerfprengten ^atßolifen unb Solbaten, fo befonberg 1644 unb 1645.
Vicht weniger Srangfale hatten bie ^efuiten in Stuttgart 3U bulben. 21m
22. Februar 1638 berichtete ber Statthalter @raf 3U Sulß an ben SÜaifer, er habe
ben 23efehl, batiert ißreßburg 9. unb 21. gebruar 1638, wegen beg Schußeg ber
^efuiten unb ber Veftitution beg ^ersogg erhalten: „(Sg haben aber mehrbefagte
Sßatreg 3U Manutention ihrer Possession beöorab 3U Stuttgart iit SSahrfjeit eine
ftarf'e Protection f)ocf)öonnöthen • • •, inbem felbige mit eifrigem Sehren unb fßrebigen
bag Suthertf)um anberg, alg oon ben ißräbifanten anhero befchehen, an bag Saglicf)t
1 * Conc. ohne ®atunt in Stuttgart, Staatg¬
arebio K 49 F 3B B 52. Sßgl. §. ©unter,
$ag fReftitution§cbif't oon 1629 unb bie fatbo-
lifcfte SReftauration Slltmirtembergg (1901) 284.
2 $ie 3mmiffion5urfunbe für SBadnang oont
31 . TXxiIi 1 635 in Stuttgart, Staatlarcpio K 49
F 38 B 50“. SSgl. ©ünter a. a. 0. 279.
3 Kropf V 299 f.
4 $ie feierliche gufage ©berbarbg unb ber
Sanbfcßaft Oom 18. £1300. 24. Olt., bie fRcfti-
tution§beftimmuugen nach SRafjgabe ber faifer-
liehen fRefolution oom 9. $ej. 1636 erfüllen jn
motten, mürbe gebrochen, ©ünter a. a. 0.
308 f.
5 Ser Scfjupbrief, ©inblattbrucf mit nota¬
rieller ^Beglaubigung, in 9R. 5R., Jes. 2039.
6 Stuttgart, Staatgarcbio a. a. 0. B 51.
7 ©regor gimnterntann über bie Srangfale
in 93acfnang, 30. 9lpril 1639. * Original ebb.
8 * Original ebb. 3?gl. ©ünter a.a. 0.281.
9llte unb neue ffticberlaffungen: 33acfnang. — Stuttgart.
281
[teilen unb fjierburdj rtid)t allein ben ^räbifanten, fonbern aud) ben gemeinen äftaitn
(alg melier aug gehabter jebermeiliger Hoffnung feines reftituierenben lut^erifcfieit
■fper^ogg in [einem ^rrtfjum nodj meljrerteilg beharret) gleidjfam in ben Slugapfel
griffen unb berentmegen au[ bag äufferfte angefeinbet merben, baff bannenfjero ju
beforgen, eg möchten iljnen unter ber lutfjerifcbjen Regierung nidjt allein bie ©efäll
fdjlecfjtlid) augge[olgt unb etma megen ber ben Stiftern burdj bie lutljerifdjen §erjoge . . .
affignierter Sefolbungen unb Seibgebing arreffiert unb innebefjalten, fonbern aud) burdj
bie Sutljerifdje miber [ie ergrimmte unb angefjetjte gufjörer mefjrfältige Slffronten
unb Ungelegenljeiten juge^ogen merben, mofern felbige üon ©m. $aif. ÜDlaj. mit bero
atlergnebigftem SdjufJ nidjt moljl berforgt merben." 1
Scfjon in ber erften $eit ffarb in Stuttgart P. ©ufebiug Sleeb. SJian entfernte
in ber ben Qefuiten iibermiefenen Stiftgfirdje aug bem ©rabe beg 1570 beworbenen
$ol). Srenj bie ©ebeine unb legte ben 3efu^en fffnein (24. SJiai 1637) 2. üßenn
and) bon einer „©rabfdjänbung" nidjt bie Siebe fein fann3, fo mar biefeg Sorgeljen
in jebem gaü fefjr unflug. 2)ie Sefdjmerbefcfjrift beg proteftantifefjen Slonfiftoriumg
bom 25. gebruar 1639 an ben §erjog flagt über bie ma^rfc^einlicE) bamit jufammen»
Ijängenbe .Qerftörung unb Söefc^äbigung bon ©pitaplffen unb Silbern in ber Stiftg»
firefje burdj bie Qefuiten. „SJlan mirb an bie £at alg folcfje//, fo urteilt ber neuefte
^piftorifer biefer ©pifobe, „nidjt ben ftrengften SJlaffftab bon Ijeute anlegen motlen,
gleidjmoljl mar fie grunbüerfefjlt. ®ie Serlefjung beg fpietätggefüfjlg fdjlägt tiefere
SBunben alg perfönlidje Seleibigungen."4 SDurd) faiferlicfje Serorbnung bom 3. Sluguft
1638 mußten fiel) bie 3efu^en tote in Sadnang, fo aucl) in Stuttgart mit ben
f^roteftanten mieber in bie Stiftgfircfje teilen 5. Srotj beg faiferlidjen Sdjutjbriefeg
erlitten bie f^fatten in Stuttgart Sefdjimpfungen unb ©emalttaten aller Slrt: halb
mürben ifjnen gurren §olj mit ©emalt meggenommen, halb bie Heller erbrodjen
unb über 200 ©imer Söein geraubt, halb allerlei Sefdjimpfungen gugefügt6. $ag
Schlimme bei ber Situation mar, bafj bie ben ^efuiten gugemiefenen ^irdjengüter mit
ben ©efjiiltern für ein fjalbeg §unbert ißräbifanten unb fßräjeptoren belüftet maren, bie
aucl) bon ben 3efuiten toeiter bejaljlt merben mußten. ®a aber bie aug ßefjnten,
©ülten, ©rbleljen ufm. beftefjenben ©infiinfte infolge beg Krieges bielfadj nidjt ein»
gingen, fonnten bie ^efuiten bie ©e^älter nidjt jaljlen, unb fo fielen alle Klagen auf
bie bie felbft in großer Slot maren7.
3n ben ^afjregbericfjten ^ei^t eg bei Stuttgart im 3a^)re 1644: unfere patres
Ijatten genug ju tun, bie Station ju behaupten; 1645 mirb gellagt, mitten unter
ben ^äretifern müfjten ficf) jmei Sriefter ab, aber ber Slrbeit entfprad) megen ber
^artnädigfeit faft feine gruefjt. ®er Seridjt bon 1646 meint, auf biefem Slder
ift unfere Saat nidjt fo fefjr fjanbeln alg leiben. Qmmerljin merben einige $on=
berfionen unb aud) einige Wn‘3erl Seiften ermäfjnt; befonberg gaben bie bon augmärtg
fommenben ^atljolifen unb bie Sefatjung in ^»o^enafperg mannigfaltige Slrbeit. ®er
1 * Original ebb. K 49 F 33 B 50 a.
2 Kropf II 301.
3 25gl. SSIätter für Württemberg. Äirdjem
gefcf)icf)te 1898, 44, unb bagegen ©ünter a. a. 0.
293 1. 4 ©ünter a. a. 0. 293.
5 Sattler, ©efet). be§ ^erjogtumg SBürttem»
berg VII, Beilage 9?r 58.
c 5Sgt. bie ^ Originalbriefe non Sdjerer,
14. fjfebr. 1639, 2)urr, 13. 9Jtai 1639 unb bie
2)enffcf)riften in 9Jt. 9t., Jes. 2039. P. (Seb.
Sdierer febreibt aug Stuttgart, 12. Ülpril 1639:
Spero redemptionem ex hoc tarn importuno
et acerbo purgatorio, ubi perpetua vitae peri-
cula, minae quotidianae, atroces vultus, pro-
bibitiones ne nos invisent cives, arrestationes
rerum nostrarum, ludibria, consiliariorum auli-
corum machinationes sinistrae, observationes
omnium passuum, cavillationes e eathedris,
pasquillae et sexcenta alia nos miserrimos et
fame fere enectos agitant. Original ebb.
7 Sßgl. P. 9iaro, ©öppiugen, 29. $ej. 1637.
* Original ebb. $ie ©üter liegen faft alle öbe,
bie ©ültleute ufro. finb metjrenteibS Berborben,
Bcrtoffen, geftorben ufro.
282
SBiertee! Kapitel. $ie obcrbeutirfje fprobinj.
SIngabe oon 830 Kommunionen unb KonOerfionett im ^afjre 1(347 mirb Beigefügt :
bie 3opl ber Konoerüten märe größer, menn bie proteftantifcfjen dürften ^*e
napme ber fatpotifdjen Religion nidjt »erboten pätten.
3n ©öppingen tonnte man burcpgepenbg nur ben öerfprengten Katpotifen unb
ben ©otbaten in ben Söinterquartieren Reifen. 3n jmei Xörfern, bie unter fatfjolifcfjen
Herren (tauben, aber beg ißfarrerg entbeprten, beforgte einer ber beiben $atreg ben
©ottegbienft. Xie 93ericf)te oon 1(344 ermähnen 800 Seiften unb 9 Konoerfionen.
2ttg 1(344 ber tutperifcpe Pfarrer in ©öppingen geftorben, tiep bie ©rjperjogin
Ktaubia oon Xirot bie Stugübung beg proteftantifcpen ©ottegbienfteg oerbieten1.
Xer SBiberftanb ber Bürger mürbe jtoar burd) ©inlegmtg oon ©olbaten gebroden,
aber megen ber mecpfetnben Krieggereigniffe feine größere grucpt erhielt. Xie tepten
3apre patten bie beiben Qefuiten nocp oiete ^Betätigungen unb felbft Xobegbropungen
burdj bie fd)mebi(cpen ©otbaten unb bie proteftantifdjen ©inmopner ju erbutben.
Qm Xe^ember 1(349 fam ©öppingen mieber an Söürttemberg.
Stucp bie Xätigfeit in X üb in gen, auf bie befonberg Samormaini (o grope ^»Öff¬
nungen gefept patte, jeitigte feine bauernben ffüidjte, obgteicp man fepr rüdficptgootl
»oranging. „Sufag Dfianber mürbe batb nacp (einer Sßerbrängung aug ber (ßropftei
(9)Zai 163(3) in ber (cpmerften 3eit beg Xübinger Unbanfg oon ben ^efuiten in bie
süropftei in ber üüfünjgaffe mieber aufgenommen unb and) nacp ber 3nfta£tation beg
P. £uj im Januar 1637 barin belaffen. " 2 P. Xpebag fcprieb aug Xübingen
am 9. Xejember 1(347, bap oon ipnen niemanb getauft unb niemanb begraben merbe3.
Xer SSeftfätifcpe Triebe fepte ber faft fünfjepnjäprigen Xätigfeit in SBürttemberg
ein 3iet. Unter (icperem ©eteit mürben bie ißatreg oon Stuttgart, ©öppingen unb
Vacfnang mit iprer bemegtidjen £>abe burcp SBürttemberg gefüprt unb langten mopt»
bepatten in Xitlingen an4.
©iptueij.
3n ber ©djmeij festen bie ^efuiten ipre früperen Arbeiten fort unb bepnten
biefelben nocp meiter aug. Über ipre Xätigfeit berietet ber ©cproeger üftuntiug
Sabigtaug b’üquino, Vifcpof oon Venafro, im 3aPre 1613 bem ^eiligen ©tupt:
„Xie ^efuiten paben grope, anfepntidje Kollegien in Konftang, Sujern, greiburg unb
ißruntrut. Sie oerbinben 3u9en*3er3ie^un9/ ißrebigt, 23eid)t ufm., Vermattung ber
©aframente mit einem ejemptarifcpen Sebengmanbet. 3^) fa9e meiter nicptg, atg bap
(ie bagfelbe tun mie in 3tcdien unb fonft überall, unb bap (ie mirffidj bie ftärffte
©tüpe (inb, metcpe bag arme Xeutfdjtanb nod) aufredjt pätt, bag opne ipre un*
abtäffige ©orgfatt nicpt auf bem fünfte (tänbe, mo eg jept ftept."5 3n einem
©cpreiben oom 17. Sluguft 1624 an bie fatpotifcpen Kantone be^eidjnete Urban VIII.
bie 3efudenfottegien atg ißftanücputen ber djrifttidjen SBeigpeit unb Vottmerfe beg
fatpotifcpen ©taubeng 3.
©g entftanben neue Üciebertaffungen in SBattig unb in ©ototpurn. ©in Verfucp
in ©pur (djeiterte an ber 3nt°leran3 ber ißroteftanten. 2tudj bie (o peip erfepnte
Diiebertaffung in Vaben fam nidjt ju (tanbe7.
Xer grope beutfcpe Krieg beriiprte bie ©cpmeijer 3efuitenfottegien mit Stugnapme
oon ißruntrut nur infomeit, atg oiete 3efmten unb bereu ©djiiter nacp ber ©cpmeij
1 Nostris anniteutibus, faßt ber 93erid)t bom
3at)re 1644. Über bie Stnfprücbe ber 6ra=
persogin bßt. (Sattler a. a. 0. VII 179 219 f.
2 © ü it t e r a. a. 0. 284. 3)er in ber Sircbe
Orüßelnbe „SOtefibricftcr, ein gefuite", läßt fid)
nicpt erroeifen.
3 * Orißinat in 9Dt. 3t., Jes. 2030.
4 * Litt. ann. 1649. S8ßl. ©unter a. a. 0.
333 ff.
6 ©Treiber, STafcpenbucp IV (1844) 93 f.
Slßt. Sita per, fionjitboit Orient II (1903) 300 ff.
6 Poggiani Epistolae II 171, n. 22.
7 * Otißinalbriefe au3 bem gapre 1648 über
biefe 33eftrcbnngen in 9Jt. 91., Jes. 88.
Sitte uub neue illiebertaffungen : Sujern.
283
flüchteten unb bort gaftlidje Slufnafjme fattben. Ser £ampf ber fjaböburgtfc^en uitb
frangöfifdjen fßolitif, ber in biefer ißeriobe in ber Sdjmeig gumetlen recht ^eftig tobte,
hatte für bie ^efuiten fetjr unangenehme 23egletterfd)etnungen, inbem bie grangofeit
bie faiferltcfj gefinnten Qefniten be§ 2$errate§ berichtigten unb bie bcutfchen $efuiten
burdf) frangöfifcfje $efuiten erfe^en modten. Sie§ gelang ihnen geitmeilig in ißruntrut,
in greiburg hingegen fcheiterte ber sßlan1.
Sag grojfe 2öof)ImoIIen, tt>elc^e§ ber 9iat unb bie Bürger non Sujertt beit
Qefuiten tion ihrem crften ©rfdheinen an entgegenbrachten2, bemährte fich auch in
biefer gmeiten ißeriobe unb bemirfte eine bebeutenbe ©rmeiterung ber Seljranftalt.
kleinere ßmifdjenfäHe, bei benen ber 9?at feine unb ber Stabt ^ntereffen mahrnehmen
gu müffen glaubte, tiermochten biefen ©ang nicht gu hemmen, bienten in ber fReget
nur bagu, bie ftrittigen fragen gu ftären, unb ergeugten neues ©ntgegenfommen unb
neue g-örberuug ber Sätigfeit ber Qefuiten. ©benfomenig fonnten geitmeilige 9In=
feinbungen unb Sßerleumbungen ber Qefuiten tion feiten einreiner bem Söirfen
ber patres in Schule unb Seelforge ©intrag tun3. Sie baulichen ©rmeiterungen
roaren in biefern Zeitraum unbebeutenb unb befchränften fich hauPtfäc^Itd^ auf ben
Slnfauf einiger bem Kolleg benachbarter Käufer, bie bann gmedentfpredjenb eingerichtet
brm. umgebaut mürben4. Sie ©rmeiterung ber SBoIjnung mar geforbert burdj bie
langfame ßunaljme be§ für Schulen unb Seelforge notmenbigen ^erfonalg. Sie
im StiftungSbrief feftgefetjte 3^ Don 20 ^efuiten, meldje fdjon 1580 hätte tior»
hanben fein f ollen, mürbe lange nidjt erreicht. S3iS rum Saljre 1617 fdjtoanfte bie
3ab)I ftetg ^tüifdfjen 18 unb 22; 1621 maren eg 24, fpäter mar bie regelmäßige
3af)I 25 — 28 5. Unermarteten, tiorübergehenben 3ultmch3 bradjten bie breifeiger
^ahre. 2öie in Sirol, fo fuchtelt manche ber tion ber ßrieggfurie tiertriebenen Orbeng*
brüber and) in ber Sdjtneig ein Slfpl. Schon 1626 langten 26 in Sugern an.
üftoch mehr braute ber September beS folgenben ^aljreS, f^reiburg im SBreiggau
ben geinben in bie §änbe fiel. 2Iuf bem Söege mürben bie aus bem ßolleg ge»
flohenen ^efuiten tion ben Solbaten auggeplünbert unb langten nur bürftig gefleibet
in Sugern an. Sie 3flfd ^et 3efui*en überftieg nun bafelbft 80. 2(uch im folgenben
Qafjre hielten fidj burchfdjnittlid) 40 Qefuiten in Sugern auf, eine 3ahC bk erft
mählich mieber abnahm, ©erabe bei biefer ©elegenheit geigte fidj bie Zuneigung ber 23e»
tiölferung Sugerng gu ben ^efuiten. Sie ©efchichte beg ßodegg beridjtet, baß g-reunbe
miteinanber metteiferten, tierbannte ^efuiten in ihre SBohnungen gaftlich aufguuehmen,
ba ihnen befannt mar, bah engen Siäume beg ßollegg nicht alle faffen fonnten 6.
1 Di Pfefficon da monsig. nuntio a’ Sviz-
zeri li 26 Settembre 1641: Circa a quello
cbe dice il Generale de Giesuiti che il re di
Francia non fa caso d’ kaver ne suoi stati
soggetti di Germania, io non ho parlato de
suoi stati, ma della Yallesia, et Helvetia;
della Yallesia furono cacciati per opera de
francesi un’ altra volta, et liora 1’ ambascia-
tore di Francia tratta con il cantone di Fri-
burgo che caccino i Giesuiti di Germania,
et ricevino francesi; in Brontruto, cittä del
vescovo di Basilea , sono francesi , et in
Friburgo di Brisgovia il governatore di
Brisach non permette Giesuiti dell’ imperio.
Arcli. d. Propag. , Lettere de’ Svizzeri 1641,
LXXXIV, f. 99.
2 93b I, @. 211 ff 621 ff.
3 Über eine Stlagefdjrift gegen bie ^efuiten
ou§ bem 3abre 1610 unb bie Slntiuort be§
©tabtfcbreiberä fRentu. ßpfat f. g-leifdjtin,
2lu§ ben Slnnalen be§ ©pmnafiumd gu Sujern,
SRonatSrofen XXVI 310 ff. Sem 3mift stuifd)en
bem ©diultfjeiben 9lmrf)t)n unb ben Sefuiten
fcpeinen unbegrünbeter ftlatfdj unb unfluge
Slufjerungen be§ 9teftor3 Gpfat befonbcr§ über
bie Serljaftung feinet SruberS ju ©runbe ju
liegen. Ser 91untiu§ erflärte bie Sefuiten für
unfdjulbig. Sgl. Sepefdje Dom 26. Jyan. 1627.
Original in Arch. Vatic., Nuntiatura di Sviz-
zera vol. XV. Ser Sieftor ßpfat mürbe und)
Spanien gefcpidt. 93arberini an ben SluntiuS,
20. gebr. 1627; ebb.
4 *Hist. coli. Lucernae I 1610. ©tabtard)iO
Sujern. Sgl. über biefe Stüufe unb Sauten
gleifdjlin in SlouatSrofcn XXVIII 13 ff.
5 *Hist. coli. Luc. I bei ben betr. 8abren.
6 * Compend. hist. coli. Lucern. ad anu. 1633.
Sgl. g-leifd)liu a. a. 0. XXVI 437 f.
284
25icrtcS Kapitel. $ie oberbeutfefje Sßrobhtä.
DJJit ben ßriegiereigniffen in ®eutfd)tanb f)ing aud) ^unt Seit bie Sßerme^rung
ber Spulen be§ £'otteg§ in Supern gufantmen. ®en flietjenben Qefuiten folgten
manche ©d^üler beutfdjer Kollegien in bie ©chmei^ nad), um bafelbft ihre ©tubien
fortjufefjen. Qum Qat)re 1635 mad)t barum ber SSerfaffer ber ^oHegggefcfjicfite bie
töemerfung : S)er unheitbotte Stern, ber infolge ber IjSeft unb beg Krieges über ben
beutfdjen ©pmnafien mattete, braute bem unfrigen nicht unerheblichen 3umad)§.
Unter ben 1633 nach Sujern geflohenen Qefuiten befanben fief) auch ad)t ©chotaftifer.
®a biefe bafelbft ihre ©tubien in ißh^°f°P^e unb ÜDfathematit fortfefjten, geftattete
man auch 31 au^märtigen ©chütern ben ßutritt ju ben SSortefungen1.
Qn ben Qaf)ren 16-11 bi§
1646 traten SSortefungen für
fö'ontroüerfe, ißfjitofophie unb
Rheologie f)inSu/ fe!6ft bie Er»
hebuitg ju einer eigentlichen Uni»
oerfität mürbe geplant2, ©päter
(1647) mottten bie Qefuiten einige
©djuten aufgeben unb mieber
auf bie bei ber ©tiftuug be§
®otteg§ getroffenen SSereinbarun»
gen jurüdfommen, ba megen ber
„fchmeren unb teuren gdüm"
bie Einfünfte für ben Unterhalt
ber notmenbigen 25 ißerfonen
nicht auSreidjten. Stber bie fHe*
gierung mar bagegen3. Qm
Qafjre 1650 umfaßte bie Sehr»
anftatt ba§ ©pmnafium mit 6
klaffen, bie ^tjitofophie in 3 ®ur»
fen unb bie ^he°l°3ie/ in l*er
2 fßatreS SDogmatif, 1 bie äfto*
rat, 1 Zeitige Schrift unb ®on»
trooerfe lehrten 4. ®ie ©djüter»
§aht, bie 1595 200 um raenig
Übertritten hQtte/ flieg nur
tangfam. 1628 §äl)tte man 260
©djüter. Qnfotge be§ Krieges
ftieg (1635) bie 3af)t auf 354
unb 1644 nad) Einführung ber
neuen ßurfe auf 364. 9Son ben 380 ©chütern im Qal)re 1647 ftubierten 50 $f)ito»
fophie, 10 SDogrna unb 36 SJiorat5.
1 * Compend. liist. coli. Lucern. ad ann. 1633.
Sgl. gleifcplin a. a. D. XXVI 439.
2 $a§ 91äf)ere im 8. Kapitel.
3 $ie ^Regierung mad)te am 23. 9Rai 1647
ben Sorfrf)Iag, ben SRuntiuS nnb ben 93ifd)of
tjoit Konftanj um bie SemiHigung anjugeljen,
Don ben iJSfrünben Don SBüren (S3üron ?), Eid)
unb anbern auf fed)§ 3abre, „falls injtoifchen
feiue beffere unb moRlfeilere Seit einfiele", eine
bestimmte jährliche Summe für bie Qefuiten
üermenben ju biirfen. * Kopie in Suäern,
StaatSardiiD, ErsiehungStoefen.
4 * Litt. ann. 1650. Som ©pmnafium mar
1624 ein KurS auf 21ntrag ber Sefuiten Dont 9!at
einem auSmärtigen 2ef)rer übertragen morbett,
ber in ben ülnfangsgrünben beS SateinS unb im
Schreiben unterrichtete. *Hist. coli. Lucern.
I 148. * Compend. hist. coli. Lucern.
5 * Hist. coli. Lucern. I bei ben betreffenben
fahren. Sn einer Tabelle Dom 6. 9Rai 1649
©urmnntifchcr Qitnhalt
erfraget)!'"
fcem fxiltgm Ofwal&oÄfjöntg m
^ StigdlanP Prffcn Schm mit) ©rfchichtttt
AA flu ß Venerab. BedaCaefar Baronius,
t»nb Laur. Surius befcfjrttxn.
©ef)a(tM
Qtl bCtttGymnafio Der SocietetlESV,
itiSuccrntm 0cbmept?frtanD/bM
paA O&ob. Anno ChrilL 1 6 2 1.
Sös
bi
(Bcfrucft su^n? / Scp Öar6aretj/ S
fcr • J a . n _ T\ 4 T'v r* V V 1 ft
Anno Dom. M DC XXI.
2>ie Sujerner Komöbie Dom ht. CSmnlb 1621. (2/3)
Alte unb neue SRieberlaffungen : Supern.
285
Sieben ben ©cf)ufen entmicfeften bie patres eine fegenSüoffe dütigfeit in ber
©eefforge innerhalb unb auftertjalb ber (Stabt. Qn ber ©tabt oerfi'tnbigten fie ftänbig
baS SBort ©otteS in ber eigenen Kirdje, in ber ©djufaufa unb in ber (poffird)e;
auherbem prebigte man öielfad; in ^rauenflöftern unb bei ben AuSfäf}igen* 1. $u
ber bereits feit elf fahren in ber eigenen Kirdje gehaltenen ^3rebigt gab ber 9rat
1608 eigens bie Grmädjtigung nnb fteäte fie gegen Ginfpradje für bie ßufunft fidler2.
93or 1605 pflegten bie Qefuiten in ber §offircf)e ©t Seobegar nur bie gefttagS»
prebigten ju haften; non biefem Qah« an fam audj bie gemöhntidje ©onntagSprebigt
baju3. 3af)re 16^2 mitb berichtet, bah ttmhrenb beS AboentS unb ber gaftenjeit
breimat in ber SBodje geprebigt mürbe, ©tänbige Katedjefen hielt man au ^mei Orten 4.
®ie Katedjefe hatte befonberS neuen Auffcf)mung genommen, als im $|ahre 1608 ber
neue fReftor beS KoffegS, P. Sartf)ofomäuS ©tütflin, bei feinem Amtsantritt biefelbe
ju haften begann. ®er 9fat förberte fie bann burd) einen ©rlafi, ber bie Gütern,
mefche ihre Kinber gur geit ber ^atedfjefe auf ben ©affen herumfdjmeifen liehen, mit
©träfe bebrof)te5.
S'teue görberung erfuhr bie ©eelforge baburch, bah 1605 ber ^ropft ber §of«
firdje @t Seobegar, ©abrief £eo (Seu), eine ©umnie üon 4000 ©ufben ftiftete, auS
beren ßinfen ein eigener „OperariuS" unterhalten merben foffte, ber befonberS in
ben 23iirgerhäufern bie Traufen ju oerfehen hatte6. äRit ben Sefudjen ber Traufen
mar aber auherbem noch ein jraeiter fßater betraut. Qn feinen jehn fepteit SebeuS»
fahren ermarb fich P. ^etruS ©ottram, ber oieffährige Seidjtoater ber Nuntien, be=
fonbere SSerbienfte um bie Traufen. Son einer meit auSgreifenben Aöirffamfeit ber
Qefuiten jeugen auch bie unter ihrer Seitung ftehenben fünf Kongregationen. ®ie
1605 errichtete Sürgerfongregation allein jäfjfte 1649 650 SfJiitglieber 7. Auherbem
erbat fich eine fcfjon 1615 errichtete grauenfongregation Sorträge oon ben patres beS
KoffegS8. AfS ein erfreulicher Grfofg ber Xätigfeit in ber ©eefforge fann bie ftete
Steigerung beS ©afrantentenempfangeS angefehen merben. ®ie 3ahf ber Kommunionen
ftieg oon 15836 im 3ahre 1603 auf 43000 im 3ahre 1620. ©pater fdjmanfte
fie meift jmifdjen 35000 unb 40 000.
Sei ben oerfdfiebenen ©dfidfafsfdjfägen, bie über bie ©tabt hereinbrachen, er=
miefen fich bie Qefuiten als treue greunbe in ber 9iot. ^m 3ahre 1611 mütete
mehrere SJtonate fang bie ^ßeft in Sujern, raffte manche ©tabtbemohner meg; üon
ben ^efaiten erfag feiner, miemohf fie affe Kranfen ohne ilnterfchieb befudften unb
feinem ihre ®ienfte üermeigerten; ebenfo bot ben patres bie 1616 in ber ©tabt
fd)feicf)enbe ©eudje reichlich ©efegenheit, ihre 9iädjftenfiebe 31t betätigen9.
Werben 475 angegeben. Jabon befudjten 304
baS ©bmnafium unb 171 bie höheren Surfe:
SRhetorif 35, Humanität 48, obere ©rammatif
61, mittlere ©rammatif 45, oberer SurS ber
unteren ©rammatif 45, nieberer SurS ber
unteren ©rammatif 70. ©cholaftifcfje Rheologie
(in jWei Surfen) 15, SOioral 37, Sontroüerfe 38,
ffShÜofophie irr brei Surfen 22, 23, 36. 20t.
SR., Jes. 570. Jie * Litt. ann. 1649 phlen
für baS ©bmnafium 285 unb bie höheren ©tu*
bien 77 ©tubenten.
1 *Compend. hist. coli, ad ann. 1616.
2 Flott o 370. 3 *Hist. coli. Lucern.
1605. Archio ber gamilie ©egeffer.
4 * Compend. hist. coli. Lucern. 1611 u. 1634.
5 F 1 o 1 1 o 370.
0 gleifchlin a. a. 0. XXVI 311 f. SSgf.
©ege ff er, SRechtSgefchichte IV 5742.
7 * Litt. ann. 1649. gm 3al)re 1649 wählte
bie größere lat. Songregation 250 ©obaten,
unter benen 1642 wenigftenS 150 SJkiefter loaren;
ein grober Jeil beftanb aus Auswärtigen ; biefe
fcfjicften regelmäbig ihre gormel ein. ®on ber
fleineren lateinifchen tourbe 1648 bie Angelica
abgetrennt, bie 1649 über 100 SRitglieber jählte.
J)ie Aiitglieber ber ©tubentenfongregationen
gingen burcbfchnittlich alle 14 Jage pr heiligen
Sommunion. Jie SSürgerfongregation hatte
bis 1605 alle 14 Jage, oon ba alle 8 Jage
23erfammluug ; feit 1626 beftanb eine Songre*
gation für unoerheiratete $anbwerfer, bie nach
jehn Sehren faft fo ftarf mar wie bie 33ürger>
fongregation.
8 *Litt. ann. 1634 *Comp. hist. coli.
1615.
9 *Hist. coli. Lucern. I 131 f.
SßierteS ßabitel. Sie oberbeutfdje ^robinj.
28(3
Über ben retigiöfen ©inn ber SeDötferung fd)rieb P. ®afp. 9tfjet) au§ fiugern am
14. ©eptember 1614 an P. Staber: Sa§ Sotf ift mirfticf) fromm, faft bie gange ©tabt
fommt tägtid) in unfere Steffen, fefjr öiele empfangen mödjenttid) bie ^eiligen ©afra*
mente, bie ißrebigten merben fefjr eifrig befncfjt unb gehört, ^d) prebige in ber
Sotfgfpradje unb fudje Dom §ergen gum £>ergen gu reben. ^n ber §errenfongregation,
bie idj leite, finb über 200, barunter bie oornefpnften ÜRagiftratgperfonen unb fef)r
oietc Sßriefter1.
Sludj über bie ©tabt hinauf tonnten bie patres oietfad) ihre Sätigfeit au§»
befjnen. Qn einem benachbarten Sorfe gelang e§ 1604 ihrem (Sifer, bie Unfitte,
bei Saufen fid) finntoS gu betrinfen, auggurotten 2. Seicht fetten nahm man ihre
£>itfe in Untertoalben in Slnfprud)3. Sietfadj pflegten aud) bie Senebiftiner Don
©infiebetn ben einen unb anbern Sßater gur 2tu§t)itfe im Seichtftufjt herüeiäurnfen ;
befonberS gefdjah bie§ im ©eptember, menn gum ^efte ber ©ngetmeihe gaf)[reicf)e
ipitger fjerbeiftröntten 4. Sei ben grofjen Slnftrengungen im Seid)tftuf)t bafetbft hotte
fid) P. ÜDJetcf)ior ©djmenf eine fchtoere Trautheit unb am 25. Oftober 1631 ben Sob.
©r mürbe in ber ©ruft ber Senebiftiner beigefetjt5. 1621 prebigten gmei ^atre§
in etma 60 gteden unb Sörfern. $m Januar biefe§ nämlichen Qaf)re§ begleiteten
gmei patres bie ©dfmeigertruppen nach ©raubünbeit6. ^m 3a^re oorher Ratten
gmei ^atre§ in ber gaftengeit innerhalb Dier 2öocf)en 127 prebigten in ©arganS
gehalten 7. 1622 beftagte fich ber Runtiug Don fiugern beim ®arbinat ©taatsfefretär
fiubooifi, baff er bie beiben 5ßatre§, metd)e bie Doraufgehenben $af)re in ©raubünbeit
tätig gemefen, roegen ihrer Sermenbuitg in ben $otfeg§fcf)uten noch nid)t mieber
borttjin ha&e fenben fönnen. ©r münfdjte burd) ben ©inffuf) be§ Ä'arbinat§ beim
©enerat ber ©efetlfcfjaft gu ermirfen, baff biefer ben Reftor be§ $otteg§ beauftrage,
bie beiben für bie neue SRiffion frei gu machen8. 2(ud) in ©taru§, mo 3mingti
Dor feinem Stbfatt Pfarrer gemefen, hatte 1604 ein ißater längere ,3eit erfolgreich ge»
arbeitet; ber Hftaqiftrat Don ©taru§ banfte nachher bem RuntiuS für bie ©enbung
bc§ ^ater§9.
©chultheif; unb Rat Don fingern münfehten auch eine Refibeng in 2Bertf)enftein.
Strn 7. Oftober fdjrieben biefetben bem ^rooingiat SRetd). gärtet, fie fucfjten gute
ißriefter für ben SBattfahrtSort 2Bertt)enftein in ber ©raffcfjaft Rothenburg : „fabelt
enbtief) bahin gefefftoffen, baf; bie Patres ber Societet bie taugticfjften gu biefem
unfern Sorhaben fein, gum Seit meit biefe löbliche Societet auch eine fonbere fiiebe
unb Slnbadjt gu ber ^eiligften SJtutter ©otte§ trögt unb ergeigt, aud) bero fiob unb
Sienft fortgupftangen alte 9Jtüf)e unb Slrbeit ^ro ring unb tiebticf) fpn tafjt, gum
Seit, meit fie fid; um bie ©etigfeit be§ Rädjften mit Qnftruieren, ©atedjifiereu unb
in anbermeg fo unoerbroffen unb emfig mehr bann einige anbere Religion infonber*
heit annimmt. . . . Sitten ©m. tpochmürben, fie motte biefe unfere SRotiDen behergigen
unb . . . eine Refibeng ettidjer Patrum unb Srübern an biefeg Ort gu SBerthenftein
unter ber ©uperioritöt be§ h^e^9en Sugernifchen &?otteg§ Dermittigen", metcf)e bie
SCSaftfahrt Derfefjen unb in bie nädjften Orte erforderen foltten20. Ser ^roDingiat
möge angeben, mieoiet gur Unterhaltung nötig fei für gmei süatre§ unb einen
Sruber, bie eine 2öof)nung mit 2 ©tuben, 4 Kammern famt Unterhalt unb eigenen
§au§hatt ober burd) ben SSirt erhalten mürben. Ser ^roDingiat bebanfte fich fehr
in einem Sriefe Dom 27. Oftober 1617 für ba§ Stnerbieten, bat aber, ba§ S3eitere
1 * Original in Epp. Rad. I 113.
2 Flotto 186.
3 * Litt. ann. 1641. 4 gbb. 1603.
5 *Hist. coli. Lucern. I. Ad ann. 1631.
6 *Compend. liist. coli. 1621.
7 *Compend. hist. coli. 1620.
s * Original, batiert Susern, 11. San. 1622,
Barb. Lat. 7102, f. 39.
0 Flotto 185.
10 * Original in 9J1. 91., Jes. 1732.
2Utc imb neue 91icberlaffungen: Supern.
287
Derfd)ieben auf eine münblicpe 23efprecpung, wenn et im 21boent nad) Supern
fomme1. einem weiteren ©cpreiben, Supern, 2)egember 1617, fcpreibt gärtet,
er pabe fiep in Sßertpenftcin alles angefepen; her Ort paffe niept für bie ©efellfdjaft
wegen ber 3Serridf)tung ber Sobämter, ber berlobten Neffen unb ber SDiSpofition
über allerlei Opfer; aud) pflege bie ©efellfcpaft bergleicpen abgefonberte Orte niept
anjunepmen; eS fei bamit mepr ©efapr für ben fHuf ber ©efellfcpaft oerbunben auS
Mangel ber ^laufur unb weil üble Siacpreben leiepter oerbreitet unb fcpwerer wiber*
legt werben fönnteit; enbtiep pabe man ju wenig Seute für bie oielen Kollegien2.
Sine Siieberlaffung in Sinfiebeltt, bie im ^apre 1616 ber Sitjerner SJuntiuS
wegen ber oielen SBallfaprer betrieb, fant niept ju ftanbe, weil bie 23enebiftiner
biefelbe niept Wiinfcpten unb infolgebeffen ber S?untiuS am 12. SJJJär^ 1616 oon 9tom
bie SSeifung erpielt, bon weiteren ©epritten in biefer ©ad)e ab^ufepen3.
$ür all biefe SIrbeiten gab ber 3iat oon Sujern ben ^jefuiten wieberpolt burep
SSort unb £at feine Slnerfennung funb. 211S Snbe Sluguft 1623 ber ^rooinjial
Spriftopp ©rcnjiug in Sujern feine Sßifitation abpielt, fpraepen ipm gegenüber
bie Slbgefanbten beS States bie bode .gnfriebenpeit beS States unb ber ganzen
©tabt aus mit ber SOtiipewaltung in bem Unterricpt ber $ugeitb unb in ber ©eel>
forge4. $u berfepiebenen feiten fant ber 9tat bem Kolleg in miplidjen öfonomifepen
Sßerpältniffen ju £)ilfe. SDaburd) fomie burep bie SSopltiitigfeit bon ^ribaten
würben bie notwenbigen bauliefjen Erweiterungen unb bie SSermeprung beS nötigen
^erfonalS möglicp5. Unter ben Söopltätern ragte wieber bie gatnilie ber pfiffet
perbor. ©djon 1620 patte ^op. Subwig ^ßfiffer, ber ©opn beS um bie Berufung
ber ^efuiten fo pod; berbienten Subwig pfiffet, ein Kapital bon 4000 ©ulbeit für
ben Uuterpalt eines ftänbigen SJtiffionarS geftiftet6, unb einige ^apre fpäter (1625)
fdjenfte er fein ©ut ^pinter-Seeburg 7. $n einem ©djreiben beS Sujerner States bom
3. ©eptember 1647 an ben ©arbepauptmann in Stom um gürbitte beim ^apft peifft
eS: „SS pat nunmepr ber liebe ©ott mit ben unteren unb oberen ©cpulen allpie unS
fo biel ©nab unb ©lüd befepert, baf) ju beftänbiger gmdfepung unb enblicper 53oll>
fommenpeit berfelben auper ber greipeit, bie ©rabuS gu erteilen, wenig abgept."8
Sieben ben bielen anbern Sujerner greunben ber ©efellfdfaft berbient eine ganj
befonbere Srwäpnung ber ©tabtfd^reiber Sienwarb Spfat, ber unermitblicpe ©cpupgeift
beS ^ollegS, ber am 25. SJtiirg 1614 ftarb, naepbem er bem ©taate unb ber ^irepe
40 Qdpre lang „trüwlicf>, pffridj unb flpffig gebienet". „deinem SBopltäter pat bie
©efcpidjte beS Kollegs fo warme Sßorte banfbarfter Erinnerung gewibmet wie ipm.
Spfat war, fo peipt eS in ber ©efdficpte, ein SJlann tabelloS im SBanbel, boll ebelfter
©efinnung; Steligion unb Staterlanb fcpulben ipm gar bieleS, itnfer OrbeitSpauS ju
Supern oerbanft ipm gerabeju alles. Sr pat bie erften ^riefter beS DrbenS, bie
naep Supern tarnen, gleicf) nad) iprer Slnfunft mit ber Siebe unb bem Zutrauen eines
bewäprten greunbeS bepanbelt unb fie . . . mit Stat unb Xat, burep baS Slnfepen
1 * Original ebb.
2 * Konzept ebb. ®abei liegt ein längere^
©utad)ten mit Slerbefferungen Poit ber |>anb
beö P. Sftunbbrot, melcpeö nad) Erörterung beö
fyiir unb SBiber fid) gegen bie Slnuapmc ber
Stefibens cntfd)eibet. SBgl. g l e i f d) l i n a. a. D.
XXVI 445.
3 *35ie ©djreiben beö Starbinalö Slerallo
au bett 2t bt Sluguftitt unb ben Dtuntiuö.
Kopie in Karlsruhe, ©. S. greiburg, Kolleg
9Jr 2189.
* *Hist. coli. Lucern. ad ann. 1623.
5 35gl. *Comp. hist. coli. 1628; * Litt. ann.
1643. (5 eg eff er, 9ted)tögefcf). IV 577 ff.
6 * Compend. hist. coli.
7 9?äpere§ im 22. Kapitel. 2>ie SRettoreu
waren: Slbam (Straub, 1600; Sluguftiu 33uh
terer, 1605; 93artl)ol. (Stüdlin, 1607; Qof)- 23.
Epfat, 1623; SBitlib. ganger, 1627; fjeinr.
©cpubert, 1636; Slbam ©cpifferlc, 1638; 6pri=
ftopp SJtenbler, 1641; Epriftopp ©eporrer, 1643;
33ernp. grep, 1647 ; 2or. fyorer, 1650.
8 Katpotifcpe ©d)Weiser Slätter 1887, 304 ff.
Sßgl. 8. Kapitel.
288
Viertes Safntef. 2>ie oberbeutfd)e Sflroüinj.
feinet 9iamenS unb burcf) ©penbett an ©efb unterftüpt. ... (Sr f)at mit meit
ausfcfjauenbem SBIicfe bie (oon ifjm begafften) ©tiftungSfapitafien berart angelegt
unb if)re SSerroaltung fo georbnet, baff biefelben bem Orben meber fönnen entfrembet
merben, nocf) au cf) unferem £aufe gegenüber üfieib unb ©cfjeeffucfjt mifjgünftiger
üftenfcfjen erregen. (Sr fjat enbficf» baS ebelfte Unterpfanb feiner unmanbetbaren Siebe
unb Sreue unferem Orben felbft überbrabf>t, feinen ©of)n QofjanneS SSaptifta." 1
9-son Sujern auS erfolgte eine neue Stnfiebelung in Sßeffinjona, bem aften
Seffenj, baS burcf) ben Q3effenjer Krieg (1503) an bie Urfantone gefommen mar.
(Snbe Oftober 1644 Ratten fitf) bie Sanbammänner unb Ütäte ber brei Kantone
Uri, ©cfjmpj unb Untermalben an ben ©eneraf gemanbt mit ber bringenben 23itte
für ein Kolleg mit eff ißerfonen in bem ifjnen unterftepenben föeffinjona. ÜDiefer
Sörief ging oerforen, unb fo erneuerten bie brei Kantone am 24. Januar 1645 ifjr
©anbfdjvift unb fllotanatäjeidjen non 91. Gtjfnt (®taat?ard)iü Susern).
©efud). ®a ißiteffeScffi um biefe 3eit ftai'f> (9- ffebruar 1645), antmortete ber
©enerafüifar ©angro am 11. ÜDfärj 1645, oor ber üESafjf beS neuen ©enerafS fönne
ein neue§ Kofieg nicfjt angenommen merben, bie Kantone möchten ficf) affo ein menig
gebufben. ®ie SEBaf)l §og ficf) IjinauS. ®eSf)aff> richteten bie Kantone am 8. Oftober
1645 an ben gu ermöfjfenben ©eneraf ein erneuertes bringenbeS Sßittgefucf). Stuf
biefeS antmortete bann ber neue ©eneraf (Sarrafa am 24. gebruar 1646, er fönne
einftroeifen nur einige patres fcfjicfen, mefdje jufcfjauen füllten, ob ber i)3fap ficf) für
ein Kofieg eigne unb mie bie üorfjanbenen ©cfjmierigfeiten behoben merben fönnten2.
gür bie ©enbung einiger patres mar mafjgebenb ber SSunfcf) beS ißapfteS, au
ben ficf) bie Kantone ebenfalls gemanbt ffatten. ®er SBifc^of oon ©omo, ju beffen
®iöjefe Settinjona gehörte, mar anfangs nicfjt einoerftanben, meif man if)n nicfjt
gefragt3. S5ier patres begannen Sfnfang $ufi 1646 eine ©tfjufe mit 40 ©cfjüfern,
bie bis ®ejember auf 95 fliegen. 1647 lefjrten brei patres bereits affe Pfaffen mit
SfuSnaffme ber SUjetorif, bie 1650 ffin^utrat4. ^m Qüfjre 1648 mürbe eine Kon¬
gregation für bie ©tubenten errichtet. Anfangs benutzen bie patres für ben ©otteS=
bienft bie SfocpuSfapeffe. 33afb aber erhielten fie oom SJiagiftrat eine neue SBofjnung
1 glcifdjltit in 9Jtonat?rofen XXYI 317.
2)er früher ermähnte 53erid)t (Xt)fatg über ba?
Sßirfen ber gefuiten in Sujern nud) im SfrdjiO
für Schwerer 91eformation?gefd)id)te 1904,
1 ff.
2 SDie * ©djreiben be? ©eneraloifar? unb be?
©eneraf?' in Orig. ©leg. Ad Externos.
3 fyür ba? gofgenbe * Litt. ann. Germ. sup.
1646 ff.
4 92ad) bem ftatiftifcfjen Satafog oon 1649
(911. 91., Jes. 570) beftanben 1649 unter brei
Sefjrern fed)? klaffen mit 79 @d)üfern, bie fid>
üoit ber oberen Abteilung angefangen in fol*
genber Sßeife oertciften: 6, 7, 13, 11, 16, 26.
2üte imb neue 9tieberlaffungen : Solothurn.
289
unb bie anftofjenbe Kapelle üon ber fdjmerzljaften ÜDiutter ©otteS. Sdjon 1647
mürben 4200 unb 1650 6800 Kommunionen gegäf)tt. Sie patres fjielten Katedjefe
au allen Sonntagen in ber größeren Kircfje unb in ber gaftenjeit an ben Sonntagen
morgens beutle, abenbS italienifdje Prebigt. $m Qafjre 1649 fani ein fünfter pater
gu §ilfe. Ser Unterhalt mürbe anfangs burdj freimiüige Sllmofen ber Urfantone
geliefert, 1650 ein STeif ber gunbation fieser geftetlt. Sie brei Kantone festen alles
baran, bie Qefuiten bei fiel) ju bemalten.
gaft um biefelbe geit mie in Veöinzona fam eine 9tieberfaffung in Solotfjurn
§u ftanbe.
Scfjon PetruS ©anifiuS fiatte in engen 93ejief)ungen ju Solotfjurn geftanben.
3n ber SSibmung ber „Söarljaften ©tjriftl. §iftori üon St $Diori|en unb aucfj in«
fonberljeit non St Urfo" üom 1. SJiai 1594 an bie „©bien, ©eftrengen, ©erenljaften,
gürfidjtigen unb Söeifen Herren, Herren Steffan Somalier, Scfjulbljaiffen, unb anbern
beS VatljS in ber alten Statt Solotljurn, meinen giinftigen gebietenben Herren"
fdjreibt ©anifütS, bie Herren Ijätten öon iljm begehrt bie löblidje ©efdjidjte non
St Urfi, eurer Stabt Patron, ber nodj IjeutigeStagS mit feinen mürbigen Solbateit
in eurem anfe^nlicfjen ©eftift lieblich ruljt. @r §abe mit ber ^jiftori üon St UrfuS
aucfj bie üon St SDlauritiuS, bem Oberljauptmann ber Xfjebäifcfjen Segion, oereinigt.
©anifiuS fdjliefjt bie SBibmung mit bem Sßunfdj: Ser liebe, getreue ©ott bemaljre
gnäbiglidj eure löblidje Stabt famt Sanbfdjaft, bafj fie alle im fatfjolifdjen ©lauben
befjarren. Saju Ejelfe allen Solotfjurnern bie Ijodjljeifigfte Sreifaltigfeit, bamit fie
an Seib unb Seele fjie unb bort teilhaftig merben ber fräftigen unb ^eilfamen gür»
bitte St 9Jlorit3en, St Urfen unb aller ihrer mürbigen SEjebäifdEjen ©efellfdjaft.
Qu ber erften £älfte beS 17. ^afjrljunbertS maren bie oor^üglidjften Scanner
SolotljurnS Zöglinge ber ^efuiten 1. Slngefefjene Scanner im 9tat mie |janS ^afob
oon Staal Ijatten fdjon lange gern bie banieberliegenbe Sateinfdjule beS Stiftes
St UrfuS unb Sßiftor in ben (pänben ber ^efuiten gefefjen, bamit bie ©Itern nicht
gelungen mürben, ihre Kinber an frembe Orte ju fdjiden; aber bie StiftSfjerren
maren bagegen, ©elegentlicfj einer ^Srebigt beS Sujerner VeftorS ©fjriftopl) Sdjorrer
in ber StiftSfirdje im Qafjre 1645 mar ber SBunfdj naefj Berufung ber ^efuiten
mieber befonberS lebhaft ermadjt. P. Sdiorrer fonnte bei einem geftmafjle in ber
SBofjnung beS franzöfifefjen ©efanbten oiele Vorurteile auSräumen. P. ^jolj. SBagner,
ber im folgenbeit ^afjre bei feinem Vruber, bem Sdjultfjeifjen ÜDlorip SBagner, §u
Vefucfj mar, förberte bie Sache nodj meiter.
3lm 30. $D?ai 1646 fafjten 9tat unb Vürger ben Vefdjlufj, ben ^efuiten bie lateinifdje
Sdjule ju übergeben, eine Kommiffion füllte bie näheren Vebingungen mit P. SÖagner
beraten. P. Sßagner reidjte bem 9iat eine Senffcfjrift ein, in ber er bie Vebingungen
angab, unter meldjen bie ©efellfdjaft eine Sdjule übernehmen mürbe. Sarauffjin er«
folgte am 11. Quni 1646 ber Vefcljlufj beS 91ateS: @S follen bie Kinber im Sllpfjabet
mie bisher burd) ben beutfehen Sdjulmeifter beS Stiftes untermiefen, bagegen bie fünf
Klaffen ber Vubimenta, ©rammatifa, SpntajüS, §umanitaS unb 9Ujetorifa üon ber
©efellfdjaft ^efu mit fünf tauglichen Präzeptoren üerfefjen merben unb fomit bie fjiefige
Vefibeng beS OrbenS mit adjt Perfonen : Superior, Veicljtoater, 5 Präzeptoren unb
1 Saienbruber, beftedt fein, ^^nen merben gehörige Vetjaufung, Sdjulen, bie St peterS«
fapetle unb jur Unterhaltung für jebe Perfon aus bem Stabtfädel 50 Kronen unb
5 SJlütt .Sinfel, inSgefamt 720 Kronen unb 40 ÜÖiütt Sinfel, baju 20 Klafter §olj
unb 500 Veismellen angemiefen. SJlit biefer Kompetenz faßen fte fid) 20 ^afjre
1 giala, ©efcf)id)tlid)e§ über bie ©d)ute üon ftubierten nur 01t bem Sefuitenfolleg 311 jßrun«
Solothurn II (1876) 23 ff. Qm Sabre 1643 trut 19 junge ©olotljurner.
®u5t, ©eje^t^ie ber Jjefuiten. II.
19
290
SSierteB Kapitel. Sie oberbeutfcpe (ßrobinj.
begnügen, feinen Sau anfangen, nod) zeitiger ©rbfdjaften, liegenbe ©iiter unb «Stiftungen
annehmen unb fid) aller Qaftionen, Stanbe§- unb |jau§fadjen bemüfjigen, auf bafj
bie Sftadjfommen hierburd) Urfacfje gewinnen, bie patres weiter unb mefjr ju be=
benfen. SDaju würbe bann nod) ber Sorbefjalt beigefügt: „bafj fofd)e§ aüel ber äftutter-
ober fßfarrfirdje ®t Urft ohne Slöbrud), ©intrag unb 9iad)teif gefdjelje" K ®ie an¬
gefügten Sebingungen waren für bie Qefuiten faum annehmbar, aber if)re Qreunbe
hatten ber Oppofition 9iedjnung tragen müffen. Unter ben ©egnern war befonberS
ber franjöfifdje ©efanbte be fa Sarbe, bem bie Qefuiten ju wenig franjöfifcf) gefinnt
waren. 2(uf bie Sorfteüungen be§ P. SBagner erftärte ber ^rooinjiaf 92ifafiit§
SCBibnman am 10. Quni 1646, ben Sefdjfufj nicfjt jurüdweifen gu woüen, aud) l)offe
er auf Quftimmung be§ Orben§generaf§, jugfeid) aber fei er ber Quüerfidft, bafj e§
guten Seuten nicht benommen würbe, jur ©rbauung eines fünftigen KoIIegg Ser-
gabungen wenigftenS ju §änben ber Obrigfeit madjen ju bürfen1 2.
2lnt 26. Oftober 1646 bezogen adjt Qefuiten unter P. Üßagner als (Superior
ba§ ihnen bargebotene §eim, ba§ fog. „SöirtSfjauS im £)öffi", eine jiemfid) befdjränfte
SBofjnung. 21m 6. 9?ooember 1646 würben bie Schulen mit 150 Schülern in fünf
staffelt eröffnet. Son ben 7 ))3atre§, bie tnt Qahre 1647 in Solothurn waren,
wirften 5 in bem ©pmnafium. ®a bie Scfjüferjafjf fcfjon 1647 auf 250 ftieg — e§
famen oiefe oon aufwärts, S. 13 Sßadifer — , würbe ba§ ©pmnafium erweitert;
bie Soften beftritt ber 9iat. ®er 5fbfd)(ufj be» großen Kriege» in SDeutfdifanb fdjeint
auch auf bie Sdfiiferjafyf ©inffufj gehabt ju fjaben; benn 1650 würben nur nod)
175 Sdjüler gejagt, ©ine Sdjüferfongregation würbe fcfjon 1647 errichtet unb
jäfjfte 1648 über 100 ÜÜätgfieber. 9iicf)t wenige gingen alle 8 ober 14 Sage ju
ben fjeiligen Saframenten 3.
Sfufjer ber Sdjufe waren bie jßatre» tätig befonberS für bie Katedjefe, bie
gWeimal in ber 2Bodje in ber Spitatfircffe für bie Firmen gefjatten würbe. 2ü§ ber
Katechet Karl o. 2)ie3bad) 1648 ©efang bei ber Katedjefe einführte, würbe ber
Qutauf aud) oon angefefjenen ^Bürgern fefjr grofj4. Qn ber gaftenjeit führte man
in ber Kirche ein beutfdjeS (Drama auf, ba§ eine grofje Söirfung erjiefte. Qu bem
Oratorium, gu bem ifjnen 1647 ber obere (Deif beg alten Kauff)aufe§ angewiefen
worben, prebigten bie ißatreS für bie Stubenten unb bie (Bürger. Kommunionen
jähfte man 1648 11000 unb 1650 12000; nod) gafjfreidjer waren bie (Beichten,
1647 beichteten 12000 unb 1649 15 000.
SDa bie StiftS^erren fid) wegen etwaigen 2lbbrucf)e§ i^reS ©otteSbienfteS nid)t
berufjigen fonnten, erftärte P. (Bogner in jwei ausführlichen Schreiben (Oftober unb
9?ooember 1646), bafj bie ©infüfjrung ber ©efeöfcfjaft Qefu bem Stifte feinen ©in»
trag nod) Nachteil bringen foffe; im ©egenteif werbe bie ©efeflfdjaft auf üftehrung
1 Sie Supplicatio beö P. SSagner unb 93e--
fdilufj be§ 9tate§ ufto. in 3tom, ©taatöarcpio,
Gesü Collegia 208. Sort aucb eine eirtgefjertbe,
an ben tßroöinsial ©djorrer gerichtete Informatio
circa conditiones admissae Societatis Solodori.
Stgl. giala a. a. D. II 29 f. Gin wichtiger
©ammelbanb Acta, bie Reimten ufw. betreffeub,
1607—1776, im ©taatSarcpio «u ©olothurn,
unb bie Hist. coli. Solodurani 1646 — 1755
in ber ©tabthibf. ju ©olothurn; ebenbort baS
Diarium Gymn. Solodur. 1646 — 1773. 9(nbere
Sitten SJt. 9t., Jes. 2066.
2 * Kopie in 9)t. 9t., Jes. 2066. Ser SUD
©tabtfepreiber Scans ^offner fchreibt in feinem
„Kleinen ©olothurnifdjen ©cha)o=tj5lah" II (1656)
301 : „Anno 1646 ben 10. $iuui fepnb bie Pa¬
tres Soc. Iesu, inlgemein bie gefaxter genanbt,
allste ju ©olothurn auf unb eingenommen auch
alSbalb mit einer fepönen Solemnitet eingeführt
unb bad ©pmnafium eröffnet worben: ©ott
nerleipe feine fernere ©nab barju." — über bie
beiben ©olotpurner Ghroniften ffranj ^offner
unb 3°hunn ©eorg SBagner, beibe befonbere
greunbe ber Sefuiten, bgl. S. 9t. ©tfjmiblin
in ber Beitfcpr. f. ©eproeis. Kircpengefd). 1912, 2 ff.
s * Litt. ann. 1646— 1650. gialaa. a. D.
III (1879) 4 ff. 3m Sapre 1649 »erteilten fid)
bie 217 ©djiiler (5 Peprer) auf fecp§ Klaffen:
30, 41, 49, 50, 17, 30 (unterfte Klaffe).
4 5 1 u la a. a. D. III 7 f.
2üte unb neue fftieberlaffungett : greiburg i. b. Scfjtoeiä.
291
unb Hebung beS ©otteSbienfteS ein fleißiges übfefjen fjaben unb infonberfjeit baS
uralte (Stift St Urfi et SßictoriS nacfj äftögtidjfeit gieren unb erfjatten Reifen unb iljre
ißrebigten, ümter unb SO^effen fo legen, baff fie benen in ber Stifts» unb ißfarrfircfje
feinen 9?ad)teit bringen füllten. ®ie ünftctlung aber eines ScfjutmeifterS burdj baS
Stift, ber bie Knaben im Sefen unb Schreiben, SDeftinieren unb konjugieren unter*
meife, fiefjt bie Sojietät gern unb fie fei gern biefer Arbeit überleben. ©benfo fönne
ifjr ber gtueite Scf)utmeifter für ©efang unb SOhtfifinftrumente nur angenehm fein.
SXucf) mürben fie bie ©tjorfnaben unb Strmenfcfjüter üon ifjren ä3erpflid)tungen am
Stifte unb üon beit täglicfjen Übungen in ©efang unb SJJiufif in feinerlei Söeife
ab^alten ; fie bäten tüelmefjr, „baff
aucfj anbere uufereS ©pmnafii Stu-
benten bp bem Musico Exercitio,
fo fie ein Suft fjaben, gugelaffen
merben". Unb als einige SJionate
fpäter baS Stift meinte, bafj burdj
bie ffßrebigten für bie Spüler in
ber Sdjutauta, benen nodj einige
23ürger beimoljnteu, bem ^5farr=
gotteSbienft übbruef) gefcf;ef)e, mürbe
am 17. 2Jiai 1647 Dom 'iproöingiat
P. keppter um beS gaüebenS mitten
biefe fßrebigt aufgehoben1.
^n 91om mar man mit ber
Drbnung in Solothurn nidjt ganj
jufrieben. $er ©enerat ©arrafa
fcfjrieb am 3. üuguft 1647 an
P. Söagner: SBenn mir bie fo gar¬
ten SBebingungen oorfjer oorgelegt
morben mären, fjätte idj midj gegen
bie ünnatjme erftärt, Junta! bie
letzte ©eneratfongregation mir brin»
genb empfohlen, in ber Ünttafjme
fofdjer Keinen 9Ziebertaffungen ju-
rücffjaltenb ju fein, über ba baS
©efdjefjene offne ÜrgerniS nidjt
roieber rücfgängig gemalt merben
fann, fafjret mutig fort, fo gut eS
gefjt, bie neue s4?flangung nadj ürt
einer Üiefibeng ju bebauen, euern
Scmüfjungen roirb oietleidjt ©ott ©ebeiljen geben unb auS ber fteiuen Saat reiche ©rate
fjeroorfproffen taffen2. ®iefe Hoffnung ift in ber ^otgejeit nid^t getäufdjt morben.
* *
❖
Sßie Sujern nabmen aucfj bie beiben anbern bereits beftefjenben Scfjmeijer kottegien
in greiburg unb in fßruntrut in unferer fßeriobe einen guten Fortgang.
$n $reiburg in ber Sctjmeij3 * muffte man gunäcfjft baran benfen, für bie madffett»
ben Aufgaben eine neue kirefje ju bauen, f^n einem patent oom 3. 9ftai 1604 für
1 ®bb. III 6 ff. in SOI. 91., Jes. 2066. — ®ie Obern tuaren:
2 *0rig.»9teg. Ad Germ. sup. SBgt. 2or. golj. Sßagner, 1646; geinr. Schubert, 1648.
Äeppter an P.SBagner, 26.Sftail647. * Original 8 SSgL 93b I, 6. 226 ff 624.
19 *
TRAG1CO-C O M OE DIA
PSITTACVS
LEONIS ASSERTOR,
Saa ff?
€tn mit $reä>bm^mtt4n>
gtcef
&eß £cwcn$ dtlöfct/
ZScrgaraßen
‘Sonbläctiber^ugenb bef? Neo-Gymnafij
b« 0oc(cut ju 0oHot(jurn.
ben Jpcrpflmomif. i 6 ; o.
CO MED IE TR AGIQ. VE,
CEST A D I R E,
VN SPECTACLE
MESLB DE TRISTESSE
ET DE IOYE, D’VN PERROQVET.
QV1 DELIVRA DE PRISON LE
PRINCE LEON.
Reprefentee par la jeunefle efrudiantc, au
noueaoGymnafedelaCompagnie de lesvs
A Soleure.
Die Septembr. t6 ;o.
©ctriicfi jit gr«5&ur<j mTidjilanb/ fcttj SBilfxIm SarfcUIay.
2>ie ©olotfjuvner ßontöbte Psittacus 1650. (2/3)
292
Viertel Kapitel. Sie oberbeutfdje $roöinj.
P. Bfartin ©onrab fagt ber Freiburger üieftor äRorttn SiciuS: ©eit nieten ^af)ren
unterrichtet bie ©efeüfdjaft in greiburg bie oon überall jufantmenftrömenbe Qugeitb
in fünf ©pmnafialftaffen unb übt bie gemöhutidjen Arbeiten ber Seetforge. S3i§I)er
hat fie aber megen ber fchruierigen ßdtläufte nod) feine eigene Kirche, fonbern nur
ein Oratorium für ben ©ebraud) ber Sdfuten. Sa je^t befdjtoffen ift, ben fünf
Staffen groei meitere anpfügen, bie Siateftif unb einen Seit ber SOioraltfjeoIogie, fo
finb mir enbtidj gelungen, an ben Bau einer neuen Äirdje ju benfen. Obgteid)
ber SRagiftrat freigebig Baumaterialien oerfprodjen f)at, finb nodj einige taufeub
©otbgutben nötig, bie burdj freiroittige Beiträge aufgebracht merben müffen. 3U
biefent 3roec^ fdjideit mir ben P. 9J?artin ©onrab, um bei Freunben ber ©efeltfdjaft
tpitfe ju fucfjen1.
©inen SOionat fpäter, am 10. Quni 1604, mürbe ber ©rnnbftein gelegt, 1605
gebiet) ber Bau bi§ ;$u ben unteren genftern unb 1606 bt§ ju ben genfterbogeit2.
Sie Bauern leifteten frei gmfjrbienfte. 9Zad) einem fdjted)ten Fortgang im 3ohre 1607,
meif ba§ ©elb augging, fonnte man enblidj am F^fte be§ 1)1. Bticbaet (29. September)
1610 bie föirdje in notbiirftigen ©ebraud) nehmen. 9£acf)bem 1613 bas Surntbad)
ootlenbet morben, fanb am 15. Se)$ember 1613 bie ß’onfefration ju ©fjren ^
hf. ü)Jtid)aet burch ben Bifcfjof oon Saufanne ftatt. Sie $ird)e ift ein fpätgotifdjer
Bau, unb jmar, ma§ 9iaum0ert)ättniffe unb ©tit betrifft, bie bebeutenbfte gotifdje
®irdje, meldje bie oberbeutfdje ^rooinj aufgeführt hot. Sa§ fünfjodjige, einfchiffige
SanghauS meift eine Breite oon über 13 m unb eine Sänge bon über 29 m auf.
Slud) hie^ fefjten bie ©mporen nidjt, bie über ben burd) bie eingejogenen Streben
gebitbeten 97ifd)en angebradjt finb. 2tcf)t groffe unb gehn fteinere {yenfter fpenbeit
reichliche^ Sicht. 3n ber SJtitte ber einfachen fyaffabe befiitbet fidj ba§ fdjöne, fpät-
gotifche tpauptportat. Ser Baumeifter ift nidjt befannt, bie 2(usfüt)rung leitete, mie
e§ fdjeint, Reiftet 2Ibraf)ani ©otti. SBenigftenS heifjt e§ in einem Borfdjtag beS
9ieftor§ an ben Bat: 2Sa§ ben SDtaurer ober Steinmetzen angehe, fo fei angebeutet
morben, baf; fofdier Bau bem ÜDteifter 2(braf)am ©otti fid)ertid) möge anüertraut
merben. Um größere Unfoften ju oerhüten, fei aud) für gut angefehen morben, baf)
„bie ®ird) nit foü gemölbt, fonbern aüein öertäfert" merben. Se§f)otb fottten 51t
fotdjem Säfermerf taugliche Bäume gefällt unb in ben ©ägmühlen gefchnitten
merben, bamit fie auSgebörrt nachmalen ju ihrem ©nb befto tauglicher gebraucht
merben mögen3.
Badjbem bie &ird)e ootlenbet mar, fudjte man fie aud) im ^nnern allmählich
fcfjön auSjugeftatteu. Sie fdjönfte 3tecbe erhielt fie am Oftermontag 1625, ab» nach
Überroinbung oieler ©djmierigfeiten ba§ ©rab be§ fei. Beter ©anifiuS in ber Stifts«
firdje geöffnet unb im Beifein beS Bate§ unb be§ 3re^urSer BotfeS bie llberrefte
in feierlidjer Bro^effton nad) St Btidjaet übertragen mürben 4. Später (1637) mürbe
baS Söohnjimmer be§ P. ©anifiuS in eine Kapelle umgemanbelt.
Sie ^ßerfouen^ahl beS $otteg§ betrug im 2tnfang be§ 17. 3ohr^uobert§ burdj«
fchnittlid) 18, fpäter (1608 — 1631) fdjmanfte fie jmifdjen 20 unb 25. Surd) bie auS
1 * Original. Sie 9ief'toreu maren : Start.
£iciu§, 1598; Soacf)- Steglin, 1607; 93artl)oI.
SBelbenfi#, 1613 (SSijereftor) ; 9lbant ©traub,
1614; Subtn. ©rparb, 1617; Sllaub. ©ubaiiuS,
1623; Sol). SBagner, 1629; Sol), »attat, 1637;
Staub. ©ubanu§ ,1646; ©eb. @ranbinont(©ram-
mont), 1650.
2 giir ba§ S°l9enbc *Hist. coli. Friburg.
in ber Santon^bibl. greiburg. 93 raun, Sie
Sircben ber oberbeutfdjen OrbenSbrooinä 30 ff.
3 ©taat#ard)io fyreiburg i. ©djro., Titres du
College St Michel 12.
4 * 'SiteßeSdn bat 11. gebr. 1623 beit 9tat
Ooit greiburg um bie Übertragung. Original
in Si'Oburg, ©taat3ard)iü, ©eiftl. ©ad)en. Coli.
St Michel 1580 — 1790; bort aud) bie ©uppli«
fation be§ 9{eftor§ Sublin ©rf)arb üom 7. g-ebr.
1623.
?Ute unb neue 9iieberlaffungen : greiburg i. b. ©cfymeiä.
293
Seutfdjtanb ftief)enben Qefuiten ftieg bann bie 3flhf 3eitroeitig (1633) bis auf 46,
fpäter ging fie mieber 3uriid auf burdjfdjnitttid) 30, um bann noch einmal (1649)
auf 39 emporjufdjnetlen. Stuf bringende Sitte beS RateS mürben and) in Qreiburg
bem ©pmnafium 1604 Sortefungeu über Siateftif unb SRorat (Casus) beigefügt;
fpäter münfdjte ber Rat auch Sortefungeu in ber ißfiilofop^ie. Ser fßroüinjiat fd)Iug
oor, fidj einftroeilen megen ber baburd) bebingten Vergrößerung beS ©pmnafiumS unb
ber nieten Soften mit Einführung non Sogif unb Kontrooerfe begnügen ju taffen (um
1620). ©o treffen mir 1625 neben fünf ©pmnafialftaffen Sortefungen über Sogif unb
Casus. Qm Qatjre 1641 maren 6 fßatreS unb 3 ÜRagiftri an ben ©djuten befcfjäftigt,
in ben fotgenben Qaljren finb ebenfalls 9 Sefjrfräfte oorljanben, oon benen 1 ißater
Kontrooerfe unb ein jmeiter Casus, ein britter Sogif üortrug; bie übrigen 6 Setfrer
mirften in ben fed)S Staffen beS ©pmnaftumS.
Sie ©cfjüterjaht ftieg oon 290 im Qatjre 1601 auf 550 im Qafjre 1626 unb
erreichte, nadj mehrfachen ©djmanfungen in ben ^eft^eiten, it)re ^löc^ftja^t mit 635
im Qafjre 1637, um bann im Qatjre 1649 auf 450 ju finfen K Sie unterfte klaffe
(Rubimenta) jäßtte 1641 allein 112 ©cfjüter. ES mirb jum Qatjre 1612 berichtet,
bafj bie Stiite ber Qugenb aus ben benachbarten Kantonen ©otothurn, llntermatbeu
unb 3U9 Qreiburg it)re 2tuSbitbung erhielt. Sie Errichtung ber ©djute in ©oto¬
thurn mirfte auf bie ©chüterjatjt in Qreiburg nur menig ein. Sie £>anbf)abung
ber SiSjiptin erleichterte ein RatSbefret oom Qafjre 1613, baS jeben ©chiiter, ber
auS bem ©pmnafium auSgefdjtoffen mürbe, auch auS ber ©tabt oermieS.
Stuwer ber ©djute fanben bie patres Diele SCrbeit in ber ©eetforge. ©ie hielten
burcf)f(f)nittlich Dier fßrebigten an allen ©onn- unb Qefttagen in brei Kirdjen; baju
famen mödjenttid) Katecfjefen ebenfalls in brei Kirchen. 3um Qatjre 1606 h^fd eS:
Seutfche ißrebigten hüben mir feit 20 Qafjren in ber ^auptfircfje eingeführt an ben
Qeften ber ^eiligen, im Stboent unb in ber Qaften^eit. Qrattjöfifche ißrebigten hatten
mir nur in ber QranjiSfanerfirdje an gemiffen Qeften , fotange eS uns unb bem
P. ©uarbian beliebt; ebenfo Oerhätt eS fich mit ber Q3rebigt in ©t Qot)ann an ben
©onntagen. Seutfdje Ehriftentefjre hatten mir an ben ©onntagen in ©t Rtarien,
franjöfifdje hatten wir im Slbüent unb in ber Qaftenjeit oft an bem einen ober
anbern Orte ber ©tabt1 2. Karfreitag 1641 prebigten bie fßatreS an jmölf oer»
fchiebenen Orten bie iJSaffion. Sraufjen auf bem Sanbe fpett man 1648 über
80 prebigten, ebenfo in anbern Qahren, fo 1650 81 prebigten an 18 oerfdjiebenen
Orten. Qn ber Katedjefe auf bem Sanbe hatfen aud) eifrige Kongreganiftett, bie
befonberS an ben ©onntagen ben Säuern mit großem Ruthen ben KatedjiSmuS er»
Härten. SRarianifdje Kongregationen beftanben Dier : jmei Iateinifd)e für bie ©tubenten,
eine für bie Siirger, eine für junge ^anbmerfer; teuere mürbe 1626 mit 20 9Rit»
gtiebern errid;tet, 1634 maren eS 50. Eine SRiffion, bie oon Qreiburg auS beforgt
mürbe, mar Sanberon im Kanton Reuenburg3.
Qn einem SerteibigungSfdjreiben, baS ber Qreiburger Rat ÜRai 1617 an ben
Sifdjof oon ©itten richtete, heifd über bie Sätigfeit ber Qefuiten in Qreiburg:
2BaS nun bie Qefuiten angehet, fo haben mir „in ber Söafjrheit unb mit bem Söerf
feither erfahren, bafj burdj bieS löbliche Qnftitutum ©otteS Ehr, bie Rietet, Sugenb
1 $er Katalog bom fDtai 1649 gibt neun
Sefjrer unb folgenbe gafften an: für $f)eo»
logie 21 (barunter 9 ©cfjotaftifer), Äontroberfe
21 (9 ©cboL), Sogjf 25; für bal ©gmnaftum
öon ber fRfjetorif angefangen 40, 60, 83, 56,
74, 80.
2 *Catal. trienn. 1606. 2tquabiba betont
in einem 23riefe bont 16. ©ept. 1607 an ben
fßrobinjiat 9tofepf)iu§, baü in greiburg peibe
©pracf)en, bie beutfdje unb bie frangöfifdre, not»
toenbig feien. * Drig.-9teg. Ad Germ. sup.
8 * gunbation^urfunbe Oom 24. ^uli 1621,
aut'gefteHt oon bem .t>eräog be Songuebitte al§
©rafen üoit 97eucbätel.
294
SierteS Kapitel. Sie oberbeutfcpe Srooinj.
unb ©ottSforcpt trefflicf) geförbert mürbe. EZeben bem fie bie ^ugenb in guten
fünften mit unabtäffiger EJZüp unb Strbeit umfonft unb gratis untermeifen, ba beS
SanbeS Sinfommen nic^t ertragen möge, bap man Diel ®inber auf ben Uninerfitäten
erhalten fönnte, unb bergeftalt eine finftere Unmiffen« unb ©robpeit bei bem ge*
meinen ÜDiann continuiert pätte. ^ft unS niemalen gereuen, baff fie bei unS ein
SoEegium unb fRefiben§ paben. 2SopI bebauern unb tun flogen Diele, bap fie bie«
felbige $eit unb gute ©etegenpeit in ipren jungen $apren nit gehabt, unb bap fie
[bie ^efuiten] nidtjt geitlic^er unb halber angefommen finb."1
2ÜS im $apre 1626 bie ^efuiten befdputbigt mürben, bap fie ben franjöfifc^en
SErufPpen in $reiburg ©cpmierigfeiten bereitet pätten, erflärte ber Etat am 8. ©ftober
1626 biefe Se^icptigung für unloapr: S03a§ ifire Gattung angept, fo fpenben mir
berfelbeu atS einer mufterpaften, mie fie guten EWigiofen jiemt, unfer Sob, ba fie
fiel) in ben ©renjen ber SEugenb Ratten unb, mit ipren geifttiepen Obliegenheiten
unb ©tubien ^ufrieben, feinen geregten Slntap ju Klagen geben. Stuch haben mir
bisher nicht in (Srfaprung gebraut, bap fie potitifepe ©efepäfte ober fotepe, bie ben
EJZagiftrat angepen, fid) angemapt paben; mir mürben bieS aud) gar nicht bulben2. —
Über baS ®oEeg in ^runtrut berichtet ber päpfttidje EZuntiuS SabiStauS b’üquino
im .Qapre 1613: ®er 53ifd)of Don 93afet mopnt in bem großen Rieden ißruntrut,
an ber burgunbifepen ©renje, mo bie franjöfifcpe ©pracpe SSotfSfpradpe, bie beutfepe
jeboch audp fepr üblich ift. . . . £>er jepige S5ifcpof SZind Don SBatbenftein . . . ift
ein gotteSfürcptiger, höchft eifriger EJZann, ja um baS früher in meinen Briefen aus«
gefprochene Sob in ein SSort §ufammen,$ufaffen : er ift einer ber Dorjügticpften fßrä«
taten in beutfdjen Sanben. ©ein Vorgänger pat Diel ©etb an bie ©rünbung eines
^efuitenfoEegiumS in ißruntrut gemanbt . . ., jept ftubieren bafetbft Stbetige in großer
3apl; baS ^nfütut trägt bie beften grüdjte3. ,,^n fßruntrut ift niept btop ihre
(ber Qlefuiten) ©dpute gut befuept, fonberu eS beftept aud) ein fdjötteS, trefflich Der«
matteteS ©eminar."
SDaS neue ^aprpunbert brachte ißruntrut, mie fepon früher angebeutet, eine
neue ®ird)e, eine neue SBopnung unb ein neues ©pmnafium 4. SDer S3au ber neuen
®irdf)e patte fecpS $apre in Etnfprud) genommen, am 21. Sejember 1603 mürbe fie
jum erftenmat benupt, am 12. EZoDember 1604 burdj ben SBeipbifcpof Don Q3afet fon«
fefriert. ®ie ^irdje mar im Üupern unb Qnnern fepr einfadp. Sin baS geräumige
SangpauS fcptop fid) ber gteiepbreite (Spor an; beibe patten nur eine ftaepe ipotjbede.
Über bem einzigen portal befanb fiep ein gropeS fünfter, unb bie ©teEe beS SurmeS
mupte einftmeiten ein ©adpreiter oertreten. ßmei gotifepe genfter Don ca 12 gup £>öpe
maren nur auf ber öfttidjen Sangfeite angebraept, meit bie Söeftfeite Derbaut mar5.
®aS ebenfaES mit bem Neubau ber ®ircpe angefangene unb 1604 ooEenbete ßoEeg
bot $ßtap für 30 fßerfonen. £>aS neue ©pmnafium patte fedjS ^taffen-pnuner unb
eine geräumige Stuta, in ber bie ©cpüter ber täglicpen EJZeffe beimopnten B. ©in neuer
^onoiftSbau mürbe 1607 bezogen, eS maren 63 ^onDiftoren, barunter Diele Stbetige.
1 greitmrg, ©taat3ard)io, 3D7iffiüen XXXVII
417 ff.
2 Igitur pro supra notatis punctis insontes et
alias de nostra Republica bene meritos Omni¬
bus meliori nota commendamus. 9lbfd)rift
in Hist. coli. Friburg. ad ann. 1626. Sie
31n!Iage gegen bie gefuiten, baff fie fid) in
Sotitif einmifdjten unb ben S)urd)jug ber fran<
äöfifdjen Gruppen ju pinbent fitcpten, tuibertegte
ber 3tat burd) Dom 8 Oft. 1626.
Berchtold, Hist, du Canton de Fribourg
II (1845) 323.
3 ©epreiber, Safcpenbud) IV (1844) 70 f
95. Sgl. 9K a p e r , Son^U Don Orient II 314 f.
4 Sgl. Sb I, ©. 222 ff 624 f.
6 Sraint, Sie Stircpen ber oberbeutfdpen
Drben§proüinj 27 ff.
6 *Hist. coli. Pruntrut. 1592 — 1724. *Catal.
trienn. Vautrey, Hist, du Coli, de Porren-
truy (1866) 15 ff. SIucp für ba§ golgenbe.
2Ute unb neue JHeberlaffuugett : Sßruntrut.
295
(Sin (Sferentag für ba§ Kolleg mar im Qafere 1609 ber S3efud) be§ fjeiligeit S3ifd)ofg
granj üon ©ale§.
®ie .Qafel ber ÜDiitglieber be§ Kotfegg in ißruntrut betrug in ber erften ^eit
17 — 20, fpäter (1643 — 1650) infolge be§ Kriegeg nur 6 — 11. $u ben ©femnafial*
flaffen traten 1605 nod) ©ialeftif unb SDiorat, 1620 aud) nod) bie Kontroüerfe
l)inju. ^m ^atjre 1606 toaren 7, fpäter (1620) 8 fßrofefforen tätig, barunter
aufeer 5 ßefjrern für bie ©pmnafiatftaffen 1 für Sogif, 1 für Kontroüerfe unb 1 für
äftorat. 2)ie ©djüferjaf)! betrug 1605 gegen 400, 20 ^afere fpäter 430 unb fanf
1627 auf 383. 3)ie ©d)üfer toaren meift $rembe : (SIfüffer, ^ranjofen unb SDeutfd^e.
infolge ber Slusroeifung mufete
man 1639 bie ©djule mieber
üon unten anfangen.
^afere 1642 jätjtten bie üier
klaffen unter brei Sefirern 72
©djüfer, 1650biennterfteKtaffe
allein mieber 58 ©djüter1.
$n ber ©eelforge mürbe
bie beutfdje unb franjöfifdje
©pracfje berüdfidjtigt. ißre*
bigteu maren eine fran^öfifdje
in ber s4?farrfirc^e, eine beutfdje
in ber bifdjöfticfeen Kapelle.
(Sine beutfcfje ißrebigt üor ben
©tubenten mürbe 1605 be»
gönnen. Söäfjrenb ber fjaftengeit
mürben fpäter (1650) beutfcfje
^Prebigten an ©onn» unb geft*
tagen in ber Qefuitenfirdje ge=
Ratten. ^n ber s$farrfircf)e
hielt man 1640 aud) franjö*
fifc^e Äatedfjefe unb liefe ein
franjöfifcfee§ 2öeif)nad)t§fpiel
aufführen. ©rofeen (Srfotg
hatte alg ©tabtpfarrprebiger
mäferenb 30 fahren P. Q3aO
tfeafar ©feaüaffiu§, ber 19. ©ep*
tember 1634 ftarb. $ür bie
Katedjefe maren 1650 3 patres
tätig, bie bag burd) ben langen
Krieg in Unmiffenfjeit feerangemacfefene SSolf in ber ©tabt unb braufeen mieber in
ben §eit§maferf)eiten unterrichten füllten. ®ie ©tubentenfongregation mürbe 1606
in eine gröfeere unb ffeinere geteilt unb 1609 eine Kongregation für bie Bürger
erridjtet. $ie SJtitglieber mirften befonberg aud) burd) ben häufigen (Smpfang ber
©aframente auf bie anbern Bürger ein. $m Qafere 1642 mürben bie Kongregationen
mieber erneuert, bie für bie ©tubenten mit 50, für bie Bürger mit 60 ÜDOtgliebern.
1 2>ie9?eftoren tuaren: 33artf)oI.2Mben3(28el= (Stepf). tßarifot, 1636—1637); ©t. 33ienaffi»,
benfiS), 1595; 2Ibant Straub, 1605; s$et. SQtariu§, 1640; 3af. SDtorel, 1643; Äarl Sßljilibert, 1646 ;
1612; Sitaub. ©uban, 1615; $of). Siotl) (9tott), §ieron. $apinu§, 1648.
1623; tour, ©raff, 1628; $af. 3RoreI, 1632;
Cummarifcfkr gnngalf
Adtion
So« <jS6eo(><tß>o Ar#
fcimn £arnuf tmb £Mcf£t£
itt
©cpaltm tm JürfWcfcnGymnafio t>cr
rietet lESV,^t25nmu*utbert
l333cimnonata/|t)ni (Efmfli
M DC XXX.
L’ Abrege de la Comedie
DE THIBAVLD COMTE
DE CHARTRESET
de ßlois,
Exhibee au College de la Com¬
pagnie de Iesvs a Pouren-
truy l’An i 6 3 o.
©ctrucFf ju förunirw Durch TBilficIm SarbcUapr
Sie fßruntnttev üoniöbic Sljeobalb 1630. (*/*)
296
S8ierte3 Kapitel. $ic oberbeutfdje Sßrobittg.
der ©aframentenempfang mar 1621 auf 20000 unb 1628 auf 33000 Kommunionen
geftiegen, fanf bann burd) ben Krieg bebeutenb, bod) geigen bie Qapre 1649 — 1650
mieber 17 000—18 000 Kommunionen.
2lud) aufferpalb ber ©tabt mirften bie ©atreS befonberS burd) (Spriftenlepre unb
©rebigt. ©olfSmiffionen mürben öfters, fo 1609 in dele'mont unb ©t*£)ippotpte,
gehalten; eine anbere non neun Tragen im ©ebirge, mo ftcf) 3000 — 5000 Qupörer
einfteüten. Qn ©t*tpippo!pte maren aud) 1607 in ber Qaftengeit oiete ©rebigten unb
Katecpefen.
Slufjer ben gemöpnlidpen Sllmofen mürben bei ber Kanonifation beS pl. QgnatiuS
bie Sinnen mit mehreren ©cfjeffeln ©etreibe unb ©rot unterftü|t, maS bann gur
Qolge fjatte, bafs mehrere Qamilien biefeS ©eifpiel nacpapmten. Qm Qapre 1627
»erteilte man 1600 ©rote an bie Strmen. 2IIS 1610 bie QSeft ausbrach, tiertrat
P. Qop. QBierfon ben Pfarrer bei ben ©eftfranfen. Qm Qabre 1634 fiel ber ©eft
ein argneifunbiger ©ruber gum Opfer, ber auS Qreiburg gefcpidt morben mar, um
ben ©eftfranfen gur 2Iber gu taffen; aufjerbem ftarb noch ein Seprer beS KolIegS.
Qm Qopre 1635 erlagen brei Qefuiten im dienfte ber QSeftfranfen. P. dpomaS, ber
dag unb 97acpt bie Kranfen befncf)te, blieb oerfcpont1.
durd) ben Krieg mürbe ©runtrut tiorübergepenb fcpon 1621 in 90iitleibenfcf)aft
gegogen; beim ©inbrucp ÜÜRanSfelbS in baS GrlfafÜ mupte bie ©tabt eine ©arnifoit
aufnehmen unb baS Kolleg einen Seit ber ©otbaten in ben unteren Ktaffenräumen
unterbringen, fo bap, mie ber Slnnalift bemerft, 9RarS unb ^SallaS unter einem docpe
mopnten. ©lampe Qtüdjtlinge fuc^ten ein Slfpl in ©runtrut, unter anbern auch
8 Qefuiten auS SJJoISheim unb §agenau; fpäter (1632) mehrten fiep biefelben.
SllS bie ©chmeben im Qahre 1634 baS ©ebiet beS 93ifcf)ofS non ©afel befepten,
trafen fie in bem Priorat ©t ©toranb bei Slttfircf) ben greifen P. ©ibotb, ber bort
fterbenSfranf baniebertag. ©ie motlten ©etb, unb als ber ©reis erflärte, er habe
nichts, brehten fie ihm einen ©trief fo lange um ben Kopf, bis baS ©lut auS 9Rtmb,
Ohren, Singen unb 9iafe beS ©reifen perauSbrang unb er unter biefen Oitalen feinen
©eift aufgab. den ©ruber ©chmibt, ber ben fronten ©ater beforgte, banben fie
mit ben Qüpen an ben ©cfjmeif eines Q5ferbeS unb fcpleiften ihn über ©eftriipp unb
©eftein, bis fie ihn für tot hielten. dann burepfepnitt ein Leiter mit feinem ©übet
ben ©trief unb hieb auf ben Kopf beS ©ruberS ein, um ipm ben SReft gu geben,
©ad) einiger Qeit fam ber ©ruber mieber gu fiep unb fdjleppte fiaj nach ©runtrut 2.
Qm Qahre 1635 nahmen bie Qrangofen bie ©tabt ein. Söegen angeblicher Unter»
ftüpung ber Kaifertichen mürben bie Qefuiten tion bent frangöfifefjen (Statthalter
de la ©ufe am 7. Qanuar 1636 auSgemiefen. die Qefuiten füllten auf ©eranlaffung
beS QürftbifcpofS in bie an baS Kolleg ftopenbe ©tabtmauer eine ©refdje gelegt haben,
um bie Kaifertichen in bie ©tabt eingulaffen. demgegenüber ftellte ber ©eneraloifar beS
©ifcpofS tion ©afel, dpomaS ^enrici, in einem ©riefe tiom 30. ©otiember 1638 an
ben ©eneral feft, bap bie gange ©efepiepte erfunben fei unb ber ©ifcpof ftetS ba»
nad) getraeptet pabe, fein neutrales ©ebiet tion ben faiferlidpen druppen freigupatten 3.
dropbem bie gange ©efepiepte auS ber Suft gegriffen ift, fo patte ber ©eneraloifar
fepon am 30. SIpril 1636 an Karbinat ©arberini gefdjrieben, pat man alle beutfepen
Qefuiten auSgemiefen unb einige Qrangofen eingefiiprt4.
1 Vautrey, Hist, des Evgques de Bäle
II (1886) 212.
2 Claude Sudan, Les Suedois dans l’evä-
che de Bäle (Porrentruy 1862) 33 72 86 ff.
Sßgl. Kropf II 237 ff.
3 * Original in Germ. sup. Epp. I 26.
4 * Original in Barb. Lat. 687 1 , f. 53.
3)er SBiberruf be§ SSerteumberä bei Vautrey,
Hist, du coli, de Porrentruy 60 f.
3llte unb neue ÜUiebertaffungen : SBaflte.
297
• Stad) ber SluSmeifung mar ber Sieftor P. SUioret nach ißariS gereift, um bei
Stidjetieu bie Stüdfefjr ju ermirfen. SDtoret mürbe anfangs fetjr ungnäbig auf¬
genommen unb im $rofefjfjau§ interniert unb erft infolge einer ausführlichen S3er-
teibigungSfdjrift bie Sache bem fönigtidjen Sefretär be SioperS unb bem fraitjöfifchen
^rooinjial 53inet jur Unterfuchung übertragen. ©iefe hielten bafür, um meiteren
Sdjmierigfeiten §u begegnen, fei eS am beften, franjöfifche ^efuiten nach ißruntrut
ju fdjiden. ®a ber bHeftor jeben Sßiberftanb für nufjtoS erfannte, erflärte er ficf)
einöerftanben. ©in fran§öfifcf)er ißater unb ein 93ruber reiften nun mit ihm ju bem
franjöfifchen ©ouoerneur, bem fie ben S3efet)t beS Königs überbracf)ten, ben fran-
jöfifdjen ^efuiten baS Kolleg mieber ju übergeben1. ©iefer Schritt beS SteftorS er¬
regte am faiferüdjen §ofe großen Unmitten, roie bem (General oon Oerfchiebenen Seiten
gemetbet mürbe, ^n mehreren Briefen an bie faiferlichen 33eicf)tt)äter Samormaini
unb ißhitippi öerficherte 33itetIeSd)i, bajj ber Steftor ohne fein Stormiffen, aber im guten
©tauben gehanbett habe; bie ^aifertidjen fottten biefen Schritt baS Kolleg nidjt ent¬
gelten taffen2. S3atb fah fich aber ber ©enerat genötigt, baS Kolleg aus bem $er-
banbe ber oberbeutfdjen ißrooinj auSjufdheiben. Stuf SBunfcf) SubmigS XIII. muffte
SiitetteSdji am 26. SDiai 1640 baS Ü’otleg oon ber oberbeutfchen ^rooinj abtrennen,
ber Sponer fprooinj guteiten unb ihm einen granjofen (SienaffiS) junt Stettor geben.
®ie finangielte Sage mar ingmifchen unerträglich gemorben, bie Stder tagen un¬
bebaut, bie §öfe üermüftet ober oertaffen, bie Sdfutbner maren geftorben ober geflohen,
gubem ermieS fid) bie SSerbinbung mit ber Shoner fJSrooinj als üu^erft fchmierig, menn
nicht unmöglich. $n biefer Siot reifte ber Steftor 33ieuaffiS nach ^ari§, um Submig XIII.
baS ©tenb Dorjufteüen, bie SSiebereinüerteibung beS ^’ottegS in bie oberbeutfcf;e fßroüinj
unb bie ©rftattung einer grofjen Summe für meggenommeueS ©etreibe §u ermirfen.
©urcf) bie Unterftüüung beS fönigtichen SefretärS erreidjte er feinen ümecf. ©urd) 33rief
oom 24. ^uti 1642 billigte ber ®önig bie Übergabe beS ®oftegS an bie oberbeutfche
fßrooinj. ©er alte Steftor P. SStoret fehrte jurücf unb bradjte baS ^otteg mieber
auf 100 Sdjüter. CSrft am 28. $uti 1650 mürbe bem gairftbifdmf fein Sanb ju-
riidgegeben. 16 $ahre tang mar fßruntrut oon frangöfi)d)en, fchmebifdfen unb faifer-
tichen ©ruppen befept unb geptünbert morben. SSon 300 maffenfähigen Bürgern
maren nur mehr 60 übrig3.
•i*
©in neues fyetb ber ©ätigfeit erhielten bie üefuiten int Danton 2Batti§. 2Bar
biefe ©ätigfeit auch nur üorübergehenb, fo bitbet fie hoch eine ebenfo intereffante
mie tetjrreiche ©pifobe unferer ©efd)id)te.
^\m Seginn beS 17. üt*hÜ)ulü)ert§ hatte ber fßroteftantiSmuS im Danton äöattiS
entfchieben bie Oberhanb. ©ing bie ©ntroid'tung in ber bisherigen SSeife üoran,
muffte bie fathotifche Stetigion batb gängtich oerfdjminben. ©ie Urfadjen maren hier
bie gleichen mie anberSmo. ©ie meiften SBattifer, bie ihren Söhnen eine beffere
StuSbitbung geben moltten, f^idten biefetben auf bie proteftantifchen ©pmnafien nach
93ern, Qüricf) ober S3afet, teitmeife auch nach Saufanne unb ©enf. S8ifcf)öfe unb
Uterus gaben burdj ihren Söanbet guerft ben $atf)oIifen Stnftojf, bann ben Steu-
gtäubigen §att unb Unterfiütmng. fßrebigt unb StotfSunterridft oerfchmanben immer
mehr. ©er Söifchof oon Sitten mar gugteid) SanbeSherr, feit bem testen ©rittet beS
16. üiahrhunhertS im ganzen Umfang feiner ©iöjefe, oon ber gurfa bis jurn ©enfer
1 9cäfjere§ in ben * Litt. ann. coli. Pruntrut. 1636; an $f}ilit>pi, 28. $jmti 1636. * Drig.-9teg.
1642. Sßcjl. Vautrey, Hist, des EvSques Ad Austr.
de Bale II 214. 3 Vautrey, Hist, du coli, de Porrentruy
2 ®itette§d)i an Samormaini, 7. u. 24. Smci 69 ff.
298
SlierteS Kapitel. 25ie oberbeutfdje ^roüinj.
©ee. Sfn biefer lueltlid^en .fperrfdjaft Ratten aber aud) bie fieben ©emeimoefen
(ßepnben) (Sitten, ©iber!, Seuf, Saron, Sifp, 93rig unb ©om! ipren Slnteif burd)
ben fog. Sanbrat, bie Slbgeorbiteten aller ßepnben.
(Sin neuerer ©efdjidjtfcpreiber fd^itbert auf ©runb unanfedftbarer Siften bie
refigiöfe Sage im ©ebiete ber fieben ßepnben um 1602 alfo 1 : „©er 93ifd;of befafj
feine Sfutorität, man oerfadjte feine 23efef)Ie unb ©rfaffe; feine fürftfidfe ©emaft mar
offne Slnfepen. . . . ©ie ft'ircpeit, jumeift unten im Sanbe, maren baufällig unb
fdjmudfo!. . . . ©er ©otteSbienft mürbe nur fpärlid^ ober gar nicpt befudjt; fo fap
man in Sitten, mo 1200 Äommunifanten fein follten, nur brei ober oier alte SSeiber
ber SJJeffe beimopneit. . . . ©ie Sepörben — teifmeife aucp in ben oberen ßepnben —
maren mit fflroteftanten ober lauen ^atpofifen befept, bie meber in bie fßrebigt nod)
in bie SUIeffe gingen. . . . ©efbft ber bifdföffidje |)of begann ein §ort be! neuen
©fauben! ju merben: bie micptigften ©teilen lagen in ben Rauben unfatpofifcper
Beamten, bie pauptfädjficp barauf aulgingen, ben Sifcpof ben fatpofifcpeit Orten gu
entfremben. ... Sin fatpofifcpen Siidjern perrfdjte großer üDJangef; bafiir traf man
in affen Raufern unb Verbergen, bei fßrieftern unb Saien, cafoinifdje 93ibeln unb
proteftantifcpe ©treitfdjriften. . . . ©iner ber fdjfimmften ÜOUfjftünbe mar bie Sin»
Häufung ber einträgfidjften fßfrünben in ben §änben ber ©ittener ©omperren. ©abei
trieben biefe Herren, anftatt ipren geiftficfien Obfiegenpeüen ju genügen, meftfidje,
bem jßriefter oerbotene ©emerbe. ßpr fittficper SBanbef mar oieffacp gerabeju
ffanbafö!: fie fcpämten fid) nicfjt, mit ipren ©irnen ßffentfidf burd) ba! Sanb ju
fiepen unb fie hinter ficf» ju Ütoffe nad^ufüpren, ober fie fiepen ifire $onfitbinen
allein ju fßferbe fipen unb liefen af! Safaien ju ßup nebenan, ßur S3eforgung
if)rer Pfarreien bingten bie ©omperren um geringe! ©efb, mie ©ageföpner ,oerfaufene
Pfaffen1, bie man megen ifjrer Unmiffenpeit, Untaugficpfeit unb Stulgefaffenpeit fonft
nirgenb! bufbete. ÜOIancper non biefen ©eiftficfjen üerftanb fümmerficp gu fefen unb
31t beten, gefd)toeige benn ju prebigen. ... ßn Untermaffil Ratten fid) üiefe Sßriefter
oerepeficpt; bie meiften maren gfaubenlfo! unb fpotteten über bie ©ebriiucpe ber
fö'ircpe. ßn ben Seicptftupf gingen fie nicf)t rnepr; fie fiefjen bie ^ontmunijierenben
bfop ba! Confiteor in iprer üöiutterfpracpe beten unb gaben ipnen ein ©tüd einer
nid)tfonfefrierten £mftie."
ßn Untermaffi! unb in ben unteren ßepnben moffte man oom fßapfte unb ber
®ircpe nid)t! mepr miffen; in ben oberen ßepnben bfieb ba! Soff bem fatpofifcpen
©fauben jmar anpängfid), aber e! mar füprerfo! unb mutfol. Um fo größer mar
bie ©iegeljuoerficpt ber Sceugfäubigen.
©en erften Sfnftofj jur Sefferung biefer fdfreienben ßuftiinbe gaben gottbegeifterte
^apu^iner, bie auf püpftfidje SInorbnung feit Sluguft 1602 eine überaus fegenlreidje
SSirffamfeit in 2öaffi! entfalteten2, bann ein Stufftanb bei gfaubenltreuen ßepnben
oon ©oml, ferner ba! mieberpofte entfdjiebene ©intreten ber fieben fatpolifdjen Orte
für bie $atpofifen in SBalli!, befonber! gegen bie SOfadfinationen Sern!, enblid) bie
eifrigen Semiipungen be! Slbt! Sfbrian (Dtiebmatten) oon ©t SJJorip, ber erft af!
©enerafoifar feine! Opeim!, be! fcpmadjen Sifcpof! £>ifbebranb II., bann af! beffen
üftacpfofger (Sfbrian II.) entfcpieben für bie fatpofifdje Reform arbeitete. Sefonbern
©anf fcpufbet Sßafli! bem fatpofifdfen Sorort Supern, ©a e! an geeigneten fßrieftern
fepfte — e! foffen bamaf! in Söatfi! nid)t mepr af! oier ©eiftfidje opne föonfubinen
gemefen fein3 — , fdjidte Supern mäprenb eine! ßaprjepnt! Pfarrer unb fö'apfäne,
1 ©riiter, 35er Anteil ber fatfjolifdjeit unb ben S3erid)t ber 9Jat£botfd)aft ber fieben fatt)o=
broteftantifdjen Crte ber ßibgenoffenfd)aft an Ii|‘d)en Crte (Sitten , 10. ®tai 1600, in Gib»
ben religiöfen unb bolitifdjen Äämbfen im 25?atlig genijffifdbe 9(bfd)iebe V, 1, 534 ff.
1600—1613; ®efd)id)t§freunb LII 66 ff. SSgl. 2 ©riiter a. a. D. 69 ff 130. 3 Sbb. 135.
9(ltc unb neue Stiebertoffungen : SBalliS.
299
bie fidp baju bereit erfrärten, ins 2BadiS, bepiett ipnett ipre i]3frünben in Sujertt
Bor unb unterftüpte fie mit ©clb für bie Steife unb bie erfte Sinridptung P Stm
16. ©ejentber 1604 trat bie erfte ©ruppe bie Steife inS SSadiS an. darunter be*
fanb fidp audp ein ^efuit auS bent Sujerner Kolleg, Sltartin ©ibeler. Sin gleicpjeitiger
33eridpt melbet Bon ipm, bafp er mit Srfotg eine ©dpute 511 93rig leitete unb babei
nodp 3eit fanb, bie Mangel in StaterS ju oerfepett. Söeit fein ©epalt färgtidp mar,
geriet er öfters in Stot. Xropbem mar er peiteren SStuteS, unb fein SBirfen erhielte
folcpe grüdpte, bafp felbft feine Sßiberfadper erftaunten1 2.
2öaS fidp bei ber Steform immer bringenber füplbar macpte, mar ber SJtangel
an ©dpttlen für bie ©öpne ber ©ebilbeten unb für ben StadproudpS beS ßleruS.
ßmar ftnbierten mancpe äBadifer an ben ^efuitenfoEtegien in Supern unb greiburg,
an letzterem Ort 1606 gegen 60; bodp mar 1603 bie 3apt ber an proteftantifdpen
©cpulen ©tubierenben auf 9/10 fämtlidper ©tubierenben auS bent SBadiS beredpnet
morben3. Sin SSerbot beS 23efudpeS ber proteftantifdpen ©dpttlen fonnte jmar burcp>
gefept, aber nidpt gepanbpabt merbcn. ©egen bie Senüpung ber greiptäpe im fpanifdpen
SStailanb macpte fiep befonberS ber fran^öfifdpe Sinflufp geftenb. Slber einftmeilen
mar nidpt ju pelfen. ©dpid'te audp Sujern nadp unb nadp bis 1613 36 ifßriefter
ins SöadiS, fo fonnte baS, abgefepen Bon ben großen Soften, nidpt opne ©dpaben
für Sujertt felbft anbauern.
Siun manbte fiep Sujern 1606 an ben ^roBinjiat Bott Oberbeutfcpfattb unb
bat bringettb um ^efuiten für SEBadiS. Sludp Stom unb ber StuntiuS boten adeS
auf, unt bie ©enbung Bon gefuiten ins SBadiS burcpjufejpen. ®ie $orrefponbenj
beS ©taatSfefretärS SJtalacriba mit bem StuntiuS gabrijio SteraUo jeigt, mie ernft
eS Stom piermit mar. Söieberpolt mirb ber StuntiuS angeroiefett, ben 33ifcpof Bon
©Uten ju brängen, fein mögticpfteS für bie Siufüprung ber gefuiten ju tun4 *.
®ie Qefuiten roidigten enblidp ein, BerpepOeit fiep aber bie ©cpmierigfeiten nidpt.
£>atte man fepott bie ßapujiner mieberpolt oertrieben, mie fodte eS ben gefuiten
ergepen, gegen bie eine glut Bon Sßerleumbungen audp in SöadiS oerbreitet mar?
SDer ^rooinjial beauftragte ben Spruntruter Steftor SIbam ©traub, junt Söifcpof
Stbrian ju reifen, nm ju erfapren, mie ber 33ifcpof fiep jur Berufung ber gefuiten
ftede. gn einem Briefe (ißruntrut, 10. guli 1606) fdpreibt P. ©traub: Stadpbent
er in Sujertt bie SmpfepIungSfcpreiben ber Stegierung uttb beS StuntiuS erpalten,
reifte er Bon bort am 21. guni ab unb tarn ant 24. in DbermadiS an. ®er
SSifcpof mar auf einer Sßifitation feiner Siöjefe begriffen. SDeSpalb reifte ©traub
am 25. nadp Strnen, mo ber Sujerner Pfarrer ÜDtelcpior ©utter eine fegenSreicpe
Stätigfeit entfaltete, ©dptiejpdcp traf er ben Sifcpof in Starott. $er SSifcpof mar
an biefent Stage jroötf ©tunben pintereinanber in ber $ircpe tätig gemefen. Stnt
folgenben SJtorgen itt ader grüpe mürbe ber ^ßater oom 23ifdpof empfangen. P. ©traub
fepte feinen Auftrag auSeinanber, bie gefuiten modten nidpt ipreS Vorteils palber
nadp SGSadiS fommen; audp feien fie bereit, jeben Slttgenblid mieber abjujiepen. ®er
SSifcpof ermiberte, fepon oft unb lange pabe er gemünfept, menigftenS je jmei patres
in ©itten, £euf unb 23rig ju paben. SIber er mage bei ben gegebenen SSerpältniffett
niept, opne guftintmung beS SanbrateS oorjugepen; er merbe aber im Sanbrat ent«
fepieben bafür eintreten unb jept bei feiner Sßifitation adeS tun, um bie ©entüter
günftig ju ftimmeit. Obgteidp einige an bent SStute unb ber Sinficpt beS 93ifdpofS
1 66b. 129 ff. 3 66b. 147.
2 66b. 135. Sie Sujerner iJPtiefter litten alle 4 SSgl. j. S. bie * Sebefcpen tiom 8. unb
grope 9tot, i^re Käufer waren leer, fein 93ett unb 29. Suli 1606, Borghese I 899. 9l6fd)rifteu
fein $au3rat, feine 2e6en§mittel; ohne il)r SSia= in sSern, 93uubelarchio, 9Jom 9Jr 86 u. 103.
tifum l)ätten fie üerfjungern mtiffen (ebb. 132).
300
SSierteS Kapitel. Sie oberbeutfdje $vot>inj.
ßmeifet fegten, ift P. ©traub überzeugt, baff fein fßtan unter ben Sertjättniffen
richtig fei, ba ber Sifdjof biefe beffer burdfjfdjaue atg gernftefjenbe. ©g feien aber
niete non ben Stngefefjenen gegen bie Berufung, unb bagfelbe gelte non ben meifteit
^rieftern, bie aug gurd)t ÖDr einer Reform fet)r jefuitenfeinbticf) feien. gurn ©djtuffe
greift ©traub bie grofje Siebe bei Söifd^ofS gegen itjn; er habe itjn jmei Sagereifen
burdfj feinen Neffen big ©t ütRorit3 begleiten unb alte Unfoften beftreiten taffen, bann
ifjn in ©t äRoritj fo empfofjten, baff itjm ein Sruber mitgegeben mürbe, ber ifjn
eine gange Xagereife burcf) bag ©ebiet ber tpäretifer big ©tSDiontjg (Chätel-Saint-Denis)
im fjreiburgifcfjen begleitet unb alle Slugtagen beftritten Ijabe1.
grüf)jaf)r 1607 erftärte fidfj ber Sifdfjof bereit, gmei $efuiten aufgunefjmen.
Qnfolgebeffen reiften am 7. ^uni 1607 aug bem Sugerner ^otteg 2 fßatreg unb
1 Sruber nad) Söattig2. Stuwer Strnen erhielt Slprit 1608 au cf) ©iberg gmei ^efuiten
für s^5rebigt unb Unterricht.
Sie Missio Yallesiana tag bem ©enerat StquaOiöa fefjr am §ergen. 2öieber=
polt mahnte er ben SSifitator ber oberbeutfcfjen fßrooing Sfjeob. Sufaeug: fie fotte,
fo fdjrieb er am 6. Segember 1608, nicht allein fortgefetjt, fonbern mit atten ÜRittetn
geförbert unb bie 3af)l ber Sftiffionäre oermefjrt merben. Stucf) möge über atteg
bem päpftlidfjen SRuntiug berichtet merben, benn bem fßapfte liege niet baran3. Sltg
einige meinten, eg fontme nicf)t oiet babei fjeraug, unb bie ÜRiffionäre fetbft etroag
muttog mürben, ba feuerte Slquatüüa am 5. ütRärg 1609 gu neuem ©ifer unb
freubigem Slugfjarren an: „Unfere bortigen fßatreg", fo mafjnte er ben Sifitator,
„fotten ermuntert merben, baff fie im Vertrauen auf bie göttliche §itfe fidj gan§ unb
freubig biefer äRiffion mibmen, nicht allein um bie ^attjotifen im atten ©tauben
gu bemafjren, fonbern and) um bie tpäretifer oom $rrtum gurüdgufiitjren." 4 ^m
^atjre 1610 maren in Söaltig gmei Sftefibengen mit je 2 fßatreg unb 1 Sruber,
bie eine ftanb unter Sugern, bie anbere unter greiburg5.
Stn Srangfaten aller Slrt fehlte eg ben Sßatreg nicht, ^m ^uni 1609 ftagten
bie fieben Orte, baff ber Sürgermeifter (oon ©itten) ©untren am begangenen &ar=
freitag einen ^efutten gunt Sertaffen ber fanget gelungen unb gebrofjt fjabe, ifpt
mit prügeln aug ber ©tabt gu jagen, fattg er nic^t freimütig gefje6. Sern fepte
atteg baran, um bie Qefuiten aug bem SSaCtig gu entfernen, ©g [teilte auf ber
ßonfereng ber öier eoangetifc^en ©tänbe gu Slarau am 2./12. ^uni 1609 ben Sin*
trag, „im §inbtid auf bag gegen bie eoangelifcfjen ©tänbe gerichtete Treiben ber
^efuiten, $apuginer unb anberer bermeintticfjen ©eifttidjen bei ben fatfjotifdjen Orten
auf Stbfcfjaffung fotcfjer Seute gu bringen"7. Sifdfjof Stbrian hatte auf ben erfteu
Stboentgfonntag (28. 9iooember 1610) einen ^efuiten aug Strnen berufen, bamit er
in ber grauenfirdje in ©itten bie fßrimigprebigt eineg ^anoniferg hafte, ©obatb
ber SORagiftrat bieg erfutjr, berbot er bei Sertnft beg Sürgerrecfjtg, ben ißater angu*
hören. Unb bag, tropbem ber Sifdjof, ber redjtmäjjige ffürft bon ©itten, [ich fomeit
herabgetaffen, ben 9J?agiftrat um bie ©rtaubnig gu bitten8.
1 * Original in Germ. Epp. 38, 11. Sßgl.
©riiter a. o. 0. 158.
2 *Compend. hist. coli. Lucern., in 5Dt. 9t.,
Jes. 1717 ad ann. 1607. Otäljerci bei ©riiter
a. a. 0. 160 ff.
8 * 0rig.*9teg. Ad Germ. sup.
4 * 0rig.=9teg. ebb. Über bie ^Bemühungen
bei Sluguftinerpateri 93urnpi unb bei Oberften
91iiboIf ipfpffer (1608—1609), ben Sefniten bai
ganj üerfommene Slofter ©erunbcn (©iroba)
bei ©iberi §u öerfcfjaffen, f. ßibgenöififcfje 91b»
fdjiebe V 1, 869 919. SBgl. ©riiter a. a. 0.
166 f.
5 * Catal. Germ. sup.
6 ©riiter a. a. D. 171.
7 ©ibgcnöffifdje 21bfcf)iebe V 1, 927.
8 ©riiter a. a. 0. 174. 5ßg[. Sarbinal
93eKarmin an Epabaffiui, 3. 9Jtärj 1611. *Cri*
ginal in W. 9t., Jes. 888.
Stlte unb neue 92iebertaffungen: SBalliS.
301
©egen eilte um biefe geit in SBalliS verbreitete ©cfjmähfchrift 1 erlief? 93ifd)of
Slbriait eine gebrudte Separation, in mcldjer er ben 9Zupen einer ftänbigen lieber*
laffung ber i^efuüen in SBalliS auSeinanberfept2. SDiefelbe ermähnt in ber Sin*
leitung baS Siigenlibell beS neuen Satilina (©untren)3; bie SSerleumbungen beSfelben
feien teils im lebten Sanbtag, teils in einer in brei (Sprachen (von ShaVafftuS) er*
fcfjienenen unb von if)m (bem 23ifcf)of) angeratenen unb approbierten Schrift tviber*
legt. Sr felbft erhebe nun feine Stimme für bie ungerecht Seibenben. Sr fühle
fidf) gebrungen, bie großen Vorteile einer ftänbigen 9Zieberlaffung ber öefuiten bar*
guiegen. Unter ben ©rünben fjebt er u. a. hervor, „bie 3efuiten haben unS fdjon
viele Qafyre in vieler ©ebulb gebient unb mit foldjer Srbauung unb Sintradfjt bei
un§ vermeilt, bah niemanb ihnen etivaS voruürft unb jeber viel ©uteS über fie gu
er§ät)len rneih". ®ie ^efuiten finb bie beften Reifer gegen bie fo viel beflagte lln*
miffenfjeit beS Slöallifer ß’leruS; bie ©djule ber ^efuiten ift für ben Klerus ein
mafjreS ©eminar, ba fie in ihrer ©djule in gleicher SBeife SBiffen unb grömmigfeit
beförberten. SB erbe biefe ©djule gurüdgemiefen, fo rufe er ©ott uub baS Sanb gu
Beugen an, baf? er feine Pflicht als |jirt unb gürft erfüllt. SDie Qefuiten hätten
ficf) ferner erprobt als tüdfjtige Sßrebiger, bie burdj SBort unb SSeifpiel gu foliber
SEugenb aufmunterten unb baS Safter befämpften, offne irgenb femanb perfönlicfj gu
verleben. Qfjre ©penbung ber ©aframente fei tabelloS, inbisfrete 2Inbacf)ten be*
fampften fie, nnb überall beförberten fie einen gefunben ©lauben; ohne ficf) auf
©frupel unb Slngftlidjf eiten eingulaffen, verfemten fie liebevoll mit allen, giir baS
Sanb fei eS eine Sljre, ruenn eS in feiner ÜDZitte gelehrte Geologen, fß^ilofop^en
unb ÜZebner Ijätte. Sr münfdje bringenb, bafj bie ^efuiten einftimmig gugelaffen
mürben, unb er ntüffe ficf) fef)r Vermunbern, menn eS Seute gebe, bie bagegen Schmierig*
feiten machten4.
Slhnlid) berichtet um biefe 3eit (1613) ber DZuntiuS in Sugern, SabiSlauS
b’ülquino: „3iir ObermalliS, metcf)eS gtvar gang fatljolifdj, aber in eine Unmiffenheit
verfunfen ift, von ber man ficf) feinen SSegriff machen fann, mürbe bie Slnfunft von
fßrieftern, bie oft felber nur menig miffen, nidjt einmal genügen, unb id) ergriff
beSfjatb einen vorteilhafteren, aber audj fdfjmierigeren unb gefährlicheren 2luSmeg. SS
mürben nämlich einige Qefuiten af§ SD'Jifftonäre hmgefanbt, meldje nadj beften Kräften
ungähligeS ©ute mirften; menn fie fo fortfahren, fo merben fie bie ginfterniS ber
Unmiffenheit gerftreuen unb ben armen Xalleuten baS mahre Sidjt unfereS ©laubenS
geigen. 3$ habe mir viele SDZiihe gegeben, ben 93ifdjof gu bemegeit, bah er immer
einige fgefmtert bei ficf) haften möge; aber eS mar umfonft, meil ber $8ifcf)of arm
ift unb bie Stoffen fcheut unb meil feine Stefibeng ©itten, als 2pauptfip ber maÜifdhen
$eper, bei einer Neuerung biefer 3lrt mahrfcheinlicf) in 23emegung geraten mürbe.
2)od) habe ich burchgefe^t, bah biefe Später fidf) in einem benadjbarten Rieden auf*
halten bitrfen, mo fie bann bereits eine ftarf befucfjte ©dhule eröffnet haben, melcfje
viel leiften mirb, menn man fie befdjüpt unb begünftigt, mie id) eS getan. — Ober*
malliS hat im gangen 30, UntermatliS 20 ober 24 Pfarreien." 5
3IIS ber SBifchof Slbrian ftarb (7. Oftober 1613), gäf)lte bie ©cf)ule in 51rnen
180 ©cf)üler. Sbenfo erfreulidj maren bie fRefuItate ber Schule in ©iberS, unb felbft
1 gä ift ba§ „©utacpten" bei Suciuä,
Scfuitcrfjiftorie 525 ff unb ba§ Consilium 1610
bei Hospinian., Historia Iesuitica 135.
2 Commoda spiritualia et temporalia, quae
partim iudicio 111. Principis et Rev. Dom.
Adriani Sedunensis Episcopi utriusque Aral-
lesiae Comitis ac Praefecti, partim Catholi-
corum aliorum tum Ecclesiasticorum tum
Saecularium accessura sunt eidem Yallesiae,
si Patribus S. J. stabilem sedem attribuat.
Excudebat Friburgi Nuith. Stephanus Philot
1611. 12° 14 <3.
8 Über ©untren ugl. ©rütcr a. a. 0. 176.
4 Commoda spiritualia 5, 8 ff.
5 (Schreiber, Jafcbenbud) IV 51 f ; «gl. 94
uub 9)2 aper, Äon?il bon Orient II 307.
302
Viertes Kapitel. Sie oberbeutiche ^roüinä.
Seit! oertraute if)r feine ©öffne an. ®ie Qefuiten neriegten bie ©djule am 28. 3IpriI
1615 nad) 23entf)en, einem ®orfe bei ©iberS; bereits im näcfjften ^a^re fjatten fie
130 Spüler 1.
^n ber 9iefibeit^ ju 23entf)en (Ventona, Venthöne), bie unter bem Kolleg non
greiburg ftanb, toaren 1625 5 patres unb 1 23ruber; ein ifßater leffrte fftfjetorif
unb Humanität, ein jmeiter erfte unb jrneite ©rammatif, ein britter bie britte @rant«
ntatifalflaffe. Sin ber ©djule beftanb aud) eine Sftarianifcfje Kongregation. SDie
patres lebten non einigen Weinbergen unb ben Sllntofen ber OrbenSpronin^2. $on
$entf)en aus gelten 2 patres and) in bem nier ©tunben entfernten (Sitten faft an
allen ©onu« unb Feiertagen je eine fransöftfefje unb eine beutfdje )ßrebigt. ©djon
feit 1620 fjatte S3rig ftcf> bemüht, bie ^efuitennieberlaffung ju erhalten. 9Jiai 1625
fam ber fßlan ju ftanbe. 4 ^riefter unb 1 33ruber fiebelten nad) S3rig über unb
eröffnten bort eine ©d)ule. 31m 6. ©eptem&er 1625 ermunterte fßitelleSdji ben
©uperior non 23rig, )ßeter SOIariuS, bie SSriger SZieberlaffung mit allem (Sifer ju
förbern unb an ben Sßrebigten in ©itten feftju^alten3. $m 3a§re 1626 maren in
93rig 5 patres, barunter 3 ^rofefforen; im ^aljre 1625 fam eS aud) in ©itten ju
einer SUeberlaffung mit einem fran^öfifcfien unb einem beutfdjen ißrebiger, aber erft
nad) iiberminbung nieler ©djmierigfeiten. ®ie SSebingungen non feiten beS SWagiftrateS
maren fo fjart4, baff ber ©eneral fie als ganj unerträglid) bejeidmete unb nur ein
mieberfjolter 23efef)I ber ^ßropaganba unb beS ifJapfteS gur Slnnafjtne berfelben be«
megen fonnte5. Slber aud) bann nod) madjte ber äftagiftrat ©djmierigfeiten. @rft
ein ernfteS fülafjnfdjreiben UrbanS VIII. oom 20. ^uni 1624 an ben 9Jiagiftrat non
©itten nermodjte ben Wiberftanb ju befiegen. @r felje, fo fcfjrei&t ber fßapft, „baff
burcf) bie Wadjfamfeit unb Xugenb ber @efellfd)aft bie fatfjolifdje ©ad)e ge«
feftigt unb bie Qugenb in Wiffenfdjaft unb Xugenb geförbert merbe"0. SJIitte 1625
famen jroei patres non 33rig7.
Um biefe $eit fpradj fic^ IBifdjof .fpilbebranb in einem Briefe oom 13. Sejember
1626 an bie fatf)oIifcf)en Kantone über bie Fefu^en in WattiS alfo auS: Wenn
etmaS in Wallis notmenbig ift, fo ift eS bie ©egenroart ber Fefuiten, bamit fie bie
^pärefie günjlid) auSrotten, ben ©laitben ftärfen, bie ^ugenb ergießen unb baS ge«
plante geiftlicf)e ©eminar leiten. $d) bitte, alles aufsumenben, bamit bie Später ein
Kolleg in ©itten errichten fönnen gemäfj bent fjeifjen Wunfcfj beS ißapfteS unb ber
ißropaganba; aus biefer fRüdfidjt f)af>en fie bie Sebingungen gebilligt, melcfje bie
non ©itten an iljre ßulaffung gefnüpft, obgleich biefelben ben Freif)eiten unferer
Kircfje entgegen finb8.
1 Kropf I 145 f. 3 oller, Sie erfte ge«
fuitennieberlaffung in SBalliS 1608 — 1G27, SIät«
ter au§ ber SBallifer ©efchidjte II 208, bei
©rüter a. a. 0. 173. Sgl. Grenat-La-
v all az , Hist, moderne du Valais 1536 — 1815,
Geneve 1904, 158 ff.
2 *Catal. trienn. Kropf I 355 ff.
8 * Orig.« flieg. Ad Germ. sup.
4 Sou Sentljen, 26. gebr. 1623, fdircibt Olifol.
©upot bariiber an ©renpig, ebenfo Sßetr.
SRariuS, 23. «pril, 3. SOIai unb 7. ©ept. 1623.
* Original in 901. 91., Jes. 888. Sie Sebingungen
befdjränfen 3af)I, Sefifc unb Sätigfeit ber ge«
fuiten. Sgl. bap ben Srief be§ P. fReginalb
©ilüeftri, Supm, 17. Slpril 1622. * Original ebb.
5 * SiteUe^dji an ©renjing, 27. Slug. 1622,
25. gebr. unb 1. guli 1623. Orig. --flieg. Ad
Germ. * Siteüe^dji an SSifdjof §ilbebranb,
10. ©ept. 1622. * Orig. «flieg. Ad Externos.
6 SSorttaut bei Kropf I 360. Sopie aud)
in 501. 5R. , Jes. 888. ©d)on früher (6. guni
1615) Ifatte ltrban VIII. bem 93ifd)of unb Sfa«
pitel bie Einführung ber gefuiten al§ feljr nüfc*
lid) empfohlen. SBirj, Süllen unb Sreben
(1902) Olr 525. Sgl. Saul V. 22. guni 1613,
ebb. Dir 482.
7 Über bie Sätigfeit in Sitten unb Srig Ogi.
50Iariu§, Sitten, 19. guni 1626 an ©cappi,
* Original im Slrdjio ber 5J8rop>aflaitba, Lett.
di Svizz. LXVI, f. 277.
8 SBortlaut bei Greuat-Lavallaz a. a. 0.
237.
303
2llte unb neue fJlieberlaffungen : SBatliS.
®ie fcfjon fdjmierige Soge ber $efuiten in SöadiS mürbe noch fd^toieriger burdj
ben Äampf ber ßefjnben mit bem Vifcfjof um bie meltlicfje §errfd)aft. ^atljolifen
uitb ^roteftanten [tauben in biefem Kampfe gefcfjloffen gegen ben Vifcfjof, ber fdjliefjlidj,
burdj bie SSerfjäftniffe gelungen, auf [eine üiedjte als SanbeSfjerr oerjidjtete (1630).
®er Umftanb, baß ber Vifcfjof auf [eiten ber $efuiten [taub, gab ben ©egnern oief=
fad) 2fnlafj, bie ^efuiten in ben ®ampf ^inein§u§ief)en unb ju behaupten, bie ^efuiten
[eien an bem Verhalten beS VifcfjofS [c^ulb, [o in bem Vefijjftreit um baS ©djul*
gebäube in ©itten unb in ber SlbbanfungSfrage beS VifdjofS. $n einem eigenen
©djriftftiid tont 10. Januar 1627 erflärte aber ber Vifdjof auSbrüdlid), bafj ifjm
nie unb in feiner Söeife ein ^efuit jur Slbbanfung geraten fjabe. gugfeid) [teilte
er ben Qefuiten ein fefjr eljrenöodeS ßeugniS auS: „SSeif bie 3efniten tu SßadiS
[djoit mieberljolt unter Verleumbungen böSmidiger sH7enfd)en gu leiben Ratten, [o
bezeugen mir, bafj ade patres unb Vriiber ber ©efedfdjaft, bie bisher ju ©itten,
Vrig, Venthen unb Slrnen gelebt, [idj nicfjt adein oon aller Sttafel eines Verbrechens
frei gehalten, [onbern megen iljreS lautern unb religiöfen SebenSmanbelS, ihrer
Xreue in ber fatholtfdjen Sehre, ihrer brennenben Siebe unb ihres unterbroffenen
©iferS bei ber Belehrung beS Volles unb ber Untermeifung ber Q;ugenb oder ©hre/
Siebe unb Vefdjirmung in hohem ©tobe mürbig ermiefen haben." 1
©ehr ermiinfdjt fant bann mieber ben ©egnerit eine Unflugfjeit beS Obern ber
SBadifer ^efuiten, beS P. ÜJiartuS, ber bei ber girmuug in dfaroit bie 9J2acf)t unb
SSürbe beS 33i[cf)ofS jum ©egenftanb [einer ^Srebigt nahm, oon bem ©djmerte, mit
bem ber erfte Vifdjof non SSadiS, ber hl- £he°knl, abgebilbet mirb, auSging2 unb
babei SlnSbrüde gebraudjte, bie bei ber ©pannung ber ©emiiter gegen bie meltlicfje
^perrfchaft beS VifdjofS non ben ©egitern in einem fcfjlimmen ©inne gebeutet merben
fonnten, als [eien bie 3efniten ©egner ber VolfSrecf)te. ©o gelang eS, audj gute
^atljolifen unb g-reunbe ber Qefuiten in bie ©egnerfdfjaft gegen bie ^efuiten hinein»
gutreiben. SDiefen günftigen Slugenblid mußten bie ^ejuitenfeinbe gefdjidt §u be¬
nähen. ©in aufjerorbentlidjer Sanbrat mürbe nadj Seuf berufen auf ben 3. SUfärj
1627 unb bort bie ©rreguitg fo gefteigert, bafj ein ®efret 51t [tanbe fam, in bem
bie StuSrceifung ber ^efuiten befcfjloffen, gugleic^ aber bie fatfjolifdje Religion als
einzig berechtigt in SBadiS erflärt mürbe. ^nmiemeit ^er Steile Vefdflufj ben i)3ro»
teftanten mirflidj gemeint mar, fann faunt gmeifelhaft [ein; aber baS ^pauptgief, bie
Verbannung ber Qefuiten, mar oorläufig erreicht.
damals maren gu Vrig 5 ißatreS unb 1 Vruber, gu ©itten 2 Ißriefter unb
1 Vruber. ®ie Qefuiten, bie unter bem Veftor oon greiburg, 0aubiuS ©ubanuS,
[tanben, erhielten auf iljre Slnfrage bie Söeifung, ben Verfiältniffen ju meidjen. 2lm
16. £D^ärg jogen bie ^faton aus Vrig ab jum grofjen ©djmerj; beS VolfeS, baS
adeS getan, um ©infpradje gegen bie Vermeifung ju erheben3, ßmei üDiitbrüber liefen
bie Vriger ^efuiten auf bem Äirdjfjof gurücf, bie eilt $af)r öorher (1626) unter ad»
gemeiner Iraner ju ©rabe getragen morben. ®er eine mar Submig .Qurat) auS ®elS»
berg (SDelemont), ber nur 37 ^aljre alt geworben, ©anje Sage roanberte er burch
Verg unb Hai, um bie Sanbleute ju unterridjteu. ©ein üdiunboorrat beftanb oft nur
in einem ©tücf Vrot. ®er anbere, Ä'afpar Vfjetj auS Sujern, hatte nach langjähriger
Sätigfeit am ©pmnafiunt [eine ^jauptforgfalt ben Vauernfinbern gemibmet; befonberS
fucfjte er [ie jum ©ebete anguleiten, meil er bem ©ebet ber unfdjulbigen Ä'inber eine
1 * @ef. Orig. in “Dl. 91., Jes. 888, $ruct ber ißropagauba, Lett. di Svizz. LXVIII,
bei Kropf 1 394. $8gt. Schreiben §ilbebranb3 f. 160 ff.
Dom 5. 3uli 1626 an bie 'JJropagauba unb 2 *Hist. S. J. in Vallesia, 9J1. 91., Jes. 872.
15. 2Iug. 1626 an ben 9tuntiu3 Scappi, 2lrd)iD 3 Kropf I 395 ff.
304
SöierteS Kapitel. ®tc oberbeutfcfje Sßroöins.
grofje ÜDfadjt bei ©ott gufdjrieb. (Sr felbft fjeiligte feine nieten unö [teilen Söege
burd) beftänbige^ @ebet 1.
©er $aftet(an, 9iat unb ©emeittbe be§ 3el)nben ©rig [teilten beit Qefuiten am
G./16. fdiärg 1627 ein gtängenbeS 3eu311^ auS: fie Ratten mät)renb ber ganzen
ßeit it)reS Aufenthaltes in ©rig baS ©eifpiet eines frommen unb unbefdfottenen
SebenS gegeben, nicht allein bei ber fyeier ber ^eiligen ÜJJeffe, ©rebigt, Äatecfjefe
unb Satramentenfpenbung, fonbern auch burd) ifjren raftfofen ©ifer in bem Unter-
ridjt ber lieben ^ttgett*5- 3()1' 33eifpiel unb iijr Seben fei ein folcfjeS gemefen, baff
bie ©riger beftimmt it)r längeres ©ermeiten gemünfd)t, menn bie SSerfjältniffe eS
geftattet hätten ; fie tonnten beShatb bie geliebten ©äter nur angelegentlich empfehlen
unb mürben [eben ihnen getesteten ©ienft banfbar oergetten2.
Am 20. 9JZär§ oertieg and) SDiariuS SBatliS. 3n einem Briefe non Sitten,
16. Sftärg 1627, fejjt er bie ©riinbe auSeinanber, meShatb baS 2Begget)en felgt ge¬
raten: ber Streit um ben neuen ^atenber gmifdjen ©ifchof unb 3ehnben; ber ©ifdjof
fdjreibt ben neuen Äatenber bor, bie üßadifer Herren oerbieten ihn, fomit ©ermirruttg
für öftertiche Reicht unb Kommunion; bie neuen SRanbate beS ©ifdjofS in ©etreff
beS ß’atenberS unb feiner ©edfte, burch metche bie Qefuiten in bie fdjtimmfte ^maugS-
tage tarnen ufro.3 3n ben ®epefd)en oom 7. unb 18. April 1627 an ©arberini
erftärt ber ©uutiuS Scappi bie ©rünbe ber Austreibung für burchaitS frioot unb fieht
in berfetben einen großen Schtag für bie fatf;otifche Religion unb baS Anfehen beS
^eiligen Stuhles in SöattiS4. ©a fdjon fo oiete ßeugniffe für bie Unfchulb ber
^efuiten in SBattiS oortagen unb bie ©egner nichts gur ©echtfertigung ber Achtung
oorgebracht, fo h^It eS ©itetteSchi in einem ©riefe an ben ©rooingiat SJtunbbrot
oom 17. Aprit 1627 für faum geboten, eine Apologie gur ©erteibigung ber ©efelt-
fdjaft gu oeröffentlichen; füllten bie beutfdjen ©atreS anberer Meinung fein, motte er
jebodj einer ©erteibigungSfdjrift nidjt mehren5.
©ine gange Sd)ar oon Sdjütern (gegen 40) folgte batb ben 3efU4ten nach
$reiburg, mo ber Obere oon Sitten, ©eter 9J?ariuS, unb ber Obere oon ©rig, ©itotauS
©eritt, als £ef)rer am ©pmnafiutn ©ermenbung fanben unb fo im tebenbigen ©er*
fehr mit ber liebgemorbenen SBattifer 3u3enb bleiben tonnten.
Alte Sdjritte beS ©ifdjofS, beS Nuntius6, ber fieben Orte, eine Aufhebung
beS ©efreteS gu ermirfen, maren gmar oergebenS, hatten aber baS ©ute, baff ber
gangen Söett bie Uufdjulb ber Qefuiten unb ihre bisherige fegenSreidje Arbeit bofu-
mentarifch oor Augen gebradft mürbe, ©ie fieben Orte fdjidten fofort eine ©efanbt-
fdjaft ins SöattiS; am 16. ÜDZärg erhielten fie ben ©efcheib, baff bie ©ater ber ©e-
fetlfdjaft 3efn, bie allbereit bei 20 3a^ren bei ihnen oerharrt, ihnen lieb unb
angenehm feien unb fid) roegen guter Untermeifung ber ^ugenb nnb anberer töbtidjen
Arbeiten oerbient gemadjt hätten, aber feigt megen ber hinreichenben Angatjt gelehrter
©riefter nicht metjr nötig feien7, ©inen ähntidjen ©efcheib erhielten ber frangöfifdje
©efanbte unb ber ©untiuS, bie testen ©rünbe tonnten fie nicht fagen8. ©er
©untiuS, Atepanber Scappi, [teilte bei biefer ©etegenheit ben ^efuiten in SEBaÜi»
1 Kropf I 398.
3 * ©ef. Original mit Unterfdjrift tum
©eorg 9)ticf). Superfapo Siniatig in 91t. 9t.,
Jes. 888.
8 * Original in 91t. 9t., Jes. 888.
4 * Original in 9tom, Arcli. Vatic., Nunz.
di Svizzera vol. XVI. Slgl. 25. 91tärj 1627
in vol. XV.
6 * Original in 91t. 9t., Jes. 8S8.
6 Oer Sßortlant ber ^Proportionen be§ 9tun«
tiu§ üllepanber Scappi in Sujcrn, 23. 91tärs
1627, unb in Sitten, 26. 91tai 1627, in 91t. 9t.,
Jes. 888.
7 SSorttaut in ber UrFunbe ber ©efgnbten
Oom 27. 91tärä 1627 bei Kropf I 400. '.Be¬
glaubigte Slopie in 91t. 9t., Jes. 888; bort
and) ber beutidje SBortlaut.
3 Kropf I 402.
Sllte unb neue Aieberlaffungett : SEÖoüiS.
305
ein ßeugni§ aug, tute fie eg gtänjenber nicf;t münfdjen tonnten; babei f)e£>t er peroor,
bafj P. 9J7ariug nidjt allein nidjt für bie Abbanfung beg Sßifcpofg, fonbern in feinem
Aufträge gegen biefelbe gearbeitet pabe1. Auch Urban VIII. trat in üerfdjiebenen
Schreiben an SSaüig für bie ^efuiten ein unb gab feinem ©dpmerje über beren ©nt=
fernung Augbrud2.
den üieten fermeren 33erteumbungen, toeld^e bie Augmeifung ber ^efuiten fort»
gefegt begleiteten, ftetlte 23ifdjof ^ilbebranb nocfjmatg am 15. $uni 1627 fein auf
langjähriger, genauefter ®unbe berupenbeg ßeugnig gegenüber, in metdjem er ber
unertnüblidjen Arbeit ber ^efuiten in Söattig in ber Untermeifung beg SSotfeg unb
ber $ugenb burdj ^3rebigt unb föatedjefe, ihren gefegneten (Sifolgen, befonberg auep
ihrem mafettofen, ejremptarifcpen Seben bie größte Anerfennung jottt unb feinem
großen ©djmerj über beren SBeggang Augbrud üerteipt3. dagfetbe erflärte er toieber»
holt am 27. unb 28. Januar 1628 ben deputierten ber fatpotifepen Kantone auf ber
dagfapung, bie üom 19. big 31. Januar 1628 in Supern raegeit ber SGBaUifer Angelegen»
heit ftattfanb4.
die ißatreg fetbft erachteten eg atg eine gütige SSorfetjung, bafj fie bem ©treit
jwifdjen 33ifd)of unb SBolf, in bem fie halb hier batb bort anftofjen mußten, entrüdt
mürben. SBäre ber ©treit einmal beigelegt, fo meinten fie, mürben fie mieber ing
SBattig jurüdgentfen merbeit unb bann bort um fo fegengreidjer arbeiten fimnen.
diefe Hoffnung füllte, menn aud) nodj nidjt fo fepnett, in (Erfüllung gehen, ©djon
in einem Siatfdjtag, metdher im Üßoüetnber 1648 burdj bie „geifttiepen unb roelttidjen
23orftepenber" ber feepg maüifer 3ehn^en iw £mufe ber Familie ©todalper gehalten
mürbe, peifjt eg: ,r • • ^ach foTcher darthat hot man ftd) erlüttert unb erinnert,
bafj bie Patres Iesuitae oüljt ©uet’g gefdjaft infonberg in ber Unbermeifung ber
^ugenb, bergeftallt, bafj ber Sfteprttjeit geiftlid^er unb raetttidjer ^Borftänbe tfjuen
anhatten, bafj biefe Patres jum 97upen, jftupm unb SBoplfart beg alten ©taubeng
finb; beromegen ift abgefchtoffen morben ein ißartifutar instrument ju befdjtiefjen,
bergeftallt man eine fundation madjen melle."5
Um biefen enbgüttigen öefcptufj her&et§ufü^ren, gab fid) ber Diuntiug granj.
33uccapabuttiug oiete SRüpe, mie er am 2. Sluguft 1650 bem ijkoüinjiat ©djorrer be*
richtet 6. dejember 1650 erinnerte ber Scuntiug ben Sanbrat oon Söallig an bag ©ute,
bag burch bie ^efuiten in SBattig gemirft mürbe, unb forberte ben Sanbrat auf, biefelben
mieber jujutaffen. daraufhin erflärten bie deputierten ber 3ehn^en 4111 Abfcpieb:
„^n ber ©rintterung an bie burdj bie ^3atreg geteifteten dienfte unb in Anbetracht,
bafj ber größere deit ber jepigen ©eifttidjen unb ÜOtagiftrate pauptfücptid) burdj fie
erlogen unb unterrichtet morben, paben bie deputierten befcploffen, fie mieber 511511»
taffen, opne jeboep einen gepnben jur Aufnapme berfetben ^roingen 311 motten, die
deputierten eineg einzigen 3ehn‘3en weigerten fiep, biefem Sefdjtufj oor ber ßuftim*
mung iprer Auftraggeber beijutreten." diefer 3ehn^e war ©itten, mo ber s45ro»
teftantigmug in ben pöperen gamitien nodj oiete Anpänger jäptte. der üöiagiftrat
oon ©itten patte nod) ben oorpergepenben 22. ÜDiarj oier 3efu^en in ©rimifuat
oerpaften taffen, nur meit fie bie ©reujen beg 3epflben iiberfdjritteu patten7.
1 ebb. 403 f 408.
2 S3gl. * Sommario, 29. Satt. 1628. Barb.
Lat. 7124, f. 90 ff.
3 SBortlaut bei Kropf I 412.
4 * SBortlaut in Barb. Lat. 7124, f. 102
112.
5 ©ebrudte „Slftenfammlung betr. ba§ Sol*
legium ber fecp§ B^nen unb ber gamilie
35u1)t, ©cfctidfjte ber Qefuiten. II.
©tocfalper unb ber anbern Stiftungen ber 5a>
milien in S8rig 1648 — 184S", S. 1 — 2. 2>iefe
„Slttenfammlung" gepört -jur „Sentfcprift über
ben 3lDect ber Stiftung unb bie fProprietätl=
frage ber ßlöfter ju 33rig. $oit ber Familie
Stodalper oon Jpurtn." Sitten 1848.
6 Original in 9Jt. 9t., Jes. 873.
7 Grenat-Lavallaz a. a. 0. 303.
20
306
SßierteS Kapitel. Sie oberbeutfebe fßropins.
Grnbticß befd)toß ber 9iat 311 Srig atn 16. (11.) ©ejem&er 1650: Saßer rufen
mir biefe Societet ber Patres Iesuitae unb ftnben biefen Orben befonberg ber geit
uub ben Umftänben in unferm üeßnben angemeffen, mie ber ganje ©rbfreig bemeift.
Sermaßen haben mir beg oorgenannten Sit. Stodatper eble 2lbftd)t 1 genehmigt
unb atg foteße getobt, unb mir heißen fie gut für ung unb unfere 9^acf)fomrnenfcf;aft
für emigtidj unb feßen biefe patres Jesuitae unb ißre Societet in ber Serficßerung
beg frommen unb mufterßaften Sebeng unb Söanbetg, beg gteißeg in fßrebigen,
Seicßtßören, Seten, üugtröften ber Oranten, unb befonbern Unterricßteg in ber
ßßriftenteßre unb anbern frommen Übungen ju unferm Seelenheil, unb nehmen fie
atg Bürger an, unb oerfidjern ihnen unfern Schuh, @unft, Siebe, Söoßtmotlen 2
So Konnte beun Söifd^of übrian üon fRiebmatten am 12. Sejember 1650 mit
großer $reube bem ^rooin^iat Sdjorrer berichten: (Sott hot fid) enbtich beg Söattig
erbarmt unb unfere (Sebete erhört, ürn 11. Se^ember, einem emig benfroürbigen
Sag, ift einftimmig bie fRüdfeßr ber ^efuiten nach SBaltig befeßtoffen morben. Ser
S3ifcf)of bittet bann bringenb um bie Senbung Oon 4 — 5 $ßatreg — barunter mo=
möglich üfoß. SBagner unb 9>iifot. ^3erin, „bie hier feßon befannt unb fehr beliebt
finb"3. —
@in Serfudß, auch io ©roubünbeit eine Üciebertaffung 311 begrünben, mürbe burd)
bie proteftantifdje ^ntoterans oereitett. Siefe ^ntoteran3 mürbe feßon früher bem
Äathotisigmug ein oottftänbigeg @nbe bereitet hoben, menn bie alte Kirche nicht an
ben fatßotifcßen Kantonen unb Öfterreich einen fRüdßatt gefunbeu hotte4. Sag
Sigtum (£ßur litt außerorbenttid) unter oietertei SRißftünben, befortberg unter bem
SRanget an guten ^rieftern. über mieberßotte (Sematttaten hiuberteu bie ßßurer
Sifdföfe, bie beffernbe §anb an3utegen. So mürbe aud) bie mieberßott angeftrebte
ünfiebelung ber Qefuiten im ^aßre 1636 gemattfarn tierhinbert5.
üm 14. gebruar 1636 bat ber ermößtte Sifcßof oon ©hur, ^oßanneg $tugi
üon üfpermont, ben oberbeutfdjen $ßroüin3iat um 3mei ^efuiten, ben einen atg Seicht»
üater für feine ^erfon unb 3ugteid) atg Somprebiger, ben 3mciten für bie Seitung
beg (Spmnafiumg. Ser ÜSroöinjiat mar bereit, barauf einsugeßen, mofür fid) ber
Sifcßof am 2. üprit 1636 fehr bebanfte. Sitettegd)i fprach fid) ober megen ber
Sdjmierigfeiten, meteße gegen bie 2öaßt beg Sifcßofg erhoben mürben, für Ser»
3ögerung ber ßufage aug. Über bie SBaßt fetbft berichtete P. gorer (Setbürcß,
6. ^uni 1636) an ben ^Srooinsiat SRunbbrot, biefetbe fei in (Segenmart beg 9?untiug
gegen nur 3mei Stimmen erfolgt. Ser Sifcßof brünge begßatb fo feßr, meit er eine
Sereitetung oon feiten Sögmittiger befürchte, ^ebenfattg glaubten gdeunbe ber (Se=
fetlfchaft, man merbe eg bereuen, menn man ber fo mid)tigen Sitte nicht entfpreeße.
Säßereg metbete bann f^orer am 15. Quni 1636 aug üuggburg. Ser Sifcßof ßat
mieß io bem Sabe 3U fRaga3 befueßt unb in bringenbfier SSeife um bie Senbung ber
ißatreg gebeten. ÜRad) Seenbigung meiner fö'ur ließ er mich burd) einen Somßerrn
nad) ßßur eintaben. üieß ging ßin unb mürbe nidjt allein 00m Sifcßof, fonbern
and) oon ben Somßerren unb angefeßenen fatßotifdfen unb proteftantifeßen Sürgern
feßr freunbtidj aufgenommen. Ser Sifcßof berief bag Somfapitet, unb tior ben Som»
1 ßafpar Stocfalper batte, wie e§ in bem»
fetben 93efcbluß bei fRates, beißt, Por gtoei
Satjrcn feine Sienftc angetragen jur Einführung
ber gefuiten itnb gur Erbauung eineä KoüegS.
2 ©ebruefte Slftenfammlung 5 f.
3 * Original in 9ft. 9t., Jes. 873.
4 9)gl. 97. fßauIuS, Ein Streit um bie ©e=
miffenSfreibeit (in ©raubiinben) im 16. !yabr=
bunbert, in ber SSiffenfdfaftl. ^Beilage gur ,,@er»
mania" 1908, 9tr 3 ; Q. ©. ÜJtaper, Sa§
Äongit Oon Orient unb bie ©egenreformation
in ber ©djtoeig II 309 ff.
6 SBgl. Ambr. Eichhorn, Episcopatus
Curiensis (1797) 182; 3- ©• 9)taper, ©efrf).
beS SiStumS Ebur II 376 f.
Sllte unb neue 9?tcbcrlaffungen : ©raubünben.
307
Herren fagte er mir: Qcp fepe, bafs opne bie ©efedfcpaft biefem 23igtum nicpt ge»
Rolfen merben fann; begpalb müitfdje icp, bap opne 23ergug gmei ^SatreS pierpin»
fommen, ber eine üon ipnen fod bie ©cputen einricpten. ®amt forberte er bie
®omperreit auf, fie fodten in meiner (Segenmart fid) äußern, ob bieg aucp ipr Söunfd)
fei. Me antmorteten, fie miinfdjteu unb erbäten basfelbe unb mürben mit aller
®raft biefeg peilige Söerf förbern. ©päter tarnen üontepme Satpotifen gu mir unb
baten ebenfalls um balbige Stnfunft ber^efuiten; fonft mürben fie gegmungen, ipre
©öfjne ben Sßräbifanten gum Unterricht gu übergeben gum ©djaben ber fatpotifcpen
fRetigion. ®er 93ifcf)of geigte mir einen paffenbeit Ort für bie ©cpute unb bie
SBopnung ber ißatreg. Sr bemieg mir aud), bap ipm burch bie Stnfecptung ber Söapt
al§ einer gemattfarnen unredjt gefcfjehe. ^n ber £at pabe icp erfahren, bap adeg
nur erbicptet mirb non ben SDomperren, bie felbft nacp bem 23igtum ftrebten. $d)
bitte baper bringenb, bem Sßunfcpe be§ 23ifd)ofg gn entfprecf)en, bie günftige @e»
tegenpeit mirb üiedeidjt fo balb nicht mieber fommen. S)er oor furgem ermäptte
Sanbridfiter oon ©raubünben h^t ade £)itfe üerfprodfen, fotange er Sanbricpter ift,
b. p. für ein £;apr, meit jebeg $apr gemechfelt mirb; er mirb in biefer $eit aud)
für bie ©icperung ber ,3ufunft forgen. Sie g'ranS0ien pdben bereite einen ©d)up«
brief für bie ©efedfcpaft auggeftedt. Sen Ä'apuginern unb Sominifanern üerficperte
ber 93ifchof, bap unfere Berufung ipnen feinen ©dfaben bringen mürbe, ^d) mar
üier Sage in ©pur; ber Söifchof lief; mir ein neneg £teib unb einen neuen |mt
unb a!§ fReifegelb 15 ©ulben geben. ©r liebt bie ©efedfdfaft, ift ftug, arbeitfam
unb eifrig. Ser fdftedjt informierte ©rgpergog mirb ber Seftötigung ber SBapt fiep
üergebeng miberfepeit K
Stuf biefe mieberpotten ^Bitten hin fprach 33itedegcpi, an ben fid) $orer ebenfattg
gemanbt patte, am 5. $|uti 1(33G feine .guftimmung aug, baff ber ißroüingiat gmei
geeignete ^ßatreg gur 93egrünbung einer Ptefibeng nacp ©pur fcpicfe1 2. Saraufpin fdprieb
ber SBigeprooingiat Stnton SSetfer (SReuburg a. S., 29. ^uli 1636) bem 33ifcpof, bap
er bie üon P. ÜJJtunbbrot üor feiner Stbreife nacp 9tom bereitg beftimmten beibett
ißatreg, nämlicp P. §ieron. SBiniger aug SRappergmit unb P. ^afpar Kortner, nacp (Spur
fenbe, ben erfteren atg 23eicptüater unb Somprebiger, ben festeren für bie ©cputen.
Sie beibeit fßatreg erpielten eine ^nftruftion mit, in ber ipnen u. a. fotgenbe
fünfte eingefcpärft mürben. P. ^ieronpmug mirb bie Siegeln ber gürftenbeicptüäter
beobadjten. Sie fReife ricpten fie ein nacp ber Söeifung beg P. gorer. ©ie foden
©prfurcpt ergeigen gegen ade, befonberg gegen ben Äterug unb ben SRagiftrat üon
©pur, unb burd) ipre 23efcpeibenpeit unb Siebengmürbigfeit ade für ipre fßerfon unb
bie ©efedfcpaft gu geminnen fucpen. $n ber 23epanbtung ber ©taubengfontroüerfen
merben fie bie ©cpärfe meiben unb fid) begnügen, bie Sßaprpeit ber fatpotifcpen
©taubengfäpe gu bemeifen. $n feiner Söeife foden fie fid) cpauüiniftifd) geigen, fonberit
ade mit gleicher Siebe umfaffen. Sie ©orge für bie Strnten mögen fie fid) immer
angetegen fein taffen unb ipre leiblichen unb geiftticpen 9?öte nad) Kräften gu tinbern
tracpten. Sie gröpte Stcptung foden fie anbern Orbengteuten ermeifeit unb mit ipnen
moptmodenb üerfepren. Qn ßroeifetn menben fie fid) an ben Obern beg nädpften
ßodegg, atfo augenbtidticp Slonftang. Opne (Sinmidigung beg Sifcpofg foden fie
nicptg, aud) feine frommen Strbeiten itbernepmen unb überad bag SBoptgefaden ©otteg
unb ben diupen beg ÜRäcpften im Sfuge bepatten. Sinen feften ©ip für bie ©efed»
fcpaft merben fie roeber ängftticp erftreben nocp, menn er angeboten mirb, aug»
fcptagen3.
1 * 2>iefer unb alle anbent angeführten 33riefe Dilingae 23. guli 1636 an ben SigefroDin»
im Driginal 9?., Jes. 307. 9?gt. fgorer, giat. 2 *Drigtna( ebb. 3 * Sopie ebb.
20*
308
25ierte§ Sattel. Sie oberbeutfdje Sßrobitts.
©roh mar bie greube beS BifdjofS, atS P. SBiniger oon ^fäferS aus feine
Stnfunft anjeigte. ©r merbe morgen ober, fat(§ er öerf)inbert fei, SO^ariü Himmelfahrt
oormittagS perföntidj nach Bagaj fomrnen, um ben patres baS ©eteite nach ®hur
ju geben, fo fchreibt ber Bifdjof am 13. Stuguft 1636 an P. SBiniger1.
@o gefdjalj eS; aber beS BteibenS ber Sefuiten mar nicht lange. P. SÖiniger
berichtet non 'pfäferS am 27. Sluguft 1636 an ben Söi^eproüin^ial Slnton Söetfer: Sn
Begleitung beS BifdjofS unb jmeier Domherren tarnen mir nach ©hur otjne jeben
äSiberfprud) unb §ur greube ber ®attjolifen. ßmei TEage fpäter tpelt ber 2ßräbifant
©eorg ©enecio eine ^ßrebigt. ©r tobte bie ßapujiner, bie SJominifaner unb $rä=
monftratenfer, aber in biefen SEagen feien mahrhaft reijjenbe SBötfe, bie Sefuiten,
angefommen. ®iefe fotte baS Bott nicht butben, fonbern mit oereinter Straft oer»
jagen, ©leid) rotteten fiel) 50 jufammen, um einen ©türm auf P. Bortner 311 machen,
ber oor bem Bifdjof Statecfjefe tpelt. ®er Blflu mürbe vereitelt. 2(m fotgenben
SEage mirb ber ÜJBagiftrat jufammengerufen unb oon bem Bifdjof unter ben furcht»
barften Drohungen bie Stbreife ber Sefuiten oerlangt. jE)o Bifdjof unb Kapitel
bafür hielten, eine Steigerung fei bei ber 2öut beS aufgeljepten ^5öbel§ nur mit ben
größten (Gefahren oerbunben, fdjidte er Boten an unS, ob mir meichen mottten. Sch
antrcortete, mir feien fo oft fdjrifttidj unb münblidf) nadj ©raubünben gerufen morben
unb bann enblicf) gefommen, bah toir jept bie Stbreife nicht münfdjen tonnten. 2BaS
bie (Gefahr angehe, fo feien mir bereit, für ©hriftuS unb baS Heit ber ©eeten ju
fterben. ®er Bifchof unb baS $apitet tiefen antmorten, and) fie feien bereit, für
un§ in ben TEob ju gehen, aber mit bem Bifchof fei bann auch bie ganje fattjolifdje
©ache Oertoren. ^Darauf antmortete idj, mir mottten ben Bifchof unb baS Kapitel
feiner fotdjen (55efaE)r auSfepen unb be^fjalb nicht jmar unfertmegen, aber ihretmegen
meidjen. ©0 mürbe eS bann befchtoffen. 3)er Bifdjof entlieh unS am 25. Sluguft
unter tränen. @r mirb altes aufbieten, uns raieber jurücfjuführen. Sn febem
gatte mitt er altes baranfepen, unS in gelbfird) ein ^otteg ju ftiften2.
Sn einem fotgenben Briefe (BfäferS, 27. Sluguft 1636) an P. Heinrich Samparber
(Samparter) tobt SBiniger ben Bifdjof fetjr megen feines ©eeteneiferS, feiner ©e>
miffenhaftigfeit, SBähigfeit unb feiner Siebe gur ©efeltfcfjaft. „Sch ha^e gefucfjt,
ben Bifcpof auch für bie anbern Orben günftig ju ftimmen. ®ie ^apujiner habe
ich gleich beim elften Sufammentreffen geraonneit, inbem ich offen meine mirftidje
©efinnung gegen ihren heiligen Orben geigte. /y 3 2Bie meitere Briefe beS BifchofS unb
oon 2)omtjerren unb herüorragenben ^attjolifen geigen, mar baS Bebauern über bie
Berjagung ber Sefuiten aufrichtig unb allgemein. Sitte meiteren Schritte beS BifchofS
hatten aber feinen ©rfotg. ®ie beiben patres hielten fidj guerft in Sujern, bann in
^onftan^ auf. Bon ^onftanj fdjrieb SSiniger am 17. September 1636 an ben Bije=
prooinjiat Steifer, er fei gegen bie Büdfefjr ber Sefuiten nadj ©pur, rnenn nicht ber
proteftantifctje ÜBagiftrat oon ©pur einen ©djupbrief gegen bie Stut beS ^öbetS aus*
ftette. ®er Bifdjof fucht burd) unfern P. Beftor Hilfe öon Ofterreidj, aber baS ift
eine gefahrootte ©adje, menn fie auch im gmlle beS ©etingenS Oon grofem Bupett
märe für baS Bistum unb bie ©efettfcpaft; idj mürbe raten, bap mir unS in feiner
Steife einmifdjen. ®ie Slbfidjt beS eifrigen BifdjofS ift fetjr gut, aber nach meinem
llrteit in feiner Steife burd) bie ©efellfdjaft 3U betreiben, baS höbe ich ailch bem
P. Beftor beuttidj gefagt 4.
®ie ßntpotifen ©raubünbenS manbten fidj audj an bie ^ropaganba, um bie
Biidfehr ber Sefuiten ju ermirfen. Slm 27. Sluguft 1636 beftagen bie „Häupter unb
1 * Original 3 ft. 9t., Jes. 307.
8 * Original ebb.
3 * Original ebb.
4 * Original ebb.
211tc imb neue fJtiebcrlaffungcn : ^elbfird).
309
deputierten ber fatfjolifcfjen ©raufmnbner" in einem Schreiben an bie fßropaganba bie
gemaltfame Entfernung ber Qefuiten nnb bitten bringenb um if)re IRiicffetjr K Einige
dage fpüter, am 1. (September 1(536, briteft ba§ Kapitel non Efjur bie beftimmte Hoff¬
nung aug, bafj bie ^ropaganba ben ^efuiten bie Vüdfefjr für bie oetfprodjene Sdjule —
bag einzige -Drittel jur Erhaltung nnb Verbreitung beg fatfjolifcfjen Elaubeng in
Eraubünben — befehlen merbe1 2. ^m folgenben $afjre fanbte ber Vifdjof ben
Äapujiner ^renaeug naef) Vom, um aud) biefe Slngelegenljeit ju betreiben, ^n bem
Veglaubigunggfdjreifieu oont 26. Slpril 1637 au ben Sßapft betont er, bafj bie Er»
ridjtung einer Schule burdjaug notmenbig fei für bie Ermattung beg ©laubeng; jur
Seitung fei niemanb metjr befähigt alg bie ißatreg ber ©efellfdjaft ^efu, bie burdj
ifjr fanfteg Vorangefjen gemifj aud) bie ^äretifer getoinnen mürben3 4.
Enbe 1637 maren bann mieber jmei ißatreg beim Vifdjof in gürftenburg,
Slnbreag Sligenmann nnb Efjriftopfj i)?ad)ljamer. Von Qmtgbrud gefdjidt, follten fie
bem Vifdjof bei einer Vifitation fjelfen. die Vifüation fam aber niefjt ju ftanbe,
bie beibeit ißatreg flagten feljr über ifjrett bortigen Slufentfjalt, tarnen and) nicf)t
gut miteinanber aug unb feinten fidj mieber gurüd. Anfang 1638 maren fie mieber
in ^nngbrud. Von bort berichtet P. Slnbreag Sligenmann am 18. Januar 1638 an
ben ißrooingial ©raoenegg öon bem großen Eifer beg Vifdjofg unb feiner überaug
großen Siebe jur ©efellfdjaft. Er münfdje nicfjtg Sefjnlidjereg, alg in Sfteran ober
gelbfirdj eine Vteberlaffung für bie ©efellfdjaft gu grünben, unb häufig t)öre man
oon ifjm bie SSorte: ,,^d) mill mein $opf nit fanft legen, big idj bie ißatreg f)ab.y/ 4
die Slugbauer beg Vifdjofg mürbe fdjliefjlid) gefrönt: trofj ber größten Schmierig»
feiten fam noefj in nuferer ißeriobe ein Äofleg in Vorarlberg gu ftanbe, bag auef)
für bie diöjefe Efjur nicfjt oljne fegengreidje Einmirfung geblieben ift.
die ©riinbung beg ß'ollegg in ftelbfirrfj ift bem Efjurer Vifc^of (Qoljann glugi
oon Slfpermont, gu beffen diöjefe bie Stabt bamalg gehörte, gu oerbanfen. ®ann
icfj in Efjur meine Slbfidjten nicfjt tierrairflidjen, fo fjatte ber Vifdjof fdjon Sluguft
1636 fid) geäußert, fo merbe icfj meinen fö'opf nidjt gur Vufje legen, big in gelbfird)
ein Ä'olleg ber ^efuiten erridjtet ift.
^m Qafjre 1644 fjielt er ben günftigen Slugenblid für gefommen, alg ber
SKagiftrat oon gelbfird) mit bem jßlan umging, bie befteljenbe Sateinfdjule gu er»
meitern. driitgenb empfaljl ber Vifdjof am 15. Sluguft 1644 bem SJtagiftrat bie
1 * Original in 9iom, 21rd)io ber Sropaganba,
Lettere di Germania, Svizzera vol. LXXVIII,
f 252
2 * Original ebb. f. 253. 3)ort (f. 272) ein
langeg Serteibigunggfchreiben eineg 3)omini=
faiterg (Eljur, 24. 9Jtärä 1636), ber hefchulbigt
worben niar, bie SSertreibung ber Sefuiten be»
förbert p tjaben.
3 * Original ebb., Lettere di Francia, Svizzera
vol. CXXXVI, f. 138. Sgl. ben 93rief beg
©eneralg Dom 1. 9Joü. 1636 an ben Sifchof,
worin er biefem unb bem ®at>itel für ihre 93e»
müljungen bantt, pgleid) aber bringenb bittet,
fie mochten fid) wegen ber gefuiten feiner ©e»
fatjr augfepen. * Crig.=9teg. Ad Externos.
4 2)ie * Originalbriefe ber Satreg unb beg
23ifd)ofg in 2Ji. 9i. a. a. O. Sgl. 21. Subewig,
SBriefe unb 21ften pr ©cfd)id)te beg ©ijmnafiumg
ber ©efeüfdjaft 3eiu m gelbftrcf) I 4 f. 21m
16. Januar 1645 fdjilberte ber 23ifd)of Sohcmneg
bem ©rjbifdjof oon ÜJtailanb beit ber
jDiögefe unb fährt bann fort: His igitur simi-
libusque gravissimis incommodis amoliendis
praesentissimum unicumque remedium foret,
seminarium pro studiosis Iihaetis condere,
in quo non solum ii, qui ad sacerdotium aspi-
rarent, verum et reliqui informarentur ; cum
saeculares zelo religionis imbuti saepenumero
plus exemplo auctoritateque sua in publicis
conventibus rei catholicae prodesse possint,
quam ipsi ecclesiastici. . . . Porro ad huius-
modi seminarii administrationem nulli magis
habiles patribus societatis, assumpto secula-
rium sacerdotum habitu, forent; hi siquidem
ea, qua pollent, dexteritate, modoque iuven-
tutem tractandi erudiendique non solum ca-
tholicos sibi benevolos redderent, verum etiam
haereticorum animis sine dubio se insinu-
arent. Eichhorn, Episcopatus Curiensis.
Codex probationum 186 f.
310
Stiertet Sapitel. Sie oberbeutfdje fßrobinft.
Berufung bet Qefuiten als baS befte Mittel, bet ©dfule ®auer gu üerleiheit unb
üiele ©djüler auS „Sßünbten" unb bet ©ibgenoffenfcfjaft nadj gelbfirdj gu gieren ;
fogar bie Unfatljolifchen felbften — üon Welchen jefeiger .Qeit nit Wenig, aud) bet giip
nembften in ber Patrum Societatis gu SlugSpurg, QnnSbrugg unb Hall SDiSgiplin —
mürben fidj ofene ollen ßweifef üiel lieber biefer als weit entlegener Orten Comraoditet
bebieneit 1. Obfdjon eS audj in gelbfirdj äRänner gab, bie nichts ©efenlidjereS
wiinfdjten als eine üftieberlaffung ber ^efuiten2, lefjnte ber ©tabtrat bereits am
18. Sluguft 1644 ab: mir fein, fo fagt er, in unferm ©tabtmefen ber SSermöglidj*
feit nit, ein gangeS ©femnafium unb ein grofee 3lrt§af)l ber ©tubenten in biefem
engen Sänbliit gu erhalten, beüorab bei biefen fdjwürigen ^riegSläuften. SSenn fidj
aber biefe betrübten ßeiten üeränbern unb ber allmächtige ©ott beit werten ^rieben
roieberum fdjeinen unb etwas SBerbefferung inS Heutfdjlanb fdjitfen füllte, alSbaitn
fönnte üielleidjt biefem wichtigen Söerfe etwas reiflicher nacfjgebadjt werben. Qn
ben weiteren 33erljanblungen wirb geltenb gemacht, ber ©tabtbegirf gäljle nidjt üiel
über 200 Raufer unb oft müßten gwei ober brei Haushaltungen in einem Haufe
beifammen wohnen; bie SBälber ringsum feien fo auSgehauen, baff fie nidjt baS
notwenbige fBrennholg, gefdjweige baS erforberlidje 23aul)olg für ein Kolleg liefern
tonnten.
®er SBifcfjof liefe nidjt nach- SllS ber ©tabtpfarrer ooit gelbfirdj erfranfte,
„feinb anno 1645", wie eS in einem Seridjte fjeifet, „auf Segeferen iljrer fiirftlichen
©naben gu ßfeur unfere patres berufen worben nadj fyelbfircf), allbort gu prebigen,
weldjeS mit üiel erzeigter $reub befcfjefjen unb ber erfte Slntrieb gu einer Ülcfibeng
adba gewefen". 21m 27. 2Jtai 1645 bebanfte fidj ber ©eneraloifar P. ©angro bei
bem SSifcfeof für feinen 23rief oom 24. Slpril unb feine ^Bemühungen, ben patres in
gelbfircf) ein Kolleg gu grünben. S)a aber nur ber ©eneral ein ®oHeg annehmen
fönne, bitte er, fiel) für bie Grntfdjeibung bis gur SBafel beS neuen ©eneralS gu
gebulben3.
2>en ©djwierigfeiten in fyelbfirch gegenüber befürworteten „Sanbridjter unb bie
ütatljSboten ber St'atljolifdjen in sißünbten" am 13. $uli 1645 bei bem äftagiftrat
lebhaft bie ©rridjtung beS Kollegs, fie erfaßen für.fßünbten lein bequemeres ÜDtittel
gur Erhaltung unb S3eförberung ber latljolifdjen üteligion, audj würben fie ihre
föinber in bie ^elbfircfjer Schule abfdjiden4. SXber ber 9tat blieb einftweilen enP
fliehen bei feiner Slbleljnung. $ur 23efeitigung ber ©djwierigfeiten, befouberS ber
gurdjt, bie ^efuiten mödjten liegenbe ©üter in gelbfircf) erwerben, trug wefentlidj ein
aufflärenber ©eridjt beS Sugerner 9tateS üom 23. Oftober 1648 bei, an ben fiel) bie
^elbfircfeer gewanbt hatten. ®ie Sugerner fjofon bie Sebeufen unb brüdten gum
©c^lufe ihre grofee ©enugtuung auS, wenn fie mit ihrem 23eridjt bie üorhabenbe
Qntrobuftion ber efji'Würbigen Patrum löbüdjer Societet Iesu in gelbfirdj erleidjterit
unb förbern helfen fönnten5.
SDer ©tabtrat fpracf) fiel) nunmehr für bie Siieberlaffung aus unb bat ben
^ßroüingial ß’eppler um ©enbung einiger patres. f£)a geigten fic^ neue ©djwierig»
feiten. SBeil feine gunbation in SluSfidjt geftellt werben fomtte, erflärte ber f|3ro=
üingial ficf) gegen bie Sinnahme. £ner lüQr wieberum ber ÖJuntiuS in Sugern,
1 2 u b e to i g a. a. 0. 1 8 ff. Sitrd) P. gorer
tjatteu 93ifd)of unb Sapitel bem tferobinsiat
öorftetlen taffen, baff bie Berufung ber Qefuiten
ba§ einzige SDtittet fei pr 9tettung be3 !attjo=
Iifd)en OlaubenS in ©raubiinben. fgnrer am
3. Slug. 1644. * Original W. 9t., Jes. 1278.
ißgt. ßnbemig a. a. 0. 1 4.
2 3>gt. SBoIfg. ©rabenegg an ben fProbingiat
SSibnntann, 14. 3>uni 1644. Original 9Jt. 9t.,
Jes. 1278.
3 * 0rig.=9teg. Ad Extern.
4 Subemig a. a. 0. I 28.
5 Ebb. I 35.
2llte unb neue 9tieberlaffungen : gclbfircf).
311
ber unter £)inmeiS auf öie grojje |)tlfsbebürftigfeit ber ©iöjefe ©f)ur ben fßroüingial
Sur 9iad)giebigfeit üeranlafjte ü ©o fatnen bemt am 6. 9J?är§ 1649 bie beiben erften
^atr.eS ÜDfapimilian ©ifenreidj unb Stbant Jffieibenfjooer att unb eröffneten gleid) bic
SSerljanblungen, um bie näheren öeftimmungen für eine GZieberlaffung feftjuftellen.
©er fchliefjlid) abgefcf)loffene unb üom fßroüinsial am 6. SJiai 1649 angenommene
Slejefj mar für bie Qefuiten nidjt günftig. ©er 91at oerpflidjtete fid) nur gu einer
unäureidjenben Unterftüpung für Hier ^apre, bie ^efuiten burften feine liegenben (Güter
in gelbfirdj ermerbeit ober bemalten, feine frembeit tpanbmerfer fjeranjiefjen unb fein
®oftljauS erridjten 2.
©inen näljeren ©inblid in bie Sage geftattet eine ©enffdjrift über bie „SUliffion
in |Jelbfircf)/y, roeldje ber 'prooinjiaf ®eppler im ^afjre 1649 bem (General übern
reichen lief). ©ie 9Jliffion in gelbfirdj, fo fdjreibt Ä'eppler, mürbe auf baS lang»
jährige ©rängen be§ SÖifcf)of§ üon ©pur oor einem Qaljre errietet, ©er ©rspergog
(®arl gerbinanb oon ©irol) pat als ^err ber (Stabt ber ©infüprung gugeftimmt.
©er 33ifdjof bittet nun um ©rcffnung eines (GtjtnnafiumS. ®ie ©tobt gtlbfird) ift
jmar nidjt befortberS grofj, aber berühmt burdj gute ©alente unb friegerifdje 9)Mnner3.
®aS fö'Iima ift gefunb unb frudjtbar. 93on bem benachbarten $oüeg in ^onftanj
beträgt bie ©ntferuung llj2 ©agereifen; ^onftaitj roirb alfo megen beS (GptnnafiumS
feinen ©djaben leiben, (Gelegenheit jur frudjtreidjen SCrbeit gibt eS fepr nie! foroopl
in ber ©tabt, mo mir bereits prebigen, fatedjifieren unb 23eicpt poren, als auch für
bie fö'atljolifen, bie nach ber einen ©eite ber ©tabt in ©irol unb am Sobenfee
mopnen; biefelben laffen fich gern belehren unb lieben bie (Gefellfdjaft. Diadj ber
anbern ©eite bepnt fid) bie ©iö^efe ©hur auS, bie jurn größten ©eil päretifd) ift
unb meber ©djulen ber (Gefellfcpaft nocp anbere fatholifdje ©djulen befipt. ©amit
alfo bie ^ugenb beS 33iStumS nicht meiterfjin jum ficpern ©djaben für baS ©eelem
peil bie päretifdjett (Gpmnafien befudjt ober gum ©pott für bie ^äretifer itngebilbet
bleibt, erfleht ber 23ifdjof mit fo peifsem Verlangen ©djulen ber (Gefellfcpaft unb eine
fefte Gäeberlaffung berfelben. ©inen meiteren (Gruttb bietet ber Klerus, ber menig
japlreid) ift unb gar fehr ber Untermeifung bebarf ; an feine ©teile müffen gelehrte
unb tüdjtige ^riefter treten, bamit bie ,!perbe nidjt entmeber ohne Wirten ober unter
unmiffenben ©ölblingen ben Söölfen jur 83eute fällt, ©urch bie ©röffnung biefer
©djule hofft man enblid) bie päretifdje Qitgenb megen ber nahen (Gelegenheit ju
ftubieren unb beS liebeooden SSerfeprS ber (Gefellfcpaft gur ©djule heranäuSie^ert-
2Bir paben bereits umfonft ein geräumiges tpauS in ber 9Mpe ber ^farrfirdje, ba=
neben für bie ©djule ein auf Soften ber ©tabt erbautes |>auS mit mehreren klaffen
unb einer Slula für ben (GotteSbienft ber ©chiiler. 23iS mir eine eigene Kirche er»
halten, paben wir in ber fßfarrfirdje einen Slltar für bie heilige ÜDleffe, bie Mangel
in ber ^farrfirdje abmechfelnb mit einem föapugiuer unb 53eidjtftüple. Qept merben
fomohl oom 93ifcf)of als audj oon ber ©tabt jährlich 500 fronen befahlt, unb alles
^)ol§ mirb für baS gange Qdpr geliefert, ©agu fommen häufige (Gefdjenfe, ba ©tabt
unb Umgegenb unS mopl geneigt finb, fo bafj jept bequem fünf ^erfonen unterhalten
merben fönnen. gür bie fünftige ©tiftung pat ber 23ifcpof üon ©hur bereits
20000 (Gulben angemiefen, ein frommes ßegat eines Slbeligen namens ^lanta4.
®en anbern ©eil ber gmnbation erhoffen mir teils üom ©rgpergog teils oon ber
1 ©djon üorper patte ber 9tuntiu§ burep
P. fgorer bie ^örbenmg ber f^elbfirdper DJieber«
Iaffung wegen beä elenben 3uÜmibe§ ber $iö=
jefe Gpur betn jproüin-pal bringenb empfeplcit
laffen. S'orer an , 30. Dft. 1648.
* Original in 93t. 9t., Jes. 1278.
2 2>ie 9lften barüber in 93t. 9t., Jes. 1278.
Sßgl. £ n b e w i g a. a. 0. I 43 ff.
3 Celebris tarnen a bonis ingeniis et lio-
minibus bellicosis.
4 Über ba§ fog. ffSlantinifcpe flegat bgl. £ubc»
wig a. a. D. 1 9.
312
33ierte§ Kapitel. 2)ie oberbcutfdje 5ßroBins.
Stabt, ebenso mic ein ©runbftücf, um baS Kolleg in fdjöner unb gefunber Sage gu
erbauen ; baS ©runbftücf erhalten mir entmeber umfonft ober für 700 ©utben, meit
ber ®ombefan oon ®ßur, ber mie baS Kapitel ber ©efettfcßaft feßr geneigt ift, einen
großen ©arten oerfprodjen ßot. 9)iateriatien für ben 33au ftetten bie umliegenben
Orte unb ber 9J?agiftrat in 9tuSfid)t1.
®ie burcf) bie ungureicßenben ÜFtittet entftanbene Scottage mürbe burdj freimilXige
Beiträge ber ©ßurer ®omßerren unb befonberS burd) bie tiom Prooingial tierorbnete
llbertaffung beS Vermögens ber aufgehobenen 9iefiben§ in Sinbau menigftenS etmaS
gemitbert. ©in großes Treug maren tangmierige Trautheiten, tion benen mehrere
patres halb nach ihrer 9Infunft heimgefitcht mürben2, ltnterbeffen hatte man am
14. äftärg (Sätare) 1649 mit ber regelmäßigen Tatedfefe unb Patmfonntag mit Prebigt
unb Peicßtßören in ber Pfarrfirdje begonnen. 53eid)ten gäßtte man 1650 bereits
gegen 10000.
Scßon oont 7. 9tprit 1649 an erteilte ein Pater einigen Sdjütern PrioaP
unterrid)t, unb am 31. 9J?ai eröffnete man in einem Priüatßaufe bie Schute mit
21 Schülern, bie auf oier Ttaffen üerteitt mürben, ^nt 9(uguft tarn ein britter unb
etroaS fpäter ein oierter Pater ßingu. ®a bie Schute großen 9tnftang fanb, begann
ber SDtagiftrat am 29. ^nti 1649 mit bern 23au eines SdjutßaufeS, baS adjt Dtäume
umfaßte unb am 24. Januar 1650 fertiggeftettt mürbe. 9t nt fetben Üag hielt man
bie feierliche ©röffnnng ber Schute in einem Saate beS ergßergogtidjen 3eughaufe§-
9tm 12. üftotiember 1649 mürben bie oberen Ttaffen beigefügt; eS unterrichteten brei
Seßrer, fo baß einige T’taffen fombiniert maren. ®ie Scßütergaßt ftieg im $aßre
1650 auf 124 unb blieb bie nächften Qaßre in fortmäßrenbem Steigen. Um SSeiß»
nadjten unb in ber Tarmocße hatten bie patres fdjon „getoagt", beutfdje ®iatoge
aufgufüßren, unb ißre elfte Scßutfomöbie bei ber preiStierteitung auf bem 9J?arfte
ber Stabt erntete großen Peifatt3. SDie günftige Stimmung ber Stabt geigte fid)
aucß barin, baß ber 9tat ben ©enerat bringenb bat, bie 9tiebertaffung unb ben
bebingungSmeife abgefchtoffenen ißergteicß anguneßmen4. Piccolomini baufte am
4. ^uni 1650 bem fltat für fein großes SBoßtmotten gegen bie ©efettfcßaft unb Der-
fprad), für bie 97iebertaffung atteS gu tun, maS baS ^nftitut geftatte5.
®er attgemeiuen 3ufr^e^en^eit m't bem Söirfett ber Pfaden gab ber dtat audj
in einem Schreiben tiom 20. September 1650 an ben ©rgßergog gerbinanb Tart
9tuSbrud, in bem er betont, baß bie Patres „nit allein mit Seßrung ber Qugenb,
fonbern auch ftanbeSmäßigen geifttidjen Übungen ein guten 9tnfaug mit mennigticßem
Contento gcmadjt ßaben"6. ©ang befonberS freute fid) ber 93ifcßof tiott ©ßur.
9iad)bem mir uns fo oiete $aßre für bie 9tufnaßme ber ©efettfcßaft ^efu in ^etb*
fircß bemüßt, fo fcßrieb er am 1. Oftober 1649 an ben protiingiat, finb mir enbticß
troß alter /pinberniffe mit ber £>itfe beS 9ltterßüd)ften am .Qiete nuferer SSiinfcße
angetangt unb feßen nun bie ©efettfchaft unter bem Peifatt alter ©utgefinnten in bie
Stabt eingefiißrt7.
1 * Original in Acta Congr. Prov. 1649, 4609. 5 *örig.»3tcg. Ad Extern. Sfjnlid) fdjon
2 *Litt. ann. Prov. Germ. sup. 1649 u. 1650. 12. SJiärj 1650 au beit SSifdjof Don ßfjur ebb.
3 *Sbb. 1649/1650. 5Bgt. Subetoig a. a. 0. 594.
4 Su heftig a. a. 0. 584. 0 Suberoig I 59. 7 Sbb. I 54.
fünftes Kapitel.
$)ie öfterreidjifdje ^rolüu^
©taub ber öfterreirfjifc^en ^ßrobinj. — SSifitationen. — SSerpanblungen über bie Teilung
bcr ^ßrobtnä. — Sie Seilung in bie öfterreicfjifd^e unb bie böpmtfcpe ißrobinj 1622. —
9tieberlaffungen in 9liebevöfterreicp : 2Sien. ®remS. ißaffau. — Oberöfterreicp : Sinj.
©tepr. — ©teiermarf: ©raj. Seoben. Qubenburg. — tarnten: Slagenfurt. — S'rain:
Saibacp. — $5flrien : ©örj. Srieft. giume. — ©dplefien: ©lap. Pleiffe. ©rofpölogau.
Sroppau. ©agan. ©cpmeibnip. 23reSlau. — Oftpreufen: SSraunSberg. Slöffel. ^eiligem
linbe. — SSeftpreuffen : Sandig. Sporn. 93romberg. ©raubeitj. SCfiarienburg.
Über beit guftanb ber öfterreidpifcpen ^robinj berichteten am 11. $lpril 1606
ber ^Sroninjial ©ariHo unb feine ^onfultoren an ülquaoioa: 97acp einer eingepenben
Beratung pabeu mir feftgeftellt, baff eS audf in ber öfterreicpifcpen fßrooinj nicpt
an ÜDfiingeln infolge ber menfdflicpen ©ebredjlidjleit feplt; aber biefe fDZängel finb
bodf nicht fo mefentlicp, fcpmer unb allgemein, baff ipnen burdp bie bisher geübte
äöadjfamfeit unb bie päufigen ©rmapnungeit ber Obern nidjt leicht begegnet merben
fönnte 1.
©inige $apre fpäter ernannte Slquabioa am 14. Slpril 1612 jurn 95ifitator ber
öfterreicpifdjen sürobinj ben P. Speobor 23ufaeuS unb benachrichtigte babon ben ßönig
ÜDlattpiaS: ber bisherige fßrooinüal ber oberbeutfdjen fßrooins, Speobor 23ufaeuS,
fomme nad) öfterreich, um im Manien beS ©eneralS bie Kollegien unb lieber»
laffungen ju üifitieren , maprenb ber bisherige öfterreicpifdje ^ßroüingial, P. $op.
SXrgenti, als SSifitator nacp fßolen gepen merbe2. Sie Qnftruftion tmm 14. Slpril
1612 legt bem SSifitator befonberS bie Sorge für ben inneren ©eift, bie ©tubien,
bie SluSbilbung Oon guten fßrebigern unb geleprten gacpprofefforen an§^erj3. Sie
SBifitation bauerte bis ©nbe 1613. 2lm 2. 9?ooember 1613 ernannte Slquaoioa ben
93ifitator gum Obern ber öfterreicpifdjen fßrooinj. 23ufaeuS trat biefeS Slmt am
9. Sejember 1613 an. ©r pätte ipn jmar gern — fo fcprieb ipm Slquaüioa am
18. Januar 1614 — oon biefer Saft befreit, aber ber SRanget an geeigneten fßer*
fonen pabe ipn baju genötigt4.
211S Stquaöioa am 31. Januar 1615 geftorben, mürbe 23ufaeuS in ber oierten
©eiteralf ongregation jum beutfcpen Slffiftenten gemäplt, unb ber neue ©eneral ^itelleScpi
ernannte bann P. Qtrb- Silber, ber Oom 31. ffanuar bis 15. 9looember 1615 als
©eneraloilar bie ganje ©efellfcpaft geleitet, jum fßrobinjial oon Öfterreich 5. P. Silber
ftarb plöplidj ©nbe 1617. Sief erfdjüttert gab SSiteüeSdji in einem Briefe oom
9. Sejember 1617 an fflorian Sloancini feinem Sdpmerj über ben unermarteten Sob
beS in 9tom überaus podjgefcpäpten fßaterS ÜluSbrud. Somit aber bie fßroöinj
1 * Original irt Epp. ad Gen. 1606. $ura3, 1597; g-erb. Silber, 1608; £peob. 93u=
2 * Orig.-iReg. Ad Austr. faeuä, 1615; ©ualt. SOtunbbrot, 1636; glorent.
8 * Austr. Fundat. II 304. ‘äRontmorcncq, 1646 ; ©o§W. ÜRicfel, 1649. 93gl.
4 * Crig.>9teg. Ad Austr. 93b I, ©. 93 \
5 Slffiftenten für ®eutfcplanb waren : ©eorg
314
fünftes Kapitel. Sie öfterreidjifdje $roüinj.
nidfjt ohne £>aupt bleibe, fjabe P. Sloancini als Neftor beS ^auptfoüegS einftmeilen
bie ßeitung ber ^Srooin§ ju übernehmen, meint nicht P. Silber Dor feinem Sobe einen
anbertt Obern ernannt ha&e- ®ie $onfultoren füllten fofort ihre 23orfcf)Iäge in
betreff eines geeigneten Nachfolgers nach Nom fenben. Sie noch nicht eröffneten
^Briefe beS ©eneralS an ben oerftorbenen ißroüinjial möge er öffnen unb bie barin
enthaltenen Söeifungen ausführen1.
21m 3. gebruar 1618 mürbe ber bisherige Olmüjjer Neftor ©regor Nunter
jum ißroDinjial beftimmt. £)auptfäcl)Iich Sur Orbnung ber fchmierigeit UniüerfitätS*
frage in ißrag ernannte NitelleScfp am 29. Januar 1622 ben früheren öfterreidhifchen
ißroDinjial Qoli. Slrgenti jum SSifitator ber öfterreichifd^en ijSrotiinj. ^er
ftrnltion Dom felbeit Saturn empfiehlt ihm SSitelleSclji, befonberS ©orge ju tragen
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r.
£anbfdjrift bc3 P. Sbeobor 33ufaeit3 1615.
für bie Kollegien, bie infolge ber Slufnahme fo oieler Flüchtlinge auS Böhmen über-
fdfulbet feien, ferner fülle er feine Slufmerffamfeit auf ben inneren (Seift richten,
ber in ben Unruhen ©chaben gelitten ju hö&en fdjeine. Sie Dielen Grntlaffungen
müfjten Slnlaff geben, beren ©runb ju erforfdjen, ob Dielleicht bie SluSbübung ber
NoDijen ober bie ©orge für 23emahrung ihres SugenblebenS in ben Kollegien um
genügenb fei. Sluclj auf bie geiftliche görberung ber Saienbrüber fülle größere ©orge
Dermanbt merben2.
Siefe SSifitation bauerte über ein Qahr- 21m 10. Quni 1623 teilte NitelleSchi
bem SSifitator mit, baff er Dielleicht in ber nädjften Söoche bie patente für bie neuen
i^roDinjiale ber beiben ^roDinjen (Ofterreich unb Böhmen) fdhicfen merbe. Qnjmifchen
mögen @ro. §ochm. fortfahren, bie noch nicht befugten Kollegien ber einen Don beiben
^roDinjen gu Difitieren, bamit eS nach ^er ftattgefunbenen Srennung nicht nötig ift,
1 * Drig.^SReg. Ad Austr.
2 *gt>b.
Umfang unb ©tanb ber öfterreidjifdjen fßrobins. — Stifitationcn.
315
nuS ber einen ^Srotiinj in bie anbere ju reifen. Söenn eS wegen ber SBiener 2tn«
getegentjeiten mögtict) wäre, mödfjte id) wiinfdjen, bafs juerft bie übrigen ber böfjmi»
fdjen fßroPinj jujuteitenben Kollegien öifitiert würben, aitS einem ©runbe, ben Gew.
£>odjw. fpüter erfahren werben 1. tiefer ©ruitb war, bafj 2trgenti bei ber Leitung
^roüinjiat ber öfterreidjifcfjen ^rotiinj würbe.
®ie Teilung ber öfterreic^ifd^en fßroPing tjatte fiel; bei ber wadjfenben 5D2it«
glieberjaljl unb ber grofjen 2tuSbet)nung immer rnetjr af§ notwenbig ljerauSgeftetlt.
ÜBon 425 SOZitgliebern im ^a^re 1606 war bie ßafjt fdjon im $afjre 1616 auf
616 geftiegen. ®er fßrofurator ber öfterreicfjifcfjen fßroPinj tjatte bereits 1615 auf
ber ©eneratfongregation eine SDenffdjrift überreidjt, bereit erfter fßunft ben 23orfdfIag
enthielt, bie ^rooinj in 33ejug auf ©tubium unb Sßooijiat §u teilen, weit fo beffer
für bie Söhnten geforgt werbe unb weit niete, bie an SBier gewofjnt feien, in öfter»
reidj otjne ©djaben für ifjre ©efunbfjeit nidjt ftubieren tonnten, unb jubem bie langen
unb häufigen Steifen wegen ber ©tubien niete Soften oerurfadjten2. Einige ;Qatjre
fpäter würbe ber SSorfdfjtag gemacht, eine noüftänbige Leitung oorjunefjmen ; aber
SSitetteSdEji antwortete am 3. 2JJär§ 1618 bern P. SSatent. ©orottiuS, obgteidj für bie
Leitung niete ©rüttbe fprädfjen, fo ertjeifdje bie ©adje bodj erft größere Überlegung 3.
53afb barauf trat aber bie ganje ^roninj für bie Leitung ein.
f£)aS an ben ©enerat gerichtete ©efud) ber ^roninjiatfongregation nom 2(prit
1622, bie ^roninj in eine böfjtnifdje unb öfterreidjifdje ju teilen, gibt einen guten
Uberbtid über bie grofje StuSbefjnung unb bie fdjwierigen Stufgaben ber öfterreidjifdjen
fßroöinj. ©in ^Sroningiat, fo wirb auSgefüfjrt, fann eine fo auSgebefjnte, üerfdjieben«
artige unb jafjtreicfje ^roninj nid)t orbnungSgemäfj (eiten unb biefetbe faum in einem
Qafjre burdjeiten; bie tefcte SSifite beS P. fRnnter fjat gWei ^atjre in Stnfprudj ge«
nommen unb enbigte erft oergangenen ÜDiärj. 2tn eine eingetjenbe SBifite unb längeres
Verweilen ift nidjt gu benfen. ©dfjwierigfeiten fönnen nidjt jeitig gehoben werben
unb finb burdE) ben SBergug oft überhaupt nidjt mefjr gu befeitigen. SDie StuSbetjnuug
ber fßrooiitg beträgt in ber Sänge, oon ©örg ober trieft bis $omotau in 23öfjmen,
über fjunbert beutfcf»e (500 itatienifdje) SUieiten, nodj mefjr in ber SBreite, non Ober«
Ungarn bis ©djtefien. SDiefe StuSbetjnung fott burdj SJeugrünbungen noefj erweitert
werben. SDie SSerfcEjiebenartigfeit geht tjeroor aus ber .Qafjt ber Nationen unb
©pradjen, wetdje bie fßroüing umfaßt: nänttidj gang 53öfjmen mit ben angrengenben
ft'rontänbern, Sftäfjren, bie beiben ©djtefien unb beiben Saufifc, in benen ber Ä'aifer Orte
beftimmen wirb für bie ©rridjtung bon metjreren 9?iebertaffungen; ferner beibe Öfterreidj,
beibe Ungarn, beibe ©teiermarf, beibe Kärnten, $raitt, griaut, Qftrien unb Kroatien.
1 * Ebb. Eilte toeitere Sifitation ttmrbe 1630
bem P. Stör, be fötoutmorenep anüertraut. Situ
19. ganuar 1630 erflärt fOtontmorencp feine
SJereitmilligfeit, ba§ fcpmere Slmt ber 35ifita=
tion an^utreten. fßafiir banfte ipm StiteKeScpi
am 23. gebr. 1630 unb brüefte bie Hoffnung
au§, bafe biefer 33ereitmiHigfeit bei ber Slug«
fjeit unb Siebe beS SSifitatorS ber ©egen ©otteS
nidjt fetjlen toerbe. gugteiep mieS er ipn an,
bie Stifitation mit bem SJrofefjpauS in Sßien
ju beginnen. Sn ber lynftruftion Dom 23. gebr.
1630 trägt itjm ber ©eneral befonberS auf,
beit (Seeleneifer unb bie briiberlidje Siebe ju
förbent, leptere befonberg in fRüdfidjt auf bie
oerfdjicbenen Dlationatitäteu. SBeitertjin fotte
er alles tun, bie ©tubien ju ^eben, SDtäfeigfeit,
Sßorfidjt itn Umgang ju empfehlen. ®iefe 33ifi=
tation bauerte bis 31. 2(ug. 1631; im Dtooember
1631 nmrbe fOtontmorenctj Sßifitator Don 33öp«
men. * Drig.=9teg. Ad Austr. — $ie fReifjenfolge
ber f)lroDiuäiale ber öfterreidjifdjen fßroDinä mar
folgenbe: gerb. Silber, 1595 — 1600; SUplj.
Earillo, 1600 (4. ©ept.); gop. Slrgenti, 1608
(13. guni); 2peob. SSufaeuS, 1614; gerb. Silber,
1616; ©regor fRumcr, 1618; gop. Slrgeuti,
1623; Epriftopp S)ombrinuS, 1627 SJijeproDin«
gial, 1628 fßroDinäial ; ©eorggorro, 1630;9Jiid).
©umerder, 1637 ; gop. fRumer, 1639 ; SBilp.
Samormaini, 1644; ©eorg SurcoDicp, 1646;
gop. fSucelleiti, 1648 (29. fDiärj); Epriftian
SertfdjiabeS, 1650 (SJijeproDiiiäial).
2 * Original in Acta Congr. Prov. XVI
199.
3 * Orig. «Steg. Ad Austr.
316
fünftes Äapitel. 2)ie öfterreicf)ifd)e ^rotnits.
Qn biefen Säubern ift aber bie Kenntnis ber beutfcfjen, bötfmifdjen, ftawonifdjen,
froatifdjen, frainifdjen, ungarifd^en, itatienifdjen ©pradje erforbert für bie Ä'anjet,
für ben 33eid)tftuf)t, für bie ©cfjute unb für ben Verfetjr. Verfdjiebenartig ift fo*
bann bie SebcnSweife: in Vöpnren unb ben jugepörigen ©ebieten trinft man ge*
wßljntid) Vier, in ben übrigen Säubern SSein. gür bie Obern aber entftefjt bie
groffe ©dfwierigfeit, mie bie Seute, bie an eine »erfdjiebene Sebengweife gewöhnt
finb, »erteilen; niete, bie an Vier gewöpnt finb, »ertragen ben SEBein nidft; üiete an
ben Söeiit fid) gewönnen ju taffen, ift nicfjt guträgtic^. ÜRod) meit metjr werben,
nadjbem fie fid) aufjerfjatb ber §eimat an SEBein gewöhnt Ifaben, entmeber nur fdfwer
jum 58ier jurüdfefjren, ober wenn fie ba§ ofjne ©djwierigfeit tun, bod) aufjer bem
Vier nod) SEBein »erlangen unb baburd) bie anbern flogen unb ben Kollegien aufjer*
orbenttidbie Soften »erurfadjen. ferner wirb ju ben oier Slfabemien, wetdje bie
sEPro»ing in fßrag, SEBien, ©raj unb Otmüp fjat, ber (Srg^ergog föart nod) eine für
Dceiffe »ertangen. Sin brei Slfabemien befielt ein brcifadfer ®ur§ für fßljitofopfjie
unb fcfjotaftifc^e Stfjeotogie, in Otmüp fdjeint man nad) nicpt tanger $eit aud) nod)
bie fdjotaftifdje SO^eotogie einfiifjren ju müffen. ©idjertid) wirb in VreStau an bem
»om Äaifer fdjon tängft geplanten fö'olteg eine SXfabemie erricfftet. (Snbtid) ift bie
Kenntnis »erfdjiebener ©praßen fogar an bemfetben Orte unb für ein unb biefetben
Arbeiten erforbert. 3n ^ßra9 prebigt man auf beutfd; unb böfimifd); unb aufjer
ber tateinifdfen für bie ©tubenten »erlangt man aud) wieber eine itatienifdje fßrebigt,
wetdje bie Unfrigen big gur Vertreibung Rieften. 3n ~tmiip werben jwei beutfdje
fßrebigten gesotten, in Vrünn eine beutfcfie unb eine mäljrifdje, in Stprnau eine
ungarifd)e unb eine beutfdje, unb wenn id) nicpt irre, aud) eine ftawonifcpe. 3n 2®ien
prebigt man wenigftenS an brei Orten auf beutfd) : am §of, in ber ßatfjebrate unb
in unferer $ircpe; in trieft unb ©örj auf itatienifcf) unb frainifd). Stuf bringen*
beg Vitten beg ^aiferg unb anberer fßerfonen errichteten neutief) ber P. s^ro»injiat
unb ber P. Vifitator an 14 Orten, in SRäpren, Vüljmen, ©cfjtefien unb Ungarn,
SRiffionSftationen unb fdjicften ÜDtiffionäre batjin, »on benen jeber wenigfteng zweier
»erfd)iebener ©prad)en mächtig ift. SDie ©tärfe ber Eproüinj ergibt fid) aug ber
3at)t ber fßerfonen unb Käufer, fie gäfjtt nämlid) über 530 Sßerfonen, bie fid) auf
23 Kollegien unb 5 fRefibenjen »erteilen. 3ur Leitung ber fßrooinj ift adeg (Sr*
forbertid)e »orpanben: jwei ©eminare für bie Unfrigen, ba§ eine in fßrag für
Vöpmen, bag anbere in ©raj für Öfterreich ; gtoei SRoöijiate, für Vöpmen in Vrünn,
für Öfterreich in Seoben; jwei SOertiate , für Vöpmen in ®omotau, für Ofterreich
in Obernborf ((Sbernborf). Vei ber jüngften Verteilung ber fßerfonen finb bie Obern
in ber SEBeife »orgegangen, baff fie jebent ben fßtap anwiefen, ben er einnepmeit wirb
itad) ber Leitung ber fßrooin^; aud) paben fie für beibe Steife fepon bie fpäter bort
bteibenben Obern beftimmt. (SS ift folglich tuetter nieptg met)r erforberücp, at§ bafj
(Sw. Paternität bie ßuftimmung jur Steitung geben unb bafj ©ie für jeben ber
beiben Steile ben fßro»in§iat ernennen. ®ie Leitung gefepiept aber am oorteit*
hafteften in eine böpmifcpe unb eine öfterreiepifepe. Septere wirb biejenigen lieber*
taffungen umfaffen, bie in Ofterreich, Ungarn, Kroatien, ©teiermarl, körnten, ^rain,
Qftrien unb griaut gelegen finb, nämtid) in Ofterreich SBien mit ber fRefibenj
©t Verntjarb unb ba§ Sßrofeppaug, beffen (Srridjtung bereits befeptoffene ©ad)e ift;
paffau mit ber Stefiben^ in Straunfirdien, fobann Sinj unb Äremg-; in Unterfteier*
marf ©raj mit ber Stefibenj SRittftatt (in Kärnten), in Unterfärnten Ätagenfurt mit
ber fJtefibenj Obernborf; in ^raiit Saibad) mit ber Ütefibeng ptetriach ; in Oberfteier*
marf ^ubenburg; in Qftrieit Strieft; in gritmf ©örj; in Unterfteiermarf baS fRo*
»igiat in Seoben. Stie bopmifepe proüing wirb bie ÜRieberlaffungen in Vöpmen
unb ben angrenjenben ^rontänbern umfaffen: 9Räf)ren, Ober* unb Siieberfdjlefien,
Sie Leitung in bie öfterrcid)ifd)e unb bie böhtnifdje SSrooinä.
317
Ober- unb 92ieberlaufifc. Hurdj bie Dielen neu mtgebotenen ÜZieberlaffungen mirb
bie f>öf)mifdje PtoDing halb bie öfterreid)ifd)e an 3al)l ber Käufer übertreffen 1.
2Sie aus einem Briefe ViteKeSdjiS Dom 20. 21uguft 1622 an ben Vifitator
Slrgenti fyerDorgefjt, mar in ber gangen öfterreid)ifd)en Proüing bie (Stimmung ent=
fdjieben für bie Trennung ; trofsbem Derlangte ber ©eneral guerft nod) ein ©utadjteu
Don bem Vifitator2. Ha fid) biefer, mie eS fcfjeint, ebenfalls für bie Teilung auS=
fpradj, orbnete Sßitelle§d)i bie Teilung an, unb gmar f)auptfäd)lid) beS^alb, meil bie
Prooing fo gemadjfen fei, baff fie nidjt mef)r gut Don einem Prooingial Derroaltet
merben fönne. Hie 21rt ber Heilung entfpridjt bem eben angeführten Vorfdjlag, unb
bie neue Prooing foll bo^mifc^e Prooing (Provincia Boliemiae) genannt merben.
Her Vifitator mirb angemiefen, bie Hrennung fo fdjonenb als möglid) ins 2öerf gu
feigen unb bie Perfonen fo gu Derteilen, baff beibe prooingen gut oerforgt unb bie
eingeliten perfonen möglicfjft gufrieben geftellt merben3. HaS Hefret, mit meldjent
VitelleSdji am 6. Hegember 1622 bie SSitte ber prooingialfongregation gemährte,
fdjliejit mit ben Söorten: SSir bitten bie ©itte ©otteS, biefeit neuen Spröffling gu
fegnen unb beibe Prooingen mit bem Hau feiner ©nabe gu befruchten, bamit fie
reiche $rüd)te gu feiner größeren ©hre bringe4.
Hiefer SegenSmnnfcf) ift in ©rfüllung gegangen. 93eibe prooingen entmidelten
fich in ber erfreulicfjften SBeife. Hie öfterreicfjifche Prooing gählte 1632 bereits
725 unb gehn 3af)re fpüter fogar 859 Sftitglieber, mährenb bie böf)mifd)e proüing
fc^on 1636 für fich allein biefelbe äRitgliebergaljl aufmieS mie beibe Prooingen gu=
fammen Dor ber Heilung (über 600).
©in großes Verbienft um biefe ©ntmidlung gebührt bem Äaifer $erbinanb II.
2öaS bie öfterreic^ifd^e unb böhmifdje Proüing ^erbinanb II. Derbanft, gählt Samormaini
in einem Söriefe Dom 28. Februar 1637 an VitelleSdji auf: gmei Profeffhäufer in Söien
unb in Prag, gmei SJiooigiate in Seoben unb SBien, bann bie Kollegien in Saibad),
Älagenfurt, ©örg, ®uttenberg, ©logau, Sing unb ßeitmeriig; bie Vermehrung ber ©im
fünfte Don ©rag unb 'präg um baS Hreifadje; anbern Kollegien fdjenfte er ©ebäube
ober gange ^errfdjaften; Scholaftifate funbierte er in ©rag, Olmüfj, Prag, Älagenfurt
unb ©itfdjin5. —
1 * Original tu Acta Congr.Prov. 1622, II 5 f.
2 * Drig.’fReg. Ad Austr.
3 * 58iteIIe§dji , 10. Sej. 1622 an Slrgenti.
Orig.^fReg. Ad Austr.
4 * Original in Acta Congr. Prov. 1622
II 9. STopie in SBien, §ofbibl. 11 954. ©in
93ierteliat)rf)unbert fpäter würbe eine weitere
Teilung ber öfterreichifcßen fßrooinj auf ber
29. öfterreicbifchen $ro0inäialfongregation (1649)
oerhaubelt unb befd)Ioffen , bei ber ©eneraP
Jongregation bie Teilung ju erbitten. 21I§
©rünbe werben Porgebrad)t: Sa Ungarn unb
ben fftad)barlanben fjat bie ©efeflfcßaft fcpon
20 fRieberlaffungen außer einigen Heineren SDiif»
fioneu, e§ bleiben für Ofterreid) cbenfoüiele
Käufer. Siefe 3a0I ift für einen ffkooinäial
Suüiel. Sie f^rotiinä erftredt fid) jefct bom
Slbriatifdjen SDteer bil jur Sonau unb bann
burd) Ungarn unb Siebenbürgen , wo fd)on
früher eine Siäeprobinj war. SBenn ber fßro*
oiiiäial bei jebem §aufe and) nur wenige Sage
weilt, famt er nid)t in jebem Sbßr bie f$robius
bifitieren. Sind) ber SBriefoerfeljr ift wegen ber
weiten Entfernungen unb ber fdjledjten SSer=
binbungen feßr erfchwcrt, fo baß bie bringenbften
Briefe nur feßr fd)Wer ben Drobinjial erreichen
unb fomit eine Stodung in ber ©rlebigung
bringenbcr ©efd)äfte eintritt. Satfäcplicb finb
einige Sßrooinjiale unter ber übergroßen Saft
3ufammengebrod)en. Unter bem Sluffcßub unb
ber SJericbgerung ber Sßifitationen leibet aber
bie Siojiplin. ©in tBiseprobinsial genügt nicht,
weil in ben wichtigeren Singen bod) aüe§ an
ben fprooinjial geht. Sie Errichtung einer
eigenen SBiseprobinj Ungarn wäre gu empfehlen,
gumal ber ungarifche Slbel eine foldje feßr
wünfd)t. Slber e§ erfolgte ein abfdjlägiger 5Be=
fdjeib , ba bie ©ad)e uod) nicht reif ju fein
fcheine. * Original in Acta Congr. Prov. 1645,
505 529.
6 * Original in Epp. Lamormaini. Sie SJiiP
glieber ber böhmifd)en fßrooinj allein lafeit
beim Sobe Sei'binanb3 je 23 heilige föteffen,
bie ihm al§ bem Stifter fo oieler Kollegien
äufamen. 33iteHe§d)i fdjrieb am 25. Slpril 1637
an ben öfterreichifdjen SProbinjial ©umerecfer:
318
fünftes Kapitel. ®ie öfterrcicfjifcfje $rootnj.
3n
feiner beutfdjen ©tabt Ijat bie dJefellfc^aft eine fo reiche ©ntfaltung ge¬
nommen mie in ber alten ^aiferftabt 2£iett. 2We Strten ber großen Däeberlaffuttgen
ber ©efellfdjaft finben fiel) ^ier oereinigt: Kolleg, ^rofeffbauS, 9iooijiat. 33i§ e§
fo weit fam, ^at e§ freilich biel Arbeit, ©ebulb nnb 21usbauer gebraust im 16. unb
faft nod) mehr im 17. Qaljr*
ROS IMVND A,
ßepltgc gunofmu)/ t>n&
tTimytin
fbnbcrbaf)ren (üfjrcn / omib gttabtgtflctt
SDoIgcfallcn
i)x Üttrftl. ^ttaben germ/
ßentt
PHILIP FRIEDRICH,
^tfegoffen £u sStcmt/tmb t>cf| ßf
frfjeu Actd)i5 S&fttn/ w.
2luff offeiTtltcpcm Theacro fürgeftcllt
Dott
“Der Slcabcnufcbcii QBienncrifcf;ctt
3ugeuDt.
3m <3onmtig / t>oc bet:
1648.
©ebrutft iu^unnin-Ofltmcicfj/bct) 91?<ut§;ep £pffmcromp/
im ©tfllncr&pff,
aCßteuer gfaftnadjtgfptel Dtofimunbn 1648. (2/3)
bunbert1. gm gal)re 1603 jäfjlte
ba§ SBiener ft'olleg 43 99?it=
glieber. 21n ©onn* unb fjeft-
tagen batte man je eine ^Srebigt
in ber ®ird)e be§ &'ol!eg§ unb
am (pofe be§ ©rjberjogi Sliat-
tf)ia§, baju fam bei Serbinberung
®lefl3 eine britte in ©t ©tepfjan.
gm Kolleg ftubierten ein Supenb
©djolaftifer $ßfyilofopf)ie unb
Geologie. Qu ben ©djulen
maren um biefelbe geit gegen
12 Sebrfräfte beschäftigt, 1 für
bie 9Iubimente, 3 ©rammatif,
Lpumanität, PJtbetorif, lSJfatlje-
matif, 3 ^fjilofopfjie, 1 äftoral
(im Kolleg), 2 fdjolaftifdje Geo¬
logie (au ber Unioerfität).
(part mürbe ba§ Kolleg mit¬
genommen burdj ba§ ^eftja^r
1606. P. Meinet berichtete bar
über am 23. 9£ooember 1606
an 21quaoioa: ©djon oor ber
Stbreife unfereS P. Sfteftor§ hatte
bie SJSeft einen oon ben tlnfrigen
meggerafft, jmet anbere ergriffen,
feitfjer finb fieben au§ beit Unfrigen
unb oier Wiener ber ^eft erlegen.
2öir blieben 10 im ßoöeg, 4 fßriefter unb 6 Srüber. Sie ^riefter maren für bie
Seichten nicht geniigenb, Junta! feiner barunter mar, ber bie Italiener unb granjofen
bören fonnte. Sic übrigen haben ficfj jeitig nadj ©t Sernbarb begeben. Säglid)
fallen noch fiele ber ^eft junt Opfer2.
©in grofjeil Unglücf traf Kolleg uttb ©djule im gal)re 1607. 21m Sßeifjen
©ontttag (22. 21pril) brach um üftittag plö^Iidp fetter au§ unb oernidjtete in furjer
geit einen Seil be§ fö’ollegg, ber &ird)e, ©djufen, be3 ®onoent§ unb ben größten
Seil ber Sibliotbef: faft nur bie nadten Sßänbe blieben übrig. Sie Urfadje blieb
oerborgen: bei ber Kirche feblugen juerft bie glommen empor. Sie ©egner oer¬
breiteten, bie gefuiten felbft feien bie Urbeber, um bie oielen ^roteftanten in Söien
Indiximus pro vivo et defuncto (Imperatore)
18 sacra. . . . Pro Labacensi Collegio credo
adhuc dicenda. Pro utraque domo Professa
Viennensi et Pragensi nihil reperio eo quod
pro iis domibus quae fundationem non habent
nec habere possunt, nihil extra Provinciam
indici soleat. * Drig.=9teg. Ad Austr.
1 $gl. S8b I, 6. 45 ff; *Hist. coli. Vienn.
1552—1648, Sßicn, fcofbibl. 8367 unb *Hist.
dom. Professae ; *Litt. ann. uttb *Catal Prov.
Austr. 1601 — 1650; Seb. Mitterdorf fer,
Conspectus Hist. Univ. Vienn. III (1725) 75 ff.
2 * Original in Germ. Epp. XXXVII 135.
Slieberlaffungeit in Slicberöfterreid) : Sßieit.
319
311 oernidjten. Bitten in beit Ruinen fe^te man bie ©djulen fort, unb fdjon ißfingften
gelang e§, aud) bie $ird)e mieber ju öffnen l. 5lm 10. Quli 1607 fc^rieb P. $|o£).
gefjenber an §er3og 9fta£ Don Samern, ba§ Söiener ®oüeg habe einen unmieberbring-
lidjett ©djaben erlitten „burd) eine erfbßrödlidje, oon böfen Seuttjen crmirfte SBrunft . . .
fonberlid) an 23üd)ern, toeldje be§ Ä'otlegS eiit3iger @d)aß gemefen". ®a nun ben
fßrofefforen unb fßrebigern biefer „gro^e 23itc^er üftangel unleiblid) ferner fällt,
fintemal biefe in suo genere nidjt Diel metjr sine libris al§ ein ©olbat sine armis
auSridjten fönbeit", bittet er 31t einer 23üd)erfteuer um ein gutmilligeS Sllmofeit2.
äRaj: l)alf nid)t allein in biefer ©ad)e, fonbern aud) für ben S3au ber ®ird)e. g'ür
biefen fdjenfte er oiel §013. ©0 bebanfte ficfj ber fReftor Qoljann 3e^en‘3er am
14. 9Rai 1611 für 150 ©tämrne, bie er oon bem 2013er glößer ertjalten3. ®ie
QaßreSbriefe üoit 1611 berichten, baß ber Sau troß einer ©cfjulbenlaft oon über
10000 ©ulben ooranfdjreite: oon ber Sirene ift ber (Sßor gebedt, ein fylügel bei
'4>rofeij^au§ in üßiett. ©tief) Oon gol). Slug, GorOinu3. Äalfsgburg, Äunftfabiuett. (V21)
®otleg§ unb ein 2eil be§ anbern $lügel§ ift fertig. ßum Kolleg trat bann ein
großer ©djulbau f)in3u, für beit £>er3og äRajimilian mieber 23aul)ol3 fdjenfte. äöegen
ber Qnforporation be§ £tolleg§ in bie Unioerfität infolge ber ißragmatifdjen ©anftion
oom 13. Oftober 1623 3ogen bie ^efuiten, bereu 3af)[ bereits 100 erreicht Ijatte,
1 Mitterdorffer a. a. C. 82 f.
2 * Original in SSt. 91., Jes. 2132. 9Jta;r
bewilligte am 17. Slug. 1607 500 ©nlbeit. ®on=
äept ebb. Slud) in anbern 93erid)ten tuirb 93ranb=
ftiftung behauptet. ©0 berid)tet ber Oeueji«
anifdjc ©cfanbte granj ©oran^o am 7. SJlai 1607,
bab man in SBieit aud) in einigen anbern
Sirdjen fünftlidjcä geuer entbedt, auber bent,
roeld)e§ ba§ ßolleg ber gefuiten eingeäfdjert.
SJlau glaube, bab £>äretifer unb böswillige ißer>
fönen biefeS geuer gelegt. * Stopie in Senebig,
Arch. di Stato , Germania Disp. XXXVIII,
f- 91. Unb am 19. SSlai 1607 febrieb Äarbinal
93orgbefe an ben fraget SluntiuS gerrero :
L’ abbruciamento del Collegio de’ li Pri Ge-
suiti in Vienna portera seco altri disordini se ’l
delinquente non sara castigato. * Original im
gamilienarebiö gerrero in 33iella, Lettere del
Card. Borghese.
3 * Original in SU. 91., Jes. 2132. $ort
aud) meitere Sanffdjreiben oom Sanuar 1615.
Sgl. *Litt. ann. 1617.
320
^fünftes ft'apitel. Sie öfterreicbifdje fprobinj.
SJiärg 1625 in bie renooierten afabemifcfien ©ebäube i. Qm Qaßre 1628 mürbe bie
neue afabemifdfe Äirdje 31t (Sßren ber hfl. QgnatiuS unb Qranj A'aüer oollenbet unb
1631 oont fffarbinat SDietridjftdn eingemeißt; leiber (türmten im felben Qaßre bie
2ürme ein.
9J?it großer Q5racf;t mnrbe 1639 bie Qahrßunbertfeier ber Söeftiitigung ber ©e=
feflfcßaft begangen. 3)ie SBeoöfferung naßm lebhaften Stnteil baran. 2)er $aifer
unterbrach feinen Sanbaufentßalt unb fam eigens nach Söien. 31m Slbenb beS 27. @ep>
tember mar großartiges Qeuermerf mit tßeatralifdjer SDarfteflung im Qreien. ®ie
Hier SBettteile, in benen bie ©efeflfdfaft Qefu für bie größere (Sßre ©otteS gearbeitet
hatte, bie Steidje, ^roüinjen, Sänber unb ©täbte maren bitblicfj oertreten. 2(m
©ftaofonntag abenbS, nad) Söeenbigung ber fircßticßett Qeier, erhoben fid) oor ben
Slugen ber Sftenge, bie aus bem ©otte§haufe ftrömte, nacheinanber hun^ert heA'
lencßtenbe Sterne als ©innbilber ber ßunbert Qaßre; fämtliche erglänzten fobann
über bem Kolleg unb nahmen in ihre Meißen jmei feucßtenbe ©eftirne auf, bie über
ben Statuen ber hfl- QgnatiuS unb Qrartz 3faber gegen SJtorgen unb SIbenb empor»
fcßmebten2.
Stußer bem Kolleg unb bem 1628 bei ©t Slnna eröffneten Stobiziat3 unb ber
junt 91ooijiat gehörigen Stefibenz ©dfürz4 entfaltete aud) baS ^rofeßßauS in SEßien
eine auSgebehnte Stätigfeit. (Sin fdfon lange gehegter Sßunfd) nach einem QSrofeß»
ßauS in SDeutfdftanb mar in (Erfüllung gegangen. SDaS erfte beutfcße ^rofeßßauS
mürbe am 12. SJtärz 1625 in Söien fonftituiert. (SS burfte bem Qnftitut gemäß
nicht bnrcß eine fefte Qunbation, fonbern nur burcß 2Umofen erhalten merben. @0»
halb ber bisherige ©ra^er Sieftor Slapßaef Sobenjl am 12. SOJär§ zum erften Prae-
positus ernannt morben, ging biefer am felben Xage in ^Begleitung eines anbern
Raters, ber früher Sßrofeffor an ber Unioerfität gemefen, oon £muS gu §auS, um
Sllmofen für baS neue fßrofeßßauS ju betteln. 23eibe trugen über ben Schultern
einen meißen ©ad. 21n ben folgenben £ageit unterzogen fid) biefer SBerbemütigung
ber Steiße nacß bie anbern patres, unb z^ar guerft bie Patres aulici, bie am ipof
befcf;äftigten Später3. ®ie 211mofen floffeit fo reicßlicß, baß im erften Qaßre fdjoit
bie öfterreicßifche ^ßrobinzialfongregation bort gehalten merben fonnte. £)ie 2öoß*
nungen beS ^oflegS unb beS Q5rofeßßaufeS maren ooflftänbig getrennt; baS eigentliche
Kolleg bezog bie äBoßnung bei ber Slfabemie, baS ^ßrofeßßauS beßielt bie alte 2Boß»
nung am £of. SlnfaugS gäfjlte baS ^rofeßßauS 40— 50 ißerfonen; bie §älfte maren
Saienbriiber, ba and) bie §ofpatreS mit ißren 93riibern bort moßnten, 1642 35 patres
unb 30 23rüber. SBorübergeßenb meilten fogar megen ber Dielen ©äfte ober Qtüdjt»
linge aus anbern ißroüinzen bort meßr als 80 ^ßerfonen.
Unter ben ©rünben für bie (Srridjtung beS ijßrofeßßaufeS mürbe ftarf betont
ber große feelforglidje Siußett, für ben in Söien ein meiteS Qetb ficß biete, „menn
1 fßgl. 8. Sapitel. Sm Sabre 1620 waren
bie pf)i[ofopt)ifd)en Sorlefungen wieber in§
Äotteg berlegt worben; am 22. iRob. 1622 be=
gannen infolge ber ÜReuorbnung bie Sor=
tefungen in erweitertem StRafiftab in ber Uni»
Oerfität. Conspectus III 131 ff 146.
2 Über bie (Sinfünfte be3 fö'ollegä f. 23. ®a=
pitel. — Sie fReftorett bei? SoHegd Waren:
g-Ior. 2Ibancinu3, 1598—1601; gerb. Silber,
1601; Sof)- ®tontanu3 SKoüenfiS, 1608; Sob-
3ebcnber, 1610; glor. 2tüancinu3, 1614; Sob-
föoffmamt, 1621 (SBijereftor); SSilt). Satnor»
maini, 1622; fJJtarf. SRoeliuS, 1624; SOiicfjael
©ummerecfer, 1628 ; S°b- fRumer, 1632 ; Sob-
©d)ega, 1636; SBilb- Samormaini, 1640;
Seonf). ©eper, 1643; Seoul). i8ad)in, 1645;
Sob- 33ertl)olbu3, 1648.
3 Uber bie S8orgefd)id)te üon ©t 2Inna Dgl.
211 b. § ü b I im Programm be§ ©djotten»
gbmnafiumi? in SSien 1909 f.
4 gebruar 1634 überwies ber Staifer bem
fRobisiat jwei grobe 93efipungen: ©cbürä unb
©djöjler; nad) ber Übergabe am 16. ©eptember
1636 Würbe in ©d)ürg eine fRefibenj errid)tet.
* lavencius Hist. S. J. Clm 774. Sn biefer
fRefibenj weilten gewöbnltd) jwei f}5atre§ unb
3Wei förüber.
6 Conspectus III 165.
Sftieberlaffungen in SRieberöfterreid) : SSiett.
321
Sftänner borßanbeit finb, bie frei non allen anbern SSefd^äftigungen fid) barauf ber«
legen, bie Verlaufenen aufjufucßen, unb nid)t nur märten, £>i§ fie felbft bon biefen
aufgefucßt inerben" P 2)ieS faßte man gleid; anfangs ins Sluge. 9iod; im Saßre ber
Sntfteßung ßielt baS ^ßrofeßßauS eine große SUiiffion in fed)S Kircßen ber ©tabt
für bie fünfte ber |>anbmerfer. Von biefen feßrten 164 jur Kirdje §urüd. 2lußer»
bem gäßlte man nod; über 900 Konberfionen.
SBäßrenb ber ^ßeft^eit 1627 mürben 1 ^ater unb 1 Vruber für bie Uranien
unb ©terbenben abgefonbert, ebenfo 1633. ^m $aßre 1644 forgten bie patres
befonberS aud; für Sllmofen unb 2lrjnei. Vornehme SDarnen maren borßer (1641)
gemonneit morbeit, um fid; ber armen ©pitalleute anjuneßmett. Von beit patres
beS ^rofeßßaufeS mürben and) bie SOUlitär» unb .Qibilgefängniffe regelmäßig auf»
gefudjt; fie begleiteten bie Verurteilten gur IRicßtftätte. 9?ad; bem Xobe ^erbinanbS II.
roollte man 1638 bie ©orge für bie (befangenen unb Verurteilten ben patres neßmen,
aber ißre STätigfeit ßatte bie Slnerfennung ber meltlicßen unb firdjlicßen Veßörben ge»
fuitben, fo baß ber Verfucf) mißlang. SCäglicß maren einige patres bereit, um fofort
jebem Vuf §um Vefucße ber Kranfen folgen ju fönnen.
Veforgte baS Kolleg 4 üerfcßiebene Kongregationen: 1 für Slfabemifer (1643:
400 ÜUütglieber), 2 für bie ©ßmnaftaften unb 1 für Konbiftoreit (©t Varbara), fo
erftredten fid) bie Kongregationen beS ^3rofeßßaufeS auf alle anbern ©tänbe. Slußer
ber ©obalität für Herren (Stbel unb ßoße Veantte) unb jener für bie Vürger er»
ridjtete baS ißrofeßßauS 1632 eine britte für Unberßeiratete, fie jäßlte anfangs
300 unb 1642 800 SOtitglieber. Sine üierte ©obalität für £>anbmerfsleßrlinge ßatte
meßr als 100 ÜOlitglieber. SXußer einer italienifcßen Kongregation für bie Herren
(beS ^>ofeS) grünbete man aucß eine folcße für bie italienifdjeit Arbeiter, fo baß 1637
am ^ßrofeßßauS allein fed)S Kongregationen, nier beutfcße unb jmei italienifdje, be»
ftanben, bie 1646 alle ißr eigenes Oratorium befaßen.
2)aS ^rofeßßauS ftellte oiele ^rebiger für VSien. $|m ^aßre 1633 merben
acßt genannt, am £>of brei für bie beutfdßen, fpanifcßen unb italienifcßen ^rebigten,
ein bierter in ©t ©tepßan, jmei in ber Kircße beS SßrofeßßaufeS, ber eine für baS
Voll, ber gmeite nacßmittagS für bie Qugenb, ein fiebter in ber S’iobijiatSfirdje
©t 2lnna, ein acßter in ©t SaurentiuS. ®aju tarnen nocß 1641 bie ^rebigten an
©onn» unb gefttagen im £mfpital ber Varmßerjigen Vriiber. ®er ßubrang ju bem
Smpfang ber ßeiligen ©aframente in ber Kircße beS $|3rofeßßaufeS fteigerte fiaß immer
meßr, bon 53000 im Qaßre 1642 auf 57 000 im ^aßre 1645 unb auf 69 000 im
Qaßre 1647. VefonberS ßatte an biefer Steigerung Anteil bie feit 1631 eingefiißrte
monatlicße ©eneralfommunion. ©eßr beliebt maren in ber f^aftenjeit bie Slbenb»
anbacßteit bon 4 — 5 Ußr ju Sßren beS SeibeitS Sßrifti unb in ber SlbbentSjeit bie
ÜDtetten bon 6—7 Ußr. ®a^u tarnen nod; biele SluSßitfen unb VoIfSmiffionen in
ber Umgegenb, befonberS feit 1629.
©cßon halb nacß Srricßtung beS ^5rofeßßaufeS taudjte ber $J3lan auf, an bem»
felben aud; bie unteren ©ßmnafialflaffen ju eröffnen. VitelleScßi mar nid;t abgeneigt,
mie er am 29. ®ejember 1629 auf eine bieSbejüglicße 2lnfrage bem P. i^einrid;
^ßilippi fdjrieb1 2. Slber in Söien madjte man, mie eS fdjeint, bon feiten beS KollegS
©cßmierigfeiten: Mangel einer gunbation für bie Seßrer, $urd;t borgmiefpalt mit
bem Kolleg, Sntjießung ber abeligen @d;üler ufro. 3 ©cßließlid; brang ber fjßlatt
aber bod; burd;. 9Jtit Sinmilligung beS KaiferS unb 3ufümrnun9 ^er Uniberfität
1 *Deliberatio utrum expediat Dornum Pro- 3 * Difficultates circa erectionem Scliolarum
fessam Yiennae instituere. Austr. Fundat. in Domo Professa Viennae. Austr. Fundat.
II 215. II 218.
2 * Drig.’iReg. Ad Austr.
33uljr, ©etdjidjte ber 3efuiten. II.
21
322
giinfte» Kapitel. Sie öfterreicpifcpe ißroüins.
würben am 6. 9?ooember 1G50 eine ©fementarfcßule unb brei ©rammatifalflaffen in
einem bem fßrofeßßaufe benachbarten alten ©ebäube erridjtet. Sen Unterhalt für
bie Seßrer ftiftete ber ©enerat ©raf dtubotf oon Seuffenbacß. Sll§ ©rünbe für bie
neue ©dfule werben geltenb gemadjt bie Uberfüllung be§ afabemifdßen Ä'odegS, bie
©ntferitung non ber Slfabemie, infolge berer manche jum ©djaben für ihre ©efunb*
heit jweimal im Sage bei jebem SBetter ben weiten SBeg jur ©djule machen müßten,
enblidß weit fonft bie Sarnabiten eine folcße ©dfule eröffnen wodteit 1.
Qu. SBien gehörte auch nod) bie fRefibenj ©t Sernharb, wo für» gewöhnliche
4—7 SJcitglieber weilten2. Sie STätigfeit ber fßatreS beftanb ßauptföddicß in ber
©eelforge für bie Untertanen unb fßrebigten an ©onn* unb gefttagen, im Unter«
rieht in ber Sanbfdjule unb in ©rteilung ber djriftlichen Sehre auf ben benaeß«
barten Pfarreien, wie porn unb Sleufircß. SefonberS in ben Sagen ber 9?ot war
©t Sernßarb eine 3uf^ucht§ftätte für ade Sirmen, fo bei ber großen Seuerung im
$aßre 1639 unb in ben oierjiger $aßren. ^m ^aßre 1647 ftrömten, wie bie QaßreS*
briefe berichten, am ©rünbonnerStag über 2000 Sinne herbei unb erhielten Unter»
ftüßung. Situ ©rünbonnerStag unb an idtaria fDiagbalena im fotgenben $aßre 1648
betrug bie ßaßl ber gefpeiften Sirmen 3600; auch fonft würbe oieten Sinnen Nahrung
gereicht.
StlS Äarbiual ®fefl 1618 ben $uftanb feiner Siö^efe bem Zeitigen ©tuhte bar*
fegte, ba hob er ba§ SB ir feit ber ^efuiten in SBieit in gan^ befonberer SOBeife ßerüor :
Sie Später ber ©efedfdjaft $efu behaupten in ©rjießung unb Unterricht ber Qugenb
ben erften fßlaß. SBie fie burch bie ihnen non ®aifer gerbinanb übergebenen 2ßro»
feffuren an ber Unioerfität baS ©tubium ber Sßeologie aufredjt erhalten, fo haben
fie burch ißrebigt, Umgang unb Unterweifung biefer ©tabt ben größten 9?ußen ge*
bradit. SaS päpfttidje Sltumnat hat fowoht für bie ©tabt als für bie fprooing reiche
Früchte gezeitigt. Sesßalb hat ber jeßige ßaifer ihnen nod) brei ^Bhtlofoppiepro*
feffuren übertragen, um bie artiftifdje gafultät ju bewahren, ©eitbem ich ba§ fatho*
lifche ©laubenSbefeitntniS für ade ©ßren un& Slmter ber Unioerfität bureßgefeßt, ift
im Saufe ber 39 $aßre meines &'an,$teramte§ bie gan^e Unioerfität fatßolifcß ge»
worben unb wirb fatfjotifcf) bleiben, folange bie Später ber ©efedfeßaft ißre i^ro feffuren
beibeßatten 3. Siefeg Urteil barf and) für bie golgejeit ©ettung beanfprueßen.
Sie ättefte ©tabt SiieberöfterreidjS, Sfreutä, war im 16. ^aßrßunbert admäßlicß
Oon ber $ird)e abgefaden unb fdjtießtid) ganj proteftantifcß geworben. Stuf Sefeßl
be§ ßaiferS fdubolf, ber Stbfcßaffung beS proteftantifdjen ©ottesbienfteS in ben
lanbesfürftlicßen ©täbten üertangte, erfeßienen 1583/84 faiferlidje ßonitniffäre in ber
©tabt, barunter ber fßaffauer Offi^iat SJlelcßior ßlefl, welcße bie 3ul‘ü^9abe ber
Siebfrauenfirdje auf bem Serge unb ber ©pitatfirdje an bie ßatßolifen burdjfeßten.
Sie Siirgerfdjaft betonte in einer ©ingabe an ben $aifer, oiele oon ißiten feien in
ber neuen Seßre geboren unb erlogen, unb außer etlidjen alten Seuten feien nur
wenige fö'atßolifen oorßanben. Um bie Seute ju beteßren, würben ^efuiten berufen.
Ser erfte war P. ^oß. dtabenftein, ber am 2. fftooember 1586 in ®rem» anlangte;
ißm folgte im Januar 1587 P. ©eorg ©djerer, ber burd) feine fßrebigten in ber
1 Conspectus III 266. — Sie Obern (Prae-
positi) öeS ißrofefjpaufeg Umreit: 9Iapp. Gobend,
1625—1628; 3iop. SflercurianuS, 1628; 2([pp.
Seibetti, 1630 (®ijepräpofitu§); 9lifol. gagnia*
toöiu§, 1630; 28ilp. Samormaini, 1633; Qafob
IRrnnpeliuS, 1637; Mid). Sumerccfer , 1642;
Gpriftian 53ertid)iabe§, 1644; 3ad). Srinf'eüiu§,
1646.
2 2lm 8. Mai 1620 bittet Kaifer gerbinanb
ben ißapji, ba§ bem Sefuitentoüeg in SSien nur
jeitmeilig übergebene ehemalige Gifterjienfer»
Hofter St Sernparb nuumepr enbgültig bem
KoUeg ju inforporieren. * Original in Arch.
Vatic., Lett. di Principi LYII 228.
3 gorfepungen unb Mitteilungen jur @efcp.
Siroil unb SßorarlbergS 1907, 346 f.
Diieberlaffungen in sJtieberöftcrrcid) : Srem§
323
Siebfrauenfirdje fegenSreicf; mirfte1. Sitten 83efef)Ien be§ (Statthalters, be§ ©rgfjergogS
(ürrnft, festen bie Stemfer guerft paffiüen, bann offenen SBiberftnnb entgegen (18. Februar
1589). infolge biefeS 2tufftanbe§ nntrbe nad) üierjäfjrigem ^proge^ am 1. Sluguft
1593 bie ©tabt all ifjrer 5ßribüegten für öerluftig erflärt. SJfancfje ^Bürger üer*
liefen il)re ^eirnat, anbere fudjten ifjre religiöfen SBebürfniffe auf ben ©djlöffern be§
SIbelS gu befriebigen. $m Slpril 1603 betrug bie 3al)l ber fatfjolifdjen ^Bürger 300.
Slm 13. Februar 1012 formte ber ©tabtrat berichten, bafj ber ©ottesbienft in ßreinS
fatljolifd) gehalten unb auf alle Söeife geförbert tuerbe. „®ie Sätigfeit ber f^efuiten
uollgog ba§ SS3erf ber ßurücffüfirung gur fatfjolifdjen ®ird)e, toenn aucf) nidjt oljue
©djnnerigfeiten, fo bodj mit ©rfolg." 2
rcmb^-
''•£22
ßreitig (1649). ©tief) Bon iüterian. (2/3) 91r 5: StoHeg.
©djon int ^afjre 1582 fjatte ber SBiener 92untiu§ SBonljomini bie ©rridftung
einel fgefuitenfollegg in ®rem§ befürmortet al3 beften 2Beg, bie ©tabt of)ne ©emalt>
anmenbnng mieber gur Äirdje guritdgufüfjren 3 SSermirflidjt mnrbe biefer ^lan
erft brei Qat)rge^nte fpäter bttrd) ben ©ifer be§ ©rafen Slbolpl) 0. Slltfjan unb feiner
©emaljlin ©lifabetf) geb. iBaronin ©topinger, „melcfje gurn ®anf gegen ©ott für bie
eigene 9iiidfel)r in ben ©djofj ber fatfjolifcfjen &Hrd)e unb um bie Üxüdfeljr ber tion
ber ftirdje nocf) ©etrennten gu vermitteln, ben ©ntfcfjluff gefaxt Ratten, ein ^efuiten*
folleg in ®rem3 gu grünbett" 4. ®ie SBerljanblungen mit bent 33ifd)of von ißaffau
unb ber ©tabt, um bie Übergabe ber ber ©tabt gehörigen, menig benüpten grauen»
1 ®gl. 93b I, 6. 802.
2 9t. ®erfd) ba nmer, ®efcf). ber ©tabt
Ärernä (1885) 276—281.
3 9?gf. 93b I, ©. 846.
4 ®erfcf)baumer a. a. D. 249,
324
fünftes Kapitel. Sie öfterreicf)ifd)e fprooin.v
firdje ju ermirfen, Ratten ©rfotg. ?tm 12. Sttärj 161(3 mürben bem öfterreid)ifd)en
S3ijeprotiinstaI gtorian Slbancini bie ©djtüffet ber Kird)e übergeben. $n bem 23er*
trag mit bem ©tabtrat berfprid)t ©raf 2Ittf)an ber ©tabt 5000 ©utben ju geben,
©otange bie ^ßfarrfircfje nicf)t erbaut ift, foll ber ®ed)ant ober Kaplan ungefjinbert
in ber Siebfrauenfirdje ben pfarrtidjen ©otteSbienft Ijatten. Unter anberem ber»
pflichteten ficfj bie ^efuiten, in ber ©tabt unb ihrem 23urgfrieben fein bürgerliche^
©emerbe ober 2öeinfd)anf ju betreiben1.
£>erbft 1616 mürbe eine ©djute begonnen mit einer Stementar» unb ©rammatifat-
flaffe unb 30 ©djiitern, bie ficf) aber in jmei Monaten auf 100 bermefjrten; 1617
maren eS bereits fünf klaffen, oon benen jmei mit geringer ©d)iilerjaf)t unter einem
Seigrer fombiniert maren. ^m felben ^a^re erhielt bie bisherige Stefibenj tarnen unb
SRedjt eines KoIIegS. $|m Qaffre 1631 trat bie ^fjetorif hinzu. Sin ©eminar für
arme ©ingfnaben begrünbeten bie patres mit Sttmofen, auf Koften beS KottegS
mürben junöchft 25 ©tubeuten unterhalten, ^a^re 1637 mufjte man baS ©eminar
roegen ber unerfchmingbaren Soften einftmeilen aufgeben, jumat baS fpauS baufällig
gemorben2 3. ©in £eit ber ©ingfnaben mürbe bei ^Bürgern untergebracf)t. ®ie
©djufeit mürben mieberfjoft für längere $eit unterbrochen, 1625 unb 1634 megen
ber ^Seft, unb 1645 megen ber Sefetjung ber ©tabt burdj bie ©djmebeu. 2>aS
Kolleg mürbe teilmeife geplünbert, nur 2 ^riefter unb 2 Srüber blieben jurücf.
©d)on 1646 eröffnete man mieber bie ©djuten, menn aud) nur mit ben unteren
Klaffen unb menigen ©djütern, 1649 zählten bie bier (unteren) Staffen jufammen
46 ©chüler. ®ie ßatjt &er ^erfonen ftieg 1647 mieber auf 12, mäfjrenb eS anfangs
9, bann 11, 1631 16 unb 1636 fomie 1642 fogar 22 geroefen. ®ie ©djuten be=
anfpntdjten gemöhntidj 2 patres unb 3 — 4 ©djotaftifer.
®ie ©eelforge madjte megen beS bortjerrfchenben ^roteftantiSmuS biete Strbeit.
®ie Konberfionen fdjmanften burdjfdjnittlidj jmifdjen 4 — 30, nur in ben fahren, in
benen bie metttidje Regierung energifcher borging, mar bie 3atjt jmifcheit 80—160.
®ie Kommunionen erreichten 1641 bie fpöhe bon 4400 unb ftiegen 1644 auf 7000,
fielen aber infolge ber fchmebifchen Offupation auf 5000, 1650 maren eS mieber
5700. ©ine ©obatität mirb 1624 ermähnt, 1631 maren eS jmei, je eine für
©tubenten unb SBürger.
®ie ©üter beS KottegS mürben befonberS in ben 3a^ren 1622 unb 1645
burd) ben Krieg hart mitgenommen. ®ie ©infünfte hätten für ben Unterhalt bon
24 ^erfonen gereicht, aber infolge beS Krieges fonnten befonberS gegen baS ©nbe
ber iJSeriobe faum 13 babon leben, unb bafür mufjten nodh Sttmofen gebettelt merben8.
SlnfangS hotten bie Qefuiten bei ben Kapuzinern, fpäter jur ÜOäete in einem §aufe
am ^johenmarft gemofjnt. ülftai 1636 mürbe ber 23au eines KoUegS in Angriff
genommen, moju ber ©tifter, Segate unb ®arleheit bie ÜDiittet lieferten. 23iete
dauern bom Sanbe leifteten freimütigen 9iobot. 1637 mürbe ber ®adjftuljt auf*
gefetjt unb 1641 baS Kotteg bezogen, ganz bottenbet mürbe eS erft fpäter. „SDaS
©ebäube — ein 23iered in gefunber unb pradjtbotter Sage — mar gtuecfmä^ig eim
gerichtet unb bitbete eine ßierbe ber ©tabt."4
„SDie Sßirffamfeit ber Qefuiten in KrentS — fo urteitt ber ©efdjid)tfdjreiber
ber ©tabt — mar eine erfotgreidje. £)ie ißrebigten unb ©hriftentehren mürben
1 Sßortlaut bei St er !d) bäum er a. a.D. 250.
2 * Iuvencius, Hist. S. J. 1616—1646.
* Litt. ann. Prov. Austr. Sie ülnnafen Bon
1616 bi§ 1740 (2 93be) frefinben ficf) im ißfarr--
arcfriü ju Strem§.
3 Sie Obern maren: $soua§ SabDiceru§ (?);
SfrontaS Stiforu*, 1617; Qof). DtotariuS, 1620;
9?it. 5acmiatoOiU£>, 1623; (Suft. ©teinerfrerger,
1631; Sofr. 93urd). ®ric, 1632; ®i'iefd),
1633; gofr. ®arb, 1637; 9Jtattfria§ SMrnfodjner,
1639; Urfr. iJJurgleuttner, 1646.
4 St er f cf) fr a um er a. a. 0. 251.
$ic -Jtieberlaffungen in 9tieberöfterreid) : fßaffau.
325
fleißig befugt, ber ©ottesbienft mit 2lnbad)t unb Qeierlidffeit gehalten, befonberS
aber marert bie patres im 93eicf)t[tuf)t tätig. ®ie Uranien befugten fie in ben
Raufern unb (Spitälern ; namentlich jeidjnete fid) P. 23artl)ofomäuS tflell aus, ber
jur fßeftjeit unüerbroffen bie ßranfen befudjte, bis il)n bie ßfranfljeit felbft ergriff
unb aufs Sterbebett marf. ®ie üöllige llmfefjr ber ^remfer ift mefentlid) ben Qefuiten
ju bauten, mobei fie aderbingS oon ber Strömung ber Qeit unb burd) bie Staats»
gefepe unterftü|t mürben. Qm Qaljre 1628 befanb fid) feine proteftantifdje Qamilie
mehr ju föremS. Qur Qeit beS üierjigftiinbigen ©ebeteS ftrömte baS Söolf in
^ro^effioiten, ©eiftlid)e an ber Spipe, jur Qefuitenfirdje. Slucf) in ber Umgebung
ber Stabt, mie ju Qmbad), 9Ied)berg, SEBeinjierl, ©gelfee, Senftenberg, hielten fie
föatedjefen unb ^rebigten unb belehrten bafelbft bie noch übrig gebliebenen ißrote»
ftanten. Qhre Seutfeligfeit unb burdfgebilbete SöeltfenntniS öffnete ifjnen bie tpergen
unb Käufer ber fö'remfer, fo bafe fie audj bei ben Bürgern geachtet unb beliebt mären."1
25er 1586 geborene ©r^erjog Seopolb, 23ruber QerbinanbS II., mar fdjon mit
jmölf Qaffren föoabjutor oon ifJaffau gemorben, aber bis ju feiner ©rofejährigfeit
bei feinen Stubien in Qubenburg unb ©raj geblieben. 311S er 1605 nad) ^Saffau
fam, bradjte er feinen 23eidjtoater .peinrid) SSiöatiuS SlquenfiS unb feinen Sefjrer
P. Qol). 23. S’Slbbe mit2. 25er neue 23ifd)of mar gleid) anfangs barauf bebadjt, ein
Qefuitenfolleg §u griinben, aber er fanb üielett SBiberfprud). Qn^mifdien prebigte
P. S’Slbbe mit grofjem 93eifaU im 2>ome. Qm Qafjre 1611 maren brei patres in
5J3affau. Qn biefem Qaljre liefe ber 23ifcf)of ben öfterreiefeifdjen fßrooinjial nad)
üßaffau fommen, um mit ifem über baS Kolleg ju oerfeanbeln. 2(m 11. Qebruar 1612
unterjeidjnete Scopolb bie erfte Stiftung mit 50000 ©ulben für baS Kolleg, nad)
rneldjem mir, mie er fidj auSbrüdt, oon ber Qeit an, ba uns baS 23iStum QSaffau
jugeftanben, eine fonberbare Regier gefdföpft. SEßeldjeS 2Serf mir bann um fooiel
uotmenbiger befunben, meil mir in itnferem meitfdjmeifigen 2)iftritt an frommen
gelehrten Sßrieftern einen merflicfeen SRangel unb gugleicf) bisher gefpürt, bafe in
unferer SbiögeS nod) oiel Sanbfaffen, Bürger unb Untertanen oorfjanben, bie ber
mähren fatfeolifc^en Religion nit zugetan. Qür beibeS feoffte er tpilfe Oon ben
patres unb ihrem erfannten gemöfenlicfeen unb an oielen Orten ber ©feriftenfeeit
bemiefenen erfpriefelidien Qleife3.
9J?ärj 1612 eröffneten bie patres bie Sdjule in bem üom 23ifcfjof ihnen über»
laffenen Steuberfdjen £>aufe mit 70 Sdjülern in jmei klaffen, bereits am
1. ÜJioöember beSfelben QafjreS fanb bie ©runbfteinlegung für baS neue Kolleg burd)
ben 23ifcf)of ftatt4. 50er 23ifd)of hatte baS 2)om!apitel, baS feauptfäcfelicfe auS finanziellen
23ebenlen miberftrebte, oor eine oollenbete 2atfad)e ftelXen mollen5. 9iad) lang»
mierigeit SSerfjanblungen mürbe bie Quftimmung beS Ä'apitelS erreicht6, unb fo fonnte
benn Seopolb am 22. Sejember 1615 ben eigentlichen QunbationSbrief beS Kollegs
ausfertigen. Qn biefem Stiftungsbrief mirb u. a. aud) ein Sßlafj angemiefen für ben
23au ooit föirdje unb Sd)ule. Slufeer biefem i^lafe bürfen bie Qefuiten innerhalb
1 @bb. 251 f. 93gl. $erf. , $ie Qefuiten
in ÄreniS, in 3Biener ®ird)enjeitung 1851.
2 gürftbifdjof Seopolb, ber nie bie böseren
2Beil)eit erhielt, resignierte 1625; an feine ©teile
trat fein 9teffe, Seopolb SBilfjelm (geb. 1614),
ber al§ 93ifd)of unb gelbberr gleid) groß baftefjt.
3 * Original in 9Jt. 3t., Urfunben, Raffen,
Sef., 5a#s. 1. S)ort aud) Original ber 25er=
fd)reibung gerbinanbä für bie 50000 ©ulben
öom 1. San. 1612. $rud nad) Kopien bei
®t. Sei bei, 3ur ©efd). be§ ©t)mnafium§ in
qSaffau (ißrogr. 1906/1907) 14—17 u. 12-14.
S8gl. Sof- Sifü)» ©efd). be§ pöberen Unter»
rirfjtä in ipaffau (ij?rogr. 1861) 7 ff. g. 9t. 93 u=
cf)inger, ©efd). beS gürftentumä s43affau II
(1824) 355 ff.
4 93auteitcr tttar ber bi^^erige 9teftor non
fötolSbeim, P. S^forbing. 93gl. 5 i f d) a. a. 0. 9.
6 S e t b e l a. a. 0. 9 f.
6 ®iefe 93erf)cmblungen in 9)t. 9t., §ocf)ftift
f|3affau, 9tr 1691.
326
günfteS Kapitel. Sie öfterreidfüfdje fßrobinj.
ber (Stabt fein £>aug ober Serrain offne Einmilligitng beg 23ifd)ofg unb föapitelg
faufen. Sie Schufen foHten bag ©hmnafium big 9il)etorif cinfd)lieplid) umfaffen,
im Sauf ber $eit je nacfj bem Urteil ber Obern nocf) Sialeftif, Äontroberfe itnb
SJioral angefdjlofftm merben1. Sa^u beftimmte jef)n ^af>re fpäter ein ißrioilegiem
brief bom 5. Oftober 1625, bap bie F^mten biefelbe ^uri§biftion unb Seituug
über bie (Stubenten in fßaffau toie auf ifjren anberit Stufen haben füllten unb
niemanb ficf) in biefe Quri§biftion einmifdjen bürfe, eg fei benn, bap Stubenten alg
nädjtlidje Siupeftörer ober bei föriminalüerbredjen Oon ber meltlidjen ©emalt auf
frifdjer Sat ertappt mürben2.
Sie (Sdjufen entmideften ficf) gut3. ©d)on 1613 mareit jmei klaffen unb
1614 aud) bie Ür^etorif beigefügt raorben4. Fn einem Kataloge bom Fahre 1615
mirb bie SJUtglieberjaf)! beg fö’ollegg auf 13 angegeben, 1 ißriefter lehrt bie 9U)etorif,
4 Sliagiftri bie Humanität unb bie 3 ©rammatifalflaffen. QmQafjre 1619 lebten fdjon
8 IfSriefter, 6 ©djolaftifer unb 10 33rüber im Kolleg, bie 6 ©djolaftifer leiteten
bie 6 klaffen beg ©pmnafiumg. Fm Fahre 1622 lepren 3 $ßriefter unb 3 Sdjolaftifer.
Sie 6 klaffen blieben aud) in ben folgenben Qafjren ; 1633 traten SSorlefungen in
ber SJioral, 1638 fanonifcf)e§ 9ied)t unb Sialeftif Ijinju. Fn ben späteren Fahren
unterhielt bag ®oHeg 22—30 SJcitglieber; borübergefjenb mie 1645 68 SJJitglieber,
meil flüdjtige ©dfolaftifer, 19 X^eologen unb 13 $ßf)ilofopf)en in ^Saffau ifjre ©tubien
fortfepten. Söieberfjolt bot and) fonft Sßaffau flüchtigen SJiitbrübern, aber aud)
anbern Orben§teuten unb s45rieftern ein gaftlidjeg Slftjf.
Ser Sfeftor P. ÜOfattf). Saftianfdjij berichtete am 11. Januar 1632 bem ©eneral
9SiteÜe§d)i, bap im Kolleg ein guter (Seift herrfdje, bie äußere Sage aber traurig
fei. Siefe mürbe oerfdjlimmert burd) bie grope 3af)l ber Flüchtlinge aug 23öl)men
unb born Oberrhein, ©eit jmei Monaten habe id) gemöhnlid) jepn (Säfte, gumeilen
noch mehr, einmal mäprenb einer hoffen 2Bodje 39. F<h habe mich bemüht, ihnen
alle mögliche Siebe gu ermeifen, mie fidj bag gebührt unb mie Ero. Paternität eg
mollen. Qd) felbft habe bag 33ettgeug jufanimengefudjt, ben Sifd) gebedt, bie ©peifen
aufgetragen, ihnen bie glipe gemafdjen, SEßein auf bie ßimmer gebradjt, frifdje Fifefte
unb (gier ihnen borgefept, Sleifegelb gugefcfjoffen, geiftlidje föleibung für bie Söelt*
fleiber, in benen einige anfamen, gegeben. Sag fcpreibe id) nicht gu meiner Empfehlung,
fonbern um ben ©tanb beg föollegg bor Slugen gu führen. 3ubem hat (Sott am
10. biefeg einen 33ranb gugelaffen, moburdj unfere 9iefibeng, Kirche, ©loden unb
gmei Ftägel beg ©ebäubeg abgebrannt finb. ©ott hat eg gegeben, ©ott hat eg
genommen, ber Siame beg §errn fei gebenebeit5.
©o mupte ber 23au bon Kolleg unb Äirdje, ber 1612 begonnen, aber big 1628
nod) nicht ganj boKenbet mar6, bon neuem in Singriff genommen merben. Ser
Katalog bon 1633 gibt infolgebeffen bie ©djulben beg fö'oflegg auf über 18000 ©ulben
an. SJfit einem meiteren Neubau begann man 1638, nämlid) bem neu erridjteten
Älerifalfeminar, in bag feit 1642 neben ben ©tiftlingen and) abelige Äonoiftoren
aufgenommen mürben7. Sieben ben ©djulen bot fiep in ber ©eelforge ein gropeg
Slrbeitgfelb. Sie ft’onberfionen fdjmanfen gmifdjen 3 big 48 jährlich, bie Kommunionen
fliegen bon 5000 im Fahre 1625 auf 9000 im FQhre 1640 unb auf 11800 im
Fapre 1646. Sie 1615 begonnene SOiarianifd)e ©tubentenfongregation mürbe 1625
1 SBortlaut bei ©ei bei a. a. D. 23 ff.
2 SBortlaut ebb. 26 f.
3 ba§ ffolgenbe fittb benüftt bie * Litt,
ann. unb bie * Catal. trienn. Prov. Austr.
4 Über bie gafjl ber ©d)üler fehlt jebe
Eingabe.
6 * Original in Epp. Austr. II 65. Sßgl.
ben 33rief non 33aftianfcbij bom 30. Oft. 1631
II 184.
6 ®gl. @rl)arb, ©efd). ber ©tabt fßaffau
II (1864) 101 f.
7 ©iepe ba§ 9. Kapitel.
Sßieberlaffungen in Obcröfterrcicf) : £1113.
327
geteilt, in ber größeren maren audj Sfulmärtige. (Sine britte, bie Sürgerfobafität,
jäpfte 1325 über 150 Sflitglieber. Sluperbem arbeiteten ftetS einige patres in ber
ju $affau gehörigen Stefiben^ Sraunfircpett 1.
Sal fcpou lange üerfaffene abelige Senebiftinerinnenftofter in Sraunürcpen am
Sraunfee im Salgfammergut fjatte ©regor XV. am 24. September 1(321 bem ^efuitem
fotleg in ipaffau inf'orporiert 2 unb am 14. [yebruar 1622 fjatte ber fyürftbifdfjof
Seopofb balfet&e mit ^uftimntung bei Äaifer! bem Üofleg Übermiefen3. Sie Übergabe
erfolgte 1623 4. $u Sraunfircpen mürbe eine Sefibenj errietet mit 2—3 iJSatrel
unb ebenfo Dielen Srübern5. @1 gepikten baju jepn Seefforglpoften, barunter $fcpl
unb Stuffee. Qln Sraunfircpen beftanb bie Sitte, bap an St üfticpaef alle Sinnen
ein ^funb gfeifcp mit bem entfprecpenben Srot erhielten, im ^apre 1633 [teilten
fiep 1950 Slrme für biefel Sllmofen ein. Ser Sau einer neuen 5ürdje mar 1639
beinape öoHenbet. Sie Sätigfeit ber Qefuiten in Sraunfircpen erftreefte fiep auf
bal ganje Saljfammergut6.
3u beu Qefuitenfolfegten an ber Sonau gepört all viertel baljenige in Sttij,
ber £>auptftabt üon Oberöfterreicp. Oberöfterreicp mar beim Seginn biefer ^Seriobe
faft ganj proteftantifdp. ©emafttaten ber Stbeligeu, Siopeit unb Übermut ber öer»
milberten Säuern unb bie Scpmäcpe ber Regierung patten jufammengemirft, bie
fatpolifepe ßirdje immer mepr ju oerbrängen unb ben fatpolifepen ©faubeit gepapt
unb »eraeptet 311 maepen. SBieberpoft mar fepon im 16. ^aprpunbert über bie ©r-
rieptung einel ßollegl in Sinj üerpanbelt morben. So patte Sartpolomäul Silier
all öfterreiepifeper ^ßroüinjial fiep 1592 mit ©utpeipung bei ©rjperjogl ÜJJiattpia!
uaep Sinj begeben, um fiep über Ort unb ÜDüttel näper ju unterriepten. Slm
31. Sluguft 1592 fanbte er einen aulfüprlicpen Seridft über bie au Ort unb Stelle ein-
gezogenen ©rfunbigungen an benShmtiu! am^’aiferpof ©äfar Specciano (Spaeciano) 7.
Sind; Sillerl Siacpfolger im ^rooin^ialat, gerbinanb Silber, befuepte auf Slnfucpen ber
faiferlicpeit $ommifföre in berfelben Slbficpt Slpril 1598 Sing unb berieptete bariiber
am 30. Slpril 1598 au Slquaoioa. Sie Slulfidjten maren fdjoit etroal günftiger. Ser
Stattpalter Saron ^op. Söbl fpradj fidj mie früper bei Silier mit groper ©ntfepieben-
peit für bie üftotraenbigfeit einel ßollegl aul, unb audj fonft nur bie SJieinung ber
mapgebenbeu ^3erfi>nlid;feiten, bap an feinem anbern Orte in Oberöfterreicp foüiel
gruept unb S?upen aul einem föoKeg gezogen merben fönne mie in Sing. Safür
fpreepen: bie (pauptftabt mit ipren gaplreicpen ©iniuopnern, bal .gufammenftrömen
bei Slbell unb ber Salaten für bie Sanbtage, bie Serbinbungen ber Stabt mit Ober-
beutfcplanb, Söpmen unb anbern ^rooinjen, bie gropen SJfärfte, bie felbft aul Italien
befudjt merben ufro. Sie Söopnung bei Stattpalter! unb einige anbere Käufer nebft
ben ©infünften au! bem oerlaffenen ßtofter Sulgara (ißulgarn, eine palbe ÜDMfe tmit
Sing entfernt) mürben in Slulficpt geftellts.
1 $ie Obern Waren: Heinrich ißiöariuS
(2IquenfiS); ^of). 53apt. 2’2lbbe, 1612 ; gol).
^Sforbing , 1615 (1. 9teftor 1618); fDtattp.
SBaftianfcpiä, 1632; gol). 9Jteljer, 1637; 23ernh.
©eper, 1642; (Soerf). Srtpal, 1644; 2lbam 2lböb,
1646; Step!). ©ber, 1650.
‘ Ä’opie iit 221. 91., Urfunbcit fßaffau, !yef.
gaSs. 1. 9tegeft in Synopsis 294. ©ine Hist.
Res. Traunkirch. 1622—1756 (nicht aber, wie
auf bem Xitel fiept, eine Hist. coli. Passav.)
in ber ©rjabtei SötartinSberg (Ungarn). Sßgl.
<S e i b c I a. a. 0. 292.
3 *Informatio vera et autlientica de in-
corporatione Monasterii in Traunkirchen . . .
facta unione 14. Febr. 1622. 91om, <StaatS-
archio, Informazioni vol. LXX1V, f. 311 — 314.
4 * Original beS 2lfteS in 9J l. 91. , Ur-
funbeit ebb.
5 Sn guten gapren ftiegen bie ©iufünfte auf
4000—6000 ©ulbett; eS mufften aber baüou
2400 ©ulbeit als lebenslängliche ffknfion an
Sarbinal Slefl befahlt merben. Sn ben Snpreu
1636 unb 1645 trug Sraunfircpen nichts unb
mupte non bem föollcg noch unterftiipt werben.
6 2. Sblbadjcr, 2anbeS!unbe 001t Ober-
öfterreich (21883) 292.
7 * Original in Austr. Fund. I 265.
8 * Original in Epp. Germ. XXXV 686.
328
fünftes ßapitel. 2)ic öfterrcicfjifdje iproöing.
33ei bcnt 23efttdje Süberg fjatte P. ©eorg ©djerer beit Sßromnjial begleitet uttb
in ber fßfarrfirdje gur großen grenbe ber ßatfjoüfen geprebigt. $wei Sa^)re fpäter,
1600, mürbe bann P. ©djerer mit P. ^ot). ßeljenber gu bauernber Slrbeit nad) Sing
gefdjidt unb entfaltete bort eine nacfjpaltige 2öirf famfeit K $n einem ©djreiben
au§ Sing bom 2. ^nni 1600 an ben fraget 9£untiu§ ©pinelli fdjreibt P. ©euerer
bie gtiidtidjen Anfänge niiepft ©ott befonberg bem ©ifer unb ber £ücf)tigfeit be§
©tattpafterg gu; §ugfeicf) gibt er aber bem bringenben äßunfdje nad) Gürridjtung eines
ft'odegg Slugbrucf, offne bag bie fatpolifefje ©adje nid^t bauerpaft geminnen merbe,
gunta! megen beg 9J!ange!g an frommen fßrieftern, bie erft perangebilbet werben
müßten1 2. 2!ber mit bem Kolleg ging eg niept fo fdjneü. 2>a tion ben )ßrobinjia!»
ftänben nur mepr gmei fatpolifcp unb bie meiften Bürger in Sing proteftantifcp
Sinj (1649). ©tief) öon Merian. (2/a) F Äoßeg.
waren, geftalteten fid) bie SInfänge überaus fcpwierig. ®ie Sage erfdjien manepent
bergweifelt3.
Seiber ftarb fepott 1602 ber ©tattpafter Söb! bott ©reinberg, ^n feinem
Seftament beftimmte er, baff fein ©optt bett ^efuiten gur ©rgiepung übergeben werbe;
ein Kapital twn 10000 ©ulben bermaepte er gu gteidjen teilen für ein Strmenfpita!
in ©rein unb für bie SDüffion ber ^efuiten in Sing. ®ie bisherige ÜDüffionSftation
begog im felben ^apre eine eigene flehte SBopnung, bie gif bem ben ^efuiten über»
geboten SSenefigium ber peiügett ©reifaltigfeit gehörte, unb würbe nunmehr fRefibcttg
genannt. 2IIS $irdje erpiett fie gut felben $eit bie fepon feit 1560 oerlaffene, bann
bon ben fßroteftanten benupte ÜDünoritenfirdje 4. ®rei Qapre naep bent Xobe beg
P. ©djerer (geftorben 1605) fam e§ enblidj gum Slnfang einer ©djule. 3!nt 14. Januar
1 93gt. 93b I, ©. 806 ff- 3 * Litt. ann. coli. Vienn. 1600.
2 ©eorg $oIb, Mitteilungen über ba» 4 Dtto ©cf) nt i b , 2>a§ ehemalige ßofleginm
Sßirfen ber Sefuiten in Sinä (1908) 16 f. ber ©efeflfefjaft Sein in Sing (1881) 5 ff-
SJlieberlaffungen in Dberöftcrreirf) : Sins.
329
1608 mürbe in bem SBenefijiatenfjaufe bie Schule mit jeffn Knaben eröffnet, jmei
Scfjotaftifer unterrichteten in ber ©lementar- unb ©rammatifflaffe. Mm feilten Maf)re
befamen bie fßroteftanten infolge ber 3uSeftänbniffe beS @r^erjog§ üD7attf)taS mieber
Obermaffer unb bemächtigten fid) fpäter neuerbingS ber 9J?tnoritenfird)e. ®a aber
(Srjherjog Seopolb, Vifdjof oon Sßaffau, burd) ilrfunbe üom 14. Sluguft 1606 bie
^anjel ber fpfarrfirdje für ÜRorgenprebigt unb nachmittägige Ghriftenlehre ben ^efuiten
für ftänbig übertragen hatte / mar bie Verlegenheit geringer. ®ie Schulen ent-
micfelten fich nur langfam, 1612 mürbe bie !Refiben§ jurn Kolleg erhoben, ber erfte
IReftor mar M°h- Oftorp. gu ^ett bisherigen oier klaffen tarn 1622 bie ifioefie,
1623 bie 9fthetoriÜ, fpäter bie Sßarüa. Mnt Mahre 1646 jäf)lte man 292 Schüler,
barunter 80 aus Sing. ®ie höchfte 3af)l S^igt 1648 mit 343 Schülern1. Slufjer-
bent lag noch *>en ^efuiten bie Sluffidfjt über oier beutfcfie Sdjulen ob.
üftit ben 9iäumlicf)feiten für Söohnung unb Schule mußten fich ^ie ^efuiten
lange feljr behelfen, Mn einer Vittfdjrift üom Mahre 1613 flagte ber Superior
Valentin ßlindharbt bem ®aifer Matthias, „bah fie in ihrer oerengten 2öol)nung famt
ihren SDiSjipulen fich mühfam behelfen unb meber ihre bräucf)igen Exercitia halten,
noch fraS Sdjulmefen in gebüfjrenber Orbnung halten fönnen ; eS liegt bieS Venefi^iaten-
f)äuSl mitten unter ben $rei- un^ bürgerlichen Käufern, barinnen allerlei unruhiges
©efinb, fonft auch eine folcfie Unruhe, bah bie, beüorab melche bie Mangel in ber
ißfarrfirche ju oerfehen haben, an ihren StubiiS unb geiftlicheit Munitionen impebiert
merben" 2. 2>er ß'aifer oermanbte fich für Überlaffung beS bem 2tbt oon St ißeter
in Salzburg zugehörigen St ißeterhof, aber ohne (Srfolg. 97ad)bem bie ^efuiten
1624 bie äRinoritenfirdje mieber erhalten, oerlegten fie 2öof)nung unb Sehnte in
baS neben biefer Kirche liegenbe üffielthamberfdie §auS3.
9?adj Söieberherftellung ber fatholifdjen Religion in Sinz richteten bie Sanb-
ftänbe (1627 ?) bie Vitte an ben ®aifer, bie aufgehobene ßanbfchaftSfc£)ule mit
fatf)oli|chen Sefjrern mieberherzuftetlen. Mn ben Verhanblungen über bie anjuftellenben
Sefjrer gab ber Prälat oon St glorian Seopolb 3el)etner fein ©ntadjten bal)in ab :
„Söeil bie Väter ber ©efellfchaft Mefu ohnehin eine feine, mohlbeftellte Schule in
1 5?g(. g. ©aidberger, ©efd). bed a!ab.
®t)mnafium§ in 2inj. 15. 93erid)t bed Mus.
Francisco-Carol. 1855, 26. gm gal)re 1649
weifen bie fed)l Staffen, üon ber fRbetorif an--
gefangen, folgenbe Sdmleräableti auf: 44, 31,
56, 35, 33, 26.
2 Slbbrucf bed Sd)reibend bei g. S t ü l j,
©efd). bed Slofterd bed Ipeiliggeiftorbend
fßulgarn. 5. 93erid)t bed Mus. Francisco-
Carol. 1841 , 108 ff. P. Slindtjarbt bat ben
S'aifer uni ein gnteri$effiondfd)reiben beim ©rj=
bifebof üon Salzburg, bannt burd) ihn ber 91bt
üon St fJJeter in Salzburg bermod)t werbe,
ben St ißeterljof in Sinj ben gefüttert ab=
jutreten; ba nur ber Seiler üom ©tift benufct
werbe, foHte biefer aud) weiterbin ganj bem
Stift äur SSerfiigung fteben. gn bem gnter-
jeffiondfdjreiben üom 15. guli 1613 an ben ©rj-
bifdjof üon Salzburg legt Saifer 9JJattf)ia§ bem
©r^bifebof bie Sache um fo bringenber and
jpe rj, „weilen berobalben ohne bad unoerborgen,
wad biefe Societet unb ©ottfelige Institutum
bidbero fowobl im heiligen Dtömifdien fReid)
STeutfdjer Nation ald anbern Sönigreid) unb
Sänbern mit f$rebigen unb Unberweifuitg ber
Sieben gugenb, and) anbern geiftlidjen Func-
tionibus für grucbt gefebafft unb wie ftart bier=
bureb ber fünften an üielen Orten Dor 21ugen
geftanbene üöHige Untergang unfereS allein
feligmacbenben !atl)oIifcben ©laubeitl üerwebrt
worben".
3 91ni 22. 2lug. 1625 erhielten fie anftatt ber
jäbrlid) üon gerbiuanb beftimmten 2000 ©ulben
bad fd)on üon ben fßroteftanten ju Sd)ufjweden
üerwanbte grobe ©ut Dtteu§beim. fRäbered
bei Solb a. a. O. 43. $a§ reine ßinfommen
betrug 1649 5114 ©ulben, üon benen 30 fjSer-
fonen unterhalten werben fonnten. SRait
wünfebte aber bie 3^1 P Derminbern, um bie
Mittel für ben 33an üon Sirdje unb SoHeg ju
erhalten. — $ie Obern waren: ©eorg Sdjerer,
1600; ©erb- £>ieman, 1606; ^ol). 3cbenber,
1607; Sal. Slindbarbt, 1610; Sob- 9Raier,
1614; Sob. Oftorb , 1615 (1. tReftor 1618);
9Reld)ior 9Rat)r, 1621; Sbomal Sbomae, 1629;
gatob ßurp, 1637; 2boma§ Stbomae, 1639;
©briftiau 93ertfd)iabe§, 1642; gerb. §erberftein,
1644; 2bomad $bomae, 1646.
330
günfte3 fi'npitef. Sie i.ifterreid)iid)e *j$robinj.
Sing fjätten unb bert Unterricht öieHeicf;t auf fiel) nehmen, tnorin fie Dorgfiglicfj geübt
feien, fo fotle man feine anbern Seljrer beftellen." 1 ©ie Qefititen erffärten fid) bereit.
21 m 11. 2Iuguft 1629 mürben bie ©djulen ber Qefuiten in baS SanbljauS neriegt,
unb ba ber Ü?aunt ficf; gu eng ermieS, gtoei Qahre fpäter in baS non ben ©tänben
gur ©dfjule hevgerid)tete 2(nomäifche £>auS2.
Qm Qaf)re 1633 hotten bie Qefuiten bie ftänbige ißrebigt an ©onn» unb fjeft»
tagen in brci Kirchen: in ber fßfarrfirdje, in Siebfrauen, in ©t SRifolauS, unb in ber
Qaftengeit noch ^Srebigten an jebent STättmod) unb Qreitag in ber Bforrfirdje ; aufjer»
bem roenigftenS feit 1641 ebenfo ftänbige ßfiriftenlehre in brei Kirchen. Qm Qahre
1647 beftanben brei Kongregationen, gmei lateinifcfje für Herren unb ©tubenten unb
eine beutfdje für bie Bürger. ©er Sßräfeft ber £>errenfongregation, ein nornehmer
ÜDfann, mufcb in feinem §aufe am Karfreitag armen Scannern bie Qiijje, gab ihnen
bann ein äRal)!, bei meldjem er mit ©emafjlin unb ©öhnen bie 21rmen bebiente unb
beim 21bfcf)ieb nodj mit einem 2Umofen befdjenfte (1641) 3. ©ie Kommunionen
fchmanften in ben üiergiger Qahren gmifdjen 14000 unb 20000. Qm Qahre 1604
mareit eS nur gegen 400 gemefen. 21n ben gemöhnlidjeu ©onn- unb Qefttagen
fommunigierten gegen 30, an ben grofjen Qeften 300 — 500. Qn ben QahreSberidjten
mirb mehrmals hert,orgef)oben, bafj bie fünf Kranfenhäufer unb oier Kerfer ber ©tabt
fleißig befudjt unb bie Kranfen nicht allein mit geiftlicfjer, fonbern aud) mit leib¬
licher £)ilfe erquicft unb anbere gur Unterftü^ung berfelben angeregt mürben4. ©ie
oiermonatige Belagerung beS QahreS 1626 brachte neue 21rbeit, ebenfo mie bie oielen
©efangenen, bie nach SUebermerfung beS SfufrufjrS 1627 in Sing interniert unb
teilmeife hingerichtet mürben. ©ie Dielen Flüchtlinge auS ©eutfcfjlanb, melcf)e Don
Kranfheit unb 97ot gebrüdt mürben, fanben, mie bie QafjreSberidjte Don 1637 er¬
gäben, bei ben BatreS in Sing §ilfe, inbem man für ÜRaljrung unb Söohnung forgte.
21ufjer in Dielen 9)?iffionen arbeiteten bie Singer Qefuiten anbauernb in ben gu
bem Klofter Botgorn geljörenben Pfarreien. 21m 15. ©egember 1608 iiberfanbte
P. Qol). Qeljenber ein ©utadjten über Botgorn an ben beutfdjen 21ffiftenten 2llber.
Qu bem früher bem Orbeit Dom ^eiligen ©eift gehörigen [©oppel-] Klofter ^3ulgarn,
eine SReile Don Sing, gehörten 1 Sßrior mit 5 ^ßrieftern, 14 Tonnen unb ein |)ofpital.
©eit 50 Qahren hat ber Orben baS nunmehr unter ber faiferltcfien ^offammer in SBien
ftehenbe, teilmeife Derfallene Klofter oerlaffen. ©ie ©infünfte merben auf 3000 ©ulben
gefcfjäfct. ÜKanche ©iiter finb Don ben benadjbarten 21beligen geraubt morben. Bor
neun Qahren mürbe baS Klofter bem P. ©cherer angeboten, aber ba eS 12000 ©ul¬
ben ©chulbeit holle, bie ©iiter unbebaut lagen unb auch manche anbere ©dpoierig-
feiten mit ben benadjbarten Herren brohten, geigte P. ©d;erer menig Suft, baS Klofter
angunehmen. ©ie ©chulben finb jeüt getilgt unb manche ©chmierigfeiten befeitigt.
Bifdjof Klef! macht Hoffnung auf baS Klofter, unb König BfattfjiaS mirb leidjt feine
Quftimmung geben. 2Birb eS uns nidjt übergeben, fo ift menig Hoffnung auf ein
Kolleg in Oberöfterreich. ©eSfjalb foKte baS Klofter oorläufig prooiforifd) Don uns
angenommen merben, bis bie Betätigung Dom ißapfte unb bie Quftimmung beS
§eiliggeiftorbenS erlangt ift. ©er Orben Dom .^eiligen ©eifte mirb fidjer feine
©djmierigfeit madjen, ba er in gang Ofterreich, ja in gang ©eutfdjlanb mit hödjftenS
einer ober ber anbern 21uSuahme fein Klofter befijjt unb feit fo Dielen Qahren baS
Klofter aufgegeben hot ohne einen ©ebanfeit, baSfelbe mieber gu erhalten, ©ie
eingige ©chmierigfeit bietet baS bei bem Klofter als ein ©chatten ber früheren ©tiftung
1 ©ai§berger a. a. £). 18. gaticm 70, bie ber ©tubenten 112, bie ber
2 ® o I b a. a. 0. 47 f. 33iirger 267 SRitglieber.
3 3m 1649 geilste bie §errenfongre= 4 *Litt. ann. Prov. Austr. 1637, 1641.
9?ieberlaffungen in Oberöfterreicft : Sing.
331
itodj beftepenbe ^ofpital mit 6, pöcpfteng 10 fßerfonen. gür bie jept unb fpäter gu
unterpaltenben Sßerfonen fönntcn in bem £>ofpital gu 2Bel§ unb ©nn§ äßopnung unb
$oft bejaht merben. Beffer märe e§ aber, ba§ §ofpital in ^ulgarn beigubepalteit.
Bei iprer jepigcn Sebengmeife motlte idj mit 300 ©ulben leidjt 10 — 12 Sßerfonen
unterfjalten. §at ber ß’önig fidj für bie Übergabe üon fßulgarn entfdjieben, bann
merbe id; meine Slnficpt fc^reiben, ob ba§ ®oüeg gu Sing ober gu ©tetjr gu errieten
märe1. die ©ntfcpeibung folgte fcpon halb.
91nt 29. SRai 1(309 iibermieg üDJattpiag ben ^efuiten bag fö'lofter. die Über»
gäbe erfolgte am 23. 9ioüeniber 1609, bie päpftlicpe Betätigung am 5. SUlärg 1610 2.
2Int 25. üipril 1612 fteHte äftattpiag eine förmlicpe ©cpenfunggurfunbe aug 3. 3U
)ßulgarn gehörten u. a. bie Pfarreien ©tepregg, ©t ©eorgen unb ^ßabneufircfjen.
Qu biefen Pfarreien arbeiteten fünf ffktreg lange an ber Slüdfüprung ber Gsinmopner
gur föirdje burdj ißrebigt unb ß'atecpefe. die Pfarreien maren faft gang abgefallen,
die ^atpolifen entfdjulbigten fidj, fie pätten üor fieben ^apren nacp ber Beitreibung
ber ^Sräbifanteu einmal gebeicptet unb bag genüge; bie Sßroteftanten moHten über*
paupt nidjtg üon Cftüdfepr miffen. ©egen bie Untertanen, bie meber fidj befepren
uodj augmanbern motlten, gingen bie Qefuiten alg Ortgobrigfeit, mie bie aufftänbigen
Bauern flagten, mit ©efängnig unb ©elbftrafen üor4. ©rft in langjäpriger Slrbeit
gelang bag 2Berf burdj fortgefepte Beleprung 5.
©rope Berbienfte ermarb fidj um bie SSicberperftellung ber fatpolifcpen ^Religion
in Sing unb gang Oberöfterreicp P. Sßolfgang (perman, ber üor ben ©cpmeben fliepenb
1631 in Sing eine 3uUucf)^Üötte gefunben patte6, ©r mar ein perüorragettber
^rebiger unb ®ontroüerfift, ber üor feiner Arbeit gurüdfcpredte. 3U ©pren ber
©ottegmutter faftete er alle ©amstage, modjte er and) nocp fo fepr mit ^rebigten
überlaben fein. 211g er 1636 in bie oberrpeinifdje Sßroüing gurüdberufen mürbe,
manbten fidj bie deputierten ber oberöfterreidjifdjen Sanbftänbe am 16. Sluguft 1636
in einem bringenbeit ©cpreiben an ben ©eneral, um fein Berbleiben in Sing gu er-
mirfen. P. ^ermatt pabe nidjt allein burdj feine üielbefudjten ^Srebigten, fonbern
audj feine prioaten Unterroeifungen gur großen ©rbauung erreicht, bap eine grope
Slngapl aug allen ©tänben, für bereit Sonüerfion feine Hoffnung gemefeit, in ben
©djop ber ßircpe gurüdgefeprt feien, daburdj pabe er fidj grope Slcptung unb
Siebe erroorben; ber SSunfd; nadj feinem Berbleiben fei ein allgemeiner, ©ein
SSeggang merbe nidjt allein für Sing, fonbern audj für bie gange ißroüing ein groper
©cpaben fein7, der ©eneral antmortete am 11. Oftober 1636, bap ipn bie guten
9cadjridjten über bie fegenSreicpe dätigfeit be§ P. |jerman fepr gefreut, er merbe beit
Broüingialen ber beiben ifSroüingen fcpreiben, ben f)Mer auf feinem Sßofteit in Sing
gu beiaffen, falls nidjt eine gmingenbe 9cotmenbigfeit ber rpeinifcpen süroüing üorliege,
rcelcpe feine Abberufung üerlanges. der $ater fcpeint bann fpäter bocp abberufen
morben gu fein, denn Bitellegdji meift am 21. Januar 1640 ben oberrpeinifdjeit
fßroüingial (panunan an, megen ber bringenbeit Bitten ber oberöfterreidjifdjen ©tänbe
ben P. §erman mieber nadj Sing gurüdgufcpiden 9. £>erbft 1640 füllte bann ber
f]3ater an ben Bpein gurüdfepren. 0iunmepr manbten fidj nidjt allein bie deputierten
ber oberöfterreicpifdjen ©tänbe, fonbern audj Bürgermeifter unb 91at üon Sing an
1 * Original in Austr. Fand. I 269.
2 fRegeft in Synopsis 258.
8 ©tiilg, ©efd). be§ ®lofter§ be§ Zeitig*
geiftorbem? gu tJMgarn 93 ff.
4©tieüe, D6eröftcrreid)ifd)er 58auernauf=
ftanb beS 3al>re§ 1626 II (1891) 248.
8 * Litt. ann. Prov. Austr. 1633.
G ©eboren 1598 in ^ergogenaurad) im 53atm
bergifdjcn, mar er 1620 eingetreten; er toirfte
aud) in beruorragenber SBeife in ©peier, mo
er am 18. !yan. 1659 ftarb.
1 * Original in Epp. Princip. VI 164.
8 * Drig.=9ieg. Ad Extern.
9 * Orig.*3veg. Ad Rhen. sup.
332
günfte§ Kapitel. Sie öfterreicpifcpe ^roöinj.
beit ©enerat. Siteße§d)i antmortete am 3. 9?oüem6er 1640 bem Sat t>oit Sing, er
pabc bem iß ater bie fofortige SUidfepr nacp Sing befohlen. den deputierten fdjrieb
ber ©enerat unter bemfetben datum, bajg nur bie größere 9iot am 9tpein bie Ab¬
berufung be§ P. (perman oerantafst pabe, er merbe, um mißfäprig gu fein, bie gange
©ad)e ber ©ntfdjeibuitg be§ öfterreidjifcpen ffßrooingiatg übertaffen, ber bie SSerfjäft»
niffe in ber 9cäpe beffer beurteilen tönne 1. Am 4. degember 1640 bebanften fiep bie
deputierten für biefen ©ntfcpeib, inbem fie bie ßuberficpt au§brüdten, bafs ber
Sroüingiat ipren Aöünfcpen entfprecpen merbe2.
©ine gmeite 9?iebertaffung in Oberöfterreicp erhielten bie ^efuiten in ©tepr
im ^afjre 1630. ©cpoit oorper mar bie ASieberperfteßung ber fatpotifdjen Ütetigion
erfolgt unb bie Sßormadjt be§ i|3roteftanti§mu§ gebroden morben. S3ie ber 9?at
^afob ,gett in frer „©pronif ber ©tabt ©tepr" beridjtet, mürbe am 8. April 1626
bie gange Sürgerfcpaft auf§ SatpauS gerufen, unb jeber nutzte fid) fdjriftticp erftären,
„ob er fiep gum fatpotifdjen ©tauben befepren ober fid) au§ bem Sanbe begeben
miß. . . . Aßetdje Sürger nun fatpotifcp gu merben angetobt paben . . ., benfetben finb
at§batb bie ©otbaten au^getegt, benfenigen aber, metepe lieber ba§ Sanb meibeit at§
fatpotifcp merben motten, pat man bie ©otbaten päufig eingelegt, atfo baff in einem
(pau§ 10, 20, ja mopt 100—200 in bie fiirnemben Raufer einquartiert finb."3
den 6. Auguft 1630 — fo berichtet bie ©pronif — ift ein faifedidjer S3efept
megen Aitfnembung ber Herren Qefuiten atpero auf ©tepr fommen unb paben bei
bem ©pitaß etf Raufer einguräumben begeprt. den 12. ÜJiai 1631 mürbe burep bie
pocptübtidje Sanbspauptmannfcpaft in Sing ein faifertid)er Sefept gefepidt, bafs ber
SRagiftrat ben §errn Qefuitern bie begeprten 11 Käufer einräumben foße, aßrao fie
ipre &'ird)en unb ©oßegium pinbauen motten. . . . Am 3. (?) 9?ooember (1632) ift ben
Herren fJ3atre§ ^efuiten bie ©pitatfirdjen gu iprem ©ottegbienft unb bie 11 bürger«
lid)en Käufer git iprem ©ebäu eingegeben morben unb ift auf biefen dag oon ipnen
ber erfte ©otteSbienft fand einer Sor» unb 9racpmittag-if3rebig gepatten morben4.
Auf Setreiben ber ©räfin Urfuta o. dpanpaufen mitrbe ber iprem ©opne, bent
^efuden Sernparb 0. dpanpaufen, gufaßenbe ©rbteit at§ gunbation für ba§ ®oßeg
beftimmt unb bem P. Sernparb o. dpanpaufen ber ditet be3 fyunbatorg giterfannt5. die
(pofpitatsfirepe unterftanb bem Abt oon ©tepergarften, ber fie einftmeiten ben ^efuiten
Übertiefs, bi§ fie eine neue ®ird)e gebaut, der oberöfterreid)ifd)e Sauernaufftanb oer-
pinberte bie naep ©tepr gepenben i)3atre§, bortpin gu gelangen ; fie fanben mäprenb
meprerer ASocpen liebeüoße Aufnapme bei bem Abt Urban oon Abmont. Anfang
^uni 1632 ergriff ber ©uperior ÜOiarfitS 9toet Sefip Oon ben gugeteitten ©ebäuben.
der 1. 9?ooember 1632 mirb in ben $apreSberid)ten ber öfterreid)ifd)en f|3roüing
atg ber ©rünbunggtag ber ©teprer ßtefibeng genannt. Am 2. üftooember mürbe ba§
3eid)en gum ©cputanfang gegeben; jeboep erfepienen nur menige ©cpüter. Qn SHirge
gaptte man 40 ©cpüter in einer ©rammatifat- unb ©temeutarftaffe. ©epon 1634
fonnte bie 9?iebertaffung ben ditet föoßeg erpatten unb bamit bie biSperige Ab*
1 * ©rig.-9teg. Ad Extern.
2 *CriginaI in Epp. Princ. VI 233. lyn bem
33rief mirb bemerft, bafj ber 33rief oom 18. Sept.
1640 unter iprem ©iegel opne ipr SSortoiffen
an ben ©encrat abgefanbt morben; ber 33rief
fei niept Oon ipnen unb entpalte 9lu§brücfe, bie
fie niept billigten, ttber bie meitere Entmicflung
fepfen bie Cuellen.
3 Sie Epronif ber ©tabt ©tepr 1612—1635,
in 36. 33ericpt über ba§ Mus. Francisco-Carol.
1878, 47. Über ben friipen 9lbfatl ber©tabt oon
ber ßirepe ogl. fgranjfßrip, ©efep. ber ©tabt
©tepr (1837) 194 ff.
4 Epronif 110—125. 9Sgl. fßrip a. a. D.
279 285.
5 *Litt. ann. Prov. Austr. 1633. Sfucp für
ba3 fgolgenbe. Sie gitnbntion betrug 50000
©ltlben, bie bei ber Sanbfcpaft in ©ra,s an¬
gelegt maren unb jäprlicp 3000 ©ulben 3infen
trugen, oon benen 14—15 fperfonen unterpalten
mürben.
Dtieberlaffungen in Steiermarf: Stetjr. — @raj.
333
hängigfeit öon £inj aufgehoben merben. § erb ft 1635 begann bie 9tf)etorif mit 14
Schülern. Qm Qahre 1636 mohnten in bem Kolleg 14 Qefuiten, tmn beneit je 1 ^Sriefter
bie 9thetorif unb Humanität, 4 Sdjolaftifer bie 3 ©ratnmatifalflaffen unb bie Intima
lehrten. So blieb eg auch *n öen folgenben Qahreit. ®ie Qahl ber ßefjrer mar
meift 5, bie ber Sdjüler betrug 1648 104, barunter 32 ütbelige1 2.
9JJit bem 93au ber Kirdje hatte man algbalb begonnen. Sion Stabt unb fianb
ftoffen reifliche 2llmofen. Schon im erften Qahre befchaffte man Steine, Sanb unb
Kalf ufro. ®ie ©runbfteinlegung erfolgte 1635. 2lm 23. Quni 1635 fdfrieb ber
©eneral an ben fReftor Sftarfug üftoet, baf; er ben $lan für bie neue Kirdje recht»
jeitig an ben ißrotnnjial §urücfgefdf)icft ha^e2- Kirdje, bereit 93au megen ber
KriegSunrufjen unb megen Mangels an Mitteln unterbrochen merben muffte, mürbe
1641 fo meit geförbert, bajj mau bag ©ad) auffefjen tonnte; 1647 mürbe biefelbe um
bag Qeft beg fjl- Sftidjael, beg ©itularg ber Kirche, in Senutjung genommen unb
©ejember 1648 burch ben ^laffauer ÜE3eif)bifdjof Ulrich fonfefriert. Sin grofjeS
Slerbienft um bie Qertigftedung ber Kircf)e ermarb ficf) ber eifrige 9ieftor Qoljanu
Scfftein3. Qm Qaljre 1645 h^iht eS in bem Catalogus triennalis: ®aS Kolleg ift
noch nicht gebaut, als SBoljnung unb Sdjttle bienen brei ber uns übergebenen
23ürgerf)äufer.
Qu ber Seelforge fdjmanftett bie Konüerfionen gmifdjen 5 unb 50, bie Kom*
munionen ftiegen oon 3400 im Qahre 1646 auf 8700 im Qahre 1648. Slufjer
einer Kongregation für bie Stubenten mürbe eine foldje für bie S3iirger errichtet ;
bie erftere wählte 1649 52, bie ledere 60 Sliitglieber. ®ie DJachbarpfarreien erfreuten
fi cf) oielfadjer 2luSf)iIfe. Schon 1638 mirb beridjtet: ®ie in ben lebten ©agen beS
QafdjingS früher üblichen 2luSfdjreitungen finb beinahe oerfcfjmunben4.
Sffjnlidj mie in ©beröfterreidj lagen bie 33erf)ältniffe in Steiermarf, nur
mar bort ber Kampf gegen ben eingebrungenen ißroteftantigmuS bereits entfdjiebeit
aufgenommen morben, unb jmar befonberg in ©raj. Sieben bem Kolleg in Söieu
erreichte bag Kolleg in ©rag bie größte 23ebeutung für ©fterreid)5. ©er er^her^og»
liehe |mf, bie fatholifche (Erneuerung ber Steiermarf unb bie ^erbeijiehung üieler
Stubierenben beS CrbenS mirften sufantmen, um bem Kotleg eine fteigenbe Srmeite»
rung unb Söirffamfeit ju oerfdjaffen. Qäfjlte bag Kolleg im Qahre 1603 90 SJiit»
glieber, fo ftieg beren Qaf)l im Qahre 1619 auf 131, um nach einigen Sdjmanfungen
im Qahre 1633 bie §ödjfh$ahl 174 (mit ben Konüiften unb ben Üiefibenjen in SJiühO
ftabt unb ©alberg 190) 511 erreichen unb fidj in ben folgenben Qahreit auf 130 — 140
gu erhalten. 15 — 18 Sehkräfte oerfahen Unioerfität unb ©tjmuafium; 1633 mirften
6 ^ßrofefforen am ©pmnafium, 12 für bie höheren Stubien. ®ie Qaljl ber Qefuiten*
fdjolaftifer betrug 1633 123, oon beneit 48 ©Ideologie itttb 75 tßhilofopljie ftubierten.
®ie Qafjl ber Stubenten überhaupt ftieg 1619 auf 1200, barunter 18 Orbengleute
aitS fteierinärfifchen Klaftern, 64 Qefuitenfcfjolaftifer, 270 üont höheren unb uieberen
Slbel. ©iefe Qaf)l h^ft fief) lange auf biefer £)öf)e; im Qahre 1644 marett eg 1300
unb im Qaljre 1649 famen auf bie höheren Stubien 470, auf bag ©tjnmafium über
700 Stubenten6.
1 S>m Satire 1649 verteilten ficf) bie Schüler
auf bie fed)§ Staffen alfo : Dttjetorif 23, Poesis
17, Syntax 14, ©rammatif 18, Principia 20,
Infirna 18.
2 * 0rig.=9leg. Ad Austr.
s 9?ef rolog in *Litt. ann. Prov. Austr. 1646,
Coli. Styr.
1 Sie Dbern mären: fOtarf. 9toet, 1632;
Sob.©#ein, 1636(?); SotpSaduer, 1643; fDiart.
Sliugeitperger , 1645; i)laul Safferner, 1647.
5 Sögt, 33b I, <5. 163 ff. £$für ba3 gotgenbe:
Sie ©rajer iprogr. von fßeintid), 1869 unb
1870; SroneS, ©efd}. ber Unioerfität in ©raj
(1886) 12 ff ; * Litt. ann. unb * Catal. Prov.
Austr.
6 9?ät)ere§ bei fßeinlid), fprogr. 1872, 92.
334
giinfte§ Sapitel. 2)ie öfterteidjifcfje $roöinj.
3n*
Sielfad) gemährte ©raj aud) jahtreidjen Flüchtlingen gaftlidje Aufnahme,
folge beS bö^ntifcfjen SüufftanbeS Ratten fcfjon 1618 33 Flüdßtinge in ©ras ein Stfpt
gefunben, unb 1619 mehrte fich bte 3at)l fo, bah eine gelang 220 Fefuiten in
©ras wohnten, bie nur burdj großmütige £)ilfe ber Sanbftänbe unb guter Freuube
unterhatten werben tonnten, ©elbft oom Sßein tarnen oiele oor ben ©djwebett
ftiehenbe Fefuiten 1633 nad) ©ras. Fm 3aßre 1645 fud)ten ^efniten bon lieber»
öfterreicf) eine ßufludjt, fo baß man jeitmeitig mieber 150 ißerfonen im Hoüeg 3äf)lte.
SOiit ber fteigenben 3aßt ber ÜDiitglieber unb ©cf)üler hatte bie (Erweiterung ber
Säumlid)feiten gfeicfjen ©tfjritt gehalten. 2dS baS Holleg troß feiner ©eräumigteit
r nidfit mehr genügte, mürbe am
eaJ Jkv O
2ä £ V I S D E S C R 1 P T 1 0
T'rägicomccdu
D E
ß.
SANCTO GVIL'
ELMO DVCE AQV ITANIAE»
£ T CO MITE PICTAVIjE.
19. 21pril 1607 ber ©runbftein ju
einem eigenen UniüerfitätSgebäube
gefegt, unb 1609 tonnte ber Um*
Sug ftattfinben. $n ben ebenerbigen
Säumen mürben bie -fpörfäle für
bie höheren ©tubien fand IRtjetot-if
unb fßoefie untergebradßt. $er
obere ©tod, ber jmei ©tagen ein*
nahm, biente als 21ula unb Stheater
(großes unb deines Xfjeater). ©tu
Flügel gegen Sorben ftellte bie
Serbinbung mit bem Sorbftügel
beS HoHegS her. ©in deines iiirm*
d)en mit ber ©djulglode fcfjmüdte
baS SDad). Fm 3°hre 1618 waren
bie ©cfjudotalitäten mieber ju eng
geworben, unb man begann beSßalb
ben Sau eines oierftödigen ©e*
bäubeS, beS fog. „©todel" an ber
SEßeftfeite beS ßeugßaufeS. Sei Se*
ginn beS ©chutjahreS am 1. So*
oember 1619 mürbe baSfelbe be*
§ogen. ®ie ebenerbigen Säume
erßieft ber UnioerfüätSpebell, bie
oier ©todmerfe bie ^^eologen unb
fßhdofophen, nad) einigen Fahren
aber bauernb bie oier ©rammatital*
flaffen, unb gmar bie unterfte im
erften ©tod ufro. Feöe§ ©todroert
hatte neben einem Sorpfaß nur
einen Sehrfaal Oon 28*/3 Fuß Sreite, 40 Fuß Sänge, 13 Fuß §öße, mit brei
®oppe!fenftern auf bie ©traße unb einem Fenßer auf öen -fpof. Fm rrften
©todmerfe mürbe aud) ber UniöerfttätSfarjer untergebracht. ®ie Serbienfte ber
Sifcßöfe oon Saibad) unb ©edau unb ber Prälaten oon ülbmont, ©t Sambrecßt,
©tain§ unb Soran, beren FreuJeöigfeit ben Sau ermöglicht hflde, oeremigte eine
SSarmortafel über bem ©ingangStor. ®ie ©ebäulidjfeiten gruppierten fid) nun*
meßr fotgenbermaßen: ®en Hern bitbete baS fcfjon 1573 junt Steil oollenbete
große Kolleg (SßohnljauS), an biefeS fcßloß fid) nörbtid) bie Unioerfität, fiiblid),
burd) ben großen HoüegSgarten getrennt, baS langgeftredte Feröiuanbeum (Hon*
oift); bie norböftlidje ©de ber ganzen .fpäufermaffe bitbete baS turmähnliche @pm=
*AGE ND JZ
LVDIS ^ CAB EMI CIS .
i -Hohtüflimii & ingenuif Addern!* Crxcenßf xdelcJetMiint
3ic ©rajcr Tragicomoedia uont Iil. SBidjelm 1612. (2/3)
•Jtieberlaffmtgen in ©teiermarf : ©ras.
335
najtum. ßtüifdjen festerem unb bem UniberfitätSbau lag eingefeilt bag ergljergog-
lidje 3eil9^)aug *•
Sille bebeutenberen ©reigniffe ber erghergoglicfjen Familie mürben ebenfotiele Sin*
läffe gu ^reubenbegeigungen ber ©tubenten, bie fo in engere SBejieljnngen gum
.^errfcfjcrhaug traten unb in taterlänbiftfjer ©efinnung beftärft mürben. 211g fyerbinanb
boit ber SBiener Beratung (1614) gurücffehrte, mürbe er bon ben ©tubenten gu jßferbe
unb im Triuniphmagen am ©tabttore empfangen unb burcf) Triumphbogen unb bie
feftlidj gefdjmütften ©tragen unter SJiufif gur 23urg geleitet. SBegen ber ©eburt
beg bringen Seopolb Söilljelm maren furg torher bie ©rgfjergogin unb bie ^ringen
in aljnlid) feftlicfjer SBeife empfangen morben. ©rofjartig mar bie fjeftfeier, als
^erbinanb brei Qaf)re fpäter bon ber Krönung 311m ®önig bon 25öf)men (29. $uni
1617) nad) ©rag gurücffehrte. Ter ©ingug beg Äönigg fanb am 26. Dftober ftatt.
Tie ©öttin gama fuhr auf einem SSierfpänner bem ßönig entgegen, 23oten eilten
herbei unb berfünbeten ben $ubel, ben bie Krönung in allen Sänbertt berurfadjt.
Tie Söeltteile ©uropa, Slfien, SIfrifa unb Slmerifa erfchieneit auf einen Trompetern
ftofs ber gama gur £mlbigung. Sille Könige unb $errfd)er ber SBelt mit ben Slb*
geidjeit ihrer SBiirbe umringten ben Söagen beg Königs unb gaben ihm bag ©eleite
burd) riefige Triumphbogen, bon benen aug bie ©öttergeftalten ber ÜDlpthologie Sob
unb jßreig fpenbeten. Sin bem grofjen Triumphbogen ber Uniberfität mit feinen brei
©todroerlen 30g ein hiftorifdjer fjeftgug, 9iubolf, ber ©tifter beg habSburgifdjen ^aufe§
in einfachem fgagbfleib mit glängenbem (pofftaat, an bem ®önig borbei. Stuf einem
meiteren Triumphbogen, ber in brei grofjen ©tagen mit ben Ütepräfentanten beg
(pimmelg, ber £)ölle unb ber ©rbe, befonberg ben gelben öfterreidjg beoölfert mar,
mufigierten alle 9Jtufifd)öre ber ©tabt. $m Söedjfelchor fangen bie ©ngel unb ©rg»
enge! oben unb bie dürften unb Prälaten unten ben SSerg : $m tarnen 3efu beugen
fid) alle ®nie. Unb mährenb bie einen fangen, beugten bie anberit in langen 9ieil)en
feierlid) bag ßnie. Stuf ben SBefe^l an bie ©eifter ber Untermelt, bag ®nie gn
beugen, ftiirgten biefe unter ^ammergeheul gu ©oben unb mürben ton einem feurigen
Slbgrunb terfdjlungen. Sieblicfje SJiufif fe^te ein, unb langfam erhob fid) ber Siame
^efug ton ber unteren ©äulenfrönung big hinauf gum fjödjften ©ipfel beg Triumph“
baueg, mo er ben tarnen gerbinanb überftraljlte. ©in ^SreiS» unb ©egenggefang
ber tereinigten ©höre ber ©ngel unb dürften fdjlofj unter bem ^ubel ber großen
SBolfgmenge bie patriotifcffe geier1 2.
Über bie ©rfolge ber ©rager ©cfjule bemerft ein fteiermärfifd)er ®efdjid)tgforfdjer :
,,©g bleibt ein unbeftreitbareg jßerbienft ber ^efuiten, burd) ibjre ©djulen ben £atf)0“
ligigmug in ben f)öheren Greifen, befonberg im Slbelg» unb ©ürgerftanbe, mieber gu
2lnfef)en gebracht unb Siebe unb ©ifer für bag fircfjlicfje Seben bafelbft menn nid)t
begrünbet, fo bod) mächtig geförbert unb befeftigt gu haben, meshalb fomohl ber
Sanbegfürft alg aud) bie höchften fird)Iid)en Söürbenträger bereu 23eftrebungen unb
©inricbtungen an ber Uniterfität burd) Söort unb Söeifpiel auf bag fräftigfte unter-
ftüfsten."3
Sieben ben Slrbeiten in ©tjmnafinm unb Slfabemie entfalteten bie ©rager jßatreg
eine rege Tätigfeit in ber ©eelforge. Ter @efd)id)tfchreiber beg ©rager Ä'ollegg be=
richtet barüber: „3hre Slnftrengungen in biefer 9tid)tung hatten auch glängenben
1 ißeinlid), Programm 1870, 3 5 7; 1872,
52 ff. Sirdjenfcfjmuct (©ras) 1872, 49 ff.
förotteS, ©efd). ber llnioerfität in ©ras
253 ff. Karajan, ©efd). ber räumlichen
Enttoidlung ber Uniöerfität ©ras - in &eft»
fdjrift ber llnioerfität ©ras (1895) 133 f.
SBgl. ©djauenftcin, 3)ie erften brei Safjr-
hunberte ber llnioerfität in ©ras (1886) 10.
2 Stäljere 93efd)reibung bei iß ein lief), ißro=
gramnt 1879, 11 ff.
8 ©djufter, gürftbifefjof SUtartin 58renner
552.
fünfte» Äopitel. Sie öfterreid)ifd)e $roöinj.
33G
©rfolg, ihre Sätigfeit, Umficht unb ifjr ©rfinbungggeift, ben ©emütern ber Seute bei»
äufontmen, mären auch in ber Sat berounberngmert. ©in mefentlicfjeg Slfittel für
bie ©laubigen roar bic ißrebigt, für bie Qugenb unb ungebilbeten Seute bie Katedjefe
ober ©hriftenlehre. ©ine foldje mürbe alle ©onn» unb Qefttage nicfjt blofe in ber
Qefuitenfircf)e, fonbern and) an anbern Orten gehalten. . . . Qm Qal)re 1615 mar
ba§ eine neu, baf; in ben brei Qafdjinggtagen alg ©egenfaf} ju bem müften Sreiben
ber 2öeltleute bag bierjigftünbige ©ebet bei auggefefjtem l)ocf)mürbigen ©ute eingeführt
morben mar unb eine grofje Qafjl Xeitnef^mer, barunter auch fef)r biele ©tubenten,
gefunben Ejatte, mobei bag Beifpiel beg ©r^erjog§ Qerbinanb H., ber fetbft mehrere
©tunben öffentlich in ber Kirche bem ©ebete oblag, ooit auperorbentlicljer Söirfung
mar." „Bluffer bem ©ottegbienfte unb bem Beidjtftuhte in ber eigenen Kirdje unb ber
geiftlidjen Seitung Oon fünf Söruberfdbjaften Ratten fie aud) bie ©eelforge in ben
©pitälern, Werfern, im ftäbtifdjen 2Baifenl)aufe unb auf bem ©dfloffberge, mie fie
aud) in ben oerfdjiebeneit Klöftern, Kirdfen unb Kapellen ber ©tabt fefjr f)äufig bag
ißrebigtamt auSiibteu." 1
Sie beiben ÜJJiarianifd)en Kongregationen für bie höheren unb nieberen ©tubien
jäplten 1620 210 unb 135 SDUtglieber. Qm Qaljre 1621 mürbe oon ber Kongregation
für bie ©pmnafiaften eine britte Kongregation für 9t£)etorifer unb ißoeten abgetrennt.
Sie größere Kongregation lief) in biefem Qahre alg ©efdjenf ein ©ebetbuc^ in
1300 ©pemplaren an bie ©obalen berteilen. Qm Konoift blühte eine Kongregation
bom ^eiligen ©eifte. Qür bie Bürger mürbe 1636 eine eigene Kongregation er¬
richtet. @3 gab faft feine Qamilie in ber ©tabt, meldje nicpt in biefer Kongregation
bertreten mar. ©d)on gleicf) im Qaljre beg ©ntftefjeng mürbe ben 9Jfitgliebern alg
9ieujahrggefcf)enf ein Büdjlein mit Biographien bon Kongregationiften berteilt
(SÜJiarianifche Qalfregfrone oon P. Bachin, ©rag 1636). Qm Qat)re 1640 jäf)Ite bie
Bürgerfongregation 500 üOiitglieber unb im Qaljre 1644 bie Kongregation ber ißhilo»
fopljen unb Sheologen ebenfooiel. ©inige Qaljre fpäter mürbe auch eine Kongregation
für QunggefeHen errichtet, fie jäfjlte halb 180 ÜDUtglieber (1649) 2.
©ine erfreuliche Qrucfjt all biefer Bemühungen geigte fiel) in bem ftetig machfen»
ben ©mpfang ber ©aframente. Sie Qal)l ber Kommunifanten nahm aufferorbentlid)
gu, fie betrug in ben breipiger Qalfren in ber Qefuitenfirdje fährlid) gmifchen 40000
big 50000; in bem Qubeljaf)r 1650 mürben allein in ber Qefuitenfirdje über
69000 Kommunionen gefpenbet3. Reicher ©egen für bie ©eelforge in ©tabt unb
fianb erflog audh aug ber ©d)ute. Qm Qahre 1634 j. B. mürben elf Qöglinge beg
Qerbinanbeumg ju i|Srieftern gemeifjt unb traten in bie ©eelforge über. 2tu§ bem
Konoift gingen im felben Qahre fiebert Qöglinge alg neugemeifjte ^Sriefter auf ber»
fdjiebene ipfarrftationen unb fo ähnlid) in anbern Qaf)ren. Slud) bie bieten ©tifte
unb Klöfter mürben bon ©raj aug mit guten Kanbibaten berforgt; fo traten 1644
bon ber Slfabemie gegen 100 unb 1650 gegen 60 ©tubenten in bie betriebenen
religiöfen Orben ein.
Qum 9?uf)me gereichen ©raj auch bk bieten borjüglidjen SDiänner, bie aug
feinen ©chulen herborgingen unb fpäter ^eroorragenbeS im Sienfte bon ©taat unb
Kirdje leifteten. ©<f)on im erften Qatjrjehnt unferer ifleriobe promooierten bort
Scanner, bie fpäter alg Slbte bon ?lbmont, ©t Sambredjt, ©öttmeih unb ©eiten»
1 $ ein lief), $rogr. 1870, 8 44; 1872, 90.
2 Saju !am am 26. Sluguft 1650 bie Sin»
füljrung einer 93ruberfd)aft ju St)ren be§ bittern
2eiben§ unfereS £>errn : bie SobeSangfUShrifti»
93ruberfd)aft. ©ie johlte binnen furjem 5000
SDiitglieber. ©anje Drbengfamilien traten ihr
bei. $8ei ber Sinfiihrung mürbe ein Sotenamt
unb eine iprebigt oor einem ©emälbe, bie Jobe#*
angft Shrifti barfteEenb, gehalten, ip e i n l i ch,
$rogr. 1870, 44.
3 $ e r f. , $rogr. 1872, 89.
fRieberlaffungett in ©teiermarf: Seoben.
337
ftetten, al§ 93ifcf)öfe Don trieft, 3Cgrant unb Sedau wirften. 3n öiefer 3^t nahmen
bort an beit öffentlichen Schulen teil bie <$r§f)ergöge Seopolö nnb £arl. ©laubenä»
helben, bie in ©raj ftubierten, beit Schotten Ogilbt), beit Ungarn 9Jtarfu§ (Srifin,
beit Schweben 3ad;aria§ Stntelin§, ben ÜDMlfren ^o^ann Sarfanber jäljtt bie ©rajer
Sdjule mit fRedjt §u ihren üornehmften 3^erben. 3m allgemeinen barf matt mol)l
auf ba§ SSirfen bcr ^efuiten in ©raj bie SBorte anwenbeit, mit melchen g-erbinanb II.
in ber 93eftätigung§urfunbe Dom 8. ©ejember 1632 au§ eigener Kenntnis unb (Sr»
fahrung Doit ben ^efuiten in ©raj bezeugt „ben funberbahreit erfpriefjlidfen Deutelt,
Welcher burd) ba§ Kollegium ber Societet Iesu in unferer fteierifdjen (pauptftabt ©rat;
fomohl mit aller Söeflirberung unb Verrichtung be§ ©otteSbienft insgemein alg jumahlen
fürnehmlid) mit einfiger gelehrter unb fürtrefflicher Unterwerfung be§ gemeinen 9Jtanne§
unb ber Qugenb in bent cf)nftlidjen fatholifdjen ©lauben (unb) anbern tugenblichen
©h^en täglich gefd^afft wirb"1.
Slufjer ©raj unb feinen Dlefibetgen erhielten bie Qefuiten in Steiermarf nod)
Siieberlaffungen in Seoben unb Qubeitburg, bie befonberS ber 5lu3bilbung ber Orbenl»
mitglieber §u gute tarnen. 3m 3a^re 1613 fdfenfte (Sr§herS°g ^erbinanb ben
patres feine in ber 9Ud)e ber ÜÖhirbrüde gelegene Vurg ,^u Seoben2. ®er Slbmonter
Slbt 3°hann §ofmann überwieS lOOOO ©ulbeit unb jubem bie in ber Scäl)e ber
23urg befinblid)e ^ohantteSf'irche mit fecf)§ Slltären3. 5lm 10. S)ejember 1613 trafen
2 patres mit 2 Saienbrübern Don ©rag in Seoben ein. Um bie 3JUtte be§ 16. 3ahr*
hunbert§ mar bie übermiegenbe SJtefirheit ber Vitrger nod; tattjolifd), smei Qahr^ehnte
fpäter proteftantifd), unb alle SJtanbate be§ (Srjhepsogg ®arl hatten barait nidjtä
änbern tonnen4. 9113 am 1. Januar 1614 ein 9Iblaff Derlünbigt würbe, erfdjieneit
nur 23 ©laubige, bod) ftieg bie 3al)l in gwei 3ohren auf 100. SJian hatte ben Seuteit
aud) hier beigebracf)t, burd; ba§ (Srfdjeinen ber ^efuiten würbe eine Neuerung ber
befferen Seben§mittel entfielen. „9113 man aber fah, baff Don ben Qefaüen Weber
Rebhühner nod) Kapaunen nod) 9tuerl)ül)ner unb inbifche §üf)ner getauft würben,
fonbern baj) fie fid) mit fHinbfleifcf) begnügten, gewannen fie mehr Vertrauen; unb
al3 ihnen enblidj eine längere 93etanntfd)aft 33eweife Don ber liebeüollen gmrforge
für bie 9lrmen unb Fronten unb Don ber tätigen 9lu3f)ilfe in ber Seelforge Der»
fchaffte, würbe ooKenb3 ba3 befte (SinDernehmeit hergeftellt." 5 3nt 3nhre 1615 jogen
Don 33rünn 29 SioDi^en mit 5 )J3atre3 ein : ba3 ScoDijiat begann bort 8. September
1615. 3 m 3ahre 1620 wanbten fiel) bie 93emot)ner Don (Sifenerj an ben Äaifer
1 2>erf. , fßrogr. 1870, 25. 58gt. bie Urteile
Bon ©tobaeug Bom 1. SRai 1604 bei Hansiz,
Germania sacra II (1729) 684 unb beä fßropfte§
Diofoteng in feinem „©rünblidpen ©egenberidjt"
(1606) 613. — S)ie fReftoren biefer ißeriobe:
fßaul ÜReuf'ird), 1599 — 1601 ; @i§b. Sipebicpa»
Biu§, 1601; Florian ütoancini, Oft. 1606;
2Bitp. Samormaini, 1614 ; 9tapp. ßobengt, 1621 ;
9Jtarf. ißottarbt, 1627; Sßet. XimeneS, 1629;
Slitat fßetliceroli, 1631; 9iumer, 1 634 (?) ;
ÜRattp. 33aftianfd)iä, 1637 (?) (SBigereftor); 9Ricp.
©umereder , 1639; 3ocf). 2rinfeDiu3, 1642;
£>erm. ^>orft, 1645; grang Sßiggoni, 1647. —
31gt. bie ettoag abroeid)enbe Sifte bei ^5 e i n=
Iid), üßrogr. 1869, 100; Ä'rone§ a. a. £).
577. 3u ©rag gehörten aud) bie SRefibengeit
dRiiblftabt (fDliiDftabt) unb feit 1610 ^patberg,
ino ftetd einige patres unb trüber weilten.
S)ubr, ©efc£)iii)te ber Sefuiten. II.
9läbere§ bei fßeinlid), fßrogr. 1872, 31 ff
39 ff. — Segeitben über ©rag toibertegen Söriefe
Bon P. Gf)riftopf) Biegetfeft uftn. au§ bem Satjre
1633. * Original in 9Jt. 9t., Jes. 38. »gl.
Forer, Anatomia 1 64 f.
* SBgt. *Litt. ann. Prov. Austr. Leoben.
3 2tni 16. guni 1613 patte ber ßrgpergog
gerbinanb bem 9tate ein SRanbat gutommen
taffen, bie fyopanneSfirdje farnt aflen 93enefigien
ben ^efuiten gu übergeben. 3<ü)rt'ud} ber @e=
fettfepaft für bie ©efep. be§ fßroteftanti§mu§ in
öfterreiep 1906, 103 f ; bort ©. 104 ff ber ©treit
wegen be§ gur 93urg gepörenbeu 3mnger§.
4 ©bb. 81 ff.
5 fß ein liep, fßrogr. 1870, 9. 33gl. 9Bidj=
ner, ©efep. bc^ SSenebiftinerftifteS gu 9lbmont
IV (1880) 268.
22
338
giinftc» Äapitcf. Sie öfterreidfjifd^e fprobinä.
um ©rricptung einer Sateinfcpufe in Seoben1. 3n Seoben fefbft mar eine jefuiten*
feinbficpe Partei unter ben ^Bürgern, bie gegen baS Qntereffe ber (Stabt bie Gsrricp*
tung ber ©cpule gu oerpinbern fiteste. Sropbem fam fie gu ftanbe. Sie taier menig
befudjten ©rammatifalftaffen mürben menigftenS in ber erften $eit non 9?oüigen ge»
leitet; im 3aPre 1635 trat bie Humanität unb 1640 bie fRpetorif pingu2.
3m 3<*pre 1624 mürbe ber ©runbftein gu einem neuen Kolleg gelegt, baS 1626
OoIIenbet mar. (Sbenerbig enthielt eS einen geräumigen ©peifefaaf, Kücpe unb SSor*
rat§räume, im erften ©tod mären bie SBopnräume, im gmeiten bie ©djtaffäle. 3m
3apre 1630 gäplte baS §auS 76 fßerfonen, unb feit 1632 mürben pier aud) bie
Repetenten ber Humanität (1633 maren eS 23) untergebradjt. Sie gapl ber Königen
betrug geitmeilig über 70. üfiadjbem fepon 1628 ein Seil ber ^efniten in bem
ÜJioüigiat bei ©t Slnna in Söien untergebraept morben, fiebelte 1634 baS S'conigiat gang
nadj Sßien über, eS tarnen aber naep Seoben 1636 — 1643 baS britte ^ßrobejapr
unb bann ^efuitenfdiotaftifer, melcpe bie ÜDioral ftubierten 3. Ser 23au eines Knaben»
femiuarS gunt pl. 3°fepp mit 24 ißläpen mürbe 1641 begonnen; eS gäplte im 2ln*
fang auS Strmnt nur 6 ©tiftlinge (Sllumnen), 1645 20 ßöglinge, 8 ©tiftlinge unb
12 begaplenbe „Konoiftiften".
2Bie an ben ©djuten, fo beteiligten fiep auep bei ber ©eelforge bie S'toüigen
burd) Srteilung oon Katecpefe. Sangfam, aber ftetig ftieg ber ©mpfang ber peiligen
©aframente. 3m 3flf)re 1625 famen an SBeipnadjten etma 600, um Cftern etma
2500 gur 33eid)t. Um Dftern 1630 empfingen in ber 3efuitenfircpe 4000 bie heiligen
©aframente. Sie ßapl ber Kommunionen betrug 1634 8200, fie ftieg 1638 auf
11000, 1642 auf 14000. 2In ©onm unb gefttagen mürben 1649 gemöpnlicp 50,
an groffen gefttagen 400 Kommunifanten gegäplt, mäprenb ber Söocpe burepfepnitt«
lief) minbeftenS gepn. 93oit ben patres beS britten Probejahres mürben oielfad)
in ber gmftengeit SOUffionen gepalten. Sei biefen 9J?iffionen gäplte man g. 33. 1638
gegen 18 000, 1643 gegen 40000 Seidjten. Konoerfionen treffen auf bie eingefnen
3apre gegen 10 — 14. gmei äftarianifepe Kongregationen (menigftenS feit 1630), bie
eine für bie ©pmnafiaften, bie gmeite für bie Sürger, fuepten baS ©ute gu befeftigen
unb gu förbern. Sie SJfännerfongregation oeranftaltete 1646 eine bramatifepe Sar»
ftelfung beS SeibenS ©prifti4.
Sefonbern Sanf unb gropeS Sob ernteten bie 3efuiten in Seoben bei bem großen
©tabtbranbe im 3aPre 1646. 2lnt SJfontag naep bem Söeipen ©ountag bradj ein
fureptbarer Sranb auS, ber einen gropen Seil ber ©tabt einäfeperte. Ser Sranb
mütete gmei Sage unb mar naep mepreren Stagen nod) niept ooüftänbig gelöfdjt.
Sie 3efulten feifteten bei Sag unb üftaept unter SebenSgefapr angeftrengte £ilfe gur
Rettung non Seben unb §abe oieler ^Bürger. 9J?it groper ^reigebigfeit ftanb baS
Kofieg ben üieleit 2(bgebrannten in ber golge bei/ befonberS burd) ©penben oon
©etreibe unb £>olg5.
©epon in ben Sapren 1603 unb 1604 maren 3 patres in ber 3J?iffion 3uben-
bürg tätig, pauptfäcplicp aber nur für ©eefforge unb Unterricpt ber beiben bringen
1 ‘ßcinltcf), ißrogr. 1870, 18. * Litt. ann.
1620—1650.
2 gm 3<ü)re 1649 üerteilten ficf) bie ©djiiler
auf bie einzelnen $ taffen, oon ber StljetonE an=
gefangen: 17, 9, 17, 18, 10, 18.
3 1643 maren bort acfjt „Casistae“.
* 3m 3at)re 1649 maren in ber Bürger»
tongregation eingcfd)rieben 276, bie 3af)t ber
gemöfjnlidjen S3efud)er mar aber nur gegen 60.
Sie ©tubentenfongregation ääfpte 62 9ftit=
glieber.
5 9fä^ere§ in *Litt. ann. Prov. Austr. 1646.
— Sie Obern oon Seoben maren : §einr. Sa-
mormaini, 1614 (©up.); SSartf). SSepger, 1618
(Sieftor); SRarf. 91oeIiu§, 1621; epriflian «ert-
fd)iabe§, 1624; ®?att^. Äotnif (So(nig), 1629;
©tebb- ®ber, 1637; SRattp. fiolnif, 1642; Wild).
ßftmor, 1646; SDtart. Älingenpcrger, 1650.
9?ieberlaffungen in ©teiermarf: Subenburg.
339
.(&/■
P A
Seopolb unb Äart. ®ie 9?iebertaffung würbe erft 1621 gegrünbet1. 3n ^ubenbitrg
befanb fiel; ein föfofter ber Auguftiner-Grremiten, baS fdEjott feit tangerer 3eit nur
mepr oon einem atten, ber SanbeSfpracpe nnfnnbigen ÜDJöndje bemopnt mnrbe. 3)er
33aron 23altpafar ton £panpaufen fjatte mit pöpfttidjer Bewilligung biefeS SHoftcr
mit feiner jerfattenen ^irdje um 2000 ©ulben getauft unb am 9. 1621 ben
Qefuiten gefepenft. Am 14. Quni gogen 2 fßatreS unb 2 Brüber non ©raj in
^ubenburg ein; fepon am 27. ^uni tonnte ©otteSbienft unb ßpriftentepre unb am
3. 9?o0ember eine ©rammatif-
fepute mit 35 ©cpütern er-
öffnet werben2. 9iocp im
fetben Qapre mürbe ber Sßtan
jum Bau eines fö'ottegS itaep
9iom gefanbt3. ^apre
1625 waren in Qjubenburg
3 patres, 2 9J7agiftri unb
2 Briiber. ®er ©cputen
waren jwei, jebe patte ^tuei
Abteilungen. 3U liefen jwei
Staffen trat im 3aPre 1626
bie ißoefie, fo baff in ber
einen klaffe Humanität, in
ber jweiten ©pntaj unb ©rarn-
matif, in ber unterften bie
AnfangSgriinbe unb Sternen«
tartenntniffe geleprt würben.
1646 würbe bie fRpetorif bei¬
gefügt. 3aPre 1647 be¬
trug bie ©cfjüter^apt 118. 3n
ben friiperen ^apren wirb bie
geringe 3flt)1 ber ©cpüter
LILIA SACRA
In mediis Brums frigoribus, j
Ad parvas INFANTIS DEI cunas,
PerJudenburgenfesHumaniftas,
Idyllio Paftoritioexprefla, decantata:
Atquc
R^cvercndißimo & zArnplißimo Prtjttlt, ac Domino,
Domino
BENEDICTOj
|Dei & Apoftolicse Sedis GratiäJ
l Abbati celeberrimi &c Exempti Monafterii ad
? S. Lamberttim , Ordinis S. Bencdifti: Prxpofito in Cell
Afflcnz , & Pibcr &c. Sac: Ca:f: Mij: Confiliario 5cc.
8*® Domino ac Mecxnati fuo gratiofiflimo, gUj
Dicata & Sacrata. ^
wDum ex munifica Eiusdem Reverendifsi-|g
Eg mi PrarfuJis Liberalitarc, Liberales Litcrariz Gymnados^g
^ Pancratiaftx, Liberalibus Pnemiis condecorarentur:
in Judenburgcnfi Societatis Je su gk
Gymnafio, gw
fJjcB &{cnß ß anuario : csinno JubiUo:
Qapre 1631 gäptte baS &'olteg
1 2 äRitgtieber, barunter 5 pa¬
tres unb 3 Sftagiftri. Bon
1633 bis 1637 unb mieberum
feit SDejember 1643 weilten
auep bie patres beS XertiateS
in Qubenbnrg, gewöpnticp 10
bis 20; im 3a§re 1650
waren eS 11. ®ie glinbation patte bie Baronin Urfttta oon Spanpaufen mit
50000 ©utben bon 1632 bis 1645 befepafft. SDie „lertiarier" würben befonberS
meprfadp peroorgepoben4. 3m
©in Subenburger 2öetljnacötgfpiel mit ^anbfdjrift
beS ©bornguS 1650. (2/s)
1 * Litt. ann. unb * Catal. Prov. Austr.
2 fßeinlid), tprogr. 1870, 19. Utm 4. ©ept.
1621 nahm ber ©eneral bie gunbation an.
'-Bgt. fein tEanffcbreiben an Söaron 93attb- 0. STbam
baufen üom fetben Saturn. * Drig.=9teg. Ad
Externos.
3 * 9JiteHe3cf)i an Eobend- 11. Seft. 1621.
(Sin jum größeren Seil fertiger 9?eubau be§
fotlegl wirb öon Sßitetteädji in einem ©riefe
an ben ©ifitator gl. be 9Jtontmorenct) Dom
28. Suni 1631 ermähnt. * Orig.=9ieg. Ad Austr.
Über ba§ mit bem gerbinanbeum in ©ras ber¬
einigte Zeitig = ©eiftfpitat in Subenburg Ogt.
Beiträge jur Äunbe fteiermärfifdfer ©efd)id)tg=
quellen 1887, 16 ff.
4 Sm Sab« 1649 gäblten bie Staffelt Oon
ber fRbetorit augefangen 14, 10, 20, 10, 12,
12 ©cbüter. $a§ SoitOift, Seminarium Sti Io-
sepln feit 1638, mar 1646 mit 17 fjiiglmgen
befefet.
340
günfteä Kapitel. Sie öfterreidjifdje Iprooinä.
in ber gdftengeit oielfadj ju SOciffionen au§gcfcf)icft, fo 1033 nacf) Oberöfterreidj ttnb
Kroatien, 1644 nadj Ungarn unb üerfdjiebenen Orten Oon Kärnten rtnb ©teiermarf.
Stuwer ber Kongregation für bie ©tubenten mirb eine folcfje für bie Bürger ermähnt.
Ter Empfang ber fjeiligen Kommunion ftieg oon 3000 im $af)re 1630 auf 4600
im Qaljre 1634, gehn ^aljre fpäter auf 8000 unb erreichte 1650 bie ßaljl öon
11 300 1.
SBie ©teiermarf mar aud) Kärnten im 16. Qa^r^unbert faft ooßftänbig ber
neuen £ef)re oerfallen. TaS gilt befonberS oom Stbel unb ben ©täbten; aber audj
ein großer Steil ber dauern, befonberS in Oberfärnten, mar proteftantifd). Qn ber
^auptftabt Klagenflirt mar im beginn beS 17. QahrfjunbertS oießeidjt nod) ein
Tufjenb fatljolifdjer 93ürger1 2. Tie fat^olifc^e Religion mürbe hier burdj eine oom
Sanbesljerrn abgefanbte Kommiffion, an bereit ©pipe ber eifrige ©edauer SSifcfjof
SJJartin Srenner ftanb, mieberljergeftellt. Um bem SSerfe 23eftanb §u fiebern, be»
mühte er fief), Qefuiten in Klagenfurt an^ufiebeln. 21uS bem Kolleg oon ©raj erbat
er fidj gunädbft ben tüdjtigen i]Srebiger P. ßalluS ©djerer. Terfelbe erhielt feine 2Bofp
nung im neuen ©pital, muffte aber feine ißrebigten in ber ©tabtpfarrfird)e halten, ba
ifjm bie 3unt ©pital gehörige Kirdje infolge beS SSiberftanbeS ber Sanbfdjaft nod)
oerfdjloffen blieb3. 9?adj ber Slbreife beS 93ifif)of» (28. $uli 1604) übernahm ©djerer
ganj bie Untermeifung beS 23olfeS.
Über feine Söirffamfeit beridjtet ber 33iograpf) beS 23ifdjofS Brenner: „ 91n allen
©onn» unb gefttagen prebigte er üormittagS bem QMfe unter großem ßulaufe, nach»
mittags unterridjtete er bie ©djulfinber in ber ÜMigiott mit folgern ßrfolge, bafs er
5 um Unterridjt ber ^ugenb gerabeju geboren ju fein fdjien. täglich laS er um
6 Uhr bie heilige äfteffe, nach Welcher er fogleid) ben Slnmefenben einen SSIeil ber
ÜJJieffe unb ihrer .ßeremonien erflärte unb überhaupt bem 23olfe bei jeber (Belegen*
heit Unterricht erteilte. 23ifdjof ÜJtartin hatte aber fd)on oor ber Slnfnnft ©djererS
ben ^Bürgern oon Klagenfurt oftmals oon ben Qefuiten erzählt unb ihnen erflärt,
toie nüfKid) eS für bie ©tabt märe, menn folcfje fid) bort anfiebeln mürben, ©ie
feien nicht bloff bie beften Seljrer in ben ©djulen, in betten fie unentgeltlidj bie
^ugenb unterrichteten, fonbern audj bie eifrigften Tröfter ber Sinnen unb Kranfen
in ben Spitälern, ber (befangenen in ben Kerfent unb ber ©terbenben auf bem
Totenbette." 4 Ter Übertritt monier Bürger mürbe anfangs auch beShalb erfdjmert,
meil bie ißroteftanten baS berüdjt oerbreitet hatten, bie 23efel)rten müßten beit Kont»
miffären fdjtoören, fie glaubten untierbrüdjlidj, bah ihre ^äter unb SUJütter, Sriiber
unb ©djmeftern unb alle ihre Sermanbtett fidj in ber §ölle befänben 5.
Slm 30. üftooember 1604 mürbe bie junt ©pital gefjörenbe Kirdje ju ©hren
ber Slpoftclfürften gemeiljt unb mahrfdjeinlidj ant nädjftfolgenben Tage oon ber
lanbeSfürftlidjen Kommiffion nebft bent ©pitalgebüube bem Obern ber ÜZieberlaffung,
P. OiifolauS ßoroniuS, feierlidj übergeben. Ta bieS gegen ben SBiHen ber 23iirger
gefdjah, „fo fomite eS anfättglidj an Pufferungen beS UnmiüenS nicht fehlen. ßs
gefepahen in ben elften fahren öfters nädjtlidjermeile gufammenrottungen ber SOZenge
oor bem (bebäube, ©djimpfreben unb Troljungen mürben auSgeftoffen unb fdjtieffüdj
1 Sie Dbcrit üon ^ubenburg loaren: Ijjein»
rid) 23ibariu3, 1603 (Sup. Missionis) ; Söaltljafar
97imptfd) , 1621 (Sup. Residentiae) ; Kafp.
ißaftornaf, 1623; Sari SBerner, 1627; gol).
Ülteljer, 1629 (Keltor 1632); 2lnbrea§ Sobij»
niuS, 1637; ©eorg 21gricoIa, 1639; 9)tid).
9Sratrufd)ef, 1645; ©eorg Ißlaj^er, 1647.
2 21gl. Carinthia 1900, 4 ff.
3 97nf)ered bei 97. Sebinger, Sie SRefor»
mation unb ©egenreformation in Klagenfurt,
Programm be3 ©pmnafiumi ju Klagenfurt
1S6S, 25 ff 44 f.
4 ©djufter, fjiirftbifdjof 93renner 494.
6 ©bb. 491. Siefe Sorljeitcn rourben aud)
in ba§ augeblid)e ©laubeuSbefenntui» auf»
genommen, bae> fo oielfad) öermertet morben ift.
Slgl. Suljr, Sefuitenfabeln 4 113 ff.
ÜJtieberlaffungeu in Särnten: Stagenfurt.
341
burcf) ©inmerfert ber genfter gegen ipre Slnmefenpeit fräftiger ^roteft eingefegt. 9?ad)
nnb nad) pörteit aber infolge ftrenger Befeple beS ©rgpergogS an bie Berorbneten
unb ben SJlagiftrat biefe ©pgeffe auf- ®ie ^ßrotefte ber ©tiinbe nnb ber Bürgerfdjaft
bauerten aber fort, bis bie gefuiten auf eigene Soften ein neues ©pital famt Kirdje
erbaut unb ber Biirgerfdjaft übergeben patten"1. 31m 16. ÜDlai 1616 nmrbe gunt
neuen ©efuiube ber ©runb gelegt; bie ©tänbe felbft fteuerten 1000 ©ulben unb
Baumaterial bagu, unb am 8. ©eptember 1618 mürbe baS neue ©ebäube famt Kirdje
Oont P. fReftor bem üDlagiftrat übergeben, mäprenb umgefeprt ber ÜJJlagiftrat bent
9iettor bie ©djlüffel beS nunmehr alten ©pitalS einpänbigte.
9cad) SluSmeiS ber Kataloge maren im gapre 1606 an ber ©djule 3 Seprer,
1 für ©pntap unb fßoefie, 1 für bie ©rammatif, 1 für bie SlnfangSgrünbe; im gapre
1611 unterrichteten 5 Seprfräfte in 5 klaffen oon ber Bpetorif bis gu ben SlnfangS*
griinbeit, 1615 maren eS 6 Seprer in 6 klaffen. Sagu famen 1617 nocp 2 Br0*
fefforen für SüKoraltpeologie unb Sialeftif. gin erften gapre (1604) mar bie gapl
ber ©cpüler nod) flein; aber fd)Dn im folgenben gapre itaptn fie gu, aud) auS ber
gerne, fogar aus gtalien famen ©cpüler. git ben gapren 1612—1614 gäplte man
350, im gapre 1615 500 ©cpüler; im gapre 1649 maren unter ben rnepr als
500 ©dfülern oiele Slbelige2. gnfolge beS BerboteS, auSmärtige Sepranftalten
SU befudjeit, fdjidten oon 1606 an aud) proteftantifcpe Eltern, Bürger unb Slbelige,
ipre ©öpne gu ben gefuiten. SieS blieb aud) nicht opne ©inffufj auf bie ©Itern3.
Bereite im gapre 1605 mürbe in ber 9£äpe beS KollegS burcf) Sllmofen ein §auS
gefauft, in meld)em arme, befonberS gefangSfunbige ©tubenten Unterpalt fanben.
gm gapre 1611 fonnte man ein Konoift mit eigener .fpauSpaltung einrichten ; am
fangS gäplte eS 27, 1615 fcpon 50 göglinge, oon benen etma 20 bem Slbel an»
gehörten. Unter ben 33 göglingen beS gapreS 1648 maren 18 ©tiftlinge (Alumnen).
Sie 1609 inS Seben gerufene ©tubentenfongregation mürbe 1644 geteilt; fcpon
feit 1625 beftanb eine Kongregation für bie Bürger. Slujjer burcp ^ßrebigteu unb
©priftenlepre fud)te man baS Bolf aucp fcpon feit 1605 burcp Sialoge über bie
Kinbpeü, baS Seiben unb ben gronleicpnam unfereS §errn in flomenifcper ©pracpe
angugiepen unb gu belepren. Konoerfionen gäplte man jäprlid) im Surcpfcpnitt 20
bis 40. Sie Kommunionen fliegen oon 1600 im gapre 1623 auf 9600 im gapre
1637, auf 11300 im gapre 1640, auf 16 000—22 000 in ben folgenben gapren.
©ine grofje ©inmirfung auf bie gange ©egenb übten bie Bifitationen ber Pfarreien,
melcpe oon bem fReftor beS KollegS mit einem anbern fßater im Stuftrage beS
SiögefanbifcpofS abgepalten unb bei benen oiele SJiifjbräucpe abgeftellt mürben.
Slm 2. guni 1636 entftanb im Sacp beS KollegS ein Branb, ber auf bie fftadp
barfdfaft Übergriff unb infolge beS peftigen SöinbeS innerpalb meniger ©tunben bie
gange ©tabt in glommen fepte. Sie ©rbitterung beS BolfeS manbte fiep gegen bie
gefuiten unb mürbe fo grop, bafj man am folgenben Sage bie noep oerfeponten Seile
beS KollegS unb ber Kircpe plünberte. Sie gefuiten felbft maren in ©efapr, ber
B3ut beS BolfeS gum Opfer gu fallen; üerfleibet mußten fie fliicpten. Ser ÜDtagiftrat
1 Sebingcr a. a. 0. 45 f. Sie gefuiten
bewohnten anfangs mit ben Sßfrünbnern baS
©ebäube; biefe ben oierten Seit, bie gefuiten
brei SSicrtel. Sie gunatjme ber gefuiten unb baS
gufammenleben mit ben fpfrünbnern brachte
aber Unannehmtid)feiten mit fid). Mit bem
Überfiebetn ber fßfrünbner in ein Don ben ge»
fuiten baju getauftes §auS maren bie ©tänbe
nidjt einöerftanben; fie fanben baS §auS nidjt
geeignet, fürchteten aud), ihr Eigentum , baS
©bitat, ju oertieren, unb oerlangten entmeber
Erfap ber Soften ober ein neues, jmeef*
eutfbred)enbeS ©ebäube.
2 gm gahre 1649 oerteilten fid) bie ©tu»
bierenben auf bie eiujetnen Abteilungen : SOtoral
24, fRhetorit 50, ijjoefie 51, ©t)iitaf 78, ©ram»
matit 70, tprinjibieit 72, Intima 112. *Catal.
function. Prov. Austr.
3 üebinger a. a. D. 48 f.
Wr^ERHIVST. & Generoa^dn .
floan j\iidrea».Gofn Forenbero. L.
Lerdicnau. v GrafejTS'te.iji J>omino ^one
xAucrrpe r<j«F scc .Consi I Grs v Garnrth 'Pra*r
jenltju'h. *cc;Dn°S\io Gralios
P MaO/T'* Jfilrru*
>raujo
d \£taßenfuvtty
342 günfte§ Kapitel. Sie öfterreicpifdje $robtns.
mürbe nur burd) bag entfchiebene SSorgelfen beg 23arong b. fftofenberg bon einem
2tugmeifunggt>efeht abgefdjredt. Gsrft am fiebten Stage tonnten bie Patreg mieber
in bag Kolleg juriidfe^ren 1. Qn beit näc^ftfolgenben fahren mürbe mit Unterftü^ung
bon feiten einflußreicher Perfoneit in Kärnten Kolleg unb Kirche tuieberfjergeftetlt.
93ei Gelegenheit ber Grtranfung eineg grofsen Steiteg ber 23emot)ner ber ©tabt unb
Umgebung im Qafjre 1039 teifteten bie Qefuiten fo tiebebotte §itfe, baß fic biete
feit bem groffen Sranbe nod) erbitterte Gemüter gemannen. SDie ©timmung matibte
ficß fo, baß einige Raffte fpäter (1042) bie 23ürgerfd)aft ihrer tßeforgnig Slttgbrud
bertieh, bie ^efuiten mürben SHagenfurt megen ber $rantf)eiten, benen fie bort reget*
mäßig au§gefe(d maren, bertaffen. SDie 23ürgerfdjaft unterftüßte aud) mit reidjtidjen
©penben 1043 ben 2Iusbau beg ßottegg; biefeg mürbe bebeutenb bergrößert : bag
gan^e 2>iered ber Gebäutidjfeiten gleichmäßig um ein ©todmerf erhöht.
Sttg gunbation gehörte ju ßtagenfurt bag ehemalige, bier Seiten bon ber ©tabt
im ^auntate gelegene Sluguftiner-CShorherrenfiift Gberitborf (Dbernborf) 2. Gegen
@nbe beg 10. 3ohr^un^ertg toar bag ©tift äußerlich unb innertidj ^erfaßen, unb atte
9iettunggberfudje maren bergebeng gemefen. Gegen ben Bitten beg Patriarchen bon
2Iquiteja, ju beffen SDiöjefe bamatg Gbernborf gehörte, unb gegen beit Söitten beg
1 9tät)ere§ * Litt. ann. Prov. Austr. 1636. Mitteilungen be» QnftitutS für ofterreid). ©e=
2 Sl. Starker, $ie Übergabe bee* Glfcr* fd)id)t3forfd)ung, Gürgättänng^bb VI (1901) 624 ff.
IjerrenftiftS Gbcmborf an bie gefuiten, in ben Sßgl. baju Carinthia 1901 u. 1902, 61 ff.
filngenfurt (1649). ©tid) bon Merian. 9ir 3: ^efuitentirdje. (!/s)
Dtieberlaffungen iit Samten: Slagenfurt.
343
Diuntiug f^atte (Sr^erjog ^erbinanb bag (Stift für ein in Äärnten ju grünbettbeg
Qefudenfodeg beftimmt. Stuf bie 5$orftedungen beg Nuntius porzia unb beg $arbinalg
5llbobranbtni befahl 51quatnt)a September 1603 bem ©razer 9teftor, auf bag Stift
3$erzid;t ju leiftert. 2)er Oleftor folgte biefetn 93efe^Ie, ber Srj^erjog modte aber
anfangg nidjt nadjgeben, big if)n ber ülJuntiug bernog, bie SSer^idjtteiftung anju-
nehmen. dtuumehr richtete ber Sr^erjog aber erneuerte bringenbe Sitten an ben
^eiligen Stuf;!.
^n einem Sriefe üom 25. ^uti 1603 erflärte ©rzfjerzog ^erbinanb bem föar»
binal Sllbobranbini, er habe bei adern nictjtg anbereg atg bie görberung ber größeren
©f;re ©otteg im 51uge gehabt1. S)a ber patriard; oon Slquileja nod; immer Schmierig»
feiten erhob, teilg meit feine Sftedjte alg SDiözefanbifdjof, teilg meit fKedjte beg Stifteg
nidjt gemährt mürben2, manbte fid) ber ©rzfjerzog am 22. gebruar 1604 an ben
Patriarchen : eg fei nötig, in Kärnten ein Kolleg gu erridjten. 9?ad; feiner ©rfafjrung
feien bie Qefuiten bie ©eeignetften, unb begfjalb fjabe er für fie üom Papft bag
^fofter ©bernborf öerlaugt, unb er bitte begfjalb aud; um bie ÜJJfithilfe beg Patriarchen3.
Sefjr eifrig betrieb bie Sadje aud; ber Sifdjof ©eorg Stobaeug oon Saoant.
51m 12. Januar 1604 fcfjrieb er an ben papft, baf; bei ber Reform oon tarnten
bie Arbeiter fehlten: Söeil nun ein ficherereg, juoertäffigereg unb fjeilbringenbereg
ÜDfittel nidjt gefunben merben f'ann, alg bah in körnten ein Qefuitenfodeg gegrünbet
mirb, habe id; ftetg auf bie Gelegenheit gepaßt, ein folcfjeg Kolleg ju errichten. Sor
einem 3ahre glaubte id; nun einen fetjr giinftigen Slitgenblid für gefommen, menn bie
unbefefjte propftei ©bernborf ben ^efuiten übergeben mürbe; begfjalb habe id; bem
©rjherjog geraten, biefelbe in ber nadjbrüdlidjften SSeife oon ©ro. £>eiligfeit zu er»
bitten4, infolge ad biefer Sorftedungen midfahrte ber Papft nunmehr. 51m 5. Slprit
1604 uuterbrüdte $lemeng VIII. bag Stift ©bernborf, mit ber Seftimmung, bah
bie ©infünfte für bie ©rünbung eineg Qefuitenfodegg in St Seit ober ftlagenfurt
üermanbt mürben5.
2)er DJuntiug Porzia unb Sifdjof Sremter, lepterer alg lanbegfiirftlid;er £’om»
miffar, begaben fid; am 13. Quli 1604 nad; ©bernborf unb übergaben bort am
29. Quli bem öfterreid;ifd)en Prooin^ial ©arido bag Stift mit ad feinen Sefipungen.
,,^n bem Stifte befanben fiel; noch fünf Äanonifer, oon beiten oier unfähig maren,
bie ÜOfeffe ju zelebrieren. Üiacfjbem ihnen ber 9iuntiug erflärt hatte, bah für ihren
entfpredjenben Sebengunterfjalt geforgt fei, gaben fie fid; jufrieben. SDie ^efuiten be»
gannen algbalb bie Sdjulben zu tilgen unb bie ©ebäube mieberfjerzufteden." 6
1 * Original im Arch. Vatic. Borgliese I,
693/694, f. 185. Sie Sorrefponbenj be§ ©roser
9tuntiuS Borgia mit bem Karbittal bi ©. ©ior»
gio, ßintpio Slbbobranbini, bem Dtepoten Sie»
menS’ VIII. in gtocens, Bibi. naz. II 502.
2 * Original Borghese III, 109“, 90.
3 gm SSatif. 21rdpit> liegen bei ber Nunzia-
tura di Venezia vol. XXXVI, 110 f bie ©in»
menbungen be§ IJktriarcpen unb bie SIntroorten
baranf. Sasfelbe ©cpriftftüd in 9iom, (Staats*
arepiü, Informat. 74, 87—98. Slufserbem Oiete
Sitten im erjbifcpöfl. SlrcpiO ju Ubine.
4 41 Original Borghese III. 109“, 16. Srud
in Stobaei Epistolae 141. Dipnlicp feprieb ©to»
baeuS unter bemfelben Saturn an Sarbinal
Sllbobranbini, bie fßropftei Obernborff habe
jept feinen tropft unb paucos inquinatae vitae
canonicos (ebb. 142 f). ©tobaeuS fepreibt Obern»
borff, in beit italienifdjen ©epriftftüden ftefjt
üielfad) ©rbenborff.
5 Srucf bei 23. ©djrolt, Urfunbenregeften
beS 2tuguftiner=ßporperrenftiftS ©bernborf (1870)
207.
6 ©tarier a. a. 0. 633. 23gl. © cp u ft er,
fDtartin 23renner 494. 23orper patten fiep Sefait
unb Kapitel Poit ©bernborf in einem ©epreiben
Com 3. ffltai 1604 an Siemens VIII. bitter über
bie llnmenfdplicpfeit (immanitas) ber gefuiten
beflogt. “Original Borghese III, 109“, 38.
SläpereS über bie Übergabe in Litt. ann. Prov.
Austr. 1604. infolge ber ©inoerleibung üott
©bernborf betrugen bie ©infünfte üon Slagen»
furt jäprlid) 3000 — 4000 ©ulben, oon benen
etloa 34 fßerfoneit unterpalten toerben fonnten.
Sm Surcpfdjnitt maren gegen 20 ißerfonen im
Solleg unb 10—20 in ber Dtefibenj (©beru»
344
günfteg Kapitel. Sie öfterreidjifdje fßroDittä.
Ebernborf mürbe eine 9tefibenz errichtet mit einigen fßatreg unb Srübern.
Enbe beg $al)reg 1608 »erlegte bie fßrooinz bag britte fßrobejahr bort^in; bieg blieb
bi§ 1633. 33on ben Xertiariern mürben Diele SDiiffionen abgehalten im Sonant-
tot unb ber ganzen Umgegenb unb meiter big nad) trieft unb gaume. gm guhre
1609 übernahmen bie gefuiten auch bie SSermaltung ber Pfarrei in (Sbernborf. 23e»
fonberg burd) fßrebigt unb ^atecfjefe fucfjten fie ber großen 23ernad)läffigung unb
Unmiffenheit beg fßolfeg abzuhelfen. ©eit 1648 beftanb bort auch 23ruberfd)aft
„gefug, ÜDZaria unb gofepf)"; bie Kommunionen ftiegen »on 2000 im gal)re 1636
auf 6600 im gal)re 1646 1.
®ie SSirffamfeit ber gefuiten in Klagenfurt fajgt ber (55efdf)idf)tfcf;reiber beg
Kodegg, ein gelehrter SSenebiftiner, in folgenbe SfBorte jufammen: „SDie gefuiten
entmicfelten, faum in Klagenfurt eingeführt, eine ungemein groffe unb erfolgreidfje
Sütigfeit alg ©eelforger unb Sehrer, unb eg ift feine grage, bah tue ©djöpfer
eineg neuen, aug innerer Überzeugung herf^rgehenben fatholifd)-fird)lid)en Sebeng
in Klagenfurt gemorben finb unb baburd) erft eigentlid) bie ©egenreformation »oll«
enbet haben. SDurdj Belehrung, Klugheit unb Slugbauer ho&eu fie binnen 40 fahren
einen foldjen Umfdjmung in ber religiöfen ©efinnung ber 23eüölferung Ijeroorgebradjt,
baff fid) biefelbe, fo mie bigfjer burd) ihre SSärme für ben fßroteftantigmug, fo fpäter
burd) iljren Eifer für bie fatholifche Sehre heroortat. ®ie fßrebigten ber gefuiten,
bie halb in allen Kirchen bie einzigen maren, maren gleidj anfangg jroar jahlreid),
hoch meift nur »on Katholifchen, bie aug ber Umgebung, roohl aud) aug meiter
gerne heebeifamen, meniger tmn ben SZeureformierten befugt ; nach unb uad) er'
fcf)ienen aber and) biefe zahlreicher, unb Slbelige unb Bürger liefen fid) häufiger in
ber fßrebigt unb auch bei ber SDZeffe fehen, beren bloffer 9Zame früher fdjoit »erhofft
mar. Sluper ber Kirche üerfäumten fie [bie gefuitenj feine Gelegenheit, um burd)
©efprädje unb Ermahnungen bie grrenben gurüdzuführen unb bie SSanfenben im
Glauben zu beftärfen. ©ie befugten bie ©pitäler, Kranfen unb ©terbenben, mohl
miffenb, bah bag troftbebürftige Gemüt ber Unglüdlidjen unb Seibenben bag frucfjt*
barfte unb lohnenbfte Sld'erlanb bietet, unb »iele erhoben fid) alg inniggläubige
Katf)olifen »on ihrem Kranfenlager ober ftarben in ber Gemeinfchaft ber Kird)e, bie
borf). Sn ben Sahren 1645 ff gingen aber mir
1800—1900 ©ulben ein, bie Serfonenjabl mar
aber auf 35 unb nod) böber geftiegen megen
ber Dielen glüdjtlinge. Qm Sabre 1642 be=
trugen bie ©cbnlbcn Don Kolleg unb fRefibenj
über 10000 ©ulben. Surd) Kontributionen
mürbe bag Kolleg immer mehr erfdmpft, mie
bem ©enerat gemelbet mürbe. Segbalb brang
biefer am 27. gebr. i G49 beim Sroüinjial bar-
auf, bag Kolleg ju entlaften. * Drig.-Seg. Ad
Austr. — Sie Sieftoren maren: Stif. ßor-
üinud, 29. Suli 1604; f|)ct. Ximeneg (?); Sufag
Sintana, 1009; Sob- Slotariug, 1611; Stapb-
ßobenjl, 1620; Saniel Kirchner, 1621; £or.
©laperinug, 1623; Sol)- Segatug, 1630; SJiart.
Klingenberger, 1632; SSiU). fßup, 1637; Sor.
Kogler, 1639; ©Der. ©rtbal, 1642; Sbom.
SDieperle, 1644; Karl ©inicb, 1646; ©eorg
21gricola, 1648.
1 Seoor bie ©rtoerbmtg Don ©bernborf ing
2luge gefaßt mürbe, batte Kiemeng VIII. auf
Sitten beg ©ra^er §ofeg bag oerfommene Klofter
2lrnoIbftein am 12. 2lpril 1600 unterbriidt unb
für ein Sefuitenfotfeg in Karaten übermiefen.
Ser gürftbifdjof Don Samberg, unter beffen
Satronat unb £efjngpflid)t bag Klofter ftanb,
legte Sertoabrung gegen biefe Übertragung ein;
ber ÜJtuntiug Sor^ia Derteibigte biefelbe in einem
Sriefe Dom 9. Stärs 1601 an ben gürftbifdiof.
Sn einem ©direibcn Dom 9toücmber(?) 1602
an bie ßrsberjogin Staria miberlegt ber ©ra^er
Sieftor ©igb. ©djeDidjaoiug bie bei biefer ©e-
legenbeit gegen bie Sefniten erhobenen 2ln=
flogen (Original in ben 2trnolbfteiner Sitten,
2Ird)iD beg ©efd)id)tgDereing su Klagenfurt).
Scplieglid) macpte 9tom 1602 bie ßinDerleibung
rücfgängig. Sag Siäßere in ber Carinthia 1900,
2 ff. ©in ©djreiben beg ©rsbersogg gerbinanb
an Sifdjof SdI). SbiüpP Don Samberg Dom
23. Sejember 1600 bei Sofertl), Sitten unb
Korrefponbcns sur ©efd). ber ©egenreformation
in Snneröfterreid) II (1907): auf fein (beg ©rj-
berjogg) ©rfucbcit habe ber fßapft biefe Se=
ftimmung getroffen, bie in 2lnbetrad)t ber Sage
notmenbig gemefen.
9?ieberlaffungert in Ärain: Saibad).
345
in ihren gefunben Sogen oft f)od) beteuert Ratten, in ber hitfjerifcfjen Sehre leben
unb fterben ju mollen. ... ©o mehrte fid) jäfjrlitf) bie 3al)l ber 93efef)rten unter
bem 31bel unb ber 33ürgerfd)aft." 1
3n $rain mar feit bem Sobe be§ $aifer§ gerbiuattb ber $ßroteftanti§mu§ gur
§errfd)aft gelangt unb blieb in feiner $orf)errfcf)aft mätjrenb ber ganzen 9tegierung§«
jeit be§ @rc^ergog§ $arl (1564 — 1590) 2. Über bie SanbeSljauptftabt Saiöacf) be»
richtete am 22. ^uti 1616 ber 23ifd)of Stomas 6£)rön ($rön, ®reen) an ^3aut V. :
3>of)re 1597 befanben fid) in Saibad) neun ober mehr lutfjerifdfje ißrebiger (aujjer
jenen, melche in ben ©djulen lehrten) unb üerfüfjrten ba§ Sßolf, baff fiel) faum ber
ämaujigfie Seil ber 33emof)ner unb jmar biefer nur au§ bem niebrigften ©tanbe
jum fatholifdjen ©lauben belannte." 3 Siefe guftänbe änberten fid) erft, bann
aber and) fefjr rafcf) , burd) bie entfdjiebenen ÜDfafjnahmen ber ©rajer Regierung
feit 1598 unb ber bon ifjr beftellten „9teligion§reformationgfommiffion" (1600), an
bereit ©pi|e ber eifrige unb energifdje Saibadjer 93ifcf)of ©hrön, ber ©of)tt eines
angefe^eneit Saibadjer ^3roteftanten, ftanb. Siefer „Slpoftel oon &'rain" mar audj ber
entfdjiebenfte 3reunö unb 23eförberer ber Qefuiten 4. Stuf 33itte be§ (Sr^erjogS
fferbinanb oerfügte Clemens VIII. am 23. ÜDiärj 1596 bie Ituterbriidung be§ oer«
laffenen granji^fanerflofterg in Saibad) unb bie tlbermeifung beleihen an ein in
Saibad) ju griinbenbeS ^efuitcufotteg 5. 31m 21. 3amiar 1597 trafen bie beibeit
patres ÜDüdjael ^ßolbt unb ©Ijriftoph giegelfeft bort ein unb nahmen nacf) achttägigem
Stufenthaft im 33ifd)ofsl)of ©nbe 3aituar in bem alten granjiStanerflofter Söohnung.
3m 9Jlai 1597 mürben bie jmeite unb britte ©rammatifalüaffe eröffnet, bie oon
jmei ©djolaftilern geleitet mürben; 1600 maren e§ brei, 1603 fcfjon fünf klaffen mit
200 ©djülern unter oier Sehrern. Sie oberfte, bie Humanität, mar fontbiniert mit
ber ©pntap; 1604 mürbe burd) bie Ütfjetorif ba§ ©pmnafium oollftänbig. ©in 31u§»
roärtiger unterrichtete in ber unterften (©lementar--) klaffe. 3m 3a^re 16H lehrten
je 1 ißriefter bie S^hetorif unb Humanität, 3 ©djolaftifer ©pntap, ©rammatif unb
Principia; 1625 maren 4 ißriefter unb 3 ©djolaftifer in ben ©chulen befd)äftigt.
Sie SDforal mar hinjugetreten, unb halb folgte ein eigener ißrofeffor für bie ß’ontro-
oerfe (1628). SJJoral unb ß'ontrooerfe hörte 1634 neben ben 30 au§märtigen
©tubenten auch ein Supenb 3efuitenfcholafti!er. Sie ©efamtfd)üler^al)l betrug im
3ahre 1636 jufammeit 544 6. Sie ^Serfonenjaljl be§ $olleg§ ftieg Oon 6 im 3ahre
1597 auf 23 im 3ahre 1619 unb auf 30 im 3ahre 1642; einige 3ahre mie 1634
maren e§ etma 40 megen ber ©djolaftifer, melche bie ÜJftoraltheologie hörten.
Sei ber fteigenben äftitglieberjaljl ermieS fief) halb ba§ alte f^raugisfauerflofter
al» ju eng, unb aud) ba§ bann mit päpftlid)er @rlaubni§ bezogene ©t 3alob§fpital
1 9t. 2 e b i n g e r , Älagenfurter ißrogr. 1868,
46 f.
2 Simip, ©efd). ÄraiitS III (1875) 145.
3 ©bb. II 368. SBenn man bie ÜSeüöIferung
£aibad)g ©nbe bc§ 16. Saf)rf)unbert§ auf etma
7000 fd)äpt, mären bie 95°/0 ißroteftanten p be=
anftanben. Sie proteftantifd)enÄommunitantem
Iiften unb Saufen laffen t)öd)ften§ auf eine pro«
teftantifdje 93et»ötferung oon 3000 (?) fd)(iefjen.
Sie 3af)l ber proteftantifdjen Äommnnifanten im
Satjre 1593 mar 2442. @o Sabrbud) für ©efd).
be§ $roteftanti3mu3 in öfterreid) 1908, 64. 9tad)
bem bifd)öflicf)en 93erid)t üou 1616 fott bie
3al)t ber fattjolifdjen ©inmoljner SaibacbS unb
feiner Sorftäbte in biefem Sabre fid) auf 7000
belaufen fjaben. ©djmiblin, Sie firdjlidjen
3uftänbe inSeutfdjIaitb OorbetnSreiüigiäbrigen
Ä'riege I (1908) 46'.
4 <Sd)tnibliu a. a. D. I 37 ff.
5 Synopsis 193. Sad golgenbe und) beit
* Catal. trienn. Prov. Austr. Sgl. S t m i p
a. a. D. III 459 ff. Ptecüfef, ©efd). be§
Saibadier ©t)muafium§. Saibadier Srogr. 1860.
Sie ^Hist. coli. Labacensis 1596 — i 69 1 im
SanbeSmufeum p Saibad). Slu^üge au§
biefer Hist, im Satjrbud) für ©efd). be§ $ro=
teftantilmug in £}fterreid) 1885, 99 ff.
6 gm 3«bre 1649 ääptte bie SKorat 35 §örer,
bie ©tjmuafialflaffen Oon ber fRbetorif an«
gefangen 40, 44, 95, 71, 86 unb bie Intima
100 Sd)üler. * Catal. funct. Prov. Austr.
346
g-ünfteS Sapitel. 2>ie üfterreid)ifd)e fßrooiitä.
mit feiner bunfetn 5?irdf;e genügte ben machfenben Vebürfniffen nidjt. $D?an begann
beShatb mit bem Vau eiueS fö'ottegS. SIm 10. Januar 1600 fcfjreibt ber Veftor
£>einridj VioariuS an Stquaüiüa: Unfer Vau ift burdj bie ^Seft gefjinbert morben
unb mirb hoffentlich in ber f otge gröf3eren f ortfdjritt madjcn. ltnterbeffen moljnen
mir in einem gut gelegenen unb guten §aufe, metcheS für 14 fßerfonen fJStab bietet1.
1601 fdjenfte Erzherzog ferbinanb für ben Veubau 5000 ©ulben. frn folgenbett
fahre mar berfelbe fdjon fo meit fertig, baff bereits ©djute barin gehalten merben
tonnte2, ©pater, 1611, begann man mit bem Vau einer neuen Kirche. SDie föirdje
mürbe in 3y2 fahren fertiggefteüt unb am 15. Vooember 1615 unter groffen
feiertidjfeiten üoit Vifdjof SEtjomaS eingemeitjt3. Vur bie freigefngfeit ber ©tänbe,
beS VifdjofS unb beS SOlagiftratS unb anberer SBofjltäter Ratten bie fertigftettung
beS VaueS ermögtidjt.
®ie Anfänge non Saibach maren fefjr fcfjmicrig unb hart, föranfheiten unb be*
fonberS bie fßeft riffen ffaffenbe Süden in bie fteine ©djar. SDen ganzen ©ommer
1599 mufften bie ©djuten gefdjtoffen bleiben. Saju tarn, mie ViöariuS am 10. Januar
1600 au Ütquaüiüa fdjreibt, bie Erbitterung ber fßroteftanten über bie Verbannung
ihrer fßrebiger. SDer Vifdjof unb bie fefuiten maren ihres SebenS nicht fidjer;
mährenb eines tjatben fahreS brofjte jeben 2Iugenbtid ein Slufftanb auSzubredjen.
Eine Varonin StuerSperg, bie fonoertiert mar, mürbe oon ben proteftantifdjen Stbetigen
brei Sftonate lang gefangen gehalten unb tonnte nur mit ©ematt befreit merbeu4.
®ie Errichtung einer Etementarftaffe am ©tjmnafium ftieff auf ©djmierigfeiten
in Vom. ®eStjalb fanbte ber öfterreidjifdje ^5roDin§iaI Earillo am 23. Cftober 1601
ein ©utadjten an Stquaüioa, in meldjem er bie Eröffnung einer fotdjen klaffe fe^r
befiirmortete. 2ttS ©rünbe führt er an: ®ie ganze fugenb in Saibadj ift pro*
teftantifdj; ein frühzeitiger Unterricht berfetben in ber Vetigion mirb aud) für bie
Ettern unb (pauSgenoffeit oon Vn^en fein. Eine fotd)e ©djute bitbet ferner zugleich
eine fßftanzfdjute für bie ßlaffen beS ©tjmnafiumS. £>a alle proteftantifdjen ©djuten
aufgehoben finb, gibt eS in ber ganzen ©tabt teilte ©djute mehr für bie £inber,
ausgenommen bie bei @t VifofauS, bie aber fo fchtedjt geleitet ift, baff fie fein
2tnfetjen geniefjt unb bie Ettern ihre tftinber lieber in feine ©djute fdjiden. ®ie
Stufnatjme ber fö'inber in unfere ©djute fchtagen bie Ettern hoch on/ tote fte anher*
feitS bie bisherige Slbmeifung fehr übet genommen haben. fn Saibach barf beShalb
befonberS in biefer feit ber SBieberherftettung eine Slbcfcfjute ebenfomenig oermeigert
merben mie in ©raz, SSien unb anberSmo. Sßenn ber Vianget an Seuten im SJÖege
fteht, mirb man einen auSmärtigen jungen Sehrer auf unfere Soften unb unter unferer
Seitung mit ber ©djute betrauen5. SDiefer StuSmeg mürbe gemätjtt.
frühzeitig nafjm matt fich audj ber armen ©tubenten an, zumat Diele ©djüter
Dom Sanbe tarnen, meit eS bort an ©chuten überhaupt fehlte. fm fahre 1601
mürbe für bie armen ©tubenten in ber Vahe beS ^ottegS neben bem friebhof Don
©t fafob ein geräumiges £>auS getauft mit Sttmofen, bie man bafür erbettelt hatte;
1616 baute man ein eigenes §auS. fm fahre 1604 tonnte baS Slonoift fdjoit
24 fögtinge unterhatten, 1625 maren eS 70, 1630 fogar 90. ®aS ßontiift erhielt
1 * Original Epp. Germ. XXXYI 231.
2 * Litt. ann. 1601 u. 1602. $ie Hist. be=
ridjtet pm gabre 1603, bafi g-erbinanb für
ben San 5000 (Salben fctjenfte ex multetis
[mulctis] et decima haereticorum. Qn beul
2riennal*SataIog non 1606 beifjt : $ie japr*
lidjen Sinfünfte betragen 3000 ©ulben; bon
biefen tonnen gegen 26 ißerfonen unterhalten
loerben, loenn bie ©djnlbcn (5000 ©ulben)
bepljlt finb unb ber Sau üoHenbct fein
loirb.
3 Sgl. ben Sericbt beS SifcfjofS £rön: Fun-
datio Ecclesiae novae pro Collegio Ardiid.Laba-
censi bei Saloafor, ®ie ©f)re be§ §erpg=
tum§ St’rain II 704 f. — Litt. ann. 1615, 314. Se*
fdjreibung ber Äirdje in Sird)eufd)mudl891, 136.
* * Original Epp. Germ. XXXVI 231.
5 * Original ebb. 240.
ÜRieberlaffungcn in Srain: Saibarf).
347
1041 audj eine Sida in ber 9Mfje ber ©tobt, ©ine S02arianifcf;e Kongregation für
©tubenten tarn 1600 gu ftanbe. 2lm 27. Quti 1600 roanbte fidj ber öorläuftg ge*
tränte Sttagiftrat im tarnen ooit meiteren 30 Qöglingen an Stquaüioa mit ber Sitte
um Slggregation an bie römifcfje Kongregation1. Qm Qatjre 1616 gätjtte fie 63 9J?it*
glieber. 1624 mirb eine Kongregation für bie beutfctjen Herren unb Sürger angeführt,
1642 eine meitere für jüngere ©tubenten2.
®ie Sßrebigten mürben in floroenifcfjer mie in beutfdjer, geitmeife and), fo 1605
in ber Qaftengeit, in italienifdjer ©pradje gehalten. 2ln ©onn* unb Qefttagen raareit
bier, in ber gaftengeit aujjerbem nod) brei ^rebigten. 2tt§ man in bie neue Kirdje
eingog, mürbe tro£ beg äöiberftanbeg beg Siftfjofg eine ftomenifdje ^rebigt eingefüfjrt,
bie großen Qutauf ^atte, mäfjrenb bie bisherige beutfdje ^ßrebigt menig Qrudjt ge&radjt
fiatte 3. 5)ie Katedjefe nafjm einen großen Stuffdjmung, als man im Qafjre 1615 in ber
neuen Kirdje bie 9)7ettjobe einfiifjrte, bie Knaben unb SJttübdjen, bie in getrennten
9ieif;en fafjen, bie ©ebete gu teuren, fie abgufragen, bie fteifjigften mit Silbern unb
bergteidjen gu belohnen, ©rofie SDienfte leiftete ber Silberfatedjigmug, ben mau mit
minbifdjern Xeg't in Sluggburg bruden lief?4. ©djon 1613 fjatten bie Qefuiten bie
©oangelieit in ftomenifcfjer Überfettung perauggegeben 5. ®ie monattidjen ©enerat*
fommunionen (am erften ©onntag jeben SJJonatg) trugen mädjtig bei gur Steigerung
beg ©atramentenempfangeg. Um Oftern 1604 gcüjlte man 2500, Oftern 1605 fdjott
3500 Kommunionen. Qm Qafjre 1630 ftiegen bie Kommunionen auf 18000, 1633
auf 17 000, 1643 auf 30000. Qm Qafjre 1649 empfingen mäfjrenb ber SSodje gegen
100 bie fjeifige Kommunion, ebcnfo an ©onn* unb Qefttagen, an ben großen Qeften
gegen 1000. Unter ben Konoerfionen erregte befonberg 1625 bie beg Sanbegmarfdjaffg
SDietrid) oon Stuersperg großes Sfuffefjen.
©in gro^eg Serbienft ermarben fidj bie Qefuiten audj um bie ©fementarfdjufen
in Saibadj. Qm Qafjre 1608 fepte ein ißater bei bem Sifcfjofe burcfj, bafj eine
Seherin für bie üDiäbcfjen unb gmei Sefjrer für bie Knaben angeftetlt mürben, unb
bie ©efdjidjte beg Kodegg berichtet gurn Qafjre 1613, bafj nunmefjr fedjg ©fementar*
fdjtden für bie Knaben unb Sttäbdjen beftanben6.
SUg Qunbationggut mar bem Kofieg in Saibadj bag früfjere ©djfofs unb bie
fpätere Kartaufe fßfetriadj (jßfeteriadj), 10 Seiten Don Saibadj, gugemiefen morben7.
•BJan erridjtete bort batb eine dtefibeng mit burdjfdjnittlidj 3 jßatreg unb 3 Srübern
(1606). 2)ie ißatreg mareit befdjäftigt mit ber Pfarrei, ber SlugfjUfe in ber 9?adj=
barfdjaft unb mit ber Sermaltung ber ©üter. $ln ©onn* unb Qefttagen mar Q5rebigt
in minbifdjer ©pradje. Sou augmärtg tarnen mandje gutn ©mpfange ber ©atramente.
1641 gätjtte man 5000 Kommunionen, audj geifttidje Übungen mürben ab unb git
gehalten. Sei ber ^mngergnot int Qafjre 1650 fpeifte bie Siefibeng fedjg ÜKonate
lang Diefe £mngernbe.
1 * Original XXXVII 235.
2 3m Sabre 1649 ääljlte bie beutfdje Sou*
gregation 310, bie lateinifdje ber ©tubenten 108,
bie Heinere Sngelfobalität 152 SRitglieber.
* Catal. funct. 1649.
3 *Hist. coli. 1615.
4 * Litt. ann. Prov. Austr. 1615.
5 Cum licentia P. N. Generalis, mie bie
Hist. 1613 bemerft.
6 3<ü)r&ud} für ©efdjidjte beS SroteftantiSmuS
in Ofterreidj 1885, 114 f. — 2)ie fReftoren
tuaren : £>einr. SiüariuS, ©ept. 1597 ; Gljriftoplj
3iegelfeft, 1602 (?) (Sijereftor); 3ofj. fRotariuS,
1. 3an. 1603; glor. SuattcinuS, 2lpril 1605;
SRaplj. ©oben^t, Ott. 1606 (Siäereftor) ; SRit.
ßoroniuS, 1607 (?); SRif. ^agniatoüiu^, 1610;
Cljriftoplj $otnbrinu3, 1619; Sllbert Ogptftj
(Ojidtj), 1622; Slnbr. Solperger, 1630; ÜRattljiaS
Slimta, 1633; Sofj. ©erb, 1639; SnbreaS
SRifcj, 1642; 3ob- ©djattner, 1645; SRidj.
Hermann, 1. 3<m. 1648. Sgl. bie abmeidjenbe
Sifte bei Salbafor a. a. O. II 713.
7 S a l b a f o r a. a. 0. XI 443. 3)ort aud;
Sbbilbung. Sgl. Synopsis 193 (Siemens VIII.,
23. StRärj 1596) unb Sb I, ©. 393.
348
günftcS Kapitel. Sie öfterreicfjifcfje iBrobinj.
!fvn Per Stefation, mefdpe ber Sßatriardj oon Slquifeja fyranceSco Sarbaro am
29. $nni 1594 über bie SSifitation feiner ®iögefe an Clemens VIII. fanbte, briicfte
berfelbe u. a. aucl; ben SBunfcp auS nacp ©rricptung eines $efuitenfoHegS in ©örg,
ber „Vormauer non Italien". Einige ^apre fpäter arbeitete P. fftapp. ©obengf,
ein gehonter ©ärger, am ©rager §ofe fiir bie Sermirflicpung biefeS SßwtfcpeS.
©rgpergog ^erbinanb mar für ben ^fatt unb lieft ben ©ärgern feine Meinung funb*
tun, aber bie Serpäftniffe maren nocft gu ungiinftig. 21m 2. gebruar 1615 berichtete
ber ©rager Nuntius ©raSmo ißaratncini nach 9Iom, ber ©rgpergog gerbinanb rcünfdje
fehr bie ©rricptung eines ^efuitenfodegS in ©örg unb bafür bie Übermeifung einer
Äirdhe unb ber ©infünfte eines ©remitenftofterS. Qtt Ülom mar man mit bent
i|3Iane, mie ßarbinal 93orghefe am 6. ^uni 1615 an ben üßuntiuS fchreibt, gang ein*
oerftanben, aber üiele ©cpmierigfeiten, befonberS oon feiten beS ißatriarcpen non
Slquileja, pemmten bie SluSfüprung 1. ©inftmeilen mürbe ^uli 1615 non gmei
patres eine SDtiffion in ©örg begonnen2, ©inige äftonate mopnten bie Qefititen in
einem Sßrioatpaufe bei ber flehten, aber frönen SÜircfte beS pf. fyopanneS beS Käufers.
£iefe Äirche mürbe ihnen 15. Sluguft 1617 oon $afpar o. SDorenberg, beffen Opeim
biefelbe gefiiftet hatte, als ©igentum Übermiefen3. ®a bie Sürger bie ©röffnung
einer ©cpufe münfcpten, begannen bie patres alsbalb mit einigen klaffen.
SIm 24. üftoüember 1618 oerfügte ^3apft $ßauf V. auf Sitte beS ©rgpergogS
gerbinanb bie Sereinigung ber erlebigten Sßfarrfircpe ©t ißeter oor ©örg mit bem
Kolleg4. ®a SBoftnung unb ßircpe gu fleht unb aucp gu meit oon bem ßentrum
ber ©tabt entfernt maren, fauften bie patres 1621 ein geräumiges §auS auf bem
üDfarfte. ®er Superior erhielt 1623 ben Sitef als 9?eftor. ^ngmifcpett Ratten
lange Serpanbfuugeit mit 9Iom ftattgefunben megen einer auSreicpenben ^Dotation.
21 m 26. September 1620 übertrug fö'aifer ^erbinanb bie ^ßropftei oon ißifino an baS
Ä'oIIeg unb bat unter bemfefben ®atum in 9fotn um Seftätigung 5. 9tad) langen
Serpanblungen6 ooflgog ©regor XV. am 1. 2Iprif 1622 bie ^nforporierung ber
^ropftei mit bent Kolleg7, ©päter, 12. 2Iuguft 1623, gab gerbinanb 3U*
ftimmung beS $eutfcftorbenSmeifterS bie Mommenbe oon ^ßrecenico bent Kolleg, inbent
er ben SDeutfdforben bafür in ©cpfefien entfcpäbigte8.
S)ie Schulen gingen fangfam ooratt. ^nt ^apre 1622 maren 1 ^ater unb
2 ©djofaftifer in brei ©ratnmatifalffaffen tätig, brei ^apre fpäter gäpfte baS ©pnt*
nafiunt 6 Pfaffen unter 6 Seprern. 2Int 27. $ufi 1629 erpieft baS Kolleg oom
ßaifer ade ^Srioifegien, bereit fiep bie übrigen ^efititenfolfegien in ben faiferlicpett
Sanben gu erfreuen patten, ^m ^apre 1639 trat auep eine Sorfefuttg in ber
93foraI, 1650 eine folcfte für Sogif pingu9. ©ine ©djmierigfeit bereitete befonberS
1 * Original in Bibi. Cliigi M. I, 17, f. 164;
bgl. f. 62, 121.
2 fyixr ba§ golgenbe C. Morelli di Schön¬
te 1 d , Istoria della Contea di Gorizia II (1855)
267 ; IV 283 ff ; Iuvencius a. a. 0. f. 9 ;
* Litt. ann. unb * Catal. Prov. Austr. ; $at)r=
bud) für ©efd). be3 ißroteftanti^mul in Öfter*
reid) 1908, 87 ff. Sie *Annales coli. Gor.
1615—1772 in ©örs, Bibi. Coronini. ißgl.
Morelli IV 233.
3 Morelli a. a. 0. II 269.
4 S3on ben Einfünften mufften 100 Sufaten
für einen fßfatrbifar abgetrennt merben. Sy¬
nopsis 284. Söeftätigung burd) Urban VIII.
6. Slug. 1623 unb 13. Se^. 1627. Synopsis
306 825. Sßgl. ben SBrief be3 ®aifcr§ fgerbi*
nanb bom 31. Slug. 1621. * Original in $Rom,
Bibi. Vatic. , Barberini Lat. 6833, f. 8 unb
ba*u 6908, f. 102 ff.
5 *®opie in £Rom, Staat^ardjib, Informazioni
LXXIV 268 ff.
6 Sie * Driginalforrefbonbens be3 ©rager
ShmtiuS mit 33org£)efe im Arch. Vatic., Bor¬
ghese Ser. 2, vol. CCI1I unb Bibi. Chigi M. 1, 19.
7 Synopsis 298.
3 Morelli, Istoria II 268. SBortlaut ebb.
IV 152 ff. Sie Ubertueifung erfolgte 30. SJtai
1624. Morelli a. a. 0. IV 235. $Bgl. Selret
bom 23. Smti 1630, ebb. II 271.
9 gm 3<tf)re 1649 hatte bie fDtoral 22 §örer,
bie ©qmnafiatflaffen jaulten oon ber SUjetorif
angefangen 33, 40, 95, 78, 76, 62 Sdjüler.
* Catal. funct. 1649.
Üiiebertaffungen: ©ör^.
349
im Anfang für bie meift beutfcfjen Server ba§ Qtatienifdje. 5tm 17. ^uli 1627 fdjrieb
beSfjatb ißitetteSdji an ben öfterreidjifcfjen fßrooiiiäiat $ombrinu§: „9Ran jagt, baff 31t
©örj bie ©djiiter fel)r menig g-ortfdjritte machen, weit bie Server nidjt genug ^tatienifcfj
fönnen, unb barüber f ollen and) bie ©ttern ber ©djiiter fingen. ®amit ber ©rfotg
nnb ber 9iuf ber bärtigen ©djute nidjt leibe, wollen (Sw. ^jodjwürben nadj ©örj
Sefjrer fenben, bie gut ^tatienifd) fönnen, ba ja in Qfjrer fßroüinj oiefe ber itafieni-
fcf>en ©pradje funbige SJJiitgtieber finb." 1
©in Seminar für arme ©tubenten würbe 1624 mit 12 Knaben eröffnet, ein
neues £>eint 1634 um 5000 ©ulben erworben, weif ba§ affe ju weit 00m Kotleg
entfernt unb ju eng geworben war2; bajit tarn 1636 burd) bie ©eminarftiftung be§
©rafen ^of). 0. SBertenberg unb feiner ©emafjtin, einet geb. ©oronini au§ ©ör§, ba§
Seminarium Wertenbergicum für 24 ©tifttinge3. 2)a§ Koitoif't f)atte 1649 60 ßög=
finge, barunter oiete gatjtenbe Konöiftoren. SDie S3auptäne für ein neues Kotteg
würben 1(531 nadj 9Iom gefdjidt4 *, jeffn Qatjre fpäter (1(542) bie ©ebäutidjfeiten beS
KoIIegS unb ©eininarS erweitert.
jjür ben ©rfotg in ber ©eetforge ift bemerfenSwert, bafj bie 3°^ ber Korn»
munionen oon 13000 im $afjre 1630 auf 21000 im Qafjre 1644 ftieg. 3tudj f)ier
wirb ber ©egen ber ©eneratfommunion am jweiten ©onntag jeben ÜRonatS erwähnt.
SQBäfjrenb ber 2öodje empfingen 1(549 gegen 20, ©onntagS gegen 200, an ben größeren
geften 1000 ©laubige bie fjeifige Kommunion. 3}on ben brei ©obatitäten, bie
1630 beftanben, war bie eine für ben Stbet, bie jweite für 23ürger, bie britte für
bie ©tubierenben. 33on ben ©obatitäten wirb gerühmt, bafj fie fid) ber ^Beilegung
oon .ßwiftigfeiten befonberS annafjmen unb infotgebeffen bie geridjttidjen ©etbftrafen
fetjr abnatjmen. SDie ©tubentenfongregation würbe 1636 in ©efurien eingeteilt, an
bereit ©pi|e je ein ißrimopituS ftanb. ©pater jweigte man bie jüngeren ©pmnafiafteit
in einer eigenen Kongregation ab6. Studj bie 93ruberfcf)aften „^efuS, SRoria unb
Qofeptj", bie 1644 fdjon 1000 äftitgtieber sätjtte, unb bie Oom heiligen ©aframente
wirften günftig auf ba§ retigiöfe Seben ein. ®er ©infütjrung ber ga-onteicfjnamS’
projeffion tjatte fid) ber ©tabtpfarrer 1636 at§ einer Neuerung oergebenS wiberfet)!6.
31 nt 2. SDejember 1639 öerfietj fyerbinanb III. bem Kotleg baS 9Iedjt, bei ber SSatanj
ben ©tabtpfarrer oorfdjtagen ju bürfett in ber 3lrt unb Söeife, wie e§ in @ra,$ iibtid)
fei. SDiefe ©rmeiterung ber üDiacfjtbefugniffe nahmen einige fetjr übet, unb eS gingen
1640 Klagen nadj 9Iom7.
®ie ©infünfte waren ooit 800 ©utbeit für adjt ^erfoneit im ^afjre 1622 auf
1600 im $atjre 1625 geftiegen, mit benen bie gWötf iJSerfonen be§ KottegS nur fcfjwer
unterhalten werben tonnten, ^m Qafjre 1649 waren bie reinen ©infünfte 2625 ©utbeu,
oon benen 17 i]Serfonen be§ KottegS lebten; brei weitere ^efuiten wohnten im ©emiuar
unb würben üont ©eminar unterhatten 8. Slrn 8. Stprit 1641 waitbten fid) bie
1 * Drig.=9teg. Ad Austr.
2 * 3SiteUe§d)i an fJJtontmorenci) , 28. Iguni
1631. Drig.=9tcg. Ad Aastr.
3 3m Saljre 1649 sätjttc bie 2tbetigenfongre=
gation 30, bie ber ^Bürger 260, bie ber gröberen
©tubenten 68, bie fleittere 68 fDiitgtieber.
* Catal. funct. 1649. SBgl. Morelli a. a. D.
II 269 f.
4 Morelli a. a. €. II 184. SSortlaut be§
©tiftungöbriefeö IV 139 ff. Sgt. 9. Kapitel.
6 2In biefeö §au§ fnüpfteu fid) üiele ©treitig=
leiten. Morelli a. a. D. IV 435.
6 Morelli a. a. D. II 270.
7 Gbb. IV 129 236; II 272.
8 3)ie Ginfünfte festen fid) pfanunen nacf)
* Catal. funct. 1649: Praesenico 2000 ©ulben,
S. Petro 1250, Pisino 625, Jordano 262,
S. Martino 40, Offic. Sylvano 190, ex dono a
Convocatione 100, Beneficio S. Joannis 150,
baoon gingen ab für jwei Slifare 400 ©ulben,
für brei Stapfäne 190, für ©teuern unb Saften
430, fproüifion für bie Äird)en 500, für Wiener
unb ©aläre 372. — Sie Dbent waren : 9tapf).
Gobenjl, 1618; 24jom. fpolitiuö, 1620; gofj.
©eibetti , 1623 (1. fReftor); Xhotn. fllolitiuö,
1627; Sofj. fßofarett , 1632; Sof). 9J7erfd)ecf,
350
fünftes fapitel. Sie öftcrreicfjifcfje fßroöins.
^Deputierten ber „Inclita Convocatione dell Contaclo di Gorizia“ an ben ©eneral unb
baten in ber bringenbften Söeife tun bie Ütüdfenbung beg P. 9J?arf. 2tnt. 9I?ambetiug,
ber fo niete ^af)re fegengreid) in ©örj getnirft habe K ©rwäfjnt jtt werben nerbient
aud) P. üötartin Sauger, ber erfte ©efdjidjtfdjreiber non ©örj; feine 2(nnaten non
9?orifum unb fyriaut geben ben Söorttaut ber ©ofrtmente aug ben erften Duetten* 1 2.
©d)on im 3d)re 1(310 patte ©rjherjog gerbinanb ben Söunfd) nad) ber ©r«
ricptung eineg Qefuitenfottegg in ©rieft auggefprodfen, unb 1617 patten bie ©rieftiiter
burd) ipren Slbgefanbten ÜDtarcett ©apuano in SGBien (Schritte bafür getan. 2Iber erft
jmei $apre fpäter fiiprten bie ©reigniffe in Vöhmen jit einer tangfameit Verwirf-
ficpuitg beg Sßtaneg3. Vei ber Vertreibung ber ^efuiten aug Vötjmen tarnen 1619
zwei ^efuiten auf ber Steife nad) Italien nad) ©rieft, ^ofepp SOtepfer aug ©d)Wabeit
unb ©regor ßatateo aug ©örz, unb fanben bort frertnblicpe Stufnafjme, jumat einer
berfelbett burct) frühere ©ätigfeit in ©rieft befannt unb betiebt mar. 2lm 13. ^uti
1619 befcplop ber SDtagiftrat, bie ißatreg in trieft guriidjube^atten, „weit eg ja
atten befannt fei, wie geteprt ttnb tüdjtig bie ^efuiten feien", ©inftweiten wieg er
jurn Unterpalt 200 ©utben an. Vefonberg wünfcpte man ein Sotteg, unb fo würbe
am 7. ^uti 1620 ber SInfang mit einer fteinen (Scpule gemacht. ©ie ©tiputation
mit ber ©tabt wegen 28of)uung unb llnterpaltg beftätigte g-erbinanb II. am 1. Januar
1621. ©em Collegium ducale S. J. wieg bie ©tabt bie ©ptoefterfirdje an. ®a
biefe ju ftein war, begann man batb mit einem Neubau. ©er ©runbftein würbe
am 10. Oftober 1627 gelegt, ©ie Sirdfe fonnte aber erft 1643 in ©ebraucf) ge¬
nommen werben, unb eg oerging noch faft ein patbeg Qafjrpunbert, big fie aud) nur
in ihren pauptteiten fertig würbe 4.
©ie ißerfonenjat)! beg Sottegg ftieg oon 9 im ^affre 1624 auf 14 im Raffte
1643 unb 17 im ^afjre 1650. ©er eigentlicpe ©tifter beg Sottegg ift gürft lttricp
oon ©ggenberg, ber am 26. 9J?ai 1624 ben ©tiftgbrief Unterzeichnete, gür ^ircpe,
©djute unb Sotteg gab er 50000 ©utben. 2tud) Oerpfticptete er fiep, ben Vaugrunb
für Sird)e, ©cpute unb Sotteg gu bejahten5, ©ie ©cf)uten hie^en fiep in Vejug
auf bie Slnjaht ber Staffen unb ber ©cpüter in befcffeibenen ©rettjeit. ^m ^ahre
1625 waren 2 ißriefter unb 1 ©epotaftifer in ben ©chufen befdfjäftigt, 1633 würbe
ber oberften Pfaffe bie ißoefie wieberum beigefügt; 1647 beftanb bie ©cpute aug
fünf Staffen, unb gegen ©nbe beg $ahreg würbe auf SÖSunfcp beg Vifdjofg eine Vor-
tefung über SUJorat für ben Sterug eingerichtet. $mei Qahre fpäter hdte bie SJiorat
12 pörer. $ur felben 3eit war aber bie Vtjetorif aug ÜDtanget an ©chütern wieber
ausgefallen, unb bie fünf übrigen Staffen jähtten nur je 10 — 30 ©cpüter 6 * * 9. ©ie
©efamtjaht fepeint ftetg unter 100 geblieben ju fein, $n ^en weiften 3fli)ren finb
im Sotteg 2 ^riefter, 1 für £Ütorat unb 1 für Humanität, unb 2 ©epotaftifer für
bie übrigen Staffen, bereu jebe jwei Stbteitungen hotte.
1637; Sf)om. ißolitiug, 1639; gratis 93afetlu§,
1642; SSernl). S8ad)in, 1644; gratis 2tntonettu§,
1646; gaf. ©orsar, 1648.
1 * Original Epp. Princ. VI 239.
2 Morelli a. a. D. III 258 f.
3 giir bag golgenbe: * Litt. ann. unb *Catal.
Prov. Austr. Iuvencius a. a. D. f. 9.
Dom. Rosse tti, L’ archeografo Triestino
II (1830) 213 ff; ebb. 235 ff f?lrd)iüalien über
bag Sriefter ®oüeg. iß et. Somafin, Sag
!. !. ©taatg-Dbergpmnafium in Srieft (1892)
9 ff. Ser Äirdjenfdjmud, ©ras 1891, 58 ff.
4 Ser Äircbenfcbmucf 1891, 59 f; S5efcf)rei=
bttng ber Äircbe. Sfaumeifter war ber SBruber
gaf. 93riaiti. Über ben Streit wegen ©t ©gl-
üefter im gaf)re 1628 f. Rosse tti a. a. 0.
II 223.
5 SSortlaut bei Rossetti a. a. D. II 341 ff.
S o m a f i n a. a. £). 28.
6 Sßon ber Poesis attgefangen 12, 15, 10,
20, 30 (Infima). gtt ben * Litt. ann. oon 1642
fjeijjt eg: Scholae quod sibi deest de numero
pietate et disciplina supplent.
Utieberlaffuugen : trieft.
351
Sdjon in beit erften ^aßreit mürben ijSrebigten in brei Sprachen gehalten,
italicnifcß in St Sploeftcr, flaüifd) in S. Slocco (23orftabt) unb beutfd) für bie 33e=
faßung. $m Qaßre 1649 mar italienifcße fjkebigt an ben größeren heften nnb an
ben Freitagen in ber ^aftenjeit, flomenifcße an ben (Sonntagen unb größeren ^e^en/
beutfdje für bie ©olbaten auf ber 23urg an aßen Sonntagen. Slußer ber fleinen
Sobalität für bie Stubenten (1649 gäljtte fie 40 SDlitglieber) errichtete man 1624
eine folcfje für bie Bürger, bie 1647 in brei oerßßiebette gefonbert mürbe, eine
italienifdje für ?lbelige unb angefeßene Bürger in St Stjloefter, fie 3äßlte 1649
360 ÜDlitglieber, eine gmeite für Sdjiffer, gifcßer unb ^anbmerfer in St Slifolaug,
bie britte für dauern unb Söinjer in St ^fibor. ®ie Kommunionen ftiegen oon
10000 im ^aßre 1636 auf 15 000 im Qaßre 1643 unb hielten ficß auf biefer ,£)öße;
1648 maren eg fogar 21000. SEBäßrenb ber Sßodje jäf)tte man (1649) 40, an ben
gemößnlicßen Sonntagen 150, an ben Sonntagen ber ©eneralfommunion 400, an
ben größeren geften 800 Kommunifanten.
2>a Kaifer gerbinanb, mie er fidj augbriidt, erfahren, „baß bie emfige £ätig»
feit ber Qefuiten ber Stabt trieft nicht allein nüßlid), fonbern burcßaug notmenbig
fei", hatte er bem Kolleg am 20. Slooember 1636 einen feßr meitgeßenben ^Srioilegien»
Brief auggeftellt. ®erfelbe enthielt u. a. gollfreie ©infußr unb Slugfußr aller Sebeng»
mittel, mie (betreibe, SBein, gifcße ufm., freie 23ermaltung ber Schulen, unmittelbare
Unterftellung unter bag §ofgericßt, alle Scßul» unb ©eridjtgpriüilegien ber ©rajer
Slfabemie ufm. 1 SDaß biefe meitgeßenben Privilegien ber Stabt nicht Besagten, fann
man ißr nicht oerbenfen. 23efonberg bie zollfreie (Einfuhr auglänbifcßer SBeine er»
regte großen Unmillen, unb eg fam hierüber ju Tumult unb 31t einem langen Streit
3mifcf)en Sieftor unb Stabt, ber 001t bem ©eneral mieberßolt fcßarf mißbilligt mürbe.
Slm 6. SJlär3 1638 fdjrieb Sßitellegcßi bem Sieftor SSincßiarut (93endjiarutti): Söenn
@m. .fpocßmürben mit ben Bürgern 3U progeffieren angefangen, fo fann icß bag nicht
billigen. $enn icß fürchte baüon für bag Kolleg meßr Scßaben atg Slußen; icß mar
immer ber Slnficßt, man bürfe bie Bürger nicht re^en. Söenn biefe ung abgeneigt
finb, fo meiß id) nicht, melcße grucßt mir aug unfern Slrbeiten für bag Seelenheil
hoffen fönnen. SDegßalb mill icß, baß Gsm. ^odjmürben fooiel alg möglicß oon allem
Streit abfteßen unb bie Sacße, fo gut eg eben geßt, beilegen2. SSieberum maßnte
©itellegcßi in einem Briefe Dom 20. Slooember 1638 an P. Slnbreag Sernarbini:
2Bag ©ra. £>od)mürben über ben Sumult ber Bürger megen ber ©infußr beg aug»
länbifcßen SBeineg3 gefdjrieben, ßabe icß gelefen. 2>a mir meßr bafür forgen müffen,
mag bem g-rieben unb ber ©rbauung förberlicß ift, fo merbe icß miebentm ben
Provirtgial anroeifen, baß er fo halb mie möglid) bie Sacße beilege, unb audß ben
faiferlichett 23eid)töater bitten, baß er alle ben Bürgern begßalb broßenbe Strafe ab»
meßren möge4. 2)er ©eneral mar für ben Slicßtgebraucß beg privilegg, aber mie
eg fcßeint, macßten ber Sieftor unb ber fßrofurator (.^ilariug ßoron) geltenb, man
bürfe ficß 00m Pöbel nicht im ©ebraucß ber faiferlicßen Privilegien ßinbern laffen.
®er ©eneral beftanb aber, mie er am 21. Januar 1640 bem Provingial Slumer
fdjrieb, auf feinem 33efeßl unb verfügte bie ©ntfernung beg ißrofuratorg. ßum Scßluß
bemerft er, baß bie Xrieftiner fid) aud) über ein anbereg Privileg beflagten, moburcß
1 9Bortlaut Bei R 0 s s e 1 1 i a. a. 0. II 344 ff.
Zontafin a. a. 0. 29 ff. 9tur bie §errfdiaft
Äaltenbrun unb bie übrigen ©üter in Ärain
waren üon ber Steuerfreiheit ausgenommen.
Über baS eine Stunbe Bon Saibacf) gelegene
Saltenbrun f. 91 a 1 0 a f 0 r a. a. 0. XI 295.
Sggenberg Batte feine §t)potBef Bon 32000
©ulbcu auf Saltenbrun bem Solleg gefcbentt.
91m 1. Sau. 1630 würbe ber 93efip Bon Salten»
Brun bem Solleg jugcfprocBen, (pater aber wieber
angefodjten. Rossetti a. a. D. II 216 f.
3 *0rig.=9leg. Ad Austr.
3 93gl. Rossetti a. a. 0. II 224.
4 * 0rig.»(Reg. Ad Austr.
352
günfte§ Äapitel. Sie öfterreicf)ifcf)e fjSrooinj.
jeber Stubent audj für bie größten 95erbred)en ber ftäbtifcfjen ©eridjtSbarfeit entzogen
werbe 1. Stuf ba§ ©eridjtSprimtegium für bie ©tubenten, ba§ überall üblich, tonnten
unb wollten bie jCrieftiner gefuiten im gntereffe ber gudjt unb be§ Stnfefjcng ber
©djute nic^t öer^icfjten. ®e§t)atb, fo meinte S8iteCte§df;i in einem 23riefe öom 17. ÜJJiärj
1640 an ben ffteftor, würbe ber ÜDtagiftrat bei näherer Überlegung auf feinem 2öiber=
ftanb niefjt beharren, fonbern im ©egenteit biefe§ fßrioiteg im gntereffe ber eigenen
üinber in @dju| nehmen. Stuf ba§ fßritnteg ber SBeineinfuljr fotte man öerjidjten
bis ju einer friebtidjen Söfung. gn iebem gatte fotte ber ffteftor atte§ aufbieten,
ben Streit fo fdjnelt wie möglich §u beenbigen2. Stm 22. guni 1640 tarn e§ §wifd)en
bem fReftor SSencfjiarutti unb bem ÜDiagiftrat ju einer Übereinfunft, in Wetter fidj
ber fKeftor tierpftidjtete, nur 50 ©imer au§Iänbifd)en 2Bein, unb jwar nur für ben
eigenen §au§bebarf ein^ufiihren, ferner fdjulbige ©cfjüter bem ftJtatefijridjter ju über*
taffen, ber im tarnen ber i|3atre§ bie ©trafen beftimmen werbe, enbtidj bie greifjeit
Oon Stbgaben nur auf bie faifertidjen Stbgaben ju befdjränfen ufw. 3
gür bie ©rünbung eines gefuitenfottegS in giuute, bem atten ©t SSeit am
pflaum (Flumen Sti Viti), fjatte fidj ber greife S3eidjtöater beS @r§hergog§ gerbinanb
33artfjot. SBitter tange, aber »ergebend bemüht. Stm 11. SIprit 1616 ermunterte it}n
ber ©enerat, trop alter /pinberniffe ben f$tan mit ©ifer gu betreiben; benn je größer
jept bei ber ©rünbung bie ©cfjwierigfeiten feien, um fo reicher würben bereinft bie
grücfjte fein4. Sin gafjrjefjnt fpäter (1627) fanbte bann trieft eine fteine Kolonie
nach giume. gm gatjre 1628 beftanb bie fRefibenj aus 2 fßatreS unb 1 ©djotaftifer,
unb halb barauf forgte aud) eine grofje 2Bof)ttäterin, bie ©räfin Urfuta oon Stjanhaufen,
für bie Stiftung eines ß’otlegS. Stm 18. ÜDtai 1630 nahm SSitetteScfji mit bem StuS*
brud ber größten ©anfbarfeit ba§ Stnerbieten ber ©räfin an5. ®er ©tiftungS*
brief trägt baS ®atnm be§ 29. ©eptemberS 1630 6. ®ie reinen jährlichen ©infünfte
betrugen 1500 ©utben, Oon benen faum je|n fßerfonen unterhatten werben tonnten,
jumat aud) $otteg, ^irdfje unb ©djute nod) ju bauen waren. ®aS neue ^otteg
war 1636 fertig; wegen ber oieten StuStagen für baSfetbe würben oon ben nunmehr
auf 2000 ©utben geftiegenen ©infünften nur neun fßerfonen unterhalten. 9ftit bem
Üirdjenbau begann man 1638; 1645 tjeifü e§, er fteige allmählich in bie /pöfje;
1650 war er noch nicht fertig.
gm gafjre 1630 waren in giume 3 fßatreS, 2 ©djotaftifer unb 1 S3ruber,
1633 (fdjon Kolleg) 4 patres, 3 ©djotaftifer unb 3 23rüber. ®a§ ©tjmnafium
fdjeint 1633 oier Staffen gefjabt ju haüen. gm gafjre 1639 werben erwähnt
1 ©djon am 17. gan. 1640 batte SSitette§c£)i
bem SDJacjiftrat oon Srieft gefd)rieben, bafj er
ben ©ebraud) be§ 28einprioiteg3 einftroeiten
fuefpenbiert habe. Sgl. Rossetti a. a. 0.
II 371.
2 *0rig.=9teg. Ad Austr. Srud bei Ros¬
setti a. a. 0. II 373; Ogi. ebb. 372. 2'tbnlid)
fd)rieb Sitette3d)i unter bemfelben Saturn an
ben fßropinjiat fRutner.
3 SBorttaut bei R o s s e 1 1 i a. a. 0. II 365 ff.
— Sie Obern bott Srieft tuaren: Qof). be $ofa=
reüi, 1620 (@up.); gat. Diampetti (JRampetio),
1621 (©up.; 1623 9Mtor); granä ÜtntoneHo (Stm
tonetli), 1632; Subm. Sindjiarut (Sendparutti),
1639; Slnbr. Sernarbini, 1644; got). Sanoni,
1646; Slnt. ©iobanetti, 1650. Sgt. bie ab=
meidjeube Sifte bei S o m a f i it a. a. 0. 41. Sie
©infiinfte betrugen feit 1627/1628 ca 4000 ®ub
ben. Sie §älfte tnurbe für ben Unterhalt Pon
12 — 15 Serfonen gebraucht, bie anbere $ätfte für
ben Sirdjenbau; fo and) nod) im Äatatog non
1645. Sie ©infüufte fepten fid) nad) * Catal. 1649
5itfammcn au§ Äaltenbrun 2000 ©utben (donec
Collegio solventur 38000 ©utben), ex censu
20 000 ©ulben = 1000 ©utben, ex telonio Caes.
Tergest. 600 ©itlbeit, a Magistr. Tergest. 350
©utben, ex Collegii campio 200 ©utben, ntte^
5ufammeu 4150 ©utben. Snoon geben ab au
Saften 290 ©utben.
4 * 0rig.»9ieg. Ad Austr.
5 * 0rig.=9teg. Ad Austr. gür ba§ golgenbe
* Litt. ann. unb * Catal. Prov. Austr. *Iu-
vencius f. 9.
6 JHegeft in Beiträge sur Äuube fteiertnärf.
©efd)id)t§guetten 1892, 45.
•Jiieberlaffungen in ©dpefien: ©lap.
353
fRfjetorif, Humanität, jmei klaffen ©rammatif fombiniert unb eine S3orbereitungg«
ffnffe fombiniert mit ben Principia. Qit beit späteren Qafjren fdjmanft bie Qaljl ber
•iRitglieber jmifdjen 11 unb 15 unb bie bet klaffen gtüifcEjen 4 unb 5. ©inige Qaljre mar
bie 9if)etorif nidjt eigene gegeben morben, 1648 mürbe fie mieber me!fjr berüdffidjtigt.
Qm Qaljre 1649 gab eg mit ber unterften 23orbereitunggflaffe 6 klaffen1. 2lucf)
für Qiume erging am 3. Qanuar 1637 bie Mahnung beg ©eneralg an ben ffSroöin^ial
©umereder, bafür ©orge ju tragen, bafj in ben ©deuten Sefjrer angeftellt mürben,
meldje bie italienifdfje ©prad)e beljerrfcfjten2. ©in ©eminar jurn Ijt. Qgnaj mürbe
mit einer für jmölf ©tubenten Ijinreidjenben Dotation gegrünbet. 2lm 2. 21pril 1646
hatte bie ©tifterin beg Koüegg audj ben ©tiftbrief für bag ©eminar auggefertigt.
fßrebigten mürben abmecfjfelnb in itatieuifdjer unb flamifdjer (iHprifcfjer) ©pradje
gehalten, bie Katecfjefe befonberg in flamifdjer Sprache3. Qür beit Klerug ber ©tabt
richtete man 1632 Sorlefungen aug ber SIRoral ein ; ju ©runbe legte man bie Casus
beg P. £olet. 21ufjer ber öfterlicfjen Qeit mar in Qiutne oor ber 21nfunft ber patres nur
augnaljmgmeife jemanb ju ben ©aframenten gegangen. Qm Qaljre 1639 jäjfte man
3000, 1647 ff gegen 7000 Kommunionen. SBäjrenb ber SBocfje empfingen 1649
bie fjeitige Kommunion gegen 10, an ©onntagen 50 — 200, an größeren geften
300 — 700. ÜDiarianifdje ©obalitäten merben feit 1634 gmei ermähnt, eine für bie
23ürger unb eine für bie ©tubenten. Qm Qajre 1649 jäjtte bie italienifdje Bürger-
fongregatiott 82, bie ber ©tubenten 62 ÜDUtglieber.
S)ie ©efcfjidjte beg Kollegg in Qiume ift megen ber bortigen eigentümlichen
SSerljältniffe mit üieleit ©treitigfeiten oerunsiert. ©treitigfeiten megen ber ©üter,
bie jur gunbation gehörten, ©treitigfeiten mit ben Untertanen in ©aftua, bie feinen
Kapitano mehr anerfenneit moltten, ©treitigfeiten mit ber ©tabt megen ©runb»
befipeg unb mit bem Klerus! megen Übertragung beg munberbarett Kreu,$eg (1638) ufro.
medjfeltt ntiteinanber ab. f£)ann folgen Sßerföjnung unb tiefer griebe, big mieber
ein neueg ©treitobjeft auftaudjt. 21m 28. 21uguft 1632 maljnte ber ©eneral ben
fßroüinjial Qorro, barauf ju adjten, bafj bocf) itiemanb ein 21nlajj ju neuem ©treit
geboten merbe4. Qm folgenben Qaljre 1633 liefj ber fReftor nidjt ju, bafj bie
23eleibiger auf ben Knien 21bbitte leifteten, mie beftimmt morben, unb mirfte fo burcfj
feine Qreunblidjfeit für bie SBefeftigung beg Qriebeng5.
* *
¥
2)ie bigfjer angeführten Kollegien, fRefibenjeit unb SRiffionen oerblieben ber
öfterreidjifdjen fßrooinj, aud) nadjbem bie böfjmifdje ^roninj ooit ifjr abgetrennt
morben mar. ®er böhmifdjeit ^rooinj fielen, mie bereitg früher bemerft, audj bie
Kollegien in ©djlefien ju. SßSir fönnen an ©c^lefien ebenfomenig ganj oorüber«
gehen mie an ben fdhoti früher oon ber öfterreidjifdjen ^roüing an bie polttifdje
jjlroüinj abgegebenen ÜRieberlaffungen in Oft» unb Söeftpreufjen. SBeil aber alle
biefe SRieberlaffmtgen in bem fRaljmen ber polnifchen ober böljmifdjen fßrooinj fdjon
beljanbelt finb ober noch behanbelt merben, fönneu mir ung um fo fürjer faffen.
©cfjlefien mar beim beginn beg 17. Qahrhunbertg faft ganj proteftantifdj. Qm
Saufe beg 16. Qafjrljunbertg maren 1500 Kirdjen proteftantifdj gemorben. ©er
1 5ßon ber 9H)etorif angefangen ^alpten 1G49
bie Staffen 12, 7, 21, 31, 21 (Principia), 45
(Intima). 2 * Grig.’9teg. Ad Austr.
3 2tm 17. Stärs 1640 fdjreibt ber ©eneral
an ben $rot>insial 9tumer : Fluminis Rector
Dalmatam Concionatorem postulari a civibus
scribit. * örig.=9teg. Ad Austr.
3)ul)r, ©efdjidite ber Qefuiten. II.
4 * Drig.=9teg. Ad Austr.
5 Sie öbern luaren: 2or. Gl)rt)fogonu£>,
1628; Seoul). 93agnt), 1632 (9te!tor); Start.
93autfd)er, 1639; gratis ÜlntoneHi, 1642;
Subto. SBiudjiarnt , 1645; ©tepljnn 6rna,
1647.
23
354
günfteä Kapitel. Sie öfterreidjifdje fßroPing.
mfy(SWßs:Äc5EFENiss. Pmc.Acham?.
SBÖLVy McHID.JVSTB.Ih'X BVPü STYR.CAmWl^
\GN.lk)Rrss.ADMm.Om.TEVTaN_PEP. GehnliÄ
; tal.Magist . B rdc et VraxislEv s . Com j
Habs.Tip-o.zt Gop. .ggyfil
9J?ajeftätg6rief 9InboIf§ (1609) unb bie 3u9ef^örtbniffe be§ $önig§ 9)7attpia§ (1611)
Ratten bie Sage beS )J3rotcftanti§mu§ nocp mepr gefefligt. £>ie proteftantifdjen ©tänbe
fcf)toffeit ft cf) am 21. Sluguft 1619 ber böpmifcpen 9tebefIion an, erffärten Stönig
gerbinanb für abgefefet unb vereinigten ipre Struppen mit benen ber aufftänbifdjett
böpmifcpen Herren. 9iad) ber 9iiebermerfung be§ 2fufftanbe§ ermirfte ber föurfürft
non ©acpfen ben für bie fcpfefifcpen fRebellen nocp fepr günftigen 5E)re§bener SIfforb
Dom 28. g-ebruar 1621. ®ag .fpergogtum ^ägernborf unb affe fcfjlefifc^en SBefipungen
be§ geächteten äftarfgrafen $op. ©eorg erpieft 1622 gürft Siecptenftein gu bent früher
gugefprocpenen Stroppau; bie ^erjogtümer Oppeln unb Stfatibor be§ unbeftänbigen
Setpfen ©abor famen au ben giirftbifdjof ßarf non 23re§fau, ba§ ^ergogtutn ©agan
1627 an Söaffenfteiu, unb in ber gmrftenfurie erlangten bie fö'atpofifen bie 9JJajorität.
SDie ©raffcpaft ©fap af§ gu SSöpmen
gehörig mar im SDregbener 2ffforb
nicht einbegriffen unb mürbe teilmeife
mie bie böpmifcpen üiebeffen bepanbelt.
23i§ gu biefer $eit patten bie
^efuiten in ©lap, mie bie ^apre§»
bericpte non 1602 peroorpeben, viel
©efegenpeit, ©ebufb gu üben, .'popn
unb ©pott unb felbft tätliche ÜJJJifp
panbfungen blieben ipnen nidpt erfpart.
©a§ ffeine ßoffeg, beffen Sfnfänge in
ba§ üorige ^aprpunbert faden \ fonnte
fiep nur langfam entmidefn unb mürbe
bann burep bie 9teüofutiou für eine
ßeitfang gang vernichtet1 2. ®ie ©raf-
fepaft ©fap mar bamaf§ faft gang pro>
teftantifcp: ber Sfbel/ ber £anbe§*
pauptmann, bie SBorfteper aller faifer«
fiepen hinter bi§ gu ben Stürftepern
perab, bie äJJagiftrate in ben ©täbten
nebft bem größten Seif ber ©ürger
unb be§ Sanbooffeg. SDie Ä'atpofifen
madjten nur nod) ungefäpr ein .ßmöfftef
ber SSevölferung au§. ^n ©fap felbft
mar feit 1606 nadj ber bort 1605
erfolgten ©rmorbung eines fatpofifdjen
^SilgerS bie Raffte be§ ÜiateS fatpo-
lifch, um ber fatpolifepen 3)änberpeit
größeren pofigeifidjen ©djup gu gemäpren. Slm 22. Sfprif 1602 erfolgte bie faifer*
liehe SSeftätigung be§ ©faper Kollegiums. $n ber Urfunbe fagt Üiubolf II. : ®a bie
©efeflfepaft $efu fid) bem 33erufe geroeipt, ba§ äöort ©otteS gu üerfünben, ben
fatpofifdjen ©otteSbienft gu pebeit unb bie Qugenb in SBiffenfcpaft unb Religion gu
untermeifen, fo fotle feine ©raffepaft ©lafj einer fo mopltätigen Sfnftaft iticpt länger
entbepren 3.
ßiäfjerjog Karl, Sifdjof Don 33rc»lau.
@ticf) Pon 353olfgang Kilian. (V*)
1 9SgI. Sb I, ©. 175 ff.
2 *Litt. ann. unb *Catal. Prov. Austr. u.
Bohem. Sgl. Sc lim idl, Hist. Prov. Bohem.
II 251 295 ff 336 718; III 122 ff 315 562;
IV 667 871. 2U. 33 act), Urfunblidje Kirdjen*
gefd). ber ©raffd)aft ©Iö3 (1841) 160 ff 196 ff.
t>. 333 i e f e , Kampf um ©laft (1896) 15 ff 61 ff.
Krö§, ©efd). ber Pöfjm. ScoPiitj I 765 ff.
3 33 a d) a. a. £). 165.
Aieberlaffungeit in ©d)leficn: ©lap.
355
SDaS Kolleggebäube würbe bereite 1604 erweitert. Qepn Sa^re fpäter erwarben
bie patres ein bisher nicpt täuflicpeS ©runbftüd gu einem Erweiterungsbau für bie
©djulcn. Qm Qapre 1616 war baS neue ©dptlgebäube fo weit fertig, baß nier
klaffen baSfelbe begießen fonnten. Son bem KollegSgebäube in ©laß fcßreibt ber
proteftantifcße SDiafoit AluriuS 1625 in feiner ©laßifcßen Eßronif: „2öaS bie ©ebäube
uitb Qimmer anbelangt, fo berichte icß baoon biefeS, baff gwar ber alte Sluguftiner-
orben norweiten nie! baoon erbaut ßat, fintemal bie kröpfte aucp gugeiten Suft
iiberfomnten, ißt ©tift meßr gu gieren unb gu erbauen. St)ocß ift baSfelbe alles
faum ein ©cßatten gewefen gegen ben Sau, wetten bie Qefuiten in neulicßer Qeit
auf biefem Stßumftift oollbracßt ßaben; benn fte ßaben aüeS Diel Weitläufiger, orbent»
lidjer, prächtiger unb ftattlicßer erbaut, als eS üor ihnen gewefen war. SBer auf
bem Stßum gewefen ift, eße er nocß ift eingeäfdjert worben, ber wirb wiffen, waS
fiir herrlid;e ©tuben, ©äte, 3^mmer/ Keffer, heimliche ©änge unb ©emäcßer ufw.
aüba gewefen, oon benen icß lieber fcßweigen will, als nur etwas baoon reben.
Qd) ßabe etliche jefuitifcße Collegia gefeljen, als gu 9Uga, gu SraunSberg ufw. Aber
baS gu ©laß ift woßl fo herrlid; unb herrlicher gewefen."1 Qm Qapre 1614 taufte
mau aud; ein £>auS, um arme ©tubenteu bort untergubringen 2.
Qn ©djule unb ©eelforge entfalteten bie Qefuiten eine ftetS fortfcßreitenbe
Stätigfeit. Qu ben erften Qaßren beS 17. QaßrßunbertS waren nur brei Seßrer in
brei ©rammatifalflaffen befcßäftigt, bagu lehrte in einer SorbereitungSflaffe nocß
ein Auswärtiger, 1606 trat bie pumanität, 1613 bie 9xßetorif ßingu. SDie ©cßüler»
gaßl tonnte bei bem Sorßerrfcßen beS ^roteftantiSmuS nicht bebeutenb fein; ber
oierte Steil ber ©cßüler beftanb aus fcßlefifcßen Abeligen.
Qn ben QaßreSbericßten oon 1601 wirb erwähnt, baß bie alten ißrogeffioiten
in ber Sittwodfe, bie feit 40 Qaßren unterlaffeit worben, wieber abgepalten würben.
®ie Säuern aus ben bem Kolleg geßörenben Dörfern tarnen mit Kreug unb Qaßne
nacp ©laß unb fangen bie alten beutfcpen Kirdfenlieber. 9tocp größere Qreube
erregte bei ben Katßolifen bie 1601 wieber abgepaltene QronleicßnamSprogeffion.
An ben oerfcpiebenen ©tationen würben beutfcpe unb lateinifcpe ©prücfje aufgefagt,
unb an ber brüten ein SDialog über bie ©cpaubrote aufgefüprt. Einige Qapre
fpäter (1609) [teilte man bie alte SBallfaprt nad) Söartpa wieber per. SDie erfte
Kongregation würbe 1613 errichtet. 9Jiit bem Empfang ber peiligen ©atramente
ging eS langfam, fepr langfam ooran. Um Oftern 1602 gäplte man nur 250
Kommunionen. Aucp pier brachte ber Eifer eines ^aterS eine Sefferung. Er ging
1608 üor Oftern üon £>auS gu pauS, ermapnte unb unterrichtete bie eingelnen, fo
baß man in biefem Qapre 600 unb 1610 fdjon über 1000 Kommunionen an Oftern
gäplen tonnte, ^ßrebigt unb Katecpefe würben nicht allein in ber ©tabt, fonbern
aucp auf ben benacpbarten Dörfern regelmäßig gepalten, im Qapre 1609 aud) brei
Pfarreien beforgt. St)a bereitete ber böpmifcße Aufftanb im Qapre 1618 auf einmal
ber gangen Stätigfeit ein fäpeS Enbe. SDie SftebeHen äcpteten bie Qefuiten in Sößmen,
ber ©raffdjaft ©laß unb gang ©cplefien. Am 7. Quni 1618 tarn baS SerbannungS»
befret in ©laß an, am 9. Quni mußten bie Qefuiten ©laß oerlaffeu. @ie gogen
einftweilen nacp 97eiffe; Anfang 1619 würben Kircße unb Kolleg oon ben Auf»
ftänbifdjen gerftört3.
Erft am 26. Ottober 1622 würbe ©laß üon ben taiferlidfen Struppen wieber er»
obert; eS folleit nur mepr neun fatpolifcpe Siirger bort gewefen fein4. Am 12. Qanuar
1623 erpielt Qürftbifcßof Ergpergog Karl bie gange ©raffcpaft als Sepen ber Krone
1 Glaciographia ober ©läpifcpe Chronica 3 91äf)ere3 im 6. Kapitel. Sgl. SSiefe
(1625) 333. a. a. 0. 15.
2 Sgl. ba§ 9. Kapitel. 1 SBiefe a. a. D. 59.
23
356
günfteS Kapitel. $ie ö[terreicf)ifd)e i)3roüinä.
33ö£)men. Söie norljer alle Qefuiteu, fo mürben jetjt ade ißrebiger beg SanbeS ber*
miefen. Slit bie Qefuiten erging bon ©r^erjog ÄTart ber iBefehl gur SiiicEfeJjr, unb
fo !am am 31. ÜDtärg 1623 ber Üieftor Qohann £>ofmann mit nod) einem Qefuiten
mieber nacf) ©lop. Sa §aug, Kirche unb Schulen big auf einige SDfauerrefte jer-
ftört mären, mieg ihnen ber Qürftbifdjof bag Sanbljaug unb halb barauf mehrere
Käufer in ber 9iäf)e ber ^farrfirdje gur einftmeiligen SBo^nitng an. fjiir bag Kodeg
beftimmte ber fyürft am 25. Quli 1623 bie Kommenbe ber SRattefer mit ißfarrfirdje,
Raufern unb ©chuleit; bag bermüftete Kodeg fodte in bie 33efeftigung beg ©djloffeg
einbegogen merben. Sftadjbent am 27. Quli 1626 bie SKalteferfommenbe ben Qefuiten
übergeben morben, bezogen biefe bag geräumige Komturhaug1.
9iun muffte man mit allen SIrbeiten mieber non neuem beginnen. Sie ©cf)ulen
mürben allmäfjlicf» ermeitert. Qm Qaf)re 1626 trat gu ben mieber errichteten hier
Staffen bie Humanität, 1627 auch 9tt)etorif. Qm Qaffre 1628 unterrichteten
6 Sehrer an ben 6 ©hmnafialftaffen; fo blieb eg and; burchgehenbg in ben folgenben
Qahren. Um biefe Qeit mirb bie QaI)I ber ©djüler auf 300 angegeben2. Qunt
Qafjre 1639 ergäben bie Qafjregberichte, bah ftdj ?0 ©tubenten neben ihren ©tubien
aud) in ben SSaffen übten.
©d)on 1624 mürbe mieber bie ©tubentenfongregation begonnen unb 1628 eine
23ürgerfobaIität, bie 1631 gegen 100 ÜDiitglieber gäf)Ite; 1646 mirb eine Kongregation
für junge ^anbmerfer ermähnt, 1649 eine meitere für bie jüngeren ©tubenten erridjtet.
Sie Katedjefe fanb eifrige pflege. 1638 hielten bie Katechigmugfinber eine grofje
fßrogeffion, banad) mar ^rämienberteilung. Sie Sehren ber Karmodje unb ber
Qronleidhnamgprogeffion mürben burch ^Dialoge ber ©c^üler bem Sßotfe lebenbiger
eingeprägt. Sie Kommunionen ftiegen im Qahre 1636 auf 8000, im Qahre 1648
auf 22000. Sie Konoerfionen fchmanfeit gmifdjen 6 unb 70, in ben Qafjren 1624 big
1626 gmifchen 142 unb 242. Sie SBieberfjerftedung ber fatbjolifcpen Religion in
§abetfd)merbt gab SIrbeit für 17 Sßodjen, meniger lange bauerte 1629 eine SDUffion
in Qranfenftein 3. Sie 33efatjung auf ber 33ttrg erhielt 1640 einen Qefuiten alg
SDUIitärfeelforger.
©rohe SJiühen unb Opfer forberten bie fßeftjahre 1633 unb 1635. ißon ben
22 Qefuiten ftarb im Qafjre 1633 innerhatb breier SDfonate bie §älfte. Sluch
mätjrenb ber ^Seftgeit festen bie Qefuiten ben ©ottegbienft fort; allen mürbe ©elegem
heit gur Reicht gegeben, fomoljl in ber Kirche atg in ber 2öof)nung ber fßeftfranfen.
Sie Krauten unb ©terbenben mürben eifrig befudjt unb mit geiftlidjer unb leiblicher
£>ilfe erquidt4. Qu ben Kerfern hatte mau fdjon 1616 ben Qutritt erlangt.
Qür ad biefe Arbeiten hat ein ©Iahet ©efdjidjtgforfdjer ben Qefuiten bag
Qeugnig auggeftedt: „Unermüblidj mar ihr apoftolifdjer ©ifer im fprebigeit unb
befonberg in ben Untermeifungen beg Solfeg in ben Kammerbörfern ©runb, Königg*
hain, ÜÜeumaltergborf, Sftartingberg, Sßeihtoaffer, §euborf u. a. m., mo eg ihnen
gelang, biefe in ber lutherifdjen Sehre erlogene ober gu ihr abgefallene ißemoljner
gur alten Kirche gurüdgufüljren. Surd) ihr bereinteg müfjebodeg Söirfen hatten fie
eine ©djule in ©lap gefcfjaffen, bie fid) eineg blühenben 9iufeg erfreute. . . . 2Jiit
feinem ^ßreig gu bergelten maren aber ber Qefuiten bereitmidige unb eifrige Sienfte,
1 58 ad) o. a. 0. 268 f 296. $ie SBeftätigung
burd) Urban YIII. erfolgte am 30. SJtai 1629.
Synopsis 329. Schmidt III 721. Seit 1639
war ©lab aud) Sift beS 2ertiat§ ber bülj=
mifd)en fßrobinä; fd)oit früher, 1634 batten
bie 9icpetenten ber 9}I)etorit (Sdjolaftifer) bort
Stufnatjme gefuttbeit. 1643 ftubierten bort
aud) einige Sdjolaftifer Sttoral uitb 1649 unb
1650 $I)iIofopt)te.
2 So 58 a d) a. a. D. 299 für ba§ ^al)r 1630.
53gl. Schmidt III 489.
3 Schmidt III 905 991.
4 ßbb. IV 58. * Litt. ann.
fftiebertoffungen in @d)tefien: Oteiffe.
357
Welche fie bor^üglid) bei bet Stüdfeßr ber 93etuo^ner jur alten ®ircße, auf ber
ßanjel, int ©eicßtftußle unb am Äranfenbette teifteten, mo bie ©rnte fo groß unb
ber SIrbeiter fo menige mären." 1
®iefe raftlofe Slrbeit erfannte aud) ber proteftantifcße ^rebiger ©eorg Stturiug
an: „Qunt ©efcßtuß jeige icß nod) biefeg an, baß bie Qefuiten, folange fie in
biefent (Stift ju ©laß gemefen finb, moßt nicßt gefaulenjet, fonbern fid) ißrent
Orben nad) moßt redjt getummelt ßaben. ®enn fie ßaben meber £ag nod) SZadjt
gerußt, fonbern fid) 31t jeber Qeit miber bie ©oangelifdjen in ber ©raffdjaft jum
ßöcßften bentüßt, mie fie biefetben eintreiben unb bagegen bie jefuitifdje, fatßolifcße
Religion einfüßren möcßten. SDeffeit gibt gar genugfam 3eu9ni^ un') 93ett)ei§ bie
anbere Slpotogie ber (Stäube beg ®önigteicßg ©ößrnen sub utraque. . . . SDenn ba
mirb gefeßen, baß fie nidjt allein in ber Stabt ©laß, fonbern aud) in ben Dörfern
gurn ©runbe, ^imiggßain, SBidetengborff, SZeumaltergborff, föunrabgmalbe, SOterteng-
berg, SEBeißmaffer, (peuborff ufm. ficß bemüßt ßaben, ißre Stoigion meiter aug»
jubreiten. Unb bag ift ißnen aud) jiemticß gelungen, beim fie ßaben öiete Orte
ber ©raffcßaft ©laß auf ißre Seite gebradjt, baburcß fie ißrem Orben unb Orbeng
Qufage ein fatteg genügen getan ßaben."2
®a§ ®odeg, mo bie ©taßer Qefuiten bei ber Stcßtung im Qaßre 1618 eine
Quftudftgftätte gefunben ßatten, mar Steiffe. Scßon im Qaßre 1595 ßatten tebßafte
Unterßanbtungen ftattgefunben, um in S^eiffe ein Qefuitenlodeg ju erricßten, aber
bie ©erßanbtungen ßatten fid) jerfdjtagen 3. SDie erften Qefuiten Konten nad) SZeiffe,
atg ©rjßerjog $art, ber ermäßtte Qürftbifcßof oon ©regtau, im SDejember 1608 in
SZeiffe einjog, um bort atg Sanbegßerr bie ^utbigung entgegenjuneßmen. Qn feinem
©efolge mar fein ©eicßtbater unb ein jmeiter Qefuit. $art feßrte 1609 nacß
Steiermarf juriid unb bracßte gegen ©nbe biefeg Qaßreg gmei anbere patres mit,
Qoß. SZotariug unb Subm. ÜDZeffetiug ; ber eine mar ©eicßtüater unb Sßeotog, ber
anbere fotlte atg ^rebiger mirfen. So beginnt Stnfang 1610 bie „SJZiffion" SZeiffc.
SDie ©atreg fanben, mie fie berichten, ganj Sd)tefien bon ber §ärefie ergriffen.
Stabte, Stbetige, §oß unb Sanbegämter proteftantifcß, aud) Stoffe bott bon ©aloinern.
Sdßmerjbemegt beflogen fie bie ©erfüßrung beg fo guten, recßtticßen unb jur grömmig»
leit geneigten ©otfeg4. Qm September 1610 fcßidten bie Stänbe, auf ben ÜDZajeftätg*
brief pocßenb, einen broßenben ©rief an &'art mit ber peremtorifcßen Qorberung,
innerßatb hier SBocßen ficß §u erftären, ob er ben ©roteftanten in SZeiffe bie ©r«
taubnig geben mode jum ©au bon Äircße unb Sd)ule5. 2tud) in Stoffe fetbft
ließen eg bie ©roteftanten an ®roßungen gegen ben SJZagiftrat, ben ©ifcßof unb
bie Äatßolifen nicßt feßten. ®er befonbere ipaß ber ©roteftanten manbte fiel) gegen
bie paar Qefuiten, bon benen man ade abjufcßreden fucßte; aucß gu ängfttidße ober
ju potitifcße Hatßotifen rieten gur ©ntfernung ber Qefuiten6. Qm Qaßre 1614 gab
ber (Srgßerjog biefem ©rängen nad) unb entließ bie ©atreg.
1 93acb a. a. Q. 193 f 297.
2 Glaciographia ober @Iäßifd)e Chronica
(1625) 335. — Sie Dbern bon ©taft toaren:
Sot). tpoftnann, 1623; fütid). fauligiud (1624);
23ern. ÜESaßtu, 1631; ©regor ®d)elijü:§, 1636;
©eorg 93oöatt), 1642; gaf. 23ot)r, 1649; ©eorg
6d)inarp, 1650. 33gl. bie Sifte bei Sof.
SJciilter, 91ad)rid)ten über ba^ ©bmnofium
p ©laß, $rogr. 1842, 11 ff. 9tad) bem *Catal.
trienn. betrugen bie ©infiinfte burdjfdinitttid)
4000—5000 ©ulben, bon benen 20—30 $er--
fonen Unterkotten werben tonnten. Über 1626
bi§ 1628 bgt. J. Krebs, Acta publica VI
(1885) 161. ‘
3 ft'aftner, 2lrd)io für bie ©efdj. bed 93i§=
tuntd 23re§tau I 134 ff.
4 * Litt. ann. 1610, 208 f. Schmidl II
585 f. ®röfj a. o. 0. I 788 ff.
5 S o ft n e r o. a. 0. I 142 f. S e r f. , ©efd).
Don 92eiffe II 59 ff.
6 * Litt. ann. 1610, 209. ®gt. Äoftner
a. o. D. II 56 f.
358
günfteg Kapitel. $ie öfterreidjifdje $robinj.
®ie fßrebigten mürben ingmifdjen bon ben Äatfjolifen gut befucfjt, manche legten
SebenSbeichten ab; fcfjmieriger mar e§, bie Seute bon ber Kommunion unter beiben
©eftalten abgubringen 1. 2(m ©rünbonnerStag (1610) empfingen 600 bie Kommunion
unter einer ©eftalt, unter ihnen an erfter ©teile SBifcfjof Karl, ber auch auf bem
9tatpaufe am felben Sage gmölf SIrmen bie Qaipe mufcf), fie bemirtete unb bebiente.
9ticf)t§ getnann ba§ Soll ntefjr für bie Qefuiten als bie grope Siebe, bie fie allen
©lenben, ben ©efangenen, Kraulen unb Serlaffenen guteil merben liefen2. Qm
Qapre 1611 maren 3, 1612 4 ffkiefter in ÜJieiffe tätig. 2In ber Katecpefe natjm
bie Qugenb gasreich teil, Grippe unb §eilig ©rab gogen manche an. ©eit ©nbe
biefeS QapreS mirfte fepr fegenSreicf) P. SDominifuS SalefiuS, ber namentlich mäljrenb
ber $ßeft Katholifen unb ^Sroteftanten bie größten SDienfte leiftete. ©r brach aber
unter ber SIrbeit gufamnten unb erlag in Krumau3.
9?ad) ber ilntermerfung be§ SlufftanbeS führte ©rgpergog Karl bie Qefuiten
1622 nach ü^eiffe gurücf unb fepte jept alles baran, ein Kolleg gu grünben. Qn
Sieiffe beftanb graar feit ©nbe be§ 14. QahrpunbertS ein ©pmnafium bei ber fßfarr*
fircfje gum hl- Qalob, ba§ lange in h°^er 23Iüte geftanben, aber im SInfang be§
17. Qahrf)unbert§ aümählidh in SerfaK geraten mar. Qm Qaljre 1612 hotte eS
noch 169 ©chüler, bagu famen noch 24 Sllumnen beS bifcpöflichen ©eminarg, meldje
ißhilofophie unb fKoral ftubierten. ©3 mar bamalS bie eingige fatholifdje ©djule
in ©chlefien4.
®ie SBünfcfje beS QürftbifdhofS gingen nod) meiter. Qn einem ©djreiben bcS
©rgpergogS bom 7. Quli 1622 an ben 9ieiffer 9iat h^fet e§: ©r hätte au§ oäter*
lidjer SIffeftiou foroohl gur gortpflangung ber mähren, atleinfeligmachenben fatholifchen
Religion als auch ber ber gangen S33elt hoch notmenbigen Ijeilfamen ©tubien unb aller
löblichen Qalultäten, mie biefelben in anbern mohlbeftettten Unioerfitäten gelehrt unb
gelefen mürben, fidh bahin entfcfjloffen, bap er allhier in feiner fürftlicfjen 9iefibengftabt
eine Unioerfität aufricfjten mode; auperbem gebadete er auch fein oorbent eingerichtetes
©eminariunt gu erhalten unb fortgupflangen, aud) ein Konbilt gu errichten unb geift-
liehe Kongregationen gu beförbern. hierfür habe er nun einen SInfang gemacht,
inbem er gu biefent SBerfe, baS oornehmlich burch gotteSfürchtige, gelehrte unb epem=
plarifcfie Seute, bie in Kirche unb ©d)ule mit Untermeifung ber Qugenb unb anbern
1 ©tue intereffante Statiftif über bie Som*
munionen unter einer unb beiben ©eftalten über
bie Sabre 1590—1625 bei Äaftner, ©efd).
ber Stabt 91eiffe II 3104.
2 * Litt. ann. 1610, 209. Schmidl II
587.
5 Sclimidi a. a. 0. II 773.
4 Saftner, ©efd). ber Stabt -Keifte I (1866)
3 ff. ©in Programm bon 1621 toeift genau
biefelben klaffen unb Slutoreu auf wie bei ben
Sefuiten. @bb. II 354. Siadfbem ber Steiffer
Pfarrer unb Äanonifug Solfann geli£ ipebewip
(in Stoffe Pfarrer bon 1679 big 1705) ben Staub
beg Stoffer ipfarrgt)tnnafimng betlagt, fäljrt
er fort: Benedictus sit Deus et infinities
benedictus , qui ecclesiae catholicae sub-
misit fructiferum et fiorentissimum ordinem
clericorum regularium societatis Iesu , qui
scholas tanto nunc ubique propagant in-
cremento et fructu , ut non solum a nato
salvatore, sed etiam ab origine mundi aesti-
mem nunquam utilius et sanctius litteras
doctas ac iuventuti traditas , uti nunc isti
viri docent atque tradunt ; quaeso, non iactes
priorum temporum scholas (in secreto tantum
loquimur) apud temetipsum, alibi tarnen osteu-
tare, si vis, poteris; omnia olim erant lan-
guida et coacta, praeceptores pro lucro doce-
bant, discipuli tarnen parum inde lucrabantur
et quo magis illi erant inflati, tanto minus
hi exculti. Lege et relege, quae superius
notavi de priore scholarum statu et mihi con-
senties, non adeo multum fuisse de vera et
solida medulla doctrinae et amore iuventutis.
Econtra considera nunc fratres istos et videbis,
quanto amore, labore et ordine scholas tene-
ant, nec opus est plus dicere, quia experientia
in eis testatur speciale quoddam docendi
talentum. Fatendum, quod ecclesiastico statui
multum decesserit per abalienationem scho¬
larum, sed quis est causa? propria et supina
negligentia, non illi, qui lianc sua compensant,
imo expergefaciant industria. Saftner, ©efd).
ber Stabt Stoffe II 255.
Siieberlaffungen in <Scf)Iefien : Steiffe.
359
gottfetigen Übungen bor anbern ausgezeichnet mären, oerricf)tet merben miifste, bereits
bie töölidje ©ojietät Qefu mit betn ®reujftift oerfehen. ®ie ©ojietät fei in ber
ganzen (St)riftenf)eit befonberS berühmt unb beren anfetjntidje SJät^fdjaffuttgen feien
tbie bie ©ottne am Sage, fo bafj zu münfdf)en märe, eS mödjte biefetbe in atlen
Orten eingefüfjrt merben megen ihres attöereitS notorifdjen gdeifjeS, ber 9Jlüf)e*
maltung unb ihrer befonbern (Smfigfeit bei Untermeifung ber Qu9en^ *• Sind) in
bem (Stiftungsbrief bom 4. 9Jobember 1(324 fpenbet ©r^erjog $art ber (Smfigfeit,
^römmigfeit unb ©efchidtidjfeit in ber Untermeifung ber $ugenb großes £ob. S)ie
unbergleid)lid^en ^riidjte fönne er als Stugenjenge felbft bezeugen, ba er in ©räfj in
©teiermarf geboren unb bon beit Tätern ber ©efeltfdjaft bafelbft in ben ©tubien
unterrichtet morben. 33emogen alfo burd) biefe auSgejeidjnete grömmigfeit, @etef)r>
famfeit, Xugenb unb Unbefd^ottenljeit, burd) meldje fcfjon feit bieten fahren bie
genannte efjrmürbige ©efeüfdjaft tjerborgeteudftet hat, unb bor altem burd) ihren
einzigen unb reichen göttlichen ©egen, beffen fie fich in tßejiehung auf bie 33er*
ridjtung geifttidjer SJ3ftid)ten erfreut, errichtet er feine ©tiftung. gatr ihre Dotation
forgt er burcf) Übermeifung beS ^reuzherrnftifteS unb ber ba^u gehörigen Sftarien*
fircfie, mehrerer 23ürgerhäufer, ber tperrfdjaft OberSborf, ber (Srboogtei giegentjatS,
beS 33ormerfeS in Üiotmaffer ltfm.1 2 SDie Sttimentation rnieS er bis auf meitereS
aus ber jg>offüd)e an.
2tm 23. SIprit 1G23 maren bie ©dhuten feierlich eröffnet morben. ®aS Äotteg
gähtte 8 ^ßriefter unb 4 flftagiftri unter P. (St)riftopt) ©d)einer als Obern. $m
Qahre 1624 finb fämttidje ©pmnafiatftaffen, fRhetorif eingefc^toffen, borhanben, baju
nod) eine SSortefung über ©iatetti! unb äRorat. ®ie gafft ber ©cfjüter betrug
1626 bereits über 500, fie finft unb fteigt in ber gotge je nach ben medjfetnben
©efchiden ber ©tabt burd) Sßeft unb ^rieg. (Sin galjrzehnt fpäter jähtte man
349 ©djüter in 7 Staffen (6 ©pmnafiatftaffen unb 1 KurfuS für Stiorat), 1649
mieber 500. gm guli 1639 fchtoffen fidj 80 auSertefene ©tubenten ber 33ürger=
mehr an in ber 33erteibigung ber ©tabt gegen bie ©djmeben3. (Sin ®onoift mirb
fcfjon 1639 ermähnt; eS hatte bamatS 30, fpäter (1641) 60 gögtinge. trug ben
tarnen ©t Slnita unb oerfügte über eine 9ieit)e oon ©tiftungen, befonberS für mufit*
funbige ©tubenten4. ®ie ®ated)efe für bie ©cf)üter ber beutfd)en ©tauten mar fd)on
1623 ben gefuiten übertragen morben. gm 3ahre 1630 merben fjenifd)e ®ar*
ftettungen ber ©taubenSmaffrheiten ermähnt5.
Ä'onüerfioneit mürben im gaf)re 1629 218 gezählt; üon ber £>ärefie abfotoiert
in OberSborf 110, in 2Bartenberg 100, jufammen in biefem gatfre 1128 6. «Später,
1633 — 1649, fdjtoanft bie gat)t ber ßonüerfionen jmifd)en 22 unb 47. 93on 1636 an
maren jmei patres auf ber ÜD?iffion OpperSborf in ©togau. ©obatitäten beftanben
1625 jmei, eine für ©tubenten, eine für 23ürger; baju fam 1631 eine für bie
©rammatifatftaffen mit 150 SDütgtiebern ; im gatfre 1649 maren eS oier, bie größere
unb fteinere tateinifd)e für bie ©tubenten, eine für bie 93iirger unb eine für junge
§anbmerfer7. ®ie Kommunionen ftiegen oon 15000 im galjre 1631 auf 25000
im galjre 1644 unb auf 30 000 im galjre 1648.
1 ©bb. II 304 f. SSgl. baju bie ©rflärung
be§ 53ifd)of§ att ba§ iEomfapitel bei ft a ft n er,
Strdjib 111 32 37 f.
! ÜBortlaut bei ftaftner, ©efd). ber ©tabt
Steiffe II 370 ff; ebb. 364 ff StätjereS über bie
Abtretung bc§ SreujhermftiftS. Sie ftreujberrn
batten per liberam cessionem et resignationem
in manus Serenissimi per contractum certum
confectum ba§ ©tift übergeben. ftaftner,
SJrdjib III 33. Ser ©treit mit ben Sreusbevren
mürbe 1650 friebtid) beigelegt. Schmidt
Y 559.
3 Schmidt IV 596.
4 ft a ft n e r , ©efd). ber ©tabt Steiffe II 375 ff.
5 Schmidt III 1039. 6 ©bb. III 997.
7 S8gl. ftaftner a. a. 0. II 574.
360
giinfteä Kapitel. 2>ie öfterreidjifcfje Sßrobiitj.
Slufjer ber Sorge für bie Fronten, bie befonberS im fßeftjafjre 1633 in f)eroifcf;er
SBeife geübt mürbe1, nafjmen fid) bie patres aud) ber ©efangencn mit großer Siebe
an. Stm 1. 9Rai 1648 betätigte if)nen 33ifdjof $arf Qerbinanb ba§ fjßrioifegium,
gu Sieiffe bie ©efängniffe unb äljnfidje Orte nnb bie SSerfjafteten beibertei @efcf)fed)te§,
fo oft e§ nötig mar, gu befugen, bort gu fatecf)ifieren, bie djriftlidje Sefjre gu prebigen,
bie (befangenen gum SEobe Oorgubereiten, ifjnen beiguftef)en unb fie gu begleiten.
®iefe§ ißrioifegium foü ifjnen ber (Srgfjergog ßarf bei ifjrer Slnfunft in ÜReiffe ge*
geben unb ber ÜRacfjfofger, 23ifd)of ®arf Qerbinanb, münbficf) beftätigt fjaben, big
er eg ifpten im genannten
Qafjre 1648, afg anbere
fRegufarperfonen Sd)toie*
rigfeiten üeranfafjten, aud)
fdjriftfid) beftätigte 2.
Sßon ben ®rangfalen
be» Krieges blieben aucf) bie
Qefuiten in 9Jeiffe nicfjt Oer*
fd)ont. 2lnt 24. September
1632 mürbe bie ®ird)e unb
ba§ Kolleg gunt £eif ge*
ptünbert. SDie berühmte
£)immefgfugef beg Spdjo
33raf)e, bie 5000 Safer ge*
foftet fjaben fotl, mürbe ge*
raubt unb nad) $openf)agen
gefdjafft. Qm Quni 1642
erfc^ienen bie Scfjmeben
mieberitrn in fReiffe. 33eint
Singriff auf bie Stabt am
15. Quni gerieten aud) bie
fö’irdje unb bag ®onüift in
23ranb, bod) fonnten bie
Qfammeit mieber geföfdjt
merben. Unter ben @e*
fangenen, mefdje bie Sd)me*
ben am 24. Qufi mit fid)
nad) Stettin führten, befan*
ben fid) aitcf) ber Pfarrer
Sebaftian fRoftod unb ber il)m ftatt ber geflogenen $apfiine bienenbe Qefuitenpater
^obia§ Slrnofb. 33or iprer Slbfiifjrung maren fie in SZeiffe fefbft in hartem @e*
fängnig gehalten morben3.
Über bie ©efamttätigfeit in ÜReiffe fegen ber 53iirgermeifter unb fRat ber Stabt
in einer Urfunbe oom 2. Qufi 1647 bag Qeugnig ab, „eg fjätte bie f)od)föbfid)e
Sogietät Qefu bafb oom Sfnfange ifjrer Sfnfunft in ÜReiffe, if)rem aller 2Belt genug*
farn befannten fob* unb rufpnmürbigen (Sifer nad), fid) nichts mef)r angelegen fein
faffen, afg momit bie größere @f)re ©otteg, bie 3unaf)me ber fatf)ofifd)en fRefigion,
bie Sinpffangung afferbanb fjeilfamer Sugenben, bie Untermeifuug ber lieben Qugeub
fomof)f in ber ®ircf)e afg in ben Schufen beftermafjen beförbert merben möd)te, aud)
1 ©iebe ba§ 13. ßapitel. 3 (Sbb. II 420 ff 435. S c h m i d 1 IV
2 Äaftner, ©efcf). ber Stobt Sleiffe II 572 f. 790 f.
AGON TRniüPHALIS
SCENff^V'S
S. S I S I N N I O
DIACONO
MaRTYRI
Acejufdcm facris Ofsium pignoribus
apad Moitalcs fupcrftitibHs.Niflara Sileliorum cx
Vfbe translatit , novis Hofpitibui.aüfpieatifli.
mis . gratitfimii ;
Dein de j
HONORI AC LIBERALITÄT! ILLVSTRISSIMI
Domini Domini
GEORGIJ L VDOVICI LIRE.
RI BJRONISd ST4HREMBERG, EI SCH JEN BIEL, DOMINI IN BIE.
/itz, Fucbit>yinckl&c. E'Peisbacb, S «• C* <J\l, Camer*rip,ntc non ejufdem
uti& [upr : Capit : Silef: indem S~mi. Principie Caroh Ferdinandi '
Epi/c ; FFratifl: Confiharij,drc , Studier um Meanatuprt-
miorum Ittterarterum iargitoris munifi.
centtßtmt. c. ■
PR/ESENT^TVS
Ntflt,
k JTVD70 S A /WENTVTE ARCH/DVCAL/J GYM-
nafij -Sociccitis IESV,arfions <5c gratitudinis ergo’
Anno. i 6 f ö. Mcnf. Novemb. die. *f
N I S S y£,
Tjpu loan nis Scbubartt.
2>a@ fWetffer Seftfpiel 1636. (2/3)
Dtiebcrlaffungen in ©djlefien: -JZeiffe. — ©rof3<©Iogau.
361
fonft bem allgemeinen 9iupen unb jebennann bei jeber Gelegenheit allen geneigten
SBillen, Gunft unb Seforbentng in alle Söege bemiefen unb erzeigt" J.
9?ad) GrofcGIogau 2, näcfift 23reSlau ber bebeutenbften Stabt <Sdf|lefien§, f'amen
bie erften ^efuiten 1612, aber nur öorübergeljenb. Um baS geft beS §1. Martin
hielten einige ^efuiten auS Glafj eine viertägige ÜDäffion in Glogau, besuchten aud)
bie ^liifter in Siegnif) unb Srebnip, ftärften unb tröfteten überall bie bebrüngten
unb lleinmütigen ßatholifcn3 *. Ser $lan, bort ein Kolleg ju errichten, mar fdjon
1594 betrieben morben, unb Siemens VIII. l)ßüe Gnbe 1594 bie GrlaubniS erteilt,
baS S3ernharbinerllo[ter in Glogau für bie SSäter ber GefeUfdjaft einjuridjten, aber über
bie meüeren Sebinguitgen fonnte man fidh nidjt einigen i. Ser ^lait mürbe 30 Qaljre
fpater mieber aufgegriffen, unb gmar im Stuftrage beS ßaiferS gerbinanb von bem
(Statthalter Graf Georg von DpperSborff. Stuf
feine Ginlabung fanten oon ÜUeiffe Gf)riftopl) SBetler
unb griebrich Gütler (Güttler), jmei Schlefier,
am 15. 9)?ai 1625 nach Glogau. SlnfangS mol)nten
bie beiben ^atre§ bei bem Grafen in berS3urg;
fie fugten befonberS beu gefunfenen 9Jhd ber
®atholifen ju he&en- bie Vauptfirdje ber
Stabt, St 9iifolauS, feit 40 fahren im 33efit$ ber
ißroteftanten mar, fp^ten fie auf Geheifä beS
Statthalters unb beS StabtpfarrerS in ber So»
minifanerürche, in ber bamalS auch bie ißfarr»
feelforge beforgt mürbe, ^rebigt unb Ghriften»
lehre5. Sie erfte ^3rebigt fanb am 18. ÜDfai 1625
ftatt, unb am 3. Slooember 1627 begannen bie
Schulen, an benen 2 fßriefter unb 2 SRagiftri
unterrichteten. Saju fam 1628 noch ein meiterer
Sefjrer. Sie ißroteftanten mitteten, bie ®atl)olifen
freuten fidj fehr. fyür SBohnung unb Sdjulen
hatte ber 9J?agiftrat geforgt; bie gnnbation über»
nahm ber fö'aifer6.
Surch Sefret oom 26. Slpril 1628 befahl
ber fö'aifer bie Verausgabe ber Oon ben ißro»
teftanten ufurpierten ißfarrfirdje. Sie SSerfünbi»
gung biefer ÜUiaffnahnie am 16. September hotte
einen Slufftanb jur f^olge, 3efuüen würben
mit bem Sobe bebrolft7. $n ber 9?adjt auf ben 30. Oftober befepte Sofpta bie
Stabt unb legte nach Gntmaffnuug ber Ginmohner feine Solbaten in bie Vnufer ber
^ßroteftanten. Saju bemerft ber Bericht ber ^efuiten: Ser Sefer fann ficf» benfen,
mie erbärmlid) bie Solbaten mit ihren Gaftgebern umfprangen ; Sohna hnüe feinen
üobgefatig
©cm
'DejjHgcn sisinnio Kömffdfcti
Ducono»
23n&
Sftattpti
3J}©
Cr Mn brr ©tabr Sfaiticr&a&eri/ftm
bc$ Collegij b« Soeistet IESV
.fintjlK Wcpfj Transferirt
Anno i 6)6.
3«
©<t ju ticffcn />ft)llgcn?()t/<in*<fl<lr<n Pro-
ceCfion,Dcdicirt UnnSJcfun»
gCH.
3rti 3«» fcuijou ^Hmmel fönhjla
Cum Facultite Superiorum.
©<ctncf(.jui Sltpli i 6 } ä .
Sur 3-eftfeier be§ ßoflegä in Dleiffe 1036.
©tieft (2/s).
1 faftner II 580. — $ie Obern toaren:
Gfjriftopl) ©djeiner, 1623 (feit 1624 meift in fhomj ;
sJJleId)ior fReridjt, 1627 (aSigereftor) ; EpriahtS
firtmfcer, 1630 (SBijereftor); ©eorg füteribieei,
1631; Sof). SallartS, 9too. 1636; ©ftriftopf).
feiler, 1639; guftad). DtemigiuS, 1647. SSgl.
faftuer a. a. 0. II 578. $ie ©infünfte
fcfttoanfen tuegen ber feftteeftten 3eüen 5tüifcf)en
3000 nnb 4000 ©ulben, bacon ging ein Jeil auf
f ontributionen. Sm 3)urd)fcftnitt itmrben 20 bi§
40 fperfonen unterhalten, im$uftre 1645 fogar48.
2 Sind) Glogavia inferior genannt jum Unter»
fcftieb Oon Glogavia (minor) superior in Ober»
fdjteficn.
3 Schmidl II 667.
4 f aftner, Ülrcftiö I 133 ff.
5 Schmidl III 596 ff.
6 @bb. III 600. ®gl. Krebs, Acta pu¬
blica VI (1885) 160.' SHnSberg, ©efeft.
ber ©tabt ©logau II (1853) 86 f.
7 Schmidl III 843 ff.
362
fünftel Kapitel. Sie öfterreidüfcfje ißrotiinj.
©otbaten für brei Stage alle Qreiljeit gelaffen mit Slugnahme öon SÖ^orb unb
S|3tünberuug. ©inem Später hatte SDofjna bie ©rtaubnig gegeben, alle, bie fatf)otifd)
merben mottten, ihm jujufü^ren, um fie öon ber Cluäterei ber ©otbaten §u befreien.
£'aum mürbe bieg befannt, atg nach einigen ©tunben unfer §aug, Kapelle, Schuten
unb Qriebhof angefüttt maren; alle getobten, fathotifd) ju merben, menn fie nur burd)
bie patres oon ber Qredjfjeit ber ©otbaten befreit mürben, ©djtiefjtid) mürbe be=
ftimmt, mer fathotifd) merben motte unb ein Qeugnig feines fatf)otifcfjen ©taubeng*
befenntitiffeg mit bent (Sieget ber ©efettfdjaft beibringe, fotte fofort oon ber ©in»
quartierung befreit merben. Vier Stage tang bauerte bag Quftrömen for ^ßroteftantexr,
unb in fedfg Stagen hatte ber größte S£eit ficf) für fathotifd) erftart1.
SDurd) tägliche ^Srebigten unb Sßrioatitntermeifungen hatten bie Sßatreg fo oiet
atg möglich auf bie innere Überzeugung gemirft, ba ja bie oieten burd) ©ematt ju
ftanbe gefommenen ßonoerfionen feinen Veftanb haben fonnten. SDag geigte fid) halb
in ben fotgenben Qafjren, in benen fid) bag ©dfidfat ber Qefuiten fefjr medpetreid)
geftattete. Qm Qal)re 1631 mürbe ein großer Steil ber Stabt unb bamit auch bag eben
neugebaute fö’otteg ein SRaub ber Qtammen. Sltg im fotgenben Qal)re 1632 Slrnint
gegen ©togau rücfte, flogen bie Qefuiten; if)r eben zur 9iot eingeridjteteg §aug mürbe
gerftört, bie Sßfarrfirdje mieber ben Sßroteftanten übergeben. Qm Qanuar 1634 fefjrten
jmei QSatreg guriicf, mußten aber batb mieber fort, ba bie ©tabt am 6. Quni üon ben
©acfjfen befept mürbe. 9?acf) einer Verbannung t>on 14 Monaten fonnten bie Qefuiten
Quti 1635 infolge beg Präger ^riebeng jurüdfe^ren. ©g maren iljrer fünf; fie
bezogen eine fteine 2öof)nung in ber 9?äf)e ber Q3farrfircf)e unb errichteten eine ©rfjute
in einem ^alboerfaltenen §aug. §erbft 1637 hatten fie mieber fünf ßtaffen unb im
fotgenben Qafjre aud) bie Üfhetorif, fo baff fedjg Sefjrer in fed)g fö'taffen unterridjteten.
©ctjon 1639 mußten fie oon neuem fliehen, zn>ei Sßatreg btieben aber guriicf unb
1640 fonnten alte zurüdfetjren. Unter bem faifertichen §eere, bag in ©togau lagerte,
unb bei ben Oon atten ©eiten bort @d)uj3 fucfjenben Vürgern unb Vauern brachen
anftedenbe ®ranft)eiten aug, bie oiete megrafften. St)ie Qefuiten teifteten unermübtidj
§itfe, für bie oieten Söaifen erridpeten fie 1641 ein 28aifenf)aug. Qn bemfetben
Qahre ertagen ztnei Qefuiten im SDienfte ber Traufen.
Qm 9J?ai 1642 mürbe ©togau oon ben ©djmeben eingenommen unb geptünbert.
St)ie ipfarrfirche unb bie Söohnung ber Qefuiten gingen in Qtammen auf; alte SBert*
fadjen unb Stofumente, metche man in ber ^5farrfird)e oergraben hatte, fielen ben
©djmeben in bie §änbe. St)ie Stofumente mürben teitg zerriffen teitg üerbrannt.
Qmei Qefuiten, barunter ber SKeftor, mürben gefangen, aber halb mieber freigetaffen.
SDie ^Satreg flohen nach ^ofen unb festen bort in ©djmepfau ihre ©djute fort. Sta
bie ©chmeben 8 Qahre in ©togau btieben, fonnten bie Sßatreg erft nad) bereu Stbzug
(7. Sluguft 1650) zurüdfehren. ©ie mufften mit einem f feinen SJtiethaug oortieb
nehmen, ©ine fteine ©cfjute mürbe erft 1651 mieber eröffnet2.
Stroppnu (Oppavia), eine fchöne unb beoötferte ©tabt in Oberfdjtefien (jejd
^auptftabt oon DfterreidjifchSchtefien), an ber ©renze oon Mähren, nur ad;t SJteiten
entfernt oon ihrem firdjtidjen SJtittetpunft 0tmüj3 gelegen, mar im Veginn beg
17. Qahrhunbertg faft ganz proteftantifd). Qm Qahre 1580 zählte mau nur nod)
18 ®att)otifen. SGSegeit ifjreg Sffiiberftanbeg gegen bie geifttidje unb metttiche Obrig*
feit ber faifertidjen Steht üerfaden (20. Dftober 1603), teiftete bie ©tabt fcfpiefitidj
offenen Söiberftanb unb fonnte erft nach tangerer ^Belagerung am 22. September
1 (Sbb. III 847 f . Sßgl.Krebs a. a. D. VII 224. ©eorg 2tquilanu3, 1629; Jpierem. f\ifd)er, 1631;
2 9kcf) Sch midi III 1168 1225 ff; IV Koutigiu§, 1636; SInbr. Stetfd), 1639;
163 f 204 419 658 733 783. *Litt. ann. P. fjifdjer nntrbe (1634?) oott SRäubertt er»
unb * Catal. Prov. Bohem. — Sie Cbern umreit : fd)Iagen.
91ieberlaffungen in ©djlefien: £roppau.
363
1607 t>on ben faiferlid)en Gruppen eingenommen merben. $ie ©tobt mürbe ent*
maffnet, ®irdpe unb ©cpule gefdploffen. 2lm 1. Februar 1608 30g ber non Olmiip
gefanbte fatpolifcpe Pfarrer ein, unb am 10. Oftober 1608 famen jur £>ilfe jrnei
Üiefuiten, Qgnaj ©arfanber unb £)ieronpmuS Slmberger. Stn ©teile beS festeren
trat halb 33altpafar ©ulben. ®er CSrfolg mar gering unb bie ©timmung in ber ©tabt
berartig, bap bie patres bereits nacp einem palben .Qapr, am 8. ÜOtai 1609, bie ©tabt
mieber üerliepen 1. ©S oergingen faft jmei ^aprjepnte, bis bie Qefuiten nacp Xroppau
juriidfeprten. ®iefe Stüdfepr oeranlapte im Qapre 1627 SSaHenftein nadp ber ©in*
nannte ber ©tabt.
Über bie ©infüprung ber ^efuiten in SEroppau fcprieb P. Samormaini, StifolS-
burg, 27. Sluguft 1627, an ben böpmifdpen ^roninjial ©eorg Siumer: ®er (persog
non ^rieblanb (SSaHenftein) pat bie Unfrigen nadp Xroppau gurüdgefüprt unb, mie
idp gebeten ^atte, barüber bem ßaifer, bem ßdrbinal (non 2)ietricpftein) unb ben
dürften SOtap unb ©unbafar Siec^tenftein 33erid^t erftattet unb um nadpträglidpe @ut*
pcipung gebeten. 2luf meine 33itte pat ber ®aifer bem ^arbinal gefdprieben, bap er
als OrbinariuS bie (Erlaubnis für bie ©rricptung eines ^efuitenfollegS in SEroppau
geben, bie Pfarrei transferieren unb ben SßatreS bie frühere fßfarrfircpe überfaffen
möge. $ürft ÜDtap non Siecptenftein pat fiep beim föaifer über ben (persog non grieb=
lanb unb bie Qefuiten beflagt megen ber eigenmächtigen ©infüprung ber Qefuiten
unb ipm bie ©ntfcpulbigung beS £>erjogS mitgeteilt, er pabe niept anberS panbeln
fönnen, meil bie ^efuiten beim $aifer alles nermöcpten. $nbem f° bet £>ersog ent*
fcpulbigt mirb, merben mir angefcpulbigt unb beim ®aifer felbft gepäffig gemaept,
bem eine folcpe SJieinung mit Stecpt fepr unangenepm ift. ®em ®arbinal pabe id;
offen auSeinanbergefept, maS unb marum id; nor ber ©innapme non TEroppau bem
(persog non grieblanb mit Billigung beS ®aiferS gefeprieben pabe. ®er $arbinal
pat alles gebilligt, mir füllten in SEroppau fortfapren unb mit ^lugpeit unb Siebe
an ber Sefeprung ber Bürger arbeiten. ®ie (pauptfepmierigfeit beftept barin, bap
eS nid;t feftftept, melcpe Stecpte ber ®aifer unb ber gürft Siecptenftein auf SEroppau
paben, unb beSpalb rnup mit beiben über bie ©rünbung eines föotlegS fepr nor*
fidptig nerpanbelt merben, bamit eS nid;t ben Slnfcpein geminnt, als mollten mir bem
einen non beiben ein Stecpt suerfennett ober abfpreepen2. £>aS mar faft ber einzige
©runb, meSpalb idp ben (persog non grieblanb gebeten, baff er, opne jemanb ju
fragen, bie Unfrigen einfüpre unb in ben ©tanb fepe, mie eS ju Sehweiten beS
dürften ®arl nor ber 33efepung non SEroppau burep SJtanSfelb mar. ^cp fap näm*
lidp ein, menn bieS nidpt fofort unb gleid;fam militärifdp gefdpepe, bap bann bie ©tabt
unferer geiftlidpen §ilfe entbepren ober bie Sage unferer ©efellfcpaft fd;limmer fein mürbe
nad; ber ©innapme als nor ber Slnfunft ber f^einbe. ©ott fei ®anf ift jept beibeS
nermieben opne ^räfubij für ben OrbinariuS, ben ®aifer unb bie dürften Siedpten*
ftein, bie Stormünber beS jungen dürften. 9?un müffeit mir banadp trad;ten, biefen
allen unfern güdp unb unfere 33efd;eibenpeit ju bemeifen burd; angeftrengtefte geift*
licpe Slrbeit für bie ©tabt unb burd; ©prerbietung gegen ben SSifdpof, ben Ä’aifer
unb bie dürften Siecptenftein. 2Bir müffen in allem nad; ben Sßeifungen beS 33ifcpofS
Oorangepen. f£)em dürften 9Rap, ber ein aufrichtig frommer unb befepeibener SDtann
ift unb in biefem Stufe aud; beim ®aifer ftept, merbe idp fepreiben3.
1 * Litt. ann. unb * Catal. Prov. Bohem.
Schmidt II 520 ff 564. Sröfj a. a. O.
794 ff. ®. 93iermann, ©efd). be§ Ißroteftan*
tiSmug in Öfterreid)ifd)=Scf)Iefien (1897) 26 ff.
2 Saifer 9)tattl)ia5 mar feinem Sörnber and)
all unmittelbarer fjerr bei (Srbfürftentuml
Urohfau gefolgt unb batte am 28. Sejember
1613 ben dürften Sari üon 2ied)tenftein mit
bem §er3ogtum belepnt. SBiermann a. a. D.
44.
3 * Original in SBien, ©taamardjiü, ®eiftl.
Sitten 405.
364
günfteä Kapitel. $ie öfterreidüfcfje ^romn^.
2)ieS tat Samormaini nodj am felben Sage. ©r fdjrieb bem dürften, er fjabe
auf eigenen Stntrieb, opne jemanb gu fragen, ben £iergog non griebtanb gebeten,
gteidj nadp ber ©innapme non Sroppau bie ^efuiten bortfjtn gurüdgufüpren. Söenige
Sage barauf fjabe er bem Kaifer mitgeteitt, maS unb tnarum er an ben ©enerat
gefdjrieben. Ser Kaifer pabe bieS gebittigt1. Ser giirft möge bie Südberufung
nidjt übet aufnepmen, ba ja baburdj ber ©efettfdjaft fein Secpt ertuacfjfe, anbern
fein 9iedf)t gefürgt unb ber fatpotifcpen Sadje geholfen tnerbe. ©in gmeiteS, längeres
©ntfdjutbigungSfcpreiben fanbte Samormaini am 14. September 1627 an ben dürften,
ber burcp baS erfte nidjt gufrieben gefteCtt mar: bie gange Sacpe fönne jeben Stugen»
blicf burcp Südberufung ber patres aus Sroppau geänbert merben, meitn bie Arbeiten
ber ^SatreS nidjt mefjr notmenbig ober bem 23ifdjof ober bem dürften nidjt mepr
genefjm feien, guntat überall patres nertangt mürben2. Ser fyürft fcpeint fidj aber
nocp nicpt beruhigt 311 paben, menigftenS fümnterte er fiep nortäufig nicfjt um
bie ^efuiten unb backte aucp nidjt baran, ipnen ein Kotleg gu grünben.
SeSpatb mollte ber neue ^roningiat ©renging bie patres abberufen. Sun aber
bat ber gürft am 24. Segember 1628 bringenb, bie patres einftmeiten nocp bort gu
beiaffen. Studj ber SSagiftrat non Sroppau manbte fidj an ben dürften, um ben
^roüingiat gu nermögen, bie patres nid^t abguberufen, befonberS megen beS Unter»
ricptS ber 9ceubefefjrten. 2lm 2. gebruar 1629 brängte ber f^ürft ben ^ßroningiat
non neuem, P. 23attpafar ©utben fei fdjoit abgegogen unb bie beiben anbern, P. Slbam
Raufet (?) unb 3op- Seöerin, füllten halb folgen ; „atfo miffen mir nit, marurn fotdj
peitfam Konüerfionsmerf, fo ber Sogietät fünften gum pödjften angelegen, allba non
berfetben unüerfepenS nertaffen unb bie Srnte beS £>errn nerfiirgt merben fotl, tjatten
aber bafür, bap ber §err ^roningiat non bem Ifßrogrep ber Konüerfion bafetbft nit
genugfamen Q3eridpt merbe nernommen paben"3. Sie patres mürben tropbem ab*
berufen. Unter bem 6. Quti 1629 gaben Sicpter, SBürgermeifter unb Sat non Sroppau
ein gtängenbeS 3eu9n^- 3U iprem gropen Sdjmerg feien bie patres nor furgem
abberufen morben; fepr gern ftettten fie ben patres baS gemünfdjte 3mgm§ auS:
Sie patres, bie faft gmei ^opre unter itjnen gelebt, patten ein frommes unb reines
Seben gefüprt, bie Saframente gefpenbet unb burcp ipre beutfcfjen unb böpmifcpen
Untermeifungen unb i]3rebigten erreicpt, bap bie Stabt, bie nor iprer Slnfunft nur
roenige Katpotifen gegäptt, burcp ipre unermübticpe Strbeit je|t inSgefamt ben fatpo*
tifdpen ©tauben befenne. 3unt ©djtup rnirb nocpmatS ipr reines Seben, ipr gutes
23eifpiel unb beffen ©inmirfung auf bie SBefeprung ber Stabt mit Sadjbrud pernor*
gepöben 4.
2öie auS bem Briefe SamormainiS nom 14. Stuguft 1629 an ©renging per»
norgept, überbrad^te ber Stabtridjter einen für bie ©efettfdjaft fepr eprentmüen 23rief
bem P. Samormaini, metcper gugteidp bie Sitte entpätt, er möge fidj bei Sopna für
©rteidjterung ber Sotbatentaft nermenben. Stm 9. Stuguft 1629 nerfpradj $ürft
9Sap bem ^roüingiat bie ©rünbung eines KottegS in Sroppau, bie er bereits mit
bem faifertidjeu Seicptnater Samormaini befprodjcn pabe; gunor aber erfudje er
freunbticp, bap ber üßrooingiat biejenigen patres, fo nor biefem gu Sroppau ge»
mefen, mieber attbapin ungefäumt aborbne, maS gur Konfirmation unb Untermeifung
ber Seubefeprten pödjft notmenbig fei. 3n äpnticpem Sinne fdjrieb Samormaini
am 1. Sfuguft 1629 an ©renging. Ser gu biefer 3ei* bettlägerige P. Samormaini
teilte bann 29. Stuguft 1629 bem ^roüingiat mit, bap aucp Karbinat Sietricpftein
1 $jn bem (Schreiben ott bet: ißrobingial fyeifjt 2 3£ien, Staat3arcf)iü, ©eiftl. Sitten 405.
e3: Informavi 111. Principem (Cardinalem), 3 * Original ebb.
quibus ex causis (quas etiam probarat Im- * * Original mit großem Siegel ebb.
perator) scripsissem duci Fridlandiae.
Slieberlaffungen iit ©Rieften: Xroppau.
365
mit ber fRüdöerufuitg ber Qefuiten einüerftanben fei. 2tut 1. (September 1629 er=
neuerte ber 9iat beim ^roninjial bie Sitte, bie patres nadj Üroppau jurü<f$ufeuben 1.
SJuitmepr miQfaprte ber ^Sroöinäial.
©nbe 1629 festen brei fpatreS nadfj Sroppau jurüd unb begannen am letzten
StböentSfoimtage if)re ^Srebigten unb anbere Strbeiten in ber unterbeffen gefdjloffenen
Sßfarrfircpe jur großen Qreube ber Katpotifen. ®a aber Kirdje unb )]3farrpau§
früper bern Seutfcporben gehört, reflamierte ber Orben biefelben 1630 2. Unter
Sroteft ber Qefuiten, bie non bem OrbinariuS at§ Pfarrer eittgefept morben, itapm
bie faiferlicpe Kommiffion am 22. Quti 1634 non ber Kircpe SBefip. Stile Se=
müpungen, beit ®eutfdjorben jur 3effi°n °‘3er 3um Serfauf ju Oermögen, fcpeiter»
ten3 *. ®er Karbinat SDietricpftein fcprieb am 20. Sconember 1635 an Samormaini,
ber SDeutfdporben paöe fic^ gegen atte§ fRedjt opne Söiffen be§ OrbinariuS bie
Pfarrei jufpredjen taffen, unb atte§ ^roteftieren be§ 0rbinarin§ pabe nicpt§ ge=
Rolfen. S)a§ fei gegen atte§ Kirdjenredft, unb nur au3 fftüdficpt gegen ben Kaifer
motte er nicpt mit firdjticpen Strafen oorgepen. SBegen ber grofjeit Slutorität,
bie ber 33eicptoater beim K'aifer paPe, unb meit e§ fiep pier um bie fircpticpe fyreipeit
panbte, bitte er bringeitb, ben Kaifer jur StufpePung be§ Kommiffion§befret§ unb
jur Sermeifung an ba§ fircpticpe Qorunt ju nermögen; menigftenS möge ber Kaifer
feine ©rünbe pören unb nicpt ertauben, „baff icp ungepört au§ ber fßfarrfircpe, für
bie id) bitrcp bie Steinigung beinape mein Seben eingePüfjt, nertrieben merbe" i.
Xropbem blieb e§ bei ber StPtretung. 3)ie Qefuiten erpietten bie fteine St ©eorg§*
firdpe unb brei Raufer in beren 9?öpe. ©rft 1642 erfolgte bie Qunbierung eine§
Kottegg burcp ben dürften Kart SufePiuS Siecptcnftein für 19 fßerfonen. Qm fetben
Qapre mußten bie Qefuiten megen ber Stnfunft ber Scpmeben ftiicpten unb feprten
erft 1644 -jurüd.
®ie Strbeiten patten ingmifcpen einen guten Fortgang gepabt. Sdjon batb naöp
iprer erfteu ftfiidfepr patten bie Qefuiten SZoüemPer 1630 eine fteine Scpute erricptet
unb 1631 eine britte klaffe, bie mittlere ©rammatif, beigefügt. Qm Qapre 1632
trat bann bie Spntap, 1634 bie Q5oefie unb 1635 bie ütpetorif pinju. ®ie Qapt ber
Scpüter ftieg non 150 im Qapre 1634 auf über 300 im Qapre 1638. Qm Qapre 1639
feprten 2 ißriefter unb 4 SJtagiftri an ben fecp§ ©pmnafiatf taffen. Stucp fpäter nadp
ber gmeiten üiüdfepr in ben Qapren 1645 — 1650 beftanben meift 5 — 6 Klaffen.
Qm Qapre 1649 jäptte ba§ Kotteg 19 ^Serfonen, barunter 10 Q5riefter unb
3 SOZagiftri5.
Katecpefe pietten bie $ßatre§ 1635 an brei Orten. ®ie nacpmittägticpen Katecpefen
erfreuten fiep eine§ groffen SefucpeS, befonber§ megen ber bramatifdpen ®iatoge.
®ie ^ßrebigten mürben in beutfdjer unb tfepeepifeper Spraye gepalten. £>ie Kon*
nerfionen fepmanften 1631 — 1642 jmifepen 30 unb 200. ®ie Kommunionen ftiegen
1 Sie * Criginalbriefe ebb.
2 Ser Kommenbatar fjatte 1540 bie Kirche
mit ber Kommenbe ben ^Bürgern bertauft, unb
biefer Serfauf mar 1542 bon Kaifer gerbinaitb
beftätigt tborben unter ber 23ebingung, baff bie
33ürger ftetä einen !at!joIiid)en ißriefter eom
93ifd)of Don CImüp erhielten, fonft falle bie
Soüatur an ben Äönig. *Informatio de Resi¬
dente Oppaviensi (1633). Boliern. Fund. II 163.
3 Samormaini , 9. Suiü 1634. Attestatio
Commissariorum, 22. Quli 1634. Samormaini
an Kirchner, 17. Stuguft 1634 unb 8. Stuguft
1635. Samormaini an ben 2>eutfchorbcn§mei[ter
©tabion, 2. Stprit 1635. *Driginal in SBien,
©taat§ard)io, ©eiftt. Sitten 405.
4 * Original ebb.
6 Sgl. Schmidl III 930 1224 f; IV 209.
19 Litt. ann. unb * Catal. Prov. Bobem. einer
*Informatio de Residentia Oppaviensi au§
bem gahre 1633 heipt e§ : SBir leben nad) Slrt
eines KoHegS p 11 : 5 Sriefter, 3 SItagiftri unb
3 Srüber. Schulen fiitb fdjon bier mit 200
©djülern. Bohem. Fund. II 163. Über bie
STätigfeit in ^ägernborf (1650) Dgl. £>. © d; u l i g
im 3ohl'lmd) für ©efdi. beS SroteftantiSmuS
in Öfterreid) 1892, 75.
366
günfte§ .topitel. Sie öfterreid)ifd)e »robinj.
oott 5000 int Qape 1636 auf 14000 im ^ape 1640; in ben lebten .papen (1647
füg 1650) maren eg 22000—24000. ©obalitäteit beftanben oier, eine lateinifdje
für bie ©tubenten (1637), bie 1639 100 üDfitglieber §äl)lte, eine beutfcp für bie
Bürger (1635), eine meitere für junge fpanbroerter uttb eine öierte für ÜUtäper
(1638). gürft £'arl ©ufebiug ftellte in ber gunbationgurtunbe üont Qape 164:2
ben ^efuiten in (Xroppau bag ßeugnig aug, baff eg ipen nad) ^aljren gelungen
märe, bie tatplifcp Religion in ber ©tabt mieber ju feftigen unb bie mipegierige
^ugenb an ficf> ju jtepn1.
Slnt 22. Februar 1629 fdjrieb ber Sanbegpuptmann 0. üftecprtt an SBaKenftein,
bent feit 1627 bag gürftentunt ©agan geprte: gmei (perrn fßatreg (S. J.) finb all«
bereit üor mep benn 3 SSocpn alliier [in ©agan] angefommen, nunmep pt bie
ganje 93ürgerfcf)aft professionem fidei nicp allein getan, fonbern eg beichten aud) tag«
lief) in bie 150 Verfemen, üerpffe inner öiergefjn £agen gänjtid) fertig ju fein2. Üiacf)
bent Vericp bei bem ©efepepfepeiber ber böfjmifcf^en ißrotünj tarnen am 1. gebruar
1629 P. )ßaul ©ulben unb P. Slug. §ermann in ©agan an. 9?ed)ern ptte ipen ein
23ürgerpu§ in ber 9?äp beg ©tänbepufeg getauft, aber SSallenftein »erlangte, fie
füllten in bent epntaligen, feit 1540 eingegogenen fpanjigtanertlofter mopen. 3Me
fuiten pgerten, aber Söallenftein beftanb auf feinem SBefeljl, unb fo fügten fie fiep
Sluprbent erhielten bie Qefuiten nod) ein üerlaffeneg üftonnentlofter unb bie ©eelforge
in ben Pfarreien (ScferSborf unb ißetergborf. 2)er Söiberroille gegen bie fatplifdje $Re«
ligion mürbe nur mit ©emalt niebergeplten3. 211g P. fprmann in ©dergborf aug ber
©afriftei trat, um bie ®anjel ju befteigen, mürbe er non einem ©djmieb ju 25oben
gefPagen. ®er ißater erplte fief) par mieber üoit feiner Betäubung, tonnte aber
feilte früpre ©Jefunbpit nie mep mieber erlangen. SBaHenftein lief) ben SKiffetäter
trofc münblicpr unb fcpiftlicpr gürfpraep beg P. Hermann ju ©agan enthaupten4.
Vor bem bropnben feinblicpn ©infall flopn bie ißatreg 1631 na cf) ©hap Slttfang
1632 tepten adjt ^efuiten nacf) ©agan jurüd, ntupen aber faum ein plbeg $ap
fpäter mieber fliepn. ®ie nur äufjerlid) fatfjolifcf) gemorbeiteit Bürger erbrachen
uitb plünberten bag Kolleg unb riffen bie $ird)e an fiep 21 lg üöJallenftein nad)
Vertreibung ber ©djmeben unb Vranbenburger 92oüentber 1633 nacf) ©agan tarn,
gab er bie $ircp ben ^efuiten jurüd5.
9?ad; ber ©rmorbttng SSaüenfteing (15. Februar 1634) mürbe bag Kolleg mieber
auggeraubt. ©rft nad) bem ^rieben oon Sßrag erpelten bie Qefuiteit am 17. ©ep«
temPr 1635 ip ©igentum jurüd. ^m $ape 1639 mußten fie innerplb jmeier Monate
breimal fliepn. ®ag ©pil bauerte fünf Qape6. Üiacf) iper Vüdtep im Qape
1644 fanben fie bag Kolleg üermüftet unb ntupen 1645 mieberum fliepn. 2)er
Obere, ber gurüdgeblieben, mürbe oon ben ©cf)meben gefangen unb tonnte fid) nur
burcf) ein Söfegelb befreien7. Slip nadjbem bie lebten ©djmeben 1650 aug ©c^lefien
1 33 1 er mann a. a. D. 66. — Sie Obern
in Sropbau toaren: P. got). ©eberini, 1631,
unb P. Stbalbert SRartinibeg , 1649. — ©eit
1644 beftanb and) eine Missio unb fpäter eine
Residentia Zemeticensis (elf SOieilen bon Srop«
bau), mo gemötfnlid) 2—3 »atred oermeitten,
bie aud) für bie 9tad)barfd)aft Stu§f)ilfe leiftcten.
2 g. Ärebg, ^Beiträge ju SSalbfteind fRe=
gententätigfeit im ^erjogtum ©agan, in geit«
fdjrift für ©efd). ©djlcfieng XLII (1908) 228 f.
Über ben Unterhalt ber gefuiten f. 5( r t f).
ipeiurid), 333atfenftein als ^ersog bon ©agan
(1896) 28 ff. — P. SBenjel Äucjer ptte aus
©üftrom am 16. gan. 1629 an 33ufaeu§ ge=
fdjrieben, im Aufträge be» Jperjoge! (ÜBallenftein)
tjabe er ben fßrobinsial ber böbmifdjeit fJSrobinj
um einige fßriefter gebeten, um fo batb al§
möglid) eine fRefibens in ©agan ju beginnen.
* Original Epp. ad Busaeum.
3 Sch midi III 842 926 ff 1020.
4 ©bb. III 929. »gl. Srebg a. a. D. 234.
6 S> e tj n e , ©efd). be§ 33i§tum§ »reslau III
1130 ff.
r' Schmidl IV 109 ff 205 601 f.
7 @bb. V 1 80 126 133 191. * Litt. ann.
Prov. Bohem. 1644, 1647 u. 1648.
Stiebcrlaffungen in ©djleficit: Sogait. — 0d)»eibnip.
367
abjogen, fomtten bie Qefuitcn nod) nid)t gleich gurüd. SDie proteftantifdje ©ürger-
fcf;aft fe£te ifjrer 91üdfef)r ben fcf;ärfften Söiberftanb entgegen, unb bie Qransi3faner
nerlangten nunmehr aud) il)rerfeit§ ba§ alte Slofter. (Srft 1652 mürben bie ©er«
fjanblungen abgefcf)lcffen unb bie Qefuiten in il)ren früheren ©efi£ mieber eingefefjt 1.
2)a bie ®efd)id)te ber Qefuiten in ©agan non 1632 an ein faft beftänbige§
Qlüdjten unb bie 9?üdfef)r ftet§ nur non furjer Stauer mar, tonnte non einer ein-
greifenben Sßirffamfeit feine fftebe fein. Sropbem mürbe jeber freie 2lugenblid be-
nupt. 2lu§ ber ÜÖäffion ©agan 1629 mürbe 1630 eine fftefibenj unb 1631 ein Kolleg
mit 4 fßrieftern, 2 SRagiftern unb 1 ©ruber. üliad) bem Katalog non 1633 maren
bort 5 ißriefter, tioit benen 2 in ben oberen mit 2 Sftagiftri in ben unteren @ram«
matifatftaffen mirften. 2lud) 1637 maren bie menigen ®d)üler (30) mieber in oier
klaffen üerteilt. Sie ßatpolifen machten bamal£ nur ben fünfjigften Seit ber ©e=
üölferung au§; bie ^roteftanten moflten burdjgängig rceber ju ben beibeit ^Srebigten
(am borgen in ber $farrfird)e, am 97ad)mittag in ber Qefuitenfircfte) fommen, nod)
fidf auf Unterrebungen einlaffen. 9)ian jäl)Ue 1637 nur 10 ®onüerfionen 2. Qm
Qaljre 1639 maren 4 fßricfter, 3 9)?agiftri unb 2 ©rüber in ©agan; feit 1638
patten fie ba§ öffentliche ©pmnafium ermatten unb jur fö'atedjefe burch Sluffüprung
üon fteinen S)ratnen einen grofen Qulauf bemirft, mäprenb 1637 nur 50 jur (Spriften*
fet)re gefommen maren3. (Srft eine fpätere Qeit fodte bie Qrucpt alt biefer ÜD7üpen
unb Seiben ernten.
Slm 20. Januar 1629 maren bie fiiecfjtenfteiner Dragoner in bem gang pro«
teffantifcpen ©cpmeibnip eingejogen. ©alb barauf famen für ben Unterricht auf
SBunfcp £>opna§ §mei Qefuiten au§ 97eiffe, ßpriafug Stirmiper unb (Spriftopp fetter.
(Später folgte ein britter au§ ©logau4. (Sin fdjlefifcper @efcpid)tfcpreiber ergäf)lt,
ben Qefuiten fei bie jroangSmeife ©efeprung jumiber gemefen unb fie feien beSpalb
halb mieber abgewogen. Sr beruft fiep bafiir auf bie im ©cpmeibniper ©farrardjiü
befinblicpe (pauggefdjicpte ber ©cpmeibniper Qefuiten, in ber e§ jum Qapre 1629
peifjt: Sie llnfrigen fapen gu ihrem größten ©cpnterj, bafj bie meiften bie fatpolifdje
Religion nur jum ©cpein annapmen, um fid) bie ©emalttätigfeiten ber ©olbaten
üom fpalfe ju fdfaffeu. Sa barau§ aufer oielen anbern 9>iad)teilen japlreicpe ©afri«
legien burcp ben ©cfjeinempfang ber ©aframente erfolgten, jogen fie fort nacp bem
jmei Steilen üon hier gelegenen fReicpenbacp 5. Sluch hier befcpüpten fie bie ©ürger
üor ben ©emalttaten ber ©olbaten, mofür ipnen bei ihrer Sfbreife ber Sftagiftrat
banfte 6.
Qm Qapre 1630 maren mieber 2 ©atre§ in ©djmeibnip, unb 1632 mirb bie
bisherige füäffion ©efibenj genannt7. Qm felben Qapre flogen aber bie Qefuiten
(2 patres unb 1 ©ruber) üor ben peranjiepenben ©achfett. Srei Qapre fpäter,
nacp bem Qrieben üon ‘fSrag, festen Oftober 1635 einige ©atre§ üon ®lap nad)
©cpmeibnip jurüd. 2lm 6. Sluguft 1635 hatte Äaifer Qerbinanb bem Sanbegpaupt«
mann befohlen, abermaplen jmei patres au§ ber ©ogietät Qefu bapin ju üerfchaffen.
1 Schmidt V 677; ogl. 805 ff 812. £et)ne
a. a. D. HI 1133. — 2U§ Obere »erben ge=
nannt: Salti], ßtulben, 1631; Gfjriftopt). Seiler,
1632; Saniel ©anber, 1633; Salentin 9(jt,
1636; 9Inbr. SOletfd), 1638; Saur. Saffofe, 1639.
2 Schmidt IV 385. 1638 toaren e§ fed)S,
1639 jioölf. * Litt. ann. Prov. Bohem.
3 * Litt. ann. Prov. Bohem. 2113 bramatifcfie
®arftellungen »erben 1639 bie Ijeiligen brei
Sönige unb Sfaa^ Opfer genannt.
4 Über bie 9In!unft ber Qefuiten gibt el ber=
fd]iebene iSarfteHungen : Sgl. Schmidt III
1081 ff unb So piep, 2)ie fatpolifdie Sfarr=
firdje ju ©d]»eibnip, in ^eitfdjrift für ©efd).
©d)Iefien§ XV (1880) 185; g'- S- ©d)mibt,
©efd). ber (Stabt @d)»eibnip II (1848) 37.
6 Satein. ÜTejt bei Sopiep a. a. O. 185’.
Sgl. bie 2)arfteIIung bei Schmidt III
1084.
« Schmidt III 1085.
7 gür ba§ golgenbe finb bie * Litt. ann.
unb * Catal. Prov. Bohem. benupt.
368
gfinfteä Kapitel. Sie 5fterreid)ifd)e ißroüinä.
tijneit fofort bie notmenbige SEBohnung einjuräumen unb ben Unterhalt aug ©traf»
geibern unb anbern Mitteln angumeifen1. SBegen be§ xfjnen 1629 übergebenen ißrebigt»
amteg erhoben fid) ©treitigfeiten mit bem Pfarrer, ben ber 23ifd)of am 16. 2luguft
1636 bat)in erlebigte, baff ben ^efuiten bie Slugfpenbung ber ©aframente unb in
Sfbiuefenfjeit beg Pfarrers bie Seitung ber Pfarrei übertragen mürbe. 2(13 ber Pfarrer
im folgenbett Qaf)re eine anbere Pfarrei angenommen, unb fein 9iad)fo(ger raegen
beg geringen Gsinfontmeng üergidjtet hatte, übernahmen bie Qefuiten bie gange Sßfarr»
feelforge, unb ber jemeifige Obere mar zugleich Pfarrer2.
^m $a()re 1642 mürbe bie ©tabt oon ben ©darneben eingenommen, unb bie
Qefuiteit, barnalg fieben an 3af)I, mürben gefangen, um ein Söfegelb gu erpreffen. f£a
fie aber nidf)t§ hotten, entlieh man fie nach gtvölf Xageit nach 23reg(au. ßraei 3alre
fpäter fehrten bie Qefuiten guriid unb begannen fofort mieber bie 2(rbeit in ©djule
unb ©eelforge3.
Sie proteftantifdje ©djule mar bereite am 12. ^u(i 1629 üom Sanbegf)aupt*
mann ben Qefuiten übergeben morben, jeboch hotte ber 23efef)l beg Köuiggridjterg,
bie Kinber in bie ©chu(e ber ^efuiten gu fdjiden, meitig @rfo(g gehabt4. SDie ©cbul«
tätigfeit hatten bie ^efuiten 1630/1631 unb bann mieber 1637 begonnen, im (epteren
Qahre mit 25 ©cf)ü(ern, bie big gum @nbe be§ ^alfreg auf 50 ftiegen 5. 3ahre
1638 maren eg brei klaffen, bie Oon einem s^ater beforgt mürben. 2(rme ©tnbenten
mürben burd) 2((mofen unterftüpt. 1640 gingen bie ©djulen big gur Humanität
einfdjtiehlid), unb Oftober 1644 mürben bie ©d)ü(er auf oier Klaffen oerteilt, ^m
^ahre 1647 ftanben bie oier ©rammatifalffaffen unter 2 Sßrieftern unb 2 Sftagiftern;
im folgenben 3ahre gab ein fßater and) ^Soefie unb 9U)etorif6.
$n ber ©eelforge gab eg oiele 2(rbeit mit ber Untermeifung ber Konüertiten;
1631 begann bie Katedfefe in ©t Barbara. SJfeift maren in ber ©eelforge 3 ijßriefter
tätig, ©eit 1636 hielt man an ©onn» unb gefttagen gmei fßrebigten; Oftober 1637
mürbe aud) bie Katecfjefe mieber aufgenommen, unb gmar 1640 in ber ißfarrfirdje.
©eit 1640 führten bie ©d)üler in ber gaftengeit gmeimaf in ber Sßodje f(eine s^af»
fiongfpiete auf, an bie fich eine 2lnfprad)e anfdjlofi. ®ie ißatreg nahmen fid) and)
ber (befangenen an unb geleiteten bie SSerurteiften auf bem £obe§gang. SDie Sage ber
©djmeibniper Qefuiten mar nteift feljr bebrängt. Singer bem ©tabtrat maren ifjre
^auptmohltäter ber Kanzler oon Oberg unb (braf ©tarhemberg, bem fie 1650 in
ber leiden Kranfheit unb im 2mbe beiftanben.
^n Dberdblognu 7 hotten bie ^efuiten in unferer $eit mieberhoft eine SJiiffiong»
ftation, befonberg im @cf)Iof3 ber ©rafen oon Dppergborff, bie fid) um bie ©tabt in
jeber SSegiefjung bie größten SBerbienfte ermorben hoben8. 2(m 16. 2(uguft 1593
faufte (beorg o. Oppergborff (1584 — 1606) bie £>errfd)aft, befonberg um fie bem
fatholifd)en ©(auben gu erhalten. ®ag mar auch ber (brunb, megf)afb er 1605
bringenb um einige ^efuiten bat. @g famen gmei ^atreg, bie burch $rebigt unb
Katedjefe bag oie(facf) abgefallene 2?oIf mieber gu geroinnett fuchten, aber mit geringem
1 SBortlaut bei Sch midi 80 f; ebb. 82 ff
bie S8erf)anblungen mit bem 9tat.
2 K o p i e p a. a. D. 188 f 199 (S c h m i d 1
IV 387); Sie ©treitigfeiten mit ber ’jibtiffin
Pon ©t Klara wegen bc§ ißatronatS 186 ff.
3 Schmidl V 79 341.
4 Sbb. II 44. ©dfubert, ©eleprte 33il»
bung in ©d)Weibnip, in Seitfdprift für ©cfd).
©d)Icfien§ XXXVII (1903) 185 ff.
5 Schmidl IV 387 f.
6 Sou bramatifdjen Aufführungen werben
erwälfnt: 1646 ShtpertuS, 1649 Homagium
litterarum, Apollo Svidnicensis comitiis comi-
cis. Sind) f$ronIeid)itam§fpiele würben auf»
geführt, j. 33. Agar in ber 2Süfte. Sgl. S c h mi d 1
II 56 unb ©örlid), ®efd). ber $farrfird)e 511
©dfweibnip 55 ff.
1 Sind) Klciu»@Iogau jiim Unterfdjieb Pon
©rofp@Iogau genannt.
8 §. ©djnurpfeil, ©efd). ber ©tabt Dber»
©fogau (1860) 57 ff. Äröfe a. a. D. I
792 ff.
Diiebertaffutigcu in ©d)Iefiett : CbeV’Etogau. — 93re§tau.
369
©rfotg. ®a ©eorg n. Oppersborff fcfjon im fotgeitben Qapre ftarb, ging bie SCRiffion
mieber ein. ©ein ©rbe, ber erft 18 Qapre alte Qop. ©eorg o. Oppergboff, mar bem
SInfturm ber fßroteftanten nod) nicpt gemacpfen. ©rft fünf ^af>re fpäter, 1611, taut
P. ©priftopp SDombrinug, meint er frei non ber ©cpute mar, an bett ^efttagen, nm
bag begonnene SBer! fortjufefjen V ©ine fotcpe Stugpilfe mürbe aud) in ben folgenben
Qapren geleiflet, big Qopann ©eorg 1615 auf feine bringenben Sitten mieber eilte
längere fünfmonatige 9)tiffion erpiett. ÜDtitte Stprit 1615 begannen jmei patres bag
SBerf unb biegmat mit befferent ©rfotg bei fßroteftanten unb fö'atpotifen, obgleidj
ipnen bie Äanjetn nerfcptoffen bliebett. Um fo mepr mirften fie bei ben Sirmen unb
Sertaffenen. Unter anberem erneuerten fie eine fOJarianifcpe „Siteraten»©enoffenfcpaft",
bie aufjer anbern frommen SEBerfen ben ©ottegbienft bttrcp äftuftf unb ©efang Oer»
fdfjönerte1 2. ©päter, int Qapre 1624, maren mieber mehrere patres in ©ber=@Iogau,
tno fie mit großer Qreube atg alte Sefannte unb 2BoE)ttäter empfangen mürben, mie ber
Seridjt fagt3. f£)ie religiöfen Unruhen in €ber>©togau, bei benen bie ^roteftanten
„ftarfe potitifdje ©i^effe verübt", fanbett ipre ©rtebigung bttrd) bag faifertiepe DWigiong*
ftatut nom 9. Stprit 1629 4, metepeg nicpt junt menigften ber ©nergie be§ ©rafen
©eorg 0. ©ppergborff ju nerbanfen mar.
©raf ©eorg, „ber größte unb ebetfte Slpn" ber ©ppergborff, mie fein Sater
ein treuer Qreunb ber Qefuiten — ein @efd)id)tfcpreiber nennt if;n „ein £>erj unb
eine ©eete mit ben Qefuiten"5 — , bat bann nod) mieberpott um Qefuitenmiffionen.
Stug einem Sriefe beg ©eneratg Sitettegdji tmm 23. ££Rär§ 1641 an P. ©priftopp
©epeiner gept perbor, bap bamatg Qefuiten bei bem ©rafen maren, bie abberufen
merben füllten, aber auf bie Sorftettungen beg P. ©djeiner pin betaffeit mürben6.
Qn bett Qapregbericpteit ber böpmifdjen Srooin,$ 0011 1647 1650 mirb mieber»
polt ber SJtiffion ber fßatreg, bie am £mfe beg £>errn ©eorg, Steicpggrafen bon
Dppersborff, meitten, ©rmäpnuttg getan, iprer jeitmeilig gepinberten ißrebigttätigfeit,
befonberg iprer Slrbeiteit in ben Werfern unb §ofpitätern gebaut, bie bem Sötte,
bag fo etmag nod) niefjt gefepen, befonberg gefielen. Qn ber ^armodje 1647 mürben
mepr atg 300 Settier reidjticp befepenft, unb ein Saffiongfpiet aufgefiiprt. Qm
Qapre 1648 btüpte befonberg bie Äatecpefe, bie aug Stange! einer ®ird)e im grofjett
fRatpaugfaate abgepatten mürbe; baratt feptoffen fid) im ©ommer Äinberprojeffionen
mit berfepiebenfarbigen Qapnett, bei benen fromme Sieber in ber Sotfgfpradje ge»
fungett mürben; baburd) berbrängte matt bie päretifdjen Sieber. Stud) in bem
folgenben Qapre 1649 bertegten jmei SoUeg ipre §auptroirffamfeit auf bie ©priften»
tepre, bie man in biefem Qapre aud) in potnifdjer ©praepe gab. ©eit 80 Qapren
mürbe 1649 jum erftenmal mieber bie Qirmung gefpenbet an über 5000 Serfonen.
Qm folgenben Qapre öffnete fid) aud} mieber bie ißfarrfanjet für bie beittfdje föatecpefe
unb bie ä'anjet in ber Qraitäigfanerfirdje für bie beutfdje $ßrebigt\
©epr fpät tarn eg ju einem neuen Serfud) in ber Sanbegpauptftabt. Sttte Se»
müpungen, ein Qefuitenfotteg in Srestau ju begrünben, maren im 16. Qaprpunbert
erfolglos geblieben8, unb aucp in unferer Seriobe füllten biefetben auf bie größten
tpinberniffe ftopen. ®ie größte ©djmierigteit tarn non feiten beg Siagiftratg. „®ie
Sregtauer ©inmopnerfdjaft", fo fd}reibt ber neuefte proteftantifepe ©efd)id}tfdjreiber
©djtefieng, „mar ftarr proteftantifcp unb gerabe^tt unbutbfam gegen Stnberggtäubige.
1 Schmidt II 415 437 633 f.
2 Ebb. II 789. *Litt. ann. Prov. Austr.
1615.
3 Schmidt III 575.
4 ©cf) tut rp feil a. a. D. 79 83.
6 Georg. Crucigerus (Crüger) S. J.,
Su^r, ©efi^idöte ber 3e(uitett. II.
Sacri Pulveres III (1667) 26. ÜBfll. H eil el i us,
Silesiographia renovata VII (1704) 170.
6 * Drtg.»9{cg. Ad Bohem.
7 * Litt. ann. Prov. Bohem. 1647 — 1650.
8 ÜSgL 23b I, ©. 169 ff. fafttter, 9(rd)io
I 136 f.
24
370
günfte§ Äapitel. $ie öfterreidjifdje SfJroöinä.
®ie ftäbtifcfje Sermaftung berief ju allen ihren Ämtern, aucf; ben unterften berfelbcn,
niemanb, ber nicht bem eoangeIifd)dutherifd)en Söefenntniffe jugetan gemefen märe.
®ie Äatf)ofifen Ratten innerhalb ber (Stabt feine ^farrfirdfe, bis auf bie 3eiten ber
^efuiten feine eigene Schule; ifjre £eicf)enbegängniffe mußten ganj in ber ©tide er»
folgen, unb bie fird)fid)en gefte blieben auf bie ©ominfef befdjränft." 1 2fn biefer
Unbulbfamfeit fcfjeiterten alle Serfuche, bie Qefuiten nacf) SreSfau juriicf^ufübren.
©in ©erüdft, bie ^efuiteit modten fid) beS ftfofterS ©t Sfbalbert bemädjtigen, fjatte
int Qafjre 1608 bem ißöbef genügt, einen ©turnt auf baS Ädofter ju madjen, bie
ftirdje ju entmeif)en, baS Slderfjeiligfte ju entreißen, bie Silber mit Seifen ju ger*
fdffagen2. Später, 1632, bade fid) Samormaini lebhaft für bie ©rridjtung eines
ÄodegS in SreSfau bemüht 3 unb Urban VIII. am 20. (September 1633 baS Tonnen«
ffofter ©t $fara für ein $odeg in SreSfau beftimmt4, aber tropbem fam nichts
3n ftanbe.
©nbfid) gelang bie ©infüf)rung einiger patres einem guten greuttbe ber ^efuiten,
bem ßonoertiten Heinrich Zpartmann, ber 1629 gutn ^3räfaten (SJZeifter) beS £reu3=
herrenftifteS @t SDZatthiaS ermähft morben mar5. Söegen beS 9Zate3 aber magte er
nicht offen biefefben einjuführen. ©r bebiente fich beS bamafigen ^ammerpräfibenten
oon ©chfefien, beS greif)errn o. ©chedenberg. SDiefer führte am 20. Februar 1638
in ber gefdjfoffenett ^utfdje beS Prälaten bie beiben QefuitenpatreS Johann SBajin
unb Heinrich fßfeiffchmibt in baS 2JZattf)iaSftift. P. Söajin begann am 24. gebruar
in ber Kirche beS ©tifteS feine ^Srebigten. ,,©r fpracf) mit fo ungemeffenem Seifade,
bafj ber 9Zuf feiner großen Serebfamfeit fid) rafch über bie gan^e ©tabt oerbreitete
unb $atf)ofifen foroof)f afS ißroteftanten in nicht geringe Serttmnberung oerfefcte.
©eine bafb barauf gehaltenen gaftenprebigten gogett eine fofdje SJJZenge ber 3uf)örer
herbei, baff bie engen dZäume ber ffeinett ©tiftSfirdje ... bie 3ahi ber heebeiftrömenben
^ird)enbefucher nid)t ju faffen üermodjten." 6
Über biefe erften ©rfofge fcfjreibt P. Sßajiu am 1. DJfärj 1638 an ben böhmifchett
ffSroüinjiaf ÜDZartin ©treboniuS : 3u ben fßrebigten ftrömen &'atf)olifeu unb 2lfatf)ofifen
in großer 3df)f herüei unb hören unbemegfid) 31t. SDie futherifchen ißrebiger oerbieten
ben Sefucf), aber oergebfid). ©ie 2ffatl)ofifen fefbft nehmen biefeS Serbot übel. Sicher
unb heiter gehen mir burd) bie ©tragen, grüßen ade, bie uns begegnen unb merbeit
mieber gegrüßt. ÜDZein @efäf)rte hat mit bem $atedjiSmuS unb ben Schulen nod)
itid)t begonnen, meif unfer Ißräfat, ein ffuger unb frommer SDZann, für b eff er
hält, noch etmaS 31t märten, bis bie SreSfauer bttrch bie ißrebigten mifber ge»
ftimmt merben, unb unt feinen ÜUZitbrübern, mefche Knaben unterrichten, feinen Sfnfaff
311m ÜDZurren gegen uns 3U geben. ®ie ®omf)erren unb (perr Senebiger (?) loben
nufere Arbeiten gar fehr. SDie 3ahf her 3uf)örer mächft täglich, unb mir erfreuen
uns beS lieben griebcnS. ÜDZöchte hoch bafb ein ®odeg hier errichtet merben, unb
möchten bafb Sfrbeiter itt biefen ebefn Sfd'er fommen! Qch h°de jebe Siertefftunbe
für oerforen, in ber nidjt nad) 9JZögfid)feit für baS $odeg gearbeitet mirb. ÜDZüge
baS 2fuge ©ro. Zpodjmürben nicht ruhen, bis für baS Singe ©cfjfefienS geforgt mirb!
1©rünl)agen, ©efd)id)te ©d)Iefiend II
(1886) 333.
2 33äoöiu§ am 30. 3>eft. 1608 an bctt fßapft.
* Original in 9tom, Arcli. Vatic. Borghese III
126 a. 5ßgl. 58äooiu§ an 93orgl)cfe, 13. guli
1608, ebb. III 107 e f unb 58b I, ©. 173 f.
3 * $itelle§d)i an Samormaini, 16. Oft. 1632,
Orig.=9ieg. Ad Austr. 4 * ®opie in fHont,
Staat^ardjiD, Gesü Inform. LXXVIII 378 ff.
5 ©djitnmelpfennig, ®ie ^efuiten in
33reblau mäljrenb beö erften Satnäef)nte3 i^rer
fJZieberlaffung, in 3eüfd)nft be§ 58erein§ für
©efd). unb 2lltertum ©d)Iefien§ XXIV (1890)
178—216.
6 öetjne, ©efd). bc§ 93is>tum§ 33re§Iau III
(1868) 421. 35g(. ©djimmelpfennig a. a. 0.
180.
Ü?ieberlaffungen in ©dfjtefien: SBreSlau.
371
grüfjt mein ©efä^rte, ein efjrlicfjer itnb frommer Mann, ber fchon an einem
beutfcfjen Dialog für baS ^eilige ©rab arbeitet1.
Um eine geräumigere Kird)e für bie $rebigtett ju oerfdjaffen, oermodjteit baS
£omfapitet unb bie faiferlidje Kammer am 2. Stprit 1638 ben 2t 6t beS ißrämonftra-
tenferftiftcS ju ©t SSinjens, ben s^5atreg bie Kantet ber großen ©tiftSfircfje ju über¬
taffen. Studj tjier hatte P. 2Bajin großen 3utauf, unb feine einbringtidjen unb grünb-
(icfjen ^rebigten madjten tiefen ©inbrucf2. SDieS beftätigt and) P. SÖBagin in einem
meiteren Briefe an ben ^rooin^iat ©treboniuS oont 28. Stprit 1638. ®en Katechismus
hat P. ^einrid) (fj$feitfd)mibt) am gmeiten ©fterfonntag in ©t Matthias um 2 Uf)r
angefangen, bamit nidjt bie beutfcfje fßrebigt ber fßatreS SDontinifaner, metdje um
1 Uhr in ©t Stbatbert gehalten mirb, eine Störung erteibe unb biefe ißatreS, bie
unS alte Siebe ermeifen, feinen Slntafj jur Klage haben. Sitte OrbenSteute finb uns
bereits gemogen, mie audj bie SDomtjerren unb atte Katfjolifen großen STroft über
unfere 2lnmefenf)eit empfinben. 3n ber erften Katedjefe mar eine fotdje Menfdjenmenge
beiber Konfeffionen, baj) unfer fjodjmürbigfter ©aftherr üor £roft ber tränen fid)
nid)t ermeljren fonnte. 2lm felben £age begann ictj bie ©obatität Mariä Reinigung
mit jungen (jpanbroerfern3; eine Sitrgerfongregation ju erridjteit, erfdjeint nidjt rätticf),
bamit eS nidf)t ben 2lnfd)ein geminnt, atS mottten mir bie fRofenfransbruberfdjaft
tjinberu, unb um nidjt bie SDominifaner 3U oertepen. 3n ber erften Serfammtung
bjatte idj 3mötf £>anbmerfer. Unfern Semüf)ungen fetjen fid^ bie fßräbifanten ent¬
gegen, burd) SDrofjungen finden fie ben Sßefud) unferer ’prebigteit 3U öertjinbern; audj
ftetten fie ©pätjer auf, metdje bie Sefudjer oermerfen; bie Sefudjer merbeu non ben
^Srebigern 3itiert unb nermarnt. Sin einigen ©onntagen fdjienen fie uns baS futfjerifcfje
35otf abfpenftig gemadjt 3U haben, aber am testen ©onntag mar ber gubrang größer
als je oorfjer. Unfere proteftantifdjen 3uprer tabetn uns nidjt nur nidjt, fonbern
empfehlen unS. 2öir oermeiben jebeS Söort, baS fie oertefjen fonnte. P. 2Sa3in
mad)t bann oerfcfjiebene SSorfcfjtäge für eine 9tefiben3, entmeber in einer teerftefjenben
SBotjnung auf ber Surg ober in einem §aufe beS fetjr gemogenen ®omt)errn
©erin beim ^ofpitat ©t Matthias ober in einem .jpaufe bei ©t 33in3en3. Unfer
©aftherr bietet uns in großer oätertidjer Siebe an ein meitereS fje^bareS 3ininier/ eine
gute 93ibIiotf)ef, eine gefonberte gute Sraftation in nuferem 3itnmer ober in ber
Sibtiottjef (benn bisher haben mir immer im Konoent mit beit patres gefpeift), Söein
unb 93ier bei Sifdj, fürs er bietet unS fein §er3 unb att baS ©einige an. §ier fönnen
mir ficfjer motjnen, ber £ifd) ift gut, atte §auSgenoffen finb uns fe^r gemogen, nier
ißatreS fönnen gut hier unterfommen. S)ie Schuten fönnen teitS in ber 9?adjbarfdjaft,
teils im (pofpitat untergebracht merben, bis ber Kaifer uttS eine SBofjnung anroeift,
für bie P. Samormaini ficf) fetjr bemüht. P. Samormaini fdjreibt, bah ihm ^e ©orge
für baS SreStauer Kotteg nom P. ©enerat angetegentlichft empfohlen fei. Stucfj P. ©ans
(ber Seidjtoater gerbinanbS III.) hat oerfprodjen 31t tun, maS er famt.
Über bie ©enbung je eines fßrofefforS für Moral unb Kontrooerfe, bie fetjr 3U
münfdjen märe, mitt P. 2ßa3in fpäter üftäfjereS berichten. Siiemanb arbeitet non ben
SreStauern fo eifrig für uns mie £>err 0. Senebiger, ber fid) unS mirftich atS ein Sater
ermeift unb nur barauf auSgeht, unS äöofjttaten 31t ermeifen, unb 3ttmr, roenn nötig,
fetbft mit ©efahr für fein Sebeit. P. (peinrid) arbeitet tüchtig unb fromm, fo baf)
er Sob unb @mpfel)tung oerbient. @r mirb üott allen geliebt megen feines geraben
SBefenS unb feines (SiferS für ben Unterridjt ber 3u9en^- ®r ^)at ^0 ©djüter.
iftcutich mottte ein s^rebiger in ber Seicht eine ®ame nicht abfotüieren, menn fie
1 * Original in® icn,@eh.©taat§ard)iD,@eiftI. 3 Ü6er biefe Sobafität bgf. §et)ne, @cf)fe-
'litteu 488. 2 § et) ne a. a. D. III 421. fifd)eS fiirdjenblatt XXX (1864) 17 ff 198 ff.
24 *
372
günfteä Äajritel. ®te öfterreid)ifd)e fßrobittj.
ifjren ©offn nicfft aug unserer ©djule fortneljme, aber bie Same fjat geantmortet:
„SßöKt iljr lutfferifdfe fßräbifanten inicE) nit abfolüieren, fo lafjt eg ftefjen, icfj will
fdfon einen anbertt finben." 1
£erbft 1638 famen itocfj jmei ^atreg, unter ifjnen P. Julius Sotu riug. 3ur
felben 3e't 3°3en bd ülefuiten dt ba§ bei @1 SDZattfjiaS gelegene ©dföttaidjfdje £>aug,
itnb fo fonnte 1639 bie bisherige „Miffion" Sfofibenj roerben. 3e§n 3a^re später,
1649, erfolgte bie Srfjebung jum Solleg2. Sie fleine fHefiben§ jaulte halb 6 fßatreg,
oon benen 2 alg fßrebiger befdjäftigt waren, einer SSorträge über Sontroüerfe unb
Moral fjielt, 3 in ben klaffen beg ©pmnaftumg wirften. Sateinifd^e SSorträge über
Sontroüerfe unb Moral fjatte P. Soturiug fdjon §erbft 1638 juerft in ber äBoljnuitg
angefangen, bann 1639 in @t Matthias fortgefetjt; feinen 3i$örern, bie aug Sreu3»
Herren, Sanonifern unb Saien, barunter aud) fßroteftanten, beftanbeu, gab er Siftate
jutn ©tubieren. Sie Spulen mürben langfam, aber ftetig erweitert, 1640 würben
Humanität unb fRfjetorif, 1643 — 1645 bie brei pffilofopfjifdfen Surfe beigefügt; 1644
begannen 23orlefungen über Matljematif. ©roffen Slnflattg fanben bie jeben fjreitag
ftattfinbenben Simulationen. Sie 100 ©djüler Oont ^at)re 1638 Ratten ficf) 1641
tnefjr alg oerboppelt, befonberg famen oon auffen oiele Slbelige aug ©d)lefien unb
fßolen. Sag erfte ©djaufpiel führten bie ©djüler 1641 üor einigen taufenb 3U’
fdfauern auf ber faiferlidfen 23urg auf, eg fjieff ber „ütfjeift"; 1642 folgte ber
ägpptifdje 3ofePf)- 3m Sa^re 1649 jäfjlte bag Kolleg 10 fßriefter unb 5 Magiftri,
aufs erb ent nod) 5 ©d^olaftifer, bie fpijilofoplfie gürten, ©cfjon 1640 Ijatte man ein
Sonoift begonnen, bag Oftober 1641 ein eigenes tpeint bei ©t Slgneg erhielt. 3tDei
3afjre fpäter wirb in ben Qa4;reSberid;ten auffer bem Sonoift nod) ein £aug für
arme ©tubenten erwähnt.
3n ber ©eelforge waren 3 fßatreg alg ^rebiger befdjäftigt; im Qaljre 1647
Ijatte man 2 ftänbige beutfdje fjkebigten in ©t SSinjenj unb ©t Mattfjiag, 1 lateinifdfe
in @t SIgneg. Saju famen bie Arbeiten für 3 ©obalitäten, 2 lateinifdfe für Herren
unb ©tubenten unb 1 beutfdf e ; bie leidere für Arbeiter f alte 1648 aud) eine ©par*
faffe gur Unterftüfjung ber Mitglieber. Srof) all biefer Arbeiten fonnte man nidft
jum 93au eineg eigenen SoHegg gelangen.
Sa bag ©df önaidffdje £>aug feinen genügcnben 9?aum bot, wollte ber Saifer
ben fßatreg 1644 bag 3drotinfdje §aug übergeben. l*ent ©djreiben an ben
SBreglauer 9iat febt ber Saifer fjerüor: Sr erinnere fidj gar wo 1)1 ber burdj ben
Präger griebeng* unb SZebenregeff ber ©tobt öerfidf erten freien fReligionsübung unb
werbe iljr in berfelben feine S3ef inberung nocf) Seirrung gufügen laffen; aber er Oer»
fefje fid) aud) in ©naben, bie ©tobt werbe foldjeg gleicffaflg tun unb ifjm in 33e-
ftellung unb Srfjaltung beg fatf)olifdjen ©ottegbienfteg bafelbft Weber 3ed nodj Mafj
oorfdjreiben, nod) weniger einen Sintrag tun wollen. Sr wolle ifjnen oielmef r fjiermit
in ©naben anbefofjlen Ijaben, gebadfte Patres Societatis Iesu unb alle if re Slm
gehörigen in ben ©d)ut$ ber ©tabt ju nehmen, in gemeiner ©efuritüt ju If alten, bei
if rem f eiligen fatf olifrfjen ©ottegbienfte unb anbern djretn geiftlidjen Instituto an>
fjangenben gottfeligen Übungen ruf)ig, frei unb unbeirrt oerbleiben gu laffen.
Ser 3üat wanbte fid) an bie fdjleftfdjen dürften unb ben Surfürften oon ©adffeu
um Qnterjeffion, nidft allein um bie Srangferierung ju oerf inbern, fonbern aud) um
bie Sntfernung ber Pfaden aug S3reglau3. 21n ben Saiferfjof würben 5Wei 91atg»
1 * Original in SBien, @taat§ard)iD a. a. 0.
2 0o nad) ben * Catal. Prov. Bohem. Stad)
ben 3cü)t'e3berid)ten toäre ba§ fdjon 1646 ge-
fd)el)ett. 3)a§ golgenbe nad) ben * Litt. ann.
linb * Catal. Prov. Austr. itnb Prov. Boliem.
Ißgt. Schmidt III 3 6; IV 456 ff 558 ff; V
122 ff 722 f.
3 6d)immelf)f ennig a. a. D. 189—195.
Sie Bielen 0d)rt>ierigfeiten in S3re§Iau fdjilbert
aii§füf)rlid) al» Slngenjenge ber erfte SReftor
fRiebcrlaffungen iit ©djlefien: S3reslau.
373
mitgliebcr abgeorbnet, bie bort mehrere ÜDJonate bie Stngetegentjeit betrieben unb bei
bett faifertidfen Beamten fein (Selb fparten* 1. Stuf baS ©cffreiben beS States, worin
er bie 23ebcnfeit gegen bie ^iefuiten auSeinanberfefjte, ermiberte ber ^aifer, beS 9iateS
23efiird)tungen feien unbegründet; bie allgemeinen, auS ben Schreiben ber dürften unb
©tänbe ©djtefienS an Äaifer Diubolf angelegenen 23efdjutbigungen gegen bie ^efuiteit
feien unermeiStid) 2; unb wenn aud) bie S3orfaf)ren beS ^aiferS ben fßroteftanten freie
9ieIigionSübung jugeftanben tjaben, fo Ratten fie bod) feineSmegS bamit bie Slbfidjt
gefjabt, „bie eigene fatfjotifdje Religion ifjrer Sibertät 31t prioieren" ; ber 9tat bürfe
bem föaifer nidjt „Söiaf) unb $iet öorfdjreiben, wie unb auf waS SGöeife ^ifjre
sD7ajeftät ben fattfotifdjen (SotteSbienft unb ben ©amen ber Zeitigen fatlfolifdfen ^ircfje
in ©tabt unb Sanb gepfbangt unb ermatten miffen motte". der ^aifer gab ficfj aber
jufrieben bamit, bafj, wenn eS bem 9iat unb ber 93itrgerfcf)aft fdjwer fatte, ben ^efuiten
baS ßierotinfcfje £>auS ju gönnen, ber 9tat fetbft fiir biefetben einen bequemeren Ort
auSfucfje unb oorfcfjtage3. die weiteren 23emüf)ungen beS 9iateS unb feiner (Sefanbten,
bie Qefuiten ganj ooit SreStau fortgufc^affen, wie man bieS fdtjon 1642 bei (Setegen*
f)eit beS ©inmarfdjeS dorftenfonS in ©djtefien unb feines ©iegeS über baS faiferticfje
(geer anftrebte 4, ffatten feinen ©rfotg 5.
der £aifer wieg ben ^efuiten bie ©anbinfet üor ben 9J?auern 93reStauS an jum
93ait eines $ottegg. £jn f°9- „Singer Siejefi", batiert Sing, 10. 3flnuar 1645,
beftimmte ber ßaifer unter anberein6: dag fö'ottegium famt ®irdje unb ©d)ute fott
fobatb als mögticf) auf bem auSgejeidjneten Orte beS ©anbeS gebaut werben. der
3Befu(f) itjrer ©djute auf bem ©anb barf Weber bireft nodj inbireft abgeftettt ober
oerboten, unb Bürger, wetcfje itjre ßinber bafjin fdjiden, bürfeit nicfft betäftigt
werben. ^rernben ©cbütern fott Weber 2öoI)nung nod) Ä'oft oerweigert werben. dem
9tat fott an feiner QuriSbiftion fein ©intrag gefdjefjen; bod) finb bie SJtitgtieber ber
(Sefettfdjaft in personalibus üon beS 9tateS .Qurigbiftion ausgenommen; üertjaftete
©djüter muffen bem 9feftor jur 93eftrafmtg ausgeliefert werben mit SluSnafftne üon
tobeSwürbigen SSerbredjern. dagegen bitrfen aud) bie ißatreg feinen föriminat*
oerbredjer aus ber ©tabt bei fid) aufnetjmen. Sitte fßroüofationen junt disputieren
über (StaubenSfadjen werben in ben ©deuten auf beiben ©eiten unterfagt, beSgteicfjen
baS durd)!)ecf)etn auf ber föanjet. den ©tubenten beiber föonfeffionen ift baS SBaffen*
tragen üerboten. dem $otteg wirb oerboten, S3reStauer ^inber offne ißorwiffen ber
©ttern ober fSormüitber bei ficf) aufjunetpnen ober an anbere Orte gu üerfdficfen;
3uliu3 SoturiuS iit feinen Quattuor persecu-
tiones Soc. Iesu Wratislaviae 1642 — 1648,
abgebrudt bei §et)ne, ©efd). be§ 93i§tum§
23re§lau III 423 — 431. 6ine anbere 2Serteibi=
gung non SSajin bom 5. Slug. 1641 an ba§
Oberamt in 23re3lau im bortigen ©taat§ard)io
J J J 29°, augcfiibrt üon ©djimmelpfennig
a. a. 0. XXIV 184.
1 © d) i m m e I p f e n n i g a. a. 0. 201 ff unb
§epne, ©efd). be§ S3i3tum§ 93reglau 425,
Sinnt.
2 ©d)imntelpf ennig a. a. 0. 204 f. ©ieffe
ebb. 181 ff ba^ Überlaufen ber ©cbüler anberer
Slnftalten öen gefuiten unb ben angeblichen
Übermut ber Sefuitenftubenten gegenüber ben
fJSroteftanten. ®en Sefuiten [teilte ba§ 2)om=
tapitel unter SSettupung ber Sitten unb fjßroto*
tolle ein ßeugniS au§ unb becfte bie Serlcum»
bungen ber ©egner auf. Siehe § e h n e a. a. 0.
425, 21.
3 ©chimmelpf cnnig a. a. 0. 207.
4 Hist, primi decennii coli. Wratislaviensis
bei § e h n e a. a. 0. 423, 21. 2 unb © cf) i m m e I*
Pfennig a. a. 0. 185 ff.
5 Hist. coli. Wratislav. bei ifjebae a. a. 0.
425 f, 21. (Secunda persecutio) unb ©cbimmeh
Pfennig a. a. 0. 212 f.
6 ®er SRejef; abgebrudt bei SReinfens, ®ie
ünioerfität ju 23re§tau (1861) 61 ff. Slu^jug
bei © d) i m m e l p f e n n i g a. a. 0. 213 f. 2lm
14. San. 1645 fanbte ßoturiu§ att§ Sinj bie
^auptpunfte be§ 9?eäeffe§ ait ben böhmifchen
fRroüinjial, mobei er bemerft, bafj bie oom
^aifer ben Sdmtea auferlegteu 93ebingungen
auf ^Bitten ber 23re3lauer erfolgt feien. * flopie
in Bohem. Fund. IV 173. Über bie Slerhaitb*
luttgen in ßittft ©djimmelpfennig a. a. 0.
XXIV 208 ff. Ser §of mar am 10. Ott. 1644
megen ber Snfeftion oon ©ber^borf nach Sins
oerlegt morben.
374
fünftes St'apitcl. Sie öfterreid)ifd)e iproüinj.
bagegen foß aber aßen Gsttern freiftefjen, ihre föinber itt bie ©djuten ber Qefuiten 51t
fdjiden. (Snölidj barf bag Äoßegium nur für feine eigenen Sebürfniffe 93ier brauen.
©rop beg entfdjiebenen faifertidjen Sefefjteg fudße ber fRat ben Sau be§ $oßegg
auf äße Söeife 3U berfjinbern unb betrieb bieg aucf; bei ben ©efanbten beg SBeft-
fätifdjen fyriebengfongreffeg. 2t nt 25. ^uti 1646 fc^rieb ber furfädjfifdje ©efanbte
in fünfter an ben faifertidjen (Seneralbeüoßmädjtigten @raf ©rautmanngborf, ber
$aifer möge ben Sau beg Qefuitenfoßegg im ©anb ju Sregtau oerbieten. ©raut-
manngborf antwortete am 14. Sluguft 1646, ber Äaifer moße fidj in Sejug auf bie
Religion in feinen eigenen Säubern oon ben ißroteftanten nid)tg borfdjreibcn taffen,
wie fie ja fetbft in ifjren Säubern fidj nidjtg oorft^reiben tiefjen1. ©ann ging ber
9iat nod) einen ©djritt weiter unb berfucljte bie 2tugfdjtiefjung ber Qefuiten aug
Sregtau in bag ÜBeftfätifdje $riebenginftrument bringen ju taffen. ©ie ißroteftanten
begehrten in ihrer ©eftaration 00m 23. gebruar unb 8. 2lprit 1647, baff bie ^efuiten
fowofjt in atg üor ber ©tabt Sregtau auggefdjafft würben; beggteidjen bertangten
bieg bie ©djweben in ifjrer ©eftaration bom 8. 9Jfai 1647 2; aber bie faifertidjen
©efanbten blieben feft3.
Strgertidje unb gefäfjrtidje ©^enen erregte im fotgenben $atjre 1648 ber ^Stan
ber faifertidjen Kammer, bie S0?önd)e beg Ätofterg ©t ©orottjea in ein anbereg Ätofter
311 berfetjen. ©ie faifertidje Kammer unb bag ©omfapitet Ratten an ben ®aifer he-
richtet wegen beg ärgertidjen Sebeng ber SJJöndje; in einem Qaljre hatten brei berfetben
fowofjt ßatfjotifen atg ^roteftanten grofjeg Strgernig gegeben, ©er ißrebiger beg
ßtofterg, ^otj. ©amfon, war apoftafiert4. ©er ^'aifer befatjt ber Kammer, bie Stöncfje
aug bem £’Iofter augjuweifen. ©er SKagiftrat war bamit einberftanben. 2l(g bie
faifertidjen ßomtniffare, an ihrer ©pitje ber STammerbireftor Sobfowife, am 27. fyebruar
1648 im Ätofter erfdjienen, würben fie bon bem ^rooinjiat ^fjdipp Soneor befcfjimpft.
28ie nun bie bereitftefjenben ©otbaten natjten, läutete ber jßrobin^iat ©türm unb rief
bag gufammenftrömenbe Sotf gu |)ilfe gegen bie .Qefuiten, bie fidj beg SHofterg be=
mädjtigen Wüßten, ©ag genügte, ben proteftantifdjen Ißöhet in SBut ju bringen,
©ie ©otbaten bermodjten nidjtg augjurichten. ©ie Sürger würben gu ben SBaffen
gerufen unb tjietten ben bon ben Sßföndjett jur Sertreibung ber ^efuiten aufgeftadjetten
göltet bon weiteren (Steffen ab5, Über biefen ©umult fcfjreibt ätiartinitj in einem
Sriefe bom 14. ÜDßärj 1648: ©ie Unfatfjotifdjen tun nidjtg anbereg atg burdj ©djrift
unb ©raftaten unb ^rebigen gegen ber fatfjotifdjen ©eifttidjfeit gotttog ffanbatofeg
Sebeit mit allerlei £>iüigfeit ju futminieren; unb wenn biefeg ©rtg fotdje ärgertidje
1 2Bortlaut ber beiben ©d)rciben in Meyern,
Acta publica III 322 ff.
2 (5bb. IV 95 200 527.
3 Ilber bie ©egenbeftrebuitgen beS P. Go-
turiuS unb P. Görler f. ©djimmefpf ennig
a. a. 0. XXV 83.
4 21. Saftner, 9Ird)io für bie ©efcf). beS
93iStumS 23reSlau III (1863) 305. §epne
a. a. 0. III 427. ©djimmelpf ennig a. a. 0.
XXV 93. gür bie frühere ßeit ügl. 51 a ft n er,
2lrcbio I 211.
5 ein ausführlicher Bericht oon GoturiuS Oom
28. gebt. 1648 in SBien, ©eh-StaatSarchio, ©eiftl.
2lrd)io 421. 2luS biefem 23erid)t geht heroor, baff
bie ^efuiten oon ber Gpefution üorher wufjten
unb uid)t ohne ©orgc beSbalb waren. 23gl. ben
33erid)t beS GoturiuS bei ipepne a. a. 0. III
427 unb Schuiidl V 373 ff. Ser 93reS-
lauer ©efanbte fßein fchreibt am 11. 9Jtärs
1648 an ben fRat Don SBreSlau: „@raf SDtar*
tinip habe ihm aufgetragen, feinen $rhtjipalen
ju utelbeit, baff Shvo SXajeftät nie Willens
g e w e f e n , bie Sefuiten in baS Älofter 311
@t Sorothea gu laffen, weil baS wiber bie ju
Sins gegebene erfte fRefotution laufen würbe,
nach Welcher bie Ss^fuiten außerhalb ber ©tabt
fein füllten." Hub am 28. Sütärj berichtet ipein :
„Sie Qefuiten würben baS Älofter nidjt erhalten,
eS würben wohl anbere, mahrfcbeinlid) Äapw
äiner, fubftituiert Werben." ©djimmelpf ennig
a. a. D. XXV 93 f. ©djimmelpfennig wirft
uid)t ohne ©runb bie grage auf: „£>atte benn
ber Saifcr überhaupt baS 3ted)t, tülondie aus
ihren Slöftern eigenmächtig su oertreiben unb
in anbere Möfter 511 oerfepeu?"
SHeberlaffungen in Dftpreufjeit: 53rauu§berg.
375
Verfemen geftraft unö amoöiert irerben füllen, jo finb fie (Diejenigen, bie eS mit
@emalt oerljinbern, unb fann man aljo iljnen nie reefjt tun 1. ®ie SJlöndje btiebeu
in ifjrem Klofter. ®ie ^ejuiten burften aus fyurdjt üor bem üßööel fecf)!§ SBodjett
iljr non üöadjeit befcfjii^teS §auS niefjt öerlaffen. 3ur 33eruf)igung beS 93otfe§ oer-
fpradj ber fRat, beim Kaifer ©djritte ju tun, um bie ^efuiten aus ber ©tabt ju
entfernen2. ®ieS gelang jmar nidjt, aber auS bem Kolleg auf ber ©anbittfel
mürbe nicfjtS3.
©S erübrigt uns nod), einen 231id auf ben Cften 31t merfen.
SBeftpreufjen unb Oftpreufjen faden in ben öereicfj ber litauifdjen unb polnifdjen
Crbensproniitj. 2)ie ©djidfale ber bortigen Siieberlaffungen merben in ber ©e>
fdjidjte ber polnifdjen ^robinjen auSfüljrlidj Beljanbelt4. S/eSfjallt barf unfere ®ar«
ftellung, mie bereits angebeutet, um fo meljr auf SSollftänbigfeit berjidjten.
23on ber auS ber öfterreidiifdjen ^robin^ 1575 Ijeroorgegangenett potnifdjen
^robiitj mürbe 1608 bie ^robinj fiitauen abgetrennt. Sin bie litauifdje ^5robin§
fiel Oftpreufjen, affo bie Kollegien 53raun§berg, Söffet mit §eiligelinbe unb bie
SDüffion Königsberg, an bie potnifdje ^Srobinj Sßeftpreufjen mit ®anjig, SDlarienburg,
Sljorn, 23romberg, ©raubenj.
^sn Oftpreufjen behauptete baS Kolleg bon 23raunSbcrg feine frühere S3ebeutung 5,
ja biefetbe fteigerte fidj nod) bis jum Qafjre 1626, mo bie (Stabt eine 23eute ber
©djmebctt mürbe. 31m 10. Quli 1626 befehle ©uftaö Slbotf 33raunSberg. $it
biefer geit maren bie 33raunSberger — mie ein ermtänbifdjer ^iftoril'er betont,
„oljne SluSnaljme fattjolifdj unb itjrem ©tauben gerabe bamatS mit Itarfter ltber=
jeugung unb innigfter Slnljänglicfjfeit ergeben". Srotj alt ifjreS gleljeuS unterbrüdte
©uftab Slbotf ben fatljolifdjen ©otteSbienft gänjtic^. Safiir mürben proteftantifdje
ißrebiger eingeführt, um baS SSotf bom fattjotifdjen ©tauben abfpenftig 3U madjen.
„®ie Qefuiten, metdje ben fpafj beS ©djmebentönigS gegen iljre ©efetlfdjaft auS
mandjen früheren groben fannten unb fefjr moljl mußten, maS fie bon itjtn 31t
ermarten Ratten, maren fdjon oorfjer auS 33raunSberg geflüchtet. Sütr 3mei patres,
Scifol. Kirftein unb Seoul). Kinarb, hatten fie in itjrem Kollegium 3urüdgetaffen.
f£>iefe mürben nadj Übergabe ber ©tabt fofort gefänglich abgeführt unb mufften
teitS auf fdjmebifdjen ©djiffen, teils im Kerfer 3U Stbing länger atS 3mei ^afjre
baS fchmerfte Ungemadj erbutben. Koltegium unb iljre Kirche mürben gän3tidj
auSgeptünbert, ihre foftbare Sßibliotfjel, bie prädjtigen jßaramente unb bie bortrefftidje
Orgel nach ©djroeben transportiert." Silier fatljolifdje ©otteSbienft unb Unterricht
1 * S8ien, (5taat§ardjiP a. a. D.
2 § ebne a. a. 0. III 430. Sdjimntel»
Pfennig a. a. 0. XXV 90 ff.
s 5ßon SSreätan and mürbe and) bie lepte
fc^Iefifcfje Slieberlaffung biefer $eit, 5ie jn
SBartenberg , 1649 befiebett. äJorübergetjeub
patten hier 1629 auf SBunfdj be§ ©rafett Sobna
•jmei tpatrcä gemirft. Später fiel ben Sefuiten
bnrdj ben Jöarott ©prin^enftein unb bie ©räfin
tparradj eine grobe ßrbfdjaft ju. SBon 93re§Iait
tarnen Cftober 1649 jmei $riefter, um beti
S3efip anjutreten. 9tadj unb n ad) fatnmetten
fid) 80 Katbotifen. Sie adjt Äirdjett auf bent
ben ^efuiten pgefatteneu ©ebiete maren oon
proteftantifdjen J)3rebigern befept, mogegen mau
uicbbB madjen tonnte. Sie gefuiten mufften fid)
beltjfltb Pietfadj auf fjlrioatoerfebr befdjräitfeu.
Sie erridjteteu 1650 oortäufig auf ber 93urg
eine Kapelle, bie ein Sammetpuuft für bie be=
nadjbarten Stattjolifeu mürbe, befouberei für bie
jmei ©leiten entfernten ©rünberger. Schmidt
V 521 676 f. — SSorübergebenb mirtteu bie
Sefuiteu nod) an mandjen anbern Orten in
Sdjtefien, fo 1637/1638 in Siegnip, 1630 itt
9JIünfterberg (Schmidt IV 463 392 ff; III
1084), 1613/1614 itt 9iatibor, 1629 in Oppeln
unb JJIeuftabt (Schmidt III 995).
4 Stan. Zat^ski, Jesuici w Polsce, Kra¬
kow 1904. 4 93be.
5 58b I, S. 179 ff. £. SBenratlj, Sie 8tn»
fiebtnng ber Sefuiten in 93raun§berg, in Beitfdjr.
be^ SBeftpreuß. ©efdjidjt^oerein^ 1899, 1—106.
Srihifteä Kapitel. Sie öfterreidjifäje Vrobinj.
376
Jjörte für Hier Qaljre auf1. Unö eS bauerte noch weitere fünf ^a^re, bis infolge
beS Vergleiches zmifdjen ©djmeben unb ))3olen in ©tuf)tnSborf (12. September 1635)
bie ©djmeben enbticf) aus VraunSberg abzogen. 31m 3. Oftober 1635 jogen bie
©djmeben ab, unb am 4. Oftober lehrte ein Seil ber Qefuiten jurücf unb nahm oon
Kolleg unb ®irdje toieber Vefip. (Sin großer Sroft mar eS für fie, bah mährenb
ber langen ©djmebenherrfdjaft trop aller Srangfalierungen fein einziger Vürger oom
fatholifchen ©lauben abgefallen mar, „mie foldjeS felbften ber ^räbifant, roeldjer
baS Kollegium ju felbiger $eit bemohnte, ben Patribus beS gebadeten föollegii ge=
ftanben fjflt"2.
@o fcheibet fiel) bie ©efdjicfjte beS &oüegS für unfern Zeitraum in jmei ^Serioben :
bie erfte oon 1601 bis 1626 unb bie jmeite oon 1636 bis 1650. Qu ber erften ißeriobe
hatte fief) bie gal)! ber SJJiitglieber ftetS über 30 gehalten unb mar 1615 fogar auf
47 geftiegen. Sie @df)ü(er§aE)t mirb als ftetS fteigenb bezeichnet, hoch fehlen bis
jur Vertreibung genauere gahlenangabeit. 9?ad) ber Vücffelfr mirb 1637 bie 3af)I
auf 182 unb 1639 auf 200 angegeben. Sie ©djiiler refrutierten fidj nicht allein
aus Oft= unb Söeftpreufjen, fonbern auch ouS ißolen, Sänentarf unb üiormegen.
Ser größte Seil ber bänifchen ©djüler muffte megziefjen, als im Qaljre 1605 ein
fdjarfeS bänifdjeS @bift ben Vefud) ber ^efuitenfefjufen oerbot. Situ 31. 3;uli 1605
fchreibt barüber P. Sfnbr. Obremett) aus VraunSberg an 31quaoioa : Sie jungen Seinen,
bie mir im ®onüift unb Sllumnat hatten, finb faft alle mie auf $ommanbo nach
tpaufe gereift, meil ein (Sbift erlaffen fein foll, niemanb mürbe zu Ämtern zugeiaffen,
ber in unferer @djule ftubiert3. ©päter finben mir unter ben ©chiilern nicht allein
ben polnifcf)en Slbel mie bie VabzimillS, fonbern audj proteftantifefje gamilien mie
Sehnborff, Sulenburg, oon ber (Proben oertreten4. ßum 3ahre 1648 mirb berichtet,
ba§ felbft ßönigSberger ^Srofefforen ©ohne ober Vermanbte nach VraunSberg fehieften5.
Sie ©djulgebäube liehen oiel zu münfehen übrig unb oerftelen mährenb beS
Zehnjährigen föpilS faft ganz. ©ie tourben zur 9?ot mieberhergeftedt, bis man 1644
einen groben Neubau beginnen fonnte, ber 1646 öollenbet unb 1648 noch öurcfj
eine grobe Slula ermeitert mürbe. Ser Neubau fabte 8 grobe Slubitoriett: 5 für
baS ©pmnafium unb 3 für bie höheren ©tubien6. Ser 1592 eröffnete philofophifdje
®urS beftanb auch 1601 meiter unter 1 fßrofeffor; bie ßafuiftif (äßoral) hatte eben»
falls 1 üßrofeffor, baS ©tjmnafium 5 Seljrer. ^m 3ühre 1603 trat hinzu ein
ißrofeffor für ÜUtathematif 7 unb 1609 ein eigener ^rofeffor für bie tägliche Vor*
lefung über ßontrooerfe, bie auch vorher (menigftenS feit 1604) oon bem ÜDioraP
profeffor üorgetragen mürbe8. ©djon feit 1601 hatten 8—10 ©djolaftifer ber
litauifchen $ßrooinz in VraunSberg ^hdofophie gehört; 40 3al)re fpäter festen
Vifdjof unb Kapitel burd), bab auch ©djolaftifer* Sheologeit oon 2Bilna nach
VraunSberg gezogen mürben, um bie theologifdjen ©tubien zu ermeitern. SaS mar
ber Slnlab für „eine maljre Vlüteperiobe"9. 3Qf)re 1641 mürbe bie fd)olaftifd)e
Sheologie begonnen, bie 12 ©djolaftifer hörten. 1644 zählte man 13 unb 1646
fogar 16 fßrofefforen. Saüon tarnen auf bie fcholnftifdhe Sheologie 3, (peilige
1 § i p I e r , VraunSberg in ber ©djlneben--
Seit (1884) 10 f 20 ff. 2 ©bb. 27 f.
3 * Original in Epp. Pol. I 11. Vgl. St.
Kostowski, Lituanicarum S. J. historiarum
libri X (1877) 209.
4 S- Venber, ©efd). ber pljilofopfjifcbett
unb tbeologifcßen ©tubien in Ermlanb (1868) 72.
5 ipipler, Siteraturgefdiid)te beS 93i§=
tumS ©rmlanb (1873) 184.
f * Litt. ann. Prov. Litbuan. 1648.
7 Über 9Jtatf)ematil am VraunSberger Kolleg
f. ip 1 e r a. a. D. 205.
8 @o blieb eS and) bis pr Vertreibung.
1622 maren außer ben fünf Vrofefforen für bie
fünf ©gnmafialflaffeu je ein Vrofeffor für 9fto=
ral unb Kontrooerfe, äftatfjernatit unb Vbilo=
foppie oorljanben.
9 § i p 1 e r a. a. D. 183.
Siiebcrlaffungen in Dftpreufjen : 93raun3berg.
377
Schrift 1, SJtorat 2, fßhitofophie 1, SJlathematif 1, fR^etorif 1, ^oefte 1, ©riedjifd) 1
unb 3 SSlagiftri für bie (Grammatifffaffen L 2tm 3. September 1646 fjielt ber
Qnffaber ber bon einem SDomfjerrn neu begrünbeten gried)ifd)en ißrofeffur feine
StntrittSrebe in griec^ifcfjer Spradje, ebenfo im fefben Qatjre ber ^rofeffor bcS
(pcbräifdjeit eine £abititationSrebe1 2. 2)aS (pebräifdje fdjeint aber halb mieber ein»
gefdjtummert gu fein. Qm Qafjre 1650 fiielt auf feiner SDurdjreife ber berühmte
Orientatift Stephan Slittanget, ^Srofeffor in Königsberg, anbert^atb Monate ben
BraunSberger Stubenten Bortefungen über Ijebräifcfje (Grammatif ; ber BraunSberger
Sieftor 3d)oma§ ßtagiuS fjatte it)n barunt erfucfjt3.
Konbifte beftanben 1606 brei, baS päpfttidje Seminar, baS Siögefanfeminar
unb baS Konbift für bie Slbetigen. Qn ben beibeit erften mofjnte je ein ^Sater mit
einem SociuS, in festerem 2 patres mit 2 (Gehilfen. Um biefelbe Qeit beftanb aber
and) noch ein §auS für arme Stubenten, in bem 1607 30 Sdjiiter unterhalten
mürben4. Qiir baS päpfttidje Sttumnat ermarb man nach bieten Bemühungen 1614
baS alte „Steinhaus", metcfjeS nur für ben früheren Befiper teitmeife „berfreimarft",
b. h- bon Stabtmachen unb Scharmerf befreit mar. deshalb fonnte ber Sieftor
baS .'paitS nur unter berfchiebenen Qrinfdjränfungen gu (Gunften ber Stabt erhalten.
Bifcfjof Slubnidi, ber burd) feine Qürfpradje bie Übergabe ermirft h^tte, erftärte in
einer Urfunbe bom 2. September 1614, nadjbem baS Kolleg aufjer bem Steinhaufe
fcfjon fünf Käufer ermorben, merbe er mit Slüdficht auf bie alten fßribitegien unb bie
@nge ber Stabt gur (Srmerbung anberer Stätten miber ben Sßitteu ber Stabt meber
feine (Genehmigung erteilen noch oucf) bafür interbenieren5.
Sieben ber Schute entfalteten bie Qefuiten eine angeftrengte Siätigfeit in ber
Seetforge. Um 28eihnad)ten 1601 gätjtte man 1700, int Qaljre 16H im ganzen
14000 Kommunionen. ®ie Konberfionen fchmanfett gmifcffen 20 unb 80. SDie
Sdjotaftifer, bie ®eutfd) fonnten, gogen an alten Sonn» unb Qefttagen auf baS Sanb
gur Katedjefe. ißrebigten mürben in beutfcher unb fpäter auch io potnifdjer Sprache
gehalten 6. Sieben ben brei Kongregationen in ben einzelnen Konbiften beftanb
menigftenS fchon 1606 eine Bürgerfongregation, bie immer mehr fjeranbtühte. Slacfj
bem Spit mürbe fie 1639 mit 40 SOZitgtiebern bon neuem errichtet, aud) biete bom
SSlagiftrat traten fpäter bei. SDie Kongregation hotte eine grofje ©inmirfung auf bie
Hebung ber Q-römmigfeit unb Sitttidtjfeit ber Stabt. Stucf) biete SSliffionen mürben
gehalten, fo g. B. 1605 unb 1608. Qm Qafjre 1650 mürben bie großen Schmierig»
feiten für bie Gcrridjtung einer ftänbigen SJliffion in Königsberg auch *>on feiten
einiger Kathotifen unb (Geifttidjen, aber gugteich bie reichen Qrüdjte nacfjbrüdtid)
fjerborgefjoben 7.
2ÜS fehr erfotgreich fc^itbern bie Berichte bie SSliffionen gu Königsberg 1644
unb 1648; bei festerer maren fünf patres auS bem BraunSberger Kotleg tätig,
unb eS fotten mehr atS 1000 Sutfjeraner gur Kirdje gurüdgefehrt fein8. ®ie
Strbeiten ber BraunSberger Qefuiten fanben bietfache Stnerfemtung bei Qreunb unb
1 1648. 9?arf) ben * Litt. ann. unb
* Catal. Prov. Lithuan. gm Safjre 1649 gab
ein '4?rofeffor bie brei 3äd)er ipebräifd), ©rie«
djifd) nnb üßatfjematif.
2 § i p I e r a. a. 0. 184. 3 ©bb. 184 f.
* 3m Sabre 1602 mibmeten biefc armen
Stubenten ben fgrauenbnrger $omf)erren ein
IIsuTjzossvtnv: Adm. Rev. viris Cathedr. Varm.
officiose dicant fortunae tenuioris studiosi in
pauperum Brunsb. contubernio degentes Bruns-
bergae 1602. 4 931.
5 93 enber a. a. D. 68. Über bie Drbnung unb
Stubieu im Siöjefanfeminar ngl. bie Statut»
retatiou üon 1610 bei Sdjmibliu, ®ird)licf)e
3u[tänbe III (1910) 207.
6 9SgI. £ i p I e r a. a. 0. 199 f.
7 * Litt. ann. Prov. Lithuan. $ ittrid) , ©efd).
be§ Satboliü^mug in Sütpreufjcn, in Seitfdjrift
für ©efd). Ermtanb4 XIII 170 ff.
s Rostowski a. a. 0. 346. 93gl. $itt«
r i d) a. a. 0. XIII 168 f.
378
fünftes Kapitel. Sie öfterretcf)tfcf)e fßrobinj.
Feinb. Sie Vifcpöfe finb in ipren ©tatugbericpten üoll beg Sobes für bie günftige
(linmirfung auf bie gait^e Siöjefe. £$n ber ©tatugrefation üon 1610 preift Vifcpof
©imon 9^ubnicfi (1604 — 1621) bie Qefuiten afg eifrige Verteibiger beg fatpofifcpen
©faubeng unb unermitblicpe Arbeiter. IRicpt nur arbeiteten fie raftlog an ber fperam
bilbung ber Qugenb in ben ppifofoppifcpeit unb pumaniftifcpen ©tubien unb in
frommen Sitten, fonbern fie bebauten opne Unterfap ben Söeinberg au cf) nocf) burd;
®atecpefe unb ©rflärung ber Sfnfangggrünbe beg ©faubeng auf bem Sanbe1. Slucp
in ber ^Relation oon 1616 pebt ber Vifcpof bie Verbienfte ber Qefuiten unb be§ attg
ipren ©c^ufen perüorgegangenen filtenreinen unb unterrichteten ®ferug um bie Ve=
mapruug ber Siöjefe inmitten ber fpärefte perüor. Sie Feuerprobe beftanb bann
biefer ®ferug bei ber fdjtoebifcpen Offupation, mie in einer fpäteren DWation aug>
geführt mirb2. Sie ^Relation oon 1650 hebt bie SÖIiite beg Vraungberger ®odegg
perüor unb betont ben großen ÜRupen begfelben burcp feine SiSgiplin , bie puma-
niftifdpen unb ppilofoppifcpen ©tubien; befonberS ermäpnt mirb bag ©tubium ber
pebräifcpen unb griecpifcpen ©pradje3.
2Bie eg fo oft gefcpepen, bap bie Vertreibung ber Fefmten au einem Orte
neue Sfttfiebelungen an anbern Orten perüorrief, an bie man fonft nicht fo feicpt
gebacpt patte, fo mar eg aud) mit ber ÜRieberlaffung in ÜRöfjel, einem ©täbtcpen einige
SReifen oon Vraitngberg entfernt. Slfg bie Fefniten 1626 oor ben ©djmeben aug
Vraungberg flopen, fam P. Simon £>ein mit einem ©efäprten nacp SRöffef, mo bamafg
bie ^5eft mittete, um bort in ber ©eelforge ju mirfen unb gugfeicp aug ber £Räpe
bie Singe in Vraungberg ju oerfofgen. ÜRacp ben Katalogen rnaren andp in ben
fofgenben Fa^ren 1627 unb 1628 ber Steftor oon Vraungberg P. Frifiug unb
P. §ein in fRöffel. $n fRöffef mar fcpon üorper burcp ©teppan ©aborgfi, ben
©efretür beg Slönigg ©igigmunb III., oorgearbeitet morben. ©aborgfi münfcpte
nämficp bie ©eelforge in bem 4/2 SBegftunbe üon fRoffel entfernten Söaüfaprtgorte
fpeitigefinbe ben Fefu^en ju übertragen. Saju fam ber üöunfcp beg Somfapitefg,
an ©teile ber Vraungberger ©cpufe menigfteng eine ©cpufe in ©rntfanb gu paben.
Ser Vifdjof Qopann Sllbert, ©opn beg Stönigg ©igigmunb III., mar ebenfatfg bafür.
Vet ber Slugmapf eineg geeigneten Orteg famen §eilgberg, SWenftein unb ©utftabt
in Vorfcplag; ©aborgfi gelang eg (1630), bie ©ntfcpeibung für fRöffef ju ermirfen4.
Slnt 30. Januar 1631 mürbe ben Fefuiten int Stuftrag beg Vifcpofg unb $ßnigg
bag feit 100 Fapren üerfaffene, gänzlich gerfattene unb feiner meiften ©üter beraubte
Sluguftinerffofter in fRöffef übergeben5.
$önig ©igigmunb bat am 28. üftai 1631 ben ^ßapft unter fobenber (perüor»
pebung ber gropen Verbienfte ber ©efeflfcpaft Qefu in ^ofen um bie ©enepmigung 6.
9Rit berfelben Vitte manbte fiep Viftfjof Sltbert am 25. 2Rai 1632 an bie fßropaganba 7.
1 ©cpmiblin a. a. 0. III 207.
2 SSortlaut bei 93enber a. a. 0. 100 f.
3 SBortlaut ebb. 73. Sie *Hist. coli. Bruns¬
berg. 1648 — 1772 unb *Memorialia coli. Bruns¬
berg. relicta 1600 — 1766 in ber SBibliotpef bei
©pmnafiuml üu 93raunlberg. — Sie Sieftoren
toaren: 9Jtid). Ctton. 23rabantinul, 1597 ; Qafob
©ugeniul, 1603; gran^ fjktrofa, 1608; Sob-
£>uber, 1611; 9tifoI. Stabfelb, 1612; Hnbr.
Siafiel, 1614; 2lnbr. 93rucf)mann, 1620; fßljil.
SrifinS, 1623; Sof). 93erent, 1626, 1636 ; 2lnbr.
filinger, 1639; ^of). St^toodi, 1641; ©eorg
§inp, 1646; 94 ßreitft, 1650 (SSigereftor ?) ;
Stjom. 61agiu§, 1650 (§ i b I e r a. a. D. 163). —
gür bie literarifdje Sätigfeit ügl. Sq. ©ruefjot,
3ur ©efd). bei 3eÜütenfoUegiuml ju 93raunl=
berg. ißerjeicbnil ber SSrounlberger Srude,
95rounlberger ißrogr. 1887.
4 9Iäberel bei Ä ol b e r g , ßJefcf). ber §eilige=
linbe, in geitfcfjrift für ©efeb- Srmlanbl ill
(1864 — 1866) 81. *Hist. Resid. Resseliensis
a primo ortu usque ad 1636. 9 <B. in Polon.
(75) 9?r 66.
5 ©eorg £übx\ Stöffeler fjSrogr. 1899, 13.
6 ©. ©runou, Urfunben aul betn oatif.
2Ird)iü sur ©rünbung bei SRöffeler Sefuiten=
foHegl, in 3eitfd)rift für ©efd). ©rmlonbl XVII
(1908) 148.
7 * 2(rd)it> ber ijlropagonba, Lettere di Po-
lonia LVIII 25 f.
Slicberlaffungeu in Dftpreufjen: Löffel.
379
Sie Seftätigung üer^ögerte fid), meif unterboten ber fßroüinjial ber Sluguftiner in
SBarfdjau ©infprudj erhoben hatte. Sie am 25. September 1632 non fRom üer*
langten Informationen fanbte ber DcuntiuS |jonorato am 27. Üliooetttber 1632 bent
Staatsfefretär mit bent 33eifügen, ber oerftorbene König habe baS Klofter ben SSäteru
ber ©efeKfdjaft ^efu übergeben; ber Konoent fei feit langem oerlaffen unb infolge»
beffen oerfaßen, jefct aber burcfj ben gleifj unb auf Koften ber ^efuitenpatreS mieber
in moljnlichen ßuftanb gebracht. Sie Sluguftiner Ratten feinen anbern Konüent
in jetten Sänbern unb liefen burdjbliden, bah fie fidj jufrieben geben mürben, menn
fie einen anbern 0rt itt einer fßrooinj Polens erhalten fönnten 1. Stuf ©runb biefeS
23orfd)lageS fam oier Qafjre fpäter — ber fßerfouenmedjfel in ber Nuntiatur fjatte
bie Sache oerjögert — am 14. Oftober 1636 ein 33ergleidj ju ftanbe. ©egen bie
3of)fung Oon 3000 ©ulben jur ©rbauung eines KlofterS in Sublitt üerjidjteten bie
Sluguftiner auf alle Üledjte in fRöffel. Ser Qlergleidj mürbe am 16. Slpril 1639
burcf) Urban VIII. beftätigt2.
Sie Qefuiten begannen il)re Sätigfeit in Ülöffel, fo fjeifjt eS in ber nad) 9font
gefanbten Information, mit fßrebigt, Saframentenfpenbung unb SDUffionen in ben
benadjbarten Sörfertt, fatholifdjen mie proteftantifcfjeit, unb burcf; ©r^iefjung ber
^ugenb junt großen Segen ber ©laubigen3. Qn ben Katalogen erfcfjeint guerft int
September 1631 bie Üleftbenj Löffel, unb jtoar mit 5 ^Satre§, 1 üDfagifter unb
1 33ruber; eS begann atfo fd)on jept gleidj bie Sdjule. 33on ben patres mirb
einer als polnifdjer ^rebiger, ein anberer als beutfcfjer s^5rebiger be^eidjnet. Slufjer
ben $rieftern lehrten 1632 2 SKagiftri bie ©rammatif. Sa 1633 auSbrüdlid)
benterft mirb, baff eilt ÜDlagifter, Poesis (Humanität) unb ©rantniatif, ber jmeite
bie 2. unb 3. ©rammatifftaffe gab, fo beftanben alfo oier Klaffen unter jmci Sefjrern.
So blieb es audj in ben nädjften ^afjren, nur trat att bie Stelle beS üDfagifterS
für Humanität unb erfte ©rammatif (Spntap) ein ^ßriefter. ^nt ^aljre 1649 jäf)lt ber
Katalog 17 fßerfonen für Löffel, barunter 4 fßrofefforen für Ül^etorif, $oefie, Spntap
unb ©rammatif, leidere mit Intima fontbiniert.
2luS ©rtnlanb, baS feine anbere Schule fiatte, aus fßolen unb bent £erjogtunt
freuten famen manche Sdjüler. Ser lateinifd^en Schule ju 9iaftenburg, bie fdjon
oorfjer burdj Seuche unb Krieg entoölfert morben, gab, mie ber ftteftor $of). SBalbau
im ^aljre 1632 flagt, „bie neue ©rünbung in bem benachbarten Löffel, mofjitt bie
©infalt bie Kinber fdjicfte, ben letzten Stofs."4
3luS ber erften $eftfd)rift beS fRöffeler ©ptttnafiuntS, Spes Prussiae, bie bent
©rmlänber 33ifdjof 9iif. SdJ^fotoSfi gemibmet ift unb moljl bem ^aljre 1632 ober
1633 entflammt, lernen mir bie 9?amen üon 20 Sdjülern aus ber erften ßeit ber
Slnftalt feinten. „SBettn uns barunter Söhne alter ermlönbifdier, preuhifdjer unb
polnifdjer Slbelsfamiliett ($. 33. oon Ratten, oon 3ornhaufen, tion 33ronfart, oon
$ubetoelS ufro.) begegnen, fo ift mof)l ber Schluff erlaubt, bah man innerhalb unb
aufjerhalb ber fBiStumSgrenjen bem Kolleg fdjon in ber erften 3eit feines 33eftefjenS
ein grofjeS Vertrauen entgegenbrachte." 5
SllS berfelbe 33ifdjof 1634 junt erftenmal bie neue Sdjule befidjtigte, empfingen ihn
bie Sdjiiler mit einem mirfungSüollen Sdjaufpiel, QafonS Slrgottauten^ug, baS fpäter
1 2B ortlaut bei ®tunau a. a. 0. 156.
2 * Original in beit Sitten be§ fRöffeler @t)tn=
nafium§, im ®taat§arcf)iö su ÄbuigSbercj, Siegeft
Synopsis 347.
3 * Informatio Status antiqui et moderni
Reselii 1638. 9iotn, StaatSardjio, Ges. Colleg.
173. (Sin Sörucbftücf au§ Arcli. Vatic., Nunzia-
tura di Polon. 46, abgcbrucft bei ©runau
a. a. 0. 160 ff.
4 öiifjr, SRöffeler Sßrogr. 1899, 15.
5 £übr, $ie ©cbiiler be§ Slöffeler ©t)tu=
nafiumS, in 3e>t!cl)rift für ©efd). ßrmlanbl
1904, 2 18 f 24.
380
fünftel ÄQpitef. Tie öfterreicfjifcfje fßrotmij.
(lG43) Jüieber^olt würbe1. ©onft roiffen wir öon ber Sntwicflung ber ©djule faft
nichts. Qm Qatjre 1642 wirb bie klaffe ber Humanität erwähnt. Qn bemfelben Qatjre
bot 33ifdf)of ©jtjSäfotoSfi bie SRittet für bie ©rünbung eines fö'ottegS an. SSitelleSc^i
nahm 15. SRoöember 1642 bie Qunbation banfenb an unb gab bem SBifitator QabritiuS
SBanft bie entfprecfjenben Sßeifungen2. Slber bnrcf) ben 1643 erfolgten 2ob beS
23ifdjofS würbe bie Qunbation vereitelt, unb bie ©cfjule befielt beSfjalb ben tarnen
fRefibenj. Qm Qatjre 1643 waren in ben klaffen nur QSriefter tätig, benn bie ÜRieber«
laffung jäfjlte 11 ißriefter
unb 6 33riiber; 1645 waren
bort 6 fßriefter unb 2 2Ra=
giftri unb 1650 9 ^rieftet
unb 3 füRagiftri 3.
Stucf) über bie ©eet>
forge fittb unS nur einige
fpärlidjefRottjenaufberoahrt.
Qm Qatjre 1642 führte man
bie monatliche ©eneralfom=
munion ein. Qn ben Qafjren
1642 — 1645 fjielten 2 ^5a»
treS niele SRiffionen in ben
öerfcfji ebenen Pfarreien;
aber 1646 hörten biefe 9Rif>
fionen auf, unb auch 1647
lief} Weber ber 23ifd)of
SeScjtjnSfi noch öei'
tteruS bie Qefuiten ju SRif*
fionen unb StuShilfe rufen,
fo baff bie SRiffionäre !aum
93efchäftigung fanben. Qm
Qahre 1650 würben bie
beutfcfjen fßrebigten wieber
eingeführt „unb öon ben
un§ bisher feinblich gefinn-
ten Bürgern jahlreicfj unb
mit Qrucfjt gehört"4, ©ehr
fegenSreidh war auch öie
StätigFeit ber löffelet Qe«
fuiten in £>eiligelinbe.
tpeiligetinbe, faft
in bem ©cfjnittpnnfte ber
Sanbfcfjaften Srmlanb, 93ar*
tenlanb unb SRafuren auf preuffifctjem ©ebiete gelegen, war feit alter Qeit einer ber
beriitjmteften SöattfaljrtSorte in fßreuffen 5. Qnfolge ber religiöfen Umwälzung würbe
baS Heiligtum 1524 gerftört unb baS SBattfaljrten bortfjin unter ©träfe beS ©trangeS
beröoten. Sro^bem bauerten bie Söattfafjrten nicht nur öon ®atf)otifen, fonbern auch
non QSroteftanten fort, unb jWar anfangs auS Qurdjt oor ©träfe nur gur Rachtjeit.
** ' 'j <£m/V
W.
Titelblatt ber SHöffeler fiouiöbie Jason 1643
mit ^nnbfdjrift beS ffitrfafferS (ßlagiuS). ©tief) (2/3).
fPfarrarcbiü ©t Slpoftefn, Säht.
1 Ciifjr, lason fabula. Qjin ©djulbrama 2 *Drig.=01cg. Ad Extern,
beg SOuitett TfjomaS SfagtuS. Jlöffeler Sßrogr. 3 *Litt. ann. Prov. Lithuan. 4 * @bb.
1899. 5 3um 5°l9enben fofberg a. a. 0. 28 ff.
Scieberlaffungen in Eft unb SBeftpreufjen : §eiligelinbe. — 2)attjtg.
381
Ser bereits genannte SaborSfi, Setretär beS Königs SigiSmunb III., fepte atleS
barait, bie SBaUfaprt mieberperjuftellen, unb eS gelang ipm nad) Hbermittbung fef>r
großer Sdfmierigteiten, ben alten SBaßfaprtSort non bent proteftantifdjen Söcft^er
Ctto non ber ©röben ju taufen (1617 — 1619). Sofort begann SaborSfi mit bent
ÜReubau einer Kapelle, bereit Sßeforgung er am liebften ben Qefuiten übertragen Ijätte.
Sdjon 1626 patte P. i^ein norübergepenb an ber Kapelle gemirft, aber erft als bie
üliieberlaffung in fRöffel begrünbet mar, tonnte eine bauernbe Sätigfeit in Heilige*
littbe 'tßlap greifen1. SaborSfi patte am 7. ÜQlat 1631 bie 33eftimmuttg getroffen,
jur befferen ©idjeruttg ber Stöaßfa^rt foßte baS Somtapitel non fpauenburg 23e=
fiperin ber |>eiligelinbe feilt, bie ©eelforge unb baS 9iüpungSred)t ber jur ^»eilige-
linbe gepörcnbeu ©üter bctt Qefuiten oer=
bleiben, ^n einem fpiiteren Vertrag mit
bem Somtapitel tierfügte SaborSfi, bafj
aud) bie 23eftimmung über baS eingepenbe
Cpfergelb bent Somtapitel juftepe. Stuf
Sorftellung ber Qefuiten mürbe aber bie
leptere Seftimmung ju bereu ©unften ge»
änbert, unb nad) meiteren 23erpanblungen
tarn fcpliefftid) ant 18. Sluguft 1639 ein
SSergleid) ju ftanbe, monad) baS Som*
fapitel al§ ©igentümerin oon ^eiligelinbe
unb feiner ©üter bie ganje Vermattung
ben ^efuiten übertrug. Siefer Slergleid)
fanb bie 23eftätigung beS ^apfteS; eine
©rlaubniS ber preupifdjett ^Regierung
mürbe nicpt eingepolt.
Sie SBaHfaprt erlebte jept eine neue
931ütejeit. Katpolifen unb ^5roteftanten
ftrömten japlreid) fjerbei. Sa bie 21r=
beiten fid) meprten, nahmen im ;Qapre
1644 jmei patres bort für ben Sommer
ftänbigen ülufentpalt. ^nt Sommer 1648
jäplte man 3100 Kommunionen. Später,
1650, mußten aud; im^erbft unb Söinter
megen beS großen SfnbrangeS ber Söall*
faprer meift jmei patres bort 23eid)t
pören2. —
Sie großen Hoffnungen, meldje bie ^efuiten im 16. ^aprpunbert auf Sanjig
gefept, follten fid; nicpt fobalb erfüllen. Sie ©efdjidjte ber ÜRieberlaffung in Sanjig
unb bie 53egrünbung beS Kollegs oor ben Soren ber Stabt, in Slltfdjottlanb, ift
eine SeibenSgefcpicpte, nicpt jutn menigften infolge ber Stellung, bie ber Sanjiger
9tat gegen bie Katpolifen unb befonberS bie Qefuiten einnapnt.
©in Kenner ber Sanjiger ißerpältniffe füprt auS: „Seitbent ber ^Sroteftantis-
ntuS fiep in Sanjig gefeftigt patte, unb bie Seitung unb Slermaltuitg ber Stabt in
ben Hauben eines ganj proteftantifdjen 9IateS mar, mürben bie Katpolifen mit eiferner
1 3)gt. bie Slftenftücfe bei T horaas C 1 a-
gius, Linda Mariana (1659) 347 ff. gur
Kritif biefe§ SBttdjeS Äolberg a. a. E. 315.
2 $ie Ebern bonfRöffel waren: 3tnbr.S0itiger;
2f)om. ©lagim?, 1636; ©im. £>ein, 1642; ©eorg
Setjer, 1645. Sßgt. §tpler a. a. S. 180; 8üf)t,
gnm SSefipftanbc be§ fRöffeter gefuitenfollegä*,
in geitfdjrift für ®efd). (SrmlanbS 1900, 290 ff;
im ©cparatabbrncf 63.
382
fünftes Sapitel. Sie öfterreichifche ^ßrotiinj.
gauft niebergetjatten unb ihnen faum bag 9ied)t ber ©jiftenj eingeräumt. . . . Sie
Äatfjotifen mürben rtid^t nur öon ben ftäbtifdtjen Ämtern, fünften u. bgl. auggefdjtoffen,
fonbern bie gntoteraitä betonte fid^ auch big auf bie Slugübung beg ©ottegbienfteg
aug. Sie Könige oon ifSoten, metcf)e (atg £anbegf)erren) ben ißroteftanten freie
Slugübung ber Religion gemährt Ratten, fafjen ficf) jejjt genötigt, bie 93edjte unb
greif)eiten ber ßatf)oIifen gegenüber ben ©ematttätigleiten ber ißroteftanten in ©cfjufj
ju nehmen."1
Sie Sage ber gefuiten in Sandig fennjeidjnet ber 23ifitator ber potnifdjen unb
litauifcfien Orbengprobin^, gof). Strgenti, in bem 23eridjte oom 14. gebruar 1615,
ben er nacf) 23ottenbung feiner breijährigen 23ifitation bem ®önig überfanbte: 3T2it
fönigfid^er unb bifcf)öflicf)er Slutoritüt haben mir ung in Sandig niebergefaffen, unb
mit berfefben Stutorität mürbe ung bie Srigittenfircfje gum ©ebraudje gugemiefen.
Sie Sandiger faf}en bie grüdjte unb bag altmäf)tiche gortfchreiten ber fattjotifcfien
Religion, bag fönneu fie aber nidfjt ertragen. @ie motten jmar noch nidjt bag
fatfiotifc^e ©per^itium offen fjinbern, fonbern fudtjen f'rumme Söege, atg mären mir
bie ungerechten SBefi^er ber Kirche, fie aber bereu fromme SSerteibiger. 9Kit 23er*
acfjtung ber föniglicfien unb bifd^öfticfien Stutorität oertreiben fie ung mit ©ematt
aug ber Kirche. Srotjbem fie ber SSertetjung ber Stutorität, ber 23ehinberung ber
greifet ber fathotifdjen fMigiongübung unb ber ©emattanmenbung gegen ung über*
führt finb, ftreuen fie aug, mir feien ©inbringtinge unb Räuber; meit entfernt, ju
reftituieren, begehen fie neueg Unrecht, ätfan mit! nichts anbereg atg bie fat^ofifdfje
Religion befeitigen, unb man beginnt mit ung. 2öie ber 93ifcf)of ^ogbra^egft) für
ben gortgang ber fathotifchen Religion nichtg fehnticher münfdjte atg ein Sbtteg in
Sandig, fo fe£en bie ©egner ber Kirche afteg baran, biefeg Ä'otteg gu hmbern2.
Sie Stnfänge ber üßiebertaffung in Sandig mürben fdjon früher furj berührt3,
gm gatjre 1601 maren 4 ißriefter unb 1 23ruber in Sandig. Sie ^Bürger mareit,
mie ber gahregbericht fagt, ihnen menig freunbticf) gefinnt; bie gefuiten mareit fogar
öffentlichen 23erfpottungen auggefefjt4. Sen ©ottegbienft fügten fie in einer ©de
ber oor einem gahrjeffnt abgebrannten ©t SSrigittenJird^e. Sag fotgenbe gahr 1602
brachte megen ber ^3eft, metche gegen 17 000 SJfenfctjen hinraffte, oiete Strbeit, aber
auctj gi'ofie Slnerfemtung fetbft oon feiten ber ißroteftanten. deinem Traufen mürbe
bie (pitfe Oerfagt. Ser ben gefuiten menig geneigte proteftantifdje ©efdjidjtfdhreiber
ber Sandiger äßiffion hebt heroor: „Sag unb 9?ad)t maren bie gefuiten (4 in ber
©tabt unb 2 in ber Umgegenb) bereit, ben ungtücftichen Oranten in ©tabt unb Sanb
tpitfe §u bringen, unb menn auctj gmei SJlitgtieber beg Orbeng, ©atnuef ißoregmug
unb Saöib ^omiejjfi, ber tücfifdjen ^ranffjeit jurn Opfer fielen, fo brachte ihnen ihre
Slrbeit in biefer bebrängten geit reiche grüßte, ba fortan att unb jung, oornehm
unb gering ihnen guftrömten." 5
Sie ^ircfje ©t 23rigitta mürbe 1601 — 1604 burch ben 23ifdjof üon Segtau,
Sarnomgfi, mieber aufgebaut unb ber ©ottegbienft ben gefuiten übertragen. Sen
1 S. 9t ebner, ©üjjett aus> ber Kirchen gef cf).
3)anjig§ (1875) 49.
2 Ad Sigismundum 1IL Polon. Regem loa.
Argen ti e Soc. Iesu Visitatoris Provinciae
Poloniae et Lithuaniae Epistola de statu
eiusdem Societatis in iisdem Provinciis Cra-
coviae , 14. Febr. 1615. Cracoviae 1615.
3um Schluff fagt 2Irgenti über ba£ fonftige
53enef)nten ber Sanjiger : Neque vero s i
unam religionem excipias, ulla nobis
cum Gedanensibus difficultas , nam cum
alioqui viri honesti sint, honeste nobis
agunt.
3 93b I, ©. 436 ff. Saju p e r nt. gr r e tj t a g,
Sie ©efd). ber Sefuitenmiffion in Sanjig, in
Sdtpreufjifdhe SDtonatlfcfirift XXVI (1889) 521 ff.
gretjtag hat n. a. henufct bie in bem Sandiger
©täbtifdjen 2lrcf)iö befinblidje *Hist. Residen-
tiae Gedanensis 1585 — 1642.
4 Sie * Litt. ann. Prov. Polon. 1603 be=
richten, baff bie 23erfpottungen aufgehört.
5 fff t et) tag a. a. 0. 540.
S'Jieberlnffungen in SBeftpreuffen : Sandig.
383
guftanb beg neben ber ®ircpe liegenben Krigittenflofterg fdfilbert eine -Könne: @g
marb feine ß'laufur geraffen, bie ÜKänncr gingen aug unb ein, ob unb unten, mo
ein jeher mollt. ^em Kemter mar ein Altar, bar fingen mir 9J?effe, bann mir
funbteit feinen fßriefter paben; oft in fedjg SBotpen mußten mir oon feiner ÜKeffe
^u fagen, fßrebigt f)örten mir in oiefen 3a^ren nicpt 1. Surcp bie Kemüpungen ber
Qefuiten mürbe bie 3ud)t, befonberg bie ^laufur, mieberpergeftedt, unb 1605 jogen
jmei Qefuiten in bag leer ftepenbe §iiuglein für ben Orbengpriefter beg ®Iofterg.
Sag gefdjap auf Kerantaffung beg bifcpöflicpett Offijiafg unb fßfarrerg ÜUJeloniug
unb mit guftimmung ber Können, dagegen liefj ber Kat, eiferfüdjtig auf fein
fßatronat, bag ber $önig fdfou üor 3aPren bem Kifdjof übertragen, unb aug Ab¬
neigung gegen bie Qefuiten, an bie ^irdjentüre üon St Krigitta ein ©bift, batiert
18. Auguft 1606, anfdjlagen, in bem eg u. a. peifjt: SGSir eröffnen eucp, Kater
^efuiten . . ., baff bie Krigittiner nacp einer befonbern Kegel leben, ipre befonbern
^riefter pabett unb in ipren meltlicfjen Angelegenheiten unter ben oon ung ernannten
Krooiforen fiepen. $pr ^efuiten pabt opne alleg Ked)t bort allerlei geiftlicpe gunf-
tionen Oerridjtet unb opne unfer 233iffen unb gegen unfern ^Bitten oielerlei Keue-
rungen eingefiiprt. SSir paben eucfj begpatb aufg Katpaug geloben, unb ipr feib
nicpt erfcpienen. Saper befeplen mir eucp, baff ipr innerpalb breier Sage bag Ätofter
oerlaffet2.
Sie ^efuiten fügten fiep, aber bie Können ftellten bem Kat oor, bie .Qefuiten
feien nicpt geroaltfam in bag &dofter eingebrungen, fonbern auf ipre mieberpolten
Kitten gefomnten, unb jmar mit Kemilligung beg ^Someretlifdbien Kifdjofg. Qprer
Seitung patten fie „bie Keformatioit unb ©rneuerung ipreg Orbeng unb geiftlicpen
Stanbeg" ju banfen. 3n geiftlicpe Singe pabe ber Kat fiep nicpt einjumifdjen. 3n
einem Kittfcpreiben an ben Abt oon Olioa betonen bie Können, ber Kifdjof pabe
ipnen bie ^efuiten alg KeicptOäter gegeben; feien biefelben audj nicpt Kr*e^er ipieg
Orbeng, fo oerftofje bag nicpt gegen bie Orbengreget, mie ja aud) in anbern Sdöftern
beg Orbeng bie Seelforge burep anbere fßriefter oerfepen merbe. Ser Kat pabe
feinen ©runb, gu oerbieten, bap Keicptoüter in bem leer ftepenben, ju bem ßlofter
gepörenben ^Sriefterpaufe mopnten. Scplieplid) flogen bie Können, baff bie meltticpen
Korfteper fiep in bie geiftlidje ßuept einmifepen unb feftftellen mollten, mag jur Orbeng¬
regel gepöre3. Alle ^3rotefte oon feiten beg Kifcpofg unb beg £önigg gegen bie Ker-
gemaltigung nüpten nieptg. Am 17. Januar 1608 liep ber Kat fogar ben bifepöf-
licpen Offijial ÜJKeloniug mit ©emalt aug ber fßrieftermopnung beg fö’lofterg entfernen 4.
Sie ^a^reSbericpte oon 1608 flogen über bie iiberpanbnepmenbe ÜKacpt ber
©afoiniften, bie alleg baranfepten, bie ^efuiten üerpapt ju madjen5. Alg naep
einigen 3aPren ber gröptett Söirrniffe im ®lofter, bie eine $olge ber fortgefepten
©ingriffe beg Kateg maren, am 19. April 1612 bie aug bem tlofter geflopenen
Können mieber jurüdfeprten, gaben ipnen bie bifepöfliepen ^ommiffüre alg Seelforger
jmei Qefuiten6. ©troag fpäter, am 11. 2Kai 1612, jogen bann bie ^efuiten Aber
unb Kolp in bie oerfaffene ^riefterroopnung, aber bereitg am 2. Auguft erfolgte
ein neueg, fepr bropenbeg Kerbot beg Kateg. Sie ^efuiten geporepten, big fie ber
Kifcpof am 8. (September mieber in bag fölofter einfüprte. $aum mar ber Kifdjof
fort, liep ber Kat bie ^efuiten trop iprer föniglidjen ©eleitgbriefe mit ©Jemalt ent¬
fernen 7.
1 9t ebner a. a. 0. 54.
2 Gbb. 55. greptag a. a. 0. 543 f.
3 9t e b n e r a. a. 0. 55 f.
4 Gbb. 56 f. greptag a. a. 0. 544 ff.
5 Sn S'ansig patten Sutperaner unb Gat-
üiniften tätige miteinanber getämpft unb fiep
in ben tßrebigten gegenfeitig ber ©otteStäfterung
befeputbigt. 3 r e p t a g a. a. 0. 525.
0 9t ebner a. a. D. 61 65.
7 f^rep tag a. a. 0. 549 f. 9tebner a. a. 0. 66.
384
fünftel Kapitel. ®ie öfterreidjifdje fßrobittä.
Sie gemalttätige Bertepung ber fönigtidjen 9Rajeftät§red)te, bie oermirrenbe Sin»
mifdjung in bie Moftergudjt bet Tonnen unb bie gefe^toibrige ^ntoleranj gegen
bie Qefuiten bauerten auch in ber golge fort, ja fteigerten fidj nod). ©eit 1589
mof)nten bie ^efuiten in betn neuen, non betit fnfdjöffidhen Offizial erbauten fjßfarr*
häufe bei ©t Marien unb Ijatten in einem ßimmer eine fläne £>augfapede ein¬
gerichtet. Born 9iate aug ber Brigittenfirdje oertrieben, hielten fie bort ©ottegbienft,
fomeit eg ber enge 9taum gutiefj. Stucfj bag oerbot ber fRat am 29. Quni 1642 in
ber ftrengften 2Beife. Sie Entgegnung, bafj ber ©ottegbienft ja fdjon feit 50 3ahren
in biefer Ipaugfapede ftattfinbe, tjalf nichts, $ünf ^affre fpäter (1647) ging ber
9Iat noch meiter, er wollte bie Qefuiten nicht einmal als ©aftprebiger in ben fatfjo»
Iifd)en föirdjen bulben, ja er oerbot ihnen, überhaupt über 9?adjt in ber ©tobt 51t
bleiben K Somit hatte bann bie felbftänbige SRiffion in Sangig einftmeiten ifjr Snbe
erreidjt.
Sie fortgefepte Sinmifchung beg 9iate§ in bie $Ioftergud)t ber Tonnen hatte
jur gofge, baff biefe fdjliefdid) fogar bem Bifdjof unb ben Sntfdjeibungen beg Zeitigen
©tut)Ie§ tropten. Sfll)re 1638 liefen bie Tonnen gegen ben Söiden beS Bifdjofg
bie fteine 9Raria-sIRagbafenafapede abbredjen, unb am 10. Rooember 1641 fperrten
fie ben ^efuiten, gegen ben mit bem Bifdjof am 10. Segember 1632 abgefcfjfoffenen
Vertrag, bie Mangel ihrer Sirene. 2Ifg fRom Oftober 1643 gegen bie Tonnen ent-
fchieb, riefen fie förmlich ben ©djujj be§ proteftantifdjen 9tateg an, unb biefer feiftete
ihnen getoaffnete Ipitfe1 2. Schließlich übertrug 9Jom bie Spefution bem Srgbifdhof
oon ©nefen, Sitbiengfi. Stuf bie Klagen beg 9tateg antmortete ber Srgbifdjof am
3. Rooember 1647, nadj forgfättiger Unterfudjung beg SBanbelg ber ^efuiten habe er
nicfjtg gefunben, beffeit fie oon Sangiger Herren befdjulbigt toorben ; bie fßatreg hätten
fid) oietmehr um bag Königreich mof)loerbient gemadjt. 3n bem Streite megen
beg Brigittenflofterg entbehre bag Berfafjren beg SRagiftrateg jebeg üledjteg, unb eg
ftehe bemfefben nicht gu, bie Spefution beg römifdjen Sefreteg gu oerf)inbern. ©djließ»
Iidj fpracf) ber C£r§bifchof feine Bermunberung barüber aug, baß bie bieferfialb er-
ffoffenen füniglidjen Sefrete oom 9tate nicht beachtet mürben3.
infolge ber ;Qntolerang beg Sangiger 9Iateg hatte fdjon ber eifrige Bifdjof
^ieronpmug Ütogbragemgfi burdj Urfunbe oom 8. 3anuar 1592 ein bifefjoftidjeg
Sorf unb ein alteg, oerfatteneg Ktofter gefdjenft, um auf ©runb unb Bobeit beg
Sifdjofg in 9lltfdjott(aub, einem unter bifd)öftid)er ^urigbiftion fteßenben Rieden bei
Sangig, Kolleg unb Kapelle gu erbauen4. .Qugteidj fpracf ber Bifdjof ben SBunfdj
aug, bie ^efuiten möchten ißr Slugennterf audj ftetS auf bie SBieberfjerftedung ber
fatholifchen 9teligion in bem benachbarten Gängig geridjtet halten. Sie Errichtung
unb Stiftung beg ®odegg mar am 15. ^uli 1592 oon ®Iemcng VIII. betätigt
morben5. Slber erft nadjbem ade Bemühungen in Sattgig felbft gefdjeitert, begann
1 91 ebner a. a. 0. 68. g-reptag a. a. 0.
557 568. £rop aüebent entbedit greptag bei
ben Sandigem „eine ©laubenlbnlbung, bie in
jener geit ber ^ntoleranj benjelben jnr bop»
pelten @pre gereicht'' (ebb. 570).
2 greptag n. a. 0. 553 ff 560. Über bie
Sage ügl. * Status eausae inter Societatem
Iesu et sanctimoniales D. Brigittae Gedani,
im SIrcpiü ber Uropaganba, Lettere di Ger¬
mania vol. LXXXVII, 161. Über friipere Per-
leumberifdpe Slitflagen gegen bie Sefuiten ogl.
ben S3ricf Siteüe^cpiS üom 5. 1625 an
ben 93eid)toater ber Tonnen, 93altp. 9Dlarifiu§.
* Drig.--91cg. Ad Externos. 2!er ©eneral nennt
bie ©erücfjte falso conficta et a malevolis
vulgata.
3 91 e b n e r a. a. Q. 68.
4 33 i b b e r , Beiträge 31t einer ©efd). bc§
meftpreufeifepen ©djulmefen^, in ßeüfcprift bei
föeftpreufeifdpen @efcpid)tloereinl 1907, 302 ff.
93gl. Speob. £>irfd), ®ie ©t SJlartenfircpe
in ®an3ig II (1847) 156 ff ; greptag a. a. €.
535 ff.
5 iöibber a. a. 0. 298. 91egeft Synopsis
167 : in oppidi civitatis Gedanens. suburbio,
. . . quum in ipso oppido ecclesias et pia
loca profanata et a saecularibus occupata Se-
natus restituere nollet. . . .
•ftieberlaffungett in 5ß?eftpreufjen : 3üt[d)ottlanb.
385
matt gmei Qahrgeljnte fpäter, am 24. Mai 1615, mit bem Sau einer Äircfie in 3llt=
fdjottlanb unb ber ©inridjtung einer fleinen Schule1. Oie 9iefibeng non Oangig
mar fdjon 1610 ein Kolleg im ©ntfte^en (Collegium inchoatum) genannt morben,
unb ben tarnen Oangig (Collegium Gedanum) erhielt audj bag 1621 formell er>
ridjtete Kolleg in Slltfdjottlanb.
„Mit Sdjniergen" — fo fdjrieb am 19. Sluguft 1620 ber Sandiger ißrofeffor
Qoljann Sdfröber an ben fRat üon Sandig — „habe id) oorgeftern non einem Säpftler,
ber um ber Qefuiten ober Suiten Slnfdjläge mofjl meifj, öerftanben, baff fie aflfjier
ein ftattlidjeg Kollegium Beim Scfjottlanbe ju bauen aufg fünftigfte Qaljr merben am
fangen. Sollte bieg gefdjetjen, mürbe gute Orbnung unb Qnfpettion auf Oanpdjer
Schule fet)r bon ÜRöttjen fein, bamit biefe ©efellen mit ihrer Qnftitution nid)t ben
fßreig unb Sorgug bemalten; fonft mirb mand) jungeg Slut non ihnen eingenommen
unb innerlid) üerfdjüret merben."2
Oag in ber (Sniftefjung begriffene Kolleg gä^lte 1616—1619 7—9 Sßriefter,
feit 1620 tarnen nod) 2 — 4 Sdjolaftifer alg Sefjrer tjinju3. Qm Qafjre 1622 be*
ftanben fünf klaffen, Humanität unb fRf)etorif maren bereinigt unter einem Sefjrer,
1623 maren 5 Magiftri tätig, Qurn Qafjre 1624 fjeifit eg, baff gurn erftenmal ein
ißriefter auggemäfjlten Stubenten bie fR^etorif bortrug, mäfjrenb 4 Magiftri bie
Humanität unb bie brei ©rammatitaltlaffen leiteten. Son 1626 big 1631 maren
bie Schulen infolge beg fcfjmebifdfen Kriegeg gefdjloffen, bon Quli big 2Bei£)nad)ten
1626 fogar bag gange Kolleg berlaffen. Oie Qafjregberidjte ber polnifdjen fßrobittg
bont Qafjre 1631 begeidjnen bag Sandiger Kolleg alg ein Emporium ber lateinifdjen
unb beutfcfjen Spradje. Oie ftetg geringe Sdjülergahl mirb 1635 auf 100 angegeben.
Qn ben fpäteren Qafjren jaulte bag Kolleg burdjfcfjnittlidj 20—24 Mitglieber, bon
benen 1647 unb 1648 10 fjkiefter unb 3 — 4 Magiftri maren4.
Oie Seelforge tonnte in bem neuen Kolleg tro(3 ber ©egenbemüfjungen beg
Oangiger Magiftratg ungefjinberten Qortgang nehmen. Seit ber Qertigftetlung ber
Kirche in Slltfdjottlanb fjielt man ftänbig gmei beutfdje unb eine polnifdje fßrebigt.
Qm Qafjre 1624 mirb eine Marianifdje Kongregation für Stubenten unb 1625 eine
foldje für Sürger ermähnt. Son bem Kolleg aug fudjte man aud) in ber Stabt
felbft gu mitten. So begann man bort 1625 mit ber (Sfjriftenlefjre in ber mieber
Zugänglichen SSrigittenfird^e. Qn biefe mürbe 1629 audj bag bier^igftünbige ©ebet
aug bem Kolleg oerlegt 5. Qm Qafjre 1630 forberte bie fßeft mieber Slrbeit unb
Opfer. Sefonberg zeichnete fidj babei P. 9iif. ^imingft) burd) feine Eingabe für bie
fßefttranten aug, big er felbft ber Seudje gum Opfer fiel. Seit 1631 tonnten je
gmei ^Srebiger in ber Stabt unb in Slltfdjottlanb mirfen. Seiber mürbe ein Qaljr*
gefjnt fpäter (feit 1643) bie feelforgtidje Oätigfeit nicht allein burcf) bie Sperrung
ber 23rigittentircf)e , fonbern audj burch ben feljr unfreunblich gefinnten Sifcfjof
©niemocg feljr gefjinbert. Oroi3 mieberfjolter ©jramina unb trotj fniefälliger Sitte
mollte ber Sifdjof bie Qefuiten gur Spenbung ber Satramente nidjt gulaffen. Oie
Qefuiten harrten aug in ©ebulb. Oer Metropolit bon ©nefen unb fRont traten
fdjliefjlicf) auf feiten ber Qefuiten6.
1 Über bie Sage beg 33aueg 33 i b b e r a. a. £>.
300 f.
2 § i r f dj , ©efd). beg alabem. ©tjmnafiumg
in Sandig 15, 31.
3 Sag golgenbe nad) * Litt. ann. unb *Catal.
Prov. Polon. Über bag geplante Kleritalfeminar
ügl. 33 ibber a. a. Q. 286.
4 33on bramatifd)en 91uffuf)rungen werben
Suljr, ®e[c§icf)te bet Seiuiteti. II.
genannt: 1624 „gob" (3ü)etorif), „Ser K'aifer
Sluguftug", SBeibnadjtgfpiel ber Humanität;
1626 „Saifer 6eno", 1637 „@t 91od]u§".
5 gr et) tag (a. a. 0. 553) mad)t barang
„eine üicräigftünbige 33rebigt".
6 33gl. * Litt. ann. Polon. 1645—1646;
5 r et) tag a. a. D. 561.
386
fünftel Kapitel. ®ie öfterrcidiifd)e $rooinj.
Saß bie große Slugbauer ber Qefuiten für bie ©adje ber ®irdje in unb um
SDangig nidjt oergebeng mar, erfennen aucf) proteftantifdje Qorfcfjer an. „Sen ®ampf
für bie (Erneuerung beg arg bebrofjten ®atf)otigigmug im Strcfjibiafonat (ißomereden)
auf bem SBege ber ÜDtiffion, ©eetforge unb befonberg beg f)öf)eren ©djutmefeng über¬
nahmen üon ben SBifdjöfen mit bem (Erfolge, ber beifpieltofer Qätjigfeit öerbunben
mit äußerfter ©ammtung alter Kräfte eignet, big in bie Sage ber preußifchen §err-
fcfjaft bie Qefuiten, bereit bebeutenbfte meftpreußifdje Sciebertaffung im Strdjibiafonat
fict) unmittelbar oor ben Soren Saitgigg, ber mächtigen Qörberiit beg eüangetifdjen
93efenntniffeg unb ©djutmefeng, auf bem bifdjöfticfjen Gebiete beg ©djotttanbeg erhob." 1
Slfmtidje ©djmierigfeiten mie in Sangig hatten bie Qefuiten in ber meftpreußifdjen
©tabt Stjont. 2Bie bie Sangiger, fo berichtet ber SSifitator Sbrgenti am 14. Februar
1615 bem Äönig ©igigmunb2, gehen bie Stjorner ooran. Obgleich bag Kolleg feit
oieten fahren oon bem S3ifcf)of oon föutm mit fönigticher SSeroittigung gegriinbet
morben, arbeiten fie beftänbig gegen ung, batb mit offener ©ematt, batb mit Sift,
halb mit Stnftagen auf ben Sanbtagen unb bei bem ®önig, batb brohen fie, batb
oerbreiten fie ©chmähtibetten. Unb obgleich fie ung fo Oerfotgen, fdjreien fie ftetg
gegen ung, atg ob fie üon ung bag Stußerfte erbutben müßten. Safür mit! id; nur
ein 23eifpiet anführen. Qm üorigen ©ommer (1614) entftanb in Sfjorn ein Tumult,
©ogteidj mürben mir atg bie Urheber auggefd)rieen, unfere ©dritter hätten ben Sumutt
erregt. Sa giemticfj übertriebene ©erüdjte nach Sraungberg, mo icf) bamatg mar,
brangen, mürbe ich trofc alt meiner in Schorn gegebenen Mahnungen gur SSorfidjt
ängfttich, eg fönnte bodj oietteidjt irgenb ein SSerftoß oon feiten ber Unfrigen oor-
liegen, ©obatb atg möglich reifte idj nach Sfjorn, um fetbft gugufehen. Sie jähr¬
lichen fßrogeffionen in ber 33ittmodje mürben abgehatten, ber $Rat ruft bie Unfrigen
unb mahnt, baüon abguftehen; fie antmorteu, bag fei @adje beg ißfarrerg. Ser
Pfarrer hätt bie ißrogeffion, ber ©itte gemäß beteiligen fidj unfere ©djüter mit ben
bie 2(uffidjt füfjrenben Sefjrern. Sie 23ürger fperren bie ©tragen mit betten, treiben
bie 23orbeigefjenben mit ©ematt gurüd unb ftören bie ißrogeffion. Sag habe idj oon
angefetjenen Slugengeugen gehört. Siun fdjreien bie Stjorner, unfere ©djüter feien
bie ©djutb, mir machten ein Sittentat auf bie ©tabt, b. fj- atfo, mir gieheit bie betten,
mir rufen bag SSotf gufantmen, mir oertreiben mit Sßaffen bie ^rogeffion. Sag
fagen fie aber nicht im ftitten, fonbern oerbreiten eg auf ben Sanbtageit, fdjreiben
eg an ben $önig. SJun mödjte ich boch einen nur etmag billigen Stidjter fragen,
ob benn Knaben ohne Sßaffen, nur bag £>aupt mit einem $rang gefdjmiidt, bie gmei
unb gmei befdjeiben einhergehen unb unter ber Stufficht ihrer Setjrer fromme Sieber
fingen, einen Sumutt erregen ober oietmefjr bie, roetdje bie ©tragen fperren, bie
retigiöfe Qreifjeit oerleßen, bie QSrogeffion gemattfarn tjmberu unb atte ^atfjotifen
beteibigen? ©eraiß, fie haben eine Slugrebe, fie tun bag, mie fie fagen, um größereg
Übet gu oerhinbern; benn menn bie Sßrogeffion meitergegogen märe, hätte man oom
SSotfe etmag ©djtimmereg ermarten fönnen. ©ehr fdjön, atfo um Sumutt gu oer¬
hinbern, erregt man Sumutt, gerabe mie ber gute 9J?ann, ber feinen Qreunb im
Söirtghaug augraubte, bannt er nidjt oon ben Sxäuberit im Sßalbe beraubt mürbe. . . .
SJtait mitt ber fattjotifdjen Religion bie Freiheit nehmen, ihre Stugübnng attmähtidj
befeitigeu, unb roeit fie fehen, baß mir ung bem eutgegenftetten, oertangen fie unfere
(Entfernung. Scidjt unfere ©itten, nidjt bie Stuggetaffentjeit unferer ©djüter, fonbern
ber §aß gegen bie fattjotifcße Religion madjt fie gu unfern ©egnern. . . . Sie
Stjorner pflegen gu fagen, in süoten gebe eg fein Sledjt gegen bie ©efetlfdjaft, bie
©efetlfdjaft erfenne feinen Seichter an, auf bem Stecfjtgmege fei itjr nidjt beigufommen.
1 93 i b b e r a. a. 0. 295.
2 Ad Sigismunduni Regem Polon. Epistola (15 ff.
Stieberlaffungcn in SBeftpreufjen : Sporn.
387
Sag fabelt fie nicht allein burcfj 2öorte, fonbern aucf; in ber Xat gezeigt, inbem fie
nicht auf bem 9iecf;t§toege, fonbern mit (Gemalt gegen ung borgegangen, inbem fie
ung aug unferem £>aufe bertrieben, §anb an unfere ©cf)üler gelegt ufm. Sei näherer
Unterfudjung mirb fid) heraugftellen, bafj bie X^orner gerabe bag, megf)alb bag ßotteg
gegrünbet mürbe, bernidjten mollen, bag ift bie Slugübung ber fatljolifchen Religion
unb bie ©rjieljung ber ^ugenb. ßunt ©djlufj bemerft Slrgenti bon ber Serteibigungg*
fdjrift ber Sfjorner, bie alte bamalg lanbläufigen ^efuitenfabeln borbrad)te, ber Ser*
teibiger ber £f)orner bringe fo biele gefälfd)te Sotumente bor, bafj er bamit ber ©adje
ber X^orner nur nod) met)r gefcfjabet habe.
Sie ©ntftehung unb Sntmidlung beg Sljorner ®oöegg ift turj folgeitbe: Surcf)
(pofbetret bom 9. $uli 1593 mürbe eine Slnfiebelung ber ^efuiten in Sl)orn ge«
mäijrt, aber erft 1595 tarnen bie ^efuiten nach Sfjorn. $ünf ^a^re fpäter erhielten
fie bon Sifcfjof Stjlidi mit bem SöiHen beg ®önigg bie ^o^annegfird^e famt Sfarr*
tjaug unb ©djitle, „um beit tRuin beg §aufeg (Gotteg ju behüten"; mieber fünf
^a^re fpäter (1605) tonnten fie bie ©cfjule mit jmei klaffen eröffnen. Slber fcfjon
im folgenben ^lafjre mürben fie bon bem proteftantifdjen 97at bertrieben. 2lm
16. Dftober 1606 mufften bie ^efuiten Sf)orn berlaffen, bod) tonnte fie ber Sifcfjof
infolge eineg föniglidjen Sefel)l§ fdjon am 1. Se^ember begfelben Qafyreg mieber
gurüdfüljren 1. Ser S'teicfjgtag bon 1607 befahl, bie ^efniten in bie i?ird)en unb
©dfulen, aug benen fie bertrieben, mieber einjufüljren unb if;ren Unterricht rufjig ju
bulben. tiefer Sefdjluf) mürbe trop aller (Gegenauftrengungen 1609 unb 1611
mieber befiätigt2.
3n ben Seriellen ber Qefuiten mirb mieberf)olt bie fefjr feinbfelige Stimmung
ber fßroteftanten Ijerborgehoben. ©o in ben Qahregberidjten bon 1602, 1605 unb
1606. Surcf) Schmähungen unb Xobegbroljungen mürben bie ^efuiten faft täglidj
beliiftigt; proteftantifdje ^panbmerfer marfen ihnen 1605 in einer 9?ac^t mit groffen
©teinen faft alle genfter ein. Surcf) bie auch in Sf)orn heftig entbrannten ©treitig«
leiten §mifcf)en Sutheranern unb Saloinern, infolge bereu einige Sutfjeraner erflärten,
lieber tatljolifd) afg ealbinifeh §u merben, ruhten (1610) biefe Seläftigungen eine
ßeittang. Slber halb tarnen neue Störungen. Ser Slbel bon Äujamien beflagte fid)
auf bem 9teid)§tage bon 1612 über bie Shorner/ &afj f*e ^en bie Qefuitenfchule be=
fuchenben jungen ©bedeuten bie Verbergen berfagten. Sei berfelben (Gelegenheit be=
tonte ber Sifdjof bon fö'ulm: ©igigmunb habe S^ar ben ©täbten bie Sluggburger
Äonfeffion erlaubt, aber nicht §u bem Snbe, bafj fie bie römifche &’ird)e unterbrüden
fodten. Slnfangg hätten fid) bie fßroteftanten füll gehalten, big fie allmählich ben
Sifchöfen bie Kirchen ju entreißen fid) unterftanben. Sag fei eine unleiblidje Sprannei3.
(Einige 3a^re fpäter fperrten bie Shorner ber ^Srojeffion burch betten ben 3u9an9
junt SJtarft unb fjinberten bie 3ufuf)r l10n ®alt unb anbern Saumaterialien für ben
Neubau ber Qefuiten. ©in föniglicfjeg SJftanbat gebot bem 9tat u. a., ben berborbenen
$alt ju erfepen4.
Sie burch bie Slugmeifung unterbrochenen ©d)ulen tonnten erft nach fünf fahren
mieber eröffnet merben. Sie Sr°teftanten taten a^g, um bie Sßiebereröffnung 311
berhinbern. 3a^re lßl3 trat bie Humanität unb 1614 bie Sthetorit hinju5.
3m felben 3a^)re fügten mir, fo ergäfjlen bie ^afjre^Oeridjte 1614, öffentlidje Übungen
in ber bentfehen Spraye infolgebeffen biel mehr ©djüler bom 2(bel tarnen.
1 3. SCSertticfe, ©efdi. Sporns II (1842)
96 ff. ß. ®e ft n er, 33eiträße pr ©efcp. ber
Stabt Sporn (1882) 225 f. SSgl. 2 e n g n i cp,
©efep. ber 2anbe ^reupen V (1727) 15 f.
2 2 eng niep a. a. D. V 22 35 51.
3 ßbb. V 61 ff.
4 ßbb. V 128. SB e r n i cf e a. a. D. II 185 f
194.
5 $a§ tffolgenbe naep 41 Litt. ann. nnb *Catal.
Prov. Polon.
25*
388
fünftes Kapitel. Sie öfterreid)ifd)e ißrobinj.
©eit 1617 mürbe beutfc^er Unterricht in brei klaffen gegeben, Jm Katalog ift ein
eigener ^rofeffor für baS SDeutfcfje aufgeführt. Jm Jaf)re 1606 §ä^fte man über
200 unb gefen Jal)re fpäter gegen 500 ©tfjüler1. ÜUioraltheologie nnb Kontroüerfe
merben 1619 ermähnt. Sie ätforaltfieologie blieb audh fpäter, benn 1624 lehrte
ein $ßater füfaral, ein gmeiter 9tf)etorif, öier 9J?agiftri Humanität nnb ©rammatif;
1649 lehrten 3 fßriefter ÜUloral, fRfeetorif unb ©rammatif, bagu tarnen noch 3 Sftagiftri.
Sf)orn halte alfo ein üottftänbigeS ©pmnafium mit fünf klaffen unb eine SBorlefung
in ber SDJoral.
Ja ber fßfarrfirche hielten bie Jefuiten an ©onn> unb Jefttagen öormittagS
eine polnifche unb eine beutfdfe f)?rebigt, nachmittags noch eine potnifche. Sie fßrebigten
maren gut befucht, obfchon bie ^Sroteftanten burcfj ©pott unb fDrifefeanblungen an
bem S3efudje gu Ijinbern fugten. Srolgbem bie ?ßeft oiele Katholifen hiniüeggerafft
hat — fo helfet eS in ben Jahresberichten non 1602 — , befudjen biSmeilen an
taufenb ^5erfonen bie ^Srebigt. Jur JronleichnamSprogeffion ftrömten im felben Jahre
gegen 5000 ^ßerfonen aus ber ilmgegenb gufammen, barunter auch fiele Slbelige.
Sangfam rcucfeS bie Jafel ber Katholifen. Jm Jafere 1601 gäfelte man Oftern
2000 Kommunionen unb im felben Jahre 50 Konberftonen. ©eit 1606 beftanb auch
eine 9Jiariamf<he Kongregation. SllS 1624 bie fßeft mieber mütete, mürben gmei
Jefuiten für ben ffSeftbienft im Haufe fepariert; biefe befucfjten alle Kranfett. Sa
gugleicf) Hungersnot ausbrach, mürbe an alle, meldje an bie Pforte beS JefuitenfollegS
tarnen, gur beftimmten ©tunbe 35rot berteilt. Sie folgenben Jaljre mürben 3 ißriefter
unb 2 33rüber bon ber ©eucfee raeggerafft. Ser Sefuch ber Kranfenhäufer, ben
man 1638 begonnen, mufete man infolge beS ftrengen Verbotes beS SJtagiftrateS
halb mieber einfteüen.
Sie Jafel ber SUiitglieber, bie in ben erften Jahren 7 — 8 betragen hatte, ftieg
1616 auf 20 unb 1621 auf 27, ging bann infolge beS fchmebifäfeen Krieges herunter
unb ftieg 1648—1650 mieber auf 20. Jn einem ©treite beS SBifcfjofS SgiatpnSfi
megen ber ^farrrecfete manbte fich König SßlabiSlab am 9. Segember 1645 an
Jnnogeng X. mit ber SSitte, bafe bie fßatreS in ihrem fftecht gefchüfet unb in ihren
Arbeiten nicht gefeinbert mürben2. 23ebor ber Söifdfeof im folgenben Jahre ftarb,
bebauerte er, bafe er auf falfcfee Berichte fein bie Jefuiten beläftigt, unb forgte in feinem
Seftamente bafür, bafe baS bott ifem ben Jefuiten in SSromberg gefcfjenfte ©nt nicht
angetaftet merbe3.
5ßon Sfeorn aus mürbe 1619 bie Srieberlaffung in SBromberg gegrünbet. @ie
blieb bis 1648 Dtefibeng mit 4 — 6 fßerfonen unb mürbe in biefem Jahre gum Kolleg
erhoben. Jm Jahre 1641 maren 7 fßriefter unb 1 9J?agifter tätig; 1642 beftanben
brei ©rammatifalflaffen unter gmei Sefereru. 1643 mürbe bie ©pntaj:, fpäter bie
Humanität unb 1649 auch bie 9tf)etorif beigefügt. SaS Kolleg gäfjlte 1649 11 ißriefter
unb 2 Sftagiftri. Ser Kulmer 33ifcl)of SgiatpnSfi hatte eifrig bie ©rrichtung beS
Kollegs betrieben unb ben ©runbftein für bie neue Kirche gelegt (1642). Ser Stifter
mar ber Kanzler ©eorg DffolinSfi. @r gab bie drittel für Kolleg unb Kirche, bie
1649 feierlich eingemeifet mürbe. Jm Jahre 1650 erhielt bie Kirche noch gtoei
Sürme gu beiben ©eiten ber Jront. ©ne neue Orgel unb eine gröfeere Jafel oon
©ängern unb ÜÖiufifern trugen ihren Seil bei gu einem gahlreicfjeren SSefuch ber
1 Sie Sporner geben 1618 bie $apl ber 3 *Litt. ann. Prov. Polon. 1646. Ser 93i>
Qefuitenfdjüter bi3 an 400 an. Scngnid) fdt)of batte biefeS ©ut ober Sorf im SBerte
a. a. 0. V 128. Don 17 000 ©ulben 1638 gefdjenft. *Litt.
2 * Original int Arcliiv. Vatic., Lettere di ann. 1638.
Princip. vol. LXYII, f. 14.
9itebcrlaffungen in SEBeftpreufjen : SBromberg. — ©raubeng. — SÜJtarienburg.
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Kirche. SBäßrenb ber ^Scft oon 1624, bie meßr als 2000 fßerfonen unegraffte, arbeiteten
bie gefuiten tüchtig in ber geiftlicßen unb leiblichen Sorge für bie Oranten; braunen
auf bem Sanbe traten fie an bie ©teile ber an ber fßeft geftorbenen ©eelforger. gm
gaßre 1647 mirb eine ©eucße ermähnt, bei melcßer bie ^atre-S fidf) oietfacß opferten.
®a§ (£igentümlicf)e ber ©eucße mar, baß bie oon ifjr (Ergriffenen maßnfinnig mürben.
Sei ben (pepenprozeffeit 1631 ftanben fie fieben tierurteitten ^>ej:en im STobe bei1.
(Ebenfalls oon Stßorn aus mürbe 1621 bie 9Riffion oon ©raubeit} begrünbet,
bie 1622 fRefibenj mürbe, ©ie jäfflte bis 1638 burcßgeßenhS 2 — 3 fßriefter unb
1 Sruber; 1641 — 1644 6 — 8 ißriefter, bann mieber 4. ©leicßzeitig mit Sromberg
im gaßre 1648 jum Kolleg erhoben, hatte ©raubeit} unter feinen 11 ÜJRitgliebern
7 fßriefter unb 4 Srüber2.
Studh in ©rauben} bot ber proteftantifcße fRat alles auf, um bie gefuiten ju
entfernen. ®ie Sr°tefte ber ©tabt auf bem Sanbtage 1630 unb 1643 blieben aber
erfolglos, ber fReicßStag oon 1647 trat für bie ÜRieberlaffung ein3. (Ein ©raubender
^iftorifer fcßreibt: „9Rit ber ©tabt mußten bie gefuiten im ganzen grieben ju
halten. . . . gmeimal, unb jmar in ben gaßren 1648 unb 1664, rütften Semoßner
ber ©tabt, geführt oon SRitg liebem beS fRateS unb mit 28affen oerfeßen, nächtlicher*
meile gegen Umzäunungen ju gelbe, rnelcße bie gefuiten in ber ÜRäße ihres OrbenS*
ßaufeS auf bem Söege jum ©chloffe neu angelegt bitten, unb jerftörten biefelben,
meit bie ©tabt baS ©igentum beS umfriebigten SanbftüclS für ftch in Slnfprucß nahm.
Seim testen ©türm mürben fogar bie genfter oom gimmer beS ®eutfcßprebigerS
Seopolb im ©ebäube beS Kollegiums eingefd^lagen. ... git aßen biefen gälten zeigte
ber 0t ben fid) äußerft friebfertig." 4 *
SDie größten Stoßltäter beS ©raubenzer Kollegs maren ber Kulmer Sifchof
Kucz&orsfi unb nocß mehr ber Salatin Sbätaltjn ®zialßnSfi. gßre faft lebensgroßen
Silber hängen neben benen auberer SBoßltäter nocß heute im Korribor beS in ein
Seßrerfeminar umgemanbelten gefuitenfollegS 6.
©inen eifrigen unb teilmeife erfolgreichen Serfucß machten bie gefuiten in ber
altel)rmürbigen ^auptftabt beS SDeutfcßen OrbenS an ber SRogat, in SRarienbnrg.
©eftern, fo fcßreibt P. SlnbreaS ObremStp aus SraunSberg am 31. guli 1605 an
Slquaoioa, lehrte ich D01t einer RRiffion nach äRarienburg zurücf. äRarienburg mar
früher ber ^auptfiß beS 3)eutfcßen OrbenS. Son bem Pfarrer, einem fehr gebilbeten
unb angefeheneu ÜSRann, ferner üon einigen guten Katßolilen unb oom Sifcßof felbft
mirb eine fRieberlaffung ber ©efeUfchaft bort fehr geruünfcht unb ber Unterhalt an*
geboten, meil ficß für unS ein großes Slrbeitsfelb zu öffnen fcßeine megen ber heftigen
unb anbauernben geinbfcßaft groifchen ©aloiniften unb Sutßeraneru6. ©S bauerte
aber noch länger als ein gahrzehnt, bis biefen SBünfdjen menigftenS teilmeife ent*
fprocßen merben fonnte.
gm gaßre 1619 beftanb in äRarienburg eine 9Riffion mit 2 Srieftern, bie ber
Ranziger fRefibenz unterftellt mar, in bem folgenbett gaßre eine fRefibenz mit 3 ißrieftern.
®ie Sefl beS gaßreS 1624 gab oiele Slrbeit. ®er Serirfjt merft an: 2öie faft in
ganz Preußen, fo nimmt man auch in ÜRarienburg menig fRiidficßt auf bie fßeft unb
fließt aucß nicßt, meil man fagt, jebe XobeSart merbe oon ©ott oerßängt. gn bem*
1 * Hist. coli. Bydgostiensis unb * Litt. ann.
Prov. Polon.
2 * Litt. ann. unb *Catal. Prov. Polon.
3 X. 5r°e(icf), ©efd). beS ©raubenger
ÄreifeS I (1868) 118.
4 Sbb. II (1872) 173. groelid) bemerft (ebb.
I 118), bafs bie ©raubenger Sefuiten in ifyrer
äRittc ftetö einige tüchtige beuti'dje Sangelrebner
batten.
5 ßbb. I 119. Sort aud) bie gange 9{eif)e
ber SReftoren unb ©. 121 bie 9Jad)tt>eiie über
bie ©infünfte. Über 2Ircf)ibalien ber ©rau*
benger SOuiten ebb. II 168.
6 * Original in Epp. Polon. 1605 — 1670 1 11.
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günftee* Stapitel. ®ic öfterreicfiifdOe fßrotitnj.
fetben Qafjre 1624 öermachte ber föntmer 33ifcf)of Qofj. Äucgborgfi ber fHefibeng bitrdj
Seftament 10000 ©utbett unb beftimmte aufjerbem noch 5000 ©utben, non beren
Qinfen bie Ernten an ber Pforte gefpeift merben füllten1. Über biefe 10000 ©ulbett
fdjrieb 3>iteHe§d)i in einem Söriefe ootn 13. Quti 1624 an ben potnifdjen iJSrooingiat :
Sa bie Diefibeitg feine ©infünfte befifjen fann, fo folt bag ©etb bem Sandiger ®otteg
übermiefen merben mit ber Verpflichtung, bie (Summe gurüdgubetjatten unb famt
Qiitfen ber Vefibeng in ÜDiarienburg auggugahlen, fobalb biefelbe gum Kolleg er*
hoben mirb2.
Ser Sätigfeit ber brei ^riefter, bie beutfdj unb potnifd) prebigten, mürbe fc^on
1626 burcf) ©uftaü Slbotf ein gemattfarneg ©nbe bereitet. üßadj ber Einnahme
äftarienburgg oertrieb er aucf) fjier bie Qefuiten. 9iacf) bem Qrieben fameit bie
Qefuiten nach Sftarienburg guriid. Qm Qatjre 1638 arbeiteten mieber brei ^5riefter
^ier. Ser Vifdjof oon ßutm übermieg i^nen bie üöfarienfirdje. Sem großen SJfangel
an fatfjolifdjen fßrieftern in ber gangen Umgegenb, infotgebeffen auch oiele ßattjo*
fifen oon ^Sroteftanten getauft mürben, fjatfen bie Qefuiten burdj raftlofe Sfrbeit in
Stabten unb Sörfern nad) ÜDtögtidjfeit ab. (Einige Qaf)re fpäter maren 4 — 5 QSriefter
in SOfarienburg. Sie 3afjt ber $onoerfionen ftieg 1642 auf 57, in ben folgenben
Qafjren auf 100 — 140.
©inen näheren Grinbtid in bie ÜOtarienburger Verfjättniffe oermittett ber Vericfjt
beg Vifitatorg ber potnifdjen ißrooing, Qabritiug 93anfi, batiert Stjorn, 31. Quli
1642. Sie Qörberung ber Vefibeng unb bie Errichtung eineg ®oUeg§ in Sliarien*
bürg, fo fcfjreibt er, Ijaben bie Vifdjöfe oon $utm eifrig betrieben, unb aucf) ber jetzige
Vifdjof Sgiatpngfi münfdjt bieg fetjr. 2tudj ber Pfarrer oon SOiarienburg, ber gu*
gleich bifcfjöfficfjer ©eneratoifar für ißomefanien ift, gang befonberg aber ber fönig*
tidje Sefretär Qof). Sefmer oerlangen fetjr banad). Sie ©rünbe finb: 1. meit eg
in bem gangen Vigtum ^omefanien feine Orbengleute unb nur menige SSettpriefter
gibt; 2. meit in bem gangen Siftrift 130 Sörfer finb, bie gur fatfjotifdjen ^Religion
gurüdgefütjrt merben fönnten, menn QSriefter fie befudjten; 3. meit fidj oon bort aug ein
grofjeg Strbeitgfetb eröffnet für bag £>ergogtum fßreufjen, mo mitten unter ben Q5rote=
ftanten oiele ftattjotifen ofjne Sßriefier leben ; 4. ber fönigticfje Vermatter oon Sftarien*
bürg, ein fcfjtimmer ©atoiner, mürbe oiete oerfüfjren, menn nidjt bie Viidfidjt auf bie
Qefuiten in Stftarienburg ifjn abfjiette; 5. in ©tbing, ber näcfjftgetegenen Stabt, be*
finbet fidj eine proteftantifdje SIfabemie, unb fcfjon allein begfjatb fdjeint mir eine
Sdjute in ÜDIarienburg eröffnet merben gu müffeit, um bie ^atfjotifen oon bem Ve*
fudf) ber proteftantifdjen Scfjuten ferngufjatten; 6. ber fönigtidje Sefretär Qof). Sefmer
mit! mit ber erften Qunbation beg fö'ottegg gugteidj eine Vurfe für arme Stubenten
ftiften, bamit audj Q5roteftanten, bie fonft fdjmer unterhalten merben fönnen, gu unfern
Sdjuten angegogen merben; 7. oon ben üüfitgliebern biefer (potnifdjen) ^Srooing mirb
nur geringe Qrudjt in fßreufjen gemirft megen ber Unfenntnig ber Spradje. 2öie
atfo Vrattngberg ber titanifcfjen Q3rooing beutfdje Strbeiter liefert — neutidj tjabe
ich bort über getjn aufgenommen — , fo tjoffe idj bagfetbe oon SDtarienburg für bie
potnifdje ^rooing. C£nbticf) mirb eg in ber Stabt fetbft nicht an Arbeit fetjten, bemt
idj tjaüe bemerft, bafg bie Kirche ftarf befudjt mirb; benn menn audj bie Viirger
protcftantifd) finb unb menig Hoffnung auf Vefefjrung geigen, bamit fie nidjt oorn
SOiagiftrat auggefdjtoffen merben, fo finb bodj in ben unteren Stänben fefjr oiete
ßattjotifen, befonberg in ben groffen SSorftäbten. Sann mibertegt ber Sifitator bie
©egengriinbe beg 9feftorg oon Sangig, ber oon ber Schule in SDfarienburg eine
1 golgenbe nad) * Litt. ann. unb * Catal. 2 Siefer 58rief in bem fpäter anäufitfjrenben
Prov. Polon. Schreiben beS ®ifitator§ fyabrit. Söanfi.
SJMeberlöffungen in 3Bcftpreu(jen : 9)?arienfmrg.
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Sßerminberung ber Sandiger ©djitfe befürchte: Sludj jeßt ßaben bie Sandiger feine
©djüfer ltnb fidjerfidj feinen einzigen aug bent SOfarienburger Siftrift. Ser 9teftor
müdjte bie ^urigbiftion über äRarienburg unb ba§ für äRarienburg geftiftete Kapital
nidjt gern öerfieren. fjür bie gan^e gunbation miß ber eifrige ®ont>ertit $of). Sefrner
alles Siötige beforgen. 2fud) ßat ber jepige Pfarrer unb bifdjöfficße Offijiaf, ein
großer Söofjftiiter ber üiefibeng, biefefbe jum alleinigen ©rben eingefeßt. tiefer Pfarrer
ift ein maßrer ©ottegmann unb eifriger greunb ber ©efeüfd^aft, obfcßon er ooit
einem ber Unfrigen befeibigt morben. ©djließfid) fpricfjt fidj ber Sßifitator für bie
unoeräügfidje Sfnnafjme beS föoffegg aug1.
316er obgfeidj ber bifcßoflidje 0ffijial am 2(5. ?(itguft 1642 in ber bringenbften
SBeife um bie Sfunafjme bat unb fein eigeneg §aug bei ber ^farrfirdje anbot, unb
obgfeid) Sefrner am 25. Dftober 1642 tmm ©eneraf benadjridjtigt mürbe, baß ber
Sßifitator bie ©rmäcfjtiguug gunt Slbfdjluß ber SSerfjanbfungen erhalten 2, fo fam einft-
meiten bocf) nidjtg ju ftaube.
Sie gan^e SSerßanbfung megen äRarienburg geigt einerfeitg bie große 9?otfage
in Preußen, anberfeitg baß bie eifrigften ^atßofifen Slbßiffe befonberg oon einer
eingreifenben Sätigfeit ber Qefuiten erhofften.
^ufammenfaffenb fegt bieg ber bifdßöffidje ©enerafofß^iaf in bem bereitg an*
geführten ©djreibett, batiert 9Jiarienburg, 26. Sluguft 1642, bem ©eneraf in marmen,
ergreifenbeit SBorten bar. 92acßbent er bie oerßeerenben Söirfungen ber Slpoftafie beg
Seutfdjmeifterg §ergog SIfbredjt gefdjifbert, betont er, baß bie 23ifd)öfe fcßfießfid)
feine anbere pfiffe müßten afg bie ^erbeijießung ber Orben unb befonberg ber ©e*
feüfdjaft Qefu. ©o füßrte £>ofiug madere unb treue Arbeiter aug ber ©efefffcßaft
nad) 33raungberg, ©embidi nadj Sßorn, dto^brajemgfi) nacf) Sandig, Äucgborgfi nad)
©raubenj unb äRarienburg, auf baß fie bie llberbfeibfef ber ^atßofifen im ©tauben
ftärften unb bie ^rrenben ßier in Preußen mieber gur ®ircf)e jurüdfüßrten. Sag tun
bie ßodjmürbigen ®äter ber ©efeflfdjaft Qefu mit großer Siebe unb großem Srfofge.
33oit DJlarienburg fann icf) afg Stugengeuge beftütigen, baß nad) ©ott ber gan^e nidjt
geringe Srfofg in ber ©tärfung ber ^atßofifen unb in ber diüdfüßrung ber ^rrem
beit ißnen jugefcßrieben merbeit muß3.
1 * Original in Epp. Polon. I 617 ff. 3 * Original in Epp. Episc. vol. V.
2 * Orig.=9feg. Ad Externos.
© e dj ft e § Kapitel.
frieg^uot.
Sie böhnttfdj«pfäl$ifcf)e fperiobe. — GsinmirlEung be§ Krieges auf bie ^efuitcn iit ©trieften,
in ber fßfalj unb iit SBeftfalen. — Sie fcpmebifche ^eriobe: fftot unb Seibeit in ber
nicbcrrpeinifcfjen, oberrheinifdjen unb oberbcutfchen ißroOtnj. — (Sinmifdjen in Kriegs»
Unternehmungen. — Sa§ lepte ^afjrgefjnt 1638 — 1648. — Sie grage ber gtucfjt. — Unter»
Bringung ber Flüchtlinge. — Sroft unb üluSbauer.
2Bie faitm eine beutfdje fßroötns unb nur raenige beutfd^e ©täbte oon ber ber-
fjeerenben Furie be§ ^Dreißigjährigen Krieges berfdjont geblieben ftnb, fo gibt e§ aud)
roenige Sftieberlaffungen ber Qefuiten, bie nidfjt ben geinb in ihre füllen 53ef)aufungen
einbreefjen ober menigftenS bor ben Soren ber ©tabt ©djreden unb (Sntfeßen ber»
breiten fafjen. $e nach bem 2Bed)jet be§ ®rieg§fchauplaj}e§ hatte balb bie eine baib
bie anbere Orbensproüinj mehr ju leiben, ^n ber pfäljifdjen ?ßeriobe (1618- — 1623)
litten befonberg bie öfterreidjifche unb rheinifdje ^3robin§ unb in ber bänifefjen ifkriobe
(1625—1629) bie nieberrf)einifcf)e fßrooing, mährenb in ber fchmebtfdjen Sßeriobe
(1630—1635) bie r£)einifd)en fßroüinjen unb bie bon Oberbeutfcfjlanb am meiften
mitgenommen mürben; bon ben Srangfalen ber leßten, ber fdjmebifdpfranjöfifchen
fßeriobe (1635 — 1648), befamen faft alle i^robinjen, befonber§ bie oberbeutfefte unb
öfterreidjifche fßrobinj ihren Slnteil an ber 9t ot be§ Krieges mit all feinem Slenb
unb all feinem Jammer.
©egen Snbe be§ Krieges ha^ Salbe al§ Slugenjeuge unb DJtitbeteiligter in einer
feiner griebenSoben ba§ namenlofe ©lenb alfo gefdjilbert:
Sinnlos irret ber Sdjmerj mit loSgelaffenem Bügel
Surd) ber Sörfer miifte Söoljnungen,
Surd) begrabene Stabte. SaS Äinb, am SBufen ber SDtutter
SBerfdjmadjtenb, briidt bie nahrungStofe Söruft.
EereS fchauet fiel) felbft unb bie hungrigen Scharen mit 3orn an,
Safe ihre Frucht oon 9Jtenfd)enbIut ermudEjS.
©raufam herrfcf)te ber Sob. Sen rafft er in Eite, bem anbern
SSerfagt er fid) ; bie Jungfrau burfte nicht
Unentroeihet pm ©rabe; gefchänbet niebergetretene
Leichname fahn bie ernften SDtanen fcheu.
Unb mie im brennenben SBatbe bie ©lut, fo toächfet ber Srieger
Studpofer Sinn unb greoel Qahr auf Bahr-
SSeithin teiltet bie SJSeft. Sticht SeutfcfjtaubS Fluren allein briidt
Ser Bummer, ganj Europa mit ihm bebt *.
^nmiemeit biefe ©djreden aud) bie Qefuiten getroffen, mögen menigftenS einige
Büge au§ bem blutigen iRiefengemälbe geigen. 5SolIftänbig!eit ift auSgefcfjloffen, ba
bie 29erid)te allein für fief) einen ganzen Sanb beanfprudjen mürben; jubem mußte
einzelne» fcfjon früher bei ber ©efcfjidjte ber SRieberlaffungen geftreift merben.
1 Silvae (1643) 9, 4. Überfepung bon §erber.
Scd)fte§ ÄapiteL Äricggnot. $ie böljiiüfd)«pfälätfd)e fjjeriobe. — Sintcirfuttgen bc§ Stieget. 393
2>aS (Signal jum Kriege gab öcr berüchtigte f5’en^erfiur5 am 23. äRai 1618:
bie faiferlidjen (Statthalter Sttartinih unb Slamata ronrben nebft ihrem ©eheimfdjreiber
3U ben g-enftern ber faiferlicfjen Burg in iprag IpoauSgeftm^t. ®en böljmifdjen
©mpörern, ©reifen BiatthiaS fXf)urn unb ©enoffen, fanbte bie proteftantifefje Union
ben ©rafen SBanSfelb, bie (SdEjtefier nnb Saufit^er ben SJiarfgrafen ^of). ©eorg
non Qägernborf 3u (pilfe. Bor ben oereinigten geinben unter f£hurn muffte fid) ber
faiferlidje ©enerol Souquoi ©nbe Oftober 1618 jitrücf^ief)en. 211S mitten in biefen
SBirren ®aifer 9)fattf)iaS am 20. 9J?ärg 1619 geftorben, brang ©raf Sthurn jmeimat
bis oor SCBien, baS erftemaf Quni 1619, baS jioeitemat Booember 1619 im herein
mit bem dürften oon Siebenbürgen, Setlflen ©abor. SDie Ofterreidfer, bie ebenfalls
bie gähne ber ©mpöruitg entrollt, bejtoang §erjog üBajürnilian oon Saliern. ®iefer
30g bann oon Oberöfterreich nach Böhmen unb fcfjlug nach Bereinigung mit Souquoi
am 8. Booember 1620 in ber (Sd^lacht auf bem Skiffen Serge bei Srag ben ^fäljer
^urfürften griebricf) V., ben fog. Sßinterfönig, ber aus ber £>anb ber Üfebellen bie nicht
erlebigte böhmifche Ä'rone angenommen hatte. Bon Böhmen toanbte fid) nun ber
®rieg nach bem Stammlanbe beS befiegten ipfäljerS.
Skr erfte Schlag traf bie gefuiten in Böhmen unb Sdjlefien. $aunt acht Sage
nach bem genfterfturs in fßrag erging üon ben rebellifchen Skreftoren am 1. guni
1618 ber Befehl an bie ^efuiten in ©la^, Stabt unb ©raffchaft innerhalb einer
SBoche ju üerlaffen, toeil fie bie Urheber oon allem Übel, eine fd)äbliche aufriihrerifche
Sefte, fdhauberüoUe Unruhen gegen bie toeltliche Dbrigfeit erregt hätten. Bad) bem
„beit böhmifchen Herren bamalS eigenen Begriff oon Untertanentreue", fo bemerft
ein fdflefifcfier ©efd)id)tfd)reiber, „barf eS nicht befremben, bah fie bie gefuiten, bie
treueften greunbe ihres ßanbeSfferrn, loiber feinen SBillen, alfo eigenmächtig, aus bem
Reiche oerbannten"1, gn einer BerteibigungSfdjrift 00m 9. guni 1618 brauchen
bie ©mpörer noch fdjärfere SluSbrüde; fie nennen bie gefuiten eine fcfjeinheilige Sefte,
©efdjmeiff, Stufrührer, ßönigSmörber ufro. 21m 7. guni fam baS üDefret in ©Iah an,
am 9. guni mufften bie gefuiten bie Stabt üerlaffen, 3toei alte unb franfe gefuiten
erhielten nur eine grift oon acht Xagen. 21m 15. guni „lagerte fid) mit £ageS«
anbrud) eine ÜBenge Bürgeroolf um baS Kollegium, brohte unter milbem ©efdjrei
mit ©etoalt, menit fie nid)t fofort baS §auS räumten, gür ihr Seben beforgt,
Sturm unb fßlüuberung befürdjtenb, fahen fie fich ge3ioungen, baS fchon um 10 Uhr
in (Site bereitete ÜBittagSeffen 3U üerlaffen unb ohne Beifegelb ben S3agen 3U befteigen." 2
211S 21nfang 1619 bie Gruppen ber 2lufftänbifd)en ©la^ befehlen, mürbe baS
Kolleg greulich Permüftet, bie ®ircf)e burdj ©rabfdfänbung entmeiht. Skr pro«
teftantifdje Kaplan ©eorg 211itriuS fdjreibt über bie Bermüftung ber gefuiten« (S)om«)
Äirche : „2BaS nun aber in speeie bie SThumfircfje betrifft, ift eS faft nicht auS«
3ufpre<f)en, mie biefelbe fo graufam ift 3ugerid)tet morben. £>enn nachbem bie
gefuiten Oon ben böhmifdjen Stänben anno 1618 auS ©Iah toaren proffribiert unb
abgefdjafft morben, hat fidj’S nidjt unlängft hernach sugetragen, bah bie Solbaten,
melche in ber Sefafjung 3U ©Iah lagen, alle genfter unb ©itter oon ©laS, S)raf)t
unb Sifen barauS, mie auch Don bem gan3en Xhumftift meggetragen haben. . . . 2)ie
Orgel, bie Bilber unb Bänfe aus ber ®ird)e haben fie teils auf ben 2öad)en üer«
brannt, teils aud) üerfauft ober aber fonft serfdjmettert. 2(lfo haben fie auch ade
©emächer beS gansen SE^umftiftS eröffnet. . . . £)ie Bücher ber überaus fdfönen unb
buchreichen Bibliothef, berer gleichen man nicht leicht antreffen mirb, haben fie teils
3erriffen, teils aud) fubermeife an anbere Orte üerfauft unb gar übel 3ertrennt. gn
ber Äirche haben fie bie ©rabfteine meggehoben unb fleiffig gefugt, ob oielleidjt etroaS
1 911. 93 ad), Äirdjeitgefd). ber ©raffd)aft ©laä (1841) 196.
2 ©bb. 195 ff 205 ff.
394
@ecJ)fte§ Kapitel. ÄriegSnot.
barunter ju finben fei. ©ie paben bie ©ruft ober ©rüber, in mefcpen bie fefuitifcpen
patres begraben liegen, aufgemacpt unb paben etfidjen bie Sfrme oom Körper ab*
geriffelt, fjaben ipnen aucp 9)iauffcpeffen gegeben unb ipnen bie SUeiber, mit mefcpen
fie maren begraben roorben, ausgewogen; ja eS paben ipnen audp bie ©ofbaten ein
öffentficpeS ©djimpfpauS gemadjt."1
offg SSerbünbeter beS ®aiferS patte ©panien ben SRarqueS ©pinofa mit einem
Deere in bie ißfalw einrüden taffen, ©pinofa fepte am 5. ©eptember 1619 bei üDfainw
über ben 9fpein. ©ie proteftantifdje Union, bereit ©treitfräfte burtf) 5000 ÜDRann
au§ £>oüanb unb ©ngfanb oerftärft maren, öerteibigte bie Unterpfafj. ©urdj ben
9Jfainwer Sffforb fagte fidf) bie Union oon bem ^Sfalggrafen foS. ©ropbem moffte
ber geächtete fö'urfürft üom Kriege nidjt abtaffen ; er ernannte ben SJiarfgrafen üoit
^ägernborf unb ben ©rafen oon SKanSfefb ju feinen ©enerafen. SJfanSfefb patte fiep
aus 23öpmen nadj ber Oberpfafw gemanbt, oor ben 25000 üötann äRapimifianS unb
©iffpg jog er fidj in bie Unterpfafw wurücf. ©ort patten bie pfafwgräfficpeit ©ruppen
am 25. $ufi 1621 baS ©ebiet beS 23ifcpofS üon ©peier überfallen. ©ie ©panier
unter ©orbooa (©pinofa mar wurüdberufen morben) mußten fiep jept üor bem peram
napenben DJfanSfefb wurüd'wiepen. ©iefer oereinigte fein ^>eer oon 10000 9Rann bei
äRannpeim mit ben 7000 9Rann beS Oberften Sere, trennte fiep aber mieber üon
ipm, um baS ©ebiet am finfen Sfpeinufer wo braitbfcpapen. ÜIRapimifian fanbte ©ifft)
gegen SRanSfelb. ©orbooa folgte SRanSfefb auf baS finfe 3fpeinufer, wog fic^ aber
im Söinter 1621/1622 itt bie Söinterquartiere wurüd. ©aSfefbe tat ©iffp. ©enfefben
Söinter benüpte äRanSfefb, um ltadj bem ©ffafj wu W^u unb öiefeg wu branbfepapen.
©feiep im Sfnfang biefer $riegSperiobe fiel ber ^efuit ©ottfrieb ©pefen aus
Sßidratp furpfäfwifdjen ©ofbaten wum Opfer, ©r mar am borgen beS 25. ©eptember
1620 mit 2 SRitbrübern unb 24 anbern 97eifenben auf bem ©dpiff uaep ®öfn ab=
gefapren. ÜRadpmittagS gegen 4 Upr fegte baS ©dpiff bei 23acparacp an, um ben
3off wu entrichten. 23ad)aracp mie baS gegenüberfiegenbe ßaub maren oon für»
pfäfwifepen ©ruppen befept. 23acparadj ftürjten ©ofbaten auf baS ©dpiff unb
pfünberten. fßefonberS fielen fie über P. ©pefen per, ber affein im ßfeibe ber ^efuiten
reifte, fepfugen, befdjimpften unb beraubten ipn. ©nbfiep gelang eS, baS ©dpiff frei
Wu madpeu. 2) er ©teuermann moffte auf ber gegenitberfiegenben ©eite ftromaufmärtS
rubern, um SJRainwer ©ebiet wu erreiepen. ©obafb bie ©ofbaten in föadparacp bieS
merften, eröffnten fie $euer auf baS ©dpiff, baS fo genötigt mürbe, in ber ÜRüpe
Oon ®aub wu fanben. Sftte fprangen fo rafdp mie mögfidj anS Sanb unb fudpten
auffer ©cpupmeite wu fommen. ©rei ober oier ber dfeifenben mürben oon ben ®ugefn
getötet. ÜJReprere, unter ipnen P. ©pefen, manbten fidf) nadp Staub, fielen aber nun
ben oon Staub fommenben ©ofbaten in bie £mnbe. ÜRacpbem bie ©ofbaten einen
SBoten nadj Staub gefanbt, fam ber 23efepfspaber ©imon ©nbridp unb gab burdp brei-
mafigeS pfeifen ben ©ofbaten ein ßeidjen. ©iefe fegten an unb fdpoffen bie fünf
©efangenen nieber. P. ©pefen erpieft eine ®ugef in bie SSruft unb ben Unterleib,
©r fiel auf bie St nie unb betete ben Sfnfang beS 142. SßfafmS : „§err, erpöre mein
©ebet, oernimm mein gfepen uadp beiner Stöaprpeit. ©rpöre miep nadj beiner ©e-
redptigfeit unb gepe nidpt ins ©eridjt mit beinern fö'necpte." SBäprenb er nodj betete,
ftürwten bie ©ofbaten auf ipn unb gaben ipm mit ipren ©Übeln unb ©emepren ben
9ieft. ©ie Seidjen mürben iprer Stfeiber beraubt unb üerfcparrt, fpüter oon 23emopnern
oon Ä'aub, mo ber ©uperintenbant ißauf £eonarp am ©onntag 27. ©eptember auf
ber Stanwef bie ©epanbtat gebranbmarft patte, in ®aub begraben. fRacp einigen ©agen,
afS bie fpanifdpen ©ruppen 23adjaracp unb ®aub befept patten, braepten einige Qefuiteu
1 Glaciographia ober ©läpifdje Chronica (1625) 320 (329) 330.
ßintoirfungett be§ Äriege§ auf bic Sefuiten in ber fßfalft.
395
bie Seidje beS P. Speien na cf) bem Benachbarten SSaflfaprtSort ÜÜiarientpaf unb festen
i^n oor bem £>auptaftare ber föirdpe Bet 1.
23afb barauf mürbe ein $ater, ÜUtag ©cpntib, non ben furpfäfgifdjen Struppen
gefangen nach £>eibefberg gebracht, ©eine ©cpidfafe in ber ©efangenfcpaft fdjifbert
berfelbe in einem Briefe aus §eibefberg üom 11. DJoüember 1620: 9)?eine fo fange
©efangenfcpaft märe mir unerträglich, nieun ntidh nidjt tröftete baS 53emuptfein meiner
tlnfchulb, bie ja aud) ben $einben nidjt unbefannt ift, unb bie ©adje, für bie id)
leibe. Stenn trenn ich rticf)t Qefuit märe, fäpe id) nidjt im ©efängniS gu |>eibefberg,
aber ich toiff lieber ©efangener afS fein Qefuit fein; meine Befreiung gilt mir nidjt
fo rief als meine SHeligion unb mein 33eruf. SDian mag mich guäfen unb auch töten,
aber gu ©runbe gerichtet merben fantt idj nur non ©ott, bem allein befannt ift, mag
i cp leibe unb gelitten pabe, befonberS gu SBengpeint. Söenn man audj afS ©runb für
meine ©efangennafjnte oorgab, baß id) mich oerffeibet hätte, fo paben bie Offiziere
mir offen erffärt, baS fei nur ein Sßormanb. Stenn bie Änberung ber Äfeibung ift
unS in ber ißfafg ebenfomenig üermeprt mie in ber ÜKarfgraffdjaft 53aben, unb mentt
fie auch nodj fo fe^r tierpönt märe, oerbiente fie hoch feine fo fange ©efangenfchaft.
Stie ©rbitterung beS aufgepepten Röbels gibt eilten auSreicpenben ©runb für bie
SSerffeibuttg ber OrbenSfeute unb ißriefter. SBenn eS auf ben s43öbef anfötne, müpte
ich gleich auf bie gofter unb üott ba an ben ©afgett; man mittet gegen bie Werfer»
meifter, menn man erfährt, bap fie mir audj nur bie geringfte ©rfeicpterung ge=
mäfjrt haben2.
Über ben SDAtnSfefbfcpen ©infaff in ©peier berichtet ber Üleftor beS ©peierer
ßoffegS, ©tepfjan 9tuibiuS. ©r entfcfjufbigt fith in einem Briefe üom 7. Segentber 1621
an 33ufaeitS, bap er fo menig fchreibe, aber einigemal feien bie Briefe üon ber $oft
gurüdgefdjidt morbett, teifg meif bie ^pferbe meggefiihrt toorben, teils meif bie Briefe
ber Unfrigen geraffen unb meggemorfen morben; feit brei üffiocpen fei auch fein 33rief
oon SHont aitgefangt3. Sag töistuni ift greulich öermüftet unb faft gang in ber
©emaft 9JianSfefbS. ©rope 23ranbfdjapungen merben ttad) ber ^fünberung Oerfangt.
23rucpfaf pat 70000 (Safer) begapft, unb man üerlangt nodj 15000. ßroei unferer
patres maren bort mit einem Araber, ©ie famen mit peder fjjaut baoott. Ser eine
Sßater gelangte afS 23ettfer oerffeibet gu unS, ber Aufenthalt ber anbern ift um
befannt. Sie ©emafttaten unb ©cpänbficpfeiten ber SDfanSfefber finb nicht gu he-
fdjreiben. ©chon aus biefem ©runbe hat bie ©tabt ©peier bent SHeruS unb beit
Affefforen (beS ^ammergeridjtS) oerfprochen, fie rnerbe fiep bis aufs äuperfte gegen
bie 9J?anSfefber oerteibigen. Ser Ä'aifer münfepte, bie ©tabt möge eine Sefapung
Oon 25apern annefjnten, aber fie meigert fiep. Am AnbreaStage (30. ÜJioüember)
herrfepte eine fofepe ipanif in ©peier, bap oiefe Üatpofifen flüchteten. Auf ben 91at
ber Herren fepidte idj gefjn Sertiarier=SßatreS nadj anbern Kollegien. SBSir fürchteten,
bie ©tabt rnerbe in bie ©emaft ber $einbe fommen, ba allmählich fdjott 100 9AanS*
fefbifepe Leiter unb einiges gupüoff fidj auf oerfdjiebenen SBegen in bie ©tabt ein»
gefepfiepen. SaS feinbfiepe |>eer ftanb oor ben Sorett. 9?acpbem baS §eer abgegogen,
entfernten fidj audj bie Leiter. SOianSfefb oerfangte üon ben Affefforen 100000
fReicpStafer, Oom Somfapitef 200000 Safer. Ser Sontbefan faS mir brei Briefe
Oon SUfanSfefb oor, in mefepen er biefe Summe unter ben gröpten Sropungen forbert.
Socp poffen mir megen ber üftäpe beS fatpofifepen £>eereS Rettung, ©peier ift ooff
üon armen 53auent, oon benen oiefe mit grauen unb Södjtern ben bifdjöffidjen
^Safaft bemopnen, in bem meprere .Qimnter gepeigt merben, um bie fdjfedjt beffeibetett
1 Reiffenberg I 518 ff uttb Mantissa 3 2>iefer 93rief Com 7. ®eä. 1621 fatn erft
115 ff. 2 * Original in Epp. ad Bus. 747. am 5. San. 1622 in 9tom an.
396
Sed)fte§ Kapitel. Srieg§not.
SDienfcpen ju erwärmen. ©S füllen 500 SBauern oor junger unb Kälte in ben
SBälberit umgefommen fein, ©roffe Seuerung perrfcpt in ber Stabt, fo baff in
biefem gapre bie Sertiarier in ©peier nicpt unterhalten werben fönnen 1.
Um biefe geit fiel ein f}3ater auS bem ©peierer Kolleg ber 3iacf)gier unb 9Jiorb-
fuft ber 9J?anSfelber jum Opfer. ©S war P. gopanneS oan ben ©anb (©anbaeuS),
ber bie Obern gebeten, ben ©olbaten im gelbe beiftepen gu bürfeit. Bitten im Kugel¬
regen unb in ber oerpefteten Suft ber Sajarette waltete er treu feines SlmteS. er fid)
oon ©peier in baS Säger SiUpS begeben wollte, fielen am 30. 3J?ärj 1622 9ftanS=
fetber über ipn per unb erfdjoffen ipn nad) oielen Sftiffpanblungen. Sie Seiche
würbe alter Kleiber beraubt unb lag jwei Sage unbeftattet im gelbe. 51uf 23efepl
SillpS würbe bie Seiche aufgefucpt unb fepr eprenüofl Oor bem ^podfaltare ber §aupt-
fircpe oon SBebftabt (SSaibftabt ?) in Sabeit beigefept2.
Ser auS 23rucpfal üermiffte gefuit gop. ©elenuS fcpreibt über fein Abenteuer auS
£>eilbronn am 3. Se^ember 1621 an ben SReftor ÜluibiuS: Slm 9. 9tooember laut äftanS»
fetb nad) Sörucpfal. 2öir blieben ruhig mit einigen glücptlingen in itnferer SSopnung,
flohen aber, als ein Leiter mit Siener unb fßferben unfer £>auS befepte, in bie 23urg
unb oon ba oerfleibet in ein ficpereS IpauS, wo wir übernacpteten. 3lm folgenben Sage,
ben 11. 9iooember, pielten wir unS oerborgen. SllS am Slbenb gemetbet würbe, wir
füllten 91tanSfelb oorgefüprt werben, fagte P. ÜRifolaitS: gcp empfeple mid) ©ott, retten
fann idj micp nicht. Sllbert oerfcpwanb, icp weif) nicht wie. gcp, opne ©elb, ©tod,
23reoier, SDcantel unb Kleib, fprang über oier dauern unb oier güune unb entfam. Sie
gan^e 9?acpt irrte id) umper, ortSunfunbig paffierte icp einigemal Sörfer, bie ooll oon
©olbaten waren, gn ber griipe fam ich in am vorigen Sage auSgeplünberte
Obenpeim, obgleich tdp meinte, weit oon 93rucpfal ju fein, gcp fepte meinen 2Beg fcparf
auf SanbSpaufen ju fort, aber mittewegS pörte icp oor mir unb hinter mit Leiter-
truppS, bie gur fßlünberung jurüdfeprten. gcp üerbarg micp in ben Söälbern, wo
icp jwei Sage unb eine ÜRacpt opne Sranf mit einem ©tüddfen 23rot micp begnügen
muffte, gn fortwäprenber ©efapr war icp wegen ber ftreifenben Räuber, bis id) am
13. 9tooember mit SBewopnerit oon Obenpeim, auf bie icp jufäUig gcftofjen, nacp
Obenpeim gurüdfeprte. SSon ba brad) icp am folgenben ©onntag, ben 14. 9?ooember,
in aller grüpe gegen ©ppingen auf. Sort erpielt icp 93rot unb einen Srunf. ©egen
2 Upr nacpmittagS gelangte id) an ben fatpolifcpen Ort ©todpeim (Seutfcporben).
Ser Sefeplspaber ber 23nrg napm micp fepr freitnblicp auf. 3luf biefem Söege würbe
id) oon württembergifcpen ©olbaten aufgegriffen in Kleingartacp unb jum Sürger-
meifter gefüprt, ber in freunblicper Söeife oiele gragen an micp ricptete; er erfannte
mid) als fßriefter unb entließ micp bann. 9tm 15. 9Zooember fam icp nad) §eilbronn
unb am folgenben Sage nacp ÜRedarSulm unter güprung eines Kaminfegers aus
äRailanb, meinem 23eicptfinb, ber gleidh auf micp gulief unb mir feine Kleiber ju
leipen anbot, benn bie meinen waren in bem ©eftrüpp ber Söälber gänglicf; jerriffen.
Ser Kommanbant Oon SBolfenftein, ein grofjer greunb ber ©efellfcpaft, ben id) um
9^at fragte, ob icp opne ©efapr im ©ebiete beS SeutfcporbenS bleiben föunte, um
fobalb als möglicp nad) 23rucpfal jurüd^ufepren, bot mir in ber liebeüoKften SBeife
fein §auS in fpeilbronn jum einftweiligen Slufentpalt an. Sort pält er micp jept
jurüd; am folgenben ©onntag fotl kp in feiner ^»auSfapelle prebigen. SSäprenb
feiner Slbwefenpeit blieb i 6) in 9JedarSutm bei bem Sanbbecpanten, ber micp nid;t
oon fiep laffen will unb micp fleibete; er beforgte mir neue ©djupe unb liep mir
feine geiftlicpen Kleiber, gu meiner großen greube fonnte icp prebigen unb 23eid)t
pören. ©S ift nicht gu glauben, mit welcper Siebe icp Oon aßen aufgenommen unb
1 * Original in Epp. ad Bus. 581.
2 Cordara I 868.
Grinttnrfungcn bei Kriege! auf bie gefuiten in ber fJSfals-
397
eingefaben merbc. Sa icf; eg nicfjt gutmachen fann, möge (Sott aff biefe Siebe üer*
gelten. Sag i[t mein ©ebet1.
Stefdje SIbenteuer manche ^atre§ gu überftefjen Ratten, fäfft ein Srief beg
P. Soreng fRipperger, batiert ©ebmeifer, Sfbtei Murbach, 21. Segember 1621, er*
fennen. Sd)on 14 Sage finb mir auf ber 9teife, im ungemiffen, mag bie ßufunft
bringen mirb. Dtadjbem mir am 26. Scooember gu Söagen Speier oerfaffen Ratten,
festen mir in tierfdfiebenen ÜJZadjen über ben 9Zf)ein, mo mir üon P. 9äfof. Soffamtg
bei ber Überfahrt getrennt mürben, meif er für einen Sauer gehalten unb beSfjalb
megen ber Menge beg fliefjenbett Soffeg üon ber Überfahrt auggefdjfoffen mürbe.
Sann fagten mir ben Hier nacf) Stürgburg beftimmten ißatreg 2ebemof)f unb fdjfugen
ben Steg nacf) @n§fjeim (?) ein, mo mir, oont Pfarrer freitnblid) aufgenommen, mit
mehreren ^Srieftern au§ üerfdjiebenen Orben übernachteten. Sen meiteren Steg er*
mögfidjte mir ein ^afj unb bie ^Begleitung eineg Mugfetierg bis Sßinffjeim (?). Qtt
Sinfenfjeint (?) ftiefen mir auf §möff betrunfene, mifbe Mangfefbifdje Mugfetiere;
fcfjon hörten mir fie fpredjen, afg ung ein Sauer ein geidjen gab gu fliehen unb
ung ber fidfjern Seraubung ober audj betn Sobe entriß. Stir oerbargen ung be§»
fjafb in einem benadfjbarten, oon feinen Semohnern oerfaffenen §aufe unb festen
nadjtg um 2 Uhr bis gum Morgengrauen unfern Steg fort. Sie Staren beg Marf*
grafen (oon Saben*Surfad)) umgehenb, eg mar heiler Monbfdjeht, gelangten mir in
ber grüf)e nadj Sürrheim (?). Sa mir ermübet mären, riet ich, ©aftffaug gu
frühftüden unb bann ben Steg fortgufepen. ©feich auf ber «Schmede mürben mir
oon einem Siener breier Mangfefbifd)er Üteiter oerraten. Sor greube auffpringenb
medt er bie Leiter unb oerfiinbigt ihnen bie Seute. Siefe ergreifen ihre Staffen
unb madjen ihre Südjfen fcfjupbereit. Stir bleiben ruhig, fie fcfjimpfen unb brohen.
2Bir eilen gum Sürgermeifter unb erfudjen um ein Serfted. Sie Mangfefber greifen
mit gegiidtem Schmert unfern ©aftgeber an unb brohen mit Morb unb Sranb, mettn
bie ^efuiteit, bie Urheber adeg Sfenbg in Seutfdjfanb, nid)t meggejagt mürben.
Sa ber Sürgermeifter bringenb bat, mir möchten ung aug £Rüdftd)t für ihn, fein
Steib unb feine fecfjS föinber entfernen, bradjen mir abenbg bei ber Sömmerung auf
unb marfchierten big 11 Uhr nadjtg. ©dhoit glaubten mir ung in Sicherheit, afg
mir in ber ^rüffe auf Mangfefbifdje Leiter [tiefen, oon beneit gtoei ißatreg miffjanbeft
unb beraubt mürben. Sddieffidj gelangten mir in bag auggepfiinberte Mofgfjeint,
oon ba nadj ©ebmeifer, mo mir in ber SIbtei Murbad) eine gefieberte Sfufnafjme
fanbeit unb mit adern Nötigen oerforgt mürben2.
9Zad) einem Seridjt beg P. Mafer mürbe bag ©ut beg ®odegg oon |)agenau
P. Mafer unb P. 9todjug anüertraut. Sie arbeiteten unoerbroffen meiter, mürben
aber burep fortgefepte fßfadereien gegmungen, bie Stabt gu oerfaffen. Sin Siener
ber Qefuiten, ber aug bem ©arten ©emüfe überbrachte, mefdjeg ber ©eneraf ^oadjim
oon ^offtein gemünfdjt hotte, mürbe gefoltert unb gegeißelt, um ben 0rt angugeben,
mo bie Sdjäpe ber Qefuiten oerborgen feien. Sffg man nidfjtg heraugbringett fonnte,
befdjfof man, ihn gu töten, um, mie eg fdjeint, bie fcfjänbfidje Sefjanbfung begfefbeit
nidjt ruchbar merben gu faffen. Sa bie beraufdfjten Sofbaten fcfjfedjte Stäche hieften,
entffoh ber Siener unb entfam faft nadt unb am gangen Seibe gerffeifdjt ing ®odeg
unb marnte bie Satre3- P- 9iodjug entfloh am fefben Sage mit einem Saienbruber
nadj Sitfd), P. Mafer am fofgenben Sage, afg Sauer üerffeibet, in bie Stäfber.
Schon gfaubte er fid) in Sicherheit, afg gmei Dteiter in feiner üftäfje nach einem
^efuiten riefen. Sifigft floh er unb Qefedte fidf) auf ber Strafe mehreren Säuern
bei. Stber bafb [tief er auf einen anbern Leiter, ber auf bie Steigerung, ihm ©efb
1 * Original in Epp. ad Bus. 581.
2 * Original ebb. 745.
398
©cchfteS Kapitel. Ärieglnot.
gu gefien, eilten Streich nadj feinem ®opf führte; burd^ fchneHeS 23üden entging er
bem ©treicf). @r mürbe bis aufs ffernb aff feiner Leiber beraubt. 23or bem 20t*
griff eines gmeiten ©ofbateit entfloh P. SD^afer unb fam f)äufig ^infaffenb unb nur
mit ÜDUif)e ficfj mieber erfjebenb nadj ^urgenffaufen unb üon bort nach ©trafburg,
mo er mit beit SBorten abgemiefen mürbe: „@5ott hilft bir, Sßaur."1
@iit neuer Reifer mar bem fßpfger Sfurfiirften eittftanben in bem „tollen (Üfriftian",
bem SIbminiftrator üon ^afberftabt, ßpiftian üon Sraunfcffmeig, ber fic§ burcf) feine
Söifbfjeit unb Oolff)ed ben tarnen „ber tolle ßfriftian" oerbiente, ^m Sommer 1621
marb er Oruppen teils mit eigenem, teils mit fmffänbifcffent (Selbe unb fcfjfug ben
28eg itacf) ber Unterpfalg ein. Söäfjrenb beS SSinterS 1621/1622 branbfcfjafte er
baS 33 iS tunt fßaberborn. „Oer Jammer ber 23eüölferung, bie auS §af)lreicf)en, burd)
Reiter oermiifteten Orten mitten im Söinter fliicf)ten muffte unb meber 0bbad) nod)
Nahrung fanb, fpottet jeber 23efcf)reibung. ßpiftian lief fid) beSfalb fein graues
^aar machfen, fein gangeS Sfuftreten geugte öon müftem Übermut; er rühmte fid),
baf nur ein fßfaff ber Pfaffen §err merben fönne, lief aus bem gemonnenen Silber
9Mngen prägen mit ber Überfdjrift: ,@otteS greunb unb ber ^Sfaffen f^einb/"2
Oiefe geinbfdjaft befameit audf bie ^efuiten in Sßaberborn gu fpüren 3. Oa öon
ben morb* unb beutegierigen §orben GHfriftianS baS ©chOmmfte 511 befürchten mar
unb bie meiftenteilS noch proteftantifdfen S3ürger gegen bie ^efuiten fjödfjft feinblidf»
gefinnt maren, rieten bie greunbe ben ^efuiten gur gluckt. Oer ^3roöin§ial Qop
Sopper mar berfelben 2lnfid)t: er gab ben 33efef)l gu fliehen (23. Januar 1622).
Oie ©cfjofaftifer mürben oon einem ^öbefpufen tätlich befeibigt. ©egen ben fReftor
33aöing mürbe ein ffeuerbranb gefcfffeubert. $ünf fßatreS hatten gemünfd^t, in fßaber*
born gu bleiben4. Oie gfüd^tfinge, gegen 70 an ber 3af)f, ptten 001t ®älte unb
junger öief gu leiben, 15 gerieten in bie §änbe ber ffeinbe, ber fReftor fßaüing
mürbe mehrere Oage gefangen herumgeführt, bis ifjn Heinrich öon ©ntifing (©d^mifing)
mit 500 Oafern foSfaufte.
Unter ben Flüchtlingen befanb ficf auch SfpanaftuS ßircher, ber batnafS in
paberbont fein gmeiteS Fahr 5ßpfofopf)ie ftubierte. Oie Seiben unb Ouafen ber
fffudjt üon fßaberborn fjat er fpäter in feiner Autobiographie anfchaulich gefcf)ilbert:
,,^n unferem Kolleg gu fßaberborn befanb ficf) bamafS gerabe bie SilbuitgSftäüe
für ben üliacfjmudjS unferer ©efettfchaft. 20t 80 fßerfonen maren barin gu öer-
föftigen. Oa nun ber gürft öon .'pafberftabt, ber tolle 23ifdf)of genannt, offen
auSgefprodfen hatte, baf er ben gefuiten tobfeinb fei, fo beratfdffagte man barüber,
ob eS nicht beffer märe, baS Ä’offeg gang aufgulöfen, bamit bei (Srftürmung ber
©tabt nidjt affe inSgefamt niebergemefelt mürben, ©cfon begann ber geinb
bie ©tabt allmählich eingufchOefen. gn bem fjierburcf) plöplid) entftanbenen Söirr-
marr mar eS unmöglich, (eben eingelnen mit Üöiunbüorrat gu üerforgeit. Oie
meiften flüchteten ohne ^roöiant, mof)in fie ber ,ßufall unb bie SSorfefjung ©otteS
führten. @S mar gerabe feffr ftreitgeS Söintermetter unb ber Schnee lag fef)r hodj.
OaS ©dfliminfte aber mar, baf mir nur leicht gelleibet maren, überhaupt aüeS
entbehrten, maS gu einer Söinterreife erforberlidj ift. Ood) bie furcht öor ben
©ofbateit hinter uns trieb uns meiter unb beflügelte auf ber gfudft nufere Schritte.
UnS ©ott unb ber afferfefigften Jungfrau empfehfenb, fdjfugeit mir ben 223eg nadj
9)fünfter ein. Sille ©trafen maren aber mit fefjr hohem S^nee bebedt. 28ir ge=
rieten beSfafb üon benfelben ab unb irrten Oag unb Siadjt freug unb quer auf
1 *Epp. ad Bus. 651. 4 9tid)ter (©efcf). ber ©tabt ^aberborn II
2 ©inbeit), ©efcf). be§ ®rei§igiäf)ngen 235) fagt, fie hätten auf ihrer ghubt bie 5©ore
Striegel II (1882) 32. fchoit gefrfjtoffen gefunben unb belhalb bleiben
3 Reiff enb erg I 542 ff. muffen.
Gimmrfungcu be3 ®riecjc3 auf bie Sefuiten in SBeftfafen.
399
Reibern unb in fetjr bitten SBäfbern umfjer. ©I roar un! unmöglich, ben richtigen
2öeg roieber gu finben. 2öir mahnten un! in eine ber lriifteften ©egenbcn Qnbien!
üerfe^t. 2öir ermunterten un! gegenseitig, au! Siebe gu SfjriftuS and) ba! ©djfimmfte
gu erbulben, unb gaben un! in unerfdjütterficfjem Vertrauen auf ©ott unb bie aller»
feligfte Jungfrau ber Hoffnung f;in, (55ott merbe uni, bie mir in ber Sfbfidjt, ben
fjeiligen ©efjorfam gu üben, eine fo fdjroierige 9ieife unternommen Ratten, nidjt im
©ticfje taffen. 23on biefem Vertrauen befeeft, manberten mir burd) bie unroirtfidjften
SBälber, oft bi! an bie ®nie im (Schnee matenb, mie mir eben tonnten, meiter.
9?adjbem mir un! fo groei Stage abgequält, mnrben mir oon mütenbem junger er*
griffen. SBir fjatten jebodj feinen äßunboorrat mefjr. 23ei biefer ©elegenfieit erfuhr
ic^, mal junger fei unb roefdfje Sendungen berfefbe auf ben ÜJJienfcfjen aulübe.
0, roefdje Sederbiffen mären für uni ba ißffangen unb ÜBurgeftt gemefen, menit uni
ber tiefe ©cfjnee unb bie fjart gefrorene ©rbe nicfjt bei ©füde! beraubt fjätten,
SU benfelben gu gefangen! ©nbfid), nacfjbem mir ©eföbniffe gemadjt, tarnen mir aul
bem SBafbe fjeraul. llnfer ganzer Körper mar fteif, üor $äfte gitterten uni bie
®nie, unb nufer Sfntfip mar feidjenbfafj. SDodj ©ott moffte uni nicfjt über bal, mal
mir üermodjten, oerfudjen. 2Bir gefangten 511 einem beroofjnten Ort. ^d) betrat
benfelben, um gur Stiftung bei Seben! meiner fjafbtoten ©enoffen ein Üffntofen gu
ermirfen. ütfadj langem Sßerfjanbefit errang icfj enbfidj einen Saib 23rot. Obfdjon
biel 23rot, meif aul §afer unb fö'feie gebaden, oon ber fdjfecfjteften ©orte mar, tarn
el unfern fjungrigeit ©aurnen bodj fo füfj oor, bafj icfj midj nicf)t erinnere, in meinem
Seben je etmal Söofjffdjmedenbere! gegeffen gu fjaben. Stmrcf) biefel 33rot gefräftigt,
gingen mir meiter. ©egen Sfbenb erreicfjteir mir eine Ortfdjaft, bie nidjt fo feljr
aul Käufern afl aul Quitten beftanb. £a fjier feine Sebeulmittef gu befommen
roaren, fudjten mir uni menigftenl an einem Reiter gu erfjofen. $ocf) bafb erfcfjien
jemanb, ber fragte, ob fjier feine ^efuiteit oorbeigefommeit feien. ®urdj biefe SBorte
mie efeftrifiert, eiften mir auf ifjn gu unb riefen aul, mir feien affe oier Qefuiten.
Qener ermiberte, er fei oon feinem |jerrn mit bem Sfuftrage fjierfjer gefdjidt, uni
gur Steifnafjme an feinem Sfbenbeffen abgufjofeu. Erfreut burd) bie Sfulfidjt auf bie
ÜOtafjfged, bie uni burdj befonbere Rügung ber göttlidjen Sßorfefjung angeboten mürbe,
überfielen mir uni ber Seitung nufere! güfjrerl. 23ei unferer Sfnfunft mürben mir
mit ber größten Siebe bemirtet. 9?adj beenbigter £Ofaf)fgeit fagten mir ©ott unb
bem mofjfrooffenben ©aftgeber fjeifjen ®anf. 2fm barauffofgenben üötorgen reiften
mir in ber Diidjtung nadj fünfter meiter. 9iocfj am Sfbenbe belfefben Stage! famen
mir in biefer ©tabt an. bortigcn fö'offegium nafjm man un! mit aff ber Siebe
auf, roefcfje bie ©efefffdjaft $efu ©äften unb oon ben ©trapagen ber 9ieife erfcfjöpften
Söanberern angebeifjen gu taffen pflegt. Nacfjbem mir fjier gur §erftetfung unferer
Kräfte adjt Stage gugebradjt, mürben mir gur grortfetjung ber pf)ifofopf)ifdjen ©tubien
nadj ®öfn entfaffen. . . .
„3roei Stage, nacfjbem mir unfere Steife oon fünfter nadj Ä’öfn angetreten,
gefangten mir nadj SDüffelborf. 233ir fanben ba ben 9tfjein gugefroreit. SDie 33e=
mofjner ber Ütfjeinufer fjatten aber bie ©epffogenfjeit, bafj fie, fobafb ber Stfjein mit
©i! bebedt erfdjien, einen 2ftenfcfjen aulfinbig gu madjen fudjten, ber für eine be=
Stimmte ©efbfumme ben gdufj überfdjritt unb ba! ©i! auf feine Stragfäfjigfeit für
Sftenfcfjen unb 3u90^e^ prüfte. SBäfjrenb nun Oom üütagiftrate in Stmffelborf au!=
gefanbte Seute gerabe auf ber ©ucfje nadj einem fofcfjen ^unbfcfjafter roaren, fügte
e! ein ungfiidfidjer gufaff, bafj mir mit ifjnen gufammentrafen. SDa fie fafjen, ba^
mir ärndidj geffeibet maren (mir trugen affe meftfidje ßfeibung), unb erfuhren, ba^
mir nodj an bentfelben Stag über ben Üffjein gu fe^en münfdjten, argmö^nten fie,
mir feien Sanbftreidjer ober fafjnenffüdjtige ©ofbaten, unb roaren barum ber Meinung,
400
@edjfte§ Kapitel, ßrieglnot.
baff eS roertig öerfcfjlage, wenn wir umS Seben fätneit. Sie berebeten un§ balfer,
auf eigene @efaf)r fjiit als bie erften ben Übergang über ben gluff gu üerfudjen.
@ie geigten unS aud) bie ©teile, wo wir überfein füllten, unb logen unS offenbar
an, inbem fie fagten, biefen 2Beg fdjliigen alle ein. fBir in unferer ©infaft ahnten
nichts ©cf)fimmeS unb malten unS auf ben 28eg; jebod) waren wir fo oorfidftig,
baff wir einer Ifinter bem anbern in einem Slbftanb bon gef)tt $uff üoranfdjritten.
$d) ging als SBegweifer allen boran. fftadjbem icf) bereits über bie Kitte beS
Stromes |inauS war, würbe id) plöfjlid) gewahr, baff icf) offenes Söaffer bor mir
hatte. 9Son gurdjt ergriffen, eilten meine ©efäfjrten alSbalb nacf) bem berlaffenen
Ufer gurüd. Qcf) aber fdfritt nod) weiter fort, fo weit eS bie geftigfeit beS ©ifeS
geftattete. ©nbficf) machte aud) idE) ®ef)rt, um meine ©efäfjrten eingiifjoleit. ®odj
fiefje, baS ©iS brad) ringS um mid) fjerum ab unb fef$te ficf) in Bewegung, 3^)
ftanb mitten auf bem abgeriffenen ©isftüde wie auf einer ^nfel unb trieb mit beim
felben ftromabwärtS. 3flS meine ©efäfjrten bieS mahrnaf)men, gelten fie micf) für
berloren. ©ie faulen auf bem ©ife auf bie ®nie unb flehten mit groffer Qnbrunft
gu ©ott, baff er mid) erretten möchte, unb gur ©otteSmutter, baff fie mir gu Epilfe
fomme. @S war gerabe Kariä Sidjtmeff. SDiefeS f^eft feiere id) nod) f)eute wegen
meiner an biefem £age erlangten ©rrettung auf befoubere SBeife.
„Unterbeffen würbe icf) auf meiner ©iSinfel abwärts getrieben. ®a id) faf), baff
ntenfdjlidje £>ilfe unmöglich fei, nat)m icf), gurn ©terben wie gum Seben gfeicf) bereit,
meine gufludd ,u @0tt. war nämlid) bei biefer ©efegenfjeit mef)r als je üon
Vertrauen auf ©ott erfüllt unb erinnerte micf) ber früheren ©efafjren, aus weldjen
mid) ©otteS Sorfefjung errettet fjatte. $>c() tourte aud), baff, wo menfdjfidje §iffe
unmöglich ift, ©ott feine §ilfe niemals oerfage. ^ubem id) nun fo einige $eit
abwärts trieb, gewährte id), baff ber ©trom ein wenig weiter abwärts wieber ge»
fdjloffen fei. Ungeheure ©iSmaffen Ratten fid) ba wie gu einer -Kauer aufgetürmt.
Slud) bie ©isfdjotfe, auf wefd)er id) mid) befanb, fam f)ier gum ©tillftanb. 2)od)
neue ©cfjwierigfeiten traten ba ein. 233ie füllte id) über bie enbfofen Kaffen ber
©iSfd)olfen ^inüberfommen? Unb bennod), wollte icf) nid)t umfommen, fo muffte ber
S3erfucf) gemad)t werben, 3mei unüermeiblicf)e ^jiuberniffe ftetlten fid) bem entgegen,
welcher über biefen ©iSffaufen ^inwegfe^en wollte. 3Sor allem bot bie ©lütte beS
©ifeS bem barüber ^letternben Weber für bie gmffe, nod) für bie §änbe fiebern £>aft.
Sfufferbem flafften gwifcfjen ben ©d)ollen bis an ben SBafferfpiegef reicfjeitbe ©palten.
2öäre id) wegen ber ©djfitpfrigfeit beS ©ifeS in eine biefer ©palten geftiirgt, bann
hätte icf) alle Hoffnung aufgeben müffen, micf) wieber fjerauSarbeiten gu fönnen. ©ott
allein Weiff, wie eS mir angefidjtS biefer unüermeiblicfjeit unb gefährlichen -Epinberniffe
gu Kute war. $ocf) bie gmrcfjt fteigerte bie ginbigfeit meines ©eifteS. Qcf) begann
über ffeinere ©d)oHen gu ffettern unb gelangte enblid) auf bie anbere ©eite beS ©iS»
ftoffeS, wo ich ^en 9^hein mit fefterem ©ife bebedt fanb. 2BaS id) ba beginnen
füllte, war eine fdjwer gu beantwortete grage. Umgufehren war unmöglid), üor»
wärtS gu gehen fehr fchwer, ein ©elbftmorb aber wäre eS gewefen, wenn id) mitten
im Söinter, grimmiger ®äfte auSgefetjt, burdf) Sfnftrengung, fyurdjt unb ©eelenangft
erfchöpft, bagu nod) mit meinen burd) baS ©rfaffen fd)arffantiger ©isfcfjollen oer»
wuubeten Ringern geblieben wäre, wo id) micfj eben befanb. Qcf) hatte bafjer feine
anbere 2Baf)f, als burd) Schwimmen, welches i d) als ßnabe gelernt hatte, an baS
nur nod) etwa 24 guff entfernte Ufer gu gefangen. 2)aS tat id) bentt aud). SSeil
ich aber burd) bie Kleiber beim @d)wimmen bef)inbert würbe, probierte ich, weine
^üffe ©ritnb finbeit fönnten. 9cad)bem mir bieS gelungen war, fegte ich nod)
übrige ©trede, guerfl bis an ben £afS, bann bis gur 23ruft, enblid) nur nod) bis
an bie ®nie im SBaffer wateub, mit feid)ter Kühe gurüd.
Eirnnirfutigen be§ ÄriegeS auf bic ^efuiten in SBeftfalcn.
401
„Söieber an» Ufer gelangt, fniete id) nieber unb banfte ©ott unb ber Gottes¬
mutter für beit fo augenfdjeinlidjen 53etr»eiS göttlichen ©djujjeS. Sei ber fcfjneibenben
£älte, bie bantalS f)errfd)te, mar mein Körper gang fteif, unb meine Ringer mie bie
übrigen ©liebmafjen maren burd) groft gang taub unb gefühllos gemorben. $d)
fiirdjtete, bajj bei längerem Sermeilen mein Slut burd) bie teilte gerinnen unb id)
in SobeSfdjlaf oerfallen mürbe. ^:dj hatte nämlidj gehört, baff bieS bei ben burd;
®ölte Srftarrten gu gcfdjeljen pflege. ^;d) fdjiittelte bafjer alle @rfd)laffung gemaltfam
ab unb fe£te mid), meine ©djritte befdjleunigenb, gegen bie oon ba nur brei ©tutiben
entfernte ©tabt ffteufj in Semegung. 9J?it ber §ilfe GotteS langte id) enblicf; bafelbft
an. SDleine Gefährten Ijatten unterbeffen au einer fefter gefrorenen ©teile ben ©trom
iiberfchritten unb maren nod) üor mir im bortigen Kolleg eingetroffen, mo fie meinen
Sob burd) Grtrinfen gemelbet hatten. Qcf) mürbe bal)er mit unbefcfjreiblidjer fyreube
oon allen aufgenommen unb brei Sage lang gepflegt, morauf id) nad) $ö(it roeiter-
reifte. Qd) fmtte, maS ben Slrgten unmöglid) öiinfte, an meiner ©efunbljeit nidjt ben
geriugften ©cfjabeit erlitten/' 1
SSäljrenb ber junge firdjer unb feine Genoffen fo oiel ©lenb erbulbeten, maren
bie braunfdjroeigifdjen ^orben am 29. Januar 1622 in ißaberborn eingerüdt. 5lnt
31. Qanuar folgte ber tolle Sljriftian. ©r naf)m SBotjnung im Qefuitenfolleg, „mo
oieleS ©agbare unb Unfagbare oeriibt mürbe"2, „©cfjredlid) häuften feine Seute im
Qefuitenfodeg. ©elbft bie Kleiber unb |mte ber Qefuiten mürben oerfteigert, unb
gum ©rgöpen ihrer fjeinbe ftolgierten bie auSgelaffenen ©olbaten im OrbenSgemanb
burd) bie ©tragen. Sen bamalS erlittenen ©dfjaben berechnete baS Kollegium fpäter
auf 10 700 Saler. Unb nadjbem alles oerprafjt unb oermüftet mar, oerlangte ber
fperjog mie gum £mljn nod) 20000 Saler. ©S foftete SDfüfje, if)n gu bemegen, bafj
er feine fyorberung auf bie ffmlfte befcfjränfte." Sic gurüdgebliebenen Qefuiten mürben
eingefperrt unb ftreng bemacfjt. Um ©fjriftian nod) meljr gu reifen, mürbe bie fyabel
oerbreitet, ein ^efuit in Gefefe fjabe einen SOf euchelmörber gebungen, ben §ergog gu
oergiften. ©S tonnte aber feftgeftedt merben, bafi im gangen ^afjr fein Qefuit in
Gefefe gemefen mar. 51m 1. SIpril 30g ©fjriftian mit ungeheurer Seute ab. £yi*nf
patres fdjleppte er in betten mit, fud)te aber auf bem 9Jtarfd)e ifjr £oS mieberl)olt
gu erleid)tern. 70 üDleilett mürben fie mitgefüljrt; oerföftigen mußten fie fief) felbft;
gumeilen Ratten fie oiel auSgufteljen. ©rft am 17. Quni 1622 mürben bie patres
in ber ©cf)lad)t bei £)öcf)ft, in meld)er ©fjriftian oon Silit) gefd)lagen mürbe, befreit.
Qn einem Seridjt über biefeS Sreffen fd)reibt P. ßiegler am 24. iQuni 1622 an
SufaeuS: Sei Gelegenheit biefeS ©iegeS finb oiele ©efangene befreit morbeit unb
unter anbern audf) unfere fDtitbrüber, meldje ber ^alberftäbter (©fjriftian) gu ^aber-
born gefangen genommen unb in Stetten mit fich führte. Unfer ©rgbifdjof (oon SJfaing)
erbat fiel) biefe aus, unb meil ber 2öeg unfidjer mar, hatte id) baS ©lücf, bafi bie
Sefenner Ghrifti, bie gu SSagen nad) 51fd)affenburg gebrad)t mürben, mein ßelt
heiligten. 2öir empfingen fo nad) harten Srübfalen P. ÜUtattljäuS deiner, P. ^teinrid)
Stottfjaufen, P. ^obof Sljormeften, P. 53ernf)arb Slllerbing, P. Qobof Silmann. Unter
ben anbern ©efaitgenen mar aud) ÜDleldjior 0. Sermbad), ber Sruber beS oerftorbenen
51bteS oon gulba. 5I1S biefer mit feinem ©ol)ne ben Sraunfdjmeigern entronnen,
märe er beinahe oon ben ©paniern getötet morben, meil er roegen feines SileolumS
unb feines langen SarteS für einen $räbifanten gehalten mürbe. Ser SobeSftreid)
mar it)m ficljer, als er plöjjlicf) auSrief: 3eiu§/ Farial Saburd) mürben bie milbett
1 © e tt fl , ©elbftbiograpbie beS P. 9Itbanafiu§
fiirdjer (1901) 16 ff.
2 Siebter a. a. D. II (1903) 243 ff. 2t. 2ö e S-
$ul)r, ©efiSic^te ber 3e(uiten. II.
famp, §eräog Epriftiatt Pon 23raunfcbroetg in
ipaberborn (1884) 72 ff. 21ud) für bie folgenbctt
3itate.
26
402
Secbfte? Sapitel. SriegSnot.
Kerte Besänftigt, nnb faft nacft enttarn er naep Biainj. ©cpon fagt man im Botte:
®er Baunfcpmetger ift aufg ^pöcfjft fommen unb mup nun mieber hinunter1.
Sttg meiterer Reifer für ben fßfatjgrafen erfdjien Stprit 1622 ber SJJarfgraf
©eorg griebricp üon Babem®urtadj auf bem Kampfptape, fo bap grüpjapr 1622
etma 70000 äftantt gegen ben Kaifer im gelbe ftanben. ÜÜIangfetb patte ©nbe Stprit
fein Hauptquartier bei ©ermergpeim üertaffen, über ben Stpein gefept unb am 27. Stprit
bei ÜDüngotgpeim £ittp jurüdgebrängt. ®er SJtarfgraf üon Baben 30g £iUp naep,
mürbe aber üon biefem, ber fiep mit ©orboüa üereinigt patte, am 6. ÜJJiai bei SBimpfen
gefeptagen. SBäprenb Btangfetb unb ©priftian eine SDiüerfion naep Trabant maepten,
eroberte Xittp bag ©tfap unb bie fßfatj, gtoang am 19. ©eptember Heibetberg unb
am 2. Sioüember SJtannpeim gur Kapitulation, gm fotgenben gapre, 1623, mürbe
©priftian am 6. Sluguft bei ©tabttopn im SJtünftertanb ein gmeite§mal üon Saßt)
gänjlicp gefeptagen. gnfotgebeffen 50g 30?an§felb aug bem ©tift fünfter, in bag
er eingerüeft mar, guerft naep Oftfriegtanb unb Später naep (poßunb.
9iacp Befiegung üon Btangfetb, ©priftian unb ©eorg griebricp märe ber Krieg
ju ©nbe gemefeit, menn niept jept bag Stugtanb, bag bigper fepon burep ©etb unb
©otbaten bie Krieggftamme gegen ben Kaifer gefepürt, faft inggefamt gegen ben
Kaifer in bie Strena getreten märe: granfreiep, ©ngtanb, Hottanb, ©cpmeben unb
®änemarf. ^roteftantifepe gürften leifteten babei ©epteppträgerbienfte, befonberg
ber Kurfürft ©eorg Söilpelm üon Branbenburg, ber feinen Bat Lettin 1624/1625
naep Hottanb, SJänemarf unb ©cpmeben fepiefte, um fie $um Kampfe gegen ben Kaifer
gu gemimten2. SDurcp ©ngtanb unb granfreiep unterftüpt, feptugen ©priftian IV.
üon ©änemarf unb ßftangfetb im gapre 1625 log. gm gapre 1626 mürbe 2)iang=
fetb üon SBalXenftein bei ber Seffauer Brüde, ©priftian IV. üon £ittt) bei Sutter
am Barenberge gefeptagen. ®er griebe gu Sübed enbigte jmar 1629 ben bänifepen
Krieg, aber nun beginnt im fotgenben gapre ber fepmebifepe Krieg, ©uftaü SIbotf
tanbete guti 1630 in ®eutfcptanb, feptug 17. ©eptember 1631 £ittt) bei Seipjig-
Breitenfetb, jog burep SEpüringen unb granfeit naep bem Bpeht unb befepte SD^aing
am 23. SDejember 1631. gm fotgenben gapre manbte fiep ©uftaü Stbotf naep ber
®onau unb fdjtug Xitip, ber üorper grauten mieber erobert, bei Bain; belagerte
jmar üergebeng gngotftabt, jmang aber ÜBüncpen jur Übergabe. Xer fdjmebifcpe
©roherer fiel 16. Boüember 1632 bei Süpen. ©iefer fepmebifepe Krieg bebeutete
für bie gefuiten gunäepft bie Stufgabe ber norbbeutfepen ißoften unb bie üöttige Stuf*
töfung ber oberrpeinifepen Brotüu3-
Stug ben norbbeutfepen B°fien gogen fiep bie meiften 5ßatreg jurüd. Bur
P. gopann Strnotbi tonnte fiep niept entfeptiepen, feinen ^often in Berben an ber
Sttter §u üertaffen. Sttg er am 11. Boüember 1631 üon Biffetpöüebe, einem Xorfe
bei Berben, mo er ben ©ottegbienft gepalten, jurüdfeprte, mürbe er üon proteftam
tifdjen Bauern überfallen unb fo mippanbett, bap man ipn für tot piett. @r tarn
aber mieber ju fiep unb üerfuepte gu beten. ®a banben ipn bie üBörber an einen
Baum unb fepnitten ipm unter Berpöpnungen bie Kepte burdj 3.
Xag arme ^aberborn befam mieber alle ©epreden beg Kriegeg ju üerfoften.
Sttg im DEtober 1631 ber mit ©cpmeben üerbünbete Sanbgraf Söitpetm üon Heffen
auf ^aberborn rüdte, ftopen bie meiften gefuiten mit Stugnapme üon üier, barunter
ber greife griebriep Söacptenbond. gaft opne Söiberftanb mürbe bie ©tabt am
25. Dftober übergeben4. Xag Kotteg mürbe auggeptünbert, ein groper Xeit ber
1 * Original in Epp. ad Bus. SSgl. ben 2 33gl. ©in beit) a. a. 0. II 64 ff.
SSrief Seiler? üom 28. Suli 1622 an Sufaen?, 8 Strunck, Westplialia sancta II (1854)
ber berichtet, bafe SiHt) an biefer SBeute be= 204 ff. ißgl. oben ©. 131.
fonbere greilbe batte. 4 dichter a. a. 0. II 263 ff.
ßintoirfungeu be§ SriegeS auf bic gefuiten in SSeftfaleit.
403
Sibliotljef ging üerloreit. 2lm 28. 0ftober oerliefj ber Sanbgraf fßaberborn. Sie
^efuiten würben mit 2lugnat)me be§ blinben P. Söadjtenbond nad) Gaffel abgefüfjrt,
wo fie Slifjfjanblungen aller 21rt ju erbulben Ratten. Gsrft gegen Sßeifjnacfjten er*
hielten fie il)re greitjeit burd) 21ugwecf)ftung gegen gefangene Reffen. 21m 27. Se*
jember 1631 tarn ^Sappen^eint nad) fßaberborn, nadjbem er bie Reffen aug betn
ganzen (Stift oerbrängt ffatte. Sie peffen unb ©dpoeben betagerten unb befdjoffen
Saberborit am 18. Sluguft 1632, mußten aber wegen beg tapfern äöiberftanbeg ber
©olbaten unb Siirger abjteffen. ^m SIpril 1633 würben audj bie ©tubenten ber
Qefuiten bewaffnet, um bei ber Serteibigung ber ©tobt gegen bie Ijeran^iefienben
peffen ju tjelfen. SBäfjrenb ber Sefdjiefjung am 4. 21pril beteiligten ftcf» and) ^efuiten
unb t'apnjiner an ben Söfdjarbeiten. 21m 24. ^uli 1633 nafjm fßaberborn not*
gebrungen eine tjeffifdje Sefafwng ein.
2t m 12. 2luguft würbe ben ^efuiten befohlen, am fofgenben Sage für immer
fßaberborn ju oerlaffen. SSergeblic^ war bie SSorftettung beg fftateg, „man möge
5 ober 6 wenigftenS big ÜDüdjaelig bulben, bamit bie Qugenb nicfft oerabfäumt
werbe"1. 2tm 16. 2(uguft 1633 mufften fie abjieffen. Srei ;Qal)re blieben bie peffen
perren ber ©tabt, big biefetbe 1636 nad) furdftbarer Sefcljieffung oon bem faifer-
tidjen ©eneral ©öt) erobert würbe, ^efjt tonnten bie $efuiten gurüdt fe^rett. Sie
taifertid)en ©olbaten Rauften ebenfo fdjlimm wie bie peffeu, bann wütete 16. ättai
big 7. 97oüember bie fßeft. Sei bem plöfdicfjen Überfall beg fjeffifdfen tomman*
banten oon Sippftabt am 1. 9Jtai 1638 würbe bie ©tabt wieberum gepliinbert. Sie
meiften ^efuiten fucfjten aufferfjalb beg tottegg Serfiede auf, jefjn würben auf*
gegriffen unb beim 2tbjuge mitgefdjleppt, um ein Söfegetb gu erpreffen. ©ie mußten
aber halb wieber freigegeben werben, weit ber Überfall in bie $eit beg Söaffenftill*
ftanbeg gefallen war.
21ud) toegfelb würbe am 14. ^ebruar 1633 üon ben peffen eingenommen.
Sag Kolleg würbe geplünbert, bie ^efuiten oerbargeu fiel) in ber ©tabt. 21m 4. üDiärj
erhielten fie gwar Kolleg unb tirdje wieber, aber fpäter erging ber Sefefjl, bie ^efuitett
fjätten innerhalb breier Sage bie ©tabt ju üerlaffett. Ser SOtagiftrat legte tergebeng
gürfprad)e ein. Ser fommanbant begrünbete am 8. 9?oüember bie 21bweifung mit
ber gabel, bie ^efuiten feien fDtörber, „wie nod) neulief) ein ^efuit hierüber in ©ng*
lanb ergriffen worben, welcher auggefdpdt worben, ben tönig oon ©nglanb gu er*
morben". 2(m 11. 9?oüember mußten bie Qefuiten wegen „nod) größerem ju beforgenbeit
llnfug" bie ©tabt oerlaffen. ©rft nad) 16jät)riger Serbannung tonnten fie am 22. 9ttai
1649 wieber guriidfeljren 2.
21m 11. ©eptember 1633 jogen bie ©djweben in Ognabriid ein; naef) langer
Selagerung Ijatte bie ©tabt fapitulieren müffen. ©ie würbe einem illegitimen ©ofpi
©uftao 21bolfg, bem ©rafen oon Söafaburg, ©uftao ©uftaofon, übergeben. Sie
Qefuiten mußten bie ©tabt oerlaffen3. ©rft 1650 fefjrten einige ^efuiten wieber
jurüd. ©uftaofon macfjte bie ^gnatiugfirdje gu feiner poftircfie, bag tolleg oerfiel.
3n einem Serid)te üon 1646 fjeifft eg: Sie ^efuitenfircf)e bient gegenwärtig ben
ißroteftanten alg ©ottegljaug. ©ie fjaben bie Silber unb fogar auf bem podjaltar
ein ©emälbe, bag ben 1)1. Qgnatiug 111 Sebenggröffe barftellt, wie er Steffe lieft,
barin gelaffen. Siefe tirdje ift fcf)ön unb gut erhalten; aber bag paug ber ^atreg
1 9tat3brotofoü 1633, 13. 2lug. 91id)ter 8 3 ber, ©efd). be§ ©tjmnafium Saro*
a. a. 0. II 270 f. Sgl. oben 3. 42. linum ju OSnabrüd (1889) 14. S. Saeger,
2 C£ f) r. 3KarE, ©efef). be§ ©^mnaiiiimS in Sie Schola Carolina Osnabrugensis 77 ff 81 f.
ÄoeSfelb 46 ff. Oben <3. 104. Über bie nad) Cordara II 615 f. Sgl. oben 3. 89.
©nglaub auggefanbten SOtörber bgt. Sufjr,
fuitcufabeln 4 * 842 f.
26*
404
©ed)fte§ Sopitel. ®rieg£not.
fiel in krümmer, meif e§ nicpt bemopnt mürbe. 33or ber ^fucf)t Ratten 3 ^Satre§
unb 1 53ruber näcfitlicfjertüetle eine itifte mit ^ircpenfadjen, barunter eine fifberne
Statue beS pf. QgnatiuS, unter bem gupbobeit ber ®ircpe oergraben. Später (1652)
mürbe biefe Ü'ifte mieber aufgefunben ; bie Äifte mit ben SDofumenten, bie mau ein»
gemauert, ging oerloren.
SpifbeSpeün mupte fid) am 22. $ufi 1634 ben mit ben Sdjmeben üerbünbeten
löraunfcpmeigern übergeben. SDie Qejuiten mürben auSgemiefen. 2(m 27. Quli ber»
fiepen fie mit gurüdfaffung oon |)ab unb @ut bie Stabt unb gelangten nadj jepn»
tägiger, gefaprboffer Steife nacf) SDtünfter. Söäprenb ipreS jepnjäprigen @pit§ maren
bie fatpofifcpen ®ird)en gefdjfoffen, ben ®om erhielten bie Protestanten. 9tacp bem
griebenSrejep 31t @o§far gmifc^en ßürföfn unb S3raitnfcpmeig (1643) feprten bie
^efuiten jurüd. Ü’irdje unb |)au§ fanben fie boffftänbig auSgepfünbert unb ber»
müftet, feine (£ür, fein genfter unberfeprt, bie .Qimmer öoll Unrat, bie Söänbe be»
fubeft, bie @räber aufgemüpft, bie überaus mertoofle Sibliotpef bis auf ein SDupenb
23ücper geraubt, bie Sdjufen in Pferbeftälle urngemanbeft1.
Siegen, mo bie ^efuiten feit fedjS ^apren an ber 23efeprung ber proteftanteit
arbeiteten, mürbe am 27. gebruat 1632 bon $|opann SJtorip bon Staffau befept. @r
bertrieb bie fgefuiten, baS ßoffeg mürbe gepfünbert, bie Solbaten gogen in Qefuiten»
fteibern unter fpopn unb Spott burdj bie Stabt2.
Schlimmer nod) als ber nieberrpeinifcpen Probing erging eS ber oberrpeinifcpen
^ßrobins.
P. ^oadjim Hamann, ber Sefretär beS oberrfjeinifdjen probingiafS, beridjtet
auS ÜUtolSpeim, 28. Januar 1632, nadj Stom über bie fcpredficpe SSermüftung unb
Sfufföfung faft oder Käufer ber oberrpeinifcpen ^robinj: ®ie SJtainjer finb nadj
Supemburg geffopen, adjt blieben in Sftaing; bie auS SöormS ffopen nacf) Xrier, teils
unter ferneren SJcippanbfungen; bie Sdjufen unb baS Stobijiat in £rier finb auf»
geföft, bie Stobijen bereits in berfdjiebenen Sßrobin^en (granfreicp 41, Oberbeittfcp»
fanb 7) untergebracpt. ®er übrige 3)eif ber i^robinj beftept nur mepr auS Sdjfett»
ftabt, SJtofSpeint unb föaben. $u <f?agenau meift nod) P. Steftor mit P. Q3fafiuS
unb 2 fBrübern. ®aS Sfrcpib unferer i^robinj ift jum ffeinften £eif bon P. ßopper
nacf) St Urfufa gerettet, ben übrigen STeif mirb jmeifeffoS ber fyeinb finben. 2öie
eS in 93amberg, (Erfurt unb ^eifigenftabt fiept, ift mir gänjfidj unbefannt; mo bie
in anbern ^robinjen gerftreuten SJtitbrüber meifen, merben mir affmäpfidj aus ipren
Briefen erfafjren. 2Bir märten fefjnfüdjtig auf Stacpridjten über bie Steifen unferer
Stooijen. @S erbarmte midj ber jungen Seute, bie mit blutigen $üpen, mit nur
jmei Wafern Steifegelb eine fo meite Steife (nadj Stouen) guriidfegen müffen, aber itnfere
Sfrmut fiep nidjt mepr ju3.
^m September 1631 fcpidte ber Steftor bon heilig enftabt auf Siat beS
OberamtmanneS affe patres nacp ©öttingen, er fefbft bfieb mit jmei 33rübertt
jurüd. Stacpbem bie gfücptfinge 42 £age bei ben SDominifanern in ©öttingen bie
fiebebofffte Slufnapine unb Pflege gefunben, feprten fie nadj §ei(igenftabt jurüd4.
SJcitte TDejember 1631 befepten bie Sdjmeben ^eifigenftabt6. Sie fiepen bie £$e>
fuiten in Stupe; aber als bie Staiferfidjen burcp einen Überfall am 15. SJtai bie
1 5- 33 a I f e n f) 0 1 1 , ©efcl). be§ Kollegium unb
©pmnafium ^ofeppinum in £ilbe§l)eim (1898) 5.
33gl. oben 6. 35. Über bie fglurf)t unb Seiben
im gafjre 1632 Ogi. Cordara II 614 f.
2 Cordara II 613 f. »gl. (Lg.Seller,
Sie Srangfale beö naffauifcpen »olfed im
Sreipigjätjr. Kriege (1854) 170 f unb bbcn @. 96.
3 * Original in Epp. ad Bus. 401.
4 * Hist. coli, ad 1631. C or d ar a II 466 f.
5 »p. ®nieb, ©efd). ber »eformatiou unb
©egenreformntion auf bem SicfpSfelbe (21909)
358 ff 366. Cordara II 600 ff. £5. SB 0 I f,
©efd). be§ ©tpnnafiunt» 3« ^eiligcnftabt 15 ff;
Stnfjang 17 ff. Oben S. 154.
2>ie fdjtoebifdje iperiobe : 9tot unb &eibeu in ber oberrfjeinifcfjen ißroütnj. 405
©tabt überrumpelt Ratten unb am 30. ÜDtai mieber oertrieben rnorben roaren,
mürben neben anbern 15 Qefuiten „unüerfeljenS offne ©ad unb Van^en" ergriffen
unb auf brei Söagen nadj Erfurt gebracht, mo fie am 1. Quni anfamett, „fcfjimpflicf;
oertacfjt unb etlichemal mit ®red unb ©teinen bemorfen". ©rft nach mehreren
'iOionaten fonnten fie teils am 13. Oftober teitS am 20. SDejember nach §eiligenftabt
jurücffehren. £»erjog StBittjetm oon Söeimar tjatte ouf feine Vitte baS (SidjSfelb
oon bem fdfjmebifchen Völlig erhalten unb bei ber Vefiftnatjine 1632 ben ©tauben
üerfprodjen, fie bei ber hergebrachten freien VeligionSübung ju betaffen, ©uftao
Stbolf mar im Värmalber Vertrag (23. Januar 1631) Qranfreidj gegenüber bie
Verpflichtung eingegangen, in aßen Orten, bie er erobern mürbe, bie fathotifcfje
Vetigion unbehinbert beftehen ju taffen. STrofjbem tat ber §erjog aßeS, um baS
2anb junt Stbfaß $u bringen. 2ttS er am 19. Stftärj 1633 nach $eiligenftabt fam,
tieft er am fetbcn £age bie Qefuiten auSmeifen, ihre ©chuten fdjtieften, ihr Eigentum
in Vefdjtag nehmen1. Gsrft infolge beS ißrager QriebenS (1635) fam baS (SidjSfetb an
ßurmainj §urüd. 2Int 15. Oftober 1635 ergriff P. Qofj. puppen mieber Vefift oom
^'oßegium. Qm Qatjre 1639 unb bann 1642 mürbe baS ©icfjSfelb mieber oon ben
©djmeben befeftt.
Qtt Erfurt befanben ficfj im Qatjre 1631 15 Qefuiten. Veim ^erannaljen
ber ©chmeben fdjidte ber Veftor Qofj. Veßinger bie oier ©chotaftifer ins (SidjSfetb,
er felbft erroartete mit ben anbern VotreS ruhig bie Qeinbe. 2ttS ©uftao Stbotf
am 20. Oftober anfant, lieft er ben Veftor rufen, hotte eine lange Unterrebung mit
ifjm unb fieberte bem Kolleg feinen ©djuft ju. SDaS ®oßeg mürbe oon ber ©cf)uft»
mache nach unb uacfj öößig auSgefogen, fo baft ber Veftor gelungen mar, bie
meifteit f^atreS fort^ufdjiden.
Qm Quni 1632 mürben bie Qefuiten oertrieben. ©iner berfefben, ein ©reis,
ber nicht meftr recht beieinanber mar, meigerte ficfj entfdjieben, baS £au8 ju oer-
taffen; mo er fo fange gelebt, motte er aueft fterben. 3tucfj bie fdjmerften btutigen
SOiifthanbtungen fonnten ben ©reis niefjt oon feinem ©ntfdjtuffe abbringen, ©o tieft
man iftn enblidj guriief, nach jmei SBodjen ertag er feinen VSunben2. ©teidj am
£age nach ber jmeiten Slnfunft beS Königs in (Erfurt ridtjteten bie Qefuiten am
29. Oftober 1632 an ©uftao 3(botf einen tateinifefjen Vrief: Qnfotge beS fönigtichen
©djufteS hotten fie auf acht Sßionate ruftig ihren 93eruf §gef chäften nachgehen fönnen; fie
hätten nichts meber gegen ben fö'önig noch gegen ben getesteten ©ib begangen, mie auch
niemanb fie nur beS geringften Vergehens befdjutbigen fönne. 2tm 16. Quni feien
fie ptöfttid) auf Vefefft beS Vefibenten Sttejanber ©Sfer gemattfarn auS ihren Raufern
oertrieben unb aßer ihrer ©üter beraubt rnorben. 2öaS fie feitbem oon ben ©Öl¬
hafen erlitten, moßten fie mit ©tißfcfjmeigen übergehen, aber ben $önig bemiitig
bitten, er möge fie in iftre SBofjnung unb ju ifjren VerufSpfticfjten jurüdfefjren taffen
unb ihnen einen fönigtichen ©chuftbrief auSfteßen.
®ie Qefuiten affnten niefjt, baft ©uftao Slbotf im SBiberfprud) 31t aß feinen
Verfprechungen bereits am 9. Oftober mit ben anbern ßlöftern unb Kirchen ber
©tabt auch thr $oßeg mit aßem Vefift ber fcfjraebifch gefilmten, proteftantifdjen
©tabt ©rfurt gefchenft tjatte3. ®er 9fat ber ©tabt führte ohne aße Vüdfidjt bie
©djenfung burd). Um megen Vücfgabe ber ßüöfter nicht mehr betäftigt ju merben,
oerfügte ber Vat, baft fämttidje ^toftergeifttidje bie ©tabt oertaffen foßten. Bitten
im Söinter, am 30. ©ejember 1633, mürben fie, 16 an ber Qaftt, auf jmei SBagett
1 9SgI. ben 93rief be§ 9ieftor§ tiom 27. Warj tfjoliten in Erfurt (1887; 10 ff. Cordara II
1633 bei © 0 I f , Eid)SfeIber Sf ircfjengefd). 150 f. 465 f 602 f.
2 ftr. ©cfjauerte, ©uftciö SIbolf unb bie&a« 3 © d) au er tc a. a. D. 50 f.
406
©edjftel Kapitel. Ärieglnot.
gefegt unb auf bcn 9Ji'arftplai3 gebraut. pier lief) ber 9?at alle gurn <Scf)impf uttb
©polt guoor breimal um beit „Sfel" unb nachher aus ber ©labt führen. SDie Qe»
fuiteu erhielten nidjt einmal einen Qefjrpfennig. infolge be§ Präger QriebenS
fonnten fie non itjrem ÄoKeg toieber Sefitj ergreifen. 9cacf) ber Einnahme burd)
Sauer am 22. SDegentber 1636 mürbe ber Senebiftiner 9lbam Staub, ber als 931a»
tpeniatifer unb Qeuermerfer bie Sürger bei ber Serteibigung unterftüpt patte, non
ben ©darneben gefangen unb nad) ©öttingen gebraut. £>ier nagelte man ipn auf
einen S©ifcp, fcpnitt auS feiner §aut dienten unb päutete ihn auf biefe SBeife ab;
er ftarb unter furchtbaren ©djtnergen1.
SDie Kollegien am Oberrljein gingen ebenfalls alle oerloren. Sin SBSormfer
ißatcr, Qol). SinniuS, berichtete am 13. Januar 1632 non ißont'ä’ÜDiouffon bem
^ßronin^ial : 91nt 13. 5)egember oerliehen mir, nadfjbem mir faft in einem Slugenblicf
unfer ©epäd gufammengerafft, SßorrnS. Sin SDeit gelangte über 9ieuburg glüdlidj
nad) Syrier, ein anberer Steil, 2 SßatreS, 1 9J?agifter unb 3 Srüber, flieh auf einen
Qmeibrücfener Sauernljaufen. ßmei Srüber, ber ^ocp peinlich ©unbermann unb
Stl)eobor ©dineiber, mürben all ihrer Kleiber beraubt — nicht einmal baS pemb lieh
man ihnen — unb in graufamer SBeife mihhanbelt. SDer $odj erhielt anher anbern
Verlegungen eine fernere Sßunbe im Viiden burdj einen Sauernfpiefs, ber Sruber
©cpneiber nier SBunben am Stopf, fein ganzer Körper mürbe blutig gefcplagen,
ber SDiSpenfator ®amian SDerftappen Ijni feinen heilen QIed mehr am Seibe, ber
redjte 9Irm ift gebrodjen, bie ©chulter auSgerenft, ber gange fö’opf eine übßunbe. SDie
beibeit patres unb ber 9Jtagifter tarnen mit leidjteren SSunben baüon; man raubte
ihnen ihr ©epäd, 9Jiantel, ©trümpfe, ©cpuhe unb ©elb. Qn meinem gangen Sebeit
habe id) felbft auf bem SDl)eater nidjt elenbere ©eftalten gefeljen als biefe fed)S bei
ihrer Slnfunft in Syrier 2.
91m 14. Oftober 1631 mar ©uftao 91bolf oor Söürgburg angelangt; am
15. öffnete bie ©tabt bem überlegenen Qeiitb bie Store, bie Qefte 93iarienburg mürbe
am 18. Oftober im ©türm genommen. Söilber ©djrecfen mar ihm oorangegangen.
St>ie Qefuiten oernahmen, üon ihnen merbe feiner gefdjont merben, mie unS 9(tf)anafiuS
^irdjer, ber bamalS in SBiirgburg meilte, berichtet 3. ®er ffteftor ^Seter QacieS mollte
bie ©djolaftifer unb einige Srüber fortfchiden, bie patres füllten aber auf alle @e»
fahr hin bleiben, bamit eS ben erfdjredten Sürgern nicht an Ströftern unb ©eel»
forgern fehle. Sille patres maren einoerftanben. 911S nun ber IReftor biefen Sntfchluh
bem gürftbifcfjof, ber felbft fliehen mollte, mitteilte, geigte biefer beutlidj, bah ei'
bamit nicht einoerftanben fei: maS nüfjen fo oiele Sßriefter in ber ©tabt, meinte er,
als bah fie üon ben Qeinben abgefdjladjtet unb ihretmegen bie ©tabt noch fdjlimmer
bepanbelt mirb. daraufhin befahl ber SReftor allen 80 Qefuiten, bie ©tabt fdjleunigft
gu oerlaffen. 9?ur ein Vriefter* blieb im ßonoift unb gmei ©djolaftifer aus SBiirg»
bürg bei ihren Vermanbten. 911S porn eingog, oerlangte er, bah alle Qefuiten bie
©tabt räumen mühten4.
Qn einem gmeiten ©eficpte hatte Stirdjer ben fommenben Qeinb ein pafbeS Qaljr
oor feinem Sintreffen gefcpaut. SöenigftenS ergählt er bariiber in feiner ©elbftbio»
grapljie: „Qm Qafjre 1631, als gang SDeutfdjlanb bem Staifer untermorfen mar
unb bie Statfjolifen fiep beS tiefften QriebenS erfreuten, als itiemanb audj nur
ber ©ebanfe fam, bah 'hre Qeinbe fo leicht mieber ihr paupt erheben fönnten.
1 Ebb. Gl 78 f.
5 * Stojne itt Epp. ad Bus.
8 ©eng, ©elbftbiogrobljie bei? P. 2(. ®ir=
d)er 30.
4 *Hist. coli. Herbip. junt Qa^rc 1631.
Cordava II 468 f. X3gt. 33 raun, ©efd).
ber §eraitbt[bung bei Slerul iit ber Stöiefe
SBürsburg I 426 f (gegen SSegele).
$ie fdjtoebifcfje ißertobe: 9cot unb Seiben in ber oberrljeimfcfjen ißrobinä. 407
nnirbe idj einft mitten in ber Sadjt burdj ungemöfjntidjen Särm aug bem ©djfafe
gemedt unb fatj mein fyenfter non einer Strt SDämmertidjt ertjettt. Qcf) öertiefj
atgbatb mein Sett, um nadjgufefjen, mag bie ungemöfjntidje §e(te bebeute. S)a
gemährte idj nun, bafj ber gange, fefjr geräumige £>of beg fö’ottegiumg mit in Seif)’
unb ©lieb aufgefteltten Semaffneten unb ißferben angefüllt fei. Son ©djreden er«
griffen, begab id) midj 51t ben anftofjenben ©djtafgimmern. ®a id) per alte in
tiefftem ©djtaf oerfunfen fanb, glaubte id;, id) f)ätte midj in ber ©cpaftrunfenpit
getäufdjt, unb fudjte nodjtnatg mein fünfter auf. ®od) eg bot fid^ mir mieber bag«
fetbe ©djaufpiet bar. $dj eilte nocpnatg meg, um beugen für ©efefjene fjer«
beigurufen, fanb aber batb, bafj bag ©efidjt mieber öerfdjmunben fei. Qtt ben barauf«
fotgenben Stagen mürbe idj non fotcfjer ©eetenangft geguätt, baf; eg midj nirgenbg
litt unb id; mie maptfinnig tjin unb t)er tief. Qdj nergegenmärtigte mir bie Un«
gtiidgfätte, metdje eintreffen mürben, mit fotdjer ©emifjpit, bafj idj biefelben mie in
einem (Spiegel bargeftellt flaute. Siete mürben biefe meine Stufregung gemafjr unb
fragten, mag midj fo fefjr quäle, unter anbern audj mein ©uperior. SDiefem aut«
mortete idj: .Stein ißater, beten mir gu ©ott; benit id) füpe ooraug, baf) grofje
ltngtüdgfätte nidjt btofj unferem ^ottegium, fonbern audj bem granfentanbe unb
gang SDeutfdjtanb beöorftepn. ©orgen bapr ©uer podjmürben bafür, bafj bie Äoft«
barfeiten unferer ßirdje redjtgeitig in ©idf>erf)eit gebradjt merben. . . .(/<1
S)ag ßotteg SBiirgburg mürbe atgbatb non ben ©djmeben befe^t. ®a bie üer*
fcpebeneit fdjmebifdjen stf5räfeften unb Stbminiftratoren nadj Setieben ptiinberten, fo
liefen fie, mie ber ißrofurator beg ^’ottegg berichtet, nidfitg gurüd atg bag föottegium
gang mit ©djmutj angefüttt unb einige früher ungenießbaren Söein, fein ßörncpn
©etreibe unb nidjt ein eingigeg fpauggerät, fo baß fidj nacf) ber SCBiebergeminnung
ber ©tabt „meber Sett nodj Sinnen nodj Söffet nod) ©dfjüffel nodj fetter nodj Sapf
nodj ©tag nodj Stopf nodj §afen" üorfanb. Stöäfjrenb bie SSeinberge 1(332—1634
nodj einigermaßen bebaut mürben unb |jerbft 1634 20 guber Stöein ergaben, blieben
bie fämtlidjen Sanbgiiter unb Stder unbebaut, „fo bafj mir nadj unferer Siidfep
audj im fotgenben Qape 1635 nidjt ein föörndjen ©etreibe unb im fotgenben Qape
unb fpäter nodj um unfer tägtidjeg Srot ung fefjr abmüßen mußten; benit SSeigen
fomop für bag ^otteg atg für ben ißäcper unb bie $ned)te in ©ffetborf unb ©amen«
getreibe mußte teifg erbettelt teitg gefauft merben mit Stugnafjtne einiger Statter,
bie mir aug ben ©infünfteu erhielten. . . . ©ine geraume $eit führten mir ein arm«
fetigeg Seben; eg mangette aud) an ben nötigen föteibuuggftüden, bag tägliche Srot
mar fefjr fcfjmarg, unb mit nodj raeit größerer Stütje mar bag nötige $teifdj gu fjaben;
$ifdje aber, feien eg frifdje ober gebörrte ober gefatgene, faß man mofjt fcfjmerticf;
mäpenb beg ^afjreg im Kolleg" 1 2.
^m gebruar 1632 erfcpenen bie ©djmeben öor Samberg. Stud) per maren
bie meiften ^efuiten geftoßen unb nur meuige ißatreg uub Srüber im ^otteg gurüd«
geblieben3. Stuf ber gtucßt fließ ein Säuber einem ber gtiefjenben feinen ©pieß
in bie Söaben, um itjm bie fpudjt unmögticß gu macßen unb itjn 31t berauben, ©in
$ater, ber gu §iffe eilte, mürbe burdj einen fdjmeren ©tein am Slrme oermunbet.
®ie anbern, bie oorauggegangen maren, liefen, oon fyurdjt ergriffen, ben SBagett
ftefjen, festen fip — fie maren atg Säuern gefteibet — je gmei auf bie oier ißferbe
unb famett gtüdticfj nacfj Sifged unb oon ba nadj Stmberg. SSäpeitb ber Sertjanb«
tungen gur Übergabe ber ©tabt erftärte einer ber feinbtidjen tommiffare, unter ber
1 ©eng a. a. 0. 29. 3 $a§ gotgenbe nacfj §. SS e fi e r , 93amberg
2 2agebudj be§ $rofurator5 bei 93 raun im Sreiüigjätjrigeu ®rieg (s. a.j. 93gt. oben
a. a. 0. II 72 f. @. 1G7.
408
©ecf)fte§ Kapitel. ®rieg§not.
Sejeidhnung ^riefter unb OrbenSleute feien bie ^efuiten itid)t einbegriffen. ®a§ Kolleg
mürbe öodftänbig auSgeraubt, bie ißferbe ber S3aubiffinfcf)en Leiter mürben im
©peifcfaal, in ber Säderei, in ben ^auSgängen unb im Kreujgang untergebracfjt,
aucf) ^irc^e, ©afriftei, Slula mürben als ©täde oermenbet, nadjbem man bie Sänte
gerbrocfien unb IjinauSgemorfen fjatte. Salb mürbe bie ©tabt mieber befreit burd)
©idt). tiefer fiatte fid) nad) ber ©d)lad)t non Sreitenfelb au§ SBeftfaTen nad) ber
©onau gemanbt. @r mar am 21. gebruar 1632 mit 16000 ÜUlann non Siörb»
lingen aufgebrodjen unb erfdjien am 9. Sfärj nor Samberg, baS er nad) erbittertem
Kampf um bie Srüde befefte. 3(m 10. Sflärj fam ber nad) gorchheim geflogene
Siettor gobot ©bring inS Kolleg jurüd.
©iefer befdjreibt ben guftanb be§ Samberger KodegS in einem Srief, batiert
Samberg, 12. üjjiärj 1632: 3ll§ id) bie ©tabt betrat, fanb id) bie ©trafen notl
non Seicfjen. Unfer Kodeg ift ein 31ugiasftad. ©inige funbert Sßferbe fjaben bie
ganje ßeit über barin if)re ©tadung gehabt, in ber ©afriftei, ben ©ängen, in
bem Siefeftor ufm.; überall alles noü non SJiift. ®ie Slltäre ftarren non ©djmuf,
bie Kirdjenbänfe finb jerbrocfen. Son 50 unb mefr Setten mit adern Sett^eug ift
nicf)t ein einziges Riffen mef)r übrig, ©er ©pürfinn ber geinbe fat adeS aus
ben Serfteden ferauSgefolt mit ben Siidjern beS gnftitutS, ben gaf)re§red)nungen
unb adern anbern. ®a§ bei befreunbeten Sürgern untergebrachte (betreibe fiel burd)
beren unermartete gludjt in bie fpänbe ber geinbe. Söäfdje unb Kleiber, bie unter
bem gufboben nerborgen maren, fat man geraubt, llnfere Sida in £eimet<§f)of ift
bi§ aufs £)eu gän§lid) auSgeplünbert; ade ©cf)afe, ^Sferbe unb Kühe bat ber geinb
roeggefiibrt. @d)on finb mir gu ad)t in bem nerroüfteten Kodeg; mooon mir leben,
ermarten mir non ©ott ].
©ie Kird)e tonnte megeit be§ fdjarfen ®iingergeritcf)S, ber felbft nad) Sfonaten
meber bem SBaffer nod) ben Siäudjerungen meidjen modte, einftmeilen nidft benuft
merben. SereitS am 8. gebruar 1633 nahmen bie @d)meben Samberg mieber.
31m 1. üftärj langte ber Oberbefehlshaber Sernfjarb non SBeimar in Samberg an
unb legte ber ©tabt eine Kontribution non 200000 ©alern auf, bie aber nicht auf«
gebracht merben tonnte, ©djliefticf) ging er auf 12 000 ©aler h^nb. Unter ben
©eifein für bie Oerlangte ©umme mürben aud) gmei gefuiten in |)aft genommen,
©in Heiner £id)tblid in bem büftern ©emälbe ift, baf feinbliche ©olbaten mit
Sferben unb Söagen ben gefuiten behilflich maren, ihr Sanbgut ju bebauen unb
Saften ju fahren. Sluf fein Serlangen erhielt Sernharb non SBeimar am 20. guni
1633 bie fpochftifte Sffiürgburg unb Samberg als ^erjogtum grauten non ben ©cfjmeben
gu eigen.
gni folgenben galjre (1634) erhielten bie gefuiten am 11. 31pril ben Sefel)!
beS $erjog§ Sernharb, mit guriidlaffung oder fpabe fofort baS Kodeg §u räumen,
meit fie gegen bie befdfmorene ©reue bem geinbe Sriefe gefdjrieben hätten. 3lde§
^3roteftieren beS fKeftorS hQif nichts, ©araufhin fanbte er am 11. Slpril 1634 an
ben fcfjmebifdjen SefehlSfjaber ©rafen ©raf (ben betannten Serräter2) folgenbe Sitt«
fdjrift: „9Kir unb meinen SJfitbrübern ift plöflid) unb ganj unermartetermeife ber
Sefehl jugegangen, unoer^üglid) baS Kodeg §u räumen, rneil mir bem ©egner Siat«
fd)läge unb Sriefe hätten sufommen laffen; beShalb merben mir bereits non einer
Slnjaf)! ©olbaten bemad)t. ®aS Kodeg ift jufolge fürjlich geleifteten unb angenom¬
menen ©reueibeg in ber ©ercalt unb unter bem ©d)uf be§ burcf)laud)tigften §er^og§
Sernharb, unb ich erfläre feierlid) nor bem adgütigen ©ott mich nnb bie Steinigen
an ben un§ jur Saft gelegten ^mnblungen für fd)ulbloS. Sor furjem habe ich auch
1 *Epp. ad Bus. 263.
2 »gl. 28 e ber a. a. 0. 60 ».
$ie fd)Webifd)e $criobe: 9tot unb Seibeit in bcr oberrfjeinifdjcn ^3roüins. 409
bei bem ©encraf Ugfer unb bem Sanbegpräfibenten ü. ©treitberg mit ernfteften
SBorteit für biefetbe Sfngefegenfjeit ßeib unb Seben gum fßfanbe gefegt; je^t bleibt
mir nur nod) ber einzige 2öeg, bafj id) rnicfj bittmeife @m. (Spellens nafje unb bei
bemjenigen, ber unfdjufbig fiir ung ade oerurteüt morben unb geftorben ift, ©ie
befdjmöre, bafj ©ie bie ©adje genau erforfcfien unb unterfudjen, unb menn mir, mie
id) guoerfidjtlid) ermarte, afg fdjufbfog erfunben morben, ung in beg |)ergogg ©cf)uß
unb ©nabe, bie ung türgfid) üerfprodjen unb big jeßt gemährt morben ift, aitfneljmen
unb in berfetben erljaften. Paffen ©ie fid) nidjt oon unbegriinbetem Serbadjt feiten,
fonbent unterfudjen ©ie bie ©adje unb beurteilen unb befjanbefn ©ie ung bann nad)
ben mirtfidjen Serfjäftniffen; id) bin bereit, menn mir ©efegenfjeit gegeben mirb,
adeg unb jebeg mit oder 2fugfüfjrfidjteit ©m. ©pgedeng bargufegeit. Um biefeg bitte
id) inftänbig burd) gegenmärtigeg ©cfjreiben. Söeitn man ung megen beg auf ung
faftenben groben Serbadjteg nur fdjmer Vertrauen fdjenft, fo oerfpredje unb gelobe
id) ©ra. ©pgedeng für mid) unb bie ^Reinigen, bafj mir ung ruf)ig öerfjaften, auf
bie ©d)itfe unb $ird)e ung befdjriinten unb bie ©nabe, bie ©ie ung ermeifen merben,
burd) frommeg ©ebet gu ©ott oergeften merben."1
©raß beftanb auf ber 2lbreife, eg lagen mehrere Briefe oor, mefdje bie gefuiteu
mofjf oerbädjtig machen tonnten. Diunmefjr oerfangte ber Oteftor einen efjrenooden
©efeitgbrief unb eine ©djußmadje für bie 9Reife; ferner bafj ben beibeit greifen i|3atreg,
oon benen ber eine über 70 gafjre fei, geftattet merbe, in einem ©pitaf ober
ißfarrfjaufe gu bleiben. Se^tereg mürbe abgefcfjfagen, ber ©efeitgbrief unter bem
12. 2fprif 1034 auggeftedt. 2lfg ©runb ber Sfugmeifung gibt ©rap SRangef an
bem notmenbigen Pebengunterfjaft an2. 2fud) bie Sitte, bie ©reife gu SSagen ober
©d)iff fortbringen gu bürfen, mürbe nidjt gemährt, gngmifdjen raubten bie @of>
baten im Ä'odeg, mag fie eben braitdjen tonnten. ©in Trompeter begleitete bie
13 gefuiten brei SReifen meit. Sa ber Trompeter bemertte, bafj bie DReife ben
P. 3of). ©ofinug, ber erft tür^licf) oon ©rfurt oertrieben mar, fjart mitnafjm, ftieg
er ood SRitfeib oom ißferbe unb fiefj ben 'pater müfjrenb eineg grofjen Seifeg beg
2Begeg reiten. 2fdjt Sage oermeiften fie in gorcfjfjeim, am 19. 2(prif gogen gelpt
nad) Sfmberg. Ser 9Rettor blieb mit bem SRinifter ®arf gabriciug unb einem ßaiem
bruber in gordjljeim, 11111 bem $odeg näljer gu fein. 2ffg nad) ber ©d)fad)t bei
üRörbfingen (7. ©eptember 1634) Kroaten Samberg befeßt fjatten (12. ©eptember),
teerten bie Sefuiten aug gordjfjeim am 18. ©eptember nad) Samberg gurüd. Sag
Ä’odeg fanben fie gum gmeitenmaf oodftänbig auggepfiinbert.
Sie 9Rot mar grofj. ©iner ber Patreg ftiefj auf einer SReife burd) fronten,
nacfjbem er fang in SBafb unb unbebautem $efb umf)ergeirrt, auf ein Sorf, mefcfjeg
oon feinen Semofjnern oerfaffen mar. Söäfjrenb er feinen 2öeg fud)te, fafj er etmag
©efpenfterfjafteg fid) auf einem Süngerfjaufen bemegen. 2ffg er näßer fjerantrat,
fanb er ein mit bem Sobe ringenbeg SBeib. Sie $rau mäfgte fid) im ©djmuß, if)r
©eficfjt mar abgegefjrt unb fcfjmarg; ber gangen ©eftaft faß man ben bittern junger
an. 2fn ifjrer ©eite tagen einige unreife mifbe |)ofgäpfef, me(d)e ifjr ffeineg Södjter-
d)en gufammengefudjt, um bamit bag Peben ber SDRutter gu friften. Ser pater mar
guerft ftarr oor ©cfjrecfen, bann fafjte er fid) unb tröftete bie 2lrme mit liebreichen
SSorten. 2ffg bie grau bie ©timme f)örte, richtete fie fich empor, erfjob bie .Spünbe
gegen ben ^immef unb bantte ©ott, baß er ifjr ©ebet erßört unb fie nidjt ofjne
Seiest fterben faffe. Salb barauf mar fie eine Seidje3.
Sie fofgenben gaßre maren für Samberg nidjt meniger fjart. Sig 1643 mürbe
bie ©tabt breigefjnmaf eingenommen, unb bann ftanb ber geinb mieber oor ben Soren.
1 ßbb. 65 f.
2 Wortlaut ebb. 68.
3 ebb. 91 f.
410
Sed)fte3 Sapitel. SriegSnot.
9cicfjt weniger ßart war bag ©cßidfat her patres in fyutba. 23ei ^er 2lu§*
ptünberung gutbag burd) bie Reffen famen ant 20. gebruar 1632 bie Qefuiten an
bie SReiße, wobei eg nicßt oßne fdjmäßticße unb graufame ÜDZißßanblungeit abging 4
(Sg waren 2 Sßatreg nnb 2 53rüber §urürfgeblieben. St)iefe würben einer £eibeg«
üifitation unterworfen. S£en P. ^afob gicßtner, einen ßodßbetagten, Oerbienten @reig,
entfleibeten fie big aitfg §emb. Stfg bie ©otbaten ißm aud) biefeg nehmen wotlten,
rief er aug : Sieber bett Stob ! St)afür fcfjlugen unb biffen fie beit Otreig iug ©eficßt
unb trieben ißtt in feiner fcf;ntäf)Iicf)en (Sntbtößung auf bie Straße. St)en anbern
ging eg nicf)t oiel beffer. Oßne ©cßuße, StRantet unb £mt würben fie unter roßen
©djtägen aug beut Kolleg gejagt unb braußen üon ©otbaten, bie ©patter bitbeten,
oerßößnt unb auggepeitfcßt. Stier SBruber $oß. .fpaber würbe üoüftänbig entblößt.
(Sin feinblidjer Leiter gwang ben SRäuber, bem SBruber fein §emb wiebergugeben.
Stier bänifd)e ©efanbte, ber in ber ©tabt weilte, tabelte beim ©ouüerneur bie Un*
menfcßticßfeit ber ©otbaten. Qn ber 9?acf)t erreicßten bie oier ^efuiten bag ßtofter
am Sßetergberg, wo fie oon gtbei SBenebiftinern gütig aufgenommen würben, oon ba
füßrte fie am fotgenben SCRorgen ein Bürger nacß @eifa.
Stier greife P. ^idjtner war fo gebrodjen, baß er faft getragen werben mußte. Stuf
bem Sßege nad) SBamberg !am P. gncßtner nur big gu bem Storfe Söatbafdjaff, wo er
fpäter, am 26. Stuguft 1632 ftarb. (Sr ßatte fid) ben tarnen eineg SSaterg ber Strmen
oerbient, ba er wößrenb üieter $aßre mit großem (Sifer Sttmofen fammette, um fie
perföntid) ben Strmften gu überbringen; gang befonberg ßatte er fid) au cf) ftetg ber
Oranten angenommen. Stier anbere gutbaer Skater, Hubert ©ifebot, war wegen feiner
teibenben güße fünf SCRonate im ©cßtoffe Sftodenftußt geblieben; üon bort mußte er
bann nad) einer fränfifdjen ©tabt fließen. ^)ier würbe er üerraten unb ber SBürger, bei
bem er eingefeßrt, eingegogen unb gepeinigt, bamit er bag SSerfted angebe. Stier Bürger,
ein ütRann oon alter Streue, wollte lieber fein Sebeit taffen. (Sine abetige tutßerifcße
Stlame rettete bann ben fßater, ber im ®ird)turm oerborgen war. @ie ließ ißn ßeitw
tid) in ißr §aug fommen unb nadjtg burd) einen guüertäffigen ülRann in ©icßerßeit
bringen. ütRit §itfe eineg ^ßriefterg aug Söeßtar gelangte bann P. ©ifebot enbtid)
nad) Sobteng. ÜRad) ber SRörbtinger ©cßtadjt feßrte er atg erfter am 23. Oftober
1634 nad) gmtba gurüd. $otteg unb Seminar waren üottftänbig auggeptünbert,
bie feßr wertootte S3ibtiotf;ef, bag fämttidje ®ircßen* unb §auggerüte ßatte Sanb--
graf SBitßetm nad) Raffet bringen taffen1 2.
Später brachte bag $aßr 1640 eine neue Seibenggeit. Sttg bie ©cßweben unb
grangofen bie ©tabt überfielen, würben bie Pforten beg $ottegg nad) ben brei
©eiten an ben Straßen mit Sorten unb eifernen jammern erbrodjen unb bag Kolleg
geptiinbert. Stlie f^einbe bebroßten bie ^efuiten unter StRißßanblungen mit bem Stöbe,
wenn fie fein @etb fcßafften. SRacß einer genauen förpertid)en SBifitation riß mau
ißnen bie beffercn ßteibunggftüde, aucß bie Seibwäfcße oom Seibe. ©djtießtid) retteten
fie ficß mit §itfe einiger ©otbaten burd) bie gducßt. Sttg ber $einb abgewogen,
feßrten bie meiften Sßatreg wieber gurüd. ^n ben erften Stagen war in ber gangen
©tabt aud) nicßt ein Siffen SBrot aufgutreiben. Stlie befreunbeten faifertidjen ©ot>
baten, bie batb barauf $utba befeüten, tiefen in ßetten Raufen auf bie St der, müßten
bag (betreibe, bie eingige Hoffnung gutbag unb beg ^ottegg, unb brofcßen eg auf
bem f^elbe. Stroß attebem gaben bie ißatreg fd)on am gweiten Stage nad) ißrer SRiid=
feßr bag .Qdcßeit gnm StBieberbeginn ber ©d)ute. St)er @efd)id)tfd)reiber beg fjutbacr
1 2)a^ golgenfae nad) bem 23erid)t bei Somp, fdjilbert übereinftimmcnb ein 93rief be§P. Gopper
S)ie groeite ©djute fgulba§ 41 ff- an SbufaeuS üon Dftern 1632. * Äopie in
2 ®ic fd)inäblid)e Söliöbanblung in fgutba Epp. ad Bus. 267. ®g(. Cordara II 469 ff.
$ie fdjttiebifdje ißeriobe: 9?ot unb Seiben in bcr oberrtfeinifdien fßrobinj. 411
Üollegg bemerft bei biefer Gelegenheit : „©in fcpöneg Söeifpiel ihrer Serufgtreue ge=
mährten bie ^efuiten im ^apre 1640, alg am Sllopfiusfefte bie oerbünbeten grau«
3ofen, ©djmeben, Reffen unb ßüneburger bie (Stabt unüerfepeng mit ©eloalt nahmen
nnb fech§ Stage unb fedjg Slödjte an fßerfonen unb ©igentum jeglidjen ^reöel
oerübten." 1
Über bie Vorgänge in ©peier fdjreibt ©teppan 9tuibiug am 4. S)tai 1632 non
©peier an Sufaeug; ünfer $oUeg pat nur SSerlufte an ben Vorräten gelitten; am
21. 2Jtör3 beloopnten ©olbaten mit Sßeib unb ^inb bag |>aug ber SEertiarier, halb
20, halb 10, in einer 2?adjt 150; alleg, mag nicht gut Oermaprt mar, mürbe au§
bem §aufe meggetragen. SUg fich unfere ©olbaten ber ©tabt näherten, tarn ein
§auptmann mit bropenben Gebärben unb SÖorten ittg Kolleg, burchfuchte alle SSinfel
unb oerfiigte für alle Ipaugarreft. Sin bie inneren Stüren mürben Söadjen gefteüt,
metdje ©im unb Sluggang oerpinbern foüten. 2)tan glaubte, in unferem |)aufe feien
kugeln, i^ulner unb Gefchü^e Oerborgen. SDer 2)lagiftrat, ber ung mäprenb ber
fdjmebifdjen Offupation gefdjüpt hat, bittet jept (bei bem ©ntfape Speierg) bag ßolleg
um g-iirfpracpe, bap bie ©tabt nidjt bttrcp eine gu grope Sefapung bebrüdt mirb;
mir merben ung an ben Sefeplgpaber menben. 33ig jept haben mir bie ©cpulett
meiter gehalten. ®ie üdtpolifen mären allmählich oöllig §u ©runbe gegangen, meil
fie mödjentlidj je 8, 10, 30, ja 50 Staler bejafjlen mußten. Son ung mürben juerft
möchentlich 40 STaler oerlangt, bann begnügte man fidj mit ber ©inquartierung.
ßmei SDomperren, melcpe jurüdgeblieben maren, ermiefen fidj alg auggegeicfjnete
gdeunbe beg föoüegg unb empfahlen unfere Slrmut öfterg bem ©rafett §ornef, ber
aber für bie ünfrigen nicptg alg ©pott übrig hatte ; bemt bie ^äretifer gelten bie
Unfrigen für bie einzige Urfadje beg ^riegeg. SDamit feine Siadjricpten über ben
günftigen ©tanb ber ftatpolifen nadj ©peier gelangten, mürbe ber fatpolifcpe ?ßoft=
palter abgefept unb ein fßroteftant trat an feine ©teile2.
Slug 2)1 ai 113 liegt ein Seridjt beg P. Qop. Sergeg (Sergper) üom 4. 2)tai
1632 oor: Sigper pabe icp nicptg gefcprieben megen ber großen Unficperpeit; bie
Sriefe mürben aufgefangen unb brachten ben Überbringer unb ben Slugfteller in
nidjt geringe ©efapr. Stropbem biefe ©efapr nocp anbauert, mollte ich bocp meine
Pflicht, ju fcpreiben, nidjt länger auffcpieben, meil ich nur folcpeg fcpreibe, mag nie-
manb mit ©runb üerlepen fann. ®ie ©egenmart unferer fßatreg pat oielen genüpt.
©inige Ipunberte, bie fonft opne ©aframente geftorben mären, mürben bttrcp Seidjt
unb Kommunion geftärft. Xäglicp befucpen mir bie föranfen unb ©terbenben unb
richten fie auf burdj leiblidfje unb geiftlidje Sllmofen. ©ottegbienft, ^Srebigt, felbft
bie ißaffiongprojeffion am Karfreitag napmen ihren gemopnten ©ang, bei leiderer
mürben nur bie fgenifdjen SDarftellungen unterlaffen. ünfer Kolleg ift nodj unüer-
feprt, ©ott meip mie lauge; aber allmählich merben mir auggefogen. ®ag ^onoiftoren-
fjaug patte grope Vorräte an ©etreibe unb Söein, eg ift faft nidjtg mepr übrig,
^dj pabe im $onüift lange ßeit 50 unb mepr ^Sferbe unterpatten, aug beit 33or=
räten 40—60 ©olbaten. 2)ie Setten unb bag §auggerät finb jum S5Seil Oerloren.
253ir blieben pier in SOlainj opne jebe Ütüdficpt auf jeitlidjen Sorteil, nur jur
gröperen ©pre ©otteg. SBir paben ung birefter Sebenggefapr auggefept, beoor bie
©tabt eingenommen mürbe, unb mir finb feft entfcploffen, mit bem Seiftanbe ©otteg
unfern fßoften nidjt ju üerlaffen. SSenn man ung alleg raubt, merben mir Oott Stiire
311 Sitre unfern ünterpalt erbetteln, ©ott mirb, fo poffe icp, ung bie ©nabe geben,
bap mir für bie fatpolifcpe Religion unb bie geiftlidje 2r oft ung unferer SJlitmenfcpen
1 fiomp a. a. D. 49 ff. 23g(. oben ©. 159. bie loeiterett ©efd)ide tigt. ß. SBeifj, @efd).
2 * Original in Epp. ad Bus. 287. Uber ber ©tabt ©peier (1876) 77 ff-
412
©cd}ftc3 Kapitel. $rieg§not.
gern alles leiben. Vei biefer allgemeinen Verfolgung ber ©efellfcpaft pabe id) oon
feiten unferer ©egner fo nie! 2o£> unb ©pre erfahren, baff, memt id) nicpt fcpon Sefuit
märe, id) inftänbig um bie 51ufnapme bitten mürbe. Henit bie fßolitifer unb ©ott*
lofen paffen unS nur megen itnfereS entfcpiebenen Eintretens für bie fatl)olifcf)e Ve«
ligion. 9?eulicp fjat baS ein berühmter fßrebiger eines proteftantifcfjen dürften in
unferent ©peifefaal mit beit SBorten bezeugt: ^pr feib bie ©äule beS fßapfttumS.
©elobt fei alfo ©ott in ©migfeit, baff mir für miirbig eradjtet merbeit, für feinen
Vameit ©cp nt ad) unb llnbilben ju erbulben 4
gaft 18 SRonate maren bie Qefuiten in ÜKainj allen Unbilben auSgefept: mieber«
fjolt mürben fie ins ©efängniS gemorfen unb öffentlid) oerfpottet, brei erlagen ben
Hranfpeiten unb Unbilben1 2. Hie nod) übrigen adjt^efuiten mürben bann am 28. ^nni
1633 oott ber fcpmebifdfen Regierung auSgemiefen, nacpbem man einen @ib oon ipnett
oerlangt, ben fie mit gutem ©emiffen nicpt fdfmören fonnten. Sftacp biefem @ib
patten fie fiep verpflichten füllen, ipre Verbinbung mit bem fßapft unb bem ©eneral
aufjugeben unb alles ^einbfelige gegen bie Hrone ©cpmebeitS, aud) baS in ber Veicpt
©epörte, ber Regierung anjujeigen. Unter ben Hingen unb tränen beS VolfeS, baS
mit ©cplägen ooit ben ©olbaten jurüdgetrieben mürbe, mufften bie Qefuiten ein ©djiff
befteigen, um ftromabmärtS inS @£il 311 fapren3.
511S 93 ab eit 001t (porn befept mürbe, lieff man bie ftebett ^efuiten ungefcporen.
Erft nach ber §ulbigung für ben SJJarfgrafen von VabemHurlacp (14. $uli 1633)
mürben bie ^efuiten Vertrieben 4. 911S bie ©olbaten, meldfe fie meggebracpt, jurüd«
feprten, ptünberten fie baS Hodeg unb jogen in Qefuitenfleibern unb Virett fpottenb
burcp bie ©tabt5.
Hie SInSmeifung aus 93 oben melbet P. ^oacpim $opanneS am 9. ©eptember
1633: Vor ungefäpr einem Söfonat fiitb bie Unfrigen aus Vaben fcpmäplicp aus«
gemiefen morben. Her oon bem Sftarfgrafen oon Hurlacp gefanbte Hommiffar befahl
unS, fieben an ber ßapl, ben Hapujinern unb granjiSfanern, intterpalb 24 ©tunben
bie ©tabt unb ganj Vaben 3U räumen. Hie Vitte um eine fjrift oon menigftenS
brei Hagen mnrbe abgefdjlageit. ßmei Hranfe, ber ©enior ber beiben fßrooinjen,
©eorg Vergebet-, unb ber Vruber ©priftopp ^mmerlein (^mmerle), fonnten nicpt
gepen unb erpielten nadj inftänbigen Vitten einen Vauernmagen bis an ben Vpein.
Diacpbem fie bei VenSpeim über ben Vpeiit gefept, napmen bie ©tärferen bie beiben
Hranfen auf ipre ©cpultern. $m näcpften Horf mürben fie oon Veitern umjingelt
unb bis auf bie Veinfleiber auSgeraubt. P. Vercpeber fiepte meinenb um fein Ver*
banbjeug für feine mit ©efcpmüren bebedten ©lieber; aber bie pabfiicptigen ©olbaten
liefen fiep nicpt ermeiepen. ©0 oon allem entblöfft, gingen fie in ber früpereit SBeife
mieber an bett Vpein, überrebeten einen gäprmann, fie bis Sauterburg 311 fapren,
froepen bann um bie ©tabt, mo ein befreunbeter Vfarrer/ beffen Pfarrei nur mepr
aus 12 ©eelen beftanb, riet, bie beiben Hranfen in einem benaepbarten .'pofpital,
1 * Original in Epp. ad Bus. 59. 2lu§ ber
ÜRacpfcprift gept ferner, bap auper bem SSige*
reftor ©cpiffler noep cier ißatred unb brei
Vrüber in ffllanij oerblieben maren.
2 Über ben Job be3 P. iJ5et. ©cpiffler fiepe
Vitetleeicpi an SBenpcI, 12. gebr. 1633. * Orig.«
Steg. Ad Rhen. sup.
3 ©in auSfüprlicper Vericpt über ben ge«
forberten Sib nnb bie Vertreibung in * Brevis
narratio eiectionis Patrum S.J. e Coll.Mogunt.,
28. gan. 1633. Barber. Lat. 6752. Vgl. and)
Cordara II 612 f. VitcKe^cpi fanbte eine
Slbfcprift be§ Vcricpteä uad) granfreiep, meil
man bort oerbreitet, bie Reimten patten nur
an§ politifcpen ©rünben ben Sib oerloeigert.
VitelteSdji an gigler, 10. Seht. 1633. *Orig.«
SReg. Ad Rhen. sup. $ad VerbannungiSbefret
com 15./25. Suui 1633. * Original in SÜtainj,
©tabtbibl. , Jes. B 13 k. Srud in Vogt«
SBeifeel, IRpeinifcpeS Slrcpio IX (1812) 300 f.
4 S. 5- Vierorbt, ©efep. ber eoangetifcpeu
Äircpe in bem ©roppersogtum Vaben II 203.
Vgl. oben ©. 184.
6 Cordara II 606 ff.
3>te fdjwebifcfye iperiobe: 9cot uub Seibeit in ber oberrl)einifct)en fßroüinj.
413
mo freifidf; nur eilt ©tüd Srot ju l)a6en fei, unter^ubringen. Sie tieiben anbern
fßatreS nerbargen fid) im §eu, um eine @efegenf)eit jur fyfudjt ab^umarten. Sie
brei Sriiber eilten in ber 3lbenbbämmerung burd) bie Söcinberge in ben SBafb unb
gelangten nad) mehreren Sagen auf Qrrmegen unb 3fbmegen mit §ilfe fatfjofifdjer
Säuern enbfid) nacfj Sodenf)eim, nod) üor beffen 31ufföfung. Ser Obere fdjidte fie
non bort mit jmei Salem Seifegefb nad) ber ©chmeij. @1 finb nun fcfjon
meljr afS brei Monate brei ober Hier Kollegien aufgelöft, SUiainj, |>eibefberg, Saben,
Sodenf)eim, bie übrigen Hier Raufer finb bebrof)t. kein einziges fpauS ber ober«
rheinifcfjen ^rooinj ift frei non ben feinbficffen SBaffen geblieben E
Über bie ©djidfafe ber Befuiten in 9t uf a d) (Obereffafj) erjagt ein gleidjjeitiger
Serid)t: Srop beS SlfforbS mit bem Difjeingrafeit Submig Otto (1633) Ijatte man
ben patres geraten, Ütufad) ju oerfaffeit; aber im Vertrauen auf ©otteS ©djup
maren fie geblieben unb Ratten bie nerfcf)iebenen Söedjfelfäöe in ber @innaf)me, bem
Serfuft unb ber 2öiebereinnaf)me ber ©tabt burdj bie fdfmebifdjen Sruppeit mit«
burd)gemacf)t. 31m 15. gebruar 1634 ftiirmte ber 9tf)eingraf bie ©tabt. ©egen
8 UI)r morgen^ maren brei ^efuiten ■ — jmei maren in ©efdfäften außerhalb — ,
P. ^obof SDteiring unb bie beibeit Srüber SfnbreaS DJtartini unb ^of). 31dermaun,
mit fieben ©eefforgSgeiftfidjen, bem ©tabtpfarrer mit feinen beiben föapfänen unb
oier Pfarrern aus ber 9iachbarfd)aft, bie bor ben ©dfmeben nad) Ütufacfj geflüchtet
maren, in ber ©tabtpfarrfirdje ju gegenfeitigem Srofte jufammengefommen. SBäfjreub
fie nadj ber heiligen Steffe bie Sitanei 00m heiligen kanten ^efu beteten, ftürjten
unter miitenben Srof)ungen unb Säfterungen jef)n ©olbaten auf ben Gfjor, mo bie
ijkiefter unb Qefuiten oor bem 2lderf)eiligften fnieten, unb fdjfugen fie mit ben ©e«
mef)rfofben trop ihrer Sitten mie baS Sief) ju Sobeit. Ser ßf)or fd)mamtn im
Sfute, bie ©ofbaten beraubten bie Sermunbeten ihrer Kleiber. 3Iuf Sefefjf jmeier
Offiziere mürben bie Sermunbeten in ein benachbartes §auS gebracht, um bort ihr
meitereS ©djidfaf ju ermarten. 9tad) faum einer halben ©tunbe tarnen bie ©of»
baten mieber unb fd)rien: „3hr werbet gefdjfadjtet, fo ift’S befohlen." fö'ein Sitten half.
Sie ©olbaten hieben auf bie ^Sriefter unb OrbenSfeute ein, auf ®opf, 31rnte unb
güffe. Um aber einen fcfjneffen Sob ju oerf)inbern unb bie Ouafen ju oerfängern,
hüteten fie fid), fofort töbfidje Söunben beijubringen. Sann fiepen fie bie Ser«
munbeten mieber liegen, famen aber nad) jmei ©tunben jitrüd, burdjbohrten bie Ser«
munbeten ober geschmetterten ihnen mit einer Sfpt beit Stopf, fo baf) baS ©efjirn
umherfpripte. Sitte maren tot, nur ber Sruber ^of). Sfdermanu mar trop einer fdjmereit
SBunbe über ben ©chäbel nicht 311 Sobe getroffen; er mürbe aber non ben ©ofbaten,
bie ihren Opfern affe Kleiber bis auf baS |>emb auSgogen, aud) afS tot guriid«
gefaffen. ©egen 4 Uhr abenbS fam einer Hon ben ©olbaten guriid unb ftiep ben
Opfern fein ©djmert burdf bie ©urgef. SffS er nun an ben Sruber Sfdermann
fam, ber an fester ©teile tag, fprang biefer pföpfid) auf unb umfratfte in SobeS«
angft mit beiben Sfrmen ben £>afS beS ©olbaten, fo baff biefer fein ©cpmert nicht
gebrauchen fouute. 3fm £>alfe beS ©olbaten hängenb, bat ber Sruber ben ©ofbaten
inftänbig bei ber Sarmf)ergigfeit ©otteS, fein Seben gu fdjonen. Ser mütenbe ©of«
bat hätte baS nie unb nimmer getan, menn nicht bie anbern ©olbaten, burd) bie
Srär.en beS SruberS bemogen, ben ÜJJtörber abgehaften unb gmei unferer $reunbe
100 Safer afS Söfegefb für baS Seben beS SruberS üerfprocpen hätten. ©0 mürbe
ber Sruber als einziger Beuge ber gräpfidjen ©dhfädjterei gerettet1 2.
1 * Sofie in Epp. ad Bus. 173. 2$g[. *Hist. weiterer 23erid)t Narratio brevis, ebb. 203.
coli. Bad. ad ann. 1633. $iefe auf ben 33erid)t be3 SrnberS ülcfermann
2 * Original in Epp. ad Bus. 21. Gin an ben oberrf>ein. ijkoüinjial fiel) ftiipenbe
414
©ed)ftc3 Kapitel. Ärieglnot.
P. ©ffriftopf) ©renging fc^reibt am 7. Oftober 1633 üon 97euf)auS an P. {Jorer :
Bon ber oberrheinifdjen Sßrooing fam in btefen Sagen ein fßater mit gmei Brübent
gu uns, unb ebenfooiefe finb nod) untermegS. Ser gute P. fJSrooingiaf fcfjreibt mir,
oon 25 9cieberlaffungen feien nur eine Befibeng an ber ©renge SotffringenS unb baS
belagerte §agenau übrig, alle anbern feien in ber ©emaft ber geinbe; in ber nieber-
rfjeiitifdfen fßroüing feien bie Kollegien in Bkftfafen in ©efapr unb mürben all;
mäf)fid) aufgelöft. ^n ©d)fefiett bleibt baS Kolleg in üfteiffe, roefdfeS aber megen
ber s^eft bis auf gmei ^nfaffen entleert ift, unb baS gu Sroppau1.
Qn ber oberbeutfdfen fproüing ging eS nidft nie! beffer.
9tod) oor ben Kämpfen am Secfj mürbe SUIingen oon ben ©chmeben befe^t2.
2ffS bie ©dimebeit Slnfang Sfprif 1632 ficf) ber ©tobt näherten, entließ man bie
©tubenten. 95on ben 47 ^efuiten blieben nur 12 guriid, unter ihnen ber Steftor ©raüen*
egg unb ber Kangfer ©teboriuS. 2lm 9. Sfprif, am Karfreitag, mürbe bem Oberft
©fjriftoph Subabel bie ©tabt übergeben. Beim ©inguge in biefefbe famen if)m
auf bem ülftarfte ber ©tabt ber Sieftor unb ber Kanzler entgegen, baten um um
geffinberte SfuSübung if)rer 93eruf§pflicE)ten unb um ©d)ut3. BeibeS mürbe gemährt
unb bem Kolleg gegen Begafjfung nod) eine SBacffe gugeftanben 3. 2fnfangS geigte fid)
Subabel freunbfid) unb gefällig ; afS KriegSfteuer oerfangte er oom KferuS unb ben
^efuiten lOOOO ^p^ifippstafer, gab fid) aber fdffiefffid) mit 700 gufrieben. Ser
oon ©uftaü Slboff gum Kommanbanten ber ©tabt ernannte fßommeraner Saoib
Oon Often geigte ficf) gmar nad) aufsen freunbfid) gefinnt, fub häufig ^efuiten gu
Sifcf), aber nur, um fie auSgulfofen. Qu ber $ofge überhäufte er fie mit affen
mögfid)en Sfnffagen. Unter anberem behauptete er, bei ben ^efuiten feien Söaffen
unb groffe ©d)ä|e üerborgen. ©r burc^fucf)te barurn in Begleitung oon gafjtreid^en
©olbaten affe BSinfef beS Kaufes. Bor affem fafjnbete er nad) einem Karfunfef
im SBerte oon ungefähr 30000 Sufaten, ben er in unferem Koffeg üerborgen
mähnte, ba er in einer @d)rift beS )ßaraceIfuS gefefen, gmifc^en @d)maben unb
Bapern Hege ein unermehlidjer ©c^a^, „mefdfer mächtig an Barfchaft mehr benn
gmölf Königreiche, affba ein Karfunfef afS ein ©t), mefchen fein Kaifer nicht be-
gapfen fann"4. Sie peinfichften 97ad)forfchungen fefbft unter ber ©rbe förberten
aber nidjtS gu Sage, fonbern trugen ben ©chaügräbern nur ben ©pott beS BoffeS ein5.
Slm $ronfeicf)ttamSfefte (10. $uni) würben pföfjficf) ber Steftor unb ber Kangfer
gum Kommanbanten oon Often giriert, ©r nahm fie mit auSgefudfter greunbficpfeit
auf, gog ficf) aber bafb gurüd unb lieh fie allein mit einem Baron |>pffer, ber
früher am baprifcffen (pofe oom Kurfiirften ben fiaufpaff erhalten parie. Siefer
marf ihnen üor, fie feien ©cpulb an affem ©fenb unb fie hätten ihre ©cpähe auf
61 SBagen nad) Sirof in Sicherheit gebracht6. Saun erffärte er bie beiben gu
©efangenen beS Königs, bis fie 100000 fßpifippstafer afS ©träfe begapft hätten.
2fm fofgenben Sage führte man bie beiben ^efuiten nad) Ufm ab, mo man fie
im ©efängniS an affem, fefbft bem 9?otmenbigften ÜOfangef leiben lieh, um bie ©efb-
fumme um fo fid)erer gu erpreffen. Sa Often oergebfich üt Siffingen auf bie 2(uS-
©cpilberung erpplt, baß öier ber 253eltpriefter
bei ber stueiten SÜlebelei öon ben ©olbaten in
ber 2lu3ficbt auf ein grofje3 Söfegelb öerfdjont
unb bem ©pirurgen pr Teilung ifjrer SBunbeu
übergeben toorben. Giefer S8erid)t ift and) ge-
brudt bei © eit p, Gie Saprbüdjer ber Sefuiten
p ©cplettftabt unb Dtufad) I 66 ff; II 18 ff.
1 * Original in 9Jt. 31., Jes. 88.
2 Ga§ fgolgenbe nad) Kropf II 20 ff 278 f.
3 SScifj, ©prouif öoit Gillingen (1861) 36 f.
Sßgt. © p e d) t , ©efd). ber Uuiücrfität Gil¬
lingen 85.
4 ©pedit a. a. 0. 86, 21. 1.
5 (£bb. 85 f. 253 ei b a. a. 0. 38 f.
6 2113 ©uftao 2lbolf im ^erbft 1631 gegen
©üben borrüdte, maren bie ber ®ird)e unb
2lfabemie gehörigen Äelcpc, 23aramente ufm.
in3 2llgäu gebradjt loorben.
$ie fcfjmcbiidje tpcriobe: 9Jot unb Seibeit in bcr oberbeutfdjeit $rcmin3. 415
Zahlung martete, fam er felbft ttad) lUnt. Sie ©atreS traten iljtn mit greimut
entgegen, erlangten aber ifjre greifet erft am 17. guli mieber, als fie an beit Stünig
appellierten, ©alb barauf lief; ber ©eneral ©ancr, bcnt Often non ber angeblichen
SSegfdjleppung oon 9teicf)tümern äftitteilung gemacht, bie beiben ©atreS nebft bem
ÜOänifter beS ®oIIegS nacfj Sauingen inS ©efiingniS abführen unb brei SBochen ftreng
bemadjen. 0f)ne weiteres forberte man abermals lOOOOO ©hilippStaler. Sin ©teile
eines ber brei infolge ber ©efangenfcfjaft erfranften gefuiten mürben injmifcljen gmei
anbere auS bem Millinger Kolleg in §aft genommen. 211S fie mieber an beit Völlig
appellierten, brachte man alle oier inS ©efängniS nach SlugSburg. 9^ad) gehn Sagen
§aft auf bem Üiathaufe mufften fie baS für bie gemeinen ©erbredjer beftimmte
„Eifen" beziehen, meil fie beS ©errateS üerbädjtig feien; in ber Sat aber mar ber
Vaf3 ber ©roteftanten Urfad^e biefer Sftafjregelung. Sie Srattgfale, melcfje bie
©atreS in biefem Äerfer erbulbeten, oerurfachten langmierige föranfljeiten, bie bem
P. ©fjilipp ß’ilianftein einige SJlonate nach ber Entlaffung aus bem ©efängttiS ben
Stob brachten. ©iS 12. 2lpril 1633 blieben bie befangenen in SlugSburg ; an biefem
Sage gab ihnen Ojenftjerna 1, ber bamalS ©ouüerneur oon SlugSburg mar, bie
Freiheit, aber nur gegen eine ©ejahlung oon 1600 ©ulbett, für melche ein ebler
©roteftant ©ürgfchaft leiftete.
$n bem Sillinger Kolleg hatten bie ^efuiteit mährenb beS breijährigen Stuf»
enthalteS ber ©djmeben in Sillingen oon ben ©olbaten, bie oft brohten, baS Kolleg
in 2lfdje ju legen, grofje Srangfale ju erbulben. ©iel oerbanften bie gefuiten bem
Söohlmollen beS ©cfimebenfönigS, ber ihnen ben Sreueib erlaffen hatte, meil fie
ja aucfj bem $aifer feinen Sreueib geleiftet hätten. Siefe ©nabe beS Königs biente
ihnen in ber golge oft als ©chilb gegen bie föniglid)en Oberften unb befonberS
gegen bie proteftantifdjen ©rebiger. Sie Ermahnung beS Königs oereitelte bie
Srohungen eines ©rebigerS, bie gefuiten aus Sillingen zu entfernen; ebenfo mürbe
bie Oöllige SluSpliinberung beS ^ollegS fomie bie ©ermenbung ber Srucferei zur
Verausgabe häretifcher ©cfjriften oerhinbert. infolge ber Immunität, bie bem Kolleg
mie ben anbern geiftlichen Väufern jufam, blieb baS fö’olleg trop ber geitmeife großen
Sruppenjahl ber ©chmeben oon Einquartierungen oerfdjont. ©o fonnte man allen
geiftlichen ©erridjtungen in gemohnter SBeife nachfommen. £’atf)olifd)e ©olbaten,
bie unter ben fchmebifdjen gähnen oerhältniSmäfjig zahlreich maren, fameit häufig
ju ben ©atreS beichten. ES mürbe baS @erücf)t oerbreitet, bie ©atreS fugten bie=
felben hauptfächlid) bei biefer @elegenf)eit burdj ©ermeigerung ber Slbfolution ben
fdjmebifdjen gähnen abmenbig ju ntadhen unb fie bem §eere ber Siga zuzuführen.
©efoitberS mürbe biefer oerleumberifdje ©ormurf gegen beit Mangler ©teboriuS oer>
breitet. Sie ©chmeben ftedten ihn beShalb in einen ©olbatenrod unb jmattgen ihn,
einen halben Sag unb eine ganze üftadjt SSadjtpoften ju ftehen. Sa gab’S oielen
©pott, zumal ber ©ater fdjmacfj unb gebredjlich mar. Slber in apoftolifdjem Eifer
benüpte ©teboriuS biefe (Gelegenheit, bem tjerjuftrömenben ©olfe in einbringlicher
Söeife zu prebigen.
Solange bie ©djmebett Verren ber ©tabt maren, fomtten and; im Kolleg bie
©djulen unb an ber Unioerfität bie ©orlefungen meift ungeftört gehalten merben.
MerbingS toar bie 3a£)l ber ©tubenten nidjt feljr grofj. 9ätr im galfre 1634
fanb eine Unterbrechung beS UnterridjteS ftatt, als ©ernfjarb oon Sßeitnar fämtlidje
Qefuiten mit 21uSnaf)me eines einzigen, beS fchmerfranfett, achtzigjährigen P. goljanneS
ßauponiuS, nach Sauingett in bie (Gefangenfcfjaft abführen unb bort oom 13. Sluguft
bis 14. ©eptember in ©etoahrfam halten lieh- S07an mirb unroiHfürlich an bie
1 mar Senebitt Djenftierna, ein ©ofjn be§ fandet 2Ijel Djenftjerna.
416
©ed)fte? Kapitel. KriegSnot.
Sitten ber ©hnftenoerfolgungen erinnert, tnenn ber Slnnalift erzählt, wie audj fjier
bie gefangenen patres bie (Gelegenheit benüpten, ihren Pächtern ju prebigen, h^tn*
lidlj bie Seicljt eines berfelben hotten unb einen anbern wegen Sefertion jurn
(Galgen oerurteilten ©olbaten jur Einrichtung begleiteten unb ihm bie lebten Sienfte
erwiefen. Sie @d)lad)t bei üftörblingen braute ben befangenen bie Freiheit unb
bie 9iüdfel)r nach Sillingen. Qn^wifdjen war aber baS Kolleg üon ben Kroaten
gänjlid) auSgepliinbert worben, fo bah bie Qurüdgeteljrten |tcf) mit bürftiger 9iaf)rung
begnügen muhten, bis einige 2öof)Itäter Slbljilfe fdjafften unb enblid) Kaifer Qerbinanb
baS, was bie Kroaten an SebenSmitteln geraubt, reidjlid) erfepte.
gmr bie SlugSburger ^efuiten begannen bie Srangfale, als bie ©djweben am
17. Slpril 1632 gegen bie ©tabt heranrüdten 4 Sei ben Serfjanblungen mit (Guftao
Slbolf betreffs ber Übergabe würbe feftgefept, bah in ber ©tabt Wieber biefenigen
religiöfen unb politifcpen Serhältniffe eingeführt werben feilten, welche öor 1629
beftanben hatten, infolge biefer Seftimmung muhten bie Qefuiten baS Karmeliter«
flofter ©t Slnna wieber abtreten. Qm ©t ©aloatorfolleg befanben fidj noch 13 patres
unb 8 Srüber; alle übrigen waren weggefdjidt worben, ©dfon lange hatten bie
ißroteftanten ben Qefuiten mit ißlünberung, Serbannung unb 92iebermepelung gebroht;
jept geigte fich ber Eah gegen fie in befonberS h°hem (Grabe, ©djoit am Sage ber
Sefipnapme ber ©tabt burch bie ©djweben, am 20. Slpril, oerbreitete einer aus ber
Eefe beS SoIfeS bie Serleumbung, bie Qefuiten hätten oor ihrem Slbjug aus ©t Slnna
bafelbft an üerfchiebenen Orten grohe 5D?engen ißuloerS gelegt, um bie Kirche nebft
ben barin berfammelten ifßroteftanten in bie Suft ju fprengen1 2. Sie fchwebifdjen
SefeljlShaber mähen jwar ber Qabel feinen (Glauben bei, hoch liehen fie 9iadj*
forfchungen anftellen, ba fie wähnten, eS fönnten bort ©cf)ä^e oergraben fein. Sin
Eauptmann muhte alfo bie Surchforfdjung oornehmeit, wobei ihn proteftantifdjer
Üßöbel mit Seilen, jammern, Sredfjeifen unb Eaden begleitete. Ungeftiim würbe
in ber Slnnafirdje alles mit (Gewalt erbrochen, ber Soben aufgeriffen, felbft bie
©ruft burcpfudjt, ebenfo in ben SBoljnräumen. SllleS würbe jerftreut unb geraubt.
StandjeS fcpleppte man auf ben ÜWarft unb trieb bamit fein (Gefpött. ©inen Siener
ber ißatreS, ber ihnen jufällig in ben Söeg lief, fragte man unter SDÜhhanblungen,
ob er wühte, wo ©acfjen oerftedt feien. Qnfolge ber Oitalen oerriet er, bah in
benachbarten Eäufern Kelche, eine Slnjaf)! ber beften Sücher unb ähnliches oerborgen
fei. SllleS würbe fogleid) geraubt. Son bem gefuchten Sßuloer aber fanb fich nicfjtS
üor. 9?un [türmte bie wütenbe ©dpar §um ©aloatorfolleg. Ser Offizier brang
mit ben ©olbaten unb bem rafenben ißöbel ins |jauS. Saut fdjrie man nad) ben
Qefuiten unb befonberS nad) bem ißater Sfteftor. Sie Qefuiten hielten ihre lepte ©tunbe
für gefommen; bie meiften eilten in bie EauSfapeHe, in bie 9?älje beS EodjaltarS,
wo baS Slllerheiligfte aufbewahrt würbe. SaS wütenbe (Gefcprei fdjien bie fiepere
92iebermepelung gu bropen. Ser Steftor Konrab 9teiping ging mit *wei patres in
ben (Gang hinunter. Sllsbalb würben fie umringt, einige auS ber 9J2enge fdjrieen:
©eht ba bie Serräter, bie uns unfere Kirchen unb unfere ißrebiger geraubt, ihre
Serbredjen füllen fie jept mit ihrem Kopfe fühnen; ©olbaten, madjt fie nieber. Ser
Offizier ging mit bem i]3ater Üteftor in ein Qimmer unb forberte ihn unter Sropungen
auf, einjugeftepen, was bie Qefuiten gegen bie Sürgerfdjaft im ©cf)ilbe geführt hätten.
Surch bie ruhige unb freunbliche Slntwort beS 9teftorS würbe ber Qorn beS |jaupt»
1 * Hist. coli. Augustani (greiburg i. ©d)tö.,
Kanton?'bibl.). *Sob. Keller? Cronica, ipo§
fid) 1632—1634 in Stuggburg ^getragen (9Mn=
cfjen, UniberfttätSbibl.). Kropf II 3 1 ff 1 28 ff
312 ff. 33 r a u n , ©efdj. be? Kollegium?' ber Se«
fuiten in 9lug?burg 57 ff.
2 33gl. ©tetten, ®efd). bon 9Iug?'purg II
189. 6? geigte fiel) nidjt bie geringfte ©pur.
2>ie fchwebifdje $eriobe: 9tot unb Selben in ber oberbeutfrfjeu fßroühts.
417
mattnS entwaffnet; er Bezeigte bem fßater SRettor fogar feine Hochachtung, benannt
it)m jeglidje fyurdjt. Qnjtntfd^en war bie Sötte ini 9tefeftor unb in bie ßinnner
eingebrungen, hatte alles, WaS if)t unter bie §änbe tarn, geraubt unb überall if)re
2öut auSgelaffen.
3ur 3eit, all bieS int Kolleg üor fiel) ging, verbreitete ftd) in ber ©tabt bas
©erücf)t, fämtlidje ^efuiten feien abgefd)ladjtet worben. Ser ©tabtpfleger HieronpmuS
Snt^of empfahl baS ßolleg bem ©dju^e beS ®ommanbanten. Siefer fanbte ben
Sla^major mit ©olbaten, weldjer baS Kolleg unb bie patres unter feinen ©cfjufc
nahm unb il)nen eine SBadje gab. Seim Serlaffen beS ®otlegS rief ber Offizier beut
wütenben fßöbel auf beutfef; 31t: „Qf)r Sürger feib ©Reimen. ©S ift Unfdjulb."
Sem Könige empfahl er nachher baS Kolleg unb bie ^3atre§.
Üiadjbem ber Äönig von ben ^ugefiigten llnbilbcn fö’unbe erhalten, fidjerte er
ihnen feinen ©dfufj unb ungeljinberte 21uSü6ung ihrer Serridjtungen ju, unter ber
Sebingung, bah fte nichts gegen ihn unternähmen. 21m 2lbenb besfelben SageS
taut nodj ber fßroüianttommiffär 9?ifomebeS Seitter, eitt 2lpoftat, in baS Kolleg unb
»erlangte für baS Säger auf ben folgenben Sag bie Sieferung »on 40000 Sfunb
Srot. Cb er bieS im 2luftrag beS Königs tat, lieh [ich nicht feftfteden; bie £yorbe«
rnng überfdjritt weit bie SeiftungSfähigfeit beS ®oHegS. 21m anbern ÜJJtorgen in
aller griihe war ber ®ommiffär wieber jur ©teile, brätigte, fcf)mäf)te bie patres
wegen ber Serjögerung unb oerlangte gleichfam als ©träfe nod; 60 ©imer SSein
unb 100 (Sinter Sier. 2IlleS bieS muffte woher immer int Serlauf einiger weniger
Sage hergefdfafft werben. ©0 wenig wie baS Kolleg fd^onte man bie Sefi^uttgen
ber ^efuiten. Qn ber Umgegenb »on 21ugSburg plitnberte unb oerwüftete baS fchwe-
bifdje Heer alles, ^n föiffingen raubten bie ©olbaten ©etreibe, baS Sieh ufw.,
mochte eS bem Kolleg ober ben Sädjtern gehören. Sitten ber fßädjter banben fie an
einen Saum, fdjnitten ihm bie Ohren Q& »»b überliehen il)tt bann hal^tot feinem
©djidfal.
21m 23. [24?] 2(pril ritt ©uftao 21bolf mit grobem ©efolge in 21ugSburg ein.
Sein Dieftor Seif)ing, ber ftd) bent $önig empfehlen wollte, würbe bie 21ubienj »ev
weigert. Ser ®önig reifte nad) jwei Sagen wieber ab, unb in ben lebten Sagen
beS 21pril würben bie $atf)oliten gegen baS Übereinfommen aus bem Senat auSgeftohen
unb bie ganje ©tabtüerwaltung oollftänbig in bie §änbe ber fßroteftanten gelegt.
Sont Solle wie 0011t Ä'leruS oerlangte man ben Sreueib gegen ben ßönig unb ben
neuen SJtagiftrat. 21m 5. 9Jiai würbe bent Sompropft bie formet oorgelegt. ^n
ber Seratung barüber ertlärten ber Settor beS Kollegs unb ber ÜJJtinifter SDZicfjaet
©peer, bah ®lerifer einen folgen ©tb nicht leiften bürften 1. SOZit 2luSnahme ber
Senebiftiner oou ©t Ulrich, bie an ber Seratung nicht teilnehmen tonnten. Oerweigerte
benn auch ber gefamte ißfarr« unb OrbenStleruS beit ©ib. SieS hatte Quälereien
oon feiten ber ©djweben jur fyolge. 21m 10. äftai muhten bie Qefuiten jur ©träfe
1 9?äf)ere SSegrünbung ber ülblehnuug in
*Hist. coli. Augastani 72 — 77. $er itächften
oberbeutfdien $roüinsialtongregation würben
folgenbe Dubia theologica oorgelegt: 2Ba§ ift
ben Kollegien, bie bem g-einb unterworfen firtb,
JU tun, wenn ihnen ber fchwebifdje Gib t»or=
gelegt wirb ? Ser Gib !ann oon ben llnfrigen
nicht gefeiftet merbeit, ba er in fidj fcfjledjt uitb
nichtig ; ein Gib fann nicht ein 93anb ber
©djlecfjtigfeit fein. Skr Gib forbert ülbfall öorn
Saifer unb ber rcdjtmäfjigen Dörigfeit in ben
tatholifdjen ©ebieten unb inbireft für $leru3
$uf)r, ©e(tf|tcl)te ber 3efuiten. II.
unb Orben ÜlbfaH oon ihren 93ifdjöfen unb
Obern. 3)enn bie Schweben unb ihre SBer* *
biinbeten gehen mit SBort unb Sat bnrauf au§,
bie fatholifchen dürften unb mit ihnen in bereit
©ebiet bie fatholifdje ffteligion ju Cernichten.
®aju fommt bay 93eifpiet be§ ®leru‘° unb ber
Orben oon 21ug§burg, bie mit fehr guten ©rüit=
beit geurteilt, fie tonnten mit gutem ©emiffen
ben Gib nicht leiften. $e§halb ift e§ nicht
nötig, unfere fOteinung mit weiteren 23eweifen
ju erhärten. Sie Sluffdjrift oon ber §anb go=
rer§. * Original 91t. Sb. ©en.«9tegiftr. 1258 14.
27
418
Eed)fte§ Kapitel. Kriegin ot.
3000 ©ulbeit erlegen. Sie Summe mürbe, ba im Kolleg lein ©elb üorfjanben mar,
teils burd} Sntleifjen teils burd) Scheidungen non feiten fatfjoliftfjer Bürger auf»
gebracht. Sie Bezahlung befriebigte OjrenftJerna fo, baff er ben ^efuiten am 28. 9Jki
1032 einen Sdjußbrief gegen meitere Belüftigungen auSftellte. Qn bem Scfjutjbrief fjeifd
eS: Sollen gemelte |)errn Qefuiten in ifjr fönigl. SJfatyft Seootion, @el}orfam, Scfju^ unb
Sdjirm auf» unb angenommen, bei ooriger Beligion, Dignitäten, Offizen unb ©ütern
gelaffen unb barbei geljanb^abt mie aud) oor Beftrafung, Baub unb @£action eufferftS
OermögenS gefd)üf3t unb gefdjirmet merben l. Sroßbem mürben bie ben ^efuiten in
91ugSburg ge^örenben Raufer mit Befdjlag belegt unb bei ber ©roberitng oon grieb»
berg auci) bie Raufer ber $efuiten eingeäfdjert (16. Quli 1632).
Sem Kolleg mürbe öoit 0;renftjerna eine monatlidje 21bgabe oon 260 ©ulbeit
auferlegt. 9lu§erbent muffte eS gefjn Offizieren famt beren Gebienten unb ^ßferben
Ouartier geben. Dieun Söodjett lang Rauften fie barin, bis nichts mehr ba mar.
211S fie fort maren, mürben 100 fyufffolbaten einquartiert. 21m 12. Quli (1632)
mürbe ber Befel)! erlaffen, bie Schüler ber Qefuiten füllten fich innerhalb jmeier Sage
aus ber Stabt entfernen. Bis bal)in hatte man bie Sdjule fortgefeßt. SÖieberljolt
mürbe ber Beftor 9teif)ing mit anbern ©eiftlidjen unb 9tatSl)erren in 21rreft gebracht2,
^nzmifc^en taudjte aud) mieber bie gäbe! auf, bie Qefuiten hätten Schüße üerftedt
ober oergraben. SaS Kolleg mürbe barum beS öfteren bis zum letzten Söinfel burd)»
fudjt. @S mar nichts ju finben als 9?ot.
211S bie oon Ogenftjerna ins fö'olleg gefanbten Solbaten bafelbft fdjoit ben fünften
Sag if)r llnmefen trieben, ridjtete ber Beftor am 1. Januar 1633 an ben Äomman»
banten ein Schreiben unb feßte biefem „ben febjr leibigen unb f)od)betrübten Stanb"
beS Kollegs auSeinanber: „So ift aber bennod) unfere immermäfyrenbe BetrübnuS unb
Srangfal fo groß unb iiberfcfirecflicf), baß icf) nit fann umgeben, igSj. abermalen
aufs allerinftäubigfte zu fupplicieren, aud} aus bemütiger Buoerficßt unfere 9?ot ferner
ju Hagen. Sintemal nunmehr heut ber fünfte Sag, baff bie fetjr große Ungeftümigfeit
ber Solbaten, fo in unfer Kolleg auf 53efef)l ifjrer Sjcellenz £>errn Ojenftjern ein»
gefallen, unabläffig continuieret, rneldje uns nit allein ohne Unterlaß bei Sag unb
bei Bacfjt große Ungebühr, ©efaßr SeibS unb SebenS unb alle Überlaft zumeffen,
fonbern aud) mit öffentlichem, gemalttätigem fßlünbern, uuS an noch reftierenben
SBiltualien unb anbern SupellectilibuS fdjou meßr als mir [mir] fdjulbig unb über
taufenb ©ulben Sdjaben zugefügt haben. Surd} meldjen bann fo unerhörten Bro3eß,
mann er alfo continuieren folle, mir notmenbig mit äußerfter ©emalt batjin ge»
brungen merben, baß mir entroeberS baS Kollegium oerlaffen ober barinnen mit
gegenmärtiger ©efaßr SeibS unb SebenS, eS fei gleid} burch junger unb Kummer
ober burd) ^reüel ber Solbaten enblicf) umS Sebeit fomrnen müffen ..." Sie
müßten feinen ©runb zu fold)er BebrängniS. Sollte bieS bie fatfjolifdje Beligioit
fein, fo mollten fie barum „nit allein ben SBerluft unfereS notmenbigen Unterhaltes
mit greuben erbulben, fonbern aud} Seib unb Seben für beren BefenntniS barzue
ftreden". Sollte „aber ein anbereS Berbredjett Oorhanben, fo bitten mir, man molle
unS fold)eS via competenti oor 21ugen legen". Sie mollten bann auS unfer „oor
©ott bemufjter Unfdjulb" „mit unerfchrodenem Kerzen" 21ntmort geben3. 211S 2lnt»
mort erfolgte neue Belüftigung.
Oj-enftferna fanbte 40 Solbaten inS Kolleg. 9iad}bem biefe bie ganze 9£ad)t
gezed}t, folgten am anbern Sag anbere, bie mit gleicher ^ügellofigfeit häuften. Sa
bie Solbaten, bie am britten Sag famen, nichts mehr oorfanben, zertrümmerten fie
1 * Kopie iit Hist. coli. Augustani. 3 Kopie in * Hist. coli. Augustani 84 f.
2 33 r a u n a. a. D. 57.
'Sie fcf)trebifd)c ißcriobe: 9?ot unb Seibeu in ber oberbeutfd)en Sßroüinj.
419
faft aUe§ |)au§gerät im SSerte »cm ungefähr taufenb Xatern. 55ie bereit» begonnene
ißtünberung unb ©djänbung in ber Kirdje öerljinberte ein Offizier. 5>ie fßtünbe»
rung be§ gangen §aufeg bauerte fort. Qn ber grütje beg folgenben ÜDtorgeng — e§
mar Freitag — lief? ber Ijalbbetrunfenc Offizier ber SBacfje brei ^efuiten Ijoleit
unb befafjl ihnen, gteifd) ju effett. ®ie ißatreg meigerten fid) entfliehen, ©r bro£)te,
fie gu erftedjen. 9Zur mit ÜDtiihe tonnte ber Srunfenbolb oom 3tu£serften abgefjatten
roerben. ©in 23rnber mürbe oon ben ©otbaten miffhanbett. 2tm fünften Sage
fdjicfte Oyenftjerna Offiziere, metdje fämttidje 3efu*ten ©efängnig abfütjren, in
betten legen unb mit Slugpeitfdjung bro^en füllten, menn bie oerlangte Kontribution
nicf)t erlegt merbe. ®ie Offiziere liefen mieberunt peiitlid) bag §au§ burdjfuchen.
©ie motlten bie golbenen unb filbernen ©egenftänbe in ber Kirdje abmägen taffen.
®ie faft fämttidj ^ötjernen ©eräte mtb bie Strmut, bie feist erft recht ju Xage trat,
befdfämten bie Offiziere unb führten eine etmag menfd^lidjere ©efinnuttg gegen bie
Sefuiten herbei. ©0 tief; man ben ^efuiten einige SBodjeit fRufje.
Sind) in ber größten 9?ot, atg bie Qefuiten auf alle mögliche SBeife im
Kotleg oon ben ©djmeben betäftigt mürben, oertieffen bie fßatreg bag Vott nicht,
ba§ mit erhöhtem ©ifer gu bereu ^Srebigten unb 33eicf)tftüE)ien ftrömte. 2öiemot)t
bem ©pott unb fetbft manchmal ber Sebenggefalfr auggefefjt, menn fie bag Kolleg
oertieffen, befucfjten fie bod) bie Krönten unb hatten ftetg mie gemöhntid) bie
ißrebigten unb hörten bie Veidften1. ÜDafiir tonnte fie bie aufricf)tigfte Xeitnatjme
ber fatfiofifcljen Veoötferung. ©eifttidje unb Saiett, Qrbengfterug unb 2Betttteru§,
Strme unb 9ieid)e fpenbeten 9M)runggmittet. Vefonberg geicffneten ficf) bie Qrbeng«
teute aug. SJfänner aug bem Votfe, bie faunt fetbft gu teben Ratten, teilten oon
i^rem Wenigen ben Qefuiten mit. ®aburd) mürbe ben ^efuiten ihre Sage fo
oerfüfft, bafj fie freubig ihr f)arte§ Sog trugen. 9Zad) Verlauf einiger 2Sod)en
begannen bann mieber bie Quälereien. ®a im Kotteg nidftg mehr gu rauben
mar, fdfidte O^enftferna eine Veiterabteitung nad) Kiffingen; biefe fdjteppten brei
ißädjter unb ben fßfarrer in§ ©efängnig, um fie fo lange gu quälen, big bie
Qefuiten bag geforberte Söfegelb bega^tt hätten, ©etb hatten bie patres nicht; aber
ba fie bie $äd)ter nicht iljretroegen gequält feheit mottten, oerfieten fie auf einen
Stugmeg. ©ie boten toftbare ©obeting, bie fid) in ber Kirche befanbeit, atg Söfegetb
an. Qbmofjt Qj:enftferna biefe annahm unb oerfprad), bag Kotteg in 3utunft nicht
mehr gu betätigen, mürben bie Vaitern nod) mehrere Xage miffhanbett, unb ber
Pfarrer muffte nod) 100 £ater ertegen. ®ann fchidte Djenftjerna in bag Kotteg
mieber 150 ©otbaten nebft SSeibent unb ÜDZügben, metche, ba eg Söinter mar, bie
©dfutbänfe atg ^eijmateriat benähten. ®ie Kotteggräume maren in furger ßeit oon
neuem oermüftet.
Unter nieten Quälereien ging fo ber gange Söinter unb ber Frühling fym,
big Qpenftjerna am 17. SOZai (1633) ben SSett» unb Qrben§fteru§ mieberunt gu
bem in ben fdjärfftett ^Sorten gefaxten Sreueib gegen ©chmeben unb feine 9Ser-
bünbeten aufforberte unb bagu faft genau biefetbe formet mie im ^afjr guoor oor-
tegte2. 93ei ber furgen Beratung, gu metcher ber 55ompropft ben Kteru§ gufammen-
rief, lehnten alte einftimmig ben ©ib at§ unoereinbar mit ber fathotifd)en SZetigion
ab unb jogen bie angebrotjte Verbannung oor. 3roä Sage nachher, am 19. ÜDZai,
gegen bie ^efuiten, 14 au ber 3af)t, mit bem übrigen Qrben§= unb SBettfterug3
unter bem 2Bef)ftagen ber fathotifdjen Veoötferung, bie big giriert ihre Vei^tftiihte
1 *G£>b. 82. 2 Formel bei Kropf II 134.
3 maren gegen 80 0rben3(ente unb eben=
foüicle SBeltpriefter. $ie SSenebiftiner oon
<St Ufricf), metche unter beftimmten SSebinguttgeu
bie 6ibe§formcl angenommen, blieben allein
äuriid.
27*
420
©ed)fte§ Sapitel. ftrieggnot.
umbrängt hatte, nadj SanbSberg ab. ®ie ©chtüffet beS ftottegS, bie ber 9Mtor
bem proteftantifdjen ©tabtpfteger QeremiaS ©tenglin fjatte übergeben motten, nahm
biefer nidjt an, tierfprad) aber, baS Kolleg unter feine Obtjut 31t nehmen.
SDie Qefuiten blieben jirei Qaljre aus SfugSburg tierbannt. SSäfyrenb biefer
$eit mürbe baS Kolleg adjt Monate lang tion ben Venebiftinern tion ©t Utricf) be=
mofjnt, bie man aus ifjrem ßtofter tiertrieben Ijatte. Siadjbem bie ©tabt tion ben
faiferlidjen Gruppen belagert unb burd) SluSfjungerung mieber eingenommen mar,
jogeit and) bie ^efuiten am 1. Stprit 1635, am ^almfonntag, mieber iuS Kollegium
ein. ©S maren anfangs nur fünf; mefjr tief} ber armfelige 3uf^ailb be§ $ottegS,
baS über unb über mit ©djmup befubelt mar, nidjt ju. ©rft attmätjtidj fonnte bie
$aht mieber auf elf gebracht merben. SBieber mar eS ein flügger, ber Statthalter
©raf Otto §einridj flügger, ber über bie größten üiöten ber erften geit hinmegtjatf.
SDie Arbeiten ber ©efetlfdjaft mürben mit frifc^em 9Jtut mieber aufgenommen, gteidj
in ber erften geit bie ^rebigten im ®om, in ©t 3J?ori| unb ©t Stnna; im SJfai
tonnten aud) bie ©djuten, freitid) nur in fef)r befdjränftem Stoffe, mieber eröffnet
merben 1.
©Übelheiten über baS ©djidfat ber Qefuiten in Stiindjen unb ©berSberg
im ^afjre 1632 enthält eine hanbfchriftlicf)e Epliemeris Boio-Suecica, bie j ebenfalls
tion einem ber beteiligten ^efuiten berührt2.
2)ie Stadjridjt tiom ©ieg ber ©djmeben bei Dtain (15. Stprit 1632) tarn erft
in ber SZadjt tiom 16. auf beit 17. Stprit nadj Stündjen. 2)a bie Unfrigen fdjon
fdjtiefen, eilten ^reunbe jum £otteg unb metbeten bem Steftor, bie fyeinbe riicften
in ©itmärfd)en gegen SZiindjen tior unb tonnten fidbier in 2 — 3 ©tunben fdjon h^r
fein. SZan medte atsbatb noch einige patres, fdjidte einen berfetben jum $ßräfi>
benten beS |mfrateS, Qolj. CSfjriftoph ö. ^ßretjfing, in beffen £>anb 31t biefer $eit bie
oberfte Vermattung ber ©tabt rufjte. £>a biefer ben 9tat gab, eS fei oietteicht gut,
für ben galt, bah man nodj einige aus ber ©tabt fortfcfjiden mottte, bieS mögtichft
batb 311 tun, mürben atte gemedt unb itjnen bie brohenbe ©efatjr, auch für uns, ba
mir bem geinb befonberS Oerfjafjt feien, befannt gegeben; ohne gmeifet mürbe man
unS am roenigften fdjonen. Sarum fottten fidj atte auf baS Stufjerfte gefaxt machen
unb mit SZut atXeS für ©ott unb baS Vatertanb ertragen, maS ©otteS Vorfehung
fenbett möge. £)ieS maren ungefähr bie Söorte beS P. SZeftor. ©teidj beim SZorgem
grauen boten ficfj bie meiften 311m Verbleiben in SZiindjen an; fie feien bereit, feg*
ticfjeS Ungemadj, baS etma ber gute gefuS gutaffen möchte, 3u ertragen. ©S fonnte
inbeffen nidjt bem Verfangen aller entfprodjen merben, ba bie $aht ber SZitbrüber
im fö'otteg basumat 3U grojf mar. $arum mürben 36 aus ben SßatreS, ©djotaftifern
unb Vrübern, befonberS fotche, bereu ©ienftteiftungen man in biefer fritifc^en Sage
für ©tabt unb Kolleg meniger 3U benötigen fdjien, anberSmohin gefchidt; barunter
maren nidjt menige, bie ben Obern inftänbig gebeten hatten, bteiben 3U bürfeit.
Stuwer biefen (36) reiften nodj fedjS im ©efotge beS £>ofeS ab.
ÜJZidjtSbeftomeniger tierbtieben im ß'otteg bis 3m- Slnfunft beS ©djmebenfönigS nodj
40, nämtidj 22 ^riefter, 1 Stagifter unb 17 Vrüber. Sttten biefen ftettte ber Obere
nadj bem SZittageffen (17. Stprit) nodjmatS bie SBatjt anheim, entmeber beigeiten SZiindjeit
3u tiertaffen ober aber ben geinb mit alten Vebrängniffen absumarten. Stile entfdjieben
fidj für baS letztere unb bereiteten fidj bei bem ©djreden, ben bie Slnfunft ber ©djmeben
1 ®ie offijiette (Sröffrmncj faitb am 2. 9to= que ad urbem a Suecis captam, ac deinceps
bember ftatt. 93 raun a. a. 0. 63. ad usque finem anni in Epp. ad Bus. 9$gt.
2 * Ephemeris Boio-Suecica seu Acta Cot- K r o p f II 59.
legii Monacensis a IY. Aprilis anni 1632 us-
Sic fctjwcbifdjc ißeriobe: 9tot unb Seibeit in ber oberbeutfcben iprooinj.
421
fjerüorrief, burd) Söerfe ber fjrömtrtigf'eit auf bie etma beöorftehenben Unbilben oor.
Ser Slufforberung beS HönigS entfprecfjenb mürbe ÜUfündjen übergeben, ba bie ©tabt
mit Militär, ißrooiant unb SBaffen faft gar nidjt oerforgt roar, ein Hampf gegen
beit überlegenen $einb alfo nutzlos fcfjien unb ber Honig erführt f)atte, im f^alle beS
SöiberftanbeS tnerbe er bie ©tabt gerftören, bei freier Übergabe aber fronen. 21m
16. SO^ai 1632 liefe ber ^öuig feine Struppen einrücfeit, beit eingelnen OrbenSljäufern
unb ben ©eiftlidjen mürben befonbere SBacfjen gum ©djufe gegen bie ©olbaten ge¬
geben. ünfer Kolleg mürbe einem öornefjmen fatholifcfeen fjrangofen anüertraut, ber
unS in berfdjiebenen ©djmierigfeiten unb ©efaferen oorgüglid)en Beiftanb unb ©cf)u£
gemährte. 21m 17. S0?ai traf furg oor Mittag ber Honig felbft ein. 21n biefem
unb an ben folgenbeit Sagen befugten oiele geinbe jebeS ©tanbeS unb StangeS
unfere Hirdje unb unfer Holleg. Ser Honig felbft beficfjtigte gmar nicpt baS Holleg,
fonbern blofe bie Hirdje. 21m britten Sage nacf) feiner 2Infunft ftieg er oor unferer
Hircfje oom ^5ferbe — er ritt gerabe gu einer Sruppenbefidjtigung — unb betrat
unerroartet bie Hirdje in Begleitung beS ^Sfalggrafen f^riebricf) unb anberer popett
sperren. ®r fdjritt bis gum Sfjor oor, betrachtete alles genau, unb gmar ftetS un»
bebedten §aupteS. Ser Sieftor beS HolIegS, bem bie 2lnmefenheit beS HönigS ge-
melbet mürbe, erfdjien fcfinell unb rief aud) nod) anbere patres her&ei- ®er Honig
intereffierte fiep für alles unb liefe fiep alles erflären, and) über ben HultuS [teilte
er oiele fragen. @r liefe feine ©emütsbemegung bemerfen, nur Silit) giep er im
2lrger ber Sferannei 1.
2öir müffen ©ott banfen, bafe er uns immer befcfeüfet pat unb mir ofene ©tö-
rung mie fonft unfern geiftlicben Verrichtungen nachfomnten burften. 2Bir fonnten
in ber ©tabt bie Hranfen befudjen unb ben ©terbenben beifteljen unb in unferer
Hircfje prebigen unb Beicht hören. 2öir munbern uns aud) barüber, bafe nur mährenb
ber anberthalb SJlonate, bie feit bem (peranrüden unb bem Bermeileit beS geinbeS
in ber ©tabt oerftriefeen, über 30000 beut Sifd) beS §errn fiep nahten; ja mir be¬
mühten uns, mährenb biefer ,Qeit ben ©otteSbienft noch feierlicher abguhalteit als
gemöljnlid). Sabei mar meiftenS oiel fchmebifcpeS Militär gugegen ; man nal)tn bei
ben ©olbaten feine Beradjtung unb Unehrerbietigfeit mahr; fie bemunberten oiel-
mefer bie fßradjt beS röntifdjen ©ottesbienfteS.
Bon Belüftigungen h oben unS gmei befonberS part getroffen. ßuerft mufeten
mir alle ©egenftäube aus ©über in Holleg unb Hirche, im SBerte oon einigen taufenb
glor. gum Söfegelb für bie ©tabt herSe6en- ©obann mürben mir, maS unS noch
fdjmerer fiel, gegmungen, feeps ißatreS als ©eifein gu [teilen, bie nach 21ug§burg
abgeführt merben füllten. 21nfangS, am 5. 3un6 »erlangte man aus ben Unfrigen
nur brei, mährenb man üon ben anbertt OrbenSfamilien nur je gmei begehrte.
Siamentlid) mürbe oon ben ©efemeben geforbert ber P. Sieftor, P. (pieronfemuS Srejrel2
1 Sie ©teile über Silit) (bie bei Saug, ©e=
fdjidjte ber Sefuitett in S3aiern [1819] 138 un¬
richtig wicbergegeben ift) lautet nad) ber Eplie-
raeris Boio-Suecica wörtlich : Quasi ex abrupto
de Tyllio coepit (Rex) anquirere: Num et
pro illo fuissemus operati? Haud quaquam
se dubitare, retulit noster, quin ld a plurimis
fuerit iam factitatum. Pergit is : An et Tn,
inquiens, pro eodem sacrificasti ? Abnuente
ingenue Nostro , ecquare auteni illud ipse
intermisisset percontabatur. Cui iste : tum
quia ad hoc usque tempus aliunde obstringebar
ad nimis rnultas missas faciendas, quas nec-
dum omnes persolvi, tum vel eo potissimum,
quod rebar, Dominum Tyllium meis hisce
sacrificiis haud admodum egere. Contra ille :
Ubinam itaque locorum eum esse autumaret?
Reddidit Noster: Nemini quidem id notum
esse posse nisi cui manifestetur divinitus, se
vero sperare illum esse in coelo, quippe cum
vir fuerit pius in paucis Deoque impense ad-
dictus. His commoveri pauxillum Rex visus,
in modum stomachantis Fuit Tyrannus re-
gerebat.
2 Srejrel weilte, wie e§ an einer anbent
©teile ber Ephemeris fjcijjt, bei ber Äurfürftin
in ©af^burg.
422
©ed)jie§ ftapitel. ÄriegSnot.
unb P. SInbreag Brunner. Sie beiben erften mürben burd) Slugwärtige loggebeten.
2tn itjrer ©teile boten ficf) freiwillig an P. Slbam Sdjifferlc, ber SJiinifter beg föollegg,
unb P. ©priftopl) SBibmann. Söäprenb biefe nun nod) am SIbenb unb ben gangen
folgenbett Sag ficf) jebe Biinute gunt Slbmarfd) bereit gelten, erfdjien unerwartet am
6. $uni ber föönig oon Sluggburg fjer in Begleitung oon Seibtrabanten. Seg anberit
SBorgeng in aller ffrüfje lief) ber föönig bem fHeftor melben, er befehle, baf) man ifjm
boppeft fo biet ©eifein, alg er bigfjer berlangt pabe, fteHe, unb gwar müßten ade in
einer Ijalbeu Stunbe bereit fein gurn Slbmarfd) mit bem £>eer. Soweit eg bie ®ürge ber
3eit erlaubte, fjielt man eine Beratung unb wählte gu ben anbern afg Seibenggefäprten
P. Qofyanneg Sang, P. Qioadjim ©ottparb unb P. C£f)riftop^ ©leglin. ©g erging ber
Befefjf, fämtlidje ©eifein follten ficf) am Kolleg berfammeln. ©g waren 42. Unter
ipnen befanben ficf) aufjer 20 augefepeneit Bürgern unb bem Pfarrer ber grauen»
firdje 15 anbere Orbengleute, nämlidj 1 Sluguftiner»ßI)ort)err aug gnbergborf, 2 ©ifter»
cienfer aug giirfteufelb, je 4 Sluguftiner»@remiten, ®apuginer unb grangigfaner. Bad)»
bem bie ©eifein forgfältig gegäljtt waren, würben fie auf SBagen gefegt, unb wir
patten am 7. guni bag traurige Sdjaufpiel angufepen, wie bie teuren Unterpfänber
aug bem föolleg unb ber Stabt weggefüprt würben. Sie felbft wußten nidjt wopin.
Bei iprer Slnfunft in Sluggburg würben fie oon bem lutperifcpen ^Söbel mit £>opn
unb Spott empfangen. Senn fdjon üorper war in ber Stabt bag ©erebe oerbreitet
worben, eg würben gefuitett gefeffelt eingebracf)t, bie in SBüncpen bem ©eneral Bane'r
nacp bem Seben getrachtet unb aud) ben ®önig felbft mit ©ift umgubringen gefugt
hätten. Siefeg ©erüdjt laut baper, bafj berjenige, ber angeblicp pier ben ©eneral
Bane'r erboldjen wollte, am redjten Slrnt gefeffelt, auf bemfelben SSagett mit ben
Sluguftinern uad) Sluggburg gebradjt würbe. Sie Berwegenpeit biefeg ÜBeufcpen
üerfepte aud) ung pier im §aufe in große SIngfte. ÜBan gab ipn nämlidj für
unfern Schüler aug. SBäre bieg ber gaff gewefen, fo fonuteu wir mit Bedjt fürsten,
er würbe, entweber burd) ©elb ober Sropungen gebrängt, behaupten, er fei oon
feinen Seprent bagu angeftiftet worben.
Sllg fpäter (nadj SBitte Oltober) ber fdjwebifdje gelbperr, ißfalggraf 0. Birten»
felb, gegen SBüncpen peranrüdte unb bropte, bie Stabt gleich SBagbeburg gu ger»
ftören, wäprenb fie Weber hinlänglich mit Solbaten oerfepen nod) gegen Singriffe
hinreichenb befeftigt war, ba wollten aud) bie Orbengleute in biefer peiitoollen Sage
ber Stabt hilfreiche Sienfte leiften. Stuf unfern Bat richteten bie Obern ber SUöfter
ein gemeinfameg Sdjreiben an ben ÜBagiftrat unb boten ihm ihre unb ihrer Unter»
gebenen £ilfe, Slrbeiten unb bag Seben an, fei eg gur fcpnelleren BoHeitbung ber
fürglidj begonnenen Befeftigunggwerte, fei eg gur Übernapme ber Söadjtpoften an
Stelle ber Solbaten, fei eg gur Slbwepr Oon feinblichen Singriffen. Sie baten über»
bieg wieberpolt bringenb, mau möge ihre, wenn aud) nur geringe |)ilfe, wenn
fie irgenb oon Bu^en fein tonnte, nidjt üerfcpmäpen nodj aud) ihrer fcponen. Siefe
Baterlanbgtiebe ber Orbengleute gefiel unb trug üiel gur -fpebung beg SButeg ber
Stabtbewopner bei.
Sag ®Iofter ©bergberg, bie eingige mit allem gut üerfeljene Borratgfammer
für bag SBündjener Kolleg, war beim £)erannapen ber Scpwcben außer oon fiebett
fönedjten oon 26 ißrieftern bewohnt. Siefelben würben bamalg an oerfd)iebeite Orte
weggefdjidt, unb eg blieben nur meljr wenige gurüd. Siefe tonnten aber nid)t Oer»
pinberu, baß man bag Älofter big auf ben ©ruub augraubte. SInfangg ftellte fidj
eine große ßapl ber umwopnenben Bauern ein, wie man glaubte, gu unferer Ber»
teibigung. Unter biefem Borwanbe raubten fie aber einen großen Seil ber Borräte
unb bieg fieben Sage lang, bagit nod) unter roI)en Sdjmäpuugen. Stuf biefeg Baub»
gefinbel folgten am fiebten Sage einige SIbteilungen baßrifcper Beiter unb Kroaten.
Sie fdjtoebiidje $eriobe: 9tot ltnb Seiben in ber oberbeutidjen iprooins.
423
Siefe ade mußten n?ir breigepn Sage lang auf unfere Soften ernähren. Surcp i^re
päufigen Slngrtffe auf ben bereits anriidenben $einb, mobei letzterem bismeilen be«
beutenber Scpabett gugefiigt tuurbe, reiften fie benfelben, fo bap er mit Übermacfjt
gegen GrberSberg Oorging. Unfere Gruppen mupten nadj gropen Serluften meidjen
unb brachten (SberSberg in bie äuperfte ©efapr. Sie ©djmeben befepten baSfebe am
1. 3>uni, raubten an SebenSniitteln unb ©erätfcpaften, fooiel fie fonnten, unb fcpleppten
alles fort; bagu m oUten fie nocp baS leere ©ebäube unb bie Sadjbarpäufer oer*
brennen, toenn nidjt ber plöplidje Slbmarfdj ober bie 21uSficpt auf Südfepr fie baran
gepinbert patte. SCBaS bei beut Saube unb ber ißliinberung beut fyeiube entging,
baS polten treulofe Sadjbarn nadj, bie mie Raupen unb §eufcpreden pauften. So
blieb oon bem japlreidpen Siep nidjt eine fö'laue, oon ben Setten nicpt ein geberdjen,
Oon mepreren punbert ©cpeffeln ©etrcibe jeglicper Slrt nidjt ein Äörndjen, oon
taufenb unb einigen punbert @imern Sier nicpt ein Sröpfdjen, enblicp oon bem ge»
famten, nidjt geringen ^auSgeräte, nidjt einmal ein pölgerner Söffe! übrig. (SberS«
berg fap fo aus, als ob eS feit mepreren ^apren oon feinem ÜDtoifcpen mepr be*
mopnt toorben märe. Unfer (Sefdjid ift nodj pärter, meil ein fcplauer ©djmebe bie
nicpt gerabe geringe Summe, bie mir oerborgen unb mornit ben gemitteten Ser*
pältniffen oon (SberSberg ein menig patte aufgepolfen merben fönnen, auffpürte unb
gugleidj mit einem großen Seil ber mertooHeren Südjer unb mit bem Scpap unferer
ftircpe gu ©berSberg mie ber unferer Obforge anoertrauten benadjbarten föircpen
raubte. (Sbenfo oernidjteten unb oerbrannten bie ©djmebeit in iprer SSut bie anbern
gum $lofter (SberSberg gepörenbeit ©djeunen unb @üter. Sie ^ßädjter finb baburdj
in folcpe 9iot geraten, bap man oon ipnen ben ^acptginS nicpt ermarten barf. 3WeS
gufammengefapt iiberfteigt mopl ber ©cpaben, ben baS Kolleg erlitten, 30000 glor.
SaS gröpte Uuglüd aber, baS bem Kolleg burdj bie ©djmeben gugefügt mürbe,
mar bie Slbfüprung oon gmei patres in bie ©efangenfcpaft unb bie unmenfdjlicpe
Diiebermepelung eines trefflidjen SaienbruberS. Ser P. ÜUtinifter QopanneS £)ider unb
P. Gtjprian SRanicor, bie auf ben SSitlen ber Obern pin fiep oon (SberSberg meg an
einen nidjt meit entlegenen Ort begeben patten, feprten halb barauf gitriid, um bie
peilige ÜDfeffe gu lefen unb Seidjt gu pören. 3(it eben jenem unpeiloolleit 1. ^uni
(eS mar ^fingftbienStag) mürben fie oon ben ©cpmeben gefangen genommen, in
betten gelegt unb fo als lebenbige Seute aus bem auSgeplünberten SberSberg burdj
oerfepiebene ©täbte unb Sörfer gefdjleppt, roobei fie auper junger, Surft unb Um
raetter, auper Spott unb .fpopu audj nodj unflätige ©djmäpreben über fidj ergepen
laffen mupten, unb bieS auS §ap gegen bie fatpolifdje Seligion unb megeit iprer
ßugepörigfeit gur ©efellfdjaft, bie man in gepäffiger ÜBeife als bie Urpeberin alles
SlenbeS oerfeprie. SllS übrigens ber Sittmeifter, beffen ©efangene bie beiben ^Sriefter
maren, erfupr, fie feien in Seuburg befannt, fdjidte er fie, um befto fcpneUer ein
Söfegelb gu erpreffen, unter militärifdjer Sebedung bapin. @S gelang bem Pfleger
oon Seuburg unb bem Seftor beS ftolIegS, bie grope Summe, melcpe man forberte,
auf 200 Saler perabguminbern. So mürben bie beiben (befangenen mieber loS»
gefauft. 9JUt bem Sritten, bem TSjäprigen Saienbruber SlafiuS ©djoelling (Stelling),
oerfupr man graufanier. Stile, bie ipn fannten, pielten ipn für baS ÜDtufter eines
SaienbruberS. Sacpbem berfelbe 27 ^apre lang meiftenteilS in SberSberg eifrig bie
Ofonomie beforgt patte, pel er auf feinem Sßoften in ©berSberg ber (braitfamfeit
ber Solbaten gum Opfer. Sie ©djmeben oerlangten oon bem Sruber, er folle ipnen
Oerraten, mo bie ^irdjenfdjäpe oergraben feien. Ser Sruber oermeigerte bieS.
Saraufpin riffen ipm bie Solbaten bie Kleiber oom Seibe, banben ipn an einen
s4>fapl, legten einen Strid um feinen &opf unb gogen biefen burdj ein eingefcpobeneS
©tiid §o(g fo an, bap bie 51ugen peranStraten unb ber Sdjäbel gu gerfpringen
424
©edjfted Safntel. ÄriegSnot.
brofjte 1. SDer 33ruber blieb ftanbfjaft. $n ber entfejsfidjen Oual waren feine einzigen
SSorte: „^efuS, iJJIaria." Ungebulbig unb ergrimmt jog fcfjliefjlidj einer ber Reiniger
feinen (Säbel unb f)ieb ©trief unb ®opf jugleicf) entjwei, fo baff baS ©eljirn empor»
fpritjte. ©elbft an bem Seidjnam liefen fie nod) ifjre Sßut auS: fie ftürjten ifjn in
eine ©rube unb warfen SDünger barauf2.
Oludj baS jum ^ngolftäbter Kolleg gefjörenbe idlofter 03 i b u r g würbe nidjt oer-
fdjont. Olm 2. iÖIai (1(532) brangen einige Raufen Dragoner in baS Älofter, oor
allem in baS 03raufjauS, um bie Raffer ju leeren. SHofterfircfje unb ©afriftei bienten
al§ ©efjenfe. 03eim SDurcfjfudjen beS fpaufeS fanben bie ©olbaten in einem ^iwmer
einen ^efuiten, ben ©cfjolaftifer OJIattfjiaS Oöibmann, ber infolge erblicher 03elaftung
unb Übereifers in ben ©tubien irrfinnig geworben unb feit langem in 03iburg unter-
gebracht war. 03ei ber Olttnäfjerung beS fJeinbeS wollten ifpt bie übrigen Qefuiten
mit auf bie fylucfjt nehmen, boef) war er nidjt jum SKitgefjen ju bewegen; man
nutzte if}n feinem ©djidfale überlaffen. @o fiel er ben ©djweben in bie .fpänbe.
©ie riffen iljn aus bem 03ette, unb als fie merften, baff fie eS mit einem ^rrfinnigen
5U tun hatten, trieben fie in barbarifdjer OBeife mit ifjnt ihren ©pott unb 9Jiut willen
unb oerfepten iljn baburefj in OBut. ©r padte jwei feiner Reiniger unb fjätte fie übel
jugeridjtet, wenn ihnen niefjt anbere gu ^itfe gefommen waren. SDie Barbaren fannten
nun gegen ben armen Oiarren feine ©djonung mehr, warfen ifjn ju 03oben, riffen
i^nt bie Kleiber oom Seibe, fdjuitten non ben ©cfjultern bis jur ©oljle jwei ©treifen
üon brei ginger 93veite aitS ber lebenbigen §aut, burdjftacfjen ifjn mit ihren ©äbeln.
9iod) lebenb warfen fie ifjn inS Reiter. üftadjbem fie baS (pauS gepliinbert, legten
fie Reiter an baS ©ebiiube, baS mit SluSnafjmc ber Äircfje unb eines Sturmes
nieberbrannte3.
SSeoor wir ffPcündjen oerlaffen, miiffen wir nod) einen 031id auf baS ©c^icffal
ber ©eifein werfen, welcfje baS Kolleg fjatte [teilen miiffen. OBir befipen barüber
einen ausführlichen 03eridjt auS ber geber beS P. OfnbreaS 03runner, ber ja alles
felbft miterlebt4.
9?acf) ber Ofnfunft in OlugSburg würben bie ©eifein anfangs in enger £>aft
gehalten; bann aber geftattete man ben OrbenSleuten auf bie eiblidje 03erpflidjtung
hin, bafj fiel) feiner bie greifjeit üerfdjaffen unb einer für alle unb alle für einen
Ijaften wollten, in ben ^löftern ihrer OrbenSangefjörigen gu wohnen. SDodj würbe biefe
OSergünftigung balb wieber gurüdgejogen. OBeil baS Söfegelb nicht befahlt würbe,
begann man nach faum adjt Stagen bie ©eifein nicht mehr als ©eifein, fonbern als
©efangene ju behanbelit. Olm 16. guni bradjte mau alle unter bem ©efpötte beS
Röbels in ein §auS, baS in ©ile eigens jum ©efängniS hergericf>tet war. Sldfjt
SDJann bewadjten ftetS bie Stüren. gn raffinierter OBeife ging man barauf auS, ihre
©ebulb auf bie ißrobe ju ftellen, unb bieS befonberS, nacfjbem eine 03ürgerWacf)e an
©teile ber fönigfidjen OBadje getreten war. SDie Seiben, bie wir in ber engen (paft
51t erbulbeit halten, laffen ficfj nidjt betreiben. SDer fdjwebifche OJfajor mähte fid)
über bie ©eifein baSfelbe 9iedjt an, baS ein ©laubiger über ein uneingelöfteS Unter»
pfanb beanfprucht; eS gefdjefje, fagte er, bem ©laubiger fein Unrecht, wenn baS
i|3fanb mit bem ©djWert in ©tiide gehauen ober burd) Reiter oernidjtet werbe. ©0
oerging fein Sag, au bem er nidjt an ben ©eifein feinen Olrger auSliefj unb unter
1 2)iefe§ fog. „Sftaiblcn" übten and) fdjon bie
SDtanSfelber 1621 in ber Dbcrpfalj. 35gf.
©. Samntert, ©efd). ber ©euebett unb ®rieg§=
not jur Seit be§ 2)reijügiäfjr. Sriege§ (1890) 55.
2 Kropf II 66 f.
3 ©ammelblatt be§ f)iftor. Vereins in unb
für Sngolftabt, 11. tpft, ^ngolftabt 1886, 192 f.
Kropf II 49.
4 Olbgebrudt bet Kropf II 316 — 337.
Sie fd)tüebiid)c ipcriobe: 9iot unb Seibcn in bcr oberbeutfdjeit ^ßrobinj.
425
beit bitterften Srotjungen bie abfdjeutidjften ©cfjmäfjmorte auSftiefj. Sie (55eifefn festen
ben ©djmäfjreben in itjrer SetriibniS nur ©cfjmeigen entgegen, mätjrenb bie Siolte
ber Serteibigung faft gang einem einzigen auS ber ©efeltfdjaft ^efu 1 übertaffen btieb.
tiefer ftellte benn audj nidjt btofj feine ßunge in ben Sienft beS genieiitfamen
(5>efcf)tcfe§ , fonbern aud; feine $ebet\ ©o öerfajjte er mätjrenb ber brei ^afjre
£>unberte öou Briefen, metdje bie Sage erfjeifcfjte. Srei Sage, nacpbem man jenes
ApauS begogeit patte, mürben bie ©eifetit in ein tpauS gebracht, baS fonft gu Sang*
unb anbern Setuftigungen gebient fjatte, aber bnrcp bie Srojjfnecpte fo öerunreinigt
morbeit mar, baff aud; baS niebrigfte ©efinbet lieber unter freiem glimmet atS in biefent
©tatl übernadjten mottte. Slucp pier mar man bem ©efpött beS ißöbetS unb ben
Sropungen ber ©otbaten preisgegeben. Sie Siüdfepr gu einem anftänbigeren ©efängniS
formte man enbtidj burdj eine pope ©umme ©etbeS erlaufen.
Stuf Stnregung beS P. Srunner unb nacfj einer öott ipm öerfafjten formet
madjten bie ©eifetn am Sorabenbe beS gefteS beS fetigen SttotjfiuS ein ©etübbe gur
©otteSniutter um ^Befreiung auS ber ©efangenfdjaft. $ur fetbeit $eit mürbe auf
Setreiben ber Qefuiten ber ÜDieffe au ben ^efttagen eine ißrebigt beigefügt2, ©egen
(Snbe ©eptember, ba fcpon rauhere Söitterung eingetreten mar, mußten bie Uttglütf»
tidjen mieber baS SangpauS be§ief)en. SaS parte SoS ber ©eifetn nüpte ber 2Sirt
nocp in fcpmupiger Söeife gu feinem Sorteit aus. Siefe unmenfdjtidje Sepanbtung
fjätte fie in bie größte ütiot gebracpt, mentt nicpt ein attberer SSirt bie ^Sftege über*
nontmen pätte. Ser Sob beS Königs öott ©c^meben, ber in biefe $eit fiet, bradjte
ftatt ber erhofften Sefferung nur Serfcptimmerung iprer Sage. SaS auS ber Siangion
gu erfjoffenbe ©etb mürbe nämtid) ben Oberften atS ©nttöpnung gugemiefen, unb biefe
fudjten baS Söfegetb mit oiet größerer tpärte eingutreiben unb erfanneit bagu alte mög=
ticpen ©raufamfeiten. Verlaufe beS erften ^atjreS mürben oft ©efanbte nacfj Sapern
gefcpidt, bodj erreichten fie bort nicptS atS gute Söorte unb Serfprecpungen. SaS mar
ben Oberften Serantaffung, jetjt baS Stufjerfte gu öerfudjen. Ser Oberft Stbam ißfut
mürbe auSerfepen, bem «fjjinpatten entmeber ein (Snbe gu macfjert ober 9tadje gu
üben. Siefer fant nadj SlugSburg unb flöfgte ben ©eifetit mit feinen Sropungen
großen ©djrecfen ein. @r bropte mit ben fdjredtidjften Sorturen. 9cur mit öieter
äRiipe fonnte man ipn bagu bringen, baff mir öoit bent beüorftefjenben Unfjeit S^ncfj*
ridjt in bie Jpeimat fenben burften. $mei mürben abgeorbnet, um ben testen Ser=
fudj gu machen, ©ie erreichten mieber nichts. Sa fie mofjt mufften, metdjeS ©e-
fdjid fie bei ber 9tüdfepr ermartete, maren fie eifriger bebadjt auf bie Rettung beS
eigenen SebenS atS an baS Ratten ber öerfprocpenen Sreue unb begingen baburcfj,
baff fie in ber ^eimat oerblieben, fdjmereS Unrecht, fßfut oerftudjte bie SBort»
brüchigen unb tieff nun feine 2öut um fo teibenfdjafttidjer an ben übrigen aus, je
ftarer bie ©efanbteit burd) bie gtucpt ihre Sergmeiftung an bem SoSfauf ber ©eifein
an ben Sag gelegt patten, ©o reifte ber ©ntfdjtuff, uns meggufcpteppen. ißfuf
geigte fidj unbeugfant gegen alte Sitten, fetbft biejenigen ber proteftantifdjen Pfleger.
Studj ber ©enerat §orn, ber gerabe in StugSburg meitte unb bett ©eifein fonft
nicht abfjolb mar, magte auS f^urdjt üor bem Unmitten beS Oberften nicfjt für fie
eingutreten. Stm 16. Quni (1633) mürben bie ©eifetit über Siberbacp nadj Sonau*
1 Siefer mar P. 9Inbrea§ SBrunner fclbft; er
fpridjt an» SSefdjeibenfjeit ooit fid) nur mie ccm
einer britten $crfon, gemö^nfid) mit bem 9tu§=
brud noster, unus ex nostris :c. 93gl. Kropf
II 887. ®ir fefceit in ber fjolge ben 9tamen
33runner§ ein.
2 2Jer granjpifaner fgranj Sigl, ber unter
ben ©eifein mar, fagt: „9tn Sonn» nnb gfeier*
tagen ift tmn P. SBrunner i^rebigt nnb 2Imt
gepalten morben." 31t- Stöger, granj
Siglö ©ejd)id)te ber 9Mnd)encr ©eifein in
fcfjmebifdjer ©efangenfcfjaft (1836) 13. — Sllotp
fiuö mar 1605 felig gefprodjen morben.
42(3
©ed)fte§ Äopitel. ÄriegSnot.
Wörtf) gebraut, unter junger unb Surft infolge beg befdjwerlicfjen SJfarfdjeg, auf
bent fte bag ©epiid felbft tragen mußten, Qn Sonauwörtf) pferchte man am SIbenb
alle 48 in ein einziges ©entacf; jufammen mit anbern (befangenen, Oon benen am
anbern Sage einer gedüngt mürbe.
Sur cf; einen Brief, in meldjem Brunner bie erbutbeten ©raufamfeiten in
lebenbigeit färben gefdjilbert f;atte, fam eg ju einem heftigen Qufammenftoffe mit
«ßful. «ßfut ftiirmte ju ben (beifein unb oerlangte ju wiffen, mer ben Brief ge*
fdjriebeit. Sofort melbete fid) Brunner. Unerfdjrocfen fjielt er ben SButaugbrücfjen
beg Oberften ftanb unb gab 9tecf)enfcf)aft, maritm er ben Brief gefc^riebeit I;abe.
Saburd; mürbe ber bigfjer unOerföfjnlidje ÜÖtann milber geftimmt unb ftellte eg nun
ben ©eifein anfjeim, einen beliebigen ©efanbten aug ifjrer SDUtte gu müfjlen. @g
fdjien ein neuer §offnunggftraI;l auf^uleudjten. P. Brunner unb ein juoerläffiger
Bürger mürben gewählt; aber ber oon allen ©eifein oerlangte Bürgfdjaftgeib war
fo fdjredlid), baff fie ben @ib oermeigerten. So mürben benn bie ©eifein am
25. Quiti bon Sonauwörtf; meiter gefdjleppt, bie Orbengleute alle mit Slugttafjme
ber ©reife jmei unb 3m ei aneinanber gefeffelt. Sag energifdje Stuftreten Brunnerg
erwirfte, baf; bie ©eifein in Siörblingen untergebradjt mürben, rno fie ein fdjntufjigeg
Ouartier begießen mußten, Grg mar bag fdjlimmfte SBirtgfjaug ber gan3en Stabt,
„Qu ber alten glafdfen" genannt. Sitte mürben in eine einige Stube gufammen*
gepfercht, mo alteg, fdjmutjigeg Strof; il;r Säger bilbete unb burdj bag 3erriffene
Sad; ber Siegen freien Qutritt fjatte1.
Sa bie Berljanblungen megen Begattung beg Söfegelbeg fid; gerfdjlugen2, mürben
am 28. Sluguft in fpäter SJadjt fämtlic^e ©eifein oon üftörblingen mieber nad; Slugg*
bürg gurüdgebrad;t. Qit aller Stille be3ogen fie mübe unb hungrig mieber ipre
frühere SBofjnung; fein Sifd; unb fein Stuf;! fanb fid) oor3. Bier Sage nad; ber
SInfunft ber ©eifetn gelang eg ben baprifdjen ®ommiffären, mit ben Scfjroeben einen
Vertrag abjufd^Iie^en, mobei erftere mefjr üerfpradjen, alg fie leiften fonnteit. Sllg
bie ßommiffäre in Begleitung oon oielen ißerfonett4, worunter aud; bie beiben ®e*
fanbten ber ©eifein, nad; ÜJJtündfen reiften, ging il;nen eine gro|e äftenge Boifeg
entgegen; benn eg fjatte fid; bag ©erüdjt Oerbreitet, bie ©eifein fefjrten aug ber
©efangenfcfjaft gurücf. ©rof; mar il;re (Snttäufdjung. SSiewof;! ber ^urfürft unb
ber SJIagiftrat fid; eifrig bemiif;ten, bie ©eifein logsufaufen, fdjlugen bie Berfjanb*
lungen mieber fef)I. Sie Bebingungett nämlid;, meld;e ber Ä'urfiirft an bie Slug*
gafjlung oon 40000 Beidjgtalern fnüpfte unb bereu fyauptfädjhdjfte bie mar, bafj
bie Sd;mebeit bie £>älfte ber ©eifein 3uerft freigeben fottten, ba fie bag megen
Begattung ber elften Bäte fdjon langft 3U tun oerpflicfjtet loaren, lernten bie
Sd;meben ab. Qm Oftober mürben unfere beiben Bertrauengmänner nodjntafg nad;
Bapern entfenbet, um bie genannte Bebingung 3U befeitigen; bod; oergeblid). SJcan
brofjte nun, mie fd;on früher, bie ©eifein nad; ©rfurt ab3itfiif;ren. Bei ber großen
Siotlage in Bat;ern bacfjte fein äftenfd; mel;r baran, ben ©eifein bie Qreiljeit 311
erfaufen. Um milbere ©efinnungen 3U ermeden, oerfafjte Brunner eine Bittfd;rift
an ben Ä'urfürften, bie in erfd;iitternber Söeife um SJätleib fiepte 5. SBandjer aug
bem Bäte beg ®urfürften geftanb, bei bereu Sefung ntödjte einem bag perg bredjen.
Sag, morauf er am meiften bratig, mürbe nicpt erreicpt. ©elb mar feineg mef)r 31t
fjaben, unb bag Saig, bag man früher alg Qafjlunggmittel oerfd;mäf;t, fonnte nidjt
mel;r trangportiert merben6. ©egen bie SSut ber Sd;meben muf3te alfo ein anbereg
1 * 53runuer $enffjring, 27. guni. Überben 3 ßbb. 112 — 116. 4 ßbb. 117.
Xenüjring bgt. unten 25. Stafntct. 5 SBorttaut ebb. 174—182.
2 23gl. Stöger 104 ff. 6 ©bb. 149.
2>ie fd)it)ebi|cf)e $eriobe: 9cot unb Seibett itt ber oberbeutfd)en ^rotiinj. 427
SDüttel augfinbig gemacht tuerbeit. deines fdjien P. Brunner geeigneter alg bie
Übertragung ber Sorge für bie ©eifein an beit 9Jiagiftrat non Sluggburg. Safiir
nutzte aber ber Kurfürft ficfj herablaffeu unb ein Schreiben an feine geinbe, bie
©djmeben, richten. Sie Sitten Srumterg oermodjten iljit baju. Slufjerbent mies
ber g-ürft ben ©eifein, bie fdtjoit anfingen, junger ju leiben, monatlich ©elb für
ben Unterhalt an. (Später, alg einige Sruppen jurn ©d)ein einen Serfud) madjeit
raollten, Sluggburg in iljre ©etualt ju bringen unb bie ©eifein ju befreien, bann
aber, ofjne Sluggburg gefefjeit ju haben, gurüdfehrten, muffte bieg P. Srunner büffen,
alg märe er ber Urheber biefeg gemefen 1. 3n)or würbe burdj bag 3eu3en=
üerfjör, bag am Karfreitag big SJütternadjt bauerte, nicfitg gegen ben Unfdjulbigen
erreicfjt ; bodf) führte matt if)n ing ©efängnig. Sen P. Srunner beängftigte nidjt
bie g-urcfjt öor ber ^olter, fonbern ber ©ebanfe an bie ©djmad), bie bem Serrat
anhaftete. 3?adjbem er adjt Sage im ©efängnig gugebradEjt, mürbe er mieber oor
ben Kommanbanten geführt. ©rbidjtete SInflagen mürben alg ßeugniffe ing fyelb
geführt, lüften fid) aber burdj bie SIntmorten beg SIngeflagten in nicf)tg auf. ©Ieicf)=
mof)I muffte ber Unfdjulbige mieber in ben Kerfer gurüdfefjren, erft am 4. SQiai
mürbe er aug bem ©efängnig entlaffen. Sie Siafjrung mar um biefe ßd* fef)r
fpärlidj, unb man märe in bie äufferfte ücot geraten, menn nidjt ©ott bie ©eifein
burdj einen proteftantifdjcn SIrgt oom Untergange bemafjrt hätte. Siefer oerbiente
in biefer fdjlimmen Sage nidjt bloff ben Siamen eineg guten ©djutjpatrong, fonbern
ben eineg gemeinfamen Saterg. Sludj bie geljäffigften Slufträge nahm er auf fidj;
er mar berebt unb beliebt, bat fo lange, big er auch bei ben §artnädigften mit
feinen unb unfern SSünfdjen burcfjgebrungen mar. Surdj Srot bemaljrte er ung
oor bem junger, burdj ÜDiebigin üor ber meit unb breit mütenben Seft- Sag unb
9iadjt müljte er fidj für ung unentgcltlidj mit foldjer 3uöorfommenheit ab, baff er
unraillig mürbe, menn man fidb fdjeute, if)n um §ilfe angugefjen, ober feiner @r>
miibung Sedjnung trug. Sille Srangfale ber oielen ©cfjüfjlinge faf) er alg bie
fcinigen an.
9ieue Hoffnung brachte ben ©eifein ber ©ieg bei Siörblingen; am günftigften
aber mar bie ©efangennafjme beg ©eneralg §orn, fie bemirfte ben ©eifein ein
beffereg Sog ; gumal ba er an ben Kommanbanten oon Sluggburg einen Srief ridjtete,
morin er biefem bie ©eifein empfahl, um ihnen bie Seiben beg ©efängniffeg, bie er
felber nun üerfpürte, burdj einige bisher nie geftattete Sergünftigungen gu erleichtern.
Sie gröffte beftanb in ber Freiheit, für bie ©eifein bie notmenbigen Sebengmittel
herbeigufdjaffen. Senn ohne Zweifel hätte man bei ber Selagerung ber ©tabt, bie
man burdj Slughungern begmingen mollte, an erfter ©teile bie ©eifein bie Notlage
fühlen taffen, ba fie ja bie ©djütjlinge begjenigen dürften mareit, oon bem bie
Slugfjungerung ber ©tabt unb ber Sefafjung augging. Ser fyürft mürbe auf bie
Slngft unb ©efahr ber ©eifein aufmerffam gemacht unb ridjtete beizeiten Smpfehlungg*
fdhreiben an £mrn. ©ieben SJlonate trotten bie ©chmebeu ber Slugfjungerung; bie
©tabt geriet in fdjredlicfje Scot. 9Zodj mar eg nidjt gum Slufjerfteu gefommen, alg
man fdfon ©feig», §unbe« unb fßferbefleifdj öffentlich auf ben üüdarft brachte. 9Jian
ganfte fidj um einen toten £>unb unb um eine jpanbooll Kleie. SJian tonnte Seute
fef)en, meldje Knochen aug bem Säfthaufen auggruben unb abnagten. Sie fiunifdjen
©olbaten aug ber Sefatjung madjten mit feltenem ©efcfjid Qagb auf bie SJiäufe.
SJidjtgbeftomeniger mieg ber Kontmanbant bie Klagen guriid mit ber Semerfung:
Solange an feinem ©efpann noch Seber oorhanben fei, mit bem man ben §unger
ftillen fönne, bürfe man noch nidjt oon £>ungergnot reben. 3um Sergeljren oon
1 35g[. ebb. 151.
428
SedjfteS Kapitel. ®rieg§not.
Seher unb fdfliefjlid) öon SJlertfd^enfleifc^ trieb her ^jeiffljunger. ©cfjon ruurben
tierftümmelte Scidfen gut Veftattung übergeben 1. ®ie ©eifein litten feinen SRangel,
fonnten fogar insgeheim nod) an greun^e ffeine ®oben aulteilen.
@nbe SRärj 1(335 mürbe bie ausgehungerte ©tabt übergeben, unb bamit faitb
and) bie Verbannung her ©eifein nad) 34 Monaten if)r ©nbe. ÜRad) bem Seoit*
bergifdfen 9Ifforb üom 13. 9Rärg 1635 mußten bie ©eifein fofort nad) bem Slulgug
her fcfjmebifdfen ©arnifon lebig gelaffen merben2. ©o fonnten bie ©eifein am
30. SQiärj abreifen. SDie ^efuitengeifeln fefjrten üoüjä^Iig nach ÜRündjen gurüd, mo
fie im Kolleg mit unbefcfjreiblidfer greube empfangen mürben; el mar, all ob man
in ifjnen nicht bie 9Ritbrüber, fonbern ^anbibaten bei SRartpriuml öereffren mollte.
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fili'MsVflftcr/flui aufrjcocfci'f^iciicPeJreijjJcd mtutScßanf ßefi:ßia^enjn'bat(S((’ei\i ßinaiifiaefsoßcn^ßßivey ^an(jer]aßv_, Weniger 2 jllbimf a&ome gefangne öartim.,
aau() mueßfeeCtfj Vcrjcjlcti . faßen $u diiartjur^-Doiuni’et'Iff. VnniiOiof'bftiincH flfeicl) ab iiOtofbjhiff cinacrfvcngf WftaJjflÄM'C ^rtmflfafVn awfgcffcnbcn, bcr brcyfacßett Jißucfen
(Bot1es,aßl3eß,S{ßriegf\>ttiSyitißexDfäßtyit1: Vnbmvorffat,|cmk fomtccj? Vtiöer «jciucinltimihlPnb &jw&j5tnWc() 6i#cmmen fie macfanckfinufi WnJ) ey jenen Manien-
qeßnrf\ßr,un bunter gcAjcyf^ in cuf'crjTeh (SefahV ijTr-ßcffüutui, in \icrjcfitndcfifug JßfQiefiän'iiaKßett nnffqcmuutfa-f; in ^erlv^Cwß^McuCcßt^ßerßißh tßnen )cin9)a>tiaefottcn.,
Vtw bic Qcßop bemer für nm yveyuna einpeven .Qcßreißen ce aijo bir nacßC&ctt m«y Vno atßain W,baf ftc bem eirfvunnen, Vno auß bem aaiißenjmufdciL
um* 4 VcWojVcu ibaf fic fcßci t Wb atßtnen, Vnb bc(i Vaffermub; Ivibmmw atificßfig Ivorbe u, iff um pur fauttere @wtb Voti bir. ticj) erfaßte (Ti ßcj (ö NmWrjjcflfam ivofffonbt, Cafe fie Voc_
flffer Wißt nuff(le^iViib ßeljcuacn \as in bernen Wulfen Wb guabcu niotwitö 'cerhßrcn tverbe
Jlltmcfmer (fteyfafcßafff GFfrnWcücRß Wib VjMjRmb Ä. j6ss~ l..: k>W F
2)oti»bilb ber 9)tiindjcner (Seifet» in bev 2öatlfntjit§fiirfje ju 9tamcr§borf 1635.
Stieb öon Sucm? Silian (V13). ©raptjifdje Sammlung in SKündjen.
Qn bem ®iariutn bei SRündjener ©pmnafiuml fjeifjt el junt 3. 9IpriI 1635:
9cad) her SReffe mürben bie ©dfiiler entlaffen gum ©mpfang her ©eifein, bie üor
brei ^af)ren bem fdjmebifcfjen ßönig gegeben morben, unter i^nen 6 her Unfrigen
unb aud) her s^räfeft unferel ©pmnafiuml, P. (Sljriftopfj ßlejlin. 21m 19. 9IpriI mar
her ganje Hag frei, meil bie ©eifein jtt ihrer Vetterin in Vamerlborf pilgerten3.
1 Sgt. Stöger 158 193 ff. SSoit beit Seidjen
mürben bie geeigneten Stiicfc abgefctjnitten unb
öerjctjrt. Stetten a. a. D. II (1758) 331;
ögt. 339.
2 SSortlaut bei Stetten a. a. 0. II
360 ff.
3 *Clm 1550. 2)gt. oben 9Mitcf)en 205 f.
$ic fdjraebifdje $eriobc: 92ot unb Scibeu in ber oberbeutfdjen fprooinj.
429
2Bie äHündjen würbe aucf) Sanbsljut 9J?ai 1632 tion ben ©djweben befolgt.
£>ier waren bie ^efuiten insofern befonbern ©efatjren auggefe£t, atg bag Kolleg
b§ru. ber ©arten begfetben an bie ©tabtmauern ftieh- 3ur Serteibigung fjatten furj
oor ber 9(nfunft ber ©d) web eit (8. SOiat) 1500 faifertidfe Leiter bie ©tabt be=
fefct. Sa fie fid) aber ber Ubermadft beg nid^t gewadjfen hielten, gogen
fie fid) guriicf unb gaben ben Qiefuiten ben Brat, gu fließen. Seghatb blieben nur
wenige. Kolleg nahmen fcf)mebifd)e Offiziere ihre SSohnung; burdf) ©efdjenfe
würben biefe non ber Slugführung ihrer Drohungen abgehalten. 9ttg ber Slöitig in
bie ©tabt !am unb berfelben ein Söfegetb non 100000 fßhitippStatern auferlegte,
nal)m er bie ^efuiten öon ber Seifteuer aug, weil fie burd) Stiaturattieferungen fdjon
ftarf belüftet waren1, ©onft blieb bag $otteg wie bie anbent Slöfter unangefochten2.
Sie ©reuet bc§ Krieges füllte bagfelbe erft 1634 erfahren. Slnt 22. Qüti biefes
^ahre§ nahmen SEBeimar unb §orn bie ©tabt, bie non batjrifdfen Sruppen nerteibigt
würbe. Sin bie Eroberung fniipfte fid) ein furdjtbareg Stutbab; an fßerfonen jeben
Sltterg, ©tanbeg unb @efd)ted)tg würben bie fchmät)tid)ften ©chanbtaten öeriibt, bie
©tabt geplünbert unb greutid) üerwiiftet. Sag föotteg btieb nid)t tierfdjont. ©g
befanben fid) in bemfelbeit aufjer bem P. Seftor Ulrich <©peer 5 fßatreg, 2 ÜUlagiftri
unb 4 Srüber; 5 anbere waren bereitg öorher abgereift, befonberg wegen ÜDlangelg
an Sebengmittetn.
©in Seridjt, batiert Surghaufen 1. Sluguft (1634), erzählt: Sie wütenben
©olbaten gerfdjmetterten bie nier Süren beg Äollegg, gerbradjeu alleg unb raubten
bag Kolleg fo aug, bah am Slbenb and) nidfit ein Siffen Srot mehr übrig war.
$wei Satreg unb ebenfoüiele Srüber tagen bort franf in hi&i3em 3'ieber. ®er
Srüber Sltbert $oia (®oia) würbe non gwei kugeln getötet; ber ffßrofeffor ber
Humanität P. ©abriet Sarbifiug erhielt mehrere SBunbeit, fein Stuffommen ift zweifel¬
haft. Ser Somprebiger P. Sapt. ©aitperger Würbe mit einem um feine ©cfjtäfe
gewunbenen unb burd) einen ß’eit angetriebenen ©trid gefoltert, um bie Eingabe ber
üerborgenen ©djäfce, bie nirgenbg ejiftierten, gu erpreffen. Ser Seftor Utrid) ©peer
entging einem ©djuff auf feinen £opf eben nod) bnrd) eine fteine Srehung. Unter
ben nieten ©emorbeten befinben fid) 4 grangigfaner, 1 Sontinifaner, 1 Sfapuginer,
niete 2SeItgeifttid)e; non te^teren ift niemanb mehr in ber ©tabt, fo baff bie Unfrigen
bie neugebornen Äinber taufen muhten. Sltg Söfegetb für bag nöttig auggeraubte
$otteg werben 3000 ©utben nertangt. Ser gute P. Sieftor tauft hin unb her/> um
biefe ©umme gufammengubringen, beim ber obengenannte P. Sapt. ©aitperger ift
bafür atg ©eifet weggeführt worben. Ser frangöfifdje ©efanbte, ber bem Säger
SSeimarg unb fporng folgt, hat unfere ißatreg gu Sanbghut mit freunbtid)en Söorten
getröftet unb, um fein Seiteib gu bezeigen unb unfere äuherfte Slot gu heben, eine
$uf) gefd)enft. Siefe raubte aber halb jemanb, fei eg non feiner Sienerfcl;aft ober
ein anberer3. Sen P. Sarbifiug, ben man für tot hielt, teilen bie ©olbaten in
feinem Stute liegen taffen, big nad) brei Sagen ein feinbticf)er ©olbat fid) feiner
erbarmte unb feine SEBunben etmag oerbanb. 9? ad) einigen Söocf)en ftarb er gu
SJlündjen.
Sag Äotteg war eine Sßocfje fang Sag unb Stacht ben gucfjttofen ©olbaten
preiggegebeit. ©in Ipaufe nad) bem anbern ptünberte bag £>aug ; felbft ben fyieber-
franfen lieh man feine Suffe unb forberte non ihnen ©etb. Sie übrigen ^efniten
1 * Hist. coli. Landisliutani (fgreiburg i.(2d)to.,
®anton§bibl.). 93ql. Kropf II 55 ff 2(59 ff;
3teif) f) o f er, Etjronologifdje ©efd). ber clje=
maligelt fölöfter p 2anb3f)ut (1810) 6 ff.
8 ®gl. 33erid)t eine3 granjilfaner^ au3 ÖanbS*
ljut, itt äkrfjanblungen beS Ijiftorifdjen herein?
für Dtiebcrbatjern XVI (1871) 205 f.
3 * Softie in Epp. ad Bus. 68. SSgt. Kropf
II 209 ff.
430
@ed)fte3 Äapitel. ÄriegSnot.
fperrte man in baS ßimmer beS P. Neftor, §eigte ifjneit baS in flammen ftefjenbe
©djlofi unb baS brennenbe ^au§ beS SompropfteS unb brofjte bem Kolleg mit äfjn-
liebem ©djidfal. ^m Kolleg hatte fief) ein Oberft mit 24 Sßferben einquartiert
unb anfangs 15000 ©ulben, bann auf ßureben f)in 3000 ^ater als Söfegelb ge-
forbert. Stuwer P. ©aifperger mürbe aucf) ber SOZagifter Martin £>aimbl als ©eifei
guerft nadj SlugSburg, bann in bie mürttembergifc^e Heftung SISperg toeggefüfjrt-
Sa fie nid^t loSgefauft merben fonnten, mufften fie in ber ©efangenfdjaft ungefähr
ein ßaljr oerbleibcn, bis ®önig ßerbinattb fiegreief) üorbraug. Nad) bem erften
Oberft quartierte fidj fünf Sage fpäter ein anberer mit 40 ißferben im Kolleg ein
unb forberte eine Sranbfteuer non 300 ©ulben, bie er einjutreiben fudjte mit ber
Srofjung, ben P. fReftor als ©eifei abjufü^ren. Seläftigungen roiberfuljren übrigens
ben ßefuiten nidjt blojj oon bem geinbe, fonbern aud) non ben ©olbaten beS baprifdjen
feeres. 2IIS im begangenen Söinter ein ißater bie ßudjtlofigfeit unb ©djamlofigfeit
ber ©olbaten in einer ißrebigt etmaS fefjarf gegeißelt hatte, rotteten fief) aus ben
batjrifcfjen SefapungStruppen ©olbaten jufantmen, um baS Kolleg jur Stacke 31t per»
müften. 9J£it SRit^e gelang eS bem ©tabtfommanbanten. auf Bitten beS P. Neftor
unb einiger anberer OrbenSleute ^in, bie ©emalttat abjumenben1. Sie ßafd ber
patres betrug fd^Iie^licf) nur mehr gmei. Sie Traufen muffte man nad) ÜNündjen unb
Öttingen fc^affen, ba man für fie feine Nahrungsmittel mef)r hatte.
Sie ©chmeben hielten fich nur furje 3e^t in ber ©tabt auf, bie fie aber in
einem fdjauberhaften ßuftanbe jurüdlie^en. $ünf SNonate lang hatte eine fefjr grojfe
ßaljl Arbeiter nom Sanbe übergenug ju tun, um fie nur oom Unrat 3U fäubern;
aus bem Kolleg unb beffen ©arten allein fdjaffte mau 80 fuhren ©djmup fort.
$aft ebenfo erging eS SanbSberg2. Sei ber $unbe oon bem Nahen ber
©chmeben mären nur 3 patres unb 3 Srüber surüdgeblieben, bie anbern in anbere
Raufer gefdjidt morben. Slm 5. 9Nai 1632 befehlen bie ©chmeben bie ©tabt. Sa
man auSgefprengt hatte, im SanbSberger Kolleg feien groffe ©djäpe oerborgen, oer¬
langten bie ©chmeben oon ben Qefuiten 6000 ©ulben. ©nblicfj gaben fie fidj mit
1000 3ufrieben. NingS um SanbSberg mürbe alles oermüftet, oiele OrbenSleute aus
beit fölöftern Sieben, ©teingaben, NoIIenbuch unb SlnbedjS fudjten unb fanben ßu-
fludjt im Kolleg, ßnnerfjalb adjt ÜNonate mechfelte SanbSberg fedjämal beit §errn,
halb rnaren eS bie ©chmeben, halb mieber bie Sapern. Söieberfjolt hatte man bem
Obern P. SSeller 3ur flucht geraten, befonberS meil er befd^ulbigt mitrbe, bie Saperit
herbeigerufen 31t haben, ßnt Sertrauen auf feine Unfchulb blieb er.
ßm folgenben ßaljre, als bereits mieber 26 ßefuiten, barunter 14 Nooren, in
SanbSberg mareit, ging eS ber ©tabt nod) fdjlimmer. ÜNitte SIpril 1633 nahm SorftenS-
fon bie ©tabt im ©turnt, ©cfiredlidj mar bie Sefcfjiejfung, nodj fdjlimmer baS mehrere
Sage bauernbe ÜNorben unb fßlünbern. Siele, barunter ein greifet fßriefter, mürben
burdj ben ©djmebentranf 31t Sobe gequält, alle nur erbenflidjeit ©reue! unb ©cfjanb-
taten oerübt. Sie ßefuiten hatten fidj auf ben Sob gefaxt gemacht, entgingen ihm
aber mie burch ein SBunber, ba bie ©olbaten 3uerft ben §ügel hinunter in bie Siirger*
häufer einbradjeit. SIIS SorftenSfon am Kolleg anlangte, munberte er fidj, baff bie Pforte
nodj nicht erbrochen unb feiner getötet fei. ©r nahm baS Kolleg in feinen ©djup.
Sropbem mürbe baSfelbe nadj unb nadj üoUftänbig auSgeplünbert. Sie ©olbaten
3edjteit im SloIIeg, bie ßefuiten mürben oerfjöhnt unb litten junger. Sa3u oer-
langten bie ©djmeben, ber Obere P. SBeller fülle ben ®urfürft bitten, baff er nadj
bent ?lb3ug ber ©djmeben feine Sefapung mehr nadj SanbSberg fdjide unb SlugSbttrg
freie ßufupr gemähre. Ser Obere lehnte bieS ab, ba foldje friegerifdje Ungelegen-
Kropf II 273.
2 (£bb. II 83 ff 118 ff.
2>ie fdjmcbifcpc fßeriobe: 9tot unb Seibeit in ber oberbeutfcfjcn fßroöins.
431
peiten nidjt feinet 2lmteS feien. Sr rnerbe aber alles tun, maS im ^ntereffe beS
^riebenS fei unb jum Söopl ber ©tabt gereicpen fönne. Sie Sefefiigungen mürben
jerftört, bie ©tabt in Sranb gefted't; ber Sranb tonnte nur mit ÜJJJüpe gelöfdjt
tverben. Sa^u verlangten bie ©daneben noep 12000 Saler, bie Qefuiten füllten
noep eigen§ 7000 Saler begleit. Sa bieS nidjt möglich mar, mollte SorftenSfon
bie brei von ben vier bantalS in SanbSberg vermeilenben patres als ©eifein naef)
SlugSburg mitnepmen. SBer follte ntnt mitjiepen ? darüber entftanb ein ebler 2Bett>
ftreit jmifdjen bem Obern P. SBeller unb bem greifen früheren ^rovin^ial SDWcpior
tpartl: beibe mollten in bie ©efangenfdjaft gieren, unb $artl madjte geltenb, er fei
für baS fpauS ein unnüper ©reis. SorftenSfon munberte fiep fcf)r über biefen ©treit
unb entflieh fcplieplicp, ber flltefte folle als ©eifei mitgiebjen. Seim Slbgug ber
©cpmeben mürben bie brei patres itadj 2lugSburg gefcpleppt, mo fie allen £>opn unb
©pott ber -proteftanteu erbuiben mufften. Srunner fdjreibt in feinem Senfpring jum
24. 21pril 1633 : 2ln biefem Sag fein brei ^riefter ber ©ogietet ^efu von SanbSberg
als ©efangene gen 21ugSburg gebracht unb benfelben Sag unb folgenbe 9?adjt mie
auep ben Sftontag fepier gang in bem offenen SöacptpauS mit gropem ©efpött opne
©peiS unb Sranf gehalten unb enblicp in ein SöirtSpauS transferiert morben. ßum
4. ÜD?ai melbet er ipre Sntlaffung „naep aufgebrachter Siirgfcpaft für 2000 Saler" 1.
$n SanbSberg mar baS Slenb in biefem Qapre nodj nidjt ju Snbe. Sm
©eptember befehle ©peerreiter mit 8000 ©djtveben bie ©tabt unb plünberte, maS
nodj ju plünbern mar. Sa bie von ipm verlangten 2000 ©olbgulben nicpt perbev
gefdjafft merbeit fonuten, fdjleppte er vier ©eifetn, barunter ben P. Söeller unb einen
Sruber, fort, ^n 21ugSburg mürben bie ^efuiten verpöpnt unb in bem öffentlichen
©efängniS untergebraept, bann aber beffer gepalten. Sott bort brachte man fie naep
Söeipenburg unb pielt fie fecpS SDZonate gefangen, bis fcplieplidj ber föurfürft fie
gegen anbere ©efangene auSmedpfeln liep. Sie nädjften gmölf ^apre blieb bann
SanbSberg verfepont. ©egen eine monatliche tßenfion mar eS von faiferlidjen unb
baprifdjen Sefapungen frei unb infolgebeffen audj von feinblicften Selaftigungen 2.
Sange Srangfalierungen patte SOHnbelpeim ju erbuiben. Surdj Sertrag
ergab fief) 9Jfinbelpeim ben ©djmeben (SJfai 1632). Sin ^rlänber, ^»ieremiaS SJfadomep,
mürbe Äommanbant ber ©tabt. Ser bisperige Pfleger ©auerjapf mürbe gefangen
naep SÖJemmingen abgefüprt. ©eine mertvollfte tpabe patte er ben ^efiüten jur £mt
übergeben, ©nftav 21bolf, ber bie ©tabt befuepte, fidjerte ben Qefuiten ©djup gu.
gür baS fepmebifepe §eer mupten fie 100 Simer 2Öein liefern *.
Über bie meiteren Srattgfale in SDünbelpeim gibt ein Sericpt beS P. Söilpelm
Sej, batiert ÜDünbelpeim 19. ©eptember 1632, näperen Sefcpeib4. 21m 18. Quni
!am abenbS nadp ber Sitanei ber ^»auptmann SQiadomep mit vielen ©olbaten, befepte
bie Süren beS ftollegS unb überbraepte eine eilige Orbonnattj beS ülnpaltS: „SBeil
burdj gemiffe Slunbfdjaft ertunbigt, bap beS Pflegers ©auerjapfS ©ilbergefepirr ver=
fdjloffen bei uns im ÄoIIeg beponiert, füllen mir foldjeS, audj anberer baprifdjer
Offtgiere ©iiter, fo ju unS gefliicptet, alsbalö, opne alles SBiberreben . . . bem Kapitän
Jeremias SJladometj einpänbigen, mibrigenfallS, mo etrna baS ©eringfte guriicfbepalten,
follte ber Kapitän alsbalb feine Spcfution mit unS vornepmen, nämlidj alle an Seib
unb Seben gu ftrafen, baS Kollegium naep 21uSplünberung nieberreipen." Obmopl
SorfteKungen nuploS fepienen, gab idj jur 21ntmort, idj mürbe nidjtS jurüdbepalten;
feiner ber faiferlicpen Offiziere hätte etmaS bei unS beponiert; bei unS feien einige
©Itter beS ©tattpalterS, bie biSper niemanb von unS verlangt; pätte einer berechtigten
1 * Original in 9Jt.fR., Sreipigjätjr. Äriegl= 2 Kropf II 124 f. s ©6b. II 36 ff-
aften 9tr 311. 9?gt. Kropf II 124. 4 ‘"Original in Epp. ad Bus. 91 ff.
432
®ed)fte<? Äapitel. £ricg§not.
Slnfprudj barauf erhoben, würben mir biefetben bereits ausgeliefert haben. Sah
biefe ©iiter beS (Statthalters bei uns beponiert morbeit feien, fönne uns nicht 311m
Sorttntrf gemacht tuerben; bie Unfrigen hätten 31m her Belagerung Oon Lem¬
mingen burrfj ben §errn non fyiirftenberg aud) bie ©üter ber proteftantifdjcn
Lemminger unb bereu föinber unter ifjre 0bf)ut genommen; jeber fei berechtigt, baS
©einige, mo er fönue, oor ben ^einben in Sicherheit 31t bringen. §ieranf lieh id),
um ein größeres Ungtiicf abjumenben, bie ®ifte oor ben Stugen atler auSgraben unb
hänbigte bem .jpauptmann bie 9iiuge, ©djmudgegenftanbe famt adern anbern aus.
üftadjbem ber ^auptmann in jener 9?adjt adeS erhalten hatte, 30g er mit feinen
©otbaten ab unb lieh nur einige im ßodeg guriicf . Stm Lontag bei ber Dämmerung
lehrten ber ,'pauptmann unb fein gätjnrich jurüd, liefen unS 3110 gtudjt raten, ba
©efahr fei, mir fönnten atS ©efangene nad) Lemmingen abgeführt rnerben. ^dj
antmortete bem Wiener, ber biefen 9fat überbrachte, er fode feinem |jerrn fageit,
unfere ltnfchutb fei unS ein tjintängtidjer ©d)ut); mir feien be§ha^ eher bereit jur
©rbulbung jegtidjen UugemadjS atS 31m f^fudjt. 3ur $dud)t modten fie übrigens
uns nur bereben, bamit fie ungehinberter unS berauben unb mährenb unferer 2tb«
mefenheit oom fö'odeg Befip ergreifen fonnten, mo fie ungezählte ©djäpe oerborgen
mahnten.
Sa fie unS atfo burd) Sroljungen nicht jur gludjt beftimmen fonnten, bacbten
fie an einen anbern $niff. ÜEBir maren Sag unb 9iad)t oon ©otbaten umgeben,
fo bah feinem geftattet mar, auSjugehen, nicht einmal §ur ßirdje, 311m Sütar
ober §um Beid)tftut)t, ohne einen ©otbaten mit Büdjfe unb brennenber Sunte.
©tma um 12 Uhr nad)ts fam ber ^auptmann. Lan medte midj aus bem ©djtafe
unb h°fte mid) 311m §auptmaun in ben ©peifefaat. „ifkter", fo fa-gte ber £>aupt-
mann, „ihr ha^t nocf) mehr ©itbergefdjirr unb anbereS oon Gingen, unb fonberlicf)
bie 20 ober 30 Siamanten, fo bem Pfleger gehören, biefe müht ihr hevauSgeben
ober morgen früh nad) Lemmingen manbern." Qch entgegnete ihm, er möge unS
fetbft mitten in ber 9?ad)t abfitt)ren, menn er mode, aber nicht baS ©eringfte oom
(Eigentum beS ^Pflegers fei noch in unferem Befip; er habe ja gefehen, mie getreulich
ich d)m otfeS auSgetiefert, unb bah id) nichts oon ad bem hätte haben motten, ob-
fdjon ich bod) öon adern einen Seil hätte haben fönnen. „Sie ©acfje oerhätt fid)
nicht fo", antmortete er, „ihr habt noch ©betgeftein unb ©olb, man mirb eudj 31t
Lemmingen mof)I ben Lunb öffnen. Lan mirb adba in einen eichenen Btod ein
Sod) bohren, adbarin ihr bie 3mei Saumen fegen müht, basmifdjen mirb man einen
$eit fdjtagen, fo fang, bis ihr bie ©acfjen herausgebt." Stugenbtidtid), marf id; ein,
bin ich bereit 31t biefer unb 3U nodh fdjtoererer Sortur um ber Söahrljeit unb ©otteS
miden, er möge atfo gan3 nad) ben ihm gegebenen Befehlen tjanbetn. ©egen 1 Uhr
30g ber ^auptmann mieber ab. Söieoiet ich in tiefer 9iad)t noch fd)tief, fönnen
©m. fpodjroürben fid) teidjt benfen. Lid) fd)mer3te, bah mir unfern franfen ifkebiger,
P. ©priafuS ®teinbienft, ber an bem ungarifchen lieber litt, oertaffen mühten; id)
empfaf)t bie ©ad)e bem lieben ©ott, ba id) nichts anbereS ermartete, als bah mir
auher bem franfen ade abgeführt mürben. LorgenS in oder grühe habe id) eS
bem ßranfen, bamit er nicfjt infolge beS ptöptidjen ©d)redenS noch franfer mürbe,
erft angebeutet, bann üodftänbig eröffnet unb ihn unferem ©fjirurgen unb bem alten
Siener Lidjaet, ber ihn pflegte, einbringlid) empfot)ten, bamit fie nid)tS oon bem,
maS nad) bem Urteil beS Sl^teS notmenbig fei, üerfäumten. hierauf eröffnete ich
auch ben übrigen bie 2lbfid)t beS ^auptmannS unb forberte fie auf, fid) fo gut mie
mügtid) bereit 3U madjen. Säetnanb fode in ber gtud)t fein fpeit fucfjen. .Q^rcifdjen
tafen mir bie h^itige Leffe unb erroarteten bie ©otbaten, bie unS abfiifjren fodten:
aber umfonft, auher ben ©otbaten, bie unS bemadjten, erfchien meber ber fpauptmann
2>ie fd)tt>ebi)d)e ^eriobe: 9tot ittib Selben in ber oberbeutfcfjen ^roütnj.
433
nod) irgenb ein anberer, unb bieS meber an biefem nod) am fotgenben £age. SDen
©olbaten trug id) auf, if)ren ^muptteuten gu metben: @S fei nunmehr atteS aus
unferem £auS unb nicf)t§ mel)r barin atS unfer 93tut ; menu fie mottten, föuuten fie
e§ jum fpaupt ^of)annt§ jur Xafel auffepen, mir feien bereit unb hätten eS fdjoit
tauge ermartet.
Qnsmifdjen muhte aud) Sütagifier ©ottfrieb (ÜHorfjart), feligen 2tngebenfenS, baS
Sett hüten; er mürbe nod) heftiger öom ungarifdjen ergriffen als ber $ater
jßrebiger. 2tm f5ef*e be§ ¥• SotjanneS tub id) ben Slrjt, ba er mit ben ßranfeit
oiet Sttütje hatte, ju unferem befcfjeibenen SJtittageffen ein. Staunt Ratten mir baS
Sffen beenbet unb id) ben 3(r^t sur £üre begleitet, ba erfdjien unfer ^»auptmann, öor
3ont faunt met)r einem 9J?enfd)en öergteidjbar. §e ba, fcfjrie er ben ÜIrjt an, mas
tuft bu t)ier? Qd) gab jur 2lntmort, er fei unfer 2lrst unb habe bie Traufen be*
fudjt. $)er |>auptmann aber fdjrie: Sinbet if)n, binbet if)n. 9Jtid) aber fufjr er an:
2öaS fagt Qtjr, jßater, marum motlt 3hr mid) an ben ©atgen bringen? 2öaS tjabe
id) getan? $d) antmortete ihm: 9J?it Sertaub, fo roaS fei mir nic^t im STraum
eingefallen. ®od), boc^, menbete er ein, 3euge ift mein fö'orporat (eS mar ein ©al*
öinift, ber 2tnfüt)rer ber ©otbaten in unferem £>aufe). Qd) fragte ben ÜDtenfdjen, mo
unb mann er folcfje 2(uherungen öon mir üernommen f)ätte. 2ttS bann bie gegen mid)
gefponnene Siige enttarnt mar, manbte id) mid) in ©egenmart beS 2lrsteS an ben
§auptmann unb fagte: Qd) fetje, baf) euer einziges Sertaugen batfin sielt, uns außer
ben jeitlicffen ©ütern, bie if;r unS bereits geraubt habt, aud) noch baS ßeben nehmen
SU fönnen. fpier ift meine Sruft, ic fj bin sum Opfer bereit für meine 23rüber; nur
bitte ich, bie Oranten su fchonen. ®aburd) mürbe ber 3orn beS £>auptmannS ge*
brodjen, unb mir hatten eine 3eittang fRu^e.
Som fotgenben Sonntag an mürbe sur Übermacf)ung beS $ottegS ein anberer
§auptmann, §err ®ombar, gefanbt. SDa id) benterfte, bah aufjer bem fßrebiger unb
ÜDfagifter ©obefribuS nod) smei ober brei biefetbe Trautheit fid) SuS°9en unb bereits su
Sett tagen, meit mir fd)on fo fange eingefd)toffen maren, nid)t inS greie gehen unb
feine ßuft fdjöpfen fonnten, fo fchidte id) am fotgenben üSontag sum neuen fpauptmann
mit ber Sitte, er möge ben llnfrigen bod) ertauben, etraaS ins ^reie su gehen, ba baS
ungarifdje gieber beginne, ernfter aufsutreten. ©r gab bie ©rtaubniS, hoch unter ber
Sebingung, bah unS ftetS ein mit ber Sücfjfe bemaffneter ©olbat begfeite. ©o gefchah
eS. Sad) am felben ÜÜJorgen, am Sorabenb beS gefteS ber heiligen 2(poftet SßetruS unb
jßautuS, lieh ich bie ©djute früher fchtiehen unb fd)idte, fo oiete id) fonnte, unter Se*
gteitung ßon ©olbaten aufs £anb. fetbft mar bereits siemtid) oon ber Äranffjeit
angeftedt. 9Zur ber Strst muhte baoon, ben anbern burfte id) nichts fagen, um fie nid)t
Su ängftigen. na^m 16 Sesoarpitten unb fühlte mid) faft mieber mot)t. ^aum
hatte ich ^efe 2J?ebisin genommen, mürbe ich, mar etma 10 Uhr, su Stfagifter ©obe*
fribuS gerufen. Qd) gab ihm bie heilige Ölung, unb nad) einer halben ©tunbe oerfd)ieb
er fanft, mährenb bie anbern auf bem ©pasiergang maren; nur P. Sott betete bie
©terbegebete mit. Sad) bem 9JUttageffen richtete id) ein Sriefdjen an ben §errit
®ombar, banfte ihm für bie ©rtaubniS sum SluSgefjen unb teilte ihm mit: ,,©S habe
fid) einer aus meinen Sfitbrübern auS feiner Salvaguardia anberSmopin retiriert,
fo ©ott mitl in §immet, motten ihn auch bis borgen begraben; mottten ihn, ben
Kapitän, stuar gerne sum SegräbniS geloben haben; meit eS aber feine @etegenf)eit
nicht fei, fo haben mir fotdjeS nicht mögen bürfen, haben ihm aber hoch feinen 2(b<
fd)ieb üon uns anseigen motten." Sachbem er bieS getefen, lieh er mich burd) einen
feiner Corporate rufen, nahm mid) freunbtid) auf; menu eS nid)t Safttag geroefen
märe, hätte idj eS nidjt ablehnen fönnen, mit ihm baS Slbenbeffen su nehmen. 2t m
fotgenben Xage, am ^efte ber h^- jßetruS unb fßautuS, um 1 Ut)r mar bas Se*
S)ul)r, ®efif)ici)te ber 3e[uiten. II. 28
434
©edjfte! Kapitel. ®rieg!not.
gröbniS, mobei ber §err Pfarrer bie Seidje auf feinen eigenen «Schultern tragen
mottte. @S raar ein fotdjer 3u^auf üon ©otbaten unb anbern, mie idj niemals in
unferer $?irdje gefeiert fjatte ; morgens fjatte idj nad) ber ^ßrebigt gum SBegräbniS
eingetaben, ba fa ber ^5ater auS Siebe für baS SBofjt feiner SRitbürger bie lieber*
trauten befudjt unb fidj fo bie Üranffjeit gugegogen Ijabe1.
©egen ©nbe ^uti befreite bie Stnfunft ober oietmefjr baS ©erüdjt oon ber Sin-
fünft ber Kroaten unS oon ber Semadjung bnrcf) bie ©otbaten unb bie ©tabt oott
itjren graufamen Reinigern. ©S mar brottig gu fefjen, roie fdjnelt bie {yurcf)t oor
ben Kroaten ben ©djmeben gtüget oertief). &aum ein f>aIbeS ©tünbdfjen nad) bem
(Eintreffen beS ©erüdjteS mar fdjon fein ©djmebe mefjr in ber ©tabt gu fetjen; alle
eilten naefj SRemmingen. SltS fie aber erfuhren, bafj nodj nad) 14 Sagen fein
Kroate naef) SOiinbelfjeim gefommen fei, fefjrten bie .fporben gurüd; bodj fjatten oiele,
rcetdje bie SBaffen nur gegmungen trugen, bie ©etegenljeit gur gtudjt benutzt. ©in
neuer |jauptmaun, ein ©djotte, burdjfucfjte baS Kolleg nad) SBein, aber bie SRiifje
mar oergebenS. Stm Sorabenb oon SaurentiuS ftopfte eS morgens fjeftig an bie
Süre; icf) tjatte gerabe in ber ©afriftei begonnen, für bie tepte ÜJReffe rnid) ait=
gufteiben. Ser neue £>auptmann fomie £>err Sombar unb anbere fdjroebifdje Offiziere
unb ©otbaten erfdjienen. Ser neue §auptmann begann: SBeit ^err SRajor fdjon
3 um anbernmat tjier gemefen unb ifjr ifjm nidjt ein paar taufenb Sater oeretjrt fjabt,
fo tjat er mir geftern ernftlicfien 93efe^t gegeben, idj fotte eitdj adefamt atSbalb ge»
füngtidj nad) Utm führen; beSmegen gebt mir alle ©cf)tüffet beS £>aufeS unb ruft
mir alle gufammen; bann beorberte er eine gröfjere 3af)l Oon ©otbaten tjer, bie alle
raubluftig fetjr rafdj erfcfjienen. .^d) ermiberte, bafj mir nidjtS auftreiben tonnten.
Sropbem fdjritt man gur SluSfütjrung beS SefeljteS. Sie Seute mürben aus ber
föirdje getrieben, biefe gefcfjtoffen, bie ®etdje geraubt, alle ©djrünfe geöffnet. Stuf
bie grage beS §errn Sombar, mo bie fitberne ©eorgiuSftatue fjingefommen, gab idj
gur Slntmort: ©S tjat unfer P. s$rooingiat, bem mir mefjr atS ©ie Qfjrem ®önig
©etjorfam fcfjulben, fefjon oor langem gefcfjrieben unb befofjten, biefelbe in ©idjerfjeit
gu bringen. SltS £>err Sombar baS fjötgerne Sitb beS fjt. ©eorg faf), baS an ©teile
beS fitbernen gefept morben, fagte er: Stet), bu bift nidjt ber redtjte ©t Qjörg. Radjfjer
mufjte idj bem neuen ^auptmann ben Sabernaf'et öffnen. biefeS ßiborium,
fragte er, Oon ©olb ober ©ilber? SSeber oon ©olb nocfj Oon ©ilber, antmortete
icf), fonbern nur oon Tupfer, eS ift aber oergolbet. mufjte eS fjerauSnefjmen,
madjte gum SefenntniS beS ©taubenS bie ^niebeugung unb öffnete bie Zapfet. Seim
Stnbtid ber §oftien fragten fie, maS baS fei. Qdj ermiberte: S^ad^j unferem ©tauben
ift ©fjriftuS, ber mafjre ©ott unb SRenfdj, in fotdjer jßartifet roaljrfjaft unb mirftidj
mit ©ottfjeit unb SD^enfcfjfjeit gugegen, unb für biefen ©tauben feien mir bereit gu
fterbeu. Unter ©elüdjter fügten fie: SRadj gu, madj gu, eS ift bodj fein ©itber.
Son ber ^irefje ging’S im Kolleg oon ßimmer gu ßimnter, mo fie ©cfjeren, Sreoiere
unb anbereS unb §err SDombar in ©m. ©tjrmiirben ©tuben ben Sabaf einftedten.
gür bie Sibtiotfjef oertangten fie bie SIbfaffung eines ÄatatogS. SttS fie in einer
©de ein gä^en, baS ©cfjriften beS SJtagifterS SarbifiuS enthielt, gemafjr mürben,
madjten fie fidj mit jammern baritber ^er, fdjtugeti eS auf, gerftreuten bie ©djriften,
ftedten nac^ Selieben ©täfer unb ^nftrumente, bie für bie fßtjpfif bienten, ein. Qn
ber ©peifefammer nahmen unb oerfdjtangen fie uac^ Setieben. fRefeftorium
befafjt ber ^auptmann, Söeiit tjerbeigufdjaffen. Stuf bie gdage, mo bie anbern Qefuiten
feien, mufjte idj fie tjerbeirufen unb bie’©dju(e fdjtie^eit taffen, ^m Siefeftor fottien
1 S8gt. Kropf I 38. ©ottjrieb 3Jtorbart nalift preift fein unfdjutbigeS unb eifrige!
au! JKoming luar erft 22 Satjrc alt; ber 2ln= Seben.
Sie fcpmebifdje Ukriobe: 92ot unb Seibcn in ber oberbeutfcpen iProOinj.
435
fie bie Orbre oernepmen, bon ber mir anfangs ber 2pauptmann gefprocfjen ; inbeffen
fabelt bie ^muptteute unb Offiziere getrunfen unb einen ganzen großen ^ucferput jum
2öein gegeffen.
S)a id) nocp feine pcitige üfteffe getefen unb nocp nüchtern mar, bat icp, in bie
^irdje gefeit unb beten 31t bürfen, maS mir unter ^Begleitung eines ©otbaten ge«
ftattet mürbe. Söiiprenb bie llnfrigen inmitten ber ©otbaten im Sffefeftor mie bie
armen ©iinber ftanben, betete id) unb foitfumierte alle Zeitigen £>oftien, um fie oor
fafritegifdjen Rauben 31t bemapreit. Sei meiner Stüdfepr inS 91efeftor teilte mir
ber ^auptmann ben Sefept beS ÜDtajorS mit, uns nad) Ittm absufüpren unb baS
Kolleg nacp ber fßtünberung bon ©runb aus ju gerftören. SBeit er unS aber fo
arm fepe, mode er nur gmei mitnepmen unb meiteren Sefept beS ÜOtajorS abmarten.
Sr modte fid) jmei auSmäpten; ber §err Sombar modte für fid) ben ®ocp. Sod)
au§ SJtitteib mit uns, mie er fagte, gab er uns ben 3tat, bem fütajor ein Söfegelb
31t geben, bann mode er für unfer Sleiben im Äodeg eintreten. StdeS fei fcpon 3U
nuferer Slbfiiprung nacp Ufm bereit. 2Bir patten atfo bie Söapt. Stuf meine f^rage
gab ber £>auptmann bie £)öpe beS SöfegelbeS auf 1500 Sater an. ^tfj gab jur Stnt«
raort, eS möge bod) ©einer ©naben mit feinem popen Serftanb fetbft ermägen, ob eS
benn mügtidj fei, für ein fo popeS Söfegetb aufjufommen. Sr beparrte auf feiner
Sntfdfeibung, gab unS 4 — 5 ©tunben Sebenfjeit, üertiep baS Äodeg, bocp tiep er
meprere ©otbateu juriid, metdje unS mit ^reffen unb ©aufen ben ganjen Sag ge«
nugfam geplagt. . . .
Sa mir nicptS befapen unb aud) oon greunben nicptS 31t befommen mar, „faden
mir bie ©otfdfen ein, mit benen fid) oiedeicpt ber Kapitän be3apten taffe", ©otfcpen
ift eine Strt biinneS Sud) (Sarcpent), fo oiet aus ©cproaben ins 2Betfd)lanb oer»
panbett mirb. ^d) gab atfo bem §auptmann bie SIntmort: ^cp toitt eS Suer ©naben
mit einem 2Sort fagen, mit ©etb auf3ufontmen ift eine Unmögticpfeit, mie ©ie fetbft
in ber ©tobt erfapren paben; an ©etbeSmert ftatt ©etb fönnte icp mit SJtüpe 1000
Sater aufbringen, menn er baS nidpt mode, fo fotte er tun, mie ipm beliebe. Sie
Sesaptung mit ©otfcpen im SBerte 001t nur 1000 Satern napm er erft an, atS id)
ipm auf ben 9tat feines ©tedoertreterS iiberbieS ein Honorar oerfpracp: „Söeit ipr
mir", fagte er, „eine Sereprung geben modt, fo bteibe eS bei 1000 Satern." 3n
biefer üfiacpt paben mir peimticp um 1000 Sater ©otfd)eu oor §errn Saefar ab«
gepolt1, ©uter ©ott! mann merben mir biefe ©d)utb be3apten? Stm fotgenben
Sage pabe id) mit 250 ©tücf ©otfcpen in fecpS gropen Raffern, bie icp 3U biefent
3mede taufen mupte, unb 50 Salem mein Söort eingetöft. Stm 7. ©eptember tarn
ein oom £'önig ernannter neuer Pfleger pier an, ein fßroteftant auS Nürnberg namens
^afob Sämminger; er 3eigte fiep fepr freunbtiep unb oerfpracp unS, raemt mir unS
rupig oerpietten, feinen ©cpup, auep gegen bie ©otbaten.
Sie ©cputen paben mir mie gemöpntid) mit einer siemtiepen SInsapt ©cpüter
gepalten, nur 3mei klaffen mupten mir aufgeben. Sap bis jept feiner ber llnfrigen
erfepoffen mürbe in biefen brei bis öier leisten SBocpen, pat ©ott oerpütet; benn ber
neue ^auptmann pat fcpon oom ^enfter auS auf P. ©eorg gesielt, mürbe aber bitrd)
anbereS mieber am ©epiepen oerpinbert. Stn ber fö'irdjenmaiter paben bie ©otbaten
eine ßielfdjeibe gematt; bod) fdpoffen fie öfters mit $teip burcpS Sporfenfter in bie
^auSfapede, mo mir gemöpntid) 31t beten pflegen; gufädig mar aber 3U jener $eit
niemanb barin. .grnei kugeln pabe icp fd)on gefuuben. Stm 17. ©eptember trieb
in oder $rüpe bie f^urept oor ben Kroaten raieber ade ©djmeben bis auf ben tepten
SJtann in bie glucfjt. Siefelben modten in 14 Sagen mieber pier fein; unb bod),
1 ßaefar mar ein reirfjer Kaufmann au§ ßremona. Kropf II 40.
28*
436
Sed)fte3 Äafntel. SiriegSnot.
guter ©ott, mie menige Kroaten genügten, um öie (Stabt oor biefer (pefe non 9J2em
fdjen ju bemapren! 9JJan läpt ung in unserem ©lenbe fipen. SBären oor brei SSocpen
nur 20—30 Kroaten pier getuefen, eg märe fein ©cpmebe mepr, n acp iprem eigenen
©eftönbnig, pierper gefommeit. ©ott fei gepriefen. @o meit ber Sericpt.
Unter ben fpäteren SBecpfelfällen patten bie Sßatreg in äRinbelpeim nocp üiel gu
leiben. Qm Qapre 1633 mürben fie bei bem roieberpolten ©ingug ber ©darneben
acpt Stage gefangen gefegt, meil man fie im Serbacpt patte, burcp einen Srief
©pionenbienfte gcleiftet gu paben. S£)ieg mar aber nicpt ber galt gemefen 1. Qm
Sluguft 1633 mürbe üDlinbelpeim mieber non ben Kaiferlicpen befept, bann im
folgenben Qapre (Slpril 1634) üon ben ©djtoeben im ©turnt genommen uttb einer
oiertägigen ißlünberung preisgegeben. Qrnei Qefuiten mürben ferner üermunbet, ber
eine ftarb halb barauf; oier, barunter ber Üieftor ©eorg 9teeb, mürben nacp Utm
unb SCBeipenporn alg ©efaitgene meggefüprt2.
©nbe Slpril 1633 rüdte Sernparb oon SBeimar gegen ©icpftätt3 üor unb
forberte 18000 ©ulbett Kontribution, nacp beren Segaplung bie ©labt oerfdjont
bleiben follte. SDie Qefuiten glaubten, fie feien in bem bei ben Serpanblungen oer>
einbarten Vertrage mit eingefcploffen unb oor meiteren Seläftigungen gefiebert. Sllg
inbeffen bie meimarfepen Struppen am 4. 9)?ai in bie ©tabt eingogen, befepten fie
bag Kolleg, unb ein ©djotte, Saron ü. @un, forberte oon ben Qefuiten 3000 fßpilippg*
taler ©cpupgelb. St)a fie biefe ©umme nicpt begaplen fonnten, fperrte man alle,
15 an ber Qapl, in ein ©entaep. (pier füllten fie bie (£ntfcf)tie^ungen über ipr
meitereg ©cpidfal abmarten. Qür grnei erlangte man mit SJfüpe bie ©rlaubnig, bafg
fie in ber ©tabt ©elb gnfammenbetteln burften. St)ie Siot in ber ©tabt mar gmar
groß; aber auf oieleg Sitten unb SDrängen brachten bie beibett boep bei Qreunben
taufenb Staler gufammen. SDamit gaben fiep fdbjlie^licf) bie ©djtoeben gufrieben. Qur
Eroberung ber SSillibalbgburg, bie nod) in ber ©ernalt ber ligiftifepen Struppen mar,
fant Sernparb oon SBeimar felbft üon 9?euburg perbei. ©r naprn mit bem größten
Steil feineg ©tabeg SBopnung im Qefnitenfolleg unb befcplagnapmte Kücpe unb
Keller, ©onft geigte er fomopl mie feine Umgebung, mit Slugnapme eineg Sre^9er§/
fiep gegen bie Qefuiten freunblicp unb geftattete ipnen bie Slugübung ber Serufg»
pfliepten in Kirdje unb ©cpule. üftaepbem fidp bie Sefapung ber Surg nadj gepm
tägiger, mutiger ©egenmepr fdjließlicp boep megen SJlangelg an Seuten, fßrooiant
unb 9)?unition ergeben patte, gog bag feinblicpe £>eer naep SJeuburg unb SDonaumörtp
ab. SDie Offigiere unb ©olbaten ber guriicfgebliebenen fepmebifepen Sefapung lebten
gmar auf Koften beg Kollegg unb forberten außerbem ben größten Steil ber 1280
©äde SJtept oon ben Qefuiten, liefen ipnen aber fonft einige ÜDlonate 91upe, geigten
fiep moplmollenb, luben bie Qefuiten fogar gu Stifcp unb mopnten ben Stpeater«
auffüprungen bei.
®er SBiebereinnapme ber ©tabt unb ber Surg burdj bie Sapent im Oftober
1633 oerfepte ben §ergog Sernparb oon SBeimar in folcpe 2öut, baß er befcploß, bie
©tabt bem ©rbboben gleicp gu madjen. Slm 7. SDegember morgeng oor Stageg*
anbruep rüdten bie Struppen perait. ®ie Sefeplgpaber mußten bie ©olbaten, benen
eg mepr um fßlünberung gu tun mar, mit SDropungen bagit bringen, Qeuer an bie
Käufer gu legen. 50 Käufer mürben algbalb eingeäfdpert. ©ine große ©epar
©olbaten ftürgte auf bag Kolleg log unb legte ba unb bort Qeuer. SEBäprenb biefeg
1 K r o p f II 117.
2 Gbb. II 230 f. 2>ie Qefuiten mupten burd)
ein großes Söfegelb loSgetauft werben. $8i--
tefleSdß nti Sieeb iit SDtündjen, 15. Quli 1634.
* 0rig.--9teg. Ad Germ. sup.
3 Kropf II 125 ff 160 ff 223 ff 463 ff.
3- <3 a i' , 33i)d)öfe non Gid)ftätt II (1885) 519 ff.
* Relatio ultimae irruptionis Suecicae et com¬
bustionis civitatis et collegii Eystatt. ad ann.
1634 (46 ©.), in fDt. 81., Jes. 1238.
®ic fcfjtoebifcfje sPeriobc: 9?ot inib Scibcn in ber obcrbeutfcf)en ^rooinä.
437
nur langfam um fiep griff, benü|ten bie Solbaten bie ©elegenpeit jur ^ßlünberung;
bie einen trieben bag SßieE) aug ben Ställen fort, bie anbern machten fiep über bie
ßimmer unb bie Scpränfe per. ©iner fprengte ju üßferb in ben Speifefaal unb
forberte üon einem alten, gebrechlichen Sruber ©elb. Sa biefer ihm feinet ju geben
oermochte, holte ber Solbat ju einem fräftigen Streiche aug. 9?ur bag Straucheln
beg ^ßferbeg auf bem glatten Soben unb eine SSenbung beg ©reifeg oereitetten ben
gefährlichen Scplag. Sie meiften anbern ^efuiten mären, um ber erften 2öut ber
Solbaten fidh ju entziehen, in bie oberen Säume beg ®ollegg geflohen. Sllg bie
miitenben Solbaten bapin gebrungen maren unb bie Qefuiten gefangen abführen
moüten, hinderte bieg ein Fähnrich, 3U gelegener fteHte fidh auch ber 2lu*
führet ber ganzen Gruppe ein, ber ben Sefepl gab, bie Qefuiten füllten firf) entfernen,
bamit fie nicht in ben flammen umfämeu. Sriitgenbeg Sitten ber ^efuiten unb
fcplieplicp ©elbüerfprecpungen oermochten ihn baju, baff er geftattete, bag $euer
toieber 3U löfchen. SBäprenb inbeffen bie baprifcpen Solbaten bei einem Slugfall
aug ber Surg in bie Stabt manche üon ben Scpmeben niebermachten unb bie anbern
in bie glucpt trieben, gelang eg hoch ben geinben, ben fHeftor beg ®ollegg, föafpar
Slbegg, unb ben Somprebiger P. Spontag Slnreitter, bie nicht einmal genügenb ge*
fleibet maren, alg ©eifein juerft nach 33ercpingen unb üon ba nach SBeiffenburg
ju fchleppen. Sllg Söfegelb oerlangten fie 1140 ^pilippgtaler. ©umme fonnte
man nur burcf) bie greigebigfeit beg Sifcpofg ^opann ©priftopp aufbringen unb
innerhalb 3ehn Sagen begafifen. ©leichmohl pielt ber geinb bie ©eifein noch big
in ben brüten ÜDlonat hinein in ©efangenfcpaft unb gab fie erft auf meitere Se*
3ahlung frei.
Sernparb üon Söeimar fanbte Slnfang Februar 1634 Sanbgrafen üon
Reffen, um bie 3erflürung ber Stabt 3U oollenben. Sur bie Surg mar üon
ligiftifchen Sruppen befept unb oerteibigt. Sou ben ^efuiten begaben fich einige
nad; ^ngolftabt, anbere sogen fich mit einem Seil ber Stabtbeoölferung in bie
Surg 3urücf. Qm Kolleg blieb nur ber Saienbruber ©eorg SSöggel (SBägele), ber
fiep freimillig 3U beffen Semacpung augeboten patte, unb ber SSagifter Saniel
©parpentier; lepterer aug unbefannter Urfacpe unb ohne SBiffen beg Sruberg SBoggel.
Sag ßoUeg patte eine .fpaubüoll baprifcper Solbaten befept, bie aber algbalb oon
ben Sdhmeben iibermältigt mürben. £oüeg unb föircpe mürben geplünbert. Sen
Sruber Sßöggel, beit fie gerabe am Srotbacfen antrafen, fcpleppten fie in ben
©ang hinaug unb bropten ipn niebersumacpen; bodp gebot ber fpauptmann, ber
gerabe ba3it fam, ipni fein Seib 3U3ufügen, fonbern ipn in bie Säcferei 3urücffehren
3U raffen. Q^mifcpen fcplug ber Oberft £>aftoer (^affüurtp), ein Qinnlänber, im Kolleg
fein Ouartier auf, ftecfte ben Sruber 3U ben ©efangeneit unb befahl ben Solbaten,
ihm jeben Qefuiten, beffen fie noch habhaft merbett fönnten, oor3uführen; er gebacpte
üon ihnen Söfegelb 3U erpreffen. Unter bem ßdrcpenbacp entbedfte man ben üDfagifter
Saniel ©parpentier. Ser Oberft napnt ipn anfänglich freunblicp auf; bocp halb
mürbe er mie ber Sruber unb bie anbern ©efangenen ber £>efe beg SSoIfeg preig*
gegeben. Sllg Seit biente ipnen eine Sauf ober ber Soben; auffer Srot, bag fie
fiep üerftoplenerroeife oerfepaffen mufften, patten fie uicptg 3U effeit. Sie Srote, bie
ber Sruber buf, muffte er alle abliefern. Ser Dberft üerlangte fcpliefflicp 500 Saler
Söfegelb.
Sluf ben 11. Qebruar (1634) mar bie gerftörung ber Stabt burep geuer feft*
gefept. Qm Kolleg patten bie Solbaten bereitg in bie Qiutmer ber oberen Stocf*
merfe unb in ben Speicher ber ßirepe ^0X3 unb Strop gefepafft unb fßulüer gefegt.
Slpnlicpe Sorbereitungen traf man in oielen anbern ©ebäuben ber Stabt. Sag
Qeuer mürbe aber erft am anbern Sage, 12. Qebruar, angesünbet, naepbem bie
438
£ed)fte§ ftapitel. Srieg^not.
©dßmeben nodj eine üorübergießenbe batjrifdje §eereSabteitung aus bem ^interfjalt
überfallen unb unfdßäbtidß gemalt Ratten. SDie beiben Qefuiteit mürben nebft einem
greifen üEBettpriefter mit ©triefen gebunben üor bie ©tabt geführt, mo fie Qufcßauer
beS traurigen 33ranbe§ fein mufften. 9)?it ber Verbrennung beS QefuitenfottegS mürbe
eigens ein Strupp fatßotifdßer ©olbaten betraut. 444 Käufer unb 6 Äircfjen mürben
ein Vaub ber stammen, nur 127 Käufer blieben üerfcßont.
SZadjbem bie ©tabt eingeäfc^ert unb non bem Kolleg niefjt ein berooßnbareS
Qimmer übrig geblieben mar, mürben bie beiben Qefuiten nebft anbern (befangenen
nadj SSeißenburg abgefüfjrt. SDen beiben gab man fautn fo üiet üftaßrung, baß
fie fidj am Sebeit erhalten fonnten, Qn SBeißenburg burften fie bem gefangenen
Veftor föafpar Stbegg einen furgen Vefudß abftatten. Von bort füßrte man ben
3)Zagifter ©ßarpentier, Vruber SBögget unb ben SBettpriefter unter ben Unbifbeit ber
©olbaten nadj Sieumarft; ßier erbutbeten fie unter mititärifeßer Vemadjung mehrere
SBodjen lang niet ©tenb unb 97ot. Qn ber oierten Söocße befiel ben Vruber SSögget,
ben bie bisßer erbutbeten ©trapagen bereits gefdßmädßt, ein peftartigeS lieber. üftit
StuSnaßme feines SJfitbruberS SDaniet ©ßarpentier gogen fiefj ade üon ißm auS Qurdjt
nor SInftedung gurüd. SDJebijin ftanb feine gu ©ebot; bie Staßrung mar fümmerticß.
9cadf) zehntägiger ®ranfßeit mürbe er üon feinen Seiben burd) ben Stob ertöft. SDent
üerftorbenen SDütbritber burfte ber SeibenSgefäßrte ©ßarpentier nicht einmal baS ©eteit
gum ©rabe geben.
Über ben SJZagifter famen üon jeßt ab nodß härtere Strübfate. Von bem
Oberften ^mßüurtß erfuhr er nur partes, unb bieS, meit fidj immer meniger |>off=
nung geigte auf ein Söfegetb unb auefj fein ®oftgelb für ißn begahtt mürbe. Über*
bieS erfranfte an bemfetben peftartigen lieber, bem ber Vruber gum Opfer ge=
fallen, ber mitgefangene, greife EfSriefter, üon bem fiefj mieber alle guriiefgogen unb
bie gange pflege bem Qefuiten überließen, ©einer tiebeüotten, fieben Söocßen bauernben,
treuen ©orge feßrieb ber fßriefter feine ©rßattung gu. ©nbtidß madjten fidj gemeine
©olbaten unb Söeiber baran, ben jungen OrbenSmann gum Stbfatt üom ©tauben
unb gur Verlegung feiner ©etübbe gu bemegen. Stodj oergeblicß, er btieb ftanbßaft.
Qm Übermaß feiner Seiben unb Strübfate befiet ißn enbtieß baSfetbe Qieber; bodj
mar niemanb ba, ber feine pflege übernommen ßätte. ©r mar bereits bem Stöbe
naße unb tag fünf Stage beftnnungStoS unb mie tot ba; ba geigte fieß bei feinem
©aftmirt eine ©inneSänberung. ©r tieß ben Traufen forgfam pflegen auS VeforgniS,
beffen SSSob möcßte ißn ber Hoffnung auf Vegaßtung berauben, mie bieS bereits bei
Vruber SSögget ber Qatt gemefeit mar. @o fam ber Traufe mieber gu Kräften
unb erßotte fidß innerßatb breier SSocßen faft oötlig. 2ÜS bann im Quni ßönig
Qerbinanb gur ©roberung 9?egenSburgS ßeranrücfte, gebaeßte man bei ben Verßanb*
tungen betreffs ber Übergabe ber ©tabt, gu beren Verteibigung Vernßarb üon SSeimar
ben Oberft ^aßüurtß ßerbeigerufen ßatte, aueß ber beiben ©efangenen in 3ieumarft.
Stm 25. Stuguft mürben beibe auS ber §aft nadß SImberg enttaffen.
Veim §erannaßen ber ©dßmeben fürchteten aueß bie Qefuiten im ®otteg üon
ütteuburg1 für ißre ©idjerßeit. üfiadjbem man üom 7. bis 15. Stprit 1632 bie
mertüottften ©adßen nadß Qugotftabt gefdßafft ßatte, ftettte am 16. Stprit ber Später
SHeftor Qriebridß §unbpiß eS feinen Untergebenen anßeim, in anbern Kollegien
©idjerßeit gu fudßen. Von ber gegebenen ©rtaubniS madjte iitbeffen feiner ©ebraudj ;
nur ungern gogen P. ©ßriftopß VranbiS, ber Veidßtüater beS §ergogS SBoIfgaitg
SSitßetm, unb P. QoßanneS Qaber (©dßmib), für bie man befonberS fiirdßtete, auf
1 Sotlettaneeublatt für bie ©efd). 33at)ern§,
itt^befonbere für -Jteuburg, 15. Saßr8- (1849)
32 ff ; 16. Soßrg. (1850) 12 ff ; 57. gaßrg. (1893)
4 ff. K r o p f II 44 ff.
2)ie fdjmcbifcfje iperiobe: 9iot imb Seibett in ber oberbeutfdjen Sßroöinj.
439
Sfnorbnung ber Obern fort. Stuf bie ©dfemeben featten bie ^roteftanten grofee §off*
nung gefegt; mit iferer £)iffe ober unter iferem ©cfeufe gebauten fie ficfe an ben
Qefuiten ju rädjen. Qfere Hoffnung foHte ficfe aber nidjt erfüllen. ©djon atu
18. Styrif tourbe ©uftaü Sfboff bie ©tabt übergeben, ber fie in feinen ©cfeufe nafem
unb eine ©arnifon feineinfegte unter bem SBefefef beg fRittmeifterg 23infeeim. Siefer
geigte fidj ben Qefuiten fefer freunbfidj unb empfahl biefelben beim Sfbjuge feinem
9iacfefofger Oberft ißfuf. 9Zur einmal, am 24. Slprif, brängten ficfe fdfemebifcfee
©olbaten gum $odeg unb erjmangen ungeftüm Qutter für bie ißferbe.
Sfm 3. SJZai befucfete ber ®önig bie ©tabt unb audj bag Kolleg. ©eine Qreunb*
lid^feit mar bem Kolleg nicfet nur für ben Sfugenbfid, fonbern aucfe für bie Qufttnft, fo
oft bie ©cfemeben ficfe in ber ©tabt auffeieften, oon grofeem Scufeen. ©amtliche fcfeme>
bifcfee Oberften tiefsen ben Qefuiten iferen ©djufe angebeifeen, nur ber 93efefefgfeaber ber
Qufjtruppen, SBilbeftein, ber im übrigen ben patres mofefgefinnt mar, tiefe am ll.Qufi
1632 im ßodeg jmei fünfter jumauern, ba fie nacfe feiner Sfnftcfet nur §ur ©pionage
bienten. 93efonberg grofee ©emogenfeeit gegen bie ^atreg legte ber Oberft Qriebrid)
Stoffa an ben Sag. ©r fcfeidte ifenen, afg fie Mangel litten, fogar Sebengmittef,
fdjüfete bag Kolleg bei ber SBiebereinnafeme ber ©tabt unb ber barauf folgenben
achttägigen ^fünberung burcfe bie ©cfemeben ©nbe Oftober 1633 gegen jeglicfee
©cfeäbigung, inbem er benen, bie gegen bag ß’offeg ficfe etmag erlauben mürben, mit
Sob brofete. Saftiger afg bie ©djmeben maren im ÜÖZai oorfeer ber fRfeeingraf
Otto Submig unb föernfearb oon Söeimar, bie im SÜoffeg SEBofenung nafemen. Sa
lefetereg feine ©taffungen featte, ricfiteten bie 70 Sfeiter iferer ^Begleitung ©ebäuficfe’
feiten beg ^oflegg für bie ißferbe feer. Srofe aller ©unft beg Oberften mürbe aber
bag ®odeg fefer gefcfeäbigt baburcfe, bafe Qreunb unb Qeinb Oon feinen Vorräten,
fofange fofcfee Oorfeanben maren, jeferten. Qubem blieben bie ©infünfte aug, ba
bie ©üter gepliinbert, bag SSiefe geraubt unb bie ^ornfammern geleert mürben. Ser
Sttangef an Sebengmittefn nötigte 1633 einen Seif ber Qefuiten jum Sfbjug. SBon
ben jpoöff jurüdgebfiebenen mürben affe oon ber in ber ©tabt feerrfcfeenben ©eucfee
ergriffen; brei fielen ifer jum Opfer1. Qm folgenben Qafere (1634) müteten junger unb
^eft. Sefetere raffte ben P. ©feriftian Slönig, einen SSenetianer, meg, ber im böfemifdjen
Qelbjug Qelbpater unb 93eidjtoater Siffpg gemefen mar. ©r feferte gu 9ceuburg in
ben nieberen ©cfeufen, befucfete baju bie SSermunbeten, bie aug ber 9Zörbfinger ©cfefacfet
(17. Sfuguft 1634) nacfe 9Zeuburg gebracht morben, unb biente ben fßeftfranfen, big
er fefbft oon ber ®ranffeeit ergriffen mürbe.
§art mürbe bag Kollegium betroffen burcfe bie üBegfüferung beg s^ater 3teftor.
93ei ber fcfeon ermäfenten Söiebereinnafeme ber ©tabt burcfe bie ©cferoeben in ben fefeten
Sagen beg Oftoberg 1633 lodte man ifen ing ©cfefofe beg ©tattfeafterg ©ogmin
Oon ©piering, ben bie ©cfemebeit bereitg ju iferem ©efangenen gemadfet featten. §ier
erflärte man aucfe ben fReftor afg ^riegggefangenen, liefe ifen aber auf fein ©ferenmort,
ficfe auf ben erften 2Binf mieber ju fteffen, ing ®oHeg jurüdfeferen. Sfm 5. 9Zooember
mürbe er bann mit ©piering nacfe Nürnberg unb oon ba nacfe SBürjburg abgefüfert.
Qn Nürnberg featten bie beiben ©efangenen bei iferer Sfnfunft oont ^3öbef oiefen ©pott
ju erbufben, mofür ficfe ber 9Ragiftrat nacfefeer entfcfeulbigte unb fie bann nicfet afg
©efangene, fonbern afg freie ©äfte befeanbelte. 9Zacfe etma oierjefentägigem Sfufentfeaft
bafefbft brachte man fie nacfe Söürjburg, mo fie in fearter ©efangenfcfeaft gefeaften mürben.
Qn einem augfüferficfeen ©cfereiben an ben ßaifer fdjifbert ©piering bie mecfefefreicfeen
1 Kropf II 125. 9?ad) bctn Äotteftaneem auif) „^mei Sßriefter au§ bem Sefuitenorben,
blatt (XVI 13) mar 1633 bie „ungarifd)e ober berett 3al)l fid) in biefer Seit ofjnebem nur auf
folbatifdje fopffrauffjeit" au^gebroctjcu, an ber fieben belief", ftarben.
440
ScdjftcS Äapitcl. Ärieg^not.
©efdjide 92euburgg im ©chwebenfrieg unb wie man if>n „ 5 . 9?ooember (1633) neben
<perrn Patrem Rectorem ju SReuburg erftlicf) auf Nürnberg unb nachher auf SBürj«
bürg geführt, ba mir in 5 SKonat gefangen, Stag unb 9?ad)t fogar in unfern @e-
mädjern burd) ©darneben ftarf bewacht worben" L Stuf ein ähnlid)eg ©d)reiben an
ben ^falggrafen SSolfgang Söilfjelm ermiberte biefer am 7. Januar 1634, er Ijabe
ficfj megen ber ^reilaffung bei Sernharb non SSeimar unb Ojenftjerna oerwanbt
unb werbe „ nit nacf)laffen, big 3hr unb Sßater fReftor wieber auf freiem ^ufj fein
werbet"1 2. Salb barauf würben fie freigelaffen. Ser 9Mtor fefjrte nad) einem SSefuc^
beim ^falggrafen in Süffelborf am 26. ®ejember 1634 nad) Dieuburg juriid.
Ser ©efdjidjtfcfjreiber ber oberbeutfdfjen ^Sroüing ^ebt bei £yreiburg im 58 r e i §=
gau heroor: 2Ba§ id) fcljon mef)r alg einmal gefagt fjabe, baf) bie beutfcf)en Sruppen
ben Qefuiten nie! feinblidjer waren alg bie ©cfjweben, bag geigte ficf) aud) befonberg
in greiburg3. üüad) ber Eroberung beg Elfaff eg tonnten bie ©chweben 1632 un-
gef)inbert nad) greiburg üorbringen. Sie 93ürgerfcf)aft unb bie ©tubenten teifteten
tapfern SSiberftanb, e§ fehlte aber ein tunbiger ©efdhüpmeifter. Ser ÜDfagiftrat bat
bringenb um ben ÜDfathematiler beg Kodegg, Sietrid) Sed. 97ur ungern willigte
ber Sieftor ein, gumal er ooraugfal), wie biefe ^Betätigung ben Qefuiten alg Ser-
brechen angeredjnet werben würbe. 58ei ber grofjen ©efal)r ber ©tabt glaubte er
ficf) aber über ade Gebeuten fjinwegfe^en ju mitffen. Sietricf) Sed übernahm mit
Erfolg bie Seitung ber ©efdjüjje, unb neben if)m wirfte befonberg für bie Ermutigung
ber ©olbaten unb Sürger ber Etf)ifprofeffor Seonfjarb Silbftein. Mehrere ©türme
würben tapfer abgefdjlagen; aber ba feine 2lugfid)t auf Erfafj üorhanben, muffte bie
©tabt unter efjrenüoflen Sebingungen übergeben werben. Seüor bie geinbe am
29. SDejember 1632 einrücften, entzogen ficf) Sed unb Silbftein etwaigen Siadjftedungen
burcf) bie glucfjt. Sie Kapitulation würbe nid)t gehalten, bie ©tabt jwei Sage unb
Siädjte geplünbert. 211g Sranbfdfapung oerlangte fporn 30000 ©ulben. Sem
Kodeg erging eg giemficf) gnäbig. Eg befanben ficf) bort mit ben flüchtigen Siooijen
unb Sffeologen 41 ^efuiten. 21den hatte beim 97af)en ber ©efahr ber iBrooinjial
bie freie 2Baf)l geftellt, fiel) an fiebere Orte jurüd'^ujiehen ober 311 bleiben : ade hatten
im Vertrauen auf bie göttliche Sorfefjung bag festere gewählt. SJlan fud)te jwar
©elb unb ©ut bem Kodeg ju erpreffen, aber ber Üieftor wufjte bag ©chlimmfte ab-
juwenben. Srei Sage nad) ber Übergabe erhielt bag Kodeg eine ©chuüwadje, wo-
burd) jebe größere Uitbid ferngehalten würbe.
©djlimmer ging eg ben ^efuiten im folgenben 3af)re (©eptember 1633) burd)
ben SJlarfgrafen fjriebrich oon Saben-Surlad), bem Openftjerna auf bem £>eilbronner
Konüent (Slpril 1633) bie Oorberöfterreidhifchen Sanbe biegfeitg beg 9ihe*ng 3W
gefprodjen hatte. Ser Üölarfgraf oerlangte einen Sreueib, ben bie Orben alg nid)t
ftattl)aft erflärten unb begl)alb oerweigerten. Sie Bürger fd)Woren ihn oorbehaltlicf)
ber UnOerfehrtheit ber fatholifdtjen Religion4. ßuerft Oerfuchte ber ÜÖiarlgraf burd)
ade möglichen Ouälereien bie ^jefuiten gum freiwilligen Seriaffen ber ©tabt 31t be¬
wegen. 211g bag nid)t gelang, folterte man aufgefangene ©pione oon dreifach fo
lange, big fie augfagten, bie .Qefuiten hätten Serräterei angegettelt. Sei ber Kon¬
frontation mit ben ^efuiten wtberrief ber §aupt3euge unb blieb bei bem ÜBiberruf
auch trofc Oerfdhärfter Folterung.
1 *31bfd)rift of)ne Saturn in 9)1. 9t., Sreijjig-
jäOr. Slrieg, Sitten, 91ad)trag 91r 373“.
: * Original ebb.
J * Litt. ann. Prov. Germ. sup. Kropf
II 110 ff 140 ff 159 ff 241 ff. § e r m. 9)1 a t) e r,
greiburg i. 93r. im Sreifeigfä^r. Ärieg, in 3e't‘
fdjrift ber ©efeHfd)aft für 93cförberung ber ©e-
fc^id)t§tnnbe in greiburg XXVI (1910) 121 ff.
4 Sgl. SOI aper a. a. 0. XXVI 152 ff.
2)ie f(f)tt)cbifd)c Seriobe: 9lot unb Seiben in ber oberbeutfdjen Sroüinä. 441
Ser fHeftor SEBolfgang äftejger unb ber 9ftinifter ©bmunb 0. Sidingen mürben
nebft jrnei anbern patres in baS fd^mu^ige föriminalgefängniS getoorfen unb bort in
ber pärteften Söeife gehalten. Ser äRagifirat, bie Vürger unb aud; bie Unioerfität
oermanbten fid; für bie gefangenen Qefuiten, alles umfonft1. Fn ber ÜRad;t oom
7. auf ben 8. (September mußten bie Qefuiten beS Kollegs, nod; 35 an ber gapl,
plöplidp opne jebe Vorbereitung unter militärifdjer ©Störte bie Stabt oerlaffen.
9Rand;e fielen in ber bunfelit 9?ad;t auf ben fotigen SGBegen mieberpolt pin, immer
mieber trieben bie Solbateit ooran. Fn ber grüfje beS äRorgenS festen bie Sob
baten um, nadjbem fie ipre Sd;üplinge grünblid) auSgeplünbert Ratten2. Sie Fe=
fuiten gelangten unter oielen Vefcpmerben, aber üielfacp burcp bie Siebe frommer
Seute unterftüpt, nad; ber Scpmeij, mo fie in Supern unb greiburg Slufnapme fanben.
Sie oier gefangenen Fefuiten in ^reiburg patten unterbeffen nocf) oiele Ouälereien
ju erbulben. Söieberpolt mürbe ipnen mit ber golter gebropt. 2Bie überall, fudpte
man aud; in greiburg nad; oerborgenen großen Sdpäpen unb rnoKte um jeben ißreiS
baS nicpt oorpanbene ©epeimniS erpreffen. iRacpbem alle Verfudje gefcfjeitert, mürben
bie ißatreg am 16. September Oon Solbaten auS ber Stabt geführt. Slud^ biefe patres
tarnen glüdlidp nad; Sujern. SaS Kolleg blieb oertaffen bis Stritte SRoüentber, als
bie faiferlicpen unb ligiftifdpen Gruppen ^reiburg befepten unb mit ipnen einige
Fefuiten juriidteprten. $urj beoor bie Sd;meben Früpjapr 1634 bie Stabt mieber
befepten, oerliepen bie ^efuiten auf bringenben 9tat beS SRagiftratS unb iprer Freunbe
Freiburg; fie raanbten fiep teils nad; Vreifadp teils in bie Scpmei,$, bie Sd;liiffel
übergab ber fReftor einem befreunbeten Slrjte. Söäprenb fecpS ÜÖtonate mürbe bie
Stabt auSgeplünbert. SaS Kolleg blieb oerfcpont. So tonnten bie patres, bie
itacp ber Sdplacpt öon ÜRörbliitgen (September 1634) jurüdfeprten, ipre Slrbeiten,
raenn aud; unter großen ©ntbeprungen, mieber beginnen. Vor ber britten Velagerung
(Slpril 1638) burcp ben -fperjog öon Söeimar maren bie Scpolaftder, bie bort Speo*
logie ftubierten, nad; Freiburg i. Sd;m. gefd;idt morben, ein Seil ber ißatreS unter
grofjen SRüpfeligfeiten unb SRippanblungen geflogen, ein anberer Seil geblieben,
tropbem bie greunbe fie auf bie grope ©efapr aufmertfam macpten, meil ipnen früher
unter ben fcpmerften Strafen baS Freiburger ©ebiet oon ben Scpmeben oerboten
morben. 211S ber £)erjog am 11. 3lpril 1638 einjog, bepaubelte er aber bie Qefuiten
gnäbig. 2öäprenb anbere OrbenSleute mippanbelt unb auSgeraubt mürben, tonnten
bie Fefuiten nidpt allein ipren gemöpnlidpen Slrbeiten ungeftört nacpgepen, fonbern
fogar mit §ilfe feinblicper Solbaten ipre ©rnte einpeimfen. VefonberS mar eS ber
caloinifcpe Oberft ©albenbacp, ber ben Fefuiten alle fjrcunbfd^aft ermieS.
©nfiSpeim mürbe Sejember 1632 Oon |>orn eingenommen3 * *. 2Ran patte ben
Fefuiten geraten, fid; ber SEBut ber Feinfre/ bie burcp ben 3mb beS Königs ©uftao
Slbolf nocp gefteigert fei, burcp bie F^uc^l äu ent^iepen. 2lber bie ^efuiten blieben,
jumal ja bie F^^t i3611 Slrgmopit ber Feini)e n0(^ pätte üermepren fönnen. §orn
gab ben F^fuiten eine Sd;upmatpe, tonnte aber mandperlei Unbilben ber beutegierigen
Solbaten nicpt Oerpinbern. 9?od; mepr litten bie Fefmten unier ^er ^eft bie oon
Fuli bis i)7oüember 1633 mütete. SaS folgenbe FaPr (1634) bracpte bie Kämpfe
ber Äaiferlidpen unb Sd;meben. Sropbem gingen bie patres aud; auperpalb ber
Stabt ipren Slrbeiten nadp, ba bie Pfarreien auf bem Sanbe meift oon ipren Ritten
oerlaffeit maren. Sabei mären beiitape meprere oon ben aufftänbifdpen Vauern, bie
1 UniocrfitätSOrotofoH, 26. Stug. 1633. Sgl. sub falso proditionis praetextu. SMatjer
Wtaljer a. a. 0. XXIX 155. $ie 2l!ten ber a. a. 0. 154, 21. 2.
tl)eoIogifd)en gafultät befagen jum 25. 2lug. 2 Sgl. SRaIlinger§ Jagebiidjer in SOloite,
1634, bie Senaten fejen gegen aüe§ 9Ied)t unb CueHenfananlung II (1854) 546.
alle SiHigfeit in ben fterfer geraorfen roorben 8 Ivropf II 105 f 231 ff 402 ff 433 ff.
442
©ed)fte§ Äopitel. Ärieglnot.
meber Qreunb nodj geinb oerfchonten, ermorbet rnorben. Sludj in CEnfisfjeim ermieS
fidj ber Oberft ©Ijriftian ©albenbacf) als iljr märmfter Qreunb. Unter ber halb
auSbredjenben Hungersnot Ratten bie Qefuiten fe^r oiel ju leiben, menn aud) bie
Stabt rnieber in bie ©emalt ber Kaiferlidjen fam. Qm Sluguft 1637 nahm fie ber
Herzog non SBeimar oon neuem. 9J2it ber ganzen Stabt mürbe aud; baS Kolleg
ber iptiinberung preisgegeben. St)ie Qefuiten fonnten frof) fein, mit bem nadten
£eben baoonjufommen. ®ie Kapelle mürbe entroeif)t, baS SttXer^eiligfte mit Qüfjen
getreten. St>ie 22 Qefuiten hatten ju Slittag nur ein Stiicf Schmar^brot, in ben
folgenben SEagen meift nur 931ätter aus bem ©arten, ba man aud) im ©arten alle
Qrüd)te geraubt.
Sad) brei 2Bocf)en erlangten bie Qefuiten enblicfi burcf) oiele Sitten, baff menig«
ftenS fünf bie Stabt oerlaffen burften, um itjr Seben ju friften. ©ine ÜBodfe fpäter
befahl man bann allen Qefuiten, bie Stabt ju meibeit. ®ie Sürger erreichten aber,
baff 2 ißatreS unb 1 Sruber bleiben burften. ®a biefe faft ohne jebe SebenSmittel
blieben, mufften fie baS ganje Qaljr 1638 mit ber größten 920t fämpfen. ®a^u
famen fortgefetKe ©efafjren für il)r Sehen oon feiten ber Solbaten, befonberS infolge
eines Überfalles burdj bie Sotlfringer. SDie Qefuiten mürben gefdjlagen, burd) bie
©änge gefcf)feift, mit bem SEobe bebroljt. ©in Schuh auf ben Kopf eines fßaterS
oermunbete nur feinen Slrm. ®er Sruber erhielt einen Säbelhieb über ben Kopf.
®er anbere ifiater fotlte gehängt merben, mürbe aber oon feinem eigenen Henfer ge-
rettet. SDann mürben bie Qefuiten in enger Haft faft ohne Nahrung gehalten, ©in
gefülfdjter Srief, ber Oor bem Kriegsgerichte ihre Scfjulb bemeifen fotlte, mürbe bem
Qälfcfjer felbft jum Serberben. Sad) einer ©efangenfchaft oon einem ÜDtonat fonnten
bie Qefuiten in ihr oermüfteteS unb befdjmupteS HauS jurüdfefjren. Sofort nahmen
fie ihre Arbeiten roieber auf. Son ihrer Unfdjulb überzeugt, fdfjü^te fie je£t ber
Herzog oon SBeimar unb unterftüpte fie, bah loenigftenS bie ®ad;rinnen, melche
oon ben Solbaten geftohlen morben, mieberherftetlen fonnten. SE>a fein Pfarrer
oorhanben, übernahm ein s}3ater auf Sitten ber Sürger beffen 2lmt. Qn öffentlicher
fßrebigt geihelte berfelbe in ?lmoefenf)eit oieler Solbaten unb Offiziere bie 2luS-
gelaffenheit ber Struppen.
$
Sielfach mürben bie Qefuiten, mie fdjon früher angeführt, befonberS bei ben
Söechfelfällen ber Selagerungen, in friegerifdfje Unternehmungen, meift ganj gegen
ihren SBiden, hineingejogen. deshalb ftellte bie nieberrheinifche Srooinjialfongregation
oom Qaljre 1642 bem ©eneral folgenbeS oor: ©ine fehr grofe ©efaljr entfteht für
einige Kollegien barauS, bah in Stäbten mit feinblidjer Sefapung Qreunbe in überaus
unflugem Sertrauen unfern ißatreS ganj unoermutet ihre ipiäne ufm. gegen bie
Qeinbe eröffnen, unb bieS fo plöplich, bah e”te Sorfidjt bagegen faum möglich ift-
®a eS aber bei ben Qeinben als ein Kapitaloerbrecfjen gilt, nicf)t allein bei folcheit
Slänen mitjumirfen, fonbern auch biefelben nicht anju^eigen, menn man aud) nur bie
geringfte Kenntnis baoon erlangt hot, fo bittet bie Kongregation um Sat. ©S hanbelt
fid) um Orte, too bie Qeinbe ben SEreueib nidjt oerlangt haben. SitelleSdji muhte
für fo ltnoorhergefehene SDtitteilungen feinen anbern 92at als ben, bie gröhte Sor¬
fidjt ju braunen, bah matt nicht ju folchen Uitterrebnngen jugesogen merbe. Qeben-
fallS mürbe eS nützlich fein, fich mit SluSroärtigen nicht über Q5olitif ober bergleicffen
Seuigf eiten 31t unterhalten, fonbern ber Segel gemäfj ein geiftlidjeS ©efpräd) gu
führen 1.
1 * Original iit Acta Congr. Prov. 1642 II 266 273.
ßtmni|cf)en in Äriegluntentefjmungen. — 3>a§ lefete SofÜäeljnt 1638—1648.
443
Sind; (Earrafa brang barauf, bafj man fid) nicfjt in ^rieggangetegenheiten ein»
mifd)e ober oermidetn taffe. T)em nieberrljeinifdjen proohtsial Otterftebt lief) er am
25. ÜDJai 1647 bie SSeifuttg jufommen: (Ern. £md)mürben follen aßen ÜDätgtiebern
5hrer Prooins ftreug oerbieten, fogar unter ber ©träfe ber (Enttaffung aug ber ©e»
feßfdjaft, fid) auf irgenb eine 2Beife ein^umifdjen in ?ßläne ober 9}Jad)inationen ber
einen ober anbern Partei ber dürften, unter benen mir bort fielen, ptätse JU über»
geben. ltnfereg Stmteg finb nur bie geiftlidjen Tienftteiftungen unb burdj biefe nad)
Prüften alle jur Siebe ©otteg anjueifern. Tegl)alb foßen aße genau bie Porfdjrift
ber 43. fRegel beg Summarium beobachten unb mit aßgemeiner Siebe aße Parteien
im §errn umfaffen1.
:J: *
*
Tag tefjte Qahr^efjnt beg Krieges geigt mieber einen oietfacf) medjfetnben föriegg»
fdjauplah. 9?ad) bem Stöbe beg fpergogg Pernfjarb oon SBeintar (1639) bemächtigte
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$er oöervtjeiniic^c ^votmtjial 3ond)im jammern iiöer bie flnegSbcbrängmite 1639.
fid) granfreich feinet fpeereg unb feiner (Eroberungen. Sin ber ©teße beS fdjmebifdjen
©eneratg Paner (f 1641) erhält Torftengfon ben Oberbefehl. Tiefer befiegt in ber
§meiten ©d)tad)t bei Seip^ig (Preitenfelb) 1642 bag taifertidje £>eer unter (Erghergog
Seopolb 2Bitf)etm unb Piccolomini unb menbet fid) nach SUiätfren. Tie grattgofen,
bie unter ©uebriant ©djmaben befetd, merben 1643 bei Tuttlingen oon bem öfter»
reid)if<h'bahrifdhen fpeere gefchtagen. ifjtn fotgenben $af)re 1644 gmingen bie güan»
gofen unter Turemte unb (Eottbe bie Patern, unb bie ©chmeben unter Torftengfon
unb fööniggmard bie Ä'aiferlidjen gum dtüdgug. Seigere merben ^anuar 1645 bei
ÜDfagbeburg faft oernidjtet. Torftengfon bringt nad) bem ©ieg bei ^anfau in Pöfjmen
(äftärg 1645) faft big oor SfBien. 2In ©teße beS erfranften Torftengfon erhält SSrangel
ben Oberbefehl über bie ©chmeben. 3in 1645 fdjtagen bie granjofen unb
* 0rig.*9teg. Ad Rhen. inf.
444
(£ecf)fte§ Kapitel. SriegSnot.
.'peffcn bie Sapern bei 2lHerpeim; 1646 machen bie ©cpmeben unb frangofen einen
Einfall in Samern unb gmingen, mie fcpon oorper bie ®urfürften ton Srattbenburg
(1642) unb ©acpfen (1645), nunmehr oucfj ben ^urfürften oon Sapern (1647) gur
Neutralität (SöaffenftiQftanb gu Ulm), ©obalb ÜNapimilian Suft befommen, fünbigte
er ben SBaffenftillftanb. fept braten ©darneben unb frangofen 1648 gum gmeiten*
mal fengenb unb brennenb in Sapern ein, mürben aber fcpliefjlicp gurücfgebrängt.
SSäprenb bie ©cpmeben unb frangofen ficf) nacp ber Oberpfalg manbten unb ber
fcpmebifcpe ©eneral &’önigSmarcf $rag belagerte, traf bie Nacpricpt tont 2lbfcplup beS
f riebettS (24. Oftober 1648) ein.
fn biefer lebten ßeit patten befonberS bie Nieberlaffungen in Sapern oiet gu
leiben. EberSberg mürbe 1648 mieber ttöflig auSgeplünbert unb termüftet, ebenfo
33iburg. furchtbares mupte SanbSberg nacp breigepniäpriger Nupepaufe erbulben. „2lm
Enbe beS Krieges bot bie einft fo blüpenbe ©tabt einen erfcpütternben 21nblicf bar.
©cpmert, junger unb s^eft Ratten mepr als bie Raffte ber Semopner bapingerafft,
gange fantilien, einft bie Epre unb ber ©tolg ber ©emeitibe, maren auSgeftorben.
Sie Übriggebliebenen fcT;madf)teten im tiefften (Sfenbe. Ein Seit ber Raufer mar
terfallen, baS fteine ©emeinmefen franf unb gebrochen, £mnbel unb fnbuftrie be>
graben. Unb ringsumher ftatt ber bliifjenben felber unb ©arten Söüftenei unb
Sorngeftrüpp, ftatt oolfreidfer Dörfer ©cputt unb 2lfcpe."1
2Bie fehr bamatS Sapern gu leiben patte, unb gmar öon ben eigenen ©otbaten,
geigen einige Eintragungen beS ©c^nfpräfeften beS Stüncpener f efuitengpmnafiumS,
P. ©eorg ©paifer. 21m 25. SJfärg 1648 trägt er in baS Sagebucp beS ©tjmnafiumS
ein: Eine ungeheure Sermirruttg herrfehl in Satjern jenfeitS ber ffar auS furept
oor bem fepmebifepen ©eneral SBrangel. Um ihm entgegengutreten, hat baS faifer*
tiepe unb baprifepe §eer bei f ngolftabt eine Srücle gefcplagett unb bie Sonau über*
fepritten. 9Nan patte bie dauern nidpt oorper gemahnt, fiep unb ipre §abe in ©ieper»
peit gu bringen, ©o paben benn bie habgierigen ©olbaten alles geraubt, befonberS
in ben ber Sonau näper gelegenen Orten. Sie Säuern flopeit unb mürben öon
unfern ©olbaten faft bis an bie Sore SNüncpenS oerfolgt. 9Nit 3Norb unb ^lünbe*
rung paben unfere ©olbaten niept anberS gepauft als bie feinbe. 3U Oftern
(12. 21pril) 1648 bemerft P. ©paifer int Sagebucp: SaS Ofterfeft mar um fo freubiger,
als alle unfere ©olbaten um biefe .Qeit Sapern oerlaffen paben. 21ber am 9. ÜNai
fepreibt er: Unfere ©olbaten paben plöplicp bei Sonaumörtp bie Sonau überfepritten
unb fiep über gang ©cpmaben ergoffen unb allerorts eine unglaubliche Sermüftung
angerieptet, inbem fie in niept gang grnei Sagen baS ©ebiet oott ber Sonau bis §u
ben 21lpen mie ^peufepreefen burcpfcpmärmten. 2lm 21. 2Nai gogen fiep unfere ©ol*
baten nadp Sapern gurücf, um ben Secp unb Sapern gu oerteibigen ober oielmepr
ein gmeiteS ÜNal auSguplünbern. 21m 25. S?ai fliept ber Ipof, unb am 29. 9Jfai
Oermüften bie befreunbeten faiferlicpen Neiter bie gange Umgegenb2. 21uS ÜDiüncpen
felbft marett bie meiften fefuiten naep ber ©cpmeig geflopen.
*
9Nan fönnte bie frage aufmerfen, ob mie pier fo auep an anbern Orten bie
fefuiteit niept oielleicpt gu ooreilig geflopen. §ätten fie eine Serpflicptung gur
Sfarrfeelforge gepabt, fo märe bie fludpt aller gemip eper tabelnSmert gemefen;
benn ber £irt mup bei feiner §erbe bleiben, befonberS in ben Sagen ber Not, auep
roenn fein eigenes Sebett bebropt ift. Siefe Sebropung mar für bie fefuiten in ber
1 Borger, 3ur ©efepiepte £anb§=
berg§ nmprenb be§ Sreifjigiäprigen ÄricgeS,
SanbSberger Programm 1882, 64; öergleicpe
oben 54 ff. s * Clm 1550.
2)ie fyrage ber gludjt.
445
STat torfjanben, mef)r nodj nad) ben umfaufenben ©eriidjten afg in ber SSirfficfjfeit,
befonberg im beginn be§ Krieges, ©uftat 3lboIf hielt ftrenge jD?anneggud)t, uitb
mo er gugegen mar, mürbe auch fein ^efuit ermorbet. Sfber ancf) ©uftat Sfboff
fonnte nidf)t terfjinbern, bafj manche ^Sriefter unb OrbenSfeute non feinen Struppen
I)ingefcf)Iad)tet mürben. Unter ben beutfcfjen ©öfbnern in affen §eeren fanb fidf) ©e*
finbef ber niebrigften ©orte, ja ber Sfu§murf ber 5)Jfenfcf)heit. SDiefe SDJorbbuben
bebten tor feiner ©dfjanbtat gurücf. 58efonberg fßriefter unb Orbengfeute mürben oon
ihnen in ber fcf)änbficfjften SBeife fangfam gu Stöbe gemartert.
$n Sßürgburg mürben 1631 gmei ^apuginer in ber fö'ircfje ermorbet1. SÖ3ie
ber Sfuggburger ©enerafoifar an feinen 58ifdjof fd^reibt (Scf)ongau, 7. Sfuguft 1633),
mürbe ber TOjäfjrige Stefan in ©uttenberg, ©eorg ©teinacf), gu Stöbe gefoltert;
im Neuburger ©ebiet mürben binnen furgem eff ißriefter graufam getötet. 2)em
Pfarrer in Sappenhaufen brannten fie mit glüfjenbem ©ifen bag fdfjmebifcfje SSappen
ein; ben Pfarrer ton Qfferrieb unb ben Pfarrer ton folgen (bei Ufm) marterten
fie in ber fcfjänbficfjften SBeife gu SSSobe ufm.2 g-iir bie fjfucfjt fonnten bie Qefuiten
aucfj geftenb machen, baff man megen if)rer angeblichen fabelhaften 5Reicf)tümer nur
um fo größere 58ranbfcha£ungen terfangen merbe. üfMjrfacfj münfcfjten auch bie
fBefjörben augbrücfficf) if)re gfucfjt, mie g. 58. in SBürgburg unb |jeifigenftabt.
Stro^bem biirfte eg in einzelnen fyäffen gmeifelljaft erfdjeinen, ob eg für bie ^efuiten
nid;t ehrentoller gemefen märe, auf ihren ißoften auggufjarren. i3e^enfa^§ waren aucfj
bei ben Qefuiten bie Sfnficfjten geteilt, befonberg in ben ©ebieten, in benen man eben
an ber Sföieberherfteffung ber fatfjolifcfjen SMigioit gearbeitet hatte. ©0 fjeifjt eg in
ber ©efchidfjte beg Sfmberger ^offegg gum ^afjre 1632: St)ie Obern maren terfcfjiebener
Meinung. Stie einen glaubten, bie Unfrigen fofften ficfj nicfjt ber $rieggfurie aug«
feigen, ba hoch feine Hoffnung auf grudfjt torhanben; bie anbern glaubten, eg fei
menigfteng ein guteg 58eifpief, menn einige ber Unfrigen, befonberg fofcfje, mefche
Pfarreien terroafteten, eg magten, ben geinb gu ermarten. ÜDiancfje ^Satreg auf ben
ÜDäffiongftationen empfanben eg fehr hott, baff ihnen ihr unmittelbarer Oberer bie
fyfucfjt geraten ober befohlen hatte. St)eghafb trennte ber ißrotingiaf bie äftiffiong*
ftationen ton bent Sfmberger Kolleg (beffen ffieftor fie bigher uuterftanben) unb mieg
P. ißffaumer an : menn er Sftut habe, auf ben gefährlichen ißoften gurücfgufefjren unb
ben geinb gu ermarten, fo fei bag ben Obern recfjt; er fönne bann ohne Sfbhäitgig=
feit ton Sfmberg bie Stationen in ©ufgbacfj, 5E3etjben, ©hrenborf, 9?euftabt feiten.
Sofort fehrte ißffaumer am 19. gebruar 1632 nadfj ©ufgbacfj gurücf3. SDiefen 9)fut
mu^te ber ißater bafb teuer begahfen.
2ffg bie Schweben 9)ätte 1632 ©ufgbacfj eingenommen, mürbe bie SBofjnung
ber ^efuiten gepfünbert, fie fefbft gefangen genommen unb unter tiefen äUifjfjanb*
fungen nach Nürnberg gebracht. £>ort mürben fie fünf SDJonate in einem fcfjmuhigen,
ton Ungegiefer ftarrenben Werfer in enger £>aft gehalten; ihr 58ett mar fauleg Stroh,
ihre Nahrung fcfjmargeg 58rot unb halbfauleg ffleifcfj, mährenb 20 SBodfjeu erhielten
fie feine reine SfBäfche, jeber fcfjriftüche unb münbiicfje 58erfehr mar abgefcfjnitten.
9iach fünf üftonaten fejjte Äurfürft 9J?aj: burch 58itten unb ©rohungen ihre ffreifaffung
burcfj, unb fo fonnten bie armen ©efangenen Sfnfang ütfotember 1632 nach ©ufgbacfj
gurücf fehren 4.
Söohl infolge terfcfjiebener Etagen über toreiligeg 5ßerfaffen ber Käufer fchrieb
ber ©eneraf 58iteUegdhi an ben rheinifchen ifkotingiaf S^icfef am 28. gebruar 1632:
1 G. ©. © d) ar 0 I b , ©efd). ber frfjtreb. unb 3 *Hist. coli. Amberg. 1621—1709. 9)1. 91.,
fadjfemtneimar. gtnifdjenregierung in SBüräburg Jes. 769.
(1842) 28. 4 * Hist. coli. Amberg. 1682. K r o p f II 73 ff.
2 *ft'opie in Epp. ad Bus. 109. Cordara II 598 f.
446
©cd)ftc§ Äapitel. Äriegäitot.
©§ mar mir lieb, gu öerneljmen, bah ©ie alle Q^re Seute foroeit alg möglich in
ber ißroöing ^urücff;alten roollen. ©o roerben ©ie, roie icf) fjoffe, bem Sabel ent«
gehen, ben manche aug anbern ißrooingen fid) gugegogen, bie nur bie g-urcfjt üor
Dem nod) fernen geinbe aug itjren Raufern getrieben f)at. $n biefem ©tücte finb
faft überall bie anbern Orbengleute ftanblfafter gemefen, inbent fie in ben non ben
geinben befehlen ©täbten bie Bürger, für beren ©eelforge fie öorfjer fiel) bemüht,
nidjt djer oerliehen, alg big fie bagu burcfj feinblidje ©eroaft gegroungen mürben.
$cf) !ann nidfjt umhin, ©ro. §odjroürben roie audj bie fßroüingiale ber anbern ^5ro-
üingen gu ermahnen, baff ©ie ^hre Untergebenen nidjt eher fließen laffen, alg big fie
bagu burdj ©eroalt gelungen merben ober big eg fidjer feftftefjt, baß bie geinbe
fie gefangen nehmen ober töten mollen. Sa hierfür big jeßt feine Beifpiele oor«
liegen, finbe idj nod) feine ^inreic^enben ©rünbe, bie gurdjtfamfeit ber Unfrigen gu
entfcfjulbigen 1.
^m felben ©inne fdjrieb Q3itellegcf)i am 27. 9)?ärg 1632 an ben oberrheinifdjen
fßroüingial Sambert ©traoiug: Sie Borfidjt beg ißroüingialg bei einem fo plößlicf)
Ijcreinbredjenben Unglüd, feine Untergebenen rechtzeitig ben ©efafjren gu entziehen,
oerbient eher Sob alg Sabel; aber eg ift hoch bei einem neuen Unglüd gu ermägen,
ob man nicht lieber ben geinb unb feine Sftafjregeln abmarten folle, alg fo plößlidj
gu fliehen, unb ob eg nidjt geraten fei, auch ber mirflidj erfolgten Vertreibung
ber ißatreg aug ben Kollegien bod) einige oerfleibet in ben Käufern ooit fyreunben
gurüdgulaffen, um bie ßütfjolifen gu tröften, roie bieg in ©nglanb unb ^ollanb überall
gefdjieljt. 2Bag ©ro. .fpodjroürben ton ben unmenfdjlichen ÜDUßljanblungen ber Söorinfer
ißatreg burdj Bauern fdjreiben, habe ich nicht ohne grofjeg SDfitleib lefen fönnen;
benn roenn idf aud) nicht groeifle, baff bie ißatreg bie Beraubung, ©djläge unb
Söunbeit freubig aug Siebe gu ©Ijriftug ertragen haben, fo bleibt bodj bag 9J?itIeib
über eine fo gräfliche ÜDüfjfianblung, megfjalb idf bitte, aCCeg aufgubieten, mag bie
Vatreg tröften unb erquiden fann. Sie ©ntlaffung ber Rooigenbrüber ift groar in
einem foldjen galle in ber ©efelffcfjaft nicht üblich, allein bie Berfjältniffe liefen
roohl faum etmag anbereg gu. Siefeg Verfahren fann um fo mehr gerechtfertigt
merben, roenn fidj in ber grolge geigen roirb, baff bie Brüber in iljrem Berufe ftanb«
haft geblieben finb2.
Sen ^eibelberger Obern Slrnolb .fpan mahnte Bitellegcfji am 27. 9J7ärg 1632:
^dj fann benen nidjt antroorten, roeldje bie Qefuiten befcfjulbigen, alg feien fie gu
furdjtfam, meil oiele in ben üorauggeljenben fDionaten auf irgenb ein ©erüdjt Oon
ber Slnfunft beg geinbeg fofort aug ben ©täbten, roo fie rooljnten, geflohen finb
unb fidj in ©icfjerljeit gebracht haben. SD^eine Befürchtung geht bahin, bah audj
©ro. £rodjroürben unb 3hre Untergebenen einen Slnlaß bagu gegeben, bah fte plö^lich
aug einer, roie ich fyöre, rooljlöerteibigten ©tabt geflohen, gumal roenn roie an anbern
Orten, auch Su §eibelberg anbere Orbengleute mit gröberem 9Jlut gurüdgeblieben
finb. Söenn ©ro. £>odjroürben Qhr Verhalten, mie fcheint, burdj ben Bat beg
P. ober anbere ©rünbe rechtfertigen fönnen, märe eg mir lieb, bag
gu erfahren, bamit ich gegebenenfaüg oon biefen ©rünben gur Rechtfertigung ©e«
brauch machen fann. ©ine foldje Redjtfertigung fdjeint um fo mehr am ißlaße
fein, alg fidf in ber Sat gegeigt hat, bah fein f° mistiger ©runb für bie eilige
gludjt aug ^»eibelberg oorlag3.
©pätere Beridjte iibergeugten ben ©eneral, baß in manchen fällen hoch bringenbe
©riinbe bie flucht nahegelegt hatten. 9lm 9. Slpril 1633 betätigte er bem P. ^oadjim
^atnman, bem ©efretär beg oberrheinifcfjen ^rooingialg, ben ©mpfang feineg Be«
1 *Orig.=9teg. Ad Rhen. inf. 2 * Orig.=91eg. Ad Rhen. sup. 3 * Ebb.
Sie Unterbringung ber gliidjtlinge.
447
ridjteS Dom 18. Januar über bie Bermüftung ber meiften o6errfjeinifcf)en Kollegien,
©ann fäf^rt er fort: F<h beburfte gmar fcfjon nicht mehr biefeS S3ericf)teä gur Söiber»
legung ber Bnftagen über bie öoreifige Ftudjt ber Unfrigen, benn bie Uitmenfdjlidj«
feit ber geinbe gegen bie in ben Ä'odegien gurüdgebtiebenen BatreS bemeift, baff
bie Befürchtungen ber ©eftoheneit nidjt grunbtoS toaren; aber eS mar mir bodf) lieb,
eine genaue Befdjreibung ber ©raufamfeiten gu erhalten, mit benen bie §äretifer
bie ©tanbhaftigfeit ber Unfrigen an öerfchiebenen Orten auf bie ^Srobe geftedt haben 1.
❖ *
*
©ie Unterbringung ber nieten ^tiidjttinge in ben nerfdjiebenen SSedjfetfäden
beS Krieges bereitete ben Obern eine nicht geringe «Sorge. ©in großer ©roft mar
babei bie grofse Fuoorfommenheit unb Siebe, mit ber bie Flüchtlinge attenthatben
aufgenommen mürben. So bebanfte fid) BitedeSchi am 28. ©egember 1619 bei bem
oberbeutfdjen Bl'ODingiat ©renging für bie groffe Siebe, mit meldjer er bie Flücht¬
linge auS Cfterreidj aufnehme unb teils bei fich behatte, teils mit IReifegelb nerfehen
in bie ihnen angemiefenen Bringen fdjide. @r merbe, menn möglich, für eine ©nt«
fchabigung forgen, ba bie öfterreidjifche Brooing burdj bie ß'riegSmirren fo erfdjöpft
fei, baff fie meber ihre Flüchtlinge mit bem notmenbigen Beifegetb nerfehen noch
ihre übrigen Biitgtieber unterhatten fönne. Unb am 4. Fanuar 1620 mieberhotte
BitedeSchi biefen ©auf, befonberS auch bafür, baff ber Broöin<pat fogar auch *üe-
fenigen, bie für bie njeinifdje B^oDing beftimmt morben, aus SJiitteib bei fich begatten
habe, ©ie meiteren F^üdittinge merbe ber öfterreidjifche ^roninjiat nach Betgien,
Franfreich, Spanien unb Portugal fenben, beren Obere bereits benachrichtigt feien2.
©etn rheinifdjen fjSroninjiat Bidet fchrieb BitedeSdji am 24. Fanuar 1632:
©en Blau, bie Booigen mit ihrem Booigenmeifter nach ÜBei3 gu fdjiden, bamit fie bort
in einem gemieteten £)aufe leben, bis ber ©rier brohenbe Sturm oorübergegangen,
möge bie göttliche ©üte fegnen. ©ie anbern, metdje nach Betgien gefdjidt finb ober
noch folgen, merben bie Obern biefer ^rooinjen mit oder Siebe aufnehmen, mie
biefetben mir mitgeteitt haben. Sodten ber Fiüdjttinge auS ben beibeit rfjeinifchen
Brooingen gu niete fein, atS bah ade in Betgien bleiben fönnten, mögen einige in
bie frangöfifdjen Groningen gefdjidt merben, beren BroDingiate bereits Bachricht er«
hatten haben3.
Seiner großen Freube über bie ben Ffüdjttingen ermiefene Siebe gibt BitedeSchi
BuSbrud in einem Briefe nom 27. Btärg 1632 an ben ÜBainger Beftor Biber, ber
fich bamatS in Sujemburg aufhiett: Schon nor meiner ©mpfehtung an bie ^ßroöin^iate,
ben Flüchtlingen auS ©eutfdjtanb atS ihren lieben SBitbrübern biefetbe Siebe gu er»
meifen, metche fie fetbft in ähnlicher Sage für fich münzten, haben bie meiften B^o«
oingiate auS freien Stiiden bie Käufer unb Strittet ihrer Br°oingen mit großer $u«
oorfommenheit für bie Flüchtlinge angeboten unb bie Bnfommenben fehr liebreich
aufgenommen. SSeit ©ro. §odjmürben biefetbe ©rfahrung in Su;rembnrg gemacht unb
anbere anberSmo in ähnlicher Söeife, fo hat bieS nicht menig meinen großen Schmerg
über bie ßerftörung fo Dieter ^odegien unb bie Seiben fo Dieter BatreS unb Brüber
getinbert 4.
Buch Italien, Franfreich unb Spanien nahmen Diefe Ftüdjttinge auf. ©ie
Sdjotaftifer, fo mahnt BitedeSchi am 21. Buguft 1632 ben Faxender Beftor
F. B. ©pfat, metche gur Fortfefcung ihrer Stubien hierher gefchidt merben, foden
über ©rieft unb Fiume, ohne fich bort aufguhatten, nach Bncoua reifen, beffen Beftor
1 * gfcb. 3 * Drig.=9teg. Ad Rhen. inf.
2 *Crig.=3teg. Ad Germ. sup. 4 * Drig.üReg. Ad Rhen. sup.
448
Sed)fte§ &a}ntel. ÄriegSnot.
bereits Derftänbigt ift i. Sodte eS notmenbig fein, fo fcpreibt VitedeScpi am 20. 9io=
Dember 1632 an ben gulbaer Sieftor Gopper nacp Köln, mehrere auS $)eutfdplanb
ober Velgien in auSmärtige ifkooinjen ju fcpiden, fo möge man baS tun. ®a id;
bie Sfot fcpon normet ber Siebe ber Obern empfohlen, fo merben fie, mie id; fjoffe,
überall mit Siebe aufgenommen merben unb aucp opne fHeifegelb überall auf ber
®urdpreife in ben Kollegien bie nötige Unterftüpung für bie SBeiterreife finben 2. £>ie
fieben Scpolaftifer aus ber oberrpeinifcpen ^ßrooinj, meld;e Siooember 1633 in Siom
anfamen, fanbte ber ©eneral megen ju großer Velaftung beS römifcpen KodegS mit
beutfcpen glücptlingen itadp Sizilien3. Slm 12. gebruar 1633 mieS 95itede§d)i ben
oberrpeinifcpen ißroDinjial StraoiuS an: SBenn nufere gtüdjtlinge länger im (Spül
bleiben müffen unb nicpt ade in ben fran^öfifcpen ißroninjen jurüdgepalten merben
fönnen, fo mögen «Sie biejenigen, meld;e fiep in ben Spanien näper gelegenen Kod
legien befinben, nacp Spanien fdfiden, mo ade, mie id; Oertraue, eine liebeoode Stuf*
napme finben merben4.
Ginjelne Kodegien gerieten burd; ben Unterhalt ber oieten gremben in große
Scot. So berichtet ber QnnSbrnder Sieftor Gßfat am 5. Sluguft 1636 an ben if5ro>
oinjial: SDaS Kodeg pat megen ber Slufnapme ber Dielen glücptlinge filberne unb
golbene Kircpengeräte oerfaufen unb grope Scpulben macpen müffen. 9tde Ginfünfte
betragen 3060 ©ulben, gegen ßinfen (5 unb 6%) mürben 2100 ©ulben, opne
ßinfen 2093 ©ulben geliepen; bie Kapitalien mußten angegriffen merben, fo bap
bie Scpulben 8193 ©ulben betragen. SJiit ben gegenmärtigen (Sinfünften fönnen,
bie ißerfon ju 150 ©ulben gered;net, nur 19 ißerfonen unterpalten merben. Seit
1632 finb ade greife fepr geftiegen, babei mupte baS Kodeg megen ber oon adeu
Seiten oor ben Sdpmeben fliepenben SJiitbrüber im fjüpre 1632 SioDi^eit, Scpolaftifer
unb anbere, im ganzen über 90 ißerfoneu, 1633 über 70, 1634 unb 1635 50 bis
60 ißerfonen unterpalten, $ür bie glücptlinge mürben in oier Qiapren 4000 ©ulben
aufgemenbet. SOiefelben erpielten nicpt adein Siaprung, fonbern audp bei ber Slb«
reife anftatt ber jerriffenen neue Kleibung unb Steifegelb. SDa bei bem 25urd;einanber
nidjt feftgufteden ift, meldjeS Kolleg für bie SluSgaben aufjufommen pat, möge bie
Sßroüinjialfongregation bem oerarmten QnnSbruder Kodeg ju £>ilfe fommen5. Slucp
baS Kolleg in greiburg in ber Sdjtoeij litt fepr unter ber Saft ber Dielen SJiitbrüber
auS Vaßern. 3n einem Briefe oom 28. Siooember 1648 an ben Sieftor KlaubiuS
Suban anerfannte Garrafa bie grope Siebe, melcpe bort ben flüchtigen Vrübern
auS Vaßern ermiefen morben, unb bat bei ber adgemeinen Siot, bie Saft nod; etmaS
meiter §u tragen, jumal ba ade umliegenben ^roDin^en faft erfcpöpft feien unb feine
§ilfe ju bieten oermöcpten6.
Qn ber Stat mupten mandpmal bie Obern in Siom nicpt mepr roopin mit ad
ben Vertriebenen. So benacprid;tigte ber ©eneraloifar Sangro am 29. Slpril 1645
ben öfterreicpifcpen fßrooinjial Üurfooicp: Siacp ißolen unb Sitauen pabe id; fcpon
gefdprieben, bap fie fo Diele als möglid; mit Siebe aufnepmen. Siacp Italien paben
mir auS ber ebenfo part peimgefucpten nieberrpeinifcpen Sßrooing fo Diele berufen,
als mir bei unferer fepr brüdfenben Gnge nod; eben jufammenpferdpen fonnten, unb
bie übrigen fßroDinjen in ®eutfd;lanb palten fich felbft nur mit äuperfter Slnftrengung
aufredpt 7.
23ie bie Obern in Siom für bie glücptlinge mit groper Siebe forgten, fo mürben
fie and; nicpt mübe, bie Verfolgten ju tröffen unb aufjumuntern. ®ie Vriefe ber
' *Drig.-9teg. Ad Germ. sup. 6 * Original itt 9JI. 9t., Jes. 9tr 1552; bgl.
2 * Drig.=9teg. Ad Rhen. sup. 9tr 1566.
3 * S8iteHe§d)i an ©traüiuS, 5. 9toü. 1633, 6 *0rig.=9leg. Ad Germ. sup.
ebb. 4 *Sbb. 7 * ©rig.=9teg. Ad Austr.
Unterbringung bcr glüdjtlinge. — Sroft unb Ausbeuter.
449
©enerate nadj ®eutfd)tanb geben immer uitb immer reicher bem innigften SOiitteib
mit ben ©rangfaleit unb Seiben itjrer beutfdjen SJtitbrüber StuSbrud. ©itedeSdji ift
unetmüblid) in feinen ©riefen, bie fferjtidjfte t£eitnafjme an ad ben Seiben auS$u«
brüden: er tröftet unb ermuntert mit bem teitnetjmenben §er§en eines tiebeooden
©aterS 1.
®en Sieftor oon ©djlettftabt, Qafob ©aunadj, beffen Äodeg oon ber SJlenge
ber ©ertriebeuen faft erbriidt mürbe, ermuntert ©itedeSd)i am 27. SÖlärj 1632:
2>ie grofje ©iite, mit metdjer ©m. ^jocfjmürben ade non ben geirtben aus ifjren Käufern
oertriebenen SDlitbrüber fo tiebeood aufgenommen, mirb ©ott ^fjnen unb ^fjrem ipaufe
reidjtidj oergelten unb mit ginfeSjinS erftatten. ®ie Unfrigen müffen firf) in biefer
llngliicfSjeit, mie ©ie richtig tjeroorfjeben, als mafjre ©öfjne ber ©efedfdjaft be=
mäfjren unb gefaxt fjatten, §arteS unb ©djmierigeS für bie ©tjre ©otteS ju leiben,
ba fid) iiberad für nufere Seute ein fo reidjeS $etb ber ©ebttlb barbietet. ®aju
matjnt ja aud) baS ©eifpiet üoit benen, bie in ben oorauSgefjenben Tragen nicf)t adeiit
©djmadj unb ©pott, fonbern Sllififjanbtungen unb SBunben mit fyreube für ben
Slamen ^efu erbulbet fjaben. ®aS ©eifpiel biefer Zapfern merben ja aud) bie übrigen
naefjafjmen, menn bie göttlicfje ©orfefjung fid) mürbigt, ifjnen eine iiljntidje ©etegen«
fjeit bargubieten2.
5)em folgenben Sieftor ooit ©djlettftabt, :Qof). fpompfjaeuS, fdjreibt ©itedeSdji
am 19. SJejember 1637, er fjabe feinen ©eridjt oom 8. Oftober erft jefjt erfjatten unb
niefjt otjne inniges SJlitteib gelefen. @r bebauere fjerslidj bie guten ©atreS unb
©rüber, bie mit fooiet ©tenb fo lange ßeit fjätten fämpfen müffen. SSeit bie Slot fo
groff, bafj mefjr als oier bort nidjt leben fönnen, merbe ber ©rooinjiat ©orge tragen,
baff bie für bie ©emafjrung beS ßodegS llberflüffigen abberufen mürben3, ©o oft
id) an bie Seiben ber fö'odegien benfe, fo tröftet ©itedeSdfji am 14. Slooember 1637
ben SJlainjer Sieftor ©iber, merbe id) erfefjüttert unb tröfte mid) beftiinbig mit ber
Hoffnung auf beffere feiten. Ttief bemegen mid), unb jmar mefjr, atS idj eS auS*
jubrüden oermag, fo fcfjreibt ©itedeScfji am 27. Oftober 1640 an ben ©rooinjiat
Qoadjim §amman, bie Seiben ber ©atreS in £>eiügenftabt unb gmtba4.
®ie neue ©ermüftung unb Slot ber ©rooin,$ unb ber fö’odegien, fo ermuntert
©eneraloifar ©angro am 8. Oftober 1644 ben ©rooinjiat Qoadjim £>amman, er«
füdt mid) mit bem innigften Sllitteiben : fönnte icfj boefj biefe Seiben felbft mit
meinem ©tute tinbern. Söofjin id) nur um §itfe btide, finbe id) ade ©rooin^en
entroeber fo erfdjöpft ober fo mit Seuten übertaftet, baff id) feinen Slat meifj. ©S
müffen beSfjatb ade auf ifjren ©offen auSfjatten, fotange bieS nur eben mögtid)
ift5. f£>em neu ernannten öfterreicfjifdjen ©rooinjiat ©eorg Tturfooid) fc^rieb ber
©eneraloifar ©angro am 29. SIprit 1645: SJlit fjerjlidjer £eitnafjme gebenfe id)
^fjrer TDrangfate; mein einziger Xroft ift bie Hoffnung, bafj ade biefe Seiben ein
Unterpfanb ber götttidjen Siebe finb, ba eS ber fjimmtifdje ©ater ift, ber ben ge«
liebten ©ofjn fjeimfudjt6. £)en P. ©oSmiit Seidel, ber bamatS Sieftor beS TDüffet«
borfer ßodegS mar, tröftete ©angro am 11. gebruar 1645, baff ©ott bei ad biefen
Slöten fjetfen merbe. Überad feien bie geittiefjen ©djmierigfeiten fo grof;, ba^ nur
eine ©ettung me^r bleibe, baS ©ertrauen auf ben ©eicfjtum ber ©üte ©otteS, ber bie
©ebutb ber ürmen niefjt ju ©c^anben merben taffe, ©efjr gefreut ^abe i^n bie
Slacfjricfjt oon bem guten geifttidjen ßuftanbe be§ ÄodegS7. ©benfo ermuntert ©angro
am 4. fDlärj 1645 ben Sieftor üott gutba Stbam Üatfooen: Qn ben fo überaus
1 * SitelteSdn an GoOper, 27. Slug. 1633. 4 *G6b.
2 * Drig.=3teg. Ad Rhen. sup. SJg[. Sßitel« 5 * G6b.
Ield)i an benfelben, 24. gern. 1632. 6 * Drig.«91eg. Ad Austr.
3 * Drig.=9}eg. Ad Rhen. sup. 7 * 0rig.=9teg. Ad Rhen. inf.
2>ul)r, ©eföidite ber 3ejuiten. II. 23
450
6ccf)fte§ Äapitcl. ®rieg§not.
groben Srübjaten fcfjeint ©ott un§ prüfen ju motten mie bag ©olb im geuerofeit,
bah mir burcf) jeitlidje 9iot f)inburcfjgef)en jum emigeti Reichtum ber ©etigen. §arren
mir atfo noch ein menig aug in ©ebutb1.
Stufridjtigeg ÜDiitgefüljt, fo fdjreibt aud) ©arrafa am 9. Februar 1647 an beit
oberbeutfcfjen ^Sroöinjiai Äeppter, empfinbe icf) über bie 23ermüftuug ber ißroüinj
burd) jraei feinbtidje £>eere. Sie kernigen mögen nad) Ülegengburg gefdjidt merben;
bie aber bort nidjt unterhalten merben fönnen, bürfen, befonberg bie reiferen, in
anbern ^ottegien untergebracht merben, aber fie füllen bort bleiben atg 97ooijett uttb
feine ©tubien beginnen big nadj Stblauf ber gmei $ahre ^ooijiat. Sie rheinifchen
©djotaftifer, metdje ihre ©tubien ootlenbet haben, mögen in ihre ^roüinjen jurüd-
gefd)idt merben. Siefe ißrobinjen fdjutben ber oberbeutfdjen ißroüinj großen Sanf,
meil fie biefelben fo lange unterhalten unb herangebilbet hat2- ®etn ^obtenjer
Üleftor 3°^- ^pougbranbt fprad) ©arrafa mieberhott feine herä^iche Seilnafjme aitg
über bie grobe jeittidje 9?ot beg Sfottegg; er oermeift ihn auf bie göttliche 23or=
fehung, bie eg gugelaffen, bah an nieten Orten bie ^efuiten faft mie 23ettter leben,
unb auf bie ißatreg in Qnbien unb an anbern Orten, bie noch größere 9?ot leiben 3.
^n einem Briefe nom 11. ^uti 1648 tröftet ©arrafa ben Sßiirjburger Sieftor
Joachim §antman : $ch beftage fet)r bie Seibeit Seutfdjtanbg unb bie tagtäglichen 23er-
tufte ^hre§ Kollegs, bie £>anb beg £>errn ruht noch auf ©udj, bamit $h* burd)
©ebutb jum giete eilet. Ser greifet, ob man bei fo häufigen i}3tünberungen ber
©üter bie Sanbmirtfdjaft aufgeben fott, ift berechtigt, unb nadj 23eratfchtagung mit
P. ißrooinjial unb ©achfunbigen möge man befchtiefjen, mag gut fcheint. Sag 23efte
erftehe ich öon &em QUtcn 3efu§ @tt>- |mdjroürben unb ^hrem fo fchtoer heim«
gefugten 23atertanbe, bamit nad; S3eitegung beg $riegeg ihm alle einmütig bienen 4.
Stm 25. 9J?ai 1647 fd)rieb ©arrafa an ben nieberrheinifdjen ^Srooingial ©ottfrieb
Otterftebt: Slug $hren ^Briefen bom 14. unb 25. Stprit erfehe icf), miebiet unfere
ißatreg in Sieub gelitten haben, unb mag für $hre ^Befreiung gefdjehen ift. Qch
habe ÜDIitteib mit ben ©efangenen im §errn unb tobe fefjr bie eifrige ©orge ©m.
§ochmürben. Sem ßurfürften fdjutben mir ben größten Sanf für feine aufjerorbent*
liehe ©üte unb feine Stnftrengungen jur ^Befreiung ber Unfrigen5.
^n alt biefen SDrangfaten forberten bie Obern immer unb immer mieber junt
©ebet auf, befonberg gunt ©ebet für ben enbtidjen ^rieben.
©o berfiigte 23itetlegcf)i am 27. Sejember 1636: Stöeit nodj fein ©nbe beg
ßrieggetenbeg ju erfehen, fotten alte inftänbig ©ott bitten um 23eenbigung ber ^riegg-
ftürme unb Söieberljerftettung ber ©intradjt unter ben dürften. Stufjer ben gemöhit-
liehen ©ebeten unb 23upbungen möge ber ^Sroningial für bie Sauer ber 9iot alten
einige befonbere ©ebete unb Sufjübungen anempfet)ten. Unb am 12. Februar 1639
fchreibt 23itettegchi : Ser s}3apft Urban VIII. hat befohlen, bah bie ©efettfdjaft ©ott
burd) öffentliche unb prioate ©ebete für ben ^rieben unter ben djrifttid)en dürften
anftehe. ^d) bitte begtjalb bringenb, bafür ju forgen, bah tn fobem £mug unb Slotleg
ber ©efettfdjaft ununterbrodjen ©ebete unb 23ubübungeit, fomotjt öffentliche atg pri¬
oate, ©ott aufgeopfert merben. 2Bie ber Sßapft 31t biefem gmed Nuntien für ben
grieben an bie irbifdjen dürften fenbet, fo fcf)idt eg fich für ung, bah ttür bie
23oten beg ^erjeng, mie ber f)t- Slmbrofiug bie Sränen nennt, ju ©ott entporfenben
um 23efänftigung feineg ßonteg unb bie StBieberherftetlung beg ^riebeng6.
1 *Drig.=3ieg. Ad Rhen. sup.
i * 0rig.=5Reg. Ad Germ. sup.
3 * Orig.>9teg. Ad Rhen, inf., 13. San. imb
3. S«ni 1647.
4 * Crig.*91cg. Ad Rhen. sup.
5 *0rig.=9?eg. Ad Rhen. inf.
6 * Cod. Bamberg. II 11 13.
Srofi unb 2lu§bauer.
451
Söälfrenb biefer 9iöten geigten ficf; faft augnaljmglog alle fßatrcg, ©dfolaftifer unb
Sßriiber alg diarafterfefte füiänner, roetd^e Setbeit unb ®rangfale nicfft nieberbriicfen,
fonbern nod) mefjr emporffeben. SBieberljolt tritt in ben römifdfen Briefen bie greube
gu £age über all bie ©ebulb unb ben ÜDtut in jeber 93ebrängni§ unb ben guten
geiftlidjen ©taub ber fjart fjeimgefudften Käufer, ©eine groffe Slnerfennung brüdte
33itellegd)i am 27. Oftober 1640 bem oberrljeinifdjen ^roningial ^amman aug: Dädjt
genug fann id) bemunbern bie männliche ©tanbfyaftigfeit ber ißatreg in ^eiligenftabt
unb gulba in fo nieten Seiben, mie aud) bie Sugenb ber $J3atreg im ©Ifaff, bie bei
fo großer 9iot mit fo großer f^reube aug^arren. Qd) freue mid& ftfjr, f° ^ei^t
eg g. 33. in einem ^Briefe beg ©eiteraloifarg ©angro nont 15. $uli 1645 an ben
oberrf)einifd)en fßrooingial Raufen, bajj in ben fJiieberlaffungeit im (£lfa^, gu 33aben
unb §eibelberg in Slnbetracfjt ber fo traurigen $eitlage Orbenggudft in einem
fo blütjenben 3uflQn^ fid) befinbet. ©efjr angenehm maren mir, fo fdjreibt ©angro
halb barauf, am 26. Sluguft 1645, bie flcadjridjtcn über bie bliilfenbe 0rbenggucf)t
in ben non Qf)nen nifitierten Kollegien gu SDtaing unb Stfdjaffenburg. ©ebe ©ott,
bafj mit ber fliüdfefjr beg fo lang erfeljnten ^riebeng bie Arbeiten ber Unfrigen fid)
auf einem meiteren $etbe entmidefn fönnen 1 1
33ig biefer Triebe enblid} gu ftanbe fatu, f)atte eg langer unb fdjmieriger 33ert)anb=
lungen beburft unb bie tiefften ©egenfä^e fjatteu überbrüdt roerben müffen.
1 *Drig.=9teg. Ad Rhen. sup.
Siebtel Kapitel.
$rieben§kftrelmngen utib ©egenftrömmtgen.
Verträge mit £>ärctiferit. — ©üttigfeit ober Ungüttigfeit bc§ ÜtugSburger SWigiottS»
friebenS. — ®aS iReftitutionSebift 1629. — ®cr tRegenSburger fRcicf)§tag 1630. — ®er
ißrager fyviebe 1635. — ®ie Stmneftiefrage 1641. • — Sie griebenSüerbanbtungeit iit
HRiinfter mtb Nürnberg 1646 — 1650.
Sie fdjredtidjeit ©reuet, bie fo niete $ahre baS beutfche DfeicE) öermüfteten uub
gur Xummetftätte rofjer itnb entmenfdjter Ä'riegSfnedjte macfiten, mußten ein immer
größeres unb allgemeineres Verfangen nacfj ^rieben fjerüorrufen. Sei biefeit griebenS*
beftrebungeit mürbe immer unb immer mieber bie $rage über bie ©üttigfeit ober
SfuStegung beS StugSburger fRetigionSfriebeitS oom Qa^re 1555 in beit ®reiS ber
Erörterung gegogen. Eng mit bieder Erörterung hing ber Sormurf gufammen, ber
oott proteftantifcher Seite gegen bie ß'athotifen unb befonberS gegen bie Qefuiteu
erhoben mürbe, als ob öon ihnen feine Xreue ben ^äretifern gegenüber gu ermarten
fei. SeSlfatb, fo fdftoffen extreme ^roteftanten, fönne man mit ben ßatfjotifen gu
feinem enbgiittigen Trieben gelangen, unb eS müffe ber $ampf entfcfjeiben. hierin
f)ätte man ben fßroteftanten nicht unrecht geben fönnen, menn ihre Sefcffulbigung gu
9fecfjt beftanb. SaS mar aber uidjt ber gaff.
ÜDJartin Secan, ber beim Seginn beS Sreihigfährigeit Krieges SeidEjtöater $er*
binanbS II. mar, lehrt auSbrücf'ficf), eine fatf)otifcf)e Obrigfeit, mefche mit StnberS«
gtüubigen einen Sertrag über Sutbung ber ohne größeren Staben nicfjt gu Ifinberm
ben SfetigionSfreilfeit abgefdfiloffen habe, fei an biefeit Sertrag gebunben1. Secait
hat biefe Selfre audfj in einer befonbern Schrift meiter auSgefüfjrt2 unb feine SfuS*
fütjrungen gegen oerfdjiebene Eingriffe oerteibigt, fo int $af)re 1609 gegen eilten
f)otIänbifdf)en Eatoiniften 3 unb 1620 gegen ben ^eibetberger Eaföiniften daraus4.
$n biefer festeren Schrift tefjrt Secait: „SBenn ein fatfjotifcher $ürft mit ben §äre«
tifern einen Sertrag über bie ^Religionsfreiheit eingeht, metcfje er ohne größeren
Schaben für baS allgemeine 2Bof)t nicht oerhinbern fann, fo muh er biefeit Sertrag
treu haften. Ser ©rutib leuchtet auS bem bereits ©efagteit ein, meit nämlich bie
Sreue in jebent ertaubten unb ehrbaren Sertrag gehalten merben muh; nun ift es
aber ertaubt unb ehrbar, bie ^Religionsfreiheit gu butben, um ein gröberes Übet
abgumenben, unb einen fotdjen Soterangöertrag fann ein fatf)otifdjer gfürft ertaubter-
unb gutermeife fchtiehen bei einer foldfen Notlage. Söenn atfo ber giirft einen Ver¬
trag eingeht, muh er benfetben haften-"
1 Becanus, Theol. schol. II, tr. 1, c. 16,
q. 4, in ben Opp. orania 363 f. S8gl. Manuale
controvers. in ben Opp. omnia 1559 f. ©egen
bie ©ininürfe Bon Ärcb3 Oßoliti[d)e tßubliäijiif
ber lyeluiten 144 f) Bgl. SDugr, Seiuitenfabeln 4
157 2 159 l.
2 De fide haereticis servanda, Mogunt. 1608.
3 Quaestiones miscellaneae de fide liaere-
ticis servanda, Moguntiae 1609.
4 Posterior pars epistolae de fide haereticis
servanda. Opuscula tkeologica, Parisiis 1633,
im legten Seit @. 211.
Siebtel Kapitel, griebeulbeftrebuugen imb ©egenftrömungen. Verträge mit ^äretifern. 453
$aräuS fyatte bem ^efuiten audj üorgetüorfeu, baß er ben ©rutibfaß aufgefteüt,
ein Vertrag, ber burcf) große gurefjt uitgeredjterweife errungen fei, föntte üom
9^icf)ter als nichtig erflcirt werben. 93ecan erwtbert, btefer ©runbfaß ftefje roörtlicf)
fo im fanonifdjen unb bürgerlidjett fKedjt1. Gsr f)abe aber an feiner ©teile fte«
fjauptet, baß bie Süaitgelifdjen bttrd) gurdfjt unb ©cwalt SSertrcige non ben föatljolifen
erzwungen; wenn SßaräuS baS bemeifen wolle, fo fei baS feine ©adje. „3Bemt bu
weiter ben ©d)Iuß gietjeft: bie Religionsfreiheit ift unerlaubt, wie 33ecan lehrt, alfo
ift eS nadj 33ecatt nicht erlaubt, einen Vertrag über bie 9feIigion§freit)eit 51t [fließen,
fo antworte ich : ®twaS anbereS ift bie Freiheit ber Religion ober bie freie 2luS«
Übung ber (pärefie, etwas anbereS bie SDuIburtg biefer SluSübung. SDie erftere ift
immer unerlaubt, unb beSlfalb barf barüber fein Vertrag eingegangen werben. Slber
bie Sulbung biefer SluSübung fann erlaubt fein unb fomit ein erlaubter Vertrag
barüber gefcf)Ioffen werben."2 Qn boppelter |)infid)t fehlen f)ier bie ©egner, fo
betont 33ecan: fie fc^reiben unS bie Sef)re ju, ben ^»äretifern fei feine £reue
ju fjalten, baS ift aber eine offenbare Süge. ®abei taffen fie eS aber nid)t be*
wenben. ©ie mißbrauchen biefe Süge als einen 33orWanb, gleicf)fam als fei eS ihnen
oollftänbig erlaubt, bie mit ben ^athofifen eingegangenen Verträge 311 lofen unb ju
öerleßen 3.
(Sin neuerer Krittler, ber bie Sehren 93ecanS bearbeitet hat/ faßt in engem 2In«
fcßluß an beffen SBorte bie bieSbejüglidje Meinung beS ^efuiten jufammeit: „S)ie
SBerfcffiebenheit beS religiöfen 93efenntniffeS . . . änbert nichts an ben rechtlichen 35er«
hciltniffen in bürgerlichen Gingen, ^nsbefonbere wirb baburch bie ißflidjt ber Xreue,
gteichöiet ob fie auf einem 3lbhängigfeitS0erhältniffe ober auf Vertrag unb SSerfprechen
beruht, nicht im geringften berührt. ®ie Xreulofigfeit ift einem SInberSgläubigen
gegenüber ebenfowenig erlaubt ober entfchulbigt als ber ®iebftaf)I. . . . $n ben gälten,
in welchen bie ßulaffung ber ^ärefie unb bie ©eftattung ber freien Religionsübung
erlaubt ift, finb and) bieSbe^ügtiche 33erträge unb 33erfprecf)ungen erlaubt unb binbenb.
1 Slud) bal beutfehe Ütedfitäfpridjmort fagt:
„©enötctel Befielt nicht."
2 Opusc. theol. 212. Slnbcrl freilid) lehrten
angefehene fßroteftauten. Sie Sluglburgcr Batten
1530 bem Äaifer berfbrochen, in Slugiburg feine
Slnberung in ber Religion oorsunehmen, unb
trugen belljalb Siebenten, bie ^Reformation ein«
pfüljren. Ser ©traffburger fRedRIgelehrte grans
grofcB Beeilte fid), biefe ©frupel p Befeitigen.
Sn einem ©utad)teu, bal er nad) Slugiburg
fanbte, erflärte er: Sajj bie Dbrigfeit bal fRedft
Babe, in il)rem ©ebiete bie fReligion p refor«
mieren, leibe gar feinen Zweifel; el fei fogar
fßflid)t ber DBrigfeit, memt fie erfenne, bafj bie
Sehre unb bie 3erem°uien in iBrem ©ebiete
„falfdj, ungerecht unb abgöttifd)" feien, biefelben
ber ^eiligen ©ebrift gemäfs p änbern. Siefcl
fRecfjt unb biefe Pflicht fönnten burd) feine ent«
gegenfteBeuben pacta ober conventiones auf«
gehoben toerben, nicht einmal burd) einen leib«
liehen ßib. Semgemäfj fei aud) bal SBerfpredjen,
meldjel bie (Stabt Slugiburg auf bem SReidjl«
tage 1530 bem Saifer gegeben — bafj fie feine
Slnberung in ben gcremonien oornehmen moEe
— ungültig, all „loiber ©fw&arfeit, miber ©ott
unb gute (Sitte" (D. SBindelmann, ißoti«
tifchc Äorrefponbcnä ber Stabt ©trafjburg im
3eitalter ber (Reformation II [1887] 196 f). —
Sm Sabre 1553 forberteu bie lutf)erifd)en fßre«
biger öom (Rate in ©trafjburg Slbfdjaffung bei
nur in einigen Äirdjen gebulbeten fatholifdien
©ottelbienftel. Sie (Berufung auf ben Vertrag
mit ®aifer unb 93ifd)of loiefen bie ißrebiger
mit beit SBorten prüd, „man fei nicht fchulbig,
ben Vertrag mit bem S3ifd)of länger p Balten,
ba er toiber ©ottel 6Br’ unb SBort fei" (fRöhrid),
©efd). ber fReformation im ©Ifap III [1832] 35).
Unb im SaBre 1554 toieberum: (,©leid)mie [el]
©ünb’ unb Unrecht ift, Verträge su machen unb
aufäurichten, bie ©ottel @Bre unb fRamen Oer«
leplid) unb abbrüchig finb, all toerbe benn auch
bie ©ünbe bopfidt unb fchtoerer, menn man
biefelben Verträge nach gefdjehener Sßermarnung
oorfaplid) fid) unterfteht gu Banbhaben unb im
SSerfe p ooHphcn" (S- 93. fRieberer, Slb«
Banblungen aul ber Äirdjen« unb ©elehrtengefd).
II [1768] 239 ff). Ser Vertrag mürbe bann
aud) gebrochen. — grangöfifebe ßaloinifteit
fteOteu ben ©runbfap auf, bap Verträge nicht
ju halten feien, menn fie gegen bie ©hre ©ottel
Oerftiefjeu (Heinr.Hauser, La None [1892]
66 f). Sgl. SRifoI. Sßaulul, fßroteftantilmul
unb Soteranj im 16. Sahrhunbert (1911) 143 ff
165 ff. 3 Opp. ontnia 923.
454
Siebtel Kapitel. griebenlbeftrebungen unb ©egeuftrömungen.
SoId)e Rerträge, bie an fiel) erlaubt unb gültig finb, fönnen audj nidjt etma burcf)
ben $J3apft gelöft tu erben; benu ber )J3apft I)ot in meltlicfjen Gingen feine birefte
©emalt." 1
©S mu£; jebodj beigefügt merben, bafj Recan einen ReligionSüertrag, ber abfolut
unb für immer binbenb ift, nidjt gugibt. (Sr läfst fidj freilich nidjt auSbrüdlidj auf
biefen Reiften ^SnnJt ein, aber aus feiner Seljre über (pärefie unb Religionsfreiheit
fönnte baS gefolgert merbeit. Rur ift babei für bie fßrajiS gu beachten, bafj er bei
feinen tljeoretifdjen SluSfüljrungen ftetS ben mittelalterlichen Regriff beS formellen
Ijartnädigen, baS StaatSmefen bebroljenben $ef$erS im Sluge hot, roährenb er niete
jßroteftanten in ®eutfchlanb nidjt für ^äretifer, fonbertt für ^rrenbe hält2. Übrigens
folgte auch fdjon aug feiner Theorie, bafj bei ber batuatigen religiöS’poIitifcfjen Sage
2)eutfd)tanbS ein ReligionSüertrag in ©eltung bleiben mufjte, ba ftetS bie geforberten
Rebingungen bafür »orpanben marett, befonberS bie Rermeibitng eines größeren Übels,
nämlich enbtofen §aberS unb Krieges.
Sin biefer Sachlage fonnte audj eine päpftlidje SDiSpenS nidjtS änbern. ©egen
ben öon feiten ber Sßroteftanten erhobenen Rormurf, man fönne bei allen Rerträgen
ber dürften nie ficher fein üor einer päpftlicfjen ®iSpenS, ermiberte Recan, ber fßapft
fönne nidjt nadj ©utbiinfen biefe Rerträge auflöfen. ^anbelten jene Rerträge über
©lauben, Religion unb fircfjlidje SDinge, fönne freilidj ber ißapft fie genehmigen ober
nicht. (pabe er fie genehmigt, fo fönne er fie mie bei febem Rerträge nur bann auf-
löfen, tnenit ein neuer Umftanb bagufomme. (panbelten bie Rerträge über bürger*
lidfe unb meltlidje ®inge, habe ber fßapft nur eine inbirefte ©emalt, b. h- er fönne
bei foldjen Rerträgen fatfjolifdjer dürften nur einfehreiten, menn eS baS geiftlidje
SSoljl ber ©fjriften »erlange, unb nur bispenfieren megen bringenber Rotmenbigfeit
eines geifttidtjen ©uteS. ©ine ®iSpeitS ohne biefe briitgenbe Rotmenbigfeit mürbe
fonft alles Rertranen erfdjüttern 3. Ob nun bie Rerträge über Religionsfreiheit ju
ben bürgerlidfen Rerträgen gehören, läfjt Recan nicht erfennen. ^ebenfalls hätte
eine päpftlidje SOiSpenS hierbei alles Rertrauen ber Sßroteftanten erschüttert, unb fo
leicht fonnte baher bei ben beutfdjen Rertjättniffen bie bringenbe Rotmenbigfeit einer
päpftlicfjen SOiSpenS betreffs ber Reobachtung beS ReligionSoertrageS nicht geltenb
gemadjt merben.
®ie Unflarheit unb bie .Qmeifel, meldje bie Sehre RecanS noch befteljen liefj,
mürben bann gang entfdhieben auSgeräumt burdj ben bebeutenbften ber beutfdjen
Ülefuitett’RJoraliften. SllS jßrofeffor ber SRoral in SRiindjen lief; P. Saptnann
am 11. September 1623 üon gmei ^efuitenfdjolaftifern Xhefen über bie Süge öer*
teibigen. 2)ariit fommen folgenbe Säpe oor: ®em f^einbe muff, menn er nodj fo
ungerecht angegriffen unb ®rieg geführt fjat, baS gegebene SBort burchauS gehalten
merben. SDaöon fantx auch nicfjt freifpredjeit, bafj ber eine Xeil burdj ungeredjte
©emalt gum ©ingehen beS RertrageS gegmungeit morben, meil in ben Kriegen bei
einem Seil faft meiftenS ungereimte ©emalt öorliegt unb fein höfierer Richter gur
©ntfeheibung öorfjanben ift. Sille Rerträge alfo, bie nicfjt in fidj fcfjfecht finb, miiffeu
getreu beobachtet merben unb fönnen burdj feine firdjlidje ober mefttiefje ©emalt
gelöft merben. 9Rit Redjt hot SRolanuS in bem Sraftat über bie Sreue gegen
bie ^äretifer (1. 3, c. 14) gelehrt, bafj ber $ßapft burdj feine SOiSpenfation ober Slb*
folntion bemirfen fönne, bafj Rerträge eines dürften mit (päretifern ober Ungläubigen
1 0. Jpappel, Satfjolifcfjel xmb proteftatn
tifdjcl ©tjriftentum nadj ber Sepre bei 9JI. 23e=
canul (1898) 44 f.
2 Constat multos viros ac feminas esse in
Germania, qui quidem habentur Lutherani,
sed tarnen quia pertinaces non sunt, non de-
bent censeri liaeretici, sed errantes (Man.
Controv. : Opp. omn. II 960).
3 De fide haereticis servanda, Opp. omn.
II 140.
Verträge mit £äretifent.
455
oerle^t merben, ba bie oberfte ©emalt bern §irten ber Äircfje gur üuferbauuitg ge«
geben ift, nidjt aber gur gerftörung. 9?id)tg aber märe fo fdjimpflidj für bie cfjrift«
lidje ^Religion unb nidjtg ben fatfjolifdjeu dürften unb Golfern fo fdjäblidj alg bie
Übergeugung, baff fie bie Verträge nidjt galten. Verträge mit ben ^päretifern füllen
nur gefdjloffen merben in fällen ber 92ot, nm ein größeres Übel, 3. 93. Uneinigfeit
unb 93ermirrung beg ©taateg, gu üerfjinbern ober ein gröfjereg ©ut, g. 93. iljre 93e«
fef)rung, gu förbern. 2Iber and) menn ohne gmingenben ©runb 92eIigion§freif)eit ge-
ftattet mürbe, fo mu| bag eiblicf) gegebene 93erfpredjen bennod) gehalten merben1.
üudj in bem oieloerfdjrieenen „Sillingifdjen 93udj" über ben 2tuggburger fReligiong«
frieben Pacis Compositio fjat Paul Sapmann im üjaljre 1629 augbriidlidj bie ©riinbe
miberlegt, meldje angeführt merben fönnten gegen bie 93erpflidjtung ber ben päretifern
befonberg audj in fReligioitgoerträgen fdjulbigen Sreue. Sr hält bie £efjre oon ber
oerpflidjtenben ft'raft foldjer Verträge für bie gemöfjnlidje ber fatfjolifdjen Sljeologen,
mofür er fidj u. a. auch auf bag grofge bogmatifc^e 233erf beg P. 9lbam Banner 2 be¬
ruft. SSenn öffentliche Verträge Perlest merben bürfen, fo führt Sapmann aug, bann ift
eg um ben ^rieben in ber menfdjlidjen ©efeKfdjaft gefdjeljen; bie eingige Sebingung
ift, baff auch ber ©egner ben Vertrag hält. Sag gilt and) oon Verträgen, bie burch
ungerechte ©emalt ergmungen finb, fo g. 93. oon ben 93erträgen mit ben dürfen. Über
ungerechte ©emalt föttnen beibe Seile flagen, ein Siidjter barüber ift nidjt ba, mithin
märe fein 93ünbnig fidjer. Söenn ber ©taat fidj nidjt anberg erhalten fann, gibt
bag iRaturredjt bem dürften bag SiedR, bie ^pärefie gu bulben unb bie Sulbung gu
oerfpredjen. Sine Slpprobation oon feiten beg ^Sapfteg ift, meitn möglich, einguljolen,
aber nicht unbebingt erforbert. Sine Sntbinbung oon ber eiblidjen 93erpflichtung
burch ben Papft töirb nie eintreten, „benn ber Papft barf feine ©emalt, gu big-
penfieren unb gu löfen, nidjt gebrauchen, menn baraug größerer ©djabett alg
ÜRufjen erroartet mirb. Sag märe aber hier ber gall. Sa nämlich bie teuerer in
jebem mit ben ßatfjolifen getätigten 93ertrag bie Söfungggemalt beg Papfteg aug«
gefchloffen miffeit rnoHen, fo mürbe bei ihnen unb in ber gangen ungläubigen SBelt
bie fatfjolifche ^Religion in 93erruf geraten, menn man behaupte, mir üerletsten mit
guftimmung beg papfteg gegen bag 93ölferred)t öffentliche 93erträge. Sag ift aber
ein gröfjereg Übel alg irgenb ein ÜRadjteil, ber für bie Kirche aug ber 93eobad)tung
beg 93ünbniffeg gefürchtet merben mühte"3.
Siefe Sehre hatte Satjmann fchon im Qaljre 1625 in ber erften üuggabe feiner
SRoraltljeologie oorgetragen. (pier üerteibigt er eingefjenb ben ©a^ : Söenn bie $atfjo«
lifen mit ben proteftanten ein öffentlidheg 93ünbnig eingeljen, fann bagfelbe burdj bie
üutorität beg papfteg nicht gelöft merben. über, fo fügt Sapmann bei, bie Saloiniften
unferer $eit finb fdjlau. Somit fie nämlich ungeniert bie Verträge mit ben ^atljolifen
üerlehen fönnen, geben fie oor, bie ^efuiten unb anbere $atfjolifen lehrten, ben
.fpäretifern bürfe man feine Sreue hatten; folcfjen aber, meldje bereit finb, bie Sreue
gu oerle^en, brauche man feine Sreue gu halten. Sah aber bie ^atljolifen einen
öffentlichen 93ertrag tierletjt haben, fönnen fie mit feinem 93eifpiel beloeifen, noch öiel
meniger, bah bie fatljolifchen ©eiehrten mirflich lehren, ben päretifern fei feine Sreue
1 Disputatio moralis theologica de mendacio
et dolo publice proposita 1. Sept. 1623 Mo-
nachii. Ex typogr. Nicolai Henrici (4° 37 ©.)
23 — 25. Sic enim liaeresis permissio cum
intrinsece mala non sit, cokonestatur necessi-
tate Foederis publici observandi propter ius
gentium, cum alioquin nulla inter liomines
societas tuta esse posset.
2 Theologia sckolastica III, disp. 1, q. 9,
dub. 4.
3 Pacis Compositio inter principes et or-
dines catholicos atque Augustanae confessio-
nis adkaerentes in comitiis Augustae a. 1555
edita (1629), ed. altera 147 — 155.
456 Siebtel Äapitel. Sricbcnlbeftrebungen unb ©egenftrömungen.
ju fjnlten. Senn fie^e, fo ffar ßefennett fomoßf bie ^efuiten nf§ bie anbern fatf;o»
lifeßen ©efeßrten ba§ ©egenteil nnb feßren, baß in einem öffentfießeu Vertrag bie
Sreue gegen bie £>äretifer unoerörüdjfid) unb oßne irgenb ein Drittel üon Sigpett-
fation ober Slbfolution gehalten merben irtüffe, fofange bie §äretifer fefbft ben 3$e x--
trag ju galten bereit finb 1.
Sfßntid) feßrt 2lbam Sanner int Ijyaßre 1627 im britten 23onbe feiner ©cßofaftifcßen
Sßeofogie. Slucß er ßäft im allgemeinen bafür, baß ber fßapft ben Vertrag beg
fatßofifcßen Seiten mit ben ißroteftanten nidjt töfen fönne, bodj möchte er bieg nidjt
für leben bureß ©emaft erpreßten unb oßne 3uf^immiirt9 beg fßapfteg gefeßfoffenen
Vertrag anneßmen. 23ei bem ©ebraudje biefer Söfegemaft bebürfe eg aber großer
Umficßt. Sag gefje fdjon baraug ßeröor, baß, fooief ißrn befannt, ber fßapft bigßer
nod) nie biefe Söfegemalt gebraucht ßabe2. SDiit 33eifad füfjrt P. Sanner jum ©cßfuß
feiner Erörterung bie Sßorte beg Sömener fßrofefforg dttofanug an, ber in einem
23udje über bie Sreue gegen bie ^äretifer getrieben ßabe: Sie, rnefeße ofjne ^rieben
unb Sreue finb, mögen fid) ißrer Sreue ju rühmen unb ben geßäffigen 23orrourf ber
Sreutofigteit auf bie Äatßofifen ju laben, unb gmar nießt allein auf einzelne ©e=
lehrte, fonbern auf bie Uniüerfitäten, öfumenifeße ßongilien, ja felbft auf bie römifdje
ß'irdje. Siefe ade nändieß foden teuren, ben (pöretifern fei feine Sreue 511 galten.
Ser Sügner f)ült alle für Sügner. ©0 Ejalten aud) bie, mefdje feinen groben unb
feine SSertraglireue fenuen, ade anbern für treutog. Unb meif fie mit großem £mß
bie fatßofifcße föirdje befeßben, fo feßämen fie fid) nidjt, bögmidig 31t fügen, unfere
Seßre fei, man bürfe ben ^äretifern feine Sreue ßaften3.
Eine befonbere Sfnmenbung fanben biefe Seßren in Seutfdjfanb auf ben ftetg
im äRittelpunft ber Erörterungen fteßenben Sfuggburger fRefigiongfrieben 0011t $aßre
1555. 2lbam Sanner ßäft an ber abfofuten ©üftigfeit beg fdefigiongfriebeng feft,
inbem er feßreibt: „Sa mir fatßofifcße bod) beneben gerne gefteßen, baß ßernad)
anno 1555 ju Sfuggburg pax absoluta, ein oödiger unb unbebingter fdefigiongfrieb,
angeftedt unb aufgerießtet morben, babei eg audj nod) in biefer geit bidig oerbfeibeit
fode, menn nur aueß (bag) ©egenteil fefbft, fomoßf mit SBerfeit afg mit SBorten, bei
bemfefben Oerbfeibt."4 2fud) Saßmamt tritt in ber Pacis Compositio für bie ab=
fofute ©üftigfeit beg OMigiongfriebeng ein: „Ser SMigiongfriebe ift abfofut gemadjt,
fo baß, menn burcf) ein adgemeineg ober nationafeg fonjif bie refigiöfen gmiftig*
feiten nidjt beßoben merben, nicßtgbeftomeniger ber ben SInßängern ber Sfuggburger
fonfeffioit jugebidigte Triebe 23eftaub ßat."5 Sen ^efuiten mürbe öieffaeß oor»
gemorfen, baß fie gegen ben fdefigiongfrieben feien6, unb aud) mäßrenb beg friegeg
mürbe ber Slormurf mit erneuter ©djärfe roieberßoft.
1 Lay mann, Theologia moralis I (1625)
458 f, ebenfo in ber reoibierten britten 21ul=
gäbe bom S^bre 1630 S. 233.
2 Tanner, Theologia scholastica III (1627)
513—521.
3 ®bb. III 522. Mol an ns, De fiele haere-
ticis servanda 1. 1, c. 25.
4 Dioptra fidei (1617) 1040. Sgl. Theo-
logia scholastica III 508.
5 Pacis Compositio 148 155.
c Ser proteftantifebe 35rofeffor s4?ßitipp §eil*
brunner bemiel im S^b^ 1601 in ieinem
„Sefuiber Spiegel, borinnen ber Sefuiber anti=
djriftlidje Sehr unb blutgierige ©eift aul ihren
eigenen Schriften p erfennen", bie ©egnerfdiaft
ber Sefuiten, außer bureb 3ünte aul bem ^Sräbi*
fanteitfpiegel bei P. fOtafirbofer, mit Stellen aul
©ber, üoricfi unb 21nbrenl gabriciul, bie alle
brei feine Sefuiten mareit. Sefuiber Spiegel,
Sauingen 1601 , 137 ff. — 3m 3flbrc 1608
mürbe in ben 2lpf)ori!men einel cnlbinifchen
ScfjriftfteHerl ber fRegenlburger ißrebiger P. §p>
Iin befcbulbigt, geprebigt p hoben, ber 9te=
ligionlfriebe höbe feit bem 2Ibfd)luß bei 2!rh
bcntinuml feine ©iiltigfcit mehr. Siefelbe Se-
fdbnlbigung mürbe auf bem 9teid)!tag aud) im
Äurfiirften* unb gürftenrat porgebraefit. 3n
einem Pertraulidjen Sdjreibett üom 21. Oft.
1608 an feinen äftitbruber Sebaftimt §eiß be-
äeidjnet §plin bie Slnflage all eine burebaul
baltlofe Serbäcbtigung, mie alle feine guböm:
bezeugen fönnten. „Sn bem Surfürftem unb
©ültigfeit ober Ungültigfeit bei 2lug!6urger 9teligion!frieben!.
457
Stuf Scfelfl öeg ßurfürften Johann ©eorg oon ©adjfen gaben bie fädjfifdjen
S^eotogen, bie fiel) auf bem theologifdjeit ®onoent ju ßeipjig ©t SCRartin 1028 Der»
fammelt Ratten, eine ^erteibigitng ber Slugg&urgtfdjen ®onfeffion unb beg SReligiong*
friebeng IjerauS. ®ie „9?otl)menbige SSertheibigung beg fettigen fRömifchen fReid)§
(Soangelifcfjer ß^urfürften unb ©taube Slugapfelg" erfdjien 1629 unb nurb tpoe Don
£>oenegg gugefdjriebeu. 23efonberg fdjarf menbet fiefj bie ©djrift gegen bie „frifdje
Sölajjbülg unb SIuflDiegfer", „bie ©elfter ber Xeufet", „bie jefuitifdjen ©töreufriebe,
benen ber fReligiongfriebe ein SDorn im Sluge ift". Qn bem „Slugapfel" trirb bie
Stnberung ber Sluggfmrgtfdjen ^onfeffion nidjt geleugnet, bie Sefjre Dom fßapft alg
Slntidjrift alg ein unfehlbares ©tiid ber proteftantifdjen ©laubengleljre Derteibigt.
Side ©dfjulb toirb auf bie Qefuiten gemorfen: 23ag aber bie ^efuiten für 231utgloden
gieren, mag blutbürftige unb gemaltfame Sin» unb fRatfcfjläge miber bie ©oangelifdjen . .
bag ift offenbar unb am Stage 1. ®ie ©rflärungen ber ^efuiten ju ©unften beg fRefigiong»
friebeitg merben oerfdjmiegen.
®er Slugapfel mürbe in Dielen Sluflagen Derbreitet. ®egbalb mußten bie ^efuiten
antmorten. $n ber ©cfjrift „23er hat bag ßalb ing Slug geftfjlagen ? SDag ift ^oefj
Scotfjmenbige unb Unumbgängtidje grag aug bem ©üangelifdjen Slug*Slpfel, ob ber
Sluggburgifdjen ©onfeffion SSermanbte ißrebiger ober aber bie Qefuiten ben fReligiottg»
frieben im §1. fRömifd)en fReidf) umftürjen", jeigt Slnbreag SSetter (gforer) im ^afjre
1629, bafj feine SRitbrüber fid) nidjt gegen, fonbern für ben fReligiongfrieben erflärt,
folange bie fßroteftanten benfelben treu gelten. @r führt u. a. bie oben angeführte
©teile aug ber SRoral beg P. Sapmann an. Sluch S3ecan habe fomohl in feinem
tpanb&ud) ber föontrooerfen alg audj in einem eigenen Straftat bemiefen, baff ber
fatholifdje f^iirft einen mit ben ^ßroteftanten gefdhloffenen StoleranjDertrag halten
müffe; freilich habe er beigefügt, bafj ber ißapft einen Vertrag in ©achen beg
©laubeng, ber Religion ober firdflidjer Slngetegenf)eiten, ber ohne fein Sßormiffen
gefdjfoffen morbeit, im galle berfelbe fdjtecht fei, löfen fönne; aber ber 9feIigiongfriebe,
meint SSetter, fei ein politifd)er Vertrag, ber gubem audj Dom fßapft jmar nicht
pofitiD gebilligt, aber ftiüfchmeigenb toleriert morben fei2.
Stuf bie Slnflage, bie ©djoppe gegen Sapmann erhob, alg ha£*e er bie ^Srote»
ftanten „ade aug bem fReligiongfrieben gefegt", hebt gorer IjerDor3, „bag Sßiber»
fpiel bezeugt ber fonnenflare Stejrt4, adba auf bag aüerbeutlichfte gefdjloffen rairb,
bafj bie Ä'atholifcfjen einen fReligioitgfrieben, fo auctoritate publica mit ben mibrigen
©laubengDermanbten (barunter bie fßroteftierenbe audj feinb) getroffen morben, fteif
gürftenrat mürbe idj oon ben Äatbolifeit, meldje
alle meine fßrebigten bi! auf biefen Sag gehört,
Derteibigt, unb ^mar fo, baff bie ©egner fdjtoie*
gen unb fagten, fie batten ba! nidjt felbft ge»
hört, fonbern nur au! bem 93eridjt Oon anbern."
92amentlidj proteftierte bagegen im gürftenrat
ber Vertreter be! S3ifdjof§ oon 9tegen!burg,
Dr 9Jierä , unb biefer ißroteft mürbe fdjmei»
genb angenommen unb feitber nie mehr mieber
ein 28ort barüber Oerloren. Sr Optjlin) l)abe
and) nidjt einmal ben tarnen be! Äonjil! oon
Srient in feinen ißrebigten genannt. * Ori¬
ginal 91t. 9t., Jes. 1999. »gl. Heiß, Ad
Aphorismos 148 ff. Qm furfürftenrat batte
©adjfen am 8. Februar 1608 üorgebradjt: S!
ift befannt, baff bie Sefuiten ben 9ieIigion!»
frieben eine Solerans nennen, bie burdj ba!
Sribcntinifdje Äonjil aufgeljoben fei. 3um S8e*
io ei! merben Sber, Soridjiu!, ipiftoriu!, f^abri-
ein!, gidler unb SOtudjitfdj angeführt. SBon
biefen fedjl ©djriftfteüeru mar fein einiger
lyefuit. S8gl. ©tiebe, 93riefe unb Sitten VI
192 f.
1 2tugapfel 193 317 ff 334 355 f.
2 Sie Sßorte, bie ber „Soangefifdje Stugapfel"
au! ißoffeoin anfübre, feien nidjt Oon $offeöin,
fonbern oon Sarbinaf §ofiu!; ißoffeoiu habe
nur gegen bie g-reifteliung Oon jmeierlei ©lau»
ben in $oten gefprodjen; ettoa! anbere! fei
aber, foldje! geftatten, etma! anbere!, einen
bielbejügtidjen Vertrag bredjeu. Sind) bie SB orte
Sanner! feien üerftüntmelt, ba Sanner fidj
ebenfall! für bie Serbinblidjfeit be! 9teligion!>
frieben! aulfpredje. 2Ber bat ba! Äalb in!
9lug gefdjlagen 4 — 10 61 ff. Tann er, Dioptra
1040. ©. oben ©. 456.
8 3lnti»SDtelanber (1633) 23.
4 Compositionis Pacis ed. 2, 150 f.
458 Siebtel Kapitel, grieben^beftrebungen unb ©egenftrömungen.
unb feft gu fjaftett unb mit nidjten gu üiotieren ober aufguheben fcfjnlbig unb oer*
bunbeit fei)en. ®ah aber bafelbft ein Ejgeption fjingugefefjt mirb: ,@§ fei) benn @adj,
baf? ber (Gegenteil bie oerfprodhene ®onbitione§ fofcf)e§ griebenS nidjt galten nodj
galten mode unb beit ^rieben fefbft guöor bräcfje unb aufhebe4, ift biefe Exceptio
anberS nic^t ab§ in puris terminis generalibus beigefept, gleich toie fie in Schulen
unb oon allen 9ted)t2gefehrten au§ bem Iure felbft pflegt oorgetragen gu merben,
unb mirb mit feinem äSort auf bie Sßroteftierenbe gebeutet: ift aucf) in aller Golfer
9iecfjt unb 23idigfeit alfo funbiert, baff fie in einem jeben pacto reciproco für ficfj
felbft, ofjne auägebrücft, üerftan>
beit mirb, mie fofcf)e§ bie Pro*
teftierenbe nicht oerneinen, fon*
bern felbft vielfältig obgebad)te
Ejgeption aitjie^en. SDeromegen
fanit mit feinem gug gefagt
merben, bafs P. Sapmaitn mit
biefer Selfr, mefcf)e allen ®of*
toren gemein ift, bie proteftie*
renben habe au§ bem ^Religion!»
f rieben gefetjt."
SDann brelft gorer ben (Stil
um unb geigt, mie oft proteftan*
tifcfje (Sdjriftfteder gegen ben
9tetigion§frieben aufgetreten. Stuf
feiten ber Proteftanten „mirb
öffentlich bafür gehalten unb ge*
fdhrieben, ,e§ fei unmöglich, baff
bie Proteftanten mit ben föatfjo*
lifdhen beftänbig oerglidjen mer*
ben föitnen : mie Eifen unb S£f)on
fiel) nit oereinigen faffen. 33a»
bplon (ba§ Sapftumb) miiffe nod)
oor bem füngften Stag faden unb
gu ©runbe gehen, ©ott befehle
ben Proteftierenben, bah fte bem
33apftumb ben gad halb geben
unb barmiber ben Ärieg geftreng
führen. SDer 9teIigion§friebe fei
nur ein immermährenber $anf-
unb £>aberapfef, bent ©ebot
@otte§ gumiber . . ., be§halbeit er meber fode noch fönne gehalten merben4. 2Ufo tefen
mir in bem ,poftition an ade (£vangelifdfje Völlig unb Potentaten4, fo geftedt ift oon
etlidjen 2öirtenbergifd)en, Sabinen, Pfäfgifcf)en unb Sluggburgifchen 5£heoIogi§ unb
PoliticiS unb gebrucft im $ahr 1632. Ebenbergfeidjen finbet ficf; auch in bem
,2iecht=33uher ©otte§ unb be§ heii*9en 9?ömifcf)en 9teid)§4, mie benn auch in ber
,92otmenbigen Erinnerung an ade Eoangeüfche Steutfdjen4, fo auch nor einem ^ahr
aulgangen. Unb ferner^ in einem anbern 93üchfein, fo ,Excidium totale Papatus4
intituliert unb au§ be§ S5octor§ £>oe 33üdjern über bie SIpofafppfe gegogen ift" 1.
P. gorer. ©tief) Don Äiifett (7t) mit £anbfd)rift.
1 fgorer, 9tnti*9JManber, 3$orrebe 9tr 18, ejtremen (yeiuiten gefjbrt, Oerteibigt er bod)
3itate genauer 180 f. Dbgleid) gorcr ju ben and) in f}anbid)riftlid)en ©utadjten bie 33er*
©ültigfeit ober Ungültigfeit be§ 2Ittg3burger 9ieIigion3friebcit3.
459
ber £at rairb in bem oieloerbreiteten „©otteg unb beg peiligen Ütömifcpen
9ieicpeg £iecpt‘©uüer" offen bie Stugrottung beg Papfttumg in ®eutfcplanb oerlangt* 1.
®er „Poftilion" ber oertriebenen prebiger (1631) forbert ebenfaßg bie Umftürjung
beg 9ieIigiongfriebeng: 3)ie päpftticpen Potentaten paben bem Papft ©eporfam in
ber Religion gefdpmoren. ber päpftlidEjen Religion gilt aber fein größerer (Sifer,
alg bie Keper an Seib unb «Seele auggurotten. päpftticpe Sfribenten paben ben
Paffauifcpen ©ertrag unb 9ieligiongfrieben oerbantmt, biefe Sfribenten bürfen aber
nicptg brucfen taffen, bag bie römifcpe Kircpe nicpt approbiert; mag biefetbe aber
approbiert, ift bei ipnen opne gmeifel ©otteg SBort. ®emgufotge ift ber @ib,
melcpen ber Kaifer über ben Dietigiongfrieben teiftet, bei ben päpfttern roiber ©otteg
SBort, bapero nutt unb nichtig. SBir (Süangelifdpe finb ben Päpfttern ebenfo Oer*
ftudfjt unb oerbantmt, atg ben ^uben bie ©ölfer, beren Sanb ©ott ipnen atg feinem
©otfe fcpenfte. ferner m erben im ütetigiongfrieben bem tperrn ©prifto ©renjett
gefept, melcpe ©ott mit feiner mapren 9ieligion nicpt überfcpreiten foU. SDer ©e*
pinberung ber mapren 9tetigion fantt jeber mit bem ©cpmerte aucp offenfiüe fteuern
unb meprett. SBie ber Papft bie ©üangetifcpen oerbannt unb oogetfrei macpt, gibt
ung ©ott bie Päpftter gehoppelt oerbannet, preig unb frei. SDiemeit bagfetbe opne
©dproertfcplag nicpt gefcpepen fantt, befieptt ung ©ott ben Krieg. liefern aCtent nacp
raten mir alten Kurfürften, ©rafett ufm., aucp alten Prioatteuten pöcpticp, bem Kaifer
feinen ©eporfam ju erroeifen, fonbern mit gutun atT beren Potentaten, fo ju bem
©otfe ©otteg gepören, fürnemticp bem oott ©ott gefanbten gelben, bem König oon
©cpmeben, bie päpftticpe Siga mit gehoppelter Sift, geuer unb ©dpmert eifrig ju
bejapteit unb nicpt ju rupen, big ber galt ber grofjen ©abpton forneit ooHbracpt,
bap bie ©oangelifcpe Kircpe in Sidperpeit teben fattn2. ,,©ei biefer Offafion fönnett
mir ungemetbet nicpt laffett, bap mir bafür palten, eg fei in bem üiömifcpen 9ieidp
fein ®ing ntepr ju finben, metdpeg ©ott pöper offenbiert, unb barunt bie (Soaitgetifcpen
oon ©ott burdp bie innerlicpen übet geratenen Kriege tnepr geftraft morben atg ber
fo pocp gerefpeftierte Paffauifcpe ©ertrag unb ©etigiongfrieben . . ."3
binblicbfeit be§ fRe!igion§frieben§ ; nur oerlangt
er ftrifte gnterpretation 311 ©unften ber Satho--
lifen. 3Ba§ nidpt au§brüdlid) in bem Vertrag
ben 2M)ängern ber SlugSburger Sonfeffion Oer=
fprodjen morben, foße man nid)t butben. 2>ie
©alöiniftett unb .gminglianer feien in ben gm*
ben nicht einbegriffen. Sen gegen ben graben
beraubten 23ifd)öfeit unb fßrätateu müffc ber
Slaifer memi möglich P ihrem Ootlen SRedjte Oer*
helfen ufm. * Pronunciata brevia de pace Re-
ligionis ann. 1555 facta. 9R. fR., Jes. 370.
1 ©otteg unb be§ heiligen fRöntifchen 9teiche§
2ied)t=S3uper. 2>a3 ift furpe ©rflärung, mie
ba3 ©eift* unb SBeltlicße 2ied)t im heiligen
9tömifd)en 9teid), nemblich bie 2Iug§burgifche
ßonfeffion unb fReligionSfrieb, oon ben fBapiften
motten oerftedt unb gelefdjt merbeit, unb toa§
©eftalt biefe 2ied)ter oon gßr Söniglidjen
SRajeftät in ©djtoeben mieber herfitrgepgeu unb
gebupet morben . . . 1632 (2. 7 ff 17 ff). — Sie*
felbe Senben^ Oerfolgt ba§ Extremum et to¬
tale Romae Papalis excidium, b. i. baff ba§
SMbftiidje fRotn unb antiGhüfüfehe fReicp oornt
güngften Sage noch foße unb rrtüffe jerftöret
unb umbgefehret merbeu. Slufj be§ tperrn Doc-
toris Matthiae Hoen von Hoenegg, ©hurfiirftt.
©ächfifdjen Ober §offprebiger§ re. Commen-
tario über bie Offeubahrung ©. gohanniS befj
Sheologi ejtrahiret nnb oott SBort p SBort
üerteutfcht. Stunmehr aßen frommen, einfältigen
bebrengteit ©hnften pm Sroft unb 9tad)richt
mitgeteilet. ©ebrudt [s. 1.] 1631. Slgl. ©. 8 ff.
$a§ 2amm „ertoede §errn unb giirften, bafe
fie einen (Sinn haben, bie §ure [fRom] hoffen,
biefelbe müft unb bloff machen, ihr gteifd) su
effen, ©ie aber mit geuer p Oerbrennen".
2 fPoftiliott an aße uitb jebe eüangetifdje
Könige uttb fßotentaten, infonberheit aber bie
©horfitrften, gürften, ©rafen, greien, Jperrn
unb ©täbte, aud) Privatos im heiligen 91ömi=
fchett fReid) teutfcßer Station. 3?ou etlidjett oer=
triebeneu babifdjeu, toirteubcrgifd)en, pfäljifchen
unb aug§burgifd)en Theologis unb Poiiticis.
Unterm blauen §immel nicht roeit Oon ©trafp
bürg. Anno 1631. 91 ff 114 ff.
3 fpoftiliou 90. 21m 3tatxbe fteljt: „®er fRe=
fpeft beä 'Paffauifdteu Slertrageä unb 9teIigiottl=
friebenl Ijaben bie ©oangelifdhen fürttemlich
ruiniert."
460
Siebtel Äapitci. griebcnSbeftrebungen uub ©egenftrömungen.
$n einer ©tubie über „$ie Sßubligiftif beS ©reipigjährigen Krieges non 1626
bi§ 1629" fommt ber proteftantifd)e 35erfaffer gurn Refuttate: „SJtan mup in bcr
©at fagen, bap biejenigen ^ubtigiften bie (Sachlage am ridjtigften beurteilten, metdje
einfach gur gortfe|ung beS Krieges rieten, metdje ben ©rfotg ber SBaffen anriefen,
nnb mie ber (panfifdje Söecfer fagten: ,grifd) bie ©romntel gerüfjrt I‘ ®ie ©egem
fä^e mären fo fc^arf, bie fragen f° mistig unb fo fomptigiert, bap mit Beratungen
menig geholfen merben tonnte, $eine Partei mottte nadjgeben, feine glaubte eS
nadj ^ßflicfjt unb ©emiffen tun gu bürfen. ©aS ©cpmert rnupte entleiben. 2öir
finben bie festere Stnfitfjt meiftenS auf proteftantifcper ©eite üertreten." 1
SSenn biefe Stnficpt alfo aud) auf fathotifdjer ©eite unS begegnen fotlte, fo
barf fie ebenfalls beanfprudjen, im Sid)te ber ßeit betrachtet unb mit bemfelben SRape
gemeffen gu merben. ©ang befonberS gilt bieS üon ber $rage beS ReftitutionSebifteS.
*
©urd) bie ©iege SBaltenfteinS bei ber ©effauer Brüde über üDtanSfetb unb
©ittpS bei Sutter am Barenberge über ßf)riftian IV. öon ©änemarf im ^afjre 1626
maren bie geinbe beS ®aiferS gu Boben getoorfen. S3ei feiner bamatigen 9J?acf)t»
ftellung rnupte an ben ®aifer bie 5ra9e herantreten, ob jept nicht ber geeignete 3eit>
puuft gefommen, bie oon ben ißroteftanten gegen ben StugSburger RetigionSfrieben
ben &’atf)oIifen entgogenen Bistümer, Abteien unb Ätöfter für bie alte ®ird)e gurücf-
guforbern. @S honbette fid) um mehr atS ein ©upenb ©rgbiStümer unb Bistümer
unb um mehr als 500 Abteien, ©tifte, Ätöfter unb ®ird;en mit meitauSgebehntem
©erritoriatbefip2. ©ie ißroteftanten hotten baS Reservatum ecclesiasticum beS
SlugSburger RetigionSfriebenS nicht angenommen unb, mo eS in ihrer Rtadjt ftanb,
fid) nidjt baran geftört; bie ®atf)otifen hotten ftetS auf bie Beobachtung beSfelbeit
gebrungen unb gegen jebe Bertepung proteftiert. Ohne jeben gmeifet oerftiep gegen
ben RetigionSfrieben bie ®töftereingiel)ung burd) proteftantifdje dürften unb ©täbte
bei alten mittelbaren unb reicpSunmittelbaren Möftern3.
©ie ©rbitterung ber ®att)otifen über bie fid; immer unb immer mieber erneuernbe
Beraubung ber ßirdje mar eine allgemeine, ber ©cprei nad) Reftitution ein burcpauS
berechtigter. ©ie langjährige, miber ben ftaren SSorttaut ber ReidjSgefepe erfotgte
Beraubung ber ®ird)e fap ben ®atf)otifen mie ein ftecpenber ©orn im bergen, unb
eS ift beSpatb nicht gu oermunbern, menn fie ben günftigen Slugenblicf erfehnten, um
Stbrecpnung gu hotten. ©er ®aifer hielt fid) nicht allein für befugt, fonbern auch
für oerpftichtet, atteS baS gurüdguforbern, rcaS bie ^roteftanten gegen ben 2öort=
taut beS StugSburger RetigionSfriebenS miberrechttich in Befip genommen. Stucf)
bie fathotifchen Äurfürften fpradjeit fich in biefem ©inne auS.
Stach tangeren Beratungen ertiep ber ®aifer am 6. SOtiirg 1629 baS SJtanbat,
metcpeS ben Ramen ReftitutionSebift erhalten pot4. ©aSfetbe oerorbnete: 1. gurüd*
forberung ber mittelbaren ®töfter unb geifttidjen ©iiter, metcfje gur $eit beS ^ßaffauer
BertrageS ober fpäter im Befip ber ^attjotifen gemefeit, ba fie gegen ben ftaren
SBorttaut beS RetigionSfriebenS entriffen morben; 2. ber Befip ber gegen baS Re-
servatum ecclesiasticum beS StugSburger RetigionSfriebenS oon ben ^Sroteftanten
eingenommenen Bistümer unb ReidfSprätaturen mirb für recptSmibrig unb hinfällig
erftärt; ben proteftantifdjen Befipern mirb ©ip unb ©timme auf ben Reichstagen
1 © rünb au m, $ubliäiftif 1626— 1629 (1880) 3 93gl. 2upep, $er Streit um bie geift=
125 f. licfjen ©üter unb ba3 9teftitution§ebift (1882)
2 Sgl. ba3 1. Kapitel unb bie Sßerjeicbniffe 331 f.
bei 9Jt a i I a 1 1) , ©efcf). be§ öfterreidjifcfjen Äaifer= 4 SSortlaut bei Ehe venhiller, Annal.
ftaateS III (1842) 166 ff. Ferdinand. XI (1726) 438 ff.
9teftitution3ebift 1629.
461
aberfannt; 3. bag 9Ied)t ber fatljolifdjen ©tänbe, bie Untertanen iljrer ©ebiete 31t
iljrer Religion anju^alten unb, tun biefe ficf; nicfjt fügen, auggumeifen, ift unbeftreit*
bar. üftadj biefeit Veftimmungen follte bag Sieidjgfammergeridjt 9ted)t fpredjen; in
notorifdjen fallen merbe ber $aifer für Vottftrecfnng forgen. Gigene ßomniiffare
tuurben für bie einzelnen Greife beauftragt, bag Gbift jur 2tu§fiif)rung 3U bringen
unb, menn nötig, militarifdje £ilfe ju »erlangen.
Vei ben ^atfjolifen erregte bag Gbift grofjen ^ubel, bei ben ^roteftanten gurcfjt
unb ©cfjreden.
©0 berechtigt bag 9teftitutiongebift an ficfj fein modjte, für bie griebenSbeftre»
bungen muf? eg alg eine faft töblicfje Söunbe be^eidfnet merben.
S)ie grofje ©efafjr, bie bent fReftitutionSebifte anljaftete, fafjte gleid) nacfj beffen
Veröffentlichung ßurfürft ^oljann ©eorg »on ©adjfen in bie SBorte: „Gg möchten
ferner mof)l etlidje ber Meinung fein, bafj, bei noch fontinuierenben ®rieggmirbeln
unb Gmpörungen, mit ber angebrof)ten Sldjtge;refution am beften füllte fortjufontmen
fein: Gg fei aber biefeg nicht ber orbentliche SBeg, eg feien eitel Gjtrema, fo bag
Slnfeljen bei ben Goangelifdjen SJht-Stänben geminnen moKten, ob fjierburdj eine
totale Slugrottung gefudjt merbe, moraug nocf) größere Verbitterung, SEBiberroillen,
ßerrüttung unb enblicf) 2>efolation beg ^eiligen SRömifcfjen fReicfjeg, mit großem
fyroljloden berer Slugmärtigen, fo barauf ihre Slugen richten, if)r SDeffein barbei haben
unb aug SImbition frembe fronen unb ©jepter affeftieren, erfolgen mürbe."1
Gin meitereg Vebenfen, bah ber bigfjer mefentlid) poiitifcfje ®rieg ben Stempel
eineg Veligiongfriegeg erhalten tonnte, f)at ©raf Gollalto in feinem ©utacfjten 00m
14. ©ejember 1628 bem Reifer oor Slugen geführt: ®iefeg Gbift ift jmar gut, aber
bie Gjefution mirb grofje Söibermärtigfeit, ja einen Veligiongfrieg erregen. SDenn
niemanb mirb jugeben, bafj foldjeg, mie bag Gbift lautet, »on ihm entzogen morben,
fonbern merben oiele Gfjeptioneg barmiber einmenben. Vei ftarfer G;cefution merbe
jeber über ©emalt flogen, ba fie bod) erbötig geroefen, mag bemeiglid), ober fie miber
ben Üfeligiongfrieben nach bem jßaffauifcfjen Vertrag an ficfj gebracht, mieber 311
erftatten, bafj alfo im Veid) leicht ein Veligiongfrieg entftefjen mödjte2.
Sludj oon ben fatf)olifd)en ©tänben, bie »on ber 9fedjtlidjfeit beg Gbifteg über=
3eugt maren, f)ielt bocfj „ber größere £eil eg feinegmegg für ratfam, bafj man bie
Veftitution mit ©emalt fudjen follte, alg 3u»orfef)enb, bafj folcfjeg 3U mefjrer Ver=
bittenmg ber ©emüter unter ben ©tänben mie aud) allerfjanb beforglidjen SLÖeite»
rungen unb Veunrufjiguitg beg gansen Üfeidjeg Slnlafj geben mürbe"3.
S)ie großen ©efafjren, bie mit bem Gbift »erbunben maren, führt ber Viograph
gerbinanbg III. alfo aug: „Gg mirb nad) bem Slitgefüljrten meiter feineg Vemeifeg
bebürfen, bafj ber breifjigjährige jßarteigängerfrieg, bem bei feiner Gntftefjung unb
gortentmidlung bag unauglöfdjlicfie äfterfmal ber Vaub> unb Groberunggfud)t alg
Vemegurfadje aufgebrüdt ift, fein Veligioitgfrieg fein fann, meü ja aug ben fjödjften
fittlidjen Slntriebeu unmöglich »öHig unfittlidje unb oermerflicfje ^anblungen ^er»or>
gefjen fönnen. 3:n3t»ifchen mürbe biefe Sluffaffnng Ginfeitigfeit »erraten, menn bie
SEBirfung beg »on ^erbinanb II. mit bem Grlafj beg Veftitutiongebifteg begangenen
großen ©taatgfe^lerg überfefjen ober »erfcfjmiegen merben mollte. Vom ©tanb»
punfte beg Vecfjtg bürfte ficf) gegen biefe ÜDfafjregel faum etmag einmenben laffen,
benn angemafjte miberrechtlidje Aneignung »ieler geiftlicfjer ©üter ift eine »on ben
anhängig gemachten ^Sro3effen unb ben Klagen auf ben Üfeicfjgtagen oerbürgte S£aU
fadje. SBiemofjl nun bag bem ^aifer unftreitig 3ugeftaitbene oberfte ©(^n^red^t ber
Äirdje einen nidf)t 3U unterft^ä^enben 9tecf|tfertigungggrunb für bag Veftitutiong*
1 ebb. XI 456 f.
8 ebb. XI 184.
3 ebb. XI 437.
462
(Siebtel Sapitel. griebertSbeftrebungen unb ©egcnftrömungeit.
ebtft gibt, fo mar bocp jener für bie mirfticpe unb bie feinbfelig perauSgeüügette
Xragroeite non biefem nicfjt auSreicpenb, um bie Gefcputbigung eines eigenmächtigen
GerfaprenS gängtid) abmeifen ju tonnen. ®aju fornmt, bap bie brüSfe unb fummarifcpe
Durchführung biefeS ©efepeS nicht attein biejenigen, auf melcpe eS angemenbet mürbe,
fonbern alle gteidjmäpig empörte unb ber mciteren folgen megen auffcpredte. ©S
bemä<htigte fid) fefbft ber gut faiferlid) gefinnten ^Sroteftanten ber ficfier grunb»
lofe Strgmopn, gerbinanb trage fid) mit bem ©ebanfen, ben GetigionSfrieben auf»
gupeben unb ben nor ipm gemefenen guftanb perguftetten. Diefe Stimmung fant,
mie begreiflich, berjenigen fßartei ermünfdjt, metcpe im 2tuSbrucpe innerer Unruhen
unb im Kriege bie ©etegenpeit gur Gefriebigung ihrer fcptecpten Seibenfcpaften geboten
faf). . . . ©rrnog ber ü'aifer oodenbS baS GerpättniS git ben auSmärtigen üGäcpten,
GidjeticuS tauernbe ^Sotitif, bie ißtäne |>einrid)S IY. gu üermirfticpen, unb ©uftao
SIbolfS ©roberungSgetüfte, fo mupte er im GeftitutionSebifte eine mit eigener £>anb
in fein §auS gefcpteuberte Granbfadet erfennen."1
©in anberer peroorragenber öfterreicpifcper £>iftorifer, ber ebenfo entfcpieben für
bie rechtliche Unanfecptbarfeit beS GeftitutionSebifteS eintritt, hebt für bie praftifcpe
üuSfüprung bocp folgenbe Scpmierigfeiten peroor : „Seit bem GetigionSfrieben maren
74 ^apre oerftoffen; faftifcp mar ein gang anberer Datbeftanb herbeigeführt ; bie
Säfutarifierung fo oieter geiftticper ^odjftifte unb GiStümer mar eine ooEtenbete
Datfache, ein abgefcptoffeneS ©reigniS; mie mar eS mögticp, bie Gegebenheiten ooit
mehr atS einem halben ^aprpunbert rüdgängig gu madfen, gu Oernichten, atS rcenn
fie gar nicht beftanben hätten ? SDaS GeftitutionSebift griff ein in aüe proteftantifcpen
©piftengen unb erfcpütterte fie in ihrem tiefften Qnnern. ®ie Qbee unb bie SBirfticp»
feit trafen Stirn an Stirn hart gegeneinanber; eS mupte eine ungeheure Geaftion
entftepen." „®er unparteiifcpe ©efcpicptfcpreiber barf aud) bie Gemerfung nicht oer»
fchmeigen, bap ber Gerluft, ben bie ^atpotifen burdh bie gemaltfamen Übergriffe
ber ißroteftanten feit bem Gaffauer Gertrag unb bem GetigionSfrieben erlitten hatten,
im Gertauf einiger ÜGenfcpenatter erfolgt mar, baher, fo ungeredjt baS Gerfahren
ber ijSroteftanten gemefen, bie ©rfchütterung bod) nicht fo ptöptid) unb fo heftig mar
als jept bei ben ißroteftanten burch bie rafcpe StuSfüprung beS GeftitutionSebifteS.
®ie SBirfung beS GeftitutionSebifteS auf bie Groteftanten mar gleich einem ©rbbeben." 2
Glieb oon ber ©rfchütterung beS bisherigen GefipeS faum ein proteftantifcheS
gürftenpauS üerfcpont, mufften fiep ferner befonberS bie catoinifdjen dürften unb
GeicpSftäbte, meit oon ben gugeftänbniffen beS üugSburger GefigionSfriebenS aus»
gefdjloffen, jeben Slugertbtid bebropt fepen, fo geftattete fiep für grope Deite beS
proteftantifepen GolfeS bie Gefipfrage aud) noep gur religiöfen grage. ®enn baS
©bift geftattete auSbriidlid) bie Stnmenbung beS GeformationSrecpteS (cuius regio,
eius religio) auf bie oon ben Gr°teftanten gu reftituierenben gropen ©ebiete. „'Sie
bropenbe gmangSmeife Söiebereinfitprung beS ^atpotigiSmuS in Säubern, meld)e fepon
feit gmei bis brei ÜGenfdjenattern gang proteftantifd) maren", mupte bie Stufregung
ber Groteftanten ins Ungepeure fteigern3. ®ap fonft bie faiferlicpe GeftitutionS»
fommiffion etmaS langfam pergepet, fo föpreibt Gappenpeint am 26. Gooember 1630,
fann baoon bem gemeinen Söefen meniger Scpaben gefepepen, als burd) bie ge»
fepminben Gro3e^uren in biefen Sanben, inbent bie Seute unb aud) biejenigen, bie
eS niemalen gemittet gemefen, in Gfiptrauen unb faft allgemeinen Slufftanb geraten
feinb, mo eS ©ott nit fonberbar oerpütet pätte4.
1 S o cf), ©efdi. be§ beutfd)cn 9teid)e§ unter 3 58gl. SBittid), 3)tagbcburg, ©uftao Slbolf
ber Stcgierung gerbinanbS III. (1865) I xv f. unb lifft) I (1874) 326.
2 SUailötf) a. a. 0. III 165 169. 4 ^op. £>ef3, ©raf fpappenpeim (1855) 107.
2)a3 9teftitutioni>ebift 1629.
463
2ßar alfo auch baS ©bift redjtlidj genommen unangreifbar — lag eS ja gleidj*
fam in ber fiuft — , fo mar eS politifdj ein großer gef)ler, unb biefen ^elfter haben
SBeiterfcfjauenbe audj fdjon bamalS ffar heroorgefjoben. ®enn bie burdj baS ©bift
auSgefprodjene 23ebrohung mußte bie ^roteftanten ju einem fefteit gufantmenfdjluß
gegen ben $aifer einigen nnb ben feit ^afjren auf ber Sauer liegenben auSmärtigen
9)?ädjten (poüanb, ©nglanb unb befonberS ©djmeben unb granfreid) für ifjre auf
ben ©turj ber habsburgifdjen SXadjt berechneten )]31äne entfdjloffene S3unbe8genoffen
Sufüßren. 9Xan hat behauptet, Üticßelieu habe in franjöfifc^em ^ntereffe, um baS
Stnfetjen beS ÄaiferS bei ben ^roteftanten ju untergraben, ben ißlan jurn SteftitutionS»
cbift entmorfen1 — bie Statfadje ift ftrittig — ; jebenfaQS hätte er fein beffereS
Mittel oorfdjlagen fönnen, um bie ifkoteftanten gegen ben ®aifer in bie SSaffen
ju rufen, ©elbft meitn bie ©egner augenblidlidj feinen (Srfolg gehabt hätten, müßte
baS ©bift ganj befonberS für einen bauernben ^rieben als eine fjödjft jroeifel()afte
unb gefährliche üftaßregel bejeidjuet merben. 21ud) hier finb nicht augenblidlicfje
Vorteile baS ©ntfcßeibenbe, fonbern bie in näherer ober entfernterer ßufunft fidj
ergebenben unauSbleiblidjen folgen.
®er ©ebanfe unb ißlan einer ju ersmingenben Üteftitution mar nicht plößlidj
gereift, üianfe hebt in feiner ©eßhidjte ber römifdjen i^äpfte herüDr/ „baß ber
©ebanfe beS fReftitutionSebifteS (fd)on) im ^afjre 1620 oon )J3aul V. gefaxt, aber
bamalS oom Äatfer noch als unjeitig jurüdgemiefen marb". 3um 23eleg führt er
eine ©teile aus ber ^nftruftion ©regorS XV. für ben ÜRuntiuS am ^aiferfjofe, ben
23ifd)of oon Sloerfa (©arlo ©arafa), oom 12. Stpril 1621 an, bie alfo lautet: 93ei
3uritdgeminnung proteftantifd^er ©ebiete mögen ©ie @r SRajeftöt bringenb üor»
fteHen, bie oon ben üßroteftanten • in Q3efiß genommenen ®ircf)engüter mieber 31t
geroinnen unb ben <ftird)en unb rechtmäßigen Inhabern jurüdsuerftatten. Siefer
Sluftrag mürbe bereits auf 23efeljl ißaulS V. gegeben, als fidj ©pinola ber Sßfalj
bemädjtigt hatte unb ber $aifer ermiberte, baß eS bafiir nodj feine ßeit fei2.
2US baS fReftitutionSebift erfdpenen mar, fanbte ber SBiener Nuntius ißallotto
baSfelbe hocherfreut am 31. äRärj 1629 an ben ®arbinal»©taatSfefretär 33arberini unb
miinfdjte bafür öffentliche g-reubenbejeigungen in 9tom. ®iefe lehnte aber föarberini
in feiner Slntmort Oom 28. 21prit 1629 ab, ber ^ßapft merbe münblich unb fdjrifP
lieh bei ^römmigfeit unb bem ©ifer beS ®aiferS baS gebiifjrenbe Sob fpenben; hoch
merbe ber ijkpft fid) hüten, irgenb einen Slnßalt ju geben, auS bem bie Approbation
foldjer ©bifte gefolgert merben fönne, bie ja bie Dbferoanj beS ^?affauer Vertrages
einfehlöffen; ber ^5affauer Vertrag fei aber oom Apoftolifcßen ©tupfe nie gebilligt
morben unb fönne auch nidjt gebilligt merben. Äonfiftorium oom 30. Slpril
fpenbete Urban VIII. ber grömmigfeit beS ^’aiferS alles Sob, unb in bem 53reoe
oom 5. 2Rai 1629 briidte er bem ^aifer feine ^toube unb feinen ®anf für baS
ÜleftitutionSebift auS3. ®ie eifrigften ^atljolifen betrachteten baS ©bift als „einen
unfterblidjen 9Iuhm beS ^aiferS" 4.
©S fann fomit nidjt raunbernehmen, baß auch 3efu*ten bent ©ebanfen ber 9te>
ftitution fehr fpmpathifch gegenüberftanben unb an bem ßuftanbefommen beS ©bifteS
uadj Kräften mitgernirft haben. SDeSrcegett aber oon einer befonbern SSerfhulbung
1 9?gt. gurtet, gerbinattb II. x 34.
2 5)ie römifdjen ^äOfte III2, 2Iiü)cuiq 168.
3 Ä i e tu n i n q , Nuntiatur be§ 'jlallotto II
(1897) 130 160 172. — 9?ad) ben ntünblid)en
^lufeerungcn üott 5ßäjmant) rooüte ber Ipapft
oon bem (£bift nid)t§ rniffen; er l^abc ba§ ©bift
nie gelobt; bie Sefrctäre hätten in ben ©djrei=
ben, tnie e§ oft ju gefcbeben pflege, moljl etma^
mehr gefrfjrieben. Al. Mednyänsky, Petri
Päzmäny Legatio Romana 55 116.
4 ©0 3. 58. ber 33ifchof Poit Sottftanj in
feinem Briefe oom 2. 9?oü. 1630 an ben ®aifer.
Kopie in 9K. 91., Jes. 1713.
464
Siebtel Kapitel. griebettSbeftrebungeu mtb ©egenftrömungen.
biefer ^efuiten 31t fprecfjen, bürfte rnoljl faunt 3uläffig fein. „2Bag ber genieinfame
©ebanfe einer ganzen Partei mar", fo Ijat ein ©efdjidjtfdjreiber beg ©bifteg fjer*
oorgeljofcn, „bag fatttt nid)t einem einzelnen jum SSerbienfte ober jur ©djulb an-
gerechnet merben." 1
33ei ber näheren Vorbereitung beg (Sbifteg finben mir 3unäcfjft ben faiferlidjen
Veidjtoater Samormaini beteiligt. Über biefe ^Beteiligung fdfjreibt Samormaini felbft
am 17. September 1630 an ben Slbt Don fö'aifergfjeim: SCßenn aucf) Diele unb fjod)"
ftefjeube äßänner an bem ©rlafj biefeg ©bifteg gearbeitet Ijaben, mettn audj Diele
mitgef)olfen fjaben, um Sommiffäre jur Slugfüfjrung beg Oefreteg ju beftintmen,
einige Dielleidjt audj biefelben angeeifert unb unterftüpt Ijaben, um bie ber Slug¬
füfjrung entgegenftefjenben $inberniffe ju entfernen, fo fjabe icfj bocfj, icfj fage bag
allein 31t ©otteg Sljre unb ofjne Übergebung, bei allem unb jeglichem geholfen, fo
bafj idj felbft fagen fönnte, man lege bag Söort nicfjt fdjlimut au», idj fjabe meljr
alg alle gearbeitet. Oieg miffen 3mar nidft aKe, Dielleidjt mürben eg audj einige,
bie felbft mader baratt gearbeitet Ijaben, leugnen; eg fennt aber ber ®aifer meine
Sftüfjen, ©orgen unb häufigen SJcafjnungen; er meifj, bafj idj um bag eine midj
bemiiljt unb fo lange gebrängt Ijabe, big id) bie SSiebererlangung aller $ircf)en-
güter, bie nadj bem tßaffauer Vertrag Don ben £>äretifern einge3ogen morben, burdj-
gefept bjatte 2.
Sin ber Vorbereitung mirb aucf) bem Vudj Satjmanng Pacis Compositio aug
bem ^aljre 1629 ein Slnteil 3itgefd)rieben. Oer Vifdjof ^einridj D. Knöringen fagt
in feinem Veridjt Dom 21. Oftober 1629 an ben ^eiligen ©tufjl: Oa ber Vifdjof
Don Sluggburg fab), bafj bie meiften fatfjolifdjen 9fäte, befonberg bei ben geiftlicfjen
dürften unb Prälaten, über ben mit ben Sßroteftanten eingegangenen ^rieben gan3
falfdje Slnficfjten patten unb Diele ©elegenljeiten 3ur SSiebererlangung ber geiftlicfjen
©üter öernadjläffigten, liefj er burdf) feine Quriften unb Ofjeologen ein Vudj über
biefen fog. fMigiongfrieben oeröffeutlidjen unb in bemfelben mancfje fragen 31t
©unften ber fatfjolifdjen Veligion flarlegen. Oaburdj mürben ben ^atpolifen bie
Slugen geöffnet, bie ^Sroteftanten aber auf bag empfinblidjfte getroffen. Septere ge-
ftefjeit, feit langer 3eit fei fein fröftigerer ©treicfj gegen ipre Sluggburger ^onfeffion
geführt morben. Oer ^arbinal Älefl Ijat begpalb bem Vifdjof Don Sluggburg ©lüd
gemiinfcpt unb erflärt, nid^tg Veffereg pätte augenblidlidj gefdpepen fönnen alg bie
Veröffentlicpung biefeg Vucpeg3. ^ebenfallg pat bie mit ber Slpprobation ber juri*
ftifcpen gmfultäten Don SBii^burg unb greiburg erfdpienene ©djrift alle ©rünbe,
melcpe fiep für bie Vedjtlicfjfeit ber Veftitution anfüpren laffen, mit ber Satjmann
eigentümlidjen ^tarpeit unb ©eleprfamfeit Dorgelegt unb bie ©inmenbungen 3uriid-
gemiefen4.
1 STupep a. a. D. 351.
2 2>rucf bei Rom. Hay, Astrum inextinc-
tum (1636) 263 ff. — 2lm 28. 2Mrj 1629 teilt
P. Samormaini bem Karbinal 93arberini mit,
er fd)icfe an ben P. ©eneral baS JReftitutionS-
ebitt, opus sane dignum hoc Imperatore, et
quo nullum maius, imo nullum par ad hanc
diem perstitit. . . . Tantam gaudiorum segetem
e Germania nullus Pontifex Romanus accepit
post tempora Caroli Magni, ut felicem prae-
dicare possimus Urbanum octavum, qui videt
hos fieri ad Religionen! catholicam accessus.
* Original in Barb. Lat. 7054, f. 72. — Slucp
ber DiuntiuS Karl Garafa fdpreibt fid) ein grojjeS
Serbienft an bem Suftanbefommen beS GbifteS
ju : Commentaria de Germania restaurata
(1641) 363 f 403. Garafa „pat monatelang
mit anbern baran gearbeitet, bie entgegen-
ftepenben §inberniffe j)U befeitigen". 2lntpienp,
$cr päpftlicpe SluntiuS Karl Garafa (1869) 26.
3 * Epp. ad Bus. 1616—1640, 425. Sgl.
Pacis Compositio2, Praefatio (b) 2.
4 Gbb. 328 ff 456 ff. — $ur ißerteibigung
ber Scprift machte gorer im ^apre 1633 geh
tenb: „3 ft eS bem Iusto Springero, Henrico-
Andreae Cranio, Theodoro Thummio, Atu-
maeo , Christophoro Mingio , Mindano unb
Oielen anbern unfatpolifepen Sfribcnten Oor
biefem reefjt gemefeit, allerlei Tractatus, Dis-
putationes, Glossas unb Assertiones über ben
®a3 9ieftitution3ebift 1629.
465
Unter ben SBefürtoortern ber 9?eftitution treffen tuir loeiterfjin beit P. 9ieinh.
Bigler, beit 93eic^tüater be§ Äurfiirften non ÜDiainj. 2tm 5. Sluguft 1628 fc^reibt
nämlich 3>itette§dji att^igfer: Sen 9tat §od)nmrben, burctj ben ißapft auf ben
Äaifer einjumirfett, baff er bie 33i§tünter nnb anbere ^irdjengüter fo&alb als möglich
beit ^roteftanten ju entreißen trachte, Ijabe id) bereits benen niitgeteitt, tion beiten
id; einen nadjbrücflidjen ©inflnfj iit biefer fo mistigen ©adje auf ben s^af>ft erhoffe.
Sftödjte nur biefe fo fjerrlidje (Gelegenheit, tneld^e bie grofie Xruppenmadit ber fatf)o=
^c<r . jV
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SBricf be§ P. 2(bam Goitljen nu§ 9tegen36urg, 27. guli 1630.
lifdjen dürften §ur SBiebererlangung oder ju Unrecht non ben ißroteftanten früher
befehlen (Güter bietet, nicht burdf) S^eib tutb ßunetradjt üertfinbert tnerben ! 1
SteligionSfrieben, toiber beffen rechtmäßigen Sßer=
ftanb, ben Satholifdjen ju merflidjem 9tad)teil
auf ißren Uniberfitäten ju gena, Seip^ig, £ü=
biugeu, Söafel, Sßittenbcrg unb anbern Orten
in 2)rud ju fertigen, fo ift e§ ben Satfiolifdjen
aud) nidjt geboten, baß fie foltert bie £>änb in
ben ©ad fdßeben, baS SWaul Oerbinben unb
feinen 33ud)ftaben ^u ifjrer $efenfion fdjreiben."
SBenn bie Satfjolifen fdjraiegen , toürbe ifjr
©d)ioeigen als GinberftänbniS mit ben proteftam
tifcfjen Behauptungen aufgefaßt unb bei fpäteren
3tneifeln eben nur bie Stnfidjten ber proteftan»
tifdjen guriften als maßgebettb Perrriertet mer=
beit, gor er, 2lnti=9KcIanber, b. i. SBarnungS--
fdjrift an bie lieben Sentfdjeu, toarumb fie bem,
ber fiel) Philoxenum Melandrum (©cßoppe)
nennet, bnrcpauS feinen ©fanben foUen juftetlen.
9Jtünd)en 1633, 25 28.
1 * Orig.dReg. Ad Rhen. sup. SSgl. 9. ©ept.
1628 unb 23. 9too. 1630. ähnlich fpridjt fid)
Gongen in einem ©utad)ten für SOtajimilian
auS: Si esset spes aut ratio secreti, non est
Suljr, ©eftfjidjte ber ^efuiten. II.
dubium, quin Caesari suadere oporteret, ut
in proposito pergeret, ad hoc etiani animan-
dus esset, et auxilia praestanda, hic est enim
finis belli et fructus. Nunc vero existimo
modum , et viam quaerendam, qua occulte
suggeratur eius maiestati, ne se dimoveri a
tarn bono instituto patiatur, forte id per
agentem aut alio modo fieri posset, ut tantum
bonum ne intermittatur, et aliqua culpa per
omissionem contrabatur. Nam si nullum om-
nino responsum detur, varie interpretabuntur,
et qui nunc ad perniciosam facilitatem in-
clinant, obtinebunt quae volunt, et erunt
posteriora deteriora prioribus. QUod impe-
dire consilio, opus sanctissimum , et ma-
ximi apud deum meriti est, in cuius manu
cum sint corda regum et principum, non erit
illi difficile compensare, quicquam offensionum
timeri potest, eidem Seren. V. ex animo com-
mendo. * Original in 9Jt. ©t., Saft. fd)toarä
4/4, f. 124 f. Siegt tiad) bem Sonjept beS ^terjogS
93tap an ben Saifer, 13. ©ept. 1629. 9Jtit ber
30
466
Siebtel fiapitel. griebenlbeftrebungen imb ©egen jlrömun gen.
Sei ber SfuSfüprung beS ReftitutionSebifteS zeigten fid^i gmei Strömungen unter
beit ßatpofifen, eine gemäßigte, bie fangfameS unb beputfameS Sorgepen befürmortete,
eine fdjärfere, bie im Sertrauen auf bie @erecf)tigfeit ber Sadje eine große @nt* *
fepiebenpeit »erlangte. ®iefe beiben Slnficpten prallten auf bem Regensburger ®ur*
fiirftentag 1630 fjart aneinanber. Serüauj, ber fpätere Seidjtoater beS ®urfürften
üRajimifian, pat bieS in feinen Saprifcpen Sfnnafen anfepaufiep gefepifbert. ®ie ge*
mäßigtere Ridjtung unter ben ^atpofifen, gu ber auep SRajimifian gehörte1, tuollte
bie inneren ßmiftigfeiten beigefegt miffen, um bie ißroteftanten gur einträchtigen fpiffe
gegen bie auSmärtigen g-einbe gu geminnen. 9Rit ÜRajrimifian »ertraten bie meiften Räte
beS $aiferS unb ber ®urfürften biefen Stanbpunft, unb fo mürbe Sadjfen unb Sranben*
bürg Hoffnung gemacht für bie Seibepaftung ber ^irdjengüter menigftenS üorfäufig
für 40 $apre. Obgfeid) nun Diele fö'atpofifen für biefe oerniinftigen Grrmägungen
maren, fo »erfodjten boep einige, burd) bie »iefen Siege gefäufdjt, bie fdjärfere
ÜReinung: jeßt miiffe man §ugreifen, jeßt fei affeS reif gur (Srnte, mäeptige (peere
ftänben gur Verfügung, baS ©egenteif fei geigpeit, mo eS fich hoch um bie ©pre
©otteS unb ber Äircpe unb baS Seefenpeif fo Dieter ÜRenfcpen fjanbte ; gubern fei eS
fßf fiept beS ßaiferS; ba bie ^Sroteftanten nie bie Verträge gepalten, möge ber ®aifer
gufepen, ob er nkpt ungeredjt gegen bie $ircpe Derfapre, mäprenb er üRilbe gegen
bie £yeinbe ber fö’irdje malten faffe. ®ie &?ircpengüter ftänben niept in ber ©emaft
beS fö'aiferS, eS fei ein Safrifeg, menn er für 40 ^apre barauf »ergidjte: baS fei
Sache beS fßapfteS, opue beffen ©rfaubniS nicptS gefepepen bürfe. 2fn biefen Klippen,
fo fäprt Seroaup fort, gerfepeßten bie gemäßigteren Ratfcpfäge, afS ftepe eS niept
bem burd) fo oiefe Kriege erfdpöpften ®aifer frei, einen Sfugenblid aufguatmen, unb
afS müffe er gfeiepfam Ürieg füpren aud) bei ber eoibenten ©efapr ber Rieberfage,
mo bann affeS oerforen fei. Sfucp maren bie Kräfte beS ®aiferS niept fo groß, unb
fie fepienen audj bem fö'aifer nidjt fo groß, ber ben ^rieben müufcpte; auep nidjt ben
Äurfürften, inSbefonbere Rtapimifian nidjt, ber in feiner großen ßfugpeit ben bropen*
ben Sturm üorauSfap. ®er fiegreiepe ÜEifft), ber gu allem bereit mar, riet bem Äaifer
unb ben fö'urfürften bringenb gum ^rieben, menigftenS in SDeutfcpIanb, unb boep famtte
fXifft) bie Serpäftniffe genau, unb ber SfuSgang pat gegeigt, mie rieptig er üorauS*
gefepen. SDie ' feparfen Ratgeber fiegten, fie maren ber Sfnficpt, baS Qrbift bürfe in
nicptS gemifbert merben, unb patten ja fpäter ©runb gur Reue, ©inige pabett bann,
freifidj gu fpät, ipren Irrtum eingefepen unb eingeftanben, man pabe einen geitmeifigen
Sergfeicp rnegen ber ßürepengüter mit ben fßroteftanten eingepen tonnen. ÜRajimifian
pat fidj oft über biefe fdjarfen Ratgeber beffagt. greifidj trugen bie gorberungen
ber i^roteftanten auep fepr oiefe Scpnfb2.
3u ben rigidi consultores, mie Seroauj fie nennt, foff auep ber bamafige
Seidjtoater ÜRafimifianS Slbam ©onßen gepört paben. 3n feiner £>enffcprift über
bie Urfadje ber übefn Sage ®eutfcpfanbS ergäpft ©onßen: 2ffS bie Speofogen auf
bem Regensburger Ä'onoent gefragt mürben, ob fie in fofepen Scpmierigfeiten für
^rieben ober ben fö'rieg feien, antmorteten fie, einen guten, gerechten, eprenüoHen,
fiepern unb eprfidjen Trieben Billigten fie, einen anbern niept. SDeSpafb maren bie
£peofogen nidjt bie Urfadje beS Krieges. £>enn ber $aifer unb affe dürften unb
SO?ef)rsat)I ber ftatpotifen faßte and) 2üllt) bie
Steftitntiou atS gruefjt be§ Krieges auf. 33gl.
§t)e:t an ben Äaifer, SOfinben, 22. Slug. 1629.
* Original in SBien, ©taatSarcpib, 9feid)§faitälei,
Stetig. Sitten Sfr 35.
1 Spater, bei bem Sparafterbilb SJfajimilian?,
frfjreibt S?eröauj: Obfuit in immensum orbi
Germanico, eins (Maximiliani) consilia de
maturanda cum hostibus pace, bello postremo,
locum sero nimis habuisse : eam suaserat
anno 1630. .. . Job. Adlzr eit er , Annales
Boicae Gentis (1662) III 612.
2 ©bb. (1710) 208 ff. Sßgl. Kropf I 509 f.
$cr Regensburger RcicfjStog 1630.
467
ade State mären, fo»ief icfj meifj, berfelbeit Meinung. 9)Zan beftanb auf bem ißaffauer
Vertrag: ba§ »erlangten ade Äatfjofifen, unb ftet§ »erlangte man bie Steftitution
ade§ beffen, ma§ gegen ben ißaffauer Vertrag geraubt, unb bie 2fu§fiifjrung ber faifer«
fidjeit ©bitte. 2fde§ ba§ mürbe offne bie ©fjeofogen »erfjanbett. {yür biefe 33efdjfüffe
barf man nidjt bie «Sdjufb adein auf bie Geologen merfen. ©ie grage tarn gule^t
an bie ©Geologen, unb biefe bidigten, ma§ bereits befdjfoffen morben. ©ie ©fo¬
togen mürben and) gefragt, ob fie glaubten, baff bie äufjerfte Uumögfidffeit jur $ort»
fe|ung beS Krieges »or^anben unb besfjafb ber Triebe unbebingt notmenbig fei.
©ie ©Ideologen antmorteten, ba§ fei eine pofitifdfe ^ra9e un^ hänge ganj »on ben
SJZadjtoerfjäftniffen ber dürften ab. ©ine äufjerfte SZot fteffe ihnen nidjt feft unb
»iete Utnftänbe fprädjen für bie ÜDtögfidjfeit, ben ®rieg fort^ufe^en, bis ein efjren»
f)after griebe erlangt merbe. ^m übrigen fenne SZot fein ©ebot. ©§ fcfjeine aber
fef)r bebenflid), einen fdjfimmen ^rieben einjuge^en, ber fcfjfimmer fei af§ ber ®rieg.
2füe dürften rcaren biefer Meinung, audj folcfie, bie feine ^efuiten af§ ©fjeofogen
Ratten K
$n einer SSerteibigunggfdjrift »om $afjre 1632 entfdjulbigt ©on^en meiter bie
©fjeologen: Qm Qafjre 1630 mürben 51t StegenSburg »on ben ^roteftanten bem
SSZainjer &'anjfer fünfte für einen griebengfdjfufj übergeben, ©iefefben mürben guerft
»01t einigen menigen, bann »on mehreren Stiften ber fatholifdjen dürften beraten,
meiterfjin »on ben dürften fefbft unb fdjfiefjfidj »om Ä'aifer. 2fde§ bieS gefefja^
ofjne ©Biffen ber ©fjeofogeit unb 93eidjt»äter. ©nbficfj nad; ungefähr fünf Söodjen
mürben bie proteftantifdjen SSorfcfjfäge mit ben Sfntroorten unb ber fßroteftation ber
Äatfjofifen (über bie Unantaftbarfeit be§ 9tefigionSfriebenS) ben ©Geologen »orgefegt.
©iefe bidigten bie Söefcfjlüffe ber State unb dürften, ©iefe fBefdjfiiffe befagten, e§
fei fein griebe abjufdjlie^en auf bie 35orfcfjfüge ber fßroteftanten hin, meif fie gegen
ben elften ^rieben, ben fßaffauer Vertrag »on 1552 feien, »on mefdfem bie fatfjo»
fifcfjen State in nidjtS abmeidjen modten. Sfffo nicfjt bie ©fjeofogen, foubern bie
pofitifdjen State fjaben guerft gegen ben oorgefdjfagenen grieben geftimmt. SZadj bem
bamafigen ©tanb ber ©inge fonnte fein aufrichtiger fatfjofifdjer ©fjeofog ju einem
fofcfjen ^rieben raten. 5ernei: werben bie ©fjeofogen »on SJZüncfjen ju Unrecht an»
geffagt, ba nur ein ©fjeofoge au§ SJZündjen ju Stegensburg um Stat gefragt mürbe,
^a bie SJZündjener ©fjeofogen fönnen megeu fBerfjinberung be§ grieben§ fo menig
befefjufbigt merben, baff fogar manche, fomofjf ^efuiten af§ StuSmärtige (SZidjtjefuiten),
gemeint haben unb nocfj meinen, bie SJZündjener ©fjeofogen feien ju fehr für ben
griebenlfchfufj gemefen. ©eShalb mürben fie »on einigen für furcfjtfam unb pofitifdj
gehalten, meif fie ju fehr für ben grieben maren. Söenn alfo bie ^efuiten Urfacfje ber
gegenroärtigen Übef finb, meif fie bie ohne ihr SBiffen befdjfoffenen Sfntmorten ber
ftatfjofifen gebidigt fjaben, fo finb nodj mehr llrfadje bie State unb bie dürften
fefbft, raefdje biefe 33efdjfüffe gefafjt, gefcfjrieberr, befräftigt unb fdjfiefjfidj ben ©fjeo»
fogen »orgefegt fjaben1 2.
©ie fcfjmebifdje ©turmffut brach herein/ nnb SJZadjt beS ßaiferS mürbe faft
»ernictjtet. ©§ ift erffärlicfj, bafj bie fßroteftanten fidj au§ fonfeffioneden ©rünben
mit bem auSmärtigen geütbe »erbanben, fo fehr ifjr patriotifdjeS ©emiffeit baoon ab»
mahnen modjte. ©a§ ©ebaren be§ fdjmebifdjen ©robererS, ba§ auf bie »ödige 33e»
herrfdjung be» beutfdjen 9teid;eS auSging, muffte biefe ©emiffenSbiffe notmenbig
1 *Contzen, Consideratio c. 22. ä)t. R., 9Jf. R., Jes. 42. 2>anad) Kropf II 216 f.
Jes. 86. 93gf. S. 465, 91. 1. SJgf- ben unbatierten SSrief SonßenS an ben
2 *Defensio P. Contzen contra quasdam 93ifcf)of Ooh DSnabriicf bom 1630. * Äopie
querelas et calumnias, 1632. 3)iefe 9luffdjrift in Barb. Lat. 6749.
üon ber §anb beS P. iDfunbbrot. Äopie in
30
468
Siebtes Kapitel. g-riebenSbeftrebungen ititb ©egenftrßmungen.
fteigern. ©o mürbe bann ba§ Verlangen nad) einer (Einigung im Innern immer
bringenber, bie ©efjnfudjt nacfj bem ^rieben immer gröfjer. Siefe ©efjnfudjt oer*
anfafjte nacfj ber Rieberlage ber ©djmebeit bei Rörbfingen ben fßrager ^rieben (1635),
in meinem ber föaifer ficfj mit $urfadjfen nnb ber RMjrgafjf ber proteftantifdjen
©tänbe oergftdj. Sie ©ftremen auf beiben ©eiten maren bamit fefjr ungufrieben.
Riefe ^roteftanten befämpfteit ben Frager fyrieben. Sie pommerifdjen ^5räbi-
fanten begeidjneten bie Refürmortcr beg griebeng afg ^feubopofitifer. Sparen bie
futfjerifcjen Sfjeofogen geteilter Sfuficfjt, fo maren affe reformierten Sjeofogen einig
in beffen Rermerfitng, meif bie Reformierten non bem ^rieben auggefdjfoffen maren.
Qn gfeidjgeitigen proteftantifdjen gdugfcfjriften mirb ber Frager fyriebe in ber fdjärfften
$orm befämpft nnb nerbantmt1.
Sie Rerljanbfungeu, bie bem Präger fyriebeit oorauggingen, geftaftetcn fidj redjt
fdjmierig, ba ba§ Reftitutiongebift praftifdj anfgegeben nnb ben proteftantifdjen dürften
bie geifttidjen ©üter, mefdje fie 1620 bjm. 1627 befeffen Ratten, menigfteng für
fange ßeit gugefprodjeti merben fofften. ©djon in früheren ©tabien fjatte man in
Rom grofje Rcforgniffe, ber fö'aifer merbe ben ißroteftanten gu meitgefjenbe gu*
geftänbniffe macfjen. SBieberfjoft mahnten bie Runtien am SSSiener §ofe Rocci nnb
©rimafbi ben P. Pamormaini, bem Äaifer ing ©emiffen gu reben, nnb ber Reidjt*
nater fam biefer SSeifung nacj 2.
2fm 3. Februar 1635 berichtete ber Runtiug Rocci an Rarberini, bafj ©paniert
ben ^rieben münfdje, ebenfo ber ß'aifer. Serfefbe fjabe eine fftonfereng non 10 big
12 Sljeofogen angeorbnet, bie unter bem Rorfitj beg ^arbinafg Sietridjftein bie
fünfte, mefdje ©emiffen unb Religion betreffen, beraten foffen3. ©ine SCSodje fpäter
(10. gebruar) mefbet Rocci: Sie Sfjeofogenfonfereng unter Sietridjftein über ben
^rieben mit ©adjfen nimmt ijren Fortgang. Sie gafjf ber Sjeofogen beträgt 23,
barunter 8 gefuiten, 3 fö’apuginer unb je gmei non ben anbern Orben, bie Rieber*
faffungen in SBien fjaben. Sie ©ntfdjeibung ber Sjeofogen foff für ben fyrieben
fein, um fo mefjr, afg ber größere Seif ber gur Consulta gerufenen Sfjeofogen ©panier
ober fpanifdje Untertanen finb4. Sftn 17. [yebruar 1635 mefbet Rocci bag ©nbe
beg ßonfufteg, bie Riejrgafjf jabe fich für ben ^rieben mit ©adjfen auggefprodjen 5,
unb am 24. Februar beridjtet er, Samormaini fei für ben ^rieben mit granfreidj
unb gegen ben ^rieben mit ©adjfen, bie ©panier bagegen madjten bie größten 2ln»
ftrengungen für ben ^rieben mit ©adjfen, um fo feidjter ijre ^Släne gegen granf*
reidj unb mojf audj gegen Italien burdjfefjen gu fönneu6. Samormaini erfjäft für
feine Sätigfeit bie größten Sobfpriidje Pon feiten ber Runtien unb beg £arbinaf»
©taatgfefretärg S3arberini 7.
Über ben Rerfauf ber Sfjeofogenfonfereng beridjtet Räfjereg P. ©rafiug am
24. gebruar 1635 aug SBien: Ron Ofmütj bin id) fdjon einen gangen ÜJRonat ab»
1 ^itjigratl), Sie ^Subligiftif beS fraget-
griebcnS (1880) 28 — 54.
2 * Sepefdjen beS aufjerorbentlidjen SuntiuS
©rimalbi au SBarbcrini, 5. u. 19. fDMrä 1683.
Original in 31ff- Bark. Lat. 6979. (Rocci
an Sarberirti, 18. Quni 1633, 30. @cpt. unb
7. Oft. 1634. Original in ßiff.Barb. Lat. 6972
u. 6975.
3 * Original in 3'ff- Barb. Lat. 6976. Sßgl.
©in beit), ©efd). beS Sretfjigiäljr. Krieges ill
(1882) 56 f. Sie Korrefponbenj beS KarbinalS
Sietridjftein über bie Sfjeologenfonferenj in
SBien, StaatSardjio, ff-riebenSafteu 11 ab.
4 * Original in 3iff- Barb. Lat. 6976, f. 51 ff.
Sgl. fDfalatefta Saglione an Sarbcrini, 10. gcbr.
1635. Original in 3Üf- Barb. Lat. 6989, f. 91.
5. SRärj 1635. Original ebb. 6990, f. 4.
5 * Original ebb. 6976, f. 56.
6 * Original ebb. 6976, f. 76; ebenfo 5. fDtärj,
ebb. f. 78. tfdjnlid) SDfalatefta Saglione, 7. Slprit
1635, ebb. 6990, f. 79.
7 Sn ben oben angeführten Sepefdjett 9JfaI.
Saglione au Sarberiui, 14. Slpril 1635, ebb.
6990, f. 88, unb 16. gcbr. 1636, ebb. 6994,
f. 65.
35er Kroger Triebe 1635.
469
mefenb unb merbe bor äftittfaften mopf nicpt jurücf feeren, gdj fam pierpin mit
Karbinaf ®ietridjftein, ber bon bem Kaifer ben Vefepf erhalten, einige Speofogen
jufammenjurufen, um bie bon ©acpfen borgefegten fjriebenSartifel ju beraten, unb
beSpafb micp unb meinen Sieftor ju fiep berief unb mit nacp SSien naprn. 2>ie erfte
Konferenz im Haufe beS KarbinafS mar am 5. gebruar, bie fepte am 16. gebruar.
25ann arbeitete jeber in brei Sagen fein ©utacpten auS unb übergab eS gefiegeft
für ben Kaifer. SDiefer pat bie meiften fcpon gelefen unb fie alle jur Prüfung bem
Karbinaf übergeben unb ben brei Kommiffären, mefcpe am 27. biefeS nacf) ©acpfen
reifen, um bie (Sntfdjeibung beS KaiferS über bie einzelnen SIrtifel gu überbringen,
gn unferer Konferenz führte ber Karbinaf ben Vorfip, bie beiben faiferficpen Korn»
miffäre Oueftenberg unb ©ebparb erflärten bie einzelnen Strtifef. ©3 maren 23 Kon»
fultoren, ber Sieftor SJiagnififuS bon Söien, 8 gefuiten, 3 Kapuziner, 2 Sominifaner,
2 unbefdjupte Karmeliter, je 2 granjiSfaner bon ber ftrengen unb leichteren Obferbanj,
2 Varnabiten unb 1 Sfuguftiner. Sitte antmorteten gmeimaf auf bie borgefegte SDiaterie,
meift gelehrt unb elegant. guerft 9a^ ^er Sieftor SJiagnififuS feine ÜDieinuttg ab,
bann P. Samormaini \ P. §einricf| ißpifippi, ber Kapuziner Duiroga, Veidjtbater ber
Königin, P. Vaferian, Kapuziner, ber P. ißrobingiaf bon Öfterreicp, P. VafbeSpina 0. Pr.,
nufer P. ißenafofa, ber Karmefit, ber Vijereftor unfereS SBiener KoffegS P. SucaS,
ber Sieftor bon Ofmüp, unfer Sefan ber tpeologifcpen gafuftät, P. Submig (SrafiuS ufro.,
gufept ein gelehrter befgifcper Kapuziner. 2öir maren unfer ungefähr 8 ^Belgier.
Sie Konferenz naprn einen gfüdficpen Verfauf. Sie Hauptfrage mar, ob im gaffe
äuperfter Siot affe griebenSartifef opne Vefcpmerung beS ©emiffenS angenommen
merbeit fönnten. gd) pabe nacp meinem ©emiffen geantmortet. SJieine SJieinung
gefiel bem P. Samormaini unb ben meiften ber llnfrigen. gcp pabe jmei ©utacpten
gefchrieben, ein fürgereS unb ein längeres, feptereS für P. Samormaini. Heu*e be¬
ruft ber Kaifer feine Vertrauten für bie fepte ©ntfdjeibung, unter ipnen mirb aucp
P. Samormaini fein. SSeif idj burd; einen @ib gebunben bin, fann id; Gringelpeiten
nicht müteilen, im allgemeinen ift ber Kaifer fepr perpfep unb meifj nicht, mopin er
fiep menben foff. Stuf ber einen ©eite foff eS unmöglich fein, ben Krieg fortgufepen
auS SJiangef an ©efb, SSaffen, ©ofbaten unb megen ber ©tärfe beS geinbeS; auf
ber anbern ©eite fepft eS nicht an ©rünben, mefdje für bie gortfepung beS Krieges
fprecpen1 2.
Ser Kurfürft öon SSiaing Slnfefm Kafimir erffärte fiep auf bem peremtorifepen
Termin oom 25. gebruar 1635 für ben grieben. Slucp bie Speofogenfonfereng in
Köln, an mefeper fiep auf Veranfaffung beS Kurfürften bon Köln ber SSeipbifcpof
bon ißaberborn, 2 Sominifaner, 2 Obferbanten, 2 Kapuziner unb 2 gefuiten be»
teifigten, fpradj fiep, meif Siot fein ©ebot fenne, unter einigen Kfaufefn für ben
grieben aus3.
(SinigeS über bie rpeinifepe Speofogenfonfereng erfapren mir aus einem ©epreiben
beS P. SJiap ©anbaeuS, batiert Köln, 1. Sfuguft 1634, au ben ißrobingiaf ber ober»
rpeinifepen ißrobing. SffS ber Kaifer bie in Köln meifenben gürften aufforberte,
©efanbte gu einer griebenSfonfereng gu fepiefen, beriefen biefe meprere Speofogen,
barunter gmei gefuiten, gu einer Beratung, ob bei ber jepigen Sage mit gutem @e»
miffen unter Preisgabe bon Kircpengütern griebe mit ben ißroteftanten gefepfoffen
merben föune. SJiit menig Siüdficpt auf bie refigiöfen, mit bief auf bie meftfiepen
gntereffen mürbe befepfoffen : SBenn baS Vamberger unb SSürjburger ViStum niept
1 Erafiuä fcf)rei6t Samermain, Sammermain 3 3Sogt = 2Beipet, 94f)ein. Slrcfjio IX 318.
unb Samermatnt. (Sin @utacf)tert »ont 25. ^febr. 1635 über ben
s *Äobie in 90?. 31-, Jes. 370. 3?eIigion§frieben ebb. IX 312—317.
470
©iebtel ftapitel. griebenSBeftrebungen uitb ©egenftrömungen.
in ben £>änben ber geinbe blieben, fönne ber griebe gefdjloffen merben. „Xie fdjmadj»
üoden 23ebingungen in betreff ber Religion" billigten biefe beiben ^3atre§. (Sin 9iat
roodte miffen, ob bieg bie Meinung ber ^efuiten fei. Xer ^roüin^ial ^abe bieg üer»
neint unb ben P. gacieg aug bem Kölner Kodeg, ber fo geftimmt, getabelt. ©anbaeug
[teilte bem ißroüinjial unb Sieftor beg Kölner Kodegg üor, fie fodten biefe ©dfjmadj
für bie ©efedfdjaft nicht bulben. Slug bem Briefe geht nidjt ^eroor, ob er etmag
erreicht. Sßie man iljn nicht jur S^eologenfonferenj sugejogen, fo nahm man audj
rueiterf)in feine Xienfte am SBür^burger §ofe nicht meljr in Slnfprudf)1.
^n Siom mar man in banger ©orge, man möchte ben ifSroteftanten gu oiele ßu*
geftänbniffe madjen. Xegfjalb brüdte ber ©eneral 23itedegdji in mehreren Briefen
bem P. Samormaini Söeforgniffe megen beg abgufdjliefjenben g-riebeng aug. Qn einem
^Briefe tiom 3. SDiärj 1635 meint er, eg märe mofjl beffer gemefen, mit benen ^rieben
gu fdjliefjen, auf bie ficfj bie ißroteftanten geftütjt (b. fj- ben $rango[en), bann mären
bie Siechte ber fadjolifdjen Religion in größerer ©idjerfjeit gemefen2. Xurdj folcfje
Slnfid^ten fd^eint SSitedegdji in ben Siuf gefommen gu fein, bafj er mehr gum
Kriege alg gum grieben rate, dagegen oerteibigt fid^ ber ©eneral in einem Briefe
oom 17. SJIärg 1635 an Samormaini. Siadjbem er üorauggefchicft, bafj er für bie
Notlage in Xeutfcfjlanb, bei melier bag §eil fo üieler ©eelen beteiligt fei, in ber
ganzen ©efedfdhaft ©ebete unb IBufjmerfe angeorbnet, unb bafj ihm bie ©tetfung»
nähme Samormainig in ber güiebengfrage mie audj ber gange ©ang ber Sierfjanb»
lungen unb bie güiebengbebingungen big jefjt unbefannt geblieben, fcfjreibt er: ^d)
geftefje gang offen, bafj ich ben ^rieben münfcfje unb mit £>änben unb güfjen auf
bie ©eite ber griebengpartei trete, menn nämlich ein foldfjer Triebe gefdjloffen merben
fann, bafj bie Religion unb bie ©eredjtigfeit barunter nidjt leiben; menn aber mieberum
ein ^riebe angenommen mirb gum ©djaben ber Sieligion, ber Kirdje unb beg ©eelen»
Ijeileg üon Sdiidionen, ein griebe, ber nur mieber neue, fcfjlimmere Kriege gebären
mirb, fo fage ich, bafj idj einen folgen ^rieben öerabfcfieue, unb mit mir üerabfcfjeuen
ihn alle ©uten, meldje ber SJieinung finb, eg fei beffer, ade Sänber gu oerlieren
alg mit einem foldjen greüel fein ©emiffen gu befleden. Xag fei ja moljl audj nodj
bie Slnfidjt beg Kaiferg unb beg 93eidf)tDaterg 3.
SBie meite f'atbjolifd^e Greife über ben ^rieben mit ben ißroteftanten bacf)ten,
legt ber SSifdEjof oon Sluggburg ^einr. ü. Knöringen 1639 in einer Xenffdjrift bar, bie
er ber Kongregation ber ißropaganba überreichen liefj: Sille feufgen unb rufen uadj
bem ^rieben; aber eg mirb lein Triebe fein, folange ber religiöfe ßmift bauert.
Xag ift bie allgemeine Slnficljt in Xeutfcfjlanb. Xagfelbe bezeugen oiele proteftantifdje
©djriften biefer ßeit, namentlidj ber „ißoftidon au ade Könige unb dürften ber
(Stjriftenfjeit^ unb eine anbere mit bem Xitel „Xer totale Siuin beg jßapfttfjumg",
melcfje Oon einem Sutljeraner aug ben ©dfjriften beg fäcfjfifcEjen §ofprebigerg ÜDIattf).
£>oe gufammengeftedt ift. ^n biefen ©cfjriften mirb offen erllärt, eg fei ein ©ebot
©otteg, bag Slnticfjriftentum, b. h- bag jßapfttum, üon ©runb aug ju üertilgen, jeüt
fei bie 3ed bagu gefommen unb nidjt länger ju märten, ^eber Sleligiongfriebe mit
ben ^Sapiften fei ungültig unb üor ©ott nichtig, meil er gegen ©otteg SBort unb
üon ©hriftug üerboten fei im lebten Kapitel üon ÜDIarfug, mo ber §err gebiete, bag
©üangelium ader Kreatur gu prebigen. ©ein ©üangelium fei aber bag maf)re
©üangelium ©Imiflb beffen ißrebigt burdj ben SMigioitgfrieben an üielen Orten üer»
boten fei. fyolglidj feien fie nidjt üerpflidjtet, ben Sleligiongfrieben ju haden, n?emt
fie audj taufenbmal mit ung- grieben fdjlöffen. 3r°ifc^eit ©hriftug unb 93elial gebe
1 * Original in SJtains, ©taötBibl., Jes. A 25 2 * Orig.'Sleg. Ad Austr.
Ml. 3 * ©bb.
$er fraget fgriebe 1635. — $ie 2tntneftiefrage 1641.
471
eS feinen grieben. Unb biefeS ißringip fipt fo feft in ber ©eele ber ^roteftanten,
bafj biefelben offenbar ben ^rieben nic^t attberS beobachten toerben roie bisher ; be»
obachtet aber hoben fie ihn nie. ©omeit ber Bifdjof1.
Siefe 21nfidjt ber ©ytremen auf beiben ©eiten, ein bauernber Triebe gmifdjett
Slatfjolilen unb ^roteftanten fei nicht möglich, machte fiel) auch nadj ^em 2lbfcf)luf3
beS ißrager griebettS bei ben meiteren Berljanblungen immer rnieber geltenb. Bei
ben Berfudfen, auch nodj bie übrigen ^roteftanten, befonberS £>effen»$affel, oon bem
Bünbniffe mit ben auSmärtigen Reinheit abgugiehen (1639), fjanbelte eS fidj um bie
©ntfdjeibung ber ^mage, bic Sorberung ber SanbeSoermeferin, ber Sanbgräfin oon
(peffemSlaffel, bie calDinifd)en Neid)Sftänbe in ben NeligionSfriebeit eingufdjliejjen, be=
miHigt merben fönne. Äatljolifen unb Sutheraner hatten eine foldje Bemiltigung
bisher entfdjieben befämpft. Unter ben Satfjolifen fprach fid) aber befonberS ber
Äurfürft oon ÜNaing bringenb für bie SSetoiECigurtg auS. Bapern unb einige anbere
Bifdjöfe maren berfelben 2litfid)t. 21 iS nun ber föaifer einigen Theologen in SBien
bie f^rage oorlegte, gaben biefe ein gufagenbeS Botum ab, ebenfo ber faiferlidje
Beidjtoater P. Johann ©aitS, meldjer ©eptember 1639 oom Slaifer um feine Meinung
befragt mürbe2. „Nidjt an ben Qefuiten lag alfo bie ©djulb, fonbern lebiglid) an
ber treulofen ißolitif ber Sanbgräfin, menn bie Berljanblungen nodj in groölfter
©tunbe gum ©cheitern famen."3
^e mehr ©djmeben unb f^rangofen Seutfdjlanb oermüfteten, um fo nachhaltiger
halte ber ©ebanfe 21nf)änger gemonnen, baff $atIjolifen unb ^roteftanten fidj oer»
ftänbigen müßten, um enblidb» bem ©lenb ein ©nbe gu bereiten. 21uS biefer @r*
fenntniS herQu§ mar ber fraget fyriebe mit mefentlidjen gegenfeitigen ßugeftänb»
niffen möglich gemorben. ©hier üößigen ©inigung aber ftanb bie Söfung ber fyrage
entgegen, ob bie mit bem ßaifer nodj nidjt auSgeföljnten dürften ber 2(mneftie teil»
haftig merben unb bie oon ihnen feit 1555 ben ^atfjolifen miberrecfjtlidj entgogenen
firdjlicfjen ©iiter beiaffen merben füllten. $ier fpielte alfo mieberum eine micfjtige
firdjlidje f^rage eine grofje Nolle, unb bie She°t°9en mürben um ihr ©utadjten
angegangen. BefonberS in ben fahren 1640 (Nürnberger ®urfürftentag) unb 1641
(NegenSburger NeidjStag, ©eptember 1640 bis Cftober 1641) mürbe bie 21mneftie»
frage lebhaft erörtert unb enblicf) gelöft. Sie baprifdjen Theologen, unter ihnen oor
allem P. Berbauj, mürben mieberholt babei befragt4.
Um biefe .Qeit (15. $uni 1641) erging an P. Berbauj: oon bem ihm fehl- ge»
mogenen ©eneral BitetteSdji bie SBeifung, bei ben ©utadjten, meldje ber Stur für ft
oon ihm forbere, fidj nidjt auf fein eigenes Urteil gu befdjränf'en, fonbern, fomeit
bieS ber ß'urfürft erlaube, auch bie 21nfid)t anberer Sljeologen einguljolen, bamit fo
für ben Nuf ber ©efellfcfjaft audj bei ben meniger ©eneigten geforgt merbe5. Unb
unter bemfelben Saturn lobte BüefleSdji ben ^rooingial ©raoenegg, bafj er ben
P. ©imon Seli£ nadj SNündjett gerufen, um bem P. Beroauj; bei ben theologifdjeit
Beratungen gur £anb gu fein. ©r (ber ©eneral) oertraue, bafj P. Beroauj: bei
feiner Bereitmilligfeit, gu gehörten, ber ÜNahnung, anbere Sljeologen gugugieljen,
entfprechen merbe6.
Qn Betreff ber Berhanblungen über bie 21mneftie gelangten Silagen nadj Nom,
P. Beröaup habe in ^reiftng gur Berteibigung ber 21mneftie folgenbe Behauptungen
auf gefteUt : 1. 2öaS in fidj fdjledjt ift, fanit im Salle ber Not erlaubt fein. 2. 21udj
1 * Original in Stom, 34rd)it> ber $ropaganba, 3 Subro. Steinberger, Sie Sefuiten unb
Lettere di Germania 1640, vol. 82, f. 45 f. bie 3frieben§frage 1635 — 1650 (1906), 25.
2 fiod), gerbinanb III. I 139. 23rocf> 4 33 r o dt) a u§ a. a. D. 17, 2(. 16, 74, 2t. 28,
bau 3, ffurfiirftentag ju Nürnberg (1883) 17, 242, 2t. 2.
2t. 16. 6 *Drig.»9?eg. Ad Germ. sup.
6 * 5bb.
472
Siebtes fiaüitet. grieben§beftrebungen unb ©egenftrömungen.
fceSßatb müßten beS griebettg megen bie fitöfter namenttid) in SSürttemberg beit ,$äre*
tifern gegeben merben, tu eit fonft bie SRöncße, falls fie unter einem ßäretifeßen
g-ürften iE)re fitöfter bedielten, teießt oom ©tauben abfatten unb heiraten mürben.
3. tJDer Sßroteft beS SIpoftotifcßen Nuntius auf bem Reichstag (gu RegenSburg) fteße
im Söiberfprucß mit ben STaten beS IßapfteS unb beS RuntiuS fetbft. SDiefe SInftagen
teilte RitetteSdji am 20. $uti 1641 bem P. Rerüau^ mit unb fügte bei, baff er
benfetben einftmeiten, big er RäßereS non ißrn fetbft geßört, leinen ©tauben feßenfe *.
Rerüau£ fanbte guerft eine Rechtfertigung, meteße ben ©enerat oottftänbig befriebigte1 2,
bann auf SSunfcß beS ©eneratg aueß noeß ein 3eu9ni§ beS RifdjofS üon Fteifing,
bag ber ©enerat atg 3eugni3 gegen jebe etmaige Rerteumbung aufeubemaßren befafjt.
©ine Slbßanbtung (lucubratio) über bie Stmneftie, meteße P. Rerüauj üerfaßt, oer*
fpraeß RitetteSdji aümäßtieß, fomeit bie täglichen Arbeiten eg ertaubten, gu tefen3.
Rei ben Rerßanbtungen beg Regensburger Reichstages ptaßten aber mie oor jeßn
fahren bie gemäßigten unb extremen ©lemente mieberurn ßart aufeiitanber. §ier
mar eS befonberS P. §einricß SBangnered, ber fid) in einem ©utaeßten Quaestio ardua
feßarf gegen bie ©emäßrung ber Stmneftie, ja fogar gegen ben StugSburger RetigionS»
frieben auSfpracß. Fn ber fyotgegeit fpiett biefer P. SSangnered eine große Rotte atS
einer ber Unüerfößnticßften unter ben Unöerföfjntic^en. SSangnered (Söagnered) mar
geboren 1595 ju üRüncßen unb mit 16 Faßren in bie ©efeUfc^aft eingetreten, ©eit
1625 mirfte er meiftenS in SDUIingen atS fßrofeffor ber )ßßiIofopßie unb jTßeotogie, feit
1642 befleibete er auch baS fiangteramt4. ©erabeauS bis gut ©robßeit, feßeute er
Oor feinem fiampf §urüd, befonberS mo er glaubte, bie ©ereeßtigfeit fei oerteßt.
Stuf feine Rermanbtfdjaft oon mütterlicher ©eite mit bem großen Sßeotogen F°ßanu
©d ßiett er große ©tiide — in feiner Slppetlation oom 24. Februar 1648 an ben
Sßapft unterfeßreibt er fieß SEßangner*©diuS 5. Ron fieß unb feinen Strbeiten, befonberS
aber Oon feinen fiampfibeen mar er ftarf eingenommen bis jum Fanatismus unb
bis jur Reraeßtung unb Rerfpottung feiner ©egner. Rei feinem ©egner Rerüaup
fießt er in feber ßeite SRenfdjenfurdft, aber feine ©otteSfurcßt 6.
Stucß ben ©enerat „RincentiuS" (©arrafa) unb bie „Rincentiani" ßiett er für
üerbtenbet üon ÜRenfcßenfurcßt7. Ror brei Faßten, f° fd)tieb er am 1. ÜRai 1649,
habe id; bie Recßte beS abetigen fianoniff enftifteS in Sinbau in einem gemattigen
Ranb üerteibigt8 *. Riete Recßte oon großer Rebeutung ßabe idj atS ber StugSburger
fiircße unrechtmäßig entzogen nacßgemiefeit gu Sehweiten beS RifcßofS tpeinridj, ber
14 Faßte meine SDienfte in Stnfprucß genommen ßat. Ferner ßabe icß unter anberent
oor meßreren Faßten eine ÜRetßobe gur Reform ber fiircße naeß ben Sefreten beS
Xribentiner fionjitS gefeßrieben. Rei ber Fenfitr ging bie ©cßrift oertoren, ein
fi'ompenbium märtet fißon ein Faßt üergebenS auf bie Stpprobation0.
Söeniger ßoeß baeßten bie Obern üon Söangnered. @ie oertrauten feiner
fitugßeit nießt atlguüiet , meSßatb fie mieberßott feine ©rmäßtung gum ^ofbeießt*
oater gu oerßinbern fueßten 10. RefonberS feit SSangnered fiangter gemorben, gingen
1 * Orig.=9teg. Ad Germ. sup.
2 *$itefle§d)i an Serbau£, 31. Slug. unb
19. Oft. 1641.
3 * 33iteHeSd)i, 7. Sept. 1641.
4 Sgl. Süectjt, SBillingen 327 ff.
6 Sgl. Steinberger a. a. 0. 140, 21. 1.
6 SScntguerecf an Siber, 28. Sau. 1648.
* Original in fDtains, Stabtbibl., Jes. A 46°.
7 SBangnerctf 1. SKärj 1649. * Original in
Bibi. Chigi B I 1, f. 182.
6 Sgl. fciftor. geitfeßr. XXVI (1871) 75 ff.
9 * Original ebb. f. 187. Über anbere Sdjrif*
ten ÜJtotijen in 50t. 9t., Jes. 333 Ya-
10 9täf)ere§ bei S t e i n b e r g e r a. a. 0. 13 ff.
$er ©enerat Sitelle§d)i febreibt am 30. Suni
1640 an P. ©rabenegg: P. Henricum Wagner¬
eck postulatum iri ad Confessiones Serenissi-
morum Tirolensium videntur aliqui formidare;
rogo impense R. V., ut postulationem prae-
vertat quamque sifc parum ad id officii ido-
neus, si non potest aliter impediri, reprae-
sentet. * Original in 91t. 9t., Jes. 881. Scfjon
$ie Slmneftiefrage 1641.
473
oon oerfdfiebencn Seiten Klagen it6cr ihn an ben (General, baß er ficfj ju fefjr in
bie ©efdjäfte ber dürften einmifdje, bie ^muSorbnung nicfjt beobachte, feine Vor=
lefungen nacf) Veiteben fiafte ober Ausfallen taffe, Steifen ohne (Erlaubnis mache ufw. 1
®er aud) ber fdjärferen Stiftung angef)örenbe P. göret oerlangte 1644 in Briefen an
bie Obern SöangneredS Entfernung wegen gefährlicher ^hefen2.
SEßie Heinrich 0. Knöringen bie Slbfaffung ber Quaestio ardua oeranlafet hatte3,
fo liefe er biefelbe in feinem tarnen bem in fRegenSburg antoefenben Sötener SRuntiuS
SRattei überreichen. 5)er Nuntius überhäufte baS ©utadjten mit £ob4; bie gemäfeigten
Elemente fferadjen fid) gegen baSfelbe auS. SDer ©enerat ViteIIeSd)t oerbot bie SDrud*
tegung (6. Slpril 1641) 5.
gn einem ©utadjten oom 16. guli 1641 erftärte fid) ber faifertiche 93eicf)t=
oater ©anS gleich ^>er äRehrgaljt ber übrigen ^Theologen für bie ^Bewilligung ber
SImneftie. gn biefent ©utacfeten, baS er ber Entfcheibung ber ßirdhe unterfteßt,
führt P. @an§ fotgenbeS aus : ®ie jefeige Stmneftie ift nur eine Erweiterung ber
im fraget grieben bewilligten. damals hflben unter Vorfife beS ÄarbinatS
tSietrichftein 18 gelehrte Theologen aus oerfdfeebenen Orben fid; für bie Stmneftie
auSgefferodjen. ®iefetben ©rünbe, Welche bamatS für ben grieben fpracfeen, liegen
jefet oor für bie StuSbehnung ber Stmneftie. 3)er Ä'aifer fann atfo mit gutem ©e>
wiffen bie Stmneftie bewilligen. ES ift rättidj, wenn auch nicht notwenbig, auS
©ehorfam uitb Efjrfurdjt fic^ an ben ifSapft ju wenben, wenn bie geit eS geftattet,
unb ihn über ben getroffenen Entfcfjlufe ju benachrichtigen, wenn man and; ficher
weife, er werbe nidjt juftimmen, weit ber s}$apft burdj bie Verweigerung ber gw
ftimmung auS einem beftimmten ©runbe richtig hobelt, wie and; ber ßaifer, wenn
er ohne biefe guftimmung fein natürliches 3tecf)t gebraucht. Später bemerft ©anS:
Sie (paupturfadje fo oieter Seiben, bie SDeutfdjlanb feit gahreit erbutbet hat, ift baS
ffteftitutionSebift, baS ber ßaifer in gutem Eifer ertaffen hat. Söie eS fpäter fid;
herauSftettte, würbe er oon feinen geinben oerführt, bie burcfe ein teuftifcheS ^unftftücf
mit §itfe einiger frommer, bem Saifer befreunbeter, in ber ^olitif wenig erfahrener
früher (28. Oft. 1636) tjatte P. ©eorg 9teeb
au§ Spillingen bem S3isepro0insial SBclfer gc=
melbet: 3)er 93ifcbof oon StugSburg bube ibm
eröffnet, P. gorer wolle nidft mcj)r bei ibm
bleiben , ber ißrolnngial möge beöljalb über
P. SBangnerecf einftroeilen nid)t oerfügen, „benn
meil er fd)on etlid) extraordinari mein ©eid)t=
bater getoefen, alfo mollt id) iljn für meinen
S3eid)toater anftatt P. Saurentii begeren unb
annebmen". 9teeb fei barüber erfebredt morben,
ber 23ifcbof jürne. * Original in 91t. 9t., Jes.244.
SSgl. aud) bie genfuren 30t- 9t., Jes< 398.
' *S3itelle3cbi an Stroöinsial ©raoenegg,
31. Sau. 1643. OrigWJteg. Ad Germ. sup.
2 gorer , 3. Slug. 1644. * Original in
91t. 9t., Jes. 1278. ©eneraloifar Sangro an
gorer, 1. Oft. 1644. * Orig.*9teg. Ad Germ. sup.
3 * SBangnered an Stuntiuö SDtattei, 13. gebr.
1641, in Arch. Vatic. Miscell. Nunziature di¬
verse vol. 13, f. 363 ff. SMfdjof .£)einrid) oon
SlugSburg febreibt am 6. gebr. 1641 an 9tun=
tiuä Sltattei : Interim meam protestationem
adversus conditiones pacis Religioni adver-
santes, non ambigo a legato Constantiensi
interpositam , cuius tenorem Illma D. Y. ex
latino exemplari nuper transmisso intelligere
potuit, Neque ab hac mea sententia (quam
me flagitante P. Henricus Wagnereck Soc.
Iesu, S. T. D. Universitatis meae nunc Can-
cellarius, scripto lllmae D. V. transmisso ex-
plicavit) quidquam me divellet. Video causae
Religionis plurimum officere auctoritatem quo-
rundam Theologorum .. . quare (opus?) foret
Generales Ordinum a S. D. N. admoneri, ut
Religiosos suos ad sententiam S. Sedi Aposto-
licae conformandam adbortentur. . . . Collegii
et Academiae meae Rector a P. Provinciali
suo Ratisbona me insciente abductus, sed re-
dibit, et ipse paulo post denuo inserviturus
111. D. V. * Kopie in Barb. Lat. 7032, f. 65.
4 Sn einem 93riefe oom 28. ®ej. 1649 an
Ebigi nennt SBangnered ÜOtattei primum Iu-
dicii theologici approbatorem, cum esset Nun¬
tius Apostolicus a. 1640 ad Caesarem. * Dri=
ginat in 9tom, Chigi B I 1, f. 193.
6 SBortlaut bei 6 1 e i n b e r g e r a. a. 0. 195.
®ie P. gorer äugefdjriebene (Schrift gegen bie
Stmneftie Rationes pro Amnestia ift nicht oon
gorer. S3gl. oben Stein ber g er a. a. 0. 32
bil 34 unb unten baö 24. Kapitel.
474
(Siebtel ftapitel. griebengbeftrebungen unb ©egenftrömungen.
Scanner bett Slaifer jur ©anftion oermodjten. Slbfidjt mar, bie gereiften
fßroteftanten §u ben Sßaffen gu rufen unb fo bei ber ©nt^ueiung im fReidje Gelegen¬
heit 31t erhalten ju einem (SinfaH, unter bem SSormanbe, iljre SunbeSgenoffen 31t
befdjüfjen, ma§ ihnen benn audj getong. §ätte ber ßaifer alt ba§ ©(enb borauS*
gefeljen, mürbe er baS ©bift gemifj nicht erlaffen haben, aud) meitn er gemußt, bafj
er feinen 3med erreicht. Siefer 3med ift aber nicht erreicht, alfo muff um fo mehr
je^t auf bie tmlle Ausführung beS ©bittet »erdichtet unb bie Amneftie bemiüigt
merben L ©egen ben ©infprud) be§ SifdjofS 001t Augsburg unb beS päpfttidjeu
9?untiu§1 2 mürbe bie Semifligung ber Amneftie am 20. Auguft 1641 00m föaifer
befretiert unb fpäter in ben fRegenSburger Abfdjieb tiotn 10. Oftober 1641 auf*
genommen. Somit mar für meitere allgemeine griebenSoerfjanblungen eine fefte ©tüije
gemonnen.
Sie eigentlichen griebenSPerfjanblungen füllten fd)on 1642 beginnen, tarnen aber
crft 1644 in ©ang. Sie ©egenfä&e, meldje bie ^atfjofifen bei biefen Serhanblungett
ent3roeiten, fommen 3um lebhaften AuSbrud in einer ©djrift beS P. £>einr. Söangnered
Iudicium theologicum über bie ©rlaubtlfeit beS f^riebenS, mie if)n bie fßroteftanten
münfdjeit. Sie ©djrift erfdjien ©nbe 1646 unter bem tarnen Ernestus de Eusebiis
unb erregte grojjeS Auffehen3. Über ben mirftidjen SSerfaffer 3erbradj man fidj ben
ßopf. ©rft 1663 fteüte ©onring ben mafjren 93erfaffer feft. Sie ©djrift ift eine
bie ßeit berüdfidjtigenbe Umarbeitung ber Quaestio ardua. ©ie mürbe Pon ber
extremen Partei unter ben ^at^olifen beranlafjt unb ohne Sormiffen beS Autors 3uut
Srud beförbert, um ein ©egengemidjt gegen bie ®on3effionen ber SSiener unb äRiindjener
Sheofogett 31t fdjaffen. Ser ÜRuntiuS ßfjigi hielt ifjre Veröffentlichung für inopportun,
fanb aber ihren Qnfjalt für tmrtrefflidj, menn er aud) in ber Vermeigerung ber
ßugeftänbniffe nod) meiter ging als SBangnered. 3n ^om leihe 01011 Anfid)t
beS ÜRuntiuS über bie Vortrefftidjfeit beS ©utadjtenS. 3nnoSen3 X. fpenbete bem Autor
feinen ©egen.
Sen ©djmeben fam bie ©chrift fefjr 3U ftatten 3ur Aufregung ber ffSroteftan*
ten, befonberS meü ber Verfaffer ben DieligionSfrieben üon 1555 angriff. ©ie
meinten, ber Seufel felbft hätte fein giftigeres ©friptum auSgeljen taffen fönnen,
meil barinnen fo gar faft alte fyunbamente beS fReligionSfriebenS fabefaftieret, mo
nidjt gar aufgehoben feien, unb behauptet merbe, bie ^atljolifen fönnten über bie
ßirdjengüter fein immerroährenbeS Abfommen mit ben fjSroteftanten treffen unb
bürften biefelben nur bufben mie Quben, 2Bud)erer unb Suhlbirnen. Sie faiferlidjen
©efanbten nannten baS Iudicium theologicum „Sadjanten SBerf" unb be3eidjneten
eS at§ „lauter fophiftifdje cavillationes unb nörrifdje Sröume"4. Über bie ©djrift
beridjtet £jeinr. Söangnered, Sinbau, 9. ^uli 1647, an „P. Vitf). Siber S. J. im ©efofge
beS Äurfürften oon SRainj in ^ranffurt" : Vor einem Qiahr erfdjien in fünfter
unter falfdjem Ort unb Autor Iudicium theologicum de pace. . . . Siefe ©djrift
habe ich fo 9°t als mögtidj auf Sitten beS SifdjofS öon Augsburg §einridj 1640
oerfafst für ben fRegenSburger fReidjStag, um SRedjenfchaft 31t geben, marurn ber
1 * Äopic in 9Jt. 9t., Jes. 370. SSgl. Stein*
Berger a. a. 0. 36, 2t. 6.
2 21 m 18. Slpril 1641 erliefe ber 9iuutiu3
einen iproteft gegen bie Slmneftie. 2) nt cf bei
Sattler, ©efd). 2Bürttemberg§ 23b VIII,
23cil. 47. 23gt. and) St ein Berger a. a. 0.
37, 2t. 4. 2tnt 30. Suli melbete er nad) 9tom,
ba§ bie Sefuiten unb Äapujiuer in it)rem ©ut=
ad)teu au ben Äaifer fid) für bie Slmneftie au§*
gefprod)en tjatten. * Original in Siff. Barb.
Lat. 7033, f. 40. Sdjoit uortjer (2. Suli) Batte
er fid) über bie Gattung bes P. ©an§ betlagt.
Original in 3iff- ebb. 7033, f. 2. S3gt. 6. Slug.,
ebb. f. 57.
3 gür ba§ golgeube bgt. Steinberger
a. a. 0. 63 ff; §iftor. 3eitfd)rift CI (1908) 252 ff.
4 Über bie ©egeuf djrift oon Garamuel ogt.
Steinberger a. a. 0. 78 ff; ügl. 89 ff.
2>ie fyriebetiäöerljanblungen ju SRüttfter.
475
Vifdjof nad) bem Söeifptet feines Vorgängers, beS ÄarbinatS Otto Srucfjfeff, fßroteft
gegen ben VetigionSfrieben unb bie Slmneftie erhoben. SDa ein SDrucf nicf)t rättid)
fdfieit, tourben einige Slbfcfjriften nad) VegenSburg unb Vom gefdjitft. S)er ©enerat
VitedeSdf)i unb bcr VuntiuS billigten bie ©djrift. Vacfjbem nun biefelbe offne mein
Sötffen, toie id) f)öre, auf ©eßeiff beS S3ifdf)ofS ooit OSnabrüd gebrudt morben, fo
fdjame idf mid) nic3f)t beS ©oangefiumS, fonberu freue mid), baf^ bie $atffofifen fie
allgemein billigen unb mit $rudjt lefen1.
©egen SBangncred richtet fidf ein ©utadften oon P. Verbau?: unter bem Xitef
Notae in Iudicium theologicum, mefdfeS aber nur fjanbfdjriftftd) berbreitet tourbe2.
®ie Notae bertraten ben batfrifdjen ©tanbpunft bon ber unbebingten Votmenbigfeit
beS griebenS. „gülfre bu nur etoig ®rieg, ©rneftuS, anbere fönnen nidft emig $rieg
führen." ©ie berfodjten u. a. ben ©aß, baff ber £aifer unter bem Zwange ber 9iot
bie ftidfdjmeigenbe guftimmung t>e§ fßapftes gur Preisgabe geiftficfjer ©iiter oorauS*
feßen fönne. Verbauj betont mit Üiedft bie geänberten 3eitDer^äftniffe, ift aber in
ber Vefämpfung ber entgcgenfteffenben prinzipiellen Sfnficßten gagßaft. ®urd) bie
fdjarfen Eingriffe ber ©egner gegen einen einigen 5rie&en mit ben ^roteftanten tief?
er fidj in einem jmeiten, ebenfalls nur fjanbfdjriftfid) berbreiteten ©utadjten (Notae
arcanae) ju einer feßr bebauernSroerten 2fuSffud)t berteiten. 2öenn ber fö'aifer,
fo fagte Verbaup, ben ^äretifern ©traftofigfeit berfpridjt unb itpien bie Äirdjen-
güter überläßt, fo berfpridjt er eS nur für fo lange, atS er bieS oljne ©ünbe tun
fann, fofgfid) fann unb mu| er, fobalb er bie notmenbigen Kräfte f)at, adeS miber*
rufen 3. SJiit tiefer ©ntrüftuug bermarfen bie SJtainzer Qefuiten — luie mir fpäter
bernetjmen merben — eine folcße Veftriftion, bie nichts anbereS atS Sug unb Strug
fei unb jur Vernidjtung bon STreu unb ©tauben führen müffe.
^n feinen groffen politifdfjen Vebrängniffen fjatte fid) Viapimitian fdjon früßer
feines VeicßtoaterS bebient, befonberS bei feinen Vemüßungen, graitfreidj bon ©c^meben
abgugie^en. ©o fdjidte $D(ta?.imifiun im ^aßre 1645 P. Verbau?: ju bireften Ver-
ßanbfungen nad) fßariS, mo biefer am 3. 2tpril 1645 antangte. Slber bie eben ein¬
getroffene Vadfricßt beS ©iegeS ber berbiinbeten fcßroebifcßen SBaffeit bei $anfau
(6. ättärj 1645) machte auf ßarbinaf ÜVajarin, ben Seiter ber frangöfifd)en fßofitif,
einen fotzen ©inbntd, baff er ben baßrifdfen ©efanbten abfaßren lieff unb feine
batbige Stbreife öeraufaffte4.
£)aS ©fenb mürbe immer größer, Vaßern feufgte unter bem $rud unb ber
Vermüftung nidjt nur ber fremben ©roherer, fonbern aud) ber gucfittofeu faiferlicßen
unb eigenen ©otbaten. Qn biefer üufferften Votfage eutfcßloff fidj 3J7a?: §u bem
©eparatfrieben bon Utm, einem SBaffenftidftanb mit ©cßmeben unb ^ranfreidj
(14. 9)?ärz 1647); er ßoffte baburdj and? bie güiebenSberßanbfungen in fünfter
1 * Original in Sftainj, ©tabtbibl., Jes. A 46 \
2 Notae in Consilium (Iudicium) theologi¬
cum Ernesti de Eusebiis Super quaestione
an pax qualem desiderant protestantes sit se-
cundum se illicita. 3111 erften ©runbfap [teilt
3?ert>au;r eine burdjamB berniinftige Soraus?*
fepung auf : Supponunt qui contra Ernestum
sentiunt, non a theologis sed a peritis rei
politicae, debere aestimari causas politicas
pacis componendae, quorum est scire et iu-
dicare, quae eius sit necessitas, utilitas: quae
belli damna , pericula , belli gerendi , pro¬
ferendi facultates: quae vires partium, quae
artes, foedera, consilia: quae tbeologi in pul¬
vere suo litterario et intra musaeorum suo-
rum parietes descripta non reperient. $ie
(18) Notae fiitb abgebrucft in bem fpäter p
erluäljuenbeu Responsum be§ P. SSangnered.
SSgl. ©teilt berge r a. a. 0. 103 ff.
3 $er 2ept ber Notae arcanae (particulares)
liegt nid)t oollftänbig üor; einige ©teilen barauä
finben fid) in bem Responsum beä P. SBaitgnered
(bie über bie [Reftriftion ©. 18) unb in beit
Animadversiones ; f. ©. 479, 31. 1.
4 CSgtoffftein, 33apernä griebeulpolitif
1645 — 1647, Seipsig 1898, 20 f. ©teilt*
b e r g e r a. a. D. 41 f. Serfelbe über bie [Reife
S3erbau£’ in Slltbatjrifdje ffltonatöfdjrift V 105 ff.
47(3
(Siebtel Äapitcl. fgriebengbeftrebungen unb ©egenftrömungen.
unb OSnabrüd gu befchteunigen. SeptereS mar aber eine grope Saufdjung, unb
9Rap lüfte, fobafb er bie fd)Iimme ©inmirlung feines SSorgepenS auf bie allgemeinen
guiebenSüerhonblungen erfannte, balb mieber ben Vertrag mit ben ©djmeben (14. ©ep*
tember 1647), morauf bann granfreid) feinerfeitS am 29. Segember 1647 ben 33em
trag fiinbigte1.
$n ben ißoröerfjanbtungen über bie CSrlaubtfieit beS ©eparatabfommenS ^atte 9Rap
mieberfjolt bie Theologen um 3tat gefragt. P. 33erüaup füllte fic^ in einem guftimntenben
©inne geäußert haben, nur müffe man ficf» oorper um eine aßgemeine SBaffenrupe
bemühen2, ^n feinem SRecptfertigungSfchreiben üom 28. SRärg 1647 berief fiep SRap
auSbrüdüd) auf bie guftimmung ber Geologen3. SieS mupte notürticf; in ben
Greifen, meldpe baS ©eparatabfommen burdjauS mipbißigten, lebhafte SRipftimmung
gegen P. SSernaitp perüorrufen. Siefe SÜRipftimmung finbet einen lebhaften SBiber»
paß in einem SSrief beS ©eneralS ©arrafa üom 4. 9Rai 1647 an SBertaup: Sen
Qnpalt meines heutigen 33riefeS, fo fcpreibt ber ©enera!, fjalte id) gmar für eine
©rfinbung, aber id) mup bodp SRitteitung baüon machen, mei! bieS an öerfd^iebenen
|)öfen gunt ungeheuren Schaben für unfere ©efeßfdfaft Derbreitet unb nun im ÜRamett
eines pocpftepenben dürften berietet mirb, nämlid) ©m. tpocpmürben feien ber Urheber
ober menigftenS SRitratgeber für bie Trennung beS ßurfürften oom ®aifer gemefen.
Qenein dürften mürbe gefdjrieben : Ser Sturfürft fcpmanfte bei ber Beratung, er mar
fdhon barauf unb baran, bei bem ^aifer gu bleiben, unb fdjon beglüdmünfchten fiep
bie fRäte4, ba führt ber Senfe! ben Seicptüater beS ^nrfürften mit ber ganzen
©pnagoge ber Qefuiten herbei. Siefe fommen non 3Ründ)en nach SSafferburg, mo
ber ^urfürft jept mohnt, unb raten bem ^urfiirften, bie Srennung oom Äaifer fei
ihm nicht aßein oon ©emiffenS megen erlaubt, fonbern er fei bagu fogar oerpftidptet.
daraufhin paben mir ungtaubtidje Verunglimpfungen erlitten, unb bie greunbe
münfcpen gu miffen, melchen ©tauben man biefen ©erücpten fdjeitfen bürfe unb mie
mir, beren ^nftitut bie Vefcpäftigung mit ber Sßotitit üerbietet, hier unfere Unfcpulb
bartun. ©inige finben eine Veftätigung biefeS allgemeinen ©erebeS in bem Umftanb,
bap ©m. ^ocpmürben oor ungefähr gmet Qdpren nach ißariS gereift finb, um biefen
©eparatfrieben gum ©djaben beS ®aiferS unb ber übrigen fReicpSfürften abgufcpliepen.
Sie erprobte Sugenb ©m. tpocpmürben läfjt mid) aud) in biefem fünfte an ihre
Unfcfjulb glauben, nicptsbeftomeniger münfche ich ju miffen, mie id) ©m. tpocpmürben
unb in fprer ißerfon bie gange ©efeßfcpaft bei ben dürften oerteibigen fann 5.
bereits am 24. 9Rai fepte Verüaup bie gange ©adje bem ©enera! auSeinanber.
©arrafa brüdte am 15. ^uni 1647 feine ooße ©enugtuuug aus, bap SSeroaup bie
SInftage, als fei er ber SRatgeber unb Urheber ber Trennung oom $aifer gemefen,
oößig miberfegt höbe. @r freue fid) jept, eine Sarfteßung beS Verlaufes gu höben,
momit er auch benen ©enüge leiften fönne, me!d)e gegmeifelt, ob ber Veicptoater
nid)t hoch ein menig bie ©rengen feines StmteS Übertritten höbe. Sie 2!ntmort
beS ^urfiirften auf bie Vorfteßungen in ^Betreff ber Slnmefenpeit beS VeicptoaterS
bei ben fRatSfipungeit höbe er erhalten, unb ba ber föurfürft feine 95orfcf)läge am
genommen, fo hotte er bafür, ben dürften nicht meiter mehr mit biefer Sache gu
behelligen 6. Sie leptere Vemerfung mirb mehr aufgeüärt burd) einen SBrief ©arrafaS
1 S8gl. @ gl off ft ein, 33at}ern§ grieben§=
politif 1645—1647 14'9 ff 159 175 f.
2 (Steinberger a. a. 0. 93 ff.
3 Meiern, Acta pacis Westphalicae
V 21.
4 $ic State waren für bie SSerftänbigung
mit bcnt Saifer. Stiehl er a. a. 0. V 610.
6 * Drig.=9ieg. Ad Germ. sup. $iefer unb
einige ber folgenben 93ricfe aud) bei £). fßfülf,
(Sin Beitrag jur föefct). ber batjrifdfjen griebetil1
beftrebungen an ber Steige be§ ©reipigjäfir.
ÄtiegeS, in (Stimmen an§ 9Jtaria>2aad) LVI
(1899) 526 ff.
0 * Crig.=9leg. Ad Germ. sup.
Sie £yrieben$öcrl)anblungen ju fünfter.
477
tont 19. Januar 1647, worin eS peifjt, baff ber Veicpttater pritatim fragen beS
Äurfurftcn beantworten, aber nidjt an ben ©jungen beS VateS teitnepmen biirfe 1.
25ie fßolitif beS fö'urfürften SRapimiliatt, burd) eine Verftänbigung mit granf-
reidj baS erfepnte grtebenSjiel ju erreichen, Oertrat aucp ber föurfürft ton 9Rain§,
Stnfetm ßafimir, beffen ©ebiet ton franjöfifdjen Gruppen befept mar. Er beauf¬
tragte feinen Veicpttater ÜRitparb Viber, atS fiep biefer Votember 1645 jur ©enerat*
fongregation naep Vom begab, eine Vermittlung beS ^ßapfteS am franjöfifdjen §ofe
ju ermirfen. SDiefer Stuftrag mar faft auSficptSloS, meit SRajarin eine fepr rorn*
feinbtiepe Haltung angenommen unb betn fßapft Qnnojenj X. (feit 1644) fogar bie
Stnerfennung oermeigerte, unter bem Vorgeben, baff er burd) ©ttnonie fßapft ge-
morben. SDa bie ©eneratfongregation faft ein patbeS Qapr bauerte, muffte Viber
bie ganje $eit in Vom termeilen
unb patte fomit SRuffe genug,
in bem ©inne feines Stuftrag-
geberS ju milden, hierüber liegen
eine Veipe ton Vriefen ViberS
tor. ®er Herausgeber biefer
Vriefe rüpmt ben P. Viber als
einen SDiann, „ber mit einer
fdjarfen VeobacptungSgabe unb
niidjternem Urteil in popem
©rabe bie ^äpigfeit terbinbet,
feine Söaprnepmungen unb Ein-
briide in ftarer unb anjiepenber
gwrm mieberjugeben". gubem
fei er ein Qefuit, ber beutfep
benfe unb beutfdp fiipte2. Viber
fanb in Vom tietfaep ©etegeu-
peit, bie fdjarfen Stngriffe gegen
ben faiferlidjen §auptgefanbten
in SRiindjen, ©rafen StrautmanS-
borff, unb baS Hau§ Ha^burg
jurüd^umeifen. SBenige ®arbi-
näte, fo ftagt er, terftepen bie
beutfdjen Verpättniffe unb nep-
men fie ju §erjen 5 öie menigen,
metepe bie ©efapren für bie
fatpotifdje Vetigion in S)eutfcp-
tanb mürbigen, fagen, baff ber
Sßapft meber ©elb nodj ©otbaten gur Verfügung pabe. Stm meiften finbe er noep ©epör
bei Starbinat Earafa. „Sttfo terfaufe icp meine SBaar fo tpeuer icp tann." ES mürbe
ipm raieberpott bebeutet, baff ber fßapft ben Verjidjt auf bie Ä’ircpengüter nie anerfennen,
fonbern burep feinen VuntiuS bagegen proteftieren werbe; beSpatb motte er aber
nicfjt ben ^rieben terpinbern. ®er fßapft fetbft brüdte Viber feinen ©cpmerj barüber
auS, baff man bie franjöfifcpen SRinifter niept bapin bringen föune, an bem erfepnten
fiurfüvft Slufelnt ftnfimir ton 5Uaiuj.
92ad) Sfjebenljiller, Sonterfet Äuppferftid) (5/t).
1 * Drig.*5Reg. ebb. SSgl. ben 33ricf EarrafaS
an ben Äurfürften nom 20. Stpril 1647 im
15. ^atitel.
2 © e o r g § a n f e it , 93riefe be§ Sefuiten-
taterd ÜRitfyarb ißiber an ben Äurfürften Sinfelm
Äafimir ton Sttainj 1645/1646 (aud bem Äreid-
ardfib SSuräburg , Sßainser 9tegierungdard)io
H. 3) in ber 2trd)iöalifd)en 3eitfd)rift tX
(1900) 132 ff. Sie angeführte Stelle S. 136.
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©iebteS Äapitet. gricbcnSbeftrebungen unb ©egenftrömungcn.
^rieben nachhaltig mitjuwirfen. ©r tnolle gern bem ®urfürften fjetfen unb werbe
beSljalb an beit SütntiuS in ÜDiiinfter fcfjreiöen, ba§ er bet bem beoofXntäcfjtigten
fran^öfifcljen ©efanbten bie (Entfernung ber franjöfifchen Sefapung aus SJJainj unb
bem ®urfürftentum erwirfe. SaSfelbc wolle er bem 9?untiuS in $ßari§ auftragen.
So patte Siöer wenigftenS etwas erreicht unb formte Dritte Slpril 1646 bie §eint=
reife antreten 1.
Qn ber grage ber bauernbctt ^reiSgabe ber Äirdjengiiter trat Silier auf bie ©eite
ber übrigen äftainjer Sfjeologen. Über bereit (Stellung liegt ein längerer Sericpt beS
P. ÜMdjior ©ornaeuS üom 25. sD?ai 1648 oor, ber auch non P. SituS ©rbermantt
gebilligt unb unterfdjrieben würbe. Sarin wirb auSgeführt : 911S nor ungefähr jwei
Üa^rett in fünfter über ben Serjidjt üon Bistümern üerfjanbelt würbe, ber bauernb
fein füllte unb bie (Erlaubnis einfdjlofj, ben fßroteftantiSmuS einjufü^ren unb bie
^atfjolifen ju oertreiben, berief ber Äurfürft non DJiainj Slnfelttt ®afimir, ber batnalS
in granffurt tpof hielt, uns fdjttcll jtt fid) unb frug uns brei Sfjeologen, ob er mit
gutem ©ewiffen barein einwilligen unb als fReichsfanjler unterfdjreiben fönne. 2ßir
entfdjulbigten uns anfangs befdjeiben, wir bürften uns nidjt in ben gürftenrat ein*
mifdjett, nnb eS fei audj nidjt rötlich, ba wir in einer fo fdjwierigen Sadje, waS
wir audj immer raten würben, gefjäffigen Sfadjreben faum entgegen könnten. Ser
^urfiirft beftanb aber entfcf)ieben auf feinem 2Biüen, er wolle wiffen, nidjt waS er
tun mijffe, fonbern waS er ofjne Seleibigung ©otteS tun fönne. 2öir Ijielten alfo
eine eingeljenbe Seratuitg unb teilten if)m am folgenben 50?orgen miinblidj mit, ein
foldjer Vertrag erf<f)eine nnS in fidj unerlaubt. Sann brängte er mich oon neuem,
icf) folle iljm unfere Meinung fur$ fdjriftlicf) geben. 28ir baten iljn, unfer ju
fdjonen unb unfern 9?aniett nidjt bem öffentlichen §ap auSjufepen. Ser Ü'urfürft
beftanb aber auf feiner Sfieinung, er bebiirfe einer fcf;riftlicf)en (Erflätung, um feine
Slgenten an öerfdjiebenen Orten ridjtig gu inftruieren. 28ir gaben if)m bann ein
gan^ fur^eS ©utadjten ofjne Unterfdjrift. 2US bieS in ÜDJünfter öefamtt geworben,
lobten unfere Sfjeologen in fünfter unb ®öln unS, bap wir gewagt, für bie SBaljr»
heit einjutreten. 21ud) bie Sapern ftimmten ju, ba ber ß'urfitrft oon Sapern furj
nadjher unferent Hurfürften fdfjrieb, nach ber allgemeinen Meinung ber Sfjeologen
fei eS nicht erlaubt, eine bauerttbe ©ewährung für bie §ärefie oertraglidj feftjulegen.
ÜJittr einige Dfterreicper füllten bagegen fein. Salb farn ein 2öiener ©djriftftiid
oon tpoftfjeologen an, weldjcs bie ©rlaubtfjeit ohne folibe ©rünbe oerteibigte. 3?ur
ber eine P. ©ans füllte für bie ©rlaubtfjeit fein. 9(uf Sefefjl unfereS ®urfürften
arbeiteten wir üier Speologeu in unferetn SJfainjer Kolleg jeber für fid) ein @ut=
achten aus. 511Ie ©utadjten ftimmten überein in ber Verwerfung beS öfterreidjifdjett
SdjriftftüdeS. ßur^ barauf melbeten Seridjte oon fünfter, mehrere üon ben fö'ur*
fiirften unb dürften hätten oljne Vüdfidjt auf ben 9cat ihrer Sfjeologen ben griebenS*
oertrag gebilligt unb würben unterfepreiben, wenn ber ft’urfürft üon 9}?ainj nidjt wiber*
ftrebe. Ser SÜtrfürft rief unS unb befahl unS, ju fagen, waS er erlaubterweife tun biirfe.
2Bir antworteten: ©inen inneren ©ruttb für bie ©rlaubtheit fönntett wir nidjt feljen;
wenn eS aber fieper feftftelje, baff tüchtige Sfjeologen jener fatholifchen dürften fid)
für bie ©rlaubtheit attSgefprodpen, fönne ber £htrfürft in einer fo fdjwierigen Notlage
1 ßbb. 160 — 172. 2tud) $orer tmtrbe mit
einem ähnlichen Stuftrage bebadjt. 2U3 er £>erbft
1645 als SBablntann für bie 2Bat)l eines neuen
©eneratS naef) 3tom reifte , beauftragte ifjn
©tajimilian, er möge bem ©apft Snuojenä X.
bie grofje ©ottage unb bie unbebingte Slot*
menbigteit beS griebenS üorftetten unb um
gnterjeffiou bei grantreid), enblid) um ©etb
unb (Solbateit bitten. Rotex erreichte nidjtS.
*Memoriale in manus oblatum S. Dn0 Inno-
centio X. nomine et iussu Ser. Maxim. El.
Bav. una cum litteris credential. aP. L.Forero
S. J., 30. Dec. 1645. ©t. 3t., Jes. 370. ©iet)e
basu 93rief fvorerS üom 22. 3uni 1655 an beit
3teftor üon ©tünchen. Original ebb. 2Beitere@ut'
achten Jes. 66. SSgt. <B t e i n b e r g e r a. a. 0. 49 f.
Tie griebengüerljanblungen ju fünfter.
479
offne 9iücfficf;t auf lmfcre Meinung fidj nadj ber Slnfidjt ber anbern Sfjeologen
vielten, bamit eg nicht fdfjeine, alg ob er allein bag gange 9xeicf; unb beit griebeit
gefälbelt molle. Obgleich nun aud) ber Atürfürft oon Satjern feine Meinung änberte,
blieb unfer Äurfürft tropbent bei feiner früheren Slnfidjt unb inftruierte in biefent
©inne feine Agenten. Qngmifdjen f'ant oon äfiünfter bag Iudicium theologicum
beg Grneft be Gufebiig an, bag, in SBirflidjfeit oon unferem P. .fpeinrtdj Sßangnered
gefdjrieben, oom Sifdjof oon Ognabriid gum ©rud beförbert unb Oom Nuntius
approbiert toorbeit mar. ©arin nntrbe unfere Slnficfjt grünblidj oerteibigt. ©er
ßurfürft unb mir freuten ung über biefe mutige Serteibigung ber 2öat)rf)eit unb
ber &'trdje. 211g ber ßurfürft bag Iudicium nadj äHündjen gefdjidt, fam oon bort
eine Sßiberlegung oon ber £>anb beg P. Serüauj:, in meldjer aber Gift üerborgeit
mar. Gr mollte nämlich oerteibigen, eg fönnteit ber ®aifer unb bie fatfjolifdjen
fyürften in einem eiblidj befdjmoreneit Vertrag eine immermäf)renbe {yrcifjett ber
$ärefie oerfpredjett, btirdj eine innere Sieftriftion aber biefeg Serfpredjen auf einen
beftimmten ©ermin befdjränfeit. ©arüber mar unfer ^urfitrft aufgebracht unb be*
fafjl ung, gu antroorten. Stuf Sitten meiner Bodegen übernahm idj eine gang furge
Serteibigung beg Iudicium theologicum, bie ade unfere ©fjeologen billigten unb
oon unferem ^)of nadj SDtündjen gefdjidt mürbe, ©arüber mürbe P. Seroau;r fef)r
aufgebracht, oerfangte unter ©rofjungen oon P. Süd). Siber, ber fidj bamalg am
£iofe beg äßainger ßurfiirften auffjielt, Genugtuung unb ridjtete auch eine ^foge*
fchrift an beit General. ©er Sericfjt beg P. Gornaeug fehltest mit Sormitrfen gegen
P. Serüauj:, ber ficfj guoiel in pofitifche ©inge eingelaffen, mährenb bie 9Hainger
fidj üodftünbig baoon freigehalten unb nur bie eine Gemiffeitgfrage befjanbelt hätten1.
SSangnered fpenbet in einem Sriefe oom 11. Februar 1648 bem P. Gornaeug
grofjeg £ob unb fügt bei: $u SJtiinfter hat 1111111 ben Iudex in Notas unb bag
gange Responsum Ernesti (Üöangnered). ©eine ©rudtegung merben ber Sluntiug
unb ber Sifdjof oon Ognabrüd beforgen, menn ber 21bfdjlufj beg uitglüdlidjen
fjriebeng nidjt guüorfommt2. Unb Slnfang Sölörg 1648 brüdt SBangnered bem
P. Siber feine ©ehnfudjt aug nad^ ber Crisis Cornaei unb freut fidj, bafj fie unter
ber jßreffe ift. ©egfjalb glaube ich, f° fcfjreibt er, ift bag Serbot beg Singeng
(Garrafa) nodj nicht gu eudj gefommen, ober eg geljt end) nidjtg an. Sei ung ift eg
überall oerfünbet morben, mir aber mürbe nidjtg angegeigt, man rneijj, bafj ich auf
Üöunfdj beg Sluntiug bem ^renieug (Seroaup) geantmortet unb ber SaPff nach SSUIi*
gung beg Iudicium theologicum an ber Äurie meine Slrbeiten gefegnet hat- ®tan
flagt aber, bafj idj gu fdtjarf mit bem guten SJtann umgefprungen; idj hätte Stiid*
fidjt nehmen müffen auf ben Senex Grünthalianus 3 (ÜUapimilian). $dj ftimme barin
1 * Äopie in Dftainj, ©tabtbibliotljef, Jes. B
36, E 2. Über bie ©djriften be§ (fornaeug in
ber (Streitfrage f. ©teinberger a. a. 0.
109 ff 121 175. — Sn ber fDtainjer SJibliotljef
liegt eine Ipanbfdjrift, loeldje §err JJJrofeffor
©djrofje aufgefunben: Animadversiones in No¬
tas arcanas Anti-Ernestinas. ©ie ertoeift gleich
int erften fünfte uttb fpäter fetjr ausführlich
bie Unftattljaftigfeit ber noit SSerbauj gutge*
fjeifjenen fReftriftion : Addo arcanas notas sua-
dere aliquid qnod Germanico candori et num-
quam satis laudatae nostrae Nationis sinceritati
repugnet quod cum vel in vulgari homine
sit probrosum, Principes certe ac Reges in-
signiter dedecet et hanc doctrinam suadeat
Theologus aliquis e Societate Iesu? (£or=
naeuS fcfjreibt in feiner Crisis anticrisios (©. 8):
Polliceri ac iurare quod servare non velis,
est perfidia. Stipulari et conceptis aliquid
verbis Deo teste, in publico orbis atque irn-
perii concessu asseverare , subscribere , si-
gnare, interea vero temporis aliud in mente
reconditum habere, et occulta mentis restric-
tione et aequivocatione (ut vocant) eos, qui
in foedus conveniunt, ludere et fallere, quae
res? An non Christiano pectore indigna?
Mors nobis optatior sit quam tarn foeda
fraus.
2 * Original in Dtainj, ©tabtbibliotfjet, Jes.
A 46°.
3 ©rüntfjat bei SBafferburg, roo ber Äurfiirft
fid) bamall aufbielt.
480
Siebtes ftapitel. griebenSbeftrebungeit uttb ©egenftrömungeit.
nid)t bei, benn id) meine, man barf nicht atteg auf bie gurdjt üor ben dürften
grünben. £ag i(t eine neue Semut — fo hoben bie ^eiligen unb unfere Säter
nicf)t gefjanbelt. ®ag Responsum theologicum ift fertig gebrudt, fd)on fjabe id)
elf Sogen. 2)er Stuntiug f)at bie erften Sogen bent Zeitigen Sater unb bem §errn
Sinjenj (©arrafa) gefcfjicft, ber fdjtedjt informiert ift ober fyurcfjt oor bem Senex
Grünthalianus fjat. Um if)n ju befänftigen, hat er feinen Srief gefdjrieben. ®em
P. Sijereftor banfe id) für fein Anerbieten megen ®rudtegung beg Apologeticum.
Sor Sfingften merbe icf) faurn fertig; eg umfaßt faft 20 Sogen. Aber mag rairb
gefd)et)en, menu Sin^entiitg ®rud unb Schreiben meiterfjin oerbietet? ^d) merbe
fortfahren ju fdjreiben auf Strängen beg Stuntiug, big ber ißapft etmag anbereg
befiehlt. $u feinen giifien habe id) bag Responsum ad Notas Irenici niebergelegt
unb feinen ©egen oon neuem erbeten für bag Apologeticum. ^ct) fjoffe, bah ber
Apoftotifd)e ©tuf)I feine Serteibiger nicht im ©tidje taffen mirb. ©ottft mürbe id)
fürchten, baf) ber Senex Grünthalianus unb ^>err Singenj erreichen, baf) ben gebern
9iuf)e geboten mirb. Übrigeng mudft fid) aufier mir in ber fßroüinj niemanb; fie
fiird)ten für if)re §aut unb if)r Srot (offa)1.
©d)on oort)er hatte Stitfjarb Siber bem ©enerat ^enntnig gegeben 001t fdjtimmen
©erüd)ten, bie über Serüau£ umgingen, ©arrafa antmortete if)m am lö.Quni 1647 : ^cf)
tjabe Oon P. Seroauj: Aufttärung geforbert. 2Bie gut er feine unb ber ©efettfdjaft
Unfd)utb gemat)rt fjat, fönnen ©ro. |>od)mürben aug feinem Sriefe an mid) eiferen,
beffen Abfd)rift id) beifüge, ©ie merben baraug entnehmen, baf) er fid) innerhalb ber
©rennen eineg ©emiffengrateg gehalten, burchaug nid)t gum Söaffenftittftanb geraten,
noch oiet meniger eine ©emiffengpflidjt bafür ftatuiert hat2.
Aug bem fid) nun entfpinnenben Sriefmed)fe[ gmifc^en Stitfjarb unb Seroauj;
get)t fjeroor, bah alte Stüncfjener Geologen, mit Augnafjme oon einem, bag in
SJtiinfter Oorgefdjlagette fyriebengprojeft billigten3, baf? biete mit bent Siainjer
„Obferoator", ber mit Söangnered fefjr meitgehenbe Se^auptungen aufgeftettt, un*
jufrieben maren 4. Auf bie grmtbfäfüidjen @d)mierigfeiten ge£)t Seroauj ein in bem
Sriefe an Siber 00m 13. Stooember 1647: Auf Sertangen beg $aiferg unb mit
Seraittigung beg P. ÜDtutiug (Siteßegcf)i) unb atler meiner Obern habe id) bie Steife
nach ^arig geittad)t für bag attgemeine 2öof)t, auch bag 2Sof)t berer, bie mid) jetjt
fdbmätjen. $n Setreff beg neutidjen SSaffenftillftanbeg hanbett eg fid) um eine
offenbare Serteumbung, bie id) gu Stom mibertegt. ®er SSaffenftiüftanb entfpraef)
nicht meiner Steinuttg, fonbern berjenigen oieter anberer gemid)tigen Stänner unb
S)oftoren ber £f)eotogie, ber id) ntid) fügen tnufite5. Stiemanb hot behauptet, baf)
ber fö’urfürft baju im ©emiffen üerpftichtet fei G. ^cf) banfe ©ro. §od)mürben fet)r, bah
1 * Original in SKain^, ©tabtbibliotbef, Jes.
A 46 c.
2 * Orig.=9teg. Ad Rhen. sup. Gtjigi fd)rieb
29. Se$. 1647 an Siber: Benedixit Deus ca-
lamo Revae Vae ut suppetias ferret Ernesto,
er möge nur fo fortfnljren. * Äopie in Sliainj,
©tabtbibliotbef, Jes. A 46c.
3 Serbau;r an Siber, 4. Sept. 1647 : Nostri
theologi hic uno excepto pacem proposi-
tam credunt esse licitam. * Original in Stainj,
Stabtbibliotbe!, Jes. A 46 c.
4 23. Ott. 1647. * Original ebb. Ser fDtainjer
Obferoator ift rnotjl Kornaeul, beffen ©utadjten
t»on Siber burd)gefel)en unb ftetlentoeife f'orri=
giert tourben. Sn 9iotn, Chigi Q III 67, fin»
ben fid) Observationi contro le Note fatte al
Giuditio Theolog. del P. Vagnerech, date all
Elettre di Magonza dal P. Bibero Giesuita.
5 De nupero armistitio luculenta est calum-
nia, quam Romae dilui manifeste. . . . Non
fuit armistitium ex mea, sed aliorum mul-
torum gravium et Doctorum Theologorum
sententia, cui me cedere oportuit.
6 ^n ben §mei entfdjeibenben Sipungen be§
©ef)einten 9tate3 mar Serbau£ jugegen. 9tad)
bem nod) borljanbenen SrototoII bat Seroanj;
fid) in fotgenber SBeife geändert, 9. Oft. 1646 :
Proponitur, ob nit S. ein particular accommo-
dation fud)cn fotl, in specie mit grmiübrrid).
Serbauj;: Omnia bene esse dicta. 1. Non esse
dubium, quod salva conscientia possit. 2. Ni-
tendum tarnen, ut pax generalis ineatur. 3. Si
Sie grieben§berl)aublungett ju fünfter.
481
©ie mid) in biefern unb auberrt fünften üerteibigt Mafien. gn Sejug auf ben ^affauer
Vertrag mage idj nicfjt tmn ben Tätern abjumeidjen, bie ifjn nidjt üermünfdfjt, fonbern
auf fidj berufen liefen. @S genügt nidjt, ben Äaifer gerbinanb ju entfdjutbigen,
mie eS ber Obfernator tut, baS getjt auf eine Stnftage gegen ben ®aifer, ade feine
9tad)folger unb alle dürften fjinauS. 3Benn ber griebe fdfjimpflicf; mar, burfte er
nicf)t befdjmoren merben. f£)aS griebenSprojeft tjat feine ©djmierigfeiten, aber fie
föitnen auf gute 28eife gelöft merben. Banner unb Sapmann geben in einem fetjr
feltenen gatte ju, bafj eine bauernbe Slbmadjuug in ber oortiegenben SÖtaterie ge-
fdjtofjen merben biirfe. 9tadj meiner 2tnfid)t liegt biefer galt tmr. SDie Verträge
über bie ^irdjengiiter finb nidjt fo in fid; fdjtedjt, bafj fie nidjt burdj bie heutigen
Umftänbe entfdjutbigt ober burd) Interpretation gut reftringiert merben fönnten.
Übrigens in attem bie Siebe, unb jmar nicf)t im Söorte, fonbern in ber Xat unb
SBatjrtjeit. 9Jtöcf)te eure jüteinung bie gegenteilige unb audj bie geinbe befiegen;
mödite ju beren Sefiegung unb jur ©ntreifjung ber Seute beim gelten anberer
menfdjtidjen Hilfsmittel eure Serebfamfeit t)inreicf)en ! Stöir beibc münfdjen altes
ju retten, aber itjr fept audj baS nocfj Übriggebtiebene ber ©efatjr beS SertufteS
aus, mir münfdjen ju retten, maS nodj ju retten ift. Serüauj: meift bann nodj bie
Sormürfe oon geigfjeit unb Verrat in bem langen Kriege jurüd, man tjabe baS
Stufjerfte jur Serteibigung getan. @S gelernt fid; nidjt für einen STfjeotogen, fo
niete unb fo Ijeroorragenbe SJJtänner in biefer SSeife an^uftagen. Hatten ©ro. Hodj>
mürben bodj fotdje ©teilen in ben ObferoationeS getilgt ober Xitgung angeraten!
SDenn eS ift nicfjt gut, audj nur oerftedt fo bie giirften anjugreifen. ©r motte ben
Obferoator entfcfjulbigen unb einen ißrojefj nertjinbern, menn er nur fjöre, bafj bieS
bem Obferoator angenehm unb er feine ©djulb anerfenne1.
Stuf bie ©eite Seröau;r’ traten, mie bie äftündjener gefuiten, fo audj bie Sann
berger. £)er Dtettor oon Samberg, P. ©pettj, fdjrieb (1647 ?) an ben bambergifcfjen
^anjter Dr £>• Sttertlocfj: gdj tjabe genau baS ©utacfjten ber £f)eotogen beS $ur=
fürften non Saljern getefen, aucf) P. StarceftuS tjat eS getefen, mir beibe meinen,
bafj eS fid) auf fotibe ©rünbe ftüpt unb bie Semeife beS ©ufebiuS gut mibertegt.
Unfer Urteil getjt bafjin, bafj unfer ertaudjter gürft (Sifcfjof non Samberg) jenes
gnftrument rutjig unterfcfjreiben fann, eS fei benn, bafj iljm äftittet ju ©ebote ftetjen,
einen bittigeren grieben ju erlangen2.
®aS gegen bie Notae beS P. Sernauj; gerichtete Responsum theologicum beS
P. SSangnered beförberten feine ©önner Stnfang 1648 junt ®rud, nacfjbem fie einiges
geäitbert unb beigefügt hatten s. ®ie 3ufä|e betrafen birefte Eingriffe gegen bie ba=
matige batjrifdje jßotitif.
hoc non; etiam particularem : non esse contra
conscientiarn. Maximam difficultatem fore in
transcribendo exercitu; si praesertim hosti
tradatur. Sed hic statuum consensum saltem
aliquorum esse requirendum. Sed an etiam
Caesaris? Videtur veile et posse declinari,
et sufficere remittere iuramenti obligationem
ab Electore. Hoc si totum exercitum. 19.97ob.
1646, 5Berbait£: Elector tenetur se et suos
servare. Hoc si facit, facit sapienter et se-
cundum iustitiam. Si hoc aliter fieri non
posset nisi per particulare , tune tenetur.
Tentandum tarnen prius armistitium generale,
ut sic pax et causa communis promoveatur.
Electori non esse differendum : 1. Nam mo-
nuit Caesarem saepius. 2. Incommoda belli :
2>ul)r, ©efc6icf)te ber 3e|uiten. II.
liabemus omnes exercitus in nostra provincia.
3. Mora peribimus. Ergo Elector non tantuin
potest, sed debet ex conscientia, si se ex-
ponat evidentissimo periculo. * Original in 9Jt.
§ofamt3regiftr. 257, 19 (92r 623), $rotofolle
bes> &et). 9iat§. SBgl. Dtiejlcr a. a. 0. V 610.
©ine fefjr gefetjiefte Serteibigung be3 Ulmer
933affenftiHftanbe§ gab Serbau£ fpäter in beit
Annales 506.
1 * Original in fDtains, ©tabtbibliotfjcf, Jes.
A 46 c.
2 * Original in Samberg, Sreilardjiö, 2abe
451, gafj. 4.
3 Sn feiner Älagefcfjrift an ben ©eneral bom
27. gebr. 1649 fagt SSangnerecf bon bem
Responsum theologicum : Sunt enim haec et
31
482
Siebtel Äapitel. griebcnlbeftrebungen unb ©egenftrömungeu.
93et biefem Responsum theologicum fief)t man fo recht, meld)e ESermirrung unb
meld)e! Unzeit öa! gehalten au mittelalterlichen 3Inficf)ten in üollftänbig geänberten
SBerhättniffen bringen muhte. Sßo e! nur eine fat^ofifefje Religion gab, mochten fief;
folcf)e ©runbfäpe oerfechten taffen; fobatb aber einmal bie ©etoalt ber Satfadjen
afatholifcfjen S3efenntniffen gu einem großen unb bauernben S3efi|ftanb üerhotfen hatte,
liefen fid) biefe Elnfidjten nicf)t mehr fefthalten, mottte man nicht ben $rieg alter
gegen alte proHamieren unb ben anbern ßonfeffionen bie SSaffen gur 23efämpfung
ber £atf)otifen in bie £>anb briiden. Surften nach ber Stnficfjt SGBangnerecf! bie ®atf)o-
tifen mit ben ißroteftanten feinen bauernben grieben fchtiepen, fo mufften bie ißro-
teftanten gemärtig fein, bah jeher Stiebe oon ben ^athotifen gebrodEjeit merben fönnte,
fobatb fie bie 9)?ad)t erlangt, mit Slulfidjt auf ©rfolg bie f|3roteftanten gu unter-
briiefen. Sßangnerecf oerroirft nidjt allein ben in grage ftehenben 2Beftfälifcf)en ^rieben,
er üermirft ben ißrager ^rieben, bie Etmneftie unb fogar, unb gtoar mit alter ©nt-
fchiebenheit, bie früheren Verträge* 1. Qn ber Strt unb Söeife ber 23emeilführung ift
SBangnerec! fdjarffinnig unb leibenfdjaftlid), er bedt fd)onung!lo! bie Schmädjen bei
©egner! auf, geht aber fo meit, itjn mieberhott bei betrug! unb ber gälfcfjung
gu geil)en2.
Solche teibenfc^afttiche Schriften muhten bie ©efeltfd)aft in bie gröffte $er=
tegenheit bringen, gumal fie fid) bireft ober inbireft gegen einen dürften richteten,
ber nicht gemohnt mar, Eingriffen irgenb meldjer Elrt ruhig gugufehen. Schon am
3. Januar 1648 beftagte fi<h ßurfürft üölapimilian bei bem (General Garrafa, bah
ein ißater ber ©efetlfdjaft mit tarnen Heinrich Söagneregg, Superior Oon Sinbau,
einen Sraftat unter bem Sitet „Sheotogifchel Urteil" über bie ^riebenlfrage oerfaht
habe, ber unter bem falfdjen tarnen ©rneftu! be ©ufebii! erfchienen fei, unb bah
berfetbe ifMer an ber Slbfaffung einel anbern Xraftate! über benfetben ©egenftanb
arbeite. Sotdje Sd)riften bringen bem ©emeinmohl groben Schaben unb bebeuten
eine fernere Sdhäbigung für bie 33eftrebungen bei ®aiferl, ber dürften unb ber
Stänbe, metefje burdj ben ^rieben bem 9luin bei SReid^el unb ber fatholifcfjen Religion
in Seutfdftanb üorbeugen motten, ferner fdjreden fie, mie man uni beridjtet, anbere
fatfjotifche Stänbe infolge einel irrigen ©emiffen! ab, bie fonft gu bem unbebingt
nötigen ^rieben ihre ßuftimmung geben mürben. ©nblicf) fdjaffen biefe 33rofd)üren
eine grohe ©efafjr baburdj, bah, im Satte ber fö'rieg fortgefept merben muh unfr einen
fd^Iec^ten Elulgang nimmt, bal gange Obium bafür auf bie ©efellfchaft fällt, meit
fie burd) bergteichen Schriften ben grieben oerfjinbert, mie jejjt fc^on bie geinbe
ber ©efettfehaft gu bemeifen fud)en. hieran haben mir ©ro. t)od)\v. Paternität
mahnen motten, bamit burd) geeignete ernfte unb fofortige ©egenmittet, ohne aber
uni gu nennen, nicht allein ber Schriftftetterei unb ben 9latfdjlägen jene! fßaterl,
fonbern audj anberer, gu beren Slmt bie! nicht gehört, @inf)alt getan unb fo etmaigen
Etagen bie Spi£e abgebrochen unb bem Schaben für ben Orben oorgebeugt merbe3.
plura ab aliis inserta aut maligne et imperite
in pravum detorta sensum. * ®opie iit Bibi.
Chigi Bll, f. 180. Stein berget
a. a. 0. 112 ff 176 ff 191 ff.
1 Responsum theologicum 10 f 19 3033f 145 f.
2 6bb. 4 13 162 170. — SSerüauj fchliept
feine Notae mit ben SBorten: Vale mi Erneste
et aequi bonique hunc laborem quem tu mihi
invito facessisti, consule ; Deumque ora, ut
olim in coelo iuncti aeterna beatissima pace
una fruamur: pervelim enim, ita te amo, non
sine te, sed tecum esse beatus. Söangncrecf
antwortet baranf: SBer l)at bir ben Auftrag
gegeben, ju lügen unb ju betrügen ? 2ug unb
Srug finb fein SBeg jur ewigen ©lücffeligfeit.
Srneftul betet, baß ber §ciligc ©eift biep er¬
leuchten möge. SJorper behauptet er: Teneris
sub periculo aeternae damnationis fraudes
et errores tuos illis aperire, in quos illos
coniecisti. Consultum est, ut sponte facias,
ne cogant qui possunt et pro officio debent.
Responsum 162 f.
3 *&onsept 2Ji. £>. 623'/t, $rucf bei Stein¬
berger a. a. D. 198.
$ie gricbengberhanblungcit ju SOtünfter.
483
®er ©eneral, an meldjen biefe Mahnung gerietet mürbe, mar ©inzenj ©arrafa,
ber 1646 junt 9?ad)folger beg ÜDiutiug ©itellegdfi ermaßt morben mar. ©leid) in
feinem erften ©rief an bie ©efeKfdfaft l)atte er fid) entfdjieben gegen bie Teilnahme
feiner Untergebenen an meltlicfien ©efcffäften auggefprochen. ©r erinnerte u. a. an bie
Mahnung beg ©apfteg ^nno^enj X. an bie ©eneraliongregation, fie foIXe 9Jia|na^men
treffen gegen bie @inmifd)ung ber ©atreg in meltlicfje Slngelegenlfeiten. £>ie Kongrega¬
tion fjabe geantmortet, eg fei bie einftimmige Meinung ader ©atreg unb ber Söunfcff
ber gefamten Kongregation, baff bie Sftitglieber ber ©efeUfcfjaft fid^ ber meltlicf)en ©e-
fdfjüfte enthielten, ba biefe unfern Konftitutionen fremb feien. Slug biefer Slntmort
gehe fjerbor, mie forgfäXtig in 3u^urtfX fid) alle hüten mühten, nicht einmal auf bie
©mpfehlung unb beit Söitten Oott dürften hin, mit zeitlichen unb meltlidjen Slttgelegen-
heiten fich ju befaffen. ®ie Obern füllten mol)l beachten, mag bie Kongregation ihnen
in ©etreff berfenigen, meldje gegen biefeg SDefret fidh üerfehlten, eingefdjärft tfabe,
nämlich bafür Sorge zu tragen, baff bie Übertreter nicht ungeftraft blieben. SBenn
bie gemöf)nlid)en SJlittel bagegen nicf)tg fruchteten, follten bie ©etreffenben oon Ort
unb Slmt entfernt merben1.
Qn biefer ©efinnung antmortete ©arrafa mit aufrichtigem SDanfe für bie 9J?af)nung
am 25. Januar 1648 bem Kurfürften, er merbe mit aller Kraft bent Übel entgegen¬
treten unb ben P. Söangnerecf unb bie anbern, bie fid) in foldjer SBeife gegen bag
^nftitut Oerfehlten, in geeigneter Söeife in Scfjranlen hatten 2 ■ Ü^och am felben Sage
fanbte er ein aUgemeineg ©unbfdfreiben an ben ©roüinzial Oon Oberbeutfdflanb
Sorenz Keppler, melcheg ein ftrengeg Verbot für alle $efuiten enthielt, fich in bie
griebengüerhanblungen einzumifcffen 3 4. ^n einem meiteren Schreiben oom felben Saturn
teilt ©arrafa bem ©roüinzial bie Klage ÜDiajimiliang faft mörtlich mit, ohne aber
beffen tarnen ju nennen; ber ©roüinzial möge ohne ©erzug bie Sin f läge genau auf
ihre SBahrheit unterfud)en; habe P. SBangnered mirflich bie ©rofdjüre gefdjrieben,
fo möge er ihn fofort feineg SImteg alg Superior entfern unb an einen anbern
Ort fchiden; er fülle ihn and) ber genfur beg Kanon 12 (59) ber fünften Kongregation
für oerfallen erflären unb ihn fomohl alg auch alle übrigen ©atreg ber ©rooinz
mit Strenge oon einer ähnlichen ©inmifdjung in öffentlidje Slngelegenfjeiten abhalten1.
©eüor biefer ©rief feine Slbreffe erreichte, hatte fich aber ^er 9iuntiug ©higi
in einem Schreiben, batiert fünfter, 7. gebruar 1648, in ©om zu ©unften Söangneredg
unb gegen feine ©egner auggefprodjen unb eine ©inmirfung auf ©arrafa in biefem
Sinne gemünfd)t5. So muhte ©arrafa ben fRiidjug antreten. ©r fönne fich, fdhrieb
ber ©eneral an Keppler, 4. Slpril 1648, zmar faunt überzeugen, bah fein ©orgänger
P. ÜDfutiug (©itellegcf)i) bie Sdjrift beg P. Söangnered in einer für bie mädjtigften
dürften fo anftöhigen 9J?aterie gebilligt habe. Slber meil ber päpftlidje ©untiug für
bie Schrift eintrete, merbe er ben ©apft barüber befragen. Qnzmifdfen möge ber
©roüinzial mit ber Slmtgentfetmng zumarten unb nach 9Jiöglid)feit meitere Schriften
über biefen ©egenftanb hintanljalten 6. ®er ©apft fprach bem ©eneral, mie biefer
am 16. 9Kai 1648 an Keppler fdjreibt, ben Söunfcf) aug, eg möge auf bie letzte
1 Epistolae Praepositorum Generalium, Prag.
1711, 576. 2 * Drig.-Veg. Ad Externos.
3 * Original in ©t. 91., Jes. 335. $rud bei
©pecfjt, Sittingen 329, 91. 1. Vgl. ©tein¬
berg er a. a. 0. 7, 91. 2.
4 * Orig.=9leg. Ad Germ. sup. Sag 59. $e=
Jret üerfjängt alg ©träfe für Einmifchung in
politifdje @efd)äfte bie Unfähigfeit ju aßen
9imtern unb bie Entziehung beg af'tiben unb
paffiben V)ahtred)tg (auf ben Kongregationen).
5 SSortlaut bei © t e i n b e r g e r a. a. D. 104,
9t. 6.
6 * Drig.üReg. Ad Germ. sup. 9?gt. ©tein¬
berg er a. a. 0. 135. Vitettegcpi hatte fid)
am 6. 9tprit 1641 erttfrfjieben gegen bie Ver¬
öffentlichung ber Quaestio ardua unb ihrer
9tpologie auggefprochen. Vgl. oben ©. 473 unb
©teinberger a. a. 0. 195 9?r 1.
31
484
Siebtel Sapitel. griebenibeftrebungen unb ©egenftrömungen.
Schrift beS P. SCBangnered (Responsum) feine meitere Slntmort erfolgen. SeSfjalb
merbe ber ^rooin^tal eifrig barauf achten, bab feiner feiner Untergebenen gegen
biefen 93efe^I haitble. Siefe Slufforberung beS ißapfteS unb bie entfcfjiebene Partei¬
nahme beS 9Juntiu§ geangen nun ben ©eneral, ben Strafbefehl gegen Söangnerecf
gurüdfjunehmen, toie er in bemfefbcn Briefe an föeppler oerfügte1. „Ser ©eneral
faf) fid) in eine unerträgliche .QmangSlage oerfeld: auf ber einen ©eite ber fßapft,
meldjem er als gefuit . . . ©ehorfatn fc^ulbete, unb ber SiuutiuS ©l)igi, auf ber anberit
ni^t blob baS OrbenSftatut, fonbern auch ber Äurfürft oon Vapent, einer ber
mächtigften unb tnärmften ©önner ber ©efeltfcfjaft $efu."2
Siefe .groangSlage fotlte fid) nod) öerfdjärfen. 211S nämlich baS Responsum
unb beffen Verfaffer Siooember 1648 in 9)iünd)en befannt mürbe, geriet äßajcimilian
in großen ßorn. Sofort ridjtete er (am 19. 9iooember) ein gereiztes Schreiben an
ben ©enerat gegen bie ben grieben bebrof)enbe geljäffige Schrift beS P. SBangnered,
bie fo feljr bern gnftitut miberftreite. @r (ber ßurfürft) habe für feinen ©laubenS*
eifer unb feine Siebe zur ©efeflfdjaft bod) etmaS anbereS als bie biffige gredjheit
jenes Raters oerbient. @r bitte beSljalb um eine fdjarfe Veftrafung beS Sdjulbigeit
unb um eine öffentliche ©enugtuuug. Sollte biefe unterbleiben, fo fefje er fid) ge*
nötigt, biejenigen ÜOiabregeln ju ergreifen, rneldje zum Schule ber gefränften ©l)ie
bienlidjer erfc^einen mürben. Senn baS möge ber ©eneral miffen, er (ber ßürfürft)
merbe fidb in ber fyolge fo gegen bie ©efeüfdjaft erzeigen, mie eS ihre SSerbienfte
unb zumal bie 21rt unb Söeife biefer ©enugtuung erfordern mürben, ©r ermarte beS*
halb ben Vollzug feiner gorberung unbebingt, ohne Verzug unb ohne jebe ©nt*
fd)ulbigung3.
Siefbetrübt ermiberte ©arrafa am 19. Sezember bem ßurfürften: Seitbem id)
biefeS $reuz meines SlmteS auS ber Hanb ©otteS übernommen, hot mid) nichts fdjmerz*
lieber betroffen, als bah ©tu« Surchlaucpt, ber bie ©efellfcfiaft Seben unb Vlut fdjulbet,
burdh einen ber Unfrigen fo fdjmer gefränft morben ift. ge gröber bie unzähligen
Söohltaten ©m. Surd)laud)t unb ghrer Vorfahren finb, um fo gröber ift bie Ver*
megenljeit beS P. §einrid) SSangnered, ber in bem Responsum theologicum gemagt
l)at, fo biffig ©m. Surdjlaudjt unb anbere dürften, ja felbft bie faiferliche SDiajeftät
burchzuhedheln. @r mirb bafür eine harte Strafe erhalten, meil er ©m. Surd)laud)t
fo fdjmer beleibigt unb mit feiner oermegenen gebet bie ©efellfdjaft in folcfjen Verruf
gebradjt hat. gept fchreibe ich an ben P. Proöingial, bab er ihn fofort beS aftioen
unb paffiöen ©timmred)teS beraube, ßimmerarreft gebe unb mit anbern harten Vuben
ftrafe, bamit alle erfennen, mie fef)r unfere ©efellfcfjaft bergleichen oermeffene unb
beleibigenbe Schriften mibbiüigt unb oerabfdjeut. ©m. Surdjlaudjt bitte id) bringenb,
bie Sd)ulb beS einen HipfopfeS nid)t bem ganzen Orben zur Saft zu legen. Sazu
fommt, bab bie ©djrift ohne äöiffen beS Obern, ja, meint mir bem Verfaffer glauben
bürfen, fogar ohne fein 93ormiffen bem Srud übergeben morben ift, fo bab er beS*
halb eher Verzeihung oerbient, menn er aud) in ber ©d)reibroeife fief; fd)mer Oer*
fehlt l)at4.
31m felben Sage (19. Sezember) fchreibt ber ©eneral an ben proüinzial ßeppler:
gnbem id) oon ber Hauptfrage abfelje, über bie mir fein Urteil zuftel)t, geht mein
Urteil baf)in, bab ber Verfaffer in ber 31rt unb SBeife fid) fdjmer oergangen hat
burdj Singriffe gegen bie gürften unb burd) biffige Schmähungen gegen ben 33er*
1 * 0rig.--9{eg. Ad Germ. sup. Sßgl. ©teilt* 4 * 0rig.*91eg. Ad Externos. Ser 2lu§brtt<f
berget a. a. 0. 136, 21. 3. carcere includat famt nidjt mit einferfern über*
2 ©teinberg er a. a. 0. 136. fefct werben, bn fein Sarjer oorfjanben war.
3 »ftonjept S». §. 623 */T. © tein berget
a. a. 0. 200 f.
$ie ^rieben^üerljanblungeit ju fünfter.
485
fecfjter ber gegenteiligen 3fnfidjt, ba bodj er unb aitbere annehmen, baf$ fidj unter
bem tarnen QlrenicuS ein 9J?it6ruber üerbirgt. SeSljafb oerfiige icf) nad) roieber^ofter
^Beratung mit ben Sfffiftenten unb nad) fBeratfdjfagung üor ©ott im (Gebete, eS miiffe
bem Befeibigten dürften notmenbig eine (Genugtuung gegeben unb ber ©cfjriftftefler
megen äftafjfofigfeit im ©tif e;rempfarifdj beftraft merben. Söäre er nidjt Sßrofefj,
müfjte er fofort entlaffen merben. 2tber meit bieS niefit angef)t, foH er fofort für
einftmeifen 3^mmerarreft ontreten, beS aftioen unb paffiüen 2Safjfred)teS oerluftig
gehen unb einer öffentfidjen (Geißelung im 9?efeftor fid) unterbieten, mobei if)m ein
fdjarfer Sabel gegeben merben fotf, bafj er fid) in ber ©djreibmeife ferner oerfefjft
unb burd) feine SSiffigfeit bie ©efedfdjaft bei ben dürften in Verruf gebracht habe.
$d) t°ffe/ bafj auf biefe SBeife bie Erbitterung be§ Äurfürften fic^ legen mirb unb
größere Übel abgemenbet merben. Siefer 93efef)t fofl burd) ben ^rooinjiat bem
fö'urfürften jur Kenntnis gebracht merben 1.
Ebenfalls unter bemfelben Saturn antmortete Earrafa bem 23eidjtoater beS ®ur»
fürften, P. SBerüauj, mefcfjer if)n am 20. Gioüember oon ber Erbitterung feines dürften
in Kenntnis gefefct hatte. Er hätte fdjon längft ben Sfutor megen feiner biffigen
unb üerfepenben ©djreibmeife geftraft, aber er habe bieS aus guten (Grünben nidjt
gefonnt. ^e|t merbe aber bie ©träfe erfolgen (bie genau mie in bem Briefe an
$eppfer angegeben mirb). Sßenn ber SSerfaffer ficf» rühme (mie SBerüauj: gefcfjrieben),
bafj aud) er, ber (General, feine ©cfjrift gebilligt fjabe, fo fei er meit entfernt ge»
mefen, jene ©djreibmeife mit Eingriffen gegen bie dürften unb ©d)mähungen gegen
ben (Gegner irgenbmie gu billigen: „Qdj oerabfdjeue eine folcfje ©djreibmeife unb
Babe fie ftetS für eines Stefigiofen unmürbig erachtet. Über bie g-rage felbft fage
icf) nichts, meit eS nidjt meine ©adje ift, barüber ju urteilen. Ebenfo unbegrünbet
ift eS, menn ber SSerfaffer, mie Sm. (podjmürben berieten, bie fBefjauptung auffteüt,
ber ^arbinaf be £ugo plane eine äfjnfidje ©cfjrift. Ser ^arbinaf f)at BieS aus*
briicflicf) oerneint."2 Sa ber ©eneraf megen ber 23egünftigung beS P. Sßangnerecf
burd) ben SiuntiuS Efjigi ©djmierigf eiten befürdjten mufjte, fiefj er biefen burcf) beffen
Qugenbfreunb P. ©forga jßatfaoicino oon bem ©trafbefefjf oerftänbigen unb ifjn
bitten, bie ©träfe nidjt übet ju netjmen, ba fie nidjt megen ber oerteibigten @adje,
fonbern megen beS Mangels an Efjrfurdjt gegen ben (perjog oon SBatjern unb baS
(pauS Dfterreicfj erfolgt fei. SieS berichtet Efjigi am 22. Januar 1649 oon Sftünfter
aus an ben ©taatSfefretär jßancirofi unb äufjert babei feine Unjufriebenfjeit barüber,
bafj ber einzige, ber für ben SIpoftolifdjen ©tufjf unb bie fatfjolifcfie Religion ge*
fcfjrieben fjabe, fo fdjtimm befjanbett merbe3.
2tudj burd) ben Üieftor beS ÄottegS ju fünfter, P. ©ottfr. Eörfer, fucfjte Earrafa
auf ben Kölner GJuntiuS befd^mid^tigenb einjumirfen, benn er teilte am 26. Sejember
1648 bem 9teftor bie ganje ©adjfage mit. Ser ^urfürft oon fBaljern habe fidj bitter
barüber beüagt, bafj Söangnered bie fatfjofifcfjen dürften, bie für ben ^rieben ge*
arbeitet Ratten, geinbe ber göttlichen Etjre unb SBerberber ber Religion genannt
fjabe; feine ©djreibmeife fei ffaubaföS unb eine ©efafjr für ben öffentlichen ^rieben.
G?adj anbern 23eridjten habe ber Äurfürft tior, gemäfj einem Sfrtifef beS griebenS
an bem Sfutor ein Ejempef ju ftatuieren; eS fei ©efafjr, bah ©cfjrift oom genfer
öffentfidj üerbrannt unb ein Exemplar an ben ©afgen geheftet merbe. Er (ber
©eneral) habe baS 33udj genau gefefen unb fönne baSfefbe oon bittern Eingriffen
unb ©<fjmähungen nicht freifpredjen. Sa nun ber Sfutor oon bem Kölner GJuntiuS
1 *0rig.=9teg. Ad Germ. sup. 116er bie (Stellung Sfjigiä ögl. g. S^rael,
2 * 66b. 2fbam 2lbami unb feine Arcana pacisWestph.
3 * SSortiaut bei Steinberger a. a.D. 202 f. (1909) 180 f.
486
Siebtes! Stapitet. grieben§beftrebungen unb ©egenftrömungen.
fefjr Begitnftigt Werbe unb biefer (ber ÜRuntiuS) bie Beftrafung SSangneredS Oiefleid)t
übel aufnehmen fönne, fo möge er (©Örter) ben ütiuntiuS befugen unb it)m bie
gmangSlage beS ©eneratS auSeinanberfepen. 2Benn ber ^roötnjial in äliünfter gu-
fällig amuefenb fei, müffe if)m biefer Brief mitgeteilt werben fowie aud) ben übrigen
patres, bie häufig mit bem ÜRuntiuS üerfefjrten. Sollte ber Nuntius fd^on abgereift
fein, möge ©Örter ben 93rief an ben Obern beS OrteS fenben, wo ber ÜRuntiuS ficf)
aufhatte 1.
Oer fßroöingiat ®eppter führte ben S8efeJ)I beS ©eneratS aus unb berief
gu biefem Befjufe ben P. SSangnered in baS $otteg nach ßonftang, unter bem bie
Sinbauer SDiiffion ftanb. Aber beoor SSangnered bort antangte (6. gebruar) unb
ben Strafbefehl oernommeit, hotte er fich am 5. gebruar oon St ©alten aus, beffen
Bibtiotfjef er bamatS benutzte, in einem Schreiben an ben fßapft gewanbt unb ge-
flogt, bah feine ©egner ihn an ber Abfaffung einer Oon bem ÜRuntiuS gewünfchten
Apologie hindern wollten. Sollte ©ewatt unb Unbitt, fei eS Oon auffen, fei eS oon
innen (oon ber ©efettfdiaft), ihn gwingen, möge ber ^3apft erlauben, bah er nadj Sftmn
fomme, um perföntich bie ©efahren für bie fRetigion, bie Schäbigungen ber ®ird)e
(bie Urfachen feiner äRüffe) unb auch feine ©efafjr auSeinanbergufepen2. Orei Aßochen,
nachbem er in ^onftang feine Strafe angetreten, fcprieb er „aus bem ©efängniS für
bie Religion unb ben Apoftotifd)en Stupt" am 1. 9Rärg an ben ÜRuntiuS ©higi, bah
er bie Strafe, Welche er ber SRetigion unb beS Apoftotifcpen Stuf)teS Wegen ftd) gu-
gezogen, gern erbutbe. ©r habe eine Appellation an ben Apoftotifdfen Stuhl üerfucht;
man höbe fie aber oereitett burd) bie ©rftärung, nicht wegen ber Sache, fonbern
Wegen ber Art unb SSeife ber Schrift fei er beftraft worben. Oiefe Appellation
erneuere er jept oor bem ^Sapft wegen ungerechter unb übertriebener Beftrafung unb
wegen ber ©rftärung, bah er bie ©nttaffung oerbient höbe; er lege biefe Appellation
in bie §änbe beS ÜRuntiuS : „$dj erftäre, bah ief) nicht gehört worben bin, bie Stetten,
gegen welche fich ber ®urfürft üon Bapern richtet, habe ich nicht gefcprieben, fonbern
anbere hoben fie beigefügt3. ho&e wich äum Beweis erboten, ich ha&e gebeten,
guerft ben ^urfürften gu benachrichtigen ober an ©w. §errtichfeit unb an ben P. ©enerat
fcpreiben gu biirfen. AUeS würbe abgefdjtagen. P. ^Srobingiat fagte, er fei nur ber
©pefutor; er hot nichts getefen Weber in bem Iudicium noch in bem Responsum.
©in fdiöner dichter in einer ihm unbefannten Sadje, ber mich burd) eine Süge unb
gegen bie besprochene Sicherheit nach ^ouftang getodt hat! ©epriefen fei ©ott,
ber mid) ber ®rone ber ^eiligen teilhaftig macht, aber ba bie Sache einen Spott für
ben Apoftotifdjen Stüf)I bebeutet, butbet mein ©ewiffen nicht, biefe Unbitt hingepen
gu taffen."4
AIS SBangnered biefen Oon ber ©ereigtheit biftierten 93rief mit feinen un¬
richtigen Behauptungen 5 fcf>rieb, war feine Strafe bereits wieber aufgehoben worben.
Oer ©enerat hatte gwar anfangs bie Ausführung beS Urteils eifrig betrieben.
3d) erwarte mit Sehnfucpt (avide), fo mahnte er am 6. gebruar 1649, bie Aus¬
führung in Betreff beS P. ABangnered6. Aber fdjon am 13. gebruar 1649 mufjte
er bem P. Berüaup mitteiten, er höbe ben Befept erhalten, bie über P. ABangnered
üerhängte Strafe aufgupeben. Aöoper ber Befeht gefommen, fönne P. Berüaup fich
teicht benfen, unb er möge ihn beSpatb bei bem fö'urfürften entfchutbigen7.
1 * Drig.-Dleg. Ad Rhen. inf'.
2 SBortlaut bet Steinberger a. a. D. 203.
8 $a§ trifft uicpt für alle Stetten ju. $8gt.
Steinberger a. a. C. 150, 3t. 1.
* SBorttont ebb. 204.
5 Sd)on am 8. gebruar unb mieberunt ©ttbe
gebntar patte SBattgtterec! an bett ©enerat ge-
fcpriebett; ebenfalls patte er eine 3ht§einanber-
fepung an ben ü’urfürften gefcpicft; er mar
aucp nicpt burcp Siige nacp Äonftanj gclocft
rnorben.
c * Drig.-9teg. Ad Germ. sup.
7 * ßbb.
3)ie fffriebenäberhanblmtgen p fünfter.
487
Qnfolgebeffen befürchtete ber föurfürft neue Schriften gegen ben ^rieben unb
mahnte be§f)alb ant 2 6. gebruar 1649 nacpbrücflicp ben ©eneral. öiefer banfte am
20. SRarg für bie Mahnung : ©ott meip, mie fe^r mir am §ergen liegt, bah feiner
aus ber ©efeHfcpaft gegen ben grieben fcpreibt. ®urcp ein Runbfcpreiben höbe ich
bieS allgemein berboten unb befonberS bem P. SBangnerecf, ber, mie ich fürglicp »er-
nommen, an einer Slntmort gegen ©aramuel arbeitet, bie ©inftellung ber Slrbeit
befohlen. Slucp ben RuntiuS in ®öln höbe ich bitten taffen, bap er feine meiteren
Schriften über biefen ©egenftanb non P. SBangnerecf oerlange, unb falls er fchon
eine erhalten höbe, bereit örucfleguitg berphtbere 4.
Stuf eine Rechtfertigung, melche SBangnerecf ©nbe Februar 1649 an ben ©eneral
gefanbt, ermiberte biefer am 10. Slpril, eS ftehe mit ber SBefd^eibenheit nicht in ©inflang,
meitn SBangnerecf behaupte, in ber Slrt unb SBeife, gu fchreibeit, feien mit ihm fcpulbig
oiele Propheten unb ^eilige. ®ie Propheten hätten — fo betont ber ©eneral —
im Stuftrage ©otteS unb bie ^eiligen gegen offene Verfolger ber Kirche gefc^rieben.
SDie Sage ber dürften in SDentfcplanb fei hoch pimmelmeit üerfchieben. ®ie 33e>
merfung megen ber ©ntlaffung, melche ihm fo bitter fei, möge ihn nicht gu fepr
munbern : „Um bie dürften gu befänftigen, finb mir gumeilen genötigt, gegen unfern
SBillen Mittel gu ergreifen. SBie mir, um baS Seben beS übrigen Körpers gu retten,
gumeilen felbft unter ben größten (Schmergen baS SXbfchneiben eines ©liebes bulben,
fo fah fich bie ©efellfd^aft gumeilen gegmungen, um ben ßorn ber dürften gu milbern,
Söhne auS ihrem Scpope gu entlaffeit, ober menn bieS megen ber fßrofep nicht
möglich mar, fchmer gu beftrafen, menn eS fie auch noch f° part anfam. So mürbe
P. SRutiuS im Qapre 1630 gegmungen, ben P. XpomaS i^ulton aus ber englifcpen
$robing gu entlaffen, meil er in einem ißriüatbrief, ber in bie §änbe beS £’ar>
binalS Richelieu geriet, biefen ^arbinal gu bitter hergenommen hatte, unb fo mupte
ich fnr Oorigen $apre ben P. £$op. be ©ortaS, ifkofep ber belgifd^en ^Sroüinj
(gallobelgica), mit Beraubung beS aftioen unb paffiben SBaplrecptS unb geitmeiliger
©infcpliepung beftrafen, meil er ebenfalls in einem ißriüatbriefe fiep gegen ben
^ringen ©onbe ungegientenb geäußert patte." @r möge beSpalb feine Semerfung
niept gu feparf auffaffen unb ben ©ebanfen, bie ©efellfcpaft gu berlaffen, aufgeben1 2.
Qn feiner Aufregung über bie SRapregelung baepte SBangnerecf geitmeilig baran,
bie ©efellfcpaft gu berlaffen. ©r appellierte bom ©eneral an ben $apft, um ©pemtion
unb Befreiung bon ber ©emalt beS Obern gu erlangen 3. Sin feinem Apologeticum
arbeitete er unterbeffen meiter. Slm 30. Sluguft 1649 melbet er bem RuntiuS ©pigi
beffen Rollenbung unb legt ipm baSfelbe gu fyüpen. ©r munbere fiep, bap er trop
aller SSepationen ein fo fcpmierigeS unb gropeS SBerf bon faft 500 Seiten in niept
über fecpS SRonaten pabe bollenbeit fönnen4.
®aS ©rfepeinen biefer gegen ©aramuel gerichteten Slpologie fuepte ©arrafa auf
jebe SBeife gu berpinbern, bamit niept neues Öl ins $euer gegoffen roerbe. ©r
mieS ben ißrobingial ^eppler an, ben RuntiuS auf bie gropen ©efapren für bie
©efeKfcpaft aufmerffam gu machen 5. SlnberfeitS berichtete ßpigi in einem Schreiben
an ben StaatSfefretär fßanciroli bom 25. SRärg 1649 bon ben Rorftellungen guter
1 * Drig.4Reg. Ad Externos. 33gt. darrafa
an Sßeroauj, 20. 9Dtärj 1649. Ad Germ. sup.
2 * Drig.=3teg. Ad Germ. sup. SDie £'lage=
fdjrift SBangnerecf^ bom 27. g-ebr. 1649 in Bibi.
Chigi BI 1, f. 180.
3 SBangnerecf an ben ©eneral, 27. gebr. 1649,
an dfjigi, 16. Sitars unb 14. SIbril 1649. * Dri=
ginal in Bibi. Chigi B I 1, f. 180 ff.
4 * Original ebb. f. 190.
5 darrafa an Seppler, 6. unb 20. ffltärj 1649.
SInt 10. Blbril toieberfjolt darrafa : De P. Henr.
Wangnereck impediendo ne edat librum contra
Caramuelem iam adhibui omnem quam potui
diligentiam...; an autem obtenturi simus, ne
Ulmus Nuntius vulget, quod ab illo iam ac-
cepit, nescio. *0rig.=9teg. Ad Germ. sup.
488
Siebtel Sapitel. griebenSbeftrebungen imb ©egenftrömungen.
föathotifen be! Äongreffe! 31t ©unften be! P. Söangnered: Söentt ber fo gelehrte
unb fromme 'pater, ber allein gernagt, für ben Stpoftotifdfen ©tut)! 31t fdjreiben, unb
babei nicht feine ßfjre gefudft ^abe, bafür ungeredftermeife ©träfe erteibe, merbe fief;
in 3ufunft feiner mehr finben, ber aufsutreten mage; ber Pater foöte nad) ihrer
2Infid)t oietmehr 00m Zeitigen ©tut)! belohnt merben unb feine Stntmort gegen bie
©Triften ber ©egner »eröffentlicfjen, bie ©egenfdjriften aber 00m Zeitigen Offlum
oerboten merben i 2.
®a! Apologeticum ift nid)t erfdjienen ^tt3mifd)en fe|te SBangnered ^inimel
unb ßrbe in Bemegung, um bie ßrtaubni! einer Steife nad) Stom 311 erlangen;
miebertjott erfudjte er ben Stuntiu! unb anbere Prätaten um Blnterseffion. 2(ber
einftmeiten fetjte fDtapmilian, ber nur neue Bermirrung oott ben ®arftettungen bei
^jifcfopfe! in Stom fürchtete, bie Berf)tnberung ber Steife burd)3. Offne feinen Steife»
plan auf3ugeben, tief; fid) Söangnered aCtmäfjticf) beruhigen. Söie er am 22. ÜDtärs
1650 an ßf)igi berichtete, f )abe ifjrn ber neue ©enerat einen fo freitnbfidfen 33rief
gefcfjrieben, baff biefer allein fdjon fjinreicfje 3ur Befolgung bei ©tittfdjmeigenl, bal
er meife anrate4.
Stuffer ben ®ittinger unb ÜDtainser ^efuiten mürben aud) einseine ^efuiten
in SOtünfter in bal ©etriebe ber Berf)anbtungen hineingesogen. ß! tonnte bie!
bei bem öielfacfjen Berfefjr mit ben fathotifetjen Unterhänbtern auch faum aulbteiben.
^m ©arten bei ^otteg! trafen ficf) sumeiten bie fat^olifdfjen ©efanbten; ber fpanifdje
Prinsipatgefanbte ©raf oon Penaranba erbaute ftef) in ber Siad)6arfd)aft bei
Kolleg! ein §aul. ®er fpanifdje ®efd)äft!träger Stnton Brun brad)te feinen Bruber,
ben ^efuiten ©imon Brun, mit nad) SJtünfter. Qn Begleitung bei fransöftfepen
Prinsipatgefanbten, bei §ersog! 001t Songueüitte, befanb fiep) at! prebiger ber Qefuit
peter Sefcatopier. ßin SJtitgtieb bei Kolleg!, ber ^onoertit P. Johanne! SJtutmann,
mar ber befonbere Bertraute bei Stuntiu! ßffigi5.
Stt! bie Unnadfgiebigen SJtitte 1647 eine in ben Bahnen ber Qbeen SSangneretf!
fid) bemegenbe Brofd)üre mit bem £itet Veliiculum iudicii theologici erfdjeinen
tiefjen, überfanbte P. Qof). SJtutmann biefetbe am 12. Quti 1647 bem faifertidfen Beicfjt»
oater ©an! all befonber! tefenimert mit ber bringenben Bitte, biefetbe bem ^aifer
31t überreifen. Bu9Üicf) fpracf) er fid) gegen bie Stapgiebigteit bei ©rafen £rautt-
manlborff an!. Se^tere! befräftigte in einem Bufat) ber Stettor ßörter, inbent er
bemerfte, bah ber faifertiche ©efaubte fortfahre, burd) neue Stachgiebigfeit ben grieben
31t erfd)meid)etn 6.
Über biefen Brief briidte ßarrafa am 26. Oftober 1647 bem proüinsiat Otterftebt
fein groffe! SJtihfatlen an!: SJtit Stedit hoben @m. ^odfmürben fomoht bem P. SJtut»
mann at! auch bem Steftor eine Buffe auferlegt unb Borforge getroffen, bah nicht
tunliche! Pon anbern burd) bie Prooins oerbreitet mirb; bie Beit ift böl. 2Sir
motten bal beforgen, mal unferel Berufe! ift, b. fp ben Stapften in geiftlicfjen Gingen
helfen unb ba! Übrige anbern übertaffen 7. Über ben Steftor bei $oHeg! in SJtünfter
1 SEBortlaut bei Steinberger a. a. 0. 205 f.
2 Apologeticum deposui apudR. D. Vicarium
Generalem 111. Episcopi Constantiensis , ut
ibi praestoletur motum aquae. SEBangnerecf
an (£f)igi, 2. 9tob. 1649. * Original in Bibi.
Chigi B I 1, f. 191.
3 * Piccolomini an Sftapimilian, 29. Oft. 1650.
* 0rig.=9}eg. Ad Externos. iym gapre 1651
gelang es SBangnerecf, nach Pom ju fommen.
Steinberger a. a. 0. 164.
4 * Original in Pom, Bibi. Chigi Bll,
f. 294. ©ine lange Perteibigung feiner §anb<
lungSmeife gibt SBangnerctf in bem Prief ooni
lepten September 1650 an ben Pifcpof Peit
ülbam bon Reifing. 9)t. St. S. fcpmarj 415/45.
Dr Steinberger mirb ben bon ihm gefnnbenen
intcreffanten Prief beröffenttidjen.
5 Pelege bei Steinberger a. a. 0. 54 ff.
6 Sßortlaut bei Meiern, Acta pacis West-
phalicae IV 703.
7 *0rig.=9?eg. Ad Rhen. inf. Pgl. Stein¬
berger a. a. 0. 86 ff.
Sie griebengoerhanbtungeu p ©fünfter.
489
©ottfrieö (Eörter ßatte fcßon t»orf)er (Earrafa bem ^roüingtaf ber nieberrßeinifcßen
^ßrooiitj ©ottfricb Otterftebt am 27. gebruar 1647 gefdjrieben : $cß ßöre, baß ber
S^eftor (üon SJiünfter) öfters unb offen felbft oor ben faiferlidjeit ©efanbten über
ben oont föaifer unb ben dürften befcßtoffenen ^rieben feßr übel rebet. (Sollten biefe
Nebelt, mie eg naßeliegt, bem fö'aifer ober ben dürften berichtet merben, fönnten fie
einen großen ©turnt gegen ung erregen. SBentt bie 9?acßricßt auf Sßaßrßeit beruht,
füllen (Em. fpocßmürbett ißm (bem 9^eftor) eine öffentlidje S3uße auftegen unb aüe
mahnen, baß fie eingebent ber Orbinationen ficß allen öffentlichen Slburteileng unb
nodj meßr SSerurteilenS beg Sßorangeßeng ber fyürften enthalten, mag fie aud) immer
bei fiel) baoon benfen mögen1.
(Earrafa ließ eg überhaupt an nidjtg fehlen, um bei ber SBermirrung unb 2fuf=
regung ber ©emiiter jebe meitere (Einmtfcßung unb Stufregung fernjußalten unb ba>
bureß zugleich fomeit als möglich aueß ben SBünfcßen beS jßapfteg ju entfprechen 2.
2tm 16. SJtai 1648 oerftänbigte (Earrafa ben P. Sßeroauj oon bem SSunfcße beg
EßapfteS, eg möge oon ben ^efuiten nichts meiter auf bie teßte ©cßrift beg Söangnered
über ben fyrieben in SDeutfcßfanb geantmortet merben. „SDa man nun glaubt,
(Ero. £mcßmürben hätten bei bem unter bem 9?amen QirenicuS erfdßenenen unb oon
P. Sßangnered befämpften 33ucße ihre ÜDJitmirfung geliehen, miinfeße ich feßi, baß
©ie ficß oon febem mciteren ©dfreiben enthalten unb fich mit großer 23ereitrotttigfeit
alg einen geßorfamen ©oßn beg Zeitigen ©tußfeg bemeifen merben."3
(Eben mar biefer 93rief gefdjrieben, als ber ^3apft bem ©eneraf mitteiten ließ,
eg liege in ber üanjtei beg föurfürften eine ©cßrift, in meteßer behauptet merbe,
©e ^eitigfeit ßabe in bie fyriebenSartifel, meteße ber Inifer unb ber ®urfürft ben
fpäretifern angeboten, eingemiüigt unb P. SBeroauj; merbe für ben SSerfaffer biefer
©chrift gehalten. ®ie§ teilte am fetben Stage (16. üölai) (Earrafa bem P. SSeroauj:
mit unb fügte bei: SDa bie ^Behauptung oon ber Seiftimmung beg ^3apfteS ber
Söaßrßeit oöttig miberftreitet, fo fantt ich mir nid)t benfen, (Ero. fpodjmürben ßätten
fo etmag gefeßrieben, mag leicht als falfcß ermiefen merben fann. SDegßatö bitte icß
um feßteunigen 23ericßt, mag ©ie in biefer ©aeße getan, unb ben 23rief fo eingurießten,
baß er, menn nötig, bem ißapfte gegeigt merben barf4.
Stm 9. $uni fanbte SSerüau^ ben gemünfeßten ^Bericht ab. SDer ©enerat ließ
ißn ben ©egnern beg P. SCerOauj: übermitteln unb ßoffte, ber Eßapft merbe baburdj
gufriebengeftellt merben5. S3eoor biefer 23ericßt in 9tom eintraf, rießtete (Earrafa ein
ernfteg ©cßreiben an SSeroaup (27. ^uni 1648), in mefdfetu er ben SBeicßtüater bittet,
bem föurfürften augeinanbergufeßen, ein mie großer ©cßaben ber ©efeüßßaft baraug
ermaeßfe, baß er ben P. 23eroau£ für ben S3riefmedßfet über Kriegs- unb gmiebeng«
biinbniffe, bie einem Xeit ber gürften oerßaßt feien, in Stnfprud) neßme, mobei er
fid), oßne irgenb einen ju fdfäbigen, feiner ©efretäre ober ÜÖJinifter bebienen fönne.
1 * 0rig.=9feg. Ad Rhen. inf. Srud bei
Steinberger a. a. 0. 197; cgi. 199.
2 Sag auferlegte Stittfchtoeigen war natürlich
nicht allen redjt. Sie uieberrheinifdje ©ro=
öinsialfongregation bom Satire 1649 bat ben
©enerat, er möge in ber ©efettfdiaft bie Oon
Eifer für ben fntf)olifd)en ©tauben erfüllten
©fänner nicht p fehr einfehränfen, bie bisher
für ben f'atholifdjen ©tauben gefchrieben unb
gefprod)en unb auch tneiterf)in fdjreiben unb
fprcchen loottten, unb ^mar gegen geroiffe ©oti=
tifer, beneit e§ gleich fei, ob ber maf)re ©taube
ober bie §ärefie triumphiere. Ser ©enerat
möge and) nadjbrüdtich einige 93eid)tbäter ber
dürften unb ©rohen mahnen, baff fie nicht p
leicht Singen pftimmten, bie pm großen
Schaben, ja pm tßerberben ber fathotifdjen
Sadje augfd)lagen fönnten. * Original Acta
Congr. Prov. 1649, 468. P. oait ber SSefen
berichtete au§ ®ötn am 22. 3»ni 1649 an Shigi,
bah bie Kongregation ben ©enerat um gröbere
libertas agendi tum contra haereticos tum
contra politicos gebeten habe. * Original in
Bibi. Chigi A II 32, f. 853.
3 *Orig.=9Ieg. Ad Germ. sup. 4 *©bb.
5 * Earrafa an ißeroauj;, 25. guli 1648.
490
Siebtel Kapitel, FriebenSbeftrebungen unb ©egenftrömungen.
®er 93etd^toater fteJje fcfjort fo roie fo bei Slusmärtigen im fRufe, baff er ficf) gu
fefjr mit pofitifd)en ©efdjäften abgebe; bem fßapft fei er terbädjtig megen ber im
lebten Sörief ermähnten Sdfrift; non anbern dürften merbe er als Urheber beS
SeparatmaffenftidftanbeS unb ber Trennung tont ßaifer angefefjen. 2BaS mürbe man
fagen, menn man erfahre, mie eS fo leicht gefchefjen fönne, baff berfelbe Beidjttater
jept einen Briefmedffel (mit f|3ariS) unterhalte megen eines gmeiten SöaffenftidftanbeS !
Selbft menn ber Beidjttater babei nur bie fRode eines ©djreiberS ober BeridjterftatterS
übernommen, fo mürbe er hoch ton beit SluSmärtigen (S^ic^tjefuiten) für ben Se*
fretär ober Ratgeber gehalten unb bie gange ©ehäffigfeit auf bie ©efedfdfaft faden.
„®a mir baS ©ute nidjt adein oor ©ott (mie idj eS bei @m. |»ochmürben torauS*
fepe), fonbern aud) oor ben 9Renfcf)en tun unb auch &en Sünftofs bei bem fßapfte,
bem $aifer unb ben anbern dürften, ton beneit mir abhängen, termeiben müffen,
fo bitte ich £>od)mürben auf baS aderbringenbfte, Sie mögeu mit oder Befdjeibem
heit foldje gehäffige ©efdjäfte abmeifen unb fich auf baS ©ebiet beS ©emiffenS gemäff
unferem Qnftitut befdjräitfen. Sßiedeid^t märe eS gut, bem ®urfürften gu raten, in
fdjmierigen ©emiffenSfacfien auch anbere ©eiftliche ober OrbenSleute gu fRate gu
giehen, bamit nicht im gade eines SRifjlingenS bie gange ©ehäffigfeit ber ©efedfdfaft
adein aufgebürbet mirb."1
liefern Söunfdje entfprad) Bertauj, inbem er fidj auf eine gute SBeife bem
^Sarifer Briefmedjfel unb anbern StaatSgefcffäften gu entgieheu fuchte. Sropbem nahm
eS ber ßurfürft übel, fo baff ihn ber ©etteral mieber befänftigen muffte2. 211S
bann Sßangnered fein fcharfeS Responsum gegen ^renicuS (Bertaug:) gerichtet, fanbte
biefer am 27. SRotember 1648 eine Sffiiberlegung ader ihm torgemorfenen Um
richtigfeiten unb gälfdfungen an ben ©enerat unb bat um bie ©rlaubniS, antmorten
gu bürfen. Üföenn aud) ber ©eneraf biefer Befchmerbe eine gemiffe Berechtigung
nicht abfpredjen modte, bat er bocf) ben P. Beroaug auS fehr bringenben ©rünbett,
ton einer ©rmiberung Slbftanb nehmen gu modeu unb in dfriftlicher ®emut bie
Schmähung ftidfdfmeigenb gu ertragen. @r felbft mode ben fRuf beS BeidfttaterS
in Sdfup nehmen3, daraufhin tergid^tete Bertaug, mie er am 15. Januar 1649
bem ©eneral mitteifte, auf eine ©rmiberung unb tergieh bem SRitbruber bie ihm
angetane Unbid4.
2)ie großen Schmierigfeiten bei biefem Streit ber SReinungen liegen am 2age.
Sluf ber einen Seite ftanben bie Raren ©runbfäpe beS firdflidjen fRedjteS unb bie enR
fdjiebene Betonung berfelben burd) ben 2IpoftoIifd)en ÜRuntiuS, auf ber anbern Seite
brängte bie äufferfte Notlage, bie ben tödig erfdjöpften beutfd)en dürften unb Bölferit
ben ^rieben als unbebingt notmenbig unb eine Fortführung beS Krieges als höchft
gefährlich aud) für baS bis jept noch ©erettete erfd)einen liejg 5. ®iefer Friebe
1 * Qrig.’fKeg. Ad Germ. sup. $rud bei
© t e i it b e r g c r a. a. 0. 199 f. S8gl. * Earrafa
an SSerbaup, 29. 21ug. 1648.
2 * Earrafa an Sßeröauj;, 25. Fuli 1648. SSgl.
©teinberger a. a. D. 100 f.
3 * Earrafa an SBeroauj:, 19. unb 26. 2)ej.
1638. $aS erftere Schreiben bei ©teinberger
a. a. 0. 202.
4 * Earrafa an Sßeroaup, 6. gebt. 1649.
Drig.=Üteg. Ad Germ. sup.
3 9?ad) ber Slnfidjt ber Fr'ebenSgefanbtcn
ftanben bem Kaifer feine erfolgreichen 9J2ittel
Jur Fortführung beS Kampfes ju ©ebote.
■DtancheS, toaS bie Kirche noch befafi, fonnte
für immer berloren gehen, ffigl. Fr. SSraef,
2Ibam 2(bami 75 f. P. SUbert Kurs fchrieb
auS SBieit am 17. Oft. 1648 an ben ißfalsgraf
fßhilipp SBilhdm: Omuia hic suspensa ex-
spectatione pacis, si Sueci nolint, video magis
fugam cogitari quam bellum. Legi lieri in
summo arcano rationes cur Caesar consenserit
separationi ab Hispanis exhibitas hodie le¬
gato Hispano. Summa est, non posse am-
plius bellari, et si vellent, secuturam univer¬
salem separationem statuum a Caesare. Serme
Princeps si pax fiet tune Sermus Parens de-
bebit contribuere tantum Hassis, si non, tune
certo Elector Coloniensis et Bavarus separa-
buntur a Caesare, ibi tum considerandum
erit, an expediat SerH Vae teuere partes Cae-
Die griebenSPerbanbtungen in Nürnberg.
491
fonnte nur guftanbe fommen burd) Preisgabe ganzer Sänberftridje, barunter aud)
großer früher firdEjIic^eit 23e[i^tiimer. SSenn je fo galt hier ber @runbfaf$ : [Rot fennt
fein @ef>ot. ®te Xfjeologeit, bie fidj auf ben rein grunbfäfjlidfen ©tanbpunft [teilten,
fonnten ju feinem anbern Siefultat als [ßermerfung beS ffriebenS fommen, biejenigen,
bie bei aller Marljeit in ben grunbfä^lidjen fragen ein offenes Sluge für bie gegen*
märtige Sage unb bie barauS entfpriugenben [Rotmenbigfeiten Ratten, mußten fidj gu
einem ©intreten für ben ^rieben entfdfjlie^en. ®ie golgegeit l)at ben festeren recf^t
gegeben, abgefefjen baoon, baf; bei biefem mie bei jebem anbern ©treit ber SOieinungen
bie Sertetjung ber ©erabljeit unb ber Siebe in jebem gade gu bertoerfen mar* 1.
53alb nadf) bem fo notmenbigen unb allgemein erfeljnten griebenSfcfjluh brofjte
ber ®rieg mieber auSgubredjen. f£)aS [Recht ber Siefatljolifierung ber Dberpfalg
mar bem ^urfitrften 9Raj;hnitian auf bem [Rürnberger ^riebenSfonOent gugefprocfjen
morben, aber bie ©djmebeit meigerten fic^, ben ^riebenSregefj oon Nürnberg gu unter»
fdjreiben, rcenn biefer Slrtifel nicht auSgelaffen unb menn nidjt feine näfjere Prüfung
einem fiinftigen [Reichstage überlaffen mürbe. ®ie [ßroteftanten oerfpradjen, auf
biefem fpäteren [Reichstage für baS 9ied)t beS ßurfürften einfteljen gu moden; in»
gmifdEjen fonnten fie bie ©djmeben nidjt fjinbern, ihre Drohungen mit SBaffengemalt
burdjgufelgen. ®er ßurfürft fdhmanfte. ®a erfdjien am 29. Januar 1650 ber
Oberfthofmeifter ©raf ®urj3 in [Begleitung mehrerer ©eljeimräte im Äolleg gu SRündfjen
unb legte ben ®afuS ben X^eologen üor gur ©ntfdjeibung , ob ber ßurfürft fein
Stecht, in ber Oberpfalg bie fatholifdje [Religion mieber eingufitfjren, unter biefen
Umftänben berfdjielien fönne. (55eorg ©paifer antmortete, ba eS fidj nur um einen
Sluffdjub hanble unb ber Üturfürft im f8efif$ feines [RedjteS bleibe, fei ber ^urfürft
oerpflidjtet, in ben Sluffdjub eingumidigen megen ber grofjen ©efaljr für bie fatholifdje
[Religion in SDeutfdfjlanb, menn megen feiner tpartnädigfeit oon neuem ber $rieg
loSbräcöe, für ben eS au adern fehle. f£)aS [Recht beS $urfürften fei in bem griebenS»
inftrument auch nidjt fo flar auSgebrüdt, bah eS nicht ©chmierigfeiten gutaffe,
menn auch bie proteftantifdjen ©taube [ich für ben Äurfürften auSgefprodjen hätten;
gubent hätten ficf) bie [ßroteftanten oerpflichtet, eine fdjriftlidje 23erfidjerung gu geben,
bah fie auf bem nädjften [Reichstag für biefeS [Recht eintreten mürben, gür bie
©rlaubtheit fprach fid; audj (S^riftoph ©cfjorrer auS; ob eS aber nicht beffer fei,
je^t bie ©chmierigfeiten gu überminben, als fie auf ben folgenben [Reichstag gu üer»
fd)ieben, müffe er bem Urteil ber [JSolitifer überlaffen. Heinrich SRenfing trat eben»
fadS für bie ©rlaubtheit ein, befonberS meil eS nidjt im ^ntereffe ber fatljotifchen
[Religion fei, einem bemaffneten geinbe etmaS tjartnädig gu oerfagen, maS biefer,
menn er mode, mit ©emalt burdjfetjen fönne. SSeroauj; fprach fidj für bie 93er=
pflidjtung auS, in ben Stuffdfjub eingumidigen, befonberS megen ber groben ©efaljr
eines neuen Krieges, ©elbft menn ber erhoffte ©rfolg ber ©id)erung beS griebenS
unb ber ^eftigung ber fatholifdjen [Religion nicht eintrete, fei ber fö'urfürft oor @ott
entfchulbigt, meil er baS gemäfjlt, maS fidjerer unb geratener gemefen fei2. f£)a aber
saris an non. * Original 931. ©t. , S. blau
55/11, I.
1 3Sa§ ben örben als fotdben angelt, fo ift
feftsutjalten , roa§ [Ritter in bem 2luffape
„Da§ römifche Äird)enred)t nnb ber SSeftfälifdje
griebe" ©jiftor. 3eitfdjrift CI [1908] 252) fagt:
„Der ^efnitenorben al§ ©efamtheit bat auf bie
griebenäoerhanblungen, bie in bem ÜRünfter»
Däitabrüder Äongreff ihren §öhepuntt erreichten,
nicht eingemirft, unb roa§ einzelne SOtitglieber
beSfelben sur görberung ober ©rfchtoernng be§
grieben§tuerfe§ beigetragen haben, serrinnt in
§ahIIofen 9tatfd)lägen unb Darlegungen, bie fie
batb at§ ©eroiffeneiräte, halb al§ SRitglieber
ber uon ben dürften 3ur [Beratung ürdjlid)»
politifcher fragen niebergefepten fiommiffionen,
halb enblidi aI3 93erfaffer theologifdipfanonifti»
fd)er DageSfdhriften oortrugen."
2 * Original in 931. Ä., ©en.=[Reg. 501/21.
2(u§führlid)e Sopie in 9R. 9t., Jes. 370. 23gt.
© t e i n b e r g e r a. a. 0 162 f.
492
(Siebtel Kapitel. $riebenlbeftrebungen unb ©egenftrömungen.
SRajimilian ficf» gegen einen Sluffcpub erflärte, fam bie Sacpe in bent Nürnberger
griebenSrejep üom 26. $uni 1650 nicpt jur enbgüttigen ©ntfcpeibung.
Unter ben Sefürwortern beS griebenS am botjrifdjen §ofe nennt ber Nuntius
©pigi in feiner Depefcpe tiom 29. Noüember 1647 neben Sert>au£ aucp befonberS
„ben P. Salbe, ben berühmten Dicpter auS bem ©Ifap" 1. Salbe pat in ber Dat
eutfdjieben in biefer Nietung gearbeitet.
Der Ulrner SÖSaffenftiflftanb (14. ÜRärj 1647) war twn bem franjöfifcpen @e-
fanbten ©rafen b’Slöauj abgefcploffen unb in feinem Auftrag non feinem ©efanbtfcpafts*
fefretär ÜNarfiUp be ©roffp unterjeidjnet worben. Seibe Diplomaten waren Salbe
befreunbet. D’2lüau£ liep Salbe bitten, ben SBaffenftiUftanb ju öerperrlicpen. Den»
felben SBunfd) fpracp ber föurfürft äRajimilian auS. Salbe fam notgebrungen ber
Slufforberung nacp. ^n wenigen StRonaten berfapte er eine 2trt Drama, bie Poesis
Osca ober Sauernfpiel, worin u. a. in arcpaiftifdjent Satein jwei Säuern über bie
©reuel beS gegenwärtigen Krieges wepflagen2. „äRit erfcfjrecfenber Dreue wirb bie
beftänbige DobeSangft ber Sanbleute, bie S53ut ber geplünberten Solbaten, ipre
erfinberifcpe ©raufamfeit unb tierifcpe Seibenfc^aft mit all bem ©lenb beS mip«
panbelten SoIfeS gefcpilbert." $m ^weiten Deil oerfünbet ber ©ötterbote ben Säuern
ben abgefdfloffenen SBaffenftillftanb unb erflärt ipnen bie ©riinbe, bie Sapern gum
^rieben nötigten: bie Übermacht ber ©egner, baS bropenbe Serberben für Satjern,
baS fJriebeitSberlangen beS greifen föurfürften. Qn einem 2lnpang, einer bunfeln
Qnfdjrift eines alten DenffteineS, „treten flar genug propf)etifcf)e SJiapnungen an bie
Deutfcpen ju einmütigem §anbeln perüor, fo bap eS einer oerftedten ^alinobie nicpt
gar unäpnlicp fiept"3.
2Sie biefen poetifdjen Dialog wibmete Salbe and) baS neunte Sud) feiner
„Sprifcpen Söälber" unter bem Ditel Memmiana bem (Grafen b’Sloaup. ^er
SMbmung gibt Salbe bem fepnlicpen SBunfd^ nacp ^rieben berebten SluSbrud. „Den
Sßünfcpen aller eile i cp ju pelfen, unb bie Sadje beS griebenS füpre id) tior bem
©efanbten beS ^-riebenS. ßunt ^rieben rate icp, ben ^rieben befürworte id), ben
®rieg berabfcpeue icp."4 Salbe — fo urteilt Berber — „tat, was er fonnte, ben
grieben peröeijurufen unb bie ©reuel beS Krieges ju berföpnen"5. ©in anberer
proteftantifdjer Siterarpiftorifer bemerft: ,,©S ift mepr als waprfcpeinlid), bap Salbe
auf ben früperen Slbfcplup beS SBeftfälifcpen griebenS wefentlicp miteingewirft pat." 6
Der Siograpp SalbeS füprt baS weiter auS: „Der £muptgrunb, warum Salbe
um bie greunbfdjaft beS fraugöfifcfjen ©efanbten fo eifrig warb, war ber grope ©in»
flup beSfelben auf bie griebenSberpanblungen. 2luS allen Sriefen, SSibmungen unb
Oben, bie unfer Dicpter an b’Stbauj; ricptete, bringt ein ©epnfucptSruf, bie ungeftüme
Sitte um ^rieben, als mäcptigfter SHang peroor. ... @t legte baS neunte Sucp
feiner Söälber, biefe (Sturmpetition um baS SiegeSgefcpenf beS fyriebenS, mit bem
ooöften Sewuptfein feiner Dragweite in bie ^>anb beS franjöfifdjen ©efanbten. . . .
1 Arch. Vatic., Nunz. di Paci 21.
2 Poesis Osca sive drama georgicum, in
quo belli mala, pacis bona excurrentis anni
1647 descripta repraesentantur in gratiam
Claudii Memmii Comitis d’Avaux. $ie S5?ib*
mung: 8. Kal. Aug. 1647. Opera VI (1729)
337 ff.
3 SBeftermaper, «albe (1868) 167—171.
gür fein «aiternfpicl erntete «albe wenig Sauf,
ba fein ©rfepeinen faft mit ber teilweifen 21uf=
pebung bei SSaffenftillftanbel jufammenfiel. Sie
Äaiferlicpen waren natürlich ungehalten barüber.
«albe flagt felbft: Austriacissanebilemcivitnon
aequo animo ferentibus illas causas quocum-
que demum modo prolatas. Adeo nec canere
veritatem lioc aevo tutum est, nimirum donec
odia gliscunt et animis dissentientibus publico
bono privatum anteponitur. Interpretatio
Somnii de cursu Historiae Bavarica. Ed.
Bach (1904) 37.
4 Balde, Opera poetica II (1729) 290.
5 Iperber! SSerfe Opempel) III 238.
0 Snapf), Gfjriftoterpe (1848) 321.
griebenifättger: Söalbe unb Stafen.
493
Söenit wir bem ßeugntS be§ (nieberlänbifdjen ®idjter§) Sartäug 1, ber mit ben griebeng»
gefanbten in ßorrefponbenz ftanb, glauben bürfen, fo f)ätte unfer ^3oet zur Se«
fänftigung ber entzweiten ©emiiter nictjt wenig beigetragen. 28a§ ben ©rafen
b’Stoauj: betrifft, bem abfid)ttidje§ §inau§ziet)en be§ Krieges fo ferner jur Saft
gelegt wirb, fo fönnen wir faft auf ben fßunft nadjweifen, wie mit bem ©rfdjeineit
ber Memmiana eine entfdjiebene Hinneigung jurn griebeu in feiner ©eete einzog."
gm griif)jat)r 1646 erfdjienen biefe ©efänge, unb am 29. Stuguft 1646 fdjrieb ber
©raf an feinen Sertrauten SSoiture : gd) bin begeiftert für ben grieben, unb idj
Würbe if)it gerne mit meinem Stute litten, wenn e§ nötig wäre2.
$Da§ neunte Sud) non SalbeS „SBätbern" ift in ber f£at ein Stuffdjrei ber
©ef)nfud)t feine§ HcrSeng nadj bem Rieben, ltad) bem enbtidjen 2Iuff)ören ber um
fägtidjen ©reuet, ©o fjeifjt eS z- 23- in ber Dbe „an bie tierfammetten griebenS*
ftifter" ®er ganugtempet:
Sa, id) gebeufe beiiter unb meine. 2Bai quälft bu bai §ers mir?
Sä) meifj ei, baff bu fnum ttod) 2ttem Ijolft,
2>eutfd)tanb, — meifj, bu liegeft im »tut, gcrtreten, im Staube,
Solauge jener Sempel offen ftetjt. . . .
Schließet ben Tempel, o it)r ßon hintmlifdjen »feilen Grrgtiihte,
Shr griebeniboten, fcptiefjet Janus’ 2or!
Saunet hinein beit Srieg, bai Ungeheuer, unb feffett
Stit hunbert Setten bem Slltar ei an3.
©teidj Wie Salbe ben Jammer (£)eutfdjlanbg beftagt unb bie griebenggefanbten
in fünfter befdjwört, bem zerriffenen Satertanb ben grieben zu freuten, fo tjat
gafob ÜDiafen eine ©piftel oerfafjt4, in metdjer er im Satire 1646 bie ©efanbten
in fünfter, befonberS ben itjm perfönlidj befannten Üiuntiug ©tjigi5 bittet, fie mödjten
bocf) enbticf) bem armen Satertanb ben grieben wiebergeben: gort mit bem $rieg!
Stticlft ntefjr gezögert! fo ruft er ben ©ebietern beS Krieges unb ben Herren bes
griebeng zu:
Sicht mehr gezögert ! So münfdjt ei ber Panbntann, miinfd)t ei ber »iirger;
Gud) befdjmören gugteid) ftetjenb bie Stabt unb bai Saitb.
Staucher nerlor gmar fämpfenb ben 2lrm im blutigen Sriege:
tpebt er bie £>änbe nicht mehr, fleht bod) fein 2tuge gu eud).
Setjt, wie bem Slrnten bie Sräne auf narbige Stangen herabrinnt:
Spricht benit bie Sräne uid)t mehr, fpridjt benn bie 9tarbc umfonft?
„9tid)t mehr gegiigert! Shr Sreunbe bei griebeni, entfaget bem Srihmerte!"
Stuft aui oereinfamtem &aui flageub bie SBitme gu eud);
Cber oertrieben oom £aui, umgeben üott hungernben Sinbern
Sehnet fie fummergebeugt 2age bei griebcni herbei.
Unb mit ben Stagen ber SBitme bermifd)t fid) bie Stage ber Sungfrau:
Shr ift ber Triebe nid)t blofj, ihr ift bie Uitfdjulb geraubt.
Staucher fat), wie bie £>iitte bei »ateri gu Stfcpe oerbranute;
Sott fie ihm mieber erftehu, braud)t er bei griebeni borerft.
Staucher eutfanbte ben greuitb, entfanbte ben »ruber aufi Sd)lad)tfetb ;
Hoffnung, fie mieber gu fetjn, gibt ihm ber griebe allein6.
1 Barlaei Epistolae II 493 ; bgt. 910 922.
2 Lettres du Comte d’Avaux ä Voiture,
Paris 1858, 15 ; bgt. 14 23. 2® e ft e r m a p e r,
Salbe 176 f. »gl. »ach, »albe 37 f 57 ff.
3 Silv. IX, 4: Opp. II 297. tlberfepung bou
§ er ber (£cmpel) III 120 ff.
4 Palaestra eloquentiae ligatae. 2. STt.
5 $ie »efanntfchaft bei Sötner Suntiui
etjigi hatte Stafen in Sötn gemad)t.
6 ttberfefutng bou S. Scheib, Safob Stafen
(1898) 17.
2f dj i e S Kapitel.
@H)mttafiett utib Umöerfitäten*
kultureller fftiebergang ®eutf<f)IanbS. — gofgen für bie ©tubien. — ®ie ©urdjfiiljrung
ber neuen ©tubieitorbnung. — ©aS ©pmnafium. ©djuljeit unb gelten. — Religion.
— Satein. — ©riedpfcf). — ©eutfcfj. — ©efang. — ©cfjulbüctjer. — SluSfteHung ton
©djülerarbeiten. — 2tufnal)me, 2(uffteigen unb ©nttaffung. — Prämien unb ©trafen. —
©racf)t. — grequenj unb ÜberfüCtung ber klaffen. — ißroteftantifdie ©djüter. — Unter*
ridjtSmonopot. — llnentgelttidjfeit. — ^Jabagogen. — Sefjrer. — ®ie Uniberfität.
s}3f)itofopf)ie: Metljobe. — StriftoteteS. — $anbbücf)er. — Repetitionen. — ©iSsiptin. —
©riennium ober Siennium. — ©tjeotogie: 3af)t unb 2lrt ber Sortefungen. — ©ogma. —
©er f)t. ©tjomaS. — ^eilige ©cßrift. — Vebräifcf). — kircf)engefcf)icf)te. — 2lbge!ürjter
kurS. — 9tecf)tSftreitigfeiten. — ©epofition unb Rromotion. — C$in§elne Itniberfitäten :
SBieit. — ©raj. — Sngotftabt. — ©Ulingen. — greiburg im SreiSgau. — Sujern. —
kötn. — ^aberborn. — fünfter. — 0Snabrücf. — MotSfjeim. — Samberg. — ©orge
für arme ©tubenten: Serfefjiebene Strten ber Unterftüßung. — 2trmenorbnungen. —
2tufmunterung unb Serteibigung. — ÜDtufter eines Settetftubentcn.
©urcf) ben länberüerttmftenben krieg erhielten audj bie ©tubien einen furdfjt*
baren, faft unberminbfidjen ©toß; erforberit ja bie ©djufen rußige ßeiten unb einen
gemiffen ©rab äußerer Slüte. 3u^em lI,ar ^ beutfdjen IReicfjeS Macßt unb £>err*
licßfeit, toie fie baS Mittelalter gefeßen, fcßon Oorßer enbgüttig baßingefunfen. 23on
ben neuen SöettßanbefStinien faß fidj ©eutfcßtanb auSgefcßtoffen, unb bie großen
geiftigen 23emegungen empfingen ißre Qmputfe in anbern ßänbern1.
©in fidßereS Qtid)en, baß eS nidjt erft beS ©reißigjäßrigen kriegeS beburfte, um
ben ©tubien einen ©toß ju öerfeßen, ergibt fid^ j. 23. aus bem ©infen beS griecßifcßen
LXnterricf)te§ fdßon oor bem kriege, ©ie Verausgabe griecßifcßer Slutoren ßatte fcfjon
oor 1618 faft ganj aufgeßört. 3n ©eutfdjtanb unb ber ©djtoeij erfdjienen oon
1525 bis 1606 16 ©efamtauSgaben beS Vomer, oon ba bis 1759 nur nocß eine, oon
1532 bis 1604 fünf SfuSgaben beS ©emoftfjeneS, bann feine bis 1770, oon 1534 bis 1608
acßt SfuSgaben beS ©opßofteS, bann feine bis 1786, üon 1537 bis 1599 fecßS 2luSgaben
beS ©uripibeS, bann feine bis 1778. 23on fßtato ift feit 1602, oon 2lriftoteteS feit
1587 feine SfuSgabe meßr erfdjienen bis gegen ©nbe beS 18. QaßrßunbertS 2.
©aS Sfuffteigen ber ©erritoriaUjerrfdjaft mirfte baju für bie ©tubien üerbreiternb,
aber nidßt üertiefenb. ©en früheren großen miffenfcßafttidjen 3entra^en/ ^en Studia
generalia, machten meßr unb meßr gaßlreicße ffeinere ©cßufen konfurrenj: jebeS
Sänbcßen tooffte feine Unioerfität, jebeS ©täbtcßen menigftenS eine Slfabentie ober
ein Streunt ßaben. ©roße geiftige kräfte mürben — mie bereits früfjer bemerft —
burdj ben unfeligen fonfeffioneden Vßfor auf beiben ©eiten abforbiert, für anbere
midjtige Aufgaben bradjgelegt. Unter biefen Mißftänben mußten naturgemäß bie
1 33gt. g. Sufenburg, Sie grequenj ber 2 $ aulfett, ©efd). beS geteerten Unterrichts
beutfdjen Uniberfitäten (1904) 78 f. I2 476.
91d)te§ Sapitet. ©pmnafien unb Uniuerfitätcn. — 2>urcf)füf)rung ber neuen ©tubienorbnung. 495
^efuitenfdjulen in SDeutfd^Ianb feiner leiben. SKanche bitrcfj ben Krieg oerarmte
©Itern fonnten ifire Kinber nicht mehr gut ©djule fd)icfen 1. Ser fcfjmerfte äftiffftanb
war auc^ hier ßerfplitterung ber Kräfte anftatt ber für bie gmrberung ber üEßiffen--
fefjaft fo raefentlid) gebotenen Konzentration.
©in großes ©Hiid mar eg für bie beutfdjen Qefuiten, bafz fie an ber eben enbgiittig
feftgeftellten ©tubienorbnung eine 9?ornt Ratten, an ber fie fid) ftetg orientieren fonnten.
93ereit§ |)erbft 1601 nmrbe bie neue Orbttung in ÜDUindjen eingefü^rt, etmag fpäter
in anbern Kollegien, fo in Sluggburg 1604, menigfteng mag bie genaue ©infjaltung
anbelangt2. Um bie ©infüfjrung zu erleichtern, fanbte Slquaoioa einen eigenen Vifi»
tator ber ©tubien. Qn bem SDiündjener Diarium tjei^t eg zum 30. Sezember 1602:
Um biefe $eit fant ber Vifitator ber ©tubien, P. Vaber, an. £>eute maren mir alle
Zufammen zweimal bei ifjm ; an ben folgenben Sagen befucfjten ihn bie einzelnen.
Sie Vifitation bauerte big zum 16- Januar 1603; benn zu biefem Sag bemerft bag
Diarium : feilte reifte ber Vifitator 33aber ab. ©r gab folgenbe Mahnungen : üftie*
manb foIX meniger gut über bie ©titbienorbnung fpredfen; bie Selfrer biirfen nicht
Zuoiel mit häuglicfjen SIrbeiten ober ©eelforge belaftet merben; bie ©djulen müffen
gut üorbereitet merben; bei ber Teilung ber Klaffen in Derfcf)iebene Abteilungen barf
bie Verteilung in 33ezug auf ßaljl, ©tanb unb Talent nicht zu ungleich erfolgen;
ZU fchmadje ©chüler finb nid^t aufzunehmen (fie fi^en fonft brei ^alfre auf ber unteren
Slbteilung); Unfähige bürfen nicht in bie oberen Klaffen aufrüefen, um für bie 9ceuen
ißlaf} zu fdfaffen3.
Konnte bie ©titbienorbnung im allgemeinen oollftänbig burdfgeführt merben, fo
erfdhienen bodj Slbmeidjungen im einzelnen rätlidj. $n biefer Innfidft ftellte bie
oberbeutfdje ^roöinztalfongregation üom Q-alfre 1603 bem ©eneral oor: @o fehr
auch Bemühungen beg P. ©eneral zur Hebung ber ©tubien zu billigen finb, fo
fieht fich bie Kongregation bod) genötigt, in Vetreff ber ©tubienorbnung noch meitere
Verfudje zu madjen. Reicht allein nach unferer Slnfidü, fonbern auch nad) bem Urteil
fluger unb (feroorragenber ÜUfänner erfcheint eg fehr fdfmierig unb faft gemaltfam,
alle Nationen an eine ©chablone, auch tu inbifferenten Singen, mie ©inteilung ber
©djulftunben, ßahl ber ©cfjulbiidjer, fßreigüerteilung ufro., biitben zu mollen, ba bie
Derfchiebenen Nationen hoch fehr oerfcfjiebene Vebürfniffe unb Slnfcfjauungen haften.
Sie Kongregation bittet beghalb, bem P. ißrooinzial zu geftatten, einige mit ben
©tubien unb Verfjältniffen oertraute ißatreg zur Slnpaffung ber Vorfdfriften ber
©tubienorbnung zuzuziehen, um mirflid) praftifdje 9fefultate zu erreichen. $nbem
Slguaoioa bie Slntmort auf bie früheren Vorfdjlüge ber ißrooinz überfanbte, bemerfte
er, ber ißrooinzial möge über meitere 2öünfd)e berichten; alleg bem Urteil ber Se=
putierten in ber ^Srootnz zu überlaffen, ha^e er aber für nidjt erforberlicf) 4.
Sie hier ermähnten Vorfdjläge ber oberbeutfdfjen ifßroüinz flammen aug bem
^ahre 1602; fie laffen bie Slnfidjten ber beutfehen ißatreg über manche ©inzelljeiten
ber ©tubienorbnung in ihrer Stnmenbung auf Seutfchlanb erfennen5. $n Vetreff
ber fjerienorbnung roirb ber ©runbfah aufgeftellt: £D^ehr fdjabet ben ©djülern eine
SBodje, in ber fie gar nichtg tun, alg oier SBodjen, in benen immer eine literarifche
Übung ftattfinbet. Siefer kftüffiggang muff oiel mehr bie ©chüler üerberben, menn fie
1 2)ie3 fonftatiert 93. für 6nfi§l)cim unb
93runtrut ber 93ifd)of non 93afel 93eot. Sllbert
in einem ©djreibeit üom 18. ^uli 1647 an bie
iPropaganba. * Original im 9Ircf)iü ber $ropa=
ganba, Lett. di Svizzera vol. 49, 159 v.
2 *Hist. coli. Aug. ju 1604: Ratio studio-
rum ad D. Lucae ad unguem observari coepta.
3 * Diarium Gymn. Monac. Clm 1550.
4 * Original Acta Congr. Prov. XII 169
219. SSgt. Ratio stud. II 508 f.
6 * Clm 9237, f. 85 ff. ®rud in Ratio stud.
II 483 ff.
496
S(d)te§ ftapitet. ©^mnafien unb llniberfitäten.
megen ber toeiteit Entfernung nidjt in ifjre £>eimat suriidfefjren fönnen unb trotjbem
feine Befestigung in ber ©cfjule fjaben. ©egen bie ftetg mieberfe^renben brei*
ober vierjährigen Hatafoge ber in ben ©cfjufen ju fefenben Sfutoren erfjob man bie
©djmierigfeit, bafj einzelne Hittoren nidjt an bie Sieifje fämen, beren Seftüre bodj audj
roünfdjengmert märe. Sie ©riinbe für bie Beibehaltung ber Slutorenfatafoge, bie
Stüdfidjt auf ©tubenten unb Budjfjänbfer, mie aud) bie größere ©idjerfjeit für eine
richtige Slugmafjf feien aber itbermiegenb, juntaf bie ^atafoge ja audj oon 3eit ju ßed
burdj fadjoerftänbige SRäitner geänbert unb anbere Sfutoren eingefe|t merben fönnten
Sie moitatfidjen Sfebeübungen ber Sifjetorifer fdjienen einigen jttoiel; fie fiefjeit
faum üiermaf int Qafjre fofdje Sieben halten, meif bie Sieben Bon ben f]Srofefforen,
bie fchott hinreichenb belüftet feien, oerfafjt merben müßten, Sagegen mürbe aber
geltenb geniadjt, man foße bie Sfeben oon ben ©c^ülern felbft augarbeiten faffen,
bie befonberg im 2. 3Sre bafür fjinreidjenb befähigt feien, grüner hätten ju SJiündjen
unb ^ngofftabt bie ©d^üfer aße 2Bochen ihre fefbftoerfertigten unb Bon ben Sefjrern
nur Berbefferten Sieben Borgetragen, mit großem £ob für ©djiifer unb Sefjrer. Eg
fei nicht notmenbig, bafj aße ©djüfer Sieben Rieften, fonbern eg fönne eine Sfugmafjf
unter ben befferett getroffen merben, mie eg bamafg gefdjefjen- Sie Sieben marett
furj, bag Sfjema reichhaltig, fo bafj eg feidjt Bon einem tüchtigen ©djiifer bearbeitet
merben fonnte. fyaft aßgemein fpradj man ftdj gegen ben SBettfampf jmifdjen Ber»
fcfjiebenen Pfaffen aug, meif bieg nur Unsuträgficfjfeiten mit fidj bringe, ©iege bie
obere klaffe, fo fei bag für fie fein Siufjnt; merbe fie aber befiegt, fo fei bag eine
grofje ©cfjanbe, rnofjer bann §afj unb ©treit entftefje, mie bie Erfahrung fefjre.
3mr bie meiften Bebenfen überlieh Sfquaoioa bie Entfd^eibung bem i^roBinsiaf,
ber fidj nadj ben Bräudjen ber jßroBinj unb beg ßanbeg richten foße. Siefer teilte
am 15. gebruar 1604 bie Anfragen nebft beit römifdjen Sfntmorten ber fßroüinj
mit unb gab bann nadj erneuerter Beratung mit fßatreg, bie er aug ben Berfchiebenen
Kollegien berufen, am 2. SIprif 1604 nodj einige befonbere Reifungen in ben fünften,
bereu Beftimmung ifjm überfaffen mar. ©o beftimmte er afg ©ebete Bor unb nacfj
ber ©djufe: beg SRorgettg bei Beginn ber ©djuk ben fcfjönen Berfifef: &onint, Seifiger
©eift, erfüße bie §erjen beiner ©laubigen, mit ber entfpredjenben Oration, unb jum
©cfjfufj bie Sanffagunggoration: ©ott, beffen Barmfjergigfeit ofjne SDiah ift; ant Siacfj»
mittag beim Beginn: llnfer ^rnnbefn . . . (Actiones nostras), unb jum ©djhtfj:
Befdjüpe, mir bitten bich, 0 §err, biefe gamifie! ... 3n betreff ber fdjriftlidjen
-fpaugarbeiten, über bereit ju grofje 3df)f Sefjrer unb ©djiifer geffagt, beftimmte er
für bie Sffjetorif, meif bort mefjr SJfüfje unb Urteil erforbert merbe, aße 14 Sage
eine Siebe; mödjentfid) ein griedjifdjeg fßenfutn unb aße brei SSodjen ein ©ebicht ;
für bie Humanität möd^entfidj je ein fateiiüfdjeg, ein griedjifdjeg fßenfum unb ein
©ebicfjt; in ben brei unteren klaffen jeben jmeiten Sag ein ^enfum. 3ur ®urcfj*
führung ber ©tubienorbtiung fjieft er eg für burdj aug geboten, bie Pfaffe 31t teilen,
fobalb bie 3S 80 überfdjritten fei1 2.
1 Stuf ba§ SJtemorial ber öfterreidfjifdtert ißro»
«insialfongregation Dom Spirit 1603 antraortete
StguQöiüa am 12. SJoo. 1603: De Catalogis
praelegendorum librorum in triennium paran-
dis audiat P. Provincialis singulos Rectores,
qui consultis Magistris ad eum scribent, quid
legendum censerent ; et statuat ipse Provin¬
cialis auditis suis consultoribus et intelligen-
tibus, prout melius iudicabit. Nam in Con-
gregatione Provinciali cum alia tractanda sint
non erit necesse id fieri. * Original Acta
Congr. Prov. X, f. 216. — 3" äftündjen tuurbe
ber Catalogus quinquennalis 1604 eingefüijrt.
Stm 18. öftober mürbe ba3 SBerjeidjnig ber in
bieiem Sabre ju Iefenben Slutoreit an ber
£üre oon 6t SJtidiael augepeftet ; am 3. Sto»
Oember erfdjicn ber 23ud)t)änbler oon Sngolftabt,
ber in ber Sßorpaüe bet» ©t)mnafium§ mit bem
S8ertaufe ber 93üd)er begann. * Diarium Gymn.
Monac. Clm 1550.
2 SBorttaut ber ©djreibeit Ratio stud. II 508 ff.
SJql. *Directorium pro Gymnasio Ingolstad.
Clm 26 469.
$ie 2)nrcf)füfjrung ber neuen ©tubtenorbunng.
497
9J?ancf)e Sin^elheiten festen bann bie ^robinjen feft in ben fog. Consuetudinaria,
lüetcfje bie ©ebräudfe in ben oerfcfjiebenen ^rooinjen regelten. Qn bem Consuetudi-
narium ber rfyeinifdjen ißrooinjen oom Qahre 1G28 mären folgenbe 33eftimmungen
getroffen : Qn allen klaffen bauert ber Unterricht oormittagS unb nachmittags 2l/2 ©tum
ben. 3ur monatlichen Reicht am erften Sonntag im SDlonat merben aße ermahnt, aber
itiemanb rnegen ber SBerfäuntniS beftraft ; Säumige merben bei anbern fehlem fdjärfer
beftraft. ®en Katechismus am Sonntag ober Qreitag um 1 Uhr geben bie Ülaffen-
(ehrer, bie 9if)etorifer unö ^nmaniften bagegen merben jufammen Oom SDireftor
(ißräfeften) ober einem anbern fßater unterrichtet. SDie 9tl)etorifer unb §umaniften
merben auch jur Sßrebigt in bie Kirche geführt, mährenb in ben unteren Staffen ber
Sehrer eine ffalbftünbige Stnfpradfje hält. SDie aßgemeine SSerfe^ung finbet ftatt um
Stßerheitigen, für bie fähigen in ben unteren klaffen Oftern. Qm September mie
in ben Sommermonaten ift möcf)entlich ein ganzer Stag frei. 33ei großer §i^e mirb
bie Schule morgens eine fjatbe Stunbe früher gefchtoffen unb beginnt nachmittags
eine Stitnbe fpäter. SDie Scfjulen fcfjtiefjett mie bie höheren ©tubien; SBieberbeginn
ift 27. Dftober 1.
ßiacf) bem Consuetudinarium ber öfterreichifchen fßroüinj öont Qatfre 1640 be=
gannen bie klaffen morgens 7 Uf)r unb nachmittags iy2 Uhr (bie 9?hetorif eine
halbe Stunbe fpäter) unb fcfßoffen O1^ Uhr (heilige Sfteffe) unb nachmittags 4 Uhr.
Qn ben ^unbStagen oom 22. Quli bis 24. Stuguft fcf)lob bie Schule morgens 9 Uhr
unb begann nachmittags 2*/2 Uhr. Qn Söien rechneten bie ^unbStage oom 15. Quli
bis 15. Sluguft2. Qn ber oberbeutfdjen ^rooinj mar um biefelbe Qeit (1640 unb fpäter)
für bie nieberen Stubien morgens 7 Ut)r heilige äfteffe unb bann Schule bis 10 Uhr,
nachmittags iy2— 4 Ul)r. SDie 9tt)etorif unb bie höheren Stubien fingen fpäter an
ober hörten früher auf. SamStagS unb an ben Stagen oor Q-eften mar Schule üon
1 bis 3 Uhr, an biefen Stagen 21/z Ut)r ®rflärung beS lateinifcheit ober griecfjifchen
(SoangeliumS beS folgenben Sonntages ober ber 2lpoftetgefchi<hte ober einer Qeftrebe
beS hl. ©hrpfoftomuS. ®en Schluß bilbete eine furje (Ermahnung beS SefjrerS. Qrei-
tagS mar morgens eine Stunbe ®atecf)iSmuS, ber nach ber Raffung ber klaffe er-
flärt mürbe. SDie großen Qerien bauerten üom 13. Quli bis 10. Sluguft, unb jmar
fo, bah öie ©pmnafiaften jebe SÖSoche grnei Stage gang frei hatten, an ben übrigen
Stagen aber morgens unb nachmittags eine Stunbe Schule. St)ie ^erbftferieit
bauerten oom 1. bis 18. Oftober; am SufaStag mar f)3reiSüerteiIung unb Stfjeater.
Oftern mar nur oon ÜDUtttoocfj in ber ®armoche bis OfterbienStag frei3.
Über eine Slnberung ber Qerienorbnung lieh bie oberbeutfche Sßrooinjialfongre»
gation oom Qafjre 1642 bem ©eneral eine fDenffdfrift folgenben QnijalteS überreichen:
St)ie meiften ^rooinjen haben ihre Qerien im £>erbft; eS märe alfo feine Neuerung,
menn fich unfere fßroüinj biefem brauch anfchlöffe. SDie bis jept in ber ^rooinj
gebräuchlichen hoppelten Qerien, bie gröberen im Sommer, bie fleineren im £>erbft,
haben unter anberem ben Nachteil, bah öon ben §örern ber höhnen Stubien menige
oor @nbe ber §erbftferien auS ben Sommerferien gurücfjufehren pflegen, meil fie eS
nicht ber SUlütje mert halten, megeit ber gmifcljen ben Sommer- unb §erbftferien
liegenben oier Sßocfjen gurücfjuf ehren. SDie Schüler beS ©pmnafiumS aber oerlernen
faft in ben Sommerferien, maS fie in neun Monaten gelernt, fo bah fie io ben
paar 2öoct)en bis jur Prüfung mit alter -Stühe faum mieberholen fönnen, maS fie
in ben Sommerferien üerlernt. SBenn bie gröberen Qerien in ben £>erbft oerlegt
1 * Consuetudines Prov. Rhen. 1628. traten in ben Serien üom 13. ^uli bi§ 10. SXugnft
2 * Consuetudines Prov. Austr. 1640. an ©teile ber SOlagiftri STljeofogen, unb gtoar
3 * Consuetudines Prov. Germ. sup. 9?ad) würben bie beiben oberften fowie bie üier
ben * Consuetudines Monacenses (Clm 1550) unteren Klaffen fombiniert.
2>uljr, ©efä|id)te ber 3e(mten. II.
32
498
2lcf)te3 ^ctpitef. ©Qmitaficn unb Uniöerfitäten.
werben, ift für uitfere SJSrofefforen unb ©dfotaftifer bie ßeit für bie (Srfjotuttg ölet
günftiger, treil bie §ipe nid^t mef)r fo grofi ift. Xann fönnen fie audj nie! beffer
bie ©i'ergitien machen als je^t in ben |mnbStagen. ferner wirb bie Säuberung ber
Sßrofefforen weniger fdjwierig int £>erbft fein atS je£t, ba fie wegen ber ®ürje ber
Serien meift ju fpät an ben Ort ihrer Beftimntung fommen. $ür bie auswärtigen
©d)üter liegen bie §erbftferien ebenfalls beffer. Xetttt niete, bie Xiroter, (Stfäffer
unb bie Oom Bobenfee, hoben um biefe 3eit bie Söeintefe, wäffrenb berer alte ©tauten
frei finb, unb fo hoben fie bann jweimat tange Serien. Xie ©djüter aus Bapern
unb ©d)Waben finb aber ihren Gütern in ben ©ommerferien bei ber ©rntearbeit
weniger genehm, fo bap fie biefetben niet ju früh non ben ©dfuten abrufen unb ju
fpät gurüctfcfjicfen, wegen ber S|3ferbe, bie fie um biefe fount entbehren fönnen.
XoS geft beS ht- ^gnatiuS fantt bei ber feigen gerientage in ben meiften Kollegien
nicE)t gebü^renb gefeiert werben. Xen y5or^fc^r^t f)inbert fefjr, baf; bie ©djüter oft
tange nid)t bie notwenbigen 23üc^er haben, ba fie beren Xitet erft wenige Xage nor
Eröffnung ber ©chute erfahren. Xiefer 9cad)teit wirb behoben, wenn nier- ober fünf»
wödjige Serien bem ©dhulbeginn oorauSgetjen. Söenn bie ©dfüter if)re greife ober
wenigftenS bie Berfefwng in eine fjötjere klaffe mit in bie Serien brächten, wäre baS
ein großer Xroft für bie Gütern, wä^renb anberfeitS bie für baS ©tubium nicpt @e»
eigneten gteidj §u §aufe bteiben unb einen anbern Beruf ergreifen fönnten. Xie ent»
gegenftef)enben ©cfjwierigf'eiten, baji nämlich bie Qngotftabter Uninerfität bie Säuberung
ber gerien nidjt zutaffen werbe, wirb ber ^urfiirft burd) einen Befept an bie Uni»
öerfität befeitigen, ba er ficf) teid)t üon bem 9cu^en ber Stnberung für aCtc ©tubien
überzeugen taffen wirb. Xie £)ipe in ben .JpunbStagen war in ben testen ^apren
feb>r öerfcpieben, jubent würben in ber peilen ßeit bie gewöpntidjen ©tubien auf»
poren unb nur bie fdjrifttidjen Arbeiten für Berfepung um Prämien, bie Prüfungen,
XiSputationen unb Xpeaterauffüprungen ftattfinben. Xap einige Kollegien, bie ben
Berfucp gemacht paben, wieber jur früheren Orbnung zurücfgefeprt finb, ift nur
baper gefommen, bafj bie Sänberung niefit an alten Kollegien eingefüfjrt worben; benn
baS eine ober anbere ®otteg allein fantt wegen beS SJßedpfetS ber ^ßrofefforen nicpt
bie ittnberung oornepmen 1.
Xiefe Beratungen Ratten bie SBirfung, baf; im .^apre 1643 in ber oberbeutfcffen
SJSroüinz bie ^unbStagSferien abgefcbjafft unb itacp ber Xitliitger ©itte bie eilte
grofje Bafanj oom 8. ©eptember bis 18. Oftober eintrat, ^tt bent Sämberger
Xiariunt peifit eS jum 12. ©eptember 1643: Sänt Gntbe biefeS ©cputjapreS würben
junt erftenmat alte ©tubiereitben, bie fortgepen wottten, aucf) bie ©eminariften, beren
bisher immer ein Xeit wegen beS ©otteSbienfteS juriidbleiben mufite, bis ßufaS
(18. Oftober) in bie £>erbftferien enttaffen, fo baff wäprenb biefer ßeit ©djuten unb
©cputgotteSbienft ganz auftjörten2.
Xie ©cputen Ratten bamatS nicfjt allein ^pipferiett, fonbent ttod) mehr ®ätte»
ferien. Xie ©dputzimmer waren eben gar nid)t ober fef)r fcptecpt gehest. ©o peipt
eS z- B. zum 31. Januar 1629 in bem Kötner Xiarium: Söegen ber großen $ätte
mufste morgens ber Unterridjt 14 Xage taug um eine patbe ©tunbe, bei ben kleinen
Zuweiten um eine ganze ©tunbe gefügt werben3, $n Gnitmericp würbe gebruar
1647 wegen ber großen ^ätte brei SBod^en lang morgens unb nadjmittagS nur
IV2 ©tunben unterrichtet. Stm 10. Februar 1621 war ber ganze Xag frei wegen
ungeheurer Glätte 4.
1 * Original Acta Congr. Prov. 1642 II 260. 3 * Liber consuetud. Gymn. Tricoron. Sollt,
2 Dtijner, ©efd). ber £tubien=2lu[talt ju ©tabtord)io llniüerf. 605, f. 252.
Slmberg 74. 5ßgl. Sauer, 2(u3 bem 9Jtüitcf)ener 4 *Ephemeris scholastica coli. Embricensis
2)iarium 18. ($üffetborf, ©taat^ardjiD ©inmerid), Jes. 37),
$ag ©tjmnafium: Sthuläeit unb gerieit.
499
ipie unb ba mürben bie Schuten auSgefe^t ober unterbrochen, meil bie ©Ritter
noch althergebrachter Sitte ju ben öffentlichen 93eftrafnngen unb Einrichtungen gingen.
Qumeilen oerlangte bieS bie Cbrigfeit. So heifü e§ im ©mmeridjer Diarium jurn
4. gebruar 1620: Die Schüler mürben auf (Srfudfjen beS 9J2agiftratS itnb 93ürger*
meifterS ber alten Sitte ber ©mmericher Schuten gemäf; auf ben Sftarft gefchicft,
ino ein Delinquent, nacffbem itjin baS £>hr abgefdhnitten, mit Stuten geftric^en tourbe K
DaS Münchener Diarium berichtet toieberholt, baff bie Schute früher gefcfjtoffen
mürbe, meit bie Schüler jur ^>inricf;turtg eines Verbrechers gingen, menn bie ?lrm*
fünberglode geläutet mürbe* 1 2.
Stuwer ben Serien gab eS bann noch oiete gemöhntiche unb auffergemöhntidhe
freie Doge. Die aupergemöhntichen freien Dage mürben Oielfacfj auf Vitten angefehener
Herren bemittigt, bie in ber Vemittiguug eine CS^re, in ber Sächtbemittigung baS
©egenteit baoon erbtidten. So fteigerte ficfj bie gafft biefer Dage immer mehr unb
mürbe eine mafjre Kalamität für bie Sdjute. Qtt einjetnen Diarien läfft fid) bie
ftetS fteigenbe gapt üerfotgen. Stach bem ©mmeridjer Diarium mirb j. 93. im gebruar
1646 ein freier Dag gegeben einmat ju ©tjren ^S neu ermähtten DefanS, ein jmeiter
ju ©fjren beS neuen 93ürgermeifterS, ein britter ju ©fjren neuen unb alten 93ürger^
meifterS sufammen. Qm fotgenben Qafjre finb jmei freie Dage ju ©pren neuen
VitrgermeifterS unb mieber ein freier Dag ju @hren beS OberftaltmeifterS beS ®ur>
fürften oon 93ranbenburg, unb ein meiterer freier Dag gu ©fjren ber ©emafjtin beS
fchmebifchen ©eneratmacfjtmeifterS, bann mieber ju ©fjren beS Äturfürften, eines
©eneratS ufm. Bitten in biefer fetigen geit ber Dielen 93afanjtage tjeifit eS bann
jum 19. 2lprif 1649: §eute mürbe bie neue Orbinatioit beS ©eneratS über bie ©im
fdjränfung ber 93afanjtage üerfünbigt3. Da über bie oieten freien Dage mieberfjoft
geftagt morben, hatte bereits am 14. Dezember 1647 ©arrafa an ben oberbentfdhen
■proüinjiat ®eppfer gefcfjrieben: 2ßie ich fjöte, hat fiep in bie ißroDinj bie böfe @e=
mofjnfjeit eingefcfjlicfjen, ba§ bie Sieftoren, aufjer bem beftimmten freien Dag, eine
§meite aufjergemöfjnfidje ©rfjofung faft immer bemittigen, menn aufjer bem Vafan^
tag fein geft einfällt. Der Obere merbe für fehr ftreng gehalten, ber oiermat im
Qatjre eine aufjerorbenttidje ©rtjofung abfdjfage in ben Söodjen, in rnetche nicht grnei
gefte fallen, ©ine fo grofje gaf)t oon ©rfjotungStagen mufj fomofjf ben Stubien als
auch &er ©harafterbilbung feljr fchaben. Da ber fo oft mieberfjofte 93efef)t für SSiafj»
hattung oergebenS mar, fotten ©ro. Imdjmürben allen Steftoren oerbieten, ohne Qhre
©rtaubniS irgenb eine aufjerorbentfidje ©rhotung ju bemittigen, eS fei benn in fettenen
unb unermarteten gälten, mofür hernach bie ©rünbe ©m. ^ocfjmürben oor^utegen
finb; raerben biefe ©rünbe atS ungenügenb befunben, fo fott bie 93emittignng nicht
unbeftraft bleiben4.
in ber golge afg Diarium zitiert. 93gl. Dia¬
rium Monac., 24. unb 25. gebr. 1636.
1 * Diarium Gymn. Embric. 1620.
2 2)ie oft angeführten SSorte ber 13. fRegef
für bie augmärtigen ©cßüler nisi forte haereti-
corum hatten für Seutfcßlanb feine 93ebeutung.
Ein öfterreicßifcheg ©utaeßten beantragte, man
folfe bie SBorte „eg feien benn Einrichtungen oon
Eäretifcrn" ftreichen, „benn in unfern Sänbern
gibt e§ feine folche Einrichtungen, unb eg märe
gefjaffig, biefe SBorte öffentlich ju gebrauchen,
gfeichfam afg ob mir nad) foichen Einrid)tungen
bürfteten" (*Epp. Austr. [1601 — 1660] II 28).
3n ben ©djufregefn oon Ä'öln oom Sahre 1650
mar bie Siegel 13 auch bemeutfprechenb gefaßt;
eg heißt einfad), bie @d)üler füllen jn feinen
Einrichtungen gehen (93ianco I 337 f).
3 * Diarium Gymn. Embric. 93gf. * Diarium
Gymn. Monac. 1630, 10. u. 28. gehr. Sßieber*
holt mürbe bie ©rmciterung ber Safanjtage
gerügt, ©o heißt eg j. 93. in bem SJiemoriale
ber oberrheinifeßen fprooinsialfongregation bom
Jyafjre 1628: Serventur quoque exacte stati
dies recreationum neque Rector dispenset in
concedenda ulteriore recreatione, nisi causa
peculiaris moveat, quae Provinciali probari
possit. Ex crebra enim relaxatione incom-
moda maiora existunt, quam quilibet existi-
mare possit. *Memor. Prov. Rhen. sup.
4 * Drig.=9ieg. Ad Germ. sup.
32*
500
2ld)te§ Kapitel. ©tjmnafien unb Uniberfitäten.
Sieben ben SöoEgtjmnafien gab eS auch an einzelnen ütefibenjen ober ÜDtiffionS-
ftationen eine 21rt öon i]3rogt)mnafium ober 9teftoratfchule. ©in Veifpiel hierfür bietet
bie bcm Kolleg oon 2lmberg unterftehenbe Ütefibenj in Söeiben. ©rope Verbienfte um
bie Qörberung biefer ©djule ermarb fid) P. Qol). halfteret. Serfelbe fcfjreibt am
27. 21uguft 1632 an ben Slmberger 9teftor Dell, bafj er 1627 mit einem ©dfüler
begonnen unb bann mit fed)§ eine öffentlicfje ©dfule eröffnet habe1. Qm Qaljre 1629
trat ein 2Ilumnat tjin^u unb 1631 erfolgte bie ©rridjtung ber SDtarianifdjen Kon¬
gregation2. SaS Siarium ber fHefiben^ SBeiben3 berichtet mandje C£in§el^eiten. Qm
Qatjre 1638 rcaren eS 38 Schüler, oon benen am 2. Qanuar aus ber beutfchen
©d)ule brei jur erften Iateinifcf)en Klaffe (ißrinjip) aufftiegen. ©S gälten bie ©pn*
tap 4, bie ©rammatif 11, bie Stubimenta 13, ^ßringip 10. Unter biefen ©djülern
toaren aud) 21uSmärtige, bie bei VürgerSleuten mof)nten. Sie jmei oberften Klaffen
unterrichtete ein $J5ater, bie unteren ber Kantor, ein früherer Stimmte. 2lm 7. Qanuar
mürbe ber ©efangunterrid^t oon neuem georbnet unb bie Schüler bafür in brei
Klaffen, 21nfänger, Qortfcljreitenbe unb Qortgefcf)rittene, eingeteitt ; am 8. Qanuar ge¬
brauchte man bei ben Übungen junt erftenmal ein Vegal. Surd) Singen in ben
SBeihnadhtSferien erhielten bie 2llumnen am 6. Qanuar 10 ©ulben 23 Kreujer;
halb barauf fjeifit eS: bie SUumnen begannen an ben ©onntagen in jtoei ©ruppen,
ju je oier Stimmen ju fingen; ber sehnte Seit beS ©elbeS mürbe nadj ber ©itte ber
früheren Qahre unter bie 21lumnen oerteilt, baS übrige für ihren Unterhalt aufbemahrt.
2lm 25. SDlärj mürbe bie Kongregation, bie eingegangen, nebft einem „9ioüi3iat"
für bie Kongregation oon neuem errichtet. 21m 22. HZooember fanb eine Steilung ber
©tjntaj in einen höheren unb nieberen Kurs ftatt; in beiben jufammen unterrichtete
ein Sßater; ein Reiter ^5ater gab bie ©rammatif unb bie ^ubimenta, bie ^rinjipia
behielt ber Kantor. Siefe leptere Klaffe teilte man am 4. Qanuar 1639 in brei
21bteilungen, ^ßrinjipiften, Sefer unb ©lementarfchüler. Qn einem Schreiben üom
9. 2lpril fpricht ber ^rooinjial ©raöenegg feine Billigung für bie ©dhule aus, nur
bürfe barunter bie ©eelforge (fecfjS ^ßfarrfirdjen), für bie in erfter Sinie bie Qefuiten
gerufen feien, nicht leiben. 21m 6. September 1639 übernahm ein 21IumnuS bie
unterfte Klaffe. Sie ©djülerjahl mud)3 allmählich: am 18. Oltober fühlte man 70
unter brei Selfrem (einem ^ater, bem Kantor unb einem 2Uumnen). (Sin banfbarer
Spüler, ber in Söien in ber jßhilofophie promoOierte, fanbte am 10. Sejember 1639
feine Siefen mit einem fchönen SDanffdpreiben für bie in SSeiben empfangenen 2öohl=
taten. Sie 70 Schüler oerteilten fiel) 28. Qebruar 1628 auf fedjS Klaffen (erfte unb
gmeite ©pntap 13, ©rammatif unb 9iubimenta 35, fßrinjipia unb Qnfima 22) unter
brei Seprern (jmei patres unb bem Kantor). Sa nur brei Sefjrfräfte Oorhanben,
mahnte ber fßeftor üoit 21mberg am 16. Sölärj 1640, man möge nicht über bie gmeite
©rammatif hütauSgehen unb biejenigen, melche bie gmeite ©rammatif abfoloiert, an
ein ©pmnafium fdjicfen, ba bie erfte ©rammatif fefjr mistig fei als Vorbereitung
für bie Humanität. 21m 16. 21pril 1640 begann man für bie beiben ©pntap bie
©rflärung beS Ooib (Trist., 3. 23ud)). ©in 2UumnuS mürbe am 8. 21uguft 1640 mit
neuen Kleibern unb jroei Sufaten auf baS ©pmnafium nach 21mberg beförbert. Sa
bie ©eelforge ade Kräfte abforbierte, übergab man ©nbe 1640 bie ©djule einem
2tuSmärtigen unb behielt nur bie Qnfpeftion bei4.
1 * Original SR. 9t., Jes. 270.
2 Salfterer an SSelfer, 16. 2lpril 1639. * Ori¬
ginal ebb.
s * Diarium Resid. Weidensis S. J. 1638
bis 1640. DrbinariatSardjib 9tegen§burg.
4 * Litt. ann. Res. Weidens. Qm 3al)re 1649
mußten bie Sefuiten SBeiben berlaffen. Sgl.
bie 93riefe beS P. Gpprian Äteinbienft bom
6. unb 18. DJlärj 1649 an ben Sßrobinjial
föcppler. * Original 9R. SR., Jes. 270.
Taö ©tjmnafium: Sieligioit.
501
Qnbent mir gu beit eingefnen Unterridjtggegenftänben übergeben, muß an erfter
©teile bie Religion genannt merben. Sa im SJiittefafter Seben nnb ©djufe gan§
non ber Religion burcßbrungen maren, aud) feine oerfdfiebenen Slnfidjten ßerrfdjten,
mürbe ber SJJangef eines eigentfidjen Unterrichtes in ber Religion nid)t fo feßr
gefühlt. Sag änberte fidj mit ber ©laubengfpaftung. $atf)oIifen nnb ^ßroteftanten
führten 9iefigiongunterrid)t ein, meift in Qorm ber ^atecßefe. Sin ben Qefuitenfchulen
legte man auf bie fö'atecfjefe großen Sßert nnb fucßte burd) eingeßenbe Qnftruftionen
biefelbe praftifdh gu geftalten.
Sine Qnftruftion, bie für ben ®ated;igmugunterricht in ben einzelnen klaffen
auf ber öfterreidfifdjen ißrooingiaffongregation oom Qaßre 1603 feftgefeßt mürbe,
beftimmt: Qu ber Sfementarffaffe merbeit bie ©ebete, ©ebote, ©aframente ufm. in
ber 33offgfpracf)e gelernt unb aufgefagt; in ber unterften ©rammatif merben außer
bent ©toff ber Sfementarffaffe bie allgemeinen Sefinitionen unb Slbteifungen aug
bem fleinen lateinifchen Sanifiug augmenbig gelernt unb aufgefagt, in ber mittleren
©rammatif aug bemfelben lateinifchen Sanifiug bie befonbern Sefinitionen unb 21b»
teilungen, in ber oberften ©rammatif ber gange ffeine Sanifiug mit allen fragen,
©ang furg merben aug bem .fpanbbud) beg P. Softer im Slnfdffuß an ben ®ated)igmug
bie augenblidlidjen ^ontroüerfen berührt mit ffarer fßeantmortung ber gemöfjnfidjen
Sinmürfe. Qtt ber oereinigten Humanität unb 3^het°r^ roirb berfelbe ffeine ®ate>
djigmug gegeben mit einer etmag eingeßenberen Srffärung. 2So ^ßifofopßie gelehrt
mirb, merben bie Poeten unb Sffßetorifer mit ben ^ßifofopßen oereinigt unb ber
größere Sanifiug gut erffärt, aber nicht nad) SIrt einer ißrebigt ober ßontroüerfe.
Sg fotf babei nicßtg biftiert, fonbern nur erffärt merben, unb gmar immer Qreitagg
in ber festen ©tunbe oormittagg, fo gmar, baß in ber erften SSiertefftunbe bie ißoeten
unb Sißetorifer in ihren Pfaffen ihren Seßrern ben ^atecßigmug auffagen, bann
merben fie mit ber ©fode gu bem gemeinfchaftficßett Sfubitorium gerufen, Qn affen
unteren Pfaffen big gur ©ßnta;r inffufioe mirb ber gange ®ated)igmug jebeg Qaßr
burchgenommen, in ben oberften Pfaffen unb in ber ^ßifofopßie affe gmei Qaßre1.
Qm Sfnfang beg Qaßrhunbertg mar in ber oberbeutfdjen ^Srooing am Qreitag eine
halbe ©tunbe SÜatecßigmug, am ©amgtag eine halbe ©tunbe Srffärung beg Soange»
fiumg2 3; halb mürbe aber aud) hier für ben JÜdecßigmug eine ©tunbe feftgefeßt. 9cach
einer Qnftruftion ber rßeinifdjen ißroüingialfongregation oom Qaßre 1611 3 fotfte ber
^atecfjigmug in fofgenber Söeife gegeben merben. Qn ber unterften ©rammatifalffaffe
guerft eine SBiertefftunbe Sluffagen ber aufgegebenen fragen, bann eine hQIöe ©tunbe
Söieberßofung ber früher gegebenen Srffärung biefer fragen unb Srffärung ber neuen
fragen; bie fejjte SSiertefftunbe foffte auf Surdhfragen ber Srffärungen oermanbt merben.
2luf biefe SBeife mußte gmeirnaf im Qaßre ber gange (ffeine) ^atedjigmug burchgenommen
merben. Sie Qorm ber Srffärung foffte ficß ber üblichen ©cßulmetßobe anfdffießen.
Ser Seßrer lieft bie gange Qrage iateinifch oor unb gibt furg beutfcß ben Qnßaft,
bann erffärt er fie beutfd) 2Sort für SBort, nachher gibt er eine genaue beutfcße Über¬
fettung ber gangen Qrage unb erläutert biefelbe burch Seifpiefe unb SluSfprüche. Sfßn»
fi d) mitrbe mit bem fateinifdjen Soangelium, für mefcßeg eine halbe ©tunbe feftgefeßt
mar, oerfahren. Querft lieft ber Seßrer ben fateinifdjen Sej:t ffar unb beutficß oor,
bann überfeßt er ihn beutfd); müßrenb biefer Sefung fißen bie @d)üfer entblößten
§aupteg; jeßt bebeden fid) bie ©cßüfer, ber Seßrer gibt ben Qnßalt beg Soangefiumg
im allgemeinen unb greift bann einen befonbern ^Sunft ßeraug, ber fich für bie
1 * Original Acta Congr. Prov. XII, f. 183. Arch. coli. Düsseidorp, in ber 2anbe§6i6I.
2 Ratio stud. II 498 510. Süffelborf.
3 *Cod. Bamberg. 2. Sind) im II. 33b be§
502
9td)te§ Kapitel. ©tjmnafien unb Uniberfitaten.
Untermeifung eignet; an gefttagen faitn bie Untermeifung über ba§ geft, bie Siturgie
ober ben Betreffenben ^eiligen paubetn. $um ©cpfup ürirb ber eine ober anbere
@d)üter gefragt, ma§ er fiep oon bem ©oangetium ufro. gemerft. Stucp in ber mittlern
©rammatifatftaffe ttmrbe bie erfte SSiertetftunbe auf ba§ Stuffagen ber aufgegebenen
unb bereite erflärten fragen au§ CEanifiuS, bann V2 ©tunbe auf bie ©rftärung ber
neuen fragen unb 1/i ©tunbe auf ba§ StuSfragen über ba§ SSerftänbniS ber erflärten
fragen oerioanbt. 3n biefer klaffe fott ber gange SfatedpiSmuS nur einmal im ^a^r
burcpgenommen, bafiir aber ausführlicher erftärt merben. Tie SIrt unb SBeife ber
©rflärung ift biefelbe mie in ber untersten fö’taffe. Stpnticp ift aKeS in ber oberften
©rammatifatftaffe, nur fott affeS in tateinifcper ©pradje erftärt unb ba§ SDeutfche
nur auSnapmSroeife gu £)itfe genommen merben. $n ben oereinigten beiben oberften
klaffen, Humanität unb SRpetorif, mirb ber gange ®atecf)iSmnS (ber größere SanifiuS),
b. i. bie Summa doctrinae christianae, nur alte gmei Qiafjre Oottenbet, bafür aber bie
©rftärung mieber ermeitert. $ür bie brei ^aprgänge ber SJSpitofoppie mar berfetbe
größere ©anifiuS alte brei Qapre gu abfoloieren, bie ißpitofoppen patten gmeimat im
;Qapre eine Prüfung au§ bem &'atedji§nmS. $ür alte Staffen unb Slbteitungen mirb
bie Mapnung mieberpott, ben ©toff mäprenb beS ^a^re§ fo gu Oerteilen, bap man
am ©djtup be§ ©dhuIjahreS (©eptember) mit bem oorgefdprtebenen fßenfum fertig
merbe. ©3 geht atfo atS ©runbfap burd): je tiefer bie $taffe, befto mepr ©ebächtniS»
Übung unb um fo häufigere SBieberpotung beS gangen ß'atedjiSmuS ; je pöper bie
klaffe, um fo mepr ©rftärung unb um fo tangfriftiger bie Stbfotoierung beS gangen
$atedji3mu§.
fgn einer fpäteren ^nftruftion be§ rpeinifdjen ^5rooingiaIS ©opper 00m Qaf)re
1620 merben nocp meitere 93eftimmungen getroffen: Um mit geringerer Miipe unb
reidjerer gracpt in ben oberen Maffen bie ^atecpefe gu geben, fott ber Ä'atecpet burepaus
bie Orbnung beS größeren CSanifiuS einhaften unb im erften $apre bie beiben erften
Kapitel, im gmeiten baS britte unb oierte, im britten Qapre baS tepte Kapitel burcp»
nepmen. ©r fott fo erftären, bap er ben ©inn ber eingetnen Söorte burd; eingepenbere
fragen erfcptiept; aucp fott er nichts als oietteicpt einige ©teilen auS ber ^eiligen
©cprift unb ben Tätern biftieren. Stuf bie ©rftärung ift eine halbe ©tunbe gu oermenbeit,
in ber tepten SBiertetftunbe bürfen bie ©cpüter 3tueifef oorbringen. Sitte gmei Monate
ober öfters fann ein Sßettftreit über baS Turcpgenommene ftattfinben. SltleS bieS
fott nadj ber Qnftruftion pauptfäcpticp eine fotibe 23eteprung ber ©cpüter im fatpo»
tifcpen ©tauben begmecfen P
Stn eingetnen Kollegien mürbe ber ^atedjiSmuS nod) meiter auSgebepnt. ^n
®ötn mar g. 33. um 1635 91egitation beS $ateepiStnu3 ©amStag nacpmittagS in alten
Staffen, audj in ben brei ppitofoppifcpen dürfen, in ben ©rammatifatftaffen aber
täglich ; ben 9fpetorifern unb ißoeten audj an ©onn> unb gefttagen. Stn tepteren
ift um 2 Upr $ated)efe bei ben oereinigten ^pifofoppen, getrennt 001t ipnen bei ben
oereinigten Üipetorifern unb ^oeten. 33ei ben ^pitofoppeit mirb ber $ated)i3mu3
dictando in brei $apren, bei ben 9fpetorifern unb Poeten in gmei fgapren abfotoiert.
ßur fetben ©tunbe patten bie ^ßrofefforen ber ©rammatif $atecpefe in ben eingetnen
klaffen, unb gtoar fo, bap in ber ©rammatif ber ÄatedjiSmuS opne Tiftieren einmal
im 3aPre/ in ber unterften klaffe bei ben Tertianern gmeimat im ^apu fertig mirb.
Stuperbem mar jeben ©onntag tateinifcpe Sßrebigt in ber Stuta beS ©pmnafiumS
üon 7 bi§ 8, ber bie ^pitofoppen unb bie beiben oberften ©pmnafiatftaffen bei»
gumopnen patten, ^nstnifepen pörten bie ©rantmatifer bie peitige Meffe unb gingen
bann in ipre Staffen, mo ipre Seprer ipnen ba§ Soangetium erflärten, in ber erften
1 *topie.
2>aS ©tjntnofiunt: Religion. — Satein.
503
unb gmetten in lateinifdfer, in ber britten (testen) Älaffe in öeutfcfier Sprache. Um
8Va mürbe baS geidjen gurn ©cfjlufj gegeben1.
Religionsunterricht mürbe bie ®ontroDerfe menig £>erüdfid)tigt. ®ie nieber»
rheinifdje fßrooingialfongregation Dom Qapre 1649 faf) fidf) beSf)al£> Deranlafft, bem
(General Dorguftellen : Unfere ©d)üler unb felbft bie 9Nagiftri geigen eine grofje Um
miffenfjeit in ben ^ontrooerSpunften, gur ©dfjanbe für bie (Gefeüfdjaft. tiefem Übel»
ftanbe fönnte man mof)l abfjelfen burd) bie Verausgabe eines ®ontroDerSf>üd)leinS
äpnlid; bem $atecf)iSmuS beS (SanifiuS. SDaSfelbe füllte Dott ben Se^rern auSmenbig
gelernt unb ben ©d)ülern üorgetragen merben, befonberS in biefer fßroDing megen
ber ringsum fjerrfd)enben ^ärefie 2.
SDaS Zentrum, ©tern unb $ern beS ganzen (GhmnafialunterridjteS blieb auch
in unferer 3eit an allen fatholifdjen unb proteftantifcfjen ©cf)ulen baS Sateiniftfje.
2Sie aber in biefer $eit bie ©uc^t nad) feuern, ?lu^ergemöf)nlicpem unb pomphaftem
überall ficf) geltenb madfte, fo aud) in ber pflege beS Sateinifdfen. SDie flare ©cf)ön»
Veit ßiceroS unb beS golbeneit geitalterS fcf)ien gu einfad) unb gu menig; man griff
gu Neulateinern unb ben ©djriftftedern beS filbernen Zeitalters, um bem $uge ber
3eit gu genügen. (Sin überlabener, prunlooller ©til, nad) bem Neulateiner SipfiuS
SipfianiSmuS genannt, bropte (Sicero gu Derbrängen 3.
darüber gelangten im Einfang unferer Periobe Don Dielen ©eiten Klagen nad)
Rom. Slnt 27. Dltober 1612 fcfjrieb Slquaüiüa an ben oberbeutfcpen ^ßroüingial
Vartel: SDie ÜNitteilung @m. Vochmürben, baff ber Reftor Don üNündjen einem Don
ben Unfrigen auSbrüdlid) bie Seftiire Don Sicero Derboten unb ben befannteit Dev
borbenen ©til anenipfoljlen pat, mar mir fepr mißfällig. SBenn ft<V bie ©acpe mirf»
lid) fo Derpält, füllen @rc. Vochmürben ihn ernftlicp an feine Pflicht erinnern unb if)m,
roemt nötig, eine ©uffe auferlegen. Unfere Sefjrer unb ©dfolaftifer mollen @m. Vocp«
mürben aud) in öffentlicher 2Infprad)e gur Seftüre unb Nachahmung beS (Sicero am
fpornen4. 21uf eine Rechtfertigung beS ReftorS, beS P. $;afob Heller, antmortete
SlquaDiDa am 22. SDegember 1612, iitbem er feinen ®anf auSbriidte für bie Nachricht,
baff fid) bie ©acfje nicht fo fdjlimm üerhalte unb (Sicero burdhauS nicht Deradjtet merbe.
Zugleich ermunterte SlquaoiDa ben Reftor, er möge, mie er eS nach feinen ©riefen
fdjon früher getan, ben ©til GiceroS bei gegebener (Gelegenheit bringenb empfehlen 5.
$n einem ©riefe Dom 16. Nooember 1613 an Var*e^ 111 ^em fid) SlquaDiDa
fehr anerlennenb über bie ©erbienfte beS P. Pontan auSfpricht, bemerlt er: (Gang
befonberS liegt P. pontan bie Reinheit beS ©tileS am VerSen/ öen fehr Diele ber
Unfrigen je&t nicht ohne unfere ©etrübniS Derfcfflechtern. deshalb tragen mir
Gm. Vochmürben auf, ernftlich bariiber gu machen, baff bie Unfrigen in ber ©ereb»
famfeit ihren ©til nad) CEicero, in ber Poefie nach ©irgü bilben6.
1 * Äöln, ©tabtarcpib, Uttiöerf. 606.
2 * Original Acta Congr. Prov. 1649, 468.
3 „2>er gefchraubte unb unnatürliche ©til,
ben fid) SipfiuS (f 1606) in 9?ad)ahmung beS
2acituS uitb ©eneca in feinen fpäteren fahren
angemöhnt hatte, tritt befonberS in ben ©riefen
gu 2age. ®iefe mit mipelnbeit iMntitljefen,
froftigen SBortfpielen, oralellfaft bunfeln ©äpeu,
unerhörten EEipfett, fprachmibrigeu neuen 9J8ort=
bilbungeu überlabene Schreibart mürbe üon
SJadjahmern, Sipfianer genannt, noch überboten"
Opatm in b. 21. 2). 93. XVIII 744).
4 * 0rig.*9ieg. Ad Germ. sup.
5 * Ebb. — ©o gaus unfcpulbig fcheint P. ^eEer
nicht gemefen ju fein; benn ber ©iograph beS
P. ©albe fcpreibt: „^nbeffen hat ÄeEer beit
$ichterit beS filbernen unb ehernen Zeitalters,
befonberS bem ©tatiuS, einen ju großen Ein=
fluü auf feinen Böglmg (©albe) geftattet, fo
bafj fein EefdhmacI, maS freilief) in ber gangen
geitbilbung lag, tion bem Einfach=©chönen ab=
irrte unb gu bem Itberlabenen ber naebaugm
[teifdhen ©oefie mertlich htaneigte" (9Befter=
m a p e r , ©albe 30 f).
6 * Orig.=9Jeg. Ad Germ. sup. — 2luf eine
©lahunng beS P. 2lbam 2anner oom 5. 9ioü.
1614 ermiberte 2lguaoiOa am 23. SDegentber:
2)ie Entfernung beS neuen ©tileS unb bie
2BieberherfteEung EiceroS liegt unS mie in beit
anbern ©rooiitgeit, fo and) ia SDeutfcplanb am
504
2(d)te3 Äapitet. ©hmuafieu unb llnibcrfitätcn.
Qtt einem Schreiben bom 20. Segember 1614 fafjt Aquabiba furg beit ©taub«
punft beS OrbenS gufammen: Sie auS anbern Sßrobingen, fo pre i cf) auch auS
biefer (ber rfjeiitifd)en) Sßrobing, baf) biete ber Unfrigen gu fef)r gu einem neuen
tateinifcfjen ©tit neigen, ©icero atS beften Autor berlaffen unb aus einigen un»
bebeutenben Autoren beS AttertumS Sorte unb ißhrafen übernehmen ober ben nicht
tobenSmerten ©tit einiger teuerer nachahmen. SaS berftöfst burdtjauS gegen bie
Anficf)t ber ©efetlfctjaft unb ift nidt)t gu butben. ©icero fott unfer ÜJJtufter bleiben.
Senn Sefjrer in biefem fünfte nicht gehorchen, füllen fie auS ber höheren Klaffe
in eine niebrigere berfe^t merben* l.
Aud) bie ißrobingiatfongregationen manbten ber Angelegenheit ihre Auf»
mertfamfeit gu. $n ben Alten ber oberbeutfc^en Kongregation bont $af)re 1614
heifet eS: Am 30. Oftober 1614 mürbe ein ©utadjten ber bagu beputierten patres
bertefen über bie Ausrottung eines gemiffen fehlerhaften ©titeS, ben man ben
£ipfianifd)en nennt, unb bie Kongregation befdjtojg, baS (Gutachten bem ©enerat gur
(Srgängung unb 23eftütigung eingufdjiden 2. Auf bie grage beS fßrobingiatS, morin
benn biefer e£otifd)e unb fehlerhafte ©tit beftetfe, fam bon fftom bie Antmort: SaS
taffe fich in einer furgen Antmort nicht befinieren unb hänge bom gefunben Urteil
unb reinen ©efcfjmad ab. Qe näher man fich an Cicero hatte, um fo mehr fei man
bor bem neumobifchen ©tit fidtjer. (Sicero fei nad) ben Konftitutionen alten gu
empfehlen 3. $ur fetben $eit behanbette bie rheinif^e ^Srobingiatfongregation bie grage.
Qhre @ntfcf)eibung mürbe in fRom gebilligt : Sie Obern unb Sireftoren ber ©dfulen
fotten mit altem ©ifer bafür forgen, bah ber fog- SipfianiSmuS auSgerottet mirb.
Kompofitionen in biefem ©tit bürfen nicht beftamiert ober auSgefteltt merben. Sie
gu biefem ©tit hinneigen, fott man bätertich ermahnen, bie 23ücf)er aber, auS benen
fie bie fcf)timme Angemöhnung fcf)öpfen, ihnen entziehen4.
SaS ©riec^ifcfje hatte nad) mie bor manche Anfeinbungen gu beftehen unb ftieh
attenthatben aucf) auf ben proteftantifchen ©dfiuten auf groffe ©djmierigfeiten. SaS
17. ^ahrhunbert geigt überall fRücfgang ber griecfjifchen ©prache5. Qn ber ober»
beutfdfen fßrobing forberten einige für bie ftubierenben älteren 9Röncf)e unb Abetigen
SiSpenS bom @riecf)ifchen unb bon ben SSerfen. Sie oberbeutfche Kommiffion bom
Qahre 1602 meinte aber, eine fotcfje SiSpenS fei nur auS fchmermiegenbeni ©runbe
gu erteilen. Senn menn mir eS barin teidjt nehmen, mögen eS nun SRöndje ober
Abetige fein, fo ift eS um baS ©riechifdje in unfern ©d)uten gefchehen. ©ottte einer
bötlig unfähig unb untauglich bafür fein, fo entfdjutbigt ihn bie Unmöglichfeit; benn
menn ©ott nidjtS Unmögliches bertangt, fönnen auch Kär üon fotctjen ©d)ütern fein
©riedfjifd) bertangen6. SaS Münchener Siarium berichtet gunt ^affre 1602, bah bie
Sehrer beS ©pmnafiumS unter fich an allen gefttagen Konferengen über baS @ried)ifche
abhietten. S'Jacf) ben ©rtäuterungen gur ©tubienorbnung bom ^alfre 1603 für bie
oberbeutfche fßrobing mürbe bem ©riechifcf)en in ber erften Klaffe täglich etroaS mehr
atS eine halbe ©tunbe unb in ber Humanität täglich brei Siertetftunben angefept; jebe
Soche fottte ein griedjifcheS ©friptum geliefert merben, bon benen jeben Sag einige
Öffentlich 4n ber ©cf)ute forrigiert mürben7.
fersen, fo bafj mir fjoffen, mit üereinten Kräften
guten ©rfotg ju eväieleu (ebb.).
1 *®opie im Arch. Rhen.
2 * Original Acta Congr. Prov. XVI 165.
3 * Acta Congr. Prov. Germ. sup. 1593 — 1615.
4 *Memorialia Congr. Prov. Rhen. 1614/1615.
5 55aulfen, ©efd). bc§ gelehrten Unterrichte
I2 475 f. SSgl. D. Soemmel, ©efd). be£ Seip»
jiger ©d)ulmefen§ 130 f. $n3 ©ried)ifche wor
an ben proteftantifchen ©d)uten bielfad) ber»
achtet; gried)ifd)e Slutoren fommen nur ber»
einjelt unb teilmeife nur ale fßriöatteftüre bor.
Z ho tut, 9lfabemifd)e3 Sehen bee 17. $af)r»
himbert§ 172; bg[. 196.
6 Ratio stud. II 491.
1 ©hb. II 506.
$03 ©pmnaftunt: ©riedjifd).
505
3i6er immer mieöer gab eg ©djmierigfeiten, teils tmn feiten ber ©Ritter, teils
üon feiten ber Seprer. Siad) bem äftüncpener ®iarium madjte ein ©djüter ber
Humanität am 4. SJtärs 1606 ffteöotte gegen feinen Sefjrer, befonberg megen beg
©riedjifdjen, bag er nic^t lernen mottte, unb üertiefj bie ©djute1. ^m Oftober 1(305
rcirb bemerft: $n biefem ^apre mar eg gang befonberg auffalXenb, raie fepr bie üftadp»
fiept ber Seprer in ben unteren ©djuten für bag ©riedpfcpe bem ©pmnafium gefdpabet
pat. Stm 30. SJooember 1G05 erging in ber Seprerfonferen^ bie SJtapnung, bag
@riedE)ifd^e mepr ju betonen2.
SSäprenb ein eigener Seprer für bag ©riecptfdje in ben Katalogen ber ober»
beutfdjen fßroötns nicpt ermähnt mirb, mar in ber rpeinifdpen ^roöinj an allen
größeren Kollegien ein fotdjer oorpanbeit für bie beiben oberften @t)mnafialftaffen3.
®ie brei pöperen klaffen mußten bei ben jäprlicpen Prüfungen fomopl für bag Stuf»
fteigen atg aud) für bie ©rtangung oon Prämien fd;riftlicf)e griecpifcpe Strbeiten
macpen, unb jmar für bie Prämien in ber Üipetorif je eine profaifdpe unb poetifd)e
SIrbeit, in ber Humanität unb ©pntaj; nur in fßrofa; bie münbtidfe Prüfung für
bie Prämien im ©riecpifdjen fanb in allen klaffen ftatt4. Stucp mürben gumeiten
öffentliche Übungen (ÜDeftamationen) eigeng für bag ©riecpifdje üeranftattet5.
®a in $ötn bie übrigen ©pmnafien mie fo mancpeg anbere ben ^efniten audp
nicht oerftatteten, ihre 2>ergeicpniffe ber S3ortefungen unb Slutoren bruden ju taffen,
mufften biefelben gefdjrieben merben. ©in fotdjeg gefdjriebeneg SSergeicpnig in ©rofj»
fotio liegt oor aug bem $apre 1641/1(342. ©etefen mürbe SKetapppfif, ©tpif,
Sßppfif, in ber SJtatpematif : Slritpmetif, ©uftib, prattifcpe ©eometrie; in ber ©eo»
graphie mürben bepanbett bie ©onnenupren, fßtaneten, Optif 6. Sin S3ücpern merben
genannt bie Sphaera beg $op. be ©. 23offo, bie Sogif öon be 5£rieu, in ber SRpetorif
©icero, §orag, ©eneca, SDemoftpenel, ©prpfoftomug, £mmer, Siüiug. ©g gab fünf
©pmnafiatftaffen ; in ber unterften, bie aber fdjon bie Slnfangggrünbe beg Satein
noraugfepte, mürben biefe fRubimente mieberpott unb ein ^ompenbium ber ©pntap
gegeben; an Stutoren merben pier getefen auggemäptte Briefe oon ©icero, fßontan
auggemäptte fßrogpmnagmata, ©anifiug’ tateinifdper ^atecpigmug; für bie Slnfänge
beg ©riedjifcpen bie fRubimente oon ©retfer7.
1 * Diarium Gymn. Monacli. ad 1606. Clm
1550.
* *©bb. ad 1602 u. 1605.
3 *Cat. Person. Rhen. Cat. triennal. 1622.
4 *Diarium Gymn. S. J. Erabric. 1617 1648.
3um 10. Oft. 1625 notiert P. Staber in bem
SDiündjener Siarium: Toto anno numquam fuit
declamatum graece vitio professoris.
5 * Diarium Gymn. Monac. 10. ©ept. 1624.
6 $er (Dlathematifprofeffor la! 1. SJtai bi!
10. Dftober in ber Sogif 2lritf)metif, bie ©le»
mente be! ©uftib, ©eometrie unb SJtefefunft,
in ber ißhüfif &i3 pm 1. Suni 9lftronomie,
©eograbfnc Optif.
7 * Elenchus librorum quos Coloniae Agripp.
in Gymnasio 8 Coron. Professores e Soc. Iesu
1641/1642 suis auditoribus sunt praelecturi.
Köln, ©tabtard)io, Unioerfität 655. Äafen be»
mcrft in ber Stote : Priusquam liceret irnpri-
mere Catalogum scribebatur quotannis novus
huic similis. 2Ba! unb miebiet getefen tourbe,
erfahren mir au! Slutorentabeßen, bie Safen
für bie ^alfre 1643 — 1648 auffteHte. fgür ba!
^apr 1643: ber Inf im a oon ben Selecta
progymnasmata be» Montan 27 au! bem erften
93anb, 26 au! bem jmeiten 23anb; in ber mitt»
leren ©rammatif Trist, lib. 1, Eclog. 1—3;
in ber ©t)nta£ Georg. 4 , Eclog. 1 , Trist. 4,
STibutl bie brei erften Eclog.; in ber ißoetif
Aeneis lib. 7, Georg, lib. 1, Martial. lib. 1 unb 2 ;
in ber fRlfetorif §oraä 16 Oben unb Epod.
lib. 1 unb 2. SSon ^iftorifern füllen in ber
fßoetif getefen merben : Horatii Tursellini Epi¬
tome Historiarum, Aemilius Probus, Themi-
stocles, Aristides, Pausanias, in anbern Sauren
Caesar de bello gallico ober civili; in ber
Stlfetorif Livius Decas 1 bie fünf erften 93üd)er.
$ie griedjifdjen Stutoren maren fo oerteilt:
Intima ©retfer! gried). Stubimente; mittlere
©rammatif gried). Äated)i!tnu!; ©t)ntaf Iso¬
crates Ep. 2a unb etrna! au! Slefop; ißoetif
Isocrates Ad Demoniac., Greg. Naz. de vir-
ginitate p. la; sJtl)etorif Demosthenes Philip. 1,
Ilias 9, Chrysost. de sacerdot. lib. 1, Selecta
Epigr. lib. 1. ©in eigener fßrofeffor für ba3
©ried)ifd)e lehrte in ber Humanität (fßoetif) bie
erfte ©tunbe nachmittags unb in ber fJilfetorif
bie lepte ©tunbe nachmittag!.
506
Sldjteg Kapitel. ©pmnafieit unb Uniüerfitäten.
9Jacf) ben Katalogen ber öfterretdjifcfjen Kollegien waren in SBien für alle
6 IHaffen nur 6 Sefjrer; ein fßrofeffor für bag ©ried)ifcf)e tnirb nur ^ter unb ba
erwähnt. ®raS 9af> e§ einen ^ßrofeffor, ber (pebraifd) unb ©riedjifch bojierte
(1611—1613). $m 3a^re 1621 war bort ein fßrofeffor, ber ju (paufe (für
bie Sdjolaftifer) unb in ben Schulen ©riedjifd) lehrte. ®iefer felbe ißrofeffor
föofj- SDrefdfjer) befinbet fid) 1623 — 1624 in 2Bien, bagegen ^atte ©raj aber einft»
weiten feinen griecfjifc^en ^Srofeffor , big ein fo!cf>er fpäfer in einzelnen fahren
(1627, 1628, 1637) wieber erwähnt wirb. $)er $8ifitator gtor- be ÜUlontmorencp
brängte in feinem ÜDfemoriale non 1632 fef)r barauf, bah bag ©riedjifdje fcfjon in ber
unterfien Slaffe angefangen unb in ben oberen klaffen feiner baüon bigpenfiert werbe 1.
©egen ©nbe beg ©reibigjäfjrigen Sriegeg, ber befonberg in feiner festen ^eriobe
£fterreid) bart mitnahm, gelangten lebhafte Slagen über bag ®anieberliegen ber
gried)ifchen unb fjebräifcben Spradje nach 9iom: eg gebe in ber ganzen ^rooing faum
einen berüorragenben ©elef)rten in biefen Sprachen2.
2Bie an allen bamafigen ©pmnafien muhte unter ber 51t einfeitigen pflege ber
alten Sprachen bie üUfutterfpracbe jurüdtreten. ©leid) bern 16. £$abrf)unbert ift
aud) bag 17. ^ahrljunbert für bie beutfcfje Spradje fein auffteigenbeg Zeitalter 3U
nennen3. $n bem Briefe üom 2. ^ebruar 1616, in Welchem P. ©eorg Stengel feinem
Araber Sari bie Slbfaffung einer beutfdjen ©rabinfdjrift für if>re Oerftorbene SDJutter
empfiehlt, bemerft er: „$n biefer (beutfcEjen) Spradje höbe ich iÜ3t feine Übung."4
Unb P. ©retfer fdjreibt am 11. Oftober 1609, bah er bie überfanbte Überfehung
fef)r gut finbe, „obgleidj ich in ber beutfchen Sprache nidjt befonberg bewanbert bin"5.
SSenn inlänbifdje ^atreg fo wenig im SDeutfcfien bewanbert waren, fo fomtte man
oon ben Sluglünbern noch weniger erwarten. 9JJandje fonnten nidjt SDeutfch fpredjen.
@0 fdjreibt P. $of). ®eder am 16. Januar 1606 oon ©raj an ben ©eneral:
P. SSiller unb P. SBrigljt fönnen fein SDeutfcf), loie audj ich nicht6- Sropbem haben
bie ^efuiten burdj ihre beutfdjen ißrebigten, Satedjefen unb bie oielen agjetifdjen
SBiidjer fidh ein ^erbienft um bie beutfdje ©nheitgfprache erworben, wie auch in einem
©utadjten oon 1622 eigeng heroorgepoben wirb7.
SDa bie Stubienorbnung feinen eigenen Unterricht im ©efang forbert, würben
wieberholt Slagen laut wegen fßernadjläffigung beg ©efattgeg an ben ^efuiten»
fcfjulen. ©elegentlidj einer foldjen Slage in ©mmeridj hebt bie ©efdjicfjte beg Sollegg
jum ^ahre 1602 fjerüor: Gsg ift befannt, bah bie Qefuiten bort, wo ihnen Sollegien
geftiftet würben, niemalg oerpflichtet würben jum Unterridjt im ©efang ober jum
23eibeljalten beg ©efangeg auch nicht in ben Slbcfdjuleit; oielmehr blieb eg ihnen
überlaffen, ihren Statuten §u folgen, ©elbft wenn fie ben ÜUforgem unb Slbenb=
gefang aufgehoben, ljot niemanb beghalb Streit angefangen. £ropbem hot eg audj
1 * SRemoriale 1632 in Sßien, ©et). ©taat§=
ardjio, ©eiftl. Sitten 423.
2 * fßiccolomini an ben f)3ro»ingial Sucelleni,
6. Slug. 1650. * Orig.’fReg. Ad Austr.
8 23gl. f|5 a u l f e n , ©efcfj. be§ gelehrten
Unterridjt§ I2 441 unb unten 19. Kapitel.
3>a3 jDeutfdje tuar an einzelnen proteftantifdjen
©djulen fogar mäljreub be§ @pieleit§ »erboten
al§ ben Knaben „ärgerlidj unb fdjäblidj"; bicl>
fad) mürbe aud) am fjau§lidjeu £>evb lateinifdj
gefprodjen. Stuf ®eutfd)reben ftanben @elb=
unb 9tutenftrafen. Sineit Unterridjt ini $eutfd)en
gab e§ aud) auf proteftantifdjen ©djulett nidjt.
2)a§ SettionäberjeidjuiS einer ber beriiljmteften
proteftantifdjen ©djulen, ©djulpforta, meift nodj
im 1801 feinen Unterridjt im Seutfdjen
auf. itjolut, 3)a§ afabemifdje Seben im
17. 3>abrf)u'tbert (1853) 174. 3)eutfdj fpredjen
unb fidj gegen bie guten ©itten Berfefjleu fielen
in ber ©ieüebener Sdjulorbuung oon 1619 unb
1679 unmittelbar nebeneinanber unb werben
bestraft ; audj in ©sieben tuar baä 2)eutfdje
mätjrenb be§ ©pielen§ oerboteu. 5riet>r-
© 1 1 e n b t , ©efctj. be§ ©pmnafiuml gu ©illebett
(1846) 168.
4 * Original Cltn 617, f. 1461.
5 Licet ego in Germanien non ita valeam
idiomate. ‘Original Clm 617, f. 42.
6 • Original Germ. Epp. XXXVII 160.
7 S3gl. ba§ 11. unb 19. Kapitel.
2>a§ ©qmnafiunt: Seutfd). — ©efang. — ©d)u[büd)er.
507
an anbern Orten, mo ßottegien ber ©efetlfd;aft fittb, ben ®ottegiatSfircf)en nic^t an
(Sängern gefehlt, tuet! man an ben Slbcfdjulen auberfjatb ber ^efuitenfdjuten für
gefangSfunbige 2ef)rer geforgt hat. ES mürbe fcfjfie^Iic^ bie Stnftettung eines £ef)rerS
öereinbart, ber an ber 8. klaffe ber „9?uHa" ju einer bem S^eftor unb ben ©d)ütern
bequemen ©tunbe im ©efang unterrichten folte1. ßurn 4. ÜDtai 1648 ^ei^t eS in
bem ©iarium öon Emmerich: ©en ÜDiufifunterridjt begann ein ©efunbaner unter
Seitung beS SD?agifter Eornetp.
Stucf) in $ilbeSf)eim üertangte man größere 53erüdfid)tigung beS ©efangeS. ^n
ben ^rotofotten beS ^ilbeSfjeimer ©omfapitetS lieft man gum 28. üftoöember 1614:
,,©ie Patres Societatis möchten ermahnt merben, bie ^ugenb etmaS beffer atS
biSfjero Jur DJiufif ju halten. SBürbe fünften per indirectum cultus divinus minuiert
merben." 2 ^n Sftainj ging man 1609 ben SSifüator Silber um bie Erlaubnis an, einen
9taum für eine ©efangfdjute unter einem auSmärtigen Selfrer ju gemähren. ©a
fid) Silber bafür auSfpracf), bemilligte bieS Slquaöiöa am 25. Oftober 1609 mit bem
53eifügen, man möge Ort, 3eit unb alles anbere fo einrichten, baff bie anbent ©tubien
feinen ©djaben litten 3. ©pater beftimmte bie rheinifcfje ^roöin^iatfongregation tmm
Satire 1625: ©a niete f tagen, bah unfere ©tubenten beS ©efangeS gän§lid^ unfunbig
ihre 53enefi,$ien antreten, fott ein ©efangtefjrer befonberS bie ^anbibaten beS s^riefter>
tumS im ©efang unterrichten4.
9JJonattid}e unb mödjenttidfe ©eftamationen mürben in ben einzelnen Staffen
fleißig gehalten, fie beftanben in eigentlichen ©eftamationen, ©iatogen, Söettfämpfen
unter ben ©chütern berfetben Stoffe ober einer klaffe mit einer aitbern5. $ür
©ittingen beftimmte ©heobor 53ufaeuS 1609: ©ie ©eftamationen, metdje öon ben
Ülhetorifern unb £>umaniften abmedjfefnb an ben ©amStagen gehalten merben, füllen
nicht abgetefen, fonbern auSmenbig öorgetragen merben, bamit baS @ebäd)tniS geübt
unb bie Slftion freier mirb. Ein intereffanter poetifcfjer Sßettfampf fanb in ©ittingen
Januar 1613 an ©teile ber ©eftamation in ber Humanität ftatt. Ein ©chüter hielt
§uerft üom $att)eber aus einen furjen Vortrag über bie alte ©itte ber poetifdjen
SBettfämpfe unb forberte bann brei anbere ©chüter jum SBettftreite auf. $u biefem
ßmede trug er ein beutfdjeS ©ebid)t über bie ©eburt Ehrifti öor, beffen einzelne
©trophen bie brei Kämpfer in tateinifcfjen SSerfen miebergeben muhten. Sßährenb
ber Sffejitation mürbe gefungen unb ber 9iame ber ©ieger an einem ber fotgenben
©age befannt gegeben6.
Stn ©chutbüdfern, befonberS an £>ilfsbüd)ern für ben Unterridjt fehlte eS auf
fatfjotifcher ©eite noch üielfad). ©ie oberbeutfdje ^roöinjiatfongregation öom Qahre
1614 ftettte beShatb öor: 9cid)t menige für bie humaniftifdjen ©tubien nötige 53iid)er,
mie Sejifa, Epitheta, ©pnonpma, haben §äretifer ju Sßerfaffern, maS für bie @e«
felIfdE)aft unb bie fatl;otifcfie ©acf)e menig ehrenoott, für bie Qugenb aber fdjäbtich
fein fann. ©eStjalb möge ber ©enerat Sorge tragen, bah folclje S3ücher öerfaht
mürben, 3. 53. ein griediifcheS Sejifon, eine ^hrafeotogie, eine ^attigraphie unb eine
Erroeiterung beS 9?omenftatorS beS P. ©retfer. ©er ©enerat billigte biefen 53or*
fchtag unb lieh an öerfdjiebene ^roninjen entfprec^enbe Stufträge ergehen 7.
SluSftettungen öon ©d)üterarbeiten maren an beit Qefuitenfchuten eine ftetjenbe
Einrichtung, ©ie hieben affixiones, Stnheftungen, unb bienten baju, nicht allein bie
1 *Hist. coli. Embric. 1602. 5ßg[. ben 33er=
trag üom 30. $ej. 1602, ben Stqnaüiüa am
1. SRärj 1603 bestätigte. Süffelborf, (Staate
ardpü ßmmerid), Jes. 1.
2 Steint). ®tüller, ^»ilbe^ljetmer $rogr.
1901, 34. 3 *Drig.’9teg. Ad Rhen.
4 * Codex Bamberg. 2.
5 3?gl. * Diarium Gymn. Embric. 1645, Stqril.
6 ©Ued)t a. a. 0. 258. Über bie
geftaltnng biefer $ef!amationen p tljeatralifdjen
SBorfteflungen Dgl. 10. Sabitet.
7 * Original Acta Congr. Prov. XVI 172 175.
508
2tdjte3 fapitel. ©tjnntaften unb Uniberfitäten.
Seiftungen ber klaffe gu geigen, fonbetn aucß gum Söetteifer angufponten. ©g mürben
eigene Regeln »erfaßt, um biefe Stugftellungen gu orbnen unb »or Slugfcßreituitgen
gu betoaßren. Qn Oberbeutfcßlanb mürben im Qafjre 1604 bie öffentlicßen Slug-
ftellungen auf eine im $aßre befcßränft unb müßige Spielereien mit ©mblemen unb
9iätfeln »erboten1, ^m $aßre 1639 befcßäftigte fid^ bie oberbeutfcße ^roöingtal-
fongregation lebhaft mit ber $rage, man bie Slugftellungen non ©ebicßten gur
geier be§ gronleicßnamgfefteg megen ber übermäßigen 2lu§gaben für Silberfcßmud
unb megen beg großen ßeitoerlufteg abfcßaffen fülle, ÜDtan befcßloß bie SlugfteHungen
beigubeßalten, bie SDtißbräucße entfcßieben gu befeitigen2. ©ine naßeliegenbe Slug*
fcßreitung beftanb barin, baß bie jungen Seute ißren ©eiftegprobuften aucß eine
fcßöne äußere ©eftalt burcß Sermenbung non ©olb unb ©übertinte, fcßönen ©in*
faffungen unb Silbergierben oerleißen mollten. hierüber mürben bann genaue
Sorfcßriften erlaffen3. Sefonberg fcßön unb gumeilen prunfooU geftalteten ficß bie
Slugftetlungen bei feftlidjen ©elegenßeiten. ©in Kölner ©obej ßat itng auf 150
fyoliofeiten bie Slugftellung aufbemaßrt, melcße bag Kölner ^efuitengpmnafiunt bei
ber ;Qaßrßunbertfeier ber ©efellfcßaft im .Qaßre 1640 oeranftaltete. Sin erfter ©teile
fteßt bie Slugftellung ber ÜDlatßematifer, b. ß. ber ©cßüler beg gmeiten Qaßreg ber
Pßilofopßie. SDer erfte Steil geigt unter ben Silbern ber üier ^aßreggeiten bie
entfteßenbe, arbeitenbe, frucßtbringenbe unb leibenbe ©efeQfcßaft ^efu, ber gmeite
gibt bie nörblicße ©rbßalbfugel unb bie gmötf SSlonate beg $aßreg, ber britte Steil
bietet Silber aug ber ^ogmograpßie mit fogmograpßifcßen Slufgaben unb bereu
Söfungen, Serecßnungen ber ©onnengeit, Ortglage, 3e^meffurt9 ufm. Sille klaffen
finb oertreten, gum ©cßluß fogar bie unterfte ©rammatif, melcße eine Übung über
bie acßt Siebeteile in ber Slnmenbung auf ^gnatiug unb bie ©efellfcßaft barbietet.
gür Slufuaßme unb Sluffteigeu ber ©cßüler mürbe mieberßolt ©trenge geforbert,
um bag ©ßmnafium nicßt mit llnfäßigen gu belafteu. $n einem SJtemoriale beg
oberrßeinifcßen proOingialg oom ^aßre 1630 mirb eingefcßärft: ©g foH beobacßtet
merbeu, mag fcßon oft oerorbnet mürbe: ©cßüler, bie megen Sllter ober Stalent
unfäßig finb, füllen nicßt aufgenommen merben, ober menn fie aufgenommen morben,
füllen fie nicßt üorgeitig gu einer ßößeren klaffe auffteigen4. ©egen bie Slufnaßme
oon ©tubenten oßne Stalent ßeißt eg in ber furfürftlicß baßrifcßen Sanbegorbnung
Oom 19. Sloüember 1627 : SSeil oiel ficß unterfteßen, in bie lateinifcße ©cßul gu geßen,
aber eg an Ingenio nit ßaben ober funft bie ,geit bamit oergeßren, aucß fo an
gaulßeit unb SJtüßiggang ficß gemößnen, baß fie gu eßrlicßen ©adßen nit mol meßr
tauglicß fein, alfo füllen bie Prägeptoreg unb ©cßulßalter, befonberg biejenigett, bie
bei ben ©cßulen bie ^nfpeftion ßaben, fleißig acßtgeben, ob ißre ©cßüler qualifigiert
unb fpäter Sluß bringen lönnen. Söo bag nit gu ßoffen, füllen folcße beigeiten
oon ben ©tubien genommen unb gu anbern eßrlicßen SDingen gemiefen merben5.
Stag Sluffteigen mürbe abßängig gemacßt Oon fcßriftlicßen unb münblicßen Prü¬
fungen. Qn ben fcßriftlicßen Prüfungen mürben je nacß ber klaffe 1 — 5 fdßriftlicße
Slrbeiten innerßalb 4 ©tunben »erlangt, gür bie münblicßen Prüfungen naßm man
ftetg 10 ©cßüler gufammen, bie bann in V/2 ©tunben examiniert mürben. Stie
Prüfungen bauerten 3 ©tunben Oormittagg unb 3 ©tunben nacßmittagg, fo baß man
jeben Stag 40 prüfen fonnte6. ßum 18. Oltober 1624 bemerlt ber SJtüncßener
Präfeft Staber : Söie aucß in ben früßeren ^aßren mürbe feinem Sarmßergigfeit guteil,
ber nicßt oon ben ©xaminatoren gugelaffen unb öffentlicß »erlefen morben; mocßten bie
1 Ratio stud. II 511. 4 *Memorialia coli. Mogunt. 1628 — 1680.
2 * Congreg. Prov. Germ. sup. 1639. 5 Clm 26469, f. 283.
8 3SgI. SSianco I 334 ff. c * Diarium Monac., 10. ©ept. 1624.
<3d)ülerarkiten. — Stufnaljme, Stuffteigen unb (grttlaffung.
509
ungeftümen Söittftetler fein, wer fie Wollten, unb obgleich oiele, welche filmen geblieben,
anberSwoljin gezogen waren. Ron beit ftarf 1000 Sdjülern ftiegen im Oltober 1625
in höhere klaffen auf 500. $wei auS ber oberen ©rammatif würben gurüdüerfefd
in bie Rubimente; als fie burdf) leine Ritten unb Xränen beit Reltor erweichen
tonnten, üerlieffen fie bie Schule. Slud) fpäter, 1626 unb 1631, lauten Rüd*
üerfefjungen üor1.
©egen gu groffe Radffidjt beim Sluffteigen in eine höhere klaffe richtete fiel)
baS Rlemoriale ber oberrijeinifdjen Rroüingiallongregation üorn ^a^re 1628, bas
auf ftrenge ©infjaltung ber ©rforberniffe für bie einzelnen klaffen brang, bamit nicf;t
Unfähige unb wegen Sllter unb Söiffen nod; nid)t ^auglicfje in bie höheren klaffen
gelangten. SBenn man barauf nid^t brängt, oerlieren bie Spulen allmäfjticf) ifjren
Ruf unb füllen bie SBelt mit ungelehrten SOZenfcfjen, bie Weber in SBiffenfcfjaft noch
Fröntmigfeit ein tüchtiges gunbainent gelegt hoben. SDie ©Itern werben baburcf) oft
üeranlafjt, ihre noch nicht reifen Söhne mit großen Soften an anbere Orte ju fdjideit;
bie ©efellfdjaft felbft wirb mit ungelehrten Sehrern befchwert, bie, weil fie bor bent
©intritt itt bie ©efeUfdjaft nichts OrbentlidjeS gelernt, nachher an einer foliben SluS«
bilbuitg bezweifeln unb ihren Schulämtern nicht genügen lernten 2.
F« ben unteren klaffen würbe burch Prüfungen auch btährenb beS QahreS baS
Sluffteigen gu einer höheren klaffe ermöglicht3. ©S lant auch bor, baff Unfähige
entlaffen würben, fo g. R. ®egember 1624 unb 1625 mehrere auS ber oberen 2tb>
teilung ber Rubimente in München; man bebeutete ben ©Itern, fie füllten bie ®inber
ein §anbwerl lernen laffen. P. Raber brang im Qahre 1625 in SOZünc^en auf
ftrenge Prüfungen berjenigen, bie auS ber SßorbereitungSllaffe in bie Rubimente
aufgenommen würben; benn, fagt er, früher ha* man Knaben ohne hinreichenbeS
Funbament burdjgelaffen, weshalb bann manche 2—5 Qahre in bem Rubiment
fiigen geblieben4.
Söegen ber üerfdjiebenen Slnforberungen für baS Sluffteigen in eine höhere klaffe
lant eS gwifdjen ben üerfchiebenen ©tjntnafien gu mandheit Reibereien, Fm Roüember
1616 hielten bie Qefuiten in ®öln befonberS für baS Sluffteigen in bie Humanität
unb Rhetoril ein fcfjärfereS ©yamen, fo bafj mehrere burchfielen. ©mpört bariiber
gingen bie SDurdjgefallenen in baS Saurentianer unb Spontaner ©ürnnafium unb
würben bort bereitwillig in bie höhere klaffe aufgenommen. Söeil bieS gegen bie
Slbmachungen war, proteftierten bie ^efuiten, aber alle Rorftellungen erwiefen fidf)
als fruchtlos, Fm Faf)re 1617 traten bann üier Stubenten beS Saurentianum über
in baS Fefuitenghmnafium. Sie würben üon ihren früheren Rrofefforen rellamiert.
2)ie Qefuiten waren bereit, fie gurüdgufdfiden, wenn bie Saurentianer bie fedjS
Flüchtlinge üon ber Fefuitenfcffule §urüdfd^idteit. ®aS wollten bie Saurentianer
nicht, unb fo blieben bie Überläufer bei ben Fefuiten. Sludj Weiterhin fetzte eS in biefem
Fahre Streitigleiten ab wegen ber Slrt ber ©^amina, bie in ben aitbent ©tjmnafien
fehr fdfonenb, bei ben ^efuiten ftrenger gehanbhabt würben, unb wegen beS infolge«
beffen häufiger üorlotumenben Überlaufens5.
2öie für baS Sluffteigen in ben einzelnen Fächern fdjriftlidje Slrbeiten angefertigt
werben mußten, fo war bieS aud) erforberlid) für bie ©rlangung ber Prämien, bie
1 * ©6b., 18. 0ft. 1625.
2 *Memoriale 1628, Arch. Prov. XIII L, 18.
8 <5o Ijeifjt e§ im * Diarium Gymn. Monac.
1630, Ian. 2 : Scriptum in Rudimentis 3 et 2
Grammat. pro ascensu, in reliquis etiam pro
imperio. Ian. 7 : Ex 2da Grammatica maiore
promoti 6, minore 4. Ex 3a Gramm, maiore 4,
minore 2, ex rudimen. maioribus 12, minori-
bus 13, ex principiis D. Fabri 31, qui divisi
in utraque Rudimenta.
4 * Diarium Gymn. Monac. 1624 — 1626.
1631.
5 * Liber Consuetudinum Scholae Colon. S. J.
Äölit, (Stabtardjib, lluiberfitöt 605.
510
21d)teS Kapitel, ©bmnafien unb Uniüerfitäten.
für SluSzeidjnung in ben öerfd^iebenen gackern feierlicf) »erteilt würben. 2Wmählid)
bürgerte fiel) bie (Bitte ein, bem Preisträger einen fleinen ©prud) mit^ngeben. 21n
einzelnen Orten würben biefe ©prüd)e bei ber Überreichung ber Prämien gefungen,
fo g. 23. 1646 in ®öln 1.
2Iuf wieberholten ©d)ul»erfäumniffen ftanb bie Entlaffung, wie bieS bie 39. Stege!
beS ©pmnaftalpräfeften »erlangte. ÜDiancfjmat waren aber bie Wiener ber Herren
ober ®apitulare ebenfo wie bie 90tönd)e zu ^aufe »erfjinbert unb mußten ohne ihre
©d)ulb bie ©d^ule oerfäumen. 9Ran war in Storn einoerftanben, bah nuf folc^e
ohne ihre @d)ulb S3erl)inberte bie Sieget feine Slnwenbung finben follte2. SBenn
ein ©runb »orliegt, fo beftimmte baS SDireftorium für baS ©pmnafium ju Qngolftabt,
fann SDiSpenS »on bem 23efud)e ber ©djule gegeben werben, aber unter ber 23e«
bingung, bah alle $ompofitionen nachgeliefert werben müffen; baS »erminbert fehr
bie ©chul»erfäumniffe3. ©egen SluSbleiben ohne Entfdiulbigung war man unerbittlich-
2lnt 2. Qebruar 1608 »erwanbte fid) Slquaöiüa bei bem ÜDtündjener Steftor Heller
für bie 2Bieberaufnaf)me eines ©chülerS, ber angeblich wegen &ranlf)eit einige Xage
ohne Erlaubnis »on ber ©djule ferngeblieben unb beShalb auSgefdjloffen worben war.
®er Oheim beS ©cfjüferS, ber SOecfjant »on Qeltre, unb angefeljene Qreunbe hatten
ben ©eneral um biefe Qürfpradje gebeten4. Qm allgemeinen hielt man baran feft,
einmal Entlaffene nicht wieber aufzunel)men. Qm SJtünchener Diarium heiht eS jum
Qahre 1606: Sange würbe »erfjanbelt, unb üiele angefehene SRänner legten Qiirbitte ein,
bah n>egen gewichtiger ©rünbe entlaffene ©chiiler wieber aufgenommen würben, aber
eS blieb bei ber SluSfdjliehung. Qm Qahre 1607 wirb her»orgehoben : SDie aus ber
©djule auSgefchloffenen ©chiiler haben wir niemals wieber aufgenommen5.
2)ie ganze ©iSjipIin unb befonberS bie ©trafen bewegten fid) im Nahmen ber
Qeit6. ®ie gewöljnlidjen ©trafen für fcfjwerere Qehler waren Stute unb karger,
©elbft 9^heto^ifer müffen fid) ber Stutenftrafe unterziehen; fo würben am 31. SJtai
1650 in Emmerich 2 Stljetortfer, 2 Poeten unb 4 ©pntajüften wegen ^artenfpielenS
mit Stuten gezüdjtigt 7. 2BaS unb wie geftraft würbe, läht fich entnehmen auS einer
Stotiz beS SRünchener ®iariumS (Qebruar 1604): StädRlidjeS Umherfchwärmen, fragen
»on Qebern auf ben (piiten, ^artenfpiel ju §aufe, Sautenfpiel auf ber ©trajje unb
Söaffentragen würbe geftraft burd) Ermahnungen, Stute, ^'arjer, Entziehung ber
Päbagogien, bitrcf) 23riefe an bie Eltern um Slbberufung ihrer ©öljne. Qn bem«
felben Qahre 1604 würbe in SJtünchen beraten, ob auch bie Stljetorifer mit ber Stute
geftraft Werben foüten: bie Entfdjeibung lautete ja, aber nur für gröbere Vergehen8.
1 £>ier mürben greife gegeben für lateiuifcbe
unb griedjifdje Profa unb Poefie, Katechismus
uflD. Sie Carmina praemiferis decantata,
5. Poö. 1646, finb in bem Cod. 660 (Köln,
©tabtarcf)iü, Uniberfitüt), f. 297 erbalten. Sem
Preisträger in ber Pbetorit für lateinifdje Profa:
Si manet aetatis gravioris imago iuventus,
Orator quondam tu, puto, magnus eris.
Sem Preisträger ber Intima für Profa:
Ut bellus ille belle
Auro nitet libellus,
Pro scriptione bella
Bellum feras libellum.
Sem Preisträger ber Intima für bie Katecbefe:
Felix qui pius est, felix qui doctus, at ille
Ter felix, doctus qui simul estque pius.
2 Ratio stud. II 500 f.
3 * Directorium generale pro Gymn. Ingoist.
Clm 26 469, f. 240 ff.
4 *Drig.«Peg. Ad Germ. sup.
5 * Diarium Gymn. Monac. Clm 1550.
6 Sie Pute berrfdjte im 17. ^abrbunbert faft
allenthalben. 5T f) o I n f , 2l!abcmifcbeS Seben
187 f. 3n ©trieben erhalten Primaner noch
1680 bie Putenftrafe auf ben entblößten Körper
bor ber ganzen Klaffe, gr. Ellen bt, ©efd).
beS ©pmuafiumS in ©iSIeben 171.
7 * Diarium Gymn. Embric. !yn ber EiS*
lebener ©djulorbnung üoit 1619 (1679) beißt
eS : Lusus alearum, tesserarum, cliartarum ne
nominetur quidem inter scholasticos (Ellenbt
a. a. €>. 169).
8 * Diarium Gymn. Monac. 1604. Über
Putenftrafen in ber artiftifdjen gafultät in
2)a§ ®t)mnafium: Prämien unb ©trafen.
511
2Bo ber karger nodj nidjt beftanb, gmang bie Slotmenbigleit gur (Einführung. ©o
mürbe 1622 in Sugern mit 3uftimmung beS States gur Seftrafung für ältere ©cf)üler
ein karger eingerichtet* 1, in Slmberg 1638 um baS ius carceris gebeten2.
3n Setreff be§ föorreltorS, eines SluSmärtigen, ber bei Seftrafungen bie ßüc^tigung
ber ©djiiler auSfül)rte, bemerlen bie Sorfdjläge ber oberbeutfchen )ßroöing im ^a^re
1602 : ®iefe Siegel mirb fdjon fange nidjt mehr in 2)eutfcf)lanb beobachtet unb beS»
halb mitrbe früher bispenfiert3. SDer ^orreltor mar aud) in Ofterreich nicht ge-
bräud)lidj. Stuf eine Sorftedung ber öfterreidjifdjen )|3roOingialfongregation antmortete
Slquaoioa am 12. Slooember 1603, bafj in Setreff beS ^orreltorS bispenfiert merbe
mie im übrigen Storben, meit bie ©djüler fich Oon bem ßorreltor ni(f)t gültigen
liefjen4. 2>a fpäter ber StegenS non Saibad) fich befdjmerte, er fönne bie ©djüler
nidjt mit eigener §anb gültigen, ftetlte SitedeSd)i am 18. Januar 1642 bem ^5ro»
oingial Stumer anheim, er möge gufefjen, ob eS beffer fei, bieS burd) einen SluS»
märtigen tun gu taffen, obgleich bie 3üd)tigung burd) ben Siegenten in ber ißroöing
üblich fei5.
Sind) gegen ben öffentlichen 3enior/ ^en km 37. Siegel beS ©pmnafialpräfelten
je n ad) SanbeSfitte münfdjte, madjte man in £)eutfcf)lanb ©chmierigleiten. $n ber
oberbeutfchen ^roöing erllärten fid) (1602) oiele gegen ben öffentlichen ßenfor, ber
bie Stufficht gu führen unb an ben fßräfeften gu berichten hQ&e. ^ebenfalls mürben
bie ©röteren baS nicht gulaffen. SJlit Siecht mürbe oon Slont geantmortet, baS
Öffentliche bei ber gangen @ad)e nehme alle ©efjäffigleit; in Slom übernehmen bie
angefefjenften ©d)üler gern biefeS SImt3.
3ur Slufredjterhaltung ber SDiSgiplin maren in ®öln in ben brei philofophifdjen
dürfen nur ©elbftrafen : für 3ufpätlommen 8 £>eder ober ein gettmännchen, für
SluSbleiben oon ber erften Sorlefung 2 SBeifjpfennige (ä 12 §eder), oon SReffe unb
Sßrebigt 4 SBeifjpfennige, oon einem gangen Xag 8 Sßeifjpfennige. (Ebenfo mürben
höher ober niebriger beftraft bie größeren unb Heineren Sergehen gegen bie 25iSgipIin.
Slnftatt ber ©elbftrafen müffen bie Slrmen bie @d)ule lehren. ®aS (Selb mirb oom
ßeljrer nicht angerührt, fonbern oon einem guoerläffigen ©chüler oermafjrt unb nach
Slnmeifung beS fßräfeften unb SßrofefforS für bie oerfdjiebenen ^mede ber armen
©chüler, für ben ®uftoS unb bie Prämien üermanbt. ®ie Nota für baS ®eutfdp
fprecpen (Nota linguae vernaculae) mirb täglich in aden klaffen oon Sthetoril bis
gur gmeiten ©rammatil gugleich mit bem SluSbleiben examiniert.
$n jeber klaffe mar ein ÄuftoS, ber oon bem ©tubienpräfeft im (Einoernel)men
mit ben Sehrern aus ben ärmeren ©djülern auSgemählt mürbe, (Ebenfo mürbe aus
ben ärmeren ©cpülern ein Kurator ober Pförtner für baS gange ©pmnafium auf»
geftedt. ®ie Stufgabe ber föuftoben mar, bie bergen, bie auS bem oon ben Schülern
gefammelten @elb getauft mürben, gur rechten 3eü angugünben unb auSgulöfdjen,
bie ©cpulen rein gu palten, in ber iphilofophie gmei bis breimal möchentlid), in ben
anbern klaffen täglich gu lehren, für Süftung gu forgen, bei ber 3nrüftung oon
Theatern gu helfen ufm. Stufgabe beS Pförtners mar, gum Slnfang unb ©d)lufj ber
©chule gu läuten, bie gemeinfamen Sicpter Oor bem (Eingang angugünben, gu fehen,
ob bie föuftoben ihre Pflicht erfüden. 2)er Pförtner öffnet bie ©cdjule im Söinter
greihurg i. S9r. f. ©d) reib er, Uniberfität in
greiburg i. 33r. II 137.
1 *Hist. coli. Lucern. I 145.
2 Eigner 72. Über eine 2juri3biftion3=
ftreitigfeit mit bem 21mbcrger äftagiftrat 1642
ebb. 73.
3 Ratio stud. II 493.
4 * Original Acta Congr. Prov. X 217.
5 * 0rig.=9teg. Ad Austr.
c Ratio stud. II 493. 21n manchen pro»
tejtantifdjen 21njialten beftanben aud) im
17. 3af)rl)unbert öffentliche unb geheime Corycei
ober Custodes. 25gl. fapff, ®efcf). be§ ©t)m=
uafiumi» ju Ulm (1855) 20.
512
2td)te3 Kapitel. ©pmnafien unb Uniöerfitäten.
SCHOLA CHRISTI.
öor im Sommer tior 1/26. $ür bie Saterne unb bie £id;ter auf ben kreppen
miiffeu bie fö'uftoben gleid; grofje Sichter liefern. (Sr tierteilt ben ^uftoben bie
$aitbelaber nacf) ber $apl ber ©cfjüler, adjtet auf ben Unterfd;ieb gmifd;en Sanb«
upr unb großer Upr1. Die ^uftoben unb ber Sdjlieper erhielten tägticf) üor ber
Pforte beS $odegS baS Gsffen unb an (Selb tiierteljäprliB bie $uftoben 1 ©ulben unb
ber Pförtner 2 ©ulben.
$n bem ©pmnafium fipen bie Stüter naB iprer DüBtigfeit, mit SluSnapme
ber DrbenSleute unb ^ocfjabeligen (QiduftreS); in ben ppilofoppifBen Surfen fann
man ebenfo feigen ober nad; ber ©röpe. 33ei ben Disputationen fipen bie nichtigeren
®urfe gunädfft beim ^atpeber. Die Schüler ber unterften klaffe ^ie^en Dertianer
(britte ©rammatil), bie ber mittleren ©rammatif Sehtnbaner2.
äRandie Strafen richteten fid) gegen bie
immer meiter gepenben SluSf Breitungen in ber
Dracpt ber Stubenten. Die perföntmlid;e
Stubententradft blieb ber ÜDlantel, ber fd)on
in ben unterften klaffen getragen rnerben
muffte. Da§ erfte, maS ein Sd;üler fid; an»
fBaffte, toar ein ÜOZantel. $n ®ölit trugen
bie abeligen Stubenten rote SZäntel mit got*
benen Sorten am fragen, bie Söpne tioit
^aufleuten unb anbern moplpabenben Seuten
meifje SOZantet mit filbernen Sorten, bie ltn»
bemittelten einfache bunfelblaue ÜDZöntel 3.
©S toirb als ettoaS gang 21ufferorbentIid;eS
begegnet, roenn ein Stubent opne 2)2antel
erfBien. DaS ?lmberger Diarium metbet g. S.
gum 10. gebruar 1627 : 2Bir fingen bieSdpuIe
an unb napmen ade opne Unterfdiieb auf,
aud; gang arme, bie uid;t einmal einen SOZantet
fiB anjufBaffen oermoBten i. DurB bie ein»
reifjenben neumobifBen Kleiber mürbe aber
bie alte DraBt fepr bebrol;t, man fal; Stu»
benten in oielfarbigen Kleibern mie £>anS»
murfte perumlaufen. Selbft in Didingen
mußten bie fßrotiingiale bei ipren Sifitationen
gegen bie neumobifBen StubententraBten auf»
treten. So oerorbnete SDfelBior §artel im
Dftober 1612: Da bie Statuten ber Slfabemie allen eine anftänbige Reibung tior«
fBreiben, fo muff ernftüB barauf gebrungen merben, baff fiB bie Stubenten banad;
riBten. 2Beil bie ©rfaprung geigt, baff bie neumobifBe Reibung unb ber eitle
Slip gu meit gepen unb bie SluSfBreitungen pierin immer größer merben, paben bie
patres fid; für entfBiebene Slbpilfe entfd;loffen. Durd; einen öffentlid;en SlnfBIag
fod ber ®leiberlu£uS eingefd;rän!t unb einiges inSbefonbere unter Strafe tierboten
merben. @S fd;eint menig gefruBtet gu paben ; beim ber fßrotiingial SDZunbbrot brang
M-ugifler hone quid faciens
■vitam ceternatn pofstde &o 'j.ucce io
©cfjulbilb ait§ bem Alphabetum Christi 1618.
©tief) t>on Stapf), ©abeier C1/,).
1 ©enaue Siegeln für Kuftoben «nb Pförtner
in Liber consuetudinum Scholae Colon. S. J.
ab anno 1611, f. 173 ff- Köln, ©tabtarcf)iP,
lluiüerfität 605.
2 * Köln, ©tabtardjio, Uniberfität 606. Über
ba? Vorrecht ber Slbeligen auf abgefonberte Sipe
in ben Sorlefungen f. fEpoluf, 2lfabemifd)ei
Seben 167.
3 §einr. SDtilj, $rogr. be§ ©pmnafiunt!
au fOtarjeüeu ju Köln 1888, 8.
4 9tifner 63. Sßgl. oben ©. 154.
$as> ®t)mnafium: Xradjt ber ©tubenten.
513
bei ber äSifitation im Qapre 1627 mit großer (Sntfcf|iebenf)eit barauf, bap bie ©tu«
beuten gur alten ©tubententrad;t jurücfjubringen feien1.
©eit bem SluSgang beS SftittelalterS mar befonberS bei ben ©tubenten furj
gefcpnitteneS |jaar Sitte gemorben, mit ber neuen 9Jfobe tarnen aber aucp unter ben
©tubenten geträufeltes §aar unb Soden auf. dagegen tämpften bie Qefuiten an.
Qm Oftober 1602 mürben in 9J?ünd;en bie ©cfjüler an furje £martracpt gemahnt,
unb 1607 Reifet eS: 2Öir paben bie Sodenpaare oerpönt. Qm Qebruar 1604 mirb
benterft, bie ©c^üler, bie fiebern auf ben §üten tragen, merben geftraft mie folcpe,
bie ben Segen tragen2. 21m 30. Januar 1606 mirb ein ©cfjüler in ben föäir^er
gefcpidt, meil er in 23auernfleibern in ber ©tabt »agierte ; eS mürbe ftreng oerboten,
in fremben Kleibern fid; auf ber ©trape ju geigen. 23eim Qapre 1624 ftefjt bie
®lage: Sie Sradft ber ©cpiiler ift profan; meil bie ©Itern aber biefelbe beforgen,
tonnen mir nidjt alle Seicfjtfertigfeit berfelben
üerpinbern. Sropbem laffen mir fomeit als
möglidj nid;tS 2luSlänbifd;eS unb SfteumobifdfeS
§u, baS ju $erfd;iebenpeit ber Reibung anlodt,
mie aucf; geträufelte, lange unb gelodte (in-
torti ac reflexi) £>aare nicpt gebulbet merben
bürfen. Qm 9iooember 1629 merben fogar
biejenigen, bie ipr £>aar nicfjt gefroren, in
ben karger geftecft. SangeS §aar barf nad;
ben äftüncpener ©ebräucpen oon 1630 nur bei
23aronen gebulbet merben unb bei folcpen, bie
eS nad; 2lnficpt ber SCrgte bebiirfen. Qn Qngol*
ftabt entftanb im Qapre 1628 ein 2lufrupr
unter ben Ülpetorifern megen ber £>aare. Ser
gröpere Seil pflegte bie £>aare lang unb ge*
träufelt ;$u tragen mie bie Slfabemifer. 211S ber
^rooinjial bei ber Sifite bieS Oerbot unb nad;*
per bie SluSfüprung beS Verbotes ftreng üer*
langte, flopen 14 aus ber ©cpule, üon benen
einige aber im Saufe ber Qeit mit getürmtem
£>aar jurüdfeprten. 9Son bem Verbote mürben
bie Slbeligen, oom 23aron angefangen, aus*
genommen3. Qm Siarium üon ©mmericp peipt
eS jum Qapre 1632: @S foll feine ©itelfeit in
ben Kleibern, beim Sragen beS SJfantelS unb
burcp ©ebraucp ber ©poren geftattet merben 4 *.
Qu einem ÜUfemorial beS oberrpeinifcpen fßroüinjialS ©opper oom Qapre 1629
fiir ÜDfainj mirb eingefcpärft: 23eim beginn beS ©d;uljapreS foHen alle Seprer mit
guten ©rünben ben ©cpülern beibringen, bap fie baS jit lange unb milbe £jaar nad;
ber ©itte ber ©taüfnecpte unb Sanbsfnecpte entfernen; ein mäpig perabpängenbeS
£aar, melcpeS baS @efid;t nicpt oerbedt unb nicpt über bie ©dfultern fällt, fann
leicpter gebulbet merben6. ©in Sillinger ÜÖfemorial auS bemfelben Qapre 1629 üer*
Ha?c edi Gens qutenon audtu.it -vocem Domznt
Hei sut. ttec retejait IdifctpCtmitn . Ht'erem.t
Stljulbilb nu§ bem Alphabetum Diaboli
1618. ©tid) üon fRapf)- ©abeier (’A).
1 *Memorialia Dilingens.
2 $a§ geberntragen auf ben §iiten tarn in
ber erften §älfte be3 16. 3af)rl)unbert3 auf.
2)ie Uniüerfität greiburg im 33rei3gau ging
bagegeu mit Äarger unb fMegation üor.
SJuIjr, ©efdjitfite ber Qefmten. II.
©djreiber, Uniüerfität greiburg i. 53r. II
84 ff.
3 *Hist. coli. Ingoist. 1628.
4 * Diarium Gymn. Embric. f. 45.
5 *Memorialia coli. Mogunt.
33
514
3(d)te§ Sopitef. ©tjmnafiert unb llmüerfitäten.
langt für bie ©ßmnafiaften bie alte £>aartrad)t ; aucß für bie Slfabemifer merben bie
lang ßerabmallenben ober über bie Stirne ßängenben §aare nadß Solbatenart oer>
boten1. Sie oberbeutfdße ^ßrooingialfongregation ootn ^dßre 1633 fcf)reibt Oor:
2Bo bie langen £mare unb Soden nodß nicfjt allgemein eingebrungeit finb, fotl man
an ber alten ©emoßnßeit feftßalten. 2Bo fie aber fdjon Sitte gemorben finb, fönnext
fie mit begenter ÜNaßßaltung gebnlbet merben, aber in feinem gafle finb fie gu
empfehlen 2.
©g ift eine allgemeine ftlage, baß ber ®rieg, je langer er bauerte, bie Scfjul*
fugenb immer meßr tiertoilberte. Sll§ ein Veifpiel mag ber Slufrußr bienen, melcßen
bie @efcf)ic^te beg ®oüegg in fünfter gum ^aijre 1646 fdßilbert3: SDer Verfeßr mit
fo üerfcßiebeneit Nationalitäten (bie in fünfter gum griebenSfongre^ gufammem
gefommen) blieb nicßt oßne ungünftige ©inmirfung auf unfere Schüler: Srinfgelage,
bie gange Sage unb Nächte anbauerten, mirften erfdjlaffenb unb ertöteten ben guten
(Seift. Qn ber Scßule burfte fcßon feiner meßr ficf) auggeidßnen; bem ©efpötte ber
SNitfcßiiler oerfiel feber, ber ficf) burcß beffere Seiftungen ßeroortat. Stuf bem offenen
ißlaße oor ber ^atßebrale fam eg faft Sag für Sag gu Reibereien mit ben grangofen :
bie fpänbel oerliefen nicfjt immer unblutig. Sie ijkebiger im Sieufte bet ißroteftanten
unb ber -fpoUänber burften fictj faum meßr an bie Öffentlicßfeit mögen. Qeßt maren
fie ba§ $iel flir &ie ©teinmürfe unb Sdfneeballen, bann mieber mürben fie in anberer
Söeife berßößnt unb befcfjimpft. . . . Surcß ernftlicße Störungen unb gelegentlich burcß
Strafen fndfjte man bem Unfug gu fteuern, big er enblid) gur offenen Unbotmäßigfeit
fich fteigerte. Slm ÜNontag oor ^ßalmfonntag mollte ber ißrofeffor ber Rßetorif,
P. Qafob 9Nafen, ben Slnbropßilug gur Sluffüßrung bringen, ein religiöfeg Sdßaufpiel,
in melcßent beg leibenben ^eilanbg großmütige Siebe gu ben SRenfdjen bargeftellt
rairb. 2Sie man mußte, maren bei ber Vürgerfcßaft bie ©rtoartungen ßocßgefpannt;
ber fromme ©egenftanb eutfpracß ber ernften 3 eit, in ber man ficf) befanb, unb füllte
bie grömntigfeit anregen. Um für bie ©efanbten meßr Raum gu gemimten unb
ftörenbeg ©ebränge gu oermeiben, traf man bie Nitorbnung: am begeicßneten Sage
bürften nur bie ^ßilofopßen unb Rßetorifer bem Sdßaufpiel beirooßnen, erft am
anbern Sage bie Sdßüler ber Humanität unb ber ©rammatif, fomeit ber Raum eg
geftatte. Siefe Verteilung mißfiel ben Scßülern ber Humanität. Sogleid) nacß ber
Scßule gaben fid) mehrere bag 2ßort, nidjt meßr bie Scßule gu befitcßen. Um aucß bie
anbern oom Sdjulbefucß abgußalten, fteHten ficf) bie Ungufriebenen auf ben Sßegen
gur Scßule auf unb ßielten ißre SNitfcßüler ab teilg burcß Überrebung, teilg burcß
SBegnaßme ber Vücßer, beg ÜRantefg unb beg §uteg, teilg burdj Sroßungeit unb
gauftfcßläge. Ser SNagifter ßielt mit ben menigen, bie ficf) nod) eittgefunben fjatten,
bennocß Sdfule unb fonnte unfdjmer bie Namen ber Unrußeftifter erfaßren. Sagg
barauf beftimmte ber Stubienpräfeft bie Strafe : bie Slnftifter beg Ungeßorfamg mußten
bie Rute füßlen, bie anbern mürben milber beßanbelt. Rfan ßatte ©ile mit ber Ve-
ftrafung, um meiteren Unrußen oorgubeugeu, bie fid) bei ben Sßßilofopßen bereitg im
geßeimen oorbereiteten. Socß oergebeng. Vereitg am Nacßmittag, eine Stunbe oor
bem 3eicßen gur Sdßule, oerfammelten ficß bie Unrußeftifter oor ber ^jauptfircße;
jeben ißrer SUiitfcßüler, ber ben 2öeg gur Scßule neßmen mollte, fucßten fie gunt Un«
geßorfam gu üerleiten; ftatt gur Scßule, füllten fie miteiuanber oor bie Stabt gießen;
mer fid) meigerte, mürbe mit Sd)lägen bebroßt. So ließen fid) beinaße alle bereben,
unb man gog in Raufen gur Stabt ßinaug gum Spiele. Sarauf feßrten fie in bie
SBirtgßäufer ein, mo fie big in bie Nacßt bie ßtnt mit Srinfen, Spielen unb allerlei
1 *Memorialia coli. Diling.
2 * Acta Congr. Prov. Germ. sup. 1633.
3 *Hist. coli. Monast, ad ann. 1646.
£a§ ©tfntttafium: Prämien unb ©trafen.
515
Unfug gubradften. SDer Ißräfeft moflte bag 3Iuffef)en in ber Dffentlicfjfeit oermeiben
unb lief; begfjafb bie ^armodje fomie bie Ofterferien offne öffentlidje Sffjnbung oorüber*
gehen. @r hoffte, in ber gmifdjengeit bie ÜJiamen ber Stäbefgfüfjrer burdf bie befferett
©d fixier gu erfahren, ^ebocf) brei Söodjen »ergingen, aber eine Sfngabe ber tarnen
mar in feiner SBeife gu erlangen. Unb bennocff muffte Orbnung gefdjafft merben,
fonft fd^ien eg um bie ©djufgucfft nöllig gefdjeffen gu fein, gunäcffft öerfud^te man eg
mit ©iite: affen mürbe ©traffofigfeit öerfprocfjen, faffg fie bie Sfnftifter nennen mürben;
bie ©djmere beg SSergefjeng mürbe ben ©dfiifern tmr Sfugen geführt. 9J?an machte
ihnen ffar, bie (Sinftelfung ber SSorfefungen hätte unter feinem SSorraanbe ergmungen
merben bürfen; märe an jenem Stage bie 33orfefung auggefaffen, bann märe in ber
gangen Söodffe feine gemefen gum ffödjften ÜDtifjfaffen ber «Stabt megen ber |jäufigfeit
ber freien Stage, ^ebod) affe biefe Storfteffungen Ratten nic^t ben gemünfdjten Erfolg.
9?un mürbe eine ©efbftrafe üon 4 Slffeg (breiiger) angefeigt; niemanb fonnte oerniinftiger*
meife biefe gu fjodj finben. SDennod) beriefen fid) bie ©tubenten auf bie Sfugfage
eineg Orbengmanneg, ber bie ©traffumme afg gu fjod) begeidjnet habe. @iner um ben
anbern erffärte bie ©träfe für gu fjocf) ; jebocf) fei er bereit gu gafjfen, menn eg aud)
bie anbern täten. Stag ffiefj ©pott treiben unb bie SBegafffung auf unbeftimmte fjdt
öertagen. Siun bebroffte man bie SBtberfpenftigen mit bem karger. guerft fottten
bie Sogifer, unb gmar uad) Orbnung beg Sffpffabetg, gur 23egafffung aufgeforbert merben.
2fffein fcffon fogfeid) ber erfte naf)m mit aller 33ereitmiffigfeit bie ©träfe beg fö'argerg
an, afg gälte eg, ficf) einen Striumpfftitef gu fiebern. SBon anbern, bie fief» meigerten,
gu begaffen, üerfangte man afg fßfanb ben ^>ut ober ben SJtantef. ©ie gaben bag
ißfanb, begafjlten aber nid)t unb hatten bagu bie Streiftigteit, ficf) öffentlich ohne
SDtantef gu geigen, ja tagg barauf offne SJtantef gur ©djufe gu fomtnen. 2lfg fie
jebod) mit ben übrigen gur ÜÖJeffe gingen unb Dort ben Stffeofogen gefdfoften unb
üerfpottet mürben, machten fie fid) baüon unb eiften nadf £>aufe. SZun fannte bie
Frechheit feine ©djeu mehr, feiner moffte gurüdfftefjen. Sin öffentfidjer ©tetfe erfeffien
eine ©pottangeige: „Um ein fßferb gu faufen, fudjten bie ^efuiten bag nötige ©efb
eingutreiben. " Stuf bem fö'atffeber beg SOtagifterg mürbe bie Slufforberung eineg Solfg*
tribung Oott ber 2frt beg ©fobiug niebergefegt, im Söiberftanb augguharren. Stie
meiften ©dfüfer trieben fich in ben ©dfjenfen herum unb »erbrachten bie ßeit mit
Rechen unb ©piefen. Qn fofdfj unmürbiger Söeife mürbe bie ©ebufb ber Sefjrer auf
bie ißrobe geftetft. Stern Unfug muffte ein @nbe gemadjt merben. 9Jtan forberte bie
SBiberfpenftigen auf, fie füllten ihre SKäntef abhofen, bamit fie am Sonntag ber
üffteffe unb fobann ber ©obafität in Orbnung beimoffnen fönnten. Stiefe SSergünftigung
mürbe fogar burch Seiter ber ©obafität ben ©dfüfern angeboten. ©egen Slbenb
fanben fich acht ober neun ©dfüfer im Kolleg ein. 2öie oorher auggemacht mar,
mürben fie oom ÜDtagifter in bie 23ibfiotf)ef geführt unb geheimen, ihren SJtantef an=
gufegen. Söafb erfdfjien ber fßräfett mit bem Steftor beg ^offegg unb anbern fßatreg
unb äffagiftri: man begrüßte freunblicff bie ©tubenten, bie bereitg ben SJtantef am
gefegt hatten, unb forberte fie auf, bie ©träfe gu begafften, mibrigenfaffg mürben fie
mit ben Stuten 33efanntfdfaft machen; biefe fagen fdjoit bereit. Überrafdft unb erfdjredt
faffen fich ©tubenten oergebeng nad) einer Sfugffudft um unb baten um Siacfp
ficht; biefe mürbe ihnen gugefieffert, fatfg fie bie ©träfe begaffften. Stad) längerem
3aubern liefjen fie fid) gum 53egaf)fen herbei ; gmei jebodf, bie nidjt begafffen mofften
ober nicht tonnten, betonten bie Stute gu fühlen, ©obalb biefe «Sache befannt
mürbe, entfanf ben Sfufmiegfern ber 9Jiut; am fofgenben Stag untermarfett fich
fämtfidje ©chiifer ber Sogif unb ber äftetaphhfif ber ©elbbufje; nur bie ^hpfiter,
bie guerft bie Ungufriebenffeit gefchürt hatten, trotten noch einige $eit. SUfein
bie ruhige ©idferfjeit ber Qefuiten tarn ihnen oerbädftig üor, fie fürchteten fid) tmr
33*
516 2fd)te§ Sapitel. ©tjmnafien unb llniüerfitäten.
einer neuen Sift; beStmth fcejafjlten fie baS ©trafgetb unb festen gur Orbnung
gurüd 1.
Sin gutes geidjen für *üe Beliebtheit ber ^efuitenfdfjulen mar ihre grofje
grequeng. Sah mann fdjreibt im $at)re 1631 : Obgleich in ben »ergangenen fahren
an berfdjiebenen Orten unferer (oberbeutfchen) fßrobing neue Kollegien unb @qmna[ien
errichtet mürben unb bie Steuerung ber Sehen! mittet eine ungemöhntid)e mar, fo
haben tro^bem bie anbern Stfabemien unb @t)mnafien ber ^efuiten nicht abgenommen,
fonbern bie meiften finb an ©djütergaht gemadjfen. Qn SlugSfmrg ftieg bie ©dfüter*
gabt fo, baff eine klaffe in gmei SötuS geteilt merben muffte, Oon benen ber eine
111, ber anbere 82 gähtte. $n München maren bor acht ober gehn fahren ungefähr
1000 ©tubenten, jeijt aber mehr atS 1400, ohne bie Knaben gu gähten, roetdje bie
SInfangSgrünbe beS Sateinifdjen lernen2.
Siefe ftarfe grequeng hotte aber einen großen Übetftanb gur gotge, nämlich
bie Überfüllung ber Staffen, grnar hatte ber fßrobingiat fRofepf)iu3 am 2. Stprit
1604 üerorbnet, baff alte Staffen, in benen mehr atS 80 ©cf)üler feien, geteilt merben
müßten 3, aber raegen SRangetS an fRaum unb Sehrern mürbe biefe meife SSorfcfjrift
teiber nicht immer befolgt.
$n einer Borfteltung beS ®ottegS in ^reiburg in ber ©chmeig an ben üiat mirb
auSgeführt: SiefeS ©hmnaftum ift nach bem üon SäRünchen unb SlugSburg baS größte
ber fßrobing unb fotlte menigftenS ebenfoöiete Staffen haben mie anbere fteinere @pm=
nafien. Stnbere Spmnafien haben auffer unfern Staffen noch eine mittlere Srammatif.
SieS forbert auch bie .Qafft ber ©chüter, bie nicht allein über 100 beträgt, fonbern fid)
bem gmeiten £>unbert nähert. Sin Sehrer ift für fo üerfchiebene Seftionen ungenügenb.
ÜRotmenbigermeife miiffen biete ©chüter bernadjtäffigt merben, ba ber Sehrer genug
gu tun hat mit benen, metche gum Sluffteigen fähig gemalt merben fotten. Stuch bie
auffteigen, finb fdfmach, ba ber Sehrer ihnen nur feine halbe Äraft mibmen tonnte,
unb fo mirb benn gum ©djaben für ben fRuf beS ©tjmnafiumg fdjmadjeS ©chüter-
material für ben meiteren Stufbau geliefert. Sie Soften ber Sttern merben gefteigert,
benn in ben fRubimenten finb brei ober bier üerfchiebene ©taffetn (Orbnungen), in
melden bie eingetnen menigftenS ein $ahr, bie meiften noch länger bleiben. Sie
Sttern ftagen über bie S5ergögerung, aber ben Sehrer trifft feine ©dfjutb. Sie Über*
füttung fchabet aud) fehr ber Sefunbheit ber ©dfjüter unb ber Sehrer, mie mir faft
in jebent $af)r erfahren. Unter ben berfcf)iebenen Stbteitungen feiben ©djutgucht unb
^ortfdjritt. Qn britttfatb ©tunben muh ein Sehrer brei üerfchiebene Stufgaben für bie
breifache Stbteitung biftieren, bann in ben beiben oberen Stbteitungen noch ^rangöfiftf).
Sie brei Orbnungen müffen it)re Seftionen auffagen; mie biete fönnen abgefragt
merben? Sann folgt bie breifache Srftärung unb beren SSieberhotung. SS bteibt
menig geit für anbere Übungen, unb mätfrenb eine Stbteitung befcfjäftigt mirb, fdfmapett
bie anbern unb bertröbetn bie ßeit. SS fchminbet enbtich ber Sifer, ba bie in ber
1 Sei einem ber ©djüler, bie mit 9tuten ge*
äüdjtigt ttmtben, geigte fid) fedjS 2Bod)en fpäter
ant gangen Dörfler unb befonberö an ben ©djul*
tern eine 2lnfd)meHung (antimonio, ut crede-
batur, hausto). ®er ©tubent ftarb binnen
Wenigen Sagen. Sn ber ganzen ©tobt mnrbe
bie Süge auögefprengt, jene 2lnfd)tnellung unb
bann ber Sob feien burd) bie fernere 3üd)ti=
gung Oon feiten ber Sefnitcn öeranlafft loorben.
SefonberS mürbe ber SJiagifter £eittrid) ©panöu§
trog feiner Unfdjulb fdjarf getabelt unb Oer*
lenmbet; feinen Samen mit bem Ehrentitel aB
genfer tonnte man allenthalben auf öffentlichen
©troffen an ben SBänben lefen. 9Kan tat feine
Schritte bagegen; baö leere ©erebe miberlegte
fid) felbft. ®er Stagifter @panäu§ lief) fid)
burd) bie ehrenrührigen Sehen nicht auper
gaffung bringen, er geigte fid) fteB hcücr unb
fanb in bem 3eugrtB feines? guten ©emiffen§
einen genügenben @d)up. * Hist. coli. Monast.
1646. '
2 Lay m a u n , Iusta defensio 343 f.
8 SBgl. oben ©. 496.
©tjntnafium: fgreqitens imb Überfüllung ber flaffeit. 517
erften 31bteilung feljen, bafj fie in bcrfelbeit klaffe mit 3lbcfdjü|en gleicfjfam feftgefjalten
merben 1.
Zn üöfündjen gäljlte bie Humanität 1624 — 1626 160 — 170 ©djiiler; fie mürbe
1626 geteilt, halb aber mieber oereinigt. Strojj ber fcf)on früfjer erfolgten Teilung
ber ©tjnta£, ©rammatif unb fRubimente bjatte 1624 bie ©tjntaj: je gmei (SötuS gu
65 — 95 ©cfjülern, bie ©rammatif in einem Steil 109, bie SRubimenta in einem Steil
141 ©cfjüler2. Zm Zoljre 1649 gäf)lten bie fecf)§ klaffen in ÜRündjen oon ber 9If)e»
torif angefangen 91, 121, 163, 137, 155, 171 ©djüler unter fieben Sefjrern, oon
benen einer für baS ©riedjifdje angeftellt mar3 *. Zn ®öln betrug bie ©cf)ülergal)I
in ben Zollten 1627 — 1637 ftetS burdjgeljenbS 840 — 940, baoon famen auf einzelne
klaffen 100 — 160, ja in ber unterften klaffe (tertia) 250 i. Zn bem üuSgabelmcf)
beS P. $afen Reifet eS gum Zofjre 1637 : ®a fdjon inS oierte Zal)t ber Sßrofeffor
ber Intima ber Saft unterlegen mar megen ber ©nge beS ©cljullofalS, in bem er
250 ©djüler §ä^lte unb bie Intima fdjon gmeintal geteilt morben mar, baten bie
Obern ben ©eneral um bauernbe Steilung ber Intima, maS aucl) bemilligt mürbe,
fö’afen bettelte in Belgien für bie ÜReueinridjtung gmeier ©cfjulgimmer. ©tubenten
Ralfen ben Arbeitern beim 53au ber ©cfjulgimmer 5. 2Iucf) an Heineren ©tjmnafien,
mie gu ©mmeridj, famen Oon ben 451 ©ctjülern im Zoljre 1616 auf bie ©tjntaj: 95,
auf bie gmeite ©rammatif 100, auf bie britte ©rammatif 170 ©cfjüler6. Zn
SOiünfter traf oon ben 800 — 1000 ©djülern auf bie einzelnen klaffen ebenfalls
eine oiel gu grofje Zafjl. 23ei beginn beS ©djuIjaljreS 1636 gäfjlte ber erfte ßötuS
ber Intima 126 ©djüler im Sllter oon 7 bis 16 Zollten. ÜRur 52 ©djüler fafsen
im erften Zollte auf ber klaffe, oier fcfjon 4 — 472 $af)re, in bem gmeiten SötuS
maren fogar 141 ©djüler, ber jüngfte 9, ber ältefte 16 Zoljre alt. 64 fafjen fdjon
länger als 1 Zofjt auf ber klaffe, mehrere 3 Zoljre. SDie ÜHRebia gäfjlte 88 Zög¬
linge oon 12 bis 19 Zoljreit, in bem ^arallelcötuS maren 83 ©djüler oon 11 bis
22 Zollten, oon benen 36 länger als 1 Z:af)r, einer fogar 4 Zof)te bie klaffe he-
fucfjten. Zm Zaf)te 1637 fjatte bie SJRebia in itjren beiben SötuS 84 unb 101
Knaben, bie bieSmal ebenfalls geteilte ©tjntaj 76 unb 89 ©djüler im Sllter oon
12 bis 24 Zn öem Zoljre 1639 gälten bie beiben Znfima-ßöten 179 bgm.
183 ©cfjüler, im Z°f)te 16-10 161 bgm. 165 ©djüler. Zm Zofjte 1645 famen
auf bie üerfdjiebenen Söten ber Znfinia 361, 9Rebia 179, ©tjnta£ 225, Humanität
116 ©djüler7.
ÜRadj bem Katalog über ben SlrbeitSauSmeiS ber öfterreicfjifdjen ^Srooing oom
Zoljre 1649 gäfjlte in SBien bie 9fljetorif 95, ^5oefie 80, ©tjntaj 140, ©rammatif
132, ^ringipia 170 unb bie Znfima 154 ©cfjüler8. ÜRad) bem Catalogus tertius
beSfelben ^afjreS Ratten aber alle biefe klaffen nur je einen Sefjrer, maren alfo nicfjt
geteilt. Zm folgenben Zollte 1650 mürbe ber Überfüllung ber unteren klaffen baburcfj
1 * greiburg II 141 f.
2 * Diarium Gymn. Monac. 3um 31. 3<m.
1630 beifct e§: SBegen ber großen 3af)t in ben
3tubimenta tourbcn mehrere Spulen getoechfelt.
Minor Rudimentista nec centum, maior autem
239 numerabat, ideo ex maioribus ad minora
prope centeni transgressi sunt. Haec mutatio
in renovatione fuisset suscepta, nisi existi-
mata et sperata fuisset Gymnasii nostri im-
minutio propter Landishutanum et Burkhusia-
num nova Gymnasia, sed contra accidit.
3 * 901. 94, Jes. 570. Sßgl. oben S. 205.
* * Liber consuetudinum scholae Colon. S. J.
ab anno 1611. Sötn, Stabtarcf)iO, ünioerfitüt
605. ®gl. oben S. 21.
5 Sie erhielten bafiir 27 ©ulben; ein anberer
JJSoften lautet: 4 ©ulben für 93rot für bie
arbeitenben Stubenten. * Expensa ebb. U IX
685. »gl. oben S. 21.
6 * Diarium coli. Embric.
7 gr. 3urbonfeit, 2Iu§ ben 3cnfurenliften
be§ ©t)mnafium§ oon ÜRünfter 1636—1647,
in ber geftfcfjrift be3 ©ijntnafiutnS Oon SKünfter
(1898) 56 ff. ®gl. oben S. 51.
8 *Catal. function. Prov. Austr. 1649.
518
Stcfiteg fapitel. ©Qmnafien unb Uniüerfitäten.
abgetjotfen, inbetn am ^3rofepau§ ein gmeiteS ©pmnafium mit BorbereitungS* unb
brei ©rammatifatftaffen erridijtet mürbe 1. 3n ©rag maren für bie fedjS ©pmnafiat*
ftaffen ftänbig fecp Seljrer, bie ©djütergaht betrug in ben einzelnen klaffen 5. 33. 1649
gmifctjen 100 unb 138, bie 91t)etorif gätjtte 130, bie Qnfima 1 38 2.
Unter biefen nieten ©djütern bitben proteftantifcfje ©djüter ftetS eine oer>
fdjminbenbe SluSnahme. ®ie Bebingungen, bie man gumeiten ftettte, §eigen ftar,
bah man nidjt fe^r auf proteftantifdje ©d)üter erpicht mar. iQd) fjöre, fdjrieb
BitetteSdji am 26. Sluguft 1617 an ben oberbeutfd)en ^roüingiat gartet, bah 31t
StugSburg bie föinber non fpäretifern gu fcfjroff gum SfatedjiSmuS unb gu anbern
Übungen ber fatfjolifdjen Religion angetfatten unb auf biefe Söeife gum Slnftoh für
niete gteidjfam auS unfern ©deuten nertrieben merben. SDtan fottte in biefem ©tiide
mitber oerfaf)ren, mie eS an anbern Orten üblich ift, mo fie allmählich gutn fathotifdjen
©tauben f)ingeteitet merben. 2ltS bann ber ^rooingiat antmortete, an bem 2lugS=
burger ^efuitengpmnafium feien überhaupt feine proteftantifdjen ©djüter, meinte
SSitetleöd^i (4. ütionember 1617), baS fomme nietleid^t eben gerabe batjer, meit bie
©d)üter, bie anfangs bort gemefen, gunt ^ated)iSmuS ufm. genötigt morben feien;
feine Süiatjnung gelte tropbem für bie gufunft3. ©tnmeric^er SDiarium tjei^t
eS gum 24. Qanuar 1618 : ßathotifen non Strntjeim, bereit ©ohne bei uns ftubiert
hatten, mürben beStjalb gur Beftrafung gitiert. @ie baten um ein authentifdjeS
3eugniS, baf? mir tjier unfern ©d)ütern ^Religionsfreiheit geftatten nacf) bem ©nt*
befinben ber ©ttern ober Bormünber. SiefeS 3eu9ni3 t)aben mir gefdjidt4.
Bei biefer großen ^requeng fonnten bie ^efuiten um fo leichter bie Errichtung
anberer ©djuten hinnehmen. 2tuS aüertei Beforgniffen beanfpruchte man aber an
eingetnen Orten eine Strt Monopol für ben Unterricht. ®urcf) ein fotdjeS SJtonopot
mürben — maS man mof)t befonberS im Stuge hatte — manche ©treitereien ner»
mieben unb eine einpeittidjere, ftrammere 3ncf)t gemät)rteiftet, aber audj anberfeitS
anbere Kräfte ferngehatten, bie ebenfoniet 9fed)t auf bie ©rteitung beS Unterrichts
beanfprudien fonnten unb burd) ihre Seiftungen eine befonberS auf geiftigem ©ebiete
fehr nüpticfje ®onfurreng geboten hätten.
®er ©enerat BitetteSdji fpracf) fidb) fehr entfchieben gegen ein berartigeS ©djut*
monopot au§. 2lm 2. 9?ooember 1624 fchrieb er bem rf)einifdjen SSigeproöingiat
3oh- ©opper: P. ütRatttj. ©chricf hat mir mitgeteitt, in ber rheinifchen ^ßrooing fürdjte
man eine Bermirrung unferer ©djuten burd) bie patres Stuguftiner, bie in einigen
©täbten ber ^rooing, mie fie eS fcfjon bereits an oieten Orten in Belgien tun,
©chuten eröffnen unb nad) ber 2lrt ber ©efetlfdjaft ©pmnafiatunterricht erteilen motten.
S)er $ßater hat mit oieten ©rünben gu ermeifen üerfudjt, bie Unfrigen mühten fidj
alte äRiifje geben, bah &en genannten patres bie Erlaubnis für bie Eröffnung fotdjer
©chuten an Orten, mo bie ©efettfdjaft ©chuten habe, nicht erteilt merbe. Sßenn id)
nicht glaubte, bah ®tt>. fpodjmürben fchon Oon fetbft burdjauS gegen biefe Slnficfjt
mären, bie ja ber retigiöfen Siebe unb Klugheit fehr miberftreitet, mürbe ich öiete
©egengrünbe anführen. ®a id) bieS bei ©m. fpodjmürben für unnötig erachte, bitte
ich nur barum, bah @4e nicht allein ben frommen Bemühungen biefer patres fein
§inberniS entgegenfepen, fetbft menn mir baS irgenbmo im geheimen tun fonnten,
fonbern fie mit bem gleichen ©ifer unb ber gteidjen greunbfdjaft unterftiipen, gerabefo
mie mir bei ber ©röffnung einer neuen ©djute oon ihnen unb anbern OrbenS*
teilten unterftiipt gn merben münfchten. SDiefe Übergeugung fotten ©ie bem P. ©chricf
unb allen Unfrigen überall beibringen unb biefelben ernfttidh ermahnen, bap fie mit
3 * £)rig.=9teg. Ad Germ. sup.
4 * Diarium Embric.
1 Mitterdorffer, Conspectus III 266.
2 »gl. oben ©. 333.
®a3 ©tjmnafium: Unterricfjt^monopol. — Uncntgeltlidjfeit.
519
Siebe, burct) Stat, Sat unb @mpfef)tung bie ^Bemühungen biefer fßatreS unterftüfjen
unb förbern, unb auf feine SSeife geigen, baf? ihnen ber ißtan ber patres in 23egug
auf ben ^ugenbunterric^t mißfalle. SXUe ©egengrünbe beS ^5ater§ ermeift bie ©r*
fat)rung in ^Belgien als unbebeutenb, ba ja bort bie Schuten ber ißatreS ben Scf)uten
ber ©efeßfchaft gar nicf)t gefc^abet haben. Siefe ©egengrünbe merben, fo fjoffe icf),
meber @m. £mcf)mürben nod) einen anbern ißater gegen meine SSeifung einnehmen,
^d) bjalte bafür, baf) biefe SBeifuitg burd)auS ber Siebe unb bem guten 92amen ber
©efeßfchaft entfprid)t unb bie ©ernad^Iäffigung berfelben beibem miberftreitet. SeS*
fialb empfehle icf) @ro. £ocf)mürben nochmals, baf) Sie aßen (Sifer für bie allgemeine
^Befolgung berfelben einfepen1.
Sem Aachener fReftor ©oSmin Stiefel, ber Konfurreng non ben neuen Schuten
befürchtete, antmortete 23iteßeSd)i am 16. Sioöember 1624: $luS Qfirem ^Briefe nont
5. Dftober habe icf) bie ^Befürchtungen @m. .fpocpmürben gegen bie neuen Schuten
ber Stuguftiner erfetfen. @S märe leidet, auf bie einzelnen ©riinbe gu antmorten,
icf) halte baS aber für unnötig. SJur baS fage icf), äße Siacfjteite, melche gefürchtet
merben fönnen, finb feid^t gu oermeiben, menn mir bafür forgen, bah in unfern
@d)ulen fähige Seljrer angefteßt merben, bie mit aßem ©ifer ber Stege! gemäf) ihre«
Soften auSfüßeit. ©efd)ief)t bieS, bann ift gar feine ©efafjr, baß bie neuen Schulen
unfern Schuten fcfjaben, mie unfere patres in ^Belgien an nieten Orten erfahren haben.
SeSf)atb foßen @m. £md)mürben ihre gange Sorge auf tüchtigen Unterricht in ben
Schuten ihres KoßegS richten unb aße furcht, fei eS öor SSerminberung ber Schüter*
gabt, fei eS öor geringeren ^Beiträgen beS SJtagiftrateS, ©ott anheimfteßen. Sie SZot
^hre§ KoßegS ift mir befannt; icf) merbe aßeS aufbieten, biefetbe gu tinbern2.
Srop biefer Siot an manchen Orten hieß man unentmegt an ber Unentgeltlich*
feit beS Unterrichtes feft. gortgefe£t fcf)auten bie ©enerate nicht aßein barauf, bah
fein Schutgelb für ben Unterricht angenommen merbe, fonbern fie moßten nictjt
einmal butben, bah man tmn ben ©ttern ber Schüter ein Sttmofen erbitte, baS atS
eine ©ntfdjäbigung ber Sfrbeit gelten fönnte. Ser Srierer Steftor grang SfiapebiuS
hatte für ben Sieubau ber Schuten bie ©ttern ber Schüter ober ehemaliger Schüler
um ein Sttmofen gebeten. 9?ur baS teuere moßte Stquaüiüa auf bie ^Benachrichtigung
tjieröon geftatten, nicht aber foßten bie ©ttern oon Scf)ütern, bie noch bie Schute
befudfjten, angegangen merben; benn, fo fdfjrieb er am 9. £$uni 1611 an SiapebiuS,
hier liegt bie ©efahr öor, bah bieS als eine ®ntfd)äbigung für bie auf ihre Kinber
oermanbte Strbeit erfd)einen fönnte3.
50er 5?a<f)fotger StquaöiüaS öertrat benfetben Stanbpunft. Slnt 16. Sioöember
1624 tobte $BiteßeScf)i ben oberbeutfchen ^ßrobingiat SJtunbbrot, bah er im Konftanger
Kößeg berboten habe, in ber $otge bon gmeunben unb bon ben (Sttern ber Schüter
©etb für StuSfdhmüdung ber Schuten unb Oratorien ber Kongregation gu betteln.
Senn eS ift ficher, fo fchreibt er, bah baburch bie ©ttern unb anbere öertept merben;
megen fotcf)er Singe erheben audh einige ben Sormurf, bie ©efeßfchaft unterrichte
gmar umfonft, aber nicht fetten mürben bie Schüter gu fo groben StuSgaben ge*
gmungen, bah biefe 5U einem reichtidfjen Scf)utgelb für anbere Sehrer ausreichten4.
Studf) bon ben Sdfjütern fetbft foßten feine ©etbbeiträge erhoben merben. Qn
Köln begahtten bie ißhitofophen, 9Xf)etorifer unb ißoeten aße Ouatember gmei SttbuS
(SBeihpfennige ä 12 £>eßer) für ben KuftoS, ber bie Schuten fetfrte; in ben brei ©rarn*
matifatftaffen gab jeber Schüter aße Ouatember gmei $ettmännd)en (ü 8 §eßer).
1 * 0rig.=9teg. Ad Rhen. febbiu§, 16. ©ept. 1607, über Sreiburg. 0rig.=
2 * Drig.*9teg. ebb. 9teg. Ad Germ. sup.
3 * 0rig.=9teg. ebb. SSgt. Stquobiöa an 91o= 1 * 0rig.*9teg. ebb.
520
3lcf)te§ Kapitel. @t)ninafien unb Unieerfitäten.
21n P. Stiefel erging aber im Qapre 1635 bie SJfapnung beS ©eneralS, bieS oerftoffe
gegen bie Konftitutionen unb fei nadf ber SSerorbmtng beS P. Olioer SRanare »er«
boten; berfelbe pabe ade ^Beiträge für bie Steinigung ber Scpulen unterfagt. SDer
SlegenS fülle adeS auS ben Strafgelbern unb ben Überfd^üffen ber fßromotionSgelber
beftreiten 1.
SllS ein SJIittel jur görberung oon Unterricht unb ©rsiepung betrachtete man
fortgefept bie SSermenbung ber fßäbagogen, b. p. ber Begleiter unb ^nftruftoren ber
reicheren Sdfüler. $n äöien hotten noch 1650 ade abeligen «Schüler fßäbagogen,
bie Stubenten, entmeber ^uriften, fdtebijiner, St^eorogen, ^3^ifofopf)en ober auch
Slpetorifer maren unb bie Schüler jur Schule unb oon ber Sdfule nach §uufe
begleiteten2. £$n SJIitncpen mar eS Sitte, baff bie fßäbagogen einigemal im ^alfre
jufammengerufen, ihnen bie Stegein erllärt unb Slmoeifungen über bie ©rsiepung
ihrer Schüblinge gegeben mürben. P. Staber fepreibt als fßräfeft beS SJIüncpener @pm-
nafiumS jum 5. Januar 1625: Stach ^er ©onntagSüefper pabe i<h fßäbagogen
berfammelt unb ermahnt, bah bo<h Unfchulb ihrer Schüblinge behüten unb
feben Slnftoff burch fcplecpteS 33eifpiel meiben fodten; ich pa&e ipuen ©trafen
oorgeftedt, bie baS ©üangelium bem SlrgerniSgeber anbropt. @S mareit fo oiele
fßäbagogen, bah fm ben gangen §örfaal ber Sogif füdten3. GüS mirb auch ermähnt,
bah bie fJ3äbagogen §ugleicb mit ihren Schülern oom ^Sräfeften jitfammengerufen
mürben unb eine Srmapnung erhielten4. Sßäbagogen, bie fich ferner, 5. 33. burdj
Stachtfchmärmen unb SErinfen, oerfehlten, üerloren ihren fjßoften5.
Sehr eingehenbe ^nftruftionen liegen über bie fßäbagogen in SDtiinfter Oor.
SDort mar eS alte Sitte, bie fdjon unter Kerffenbroicp beobachtet mürbe, baff ade
Schüler entmeber fßäbagogen maren ober aber ^ßäbagogen unterftanben. SDiefe Sitte
mnrbe nach ber Qnftruftion Oon 1616 be§ha^ beibehalten, bamit bie Knaben ju
§aufe fleihiger ftubieren unb meniger fich auf fon ©troffen herumtreiben; ferner
bamit bie fßäbagogen, bie fonft megeit SIrmut bie Schule oerlaffett mühten, in ben
Stubien fortfahren unb tüchtige SJtänner merben, enblicp um fo für bie oberen
klaffen eine gröbere Sdjülersapl ju fidjern. ®ie Sirmen, bie betteln müffen ober
ben fßäbagogen baS Honorar (didactrum) nicht befahlen fönnen, finb oon biefer
SSorfcprift befreit. ®ie fßäbagogen müffen gleich im SInfang beS SdjuljapreS ihr
Sind antreten; fte foden mo rnöglid) ganj ober teilmeife bie Koft, menigftenS bie
2öopnung in bem £>aufe ihrer Sdjüplinge erhalten. Sin bem alten (Gebrauch, bah
fein fßübagog opne ©enepmigung beS SleftorS eine Stede annehmen barf, ift feft-
jupalten, um leidster Verführer auSsufcplieffen, für bie gaffungSgabe ber einseinen
Scpüler bie fßaffenben auSsumäplen unb fleiffigere unb oerbientere fßäbagogen
fepneder ju beförbern. ®er 23emerber put bem Sieftor ein ßeugniS feines SeprerS,
feines bisherigen KoftgeberS unb mo möglich beS fßräfeS ber SDIarianifcpen Kon¬
gregation beijubringen. SSor ber Übernahme beS SlmteS muh fi<h ^er ^äbagog
burd) eigenpänbige Uuterfcprift Oerpflicpten, bie Siegeln ber fßäbagogen, bie er ab*
jufdjreiben patte, unter Strafe ber ©ntpebung oon feinem fßoften genau §u be¬
obachten. QebeS SSierteljapr müffen bie fßäbagogen ein oerfcploffeneS unb gefiegelteS
ÜeugniS ibreS KoftgeberS beibringen über Söoploerpalten im Slepetieren unb Stubieren,
über auferbaulicpen fittfamen £>anbel unb SBanbel im £>aufe unb brauffen; über
1 ®öln, ©tabtardjiD U IX 685, 3. £1. £)ort
aud) Eingaben über bie ©atäre be§ ShiftoS unb
Sd)Iie&cr§ um biefe 3eit.
2 * Difficultates circa erectionem scholarum
in Domo Professa Viennae 1650, Sr 6. Austr.
Fund. II ‘218. 3 * Diarium Monac. 1625.
4 * Consuetudines generales Gymn. Mona-
censis 1630. Clm 1550, f. 198 ff. SSflI. 3. Slob.
1604.
5 * Diarium Gymn. Monac. , 2. 3<m. 1630.
Über bie Segeln ber SOtündjener iPnbagogen ngl.
33b I, ©. 271.
Sa» ©hmnafiunt: Päbagogen. — Seljrer.
521
33ermeiöung oon nädjtlidfem ?tuSget)en, ®artenfpiet unb Seicfjtfertigfeit. £>ie $et)Ier
ber ©dfjupefofjlenen gu §aufe roerben ber ©djute angegeigt unb oon ber ©djute
geftraft. ^Serben oon ben Knaben bie päbagogen wegen Xrunffudjt, näcfjtlid^en
StuSgehenS unb S8erfiif)rung mit 53emeifen angegeigt, bann gefjen bie Knaben fet&ft
ftrafloS aus. Sinigemat im Qafjre mirb ber fßräfeft ben päbagogen bie Siegeln
crftären, fie unterweifen im Umgang mit ben Knaben unb fie befonberS oor ben
bamatS üblichen Grobianismi warnen 1. ®ie oben ermähnten Siegeln für bie )ßäb>
agogen in SOiünfter ftammen auS bem ^aljr 1605. ®arin mirb twr altem bie äJtacfjt
beS 23eifpietS betont. ®ie päbagogen müffen burcf) ihren gteifj ifjre ©djitplinge
gum gteifje anfpornen, müffen fiel) oor größeren gestern hüten unb in Söort unb
£at SSürbe geigen. SDiit ben Sefjrern ihrer ©cf)ütztinge fotten fie in ftetem 33erlet)r
fein, bamit fie fo beffer ben Knaben Reifen fönnen. 23ei ben Hausaufgaben tonnen
fie befjilftief) fein, aber nicf)t fo, bafs baburd) bie Srägfjeit geförbert mirb. $ur
beftimmten 3^it, 81/* ober 8V2, gehen fie gugleic^ mit ben ©d)ütern gur Smutje unb
ftetjen 5 Uf)r ober früher auf. Sie müffen auf fteifjige unb faubere Hau§ar^e^en/
auf Verrichtung beS SJtorgem unb StbenbgebeteS achten, ©ittfamfeit unb Sieinticf)!eit
in ber Reibung fetbft beobachten unb üott ihren ©Gütern forbern2.
(5S gab aud) ©tubenten, welche bei mehreren ©ctjütern gugteidj bie ©teile eines
päbagogen oertraten unb biefelben in ifjren ©tubien übermalten. Stad) einer ©tif=
tung in SOiünfter üom Qatjre 1633 foHten gmei arme ©tubenten für je geljn arme
©tubenten „Paedagogia Oermatten"; biefe beiben betamen bafür jährlich jeber
20 SieidjStater. ®a bie ßafjt gef)n aber ben Sefu^en 3U öiet erfc^ien, mürbe bie
Stiftung fo geänbert, bah 20 arme ©djüter oerfdjiebenen päbagogen gugeteitt mürben,
bie bafür baS entfprecfjenbe ©tipenbium erhielten. SZur ©cfjüter beS ©tjmnafiumS
burften päbagogen merbeit; mürbe jemanb aus ber ©cf)ute enttaffen, fo muhte er
aud) bie ©tette atS ^ßäbagog aufgeben. 9ftan mottte baburcf) üer^inbern, baf; oer-
borbene Güemente oon ben ^oftgebern weiter unterhalten mürben. Stucf) fottte baS
Honorar nicht gang am Stnfang beS ^afjreS begahtt werben, bamit nicht päbagogen
Knaben annähmen unb nachher im ©tief) tiefen, nadjbem fie ben Knaben baS @etb
betrügerifdhermeife „aus ber 9?afe gegogen". SBie bie eingetnen ißäbagogen, fo blieben
auch bie ißriüatfitentien ber Stuffidjt beS $taffentef)rerS unb beS $ßräfeften beS
ßfpmnafiumS unterftetlt : wollten bie Gütern fidj biefen Veftimmungen nicht fügen,
mußten ihre ©ohne bie ©djute oertaffen. Seiber tarn eS aud) in fünfter oor, bah
bie päbagogen fo eine 2trt „päbagogifctjen HauSfnedjt" fpieten muhten; ein Vürger
oertangt unter anberem, bah fr er Sßäbagog, falls eS nötig fei, ben Ofen angiinben,
bei 2ifch aufmarten müffe ufm.3
£>aS ©cf)ulhatten, befonberS baS Unterrichten am ©pmnafium galt gu biefer
3eit atS etwas überaus Saftiges unb Hartes, frßr ©tanb ber ©pmnafialtetjrer mar
Oeradhtet4. £)er Qefuitenfeinb ©cfjoppe’SlManber macht fidh luftig über bie Qefuiten
atS Sehrer ber ^ugenb, fie mürben babei nur finbifdj unb gern närrifcf). Scholasticus —
1 3Bortlaut bei §. Seppe, Päbagogen unb
Präzeptoren am ©pmnafium zu Plünfier, in
geftfehrift bei ©pmnafiuml 124 ff; pg[. 113 ff.
2 SEBortlaut ebb. 126 f; pgt. 117 f.
3 @bb. 115 ff 119. 2lud) bal SRünchener
Siarium beftagt, bafj manche, auef) reiche ©Item
ben päbagogen nur SPohnung unb Soft geben
unb bafür aufjer ber beftänbigen £>ut ihrer
Äinber noch oielel anbere, zuweilen auch fnech“
tifche Strbeiten Perlangen. * Diarium ad ann.
1624. 3lnbermärt§ ging’§ noch fd)Iimmer. ©0 e>
niu§ fchreibt (äRagbeburg 1630): „Sie Sitern
roüten gegen bie Präzeptoren, wenn ihre Sin=
ber mit bet 6d)ulbi3ziplin ettoa§ hart am
gefahren werben, fchtagen bie Präzeptoren manch--
mal, bah ein frommer Präzeptor barüber in
Sebcn^gefahr gerät." Sh 0 lut, 3ttabemifche§
Sehen 188.
4 Pgl. bie Suffernngen oon Seipziger Sehrern
00m ^ahre 1631 unb 1634 bei Dtto Äaetw
mel, ©efd). bei Seipziger Schulmefen! (1909)
105, St. 5.
522
SIdjteS Äapitet. ©tymnafien unb Uniberfitäten.
fo fagt er — est animal, quod ab omnibus deridetur, ein Sd)utfuch§ ift ein Stier,
beffen jebermann lachet. SManber gibt baburd), fo antwortet gorer, menigftenS ju
erfennen, ma§ e§ für ein mühfetigeS, arbeitfameS SDing fei, mit ber unruhigen, un<
bänbigen, mutmiüigen nnb befonberS biefer $eit meiftertofen $ugenb Qahr unb
umgeben, großen ©eftanf unb Unluft ftetig babei entnehmen unb öerfdjtuden, um
auSfprechtiche ©ebutb in bcren Untermeifung unb Stbftrafung üben1.
Sftan brauet ficf) barum nid^t ju nermunbern, menn befonberS ^riefter anbere
93efd)äftigungen bem Sdjuthatten norjogen. ^n einem Stunbfchreiben be§ ©eneratä
(Earrafa notn 28. Quti 1646 mirb beSf)a!b gemahnt: StacI) bem allgemeinen Söunfcf)
ber ^atre§ ber testen ©eneratfongregation füllen ftd) aucfj bie ißriefter bem ©pmnafiat*
unterridjt mibmen. 5Die§ ift um fo münfcf)en§merter, at§ e§ fid^ ja beim Unterricht
um ein ber ©efettfcfjaft eigentümliches Stmt honbett, ba§ üon ben anbern Orben meift
ber ©efettfcfjaft übertaffen bleibt. ©emiff ift bie Slrbeit im SDienfte ber (Schule eine
harte unb fetjr fdfjmierige, aber ba fich fo öiele um bie Sßette anbieten, ihr 93 tut in
Qnbien ju üergiefjen, fo hoffe ich, baff fich fiele nietben, bie Sd)ute mit ihrem Scfjmeihe
ju begießen, um fo für ein tangbauernbeS üftarttjrium bie fö’rone ju erringen, bie
gmar nicht fo föftticfj in ben Stugen ber äftenfcfjen, mofjt aber ebenfo gtänjenb in ben
Stugen ber (Snget ift. (Earrafa münfcfjt beSfjatb bringenb, bah fich atte für biefe
herrliche Stufgabe begeiftern, unb mie für Qnbien, fo auch für biefeS mühereidje StrbeitS»
felb niete ^Sriefter fich freimittig metben. SDiefeS Schreiben brachte ber oberrheinifdje
ißroninjiat ©ertjarb Raufen am 26. Oftober 1647 in ber uadjbrücftidjften SSeife in
(Erinnerung 2.
2Bie bamatS bie Seljrer auf bie (Erziehung einmirften, hat 21tf)anafiu§ $ircfjer
in feiner Setbftbiographie banfbar anerfannt, bort mo er non feinem Stufenthalt an
bem Qefuitenghmnafium in gutba (ca 1612 — 1618) erzählt. „5111er (Eifer im Stubieren
unb ba§ auf Stneignung ber Söiffenfcfjaften gerichtete Streben ift üergebenS unb fanit
©ott auch nicht mohfgefättig fein, menn e§ nid^t mit mahrer grömmigteit unb StuS»
bitbung be§ ©emüteS nerbunben ift. $cfj muh batjer bie mahrhaft üon ©ott ge»
leitete SSorfidfjt meines 93ater§ bemunbern, ba er mir fotche Sefjrer unb fotchen Umgang
gab, bie e§ mir möglich malten, beibeS ju nerbinben. P. Johann Stttind:3 au§
ber ©efettfcfjaft Qefu, mein Sefjrer in ben nieberen Staffen, ein üfftann, höchft erfahren
in ber fd)mierigen Stufgabe, bie Qugenb nicht btoh gum eifrigen Streben nad) miffen»
fchafttichen S^enntniffen, fonbern auch nad) grömmigfeit unb ©ottfeligfeit anjuteiten,
mar einzig barauf bebadjt, baff ich meinen (Eifer für bie Stubien mit bem für bie
retigiöfen Übungen nerbinben möchte. 2)enn er lieh feine SBodje nerftreichen, in ber
er mich nicht anhiett, mein ©emiffen burd) bie heilige 93eicht ju reinigen, unb fo
oft e§ bie 93orfd)riften ertaubten, mich burch (Empfang be§ heitigften StttarSfaframenteS
ju ftärfen. Stuherbem nerhütete er auf alte ÜEßeife, bah ich burdj ben Umgang mit
fcfjtedjten ÜDUtfcfjütern nerfüfjrt mürbe. SDeSfjatb mottte er, bah i<h midh nur fotchen
$ameraben enger anfdjtiehe, metche gleid^e latente unb Neigungen mie id) hotten
unb fich burch fehr groben (Eifer in (Erfüllung ihrer retigiöfen Pflichten au^eicfjneten.
SOiefe berief er hie unb ba einzeln ^u fidh unb ermahnte fie auf ba§ einbringtichfte,
bie Safter ju ftiehen, bie ©otteSmutter ju üerefjren, fich ber Stugenben ju befleißigen
unb baS Sehen ber Zeitigen fidh gunt SJtufter ju nehmen. ®urcf) biefe prinaten
Unterrebungen entftammte er un§ jumeiten fo fehr, bah toir nichts anbereS ju
1 fgorer, 2lnti=2Manber 253 f. in gulba, ^fjitofopfjie in SBürjburg lehrte, bann
2 * Cod. Bamberg. I 47 f. Srucf Ratio stad. fpäter 9teftor in DSnabriicf unb 93eid)toater be§
III 63 ff. 93ifd)of§ ^ranj Sßilfjelm non SBartenberg mar.
3 @3 mirb P. Sof). Slltindf au§ ©röningen ßr ftarb ju ÜJtünfter am 26. 2tprit 1652. SJgl.
fein, ber 1608 in fötiinfter eintrat, Humaniora oben S. 89.
2)ie ünibcrfität. $!)ilofop^ie: 9Jtetljobe.
523
münfcpcn fcpienen alg einjig bag, mag auf (Sott nb§iert. Unb fürmapr, i cp fann
^ter niept üerfcfjtüeigen, roelc^ grofje Söemeife feiner fürforglicpeit Siebe mir ©ott gab,
ba er mir bie ©nabe berliep, bafj icp tnicp unaufhörlich mit ©tubieren ober mit
Übungen ber grömntigfeit befcpäftigen fonnte, unb jtoar mit fo großem ©ifer, baff
idh alteg, morauf Knaben SSert jit legen pflegen, verachtete." 1
Slucp für bie ißpilofoppie mar an ben beutfcpen ^efuitenfcputen im grofjen unb
ganzen bie ©tubienorbnung mafjgebenb. Ücach einer Slufjeicpnung aug bem gapre
1617 mürbe um biefe geit im SSiener ®otleg in fotgenber SSeife ißpilofoppie bojiert.
ÜÖJorgeng biftierte ber ^ßrofeffor oon 8 big 9, bann repetierten bie ©tubenten a/2 ©tunbe
bag ®iftat. Um 72 10 mar h^Iige SDfeffe. üftacpmittagg biftierte ber fßrofeffor
mieberum oon 2 big 3, non 3 big 4 repetierte einer unb jmei machten (Sinmürfe.
©amgtagg mar bie öffentliche Disputation von x/22 big a/24 Upr. (Sin ©tubent oer*
teibigte bie gefcpriebenen STpefen. monatliche SDigputation bauerte einen ganzen
£ag, unb alte brei ^Srofefforen mußten mit alten ipren tpörern teilnepmen; morgeng
7 — i/alO unb nadpmittagg J/22 — 4. 9Zur folcpe, bie bie Ütpetorif gut abfotüiert,
mürben jur ißpilofoppie gugelaffen 2.
37acp bem Consuetudinarium ber rpeinifcpen ißrotiinj Vom gapre 1628 mar bie
von bem SSifitator gerb. Silber beftimmte Drbnung in Übung. SJZorgeng unb nacp*
mittagg maren je jmei ©tunben SSortefungen. ©amgtagg mitrbe einige geit auf bie
Äatedpefe öermanbt. gn ben £>unbgtagen, bie nach SJiaria ütßagbalena beginnen,
maren gerien für bie pöperen ©tubien, ebenfo mar frei Oon ißalmfonntag big Söeifjen
©onntag. ®ie ©cplufjferien bauerten vom 30. ©eptember big 3. 9Zooember ober je
nacp ber Sanbegfitte big jum (Snbe ber Sßeinlefe3.
®ie 33epanblung ber Sßpilofoppie mar bie fdpolaftifdpe, bie fiep auep an ben
proteftantifepen Unioerfitäten immer mepr 33apn braep. 2Sie an proteftantifepen, mürbe
auep auf fatpolifepen Unioerfitäten geftagt, bajj mit unnüjjen ©pi^finbigfeiten geit
oertoren gepe unb 9?otmenbigeg oerfäumt merbe. SDer in ißpilofoppie unb gurig*
prubenj tüdptige gngolftäbter fßrofeffor ®afpar SJians4 fpradp fidp über einzelne fünfte
1648 in einer eigenen ©eprift mifjbilligenb aug. SOfanj geißelt bie nieten über*
flüffigen ©ubtilitäten, mau bteibe gu lange bei ben Unioerfatien unb ißoffibilien
pängen, fomme niept jum Sßraftifcpen unb ütiüpticpen. ©in ©eleprter pflegte ju fagen,
menn er bie ißpilofoppen bigputieren pörte, ob ein ©ngel, ber ein f teineg ©tücf
Rapier in bie fteinften Deite teilt, enbtiep an ein ©nbe fomme: Die ©ngel im §immet
taepen, menn fie fepen, rnetepe Dorpeiten mir bepanbetn. gep glaube, fie taepen niept
allein, fonbern jürnen, menn geleprte unb oerftänbige HJfänner ipre geit fo unnüp
oergeuben unb injmifcpen bie 0?atur, beren $enntnig ung jur Siebe ©otteg entflammen
fönnte, niept berüpren. SSeiterpin beflagt SJfanj, baff oieleg, mag gur Dpeologie
gepöre, in ber ^pitofoppie trabiert merbe. gn ber ipppfif merbe über bie abfolute
SJiacpt ©otteg unb über tpeologifcpe ©epeimniffe gepanbeit, ber menfeptiepe Körper
bagegen faum je erflärt. (Sr meint, bie ^pilofoppie müffe fo geleprt merben, bafj
alle, ber SJiebijiner, ber gurift unb ber Dpeolog, für ipren 93eruf auep praftifepen
9Juj}en paben fönnten 5.
1 9t. ©eng, ©elbftbiograpbie be§ P. 9Itl)a=
nafiu§ Stirerer 6 f.
2 *Austr. Fund. II 435.
3 * Consuetudines Prov. Rhen. 1628.
4 Über Sütanä ögl. © p e dt) t , SiUingen 334 f ;
ißrantl, ^ngolftabt I 424 ff. Über pro*
teftantifdje üniberfitäten Dgl. iß a u I f e n a. a. 0.
I2 478 f.
5 Casp. Manz, Iudicium super illa quae-
stione, utrura dari possit melior et Christia-
nae pietati conformior modus docendi pkiloso-
phiam quam sit vulgaris (4° 20 ©.), s. 1.
et a. 5 ff. 3)ie al§ 9}tonuffrifit gebruefte ©dprift
ift beut P. SBoIfgang ©raüenegg S. J. getoibmet.
Briefe be§ 9teftor§ ©erb. 3SeiI)eIin Dom gunt
unb Suü 1648 (* Original 9)t. 9t., Jes. 1373,
524
2Id)te§ Kapitel, ©pmnafien unb llniüerfitäten.
2Bie ÜJttang feine (Schrift bem früheren ißrooingiat Söotfgang ©raoenegg mibmen
fonnte, fo mären and) onbere Qefuiten mit ben unnüfsen ©ubtititäten beim Setriebe
ber fß^iiofo^ie nidf)t einoerftanben. Qm Qafjre 1639 fpracfjen firf; bie fßatreS ber
oberbeutfcfien QBroötitgtalfongregation bat)in au§, baf) bie äftiffftänbe, bie fic^ bei ben
pf)itofopf)ifcf)en Sortefungen eingefdjtidjen, ba§ £)afcf)en nad) ©ubtititäten unb ba§
StuStaffen nü|Iicf)erer fragen, mögticfjft gu entfernen feien 4 3ef)n Qahre fpäter be*
fdftofj bie oberbeutfcfje Sroöin<$iatfongregation (1649), über ben ©tanb ber fßhitofophie
unb Geologie bie fotgenbe ®Iage ber neunten ©eneratfongregation in Som gu unter*
breiten. 37ad) ber heutigen SOZetfjobe merben ißf)itofopt)ie unb S^eotogie nicfjt mit
Südfidft auf ben öffentlichen 9?u^en gelehrt; bie üornehmften SJiffenSgmeige merben
burdf) nufdofe unb fpi^finbige fragen üermirrt. Die Dheotogie mirb phitofophifd),
bie $f)itofopt)ie ttjeotogifd) oorgetragen. 907an bleibt bei fteintidjen unb törichten
©ubtititäten hängen. 2öaS ben fpörern mirftid) nü|t, mirb als QuiSquitie oerachtet
unb übergangen. Die Autorität beS StriftoteteS unb Xt)oma§ fcffroinbet. Die fpörer
bringen aus ber Dheotogie faum etmaS mit, maS ber ®irdf)e hilft, maS bientid) ift
gur Sefämpfung ber tpärefien, gur Serteibigung ber ©taubenSfähe, gur fßrebigt beS
göttlichen SöorteS. (Sehr grofj ift bie ®lage ber mirftid) ©ebübeten gegen biefen
gu einem öffentlichen Übet fidf) auSmachfenben ÜDüfsftanb. ©ange DrbenSgenoffen*
fcfjaften, bie uns früher gern atS Selber gehört, tegen feinen Söert mehr barauf.
Die üniüerfitätsprofefforen brohen, bie $ßrofeffuren anbern gu übertragen, bei metchen
bie tpörer etmaS lernen fönnen. Da mir bertei täglich hören unb fetten, fo müffen
mir bie ©eneratfongregation bitten, menn irgenbmo, tper forgfättig gugufetjen, bah
bie ©efettfdfaft in biefem fünfte feinen ©ctjaben teibe, für ben eS batb feine Reifung
mehr gibt2. Qnfotgebeffen empfahl bie ©eneratfongregation bem ©enerat bringenb,
für Stbhitfe gu forgen, ber feinerfeitS eine befonbere Qnftruftion barüber in batbige
SluSfidjt ftettte.
SS5ie bie $tage über baS Überhanbnehmen ber ©ubtititäten in Deutfdjtanb aud)
an proteftantifchen Unioerfitäten eine allgemeine mar, fo trifft bieS auch gu über eine
befonbere 5?tage, nämlich bie Sernadjläffigung beS DegiteS beS 2triftotete§ : Stbirrungen
in ber SDJethobe unb Sernadf)Iäffigung ber erften duetten gehen eben überall tpanb
in tpanb. SBährenb oon SIriftoteteS öon 1531 bis 1587 in Deutfchtanb (bie beutfcfje
©cpmeig eingefdjtoffen) oier griedjifdfe Ausgaben erfchienen maren, bauerte eS bis
gur nächften griechifchett StuSgabe über gmei Qahrfjunberte (1791). ©d)on 1590
beftagt QSotpfarp Sepfer, bah auf ber SBittenberger ünioerfität bie ©djriften beS
StriftoteteS göngtidf) oernadfitäffigt mürben3.
Die Qngotftäbter ünioerfität ftettte am 3. ©ftober 1612 bem fpergog 9J7ajimitian
oor: bah „öiet aus uns fein, metche brei ganger Qat)r ben oöttigen Cursum
philosophicum oon ben tperrn Patribus gehört, aber inner fotcher 3eit in eines
ffßrofefforen Rauben ben Aristotelem nie gefehen, oiet meniger benfelbeit tefen ober
epptigieren hören". ©S märe gut, menn ein tüchtiger metttidjer ißrofeffor beftettt
mürbe, ber befonberS für bie Quriften ben StriftoteteS tefe unb bie oiet gu fubtiten
Disputationen ber fßatreS untertaffe, befonberS aber bie Diateftif unb ©efcf)id)te in
Stnpaffung an bie ©rfenntniS beS 9ffecf)tS tefe4. ©ine Denffcfirift ber oon Qefuiten
f. 105 ff) toenbert fid) fdjarf gegen biefe ©cprift.
Garrafa t)“It in bem 93riefe oom 8. ?luguft
1648 an SBeiljelin eine furge unb befcpeibene
SBiberlegung ber ©djrift beS Dr Wanj für an*
gebracht. * Original Clm 26471. SSgl. 50t e»
berer a. a. 0. II 318 f 328. iOtanj geht in§
anbere Gjtrem, inbent er bie ißhhfif für bie no-
bilissima pars totius philosophiae hält (ebb. 12).
1 *Acta Congreg. Prov. Germ, sup., 19. ^juli
1639, f. 232.
2 * Original Acta Congr. Prov. 1649, f. 457.
Unterfchrift Andreas Brunner, Secretarius.
®gl. ebb. f. 459.
3 ipanlfen a. a. 0. I2 475 ff.
4 ißrantl a. a. 0. II 376 f.
Sie Uniüerfität. iJRjüofobpie: Slriftoteleei. — £anbbiid)er. — Stebetitionen. — Siäjiblitt. 525
befehlen artiftifcpen fjafultät ^atte bagegen fdjon September 1611 fjeröorgefjobeit :
ES ift befannt, bap alle ^rofefforen in ber ^ß^ifofopf)ie feinen anbern Slutor als
StriftoteteS erftären, nnb gmar gemöpnlkp erftären fie ben 2ept felbft, beüor fie
eingepenbere Erörterungen über bie Sacpe anfteüen. Sie lehren auf bie 2Irt unb
SSeife, tuie fie bereits in ber gangen Söelt übticp ift1.
®ie Slriftotetesfrage mürbe am 19. Quti 1642 auf ber oberrpeinifdjen ißrobingiat'
fongregation üerpanbett. Einige ^Srofefforen, fo mürbe perüorgepoben, beriidficptigen
gegen bie Sieget ben Sejt beS SlriftoteteS nicpt, inbem fie eS für iiberflüfftg galten,
auf beffen Erftäruug 3U öermenben. ES mürbe beSpatö bie Qrage aufgemorfen,
ob bie Kongregation ben Eenerat bitten fotte, bie ^Beobachtung biefer Siegel als
meniger notroenbig gu erftären. SDie SDiajorität fpracf) ficfj gegen eine fotdje Sitte
auS, eS fei fein Erunb, üoit ber Siegel abgumeichen, metcpe bisher bie meiften fßro*
fefforen ber ^Sroöing beobachtet hätten, im Eegenteit füllten bie Obern auf beren
Seobadjtung bringen 2.
®aS Tteptbud) beS SlriftoteteS mürbe oietfacp burch (panbbücper oerbrängt. SltS
§anbbncp ber SDiateftif erfreute fiep baS Sud) oon Qonfeca gropen SlnfepenS. Qm
17. Qaprpunbert trat an beffen Stelle baS Kompenbium beS befgifchen Qefuiten
SDu STrieu. SiteüeSdji fcpreibt am 25. üOiärg 1617 an ben rheinifchen ißroüingiat
Eopper: 2BaS baS fürglich in Setgien erfcpienene Kompenbium ber SDiateftif beS
P. S^ttipp ®u £rieu angeht, fo fehe ich feinen Erunb gegen beffen Einführung,
menn eS für bie Sdjüter Qprer ^ßrobing nüptidjer ift als bie Qnftitutionen beS
P. Qonfeca; bap aber bagu Erftärungen ben Schülern biftiert merben, hatte ich für
burdjauS untunlich 3. SaSfetbe ^anbbud) mürbe aud) in ber oberbeutfi^en Sßroüing
gebraudjt4. Unter bem 29. Oftober 1642 berichtet baS ®iarium ber artiftifchen
Qafuttät gu Qngotftabt: 2)er Sogifprofeffor begann an Stelle beS Qonfeca ben ^5^ilipp
S)u Strieu gu erftären unb nadj einer neuen SRetpobe bie fßpitofoppie oorgutragen
auf Eepeip beS ^Srot)inginI§ Sßotfg. Eraüenegg5.
Sieben ben monattidjen unb möcf)enttichen Disputationen unb Scputrepetitionen
famen auch ön einigen Unioerfitäten nodj i^rioatrepetitionen auf, mie g. S. in Qngot-
ftabt. Qm ÜRooember 1624 patten arme Stubenten, meift QSptjfifer, bie an ber Sforte
beS KoIIegS gefpeift mürben, ben ißtan gefaxt, eine tägliche Siepetition untereinanber
anguftetten. ®er Sieftor beS KottegS bemitXigte ipnen gur befferen Seitung einen
£peotogen. Qm Saufe ber Qapre traten anbere Stubenten auS ber Stabt bei. Um
größeren Siupeit gu ergieten, mürben üerfcpiebene Eruppen gebitbet, unb jebe erpiett
einen £peotogen ober ißpitofoppen aus ben Sdjotaftifern, ber bie in ber Sdjute be=
panbetten SRaterien prioatim mit ipnen mieberpotte. ®iefe fepr nüpticpe Eemopnpeit,
mie ber Stnnatift fie nennt, btieb über baS Qaprpunbert pinauS beftepen6.
S)ie Sepanbtung ber fßpitofoppen, ja gumeiten auch ber Speotogen mar nietfad)
bie ber Epmnafiaften, befonberS an ben Slnftatten, mo bie ißpitofoppie bem Epmna*
fiunt angegtiebert mar unb feine Unioerfität beftanb. So maren nad) ben SRüncpener
Consuetudines üon 1630 bie ^ßf)ilofoppen unb bie Xpeotogen ben Epmnafiatgefepen
untermorfen. Qiir eine einmatige Stbmefenpeit mupte eine Krone Strafe begaptt merben.
1 * Original ÜDt. U. T. 17.
2 * Original Acta Congr. Prov. 1642 II 277.
Ser SSerfatl bed ariftotelifd)en ©tubiuml mar
barnatS auch auf ben proteftantifdjen llniberfi*
täten allgemein unb batiert fd)on üom ßnbe
be3 16. SabrbunbertS. Oiidpt nur bie SluSleger
be§ 2lriftoteIe3, fonbcnt and) bie Sejte beS
2lriftotete3 unb i)3lato üerfdjmanben au§ beit
Slubitorien ; au beren ©teile traten ;panbbüd)er
unb SluSjiige. ®gl. Spolud, Ser ©eift ber
Iittljerifdjen Sljeologen S3ittenbcrg§ im 17. gabr--
fjunbert (1852) 56.
3 * Orig.=3teg. Ad Rhen.
4 Ratio stud. II 242 280.
5 * Acta Facult. Artist. Ingoist. 9Jt. U. 014.
6 Me d e r e r , Annales II 239 f.
526
Std)te§ Kapitel. ©tjmnafien unb Uniüerfitäten.
gür größere ©elilte trat bie Kargerftrafe ein. Söurbe einer aug ber ©djute augge«
fcfjloffen, fo bat man beit ©tabtoberricf)ter, benfelben aud) aug ber ©tabt gu üermeifeit,
bamit fein Umgang nicht fdfiabe 1. gebruar 1630 txmrben gmei ©fjeologen in ben
karger geftedt, bie an einer öffentlichen ©angbeluftigung teilgenommen ober gugefdjaut
hatten; einer, meldjer fid) meigerte, bie ©träfe angutreten, mürbe entlaffen. Quni
1630 erhielten gmei Theologen Karger megen fortgefepter Berfäumnig ber ©d)ule unb
Kirche. 21m 1. ©egember 1631 erhielt ein ©Ideologe *^e ©ntlaffung megen fortgefepten
©rinfeng unb 9iad)tfdjmärrnerei. 21m 18. ^uni 1638 manberten neun ©peologen unb
Sogifer in ben Karger, meil fie fiel) oerfdjmoren, bie ©djule nidjt gu befucf)en. 21m
10. äftärg 1638 mußten gmei Sogifer megen Prügelei auf ben Boben fnien. ©ie
furcht üor ber humi sessio, bie oont ^ßrooingial alg ©träfe für bie Sogifer beftimmt
morben, hält Diele im ßaume, Tagt bag Diarium2. 2(f)ntidj mar eg in SGSien (1617).
9äemanb burfte bemaffnet bie ©chule betreten; bie plumati, bie gebern auf bem
£>ute trugen, mürben in ber ©chule nicht gebulbet. §erumfcf)märmen in ber S'iadjt
mürbe ftreng beftraft. giir gufpätfommen, Berfäumnig ber Borlefung ohne (Sntfcfjul*
bigung, unbefdjeibeneg unb fredjeg Benehmen in ber ©d)ule mürben folgenbe ©trafen
angemanbt: bie klaffe reinigen, fnienb beten oor beit ©djülern, bie gange Borlefung
fnienb fchreiben. ©dimere Vergehen mürben härter beftraft, Uuüerbefferlidje entlaffen 3.
(Sine oft unb lange oerl)anbelte güage betraf bie ©auer beg philofophifdjen
©tubiumg, ob ein gmei- ober breifähriger Kurg üorgugief)en fei. ©ie rheiiüfdje
Brooingialfongregation beriet am 31. 9Kai 1622 eingehenb barüber, ob bag brei»
jährige ©tubium ber $ßhtf°jophie, bag an ben meiften rheinifdjen Kollegien mit 2tug>
nähme oon Köln beftanb, nicht in ein gmeijährigeg gu oermatibeln fei. (Sg fei für bie
Bljeinlanbe guträglidjer, biefeg ©tubium auf 2J/4 3ahr gu üerfürgen, meil burdh
bie Sänge beg ©tubiumg unb bie ©rohe ber Soften manche fich gur Bedjtgmiffen-
fdjaft ober gu augmärtigen 21fabemien menbeten, unb fo mürben gerabe bie tüdjtigften
©chüler ber ©djule eutgogen. Bei bem breijäfjrigen Kurg habe auch bie Sänge ber
Serien, auf melche bie ©tubenten bei einem fchnelleren Verlauf gern öergidjteten,
erfahrungggemäh fdjäblid) eingemirft. (Sine grofje SDtajorität fprad) fich baf)in aug,
ben ©eneral um bie Berfürgung auf 24/4 3al)r Su bitten, ©ie Kongregation miffe
gmar, bah öon Born mieberholt bie Beibehaltung beg breijährigen Kurfeg oerlangt
morben. ©ie Konftitutionen fchrieben bie brei $af)re nur für bie Unfrigeu oor, bie
Unfrigen müßten aber fo mie fo bie Bh^0f°Phie mieberholen unb bafür fönne ber
noch übrig bleibenbe ©eil beg britten ^ahreg oermanbt rcerben; gubem fei bie ßafjl
ber Borlefungen an ben Orten mit bem Biennium ebenfo grofj ober noch größer alg
bort, mo bie brei 3ahre mit ihren gröberen Serien beftänben4.
3n bem (Gutachten, meldjeg bie Kongregation bem ©eneral überreichen lieh,
roerben biefe ©rünbe noch näher auggeführt. Unter anberem mirb betont: ©ie
meiften Bljeinlänber üermenben nach Sanbegfitte gegen neun big gehn 3af)re auf
bie humaniftifdjen ©tubien unb motten bann auf bem fiirgeften Söege gu ihrem gadj-
ftubium, 9ted)tgmiffenfdjaft, üütebigin ufro., gelangen. $n ©ouai, Sömen unb Köln
fommt man mit gmei fahren gerabe fo meit mie anbergmo mit brei 3ahren- ®on
benjenigen, bie in ber rheinifdjen ißrooing bag ©riennium anfangen, harrt faitnt ber
fünfte ©eil aug, unb bag finb meift ©tipenbiaten ober 21rme, gum ©chaben für nufere
Bh^ofophie, bie fo üon ben 21beligen unb beffer geftellten ©tubenten oerlaffen mirb.
2Benn bie Konftitutionen bag ©riennium oerlangen, fo gilt bag befonberg oon Säu¬
bern mit heihem Klima, mo ebenbeghalb häufigere unb längere Serien unb meniger
1 * Diarium Gymn. Monac. Clm 1550, f. 200. 3 *Austr. Fund. II 485.
' *Sbb. 4 * Original Acta Congr. Prov. 1622 II 20.
Sie Uniöerfität. ^ilofop^ie: Sriennium ober SBiennium.
527
©djulftunben notmenbig finb. Diacp ber 17. Siegel be§ ^proöinjialS fte^t e§ biejem
frei, an ©cpulen für 5tugmärtige ein gmeijäprigeg ober breijäprigel ©tubium ber
^pilofoppie anjuorbnen.
Sitedegcpi antmortete am 31. Sejember 1622, er mage in einer fo mistigen
©acpe nicpt oon ben ^onftitutionen unb ber beftänbigen ^ra;ri§ feiner Vorgänger
abjugepeit; er poffe aber, bap au§ bent treuen @5eporfant fein ©cpaben, fonbent
groper üftupeit entfielen merbe, tnie ja ber blüpenbe ©tanb ber Kollegien trop ber
gefdjilberten S^ac^teite bie§ bi^fjer bemiefen. üßicpt au§ ber 3apl ber Sorlefungen
allein fei bie SDauer beg Wurfes ju bemeffen, fonbern aucp aug ber ßeit unb ÜDtupe,
meldje für eine folibe ©rfaffung fo oieler unb fo fcpmieriger Materien notmenbig fei 1 II.
Stuf ber oberbeutfdjen ^robinjialfongregation bont ^apre 1639 mürbe am
20. $uli bie grage öerpanbelt, ob ntan bie ber polnifcpen ^robinj erteilte Erlaubnis,
ba§ breijäprige ppilofoppifcpe ©tubium in ein jmeijäprigeg ju oerfür^en, aucp für
bie oberbeutfcpe Sßrobinj erbitten folle, befonberg an ben Orten, too feine ©cfjolaftifer»
feminare fid) befänben. ©d)lieplidj entflieh man fiep bafür, alleg beim alten %u
laffen. Stenn eg gepe jept fcpon ein beträc£)tricf)er Steil beg Strienniumg an bie Serien
berforen, bie nidfjt berfürjt merben fönnten. SBenn man ben ©toff in jmei Qa^re
gufammenpreffe, leibe bie (Srünblicpfeit. Söürbe ba§ Striennium nicf)t überall ab»
gefcpafft, fo bürften bie Uniberfitäten, beren Sorlefungen unfere ©djolaftifer hörten,
halb feer fiepen, benn alle mürben bortpin gepen, mo fie ein ^apr geminnen fönnten.
Sftatpematif unb (Stf)if Ratten burcp bie Serfürjung befonbern ©cpaben, ba feine $eit
mepr für fie übrig bleibe. SDie Seifpiele aug ^Belgien unb ^ranfreicp bemiefen nicptg.
SDort (in granfreicp) merbe bie ^SE)ilofopf)ie in einem jmeijäprigen ®urg auf bem
©pmnafium borgetragen; in Belgien aber feien bie ©cpüler überbürbet, ba jebe
Stigjiplin gmei ^Srofefforen fjabe, mag bei ber 9Zot ber beutfcpen Kollegien feine @r»
feidjterung bringen mürbe2.
Söenige $apre fpäter brängte aber fö'urfürft üüiapimilian eutfcpieben auf einen
jmeijäprigen $urg. St>er Sörief, in meinem er bieg forberte, oerurfacpte 93iteüe§cf)i
grope Sefümmernig. Qn feiner Slntmort bom 27. ^uni 1643 bat Sitellegdji ben
^urfürften, bie ©egengrünbe, melcpe P. Seröau;r entmideln merbe, gnäbig andren
SU motten. ©offte er bann auf feinem Söunfcpe beftepen, fo merbe trop aller ent»
gegenftepenben ©cfjmierigfeiten bemfelben entfproepen merben3. @leicf)§eitig manbte
fiep 93iteEe§cf)i an Serüau£ mit ber Sitte, er möge bem ^urfürften bie (Srünbe aug»
einanberfepen, megpalb ber ©eneral unb feine Stffiftenten ben Söunfcp nicpt fogleid)
erfüllt pätten. Sor allem fei eg ber flare SSortlaut ber ^onftitutionen, bie menigfteng
brei $af)re oertaugten4, baran hielten fid) audj alle Qefuiten in Italien, ©panien,
Portugal, Steutfcplanb, ^olen unb Snglanb. Qn Selgien unb bem größten Steil bon
granfreiep müßten fiep bie ^atreg ben ©emopnpeiten ber bortigen Uniberfitäten an¬
paffen, meil fonft bie ©cpüler augblieben. ©obann pabe man in Selgien bie ^ßpilo»
foppieprofefforen berboppelt unb bie Sorlefungen auf fünf ©tnnben täglicp erroeitert;
baraug gepe flar perbor, mie fepmer eg fei, bie ganje ^ßpilofoppie in jmei $apren
ju botlenben. ferner fönnten bei ber ©emäprung ber Sitte auep anbere dürften
in ^eutfiplanb unb $ßolen baSfelbe für ipre Slfabemien berlangen, unb e§ märe bann
fd)mer, bie Sorfcprift ber ^onftitutionen aufrecht ju patten. SDritteng fei bie 3U=
fammensiepung für ben ßmed be§ Äurfürften, bap bie ©tubenten fd)nelter unb billiger
ju ben ^adl;ftubien ber SUfebi^in unb ber iRedjtgmiffenfcpaft fämen, niept notmenbig.
1 * ©bb. II 22 38. Sie 17. Siegel be§ $ro- 2 *Congr. Prov. Germ. sup. 1639.
üiitjialS in ber ©tubienorbnuncj Ratio stud. 3 * Orig.-SReg. Ad Externos.
II 242. 4 Const. P. 4, c. 15, n. 2 unb Lit. B.
528
§td)te£ Äajutel. ©tjmnafien unb Uniberfitäten.
2)afür fei ja fc^on burdf) bie öorigjäfjrige Verorbnuitg bes ßurfürften, bie aucf; in
Übereinftimmung mit ben Verfügungen bei ©eneratg fei, borgeforgt, infolge berer
in ben erften jmei $af)ren bie ben Sflebijinern unb Quriften mefjr notmenbigen
MVNDVM TRADIDIT DI.SPVTATIONI EORVM icci.m
Ho ■* 5EX DILKVM *
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IN ELECTOPAIi YMVEP5ITATE ING OL 5TAEHENSI
Philofophic*r Di fputatiom PropoTuit
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I LMBOINFRANSIE1NEFNEGGETMALCHINGETC.
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P\leodegapio HEKTENSTEIN SOC.IESV äm
II PHlLOSOPfflA FBOrESTOBE OKDINAMO. jf .
INGOLSTADII
ro christi mpcxxxvt
titel eines 3nplftabtev 2:fjefeii5etteIS über bag ©cdjgtogettierl.
Stid) bon SBoIfgang Stlian 1636 (s/3).
iUi aterien ber Sogif unb fßf)t)fif getefen, bie fdjmierigeren unb mefjr ben Sfjeologeit
bienenben fragen au§ ber SDleta^fif auf ba§ britte Qafjr berfcfjoben mürben \ 3Rit
i * an ©rcibenegg, 21. 3an. SBihtfd&en bei Surfürjlen. $ie oberbeutföe
1642: ber ©eiteral cntfpridjt fcereittbiöig ben 5ßrobinjiaI!ongregation bom Qult 1642 batte
2)ie Unioerfität. Rheologie: .gabt unb Slrt ber SBorlefuitgen. — 2)ogma.
529
beit gmei erften Qaßren ßätten bie Rtebiginer unb fünften genug, ba§ britte .Qaßr
fei aber für bie Geologen burdjaug notroenbig. Qn graufreid) ßabe man an einer
Stfabemie, mo nad) ber Sanbegfitte ber ätueijä^rige Kurg eingefütjrt mar, bie Slug*
beßnung auf brei $aßre gemünfdjt unb erlangt, meil nad) Slugmeig ber (Srfaßrung
ein fo furgeg ^ßilofopßieftubium für bie Geologen niefit genügte. SDegßalb müßten
bort ade Qefuiten, bie in bett öffentüdjen ©djulen nur gmei ;Qaßre gehört, für ficß
nodj ein britteg Qafjr ßören. ®ag merbe aucß für ®eutfcßlanb beftimmt merben
müffen, menn ber Kurfürft auf feinem SBunfd) ber 3ufammengießung beharre 1. Qn«
folge biefer Rorfteditng ftanb ber Kurfürft ooit feinem Verlangen ab, mofür ißnt
SSite£te§cf)i am 8. Sluguft 1643 in ben märmften Slugbrüden feinen SDanf abftattete2.
SDte Xßeologie mürbe nad) mie üor in üier Qaßren abfotoiert. Racß bent
rßeinifcßen Konfuetubinarium oom $aßr 1628 lafen in ber Geologie gmei ißrofefforen
täglich üormittagg je eine ©tunbe; 1/i ©tunbe mar Repetition; nacßmittagg mar
Söieberßolung gu §aufe (repetitio domestica). 2)ie bogmatifcßen Rorlefungen
mußten ade ßören, bie Rorlefung über bie ^eilige ©cfjrift bie Geologen beg britten
unb oierten Qaßreg, bie Rloral bie beg erften unb gmeiten Qaßreg. ®agu fant nod)
für bie STßeologen beg gmeiten Qaßreg Ipebräifd)3.
35ie fcßolaftifcße £ßeo!ogie mußte im SDreißigjäßrigen Kriege an mehreren Orten
aufgegeben merben. 2)ie oberr^einifc^e ^roüingialfongregation beriet am 19. $uli
1642 bariiber, ob man fie mieberbeginnen fülle. ®ie Kongregation fpracf) fid) bafür
aug, unb gmar entmeber gu SRaing unb SBürgburg gugleicß ober an einem ber beiben
Orte. ®ie Rottage ertjeifdje gmar bie Unterbrechung noch für mehrere $aßre, aber
bie oft geäußerten Söünfcße ber dürften unb Prälaten unb bie ©efaßr, baß nidjt
anbere Orbengleute bei längerer ßögerung uitfere Katßeber einnäßmen, fpräcßen für
bie SBieberaufnaßme biefer Rorlefungen 4.
Sllg SDefan ber tßeologifcßen gafultät gu Qngolftabt ßat ficß P. Slbatn Scanner
lebhaft für bie ißrofeffur ber Kontroüerfe auggefprodjen. Unter bem 12. SDegember
1605 füßrt er in bem ®iarium ber gafultät aug, bie fcßolaftifdje Geologie fönne
in üier ^aßren üon gmei ^Srofefforen gang gut üottenbet merben, ein britter ^rofeffor
ber fcßolaftifcßen Sßcologie fei nur eine gegenfeitige 23eßinberung für bie geitige
Rollenbung beg ©toffeg, mäßrenb ein eigener fßrofeffor ber Kontroüerfe üöttig frei
gleicßfam außer ber Orbnung üorangeßenb bie fcßolaftifcße Xßeologie nur förbern
fönne. 2)ie (ärfaßrung ßabe aud) gegeigt, baß bie britte ^Srofeffur ber fcßolaftifcßen
Sßeotogie faft feine gußörer ßabe. Slug alten biefen ©rünben begrüßt er bie neue
^ßrofeffur ber Kontroüerfe in ^ngolftabt unb münfcßt fegengreic^eg ©ebeißen5.
2)ie ^eilige ©dßrift mürbe nicßt überall ßinreicßenb gemertet6. Söieberßolt
gelangten Söünfdje nad) Rom, baß man größere ©orgfalt auf bie ^eilige ©cßrift
bem ©enerat öorftetten laffert : Stuf SBunfd) be§
Kurfürften SUtai'imitian bat ber ©enerat ge=
ftattet, in gngotftabt bie Strt uitb SSeife, bie
fßbitofopbie äu bojieren, etma§ ju änbern, näm*
tief) bie fd)toierigeren fragen in bie OJtetapbPfif
ju üerroeifen unb Sogit unb Sßbbfif ju türmen.
$er ©enerat bat bie§ um fo lieber bemiltigt,
toeif e§ ber ©tubienorbnung mehr cntfpridjt.
®ie Kongregation bittet nun ben P. ©enerat,
tierantaffen jn motten, bab bie übrigen beutfeben
Slfabemien, mo unfere fßrofefforeu lehren, bie=
fetbe Siornt befolgen, bamit auch in biefem
©tuet bie ©inbeittiebfeit gemabrt merbe. SSiteP
Ie§d)i geftattete bie Stnberung für bie ober*
beutfebe fjlrooinä unb befahl bem fßroüinäiat,
S)u^r, ©efdjicfjte ber 3efuiten. II.
bie bon ber fprobinj gemünfcbjte Sinbeitlicbfeit
burebäufübren. * Original Acta Congr. Prov.
1642 II 262 f. fügt, fßrantt, Unioerfität
Sugotftabt 1 438.
1 * Drig.*9teg. Ad Germ. sup.
2 * Drig.=9teg. Ad Externos.
3 * Consuetudines Prov. Rhen. 1628.
4 * Original Acta Congr. Prov. 1642 II 277.
5 *Matricula coli, theolog. Ingoist., SOI. ®.
III 112, 22 f. $er neue fjlrofeffor mar ber au3
©djlefien berufene Dr Stbam ©erid.
6 Sluffatteub ift, bafj and) an proteftantifeben
llnioerfitäten im 17. gabrbunbert bie ^eilige
©ebrift hinter ber Sogmatit mehr unb mehr
jurüdtrat; um bie OOIitte beg Sabcbonbertg
34
530
2lcf)te3 Kapitel. ©qmttQfien utib Uniberfitäten.
bermenbe. Vei ber Vifitation beg SDiüinger ®ollegg ÜDfai 1616 mürbe bem Ißro-
feffor ber ^eiligen ©cprift bringenb empfohlen, bie borgefcpriebeite Materie gu boll-
enben unb nicpt Bei einem Kapitel gu lange Rängen gu Bleiben; aucp foCle man beit
Spefen ber Xpeologie bie eine ober bie anbere aug ber ^eiligen ©cprift bei¬
fügen * i. ®ie rpeinifdpe ißrobingialfonfregation oom Qapre 1625 liefe bem ©eneral
Vebenfen borlegen gegen eine Verfügung ber Vorlefungen über bie ^eilige ©cprift
auf 1/2 ©tunbe. Einige paben bagegen geltenb gemalt, meil bi§per bie ^eilige
©cprift in ben meiften Kollegien eine ©tunbe innegepabt, merbe bie Verfügung auf
Vs ©tunbe in ©eutfdplanb loeniger erbauen, fomopl megen ber ^roteftanten, bie
ben ^atpolifen oormerfen, bafe fie in ben Vorlefungen mit Vernacpläffigung ber
^eiligen ©cprift bei fpinöfen fragen pängen blieben, alg aucp megen ber ©cpüfer,
bie burcpgepenbg für bie Vorlefung in ber ^eiligen ©cprift nicpt befonberg begeiftert
finb unb um fo raeniger fic^ bafür ermärmen, menn fie miffen, bafe aucp bie Obern
fie nicpt pocp anfcplagen. ®ie Slntmort beg (Seneralg lautete, man möge fiep an
bie ©tubienorbnung palten; fei bie§ aber megen beg Vraucpg ber ißrobing ober
aug befonbern ©rünben nicpt möglicp, möge man ipm näperen Vericpt einfenben2.
21m 21. 2Iuguft 1627 mapnte ber (General ben öfterreiepifepen ißrobingial 2)om-
brinug, er möge bei feiner Üfücffepr nadp (55ra§ barauf aepten, ob für bie SSorlefung
ber ^eiligen ©cprift pinreiepenb geforgt fei; einige meinen, fie merbe burep bie Ver¬
legung auf ben ÜUacpmittag unb bie Verfügung auf 1/2 ©tunbe grofeen ©cpabeit
erleiben3, $n ^ngolftabt mürbe nadp ber Vifitation ber Unioerfität im Qapre 1642
beftimmt, bafe niemanb gum Sigentiat ober SDoftorat ber Xpeologie gugelaffen merben
foüe, ber nicpt gmei $apre bie ^eilige ©cprift gepört pabe4.
gür bag miffenfdpaftlicpe ©tubiunt ber ^eiligen ©cprift ift bie görberung beg
pebräifcpen unb ©riecpifcpen eine Sebengfrage. ®urg nadp bem £obe 21quaüioag
erging oon SDeutfcplanb aug eine SDenffcprift nadp fHom über bie görberung beg
pebräifcpen unb ©rieepifdpen. gaft alle ©eleprten, fomopl augmärtige alg ^efuiten,
flagen bei iprer fftücffepr aug 9iom nadp SDeutfcplanb nidpt opne unfern ©cpmerg
unb Vefcpämung: ®ag ©tubium ber pebräifcpen ©praepe, melcpeg unfer peiliger
Vater Qgnatiug in feinen ^onftitutionen unb P. 21quaüioa in ber reoibierten ©tubien¬
orbnung ber ©efellfdpaft fo fepr anempfoplen, liege an feiner ©tubienanftalt ber
©efellfdpaft fo fepr banieber mie am römifepen Kolleg, melcpeg mir bodp alg gernein-
fame ÜDfutter unb alg Vorbilb unferer ©tubien mit feiecpt anerfennen. ®ag gilt
nic^t allein bon ben augmärtigen ©tubenten, fonbern aucp bon unfern ©cpolaftifern,
bie, mag fepr gu Bebauern, bie pebräifcpe ©tunbe gu 91om ungern pören unb mäprenb
ber Vorlefung anbere ®inge treiben ober aucp fanft einfcplummern. ©o ift eg
nicpt gu bermunbern, bafe bon ben bielen, melcpe gu 9iom in fo bielen Qapren bie
pebräifcpen Vorlefungen gepört, nur fepr menige ein ©pegimen eineg aucp nur
mittelmäfeigen gmrtfcpritteg gegeben paben. ®agu fommt, bafe biele bon ben Zög¬
lingen beg Kollegium ($ermanifum, melcpe in ber ©eelforge unter päretifern ber-
meilen, jefet erft merfen unb fcpmerglidp empfinben, bafe ipnen bie pilfe biefer
©pradpe gegen bie gtinbe ber ®ircpe abgept. 3)iefe geringe ©orge für bag pebräifcpe
berminbert bie 2tcptung ber ©efeUfdpaft, bringt allmöplicp aucp gur ^enntnig ber
päretifer, fdpabet enblicp baburdp nicpt menig ben ©tubien in ben anbern fßrobingen,
bafe man fiep fein ©emiffen baraug madpt, biefeg ©tubium gu bernaepläffigen, melcpeg
in 9fom an ber pauptlepranftalt beg Orbeng, mie man fo oft pört, felbft bon ben
war bie Sj-egefe an manchen biefer Unitierfi- 2 * Original Acta Congr. Prov. 1625 II 54.
täten faft gang gefdittmnben. Sljoluf, SIfa- 3 *Drig.-9teg. Ad Austr.
bemifdfjeS Seben 104. 4 *Matricula coli, theolog. Ingoist., ©.
1 * Visitationes coli. Dillingen. III 11 2, 99 f.
2>ie llnitierfität. Geologie: ^eilige Schrift. — ipebräifd). — $ürd)engefd)id)tc. 531
Unfrigcn oernadjtaffigt toxrb. ©S roirb beStfatb ein großes SSerbienft um bie gange
©efellfd^aft fein, menn ber ©enerat burdffept, baf) bie fjebräifdfe Sprache gu Stont
ben ißtaf} unb gleicfjfant bett Slang erlfätt, ber ben fö’onftitutionen unb ber ©tubien*
orbnung entfpridjt, unb bie übrigen ißroüingen ber ©efettfdfaft ficf) an bem @ifer
beS römifdjen ®oltegS ein Seifpiet nehmen fönnen. ©otange baS nic^t gefc^iefjt,
finb ade Semiif)ungen aufferfiatb SlomS oergebenS, wie bie ©rfaffrung jo oieler
3af)re gelehrt tjat1.
®er rl)einifd)e ißrotüngiat ©opper brang $uti 1618 fet)r auf baS ©tubiurn beS
^pebräifdjen unb bie SßieberfierfteUung ber fjebräifdjen Stfabemie für bie Xfjeotogen
beS britten unb bierten QalfreS2. SDlefirfacf) mürbe ber Serfucf) gemacht, bem fo
fühlbaren SJtanget eines tüchtigen ^ebräifcfien SeyifonS abgufjetfen. Qcf) freue mid),
fo fcfireibt SitetteSdffi am 22. Januar 1622 an ben ißrobingiat ©renging, baff
P. ©eorg ^olgfjap mit ber Stbfaffung eines f)ebräifcf>en £ej;ifonS betraut ift unb
berfelbe ben Stuftrag gern übernommen tjat. SJtödjte ber gute ^5ater biefeS SSerf
gtüdtidfer bottenben als feine übrigen Sßerfe!3 4
Studj ber SJtanget, ber in ber gu geringen Söerücffid^tigung ber $ircf)engefd)id)te
tag, mürbe fefjr empfntiben, unb eS fefjtte nid)t an Serfudjen gur Stbffitfe. ®agu
gehört ber fcfjott früher ermäfinte 5Serfucf) ber ©rricfjtung eines fird)enf|iftorifd)en
©eminarS in SDÜindfen1.
SDie erfte $unbe finbet fidfj in einem Briefe beS ©eneratS Stquabiba bom
11. gebruar 1612 an ben ißroöingial SEfjeobor SufaeuS, in rneldfem er fcfireibt,
baff P. 2)eder, ber in feine Sroüing gurüdfelfre, bie SBünfcfje in Setreff ber ©in*
ridftung ber Stfabemie für &'ird)engefcf)id)te überbringen merbe. SttS Segteiter Ifabe
er bemfetben ben P. SartfjotomäuS SiaminuS gegeben, ber fd)on lange bortjer für
biefe Übung beftimmt morben fei. 2)ie Stfabemie möge aud) bem P. ©retfer empfohlen
merben, ber biefetbe fefjr förbern fönne5. Stuf biefeS @cf)reiben begiefjt fid) Stquabiba
in einem meiteren Sriefe bom 7. ^uti 1612 an SufaeuS: er tjabe, mie bereits
früher mitgeteitt, befc^Ioffen, in berfdjiebenen Sßrobingen Stfabemien für bie Unfrigen
einguridf)ten, beren ©toff bor§ügticf> bie ®irdjengefdt)icf)te fein fotte; er empfehle bie*
fetbe bon neuem. SufaeuS möge ernfttid) feinem ÜHadjfotger (ÜDletdfiior gartet) anS
^per§ legen, baff bie Stfabemie im nädfften Oftober beim ©dfitlbeginn ifjren Stnfang
nefjme. ®ie ©djmierigfeiten, bie gmeifetfoS anfangs aus ber Serufung bon iJ3er*
fonen gu biefem gmed entftänben, müßten burdfauS übermunben merben6. ©obalb
bann SufaeuS atS Sifitator in SBien angefommen, empfahl ifjm Stquabiba bie Slfa*
bemie, bie if)m fefjr am bergen liege, nodjmalS in ber bringenbften SBeife: „SBie
in Setgien, fott aud) in Oberbeutfd)tanb, unb gmar gu SJtündjen, ber Stnfang ge*
macf)t merben; unb bamit bie grud)! um fo reicffer unb aud) biefen ^ßrobingen (Öfter*
reicf)) gu gute fomme, fo münfcf)e id), baff @m. §od)mürben gmei ober brei auS
ber öfterreidfjifd^en Sro^n5/ toelc^e für biefeS ©tubium geeignet finb, nad) 9)tüncf)en
fenben, bie bort auf Soften ifjrer ißrooing leben unb in biefe gurüdfefjren nacf) Stb*
tauf ber ßeit, metdfe für biefe ©tubien beftimmt mirb."7
1 * Oriflinal Codex de ratione studiorum
1582 — 1613, 488. 2)te ilberfd)rift De excitando
Studio linguae Hebreae et Graecae ift üon
ber §anb bc§ P. gerb. Silber.
2 *Memorialia coli. Mogunt. 1617 — 1626.
3 *Drig.=9teg. Ad Germ. sup.
4 93b I, S. 652.
5 *Orig.*9ieg. Ad Germ. sup. ®iefe 9Bünfd)e
9lquabioa§ finb niebergelegt in ber Ratio in-
stituendi Academiam ecclesiasticam. $iefelbe
finbet fid) banbfdjriftlid) unter papieren ber
ißrofuratoren in 9Jt. 9t., Jes. 51. ®rud in ber
3eitfdjrift für fatbol. Sljeologie 1910, 743 f.
6 * £>rig.=9teg. Ad Germ. sup. jtljeobor 93u*
faeu§ mar eben pm Stifitator ber öfterreidjifdjen
ijtrobinä ernannt morben. Slquabioa an 93u*
faeuä, 30. guni 1612.
7 * Drig.*9teg. Ad Austr. ®ie Ratio insti-
tuendi beftimmt al§ Drt gngolftabt ober
9Jtünd)en.
34*
532
SIdjteS Kapitel. ©pmnafien unb Unioerfitäten.
®te Stfabemie trat wirftid) £erbft 1612 in fDriindjen in§ geben, war aber
leiber nur non furjer ®auer. 2öa§ wir batwn wiffen, i[t in ^o^em ©rabe geeignet,
unfer Qntereffe ju erregen. Sine fReifje oon ©utadjten, barunter aud) fold^e oon
^Teilnehmern an ber Stfabemie, bie um Oftern 1613 an ben ©eneraf gefanbt würben,
oerbienen beS^atb 93eacf)tung. Stnfang füttärj 1613 betont P. fßeter ©ottraw in
feinem Veridjte an ben ©enerat bie großen ©dfwierigfeiten, wetdje fid) bei ber
Stfabemie in 2ttünd)en ergeben haben: eg fefjte an Verfebr mit ©etetjrten, am 3U*
gang ju ben oerfcf)iebenett Vibliotbefen unb an anbern ^ilfgmittetn, bie Varoniug
unb Vedarmin jur Verfügung gehabt; einige wollten nur bie .fpauptfebwierigfeiten,
anbere alte ©cbwierigfeiten, bie fid) bei einer ^rage geigen, be^anbett wiffen. $ie
fütettjobe bei ber Vel)anblung biefer fragen fönne fefjr öerfcf)ieben fein: man föitne
nad) Strt oon Stnnaten für bie einzelnen Qabre bie einzelnen fragen in ©efdjidjte
unb SDogma befjanbetn, bag werbe manche SIrbeit unb oiete 3af)re forbern, man
fönne aud) nad) 2trt ber Sftagbeburger ^enturiatoren für bie einzelnen Qafjr^unberte
bie ©efdjidjte ber ^ärefien, ber Verfolgungen, be§ ®ogma§ be^anbetn, ^ier ergebe
fid) biefetbe Arbeit unb $eit; eine anbere 9JJetf)obe fei, irgenb einen £>äretifer burd)-
gunef)men unb im einzelnen gu wibertegen ober Srgängungen gu Varoniug unb
Vedarmin gu geben. Stt§ gang befoitberg wichtigen fßunft betont ©ottraw: wir
müffen notwenbig einen Seiter (Praeses) haben, ber oottftänbig oon jeber anbern
Strbeit frei unb ein tüchtiger praftifcf)er ©elefjrter ift, bei bem bie anbern in if)ren
Zweifeln fid) 9iat unb £>iffe boten föniten1.
SDag ©utad)ten beg P. 3°f)- 9Jfocquetiu§ empfief)(t at§ befonberg geeignet eine
fpftematifdje äöibertegung ber ^rrtümer in ben fOiagbeburger genturiatoren, öon fonen
aud) mand)eg gu lernen unb mandjeS ©ute gu entnehmen fei2. 9Zifofaug ©att
fdfreibt: unferer Academia ecclesiastica haben Wir bisher biefe ÜOZetbobe Oer*
folgt. ®ie oerfd)iebenen ©djriftfteder finb unter ung fünf fßatreg fo gur Sefung
oerteilt worben : ber erfte bat bie Briefe ber fßäpfte, fö'ongilien ufw., ber gweite bie
tateinifd^en, ber britte bie gried^ifcfien SSäter, ber oierte bie §iftorifer, ber fünfte bie
|)äretifer. Qn ^er wöd^entticfjen ^onfereng werben mehrere fc^wierige fragen oor>
gelegt, darüber referiert jeber au§ ben oon ihm getefenen ©ebriftftedern, eg finb
oietfaef) mehr £befen unb Vebauptungen afg SSeweife. SSiet beffer wäre eg, nur eine
wichtige $rage gu bebanbetn, gu welcher jeber fchrifttich bag SDZateriaf aug ben oon
ihm ftubierten Autoren beigubringen hätte; biefe Veiträge müßten bann burd) fpätere
gelegentliche gunbe ftetg erweitert werben. Sin anbereg ÜDZitgfieb ber Stfabemie,
©eorg ^olg^at). Sieget unb ^ebraift, bringt im ^ntereffe ber praftifefjen Verwertung
auf febrifttidbe Stbfaffung ber aug ber $ird)engefd)id)te unb @efcf)i(f)te ber ®ogmen
unb Qrrtebren gewonnenen fRefuttate. ©einem flache entfpredjenb befürwortet er ein
ßurüdgeben auf bag 9Zeue STeftament3.
Sin furgeg, aber fef)r gebiegeneg ©utaebten gibt P. gapmann, ber bamats in
9)Züncben ÜDtorat bogierte. P. gapntann giebt in großen $ügen einen umfaffenben,
fdjarf umriffenen fßtan, üermeibet eg aber, auf bie ©cf)Wierigfeiten ber SDetailaugfiihrung
eingugeben, welche in ben übrigen ©utadjten breiten fftaum einnehmen. Sapmattng
©ebanfen finb biefe: Qebem ÜDritglieb ber Stfabemie wirb eine beftimmte OiteIIen=
1 * Driginat. $iefe§ unb bie folgenbeit ©ut<
ad)ten in Codex de ratione studiorum 1582
big 1613, f. 519—530.
2 Sn ber Ratio instituendi tnirb betont, au§
ben Statoren fotle aüe§ notiert toerben, quae
usui aliquando futura atque ad refellendam
praecipue Magdeburgensium Centuriatorum
aliorumque Novatorum mendacia censebuntur
opportuna.
3 Sn bem Elogium oom Snpre 1646 toirb
^oläpob a\§ SDtitglieb ber Slfabemie bejeiepnet,
quae contra liaereticos olim Monacliii insti-
tuta fuit, ad quam nisi eruditissimus nemo
assumebatur. SJt. 9{., Jes. 1961/«.
2>ie Unioerfität. Geologie: $ird)engefd)id)te.
533
gruppe gu eigenem ©tubium attgemiefen, fo baß bie §auptgue£ten ber f)iftorif(f)en
Jßeotogie aufgcteitt merben. Stile acfjt Jage finben gemeinfame Befpredjungen ftatt.
Ja foIXen bie fragen beftimmt merben, bereu Söfung atg näd^fte Stufgabe erfc^eint.
9Ran oermenbet brei Jage auf bie Söfung ber fefigefteCtten fragen, brei meitere
Jage auf bag ©tubium ber gugemiefeneit ©d^riftfteEter. J)ie fragen folten chrono»
togifd) aufeinanber folgen, ein ^ahrtfunbert nad) bem aitbern burdjgenommen merben.
^nnerfjatb beg Qa^r^unbertS befürmortet Saßmann eine fac^ticfje Unterabteilung,
nad) bem Vorgang ber ^enturiatoren. Jie ^irdfengefcffidfte fteßt ihm in engfter
^Begiefjung gur Jogmengefcffichte unb gur ©efdjicfjte beg föirdfenredjteg. Saßmamt
oertangt gmei Schriftführer, ben einen für Jogmengefdjid)te, beit anbern für ®ircfjen*
gefd)icf)te. ©ie faffen bie Srgebniffe ber Strbeit gufammen. $eben SRonat fotte ber
(Sntmurf oon atten SJtitgtiebern burdjgefefjen merben, um Berichtigungen unb @r*
gängungen fpogugufügen, gumat nach tont 5ort9an9 ihrer eigenen Dueltenforfchung.
Sitte Zitate feien aug primären Duetten gu nehmen unb mörtlid) angufüßren. ^n
fünf ober fedtjg fahren fönne man fo 15 $ahrtjunberte burchgearbeitet haben. Jiefe
firchen» unb bogmengefdjidjttiche Strbeit fei ber einzig mirffame Stugganggpunft für
bie fßolemif, metche bann erft eingufepen höbe. 3um Schluß betont Saßmann bie
ÜRotmenbigfeit einer guten Bibtiotßef unb bie Stugmatjl oon SPtännern, bie ooraug*
fichtlich mit SRupen bei ber @acf)e oerharren mürben1.
Jie üerfcßiebeneit in ben (Gutachten geäußerten Slnfichten ließen ben SBunfcß
atg feßr berechtigt erfcßeinen, eine Gsntfcßeibung oon 9tom ßtobeigufüßren. Jer
Sttündjener fReftor fetter manbte fidj begßatb am 13. Stprit 1613 an Stquaüioa mit
ber Bitte um eine Qnftruftion; biefetbe mürbe atgbatb gefcfjicft. Stquaüioa fprach
am 22. ^oni 1613 bie Srmartung aug, baß fid) „unfere Stfabemifer" nach SRögtidj*
feit banach richten mürben2.
Jiefe ^nftruftion finbet fidh abfcßrifttich in papieren beg P. ©reifer 3. J)arin
mirb ber gmed ber Stfabemie fchärfer betont, nömtid) bie ß'enntnig ber ^ircßengefdjichte
unb ber ©ntmidtung ber ®irdje in allen feiten, um bie fathotifchen Jogmen gu be»
teuften unb gu befräftigen unb bie ^rrteßren gu mibertegen. J)ag $iet ift nicht,
ein neueg Söerf gu oerfaffen, fonbern baß bie ©efeltfdfaft auch in ber ^ircßengeftßichte
für Seßrftüßte unb ©chriftftetterei gelehrte unb gefcßutte SRänner gur Berfitgung
hat. Jie burch bie ©cfjmierigfeit biefer Stfabemie bebingte Strbeitgteitung gibt bie
9iicf)ttinien für atteg SBeitere. Sttg SRitgtieber ber Stfabemien finb gu beftimmeit
auggebitbete Jheotogen oon reifem, ruhigem llrteit, unb gmar fo üiete, atg gur Stuf*
teitung ber Strbeit unb gegenfeitigen Unterftüßung notmenbig finb4. SBag ben
@5egenftanb betrifft, fo ift befonberg gu achten auf bie ununterbrochene Beiße ber
Bäpfte, auf ben ©rrneig ber Übereinftimmung alter feiten unb auf bie ©efcßicßte ber
SRorat, ber Biten unb ber ^örefien. Jie gu berüdficßtigenben Duetten finb ©efdjicßte,
Äongilien, Seben, Jefrete unb Briefe ber fßäpfte, bie ©djriften ber Bäter unb Jßeo*
logen, bie Biographien ber Zeitigen unb ßerüorragenber Berf°nen. Jie Berteitung
beg ungeheuren ©toffeg hot in fotgenber SBeife gu gefdfjehen : Jer eine tieft bie
©chriftftetter ber fö'irdjengefchichte unb bie ber SSettgefcßichte, fomeit bieg für bie
ßenntnig ber Ä'irchengefcßidjte nötig ift; ber gmeite ftubiert befonberg bie allgemeinen
unb fßartifutarfongitien, ber britte tieft bie Seben, Briefe, Jefrete ber fßäpfte unb
bie hauptfäcßlidjften Seben ber ^eiligen, ber oierte bie ©Triften ber Bäter, fo baß
1 2)rucf in ber 3eüfd)rift für fatfjolifdfe fEfjeo* * 2>ie Ratio instituendi verlangt, e§ folten
togie 1910, 744 f. valde idonei et constantes für bie Stfabemie
2 * 0rig.=9ieg. Ad Germ. sup. beftimmt merben, menn nid)t gteid) anfangs ö,
3 * Miscellanea Gretseri f. 311 f. Srudinber menigftenS 4, ne qua liinc mora rei usque
3eitfd)rift für fatfjotifcßc £l)eotogie 1910, 745 ff. adeo utili ac necessariae iniciatur.
534
2ldjte3 Äapitel. ©tjmnafiett unb llniuerfitäten.
iit ben Slfabetnien menigftenS ttier SOiitglieber fein müffen; treten itocp jtuei f)tn§u,
bann finb bem einen bie griedjifdjen ober lateinifcpen SSäter, bem anbern bie Seben ber
^eiligen ju übermeifen. SllS gaben ift unbebingt an ber djronologifcpen Qrbnuitg
feftzupalten, unb §mar foIX man öon ber geit ber Slpoftel angefangen einen beftintmten
Zeitraum ober eine beftimmte fReipe Oon gapren feftfepen, mit beffen ©tubium fidj
alle befcpäftigen. gft biefer geitraum fertig, fommt ein anberer an bie fReipe. ©ne
genaue gapl oon gapren läfjt fiep faum für bie gemeiitfame Slrbeit üorauSbeftinimen,
ba je naep ber Dunfelpeit ber Quellen unb geit rnepr ober meniger Arbeit erforbert
mirb. 2lm beften erfepeint bie ©nteitung ttadj fßontififaten, babei fönnen mehrere,
menn fie furz finb, gufammengenommen, anbere, toenn fie länger finb, geteilt toerben.
($1 mufj fidj alfo baS ©tubium unb bie Kritif ber Quellen nacf) ber obigen Ser»
teilung auf ein fßontififat erftreden, unb jtoar für beffen SBirff amfeit in ber ganzen
Kirdje. Über biefeS ^Sontififat ober über eine beftimmte Slitjaljl oon gapren merben
bie einzelnen bei ben jur feftgefetjten geit ftattfinbenben Konferenzen baS ©gebniS
iprer ©tubien oorlegen, barait fnüpft fid^ eine freie Debatte über bie aufgeftiegenen
©djmierigfeiten; finb biefe pinreiepenb gelöft, foll ein neues Sßontififat in Singriff
genommen merben, menn nidjt, fann man eine neue Konferenz über benfelben ©egen-
ftanb anberaumen. Sei ben Konferenzen mirb man mit Sefcpeibenpeit unb Siebe
feine Meinung oorbringen unb ©treitereien unb audj längere Disputationen Oer»
meiben, inbem man ftetS üor Slugen fjält bie ©fenntniS ber Söaprpeit ju bem
Oorgeftedten gmede ber SSerteibigung ber fatpolifcpen ^Religion unb ber Sefämftfung
ber grrlepre. gurn ©eplufj empfiehlt bie gnftruftion ben Stfabemifern bringenb bie
Slnnalen beS SaroniuS, bereu Slufftellungen man ebjer oerteibigen als befämpfen fode 1.
Slnt fRanbe biefer gnftruftion ftept üon ber £>anb @5retferS gefeprieben: „Die
Slfabemie mar angefangen morben in SRüncpen, aber furze geit barauf ging fie
ein." gu biefem ©ngepen mirb mopl auper ben inneren ©djmierigfeiten andj ber
1615 eingetretene Dob beS eifrigen görbererS berfelben, beS P. Stquamoa, oiei bei«
getragen paben. ©n SBieberaufleben mußten bie halb beginnenben SBirren beS
Dreipigjäprigen Krieges fepr bepinbern, menn nidjt unmöglidj madjen. gn jebem
galt mujj bieS ©epeitern bebauert merben, benn nicptS märe mepr geeignet gemefen,
bie Süden in ber fcpolaftifdjen Dpeologie auszufüllen, als biefer ganz ntobern ge«
baepte feminariftiftfie Setrieb ber pofitiöen Dpeologie aus ben erften Quellen.
Slufjer bem oierjäprigeit Kurs ber fcpolaftifdjen Dpeologie an ben Hnioerfitäten
beftanben fomopl an ben Hnioerfitäten als auep an oielen ©pmnafien ber gefuiten
abgefürzte tpeologifcpe Kurfe. Um bem fepreienben fßrieftermangel abzupelfen, patten
bie gefuiten einen gapreSfurS für Dialeftif (unb ftellenmeife Kontroüerfe) unb einen
zmeiten für SRoraltpeologie (Casus conscientiae) eingerieptet. @S tonnten fo audj
bie ärmften ©pmnafiaften an bemfelben Qrte bie ganze SluSbilbung bis zur fßriefter*
raeipe erpalten. Die fünf bis fecpS gapre ©pmnafium unb z^oei gapre fßpilofoppie
unb Dpeologie maren gemifj fein gbeal für bie priefterlicpe SluSbilbung, bebeuteten
aber boep für bie bamalige geit einen grofjen gortfdjritt. 9Ran mup fiep eben er*
innern, mie mangelpaft eS biSper mit ber SluSbilbung befonberS ber Sanbpfarrer
geftanben, mie mandpe niept einmal bie SluSbilbung einer SoIfSfcpule, gefepmeige benn
eines ©pmnafiumS erpalten patten, ©olcpe abgefürzte Kurfe beftanben in ber ober*
beutfepen ffSroüinz im gapre 1649 auf ben Hnioerfitäten in gngolftabt, DiHingen,
1 ©feiner empfaljl ben Slfabemifern befon*
berg audj ba§ ©tubium ber Chronologie. S«
einem ^Briefe Born 7. ffltärj 1G13 an 9taber tjebt
er IjerBor: Sa3 ©tubium ber SJtattjemati! muf?
Bon ben Unfrigen fjöfjer gefdjäfct merben at§
bisher. $dj mürbe midj fef>r täufdjen, menn
©ure Stfabemifer ba§ nidjt fdjon erfahren fjaben
ober redjt halb erfahren merben. * Original
Epp. Raderi I 187.
$ie Uniöerfität. Sfjeologie: Slbgefiiräter $ur§. — 9ted)t3ftreitigfetten. 535
greiburg im 23reiggait unb auperbem in Arnberg, 2luggburg, f onftanj, greiburg in ber
©dpmeis, Sujern, ^nn^brncf, ÜDÜindpen unb Orient1.
21nt 24. SJJlärj 1(301 fcprieb Slquaöiöa an ben rfjeinifd^en ^rotiiitjial £peobor
SBufaeug: Einige fqaben eg alg münfdjengmert erflärt, bap in |jeiligenftabt eine 2$or=
lefitng über bie ©emiffengfätle eröffnet merbe, bamit bie ©djiiler ©elegenpeit jur
pinreidpenben 21ugbilbung paben, beim biefe pflegen fonft nad) ben pumaniftifcpen
©tubien ju ^rieftern gemeint unb ju Pfarrern ernannt ju merben. ®ieg mürbe
un§ fel)r gefallen, mie mir auch fonft billigen, bap in all unfern Kollegien, meldpe
bie Saft tragen fönneit, bie Casus gelefjrt merben 2. @o orbnete SBufaeug im felben
Qafire auch in ©peier eine tägliche SSorlefung ber Casus an. 2rop ber furdftbaren
Notlage infolge beg Krieges fdpug ber Steftor öon §eiligenftabt, .fpeinrid) gront,
am 9. Oftober 1648 bem ©eneral ßarrafa bie Söiebererricfjtung ber $)ialeftif unb
Casus öor, mag biefer alg überaus niiplid) für bag Sanb unb bie ärmeren f lerifer
bejeicpnete 3. $n ben SDiüinger Seftiongfatalogen erfdpeinen bie Casus feit 1609 mit
ber ^Bezeichnung : §eranbilbung ber ^ßriefter aug göttlichem unb fircfjlic^em fRecfjt.
SJfit ber ©orge für bie (peranbilbung ber ißriefter mar bann meift oerbunben,
bap man bie ^atreg bat, and) bie lepte Prüfung ber §u Orbinierenben öorzunepmen.
®ag moHte man aber in Slom burdpaug nicht zugeben. ©o fdprieb ber (General
SBiteflegdpi am 11. 9}?ärj 1617 bem oberbeutfc^en ^roüinjial (partel: ^cf) bebaure
fepr, bap nufere Sßatreg in ^runtrut bag 21mt ber Prüfung ber SBeipe- unb $J3farr=
fanbibaten auf fiep genommen. @ro. ^odpmürben mögen unterfudpen, mie bieg möglid)
mar, unb einen ÜDtobug augfinbig madjen, bag 21mt nieberjulegen, benn eg fann nid)t
offne grofse ©epäffigfeit beibepalten merben4.
^n ben Dielen Stecptgftreitigfeiten gmifc^en Unioerfitäten unb Qefuiten, un§
noep fpäter befdfjäftigen merben, maren bie ©eiterale ber ©efellfcpaft ftetg für S'Jad^
giebigfeit. (pier nur ein Seifpiel. 21m 16. 21pril 1644 fc^rieb Sßitetlegc^i an ben
Trierer 91eftor SBernparb SSimpfeling: SDen ©treit gmifc^en ben Unfrigen unb ben
übrigen 2lfabemifern in £rier bebauere ich fepr, unb icf) münfdpe bringenb, bap bie
(tsintradpt auf jebe Söeife mieberpergeftellt merbe. 23or allem barf bag afabemifepe
Steftorat burdfaug nicht angenommen unb, menn eg übernommen morben, nicht behalten
merben. f^rgenb ein ißrälat foll gebeten merben, bagfelbe menigfteng für einige $eit
ju übernehmen, big eine Einigung unter billigen SBebingungen erreicht ift. 21uperbem
fdfeint eg im ^ntereffe beg griebeng ju liegen, bap bie Unfrigen bei ber näcpfteng
ftattfinbenben SBapl fid) auf ben fanbibaten ber Quriften öereinigen. 2öenn biefe
partnädig barauf beftepen, bap oorper bie gapl ber Unfrigen, bie bag Söaplredjt
paben, oerminbert merbe, fo fann auch bieg mit ben notmenbigen f autelen jeitmeilig
angenommen merben, big ber f urfürft, ber biefe Sledpte beftätigt pat, etmag anbereg
beftimmt. 21nbermärtg pat fiep bie ©emopnpeit perauggebilbet, bap bie Unfrigen,
obgleich fie an ber 21fabemie gegen bie meltlicpen SBöpler in ber ÜDlajorität finb, boc^
nur in gleicher ßapl mie bie Söeltlicpen gur 2Bapl erfdpeinen, inbem halb biefe,
halb anbere abficptlicp fortbleiben. ®ieg mürbe icf) auch für £ner billigen5. Unb
alg ipm bann P. SSimpfeling ant 20. ÜDlai bie glüdlicpe Beilegung beg gmifteg gßs
melbet, brüdte 23itellegd)i am 18. ^uni 1644 barüber feine grope greube aug unb
fnüpfte baran bie allgemeine 93emerfung: „Qln ber £at ziemt eg fid) befonberg für
ung Qefuiten, äpnlicpen fällen lieber oon unferem 3tecpte etmag preigpgeben.
1 * Catalogus 1649, 5Dt. 9t., Jes. 570.
2 * £)rig.=9teg. Ad Rhen.
3 * Drig.=9teg. Ad Rhen. sup.
4 * Drig.-9teg. Ad Germ. sup.
5 * £>rig.--9teg. Ad Rhen. inf. $a§fe(be fdjrieb
SSitette^cOi am 16. Stpril 1644 an ben nieber=
rf)einifcf)en ^robinsial s)3an^au^ (ebb.).
Siebtes Kapitel, ©pmnafien unb Unioerfitäten.
536
at§ mit ©traben für öie Siebe gu ftreiten. ÜDiöge ©ott bie getreue SDUtmirfung
©to. ^wcpwürben betopnenl" 1
Seoor mir uns ben einzelnen Unioerfitäten jutuenben, müffen wir nodj jwei all¬
gemeine Übelftänbe berühren: beim beginn ber ©tubien bie SDepofition unb beim
Stbfcptuß bie Gepflogenheiten ber Promotion.
©in ©cpanbfted in ber ©efdjicpte ber beutfchen Unioerfitäten bitbet bie ®epofition 2
unb ber ißennatiSmuS. ©cpoit ©nbe beS 14. QaprpunbertS wirb bie ÜOäßpanbtung
ber iöeanen (Neulinge) burdp bie Kötner Statuten (1392) oerboten. ©nbe beS
15. QaprpunbertS bürgerte fich ber 9iame Depositio ein. 9J2it bem Stnfang beS
16. QaprpunbertS mar bie (Depofition bereits offizieller Stft an alten Unioerfitäten
unb ebenfo notmenbig für ben ©tubenten mie bie Qmmatrifutation, bie opne bie
üorpergepenbe 2)epofition nicht oorgenommen mürbe. ®ie 23etämpfung ber ropen
StuSfcpreitungen unb üöäßpanbtungen bei ber SDepofition fept ein gegen ©nbe beS
16. QaprpunbertS. Qm 16. Qaprpunbert trat aber auch &er fog. ^ennatiSmuS auf.
SDer einmütige Stft ber SJiißpanbtung genügte nid^t mepr, bie 9topeiten mürben an
bem Neulinge baS ganze erfte Qapr pinburdp fortgefept. ®er s$ennat (penna) mürbe
atS ein unOernünftigeS £ier betrachtet, baS nacp belieben mißpanbett, auSgefogen
unb mißbraucpt merben burfte. ©S gibt feine Gemeinheit, bie an ben ißenttötern
nicht auSgeübt mürbe; zuweiten hatten biefe ÜDäßpanbtungen fogar ben £ob zur Qotge,
anbere ißennöter begingen aus ißerzmeiftung ©etbftmorb3.
©egen ben Unfug ber ©epofition trat im Qapre 1636 ber proteftantifcf)e ißrebiger
SJiepfart auf, inbem er fiep auf P. ©onpen berief4: „®er berüpmte Qefuiter Stbam
©onpen", fo führt er aus, „zürnet beSWegen unb fepreibt: ©S gibt ettiepe ©efepe an
ben Stfabemien, bie burep bie ©cputb ber äftenfdjen unb Qeiten großen SUipbraucp
oerurfaept paben. Qebocp motten ettiepe fotcpeS oerteibigen, niept weit fein Unrecpt
babei gefepepe, fonbern weit fie attpergebraept finb. ©erabe atS ob eine fepterpafte ©e-
mopnpeit weniger fcpäbtich fei, je älter fie fei. Qcp will ein (Stempel auS nieten erzäpten:
©epet bie ®epofition, metepe oiete mordicus oerteibigen, unb boep was 9?up fömmet
au§ berfetbigen? ®ie Knaben merben tributiret, auSgepönt, zerfeptagen, müffen an*
pören grobe Qoten unb parte ©töße leiben, unb in SDeutfcptanb, ba fotepe nörrifche,
luntpige unb büffetige ©omöbiett gefpiett merben, enbet fidp baS Stffenmerf mit Qreffen
unb ©aitfen. ©o oiete finb Oerwunbet worben, audp oiete burd) fotdpe graufame
©dperzpoffen geftorben; patten bemnadß bafür, eS märe billig, fotdjeS abzutun, aber
inbem fie oerbitfjet fteben auf ben ©efepen, gefällt eS ipnen beffer, baS atte zu be-
patten. Söenn bu biefe $inge auf fremben Unioerfitäten oorfänbeft, bu mürbeft fie
nicht leiben, an beiner Stcabemie tobft bu fie. ©oroeit ber übermeifterte ©onpen."
2)er ^ennatiSmuS fonnte an ben Qefuiten-UniOerfitäten nicht auffommen, bie
®epofition mußten fie als offiziellen, überall üblichen ©ebrauep butben. ©etbft in
SDiltingen beftanb bie SDepofition beS „33accpanten 23icp", wenn audp in moberierten
Qormett 5.
Qn Qngotftabt erpiett ber ®epofitor ober Quintus im Qapre 1626 infolge oieter
Klagen einen Verweis üom ®efan ber artiftifdpen Qafuttät, er fotte fidp atter obfcönen
©päffe entpatten unb mit mepr 9J?aß „mitten". ©r oerfpratp altes, piett aber wenig,
felbft nidpt in ben ^Srioatbepofitionen oon ©öpnen aus bem popen SIbet. SDazu fam
1 * Orig.-3teg. ebb.
2 Sgl. 33b 1, <s. 270 f.
3 S3g(. 3t. gief, Stuf 2)eutfcblanbS hoben
Schuten (1900) 45 ff 54 ff; ebb. 474 bie Site-
ratur über $epofition unb 3ßennaliSmuS; ferner
fZrans ©ulenburg, $ie greguettä ber beut-
fd)en Unioerfitäten (1904) 26.
4 SDtebfart, Ebriftlicbe Erinnerung Ooit ber
au§ eonngetifeben hoben (schulen entroidjenen
Crbnung327f. 5 Specht, ®ittingen 177 f 649.
$ie llniüerfität. Tcpofition unb Promotion.
537
bie fdjtuere SInftage eine! armen ©pmnafiaften, ber infolge ber Sepofition in Sebenl*
gefapr fcfimebte. Ser §lr§t mar aber anberer SInficpt. Sei biefer ©etegenpeit mnrbe
im ©enat bie Qrage üerpanbett, mefcpe Stedfte bem Sefan ber ppitofoppifcpen Qafuttät
über beit Sepofitor juftänben, ber ftet! im tarnen ber gafuttät panbte. Sie Qrage
bfieb einfitüeifen offen. Stm 14. Oftober 1636 mürbe ber bamalige Sepofitor, ein
©tubent ber Qurilprubens, abgefept unb an feine ©teile ein üöfagifter ber ißpitofoppie
unb ber Speotogie ernannt. 21m 27. Stoüember 1650 teilte ber Sefan bem neu*
ernannten Sepofitor mit, baff in ber Qotge nientanb über brei Qapre pinau! Sepofitor
bleibe unb jubem febe! Qapr bie Seftätigung erneuert merben ntüffe1. Qn ber
üfterreidfifcpen $roüins mürbe bie Scpofition burcp ben Sifitator Qtor. be iütontmorencp
im Qapre 1633 abgefdjafft, aber fpäter mit einigen SOtitberungen ju 2Sien, @raj ufm.
mieber aufgenommen2.
Qn £ötn üertangte 1610 ber Stpoftotifdfe üttuntiu! bie SIbfcpaffung ber Se*
pofition unb trug bem Sefan ber artiftifdfen Qafuttät unb ben Regenten ber ©pm*
nafien bie Stulfüprung auf. Sie ©tubenten machten belpatb Tumult, unb bie
Slfabemifer marfeu bie ganje ©cpittb auf bie Qefuiten, bie burd) ben bantaligen
Sefan P. ißeter Siep bie ©ad)e beim Stuntiu! betrieben patten 3.
Qm fotgenben Qapre 1611 naptn fid) ber ÜDtagiftrat ber ©acpe au. 21m 10. Se*
jember 1611 erliefs ber Kölner 9^at ein ©bift gegen bie Sepofition, in metcpem e!
peipt: Sa ba! Seponiren neutief) miber eingefüprt, onb barau! niete ünsutäffige,
ünb faft gefeprlicpe Unorbnungen entfpringen, fotep Seponiren auep an ipm felbft
niept! nupet, fonbern ein lauter Sacpanten 2Berf, barau! einzig ünb allein alte! Übel,
©aufen, Qreffen, ©etbfSerfptitterung, 9?eib, £>ap, auep üor biefem 9)torb ünb Sobt*
feptag üerurfaept morben, ünb alfo gejintmenber Qucpt unb ©rbarfeit entgegen, ünb
feinelmeg! gu bulben ift. Selpatb fott ba! Seponiren piemit giingtiep abgefdpiafft
fein. Diicpt altein bürfen bie Sürger fotdpen actum depositionis in ipren Raufern
nit mepr geftatten, noep bargu Sorfdjub teiften, fonbern auep alte ©tubenten in allen
üier Qaculteten, in! gemein müffen fiep angeregter deposition, actiue et passiue
pinfüro entpatten. Sie fidp niept üntermerfen ünb babei fiep gebraudjen ober befinben
taffen, merben mit 25 ©otbgutben unb Serpaftung beftraft. ©! fotten auep bie
Patres Beanorum, mie fie genannt merben, ünb anbere fomopt Siirgern at! ©tubenten,
bei metepen bie Seponirfäd bepaften merben, biefetben innerpatb brei Sagen in bie
^angtei bei obiger ©traf eintiefern, ünb bie ©ematbriepter bie! ©bift treutiep ej:e=
quiren4. Ser Stat tiep ba! ©bift an ben Soren ber ©tjmnafien anfeptagen. Über
biefen ©ingriff in bie llniüerfitätlredjte entftanb nun grope Stufregung. 2tm 20. Se*
gember 1611 mürbe bariiber im ©enat ber Uniüerfität üerpanbett. Ser Stegen!
bei Saurentianum, Utenberg, ber bamat! Rector magniticus mar, befapt, ba! ©bift
an bem Sore bei ©tjmnafiuml abgureipen, balfetbe tat ber Stegen! bei üötontanum.
Son bem Sore bei Sreifronengpmnafiuml mürbe el opne Söiffen ber Qefuiten am
fetben Stbenb ebenfattl abgeriffen5. Um einen offenen ©treit mit bem ©enat gu
oermeiben, mürbe bal Serbot bapiit mobifigiert, bap ben ©tubenten geftattet fei,
innerpatb ber ©pmnafien opne ©efeprei unb opne ©ebrauep ber §örner einige gu
beponieren. ©o mürbe bie Sepofition nadp mie üor geübt6.
Über einen neuen Sorftop bei SJtagiftrat! berieptet ber Stegen! be! Sricoronatum,
Slbam $afen, in feinem Sagebucp am 23. SJtärg 1628: Ser näcptticpen 2tul*
1 * Acta Facultatis Artisticae 904 U. 0 14.
2 2)’ ©teert, ©tubienanftalten in Süä^ren
unb Cfterreicf)ifd)*©cf)Iefien (1857) 485.
3 * Sagebud) be§P. Äofeit. Äötn, ©tabtard)iü,
Uniöerfität 605, f. 233 f.
4 93 i an co, $ie alte Uniöerfität Söln I
(1885) 244.
5 *Excerpta ex Ephemerid. Gymn. Tri-
coronati ad ann. 1611. Srier, Stabtbibl. 244.
6 93ianco a. a. D. I 262 f.
538
2Xcf)teä SapiteL ©tjmnafieit unb Uniberfitäten.
Breitungen ber ©tubenten im (Gefolge ber 2)epofition mar ber SDtagiftrat mübe uitb
forberte üom Rector magnificus bie öotlftänbige Slbfcfjaffung ber 2)epofition. 2)er
Dteftor berief bie öier 2>efane ber ^afultäten. 2)iefe malten geltenb, e§ feien jwei
Übet, baS eine groß unb neu, nämlich bie Pennalisatio, welche ber 2>epofition
äfjnlidj fei unb feit einigen fahren *wn ^en Suriften auSgeiibt merbe. 2)iefe müffe
gänjlidj abgefdjafft werben, weil fie ofjne öffentliche Stutorität eingefii^rt worben ;
ba§ anbere, bie alte 2)epofition, fei weniger üom Übet; wenn auch Übelftänbe mit
unterliefen, fei fie hoch legitim eingeführt unb beSljalb nicht abjufchaffen, nur bie
Sölißbräuclje füllten befeitigt werben, ©o fei ba§ fdjmäljliche prügeln nicht ju ge*
ftatten, auch biirften bie äöorte ber ^eiligen ©cfjrift nicht ju ©paffen mißbraucht
werben, ebenfowenig bürfe man bei ber 2>epofition taufen, firmen, beichten ufw. 25er
Rector magnificus ließ mich heute (23. S£Üär§ 1628) ju fich fontmen, er habe biefe
Slnficßt ber oier 2)e!ane bem ÜDiagiftrat mitgeteilt. 3)er Bürgermeifter Bolanbt habe
aber gebeten, auch bie Slnficfjt ber ^efuiten ju hören unb ben Regenten ju befragen,
(jd) antwortete: SBenn ich um Stbfdjaffung bitte, werbet ihr eS borf) nicht tun, weil
alle anbern ber gegenteiligen Meinung finb. SCBenn ich weine Meinung fage, wirb
man alle (Geljäffigfeit auf bie (Gefeftfdjaft werfen, wie ba§ 1610 gefdjehen ift. 9iadj
meiner Meinung fei e§ ba§ befte, wenn bie anbern baju bewogen werben fönnten,
baß bie ganje 2)epofition abgefchafft werbe, nidjt allein wegen ber fie begleitenben
üfitißbräuche, fonbern auch Wegen ber oiel fd)limmeren 2)inge in ihrem (Gefolge, wie
2run!enheit, Streit, Un jucht ufw. ®iefe großen Übel fönnten nur befeitigt werben,
wenn man bie (Gelegenheit abfcfjneibe. SBir haben oft oerfudjt, fagte ich jWeitenS,
bie ÜDUßbräudje ju befeitigen, aber nidjtS erreicht, wenngleich in unfern (Gpntnafien
in nuferer (Gegenwart bie ganje ©acße jiemlidj moberiert oor fich geht; icf; wunbere
mich aber, baß eine mit fo großer (Gefahr oerbunbene Sitte oon ber Unioerfität
erlaubt wirb. 2)ie Unioerfität befdjloß aber am 24. SJZärj, baß bie 2)epofition
bleibe unb bie Sfifißbräudje abgefcfjafft würben.
(Gegen ben mehr unb meßr überfjanb nehmenben fßennaliSmuS mußte am 9. 0f*
tober 1629 ber fReftor ber Unioerfität, ©eoerin BiniuS, lebhafte ®lage führen, inS*
befonbere über bie burd) auswärtige unb nicht immatrifulierte ©tubenten eingeführten
ungewohnten Quälereien ber ©tubenten, „bie man Pennalisatio nennt". 2)ie Uni*
üerfität befdjloß einftimmig, unter ber ©träfe ber Berweifung unb 500 (Gulben biefe
Negationen ju üerbieten unb, wenn nötig, bie weltliche üUfadjt um Unterftüßung an*
jugeßen1 2.
Über bie 21rt unb SSeife ber moberierten 2)epofitionen in ®ölit um baS Qafjr
1635 finben fich folgenbe 9Jotijen: bie 2)epofition fanb ftatt in ben gefdjloffenen
(Gpntnafien. ßufdjauer würben nicht gebulbet. 9iad) bem Schulanfang erfolgte bie
2)epofition ber Sogifer; (Gßmnafiaften burften nidjt ohne jwingenben (Grunb jur
2cpofition gugelaffen werben. Slußer bem Beanenüater (Pater Beanorum), beit
ber 9?egen§ aus bem jweiten philofophifcfjen ®ur§ wäßlt, finb bei ber 2epofition,
je nadj ber ßafjl ber 2)eponierenben, immer einer ober mehrere aus ben Nhhfiüwn
ober ffilctaphhfifern beteiligt, bie oon ihren Sßrofefforen beftimmt werben. 2)ie ganje
2)epofition leitet ber fßrofeffor ber Sogif, um SluSfdjreitungen in ber 2)auer, in ben
©chlägen unb Bräuchen ju oerhiitberit unb bie Deponendi oor (Gelberpreffungen ju
befdjüßen. Um bie häufigen Betrügereien ju üerhinbern, bleibt baS Siegel bei bem*
felben ^5rofeffor aufbewahrt, unter beffen Slugen alle 3eu3niffe Qeftegelt werben.
2>ie ^nftrumente ober Sßaffen ber 2)epofition finb in ber §ut be§ (GpmnafiuntS.
1 * Original in Köln, 6tabtard)io, llniberfi* 2 33 i an co a. a. 0. I 262 f.
tat 605, f. 233 f.
Sie Uniberfität. Sepofition unb Promotion.
539
Der 23eanenüater barf fie gut ißrioatbepofition nicht offne augbrüdlicfje ©rlaubttig
beg Siegeng, bie feiten gegeben wirb, heraugnchmen unb muff fie am felben Sage
fämtlidj tttieber ing ©pmnafium juritdbringen. 33oit ber Depofition fiitb nur aug*
genommen bie in fjöfjcren SBei^en ©tef)enben, ebenfo Drbengfeute unb bie Ijocbabeligen
ißerfonen 1.
Drop adebem fdfjeint eg an Slugfdjreitungen nid^t gefehlt ju haben. Denn in
bcrfelben $eit (1634) flagt ber Kölner Seuntiug SUopfiug ©arafa2: SOIan f)ält hart*
näcfig an bem alten 9titug ber ©inweif)ung ber neuen ©tubenten feft, mobei bie
auggelaffenen ©tubenten fiel) grobe unb unanftänbige Slugfchreitungen jur ©djmad)
für bie gange Kölner SIfabemie erlauben.
Unter ben ilbetftänben, bie ber 9?untiug bei biefer ©elegenheit beflagt unb bie
auch feine Vorgänger üergebeng abgufcfjaffen gefugt Ratten, nennt er an erfter ©teile
bie Promotion Unfähiger jum Doftorat 3. Die ßulaffung Unfähiger gur Promotion
hing üielfad^ mit ber ^ulaffung unreifer ©tubenten jufammen, bie üor 33olIenbung
ber Ijumaniftifd^en ©tubien of)ne ©j;amen fid) auf ben Uniüerfitäten einfdfjreiben liefen,
dagegen haben bie ^efuiten entfdjieben angefämpft4. Sludj bie ©enerale liefen eg
nidjt fehlen an Mahnungen, menn ihnen Klagen jufamen. ©o mahnte infolge foldjer
Magen 33iteüegd)i am 21. Sluguft 1627 ben öfterreicfjifdOen fßroüinjial Dombrinug
über ©rag : Die gitlaffung llnmiirbiger §u ben afabemifchen ©tubien benimmt ben
(traben Sßürbe unb Slnfeljen unb fcfiäbigt gugleid^ bag Slnfefjen ber Slfabemie. Deg*
halb füllen ber Mangler unb feine dtäte gemahnt werben, größere 9tüdfid)t auf bie
©hre ber Slfabemie alg auf ben Vorteil weniger ©tubenten §u nehmen unb baf)itt
ju arbeiten, baf; lieber wenige Sßürbige ju ben ©raben gelangen, alg bajj üiele
Ungelehrte mit einem falfdfjen ©db)ein Oon ©etefjrfamfeit gegiert werben5.
ÜDian Ijat üielfad) bie Deputationen über mandhmal lächerliche fragen alg einen
33eweig angeführt für ben Diefftanb ber SSiffenfchaft an ben betreffenben Uniüerfitäten.
©g muh aber beachtet werben, bah biefe Disputationen eine mehr heitere ßugabe
jur Promotion waren, wie eg ja überhaupt bei biefen Deputationen an allerlei
Sabfal nicht fehlte. Da würben SBein unb ©ebäd jur ©tärfung herumgereicht unb
an bem 2&ein würbe nicht nur genippt, ©o berichtet g. 33. bag Diarium ber tfjeo»
logifcfjen ^afultät ju ^ngolftabt unter bem 24. ©eptember 1629: SSäfjrenb ber
Deputation würbe 2Bein unb ®onfeft burdh ben üftotar, Rebell unb anbere herum*
gereicht. ÜDian tranf 8 ÜÖtah fpanifdjen unb gegen 100 SLRah gewöhnlichen SBein.
2Weg ging fehr befcheiben her, lein ©lag würbe üerloren ober ^erbrochen6. Der
Promotion üoraug gingen natürlich bie ©jamina, unb jwar ein Examen morum,
bag j. 33. in ber artiftifchen gafultät gu ^ngolftabt am 19. Slpril 1621 morgeng
8 Uhr anfing unb nadjmittagg 3 Uhr fdjlofj. Dann folgte am 21. Slpril bie wiffen*
fdhaftlidhe Prüfung, an einem Dag würben brei geprüft. 21m 22. 9Jtai 1619 hatte
bie artiftifche gafultät befchloffen: 2l/2 ©tunben genügen jum ©tarnen für einen
fßromoüenben jum 33affalaureat unb SKagifterium 7.
Der 9?untiug ©arafa beflagt auch groben Stoften bei ber Promotion: ©g
werben nicht üiele auf einmal, wie auf anbern Slfabemien, fonbern nur immer brei
ober üier promoüiert. Diefe müffen bann gegen 100 ©äfte einlaben, ©o finben
bann faft währenb ber ganzen fjaftengeit afabemifdfe ©djmaufereien ftatt, bei welchen
wegen ber üielen ©inlabungen gugleidj ©elb unb ©ut oft bürftiger ©Itern mit nidjt
1 *Söln, @tabtar<f)iü, Ilniüerfität 006. * 23gl. unten Sngolftabt.
2 Ginzel, Legatio P. Al. Carafae 110. 6 *0rig.=91eg. Ad Austr.
3 SSgl. bie Stage SUtebfartS in feiner Effrift* 6 * Matricula coli, theolog. Ingoist., 9Jt. ®.
lieben Erinnerung 280 f. Er beruft fief) auf III 11 2, 88.
Eonpen. 7 * Acta Facult. Artist. Ingoist. $Dt. U. 014.
540
3ld)te§ Äapitel. ©Qmnafien unb Uniberfitäten.
geringem ©traben für bag Slßgemeinmof)l berfd)menbet mirb. SDie Soften ber ®oftor*
Promotionen mären befonberg fjocf) in ®öln. $ür bag tlfeologifche Sigentiat begabte
man an ©ebüfjren 130 ©ulben, für gmei SKerenba unb ein ©aftmatjl 200 ©ulben.
2)ag ®oftorat forberte oiel mehr, für brei SRerenba (Haustus) 57 ©ulben, für ben
ißromotor eine £oga 100 ©ulben, für SRäntel 96 ©ulben, für SSirette 82 ©ulben,
für Reibung beg Sßebeßg 64 ©ulben. ©rope ©ummen oerfdjlang bag ®oftormahl,
gu beut gegen 300 ißerfoneit eingelaben merben mufften, alte promooierten SDoftoren
aller ^afultäten, bie Prälaten, bie iBürgermeifter ufro. 2)agu famen bann nod)
anbere ©infabungen. gür äRerenben unb bag SDoftormahl, bag gemöhnlid) auf bem
Ouatermarft ftattfanb, bejahten bie Kölner ^efuiten im ^ahre 1631 1080 ©ulben,
ungerechnet ber üom §aufe gelieferten Vorräte. Sin ©efchenfen, bie bei aßen SDoftor«
mählern ©itte toaren, erhielten fie an ©elb unb SebenSmitteln 870 ©ulben; ab«
güglid) biefer ©efcfjenfe betrugen bie Sluggaben noch immer bie nach bem bamaligen
©elbmert enorme ©umme bon 1300 ©ulben1. S)ie ©infabungen gur SDoftorpromo*
tion nahmen gmei £age in Slnfprudj. SDiefelben erfolgten burcf) ben ®anbibaten mit
gmei Sigentiaten unb hier big fedjg S3affalauren : boran fdhritt bor ben Sßebeßen ein
ÜRarr, ber auf Soften beg ^anbibaten mit fitbernen gieraten gefdßnüdt mar. Söährenb
ber gmei £age mar grühftücf unb Stbenbeffen im £mufe beg ^anbibaten, bag SRittag«
effen bei einem greunb auf bem SBege.
Söieberholt gaben fich bie Qefuiten aße SRülje, bie ©pgeffe abgufdjaffen.
P. Äafen fdjreibt in feinem STagebucf) gum 31. Januar 1629: ^ 9in9 5um
Rector magnificus unb faft gmei ©tunben lang oerlfanbelte ich mit ihm über bie
Stbfchaffung ber SRenge ber Sitte (bei ber Promotion). @r gab gu, baf? bie Slb«
fchaffung gur größeren ©fjre ©otteg fei: mit ©emiffengbebenfen f äffen mir gu lange
bei Xifdf) in ber gaftengeit. ®ie alte Slrt unb Söeife ber Sitte fönne nicht aufrecht
erhalten merben, ba bag guber SSein je|t 200 Xaler fofte, bie ©tubenten mürben
gu ftarf belüftet unb fchliefslicfj eher ohne Promotion meggieffen. ÜRacf) oielem §in«
unb ^erberaten mürben einige geringe SSefctiränfungen befchloffen2.
®ie manchmal faft täglichen atabemifchen ©elage maren um fo mehr gu be«
anftanben, alg fie in eine geit pe§ SUebergangeg unb beg tiefften nationalen Un=
glücfg fielen. Söieberholt miefen bie Obern barauf hin. ©o fd^rieb ber ©eneraloifar
©angro am 28. (Januar 1645 an ben oberrheinifcfjen ißroüingial (Joachim §amman:
©g ift burdfaug oernünftig, baff man in biefen fo tief betrübten ßeiten aßen Stuf«
manb bei ber Slfabemie fo tiiel alg möglich öermeibet, gang befonberg bei ben ata«
bemifdjen ©d)maufereien. SBeil nun ber Äurfürft (bon SRaing) ben Slufmanb für
bag SDoftormaf)! mit 50 Malern abgulöfen erlaubt hot, mie ©m. §o cf) mürben berichten,
fo märe eg fef)r fcfjimpflid) unb eine ©chmad) für bie Unfrigen, menn fie einer fo
heilfamen unb in biefer bon Slrmut gebrüdten .Qeitlage fo notmenbigen Slbficht fich
irgenbmie miberfepen foßten. 2)egf)alb mögen ©m. ^odjmürben mit aßer ßraft ben
fßlan beförbern unb bie Unfrigen, bie bagegen finb, mit ftarfer §anb in ©chranfen
halten. ®enn eg märe unfereg Stameng unmürbig, fo bernünftige unb heilfome be¬
trete gu befämpfen, bamit eg nicht ben Slnfchein geminnt, alg moßten mir unter
bem SDedmantel beg ©intreteng für bie ^Beibehaltung eineg alten S3raucf)eg für unfern
©aumen forgen3. SRod) fcfjärfer fprad) fich ^er ®eneral ©arrafa aug4. Sluf ihn
bermieg ber ©eneraloifar glor. be SRontmorencp am 9. Oftober 1649, inbem er
1 * Liber consuetudin. Scliolae Colon. S. J. 2 Shirt, ©tabtarcfjiD, UniDerfität 605,
$öln, ©tabtarcfjiD, Uniöerfität 605. gür 3n= 3 * 0rig.=9teg. Ad Rhen. sup.
goßtobt bgt. Med er er, Annales Ingoist. 4 Sßgl. 22. Sahitel.
Acad. II 302; iJJrantl a. a. 0. I 403 f 437.
Ehtjelne Uniberfitäten: 28ien.
541
bem fJSrobindal 9ätl). Siber fcf)rie6 : Setreff ber Slbfdfaffung ber f£)oftorfdjmaufe*
reien an ben Unioerfitäten üöfainj, Söiirjburg, Samberg ufm. ftimme id; ganj bem
Urteil @ro. §ocf)mürben unb ^Ijrer Slonfultoren bei1.
* #
grüner fcfion fjat unS baS 3ufammenprallen be§ Modus italicus unb Modus
Parisiensis auf ben Unioerfitäten befdjäftigt2. SDiefer ßampf naf)m in unferer 3ed
befonberS in 2Öiett fefjr ernfte formen an, jumal ein 9Jlann non ber Energie eines
fö'Iefl entfcfjieben für ben Modus italicus in bie Scljranfen trat. @r motlte burdfp
auS unb oermanbte bafiir bie faiferlidje unb päpfttid^e Slutorität, bafj bie 3eflllten
in Söien auf bie tfjeologifdjen unb pfjilofopfjifdjen Sorlefungen in iljrem Kolleg
enbgültig öerjidfjteten unb biefelben nur auf ber Uniüerfttät galten füllten. Solange
eS irgenbmie möglich mar, miberfepten fidfj bie SBiener Qefuiten biefent fßlane mit
großer ^d^igfeit: fie moQten eoentuell ijSrofefforen für bie Uniberfität ftetlen, aber
auf bie Sorlefungen in ifjrem Kolleg nicfjt beraten, meil baburd) einerfeitS bie
SDiSgiplin ber Stubierenben, anberfeitS bie greiijeit ber OrbenSobern über ipre
Untergebenen ferneren Staben leiben müßten. ®ie Stuffaffung ber Qefuüen mürbe
unterftüpt burdj bie traurige Sage ber SBiener Uniberfität.
®ie Sßiener Uniberfität bietet beim Segimt beS 17. QafjrpunbertS baS Silb
„einer gänglicpen geiftigen unb materiellen Sermaprlofung" 3. ©in föniglicpeS Sdtjrei»
ben bom 14. 9iobember 1609 ftellt ber Uniberfität bor, mie „bie Stubien faft an
allen fyafultäten erliegen unb gar menig SlubitoreS finben, mäprenb baff bie patres
Iesuitarum ben Cursum Philosophiae in ifjrem ^oöegio felbft aucfj lefen unb ancf)
alle 3eit smei ®urfuS abfolbieren, epe man bei piefiger Uniberfität mit einem an
ein @itb lommen, baper fiep bie Qugenb billig bei bemelten SßatribuS aufpält. 0b
nicpt ein 2Beg märe, bap 31m SBiebererpebwtg biefer uralten Uniberfität ben Patribus
Societatis Iesu §ugefaffen merben möcpte, neben ber STpeologia aud; ben Cursum
Philosophiae bafelbft in universitate ju profitieren . . ., bod) alfo, bap ber gange
®urfuS in iprem ^ollegio abgetan unb allein fortan bei ber Uniberfität gelefen
merbe" 4.
2lm 16. Januar 1610 erbat fiep bie Uniberfität Sebenfjeit; am 2. SJfärj mürbe
bie Slblepnung befcploffen. Qn ber Slntmort betont bie Uniberfität, baff bie Über*
tragung beS ppilofoppifcpen Wurfes an bie Qefuiten gegen bie Üiecpte unb ^ribilegien
ber Uniberfität berftope; aucp ftefje baS ®efret SJfapmilianS bom Qapre 1573
entgegen, meldjeS berbiete, ben ^efuiten mepr als bie beiben tpeologifcpen fßrofeffitren
einjuräumen. ®ie ^efudeu bollenbeten bie s}3pilofoppie in 3 Qapren, bie ^jßrofefforen
ber Uniberfität aber ben Statuten entfprecpenb in 5—6 eS fomme ja audj
nicpt barauf an, mie fdjnett, fonbern mie gut bie Stubien abfolbiert mürben. ®ie
Qefuiten füllten ipre Sorlefungen nur in iprem Kolleg bemalten opne Südfiept auf
bie Uniberfität; ipre Scpüler mürben jebodf) bon ber artiftifdjen gafuttät, menn fie bie
pinreicpenbe 3eit bie Sorlefungen an ber Uniberfität gepört, gu SaUalauren unb
Sßagiftri promobiert merben5.
infolge biefer Slblepnung, bie mit ben SBünfcpen ber 3efulten übereinftimmte,
nod) mepr aber infolge ber politifcpen Söirren burd; ben Sruberjmift im §aufe
^abSburg mürbe ber fßlan ber ©nberleibung einftmeilen gtoar fallen gelaffen, aber
1 * Orig.'fReg. Ad Rhen. sup.
2 23b I, 272 unb oben ©. 318 ff.
3 Äinf, @efcf). ber Uniberfität 2öien (1854)
I 1, 340.
4 SBortlaut bei Leop. Senfeider, Acta
Facult. Medicae Universit. Vindobon. V (1910)
45. 23gl. Äinf a. a. D. I 1, 346 mit Saturn
oom 1. $0tai 1610.
5 Seb. Mitte rdorffer, Conspectus Hi-
storiae Universitatis Yiennensis III 90 f. 23gl.
Sin t a. a. 0. I 1, 346 f.
542
5(d)te§ Äopitel. ©tjntnafien unb Uniüerfitäten.
Kteft ^ieft if)n ftetS im Auge unb martete nur auf eine giinftige (Gelegenheit, Kaum
mar bie politifcfje Sage nad) bem ©obe beS KaiferS Otubotf etmaS gefeftigt, griff
Kteft feinen iptan mieber auf. 2Bie Becan ^uü 1614 an Aquaöiöa fcfjreibt, plante
Kteft bie Bereinigung beS ^efuitenfoltegS mit ber Uniöerfität unb hatte barüber
öerfdjiebene Borfchtäge. ©er ©enerat empfafjt einftmeiten inbifferente 3urüdf)altung 1.
©ie {yr-nge mürbe am 17. September 1614 auf ber öfterreidjifcpen ^roöingiat*
fougregatiou öerf)anbelt. ü)J?an entfdjieb fich burdfauS gegen bie Berlegung beS
phitofophifchen StubiumS an bie Uniöerfität, aud) falle man gu gelegener 3eü ernftlich
banach trauten, bie tf)eotogifd)e Bortefung mieber ins Kolleg gu übertragen; nod)
tiiet meniger füllten bie ip^ilofop^ie» unb ©heotogieprofefforen getrennt öom Kolleg
an ber Uniöerfität mofjnen, benu in biefent gatte fönne bie ©efetlfdjaft nicht frei
über bie ^erfonen, Stubien unb ©iSgiptin öerfügen. Seitbem bie tpeotogif^e Bor*
tefung im Kolleg aufgehört, fo betonte man, madjen bie Alumnen meniger gort*
fdjritte, unb baS Kotleg f)at an 9iuf nicht menig öerloren. Sluch ift (Gefahr, baff
bie (Gefellfdjaft burd) ben SUchtgebrauch ihres BedpeS auf theotogifdje Bortefungen
©inbufje an biefem 9tedpe erteiben ober bie Sßiebertjerftetlung fid) fcfjmieriger ge*
ftatten mirb. giir ben gatt, baf; man, mie 31t ermarten ftefje, entfdfiebener gebrängt
merbe, bie $|3f)itofopf)ie gu übertragen, unb man nicht auSmeidjen fönne, einigte fich
bie Kongregation am 18. September bafjin, ben ©enerat um bie (Erlaubnis gu bitten,
bie Übertragung beS ganzen KottegS mit alten ©infünften unb Freiheiten oorfdjtagen
311 bürfen, fo gmar, bajü öor altem ein neues Kotleg mit Kirdje gebaut, baS jepige
Kolleg aber gu einem ißrofephauS umgeftattet merbe. So fönne bie (GefetXfchaft
entmeber meiterem ©rängen öorbeugen ober ofjne Beeinträchtigung ihrer Rechte unb
Freiheiten ihre Stubien unb Schulen nad) ben formen beS gnftitutS üermatten2.
gngmifdhen hotte Kteft ben Kaifer Matthias gang für feine Abfidjten gemonnen.
©ine Kommiffion mürbe mit ber Ausführung betraut, ©er öfterreichifdje ^ßroöingiat
©heob. BufaeuS berichtete barüber am 29. ganuar 1615 an ben ©enerat: ©er
Kaifer hat mir geftern mitteiten taffen, baff gmei üon ben Unfrigen an ber Uniöerfität
Bhttöföphte tefen unb bie phitofophifchen Bortefungen im Kolleg unterbleiben füllen,
gef) ha&e um Beit gebeten, bie Schmierigfeiten öortegen unb mit bem ©enerat
beraten gu bürfen, ohne ben ich feine ©ntfcfjeibung treffen fönne; id) btieb trop ber
SBeigerung ber Kommiffare barauf beftehen, meit ich muffte, baff bie gange Sache
nicht fo fepr üom Kaifer atS öon Kteft betrieben mirb. ©ie Kommiffare brohten
mit ber Stufhebung beS phitofophifchen KurfeS unb fuchtelt burcf) anbere ©rohungen
bie Abfid)t ihres Auftraggebers gu erreichen. Kteft befürchtet, menu ©rgpergog
gerbinanb gur Regierung £>fterreid)S fommt, feine Abficf)t nicht erreichen gu fönnen.
Atte B°treS gtauben, mir müßten ftanbhaft bteiben unb ftetS befdjeiben Se Sftajeftät
bitten, er möge nicht geftatten, bie Früchte ber gugenbergiepung gu fpnbern, bie mir
unter ber 3ud)t beS Kollegiums einheimfen, aber bei ber atlgu großen Freiheit unb
Ungebunbenheit auf ber Uniöerfität öertieren. gef) tonn nicht anberS benfen, atS
baff bie phitofophifchen Stubien fich hier öiet fchtimmer geftatten merben als gu
gngotftabt, falls bie Übertragung ftattfinbet, meit bie §örfäte entfernter finb unb bei
jebeSmatigem §in* unb ^ergepen eine gange Stunbe öertoren geht, ferner meit feine
3ucf)t möglich ift, fonbern alle nad) Belieben megbteiben fönnen, brittenS meit nicht
ber gange Kurs gelehrt mirb unb bie Approbation ber Seprer öon ber Uniöerfität
abpängen fott3. Kteft fudjte auch burd) ben ^ßapft unb ben Nuntius in feinem
Sinne auf bie ^efuiten eingumirfen 4.
1 * 0rig.=9teg. Ad Austr. 4 * ©eneralbifar Silber an 23ecan, 26. @ept.
3 * Original Acta Congr.' Prov. XVI. 1615. 0rig.=9teg. Ad Austr.
3 * Original Austr. Fund. II 489.
Einselne Itniberfitäten : 2Bien.
543
®ie tiefgreifenbe Bebeutung ber Bereinigung jeigt ein Brief beg Prager Bun«
tiug an bcn SSiener Beftor gtorian Stoancini oom 13. Boüember 1615, in toelc^em
er einige fBilberungen anfüf)rt, bie er oont föaifer im ^ntereffe ber Qefuiten ermirft
habe: 1. 2)ie Sttumnen unb ®onoiftoren ber Qefuiten, bie auf feine afabemifcfje
SBürbe Stnfprucf) machen ober bie bem geiftlicfjen ©taube angefjören, brauchen nur
bie beiben pf)iIofopf)ifd)en Borlefuttgen ber ^efuiten ju hören; bie Saien, Alumnen
unb $onüiftoren, bie grabuiert merben rnotlen, müffen aufferbent täglicf) menigfteng
aud) nod) eine Borlefung etneg anbern profefforg hören. SDie übrigen Saieufcfjüler
ber Qefuiten außerhalb beg ®onoiftg unb Sttumnateg föitnen bie ©rabe an ber Uni«
oerfität nirfjt erhalten, rceitn fie nicfft auper ben Qefuiten noch jmei anbere pro«
fefforen gehört ffaben. 2. ®a§ Kollegium mirb ber Unioerfität fo inforporiert, bafj
alle, metche in bem Kolleg ©rammatif, Humanität big Blfetorif inftufioe gehört haben,
auf ber Unioerfität ben ©rab eines Baffataureug erhalten, gteidffam atg Ratten fie
auf ber Unioerfität felbft ftubiert. 2)amit bie Patreg frei finb in ber SDig^iptin über
SUumnen unb ®onoiftoren, fotf ber Beftor ber Unioerfität über biefelben feine $;urig«
biftion haben; alle übrigen ©djüler merben oon bem Beftor ber Unioerfität Oer«
teibigt, toenn fie, mag oft gefcfjieht, oor ein SBiener SEribunat geforbert merben unb
bie Berteibigung ber patres ihnen menig fjelfen foffte. 3. ®ie patreg derben oon
allen Saften ber Unioerfität befreit, müffen aber ben öffentlichen Promotionen, SDig«
putationen, ber Beftorgmaf)! ufm. beimohnen1.
©in faiferlicfjeS SDefret befahl ben ^efuiten, Sogif unb Phpfif nid^t mehr in
ihrem £oHeg, fonbern an ber Unioerfität gu lefen2. Sag Sefret füllte ben ^efuiten
öffentlid^ eingehänbigt merben. Sie SBiener Qefuiten erflärten aber, ad plenum et
apertum Regimen nicht erfcfjeinen ju fönnen, ba eg fid) um eine geiftlidje ©ad)e
hanble, in ber fie Oon ihren Obern anbere Befehle erhalten hatten. Sn e^ner Bor«
fteKung an ben ®aifer festen Beftor unb Kolleg biefen ihren ©tanbpunft augeinanber
unb baten ben ®aifer, bie Slugführung beg Sefretg einftmeilen ju fugpenbieren, big
ber 233iCte beg ^eiligen Baterg, an ben man refitrriert, feftftelje3. Bitellegdji bat
am 9. Januar 1616 ben Prager Buntiug, fiel) bafür ju oertoenbeu, baff bie ©efell«
fchaft nach Übernahme ber beiben Philofophieprofeffuren an ber Unioerfität, ju
ber fie bereit fei, roenigfteng ihre Borlefungen im Kolleg fortfepen bürfe4. Stuf
biefen ©tanbpunft fcheint fiel) auth ber Papft geftetlt ju haben5. Sie Bereinigung
mürbe unterbeffen, toie ber Beftor fylor. Sloancini am 11. ÜBärj 1616 an ben
©eneral berichtet, fefjr entfchieben oon ben ©egnern betrieben, „bie offen erflären,
fie bäten Oon bem Kolleg feine .fpilfe, fonbern beabficfjtigten bie tlnterbriicfung beg
Äollegg"6. Befonberg fd^arf ging SHefl oor. Serfelbe erflärte bem Slbgefanbten
beg Söiener Äollegg Bapf). ©obenjl ÜBärj 1616, ber ®aifer merbe fchon für bie
Slugführung forgen; er brohte fogar mit Betreibung ber ^efuiten7.
Slrn 9. Slpril 1616 toanbte fid) BiteCtegdhii felbft an ®lefl unb bat ihn, er möge
fid) jufrieben geben mit ben bereits bemiUigten §toei profefforen. Ser hoppelte ®urg
an ber Unioerfität unb im Kolleg fönne ben ©tubierenben nur oon Bupen fein, ba
hoch nicht alle an bie Unioerfität gehen mürben; auch an anbern Unioerfitäten mürben
1 *Äopie Austr. Fund. II 453. 3$gl. bie
Acta circa Unionem coli. Viennensis cum
Academia in Barber. Lat. 2852, f. 63 ff.
2 Conspectus III 102 f. ®inf a.a. 0. 1 1, 348.
3 *Äopie Austr. Fund. II 339. 33gl. Eo=
benjl, 9. 9Mrä 1616, ber bie §ärte be§ SSor«
gebend bem SSorfipenben ber ßommiffion, bem
3rreif)errn ö. Xeuffel, einem geinbe ber ^efuiten,
jufcpreibt (ebb. II 334). 9tid)terfd)einen
üor bem ffforum mürbe bom 9tuntiul ouSbrüct«
lid) gebilligt, ßobettsl, 21. StJlärä 1616 (ebb.
II 336).
4 * Drig.=9ieg. Ad Austr.
6 9tad) Briefen beö Dlffiftenten ülbeob. 93u=
faeu§ bom 23. ^ait. unb 13. gebr. 1616. Austr.
Fund. II 340. e <$bb II 335.
7 * Sobensl an 23itelle§d)i, 21. fDtärä 1616.
Original ebb. II 336.
544
2ld)te§ SJapitel. ©tjmnafieit unb Uniüerfitäten.
non oerfdjiebenen ißrofefforen ait üerfc^iebenen Orten Bortefungen gehalten. ®ie*
jenigeit, bie früher für ba§ einftmeilige Stufgeben ber t^eofogifcfjen Borlefuitgen im
Kolleg fid) auggefprocfjen haben, bereuen bieg je|t, ba nach ber (Srfahrung niete
©tubenten je£t feine Bortefungen hören ober anbergmohin gehen. 2>ag Slubitoriunt
ber Geologie an ber Uninerfität J>at tnenig gemonnen unb nie bie frühere ßalfl
im Kolleg erreicht. (Sin |>auptgrunb, marum mir bie fßhilofopljie im ®oHeg fort»
guführert münfchen, ift bie Büdfid)t auf bie SDiggiplin unb bie fittlicfie (Srgiefjung
ber jungen Seute, bie im Kolleg mef)r geförbert roerbett fann alg auf ber Uninerfität,
roie bie tägliche (Srfahrung bemeift. ®ieg gilt nicht fo fefjr für bie fcfjon reiferen
ST^eotogen alg gang befonberg für bie noch jüngeren ijStjitofoptjen, beren gange übrige
(Srgiehung unb fpätereg Sebenggtüd non einer guten $ucht abbängt. 2Bäf)renb icf)
bieg nor bem Slngeficf)te ber göttlichen äRajeftät, bie un§ bie (Srgiehung ber ^ugenb
annertraut bat/ ermäge, febe icb nidjt ein, mie icf) mit gutem ©emiffen ba§ preig*
geben barf, mag ung bie faiferticben (Stifter annertraut haben1.
Sllg $lefl biefeg (Schreiben erhielt, mar er bereitg auf Borfdjlag beg föaiferg
non ißaut V. (11. Slpril 1616) gunt Äarbinal freiert morben. Qn feiner Slntmort
nom 4. $uni unb 25. $uli 1616 beteuerte ®Iefl feine Siebe gur ©efetlfdfiaft; gugleicf)
aber erftärte er, an ber (Sntfcheibung beg $aiferg unb beg ißapfteg in Begug auf
bie Verlegung ber fßfplofophie feftfjalten gu müffen2 *. (Sin erneuter bringender S3e-
fehl beg ßaiferg gmang nunmehr ben (General, ben SöitXen ®leflg gu erfüllen. Sine
Slubieng, bie ber atg iproninjiat nach Ofterreich gefanbte P. Silber bei £lefl unb
bem ®aifer (26. $uni) hatte, fonnte feine Stnberung her^eifti^ren 3- Silber fchrieb
am 4. Quli 1616 an Bitetlegcfji, baff er feinen Befehl bem ®aifer unb ®lefl mit»
geteilt unb ben Beftor non SSien gum @5ef)orfam aufgeforbert habe. SDag faiferlidje
®efret über bie Slrt unb SSeife ber Bereinigung fönne nicht ohne (Schmierigfeiten
auggeführt merben4. Balb barauf muffte Silber am 18. Quli melben, baff ßlefl
jefjt unter Drohungen fogar brei philofophifdje ®urfe Oertange5. $n einem (Schreiben
an Silber nom 10. Sluguft 1616 erflärte ®lefl, bah er flch auf feine meitere (Sr*
örterungen mehr eiitlaffen merbe6.
3mei SSodhen nor ber (Sröffnung beg neuen ©dhuljafjreg ÜRooember 1616 erging
ein erneuter faiferlicfjer Befehl an bag Kolleg, bie philofophifahen Borlefuitgen am
Kolleg gu unterlaffen unb an ber Uninerfität gu beginnen. Silber berichtete an ben
®aifer, baff er bem erfteren Buuft nachgefommen fei, aber bie fßh^°f0Pdie föune
auf ber Uninerfität erft bann begonnen merben, toenn bie notmenbige Bereinbarung,
an bie er feit fünf fRouaten beftänbig erinnert, getroffen fei. Qnbem Silber bieg
am 26. SRoöember 1616 bem (General mitteilte, bat er ihn, bie harten Bebingungen nicht
angunehmen 7. Silber, mübe ber Bergögerung burch ®lefl, reifte nunmehr gur Bifitation
nach ®rag ab unb geigte bieg bem ^arbinal ®lefl am 25. ÜRonember 1616 an, inbem er
ihm gttgleid) mitteilte, eg feien fdjon niete ißh^°f°P^en/ am Kolleg bie fßhilofophie
fortfe^en ober anfangen mollten, meggegogen; einftmeilen big gur Sröffnung ber
Bortefungen an ber Uninerfität habe er für bie päpftlidf)en Sllumnen unb ®onöiftoren
eine fßrioatöorlefung im Kolleg angeorbnet, bamit fie nicht niüfjig gingen unb ,ßeit
unb Selb oerlören. ©obatb mau ernftlidf) bie Slrt unb SSeife ber Übertragung
beraten molle, merbe er fofort nad) SSien gurüdfehren8.
1 * 0rig.=iReg. Ad Austr.
2 * Original' Austr. Fund. II 846.
J * ®iteße§d)i an ben Äaifer nnb an 2llber,
11. Suni 1616. Orig. »Sieg. Ad Austr.
4 * Original Austr. Fund. II 851.
5 * Original ebb. II 348.
6 * Original ebb. II 359.
7 * Original ebb. II 365.
8 * Sopie ebb. II 366.
Sin^cltte Uniüerfitäten : SBiett.
545
gn feiner SIntmort erftärte $teft biefe fßriüatüortefungen für eine Seracfjtung
beg faifertidjen Sefetjtg. gugteid) oertangte er bie Unterftettung ber ©djuten beg
®oÜeg§ unter bie gurigbiftion beg Seftorg ber Uniüerfität unb ben SSergic^t auf
jegticfjeg Sedjt ju pt)i!ofopf)ifc^en Sortefungen, audj trenn bie gefuiten üon ber
Uniüerfität auggefdjtoffen mürben, mag ber Uniüerfität freiftefjen fotte1. Son
biefen unb einigen meitereit gorberungen, bie 0eft burd) feinen Stgenten in 9iom
geftettt hatte, bat Sitettegdji am 10. unb 17. ©ejember 1616 ben ^arbinat bei feiner
Siebe jur ©efeflfdjaft Stbftanb nehmen ju motten, benn bie ©efettfdjaft bürfe bag
ifjr jugeftanbene fRedjt ber Sortefungen nid)t einfachen für alte gälte preiggeben;
auch bie Abberufung ber ißrofefforeit tonne nicbjt an bie guftimmung beg ßan^terg
gefniipft merben, ba jumeiten bie ©rünbe ber Orbengobern ftreng üertrautid) feien;
bie ©djüter ber ©hmnafiatftaffen müßten ben Sefjrern ber ©efettfcfjaft, nicht bem
9teftor ber Uniüerfität unterftettt fein, mie bieg fidj an alten Uniüerfitäten, mo bie
©efettfdjaft big^er getefjrt, bemäljrt tjabe. SDie Serpftidjtung ber ^rofefforen jur
Teilnahme an ben fßro^effionen fei etmag ganj üfteueg, §u Sorn feien bie gefuiten
baju nicht einmal bann üerpftidjtet, menn ber ^Sapft an ber ißrojeffion teitnetjme2.
gn Som fanb SÜeft nacffbrüdlidje Unterftütjuug beim fßapfte. ®er ^Sapft
münfdjt, fo fdjreibt Sitettegdji am 7. ganuar 1617 an Silber, megen Abmidtung
fefjr midjtiger ©efcfjäfte bem ^arbinat 0eft fomeit atg möglich gefällig ju fein;
begfiatb möge bie ©efettfdjaft in ber Uniüerfitätgfadje bem Starbinat ju SSitten fein.
St nt fetben Sage metbete Sitettegdji bem ®arbinat ß'feft, baff bie gefuiten ofjne meitere
Abmadjungen unter benfelben Sebingungen bie ^S^itofopfjie an ber Uniüerfität über*
nehmen mürben mie früher bie tfjeotogifdjen Sortefungen 3. 2Bie Silber am 8. gebruar
1617 bem ©enerat berichtete, beftanb aber $teft barauf, bafj bie gefuiten für immer
auf jebeg Secfjt, in ihrem ^otteg pt^itofop^ifd^e Sortefungen gu hatten, aitgbriidlich
üerjidjteten 4. ©djtiefjtidj mu§te ber ijBroüinjiat fich fügen. ®teft geigte fich jmar
über bie biegbejügtidfe SRitteitung Sllberg üom 4. 9Rär§ gufrieben, brüdte aber gu»
gteidh bie ©rmartung aug, bafj man in ben meiteren Sertjanbtungen mit bem $aifer
fidj bemühen merbe, bie frühere SRafet ju tilgen5, ©in erneuter fategorifdjer
Sefeht ^teftg üertangte unbebingte Untermerfung unb fdjnitt alle meiteren ©rörte*
rungen ab 6.
(Sie ©ingetheiten ber Übertragung regelte bann bag faiferlidje SDefret üom
25. gebruar 1617. SDagfetbe heüt eingangg bie Serbienfte ber gefuiten in SSien
um bie görberung ber tljeotogifdjen ©tubien her°ür. (Sa bie ptjitofophifcfje gafuttät
fehr baniebertiege, habe ber fö'aifer befchtoffen, aucf) biefe burdj bie Berufung ber
gefuiten üon einem augenfcheintichen Untergang gu retten. (Seghatb merben bie
philofophtfcfjen Sortefungen fortan nur auf ber Uniüerfität unb nirgenbg anberg in
ber ©tabt gehalten merben. Sitte brei fßrofefforen (Sogif, ißtjtjfif unb Sftetaptjhfü) fatten
gleidhigeitig tefen, unb jmar üon 8 big 9 Uhr unb 2 big 3 Uhr. (Sie fßrofefforen
müffen für bie gutaffung jur gafuttät ben Actus repetitionis machen. (Sie Alumnen
unb fö'onüiftoren brauchen nur bie Sortefungen ber gefuiten ju hören, bie übrigen
©djüter müffen aufjerbem noch gloei Sortefungen anberer ^rofefforen hören. Sille
£mrer ber gefuiten müffen fich ber (Sepofüion untermerfen mit Augnaljme berer,
1 * Original. 3£imene§ an SSiteKe^dji, 10. Sej.
1616.
2 * Orig.=9teg. Ad Austr. Äopie in Barb. Lat.
2852, f. 67. 3 * Orig.=9teg. Ad Austr.
4 * Original Fund. Austr. II 376.
5 * Original ebb. II 392. 9Iid)t alle gefuiten
tnaren mit biefer Unterwerfung jufrieben. SSgl.
2>ubr. ber gefuiten. II.
* Eobenjl an SSitetie§d)i, 14. iUJärj 1617. *Ori*
ginal Austr. Fund. II 371.
6 * Copia litterarum 111. Dni Ivleselii (28. ÜDMrj
1617;, quibus respondet ad litteras Provincia-
lis, 22 Martii datas, de variatione capitum
in Bulla Caesarea contra conventa cum Com-
missai’iis. Austr. Fund. II 398.
35
546
Sld)te§ Safntel. ©tjmnafien unb Uniöerfitäten.
bie gciftfidjc Reibung tragen, gür bie pumaniftifdpen ©tubien genügen bie $cug-
niffe ber Qcfuiten. Sin einmal angefteHter ißrofeffor ber ‘ißpilofoppie barf opue
oorfjerge^enbc Slngeige beim Sieftor unb ©uperintenbenten ber Unitierfität nidjt ab¬
berufen rnerben1.
SSlit biefent ®efret maren mieberum meber bie ^efuiten noep bie Uniöerfität
eintierftanben. fiebere tierbrofj befonberS baS Urteil beS $aiferS über ben Xiefftanb
ber Unitierfität. ®ie ^efuiten fügten ftef) unb präfentierten brei fßrofefforen. f£>er
®efan ber pljilofoppifdjen gafultät tierlangte nunmepr tion biefen ben Actus repeti-
tionis niept allein für bie ppilofoppifepen, fonbern auep für bie grammatifalifepen
Disziplinen, morüber fiep Silber am 31. üDiärj 1617 bei bem Sieftor ber Unitierfität
befeproerte2. SDie brei fßrofefforen begannen ipre Borlefungen, naepbem für ipre
ißerfon tion biefem Bedangen Slbftanb genommen mar.
S)a roegeit eines gormfeplerS bie betreffenben faiferfiepen Delrete fomopf tion
ber Slfabemie als auep tion ben ^efuiten gurüdoerlangt mürben, fuepte man bie
Qefuiten gu tierbäeptigen, als pätten fie baS faiferlicpe Defret gurüdgefepidt, um ipre
Beracptung gegen baSfelbe an ben £ag gu legen3. Silber meint am 8. Slpril 1617,
®lefl merbe noep einige Berfcplecpterungen gu Ungunften ber ^efuiten in baS neue
Defret bringen4. ®a bem ©eneral berieptet mürbe, bie SBiener Qefuiten maepten
neue ©djroterigfeiten, obroopl auep ber fßapft Siacpgiebigfeit anempfoplen, mieS er
bie Sßiener patres an, trop aller ©cpmierigfeiten unb ßmeifel fofort bie ppilo*
foppifepen Borlefungeit au ber Slfabemie gu beginnen, menn bieS niept bereits ge-
fdjepeit fei5.
®ie ppilofoppifdjen Borlefungen mürben an ber Unitierfität begonnen, aber ber
©turg ®leflS unb ber £ob beS ÜaiferS SJiattpiaS tieränberten plötjlicp bie gange
Situation. Srop ber friegerifepen Söirren tierpanbelte man über bie Siüdoerlegung
beS ppilofoppifepen Sl'urfuS tion ber Unitierfität an baS Kolleg. ®ie Sßpilofoppie
foHte im Kolleg bogiert unb baS Kolleg für fßpilofoppie unb ©tjmnafiunt mit ber
Unitierfität uniert rnerben. Stacp Befucp einiger Borlefungen an ber Unitierfität
fodten bie ©tubenten, bie bei ben 3efu'ten bie ^ßpilofoppie abfoloiert patten, bie
©rabe an ber Unitierfität nepmen biirfen 6. ®a biefer Borfdjlag niept angenommen
mürbe, erlaubte ein faiferlidjeS Defret tiom 4. Januar 1620 bie ßurüdoerlegung
ber ppilofoppifepen Borlefungen ittS Kolleg7. Diefelben fanben aber raenig §örer,
meil fie nidjt gu ben afabeinifdjen ©raben bereeptigten 8. ^nfolgebeffen mürbe ßaifer
gerbinanb II. gebeten, bem Kolleg bie Srteilung ber afabeinifdjen ©rabe gu gemäpreu.
®er £aifer patte aber fepon eine meitergepenbe ©emäprung ins Sluge gefaxt.
Slm 22. Dftober 1622 ernannte er eine SiegierungSfommiffion gur näperen Be¬
ratung über bie Singelpeiten ber tion ipm unabänberlidj befcploffenen Bereinigung
beS ^efuitenfollegS mit ber Unitierfität, bereit ©runbgüge bereits feftgefept maren9.
®aS Übereinfommen gmifepen Sfegierung, Unitierfität unb ber ©efeUfdjaft mürbe be¬
reits am 17. Stooember abgefcploffen 10; aber neue ©cpmierigfeiten ftellten fiep ber
1 2)rucf bei $ i n f a. a. 0. II 24 ff unb Con-
spectus III 106 ff.
3 Äinf a. a. 0. I 1, 352. Conspectus III
115. 2$gl. bie Sitten über ben Streit in SRom,
Staatgardjio, Ges., Informaz. vol. 74, f. 344 ff.
3 *S3ecan an SSitefle3cf)i , 29. SIpril 1617.
Eoben^I an SJitellegcbi, 6. SRai 1617. Original
Austr. Fund. II 475 400.
4 *0riginul ebb. II 385.
3 * S3iteHe§d)i an Silber, 12. Slug, unb 14. Oft.
1617. Orig.-fReg. Ad Austr. 3$gl. bie Schreiben
SIefI§ an fö’arbinal 33orgf)efc, 27. fDtärj, 3. u.
17. SIpril 1617. * Original Barb. Lat. 6899,
f. 34—44.
6 * Slalent. EoroniuS an StiteHe£cf)i, 5. Oft.
unb 7. 2)eg. 1619. Orig. Austr. Fund. II 410 f.
7 SBortlaut in Conspectus III 132 f. SJgl.
®inf a. a. 0. I 1, 353.
8 * öiteHe§d)i au SSecatt, 13. Slug. 1622.
Drig.-SReg. Ad Austr.
9 SBortlaut bei ® inf a. a. 0. II 434 ff.
10 SBortlaut ebb. II 440 ff.
©injelne Uniberfitäten : 28ten.
547
2Xu§fii^riing entgegen, Sie Unioerfität miberfe|te fid) ber betroffenen Übergabe
beg tjerjoglicfiett ^ollegiumg unb ber alten Surfen1, ber General aber moKte bie
SBäfjtbarfeit beg Seftorg beg Qefuitenf'oIIegg gum Seftor ber iüfabemie unb bie gäng»
licfje Unterteilung ber $,efuitenfcf)üler unter bie ^urigbiftion beg Uuiüerfitätgreftorg
nitfjt gugeftehen2. Obgleidf) ber Jftaifer münftffte, baff aud) bie ^efuiten mie anbere
^ßrofefforen bag fReftorat ber Slfabemie übernehmen füllten, fprad) fid) ber General
mieberfjoft mit aller Gntfd)iebenf)eit für bie Ablehnung aug. Gr berief fid) bafür
auf einen Srief oom 1. iüpril 1623 an Secan, auf bag au^brücflicEje Serbot beg
hl. QgnatiuS unb beg Generalg Saineg unb auf bie ^onftitutionen3. SOJan fülle nur
für bie freie unb unbetjinberte Seitung ber @d)ulen ©orge tragen4. ©ef)r erfreut
mar Sitellegcfji, alg bann ber ^aifer biefer 2Infid)t beitrat5.
^n ben ©djmierigfeitcn non feiten ber Unioerfität fucfjte ber General gu üer=
mittein unb nahm miebcrholt Gelegenheit, bie ißatreg in SBien gu langfamem, rüd»
fidftgüoEem Sorgef)en gu ermahnen. 2llg Sitellegcfji barauf aufmerffam gemadjt morben,
ber ®aifer habe bie gur Unterftiitjung armer ©tubenten geftifteten Surfen gar nicht
üerfdjenfen fönnen, menn nidjt in anberer Söeife Grfap gefchaffen merbe, üerbot er
in einem Sriefe üom 15. Slpril 1623 an ben Sifitator SIrgenti beren einftmeilige
Sefipergreifung, big über bag Sedjt beg ®aifer§ unb ben Grfap für bie armen
©tubenten entfdjieben fei. Ginige meinen, fo fcfjreibt er, ber $aifer habe bei feinem
Sefret bod) moI)I felbft ermogen, mag er tun bürfe; anbere antmorten barauf mit
Sedjt, ber ^aifer hatte bei feiner hohen Meinung üon ber Gefellfdjaft üorauggefept,
biefelbe merbe nicf)t§ üon ihm erbitten, mag er nidjt mit gutem Gemiffen tun fönne.
$n biefem ffaHe märe alfo nicht allein bie Gefahr einer ©cfjäbigung ber fürmen,
fonbern auch einer Seleibigung beg ®aiferg gu fürchten. Sie gange ©adje muh alfo
üon neuem griinblidj unterfudjt unb aüe§ üermieben merben, mag gerechten Sabel
üerbienen fönnte. $m allgemeinen hoben einige ißotreg mit tReci^t gemahnt, in ber
gangen Uniüerfitätgfadje gehe man gu fcfjnelt unb unüberlegt üoran, unb eg fei gu
fürdjten, bie Gefellfchaft merbe mit fünftof) für üiele fid) nur in nod) gröbere ©d)mierig»
feiten üermideln. f^ch bitte alfo, fo nad)brüdlid) ich tonn, bofür 5U forgen, bah man
langfamer unb bebädjtigcr üorangehe. Sa id) üon fo nieten ©djmierigfeiten unb
üiclfad)em Sabel fomohl non feiten ber Unfrigen alg and) ber Slugmärtigen höre,
märe eg üielleicht geratener, auf bie afabemifchen Käufer gu üergidjten, bag Kolleg
an feinem jetzigen fßlape gu taffen unb für bag fßrofefshaug einen anbern Stop gu
fuchen. Über alleg bieg märe bie ?lnfid)t ber Ijerüorragenben Satreg unb nirfjt
altein bie beg P. Seftor (Samormaini) eingupolen, ba mehrere Slugen mehr fehen
alg eineg 6.
$n einem ausführlichen Sed)tfertigunggfd)reiben üom 27. 9Rai 1623 betont
SIrgenti in Segug auf bie Surfen: Ser ®aifer unb feine Säte polten fich für be=
recf)tigt, bie Surfen gu übertragen. Gg hanbelt fidh babei um gmei Singe, um bie
Ginfünfte unb bie Käufer. Qn Setreff ber Ginfiinfte bleibt bie gange Sermaltnng
beim alten, eg bleiben biefelben ißroüiforen unb ©uperintenbenten. 2öag bie §äufer
anbetrifft, fo mar bie 2öof)nung fc^mu^ig unb megen ber zugleich bort mohnenbett
Söeiber meniger anftänbig. 2öir bauten beghatb baran, einige Käufer gu fäubern
unb barin alle Surfiften gu üereinigen. Gg honbeit flch olfo nur um eine Ser»
befferung. P. Secait hält bag Secpt beg ^aiferg für flar mie bie ©onne, anbere
$onfu!toren behaupteten, ber fö'aifer fei bagu üerpflid)tet. P. Seftor fagt, eg hätten
1 Näheres ebb. I 1, 356 f; 2, 222 ff. 4 • Orig..«Reg. Ad Austr.
s * 33iteHe3d)i an ben SSifitator SIrgenti, 5 * SSiteCfeSdji an 93ecan, 3. 3nni 1623, ebb.
10. $ej. 1622. Crig.=3Ieg. Ad Austr. 6 * Drig.=9Jeg. Ad Austr.
3 P. 4, c. 2, § 3.'
35*
548
S(d)te§ Siapitet. ©tjimtafieu unb Unioerfitöten.
in biefett Raufern 100 SBeiber gewohnt. Sßenn wegen beS 23erlufteS beS einen ober
anbern genfuS weniger ©tubenten untergebradjt werben fönnen, fo holte id) eS für
beffer, in geringerer 3al)l gute unb anftänbige ©tubenten gu unterhalten als gaf)l*
reichere, aber oerborbene, bie, wie man behauptet, bisher mit ben SBeibSbilbent wie
in einem öffentlichen §auS gufammengetebt hoben1.
Qn einem 23riefe oom 3. f^uni 1623 an ben SSifitator Slrgenti fpricht SBitelleScfji
oon Klagen über baS fcfjroffe Vorgehen beS Söiener 9teftorS Samormaini. SÜian
ftage auch, baff gegen bie ©Ute ber 3Biener Unioerfität für bie in ©rag fJ3ro«
monierten beffere fJßläpe (altiora subsellia) nerlangt unb gewalttätig oorgegangen
werbe. Sin Samormaini felbft fchreibt SSitetleSdji am felben Sage (3. fguni): ©d)on
wieberfjolt unb non oerfdjiebenen ©eiten würbe mir mitgeteilt, bie Slbneigung ber
Slfabemifer unb anberer ÜDiänner gegen bie ©efeüfdfaft werbe immer gröfjer. Ser
©ntnb fei nicht allein bie Übertragung eines Seiles ber Slfabemie (waS ohne gweifel
benen unangenehm fein muffte, weldje baS befaffen, waS ber ©efettfdjaft gegeben
worben ift), fonbern gang befonberS baS unbefdfjeibene unb, wie man fagt, au*
maff enbe Vorgehen ber Unfrigen. 2Benn baS Wahr ift, waS hierhin gefdjrieben würbe —
ich behaupte eS nidft — , fo ift eine fchwere 23eleibigung unauSbleiblid), ba wir ja felbft
ohne ©ntrüftung eS nicht lefen fönnen. i^cf) h°öe ^en SSifitator gebeten, nicht allein
bie Unfrigen an bie religiöfe 23eftf)eibenheit unb Sanftmut gu erinnern unb leine
Slnntaffungen, woburdj bie Slfabemifer unb anbere beleibigt werben lönnten, gugit«
laffen, fonbern auch ollen gleiff aufguwenben, baff burd) bemiitigeS, befdjeibeneS unb
wohlwodenbeS Benehmen bie erbitterten ©emüter befänftigt werben. SaSfelbe emp«
feljle ich wegen ber Söicfjtigfeit $hre§ SeifpielS auch @w. (podjwürben, fo nachbriicf*
lief) ich nur lann: ©ie mögen in allen Singen auf 3hre ^onfultoren hören unb
immer baS erwählen, waS ber religiöfen SSefdjeibenheit entfprechenber unb oon ber
©efaljr einer SSefeibigung mehr entfernt ift. SaS ffteftorat ber Sllabemie barf in
feinem galle angenommen Werben2.
Sen faiferlidfen 33eidjtüater 23ecan, ber auch gemeint, man gehe gu eilig öorait,
wieS SitedeSdji eine Söodfe fpäter, am 10. fgnni 1623, an, er möge ben ßaifer
bitten, in biefen unb anbern Singen guerft feine Sl)re unb feinen Vorteil gu be=
rüdfichtigen unb nichts für bie ©efeüfd)aft gu tun, waS nur im geringften feine
Slutorität unb feine 91uf)e fchäbigen fönne. ©ollte eine ©chenfung bie ©emüter ber
Unioerfität gegen ben $aifer erbittern ober bem ß'aifer in ber (folge Ungelegenheiten
bereiten, fo möge ber 93eid)tüater im tarnen beS ©eneralS auSeinanberfepen, bah er
ber gangen ©efetlfd)aft feinen größeren ©efatlen tun fönne, als ohne fRücffidjt auf
ben Vorteil für bie ©efeUfdjaft baS gu beftimmen, was er feiner @f)re urtb feinem
üftufjen für guträglicher eradjte. $d) wünfdje bicS mit folcher Offenheit unb Sluf«
richtigfeit bem $aifer mitgeteilt gu fehen, bah er War einfieht, eS Ifonble fidf fper
nicht um einen Slft ber ^»öflicfjfeit , fonbern um baS bringenbfte Verlangen, bie
©djwierigfeiten mit ber Unioerfität, gu weldjen tiietteicfjt ber Übereifer einiger ber
Unfrigen einen Slnlaff gegeben hot ohne SSerbriefflichfeit für ben £aifer beigulegen,
felbft wenn eS beSfjalb notwenbig wäre, ber Unioerfität alles, WaS ber ©efell«
fchaft fürglich gegeben worben, gnrüdguerftatten unb bie ©dfulen ber ©efellfdfaft in
bie alten ©rengen Wieberum eingufchränfen. 2öie ernft eS bem ©eiteral mit biefer
Söeifung war, geigt bie SJJitteilung, bie er am felben Sage bariiber bem SSifitator gu«
gehen lieh3.
1 * öriginal Austr. Fund. II 268. propensissima C. Mtis in nos benevolentia
2 * Drig.*9teg. Ad Austr. nimis liberaliter utamur et importunius quam
3 * Crig.=9teg. ebb. (Später (27. ^uli 1624) par est quaevis ab ea petamus.
mahnte ber ©eiteral mieber: Cavendum ne
(Süiäelne Uniüerfitüten : SSien.
549
9iicf)t allein bag Uniüerfitätgreftorat, fonbern aucfj anbere ^orberungen beg Üteftorg
fiamormaini mieg 93ttedegd)i juriitf. ?lnt 12. Sluguft 1623 brücfte er beut 23ifitator
feine Sßermunberung unb feinen ©cfjnterj aug, baff man »erlangt, ber SReftor beg
^ollegg folle in ben öffentlichen Elften ber Uniöerfität »or bem Sefan ber SheDi
logie fi^en, ba er nidjt einfc^e, mag aug einem folcfjen 9tang für bie größere ($l)re
©otteg heraugfomme. @r folle forgen, bafs man oon biefer Slrt ©treberei fofort
Slbftanb neljme unb burdj bag SBeifpiel ber religiöfen 23efd)eiöenheit unb nicht burdj
bag .'pafcfjen nadj einem ehrenoolleren ©ifj fidj Slnfehen bei ber Uniöerfität oerfchaffe.
@ine anbere gorberung, bafs ein $efuit ftetg Sefan ber pf)iIofopb)ifc^en güfultät fei,
fcheine gmar im Qntereffe einer befferett nnb ruhigeren Vollziehung ber SDigjiplin 51t
liegen, man folle aber trofjbem nicht um jeben $reig barauf beftehen; eine ab»
medhfelnbe Vefejjung fönne ja auch genügen. „Vei ber Veljanblung biefer ganzen
©ad;e münfdje idj, bah @m. ^odjroürben beg 9tateg unfereg heiligen Vaterg (Qgnatiug)
fehr eingebenf fei, ber eine fleine grudjt ohne Slnftofj hofier fcfjä^te alg bie größte
3?rucf)t mit einem gerechten fttnftofj für anbere."1 Sluf bie Mitteilung hiib bah man
in einigen fünften hätte nachgeben müffen, brüdte Viteltegdfi in einem Briefe 00m
7. Cftober 1623 an Vecan feine oolle ßufriebenfjeit barüber aug. 9Rit ber fdjliefp
lidjen Slbmacfjung erftärte er fich ganz einoerftanben 2.
2lud) in bem ©treit mit ben Sontinifanern aug Slnlafj ber Übertragung ber
£anbfcf)aftgfdjule, einer faiferlidjen Stiftung für junge Slbelige, fuchte 9SiteHegcf)i
milbernb einjugreifen. Sie Sominifaiter behaupteten, biefe ©djule fei gum Seil auf
ihrem ©runb unb Voben gebaut, unb fragten begljalb am 11. gebruar 1623 über
Vefifjftörung beim ©eneral. Vitellegdji tabelte in einem Schreiben 00m 15. 2lpril
1623 an ben Söifitator bie 2lrt unb SBeife ber SSefi^ergreifung unb oerlangte über
bie 9iedjtgfrage eine eingehenbe Unterfudjung, beoor man roeitergehe; in jebem gall
fei eine ßränfung ber Sominifaner burchattg gu oermeiben. Unter bemfelben Saturn
brüdte er bem ^onoent fein Vebauern über bag Vorgefallene aug unb fieberte eingehenbe
Unterfudjung gu3. ©päter, am 4. üftooember 1623, beauftragte SSitelleSchi beit
P. Vecan, bafür zu forgen, bah bie Vefdjmerben ber PP. Sominifaner oont föaifer
angehört mürben, unb am 18. Siooentber 1623 fpradj er fidj für einen billigen Ver=
gleich mit ben Sominifanern aug, zumal ^arbinal ®lefl erflärt ^abe, bah bie SQub*
fchaftgfdjule mirflicf) auf bem Voben ber Sominifaner gebaut toorbeit fei4. $n
fpätereu ^afjren fam bann ein Vergleidj ju ftanbe.
9?ad)bem bie ©djmierigfeiten Ooit feiten ber Uniöerfität burdj ein ftrengeg faifer»
lidjeg Sefret 00m 26. 9Rai 1623 befeitigt morben5, Unterzeichneten bie Parteien am
7. Slitguft 1623 eine genau formulierte Ubereinfunft, bie jmei Sage fpäter üom
faifer beftätigt unb am 13. Oftober 1623 alg Sanctio pragmatica publiziert mürbe.
Siefe midhtige llrfunbe, bie für bie SBiener Uniöerfität länger alg ein ^afjrljunbert
mahgebenb blieb, oerorbnete in ihren §auptpunfren folgenbeg6:
1 Qui pluris faciebat exiguum fructum sine
offensione quam maximum cum iusta aliorüm
indignatione. Sgl. * SitetteSd)i an Secan,
12. 2lug. 1623, ber ebenfalls gegen beibc
rungen tnar. 0rig.*9teg. Ad Austr.
2 *0rig.=9teg. ebb. Sgl. SiteüeSdji an 2lr=
genti, 14. 0!t. 1623.
3 * 0rig.=9teg. ebb. 9Jtit feinem Sriefe bom
27. föiai 1623 fanbte Slrgenti eine 2)enffd)rift
Ratio scholae Provincialis, quam Yiennae . . .
aedificaverunt et fundarunt Imperatores Au-
striaci. 9tad) biefer mären bie faiferlidjen
üommiffare im 9ted)te geroefen. Austr. Fund.
II 256.
4 Sgl. Siteflesdji an Samormaini, 4. 9ioö.
1623; an Secan, 2. $ej. 1623. *0rig.»9teg.
Ad Austr., unb Earafa an Sarberini, 2. $ej.
1623. * Original Barb. Lat. 6984, f. 144 ff.
6 SSortlaut bei ®inf a. a. 0. II 221. Sgt.
ülrgenti an SiteHeSdji, 27. SJtai 1623. *0ri=
ginal Austr. Fund. II 268.
6 $rucf bei üin! a. a. 0. II 447—466.
2Iud) im Conspectus, Slnfjang 511m III. Sb,
6—29.
550
2(d)te§ ÄapiteL ©tjmttafien mtb Uniberfitäten.
Sie Qefuiten oer^icfiten auf bag Steftorat ber Unioerfität. Sag ^efuitenfodeg
wirb ber Unioerfität inforporiert. Ser Qefuitenreftor behält feine ^urigbiftion über
bie Qefuitenprofefforen, bie an ber Unioerfität teuren, unb über alle Qefuitenfcpüler
wie früher. 253enn gegen einen biefer Scpüfer geridEjtlicf) üorgegangen werben foll.
Wirb bie Sacpe oor ben Rector magnificus öerwiefen, aber nicpt eper bag Streit*
üerfaprett eröffnet, big ber pierüon benacpricptigte 9teftor beg Äodegg erfrört, bie
Sadje fönne nur gericptlicp auggetrageit werben, $eber §örer unterftept bem ®e=
porfam feineg profefforg, bem P. 9teftor ober bem Rector magnificus, je nacpbem
er bie SSorfefungen ber Qefuiten ober bie anberer Profefforen afg fpauptftubium
befucpt. Opne ben Steftor beg ®odegg fann feine affe £>örer betreffenbe Stubien*
fad^e befcpfoffen werben. SBenn ber Steftor beg ßodegg einen Sdjüler entfaffen pat
geigt er bieg bem dteftor ber Unioerfität an, ber feinerfeitg bie SUcptgufaffung gu
ben anbern ^afuftäten üeranfaffen wirb. 2öid ein $efuit einen bem Steftor ber
LlPPlI
Frr-iün Jf. A* .t£%8. yr\ni(Ui
o Collegium ber Soc .
CaDflffmrt Jpaü $ l>Coll«W(|cf*<
2>a8 nfnbemiftfje ßolleg mit ßircfje 311 Stöieit. ©tief) bou §. ©perl (s/2i). ®unftfabinett ju ®alf§f>urg.
Unioerfität unterworfenen Profeffor, SJtagifter ober fpörer oerffagen, fo muff er bie
®fage guerft üor ben Rector magnificus bringen. Stile SSerfügungett ber Unioerfität
an ^efuitenprofefforen gepen bitrcp bie §anb beg ^efuitenreftorg. $n ber ppifo*
foppifepett gafuftät ift abwecpfefnb in bem einen Semefter ein oon ber ©efedfepaft
beftimmter Pater Sefan, im anbern Semefter ein anberer Softor ober 9)?agifter,
ben bie gafuftöt nad) bem ^erfommen wäpft.
Ser oon ber ©efedfepaft beftimmte Sefan beforgt alle ©efdjäfte ber gafuftät
mit Stugnapme beg Stmteg eineg SUgereftorg ber Stfabemie, wefepeg ber Spbefan über
nimmt. SBäprenb beg Sefanateg eineg Siicptjefuiten unterftepen ade Sdjuffacpen bem
©pbefait ber ^efuiten, ber auep über bie Sigputationen, Prüfungen, Promotionen
entfepeibet; ebenfatfg liegt bie ßenfur feiner §anb. Ser Sepofitor päugt Dom
Sefan ober SUgebefan aug ber ©efedfdjaft ab; oon ber Sepofitiou finb auggenomnten
bie ßferifer unb bie, Wefcpe geiftfiepe SUeibung tragen; ade aber müffen in bie ÜDta*
trifef eingetragen werben.
©in^elne Unioerfitäten: 2Bien.
551
Von ^Srofeffuren werben ben ^efuiten zugewiefen bie humaniftifcfjen, philo-
fopfjifdOeit utib tl)eologifd)en; iit ber Sfjeologie bleiben ober wie btSfjer aud) bie
nidjtjefuitifchen Profefforen. £)er ^5rofeffor ber ^eiligen Schrift au§ ber ©efeüfdjaft
barf nidEjt zur felben ©tunbe lefen unb niefit iit betnfelben ^at)r baSfelbe Vud) er-
flären wie ber anbere ^ßrofeffor. SDie öon ber ©efeHfd)aft bestimmten Profefforen
Zeigt ber Qefuitenreftor bem Rector magnificus an; fie werben ohne weiteren @ib
öon biefem al§ Profefforen anerfannt. $ur tfjeologifcfjen gmfultät gehören öon ben
Qefuiten ber Peftor be§ Kollegs, gwei ^Srofefforen ber fdjolaftifdjen S^eologie, je
einer ber ^eiligen Schrift, ber ®ontroöerfen unb bie ÜÜforalprofefforen; jur pljilo-
fopf)ifdf)en fyafultät aufjer bem SDefan ober SSi^ebefan bie Profefforen ber SMaphpfif,
@tf)if, Phhfif, ÜDiathematif, Sogif, SDialeftif, Difjetorif, ber hebräifdjen unb griedjifchen
Sprache, enblid) ber Profeffor ber Poetif. ®er Oieftor be§ ®oKeg§ wirb in bie
t£)eo!ogifcf)e, ber SDefan ober Vizebefan in bie pljilofophifdje ^afultät offne ben Actus
repetitionis jugelaffen. 06 bie anbern Qefuiten, welche fc^on ein ^al)r an einer
Slfabemie iljr gadj gelefen, oljue Actus repetitionis jugelafjen Werben, fiängt öon
ber Veftimmung ber gafultät ab. Sin ©teile be» Actus repetitionis tritt für bie
neuen profefforen bie Seitung einer öffentlidjen 5Di§putation. gür bie anbern pro-
fefforen bleiben bie früheren Veftimmungen. ®ie Promotionen ju ben ©raben ber
Philofopfjie finben in ber Uniüerfitäblaula ftatt.
®ie Verwaltung ber Vibliotfjef wirb ber ©efettfdjaft übertragen, alle anbern
Profefforen fjaben ßutritt unb ermatten gegen £)interlag§fd)ein Vücher. ®a§ @rj-
^erjoglidje Kolleg \ bie Vurfen unb alle anbern Uniöerfitätggebäube aujzer ben ©prn-
nafien ber Quriften unb üßebijiner geboren ber ©efellfähaft; an beren ©teile Werben
Äolleg, ©djulen unb ®ird)e für bie ©efeKfdjaft gebaut. ®afür wirb ber Peftor
be§ ^odeg§ für Ä’onfiftorium, Kanzlei unb 21rcf)iü ber Uniöerfität ein ©ebäube be-
forgen, ba§ in ba§ (Eigentum ber Uniöerfität übergebt.
Über bie Vebeutung biefer pragmatifdjen ©anftion l)at ber ©efdfichtfdjreiber ber
Uniöerfität geurteilt: „Segt man noch in bie 2öagfd)ale, baff bie ©ojietät Weber in
ber 2CBaf)l ber perfonen für ba§ Sehramt, nod) in ber Sehrmethobe irgenbwie be-
fdjränft war, fo muff man fagen: was bie Haltung ber Uniöerfität im ganzen unb
wa§ bie Seiftungen unb Pidjtung ber t^eologifd^en unb pb)ifofopf)ifd)en gufultät in§«
befonbere betrifft, fo hatte bie pragmatifc^e ©anftion biefelben unzweifelhaft in bie
■Ipänbe ber ©o§ietät gelegt. 2öa§ auf biefem ©ebiete gelang unb wa§ mißlang, wa§
an pofitiöen Pefultaten erreicht, an Schaben abgewehrt warb, furz bie ganze ©e-
fcf)icf)te ber Uniöerfität mit all bem Sob, ba§ fie fich öerbiente, unb mit all ben
ÜDiängeln, benen fie öerfiel, war öon ba an ba§ Söerf ber Sozietät. Niemals war
in öergangenen feiten einer ©enoffenfdjaft ein fo fcfjöner unb babei fo awSgebreiteter
unb fo unbeengter 2Birfitngsfrei§ übertragen worben; um fo unüerfümmerter mufj
bie Slnerfennuitg fein für ba£, wa§ fie leiftete, ba anberfeit§ aud) bie Verantwortlich¬
feit, bie fie übernahm, fo grofj war."1 2
9?ad) biefer Peuorbnung fanb bie erfte Promotion in ber Philofophie an ber
Uniöerfität unter ber Seitung be§ ®efan§ P. PtatthiaS Vaftiand)it3 am 15. Slpril
1624 ftatt3. £sm Piärz 1625 erfolgte bie Überfiebelung ber $efuiten tu i3*6 afas
bemifchen ©ebäube.
^m 3a^)re 1^26 bradj ein Streit ber theologifchen gafultät mit ben oer-
fdpebenen Crben, ®ominifanern, Piinoriten ufw., au§, bie in ihren Kirchen öffentliche
1 ©3 mar ba§ alte, Don ^erjog s21I£irect)t ge= 3 2)er Slnnalift werft att, bafs sunt erftennial
grünbete SlrtiftenfoHeg. sngleid) mit gebrudten SSerfen §anbf(^ut)e an
2 Sint a. a. D. I i, 362 f. Über ben bie 9tnmefenben »erteilt mürben. Conspectus
biftionSftreit 1640 Dgl. Conspectus III 219. III 158.
SldjteS Kapitel, ©Otnnafien imb Uniberfitäten.
552
tl)eoIogifd)e Disputationen oeranftalteten unb babei bie Vereinbarung getroffen Ratten,
bie Eingelabenen ber Unioerfität ftetS erft an bester ©teile zum Objtgieren jujulaffen.
Die tfjeologifdje gafultät Oerbot beSfjalb in Übereinftimmung mit bem $onfiftorium
am 17. ©eptetnber 1626, an biefen Disputationen teilzunefjmen, falls ben llnioerfitätS»
nütgliebern nid)t oor ben anbern, bie nidjt jur Unioerfität gehörten, ber Vorrang
im Disputieren eingeräumt mürbe. DaS föonfiftorium ber Unioerfität fügte biefem
Defret nod; bei, bie OrbenSleute füllten ifjre Disputationen aufferfjalb ber $ircf)e
galten. Der VuntiuS Earaffa trat entfliehen auf bie ©eite ber 90Iönd;e unb mahnte
am 20. Oftober 1626 bie Unioerfität, fid) oon foldfen Eingriffen in bie fird;Iid)e
greiljeit unb bie Vecfjte ber epemten Orben ju enthalten. Sitten OrbenSobern in
SBien oerbot er unter ber ©träfe ber Epfommunifation, fiel) bem Defrete ber Uni»
oerfität gu fügen. Valb barauf oermeigerte bie tfjeologifdfe f^afultät bie DruderlaubniS
für bie DIjefen einer öffentlichen Disputation bei ben SJIinoriten. Der VuntiuS be»
fahl ober am 7. Dezember, am Vorabenb ber Disputation, ben ^efuitentljeologen
unter ©träfe ber Epfommunifation, an biefer Disputation teilzunefjmen. Die beibeit
Dfjeologen, P. fßenalofa unb Vaftiand)it$, gingen hin, beteiligten fid; aber nicht an
ber Disputation. Die ©adje fant nad) Vom, unb im ^aljre 1627 erfolgte ber Ent»
fd)eib, baf) bie einzelnen Orben ihre öffentlichen Disputationen außerhalb ber Uni»
oerfitätSafte of)ne Vüdfidjt auf biefe beibehalten fönuten1.
VitetteSdji hatte baS fcfjarfe Defret beS VuntiuS bebauert unb baS bemütige Ver»
fjalten ber patres gelobt; er mafjnte gugleich, aud; in ber golge bem VuntiuS ©efjorfam
unb Ehrfurcht ju ermeifen. ' Die patres möchten fid; an baS SBort beS 1)1. ©regor
erinnern, baf; bie Demut ber Diener ©otteS am meifteit zur ßeit ber VetrübniS fich
Zeigen müffe. Vor adern folle man auf ber §ut fein, gegen benjenigen, ber bie ©teile
beS ißapfteS oertrete, irgenb ein 3dd)en oon llngefjorfam ober geringere EI;rfurd;t
an ben Dag ju legen2. Slud; in ben fpäteren gmrberungen unb 9}ii^I;eIIigfeiten mit
ber Unioerfität fprad) fid; Vitet(eSd;i mieberf;o!t für Vacljgiebigfeit aus, aud; meint
baS ftrenge Ved;t bieS nidht forbere, unb freute fid;, rnenn er hörte, baf; in irgenb
einem fünfte ifjren Klagen Slbfjilfe gefcfjafft morben3.
Die Dätigfeit in ben ©cfjulen, befonberS auf ber Unioerfität, hatte fich injmifdjen
fehr gehoben. DaS 3al)r 1625 jätete fcf)on 17 Sefjrfräfte, auffer ben früher ge»
nannten gäcfjern 1 ©riedjifcf), 1 ÜDJoral, 1 §ebräifd), 1 ^eilige ©d;rift; baju famen
1629 nod) fe 1 für Dialeftif unb Etfjif. Die 3aI)I ber ©djüler beS afabemifcfjen
toIIegS betrug 1624 gegen 1000, 1636 über 1400, 1637, bem DobeSjafjr beS
^aiferS gerbinanb II., 1600, 1641 allein in ben Ijumaniftifdjen ©tubien nafjezu
1000, in ben pf)i!ofopI)ifd;en Disziplinen über 400. Sluf bem ©pmnafium ftubierten,
mie bie 3ahre§briefe 1642 fjerüorfjeben, 80 aus bem erften SIbel, abgefef)en oon ber
großen 3af)I all§ bem nieberen SIbel. Die Sogif zählte 215 §örer, bie ißf)l;fif pro»
mooierte 75 Vaffalaurei, bie ÜOtoapfjpfif 73 üVagiftri, bie Dfjeologie 7 Vaffalaurei.
Die Slrt unb Söeife ber pf;iIofopI)ifd;en unb tfjeologifcfjen Vorlefungen mar ber
©tubienorbnung entfpredjenb. $n ber Dffeologie fdjlof) man fid; eng an DfjomaS
an. ©treitigfeiten in Vezug auf bogmatifdje ©cfjulfragen fudjte mau baburd; I)intan»
1 Conspectus III 178 ff- 33gl- * Earaffa an
SSarberini , 28. Oft. 1626. Barb. Lat. 6943,
f. 23 f. Earaffa, 14. Slpril 1627. Original
Barb. Lat. 6950, f. 28. SSarberini an Earaffa,
20. gcbr. unb 22. Sftai 1627. Original ebb.
7060, f. 51 58. Earaffa an tarbinal Subo»
ßifio, 16. guni, 28. Slug. 1627. * Original
Arch. Propag., Lett. di Germ. vol. 67, f. 23 40.
S8gl. SSappler, ©efd). ber tljeologifdjen ga»
lultät ber llniberfität ju SBien (1884) 131.
2 * S3itelle3d)i an $ombrinu§ unb ißenalofa,
16. gan. 1627 ; au Stoel, 23. galt. 1627. Orig.»
9teg. Ad Austr.
s SSitelle^dji an Samormaini, 6.gan., 3. SJZärs,
31. SJIärs, 26. 9ftai 1629.
Sinselite UniOerfitäten : ©ras.
553
guhalten, baff burcfj faiferlidjeS heftet öorn 28. Sioüember 1625 bie nicht bem Qefuiten-
orben angeljörenben fßrofefforen für ^eilige ©d)rift unb Casus angemiefen rourben,
nid)t auf fd)o(aftifcf)e fragen unb ®i§putationen itberjugreifen 1.
2öie bie äftanuffripte tf^eofogtfcfjen Inhaltes oom fReftor an bie theologifdfe
gafultät jur ßenfur übergeben würben, fo erhielt bie theologifdje gafrdtät nidjt feiten
ben Auftrag, ©utadjteit über theologifdje ober in bie Sljeologie eingreifenbe fragen
absugeben2. ©o berlangte 3. 93. am 24. 9IpriI 1642 bie öfterreichifdje Regierung bon
ber tf)eoIogifd)en gafultät, ber aufjer anbern ^efuiten batnalS als SRoralift ber ^efuit
gerbinanb b. £jerberftein angefjörte, ein ©utadjten, auf welche Sßeife bem Unfug, baff
93erbredjer in Kirchen unb ßlöftern ober in ben Raufern ber auswärtigen ©efanbten
ein 2lft)I fudjten unb fid; fo ber berbienten ©träfe entzögen, gefteuert werben fönne.
®ie gafultät antwortete: Sejüglic^ ber ^irdjen unb ®Iöfter gelte bie 93uIIe
©regorS XIV. bom 28. DJIai 1592, gemäfj Welker wirflidje 93erbredjer auf 93egef)ren
beS weltlichen ©eridjteS ausgeliefert werben föunten; baS 91fplred)t ber ©efanbten
beruf)e auf oölferredjtlidjen 93eftimmungen unb fönne nur burdj 93ereinbarung mit
ben betreffenbett ^Regierungen aufgehoben werben. 2Iuf eine weitere fyrage ber
Regierung über ben ©eltungSbereid) ber 93uIIe ©regorS XIV. berwieS bie g-afultät
am 18. $uli 1644 auf "ben Inhalt ber 93uIIe; fie würbe nur bann nicht weiter
berpflidjten, wenn fid) eine redjtmäfjige ©ewohnfjeit bagegen gebilbet h<U>e- 91IS bie
Regierung fpäter (1656) ein erneuertes ©utadjten berlangte, erflärte bie f^afultät
auf ben 93eridjt beS 93ijebefanS SRif. Sloancini hin, bafj fie ihr ©utachten bom ^aljre
1642 aufrecht erhalte3.
9fuljiger als in 2Bien geftalteten fich bie 93erfjöltniffe in ©raj, wo ben Sefuiten
aufjer bem ©tjmuafium bie gaige Uniberfität (fJShilofopfjie unb Rheologie) übergeben
worben war 4. 2)a bie ©tobt immer außerhalb beS ÄtriegSfdjaupIaheS blieb, fonnte
bie Uniberfität fich ungeftört entwideln. Zuweilen war fogar ber in ben ÜRadjbar»
länbertt tobenbe ®rieg bie Urfache eines größeren ßuftrömenS bon ©tubenten. 93on
ben 1200—1300 ©tubenten famen auf bie pfjilofophifdjen unb tljeologifdjen SDiS»
jiplinen burdjfdjuittlidj 400 — 500. Slufjer ben fech§ bis fieben Sefjrern am ©pmnafium
wirften als f|3rofefforen für bie fßhtf°f°Phte 3, ©tljif 1, 9RatIjematif 1, fdjolaftifdje
Rheologie 2, ^eilige ©djrift 1, äRoral 2, ßontrooerfe 1, ^ebräifcf) 1 (1633) unb
fpäter (1643) auch noch für ^irdfjenrecht 1 fßrofeffor.
Qn ber gunbationSurfunbe bom 1. Qamtar 1602 war ben ^efuiten bie bolle
©eridjtSbarfeit über alle ©tubenten unb ade in irgenb einer Söeife ^ur 9Ifabemie
©ehörenben erteilt mit bem fRedjt ber geffelung unb ©inferferung. $ür bie fchwereren
SJelifte, befonberS bie ^rintinalfäde, bie nur burdj weltliche fRidjter unterfucht unb
abgeurteilt werben fönnen, erhielten bie ^efuiten baS 9fed)t, einen ober mehrere
dichter ju befteden, feien eS SIbelige, ^nriften, 93iirger ober ^ofbeamte. 2lde biefe
mußten bereitwidig baS 2Imt übernehmen, in gleicher SSeife, als wenn fie bon bem
©rjherjog berufen worben wären5.
©in neues ®iSjip!inarftatut würbe am 18. $uni 1630 in ©egenwart ber ganzen
Uniberfität — mit SluSfdjIufj ber brei unterften Sateinflaffen — bon bem UniberfitätS*
notar berfünbigt unb bom fReftor erläutert. ®ie Statuten befagen: ®er 9(fabemifer, ber
brei £age nacheinanber ben 93orIefungen fernbleibt unb bann wieber häufiger fern»
1 SB nppler, ©efcf). ber t^eologifcfjen ffafultät
SU SBien 129 f. gn SBien tourbe 1628 ber
ÜBraud) eingefiifjrt , bafj bie neupromocierten
Softoren bie Hansel befteigen unb über ein
oom $efan OorgeIegte§ Problem einen furseit
'Bortrag batten mufjten. Sine fReitje foldjer
fragen bei SBappIer a. a. 0. 141 ff. Über
bie Stbiegung ber Professio fidei burd) bie
Brofefforen f. ebb. 152 ff; ba§ ©eniorat 168 ff.
2 Sbb. 155 ff. 3 Sbb. 158.
4 93b I, ©. 166 ff, unb oben 333 ff.
5 'Beinlid), ©raser Brogramtn, 1869 49.
554
2(d)te§ Kapitel, ©pmttafien unb UuiDerfitäten.
bleibt, mirb nad) erfolglofer breimaliger ÜJJiaßnung mit bem fßerluft ber afabemifdjen
fßrioilegien bebroßt. Solange bie Uniöerfität einen Slfabeinifer nidjt auS ber SRatrifel
ftreidjt ober fofange berfetbe mcßt mit ©rlaubniS ber afabentifdjen 33ef)örbe ju einem
anbern Berufe übergetreten, ßält bie Uniöerfität ißre ffiecßte aufrecht unb ßot fomit
©eßorfam ju beanfprudjen. (Sin größeres öffentliches Sßerbrecßen ^at für ben Uber»
führten bie Streichung auS ber SRatrifel jur Qofge. 2UleS nädjtlidje Urnherfchmeifen
ift oerboten. 2Benn einer im Sommer nad) 10 Uhr, im Söinter nad) 9 Uhr auf
ber ©affe mit Saute, Qitßer, ©eige unb berg[eid)en betroffen mirb ober mit Söaffen,
Steinen unb bergleichen ranbaliert, fo fann er oon ber bürgerlichen Söacße ergriffen
unb in baS bürgerliche ©efängniS gebradft merben. Sie entfprerfjeitbe Strafe mirb
ber afabemifdje SJJIagiftrat beftitnmen. Seiten, meldje unbotmäßig ober träge finb
unb bei ben SiSputationen nicht erfcßeinen, mirb baS QeugniS oermeigert. Sie
^äbagogen oerlieren burd) 9iidjtbefuch ber SBorlefungett ober (Sigenmäc^tigfeit in
beren SluSmaßl nach erfolgter äRaßnung ihren ^Soften. §Iud) ber, raelcßer ohne
Söiffen ober gegen ben SBillen beS afabemifcßen ÜRagiftratS eine ©rjießerftelle an»
nimmt, geht berfelben üerluftig. Übermiefene fBerleumber ber ffßrofefforen ober ber
SIfabemie merben, im Qaße fie feine ©enugtitung feiften, öffentlich) auS ber äRatrifel
geftricßen P
Sroßbem faitt eS in ©ra^ mie an anbern Unioerfitäten mieberßolt §u Sumuften
unb Stusfdjreitungen ber Stubenten. SaS lag teils in ber milben ßeit, teils in
befonbern Umftänben begrünbet. Ser ©efcßidjtfcßreiber beS ©rajer ÄoIlegS ßef>t
folgenbeS ßeroor: „Sie Sogif jählte gemöhnlid) bei 200 fpörer, oon benen etma bie
fpälfte oon auSmärtS fam unb nun jum erftenmat bie füße Qreißeit beS UnioerfitätS«
febenS oerfoftete. 2öie großen ©influß aber auch Qefuiten auf baS Seben unb
bie Sitten berjenigen Stubenten hatten, bie unter ißrer Seitung Ijerarigeroac^fen
toaren, bie auch fdjon baburd), baß fie jumeift SKitgfieber ber äRariauifcßen Sobatität
maren, unter ftrengerer SiS^iplin ftanben, fo gering mar ißre äRadjt über baS erft
neu ßinjugefommene Stubentenoolf, baS, jumeift in ber äRurüorftabt bequartiert,
fein Seben unb Sreiben außer bem Kollegium unter feine Kontrolle geftetlt miffett
moßte. ... Sa gab eS bann inSbefonbere bei unb nad) Srinfgefagen Spott unb
fpoßn (über bie ^Bürger), bann Schimpf unb Streit unb nicßt feiten blutige fpänbel,
ba nach Sitte ber Beit jebermann bie ,2Beßre‘ (Scßmert) an ber Seite trug."2
2IuSfd)reitungen, bie bis jur Steinigung eines ^Bürgers gingen, bemogeit am 27. äRat
1634 ben sIRagiftrat gur £Iage unb bie Regierung 31t einer ernftlicßett äRaßnmtg
an ben afabemifcßen Senat, „gebüßrenbeS ©infeßen oorjufeßren", mibrigenfaßS anbere
ßarte SRittel oerorbnet mürben. ,Qmei Qaßre fpüter flagte ber Üieftor in einem
Schreiben oont 16. Slpril 1636 an ben ®aifer über bie Saumfeligfeit beS 9J?agiftratS.
SOSegen ber Unruße unb beS fRumorS, ben etlicße tumultuierenbe Stubenten angefangen,
möge bie Regierung bem Stabtmagiftrat gemeffen auferlegen, bie Oon ber Slfabentie
als fdjulbig oerurteilten Stubenten aus ber Stabt ju fcßaffeit unb ißnen ben roeiteren
©ingang gu oerbieten3.
Sroß ftrenger fBeftrafung naßmen bie Sumulte fpäter mieber ju. Qm Qaßre
1638 fam eS ju einem Sotfcßlag unb ernftem SfBiberftanbe gegen bie SicßerßeitS»
macße. ©ine Sinnige in StBien ßatte ein faiferlicßeS Sefret ootn 17. äRat 1638
jur Qolge, meldjeS befaß!, bei folcßen SInläffen aucß ber prioilegierten fßerfonen beS
SlbelS unb ber Stubenten nidjt ju fdjonen. Stber bie „SIntaftungen" oon ^Bürgern
inSbefonbere §ur SRadjtjeit ßörten nicßt auf. ©inmal (1639) trugen bie Stubenten,
1 Krone§, ©efd). ber Uniöerfität in ©ras
2 fßeinlidj, ©rajer Programm 1870, 33.
3 Krönet a. a. 0. 330.
328 ff 615.
©ingehte Uniöerfitäten : ®r q,v
555
Wäßrenb bie Quardi (©tabtwadje) am 9iatf)au§ ben ©cßlaf ber ©eredjteu fcfjlief,
fämtlidje öellebarben berfelbeit oom SSadjpoften fort. ©in anbermal fliegen ©tubenten
auf Seilern in bie Sorratgfammern ber Sitrger unb trugen, mie bie fö'lage befagt,
gange ©pieße üott Sratmürfte baoon. Sei anberit ©elegenßeiten marf man ben
Seuten o£)ne weitereg bie fyenfter ein ober fdjoß mit „gauftrößren" (ißiftolen) nad)
benfelbeit. ©o fam eg bann fo meit, baff bie Sßadje einen ©tubenten ergriff, auf
bag Diatßaug fdjleppte unb bort in bie „®eidjen" (©efängnig) feßte. Stuf energifdje
Sorftettung ber Slfabemie mußte ber ©efangene mieber auggeliefert werben1. ®g
mar ber afabemifcßen Seßörbe nid)t immer leidet, bie 9?ecßte ber afabemifcßen Sitrger
gu magren. Qn einer ©ingabe Dom 27. SUfai 1639 befragte fidj ber bamalige Gefror,
P. SDücß. ©umereder, bei ber Regierung über bie Stttentate beg üöiagiftratg, baß bie
©tabtwäcßter frieblidj fortgeßenbe ©tubiofog angreifen, fdjlagen unb tierwunben,
„attermaßen erft neuließ ben 15. biefeg audj oorßin gunt öftern gefeßeßen". ®ie
©tubenten batten aug jugenbticbem Übermut geßanbelt, bagegen follte man bei bem
SKagiftrat Sfrter, Sanftmut unb fRat ooraugfeßen unb nidjt, baß man bag $euer
mit 01 begieße. 35er SJiagiftrat motte einen ©tubenten, ber fdjon gwölf Sage in
£>aft, ber üniöerfität nidjt augfrefern. 3)er Gefror bittet unter anberem um ben Se=
fefjt, „bie ©tabtquarbi möge fid} gegen bie ©tubenten, metdje öfterg fürnebmen
Slbelgftanbeg fein, befdjeibentlicß benebmen unb fie nit mit bewehrter §anb moleftirn".
3)er ©tabtrießter erbebt anberfeitg in feiner Serantwortung oom 3. ^uni Sefcßwerbe
über bie ©aumfeligfeit ber afabentifdjen Seßörbeit unb bie ©djanbtaten ber ©tubenten.
Oßne Unterlaß infultieren bie ©tubenten bie ©tabtwaeße. ©§ ift boeß ein ungereimteg
Segeßren, baß fid) bie ©olbaten mit Steinen werfen, gofcßen unb taffen laffen, gu
allem ®ing ftittfeßweigen, wie ein angeleimteg ßölgetneg SÖilb ftill fteßen unb bann
mit gcfcßlagenem Sudel ing Kollegium flogen geben fotten. 35ieg ift leiber unfer
Deo gratias, wie bie ©tubenten ungefähr üor gwei Qaßren aufrübrig worben unb
im Kollegium bie fünfter eingeworfen, baß ißnen (bem Kolleg) ber ©tabtridjter auf
Slnrufen etlidj üftadjt gu §ilf fommen. 35iefe Sfoplif batte aber feinen ©rfolg, bentt
ber SJtagiftrat mußte ben gefangenen ©tubenten ber 5lfabemie attgliefern2.
35iefe Slugfcßreitungen unb bie babei üorgefommenen ^onflifte gwifeßen ben üer=
feßiebenen ©erießten Oeranlaßten eine genauere Regelung ber afabemifcßen ©erießtg»
barfeit. ®iefe neue 0rbnung ging üon ber üniöerfität felbft aug; für bie Se*
redjtigung bagu berief fie fid) auf bie ©tiftungg* unb Seftätigunggurfunben. 2)ie
Promulgation erfolgte am 11. Slpril 1641. Sluggefcßieben würben bie Klagen oon
©tubenten gegen ÜZidjtftubenten, biefe feien an bag betreffenbe ©eridjt gu Oerweifen,
g-ür fieß naßtn bie SIfabemie in Slnfprucß bie Progeffe oon ©tubenten gegen ©tubenten
unb oon ÜRidjtftubenten gegen ©tubenten. ®ie ©treitfaeße ift guerft bem ®efan
beg Ungefragten oorgulegen, ber in leichteren fällen felbft entfdjeibet, in fdjwereren
bem Mangler ÜJJiitteilung maeßt. ie&er @ac^e/ bie geridjtlidj gu erlebigen ift,
muß bie ®lage fcßriftlidj bem 9Mtor ber üniöerfität eingereidjt werben mit flarer
2lugeinanberfeßung beg £atbeftanbeg unb mit 5lngabe ber ©üßneforberung, wenn
leßtere nidjt bem Südjter anßeimgegeben wirb. SDie ßlagefdjrift geßt bann an ben
Mangler, um ben Termin für bie gerichtliche ©ntfdjeibung feftgufeßen, unb an ben
^Ungefragten, um fidj gur fcßriftlidjen Seantwortung gu rüften. 35ie leßte fyrift für
bie ©inreidjung ber Älage ift adjt £age nadj erfolgter ©djäbigung, unbefeßabet beg
Sorgeßeng ber Slfabemie. Qft bie ©adje fdjwer, muß auf Seranlaffung beg sJieftorg
ber Unioerfitätgridjter mit feinen Slffefforcn bamit befaßt werben; biefern finb oom
Slnfläger bie ßlagefcßrift unb bie anbern Slfren guguftellen. ^n ber ©ericßtgfißung
1 Iß ein lieb, Programm 1870, 33 f; tigl. 39 43.
2 ßroite^ a. a. D. 327 f.
556
Sldjteg Kapitel, ©pmnafien unb Uniberfitäten.
roirb bie SInftagefcprift unb bie fdjriftticpe ©erteibigung beS Ungefragten oertefen
unb ber münblicpen ©erteibigung burd) ben 2(ngeftagten ober beffen 2lboofaten SKaum
gegeben. 9?acp ber Gattung beS UrteitS burep ben UniüerfitätSricpter unb feine
SIffefforen gibt eS feine Stppettation mepr.
Sßenn bie Slfabemie bei fepmereren ©erbredpen fefbft Oorgept, n?irb bie Stnftage*
fdprift an bie Sore ber Slfabemie angefdjfagen mit Eingabe beS ©ericptSterminS.
333er auf bie gitation ber 2Ifabemie pin nidjt erfdpeint, fei eS, bafj bie gitation er‘
gef)t burd) ben ißebett ober im gälte ber Slbmefenpeit burd) Stuffdjrift an feiner Xiire,
rnirb aus ber 9Jtatrifel getöfdjt, unb feine Sadpe mirb ber gioitbepörbe übergeben.
2Ber iit ben UnioerfitätSfarger ats UnterfucpuitgSgefangener gebracht mirb, mup ent*
taffen merben, menn bie $tagepartei niept innerhalb breier Sage oorgept. SGBer jur
Strafe in ben karger gefd)idt mirb, mup bern Rebelt beim ©intritt y2 gtorin be*
jagten unb tägtidp auper betn Unterhalt einen ©rofepen. Ser UnterfudpungSgefangene
bejaht nichts, bafiir mup bie Slnftagepartei auffommen, menn nid)t ber Stifter
fpäter gur Strafe bie Soften bem SSerftagten aufertegt. Sie Stubenten unb Unter*
tanen ber Uniüerfitäten finb gum 3eu9ni^ öerpftidptet, menn fie bagu aufgeforbert
merben; menn bie geugen unter einer anbern @ericf)t§barfeit ftepen, mup man fid^
an bie gormen biefeS ©eridpteS patten. Sie geit für bie Stbpattung beS ©eridpteS
ift baS gange gapr mit 2IuSnapme ber ^erbftferien oom 8. September bis 8. 9to*
oember, ber SöeipitacptSferien oon ber ©igit oon SBeipnacpten bis ©pippanie unb ber
Ofterferien Oom Sßalmfonntag bis gum Sßeipen Sonntag K
Scpon früp mar ber ißtan aufgetaucpt, in ©rag eine juriftifepe gafuttät gu
errichten. So fcfjrieb ber ©ifcpof oon Saoant ©eorg StobaeuS am 10. 9looember
1604 an P. bitter: ÜDUt großer Sepnfucpt ermarte id) mieber unb mieberum einen
giinftigen ©efdptup über bie ©rrieptung einer juriftifcpen gafuttät unb eines ©iStumS
in ©rag. grüper fpraep man päufig baöon, jept tiefes Stittfdpmeigen. Sen ©runb
fenne icp niefjt genau, aber einer ftüfterte mir gu, bie ©orfteper beS ©pmnafiumS
patten ben gürften oon feinem ©orpaben abgebradjt, meit fie fagten, eS fei gu fürdjten,
bap bie juriftifepe gafuttät ber Slfabemie, baS ©iSturn bem gürften Sdpmierigfeiten
bereiten mürbe, gep fann eine fotepe Sorpeit oon fotepen 9Jfännerit niept glauben.
©S ift nidptS töridpter, atS fo midjtige unb notmenbige Singe megen Scpmierigfeiteit
angufeinben1 2. Sie Scpmierigfeiten famen menigftenS teitmeife Oon ber Stfabemie. SaS
gnftitut ber ©efettfdpaft fdjtiept graar baS fanonifdpe ©edpt niept auS, mopt aber ben
Seit, ber fidp auf baS Forum contentiosum begiept. SJfebigin unb biirgerticpeS fRecpt
fottten, meit bem gnftitut ferntiegenb, gar nidjt ober nur oon auSmärtigen ^rofeffuren
getefen merben3.
P. ©itter patte jebenfattS feine Sdputb, benn er betrieb beim ®aifer mie bie
©rridjtung eines ©rager ©iStumS, fo audp bie ©rridptung einer juriftifepen unb mebi*
ginifepen gafuttät in ©rag. gn einem ©riefe oont 4. guni 1622 teilte bieS ©itetleSdpi
bem faifertidpen ©eidptOater ©ecan mit unb brüdte barüber feine ©ebenfen anS.
©iete feien gegen beibe ißtäne, meit man aus ber ©ermirftidjung grope Sdjmierig*
feiten für bie ©efettfdpaft in ©rag befürdjte. Sa auep ber Äaifer bagegen fein fotte,
möge ber ©eidjtoater bem ßaifer mitteiten, eS panbte fidp nur um einen i)3tan beS
P. ©itter, bie ©efettfdpaft motte fiep in feiner SBeife einmifdpen unb merbe baS aus*
füpren, maS ber ®aifer befdjtiepen merbe 4. Sie Sacpe mürbe meiter betrieben, gm
1 Ritus procedendi in iudiciis academicis
almae Universitatis Graecensis. Graecii Sty-
riorum Typis haered. Ern. Widmanstadii 1641.
5Bien, ©elp 6taat§ard)io, ©eiftt. 91rcf)io 9tr 491.
Söngerer S(u§äug bei &’rone3 a. a. D. 318 ff.
SSoKftänbiger §tbbrmf in Beiträge pr Äunbe
fteiermärf. ©efd)id)tlquetleit 1892, 28 — 32.
2 Stobaei Epp. ad diversos, Venetiis 1749,
163. 3 Const. P. 4, c. 12.
4 *0rig.-9teg. Ad Austr.
(Sttijelne Unit) er ft täten: ©rag.
557
Quni 1624 fanbte Biller ein ©utadjten für bie Aitglieberung einer juriftifchen unb
ntebijinifdjen gafultät att ben ©eneral. 2)er (General mollte, mie er am 27. Quli
1624 BiUer antmortete, ben ^lan nid^t üerurteilen, aber Miller möge eS gut auf=
nehmen, meint audj bie ©utadjten anberer eingeforbert mürben, mie bieS in einer
fo midjtigen ©ad)e unb bei fo jmiefpältigen Meinungen bie Klugheit erheifdje1.
Später mürbe bie Angelegenheit mieber aufgegriffen. Samormaini fdjreibt 1640,
bah oft barüber üerljanbelt morben, ber Kaifer fidj aber fdjliehlid) gegen bie Er>
ridjtung ber beiben Q-afultäten entfdjieben habe2.
SDZe^r Erfolg fetten bie Bemühungen um bie Errichtung einer fanoniftifdjen
Brofeffur. SDer öfterreidjifdje ^3roöin§iat Qof). Turner fdjrieb barüber am 28. Qebritar
1643 an ben ©eneral, er fei für bie Erridjtung einer ^5rofeffur beS fanonifdjen
BedjteS, aber fo, bafs nidjtS an ber alten Orbnung in Bejug auf Borlefungen unb
§örer geänbert merbe, bamit ber bisherige glüdlidje ©tanb ber ©tubien burcf) biefe
neue Borlefung nicht geftört merbe. £>ie ^3f)ilofop)^en bürften nicht nach ihrem ®ut*
befinben, fonbern nur mit Erlaubnis beS BeftorS ju ben fanonifcf)en Borlefungen ju>
gelaffen merbeit. SDen Theologen fotle eS freifteljen, bie Bortefungen ju hören, aber
fo, bah fie ®ogma, ^eilige ©chrift unb im erften Qaljre ^ebräifcf) nicht oerfäumten.
Alle BZoraliften mühten teilnehmen. ®en llnfrigen folle ber Befudj nicht geftattet
merben, meil bie Borlefungen in ber fcholaftifcfjen Rheologie beeinträchtigt merben
fönnten. Qm einzelnen fdjlug er oor, bie Befugnis jur ^romoöierung oon SDoftoren
beS KirchenredjteS gu erbitten, gumal fonft bei ber beabfichtigten Errichtung einer
juriftifdjen Qafultät in ©rag alle gu ben Quriften gehen mürben. 2öenn man oorljer
baS Becf)t ber Btomotion höbe, mürbe ber Kaifer leichter bie juriftifdje Qafultät, an
bereu Erridjtung er beule, bem Beftor beS KollegS unterteilen. Auch ©illingen fei
baS BromotionSrecht gugeftanbeu morben. SBegen biefeS BecfjteS füllten bann auch
einige Qefniten im QuS promooieren, um fpäter anbere promotiieren gu tönnen, fonft
rnüffe man bagu AuSmärtige nehmen. Qür bie Qeit ber Borlefung fei am paffenbften
morgens 7 — 73/4 Uhr, meil fo alles anbere bleiben fönne. Ein furiftifcheS Kollegium
ton brei Batreg foQte eingerichtet merben für bie Brüfungen berjenigen, melcfje bie
©rabe nehmen mollten; AuSmärtige tonnten gu biefem Kollegium gugegogen merben,
aber fo, bah bie ÜJiefjrheit bei ben Qefuiten bleibe. Einige am fpofe arbeiteten in ber
Bietung, bah bie juriftifdje Qafultät fo mit ber mebiginifdjen in ©rag errietet merbe,
bah fie unferem Bettor nidjt unterteilt merbe. $ür ben Qall, bah feine ©efaljr
fei für bie Errichtung einer juriftifchen Qmiuftät, ift ber Broöinjial mehr bafür, bah
man ohne ©orge für bie Br°motion unb ohne Erridjtung eines juriftifdjen Kollegiums
bei ber alten Einfachheit bleibe unb nur für eine gute Borlefung im Kirchenrecht
forge. 0b mirflidj bie Errichtung einer juriftifchen Qafultät betorftelje, fönne man
nod) nid)t beftimmt fagen. Sicher fei, bah im Oorigen Qahr ftarf baran gearbeitet
morben, unb bah fiele glaubten, fdjliehlich merbe fie burd) faiferlidje Berfiigung
mirflidh eingeführt 3.
BitelleSchi entfchieb am 6. Quni 1643 meift nach ben Borfdjlägen beS BcooingialS :
Bon unfern Theologen fönnten 2 ober 3 aus ben befferen baS Kirchenrecht hören,
aber erft nad) Bolfenbung ber gangen £(jeologie; baS ®oftorat bürfte aber feiner
nehmen, meil eS gegen ben Braud) ber ©efeüfdjaft unb mieberholt oerboten morben
fei. Ein juriftifdjeS Kollegium foCfe errichtet unb bagu ber eine ober anbere auS=
märtige ®oftor berufen merben, befonberS um bie ©rabe gu erteilen. ®ie Br°fefforen
mühten ber Borfd^rift beS QnftitutS eingebenf bleiben, über baS Forum contentiosum
1 * ©bb. 35gl. 93itette§d)i an SBitter, 28. @ept.
1624.
2 r o n e § , ©cfd). ber Uniüerfität in ©ras
24 390 ff. 3 * Drtflinal Epp. Austr. II 246 f.
558
2Id)tc§ ffabiteL ©tjmncifiert unb Uniöerfitäten.
nicfjt ju lefen; fad§ bie§ nötig fei, fülle lieber ein 9lu3märtiger öiefe Vortefung
übernehmen, at§ baß ntan gegen bie fö'onftitutionen hanble1. 2ܧ erfter ^ßrofeffor
be§ $ird;enred)te§ eröffnete noch im Qafjre 1643 P. SBabing feine Vortefungen2.
Vacf) einem Veridfte bom 28. Januar 1645 maren bie ©tubien in (Gra§ in
einem btühenben guftanbe, vorüber ber (General in einem Briefe an ben Veftor
Hermann ^porft feine große (Genugtuung auSbriidte3.
3n Üngolftnbt hatte §mar bie Übertragung ber phitofophifcßen gafultät an bie
^efuiten für bie görbcrung ber SDiSgipIin unter ben humaniftifdjen unb phitofophifdfjen
©tubenten günftig eingemirft, aber bie ©treitpunfte nicht enbgüttig erlebigt 4. Strebten
bie ^efuiten banadj, ißre ©elbftänbigteit ju behaupten, fo mar bie llniüerfität ißrer*
feitS barauf bebac^t, itjre alten fRedfte ju magren unb bie üiefuiten a[§ ein Mem-
brum universitatis in ?Ibljängigfeit ju erhalten.
Über bie allgemeinen guftänbe ber llniüerfität fpracf> fidf) ^erjog SBitfjelm in
einem üertraulid^en Schreiben öom 8. ÜOtai 1602 an ÜDiapimüian näßer au§. (Sr
beüagt feßr bie üucßttofigfeit ber ©tubenten, e§ ßerrfdße bort üielfac^ ein „üießifd)
^reffen unb Saufen", manche Gütern fcßidten begßatb ißre ©ößne mcßt nach ^-ngotftabt,
fonbern nach ®idingen, biemeit fie bafelbft ber SDiSgiptin falber oerfidjert feien, mie
benn aCfjeit um etliche 100 ©tubenten meßr ju Gillingen at§ ^ngolftabt fein faden,
ba man bocß bafelbft meber ^ura nocß GJJebijin tieft. ®er ünficßt ber herzoglichen
Väte, baß man neben ben ^atre§ auch anbere Sßrofefforeit für fH^etorif, Sogif unb
(Stßif berufen fade, fönne er nidjt beipftidjten roegen ber großen Unfoften unb megen
GJlaitgelS an üußörern, mie bie (Srfaßrung früher bemiefen habe, enblicß meit baburdß
bie ^Disziplin leibe, inbem bie fauten ©tubenten halb au§reißett mürben, mit Vor¬
gehen, fie fönnten biefe Vorlefungeit aud) in libera schola fjören, adba man ißnen
nit einrebet, fonbern fie nach (Gefallen madjen läßt5.
Vei ber Vifitation ber llniüerfität oom Qaßre 1607 befanben ficf) üon ^efuiten
in ber tßeologifcßen gafuttät 2 ^3rofefforen, in ber philofopßifdfen 5, am (Gßmnafium 6.
TDer Vetter ftagte feßr über 2lu§fcßreitungen ber ©tubenten, befonberS gegen ba§
$onüift burdß nächtlichen Särm, blaSp^emifche unb obfcöne Veben. üudj am (Gßm-
nafium möchten einige bie afabemifdßen Vrioitegien genießen, benn fie hätten jeßt
in ber Vßetorif 4 ©tunben unb fteine Serien, an ber Slfabemie mürben fie nur eine
©tunbe unb lange Serien haben6. Von biefem ©tanbpunft mar bie Veibeßaltung ber
Vßetorif auf bem (Gpmnafium gemiß oodauf berechtigt, in miffenfchaftliöher §inficßt
hätte aber eine eigene ^ßrofeffur ber Vßetorif an ber llniüerfität ficher and; ihre Ve>
redjtigung gehabt. (S§ maren aber in ^ngolftabt mie auch anber§mo nicht fo fehr
bie miffenfchaftlichen al§ bie recßtlidjen fragen, metche ben alten Streit immer mieber
entfalten.
2>a§ geigte fidj im ^aßre 1608/1609, al§ ber ©treit mit neuer ^eftigfeit ent¬
brannte. (£§ ßanbelte fieß um ba§ Vedjt, unbotmäßige §örer au§zufcßließett, ma§
ber artiftifcßen gafultät oon ben £>erjogen VMlßelm unb üöiajünilian jugeftanben
morben mar. ®er ^ßilofopßieprofeffor Safob Veißing machte oon biefem Vedßte
(Gebraudj unb fcßloß einen roiberfpenftigen Sogifer au§. ®iefer naßm feine .guflucßt
jum Veftor ber llniüerfität, ber ben Sogifer mieber jur Vortefung fdßidte. ®ie
$a!uttät üermeigerte aber bie Slufnahme. begann nun ber ^rieg, fo fdjreibt
ber Slnnatift GVeberer, ber eine üdtdmg brieflich in ^ngotftabt, bann in GJäindjeit
1 * 0rig.=3teg. Ad Austr. 5 * Original in 9Jt. ft\, ©er.-£it. 1477, V 139 ff.
2 Krönet a. a. 0. 25. 2)rucf bei ^rontt, Unioeriität ^ngolftabt II
3 * Orig.=91eg. Ad Austr. Sabre 1649 351 f. über 2tu3fcf)reitungen, Quelle ufto. egt.
ääpltc bie St^cologie imb $I)itofopt)ie 470 §örcr. oiid) Meder er, Annal. Ineolst. II 171 183.
4 «gl. 93b I, 6. 55 ff. 6 * 3R. ff., ©er.-Sit. 1479, 97r 3.
ßitiäclne Itmberfitäten : S«9oIftabt.
559
geführt, öon ben fjiergu Peftimmten Ä’ommiffaren Hier Qaßre lang ßinaugge^ogen
mürbe. 2)er ©erninn mar faft fein anberer alg ber, ben bie baoonjutragen pflegen,
bie auf einem fcßmußigen Terrain fämpfen: nacßbem nämlicß ber eine Xeit ben
anbern mit mieberßolten Auflagen unb 23ertcibigungen befdjmußt ßatte, fam man
ju einem ^rieben, ber biefen ßäuglicßen Streit meßr beruhigte alg öoUftänbig au§
ber SSelt fcßaffte1.
SDie artiftifcße ^afultät fteüte bent Senat am 2. April 1609 tmr: Sßeil unfer
fßater Sßifitator erfahren, baß üor einigen ÜUJonaten ein Streit entftanben fei über
bag fRedjt, bag unfere $afultät bisher über ißre Scßüler auSübte, roiinfcßte er im
guten ©inüerneßmen mit bem Senat etmag Seftimmteg feftjufeßen. 2Bir bitten beg*
ßalb, unfere güfultät nacß unferem ^nftitut öerfeßen ju bürfen, nicfjt allein mag
bie Stubien, fonbern aucfj mag bie Süg^iplin betrifft, mie ung biefeg früher mieber=
ßolt non ben dürften ^ugeficßert mürbe. Somit muff ung erlaubt fein, unbotmäßige
unb unmürbige Scßüler non unfern Schulen augjufdßließen unb burdß bie anbern
gemößnlicßen Strafen in Scßranfen ju galten. SBir beabficfjtigen bamit burcßaug
nicfjt einen ©ingriff in bie Qurigbiftion beg Rector magnificus, fonbern mir be>
fennen, baß ißtn aucß unfere Sdjiiler, fomoßl bie beg ©ßmnafiumg alg bie ber
ffßßilofopßie, untermorfen finb unb er fie nacß SSerbienft beftrafen fann. 28ir münfcßen
nur für ung bie greißeit, über unfere Scßüler beftimmen 51t fönnen, oßne baß mir
anbern alg unfern Obern Siedjenfcßaft geben müffen, mie bieg §ergog Atbrecßt ung
bemilligt ßat2.
^n ber Antmort beg Senateg 00m 8. April 1609 mirb ben ^efuiten bie ge*
miinfdjte ^urigbiftion über ißre Scßüler, bie fie nie befeffen, abgeftritten : ber fRefurg
an ben Sieftor ber Unioerfität müffe ftetg befteßen bleiben; ber Sieftor beg ®oIIegg
ßabe in ben afabemifdßeit Gingen gar nicßtg ju fagen unb fönne nicßtg ju fagen ßaben,
mie bie Statuten unb fßriöilegien ber Unioerfität flar bezeugten3. ®ie artiftifcße
güfultät betonte am 28. Oftober 1609 nocßmalg: Um eine ^urigbiftion bitten mir
nicßt unb ßaben nie barum gebeten, fonbern nur um bie ©emalt, melcße mir überall
über unfere Scßiiler ßaben unb meldje aucß bie meltlidjen artiftifcßen ffßrofefforen,
bie früßer mit ung leßrten, geßabt ßaben, mie aug bem Briefe beg ^erjogg Albert
00m Qaßre 1576 flar ßeroorgeßt. SDiefe ©emalt ift aber nidjt meßr ^urigbiftion
alg bie gulaffung gu ben Scßulen unb SSorlefungen, bie Promotion ober ßurüd*
meifung oon ben afabeutifcßen ©raben4.
So mürbe ßin unb ßer geftritten, auf ber einen Seite ftanben meitgeßenbe S3e=
giinftigungen ber ^erjage, auf ber anbern Seite Seftimmungen ber Unioerfitätg*
ftatuten. Aufgeregte unb teilmeife oerßeßte Stubenten ntifcßten ficß in ben Streit.
®ie maturior studiosa iuventus Ingolstadiana richtete am 28. £Oiär§ 1610 eine
maßlog ßeftige Anflagefcßrift gegen bie ^efuiten an ben Senat, in melcßer ben ^efuiten
nicßtg meniger alg bag jeitlicße unb emige SSerberben ber Stubenten jur Saft gelegt
1 Med er er a. a. 0. II 195. $8gl. * Hist,
succineta coli. S. J. Ingoist. 9)t. 9t. , Jes.
1363 ad 1609 ff. 9tad) ben ijjrotofollen be§
afabemifdfen ©enat§ erflärte ber 9teftor
9Dt an^art ben Stbgefanbten ber Sltabemie am
7. 2)e^ember 1608, er begebre (einesteils, nit
anberft als gute nad)barlid)e Storrefponbens unb
f^reunbfdjaft mit ben Iperrn Oon ber Stfabemie
ju erbalten, tooße and) bafür fein, baff bmfüro
bergleicben, toie oon P. 9teibing befcbeben, nit
ntebr fürgenommen, fonbern gute 93efd)eibent)eit
gcbraud)t toerbe, toietoobl er protestando bar*
für batte, baff fie bie patres in Straft Sbr.
fürftl. S)urd)(aud)t gnäbigften 93efeblS, fooiel bie
$bdofoobi1d)e Facultatem unb baS ©tjmnafium
belange, bieSfatlS mol)! berechtigt feien uttb
nichts toollen Oergeben haben. Protocoll. Uni-
versit. Ingoist. (1608) 9Jt. U. D. III 15 f
40 ff.
2 ‘St’onsebt 2)t. St., ©er.*Sit. 1487/13. Dri*
ginal *t. U. T. 14. $rantl a. a. 0. II
363 f.
3 * Original 3». 9t., Jes. 1373, f. 36.
4 * Original StR. 11. T. 14.
SlcpteS Kapitel, ©pmnafiett unb Uniüerfitäten.
560
mirb1. ®ie „reifere ftubierenbe ^ugenb" tie^ eg bei papierenen Eingriffen nidjt
beraenbeit. 2Bie eine $tage ber ^efuiten an bie ®ontmiffare fagt2, mürbe bag ßotteg
nädjtlidjermeite tuieber^olt beunruhigt, einmal 80 ©tagfdjeiben eingemorfen unb Steine
in bie ßimnier ber ^ßatreg gefdjteubert.
Stuf bie nieten, teitmeife ftarf iibertreibenben Etagen gegen bie Qefuiten Derfaßte
©reifer ffebruar 1611 eine tangere Stntmort, bie manche intereffante ©ingetheiten
enthält 3. SDie Elppettation ber ©pmnafiaften an ben Unioerfitätgreftor megeit ©djut«
ftrafen, fagt ©retfer, führt nur jur Untergrabung ber 2)i§jiptin. ^eber ^rioattehrer
fann einen unbotmäßigen ©dfüter au§ ber ©dritte jagen unb beftreitet baburch nicfjt
bie $urigbiftion beg Obern, freilich wenn mir fie einferferten, menn mir fie non
ber Unioerfität augfdjtöffen, bann fönnte man fidj über ung beffagen 4. SSier Strtiften
unb jrnei Stheotogen tonnen an ben ©enatgfißungen teitnehmen, aber bag ift fetten
gefdjefjen. fpätte ©reifer gemußt, baß feine Stnmefenfjeit im Senat unangenehm
empfunben morben, märe er nicht ßingefommen, beim er fei oiet lieber in feinem
©tubierjimmer atg im ©enat. ®ie ^efuiten tjaben nicfjt bie äftajorität im ©enat,
fie finb 6, 2 SHjeotogen unb 4 Strtiften, bie Stugmärtigen 2 Theologen, 3 SRebijiner
unb 5 ^uriften5. ÜRadj ben Statuten ber pfjitofophifdjen ffatuttät finb bie ^ßfjitofopfjen
gehalten, im erften ^ahre mit ber Sogif SJtattjematif ju hören, im jmeiten mit ber
Ppfif bie @tf)if, int britten mit ber SRetapfjtjfit eine anbere SSorfefung nach ihrer freien
SBatjI. ®iefe Statuten mürben fchon früher beobachtet, beoor bie ^efuiten SRathe-
matif unb ©tljif lehrten. SBotten bie ißhitofophen beg erften unb jmeiten ^aßreg
eine anbere SSortefung hören, fo miiffen fie ©igpeng tiom ®etan erbitten, bie aug
öernünftigen ©rünben auch gegeben mirb, befonberg fjuriften, beren (Sttern bieg
münfchen. Slber menn aucfj eine fotche SDigpeng nie gegeben mürbe, ginge bag nur
bie ffafuttät an, bie ifjre Statuten hnbe. ©efällt eg einem in ber ffStjitofophie nicfjt,
fo ftetjt eg ifjm frei, in eine anbere gafuttät übertreten. ®ag gefdjieljt ja tägtidj,
unb oon Stugfdjtuß Don ber Stfabemie ift feine fRebe. SSiele gehen gteidj nach öer
Siateftif, Diele nacß SIbfofDierung ber Sogif jur ^urigprubenj über, unb bag hat
ihnen in ^ngotftabt nodj niemanb Dermefjrt. SDaß bie ©pmuafiaften für Slbmefenfjeit
Don ©dfjufe unb ©ottegbienft nidjt ihrem Sßrofeffor ober bem fßräfeften beg ©pm-
nafiumg, fonbern bem fReftor ber UiüDerfität fRedjenfcfjaft geben fotteu, ift gegen bie
Sigjiptin unb bie augbrüdticheu fßeftimmungen beg fperjogg SBitljetm bei ber Über»
gäbe ber artiftifcfjen gafuttät an bie ^efuiten. ®urcfj bie Befolgung biefer SBeftim«
mungen entziehen fidj bie Strtiften burcßaug nidjt ber oberften Qjurigbiftion ber
1 ^Original ebb. 15. $nuf bei «rantl
a. a. 0. II 364 ff.
2 2Infang gebritar, einige Jage nad) Puri-
ficatio 1611.
3 * Konzept, m. K., ©er.=Sit. 1487/13. Ori*
ginal 9ft. U. T. 15, f. 56—87. ©in großer
Seil Don ber §aub ©retferA «gl. «rantl
a. a. 0. II 362 ff.
4 Unter ben ©egengriinben be3 (Senate (am
beften in bem (Schreiben Dom 3. Oft. 1612 bei
«rantl a. a. 0. II 372) mirb auggefiiprt, baff
für manche bie SlnSfcpliefsuttg au3 ben «or>
lefungen ber Slu^fcpliefjung Don ber Unioerfität
gleidjfomme. — (Streitigfeiten jmifcpen ©enat
unb Ülrtiftenfafultät megen be§ «eftrafnnggrecpteä
gab e§ and) an Uniüerfitäten, mo feine Sefuiten
loareu. ©o peifjt e§ Don greiburg i. 93r. im
16. Saprpunbert: „2luf gleidje SBeife patte ber
©enat bie friipere ©trafgemalt ber (2lr=
tiftenOfffafuftät, fogar in ipren Klaffen, auf eine
Strt befcpränft, bafj beren ©cpüler fannt mepr
gegen ipre Seprer fidj folgfam bemiefen. 3eöe
Kleinigfeit foüte Dor ben ffteftor gebradjt unb
Don bemfelben Dor bem ©enat entfcpieben roer*
ben" (©cpreiber, 2llbert=£ubmigAUniüerfität
in greiburg II 137).
5 ©cpon 11. 91Iai 1606 patte ber 91eftor
SSelfer ber Unioerfität gefdprieben: Ultro cau-
tum volunt Superiores Soc. Iesu, ut in senatu
quidem Academico numquam plures consiliarii
ex Societate quam sex, in consilio vero facul-
tatis theologieae numquam plures quam ipsi
sint externi dictae facultatis sententiam suam
dicere possint, quod liactenus etiam factum.
* Original 2Jt. U. T. 14. «gl. SBelfer, 23. 2Jiai
1606.
©injelne Unioerfitüten: 3n9°Iftobt.
561
Slfabemie, bereu fReftor fie atg ihren SSorgefepten anerfennen. SDte 23eftrafung ber
fßäbagogen, bie meifteng Geologen ober fünften finb, gehört Oor ben Sieftor ber
llnioerfität. SDte fßrofefforen finb in ihrem Stedjte, für bie Stufje ihrer ©deuten unb
23ortefungen gu forgett, fonft fönnte aud) bei ben ^ßfjilofop^en unb Xfjeologen ber
Unfug einreifjen wie je|t bei ben ^uriften, wo fie nidjt trampeln, fonbent wüten,
fo baff ber ganzen Unioerfität baraug ber Stuin brotjen tarnt. (£g fe^tt nichts weiter
bi§ §ur Qnfotenj ber Italiener, als baff fie pfeifen unb mit witbent ©efdjrei bem
fßrofeffor befehlen, oom Kattjeber ^erab^ufteigen. ®ie Serien ber übrigen gafuttäteu
finb 3 — 4mal länger atg bie bei ben Strtiften. Stn allen ©pmnafien ber ©efettfc^aft
ift e§ 33raucf), baff alte ©pmnafiaften ohne Slugnaljme an bem offiziellen ©pmnafiat*
gottegbienft teitnef)men ntüffen; in ^ngolftabt wirb aber leicfjt ®igpeng erteilt. Gsg
ift ein üjrrtunt ^u behaupten, bafj bie Qefuiteu tioit atlen ©Gütern bag gleite üer>
langen unb allen gteidjfam benfelben §ut anpaffen motten. @g fdjabet aber ben
©tubenten, bie au§ Xrägtjeit oom ©riedjifdjen biSpenfiert werben motten, gar nicfjtS,
wenn fie auch etwag ©riedjifdj lernen müffen.
Gsg ift ein ©efe| unferer ©pmnafien, baff alle ©cf»üter ^u beftimmten feiten
bei ben Qefuiten beichten müffen. Stufjer biefen feiten tümmern wir un§ nicfjt
barum, wann ober wo jemanb beichtet. 2)afj ©dfüter oon unfern ©pmnafien aug*
gefdjtoffen werben, bie bei ben patres granjigfanern ober anbern ißrieftern beichten,
tann burctj fein Seifpiet erfjärtet werben; eher würbe man SDigpeng erteilen, wie
bag 51t Qngotftabt wiebertjott gefcfjepen ift. ®ie 93efdhulbigung bejwecft, bie ^octjw.
ffktreg grauK§faner gegen ung aufjubringeit, aber biefe fßatreg wiffen fehr gut, bafj
ihnen oon ber ©efeltfdjaft fein ©djaben gugefügt worben; oiete berfetben finb aug unfern
©gmnafien tjeroorgegangen. ®ie Sülarianifdhe Kongregation tjat eine alte, üom Zapfte
beftätigte Sieget, bafj an ben oon ber Kongregation beftimmten 23eicf)itagen bie Seicht
bei einem ^efuiten abgelegt wirb K ^ft jenianb biefe SSeftimmung unangenehm, braucht
er fidh ja nicht ber Kongregation an$ufchtiejjen. Übrigeng wirb aud) hierin leicht ®ig*
peng erteilt, wie bag wieberhott in ^ngotftabt gefdjehen ift. SßieleS hat ber ©enat
burd) üuträgereien erfahren, bie burdjaug nidjt beglaubigt finb, unb wenn einzelne
gälte wahr wären, fo träfen fie einen gefuiten, aber nicht bie gefuiten, wie ber
©enat behauptet. SBenn, wie bie Unioerfität ftagt, in einem halben gafjre nur 5 oon
augwärtg gefommen, fo wunbern fidh bie gefuiten, woher benit ihre ©cfjüter fommen.
®ie Slortefungen ber gefuiten in Sheotogie unb ißhil°f°Phie finb fo befudjt wie
fetten, ebenfo bag ©pmnafium, unb biefe @d)üter finb bei weitem nicht alte aug
gngotftabt. Sin ber geringen Slnjaht ber guriften haben bie gefuiten feine ©<hutb;
fehr häufige Serien unb fehr wenige SSortefungen tragen ja nicht baju bei, bie juri*
ftifdien ©tubien ju förbern. gubent ^errfc^t unter ben guriften feine ®igjiplin, fie
tun, wag fie motten, unb begfjatb ift eg nicht ju oerwunbern, wenn bie Gütern ihre
©ohne nicht fdjiden. Soweit ©reifer.
(Sine Slegierunggfontmiffion fottte bie ©treitfache unterfuchen. 33ei biefer ©e>
tegenheit famen überhaupt bie guftänbe an ber Unioerfität jur erneuerten Slugfpradje.
Stuf oerfdjiebene fragen, welche oorgetegt würben, antwortete ein (Gutachten oon feiten
ber gefuiten1 2 u. a. folgenbeg : Unter ben 23orfd)tägen jur SSerbefferung ber Stfabemie
wirb an eine Verfügung beg ^erjogg SRajcimilian üom 6. Sloüember 1598 erinnert,
bah einen ®egen ju tragen nur ben ©tubenten geftattet fei, bie fcf)on mirflidf) jwei
gaf)re ^ug ftubiert hätten. Söenn bie fßrofefforen ber jßhtf°f0Phie biefeg Verbot urgieren,
1 SSgl. ben 33rief be§ 9teftor§ 5Rant)art an 2 9Jt. Ä., ©er.>2it. 1479, 9tr 3. Responsum
bie Unioerfität über bie 93efd)ulbigungen ad quaesita ca controversiam Academicam,
gegen bie Kongregation 1610. * Original Clm Mai 1611. Konsept mit Korreftnren, oon ber
26 479. ' ‘ §anb ©retferS ?
2>ut)r. ©efd^it^te ber ^efititen. II. 36
562
?id)te§ Kapitel, ©tjmnafieit uttb Uniöcrfitäten.
fo gi&t eg ©tubenten, öie lieber bie s$ljilofophie alg ihren Segen aufgeben, ben fie frei
ohne irgenbroeldje 23ef)inberung tragen, roenn fie bie ^fplofophie öerlaffen unb bag
beginnen. Um bie nädjtlidjen Stugfdjreitungen einjubämmeit, füllte Oerorbnet merben,
baß itad) einer beftimmten ©tunbe ber 9iadjt unb bem geidjen ber ©lode in ©t äftorij
niemanb auf ber Straffe ofjne 9?ot unb ohne Sidjt fiel) jeigen biirfe. ^eßt burdj*
jietjen bie ©tubenten bie ©troffen bie gan^e äRadjt, fdjreien, läuten an beit Raufern
an, gerbrecfjen bie fünfter, inbent fie mit ihrem Segen burd) bie ©itter ftoßen.
3Iußerbem jroingen fie ben Iparfenfpieler, inbent fie bie Siire erbredjen unb mit bem
Solche broijen, menn er nicht gefjordje unb aufftelje, um 511 fpielen. (Sbenfo füllten
bie StBirte nidjt über eine beftimmte ©tunbe ©etränfe oerabreicfjen bürfen. Qeßt
§ecf>en bie ©tubenten big SDätternadjt, unb bann geljt’g auf bie Strafe, um ju ran*
balierett. 2tud) bag Statut, baß fein ©tubent ficf) über adjt Sage ^ier aufhalte,
ohne bie SSorlefungen unb jinar tägticf) brei ju hören, mirb nicht beobachtet. Unter
ben ©rünbeit, marum bie Ißrofefforen nidjt tefen, roirb audj angeführt bag föopfroefp
feft (caput dolentium), roie eg bie ©tubenten nennen, bag nad) ben ^cfttagen eintritt,
an melcfjen tüdjtig getrunfen mirb. Sie 211'abemie mirb nie blühen, folange bie Bürger
aüeg fo teuer an bie ©tubenten oerfaufen; eine fßreigtape müßte feftgefeßt merbeit für
SRiete, Seihen, Söaren, ©peife unb Sranf. Sie Softormäljler foften unerfdjminglicfjeg
©clb, bie Srinfgelber nehmen immer mef)r 311. ©tubentenfdjulben füllten nur big jur
£)ölje oon 10 ©ulben bejafjlt, ber 9teft 3U anbern groeden oerroanbt roerben. Offne biefe
©träfe mirb bag jumpen nidjt aufljören. ©eljr beflogt mirb bie Sernacßläffigung
beg ©tubiereng. SSiele machen bie SRadjt jum Sag, in ber 9iadjt fdjmärmen fie
burdj bie ©troffen, am Sag fdjlafen fie. ÜDlandje ftubieren 31t £>aufe nidjtg; Oon
ber föorlefung gehen fie bireft jum SSagen, Sßirtgfjaug, 33all ufro. Sie einen pflegen
ihr §aar mie bie SBeiber ober bie ©efangenen bei ben Siirfen: in ben paaren
fönnten ©paßen niften; bie anbern fleiben fich gu prächtig ober leidjtfinnig. Slnbere
finb bei allen ^odjjeiten unb Sänken. Ermahnungen ber fßrofefforeit jur fittlidjen
Rührung merben mit Särnt unb Unfug beantmortet. 2>on einigen raeiß man nidjt,
ob fie aucp nur ihre Dftern hatten. $u fielen ©ünben gibt Slnlaff bag ^irtenhaug
am Sonatiarm, in bem Sirnen mohnen unb auf bie ©tragen geljen, um bie 23or*
übergehenben jum Softer 3U reijen. Sag [paug fönnte ohne ©chaben abgeriffeit merben,
jebenfattg füllte ber ülRagiftrat bie fßolijei öfterg fchiden, um biefe Seftien 31t [trafen.
Ser Bericht ber Äommiffare 00m Sftai 1611 fpridjt fich bafür aug, bie $0*
möbien füllten nidjt 31t föftlid) gehalten, bie Humaniora nit aifo fdjülerifdj ober im
^rioatgpmnafium, fonbern öffentlich in ber Stfabemie mit freiem Zutritt für alle
bo^iert merben, bamit eg bei anbern Uniöcrfitäten mof)l erfchalle unb ber .Qulauf
befto mehr beförbert merbe1.
^m Slnfdjluß an bag angeführte ©utadjten unb ben 23efd)eib ber ^ommiffion
oerfügte äJiajümilian am 3. Quni 1611: Unbotmäßige ©djiiler fönneit anggefdjloffeit
merben; für ben gaH, baß bem ©djüler ober bem ^ßrofeffor 00m Sieftor Unredjt
gefdjießt, mirb eine fpätere Entfdjcibung DZäßereg feftfeßen; ferner ift „nit jeglichen
fßufiöen, jungen ober erft angeßenben ©tubiofen, fonbern neben ben ^lluftribug unb
SRobilioribug allein ben Ermadjfenen unb Reiferen ©eitenmeßr 3U tragen (bar*
burdj bie $ugenb leicfjtttd) epabitriert) geftattet". Sie &opfroef)feiertage (caput
dolentium) finb ab^ufcfjaffen. Sie artiftifcße f^afultät muß gut oerfeljeit merben,
juriftifdje SBorlefungen füllen bie Slrtiften hören bürfen, menn bie Eltern eg münfdjen;
iiberflüjfige Unfoften bei ^omöbien müffen abgefteHt ober oon ben ^efuiten allein ge*
tragen merben; bie fßromotionggelber bürfen nur im 5 all mirflidjer Slrmut erlaffen
1 SK. R.( ©er.=Sit. 1479, 9tr 3.
ßinjelne Uniöerfitäten : gngolftabt.
563
roerben1. ®eg näheren beftimmte SRagimifian am 15. Oftober 1611 u. a., bag
flufionSred^t fjabe beit $efititenprofefforen ju oerbleiben, unb eine Slppedation oon bem
profeffor an ben Sieftor fei nidjt ftattpaft; ade St^eofogieprofefforen füllen Consiliarii
int afabcmifdjen Slot fein, bodj bergeftalt, bap ftetg nur groei SEpeoIogieprofefforen
ben ©enat befitdjen2. ®iefe (Sntfd^eibung mürbe aber, rote bie artiftifdje gafultät am
15. $uli 1613 bem ^erjog oorftedte, oon ber Unioerfität nidjt angenommen unb nidjt
öeröffentlidjt; ©cpüler, bie au§ gerechter Urfacpe oon ber gafuttät jurüdgeroiefen,
mürben ipr gegen ipren SBißeit mieber aufgenötigt unb burep einen Slotar Slecpenfcfjaft
für bie ßurücfmeifung geforbert; bie Klagen ber gafultät mürben monatelang nidjt
beantmortet; eg fei fein griebe ju ermarten, menn niept ber §erjog bie Promulgation
feiner ©ntfcpeibung befehle3.
Um enblicp ^rieben 511 pabett, befdjlop SOlajimifian, ben Söünfcpen ber Unioerfität
entgegenjufommen, unb oerfügte in einem SDefret 00m 19. September 1613: ®ie
Slugfdpliepung aug ber öffentfidjen SSorlefung fod niept oorgenommen roerben, beoor
ber Sieftor ber Slfabemie ober bei jraiefpäftiger SReinung jroifepen Sieftor unb ^efuiten
eine gemifdjte ^ommiffion entfcpieben fjat. ®ie patreg füllen einen Profeffor für
Siafeftif befteßen unb forgen, bap biefelbe nidjt meniger ben fünften unb SRebijinern
alg ben Speologen unb ppilofoppen angepapt roerbe. Sitte ©ebüpren aug ben pro»
motionen roerben bie ^efuiten erhalten, baju 80 (Bulben jäprlidj oon ber Unioerfität;
bafiir müffen fie bag ©tjmnafium in SDacp unb gadj palten unb alle anbern orbent»
licfjen unb auperorbentlicpen Sluggaben beftreiten 4.
Sßie bie frühere ©ntfdjeibung be§ tper^ogg ber Unioerfität unannepmbar erfepien,
fo madjten jept einige ^efuiten ©eproierigfeiten, benen roieptige Siebenten nidjt be>
riieffidptigt unb befonberg ber Slecptgftanbpunft nidjt geroaprt erfepienen. £)er (General
Slquaoioa münfepte aber tropbem oöttige Untermerfung. ^n einem ©epreiben oont
12. Oftober 1613 an ben prooinjial spartet bebauerte Slquaoioa jroar, bap man in
^Betreff ber Slugfcpliepitng unoerbefferlicper ©cpüter niept gu einem enbgültigen SIb»
fommen gelangt unb man fcplieplidj oorgefdjlagen, bap abmecpfelnb ein ^apr bie
©efedfepaft, bag anbere bie meltlicpen Profefforen bie SRajorität in ber Beratung
über bie ©pflufion paben folten. Qn SInbetradjt aber, bap bie bortigen patreg
unb ber Prooingial biefer Söfung nidjt abgeneigt finb, bann aber befonberg, bamit
1 @bb. 2lu§pg bei Prantl a. a. 0. I
368.
2 * tojfie Pt. 91., Jes. 1373, f. 69 ff.
3 * Original in Pt. $. , ©er.=2it. 1487/13.
Pgl. Prantl a. a. 0. I 372. Ser Steftor
be§ Sotleg§, gofj. Ptanljart, batte am Palm»
fonntag 1613 noch einmal eine $ufammen»
ftellung ber PBünfdje ber Qefuiten an ben Rector
magnificus eingefanbt. Sie artiftifdje gafultät
wünfdje bie Stedjte, bie fie oon Slnfang an
bnreb bie Statuten ber Unioerfität (1478) ge»
Ijabt unb burdj bie Äonjeffionen ber ^erjoge,
bie 1576 oon allen profefforen angenommen
toorben feien, erbalten Ijabe. gm einjelneit
miinfdje fie guriöbiftion über iljre Schüler in
betreff beren Pesieljungen pr artiftijdjen ga»
fultät (Statuten 1478, § 11, unb 1577, c. 3).
Jpier feien nidjt allein bie Stubien, foubern
and) auöbrüdlidj disciplina et mores genannt.
Sie gafultät habe ba§ 2lbmiffionlredjt, mie
ber Äoinmiffar unb 9teftor ber Unioerfität p»
gegeben haben; fie wirb feinen Oon ber Philo»
fopbie abbalteu unb feinen swingen, babei p
bleiben. Sa3 Ius exclusionis fei 1576 Oon
§erpg 2llbredjt auöbrüdlidj pgeftanben worben,
b. b- ©jflufion oon ben Portefungen, nicht
(Sjdlufion Oon ber Unioerfität, über bie ber
fReftor bjw. ber Senat befinbe. SBenn bie
Stubenten fidj wegen jeber Peftrafung an ben
Rector magnificus wenben fönnten, fei feine
Stube unb feine Si^ifilin möglich. Sit be»
ftimmten gatten mürbe gern ben SSünfdjen be§
SteftorS fRedjnuug getragen. Eine fortwäbrenbe
ßinmifdjung be§ Senate in bie Vorgänge ber
Schule fönne nidjt gebulbet werben; für§ ge»
wöbnlidje müßten bie Magcnben, wenn eS fidj
um geringfügigere Singe banble, an ihre Pro»
fefforen unb pm fdjulbigen ©eborfam üerwiefen
werben. * Original Pt. ®., @er.»Sit. 1487/13.
Einige SSorte barau§ bei Prantl a. a. 0.
I 372.
4 * Original Pt. U. T. 17. Äofiie in Pt. 9t.,
Ies. 1373, f. 74 ff. Srud bei P r a u 1 1 a. a. 0.
II 379/82.
36*
564
?Id)te§ Kapitel, ©tjtnnafien unb Uniberfitäten.
enblidj einmal griebe unb ©intradjt auf biefe Söeife miebertfergeftedt m erben unb
bie ©efedfdjaft non ben nieten Stnfeinbungen unb SSerteumbungen befreit unb tiiedeidjt
auct) geredfjtfertigt merben fann, glauben mir, um enbtidj bem Streite ein (Sitbe 31t
macfjen, man fodte fic^ itjrem Verlangen fügen; unb beStjalb erlauben mir, bariiber
einen binbenben Vertrag gu madjen. S)amit biefer um fo rnefjr 23eftanb fjaben
fanit, teilen mir ©m. Ifodjmürben mit, bafj man im £>errn urteilt, bie Unfrigen
gu ^ngolftabt tiertjanbetten mit ben Slfabemifern gu fdfroff, ja nic^t fetten in einer
untjöflidjen, gumeiten fdjarfen unb gu menig befdjeibenen SBeife. SDaniit Sie bie
^erfonen fennen, fo tabett man menigeS beim S^eftor unb bem fßrofeffor ber ÜDiatje»
matif, niedreres beim s^räfeften (be§ ©tjtnnafiumS). ©m. £mdjmürben foden bem
entfliehen, fetbft mit 23erfe|ung ber ^erfonen entgegentreten unb gaitj befouberS Sorge
tragen, bafj bie Unfrigen in ber gotge mit ben auSmärtigen ^rofefforen nidjt bes»
potifdj, gteidjmie mit Sdjutbuben umgeben. ®enn baburd) merben fie beteibigt, burdj
gegiemenbe ®emut aber ocrfötjnt1.
^ttbem Slquaoitia bem Sßrotiingiat gartet am 18. Januar 1614 ben Empfang
feines 23riefeS oont 21. 2)egember unb beS SDefreteS über ben Streit beftätigte, gab
er fein Urteil über ba§ SDefret batjin ab: fgef) finbe nichts barin, maS oon ben
Unfrigen nid)t beobachtet merben fann unb fogar muff. Selbft menn eine Sdjmierig»
feit bamit oerbunben märe, fo raten hoch gur diadjgiebigfeit bie ^Beobachtung unfereS
QnftitutS, ber ©efjorfam gegen ben £>ergog, bie öffentliche 9tuf)e unb ber gute tftame
ber ©efedfdjaft. 2)e§tjalb foden @m. ^odfmürben fomotjt Sorge tragen, bafj ba§
SDefret beobachtet mirb, unb bafj auefj, mie icfj fcfjoit früher gemahnt, bie Unfrigen in
etjrentioder Söeife über bie Stfabemifer fprecfjen unb mit ihnen in retigiöfer 23e»
fetjeibentjeit tierfetjren; bie bagegen fjanbetn, finb in geeigneter Söeife gu ntafjnen unb
gu beffern. 9?amenttidj empfehle idj ©m. |jodjmürben, einen ^3rofeffor ber SDiateftif
angufteden, mie bie§ ber £>ergog münfdjt, meil bie ©efedfdjaft bie SDiateftif mit ben
übrigen Sortefungen übernommen fjat, unb gmar in ber SBeife, mie fie bort früher
gegeben mürbe. SBenn biefe 2$orIefung auefj mit ©uttjeifjung beS £)ergog§ einige
Qatjre auSgefefjt morbeit, fo mürbe e§ itjm bodj freigeftedt, fie nadj ©utbefinben
roiebertjergufteden. 5Xuch fod bafiir geforgt merben, baf} fie in ber richtigen SSeife
norgetragen mirb unb nicht fo, als ob ber jßrofeffor e§ barauf abgefefjen, feine
£>örcr gu tiertreiben; benn ba§ märe ein ÜUJafel für bie ©fjrtictjfeit unb beit guten
tarnen ber ©efedfdjaft. 2öa§ bie SDedung ber StuSgaben ber artiftifchen gafuttät
burdj bie j}komotion3gebüf)ren unb anbere ©infiinfte angefjt, fo münfcjten mir bafür
einen anbern StuSmcg, nämtidj bie Stfabemifer fodten ade jßromotionSgebüfjren er»
tjatten unb ber ©efedfdjaft barauS eine beftimmte Summe anmeifen ober bie StuS»
gaben ber gafultät beftreiten. Sodte aber bie§ nidjt angeljen, fo ertauben mir, bie
tiom §ergog gemünfcfjte Strt unb Söeife angunefjnten, bitten aber bringenb, bafj man
tion ber ©efedfdjaft ben 3$ormurf ber 23egatjtung (nota mercedis) fernhatte 2.
2lt§ einige patres immer nodj Sdjmierigfeiten madjten, mafjnte ber ©enerat tion
neuem gum ^rieben. 2öir tjatten geglaubt, fo fdjreibt er am 31. Januar 1614 att
ben jßrotiingiat gartet, bafj bie ^ontrooerfe mit ben ^ngotftäbter ^rofefforen burdj
ben tion beiben Seiten angenommenen unb tiom £>ergog unterfdjriebenen SSergteidj
in dfufje unb Triebe beigetegt fei. ÜJidjtS ift un§ unangenejmer at§ foldje Streitig»
feiten, diun tjören mir, bafj in ba§ ®efret be§ ^ergogS fidj ein SBörtdjen eingefcfjtidjen
über ben StuSfdjtu^ tion SBiberfpenftigen, morin bie ©efedfefjaft bisher nicht ein»
gemidigt fjätte, nämli(^ bafj ber 2tu§gefdjtoffene, für ben fyad er fidj gu Unredjt be»
fdjmert glaube, an ben gangen Senat appedieren fönne. 9)teiu ^ater, bamit idj es
1 * Original in 9t., Jes. 1373, f. 80.
2 * Original ebb. f. 82.
ßinaetne Uniberfitäten : ^ugolftabt.
565
ffar fage, tiefe ©dfwierigfeit ift unS f)öcf)ft unangenehm, fie bringt bie ©efellfdiaft
in üble 9cad)rebe unb ift mefleicf)t auch &ctn ^er^og befdjmerlicf). 2öir münfchen un*
bebingt ben «Streit beenbigt ju feheit, auch Wenn mir, um pnt ^rieben 51t fommen,
einen 9iad)teil erleiben unb auf unfer 9ied)t oerjid)ten müffen. Söenn ber ^erjog
nach Slnljörung ber ©egengrünbe bei bem non ihm Unterzeichneten Sefrete bleiben
miö, fo münfdjen mir, baff fomof)! Em. §od)Wiirben als and; bie übrigen patres
fich it)m bemittig in allem miHfährig ermeifen unb baS SDefret ausführen mit ber
23efd)eibenheit unb griebenSliebe, mie fie fich für bie Üleligiofen unferer ($cfeüfdjaft
gelernt 1.
Srofs tiefer fo cntfdjiebenen SBeifung ihres EJeneralobern mollten einige ißatreS
in ihrer ipartnädigleit noch feine 9tuf)e geben. Sa fanbte Slquaoiöa am 22. SCRärj
1614 eine neue erufte Süiafjnung an ben iprooinjial: SBir hören, bah §u ^ngolftabt
einige patres in bem Streit mit ber Uniüerfität zu fcfjarf mit ben SluSmärtigen oer*
hantelt unb gebrof)t, fie mürben eher bie Uniöerfitüt öerlaffen, als in bie 23ebingungen
ber ißrofefforen einmilligen. SJlein ißater, mieberholt haben mir über tiefe Klagen
fdjon gefdfrieben unb mir bebauern, fie oft mieberholen ju müffen. ?Iber meil tiefe
patres ficf) auf Ero. £>ocf)Würben unb anbere Obern berufen, fo müffen mir Em. §od)*
mürben ernftlid) ans §erz legen, fofdje SluSfcfjreitungen zu beftrafen unb an ben
Sag ju legen, bah @ie mit ben hartföpfigen Seuten nid)t übereinftimmen2. Qn
einem meiteren Schreiben 00m 10. ÜDlai 1614 brängt Slquabiüa mieberum auf religiöfe
Semut ben ißrofefforen gegenüber: SaS ermarten unb forbern auch öie fürftlichen
9täte. $mmer roieber entftehen neue Sdjmierigfeiteu, meil einige ber Unfrigen ju
nie! forbern unb ju menig nachgiebig finb. SSäre bodf ber Streit nie angefangen
morben, ober mürbe er menigfteuS fo beenbigt, bah bie Erbitterung gegen bie ©efell*
fchaft beigelegt unb bie Einbuhe an bem guten 9iuf ber ©efeEfdjaft unb an bem
SBohlmolIeu gegen fie mieber roettgemacht merben fönnte. SaS Sefret beS §erjogS
muh beobachtet unb auch wegen ber Sogifprofeffur bürfen feine neuen Sorftellungen
gemacht merben.
Siöie aus bem tmrigen unb tiefem Briefe fjerborgeht, traf mohl ein Seil ber
Schult ben ^roüinjial Partei, ber feinem tarnen entfprechenb etroaS fjartnädig
ooranging. Slquaoioa mahnt ihn im Verlauf tiefes Briefes nicht allein an gröberes
Entgegenfommen gegen SluSraärtige, fonbern aud) an liebeoolleS, fanfteS Benehmen
gegen bie ^»auSgenoffen. Er erinnert iljn an bie 33orfd)riften ber ^onftitutionen, bah
ber Obere feine Untergebenen als guter ißater mit foldjem SöohlmoIIen unb folcher
Siebe leiten miiffe, bah bereit Seitftern bie Siebe unb nicht bie gurdjt fei. Ein ju
fcharfeS Regiment führe nicht feiten jur gurd)* unb zur Srfaltung ber Siebe gegen
bie Obern3. Sie ftrengen befehle beS EeneralS hatten ben Erfolg, bah fi<h all*
mählich bie Eemüter beruhigten.
SBenn matt fich in tiefem Streite auf ben ftrengen SflecfftSftanbpunft ftellt, fo
fann man ben Qngolftäbter ^efuiteu menigfteuS in einigen fünften nicht ganz un*
redjt geben. Senn burdj traurige Erfahrungen belehrt, hatten fie nur nad) ben
bünbigften münblid)en unb fdjriftlichen gufagen für oolle Freiheit unb Unabhängig*
1 * Original ebb. f. 84.
2 * Drig.=3teg. Ad Germ. sup.
5 * 0rig.=SRcg. ebb. ®gl. * Hist. coli. Ingoist.
(ßichftätt, SMögefanarcOio) f. 145 ff 152 155 f.
2lit beit 23erbanblungen in ©tünchen nahmen
bie fReftoren 001: ©tünchen unb gugolftabt unb
ßoit feiten ber Uniöerfität bie ifSrofefforen
©d)ober unb 2)enicf) teil. ®a§ babei getroffene
Übereinfommen tourbe in ber fdjriftlirfjen gaf=
fung cinfeitig ju llugunften ber gefuiten ge*
ällbert: Quae nostrae rei essent dissimula-
bantur et quae saecularibus favebant quae-
que adeo nos miniine assensi eramus dili-
genter explicabantur. ®er Jperjog fei auf
ben Sßerfaffer erzürnt geloefen, aber ber ©eneral
babc befohlen, im Qntereffe be§ grieben§ feine
weiteren Eimoenbungen 311 machen. @0 bie
Historia f. 155.
566
2(d)te§ Äapitel. ©tjmnafiett unb llnioerfitciten.
feit bie artiftifdpe gafultöt lieber übernommen. Söefonberg erfdjien bei bem judf)tfofen
Treiben mandfer Stubenten in Qngolftabt bie SDiSsipIin beg ©tjmnafiumg arg be=
bropt, menn jebem ©tjmnafiaften ber Dlefurg an ben Rector magnificus freiftanb.
Stncf) in bem freien Übergang üoit ber Dtpetorif gur fßpifofoppie erbfidten bie $efuiten
mit Dtedft einen Diacpteit für bie Stubien unb bie 2)t8;$iplin. 2öie an anbern Orten,
Ratten fie begpalb aud) in Qngolftabt ben Übergang 31t ben poperen Stubien öon bem
93eftef>en eineg SlbiturientenejamenS abhängig gemadjt, aber bie Süabemie rooUte üon
biefem Gramen nichts toiffen K Stuf ber anbern ©eite fann man eg ber Unioerfität
nidft oerbenfen, menn fie ipre äftacpt behaupten moftte1 2, alte 9tedjte oerteibigte unb
ipre §anb über bag ©pmnafium piett, bag nun einmal ein ©lieb ber Unioerfität mar.
Sin üöHiger Sluggfeicp biefer Ütedjte mar fdfmer ju finben. 2)aff bie ^ngolftäbter
Qefniten, meldje öerbriefte Steckte unb bie ©iSjiptin gefdjmälert fapen unb bie folgen
am eigenen Seibe tagtäglich oerfpüren mufften, abgefepett oon ber §ipe beteiligter
Streiter, fiep nicht leicpt barein ergeben mollten, läfjt ftdj menfcpficp nacpfüplen unb
unfcpmer begreifen. ^ebenfaßg trat bie Orbengleitung im Qntereffe beg griebeng
unb pöperer ©üter entfcpieben für Dladfgiebigfeit ein, unb jmar felbft mit Preisgabe
ermorbener Dtecpte. SDiefeg Sintreten geigt Rar, mie menig fidh bei bem böfen Streit
bie Orbengobern oon £>errfcpfud)t leiten tiefen.
Stöie fiep.. im Saufe ber näcpften ^apre bie Dlerpöftniffe ber artiftifdjen gafultät
geftatteten, taffen bie Statuten ber ppilofoppifcpen $afultät 00m Qapre 1649 3 mit
pinreidjenber SDeutfidjfeit erfennen. Dlad) biefen Statuten gehören jur gafultät ber
Dleftor beg ß'odegg, bie Stubienpräfeften, bie fßrofefforen ber 3)letaf.ipt)fif, f|3pi}fif,
Sogif, Stpif, äftatpematif, ber pebräifcpen Sprache unb ber fecpg ©pmnafiafffaffen.
®er Dteftor beg $odegg pat bie Seitung ber $afuftät. ®ie fßrofefforen brauchen
bem afabemifcpen Senat feine Dlecpenfcpaft ab^utegen, bag gehört oor bie Obern ber
©efedfdjaft. 2)er SDefan ber ^afuttät mirb jebeg Semefter oon ben Diäten ber
gnfuttät mit Stimmenmehrheit gemühtt unb oertritt für bie augmärtigen Stubenten
ben Stubienpräfeft; er felbft unterftept in adelt Stubienfacpen bem fßräfefteit ber
höperen Stubien. ®er 2>efan meift ben Stubenten nad) ber Qnffription bie 31t
pörenben SSortefungeu an. Sin Sjßptfofopp, ber mit Srtaubnig feiner Sttern 31t einer
anbern gafultät übergehen mid, barf nicpt baran gepinbert merben. SDer 3)efan
pat auch ©orge für bie Speatergarberobe, bie er burd) einen ber ©pmnafiaüeprer
Oermalten täfft; bie foftbareren Stüde bleiben unter Sßerfcpfuff, unb nicptg barf opne
1 S3gl. ben intereffanten 33rief be§ Oteftori?
ÜDtanfjart, 13. gebt. 1616. Sn bem Slufgeben
be§ SjamenS fiel)t er einen grofjen ©d)aben
für bie 2)i§siplin mäl)renb be§ ©d)uljaf)re§ ;
in ben lepten Sagen fei in ber 9tf)etoriffd)Ule
ettua§ gefcfjefjen, quod honeste non potest scribi
coegitque Praeceptorem et discipulos e scliola
discedere propter foetorem. * Original Olt. U.
T. 17. 3m ben Acta sub Decanatu P. Christo-
pbori Scheinen anno 1615 jjeifjt e3 unter bem
15. OJobember: Et quia in admittendis ad
Philosophiam studiosis multi ex Humauitate
et Rhetorica invitis nobis irrepunt, non in-
scripti , non examinati , convenientibus et
iuvantibus iis, qui possent et deberent irn-
pedire, sancitum est a R. P. Rectore (Joanne
Manhart), ne tales umquam admittantur ad
ullas exercitationes scholasticas, quales sunt
repetitiones , argumentationes etc. , insuper,
ne gradus illis publici impertiantur, praeterea
ne testimonia discedentibus umquam dentur.
Slm 3. 3uli 1616 befd)top bie gafultät, bei
fotdjen, bie fid) burd) gute 0füf)rung unb große
gortfdjritte aui?jeidiueten, Bon biefer 33eftim=
mung abjufe^en. SSgt. 2. gebt, unb 10. Quiti
1631. Sab« 1614 eittfdjieb ber Äurfürft,
bap in ber ^olge fein ©tubent Bor SßoHenbuug
ber 9tf)eforif an bie 'Jlfabcmie ^ugeJaffen toerbe.
*Acta Facultatis Artisticae 3)t. 11. 0. I, 4,
f. 109 ff.
2 ©in ©utad)ten be3 fßrofefforS fpf)il. Sttensel
Born 24. gunt 1612 betont gegen bie 9fad)=
giebigfeit: Habebunt Patres v. g. in 5 — 600
studiosos imperium, ubi contra Rector aca-
demicus vix in centum circiter illud sit habi-
turus. * Original fJJt. U. T. 17.
3 SSortlaut itt Ratio stud. III 266 ff unb
fßrantt a. a. 0. II 413 ff.
Sinjelne Uniberfitäten : ^ngolftabt.
567
Sormiffen be§ ®efan§ entnommen merben. StRit ber ®epofition mirb nad; betn alten
Sraud; »erfahren. ®er SDepofitor, f)ier Quintus genannt, mirb öom ®efan au§
ben älteren pfjitofophen beftimmt. ®erfelbe mu^ gemahnt merben, bafj er feine
gegen (Sfjrbarfeit unb SRäfjigfeit üerftofjenbe Sräud;e auffommen taffe. ®er ®efan
forgt aud) für bie Scftrafung unbotmäßiger ©tubenten nad; bem ©utbefinben be§
Unioerfität§reftor§. Of;ne gemicf)tige ©rünbe fotten feine Promotionen Stbmefenber
^ngetaffen merben. ®en ©ib legen bie Qefuitenprofefforen nad; ber formet oom
Qafjre 1572 ab, baff fie ofjne perfüntidje 9iüdfid;tnat)me ba§ Söotjt ber Unioerfität
im Stuge begatten unb ba§ Secretum bematjren merben. Sitte profefforen tefen
tägtic^, mit 2lu§naf)me be§ Hebräers, ber nur au ©amStagen, bie nicht gefttage finb,
um 12 itf)r für bie ®tjeotogen be§ erften Qa^reS ©rammatif unb etma§ oon ben
Pfatmen tieft. SCRathematif unb ©tljif merben täglich getefen oon 1 bi§ 1 3/4; in bem
Cursus triennalis (ptfitofopfjie) ift tägtid) Sortefung 8 — 9 unb 2 — 3, 9ff)etorif tjat
oier ©tunben, bie unteren Staffen fjaben fünf ©tunben. ®ie profefforen, metd;e
biftiereu, erftären nad; einer batben ©tunbe ba§ ®iftat raäfjrenb einer Siertelftunbe,
bann erft fotten fie meiter biftiereu. ®ie ©pmnafiattet;rer galten fidf) in attem an bie
Sorfdjriften ber Ratio studiorum, bie fchmereren SSergetjen ber ©pmnafiaften merben
an ben P. Sieftor berichtet, $n alten ©tüden, befonber§ bei ber ©nttaffung eine§
©d)üter§, muß jeber Stnftoß bei bem Rector magniticus ober ben anbern Stfabemifern
oernüeben merben. ®er Präfeft be§ ©t)mnafium§ fjat für bie prämienoerteitung
unb für bie Sluffütfrung be§ ©dhtußbramag ©orge ju tragen unb besfjatR zeitig ben
Sieftor an bie 2Bat)t be§ ©tüdeS unb be§ ©pietteiterS (Choragus) ju erinnern. Sltg
fefjr münfd;en§mert mirb ber ©tnpfang ber Zeitigen ©aframente menigftenS an ben
^auptfeften empfohlen. ©riecfjifche Stfabemie ift ©onntag§ 574— 674 llpr ; biefe Slfa«
bemie fällt aber au§ itt ber gaftenjeit unb in ben großen Serien. 93ei ben Prüfungen
fott nicht fo fefjr auf ®atent unb StuSmenbigternen at§ auf SerftänbniS ber @ad;e
unb Urteil gefetjen merben. ®a§ ©jamen für ba§ SDiagifterium bauert eine ©tunbe,
für ba§ Saffataureat brei Sßiertetftunben l. Sei ber Promotion ermatten bie SRagiftri
ben Phitofopbenmantet, btaue§ Sirett, Such unb Siing. ®a§ SOZagiftermaf)!, Ort,
3af)t ber ©eric^te ufm., hot ber ®efan ju beftimmen. 3um SJiagiftermafjt merben
gefaben bie ftaattidhen unb ftäbtifcfjen Sehörben, alte profefforen unb bie Pfarrer;
jeber ®anbibat barf nod; brei ©äfte eintaben. ®em ÜRaht mohnen oon ben Qiefuiten
ber ®efan unb Promotor bei, bie ben britten unb üierten ptaß nad; bem Rector
magniticus unb bem ©uperintenbenten einnehmen. ®ie föanbibaten, bie bei ®ifd;
fißen, bebienen jugteid; bie ©äfte. ®er ®efan unb ber Promotor forgen bafür, bah
nid;t nach Stufhebung ber ®afet ©etage abgehatten merben. ®em SBirt fott fein nach
bem äRaht getrunfener SBein oon ben föanbibaten bejahtt merben.
©nbe ber breißiger unb in ben oiergiger fahren maren in Qngotftabt an ^efrtiten«
profefforen für fd;o!aftifd;e Xheotogie 2, SRorat 1, Zeitige @d;rift 1 (nur für bie
©cfjotaftifer be§ ß'ottegS), Phitofopt;ie 3, ($tpif 1, SCRathematif unb (pebröifd; 1,
©pmnafiunt 62. Stad; einer Tabelle oom 6. Siai 1649 bojierten in ^ngolftabt
16 ^efuiten 3.
1 Sie ©ebütjrcn für ba§ 23affalaureat betrugen
an feften Sapen ca 5 ©utben, für ba§ 9)tagifte=
rium ca 10 ©ulbett, barunter pro campana
maxima pulsanda 4 $r. 1 d. nigrum seu
15 nummos nigros.
2 *Catal. Prov. Germ. sup. 9{., Jes. 199.
©in fd)öne§ ber Slnhängticbfeit unb
®antbarfeit gegen bie SoüoIÜöbter 3efuiten=
profefforen enthält ber 33rief be§ langjährigen
?(ug§burger ©eneraloifarä Safpar Seiner öom
ll.fDiai 1656: Iogolstadium quo loco dulcius
mihi nihil est . . . me informaverat velut altera
mater etc. SBortlaut in 91t. fDlerfle, StrcpiO
für ißaftoraI<Äonferenäen I (1848) 368.
3 $ie ftörer »erteilten fid) 1649 alfo : ©djo=
laftifche STtjeoIogie : Sef. 22, Ütu^märtige 40;
fDtoral: !yef. 9/ 2tu§m. 50; ^eilige ©djrift:
gef. 14; 9Jtetapf)pfif : gef. 10, üluäto. 37;
568
2(cf)te§ Kapitel. ©pmnafien unb UniDerfitciten.
2Bie ^ngolftabt erfreute fic^ beim beginn beS 17. ü;af)rf)unbertS aud) Silüngcu
eines guten BttfeS. Qu ber äöafjlfapitulation fjatte baS Augsburger Somfapitel
bem am 29. Aoocntber 1598 gemälzten Bifdfof tpeinridj ü. Knöringen bie Sorge
für bie Uniöerfität anS .fjerg gefegt unb bie Sätigfeit ber bisherigen Seiter auS«
brücfficfi anerfamtt J. Ser neue Bifdjof t)atte neun ^affre in Spillingen ftubiert, unb
fo mufjte oon if)m non oornf)erein ein großes üfttereffe für bie Uniöerfität enoartet
merben. Sie Hoffnung ber Qefuiten, fejot enblicf) bie nocf) immer felflenbe enbgidtige
gunbation ber Uniöerfität unb bie ebenfalls nodf auSfteljenbe ^uftimmung beS §XugS=
burger SomfapitelS gu ber Übertragung ber Uniöerfität gu erlangen, fonnte beSfjalb
nur als gerechtfertigt erfdfeinen unb mürbe and; fdjliefüid) nad) anfängtidh oergeb=
licken Stritten nicht getäufdjt. (Sine erneute Bittfdjrift beS ^rooingialS DtofephinS
oont 30. Quli 1605 bradfte bie @acf)e in gluff. Sarauff)in ftettte ber Bifcfjof Heinrich
am 16. Auguft 1605 bem Somfapitel oor: Sie Uniöerfität in SPiUingen füllte funbiert
merben, „in (Srmägitng fie (bie patres) biefe geitlfero oiet ÜUtüf) unb Arbeit allfjie
auSgeftanbett unb fo großen, gang Seutfdjlanb befannten 9?uüen bei ber lieben
Qugenb gefc^afft, anberer ©uttaten, bie fie bem gemeinen Bolf mit ihrer 2ef)r,
(Stempel unb 93eichthören millig unb fleißig geleiftet, gu gefdfmeigen"* 1 2. SaS Som«
fapitel fam erft Segember 1606 git einem entfdjeibenben (Sntfdjlufj. ©eine Bor«
fchläge oom 31. Segember maren aber berart, baff ber ißrooingial fie abte^nte unb
auf SBunfd) beS Kapitels am 2. Januar 1607 ein ausführlicheres ©utadjten über«
reichte , baS audj gur ©runblage ber meiteren Berljanblungen gemalt mürbe3.
Sltefjrere SJionate fdjmanften bie Beratungen unb Berljanblungen fjin unb fjer. Ser
Bifdjof brängte üoran4.
^n ber oon Bifdjof Heinrich am 27. SDXai 1606 bem Augsburger Somfapitel
gemalten „ißropofition" Reifst eS 5 : „Sie Academiae, Gymnasia unb Stuten
merben oor anbern geiftlidjen unb metttidjen ißerfonen ben Patribus ber Societet
Iesu untergeben unb anoertraut, als toeldje ex instituto singulari ad iuvandum
proximum auf allerlei SBeiS unb SBege fidf) meljr bann als alle anbern OrbenSleut
ober meltlidje SJfenfdjen gegen ©ott unb bie ABelt üerobligiert unb oon geit ihres
UrfprungS an ein fotdjeS mit großem diufj ber gangen (Sfjriftenfjeit . . . burdj iljr
gottfeligeS, unfträflidjeS Seben unb gang üermunberlidje treffliche ©efdjidlidjfeit unb
(Srfafjrnufj mirflidj, mie üftiemanbS Berftänbiger beffen in Abreb, fonbern nolens
volens bei feinem ©emiffen unb SBiffen befennen mufj, präftiert Ijaben." Söenn
feine ^unbation erfolgt, ift ©efaljr ber Abberufung ber patres, ba biefelben unter
ben alten Conditionibus, mit melden fie bis über bie 40 ü;af)r mit großer ©ebulb
oergnügt gemefen, nicht bleiben merben. SSenn bie patres abgiefjen, mürbe bodj
feiner oerantmorten moHen, „baff bie Academia gu Sillingen, melcfje in gang (Suropa
nunmeljr erfdjollen, befannt unb hochgeachtet , aufguljeben fei". SaS märe eine
©djmadj für baS ©tift, „gu gefdjmeigen, bafj bie ©tabt Sillingen unb bero Bürger
halb ihrer 9?af)rung unb 2Bof)lfaf)rt falben, bie fie bisher oon ben ©tubenten gehabt,
mit großem 9^ad;teil gu empfinben hätten". Ü0ian müffte alfo burdj ©elefjrfamfeit
unb grömmigfeit fjerüorragenbe ißrofefforen fommen laffeit, benn fonft mürben bie
Studiosi aufjer 3roeifel if)ten alten Sefjrmeiftern nadjmanbern, mie früher in $ngol«
ftabt gefdjefjen. Sie Soften maren fdjon grofj gu beS ^arbinalS geit, ba einem
SBSUfll: Sef. 15, 2ht§ro. 60; Sogif: $ef. 4,
Stugtü. 41; : 3>ef. 10, 2lu3m. 44; 90tatl)e«
mati!: SO- 15, SluSto. 38. 3«. 9t„ Jes. 570.
1 33gl. 33b I, ©. 195 ff. ©pedjt. Siiütngen
72 ff.
2 * Original in 501. 91. , Jes. 1008\ $ort
and) bie 5Sorfd)täge beS fßrobinftialS 9tofep^iu§
Dom 30. ^uli 1605.
3 * Original in 90t. 9t., Jes. 1008a.
1 $ie Sßerbanblungen auSfübrlid) bei F 1 o 1 1 o
236 ff. S3gl. CS p e cf) t a. a. 0. 76.
5 *ffofne in 90t. 9t., Jes. 1008*.
ßinjchte llniöerfitäten : $tHingen.
569
Theologo Sontinifaner 0rbeng neben ber 33el)aufung Speife ufw. für feine ^erfoit
unb einen Wiener nod) bagu 1000 ©ulben jäfjrficfjen begabt ttmrben. So hat ber
grangigfaner, fo eine ßeitlang ber ^räbifatur oorgeftanben, beg Qahreg big in bie
700 ©ulben erhalten, ba bod) ben patres ^efniten aden gugleid) nach Slbfterben
beg ßürbinalg big auf bie Regierung 33ifdjofg SJiarquarb nur 1400 ©ulben gegeben
worben, bem fjernacf) quattemberlidj 75 ©ulben, tut gufammen 300 ©ulben jäfjrlid)
neben etlichen SOZalter ®orn unb loggen, gu weldjen S3ifcf)of Johann 0tto weiter jebeg
3af)r 600 ©ulben unb (betreibe im Söerte non 150 ©ulben üerorbnet, in Summa
2450 ©ulben. Unb fann nit üerleugnet werben, baß bie patres gu ber Seelen
2öof)Ifaf)rt prioatim unb öffentlich allen gleiß anwenben, jeben Stanbeg unb ©e*
fdjledjteg $ßerfonen, jungen unb alten, fid) gu affommobieren unb iljnen mißlich gu fein,
fo ift am Sag unb offenbar, mit wag getreuer SBadjfamfeit unb erbarem gleiß unb
wie artig, ^olbfelig unb oernünftig aud) mit üerwunberlicher S)epteritet adeg Oon
ihnen »errichtet werbe unb bi^hero öetncfjt worben, aud) wag für ein 9?uß aller
0rten, ba fie ihre Söohnungen unb ©jergitia gehabt, erfolgt fei. ©g ift gang oer=
wunberlid), baß fie fo einen herrlichen, gewiffen, orbentlichen unb ber gugenb gum
^rogreß gang nüßlidjen unb tauglichen Methodum in adelt gafultäten unb ben
litteris humanioribus, toeldje fie gu profitieren pflegen, haben, bergleichen gu»or
nie gewefen unb bei anbern Sdjulen, wo fie nit oorhanben, auch oodj &i§ bato nit
gu finben. SBag für eine herrliche ©elegenheit hat eg aud; mit ihren Superioribug,
inbem felbige Sag unb 9xad)t Sorge tragen unb fid) bemühen, bamit bie üßrofefforeg
ihrem Slmt fleißig nachfommen, gleidjwie bie ißrofefforeg liegen auf ihre unter»
gebene Siggipulog gute Sichtung geben, auf baß adeg redjt bei ihnen oon ftatten
geße. So fann nit genugfatnb gelobt werben, baß fie fo unterfdßebliche, ber gugenb
feßr erfprießlidje exercitia scholastica theologica unb philosophica halten, auch bie
blüljenbe gugenb adgemad) jeßt mit Üiegitation einer 0ration, ein anbermal etlicher
Werfen unb Carminum, fobann in ben $omöbien anführen, bamit biefe fid) oor ben
Seuten nit entfeße, fonbern . . . ©elegenheit befomme, bapfer unb unerfchroden gu
werben, intern mit wag fchöner 0rbnung pflegen fie gu gewiffen geiten ihre ©pamina,
um ben gortfcßritt ber lieben gugenb baraug gu erfunbigen, fobann promotiones
ad gradus anguftellen, fo gibt eg bei ißnen, wag fonberlich bem 9Kenfd)en nad)
altem Sprüchwort quocl varietas delectat, annehmlidj unb gefällig ift. ©rfranft eilt
s^rofeffor, wirb ohne gutun, Arbeit ober ßoften beg ^apitelg gleich ein anberer oer»
orbnet. Sieben bem, baß bie $J3atreg bie gugenb äum ©tubium anhalten, befleißigen
fie fid) and), felbige gu ber ©ottegfurcßt, guten Sitten unb anbern Sugenben alfo unb
bergeftalt anguweifen, alg wenn fie fonften nid)tg gu unterrichten ober mit anbern
©efdjäften gar nit beloben wären. gu biefem ©ttb haben fie im ©ebraud), oiel gu
prebigeit, gottfeelige ©j;hortationen gu halten; itent pflegen fie auf aderlei SBeig bie
gugenb gu häufiger 23eidjt unb Kommunion angugewöf)nen, unb bamit bie ©otteg»
furdjt fortgepflangt werben fönne, ßin unb wieber Congregationes ober Sodalitates
anguridjten. gn Summa: wag Oon guten ^rebigern, herr^c?)en 33eid)toäterii, für*
trefflichen ißrägeptoren unb ißrofefforen immer fönnte, fodte ober möchte erforbert,
erwünfcßt unb begehrt werben, bag adeg hat man gu Sidingeit an ben §errn
gefuitern gehabt, unb ift oon iljnen bigßero bafelbft unb anbern 0rten mit großem
unaugfpredjlidhen 92itß Slufnaßm unb 2Bof)lfal)rt ber ©hriftenßeit wirflid) präftiert
worben, weghalb außer greife! gßre päpftlicße ^eiligfeit ißre Sllumnog niemanbg
in Seutfdjlanb unb SBelfdjlanb, alg ihnen bidig gu untergeben, int ©ebraucf) haben.
Speicher oerniinftige ätfenfd) wollt nit gern aud) feine Singehörigen gu bergleichen
ißerfonen tun unb abfdjiden, adba fooiel herrliche, bequeme ©elegenheit, ©efdjidlidjfeit
gu erlangen unb ein gottegfürdjtigeg Seben an fid) gu nehmen, ©g wäre noch oiel
570
2Id)teS Kapitel, ©pmnafien unb Uniüerfitäten.
p üermetben öoit itfrem fittfamen, friebfamen, gotteSfürd^tigen, gan§ tobreidjen SBanbet,
Stun unb Saffeit, bamit fie männiglidj ein gut Stempel geben unb borteudjten, ba§
motjl gefagt tuerben tarnt, baff itjr Sidjt üor ben ÜJttenfdjen leuchtet unb bie 3Jtenfctjen
itjre guten SBerfe fetfen.
S)a§ Kapitel tuar jroar mit bem 33ifdjof über bie Seiftungen ber ^efuiteit ein=
berftauben unb erfannte bie§ auch in feinem betrete bom 12. Quni 1606 aitSbrüdtid)
an V jebocf) bereiteten bie bon 9tofept)iu§ bertangte ^urigbiftion über bie Uniberfitiit
unb bie Epemtion bon ben bürgerlichen Saften nocf) ©cfjmierigfeiten. Slber fdjoit
batb, am 14. ^uni, mürbe bie ©tiftunggurfunbe feftgefefct unb nad) einigen fteinen
Stnberungen audj bon Stquabiba am 24. SIprit 1607 beftätigt2.
Qn ber Einleitung ber ©tif«
tung§urfunbe fpenbct ber 336
fdjof ber mef)r at§ biergigiäf)*
rigen SEätigfeit ber ^efuiten
grofjeS Sob: er rüfjmt it)ren
Eifer, ihre SHugf)eit, if)ren gteifj
foraie bie groffen Erfolge in ber
§eranbübung ber Qugenb nidjt
allein für bie SDiöjefe 3lug§*
bürg, fonbern aud) für anbere
Sänber, bie ihre föinber nad)
trefflicher 2lu§bitbung in 2Bif-
fenfchaft unb djriftticfjer 3ucf>t
bon ber Unioerfität SiQingen
guriiderfjietten. gür fo biete
Slrbeit unb für fo ungäljtige
2Bof)ttaten motte er nunmehr
mit ßuftimmung be§ ®apitet§
bie erfte ©tiftung Otto§ bot6
enben. $m einzelnen ermatten
bie 3efu^en an ©ebäuben ba3
Kolleg, bie Stfabemie mit ber
9J?uttergotte§ftrd)e, unb gmar
mit Freiheit bon atten Saften,
©teuern unb anbern gemöffm
liehen unb auffergemötptlicfjen
Stuftagen; für ^nftanbljattung
unb Unterhalt merben gufammen
jährlich 3000 rt)ein. fftor. au§«
bejafjtt. ®afür ftetlt bie ©efetü
fefjaft eine entfpredjenbe $af)t öon ißrofefforen, metd)e mie bisher bie fjumaniftifcfjen
gadjer, i}3f)itofopt)ie unb Theologie teuren, ffiir Erbauung einer neuen $ird)e ber<
iMETAPHyst
ethice
THESES LOGIC JE
6 X
PRIORIBVS
ANALYTICIS.
CELE'BL^I *JCA-
DEMIA D ILING ANA PROPOSl-
t& die UMartij \^inno UW. D C. FI II ,
P R A. S I D E
P.GEORGIO HOL^-
H A I, S OCI ET ATI S IE-
SV, PHILOSOPHIE PRO-
FESSORE ORDINÄRE O.
ReJ]>ondcntc^>
N OB1LI ET ERVDITO
IV VENE IO'ANNE GEORGIO
VANGDfRECK IN GERSTORFFET
Puechrain, PhiiofophiaeStudiofo.
«•S D I L IN G JE,
Apud Ioannem Mayer.
iLOgICA.
iMATHEMATl
Millinger Stjefen jettet 1608 (2/3).
1 „©leidjtoobl bie $atre§ S. J. biefer Seit
diligentia et fidelitate anbern fürejefjett unb
forsan inter liomin. memoriam nid)t quali>
ficirter ju befommeit, batjero benn 3f)r ©naben
§r Jljumbbecbant in ber jiiugften Kapitulation
fiirgefdpagen patten, biefen passum beiftufepen,
bafj Dnus Epus Patres sine expresso consensu
Capituli nit remoüiren nocp ipnen üoit üorigen
33ifd)ofen au§ ffrreiroiHigfeit gegebene Additiones
minbern fofle nod) töune, toeldjed cunctis tune
praesentibus Capitularibus beliebt unb alfo
ber Kapitulation beigelegt loorben." 9Cft. 3t.,
Jes. 1008*.
2 $ie * Originale ber beiben llvfunben in
3Jt. 3t., Urfunben, $iHingen, Sefuitenfolleg,
ga§ä- 15 u. 16. $rucf ber ©tiftungdurtunbe bei
Flotto 240 ff. ©ped)t a. a. 0. 655 ff.
©iitjelne Uniöerfitäten : SMttittgen.
571
fpridjt ber Sifdjof innerhalb ber näcfjften gehn Qafjre 5000 (Gufben. Sie Seituitg
unb Sermaftung ber Slfabemie uuterftefjt, mit Sorbeffaft be§ oberften Stedjte:» unb
ber ^öcfjften ^urisbiftion für beit Sifdjof, gang beit Patres, unb gmar fo, bafjj ber
öom Orben aufgeftetlte SMtor be§ 5loIIeg§ gugteirf) aucfj 9ieftor ber Unioerfität ift,
ber ben ^aitgfer unb ade anberit Beamten angufteden ^at. $ür bie (Streit- unb
^riminafgeridjtsbarfeit, mefdje bie (Gefedfdjaft nacf) ifjreit Siegeln nid)t auMben
barf, mirb auf Soften be§ 23ifd)of§ einer feiner juriftifchen Siäte af§ Gubernator
aufgeftedt1. Sie Ernennung ftefjt beim Sieftor, bie sibberufuug beim Sifdjof, beut
er auch ben (Gib gu feiften f)at. Sem Sieftor loirb ber (Gubernator ftet3 bie ge-
büfjrenbe (S^rfurcfjt ermeifen unb, abgefehen oon ben Äriminaffäden, bie oor fein
Tribunal gehören, bie (Gefdjäfte im (Sinoernehtneit unb mit Sormiffeit be§ Sieftor»
erfebigeit. Sa§ ^onüift toerben bie ^efuiten audj meiterfjin im Siamen beS Sifcf)of§
mit ooder Freiheit feiten unb Oerioalten. ©omohf für ba§ $onoift af§ aud) ba§ $odeg
finb bie Qjefuiten nicf)t gur gemeinfamen Sidinger ©tabtioage üerpflicfjtet, fonbern
fönnen eine eigene Söage fjabeit, bie aber mit ber ©tabtioage übereinftimnten muß.
Sfucf) bürfen fie für bie f)äu§fidjen Sfrbeiten einen eigenen SJiet^ger unb {yifcfier haben,
bie aber für ifjre (Gefdjäfte ben bürgerlichen Saften unterftedt bleiben2. Ser Sifdjof
fpridjt gutn ©djfuffe bie Sitte an§, bie patre§ mödjten ba§ Sertrauen, ba§ er in
fie feige, gum (peife ber Unioerfität rechtfertigen. „Ser Sifdjof f)öt ftch burd) biefe
gunbation", fo urteilt ber (Gefdjicf)tfchreiber ber Unioerfität, „ein bfeibenbe§ Senfmaf
gefegt unb ficf) um bie Unioerfität unb bie (Gefedfdjaft grofje Serbienfte erioorben.
Sie (Gefedfdjaft aber fonnte, nad)bem fie mehr af§ 40 ^alfre eine fo unfidjere
©tedung eingenommen, mit freubiger (Genugtuung auf bieje§ Siefultat bfiden, bemt
e§ mar auch ihr SBerf, ba§ 2Berf ffuger Sfusbauer unb giefbemufjten ©treben§."3
(Sin toeitere§ Serbienft ermarb fidj Heinrich 0. Knöringen burd) bie (Errichtung
gmeier juriftifdjen profeffuren. (S§ ging babei nidjt ohne ©cfjmierigfeiten ab. 0b-
gfeid) bem ©tiftungsbrief unb ber päpftficf)en Seftätigung bie (Erridjtung einer
juriftifchen gafuftät nicht miberfprad), fo mar hoch befonber§ in ber erften .Qeit
bei bem Sftangef an ÜDUttefn nicht baran gu benfen gemefen. Somit mürbe e§
anberS unter Sifdjof £>einrid). Sitrcf) Urfunbe botn 28. gebruar 1625 errichtete
er eine Profeffur für ^irdjenredjt, bie ebenfad» ben ^efuiten übergeben mürbe4.
Ser erfte ‘profeffor mar paut Satjmanit, ber 27. Oftober 1625 feine 2fntritt§oorfefung
hielt. Sie guten (Erfolge biefer Profeffur ermunterten ben Sifdjof bagu, am 24. Of¬
tober 1629 aud) eine gioifredjtfidje ^Srofeffur für einen meftfidjen Profeffor, ber bie
^nftitutionen 3uft*nian§ Men fodte, gu ftiften. Somit trat ber erfte meftfidje
^Srofeffor bei ber Slfabemie ein. ©ein Serfjäftnii» gur Sffabemie mürbe fo ge¬
regelt, bafj er mirffidje§ ÜDUtglieb ber SIfabemie mar, aber in adern unter bem
Sieftor ftanb, ber aud) ba§ (Ernennung^- unb Sfbfehunglredjt hflde- Sem Sieftor
feiftete er ben Sreueib, unb oor ihm fegte er ba§ tribentinifdje (GfaubemSbefeuntnig
ab. Sei ben Promotionen mechfefte er ab mit ben anbern profefforen ber juriftifchen
gafuftät5.
(Eine grofje ©djmierigfeit faub ber (General in ber gufaffung ber ^onoiftoren
gu ben gioifrechtfichen Sorfefungen. Sie Sidinger patre§ ha^en geftattet.
1 Über bie lyuriSbiftion ügt. aud) ben 33rief
non P. ©renjing, 1. SDMrs 1617, bei greifen,
23ie Unioerfität ißaberborit (1898) 73 ff.
2 gür bie nähere Kenntnis ber wirtfdfaft-
Iidjen Sler£)ä(tniffe ätoifd)ett ber (Stabt unb
ben gefuiten ift toertooH ber Sergleid) oom
14. SOtärj 1645 jtoifcben ©tabt unb gefuiten.
* Driginat in 91t. 9t., Urfunben, ®iltingen, gef.
ga§j. 7.
3 <5perf)t a. a. 0. 80.
4 * Original in 9Jt. 9t., Urfunben, Wiltingen,
gef. ga§j. 16. ®er 93ifd)of beftimmte für bie
fßrofeffur jä^rlirf) 250 ©ulben.
5 Sgl. ©pecf)t a. a. 0. 119 ff.
572
2ld)te§ Äapitel. ©tjmnafien unb Uniöerfitäten.
©eljr ernft fd)rei6t bariiber SitelleSdji am 23. SDtärg 1630 an bert Sßroüingial ÜDtunb«
brat: 2öie icf) auS S^rer ©tinnerung oom 18. gebruar erfe^e, haben bie patres
bet SDillinger Slfabcmie, bie Sorftefjer unb $onfultoren, gebeten, benot bie ben $on«
oiftoren bereits erteilte (SrlaubitiS, bie ^nftitutionen gu hören, mieber aufgehoben
merbe, ihren genaueren Seridjt über bie gange ©acfje abgumarten. £)er Seridjt oom
21. Januar im tarnen beS fReftorS, beS Manglers unb ber ^onfultoren ber Slfabemie
t)at aber feinen gmittgenben ©runb bafiir erbracht, baf; eine @ad)e, bie bisher an
ben ©cfjulen ber ©efellfcfjaft niemals erlaubt mar unb raegen beS 93eifpielS oiele
Nachteile befürchten lief, ofjne Befragung beS ©eneralS fofort angefangen merben
burfte. Stach meiner Meinung ^aben alle, melcbe biefen ^tan gebilligt, bie ©rengen
iljreS SlmteS überfdjritten unb für ihren Qrrtum eine öffentliche Suffe oerbient. @S
füllen alfo ber Sieftor mit bem Rangier unb ben afabemifd)en ^onfultoren unb allen
anbern, meldje Urljeber biefeS planes gemefen, gur Suffe an ben fleinen Xifdj gehen
unb megen ihres Fehlers einen öffentlichen SertoeiS erhalten. ®amit (Sm. |)odj«
mürben nicht glauben, bieS fei etmaS SteueS unb gu ftreng, fo mögen @ie miffen, baff
ich m ähnlichen fyällen anberSmo ebenfo gehanbelt habe- 3n 8u^unf^ follen unfere
^onoiftoren im (Siuüernehmen mit bem Sifdjof oon ben Sorlefungen ber Qnftitutionen
ferngehalten merben1. 2)er Sifdjof mar aber mit biefer Verfügung beS ©eneralS
burchauS nicht einoerftanben. (Sr ljabe, fo erflärte er am 18. ®egember 1630 bem
Srooingial, gerabe beSljalb bie juriftifcf)en ^Srofeffuren errichtet, bamit bie ©ohne
beS fchmübifdhen SlbelS unb anberer ljeroorragenber SJtänner nicht unter oielen ©e*
fahren auSmärtS gu ftubieren gegmungen feien2. Slber bringenb fdjärfte SitelleSdji
am 22. gebruar 1631 bem ^Sroningial ÜDtunbbrot ein, fich burchauS nidjt barauf
eingulaffeit unb bem Söifchof oorguftellen, baff barunter bie SDiSgiplin nicht allein in
Spillingen, fonbern audj in ben anbern ®onoiften fehr leiben merbe. SllS ©rünbe
merben auf einem befonbern Platte folgenbe angeführt: 1. ®ie ©efettfdjaft hat bieS
trof üieler unb mieberholter Sitten nie geftattet; menn bieS jetjt SPillingen gemährt
mirb, muff eS auch anbern ^onoiften erlaubt merben. 2. ®ie (Erfahrung lehrt, baff
baS ©tubium beS gioilredjteS meift größere f^ra^it mit fich bringt. 3. ®ie §örer
beS ßioilrecfjteS fönnen nicht gugleidj aucf) bie Sßhilofopljie gut ftubieren; biefe muff
notmenbig barunter leiben; baS ©tubium beS Siebtes allein befdjäftigt gu menig
unb läfft gu oiel üDtiijfiggang gu. 4. Söenn baS ©tubium beS StecfjteS ben Slbeligen
geftattet mirb, muff eS audj ben anbern ©tubenten auf Sitten ber (Sltern bemilligt
merben. ©o mirb bann allmählich bie ^f)ilofop^ie banieberliegen3.
211S Satjmann 1634 feiner ^rofeffur enthoben mürbe, öujferte er fich über bie
bisherige ©eftaltung ber firdjenredjtlidjen Sorlefungen in einem Sriefe an ben S™'
oingial SJtunbbrot oom 30. Dftober 1634 alfo4: ©eftern habe ich 111 aller Slufrichtig-
feit gefcfjrieben, baff mir bie Sefreiung oon ber ißrofeffur beS fanonifdjen StecfjteS
angenehm fei. ©ang abgefehen oon meiner ißerfon, habe ich über bie Slbfdjaffung
biefer Sorlefung folgenbe Meinung : ®er Sericht, baff bie Slfabemie unb baS Kolleg
unter bem fanonifdjen Siechte oiel leiben, munbert mich fehr5 benn t>iele ©tubenten,
OrbenSleute unb SBeltlidje, auch fßriefter, finb nur megen beS SUrdjenredjteS nach
Spillingen gefommen, Oon benen nicht menige oorfjer fchon bie gange fdjolaftifcfje
Sljeologie oollenbet hatten. Sor meiner Slbreife hatte ich neun §örer, bie feine
anbern Sorlefungen als bie meinigen hörten unb bie nach allgemeinem Urteil burdj
Steife unb Sefcfjeibenfjeit fich auSgeicfjneten ; öfters finb Sigentiaten unb SDoftoren beS
fanonifchen Siebtes promooiert morben. 211S eingiger SZacfjteil erfdjeint, baff nidjt
1 *0rig.=9teg. Ad Germ. sup. 3 * Original in 91t. 9t., Jes. 982.
2 ©ped)t a. a. O. 122. * * Original ebb. 983.
ßinjetne Uniberfitäten : Sillingen.
573
nur bett Geologen, fonbern aitdf) nieten iJ3fjitofopf)en ber Befucf) biefer Borlefungen
geftattet morben ift. dagegen habe ich mich aber gleich bei meiner SInfunft uor
neun fahren erflürt, teilg rneil fie baburch non mehr notmenbigen ©tubien ab«
gezogen inerben, teils meil fie fo faft ben ganzen Vormittag in ber ©dfule fi^en
miiffen. ÜUieinc Bfeinung mar baffer immer, feinen ^fjitofopfjen 51t ben firdfenredft*
liehen Borlefungen jugufaffen unb non ben Theologen nur bie nom oierten ober etma
auch nom britten Qaljr, unb jmar erft nach BoEenbung ber Borlefungen über bie
-fpeilige ©dfrift. Um bem Qnftitut mehr zu entsprechen, fönnen in ber golge jmei $ßro«
fefforen bag fanonifcfje fRecfit in (DiEingen nortragen, ber eine aug ber ©efeEfchaft, ber
anbere ein toeltlidfer SDoftor, bie ben (Stoff unter [ich teilen unb innerhalb nier Qapre
üoEenben foEten. 2lucf) bag Kolleg hat feinen @dfaben gehabt. $d) habe bem Ä'oEeg
für 600 ©ulben Büd)er gefauft; 500 ©ulben habe idf non bem ©efdjenf beg (Erz«
bifchofS non Salzburg mitgebradjt, aufjerbent habe ich 30 (Ejemplare ber erften unb
Ztneiten Sluggabe ber ÜDforaltlfeologie nerfauft unb bag ©elb jum Slnfauf anberer
93ücher nermanbt. ®er gürftbifdjof hQt mir mehr alg 200 ©ulben gefchenft alg
Beifegelb, ba id) in jmei fahren in bag Bab nach ©ger (?) reifte. (Dafür hätte
bag ®oEeg fonft auffommeit müffen, ba biefeS Bab mir hödfift notmenbig mar unb
ich baburd), mie ich glaube, non einer ferneren $ranff)eit 1 befreit mürbe. Sllg Badp
teile ber Slbfdfaffung beg ^irdjenrecffteg fönnten bezeichnet merben : 1. (Die ©tiftungS-
urfunbe nerlangt augbrüdlid) einen (ßrofeffor für bag fanonifche Bedft, im $aEe ber
(Entfernung unfereg EßrofefforS mirb bag Kapitel einen meltlidjen berufen. 2. ©eit
nielen fahren ift ba» ©tubiurn beS $irdjenred)teg in (Deutfdflanb in hohem Slnfefjen,
fo baff in einigen Kirchen ein ©tatut gemacht mürbe, jum ©eneralnifar bürfe nur
ein (Doftor ober Si^eutiat beg ^lircfjenrechteS beftimmt merben. Sludf hält man bie
nidjt für ©eiehrte, bie im $irdfenrecht nicht bemanbert finb. (Degfjalb ftubieren
niete menigfteng prinatim nach BoEenbung ber fdfolaftifcffen STheologie ®irdjenred)t.
Sludf höten unb lehren bie Sftöndje aEenthalben biefeS ffach unb neradjten bie, roetdhe
in biefem ©tubiurn nicht bemanbert finb. EJian fagt offen, bie Qefuiten feien in
praftifdfen Gingen nicht bemanbert. 3. (Die Meinung, baff mir feine in biefem ffadfe
tüchtigen (JSatreg h°t>en, mirb jur ffreube gemiffer ©egner noch beftärft. ßubem mirb
auch unfer Eöanfelmut getabelt merben, menn mir bag, mag mir nor nicht langen
fahren nerlangt unb burd) bie ©tiftunggurfunbe befräftigen fiepen, jefct plöfjlidf
abfdjaffen. $dE) fchmeige banon, baff aug benfelben ©rünben bie Slfabemie non
(DiEingen in ihrem Slnfehen unb ihrer ©chiilerjahl leiben mirb. 4. (Dag ©tubiurn
ber ©emiffengfäEe hängt ganz öom ®irdfenre<ht ab, ja eg ift faft nicfjtg anbereg als
ein Slbriff begfelben. (Da aber biefeg ©tubiurn unfern (J3atreg fo fehr am §erzeit
liegt, fo muh ung auch fre ^örberung ober Beibehaltung beg ®ird)enrecf)teg an«
gelegen fein, mie idj bieg augfüffrtich in bem ©dfriftftüd, bag (Em. ^odjmürben mit
nad) Born genommen haben, bargelegt höbe. Bur fchmer habe ich mich Zu biefem
Briefe entfdjloffen, bamit eg nicht ben Slnfdfein habe, afg moEte ich midi) nieEeidft
mieber zum (Dozieren anbieten. SDieS liegt mir fern: ich bleibe bei ber geftern ge«
äußerten Meinung.
Sllg Sapniann halb barauf zu föonftanz non ber fßeft meggerafft mürbe, fchrieb
ber ©eneral am 12. Slpril 1636 an ben ^Sroöiitzial : ^dj biEige ben (Entfdflufj
(Sm. ^ochmitrben, bem nerftorbenen P. Sapmann feinen Nachfolger aug ber ©efellfchaft
alg Sßrofeffor beg ^irdfenredfteg zu geben, fonbern bem Bifdjof unb bem Kapitel
bie ©orge bafür zu überlaffen2. (Der Bifcffof bat aber ben ©eneral, man möge non
1 Constipatio pectoris. foroeit fie äiemlid) fertigfleftellt finb, öerüffent*
2 * Original in (Dt. 9t., Jes. 983. $ie ©(Triften Iid)t werben. 9$ielleid)t fönnte mit biefer ©orge
be§ P. Satjmanit, fo fügt ber ©eneral bei, follen, P. ©imon gelij betraut merben.
574
SldjteS tapitel. ©tjmnafien unb Uniberfttäten.
Shpfif unb ber übrigen 'p^ilofop^ie bei ©t Stnna in Stuggburg abfefjett unb bafür
gu SDiHingen an «Stelle beg oerftorbenen P. Sapmann einen anbern gefititen jurn
^Srofeffor beg römifctjen Nedjteg aufftetten. gn feiner Slntwort Dom 8. Nooember
1636 betonte Sitettegcfji feine Söereitroifligfeit, ben SBünfcfjen beg Sifdjofg ju ent*
fpredjen; ba§ Nähere werbe er nad) eingefjenber Beratung burd) ben augenbtidtidj
in Nont weitenben ^ßrofurator ber oberbeutfcfjen !fßrot)in§, P. SBotfg. ©raüenegg,
mitteiten taffen 4 Sie ^ßrofeffur würbe in ber Sat wieber befefjt burd; P. ßfjriftopf)
©djorrer, ber am 23. Oftober 1637 feine Stntrittgöortefung f)iett1 2.
Unter mancherlei ©cfjwierigfeiten führte ber Sifcfjof 1644 audj ba§ gioitredjt
wieber ein. SDabei erneuerte ficf) fogteid) ber atte ©treit um bie Seitnahme ber
Konoittoriften an biefer Sortefung3. Stm 5. ÜNärj 1644 erfuchte ber 93ifdE>of ben
©enerat, bie Seitnafjme geftatten gu wollen, gn feiner Stntwort oont 2. Stprit 1644
bat Sitettegdji inftänbig, oon ber ©ewährung, bie mit fo großem 9cad)teif für bag
gnftitut ber ©efetlfcfjaft oerbunben fei, Slbftanb nehmen ju bürfen; ber Sifcfjof möge
bie Unoerfehrtheit beg gnftitutg unb bie Nüdfidjt auf bag ©ewiffen beg ©eneratg
höher fdjäpen atg ben Nufjen weniger Konoiftoren unb geftatten, bafj ihm ber Neftor
bie ©riinbe näher bartege4. Unter bemfelben Saturn beauftragte Sitettegdji ben
Neftor gofj. Vernarb, bem Sifcfjof in aller Semut oorjuftetten : 1. Sitte ©enerate
hätten bieg ben gürften ftetg abgefchtagen, fo baff bereu Nadjfotger in biefer @e=
Währung eine Seleibigttng finben fönnten; 2. werbe biefe Neuerung in SDiHingen
bewilligt, fo müffe fie and) anbern dürften gewährt werben; bag fcheine aber bie
©ewatt beg ©eneratg ju überfchreiten unb oietmehr Sache ber ©eneratfongregation
ju fein, benn ba bie liierte Kongregation 5 bie Befreiung ber ©efettfdhaft oon alten
Konüiften gewiinfcht habe unb bie früheren ©enerate bie Aufnahme oon ^uriften
ftetg oerweigert hätten, fo fönne er in einer fo wichtigen ©adje nidjt bag ©egenteit
tun ; 3. wegen ber ©efafjr für bie Sigjiptin in ben ©eminarien fei eg beffer nidjt an*
jufangen, wag man fpäter wieber aufgeben müffe; 4. möge ber Sifcfjof Nüdfidjt auf
bie ©ewiffengrufje beg ©eneratg nehmen, ber in feinem fjohen Witter fein ©ewiffen
nicht mit fotdjen Neuerungen betaften wolle, ©ottte ber Sifcfjof trofjbem auf feiner
Slnficfjt beftefjeu, fo müffe man beraten, ob eg nicht beffer wäre, bag ©emiuar gan$
in bie £)önbe beg Sifdjofg ju übergeben0.
gn Übereinftimmuug mit biefen Sriefen fcfjtug Sitettegdji ebenfalls unter bem*
fetben Saturn (2. Stprit 1644) bem ©rafen groben SNaria oon giirftenberg bie Sitte
ab, mit feinen greunbeit bie gioitredjtlidjen Sortefungen befudjen ju bürfen 7. Siefem
©rafen erlaubte eg aber ber Sifdjof, ber fonft feinen Söunfcfj für bie anbern Kon*
oiftoren, wie eg fcfjeint, nidjt weiter urgierte8. Stuf bie Sitte beg Sifdjofg üom
11. guni 1646 geftattete ber Nachfolger Sitetlegdjig, ©arrafa, am 7. guli 1646,
guriften in bag Konüift augunehmen, aber nur oerfudjgweife; fottte ber Serfitch
ficf) nidjt bewähren, fo werbe ber Sifdjof bie gurüdjietjung ber ©rtaubnig ficfjer
genehm hotten9.
gm übrigen waren Sehrfächer unb Setjrftoff ähntid) üerteitt wie früher, bodh ift
eine Senbenj jur Sefferung unb ©rweiterung nidjt §u oerfennen. gm gahre 1603
1 * 0rig.=9icg. Ad Externos.
2 3m 3at)re 1639 wirb ba3 Ius canonicum
cil§ „toleriert" bezeichnet, 1647 Ius canonicum
vacat. ©in auswärtiger fßrofeffor lieft. 3m
3a^re 1649 tourbe wegen ber loegfotlenben (Sin*
fünfte fein fanonifd)e§ fRerf)t gelefen.
3 6pecf)t a. a. 0. 125 189. S3gl. oben
®. 571 f.
4 * 0rig.=9ieg. Ad Externos.
5 Congr. 4, Decr. 10.
G * 0rig.=91eg. Ad Germ. sup.
7 * 0rig.=9icg. Ad Externos.
8 ©pecfjt a. a. 0. 189.
9 * 0rig.=91eg. Ad Externos. 3$g(. SBeitereä
über biefe ffragc int 9. Kapitel.
Einjelne Uniüerfitäten : ®iHingeu.
575
lehrten an ber eigentlichen Stfabemie oon 6 profefforen 2 fcfiolaftifcfjc ®f)eotogie,
1 ÜIRoral unb Zeitige Schrift, 3 Phitofophie; 1609 farn t)inju ein eigener Pro-
feffor, ber ©tfjif, 9)catf)emati! unb hebraifd^e ©prad)e oorjutragen hatte ; fpäter (1622)
finb biefe brei Rächer unter gmei geteilt, balb aber mieber unter einem profeffor oer-
einigt. ®er SSifitator SufaeuS oerorbnete im $at)re 1609 für bie Zeitige Schrift
(ftatt ber bisherigen einen) brei Sortefungen1 2, für baS (pebräifdje (baS bisher nur in
ber SSatanj gelehrt mürbe) jmei Sortefungen in ber Söoche. ®ie ^eilige ©cfjrift
muffte oon alten Hörern ber fdjotaftifd)en Sheotogie oier ^atjre gehört merben. ®ie
Sortefungen für üDiathematif unb ©tfjif, bie bisher nur in ben fog. Caniculares
(fpunbStagferien) ftattfanben, madjte ber Sifitator in übereinftimmung mit ber
©tubienorbnung ju täglichen Sortefungen, unb jmar bie SSRathematif für bie Phhfifer
(gmeiteS ^a§r ber Phitofophie) uoö öie ©tfjif für bie ÜMapfjtjfifer (britteS 3a^)r öer
2- ©eit 1609 erfcfjeinen auch mieber bie fö'ontrooerfen im SeftionSplan;
atS ®e£tbncf) mürbe ber größere fö'atedjiSmuS beS ©anifiuS, fpäter (1635) SecanS
Äontpenbium, bann mieber ©anifiuS benutzt.
Studj unter bem fchmebifdfjen ^ocfje mürben bie Sortefungen mit StuSnatjme
eines äftonatS faft nie ganj auSgefept, 1633 fanben fogar mieber Promotionen in
Phitofophie unb Theologie ftatt. Diad) ber fchmebifcfjen ^ataftropfje lehrten 1636
2 Profefforen fchotaftifche ®he°i°9ie/ 2 Phitofophie, 1 ^eilige ©chrift, 1647 unb
bie fotgenben ^afjre 2 fdjotaftifdje Iheotogie, 1 Sforat, 3 Ä'ontrooerfen, ^pebräifd),
Phitofophie unb SUtathematif 3.
gür bie ®iSjiptin gatten nach öat Statuten, bie am 2. gebruar 1631 ber
propaganbafongregation oorgetegt mürben4, unter anberem fotgenbe Sorfchrifteit :
®ie Slfabemifer hatten täglich t>ie heilige SJteffe gu hören, menigftenS alte ÜDJonate
ju beichten unb fiebenmat im ^afjre bie heilige Kommunion ju empfangen, ^äretifcfje,
unreine unb jauberifcfje Sücfjer mürben nicht gebutbet unb mufften abgetiefert merben.
Serboten ift: Söotjnung ju nehmen, mo üerbäcfjtige grauenSperfonen mohnen, Saben
in ber 3)onau, Kneipen in ben SBirtSfjäufern, fragen oon SBaffen, Umf)er$iehen mit
SJJufif ufm. Söenn ber 97adjtmädjter bie erfte ©tunbe auSruft, barf niemanb aufjer-
halb ber SBotjnung fein; ift bieS auS irgenb einer Urfacfje nötig, barf eS nur mit
Si^t, ohne SBaffen unb ©efdjrei gefcfjehen. ®ie SHeibung fott bie ©tubenten oon
bem großen Raufen unterfdjeiben; SupuS unb neue fJJtoben finb nicht ertaubt. ®ie
in ben heiligen SBeifjen flehen, tragen baS geifttidje $teib, bie übrigen ben SDfantet,
aber feine Sßaffen. Seim SJecfjfel ober Sertaffen einer SSofjnung finb juerft bie
©chutben ju bejahten. ®ie Übertreter ber ©tatuten merben mit Üarjer ober auf
anbere Strt nach öer ©ntfdjeibung ber Obern beftraft.
®aS 17. Qatjrfjunbert legte einen Stöert auf Sangorbnung unb Sortritt, ber
unS manchmat nicht mehr oerftänbtid) ift. Söichtige Seratungen unb grojfe Unter¬
nehmungen formten an bem ©treite um ben Sortritt fdjeitern. Qn ®ittingen mar
1 ©elefen mürbe ©enefiS (1608), STobiaS
(1604), Subitt) (1614), gftf)er (1601 , 1611),
Saniel (1606), aRattljäuS (1603, 1605, 1607),
SobanneS (1609, 1610), SSrief e an SumotbeuS
nnb Sitn§ (1612, 1613). S8gl. ©ped)t a. a. 0.
201 f. 2IIS baS fanonifdje fJiedjt eingefübrt
mürbe, büßte bie ^eilige ©djrift eine con ben
brei Slorlefungen ein (ebb. 188).
2 9?cü)ereS in Ratio stud. III 187 ff- SSfll.
©pecbt a. a. 0. 187.
5 SSon ben 754 ©tubenten in Siüingen im
Sabre 1607 entfalten auf bie 2lfabemie 304:
55 Slfeologen, 46 SWetabbbfRer, 89 fßbbfder,
114 Sogifer. S?on ben 599 ©d)ü[erit im Sabre
1626 finb 288 Slfabemiter: 80 Sbeologen unb
208 Pbüofopben. ©ped)t a. a. 0. 383 f.
9Iad) bem Äatalog tmrn 6. üliai 1649 ftubierten
fcbolaftifcbe Sbeolagie 16, DJioral 30, SKeta-
Pbbfif 9, fßbbfit 23, Sogit 13, @tbif 11, SKatbe*
matit 11.
4 *Arch. Vatic. Borghese ser. 1, vol. 469,
f. 81 f. 2t(S au§ bem Sabre 1670 ftammenb,
nad) einem gleichseitigen 2)rud bei © p e d) t
a. a. 0. 667 ff.
576
2Id)tel Kapitel. ©tjmnafien unb Rniüerfitäten.
bie Üfangorbnung genau geregelt. 9iacl) bem Qürftbifdjof unb ben $ignitären be§
Slugsburger SDomfapitelS nafjnt beim ©efjeit unb ©ijjen ber 9teftor bie erfte ©teile
ein, bie groeite bie abeligen ©tubenten (Illustres: dürften, ©rafen unb Sßarone), bann
erft folgten Ä'anjler, bie ^rofefforen ber Stpeologie unb ber fßfjilofoppie ufm. S)ie
©tubenten Oont nieberen Slbel (Nobiles) famen nacp ben ftubierenben ^anonifern unb
9ieligiofen R Qm Qaf)re 1610 münfdjte ber Sßifitator 33ufaeu§, bajj bie Mobiles mie
an ben anbern Stodegien ber ^rooinj aud) in SDidingen nidjt t>on ber gemöpnlidjeu
©djulorbuung befreit feien unb aitcf) feine befonbern ^ßläpe erhalten fodten. 9Ran
möge fie auf eine fanfte Slrt admäfjlid) baju ju bringen fudjen1 2. @3 fdjeint bie§
nicfjt gelungen 31t fein, ©päter entbrannten bann ©treitigfeiten über ben Vorrang
ber ©tubenten au§ bem freien dieidjSabel üor ben übrigen abeligen ©tubenten.
Qn biefer Qeit ber fleinlidjen unb oft lädjerlidjen SSortrittSftreitigfeiten fam eS
in ®idingen fogar unter ben Qefuiten felbft ju ^räjebenjftreitigfeiten. Qm Qaf)re
1631 glaubte ber neue UniüerfitätSprebiger ©eorg ©djönberger ben Sortritt oor
ben )ßf)ilofopf)ieprofefforen beanfprudjen ju foden. ©eine ©riinbe legte er in einem
Schreiben oorn 28. Qanuar 1631 auSeinanber. Sr fei fcfjon fec£)§ Qapre £>efan in
Qreiburg gemefen, aud) bie Söürbe feines SlrnteS, fein SebcnSalter unb fein Elfter in
ber ©efedfdjaft fdjienen biefeS Verlangen ju rechtfertigen ufm. P. t*peinrid) Samparter
fucpte bagegen (20. Qanuar 1631) im Stuftrage ber $f)ilofopf)ieprofefforen unb beS
ßanjlerS baS 3ted)t ber QS^itofopfjieprofefforen ju oerteibigen. ®er 33ortritt beS
^5rebiger§ fei nie 23raucf) gemefen. Sludj bie ^rebiger, bie 9tl)etorifprofefforen ge-
mefen, Jütten nie ben SBortritt gehabt, „unb eS märe ja aud) abfurb, bafj ein ©ptn-
naftaflefjrer beit Söortritt oor ben $f)ilofopf)ieprofefforen pabe" ufm. 3
®urj beoor bie Qluten ber fdjmebifcfjen Qnoafion über Gillingen pereinbracfjen,
fonnte SSifdjof §einrid) 0. Knöringen mit großer 93efriebigung am 21. Oftober 1629
an ben ^eiligen ©tupl berichten: Sine nidjt geringe 33ebeutung für bie $ortfd)ritte
ber fatfjolifcpen ©acpe fjaben bie Arbeiten ber Unioerfität Gillingen gehabt. SluS
©idingen gingen unb gefeit nod) ^eute fjeroor nacf) ganj SDeutfdjlanb oiele gelehrte,
fromme unb eifrige SRönner, mie fie in biefen ©türmen bie ®ird)e bebarf. SDiefe
dRänner arbeiten auf ben Pfarreien jum £>eil ber ©eeleit unb jur 33efef)rung ber
^äretifer nadjljaltig mit unoerbroffenem Sifer. Slud) bie meiften 23ifcf)öfe üon Ober-
beutfdjlanb fjaben auf berfelben Unioerfität baS Qunbament ber Qrömmigfeit unb
Sßiffenfcfjaft gelegt, unter itjnen bie Sifdjöfe oon ^onftanj, Spur, Safel, tSripen,
Qreifing, SlugSburg, Sicpftätt unb ber Srgbifcfjof üon ©aljburg. ®er fdjraäbifdje
Stbel mie audj bie ©rafen unb greiperren paben in fepr großer Qapl auf berfelben
Unioerfität ipre SluSbilbitng jum 2öof)t ber ®irdje erfjalten. Snblicp fetiben bie üer«
fcpiebenen religiöfen Orben ipre OrbenSleute aus ber ©djrneij, aus Qranfen, 33apern,
bem Slfafs, Ofterreid), Xirol unb ©cpmaben pierpin, um fie fomopl im geiftlicpen
Seben al§ in ben ©tubien, befonbern in ber ^pilofoppie unb Xpeologie auSbilben 31t
taffen. SDiefe erpalten aber unter ber Seitung ber Qefuiten eine fold;e 21u§bilbung,
bafj mir ben bliipenbeu ©tanb ber Orben in ©djmabeit unb in ber ©djmeij jum
großen £eil ber ®illinger Unioerfität gutfd^reiben fönnett4.
®iefe§ gro^e Sob fonnte ber ©cfjme^er 97untiu§ Stocci üoHauf beftätigen, al§
er am 7. Quni 1630 üon 9tont mit einer Qnformation über SDiHingen beauftragt
1 ©pecfjt a. a. D. 166. 8, vol. 90. Qn ben früheren ©tatu^berirfiten
2 Ratio stud. III 192. üon 1606 unb 1612 toirb bie Slfabemie in Sil-
3 * Original in DJt. 91., Jes. 981. lingen all in fdjönfter 93Iüte ftepenb gerüljmt.
* *Epp. ad Bus. Spnlidj in ben Briefen 9Jt. älter fie, Slrdjiü für $aftoraI«Sonferenjen
oom 22. Januar, 15. unb 22. 9lprii 1630 an I (1848) 310 319.
ben 9$apft. Arcli. Yatic., Miscellanea, Armar.
einzelne Uniüerfitäten : grciburg im SreiSgau.
577
mürbe. 3n feiner Slntmort nom 26. Sluguft 1630 f)ebt er Ijeroor, bafj er iit einigen
fünften al§ Augenzeuge, in beit aitbern auf fef)r genaue (Srfunbigungen f)in berictjte.
®ie Slfabemie üon SDillittgen, bie au§ ber ©djmeiz, ©cbmaben, ©Ifafj, 23apern,
Cfterreid) ufm. fefjr befudjt fei, lfabe oiele gelehrte 9J?änner, fromme unb gute Arbeiter
für ben SSeinberg be§ £>errn geliefert, oon benen manche Prälaten unb 23ifd)öfe
gemorben finb, mie bie§ bei ben noefj lebettben 33ifd)öfen Oon ^onftanz, ©l)ur, 33afel,
Augsburg ber gatl ift, bie id) perfönlid) fetme. ^n befonberer Sßeife betont ber
9iuntiu3 ben großen ©egen, ben bie Uniüerfität ®iÜingen fo nieten ®löftern in
®eutfdjtanb unb in ber ©djmeiz gebracht Ijabe1.
£>ie faft ein IjalbeS ^atjrfjunbert bauernben 23emüt)ungen ber öfterreidfifdjen
©rjtjerjoge, ben Qefuiten Zugang 3ur efjrmürbigen Albertina in ^reiburg int 2?rct§ßau
Zu nerfdjaften, mürben enblid) im $af)re 1620 mit ©rfolg gefrönt2. ®er ^3lan mar
fdjon 1577 bafjin gegangen, ein Kolleg in greiburg zu errieten unb bie§ mie ju
^ngotftabt ber Uninerfität ju inforporieren. ©aSfelbe mürbe aber befonberS Oon
bem Sljeologieprofeffor ^obof fiorid) (au§ Srarbacf) a. ÜR) befämpft, meit er
baoon eine ©inbujje für bie ^reiffeit unb (Sintracfjt ber Uninerfität befürchtete. ®er
Serfatt ber 3ud)t, befonberS Ijäufige ÜDforbljänbel ofjne ftrenge 23eftrafung, mußten
bie Uninerfität in 9)Uf?ad)tung bringen unb beren 93efuch beeinträchtigen 3.
Qafjre 1616 hatte fie nur 97, im fotgenben iQatjre 9ar nur 78 §örer4.
Qn greiburg mar 1572 ba§ erfte ^ßäbagogium mit 2 Sefjrern für Sateinifd)
unb ©riedjifd) errietet morben, ba§ fid) bann halb zu einem ootlftänbigen ©pmnafium
mit 4 Staffen (fRfjetoril, 'ißoefie, ©rammati!) entroidette. SDie ©cljüler Ijiefien Ijier
Classici im ©egenfafz ju benen, melche bie öffentlichen Sortefungen befudjten. gür bie
$J3f)itofopf)ie beftanben brei 3af)re^urfe: Sogif, $£)t)fif unb ÜJJJetapfjpfif ; neben ber
Sogif füllte ©efdjidjte unb fjebräifdfe ©pradje, neben ber ^f)pfif sDlatbematif unb
neben ber SDtoapljpfif ©tljif gehört merben5. Qn ber S^eotogie lehrten brei )]3ro=
fefforen: jmei bie ^eilige ©djrift unb einer bie fdjolaftifdje Rheologie ; ber britte
^Srofeffor füllte mit ber ©rflärung einzelner 53ücf)er ber ^»eiligen ©djrift, Casus unb
^ontrooerfen med)feln (1604). 23ei ben feiertidjen SDiSputationen ber tfjeologifdjen
gafultät mürben audj hier allerlei fragen zur ©pradje gebracht (disputationes
quodlibeticae), mobei ben Qüngften ba§ 9ied)t juftanb, zu opponieren.
Qn bem non ©rjfierjog Seopolb, bem 9teftor ber Uninerfität, bem ^3ronin§iaf
©renjing ufm. unterfdjriebenen offiziellen i]Srotofott ber @infül)rung ber ^efuiten nom
16. Sftonember 1620 6 merben als ©ritnbe für bie Berufung ber Qefuiten bie §ebung
ber fatljolifdjen Religion unb ber Uninerfität bezeichnet, befonberS um an letzterer
bie bafelbft einige 3a^)re tu äJiifjöerftanb unb Abgang geratenen t)unianiftifdjen unb
pl)ilofopt)ifd)en ©tubien in Sefferung unb SBofjlftanb zu bringen.
£)a§ ^ßrotofoll beftimmt bann im einzelnen: ®ie fjumaniftifdjen ©tubien unb
bie ^Shilofophie merben bie SSäter ber ©efeüfdjaft Qefu übernehmen unb biefelben
nadj i^rem ©ebraud) unb £>erfommen anorbnen. 3n ber tljeologifd^en gafultät
1 * Driginat Arch. Vatic., Miscellanea Ar-
mar. 8, vol. 90.
2 SSgl. oben gretburg. Kropf II 234 ff.
$ie * Äorrefponbenz über bie ©tnfübrung in
ÄarlSrutje, &. 2., greiburg, Unio. 786 unb
greibnrg, Äoüeg 2211.
3 Sgl. <3 cf) reib er, ®efd). ber 2lfbert=2ub>
mig§=Uniüerfität ju greiburg i. 33r. II (1868)
308 ff. 4 <B cf) reib er a. a. D. II 124.
5 Sbb. II 130 ff 135. 3m 3af)re 1604 lagen
35ul)r, ©efdjidjte ber 3efuiten. II.
9Katf)cmati! unb 62>ebrätfd) in einer $anb. 1615
maren ©riedjifd) unb @efd)id)te, 1620 fRlfetorif
unb ®ried)ifd) in einer §anb oereinigt.
6 * SRefjrere Kopien in ®arI3rube, ®. 2., fo
in fpf. 1496, f. 290 ff. Slu^ug bei ©djreiber
a. a. 0. II 403 ff. 3um 3°l9euben * Com-
pendium bist. coli. Friburg. Br. 1620 — 1633,
SarlSruffe, ®. 2. 2189, greiburg, Sofleg.
* 2fftenftücfe in 2191, greiburg, Uniüerfität
1620-1694.
37
578
2Icf)teS Sflpitcl. ©tjmnaficn unb Unioerfitäten.
roerben jroei melttidje fßrofefforen bleiben, bie übrigen fßrofeffuren inerben bie 93äter
ber ©efettfchaft übernehmen, bie mit Slugnafpne beg fReftorate§ (auf bag fie felbft
oerjichtet) gleiche Sledjte mit beit metttidjen ^ßrofefforen erhalten. 2ltg 2Bof)nung
roirb ben gefuiten bag Kolleg ber 23urfe gugemiefen, bag aber an bie Unioerfität
jurüdfättt, fatlg bie gefuiten eine anbere SBohnung ermatten. Sitte ©tubenten ber
gefuiten unterftefjen bern Steftor ber Unioerfität, ber aud) in alten gerichtlich ju
entfdjeibenben gatten bie @erid)tgf)arfeit augübt. 2)er ©tubienpräfeft ber gefuiten
meift ben neu Slnfommenben bie für fie geeigneten fßorlefungen an. ®ie ©tubenten
geloben, fidj ber ©tubienorbnung unb ber Sig^iplin nadj ben ©djutregetn ber @e>
fettfdjaft ju untermcrfen. gür Vergehen in unb außerhalb ber ©djute, metdje feiner
gerichtlichen 23ef)anbtung unterlegen, nerhängt bie ©efellfcpaft bie gemöhntichen SDig*
giplinarftrafen unb fann unabhängig üom Sieftor Unüerbeffertiche au§ ihren ©deuten
augfdjlieffen. ©oldje auggefdjloffene ©dpiler merbeit bem Sieftor ange^eigt, ber bie>
fetben bann entroeber an ber Unioerfität (aber nicht in ben ©chuten unb Sortefungen
ber ©efeUfdjaft) bitlben ober aber gänzlich augfdjliepen mirb.
Eg fcpieben bemgemäfj üon ber Unioerfität aug unb erhielten anbere ©teilen
ober Serforgung 3 fßrofefforen ber ^h^°f°P^e/ 1 ^ßPofeffor, ber ÜDZatt)ematif unb
Etpif oortrug, 1 fßrofeffor ber Sttfetorif (jugleicfj ©riedjifch), 1 ^ßrofeffor ber fßoefie,
enbtid) 1 fßrofeffor ber ©pntaj; Zugleich ©rammatif), alfo im ganzen 7. ®afür
traten üon ben gefuiten ein unb liefen fich am 5. Oftober 1620 in bie SJfatrifel
eintragen: 2 fßrofefforen für £f)eotogie, 3 für ißh^ofophie, 1 für Etljif, 1 für
SJiathematif, 5 für bag ©pmnafium1. 2lm Siamengtag beg (Srjherjogg Seopotb,
15. Siooember 1620, erfolgte bie feierliche Einführung im Seifein Seopolbg unb
feineg Sruberg granj 2. 2lnt 24. Siooember begannen bie gefuiten in ben brei neuen
^örfäten ber Unioerfität bie Sorlefungen. ®a bie enttaffenen fßrofefforen nicht fo
fchnetl oerforgt loerben fonnten unb ihre ©epätter loeiter bezogen, mürbe in einem
Sergleidf groifcfien ber Unioerfität unb bem Kolleg ber gefuiten üom 23. Slpril 1621
beftimmt, baff biefetben ihre Sefotbungen noch e‘n ganseg gatjr lang beziehen füllten,
nad) ihrer anbertoeitigen Seförberung bag ertebigte ©alarium unb nach Verlauf beg
gafjreg fämtlidjeg ©atär bem ^’otleg jufomme, ber getoefene fßrofeffor ber Stpetorif
aber fein ©atär lebenglängticf) behalte 3 4. 2lm 17. ©eptember 1621 erfotgte bie erfte
Erteilung ber philofophifdjen SJiagiftermürbe burd) bie gefuiten i. gn ber SOheologie
mürbe ber britte Steil ber Summa beg hl- Stfjomag unb bie Zeitige ©djrift Oor*
getragen. ®ie ^eilige ©chrift lag 1620 ber Sieftor, 1621 ber groeite fßrofeffor ber
fcholaftifdjen Stheotogie, 1623 ber fßrofeffor ber ®ontroüerfen. Son 1625 an tritt
nod) ein britter Xheotogieprofeffor für ÜDforal hm^u.
gm gahre 1632 erhielt bie theologifcfje gafuttät neue Statuten, bie mahr»
fcheintidj üon bem bamaligen ®efan Shomag £>enrici unter SSiitarbeit ber gefuiten
oerfafjt mürben5.
1 Sie 92amen ber gttjölf Sefuiten beiiperm.
901 e t) e r , Sie DJtatrifel ber Unioerfität grei=
bürg i. 23 r. I (1907) 804.
2 9täl)ere§ bei <5 d) r e i b e r a. a. 0. II 408 f.
3 * Original in ®arh§rul)e, ©. 8. 2191.
4 Mehrere gebrucfte Sl)efen in Sftiindjen,
©taat§bibIiott)e! Siffert. 4° 2087.
5 Statuta Facultatis Theolog. Friburg. Brisg.
Ex Facultatis theolog. potestate et unanimi
regentium consensu in praesentem ordinera
digesta 1632. gum grofjen Seil abgebrucft
oon Sönig im greiburger SibjefonardnO XXIV
(1895) 37 — 119. Ser 3. Seil: De professori-
bus ift jum Seit toörtlicf) ber Ratio stud. enü
nomnten. Ser 91bbrud bei Äönig a. a. C.
68 ff ftimmt, abgefeljen oon einigen Reinen
2Iu3laffungen unb gufäpen, Wörtlich mit bem
Se;rt in Ratio stud. II 286 ff. Sie Ratio stud.
tonnen nur bie gefuiten jur SSerfiigung geftctlt
hüben; ber fRebaftor ift aber fchon belfjalb
fein gcfuit, loeil er ftet§ oon ber veneranda
Societas Iesu fpridjt. Über §enrici f. Jperm.
59t et) er a. a. 0. I 855.
©inseine Uniüerfitäten : greiburg im 93rei3gau.
579
$>ie ^Srofefforen aug ber ©efedfcpaft beftimmen bie Obern beg Orbeng; oor
Übernahme iljreg Sefjrarnte» merben fie bem Steftor ber Unioerfität prüfender! unb
mie üblicf) in bie ÜJJfatrifel ber Unioerfität eingegeicfjnet, bie doctores saeculares
merben bem afabemijdjen (Senat oon ber tljeologifcfjen gafultät oorgefcplagen unb
ifjre SCBapl non iljm beftätigt. Son ben brei SOZitgbiebern e veneranda Societate
Iesu lehren gmei bie fcpolaftifdje Speologie unb ber britte bie Sßaftoral unb SDioral,
bie gmei aug bem SSeltllerug bie biblifdjen SBiffenfcpaften unb bie Äontrooerfen.
Scfjolaftifdje X^eologie unb Sttoral paben täglidj je eine Stunbe; in ber Sibelfunbe
unb Äontrooerfe fann abgemecpfelt merben1. ®ie Sorlefungen fiitb entmeber im
Äodeg ber ©efetlfdjaft ober in bem oorntaligen afabemifcpen Sltpenäum (alte Uni»
oerfität). (Sine neue Seprmetpobe barf nicf)t eingefü^rt, nicptg gegen bie allgemeine
Sepre oorgetragen merben. Unnüpe unb neraltete Meinungen finb nicpt gu berüd»
fic^tigen. „2)ie Söürbe beg Seprerg erpeifcpt eg, bafj er feinen Slutor gitiert, ben er
nidjt felbft gelefen." Sterben bie Sorlefungeit biftiert, fo fod eg fo gefcpepen, bafj
nidjt mörtlidj, aucp nidjt interposita mora, sed uno fere spiritu gefprocpen mirb;
menn notmenbig, mirb bag ®iftierte mieberpolt; bie Ouäftionen joden nidjt gang biftiert
merben, foitbern abmcdjfelnb biftiert unb bag ®iftierte erflärt merben. Steden, bie
ang Slutoren angeführt merben, fiitb nicpt gu biftieren; audj finb bie §örer auf
Slutoren, bie bie Sacpe grünblidj bepanbelt paben, 31t oermeifen. SDer pl. Spomag
ift ber doctor proprius, bodj fod audj bei ifjtn feine fflatiifdje ÜJiacpfolge ftattfinben.
3)ie fpefulatioe Speologie mirb in 4, bie praftifdje Xfjeologie in 2 Qiapren üodenbet.
3mccf ber festeren ift Slugbilbung tiicptiger Pfarrer, begpalb finb rein fpefulatioe
fragen auggufcpliefjen ober nur auf bag 9?otmenbigfte gu befcpränfett. Sei ben Sor»
lefungen über bie ^eilige Sdjrift mirb, mo eg üftupen pat, aucp ber griedjifdje unb
pebräifcpe STept angegogen. ßur fdjolaftifdjen Speologie merben nur folcfie gugelaffen,
meldje bie ^pilofoppie abfoloiert, mo möglidj ben Sfagiftergrab in berfelben erroorben
Ijaben; praftifdje Speologie, ^eilige Sdjrift unb ^ontrooerfe fönnen audj folcpe Ijören,
meldje nur bie fiogif abfoloiert. ®ie Stubierenben ber fdjolaftifdjen Ideologie Ijören
im erften unb gmeiten 3a*)r aucf) ^ontrooerfen unb im britten unb oierten $apr
tpeilige Schrift. Sllg Slutoren merben aufjer fXpomag 001t Slquin empfohlen Slbant
Xanner, Suareg, ©abr. Sagqueg, Secan, Sapntann ufm. ®ie ®igputationen finben
Ijäufig ftatt, unb gmar in bialeftifdjer gorm; an ben Reffen, aujjer bem beg Sflhmrig
ber Unioerfität, faden fie aber in ber j^olge fort, „ba jept bie Siarianifdje Sobalität
ben Ideologen ©elegenpeit bagu bietet". SDer ®oftorpromotion gept ein gmeiftünbigeg
Examen rigorosum aug bem gangen Sfjomag ooraug. 2)ie neu ©rabuierten geben
nadj ber )ßrDnioiion ein Specimen eruditionis 2. Slucp fjier ging eg offne langen
®oftorfdjmaug mit oielen ©äften nicpt ab3.
2)ie grequeng ber Slfabemie pob fiep rafdj; bie pöcpfte ßapl im 16. ^aprpuitbert
für bie fünfjährige Seriobe 1555 — 1560 oon gufammen 965 ^mmatrifulierten mar
in ber ißeriobe oon 1615 big 1620 auf 512 gefunfen, ftieg 1620 — 1625 auf 1187
unb hielt fidj trop beg ^riegeg für 1625 — 1630 auf 742, ftürgte bann infolge ber
^Belagerungen geitmeilig auf O4. SDafj aucp jüngere Stubenten inffribiert mürben,
1 ÄontroBerfe, ^eilige Schrift unb fcboIaftifd}e
Rheologie finb morgend 7 — 10 Uffr, Storni
1 Uhr, fdiolaftifche Rheologie 2 Uhr, fKehetition
ber fdjolaftifcheu 3Tf>eoIoflie Bon einem ber
heiben iJSrofefforeu 3 Uljr.
2 2)a mürben bann §nr fursmeil bie s«=
mcilen fomifdjeu, bem ©efchmad ber 3<ut ent»
fprechcnben, un§ aber toenig sufagenben fragen
gefteÜt, bie Bon S d) r e i b e r (a. a. 0. II 421 ff)
unb ihm uadjfdjreibenb Bon SSaumgarten
(greibnrg i. 93r. 1907, 66) al§ Snbalt ber ba=
maligen SBiffenfdjaft bargefteHt merben.
3 35gl. Äönig a. a. D. 112 ff.
4 §ernt. Steher a. a. D. II (1910) 49.
SSgl. ®erf. , 3ar ©efd). ber grequens ber Uni»
Berfität greiburg, in geitfehrift ber ©efetlfchaft '
für ©efchid)t§!unbe Bon greiburg XXVII (1911)
119 ff.
580
?ld)tel Äapitet. ©tjmnafien unb Uniüerfitätcn.
toar alte ©Ute. Sine $rei6urger SSorfd^rift öonr^Q^e 1580 fiefagt, bafj fotdje,
bic bet ber ^mmatrifulation nocf> nic£)t 1 0 1/2 Qaljre alt finb, burd) ben fßrofurator
fdjmören füllen. ®afe Knaben üott 11 bi§ 13 ^afjren inffribiert mürben, mar feine
(Seltenheit, ja e§ fanten aud) ^äüe üor, baf) 7 — lOjüfjrige ©tubenten in bie fOiatrifel
eingetragen mürben 4.
Sei ber ^Belagerung jeigte fid) bie Uniüerfität fetjr patriotifd) unb opfermillig,
ma§ batnaB burdfjauS nicfjt felbftüerftänblid) mar2. ®er Steftor be§ $oüeg§ erbot
fidbl, ba§ Slu^erfte §u tun unb aud) bie ^ircfjengeräte ju üeräufjern. Unt 31t retten,
ma§ ntögtid) mar, jebierte nad) ber ©innafjtne ber (Stabt ber ®efan P. 9tutf)arb,
7. September 1633, ber Uniüerfität ®oüeg unb Sibliottjef. ©obalb bie ©tabt aber
ben $etnben entriffen, begann fHutfjarb, 14. SDejember 1633, mieber ju lefen, ge»
ftüfjt auf bie SBteberetnfepung in alle 9ted)te burcf) bie öfterreicfjtfdje Regierung3.
Qm Qal)re 1636 marett e§ mieber 6 fßrofefforen für Theologie unb ))3f)üofopf)te;
ein fjßfjitofopfiteprofeffor ta§ jugleid) ÜDJattjematif unb 1637 ein jroeiter $ßf)tIofopf)ie’
profeffor and) bie Zeitige ©cfjrift für bie ©djotaftifer. Qm Qal)re 1638 lefjrte
1 fßrofeffor Sogif, $ßl)pfif unb 9J?oral, unb in ben üier^iger Qafjrett konnten megen
ber 9cot burdjfcfjnittlicf) nur 2 — 3 fßrofefforen lefen4.
(Sine Slrt üon Slfabemie fam aud) in Sujent ju ftanbe, aber ber ^ßlan, biejelbe
üoüftänbig au§3ugeftalten, muffte aufgegeben merben. ftänbige§ Sefjrfad; mar
bie pf)itofopf)ifd)e Sorlefung bort bereits 1643 eingeführt, fo bafj üon 1645 an brei
ß’urfe üorfjanben marett5. ©djon 1641 hatte man aud) Sorfefungen über Sontro»
üerfe eröffnet6. (Sine meitere Stusbilbung erfufjr bie Sefjranftalt 1646. Sftn 6. Quli
biefeS Qal)re§ üerfjanbelte ber 9xat üon Supern über ein üon ben Qefuiten felbft
eingereichte§ Sftemoriale, moritt fie „mit guten ©rünben unb ÜOiotiüen bemonftriert
unb beigebracht, mie nüptidj unb f)od)notmenbig e§ fei, bafj attfjie neben ber ^f)ito-
fophie auch bie Xheologie" bojiert merbe. SlJadf) reiflidjer Überlegung ber Itmftänbe
bemilügte ber fJtat einhellig bie ©infüffrung ber fEffeofogie7. @0 begannen üom
§erbfte biefeS Qaf)re§ an jmei fßrofefforen bie fdjotaftifcfje Rheologie nad) 2f)oma§
üon Slquin ju teuren8. ®a§ Qaffr 1649 faf) bann bie Grrmeiterung ber tfjeotogifdjen
gäcfjer burd) @infül)rung ber Sortefnngen über bie ^eilige ©cfjrift9.
1 Ebb. I lxxxvii f.
2 5ßgt. Saemmel, ESefd). bei Seipsiger
©djulmefenl 74.
3 §erm. SKctjer, 3-reiburg i. 93r. unb feine
Uniüerfität im ®reifngjät)r. Äriege, in Beit»
fdjrift ber ©efeÜfdjaft für ©efdjidjtlfunbe üon
greiburg XXVI (1910) 148 157 163; XXVII
(1911) 48 f 71 f.
* Sabre 1630 tüirb ein fßater all fßräfel
ber bebr. Ülfabemie für bie ©djotaftifer genannt,
1631 mären §ebräifd) unb iDtatbematif in ber
£anb einel fßrofefforl üereinigt. 9Zad) einem
Äatafog üom 6. 9Kai 1649 üerteilten fid) bie
tpörer: ©djofaftifdje Jtjeologie 8, föloral 19,
fßbbfif 19, Sogif 25. 5D7. 9t., Jes. 570.
6 * Hist. coli. Lucernae I. Ad ann. 1643
bil 1645. ®ie fßrofeffur bei jtueiten Äurful
ber tpbilofobfjie (ber tPbbfif) tourbe 1644, bie
bei britten (TOetabfftjfif) 1645 bnrd) ben SCr^t
Dr Sof). ©ifg funbiert. Über biefe gunbierung
f. and) ©egeffer, 91ed)tlgefd)id)te IV 573 f
unb g I e i f d) I i n a. a. 0. XXVI 440.
c *Hist. coli. Luc. I. Ad ann. 1641. $iefe
fProfcffnr nebft ber für §eilige ©djrift (für
beibe äufammen ein ißrofeffor) tourbe am
25. fOtärj 1651 burd) ben Stifter unb Statl»
berat Submig SOicper funbiert, „in 2tnfebnng
Sbrel [ber Sefniten] ejemülarifcben SBanbcll,
unüerbroffenen gteifeel, fteter Slrbeit unb in»
brünftigen ©eeteneiferl". * Original im 2trd)iü
ber f^amitie 2Imrfjt)n in Sujern. Unterjeidjitet
unb gefiegelt üon Subtnig 9Xeber, tßroüinäiaf
Ef)riftobb ©djorrcr unb Steftor Sorettj gorer.
7 *®opie (aul bem ißrotofott bei täglidjen
Statel 9Ir 68, fol. 405) im 6taatlard)iü Supern,
galj. Ersiebuttgltoefen. ®al nötige Kapital
sum llnterbatt eittel Sßrofefforl gab ber ©tiftl»
bropft Soboful ffinab. ©ege ff er a. a. 0.
IV 5741. gfeifdjlin a. a. 0. XXVI 440.
8 * Litt. ann. 1646 ff.
9 * Litt. ann. 1649. ©ettebmigung ber 2$or=
lefung im 93rief bei ©eiterat! Sarrafa an
Sorer, 13. Sehr. 1649. * 0rig.=9teg. Ad Germ,
sup. 3m 3af)re 1649 üerteilten fid) bie £>örer
auf fdjolaftifcbe Ideologie 15, ffltoral 37, Äon»
troüerfe 38, bie brei Sa^re fJS^ilofopbte 22, 23,
36. 9?., Jes. 570.
Gin^elne Uniöerfitäten : Supern.
581
Slad) ber Einführung ber ^^ilofop^ie unb ST^eoIogie gingen Schultheiß unb
Slat Oon Sujertt nod) einen Schritt weiter unb richteten am 3. (September 1647 an
Papft Qnnojenj X. bie Sitte, biefer höheren Sehranftalt bie Oied^te einer 2lfabemie
31t öerleifjen mit ber Sefugnig jur Erteilung ber afabemifdjen ©rabe1. ®er Nuntius,
non bem bie Kongregation ber Propaganba Informationen oerlangt fjatte, befiir-
mortete in feiner 21ntwort oom 10. SDejember 1647 bie Errichtung ber 21fabemie:
fie fönne ber fatEjolifd^en Religion nur §u großem Slußen gereichen, fcßon megen
ber günftigen Sage an einem non ber £>ärefie freien Orte; niefe fönnten baburdj
audj abgehalten werben, benachbarte E)äretifd^e 2lfabemien jit befucfjen2. 21ud) bie
Orbengobern waren mit ber Erridjtung ber 2lfabemie einoerftanben. 21m 21. SJlärj
1648 teilte ber ©eneral bem Siettor in Sujern, P. Sernfjarb $rep, mit, er freue
fid), baß bie 21tabemie auch non feiten beg Kaiferg geförbert worben, unb er werbe
eg an feiner SJlitwirfung nicpt fefjlen laffen, wenn er einmal non ben Sebingungen,
unter weld)en ber 21poftolifcf;e ©tut)! bie Seftätigung erteile, Kenntnig erhalten.
Qnjwifdjen möge ber Sieftor alle Sorbereitungen treffen, baff bie ©rricptung ber
2(fabemie nach ben Seftimmungen ber Ratio studiorum oor fidf) gefje 3.
®ie £>auptfchwierigfeit, an ber bie Errichtung ber 21fabemie fcfjlie^lich fcheiterte,
bot bie grage, weffen Qurigbiftion biefelbe unterworfen fein, wem bag Siecht ber
Sifitation berfelben juftehen folle. ®ie Qefuiten in Sittern unb ber ©eneral fließen
fich baran, baß man bie 21fabetnie unter bie QuriSbiftion ber Sluntien fteßen folle.
$>er ©eneral erflärte: SSenn bie Slfabemie nidpt frei unb unabhängig ift non feber
Sifitation auch ber Sluntien, wie bie anbern 2lfabentien ber ©efeUfdjaft in 3)eutfdj=
lanb, bann nerjidjten wir lieber auf biefelbe; man braucht fich and) nicht mehr
um bereu Seftätigung burd) ben ^eiligen Stuhl ju bemühen, wenn feine Hoffnung
ift, bah ung bie freie Serwaltung berfelben bleibt. 211g Erfaß wollte ber ©eneral
bie Ermächtigung geben, entfpredjenb ben ber ©efeQfcfjaft $;efu oon ben köpften
Oerlieljenen prinilegien, bie ©rabe in Philofophie unb Xfjeologie ju nerleißen4.
Earrafa gab auch wirtlich biefe Ermächtigung, wie feinem Sriefe nom 13. gebruar
1649 an beit ©tubienpräfeft Sorenj gorer ju entnehmen ift5. 2tttein auch biefeg
patte ©djmierigfcüen, bie man auf ber Kongregation ber oberbeutfchen Proniitj in
Sanbgberg am 5. SJlai 1649 jur Spraye brachte.
2luf ber Kongregation würbe betont, baff ber Siuntiug, bem bie 21fabemie im
g-aKe ber Seftätigung burch ben Papft hätte unterworfen fein füllen, in ber Er»
teilung ber ©rabe eine ißm gugefügte Seleibigung erblideit werbe, weil man fich
baburd) nur feiner 21utorität entziehen wolle. 2lußerbem würben bie fo promonierten
SDoftoren unb ÜDlagiftri feine 2ldjtung genießen, unb felbft unfere Patreg, Welche an
anbern 2lfabentien beren Siechte unb ©epflogenheiten 51t oertreten hätten, fönnten
biefelbett nidjt anerfennen. SJlan fjielt eg barum für angejeigt, bem P. ©eneral
nahejulegen, eine günftigere ßeit abjuwarten, big ber Papft felöft feine 2tbficf)t, bie
2lfabemic ben Sluntien unterjuorbnen, änbere unb greißeit gewähre6. Schließlich
erhielt ber Sijereftor gorer non bem ©eneral Piccolomini am 12. Februar 1650
1 * Original. Arch. Vatic., Lettere di Prin-
cipi, vol. 70, f. 55. * föopie im Arch. d. Propag.,
Lettere di Svizzera 1647, vol. 95, f. 186. $a3
Schreiben an ben $apft liefe ber 91at biefem
burcf) ben ^auptmann ber ©chtteigergatbe Soft
glecfenftein überreichen. 53rief be§ dlateS an
ben ©arbepauptmann, 3. ©ept. 1647, in Statpo»
lifcpe ©cfetoeijer 93lätter 1887, 305 f.
2 * Original im Arch. d. Propag. a. a. D.
vol. 96, f. 1.
3 *Drig.4Jieg. Ad Germ. sup.
4 Garrafa an ^Rrooinsial S. Steppler, 17. Oft.
1648. 2tpnlicp 5. ©ept. 1648 an ben Dteftor
grep in Sujern. * Orig.=9teg. Ad Germ. sup.
6 * Drig.>9teg. Ad Germ. sup. SBgl. Garrafa
an Sleppler, 6. gebr. unb 29. 9Jtai 1649, ebb.
6 *Acta Congreg. Prov. Germ. sup. SSgl.
37 1) e o b. Siebe it au, $ie projezierte 2lfa»
beniie in Supern, in Statpolifcpe ©cptueiäer
Blätter 1887, 304—307.
582
9ld)te§ ®a}ritef. ©tjmnafien nnb Uniüerfitäten.
bie Sßeifitng, offne 83eiftimmung beg ffJuntiug feine @rabe erteilen ju laffen unb bei
beffen SBiberftanb gängticf) baüoit abgufefjen 1.
Uber bie Uniöerfitäten ber rffeinifcffen ^roöinjen urteilt ber Kötner 9tuntiug
2llofffiug ßarafa im Qaffre 1634 2 : Qn bent Söereid^ meiner Nuntiatur gibt eg neun
Slfabemien, bie frei öon jeber fftfafel ber .fpärefie finb unb üon ben anbern burcff
bag SBort fatffolifdff gfeidjfant alg @rfennungg3eidffen unterfdjieben merben, näntlid)
3U Köln, SCrier, SJfainj, SBürjburg, ^ont=ä*9)?ouffon, Sßaberborn, ffJJolgffeim, fünfter
unb Ognabrücf. SSon Köln bemerft er: Gsnbficff ffat ficf) bie fo fange franfe tb)eo«
logifdje Qafultät bebeutenb erffolt, feitbem 31t iffr Sffeligiofeit ber ©cfeCffcfjaft ßutritt
crffalten unb burd) iffr 23eifpiel aucff bie anbern 0rben angefeuert ffabcn. ÜOioraff
tffeologie unb Kircffenrecfft mirb aber an biefer ttjeologifdbien Qafultät nicfft gelehrt,
^ffilofopffie unb bie freien fünfte finb in groffer 23lüte; iffnen bienen brei berühmte
©pmnafien, bag Montaner, Saurentianer unb SDreifronengpmnafium; in affen merben
©rammatif, ©ffntaj:, ^oefte, Üi^etorif, Sogif, Stffif, ^ßfffffif unb ffßetapfffffif gegeben,
aber am britten (Sfftnnafium nod) befonberg @riecf)ifcf) unb Sttatffematif. 2>ag Montaner
©pmnafiunt 3äfflte 700, bag Saurentianer unb SDreifronengffmnafium je 1200 ©dffiler.
®ie ©cf)iiler^af)l beg burcff Qrömmigfeit un5 ©tubieneifer befonberg blüffenbeit
SDreifronengffmnafiumg märe nocff größer, menn nidjt ber ©efeüfcfjaft bie £>ilfgmittel
3ur Sfneiferung genommen mären. SDenn affe ©tubienftiftungen finb auf bie beiben
anbern ©pmnafien übertragen morben; bie ^riefterbenef^ien für bie Seffrer ber
anbern Offfmnafien nehmen bie Qefuiten nicfft an unb ftreben nicfft banacff; fic be=
bauern aber, baff aucff iffren ©drittem bie 21ugficfft auf biefe 93enefi§icn genommen
ift. $ag SDreifronengffmnafiunt mirb befonberg befudjt öon ben Qöglingen beg er3>
bifdjüflidjeit Klerifalfeminarg unb beg 3meiten ©eminarg ber Kongregation üont ffeiligett
Kreit3, morin Jünglinge aug bent ffäretifdjen Sorbett für ben ©faubett ersogen merben.
©effr beffagt ber ffiuutiug bie Übefftänbe, gegen bie bisher affe feine unb feiner $or»
gänger 53efferunggüerfucffe gefcffeitert feien3.
Über anbere Hemmungen beg SDreifronengffmnafiumg fpridjt fid^ ber 9iegeng
begfelben, Sfbam Kafen, im Qaffre 1627 affo aug: SDie anbern ©ffmnafien üerfangten
üon ung, baff mir feine ffftetapfffffif, SUiatffematif unb (Stffif leffren füllten, meif audj
fie biefe S)ig§iplinen nicfft fefjrten. 2Bir fügten ung, naffmen aber nad) einigen
Qaffren biefe Sorlefungen mieber auf, unb bie anbern finb ung, mie mir feffen, ge=
folgt. ©djaufpiele führten mir suerft auf, in3mifcffen öeranftafteten raäffrenb meiner
Qeit bie Saurentianer 3mei feffr groffe im §ofe ber ffffinoriten, unb bie Spontaner
brei groffe in iffrem £ofe, üiefe ffeine bei ben ®ominifanern in ber 23ruber*
fdffaft. Qm Qaffre 1566 mufften mir bie ©rammatif, bie mir geteilt, mieber üer=
einigen. Qm Qaffre 1608 üerfudjten mir in fünfter SGBeife bagfefbe, nadj Verlauf
üon öier big fünf Qaffren folgten bie anbern unferem 23eifpief. Qm Qaffre 1570
erreichten mir, baff mir umfonft unterridjten burften; admäfflid) folgten fie ung
unb tun jefft bagfetbe. Qn ben öier ©treitpunften im Qaffre 1592 4 erreichten mir
affeg, unb bie anbern finb ung admäfflid) gefolgt. Söegett ber Sinlabungen 31t
ben ^Deputationen flagte man feffr im Qaffre 1595; im Qaffre 1617 bei ber ®ig«
putation beg §er3ogg öon Sotffringen lieffeit mir mieber Sinlabungen ergeben,
unb nadjffer hielten aucff bie anbern ©tjmnaften ^Deputationen unb lubett anbere
ba3U ein5.
1 *0rig.=9ieg. Ad Germ. sup.
2 G i n z e 1 , Legatio apostolica Petri Aloysii
Carafae 105 ff.
3 SSgl. oben S. 539.
4 Slgl. 58b I, <S. 43.
5 * Consideranda 1627 in renovatione studi-
orum. Original in föln, @tabtard)io , Uni>
Oerfität 655.
Sie Uninerfitäten her rl)einifd)en ^robinjen: Sollt.
583
$n ^Betreff ber theotogifdjen Vortefungen fcfjreibt $afen etmag fpäter im Qa^re
1630: „(Sg hat ung gereut, baf? mir bie im Qafjre 1598/1599 angebotenen t^eo=
togifdjen Vortefungen nicf>t angenommen haben1. 233ir Ratten eg getan megen ber
babei geteilten Vebingungen. SJiit Vebauent fat)en mir aber in ben fofgenbeit
Qa^reit, mie bie Speotogie fo läffig itnb unüotltontmen borgetragen, bie Vortefungen
fo oft auggefeijt unb ber gefamte ®urfug erft fo fpät beenbigt mürbe. Slud) bon
anbertt murbeit biefe Übetftänbe bettagt unb oerfdjiebenttid) ben päpfttidjen Nuntien
borgetragen, bie übrigeng fetbft biefetben bemerft Ratten. Vefonberg fühlbar mürben
biefe SJlififtänbe für ung, atg im ^af)re 1616 ung bie Seitung beg neu gegrünbeten
Priefterfeminarg übertragen mürbe." ^nt 3ahre 1623 tarn nun ber Rector magni-
ticus ber Uniberfitöt, Stbotf ©chutteniug, ein ehemaliger ©djüter ber ^efuiten, mit
einem britten Stngebot, freilief) ganj im geheimen, ohne Vormiffett ber übrigen Pro»
fefforen. SSegen feineg @ibeg atg SReftor ber Uniberfitöt glaubte er fid) im ©emiffen
berpffiefitet, ben brofjenben Untergang ber theotogifdjen gatuttät um jeben Preig ^u
bertjinbern, mag ihm unb anbern nur möglich fdjien burd) bie Berufung ber ^efuiten.
SDenn ber ^auptgrunb beg „gemattigen Viebergangeg" tag, mie ber päpftüdje Vun*
tiug Peter Sltopfiug ßarafa fdjreibt, in ber SIrt ber Vefotbung ber Xheotogie*
profefforen. „®ie ^Srofefforen befaßen nämlich", fo führt er aug2, „megen g-efjteng
ber ®ottegiengetber unb jeglichen fonftigen ©efjatteg anftatt beffen traft päpfttidjen
^nbutteg meift gute firchtidje Pfrünben, bie fog. Praebendae primae gratiae,
bereu reiche (Srtrögniffe ihnen ein ruhigeg unb gemädjlicheg Seben ermöglichten,
fo bafi fie fetbft feiten ober nie bie Vortefungen hielten, fonbern jiemtidj allgemein
fid) burdh anbere oertreten liefen, ®o mürbe benn ohne regten ©ruft unb ohne
©rbnung gelehrt unb ber theotogifdje $urfug taum oor fünfzehn fahren beenbigt.
Stuf biefe ffißeife hatte bie Kötner ©rjbiöjefe, namentlich bie Sänber Qütid), föteoe,
Verg, fefjon tängft fchmer gelitten, meit eben Pfarrer unb geeignete ©eetforgg»
priefter für bie Veubetebung ber gefuntenen tathotifchen Üteligion erft nad) fehr
langer geit auggebitbet mürben." Sitte Verfucfje, bei ben profefforen fetbft Söanbet
ju fdjaffen, maren fehtgefchtagen. ©ie abfe^en unb neue ernennen ging audj nicht,
ba fie ben Verpflichtungen, metdje bie tirchtidfjen Pfrünben fetbft ihnen atg Pfarrer
ober ^anoniter aufertegten, nad)tamen, unb bie ©efatjr bannt nidjt befeitigt mar.
Vielleicht mochten auch manche in ber STat „mit ben Slrbeiten in ber ©eetforge, in
ber Pfarrüermattung unb fonftigen öffentlichen Stnitern fo betaftet fein, bafj fie nicht
gut täglich Vortefungen hatten tonnten".
®ie befte Söfung unb ber einzige gangbare Stugmeg fchien baher allgemein:
^injujiehung ber ^efuiten ju ben Vortefungen, ohne bafj jeboef) bie alten Profefforen
abgefeimt mürben. „£)ag hatten bie päpfttichen Vuntien unb ber Ä'urfürft gerbinanb",
fchreibt P. ßafen, „fcf)on lange fehntichft gemünfdjt; aud) hätte eg ber ung gemogene
©tabtrat gern gefetjen." Stuf ben Vorfdjlag oon ©chutteniug mürbe nun hierfür ber
türjefte unb fidjerfte S33eg gemähtt: Grrmirtung eineg Vefefjbg beg Papfteg an bie
theotogifche gafuttät, bafj fie bie ^cfuiten gu ben Vortefungen herbeijiehen fotte.
SDenn atte Profefforen, fo meinte ©chutteniug, mürben fid) famt unb fonberg einem
fotdjen Vefehte fügen, unb fo mürbe bag einzige ^inbernig, ber Söiberftanb ber Pro=
fefforen, mit einem ©chtage übermunben fein. 2>er Vuntiug befürmortete entfdjieben
bie ©adfje in Vom, unb man fchien 1625 bort (Srnft machen ju motten; bann aber
1 * Negotium Theologiae. Original in *Hist.
gymn. Colon, ebb. 405 ff. Sanad) aud) ba§
golgenbe. Safen tuar bei ben SSer^aublungen
fpäter beröorragenb tätig unb bietet baljer ba§
3uberläffigfte. Sasu *Rationes ob quas ex-
pediat Professores S. J. Coloniae admitti ad
docend. Theolog. Söln, @tabtard)iü, Jes. 29.
Sie bei SBianco a. a. D. I 956 ff abgebrudten
Sartegungen finb nid)t genau.
2 Carafa, Legatio apost. 106 f.
584
2Xd)te§ tapitel. ©ptmtafien unb Unioerfitäten.
trat im Hnfaitg 1626 ein ftiücffcfjtag ein, inbent bie ißropaganba ben ©enerat an*
meifen tief?, ben ^atre§ in $ötn ju befehlen, baf? fie non alten ©dritten jur @r*
tangung einer fßrofeffur übftanb ju nehmen Ratten K
daraufhin gab Bitettegcfji am 21. fDMrz 1626 bem Üieftor ©ragmug ©etbrop
bie SBetfung: ,,©e fjeitigfeit fjaben mir mitteiten taffen, baf? in ber fßropaganba*
fongregation befdjtoffen fei, bie Unfrigen möchten fidj nicfjt meiter um bie tfjeotogifcfjen
Bortefungen an ber Kötner 3tfabemie bemerben. ©m. fpocfjmürben motten forgen, baff
bie Unfrigen biefem Befdjtuffe mit alter ©fjrerbietigfeit nacfjfommen, überzeugt, baf?
t)ier nidjtg ber göttlichen Sftajeftät mot)tgefätIiger fei atg ber pünfttictje ©efjorfam
unferer ©efetlfcfjaft, mären auch bie grüdjte nocfj fo grof;, bie oon unfern Strbeiten
unb Stfütjen in Spaltung ber theotogifcfjen Bortefungen zu ermarten ftänben."1 2 Unb
am 13. ^uni 1626 fcfjrieb Biteltegdji an ©etbrop: „fzdEj glaube gern, mag ©ro. fpodj*
mürben in $hreni testen Briefe berichten, baf? nicht ©ie, fonbern ber ®urfürft unb
anbere fjerüorragenbe fOiänner in ber Überzeugung oon bem großen üftufien bie
Übernahme einer Stfieotogieprofeffur an ber bortigen Unioerfität Oom ^eiligen ©tutjt
erbeten haben ; aber meil baju f)ier bei ben beteiligten gaftoren feine Bereitmittig*
feit oortjanben ift, fo müffen mir bem früher ton mir überfanbten Beffript mitlfafjren.
2Bir fönnen baraug entnehmen, baf? ©ott unfere Mitarbeit in biefer ©acfje noch nicht
gebrauchen mitt. ®a eg bei ^t?nen an anbern Oon niemanb angefochtenen Arbeiten
für bie Unfrigen nicfjt fehlt, fo mögen ©ra. fpocfjmürben bafjin mirfen, baf? biefe oon
alten mit ©ifer beforgt merben."3
©o mar juin brittenmat aCte§ umfonft gemefen. ©rft einige .Qahre fpäter
fottte eg bem einflußreichen ^heotogieprofeffor ©eoeriu Btniug auf einem anbern
unb müfjfameren SBege gelingen, $efuiten an bie theotogifcfje gafuttät ju jiefjen,
menn auch nicht für alte gädjer, mie ©ctjutfeniug geplant, fonbern nur für bie
beiben Bortefungen über fcfjotaftifcfje Xheotogie. Sttg Uector magnificus ber llni*
oerfität hatte er im ©ftober 1628 mit ben ^efuiten neue Unterhaltungen ange*
fnüpft unb troß be§ ©träubeng oerfdjiebener fßrofefforen eg fdjliefjtich burd^gefeßt,
baf? ein Qefuit, P. ^3eter Boeftiug, menigfteng oertretnnggmeife für ifjn bie Bor*
tefungen übernehmen unb am 14. gebruar 1630 tor etma 50 ßufjörern tatfädjtich
bamit beginnen fonnte4. £)en oereinten Bemühungen ber ^efuiten, fßrofefforg
Btniug unb beg ©eneratoifarg ^ot). ©etening gelang eg bann enbtidj im ÜUtärz
1631, baf? bie beiben ^atreg, ber ©panier ^oh- Bertinug unb ber fftamtänber
ffranj oan ber Beten, atg fetbftftänbige fßrofefforen für fd^otaftifche Xheotogie zu*
getaffen mürben.
1 3)ie *Acta S. Cgis (Prop.) anno 1622 ad
1625 (3) befagen pm 21. gebr. 1625: 2? In¬
stante Nuntio Apo. Coloniensi assignari in
Univers. Col. Cathedram Theologiae PP. le-
suitis. S. Cgo’ iussit scribi N?, ut inform.nes
de lioc neg? assumat. . . et referat difficultates.
(Eine Information für beit 91untiu§ in Söln,
Stabtardjiö, Jes. 21.) 2. Maj. 1625: 24? Re-
ferente . . . S. Cgo’ comprobante SS? PP. prae-
dictos habiles reddidit ad illud munus sus-
cipiendum, iussitq. scribi Ap’o, ut cum illius
Universitatis theologis pro habendo eorum
consensu tractaret. 19. Sept. 1625: 25? Occ.
instantiae Ap’i Col. cupientis PP. S. J. in
Univ. ... ad leg. theol., controversias et Ca¬
sus conscae S. Cgo’ mandavit scribi Nib Col.,
ut Doctoribus fac. theol. , negligentiam in
conficiendo illius scientiae cursu, in eaque
legenda methodum inordinatam exprob raret. . .
et significaret, quod si . . . quadriennio cur-
sum ordinatum non conficerent, Stas Sua . . .
etiam ipsis invitis providebit. — Acta S. Congr.
1626-1627. (4) 17. Mart. 1626: S. Cgo’ man¬
davit commoneri General. S. J., ut Pbus suis
Colonbus praeciperet, ne de cetero Cathedras
ad theoliam, ctrovias et casus conscae in ea
Univ. legendos procurarent. 2)ie 93riefe be§
9tuntiu3 in biefer Sadje unb ein ©rief be§ Äar*
binal§ ©arbini oom 25. Sept. 1625 in Stöln,
Stabtardjiö, Jes. 21.
2 0rig.*9teg. Ad Rhen. inf.
3 0rig.*9ieg. Ad Rhen. ©gl. baju bie ©riefe
be3 9hintiu§ in £öln, Stabtardjiö, Jes. 21.
4 So ba§ jitierte * Negotium Theol.
Xie Uniberfitäten bcr r^einifcfjen fßrobinjen : Söln.
585
Der errungene Erfolg, bet bern bie beiben patres fic^ oiele SSerbemütigungen
feitenS ber anbern ^3rofefforen Ratten gefallen laffen müffeit, braute freilidf) nidjt fo»
gleid) bie gemünfdjte Hebung beS DheologieftubiumS, ba bie alten ^ßrofefforen bie
Dätigfeit ber beiben patres ftarf hemmten unb üielfad) fruchtlos machten1.
Sefonbere ©djmierigfeiten oerurfachte auch in $öln bie Promotion unb bie
SibeSleiftung. Die 93erb)äftniffe ber Promotion beleuchtet ein ©utadjten, baS bie
uieberrf)einifche ißrooinä 1G28 bem ©eneral jufommen lief). @S merben l)ier bie
©riinbe entmicfeit, tneSfjalb bie tüchtigeren ©djolaftifer unter ben ^3r)iIofop£)en in
®öln jum SBaffalaureat unb 9J?agifteriunt promooiereit füllten: $n ®öln fann nie»
ntanb, fo E)ei^t eS in biefer Denffdjrift, auch nur bie Humaniora lehren, ber nicht
ben SJc'agiftergrab erlangt hot. Die anberSmo promooiert, müffen, beüor fie baS
Sehramt in ß’öln antreten, ber p»htt°^°P^ifchen f^ctfuttät jur Slufnahtne in bie gafultät
präfentiert merben. Die Slufnal)me fann oerraeigert unb Oon uns nidjt errungen
merben, ba bie anbern in ber Majorität finb unb an ihren (Sptnnafien nur in ®öln
ißrotnooierte lehren. SUemanb fann in ®öln ben 9J?agiftergrab erteilen, mettn er
nidjt junt 9iat ber ^afultät gehört; ba§feI6e gilt nott bem 33orfit$ bei ben afabemifdjen
Disputationen. Das Sehren ber ißhilofopljie mill man ebenfalls non ber Zugehörig»
feit jum 9tat ber gafultät abhängig madjen. $u lefsterem mirb aber niemanb ju>
gelaffen, ber anberStno promoniert, eS fei beim, er höbe nad) feiner Promotion in
St'öln jtoei Qaljre ober an einer anbern berühmten Unioerfitüt nier Qaljre bojiert.
Sille biefe Sebinguttgen hoben mir bisher erfüllt, aber mit ©cfjmierigfeiten, obgleich
nor ber Deilung (ber fßrooinj) fed)3 Slfabemien unter bem einen fßrooinjial ftanben
unb berfelbe fontit für $öln geeignete Ißrofefforen auSfuchen fonnte. .gumeilen 9e*
fdjal) eS tropbem, baff Seute gefdjidt mürben, melche ben S3ebingungen in $öln
nidjt genügten unb fomit nad) vergeblicher fReife mieber gurücfgefdfjicft merben mußten.
Da mir aber je|t nad) ber Deilung nur grnei Slfabemien, Drier unb ißaberbont,
haben, oon benen geeignete ^ßrofefforen ermartet merben fönnen, finb mir in biefem
unb im Oorigen ^ahre in foldjer üftot, bah faum einer für bie ißrofeffur ber
ißhilofophie gegeben merben fann. Stüe brei ^aljre mirb einer ber Unfrigen Defan
ber ^afultät, ebenfo ein anberer Ouäftor berfelben gafultät unb enblid) ein Dritter
GuoblibetariuS2. Diefe füllten aber alle in ®öltt promooiert ober ebenbort eine
lange unb erfolgreiche Dätigfeit auSgeübt hoben, ba fie fonft ihre Stmter nid)t gut
oermatten fönnen unb ben anbern menig genehm finb3.
Um in $öln bie gulaffung ju erlangen, hotten Berlin unb oan ber SSedeit in
Drier promooiert, tropbem Berlin fd)on 30 Qafjre fßrofeffor gemefen mar. Slber
auch baS genügte nod) nicht. Die Kölner Unioerfitüt oerlangte auch noch eine ißro»
motion in ®öln felbft. Die beiben patres fügten fid) unb biSputierten oon neuem
in Ä'öln. Dabei mußten fie ben in fö'öln üblichen, gerabeju unfinnigen Slufroanb
für baS Doftormahl mitmachen unb für 500 ©ngetabene auf bem Cuatermarft einen
Doftorfd)mauS oeranftalten 4. Die meiteren (Schmierigfeiten in ^Betreff ber Promotion
mürben bann fpäter burd) beftimmte 33orfd)läge SUteUeSdpS menigftenS jum Deil
gehoben 5.
1 * Epitome liist. novi coli. Colon. 1631
bi§ 1660. 93 i a n c o a. a. 0. I 964 ff. 911Ie§
au§füf)rlid) in *Hist. coli. Colon, ad ann. 1630.
Söln, ©tabtardjio, Jes. 7.
2 »gl. 93b I, 762.
3 * Original Acta Congr. Prov. 1628. I 216 f.
* *Hist. coli. Colon, ad ann. 1630 u. 1631.
Sßgl. fiöln, ©tabtardjio, Jes. Cod. 8; f. 219 ff
bie Soften für bie fßromotion oon 1631 unb
239 ff bie Promotion bon brei ^efuiten 1640.
2)aju 93 i an co a. a. 0. I, 2lnljang 107 ff bie
Sifte ber ©ittsulabenben, 85 ff bie getoöljnlidjen
Einnahmen unb 2lu§gaben.
6 * 9Siteöegd)i au icfel , 25. 2(ug. 1638
* Orig.-fReg. Ad Rhen.
586
$c£)te§ Kapitel. ©pmnafien unb Uniüerfitäten.
Studf; in 93egug auf bie ©beSteiftung geigte fid^ 93itetteScE)i entgegenfomntenb.
Strn 15. 0ttober 1636 fdtjrieb er an ben rt)einifcf;en ißrooingiat Mietet: ©o. §odj-
mürben fjaben micf) fcfjon öfters gebeten, bafj unfern patres, rnetdje gu einer ißnp
feffur ober gu einem ©rabe an ber Kötner Unioerfität gelangen motten, ertaubt
merbe, ben ©b nad; ber bei ber Slfabemie üblichen formet gu teiften. Sine neue
ober eine anbere Erlaubnis fdfeint mir nid^t notmenbig als bie, metd;e im gafirc
1568 ooit bem ©enerat 33orgia auf Stnfrage beS rf)einifcf)en ißrofuratorS gegeben
mürbe. Stuf bie $rage nämtidt), ob bie Unfrigen an ben Uniöerfitäten ben üblichen
©b teiften tonnten, unb menn fie if)n geteiftet, mogu fie üerpflidfjtet feien, mürbe
geantmortet: ÜDtan möge bie ©adjüerftänbigen befragen, ob bei ber ©beSteiftung ber
0rbenSteute „redfjttid;" Oerftanben merbe unbefcfjabet ifjreS gnftitutS unb beS @ef;orfamS.
SBerbe baS redjttid; nidE)t eingefdftoffen, fo bürfe ber ©b nur geteiftet merben mit bem
auSbrüdlidjen gufatj: unbefcpabet beS gnftitutS unb beS ©etjorfamS. SluS biefer
Slntmort fdjeint mir ftar fjerüorgugetfen, maS unfern patres ertaubt ift, unb biefe
©taubniS ift nie gurüdgenommen morben, momit ficfj bie Unioerfität mofjt gufriebeu
geben tonnte unb müfjte1.
©ne beftimmtere Stntmort fanbte $8itetteS<f)i am 10. Januar 1637, matfrfdjeinlidj
nacpbem iEjnt ber rtjeinifcfje ißroturator bie ©acf)e genauer auSeinanbergefefjt : ®a
eS fdf)on ein alter 33raud; ift, bafi atte, metcf;e an ber Kötner Unioerfität gur ißro-
feffur, gu einem ©rabe ober gu einem anbern Stmt gitgetaffen merben, einen feier=
ticken ©b auf bie Statuten ber Unioerfität abtegen unb biefer ©b bisher aud; Dort
unfern patres, bie in ber tfjeotogifdjen ober pt)itofopf)ifd;en gafuttät präfentiert
mürben, geteiftet morben, fo f;abe id; geglaubt, baSfetbe aucf) für bie gufunft bemittigen
gu fotten 2.
$aS S^eotogieftubium begann ficf) attmät)Iicf) gu t;eben. „®ie arg f leine £f)eo=
togie", fo mirb im gapre 1641, unb grnar gum erftenmal feit 1631 über ben
©tanb biefer gatuttät berichtet H, „mädjft oon gapr gu gaf)r att gufjorern 2tm
fepen." ®rei gafjre fpäter mirb bie gal;t ber Sfjeotogen in ben SSortefungen ber
beiben gefuiten auf 120 angegeben4. Unb menn ber SEpeotogieprofeffor unb Rector
magniticus Strnotb SJteS^oOiuS im gapre 1651 allgemein üon ber Unioerfität fagt,
baff „an ipr bie ©tubien jept perrtidper unb träftiger blühen atS gemöpnticp" 5, fo
bürfte aucf; biefeS geugniS auS bem ÜDUtnbe beS Speotogen ftcf; mopt befonberS auf
bie tpeotogifcpen ©tubien begiepen.
gu ben alten Uniöerfitäten ber nieberrpeinifdpett ißroüing in ßötn unb SErier6
tarnen in unferer ißeriobe brei neue pingu in ißaberborn, fünfter unb OSnabrücf,
unb gmar gunäcpft im gapre 1614 in sJ>aöerborit. ®er grofje fftuf unfereS ©prn--
nafiumS, fo berichten bie ißaberborner gefuiten im gapre 1613, pabe bem 33ifcpof
ben ©ebanten eingegeben, baS ©t;mnafium gu einer Unioerfität gu ermeitern7. gn
ber ©tiftungSurfunbe üom 10. September 1614 pebt ber 33ifcpof perüor, oor ungefähr
30 gapren pabe er bie gefuiten gur ^jüfe perangegogen unb ipnen ein Slotteg geftiftet:
gum großen ©egen für feine Untertanen unb gu großem eigenem SErofte pabe er fie
in ipretn eifrigen 23emüpen an ber Slrbeit gefepen8. 9?acp ber ©rünbung eines
1 * Orig.=5leg. ebb.
2 * Original Acta Congr. Prov. 1633 (1637)
II 377. Sie ®orreff>onbenä über ben ®ib in
Köln, ©tabtardjiö, Jes. 21. 333eitere3 in ben
Consnetudines scholae Colon. S. J., f. 430 ff
503 ff. 3 * Litt. ann. 1641.
4 * Epitome hist, novi coli. Colon. 1631
bi» 1660 ad ann. 1644.
5 Sianco a. a. 0 . 462.
6 Über Srier bgl. oben <B. 24 ff.
7 * Litt. ann. 1613, 200.
8 Et sane magno subditorum bono magna-
que consolatione nostra experti sumus eorum
conatus atque industriam.
Sie Uniöerfitäten ber uicberrbeinifdjen iprooiitä: ipaberborn.
587
9coütjtat§ für bie ©efellfdjaft hat nod) eins gefehlt: mir faßen nämlid) bie befferett
Talente nad) ffiollenbung ber ©ßmnafialftubien ficf> mit großer ©efaßr für ißr ©eelenßeil
ju ben benad)bartert proteftantifdjen Slfabemien menben ober, menn fie eS nidjt üor-
Zogen, ju ben in eit er entlegenen fatßolifcßen Uniöerfitäten zu ziehen, burd) 9)?angel an
Mitteln if)re ©tubien abbredßeit; mir faßen üiele latente, bie für ©eelforge ober
OrbenSberuf geeignet maren, in ben ©tubien geßinbert, fo baß unfere Pfarreien unb
fölöfter tüchtiger Arbeiter entbehrten. jT)e§^a!b fei bei ibjnt ber ©ntfcßluß gereift,
jmei ^afultäten für ^5f)ifofop^ie unb bie ganze fd^olaftifd^e Rheologie unter Seitung
ber ©efeflfdjaft Qefu ju grünben, fo baß bie öorjügtidjeren Stalente aud) baS SDoftorat
crmerbctt fönnten. gür ben Unterhalt ber fßrofefforen habe er gern meitere 15000
9?eid)Stalcr geftiftet *.
SDie ©rünbe, melc§e ber gürftbifcßof SDietricß bem tßapfte öortragen ließ, maren
Stränget au gebilbeten ZHerifern unb tüdjtigen SSorftehern für bie SHöfter, bie fünf
bis fecßS Stagcreifen meite (Entfernung fatßolifcher Sdfabemien, bie Üiäße ber prote*
ftantifdjen Uniöerfitäten, ber Mangel einer fatßolifcßen Slfabemie in bem ganzen alten
©ad)fen. $aul V. mürbigte biefe ©rünbe unb ftattete am 2. Slpril 1615 bie Uniöerfität
mit allen ^riöilegien ber übrigen Uniöerfitäten aus, inSbefonbere mit bem ^romotionS*
recht in ber ißßilofopßie unb Stheologie, unb unterteilte biefelbe gänzlich, mie ber SBifdjof
gemünfdjt, bem ©eneral ber ©efellfcßaft. SDie faiferliche ^Betätigung mürbe am
14. Stejember 1615 üom föaifer SJJatffjiaS unterzeichnet2, £>erbft 1614 begann
P. Johann ©IberS bie SBorlefungen über ^ßßilofopßie ö°r 46 gußörern, öon metchen
7 23enebiftiner unb 5 ^efniten mareit.
SDie feierliche (Eröffnung ber Uniöerfität erfolgte aber erft am 13. September
1616, unb jmar unter großen geftlidjfeiten, mie ber fiebgigjährige 23ifd)of für biefen
feinen greubentag gemünfcht hatte. SDie Sanbftänbe unb öiele benachbarte dürften
unb Herren maren eingelaben. 9iacß ber Stufführung beS geftfpieleS Salomo sapiens
mürben bie päpftlidjen unb faiferlidjen Urfunben oerlefen unb bie Academia Theo-
doriana Paderbornensis für eröffnet erflärt. „(Ein mädjtigeS ©efüßl ber Ütüßrung
unb 23efriebigung", fo fdjreibt ein ^ßaberborner §iftorifer, „ergriff ben dürften, als
nunmehr ein mahrer 93eifadSfturm in ber zahlreichen SSerfantmlung fid) erhob unb
öon allen ©eiten bem ©rünber ber Uniöerfität, ber erften im Söeftfalenlanbe, ßerz=
ließe ©lüdmünfdje bargebradht mürben. Qeßt, fo äußerte er, jeßt, mo er baS 2Berf
feines SebenS gefrönt feße, habe er lange genug gelebt; er öerglid) fid) mit bem
alten ©imeoit unb fpracß gleich biefem: ,§err, nun laß beinen Wiener in ^rieben
fahren.1"3 SDie lateinifcße geftfdfrift (Panegyricus) beS P. £orion (§orrion) ift ein
^reiS SöeftfalenS, inSbefonbere ^aberbornS unb beS SifcßofS. ©ie meift unter anberem
naeß, baß Ißaberborn aud) oßne ^uriSprubenz eine mirflicße, eigentliche Uniöerfität fei.
SDie Statuten, bie ben befteßenben Uniöerfitäten, befonberS SDitlingen, STrier,
9J?ainz, nacßgebilbet finb, mürben am 20. ÜZoöember 1616 publiziert4.
SDie erfte pßilofopßifcße Promotion fanb im üttooentber 1616, bie erfte tßeologifche
1617 ftatt. 2)ie tßeologifcßen S3orlefungen begannen aber erft 9coöember 1621 öor
neun ©d)olaftifern ber ©efeüfcßaft unb menigen StuSmärtigen. SDie ^eilige ©cßrift
unb ^ebräifd) laS P. ^orion, fcßolaftitße Xßeologie P. 3oß. ©eorgii unb P. §einricß
Üiotßaufen, SUforal P. griebr. Ütörig. Slnfang 1623 mürbe aber ben SBorlefungen
burd) ben ©infall beS tollen ©ßriftian ein jäßeS (Enbe bereitet, ©ine 93orlefung in ber
1 Stbbrud ber Urtunbe bei 9tid)ter, @efd). 3 9lid)ter a. a. 0. I 129.
ber ißaberborner Zehnten I 202 ff. 9tud) bei 4 Ütbbrucf in Ratio stud. III 194 ff. greifen
greifen, 3)ie Uniöerfität ißnberborn I 3 ff. a. n. 0. 13 ff. 53ei greifen a. a. 0. 44 ff
2 SBorttaut ber beiben Urfunben bei 9iid)ter and) bie (Statuten ber tfjeoIogifd)en gatuttät.
a. a. 0. I 204 ff unb greifen a. a. 0. I 5 ff. Über bie guriSbiftion ebb. 21 ff 76 f.
588
9ld)te§ ftapitcl. ©hmnafien unb Uniberfitäten.
Sogif fam erft lieber 31t ftanbe im £>erbft 1637, fünf Qafjre fpäter folgten bie
übrigen p£)ilofopf)ifdjen SSoriefungen. |>erbft 1643 mürben bie tfjeologifcf)en 23or*
lefungen aber nur in ÜDforal unb ^ontrooerfe mieber aufgenommen, bie übrigen erft
nacf) unferer $eit (1651).
Stucf) trop biefer gemattfamen Störungen bleibt bag Urteil beg ©efdjidjtfdjreiberg
ber ißaberborner Qefuiten gu 9fed)t beftefjen: „®aß 93ifcF)of £f)eobor mit Harem
33lid bie Sebürfniffe feiner ,geit unb feines Sanbeg erfannte, bag f)at bie golgegeit
glängenb bemiefen: bie ißaberborner §od)fd)ule mürbe unb blieb eine §auptftüpe beg
Itatlmligigmug im ißaberborner Sanbe."1
®er grofje Slitbrang gu bem Qefuitengpmnafium in 'Dliinfter legte ben ©ebanfen
nalje an eine Gmoeiterung ber Schuten. Slm 12. Stooember 1616 Ijatte ber ©etteral
P. ißitellegdji bem ^rooingial £>einrid) Sdjeren gefdjriebeu 2 : „®em ^urfürften (oon
Stölit — er mar gugleicf) 23ifdjof Oon fünfter — ) märe eg fef)r lieb, menit im Kolleg
gu ÜDJüufter gu ben 33orlefungen über SDialeftif, ^ontroüerfen unb ©emiffenSfälle
nocf) eine meitere über ©emiffenSfätle ein*
gerietet mürbe, bamit ben gal)lreid)en
Stubenten bortfelbft eine umfaffenbere
SluSbilbung in ber SJforaltfjeoIogie er*
möglidjt merbe. @r erhofft baraug nicf)t
geringe SSorteife für bie fatf)olifd)e 9ieli»
gion in ber SDiögefe. ®a id) nun bringenb
münfdje, baff bem um unfere ©efeüfdjaft
fjodjoerbienten dürften, fomeit eg in um
fern Kräften ftefjt, feine 33itte abgefcfjlagen
merbe, unb ba mir ferner fjierburd) aud)
uocf) ben SBünfdjen jener angefefjenen
unb ebeln ÜDfänner gu SOfünfter entgegen»
fommen, bie jüngft Oor @rrid)tung ber
Slfabemie gu ißaberborn eine nic^t geringe
©elbfumme für eine Slfabemie in ^fünfter
gufammengefteuert unb ung überreid;t
fjaben, fo empfehle id) bie Slngelegem
fjeit @m. ^mdjtoürben fefjr, meitn nid)t
fdjmermiegenbe 33ebenfen eutgegenftefjen.
Sldgu fdjmer mirb bie Erfüllung beg
SBunfdjeg nic^t fein, ba nur eine 33orlefung
mefjr gu galten ift als oorbem." So
mürbe im £>erbft 1617 mit biefer neuen SSorlefung, einer @tf)iföorlefung 3, begonnen
unb auf bag drängen beS ©eneraloifarg ^artmann nunmehr aud) bie 2>ialeftif*
oorlefung auf bie gefamte Sogif auggebeljnt i. Sllleg bag mar aber nur bie S3or*
bereitung für bie oon bem ^urfürften, ben furfürftlidjen Späten unb ben ®oml)erren
fd^on lange erfefjnte unb betriebene ©rridjtung einer Slfabemie ober gar einer ooll»
ftänbigen Unioerfität. Slnt 1. Sluguft 1622 bat $urfürft gerbinanb ben (General,
feinen 'plan, eine Slfabemie in ^fünfter gu erridjten, mit allem 9?ad)brud gu unter*
ftitpen5. ^n' feiner Slntmort 00m 5. SZooember 1622 oerfpracl) SBiteUeSc^i alleg auf*
1 9tid)ter a. a. D. 130. 4 * 33iteHe§d)i an gr. Jpartmann unb ben
2 *Ad Rhen. 530. ißrobinätal Köpper, 1. SIpril 1617. *Catal.
3 * Litt. ann. 1617 unb * Catal. Rheni (an= triennal. Rheni 1619.
fang§) 1617. s * Original Epp. Princip. V 121.
Xitel eine§ 2:5cfenjettel§ hon SRünfter
1621 (V2).
25ie Uniüerfttäten bei- nieberrfieinifdjen tjkoüinj: SMitfter.
589
gubieten ; er werbe gunädEjft ben 33rief an ben ^3apft burefj ben Stgenten beg ®ur«
fürften überreichen taffen unb bann felbft fid^ beim Zapfte üermenben1.
Über bie ©röffe ber ßumenbungen üon ißriüaten für bie neue SÜabemie, bie
fe^r beträchtlich waren (über 30000 9ieidj§taler unb noch 30000 ffteidjgtater in
5lugfidjt), berichtete ber ißroüingiat ©opper am 19. Slprit 1624 an ben Stffiftenten
£f)eobor 23ufaeug unb fügte bei: ©g tiefje fich hier ein prächtige^ ©cfjotaftifat für
unfere ißfiitofoptjen unb 2f)eotogen einricf)ten, gang gu fdjmeigen üon bent reichen
©egen, ber fich ni(ht nur über bie gange SDiögefe, fonbern and) über bie üftadjbar-
gebiete, befonberg Dgnabrücf, Bremen, ^riegtanb unb bie üötarf, ergießen wirb. Um
fo nadhhaltiger merben beglfatb ©ro. §0 cf) Würben beim Stpoftotifdjen @tuf)l bie ©r<
ridftung ber Slfabemie fürbern2. Stber eg brauste nod) fünf Biafjre, big bie päpft>
liehe ißeftätigung erfolgte. ®ie 95ulte trägt bag Saturn üom 9. ©eptember 1629,
ihre Promulgation fcffeiterte aber am Sßiberftanb beg Somfapitetg3 4. ©dfjon oor ber
23eftätigung begannen im ^perbft 1623 bie SSorlefungen über ißtjpfif unb ein $abr
barauf auefj bie über ÜDfetaptfpfif unb gugteid) in ihrem oollen Umfange fämttidfe
tfjeotogifdjen SSorlefungen i.
9?ad) bem ißerfonatfatatog üon fünfter 1625/1626 lehrten Stlbert §ulfo unb
©ottfr. Ommeren bie fdjotaftifcfje Rheologie, SSitfj. Ufdjenborff Zeitige ©dfjrift unb
£>ebräifcf), 3 ißatreg bie brei Qatjrgänge ber ißfjitofopfjie, 1 2)?atf)ematif, aufferbem
am ©pmnafium 1 ©riechifch, 1 9ffjetorif, 2 Humanität, 6 ©rammatif. 3Son ©dfota«
ftifern ftubierten nur iptfitofoptfen in fünfter. Ser Katalog üom ^a^re 1631 Der«
geidfnet faft biefelbe 2Ingaf)t bon Sßrofeffuren: eg ftubieren brei Sefjrgänge ©cf)otaftifer
bort bie Sfjeotogie unb gwei Batfrgänge bie ißfjitofoptjie; im ^af)re 1650 treffen mir
aufferbem einen ^Srofeffor ber flftoral; bie ©cfjotaftifer, bie Sfjeotogie ftubieren, finb
fämtlidh aucf) ßatecfjiften auf bem £anb unb für bie ©olbaten in ber ©tabt.
©iuer großen ©ntfattung ber ©tubien mar auefj hier ber ^rieg hinberlidh- Bur
$utturgefd)id)te ber Uniberfität mag bie folgenbe ©pifobe bienen. 2tn ber Stfabemie
gu fünfter pflegten bie ©tubenten, um ihrer ©ntlaffung nad) beenbigtem breijährigen
ißhiIofopf)ieftubium größere geiertidfjfeit gu berieten, ÜDfufif gu beftetten, unb gmar
eine ber bon Ort gu Ort giefjenben SDiufifbanben. Sa an ber SIfabemie bie $ßro«
motionen unb ißromotiongfeierlidfjfeiten fehlten, fo Ratten bie Qefuiten bieg ruf)ig ge«
fcfjefjen taffen, menngteid) bie ©itte an feiner ihrer fonftigen Slfabemien unb Uni«
berfitäten beftanb. üftadf) unb nad) aber famen babei grofje Stugfdjreitungen bor.
93ei ben SKufifanten, ungebilbeten Seuten unb meift ehemaligen ©olbaten, gab eg ein
müfteg Treiben unb Bedjen in ben ©djuträumen, moburd) fetbft ber ©ottegbienft
unb bie Stnbadjt in ber anftoffenben ß’irdje geftört mürben. 23ei ben ©tubenten aber
waren eg tagetange ©dfmaufereien unb ©etage, an benen wof)t big an bie fjunbert
ißerfonen beibertei ©efdjledftg teitnafjmen, unb wobei Sag unb 9?ad)t gegeffen unb
getrunfen, getaugt unb gefungen mürbe, atteg unter ben Stangen ber beftettten SÜZufif«
fapeHe. ©g mar für bie gange ©tabt ein Urgernig unb üerurfacfjte ben ©tubenten,
bie fämttidtje Soften tragen mußten, grofje Stugtagen, fo baff manche ©ttern, fefjon
gebrüdt genug burch bie ferneren ßrieggfteuern unb bie bisherigen ©etbaufroenbungen
für bag ©tubium, ilfre ©öfjne fdjon oor ber ©nttaffung in bie £>eimat gurüdriefen.
Ser Sßroüingiat hatte bem Unmefen burdf) ein Verbot ein ©nbe gu machen gefudjt,
monad) nur nod) gmei üftufifanten, unb gmar nicht üon ben f)erumgiet)enbett roben
9)tufifbanben, fonbern aug SDlünfter fetbft beftettt merben burften. ®od) mürbe üon
ben ©tubenten bag Verbot umgangen, unb jene SÖiufifbanben, metdje bie ^auptfe^utb
1 * örig.=9teg. Ad Externos 1622.
2 * Original in Hist. Rlien. II.
3 @ f f e r , granj gürftenberg (1842) 250.
4 *Catal. Rhen. 1624 11. 1625.
590
9ld)te§ Kapitel, ©pmnafien unb UniPerfitäten.
an bem roüften Treiben Ratten, fehlten and) in ßufunft nidjt; ja eg mürbe atteg
nur nod) fcf)Iimmer. S)a unterjagte ber ^ßrotiingiat bei ber Sifüation be§ $ottegg
im £yat)re 1650 einfaef) jegliche Stecfjmufit.
iDag reifte nun bie fjartföpfrgen ©temente unter beit ©tubenten. ©ie manbten
fid) an ben ®ombed)anten Sernt). 0. 9ftaÜin<frobt, ber ben ^ejuiten menig geneigt
mar unb aud) halb mit bem neugemätjtten gürftbifdjof (Stjriftopf) Sernt). o. (Säten
gänjtidj gerfiet1. ®iefer griff ein, obgleich bem ®om!apitet über bie ©cfjuten nur
eine 3lrt i)3roteftorat, aber fein 9?ed)t begiigtict) ber ©djulbiggiptin guftanb, unb Der-
langte bie Seibef)attung ber ©itte; ja er erfcfjien perföntid) an bem betreffenben £age,
bem 23. $uni 1650, in ber ©djute unb befatjt trop alter Sorfteltungen unb Sitten
beg Seftorg ber non ben ©tubenten beftettten Sftufifbanöe, gu fpieten. @g mürbe
jefct nod) ärger atg üorfjer. Qn ber ©tabt tjerrfdjte Stuffefjen; bei ben Qefuiten aber,
beren Stutorität bei ben ©djütern ftarf erfdjüttert mar, unb bie nod) meitere @in*
griffe in itjre Secf)te unb bie öoUftänbige Stuftöfung ber ©cfjutbiggiptin fürsten
mußten, grofje Serftimmung. $n itjrer 9iot manbten fie ficf) an nerfdjiebene ®om>
Herren. Sttte mißbilligten ben ©emattaft unb bag unftuge Sorgefjen beg Sekanten,
unb in ber nädjften ©ipung beg SDomfapitetg mürbe bieg bem ®ed)anten gegenüber
äum Slusbrud gebracht unb bann ben ^efuiten itjr altes fRecßt über bie ©d)ute neu
anerfannt2.
§ilbegf)eim, jßaberborn unb fünfter Ratten ißre ®omfd)uten fdjon im 16. Q;af)r*
tjunbert ben ^efuiten übergeben unb gu Stfabemien gu ermeitern gejuckt, ^m erften
©rittet beg 17. ^atjrtjunbertg folgte bie attetjrmürbige $omfdjute gu Dgnabriicf
biefem Seifpiete3. Seiber friftete bie neue Academia Carolina in Ögnabrüd nur
ein furgeg Seben. Sttg Silit) im $at)re 1627 bie Sänen oerbrängt ßatte, nafjm ber
gmrftbifdjof grang SBitßetm üon Ognabrücf mit grofjem (Sifer 1628 bie Söieber»
ßerfteltung ber fattjotifdjen Religion in ber gangen Siögefe in bie §anb. Ser fanget
an sßrieftern unb Odjuttefjrern mar babei ein grofjeg £)inbernig. „@3 ift gum ©r*
barmen", jo feprieb er au jeinen Setter ^urfürft ÜJJIapintilian, „bajj man leine Seute
t)aben fann. Sräbilanten unb ©djulmeifier finb abgejeßafft, aber ©rfap ift nirgenbg
gu finben."4 Sie benachbarten proteftantifdjen Unioerfitäten mürben oon Ognabriid
aug oiet bejucfjt unb maren fo eine grofje ©tüpe für ben bortigen Sroteftantigmug5.
Segpatb befdjtofj ber Sifdjof, eine Unioerfität für Sfptofoptjie unb ißeotogie gu
errichten. ©d)on (perbft 1628 begannen bie Qefuiten bie Sortefungen, obgteid) Sotn
©djmierigfeiten machte, bie neue Slfabemie gu beftätigen bgm. gu errichten. Ser
1 Pgl. über ifpt £iicfiug, ßbrift. Pernb.
P. ©aien (1865) 2 f.
2 * SDtemoranbum be§ 9teftor§ P. ©djüding
an ba§ ®omfapitet, bat. 20. (guli 1650 (Rheni
inf. Fund. I 298 ff). * Litt. ann. 1650. 2)er
©enerat granj Piccolomini mar mit bem Por--
geben be§ 9te!tor§ nicht ganj einPerftanben. ßr
fcfjrieb bemfelben am 6. 9(ug. 1650: Turbae
porro in dimissione metaphysicorum concitatae
valde me anxium reddunt, quod difficulter
componendae videantur: in quibus et prae-
cavendis et sedandis varie peccatum est,
primuni, quod tubarum usus non auditis con-
sultorum sententiis abrogatus : deinde cum
D. Decanus non semel sed iterum, ac tertio
pro permissione instaret, imscxsca suggerebat
aliquid dignitati tanti viri deferendum esse,
cuius mores non poterant esse ignoti : ad baec
cur extemporaneo consilio probe suggesta
gratiae petentis non datum, quod importuni-
tate irrumpentium et violentia extortum?
Cur non denique domi suae conuentus statim
laudatus D. Decanus, qui R. Y. adventum
tota die operiebatur? Poterat fortassis leni-
tate verborum emolliri: sed et nunc suadeo
mitiora consilia arripienda, non vim vi re-
pellendam, licet senatorum auctoritate sufFulti
possimus. Nullo autem modo metaphysici di-
missi propterea a Theologia audienda arcendi
ne novis tricis implicemur. * Orig.=9teg. Ad
Rhen inf.
3 Pgl. oben S. 84 ff.
4 ®lof>0/ S)er S)reibigiäbr. Srieg III 135.
5 3« ber Pulle llrbanä VIII. Pom 22. 9lug.
1629 merben aufgesäbtt: .^etmftabt, Prcmen,
iRinteln, Marburg unb ©iefeen.
Sie Uniüerfitäten ber nieberrfjeinifcbeu ^Sroöins : Oänabrücf.
591
Kölner 9?untiug Suigi (Sarafa würbe jum Seridjt aufgeforbert, ben er am 27. Oftober
1028 in Slugfiept [teilte unb am 23. SWärj 1629 überfcpidte. @r fpracp fiep burdp
aug für bie ©rridjtung aug unb für bie Übergabe ber beiben gafultäten an bie
gefuiten1. Ser ©eneral meinte aber, mie er 7. Slpril 1629 an ben ©gnabrüder
Seftor gop. SlÜincf fcprieb, eg [ei bei ben gegenwärtigen Slnficpten, bie an ber
Ä’urie pcrrfdjten, fepr wenig ober »ielmepr gar feine Hoffnung auf bie (Srlangung
ber Slfabemie; in ber 9Mpe [eien jwci anbere Slfabemien ju fünfter unb ißaberborn
gegrünbet, unb eg pflege ber Sebeutung ber Slfabemien fepr abträglid) ju [ein, wenn
mehrere an nicpt weit ooneinanber gelegenen Orten errichtet würben2. Sropbem
erfolgte bie ©rricptung ber Slfabemie burdp bie päpftlidje Sülle oom 22. Stuguft
16293. Sie faiferlidje Seftätigung folgte am 20. gebruar 1630. Sie päpftlidje
Sülle traf am 3. 97o»ember 1629 in Ognabrüd ein. Sie ftattete bie neue Slfabemie
mit allen Stecpten ber übrigen Unioerfitäten in Seutfcplanb aug, befonberg aucp mit
ber Serleipung aller afabemifcpen @rabe in ber Sßpilofoppie unb Speologie. Sie
gunbierung ber Slfabemie »erlangte, wie P. Slltind am 6. 97o»ember 1629 an ben
gürftbifdjof fdjreibt, minbefteng 1000 Saler jäprlicp, abgefepen oon bem tüjeologifcfjen
Seminar ber ©efellfcpaft, für welcpeg ber Orben auffomtne. Senn aufjer bem
Rector magnificus, bem ^an^ler unb bem Stubienpräfeften, Weldje aug ber 9teipe
ber ißrofefforen entnommen würben unb begpalb feine neuen Sluglagen erpeifdjten,
mußten funbiert werben jwei Seprftüple für fcpolaftifcpe Speologie, je einer für
©pegefe, fjebräifcfje Spradfe, ÜUlorai, üöletapppfif, ißppfif, $D7atpematif unb Qstpif,
enblidp Sogif; aucp ber afabemifdje Sfotar unb ber erpeifcpten eine jäprlicpe
Sefolbung4. Sie Statuten würben nacp benen in ißaberborn unb anbern Slfabemien
»erfafjt. Gnnftweilen würben bie Sorlefungen für bie Speologie in ber Süfolaifapelle,
bie ber ))3pilofoppie in ber üDkrtingfapetle gehalten. Gsin Neubau für bie Slfabemie
würbe aber fofort in Singriff genommen unb fo geförbert, baff §erbft 1630 bereitg
bie inneren Slrbeiten »ergeben werben fonnten. „Solange ber Sau in feinem Sigor
war", fo peifjt eg in einer (Spronif, „leucptete er aug bem .iperrenteicpgtore bermafjen
ju gelbe, baff er eine gierbe ber ganzen Stabt war."5
Ser urfprünglicpe geitpunft ber (Eröffnung (1. 907ai 1630) fonnte wegen beg
Sorrüdeng ber Scproeben nicpt eingepalten werben. Sie beiben geftfdpriften, bag
Scpaufpiel Salomon redivivus unb bag Athenaeum Christianum, peröorragenbe
tppograppifdje ßeiftungen mit perrlicpen Sticfjen beg jüngeren dlafael Sabeler unb
Sufag Kilian, würben fcpon 1630 gebrudt. Ser Serfaffer beg Athenaeum War
ber in ber @efd)id)te Ognabrüdg bewanberte P. gop. Silftein6. gurn $cmüer öer
Slfabemie würbe ber ißaberborner ißrofeffor gop. £wrion ernannt. Sie feierlicpe
Eröffnung ber Slfabemie mit geftjug, geftgottegbienft, gefttpeater unb feierlidper
Promotion fanb am 25. Oftober 1632 ftatt. Ser gürftbifcpof fpradp bei ber feier=
licpen Übergabe ber llrfunben unb ber Siegel bag Sertrauen aug, baff, wie bie ißatreg
bigper ipm unb anbern in äpnlicpen Slrbeiten fiep auggejeidpnet bewäprt, fie audp in
ber gufunft ipren ßifer unb ipre frudjtreicpen Slrbeiten in perüorragenber SBeife an
ber neuen Slfabemie an ben Sag legen würben. 97acp ber Übergabe ber »ier Siegel
unb ber brei filbernen gepter ^er üfabemie empfingen ber 9teftor beg ^ollegg, ber
»om Sifcpof gurn Rector magnificus ernannt worben, unb bie Srofefforen ben
[eibenen Sfantel unb §ut. ®er ^anjler |>orion pielt bie lateinifcpe geftrebe über
bie wapre SBeigpeit. üm folgenben Sag erfolgte bie feierliche Promotion »on feepg
1 * Original Nunz. di Colonia, Arch.Vatic. 4 ^aeger, Sie Schola Carolina Osna-
Arm. 1, vol. 11. 3Sgt. Barb. Lat. 6201. burgensis 58. 5 Sbb. 62 f.
2 * Orig =5Reg. Ad Rhen. inf. 6 gbb. 66. Sßgl. SKitteilungen be§ Sßerein§
3 SBortlaut in Ratio stud. III 248 ff. für ©efef). bon Oänabrüc! XVII (1892) 213 ff.
592
2ld)te3 ffiapitel. ©pmnafien unb Uniüerfitäten.
doftoren ber Xfjeologie, banit baS grop Qefttheater, baS Nachmittage in
Stnfprud) nahm1.
©dijon ein Qaf)r fpäter nahm bie fo feierlich eröffnete SIfabemie ein jäheS @nbe.
§Im 11. September 1633 mürbe bie ©tabt non ben ©cfjmeben eingenommen: Sifdjof
unb DrbenSleute mußten fliehen.
(Sin ähnliche^ ©djidfal mie bie neue Süabemie in OSnabrüd hatte bie Neu»
griinbung in 9JioI§^etm. Überhaupt litten affe Uniüerfitäten ber oberrfjeinifdjen
Sroüinj fo furchtbar unter bem ®rieg, baff ihre @efdjid)te mehr in ben Nahmen ber
ßriegSbrangfale als in ben ber ©tubien fällt. deshalb mögen hier nur einige
Notizen über bie beiben Neugrünbungen in ÜNolSheim unb Samberg eine ©teile finbeit.
@ben üor SluSbrud) beS Krieges erfolgte am 27. Sluguft 1618 bie feierliche
Eröffnung ber Slfabemie ju üNolSfjeim burch ihren ©tifter (Srjherjog Seopotb. ©djon
am 11. Qmti 1607 hatte ber ^arbinal $arl üon Sothringen als Sifdjof üon ©trafp
bürg in ÜNolSljeim ein bifchöflicheS Seminar gegriinbet unb bem SSeihbifdjof üon
©trafjburg als fßroüifor unterteilt2. ©inen SNonat fpäter, 31. Quli 1607, bat er
ben ©eneral um fßrofefforen für dfjeologie unb fßhilofophie3 4. ©rjherjog ßeopolb
ging einen Schritt meiter unb betrieb bie Erhebung beS QefuitenfoffegS ju einer
SIfabemie. $aul V. erfüllte ben SBunfd) burd) Suffe üom 1. Qebruar 1617, bie
faiferlidje Seftätigung erfolgte am 1. September 1617 i. Nach ben Urfunben foffte
bie Süabemie XJjeoIogie, Shilofopfjie, fobann lateinifdje, griedjifcfje unb h^räifdje
©pradje umfaffen. Nach ben Statuten müffen bie ©tubenten bie ihnen attgemiefenen
Sorlefungen hören. däglidje Anhörung ber heitren SNeffe, monatliche Seicht,
Grmpfang ber heiligen Kommunion an ben größeren Qeften finb oorgefdjrieben. Qm
©ommer nach 9, im SBinter nad) 8 Uhr bütfen bie ©tubierenben ihre Söohnung nidjt
mehr üerlaffen, im Qaff ber Not aber mit Qadeln unb ohne Söaffen. Sie foffen
bie Reibung tragen, tueldje bie ©tubenten üon bem gewöhnlichen Soll (profanum
vulgus) unterfcheibet, aber feine lupuriöfen unb mobilen Kleiber, diejenigen,
melche fdjon SBeiljen empfangen haben, foffen geiftlidfje Reibung anlegen. Sor
bem Söechfel ihres ^ofpi^eS unb üor bem Serlaffen ber SIfabemie müffen fie ihre
©djulben befahlen5.
Sei ber feierlichen (Eröffnung übergab Seopolb bem Neftor beS QefuitenfoffegS
bie ©tiftungSurfunbe, baS Qepter unb bie übrigen Qnfignien. die ©tiftungSurfunbe
trägt baS datum üom 19. Quni 1618 6. ©in Panegyricus, ben bie neue Süabemie
ihrem ©tifter mibmete, preift u. a. bie großen Serbienfte SeopoIbS um bie ©efelff
fchaft Qefu im ©Ifafj7. Qn bem ^ßerfonalüer^eidjniS beS ft'offegS merben in biefer
Qeit als fJSrofefforen aufgeführt 3 für fdjolaftifdje dheologie, 1 für (peilige Schrift,
3 für ^hüofophie, 1 für ($t£)if unb ÜJJJathematif, 6 für ©riedjifdj, Nljetorif, §u=
manität unb bie brei ©ratnmatifalflaffen. Qm Qafjre 1628 arbeitete Samorntaini
an bem ^lan, bie üfabentie üon SNolSljeim nach ©trapurg ju üerlegeit. (Sr meinte
bieS burdjjufehen, menn man bemeifen fönne, baff bie fßroteftanten baS dhomaSftift
in ©traPurg gu Unrecht befäpn8.
1 9täl)ere3 ü6er bie geier bei 3 a e g e r a. a. 0.
71 ff-
2 Stiftungsbrief unb Statuten bei 0. Berger-
Le vrault, Annales des professeurs des
acaddmies Alsaciennes (1892) xexi ff.
3 * Original Epp. Cardinal.
4 $ie Urtunben bei B e r g e r - L e v r a u 1 1
o a. O. ovm ff mit bem falldjen Saturn 1612.
6 Statuta Generalia in alma Catholica Uni-
versitate Molsliem. a Studiosis Academicis
observanda, ebb. exm ff. gs finb biefelbeit
roie bie SiUinger Statuten. Sgl. oben S. 575.
6 Srucf in Inauguralia Collegii S. J. Mols-
hemensis, iDloISfjeim 1619, 6. ff.
7 Archiducalis Academia Molsliem. . . . ex-
plicata Panegyrico Dicav. Colleg. Academ. S. J.
Molsliem. Molsliemii 1618, 236 ff.
8 *Samormaini an 3?itette§rf)i, 29. ^an. 1628.
Original Epp. Austr. IV 49.
Sie Uniüerfitäten ber o6err!jeintfrf)en Srobing: Samberg.
593
®ie folgenben ®rieggbrangfale machten nicfjt allein einen ©trid) burd) biefeit
$PIatt, foitbern vernichteten and) bie Stfabemie in SJJofS^eim faft öoUftänbig. SBäfjrenb
ber erften $eit ber fd)mebifchen Offupation mürbe ber Unterricht in ben humaniftifd)en
unb pf)iIofop^ifcf)en Rächern mit menigen (Schülern fortgesetzt, ^m $al)re 1639
mären nur 2 fßrofefforen für ^he°f°9'e unb 1 für £>umaniora tätig '. $ür bie
Qahre 1641 — 1649 finbet fid) ein ^ßrofeffor, ber fHfjetorif unb Humanität lehrt, ein
gmeiter für alle ©rammatifalflaffen. Qm ^ahre 1650 beforgen im ganzen 2 fßriefter
unb 1 SDiagifter bie @d)ulen2.
Son ben ©eiehrten ber Sttolgheimer SUabemie ift am meiften befannt ber @e>
fd)id)tfchreiber beg fö'önigg Dagobert, ^obof ®od) (Coccius) aug Srier (1581 — 1622),
ber auch einen größeren Seitrag für bie geftfdjrift ber ?lfabemie geliefert hat. ©eine
SIrbeit über ^Dagobert fufjt auf
ard)ioaIifd)en ©tubien unb
mürbe erft nad) feinem Xobe
herau§gegeben3.
SJJätten in ben Sebräng*
niffen beg dreißigjährigen $rie»
geg, unb gmar im testen @ta*
biunt beSfelben, reifte auch ber
$Ian gur SIfabemie in Sam*
berg. Schon bei Seginn beg
fö’ollegg ha^e man SDialeftit:,
$afuiftif unb ®ontrot>erfe bo*
giert, aber bie ©rünbung einer
toUftänbigen, mit ^ßromotiong*
rechten auggeftatteten SIfabemie
gelang erft unter ber 9tegie*
rung beg tatfräftigen Sifcfjofg
$DMd)ior Otto öon ©algburg
(1642 — 1653). $m S’iooember
1643 mürben Sorlefungen über
Sogif unb ÜUtoral begonnen;
biefen reihten fid) bann $ahr
für $ahr neue ®urfe über ^3t)hs
fif, äftetaphhfif unb fdjolaftifdje
Rheologie an4. SJJäm hatte
fogar baran gebacht, eine 2Ifa=
bemie ohne fdjolaftifche Ztyo-
logie gu errichten. Sluf eine Slitfrage beg Üteftorg ^olj. ®reif)ing vom 8. Quli 1644
antmortete ber ©eneral am 20. Sluguft: Söenn man unter ber geplanten SUabemie
ein Studium generale öerftefje, fo fei vor allen anbern 2öiffenfd)aften bie fcholaftifche
Rheologie erforberlich 5. ©ehr grofge Serbienfte um bag guftanbefommen ber SIfa*
Srüvftbifdjof Stcldjior Otto Sott von ©atjburg.
©tid) (Vj). ®gl. Sibtiothef in Samberg.
1 Sie Srofefforen ber Sheoiogie lehrten n»of)I
bie Storaltheotogie, bie 1636 itad) 90iol§£)eim
Verlegt morben.
8 Srop ber geringen 3<üÜ ber ©cbüler finben
mir folgenbe bramatifd)e Stufführungen ber=
geid)net : 1640 ggnatiuS unb Starbod)äu3, 1646
©t Startin, 1648 Sheobofiu3 a(3 ©rgieljer feiner
©ohne.
$ut)r, @ej<t)ttf)te ber 3efuitett. II.
3 R. R e u ß , De scriptoribas Alsaticarum
rerum historicis (1898) 163 f. fReuf? üerteibigt
ben P. ßoccinä gegen bie Stnfchulbigung , er
habe ju ©unften granfreidjS gefdjriebeit. Sie
fpätere SBenbung habe er gar nicht borauSfehen
fönnen.
4 * Litt. ann. 1643 ff.
5 * ©rig.=9teg. Ad Rhen. sup.
38
594
2ld)te§ Äapitel. ©tjmnafien unb Unioerfitäten.
bemie erraarb fid) ber 9ieftor Söolfgang ©petl) (1644 big 1647). 21ug ber ®or»
rcfponbens ©peth§ mit bem 23amberger ^anjler Dr £>einr. ÜOiertlod) geht Ejeroor, bafj
ber 91eftor unabläffig für bag .Quftanbefonunen ^er Slfabemte arbeitete: er bittet,
brängt, befeitigt tpinberniffe, furj entfaltet eine gerabe^u raftlofe Sätigfeit1. ®ieg
ift um fo bemerfengmerter, alg bag Kolleg jur felben ßeit bie größte S'iot litt.
2lm 16. Qiuni 1646 flagte ©peth beim S3ifcf)of : 2)ag ganje Qaf)r fpnburcf) fjabeit
mir oon ber Kammer für bie ^ßrofefforen nur 100 ©ulben erhalten, bag Kolleg mirb
non fjarter 2lrmut gebrücft ; ber SBifdjof möge bie Kammer anmeifen, menigfteng
etmag bem tft'olleg ju §ilfe ju fommen2. £ro|bem berirfjtete er Slnfang 1647 bem
Qürftbifdjof: Qn menigeit Söodjen mirb ber Cursus philosophicus abfoloiert, bie in
Rhetorica, Logica unb Physica fid) befinbenben ©tubenten finb aber mehrenteilg
entfdjloffen, an anbern Orten auf bie Unioerfitäten fid) ju begeben, meilen fie fyex
feine Promotionem ad Magisterium ju erlangen ner meinen, bafjer id) forge, eg
mödjte bag angefangene Studium philosophicum in ^ürje mieber gan^ erliegen3.
Unb bem 23amberger $an^ler äRertlodj fcfjrieb er um biefelbe ßeit: Qd) ^abe (bem
®efan) geantmortet, baff mir für ben 21ugenblid feine meiteren 2(nfprücf)e madjeit
al§ unfere bisherigen 23ejüge, erft nad) 9tüdfef)r beg Qriebeng unb beg früheren
2ßof)Iftanbeg fei ben ißrofefforen ein angemeffeneg Honorar ju bejahten4.
211g eg fid) um bie SOlobalitäten ber ©tiftunggurfunbe ^anbelte, fteHte ©petl)
bem ^anjler nor: £)er ^roningial mit feinen ^onfultoren münfdjt, baff in ber
Qunbationgurfunbe bie 2(mter beg Üfeftorg unb beg Äanjlerg ber ©efellfd)aft über*
tragen merben, unb jmar um mit größerer 9Mje unb größerem (Srfotg bie afabemifcfje
5£)ig3iplin §u magren. SDiefe leibet oft barunter, menit ber 9feftor ben Qefuiten
menig, ben ©tubenten feljr gemogen ift; ferner fjanbelt eg fich nur um unfere ©djüler,
bie nur ung untermorfen finb; enblich merben oielfad) auf ben beutfdjen 21fabemien
biefe 21mter oon ung üermaltet, fo in ©raj, ©düngen, i^aberborn, Sülolgljeim, Olmüp,
felbft auf ben Unioerfitäten fßrag unb ^ont*a=9ftouffon finb unfere fßatreg 9teftoren
unb ^an^Ier. Qu 2öür§6nrg fönnen mir faum einige Prälaten geminnen, befonberg
oon ben ©omherren, baf) fie bag 21mt beg 9feftorg übernehmen, bemt 23rot gibt’g
babei nicEjt gu Oerbienen5.
liefen SSünfdjen mnrbe in ber ©tiftunggurfunbe oom 14. 9ioüember 1647
entfprodjen. ©er 23ifd)of Ijebt befonberg fjeroor: @g ift ung mofjlbefannt, melcfje
angeftrengte ^ätigfeit fomof)! an anbern Orten beg cfjriftlidjen ©rbfreifeg alg aud)
in biefer unferer ©tabt bie Dteligiofen ber (Sefellfdjaft Qefu bigf)er entfalten fomol)!
burcf) ifjre ißrebigten, ihren Unterricht ber Qugenb in ben ©djulen unb ®ated)efen
alg aud) burd) alle anbern 21rbeiten ber CEaritaS 6. 23ereitg am 14. ©ejember 1647
nahm ßarrafa bie ©tiftung an 7. Um bie faiferliche Sßeftätigung ju betreiben, reifte
P. ©peth Frühjahr 1648 nach s^Pra9- ®ie Slugfertigung erfolgte am 20. 2(pril 1648 8,
einige SDionate fpäter, am 18. Quli, bie päpftliche 23eftätigung 9.
1 Sie Driginatforrefponbenj über bie ©rün*
bung ber 2lfabemie findet ficf) int Samberger
®reii?ard)iO £. 451, ga3ä. 4. Acta Universitatis
Bamberg. 1646—1649.
2 * Original in Samberg, 21. 2lften über
bie ^efuitengüter 1631—1657.
8 228 eher a. a. 0. 101.
4 * Original in Samberg, S. 21. S. 451,
ga§j. 4, f. 12,
5 ‘Original ohne Saturn ebb. S. 451, ga§ä. 4.
6 * Original auf Pergament ebb. , 2.
Srucf bei 59t artinet, (Stiftung ber Academia
Ottoniana (1847) 25 ff unb Sdjmitt, ©efd).
be§ ©rneftinifcben tlerifalfemiuarä 51t Sant»
berg (1857) 457 ff.
7 ‘Original auf Serflament m't golbeucn
Settern in Samberg, 21. S. 451, 5a§ä. 2.
Seilmeifer Sruct bei 59t artin et a. a. 0. 30;
©djmitt a. a. 0. 476.
8 * Original auf Sergatncnt mit ©olbfdjnur
unb grobem (Siegel S. 451, 3. Srucf
bei 59t a r t i n e t a. a. 0. 35 ; (S cb m i 1 1 a. a. 0.
465.
9 * Sibim. Sergament llrfunbe S. 451, 3to§S-4.
Sruct bei 59t artinet a. a. 0. 32; (Sdjmitt
a. a. 0. 469.
Sorge für arme Stubenten: SerfdEjiebene Slrteit ber llnterftüßung. 595
2lm 1. September beSfetbcit ^o^re§ fanb bie feierliche Eröffnung ber Slfabemie
unter gropen gefttidffeiten ftatt. Stfabemifdje (Disputationen, fßromotionen, geft»
reben, geftfdjriften unb g-efttljeater („(Die fünf Ottonen") bitbeten beit äußeren
Nahmen, $iir baS tateinifdje geftfpiet mar bie Sühne auf Soften ber Stabt auf
öffentlichem Sßtape errichtet morben; oor ber Sühne fprubelten jmei Springbrunnen
2öein, ein geuermerf am Stbenb bitbete ben Sdjtup L (Die Sortefungen erftredten
fidj über bie gefamte (ßhitofopfpe unb fdjotaftifdje Xheotogic ; festere mürbe oon jmei
^ßrofefforen nach ber Summa beS \)\. (DlfomaS öorgetragen. Schon im Qat)re 1649
mirb eine gtänjenbe (Disputation aus bem fanonifchen (Recht ermähnt.
(Rad) ben Consuetudines ber oberrheinifd)en (ßroüinj öom ^alfre 1628 tefen bie
2 (ßrofefforen ber (Dtjeotogie täglich oormittagS je eine Stunbe mit 1/i Stunbe
(Repetition ; bie Casus (äRoral)
hören bie Stubierenben beS erften
unb jmeiten ^apreS, ^ebräifch bie
beS jmeiteit $at)reS, Zeitige Schrift
bie beS britten unb öierten QapreS.
^n ber ^ßfjirofop^ie finb täglich
jmei Stunben Sortefung, bie eine
oormittagS, bie jmeite nachmittags.
(Der ^Srofeffor ber griechifcfjcn
Spradje lehrte morgens in ber
(Rf)etorif unb nadjmittagS in ber
Humanität 2.
er
(Die meitere ©ntmidtung ber
Samberger Stfabemie gehört ber
fotgenben ^Seriobe an.
* *
*
©in alten ©pmnafien unb Uni»
oerfitäten ber ^efuiten gemeinfamer
ßug ift bie tieöeüotte Sorge für
arme Stubenten.
©egen ben Sorrourf eines
StnonpmuS, bap bie ^efuiten nur
reidje Schüler ju ihren Sdjulen ju»
tiepen, hebt ©retfer im $ahre 1610
heroor : Schon niete Qaf)re bin id)
im Sefjrfacf) tätig, aber immer ^äfftte
ich mehr ärmere atS reiche Schüler3.
Unb Sapmann fdjreibt im ^apre 1631 : gaft an alten ©pmnafien unb Stfabemien unferer
©efettfcpaft gibt eS Slonüifte für arme Stubenten; biefe Stubenten merben entraeber
auS ben ©infünften beS ßottegS, falls bieS mögtid) ift, ober auS Sttmofen unb
frommen Legaten unterhatten, bis fie fo meit in (ÜBiffenfdjaft unb Dugenb auSgebitbet
finb, bap fie bei ben abeligen ober reichen Stubenten baS Stmt eines Hauslehrers
oerfefjen fönnen. Deshalb fjut in ben Äottegien ein (ßater ber ©efeflfcfjaft nicht
allein für ben leiblichen Unterhalt biefer armen Stubenten, fonbern auch für ihren
gortfdjritt in Stubien» unb ©harafterbitbung Sorge 311 tragen. Übrigens gibt eS
1 2)a§ 92äf)erc bei SBeber a. a. D. 105 ff; 3 Gretser, Haereticus Yespertilio (1610)
ebb. 107 f aud) bie geftfcfjriften. 146.
2 * Codex Bamberg. II 13 ff 27 ff.
fei o r ^fE
Difpinarionis Thcologicx jg-pjj)
DE. ^
IlOMNIPR/ESENTIAll
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m 2 itijiofet int er Caluinifla*
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M PROPVGNATA SCHOLASTI-
ce, InAcade mia Herb i~
P OL ENS I.
P R, /£ S I D E
R. P.
Maximiliano Sand&o
E SOCIET ATE IESV, SS THEOL.
DOCTORE, PROFESSORE.
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| M. F. Nicolao Hoffman S. Ordinis gpjj
CiftericenfisProfefToEB erac ENSI jgCsJj
j SS Thcologiat Candidito.
fl
H erbipoli »Typis Con. Schwindtlauff An.i6j6.
s V?
Sffiürjbuvger Süjefenaettel 1616 (5/8)-
tcremiz X XI II. 24.
Calutn &ttrram Egoimplto.
38
596
21d)te§ Sapitet. ©tjmnaüen unb Umberfitäten.
unter biefen ©tubenten einen Unterfcpieb: bie einen erhalten eine regelmäßige unb
für 2lrme pinreicpenbe Unterftüßung; bie onbern merben ©pfpeftanten genannt, fie
erpatten ipre DJapruitg non beit übriggebtiebenen ©peifen unb riicfen nor, menn fie
in ben ©tubien unb fittticper Spaltung Qortfdpritte gemacht paben. Tie Qapt foldjer
©tubenten, bie burcfj bie Qürforge unferer patres unterhalten merben, ift feb)r groß ;
für fie betteln bie patres mie für bie anbern Firmen Unterftüßungen non beit fReidjen.
Sei ber Sifitation ber Kollegien pflegt biefe Qiirforge ben fßatreg ganj befonber§
empfohlen $u merben. Um ben armen ©tubenten Nahrung gu nerfd^affen, ift in
ben meiften Kollegien ein fßriefter ber ©efetlfdjaft aufgeftedt, beitt non 2tmtg megen
biefe ©orge obliegt 1.
Tiefe Sepauptungen Saßmamig taffen fidh burch eine Qütte non ©in^etpeiten
belegen, Qreitid) finb mir, mie über bie caritatioe Tätigfeit ber Qefuiten überhaupt,
fo audj über ihre Unterftüßung ber armen ©tubenten nur mangelhaft unterrichtet:
eg mar eben etmag 2ttttägtidjeg, unb über bag SXCttägliche fdhmeigen meifteng bie
Qapregbriefe ebenfo mie bie £>auggefd)icptett. 9?ur bie Tagebücher ber einzelnen
©dhuten ermähnen bei ihren täglichen ©intragungen manche ©in^ettjeiten, meit fie
auf bie ©eftattung ber ©chuttage ©inftuß hatten.
©o enthält bag intereffante Tagebuch beg ©mmeridjer ©pmnafiumg2 eine fReiße
non ©in^etheiten, loetdje bie gerabeju mütterliche ©orgfalt ber Qefuiten für bie bort
fo jahtreidpen armen ©djüter bartun. 2Iußer ben häufigen ©elbfpetiben, bie in ben
Staffen an bie armen ©tubenten nerteitt mürben, forgte man audj für Sücper, ^ßapter,
©djupe, ©trümpfe unb fReifegetb. 2tm 19. Tejember 1618 merben an 130 arme
©tubenten Sücper nerteitt, unb am fetben Tage mirb für 136 ©djüter non nier
©dpuftern bag 3Raß genommen für ©dputje. Qm Qapre 1621 peißt eg jum 9. ge»
bruar : Unter bie 2(rmen (©tubenten) mürbe ©etb nerteitt, nom Kolleg mürben 3 9Ratter
©etreibe für bie brei 2trmenburfen gefpenbet; unb jum 29. September: Tie Sücper
mürben an bie 2Irmen nerteitt. Stm 17. ÜRonember 1630 mürben ben armen
©tubenten Sücper nerteitt, unb in ber tRpetorif unb Humanität erpiett jeber 2 Such
guteg Rapier, in ben übrigen Staffen ein Such- Qm fetben Qapre 27. 97oüember:
©g mürbe bag 9Raß für bie ©cpupe ber Strmen genommen; am 22. Tejember:
Unter bie Firmen mürben 26 Tater nerteitt, bie Tiateftifer erpietteit 15 ©tüber, bie
fRpetorifer 14 unb fo abgeftuft bie anbern; 29. Tejember: ©inigen tränten unb
uotteibenben 2lrmen mürbe eine außerorbenttidje ©etbfpenbe gereicht. Tie befonbere
Unterftüßung ber erfrantten unb burd) Unmetter am Settetn in ber Otadjbarfcpaft
nerpinberten ©tubenten mirb meprtnatg ermäpnt. Qmei ^a9e 0or SSeipnadpten 1636
mürben an 42 2trme neue ©cpupe nerteitt. Tag ftRaßnepmen unb bie Serteitung
non ©djupen an ca 50 ©tubenten mirb in ben fotgenben Qapren faft regelmäßig
ermäpnt. 2Iudj bie Serteitung noit Strümpfen erfotgte attjährticp. 2t m 23. ÜRo*
nember 1645 peißt eg: 2Ran taufte Tucp für bie ©trümpfe ber armen ©tubenten.
Sei ber 2tbreife erpietten bie ©tubenten fReifegetb (30. September 1634), unb gtoar
biejenigen, bie einen längeren 2Beg patten, 15 (?) ©tüber, bie übrigen bie £>ätfte. Ter
Procurator pauperum patte für bag fReifegelb 12 fReicpgtater beftitnmt (30. ©ep=
tember 1637). Qm Qapre 1647 bemerft bag Tagebudp jum 8. 2lprit: 21m ©rinn
bonnergtag mürben in ber 2lula um 1 Upr non 5 Herren armen fRpetorifern bie
Qüße gemafdjen; außer einem Trunt Söein unb meißern Srot erpiett jeber 1/2 fReidpg*
tater. Qm fetben Qapre fdjenften am 14. Tejember bie fRonneit non ©t 2tgneg
4 ß'örbe Srot, jeber arme ©djüter erpiett 3 ©tüd; am 22. Tejember mnrben
100 ©tüd SBeißbrot nerteitt ufm.
1 Lay mann, Iusta defensio (1631) 2 * Diarium Gymn. Embric., int ©taatlardpö
304 f. 5it Siiffelborf, Smmerid), Qef. 37.
Sorge für arme Stuöcnten: 9Serfcf)iebene 31rteu ber Unterftügung.
597
®a3 STagebucp be3 Kölner 3efuüengpmnafium3 1 erjäfjlt jutn ^a^re 1616:
253eif)nacf)ten mürben Sttmofen »erteilt an arme ©tubenten, 40 ©pitofoppen unb
160 ©pmnafiaften ; je 2 ©pitofoppen unb je 4 ©pmnafiaften erhielten 1 ©rot unb
jeber etron§ ©etb. ®er neue ©tubienpräfeft Stbam ®afen begann fein Stmt S35ei£)=
nacpten 1624 bamit, bap er ben ffteftor um SItmofen für bie armen ©tubenten bat.
©r erfjielt 40 ©tafferb unb 1 Gatter ©etreibe, au3 bem 60 ©rote für ebenfooiele
©tubenten gebacfen mürben. ©3 mar eine alte ©itte an ber Kötner ^efuitenfcfiute,
bap tägticp 12 — 14 ©tubenten oom ©ater ©eftor um 12 Upr ©rot unb ©uppe
erhielten, 3m ^apre 1623 »ermeprte P. ©cperen bie ©abe. ^ebe Sßocpe gab er
1/2 937atter ©etreibe, au3 bem 21 ©rote gebacfen mürben. SBegen ber Steuerung
im ^apre 1626 mürbe bie 3flpf ber ©tubenten auf 18 »ermeprt, oon benen jeber
aucp ein ©rot erpiett. SDiefe 18 maren nur au3 ber ©pitofoppie unb ben pöperen
staffelt, „meil bie ©cpiiter ber unteren Staffen fiep meniger fcpämen, an ben Stüren
ju betteln". Unter ben burepfepnitttiep 800 ©cpütern ber 3efuiten gab eg meift
200 arme.
$ür bie armen ©tubenten in ©fünepen „gab e3 niept menige Hilfsquellen.
Slbgefepen Oon ber ©riüatmopttätigfeit, üoit ber 937 öglicpfeit , burep Qnftruftionen
unb Hofmeifterftellen, bnrep ben SDienft eines ©utfator3 feinen Unterpalt ju finben,
taten aucp bie ^efuiten unb ber §of oiet. 3ene/ fepon burep bie ©cputgetb*
freipeit ben Sinnen entgegenfamen, üerabreiepten auperbem Seprmittet unb bare3 ©etb"2.
Über bie einzelnen ©eiepungen entpält ba3 93tüncpener ®iarium3 manepe Sin*
gaben. 3um H- 93iär§ 1603 mirb bemerft: SDie ärmeren im ©pmnafium mürben
üerfantmelt, mit 2tu3napme berer, bie im Strmenfonüift roopnen, e3 fanben fiep gegen
100; ber ©räfeft »erteilte unter fie 12 ©utben. Stpnticpe ©etboerteitungen merbeit
päufig ermäpnt4. Stm 16. fyebruar 1606 mirb eingetragen: @3 mürbe burepgefept,
bap bie armen ©tubenten für ba3 Stbfcpreiben Sopn erpatten. 3m 3°Pre 1624
maren oon 1100 ©cpütern infolge ber Steuerung mepr at3 bie Hälfte pilfsbebürftig
(egeni). Slucp in 93tüncpeu erpietten bie armen ©tubenten ©üeper, für beren ©e>
forgung ein eigener Seprer aufgefteüt mar. SDie ©cpüter mürben angepatten, bie
©üeper naep ©ebrauep jurüefjugeben gemäp ber oon ipnen beim ©mpfang gegebenen
©efepeinigung; »or ber ©üefgabe füllten fie fein SIbgangSjeugniS erpatten. 3m
Stprit 1624 peipt e3: ©inige »on ben armen ©tubenten fammetn Sltmofen, ba3
nadp bem 9Jtittageffen an bie ©cpüter ber einzelnen Staffen »erteilt mirb, unb jmar
fo, bap einer um fo mepr erpält, je pöper bie Staffe ift. ©o befamen »on ben
gefammetten 27 ©utben bie ©ubimentiften 7, bie ©rammatifer 8, bie ©pntapiften 9,
bie fpumaniften 12, bie ©petorifer 15, bie Sogifer 18, bie Stpeotogen 24 ßreujer.
SDie ©ammter erpietten nebft iprem ber SÜaffe entfpreepenben SInteit noep jeber
30 ßreujer. Stm 12. 97o»ember 1624 erpiett jeber arme ©tubent 4 ©rote („©eeten
3etten") unb 2 ^reujer. 3n ber ^'armoepe mürbe attjäprticp ©etb für fie ge*
fammett. Stucp in 937üncpen erpietten bie armen ©tubenten »on ber ©cpute ©cpupe. 3m
$apre 1647 maept ber ©räfeft ben ©intrag: SDem ©cpufter pabe icp für bie ©cpupe
ber armen ©tubenten 24 ©utben 20 ^reujer bejaptt.
3» einer Überfiept über bie ©infünfte unb SIu3gaben beS $otteg3 »on SDiüingen
au3 bem 3aPre 1604 peipt e3 unter bem Xitel „Sttmofen" : 3um anbern mirb möcpent*
tiep am Sttmofen »or beS S'ottegii ©orten auf allerlei arme Seut geben 20—30
ßreujer, item pergebraeptem alten ©rauep naep ben armen ©cpütern bei bem §afen
1 * Liber consuetudinum scholae Colon. S. J. 3 * Diarium Gymn. Monac. Clm 1550.
Köln, Stabtarrfjib, Uniberfität 605. * gm gapre 1604 bettelten bie fßatvel in
2 33 alter, 2lu3 bem Diarium Gymnasii S. J. SJtüncpen 1600 ©ulbeit, um bie fRot ber armen
Monac. 13. Stubenten p peben. Flott o 170.
598
2ld)te§ Kapitel. ©ptituafien lutb Uniberfitäten.
neben ben übriggebliebenen ©peifen aucfj täglich gmeimal bie 9cotburft 23rot in bie
©uppen gereicht, mirb affo bieg Sllmofen jährlich angefcfjlagt auf 60 ©ulben5.
Qn SSien mar eg P. Santormaini, ber fid) mit Siebe ber armen ©tubenten
annahm unb al§ Oberer beg $J3rofej3haufeg eine befonbere Orbnung für bie ©peifung
ber armen ©tubenten feftftellte, bie bann, einige $af)re fpäter (1635) non bem
^rotüngial ©umereder beftätigt, für lange $eit mafjgebenb blieb. 33or allem oerbot
er, bie armen ©tubenten für bie ©peifung arbeiten gu laffen; bag fei fein Sllmofen
mef)r. ®ann forgte er für au§reid)enbere§ (Sffen. ©in ißater mufjte bafür ©orge tragen
unb felbft in bie $iidje unb an bie Pforte gefjen, um nadj bem Rechten gu fef)en.
Slug Siüdficht auf bie befferen ©tubenten, bie ficf) fdfämten, oor ber £üre auf bag
Sllmofen gu rnarten, befahl er, fie in bag £)aug eingulaffen, bamit fie bort märten
fönnten. 311g 9caf)rung oerorbnete er marrne ©uppe, etmag fyleifd), eine meitere
©peife unb 23rot für einen £ag. ©tatt beg einen großen fyamilienbroteg für alle
Slrme lief) er gm ei eigeng für bie ©tubenten geben. Sin ben Slbftinengtagen muffte eine
eigene ©peife bereitet unb bagu eine bide ©uppe gegeben merben. ßumeilen füllten
fie auch Rapier, etmag ©elb gur 33ejaf)lung ber SDfiete unb an fjofjen gefttagen eine
befonbere gleifdjportion erhalten1 2.
$n ©rag mürben täglich an ber fßforte beg ^ollegg 56 arme ©tubenten ge»
fpeift, mogu bie ©elbmittel burd) ©ammlungen aufgebracht mürben. Qn ben Slnnalen
beg ©rager ^oKegg mirb gutn Qiahre 1631 gelegentlich ber Softorpromotion beg
©tubenten Qoljann üDlüngburger folgenbeg berichtet: Slug niebrigen unb bürftigen
S5erl)ältniffen fdjmang er ficf) bitrc^ SBiffenfdjaft unb ©harafter gu ben ^öc^ften
SBürben empor. 9? ad) abfoloierten ©tubien mürbe er Slboofat, nach einiger geit
9fat ber inneröfterreichifdEjen Regierung, SRegierunggpräfibent unb §offangler gu ©rag
unb alg foldfjer in ben greifjerrnftanb erhoben. Q3ei all biefen 31uggeid)nungen be*
mährte er eine feltene 23efd)eibenheit. ÜUian erzählt, bafj er gu SOifcf) feinen ©äften
aug einem irbenen Köpfchen in filberner ©infaffung gugutrinfen pflegte mit ben
SBorten: Qn biefem £opf ftedt mein ©liid. SUg ich @d)üler ber ©rammatif mar,
habe ich mir bamit an ber Pforte beg Qefuitenfollegg täglid) meine ©uppe geholt3.
Slrmenbibliothefen, b. h- 53ibliotl)efen, aug benen bie armen ©tubenten ihre ©cfjul»
bücher erhielten, mürben faft an allen ^efuitenfdjulen errichtet unb ein eigener ißater
mit bem Slmt eineg Bibliothecarius pauperum betraut4 5, ^n bem Stmberger ®ia»
rium mirb gum 18. Oftober 1633 notiert: Seit Sinnen aller klaffen mürben heuer
gum erftenmal bie ©chulbiicher aug ber Slrmenbibliothef gum ©ebrauch gegen einen
©mpfangfd)ein unb bie 95erpflicf)tung gur 9iüdgabe auggeteilt5.
SDafj bie armen ©tubenten burd) ©ingen an ben £üren ber Käufer (©affen»
fingen) ficf» ihren armfeligen Unterhalt erbettelten, mar eine aug bem ÜRittelalter
überfommene ©inrichtung unb blieb mie an ben meiften proteftantifdhen ©d)ulen6,
fo audj an oielen $efuitenfcf)ulen beftehen. ©o hdfjt eg g. 53. in bem Slmberger
SDiarium gum 23. Slpril 1627 : Unfern armen @d)ülern mürbe bag Umfingen in
gmei ©ingchören in ber oberen unb unteren ©tabt erlaubt, um Sllmofengelb in einer
1 * Original in 9Jt. 91., Jes. 1001.
8 Ratio stud. IV 245 ff. ®af? Samormaini
ber Verfaffer ift, gel)t au§ ber *VitaP. G. La-
niormaini Ijerbor.
3 sp ein lief), ißrogr. 1870, 44 24.
4 Vgl. bie *Catal. Rhen, unb Germ, sup.,
3- 58. £iilbe§heint 1633, Äonftanj 1639 u. 1640.
5 9tijner, ülmberg 69. Surcp Xeftament
üom 3al)re 1629 ftiftete ber Vamberger SBeih*
bifchofffförner eine jährliche 9tente oonl0@ulben,
für welche bie gefuiten al§ Seiter be3 ©put»
nafinmS jährlich oor ber {Eröffnung ber Schulen
Schulbücher 3ur Verteilung an bie ärmftett
©tubenten, weldje fid) biefelben nicht anberS«
woher oerfchaffen fönneit, laufen follten. ®a§
Sapitat oon 200 ©ulben tonrbe am 30. ®e,3.
1630 befahlt. Vamberg , Krei3ard)io , gadj.
Hospitium Marianum.
G Vgl. fiaemmcl, ©efd). beS Seliger
Sd)ulwefen§ 86.
(Sorge für arme (Stubenten: 2Serfd)iebene Slrten ber llnterftüpung.
599
öerfd^toffcnen Büdjfe einjufammeln, melc^eS bann ber 'pater ©djulpräfeft monatlich
unter fte verteilen füllte1. ©djmierigfeiten non feiten be! Magiftrat! üeranlafjten
im $aljre 1624 in Mündjen ein erneute! Verbot be! ©affenfingen!2.
An ber ju Arnberg gefjörenben fteinen ©cfjule in ÜBeiben naljm ficf) P. Balfterer
at! ein maljrer Bater ber armen ©djiiler an. ®a! 333eibener Diarium macfjt fofgenbe
Angaben. Am 29. Märj 1638 mürbe ein Bkifettfnabe unterftüpt, um ein £>anbroerf
51t lernen; am 12. April erhielten bie armen ©djüler Kleiber. Am 14. Oftober
fepte man mit bem ©djufter ben Prei! feft für bie Anfertigung ber ©djitlje für
bie armen Alumnen, bie in einem eigenen £)au! mofjnten. Am 3. ®ejember erbettelte
man ba! £udj, ba! man aKjäfjrlidj beit Alumnen gab3. ®a! Alumnat erfjielt,
mie P. Munbbrot feftgefefct, aKjäfjrlidj üott ber Befiben^ ein gaf; SBein non 4 ©intern.
Ant 1. $uni 1639 fant ber ©djneiber öott Bergfem, um bie Kleiber ber Alumnen
unb ber anbern armen Knaben ju flicfen. ©in Alumnu!, ber bie ©tjntaj abfolüiert,
reifte 7. ©eptember 1639 in Begleitung eine! Pater! nadj Arnberg, um bort feine
©tubien fortjufe^en. ©r erljielt üott ben Patre! 3 SDufaten, ber Beftor non Arnberg
gab täglid) ©uppe unb Brot tont Kolleg. SDiefer Alnmnu! fjatte fidj unt un! fefjr
üerbient gemadjt bttrdj Unterridjt ber fleinen Knaben unb burdj $odjen in ber
ßüdje, ma! er gut terftanb. Am 22. Oftober 1639 mürbe Seber gefauft für bie
©cfjufje ber Alumnen, ^m nädjften Qafjr (22. Auguft 1640) fommt mieber ber
©djneiber, unt für bie Alumnen unb bie anbern armen ©tubenten bie Kleiber ju
flicfen 4.
£$n mannigfadjer SBeife fudjten bie ^efutteit bie nötigen Mittel jur Unterftüpung
ber armen ©tubenten aufeubringen. Manche bebadjten bei ben Berjid)tleiftungen
auf ifjr Bermögen befonber! bie armen ©tubenten. P. ©eorg Reifer au! Söeibenau
beftintmte am 6. Oftober 1615 ju ©la| „allen feinen erblichen Anfall unge^muttgen
unb ttngebrungen au! fonberlidjem Affeft gegen bie armen ©tubenten bem aüfjier gu
@la| non unfern Patribus neuerlich aufgeridjteten Seminario". ©benfo fdjenfte
ber Stegen! ©fjriftopfj SSeKer am 5. Märj 1616 fein üäterlidje! Bermögen ton
über 1000 ©ulben bem ©entinar bafelbft5. P. fyegueli gab in ben breiiger ^aljren
bem gmfpital $u greiburg i. ©d)m. 300 21aler mit ber Berpflicfjtung, au! ben
3infen armen ©tubenten Brot ju reifen6.
SSieberfjolt brangen bie Obern barauf, bafj alle afabemifdjett ©ebüfjren, menn
matt fie annefjmett müffe, für arme ©tubierenbe termanbt mürben. ©0 fcfjreibt
©arrafa ant 4. Auguft 1646 att ben ttieberrfjeinifdjen Protiin^ial Panfjaufj, er möge
ftreng barauf galten, baff bie afabentifdjen f£)iftributionen in Höln beim Steftor be*
poniert unb für bie armen ©tubenten termenbet mürben. Unb am 9. Diooember
1647 mafjnt ©arrafa ben Mainzer Steftor ©eorg Menpen: $d) billige nidjt, baff in
Matnj unb Söürjburg, mie idj f)öre, fleinere ©elbbeträge für Promotionen an*
genommen unb für bie 3mede be! §aufe! öermenbet merben. Am liebften fäfje id),
menn biefe ©ebüf^ren gänjlid; fortfielen, ma! ben ^onftitutionen (P. 4, c. 15, § 4 u. F)
entfpredjenber märe, können fie aber nidjt umgangen merben, fo füllen fie nidjt für
ba! §au! üermanbt, fonbern an arme ©tubierenbe üerteilt merben. ®amit bie! mit
größerer Integrität unb ©rbauung gefdjefje, mögen alle bergleidjen ©innafjmen bei
einem ober jmei juterläffigen ©tubenten beponiert merben, bie bann nacfj bem Urteil
1 fRijiter, SImberg G3.
2 * Diarium, 20. 9too. 1624.
3 5)en $au§(jatt ber Süumnen beforgte feit
8. Januar 1639 eine SBittne. Ein $i§fantift,
©oljn be3 (Scf)ullef)rer§ in Uteuftabt, fang am
16. Januar 1639 jur fjkobe roäfjrenb be§ ©otteg*
bien[ie§ ; barauffjiu erfjielt er bie Slufnafpne in
ba§ SUumnat.
4 * Diarium Res. Weidensis 1638—1640.
2?gt. Kropf I 423. 5 ©laper ©tmnafial*
trogr. 1832, 7 ff. 6 Berchtold, Hist, du
Cantou de Fribourg III (1852) 30.
600
2ld)te3 Äapitel. ©pmttaften unb Uniöerfitäten.
ber betreffenben fßrofefforen bie Verteilung oorneljmen. Unfer Soßn foCt, mie unfer
heiliger Vater ^gnatiug jagt, einzig unb allein ©ßriftug jein. $E5a icf; für Sollt unb
anbergmo bieg oerorbnet, roünfcfje id) bagfelbe audj in biefer ^3rooin$ beobachtet ju
feljen 0 Vatb barauf mahnte ©arrafa am 18. Januar 1648 ben oberbeutfct;en fßro=
odi^ial, nachbem er iljm feine greube über bie gute Orbengjucht unb ben ©tubieneifer
in ^ngotftabt auggebrüdt: ®ag fog. Slrtiftengelb ober bie afabemifdhen Verteilungen
münfdjte id) lieber ganj für bie Firmen üermanbt ju feljen, mie ich früher gefd;rieben,
afg bah audj nur ein Steil für unfern ©ebraudj oermanbt rairb. ®ieg entfpridjt auch
meljr unferem Qnftitut unb bem ©eifte unfereg hei^9en ©tifterg. SDeghaib foIX fich
ber ißrofeffor ber fDJathemati!, mie eg oiete fßrofefforen anbergmo auch tun, f° 9ut er
fann, mit ben fdjon angefdjafften Vüdjern behelfen unb auf beffere $eiten märten, menn
fich bag Kolleg oon ber aitgenblidlichen 9?ot erholt hat unb anbere anfdjaffett fann1 2.
Vielerortg fameit burdj bie Vemühungen ber jßatreg größere unb fteinere «Stif¬
tungen ju ©unften ber armen ©tubenten ju ftanbe. Ster ÜDlünchener ^räfeft ^oh-
Ijeiblberger, ber gang unermiiblidj in ber ©orge für bie armen ©tubenten mar,
fteXXte 1(527 ben SIntrag auf ©rünbung einer gmnbation für arme ©tubenten, bie
1628 getätigt mürbe3.
^n ben Qaljren 1601 unb 1602 üeranlaßten bie fßatreg in fßruntrut mehrere
Stiftungen für arme ©tubenten. SDer Vifchof fügte jährlich 14 ©Reffet ©etreibe
für Vrot ben früheren gumenbungen hmju. Stag Vrot mürbe auf ber (bifdjöflicfjen)
Vurg gebaden unb möchentlich gur ©djule gebracht, mo bagfelbe ein fßater unter
bie fleißigeren ber 50 armen ©tubenten oerteilte. SDafiir mußten bie ©mpfänger
täglich eine ©tunbe ©efang lernen (cantum tarn figuratum quam choralem). Stag
Kolleg felbft gab für arme ©tubenten im .jyahre 1602 100 ©olbftüde aug. ^nt
^aljre 1610 mürben groölf arme ©tubenten in einem ipaufe, mo fie auch ÜDlufif
lernten, untergebracht4.
P. ©eb. Dietrich fcfjreibt in feiner SReoifiott beg ^ngolftäbter fö'ollegg im Qafjre
1603: Seil bag Kollegium laut ber letzten gunbation gegen oöllige fftußung beg
ganjen äftünfterfdjen ©infommeng etlidje arme Slitaben, fo ju geiftlidjem ©tanb taug*
lief), auf 90?aß unb Seife, mie angeregte gunbation in specie ju erfennen geben,
jährlid) ju erhalten fdjulbig, unb ju biefem nüßlidjen ^nftitut unb Vorhaben neben
bem, mag biegfallg bag Kollegium jur ©atigfaftion feiner Obligation oon bem ©im
fornmen beftänbig beputiert unb geeignet, audj etlidj anbere ©utXjergige eine foldje
namhafte ©umme ©elbg, fo auf jährliche ßinfen angelegt, gefdjenft unb geftift, baß
allbereit bag oöllige ©inlommen ber gemelten Knaben unb Sllumnen fiel) jährlich
auf 1000 ©ulben erftreden tut, alfo rnirb biefe Vermaltung bem Collegio audj ju
oerrichten anbefohlen. Von gemeltem ©infommen merben anjeßo in allem 43 ißer»
fouen jährlich unterhalten mit bem llnterfdjieb, baß biejenigen, fo ^um geiftlidjen
1 * 0rig.=9leg. Ad Rhen. $t)nlid) an bie
ijlrolnnäiale Dtterftebt, 29. Sept. 1646, unb
.paniert, 23. SJJoö. 1647, ebb. 58gl. ben SSrief
Oom 8. gebr. 1648 unb ben SSrief an ben neuen
SRainser 9Jeftor ©eorg Sierborff botn 20. gebr.
1649.
2 * Oriciinal in 9K. 9!., Jes. 1373, f. 103.
gn ber Matricula Collegii Tlieologici Ingoist.
9D?. ©. III, 11 fyeijjt e§ sunt 8. guli 1648:
A. R. P. Generalis Soc. Iesu scripsit et vo-
luit, ut Pi’ofessores eiusdem Societatis in
theologicis gradibus suam quotam accipiant
non tarnen in suum vel Collegii commodum,
sed in bonurn Pauperum externorunr ; ideo
haec res, quae etiam in aliis Acade-
miis, ubi Patres Societatis gradus
co n feru nt, practicatur, hac occasione,
in hac Facultate executioni mandata est et
tota pecunia in Dominos Professores distri-
buenda in quinque partes divisa est ad nu-
merum Professorum.
3 93 auer a. a. 0. 13. 2)ie Stiftung befielt
nod) beide.
4 *Hist. coli. Pruntrut 1592—1724. SSgl.
Vautrey, Hist, du College de Porrentruy
20 f 31. Flotto 58.
Sorge für arme Stilbenten: 3$erfcf)iebene Slrten bcr Unterftüjjung.
601
©tanb fid) berbunben, bereu biefer 3eit 16 ftnb, neben ben Beiträgen zu Sepaufung,
|jolz, Sidjt eine jieniltd; gemeine (gute) $oft fabelt, meldje ihnen non einem baju
bcftellten meltlidjen ©djaffner nnb ^oftperrn täglich gereicht mirb. f£>ie anbern, bie
Zit feinem gemiffen ©tanb oerpftidfjtet, laffen fid) mit bem Srot nnb täglicher ©uppen
unb 51raut nad) Gelegenheit ber .ßeit, ttne Sirmen gebührt, bocp ohne Mangel be*
gnitgen nnb haben ihre Wohnungen in ber ©tabt jeber für fich felbft, tnie er Ge*
legenpeit befommen mag; beren finb anjepo 27 ffein unb grofe1.
einem gleichfalls bon P. f£)ietrid) berfafeten Gutachten über bie finanzielle
Sage beg ®oClegg in Sujern bom 31. Quli 1605 helfet eS : gür bie Unterhaltung
armer ©polaren finb ju beftänbigem (Sinfommeit jährlich laut |jauptbrief bon 1602
bon 200 Gulbett Kapital jährlicf) 10 Gulben ßinfen, bie bigper allein auf einen Knaben,
melcher bie anberu fingen lernt, berroanbt morben. ©onft rcill bie eingenommene
(Srfaprutig genugfam zu erfennen geben, bafe biel gutherzige ißerfonen, bie ju foldpem
SBerf ber Unterhaltung armer Knaben gern helfen mürben, borhanben, menit anberg
bie Unfrigen aud) bag .Qprige tun unb foldje ißerfonen bazu redjt ermahnen unb
antreiben täten2.
2lit biefetn (Srmapnen unb 5Intreiben liefen eg bie ^efuiten ju feiner $eit fehlen,
©omohl im Serfepr alg auch in öer ißrebigt ermunterten fie jur Unterftüpung
ber armen ©tubenten auf. ©o forberte P. Georg ßölberer in Sing a. ®. am
24. Sluguft 1628 in ber ißrebigt feine gupörer auf, fidj bocp ber armen ©tubenten
anzunehmen, ©ogIeid) nad) ber ißrebigt fanbte ber ißrälat bon ©t glorian einen
namhaften Beitrag, anbere folgten. Sorerft fammelte P. ^öfterer fieben arme
©cpüler unb forgte für ihren Unterhalt, ©d)on im Qapre 1631 fonnte er ein
eigene» fpaug für fie faufen 3. (Siner ber beften Orientaliften feiner „Beit, ber am
2. ÜJiai 1648 zu SD^aing berftorbene P. Saltpafar (Spei, bermanbte 40 $apre pinburdj
alle ÜDliipe barauf, Sllmofen für bie armen ©tubenten zu fammeln unb Stiftungen
ZU beranlaffen, um bie ©tubenten bon ben Subimenta big zur Sollenbung ber
ißpilofoppie mit Kleibern, Siicpern unb Gelb zu unterftiipen. Gr erlebte bie ffreube,
bafe biele tiidjtige SDtänner in ^tirefje unb ©taat ipm, bem Pater pauperum, für
biefe Unterftüpung ftetg ein banfbareg Slnbenfen bemaprten4. ®em in Sluggburg
am 16. 2(pril 1616 berftorbenen P. ätfattpiag ffrid gelang eg, eine fo grofee ©umme
für bie armen ©tubenten zufammenzubetteln, bafe fie fepon halb einen jährlichen
ging abrnarf5.
©epr nacpbrüdlid) napm fiep ber Sftüncpener ^ofprebiger ®repel ber armen
©tubenten an. Seim Sllmofen, fo fagt er, foll man and) befonberg borgiepen epr*
lidje, arme Jünglinge, bie ftubieren. 9Jian pat ztuar Slrmenpäufer (^onbifte), man
fammelt Gelb für biefe Slrmcn, man teilt ipneit Sllmofen unb (Sffeit aug, nieptg*
beftomeniger finben fidj fepr biele junge ©tubenten, benen aud) bag fcpimmligfte
Srot nit allzeit zufommt, bie ®opf genug paben, aber fein Gelb, etmag zu lernen,
©olcpe Jünglinge follten fünftig zu grofeen Seuten merben, auep bem allgemeinen
SBefen niiplicp borftepen, aber bie böfe Slrmut pält fie ab bon ben ©djulen. . . .
Unb fürmapr, man foll biefen bor bielen aubern pelfen ; anbere, fo unleprfam unb
tölpifcp, bie parte, unfüglicp bumme fö'öpf paben, mag man pinter ben ißflug, zu
bem ©cpufterleiften, auf ben SBeberftupl unb in ben Ä'rieg meifen. Slber bu rairft
1 * Original in 9)t. 9t., Jes. 1537, 9tr 20.
2 * Original. Informatio rer. temp. Luc.
93t. 9t., Jes. 1727.
3Insprugger, Austria rnappis geogra-
phicis distincta II (1728) 106 f.
* *Hist. coli. Mogunt. 1645 — 1648.
5 *Hist. coli. August. 1616. 3al)re
1622 fjeifet e§: Sn ber großen Steuerung bet*
telten bie Sefniten fo oiel Selb unb (betreibe
jufammen, baß fie 34 Stubenten unterhalten
fonnten.
602
2ld)te§ Kapitel. ©pninafien unb Ititiüerfitäten.
eintoenben : ©olcpe jungen werben enttoeber ftof§ ober laufen baüon, toentt eS tpnen
toopl gept. ®arauf anttoorte id;: SBeSpalb baS Sllmofen nid^t übel angelegt ober
oerloren wirb. SBieoiel gttngen lernen bet fpanbtoerfern, bie fiel; enttoeber übel
galten ober nit auslernen. gum aubern toirft bu eimoerfeit: ®aS ©tubieren jit
©nb bringen loftet fepr öiel, unb jebermamt fcfjeut fiep baoor. ®aS toiberleg i d)
alfo: ©S ift boef) ein gar geringer Unfoften, ber auf einen angepenben ©tubenten
oertoenbet toirb. SDenn tuenn er pernaep ju pöperen klaffen geftiegen, toirb er fiep
burdf) eigenen gleifj Reifen. SBieoiele fürtreffliefje Seut, ©tabtfdjrciber, SDoftoren ber
Slrjnei, ber Stecpte, ber ^eiligen ©djrift, Söeipbifdjöfe fennen mir, bie oor ben
Raufern pflegten ju fingen, bap fie einen geller ober Siffen SrotS erlangten, ©ie
finb gtoar jutoeilen toenig battfbar gegen bie, ba fie eS billig fein füllten. $odj
ift nichts baran gelegen, dergleichen fod unfere ©uttätigfeit nidfjt abfdjreden, baS
nimmt ber SBürbe beS SllntofenS nidjtS. gum britten toirft bu eiumerfen : gcp gib
in ben Kircpett. Unb toer ftraft bieS? über bodj foll man oielmepr bie lebenbigen
al§ bie leblofen Stempel beforgen 1.
Um Xln§uträglicf)feiten oor^ubeugen, gab eS an mattdjen gefuitenfdjulen für
gulaffung unb Unterftüpung ber armen ©tubenten befonbere Regeln. ®ie Siegeln
für bie armen ©polaren beS KodegS ju üugSburg öom gapre 1609 beftimmen
folgenbeS. Sei ber gulaffuttg foll grope üuStoapl getroffen rnerben, fotoopl toaS
©parafter als Talent unb gröntmigfeit betrifft, gaprenbe ©änger opne 3eu3niffe
oerfpreepen toenig, toie bie ©rfaprung lehrt. ©S toirb Steife für bie oberfte ©ram»
matif oerlangt. Sei Kenntnis ber SJlufif, bie too möglicp alle oerftepen füllen, fann
pieroon biSpenfiert toerbett. Untoürbige bürfen nicht toeiter unterftüpt merbett. ®ie
toenig üuSfidjt auf gortfepritt geben, merbeit in ben ©uatemberjeiten entfernt; bie
mepr als jtoei gapre in berfelben klaffe fipen bleiben, füllen auf feinen gad länger
gebulbet toerben. Um bem Sagabunbieren gu fteuern, müffen alle fiep fcpriftlicp
oerpfliepten, oor üblauf eines gapreS opne getoidptigen, oottt P. Sieftor gebilligten
©ruttb bie ©cpule niept ju oerlaffen. diefe Serpflicptung toirb alljäprlitp erneuert,
©ie toopnen ju gtoei ober oier bei anftänbigen fatpolifdpen Siirgern naep üntoeifung
beS ürmenpräfeften. Släd)tlid)eS Umperfcptüürnien, SBirtSpauSbefud), uuanftänbige
©piele unb drinfgelage fotoie fdplecpten Umgang müffen fie meiben. deiner barf
in ber ©tabt an ben Stüren für ülmofen fingen ober auf anbere SBeife betteln opne
auSbrücflicfie ©ettepmigung beS ürmeitpräfeften; fie foden jufrieben fein mit bem
ülmofen, baS fie toöcpentlicp erpalten. ©hier oon iptten, ber ©änger ift, foll bie
übrigen an allen ©onn», geiertagen unb fonftigen freien Stagen eine ©tunbe lang
im ©efang üben, nadjmittagS um 2 Upr, bei biefer Übung müffen ade erfdjeinen
unb geporepen. die Südjer, bie ipnett auS ber ürmenfifte gegeben toerben, füllen fie
rein unb ganj palten, bamit fie fpäter audp noep anbertt bienen föttnen; bei iprem
äöeggang müffen fie biefelben getreu bem ürmenpater jurüdgebett. üde merben
fiep, fomeit bieS ipr ülter geftattet, ber ÜDlarianifcpen Kongregation anfcpliepen unb
monatlicp ober aud) öfter bie peiligett ©aframente empfangen. SSlorgenS ttadj bem
üufftepen oerrichten fie baS SJlorgengebet toäprenb einer Siertelftunbe fnienb, unb
abenbS madjen fie eine Siertelftunbe ©etoiffenSerforfdjung. gür bie lebenben unb
üerftorbeneit SBopltäter beten fie täglich ben ^ßfalm Miserere, baju ©antStagS bie
üderpeiligenlitanei unb jebe Söocpe brei Siofettfrättje.
üttep ber pier genannte ürntenpräfeft, getoöpnlicp Pater pauperunr (Sater ber
armen ©tubenten) genannt, patte feine eigenen Siegeln. Sor adent toirb ipm brittgenb
ans fperj gelegt grope Siebe unb Sarmperjigfeit gegen feine ©cpupbefoplenett. Sieben
1 Drexel, Opera omnia germ. 1645, II 467.
Sorge für arme Stubcnten: Slrmettorbnuitgen.
603
ber ©orge für ihre materielle Unterftüßung fod er fid) befonberS beren fortfcßritt
in SSiffenfchaft unb frömmigfeit angelegen fein laffen. ®en einen ©djlüffel für bie
Slrmenfaffe oerwahrt er felbft, ben anbern ißr auswärtiger fßrof urator ; biefent wirb
er bie ju teiftenben gewöhnlichen unb außergewöhnlichen fafjlungen anweifen. Sitte
Quatember forbert er Don bem ©chaßmeifter fRechenfcfjaftSablage für (Einnahme unb
SluSgabe. Slußer ben priüaten Mahnungen foll er monatlich eine gemeiufame (Er«
ma^nung galten1.
SBieberhoIt würbe aud) bie frage Derhanbelt, ob eS beffer fei, bie armen ©tubenten
in einem §aufe jufammenwobnen ober ben getrennt in einzelnen Raufern SBoßnenben
wöchentfidh ober monatlich eine ©elbunterftüßung jufommen ju laffen. Slm 2. ©ep«
tember J601 fdfrieb bariiber ber Sujeruer dfeftor Slbam ©traub an ben ißrotiin^ial
ÜiofephiuS. P. f obofuS will ben Pfarrer ju feiner Meinung sieben, ber Pfarrer bot
aber folgenbe ©egengrünbe: (ES tarnt fein §auS errietet werben, ohne baß bie ©ad)e
an beibe ©enate fommt; man wirb flogen über neue £>äufererwerbungen burcb bie
fefuiten. (ES ift audb fein £>auS oorßanben; bnrcb Slnfauf wirb bie £>älfte beS ge«
fammelten ©elbeS öerbraudbt. ©inen paffenben §auSoater ju finben, wirb fdfwer
fallen. Steine (beS dfeftorS) ©egengrünbe finb: ®aS fufammenwohnen fofcher
©tubenten macht ungeheure Slrbeit, unb wir haben gerabe genug Slrbeit. Sludj troß
aller ©orgfalt unb ©efcßidlichfeit ber Unfrigen ift feine SiSgiplin ju halten. (Ein
einziger ©tubent fann alle adjt bis neun Derberben. SCRuh einer geftraft werben, wirb
gleich bie Hälfte aufrührerifch unb erfüllt adeS mit Klagen. Seben fie getrennt, ift
eS leicht, ben ©dfulbigen ju ftrafen. SRirgenbS erfährt man größeren Unbanf als
in folgen Käufern, fft einer aufgenommen, fo meint er, adeS, was ihm umfonft -
gegeben wirb, gebühre ihm Don 9fedjtS wegen, ©o werben fie unbanfbar, meinen,
man fönne fie nicht enttaffen. ®ie getrennt Sebenben fönnen monatlidh nach ©ebüßr
beljanbelt werben, inbent bem einen mehr, bem anbern weniger, je nadj bem betragen,
gegeben wirb. Sßon niemanb ift bie ©efedfcßaft mehr angegriffen worben als Don
foldjen, bie fie mit Dieler ©orge unb üdlüße in bergteidjen Käufern erlogen hat. 33ei
einem größeren Vergehen wirb alles bem £>aufe ber ©efedfdjaft jur Saft gelegt, unb -
feßr leicht fdhreitet ber ÜDfagiftrat jur Slufljebung beS §aufeS, unb bod) fann ein
foldfeS §auS nicht ohne fftadjrebe ufw. aufgelöft werben. . . . ®er Pfarrer meint, man
folle fo Dorangehen: SDie Stngelegenßeit wirb Dom SKagiftrat ben Sllmofenpflegern
übergeben. Siefe fammeln unb Derteilen baS ©elb. Unter bie armen ©tubenten foll
niemanb aufgenommen werben ohne (Empfehlung nuferer Seffrer unb beS ißräfeften.
$er ©tubienpräfeft ober ein anberer Don bem 9feftor bamit Getrauter foll ein ge«
naueS Sluge auf bie armen ©tubenten haben, inbem er monatlich bie d?ad)läffigeren
ober fleißigeren ufw. ben Obern melbet, bamit bie Stlmofenpfleger fich banadfj richten
fönnen. fit feinen fdanbbemerfungen ju biefem 93rief fpradj fich ber Sßroüinjial
bafür auS, baß bie armen ©tubenten nid)t in einem £>aufe jufammen, fonbern ge«
trennt wohnen füllten; ben SSorfcßlag beS Pfarrers naßm er an2.
Sin SSorwürfen gegen bie fefuiten wegen Unterftüßung ber armen ©tubenten
fehlte eS auch in biefer 3^* nid)h suweilen gingen ße auS Greifen ßerDor, bie wegen
ihrer ©eburt glaubten, ade Slmter unb SBürben adein beanfpruchen ju biirfen. fn
einer ©djinähfcßrift, bie hanbfdjriftlid) in Orient Derbreitet würbe, betont ber Ser«
faffer unter anberent auch biefen SSorwurf. ®er fReftor beS Strienter ®odegS, f ofj-
fJSaudin, hob in feiner Slntwort3 im faßre 1642 ßerDor, bie Sinnen Don ben ©tubien
1 Köln, Stabtarcbiö, Jes. 8, f. 347 f. $rucf Collegio S. J., Tridenti conscripta a P. Ioarrne
in Ratio stud. IV 236 ff. Paullino 1642. $ie Sd)mäl)fcf)rift All’ 111“°
2 * Original in 9J1. 31., Jes. 1731. Consulato di Trento Veridico ossequio liegt
3 * Original ebb. Jes. 2124. Apologia pro in Kopie bei.
604
2l<fjte§ Sapitel. (Stjmnafiert urtb Uniüerfitäten.
auggufcpliefjen, nur bamit bie Keicpen ftetg bie befferen $läpe unb Erntet erhielten,
fei eine grope Ungerecptigfeit unb oerftope burcpaug gegen bie ©runbfäpe ber cfjrift*
licfjen Siebe. SSenn bu arm märeft, mollteft bu bir ben Zugang gur SBiffenfcpaft,
Ämtern unb SSiirben nidjt oerfcploffeit luiffen, jept alfo fotlft bu alg Slbeliger ben
Sinnen ben SBeg nicpt oerfcpliepen. Sind) roenn e§ bir einen Kacpteit brädjte, paft
bu nicfjt bag Kedjt bagu; gubem fann bein perfönlidjer 9?acfjteif nic^t gegen ben
großen Küpen für bag ©emeinmopl unb bie größere ©pre ©otteg auffommen. SBarum
füllten alle SBürben auch nur bem Slbel offen fiepen ? ©inb bocfj alle Klenfdjen aug
bentfelben Sepnt gebilbet, mit bemfelben göttlichen Silbe auggegeicpnet, burcp bagfelbe
foftbare Slut erlöft. Son unten ift ber Slbel emporgeftiegen unb fann mieber pinab*
fteigen, unb ebenfo fann ber Sinne gum Slbel emporfteigen. ©g ift fdjöner, fagt
ißlautug, geabelt gu merben, alg abelig üon ©eburt gu fein. Unb ©prtjfoftomug
fagt, beffer fei eg, niebrig geboren berühmt gu merben, alg podjgeboren niebrig gu
merben. Sor ©ott gilt nur ber Slbel ber Sugenb. Slucp bag Seifpiel ber ®aifer
unb fßäpfte geigt, bap man bie armen ©tubenten auf febe Söeife unterftüpen rnup.
SSenn Slrme ben Slbeligen Slmter unb SBürben nehmen, toie ber Serfaffer flogt, fo
finb bie Slbeligen felbft fcfjnlb, benn nur ber Seffere unb ©eleprtere roirb ipnen üor*
gegogen, unb bag ift fein Unredjt. Slug ben Keipen ber Slrmen finb, mie bie ©efcpicpte
geigt, grope ©eleprte perüorgegangen. Sluch ber Stbelige mup arbeiten, audj er ftammt
üon Slbam, audj er ift mit ber ©rbfünbe bepaftet. ®u millft bie Slrmen oon ben
©cpulen nidfjt augfd^Iiefgen, aber ben .Qutritt millft bu oerfperren. ©ott macpt eg
nicfjt fo : bie golbene ©onne läfgt er fdjeinen über Keicpe unb Slrme, ben befrucptenben
§immelgtau fpenbet er beiben, für alle pat er bie ©rbe erfcfjaffen, in gleicher SSeife
forgt er alg Sater für Slrme unb Keicpe. ®em ©inmurf gegenüber, bap aug ben
Slrmen fcplecpte ißriefter perüorgegangen, fragt fßauHin: §aben nur fofcfje ^lerifer,
bie aug bem Solf perüorgingen, ein fchlechteg Seifpiel gegeben? SSirb nicht in ber
armen Söopnung bie priefterlicpe SBürbe oft beffer gemaprt alg in bem ffßalaft ber
Slbeligen? ^>at nicht ©priftug felbft gu feinen ißrieftern unb Sifcpöfen arme unb
niebrig geborene SKänner ermiiplt? glätte er nicht aucp Stbelige aug föniglicpem
Slute berufen fönnen? S)ie aug ber Keipe ber Slrmen gum ^rieftertum ©mpor»
geftiegenen finb meift miffenfcpaftlicp unb fittlidj beffer oorgebilbet unb an Slrbeit unb
©tubium mepr gemopnt.
Sille ©rünbe, bie fiep für bie Unterftüpung armer ©tubenten anfüpren laffen,
fapte am beften P. ©retfer mit ebenfo oiel Siebe alg Kacpbrud gufammen. $m
^apre 1620 fiep er eine 25 ©eiten umfaffenbe Srofdjüre erfepeinen unter bem Xitel
„®er HJtäcen ber armen ©tubenten, ober ©rünbe, toarum Jünglinge, melcpe bie
Slrmut oom ©tubium fernhält, oon frommen Seilten unterftüpt merben füllten." Sor
mehreren Qapren, fagt er in ber ©infüprung (12. SKärg 1620), pabe idj auf Dieler
Sitten biefen „Klagen" gefeprieben. ®er ©rfolg mar, bap auf oielen Slfabemien unb
©tjmnafien ber ©efelffcpaft eine grope $apl armer ©tubenten freigebig unterftüpt
mürbe, gum großen Küpen für bag ©emeinrnopl. $cp fönnte fepr oiele aufgäplett,
bie burcp foldje freigebige Unterftüpung gu Scannern üon groper grßmmigfeit unb
©eleprfamfeit perangemaepfen finb, bie jept ©ott unb ber ®ir<pe auggegeiepnete SDienfte
leiften unb fomit ein beftänbigeg Sob für ipre Söopltäter finb. ®a megen ber oiel*
fachen Kacpfrage bie fcpriftlicpe Seroielfättigung gu müpfam mar unb auep manepe
gepter fiep einfcplidjen, mürbe bie SDrudlegung für niiplid) eraeptet.
Kacpbem ©retfer im erften Kapitel bie Unterftüpung ber armen ©tubenten alg
fromm unb nüplicp aug bem allgemeinen Segriff beg SUmofeng ermiefen, geigt er im
gmeiten Kapitel, bafj biefe Unterftüpung gottmoplgefälliger unb nüptieper fei alg jebeg
anbere Sllmofen. giir ©taat unb ^irepe finb fromme unb geleprte SKänner üon ber
(Sorge für arme ©tubenten : Slufmunterung u. ißerteibigung. — Sötufter eineg 53ettelftubenten. 605
größten Sebeutung nad) bem Spruche beg SBeifen: „Siele Söeife finb ba§ £>eif ber
©rbe." @o jefjr ©ott bag Söopf ber $irdje am £>erjen liegt, fo lieb i[t if)m bie
SBopftätigfeit, mefdje auf Stänner bermanbt mirb, bie offne Slfmofen entmeber ipr
©tubium nidjt f)ätteu anfangen ober nidjt boffenben fönnen. Sfffe Serbienfte biefer
ÜDfänner fommeit beneit ju gute, mefcpe ipnen jum ©tubium berpoffett pabett. ©in
gang befonberer Sopn bei ©ott ift ipnen fidjer. £>ier gilt ber alte @ap : ®ie Urfadje
ber Urfadje ift aucp bie Urfadje beg Serurfacpten 1. SDurcp bein Sffntofen bift bu bie
Urfadje beffen, mag ein titdjtiger Sfann, ber offne bidj nie f)ätte ftubieren fönnen,
jept in mistigen Ämtern toirft. SSapr ift bag SSort STertutiiang: ©eminn ift bie
Sfuggabe für bie grömmigfeit; menn bieg für jebe $römmigfeit gilt, roie bief mepr
für bie geteerte ^römmigfeit. Siele bon biefen fo llnterftüpten merben ^riefter.
©g feudjtet aber ein, mie mistig ein guter ißriefterftanb ift, unb roie bief ©egen ein
einziger guter ^riefter ftiften fann. $u einem guten Sriefter gehört aber $römmig=
feit unb Sifbung. ©ofcpe an ©ntfagung gemöfjnte junge Scanner geben fiep aucp ^
feidjt mit ber ©eelforge auf bem Sanbe gufrieben. §fuf bem Sanbe finb aber madj»
fame ©eefforger feiten, unb faft nirgenbg finb fie notmenbiger megen ber großen Um
miffenpeit beg Soffeg. 2Bie Sfipbraucp gegen bag Sffmofen überhaupt nidjtg bemeift,
fo aucp pier nidf)t : in jebem $affe bfeibt ber ©egen ©otteg für ben ©eher. SBenn
einer gang fidjer gefjen miß, foCf er fein ©elb nicfjt einem, fonbern einer ©tiftung
für arme ©tubenten gumeifen, au§ ber biefe fange geit Unterftüpung gieren, ©inige
meinen, eg fei beffer, ifjre Sffmofen für Sau unb Sfugfdjmüdung ber Slircpen gu
geben. ®iefe benfett nidjt baran, bajj bie pödjfte unb bornepmfte $ierbe einer ®irdje
ein frommer unb gelehrter ^3riefter ift. ®iefe $ierbe mirb burcp bag Sffmofen ge»
monnen. ÜBag giert benn eine ßircpe mepr: Silber, ©tatuen, peifige ©emänber ober
aber ein burdj grömmigfeit unb ©efefjrfamfeit fjerborragenber ^3riefter ? SDiefefbe
Sfntmort gilt beneit, bie ifjre Sflmofen lieber Möftern gumenben; fie tnerben ipren ^
$med bnrdj bie Unterftüpung ber armen ©tubenten erreichen, benn biefe bon ifjnen
treten in bie berfdjiebenen Orben ein mtb finb burcp ifjre ©efefjrfamfeit unb ifjren
lautern Sebengmanbef bereit ©tüpe unb ßierbe2.
Son ben f£aufenben bon armen ©tubenten aug ben Qefuitenfcpufen, bie fpäter
eine 3ierbe ber ßircpe mürben, fei nur erinnert an ben eprroürbigen Sartfjofomäug ^
£>ofgpaufer, „rnopf ber peifigfte unb bebcntfamfte SBeft» unb ©eefforggpriefter, ben
SDeutfcpfanb in ben fepten Qaprpunberten perborgebracpt pat", mie ein peroorragenber
beutfcper f£peofog fcpreibt3, ein „SJfann bon reinftem unb ebefftem ©treben", mie
ipn fefbft ein erbitterter ©egner ber fö'ircpe begeidjnet4. ©eboren 1613 in Saugna
(®iögefe Sfuggburg), fam er afg armer Settefftubent nacp Sfuggburg; erft ber Serfauf
eineg bon feiner Shitter berfertigten SSebftüdeg bracpte ipn in ben Sefip beg fo
notmenbigen ©tubentenmantefg. ®ann erbettelte er fiep burep ©ingen an ben Raufern
feinen Unterpaft. ®urcp bie ißeft betrieben, fanb er eine .Quffucpt in Sieuburg, mo
1 Quidquid est causa causae, est etiam causa
causati.
2 Mecoenas studiosorum pauperum sive
caussae cur adolescentes piorum liberalitate
adiuvandi siut, quos propria egestas a litte-
rarum studiis arcet. Augustae Vind. 1620.
©tücfe baraug abgebrneft in Ratio stud. IY
239 ff. Xag Criginal mit oielen SSerbefferungett
oon ber £>anb ©retferg trägt ben Xitel: Trac-
tatus Quam pium sit et salutare adole-
scentes, litterarum studiosos, sed inopia pres-
sos, re et opera iuvare ; ut ad Eccfesiae
catholicae et cliristianae Reipublicae vtilitatem
pietate et eruditione informentur. 91 nt JRanbe
fteljt: Fec-i liunc Tractatum rogatu P. Georgii
Hosser, Praepositi Domus Pauperum S. Gre-
gorij Monac. Iam est impressus Augustae.
*Miscell. Gretseri 477.
3 £>einrict) in ber Sorrebe pr ftberfeöung
bon S. ©abuel, Seben be§ 93artl). §o!j>
baufer (1862) vm.
4 fßrantl, llnioerfität Sngolftabt I 404,
91. 183.
606
3Id)ie3 Sapitel. ©tjntnafien unb Uniberfitäten.
er int Slrmenfonoift ber Qefuiten öorüberge^enb Aufnahme fanb. Nad)bem er an
bem ^efuitcng^mnafium in Neuburg in oier big fünf Qa^ren bie fjumaniftifd^en
©tubien ooKenbet, 50g er 1633 nacf) Qngolftabt unb begann bort bie fßljilofophie.
9ln beit Untren bettelte er feinen Unterhalt, SBoljnung bot ifjm ein Bürger. Slucf)
nadjbem er oont Qcfuitenfonoift be§ ^l. §ieront)mu§ bie $oft befam, befjielt er bie
(Sitte §u betteln bei unb gab alles armen unb franfen ©tubenten, benen er auch
fdjon früher, maS er Don ben Sllmofen erübrigte, jeben Freitag oerteilt hatte. S^ad^
fechSjäfjrigen ©tubien empfing er fßfingften 1639 bie ^eilige fßrieftermeihe, unb im
folgenben $af)re promoüierte er gum Sijentiat ber Sfjeologie. 2Säl)renb ber fieben-
jährigen ©tubienjeit mar P. @eorg Sppranb fein giiljrer unb 93eicf)toater. Uerfelbe
mürbe fjeftig angegriffen, als habe er 93artl)olomäuS bie ^bee ber Reform be§ Klerus
eingegeben. P. Sppranb bezeugt: 2Bäl)renb 23artf)olomäug in ^ngolftabt ftubierte,
geigte er gegen bie Slrmen eine überaus grofje Siebe unb 93armf)ergigfeit, fei eS, baff
fie oerlaffen außerhalb ber ©tobt lagen, fei eS, baff fie fjalb oer^ungernb umljerirrten.
Einigen beforgte er ein Nachtquartier, ohne baff er auf bie brohenbe Slnftecfung
adjtete. (Sinen mit ©efdjmüren bebecften, faft halbtoten Traufen trug er auf feinen
©chultern in ein §auS unb forgte fpäter für feine Slufnahme in baS £>ofpital. gür
bie Flüchtlinge auS ©chmaben bettelte er (Selb unb 33rot. (Sin anberer Qngolftäbter
$efuit, P- @eb. ©eiben, bezeugt, baff fich 23arthoIomäuS baS Notmenbige abjog, um
eS ben dürftigen ju geben. (Sin @efcf)enf üon 100 ($ulben lieh er einem ^Bürger,
ber plö^lich in grofje Not geraten, ohne jebe SluSficht, einen föreujer mieber ju er¬
halten. 2Bie feine ^ngolftäbter ÜNitbrüber, fo unterftügte auch ber furfürftlid^e 53eicf)t-
oater 93erüauj baS grofje SebenSmerf ^oljhauferS (Institutum clericorum in commune
viventium) nachbritcflicf). ®er Äurfürft ÜNajümilian felbft empfahl am 9. Stuguft
1646 baS fromme ^nftitut bringenb bem fßapfte ^itnojenj X. jur Q3eftätigung : baS
^nftitnt fei um fo ^eitfamer, je größer ber ißrieftermangel unb bie Unmiffenheit beS
ißolfeS fei1.
Ratten bie ^efuitenfcfjulen auch nur einen armen ©tubenten mie 93artholomäuS
^oljhaufer geförbert, fiirroahr, ade ÜNiilje märe reichlicf) oergolten.
1 SBortlaut in ber Biographia Ven. Barthol. 29 ff bie übrigen 9tact}lueife. SSgl. Mederer,
Holzhäuser, Bamberg. 1784, 80 f; ebb. 8 ff u. Annales II 316; ißrautl a. a. 0. I 404 f.
Neuntes Kapitel.
^ontrifte.
Sebcnfen. — SXUgemeine S’onbifte: ®öln. Süffelborf. gngolftabt. — Sie Slufnapme
ö oit fünften. — Sillingen. SBien. ©raj. Seoben. gubenburg. — fßäpftlidje SemP
narien. — SSifitation burcp Slquatuüa. — ©tngreifen ber ^ropagaitba: Verpflichtungen
unb Vifitationen. — Veubegriinbung burcp Urban VIII. — gulba. ©idtngen. SBien.
©raj. 93raun§berg. ©ermanifum. — Sifdjöflidje ipriefterfeminare : Sßien. fßaffau.
fßruntrut. StEingen. !yngolftabt. 2attb§put. Samberg. Köln. SJtünfter. — Slrnten»
fonöifte : SBien. ©rag. Sreglau. ©lap. §a£t. @ör§. Sillingen. SMitcpen. fRegeng«
bürg. Sieuburg. SImberg. SD^iinfter. — grage beg ©igentumgrecpteg. — Urteile.
Sie fonöifte paben fortgefept mannigfachen Eiupen geftiftet; fie geigen aber auch
berfcpiebentlicp bie früher besagten SJtifjfiänbe \ befonberg mo eg an tüchtigen Männern
fehlte, meldjen bag bornenoolle unb opferreiche Slmt ber Seitung anoertraut werben
fonnte. $nbent Slquaüiöa am 11. SJlai 1601 bern oberbeutfcheu fßroüinjial 9tofeppiug
bie «Sorge für bie fonöifte in ^ngolftabt an§ ^>er§ legte, fprach er ben ©runbfap
aug: $e fruchtreicher bie Äonoifte finb, menn fie richtig geleitet rnerben, um fo be*
fchmerlicher unb läftiger finb fie, mo bieg nicht ber gaU ift1 2.
Sllg ber Vifitator ber oberbeutfcheu fßrooinj Speobor Vufaeug bag 2lrmen>
fonüift oom pl. 9«2ifolaug in Qnngbrucf aufgeben wollte, erflärte fidj Slquaoiüa am
20. Sejentber 1608 bagegen unb begrünbete feine Ablehnung mit ben SBorten: Sie
Erfahrung hat an ben meiften Orten gelehrt, bafj oft nicht geringe unb nicht ju
oeradjtenbe grücpte aug biefen Strmenfonoiften erhielt werben, ©eben wir bie Sorge
bafür auf, fo werben bie Strmen ber §ilfe ber ©efeEfcpaft unb fomit beg Scpupeg
beraubt unb größeren Staben erleiben. Sarauf muff freilich gefehen werben, bafj
nicht jum Schaben für bag geiftlicpe Seben biefe fonft fo fjeilfame Sorge auggeübt
wirb; begpalb foll, wie bieg früher fcpon beftimmt würbe, bie geitlid^e Verwaltung
wo möglich einem Slugwärtigen übertragen werben3.
Sie Vebenfen gegen bie ^onoifte führten auch 3ur tatfächlichen Verminberung,
wo bieg nur eben anging. Sag berühmt geworbene Kölner ^onoift4 wollte ber
Vifitator Silber im Qapre 1603 gang eingepen taffen, aber Slquabioa geftattete bieg
nicpt. Slnt 19. Slpril 1603 fcprieb er an Silber: So fepr wir aucp wünfcpen, üon
bergleicpen Saften bie Unfrigen gänjticp gu befreien, bigpenfieren wir bocp, wie
©w. ^ocpmürben wiffen, in ben ^rooinjen jenfeitg ber Sllpen wegen ber EiotWenbig*
feit unb beg großen öffentlidjen Eiupeng. ©g fönnte auch auffällig erftfjeinen, wenn
1 ®gl. 33b I, <5. 295 ff.
2 * £rig.»3teg. Ad Germ. sup.
3 *(Sbb.
4 gn einer Slufseidmung über bie rfjeinifdjeu
Konüifte au§ bem ga^re 1647 bemertt ber 9?e=
gen§ 9lbam Kafen non bem Kölner Konbift:
Valde floruit, adeo ut P. Max. Sandaeus ex
istius temporis studiosis asserat florem
equestris et patritii ordinis in eo convictu
visum esse et gymnasium inde magnum decus
accepisse. * Original in Köln, ©tabtarcpio,
Jes. 8.
Neuntes Kapitel. Äonbifte.
608
mir gu Slöln, wo bis gu öiefer Qeit Äonöiftoren gemefen ftnb, jeftt plöftlid) bie $on=
niftoren erttfaffen, gleicf; als ob erfi jeftt ycacf)teile fic^ geigten, weldje fo niete Qaftre
fjinburcf) nidjt erfannt worben. ®agu fommt, baft eS feit ber Qeit, oI§ gu 2rier
nor einigen Qaljren baS föonöift aufgelöft würbe, nidjt an Stimmen gefehlt fjat,
weldje gtanbten, biefent Umftanbe eine Verminberung ber Qudjt gufdjreiöen gu follett.
üDian muft alfo Vorforge treffen, baft nicfjt etwas SXf)nIicf)e§ gu ®öln gefdjiefjt, unb
überlegen, wie beit ScfjWierigfeiten gu begegnen ift, bamit in 3u^unft eine größere
Qrudjt ergieft werbe. ®ie Sacfje fantt auf ber nädjften ^rooingialfongregatioit be*
raten werben, unb bann mögen bie ©utacfjten bie (Sntfcfjeibung in Vom erleichtern 1.
Qm Qaftte 1607 würbe baS ®ontiift bennod) beim Söüten ber fßeft gefdjloffen unb
nachher nidjt meftr eröffnet wegen ber öielfättigen Etagen ber fßatreS, weldje bie
Seitung gehabt Ratten. Später aber bereute man bie Sdjlieftung, unb wieberljolt badete
man an eine SSiebereröffnung, befonberS ber Veftor Qol). (Sopper2.
Sei ber Übernatfme neuer $onöilte geigte fidj aber aud) Slquaöiüa fcfjWierig.
Vur mit SBiberftreben gab er am 18. Qanuat 1614 bem rfjeinifdjen fßroüingial
Sdjeren bie Quftimmung gur Übernahme ber beiben Ä'onüifte in 9RolSI)eim. (Sr
fdjärfte iljiu ein, nur gang guüerläffige Seute mit ber Seitung gu betrauen, bie öf o-
nomifdje Verwaltung aber einem Söeltgeiftlidjen gu übertragen. ®a fidj aber hierin
gu grafte ScfjWierigfeiten ergaben, muftte aud) bie Verwaltung übernommen werben,
waS ber (General am 8. äftärg 1614 geftattete3. Qm Qafjre 1635 löfte ber Veftor
Vif. Sllberti wegen ber fcftwierigett SfriegSläufte baS ßonüift auf, eine 9ttaftnaf)me,
bie nicht nur bie Qreunbe in üftolsfjeim, fonbern aud) ber ©eneral billigten4.
Qu ©üffelborf würbe ein $onbift im Qafjre 1623 eröffnet; eS war für fatfjolifdje
Stubenten jeglichen StanbeS unb VerufeS beftimmt. „Qdj, $eter Saer auS Qeüenaar,
^anonifuS an ber ^otfegiatfircfje gu (SerreSfjeim unb SDüffelborf", fo fagte ber ©riinber
beSfelben in ber StiftungSurfunbe öom 16. Quli 1623 5, „will ein Seminar errichten,
in welchem nidjt bloft arme, fonbern auch tioruefjme Qünglinge unentgeltlich woftnen
foHett. 21uS iftm f offen einftmalS fatfjolifdje ÜÜJänner für jeglichen Stanb fteroor-
geften. . . . 2>aS ^auS, welcfteS öon mir unter bebeutenben Soften neu erbaut unb
eingerichtet ift, foll nur ber fatfjolifdjen Qugenb bienen. . . . Qdj übergebe eS ber @e=
fellfcftaft Qefu. SDer P. fReftor beS föotfegS foll nidjt nur ben Stubenten unb ^3rä*
feiten, bie er felbft ernennen fann, fonbern aud) bem Dfonomen unb bem ©efinbe
Statuten geben unb bie SebenSweife, fowie bie wiffenfcfjaftlidfe unb religiöfe SlitSbilbung
beftimmen unb überwadjen." ®ie fonftige Seitung unterftanb ben fog. SDireftoren,
nämlidj bem P. Veftor, bem SDefait bet ®otfegiatfird)e unb bem Vürgermeifter üon
®üffelborf. ®ie fßräfeften waren für gewöfjnlid) bie Stubieupräfeften6.
(Sin eit (Srfaft für ein ®onbift boten in £rier mehrere Vurfen, bie ber ©tjmnafial«
präfeft in oerfcfjiebenen Seilen ber Stabt erridjtete, man gäfjlte beren in lurger Qeit
18, mit gufammen 380 Schülern. Qebe Surfe hatte einen Vorftefter, ber aud) für
bie SBieberfjolung beS SdjulftoffeS forgte. SDiit ben fftefultaten war mau feftr gu-
frieben7. Qn ®öln beftanb eine ähnliche (Sinridjtung.
1 * Drig.=9teg. Ad Rhen.
2 33i§ 1607 umren bie Konbiftoren in bem
Saufe „greubenberg", ba§ aber fpiiter abge=
brocf)en würbe : stetit eo loco in platea S. Mar-
celli, quo iam sita est nostri templi turris.
Stil bon bem Äurfürften ba§ §ati£> „Salgfafj"
für ba§ Seminar getauft würbe, berfpradjett
bie $efuiten, bie Stlumnen iit ba3 Sonbitt am
alten ÄoHeg aufgunebtnen unb felbft ba§ Sau§
„Salüfafe" gu begießen. *Informatio be§ P. 9tb.
Safen 1647 in ßötn, Stabtardjio, Jes. 8. —
9tud) bal Konbift uoit fDtaing ging ein, aber
erft fpäter bei ber Söefepung bon 9)taing burd)
bie ©djweben. 3 * Orig.-fHeg. Ad Rhen.
4 * S8itetle§d)i an Sllberti, 28. 3uli 1635.
Drig.-fReg. Ad Rhen.
5 Slbgebrudt bei Äniffler, 3?a3 3£Üiiten-
gpmnafium gu Süffelborf ÖProgr. 1892) 16 f.
6 Sergeid)iti§ berfelbeit ebb. 18 f.
7 * Litt. ann. 1625 u. 1635.
OTgemeine ftonbifte: Äöln. — Sbüffelborf. — Sngolftabt.
609
®ie oberbeutfdje SßroDinj fjatte iljre bebeutenbften Äonoitte ju ^ngotftabt unb
®ittingen. ®ag $onoift beg fjeitigen 9)tärttjrerg 39natlU!* jütjlte Diele
Slbelige unb ÜDiöndje. ü8on 1601 big 1608 roeilte bort ©raf granj SBilljetm Don
SBartenberg, ©ofpt beg .fperjogg SXtbredEjt ; im Qafjre 1626 fatj bag ®onDift unter
feinen ßögtingen §mei ißrin^en ©on^aga, einen Sanbgrafeit non Seudjtenburg unb niete
anbere ©rafeit unb 53arone: feit biefer $eit mürbe bag ®onöift Dielfad) bag Stbetigen»
fonoift genannt1. ®ie gafjf ber örbengteute betrug 40 — 50, int .Qaffre 1617 ftieg
fie auf 80 2. 5luf eine Anfrage ÜDkpimitiang Dom 22. Januar 1621 fanbte ber
Sieftor Sttunbbrot am 6. gebruar 1621 jmei Siften ber ßlöfter, bie in ^ngotftabt
Dertreten rnaren. Qtt ber Sifte Don 1619 fielen 34 batjrifcffe ^töfter mit 56 9teti-
giofett, jebeg fötofter mit burcf^fcfjnittticf) 1 — 2 ißerfonen. ®en ©tubien nadj Der*
teilen fie ficfj auf bie Humanität big jur 9Jietaptjtjfif, SDjeotogie Ijören nur jmei.
9?eun aufjerbatjrifdje $tofter marett mit 14 ißerfonen Dertreten: ©t ©alten mit 4.
9Jlur mit 1 Xfjeotogen, bie anbern mit 9if)etorifern ober ißtjitofoptjen. ®ie Sifte Don
1621 jäf)tt 27 bat)rifd)e ßtcfter mit 57 ißerfonen, barunter finb 10 Xtfeotogen 3,
Qn ben SBirren beg SDreiffigjätfrigen Krieges fanf and) bag Äonoift; im ^a^re
1636 ftieg bie ßafjt mieber auf 50. SDie (Srfotge maren nidEjt grofj. P. 9JMcf)ior
Segentjart ftetlte bem ^roDinjiaf über bag ßoitDift fotgenbeg Dor: SDie grudjt fjat
unferer üJiüfje nidjt entfprodjen, unb gmar begtjatb nicfjt, meit biefeg ^onDift fdjon
feit einigen ^afjren einzelne ^oitoiftoren gäbjtt, metdje fdjon Dorbjer Derborben ober
an gürftenfjöfen aufgezogen maren ober tjier in ber (Stabt ein fcf)tedjteg Seben ge*
füfjrt tjaben. 9cicf)t menige finb Don ben ©yternen Derfüfjrt morben, unb aucf) jefjt nocf)
merbett fie betäftigt, befonberg Dott fotdjen, metdje megett ©djänbtidjfeiten aug bem
®onüift entfernt mürben. SD'li^Iid^ ift audj bie 2tbf)ängigfeit Don ber UniDerfität,
metcf)e einzelne ^onDiftoren gegen un§ mipraudjen. ®ef)r fjat ber $ud)t gefcfjabet
ber häufige 28ed)fet ber ißräfeften ober beren geitroeilige SXbroefenfjeit. gumeiten
finb bem Ä'onDift unfähige ißräfeften aufgebrungen morben, metc^e man fonft nirgenbg
braunen formte ; biefe tjaben burcfj itjre fDiänget nic^t atlein ifjrer Autorität, fonbertt
audj bem 9iufe ber ©efetlfdjaft fetjr gefdjabet. 9?acf) einer Verfügung beg P. |>of*
faeug bürfen bie 9ü)etorifer, ißljitofopfjen unb audj bie anbern öfteren ©djüter nidjt
gejüdjtigt merben; bag t)at ju großen ©djmierigfeiten Slntafj gegeben, ©egen bie
Orbination beg P. Otioeriug finb aud) bie ^3äbagogen ber Stbetigen jurn großen
©c^abett für bag ^ottüift jugetaffen morben4.
Stfjntidjeg rairb in einem ©utadjten aug ben breifjiger ^afjren auggefüljrt 5. ®ie
grudjt beg ^onoiftg ift feit Dielen ^afjren gering. @g gibt aucf) genug gute Slug*
märtige, beiten bie ©ttern mit SSorjug Dor bem $onoift ihre ^inber anDertrauen.
§tug fo Dielen Arbeiten, 9Mfjen unb ©orgen bei tJag unb ^caefjt folgen mandjmat
nur Abneigung oft burdj bag ganje Seben, ©eringfdjä^ung ber Unfrigen, Dielfacfje
23eläftigungen unb @f)rabfc^neibung. ©g ift fetjr fdjmer, bie ©ttern jur ßafjhmg ber
^Senfion anjutjatten, oft erfolgt biefetbe erft fpät unb nad) Dielen Umftänben unb
Etagen über ju Diete Stugtagen ufra. 2)ie aug bem ^onDift Stuggefto^enen bereiten
burcf) näd)ttid)en Särm unb Unfug bem ®otiDift Dietfadje ©törung. Orbengteute
fommen nur mefjr menige. ®ie öenebiftiner fdjiden bie 3^ri9en na<^ ©atjburg,
bie 9?orbertiner ^aben ein ©eminar im ^'tofter SBintberg, bie Sluguftiner tefen in
jmei ober brei ßtöftern i|3^itofopt)ie unb Casus für bie ^fjrigen, bie ©iftercienfer Robert
bei bem testen ©djulanfang tjier ein ©eminar mit 20 9Migiofen eröffnet. Slbetige
1 Mederer, Annales Ingoist. II 191 247. 5 *Deliberatio an expediat couvictum om-
2 (Sbb. 219. nino solvere Ingolstadii tempore Regentis
3 * ft'orrefponbenä unb Siftert in Clm 26477. P. Francisci Dichtl privatim instituta Ingol-
4 * Original SK. SR., Jes. 1870. stadii. 9Jt. 91., Jes. 1870.
Sutjr, ©efcSic^te ber Seiuiteit. If.
39
610
Neuntel Äapitcl. Sonüifte.
3äf)fen mir feine mefjr ; au§ gang Batjern haben mir nur einen gögling. $n
ber (Stabt flehen gute SGBoIjnungen and) bei ben Brofefforen gut Verfügung. ©g
fönnte and) fjier roie in ÜÖZündjen mit großem Siufjen für bie Qugenb eingerichtet
merben, bajj mehrere Spüler gufammenmohnen, benen ein ^Sräfeft aug ihrer SDZitte
unter Seitung ber ©cfellfdjaft gegeben mirb. 2113 bag blü^enbe Äonoift in ÜDZündjen
aufgehoben mürbe, hörte man audj Klagen; jefjt finb fie ooöftänbig üerftummt; fo
mirb eg auch 4n ^ngolftabt gehen.
@3 fann be§ha^ nicht munbernehmen, menit mieberfjolt bie f^rage erörtert
mürbe, ob eg nicht beffer fei, bag $onOift gang aufgulöfen. groar hotte Bitellegdji
am 6. 21pril 1630 gegen bie 2Iuf!öfung entfchieben, aber fpäter änberte er feine
Meinung, $m iQaljre 1636 forberte nömlidj ber cßroüingial SKunbbrot Oon mehreren
Batreg (Gutachten über bie beiben fragen: 1. ob bag ®onoift beigubeljalten fei unb
2. ob in biefem f^aUe Quriften al§ Zöglinge aufgenommen merben füllten. 2)ie
Stubenten ber fRechtSroiffenfdfjaft maren barnalg fo oerrufen, bafj man fie nirgenbg
in bie ®onüifte aufnehmen raollte1. ^n einem ©utadjten beg P. grang SDicfjtt oom
25. 2tpril 1636 merben bie ©rünbe für unb gegen bie 2luflöfung gufammengeftellt,
bie man früher angeführt habe, fyür bie 2luf(öfung mirb geftenb gemadjt: eg ift
feine Hoffnung, bie 3ah^ ^er ®onüiftoren gu Oermehren, manche SJiöndje gehen nach
Salzburg, oiefe ßlöfter finb oermüftet unb oerarmt, bie ^ofmeifter ober ^äbagogen
ftubieren meift ^u3 unb laffen begfjalb bie 21beügen nicht in§ ßonoift, ferner ber
Schaben für ©efunbheit unb gortfdjritt unferer Sdjolaftifer, bie alg Sßräfeften in
ihren Xheologieftubien mefentlidj behinbert merben, enblidj gibt eg genug gute Äoft*
häufer in ber Stabt, ©egen bie Bermenbung beg Äonüifteg gu anbern gmeöfen
merben bie Älöfter fein, melche für ben Bau am meiften beigetragen, ebenfo merben
ber Äurfürft unb bie Stänbe nidjt gufrieben fein, ©inige maren ber SDZeinung, man
fülle bag Äonoift nur geitroeitig big auf beffere ßeiten auflöfen2.
©in anbereg ©utadjten oon P. SBolfg. ©raoenegg oom 6. 2Ipril 1636 fpridjt fiel)
mit SZücffidjt auf ben ßnrfürften unb auf bie SSerhältniffe für Beibehaltung aug;
^uriften feien aber megen Störung ber SDiggipIin unb §augorbnung nidjt aufgunehmen.
211g Mittel, betn £onoift aufguljelfen, mürben empfohlen : beffere unb fparfamere Ber»
maltung, Berbot ber unnötigen ©aftereien, ©ntfaffnng ber göglinge, bie nidjt gu ben
beftimmten Terminen galjlen, 21btragung ber Scfjulben, mie bag allmählich gliicflich in
SDiHingen gefchehen3.
gür bie Beibehaltung beg Äonoifteg fpradj fidj auch fehr entfchieben ber ^ngol-
ftäbter Siegeng ©eblj. 9ia|enrieb in feinem Briefe oom 2. Sioüember 1636 aug, ebenfo
befürwortete er bringenb bie 2lufnahme oon ^uriften : mandje tüchtige Stubenten beg
^ug münfchten bie 21ufnahme in bag iüonoift, meil fie in ber Stabt guoiel 2luf«
manb machen müßten unb gegen ihren SBillen Oom Stubium abgeljalten mürben,
freilich oerhehlte er nidjt, bafj oiele gegen biefe 21ufnahnte feien4. ÜDZeljrere ©nt-
achten fprachen fid) in ber £at fdjarf gegen bie Aufnahme oon ^uriften aug: beffer
fei eg, bag gange ®onüift aufgugeben. Betont mirb unter anberent ber 21ugfall an ©in¬
nahmen für bie Bürger unb bie ftrenge ßudjt im ®onüift, meldje bie ^ßatreg oerfjajjt
madje. Bitellegdji fchrieb am 11. Dftober 1636 bem ^rooingial: ®a man früher ftetg
gegen bie 2luflöfung unb gegen bie 2(ufnahme oon ^uriften entfchieben Ijabe, fei eg
beffer, bie grage münblidj mit bem Br°furator ber ^ßrooing gu befpredjen5. 3nt
SZooember 1636 fdjeint fid) Bitellegdji für bie 2luflöfung auggefprochen gu haben, hoch
1 Sn Sßiirgburg fara e§ beSfjalb 1630 gu 5 * Original ebb.
.Klagen non feiten be§ 9lbel3. 93 rann, hieran* 4 * Original 9Jt. 9t., Jes. 1370.
bilbung be§ ftdernS in Sßiirjbnrg I 367. 5 * Original ebb.
2 * Original Clm 26 477.
Allgemeine Sonbiftc: $ie Aufnahme öon Snriftcn.
611
füllte oorljer bie ©endjmigung beS Äurfürften ciugeljolt merben. ®iefe ©enefjmigung
erfolgte aber nidjt, benn ber Jlurfürft trug fid) mit bem s$latt, fogar ixodE) ein
neue§ föonoift für 60 Sfjeologett uitb ebettfooiele Quriften in Qngolftabt eiuzuricfjten
unb beit Qefuiten gu übergeben.
liefen ^ßlan teilte ber ^rooittjial ©raüenegg am 23. Quli 1638 bem ©eneral
mit. SitelleSdji antroortete am 21. Sluguft 1638, bem fßlane ftänben grofje Schmierig*
feiten entgegen, ber Mangel au Qudjt bei ben Quriften unb bie ©efaljr, baff biefe
Steuerung als Seifpiel angerufen rnerbe. ^ebenfalls mü^te bie Sadje oorljer ein*
geljenb beraten unb nähere Slufflärung gefanbt merben. ^Daraufhin forberte ber
^rooinjial am 7. September 1638 ©utadjten 1 üon üerfcfiiebenen ißatreS, ba be*
fonberS bie Slufnaljme oon Quriften unannehmbar erfdjeine. Scharf gegen ben
neuen fßlan fpradj ficf) ber P. Qolj. ©lüdlj aus. Qm allgemeinen bemerft er: ®ie
Erfahrung lefjrt, bafj biejenigen, melcfje unter nuferer f)än§Iic^en ®iSjiplin ge*
ftanben (mo fo mandjeS Unangenehme oorfommt), uitS meniger mohlgefinnt bleiben
als biejenigen, rnelche nur ben Unterricht in ber Schule unb unfere Seitung im
ißriDatleben auf ihre Sitte erhalten haben, unb benen bieS nidjt aufgebrängt mürbe,
mie eS in ben Äonoiften ber Qall ift2. 2öaS bie Slufnaljme oon Quriften angeht,
fo fönneu biefe im ^onoift nidjt beauffidjtigt merben, fie gehen aus unb ein, ins
SBirtSfjauS, fommen betrunf'en ltacf; |jauS unb ranbalieren. ®ie Erfahrung hat bieS
bemiefen, beShalb hat P. ^offaeuS 1595 alle Quriften aus bem ßonoift auSgefdjloffen
unb feine mehr aufgenomnteit, maS oon P. Slquaoioa gebilligt mürbe. Ebenfo ent*
fdjiebeit 1609 P. SufaeuS unb SitelleSdji 1617 (24. Quni) unb 1629 (8. ®e^ember).
ES gibt nodj oiele anbere ©rünbe, fo oon feiten ber Eltern unb ber Quriften, bie bei
einer SluSftofjung beleibigt merben, oon unferer Seite, meil mir nic^t fo oiele tüdjtige
^Regenten ftellen fönnen, ungeeignete aber nur Schmierigfeiten machen, ©eorg Spaifer
ift troj3 aller Schmierigfeiten für ben Q51an ; ben Übelftänben fann abgeholfen merben,
geeignete Qnftruftoren für bie juriftifdjen Stubien mirb ber ^urfürft ftellen, ber
grofje äRangel an tüdjtigen Seamten jmingt zu einem foldjen Seminar, beffen Über*
nähme nidjt gegen baS Qnftitut oerftüfjt. P. SJttanhart meint, menn eine gute Orbnung
erlaffen rnerbe, fönne baS fö'onüift übernommen merben, aber eS müffe ein tüchtiger
fßrofeffor gemonnen unb ber Sefucfj oon SBirtSljäufern unb überhaupt oon anbern
fremben fpäufern oerboten merben. Sille müffen im Slnfang erflären, bah fie frei,
ohne Qmang in baS ®onoift fommen unb bereit ftnb, feine Statuten ju beobachten.
Sludj P. Qorer ift trog aller Sdjtoierigfeiten bafiir megett ber großen 9?ot. £>urdj
fdjlechte Seamte hat in biefen letzten 20 Qafjren bie fatljolifdje ^Religion mehr Schaben
gelitten als burdj bie ^ärefie. Qn Qnbien, Ehina unb Qapan tut bie ©efettfcfjaft
auch auS 9cot oieleS, maS fie fonft nidjt tut; baS gilt auch für ®eutfcf)Ianb. SDie
fdjlimmen Erfahrungen beS ^urfürften haben iljn 311 feinem ißlane bemogen.
P. Slnton SSelfer finbet ben ißlan beS ßurfürften ausgezeichnet. Qm mefentlichen
unterfcheibet fidj ein folcfjeS ^onoift nicht oon ben anbern, bie mir fdjon haben. Slucfj
fdjreden midj nidjt bie Stubenten ber QuriSprubenj, benn auch biefe ftnb Qünglinge,
unb jmar oielfach bie Slüte ber Qugenb, bie fittlidjer Qudjt unb djriftlidjer Erziehung
bebürfen, bie einftigeu Säulen beS Staates. ®ie ^auptfcbmierigfeiten liegen in ber
SBahl eines tüchtigen Regenten unb in ber Slbfaffung guter Statuten. P. Sljriftoph
SteboniuS betont: Seutfdjlanb leibet heute ebenfofehr unter bem SRangel an guten
Quriften mie an guten ißrieftern. Quriften follten audj eine Sorlefung über ®ontro»
1 25ie * Originale ber ©utacbten in 9Jt. 2 ASortlaut bei Jßrantt a. a. 0. II 385.
©er.*2it. 1483 ad 5C, teilroeife gebrucft bei 2>a§ ©Jüerpt biefer (Stelle ebb. I 375 ift finit*
ißrantl a. a. 0. II 382 ff. entfteüenb.
612
9teunte3 Kapitel. Konbifte.
Oerfen ^gleich mit ben Geologen hören wegen ber ^äretifer, mit betten bie ^uriften
unb fRäte oft oerleljren. Sie ^uriften braunen für ßiüirrerfjt 8—10 Qaljre, für ein
Stubium, baS in jntei fahren ooüenbet toerben fönnte. SaS $irdjenredjt rairb feljr Oer*
nadjläffigt. 3*™ 3ute Stiften müßten gewonnen werben für gioilrecfjt unb lanonifdjeS
fRecijt, bie ^gle h ^Srofefforen ber Unioerfität wären, 3ft bieS wegen ber Stellung
jur Unioerfität unb juni OiegenS nicftt möglidj, bann foll man eigene Quriften be>
folben, weldje ber Sllabetnie als aufjerorbentlicfje ^Srofefforen beijugeben wären mit
allen 9tecf)ten; einem biefer ^5rofefforen wäre aud) bie ßioiljurigbiftion über bie
$onoiltoren 51t geben, fo bafj bei ber ©efeÜfdjaft nur bie oäterlidje ©ewalt bleibt,
jährliche Prüfungen ber Quriften wären Oon ben beiben ißrofefforen im Söeifein
eines ber Unfrigen obwalten. Sie Uufleifjigen unb Unfähigen müfjten entlaffen
werben.
Ser i^lan latn nidjt juftanbe. ^uriften würben nad) wie oor nid^t auf»
genommen trop aller Sitten unb Sorftellungen. 9?icf)t einmal ißriefter, bie nur
ijtedjt ftubierten, wollte man julaffen. 211S ber 2Ibt ißiuS oon St ©allen am
30. 3ül1uar 1^39 bei bem Qngolftäbter Steftor Qof). ©lüdfj anfragte, ob nidjt
jwei feiner ^Sriefter, bie er nadj Qngolftabt fdjide, um bort ju ftubieren, im
^onoift wohnen fönnten, bebauerte ber Oteltor in feiner Antwort am 9. gebruar
1639, bafs er leine ^urxften in baS ^onoilt julaffen lönne; ber ©eneral wolle baS
nicf)t jugeben, benn eS ^auble firf) fjier um eilt Srin,$ip *•
SiefeS ^Srin^ip fonnte aber auf bie Sauer bod) nicht aufrecht ermatten werben.
Sie grage lehrte immer wieber. 3n einem grofjen ©utadjten geigt ber Qngolftäbter
9tegenS ©ebljarb Seininger, baff baS Ä'onoilt wegen beS großen SßerfonalS (Segens,
SubregenS, 2 ißräfelten, Sdjreiber, ©inläufer, Säder, ©ärtner, Pförtner unb
2 Siener) unb ber geringen Slnjaljl ber Zöglinge im feigen 3uftanbe nidjt aufrecht
erhalten werben lönne. ©S finb oiele neue ©tjtnnafien entftanben; bie ^^ilofoplien
hören im ^weiten, bie Sljeologen bereits int erften 3af)re aber aße, bie QuS
ftubieren, bürfen in baS ®onoilt nidjt aufgenommen werben. Sie golge ift, bafj
je|t nur nodj ^ödjftenS 30 ^onoiltoren üorfjanben finb. SaS einzige Mittel gut
Slbljilfe ift bie ßulaffung oon foldjen, bie QuS ftubieren. Mandje fünften, audj
bereit ©Item unb ißrofefforen wünfdjen bieS, and) liegt eS im ^ntereffe ber g-örbe»
rung in Sugenb unb SCBiffenfdjaft. ©ineS ift ju beachten: gute 2luSwafjl mufj
getroffen werben; nur foldje finb aufäunefjmen, welche bie Slufnaljme oerlangen unb
wirtlich ftubieren wollen. Sie früher gegen bie Slufnafjme ber griffen fpredjenben
©rünbe fallen wegen 21nberung ber Serljältniffe weg. Sie Serfiiljrung ber jüngeren
©tjmnafiaften burch bie 3lu'iften ift nicht mehr ju befürchten, ba wegen ber neuen
©ijmnafien laum mehr ©tjmnafiaften eintreten ; bie ©efahr bet Soderung ber SiS»
giplin lann burdj üluSwafjl oerminbert ober oermieben werben. Übrigens ift bie
frühere ftraffe SiSgiplin überhaupt nicht mehr aufrecht ju erhalten, unb jwar wegen
ber geänberten 3eitöerfjäftniffe infolge beS Krieges, beS greiheitSfdjwinbelS bei ben
Stubenten unb ber fdjledjteit ©rjieljung burh bie ©Itern. ©ine Milberung in
ber SiSgipün, bie mit ©runb gefdjiefjt, ift itoh leine Unorbnung; audj ift nidjt
jebe Neuerung fdjäblid) unb ju Oerwerfen, ba oernünftigerweife jept baS gefallen
lann, waS früher nid;t gefallen hat- SöenigftenS ift ein Serfudj mit ben ^uriften
511 mähen 1 2.
3n einem weiteren Metnoriale ftellt bann P. Seininger fehl' oeruünftige 21n»
fihten über bie Seljanblung älterer Stubenten auf. Sie Qurifteu bürfen nidjt fo
1 *93eibe Briefe im Original in Clm 2 *Rationes Clm 26477. ScaS Saturn geljt
477. ait-g ben beiliegeitben Korrefponbenäen Ijerbor.
Mgemeine $oubiftc: Gillingen.
613
eingeengt inerben tnie bie s}3ßilofopßen; in milber unb fünfter Söeife finb fie gur
93eobacßtung ber ipauSorbnung angußalten. $n 93egug auf SluSgänge unb SÜidfeßr
muß man S^ad^ficfjt üben. 3fn fanfter SBeife foll an üöforgeit» unb Stbenbgebet unb
regelmäßiges Sluffteßen unb ©cßlafengeßen gemahnt inerben. 2Benn fie an bem
©otteSbienft gumeilen nidjt teilneßmen, fann man barüber megfeßen. ©olcße, bie
nicßt mollen, unb folc^e, bie einen böfen Seumunb genießen, follen nidjt leicßt auf»
genommen merben, aud) foCt man ftdf; nicßt leidjt einen ®onüiftor aufgmingen laffen.
©enen, melcße bie Slufnaßme begeßren, muß gefagt merben, maS man non ißnen öer»
langt : Stnpaffung an bie £auSorbnung, ©eßorfam, nidjt braußen fcßlafen, recßtgeüigeS
©rfdjeinen bei ©ifd), abenbS 91üdfeßr nor 9 Ußr, feine ©rinfgelage im Ipaufe.
Übrigens mirb ein nerftäubiger Segens in allen biefen fünften, inforaeit ein Der»
nünftiger ©runb norliegt, 9?acßficßt gu üben miffen 1.
P. ©eininger fanbte am 24. ütfooember 1645 fein ©utadjten an beit fßrooingial
üftifaftuS Söibnman, ber ficß bantalS auf ber ©eneralfongregation in 9iom befanb.
©iefer erüärte fid) in einem Briefe nom 29. ©egember 1645 mit bem ©utacßten
gang einnerftanben, er loofle baSfelbe aber nicßt ber ©eneralfongregation, fonbern
bem neuen ©eneral norfegeu2. ®ie ©ntfcßeibung Dergögerte ficß ttocß. ®a ber neue
©eneral ßarrafa auf ©rängen beS 93ifd)ofS non SlugSburg am 7. ^uli 1646 bie
oerfudjSmeife Slufnaßme non fünften in baS ©illinger ®onöift geftattete, fo er»
neuerte ber fßrooingial fein ©efud) für baS Qngotftäbter ßonoift, unb nun erft er»
laubte ßarrafa am 18. Stuguft 1646, ben Serfucß aud) in ^ngolftabt gu madßen,
mo biefelben unb noeß triftigere ©rünbe norlägen3.
®aS bebeutenbfte föonoift ber oberbeutfeßen ^ßrooing mar baS gu ©i Hin gen4.
®ie .gaßl bafelbft erreichte ißren |)ößepunft mit 300 fö'onoiftoren im $aßre 1622.
1602 maren eS 212, 1625 230 5. ©iefe niefeit ßonbiftoren fonnten nur unter»
gebrad)t merben bureß Gsrmeiterung beS 93aueS. 9)?ärg 1603 mürbe mit ber lieber»
legung beS alten HonüifteS begonnen, ber Neubau bis 9tonember unter ©aeß gebracht
unb 1605 bezogen. 93on ben groei ©eilen mürbe ber Storbbau ben ©tubierenben
auS ben Älöftern (fReligiofenbau), ber SJlittelban ben ^anbibaten beS geiftlidjen
©tanbeS (i2llumnenbau) gugemiefen. ©er ©übbau mnrbe erft 1618 angefangen unb
1621 beenbet ; er naßnt bie meltlicßen unb befonberS bie abeligen ©tubenten auf
(©äfularenbau). ©er gange ^onoiftSbau fonnte 400 ©tubenten aufneßmen, maS
ficß aber nur babureß ermöglicßen ließ, baß bie ©djlafräume über ben ©tubienfälen
(ällufeen) in ben unteren ©acßräumlicßfeiten untergebradjt mürben. 93ifcßof, Kapitel
unb Ä'lofter fpenbeten gu bem 93au über 10000 ©ulben6.
gür bie 93erföftigung gaßlten bie fö'onüiftoren im Qaßre 1622 am (perrentifcß
möd)entlid) 4 glor., am gemößnlicßen ©ifd) 3 glor., im barauf, aber mit 93er»
riitgerung ber ©peifen 2 bgm. 1 glor. ®ie ©infeßränfung ber ©peifen mürbe am
24. Quni 1623 oom 93ifcßof Oerorbnet, meil eS nid)t nteßr als billig fei, „baß man
and) bie ®oft ben ÜDÜingforten naeß ringere". giir ben 9Sein mürbe bie SJZaß gu
1 *Clm 26477, au einer anbern ©teile, aber
nad) ;panbfd)rift unb Snljalt gebärt ba§ Me»
moriale bem ©utaepten „Rationes“.
2 * Criginal Clm 26477.
3 $ie Söriefe ßarrafag an SBibnman in Clm
26 477 unb 911. 91., Jes. 982.
4 gür baS golgenbe ©ped)t, Siflingeit
401 ff.
5 Süumneu beiden and) hier aHe Sonbiftoren,
bie ©tipenbiateu, fei e§ be§ 93apfte3 ober be§
93ifd)ofä ober auberer ©tifter, loaren. 3m 3abre
1604 maren 22 ©tipenbiaten be» $apfte§, 4 bes>
93ifd)ofä Don 5lug§bitrg, 5 be§ 93ifd)of3 Don
Eidjftött, 11 bc3 ©rafen 3afoä Äur§ ufm. Dor»
panbeu.
6 ©pecpt a. a. 0. 102. ipant, ©efd). ber
©tubienanftalt SiHingen (1854) 89 ff- 93ei lep»
terem eine eingeljenbere 93efd)reibung be§ 93aue§.
35gl. bie ©tatuSrelation Don 1606 bei 911 er fie,
2lrd)iD für 93aftoral=ßonferensen I 310.
614
9feunte§ Kapitel, Konbifte.
18 ßreujer gefegt. „Unb üerfefjen mir ung, man merbe mit fofdjem Sta£ jufrieben fein,
in Sebenfung, bafi bennodj bie $oft mödjentfid) um 1j2 ©ufbeit geringer angefdjfagen
mirb afg anberer Orten, unb bag Kollegium bag oorige ^a^r, ber ^ugenb 31t
©utem, ein ©tarfeg, mie nninnigfid) befannt, öerforen. (Sollten bie SBaren f)infiiro
roeiter abfteigen, fo mirb man bag ®oftgelb aucf) ringern."1 Seim galten ber
Sebengmittefpreife trat bann in ber S£at ein meiterer Siadßaf) ein, fo 1625 1 gfor.
30 ®reit3er (22 V2 Sajjen) 6310. 1 g-for. 12 ®reu3er (18 Sapeit), mithin mieber ber
Sßreig oon 1585. 2Bof)nnng, §ei3itng unb Sidjt lofteten jäljrfid) 12 $for., „Sett*
gemanbt" 6 gßor., SEBäfdje 4 gfor. ®a3U famen nod) für Slr3t unb Sarbier
1 gfor. 40, Rebell 16 ßreit3er, für Stinte 24 Steuer. „SDer SSein fiat fein fonbere
9red)nung, je nadjbem man ifjn einfauft, unb mirb jebem fooief eingefdjenft unb üor=
gefegt, alg für ratfarn erfannt mirb unb bie §errn Maecenates (Stifter) ober ©ftern
üermißigen. SDer Se3af)fung falber finb 3toei gief im Sn^r' darauf man pflegt
Konoift in 2>tHütgen 1627. Stid) non ©ianaffer.
aßer ©tubenten fRaitungen (9ted)nuttgen) 3U fertigen, Qof). Saptift (24. Quni) unb
SDfjomag Slpoftef (21. SDesember). Unb biemeil bag Äoßegium fonft fein anber ©im
fommen, baoon nit aßein aße notroenbige Sictualia . . ., fonbern aucf) bie £mnbmerfg=
leut müffen be^a^lt merben, mirb erforbert, baff man oon einem fjalbeit Qafjr 311m
anbern tmraugf^afjfe." 2
9JJit ber Soraugbe3af)fung kaperte eg fo fefjr, bafj ber Sifdjof einfcfjreiteu
muffte. ©r ertiefj am 21. SOegember 1626 an ben 9iegeng ein offeneg Slugfdjreibeu
beg ^nfialteg : ©r fyabe in ©rfafjrung gebradjt, baff man ein fange geit fjero oon
bem alten ©ebraudj unb augbriidfidjen ÜDianbat, bie f)afbjiif)rige ^afßung anti>
3ipationgmeig ftetg ridjtig einsubringen, meit abgemidjen fei. Studf) fjabe man ber
1 Ratio stud. IV 335 f. Qn biefer ©erorb=
nung mirb für bie 2InnaI)me ber ©elbforten
feftgefefct: 1 Salcr = 1 ©ulben 30 Kreuzer,
1 ®utat = 2 ©ulben 20 Kreujer, 1 Krone ober
©olbgnlben = 1 ©ulben 44 Kreujer.
2 Ratio stud. I 454. ©in ©£pen?äettel au?
bem gabre 1G29 forbert für ben ^errentifd)
mödjentlid) 25 ©afcett, für ben gemeinen ©ifd)
ioöd)entlid) 20 ©a$eit. ©inblattbrnd in ben
©bradjer Klofteraften II 128 in ©amberg, Krei?=
ard)iü. Koft unb ©rei? in ©tollljeim f. Ratio
stud. IV 334 f.
Sltlgemeine Äonbitte: 2)ißingen.
615
fdjon verehrten $oft unb anberer 9?otburft fjalber für bie ^onüiftoreS auSgelegten
©elbS adbereitS verfallenen Üiedjnungen 23ejahlung burdj viele 2Jtüf)e mit immer«
mäfjrenbem S8rieffcf;reiben unb 23oteu bennocf) nit fuitben §u Rauben bringen. ®arauS
folgt, baf) bei redjter $eit SSiftualien nit nad)getrad)tet, fonbern gleich täglicf)
allein bie blofje 9iotburft, aud) menn ade am teuerften eingefauft, unb unter bem ber
arme (patibmerfSmann mit verlogener 23ejahlung befdjmert morben, meldjeS unjiemlid)
unb ben armen £>anbmerlsleuten nit tveniger unerträglich fei; aud) lönne für bie
^onviftoren ®oft unb geling nid)t fo billig als fonft bei geitiger SBejaljlung ver«
red)net merbeit. Um bem beizeiten ju begegnen, ift unfer ernftlidjer 23efef)l, baff
alle 9ied)nungen unb Unfoften fofort eingeforbert unb von nun an bie ©tubenten,
fie feien meS ©tanbS fie mollen, in baS ®odeg nid^t aufgenommen tverben, eS fei
beim, baf; beren (Sltern unb Sßormünber auf 1/2 3df)r ^an9 Zähnung vorauf«
bejahten unb ebenfo nach Verlauf eines hQ^en 3a^reö mieberum fßorfchufj geben1.
Äoubift in 2>iflingen 1627. ©t id) non SKanaffer (Vi)-
@in befonbereS SSerbienft erroarb fidh baS ^onvift in SDidingen um bie §eran*
bübung jal)lreid)er SJJtöndje unb baburcf) um bie ^Reform unb SSlüte vieler ^löfter2.
3m 3Q^)re 1607 befanben fid) unter 250 ^onviftoren über 100 Sleligiofen aus
40 ßlöftern, barunter auch 2 f£)ominifaner aus SBien; bie hoffte 3al)l i$eigt 1612
mit 157 dieligiofen aus 41 SHöftern, 1622 noch 130, bann infolge ber 97eugrüm
bungen in ®onftanj unb ©aljburg (Senebiftineruniverfität) 1625 nur mehr 70 aus
21 Mßftern. SDer ©cfjmebenfrieg braute natürlich noch weitere SSerminberung. 23er«
treten luaren 23enebiftiner, Sluguftiner, s}3rämonftratenfer, ßiftercienfer, $artöufer,
SRinoriten ufro.3
®ie SWigiofen bemohnten, luie bereits ermähnt, einen befonbern Straft, ben
nörblichen Heil, ben fog. Üieligiofenbau. 31)re ^eitfion betrug jährlich 100 glor. 4,
1 ßinblattbrucf Clm 26 478.
2 Vgl. 33b I, ©. 500 ff. 3um folgenbett
©fjedjt, SBiHingen 415 ff. $ort 416 f bie
Verteilung auf bie einzelnen Drben unb Älöfter.
Vgl. 384.
3 ©in 1650 angefertigteg Verjeicf)ni§ ber«
öffentlicfjte SB i d) n e r äuerft in ©tubien unb
Vtitteilungen au§ bem Venebittiner« unb ßifter«
cienferorbeit (1885) 397 ff unb bann in feiner
©tubie über bie Vrobftei ©Ifenborf (1899) 58 ff.
4 ober 60 nummi aurei, mol)[ ©olbgulben
= 1 ©ulbeit 44 Äreujer.
•Jieuntel Kapitel. Äonoiftc.
616
bie aber mit bcn SZebenauSgaben für SGSein, Strjnei ufro. jroifdßen 100 unb 140
fcßmanft. Xie Orbnung mar faft gan§ rcie bie ber übrigen Äonoiftoriften; Seidjt
unb Äonununion alle 8 bis 14 Hage, nur menige alle Monate, alle 14 Xage eine
©pßorte ober ©rflärung ber Siegel beS ßl. Senebift ober Slitguftin. ©in eigener
P. ©piritual mar ißr Seicßtoater unb gugteicf) $JMfeS ißrer Äongregation. Sei
Xifdj ßielten bie fReligiofen mittags juraeilen Vorträge auS bein ©ebiete ber ©djule,
au beftimmten Xagen abenbS eine ^ßrebigt. X)ie meiften malten audj jäßrlicß bie
geiftlidjen Übungen. Xie adjttägigen ©jerjitien mürben oon einigen OrbenSobern
il)ren Untergebenen üorgefcßrieben, fo im Qaßre 1614 oom ©eneraloifar beS fJM’
monftratenferorbenS. ©in^elne OrbenSobern gaben für ben Slufentßalt in X)iUingen
befonbere Oiegeln, in benen außer ben ©ger^itien befonberS regelmäßiger (Empfang
ber ©aframente, bie pflege beS geiftlidjen SebenS, Sorfidjt im Umgang unb im
Xrinfen anempfoßlen mirb. ÜJZadj Seenbigung ber Sßßilofopßie ging ber größte Xeil
mieber in ifjre Älöfter jurüd, fo baß baS SerßältniS ber Xßeologen unb fßßilofopßen
unter ißnen burdjfdjnittlicß 1 : 3 betrug.
Sei einer fo großen 3aßl oon ÜDZöncßen auS fo ocrfcßieben gearteten Älöftern
braucht eS nidjt munberjuneßmen, menn bie ftrenge ßucßt in Xillingen gumeifen
auf ©cßmierigfeiten fließ, jumal menn unjufriebene ©lemente ficß jufammentaten, um
bie ©cßranfen ber gudjt 3U burcßbrecßen. X>a fonnte eS fogar ju meßr ober minber
gefährlichen Seoolutionen fontmen. ©o entftanb 3. S. 3ult' 1614 eine fleine 9fe>
oolte au§ Unlaß eines SerboteS beS SallfpieleS im Utrium, meil fo Diele genfter»
fcßeiben jerbrodjcn morbett. ®a ber 9ieftor fidj burd) feine Sitten ermeidjen ließ,
fein Serbot juriidjuneßmen, oerfdjmoren ficß bie 126 SZöncße unb fpielten alle am
12. int Sltrium troß beS SerboteS. Stuf ein SedjtfertigungSfcßreiben oom
20. Quni 1614 ließ ber Übt oon ©alem 25. ^uni 1614 feinen Untergebenen einen
fcßarfen Xabel jufommen: fie hätten gegen alle feine Slnmeifungen geßanbelt, juerft
hätten fie bem 2lbt fdjreiben müffen, aber feine offene Üfebellion ntacßen bürfen.
yZadj ©mpfang feines ©cßreibenS foUten alle bem 9M'tor fniefäHig Abbitte leiften.
Xem Sfeftor fcßrieb ber §lbt unter bemfelben X)atum, baß er bie üfebellion feiner
9feligiofen feßr bebauere; er ßabe biefelbett ©eßorfam unb nidjt Rebellion gelehrt ;
er raerbe bie gebüßrenbe ©träfe eintreten laffen1.
©päter erregte bie ©infdjränfung beS ÜEßeintrinfenS große Unjufriebenßeit.
©djon 1613 ßatte ber ^rooingial äMcßior Partei bei ber Sifitation oon Xüllingen
eingefdjärft, man folle ernftlicß barauf feßen, baß bie Äonoiftoren, befonberS bie
OrbenSleute, nidjt fo üiel außergemößnlicßen Söein unb nicht meßrere fog. SBein»
jettet (schedas vinarias) erßielten unb gegenfeitig üertaufdjten; benn fo mürben
bie SluSgaben geringer, bie ©efunbßeit fräftiger, bie Sermaltung leicßter2. ßeßn
Qaßre fpäter trat ber ißrooingial ©ßriftopß ©rcnjing gegen bie Sftißbräudje bei
bem Xrinfen auf. ©egen feine ©infcßränfungen manbten fidj bie SDZöncße bireft an
ben ©eneral. SitelleSdji autmortete am 17. Qluni 1623 unter bem SluSbrud beS
XanfeS für baS ißnt bemiefene ßutrauen. ©r merbe ben $ßroOin$ial anmeifen, feine
Serorbnung fo gu milberit, baß oßne ©efaßr für Unmäßigfeit ben Sebürfniffen
unb bem Xroft aller fRecßttung getragen merbe. ©efdjeße bieS nicßt, ober glaubten
fie fonft in irgenb einer ©adje ficß ju ßart beßanbelt, fo möcßten fie ißnt nur
1 * Original unb Äopie in $arl§ruhe, ©. 2.,
Salem 32, 6. Sorrefponbenjen barüber in ben
* Epistolae Wiblingens. I 178 ff (ißfarrardjiö
in Saiblingen). Ser 9legen§ $ugo SBolffurt
icbrcibt am 21. guni 1614, ba§ SSerbot fei ge=
rechtfertigt gemefen.
2 * * Visitationes coli. Diling. 1612 — 1618.
33ei biefer ©elegenljeit fügt ber iprooinäial aucf)
bei, e3 foüe SSorforge getroffen merben, baß
bie iBuchhäubler unb ^anbtuerfer oon ben fion=
oiftoreu nicht ju hohe greife forberten.
'Mgcmeinc Souoiftc: 55>iHirtgen.
617
wieber fcßreiben; erwerbe bann bei bem 'proDingial unb ben |>augo6ern bag Zotige
oeranlaffen K
91n ben ^Sroüingial felbft richtete 93iteHe§d)i am 2. September 1623 ein aug»
füßrlicßeg Scßreiben, in bem eg ßeißt: 2llg $ßaul V. Don mir oernommen, im SlonDift
gu Sidingen ftubierten unter ber Leitung ber ©efedfdjaft gegen 130 Sleligiofen au§
oerfdjiebenen Orben, §eigte er fidj bariiber feßr erfreut unb äußerte fieß in Slnbetracßt
beg großen Slußeng aug einem foldjen $onoift: Sie Seitung unb £>eranbilbung fo
tieler Orbengleute fdjeine ißm Don folcßer 93ebeutung, baß bie Strbeiten ber ©efeQ*
fdfaft in Seutfcßlanb, wenn fie audj nießtg anbereg tue, alg überaus nüßließ für bie
fatßolifcße Äircße betrachtet werben müßten. ÜJlit biefem Urteile beg Sßapfteg ftimmen
Diele angefefjene Scanner überein, welcße bie Seitung biefer gowdie für eine ber
widjtigften unb Dorgügücßften Arbeiten ber ©efeüfcßaft in Seutfcßlanb halten, $cß
fann begßalb nicht begreifen, wie wegen ein wenig SSBein eine foldje unb fo lang
bauernbe Aufregung gum größten Scßaben beg ®onöiftg entftanben ift. Um bie
©intracht unb Siebe wieberßergufteüen, muß burdj SSiebereinfüßrung ber fettet ober
auf anbere SBeife für ben notwenbigen Sranf geforgt werben gemäß bem SBillen ber
Obern ber Flößer, welcße ißre Sleligiofen naeß Sillingen feßiden. Sa P. SSolfgang
üüleßger feßon früher unb befonberg jeßt bie ©emüter ber Orbengleute fieß entfrembet
ßat, foH berfelbe Don feinem Sind alg Siegeng entfernt werben. SCßeil bie SJleinung
ber Unfrigen geteilt ift unb bie einen für ben Siegeng, bie anbern für bie SJlöndje
Partei ergriffen ßaben, foll für bie SSieberßerfteHung ber ©inigfeit Sorge getragen
werben. Ser Siegeng, bem ber SßroDingial etwag gu Diel bie Stange ßält, ßat geßler
gemaeßt. 93ei ben ©rünben, bie Don bemfelben einigen JUofterobern gefeßidt würben,
um ißnen bie Slbfcßaffung ber SBeingettel munbgereeßt gu maeßen, wirb bie ®lugßeit
unb fteHenweife aueß bie Söaßrßeit oermißt, g. 93. wenn er feßreibt, im $alle ber
93eibeßaltung ber gettel fönne nießt genug 2Bein befeßafft werben; ober baß ber
größere Seil ber Prälaten, weldje ißre Seute naeß Sillingen feßiefen, wegen beg ©e=
braueßg ber Söeingettel Slrgernig gebe; ober wenn er beßauptet, naeß ber Slnficßt
meßrerer Slrgte fämen bie ®ranfßeiten ber ®onöiftoren Don übermäßigem SBeingenuß,
wäßrenb ber ßonöiftgargt eine folcße Äußerung beftreitet unb anbere barüber uießt
befragt worben finb. Sind) ift eg unflug, wenn ber Siegeng in bemfelben 93rief bie
Unmäßigfeit ober Scßlidje einiger weniger bem gangen ßötug ber SDlöndje gu beren
großem 93erbruß gur Saft legt, ba bie Don bem Siegeng gerügten Spgeffe nur wenigen
gur Saft fallen1 2.
Sie Sarlegungen beg ^roDingialg Dom 24. unb 26. September 1623, ber adeg
gu tun üerfpracß, um bie Ungufriebenßeit auf gute Strt gu ßebeu, berußigten ben
©eneral, wie berfelbe am 21. Oftober feßrieb; boeß fcßärfte er nocßmalg folgenbe
fünfte ein : SSor allem barf fein engereg unb ßärtereg Verfaßren in 93egug auf bie
Verpflegung unb bie §auggudjt eingefüßrt werben, alg wie eg bie ^lofterobern, bie
ißre SJlöndje naeß Sillingen fdjiden, ober wenigfteng bereu größerer Seil billigen,
ferner foll bie Slnberung fo gütig unb faeßte eingefüßrt werben, baß fieß bie Orbeng*
leute barüber nicht mit Slecßt beflagen fönnen; benu fonft fann bei erbitterter unb
1 *£rig.4Reg. Ad Externos. $ie Üieüoltc
Siebt fid) burd) bag gange Safjr 1623, mie bie
SSriefe in ben Epp. Wiblingens. I 301 ff geigen.
2>er 9tegeng SBoIfg. 9Jleßger betont am 1. Smn
1623 unter ben ©rünbeu für bie Stbfdjaffung
befonberg bie bamalige große Neuerung. Sie
jungen 9Jtünd)e loollten aber bie ©rünbe nidjt
gelten laffen ; e§ fdjeint ihnen unerträglid),
aquam cum sanitatis periculo potitare. ©in
21bt maljnt feine 9teligiofen, ut de potu liti-
gare desinatis praesertim hoc tempore quo
de sanguine Christianorum passim hauriendo
decernitur. $er fßräfeg ber 9teligiofen«®on»
gregation, P. 21bam ©traub, fndite oermittclnb
eingumirfen, mag bie jungen SJZöndje mit großem
Sobe anerfennen.
2 * Original in 9Jt. 9?., Jes. 976.
618
Neuntes &apitel. Sonoifte.
abgeneigter Stimmung troß aller 9Jiüße ber ©efeüfcßaft nkßtS ©uteS geförbert werben,
unb bie große gaßt ^er Peligiofett wirb fid) halb fef)r üerminbern. $ur letzteren
SluSfiißrung füge icß ßier bie befdjeibene Porftellung ber OrbenSleute an mid) wörtlicß
bei. ©ie SBetoilligung biefer SBiinfcße tttadje id) aber oon ber ©inwitligung ber
Prälaten abhängig, auf bie in ber ganzen Sacße große fRiidficßt ju nehmen ift.
©ie befdfeibene Pitte ber Peligiofen lautet: „2Bir bitten nur barum, was unS allen
ober bocß ben meiften nad) unferem unb ber Slrjte Urteil jur ©rßaltung nuferer
Kräfte unb nuferer ©efunbßeit ßierortS notmenbig ift, b. I). im einzelnen wödfentlid)
brei bis oier SBeinjettel ober brei bis oier Ouart Sßein für jeben Krater, welcße bei
ber gewößnlicßen SlJJafjl^eit auf SBunfd) gegeben werben, bod) fo, baß bei einer SKaßl»
geit nur ein Ouart oerabreicßt wirb. 2Benn aber einige wenige, bie eS ßier fautn
gibt, glauben, innerhalb ber ©rennen ber Sftäßigfeit etwas bariiber ju bebürfen, fo
ß alten wir eS für recßt unb billig, baß in einem foldßen gälte ber P. fftegenS fid)
bei ber SBiHenSäußerung beS Prälaten berußigt. ©er jweite Punft, in bem wir
bie £>ilfe ©w. Paternität anrufen, betrifft fowoßl bie Sorge für bie Oranten, bie
biSßer feßr gering war, als aud) bie Scßwierigfeit mit bem SBeiit, bie wir unter
biefem fHegenS burd)gängig bisßer geßabt ßaben, weil uns zuweilen unb jiemlid)
lange ein fotcßer ÜBein oorgefeßt worben, ben oiele oon uns fautn trinfen fonnten."
©aS finb bie SSünfdße ber Peiigiofen, für bereu ©rfüdung fie oon mir aber feinen
Pefeßl an bie unmittelbaren Obern erpreffen wollen, fonbern fie finb bereit, barum
ben ÜtegenS in aller ©emut als um eine SBoßltat ju bitten1.
(Sinige $aßre fpäter macßte PitelleSdfi am 7. Februar 1626 ben Prooinjial
9)lunbbrot barauf auftnerffam, eS fei oielleicßt gut, ebenfo wie in ^ngolftabt aucß
im Äonoift ju ©illingen benen, bie feinen SSein trinfen wollten ober fönnten, Pier
oorjufeßen. ©enn jeßt müßten mand)e mit nid)t geringem Sdßaben für ißre @e»
funbßeit SSaffer trinfen, unb infolgebeffen fämen oiele nicßt nad) ©illingen. SJian
möge alfo beraten, ob man bort Pier brauen unb ben Äonüiftoren geben fönne2.
3lbgefeßen oon folcßeit einzelnen (Spifoben unb einzelnen Perfonen, war baS Pe=
tragen ber meiften Sftöncße mufterßaft, wie in oielen Pericßten ßeroorgeßobett wirb.
©in Sob, welcßeS bie Propaganba 1630 ©illingen fpenbete, gilt befottberS bem
Äonoift ber Pefigiofen. 3n &em ©utacßten, in weldjem bie Äarbinäle ber propaganba
bem Papfte Urban VIII. im 3aßre 1630 bie Überweifung ber ©infünfte einiger
Älöfter an bie Slfabemie ©illingen empfeßlen, ßeißt eS: ©ie üerßßiebenen religiöfen
Orben fcßiden ißre Pegularen aus ber Scßweij, granfen, Papern, ©Ifaß, Ofterreid),
©irol unb Scßwaben bortßin, um fie fowoßl in ber OrbenSjucßt als in ben pßilo»
fopßifcßen unb tßeologifdfen SöiffenSjweigen auSbilben gu laffen. Sie werben aber
üon ben Patern 3efuiten fo ßerangebilbet, baß wir biefer llnioerfität ©illingen ben
bliißenben Stanb ber religiöfen Orben in Scßwaben unb in ber Scßweij jurn großen
©eil jufcßreiben fönnen3.
^n ber öfterreicßifcßen prooinj finben wir oor allem in Söien meßrere Äon»
oifte, ein allgemeines Äonoift, ein Slrmenfonoift, bann baS pajmaneum für Ungarn
unb baS Slgramer Äonoift für Äroateu. $aßre 1635 Waren in brei Äonüiften
4 priefter unb 6 Scßolaftifer tätig, im Qaßre 1642 in ben oier Äonoiften jufammen
11 ^efuiten. 3n ^em allgemeinen Äouoift waren 1640 90 ßögünge, barunter 16
auS oerfcßiebenen Orben, im 3aßre 1644 121 Zöglinge4.
1 * Crig.»3}ecj. Ad Germ. sup. ift größer at§ je suüor et quidem omnes fere
2 * £>rig.»9teg. ebb. optimae exspectationis. * Original in Sarll«
8 ©peept a. a. D. 419. 9lm 17. ©tai 1609 ntpe, ©. 2., Salem 325.
fdjreibt P. Gprift. ©renjiitg aul 'JÜEingen an 4 * Litt. ann. Prov. Austr.
ben §(bt üon Salem : $ie Rapt ber Steligiofen
Sltlgemeine Äonbifte: SBiett.
619
§113 am 22. §lpril 1607 bag Äolleg ber ^efuiten am §of abbrannte, famen bie
göglinge in bag 33ecffcf)e §au§ am .jpof, in meinem eine Kapelle ju Sfjren beg
1)1- ißanfraj bem £onoift ben tarnen ©t fßanfra$ gab1, unb bann jum Seil 1616
in bag £mrracf)fd)e ^au§ bei bem ©djottenflofter. Qn bem Sedfdjen .fpaug blieben
nur bie armen ©tubenten. Ser ütame föonoift ©ti fßancratii blieb für beibe £>äufer.
£yür bie oon ber Unioerfität übernommenen ©tipenbiaten unb Surfiften faufte
P. Samormaini jmei Raufer unb errichtete bort bag Kollegium ©t ^gnatiug; in
lefjtereg jogen im $af)re 1654 itad) (Srricfjtung eineg 9?eubaueg auf ber ©tätte ber
früheren Siofenburfe and) bie ißanfratianer 2.
©inen guten ©inblid in biefe ©ntmidlung vermittelt ein ©utadjten über bag
Äonoift beg 1)1. ^gnatiug aug bem ^al)re 1650, melcfjeg burcf) P. ^af. Srinfeliug
bem ©eneraloifar überreicht mürbe. Sie ©runblage biefeg $onoiftg bilben bie Raufer
ber vier Surfen (9?ofe, Silien, Samm unb ©entium), in benen früher bie ©tipenbiaten
ber Unioerfität unterhalten mürben, unb aufferbem bag £>aug „©olbberg", mo bie am
fommenben ©tubenten aufgenommen mürben, bamit fie nicht genötigt mareit, auf ber
©tröffe §u übernachten. Siefe fünf ©ebäube erhielt bie ©efellfchaft aujfer bem @e=
bäube ber Unioerfität unb ber ©dfulen oon ber Unioerfität, um bag, mag für ben
Sau beg Kollegs, ber ©djulen unb ber $ird)e nidjt notmenbig märe, ju föonoifteit
ju oerroenben, mo möglidjft oiele ©tubenten unter ber Seitung ber ©efellfchaft fßlap
fänben. Sen ©tipenbiaten, bie ohne Unterfdjieb ber gafultät oon ben Patronen
oorgefdjlagen merben, muh öon btx ©efellfchaft nach ber s^ragmatifd)en ©anftion
Wohnung unb Unterhalt in einem ®onoift geboten merben, unb jmar fo lange, al§
fie fich ber (paugorbnung fügen. Sen Sermaltern ber ©tiftungen, beren ©infünfte
au3 Weinbergen fliehen, muh ein Ort für bie Leiter unb Slufbemaljruttg beg Weineg
angemiefen merben. Siefer Serpflidjtung gemäh faufte P. Samormaini bag jetjige
©ebäube beg ^onüiftg beg 1)1- Qgnatiug für 8000 rhein. $lor., bie er alg Sllmofen
jur freien Serfügung erhalten hQde; eine ebenfo grohe ©umme lieferten oerfdjiebene
Wohltäter jur $nftanbfe|ung beg ^paufeg. Son anbern üllmofen faufte P. Samormaini
bag benad)barte £)au§ „Sarfug", aug bem bag ^onoift einen jährlichen ging oon
500 ©ulben erhält. Siefen ging l)atte P Samormaini beftimmt jum Unterhalt oon
jtoei armen ©tubenten aug ben Untertanen beg ^ollegg jenfeitg ber Sonau unb oon
jmei Waifenfnaben aug Wien, beren Senennung bem Siagiftrat überlaffen mürbe
aug Sanfbarfeit für bie greigebigfeit beg ÜDfagiftratg beim Sau beg $oHeg§. Sie
Serleihung ber ©tipenbien füllte burd) faiferlicheg Sefret geregelt merben, meil oiele
©tipenbien ©chreibern unb fßräjeptoren anftatt ber Sefolbung gegeben mürben. Sa
bie §öhe ber ©tipenbien jmifdjen 15 unb 30 ©ulben fdjmanfte unb bafür fein Unterhalt
in einem ©eminar geboten merben fonnte, befdjloh man, mehrere ©tipenbien big
jur §öhe oon 60 ©ulben ju oereinigen, ©tiftungen unb (Sinfünfte füllten mie früher
oermaltet unb oerliehen merben, nur bie ^jaugjudjt follte ber ©efellfchaft unterfteheu.
§llleg bieg muh nun auggeführt unb bamit oom ©eneral einer ober mehrere ber
Wiener Obern betraut merben. ©g ift mol)t ju merfen, bah ben Obern beg
^ollegg ober bem Sauleiter nicht frei ftefjt, biefeg .fpaug beg hl- ggnatiug Su anbern
gmeden ju üermenben ober mit bem äftufiferfeminar oon ©t fßanfra^ ju oereinigen,
ba bag Äonöift ©t ggnaj beim 91nmacf)fen ber ©tipenbiaten beiber Käufer bebarf,
unb eine Sereinigung beiber ©tiftungen ben Unmillen ber beiberfeitigen ©tifter Ijeroor*
rufen mürbe. 9?iemanb fannte beffer alg P. Samormaini bie Verpflichtung beg&'ollegg.
1 Über ba§ SonOitt§f)au§ ©t fßanfraä öcjt. 2 Conspectus Hist. Univers. Vienn. III 271
ben 93rief be§ ©djottenabteä , SBien, 5. ®ej. 143 267. SSgl. Stint, Unioerfität 2Sien I
1610, bei 9t. Sllatjer, Quellen jur OJefd). ber 1, 367.
©tobt SBien III (1897), 9lr 2708.
620
•Jieunteg Änpitel. £ont>iftc.
3BeiI er ober fab, bag Kolleg fönne einfttretlen tiefer Verpflichtung nidjt nadjfommen,
tu o Ute er lieber felbft mit bem §u feiner freien Verfügung fteljettben ©elb ber Ser»
pflidjtung Genüge leiften, um bie oielfacfj gehörten Klagen gum Scfjmeigen ju bringen.
®arauS gebt audj I;ert)Dr, baff bie Stiftung ber neuen Surfe mit 15000 ©ulben,
meldje ber faiferlidje Sat ^uftu§ ö. ©ebfjarbt bei Sehweiten beg P. ßamormaini ge»
plant l)at unb audj augfüfjren mill, nicht bag gunbament biefeg $onöiftg bilbet,
fonbern alg eine neue Stiftung §u gelten b°t, bie ju ben alten Surfen binsufommt.
Sermenbet man bie alten Surfenftiftungen nach bem eben entmidelten ißlan, bann
merben auch mieber neue Stiftungen gemacht, fonft aber nidjt, mie bieg augbrüdlicf)
mehrere oornefjme sperren erflärt haben. Unfere Verpflichtung rnirb hier fo fdjarf
betont, bah neulich jenranb fagte, üor ©rfebigung berfelben fönne P. ßamormaini nicfjt
in ben §immel fommen, meil er ber Urheber ber Übertragung bet Surfen mit ber
angegebenen Verpflichtung mar1.
^n ©rag mar aufier bem üfrmenfonoift gerbinanbeum noch ein erjhe^oglidjeg
ßonüift für bie ^eraitbilbung öon tüchtigen Seelforggprieftern. SDagfelbe wählte
1618 gegen 100 ßöglinge, unter benen nicht feiten 20—25 ©rafen unb Sarone fidf
befanben2. 2)ag ©rager ^onoift mürbe am 10. Oftober 1627 faft jur fpälfte burch freuet
gerftört, aber halb mieber aufgebaut, fo bah eg 1628 140 ßöglinge aufnehmen fonnte.
darunter befanben fich 22 fdjleftfdje Sitter, Oon benen 18 ißroteftanten raaren. ®er
^’aifer unb ©raf ®ohna forgten für ben Unterhalt biefer Sdjlefier. Son ben 130
^onoiftoriften beg ^ahre§ 1629 maren 16 Orbengleute aug ben fteirifcfien Ä'löftern,
3 ©rafen, 44 Freiherren ober Witter. @nbe ber uiergiger ^ahre jäljlte bag ®onöift
megen $rieg unb Neuerung nur mehr 50 — 60 Zöglinge3. 2Iuherbem maren noch
föonüifte in Seoben, ^ubenburg, fö’lagenfurt, Saibadj, Flume unb ©örj.
Fn Seoben mar burdj Stiftung eineg Sergbaubeamten unb eines Pfarrers 1641
bie Eröffnung eines £'onüifteg jum hl- ^ofeph/ /,^ofephinum/// möglidj gemorben. 21n»
faugg fonnte eg nur 5, 1642 aber bereitg 24 göglinge aufnehmen *. Unter ben
20 göglingen beg Faljreg 1645 maren 8 Stiftlinge, bie mie überall, fo auch ^ier
SUumnen genannt mürben5.
SDag $onüift ju ^ubeitburg, ebenfadg nadj feinem Sdju|patron „^ofephinum"
genannt, nahm 1638 feinen Slnfang. @g hotte feiten mehr alg 10 Stiftlinge, aber
vielfach eine brei» ober oierfadj fo grohe $afjl öon jaljlenben ^oftjöglingen (®on«
oiftiften) 6. ®ag 1611 in ^lagenfurt errichtete ßonoift gählte 1615 gegen 50 ge¬
linge, barunter 20 Slbelige, bag Saibadjer föonoift beherbergte 1625 70 unb 1630
90 3öglinipe7.
* *
•1-*
2öie Slquaöioa für bie Stubien unb Sermögengoermaltung in ben einzelnen
Kollegien im Seginne beg 17. 3ahr^un‘5ertt3 eigene ^nfpeftoren befteftte, fo oerorbnete
er burd) Sunbfcfjreiben oom 10. Sluguft 1601 auch befonbere ^nfpeftoren für bie
päpftlicfjen Seminare. 3n bem Sdjreiben an ben rheinifdjen ißrooinjial betont
Slquatüoa bie grohe SBidjtigfeit biefer Seminarien für bie .fjeranbilbung tüdjtiger
Seelforger. ®a bie ^Sroöingiale bei ihren Sifitationen auf biefe Seminarien nicht
immer bie notmenbige Sorge hätten oermenben unb genauen Sericfjt erftatten fönnen,
ernenne er, mag ja in ben Raufern unb Kollegien ber ©efellfchaft guten ©rfolg ge»
Ijabt, eigene ^nfpeftoren für bie einzelnen ^roDinjen, meldje eine genaue Sifitation
1 * Original in Epp. Austr. 1601—1660, 4 ©6b. 1870, 40 f; 1872, 82.
II 277. 5 * Litt. ann. Prov. Austr. 1645.
2 SPcinlid), $rogr. 1872, 81. 3 iJSeinlicf), ißrogr. 1872, 82.
3 ©6b. 1870, 22 f 43 f. 7 * Litt. ann. Prov. Austr.
fßäpftticbe Sentinarieu : 93ifitatiou burd) Slquaöitoa.
621
ber ©eminare tiornehmen unb barüher ausführlichen Beridjt erftatten füllten, gür
ba§ einzige ©eminar ber rfjeinifcfien ^Srotiing, $ulba, möge ber ißrotiingial felbft einen
geeigneten Qnfpeftor beftimmen, ifjm biefe Stufgabe in ber nad£)brü(ftict)ften SGSeife an§
£>erg legen unb bie beifotgenbe ^nftruftion gur genauen ^Beobachtung übergeben1.
®iefe „Qnftruftion für bie Qnfpeltoren ber päpftlidfen ©eminare, wa§ fie unter*
fucfjen unb morüber fie an ben ©eneral beridjten füllen'', tierlangt Sluffdftuff über bie
ßatjt ber Sllumnen, ob eine ©rljöhung möglid; fei, über bie ©tubien, ob nidft
gu tiiet unb ofjne SJupen fcfjolafttfche Geologie ftubiert merbe unb bie praftifcfje
SCIjeoIogie 511 furg fomme, über bie Slufnahme, ob man ftrenge Slugmahl treffe, über
galjl, ’ißerfonalieu unb Seiftungen ber bisher auS bem ©eminar ^ertiorgegangenen
^riefter, über ben brieflichen Berfeljr ber Stegenten mit ben festeren unb bie liebeoolte
Unterfiüpung berfetben. ferner tiertangt bie ^nftruftion genaue SIu§weife über ©iu*
nahmen unb 3lu§gaben, Bericht über bie Beobachtung ber Stegein unb ber SInwetfungen
be§ P. ißoffetiin, über ettoaige ÜDtiffftänbe unb bereu Slbftellung. ©nblid) füllen bie
Borftänbe ber ©eminare gemahnt werben, baff fie nach biefer ^nfpeftion unb in ber
$olge jährlich nach ^r Eröffnung ber ©chulen2 bie Siamen unb fßerfonalien ber*
jenigen Stimmten bem ©eneral einfenben, tuel(f)e im folgenben ^aljre ihre ©tubien
tiollenben ober fonft geeigneter für bie Slrbeit im SBeinberge be§ §errn finb, bamit ber
©eneral Slnfragen, bie gumeilen au£ Stom felbft an ifjn gelangen, beantworten fönne.
$mei Qahre fpäter fepte P. Silber bei ber Bifitation ber rheinifdjen ißrotiing im
Qahre 1603 folgenbe Bebingungen für bie Slufnafjnte in ba§ päpftlidhe ©eminar gu
$ulba feft 3 : ®ie Stufnahme fteljt beim fßrotiingial, ber fid) gu tiergewiffern I;at, ob
ber ^anbibat ben tiom Zapfte tierlangten Bebingungen entfpridht. ®ie ^anbibaten
müffen tioit ritterbürtigem SIbel ober fonft tiom SIbel au§ ben nörblichen ^roöingen
fein. Slud; einige Siichtabelige, aber au§ fehr guter gatnilie unb mit auggegeidjneten
Stnlagen werben aufgenommen, ©rforbert finb ein Sllter oon menigfteng gwölf
fahren unb Äenntniffe ber SlnfangSgrünbe be§ Sateinifchen. ®ie Stichtabeligen müffen
reif für bie mittlere ©rammatif fein, ©in ©emefter foll für bie SßrüfungSgeit ge*
geben werben, ob ©harafter unb Talent entfpridht; erweifen bie ^anbibaten fid) alg
nidjt paffenb, fo werben fie nad) £>aufe gefdhidt. Bon ber greigebigfeit be§ ißapfte§
erhalten fie nur ©peife, £ranf unb SSohnung, nicht aber ^leibung ; für leptere, unb
gwar eine anftänbige, haben bie ©Itern gu forgen unb ba§ ©elb bafür gu hinterlegen.
SBenn bie ©Itern nicht für entfpred)enbe ßleibung forgen, werben bie ßöglinge ent*
laffen. Slud) für bie anbern Sluglagen haben bie ©Itern aufguf omrnen4.
1 Srud iit Ratio stud. IV 268 f ; ebb. 270 ff
auch bie Snftruftion. fgür Sittingen würbe
P.^ob- ?iaber sunt Snfpeftor beftimmt. © e dj t,
Sillingen 429.
2 Schon au3 biefer Raffung gebt herbor, bafj
biefe Snfpeftion nidjt al§ bauernbe ©inrichtung
tiorgefdjrieben würbe.
3 Sgl. 93b I, S. 305.
4 *9Borttaut in Köln, Stabtardjio, Jes. 8,
f. 341. Srud in Ratio stud. IV 286 ff. 9kd)
einem beutfdjen fötetnoriale be§ gulbaer $ro=
!urator§ Dom Slprit 1624 mußten bie päpft*
liehen Sltumncn in gulba 20 9teid)3taler Se*
pofitunt mitbringen, welches ihnen, wenn fie
nichts babon Derjehrt, bei ihrem SSeggaug uit*
Derminbert wiebergegeben Würbe, ^ährlict) bat
jeber an ©jtraorbinarien ju geben 6 9teid)S>
tatet- 2 93afcen für §oIj , Sidjt , Sßäfdje,
Slrjt, Sdjneiber unb 93ett. Sie Seinwanb „als
©djtaffpcber unb Suffenäiedjen", ebenfalls einen
tBorfjang für itjr 93ett müffen fie felbft mit*
bringen, ferner müffen bie SUumnen haben
einen febwarjen $ut, einen langen, fdjwar^en
SKantet, jwei gute ebrtidje itnb ftarfe Steiber,
etliche §emben, Stagen, Strümpfe ufw. 2Ba^
Sinte, Rapier, 93üdjer, Siften unb $ult, bie
93üdjer unb Steiber §u befdjlicfjen, audj etwa
Schube, wenn fie e§ nicht mitbringen, belangt,
fo fauft’3 man atlhie um ihr ©etb. Sür foldje
Singe müffen fie noch etliche ©utben mitbringen.
Sie $au§eptraorbinarieu werben halbjcihrlid)
ooran^bejahtt. Sie fRedjnungen werben zwei¬
mal im ^ahr ben ©Itern jugefchidt, entWeber
auf ber gfranffnrter SDteffe, wo ber iprofurator
be§ Seminar^ in ber Sdjttnrgaffen beim Srie*
rifdjen Jpof 31t finbett ift ober burdj eigenen
622
3?eunte§ Kapitel. Konbiftc.
Xroü ber entfliehen gehaltenen Borfdjriften beg Bifitatorg brangen halb mieber
Etagen über bag gulbaer ©eminar nadf 9?om. ÜDes^atb beauftragte ber ©eneral
am 28. $unt 1608 ben rheinifcfjen ^roüinjtal ©eueren, fief; nach gulba ju begeben,
um bie Beobachtung ber früheren Borfchrifteit ein^ufcfiärfen. Befonberg auf bei»
fotgenbe gtüölf fünfte möge er adjten unb auf firenge Durchführung ber fünf gälle
für unmiberruflicfje ©ntlaffung bringen. Darin liege nidjtg 9?eueg, benn fo tuerbe
eg auch im beutfefjen Kolleg gehalten. ©nblid) möge er barauf fel)en, bah ^e
©ubfibien beg ißapfteg für 60 Sirme nicht auch für Reiche nertnanbt mürben, rnozu
ungeftümeg Drängen unb furcht, burch Slbmeifung ju beleibigen, Slnlafi gebe l.
Die jmölf fünfte beefen fidf) meift mit ben Berorbnungen beg P. Silber; aufjer»
betn mirb Beobachtung ber Dtegeln unb (paugorbnung eingefefjärft , ferner $u’
friebenheit mit bem gemeinfamen, ihrem ©taube entfpredjenben Difch. Die fünf
®afug, bie unmiberruflid) bie ©ntlaffung nach ficf) Riehen, finb: 1. toenn fie ficf>
gegenfeitig oerprügeln, 2. toenn fie fidh j$u paufe ober brauffen in Sirgerttig gebenber
2Beife betrinfen, 3. mentt fie SJieffer ober anbere Sßaffen gegenfeitig gegen ficf) ober
gegen Selfrer ober Borgefetjte jüden, 4. toenn fie burd) Boten ober Briefe mit um
ehrbaren ober öffentlich infamen ^erfonen oerfehren, 5. toenn fie nadjtg burch bie
genfter ober über bie äßauer enttoeidhen, üerbädjtige Orte unb Drinfgelage befuchen 2.
3m 3°hre 1622 rief ©regor XV. bie fö'arbinalgfoitgregation de Propaganda
fide ing Seben, ber aitdj bie päpftlichen ©eminarien in Deutfdjlanb unterteilt tourben.
©chon im fofgenben $al)re oerorbnete bie Brofmganba eine Bifitation biefer ©entinare.
3nt Sluftrag beg 9?untiug tßeter gdanz Bifdjof oon SJeocaftra, hielt ber gmrftabt oon
gulba 3of). Bernharb am 23. Sluguft 1623 eine Bifitation beg päpftlicheit ©eminarg
Zit fffulba, über bie ein notarieller Slft oorliegt. Dag ^rotofoll enthält bie Siamett
aller ©eminariften; barnnter finb foldje, toeldje fchott 7 ^ahre bem ©eminar an»
gehörten. Bon ben Slbeligen, bie jährlich je 30 ©olbfronett erhielten, toarett 10 9U)e°
toriler, 10 §umaniften unb 20 ©rammatifer. Die ^leibung fonnte in biefen
fd)toierigen ^rieggjeiten, fo fagt bag ^3rotofotf, oielfach oon ben ©Itern nicht be>
fchafft toerben, in einzelnen fällen auch nicht ber nötige Borfcfjuh, toeil bie ©Itern
felbft oont Kriege hflrt mitgenommen roaren. Sludj in ben früheren fahren toar
bie ßal)! ber Sllumnen nicht immer üollftänbig, toeil bag ©eminar grofze Berlufte
erlitten hade, befonberg burd) ben Branb oon 1616, too bag ganze Dad) beg
©eminarg oerbrannte. Bon ben armen ©tubenten, bie aber nicht im ©eminar
ioohnten, bie jährlich mit 600 fronen oom Zapfte unterftütjt tourben, toaren 12 Bhe»
torifer, 16 pumaniftett unb 30 ©rammatifer.
Unter ben ga'üdjlen, bie bag ©eminar gebradjt, fybt ber Bifüator bie oielen
tüdjtigen SJlänner hervor, bie ang bem ©eminar heroorgegangen, barunter ber gurft*
bifdjof 3°h- ©ottfrieb üott Slfchhaufen, ber Slbt oon gulba 3°h- ^nebr. o. ©djmal-
bad), oiele Defane an ben oerfhiebenen $atl)ebralen zu äJiünfter, pilbegheint, gulba upüv
©eneraloifare, zahlreiche Benebiftiner, fö'artäufer, gdanziSfaner, ^efuiten ufto. Äautn
gebe eg aud) einen §of, an bem nicht frühere gelinge in anfehnlidjen Simtern
getroffen mürben, rnozu u. a. auch btx faiferlicfje Bilanzier Baron ^Seter Heinrich
o. ©tralenborf gehöre. Slug ben s^aupereg ober ©tipenbiati feien faft alle
in ber ganzen Untgegenb heroorgegangen, bie fonft aug Mangel an Spitteln nidjt
93oten, nämlicp 1. Slpril unb 1. Cltober. Köln,
Stabtarcpiü , Jes. 8 , f. 343. $rucf in Ratio
stud. IV 291. 3)a§ Koftgelb für zapfenbe 3ög=
lingc betrug außer ben ßptraorbinarien 44 (Reiche
talcr. $aö päpfttiepe Seminar in gulba mar
1601 burd) einen Neubau ermeitert morben, fo
baß 130 SKumnen bequem $iaß fanbeit. K o m p,
ßtneite ©cpule gnlbaS (1877) 32.
1 * örig.’DJeg. Ad Rhen.
2 * SSorttaut in Köln, Stabtardjiü, Jes. 8,
f. 342. $rucf in Ratio stud. IV 289 f.
'Päpftliche Scminarien : ©ingreifen bcr ipropagauba.
623
fjätten flubieren fönnen. Unter bcn Mitteln, burch iuelcfje fo fdjöne fjrüdjte gezeitigt
moröen, nennt baS ^rototoll bic mörfjentlicfje Seidjt, gu ber aber (päretifer nidjt Der-
pflidjtet feien, bie monatliche Kommunion, bie @yf)orten an ©onn- unb ^efttagen,
bie geiftlidhe fiefung, bic Sluffidjt ber SSorftefjer unb ein ernfteS, nachhaltiges Sin-
fpornen junt ©tubium. (Einnahmen unb SluSgaben für bie 40 SUumnen Dom ^ahre
1584 an unb für bie Sinnen oom fjjaljre 1585 bis 1623 mürben oorgelegt unb ge¬
prüft; in ber ß'affe für bie SUumnen mar ein fReft Don 86 fReicfjStalern 19 23apen,
in ber für bie ©tipenbiaten 159 fReidjStaler 9 Sapen. S)ie SBopnung ber SUumnen
beftanb in guten ©tuben unb jmei ©ölen, jeber ©aal patte feinen SUtar, oor bem
SRorgen- unb Slbenbgebet oerridjtct mürbe; jeber SUumnuS hotte fein eigenes SSett, baS
mit ©arbineit oerfdjloffen mar. SWeS mürbe in ber gehörigen Orbnung gefunben.
Sei ben SefferungSoorfcfjlägen, bie oou bem Sifitator oerlangt raorbeit, hob
biefer hernor, baff bei ben feit 30 fahren geftiegeuen greifen baS für einen SUumnuS
auSgemorfene ©elb nidjt mehr reidje. 3Xuc^ habe baS ©eminar ftetS unter ber .fpölje
beS SSechfelfitrfeS gelitten. ®er granffurter ©ulben fiepe fo tief in ben Unruhen
ber lepten oier ^apre, baff man 1621 für 900 ©olbfronen ber Kammer nur
360 9ieid)StaIer erhalten habe. (ES märe fetjr gu münfchen, baff ber fßapft für
jebeu SUumnen noch 10 fronen bemidige jur Sejaplung ber ÜRebenauSlagen. SIuS
Dielen ©rünben feien jept im ©eminar faft nur bie 40 päpftlicpen SUumnen, unb
hoch müffe für fie ber ganje Apparat, Qnfpeftion, Sebienung unb SBopnung ufra.,
bleiben, gteichrcie menn bie 3a£)X Diel größer märe1. $ur Slbpilfe ber pier an¬
geführten Stängel manbte fich ber $ulbaer S^eftor Sambert ©traDiuS am 30. Sep¬
tember 1623 an ben ©eneral. SDiefer antmortete am 4. Siooember, ber gürftabt
merbe fid) megen ber Serlufte infolge beS ©elbfurfeS DergebenS in Vom beflagen,
benn bie plöplicpe ©elbfrife in ®eutfd)lanb habe man in Vom nidjt DorauSfehen
fönnen; man habe mit bem römifdjen Sanfier für brei Qapre abgefchloffen, fo unb
fo Diel ©ulben für ben römifdjen ©olbfcubo auSjubejahlen. Sludj eine Sitte um
Erhöhung ber fßenfion habe gar feine SluSficpt. ®er gürftabt möge barauf Der-
pichten, baff 3—4 feiner SUumnen gegen bie SIbfidjt beS ©tifterS aus ber päpftlidjen
Senfion unterhalten mürben, benn fonft müfjten ebenfooieie Slbelige auSgefcploffen
merben, Junta! Dielleidjt ber Kirche ein nidjt geringerer Vupett auS ber (Erjiepung
ber Slbeligen als aus ber anberer SUumnen ermacfjfen fönne2.
2>ie Sr°paganbafongregation erlief am 9. Sluguft 1624 ein ®efret, melcheS
bie Verpflichtungen ber päpftlichen SUumnen regeln fottte. SUS ber VuntiuS baS-
felbe (SRärj 1625) nadj gulba jur Sefolgung gefanbt, reichte ber Veftor eine ®enf-
fchrift beim ©eneral ein, in melcher er u. a. fjerüorpob: ®aS ®efret oerlangt Don
jebem SUumnuS gleich &ei feinem (gintritt einen breifachen (Eib, 1. in feinen Drben
ohne (Erlaubnis beS Slpoftolifcpen ©tuhleS einjutreten, 2. bie ^Srieftermeihe ju emp¬
fangen, 3. am Seelenheil in ber jemeiligen (peimat ju arbeiten. @o gut baS SDefret
gemeint ift, fo miberftreitet baSfelbe bireft ber ©rüitbungSibee beS gulbaer ©eminarS
1 * Visitatio Seminarii Fuldensis, ®op. Fund.
Rhen. sup. 17(3. 2)ie * 23ifitation Oou 1626 im
2trd)iD ber 'jSropaganba , Visite dei collegii
1626 IV 74 ff; VI 1 ff.
2 * Crig.-iReg. Ad Rhen. 9Jtit ben römifcfjen
3al)lungcu ging eS aud) anbcrn fdjlecht. 9(n
ben monatlichen 20000 ©ulben ijilfsgelbern
be§ $apfie§, bie nach 2lug§burg Übermacht
mürben, gingen in srnei DJtonaten 10 000 ©ulben
üerloreu. infolge ber fortmährenbeit 93er-
fd)Iechterung ber 2Rünsen, befonberS ber ©ul-
beit, ftanb ein 2>ufat 1621: 3 ©ulben 23;
1622: 6 ©ulben 45; 1623: 15 ©ulben, unb
ber 9teid)3taler 1621: 2 ©ulben 20; 1622;
4 ©ulben 30; 1623: 10 ©ulben. Über biefe§
fDtünjelenb Dgl. Ipurter, gerbiuanb II. VIII
296 ff. 3)ort aud) ©. 311 über bie „9Wünä-
©alaba" unb bas? „lange ©elb". „Salaba"
nannte mau bie Operation, burd) melche bie in
Umlauf gemefenen ©tüde „lange ©elb" nad)
ihrem inneren 3Bert auf ben SBert ber neuen
©tüde (gute ÜDlünse) prüdgefept mürben.
624
Neuntes Äapitel. ÄonPifte.
itnb fdjeint e§ auf beffen Sfuffjebung abgefefjen gu Ijdben. ©regor XIII. verlangte
au§ ben gemidjtigften ©rünben feine ©ebingung unb feinen ©cfjmur. Söeber Sie
(Sltern nod) bie Alumnen merben bie geforberten ©ebingungen eingef)en. ©or bem
16. eine 23erpflicfjtung auf fid} gu nehmen, mit melier bie ©eobadjtung
ftänbiger ^eufcfjfjeit oerbunben ift, mirb niemanb raoflen unb fönnen. Qn gulba
merben nur bie Humaniora, nicf)t aber fßljifofophie ober Sfjeofogie gelehrt, be§f)alb
fönnen bie SIfumncn eine über biefe ©tubien fjinaulge^enbe SSerpflicfjtung nid)t über*
nehmen. Sie SluSfüfjrung be§ Sefrete§ mirb bem ©erebe gegen 9tom unb ben
römifdjen ©tufjl neue 9?afjrung geben. 3lu§ all biefen ©riinben möge ber Sßapft
eine fflUfberung be§ Sefrete§ eintreten faffen1.
Ser ©eneraf antmortete, er habe ficf) ber ©ad)e fc^on üorfjer angenommen unb
roerbe alles tun, um eine SRilberung be§ SefretS gu ermirfen2. Siefelbe mürbe
menigften§ teifroeife erreicht; beim burdj ba§ Sefret ber fßropaganba oom 24. Diooember
1625 mirb ber ©ib gmar aufrecht erhalten, aber mit ber ©efdjränfung be§ Verbotes
beä (Eintrittes in einen Orben mäf)renb be§ SlufentfialteS im $offeg unb auf bie
erften brei $af)re nach ©erfaffen be§ ®oHeg§; bie 35erpfüdt)tung gum geiftfidjen
©tanbe unb ber ©eelforge in ber Heimat tritt nur ein auf ba§ ©erlangen bes
fßroteftorS ber fjßropaganba ober beS 9?untiu§3.
$n einem auSfüljrlicfjen Schreiben ftetlte aucf) ber gmlbaer ©egen§ ^afob Siebft 4
am 4. September 1626 bem Kölner 9?untiu§ Suigi ©arafa biefelben ©djroierigfeiten
t»or: in einem fo garten Slfter fönne man bie jungen Seute gu einer eiblicfjen ©er*
pfficf)tung, beren gange ©djmere fie nodj faum gu faffen im ftanbe feien, nid)t ait=
haften. ©omeit er ben beutfcfjen ©fjarafter fenne, mürben bie Seutfdjen burdj 2Sof)f’
taten gemonnen, aber in f)ohem ©rabe abgefdjredt, menn für bie 2Sof)ftat bie ißreiS--
gabe ber Freiheit unb gmar für ba§ gange Seben geforbert merbe. ©eroifj forbere
man aucf) fonft in Seutfdjfanb Oon SIfumnen bie Übernahme beS geiftficfjen ©tanbeS,
bann aber mürben nicht allein Unterhalt unb Reibung mäfjrenb ber gangen ©tubien
geboten, fonbern aucf) für fpäter beftimmte ©enefigien. Sie 2Iu§füf)rung ber eiblidjen
©erpfficfjtung, bei ber ©üdfefjr in bie Heimat ficf) bort ber ©eelforge gu mibmen,
fei gubem in ben proteftantifdjen ©egenben gang unmöglich, ba in ©adjfen, Reffen
unb bem übrigen Biorben feine 2fu§übung ber fathofifd)en SWigion befiele. Siefen
©rief fanbte ©arafa ant 18. ©eptember 1626 an ben ®arbinal Subooifi, ben
ifßräfeften ber fßropaganba, unb befürmortete, baff bie Alumnen au§ ben im ©riefe
angeführten ©rünben bem ©ibe nicfjt untermorfen mürben. Ser 2fbt oon $ulba fei
berfefben Meinung, er habe noch beigefügt, bie &'atf)ofifen mtb fßroteftanten mürben
niemals geftatten, bafj fiel; ihre ©ohne für ben einfachen Sebenäunterfjaft oon menigen
fahren für ba§ gange Seben üerpffichteten B. Surdj Sefret ber fßropaganba oom
21. 9J?ai 1627 mürbe bann beftimmt, baff oon ben 30 gufbaer Sffutnnen 20 ben
©ib leiften fotften, bie übrigen 10 oom Nuntius befreit merben fönnten6.
©ine 9Zeuorbnung für bie päpftlidjen ©eminarien traf Urban VIH. im Qjaljre
1628. gür gitfba mürbe bie neue Orbnuug geregelt burch bie ©ulfe Quoniam
divinae oom 19. Segember 1628. ^m ©ingang lobt ber Sßapft bie ©emiffen*
haftigfeit unb Integrität ber ©efefffdjaft in ber Seitung ber päpftlicfjen Sffumnen.
SSSeil biefe fo erprobt fei, übergebe er audj bie meitere Seitung ber ©efefffdjaft.
1 * Original Acta Congreg. Prov. 1625,
11 51.
2 * Original ebb. II 53.
3 Sefret unb Sßortlaut be§ Gibes? in Ratio
stud. IV 283, ber Gib mit falfdjer Satierung.
4 Siebft mürbe 1631 in £>er§fe(b oon ben
Reffen gefangen, fpäter auggetaufdjt. So mp
a. a. O. 40.
3 ‘Original im Slrdiio ber ipropaganba,
Lettere di Germania LXVI 161 ff. SBgl. Vi¬
site dei collegii 1627, V 163 ff; VI 1 ff.
0 SSortlaut in Ratio stud. IV 292 f.
Pöpftlicbe Semtnarien -fteubegrünbung : burrf) Urban VIII. — gulba.
625
Qätjrtid) merbett 1800 ©otbfcubi angetoiefen für 30 Alumnen. 15 müffen ben
©ib abtegen nad) ber Qormet ber übrigen Kollegien, bie übrigen, befonberg menn
eg Sötjne proteftantifdjer ©Itern finb, fotten burd) ben Siuntiug non ber fieiftung
beg ©ibeg entbunben merben. Qu ©unften ber erfteren fotten nod) 300 Scubi non
ben 600 oermenbet merben, bie bigfjer jur Unterftü^ung armer Sttumnen aufjertfatb
beg ®onoiftg bienten. ®ie oon ber fpropaganba am 25. ®ejember 1625 gegebenen
Siegeln mürben bestätigt unb eingefdjärft 1.
Stber aucf) biefe Suite fonnte bie Sdfmierigfeiten nicfjt aug bem SBege räumen,
unb bie Qefuiten festen ifjre Semütfungen fort, eine ©ntbinbung üon bem geforberten
©ibe 31t erlangen. SIm 4. Januar 1636 berichtete ber Kölner Siuntiug an bie
^propaganba, ber Siegend oon Qutba bitte um 2)igpeng oom ©ibe für ade Stimmten2.
®ie Sitte mürbe nicht geroätfrt. Später, im Qafjre 1645, moHte ber Sieftor oon
Qutba P. SIbam Italfoüen einen neuen Serfucf) marfjen, bie ©ntbinbung menigfteng
ber abeligett Sttumnen Oon ber Serpftidftung jum geifttidjen Stanbe ju ermirfen,
aber ber ©eneratoifar ®art Sangro riet in einem Sriefe oom 4. SJlärj 1645 oon
bem Serfucfje atg augfidftgtog ab: ®iefe ©ntbinbung mirb jmar, tote id) glaube,
ber fattjotifdjen Sacfje förbertid) fein, aber aug oerfdjiebenen ©rünben ift eg nicht
gut, baf) mir biefetbe forbern. Söenn ber Qürftabt in feinem Siamen ben Serfud)
madjen miß, fo mirb er auf unfere tpitfe rechnen fönnen unb oiet leichter jum Qiete
gelangen, atg menn mir atg bie tjauptfäd)ticf)en Sefürmorter erfcfjeinen3.
Sei ber Serroüftung ffutbag unb ber Sernidjtung beg föottegg im Qat)re 1632
flüchtete bag päpfttidje Seminar nad) fö’ötn unb blieb bort big 1651 4 *. $ie ©r»
funbigungen, metdje im Qaljre 1635 ber Kötner Siuntiug SJfartino, Sifchof oon Qfota,
über ben Stanb beg Seminarg eittjog, ergaben ein menig erfreutidjeg Siefultat. Seit
1633 mar bie päpfttidje ^enfioit nidjt meljr bejafjtt morben; bag Seminar in Qutba
mar Oottftänbig auggeptiinbert; in ®ötn mürbe nur metjr bie Hälfte ber Sttumnen
unterhalten. Qm Stnfang ber Sertreibung maren alte ju if)ren ©ttern enttaffen
morben; ©nbe 1633 mürbe ein Seit in ®ötn untergebradjt, anbere traten in bag
tpeer, anbere fdfjeinen nodj in ihrer £>eimat, anbere geftorben ju fein. Qm ganzen
merben 13 Siamen oon päpftüdjen Sttumnen in ®ötn angegeben6. ®urd) SDefret
oom 25. Quni 1635 forgte bie ißropaganba für bie Stugbejafjtung ber päpfttidfjen
ißenfion. Qn ber Qotge tauchten oerfdjiebene fßtöne auf über bie Sertegung beg
Seminarg. Querft badjte man baran, bag Seminar bauernb in ft'ötn gu begatten.
SDer fjßtan mürbe oom Siuntiug betrieben. Stuf Sefdjrcerbe beg Qürftabteg betonte
ber ©enerat, bafj bie Qefuiten feinen SIntafj ba^u gegeben hätten 6. Einige Qafjre
fpüter tauchte ber fßtan auf, bag Seminar nad) Stöiirgburg, SJlainj ober Samberg
ju übertragen7. ®er ©enerat ©arrafa mieg aber am 7. Sioüember 1648 ben ober-
1 Ius Pontificium C. de Propaganda Fide
IBullarium) I, Romae 1888, 105 ff. So mp
a. a. 0. 37 f.
2 * Original im SIrcpio ber Propaganba, Let-
tere di Germania LXXVIII 162.
3 * Orig -9ieg. Ad Rlien.
4 SSgl. So mp a. a. 0. 57. gm 2Ipril 1634
mar baäfelbe in Söln luieber im ©ang. PiteP
le^dji an Gopper, 29. guli 1634. * 0rig.-9teg.
Ad Rhen.
6 * Original im 2trd)io ber i)3ropaganba,
Lettere di Germania LXXVII 90 ff; pg[. ebb.
f. 102. Über bie Unterbringung ber Stlumnen
in Söht batte ber ©eneral am 27. Sluguft 1633
au bett gulbaer Steftor Gopper gefdjrieben:
Siutir, ©cfi^i^te ber Sefuiten. II.
Quod R. V. quaerit circa alumnos seminarii
Fuldensis, existimo bene facturam si ex iis
quotquot potent in unam familiam collegerit
isticque aut in alia civitate magis opportuna
sub cura gravis ac prudentis alicuius sacer-
dotis, ut Fuldae fiebat, collocaverit. Hoc enim
si factum fuerit spero fore non difficile iis
alendis hinc solitas pensiones submittere.
* 0rig.=9ieg. Ad Rhen. sup.
6 23iteße3cbi an Salfooen, 12. gutti 1638;
Garrafa an 23iber, 23. 3au. 1649; Piccolomini
an 93iber, 31. ®es. 1650. * 0rig.=9leg. Ad
Rhen.
7 28eitere3 bnrüber in ber Sorrefponbenj be§
Stegen!? P. 5c>b- 2tntoni mit bem Stuntim? Gb'gi,
40
Sßeuntel Kapitel. Konoifte.
626
rheintfcfjen Sßrooingiat 93iber an, man fotte auS Sücffidjt auf ben giirftabt
non gutba fid; nicht einmifcfjen unb meöer für ben einen noch für ben anbern Ort
Partei ergreifen, fonbern bie @ad)e ben dürften unb Nuntien übertaffen unb bereit-
mittig baS auSfüt)ren, maS ber Zeitige ©tuf)t fdftiefüicf) befehlen merbe* 1.
ähnlich raie in gulba mar bie ©imoirfung ber fßropaganba auc^ bei beut
2)it(inger Seminar. SDie neue (SibeSformel fanbte ber Sßiener SuntiuS Karl
ßaraffa am 25. SSärg bgm. 24. Sooember 1625 2. Sange Serhanbtungen riefen bie
Stnfprüdfe beS SifcfiofS non ©hur auf mehrere greiptä^e fjernor. ®ie ißropaganba
entflieh gu (fünften ßpnr§3. ®ie erfte päpfttiche Sifitation fanb auch ^ier im
.Qaifre 1627 ftatt. ®er Sßiener SuntiuS Kart (Saraffa betegierte an feine ©teile
ben 2tugSburger ©ciftticf)en Sat Dr ^of). Seinotb. ®er bamatige Segens P. Qoh- ©tücfh
gab über alte non ber ißropaganba aufgeftettten fragen StuSfunft, ftagte aber über
bie ftiftungSmibrige 21ufnaf)me non Sttumnen aus ©raubünben. 2luS einem Ser-
geid)niS bet Sltumnen ber Qafjre 1585 bis 1627 ging pernor, baff bis 1627
252 Sttumnen4 ergogen morben, non benen bie meiften nacf) ber SuSfage beS Segens
in ©cfjmaben, Sapern, ben beiben ^folgen unb anbern benachbarten ^roningen als
fromme unb gebildete Pfarrer bei Katpotifen unb ^roteftanten mit großem Supen
tätig feien, einige feien ©eneratoifare unb 2öeif)bifd)öfe gemorbeit5. 3um ©djluffe
beS notariellen ißrotofotlS über bie Sifüation begeugte ber Sifitator, baff ber Segens
auf atte flogen Hör unb rücffjaltroS geantroortet höbe, bafj in ben SecfjnungSbüchern
altes georbnet eingetragen fei, fomie bap er nach tion ihm oorfcffriftSmäpig nor-
genommener 3nflie^on nichts norgefitnben höbe, maS nach feine* Meinung einer
Sefferung bebürfe, unb noch oiet meniger, maS einen SEabel oerbiene0.
®ie ißropaganba mar aber mit ber Sifitation, bie (Saraffa am 28. 1627
einfanbte7, nicht gang gufrieben, ba nur ber Segens unb nicht bie Stimmen oer*
nommen morben. ®urcf) ®e!ret oom 24. September 1627 an ßaraffa oertaugte bie
Kongregation auch ein Sertför ber Stumnen, befonberS auch 0on fotdien, bie bereits
auS bem Konoift enttaffen feien. Dr Seinotb Oerfjörte bemgufotge am 22. unb
23. Sooember 1627 im bifchöfticfjen ißataft bie Stumnen. ®iefe maren mit bem
Segens P. ©tücfh gufrieben unb tobten feine Klugheit unb fein SSohtmotten, ben
SSagifter SSicfjaet £>uber (^Sräfeft) hielten oiete für inbiSfret in ben ©trafen 8. 2)urch
®efret oom 10. Sprit 1628 oerfügte bie ißropaganba, ber ©enerat folte ©orge tragen
für milbere Q3et)anbtung ber Stumnen, ©rfchmeruug ber SuSftopung unb gleichmäßige
Kteibnng (Ttatar unb Sonfur). TDem SuntiuS mürbe befohlen, jebeS ^atjr einen
Katalog ber Stumnen unb einen SectjenfchaftSbericht eingufenben9.
9tom, Bibi. Chigi BI, 1, f. 295 ff. — 3 m
$abre 1645 fanb eine neue SSifitatiou bei
©eminarl ftatt. 2tm 14. Ülpril 1645 berichtete
Slrnolb 9Jle§f)oben Bon Köln an bie IJkopaganba
unter £ob auf ben 9?egettl 8°bamiel Slntoniul
unb bie 2llumnen, er habe bal gulbaer päpft-
licpe ©eminar oifitiert; pgleid) fanbte er ben
Katalog ber 93ibliotbef unb bie Dlameit ber
ültumnen ein. * Original im 9lrd)io ber 95ro-
paganba, Lettere di Germania XC 162 ff.
ÜBeiterel über biefe SSifitatiou in Bibi. Chigi
B I, 1, f. 292 ff.
1 * Orig.-91eg. Ad Rhen.
2 pau^mann, ©efd). bei ehemaligen päpft»
lieben Üllumnatel in 2)iHingen (1883) 40 ff.
Sgl. ©pecbt, ®i(lingen 431 ff.
3 pjaulmann a. a. 0. 53 ff.
4 93i! 1637 maren el 321 Sllumucn.
6 pau.smann a. a. D. 95 ff.
G $ aulmann a. a. 0. 98.
7 Visite dei collegii 1627, V 147 ff. 2lrd)i0
ber ißropaganba.
8 * Vis. 'dei coli. 1628, ebb. VI 56 ff.
9 paulmann a. a. 0. 98. ©olcbe 93ericbte
unb Siften liegen oor für 1631 — 1633; bie
8abl betrug im 1633 23 Sllumnen.
9lrd)ib ber $ropaganba * Collegii e Visite 1634,
XII 30 ff. 91ad) einem 93riefe bei SSiener
Uluntiul Pom 14. Oft. 1645 follte eine erneuerte
päpftlidje Sifitation bureb ben ©eneralüifar üou
Slugiburg abgebalten merben; am 3. Wärj 1646
febrieb ber üluntiul ßamitlo, ßr^bifd)of Bon
ßapua, fie habe ftattgefunben unb befinbe fid)
in feinen tpänben ; er fönue aber bie ^Relation
(ßäpftlidje ©eminarien : 3)illingen. — SSiert. — ©ras.
627
2II§ Sifcßof ^einricf) am 2. (Sejeniber 1637 ben fßapft bat, bocfi bie ganzen
©infünfte bem päpftlicßen ©eminar in ®idingen ju beiaffen megen be§ großen
SßrieftermangelS in ber 2Iug§burger ®iöjefe, roo oft auf 20 Orte faunt ein ^riefter
fomme, betonte er junt ©djluß : ®er ^Sapft mürbe leicßt feine Sitte gemäßren, menn
er ermäge, mie oiele oorjüglicße Scanner au§ biefeit Alumnen §unt großen 9iupen
für bie Religion in ber 2lugSburger ^Jiö^efe unb ben benadjbarten ^rooinjen ßerüor»
gegangen feien, unb mit mie großem Sob im Qafjre 1627 ber tiom ü>?untiuS in
SBiett befteüte Sifitator bie Sermaltung ausgezeichnet ßabe* 1.
3n ber öfterreichifchen Sro°t11ä mareit gmei päpftlicße ©eminare 511 28ien unb
ju ®ra§, bocß mürbe über ben ©ßaraftcr bei ©rajer in unferer 3ed geftritten. ®ie
3aßl ber 2Uumnen in SBiett betrug non 1574 bis 1628 409 2. (£)a bie SrDf,a9an^)a
einen genauen Seridjt ;münfdjte, fanbte ber SBiener 9?untiu§ Karl ©araffa am
19. 2Iuguft 1626 einen folgen oon ber £>anb beS 9tegen§3. 2lu§ biefem Seridjte
geht ßeroor, baß befonberS bie fcßledjte SRün^e oiel 511 fcßaffen machte4. ®a§ SBiener
päpftlicße ©eminar, ba§ feit 1574 in bem SBiener Konoift errichtet mar5, hatte eine
päpftlicße Senfion oon jährlich 1532 3teicߧtalern = 2298 rßein., bie oierteL
jäßrlicß mit 574 ©ulben 30 Kreuzern auSbezahft mürbe. 2>ie 3aßf ber Alumnen
mar nicht beftimmt, fonbern ridftete fich nacß bem greife ber SebenSmittel. ®ie
3aßl fdjmanfte jmifdfen 11 bis 30, in ben leisten faßten burcßfdfnittlidj 15; Krieg,
Seft unb Hungersnot mareit faft gleichmäßig an biefen ©cßtoanfungen fchulb. 2)ie
gemadjten ©cßulben fommen außer oon ben Krantßeiten baßer, baß in ben brei
fahren 12 Alumnen nad) Sodenbung ihrer ©tubien bie Seieftermeiße empfangen
ßaben; für biefe mußten SluSgaben für ^rimiz unb Kleibung beftritten merben; enblicf)
mürbe nad} ber calada monetae im ^aßee 1623 ber ©elbtoert, nicßt aber ber SreiS
ber SebenSmittel oerminbert. 2(ud) in SBien erfolgte eine E^eueinridßitung beS päpft-
ließen ©eminarS bureß Urban VIII. am 1. Suni 1627 6. gür bie jäßrlicß au§ ber
päpftlidjen Kammer ju bejaßlenben 1380 ©cubi füllten menigftenS 20 3öglinge,
barunter 6 ©djraei^er (je 2 au§ ©raubünben, Sern unb SSadis), unterßalten unb ju
Srieftern ßerangebilbet merben naeß ben oon ber Kongregation am 9. 9?ooember 1626
feftgefeßten Dtormen. 2)a§ 9tecßt ber Slufnaßme fteßt bei bem fMtor be§ KonoittS,
bie Oberaufficßt ßat bie Sr0paganba. 2lucß in biefer Sude fteßt mörtlidj biefelbe
2lnerfennung ber ©efedfeßaft für bie Leitung beS ©eminarS mie in ber Sude
für $ulba7.
noct) niefjt (dürfen megen ber (ßeftgefahr in StQs
lien. * Original im 9lrd)iü ber tpropaganba, Let-
tere di Germania 1645, XC 117, X C1II 45. Über
bie burd) ben 91ug§burger ©eneralöifar Äafoar
geiüer am 14. unb 15. 91oü. 1645 abgelfaltenc
SSifitation ift nid)t§ 9Iähere3 befannt geworben,
©pedjt a. a. 0. 441. 2Üe Snftruftion oom
28. gebr. 1645 enthält 11 fünfte für bie 33ifi=
tation (ebb. 441, 3t. 3).
1 * Original in 91om, Barber. Lat. 6869,
f. 149 f.
2 * Original im Slrdjio ber fßropaganba, Visite
dei collegii 1626, IV 99 ff; Dgl. ebb. V 138 ff;
VI 30 ff; VIII 18 ff 449; XIII 61. £>ier finben
fid) bie -Kamen ber 3llnmnen unb bie 9 Ied)=
nung^ausmeife für bie ^ahre 1627—1635.
5 * Original im 2Ird)iö ber (Probaganba,
Lettere di Germania LXVI 103 ff.
4 Ziir bie Summe oon 8900 ©ulben 19 Streuner
in longa moneta erhielt man in guter OJtünje
nur 1112 ©ulben 34 Äreu^er. ißom 1. Quli
1623 bi§ 1. Suni 1626 mürben für bie f>äbft=
liehen Sltumnen in guter OKünse 2014 ©ulben
53 teurer mehr au^gegeben, all mau erhalten.
Siefe ©uninie fdiulbeten bie Sllumncn bem
Äonöitt.
5 SSgl. 93b I, ©. 301 ff.
6 Ius Pontificium C. de Propaganda Fide I
82 ff. 93gt. futfd)!er, ©efd)id)te be§
£leri!alfeminar§ ber SSBiener ©rjbiöjefe , im
Söicner Siojefanblatt 1869.
1 21uf SBeifung ber (ßropaganba oom 25. gehr.
1645 hielt ber 9Biener 9Juntiu§ eine erneuerte
93ifitation ab, mie biefer am 26. 3Iug. unb
14. Oft. 1645 nad) 9iom berichtete. * Original
im 91rd)io ber fprohaganba, Lettere di Ger¬
mania XC 117. SSgl. ebb. XCIII 45. SBeitere
Sitten ebb., Visite dei collegii 1643, 23.
40 *
628
92eunte§ ft'abiteL Sonüifte.
®er SSifitation beg ©rajer ©eminarg ftefften fidj erfjebtidje ©djmierigfeiten ent¬
gegen. 2ltn 14. Oftober 1645 melbete ber SBtener ÜJZuntiug, baff eg ifjm bigfjer
nic^t gelungen, bag ©ra^er püpftfidje Seminar §u Difitieren. ®er 53ifdjof oon
©edau fjabe megen ju Dieter Sfrbeit abgelebt. Söegen Krieg unb $J3eft fönne er
perfönfidj bie Söifitation nidjt oornefjmen1. ®urdj ©Treiben Dom 12. 9JZai 1646
beauftragte ber ÜJZuntiug ben 2fbt Don Slbmont mit ber 53ifitation 2. liefern fanbte
ber Üieftor beg Koffegg, §erm. £)orft, am 14. Oftober 1646 ein faiferficfjeg ®efret
Dom 16. 2fprif 1646, mefdjeg bie SSifitation Derbot; biefeg ®efret fofften, mie ber
9iuntiug am 4. Januar 1647 berichtet, bie ^efuiten Dom Kaifer ertuirft fjaben3.
SDurdj ©cfjreiben Dom 28. Oftober 1646 fegte ber Kaifer beim 2fbt fein Sßeto ein
mit ber 23egrünbung, bag Kolleg fei Don feinen SSorfafjren botiert unb erfjafte
feinen Unterhalt nidjt Don ber päpftfidjen Kammer4. 9?adj einem 23riefe beg
©ra^er 9Zeftorg iperm. .fporft Dom 16. Stuguft 1646 an ben Obern beg SBiener
^rofefifjaufeg ©fjriftian 33erfcf)tiabeg lag bie ©acfje fo: ®a ber Kaifer auf feine SBeife
bag ©rajer Alumnat afg ein päpftfidjeg gelten faffen miü, fcfjreibt ber 9Zeftor, fo
müjjte man Dom Kaifer eine beftimmte Information erhalten, jumaf er ben fReftoren
Don ©raj Derboten fjat, fidfj in biefe Kontrooerfe einjumifc^en. Qjm ©ra^er Äonoift
finbe icfj fein ®ofument, aug meinem bag fjiefige Slfumnat afg ein päpftfidjes er»
tniefen merben fönnte; tuenn eg ein fofcfjeg gäbe, fo müfjte bagfefbe meineg ©radfjteng
nirgenb anberg afg im SfrcfjiD ber ^ropaganba gefunben merben. SIber idj glaube,
eg mirb mofjf nid^tg bergfeidjen bort fein, ba bigfjer bie Kongregation nie ein SDefret
für bie fjiefigen 2ffumnen gegeben ober irgenb eine 23ifitation oerfucfjt fjat5.
®ag päpfttidje ©eminar in 53raungberg mürbe 1623 Difitiert. 2fnt 29. ©ep»
tember 1623 fanbte ber 5öarfdjauer SZuntiug 53. Sanceffotto ben 53erid)t über
bie Don bem ©rmfänber Kanzler $d£). 53aftoriug am 16. Sluguft 1623 abgefjaftene
SSifitation 6. ^n 23raungberg mürbe über bie Sfufnafjme Don Üiutfjenen üerfjanbeft,
einige mürben jugefaffen7. 2lnt 19. $ufi 1626 beridjtet ber SKarfdjauer üßuntiu«,
bafj bie Slfumnen unb ^efuiten in 53raungberg ficf) gerettet fjätten, beDor bie
©djmeben bie ©tabt befept, nur gmei Qefuiten feien in ben §änben ber ©djmeben 8.
55afb barauf, am 2. 2luguft 1626, mefbet ber 9Zuntiug, ber 9Zeftor unb einige
päpftficfje Sffumnen aug 33raungberg feien in Söarfdjau angefangt, bie anbern
mürben in ein Koffeg ber ^efuiten gefdfjidt, um bort bie SSorfefungen ju fjören.
£>ie SZuntien fd^icften in ber $ofge jebeg ^a^r bie 9Zamenfiften unb 9Zecf)nungg»
augmeife beg 53raungberger Sffumnatg, bag Don 1627 an unb in ben fofgenben
Qafjren in ^uftoüa (i|3oIojf) fidj befanb9. ©rft nadj 53eenbigung ber fdjmebifcfjen
Offupation unb nacf) ber am 3. Oftober 1635 erfolgten ßurüdgabe ber ©tabt
fonnten bie ^efuiten mieber nacf) 53raungberg gurüdfe^ren 10.
2lm 9. 3anuar 1G46 berietet ber SBarfcfjauer 9Zuntiug 3°^- ^orreg an
bie $ßropaganba, bag 53raungberger ©eminar fei oon bem ©rmfänber 5Beif)bifd)of
SO^iaftjngfi unb bem ©rmfänber tropft 2ffb. ÜZubningfi Difitiert morben. 2lffeg fei
in guter Orbnung, aber bag ©eminar fjabe feit neun sD?onaten üon 9iom bie ge»
möf)nficf)e ^enfion nidf;t ermatten unb befinbe fic^ beg^afb in 9?ot unb ©djufben.
1 * 2trd)it) bei- ißropacjonba, Lettere di Ger¬
mania XC 121.
2 2)rucf bei 3. SB i ebner, ©efeb. beei a3ene»
biftinerftifteä Slbmont IV (1880) 620.
3 91rd)iü ber Br°bO()anba, Visite dei collegii
1647, XXVIII 179 ff.'
4 3)rucf bei 3Bi ebner a. a. D. IV 620 f.
5 *sIIrcbiD ber Brobaganbn, Lettere di Ger¬
mania 1646, XCIII 100.
6 * Visite dei collegii 1622/1624, I 42 ff.
7 * Lettere di Polonia 1626, LVI 13 86.
8 5BgI.33enber, ©efd). ber pbüofopbifcbcn
uttb tfjeologifdjeri ©tubien in Srmlanb 61 f.
9 *2lrd)ib ber Bi'opaganba, Visite dei collegii
V 443 ff; VI 8 ff 153 f; XI 87 ff; XII 3 ff;
XIII 55 ff.
10 25gt. oben <3. 375 ff.
$äp[tlicf)c Seminarien : SBraunlberg. — ©ermanifum.
629
(Jkigfelbe berietet ber SBeifjbifdjof ®gialt)ngfi am 17. SDegember 1645 V ®ie Sitten
biefer Söifitation, bie am 28. diooember 1645 unb ben fotgenben Stagen ftattfanb,
finb feljr eingefjenb; fie geben Sluffdjlufj über gunbation, Vau, Vibliotljef, Vedjitungg-
liefen, ^erfonal ufm. Von ben 20 Sllumnen maren brei geflogen. ®er ÜMtor
©im. Verent mar fcfjon fetf)§ Qafjre ba, ber Sßräfelt, ein SJlagifter, mürbe jebeg
I)albe Qa^r gemecfjfelt. 93ei ben notariell beglaubigten Sitten liegt ein üodftänbiger
Viidjerfatalog beg päpftlidjen ©eminarg, ein Qnoentar beg (paufeg unb, mag micfj-
tiger, ein oodftänbigeg Vergeidjnig „ber päpftlidjen Sllumnen, bie mit Sob bag
©eminar bemoljnt unb na cf) ifjrem Slugtritt $ierben ber Kirdje gemorben finb". SDag
Vergeicfjnig enthält 349 Sftamen unb erftredt fid) über bie $af)re 1578 — 16431 2.
^n biefer Sifte befinbet ficf) u. a. Sftartin ©trider aug Sitbed, ber 1604 ^efuit
mürbe, aber megen Kranffjeit augtrat. ©trider I)at ftc^) grofje SSerbienfte ermorben
um bie Grfjaltung ber fatfjolifdjen Religion im ÜRorben ®eutfd)lanbg. Qn ben ftür-
mifdjen feiten beg SDreiffigjäfjrigen Kriegeg, mitten unter Gefahren, Gntbefjrungen unb
Verfolgungen oder SIrt, fiat ber eifrige ÜJftann halb fjier halb bort gearbeitet, ge¬
holfen, mo nodj gu Reifen mar, gerettet, mag nocf) gu retten mar3.
Gin fdjöneg 3eu9n^ für' bag päpftlicfje ©eminar in Vraungberg gab am
17. Oftober 1647 ber üftuntiug in Giooanni be STorreg, CSrgbifcfjof oon
SIbrianopel, aug SBarfdjau in einem Veridjte an ben SJSräfeften ber fßropaganba:
Sluf meiner Veife burcf) Sßreufjen unb bei bem Stufeutfjalt in Vraungberg fanb icf)
bag bortige päpftlidje ©eminar gu meiner großen Genugtuung in fef)r gutem $u-
ftanbe in Vegug auf grömmigfeit, ©tubien unb Vermattung4. 3n ^em beigefügten
Verist beg Veftorg mirb u. a. fjerüorgeffoben, baff burcf) Vefcfjränfung ber Sluf»
nafjme auf abfoloierte Gßmitafiaften ben ©cfjotten, 97ormegern, SDänen unb ©djmeben
ber Söeg ing Sllumnat teifroeife oerfdfloffen merbe. 3n biefen Gegenben feien feine
fatffofifcfien ©dfjulen, unb begfjalb magten fatholifdje Gltern nicf)t, if)re Kinber in bie
proteftantifd^e ©djule gu fcfjiden, fonbern festen ifjre einzige Hoffnung auf bag päpft»
lidje ©eminar. ®ie Kongregation f)ielt aber in ifjrer SIntmort baran feft, baff bie
Sllumnen bei ifjrer Slufnaffme in ben ©tubien fo meit fortgefcpritten fein müßten,
um gleicf» mit ber £ugif beginnen unb ben gangen Kurg in fünf ^afjren ooffenben
gu fönnen; bodj mürbe bem 9?untiug bie Grlaubnig gegeben, in micfjtigen $äden gu
bigpenfieren.
Stucp bag große beutfdje päpftlicfje ©eminar in Vom, bag Gerntanifum5, ^at
in unferer .Qeitperiobe mieberunt SOeutfd^lanb Diele tüchtige SIrbeiter geftedt. SDie
Kriege in Italien maren für bag Germanifum befonberg oerfjängnigood, meil feine
lombarbifcfjen Vefitjungen befonberg feit 1626, mieberpolt Dermüftet mürben. SDie
3af)I ber Sllumnen fanf oon 100 auf 80 fjerab unb fonnte auf biefer §öf)e nur
burcf) Slufnafjme gablenber Konoiftoren erhalten merben. ®ie urfprünglidEje ^ee ^er
Stiftung geriet infofern in Gefafjr, afg infolge $ürfpracf)e I)of)er Herren oom ^ßapfte
ober ben Karbinal-Vnüeftoren aud) nicf)tbeutfd)e, untaugliche ober folcfje ßöglinge
aufgenommen merben mufften, bie fiep gar nicfjt bem geiftlidpen Verufe mibmen
modten. ©o bat im 3ahre 1602 ber Kurfürft oon Sütaing ben Sßapft Klemeng VIII.
um bie Slufnafjme einiger junger SIbeliger, bie für meltlidje Vegierunggämter aug-
gebilbet merben fodten. SDrei 3ahre fpäter fdpidte ber neue Kurfürft ©ctjmeifart
oon Kronenberg mit Verufung auf eine oom IJSapfte erhaltene 3ufa9e einen abeligen
1 * 2trd)io ber $ropaganba, Visite dei col- 4 * Original im 2Ird)in ber ißropaganba,
legii XXVIII 5 f. Lettere di Polonia LXV 7 ff.
2 * Sbb. XXVIII 10—47. 5 2)a§ fgolgenbe naef) ©teinbuber, ©efd).
3 lieber, ®ie ißrobaganbafongregation unb be§ .fottegiunt ©ermanifum I2 (1906) 379 ff.
bie norbifd)en iDtiffionen 26 ff. ißgl. 23b I, ©. 309 ff.
630
Neuntes feintet. Sonoifte.
Jüngling, ber bie meltlicße Saufbahn einfcßlagen foßte. Qm Qaßre 1650 gä^lte
man mit Sinrecßnuitg ber ^ammerbiener niefjt meniger als 14 meltlicße fßenfionäre.
Sine 4?auptmunbe berührt eine Information, bie im erften SDrittel be§ 17. Qaßr’
^unbert§ an bie beutfeßen ^Srooinjiale gefanbt mürbe. Sieben ber fHüdbfidf)t auf ©e»
funbßeit be3 Körpers unb ©eifteS möge man bei ber ©enbung oon jungen Seuten
Oor allem auf Sßarafter unb S3eruf jum geiftlicßeit ©taube fefjen, unb e§ nicht für
ßinreicßenb galten, menn Sltern, um fid^ bie ©orge für ißre saßfreieße Qamilie ju
erleichtern, ißre ®inber für beit geiftlicßen 23eruf beftimmten, ofjne baß biefe felbft
biefen 23eruf moßten. S§ ift ganj offenbar, mie folcße berufslofe Qünglinge unruhig
ftnb, mie menig fie in ber Qrömmigfeit üoranfeßreiten, unb mie fe^r fie anbern bureß
ißr fcf)Ied^te§ SSeifpief feßaben. 2öie groß ift ferner bie ©efaßr, baff fie nur ge=
^muitgen ober erheuchelt ben nach beit ^onftitutionen geforberten Sib ablegen unb
jur ^Srieftermeihe hin^utreten ! 1 meiterer Übelftanb mar, baß Qöglinge, bie e§ im
©ermaitifum nidht jutn ®oftor gebracht, auf ber DiücEreife nach ®eutfcßlanb in ©ietia,
^erugia ober Bologna mit leichter ÜDIüße ben $)oftorf)ut ermarben, ber mohl bie
Sitelfeit be§ Prägers, nicht aber ben Stuf be§ ©ermanifutng oermehren fonnte.
mürbe auch gefragt, baß ju oiele Qefuiten (15) unb §u oiele ©änger (10) im Kolleg
unterhalten mürben unb bie öffentlichen ^Deputationen ju große Soften oerurfachteit.
Snblicß gab ber äitnehmenbe bauliche Verfaß bei ®oHeg§gebäube§ Slnlaß ju oielen
Unbequemlicßfeiten.
©egen bie meiften biefer Sllißftänbe führte ber Oerbiente Sieftor Saftorio, ber bent
Kolleg mit furjer Unterbrechung oon 1600 big 1634 oorftanb2, einen jahrelangen,
unerbittlichen $ampf, unb e§ gelang ihm auch, in einigen mistigen fünften Abhilfe ju
fchaffen. Sin SDefret ber fö'arbinaOißroteftoren 23ellarntin, 23orgßefe unb SJIelliito oom
20. ©eptember 1616 üerbot ben übermäßigen ißrunf bei ben ^Deputationen, bie
Sluffüßrung oon Sßlufifftücf en , bie SluSfcßmücfung ber 2ßefen$ettel mit SBappeit,
©erfeit unb begleichen. 2lm 23. Qanuar 1627 beftätigte Urban VIII. fünf SDefrete
ber ißroteftoren, melche ben Seftrebungen be§ SleftorS Saftorio ihren Urfprung oer--
banften. Sion neuem mürbe eingefcßärft, e§ folle in ber Qolge niemanb in§ Kolleg
gugelaffen merben, ber nicht in ®eutfcßlanb Oorfcßrifemäßig geprüft, tauglich be*
funben morben fei unb bie förmliche Aufnahme erfjalten habe. 2öer ohne triftigen
©runb oor SSoßenbung feiner ©tubien bie Slnftalt oerlaffe, foll jur Srftattung bel¬
auf feinen Unterhalt oermanbten Äoften angeßalten merben. Sliemanb barf nach
Slbfoloierung ber ©tubien in Slom gurücfbleiben, fei e§ als Slgent ober Sßrofurator
eines Qiirften ober Prälaten, fei e§, um bie ^ßraji§ an ber ®urie ju erlernen. Sie
SUumnen bürfen an einer außerrötnifeßen italienifcßen Uniüerfität ben tßeologifcßen
SDoftorgrab nicht ermerben, e§ fei benn, ein ijlroteftor ober ber Sieftor hätten bie
Srmacßtigung bagu erteilt.
Qn einer SDenffcßrift über ba§ ©ermanifutn hotte ber Sieftor Saftorio Q5aul V.
unter anberem OorgefteUt: Sie aus ben fäcßfifcßen Greifen, SBeftfalen unb ®Ieüe fommen*
ben Qöglinge feien häufig naeß ißrer Slücffeßr in bie Heimat, roeil fie oon ißren ber
£>ärefie anhängenben Qamilien üerftoßen unb enterbt mürben, oßne alle Slerforguitg.
SeSßalb follten biefe Qöglinge mit SSenefijien oerforgt merben; fo fämen fircßlicße
ißfrünben nießt, mie e§ leiber fo oielfacß gefeßehen, in bie £>änbe oon ganj ober¬
halb häretifeßen Skmerberit, unb bie fatßolifcße ©aeße mürbe in jenen ©egenben bureß
fircßliöh gefinnte ^Sriefter eine neue ©tüt$e geminnen. Slber mit biefen SSorftellungen
ßatte Saftorio meber unter ijlaul V. noeß unter Urban VIII. oiel Srfolg. S§ finb
1 * Capita de quibus monendi videntur Pa- f. 745. Stuf ber Stücffeite Missa per P. Ziglerum
tres Germaniae circa Iuvenes qui ad German. Prov. Rhen. etc. 2 Über ben bebcutenben
Collegium mitti debent. * Hist. coli. Germ. I, fDlamt f. ©t ei nt) über a. a. €. I 372 ff.
tJSäpftlidje ©entinorien : ©ermanifum.
631
ttaf)egu oier Qafjre, fcf^reibt CEaftorio Sluguft 1627 nadj ®eutfd)fanb, bafj icf) ben
Sßapft nidjt gefefjen fjabe unb nur ein einziges ÜD?al ben $atariu§. @r Jjabe non
le|terem in 18 Qafjren !aum ba§ eine ober anbere Senefigiunt für ©ermanifer er*
galten, ba fie faft nur auf ©mpfefjfung beutfdjer dürften oerfiefjen mürben.
Um eine gute SluStnafjf ber ^anbibaten gu fidjern, gingen mieberfjofte Qnftruf*
tionen nadj $eutfd)Ianb. So fc^ärfte Slquaoioa am 15. dftärg 1609 mieberum ein,
e§ feien guoerfäffige Informationen über ©tubien unb CEfjarafter ber ^anbibaten an
ben Seftor be§ @ermanifum§ gu fenben. Grbenfo toieberfjofte SSitetleScfji am
26. ®egember 1637 bie ÜRafjnung , nur geeignete ^anbibaten gu fdjidett, bie
oorfjer non einem fßater in ®eutfcf)fanb geprüft morben feien, Qn eittgefjenben
Qitftruftionen toirb unter anberem gemahnt: SBeber bie ©tubenten nodj bereit Sftern
foHen gebrängt inerben, bamit bie ^anbibaten ficf) fpäter uicfjt beftagen föntten, fie
feien gegen ifjren 2öiHen nad) Sont gefommen. SSegen ber Sebeutung unb be§
8fnfefjen§ be§ $odeg§ ift e§ non großer SSidjtigfeit, ftrenge 2fu§toaf)f unter ben
Äanbibaten gu treffen, bamit biefelbeu ben auf fie gefegten Hoffnungen entfpredjen;
latent, (Sfjarafter unb ©tubieneifer finb gu beriidfidjtigen; aud) ntüffen bie $anbibaten
gum frucf)treid)en ©tubium ber ißljilofopfjie unb Geologie befähigt fein. Sfticfjt af§
Sebingung, aber af§ münfdjenSinert loirb Sodenbung ber pfjifofopfjifdjett ©tubien
begeidjnet, bamit fie fdjtteder in ben SSeinberg be§ Herrn gurüdgefdjidt tnerben fönnen
unb nidjt burdj längeren 2(ufentf)aft in Som an ifjrer ©efunbffeit Staben leiben.
Qm allgemeinen loirb ein Sitter non 20 Qafjren für ben Eintritt oerlangt, aber
Hierbei ift auf ben Qortfdjritt in ben ©tubien Südfidjt gu nefjtnen. £>a bie Alumnen
nämlidj ein Qafjr nor ber Südfefjr nacf) SDeutfdjfanb bie ißrieftertoeifje erhalten müffen,
füllten biefenigen, loetdje bie fdjofaftifcfje £f)eofogte beginnen, toenigften§ ba§ 22. Qafjr,
unb toefdje bie pofitioe Sljeofogie ftubiereu, toenigfienS ba§ 23. Qaf)r angefangen
fjaben. SDie Slbeligen, toefdje an ben beutfdjen ßatfjebrafen af§ ®anonifer gugelaffen
tnerben, fönnen gmar nadj ber Sude mit 16 Qaljren eintreten, aber bie ©rfafjrung
f)at gefefjrt, baff foldje Qüngfinge ober nielmepr Knaben faunt je gu einem glüd=
lidfjen Güinbe ber ©tubien gefangen, fonbern, nadj einem ober grnei Qafjren ber ®i§*
giplin iiberbrüffig, fidj unb anbern läftig finb unb ofjne Qrudjt non bannen gieren.
2)e3fjafb fodten aucf) bie Sfbefigen, roenn irgenb ntögfid), nicpt fo jung eintreten.
8fu§gefdjfoffen foden tnerben: bie nidjt fäfjig finb, bie Heiligen Söeifjen gu emp*
fangen, fofcffe, bie nur burdj ©trafen im 3aum gehalten tnerben fönnen ober anbere
öon ber Qrömmigfeit unb bent ©efjorfam abgubringen fudjen; ift einer offne ben ifjtn
angemiefenen ^Begleiter (non einem 8fu§gange in bie ©tabt) gurüdgefefjrt ober fjat
er benfelben nor ber Ttiire ftepen faffen unb imogefjeim in einem Haufe oerfefjrt, fo
loirb er nicfjt toieber in§ föodeg aufgenommen. SDagfelbe gilt non bent, ber auffer*
Halb be§ $odeg§ fidj betrunfen, ebenfo tuenn bie§ innerhalb be§ ®odeg§ toieberfjoft
unb nidjt burdj ßufad gefdjefjen. 3ff§ niedere 2fusfdjfief3itng§grünbe tnerben genannt
ba§ ©djreiben non unfaubern, aufriifjrerifdjen unb nerfeumberifdjen Sriefen, Ser*
toeigerung ber Slnnafjttte non auferlegten ©trafen ufto. SDie 9fufgenommenen müffen
fidj eiblid) nerpflicHten, nadj Sodenbung ber ©tubien ficf) nidjt bent H0^ekn ober
bem ©tubium be§ tneftficben Sedjtg ober ber SRebigin gugumettbett, fonbern nadj 2Bei«
fung ber Obern fogfeidj na<^ jDeutfdjlatib gurüdgufefjren, um am ©eefen^eif gu
arbeiten. 8H§ bie giinftigfte 3dt für bie 8fufunft in Som tnirb tnegen ©efunbfjeit
unb ©tubien ber Herfiff begeidjnet1.
®a§ £>efret ber ißropaganba nont 25. ÜRooember 1625, tnefc^eS bie Serpffic^*
tungen für bie 8ffumnett oder päpftfidjen ^odegien feftfepte, fam im Qafjre 1627
’ * Codex Bamberg. I 37 ff-
632
Neuntel Kapitel. Äoitbiftc.
aud) im Kollegium ©ermanifum jur StuSführung. Vorftedungen bagegen bei
Urban VIII. Ratten nichts gefruchtet. So mußten benn bie SUnmneit au^er ben
bisherigen Verpflichtungen aud) noch eiblich oerfpredjen, ohne ©rtaufmiS beS Stpofto-
tifchen StufüeS ober ber ^ropaganba ober beS päpftlicfjen diuntiuS oor Slbtauf oon
brei fahren nach ihrem Austritt aus bem fö'odeg nicht in einen Orben 311 treten,
ferner auf ©eheib ber fßroteftoren ober ber fßropaganba ober beS üftuntiuS in ben
geifttichen Stanb ju treten unb bie Söeihen mit ©infehlub ber ifkieftermeihe ju emp¬
fangen, enblich nach SInorbnung berfelben in ihre llpeimat juriiefjufehren unb bafelbft
am Seelenheil zu arbeiten unb bieS auch bann, rnenn fie fid) einem geifttichen Orben
angefdftoffen hoben füllten.
®a bie Stnerfennung ber im ©ermanifum erteilten ©rabe an beutfehen Uni*
oerfitäten auf Sdjmierigfeiten flieh, erteilte ber ®aifer 14. September 1628 auf
Vitten beS ÜleftorS ©aftorio ein fßrioifeg ju ©unften biefer ©rabe. ©r betont in
bem ®iptom ben groben 9?ut3en, ben baS Kollegium ©ermanifum ber beutfehen
Nation burch f^örberung unb ©rhaftung ber mähren fMigion gebracht, fomie bie
grobe Stnjahi ausgezeichneter unb gelehrter Scanner, bie aus ihm heröorgegangen
unb bem religiös zerrütteten 9teid)e burch 233ort unb Veifpief in öorgügticher SBeife
geholfen hotten unb üorauSfichtlich in .Qufunft meiter helfen mürben. SDeShatb füllten
bie im $odeg ©rabuierten im beutfehen Reiche unb überall alte Rechte unb Freiheiten
ber übrigen fßrofefforen befi^en unb mie bie an ben übrigen §ocf)fchu(en )J3ariS,
Vofogna, fßabua, fßerugia, fßifa, Söien, $ötn, ^rrgofftobt fßromooierten an allen
$)J?etropolitan-, ßathebraf* unb fö’odegiatfirchen zu ollen ^ßfrünben unb SBürben zu*
getaffen merben1.
Qn ©eutfehtonb mar man ängfttich barauf bebadjt, bab baS ®odeg ein beutfdjeS
bleibe. ®ur<h einen SBürzburger S)omherrn maren Klagen oerbreitet morben, ber
fdeftor beS ©ermanif'umS ftehe auf feiten ber franzöfifdjen Partei. Qm Fahre 1640
mürbe bieS oon Stainz nad) fRom berichtet2. Vatb barauf manbte fich fogar ber
$aifer Fer^iuanb III. in biefer Sadje am 4. Fefmuar 1641 an ben ©enerat Vitef-
teSchi: Vor furzem hoben mir oernommen, bab in bem bortigen Kollegium ©er¬
manifum franzöfifd)e )ßräfeften aufgefteHt merben füllen, maS ber beutfehen Nation
auS oielen ©rünben abträglich unb bem tarnen beS ^odegS entgegen märe. 2>eS-
hatb bitten mir bringenb, bafür Sorge zu tragen, bab nicdjt Franzofen an bie Spi£e
beS beutfehen ^odegS geftedt merben3. VitedeSdji erraiberte am 16. ÜDZärz 1641,
bab er an fo etmaS nidjt einmal gebacht hQbe. Sludj in .Qufunft merbe er ftetS
bafür forgen, bab nie etmaS zum Schoben ber beutfdfen Nation gefdjelje ober irgenb
einer im beutfehen ®odeg angeftedt merbe, ber bem ®aifer mibfaden ober ber beutfehen
Fugenb im Kolleg fchaben fönnte4.
SDer SInbrang zum Äodeg blieb in nuferer $eit gleich ftorf mie früher. SBieber-
fjolt mubten bie ©enerafe mit (pinroeiS auf bie grobe Cottage Äanbibaten abmeifen.
1 SBortlaut bei $ feiner, ©efd). ber geift*
liefen 53ilbung§anftalteit (1835) 429 ff.
2 93riefe be3 P. fftitlf. 93iber bom 27. 2)ej.
1640 unb be§ $roöinätal§ pamman au ben
beutfdjen 2lffiftenten SKunbbrot, 20. ftuli 1640.
Stn festeren 93riefe fyeifft e§: Est aliud, Rde
Pater, quod liic (SDtainj) intellexi, censuique
R. Yae proponeudum, ut pro sua prudentia,
si iudicet, alicui incommodo possit occurrere.
Narratur, in Collegio Germanico constitui
quosdam e Societate, natione Gallorum, qui
iuventuti Germanae praeficiantur. Dolerem
ego cum aliis, qui sensum affectumque
Eminentissimi nostri Electoris aliorumque
principum Germanorum bene perspectum
habemus, hoc ipsmn ad eorum aures deferri,
qui sane graviter offenderentur et indigne
ferrent, Gallos moribus, indole et affectu a
Germanis alienos, iisdem dirigendis et iufor-
mandis assignari moderatores. Et hoc prae-
sertim calamitoso tempore, quo constat quam
exulcerati sint animi Germanae Nobilitatis,
Principum, et ipsius totius nationis in Fran-
ciam. * Original Hist. coli. Germ. vol. 2.
3 * Original Epp. Princ. VI 235.
1 * Orig.-fReg.
s$äpftti<f|e Seminarien: ©ermonifum.
633
So fdjrieb 93iteCte§df)i am 7. Oftober 1625 an ben ^itbeSßeimer Neftor Xurrian:
gär SaurentiuS Söarteuberg mürbe icß gern einen $taß forberit, menn bie ginanj-
läge beS CottegS burd) bie Nermüftungen im 9J?aitänbifd)en nidjt fo gelitten ßätte,
baß faum bie Stufgenommenen unterhalten merben fönnen1. Unb fpäter, 27. Xe-
jember 1643, üertoeift NitetteSdji ben Nürnberger fHeftor ^of). Creißing auf bie große
Notlage beS CottegS, metdje neuen Stufnaßmen im Söege ftänbe2. 3ulüe^en betrug
bie 3öf)t berer, bie im oorauS für bie folgenbeit Qaßre angemetbet mären, meßr
al§ 100. 3aßre 1629 mar bie 3oßt ber megeit ber Stufnaßme Oertröfteten
Stfpiranten auf meßr als 70 geftiegen. tiefer große 3ubrong bemeift, mie groß
bie Sichtung mar, beren ficß baS Cotteg ju erfreuen hatte.
Qmmerßin beträgt bie 3a0^ ber oon 1600 bis 1655 aufgenommenen 3öglinge
unb Conoiftoren in runber Summe gegen 1000. Xie meiften I)aben ber genoffenen
(Sr^iehung ©ßre gemadft, oiete außerorbentticß fegenSreidj gemirft, manche ßoße fircß-
tidje SBürben erlangt. Xer Sr^bioaefe 9Jfain§ fcßenfte baS Kolleg oon 1604 bis
1647 brei mürbige (Sr§bif<f)öfe ; 3oß- Scßmeifart oon Cronenberg (1604—1626), er
mar ein frommer, feßr eifriger, um gan^ Xeutfcßtanb oerbienter 9Nann3; ©eorg
ffriebrid; oon ©reiffenttau (1626—1629), ein ftarfmütiger $ürft unb großmütiger
fförberer ber Söiffenfcßaft; Stnfetm Cafimir oon Söambotb (1629 — 1647), ber auf
baS Stngebot ber Neutralität bem franjöfifdjen ©efanbten antmortete, lieber motte er
oon Xür ju Xür betteln, atS üom Caifer abfatten4. Sterbenb erftärte er eS atS
feinen größten Xroft, atte feine oielen SNüßeit jum SSeften ber fatßotifcßen Netigion
unb beS NeicßeS oermanbt gu ßaben. Xer berüßmte Conoertit unb Niain^er SBeih=
bifcßof Stbolf ©ottfrieb NotufiuS madfte ebenfalls feine tßeotogifcßen Stubien 1638
bis 1642 im Colteg. Non 30 Xrierern 5 biefer fßeriobe mürben fpäter brei Nifcßöfe:
Söilbericß oon Sßatberborf (SBien), Heinrich oon Nöttingen (Speier) unb fpeinrid)
oon Stnetßan (Cöfn). 2(uS ber Cötner Sr^biö^efe ftubierten in biefer 3eit gegen
100 im ©ermanitum. Xer reicßsftänbifcße Slbel fanbte nur einen 3ögting. Xie
Nerpfticßtung jur ^rieftermeiße ßiett bie Sprößtinge reicßSgräfticßer gamitien fern,
meit biefetbe bie Hoffnung auf eine Stelle im Xomfapüet oon Cötn abfcßnitt. Xie
reicßsftänbifcßen Stbetigen („Xomgrafen"), bie oon 50 Xomßerren- unb Xomijettar-
pfriinben am Cötner Xom ftetS 42 befehlen, pflegten bie ßößeren SSeißen nicßt ju
empfangen. Unter ben Cötner 3ögtingen befinbet ficß ber fpätere Speierer Nißßof
Qoß. |)ugo oon OrSbed, ber Cötner SBeißbifcßof . unb ©efdjkßtSforfcßer Stgib ©etend,
ber ÜNiffionär unb Stftronom Qoß. Stbam Scßatt oon Nett. Non ben 28 2öürj>
burger ©ermanifern mürben brei Sßeißbifcßöfe oon Söürgburg. Unter ben 10 Grieß-
ftätter 3bgtiugen ragt befonberS ber gürftbifdjof SNarquarb Sdjenf oon Saftet!
ßeroor. StugSburg fanbte unter ben 40 3ögtingen u. a. bie beiben Nrüber ^oaeßim
oon ©raoenegg (^ürftabt oon ffutba) unb Söotfgang oon ©raüenegg, ber als
eine bebeutenbe Xätigfeit in Oberbeutfcßlanb unb Xirot entfaltete. 2tuS bem großen
NiStum Conftanj finben mir 103 3öglinge im ©ermanifum. Unter ißnen treffen
mir 3 Nifcßöfe, 8 SBeißbifcßöfe, 1 DrbenSgenerat, 8 Stbte ufm. SNeßrere biefer
3öglinge arbeiteten fpäter fegenSreid) in Steiermarf, mie bie ©ebriiber Sbertein,
3afob Slbt, Martin ÜNotitor. Unter biefen Conftanjern befinbet ficß aud) SufebiuS
Xrucßfeß, ber fpätere Qefuitenprooinjiat unb Stffiftent in Nom. Über ißn feßrieb ber
1 *0rig.-91eg. Ad Rhen. 33g{. an benfetben,
2. fölai 1637. '
2 * 0rig.>9teg. Ad Rhen. sup.
3 «gt. 31 ante, ^äpfte I 262.
4 P. ttlntoni an Gtjigi, 28. 9)lai 1647. * Cri-
ginat in Slam, Bibi. Chigi B I, 1, f. 307.
5 Ser Srierer Äurfürft ißfjit. ßfiriftopt) öott
Sötern (1623—1652) roar nicht 3ögling beö
©ermanitumö. Sie 2tngabe bei ßorbara ift irrig.
c 5)3. be ©rect, Seben unb SEirfen bei Stgib.
©eien (1835). ©diroerö in ben 2lnnaten beS
'-Bereinö für ©efd). beö 91ieberrheinö 1910, 30 ff.
634
9Jeiutte§ Kapitel, föortötfte.
©eneral ©arrafa am 15. SRai 1649 an beffen 0nfel, ben ©rafen 9J?aj non Söoffegg :
Ser §err ©ufebiuS Sruchfefj ift gfiicfftd^ in 9tom angelangt unb ^at, mie id) er»
fahre, in ber furzen 3eit feines Aufenthaltes im ©ertnanifunt non Anfang an einen
fo herrlichen (Sharafter an ben Sag gelegt, bafj ber fReftor unb bie übrigen 'jßatreS
mit ihm fef)r jufrieben finb unb fiel) ©roffeS non ihm oerfpred)en. ABenn ich ettnaS
ju feiner Aufmunterung unb görberung tun fann, merbe ich bieS gern unb reiflich
tun, fomobl tneil 3hr inertes Schreiben mir bieS nahelegt, als auch in ber (Erinnerung
an bie auherorbentlidje Siebe beS großen ^arbinalS Otto Srudjfefj gegen uitfere
©efellfchaft, ben ja (Euer (Erlaucht mit Üiecfjt als leudjtenbeS 23eifpiel 3hrem Steffen
nor Augen geftellt tniffen mollen *.
23on ben 23afeler ßöglingen gelangten brei jur bifchöflic^en ABürbe. Sie
20 (Ef)urer Stefanen maren jum größeren Xeil gelbfirdjer. (Einer, 3of). $lugi
non Afpremont, tuurbe Sifchof non ©f)ur (1636 —1661); er bemühte fid) fehr für
bie Ausbreitung beS ^nftitutS beS 23artf)oI. fpolzhaufer unb für bie (Errichtung beS
QefuitenfodegS in ^elbfircf). 3llie* 5e^^rc^er/ AnbreaS fö'apittel unb Seonfjarb (Ereber,
mürben ^efuiten, ein britter, Dr 2conf)arb 23utenreiner, mirfte fehr nachhaltig guerft
als ©eneraloifar in ©hur, bann 45 Qahre als Pfarrer in fjetbfirch- 9iad) beut
gelbfirdjer ©hroniften mar er „ein fehr gelehrt unb eifriger SRann, meldjer baS
©dhmebifdhe ABefen unb bie barauS entfprungeneit Ungelegenheiten fambt jmo peftP
len^ifchen Sudjten in größter SJJüf) überftanbeu hat"1 2.
Sie greifinger SOiögefe ftellte 37 Hanbibaten, unter ihnen grnei ©rafeit non
ABartenberg, Sohn unb (Enfel beS ^erjogS gerbinanb non Sapern, non benen ber
erftere als 33ifd)of non OSnabriid unb fRegenSburg, ber gmeite als ABeihbifcfjof non
fRegenSburg eine höcfjft frudjtreidje SOätigfeit entfaltete. SBon ben fyreiftnger @er=
manifern mürben mehrere ©eneraloifare, kröpfte unb jmei 3efuiten, fyriebrich non
Aßeilljamer unb ber fdjidfalSreiche ARattfjiaS gmber, ber befonberS burch fein großes
)ßrebigtmerf befannt ift. 3tt)ei bei 18 fßaffauer 3ögünge mürben non öfterreidjifchen
SUöftern ju Abten gemählt. Srei non ben 16 Salzburger ©ermanifern fdjmüdte
fpäter bie bifchöfliche ARitra, barunter ARaj: non $unberg, ber $arbinalerjbifd)of
non Salzburg. Aud) bie 40 33rij:ener 3ö9^n9e ftettten 3 ©ifchöfe unb 2 ABeih"
bifdjöfe für 53rij:en. AuS ben 50 Srienter ©ermanifern gingen 10 23ifd)öfe unb
2 ©eneraloifare heroor. 5$on ben 253öglingen ber ASiener Siözefe gelangten fieben zur
bifchöflichen ABürbe, barunter ©rnft non §arradj (^3rag), Philipp o. Sreiner (ABien)
unb ©rnft non Srautfon (ABien). Sie 21 SßreSfauer 3ögünge mürben bis auf brei
fämtlicf) Domherren in 33reSlau. „SaS Somfapitel non ABreSlau, beffen Statuten
abelige ©eburt nic^t zur Sebingung ber Aufnahme machten, tat fid) nor ben meiften
Kapiteln Seutfd)lanbS in mehrfacher Beziehung norteilhaft heroor. Sämtliche $a=
nonifer maren Eßriefter, unb ein großer Seil non ihnen zeichnete fid) burch tüchtige
theologifdje 23ilbung, grömmigfeit unb fir<hlid)e ©efinnung aus."3 Unter ben 53reS»
lauern, meldje 3 ABeihbifchöfe unb fämtliche Abminiftratoren mährenb ber bifdjofS-
lofen 3eit 1625 — 1655 ftellten, ragt befonberS heefor s^Seter ©ebauer, ber 1621
Ard)ibiafonuS, AHStumSabminiftrator unb |mfrichter mürbe4.
©S ift unmöglich), hier aud) nur bie bebeutenbften ARänner, feien eS A3ifd)öfe,
Somherren, ifBrofefforen ober Pfarrer, bie in biefer 3eit aus bem ©ermanifunt fjer-
norgegangen finb, alle namentlid) zu ermähnen. AIS ber A3ruber beS $aiferS,
©rzherzog Seopolb, im 3nhre 1625 in 9iom Urban VIII. ben $ergid)t auf feine
1 *Drig.=9teg. Ad Externos.
2 33rugger, g^tbfircfjifcfje Söefcfjreibintg 97,
Bei ©teilt t)ub er a. a. C. I 445.
3 © t e i n t) lt b e r a. a. 0. 1 470.
4 3 int g tt i $ , ißeter ©ebouer (1892), unb
T e r f. , ifie $8re§Iauer ©ernianifer (1900) 103 ff.
93ifd)öflid)e fßriefterfeminare : SBien.
635
SBistiimer ‘ißaffau linb ©trapburg erftärte, überreichte er bem fßapfte aucp ein 93?e«
tnoriate ju ©unfteit beS ©ermanifumS. ®aS Kollegium ©ermanifum, nerfidjerte ber
©rjperjog, fei eines ber Slntiegen, bie ipm nom Inifer befonberS empfohlen worben.
3)ie fatpotifdpen dürften SDeutfdptanbS fcfjä^ten eS fepr pod) wegen beS gropen 9?u£enS,
ben bie nieten im Kollegium gebilbeten Pfarrer, ^anonifer, ©eneratnifare, Söeip*
bifdföfe, Sifcpöfe, ©rjbifdpöfe unb anbent ißrätaten jur ©rpattung nnb $örberung
beS ©taubenS unb ber fatpolifcpen SMigion in ihren Säubern ftifteten1.
®er rührige 93?attpiaS $aber fagt in ber SBibmung beS ^weiten Weites feines
beriipmteu ißrebigtwerfeS au ben Sieftor unb bie ßögtinge beS ©ermanifumS (9?ew
mar ft, 28. SDejember 1632): g-aft burd) gan^ SDeutfcptanb ift ber 9?upnt beS ifotte*
gium ©ermanifum gebrungen. StuS biefern Kollegium finb gteicpfam wie aus einem
trojanifdpen ^ferbe bie berüpmteften 9J?änner pernorgegangen, wapre ßierben beS
SBatertanbeS, ©rjbifcpöfe, Sifdpöfe, ^rofefforen, pope ^Beamte unb ©eelforger, bie in
©eutfcptanb unter allen mit befonberem ©tanj peroorteucpten. ®ent fö'otteg oerbanfe
aitcp er alles, unb beSpalb fei eS eine ißftidpt ber SDanfbarfeit, wenn er fein SBerf
bem ^ofteg mibme2. 93? it 3?ed)t fonnte beSpalb ber ©efcpidjtfdjreiber beS ßottegS bei
ber erften ©äfutarfeier im Qapre 1655 perüorpeben : „£rop ber furcptbaren 95er •
peerungen beS SDreipigjäprigen Krieges patte ®eutfd)Ianb mieber miirbige 23ifcpöfe,
gute, jum £eit tüchtige SDomfapitet, einen wenn aud; wenig japtreicpen, fo bod) im
allgemeinen woptunterricpteten, eifrigen MeruS, niete btüpenbe iHöfter unb trefftidpe
©cputen. $ie noin ^eiligen ©tupt mit gropen Opfern ins Seben gerufene beutfcpe
Stnftatt in üiom burfte opne Üiupmrebigfeit einen bebeutenben Slnteit an ber Herbei¬
führung ber bcfferen firdjlidpen $uftänbe atS ipr SSerbienft in Stnfprudp nepmen."3
Söenn aucp bie päpftticpen Seminare jur ^ebung beS gropen ißrieftermangetS
in Seutfcptanb erpebtidpe |)dfe leifteten, fo madjte fid) bocp in nerfcpiebenen SDiögefen
immer mepr bie Sfotwenbigfeit gettenb, eigene ^riefterfeminare ju begrünben, über
bie ber S3ifd;of für bie Sebürfniffe ber SDiö^efe frei nerfügen fonnte.
£yür bie ^eraubitbung non ^rieftern für bie beiben SDiöjefen 2öien unb Söiener»
9?euftabt patte föarbinat ®teft im Qapre 1618 ein Kapital non 20000 $tor. rpein.
auSgeWorfen. 23on ben 3infen würben arme ©tubenten im ßonüift ber Qefuiten
unterpatten. Qn feinem £eftamente nom Qap« 1630 ftiftete SHefl jum fetben ßwed
weitere 20000 gtor. 4 2ltS nun 23ifd)of ^Spitipp ©raf Sßreiner ein eigenes ^Sriefter-
feminar erricpten wollte, erpob fidp bie grage, wem baS Kapital, non bem bie ^efuiten
fcpoit 20000 gtor. erpatten patten, gepöre, ben ^efuiten ober bem 23ifcpof. 3n
einem Briefe nom 25. Februar 1645 mup fidp ber Sifcpof beim ©eneratnifar ber
©efeltfcpaft, ©angro, über ben 3$erjug ber ©rünbung eines eigenen ©eminarS beftagt
paben; benn biefer antwortete am 25. 93? är^ 1645, bap ipm bie ©acpe neu unb
ganj unerpört fei, eS würbe ipn fepr fdjmerjen, wenn burdp bie ©cputb ber fßatreS
ein für bie bortige SDiö^efe fo nüptidpeS Unternepmen fo tange aufgefdjobeit worben
wäre. 2>er 53ifcpof möge auf ©erecptigfeit redfnen, beim bie ©efetlfdjaft fei bereit,
eper ©dpaben ju leiben, atS fotdjen ju3ufügen.
1 ©teintfuber a. a. 0. I 389.
5 Sie SBibmung ftef)t am Anfang bc§ 2. STeite^,
beffen Sitelbtatt aber nod) Dom 1. Seit per*
riitjrt (Pars I, Ingolstadii 1631).
3 ©teinlfuber a. a. C. I 472.
4 Über biefe Stiftung 9tät)ereö im SBiener
Sibjefanblatt 1891. ©ebaftian Senid) fdjreibt
am 25. guni 1631 über bad SBiener ©eminar,
ba3 er befudp: Seminarium Viennense mihi
summopere placet utpote pulcherrimis insti-
tutis inclioatam, bonis artibus et disciplinis
ornatum, et magna cum dexteritate admini-
stratum, ut certum sit maguos ex illo viros
quondam progressuros. * Original Clm 26 478.
9teunte§ Kapitel. Komufte.
636
Sadjbem ©angro genaueren Seridjt üon ben SBiener ißatreS etngeforbert, fcfjrieb
er am 24. $uni 1645 bem 93ifcf>of : Sad) bem SBorttaut beS SeftamenteS fc^eint
baS Kapital motjl mefjr ben $atre§ gupftehen, aber in einer gtueifel^aften ©adje
motten mir mit bem Sifdjof, ber uns fo üiete SBofjttaten ermiefen f)at, nicf)t ftreiten.
%d) üerjpdjte alfo, fooiet an mir liegt, auf biefeS mie immer geartete Sedjt unb
auf baS ganje Sominium über bie 40000 glor., mit ber Sitte, audj bie Sermat«
tung unb mithin aucf) baS gan^e ©eminar anbern unb nidjt ben ^efuiten ju über»
geben, ßu biefer Sitte bemegen midj oiele ©rünbe, befonberS aber ber Söunfdj,
baS äöotjtmotten ©uer bifdjöft. ©naben unS ju ermatten, baS fonft aus ber Ser»
fdjiebentjeit ber Meinungen über bie Sermaltung affmäfjficf) ©djaben leiben fönnte1.
2lm felben Sage fdjrieb ber ©eneratoifar bem öfterreidjifcfjen ^roüinjial ©eorg
Surcooidj: Sadj reifficfjer Überlegung ffabe id) geglaubt, in Übereinftimmung mit
ber jmeiten ©eneratfongregation2 nicfjt allein baS Segat, fonbern auch mo mögtidj
bie Sermaltung beS bifdjöftidjen ©eminarS abtef)nen ju fotten. Sie ©rünbe fjierfür
finb bie Setrete ber jmeiten unb oierteu ©eneratfongregation; festere fpritpt im
breijefjnten Sefret ben lebhaften SBunfdj aus, bie ©efettfchaft üon bergteidjen Saften
befreit ju fefjen; ferner ber gute Same ber ©efettfchaft, bamit eS nicfjt ben 2tnfd)ein
tjat, atS ob mir aus ©eminnfudjt banad) trauten; brittenS bie Siebe jum ^rieben
unb jur ©intradjt mit bem Sifdjof unb beffen Sachfotgern, ba bie C£rfafjrung anberSmo
burcfjgängig tetjrt, bap bergfeirfjen ©eminare eine fortroäfjrenbe Quelle üon Mipfjettig»
feiten finb; üiertenS bie grope Saft, metdje bie ©efettfcfjaft burd) bie Sermaltung ber
©iiter, mit ©inforbern ber ganten, Setfauptung ber Seifte ufm. auf fic^ nehmen
mup; fünftens, müpte fcptieptid) bie ©efettfdjaft bie Sermaltung übernehmen, fo märe
eS bodj beffer, bap bieS nur gefcfjäfje auf mieberfjofteS Sertangen beS SifdjofS, nicht
aber nad) unferem SBitten, gefcfjmeige benn, bah dnr banad) trachten, ©offten fich
bie ^onfuttoren aber hoch für bie Übernahme ber Sermaltung auSfpredjen, üietteicht
meit man fcfjon 20000 gtor. erhalten, bie man nicht jurüdbe^afjten fann, fo rate
ich bringenb, meber eine Sürgfdjaft für bie Diente noch eine beftimmte §öhe berfelben
ju forbern, fonbern eine roenigftenS ^a!6jä^rlid^ üorauS^ubeäafjtenbe ^3enfion nach
ber ^opfjapt ber Süumnen, über metdje bie ©efettfchaft feine SedjnungSabtage ju
feiften hat; Seftrafung unb ©nttaffung mup oottftänbig ber ©efettfdjaft guftepen mie
in ben anbern ©eminarien ohne Serufung auf anbere Sribunate; ben Alumnen barf
feine eibtidje Serpfticptung jum ©djaben beS QrbenSftanbeS auferlegt merben; ber
©efettfchaft fteht eS frei, jeberjeit jur Sermeibung oon Mippettigfeiten mit bem
Sifcfjof ober aus anbern geredeten ©rünben bie gaitje Sermaltung in bie ^uinbe
beS SifdjofS juriidjugeben. ©ottte ber Sifchof baS Secpt ber Slufnapme fiep üor-
behalten, fo mürbe ich barunt nidjt üiet ftreiten. SßenigftenS entgehen mir fo ben
©ehäffigfeiten oon feiten üieler (bie nicht aufgenommen merben) unb fcpneiben bie
Etagen ab, bie fonft teidjt entftehen, atS ob mir menig geeignete Seide für biefe
Sistüiner lieferten3.
Ser Sifchof bat in ber Sat am 15. $uli 1645 ben ©eneratoifar um Über¬
nahme beS ©eminarS. ©angro fagte am 19. Stuguft 1645 ju, gab aber bem SSunfcpe
SuSbrud, bap ber Sifchof nicf)t§ oon ben Qefuiten üerlangen möge, maS gegen beren
Segetn ober ©emohnheiten üerftope. Ser Seftor merbe bie näheren Sorfdjtäge unter¬
breiten, bie ber Sifchof gütig gemäpren motte4, ©cptiepticp fam eine Sereinbaruug
311 ftanbe, bie in ben föonftitutioneu beS bifcpöftidjen Alumnates ihren SluSbrud fanb.
Sie Stufnapme fteht bei bem Sifdjof unb bem Segens beS fö’onoiftS. Ser 9tuf=
1 *Crig.=3teg. Ad Externos. 3 *0ng.=9leg. Ad Austr.
■ 33g[. S3b 1, ©. 319 f. 4 * 0rig.=9teg. Ad Externos.
33ifd)öflid)e fßriefterfeminare: 2Sien.
637
äuneljmenbe mufj 18 3ahre alt fein unb bie Humanität abfolöiext haben. gair beit
Unterhalt Serben je 100 ^tor. rf)ein. bejaht. Sie Sltumnen unterftefjen in Stubieit
unb SiSjiplin ben ^efuiten unter Oberaufficf)t beS 23ifd)ofS; fie üerpflid)ten ftcf) eib-
lief), bie ^rieftertneifje ju empfangen unb menigftenS brei 3ahre in einer ber beiben
Siöjefen in ber Seelforge ju arbeiten. Sie Reibung beftel)t in einem faftanienroten
Salar nadj Slrt beS päpftlichen ÄollegS unb einem fdjmarjen 9J?anteI mit rotem
Äragen. Sie $01)1 ber Alumnen brachte ber 93ifcf)of für beibe Sii^efen jufamtnen
auf 60 4
SBifdjöflidje fßriefterfeminare maren aud) baS fßajmaneum unb baS froatifdje
Äonüift in SBien. SDa§ fog. Sßajmaneum oerbanft feine Stiftung bem ungarifdjen
Äarbiual unb ©r^bifchof oon ©ran ißeter Sßajntant). Mittels Urfunbe öont 10. Sep¬
tember 1623 ftiftete ^ajmanp 115000 ©ulben (fpäter noch 45000 ©ulben) unb
ein £auS für junge Seute auS Ungarn unb ben Siebenlänbern, bie jum ^ßriefterftanbe
heraitgebilbet toerben füllten. Sie $aljl füllte fidf» nad) ben ©rträgniffen beS ÄapitalS
richten. Sie SSermaltung ber Stiftung unb bie Seitung beS Seminars übertrug er
gaitj ber ©efellfdjaft. SaS 9iedjt ber 2lufnaf)me hatte ber ©r^bifdjof oon ©ran.
Sie Slufeuneljmenben mufften menigftenS 15 ^aljre alt fein unb bie ©rammatif, fpäter
bie Humanität, üollenbet haben. Sie oerpflidjteten fiel) eiblidj, ißriefter ju merben ober
bie Äoften ju erftatten unb nach ber ißrieftermeihe brei 3ahre in *)er ©eelforge in
Ungarn tätig §u fein. 23ei ber Slufna^me foUten befottberS Siebenbürgen unb bie
oon ben dürfen befejjten Seile Ungarns berüdfidjtigt merben, rnenn bie Äanbibaten
oerfpradjeit, in biefe Sänber jurüdjute^ren unb bort bie Seelforge auSjuüben. SaS
Seminar trat fßfingften 1625 mit 13 Sllumnen in ber ehemaligen Silienburfe ins
Seben. Sa fidj biefe aber halb als ju flein ermieS, jog baS Seminar 1627 in ben
„©olbberg" (ehemalige Slrntenburfe). Um halb oiele ^riefter ju erhalten, mar anfangs
für bie meiften ßöglinge nur Äafuiftif unb fßolemif oorgefdhrieben, 1633 aber mürbe
jebe SSefdjräitfung beS tieferen tfjeologifchen StubiumS aufgehoben1 2. 2US ^a^manp
fein Seminar ben 3efmten anbot, fonnte fid) ber ©eneral SBiteHeSdji nur ferner
entfdjliefjen, bie Stiftung an^unehmen. ©r fdjrieb barüber am 16. Slpril 1622 an
ben öfterreichifdjeu ’fjrooinjial Turner: Qdj habe in biefen Sagen mit ben Vtffiftenten
beraten, ob bie Unfern bie Seitung beS Seminars, meld)eS ber ©r^bifdjof oon ©ran
in SBien ju grünben beabfid)tigt, übernehmen füllen. Sro(3 ber ©rünbe, melche gegen
bie Übernahme fpredjen, haben mir bodh geglaubt, bem 2öunfcf)e beS ©rjbifdjofS ent*
fprecfjen ju müffen, in 3tnbetrad)t ber großen Notlage ber Äirche Ungarns, für melche
oon biefem Seminar in furjem eine grofje §ilfe ju ermarten ift3. Siefe Hoffnung
ift in ber golge nicht getäufd^t morben4.
3m 3ahre 16^2 fam ju biefen bifchöflichen Seminarien in SSieit ein neues,
baS Slgramer ober froatifdje Seminar, meld)eS ber 93ifchof ©eorg Sippat), ©rjbifdjof
oon ©ran, für 25 göglinge ftiftete5.
1 SBortlaut ber Äonftitutionen im SBiener
Siöjefanblatt 1891, 198 ff- £> e r m. 3 f d) o f f e,
2)ie tf>eotogifd)en ©tubien unb Slnftalteu ber
fatffotifdjen iürdje in Öfterreid) (1894) 520 f.
2 Sßgl. C. Ri me ly, Hist. coli. Pazmaniani
(1865); SBappIer, X^coIogifd)e f^afultät in
SSHen 126 ff. 93ei Rimely 9 ff bie ©tiftung!-
urfunbe; 52 ff bie 33eftätigung!urfunbeu Ur¬
baul VIII. üom 14. 9?ob. 1623 unb 10. äftai
1624; 293 ff bie Leges a Fundatore prae-
scriptae.
3 * Drig.-fReg. Ad Austr.
* $a! ungarifdje Kolleg jälflte im Qa^re 1637
62 Äonüiftoren, im Qa^re 1639 65 (unter einem
Stegen! unb jmei ißräfeften), 1640 65 Zög¬
linge. 3m 3df)« 1640 trat eine ßrtneiterung
ber SSoljnung unb SBernteljrung ber Zöglinge
ein. 3m 3al)re 1644 maren e! 80, 1648 64,
1650 73 Zöglinge. * Litt. ann. Prov. Austr.
1637 ff. 9)gl. Rimely 70.
5 * Litt. ann. Prov. Austr. 1642.
Neuntes Kapitel. Äontüfte.
638
SXucf; in her alten Metropole SBienS, in $affau, fam ein ißriefterfentittar ju
ftanbe, freilief) unter großen ©djmierigfeiten. ©djon 15. 97ooember 1605 fjatte gürft*
ifefdjof Seopolb baS ißaffauer ©omfapitel beauftragt, über bie ©rünbung eines tri*
bentinifdjen ©emiitarS in $ßaffau 31t beraten1; fpäter, in ben groan^iger unb breifeiger
Qaferen, fanbett bann lange Serfeanblungett ^roifefeen Sifdfof, Kapitel unb ben ^efuiten
ftatt. Sefonbere ©djmierigfeiten boten bie fäferlidje ÜfedjnungSablage unb bie ©nt»
laffung. 21ttf erftere mollten fid) bie ^efuiten roegen ber ju befürchtenden ©dfefattett
nidjt einlaffen, bie festere aber int Qntereffe ber .ßudjt felbft in ber §anb befjalten.
$m Qafere 1637 entfdfeeb ber gürftbifdjof Seopolb Söilfeeim fiel; baffen, baS ©emiuar
ben ^efuiten ju übergeben; fie füllten eS nach ben in SDeutfcfjlanb bei ifjnen üblichen
Siegeln leiten. Um ben ©djmierigfeiten mit ben SRedjnungen ju entgehen, füllte für
jeben Sflumnen eine beftimmte
©umme (100 9feidjStaler ober
150 glor. rfjein.) begaffet mer*
ben, bie (Sntlaffung mürbe betn
Sieftor jugefproefeen 2. @o
fonnte Oftern 1638 baS ©e*
minar ins Seben treten. (Sin
gebrudteS „^rogramnta", mel*
cfjeS oottt ißaffauer Kolleg am
29. 9Rärj 1638 auSgittg, oer*
fiinbigte, bafe ber gürftbifdjof
ein ©eminar für bie £>eran*
bilbung ber ©eiftlidjen errichtet,
unb bafe beShalb in bent erj»
f)er§oglicfjen ©pmnafium ber
©efellfdjaft Qiefu in $affau
Sttoral, fanontfd)eS Siecfjt unb
SDialeftif oorgetragen mürben.
97ad) Oftern merbe fomofjl mit
ben Sorlefungen als audj mit
bent ©eminar begonnen mer»
ben; eS füllten fid) beSljaIb
biejenigen tnelben, meldje fid)
für biefe Sorlefungen ober für
baS ©eminar entfdjloffeit feiit*
f^üvftbifc^of Grjöerjog Seopolb SBilbdnt. ten3 *. ^m ^afere 1642 featte
Stieb nad) Sfjeüenffelter, Äonterfet Äuppferfticb, 1721 (5/7). büS ©eminar 12 Sllltmnen unb
15 meift abelige ßonoiftoren;
fie lebten im felben Ipaufe, aber in getrennten SBofen* unb ©cfjlafräumen ; mit bem
Sau eine§ eigenen IpattfeS mar fdjon 1638 begonnen morben.
®aS ^affauer ®omfapitel, baS üon Slnfang an ber (Srricffeung beS ©eminarS
fo grofee ©djmierigfeiten bereitet, ridfeete int ^aljre 1647 an ben ^ürftbifdjof Seopolb
Sßilfjelnt bie Sitte, baS ©eminar bis auf beffere Qeiten mieber auf^uljeben. $n
1 * Criginal in 9J1. 91. , Jjjodfetift ißaffau
91r 1622.
2 ®ie gntfdjeibungen unb Slnttoorten be§
SSifdjofS üom 13. ^an., 31.9Kära, 9. Slprit,
7. Sept. unb 21. $ej. 1637 * Original in 911. 91.,
SÖodfetift ißaifau 91r 1622. ßbb. ba3 ijkotofotl
über bie Slerbanblnngen in SBicn jtüifcben ben
Äonnniffären unb bem öfterreidjifeben tproüin*
äiaf, 24. Slug. 1637.
3 ©inblottbrud in 911. 91. a. a. 0.
93ifd)öflid)c '^ricfierfcminnre : ^affou. — 5?runtrut.
639
feiner Slntmort, batiert ipaffau, 14. SKärg 1647, trägt ber 23ifcpof ouf eingegogene
Information pin billig 23ebenfen, biefe mit gutem 23ebacpt aufgericptete gunbation
gu Faffieren, unb oerfiept fidj oom Kapital, bap eg nicpt allein acquiefgiere, fonbern
oielmepr Fooperiere, bamit bag «Seminar erhalten bleibe1.
$n ber beitiegenben Slntroort beg 9tegeng auf bie 33efcpmerben beg Kapitell
f)eif?t eg: 53ig jept finb aug bem Seminar 37 Kooperatoren peroorgegangen, bie mit
Slugnapnte beg einen ober anbern ade oier ^apre ber ®iögefe gebient ober noch
bienen. Sefonberg nüpen fie burd) ihre IfSrebigten gur großen gufriebenpeit ber
Pfarrer, bie unabläffig um Alumnen bitten. ®iefe mürben noch ntepr roirFen, menn
ipnen nicht oft 3Sagi ($rembe) oorgegogen mürben. £)er SXifdjtitel mirb nicpt allein
ben Alumnen, fonbern aud) oielen anbern, aud) ben 23agi gegeben; biefeit füllte er oer-
meigert mcrben. ©g Fönnen 10 SHumnen unterhalten merben, unb tatfächlich unter¬
hält bag Seminar jept 10, für bie pro Kopf 150 ©ulben, alfo im gangen 1500 be«
gaX)lt merben. ®rei ^efuiten erhalten im Seminar Koft unb Kleibung, aber Fein
Salär, giir biefe brei ^efuiten unb alle Wiener merben gufammeit jährlich 600 ©ulben
auggegeben. £ie KonoiFtoren unb 2l(umnen f)aben benfelbeit iXifcp, bie Konoiftoren
befahlen alleg, bie Sllumnen fdjulben für bag oerfloffene ,Q;apr noch 659 ©ulben.
3)ie Konoiftoren paben für ben Unterhalt ber Sllumnen eher genüpt alg gefcpabet,
benn menn bag ©elb für bie Sllunmen nicfjt eingept, merben fie oon bem ©elb ber
Konoiftoren unterhalten. Slud; menn Feine Konoiftoren ba mären, müpten für ben
tpaugftanb biefelben Sluggaben beftritten merben2.
Qn Sirol mad)te fiep ber Mangel eineg ißriefterfeminarg reept füplbar. P. $op.
gaber (ber oon bem poftulierten 33ifcpof oon Sripen um 9tat angegangen morben)
feprieb barüber aug ^nngbrud, 26. gebruar 1601, an Slquaoiöa: ©g ift gu beflagen,
bap für bie brei 23igtümer in Sirol Fein geeigneteg Seminar oorpanben ift unb aud)
auf 30 beutfdje Steilen naep allen £>immelgricptungeu pin Feine lateinifdje Scpule,
auper ber oon £>all unb ber unfrigen. $n biefen beiben Sdjulen mälgen 36 fßerfonen
faft nur ben 23Iod ber ©rammatif. ^n §all finb ©rammatif unb Humanität, in
Qnngbrud mar früper auper ber SXpetorif noep 2>ialeftif; feit 24 ^apren aber ift
bie pöcpfte Klaffe bie Humanität, ^njtrifcften feplt in gang £irol bie Sftöglicpfeit,
^rieftet auggubilben, bie in allen anbern fßrooingen oorpanben ift, unb bod) ift Faum
anbergmo ein fo groper Mangel an guten ^rieftern. Qn biefem ungliidlidpen Stirol
finb bie Seelenpirten meift SFpoftaten, Unroiffenbe unb Konfubinarier. SJleifteng
fütbieren nur Sirme, bie fidj auperpalb SEirolg auf ben Slfabemien nidjt fortbringen
Fönnen. ÜJJlan füllte oieüeidjt in einem unferer Kollegien nur ©rammatif bogieren, in
bem anbern auper Humanität unb SxpetoriF ®ialeftif unb KafuiftiF, mogu eg nidft
nötig märe, bie Slngapl ber ^erfonen gu oermepren3. Später rourbe bem Mangel
abgepolfen.
$n ^reiburg in ber Scpmeig mirb in einem ©utaepten mehrerer ^efuiten peroor-
gepöben : bie 9Zot an guten ijkieftern in ber Sdjmeig fei fo grop, bap bie ©rrieptung
eineg ^riefterfeminarg burdfaug nötig fei. 2>ie SJFittel Fönnten nad) ben Slnmeifungen
beg Xrienter Kongilg burd) KolleFten befepafft merben. Söegen ber gröperen ent-
gegenftepenben Sdjmierigfeiten fei eg beffer, menn bie ©efellfdjaft bie Leitung beg
Seminarg iibernepme4.
$n ißruntrut mürbe ber ißlan oermirflid)t. ®er Stifter beg ^efuitenFodegg in
‘ißruntrut, gürftbifepof klarer oon SSartenfee5, patte im Qapre 1607 and) ein Seminar
1 * Original ebb. 4 ®t. 9t., Jes. 1327. $a§ * ©utadjten of)ne
2 *Responsio Regentis Matth. Klinika. $atnm ift unter[d)rieben t>on ben Sefuiten 9iup.
Original ebb. Üteinbel, 'llnton 5®elfer, Slbant Straub, 93artb-
3 * Original Germ. Epp. XXXVI 362. Stndlin, ißeter 9Jtariu§. 5 3?gl. 93b I, S. 222 ff .
640
Neuntes Kapitel. Konöifte.
errichtet1. SDringenb bat er bie Qefuiten um Übernahme beg Äonoiftg. ®er bieg-
bejügfidjen Sitte oom 15. Sluguft 1609 an ben P. Seneraf um einen Sefefjf an bie
$atre§ fügte er mit Sefriebigung bie Söorte tjinju: Ohne biefen Sefefjf merben fie
fiel) meigern, mäfjrenb „fie im übrigen unb befonberg in ber gefdjidten Serroaftung
beg $offegg, auf ben Sefjrftüfjlen ber göttlichen mie menfdjficfjen SSiffenfdjaft unb in
unermübficfjer Xätigfeit ung unb anbere öodauf beliebigen unb feinen Sfnfah ju
Etagen bieten".
Stuf einen abfehtägigen Sefdjeib megen beg SfRaitgefg an Seuten unb beg Ser-
boteg ber Seneraffongregationen manbte fich ber Sifdjof an ben 9?untiug, an ®arbinäfe
unb feine $rofuratoren in fRom, bantit fie auf ben ©eneraf einmirften. Strophem
tehnte Sfquaüioa im Qafjre 1612 jmeimat ab, am 25. Quni unb 12. Oftober. Slm
21. Oftober 1612 richtete P. SIbam ©traub oon Siffingen aug an Sfjriftopf) ©djenf
oon Saftet, ben Sanbfjofmeifter in Sßruntrut, einen Srief, moritt er bezüglich ber
Übernahme beg $onoiftg fagt, man fei in fRom nicht geneigt baju, auch barum nicfjt,
„biemeit man fiöh heftig beforgt, raofern man gemetbeteg ^onoift im Sruntruti-
fcfjen ©tjtnnafio raerbe annefjmen, merbe fich bie ©ocietet audj in mehreren Orten
biefer ^Sroning non folcfjer Sürbe gar faum ober befdjroerfidj mög erroefjren, bann
eg ber Sfbef für SRüncfjen, unb anbere für ^onftanj (üertangen), ebenfo ftarf treibenb,
unb fann fich b*e ©ocietet nod) big bato atfenthatben nit beffer augrebett, atg bah
man eine foffidj Saft unb Sürbe in feinem ©pniuafio, ba man allein Inferiora
Studia traftiert, nit funbe nodj möge auffaben". Qm fotgenben Qafjre betraute ber
Sifcfjof feinen ©uffragan, ben er megen anberer ©efchäfte nadfj 9iom fanbte, mit ber
Slngefegenfjeit; biefer erreichte aber fein Qief meber beim ©eneral nod) beim Zapfte.
®er Sifdjof mar natürlich nnjufrieben, jumaf meit bie oon ben Qefuiten angegebenen
Sriinbe if)m nicht genügten nnb man if)m üon fRom am 2. Quni 1613 mitgeteitt hatte,
ber ©eneraf ^abe bie anbern Srünbe burdjaug nicfjt mitteiten moffen. Qm Qafjre
1621 machte ber Sifdjof feiner Ungufriebentjeit mieber Suft. Qn bem 93eridf)t an ben
^Jkpft über ben ©tanb ber ®iö^efe führte er aug: 2)ie Sefdjmerbe, bie ber Sifcfjof
gegen bie ^ßatreg ber ©efefffdfjaft früher ju führen hatte, nutfj er audj fegt mieber-
fjofen. ®iefe Sßatreg feien oon feinem Vorgänger auef) fjauptfäcfjtidj barum nad;
^runtrut gerufen morben, bamit fie bie ©orge unb Sermaftung beg ^onoifteg auf
fich nähmen. 9iadjbem nun bag Äonoift mit ungeheuren Soften erbaut unb funbiert
fei, oermeigerten fie jept beffen Übernahme, unb hoch hätten fie bieg früher oft Oer-
fprocfjen. ®er Sifdjof bitte atfo ©eine §eifigfeit, bah er bie genannten ißatreg gminge
entroeber gur Übernahme beg ^onoifteg ober jur Sröffnung ber Srünbe, marum fie
bieg nicht mofften 2.
Qm Qafjre 1632 fatn enbfich eine Sereinbaruttg ju ftanbe. Sin augfüfjtfidjeg
Sutadjten für bie Übernahme entmideft mit Sefdjid bie ©riinbe, mefdje an einem
Orte mie ißruntrut afferbingg ju Sunften eineg ^onoifteg oorgebracht merben fonnten.
®ie ©tabt ift ffein, affe Raufer finb überfüllt, nur menige Siirger gibt eg, mefdje
©tubenten in £'oft nehmen moffen, meghafb manche, befonberg oornehmere Sftern ihre
©ohne oon hier megnefjmen muhten. 2)er Slbef oon Surgunb, SIfah unb ber ©djtoei^
mirb ferngehaften, ba in ber ganzen ©tabt feine oier ober fünf geeignete £augmirte
ober SBofjnungen für Sfbefige gefunben merben. ®ie Sürger moffen bie Sßäbagogen
ber abefigen ©tubenten nicht in ihren 2Bofjnungen bufben, menn fie nicht gan$ uadj
ifjrer pfeife tanken, moburdfj eine Qucfjt unmöglich ift. Qn ben meiften Raufern gibt
’ V a u t r e y, Hist, du coli, de Ponentruy 16.
2 * 33ern, ©taatf-ardüö, S3ifd)bf(. ?lrd)io oon
jßruntrut , Coli. S. J. Bruntruti XXXVII
unb Visitatio Limin. II. SjflI. bnju Slquaöioa
an ben 'IkoDittäial Partei, 20. Cft. 1612.
* Original in 51t. flt., Jes. 900“.
93ifcf)öftid)e ißriefterfeminare : ißruntrut. — Gillingen. — 3n80Iftnbt. 641
eg auf)er ben ÜDiägben heiratsfähige Södjter, bie einen ÜDiann mehr fuchen atg er»
märten; ba gibt’g bann ©aftereien, Xanjbetuftigungen unb anbere gefährliche @e»
legenheiten. SBenn bie ißöbagogen bagegen einfdfreiten, mirb itjnen gefünbigt. ®egt)atb
mußten abelige Sttern ihre Söhne jurücfrufett, bamit fie nicht anftatt ber Söiffen*
fcf)aft eine grau mit nach £>aug bringen. Stufjer bem Slonoift gibt eg fein SDiittet,
bie Überforberungen ber 23ürger für Xifd) ufm. einjubämmen. 2öie bie früheren
gürftbifdjöfe, fo bräugt noch mehr ber jepige, unfer großer 2Bot)ttäter, auf bie Über*
nähme beg $onoiftg, metdje bie ganje SDiöjefe, bag Kapitel unb ber Slbet münfdjen.
Sin Seminar für i]3riefter ber Safeler ®iö^efe ift tjödjft notmenbig ; mitten unter ben
§äretifern ober unter metttidjer Seitung fönnen bie ®anbibaten beg ißrieftertumg nicht
auf ein mahrhaft priefterticfieg Sebeit öorbereitet merben. SDie Stbetigen unb Orbeng*
teilte fönnett nicht ba^u gebracht merben, ihre Singehörigen einem meltlicfjen Seiter
anjuöertrauen, benn fie haben fd)on feit 20 gahren erfahren, bafj im ®onüift bie
Soften größer, ber gortfcfjritt aber fteiner ift atg an irgcnb einem anbertt Orte. Sie
Ofonomen fefjen nur auf ihren Vorteil unb beförbern bie SOrinfgetage ; fcfjreitet ber
Stubienpräfeft bagegen ein, merben bie Stubenten gegen ihn gehest. Sin paffenber
Ofonont ift fdjmer 51t finben, in biefen teijten oier gat)ren ift fchon breimat gemedjfett
morbeit. Ser gürftbifchof flagt, bag ^onoift mache ihm mehr Saft atg bie ganje
Siöjefe. Sr felbft muffte feine Steffen aug bem ®onoift nehmen unb anberSmo
unterbringen, unb fo fteht bag gut eingerichtete ®onoift teer unb mirb teer bteiben
junt großen Sdjaben für bie gugenb, meitn mir eg nicht übernehmen, gn einer
geit, mo SBeftteute unb 93auern bie ©efettfcffaft befeinben, feilten mir in biefem
Stüde bem giirften unb Slbet nachgeben, guntat aud) felg fo niete nnferer oerbannten
93rüber bei Pfarrern, SIbetigen ufm. eine Unterfunft fud)en müffen, bie fetjr gut im
Stonoift angefteCtt merben fönnten1. Segfjatb ift P. Sieftor, alte Honfuttoren unb
anbern fßatreg, benett Ort unb Umftänbe befanut fiub, burcfjaug für bie Übernahme.
Sie tauge Srfahruug hat bie ipotreg beg ßoltegg betehrt, baff fie burd) feine ÜDIüffe
bie glicht beg ^onüifteg hoben fetten fönnen, obgleich fie bie gnfpeftion über bag*
fetbe befipen, basfetbe oft befudften unb ben Ofonomen unb s$räfeften Stnmeifungen
gaben. Somit bleibt nid)tg übrig, a(g baff mir bagfetbe übernehmen2.
SSiteltegcfji erfannte bag ©emidg ber ©rünbe an. 2ltn 13. Sioüember 1632 er»
taubte er bem gSronin^iat, bem SBunfdje beg gürftbifdfofg gu entfpredjen unb bag
®oitüift 311 übernehmen megen beg grofjen Siupeng, ber baraug für bie S3afeter Siögfe
ju erhoffen fei3 *.
Stuffer einigen bifdjöftidjen Sttumnen im Sitlinger gefuitenfonoift mar für einen
beftimntten uub fidfern Siadjroudfg ber Seetforger in ber großen Stuggburger Siöjefe
nicht üorgefef)en. Surcp eine 00m S3ifd)of Heinrich 0. Knöringen 1610 auggefdjriebene
$ottefte unter bem föterug unb burd; üerfepiebene SSermäcfjtniffe mehrerer Pfarrer
fonnte bie gabt ber „bifcpöftichen" ober „Siöäefan"»2ttumnen üergröfjert merben. 2tm
6. SIprit 1614 mürben gehn Sttumnen, fJ3hitofopt)en unb £mmaniften in einem bürger*
tidjen £>aufe, mo fie and) bie ®oft erhielten, oereinigt, 1621 fanben fie in bem unterbeg
fertig gebauten neuen ^onoift Unterfunft. Seituug, Aufnahme unb Snttaffung ftanb
bei bem Sitlinger Sieftor unter Oberauffidjt beg fSifdjofg*.
Sine SIrt fßriefterfeminar für bie Siöjefe Siegengburg mar bie Stiftung beg
ißropfteg unb fpäteren gefuiten Ouirin Seonin, bag Seminar 00m t;t- -föieronpmug
in gngotftabt5. SSon ben Sltumnen mürbe üertangt: Sttter oon 16 gahren, Sieife
1 Sabre 1632 Jam cn Biete flüchtige Sc» 3 * Original ebb.
fuiten Bom Dberrtfein naef) fßruntrut. Vau- 4 9?äfjere3 bei Specfjt, Sillingen 447 ff.
trey a. a. 0. 36. Sbb. 660 f bie Statuten Bon 1614.
s * Original in 9Jt. 9t., Jes. 900\ 5 Sßgl. 93b I, ©.299. Unter ber „0ber=
Su^r, ©a^i^te btr gefuiten. II. 41
642
9teunte§ Kapitel, föoubifte.
für bie Spntap, Kenntnis ber Söiufif ober gäpigfeit unb 33ereittx)iUigfeit, fie ju
lernen. Sie mußten fidj oerpflidjten, bie ißriefterroeihe empfangen, fallg bie Obern
ber ©efeUfdjaft eg oerlangten, fonft aber bie ßoften juriicf^uerftatten. ©er unmittelbare
^Sräfeft mar ein äöeltpriefter aug ihrer SDtitte, bem auper SBopnung unb Unterhalt
ein beftimmter ©epalt angemiefen mürbe* 1. 2118 Ädeibung mar oorgefdjrieben ein
langet Radium, barnnter eine fdjmarje ©uniceßa, bie über bie ßnie Verabreichte, ein
nicht gu hoher .fput mit breiterem fKanb, ein einfaches Dollar aug Seinen 2. 2lud) maren
bie Sllumnen gehalten ju praftifcpen Übungen in ^Srebigt unb ^atedjefe ju §aufe
ober auf ben umliegenben ©örfern3. üDtan unterfcfjieb 2llumnen be§ erften unb jmeiten
©ifdjeg. ©ie erfteren, 16 an ber gapl, erhielten SBopnung unb Soft; föleibung
mupten fie felbft [teilen, bie Süumnen beg jmeiten XifcfjeS, fpäter aud) Alumni
secundarii genannt, erhielten nidjtg alg eine geringere föoft. ©ie ganje Sorge für
ben Unterhalt oblag einem „|jaugüater", ber für [eben Alumnen beg erften ©ifdjeg
mödjentlid) 10 23apen erhielt, ben Süumnen beg jmeiten ©ifcpeg brauchte er nur
mittagg unb abenbg ißlap ju gemähren unb bie Speifen, bie aug bem Kolleg für fie
gefchidt mürben, 311 märmen4.
gn einer fpäteren Information über bie Alumni secundarii mirb gefagt, bap
bag iörot, „Sdjuelerlaibl", melcfjeg biefelben täglich erhielten, im Kolleg gebaden
unb üon bem Ülegeng aug ber Stiftung befahlt merbe. ©ie olla (§afen), aug
meldjer biefe Sllumnen Speifen erhielten, mar nicht bie gemöhnlidje grope olla
beS ÄollegS , aug meldjer bie „©pfpeftanten" (Stubenten) an ber Pforte gefpeift
mürben, fonbern fie beftanb aug übrig gebliebenen befferen Speifen, gleifdj, ©e*
müfe ufm. SBegen ber gropen ©euerung mürben bie Sllumnen im gapre 1622
aug bem Seminar in§ ft'olleg herübergenommen unb bag |>aug an einen Bürger
Oermietet; fpäter mieg man baSfelbe ben in ber Stabt gerftreut mohuenben Alumni
secundarii (ungefähr gehn) §ur Sßohnung an5, ©in ©utacpten eineg ungenannten
gefuiten über bag ®lerifalfeminar beg pl. £>ieront)mug fpridjt manche behergigenS-
raerte ©runbfäpe aug. 23on 27 SUumnen finb nur noch 16 übrig, fo bap im Saufe
eines gapreg 11 entlaffen mürben ober bie ©ntlaffung erlangt paben. ÜD£an ift
mit ber ©ntlaffung ju fdjnell bei ber §anb; biefclbe füllte nur auf grope ©pjeffe hin
ftattpnben. ©enn menn aud) eine folche ©ntlaffung oiel jurn ab fch reden ben 93eifpiel
für bie anbern bient, mag P. Stefior befonberg im 2luge pat, fo ift auf ber anbern
Seite ber Nachteil bod) noch gröper. SSiele Ä'often finb umfonft gemefen. ©ie ©nt*
laffung gerät in SJÜpfrebit unb mirb fcplieplicp oeradjtet; ficper oerlieren anbere, bie
fiep fonft gut führen, ben äftut, menn fie für irgenb einen gehler gleich entlaffen
merben. ©ie ©ntlaffung füllte nie gefdjepen, ohne bap bie eine ober anbere Mahnung
oorauggegangen märe. ®ag ©egented trägt oiel §ur SSermirrnug unb Slngftigung
bei. ©inmal mürbe mir befohlen, einen oon nuferem Stifter Ouirin empfohlenen
Sllumnen §n entlaffen, ohne bap je eine Mahnung oorauggegangen mar, unb jmar
infpeftion" oon 9tegen§burg ftaitb ba§ Seminar
in SImberg. 2Jt. Jpögl, Sie 93efet)rung ber
Dberpfalj burd) SCRayimiliau I. II (1903) 191 f
199.
1 2R. 9t., Jes. 1371.
2 $a§ ©etüöf)nlid)e in ben Sefuitenfonbiften
war, bap nur bie in I)öljeren Sßeitjen Steifem
ben ober bie bereite 93encfijiaten maren, geijllidje
®leibnng (ÜTalar) tragen tnupten, fo in gngob
ftabt (fOt. 9t., Jes. 1370) unb SÜHingeu (CS p e ct) t
a. a. 0. 407).
3 * Nonnulla circa disciplinara et Obligatio¬
nen! Alumnorum Seniinarii Clericorum S. Hie-
ronymi Ingolstadii constituta anno 1609,
11. Aug. Quirin. Leonin. 5Dt. 9t., Jes. 1361.
4 * De origine Seniinarii S. Hieronymi. Clm
26 476. §ier liegt and) ein Catalogus Semi-
naristarum 1600 — 1645.
5 *Informatio de alurnnatu secundario in
Clm 26476. S8gl. *Hist. succincta coli. In¬
goist. ad ann. 1622, in 91t. 9t., Jes. 1363,
unb ben 93rief be§ 9teftor§ 9Int. SBelfer au
9tofep£)iu3, 4. Suni 1601. * Original in ®t. 9t.,
Jes. 1371.
Sifdjöflidje $riefterfeminare : gngolftabt. — 2anb3f)ut. — Samberg. 643
auS feiner anbern Urfadje, als mcif er einen bem Ipaufe nidjt entfpredjenben ©harafter
höbe. 2)aS fdjien nidjt allein ben Alumnen, fonbern, um eS offen 31t geftefjen, audj
mir bocf) eine gu allgemeine Slnflage. S)a er mid) nämlidj frug um Eingabe oon
©ingelfjciten, meil er fidj gu beffern miinfdjte, fonnte id) feine anbere Slutmort geben,
unb aud) ber Reftor gab mir nie eine anbere 3lntmort. 2)aS ©ffen bürfte meines
©radjtenS nidjt gu gering, menngleid) aud) nidjt fpfenbib fein, fonbern mie eS gur
(Ertragung ber geiftigen Slrbeit fjinreicfjenb ift. Xie jepige Rührung, metdje fie fdjon
feit gmei Monaten hoben, ift fjinreidjenb, aber eS bürfen audf) in ber golge bagegen
feine neuen ©dfroierigfeiten erhoben merben. SDer RegenS foE burdj bie Süumneit
feinen ©djaben leiben, aber aud) feinen großen Sorteil baüoit hoffen. @0 fdjeint es
mir 31t teuer, menn mir ifjrn für ein Sudj Rapier fünf Äreuger bejafjlen müffen,
mäfjrenb eS ifjn „bem rif) nadj" faum brei Ä'reuger foftet. Öffentliche Arbeiten
follteit oon ben Süumnen nidjt oerlangt merbeit, mie 3. S. £mlg gunt Sau herbei«
tragen. ®a niimlidj affe in ben höheren ©tubien finb, müßten fie bafiir gu fehr
ben ©pott ber auSmürtigen ©tubenten ertragen unb bafiir oieEeidjt ©pifjuamen
hören mie bie aus bem ©eorgianum, bie auS irgenb einem ©runb ©panffauber unb
©panhader genannt merben. ©ie fodten and) gu ben Repetitionen ber Äonoiftoren
gugelaffen merben, meif bie ©tubiengeit oon 3 bis 6 Ufjr fonft gu lang mirb, guinaf
niemanb ba ift, fie angufporueu, unb fie meiftenS an Talent faft ade anbern Äon«
üiftoren übertreffen, mie ifjre Repetitoren ÜRoquetiuS, ©liaS ©raf unb granfenreiter
bezeugt hoben. SUS gufünftige ©eiftlidje oerbienen fie audj moljl nod) mehr unfere
Sorge als anbere Äonoiftoren, oon benen oieEeidjt nicht fo üiet gu hoffen. Über
eine beftimmte (geiftlidje) £radjt braudjten mir uns einftmeiten ben Ä'opf nidjt gu
gerbredjen, baS ©elb bafiir mürbe meines ©radjtenS beffer auf baS ©ebüube, Ser«
mefjrung ber SibliotfjeE unb beS ^auSrateS oermanbt. ©oEte ficfj einer fdjledjt auf«
führen, fo märe gubem baS Ärgernis geringer, menn er melttidje atS geiftlidje Äleibung
trägt, ©in ÜrgerniS ift aber möglich, ba fie frei ein« unb auSgehen fönnen unb
aEe ben ^muSfdjlüffel hoben1.
g-ür bie SDiögefe gdeifing ftiftete burdj Itrfunbe 00m 12. üRärg 1631 ber grei-
finger SDomljerr SMjelm BciftuS Äepfer megen beS großen ißrieftermangelS unb ber
barauS entfpringenben großen llnmiffenheit unb Serfommenheit beS SolfeS ein
Seminarium clericorum (Äepferianum) unb unterfteEte eS bem QefuitenfoEeg in
SanbSfjut. ©r faufte oon ber Siga für 8000 ©ulben einen Rentenbrief Oon 400
©ulben in guter Riiinge. 21IS .Q^ed bezeichnet er bie ©rgiehung guter Pfarrer, be*
fonberS für bie greifinger ®iögefe unter Seüorgugung ber {yreifinger SDiögefanen.
®ie Aufnahme fteht bei bem gairftbifdjof oon Reifing, bocf) fo, bah bie ©efeEfdjaft
bie Untauglichen nicht gu behalten üerpflidjtet ift. ©in meltlidjer ^ßräfeft, mo möglidj
ein Äferifer, hQt bie unmittelbare Sluffidjt mit Unterorbnung unter ben Reftor beS
ÄoEegS, bem bie ®ireftion unb Qnfpeftion, nicht aber bie Rütbenüpung ber SBofjnung
gufteht. SDer Reftor oerhängt audj bie ©trafen, felbft Ä'arger unb Slusfdjliefjung.
©rforbert mirb für bie Rufnafjme Reife für eine ©rammatifalflaffe unb Sereitmiüig«
feit für ben geiftlicfjen ©tanb; baS Serfprechen gu letzterem legen bie Süumnen in
ber Humanität ab. ©ie müffen Rfufifer fein ober menigftenS fidj bemühen, RJufif
gu lernen. ®er gürftbifdjof oon greifing Seit Slbam betätigte bie ©tiftung am
14. Riärg 1631 2.
Sludj baS Samberger ^Sriefterfeminar übernahmen bie ^efuiten. $n einem
Sriefe 00m 29. öftober 1613 an ben ^Srooingiat ©djeren biEigte Sfquaoioa bie
Übernahme biefeS ©emiuarS. Xe r Sßrooingiaf oerorbnete, bah bie ißatreS im ©cminar
2 * Scibc Urfuubcit itt 911. 91., llrfunben, 2anb<jf)ut, gef. ga§g. 1.
41 *
1 * Original in 911. 91., Jes. 1871.
644
9teunte? Kapitel. Konüifte.
nidjt fpeifen füllten, unb fepte bie ©riinbe bafür bem ©enerat auSeinanber, moraufpin
biefer am 6. September 1614 bie Sadje ber (Entfcpeibung beS ißroüinjiatS iibertiep1.
Sepr brang Uquaüiüa barauf, bap bie fßatreS, bie im Seminar mopnten, ein ejrempta«
rifcpeS Seifpiet geben müßten2.
Slacp bett Statuten üom ^apre 1613 ftanb bie Uufnaptne an unb für fic^ beim
Sifdjof; ber Sieftor beS ShdtegS gab über bie Uufjunepmenben nacp üorpergegangener
Prüfung ein ©utadjten ab. ©eforbert mürbe ein Sitter non 15 Qapren unb Steife
für bie oberfte ©rammatifatftaffe. SDie ^anbibaten ntupten fidj üerpfticpten jum
ißriefterftanb unb fo niete ^apre atS Seetforger in ber SDiöjefe gu arbeiten, atS fie
im Seminar uuterpatlen morben, anbernfaltS mupten fie bie UnterpattungSfoften er«
ftatten. ©rüube für bie (Entfernung auS bem Seminar mären befonberS Un^ucpt,
näcptlidjeS UuSbteiben, öfteres Setrittfett, fdjmere Stauferci. Sei ber (Enttaffung
mupten fie eigenpänbig ben ©raub ber (Enttaffung befdjeinigen, um fpäteren falfdjen
UuSftreuuugen üorjubeugen. Sladj ben Siegeln mar ber Sefudj üon öffentlichen
Säbern üerboten, Saben ju §aufe nur auf Sorfdjrift beS SlrjteS geftattet, baS UuS«
gepett nur mit einem ^Begleiter ertaubt, gür alle beftanb bie Serpflidjtung beS
fteten ©ebraucpS ber tateinifdjen Spradje. ®ie fpauSorbnuug mar aucp pier, mie
in SDittingen, Qngolftabt, SaubSput, bie in Qefuitenfonüifteu übliche : A1/^ Upr Uuf»
fiepen, Settmacpen; 5 Upr eine SSiertetftunbe betracptenbeS ober ntünbticpeS ©ebet, bann
Stubium; 7 Upr Sdjute; 8 Upr peitige SDleffe; 9 Upr Sdjute; KU/4 Xifcp, nacp
Xifcp (Erpotung unb ©efang; 12 Upr Stubium. Sladj ber Sdjute am Scadjmittag eine
patbe Stunbe Lepren ber ßimnier unb Säte; 6 Upr Slbenbeffen, nacpper (Erpotung
unb ©efang; 8 Upr Sitanei unb ©emiffenSerforfdjung; um 8 3/4 Upr mupten alte
ju Sette fein 3.
UuS ben fdjriftticp fixierten Sebingungen, unter metcpen bie ^efititen baS Satu«
berger Seminar antraten, gept peroor, bap fie auS feiner Serpftidjtung, fonbern aus
Slüdficpt auf ipreit SÖSopttäter, ben Sifdjof, bie Seitung übernepmen nnb bringenb
münfdjen, menn bie Sorfdjriftett nicht mepr beobachtet merben föntten, üon ber Sei«
tung befreit ju merben. 3)ie äupere Serrcattung mirb abgetepnt. StegenS nnb ißrä«
feften mopnen im Seminar, fpeifen aber im ftotteg. SJtittagS unb abenbS ift eine
patbe Stunbe ©efang, unb in ber SJtufif merben bie Zöglinge üon bem (Eporbirigenten
(Magister Capellae) gepörig geübt. Un (ErpotungStagen unb Sonntagen ift mäprenb
einer ganzen Stunbe öffentliche ©efangSübung mit ben übrigen Stubenten in ber
Scpute 4. ®aS Seminar, baS in ber StiftungSurfunbe ber Uniüerfität üom 14. Sto«
üember 1647 gan^ beit ^efuiten übergeben mürbe, bepietten bie Qefuiten nur bis jum
^apre 1652 5.
SDarüber, bap in Stabt unb Siöjefe ßöln nodj fein Seminar für steriler be«
ftanb, fpradj ^Saut V. am 21. SJlai 1611 in Sriefen an ben SluntiuS unb ben
Kötner SJlagiftrat fein Sebaitern aus unb befürmortete bringenb bie (Errichtung eines
fotcpen6. Uudj ber SluntiuS (Unton Utbergati) betonte in einem Scpreiben üom
19. Uuguft 1612 bie Slotmenbigfeit eines ißriefterfeminarS für bie Kötner (Er^biögefe 7.
Um meiften ÜDliipe gab fidj für biefeS Seminar ber Kölner Sieftor ^op. (Eopper,
1 * Drig.«9teg. Ad Rhen.
2 * 33rief Oom 23. Slot). 1613, ebb.
3 De gubernatione Seniinarii Ernestini
Bambergae prout eam R. D. J. Godefridus
E. B. Patribus S. J. Collegii Bamberg, tra-
didit et confirmavit 1613. Sßortlaut bei
2. <5 d) m i 1 1 , ©efcfj. bei? Srneftinifdjen Klerifal«
feminar? (1857) 404 ff.
4 Quibus conditionibus Collegium S. J. gu-
bernationem Seminarii admiserit (ebb. 410 f).
5 ßbb. 165. (StiftungSurfunbe ebb. 457 ff.
$ie Slnnaljme erfolgte burd) ßarrafa am
14. ®e^. 1647. * Drig.=9teg. Ad Externos.
6 *Registr. Pauli V., 9tom, Arcb. Vatic.,
Arm. 45, vol. 15, f. 11 f.
7 * Original in Barb. Lat. 6740, 9ir 64.
2Mfd)öfIid)c ißriefterfctninare : 23antberg. — Sollt.
645
mobei ib)n ber ©eneral Slquaüioa lebhaft unterftii^te 1. £fn einem (Schreiben, batiert
S3onn, 28. $uli 1615, erfudjte ber ßurfürft gerbinanb ben Sieftor ßopper unb
P. SßinaeuS, mit feinem ©el). Slat ©raf griebricf) ©itel non £)of)enjoHern baS
SJähere über baS Seminar 51t beraten. ©g fei notig, „bei biefen oerfüf)rerifd)en
feiten bie ®ird)e allenthalben mit gelehrten unb qualifizierten ^ßaftoren ju nerfehen,
ba bie tägliche ©rfahrung geige, mag Übelg, Unheil unb fßerberben burcf) folche un*
gefdjidte unb forgtofe Sßorfteher nerurfacht merbe""2 *. ©ie ^afjregbriefe beS Kötner
®oHegg berichten über bie Slugführung jum ^aljre 1615: ©er fö'urfürft unb ber ©om*
propft ©raf ©itel {yriebricf; non ^ohenjottern haben anfangs (perbft ein fßriefter*
(fßfarrer*)Seminar für bie (Srgbiögefe gegrünbet unb unferer Seitung annertraut, mit
Slugnafjme ber zeitlichen SSermaltung, mofür fßrooiforett angefteUt finb. ©ie $ahl
ber Sllumnen, bie nad) unferer 2Sal)l unb ©mpfef)lung aufgenommen finb, beträgt
gtüölf. @g finb ©heotogen, 5ßh^°f°P^en unb 91hetor^er3- Siad) ^em 93ericf)te beS
Kölner Siegeng ®afen mürbe ba§ Seminar begonnen am 30. Slooember 1615 unb
am 1. ©egember bag §aug ^reubenberg fcegogen, mo bis 1607 bag ®onüift ge*
mohnt hatte4.
gür bie Slufnahtne mürbe bag 18. ^alfr unb minbefteng bie Steife für bie
SU)etorif geforbert. S?ad) bem Verlauf einer Probezeit, bie einen SDfonat bauerte,
mußten bie Sllumnen ficf) eiblich nerpflichtett zunt Sßriefterftanb unb zur Seetforge
nad) bem SöiHen beg ©rzbifdfofg; ferner auch nerpffidjteten fie fid), ohne fdjriftliche
©rlaubnig beg (SrgbifchofS in feinen Orben zu treten, auch Oom ißapft feine ©igpeng
oon biefen eibfid) eingegangenen S3erpflid)tungeu zu erbitten, ©iejenigen, roefd)e üon
mäßigem (mittlerem) Vermögen maren, fodten beim ©intritt bie feftgefetjte ©aje ent*
richten5, ©er 3enfor ober £>ebbomabariu§ leitete bie Drbnung. 33ei SluSgängen
maren fie zu zweien, bei ©ifd) fet$te man fid), mie mau fam, nur bie fßriefter hatten
ben oberften ißla^ nad) bem Öfonom. ©ie Sllumnen lafen bei ©ifch unb hielten mäh*
renb begfelben ^3rebigten unb Satedfefen, auch begleiteten fie bie patres zur $ated)efe
unb halfen babei, um bag ®ated)ifieren zu lernen. Sin ben Söodfentagen felfren fie
oon 31/4 big 4 W)r bag £>aug unb bie 3imnter Unb tragen bag notmenbige Ipolz
herbei, ©abei burfte gefprod)en merben, fonft mar Stillfchmeigen. ©er briefliche
SSerfehr, mit Slugnahme ber SSriefe an bie ©Itern unb 33ormünber, unterliegt ber
Slufficfjt beg Stegeng6, $n ber ©rholung ift mittagg eine halbe Stunbe SJtufif,
abenbg ©horal 7 ; auf bem ©hör ber ^efuitenfirche fingen fie, fo oft fid) ©elegenheit
bietet, um ficf) meiter auSzubilben.
©ie ^augorbnung mar biefelbe mie bie oorher bei Samberg angeführte: Sluf*
ftehen 4^2 Uhr, ÜDtittageffen lO1^ Ul)r, Slbenbeffen 6V4 Uhr. Sor bem Slbenbeffen
ift eine Siertelftunbe geiftlid)e Sefung. ©ie ©rf)olung bauert mittag» big 12 Uf)r, abenbg
big 8 Uhr. Sin ben ßommuniontagen mürbe „aug ©f)rfurd)t oor bem Saframente"
fein grütjftüd gegeben, mie bieg bamalg and) bei ben Qefuiten Sitte mar. Sluf
1 * ©riefe t>om 12. gan. unb 15. $uni 1613.
* 0rig.=91eg. Ad Rhen. ©gl. Negotium Theo-
logiae (P. 2tbam Safeit). Cod. Exaet. 405v.
8 * Original in Cod. Exaet. Hist. gymn.
Colon. 410. ©gl. ©aul V. an Snrfiirft fgerbi*
nanb, 23. ®ej. 1615. Slont, Arch. Vatic.,
Arm. 45, vol. 15, f. 86.
s * Litt. ann. coli. Colon. ©gl. Carafa,
Legatio apostolica 110.
4 *De Seminario Archiepiscopali , Sollt,
Stabtard)io, Jes. 8, f. 321 f.
5 Srucf ber Siegeln in Ratio stud. IV 316 ff.
6 @o and) in ben * (Statuten be* Sngolftäbter
3gna,vSontu!te§ (901. 31., Jes. 1370) unb in
ben SSür^burger Statuten Oon 1608 (Ratio
stud. IV 299). Über ba§ SBürjburger Seminar
f. ©raun, ^eranbilbung be§ Stlerud in ber
Siöjefe SBürgburg 1 (1897) 369 ff, unb bie
Briefe ©quaoiüaS Oom 8. ^uni 1602 unb ©i=
tclle3d)i£ Oom 31. Ott. 1626 an ben ©roüinjial
ßopper. *Drig.-91eg. Ad Rhen.
7 Sn ber (Minderung üom 31. Slug. 1629
tjeifjt e§ : Omnes meridie cantabunt rnusice,
vesperi choral iter.
Neuntes Sapitet. Sonbifte.
646
Slnftanb, befonberS bei Sifdj, unb ÜDZafjfjalten int (äffen unb Srinfen mirb feljr ge»
brungen J.
9cadj ber Slufjeidjnung beS P. $afen trugen bie Stimmten feit 30. Januar 1616
fferif'ale SHeibuitg, b. £). eine über bie ®nie reidjenbe Soutane, einen Salar (toga
talaris) unb einen „üieredigen |jut, baS fogenonnte 23irett". ©egen lefjtereS traten
einige UniüerfitätSprofefforen auf, benn baS 33irett trugen nur bie Softoren, bie
anbern ©eiftlidjen einen runben Eput. Sarauffjin üerorbnete ber ©rjbifdjof, ade
©eiftlidjen füllten baS üieredige 23irett tragen. SieS bürgerte fid) fo ein, bafj man
halb taum mefjr einen runben ,fput ju feljen befam. SZadj üerfdjiebenen Sßedjfelfällen
ging baS ©eminar infolge ber SBirren beS Sreifjigjäljrigen Krieges im Qaljre 1647
ein; bie ©djulben mareit gu grofj gemorben, unb genügenbe ©innaljmen mangelten1 2.
3ur ©efdjicfjte beS ©eminarS oerbient nodj Ijerüorgeljoben ju merben ber Sßiber»
ftanb, ben ber „jmeite unb britte Klerus ber ©tabt ^öln" ber 33eitragSleiftung ju
biefem Seminar entgegenfefjten. Qn einer auSfüfjrlidjen Sorftellmtg an ben ©rjbifdjof
ljeijjt eS: Ser jmeite MeruS üon ®öln unterhält fämtlidje ißaftoren ber ©tabt ®öln,
meldje alle für iljren Unterhalt fßräbenben beS groeiten Klerus ^aben. ÄleruS unb
Sßolf merben burcf) oier neue 9J?enbi!anten!löfter befdjmert. SluS ben ©tjmnafien unb
ber Unioerfität erhalten alle ^'löfter, auclj baS 9^ooi§iat ber fgefuiten, iljre ßanbibaten.
Siefe OrbenSlanbibaten mürben für alle Pfarreien genügen. Söirb baS Kölner
f|3riefterfeminar ber ©efellfdjaft ober einem anbern Orben gur ßeitung übergeben, fo
ftefjt nicfjt mit Unrecht ju befürchten, bafj eS efjer ein Seminar ber ©efellfdjaft ober
eines anbern OrbenS als ein ©eminar für £öln mirb. Patrone ber fö'irdjen finb
oielfad) §äretifer ober ©djiSmatifer, benen nicfjt üorgefdjrieben merben fann, men
fie anftellen füllen. Siefen finb aber bie auS ©eminarien tjeroorgegangenen ißriefter
nic£)t angenefjm, befonberS menn fie iljre SluSbilbung bei ben ^efuiten erhalten haben,
ba jene mie biefe Dielen üerfjafjt finb, fo bafj in üerfdjiebenen 9?ad)bargegenben unter
ben fcfjmerften ©trafen ber 23efudj ber ^efuitenfcljulen oerboten ift. SaS ift jroar
unrecht, aber bie Stimmung beS ißatronS unb beS SolfeS muff boct) berüdficfjtigt
merben, um uns nidjt bie Pforte gu üerfdjliefjen3. Sie $urc^ Dor Beiträgen Ijat
ben SSerfaffer biefer tßittfdjrift bodj moljl etmaS gu gaghaft gemadjt. ©erabe bie ju
meit geljenbe fRüdftdjtnaljme auf unberechtigte unb ungerechte Urteile unb Stimmungen
hatte ja fo oiele tßerlufte für bie ^atfjolifen gegeitigt unb bie Pforte an Dielen Orten
enbgültig gefdjloffen.
Studj in fünfter fjaden fdjon im Anfänge beS Qüfjiljtmbeid» SSerfjanblungen
gefchmebt, ein s^Sriefterfeminar ju gritnben unb bie Seitung ben ^efuiten gu über»
geben; aber biefe Ijatt-en fidj auf Stnmcifung üon 9?om ableljnenb üerljalten, meil ju
grofje 93eläftigungen bamit üerbunben feien4, ©leid) im beginn feiner Regierung
roieS ^urfürft f^erbinanb als Sifcfjof üon ÜDUinfter am 1. Qud 1612 feine fRäte in
Üftünfter auf bie großen Siadjteile fjin, meldje ber ÜOfangel üon tauglichen unb quali»
fixierten ^5farrherren mit fidj bringe, meSljalb fdjon ^urfürft ©ruft an bie ©rridjtung
eines ©eminarS gebadjt Ijabe. ©S foUe nunmefjr aller gleifj auf baS ©eminar üer«
menbet merben, baS nötiger fei als bie ©rridjtung einer Unioerfität5. Ser ©eneral»
1 *Sßtn, ©tabtardjio, Jes. 8, f. 321 ff. Sgl.
Ratio stud. IV 315 ff. SJtondje 33eftimmungen
äpntid) in ben äMrjburger ©tatuten ebb. IV
294 ff.
2 * S af en a. a. D.
3 *Iusta ratio et humilis ac supplex de-
precatio cleri secundarii et tertiarii Civitatis
Coloniensis ut non gravetur onere contri-
butionis ad erectionem novi seminarii. Söln,
©tabtard)iü, Jes. 8, f. 312vff. Ser gtrieite Äleruä
beftanb auß ber ©tiftßgeiftticbfeit, ber britte
aue> ben ©eelforglgeiftlidjen unb ffltenbifantem
orben. ©ine ®efd)ict)te biefer Drganifation ftept
nod) auß.
4 Sgt. j. 33. 3tguabiba, 1. Slprif 1605.
6 Setter, ©egenreformation in SBeftfaten
III 429; ogt. ebb. 418 f.
Slrmenfontiifte : Sßien. — ©roj.
647
nifar ^artniann macfite int folgenben ^afjre einen Anfang mit fieben SUumnen1.
®ie Überuapme beg Seminars burd) bie Qefuiten lepnte ber ^Srobinjial Sdjeren ab,
ma§ Slquaüioa am 23. dJoöember 1613 burcpaug billigte2. «Später mufjte ficf) aber
ber Sprooin^iaf Pacing bodj baju bequemen, unb 23ittedegcf)i entfdjieb am 5. ®e-
jentber 1626 im felben Sinne3 *.
®ie meiften )$riefterfeminare biefer geit maren jugleid) aucp Slrmenfonöifte,
b. p. ®onüifte, in meldje arme Stubenten, bie ^riefter rnerben modten, opne ©nt*
gelt aufgenommen mürben. @3 feplte aber aucp nidjt an Slrmenfonöiften für ade
Stubenten opne ©infdjränfung beg 23erufeS. ©in foldjeg mar 5. 23. bag St ißanfraj»
fonoift in Söien. ®ie ßapl ber Zöglinge aug bem ©pmnafium unb ben pöperen
gafultäten ftieg im $apre 1639 auf 61, in ben fpäteren Qapren fdjmanfte fie jmifcpett
60 unb 64 i. $m Qafire 1638 litt bag ißanfratianum fepr unter ber Neuerung;
ba palfen öerfcfiiebene 23Sof)ltäter. ®ie Ä'aiferin ©leonora liefj bie alten SBetten er*
neuern unb ein guteg ^ranfen^immer mit aden ©rforberniffen einricfjten ; bie Speifen
für bie Traufen lieferte bie .fpoffüdje.
Qn St ^anfraj mürbe eifrig bie Sdiufif gepflegt, megpalb eg aucp bielfacp bag
9J2ufiferfont)ift genannt mürbe. ®ie ©fefapr lag nape, bajj bie Zöglinge jumeileit
tnepr alg gut für Sluffüprungen nermanbt mürben. ®a mußten bie Obern einfdjreiten.
So fcpreibt am 28. Stuguft 1649 ber ©eneraloifar $lor. be ädontmorencp an ben
öfterreidjifdjen ^roüinjial 23ncedeni: Qdj pöre, bafj im SSiener ißrofefjpaug bie 21m
badjten gunepmen unb mit ipneit bie Saften für bie dftufifer beg $onöiftg St ißam
frag. SDaper rüpren bie päufigen Klagen ber Sßrofefforen, bie Stubien unb Sdjulen
mürben non ben ^onüiftoren bernacpläffigt. @m. £>ocpmürben foden be§f)alb mit
Qfjren ^onfultoren ernftlicf) unb gemiffenpaft für Slbftedung biefer Übelftänbe unb
Klagen Sorge tragen, inbem man entmeber bie neuen 2(nbacpten nerminbert ober auf
anbere SSeife entfcpieben 21bpilfe fcfiafft. Sonft mirb ber SOSide ber Stifter biefeg
Seminarg nidjt erfüdt, beren ^auptjmed unjmeifelpaft mar, biefe jungen Seute in
Sugenb unb Sßiffen fdj oft peranjubilben5.
^jn ber Stiftunggurfnnbe ber ©Iraker Unioerfüät bom 1. Januar 1602 patte ©ty
fjerjog gerbinanb audj ber armen Stubenten gebadjt unb ipnen §aug unb ©infünfte
angemiefen, bie bann fpäter nodj ermeitert mürben. ®ag §aug erhielt nacfj feinem
Stifter ben 9?amen ^erbinanbeum. fyürftbifdjof S3renner übergab am 31. SOZarg 1607
ein Kapital non 1000 glor. rpeiti. bem Superior beg gferbinanbeumg, P. dftarjed
ißodarbt, alg Stiftung für jmei Jünglinge auf SSorfcplag beg jemeiligen 23ifcpofg
bon Secfau. „®a unfer erlaucfjter gürft", fo jagt ber 93ifdjof im Stiftunggbrief,
„ein §aug, melcpeg gerbinanbeum genannt mirb, erbaut unb für einen glüdlidjen
Anfang ber Stiftung bereitg mit einigen liegenben ©ütern freigebig anggeftattet pat,
bamit in bemfelben audj Stubierenbe minber begüterter ©Itern in grömntigfeit unb
Söiffenfdjaft erlogen rnerben lönnten, unb ba mir miffen, meid) reicfje güücpte bie
1 @bb. III 465. 2 * 0rig.=fReg. Ad Rhen.
3 S8iteHe3d)i fcfjreibt am 5. 3)ej. 1626 an beit
SReftor $eter 91ntbiu3: Proposui in consulta-
tione P. P. Assistentibus conditiones, quibus
Dni Commissarii admodum Revdi et Prae-
nobilis Capituli Cathedralis Ecclesiae Mona-
steriensis petivit (sic) a Collegio isto recipi ad-
ministrationem Seminarii seu Alumnatus Epi-
scopalis. Et cum in iis nullam esse putemus,
quae honeste admitti a nostris non possit,
scribam hodie ad P. Provincialem per me
licere, ut ob insignem fructum quem ex ad-
ministratione eiusdem seminarii in Episcopatu
illo sperari video, eam acceptet, ac primo
quoque tempore Patres designet, qui eam
curam cum dignitate sustinere possint. * 0vig.>
91eg. Ad Rhen. inf.
4 Sie Eingaben nadb * Litt. ann. Prov. Austr.
1616 ff. Sßgt. oben 619.
5 * 0rig.>fReg. Ad Austr.
648
Neuntes ÄafnteL Äonbifte.
©entinarien unb ber Unterricht ber SSäter ber (55efetlfcf;aft gefu itnntermährenb fjeroor*
bringen, fo fjalten mir eg für unfere Pflicht, biefeg fo fromme unb bem ©emein*
motfle fo nüptidfe Sßerf nadj Kräften ju förbern."1 9Son 100 gögtingen im gatjre
1618 ftieg bie gafft ber gerbinanbiften im gahre 1629 auf 127. S3ei ben ^romo*
tionen gum Söaffalaureat in ber ^3f)ilofopf)ie maren 1629 oon 31 23emerbern 20
unb oon 32 SDoftoren 13 gerbinanbiften. ®ie Neuerung ber fpäteren gaffre ber'
minberte bie gal)t im gaffre 1649 auf 96, im gaffre 1650 auf 84. Sluherbem mürben
an ber Pforte beg Ä'ottegg tagtief) 56 arme ©tubenten gefpeift 2.
£>ie faifertichen ©tifttinge beg gerbirtanbeumg maren in Söe^ug auf ihre 23erufg*
maf)t gang frei, ©ie mufften fid) aber oerpftidften, eine beftimmte geit ^inburcf) bei
ber SJtufif in ber £ioffird)e an aßen ©onn* unb geiertagen mitgumirfen. S)e§f)alb
erhielten fie audf) befonbern Unterricht in ber Sofctt* unb gnftrumentatmufif. ®a
bie ©rfatfrung geigte, bah geübtere ÜDtufifer nah ^Belieben roeggogeit, mürbe 1642
eingefüt)rt, bah ^'e ©tifttinge einen SReoerg augftetten muhten, eine beftimmte geit
(3 gat)re) im £mitfe gu bleiben3 *.
gn Sing a. ®. fjatte P. ©eorg halberer im gat)re 1628 in einer ^5rebigt bie
Dtotmenbigfeit betont, fctjon bie garte gugenb beg güngtingg üor gestern unb Saftern
gu bemaf)ren unb in it)r ben 93eruf gum fßriefterftanb frü^geitig mit ©otteg ©nabe
gu medeit unb gu pflegen. ®eghatt> fei eg fo fjeitfam, im ©inne beg ®ongitg oon
Orient ©emiitarien für fotche güngtinge gu errichten. ®er fßropft Seopotb oon
©t gtorian, ber biefer fßrebigt beigemotjnt, übergab fofort 1000 ©utben gu biefem
gmede. 9Kit 7 Knaben begann fö'ötberer im fetben gatjre ein Ä'onüift in bem alten
23enefigiatenf)üust. Söeit bie SItumnen auch ^irdtjengefang unb &'ircf)enmufif Unter*
rieht erhielten unb bei ben feierlichen ©ottegbienften in ben Kirchen aughatfen, t)iehen
fie auch Alumni musici. SDie $oft erhielten fie anfangg teitg aug bem gefuiten*
fotteg, teitg oon Söohttätern in ber ©tobt. 1629 maren eg fhon 17 arme Knaben,
oon benen bie meiften gleichfarbige ^teiber trugen, gm gat)re 1631 gähtte bag
ftonüift 20, 1633: 25, 1636: 40 göglinge*.
®ag ^onoift gum hl- gofeph in 33regtau mürbe 1642 oon gseter ©ebauer mit
einem Kapital Oon 24000 ©utben geftiftet. gn ber ©tiftunggurfunbe beftimmt er,
bah fre ©tifttinge gu feinem befonbern ©tanbe oerpfticf)tet finb. ®er Stifter be*
merft, er t^be atg gögting beg ©ermanifumg in 9tom ben ©egen berartiger Stn*
ftatten an feiner ißerfon erfahren unb motte beghatb burdj Eingabe feineg gangen
SSermögeng aud) anbern güngtingen bagfetbe ©tüd gumenben. „Slttbiemeit ich otjne
alte Scheu freimittig, ehrlich muh befennen, mie bah i<h Studium philosophicum
unb theologicum in bem hodjberiitjmten Collegio Germanico gu fRorn, metcheg Oon
berogteichen tjeitfarnften gunbationen geftiftet, abfotoieret, hat mich bie chriftlidje Siebe
unb SDanfbarfeit aud) batjin bei biefen jetzigen fchmeren, fummerhaften fö'rieggtciuften,
ba moht and) SSornetjme oom Slbet ihre Äinber in studiis gu Oertegen nicht Oer*
mögen, unb bie trefftidjften Ingenia brachliegen unb gbioten Derbleiben müffen, be*
mögen, bem gemeinen Sßatertanbe gu Stufen unb grommen ein -fpaug unb Unter¬
haltung für arme ©tubenten gu funbieren." 5
9?adj ©röffnung beg ^ottegg in ©tap im gahre 1597 6 muhten bie ©dfüter
bei ber meift nidjtfathotifdjett 93ürgerfd)aft roohnen. Um biefem Übetftanbe abgutfelfen.
1 Sdjufter, gurftbifdjof 9Jt. Brenner 583.
2 ißcinlicf), ifßrogr. 1869, 54 f; 1870, 23.
Über Stiftungen für arme ©tubenten ebb. 4
unb 7.
3 ebb. 1872, 78.
* *Litt. ann. Prov. Austr. 1628 ff; ügt.
Sdjmibt, Kollegium in Sinj 13 ff; Solb,
•Mitteilungen über bie Qefuiten in Sing 49 ff.
5 Programm be3 fatl)olifdien ©mnnafiumS in
SBreSlau 1828, 3. gungnip, $ie SreSlaiter
©ermanifer 113 f.
6 33b I, <S. 175 ff.
Strmenfonbifte: 93re3lau. — ©lap. — §aH.
649
regte ftcf» bei öen patres ber SSunfdj nad) Errichtung eines ^onbifteS. Sie Brachten
burcf) Sammlung 800 ©ufben jufammen unb tauften 1614 bafitr ein neben bem
©pmnafium ftefjenbeS, jebod) bereits baufälliges §auS. ÜUadjbem biefeS roieber her»
gerietet mar, tonnte eS 1616 oon 12 Sßenfionären nebft einigen armen Sdjiifern, bie um»
fonft unterhalten mürben, bezogen merben. Qm fotgenben Qahre ftieg iffre Qafjf
auf 32 1. ®aS §auS fiel 1622 mie baS ®oüeg ber QerftörungSmut anheim. Erft
1626 erhielten bie Qefuiten bottt Inifer ein 33ürgert)auS jur Einridjtung für ein
ß'onoift2. „f£)ie raftlofe $D7üf)e ber Qefuiten fdjuf aus biefent ^aitfe in bemfetben
Qahre nod; eine Sfnftaft, mefdje beit barin aufjune^menben Qögfingen menigftenS
freie Söotjnung bot, unb ermunterte bie Qreunbe ber Qitgenb, ihren frommen unb
motjltätigen Sinn bem angefangenen Söerfe jujumenbett nnb burdb) Sdjenfungen unb
SSermädjtniffe ihm 28ad)Stum, Qeftigfeit unb ®auer ju geben."3 Qm Qafjre 1627
mürben fdjon mieber 30 arme ©d)üter aufgenommen4. fßon einer foftenfreien $er«
pffegung tonnte auS ÜDJangel an ÜDiittefn nod) feine 9iebe fein. Eine erfte ©tiftuug
hierfür erfolgte 1628, ber 1633 unb 1649 nod) meitere folgten. ÜDieljrere Qefuiten
gaben ibjr oäterfidjeS Erbe bafür ^er5. ®iefe ©tiftungen mürben am 26. Quti 1649
oereiuigt unb barüber oon ben ©tiftern eine Urfunbe abgefaftt, moriit bie Qafjf unb
2lnfnaf)me ber Qöglinge, bie Strt ber 33eföftigung unb Reibung ufm. genau geregelt
mürben. ®ie Stiftung fanb am 7. Oftober 1649 bie faiferlidje Seftätigung. ®ie
Äoft mirb reidjlid) gubemeffen : mitttagS Suppe, jmei gefodjte Qfeifdj unb ©etniife,
abenbS Suppe, Qfeifcf) unb ©emüfe; mittags unb abenbS ein @fat)er Ouart gutes
93ier. Qür bie Aufnahme mirb eingefdjärft, baff feine @öf)ue reicher ober mof)f»
fjabenber Eftern unb feine oöffig unfähigen Sdjüfer aufgenommen merben. ®ie
jeitigen 9ieftoren beS QefuitenfoffegS foden nach Urteil unb Klugheit entfcfjeiben ; bie
Stifter briiden baS Vertrauen auS, baf) bie fReftoren ftetS bie größere Ef)re ©otteS
unb baS 2öof)f beS 33aterfanbeS im üuge ^aben merben. Qür bie franfen ßfonoif»
toren mu| in 93e^ug auf pflege unb 9trjt gut geforgt merben. üffe ^onüiftoren
foden fid) nad) bem äftafj ihrer Qäf)igfeit auf Qnftrumentatmufif unb ©efang oer»
fegen; für einen mögfidjft guten Unterriebt barin mirb ber 9ieftor beS ®offegS Sorge
tragen 6.
„ES trat baljer mit bem erften QriebenSjafjr 1649", fo bemerft ein ©fa^er
©efcf)id)tSforfcher, „bie Oon bet ©roffmut ihrer Stifter fo reidffid) befdjenfte EtjiehungS»
anftaft ins Seben, in ber feit ihrer Entftelfung fo oiefe ©öfjne unbemittelter Eftern,
um beS Unterrichts auf bem ©pmnafium gu genießen, in gaftfreunblicfie pflege ge»
nommen, oor 9£ot unb SJJangef gefdjütd, an eine beftimmte ßebenSorbnuitg gemöfjnt,
burch ^äuSlic^en Qfeiff ifjre ©eifteSfähigfeiten frei entroidefn fonnten . . ., um als
brauchbare Scanner in Ämtern unb SBürben geiftfidfen unb meftfichen StanbeS bem
fßaterfanbe j$u bienen."7
Über baS ürmenfonüift in |iaff fchreibt ber reoibierenbe fßrofurator ©ebaftian
SDietrid) am 16. Oftober 1605: ®ie $atharina»23ef)aufung mar 1573 oon ber Königin
SJiagbafena gefauft unb für ein ®oftI)auS gugeridjtet morben, bantit aflba nit allein
bie fö'apefffnaben, fo jur ÜJJiufif für bie StiftSfirdfe gehörig, unb Qf)r f£>urd)(aud)t
geftiftete Slfumni, fonbern aud) anberer ehrlicher Seute föinber, fo ad studia hmü)er
gefefjidt, Unterhaft, £oft unb 2öof)nung unter guter Qudjt ha^eo möchten. ®aS
1 fßanl §abnel, (Seid). be§ fönigl. Äon» 6 $er erfte fUegenl, ßfjriftobl) SBeüer, fdjenfte
Oift§ ju ©lap Oprogr. be3 ©OmnafiumS su 16] 5 fein ßrbe itn 93etrnge Oon 1022 ©ulben,
©lap 1899), 4 21. ein anberer fßater 1635 fein Vermögen Oon
2 33 ad) a. a. 0. 296 301 f. 852 ©alben. §af)nel a. a. D. 18.
3 58 ad) a. a. ö. 296 f. 6 SBortlant in *Bohem. Fund. I 210.
4 Sßgt. ebb. 194. 7 Sad) a. a. D. 302 f.
650
Neuntes Kapitel. Sonbifte.
§au§ mürbe ber C55e[eHfd^aft übergeben, fie foUte einen ißräfeften ober Superior famt
einem Dfonomen unb ®oftgeber befteden. SDiefeS SBerf ift Oon einem gum anbern Japr
nit fontinuiert, fonbern teifS auS Sfbgang ber ^ofifnaben (inmapeit fiep aucp je^t
adba nit über acf)t befinben, ungeachtet bap ißfap für 100 unb mepr Knaben ju*
gerichtet), junt Xeit meit bie Sozietät fid) biefer Sfbminiftration §u unterfcf)iebticf)en
feiten unb auf etlicf) Japr felbft entfdjtagcn, aufgehoben unb erft im Japre 1604
mieber angenommen morbeit. Jnfofgebeffen finb feine richtigen Siedlungen, be*
fonberS feit acht fahren, geftedt morben1. Jm Japre 1627 mürben bie ^onoiftoren
entfaffen unb baS £>auS einem SBeftpriefter übergeben2. Jn ben Jahresberichten
oon 1643 peipt eS: ©S mürbe ein Seminar für arme Stubenten begonnen. Jm
Jahre 1625 patte ei» ehemaliger Sdjiifer oon tpad, ber Pfarrer SJiattpiaS Spip,
ein geborner Jelbfirdjer, 1600 ©ttlben oermadjt jum Unterhalt für arme Stubenten
in §ad. SluS bem bafür gekauften unb eingerichteten §aufe ift eine Stente gefammett
morben, burcp bie jept arme Stubenten Unterfunft unb ®oft erhalten, fomeit eS ber
geringe ©rtrag guläfst 3.
Jn ©örj mar ein Sfrmenfonoift für 12 Stubenten errichtet morben, baS 1634
ein eigenes §eim erpieft. Slucp japlenbe Ä'onoiftoreit mürben aufgenommen4. 2fnt
2. 93iai 1636 ftiftete ©raf Söerbettberg ein ^onoift unter ber Seitung ber bortigen
Jefuiten unb nannte eS Seminarium Werdenbergicum. ®er Stiftsbrief beftimmte,
bap 24 Stubenten SBopnuitg, Sraprung, Reibung unb 23ücper mäprenb eines fünf*
jährigen SfufentpafteS gegeben mürben. ®ie Reibung fofl oon blauer Jarbe
fein. ®ie Sfufnaptne ber Stifttinge, bie jmötf Japre alt unb oon ben Jefuiten
geprüft fein müffen, ftept bei bem Jamilienfenior beS Stifters. SDer Sieftor felbft
fann adjt nutfiffunbige Stimmten für bie 33erperrticpung beS ©otteSbienfteS aufnepmen.
S3eoorjugt bei ber Stufnapme finb Strme, befonberS arme SIbetige. ®er 23eruf, ob
geiftlicp ober mettlicp, ift üodftänbig frei. Sluper beit 24 Stiftungen fönnen aucp
anbere, japtenbe ßonoiftoren aufgenommen merbeit, bodj barf baburd) ben äöerben*
bergifdjen Sttumnen in nidjtS eine Söefdjränfung ermacpfen5. Jm Japre 1649 gäplte
baS Konoid 60 Jöglinge unter ber Seitung oon brei Jefuiten6.
Sludj in TDidingen mopnten bie armen Stubenten (§afenfcpüter) in einem eigenen
§aufe, bem Seminarium S. Hieronymi7. ©S mürben barin Stubenten beS ©pmnafiumS
unb ber Slfabemie opne 33erpflid)tung gum geiftticpen Staube aufgenommen. Ju
©unften biefeS StrmenfonüiftS erliep Jürftbifcpof §einricp am 24. Juni 1604 ein
Siunbfcpreiben, in metcpem er auSfüprt: Seit ber ©rünbung ber SDidinger SXfabemie
roaren bie 33ifcpöfe oon StugSburg barauf bebacpt, eine gute Japt armer Stubenten,
bie gemöpnticp Subcollegiales seu Ollarii genannt merbeit, ju unterhalten, unb grnar
burdj 23rot unb Speife üom £mfe unb oon bent Kollegium beS pt. ^ieronpmuS.
Söeit aber ipre Japt ftetS mäthft unb bie SebenSmittetpreife jäprtid) geftiegen finb,
ift ipre Unterhaltung affmäpficp fdjmieriger gemorben, guntaf auS oerfcpiebenen
Urfadjen iticpt allein für ipre £foft, fonbern aucp für anbere Skbürfniffe geforgt
merbeit mup. 2)a nun auS biefer fog. „Oda" fcpoit oiefe Scanner, ©eiftfidje unb
Saien in adelt SebenSftänben, peroorgegangen finb, bie bem Staat unb ber ®ircpe
nüpticpe ®ienfte reiften unb burdj ipre pier erlangte 23ilbung ju SBoptftanb gelangt
finb, fo fcpeint eS bie Sidigfeit ju erforbern, bap fie auS TDanfbarfeit gegen bie
1 Status rer. temp. coli. Hall. * Original
in 9Jt. 9t., Jes. 1854. *Excerpta ex Hist,
coli. Hai. iit 9t., Jes. 1344 unb Flott o
170. ißrobft, Beiträge 95.
2 *Excerpta ad ann. 1627.
3 *Litt. ann. Prov. Germ. sup. 1643.
4 * Litt. ann. Prov. Austr. 1634.
5 HBortlaut bei Morelli, Istoria della
Contea di Gorizia IV 139 ff.
6 *Catal. Funct. Prov. Austr. 1649.
7 Otidjt ju bertbecpfelu mit bem Collegium
S. Hieronymi. Sßgl. ©ped)t a. a. 0. 465 ff.
SlrmenfoitPifte: §aü. — ©ör^. — 2)iflingeit. — SDliindjen.
651
i^neit gefpenbeten SBopltaten aud) iprerfeitS für ein fo gutes unb nüßlidjeS SSSerf
beitragen. Sie ißriefter, weldje jäbjrlicfje Sinfünfte oon 100 ©ulben ober barüber
beziehen, foüen baöon jäprlid) 5 gdor. bem 9ie!tor ber Sllabemie für ben Unterhalt
ber armen ©tubenten sollen; im SöeigerungSfaüe fönnen fie burep bie Obrigleit
baju gezwungen merbeit. Sin ©teile beS jäprlicpen Beitrages lann aud; eine ein»
malige Slbfinbung treten, ^n bie ßapl ber Oüarier mirb in ber golge niemanb
mepr aufgenommen, ber fief) nidfjt 51t biefer Veifteuer oerpflieptet. Sie jeßtgen
Oüarier foüen innerhalb beS ^a^reS zu biefer Verpflidjtuug angepalteu unb im
SöeigerungSfaüe oon ber weiteren Unterftüßung auSgefdjloffen werben 4
Unter bemfelben ^ürftbifcpof trat an ©teüe ber bisher aus ber bifcpüflicpen
Äüdje gelieferten ®oft eine ©etreibefpenbe, wöcpentlidj ein ©ad loggen unb alle
Ouatember ein ©ad $orn. „Vei ber großen Neuerung beS QapreS 1624 patten
bie ©eminariften fcpwer 51t leiben, fo baß man bereits baran benfen mußte, oon
ben 48 ©tubenten einen Seil gu entlaffen. Sod) gelang eS ber unermüblidjen
Sätigleit beS P. Qopann ßauponiuS, befonberS oon ben benadjbarten ©eiftlicpen
Unterftüßungen teils in ©elb teils in ©etreibe ju erlangen, fo baß troß ber großen
Ü2ot wäprenb anbertpalb ^a^ren ben ©eminariften baS Nötige gereicht werben tonnte.
SSäprenb beS ©cpwebenfriegeS trat für fie wieber eine barte $eit ein. SllS i^r
befonberer SBopltäter erwies fiep in biefer VebrängniS ber ÜiegenS beS ÄonoiltS,
P. ©regor ^rernS."2 Serfelbe ließ fie in biefer $eit ins dtefeltor ju. ,,^ft üiel über*
geblieben, pat wan i^nen foldje reliquias gegeben; ift nidjtS geblieben, fjabeit fie
mit ber ©uppe unb ®raut müffen gufrieben fein."3 Sie Qefuiten überließen ben
©eminariften einen Seil ber ©portein für bie alabemifcpen ©rabe, gaben ipiien 1642
baS ißrioilegium, unentgeltlidj bie ppilofoppifcpen ©rabe ju nehmen. ®aju traten
Sntlopnungen für ntufitalifcbe Sluffüprungen unb baS Slmt eines ißäbagogen ober
^nftruftorS. SJadj ben Statuten oon 1604 würben oorgüglicß ©djwaben auf»
genommen; bie Slufzunepmenben mußten bie Steife für bie jweite ©rammatif haben
unb fieß einigemal im Qaljre einem Spamen über ihren $ortfdjritt in ben ©tubien
unterziehen. Slucp Vüdjer würben geliehen, bie fpäter wieber anbern bienten. Sie
©aitgeSfunbigen waren oerpflidjtet, in ber Ä'irdje ju fingen nach Maßgabe beS
©efangSpräfetten. SluS ben älteren war einer fßräfelt, bem bie anbern bei Streitig»
leiten unb in ber ^auSorbnung jn gehorchen patten. „Slucp bie anbern 3enforen,
bie unter ipin finb, bürfen fie wegen biefeS SlmteS Weber burep Söort nodj Sat be*
leibigen."4 Sin ijSater beS ©pmnafiumS füprte als Qnfpeftor bie Stuf fiept, wopnte
aber nidjt im Seminar, fonbern tarn nur zuweilen pin.
SaS Slrmentonoift in ÜDtüncpen, baS @t ©regori»,jpauS 5, patte fiep auep in
unferer $eit einer opferwilligen gürforge ber ^efuiten zu erfreuen. Ser ©efepiept»
fdjreiber beS &'onoiftS pebt bieS auSbrüdlicp peroor: „SaS 3efuitenloüegium zog
auS ber Verwaltung für fid) gar leinen materieüen SSorteil ; bezog ja nidjt einmal
ber jeweilige ißater, ber mit ber Seitung biefer Slnftalt beauftragt war, irgenb eine
Vefotbung, nodj patte er SSopnung unb Verpflegung im Seminar. SeSuugeadjtet
brachte baS Kollegium noep überbieS große Opfer. Um nur einiges zu erwähnen,
fo ließ ooin Qapre 1636 an ißater üteftor alles Vrot im Kollegium baden, ,waS
bie Knaben über baS §ofbrot gebrauchen1. Sr gab im ©ommer meprmalS in ber
1 ©inblattbrud in ©roßfolio.
2 ©pedjt a. a. D. 466. 3auponiu§ ftarb
1635. $ie armen ©tubenten öerloreit in if)tn
einen »ater. @r mirb genannt paupernm stu-
diosorum indefessus procurator.
3 Informatio P. Greg. Krems ... ad P. Alb.
Faber 1645. ^anbfcßrift in greiburg bei
© p e d) t im $;al)rbud) be§ Slereini ®il*
lingen XIII (1900) 4.
4 SBortlaut bei © p e dj t , Spillingen 653 ff.
5 »gl. »b I, ©. 316 f.
652
Neuntes Äapitet. Sonbifte.
Sföodje ben Salat unb monatlich 6 Saibe Srot; an öerfcfiiebeneit gefttagen im ^afjr
mehrere (Sinter Sier; enblicf) fdjenfte baS Kollegium bem Seminar bei feinen öer=
fcfjiebenen Sauten niete Xaufenbe non ßiegelfteinen." 1 Slufferbem manbten mehrere
^efuiten bei ihren Serjidjtleiftungen anfef)nlid)e Summen bem ®onöifte ju, fo im ^aljre
1623 P. ©eorg ßelberer (ßülberer) 750 ©ulben unb P. Qafob Sßartt) 500 ©ulben2.
$ur Sergröfferung beS HaufeS taufte P. Qafob fetter am 1. $uni 1622 ein |)au§
in ber feigen Her3D9frttalgaffe für 6500 ©ulben, moju in ber $olge nocf) einige
meitere fteine Käufer tarnen. ®er fpätere Sieftor non Orient Qof). ^autlin baute
1645/1646 für baS Seminar eine eigene ^iräffe: bie ©regoriuSfirdje, and) Sieb«
frauenfircfjtein genannt3. ®ie Saufoften beliefen fid) auf etma 8000 — 9000 ©ulben.
®er Sieftor beS ßolIegS fcfjenfte jum portal ben Marmor, ber aus alten Monu¬
menten ju ©berSberg gemonnen mürbe4.
®ie oberfte Seitung lag in ber Hanb beS SieftorS, bie eigentliche Dbforge fjatte
ber nom ^roninjiat beftimmte „^nfpeftor". Sefjterer befugte baS Seminar täglich
ober mehrmals in ber Söodje. Sierteljäfjrlid) muffte er bem Sieftor, jährlich bem
fJSroüinjial Siedjnung abtegen. Stettnertreter beS $nfpeftorS im Seminar mar ber
fßräfeft, aucf) Öfonom genannt. (Sr mar anfänglich ein Saie, feit 1612 meift ein
jßriefter. Son feiner Südjtigfeit f)ing in befonberer Söeife baS Sßofjl beS Seminars
ab. Seine Sßirffantfeit erftrecfte fich auf Seauffidjtigung beS ganzen HaufeS,
SBa^rung ber Orbnung, SiedjnuugSführung unb Seitung ber Mufif. g-iir Slufredjt*
fjattung ber §auSgefet$e ftanben if)nt ältere ßöglinge als SJionitoren, 'ißräfeften unb
^nftruttoren jur Seite. ®ie ^nftruftoren mußten ben Zöglingen ber unteren Staffen
auch in ber Mufif unentgettticf) Unterricht erteilen5. ^m Qafjre 1607 mürben für
göglinge unb SDienftperfonal eigene Satzungen in beutfdjer Sprache entmorfen, bie
ben Zöglingen allmonatlich üon bem ^ßräfeften, bem ®ienftperfonal üiertetjüffrticf)
üon ber Pflegerin (Mater familias) oorgetefen mürben6. Unter ben Regeln finben
ficf) fotcfje für einen Pförtner, ber gugteicf) ben Speifefaat ju beforgett fjatte, für
eine Stranfenmärterin unb eine Siäfjerin (Seinmanb unb SSäfcfje), bie ber Pflegerin
(Haushälterin) untergeorbnet maren. ®ie SageSorbnung Oom $a!)re 1633 7 mar
bie in ben ^efuitenfonoiften geroöhntiche: Um 43/4 läutet ber Pförtner unb ruft
in beiben ß'ubifeln: Surgite studiosi, tempus est. Salb barauf medt ber ))3räfeft
oon Sett su Sett mit kanten unb geht nicht eher fjiumeg, bis alle aufgeftanben.
Um 10 Uhr ift SDiittagStifdj, mährenb beSfelben mirb ein Kapitel auS ber Heiligen
Schrift gelefen, banach aus einem beutfdjen Suche. Siad) £ifcf) fingt ber ©efang*
lehrer mit ben Slnfängern im Siefeftorium 1/i — 4/2 Stunbe. Um 11 — 12 ift
Übung in ber SJiufif; bie einzelnen ^nftrumente unb öoÜftänbige Meffen ufm. merben
geübt. $m SEinter haben je brei ein Sicht. SDer Pförtner beforgt bie 9iad)ttid)ter
in oier Saternen auf ben ©ängen, im ßranfenjimmer, neben ber ^ücfje ufm. Um
1 33. © t u b e n b o 1 1 , ©efcf). beS ^oöanb’fcfjert
SnftitutS (1874) 57.
2 ©6b. 58. Unter ben SBotjItäterinnen au$
bem bienenben Stanbe figurieren it. n. 1623
grau 3(ntta Ütueborferin, be§ tperjogS Sllberti
$inb§magt, mit 100 ©ulben, 1636 Sftagbalena
©öljerin, @eminariijau§bälterin, mit 200 ©ulben,
unb 1645 3Ippolonia 3Beiljbergerin, ©emtnari*
magt, mit 100 ©ulben (ebb. 63).
3 ©6b. 85 ff 91 ff.
4 ©bb. 96. gn ben SJtündjener 3af)re3=
brtefen beifit e§ junt gafjre 1646: Nova Do-
mus (in qua similiter sunt 40 adolescentes)
ad eandem disciplinam formatur, cui Yeterani
a multis iam annis insuevere, ac praeter hos
utriusque domus alumnos, viginti aliis pau-
peribus adolescentibus (quos exspectantes
vocant) ex nova domo non modo victus prae-
betur, satis quidem ille tenuis, honestus ta¬
rnen, sed et habitatio insuper parata, in qua
studiis una vacare et reliquis alumnorum
exercitiis prope paria agere non incommode
possint.
5 ©tubeuooll a. a. 0. 117 ff.
6 ©bb. 120 ff.
7 ©bb. 146 ff.
5lrmenfonuifte: 9Mitd)en.
(353
6 Upr ift ©benbtifd) mit Sefung mie mittags. $m Sommer i(t nad) bem Slbenb»
tifcf; meift Spagiergang unb ©adfpiel. Slnbere Spiele roaren eine Slrt ©idarb,
©linbefup, Stodfdjlagen, ©odfpringen, feit 1620, aber nur in ben großen Serien
unb an ben ^afcpingStagen, fö'artenfpiel um 1 geller. ©ad) bem ©benbgebet uub
ber ©emiffenSerforfdjung (8 — 874) mufften fid^ ade gur ©upe begeben.
s<!luS bem Qapre 1609 ift wtS eine Sifdjgudjt erhalten, bie fulturpiftorifd) -nicf)t
opne $ntereffe ift. Sa Ejei^t eS u. a. : $n bem (Sffen fod er fid) nit übereilen, als
ob er’S alles mollt allein auf einmal fcpluden. @r foll aud) nit fdjmctpen, nit alle
beebe ©aden öotl einfdjieben, bie manne Speis nit blafen, bap eS allenthalben ge»
Ijöret merbe; baS ©3amS, fragen, Sifdjtucp mit Speis ober Sranf nit befubeln.
@r foll baS ^leifdj nit mit ben (pänben, fonbern mit bem ©äbele ergreifen, er foll
auch nit in ber Schüffel perumfucpen, melcheS baS größere ober beffere märe, aubern
auch nit auf ihre Seiler unb Portion fepen. deinen £>ut foll er bei bem Sifd)
aufhaben, fonbern ein (päublein (Kalotte), baSfelbe nit mit ben -fpänben befepmieren;
foll aud) nit büfplet (gebiidt), fonbern aufredjt fipen, melcheS ber §öflid)feit gemäp
unb ber ©efunbpeit fiirträglid) ift. Qn bem Srinfen foll er nit untnäpig alles auf
einmal pineiufdjütten. @t foll in fein 28eg geigen, baff eine Speis ober Sranl ihm
nit redjt fei, üiel meniger baritber murren ober gar foldje mieberum in bie ®ucpel
fdjiden. @r foll nit mit bem fJJieffer, ©äbele, Seiler, Söffe! ober ©rot bentlen
(fpielen) unb bie Seiler unb Sifcf)tücE)er nit üerfepneiben. Sr foll baS ©rot fauber
fdfjneiben, ©loden (®rume) unb ©inten (Prüfte) gugleicp effen. Sie ,3üpn foll er
nit ftiren (ftoepen) mit bem ©leffer ober ginger, fonbern, mo eS oonnöthen, nad)
bem Sifd) mit einem 3ahnfttre^' aitS ©ein, .fpofg ober einer geber. ©lit fdjmalgigen
£)änbcn foll er baS ©rot nit befdfmieren, nichts unter ben Sifd) merfen ober fallen
laffen. SSenn er etmaS auf feinen Seiler nimmt, foll er nit ein gangeS Schober
oor fid) legen, fonbern maS ehrlich unb giemlid) ift, bamit aud) anbern maS bleibe.
Über Sifd) oiel räufpern unb fpuefen, ©afengrübeln, Scpneugen, ^opffrapen ift nit
höflief), fonbern baprifcp, mie and) ift fich auflainen (auf ben Sifcf) legen). SeS»
gleichen aud) ben ©lunb mit ber (panb ober bem Strmel abmifdfen, baS ©feffer in
baS ©rot fteden, ben Söffe! abfd)led'eit mie ein ®ap ober beim ©agen mie ein
(pünblein. 2öenn er getrunfen unb ehe er trinfet, foll er ben ©lunb mit bem Seroet
(Seroiette) abmifd)en. ©ad) bem Sifcf) foll er mieber anbächtiglid) beten, bie §änb
mafdjen unb trodnen, enblid) ftill aus bem ©efeftorio gehen, ©ach bem (äffen foll
er nit gleich laufen ober fpringen, fonbern etlidjmal auf» unb abfpagieren ober ftehenb
fonoerfieren, nit fepreiben ober ftubieren 1.
gur görberung beS StubiumS mürben 1624 aus ben alteren Zöglingen eigene
©epetitoren aufgeftetlt, melcpe täglich ben jüngeren göglingen ©adjpilfe erteilen
mupten. Sie unfleipigen Zöglinge ermarteten empfinblicpe Strafen2. gn einer
Sde beS SpeifefaaleS ftanb ein eigener Sifd), mensa carentiae, an melcpem nur
Suppe, ©rot unb SBaffer ober nur ©rot unb SSSaffer aufgefept mürben. geber
Zögling, ber in ber Sd)ule bei einer Sofation nidjt ben ^31ap in ber erfteu ©auf
erhielt, mupte fid) 1 — 2 Sage an ben gaftentifcp fepen. Statt ©leffer unb Sabel
lag ba neben bem Seder eine ©ute, um gu geigen, „maS er eigentlich) oerbient patt".
Slnbere Strafen maren: au ber Söanb fiepen mit ber ©ute in ber (panb, (polg»
tragen, gimmerfepren ufro. 2Ber am Snbe beS SdjuljapreS nidjt in bie pöpere
1 Ebb. 241 ff- Sanad) in Ratio stud. IV Sngolft. gef., 2) eine Honestas morum
332 ff. 2)iefe Slfcbpdjt gebt auf ältere ißor» in mensa (35 fünfte), bie bielfacf) mörtlid) mit
logen priiet. @0 befinbet fid) unter ben alten ber oben mitgeteilten übereinftimmt.
(Statuten be§ Convictus S. Ignatii Martyris 2 (Stubenboll a. a. 0. 153 ff.
in Sngolftabt (9R. SR., Jes. 1370, unb Urfunben,
654
9?eunte5 Siapitel. Sionüifte.
klaffe aufftieg, mürbe entfaffen. (Siner befonbern pflege erfreute fidj aitdf) immer
bie 9J2ufif, nidjt allein bie firdjticpe, fonbern aucp bie mettticpe1. 2)ie Qögtinge
rnaren in Compagnien eingeteilt, beren jebe ein fteineS Orcpefter für fid) bitbete.
®ie Slufficpt über fDtufifübungen, Qnftrumente, SKufifbücper füprte ein älterer ßögting,
ber fog. „SJiufifpräfeft". Qn einer für biefen SJhtfifpräfeften 1647 oerfapten Qm
ftruttion mirb it. a. eingefdjärft: „Sitte Slufmerffamfeit oermenbe er barauf, bap bie
SJtufif beS Kaufes ernft unb mürbig, gur Stnbadjt ftimmenb, lieber etmaS mepr
fünfttief) fei, atS bap fie einer Xangmufif gleite ober Sacpen oerurfaepe." Xie
IDhififteprer, fDtitgtieber ber ^offapetle ober cittere Zöglinge, merben befonberS gur
©ebutb ermahnt. ©in guter Sliufifteprer fiept barauf, bap ber ©eiger bie ©eige
fcpön patte, er bringt auf genaue ©inpattung beS XafteS, auf prägifen SluSbrud
jeher eingetnen 9?ote. ©in guter ©efangteprer aeptet barauf, bap bie Sdjiiter ipre
oolte Stimme opne alte Xrägpeit oernepmen taffen, bap fie bie Qäpne öffnen, jebe
Silbe genau unb beuttid) auSfprecpen, nidjt näfeln ober mit gefenttem Copfe, fonbern
mit erpobener, freier Cepte unb mit bem ridjtigen Slffeft, mie eS baS Stüd erforbert.
Von Compofitionen tarnen in unferer Qeit üorperrfcpenb bie üon Ortanbo bi Saffo
gur Stuffüprung. Ortanbo fetbft mie feine Söpne Qerbinanb unb fRubotf napmen
fidj beS ConoiftS mann an. Qe gröper ber 9tuf beS ConüiftS für feine Seiftungen
in StRufif unb ©efang mürbe, um fo mepr napm man bie Qöglinge für Circpen,
Congregationen unb fßrogeffionen in Slnfprucp2 3. Seit 1630 mupten grnei Com
oiftoriften auep in bie ^»offapede gefepidt merben. Vei ber Stuffüprung ber gropett
Singfpiete im Qefuitenfotteg, mie g. V. bei ber fßpitotpea8, ftetlte baS ©regori-§au§
natürtiep bie gröpte Qapt ber föOififer unb Sänger. StuS ben Qögtingen gingen
nidjt allein tücptige SBett* unb OrbenSgeiftticpe, fonbern audj oorgüglidje Slrgte,
Veamte unb Capetlmeifter peroor4.
Studj an anbern Orten tarnen neue Slrmenfonoitte gu ftanbe. Qn fRegenS*
bürg entftanb baS Seminarium Ambrosianum ; in ben OrbenSfatatogen mirb feit
1610 ein ißater als fßräfeft ber armen Stubenten biefeS Seminars genannt6. Qu
Sieuburg mürbe für bie 50 Qögtinge halb ein neues §eim aus ben Don ben Qefuiten
erbettelten Verträgen erridjtet. SluS biefem ^>aufe gingen oorgüglicpe Stubenten
unb gute Sänger peroor; gugteiep rnaren bie Zöglinge ein SJtufter für bie anbern
Sdjüter6. Qn Stmberg napm 1631 ein Seminar für arme Stubenten feinen Stnfang
unter bem Xitel „SJtaria in ber Verbannung in Stgppten". Slucp pier patten bie
patres gu Beiträgen angeregt. Xie Stufgenommenen patten feine anbere Verpfticptung
atS Qortfdjritt in Söiffenfcpaft unb Xugenb unb baS ©rternen ber Vota!* unb Qm
ftrumentalmufif 7. Qm füefrotog beS P. ^einriep ©rap, ber 1650 gu Xrier ftarb,
peipt eS, bap eS feiner Siebe gu ben Slrmen gelang, gu SJtünfter baS SJtarianifdpe
£>auS für bie armen Stubenten gu taufen unb naep SJtögticpfeit burdj bie Qdei*
gebigfeit oon SBopttätern gu funbieren8.
Xie Obern ber ©efellfdjaft rnaren ängfttidj barauf bebadjt, baS ©nt unb bie
Vedjte ber armen Stubenten gu mapren. Qn SJiündjen mottte £>ergog Sßilpetm ein
gröpereS Conoift erridjten unb bagu audj bie (Sinfünfte beS ©regorianumS oermenben.
SltS ber fßtan bem ©enerat unterbreitet mürbe, äuperte biefer in feiner Stntroort 00m
15. Quti 1617 an ben oberbeutfdjen ißroüingiat gartet grope Vebenfen. Xie Sttmofen,
fo fdjrieb er, metdje bem ©regorianifdjen Strmenfonoift üon meprereit ©rbtaffern gu*
1 © tu £> e n 0 0 1 1 a. a. 0. 171 ff. 4 Sie Sifte bei © t it b e n 0 0 ft a. a. D. 164 ff.
2 Slawen ber ißrofefforen tonnten bestjalb 6 33gt. Flotto 406.
nidjt au?bieiben. Sgl. 19. unb 21. 9Jtär§ 1635 6 Kropf I 111.
im Diarium, Clm 1550. 7 * Litt. ann. Prov. Germ. sup. 1631.
3 Sgl. 10. Kapitel. 8 *Necrol. Prov. Rhen.
Strmenfonbifte : «egeitg&urg. — 9?euburg. — Slmberg. — fünfter. — Eigentumsrecht. 655
gemiefen morben, ftnb ol)tte bie Vebingung ber Verpflichtung jum geiftlidjen ©taube,
meldje ber ^»erjog jept oerlangt, gegeben morben. sbeöt)aI6 fann mit Ved)t ge»
Zweifelt merbeit, ob eine fofcfje Verpffidjtung gegen bie Slbfidjt ber «Stifter an bie
oon ihnen hintertaffenen Stenten gefnüpft merben fann. 2Bir (ber ©eneral unb bie
Stffiftenten) finb ber SVeinung, bafs bieS feineSmegS ol)ne Unrecht gegen oiele Sinne
gefd)ef)en fann, menn bie Slutorität beS Zeitigen VaterS nicht etmaS anbereS ent«
fdjieben hat1.
2113 P. Samormaini mit bent Slrmenfonüift ©t ißanfraz in 28ien einen Raufer»
taufd) machen mollte, bei bem ©t ißanfraz zu furz gefommen märe, forberte ber
©eiteral am 12. SDezember 1626 ben ißater auf, größere Vüdfidft auf ben Stufjett
ber Sinnen al3 auf ben Vorteil ber ©efellfcfjaft ju nehmen unb, falls ein SEaufdj
Ztoifdjen ©t ißanfraz unb ber Vurfe beS gotbenen VergeS ftattfinbe, fo oiel bem
Konoift barauf ju befahlen, als bie Sifferenj jmifdjen bem SSerte ber beibeit
Käufer betrage2.
2Bie früher3 hielt man baran feft, baff bie ©efellfdjaft fein Eigentumsrecht an
ben Slrmenfonüiften habe. ®a3 ©utadjten einer XheoIogenEommiffion, melcher bie
f^rage nad) bem Eigentumsrecht oorgelegt mürbe, führt aitS : ®ie ©üter ber Raufer,
in beiten arme ©tubenten unterhalten merbeit, gehören nidjt ber ©efellfdjaft, fonbent
ber Kommunität ber armen ©tubenten. ilnfere patres, meldje biefe §äufer ein*
gerichtet haben, fudjten für fich barauS feinen zeitlichen Vorteil, fonbern fie errichteten
biefeS 2Berf ber Siebe, um burdj bie 2Bof)ltätigfeit frommer Veidjett ber Vot ber
armen ©tubenten ju £>ilfe ju fontmen. Sludj bie SBopltäter haben ihre Sllmofeit
unb Venten für bie armen ©tubenten, nicht für unfere Kollegien gegeben. Oie Ver»
raaltung fontmt ber ©efellfdjaft ju, rneil fie allein biefeS Söerf eingeridjtet hat, unb
ihr ift bieS audj leidjter. OaS mar auch meift bie Slbfidjt ber ©penber; finb in
ber Stiftung anbere für bie Vermaltung genannt, fo muh beobadjtet merben.
Ohne Verlegung ber ©eredjtigfeit barf oon biefen ©tiftungen nichts für bie ©efell«
fdjaft oermanbt merben, aud) baS nicht, maS burd) unfere befonbere SDlütje gefamtitelt
ift. ES ift nicht allein geraten, fonbern feljr nüplidj, menn bieS ben SluSmärtigen
befannt gegeben mirb; mir haben nichts als bie SJlülje unb Saft, unb mir finb
meiter nidjtS mie Vormiinber unb Kuratoren in ber Vermaltung ber ©üter oon
SKünbeln unb SVinorennen4.
2SaS hier oon Trennung beS Vermögens ber Slrmenfonoifte oon bem Vermögen
ber Kollegien gefagt mirb, moKte man in Vom auf alle Konoifte angemanbt miffen.
©o ridjtete VitelleSdji am 21. Oftober 1623 eine ftrenge Vlaljuung an ben ober«
beutfdjen ^Srooingiat Eljriftopf) ©renzing über baS Verhalten beS Oillinger KonüiftS«
regenS, ber häufig ©peifen unb ©etränfe in baS Kolleg fcpidte. £$n biefer ©adje
fei nicht auf ÜVahhaltung, fonbern auf oöllige Slbfchaffung za bringen; ber VegenS
bürfe nidjtS bergleidjen fdjiden unb ber Veftor nichts annehmen. §ier in Vom
pflegen mir oon ben oon uns geleiteten ©eminarien gar nichts, aud; nidjt einmal
einige menige grücljte als ©efdjenf anzunehmen. OaS foK aud) bort fo gehalten
merben. ©ollte eS maljr fein, maS man fdjreibt, bah ber VegenS auf Koften beS
KonoiftS me fyront beS KollegS tündjen lieh, f° tnünfdje idj nidjt allein, bah foldje
Oinge in ber .Qufunft unterbleiben, fonbern aud), bah baS Kolleg bie Koften bem
Konoift erftatte 5.
1 * 0rig.«91eg. Ad Germ. sup.
2 *0rig.=3teg. Ad Austr.
s «gl. 33b 1, ©. 311).
4 * Dubia theolog. Patribus deputatis deci-
denda. Xer Xitel bon ber §<mb beS P. gorer.
Original iit 9Jt. ®en. » SJegiftr. 1568/14.
«gl. ©tubenboll a. a. 0. 117.
5 * Orig. «Steg. Ad Germ. sup.
65G
9teunte§ Kapitel. Sontiifte.
Sie SSemertung ber ®ontiifte im allgemeinen als einer mancherorts notwenbigen
itnb fegenSreidjen (Einrichtung blieb biefelbe mie in ber früheren ^ßeriobe. Sie päpft»
liehen Nuntien gaben biefer Überzeugung mieberholt AuSbrucE in ihren Sepefdfen
unb ^Relationen. 3Cucf; in Vom mar man fief» über ben SBert flar. Qn ber Qn»
ftruftion tiom 26. ^uni 1624, melche bem Kölner SRuntiuS Suigi (Earafa bei feiner
Abreife nach Seutfcplanb mitgegeben mürbe, heipt «3 : mirb eine tiorzüglidje Auf¬
gabe fein, bie fd)on errichteten Seminare ju pflegen unb bie (Errichtung neuer ju
bemirfen; in foldjen Arbeiten finb bie SSäter ber (Sefettfdjaft Qefu bemunberungS»
mürbig. SeSioegen hot $h1' Vorgänger (ber SRuntiuS SRontorio) ©djritte getan,
um bie Väter nach ^ranlfurt ju bringen, gür bie Vermirflidjung biefeS planes
manbte er fiep an ben Äaifer, unb unfer £>err (ber fßapft) liep beSmegen an ben
Nuntius am Äaifertjof fdjreiben, mit bem fidj (Em. Roheit zu bemfelben .Quiede iu§
(Eintiernehmen fepen füllen. Ser Sturfürft tion äRainj hat ©r ^eiligfeit tiorftellen
laffen , bap eS jur Verbreitung ber fatholifd^en Religion, metdje in ber Unter»
Pfalz gup faffe, lein geeigneteres SRittel gebe als bie (Erridjtung tion ©eminarien
unb ^ontiilten für ben rpeinifchen Übel. $ur Ausführung DiefeS planes fönnten
gut, fo fdjlägt er ©r ^eiligleit tior, bie @üter einiger SHöfter feiner Siözefe oer»
menbet merbeit1.
Sen gropen Vupen ber Armenfonüifte hflt u. a. ber berühmte Siroler Arzt
©uarinoni in feinen „©remel ber Vermüftitng" im ^apre 1610 gepriefen unb bar»
auf pingemiefen, mie tiiele gelehrte URänner zu jeber $eit barauS pertiorgegangen2.
llnb ein neuerer ©efcpidjtfdjreiber hebt peroor: „(Eine ber fegenSreidjften Stiftungen,
meldje man ben ^efuiten tierbanft, finb bie ©eminarien für bie ftubierenbe ^ugenb,
b. i. bie ßoft» unb (ErziepungSpäufer, zunädjft für unbemittelte talentierte ©tubenten
beftimmt, melcpe bafelbft unentgeltlich entmeber auf Soften beS QnftitutS ober mit
£)ilfe tion Stiftungen burdj einzelne ^ßrioate Unterhalt unb (Erziehung roährenb ber
©tubienzeit erhielten, aber audj ben Söhnen bemittelter (Ettern zugänglidj, für melche
ein entfprecpenbeS ^oftgelb gezahlt merben mupte. Ser ©egen biefer Stiftungen
reicht noch bis in unfere ßeit unb mirb biefelbe auch nodj lange überbauern. . . .
Saufenben mürben pierburep bereits bie Pforten ber Unioerfität erfchtoffen. . . . &’ircpe
unb ©taat tierbanfen biefen ^nftituten unb ihren Stiftungen einen nicht beredjenbaren
©epap tion geiftiger $raft, ber zu ihrem Veften für baS Seben gemonnen mürbe."3
1 9t ante, $äpfte III, Sfnpang 190 f. 3 $ entlief), ißrogr. tion ®ra^ 1872, 70.
2 ©vetüel ber Skrtoiiftung (1610) 262.
3 e f) n t e § Kapitel.
3)te ©djulfomäbte.
Stilgemeine Setoertung. (Stoffe, geit. Sauer. — Sefcpränfungen, Unfälle unb gabeln. —
©inmürfe. — 28eit)nad)tgfpiete. — gaflnacptgfpiete. — ^Saffiongfpiele. — Ofterfpiele. —
gronleidjnamgfpiete. — SOt^fterienfpiete au§ bem Stilen unb Plenen Sefiatnent. —
Segenbe. — ©efcf)icf)te. — Sag nationale unb patriotifcpe ©tement. — SRoratitäten. —
Sotentang. • — Dratorien. — Sie £auptbicf)ter: 2töancini, SJtafen, Salbe, Bibermann.
©in tjeröorragenber gorfdjer auf bem ©ebiete ber Sheatergefdjicfjte f)at über
ben Söert ber gefuitenbramen geurteilt: „@g ift ungmeifettjaft, bap bie gefuitem
bramen eine Beachtung üerbienen, bie ihnen big f)eute nidf)t genitgenb gefc^enft mürbe.
Sag f utturfjiftorifc^e Moment fommt babei in elfter Sinie in dtecpnung. . . . Bein
theatergefdjid)ttich betrachtet hcdten fie ein tünftterifdfeg ©djaufpiet bei aller Stuper«
tidjfeit aufrecht, unb fie ermeifen ficfj aud) auf biefem ©ebiete atg Bemaprer ber
fftunfitrabition, bie ohne fie gu ©runbe gegangen märe, ©ehr richtig fagt gtg in
feiner fcfjörten ©tubie über Stnbrea bet : ,Sie $unft ber gefuiten !am mie ein
grüf)ting§fturm. ©ie Ratten ben gauber ber garbe, ber SJtufif/"1
gn Begug auf bie päbagogifdje SBertbemeffung mirft ein gadjmamt in ber
neueften fritifcfjen ©efdjicfite beg Stadjener gefuitengpmnafiumg bie grage auf, „ob
fid) bie Befdjäftigung ber gugenb mit ttjeatralifchen Singen üom päbagogifdjen
©tanbpunfte aug überhaupt rechtfertigen taffe". Sie Stntmort lautet: „Siefe grage
mup unbebingt bejaht merben. ©rinnern mir ung, metchen 2Bert bie gefuiten mit
9ied)t auf bie atg ©prechübungen im gropen ©tit aufgufaffenben Seftamationen legten!
SBaren biefe, befonberg bie fgenifdjen, !aum etmag anbereg atg ©cpaufpiete im fteinen,
unb lief? eg fid) bei ben Sialogen ber gnftmiften ferner entfcheiben, gu metcper ber
beiben öerfdjmifterten ©attungen fie gu rechnen feien, fo muffte bag ©cfjaufpiel in
gleichem SJiape mie ein Seftamationsftüd ben ©djüter gu beutlidjer Stugfprad)e unb
finngemäpem Bortrag beg Sateinifdjen ergiepen. Stber nicpt bagu allein. Sag öffent¬
liche Stuftreten mupte jegtidje Befangenheit beg ©cpüterg öerfcheudjen unb gab ihm
©etbftbeherrfchung, nötigte ihn, auf gute Körperhaltung unb fdjöne Bemegungen gu
adjten, tauter Borgüge, bie mir im ©inne beg griedjifdjen ©rgiepunggibeatg aucf)
unferer gugenb münfcpen. Unb ber Berfouenreid)tum ber gefuitenbranten, 00m titera*
rifchen ©tanbpunft aug bebenftidj, biente bagu, bap ber ergiepticpe ©inftup fotcper
Stufführungen einer gropen Stngapt ©cpüter gu ftatten tarn. Stitd) bie ©itte, bap
man nicht ftetg literarifd) erprobte Sramen aufführte, fonbern meift ber SRagifter
bag oon feinen ©djütern barguftettenbe ©tüd fetbft oerfapte, barg mancpeg ©ute in
1 2t. ö. 353 eiten in geitfd)rift für beutfdjeg
2tttertum unb beutfd)e Siteratur XLI (1897),
2lujeiger (5. 281. gür bie weitere gorfdjung
bemerft 32Beiten: „(Sine ©efcf)id)te beg gefuiten-
Sutjr, ©e|djic§te ber 3efuiten. II.
bramaS ift notmenbig unb fie tnirb fid) öon
einzelnen gorfd)ern nur atg 23rot>inäiatgefd)id)te
löfen taffen, um bann eüentuetl pfammen-
gefafjt p merben" (@. 282).
42
658
3et)nte§ Kapitel. $ie ©dfulfomöbie.
ficf). Stuf bie Strt tonnten gtoar nicfjt immer (Stüde oon größerem Söerte entftet)en,
aber eS fam bod) oieleS gum 33orfd)ein, maS nod) ^eute unfer ^ntereffe feffelt. Stuf
jebett $att bitbete bie SIbfaffung eines fotcben X^eaterftücfeS für ben jungen SJtagifter
eine mertootle fpradjliche unb metrifdje Übung im Sateinifdjen, mitunter aud) im
®eutfd)en. 2öaS t)ier fdjübigenb mirfen tonnte, mar einzig baS Übermaß ober bie
SSernad)täffigung midjtigerer Stufgaben ber ©djule. SDaoor marnten aber ftetS bie
SSerorbnungeit ber Obern."1
®ie SluSgeftaltung ber ©djulfomöbie in unferem 3eitraum Ü* überaus reidj
unb oietgeftattig. SEBie früher finben mir 2Seihnad)tSfpiete, PaffionSfpiete, Ofterfpiete,
gronleidjnamSfpiete unb gaftnadjtsfpiete oertreten, menn aud) bie Heineren SDiatoge
mancherorts eine mefenttidje 93efcf)ränfung erfahren haben. ®ie Zeitige Schrift liefert
oiete Stoffe, befonberS baS Sttte Seftament; aber aud) bie padenbften ©genen unb
©haraftere beS Steuen XeftamenteS finben reiche Serroertung. Sieben bem Sttten
Xeftament ift eS mohl bie Segenbe mit ihren gelben unb ^elbinnen unb ben munber-
baren @efd)ef)niffen, metdje am meiften auSgebeutet mirb. SefonberS üben bie Zeitigen
als Patrone beS SanbeS unb ber ©tabt immer mieber if)re StngiehungSfraft auS;
fpiegelt ficf) in ihnen ja aud) ein gutes ©tücf 33obenftänbigfeit unb (peimatsliebe.
StuS letzterem ©runbe mirb auch immer unb immer mieber bie @efd)id)te aufgefcf)tagen,
um 33egief)ungen gu ©tabt, Sanb unb bem angeftammten gürftenhauS gu finben unb
gu üert)errlid)en. $n oieten biefer ©tüde putfiert ftarfer Patriotismus unb tiefe
Stnhänglidjfeit an bie ®pnaftie. S)ie geftlidjfeiten im gürftenhaufe, ©eburt, S3er»
mähtung, Stüdfefjr beS dürften oott ber Steife ober aus bem Kriege ober fonftige
frohe ©reigniffe geben Stnlafs, burd) eine entfpredjenbe fyeier baS SSotf enger mit
bem gürftenljaufe gu oerbinben. SDie ©röfje unb 33ebeutung beS SanbeS ober ber
©tabt, ©ieg unb ^rieben feiern eigene ^cftfpiete.
ÜUtandje ®ramen fugten aufjer gefchidjtlidjen ^enntniffen aud) bie StttertumS»
funbe gu oermittein. @o befchreibt ©eorg ©tenget in einem 33riefe oon Qngolftabt
an feinen 23ruber, ben S3enebiftiner fö'art in ©t lllrid) (StugSburg), 23. Oftober 1605,
bie Stufführung beS „QgnatiuS SJtartpr" oon P. Stgricota in ^ngotftabt, mobei bie
römifchen Stiten beS Opfers, ©olbatentänge gur @f)re beS SJtarS, Stufgug beS StaiferS
mit großem ©efotge genau bem römifdjen ^erfommen nadjgebilbet maren2. 3)er
griedjifche Opferritus ift genau bargeftellt in bem „Qafon" beS P. ©lagiuS3.
Stnbere Stoffe raerben beShatb gemähtt, um ben $ampf gegen bie Safter ber
3eit unb beS SanbeS, £runffucht, SSöCterei, SitpuS ufm., nad)briidlid)er aufnehmen
gu tonnen. $u biefen Stoffen faun man aud) bie ©rneuerung ber alten Sotentänge
rechnen, in benen ber £ob bie Torheit beS SafterS unb bie Sergänglidjfeit atteS
Qrbifdjeit in braftifdt; ergreifenber Söeife oor Stugen führt, ©ingbramen bgm. Dra=
torien fünbigen fd)on baS fommenbe ßeitalter ber Oper an. Polemifcfje ©tüde mie
„®er lutherifdje 33ettlermantel", aus fyliden aller ^äretifer gufammengenät)t, ber
gaftuadjt 1602 gu Sftündjen aufgefüt)rt mürbe, oerfdjminben im Verlauf unferer
Periobe faft gang. ®aSfelbe gilt oon ben ©tiiden ber alten ßlaffifer; einmal finben
fid) bie Captivi oon piautuS in Sceuburg 1649. 9J?t)thotogifd)e Stoffe finb fef)r
1 2t. grip, $a3 2Iad)ener 2>efuitengt)mna=
fium (geitfcprift be§ 2(ad)ener ©efd)id)t3oerein§
1906) 168 f. ©oettje I)ebt in einem 2tuffope
über bie ©infüprung ber beutfcben ©pradje in
$okn (1813/14) Ijeroor: „63 paben bie 8e=
fuiten, bie gemif) mußten, mie man 9Jtenfd)en
ju bepanbetn Ijat, ba§ ©d)aufpiel mit in ben
fßtan itjrer ©rgiepung aufgenommen." SBerte
(SubetaUiSgabe 1912) XXXVII 36. 58g[. 58b I
6. 325; 91. ©cpeib, Sie bramatifcpen ©cpüter=
auffütjrungen (1901) 5 ff.
2 ‘Criginat Clm 617, f. 91.
3 58gl. ben 2ejt bei Süljr, Iason fabula.
©in ©d)nlbrama be§ Seüütcn 2bomaä ßtagiuS.
ORöffeler fßrogr. 1899, 38 f unb Sitctbtatt oben
6. 380.
Stoffe. — — Sauer. 659
feiten. Slufjer einem „fperfuteg om ©cfjeibemege", tueldfer in Sßien aufgefiifjrt mürbe,
finbet ficf; nodj bie „Slrgonautenfage" öermertet.
Siefe gäbet non „gafon" fpiette bag ©pmnafium ju Stöffet § erb ft 1634, atg
ber ermlärtbifcf)e SBifcfjof Stifot. ©gpggfomgti gunt erftenmat bag öon if)m geftiftete
©pmnafium befudjte. Ser Serfaffer ift P. St)omag ßtagiug (Ittage), ein ©rmtänber,
geb. 1597 gu fpermgborf (®r. Stttenftein), geft. gu Stöffel 1664. „gn bem ©ebraud)
ber frtteinifcfjen ©pradje geigt Staging eine gang augerorbentticffe ©idjertjeit unb
©emanbttjeit; er oerfügt über eine unenbtidje gütte unb SJtannigfattigfeit beg Slug»
brudg. Sei feinen Sidjtungen fdjimtnert bag ftaffifdje Sorbitb beutticf) burd), nidjt
jebocf; fo, baff mir itjn bei einer bireften Stadfbitbung ober ungefcfjidten Sntletjnung
ertappen fönnten; er fpiett gteidffatn mit ©ebattfen unb Söenbuitgen ber römifdjen
Sidjter, bie er ooflftänbig bef)errfct)t, fo baff mir oft, namenttid) in ben Iprifcfjen
Partien beg Sramag, einen ftaffifdjen Sidjter oor ung gu tjaben glauben. Surd)
Setefentjeit in ben atten Stutoren allein ift biefe Srfdfeiuung nicf)t gu erftären; ein
gemiffeg bidjterifdjeg latent merben mir itjm entfd)ieben guerfenneit müffen."1 Ser
Stjarafter beg „gafon" atg eineg ebetn, magemutigen gelben ift trefftief) tferaug«
gearbeitet, „gafon", ber fo gefiel, baff er modfentang bag ©efpräcf) bitbete, ift in ber Sat
eineg ber öorgüglicf)eren ©tüde ber gefuitenbütjne. Sie Strgonautenfage fommt bariit
gu einer tebtjaft bramatifdjen Sarftettung, ^ofje giete unb ebte Segeifterung befeeten
bie §etben, ber Siatog mirb furg, fdjtagenb unb fpannenb meitergefüifrt. Sfjöre unb
Steigen nacf) bem ftlange ber üötufif am ©nbe jeben sidteg ertjöfjen Seben unb ©djmung2.
Sie Sauer ber ©lüde fdjmanft gmifdjen 2 unb 7 ©tunben; einige geftfpiete nehmen
2 — 3 Sage in Stnfprud). Sag Kölner Srama „©teptjanug" (1627) mürbe an bre
Sagen gefpielt, unb gmar, mie bag ©genar fagt, am 16. Stoüember öon 1 big 4 Utjr
ber 1., 2. unb 3. Stft, baran fdjtofi fid) bie Verteilung ber greife für bie Stfjetorifer
unb fßoeten; am fotgenben Sage, 17. Stooember, ber 3., 4. unb 5. 2tft, banaef) mar
fßreigöerteilung für bie ©d^üter ber brei ©rammatifalftaffen, am britten Sage, ben
18. Stoüember, mürbe öon 12 big 5 Ut)r bag gange ©tüd, alle 5 Stfte, für alle ©tänbe
unb Sttter miebertjott3. Sag groffe Sittinger geftfpiet oom gatjre 1617 beanfprudjte
brei Sage: am 11. guni 1617 V/2 ©tunben, am 12 guni biefetbe geit megen beg
Stegeng, bann am 13. guni oon 6 Uf)r in ber griitje big 1 Utjr nactjmittagg 4. Sie
Ü'omöbie üon „@t gulian" (ÜDtündjen 1630) bauerte tmn 12 big 5 Utjr, Sibermanng
„gotjanneg ßatpbita" (1638) Don 12 big 7 Ut)r.
Sluffer ben geftgeiten unb auf$ergemöt)nlid)en ©etegentjeiten f)at fic^ eine beftimmte
geit für bie Stuffüfjrung gebitbet, eg ift gemötjntid) ber |)erbft: Snbe ober Stnfang
beg ©djutjalfreg. SRandje ©tüde mürben bann gmei- big breinmt, jebegmat oor einem
anbern fßubtdum gefpiett.
1 »gl. 2 ü h r , 9töffetcr $rogr. 1899, 25 f.
Grbb. 28 ff ber SIbbntcf be§ ScpteS, fotoeit ber=
felbe erhalten. Sie Sluffübruttg fanb nicht 1633,
fonbern 1634 ftatt, toie 2iihr (S. 22 f) betoeift.
2 Ser Shor am Schluff be§ erfien 31fte§:
Seni ephebi Iasonis, Candorum
Nomine. Ad modos Musicos et choream,
Lunulas manu praeferunt:
Quaterni candores
De coelo splendores
Duci gratulamur.
Luceat hac face
Et bello et pace
Dux noster precamur uflt).
Sen britten 31 ft fcpliefft ein Celeusma nauti-
cum cbori loco, nach beffen einzelnen Strophen
oom ganjen 6t)or gefnngen mirb:
Ad navim valido pergite remige
Et lentis properi solvite portubus.
Ser 31utor fanbte ein ßjemplar an ben Kölner
Üiettor Hermann Saöing, unb fo fam in ba§
ftöltter Äoüeg. Sept in Äobej 6, 31rd)io ber
2lpoftelnpfarrei ft'öln.
3 2atein. Sjenar ebb.
4 Sürrmäcpter, 31u§ ber grithjeit be§
gefuitenbramag (Jahrbuch be§ ir»iftor. SBereinS
Siüingen 1896) 1779.
42*
660
3el}nte§ Sapitel. Sic ©dfullontöbie.
gn einzelnen gaßren Rauften fidf; bie Sramen. ©o 1638 in Sftündßen: 10. ge-
hruar in ber Humanität „SDamoffeS" (nad) Cic. Tusc.), 11. gunt „Stanislaus" in
ber gtneiten ©rammatif, 14. gunt „©cßülerträgßeit" in ber britten ©rammatif, 18.guni
S. Grualbertus in ber erften ©rammatif, 2. guli S?ongregationSbrama, 6. guli
„(SßoSroe" in ber Ütßetorif, 9. guli ABieberßoIung tion „©ßoSroe", 5. unb 7. Oftober
„GEalßbita".
Ser Ort ber Sluffli^rung für bie Sllaffenbramen finb meift bie eigenen klaffen*
gimmer ober fonft ein geeignetes ©djulgimmer, für bie größeren Aufführungen ge«
mößnlid) bie Aula ober ber £>of beS ©pmnafiumS, gumeilen aber aud) ein öffent¬
licher fßlafc. SaS Söiener Kolleg ^ielt feine Aufführungen mandjmal am |>of, unb
ber ^aifer unb anbere angefeßene gufcßauer hatten ißre ^fö|e an ben genftern
beS ^oüegS1.
Sie Aufführung auf öffentlidjen flößen fließ hie unb ba auf ©dßmierigfeiten,
tnie g. 23. 1634 in dmmeridj. AIS man ben „Sriumpß SanielS" aufführen unb um
12 Ulfr fdjott beginnen mollte, fdjidte ber äftagiftrat infolge ber Sßadjenfcßaften ber
ißräbifanten ben ©tabtridjter mit bem ©efretär gunt Kolleg, um bie fö'omöbie gu »er*
hinbern ober nur ben ©cßülern baS 3ufcf>aueit 3U geftatten. Audh brohte er unS,
fo ergählt baS Sagetmcß, ©träfe an, toeil mir ohne ©eheiß baS Programm beS
©titcfeS gebrucft unb verbreitet hatten. AIS mir unS mit ber langjährigen ©emoßnßeit
entfchulbigten unb betonten, baß mir baS £>erbeiftrömen beS Golfes nidjt oerhinbern
föunten, ging man nicht meiter, fonbern ließ jeben rußig gu bem ©cßaufpiel geßen2.
gn ©mmeridj fam aud) ber feltene gad öor, baß bie gange Sßeatertruppe beS
$oüegS nach auSmörtS gog, um bort gu fpielen. SaS Siarium beS @mmerid)er
©pmnafiumS berichtet barüber: Am 1. guli 1647 reiften P. fHeftor unb ber 9tßetorif*
profeffor Sftagifter ©tael mit ben Sheaterfpielern nach Klette gur Aufführung einer
®omöbie tior bem fö'urfiirften tion 23ranbenfmrg. Am SonnerStag ben 4. guli mürbe
unter Seitung beS P. Üleftor unb beS SJfagifterS ©tael bie ®omöbie aufgeführt oor
bem ^urfürften griebrid) SBilßelm (bem ©roßen) unb feiner ©emahlin Suife oott
Oranien unb bem übrigen £>of. 9tadj 23eenbigung ber Homöbie (eS mar „Philipp
ber ©ute" unb „Ser betrunfene 23auer") mürben bie ©cßaufpieler am §ofe gurüd-
gehalten unb in einem befonbern gimmer mit P. fReftor unb Sftagifter ©tael berairtet.
Am greitag ben 5. guli führte P. Üteftor bie ©pieler nacf) ©nimerid) gurüd. Am
21. guli erhielten bie Stßetorifer befonbern £oßn für bie große äftüße bei ber
Aufführung einen freien AuSgang nad) ^eüelaer3.
1 33gl. Conspectus Univ. Viennens. III 148
(für 1G22).
2 *Hist. coli. Embric. Sie ißerioche Trium-
plius Danielis, Daniel Triumpberende Speel-
sche wijse vertoont van de edele, voortreffe-
lijke, gheleerde . . . Jeucht der wijt beroemde
Schoole van de Societeyt Jesu tot Embrick
den 10. Julij anno 1634 (Sobep 6, Slpoftelu-
Pfarrei Sollt). SIm Schluß : Men vindtse te
koop by Samuel Arentsz, Boekverkooper in
den Latijnsclien Bijbel tot Embrick. Über
bie ©efd)id)te biefeS „belgifcgcn" Srude? Ogi.
ba? Diarium Gymn. Embric. Sa? Diarium
ift auf ba? exoticum negotium be? Srude?
wie überhaupt auf ba? ©tüd nicht gut 51t
fprechen , baöfelbe fei Diel 511 laug getreten
(oon 2 bi? 8 Uhr) unb habe ben (Schülern wenig
genügt. SSier ©olbaten hielten bie Erbnuttg
aufrcdjt. Sem gimntermann war für bie ßr>
ridjtung ber Söühue erlaubt worben, oon febem
Bufchauer jwei bi? brei Stüber 311 nehmen.
Sie Sßeriodje gibt beit Schalt ber fünf
Handelinghe in nieberbeutfcher Sprache, gebe
föanblung wirb eröffnet burd) ein lebenbe? S3ilb,
ba? bie ganje ^anblung barftellt (Swijgende
vertooningh van’t eerste deel ufto.), bann erft
folgen bie einzelnen (7—12) ©jenen. Sie
©d)lußfjene jeber Jpanblung gibt eine geiftlidje
©rllarung ber gefpielten tpanblung (De Sinn-
ekens doen een geestelijke uytlegginge ufw.
ober een geestelijk bedietsel). Sa? ©ange
fdjließt fid) eng an Saniel Sap. 5 u. 6.
3 * Diarium Gymn. Embric. ad 1647. Sa?
©tüä „fßhüipp ber ©ute" ift wahrfdjeinlid)
ba? 1645 in SOtünfter Oon Wiafen aufgeführte
©tüd.
Szenarien. — Sprache.
661
®ie Einübung beS ScfjlufjbramaS gefcEjat) üielfad) in ber SBeife, baff nadj ben
Prüfungen ber SDiagifter ben ermäfjlten Spielern ihre Sollen biftierte. gür bie
erften Übungen fonnten audj bie gemöfjnlidjen Sdjulftunben jur SSerfiigung geftedt
werben. ®ie ©eneralprobe fanb entmeber mit ober ohne Koftüme ftott1.
21m Stage üor ber 2tuffüf)rung beS ®ramaS rnufjte ein Sßater in ber Stabt ein«
laben gehen. (Singelaben rnnrben j. 23. in gngolftabt alle UniüerfitätSprofefforen, ber
Statthalter unb bie SRäte, ber SD^agiftrat, OrbenSleute ufm. 21ufjer ben grauen ber
^ßrofe[foren mürben auch onbere tiornehmere Samen gugelaffen. $ur Selben $eit
mirb ber Sheaterjettel (Argumentum dramaticum) an bem 23rett ber 21fabemie unb
beS ©tjmnafiumS unb an ben Kircfjentüren angeschlagen 2. Sei ben Einlabungen
mürben mohl audj Schon bie SEfjeatergettel, Szenarien ober Sßeriodjen, bie eine üod«
ftänbige Sfigge beS gangen StiideS enthielten, oerteilt.
Siefe „ißeriodhae", bie gegen Enbe beS 16. gafjrfjunbertS auffamen, mürben faft
überall eine ftänbige Einrichtung unb mandjmal in gmei 21uSgaben lateinifcfj unb beutfcfj
gebrudt, üon bem „St 21brian" (Süftündjen 1606) je 300 Exemplare in lateinifcher
unb beutfdjer Sprache. Später mürben bie ißeriodjen häufig nur mehr beutfd) ge«
brudt, mahrfdjeinlidj megen ber Soften; fie genügten ja auch, toeil alle beutfch üer»
ftanben. 2Bar baS in gmeifpradjigen ©ebieten nicht ber gad, fo mürben bie Szenarien
in ben beiben bort henrfdjenben Spradhen üerfafjt. So finb bie Szenarien ber Stüde,
bie in greiburg in ber Sdjmeig 1639, 1642 unb Später gebrudt mürben, in bentfdjer
unb frangöfifdjer Spradje abgefafjt, ebenfo bie ^eriocpe üon Sßruntrut im gaf)re
1630 („Sfjeobalb") unb bon Solothurn 1650. gn Srient ftnben mir Szenarien in
lateinijcher unb italienischer Sprache (1648) ober bei ben KongregationSbranten (1637)
nur in italienischer Spradje3.
2luS ber Sprache biefer Szenarien fann auf bie Spradje ber 21uffiihrung nicht
gefchloffen merben. 21bgefeljen üon ben Srarnen ber bürgerlichen Kongregationen
mürben bie Schulbramen faft ausnahmslos in lateinifcher Sprache aufgeführt.
SaS Sateinifdje mar ja für bie bamalige gebilbete Sßelt feine tote, fonbern eine
lebenbe Sprache, bie ade ©ebilbeten üodftänbig beherrschten. 2Benn auf ben ©e«
brauch ber SanbeSfpracfje in ber Schule eine Strafe gefetjt mar, ber Seljrer mit
feinen Schülern nur Sateinifdj Sprechen fodte, fo mar eS flar, bah aucf) auf bem
Theater nur Sateinifd) gesprochen merben burfte4. 2Bie fich beim Ttfjeater ber grofje
Vorteil beS Sateinifcfjen in ber gnternationalität einer lebenben Sprache für ade
Nationen geigte, fo trat jebod) auch ein Sftadjteil hier redjt beutlidj in bie Erfdjeinung,
bie gurüdbrängung ber 23olfSfprad)e in Kunft unb Sßoefie. gür baS gufdjauenbe
S3oIf mar ber Nachteil nicht fo grofj. S)aS 23olf mar fo erpicht auf bie IateiniSdjen
Schaufpiele, baf} öfters üdülitäraufgebote notmenbig maren, um bie Drbnung aufrecht
gu erhalten ober mieberfjergufteden. £)er ©runb lag aufjer ber dieugierbe unb ber
fßrachtentfaltung barin, bafj burcfj bie beutfdjen ißeriodjen ber ©ang ber einzelnen
Sgenen erläutert unb bereu SSerftänbniS, auch menn man bie einzelnen Säpe ober
SBorte nicht üerftanb, mandjmal bis ins fleinfte oermittelt mürbe. So mirb audj
bie Ergriffenheit ber Sdfaffe, üon ber bie 23erid)te fo oft ergäben, eher üerftänblicf).
®agu fam noch fre SOlufif, bie fchon früh, befonberS für bie Eljöre 23ermenbung fanb.
1 91 i er a. a. 0. 60 f. * Diarium coli.
Landish. 1642.
2 *Directorium generale pro Gymn. Ingol-
stad. Clm 26 469, f. 240 ff.
3 Sie Jßruntruter ißeriodje Triumphus veri-
tatis Pom Sabre 1608 bringt ben gangen Sejt
aber nur lateinifcfj. Sweifpradjige ©genarien
f. oben fßruntrut ©. 295, ©olotljurn ©. 291,
Srient ©. 222.
4 ©ine 21u3nafjme bilbet eine teitloeife grte«
djifdje Äomöbie „Sfjeobofiuä", bie 1630 in
©mmeridj gefpielt tourbe. * Hist. coli. Embric.
ad ann. 1630.
662
3djnte§ Staphel. SBie ©djulfontöbte.
@o fjeifct eg in bem 9J?itncf)ener SDiarium gitm Qahre 1601, baff jeber tympanista unb
tibicen einen Ijalben glor. erhielt, mag fcfjon atg geU)öf)nlicf)er Soljn geforbert mürbe.
®ie SSülfne mürbe meift für bie jemeilige Stuffülfrung aufgefc^tagen. SDiefeg Stuf«
fdjtagen mar bet größeren Sühnen, mie ber in ber Stuta ju ©tünchen, fef)r umftänbtid)
unb forberte niete Strbeit. Qtr einigen größeren Kollegien finben mir aber auch
fcfjon ftänbige fefte Sühnen. Über bie Sühne beg SEßiener föottegg berichtet ber ©e«
fdfidjtfdjreiber beg Söiener STtjeaterg: „®ag ®ottegium erhielt 1650 ein groffeg 2t)eater
unb eine fteine Übunggbühne. Seftaretto er^ätjtt: ,®ie ©deuten finb nid)t non ge«
ringer ©teganj unb befinbet ficf) ju allert)öd)ft ein ^errtidjeg, fdjötteg unb groffeg
Stubitorium famt einem baranftofjenben SEtjeatro für bie^omöbien; beSgleic^en ficfjer
nirgenbg bei benen PP. S. J. gtt feiert ; fotdjeg Stubitorium t)at auf beibett ©eiten
nie! ^enfter; jurüd in ber £>öt)e einen großen ßfjor für bie SOtufifanten; obentjer
ift eg mit fauberer SEifdfterarbeit betafett, mit nergotbten, großen, gemailten Sattb«
fdjaften, Saubmerf unb anberem ©emäht: oornljer aber mit einer prächtigen fjaffabe.
©runbrtfe ber Sefuitenbüljne ju Süßten. Sülufrijj ber tMuitenbüfiue su Süßiett.
(9tad) Furtenbach, Architectura recreationis 1640.)
großen Sdbertt unb fdjöner Strdjiteftur augftaffiert. hierauf folgt bag Theatrum
in feiner fßerfpeftioe, fo fdfier größer ttnb länger atg bag Stubitorium fetbft, unb
fann man bie barin ftetjenben Seenas öfterg atg jmötf« big breije^nmat augenblidlidj
neränbern. SJtetjrbefagteg Stubitorium ift fo grof?, baff eg bei 3000 SJtann fafjt.
$n bem llntergebäu ift nod) eilt fteinereg Stubitorium, metdjeg aucf) ein mof)t ge«
madjteg unb mit ettidjen Scenis gejierteg £f)eatrum fiat, atlf)ier Ratten bie unteren
Schuten ihre ^rioatfomöbien unb ®eftantationen.‘" „®ie SDeforationen unb Stug«
ftattung biefer Süffne merben in beit ©tidjen, meldfie bem Qefuitenbrama Pietas
victrix beigegeben finb, erfidjttidj. . . . ®er itatienifd)en Sarodbütjne abgetaufd)t ift
hier bie ard)iteftonifd) umrahmte Sorberbühne, ftanfiert burd) mächtige fReiterftatuen,
unb ber ftreng perfpeftioifdfe Stufbau. Sefonberg d)arafteriftifd) ift bie groffe Ser«
menbung beg Suftraitmeg. gtug« unb 2öotfenntafd)inen, funftootte ©eriifte finb burd)
bie eigentümliche SDoppelfjaiibtutig ber bargeftettteu ®ramen bebingt unb jeugen in
it)rer Stugfütjrung für bie raffinierte £f)eatertecf)nif ber geit. ©reffe ©cf)tach)ten, gauje
Seegefechte, für bie ber hintere ©rabett befonberg gut ju oermenben mar, fann biefe
33ü^ne mit Seidjtigfeit üürfüfjren, glimmet unb §ötte bieten ihr feine ©djmierigfeiten." 1
1 2t. o. SB ei len, ©efd). be§ SBietter SSbeaterdefenS 25 f.
9tu3ftattung ber 93iit)ne.
663
Sie Sühne beg ©raget ^eftfpieleS im ^af)re 1640 befdfreibt ein ©rager «fpiftorifer
alfo : „Sie gan^e 93reite beg großen ^oKegShofeg, 155 gufj meffenb, mürbe gegen bie
Storbfeite f)in big gur §öf)e beS SadjeS in bie eigentliche Sühne tiermanbelt. Somit
bie gu breite Slugbehnung bett Überblid nicht fjinbere, maren gu beiben ©eiten fanft
auffteigenbe $uliffen, Serge tiorftellenb, gur ©infdjlieffung beg Sül)nenraumeg errichtet.
Siefer hatte eine Siefe öon 23 guft, fdjien aber burd) einen funfttioü gemalten
§intergrunb in größere fernen gu führen. Socf) eigentlid) mar eg nicht eine Sühne,
fonbern gmei; benn über berfelben erhob fid) im §intergrunbe auf hohen ©äulen
eine aitbere, mie eine ©alerie gebaut, mit Stumen unb ©tatuen finnreich gefdjmüdt
unb im Innern fo in Serbinbung gebradjt, bafj bie ©djaufpieler leidet tion ber einen
gur anbern gefangen tonnten." Sie Sarfteüung beg ©tiideg „Ser Sroppet ©liag"
entfaltete eine grof)e SDZafcfjinerie. „Sa fah man einen tebenbigen Staben, ber mit
Srot im ©cfmabel non ber fpöfje beg fö'ollegiumg in bie §öf)le beg (Slias auf ber
Sühne flog; ba mürbe ber $öniggfo£)n 0gocf)iag tion ben Rinnen ber Surg herab«
geftürgt mit fotdher Säufdjung, bafj man anfangs glaubte, eg fei mirftid) ein Unglttd
gefchehen. SZidjt ininber täufchenb mar ber ©turg ber ^ejabel unb bie 3erfleifdjung
ihres Seidjnamg burd) bie §unbe, ba bie fßuppe berfelben, mit Sfut, gleifdjftüden
unb ©ebeinen gefüllt, Oor ben erfdfredten Sliden ber 3ufdjauer geraffen mürbe.
Sann fah man Siefanten, Sörnen, Sären unb gange gerben tion Slffen, bie fid) auf
ber Sühne herumtummelten, bann Sänge, ©peerfpiefe, 3tt>eifämpfe, Olefechte unb
©iegegaufgüge." 1
gür ba§ f^eflfpiel (Salomon redivivus) gur Sröffnung ber Slfabemie in
OSnabrüd (Oltober 1632) mürbe bie Sühne in folgenber SBeife hergerichtet: „Sie
fötaler bemalten 21 gehn gmf) h°t)e unb gmölf gmf) breite Safeln mit ben für bie
©generie nötigen SarfteHungen. Sa brei ©d)auplä|e in bem ©tüde tiorlamen, fo
maren brei ©ruppen tion Silbern, jebe gu fieben Safein, herguftellen. Sie erfte
©ruppe führte bem 3ufd)auer bie ©ebäube oor Slugen, meldje ber ®önig ©alomon
bemohnte, unb bie, meldje er für bie §ohenpriefter unb Sorfteher ber ©d) ule erbaute.
Sie gmeite ©ruppe brachte Söälber unb Sinöben, burd) melche bie Stationen tion
öerfchiebenen Stichtungen her gu bem friebreid)en Könige ftrömten, um ihm ©efdjenle
bargubringen. Sie britte ©ruppe geigte ben föteergott SZeptun mit ©efolge unb bie
Ungeheuer beS ÜÖZeereg in ben fturmgepeitfd)ten Sßogen fchmimmenb, unb einen 3ug
hochragenber ©d^iffe, melche bem ©alomon bie ©chäpe ferner Sänber guführten. Sag
Ordjefter hatte eine Sänge non 100 guf) unb eine Sreite tmn 50 gatfj. Saljinter
lag bie Sühne. Stuf berfelben ftanben gmifdjen ©äulen brehbare, breiedige fötafchinen,
an beneit bie oben befdjriebenen ^uliffen befeftigt maren."2 Sie Sühne mar im
£)ofe beg ß'oHegS errichtet. Sie 3ufd)auer fa£)en tiom §of unb ben ^enftern ber
benachbarten ©ebäube gu, ber gürftbifdjof unb anbere tiornehme Seilnehmer non ben
genftern beg ©peifefaaleg.
Sie Soften maren mandjmal nicht gering. Sie Slufführung beg „SBilfjelm
tion Slquitanien" 1612 gu ©rag foU 5000 glor. gelüftet haben3, bie für baS $eft«
fpiel „grang datier" in 2Bien 1640 13000 glor. 4 ^oftbare ©emänber mürben
tiielfad) tion h°^en $erren unb dürften geliehen, fo in Siüingen 1617, mo bie
1 iß ein lief), fßrogr. 1870, 37. $ie 93ül)ne
be§ 75eftt£)eater§ im ©eminarfjof ju $iHingen
1617 mar 60 guf; breit unb 107 fguff lang.
Sodjner öon £üttenbacf), 3efuiten!ird)e
ju Gillingen 18.
2 3 a e g e r , $ie Schola Carolina Osna-
brugensis 71; ögl. ebb. 76. — Über bie 33iU)ne
ögl. nod) 9t. $iirr mödjter, Sßoit ber ©d)ut«
büfjne in alter unb neuer Seit, in &od)lanb
1908, 581 ff, unb $erf. , gafob ©reifer unb
feine $ramen (1912) 122 ff.
3 ®rone§, Uniöerfität ©raj 15. 6iel)e oben
©. 334.
4 9t. ü. 28 eiten a. a. 0. 22.
6G4
3el)ntel Sabitel. ®ie Sdjulfomöbie.
ßoftbarfeit biefer ©etuänber gmang, baS ©tücf rnegen beS fHegenS gu unterbreiten.
®ie Seftreitung ber Soften für bie ßomöbien rourbe gumeilen fogar in bie ©tiftungS*
urfunben ber Kollegien aufgenommen K
®ie ©tubienorbnung oon 1599 patte in ber 13. Siegel beS SteftorS beftimmt,
bafs feine roeiblic^e Sfolle ober föleibung gugelaffen toerbe. ©egen biefe Siegel toanbte
fiel) ein ©utaepten auS ber öflerreid^ifd^en ißrooing: 2öaS bie nreiblicfjen Sollen an«
geü)t, fo fönnen biefetben in ben ©rauten mie „gubitp", „©ftper" ufm., too eS fiep um
bie ^auptroüe panbelt, nic^t auSgefd^toffen merben, ober man miipte alle bergleicpen
©tücfe auSfcpeiben, maS nicf)t immer möglicp ift. Söeiölicpe 9fot(en, bie opne 9iot
eingefcfjaltet merben, fönnen opne ©epaben auSgelaffen merben1 2. ®ie Unmöglicpfeit,
bie meiblicpen Sfollett gang anSgumergen, mürbe auep in bem ©utaepten ber ober»
bentfc^en üßrooing oom gapre 1602 ftarf betont, gn ber früheren ©tubienorbnung
pabe man fiel) barauf befcfiränft, gu fagen, eS füllten nur anftänbige (honestae)
grauenrollen gugelaffen merben, unb baS fcfjeine baS Sficptige. gn ber Slntmort
bemerfte Slquaoiüa, fcf)on früher fei für Oberbeutfcplanb in biefem fünfte eine ©iS*
penS gegeben morbett, nur fottte bieS feltener gefepepen unb nur ernfte unb befepeibene
grauenrollen gugelaffen merben3.
21n biefe Seftimmungen f;ielt man fiep aber niept fef>r ängftlic^, unb befonberS
bei geftfpielen glaubte man etmaS roeiter gelten gu bürfen. gn bem guli 1612
in ©rag gu ©pren beS §erS°9g Söil^elm oon SBapern gegebenen geftfpiel „©er
pl. Söilpelm, §ergog oon Slquitanien" fommen gepn meiblicfje Siollen oor, barunter
bie §offräulein ©ailbiS, ©eltilbiS, 9fterilbiS unb SaüilbiS, bie oon ©pntajüften unb
©rammatifern gefpielt mürben, mäprenb bie gürftin 23altilbiS oon einem Sffpetorifer
gegeben mürbe, gn bem 1629 gu ®onftang gefpielten ©tücf Dapiferi traten aept
SRpmppen auf.
©S gefepap in Segug auf bie bramatifepen Aufführungen geitmeilig an einigen
Orten beS ©Uten eper gu oiel als gu menig, unb roie früper mürben auep in unferer
^Seriobe Oerfcpiebentlicp Klagen laut, gn einem öfterreiepifepen ©utaepten gut ©tubien*
orbnung oon 1599 mirb bemerft: gn 93egug auf bie §äufigfeit mirb gefehlt, gunt
großen ©traben für ©tubien unb geit; auep fann man fiep mit ben gürften nicht
entfchulbigen ; man mirb ipnen bie bereits üblichen ©tücfe beim ©cpulanfang unb
gu gaftnaept nicht üermeigern, unb menn fie fpegiell um ein ©tücf bitten, aber man
foll auep nicht mieber unb mieberum folcpe anbieten. ©ie Aufführung füllte mög*
lichft menig ^»inberung bringen unb nicht gu lang fein. ©S ift nämlicp gar nicht
nötig, bei ber ißreiSOerteilung eine lange unb müpfame ^omöbie ober ©ragöbie auf*
gufüpren, ein Dialog oon 2 bis 3 ©tunben mirb genügen. ©aSfelbe gilt oon gaft*
naept, unb auep bann füllten nur eines unb nicht oerfepiebene ©tücfe oon ben $on*
oiftoren unb ben ©pternen aufgeführt merben. SSeiterpin märe SSorforge gu treffen,
bafj ber Seprer nicht bie gange Saft ber gnfgenierung unb Einübung bei größeren
1 Urfunbe für 3)iHingen 1606 Flotto 243.
Sutneilen »erben Magen über bie groben Soften
laut, g. 33. 1622 unb 1645 in ^ngolftabt (Acta
Facultatis Artisticae W. 11. D. I 4). ®ort ttmrbe
and) 1625 über bal guüiele Printen ber (Spieler
93efd)toerbe erhoben: Visum est liic annotare
in futuram cautelam, nisi attendatur, ab Ac-
toribus in Comoedia enormiter potari, uti
hoc anno factum , quo e solius Facultatis
crumena (praeter amplam pecuniam, quam
post dedit Rmus et Illmus Princeps et Praesul
Eystachianus Comoediae spectator) in eam
rem ad 23 florenos insumserunt (ebb. f. 143T).
— Über Stulgaben für ®ramen unb bal Cubi-
culum scenicum in Söltt f. bal Shtlgabeubud)
bei Tricoronatum oon Safen, Söln, Stabt*
arcE)it> U IX 685, befouberl bie 3“^ 1627,
1629—1636. — Qu ben Satalogen fteljt bie
Dbforge für bie Stjeatergarberobe all ein eigencl
Stint fefjon 1603 in ©rag nergeiepnet, fpüter aud)
in anbern Soüegieu.
2 *Epp. Austr. II 26 f.
3 Ratio stud. II 488.
Söeftfjränfuncjcn, Unfälle lutb gabeln.
665
©tiiden hat, treit fonft gu biefer Jeit bie eigene ©djule üernacfjläffigt mirb l. Jn
ber öfterretdf)ifcf;en fßroüing mürbe fdjliejslid) in jeber Klaffe jährlid) ein Srama
non ungefähr brei Viertelftunben erlaubt in ungebunbener Vebe, mit Ausnahme
meniger 93erfe, unb ein mäßiger fgenifcfjer Apparat. ©ingelabeit merbeit bie ©rften
ber anbern Staffen, nicf)t aber beren Sefjrer. SaSfelbe fanit in ber Humanität gefdjehen
nnb für bie SIuffüEjrung, menn man miü, bie afabemifdje Aula benüpt merbeit2.
2Bie biefe äußeren Verljältniffe fidj in SBien geftatteten, fdjilbert ber ©efdjidjt-
fdjreiber beS SBiener SljeaterS3: „Sie Jeit bis gu Seopolb I. bilbet bie Vorbereitung
gur Vlüte beS JefuitenbramaS. Sie Jafjl ber jäfjrlidjen Sluffü^rungen mehrt fidj
beträdjtlidj. ©djon 1602 mirb gu Vegimt beS ©djuIjaljreS, im Jafdjing unb gu
Jronleidjnam gefpielt, bann fontmen ©ebenftage beS OrbenS unb feiner .^eiligen unb
feftlidje Anläffe in ber faiferlicfjen Jamilie fjingu, fo bafj um 1630 fünf bis fed)§
Aufführungen gur Vegel merbett. SDabei finb bie fleinen, in ber (Schule üom lßro=
feffor üeranftalteten fgenifdjen Übungen nicht mitgerecfjnet, bie gunädjft mof)l feinen
tljeatralifdjen ©Ijarafter Ratten, halb aber menigftenS Koftüme üermenbeten. Sie
großen (Spiele finb oft oon foldjer AuSbefjnung, bafj fie auf grnei Sage »erteilt
merben müffeu, ifjr ©rfolg macht mehrmalige Aufführungen notmenbig, gu benen
audj bie Väter ber «Stabt beigegogen merben. ©efpielt mirb nachmittags, bie Sauer
ber Vorftellung beträgt gemöfjnlidj gmei ©tunben; hoch beljneit fie fidj auch,
fonberS burdj bie mufifalifcfjen unb djoreographifd)en ©inlagen, auf 5 bis 6 ©tunben
auS; ba aber fühlen fidj bie geiftlidjen Veranftalter Perpflicfitet, fidj beim Kaifer gu
entfchulbigen, ber immer gnäbigft üerficfjert, nidjt einen Augenblid Sangemeile Oer-
fpürt gu hoben. Sie Vühne ift ber §of beS Kollegiums, für befonberS grofje Ve»
anftaltungen ber VlaiJ am §of. ®tft 1620 mürbe „im neuen Aubitorium" mit
bem Srama üom hl- jßanfratiuS ein mirflicheS Sheater eröffnet4. 9Rit befonberem
ifßrunf mürben bie großen ©djaufpiele auSgeftattet. ©nbe Oftober 1608 gogen im
Srama üom 1)1- Seopolb bie ©hoffen unb ©aragenen gegeneinanber in mädjtigen
feeren auf, fjotf) 3U Vofj unb Su ^ufj, in blinfenben Lüftungen unb Angügen,
mie fie bis bafjin in SSieit noch nicht gefehen morben maren. . . . ©ang befonbern
Anlafj gur ©langentfaltung bot bie Jubelfeier beS OrbenS 1640, bie fogar ben
ÜDionardjen üon ber Jagb in ©berSborf nach ber ©tabt rief. Sa mürbe im £>of
beS KollegS ein großes allegorifdjeS ©djaufpiel, bie Verufung beS JrangiSfuS
3caüeriuS fchilbernb, üorgeführt. Jn ber SRitte beS jßlapeS ftanb eine grün ummum
bene ^Spramibe, bie ber Diame JefuS frönte. Auf üier Sheatern in ben ©den er*
fdjienen bie üier Seile ber ©rbe, gange Ketten üon SampionS — bie Vorftellung
fanb auSnahmSmeife um 4 Uljr abenbS ftatt — fdjlangen fiel) üon einem gum anbern.
ÜRadj einem Te Deum traten, als 9Rufif unb ©efang fdjmieg, Ijunbert Knaben in
meinen unb roten ©emänbern üor unb fangen ^jpmnen auf bie ©efedfdjaft Jefu,
beren Sob in langer Anfpracfje ihr ©eniuS üerfünbete. Sa geigten fiep auf ben
bisher üerbedten Vüljnen bie Weltteile in Vilbern unb ©ruppen, auf ber Sßtjramibe
entgünbete fich ein Jeuermerf, baS fiep über bie üier Sheater fortpflangte. Veite»
fdjaren gogen üon ihnen herab, ©ngel ftimmten ihre ©efänge in üerfdfjiebenen ©pradjen
an; ben ©pilog hielt mieber ber ©eniuS, unter fßaufen unb Srompeten mürbe gegen
10 Uhr biefeS ©djaufpiel, üiel gu früh für &ie ©djauluft ber galjllofen Jufefjer,
befcplofjen." 5
Jn einem ©utachten auS ber oberbeutfdjeit ^Sroüing aus ber erfteit ^älfte beS
17. JahrhunbertS peipt eS: Sie Sramen an ben üier unteren Klaffen füllten ent»
1 *Epp. Austr. II 26 ff. 3 21. 0. 28 eilen o. a. D. 21. 4 116er bie
2 * Consuetudines Prov. Austr. 1640, 102 gornt biefer 23ül)ne f. ebb. 25. 5 Gbb. 22.
666
gcljnteg Kapitel. Sie ©dnüfontöbie.
meber ganz abgefd^afft ober bocf; fehr feiten bemidigt merben. 33et beren Abfaffung
unb Gsinübung oerlieren bie Setjrer, bei bem Au?menbiglernen unb ben fßroben bie
@cf)üler oiele $eit. Sie jätjrticf) aufzuführenbeit Komübien füllten fo abgefajgt luerben,
baff fehr oiele Spüler Sloden erhalten fönneit unb fo junt Stuftreten unb §um freien
furdjtlofen Sprechen augeleitet merben 1. Stuf ber oberbeutfdjen ^rooinjialfongregation
üom ^a^re 1636 mürbe bie grage öerljanbelt, ob bie feenifcfjen Seflamationen in ben
Staffen ganz abgefdjafft merben füllten. ÜÖlan ^iett bafiir, fie nicht ab^ufcfjaffen,
aber aud) nicf)t ber Söidfür ber Sefjrer zu übertaffen, fonbern ber Seftimmung ber
Obern anffeunjugeben. Sefonber? fode SJiaf) im fzenifdjen Apparat gehalten unb bie
Schüler anberer klaffen füllten nidjt eingelaben merben. Stucf) fei e? nicht gut, in ben
SJlarianifdjen Kongregationen jährlich ein ©tüd aufzuführen, ba burd) bie häufigen
Stuffüfjrungen bie Stubien zu oiel gefd)äbigt mürben. Sie ©dpiler müßten iljre
Sloden au?menbig miffen unb be?!jalb bie Rillte jum Stbtefen entfernt merben.
©ouffleure (Suggestores) bürften geftattet merben. Slan müffe rechtzeitig ben @cf)ü-
lern ben ©toff jum Au?menbiglernen übergeben. 93ei ben Seflamationen feien mirf*
liehe Sieben ober ©ebidjte üorzutragen, nicht ein ©emifd) üon Siebe, (Stegie unb Obe2.
Sie fDlonita ber rfjeinifdtien fßroüinzialfongregation oorn 3ahre 1615 betonen: Sie
fzenifdjen Sarftedungen fotten feiten fein unb ohne fßoffen. Sie öffentlichen Stuf»
führungen merben höcfjften? alle brei 3uhre ftattfinben unb mehr auf Erregung ebler
Slffefte gerichtet fein. Sie Sarftedungen in ber ©djule füllen fich burch ©leganj ber
Sprache unb mürbeüollen, medjfelreidjen ©til au?zeid)nen unb fo oiel al? möglich
fzenifchen Stpparat oermeiben3.
Aud) an allerlei Sheaterunfäden fehlte e? nidjt. ($? mar noch nicht fdjlimm,
menn einige ßufdjauer megen be? ftarfen fßulüerbampfe? ba? Sheuter öerliefien,
ober menn, mie 1637 ju fdlündjen, in einem ju @l)ren be? Sleuburger fßrinjen rafd)
infjenierten Drama tumultuarium ber ©preefjer be? f]SroIog§ beim britten Sßort
fteefen blieb unb bie ^eiterfeit ber .Qufdfauer erregte4. Stber aud) fdjlimmere Unfälle
liefen fich nicht immer oermeiben. Sei ber Aufführung be? geftfpiel? „Karl ber
©rohe" auf bem SJlarftplape ju Aachen im 3Qt)re 1640 erzählt bie (55efcf)icf)te be?
Aachener Kolleg?: „Sladjbem man einen üollen SJlonat in häufigen groben geübt
hatte, mürbe auf öffentlichem SJlarfte, mo ber SJlagiftrat auf feine Koften eine Sühne
hatte bauen taffen, ein ©djaufpiel gegeben, bem eher Klagen al? Seifadläufjerungen
gefolgt mären, menn nicht ber allgütige @ott ba? Ungliid abgemenbet hätte. Am
Slanbe ber Sühne brach nämlich ein Sailen, unb mehrere Spieler, mit gejüdten
©djmertern unb anbern SBaffen oerfehen, ftürjten üon ber h°hen Süljne tjernü zu
einem mirren Knäuel, ©djon fürchtete man mit Sledjt menigften? zahlreiche Ser-
munbungen, aber nur einer mar am Sein oerlejjt, ba? in ben nächften Sagen heilte."5
Sin anberer Unfall mirb üon ©Iah im 3ahre 1642 berichtet. Ser (SrzherZ°g Seo*
polb mar auf feinem SZarfdje mit bem faiferlidjen £>eere bafelbft angefomnten, unb
bie ^efuiten moUten ihn burdj ein ©chulbrama ehren. Sa e? noch bie 3eiten be?
Sreifjigfährigen Kriege? maren, mufjte ein ©chmebe mit bem Kaifer fechten unb
natürlich ßerlieren. Obgleich bie Sorfdjriften ber Orben?obern berartige? oerboten,
glaubten bie Säter in @Ia| fidj barüber megfetjen zu biirfen unb mieteten ztuei ge-
manbte Rechter. Ser ben „Kaifer" oorftedenbe ^edjter üermunbete ben „©dfmeben"
au? Unadjtfamfeit ein menig an ber $anb, morüber biefer fo böfe mürbe unb fo
allen (Srnfte? auf ben „Kaifer" einbrang, bah berfetbe enblidj auf bie Knie nieber-
1 *Clm 26469, f. 207 ff- Non videtur tutam liuiusmodi tumultuarias
2 *Congr. Prov. Germ. sup. 1636. actiones Principibus exhibere.
3 * Cod. Bamberg. II in fine. 6 81. grip, Sag 2Iad)ener Sfcfuitengtjmna*
4 Sag * Diarium Clm 1554 bemerft ba^u: fium 177.
33efdjränfungen, Unfälle unb gabeln.
667
fanf, um ©nabe unb um Sehen fcittenb. hiermit mar ttatürlicf) ba§ gange ©piet
oerborben, unb 3 mar bor ben Etugen be§ ©rgpergogS unb ber gufcpauenben EJJettge *.
©tue ©rfinbung ift ein äputicper UnfaE, ber bom |)itbe§peimer ^efuitent^eater
atfo ergäptt mirb: ,,^m ^afjre 1631 liefen bie ^efuiten ein gropeg ©cpaufpiel auf*
fiteren, mogu ber Stoff aug ber ©efcpicpte beg Oreipigjüprigen Krieges genommen
mar. SSon gtuei ©pietern patte ber eine bie 3ioEe beg Königs ©uftab 2lbolf, ber
anbere bie beg ©eneralg f£iEp übernommen. 33eibe famen gu fßferbe bor unb mufften
miteinanber fämpfen. E?acp bem fßtan beg ©tiicfeg füllte, mie fiep benfen läpt, 2iEp
ben föampfplap bepaupten, aber gutn größten Etrger ber ©epaufpietbireftoren menbete
fiep bag 93Iatt auf eine gang unermartete Sßeife. ®enn alg StiEp ben ß’önig im
EJameit faiferlicper Eftajeftät anrebete unb fragte, marum er opne ©runb unb Urfacpe
beg peiligen römifepen Üteicpeg ©runb unb Soben betreten pabe, unb bag btinb*
gelabene fßiftol auf ipn lüfte, fiel ©uftab SIbolf, feiner Slnmeifung gemäp, niept
bom fßferbe, fonbern bergap Orbre unb EtoEe in ber £)tpe unb feptug bem ©enerat
bag SWorbgemepr fo peftig um bie Dpren, bap er bom fßferbe ftürgte unb patbtot
bon ber 23üpne getragen raerben mußte."2
©rftnbungen finb gteiepermeife bie Eluffüßruttgen, in benen £utg ober Sittper
auf offener 23üpne bem geuer ober bem Xeufel übergeben fein foEen. „ßmo Eherne
ßeitung" berbreiteten im ^apre 1614, „mie bie Qefuiten ein ©omoebi ge EEiotßpeim
agirt unb £>errn Ooctorent Sutperum burep einen Teufel gerreipen moEeit, aber ber
reepte erfcpröcfticpe SLeufel ift fommen unb pat einen ^efuiten in ©tutfen gerriffen:
2H§ ber elfte teufet ben Sutper gerreipen moEen, fommt mit gropem ©efepret ber
breigepnte erfcpröcfticpe STeufel perbei unb greift mit gropem ©rimmen benjenigen an,
fo ben Sutper gerreipen foEen, unb gerreipt benfelben im Slngeficpt beg SSotfeg gu
©tucfen, bap ipm bag £>erg unb bie ©ingemeib bor bie güß gefaEen, metepeg mit
gropem ©epretfen, ßittern unb ßagen bon bem umftepenben Sßolf augenfcßeinlicp
gefepen. ®aß aber biefe ^iftori mapr fei, ift fie bon gtaubmürbigen fßerfonen in unter*
fdjiebticpe bornepme Orten gefeprieben morben." SBenn bie „Eieroe Leitung" ber
bamaligen ßeit feine meitere ^Beglaubigung pat, fo müffen fotepe afigemeine „glaub*
mürbige fßerfonen" unb „unterfepiebtiepe bornepme Orte" ftetg perpatten.
SOiefefbe „Eieme Leitung" meip auep mit benfelben SBemeifen bon einer $8er=
brennung Sntperg unb einer ESerbrennung bon |>ug gu beriepten: „Ettfo bor ettiep
$faßren paben fie ein ©omebi gu ©onftang gepalten unb ben Qopann puffen noep*
1 Schmidt 1 773 f.
3 9t ein t). 50t ii Iler, £)itbeSheimer 5$rogr.
1901, 8 f. Seine gleichzeitige Quelle ermähnt
ein berartigeS ©tüd; bie erfte fDtelbung gefd)ief)t
in bem ber S3erf)errlid)ung ©uftaö SlbolfS ge=
mibmeten 93ud)e „Sreifacher fd)tüebifdE)er 2or*
beerfranz" (1. SSucf), 3.2t, ©.379), tneldjeg
1633 erfchien unb ben fßrebiger 9L>7attf). 2ung=
miß pm Serfaffer bat. Siefer fd)ilbert pm
gahre 1631, mie SiHt) bie ©ad)fen unt iljr
Seelenheil unb ihre ©eligleit bringen mill. Sn
biejer Serbinbung fjeifet eä bann: 11m „biefe
Seit hielten bie Seiten ju |)ilbe§l)eim eine
Comoedi . . . ; benn berjenige, fo be§ Silit) fjterfon
rebräfentiert (meil ber regierenbe Sönig non
©d)mebeit if)m ju gefdfroinb mar), in etmad ju
hart getroffen morben, alfo bafj er 00m fltferbe
gefallen, baß man iljn Ijat megtragen müffen".
9tnn folgt bie Senbenj: „Siefer ^attbel ift bon
teils Satljolifdjett , fonbertid) aber bon allen
(Sbaugeliftfjen für ein fonberlid) Omen gehalten
morben. 3IIfo baß ber ©raf Silit) 3hre fönigl.
5Dtafeftät §u ©djmebett uid)tS anßaben, fonbern
bon ihm übermunbeu merbett foHte, mie beim
aud) hentad) gefchehett ift." Surj borher (©. 378)
bringt Sungtoiß bie gäbe! bon bem jefuitifd)en
Sittentat auf ©uftab SIbolf (bgl. 24. Sabitel).
©ine anbere gäbet berichtet *5Reiffenberg
junt gal)re 1645 : ©in gefuitenbrama foHte in
^ilbeShcim jur ißerhöhttung ber ©chmebeit auf^
geführt morben fein. Sie ©efanbten bon IgilbeS*
heim, bie bei SönigSmard maren, hören bott
biefem, er toerbe bafür 9tadie nehmen, ©ie for*
bern beShalb ben ftieftor bon §iIbeSl)etm auf,
baS Srama p fd)iclen. Ser 9tettor millfahrte.
SllSbann ließen bie ©efanbten bie Somöbie
brnefen unb überreichten fie bem ©enerat, ber
baburd) beruhigt mürbe (II 540).
668
Qefjnteä Kapitel. ®ie ©djuttomöbie.
malen oerbrennen motten : aber mie ein großer Vranbfdpaben barauS entftanben, ift
männigfidp Bemüht. ^Desgleichen gu SSien oor acpt .Qapren paben bie ^efuiten ben
Sutper nodj einmal oerbrennen motten, e§ fiat aber ber gerechte ©ott aud) bieSmaf
fein gerecht mtfträffidp Urteil fepen baffen nnb burd) ben Sutper ipr gangeS podp«
foftfidheS , ja fiirftticpeS ^otteg in Vranb geftedt." Qn ben festeren Sßorten geigt
fidj ftar bie Senbeng be§ 3edung§fabrifanten. Sa bie gäbet öief oerbreitet mürbe,
bezeugten £>auptmann, Vürgermeifter nnb 9tat ber (Stabt ^onftang burcp Urfunbe
oon 12. Segember 1614, „bap bie gange 3ei* P^, f° fang fiep eprembefagte ^SatreS
ber ©ocietät gefu in ©onftanp befinben, oon ipnen gefuiterit ober ipren Unter«
gebenen gopann §u§ nie gcfpieft, in feiner ©omoebie nie agirt, nocp roeniger ber
bezogene Vranbfcpaben baburdp canfirt morbett"1.
Sie gäbe! oon ber Söiener Stufführung mürbe ebenfalls ftarf üerbreitet aucp
in fofgenber gaffung: 2(m ©onntag Duafimobogeniti (1608) paben bie gefuiter in
Söien eine fßrogeffion gehalten. 9cadp berfelben haben fie ben ^mnniurn nnb ©ret«
ferum unb ein jßoftcottoquium introbucirt. StfS enbticp §unniu§ oon bem ©retfero
übermunben morben, haben fie ipit gurn geuer conbemnirt unb im ©aal fein ©ffigiem
geftedt, mefdjeS gurn Verbrennen präparirt gemefett; fie paben Vadett taffen an«
günbeit nnb barauf fdpiepeit. gnbem fie fo mit bem ^unnio umgepen unb au§ grop*
loden jubifirt unb ba§ Te Deum laudamus fingen, fcpidt e§ ©ott munberbarfid), bap
ein 9tadetf in ein ßimmer, barin ihren fjßrooiant, als ©ped, ©cprnatg, Df unb ber«
gfeidjen ©acpeit, fie gehabt, fommen ift, pebt e§ an gu brennen unb fommet ba§
fetter atternächft babei in ein ©emötb, barinnen fie, mie man fagt, in bie gmötf
Sonnen fßufoer gehabt, unb günbet ba§ gange ©otteg an, bap ipre Vibtiotpeca fammt
ipren fßrioifegien atteS oerbrunnen. Unb mie fie bie gefuiter fetbft biefen ©cpaben
in bie gmötf Sonnen ©olbS fdpäpen tun, menn bem alfo ift, fo ift e§ eine äugen«
fdjeinlicpe ©traf ©otteS. Sie gäbet madjte gropeS Sluffepen in Ofterreich, ©teier«
marf unb ben angrengenben Sänbern. Ser ©tabtricpter oon ©rag fodte bie ©e«
fdpidjte nadp SfugSburg geniefbet paben. Stber laut ©rftärung be§ ©rager ÜDtagiftratS
oont 28. Stuguft 1608 muffte ber ©tabtrichter nicptS oon ber ©acpe, unb ber SBiener
ÜDJagiftrat bezeugte, bap meber Oon ber fßrogeffion nodj oon ber Vorftetfung beS
£mnniu§ unb ©retfer in SSien etmaS befannt fei2. —
3ur Veroietfättigung ber Stuffüprungen patte nicht menig beigetragen ba§ grope
Stnfepen, beffen fiep ba§ gefuitentpeater nicpt allein bei ben Ä'atpofifen, fonbern and)
bei ben fßroteftanten gu erfreuen patte, ^ßroteftantifepe ßufdjauer fpradpen mieber«
poft ipre grope SInerfennung au§. ©o roirfte e§ aucp ermunternb auf proteftan«
tifepe ©cpufen ein. Ser 9teftor ber proteftantifepen SfnbreaSfdpufe in ^ifbeSpeim
£>einridp ©öbefeit bat am 21. ganuar 1608 ben Vürgermeifter ©priftopp Sfteper um
bie ©rfaubniS, eine Comoedia publica aufgufiipren, „befonbern auep man fid) auf
fofdpen ©dpfag ben üermeinenb funftreidpen unb feparffinnigen gefuiten bequemtidj
gumiberfepen fönnte, ober jo ipn (ipnen) etmaS nadjfommen, mo nidpt guoor" 3. 3U’
meifen ergingen audp oon proteftantifdjer ©eite ftrenge Verbote, ben gefuitenfepau«
fpiefen beigumopnen. ©o mürben 1607 bie ©cpüfer in ^ifbeSpeim, bie bem ©epau«
fpief ber gefuiten beigemopnt patten, mit 9futen beftraft4. Qn ben fjSrotofoden beS
proteftantifdpen ß’onfiftoriumS in Slawen peipt eS gutn 30. Sfprif 1602: „SOZatpeiS
§eufft unb ©priftof Oon §olfitp foffen fiep fortpin Oon ^efuiten«©ommebien ent«
palten."5
1 ßinblattbrud. 58g[. Gretser, Libelli 2 Gretser, Commentarius in Satyrara
famosi adversus Card. Bellarminum castigatio Misenicam (1608) 416 ff.
1615, 39 f. ®bb. 36 f 42 f über ben 23ranb 3 Dl. SKülter n. a. D. (1901) 6.
in SJtolsljeitn unb einen äfjnlicfjen in 9Jtünd)en. 4 ßbb. 7. 5 gfrip a. a. D. 26, 2t. 1.
Einmürfe. — Hirten unb Stoffe ber Sdjulbramen.
669
Sludj unter beit ^atfjolifen gab eg einzelne ©egiter. Stuf bie Slngriffe ©djoppeg
gegen bag Jefuitentljeater antmortete Jorer int Jaljre 1634: £)?icf;t mehrere Monate
nimmt bie Sluffüfjruitg in Slnfprudj, fonbern alleg ift in ungefähr brei SBocfjen fertig.
®ie Dramen ln erben in SDeutfd^Ianb meift im £jerbft um ©t Sufag fjeruitt aitfgefüfjrt,
alfo jur Jeit, rno mehrere läge Jerien finb, in benen bie ©tiide eingeübt unb aug»
luenbig gelernt inerben. ®ag bringt nidjt allein beit ©tubien feinen ©cfjaben, fonbern
ben hoppelten Vorteil, bafj bie ©tubenten biefe Sage nidjt gan^ müfjig jubringen
unb burdj biefe Einübung eine gemiffe Seidjtigfeit unb ©ic^erljeit im Auftreten ge»
Irinnen. @g ift befannt, mie aud) ben befteit unb gebitbetften Jünglingen ein furcfjt«
fanteg unb ungefdjidteg Auftreten fdjabet. SDegfjalb bitten nidjt feiten bie Eltern,
mau möge ifjre ©öfjne bodj nidjt Dom Sweater augfcfjliefjen. ©djöne Jeugniffe fönnte
idj beibringen non folgen, bie frei befennen, eg Ijabe ifjnen feljr genügt, unb eg fei
für fie meljr alg ©olb inert, bafj fie in ber Jugenb gumeilen Stollen auf bent Stfjeater
gefpielt fjätten, too fie für ifjr fpätereg Seben gelernt, frei nor bem SSolfe ju fpredjen
ober in ©efcfjäften unb ©efanbtfdjaften nor Königen unb Jürften in Haltung, ©e»
bcirbe unb ©pradje ficfjer aufjutreten. 2Öenn jumeilen megen ber Slnfunft eineg
dürften bag fEfjeater länger gebauert Ijat, fo gefcfjalj bieg auf Söitten ber Obrigfeit,
benen bie Jefuiten entfprecfjen mußten. 2öag bie 23arbarigmen unb ©olögigmen
anbelangt, rneldje bie ©djiiler auf bem fEfjeater lernen, fo finb jmar nicfjt immer
ältere Jefuiten bie SSerfaffer, aber bie ®ramen merben ftetg notier non ben ©tubiem
präfeften genau gelefeit unb geprüft. Jdj fann nerfidjerit, bafj idj niete non Jefuiten
üerfafjte STljeaterftüde gefeljen Ijabe, bie in jeber Söeife tüdjtig roaren. @g ift aud;
befannt, mie feljr bie ©efellfdjaft barauf bebadjt ift, bei bergleidjen Sluffüfjrungen
alleg fern gu f;alten, mag ber llnfcfjulb unb fReinljeit irgenbmie ©d;aben bringen
fönnte. 53ei ben ©inübungen fönnen ftetg bie f^übagogen ber ©djiiler gugegen fein,
fo bafj jebe ©efaljr auggefcfjloffen ift. 2öie aber uad; bem ©pridjroort feine $ircfje
fo Ijeilig ift, moran ber Teufel nidjt eine Kapelle baut, fo ift and; fein SBinfel fo
gefdjii^t, feine Sluffidjt fo genau, bafj nidjt äßifjbraudj möglidj ift. SSenn ber
Seljrer nodj fo feljr aufpajjt, mirb er gumeilen getäufdjt. SDie ©tüde felbft fielen
auf SSerebelung, nidjt auf Seidjtfinn. SDer einzige Jtoed ber Jefuitenbitljne ift bie
©fjre ©otteg, bag ,!peil ber ©eelen, bag öffentlidje Sßofjl. Jdj felbft tnar alg Ju»
fdjauer 31t Jngolftabt unb anbergmo, alg bie SDratneit über ben Xob, bag gegfeuer,
ben gmölfjäfjrigen Jefug ufm. gegeben mürben, unb fafj Diele aug ben Jufdjauern
meinen unb fd;Iudjjen. 9(udj Don anbern Orbengleuten Ijabe idj oft gefjört, bafj fie
erfahren, mie aug biefen Sßorftellungen reidje geifttidje J-rudjt ertoacfjfett fei 1.
* ❖
SSenn mir nunmefjr barangefjen, eine llberfidjt über bie fjauptfädjlicfjften Slrten
unb ©toffe ber ©djulbramen unferer Iperiobe 311 geben, fo mufj bie SSoüftänbigfeit
Don oornljerein auggefdjloffen merben, meit fie gu meit füfjrett mürbe; eg fann nur
ein Überblid mit einigen ©ingelfjeiten geboten merben2.
1 L. Tor er, Anatomia Anatomiae S. J.
(1634) 150 ff.
2 Sie fjmmtfädjiidjften Clueüen für bett Hladj«
rneil ber einzelnen Stüde finb bie gebrudtcn
Szenarien (Periochae) auf ben Öerfdjiebenen
93ibtiotijefen, befonberS bie grofje Sammlung
auf ber StaatSbibiiotljef ju 9Mudjen, Bav. 4°
2193 — 2197, ferner Serapeum 25.-27. 93anb,
93 a l) l m a u n , gefuitenbramen ber nieberrijein.
OrbeuSbroUinä (1896), bie öerfdjiebenen 9Jiono=
grapljieu über ba3 3efuitenbrama ober bie ge»
fuitenfoKcgien ooit Sürrmädjter, 9ieinlj.
SJliiller, 9ieinljarbftöttner, geibler,
bie DrbenStjifmrifer glotto unb Sropf unb
bie ^anbfdjriftlidjeu Sramenfammlungen in ben
öerfdjiebenen 93ibliotlje!en, enblidj nidjt sulefet
bie tjaobfdjriftlidjen Siarien, Litterae annuae
unb Historiae Collegiorum.
670
Befjnteä tapitel. 3>ie ©djulfomöbie.
23offuet fagt in einer feiner berühmten ©rauerreben : „®ie Pon ©ott erleuchtete
unb burdf) bie Slpoftel unterricfjtete ^ircße fjat bag ^aßr f° eingeteitt, baß man barin
neben bein Seben, neben ben ÜUtyfterien, neben ber *prebigt unb Sefjre ^efu Eßrifti
bie mirflicfje gündjt aüe§ beffen in ben mmtberbaren ©ugenben feiner ©iener unb
in ben S3eifpielen feiner Zeitigen, enbtich aucf) einen geheimnigootlen Stbri^ beg Sitten
unb Neuen ©eftamenteg unb ber ganzen ^irdjengefdjidjte finbet. ©aburd) finb ade
feiten für bie Eßriften fruchtbar; alleg ift barin Poll Pon ^efug Eßriftug, ber, mie
ber Slpoftel fagt, immer ^errlid; ift, unb grnar nic^t nur für fidj, fonberu aud} in
feinen Zeitigen, $n biefer ÜJNannigfaltigfeit, meldje gang auf bie non Qefug (S^riftuS
fo brittgenb empfohlene heilige Einheit hingielt, finbet bie unfcßulbige unb fromme
(Seele neben ben himmlischen $reuben eine fräftige Nahrung unb ihr Eifer mirb
fortmährenb erneuert." ©iefe Sorte führt ©upanloup an unb fnüpft baran bie
treffenbe 33emerfung : „Namentlich in einem öhriftlidjen ErgiefjungShaufe bietet biefe
fdjöne, Pon ber 23erebfamfeit 33offuet§ fo gerühmte Einteilung ber fatholifchen $eft£
ein nadj bem Sorte beg fd- $aulug ,für $Nenfd)en unb Engel liebticheg ©djaufpiel1,
bereitet ben ßinbern bie reinften greuben gur felben Zeit, fie ihnen bie wach*
tigften Hilfsmittel gur ©ugenb bietet, gemährt ihren Sehrern bie tiefften ©röftungen
unb einem ganzen ^aufe mäßrenb eineg gangen Zaßreg bie erhebenbfte unb frucßt«
reichfte Anregung." ©er berühmte $öbagog gef)t noch heiter unb behauptet: „Ein
in einem frommen Ergiehmtgghaufe fdjön gefeierteg dhriftlicpeg fjeft ift alfo mehr a(g
eine große retigiöfe Erinnerung; eg ift eine göttlidje ©atfadje in ihrer gangen Sirf=
licfjfeit, eine erhabene Hanbtung, ein roahrhafteS ©rama, in meinem bag Sort beg
Eoangetiumg, ber geiftlidje ©efang, bie heiligen Zeremonien unb ber gegenmärtige
Ertöfer $efug ©hriftuS fich ber ©eeten bemächtigen." 1 ©iefe freier ber djriftlidjen
gefte hat bag ^efuitentheater unterftüßt unb geförbert, mie eg auch fjinmieberurn ben
djriftlidjen heften bie mannigfachfte Anregung oerbanft.
„®ie Qefuiten", fo fdjreibt ein neuerer Stitifer, „maren fehr bafür eingenommen,
ben geftgebanfen f)oher firdjlid)er Feiertage ber Zugenb auch burdj ^ie Sühne nahe*
gubringen, um audj auf biefem Sege bie Entmidtung einer religiöfen ©efinnung gu
förbern. ©aß fie bei biefem Seftreben gern auf bag Seihnacßtsfeft, bag man ja in
Sahrtjeit bag geft ber Zugenb nennen fann, ihr Stugenmert richteten, mirb jeber
öerfteljen. ©o tonnen mir benn im ©iarium (beg HitbeSheimer ßollegg), toeldjeg
ung über biefe fteinen, fich mehr im gamdienfreife ber ©cßule PoUgiepenben SSor*
ftettungen allein berichtet, Pon Anfang big gu Enbe bag SeiljnadjtSfpiel, halb alg
feftlicfje ©ettamation, batb gum förmlidjen ©rama erraeitert, burdj bie lange Neiße
ber Zaßre Verfolgen. Zn ben grammatifdjen Staffen mürben oor Seihnachten Grippen
aufgebaut, geitmeife fogar in ber Nßetorif. Nor biefer Grippe fanben bie fefttichen
©eftamatiouen ftatt, ja bie kleinen mußten fidj mot)I gar mie bie frommen Hirten
ber Grippe näßen unb bem göttlichen fö'inbe ißre ©aben barbringen."2
Seihnadjtgfpiele merben an öerfcßiebenen Orten ermähnt. Seißnadjten 1601
führten bie ©djüter Pon greiburg in ber ©djmeig bie „gdudjt nach Ngtjpten", im
folgenben Zaßre ein Hietenbrama auf, an Seihnadjten 1604 bie „©ibpdinifdjen Seig* •
fagungen über bie ©eburt Eßrifti". Um biefelbe Zeit fpietten Sugerner ©djiiter
,,©t Sernßarb", mie ißm in feiner Zngenb bag^efugtinb erfcßeint; fpäter, 1649, „©er
groölf jößrige ZefuS im ©empel". Zn 2Bien merben Seißnad)tSfpiele ermähnt 1615,
in &öln 1635, in Negengburg 1605 unb 1641, in äftinbelßeim 1640 („®ie gludjt
nach SXgtjpten"), in ^aufbeureu 1636 („©er fö'nabe Qefug in feinen Arbeiten"). Slm
1 D upanloup, De l’education II 95 f 2 3i e i it I). 9Jt ü 1 1 e r , ißrogr. be§ ©tjmnofium
99. gofepljinum in £>ilbe§f)0m 1901, 46.
2Beif)nad)t§fpieIe. — ^affion^fpiele. — Dfterfpicle. — gronletdjnatn^fpiele. 671
9. Januar 1650 mürbe ju Sanbgljut in ber Kirdje ein beutfdjeg Srama über bag
Qefuglinb mit SeifaH unb grudjt aufgefiit)rt 1.
häufiger alg bie Söeiljnüdjtgfpiele finb bie ^ßaffiongfpiele, bie meift an bem in
ber Kirdje errichteten ^eiligen ©rabe gefpielt mürben, $n ©rag gab man am Kav
freitag 1601 „Sie t)I. Helena, bie ihrem @ofjne bag Kreuz bringt". Qn ASien mnrbe
Karfreitag 1615 „Sie Opferung Qfaafg ein Sorbilb beg Kreuzopferg" gefpielt, 1643
in ©egenmart beg Kaiferg „Sie ßufludjt jutn Kreuze ©t)rifti". Sie allegorifdjen
©eftalten ©ottegfurdjt, ©eredjtigfeit unb fjrönimigfeit besagen iljre Sage unb nehmen
unter ber gütjrung ber Hoffnung ihre ßuffudjt jum Kreuze. ^m 3ahre 1648 toirb
in SSien alg Sßaffiongfpiel „Ser 9Ieifenbe non Qeridjo" aufgeführt, häufig maren
bie ^affionsfpiele in Sieiffe, fo 1630 „Sie Kreuzabnahme unb ©rablegung", 1631
„Sie Opferung ^faalg", bag leptere ©tiid mar non bem bortigen dieftor Arnolb
a ©ampo (au§ Sütticf)) öerfajjt unb erntete non ben 5000 3ufdjauern aufjerorbent»
liehen Seifad. $n ^en Saibacher Annalen merben ermähnt 1635 „Ser Sobegfampf
im Ölgarten", 1641 „Qofeph mirb non feinen Srübern in bie ßifterne gemorfen",
1642 „SJJorbodjäug mirb jum Sobe verurteilt", 1643 „Saniel in ber Sömengrube",
1645 „Qofepfj mirb non feinen Srübern nerfauft", 1650 „Sag Slut Abelg, bag
jum Rummel fcfjreit". Aud) an aubern Orten fanben ähnliche Aufführungen ftatt,
fo in ©mmeridj 1633 („Ser leibenbe £>eilanb"), Klagenfurt 1648 („Sie gefreugigte
Siebe"), Konftanj 1650 („Seiben ©Ijrifti") u)lü-
Alg ©egenftanb ber Ofterfpiele finbet fidj häufig „Sttagbalenag Klage am ©rabe
beg £>eilanbeg", fo j. 23. Oftermontag 1602 in Siegengburg, in beutfeher ©praefje
Ofterbiengtag 1625 in ber ^augfapelle ju Süffelborf. „SJIagbalena am Oftermorgen"
mürbe aufgeführt am Aßeijjen ©onntag 1627 ju Amberg: SJkgbalena mit jmei
allegorifdjen ißerfonen, ber Statur unb ©nabe, erfdjeint am ©rabe, unterrebet fich
mit ben ©ngeln unb bann mit bem Auferftanbenen. Sagfelbe ©tüd mürbe raiebev
holt in SDIündjen 1638. Sei ber Auferftefjunggfeier am 29. SD^ärg 1603 ju ©rag
fpielten bie Keinen ©chüler „Ser felige Knabe Hermann" (Qofeph). Am Karfamgtag
1641 mürbe ju 28ien nor ber Kaiferin ©leouora zur Auferftehunggfeier eine mufifalifcf)e
Aftiunfula gefpielt „Serpens contritus, ber ©ieg über bie ©djlange". Sie $aljreg'
berichte beg äöiener Kollegg bemerfen, eg fei bem ^ofe eine greube gemefen, bah au
gleicher 3eit ber fchmebifche ©eneral ©chlang non ben faiferlichen ©olbaten unter
©rghergog Seopolb gefangen genommen morbeit.
gronleiehitamgfpiele finben fich faft an allen Orten in ber öfterreichifdjett ^Srooing ;
fie mürben entroeber in ber Kirche ober nodj häufiger auf öffentlichen ißlöpen bei
einem ber ©tationgaltäre aufgeführt. 3hren ©egenftanb entnehmen fie vielfach ben
Sorbilbern im Alten Seftament. ^n ^en Seridjten beg SBiener KoKegg oom Qahre
1616 Ijeifjt eg: Sie gronleidjnamgprozeffion raitrbe biefeg ^afjr über bag Kolleg
hinaug über ben uächften öffentlichen auggebehnt, mo mir bie Aufführung eineg
Sramag nidjt unterlaffen haben, gür bag 3ühr 1615 ermähnen bie Söiener Qahreg»
berichte jmei ©tüde: „Sie ©tärluug beg SroP^eten ®lia§ burdj einen ©ngel" unb
„©amfong ©tärfung burcf) ben |>onig". ABäfjrenb ber gronleichnarngprojeffion 1617
mürbe „^ofepljg SSiebererfennen burdj feine Srüber", 1638 „Ser bürftenbe Saoib",
1648 „Ser eudjariftifdje £>eilaub ber §ort ber Sebriingten" bargeftellt. Sag ©tüd
„Arma Austi’iaca ober ber ©ieg Saüibg über ©oliath" mürbe bei bem Sefudje,
ben ber Kaifer gerbinaub bem euchariftifchen ^eilanb in ber Kirdje beg ^rofefp
haufeg in Söien abftattete, am 18. ^uni 1645 gefpielt unb „Sag Opfer SJMdji«
febedjg" am ©onntag in ber gronleidjnamgoftao 1650 oor bem Kaifer gerbinanb III.
1 * Diarium coli. Landishut. 1650. Sßgl. aud) oben ©. 339.
672
3eljnte§ Kapitel. Sie ©djulfomöbic.
guni 1616 mürbe in ©raj nadj ber gronleidjnamgp^effion aufgefüfirt „©ag
SBaffermunber non äftofeg", in Saibad) 1642 „Qeridjog Untergang beim Umjug mit
ber ©unbeglabe", 1644 „f^ofueg ©efeljl an bie ©ontte", 1646 „©er 9ieifenbe oon
Qeridjo", 1650 „©ubolfg Oon ^abgburg SSerebjrung ber Sudjariftie". Sind) in
ber böfpnifdjen ^rotrinj maren bie ^ronleidjnamgfpiele Ijerfömmlidj; fo treffen mir
3. 33. grofje Sluffüljrungen in ©rof3»@logau (1629), ©djmeibnip (1630), 9?eiffe (1650) *.
Slud) an $aftnadjtgfpielen fehlte eg nid)t; eg maren teilg luftige ^omöbien, bie
irgenb ein Safter geißelten, ober ernfte ©tücfe, um oor Slugfdjreitungen in ben gaft*
nadjtgtagen ju marnen. ©ie Curiositas (sJieugierbe) mürbe in ber gaftnadjtgfomöbie,
bie man 1602 ju Gillingen fpielte, gegeißelt1 2. SSieKeid^t ift eg bagfelbe ©tüd, bag
am ütfadjmittag beg 5. Oftober in ber großen Slula 31t äftiindjen 311 Sfjren beg
fürftlicfjen ©efudjeg aug Sotfjringen gegeben mürbe: „^d) meifj nidjt, ober bie ntenfdj*
lidje 9?eugierbe". ©er gubrang mar fo grofj, baff ein ftarfeg SJcititäraufgebot nötig
mürbe, um bie oorbrängenbe SJlenge 3urüd'3uf)alten 3. SBeiter finben fidj oe^eicfjnet
,,©ie ©efefjrung beg Ijl. ©buarb" alg gaftnadjtgfpiel 1611 31t ^ilbegfjeim, „©er
oerlorene ©oljn" am 21. gebruar 1629 in Slmberg unb ebenbort „Nemo choragus,
§err Siiemanb alg (Sfjorfüfjrer". ©ag festere «Spiel am 7. gebruar 1633 bauerte
über 3mei ©tunben. (Sin grofjcg gaftnadjtgfpiel, bag oiermal fjintereinanber $aft*
nadjt 1636 in $üln oor üerfdjiebenen gufdjauerfreifen (suet-ft oor ben in ßöln
meilenben 9?eid)gfürften) gegeben mürbe, mar „©er ©erfauf beg Rimmels" (Mercatus
coeli). (Sg mürbe gefpielt in ber Slula beg @pmnafium§, jebegmal oon 1 big 4 Uf)r
nacfjmittagg. ©ie 35 ^erfonen maren abfoloierte ^fjilofopljen unb ©iener (Man-
cipia) ber allerfeligften Jungfrau. ^aftnacljt 1616 mürbe 31t ^jagenau „©ie ©e»
fef)rung beg Ijl. Sluguftinug" unter großem $ulauf unb großer ©emegung gefpielt,
in Äoegfelb gaftnadjt 1650 „©ie ©teinigung beg 1)1. ©tepfjanug". „©er ft'rieg 3toi«
fd)en gaftnadjt unb gaffen" gaben bie ©cfjüler im ©eifein beg fdjmebifdjen ®otm
manbanten $anofgfp in greiburg im ©reiggau am 20. gebruar 1639. „©er bolle
©auergfönig, b. i. (Sin üofler ©auer 3U föniglidjer SBürbe erhoben, bann folgenbg
gleidj burdj fernere ©runfenfjeit mieberum in ben ©auernftiefel geflogen", fjat 3ur
gaftnad)tg3eit im allgemeinen ©fjeatro ber Slfabemie bie afabemifdje gugenb Su ®raS
aufgefüfjrt im Februar 1639. ©ie ©erfpottung ber ©runffucfjt be3medte bag @5ra3er
gaftnadjtgfpiel im galjre 1608 „(Stjprianug"; bie ^eudjelei branbmarfte ebenbort
gaftnadjt 1602 „*|3f)ilautug, ber entlarüte ©ugenbtjeudjler", bag leere ©efdjmäp
gaftnadjt 1616 „©trobilug, ber ©djmäjjer"; bag töridjte ©reiben ber Sfiöelt gaft*
nadjt 1609 „©er oerlorene ©oljn" unb „©iogeneg im gafj". giir SB i eit merbeit
alg gaftnadjtgfpiele genannt im gafjre 1604 „©t ©arbara" unb 1647 „©er be»
fümmerte ©elifar", für gnngbrud 1607 „©ag 9teidj beg ©obeg" unb 1646 „©acdjug
ober 9?adjteile unb ©or3Üge beg SBeineg", in Saibad) 1635 bag luftige ©piel Pris-
cianus vapulans unb ein ©otentan34.
giir §erbftbramen unb geftfpiele Ijat befonberg bag Sllte ©eftament reidjen ©toff
geliefert. ©0 mürbe bie ©efdjidjte oon ©obiag in ©mmeridj (1602), ^obleng (1624)
unb ^onftait3 (1629) gefpielt; am teueren Ort fiiljrt bag ©3enar ben ©itel „Cornico-
tragoedia ©on bent jüngeren ©obia unb ben fieben Scannern ©arae. $n melier
ange3eigt mirb, mag für 97ut^ bie gute Üinber3udjt bringe." „©aniel" gab man in
£'oblen3 (1624) unb (Sinmeridj (1634), „©aniel alg ©orbilb Sljrifti" in ©iegen (1644)
unb „©aniel am §of beg Sfabudjobonofor" (oon Seif, ©djaten) in §ilbeg^eim 1646.
1 SSgl. 3riet>r. ©djmibt, ©cfc^idjte ber 3 Flott 0 118. gaftnad)t 1645 lieg ber 9U)e
«Stabt ©djmeibnip (1848) II 56; Sclimidl torifprofeffor Sitnon SJtopr in 9Mncf)en auf«
III 939. führen ba§ Bellum pharisaicum.
2 Flotto 96. 4 ®irmip, ©efd). Äraing III 464 f.
9J?t)ftcrienfpiefe cm§ bem Sitten unb SJeuett £eftament.
673
©aS grofje ©rama „d?abud)obonofor ober ©ötttidjer ©eredjtigfeit unb 53arm=
Ijerjigfeit ©djaufptel" oon StnbreaS 23runner mürbe bet (Setegenfjeit ber 23ermäf)tung
beS Kurfürften 9JZajtmtItan 1635 ju dJJiindjen gegeben, ein äfjntidieS ©tüd, „©er
gezüchtigte ©totj beS diabudjobonofor", 1640 ju SreStau1.
häufig finb bie ©ramett bom ägpptifdjen Qofeph- 5ItS geftbrania tourbe „©er
ägpptifdje ^ofeph un^ feine ®rf)ebung jum Sijefönig" jur freier ber Krönung
^erbinanbS II. jum Könige tmn ......
33öt)men am 7. unb 8. diobember
1617 in ©ra§ aufgefü^rt im
großen §ofe beS ^oüegium§.
„®aS ©djaufpiet jeidjnete fidj
nicht nur burd) bie bicpterifdje
©pradje unb Sdeganj ber 23erfe,
burd) bramatifdjeS Seben unb
ben Sleij beS @efüf)ISmed)fetS
au§, fonbern aud) burd) bie
pradjtbode ©jenerie unb ad baS
dflerfmürbige, toaS ben Slugen
3 um ©diauen unb ©taunen bar«
geboten umrbe. ^nSbefonbere
gefielen einige ©jenen, fo bie
©ableauj, metd)e bie ©räume
barftedten, bie $ofepf) auslegte;
eine ©arftedung beS dtoten dftee«
reS mit einfjerfegetnben ©Riffen,
auftaud)enben©eeunget)euernunb
einem ©injuge d?eptunS mit ad
feinem ©efotge oon ©ritonen unb
d?ereiben. diid)t geringen 33ei«
fad fattb aud) bie SIdegorie in
ber $orfüf)rung beS böl)mifd)en
Sömen mit feinem Ungeftüm unb
©rotje, ben bann gerbinanb burd)
©iite unb dMbe fänftigte. Unter
ben Stufzügen erregte jener ber
©öttin gama 33emunberung, ba
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<©ncf)tnirf«r pnb ®wdj$anNer.
JBnutnerä Seftftuel „SJabudjobonofor" 1635 (2/3).
fie auf einem ©riumpfjmagen,
oon ©lefanten in SebenSgröfje gejogen, eint)erfam. Stuffadenb mar aud) bie ißradjt
ber Koftüme. Qtrbinanb hatte fie bor ^apren ju einer anbern (Gelegenheit befefjaffen
taffen; fie mürben aber bei biefem geftfpiete jum erftenmat gebraucht."2
1 Sieben ©aut (SDtainä 1641 unb Sujern 1648)
i[t $abib I)äuftg oertreten: „$abib unb bie
58oll3säf)lung" in ©mmerid) (1605); „5)ie $er«
folgung 3)abib§ burd) ©aul", ©mmerid) (1633);
Supern (1639), Slmberg (1641), StugSburg (1646);
„®ie 93upe ®abib§", SRains (1645). ©in an«
bere§ ©tücf, „5)at)ib§ unb 3onatt)a0’ fjreunb«
fd)aft" (Don ©eorg Sang), führte man 1642 in
Slmberg unb 1646 in Slug^burg auf. ©inen
„Slbfaton" gab ©mmerid) 1608, Sluggburg 1630,
Sinj a. b. ®. 1646, |)ilbe3f)eiin (Oon Söper) 1649.
®ut)x, ©ef^ic^te ber 3e(uiten. II.
„©alomon unb Slbonia§" fbielte man in Slad)cn
1643 ; „Salomon vere sapiens ober Sßolgemipig«
ter ©alomon, toa§ mabeit er netnlid) in ©r«
fatjrung gebradjt, mie aller seitlicher $rad)t unb
SBoöuft ein purlautere ©itelfeit fei", tourbe in
£anb3l)iit im Oltober 1630 aufgefübrt (f. oben
©. 253); „©alomong Saflcubseit" gab ba§
D^ttabrüder ©pmnafium im .'perbft 1631; „Sa=
Iomon§ SSeiäpeit, gatl unb 33uBe" ba3 ju
^ngolftabt 1639.
2 5ß e i tt I i d) , fftrogr. 1870, 14. $ie Tragico-
43
674
3eljttte3 tapitel. 3>ie Sdjulfomöbie.
Sßon Qltteftamentlicfjen (Stoffen ftnben fic^ u. a. nod): „SDer Äampf ber SJiaffa*
bäer", ein grofjeS $eftfpiel, roelcfjeS am 15. $ufi 1645 auf bem ÜiatfjauS gu Sugern
aufgefüfjrt tuurbe anfäfjfid) ber feierlichen SBunbeSerneuerung gtüifdfen ben fattjolifdjen
Kantonen unb SBaffiS. ®ie „Xragöbie üon 9?abotf)" aus bem 3. SBudje ber Könige
fpiette baS ©pmnafiunt üon Stadien 1602, SfegenSburg 1609, ®üffefborf 1624
unb .fpilbeSfjeim (oon ÜRif. Saaten) 1645. AfS „Spiegel ber ©ftern gab baS AugS»
Bürger ßoÜeg am 11. unb 14. Dftober 1621 bie ,Comico-Tragoedia üon §efi bem
^oljenpriefter unb 91id)ter in $Sraef‘, melden ©ott ber ^err famt feinem gangen
©efdffedjt erfcfjrödfid) geftraft, meil er feine gtoeen Söfjne Dpfjni unb $ßf)tneeS fo
übel gegogen". ®ie „Strafe ©otteS über ben SSater .fpeli" mürbe ÜRoüember 1630
aud) in DSnabrüd gefpielt unb 1650 in ^aberborn. SDie „23ufje oon ÜRiniüe" ober
„ffiigfidfeS Sdjaufpief üon ber ^Srebigt beS Propheten $onaS" mürbe „fürgefteüt"
üon bem ©pmnafium in 9tegenSburg am 17. Dftober 1624 unb ^oeSfefb 1650.
„Aman, baS ift Comico-Tragoedia üon bem (pocfjmut beS sßerfianifdjen (poffjerrn
Aman: and) beffen gefaxten ßorn unb ©raufamfeit miber baS auSermäfjlte SSolf
©otteS unb enbficf) beS ArnanS fpöttfidfer £ob unb Unbergang" fpielte baS afabemifcfje
©pmnafium gu ^ngofftabt am 13. Dftober 1627. Sine Atlfafia fjaben mir in bem
Stiid: „9ceu Comoedi, mie ^oaS’ nod) einjähriges ®inb ber SBüterei feiner ©rofj»
mutter Atljafia mit (puff ber fromen f^ofabet entfommen, im Sempef heimlich auf»
ergogen, batb im fiebenten ^afjr feines AfterS gurn fönigficfjen X^ron erhoben, bie
Abgötterei üertifget, Atf)afiam famt SRatfjan hinrichten taffen, ©efjaften beim ge»
toöfjnfidjen AScenS üon ber eblen ^aulinifcfjen äftiinfterifdjen ^ugenb ben 7. Sag
SßßintermonatS im $af)r 1644" 1.
Audj bem ÜReuen Seftament finb eine Üfeifje fdjöner Stoffe entnommen. So
bie „©üangefifdje ©omebi, üont groffen Abenbtmafjf, ober königlicher £>ocfjgeit.
9?ad) ber ©feidfnufj, 9Rattfj. am 22. unb SucaS am 14. ©ap. SDaS £)immefreicf) ift
gleich einem könig, ber feinem Sofjne £>od)geit madjte. So üon ber fyugenb beS
^autinifdjen ©pmnafii S. J. gu äRünfter, in anftefjenber ©rnetuerung ber Scfjufen,
jeptfauffenben ^af)rg 1632 ben 3. ÜRoüembriS fol gehalten merben. (künftiger £efer,
in biefer ©omebi ift ©ott ber .jpimmefifdje SSatter, ber könig : ber Bräutigam, ©ott
ber Soffn: bie 23raut, bie menfdfticfje 9?atur: bie gefabene ©äft, alle äRenfdjen.
©etrucft gu fünfter, im $|af)r 1632". „Ser eüangelifche ^muSüater unb bie 23e»
rufung ber Arbeiter gu unterfdjiebfidjen Stunben in ben SBeinberg beS eüangefifdjen
^auSüaterS" fpielte Augsburg Dftober 1625 unb ©urgfjaufen September 1645; „bie
Comoedia bon „Josepho, bem ^eiligen Patri»
archen", mürbe gehalten bon bem ©hmnafium
Sßilibalbino S. J. p ©pftett", Dftober 1623.
„Iosephus venditus, b. i. Tragi-Comoedia bon
Sofepp, Patriardjen gafobä Sohn", fpielte
ba§ Augsburger ©hmnafium am 9. unb 13. Dft.
1631 unb Atündjen am 9. unb 11. Dft. 1640;
Iosephus Aegyptiacus Amberg 1640 (bon
P. ©eorg Saug); ba§ „SSunberbarlidje ©piel
ber göttlichen SBeiedjeit mit bem fp- Sofebh
fpatriardjen" Sujerit 1647. Sfufjerbem gab man
ben ägpptifdjen Soiept) 1603, 1633 unb 1640
p ©mmerid) , 1607 ju $dbe§f)iam, 1615 p
9JUind)eu, 1619 p 83relfau („S)ie göttliche fgiir»
fid)tigfeit in bem Patriarchen Sofcph crflärt").
„^ofeph, ber ©rretter Agppten§", fateinifd), mit
beutfdjen Phpthmeu burdjfept pm leichteren
PerftcinbniS für ba4 Polf, gab ba§ Kolleg
in ©iegen 1640, benfelben «Stoff Srier 1647,
SBien (Abancinug) unb §ilbe§heim (panl ©der)
1650.
1 Pon meiteren Stoffen feien nod) genannt:
„fRoboam", DSnabriicf 1626; „©ebcoit", Aadjeit
1628; „Abel bon ©ain ermorbet", Siegen 1627,
O^nabriicf 1629; „2)a§ Dpfer Abraham^", tob»
lenj 1609, Sitlingen 1649; „tönig Sebeciaä",
3. unb 4. San. 1628 im Scblofjpof p Siegen
(62 Perfonen); ,,©äecf)ia§", ^agenau 1616 unb
Sanb^berg 1646; „2)er büfeenbe Atanaffe§",
Afünftereifef 1631 unb tonftanj 1645; „Sam»
fon", ©mmerid) 1626; „gofue", ©mmerid)
1627; ,,©lia§", ^ngolftabt 1640; „®er Smlber
Sob", Suserit 1647 ; „Subith unb imtoferneö",
Sugolftabt 1642 unb Supern 1647 unb 1650;
„Soa§", Atünfter 1645; „SitfannaS Pettung",
Seoben 1650.
ÜDitjfterienfpiele au§ bem 2tlten unb üftcuett Seftament.
675
tß&tfcgmiBM*
onnöStrmm^an
2ufs CbtifTt tf3unb/t>on 0. fZuca c. 1 6. bcfcfcHfxn.
2fn j ie$t in fcem €r$fürftftckn(8r)mnafio tit
0oci«t«t jtfu/ ju PnFprugg/ in t>ic2lug<n
e«rlrfjtct.
3(itno 1646. 0(tr 3.611b f* 0fpi<ttt&n’$.
^ßarabef nott ben SSingern, bic ben Soffn beg fpaugnaterg ermorben", mürbe breintal
aufgeführt äRüncfjen (September 1647 1. „SDer Yillicus iniquitatis, ber ungetreue
SSermalter", non bem üDiagifter Qüh- 23Ianfenforft, mürbe 1^45 in SIMnfter ge»
fpielt. „®ie Tragicomoedia Lazarus resuscitatus, bag ift ^fägfidjeg Speftafef unb
Sdjaufpief non ©rroedung beg Sagari", faf) ÜOtünchen breimat im September 1645,
unb Sluggburg am 2. unb 6. September 1650. „Seben unb Stob beg reichen SKanneg
unb armen Sagari, aug ©hrifti ÜD7unb non St Suca c. 16 betrieben, mürbe gu
^nn§brucf in bie Stugen gerietet ao 1646 ben 3. unb 5. September". ®ie „enam
gefifdje ^erle" fpielte man in
ßöfn Sämember 1643, bie fßa* £c6ctt
rabel nom barmherzigen Santa»
ritan in ©mmend) 1646.
®ie Parabel nom nertore»
tten Sohne mürbe auffer gur
SSerfpottung an gaftnaefjt auch
alg gröffereg SDranta aufgeführt ;
fo am 11. Oftober 1635 gu 2)if*
fingen : „Cosmophilus. S3om
SSerforenen Sohn". ©in anbereg
StücE Cosmophilus, b. i. ein
fred)eg, üppigeg SBeftfinb, mie
fofdfeg anfänglich ber SBeft bient,
enblicf) aber gu ©ott befehret
mirb, mürbe bei angehenben
Schulferien am gefttag beg f)f . SDä»
djaef auf bem Saal beg faifer«
liehen ^oflegii S. J. in Sing
actiongroeig non ber ftubierenben
$ugenb repräfentiert im Qdhre
1633. Slud; in ÜPJündjen mürbe
am 9. Oftober 1641 ber Filius
prodigus „ben S3üffenben gu
einem (Stempel fürgeftefft"2. ©ine
anbere Sgene aug bem ©oange»
lium, bie fchon früher ©reifer
befjanbeft, führte bag non P. ^oh-
SBauntann nerfaffte unb gu 2lm»
berg am 15. Oftober 1626 auf»
geführte SDrama nor: „®ie §ei»
lung beg 53finbgeborenen". SDerfelbe Stoff: „Caecus Evangelicus, ©oaugefifdjer
Slinber, mirb nou ber fvugenb beg ©nmnafiumg gu /paff burch ein ®rama fürqefteHt
ben 10. September 1643" 3.
®ag erfte SDrama über ben Diährnater Qefu finbeit mir 1648 in Solothurn:
„^gofeph- ©in augermähfter 9?ähr« unb 3ieh0atter ^efu ©hrifti. ©in jungfräulicher
©hemann ber üftutter ©otteg äftariae. ©in h^fl^ngenber, reiner Spiegel aller
©laubigen. 3um ©jempef fpietmeifg fiirgefteflt non ber ftubierenben Qugenb beg
@«ru cf* iu 2?(tfpruöa/ &f 9 20agn<r»
2>ie 3mt§6vnc!cv ßomöbie 00m 9teidjm praller 1646 (2/s).
1 ©an^er Sejt öon P. ©imon 9ttat)r in *Clm 3 Über ©retfer§ „Teilung be3 9Slinbgeborenen"
2129. 2 Slufjerbem „2)er oerlorene ©oljn", Ogi. Siirrtoäcfjter, ©retfer unb feine $ra=
23omberg 1644, §ilbe3lfeim 1646/1647 (lejjtereS mett 35 ff.
oon P. Söernf). fRottmamt).
43*
676
3eljnteg ßapitet. Sic Sd)ulfomöbie.
97eo ©pmnajii ber Societet Fefu ju Sofotßurn ont 5. (September 1648". Sin
SDranta über bie ßeilige Familie füf;rt ben Xitel: „$efu§ äftaria Qofepß iit all ißrent
@tenb bret Sonnen ober brei Summen rechter Sodfommenßeit, jebermänniglid) ju
größerer Sieb ber Xugenb fürgeftellt oon bem ef)urfürftficf)en ©pmnajium ber Societät
Feju ju ilftündjen ben 7. unb 9. Oftober 1636".
Xie fßerjon ßßrifti mirb außer in ben Söeißnadjtg«, ^SaffionS- unb Sfterjpielen
aucß nocf; in anbern Stiiden oorgejüßrt, jo in Sftüncßen üdfariä Sicßtmeß 1602 „Xer
jmötfjäßrige Feju3 itn Xempet" oor ben Scßriftgeleßrten; alle ^ringen mären jugcgen
unb maren jo befriebigt, baß bag Stiicf adjt Xage jpciter oor bem §erjog roieber-
ßolt merben mußte. Xen „ämölfjäßrigen Qeju§ (Sfüdfeßr au§ bem Xempet)" jpielten
in Supern 1649 bie jüngeren Stubenten. „(Sf)riftu§, ber gute £ürt, auj ber Sucße
nacß bem üerlorenen Scßaf" mürbe Oon ben abjolüierten fßßitojopßen in ®ötn 1643
am gefte SJfariä Serfünbigung bargeftedt, „Fejug bie Siebe ber üüttenfcßen" ju
Samberg 1645.
„Xag Qugenbteben ^opanne§ beg Xäuferg" gab bag ©rajer ®odeg September
1608 ben Florentiner ©ejanbten ju ©ßren afg Feftfaie*« „Xroß ^er ßünfacßßeit
beg ©egenftanbeg mürbe bag Xtama burcß großartige SDfajcßinerien, Sjenenmed^jel
unb eingelegte Xänje jo interejjant, baß eg raujcßenben SeijatI janb unb nact) menigen
Xagett ju ©ßren beg (Srjßerjogg ®art mieberßott merben mußte."1 Xie „Cornico-
tragoedi oon bem ßt. Xäuffer Qoßanneg, Sßrifti Sorlauffer unb ÜDZartßrer", mürbe
geßatten ju Fttngbrucf im er^ßerjoglidjen ©tjmnafium S. J. am 10. Oftober 1623
unb bagjefbe Stüd am 2. Oftober 1631 ju Xidingen2.
Sine jajt unoer jiegbare Quede jür bag Xßeater bot bie £>eitigentegenbe3. Sie
erfreute ficß um jo größerer Sermenbung, je leicßter man aug ißr bie Slnfnüpfungg-
punfte mit ben nationalen unb fircßtidjen (Sinricßtungen ber engeren §eimat entnehmen
fonnte, inbent man einjefne ^eilige afg Sanbeg», Sigtumg* unb Stabtpatrone beßanbette.
Xag Hodeg jn fjßruntrut jpiefte am 12. Xejember 1604 bei ber ©inmeißung
ber neuen ®ircße im £>ofe beg fürftbijcßöfficßen Scßlojjeg „St fßantafug", ben erjten
Sifcßof oon Safet. $u ^onjtanj jeierten bie ^ejuitenjcfjiiler 12. Cftober 1605 in
einer „ßomicotragöbie" ben „ßt. fßetagiug", Patron beg Sigtumg ^onftanj, unb am
6. Oftober 1607 „bei ber Xebifation ber neuen erbauten St ^onrabgfircßen ber
1 iß ein lief), ißrogr. 1870, 5.
3 Siehe oben S. 215. — ißerfotten beg 9?euen
Seftamenteg beljanbeln and) bie fßetrug«Sramen,
bag Stüd! „fßetrug unb ißaufug", bag alg geft«
brama am 19. 21uguft 1612 p 53amberg aufgefiiprt
mürbe, uitb bag im SEtober 1627 p Ütegengburg
„fürgeftcllte" Srama „Petrus Apostolus, b. i.
Tragoedo-Comoedia ober ®d)aufpiel Oon etlid)eit
oornefjmen Sljaten beg heiligen 2lpoftefg ißetri,
fo fid) bon ber glormürbigen Sluffahrt E^rifti
big auf ben benfmürbigen Untergang Sönigg
§erobig Slgrippa Oerloffen". Sen Sriumpb beg
f)I. fßetrug über „Simonem, beit erften Seßer
unb 3auberer, unb ben blutgierigen Äaifer Ne-
ronem" fdiilbert bag SBitfinger $rama S. Petrus
triumphans Oom DEtober 1629. Slnßerbem
S. Petrus apostolus, 21ad)eit 1602, S. Paulus
apostolus, Snjern 1649.
3 @o mürbe j. 53. bie „93eEef)rung beg E)I. 2tu>
guftinug" 1624 unb 1643 ju §eifigenftabt auf*
geführt unb 10. DEt. 1630 gu ®iliiugen, 1638
ju Sllainä. „S. Atlianasius exul, b. i. Spiegel
beren, fo um Efjrifti unb ber ©eredjtigEeit miKett
SBerfoIgttng leiben, fürgeftellt Ooit ber 3uQ*mb
beg ©pmnafiumg S. J. gu ßoftanß" im Sahre
1632. „$ie SSarmhergigEeit beg hf- 9tiEolaug"
fpielte Sujern 1633, fOtainj 1647 ; beg 1)1. 53ern-
Ejarb „SBeltfdjeudje ober mie ber f)f. 33ernharbug
in feiner Su9en') öie untreue SBelt geitlict) be=
urlaubet. 5?on ber Qugenb djurfürftlidjen Gym-
nasii S. J. jum SeifpieE öffentfid) fürgepalten
in Saubg^ut 1644". gerner mürbe befjaitbelt
53ifd)of SBoffgatig gu Sillingen 1602 oon bem
tüchtigen Satiniften SBolfgang Starcf, ber fd)ott
1606 p Eümangen ftarb. Sie 93üfjerin ®taria
SKagbalena mnrbe beim Schulanfang 1604 ju
©raj gegeben, fßruntrut gab im gahre 1606
bie Segenbe Oon ber ülufermecfung beg hl- 2ltta*
ftafiug, bie mährettb fieben Stuttben im felben
3ahre ju Supern unter großer Sführutig ber
gahlreidjett 3nfd)auer oor bem ÜJtuntiug unb bem
gürftbifdjof oon Äonftans (gafob gttgger) auf«
geführt mürbe.
Segenbe.
677
Societas Jefu" bie „ßomebi oon bern Seben beS ^eiligen SeidjterS (SefennerS)
Sonrabi, Sifcfjofen unb Patron ju Gonftanj" 1.
SDert „f)I. Engelbert" fptelte $öln 1633, ben „hl. ^»einrid^" als ©rünber beS
Samberger SiStumS ®raj 1611, Samberg 1625; bie ®omöbie Oom „^eiligen fö'aifer
£>einrid)" gaben 1624 Sujern unb Jngolftabt, 1644 Slugsburg, 1650 ®öln, „®er
f)I. Heinrich unb bie 1)1. ^unigunbe" (non 2lnbreaS Srunner) Jngolftabt 1613 unb
oeränbert unb ermeitert als Jeftfpiel Reuburg 1618. ®en „1)1. Otto" als S3ifcf)of
oon Samberg fpielte Samberg 1613 unb 1643, ben „1)1. Ulrid)" als Sifdfof öon
SlugSburg bie ^odjfdjule ju SDidingen am 3. Oftober 1611, ben „bl- SSolfgang"
als Sifc^of Oon RegenSburg baS Regensburger todeg am 5. ÜDfai 1612 gelegentlich
ber 2tuffinbung ber Reliquien, ben „bl. SSidibalb" als erften Sifc^of oon ©idjftätt
baS @id)ftätter ^odeg am 15. Oftober 1615, ben „bl. ÜRapimilian" am 18. unb
19. Oftober 1615 „auf öffentlichem Rlarft unb $ßlap" bie „neu eingetretene Societet
Jefu gu Snfisbeim"; ben „bl. Jribolin" als Slpoftel oon Sädingen feierte unter
freiem £>immel mäbrenb fed)§ Stunben baS Sujerner ^odeg 1618; oorber, 1616,
batte baSfelbe $odeg ben heiligen Schmei^er Slpoftel „Seat" gefpieli. SDie „bl. Grlifabetl)
oon Sbünngen" führte im Jal)re 1617 baS ßoblenjer ®odeg auf unb in bemfelben
Jahre SlugSburg bie „hl- £)iltegart ©rofje".
®ie „hl. ©äcilie" mürbe ju Seginn beS Schuljahres 1602 in @raj aufgeführt:
„^erioche, baS ift: ^ur|er begriff onb Inhalt ber fd)önen unb anbächtigen STragebt)
oon ber heiligen Jungfrauen unb Slutjeugin ßfjrifti Säcilia. (Gehalten . . . 21 m Xag
Renovationis studiorum, ber Slcabemifchen ©rä^ex'ifcfjen Jugenbt (Slnno 1602)."
SRan errichtete bie Süffne in bem geräumigen ift'odegiumShofe. ®aS Stüd mürbe
in jmei Slbteilungen in gmei aufeinanber folgenben Sagen gefpielt. 2lm erften Sage
fam baS tugenbreicfje Seben ber heiligen Jungfrau unb ber erften ©hriften mitten
in bem lafterhaften heibnifchen Rom, am jmeiten bie graufame ©hriftenoerfolgung
unb ber Rtartertob ber f)elbin jur Sarftedung. Ser (Siitbrud beS SdjaufpielS auf
bie Jufchauer fod aufjerorbentlid) gemefen fein. Sie ©rjberjogin Sleonora, Jer»
binanbS II. Sdjmefter, melche nachher in baS Stift ju £>ad in Sirol eintrat, fpracf)
eS fpäter offen auS, bajj biefeS fromme Sdjaufpiel in ihr guerft ben ©ebanfen ermedte,
fich in flöfterlidher 2lbgefd)iebenheit ganj bem Sienfte ©otteS gu mibrnen2.
Sie Segenbe oon ben „Siebenfcf)läfern" mürbe, mie fdjon früher Oftober 1615
ju JnnSbrud, fo am 16. Oftober 1625 gu Jngolftabt gefpielt: „Septem fratres
Ephesini, baS ift ^omöbie oon ben heiligen fieben ©pfjefinifchen Srübern, melche
aus Jurdjt oor ber Serfolgung, fo unter bem ®aifer Secio miber bie ©hriften ent»
ftanben, fid) in eines SergeS fohlen färntlid) oerfchloffen, unb barin aus munberbarer
Jtirfehung ©otteS mit einem Schlaf überfaden, bis in bie jmeihunbert Jahr ge»
fd)lafen: unb mie eS ihnen hernach meitergegangen". Salb barauf, am 16. Oftober
1628, mürbe baSfelbe üRotio gegeben in äRiindjen unb 1640 in Sujern3.
1 ©iefje oben ©. 260.
2 iß ein lief), ißrogr. 1869, 57 f. „$ie
bl. ßäcilia" ttmrbe auch gefpielt gu §att 1626,
Sing a. b. ®. 1629 unb SBurgbaufen 1637.
3 SSon anbern Segenben feien nod) genannt:
„§l.lßaulin",©lapl609; „§l. Hubert", SJliincpen
1612; „£>I. Pirmin", Stonftang 1614; „£>l. Efjri»
ftopt)oru3", ©idjftätt 1616; ,,©t 2lle£iu3", ©rag
1639, greiburg i. b. ©djm. 1642, Samberg
1645, Slmberg unb Äöln 1646; ,,©t Somitian"
§er^og oon Samten, ©raj 1641 ; ,,©t ©ebaftian"
fünfter 1650; „Ser pL ©igiämunb , itönig
Oon 33urgunb", StRüncfjen 1624 unb Stacpen 1646.
©et)r beliebt loar bie Segenbe ber 1)1. Sattjarina,
ber Patronin ber ißfjilofoplfen. 2113 fßatronin
beä ©pmnafiumg ;;u JnnSbrud mürbe fie bort
gefeiert Oftober 1606 „für einen gfücffefigen
Stnfang be§ neuerbauten Gymnasii S. J." $eu
„Sieg ber fff. Äatparina über bie fßf)ifofopf)en"
gab man in Sujern 1643. „$ie pf. ^ebmig,
^Patronin Oon ©djtefien", fpielte man in üfteiffe
1629. „®er t)l. §ermenegifb, SJtartpr" mürbe
aufgefüprt gu jngolftabt 18. Oft. 1623, gu
2Iug§burg 12. unb 14. Oft. 1626, Syrier 1646,
678
gehuteS Kapitel. Sie ©djulfomöbie.
2Öte bie $ramen au§ bem Sereidje ber Segenbe manche gefcf>id^tücfie ßenntniffe
»ermittelten, jo gilt ba§feI6e oft nod) in pöperetn ©rabe oon ben SDramen, meldje
ifir 9Rotio ber 2Seftgefd)id)te entlehnten, ©efjr beliebt mar ba§ £f)ema oon bem
ßaifer 3Raurttiu§. ®a§JeI6e finbet fid) 1603, 1640, 1642 unb 1648 ju Qngolftabt,
1611 ju gilbeSljeim, 1613 ju SReuburg, 1625 ju ®ra$, 1639 ju greiburg i. ©djm.,
1642 ju äftainj. ®en „Saifer £f)eoboftu§ ben jüngeren" fpielte man 1613 ju
fRegenSburg unb 1631 ju ^nnSbrud, ben „®aifer £eraftiu§" 1617 ju ÜDÜindjen,
ben „®aifer Julian SIpoftata" 1608 ju ^ngolftabt1, 1640 ju SO^ain^ unb 1648 ju
Xrier, „®aifer Saterian" 1641 ju ^ngolftabt. (Die erfdjrödfidje ^iftorie »on bem
gottlosen ®önig unb Stjrannen „StntiodjuS" repräfentierte ba§ ©pmnafiutn ju 2Iug§*
bürg im Oftober 1619. Slucf) „(Dietrid) oon (Bern, ber groffmädjtige $önig ber
gotifdjen Golfer im 2Seffd)fanb", mirb üort bem StugSburger ©pmnafium im $af)re 1627
auf bie Siifjne gebradjt. (Bei Gelegenheit ber „(ESeipung oon fedjS Slftären in ber
tirdjen ber ©ocietät ^eftt" ju ^ngolftabt mürbe am 20. Oftober 1624 bort auf«
geführt bie „(Dragöbie oon ©tilico, einem gemaftigen unb fjodjberüfjmten Obriften
unter ben grofjmädjtigften ®aifern £f)eobofio unb §onorio, melier megen baf? er
firdjfidje Freiheiten freoenttich angegriffen, aud) felbften in Oerräterifdien (ßraftifen
ergriffen, au§ geregtem Urteil ©otte§ Oon feinem fjofjen ©taub in äufferfteg ©fenb
geftürjet unb mit einem ftägfidjen ©nb anbern ju einem ftägtidjen ©peftaful, ©cfjau*
unb (Beifpief morben". (Die „Sfftion oon fRabbobo, ft'önig in griefjlanb", melier
burd) teufüfdje Sift oon bem djriftfidjen ©tauben abgefjatten morben unb unfefig
geftorben, gab ba§ afabemifcpe ©pmnafium ju ^ngolftabt Oftober 1620 unb fpäter
(Diiffefborf 1633 2. Sftefjrfadj finbet fid) aud) ®arl ber ©roffe oerf)errlid)t. (Dem
21fd)affenburg 1G48. Sen „§I. ?(Iej:anber als
Sßbilofopb, Kohlenbrenner, SBifd)of unb SDtar«
tprer" brachte baS §eiligenftäbter Kolleg im
Sabre 1607 auf bie SBüfjne, benfelbeit Zeitigen
§att, Oft. 1629. Sie „Segenbe Pom fei. §er«
mann Sofeph, bem ißrämonftratenfer p ©tein«
felb", fpielte man in ßujern im Saljre 1622.
,,©t IBituS, fßatron poitßanbSberg", gab SanbS«
berg am 11. ©ept. 1645, „Ser heilige fOiar«
tprer SSituS als $auptpatron Poit Böhmen"
gab 3?eiffe 1630. „Ser 1)1. fötartin, SBifcfjof üon
SourS", mürbe 1608 in Sujern auf bem fOtarlt
unb 1648 p fßruntrut aufgeführt, „St ©eorg"
p ©raj 1630, ,,©t SllejiuS" p Konftan* 1630,
„Sie ^Belehrung beS hl- 33runo" in SBien 1637,
„@t Pantaleon" in Sujern 1637, ,,©t SBenjeS«
IauS" (33öhmen) öfters, in SiHingeu 1607 (fRep),
^oblenj 1616, Sngolftabt 1647, „Sie ht- StgneS
als Sriutnph ber Seufchfjeit" in SunSbrucf 1608,
,,©t ©ebaftian" in SRünd)en, ©ftober 1629,
„£>t. ShomaS, ©r^bifchoffen unb fUiartprer ju
Eanbelberg in ©ngellanbt", 27. 9?cm. 1626 p
Sonftanj, „£>t. ©uftach, SlriegSobcrfter" in SJtüu*
djen, 12. unb 14. Gft. 1626, „§I. ©mmerid), Sil«
lingen" in Sitlingen 1626, „§I. gelician" in
Steuburg 1626, „§I. Stephan" in SSien 1626.
1 * Ser Sejt beS Iulianus Apostata Pott Srejel
in Clm 2125. Sn einem lebhaften fßrolog
geben fed)S ©belfnaben Snhatt unb ßrtlärung
beS ©tüdeS. Su ber lepten ©jene faßt ber
©horfiihrer bie ÜDioral beS ©titdeS pfammeit.
Sabei fept breimal ber ©hör ein.
©rfte ©trophe:
Heu Iulianus occidit!
Falx Julianum sustulit!
Mors Iulianum messuit!
Heu Iulianus occidit!
©djlußftrophe :
Eheu momento vertitur
Mortalium felicitas.
Eheu momento sternitur
Mortalium sublimitas.
Sie lepten SBorte fpridjt ber ©horfiihrer:
Quicumque amatis et tractatis litteras,
Amare illas et tractare illas sobrie
Vel rniseri Iuliani exemplo discite.
Nil possunt sine virtute litterae, tarnen
Prodest virtus sine litteris. Mortalium
Et fuit et erit liaec pestis semper maxima,
Scientia quae coniunctam habet superbiam.
3 Sßeiterhin finben fid) : „König ©loboalbuS"
(SlPancinuS), SBien, 22. Slug. 1647, SlugSburg
1649; „Kaifer Konrab III. unb Seopolb, ®raf
in ©cbmaben", $aü, ©eptember 1647 ; „Sie
Sragöbie Pom Conradino, ber ©cbmaben lepten
igerpg", fpielte man am 2. unb 6. ©ept. 1644
in fütündjen (ber ganje Sejt in Clm 2128) unb
am 4. ©ept. 1650 in SiKiugen. Sie „Komöbie
Pon Karl V., 9tömifd)en Karfer, melcber nad)
oiel glormürbigen Slictorien ju SBaffer unb ju
Sanb enblid) SBehr unb SBaffen biuban gelegt,
fich ämu ermünfdjten grieben begeben", mirb
©efdjidjtc. — Sa4 nottonale uttb batriotifdje ©lement.
679
Stiftgfapitel non 2fad)ett mibrnet bag §facf)ener Qefuitenfodeg am 30. ^u(i 1640
bag Summarium Caroli Magni in 5 äfften. Sen erften äfft, bie äSerteibigung beg
ißapfteg £>abrian, befchfiefjt ein ©f)or mit bem Sriumphgefang ber Religion; bet jmeite
äfft [eiert ®arf afg 23cgrünber ber Sd)ufen unb 93efieger beg Sefiberiitg, ber ©f)or
bringt ben ^ubet ber «Stabt 9?om nnb ber befreiten $ird)e jum äfugbrud. $m
britten äfft mirb bie 33efiegung ber Saufen bargeftedt, unb ber ©l)or ftfjfiefjt mit
einem Sobgefang. äfm ©nbe beg oierten äffteg, bie ^aiferfrönung, münfdft ber ©hör
Seutfdjfanb @füd megen beg neuen ^aiferg. Ser Schfujjaft bringt bag ©eföbnig
®arfg, ju äladfen einen Som ju bauen, ßum Sdjfuf) preift ber ©f)or $arf atg
Sieger. Sie 91eid)gftäbte begfüdmünfchen äfadjen, bag mit bem $aifer auf bem
faiferfidjen Sriumphrnagen fifct* 1.
Sie Segrönberin beg SDamenftifteg üon |)ad, „bie Königin dKagbafena", feierte
ein Sdfaufpiel „dRagbafena Regina", mefdjeg oom ®odeg oon §ad am 4. Oftober
1607 beim ©intritt ber ©rjfjerjoginnen ÜÖiaria ©hriftierna unb ©leonora in bag
Stift aufgeführt mürbe. Ser «Stifter ber Unioerfität Sidingen, ßarbinaf Otto, ift
©egenftanb beg Otto redivivus, ber am 22. Oftober 1614 gelegentlich ber Über»
tragung ber ©ebeine nad) Sidingen gefpieft mürbe2, ©iner äSerfjerrfichung Dttog
unb mehrerer ©lieber ber gamifie Söalbbitrg gilt bag Stiid „Dapiferi. Sag ift
£>eroifd)e ober ritterfidje Säten etlicher beg ^eiligen röntifchen 9teid)g ©rb=Srucf)feffen
aug bem hod)föbfid)en uralten £>aug SSafbburg comoebiemeif) fitrgeftefft oon bem @t)tn*
nafium ber Societät $efu ju ©onftanj ben 12. Februar 1629" 3. ^n ber fateinifcfp
beutfcf)en ißeriodje fteht juerft in beutfcfjer Sprache ein furjer 93egriff ber fürnembften
Säten beg ^eiligen römifchen ffteidjg ©rb*Srucf)feffen oon äöafburg (SSafbburg), fo
in biefer äfftion fürgeftellt morben. äfdeg gezogen aug glaubmürbigen ^iftoricig unb
aug uralten fd)riftfid)en Sofumenten gu SBoIfegg. Unter ben S3erf)errlid)ten „ift ber
britte ber bapfere unb in bem gangen fKeid) nod; biefer geit f)od£)5erü^mte -fpelb
©feorgiug, melcher in ber erfdjrödfidjen ©mpörung ber 23auernfcf)aft bag ©enerafat
geführt unb mit bapferer f}auft biefer dauern ^odjmut gebämpt, oief taufenb erlegt
unb bag fmcfjf>eträngte Seutfdjfanb mieberum §u 9iuf) unb ermünfdjtem ^rieben ge*
bradjt". Sem Sauernaufftanb unb bem „Sauernjörg" finb mehrere Svenen gemibmet.
^n bag ganje Stüdf finb luftige Sjenen oermebt, bie geförbert merben burch bie ©in*
ffeibung, ba ein Saufenbfünftfer burdh §mei SBalbgötter etfidje Srudjfeffen fyexhzi*
bringt, $m ®pdog haften ade mitmirfenben Spieler einen Sriumphjug ju ©f)ren
beg -Ipaufeg Söalbburg.
dritten in bie äßirren beg ®riegeg unb beg Seffneng nad; grieben fetten ung
enbfich eine 9reif)e oon Sranten, moburcf) bie Qefuiten ben gefunfenen 9Jtut ber Bürger
§u heben fuchten, inbem fie bie Siege unb Sriumphe beg ßreujeg, ber Kirche ober
hefbenhafter Scanner auf bem Sheater jur Sarftedung brachten, fo bie gufbaer
Sranten „Ser Sieg beg ^onftantinug über dfta^entiug" (1639), „Ser Sriumph beg
föaiferg §eraffiug burch bag ^reu^" (1644), „Ser Sieg beg Propheten Sanief über
feine geinbe" (1645). Sag adgemeine SSerfangen nad) enblidjem ^rieben gibt mieber
„fürgeftellt" oon bem ©tymnafium S. J. in 2tug§=
Burg am 9. Oft. 1641, „IJjomaS 3J{oru§, ber
eugtifdje Äanjter" bom 33nmberger Stotteg 1647.
1 2)a§ 4 ©eiten umfaffenbe $erfonenoerjeid)=
ni§ in Cod. 6 fiötn, SIpofteln. Unter ben mehr
all 150 ißerfonen befinbet fid) u. a. ein Sol).
@o§min 37idel ä Gobtar, jebenfalt^ ein 21er»
toanbter bed P. ©o^min Stidet. $a§ Iateinifdje
unb beutfdje ©^enar ber Äomöbie Carolas
Magnus, bie in brei Seilen an brei Sagen im
2tuguft 1618 in 9JlolM)cim gefpielt tourbe, ift
abgebrndt in ber geftfdjrift Inauguralia Coli.
S. J. Molshemens., Molshem. 1619, 6 — 24.
Sa§ beutfdje ©jenar mit beutfdhen Serien gibt
(©. 31) bie Slamen aller (85) ©pieler. Sen
GljriftuS fpielte SW. SauluS Sauli.
2 Sgl. 2lug§burger Sofeedong 1892, Sit.
Seilage 40 — 43. ©ietje oben ©. 229.
3 ©ielje oben ©. 265.
680
3el)nte§ ÄapiteL Sie ©cbultomöbie.
bag gang au3 ©teilen ber )|>ropf)eten unb pfählten gufamtnengefepte Kölner Srama
Maria regina Pacis (1643), „bafj fie, unt Europa, bag fdjon fo lange unter ber
fjarten ©eifiel feufjt, non ber ßrieggnot 31t befreien, bie Serbienfte ifjreg ©ofjtteg
(Spriftug bem erzürnten Sater oorftede". Ser erfte Seil fiifjrt bie ©djttlb unb bag
glefjen ©uropag Oor Slugen, ber gmeite SEeil bie brei ©otteggeifjeln ißeft, junger
unb ßrieg, ber brüte Seil ben ©ieg ber Sarmpersigfeit burcf) bie gürbitte Mariag b
Sag Süffelborfer Srama Tandem post nubila Phoebus1 2 feiert SIpril 1636 bie
SJüdfetjr Sßolfgang Sßilfjelmg in bag Saterlanb. Sag betrübte Saterlanb tuirb be»
brängt oon ißeft unb $rieg; bie ©raufamfeit ber ©olbaten gegen bie armen Säuern
mirb febpaft gefd)ilbert; ber junger fucfjt bag Saterlanb gu üernicpten; fcpliefilid)
crfdjeint Merfur unb üerfünbet bie fHücffefjr ber ©onne; bie ©onne oerfcpeucpt bann
alle ©cpreden. 9Hg bann enblicp Triebe gemorben, erfdfjallt oon ber ^efuitenbiiljne
£ob unb Sanfgefattg über bie enblidje Errettung beg SSaterlanbeg. „ßorobabel ober
bie frofje 9füdfepr beg augermäplten Solfeg aug beut perfifcpen (Spül" mürbe am
3. 97ooember 1648 oor ben griebenggefanbten oon bem paulinifcpen ©pntnafium in
fünfter aufgefüprt. ©0 grüßten 1650 §eüigenftabt bag oon fo oielen Seiben be*
freite Saterlanb, Sinj bie Erlangung beg griebeng unb SBien ben ^rieben im
beutfcpen 9teicpe.
Sie alten Moralitäten finb oertreten burd) mancpe ©tüde, bie fiep fd)on in iprem
Site! gegen einzelne Safter menben. „Sag Säftergeridjt ober göttliche ©traf, meüpe
über bag $Iud)en, ©cpmören, ©ottläftern nteprmalen ergangen: anjepo aber allen
Säfterjungen ju einem ©djreden fpielroeip fürgeftedt in bem ©r^perjoglicpen SIfabe«
mifcpen ©pmnafium S. J. ju £yreiburg im Sreiggau ben 25. Sag SBeinmonateg im
$apre 1637". Sie Süge befämpft bag ©tiid „Sogi — Sugen, b. i. (Somoebia ober
Sugenfpil, Oon aderlei ©orten ber Menfcpen oorgefpilt, omnis liomo mendax
(ißfalm 115). Qu einer Slbmapnung unb Söarnung nacpgefpilt in bem afabemifdjen
©pmnafio S. J. ju $reiburg im Sreiggau ben 19. Oftober 1642". (Sitten äpnlidjen
ßmed üerfolgte bag 1644 $u Sfödt gefpielte ©tüd „galco, ber gelobt, nie ju lügen, unb
bie Siebe gur Söaprpeit felbft bem Seben oorjog". Sen ©ieg ber SBaprpeit über bie
Süge fcpilbert 1629 ein SImberger Srama Oon P. Map Serdjenfelb. Sie „Tragica
ambitionis scena, b. i. Unglüdlicpeg Serberben Slbfalonig infonberpeit, barnad) beg
Sfmang unb anberer, melcpeg ipnen ber ©prgeij üerurfacpt pat", „brachte aufg
Speatrum" bag ©pmnafium gu ^ad ben 6. Oftober 1642. ©egen bie ißlittobulia,
ben Mammongbienft, menbet fic^ bag gleicpnamige Su^erner Srama oont ^apre 1609.
Sie ©cpüler beg Kölner Äodegg führten 1612 ein ©tüd gegen bie Sntnffudjt
auf: „Ser trunffüdjtige ©dpntieb", ftiepen aber bamit in ein SGBefpenneft. Sie 3unft
ber ©cpmiebe erpob bittere Älfage bei einem ber Sürgermeifter, meil einer iprer
^unftgenoffen in bem ©tüd jur §öde gefahren fei, mag ein eprbareg ^anbmerf nidjt
ertragen fönne; eg müffe begpalb oon ben ©enugtuung oerlattgen. Ser
Siirgermeifter begütigte bie Sefd;merbefüf)rer bamit, baf) aud) Üficpter unb ©enatoren,
überhaupt Seitte jebeit ©tatibeg in ben ®omöbien ebenfo bepanbelt mürben, ofjne
bap ipre ©tanbeggenoffen baran SInftof? näpmen3. Sbenfo gegen bie Srunffudjt
menbet fidp bag in ^onftan^ Oftober 1625 gefpielte ©tüd „Ebrietas vindicata, bag
ift ©traff ber Tüderei".
Slnbere ©tüde bepanbelten einzelne Sugenben. Um jttr Unterftiipung ber SIrmen
anäufportten, biente bag ©tüd „Eleemosynaria ober (Somoebie üott Sarmperj* unb
1 Sateirt. ©jettar in Cod. 6 Ä'öln, ^Ipoftelxt. 2 Sateiit. ©jenar Dusseldorpii, Sub typis
@igenttid)e ®rieg§bilber gibt ein Kölner ©tiicf Christophori Ort, Dacalis Typographi 1636, in
„SUittjan" (1633), tötn, ©tobtarcbib U 659. Cod. 6 a. a. 0. 3 Reiffenlberg I 426 f.
fDtoralitäten. — Stotentanj.
681
greigebigfeit gegen ben Sirmen burd; bag Seben unb ©jrempef beg fjf. SRicofai äRagni,
©ehrten in ber ©tobt Stugspurg üon ber $ugenb beg ©ptnnafii ber ©ocietät $efu ba=
felbft jum erflenmal ben 9. Oftober, junt anbernmaf ben 11. Oftober int Qafjr 1623".
(Sinen ähnlichen ßwed üerforgte mofjf bag ©tiicf „Date unb Dabitur, bag ift ©omoebia
üon jtüeien Brübern", beren einer Date (@ebt), ber anbere Dabitur (tnirb eud; gegeben
werben) genannt, bag am 7. unb 9. Oftober 1624 ju Sluggburg aufgefü^rt mürbe. SDie
Streue befjanbefte bag ^ngofftäbter ®rama üom Qafjre 1626: „Sragicomöbie üon
jweier Wiener Streu". $>en „undjriftfid;en ißofitijigmug" branbmarft bie ^ngofftäbter
„Slftion" üom ^afjre 1615: „Bon Seontio, einem ©rafen, meiner, burcfj SJZacdjia»
üeffum üerfiifjrt ein erfdjrödfidfjeg ©nbe genommen, baraug abjunefjmen, Wie fdfjäb»
fid) fei ber feigen $eit fdfjwebenber undjriftfidjer ißofitijigmug". ©g ift bie äftefte
bramatifdje Bearbeitung beg cfjarafteriftifcfjen ©nbeg beg St)on Quan. „St)er Seontiug
beg .Qefuitentljeaterg ift ber Vertreter beg rüdfidjtgfofen, mit affen fittfidjen SSerten
bredjenben Qnbiüibuafigmug beg üon ber D^ertaiffance inaugurierten ©eifteg ber
ÜReujeit. " 1
©in beliebtes Stfjema beS mittefafterfidjen SDrantag mar bie SSDarfteCfung beg
£obe§ unb beg Stotentanjeg. $fud; biefen (Stoff fittben mir in unfern ©tüden üer»
treten; entfprad; ja berfelbe ber Borfiebe für Slffegorien unb ber |>aupttenbenj,
fäuternb ju mirfen, wofür ber Stob afg Berfünbiger ber Bergänglicfjfeit aüeg ^rbifdfjen
ben padenbften ißrebiger abgab. @o erfdjeint benn ber Stob afg fjanbefnbe ißerfon
auf ber Bütjne, afg ©djnitter, 9Zeigenfüfjrer, Zottig, Striumpfjator. Sffg SDiener tritt
er auf in bem „Suboüifug ©arbineffug", ber 1642 in SRündjen gefpielt mürbe:
2>er Sinnen ^ütte wie be§ ÄönigS ©djtof)
^Betritt mein gufj, unb eine §ütte t)ab’ id)
giir f)obe wie für niebre Häupter. . . .
SSotjl wirb er fließen, bod) nimmermeljr entfliefju.
SBotjin er eilt, ba toure id) auf it)n.
SIber ber Stob wirb nicf)t nur afg etmag ©djredf;afteg, fonbern aud), wie in
ben Stotentanjbifbern, afg ©rföfer üon SJZüfje unb ÜRot, afg ber Befreier, afg bag SSerf-
jeug einer ^öfteren äRacfjt bargeftefft. SDen erften eigentfidfjen Stotentanj führte am
6. Februar 1606 bag afabemifdje ©tjmnafium ju ^ngofftabt auf, ein „Drama tragi-
cum üon bem Stobt ober Stobtentanp, in weld;em etliche fonberbare, erfcfjrödfidje
unb Wafjrfjafte Sfuggäng aug biefem Seben fomofjf ber jungen afg ber alten Seut
begriffen werben"2. „SDer Stob ift in unferem ©tiide afg bie gofge unb ©träfe beg
Safterg aufgefafjt. ©r fjanbeft bafjer im ©inüerftänbniffe mit ©atan unb fjoft feine
Opfer üon ©ünbe unb Safter weg ju feinem Stanje. . . . ®ie üon if;m jum Stanje
©efabenen finb meift tppifdje Bertreter ber Sebengafter unb ©tänbe, wie fie ber
gangen Stotentanjbidfjtung eigen finb, aber fie finb fjier djarafterifiert unb inbiüi*
buafifiert. SDag erftere baburdj, baff jeber ©tanb ein beftimmteg Safter ju üertreten
fjat. ©g ift fein gemöfjnfidjer ®nabe, ben ber Stob entführt, fonbern ein ffudjenber
®nabe; eg ift fein einfacher ßrieggmamt, fonbern ein fredjer ©ofbat uff. Qnbiüi*
buafifiert aber finb bie ©tänbe baburcfj, bafj aud; fjier afg Bertreter ber einzelnen
©tänbe beftimmte Stppen ber ^efuitenbüfjne befjanbeft finb. . . . $n mehreren ©jenen
ift aud; ber Stotentanj fortgebifbet, ben mobernen Berfjäftniffen jur ßeit beg ©tiideg
angepafjt: ber Sfftronom üertritt bie Sfftrofogie ber ^eit, unb in bem fredjeu Ä'riegg=
mann fpiegeft ficfj ber ©ofbatenftanb beg 17. ^a^r^unbertg. SDie üerfommenen unb
raufettben 3et^&rüber erinnern mieber an bag 3eifa^er ber Strunffudjt, unb ber reid^e,
1 $ürrtoäd)ter in §iftor.=üotit. Stätter unb SotentanseS auf ben Sefmtenbütjneu, üor=
CXXIV 356 f. äng§weife in 23at)ern. gorfdjuitgen jur Snttnr=
8 2)iirr Wächter, ®ie 2)arfteHung be§2obeg unb Siteraturgefcf). S3at)ern§ 1897, 91 f 101 ff.
682 8ef)nte3 Äapitel. ®ie ©djulfomöbie.
aber fargenbe ©utsfjerr mit bem armen dauern finb uns ebenfalls als ©eftalten
jener <$pocf)e belannt." 1
Qn einem Qreiburger ©tüd Aeternitas (Smigleit) üont Qaljre 1G39 ift ein Slft
bem Tob al§ ©ieger, ein anberer bem Job als Sefiegten gemibrnet. Qm erften 2Ift fommt
ber Tob ins SßirtSlfauS 31t ben üollen Qedjern, ju ben reichen ©elbljerren, ju ben
biSputierenben ©eleljrten, als Slpotljeler in bie Slpotfjefe, als (General ju ben ©ob
baten, bie gegen ben Tob eine Qeftung bauen. Qn ber oierten ©jette fefjt fiel) ber
Tob auf bie 9{itterban!: brei abelige ^aüaliere, ein ©panier, ein Qranjofe, ein
©eutfdjer, ftecfen grojje Sritlen auf unb blättern fo ftarf an bem grofjen ©tammbudj,
bafj eS laut raufdjet. ©er Tob [teilt fiel)
üor in Sauernfleibern, fpridjt bie ®aoa>
liere als feine ©öljne, $inber unb Srüber
an. ©a [ie baS nic^t gelten taffen toollen,
mirft er ifjnen SIfdje in bie Slugett mit
ben SBorten: Memento homo, quia pul¬
vis es et in pulverem reverteris.
SDa 2tbam tjacft’ unb Eüa fpann,
3Ber tuar bas’mal ein ©beimann ?
Qu ber fiebten ©jene fäbjrt ein ®önig
auf eiuem föniglicffen Triumptjmagen ein¬
her. Qn ©eftalt eines Totengräbers füljrt
ber Tob il)m nacf) mit einem ©c^ubfärfin,
[türjet ben ®önig 00m Tfjron unb labet
iljn auf baS Totenfärlin. ©er jtoeite SIft
jeigt bann in einer Seilje Oon parallelen
©jenen, bafj ber Slllbejminger Tob bort
feinen ©djreden terloren, mo bie Söelt
unb ifjre Suft üeradjtet toirb. ©er Tob
laffet feine attgefangette Tüd nit, üer>
ftellet ficb in unterfdjieblidje ^ßerfonen,
üerfudjet fie, befinbet aber, bafj biefe SSSelt-
feinb tobtfeft, Ijart gefroren, ja ber Söelt
gar abgeftorbett finb. ©0 [teilet er in ber
britten ©jene ÜDlartio, bem SBeitt- unb
Söeiberfeinb, oor bie Qetle eine Qlafdje
SBein unb eine allamobifdje Söeiberljauben.
Stber ber SUtüater erfcfjricft oor bem Söein,
als toentt er ein ©ift, unb oor ber
Rauben, als toenn eS eine ©djlangenlfaut märe, ©er Tob lobt ifjn bafiir unb jief)t
aus bem Qutter ber £mube einen Totenfopf, ben er als einen Slbrijj aller fcfjönen
©eftalt jebermann üor Slugen [teilt. Qm ©cfjlufjdfor beS jmeiten SllteS bietet ber
Tob biefen Söeltoerädjtern einen ^ranj aus ben Slumeit, bie er als ©djnitter junt
©djlufj beS erften 2IfteS abgefdjnitten. ,,©o ift alfo biefeS ©tücf eine eigenartige
Söeiterbilbung beS TotentanjeS auf ber Süljne, inbem fieben, jumeift §o!bein uadp
empfunbenett, mandjmal füljn auSgefii^rteu ©jeueu 00m ^errfdjer unb ©ieger Tob
fieben ganj bem ©tile beS QefuiteutljeaterS angefjörenbe Silber oon bem befiegenben
unb Ijulbigenben Tob entgegengeftellt finb."2
©umma
fit) furßcr
£aUDRAMATIS TRAGICI
fOonti Dem ToDt/
-Ober
Cobteiitanrj.
SEtm welchem ctltcfx fon&er&arr / et*
fcfuocf (Icbe/onD füar(?affre Siujjgäng auß
Difcm i eben/ fo rool Der jungen ale Der alten
teuf[i begriffen racrDen.
(geM ten ittrt bem 2Icaöemffct><n Gymnafio
Sociecacis I £ s v Su ^ngolftaDt / Den
V I. Fcbruarij, Anno
qM.
T>C.V1.
©etrurft tn ber £bcrffcben Trucferep/
Durclj 3(nDream 3ngermeper.
$er ^ngolftiibter fotentnnj 1600 (2/3).
1 ®ärrn3äd)ter a. a. £). 103 f.
2 ©bb. 100 f. 2UjnIicf)e ©tücle finb: „Stobtem
fpil, ba§ ift Tragoedia, in toelcfjer fiirgeljalten
rnirb, toie ein junger italienifrfjer Sbelmann in
Sotentanj. — Oratorien.
683
Sin neuerer ^ritifer f)at bag Üiefultat feiner ©tubie über ben Sotentanj auf
ben beutfcfjen Qefuitenbüfjnen in bie SBorte jufammengefafjt : „Sag mittelalterli<f)e
©piel oom Sotentanj irirb auf ber ^efuitenbüpne nidjt blojj in feiner urfprünglicfjen
21rt oorgefiiljrt unb funftood aufgefrifcfjt, fonbern audj in jener oertieften, gebauten»
reicheren Sluggeftaltung Sigentuni ber bramatifdfen fö'unft, roie fie ^otbein bem ge»
malten Sotentanj gab. 9?eue ©eiten merbeit bem Sotentanj abgemottnen burcfj bie
Vetradjtung beS Sobeg alg beg ftrafenbeit Srgebniffeg eineg Safterlebeng, roie eg bie
©egenmart bot unb anberfeitg alg beg Oon ber Sugeitb unb 2lgjefe Vefiegten.
ßum fpejififdjen Sotentanj beg 3efuitent^eater§ aber mürbe bag alte ©piel fo recfjt
baburd), bajj eg in feinen ©jenen mit ©toffen beg Qefuitentfjeaterg auf bag innigfte
oerfnüpft mürbe. . . . Sie $eit, in meldje bie meiften biefer ©jenen faden, ift bag
17. Qatfrfjunbert. Verbreitet maren fie über ade beutfdfen ^efuitenbüfjnen, boc^
paben fie in Oberbeutfdplanb befonberg eifrige pflege gefunben. 3umeifl toaren eg
©tiicfe oon großer bramatifdier 2Birlunggfäf)igfeit unb Sebenbigfeit unb mürben oft
mit oielem ©efdjid befjanbett, fo baff man eg mof)l augfpredfjen barf: bie bramatifdje
Vüljne jener 3e*l ift burdj ben Sotentanj auf bem Qefuitent^eater mit eigenartigen
unb padenben ©cpöpfungen bereichert rnorben."* 1
Sine befonbere Srmäffnung oerbienen nodj bie in unferer ^5eriobe auffommenben
©ingbramen ober Oratorien, bie Vorläufer für bie Oper auf ber Qefuitenbüfjne.
Sine „@ing=Somöbie oon Vefreiung 3gnatii Sopotae, ©tifterg ber ©ojietüt Qefu,
gefungen oon ber Söürjburgifdjen 3u9en‘3 in frent afabemifcfjen ©tjmnafio S. J. ben
31. ^eumonatg (Quli) 1617 ", gefiel fo, baff fie am 1. ©eptember mieberfjolt merben
muffte. Sag erfte ©ingbrama in SMndjen ift bie am 19. fJJMrj 1643, alfo in ber
g-aftenjeit aufgeführte „fßhilothea bag ift SSunberlidje Siebe ©otteg gegen bie ©eet
beg SRenfcpen aug göttlicher ,*pl. ©djrift gejogen unb in liebliche ÜDMobep ein»
geführt". Sg ift ein adegorifcfjeg ©ingfpiet mit beutfdjent Sejte, üerfajft Oon
bem dtfjetorifprofeffor P. 3°f)- ißaudin2. 3m Prolog lehrt ber föniglidje ©änger
burcfj fein Veifpiet bie Siebe ©otteg, meldje bie ©eele aug ber Siefe beg ©ünben»
abgrunbeg ju bem ©ipfel ber |jeiligfeit ergebt. 3m erften 2lft geigen bie Siebe ©otteg
unb ber ©djupengel ijßpitotpea ben SBeg jum £>immel unb jur §öde, eg folgen bie
SSelt, bag gdeifdj, ber böfe $einb mit ihren 97ad)ftedungen. fßhilotpea unterliegt, fie
fädt unter bie dtäuber unb finbet nur Unglüd. Ser jtueite unb britte 9Ift fteden bar
bie erbarmenbe Siebe ©otteg gegen bie gefadene ©eele, ber oierte unb fünfte Slft bie
Veroodtommnung in ber Siebe. 3m ©pdog ermahnt bie Siebe ©otteg ade jur gött»
liehen Siebe, aujjer ber adeg eitel unb oergänglid) fei. Sie fßerfonen finb Sljriftug,
iß^ilotpea, bie göttlidje Siebe, ©eredjtigfeit, Varmljerjigfeit, Triebe, ©üte ufm., unb biefen
gegenüber bie SBelt, bag gleifcf), bie §öde; 17 ©änger (oierftimmig) unb 15 ^nftrumente
mirfen mit3. Sag ©tüd gefiel fefjr; eg mürbe am 26. ÜDtärj üor bem fßrooinjial,
am 31. SJlärj (in ber föarmodje) oor bem ^urfürften mieberpolt. 9iacf) ben Slnnalen
beg ütRüncfjener ®odegg oom 3ahre 1646 erlebte bag Oratorium 1643 eine fieben»
malige unb 1646 eine breimalige Sluffiiprung. Sie ÜDtufif machte gemaltigen Sin»
brud, oielen ftanben bie Sränen in ben Slugen. 3m 3ahre 1650 mürbe eg in
greiburg in ber ©djmeij, 1658 mieber in ältündjen gefpielt 4. Sie „^fjilotffea" mar
ber gaftnacpt feinen Beften greunb in ber 9Jla§fe»
robe ertoürgt unb benfelben in einer tobten
Sartien öff entlief) ju bent lobten 3)anp pat
tragen taffen, ©epalten oon bem ©nmuafium S. J.
in 9tug3burg ben 10. gebr. 1640." Mortis in
hominem imperium, fOlain^ 1640.
1 $ürrtoäd)ter a. a. D. 104 f.
2 23gt. Stubenoott a. a. D. 198 209
212.
3 2 tßiolinen, 3 Siototta, 1 SBiolone, 2 Gor»
nettini, 3 Sromboni, ie 1 g-agotto, Gtaoicembato,
Strpicorbo, 2iorba; fo nad) ber ißerioepe Oom
Sapre 1658.
1 Sögt. * Diarium Gymn. Monac. CIm 1554.
3ef)nte§ Kapitel. Sie 6d)uIfomöbie.
684
•An —
THEOPHILVS
S E V
C H A R
HOMINIS
I T A S
bie Sorläuferin einer eigentlichen mufifatifd^en fßaffton, bie fßaudin am 18. 9Jfärj
unb bann roieber^olt am 22. äftärg 1644 aufführte K
®er „«ßh^othea" folgte im felben $af)re „^to^xhxZ, baS ift: 35ie Sieb beS
ÜDienfcpen gegen ©ott. Qn einem gefungenen Sdfaufpiel fürgeftedt oon ber $ugenb
beS djurfürftlicfjen ©pmnafii ju SQZüncfjen am 4. unb 9. September 1643" 2. $n
ber lateinifcfjen Sorrebe Praecentio mirb auSgeführt: Sor furjem ha^en mir in
biefem ^ahr bie bie Siebe ©otteS gu ben ÜD?ettfd)en, bargeftedt, in
gleicher Sßeife moden mir jept ben „XheophituS", bie Siebe beS 9J?enf<hen ju ©ott,
norführen. „®ie Art unb Sßeife ift ungemöhnlidj, fdjeint aber bodj einer religiöfen
Sühne nicht unangemeffen unb fcfjon beSfjalb lobenSmert, meit fie trefflich seigt, bah
mie bie obf^önen 25arftedungen burdj bie SOiuftf oerberfdid) einmirfen, fromme @e*
fange auf ber Sühne ben
frommen Seelen nüpen, befon*
berS menn ber heilige STept,
in bem eine munberbare^raft
liegt, in frommer ABeife oer>
menbet mirb. ASo ASorte ber
heiligen Schriften fehlten,
mürben einige menige Säpe
au§ bem ^eiligen Offijium
eingefügt. 233eil mir aber
feine 9J2ufifer oon ißrofeffion
finb,fodniemanb fünftferifche,
feinere garbengebung unb
Afroamata ermarten, fonbern
Affefte, bie geeignet finb, bie
Seele höher ju ftimmen."
SDaS gan^e Stiid ift ein
au§ ben fdjönften Serfett ber
^eiligen Sdfrift gufammen*
gefepteS Oratorium, $m
Prolog „Sorreb" erffärt bie
£)immelSfönigin als äftutter
ber fchönen Siebe bereu Sor>
trefflicpfeit unb labet ade
hörer ein, bie Siebe ©otteS
nicht allein auf ber Sühne
ju flauen, fonbern audj in
ihrem gangen Seben aus*
IN DE VM.
CANTATO DRAMATE
IN SCE-NAM'DATVS
ajuuentute Eledboralis Gymnafij Monachij
4.^9. Septtmb. i/inno <£M. DC. XL III.
;fkop6i(up /
Z)ae j(l :
©w fceß ©oft.
3n einem gelungenen ©djarcfpil fdrgefRUt
t>« 3u9<nN t>cf? £f)urfür(H. ©»mnaftj
lu SKündjcn/
4.t)nb9.©cptfm^tm3a&r jm?.
0efrucft ju<5WundKn/ fc«n€orn<tii f«r>ftrrf (?rb<n. ==1131*
So? SJlümfjener ©ingbrnmo SljeopIjdiiS 1643 (2/3).
jupreigen. SDie ^erfonen beS ^rologS finb auper ber SJiutter ©otteS gtoei ©ngel,
©taube, Hoffnung unb Siebe. ®er ©hor fc^lie^t mit bem ©efang: ®ie Siebe ift
beS ©efepeS ©rfüdung. ®er erfte Aft gibt bie Semeggrünbe ber Siebe; SheopfjiluS,
ber Scpupengel, bie Slajeftät unb Schönheit ©otteS treten als meitere ißerfonen auf.
©rgreifenb mup ber ©hor9efal19 getoefen fein: heilig, heilig, heiÜ9 ift ber ©ott
ber §err, ber Allmächtige, ber ba mar, ber ba ift unb ber ba fontmen mirb. 9?ad)*
bem bie Schönheit ©otteS gepriefen, fällt mieber ber ©hor ein: Laudamus te,
1 Rhetor drama musicum exhibuit de pas- im Sioriltm : In schola Humanitatis datum a
sione Domini (ebb.). SSorläufer tnaren bie $af> Rhetore drama de Christo patiente.
fionSbramen. 3um 31. SJiärj 1637 tjeipt e§ 2 4° 26©. Ser ganje Sejt Iatcinifdfj u. beutfef).
Oratorien.
685
benedicimus te, adoramus te, glorificamus te. Sie (Süte (Sotteg beginnt: (pebe
beine Slugen auf unb fiefje; unb bie Soliften greifen btefe (Sitte: (Sin unbefleckter
(Spiegel unb ein 33ilb feiner (Sitte. (Sr läfjt feine Sonne aufgeljen über bie (Suten
unb bie 23öfen. Unb Sheoplplug fingt: SEBag ^abe id) int §imtnel unb auf (Srben,
mag f)abe id) oon bir begehrt? (Sott, meinet Derjeng Stärke unb mein Anteil emiglid).
Ser Spor fept ein : Tu solus sanctus, tu solus Dominus, tu solus Altissimus.
2llg meitere Söemeggrünbe jur Siebe (Sotteg merben gefeiert bie Schöpfung, bie
ätfenfdjmerbung, bie (Srtöfung, bie 3ied)tfertigung, bie SSefeligung. Ser gmeite 2lkt
fdjilbert bag SBerben ber Siebe. Spriftug, unfer |)eilanb unb Seprmeifter, unter«
meift Speoppilug, baf) bie Siebe ber fiirjefte 2Beg §um Zpimmel fei: Qd) bin gekommen,
ju fenben ein $euer auf (Srben, unb mag miß id) attberg, alg bafj eg angegünbet
merbe. Ser Spor forbert auf: Sretet ju if)m, kaffet eitd) erleuchten, unb euer 2ltt<
gefickt foß nicht ju Sdjauben merben. STheophifuS ift bereit, (Sott ju lieben, aber
bie rebeßifepe Statur fteßt ftdj ihm in ben 2Seg. Sa kehrt (Spriftug Speoppilug, fi<h
fekbft ritterlicf) ju überminben, nach ^em 93eifpiek Stbrapamg, ber feinen Sohn opfert.
Sag Opfer Slbrapamg mirb bramatifd) oorgeführt mit ben SBorten ber (Senefig.
9iad) langem Kampfe entfdjkiept fid) Speoppilug, (Sott ju lieben. Sa fteßt ipm
(Shriftug jur SBapl bie golbene unb bie Sornenkrone. Sie Sornenkrotte (Shrifti
entfepeibet feine Söapl. (5h^t[tu§ , bie Siebe unb ber Schutzengel rufen ihm ju:
Siebe, aber nicht mit bem üffiorte, niept mit ber ßunge, fonbern mit ber Sat unb
in ber Söaprpeit. Sen Sopn preift bann einfaßenb ber Spor: ®ein Slug’ pat eg
gefepen, kein Ohr gehört unb in teineg üßlenfdjen Zper^ ift gebrungen, mag (Sott benen
bereitet, bie ihn lieben. Ser britte 5ltt fdjilbert bag Söacpgtum ber Siebe, bie öoß«
kommene (Srfüßung beg (Sefepeg mitten in ben Sodungen unb Sroljungen ber Söelt,
bie fchmeichelnb unb fcpredenb fich naljen, aber: 92ein, nein, id) bin gemijj, bah meber
Sob nodj Seben, noch (Sngel noch ^ürftentum, noch §öpe noch £iefe, noch irgenb
eine Kreatur ung fcheiben kann oon ber Siebe (Sotteg, bie ba ift in ßprifto $efu,
unferem (perm. Ser (Shor öerkünbet triumpljierenb : Sag ift ber Sieg, ber bie SBelt
überminbet, unfer (Slaube. Sie Siebe (Sotteg ift Siebe ju ben 9)ienfd)en, beg^alb
lernt Speoppilug, nach Überminbung ber Söelt (S^riftuS im Bettler aufjunepmen, 31t
fpeifen unb gu kleiben. 2Ber mirb mir geben, bah id) fei beg Slinben Slug’, beg
Sahmen gufj, ber Slrmen SSater? Ser oierte Sltt, bie eifrige Siebe, fdjilbert bag
Verlangen nad) ^reuj unb Seiben unb bie apoftolifdjen Säten ber Siebe; ber fünfte
Slft, bie inbrünftige Siebe, oerfünbet ben Sohn, Segnabigung mit ben ÜDfaljeicpen
ber hakigen fünf SSunben unb ben Sob aug Siebe. Ser Sdjlithchor forbert bag
üßkenfcpengefcplecht jur Siebe auf, mobei bie Scpluhmorte bag (Scho auglöfen: Ama,
amabo. 93ei ber Sluffüprung biefeg Oratoriumg maren 83 ^erfonen tätig, barunter
40 Sänger unb 32 ÜDZufiker1 2. @g muhte uocp smeirnal mieberholt merben.
* *
*
($g erübrigt noch, einen Slick auf bie SBerfaffer ber Sramen ju merfen. ÜOtafteng
mürben mit ber Slbfaffung ber Sramen bie Seprer ber beiben oberften (Spmnafial«
1 6 SSioIirten, 2 Siolott (Viola da braccio),
4 Sortiert, 3 Sromben, 2 Fagott, 4 glöteit,
2 2iorba, 2 Organon. — (Sitten mufifalifd)en
„@lüdrounfd)d)or", „Slagdjor", „$attfd)or" unb
nochmals „Slagdjor" enthält and) ba§ grojje
2)rama „(St ©tejiljanuS", baS Oon bem Söltter
©tjmnafium üom 16. bis 18. SRoOember 1627
beim Einstig in bie neue SDiaria §imntelfabrts=
!ird)e gefpielt mürbe. SaS Stild meift in bem
Elenchus Personarum über 200 ißerfonett auf,
unb bajit als Smrba Btoerge, fRiefen, Spijj«
buben, illboofaten , ©laubiger, ©aufter ttfm.
©in ©ingbratna mar aud) „Ütaria, bie Sönigin
be§ grabend", meldieä am gefte SRariä Sier«
fünbigung im Sabre 1643 oon ben ©obalett
(9Jf)etorifer unb $f)Uofobl)en) be§ Kölner $rei«
686
3ef)ntc§ Kapitel. Sie ©djulfomöbie.
ftaffen betraut, ©tüde, bie befonbern SlnHang fanben, mürben bann auch non
anbern ©pmnaften begehrt unb bort aufgefü^rt. StuSnahmSmeife beteiligten fidj aud)
bie ©djüter einer klaffe an ber Stbfaffung beS ®taffenbrama§. £>ier fönnen öon
ben SSerfaffern nur bie bebeutenbften eine ©rmähnung finben.
Steitmeife in unfere Qeit fällt ber Xiroter SfafotauS öon Stöancini, geb. 1. ®e*
gember 1611 ju SSrej bei Orient. ©r gehört f)ierf)in für mehrere Fronten, bie
in Xrieft, Saibad) unb Söien aufgefüfjrt mürben. Qm Qafjre 1634 treffen mir
if)n al§ Sefjrer ber ©rammatif in Xrieft, 1635 at§ 9tf)etorifprofeffor in Saibacf)
unb in ber gleichen (Sigenfcfjaft 1641 in SEBien. @r I}at „burd) eine Steife non
Qafjren ba§ ft'oüegium unb fßrofeffhauS ju SEBien mit ben erfolgreichen SDrameit
öerforgt"1. Stüancini ift ein SJiann öon ebter ©efinnung, bem be§ beutfdjen Steiges
2Bo£)I unb 2öet)e tief ju ^perjen gefjen. Qn ben erften feiner Oben, bie ein
Qreunb gelegentlich einer SEBiener Promotion im Qahre 1651 h^rouSgab, beftagt
Stüancini fdjmerjbemegt bie unheitüollen folgen be§ ©reiffigjährigen Krieges für
®entfd)tanb : ©ie, bie unüberminblidfe Königin ber SBelt, ©ermania, ift beftedt mit
§nubfc§nft beS P. 9tif. 2lüancinu§ 1646.
SBtut, burchbofjrt öon feinbtidjen ©efcfjoffen, rings ummogt fie ein Qtammenmeer,
faunt gibt fie noch ein fchmacheg SebenSjeichen öon fid^ 2.
„SDie SDramen be§ SlöancinuS verfallen in brei ©ruppen: attegorifdje, bibtifdje
unb hiftorifcfje. Qu ben attegorifd)en jähtt fein erfteS großes, 1640 gur Jubelfeier
be§ OrbenS aufgeführtes ©dfaufpiet: Zelus sive Franciscus Xaverius. Qmar ift
angeblich ber grofje ^eibenapoftet au§ ber ©efellfdjaft Qefn, QranjiSfuS -EaüeriuS,
ber §etb. Slber bie eigeüttiche (panbtung führen Ofjibent unb Orient, ben ^eiligen
entlaffenb unb begrüfjenb, unb ber mahre ©taube, ber itjn befdjüfjt unb auf ber
IronenghmnafiumS gezielt würbe. Dramate
Paraenetico-Musico proponitur, fagt ba§ ©je=
nar in Cod. 6 a. a. D. (©iehe oben ©. 680).
Sßeitere mufifalifdje Sratnen werben erwähnt
in 9teuburg 1641, ;Qnn3brucf 1646. Sie ©ing=
bramen fdjeinen fidt) um biefe 3e't gehäuft ju
haben, benn bie mufifalifcheit 2luffüf)rungen
(actiones musicae) würben bei ©elegenheit ber
oberrheinifcfjcn s4)roDinjiaIfongregation üotn
Salfre 1649 twtt einer befonbern Erlaubnis beS
^SrobingialS abhängig gemacht. *Memorialia
Congr. Prov. Rhen. sup. 1649.
1 21. b. SBetlen a. a. D. 27. Sgl. 31. ©cf) ei b,
9Jif. 2lbancini (gclbfircber Srogr. ber Stella
xnatutina 1899) 5 ff.
8 Hecatombe Oclarum (1651) 67. Sie fol<
genben bon 2loancini felbft beforgten 2luSgaben
feiner ©ben gehören in ben 3. Sb. Sgl. S u f) r,
Sefuiteufabeln 4 345 ff.
Sie ipauptbidjter : Aoancini.
687
$al)rt feitet. ©efjnfudjtgöoH ruft ber Orient nadfj iljm : ,0 foimtt, geliebter 3£at>eriu§l
SlKsu taug ift ber £ag, aUju lang bie 97ad)t fiir getrennte 2ief>enbe!‘ SSie in einem
Qmifdjenfpiele mirb ber triumpfjierenben ®ird)e bie gan^e ©tfjar d)riftlid)er DJJärttjrer
non ber fäntpfenben ®ird)e üorgefüfjrt. SDie plumpe Qntrige ^*er ©üfjenbienerei
mirb leidjt burd) bie befefjrten ^eibenfinber öereitelt." 1 Qm folgenben Qafjre 1641
fdjilberte Sloancini bie oerfolgte Unfdjutb in bem ©tiid „5)er Stpfel be§ SEfjeobofiuS"
(Suspicio sive pomum Theodosii)2.
SBie in biefent ©tüde bie Suspicio, 33erbäd)ttgung, if;re un^eitoolle 9J?ad)t jeigt,
fo mirb in bem ®rama be§ Qatjreg 1642 Fiducia in Deum sive Bethulia liberata
an bem 33eifpiel ber Qubitf) bie aüe§ befiegenbe ®raft be§ ©ottocrtraueng gefeiert3.
®ie Ambitio sive Sosa naufragus fteltt bie 2eibenfdjaft be§ @f)rgeije§ an ben
Pranger. 97adj ber Eingabe be§ SSerfafferg unb ber Qaf)re§berid)te mürbe bag ©tüd
1643 jmeimat ju SBien gegeben, ßfjöre unb Stände er!()öf)ten feine SBirfung. ®er
®aifer felbft f)atte bie Söieberljolung gemünfd)t4. ®ie folgenben ^riegg* unb $ße[F
jabre maren ben bramatifdjen Stuffü^rungen in SBien nidjt giinftig. @rft am 22. Sluguft
1647 mürbe mieber ein grofjeg SDrama SloanciniS aufgefüljrt jur Qeier ber ungari»
J^rufic^uvi \M^> 'Jiucubl-etn. trLeJtcMaA'm
Gf-rjiAujitt' eia ca 'rMsjrio-n.ej , CAjl-om Ottern
lUit ( e<- Ctrutyn etwi, . dtt
Pta ha . J£v'7U> Sc-xe-tAAtjPymo afiddh* _
tfjw O&OM*, Vn fcde^A Sou£4AHsJlefy,
^anbfdjvift beS P. 3nfob SDtafcn 1648.
fc^en ßöniggfrönung Qerbinanbg IV. : „ßfdoboalbug ober bie 23efef)rung ©adjfeng" 5.
Qur Qriebengfeier im Qatjre 1650 mürbe in SBien oon Sloancini aufgefüfjrt: „Pax
imperii ober bag SBiebererfennen Qofepfjg burd) feine 23rüber"6.
1 21. 0. 25 eilen a. a. 0. 29 31.
2 Ser Se£t in 21üancini§ Poesis dramatica
I (1655) 73 ff. Sie 9ftad)t ber aHegorifdjen
Suspicio fcfeilbern u. a. bie 25orte:
Mihi nemo, nemo sit innocens :
Virtus nocens sit ipsa,
Innoxios et noxios
Prosterno fulminatrix.
3 Sejt in Poesis dramatica I 360 ff. Sie
bortige Angabe 1643 exhibita ift irrtümlich,
ba bie * Litt. ann. coli. Viennens. bie jtoei*
malige Aufführung be§ Srama§ jurn Sahre 1642
beriditen.
4 Poesis dram. I 71. * Litt. ann. coli.
Viennens. ad ann. 1643. Sa§ Shema ift toahr»
fdjeinlich ben Heroum Epistolae oon 93iber=
mann (1633) entnommen, too fid) aiuh anbere
Sieblinggftoffe bc§ :gefuiteutheater§ beljanbelt
finben, 33. Alejiug, Gcuftad)iu§, 33elifar ufro.
5 Sie $eriod)e oon 1647 enthält ben ©ang
be§ @tüde§ unb ba§ Igerfonenoerjeichnig; unter
ben SarfteHern befinben fid) and) ätoei junge
SBallenftein. Ser Sejrt in Poesis dram. I 347 ff
geigt tocnige 2(n heran gen ; ber fßrolog fehlt
bort.
6 * Litt. ann. coli. Viennens. Se£t in Poesis
dram. I 471 ff. Ob bie in SBien im Safere
1648 gefpielte S.Rosimunda (Dymena; f. oben
6. 318) oon Aoanciiti ift, liefe fid) nicht feft=
ftctleu. 25ahrfd)einlich ift bie im Sahre 1650 ju
Seoben aufgeführte Susanna liberata xbentifd)
mit ber Susanna Hebraea in Poesis dram. V
347 ff.
688
fgelfntel Kapitel. Sie ©djulfomöbie.
$n bem ©genar bei großen (Drama! „©tepßanul", meldje! in $ölit am 16.
bt§ 18. Siooember 1627 üon ben Spülern bei ^efuitengpmnafiuml aufgefü^rt mürbe,
finbet fiel) unter ben faft 200 tarnen bei fßerfonenoergeidptiffe! and) mehrmals
genannt Iacobus Masen, Dalens. Physicus, b. f). ^afob Strafen aul (Dalen, (pörer
ber (2. Qafjr ber fßfjilofopfjie). Süiafen trat in bem ©tüd in öier Sollen auf all
ßdrbinal, all (poffaplan, all ©efolglmann unb all SBerfcßmoreiter K 21ud) bie gmei
^aßre fpäter (1629) oerfa|te ffeftfdjrift „(Die eudjariftifdfe ^Srogeffion ber SSäter ber
©efellfdfaft ^efu bei ber Überfiebelung in bie neue ßirdje", bie aul Beiträgen ber
©djüler bei ^efuitengtjmnafiuml befielt, enthält einen 21uffat$ non Iacob. Masen,
Philos. Licent. 2 (Sinige Monate itadj biefer großen freier trat äftafen am 14. 2J7ai
1629 in bal Sioöigiat ber ^efuiten gu (Drier. ®a er am 23. SCRär^ 1606 geboren
mar, ßatte er bei feinem (Eintritt bal 23. Sebenljafjr oollenbet. (Er mirfte oiele $af)re
all Seßrer ber fßoefie unb 9tfjetorif. Sieben ber ©cßule entfaltete Sftafen eine große
(Datigfeit all ^Srebiger unb ©cßriftfteller. „SDlafen mar bal treue (Eljarafterbilb einel
©djulmannel unb ©cßriftfteüer! aul ber alten Qefuitenfcßule bei 17. ^afjrßunbertl."1 2 3
2111 Seßrer ber Sßoetif unb (Rßetorif »erfaßte SDfafen eine Steiße bon ©cßul«
Büdfern, bie bem $iele biefer klaffen bienen füllten4. ©o beßanbelt ÜDtafen in ber
allgemeinen fßoetif bie bic^terifc^e ^ongeption unb bie äußere gmrm. (DaBei geigelt
er aud) bie aul fflaüifcßer Stacßaßmung bei 211tertuml eingeriffene Unfitte ber
(pumaniften, überall, aud) bei djriftlicßen (Stoffen, bon ©Ottern, (Göttinnen unb Stpmpßen
gu fingen, gür bie Sprache berlangte er bal Söefte, b. i. bie ©pradje bei golbenen
Zeitalter!. (Den bantall üBerßanb neßmenben ©djmulft oergleicßt er mit bem flingenben
unb blinfenbett ©cßrnud, momit bie gußrfnecßte if)re ©äule bedangen. ÜDtafenl (ßoetif
bebeutet gegen bie früheren Arbeiten einen mirflicfjen gortfcßritt. 23efonbern (Sinflug
ßat bie SDramatif ÜDtafenl auf bie Orbenlfcßule genommen. SÖSagl bei (Stoffel, 21ufbau,
21u!arBeitung unb bie gange duffere (Decßnif bei ^efuitenbramal gat ÜDtafen lange
3eit beeinflußt: „(Er recßnet gu ben füßrenben ©eiftern unb ber 231ütegeit bei ^efuiten-
bramal." „g'ür bal ^efuitentßeater in (Deutfcßlanb bebeutet ÜDtafen! 2luftreten . . .
bie §öße einer ftufenmeifen (Entmidlung in ber (Dßeorie fomoßl all aud) in ber 2ln*
orbnung ber aufgeftellten ^unftregeln."5 ©ine neuere gacßftubie legt im eingelnen
bar, melcße gortfcßritte ÜDtafen! (Dramatif aufmeift: flarere SBegrifflBeftimmungen,
©ntmidlung bei ©ßorel gur (Dßeatermufif, melcße bie (panblung einleitet unb be¬
gleitet, fittlidje Steinßeit ber Stoffe ufm. (Der üßerfaffer biefer Stuöie urteilt: „hier¬
mit fcgliege icß biefen 21ulgug aul ÜDtafeniul, melcßer uni ben Scgarffinn oor Singen
füßrt, mit bem bie Qefuitenbramaturgie aud) bie feinen ©cßönßeiten ber bramatifcßen
(Decßnif ßeraulfanb." 6
©einer (Dramaturgie ßat ÜDtafen all groben einige bon ißm oerfaßte (Dramen
beigegeben. ©I finb meift ©cßaufpiele, bie mäßrenb ber Qaßre 1640 — 1650 in ®öln,
©mmericß unb fünfter aufgefüßrt mürben, $n ber ©inleitung gu ben ©cßaufpielen Be-
merft ÜDtafen: merbe jeßt bie gemifcßten fomifcß-tragifdjen ©tüde Oorlegen, bie friißer
bei ber (Darftellung auf bem (Dßeater meßr all bie ^omöbien unb (Dragöbien großen
1 Dal gebrucfte lateinifdje ©jenar mit Sßer-
fonenüerjeicbnig grtbet fidj int Sobeg 6 bei
fßfarrarcf)ibl t>ott ©t Stpofteln.
2 *Supplicatio solemnis eucliaristica 1629
im Solltet: ©tabtardjiö, Jes. 46.
3 (ßgt. 91. © d) e i b , Der ^efuit gafob (Olafen,
ein ©d)ulmann nnb ©djriftftetter bei 17. !3at)r-
tfunbertl (1898) 72; Slintenberg,$al 9Jtar>
äeüengpmnafium in Söln (1911) 98 ff.
4 Slufjer einem 58ud)e über Spigrammatif
(1649) nttb ©bmboli! (1650) oerfaffte (Olafen
eine Palaestra eloquentiae ligatae (1654), bie
im erften Seit bie allgemeine (ßoetif, im jmeiten
@Ui! unb Stjrif, im britten bie Sramati! enthält.
5 ©d)eib a. a. D. 11 ff 36 71.
6 91 if. 91 e ffler, Dramaturgie ber Sefuiten
(ßontanul, Donatul unb (Olafeniul (Sßrogramm
bei f. !. ©OmnafiumS ju (örijett 1905) 16 ff 43.
SSgl. Berber, Senotabtjimn bei Didjterl gatob
(Salbe in feiner Serbfidjore (^empet 237).
2>ie ipauptbidjter: 9Jiafen.
689
SBeifatl gefunben haben, befonberg in 9)fünfter 1647 unb 1648. Unb für feine ben
©djaufpieten oorauggefjenben Suftfpiete bittet er um tRadjfidjt, baß fie nicf)t tpn-
reicpenb geglättet feien, mett ,,id) bag nteifte mit jugenblidier geber ju Rapier ge¬
bracht" 4 Sg gehören mithin alle ung befannten SDramen beg P. äRafen ber 3eit
uor 1650 an. Sludj feine Theorie über bag ®rama mar mahrfdjeinlich fdjon oor
1650 gefchrieben, meit er bag miebergibt, mag er oorljer in ber (Schule gelehrt, unb
meit er fcfjon im Qaljre 1649 auf ihr Srfdjeinen oermeift1 2.
Sin herüorragenber Äritifer rühmt oon äRafeit, baß er bie bizarren Slugmüdjfe am
®rama feineg geitatterg Pefämpft habe. „Seicht raufdjenbe SRufif, bie burd) milben
Särm ober ben 9teij ber Neuheit bag Ohr betäubt unb bie Heroen aufregt, nicht
©peftafetftüde mit mandjertei SRafdjtnenmerf, mo s$häton ben ^immelgmagen teuft,
Kometen erfcheineit, brachen unb ©enieit burch bie Suft fliegen, ©eefd)tad)ten auf
ben Srettern geliefert merbeit, machen (nadj ÜDiafen) ein funftgerecpteg ©tiid, fonbern
bag ®rama muh ein lebenbigeg Semätbe fein, bag ung bie 2Birfticf)feit in fünftterifcher
Serftärung miebergibt. Sine SIrt Seffing beg ©djut» unb ^efuitentßeaterg atfo . . .
hat er feine Theorien auch fclbft ing i)3raftifd)e umgefeßt unb, ohne bag eigentliche
Sßefen eineg SOichterg ju befißeit, eine 2(njaf)t oon SDramen gefdjaffen, bie nicpt bloß
burch ihren Sinftuß atg 9Rufterbeifpiete, fonbern aud) burch fi<h felbft bie Seadjtung
ber £iteraturgefd)id)te üerbienen. ©eine einzige in fein Such aufgenommene £ragöbie
Mauritius, Orientis imperator ift eine ber beften ^Bearbeitungen beg für bie ^efuiten.
bühne fo häufig gemählten tragifdjen ©toffeg. Bon feinen ©chaufpieten behanbetn
jmei in ernfter unb ergreifenber Söeife ^arabetftoffe, bie ben ÜtRenfchen atg fotdjen,
feinen galt unb feine Srtöfung jurn Segenftanb haben, ©ein Sefteg aber gibt ÜRafeit
auf bem Sebiete beg Suftfpielg. ®te Ollaria, bie Reifung eineg jungen Seizßatfeg
nach einer Spülung fßetrarcag, baut fid) mit regelmäßiger, fteigenber Sntraidtung,
£)öt)e im britten unb heiterer Söfung im fünften Stft fehr einfach unb ganz nach
SRafeng £f)eorie auf. Bacchi schola eversa hat troß einzelner trefflich gelungener
©Zenen hoch mefentlid) nur fultur^iftorifcf)en SSert; ber Rusticus imperans bagegen,
bie St'omöbie oom ,träumenben Sauer4, ber einen STag lang tftönig mar, geigt
fünftterifdjen SReiftergriff unb hat atg bag oielteicßt ,befte Suftfpiet ber ganzen Qefuiten-
bramatif4 zahlreiche Stufführungen erfahren. StRafen ift nadj Sibermann ber bebeutenbfte
. . . SDramatifer beg Orbeng gemefen."3
Stuf bie Sefämpfung beg beutfdjen ÜRationattafterg, ber Xruulfucht, t)atte e3 SRafen
befonberg abgefepen. Qn feiner SDramatif fcpreibt er: Unfern ^toed, bie ©djänbtidp
feit ber Xrunffudjt, bie gemeinhin bei ben SDeutfcßen nicpt für fo groß eradjtet mirb,
1 Masen. , Palaestra eloquentiae ligatae
(1657) 210. Sie obige Angabe über bie 21uf-
fütjrungen in ältünfter finbet fid) itt ber 21u3-
gäbe üon 1664 ©. 310. Sßon „gofapbat" mirb
aud) in ber erften 2lue!gabe auSbrüdlid) bcmerft,
baß er 1647 öor ben griebenSgefanbten in
SRünfter gefpielt morben fei. $n SJZaing mürbe
1637 ein „Sofapljat", 1642 ein „50tauritiu§"
oufgef üljrt. Sn ben 3abre§berid)ten oon SRünfter
mirb bemertt, bafj bort 1642 — 1648 oiele jlo-
möbien, befonberg oon P. SDtafen, gefpielt mor¬
ben feien. Sn einer ungebrudten Hist. coli.
Monast. über bie Sotjre 1643 — 1648 Ijeifjt eS,
baff gcbruar 1645 ,,$f)ilippu§ 2)ouu3" oon
P. ältafen aufgefübrt morben unb Sep¬
tember biefeg Satjre-J „2ele§biu§" oon bem-
felben 23erfaffer; ba3 ©tüd habe ben sablreicben
2)ul)r, ©efdjidjte ber 3efuiten. II.
3ufd)auerit fepr gefallen. 21m SJtontag oor
fßalmfonntag 1646 gab fütafen ben „2tnbro--
ppiluS, b. b- bie Siebe be§ leibenben §ei(anbe§
gegen bie fötenfdjen". (Bie 21uffülfrung Oon
„23arlaam unb Sofapbat" mürbe burd) ben
Dtegen geftört. Sm Kölner ©tabtardjio (Uni-
üerfität 663) finbet fid) ein goliant, ber mehrere
©tüde Don 9Jtafen enthält, 3. 21. Concertatio
inter Neptunum et Bacchum, ob 2Bein ober
SSaffer beffer, „$ie gaftnacbt 1647" unb eine
Concertatio inter Rusticum, Militem, Docto-
rem uter reipublicae praestet, bie ebeufaUö
1647 äu Äöln aufgefübrt mürbe.
2 Sn ber Sorrebe ber Nova ars argutiarum
(1649).
3 ® ü r r m ä d) t e r in ben §ift.=poIit. 231ättern
CXX1V 288 f.
44
690
gefjnteS Äapitel. Sie ©djulfomöbie.
jit zeichnen unb oor i£)r gu marnen, ^aben luir itt ber auggefegten Sactfjitgfdjule
öurcf) eine offene giftion erftrebt, öurd) eine oerflecfte unb §ugteicf) parabolifdje in
„SeleSbiuS", öurd) ein gefdjicfjtlidjeg Seifpiel im „Sauer gürft". gm erften ©tüd
hat man bie (Sigenfd)aften ber f£runffüd)tigen, im festen ihre grrtümer, im jmeiten
ihre fdfmereren gehler un^ ©trafen1.
gn ber „5luggefegten Saccfjugfchule" betlagt 9Jlafen mit großem ©djmerz bie in
SDeutfc^tanb eingeriffene 2runffucf)t. ©anj ®eutfd)lanb leibet unb ftöljnt unter biefer
©djmad), meil ba§ ©d)Iemmen bei f)o<h unb niebrig im ©d)mung2; er malt bie
fporentlirrenben 3ec^^rüber, bie nie einen @aul befliegen, bie ju £>au§ 2Beib unb
£inb barben taffen, ade§ oerfaufen unb fdjliefflicf) in Sanben raubenb unb morbenb
ba§ ftitle Ipeirn beg SanbmanneS Überfällen. gn bem (Spilog fcfjilbert er ben unter
ba§ Sief) gefunfenen Srunfenbolb: Söann merben bie ©eutfcfjen lernen, meniger grau-
fam gegen fid^ ju miiten? (Sin §eer oon ®ranl£)eiten züchten fie, @id)t, SDelirium,
©tupibität unb Shäfse. Sßenn man bie SCruntfucht öffentlich branbmarfen unb Per»
fpotten moüte, mürbe ®eutfcf)lanb halb meniger Xntnfenbolbe gälten. Sllfo lernet
9iüd)ternl)eit, gebenfet ftetg, bah in jebent unmäßigen £ranf gugletcf) auch ©ift getrunfen
mirb. 2lud) an £>umor fef)lt’g nidjt. „gn ber oierten ©zene fehen mir jmet Setrunfene
auf ber Sühne, einen frommen unb einen SfBilbfang, S1U§ unb SrutuS. (Srfterer
fpricht über bie grömmigteit, legerer über ben Söein, unb $iug läfjt fich auch öon
Srutug ooKftänbig überzeugen, baff eigentlich nur ber SÖßein bie echte, maffre grömmig»
feit ermede." „(Sine anbere fomifche ^erfon, ein eitler 9tidjter, brüftet fich mit feinen
SBaffentaten bei bem 3u9e be§ Sacdfjug nach gnbien. ®ie Rebellen fchmeicheln bem
Sichter, ihrem §errn, ing ©efidjt, bem umftehenben Solle fagen fie aber, feine grau
fenne bie ttrfadjen feiner SBunben ganz genau, unb bie rote Safe habe er nicht oom
Slute feiner geinbe."3 (Sin ßritifer rechnet bie Sac<hugfcf)ule zur „fabulofen ®o»
möbie", bie oft mit glücflicfjen gügen bie ©itteu ber geit fchilbert unb mit ju ben
beften ©atiren ber geit zählt. ®er ©chluhdjor „ift ein berebter Slugbrud beg
©djmerzeg, ben feber mohlmeinenbe ÜSann barnalS über ben Serfall ber ©itten unb
namentlich über jene müfte ©djlemmerei fühlte, melche gegen (Snbe beg 16. galjr»
fjunbertg eingeriffen mar" 4.
gn bem „Sauer gürft" befommen auch ^ie beutfdjen gürften ihren Seil. Sllg
fich herausfteüt, bah ber ^feubofürft nicht lefen fann, entfchulbigt bag einer ber
Umftehenben mit ben ^Sorten : „Sun ja, mit foldjen fünften fich ju befcfjäftigen, ift
nicht üblich bei ben gürften, anbere müffen für fie ftubieren, bie gürften hoben bie
grofje äftülje, für anbere ju trinten unb ju effen." Sa§ finbet ber neue gürft ganz
erträglich unb üerfpricf)t, in biefem ©tücf feine ^SfticE)t oollauf zu tun5. Sie aug»
länbifchen Stoben Perfpottet Stafen, inbent er ben Sarbier fragen lüfjt, ob er fpanifch,
frangöfifch ober mehr bentfch ben Sart ridjten fode. Safiir erhält ber Sarbier oon
1 Masen. , Palaestra eloquentiae ligatae,
dramatica (1657) 37 f. — Ser „SeleSbiuS" ift
aud) beöfjalb befonberS bcmerfenSmert, meil er
ftarfe Slnflänge an Sftotiüe ©alberonS enthält
unb fog. „ftnmme ©jenen" aufmeift, eine SIrt
lebenber Silber, mcldje jmifdjen ben einzelnen
Sitten ben gnfjalt ber boraufgeljenben ^mnblung
barfteüen. ©o geigt bie ftnmme ©jene nad)
bem jtoeiten Sitte ben Senfei, ber ben fütenfctjen
feines meinen ÄleibeS beraubt unb als ©e»
fangenen mit fid) icbleppt, ben roeincnben ©d)up»
eitgel unb ben über baS £eben triumpbierenben
Sob. ßin anbereS lebenbeS Silb fteüt einen
Sotentanj bar unb ben ©treit beS ©djuögeifteS
mit bem Seufel um bie Seele beS SeleSbiuS.
Sgl. ©djeib, TOafen 50.
2 Inde tot calamitates
Nostra fert Germania,
Quod per vulgus et magnates
Regnet haec insania.
3 Sr ent le im greiburger Siöjefan<Slrd)io
II (1866) 160 ff.
4 ßbb. 162.
5 Sgl. ©djeib a. a. D. 45 f.
Sie §auptbicf)tcr : SDJafett. Salbe.
691
einem .fpofbiener bie 9?üge : „Su fennft atfo ben heutigen fSraud) nid)t: ^leibintg
franjöfifdj, grifur fpanifcfj, Srinfen beutfd)."
gu ben Sidjtern, metcf)e in unserer geit Beiträge für bie ©chutfomöbie lieferten,
ift and) 23albe ju rechnen1. @r gehört f)ier^in mit jmei ©tiiden, non benen bag
eine 1629 311 gnngbrud, bag anbere 1637 ju gngotftabt aufgeführt mürbe, gn
gnngbrucf tiejj 33atbe atg 2ef)rer beg bortigen gefuitengpmnafiumg am 1. Oftober
1629 aug Stntaff ber Saufe ber ©rjherjogin ®tara gfabetta2 ein Ouobtibet tragi*
fomifcfjer ©jenen locus serius theatralis auffüt)ren, in benen er an adjt ^piftorien
jeigt, mie „aug ©cf)erj ein ©rnft merbe"3. gm Praeludium comicum löfft ficf»
Srifignor, ein „rufjmfüdjtiger ^ßrachthang", non feinem ©chitbfungen fßutpino über-
reben, bie ganje ^’omöbie merbe ju ©tjren beg breifadjen §errn Srifignor eingefteüt.
Grntjüdft bariiber erjäfjtt biefer Sri-
fignor mit langen, großen, breiten
SBorten feine ritterlichen Säten, metcfje
er tiom bö^mifd^en Kriege big auf
biefe ©tunbe in großer Nitf)e bafjeim
hinter bem Ofen mit Stpfetbraten »er¬
richtet. @r treibt bag ©efdjmäfi fo
fange, big er tmn etlichen Srabanten
mit fchimpftidjen Söorten hinten bag
Sheater gemiefen mirb. gn ber erften
©jene tritt ein betrunfener ©betmann
auf, ber ftatt feineg Sienerg ben
Seufel ruft, ihm bie ©tiefel augju-
jiehen. Siefer fommt, jiet)t bie ©tiefet
aug unb fdjtägt fie famt ben ©poren
bem £>errn um ben $opf. Stud) in
ber jmeiten ©jene tritt ber Seufet auf.
Um einen bra»en ©chmieb ju galt ju
bringen, nimmt er bie ©eftatt eineg
fcfjönen Sßeibeg an unb mitt ben
©chmieb tiebfofen. Siefer jüdt bie
gange aug bem geuer unb »erbrennt
bem Seufet bie Nafe, „mit metcher er
auch abgejogen". gn mehreren ©jenen
tritt ber ©djaufpieter ©enefiug auf,
ber bie Shr^en nachäfft, ficf) ptötdicf)
befehrt unb, meit er ben ©öttern nidt)t
opfern mitt, enthauptet mirb.
Stuf bie luftigen ©jenen fpiett mot)t S3atbe an, menn er in ber Obe an 23runner
fagt, ba§ er früher fecfjg ©cbjeffet Serentianifchen ©atjeg auf bie 33üt)ne geftreut
unb mit ißtautug bie äftüf)te getreten ha^e4- ©eine ©poben enthalten audj einen
Siatog jmifchen ber SBoftuft unb ©ntf)attfamfeit, ben er für bag Sheater gefdjrieben
hatte5. Sie bäurifdfe Nachahmung beg ißompeg mifjfiel ihm, er faf) barin nur bag
foftfpietige ©erät eineg armen ©eifteg6.
S3ilb unb fjanbfdjrift Don P. Salbe ('/,).
1 Salbe lfat in einem ©ebidjte Turbia thea-
trorum spectacula sacris esse permutanda
feine SXnfirfjt über bie 2luffül)rung Don Srameit
au3gefprocf)en (Opp. V 306 ff).
2 Sgf. Sedjner, SnnSbr. fßrogr. 1908/9, 103.
3 Sie Seriöse abgebrudt bei SBeftermaber,
Salbe 274 ff. Sa cf), Salbe 106 ff.
4 Lyr. 1, 33. 6 Epod. 16.
0 Lyr. 1, 33.
44*
692
3eJ)nte§ Kapitel. $ie ©djulfomöbie.
Qm £>erbft 1637 liefe 33albe in Qngolftabt eine grofee (Dragöbie, „(Die (Dodjter
Qepfeteg", auffüfjren. (Sr felbft leitete bie ßinftubierung unb Sluffüferung. „(Dag
2Berf, im ©til be§ ©eneca »erfaßt unb mit gemattigen ßfeören auggeftattet, ift un¬
gemein finnooll angelegt. (Der (pelb Qepfete featte oor ber ©cfjladit gelobt, mürbe
ifjm ber ©ieg juteil, fo folle, mag immer ifern juerft aug feinem £>aufe entgegen-
fomtne, bem ^errn jum Sranbopfer gemeint fein. (Da begegnet ifjm guerft feine
Softer, unb fie mufe für ben ©ieg be§ augermäfelten Solfeg jum Opfer fallen.
(Diefe (Docfeter, meldje ftirbt für if)r Soll, mirb als Sorbilb beg ßrlöferg aufgefafet. . . .
(Der innere Äonflift beg gelben gmifdjen Neigung unb Sßflidjt, ber fdjon in ber
SBafel beg ©toffeg fo tief begrünbet ift, tritt mit erfdjiitternber SJiadjt feerüor unb
toürbe nocf) mädjtiger mirfen, menn er
nid)t nad) ber breiten Einlage be§ ©tüdeg
^u fefir auggefponnen märe. (Die Öko¬
nomie ber (Dragöbie legt Salbe finnig unb
fdjön feinem Qreunbe Slnbreag Srunner bar
in ber 33. Obe beg 1. Sudjeg ber Sprifa." 1
gerbet finbet bag (Drama „ood lüfener
ßfearaftere unb ftarfer ©entenjen, feft-
gehalten unb ftrenge geenbigt"2. (Die Slug*
ftattung mar großartig. Salbe Ijat felbft
einige Slnbeutmtgen barüber gegeben: „Sor
bem entfdfeibenben Söieberfefeen Qepfeteg
unb feiner (Dodjter rnufete bie ßrmartung
ber Qufcfeauer möglidjft gefteigert rcerben.
(Die§ mürbe baburcl) bemirft, bafe eine
Siertelftunbe üoraug bie ©iegegfanfareit
beg feeitnfefjrenben §eereg erllangen, guerft
gebampft mit leifem SBiberfjaH, alg tönten
fie fern aug bemalbeten ©djlud)ten, bann
immer ftärler unb ftärfer, big enblidj ber
(pelb öon ber einen unb fein ®inb oott
ber anbern ©eite gur fd}merglidf)ften Se-
gegnung nagten." 3 ©päter arbeitete Salbe
bag ©tiid um unb liefe eg 1654 in Ilm¬
berg unter bem (Ditel Qepfetiag im (Drud
erfdjeinen. Qn ber Sorrebe bemerlt er,
bafe bag ©tüd früfeer einigemal aufgefüfert
unb oft oon ifem oerlangt morben fei.
ßr gibt Sluffcfjlufe über Ouellen unb Sluffaffung, gugleicfe oerteibigt er mehrere
©teilen, fo 3. S., bafe bag Opfer nicfjt auf ber Süfene üoüjogen merbe. Qm Sin-
feang folgen bie Soten gu ben ©efängen. Qn einer Semerfung gu biefen ©efangett
fpridjt er fidj gegen bie gefünftelten SMobien mit iferen meidjen ©eufgerit, ifjrent
©epipe unb ©ejirpe aug. (Die ßfeöre feien oon ben Sitten begfealb eingefüfjrt morben,
bamit bie Slffefte ber (Dragöbie nod) mefjr burcf) bag Ofer in bie ©eele bringen,
ßinige Stelobien fjabe er umgeformt, anbere Solfggefängen entlehnt4.
Sitelölatt oon 33albc, Jeplitias.
©tidj Oon SBoIfg. Kilian C/i).
1 SB e ft er tn a p er a. a. D. 67 f. $>n ber
lebten ©troppe beutet 53albe bie Sßirfung an :
Sed iam decoro cerno madentium
Submissa fletu lurnina deiici:
Moerore spectator liquescit
Multa putans animosque miscet.
2 Jerpfidjore (§enipel) 235.
3 Jephtias (1654) 27. SBeftermaper
a. a. D. 68.
4 $gl. aud) Lyr. 1, 29 gegen ben toeidpidjen
©efang.
$ie §auf>tbid)ter: 93albe. SSiberntamt.
693
Sin berufener Kritifer urteilt: „93albeS i^epptiaS gehört in febem 23etracpt ju
beit beften Seiftungen ber jefuitifdjen ©djutbramatif. ®ie Sprache be§ ©tüdeS ift
mie bie Satinität be§ beutfcpen (poraj überhaupt ,nicf»t oirgitifd), f)ora§ifc^, tufanifcp,
ftatianifcp ober ftaubianifdj, fonbern atteS ba§ jufammen, bemunbernSmert, felbftänbig,
eigenartig, ftaffifcf;, balbifd)4 i. . . . gleitid) mutet e§ auf ben erften 83tid fonberbar
att, baff ein (Spiel, baS für bie Schule gefdjrieben mar, mit ficptticpem SSoptbepagen
ein SiebeSoerpältniS in feiner Sntroidtung fcpitbern fonnte. S3ei genauerer Sinficpt
aber mirb man finben, mie ba§ SBerben 2lrippanaffo§ um SRenutemaS £>anb fo
jart uub gücfjtig gehalten, ja mit einer 2trt pöperer Söeipe unb Rerftärung bar*
gefteüt ift, bafj aucp nicpt einmal ber ©ebanfe einer Unftattpaftigfeit auffteigt. . . .
@anj befonberS finb bem geborenen Sprifer bie mepr Iprifcpen Sporpartien gegtüdt;
RerSmafj unb ©pracpe unb bie £)öpe ber SXuffaffung mirfen jufammen, um ben
Sinbrud 51t oerftärfen. äRan oergipt über iprer ©cpönpeit, bap fie oft lang, oietleidjt
ju breit auSgebepnt finb."1 2
®er mirffamfte 2)ramatifer ber ©djutbüpne mar ^afob 23ibermann, „ba§
ftärffte Stpeatertatent ber ^efuitenbüpne" 3. „SRit 23iberntann patte baS Qefuiten*
brama feine pödjfte 23tüte erreicht."4 Sibermann „oerpalf ber ^efuitenbüfjne ju
einer SBtüte, bie muftergüttig für ba§ ^efuitenbrama blieb unb für ben Seffing beS>
felben, menn man feinen Reformator $afob 9Rafen fo nennen barf, bie ©runbtage
fcpuf"5. Qafob Ribermann6 au§ Spingen (©cpmaben) fam mit acpt ober neun
$apren 1586/1587 nad) StugSburg an§ ^efuitengtjmnafium, mo befonberS P. Raber
a(S Seprer unb §ieremia§ SDrejret at§ SRitfcpüter ipm itäper traten, iQm Sttter oon
16 ^apren bat er 1594 um bie 2lufnapme in bie ©efeüfcpaft. Rtit Raber unter*
piett er aucp roäprenb feiner ©tubien im Orben einen lebhaften föriefmecpfet7. $m
lepten $apre feiner ppitofoppifdjen ©tubien (1600) mürbe 23ibermann als Spor-
agu§ mit ber Seitung be§ £peater§ oon ^ngotftabt betraut; au§ 93efcpeibenpeit
magte er nidjt, feinen angefangenen „23runo" fpieten gu taffen, fonbern tiep fiep oon
Raber ein ©tiid fdjiden. £>erbft 1600 fiebette er nad) StugSburg über. 2lt§ Seprer
ber Humanität füprte er pier im $apre 1602 fein erfteS ®rama auf: „“Ser äRärtprer
Saffian", ber Oon ben ©riffeln feiner ©cpüfer erftodjen mirb, unb in bemfetben
^apre in ber SRarianifcpen Kongregation ben berüpmten ®oftor Oon $ßari§ „Seno*
bopuS", ber oier ©tunbeu in Stnfprucp napm8. (perbft 1603 begann 23iberntann
feine tpeotogifepen ©tubien in Qngolftabt, brei $apre fpäter, £>erbft 1606, feine Sepr*
tätigfeit am ©pmnafium in Rtündjen, beffen SDireftor er 1609 unb 1610 mar. Qn
9Ründjen leitete er am 2. Oftober 1606 bie 2Iuffiiprung feines SDramaS „3)er
äRärtprer Stbrian", ba§ mit großer fßraept über bie 23retter ging. 2tucp ba§
®rama beS ^apreS 1607 lieferte unb leitete Ribermann: „Retifar". Sa^re
1609 mürbe fein „®oftor oon ^3ati§" gefpiett, 1613 fein „ÜRafariuS", 1615 fein
„Q;ofepp". Racp 2tbfotoierung beS britten ^ßrobejapreS (Xertiat) in Sbersberg mürbe
23ibermantt ^rofeffor ber ^pitofoppie 1615 — 1618 unb bann 1618 — 1626 ber
Speotogie. Qn ®ittingen füprte er 1618 feinen „Satpbita" auf; piet erfepienen auep
1 9{ealenät)tl- für Oroteftant. Speologie unb
Sircpe II3 370.
2 97. <5 cf) ei b, 23albe ol§ ®ramatifer, in
ben §ift.=Oolit. 93Iättern CXXXIII (1904) 37 f.
3 2f. c. SS eilen, ©efep. be§ SSiencr Jpeater*
mefenS 29.
4 SReinparbftöttner a. a. 0. 45.
5 2)ürrlüäd)ter, Sibermamt unb ba§
Sefuitentfjeater, Kultur (SSien) 1903, 150.
6 SSgf. Kropf II 543 ff; ©abil,
S3ibevmann, fßrogr. be§ ©t)tunafium§ B« ben
©djotten, SSien 1899, 6 ff.
7 S3riefe an «Raber 1610—1612. Clm 1610.
8 S)ie *Historia collegii Augustan. (greiburg
i. b. ©d) tu. , ®antonalbibIiotf)ef) beridjtet junt
Sabre 1602 : Placuit prae Cassiano Cenodoxus
et secundum vehementius desideratus. Utrius-
que auctor fuit Iacobus Bidermannus, Huma-
nitatis magister.
(594
$ef)nte3 Kapitel. $ie ©cpulfomöbie.
feine (Epigramme (1620) unb Erjäf)lungen (1621)
unb feine „§erobiaS" (1622). Seiber mürbe er
burcf) feine fßrofeffur in SDittingen feinem Sieb-
lingSfacf) entzogen, bod) mibmete er immer nocfj
einige 3eit feiner fJJJufe. 21IS er bem ©eneral $i*
telleScfji feine Epigramme überfanbt fjatte, briicfte
biefer am 28. fDfärj 1620 feine große greube bar*
über auS unb ermunterte iljn jur SSoüenbung äßn*
lieber Arbeiten, fomeit eS feine anbern föefcßüfti*
gungen fließen, benn er tabele bie auf folcße
Arbeiten öermanbte äftiiße niefit nur nidjt, foitbern
münfeße fie fogar feßr. 9?acß Empfang eines Seiles
ber „£)erobiaS" feßrieb SSiteüeSd^i am 2. Slpril 1622,
baß er mit großer SSegierbe baS ©anje ermarte.
Sie jmeite, öerbefferte SluSgabe ber Epigramme
befielt SSitelleScßi auf feinem Sifcß, um fie gan^
ju lefen. ©o teilt er föibermann am 2. 9)iär$ 1624
mit: 2SaS bie anbern SSerfe (Opuseula) betrifft,
fo erinnere icß mi cf), baß icß im .Qaßre 1620
Em. £>odßmürben ermuntert ßabe, fie ju feilen unb
für ben Srucf ju bereiten 1. ©eine letzte ©tation
erhielt Q3ibermann als Sßeolog unb 3enf°r in 9?om,
bort ftarb er ant 20. kuguft 1639 am ©eßlag*
flnß. Ser OrbenSnefrolog enthält über ißn bie
SGSorte : P. 23ibermann mar „ein liebenSmürbiger Eßarafter, ftreng in Seobacßtung
ber OrbenSbiSjiplin, ein ÜD?ann ber Semnt, ©anftmut unb grömntigfeit". ©einer
SlnfprucßSlofigfeit ift moßl gujufeßreiben, baß er fieß nie oerfteßen fonnte, fein |>aupt*
merf, bie allgemein gelobten Sramen, ju oeröffentlicßen : fie erfeßienen erft brei
Sejennien naeß feinem Sobe im 3aJ)re 1666 3U ÜDiüncßen 2. SaS „füieiftermerf
23ibermannS, bie ^erle beS erften 23anbeS (feiner ©efammelten Sramen) ift fein
,Senobo£uS‘, ber Softor oon )ßariS. . . . Qn feinem ©tüde ift eS bem Sidjter in
gleicher SGBeife gelungen, altflaffifdje ÜteminiSjenjen unb cßriftlicße $been 3U °er*
einigen" 3.
„EenobopS" nennt Q3ibermann ben berühmten Softor Pon fßariS, ber in ber
befannten Segenbe beS ßl. 23runo ©egenftanb eines feßreefließen EreigniffeS mar,
mobureß ber ^eilige beftimmt mürbe, bie SSelt ju oerlaffen unb ein bußfertiges
Seben ju führen. Sie SSorrebe ju S3ibermannS Sramen ßat folgenbeS barüber :
Titelblatt ber gpigrnmute SBtbcrmonuS.
©tidj (Vi).
1 * 0rig.=91eg. Ad Germ. sup. 93gl. 8. SRai
1621. ®a§ 2lutograpl) ber Deliciae sacrae mit
Sorrefturen unb ber genfur (^ndbofer, 25. 9loö.
1635) in Bibi. Yatic. Regin. Lat. 863. $er
©eneral f)ielt beit P. 93ibermann and) für fäf)ig,
bie bat)rifd)e ©efd)id)te jit fdjreiben. 21m 13. gebr.
1621 fdjreibt er an ben Sßroöinäial ©renjing:
Historiam Bavaricam, quam iam prident Sermi
Duces a Societate exspectarunt, et quam hoc
tempore post reportatam adeo illustrem ex
perduellibus victoriam vehementius desiderare
videntur, R. Y. quam possum maxirne com-
mendo, ut eam seu P. Bidermanno seu alteri,
a quo opus illud eleganter ac splendide per-
fici posse existimabit, quam primunt com-
mittat. Mihi quidern ex iis, quae de P. Iacobo
Bidermanno hucusque audivi, videtur ipse ad
scriptionem hanc ingenio et iudicio ac doc-
trina bene comparatus. Monendus tarnen ut
ab horridiore illo et exotico scribendi genere
abstineat, quo aliquando in vita B. Ignatii,
quam latinam fecit, usus fuit, hortandusque,
ut quantum poterit, conetur optimos liistoriae
latinae auctores puritate et elegantia dictio-
nis exprimat. * 0rig.=9teg. Ad Germ. sup.
2 Sine beut|'d)e Überfettung be3 Cenodoxus
ocröffentlidjte 3 o a d). 9Jt e i d) e l , DDtündjett
1625. Sgl. barüber ^afjrbud) für SUtündjener
©efdjidjte III (1889) 535.
3 91 e in barbftött ne r a. a. 0. 41.
SDie £>auptbid)ter : 33tbermann.
695
„SJBietuofjf biefeS ©tüd bie SacfpuuSfefn ber 3ufcf)auer f0 in Semegung oerfejde, bafj
bie «Stühle in ©efafjr gerieten, jo machte eS bocf) auf bie ßufdjauer ejnen j0
jamen ©inbrud, baff man 14 berfefben, ^odfjgejtellte ißerfönfidjfeiten am baprifdjen
hofe, an ben fofgenben Sagen ficf) in bie ©injamfeit juriidjiefjen fafj, um ©jrergitien
ju machen unb ifjr Seben ju änbern; 100 Sßrebigten hätten feinen folgen ©rfotg
gehabt. 3a bei ben ©chfufjfjenen, in benen ßenobojuS oor feinem emigen 9ticf)ter
erjdfjeint, jitterten bie meijten ßufdjauer an aßen ©fiebern, als ob jie felbft ba
gerietet mürben. Ser ©cf)aufpieler ber ^auptrotte trat halb barauf in unjere
©efeßfdfaft ein, morin er nach einigen in Unfdjufb unb ^eifigfeit oerbrad)ten 3ahren
jefig ftarb."1
Sie Sfnfage beS ©tiideS ift fef)r einfach : eS entmicfeft fid) oor uns baS Seben
eine§ jog. „S^renmanneS", ber in ben Sfugen feiner SRitbürger ein Orafef ber 2öeiS»
heit, ein SRufter oon Sugenb unb Sopafität, aber oor ©ott ein armfefiger Sropf
ift. ©eine £>auptleibenfcf)aft, bie ^offart, ift bie Sriebfeber aßer feiner ^anbfungen ;
fein ©emiffen, fein ©djufjgeift menben aßeS auf, ihn ju befehren; umfonft. ©S
umgibt if)n ein ©d)marm oon ©dfjnteichfern, bie ihn in ihrem §erjen üeradften, aber
in§ ©efidfjt befobfjubefn. SaS gibt bem Sinter Seranfaffung §u ben broßigften
©jenen. Sie fefjte Sfnregung jur Sefehrung oerfitcfjt ber ©chupengef burcf) eine
&'ranff)eit; aber audj barin treibt ber arme Softor fein fjeuc^IerifcfjeS ©pief fort,
unb fo ftirbt er; bann folgen im fünften 2lft bie furcfjtbar ergreifenben ©ericf)tS*
{jenen, bereit ©rgebniS ber Seidfjnam breimaf anfünbigt: icb bin angeffagt, ich bin
oerurteilt, icf) bin oerbammt. Sie SBaffrljeit unb objeftioe 2Birffid)feit beS ©tütfeS,
baS Sifb oon oiefen, üiefen äRen*
0imlm«tVifcp<tr fnnbalt
fdjen, ergreift.
3m einjefnen ift ber ©Ijarafter <^$Wpnm iroTt-lcrrerlien
beSßenobopStreffenb burchgefüfjrt. v^OllllCvJ 1 lcl^CJCUICris
©offart unb ©hrgeij beftimmen fein fcom Doftor £Upanß/iWlcl^rtMrC§
Serhaften felbft ben Sinnen gegen*
über. ©r, „ber Sater ber Slrmen",
meift bie Siotfeibenben ab, menn
niemanb feine SSofjftat fiefjt. Ser
©hrgeij madjt if)n fogar jur lädier*
fidlen gagur. ®r fra3t einen ferner*
hörigen Sauer, maS man in ber
Sorftabt oon ©enoboguS rebe. Ser
Sauer hat ben tarnen nie gehört.
Sa fragt ©enobopuS, ob er biefen
berühmten SRann nicht fe^en möchte.
Ser Sauer antroortet, er gebe feinen
^reujer für ffunbert ©enobopS.
2Iud) bie 9iettungSüerfud)e finb
padenb gegeicfjnet. Ser ©d)u|engef
menbet aßeS auf, ben hochmütigen
ju retten. @r geigt ifjm im Sraum
baS Sud) feiner ©ünben.
taufenbmaf fte^t hodfnmt barin
©djalfett $u 3Rftnc$at trt fcmt prftli*
otgtie^efanDtmi^/Por ©Ott ange*
(htnGymnafioberSocictec Iesv.
2(nno ) 6 o p.
flagf/fömdjftmb^rrbam&f
»Pibra.
1 Ludi theatrales sacri sive opera
comica posthuma (1666), Praemonitio
ad Lectorem.
©etrucf t ju Sy?t4tich€n/t>urc^
SBibenmtun? „Dotter 311 SßaviS" 1609 (2/s).
696
3el)nteS Kapitel. Sie ©djullomöbie.
getrieben. Unb als ifjm im Xraunt bie ©trafen ber £ölfe oorgefpiegeft werben,
jammert er unb ruft ©ott gu £>ilfe, aber ber Xeufel antwortet ifjm: „®u felber
warft betn ©ott, fo rufe bidj. 9?ie fjaft bn beinen £)odjmut oerfeugnet. Sftun füfjfe,
wa§ wir leiben, ba bu unS in Ipoffart gleich geworben." ®er fcf)recflicf)e £raum
fruchtet nichts. ®ie ©igenfucfjt überrebet ben ©efefjrten, bei feinen Xugenben fei SSer«
bammung unmöglich. ®ann fommt aber bie ßranffjeit als fjinfenber armer ©reis
in fein £>auS. $wei ©cf jüfer bebauern, ben ©enobojuS nidjt üom ^atfjeber fjören
gu fönnen, aber audj auf bem ^ranfenfager fei er ein Sefjrer ber STugenb. ©eno*
bojcuS fjeudjeft weiter: $u fjanbefn, nid)t gu reben fefjrt bie $ugenb. ®er ®ranf«
fieit unb beS £obeS pfeife lernt mit mir üeradjten. 2£ar mein Seben furg? 0
affgulang, wenn’S übel war, unb war eS gut, bann war eS fang genug — ben
meiften war baS Seben nur gum üftadjteif, ben wenigften ber f£ob. ®er ©cfjüfer
meint: £)er SDJann bebarf beS XrofteS nidjt, ber franf bie ©tarfen auferbaut. Unb
bie !>eud)efei an ber ©eite beS Ä’ranfen ftimmt bem £>eud)fer bei: „28ie fromm,
fiefjft bu, wie man bidj liebt! fRedjt fo, baS war befdjeiben." ©in ©ngefdjor be»
fragt ben SSerbfenbeten. ©ein ©cfjujjengef madjt bie festen Sfnftrengungen : er fudjt
ficf) gu nähern, aber bie ^öHifcfjen ©eifter, bie bicfitgebrängt um baS Säger ftefjen,
faffen ifjn niefit burcf). ©in feüter ©treit, ein fetjteS gfefjen fofgt:
fßanurguS: 9Rein ift er nun burcf) feine ©ünben. — Sir bat er nicht gebient, bu nicht
geherrfcht.
Enget: 2lch mel). nur aüp tttehel — ©iehc, EenobopS, jene (Sterne, maS ift herrlicher
als fie ? Sort ftrebe hin.
§eud)elei: Sieh biefe 2Bclt, fo weit, fo grofjl 2BaS gibt eS Schöneres unb höheres, als
fie mit beinern fRuljm p erfüllen, gelaunt fein unb geliebt fein Don allen unb p leben nach bem
Sobe noch ?
Engel: SBaS nüpt eS mohl, toenu bu ben fRuljm geminnft, bie ©eligfeit berlierft? SSenn
beinen ÜRamen treu bie Sßelt bemalfrt, bie $ötte beinen Seift ? D menbe bich p mir, EenobojuS I
fDiefer aber wenbet ficf> ab. ®er ©ngef mufj unter bem ©pott ber fjöffifdjen
fRotte weichen. f£)ie Sfrgte fommen, fie finben nur einen ©terbenben; fie fjören, ber
tranfe fjabe mit ^nnigfeit bie ©aframente empfangen. £>ie ^öffengeifter umfangen
jubefnb ben ©terbenben. ^eierfidj fommt ber £ob. üüfadjtooff unb ergreifenb oer«
fünbet er feine Iperrfcfjaft über alles unb affe an unb ftöfjt bann bem ©enobojuS ben
2>ofdj ins §erg. ®er ficfj anfdjfiejjenbe £otencfjor ffingt in bie SBorte auS:
Saum baf? ÜRenfcIJen finb geboren,
©inb fie fchon bem Sob erloren.
fEBaS ber fülenfd) auf Erben lebt,
SBie ein Sraitm borübcrfchtnebt '.
^m fofgenben Sfft ruft ©t SDfidjaef ben ©eift beS ©enobojuS oor ben Ütidjter*
ftufjf. ®er Teufel tritt afS Sfnffäger auf: ,,$d) will nid)t größer machen feine
©cfjufb — wie fönnt’ idj audj? 2öar biefer bod) fo rucfjfoS fdjon wie feiner fonft.
©o mancher würbe fjingeriffen oon biefer, jener ©ünbe — biefer ba üon jegficfjer.
SDiit einem SBorte nenn’ idj affe: §offart. 2Bo biefe wofjnt, ba fcfjfagen alle Safter
ifjren SBofjnfifj auf. Vertrieb nicfjt biefe ©ünbe unS aus biefem §of ber ^errfidj-
feit? Unb fjaft bu unS oerbannt, wie nimmft bu biefen auf? ®em §immef
folf gehören, ber immer meinem ßepter fidj gebeugt unb niemals bir? ©ntweber
fdjminbet bie ©eredjtigfeit; wenn nidjt, bann fprecfjt mir biefen ju. ©enobopuS
ruft jum fffid^ter um Sarm^er^igfeit, aber ber Sfnffäger fteigert noc^ bie ©djulb:
©iefj bie S3erbfenbung an. ©r wufjte wofjf, ba§ bu fein ©djöpfer bift unb ifjn um
einen teuern fßreiS erfauft — er aber flo^ oor bir, er wiberftanb. 2US idj ifjn
1 Üherfchung nach 35ürr möchte r, Job unb lotentanj 93.
$ie ^axt^tbidbler : 23ibermann.
697
faum nur rief, ba ßört’ er micß. Sei Sag unb 9?acßt oertangt er nacß bcr ©ßre.
Surcß biefe ©ucßt üerbarb er jebe Slrbeit, Sßiffenfcßaft unb ®unft. Sie ßeitigften
Verrichtungen hot er auS @£)rbegier mißbraucht unb fie gu Saftern umgemanbett.
©r müßt’ ficß felber ber VerbammniS meißn, menn er fein eigner ßticßter märe."
Von neuem bittet ©enobo^uS: „Verbeiße, §err, oergeißet, fRicßter ißr." 5lber ber
Vöfe feßt rcieberum ein: „Socß ntancßeS ©roße, ©cßöne tat er moßt. Ser Firmen
ßaft bu bicß erbarmt, bocß mie? marum? Verftummft bu jeßt? 2öaS braucßt
eS anberer ©ünben? Sie guten Säten fcßon üerbantmen ißn."
SBäßrenb ber grift, bie ber Slngeftagte gur Verteibigung erßätt, folgen mir auf
©rben bem VegräbniS beS ©enobopS. 2Bie bie ©ebete beginnen fotlen, erßebt ficß
ber Sote oon ber Vaßre unb ruft: „SSeße, meße! Vor bem ©ericßte ©otteS bin
icß oerftagt." Vor ©cßrecfen mirb baS VegräbniS auf ben fotgenben Sag Oer-
fcßoben. gm ©ericßte befteßt ber Ütngeftagte nicßt. Sie Verteibigung burcß feinen
©cßußengel geftaltet ficß gur ülnftage. SeSßatb ßören mir in ber fotgenben ©jene,
mie ber Sote ficß mieber non ber Vaßre erßebt unb unter baS Volt ruft: „SSeße,
meße! Vom ftrengen ©ericßte ©otteS bin icß gericßtet." SaS ©ericßt fommt gum
©cßtuß. Sem ©enobopS merben alte Söoßttaten oorgeßatten, bie er ein gangeS
Seben lang mit Unbau! oergotten. SaS Urteil mirb gefällt.
EenobojpS: SGBef)e, meße, meffe! galtet über mich, ihr 93ercje, unb bebedet mid).
SaS ©ericht: ©eretfjt ift ©otteS ©ericht. Er fei oerbammt.
ißanurguS: 9Jun alfo bift bu. mein, unb niemals ßörft bu auf, mir ju gehören.
£ e u o b o £ u S : ©o fei baS £id)t üerflud)t unb er, ber eS gemacht, unb alle, bie eS fcbaueit.
SÖSie bie ©infegnung enbticß erfolgt, ba fcßreit ber Sote: „Söeß mir 2trmften
unter allen! SBeße, meße, meße! gcß bin oerbammt." Sie ©cßlußfgene gibt eine
ergreifenbe ßtebe VrunoS an feine greunbe über bie ©itetfeit ber SBett. Stße ftimmen
ein in ben 9tuf: „Sebt moßt unb lernt üeracßten bie greuben biefer Söett."1
„@S ift Vibermann gelungen", fo fcßreibt ein ^ritifer, „eine ecßt menfcßticße
gigur gu geicßnen, beren ©cßicffat, gerabe meit ißre geßter nicßt fcßänbticßfter 2lrt
finb, fonbern fo mancßem oon unS gemeinfam, uns überaus feffetn muß. ©r füßrt
©enobopS ein als ben ,©tang ber ^Sarifer Softoren4; aßeS eitt gu ißm, nur ißm
moßen fie ißr §eit anoertrauen; ,baS gaßrßunbert fann ißn nicßt entbeßren4, ,ber
©rbfreiS ßat nicßt oiete fotcßer Sicßter4. Vtan ßätt ißn für maßrßaft fromm; mit
inniger Siebe ßängen feine £)örer an ißm. Sie Vürgerfcßaft betet ißn an. 2BaS
SBunber, menn er meiter ftrebt, menn er ben SBettentenfer bittet, ,er möge ißn mit
fotcßen Sugenben fcßmücfen, baß alte ißn beneiben, er feinen4! @o fällt er freiließ
ber ©elbfttiebe unb ber ,*peucßetei in bie Strme; alles mirb gurn ©eßein bei ißm,
maS bie äftenfeßen für §eitigfeit unb Unfcßulb ßatten. 2Bie menfeßtieß natürlich be¬
rührt uns ber galt beS SflanneS, ber in feiner ©elbfttiebe ficß feßtießließ fagt, er
allein fönne bieS aßeS! 223ie großartig ift ber ©ebanfe, ben bie §öße unternimmt,
ben üßtann babureß gu ftürgen, baß man fein ©emiffen ternießte ! Somit fäßt er. . . .
©S mar ein ©tücf, bem bie ^atßarfiS gemiß nicßt feßtt. . . . Ser Seufet fpiett in
VibermannS ©tiiefen, unb üorneßmlicß im , ©enobopS4 eine mirftieß bramatifeße 9toße.
©r fteßt auf berfetben £>öße mie in ©atberonS ,2Bunbertätigem ÜDtaguS4. 3luS ber
roßen, unflätigen, berben ©eftatt beS ^ößenfürften, mie er im Spiel beS ÜDtittetatterS
erfeßeint, ift eine tragifeße ©eftatt, ein Verfüßrer gemorben, beffen Auftreten bie un=
faubern ©cßroänfe ber testen gaßrßunberte üößig oergeffen ließ."2 *
1 SluSjug nad) ©abil, fßrogr. 1899, 25 ff. 2 9teinharbftöttner, gar ©efdjichte beS
SaS ©tüd mürbe oft geßnelt: Supern 1609, gefuitenbramaS in 9Jtünd)en 44 f.
ißruntrut 1615, gngolftabt 1617 unj, Später
1636 in granfreid) unb Belgien.
698
Seljnteg Kapitel. $ie (sdjulfomöbie.
„Stn (Semattigfeit beg (Sinbrnrfeg mup unter Siberntanng fämtticpen ©türfen
ber ,3opanneg (Satpbita4 bem ,(Senobop§‘, allen 23ericpten jufotge, am näcpften ge*
fommen fein. Sttg berfetbe gezielt mürbe, bracp alleg in einen Strom bon tränen
au§; unb eg ift nitf)t jn leugnen, bap ©cpirffat unb (Sparafter beg gelben 23e*
munberung unb 9)titteib in popern ©rabe peraugforbern. lieber1 ift eg bie ©etbft*
berbamtung eineg in üppigem Sehen gebornen Qüngtingg, ber Sater unb SDiutter,
£>aug unb Steicptümer bertäpt, um gang unb oößig (Sott bienen ju fönnen. . . .
bie S3erlaffenpeit ber Sßüfte pinaug folgen iprn bie ©äntonen unb motten ipn jur
9iücffepr ing SSatertanb oerlorfen. . . . Stber nicpt nur, bap ^opanneg alten biefen
ißerfucpungen fiegreicp miberftept, er mitt nun pöttifcpe fünfte mit feinen fünften
c toammec rar v RITA oernicpten. (Sr faßt ben großartigen
o. lUAJNJNiiB LALlßllA (Sebanfen, ben ®ampf gegen bie
£>öt(e birett auf^unepmen, inbem
er nacp 9iom gurürfeitt, um bort
oor ben ÜDiaitern beg päpftticpen
^ßalafteg unbefannt ein Seben ber
SDernut unb (Sntfagung §u füpren."
SSater unb ÜDtutter gepen an ipnt
üorüber. (Srft im ©terben entberft
er fiep. „Sieben ber paffioen @e*
butb beg armen §iob beg Sitten
S£eftamenteg entfaltet fiep in bem
freimittigen Sutber ^opanneg (Sa*
Ipbita bag Qbeat eprifttieper 53e*
§Ö (joßertt €()im t»cr parrlicpfeit unb fetbftgemäptter (Snt*
£atpoItfcpcn3ugnU / tnbcrSiSbltcpm'Öm* fagung. 0b barum auep ber
uerfttdt $ü SDitmgcn / im 3apr (Sparafter fo manepen 93erüprung§»
i 6 i $. punft mit §iob pat, ftept er boep
um oieteg pöper unb pat fiep unter
SSibermanng marm empfunbenen
SSerfen eept bramatifcp geftattet.
Sibermanng ®rama pätte jebeg
meitere entbeprtiep gemaept."2
®ag §aupttpema, bag Q3iber>
mann immer unb immer mieber
bariiert, ift bie grope attgemein
menfeptiepe unb eprifttiepe Sepre bon
ber SSergängticpfeit atteg Qrbifcpen;
auep bag größte (Stürf fiepert niept
bor bem jäpen ©turj unb bag größte Ungtürf mecpfelt mit ber (Srpöpung ober (Sr*
töfung. $£>er fiegreic^e getbperr Selifar fipt auf einem Stein unb pätt atg ge*
btenbeter 53ettter fein ^otjfcpiiffetcpen ben iBorübergepenben entgegen auf berfetben
©trape, bie er bor furjem atg ^riumppator burepjogen. Unb in feinem (Stenb ber*
fünbet ißelifar bie grope Sepre:
Sag Sine lerne, SBürger, grembling, lerne
Sieg Sine nur au§ meinem jäfjen galt:
Vertraue nidjt beg ©lüdeg eitiem SBaljn.
tDaStft:
0ummavtfc6ctQ3cgrtffDnt>2(uf^ug
t'Cl* Comicotragoedia:.
c^m DcitcfnntrDiftcn
QBanttd fmnfc fehlen Slblabcn
S. IoannisCalybit/e.
(Bemalten
C5cbrucff|ö^>tltngm/6ct> Q5w üara
SKaprm /
©rfte Qtuffübvung t>on SBiberniamiS „3oIj. ßaUibtta"
1618 (»/,).
1 SSie bei ber Äomöbie „Ser Körner SCRafa*
ring", aufgefüfjrt 1613.
9t e i n b a r b ft ö 1 1 tt e r a. a. €. 39 f.
Sie £muptbid)ter: Sibermamt.
699
Unb mitlft bu frei Don Unglücf bid) bemahren,
©ntftiehe, wenn bae> ©lücf bir lotfenb Winft,
Senn nahe bei be§ ©liicfeä lichter $öhe
©ahnt tief ein 2tbgrunb, unb ber gaß ift jähe!
Sebengmalfr öerfünbet bieg g-ortuna im ©pilog beg „Selifar": ®a§ ©lüd ift eilt
bemegteg 9iab. 235er fjeute oben fte^t, fann morgen unten fein. ®ie irbtfc^e ©lorie
ift ein ^5feil, ber fdjneü fliegt unb nie mieberfeljrt; ein Suftfjaud), ber nie ftiüe ftef)t ;
eine Söetle, bie im felben Momente emporfteigt unb fallt; ein ©djatten, ber gerabe,
loettn er am längften ift, öerfdfminben
muff; ein ©las, ba§ jerbridjt; ein
Xraunt, ber lügt; ber ©djaum, ber
jerfdjmitjt; ein greunb, ber fcfjntet*
djelt; ein $einb, ber üerberben mid.
Unb bennod) liebt bie SBelt biefe
©lorie. 2öa§ täte fie erft, menn
biefe ©torie nur ein menig bauer=
fjafter märe?1
®en umgefefirten 2öeg mie „93e=
lifar" gef)t „®er ägt)ptifcf)e ^ofepf)".
„Sielmat ift biefer «Stoff oor Siber»
mann bearbeitet morben, faum aber
mit fo glüdtidjer Konzentration." 2
2)ie dfjarafteriftif 3;ofepf)g ift meifter*
fjaft: atleg menfdjlid) ©dföne unb
@bte tritt bei if)m in bie ©rfdjeiitung
im SBorte unb nocf) mefjr in ber £at.
2Xtg bie fRadje ifjn aufftadfelt, ba
raeffrt er fiegreid) ab: „Siiemanb ift
gröfjer, alg mer fdjont; bie Kleinen
folgen ifjrem ßorn."
Sieben ber aug ber ©ottegliebe
entfpringenben Söeltentfagung fefjrt
bei Sibermann faum ein SJiotiü fo
häufig mieber atg bie Siebe ber ©ttern
ju bcn Kinbern unb ber Kinber zu
ben ©Itern. Sttg Selifar, zum armen,
blinben Settier gemorben, feinen ©of)n
Strfabiug aufforbert, if)n zu üerlaffen,
ermibert biefer:
SumHt<u-ifcb<t)tmba!cbcfl0ifco2ifcbcn
Tragocdieru,
Hon OcmCtfriffficfen
gewaltt^m SclDofmftm imfc^aupfc
matt
BELISARIO.
2Blc folc^cr © on ^öc^ftcm glücf liebem
^S5olftant>t/in 4uffcr|tcsf tniglürf Pub
not gcrutbctt.
£3c|ct)(h«t
^Dnbctbem berbümbten Iuftiniano,
Ürtgefafjt omb bas jjar <£fj:t|tt PnferS •£> © ot 0? si
tmö Sfliginjchfte SmifffnmDrrt / Dwflig / hiß
auff bae @cch(?igi(T.
jjij ber Societet Iesv Gymnafio
ju COiuncbnt,
(ßeteudt
©urc^ Nicolaum Henricum,
Anno i 6 o 7.
Sie trftc 9luffüljrung Don 23ibernioun§ „SSelifot"
1607 (2/s).
2Bie fönnt’ ich, teurer Sater, bid) üerlaffen ?
£) nein! Don bir foH feine Wacht mich trennen.
Unb mag ber Saifer aüe3, atle§ rauben,
Seit ©oljn mufj er beni SSater tro^bem taffen.
2Bo mar’ ein ©d)up fo ftarf mie Saterfdiup ?
Sie ©d)äpe nahm ber Äaifer, Dom Salaft
©tiefe bie ganiilie er, bod) einen ©d)ap,
Sen f)öd)ften, fonnte nimmer er mir rauben:
Sid), teuren Sater.
1 Sgl. ©abil, Srogr. 1900, 12.
2 ©abil a. a. 0. Sgl. 21. D. 2Beiteu,
Ser äghbtifche Sofefh im Srama be§ 16. 3at)r=
tjunbertS (1887) 161 f.
700
3el)ntc3 Kapitel. ®ie ©cf)ulfomöbie.
,,^o^anne§ ©atpbita" ift bem £>elbert ntcfjtS fdjmieriger unb fchmer^ticher
ats ber 2tbfd)ieb Oon ben ©ttern, fein ©ebanfe todenber atg bie Sehnfudfjt nad) ben
©ttern. Sei ber ^tudft aug bem Saterlfaufe ruft er au§: „0 meine ©ttern! Sdper
merbct ifjr eg ertragen. . . . Serjeiffe, Sater, oergei^e, SJfutter, mir biefe gtudft."
$n bent £raum, ber it)n umgaufett unb ihm fRont oorsaubert, ift eg ber Sater unb
bie meinenbe äRutter, bie ben mädftigften ©inbrud auf if)it madjen. „0 mein Sater,
id) bin’g! 90?eine SRutter, SRutter!" $er Sater ruft an bem Sterbelager beg
Sot)neS auS: „@ebt, ^immtifdie, baff id) ben Sotfn nod) finbe. 2öer bu aud) bift,
bei ©ott befcfjmör’ id) bid), mach fterbenb nod) bie Stoten tebenb, gib un§ unfern
Sot)n. . . . 2ßel)e, metfe! SRein Sohn, mof)in get)ft bu mieber? fRimrn oortjer nod)
ben testen $ufs beineg Saterg." Unb an ber Seidje beg Sotfneg ruft bie StRutter
aug: „3cf) ungtüdfetige Butter! 0 menn bu bod) meine Umarmung ermartet
fjätteft! . . . Safct mid) ifjn umfaffen im £obe. ßegt bie Seicfje in meinen Strrn."
Stm ergreifenbften tritt ung bag 9Rotio beS tiebenben ^inbeSherjenS unb beS
geängftigten Satertferjeng im „Stgpptifdjen ^ofeph" entgegen. 2tfg bie Srüber Qo*
feph bag ®teib öom Seibe reifen motten, ba ruft er aug: „®eg Saterg te£teg
©efdfenf." „Seim greifen Raupte beg Saterg" flefjt er um Schonung. „Sater,
Sater!" ift fein teijter fRuf, atg er jum £obe geführt mirb. 51 tg junger, ÜRot unb
Kummer in 5tgppten ihren (Singug batten motten, ba ift eg ber ©ebanfe an ben
Sater, ber $ofeph am meiften befcfjäftigt. £>a feufgt er: „Stet), mie mirb eg meinem
Sater geben? |>at mobt ber ©reig ficb unb fein £>au§ üermabrt Oor biefer §unger§*
not? 0b er noch unter ben Sebenben meitt unb nicht um mid) fid) grämenb tängft
entfcbtafen ift? 0 fern fei fotcb fcfjredticf) Sog!" SDie Srüber fommen. Simeon
febnt fidb fort aug ftgppten aug SebjnfucEjt nad) bem atten Sater: „^dj roeifj, mie
febr fid^ biefer grämen mirb. ®en jüngften Sobn oertor er einft burcb äRiffgefdjid.
O mieoiet tränen bflt er biefem nacbgemeintl Äein £ag oerging, faum eine
Stunbe, mo er beg Sohneg ÜRamen nicht gefeufjt, beffagt." SDag ift für $ofeph
ju oiet: „0 Sater, Sater I £)a§ um mich- fö'ann icb’3 ertragen?" 5ttg Senfamin
feinen Sruber Simeon erbeten, fpridft er ^u ^ofept) : „So fott eg ©ott bir lohnen,
mie bu bem Sater mohttuft." Qubag tp fidb für Senfamin beim Sater oerbürgt, er
mit! lieber fein ßeben taffen, atg Senfamin preiggeben: „SBittft bu mich äum äRörber
meines SaterS machen? 3U Ixuife be§ Saterg tränen fehen, bag trag’ ich nicht.
®ienen fann ich, unb fterben fann id), ben Sdper^ beg Saterg fehen, bag fann id)
nicht." Unb alte Srüber oerlangen: „Ung ade töte, nur ben einen gib bem Sater."
Sei ber ergreifeitben ©rfennunggfeene ift bie erfte grage QofepfjS: „5Bag macht
mein Sater?"1
©iner ber §auptoorjüge ber Sibermannfdfen Dramen ift feine pfhdfotogifdfe
©ntmidtung ber ©haraftere. „S33ic Sfjafefpeare beftrebt ift, pftjc^otogifcf) bie oor*
gefunbenen ©haraftere gu erftären, fo fucf)t Sibermann bie ©rjähtung feiner Sortage
aug ber ^rifttichen Stnfdfauung hernug ju motioieren. ©r täfjt barum ©emiffen unb
£eibenfd)aften alg hnnbetnbe fßerfonen auftreten; baburch aber, bafj er fie ftramm
Sufammenfajgt, breite fReben oermeibet, auch ben Allegorien ©harafter unb Seben
üerteif)t . . ., oergeffen mir, bah abftrafte ^been hier perföntich auftreten, mir glauben,
an bem ©emiffen einen roarmen greunb, an ber Selbfttiebe einen abfchentidhen Ser*
füt)rer beg gelben ju erbtiden, in ben Seibenfdfaften ebenfooiete feuchter, bie ihn
hintertiftig umgarnen."2
©in anberer Sorjug Sibermanng ift fein naturfrifdfer unb erquidenber §umor.
®ie erfchütternbften Sjenen merben oorbereitet ober begleitet burd) Sjenen, bie an
2 9teinf)arbftöttner a. a. 0. 36 f.
1 9tnct) 6 a b i I , $rogr. 1900, 20 ff.
Sie §auptbid)ter : Sötbermoitn.
701
bie £ad)muSleln ber Qufdjauer bie größten Slnforberungen [teilten unb burcp bie
Äontraftmirlung bie SEragif ber ernften ©jenen um ein bebeutenbeS erpöpten. „@S
ift allgemein aufgefallen", fo bemerlt ber Herausgeber ber Vibermannfdpen SDramen,
„baff gerabe bie ©tüde, meldje am meiften ben Humor äur Geltung brachten, bie
reidjften grüßte bradjten." Qm „©enobojuä" füprt Vibermann „ben fßarafiten
ÜDiariSluS — ,ein £ifdjrat‘ f^ei^t if)n bie ißeriodje — in maprpaft Haffifcper Slrt üor.
üütan muf [ie lenneit, biefe launigen ©gurten beS ^31autu§ unb ipre SBife, mit benett
[ie ein SÜiittagSmapl liftig erfjafcfien, um ju mürbigen, mit tuelcpem VerftänbniS
Vibermann [ie auf bie üütiincpener ^efuitenbii^ne ju nerpflanjen mufte". Qn ^er
tiefen Erregung über ben fdjredlicpen Straum miÜ ÜUiariSluS gepen, bie Stftapljeit
ju beftellen. Stuf biegrage beS ßenobopuS: „SOSaS niift baS peute?" antmortet ber
©cpmarofer: „£>aS mirft bu fetten : 9Zun ift mein SDtagen leer unb nacpper ttoll.
SDaS nennft bu leinen 9?upen?" „2)er ©Hane 2)ama, ber mit ben beften Vorgängern
bei VlautuS fiel) rüprnt, feinen Vüden gegen fßrügel abgehärtet ju fiaben, fpielt bent
gierigen ^arafiten einen böfen ©treid), inbem er ihn nom HQUfe fernhält mit bem
Vormanbe, eS perrfcpe brinnen bie fjSeft." 3) er Ä'ocp fei au ber ^Seft geftorben unb
ber Herr raeit meggejogen 1. 311S ber i]3arafit ben Vetrug erlennt unb miitenb jurüd*
lehrt, marnt ber ©Hane feinen Herrn nor bem s$ara[iten, ein mütenber Hun^ pobe
ihn gebiffen, unb fo mirb ber ©dpmaroj3er als toll eingefperrt. Qn bem „SÖSudperer
Qalob" mirb ein ©tubent beim Vetteln non bem Sßucperer über bie ©tiege geroorfen.
®er ©tubent empfiehlt einem anbern baS H^uS als gute Ouelle. 9iur bei ber ©tiege
folle er adptpaben, bie fei gefährlich-
Qm „$gt)ptifcpen Qofepp" ift eS ber ©cpmarofer V^rnuS, ber aud; träume auS*
legen miÜ. S)£acp ben Vemeifen feiner Sunft gefragt, gibt er Velege: Qcp träumte
geftern, bafj idp bürfte, unb fiepe, heute ftedt in ber Ü’eple ein gräflicher ®urft. Slucp
träumte mir, icp h^tte mein (Selb nerloren, idp ftepe auf, öffne meinen Veutel —
unb fiep, nidpt ein Pfennig mar brin. ®er Her0^b mollte biefe ißrobe aber nicpt
gelten taffen. Qn einer fpäteren ©jene lomrnt ber ©cpmarofer angeheitert aus
bem SOSirtSpaufe unb meint, ber SOSein fei beffer als baS SSaffer. ®ie SCBirte
leugneten eS jmar, fonft mürben fie nidjt SOSaffer in ben SOSein giefen: Qd) pabe
beibeS getrunlen unb meifj, baf ber SOSein beffer ift als jebeS Sßaffer. Opo! halb
märe icp gefallen. 2>aS macpt ber 2öein — SOSaffer ift fcpmadj, pat micp nodj nie
umgemorfen.
Qm „QopanneS Salpbita" üerfpottet ber ©eefaprer bie Slngft ber Seute üor
einer gaprt auf bem ÜDteere, man fiirdjte fid; ja aucp nidpt, ju Vette ju gepen, unb
bennocp ftürben bie meiften SDtenfcpen im Vette. Qn ber ßomöbie „Vpilemon" führt
ber Helb beS ©tüdeS einen laiferlidjen Voten abfidjtlicp in bie Qrre. ®ann taufdjt
^pilemon feinen SDtantel mit bem eines ©Hatten aus, bamit biefer oon bem miitenb
juriidfeprenben Voten anftatt feiner bie Vriigel bejiepe. Slber ber Herr biefeS ©Hatten
lomrnt, pält megen ber Reibung feinen greunb ifSpilemon für ben ©Hatten unb
prügelt ipn für fein langes SluSbleiben.
©o ftreiten bei Vibermann tiefernfte fragil unb fprubelnber Humor um bie
Valme. @iner ber beften Kenner beS QefuitentpeaterS pat in einer ©tubie über
Vibermann beffen SDramen alfo beurteilt: „£)er perttorragenbe Vüpnenerfolg foldjer
SDranten ift nicpt ju oermunbern. Qm (Segenteil, eS märe rounberbar, menn unter
ber popen ©pannung, unter ber fiep bie Söfung oorbereitete, baS ^ublilum nidjt bis
ins Qnnerfte gepadt unb pingeriffen morben märe, ©o erllärt fiep aucp ber (Srfolg
einem ijSnblilum gegenüber, baS bie lateinifdje ©pradje feiner $ramen nidpt üerftanb,
1 ebb. 41 45. ©abil, $rogr. 1899, 25 f.
702
3eljnte3 Stapitel. S)ie ©djulfomöbie.
ober burd) bie ausgegebenen Inhaltsangaben mit ihrem (Stoffe tiertraut mar. ®ie
jebod) auch feine (Sprache beherrfdjten, tonnten ihre mahre greube auch an ihr haben.
£aS ift nicht baS rhetorifbhe ffeuermert neutateinifcfjer Stilübung, nicht leerer Schall
grofjtönenber SSorte, nicht baS ^SathoS einer auf Steigen geteilten Segenbenpoefie,
roie fo oft in ben Qefuitenbramen beS auSartenben BarodftilS. @S ift ungegmungen
bahinraufchenber glufj beS Dialoges, natürlicher SluSbrud beS (Smpfunbenen, gleifd)
oom gleifdje einer nicht mehr toten Spraye unb ©eift oorn ©eifte eines gehanten*
reichen ÜBanneS. 3um SBortgeflingel rnirb biefe Sprache für uns SOienfchen einer
anbern 3eit nur ba, mo in ben häufigen ®ämonenfgenen fiel) SatanaS unb feine
©enoffen fidfj ihrer bebienen. ®em 3eitalter beS troffen SteufelSglaubenS unb beS
|>ejenmahnS mochte auch fie natürlich erfdjeinen. üiaren auch fßcrfoui«
fifationen nic^t befrembenb, burdh meld)e Bibermann feelifche Vorgänge, Sdjmanfen,
Kämpfe, 3lt|eifel nnb anbereS auSgubrüden unb bramatifch oorguführen pflegte, giir
feine Beurteilung finb biefe SlUegorien auch h)ente noch mertoott als Bemeife ber
mieberljolten Berfuche feinerfeitS, in baS Seelenleben feiner gelben eingubringen unb
eS bidjterifcf) blofjgutegen." Bibermann hot baS 3efuitenbrama „gunäcfjft oerinner»
licht, ohne auf bie ftarten theatralifd^en ©ffefte gu Oergichten. 9J?an fann überall
in feinen SDramen Ieicf)t nachmeifen, mie unb mo er $Iap für ben Üiegiffeur frei-
gehalten, bannt biefer feine fünfte fpielen laffen fann. ®aum eines feiner Stüde
entbehrt einer ÜJJfaffenfgene, feines ber Iprifchen Partien, mo bie SDütfif beS 3eitaIterS
Orlattbo bi SaffoS fdhmefterlich mit ber bramatifdjen ÜDJufe gufarnrnenmirfen burfte.
Söenn aber baS, maS ed)t oolfstümlid) fein foß, feineSmegS blof? gum bergen beS
BoIfeS fpredjen barf , fonbern auch in Slugen unb Ohren ber fdjauenben unb
laufcfjenben 9Jlenge bringen foü, bann ift Bibermann, meil er biefen Bebiirfniffeit
aüfeitig Bedjnung trug, edht oolfstümlich gemefen. Boch heute mirft baS Ober*
ammergauer ^5affionSfpiet fo merfrnürbig auf ©ebilbete mie Ungebilbete gerabe burd)
bie Bereinigung biefer brei Elemente, eines hohen Inhaltes, ber Iprifdjen Bülfrung,
ber ÜBufif unb ber BSürbe unb Sdjönheit beS theatrafifc£)en GsffeftS. Bibermann
oerftanb biefe Harmonie unb fchuf, nicht ber Sprache, aber ber gorrn unb bent
©eifte nadj, ein beutfcheS Qefuitenbrama über bie Stfthetif feines SelfrerS Montan
pinmeg. ®enn man mag feine SBerfe meffen an biefer, mie man mit!, fie laffen
fid) nicht nach ihr ftreden, fie laffen fiep nur begreifen als eine mit üollem Be*
mufjtfein unternommene SIbmenbung oon ber ftarr flaffifdjen Schulbramatif gu ber
freieren, mit Baum unb 3eit, Spor unb ißerfonenmahl feffelloS üerfahrenben ®ra-
matif beS beutfehen BobenS. SBenn man oon Shafefpearefd)em ©eifte bei ihm
reben mollte, tper tonnte man eS tun mit bem ^linmeiS auf ben lebhaften 2Bed)fel
ber Sdjaupläpe, auf bie ÜDüfdfung oon Sdjerg unb Qrrnft unb auf baS trotjbem
ftetige |)ereinragen ber Schatten feiner Sßettanfdjauung aitdh in bie fonnige SBelt
beS SchergeS."
Bibermann ift burd; feine SDramen „ein ^rebiger geblieben, ein SBerber für
ben ftrengen ßtiegSbienft ber SEBeltfludjt. hat er QII ben $omp, ben fßrunf,
bie fgenifche fö'unft, bie Stugenluft, auf melthe baS ^efuitentheater, baS ütRüncpener
am menigften, nicht Oergichten tonnte unb mollte, bienftbar gemadjt unb ihm ben
richtigen 2öeg gemiefen. Söenn er jebod) über bie ÜDtauern beS fö'ollegS hinausführen
fodte, fo burfte er bie Söelt, mie fie einmal mar, nicht oermeiben, unb barum ge*
ftattete Bibermann aud) ihren übermütigen ^inbern, menn auch nur in bem auS*
gelaffenen Bolf ber S)iener, ber $öcpe, ber i]3arafiten, ber luftfrohen 3ugenb einen
s$lap an ber Sonne feiner bramatifchen Dichtung. 3a niept einmal bie Siebe fcplop
er gang aus, in ber gortn ber Siebe ber oerlaffenen Braut behielt er auch fie bei-
2>agu gemann er iit gefehlter SSapl bem Qefuitentpeater Stoffe, bie bis in feine
Sie ipauptbicbter: Sibermaun.
703
letzten feiten fidf jugenbfräftig bewahrten unb immer mieber jur 93ear6eitung ein»
(üben ober in feiner ^Bearbeitung ficfj auf
hinein erhielten."1
1 2>ürrmäd)ter, Saf- fBibermann unb
baS Sefuitentßeater a. a. 0. 148 f. — SS
mären hier nod) eine (Reiße anberer fRamen ju
nennen, bor adern SRattß. (Raber, ber Seßrer
SibermamtS; aber troßbem eine Sammlung
feiner Sramen ejiftiert bat finb bie meiften
nod) nidjt nacßgemiefen. 9lm 22. Sept. 1608
fcßidt P. Sßolfg. ScßönSleber bem P. (Räber
beffen Sramen juriid : S<b bube ade gebidigt mit
fHuSnaßme beS „SptßagoraS" ; ber „SpbremiuS"
tnirb ©cßmierigfeiten megen ber Kleiber machen,
meil adeS moralifcbe f^erfonen. gugleid) fenbet
ScßönSIeber feine eigenen Sramen
unb „fßetruS". Sn einem Briefe an SRarfuS
Seifer banft (Räber für bie f^eljler, bie Seifer
in ber „2Ifra" notiert, er habe bie „Slfra" in
3toifd)enräumen gearbeitet unb beSßalb früher
gebraudjte 9lttSbrücfe bergeffeit. *Epp. Raderi
I 163; II 278. Sine eigene SIrbeit über P. (Raber
als Sramatifer märe febr ermiinfcbt. — Sin be=
liebter 2)ramenbicßter mar Kafpar (Rbet). Sou
ihm mürben aufgefüßrt im Sabre 1603 „Sufta=
cßiuS" unb „SbriftopbiluS" (ber Knabe SefuS)
in OlugSburg, leßterer breimal unter großem
ber 93iif)ne bt§ tief in ba§ 18. Qafjrfjunbert
Seifad, 1613 „Sbe°bofiitS junior" in (RegenS»
bürg, bie Scala Iacob in SlugSburg; beit „Sßrh
ftopßiluS" üerlangte man in ©raj (IRbet) au
(Raber, 28. 9Iug. 1613, *Epp. Raderi I 115),
„§abrian" 1612 in SlugSburg (ebb. I 117; ogl.
I 154), „ÜUejanberSarbonariuS" 1610 in 9IugS=
bürg (bgl. ebb. I 115), Simon (Tridentinus
puer a Iudaeis occisus) 1605 in SlugSburg.
— Soit Srejel mürben 1604 — 1606 in 9IugS=
bürg mehrere (Dialoge gefpielt, fo j. S. De
milite Carthaginiensi redivivo ; Oon SRaj 2er=
cßenfelb Caelum (1628), „Sieg ber SBaßrbOt"
(1629); bon Kafp. Sedjner Ephrem puer unb
Paulinus Nolanus (beibe in SlugSburg 1608).
9Ibam ©djirmbcfb berfaßte 1642 als jRßetorif=
profeffor in SanbSßut ein (Drama. Son S°ß-
(Rieß ift Schola Christi et diaboli (22. ftchx.
1629, Sicbftätt). S°b- (Rieß (Suecus Holzensis)
ftarb am 13. (Rob. 1634 im Üllter bon 51 Saßren
ju §ad. Sn bem SRefrolog loerben gerühmt
feine großen Srfolge als Seßrer ber Humanität
unb als Serfaffer non (Dramen, bie überad mit
bem größten Seifad aufgefüßrt morben. 9R. IR.,
Jes. 196>/2.
Date Due
M*7** °( 140032
Duhr* & crr>/)«r </
&€jchic/ftc 4cr Je fu / tc h ;
«'«-■i L-XtoJerj Tjsngc B
(Fr ft er feil) _
Freijurj i j*t freies q #. n
DATE DUE
RORROWF.ß’S NAME
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