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Full text of "Geschichte der Provinz Posen"

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*f. 




i I 



IN COMMEMOR^\TIOX OF THE VISIT OF 
ms ROYAL HIGHKESS 

PRINCE HENRY OF PRUSSIA 

OK BEHAI.F OF HIS MAJESTY 

THE GERMAN EMPEROR 




cAi^.'V^iA^ 






^^0 , 



Geschichte der Provinz Posen. 



GESCHICHTE 

DER 



PROVINZ POSEN. 



VON 

DB. CHKISTIAN MEYER, 

KÖNIGLICH PBEÜSSISCHER ARCHIVAR I. KLASSE Jzü BRESLAU. 




GOTHA. 

FßlEDBICH ANDREAS PERTHES. 
1891. 



^"^«^^(.^^^.^.^ 



HARVARD COILEGE LIBRARY 
JAN 6-1905 

HOHENZOLL£R^) COLLECTION 
GIFT OF A. C. COOtlDGE 



.';/ 



Alle Keehte rorbehalten. 



YOilWORT. 



Eine Geschichte der Provinz Posen zu schreiben, ist eine 
mit besonderen Schwierigkeiten verbundene Aufgabe. Die 
Provinz hat bis zum Jahre 1772, als zunächst infolge der 
«raten polnischen Teilung der heutige Begierungsbezirk Brom- 
berg, bezw. 1793, wo mit der zweiten Teilung auch der an- 
dere B^erungsbezirk an Preufsen gelangte, einen Bestandteil 
des polnischen Beiches gebildet. Die Geschichte der Provinz 
geht also bis dahin mehr oder weniger in der allgemeinen 
polnischen Geschichte auf. Es konnte sich demgemäfs für die 
nachfolgende Geschichte der heutigen Provinz Posen für die pol- 
nische Zeit nur darum handeln, neben einer möglichst gedrängten 
Skizze der polnischen Geschichte diejenigen Partieen derselben 
ausführlicher und sorgfältiger herauszuheben, bei welchen die 
heutige Provinz mehr in den Vordergrund tritt. UugeßLhr 
bis zum Begierungsantritt Kasimirs des Grofsen ist dies der 
Fall gewesen. Als Polen in das Licht der beglaubigten Ge- 
schichte tritt, sind es die Gegenden an der Warthe, also ge- 
rade das Territorium, das heutzutage den Mittelpunkt der 
Provinz Posen darstellt, in denen sich die frühesten geschicht- 
lichen Ereignisse abspielen: die Unterwerfung unter das deutsche 
Beich und die Bekehrung zum Christentum. Jahrhunderte 
hindurch haben dann die Beziehungen zu Deutschland, fried- 
lich und feindselig, wie sie sich in beständigem Wechsel ge- 
stalteten, einen vorzugsweisen Inhalt der polnischen Geschichte 



VI Vorwort. 

ausgemacht, und der Umstand, dafs dieselben naturgemäfs zu- 
nächst in den an Deutschland grenzenden Gebieten in Er- 
scheinung treten mufsten, verleiht denselben ein eigenartiges 
und geschichtlich merkwürdiges Belief. Nach der Mitte des 
12. Jahrhunderts hören die bisherigen Beziehungen Polens 
zum Deutschen Beich auf — Friedrich I. ist der letzte deutsche 
Herrscher gewesen, welcher Polen dem Beiche unterthan ge- 
macht hat — an Stelle der Beziehungen zu diesem treten 
jetzt diejenigen zu den angi'enzenden deutschen Nachbarländern 
Schlesien, Brandenburg, Ponimern und dem deutschen Orden, 
die alle mehr oder weniger aus altpolnischem oder Polen we- 
nigstens zeitweise unterworfen gewesenem Gebiet sich zu freier 
Selbständigkeit erhoben hatten, was naturgemäfs den Anlafs 
zu den mannigfachsten Kämpfen und Beibungen geben mufste. 
Erst mit Kasimir dem Grofsen tritt hier überall Buhe und 
Ordnung der streitigen Verhältnisse ein. Mit starker Hand 
werden von diesem Fürsten die Grundsäulen der künftigen 
Gröfse des polnischen Beichs gesetzt: nach aufsen durch die 
Erweiterung und feste Sicherung des Staatsgebietes, nach innen 
durch die Schaffung eines Einheitsstaates mit starker zentraler 
Verwaltung. Mit diesem Zeitpunkt endigt auch die selbstän- 
dige Bedeutung des Posener Landes, die eine Zeit lang sogar 
in eigenen Landesherzogen einen besonders hervortretenden 
Ausdruck gefunden hatte. 

Während so die äufsere Geschichte unserer Provinz, bei 
aller zeitweiligen Eigenartigkeit, im grofsen und ganzen doch 
nur einen Bestandteil der allgemeinen polnischen Geschichte 
darstellt, trägt die innere Geschichte derselben, wenigstens 
während des ganzen Mittelalters, ein von der allgemein pol- 
nischen Kulturgeschichte scharf abweichendes Gepräge. Um 
es mit einem Worte zu sagen — es sind die deutschen 
Einflüsse, welche der Kultur unseres Landes durch Jahrhun- 
derte hindurch, an vereinzelten Stellen sogar bis zum Ausgang 
der Bepublik ihr besonderes Gesicht gegeben haben. Die po- 
litische Abhängigkeit Polens vom Deutschen Beich konnte, ja 



Vorwort. vii 

mufste sich bei dem äufseren Verfall des letzteren seit dem 
Ende des 12. Jahrhunderts lösen: gleichsam zum Ersatz der- 
selben wachsen aber mit dem Schwinden des äufseren Ein- 
flusses die inneren Beziehungen der deutschen zur polnischen 
Kultur. Sie waren ja vorhanden, seitdem zuerst deutsche 
Krieger und in ihrem Gefolge deutsche Missionare und An- 
siedler den unwirtlichen Boden des Posener Landes betraten: 
in ihrer ganzen Stärke und Ausdehnung ersclieinen sie merk- 
würdigerweise erst von dem Zeitpunkt an, wo sie nicht mehr 
durch die äufsere Gewalt gehalten und unterstützt wurden — 
gewifs das schönste Zeugnis für die Machtwirkung und den 
friedlichen Charakter deutscher Kultur. Das gesamte innere 
Leben unserer Provinz im Mittelalter: Kolonisation und Acker- 
bau, städtischer Gewerbe- und Handelsbetrieb, Kunst und 
Wissenschaft, kirchliches, häusliches und geselliges Leben, alle 
diese Ausflüsse des Volkslebens tragen deutlich deutsche Züge 
zur Schau. In der Darstellung dieser inneren Verhältnisse 
des Posener Landes erwächst demnach dem Geschichtschreiber 
desselben eine ebenso wichtige als dankbare Aufgabe, und es 
bedarf daher keiner weiteren Begründung, dafs der Schilderung 
der Kulturgeschichte auch äufserlich ein so breiter Platz ein- 
geräumt worden ist. Fast ein Jahrhundert lang waren, nach- 
dem des grofsen Friedrichs schaifes Auge das beste Heilmittel 
zur Wiedererweckung des staatlichen und wirtschaftlichen Le- 
bens aus langem Todesschlafe rasch erkannt und angewandt 
hatte, seine Nachfeier hinsichtlich der in den ehemals pol- 
nischen Landesteilen einzuhaltenden Politik von der Bahn 
jenes erleuchteten Fürsten abgewichen und hatten dadurch 
mittelbar das Vordringen des polnischen Elements, das — 
wie die Sachen einmal dort liegen — nicht nur eine Zurück- 
drängung, sondern geradezu eine Vernichtung des Deutschtums 
und damit die schwerste Gefährdung der deutschen Herrschaft 
in jenen östlichen Gebieten bedeutet, mitverschuldet; erst 
in unsern Tagen ist man zur Tradition des grofsen Königs 
zurückgekehrt, indem man neuerdings deutsche Ansiedler ins 



vni Vorwort. 

Land mft und dadurch der übermächtig gewordenen polnischen 
Propaganda den wirksamsten Damm entgegensetzt. Angesichts 
der tiefen Unwissenheit, die bei uns in Deutschland in breiten 
Schichten auch der sogenannten gebildeten Gesellschaft inbezug 
auf historische Dinge herrscht, wird mancher Leser mit Oe- 
nugthuung vernehmen, dafs die deutsche Besiedlung der Pro- 
vinz Posen nicht erst aus den Tagen Friedrichs des Grofsen 
herrührt, sondern fast so weit in die polnische Geschichte zu- 
rückreicht, als dieselbe historisch beglaubigt ist. Und wenn 
ängstliche Gemüter Zweifel an dem Erfolg der neuerdings 
wieder aufgenommenen uralten Wirtschaftspolitik hegen, dann 
mögen sie aus den nachfolgenden Blättern zu ihrer Beruhigung 
vernehmen, wie schon vor mehr als sechs Jahrhunderten unter 
unvergleichlich schwierigeren Verhältnissen deutsche Tüchtig- 
keit festen Boden und eine zweite Heimat in dem fremden 
Lande gewonnen hat. 

Neben der inneren Geschichte der Provinz ist es die Periode 
von 1772 an, welche erhöhtes Interesse und eine eingehendere 
Darstellung beanspruchen darf. Hat auch unsere Landschaft 
in dem Rahmen des preufsischen Staates eine gröfsere Selb- 
ständigkeit nicht erhalten, so ist doch ihre Stellung von da 
ab eine gegen die polnische Zeit grundverschiedene geworden. 
Als vormals polnisches Gebiet mit eigenartigen, von denen 
der übrigen preufsischen Provinzen scharf abweichenden Ver- 
hältnissen mufste sie schon deshalb eine besondere Behand- 
lung erMren, die ihrer Verwaltung dann wieder ein eigen- 
tümliches Gepräge verlieh. Namentlich die in alle, insbesondere 
aber in die wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die erste 
polnische Teilung gewonnenen Netzedistrikts tief eingreifende 
Thätigkeit Friedrichs des Grofsen hat im Nachstehenden eine 
genaue und eingehende Darlegung gefunden. 

Als Endpunkt der Darstellung habe ich das Jahr 1848 
deshalb gewählt, weil die revolutionäre Bewegung desselben 
das letzte gröfsere politische Ereignis der Provinzialgeschichte 
gewesen ist. Weiter herabzugehen, erschien mir schon des- 



Vorwort. ii 

halb nicht räüich, weil das später Geschehene heute noch zu 
keinem Abschlufs gelangt ist, der allein eine geschichtliche 
Betrachtung ermöglichen würde. 

Wenn ich in der Einleitung zu meiner im Jahre 1881 
erschienenen „Geschichte des Landes Posen ^^ mit schmerz* 
lichem Bedauern aussprechen mufste, wie bis dahin für die 
Provinzialgeschichte an deutscher Hilfslitteratur so viel wie 
nichts erschienen sei, so gereicht es mir zur angenehmen Ge- 
nugthuung, eine recht erfreuliche Besserung in dieser Rich- 
tung konstatieren zu können. Von mir selbst ist bald nach 
der Ausgabe jenes Buches eine „Zeitschrift für Geschichte 
und Landeskunde der Provinz Posen ^^ ins Leben gerufen und 
bis zu meinem Weggang von Posen fortgeführt worden. An 
ihre Stelle ist seit dem Jahre 1885 eine von der neugegrün- 
deten „Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen*' her- 
ausgegebene Zeitschrift getreten. Beide Zeitschriften enthalten 
vieles für die Provinzialgeschichte wichtige Quellenmaterial. 
Hierher rechne ich namentlich die zum erstenmal veröffent- 
lichte Chronik des Meseritzer Pastors Esaias Zachert aus dem 
vorigen Jahrhundert, welche, wenn sie auch in erster Reihe 
der Darstellung der neueren Stadtgeschichte gewidmet ist, doch 
auch für die Verhältnisse weiterer Kreise interessante Auf- 
schlüsse giebt. Sehr dankenswertes Material für die Provinzial- 
geschichte im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts ent- 
halten auch die grofsen Publikationen von Stadelmann und 
Lehmann, von denen die erstere nunmehr bis 1807, die 
letztere bis zum Tode Friedrichs des Grofsen herabgefuhrt ist. 

Die Liberalität der Verlagshandlung hat es mir zu meiner 
Freude möglich gemacht, dem Texte ein gröfseres Noten- 
material und zwei Beilagen anschliefsen zu können. Ich glaube 
damit einerseits der bequemen Handlichkeit des Buches, wie 
sie ein gröfserer gebildeter Leserkreis wünscht, nichts abge- 
brochen, anderseits den Ansprüchen der Fachgelehrten auf die 
Möglichkeit einer Prüfung des im Texte gebotenen Materials 
gleichermafsen Genüge geleistet zu haben. Die beiden Bei- 



X Vorwort. 

lagen enthalten die Denkschriften der Minister Grafen Vofs 
und Hoym, melche dieselben nach ihrem Bücktritt von der 
Leitung der südpreufsischen Verwaltung im Jahre 1794 bzw. 
1797 dem König vorgelegt haben. Dieselben geben eine voll- 
ständige Übersicht über die Beorganisation Südpreufsens wäh- 
rend der preufsischen Besitzergreifung und bilden somit eine 
um so wertvollere Ergänzung der knappen Angaben des eigent- 
lichen Textes, als sie meines Wissens bisher nur von Philippson 
für dessen „Geschichte des preufsischen Staatswesens seit dem 
Tode Friedrichs des Grofsen bis zu den Befreiungskriegen" 
benutzt worden sind. 

Breslau im Juni 1891. 

Christian Meyer. 



INHALT. 



Seite 

Vorwort v 

Erstes Buch: Aufsere Geschichte von den ältesten Zeiten bis 

zum Beginn des 16. Jahrhunderts 1 

Zweites Buch: Innere Zustände 85 

Drittes Buch: Aufsere Geschichte vom Beginn des 16. Jahr- 
hunderts bis zur ersten Teilung Polens 79 

Viertes Buch: Innere Zustände 93 

Fünftes Buch: Von der ersten Teilung Polens bis zur Gegen- 
wart 123 

Anmerkungen 241 

Beilagen 814 

Register 353 



Erstes Buch. 
Äufsere Geschichte 

von den ältesten Zeiten bis zum Beginn 
des 16. Jahrhunderts. 



iMeyer, Geschichte Posens. 



Was Grünhagen in der Einleitung seiner Geschichte 
Schlesiens von dem ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung 
bemerkt, dafs dieses für die wissenschaftliche Erforschung 
der Geschichte jenes Landes ein unbeschriebenes Blatt sei, 
gilt auch für die mit Schlesien nicht nur geographisch eng 
verwandte Provinz Posen. Auch hier lichtet sich das Dunkel 
der Geschichte erst mit dem Zeitpunkt der Berührung mit 
dem Deutschen Reich und die Einführung des Christentums, 
wie sie die erste und vorzüglichste Frucht dieser Berührung 
war, bildet zugleich den Ausgangspunkt der beglaubigten 
Geschichte unserer Landschaft. Was aus früheren Jahr- 
hunderten über dieselbe berichtet wird, rührt fast ausschliefs- 
lich von griechischen und römischen Schriftstellern her und * 
ist schon deshalb nur mit der äufsersten Vorsicht aufzu- 
nehmen, weil jene ihre Mitteilungen nicht aus eigener An- 
schauung, sondern lediglich aus ungenauen Notizen Dritter, 
meist reisender Händler schöpften. Und auch hier sind es 
lediglich einige Namen von Flüssen, Ortschaften und Völkern, 
welche, so sehr die gelehrte Forschung ihren Scharfsinn von 
jeher an ihnen geübt hat, bis heute noch keine ganz sichere 
Deutung erfahren haben. Hierher gehören insbesondere jene 
von Ptolemäus bei der Beschreibung der Ostgrenze Germaniens 
namhaft gemachten sieben Orte, die man wohl für Etappen 
der römischen Haupthandelsstrafse durch jenes Grenzland 
nach den Gestaden der Ostsee halten darf. Nur die letzten 
vier dieser Orte fallen innerhalb der Grenzen unserer Land- 
schaft: Kalisia, Setidawa, Askaukalis und Skurgon. Während 
man früher behufs Deutung der letzten drei Orte sich aus- 
schliefslich durch die Klangähnlichkeit mit heutigen Ortsnamen 
zu den gewagtesten Annahmen verleiten liefs — so glaubte 
man in Setidawa das jetzige Zydowo (in Wirklichkeit eine 
der jüngsten Städte der Provinz, derqn Name „Judenort" 



4 Erstes Buch. 

bedeutet) erblicken zu dürfen — hat in unseren Tagen ein 
namhafter polnischer Historiker, Sadowski, in seinem Buche 
über ,;Die Handelsstrafsen .^er. Griechen und Römer durch 
das Flufsgebiet der Odcri, Weichsel, des Dniepr und Niemen 
an die Gestade des Baltischen Meeres '', eine völlig entgegen- 
gesetzte, offenbar ebenso schäifsinnige, als glückliche Unter- 
suchungsmethode eingeschlagen. Derselbe legt nämlich seinen 
Untersuchungen eine eingehende Betrachtung der physiogra- 
phischen Verhältnisse der in Frage kommenden Gegenden 
zugrunde. Gestützt auf historische Zeugnisse aus der Piasten- 
zeit weist er nach, dafs noch bis tief ins Mittelalter hinein 
die heutige Provinz Posen von ungeheueren Sümpfen bedeckt 
war. Dieser Reichtum an Morästen rührte namentlich von 
dem höheren Wasserstand der Flüsse und Seen her. So ist 
beispielsweise der Wasserstand des Goplosees in neuerer Zeit 
dermafsen erniedrigt worden, dals die Verbindung desselben 
mit der Warthe durch den Slesinersee und die Gopleniza, 
welche einst schiffbar gewesen sind, fast gänzlich unterbrochen 
imd die Länge um ein und eine halbe Meile verringert 
worden ist. An die Moore und Brüche schlössen sich riesige, 
nur an wenigen Stellen gangbare Urwälder, unter deren 
Schutze naturgemäfs auch die Verdunstung des Wassers eine 
schwächere sein mufste. Meilenweit zogen sich durch Sumpf 
und Moor jene Dämme aus nebeneinander gelegten Baum- 
stämmen, deren Überreste noch heute Staunen erregen. Aber 
auch diese primitiven Dämme, die dann erst in neuerer 2jeit 
durch Stein- und Erddämme ersetzt wurden, sind erst im 
Ausgange der Piastenzeit aufgeführt worden. Bis dahin 
konnte man durch jene Moräste nur über einige trockene 
Passagen hindurchkommen. Das Winden der Wege über 
diese Passagen kann allein die Ursache jener schlangenartigen 
strategischen Bewegungen der Heere Boleslaws des Kühnen 
und Boleslaws Schiefmund während ihres Marsches gegen 
die Pommern, der fruchtlosen Anstrengungen Heinrichs von 
Sendomir, durch die Moräste in das Land der alten Preufsen 
zu dringen, und des sich zwischen den Seen durchschlängeln- 
den Marsches Jagellos gegen die Kreuzritter erklären. 

Wenn wir den einzelnen Flufslinien folgen, die unsere 
Landschaft begrenzen und durchziehen, so kommt zuvörderst 
die Oder, der Grenzstrom gegen Deutschland während der 
ersten Jahrhunderte des Mittelalters, in Betracht. Während 
deren Oberlauf bis Oppeln zwischen trockenen Ufern flofs, 
konnte dieser Strom weiterhin nur an vier Stellen, nämlich 
bei Brieg, Dyhernfurth, Glogau und Crossen überschritten 
werden. Hinter der Oder löste sich zunächst die Bartsch 



Physiographische Skizze. 5 

fast ganz in Moräste auf und konnte nur bei Herrnstadt 
passiert werden. Man konnte aber auch ihre Quellen um- 
geheu; nämlich da^ wo heute die Stadt Ostrowo liegt. Ebenso 
konnte die Obra nur an einer einzigen Stelle, auf dem Wege 
von Gostyn nach Dolzig, überschritten werden. Erst in der 
Qegend von Bomst sammelte sie ihre Gewässer in einige 
Seen, zwischen denen man bei letztgenanntem Orte und bei 
Meseritz über sie weggelangen konnte. Auch die Quellen 
dieses Flusses konnten bei Pleschen umgangen werden. Der 
Oberlauf der Warthe, des Hauptflusses unserer Provinz, be- 
wegte sich bis Sieradz innerhalb trockener Ufer, dann aber 
begannen die Brüche, nur bei Eolo und Eonin unterbrochen ; 
über den letztgenannten Ort führte die Strafse von Ealisch 
nach Gnesen. Zwischen Schrimm und Schwerin waren die 
Ufer wieder wegsam; von den Übergangsstellea ist aufser 
Schrimm besonders Posen, Promnitz, Obomik und Obersitzko 
hervorzuheben. Bei Schwerin begannen wieder die Sümpfe, 
nur bei der Burg Santok, wo die Netze in die Warthe fällt, 
befand sich noch ein geeigneter Übergangspunki Die Welna, 
ein Nebenflufs der Wartiie, konnte nur an der Stelle des 
heutigen Wongrowitz, die Gonsawka, ein Nebenflufs der 
Netze, bei Znin, Slupy und Schubin überschritten werden. 
Der sump%ste Flufs des ganzen Landes aber war die Netze, 
mit Eecht der polnische Nil genannt. In jener ältesten Zeit 
war dieser Flufs in der Gegend von Czamikau durch eine 
seine ganze Breite einnehmende Barre geschlossen, welche den 
Abflufs,, hinderte und die Gewässer völlig aufstaute, sodafs 
an ein Überschreiten oberhalb derselben gar nicht zu denken 
war. Erst unterhalb dieser Barre war ein erster Übergang 
mögUch. Doch weiter unten kam dann das schon erwähnte 
Thor von Santok. Noch konnte die Netzelinie an einer 
dritten Stelle, nämlich in ihrer östlichen Fortsetzung durch 
die Brahe, da wo dieser Flufs unterhalb seines Eniees von 
Westen nach Osten fliefst, bei der Stadt Wyfsogrod, in der 
Nähe des späteren Bromberg, überschritten werden. Jenseits 
der Netze bot die pommersche Seeplatte zwar keine Sümpfe 
mehr, aber der ganze östliche Teil derselben, von den Ufern 
der Lobsonka bis zur Weichsel, wurde durch einen unge- 
heueren Urwald, als dessen Reste sich heute die sogenannte 
Tucheier Heide darstellt, eingenommen. Der Reisende mufste 
denselben westlich umgehen. 

Auf der Grundlage dieser physiographischen Skizze lassen 
sich nun die ältesten Wege durch unser Land herausfinden. 
Der Wanderer aus Böhmen mufste die Oder bei Dyhem- 
furth, die Bartsch bei Herrnstadt, die Obra zwischen Gostyn 



6 Erstes Buch. 

und Dolzig überschreiten und traf auf die Warthe bei Schrimm; 
der Wanderer aus Mähren überschritt die obere Oder, um- 
ging die Bartschquellen bei Ostrowo und die Obraquellen 
bei Pleschen oder überschritt den Flufs bei Gostyn. Auf 
die Warthe stiefs er ebenfalls bei Schrimm. Wer von Westen 
kam; ging über die Oder bei Crossen, über die Obra bei 
Bomst und konnte alle Wartheübergänge benutzen, und von 
da entweder die Warthe entlang oder über die Übergangs- 
stellen der Welna und Gonsowka an die Netze gelangen. 

Jene oben genannten vier Orte, Kalisia, Setidawa^ As- 
kaukalis und Skurgon, müssen demnach, wenn wir nicht 
annehmen wollen, dafs die Griechen und Römer ihre Handels- 
strafsen durch grundlose Sümpfe geführt haben, an den oben 
skizzierten festen Übergangsstellen gelegen haben. In Kali- 
sia dürfen wir ohne Bedenken das heutige Kaiisch erblicken. 
Setidawa deutet Sadowski als das heutige Znin, Askaukalis 
als Osiekk bei Bromberg und Skurgon als Czersk in West- 
preufsen. 

über diese Orte und auf den übrigen oben gekennzeichneten 
Strafsen zogen die Handelsleute nach der Bernsteinküste des 
kurischen HaflFs. Zuerst die Griechen und zwar die Be- 
wohner der Handelsstadt Olbium am Schwarzen Meer. In 
der Nähe des heutigen Schubin giebt ein reicher Münzen- 
fund Kunde von ihrer Anwesenheit. Den Griechen folgten 
die Etrusker, welche von Salzburg aus die Donau bei Linz 
und das schlesische Gebirge bei Glatz überschritten, bei 
Dyhernfurth oder Glogau die Oder, zwischen Gostyn und 
Dolzig die Obra, bei Schrimm die Warthe und bei Czarni- 
kau die Netze passierten oder den Braheübergang bei Brom- 
berg benutzten. Doch giebt es auch Spuren, dafs sie die 
Strafse Ostrowo-Kalisch-Konin-Znin gingen. Weiter nördlich 
ging dann der Weg über die Ossa bei Slupy. Dar etrus- 
kische Handel, welcher ursprünglich nur Tauschhandel war, 
verwandelte sich etwa im Jahre 150 v. Ohr. in Geld- 
handel und hörte um das Jahr 1 20 gänzlich auf, wahrschein- 
lich unterbrochen durch die Bewegungen der germanischen 
Stämme zur Cimbemzeit. Den Etruskerhandel nahmen fast 
ein Jahrhundert später die Veneter wieder auf. Ihr Handel 
mit Bernstein war lange Zeit nur ein indirekter, indem die 
Slaven und Nordgermanen den Bernstein an die Südgermanen 
und diese ihn an die Veneter brachten, doch zeigen sich 
Spuren eines Handels weges schon zur Zeit des Cäsar und 
Augustus von Batibor am rechten Oderufer bis nach Lasko- 
witz in die Nähe von Breslau und von da nach dem durch 
reiche Ausgrabungen besonders berühmten Mafsel bei Treb- 



Älteste Handelswege und Bewohner. 7 

nitz. Hier wandte sich die Strafse über Olobok nach Kaiisch 
und von hier über Kolo nach Wloclawek und über Strafsburg 
an die Furten der Ossa bei Slupy. In der folgenden Zeit, 
unter der Regierung des Tiberius, Caligula und Claudius, 
verfiel der Handel. Zur Zeit des Nero wurde nach des 
Plinius Erzählung ein römischer Ritter an jene Orte gesandt, 
um die ehemaligen Handelswege und die nur noch aus der 
Tradition bekannten Küsten aufzusuchen, ohne dafs diese 
Reise jedoch den Erfolg hatte, neue Handelsexpeditionen zu 
veranlassen. Erst unter Vespasian und seinen Nachfolgern 
wurde der Handel wieder aufgenommen und verfolgte den 
alten Veneterweg aus der Zeit Cäsars. 

Bis zur grofsen Völkerwanderung waren die weiten Ebenen 
zwischen Oder und Weichsel unzweifelhaft von germanischen 
Völkerschaften bewohnt. Die Nachrichten der angesehensten 
Schriftsteller des Altertums lassen darüber keinen Zweifel 
aufkommen, wenn schon von polnischer Seite noch immer 
an der Annahme festgehalten wird, dafs die Elbe die östliche 
Grenze der Germanen gebildet habe. Tacitus nennt die 
Ostsee ausdrücklieh das „suevische Meer'', und nach seiner 
Darstellung wohnten fast an der ganzen Küste und westlich 
bis an die Elbe suevische Völker. Um die mittlere Oder 
waren die Lygier sefshaft, die später, seit dem markomanni- 
schen Kriege, unter dem allgemeinen Stammnamen der deut- 
schen Ostvölker, der Vandalen, erscheinen. Dafs jedoch 
nicht erst zur Zeit des Tacitus, sondern schon 400 Jahre 
früher germanische Stämme die Südküste der Ostsee be- 
wohnten, berichtet Plinius. Mit der Völkerwanderung ver- 
schiebt sich jedoch das Bild. Die Germanen drängen nach 
Westen und Südwesten vor, und in ihre verlassenen Sitze 
schieben sich von Osten nach Südosten her slavische Stämme. 
Möglich auch, dafs solche schon vor der grofsen Wanderung 
in schwächerer Zahl und unterdrückter Stellung unter den 
herrschenden germanischen Völkerschaften — vielleicht als 
Reste einer älteren Bevölkerung — gesessen haben, wie auch 
gewifs Reste germanischer Stämme bei der Völkerwanderung 
im Osten der Elbe zurückblieben, von den einrückenden 
Slaven unterworfen wurden und schliefslich ganz mit ihnen 
zusammenschmolzen. Aufser den Namen der Oder und der 
Weichsel erinnert kein Name eines Wasserlaufes unseres 
Landes an die vorslavische Zeit. Alle Flufs- und Bachnamen 
4ind alle Benennungen der Berge und Wälder, die wir in 
den alten Urkunden finden, sind slavisch; das gleiche gilt 
von den alten Ortsnamen. Posen war also seit dem fünften 
Jahrhundert ein ganz slavisches Land geworden. Die ger- 



^ Erstes Buch. 

manische Kultur, die etwa vorher hier anzusetzen ist, war 
tait dem ausziehenden Volke einer anderen Volksart ge- 
wichen. Die einmal in Bewegung gekommene slavische 
Völkerwelle blieb dann nicht in den neuen Sitzen zwischen 
Weichsel und Elbe haften, sondern ergofs sich noch weiter 
südwestlich bis ins innerste Deutschland, in die Main- und 
Sednitzgegenden, bis endlich ihrem weiteren Vordringen Karl 
der Grosse ein Ziel setzte. 

Über die inneren Zustände dieser slavischen Stämme 
können wir meist nur durch Rückschlüsse aus mehr bekannten 
späteren Verhältnissen einiges Licht gewinnen. 

Sie lebten in patriarchalischer Gauverfassung, und nur 
E[riegs- und Beutezüge vermochten auf kurze Zeit die not- 
wendigste Einheit der vereinzelten Stämme herzustellen. Sie 
verehrten einen höchsten Gott, neben welchem sie aber auch 
andere geringere Götter, welche gleichsam die Vermittler 
zwischen der höchsten Gottheit und ihnen bildeten, Opfer an 
Vieh und Früchten darbrachten. Vermutlich hat auch unsere 
Landschaft im siebenten Jahrhundert einen Bestandteil des 
grofsen wendischen Reiches unter dem Franken Samo und 
gegen Ende des neunten Jahrhunderts des grofsmährischen 
Reiches gebildet. Für eine Verbindung mit diesem letzteren 
sprechen vereinzelte, an die byzantinische Eirchenform er- 
innernde Spuren des ältesten kirchlichen Lebens unseres 
Landes, die demselben höchstwahrscheinlich von Mähren her, 
vielleicht durch Schüler der Slavenapostel Methodus und 
Constantinus überkommen sind. 

In den letzten Jahren hat man auch mit der Aufdeckung 
von Gräbern aus vorchristlicher Zeit und Aufspürung von 
Resten der ältesten Ansiedelungen begonnen; die höchst ver- 
dienstlichen Untersuchungen sind aber bisher noch nicht zu 
einem solchen Abschlufs gelangt, dafs wir sichere Resultate 
aus ihnen ziehen können. Im allgemeinen tritt in den hie- 
sigen^ Gegenden das Verbrennen der Leichen und Beisetzen 
der Überreste in Urnen, unter Hinzufägung von thönemen 
Geschirren und Beigaben als Schmucksachen, Gerätschaften etc., 
als Regel hervor, weniger häufig sind bis jetzt Skelettgräber 
aufgedeckt, welche nur auf dem Gräberfelde bei Slaboszewo 
in gröfserer Menge und ebenfalls mit Beifund an Zugaben, 
vornehmlich den sogenannten Schläfenringen, aufgefunden 
worden sind. Von einer sacUichen d. h. zeitlichen Klassi- 
fikation jener Gräber mit wie ohne Leichenbrand kann natür- 
lich zur Zeit noch wenig die Rede sein. Nur äulserlicb 
treten drei Arten von Gräbern hervor: erstens grofseUmen- 
felder, welche wohl als eine Art Gemeindegräber anzusehen 



Früheste Kultur des Landes. 9 

sind und eine lange Kontinuität zu repräsentieren scheinen; 
zweitens kleinere Gruppen von nur einigen Gräbern, welche 
den Eindruck von Familiengräbern machen, und endlich 
isoliert liegende, einzelne Gräber. Rticksichtlich der Ein- 
richtung und des Baues der Gräber sind solche mit und 
ohne Steinsetzung zu unterscheiden, d. h. solche, bei denen 
die Urnen in einer aus Steinen zusammengesetzten Eäste oder 
Umfassung geborgen sind. Die in den Gräbern gefundenen 
Beigaben sind von der mannigfaltigsten Art: Steinwaffen, 
eiserne Schwerter, Lanzenspitzen, Messer, Halsringe, Sicheln 
und Keile, dann bronzene Halsringe, Meifsel, Nadeln, kronen- 
artige Diademe, Spangen, Pferdegebisse, femer Perlen von 
Bernstein, Glas und auch von einer Art Thonmasse. Am 
bedeutendsten aber tritt in hiesigen Gegenden die Mannig- 
faltigkeit in den Thongeföfsen hervor, welche ^ch in den 
Gbäbem als Beigaben &iT den Toten oder von dem Leichen- 
mahl herrührend, vorfinden. Urnen, Tassen, Schalen, Becher 
und Büchsen der verschiedensten Formen und mannigfacher, 
wenn auch höchst primitiver Ornamentik finden sich neben- 
einander. 

Wenn nun auch die Bedeutung aller solcher Funde und 
die Vergleichung derselben miteinander erst sehr allmählich 
ein vollständiges Bild von den Kulturverhältnissen der ältesten 
Bewohner unserer Landschaft geben kann, so eröffnen sich 
doch schon jetzt Perspektiven, welche einzelne Punkte jener 
dunklen Zeiten in schwachem Lichtschein erscheinen lassen. 
So weisen die Bronzen und Perlen auf weitgreifende inter- 
nationale Handelsbeziehungen hin, die im Anschlufs an die 
alten Bemsteinstrafsen aus dem südöstlichen Europa nach 
dem Norden führten. Die Thongefafse hingegen deuten auf 
spezielle Verkehrsbeziehungen mit den Nachbarlanden, nament- 
lich Schlesien hin, da sich gewisse Thonarten, die in hiesigen 
Gefäfsen hervortreten,' nur in jener Gegend vorfinden. 

In das Licht der Geschichte tritt unsere Landschaft erst 
um die Mitte des 10. Jahrhunderts. Zum erstenmal taucht 
da der Name eines Polenreiches auf, an dessen Spitze das 
Herrschergeschlecht der Piasten steht. Von Grenzkriegen 
mit den seitwärts gesessenen stammverwandten Wenden wird 
uns berichtet. Ein sächsischer Graf, Wichmann mit Namen, 
der als schwerer Verbrecher die Heimat flüchtigen Fufses 
hatte verlassen müssen, wurde von den Wenden aufgenommen 
und zu ihrem Anführer gegen die Polen erwählt. Seiner 
überlegenen Kriegskunst gelang es, den Polenherzog Mesko 
dermafsen in die Enge zu treiben, dafs dieser bei dem deut- 
schen Markgrafen Gero, der gerade zu dieser Zeit nach 



10 Erstes Buch. 

einem erfolgreichen Kriege mit den Liutizen bis an die Oder 
vorgedrungen war, Schutz zu suchen genötigt war (963). 
Nicht ohne schwerwiegende Gegenleistung wurde dieser dem 
Polenfürsten gewährt; er mufste sein Reich dem deutschen 
Kaiser Otto I. zu Lehen auftragen und Tributzahlung ge- 
loben. 

Zwei Jahre später heiratete Mesko Dubravka, die fromme 
Tochter des christlichen Böhmenherzogs Boleslaw L, und 
nahm bald darauf unter dem Einäufs derselben das Christen- 
tum an. 968 gründete er dann das Bistum Posen. Als 
erster Bischof wird uns Jordan genannt. Dafs das Bistum 
in Posen und nicht in Gnesen, der Hauptstadt des Landes, 
seinen Sitz erhielt, rührt wohl daher, weil Gnesen der Mittel- 
punkt des alten Heidentums war und die junge Stiftung hier 
der gefahrlichsten Reaktion der alten Lehre ausgesetzt ge- 
wesen wäre. Kaiser Otto L unterstellte das neue Bistum 
dem Erzbistum Magdeburg. Bis zur Errichtung des Erz- 
bistums Gnesen, dem übrigens das Bistum Posen nicht sofort 
untergeordnet wurde, blieb das letztere das einzige Bistum 
des polnischen Reichs. In Gnesen erbaute Mesko eine Kirche 
zu Ehren des heiligen Georg, wie spätere Chronisten berichten, 
an derselben Stelle, wo das alte heidnische Nationalheiligtum 
gestanden hatte. Im übrigen beobachten die ältesten polni- 
schen Chronisten, Martinus Gallus und Vincenz Kadlubek, 
über die ursprüngliche Einrichtung und innere Organisation 
der polnischen Kirche tiefes Schweigen. Die guten Be- 
ziehungen Meskos zu dem Deutschen Reiche haben dann 
späterhin nur vorübergehend eine Trübung erfahren. Zum 
Jahre 972 berichtet der sächsische Chronist Thietmar von 
einem Siege Meskos über den Markgrafen Hodo bei Zehden 
an der Müglitz. Zu Ostern des nächsten Jahres (97») er- 
scheint dann Mesko zu Quedlinburg vor dem Kaiser, ver- 
söhnt sich mit seinem Gegner und stellt seinen Sohn als 
Geisel. 974 nimmt er mit Boleslaw von Böhmen an der 
Verschwörung des Herzogs Heinrich von Bayern gegen 
Otto IL teil. Erst 979 scheint er dafür von diesem zur 
Verantwortung gezogen worden zu sein, da uns zu diesem 
Jahre von einem Kriegszug Ottos gegen die Polen berichtet 
wird. Zu Ostern 984 treflFen wir Mesko dann wieder in 
Quedlinburg, wo er dem obengenannten Herzog Heinrich, 
der sich der Vormundschaft über Otto Ilt. zu bemächtigen 
sucht, huldigt. Doch schon im folgenden Jahre unterwirft 
er sich, abermals in Quedlinburg am Osterfeste, wiederum 
Otto ni. und zieht darauf dem deutschen Heere gegen die 
Wenden zuhilfe. 986 und 990 treffen wir ihn in einem 



Unterwerfung Meskos unter das deutsche Reich. 11 

Kriege mit Boleslaw von Böhmen, das erste Mal mit deutscher 
Hilfe auf seiner Seite. Zum letztenmale geschieht seiner 991 
Erwähnung, als er im Sommer dieses Jahres mit Otto III. 
vor Brandenburg zieht. Im nächsten Jahre starb er. Um 
980 hatte er nach dem Tode seiner ersten Gemahlin Du- 
bravka eine zweite Ehe eingegangen mit Oda, der Tochter 
des Markgrafen Dietrich, die vorher Nonne im Kloster Calbe 
gewesen war. 

Hatte unter Mesko I. unsere Landschaft nicht nur den 
Mittelpunkt, sondern mehr oder weniger auch den Inhalt 
der Herrschaft desselben dargestellt, so ändert sich dieses 
Verhältnis mit seinem Sohne und Nachfolger Boleslaw dem 
Kühnen. 

Für die Lande bis an die Warthe hatte Mesko I. nach 
Thietmars Angabe Tribut an den deutschen Kaiser entrichtet, 
woraus hervorgeht, dafs eben diese Landschaft an der Warthe 
das Gebiet Meskos ausmachte. Doch darf jene Notiz des 
deutschen Chronisten nicht etwa so verstanden werden, als 
habe die Warthe die Grenze des Polenreichs gegen Westen 
ausgemacht. Diese bildete vielmehr die Oder, und zwar 
vom Einflufs der Neifse in dieselbe bis zur Warthemündung, 
denn bis hierher reichte auch die Diöcese Posen. Jetzt nun, 
unter Boleslaw I., erfuhren diese engen Grenzen nach allen 
Richtungen hin eine so gewaltige Ausdehnung, wie sie in 
keiner späteren Zeit, auch nicht in derjenigen der höchsten 
Blüte des Polenreichs wieder erlangten. In dem Mafse aber, 
wie aus dem unscheinbaren polnischen Herzogtum an der 
Warthe ein grofses und mächtiges Polenreich wird, schwin- 
det natargemäfs auch die Bedeutung jenes Ausgangspunktes, 
der jetzt lediglich ein kleiner Teil eines grofsen Ganzen wird. 
Nichtsdestoweniger hat unsere Landschaft noch bis tief in 
das Mittelalter hinein eine bedeutendere Stellung innerhalb 
des Gesamtreiches behauptet, nicht allein wegen der histo- 
rischen Reminiscenzen, die sich an sie, als an die Wiege des 
Polenreiches, knüpften, sondern namentlich auch wegen der 
mannigfachen Beziehungen zum benachbarten Deutschen Reich, 
die naturgemäfs zunächst hier in den Grenzlanden ihren Ein- 
flufs äufsem mufsten. Eine allerdings nur kurze Zeit hin- 
durch hat dann unsere Landschaft auch politisch eine Sonder- 
existenz behauptet, nämlich im 13. Jahrhundert unter eigenen 
Herzögen. 

Unter Boleslaw I. und seinem nächsten Nachfolger tritt 
das Land an der Warthe vorerst noch wenig in den Vorder- 
grund. Einen besonderen Anlafs zur Erwähnung desselben 
finden die deutschen Chronisten, welche für jene Zeit, was 



12 Erstes Buch. 

Zuverlässigkeit der Nachrichten anlangt, noch aasschliefslicb 
in Frage kommen, zunächst in der Pilgerreise Ottos III. zum 
Grabe des heiligen Adalbert nach Gnesen. Derselbe war 
im Jahre 997 von seinem Bistumssitz Prag aus über Mese- 
ritz, Gnesen und Danzig zur Bekehrung der heidnischen 
Preufsen ausgezogen und hatte dort den Märtyrertod erlitten. 
Nach seinem Tode hatte Boleslaw den Leichnam gekauft 
und nach Gnesen überfuhrt. Von hier aus erscholl schon 
bald durch die Christenheit der Ruf von Wundem, die am 
Grabe des Heiligen geschähen. Zu Anfang des Jahres 1000 
trat Otto ni. seine Pilgerfahrt nach Gnesen an. An der 
Grenze seines Landes, in Ilva (Eulau am Bober bei Sprottau) 
empfing ihn Boleslaw und geleitete ihn nach Gnesen. Bar- 
füfsig legte Otto die letzte Wegstrecke, die ihn von dem 
ersehnten Ziele trennte, zurück. In Gnesen empfing ihn der 
Bischof Unger von Posen, der 982 an Jordans Stelle getreten, 
war, und führte ihn zur Kirche, wo er lange Zeit an dem 
Grabe des Apostels im Gebet verharrte. Ohne Einwilligung^ 
Ungers, der unter dem Erzstift Magdeburg blieb, errichtete 
Otto dann zu Gnesen ein Erzbistum und verUeh dasselbe 
dem Bruder Adalberts, Badim oder Gaudentius. Zugleich 
wurden dem neuen Erzstift die gleichfalls neu errichteten 
Bistümer Krakau, Breslau und Kolberg unterstellt. 

Durch glänzende Feste und reiche Geschenke suchte 
Boleslaw seinen hohen Gast zu ehren; am willkommensten 
jedoch wird dem frommen Sinn Ottos ein Arm des Märtyrera 
für die von jenem auf der Tiberinsel zu Rom zum Gedächt- 
nis des Heiligen errichtete Kirche gewesen sein. 

Solange Otto III. lebte, erscheint das Verhältnis zu 
Boleslaw ungetrübt. Von Gnesen aus hatte der letztere den 
Kaiser nach Magdeburg geleitet und dort den Palmsonntag 
mit ihm gefeiert. Nach seinem frühzeitigen Tode benutzte 
jedoch Boleslaw die dadurch entstandenen Wirren zu um- 
fangreichen Eroberungen. Wiederholt sind die Heere Kaiser 
Heinrichs IL in diesen Kämpfen bis an die* Grenzen unserer 
Provinz, einmal sogar Tim Herbst 1005) bis nach Posen vor- 
gedrungen. Gelegentlicn dieses letztgenannten Kriegszugs ge- 
schieht zum erstenmal der späteren Stadt Meseritz Erwähnung. 
Es wird uns nämlich berichtet, dafs am 22. September das 
deutsche Heer in der Abtei Meseritz das Fest des heiligen 
Mauritius gefeiert habe. Der Kaiser hatte die Abtei verlassen 
gefunden, die Mönche waren entflohen. Es ist dieselbe Abtei, 
an welche sich aller Wahrscheinlichkeit nach die älteste una 
noch erhaltene historische Aufzeichnung knüpft, die in Polen 
selbst entstanden ist, die Passio s. Adalberti martyris. Erst als. 



Boleslaw der Kühne und seine Nachfolger. 13 

das deutsche Heer kurz vor der Stadt Posen angelangt war, 
unterwarf sich der Polenherzog. 

Von den späteren Kriegen Boleslaws mit dem Deutschen 
Reich bleibt unsere Landschaft unberührt. Aber auch sonst 
geschieht derselben in den nächsten Jahrzehnten nur in ganz 
vereinzelten Fällen Erwähnung. Nach Boleslaws Tode ver- 
mochten seine Nachfolger die ausgedehnten Eroberungen des- 
selben nicht zu behaupten, doch blieb vorerst die Verbindung 
mit dem deutschen Kulturleben aujä-echt erhalten. Vermittelt 
wurde diese Verbindung namentlich durch die deutschen 
Fürstentöchter, welche durch Heirat nach Polen gekommen 
waren. So war Boleslaw selbst mit einer Tochter des Mark- 
grafen Rigdag, sein Sohn und Nachfolger Mesko H. mit 
Richeza, der Tochter des Pfalzgrafen Erenfrid, vermählt. 
Nach des ersteren Tode erhob sich in den Kreisen des ein- 
gesessenen Adels eine nationale Opposition von der gröfsten 
Heftigkeit gegen alles Deutschtum, so wild und heftig, dafs 
sogar das von Deutschland vermittelte und vorzugsweise 
durch deutsche Sendlinge gehütete Christentum in seinem 
Weiterbestand bedroht wurde. Richeza mufste mit ihrem 
immündigen Sohne Kasimir nach Deutschland flüchten. Dieser 
nationalen Reaktion gegen den deutschen Einflufs ist wohl 
auch die in jene Jahre fallende Abtrennung des Bistums 
Posen von dem Metropolilanverband mit der Magdebui'ger 
Kirche und seine Unterstellung unter das Erzbistum Gnesen 
zuzuschreiben; der nach dem Tode des Bischofs Paulinus 
(1035) nach einer zweijährigen Sedisvakanz ernannte Benedikt 
ist der erste Posener Bischof, der in Gnesen geweiht wurde. 
Die durch die inneren Kämpfe notwendig herbeigeführte 
Schwächung des Reiches benutzte jetzt der böhmische Her- 
zog Bretislaw, um sein Gebiet auf Kosten des alten Gegners 
und Nebenbuhlers zu erweitern. Im Jahre 1039 fiel er 
über Schlesien in Grofspolen ein. Die Stadt Gedec (heute 
Giecz), deren Besatzung, die Milde des Siegers zu erflehen, 
demselben entgegenzog, eine goldene Rute als Symbol der 
Unterwerfung vor sich hertragend, erfuhr ausnahmsweise 
Schonung und wurde ihrem Wunsche gemäfs nach Böhmen 
übersiedelt, das übrige Land aber, namentlich die Haupt- 
städte Posen und Gnesen, erlitten die furchtbarste Verwüstung. 
In Gnesen wurden die Gebeine des heiligen Adalbert weg- 
genommen und nach Prag entfuhrt ; an den heiligen Stätten 
jener Stadt „schlugen" — wie Martinus Gallus berichtet — 
„die Tiere des Waldes ihr Lager auf". Die Befreiung vom 
böhmischen Joch kam dann von dem arg geschmähten Deutsch- 
land, indem König Heinrich III. den Böhmenherzog in zwei 



14 Erstes Bach. 

Feldzügen zur Herausgabe seiner Beute nötigte und den 
jungen polnischen Thronerben Kasimir zu einem erfolgreichen 
Kriegszage behufs Wiedererlangung seines Stammlandes kräf- 
tig unterstützte. 

Nach längerem Stillschweigen geschieht am Ausgange 
des 11. Jahrhunderts, während der Kämpfe mit den Pommern, 
unserer Landschaft wieder mehrfach Erwähnung. Die Warthe 
und Netze bildete von altersher die natürliche Grenze zwi- 
schen beiden Völkern ; nur im Nordwesten war die polnische 
Grenze über diesen Flufs vorgeschoben, indem hier da& 
Land zwischen Warthe und Mietzel, die Castellanei Santok 
und Küstrin zu Grofspolen gehörten. Hartnäckig vertei- 
digten die Pommern jene feste Schutzwehr ihres Landes,, 
während den Polen alles daran liegen mufste, die Netze- 
gegend zu gewinnen, um den mächtigen Gegner überwäl- 
tigen zu können. Ein 30 jähriger Kampf, von dem kriege- 
rischen Wladislaw Hermann, dem Sohne und Nachfolger 
Kasimirs, begonnen, wogte mit wechselndem Kriegsglück hin 
und her, bis er 1121 von Boleslaw Krzywousty (der Schief- 
mund), Wladyslaws Sohn, mit der gänzHchen Unterwerfung 
der Pommern beendigt wurde. 1091 brechen die Pommern 
über die Netze in Polen ein. Wladyslaw schlägt sie, läfst 
ihre kleinen Burgen verbrennen, setzt in die gröfseren pol- 
nische Statthalter ein und sucht das noch heidnische Land 
mit Gewalt zu christianisieren. Dennoch kann er nicht ver- 
hindern, dafs die Pommern ihre räuberischen Einfälle wieder- 
holen. 1092 behauptet Wladyslaw in der mörderischen 
Schlacht bei Driesen das Schlachtfeld und zieht vor die 
starke Pommernfeste Nakel. Neckender Lärm, welcher den 
Belagerern spukhaft erscheint, lockt sie nächtlich ins Feld, 
ohne dafs sie mit den absichtlich Zurückweichenden ina 
Handgemenge kommen. Sobald sie ihr Lager und die Um- 
Bchanzungslinien verlassen haben, fallt die Besatzung von 
Nakel aus, verbrennt die Hütten und Kriegsmaschinen und 
zwingt die Polen zum Abzug. Die inneren Wirren, die 
dann in Polen ausbrechen, locken den alten Feind wieder 
ins Land. Zbignew, der natürliche Sohn Wladyslaws, schlägt 
sie zurück, und als sie bald nachher wiederkommen, erringt 
er über sie einen glänzenden Sieg bei Santok. Unter Wla- 
dyslaws Sohn und Nachfolger Boleslaw Krzywousty setzt 
sich der Krieg fort. Zuerst treffen wir ihn, wie er die Burg 
Filehne, die sich im Besitz Gnevomirs, Herrn, von Czarni- 
kau, befindet, belagert. Mit Kriegsmaschinen bedrängt er 
sie so lange, bis die Besatzung nach tapferem Widerstand 
aus Erschöpfung sich ergiebt, nachdem ihr Boleslaw Gnade 



Kämpfe mit den Pommern. 15 

zugesagt hat. Die Polen erschlagen dennoch alle Pommern, 
die in der Burg sind. In rascher Folge reiht sich jetzt 
Zug an Zug gegen die Pommern, doch ohne dauernden Er- 
folg. Erst als 1107 oder 1108 Filehne, Usch und Czami- 
kau in die Gewalt der Polen gefallen, fassen diese an der 
Netze festen Fufs. 1109 greift Boleslaw Nakel an, besiegt 
die Pommern, von denen nach der Überlieferung 30000 
Mann auf der Wahlstatt blieben, nimmt die Burg und setzt 
den Feind so in Schrecken, dafs noch sechs andere feste 
Plätze im Inneren des Landes dem Sieger die Thore öflFnen. 
Wahrscheinlich von Usch aus dringt er in mehreren Zügen 
verheerend in das Innere ein. Die Pommern leisten ver- 
zweifelte Gegenwehr. An 18 000 sollen von ihnen gefallen, 
8000 mit Weib und Kind in entfernten Gegenden Polens 
angesiedelt worden sein. Und nun rüstet Boleslaw zum 
letzten entscheidenden Kampfe. Mitten im Winter, während 
die Sachsen Mecklenburg und Vorpommern bedrängen, 
bricht er in das Land ein, dringt über die gefrorenen 
Sümpfe und Seen nach Stettin, der Hauptstadt des Landes 
vor, zwingt diese zur Ergebung und Fürst und Volk zur 
Anerkennung der polnischen Oberhoheit. Herzog Wratis- 
law verspricht Tribut und die Annahme des Christentums. 

Auch durch den Bürgerkrieg, welcher in den letzten 
Jahren des 11. Jahrhunderts durch den Aufstand des oben 
genannten natürlichen Sohnes Wladislaws, Zbignew, gegen 
seinen Vater entfacht wurde, hatte unser Land zu leiden. 
Zbignew hatte sich zu Anfang seiner Empörung nach Schle- 
sien geworfen und hier namentlich beim Adel Anhang ge- 
funden. Er mufste jedoch von dort bald wieder weichen 
und wandte sich nun nach Polen zurück (1093). In Krusch- 
witz, das „ reich an Kriegern ^* heifst, wurde er von den Be- 
wohnern aufgenommen. Wladyslaw führte sogleich aus 
Schlesien sein Heer heran, der Sohn ging ihm mit sieben 
Scharen der Kruschwitzer entgegen, und es kam vor der 
Stadt, am Goplosee, zu einem äufserst blutigen Treffen, in 
dem Zbignew unterlag. Er floh in die Burg, konnte sich 
jedoch nicht halten. Kruschwitz, „früher so reich an Schätzen 
und Mannen, wurde fast zu einer Ode gemacht". 

Boleslaw hatte noch bei Lebzeiten das Reich unter seine 
vier Söhne geteilt. Der älteste, Wladislaw II., erhielt Kra- 
kau imd zugleich eine Art Oberhoheit über seine Brüder 
und deren Landanteile, suchte aber, mit dieser Teilung un- 
zufrieden, seine Brüder in ein engeres Abhängigkeitsverhält- 
nis herabzudrücken. In dem darüber zwischen den Brü- 
dern ausbrechenden Kampfe geschieht zum erstenmale der 



16 Erstes Buch. 

Hauptstadt unserer Landschaft eine mehr als gelegentliche 
Erwähnung. Wladyslaw hatte seine Brüder nach einer 
ohne Entscheidung gebliebenen Schlacht an der Pilica durch 
Heranziehung neuer Sti'eitkräfte so in die Enge getrieben, 
dafs sie nur noch die Stadt Posen als letzten Zufluchtsort 
hatten. Wladyslaw belagerte die Stadt und bedrängte sie 
hart. Um die feindlichen Brüder zu versöhnen , liefs sich 
der greise Erzbischof Jakob von Gnesen in einem kleinen 
Wagen ^ an den ihn die Gebrechlichkeit des Alters fesselte, 
in das Zelt des Herzogs rollen und beschwor diesen mit 
den eindringUchsten Worten ; dem Blutvergiefsen ein Ende 
zu machen und von der Bedrückung der Brüder abzustehen. 
Da Wladyslaw ihn hart abwies, so sprach er den Bann der 
Earche über ihn aus. Als der Erzbischof sich hiernach ent- 
fernen wollte y rifs der Diener, der den Wagen schob, aus 
Ungeschicklichkeit eine der Stützen des Zeltes um, so dafs 
dieses zum Teil einstürzte und den Herzog fast erschlagen 
hätte, — ein Zufall, der als ein übles Zeichen für diesen 
angesehen ward. 

Mesko, einer der jüngeren Herzöge, der mit seiner Schar 
nicht mit eingeschlossen war, hatte indessen mit der Be- 
satzung der Burg einen Überfall des Lagers Wladyslaws 
verabredet, zu dem ein von einem Turm der Stadt hinter 
der Nikolaikirche dreimal auf und niedergegangener Schild 
das Signal geben sollte. Es gelang, die Wachen zu über- 
rumpeln, und zugleich mit einem allgemeinen Ausfall der 
Besatzung erfolgte dann der Angriff auf die unvorbereiteten, 
gerade mit dem Mittagsmahl beschäftigten herzoglichen 
Scharen, die nun eine vollständige Niederlage erlitten. Wla^ 
dyslaw floh nach Eiakau und von da über Ungarn an den 
Hof Kaiser Konrads UI., des Halbbruders seiner Gemahlin; 
der zweite Sohn Boleslaw wurde zum Grofsherzog ausge- 
rufen. 

Die Mahnungen Konrads, den vertriebenen Wladyslaw 
wieder in sein Land und seine Würde einzusetzen, blieben 
erfolglos. Erst Friedrich Barbarossa gelang es, durch einen 
energischen Eoiegszug mitten ins Herz des polnischen Reiches 
jener Forderung Gehorsam zu schaffen. Mit einem statt- 
lichen Reichsheer ging er im August 1157 bei Glogau über 
die Oder, während die Polen sich schleunigst in das Innere 
ihres Landes zurückzogen. Bis in die Nähe von Posen ge- 
langte das nachsetzende deutsche Heer. Hier, zu Krzysz- 
kowo, erschien Boleslaw vor Barbarossa, barfüfsig, ein blofses 
Schwert um den Hals und that einen Fufsfall, die Ver- 
zeihung des Kaisers zu erwirken. Sie wurde ihm gewährt, 



Die Söhne Boleslaws Schiefinund, innere Kämpfe. 17 

freilich nur unter den demütigendsten Bedingungen. Zu- 
vörderst mufste er schwören, dafs ihm bei der Vertreibung 
seines Bruders jeder Gedanke einer Beleidigung des Kaisers 
fern gelegen habe. Aufserdem wurden ihm empfindliche 
Geldstrafen auferlegt: 2000 Mark Goldes an den Kaiser, 
1000 Mark an die Fürsten, 20 Mark an die Kaiserin, 200 
Mark Silbers an die kaiserlichen Hofbeamten. EndUch 
mufste er versprechen, dem Kaiser auf seinen Römerzügen 
mit 300 Reisigen zuhilfe zu ziehen und sich am nächsten 
Weihnachtsfest zur Entscheidung der Ansprüche seines Bru- 
ders in Magdeburg einzufinden. Für die Erfüllung dieser 
Zusagen mufste er eine Anzahl vornehmer Geiseln, darunter 
seinen Bruder Kasimir stellen. Trotzdem hören wir in der 
Folgezeit nicht, dafs der Polenherzog seinen Versprechungen 
nachgekommen sei, und den Kaiser selbst dürfte die üble 
Gestaltung der' italienischen Verhältnisse, die ihn schon 
kurze Zeit nach seinem polnischen Feldzuge dorthin abbe- 
riefen, von den Angelegenheiten an der nordöstlichen Grenze 
abgezogen haben. Erst nach dem im Jahre 1163 erfolgten 
Tode Wladyslaws ermöglichte ein gütlicher Vergleich den 
Söhnen desselben die Rückkehr in die Heimat und ihre Aus- 
stattung mit den schlesischen Fürstentümern Breslau, Glogau 
und Ratibor. 

Die nächsten Jahrzehnte sind mit blutigen Kämpfen 
zwischen den beiden jüngsten Söhnen Boleslaw Schiefmunds 
um das Seniorat ausgefüllt. Während dieses Bürgerkrieges 
wird einmal (118 1) die Gnesener Burg erwähnt, deren sich 
der vertriebene Mesko bemächtigt, um von hier aus den 
Ankampf gegen seinen Bruder Kasimir zu fuhren. Doch 
blieb schliefslich das Seniorat in den Händen des letzteren, 
und erst nach Kasimirs Tode (1194) gelingt es Mesko, nach 
Beiseiteschiebung seines Neffen Leszek noch einmal die grofs- 
fiirstliche Würde an sich zu reifsen. Nach seinem Tode 
(1202) setzen sich die Kämpfe innerhalb der Herrscher- 
familie um das Prinzipat fort. Während dieses nun schliefs- 
lich an Leszek fallt, bemächtigt sich Meskos Sohn, Wladys- 
law Laskonogi (Dünnbein), unter Nichtachtung der An- 
sprüche seines Neffen Wladyslaw Odonicz (Sohn des Odo) 
der grofspolnischen Lande, zu denen auch unsere Provinz 
gehörte. Der Letztgenannte suchte Hilfe bei dem schlesi- 
schen Herzog Heinrich dem Bärtigen, die dieser ihm eben- 
so gewährte wie dem vertriebenen Erzbischof Heinrich von 
Gnesen. Ja, Heinrich verlieh Odonicz sogar die Burg Ka- 
liseh, die er selbst, vermutlich aus der Erbschaft Meskos, 
erworben hatte. Der erstere verpflichtete sich damals, Ka- 
li eye r, Geschichte Posens. 2 



18 Erstes Buch. 

lisch zurückzugeben, falls er in den Besitz seines eigenen 
Erbteils komme. Als nachmals Wladyslaw Laskonogi zum 
Zeichen seines guten Einvernehmens mit dem schlesischen 
Herzog bei diesem in Glogau das Weihnachtsfest feiert und 
dessen Sohn aus der Taufe hebt, versöhnt er sich mit seinem 
Neffen Odonicz, erkennt diesen als Herzog von Kaiisch an 
und gewährt ihm sogar ein Stück grofspolnischen Landes 
an der Grenze des Fürstentums Glogau (1208). Im Grunde 
scheint es, als sei jedoch Wladyslaw Laskonogi, wahrschein- 
lich um seiner beständigen Händel mit der Geistlichkeit 
willen, in einer gewissen Isoliertheit geblieben. Bei einer 
feierlichen Synode zu Borzykowo (Ende Juli 1210), wo alle 
polnischen Bischöfe sich versammelt finden, und wo in Gegen- 
wart Heinrichs, sowie der kleinpolnischen Fürstenbrüder 
Wladyslaw Odonicz in seinem frisch erworbenen Lande das 
Cisterzienser-Kloster Pforta mit reichen Güterschenkungen 
ausstattet, vermissen wir seinen Namen, und sein schlauer 
Neffe hat dann wohl diese Isoliertheit seines Gegners in der 
Weise auszubeuten gewufst, dafs er sein Gebiet weiter aus- 
dehnte, wie das verschiedene, in den nächsten Jahren von 
ihm gemachte Schenkungen zu geistlichen Stiftungen be- 
zeugen. Es kam endlich so weit, dafs Odonicz 1213 die 
«Hauptstadt seines Oheims, Gnesen, eroberte und nun auch 
den Titel desselben, Herzog von Polen, annahm, ohne aller- 
dings das eine wie das andere behaupten zu können. Als 
dann 1216 ein Friede zwischen Oheim und Neffen zustande 
gekommen war, welcher dem letzteren die Rückgabe seines 
väterlichen Erbteils verbürgte, hielt es Herzog Heinrich für 
an der Zeit, ihn an sein Versprechen der Rückgabe des 
Schlosses Kalisch zu mahnen, und nahm, als Wladyslaw von 
jener Zusage nichts mehr wissen wollte, die Hilfe des Papstes 
in Anspruch, der dann auch 1217/18 wiederholt Mahnungen 
an den polnischen Herzog in dieser Sache richtete, welche 
jedoch von diesem nicht beachtet wurden. Denn da Odo- 
nicz eben damals den polnischen Fürsten das Beispiel gab, 
sich den besonderen Schutz des heiligen Petrus durch die 
Zahlung einer Summe von 10 Mark Goldes alle drei Jahre 
zu sichern, war es erklärlich, dafs der Papst gegen einen 
so wohlgesinnten Fürsten nicht allzu streng vorgehen mochte. 
Ein vielleicht im Zusammenhang hiermit und jedenfalls in 
derselben Zeit geführter neuer Krieg zwischen Laskonogi 
und Heinrich wurde 1218 unter päpstlicher Vermittelung in 
der Weise geschlichtet, dafs Laskonogi von Heinrich das 
Schlofs Lebus auf Lebenszeit erhielt, doch mit der Verpflich- 
tung, das Land Lebus, das im Besitz Heinrichs blieb, gegen 



Wladyslaw Dünnbein und Odonicz. 19 

jedermann zu schützen. In dem Briefe, in dem Laskonogi 
Honorius in. den Vertrag zur Bestätigung einsendet, be- 
zeichnete er sich zum ersten und wahrscheinlich einzigen 
Mal als Grofsiiirst von Polen, die letzte Erwähnung des Se- 
niorats. 

Dennoch hatte die Feindschaft zwischen Oheim und 
Neffen kein Ende. Der letztere scheint zum zweitenmale 
ans seinen Landen vertrieben worden zu sein, heiratete dann 
aber Jelinga, die Schwester Swantopolks von Pommerellen, 
und bemächtigte sich mit Hilfe desselben der Burg Usch an 
der Netze. Als er hier von dem Oheim belagert ward, 
schlug er bei einem Ausfall das Heer desselben aufs Haupt, 
eroberte in kurzer Frist Posen, Kaiisch und fast alle übrigen 
Burgen des Landes und zwang solchergestalt den Gegner, 
bei Leszek von Erakau und Heinrich von Breslau Hilfe zu 
suchen. Beide sagten sie zu. Nicht ohne die Absicht, bei 
dieser Gelegenheit auch Swantopolk zu einer strengeren 
Abhängigkeit von Polen zurückzuführen, kamen sie dann 
1227 zu einem Landtag zu Gonsawa zusammen, um über 
einen Kriegszug gegen die Pommerellen zu beraten. Auch 
Swantopolk stellte sich ein, doch, während er dem Scheine 
nach eine gütliche Verständigung suchte, wufste er, schwer- 
lich ganz ohne Wissen seines Schwagers, einen heimlichen 
IJberfall Leszeks und Heinrichs ins Werk zu setzen. Leszek 
suchte durch die Flucht zu entkommen, ward aber in Mar- 
cinkowo bei Gonsawa von den Leuten Swantopolks ereilt 
und niedergehauen. Heinrich ward im Bade überrascht und 
dankte seine Bettung nur der Aufopferung seines getreuen 
Ritters Peregrin von Wiesenburg, der bei der Verteidigung 
seines Herrn tödliche Wunden empfing. 

Die Regentschaft während der Minderjährigkeit des kaum 
17 Monate alten Sohnes Leszeks, Boleslaw, sollte nach den 
Bestimmungen des Verstorbenen Laskonogi übernehmen. 
Dem widerstrebte aber Leszeks Bruder, Konrad von Ma- 
sovien, und überzog, unterstützt von den galizischen Fürsten 
Daniel und Wasylko, Wladyslaw mit Krieg. Der letztere 
geriet in um so gröfsere Bedrängnis, als auch Odonicz und 
Swantopolk sich gegen ihn wandten. Eine furchtbare Ver- 
wüstung erlitt im folgenden Jahre (1228) unser Land durch 
diesen Krieg. Der Kampf der beiden grofspolnischen Her- 
zöge nahm schliefslich den Verlauf, dafs der Oheim zwar 
seinen Neffen gefangen nahm, dann aber, als dieser aus der 
Haft entflohen war, von demselben so in die Enge getrieben 
wurde, dafs er landflüchtig bei Herzog Kasimir von Ratibor 
eine Zuflucht suchen mufste. Noch einmal (1231) machte 



20 Erstes Buch. 

er von dort aus zur Wiedergewinnung seines Landes einen 
Einfall in Grofspolen und lagerte sich vor Gnesen. Als 
aber die Belagerung sich in die Länge zog^ verliefs er das 
Land und starb noch in demselben Jahre kinderlos in der 
Fremde, indem er den Herzog Heinrich zum Erben seiner 
grofspolnischen Lande einsetzte. Jetzt gelangte Odonicz 
in den ungestörten Besitz des Landes an der Warthe und 
Netze. 

Gleich seinem Oheim erwies sich auch Odonicz als ein 
Beschützer der Kirche. Um sich dieselbe willfährig zu machen, 
verschmähte er auch das Mittel nicht, welches im benachbarten 
Deutschen Reich die Kaiser des sächsischen Hauses ange- 
wandt hatten, um den hohen EUerus gegen die aufstrebenden 
iveltlichen Grofsen an ihr Interesse zu fesseln: die Entäulse- 
rung wichtiger Staatshoheitsrechte. So erhielt der Bischof 
von Posen das sehr einträgliche Jagd- und Miinzregal und 
das nicht minder wichtige sogenannte Immunitätsrecht für 
seine Hintersassen, d. h. die Befreiung derselben von allen 
öffentlichen Lasten und Abgaben und von dem Gerichts- 
zwang der herzoglichen Beamten. Nur dieses behielt sich 
Odonicz vor, dafs, wenn ein Hintersasse der Earche gegen 
sein Leben einen Anschlag gemacht, oder den Feinden eine 
Burg verräterisch überliefert und ein feindliches Heer in sein 
Land geführt hatte, dieser von dem herzoglichen Richter ge- 
richtet werden sollte. Mit scheelem Blick sah der Adel auf 
diese Bevorrechtung der Kirche, welche ja auch sogar nicht 
im Einklang mit der öffentlichen Verfassung und der früheren 
und späteren Entwickelung derselben stand, und suchte die 
Hilfe des Herzogs Heinrich von Schlesien, des Erben der 
Ansprüche Laskonogis, gegen den eigenen Landesherm nach. 
Begierig ergriff jener die günstige Gelegenheit zur Ein- 
mischung. 1233 entbrennt der Kampf zwischen Odonicz 
und dem Schlesier, wird jedoch schon bald durch einen von 
dem Bischof von Posen vermittelten Frieden beendet, in 
welchem Heinrich auf Grofspolen verzichtet. Im nächsten 
Jahr erneuert sich dann wieder der Krieg. Siegreich dringt 
Heinrich vor, erobert die Gebiete von Kaiisch, Peisern, Schroda, 
Posen, stellt das im Vorjahr von Wladyslaw zerstörte Schlofs 
Bnin wieder her und bedrängt den letzteren so, dafs derselbe, 
um nicht alles zu verlieren, in eine Teilung des Landes 
willigt, bei welcher er alles Land auf dem linken Ufer der 
Warthe an Herzog Heinrich abtritt. Auch die Burg Schrimm 
jenseits der Warthe bleibt Heinrich, der hier seinen Neffen, 
den mährischen Prinzen Borziwoi, zum Statthalter einsetzt 
Dieselbe wurde aber nachmals von den Polen überfallen. 



Kämpfe mit den schlesischen Herzögen. 21 

Borziwoi ermordet, und so entzündeten sich neue Kämpfe, 
um deren Schlichtung sich dann der päpstliche Gesandte Wil- 
helm von Modena eifrig bemühte. Jedenfalls blieb der Teil 
Grofspolens auf dem linken Wartheufer dem Schlesier, der 
nun auch den Titel eines Herzogs von Polen neben dem 
von Schlesien annahm. 

Aber schon mit Heinrich des Bärtigen gleichnamigem Sohn 
und Nachfolger, der 1241 in der furchtbaren Mongolen- 
schlacht bei Liegnitz einen ruhmreichen Tod gefunden hatte, 
endigte die Zugehörigkeit jener grofspolnischen Landesteile 
zu Schlesien. Die polnischen Grofsen, denen die zarte Jugend 
Boleslaws, des Sohnes und Erben der polnischen Gebiete 
Heinrichs U., so wenig Respekt einflöfste, als ihnen seine 
ausgesprochene Hinneigung zu deutscher Art und Sitte ge- 
nehm war, verweigerten demselben den Gehorsam und 
schlössen sich den Söhnen ihres alten Herrn, Wladyslaw 
Odonicz, an, indem sie ihnen das väterliche Erbe zurück- 
eroberten. Gleichzeitig übergaben auch die Pommern den 
Söhnen Wladyslaws die Burg Santok, in der sie Herzog Hein- 
rich imd seinem Sohne lange gedient hatten. Boleslaw unter- 
nahm dann 1248, gestützt auf eine ihm ergebene Adelspartei, 
an deren Spitze der Kastellan von Posen, Thomas, dann 
Thonislaus und sein Sohn Sandiwoy aus dem Hause Nalencz 
standen, einen Zug nach Grofspolen, mufste aber, da die Ver- 
schwörung entdeckt und unterdrückt worden war, unver- 
richteter Dinge wieder umkehren. Dagegen gelang es ihm, 
Przemyslaw, den einen der nachgelassenen Söhne Odoniczs, 
durch Verheiratung mit seiner Schwester Elisabeth sich näher 
zu verbinden und dadurch ^ine Abfindung seiner Ansprüche 
mit einem Streifen Landes im Nordwesten unserer Landschaft 
bis zur Obra und den Burgen Santok, Meseritz und Bentschen 
zu erlangen, ohne dafs er jedoch auch nur diesen Rest auf 
die Dauer hätte behaupten können. Die Burg Santok trat 
er noch in demselben Jahre wieder an Herzog Przemysl ab, 
als dieser sie gegen einen Angriff vonseiten Herzogs Barnim 
von Pommern geschützt hatte. 

Mit der Vertreibung des Schlesiers hatte die Reaktions- 
lust des Adels nur erst das eine der gesteckten Ziele erreicht. 
Ein zweites war die Umstofsung der von Odonicz der Posener 
Kirche gewährten Freiheiten. 1244 sehen wir die Grofsen 
des Landes einen dahin abzielenden Bund eingehen. Für 
den Augenblick sah sich Bischof Bogufal auch zur Nach- 
giebigkeit gezwungen, doch schon im nächsten Jahre erbUcken 
wir ihn vrieder im neuerdings durch Przemysl bestätigten 
Besitz der von Odonicz bewilligten Vorrechte. 



22 Erstes Buch. 

Die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts ist; wie fiir das 
polnische Reich überhaupt ^ so auch insbesondere ftir unsere 
Landschaft die Zeit der Länderzerstückelung durch zahlreiche 
Landesteilungen und infolge hiervon der wachsenden Ohn- 
macht der Staatsgewalt gegen innere und äufsere Bedränger. 
Nach einigen Jahren gemeinschafüicher Regierung teilten 
1247 die Brüder Przemysl und Boleslaw die grofspolnischen 
Lande dergestalt, dafs der ältere Gnesen und Posen, der 

{'üngere Kaiisch mit der Landschaft von der Prosna westlich 
)is zur Obra und nördlich bis zur Warthe an sich nahm. 
Zugleich schwuren sie, dafs einer des andern Gebiet nicht 
verletzen solle, und Bischof Bogufal von Posen bedrohte auf 
ihr eigenes Ansuchen jeden Übertreter des Vertrages mit 
der Exkommunikation. Allein schon zwei Jahre darauf 
erfolgte, ohne dafs wir die nähere Veranlassung anzu- 
geben vermögen, eine neue Teilung, durch welche Schlofs 
und Landschaft Kaiisch an Przemysl übergingen, Boleslaw 
dagegen die Burgen und Gebiete von Gnesen, Biechow, 
Ostrowo, Nakel, Usch, Czarnikau und Znin erhielt. Aber 
auch dieses Abkommen hatte noch keinen Bestand. Am 
10. Mai 1250 nahm Przemysl seinen Bruder gefangen, be- 
mächtigte sich aller Besitzungen desselben und hielt ihn. drei 
Jahre lang in Haft; erst zu Ostern 1253 entliefs er ihn, 
worauf beide mit dem Erzbischof Fulko von Gnesen und 
vielem Adel auf dem Schlosse Gedecz zusammenkamen und 
sich nach langen Unterhandlungen so ausseinandersetzten, 
dafs Boleslaw Gnesen und Kaiisch, Schroda, Peisem, Ruda, 
Bnin, Biechow, Gedecz, Pobiedziska (jetzt Pudewitz) und 
andere zurückerhielt. Als dann Przemysl 1257 starb, ver- 
einigte Bolesjaw während der Minderjährigkeit seines NeflFen, 
Przemysl IL, ganz Grofspolen unter seiner Herrschaft, bis 
der letztere, herangewachsen, sein Erbteil forderte und, frei- 
lich erst nachdem er heimlich aus der Burg zu Gnesen von 
dem Oheim entwichen war, erhielt. 

Diese inneren Zwistigkeiten mufsten es den Nachbarn 
leicht machen , ihr Gebiet auf Kosten der grofspolnischen 
Fürsten zu erweitern. Schon vor dem grofsen Mongolen- 
einfall hatten die Pommern, einst die Unterworfenen der 
Polen, die Kämpfe Wladyslaw Odoniczs mit seinem Oheim 
und Herzog Heinrich dem Bärtigen dazu benutzt, ihre Herr- 
schaft südwärts nach der Netze zu auszubreiten. Noch im 
Jahre 1232 war Odonicz im Besitz von Küstrin und tritt 
auch noch 1236 als Herr des südlichen Teils des heutigen 
Pyritzer Kreises urkundlich hervor. Aber schon 1234 rech- 
nete Herzog Barnim von Pommern die Gegend im Norden 



Landesteilungen, Vordringen der Pommern und Brandenburger. 23 

der Wietzel zu seinem Lande, und 1237 scheinen die Be- 
sitzungen des Klosters Colbatz bereits unter seine Herrschaft 
gekommen zu sein. 12 Jahre darauf gehörte das später 
sogenannte Land Lippehne, vielleicht auch Soldin und Lands- 
berg zu Pommern. 1247 sehen wir Herzog Barnim das 
Schlofs Santok, wiewohl vergeblich, belagern und 1252 durch 
List die Burg Driesen einnehmen, die er jedoch noch im 
selben Monat an Przemysl von Grofspolen wieder verliert. 
Dagegen gelangt sein Nachfolger Wratislaw IH. in den 
Besitz von Dramburg und der Landschaft zu beiden Seiten 
der Drage. 

Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts weichen dann in 
jenen Gegenden die Pommern wiederum vor den Branden- 
burgern zurück. Dieselben waren durch die Erwerbimg des 
Landes Lebus, das ihnen zusammen mit dem Erzbischof von 
Magdeburg in den innem Zwistigkeiten der Söhne Heinrichs H. 
von Schlesien zugefallen war, bis an die Oder vorgerückt 
und drangen jetzt um die Mitte des 13. Jahrhunderts über 
diesen Strom, zuerst im Kampfe gegen die Pommern, dann 
gegen die Polen, siegreich weiter nach Osten vor. 1251 
lesen wir von einem Kriegszuge bis in die Gegend von 
Bentschen ; durch einen Überfall gelingt den Brandenburgern 
die Einnahme dieses festen Platzes, den sie jedoch schon 
bald wieder vor dem rasch heranziehenden Przemysl räumen 
müssen. 1262 gehören bereits Küstrin, Königsberg, Soldin und 
Landsberg den brandenburgischen Markgrafen. 1260 heiratet 
Markgraf Konrad Przemysls von Grofspolen hinterlassene 
Tochter Konstanze und erhält zur Mitgift die Pfandschaft 
des Burgdistrikts Santok, mit Ausnahme der Burg selbst. 
1265 erscheinen die Markgrafen im Besitz von Santok: sie 
kommen mit Boleslaw dahin überein, dafs er Driesen, sie 
Santok verbrennen wollten. Als aber der Pole gleich im 
nächsten Jahre Santok wieder aufbaut, zwingen ihn die 
Brandenburger durch eine Belagerung, die Burg wieder 
niederzubrennen. 

Fast gleichzeitig ward auch im Süden der Warthe ge- 
kämpft. Hier errichtete Markgraf Otto zwischen Lebus und 
Meseritz 1268 eine neue Grenzburg in Zielenzig und ver- 
brannte um Michaelis desselben Jahres die Stadt Meseritz, 
welche Boleslaw soeben mit einer Befestigung von Planken, 
aber noch nicht mit Gräben umzogen hatte. Boleslaw ver- 
brennt dafür Zielenzig und plündert die umliegende Landschaft, 
worauf Otto die Burg in Santok wieder aufbaut (1270) und 
zu Weihnachten Driesen erobert, das Boleslaw neu befestigt 
hatte. Dagegen fällt Boleslaw 1271 in den Santoker Land- 



24 Erstes Buch. 

bezirk ein, wo Otto schon deutsche Kolonisten angesetzt 
hatte, verbrennt die neue Stadt Soldin und andere Orte und 
läfst im nächsten Jahre seinen Neffen Przemysl in die Driesener 
Gegend den Einfall wiederholen. Derselbe dringt siegreich 
bis Woldenberg vor und erobert Driesen und andere Burgen. 
Da Boleslaw um dieselbe Zeit in anderweitige Händel (gegen 
Danzig) verstrickt ist, kommt ein sechsjähriger Friede zu- 
stande. Nach Ablauf desselben bricht der Polenherzog, dies- 
mal im Bunde mit den Pommern, neuerdings in die branden- 
burgischen Grenzlande ein, erobert Santok, schlägt die Gegner 
bei Soldin und dringt bis zur Oder vor. Nach seinem bald 
darauf erfolgten Tode setzt sein Neffe Przemysl II. den Kri^ 
fort, schliefst mit Mestwin und Boguslaw von Pommern 
1287 in Stolpe ein ewiges Bündnis und drängt die Branden- 
burger auf allen Seiten zurück. Bei dem grofsen Macht- 
zuwachs, der ihm durch den Anfall Pommerellens nach dem 
kinderlosen Ableben Meftwins, des letzten einheimischen 
Fürsten dieses Landes, zuteil wird, würde vielleicht jene 
Zurückdrängung der brandenburgischen Markgrafen eine 
dauernde geblieben sein, wäre nicht Przemysl mitten in seiner 
siegreichen Laufbahn durch Mörderhand ums Leben gekommen 
(1296). Die dadurch im polnischen Seiche enstandenen 
Wirren nutzen die Brandenburger: 1299 befindet sich Ams- 
walde wieder in ihrer Gewalt, 1303 sind sie schon jenseits 
der Drage und legen die Stadt Deutsch - Krone an. Der 
1309 zur Regierung gelangte Markgraf Waldemar unter- 
wirft sich noch weiter das Land zwischen der Drage, Netze 
und Küddow mit den Städten Filehne und Usch, ja greift 
sogar auf das linke Netzeufer hinüber bis an die Obra von 
Schwerin bis Meseritz, welch letztere Stadt mit dem um- 
liegenden Territorium er 1316 an Arnold von üchtenhagen 
verkauft. Er unternahm sogar Streifzüge bis in die Nähe 
von Posen, und nur sein Tod (1319) verlünderte die Aus- 
fuhrung der zwischen ihm und den Herzögen von Schlesien 
verabredeten Teilung des westlichen Grenzgebietes von Grofs- 
polen. Jetzt ergreift Wladyslaw Lokietek (ellenhoch) die 
günstige Gelegenheit zur Vertreibung der Brandenburger. 
1325 schliefst er zu Nakel mit den pommerschen Herzögen 
Wratislaw, Otto und Barnim ein Bündnis, wobei sie sich 
gegenseitig verpflichten, die brandenburgischen Erwerbungen 
links der Drage an Polen, die rechts derselben an Pommern 
zurückzugeben. Doch ohne die Hilfe der Bundesgenossen 
abzuwarten, fällt der Polenkönig, nur von litauischen und 
walachischen Hilfstruppen unterstützt, in die Mark ein, ver- 
wüstet im nächsten Jahre die Umgegend von Frankfurt an 



Heinrich IV. von Breslau und Przemysl II. 2& 

der Oder und dringt noch weiter ins feindliche Gebiet ein, 
ohne jedoch infolge seiner beständigen Händel mit dem 
Deutschen Orden zu einer dauerhaften Ausnutzung der er- 
rungenen Vorteile gelangen zu können. Die Brandenburger 
behaupten vielmehr die vorgeschobenen Positionen, indem 
sie sich hierbei vornehmlich auf die von ihnen angesetzten 
deutschen Kolonieen und die zahlreichen kleinen Lehensleute 
(wie die Wedel, Osten, Guntersberg, Brederlow u. a.) in 
den neuerbauten Burgen stützen. Einige dieser Herren- 
geschlechter gelangten zu ansehnlichem Territorialbesitz, wie 
die Wedel, die um die Mitte des 14. Jahrhunderts in jenem. 
Grenzbezirk 90 Quadratmeilen, das sogenannte „Wedel-Land",, 
besafsen. 

Auch vom Nordosten und Südwesten her suchte sich zur 
gleichen Zeit deutsches Wesen Eingang im altpolnischen 
Gebiet zu verschaffen. Am Unterlauf der Weichsel hatte 
der Orden der deutschen Ritter, der ursprünglich von Herzog 
Eonrad von Masovien gegen die Einfälle der wilden heid- 
nischen Preufsen zuhilfe gerufen worden war, einen nur von 
dem Papste abhängigen geistlichen Staat ins Leben gerufen 
und suchte nun sein Machtgebiet nach Westen und Süd- 
westen auszudehnen. Und von Schlesien her nahm Herzog^ 
Heinrich IV. von Breslau, der Sohn Boleslaws, die Eroberungs- 
pläne seines Vaters wieder auf. 1281 bemächtigte er sich 
durch List der Person Przemysls H., welchem nach dem 
Tode seines Oheims Boleslaw ganz Grofspolen zugefallen 
war, und liefs seinen Gefangenen nicht eher frei, bis ihm 
derselbe das Land Wielun abgetreten hatte. Drei Jahre 
später gewann er das Schlofs Ealisch und gab dasselbe nur 
gegen Schlofs und Gebiet Olobok wieder heraus. Auch da» 
Schlofs Meseritz sehen wir bald darauf durch Verrat seine» 
Befehlshabers Sulko in Heinrichs Besitz. Da er zudem 
nach Leszek des Schwarzen Tod auch Krakau und damit 
eine dominierende Stellung unter seinen Stammesvettern über- 
kam, so wäre gleich Schlesien auch unsere Landschaft dem 
Schicksal der Germanisierung schwerlich entgangen, hätte 
nicht ein frühzeitiger Tod (l290) den hochfliegenden Plänen 
des Schlesiers ein jähes Ende bereitet. Als den Erben seiner 
polnischen Lande hatte er noch auf dem Sterbebette Przemysl II- 
von Grofspolen bestimmt. In Krakau freilich vermochte dieser,, 
da ihm haer von den Grofsen des Landes der Böhmenkönig 
Wenzel entgegen gestellt wurde, mit seinen Erbansprüchen 
nicht durchzudringen, wohl aber vereinigte er jetzt alles, 
grofspolnische Land unangefochten in seiner Hand. 

Und noch von einer andern Seite her erwuchs damal» 



2ß Erstes Buch. 

unserer Landschaft eine hochbedeutsame Mehrung. Der kinder- 
lose Herzog Mestwin von Pommerellen setzte Przemysl II. 
izum Erben seines Landes ein. Ursprünglich war Pommerellen, 
der Landstrich zwischen Netze und Weichsel, ein Teil des 
polnischen Beiches gewesen, bis Danzig geleiteten 997 den 
heiligen Adalbert die Machtboten Boleslaws des Kühnen. 
Um die Wende des 12. Jahrhunderts schienen einheimische 
Dynasten sich der polnischen Herrschaft entledigt, ja ihr 
Oebiet nach Westen hin, um Schlawe und Stolp, erweitert 
zu haben. Seit 1266 teilten sich in die Regierung des Landes 
<iie beiden Brüder Mestwin und Wratislaw, anfanglich in 
Eintracht, bald aber in heftigem Zwist, in den die Nachbarn 
«ich einmischten. Die Brandenburger besetzten Danzig, wur- 
<ien aber von Mestwin im Bunde mit Boleslaw von Grofs- 
polen vertrieben. Und die Folge dieses Bündnii^es war nun 
die Erbeseinsetzung des stamm- und blutsverwandten Przemysl. 
Als Mestwin Weihnachten 1294 gestorben war, vollzog sich 
•ohne Störung, trotz aller Anstrengungen, die die branden- 
burgischen Markgrafen machten, um in den Besitz der 
lockenden Erbschaft zu gelangen, der Thronwechsel. Und 
«0 grofs mufs jenem der neue Machtzuwachs erschienen 
sein, dafs er es wagen konnte, sich im nächsten Jahr (1295) 
in Gnesen feierlich zum König von ganz Polen und Herzog 
Ton Pommern krönen zu lassen. Aber auch hier macht, 
wie sehs Jahre vorher bei Heinrich IV. von Schlesien, ein 
frühzeitiger Tod den kühnen Plänen ein jähes Ende. Am 
6. Februar 1296 wurde Przemysl H. zu Rogasen ermordet — 
nach Einigen von einem seitens der durch den Entgang der 
pommerellenschen Erbschaft erbitterten brandenburgischen 
Markgrafen gedungenen Volkshaufen, nach Anderen von 
einzelnen unzufriedenen Adeligen. 

In einem früher errichteten Testament hatte Przemysl, 
da er nur eine minderjährige Tochter besafs, seinen Neffen 
Herzog Heinrich von Glogau zum Erben eingesetzt. Gegen 
diesen erhob sich jetzt, unterstützt vom Adel Grofspolens, 
Wladyslaw Lokietek von Kujavien. Doch schon am 10. März 
1296 findet eine friedliche Vergleichung der beiderseitigen 
Ansprüche dahin statt, dafs Heinrich alles polnische Land 
westwärts der Obra von ihrer Quelle bis zu ihrer Mündung 
in die Warthe und sein gleichnamiger Sohn nach seiner 
Mündigsprechung aufserdem das Gebiet von Posen erhalten 
sollte. Auch sollte dieser oder ein anderer Sohn Heinrichs 
von Glogau von Wladislaw zum Erben eingesetzt werden, 
im Falle er ohne männliche Nachkommenschaft bleiben 
würde. 



Wladyslaw Lokietek und Heinricli von Glogau. 27 

Diese Occupierung eines grofsen Teils unseres Landes 
durch einen schlesischen Fürsten hat dann auch die vor- 
übergehende Verdrängung Lokieteks durch seinen Eivalen 
Wenzel von Böhmen überdauert. Erst als jener nach dem 
wenig rühmlichen Ausgang der beiden letzten Przemysliden 
(1306) wieder in den Besitz seiner Lande gekommen war, 
versucht er es, den Schlesier aus Polen zu vertreiben. Unter- 
stützt wurde er bei diesem Vorgehen durch die UnbeKebt- 
heit, welche sich Heinrich bei dem grofspolnischen Adel 
einerseits durch seine Strenge, anderseits durch seine eifrige 
Pflege deutscher Sprache und Sitte zugezogen hatte. Im 
Jahre 1307 unternahm Lokietek einen Zug gegen Heinrich. 
Da dieser sich aber in den Burgen hielt und Lokietek zu 
ohnmächtig war, ihn darin anzugreifen, so mufste er ohne 
Erfolg wi«ler abziehen, zumal die Bevölkerung, mit Aus- 
nahme des Adels, an dem Schlesier hing. Erst nach Hein- 
richs Tode (1309) gelang es Lokietek, seine Söhne, von 
denen Heinrich, Johann und Primko Posen, Bolko und Kon- 
rad KaKsch und Grnesen erhalten hatten, zu vertreiben. 
Dafs es jedoch eine starke Gegenpartei gegeben haben mufs, 
ist ohne Zweifel. Diese soll nun einen kurzen blutigen 
Kampf heraufbeschworen haben, in welchem ein gewisser 
Przemek verzweifelte Anstrengungen für die Herrschaft der 
Schlesier gemacht haben soU. Die Posener Kathedralkirche, 
erzählt Dlugosz, wurde in ein Kastell verwandelt, und als 
die Widerstandspartei nach heftiger Gegenwehr gefallen 
war, ob dieser Profanation der Beschlufs gefafst, dafs nie in 
Polen ein aus Posen Gebürtiger ein geistliches Amt, eine 
Pfründe oder Praebende erhalten dürfe. Auch jenes grofs- 
polnische Gebiet, das 1319 Heinrich und Primko an den 
brandenburgischen Markgrafen Waldemar hatten abtreten 
müssen — das Land am rechten Ufer der faulen Obra, von 
deren Mündung in die Oder an und das Land am linken 
Ufer der Obra bis Meseritz — kam noch vor Lokieteks 
Tode an Polen zurück, während der an der Lebuser Grenze 
bis zur Paklitz sich hinziehende Landstrich mit den Städten 
Züllichau, Schwiebus und Liebenau an Brandenburg fiel 
(1329). 

Im übrigen geschieht während der Regierung Wladys- 
laws Lokieteks unserer Provinz nur noch in den Kriegen 
desselben mit dem deutschen Orden (1329—1333) nähere 
Erwähnung. In Pommerellen hatten nach der Ermordung 
Przemyslaws II. die einheimischen Machthaber, der Palatin 
Swenza von Danzig und Stolp mit seiner Familie und die 
Abte von OUva und Pelplin, sich zu Herren des Landes ge- 



28 Erstes Bach. 

macht. Dann (Herbst 1306) waren die brandenburgisdien 
Markgrafen^ gestützt auf ein Versprechen König Wenzels HI., 
Pommerellen für Meifsen an dieselben abtreten zu wollen, 
in den westlichen Teil des Landes erobernd eingedrungen, 
während Wladyslaw von Polen sich des Weichsellandes 
durch schnellen Einmarsch sicherte, dabei aber den ver- 
hängnisvollen Fehler beging, die einflufsreichste Familie des 
Landes, die Swenzonen, sich zum Feinde zu machen. 1308 
nahmen die Brandenburger auch das östliche Pommerellen 
ein, die Stadt Danzig öflFnete ihnen ihre Thore, nur die 
Burg bewahrte dem Polenfürsten die Treue. Die in die 
Enge getriebene Besatzung rief nun den deutschen Orden 
zuhilfe, und begierig ergriff dieser die Gelegenheit, sein Ge- 
biet nach dieser Seite hin erweitern zu können, und be- 
mächtigte sich nach kurzem Kampfe des ganzen Landes 
(1310). Um das fehlende moralische Recht durch einen um 
so triftigeren formellen Rechtstitel zu ersetzen, kaufte er den 
Brandenburgern ihre von Wenzel überkommenen Rechte für 
10 000 Mark ab. Wladyslaws Bemühungen um Wieder- 
gewinnung Pommerellens bheben fruchtlos. 1327 brach der 
Krieg mit dem Orden aus. Aber erst im dritten Jahr spielte 
derselbe auf unser Gebiet herüber. Im Mai 1329 gingen 
die Ritter unter der Anführung des Thomer Comthurs Otto 
von Luternberg unterhalb der Brahemündung über die 
Weichsel und belagerten zuerst die minder wichtige Burg 
Mosberg (Bromberg?). Nachdem sie derselben hart zuge- 
setzt hatten, forderten sie die Verteidiger auf, sich zu er- 
geben. Diese aber hielten sich fiir sicher in der Burg und 
verwarfen die Zumutung ; es kam zum Sturme, die Feste fiel 
in die Hände der Ritter, achtzig vornehme Polen wurden ge- 
tötet. Ein gleiches Schicksal traf die Burg Wysyegrod (bei 
Fordon), die die Weichsel beherrschte und die Schiffe der 
preufsischen und pommerschen Kaufleute schon häufig aus- 
geplündert hatte. Ebenso wurden Raciaz und Radziejewo 
erstürmt und in einen Schutthaufen verwandelt. Inzwischen 
war eine Heeresabteilung von Wyszegrod her nach Nakel 
vorgedrungen, wo ein Hauptmann Heinrich lange Zeit der 
Schrecken der Umgegend war; auch diese Burg wurde im 
Sturme genommen und ausgebrannt, während die Stadt ver- 
schont geblieben zu sein scheint. Nach einem kurzen 
Waffenstillstand wurde das Gebiet des Bischofs von Kuja- 
vien, welcher den Zorn des Ordens wegen einer bei dem 
päpstlichen Stuhle gegen jenen angebrachten Klage eiTCgt 
hatte, aufs greulichste verwüstet. Von hier aus wandte sich 
das Ordensheer über Kruschwitz, das nur auf inständiges 



Krieg mit dem deutschen Orden. 29 

Bitten des Herzogs Kasimir von Kujavien dem gleichen 
Schicksal entging, sengend und brennend nach Grofspolen. 
Furchtbar war namentlich das Schicksal der alten Krö- 
nungsstadt Gnesen. Der Stadtklerus war dem feindlichen 
Heere entgegen gezogen, um wenigstens die Erhaltung der 
Domkirche zu erwirken. Sie wurde geschont, aber die 
übrige Stadt in Brand gesteckt. Das gleiche Schicksal 
hatten die Städte Znin, Nakel, Peisern, Konin, Schroda, 
BJecko, Pudewitz, Kostrzyn, Karczewo; das einzige Kaiisch 
leistete erfolgreichen Widerstand. Erst jetzt war es dem 
Polenkönig möglich, dem Feinde mit Heeresgewalt entgegen- 
zutreten. Am 27. September brachte er dem Orden bei 
Plowce eine empfindliche Niederlage bei. Eine gröfsere Aus- 
nützung des Sieges wurde jedoch durch das Dazwischentreten 
König Johanns von Böhmen vereitelt. Derselbe war von 
Glogau aus, wo ihm soeben nach dem kinderlosen Ableben 
des Herzogs Primko die Glogauer feierlich gehuldigt hatten, 
vor die Stadt Posen gerückt und belagerte dieselbe sechs 
Tage lang, bis eine polnische Botschaft einen Waflfenstill- 
stand zwischen beiden Königen auf einen Monat abschlofs, 
worauf er sein Heer entliefs und nach Ungarn abzog. Auch 
zwischen Wladyslaw und dem Orden wurde ein Waffenstill- 
stand verabredet. Nach Ablauf desselben begannen neuer- 
dings die Einfalle des Ordens in das kujavische Land; In- 
owrazlaw und Argenau werden zerstört. Und erst der Tod 
Wladyslaws (1333) machte dem mehrjährigen Blutvergiefsen 
ein Ende, indem eine der ersten Regierungshandlungen seines 
Sohnes und Nachfolgers Kasimir die Herbeiführung eines 
dauernden Friedens mit dem Orden war. 

Die nächsten Jahrhunderte der polnischen Geschichte 
sind, was speziell unsere Provinz anbelangt, weniger frucht- 
bar an hervortretenden Ereignissen, als die voraufgehende 
Zeit. Dazu kommt noch, dafs schon unter den nächsten 
Vorgängern Kasimirs des Grofsen der Schwerpunkt der Re- 
gierung des polnischen Reiches aus Grofspolen nach Klein- 
polen, von Gnesen und Posen nach Krakau verlegt worden 
war. Mit der Zentralisierung der einzelnen, bisher selb- 
ständigen Landschaften und ihrer Beugung unter eine könig- 
liche Gewalt hat auch das Land Posen aufgehört, eine Sonder- 
existenz zu fuhren, und ist lediglich eine Provinz des grofsen 
polnischen Reiches geworden, welche aus diesem Rahmen 
selbständig erst wieder mit der Auflösung Polens hervortritt. 
Die Beziehungen zu Deutschland, welche in der vorigen 
Periode den Hauptinhalt der äufseren und inneren Geschichte 
Polens ausgemacht haben ^ treten jetzt mehr und mehr in 



30 Erstes Buch. 

den Hintergrund, um anderen Einflüssen Platz zu machen. 
Die deutsche Kolonisation weist vorerst einen Stillstand, sehr 
bald einen Rückgang auf, das national - polnische Element 
bemächtigt sich wieder der einzelnen Aufserungen des Volks- 
lebens. 

Diese Verhältnisse werden es rechtfertigen, wenn wir uns 
für die Darstellung der äufseren Geschichte der nächsten 
Jahrhunderte auf die Hervorhebung der wichtigsten Momente 
beschränken und nur da eingehender berichten, wo unser 
Land bedeutender interessiert ist. 

Aus der Regierungszeit Kasimirs des Grofsen ist für un- 
sere Landschaft von Wichtigkeit der Kalischer Friedens- 
schlufs mit dem deutschen Orden vom Jahre 1343, in wel- 
chem der letztere Kujavien und Dobrzyn an Polen zurück- 
gab, wogegen dieses auf das Kulmerland, Michelau und 
Pommerellen verzichtete. Auch mit Brandenburg kam nach 
langen Zwistigkeiten über den Besitz der nordwestlichen 
Grenzlande eine Einigung zustande: am 2. Juli 1364 schliefst 
Kasimir mit dem Gesandten der Markgrafen Ludwig und 
Otto, dem Johanniter- und dem deutschen Orden zu Posen 
einen Vertrag, demgemäfs das Gebiet zwischen der Drage, 
Netze und Küddow bis nördlich nach Draheim und Cza- 
plinek an Brandenburg fiel; nur die Burgen an den letzt- 
genannten Orten verblieben noch bis 1368 bei Polen, wo 
sie gegen Retz umgetauscht wurden. 

Von Kasimirs zahlreichen inneren Reformen hat nament- 
lich die von ihm veranlafste Codifikation des deutschen 
Rechtes und die Restaurierung der deutschen Rechtsoberhöfe 
eine weitgreifende Bedeutung für die Entwickelung des 
Deutschtums in Polen erlangt. Überhaupt erwies sich Ka- 
simir den Deutschen sehr freundlich gesinnt und beförderte 
die Niederlassungen derselben in seinem Lande. Nur wich 
er bei dieser Begünstigung insofern von seinen Vorgängern 
ab, als er den deutschen Kolonisten die bis dahin geübte 
Verbindung mit dem Mutterlande abzuschneiden suchte. Die 
Errichtung der deutschen Rechtsoberhöfe ist hauptsächlich 
aus dem Grunde erfolgt, damit den Deutschen die Einholung 
von Rechtsbelehrungen bei den heimischen Oberhöfen un- 
möglich werden sollte. 

Unter seinem Nachfolger und Neffen, Ludwig von Un- 
garn (1370 — 1382), der meist in Ungarn abwesend war 
und für den seine Mutter Elisabeth die Regierung in Polen 
führte, wurde Grofspolen der Schauplatz blutiger Kämpfe. 
Hier warf sich der abenteuernde Wladyslaw der Weise gegen 
Ludwig auf. Obschon er noch zu Kasimirs Zeiten auf sein 



Kasimir der Grofse und seine Nachfolger. 81 

Erbteil Gniewkowo (Argenau) verzichtet hatte, kehrte er 
nun zurück, um sich desselben mit Gewalt zu bemächtigen. 
Von dem Generalstarosten von Grofspolen, Sendiwoj voa 
Schubin, aufs Haupt geschlagen, begab er sich nach der 
Grenzfeste Driesen, von wo aus er, durch Friedrich Wedel 
Herrn von Usch unterstützt, einen Einfall in das Dobrzyner 
Land machte. Hier bemächtigte er sich der Feste Zlotterie. 
Friedrich von Wedel wurde bei dem Kampf um die Feste 
getötet, auch Herzog Kasimir von Stettin-Wolgast, ein Enkel 
Kasimirs des Grofsen, wurde durch einen Pfeilschufs ver- 
wundet und starb bald darauf (1377) in Bromberg, das er 
laut letztwilliger Verfügung seines Grofsvaters besafs (samt 
dem Lande Dobrzyn, Flatow und Deutsch-Krone). Erst 
1391 fielen diese Gebiete an die Krone zurück. 

Der Tod «König Ludwigs (1382) vermehrte noch die 
innere Anarchie. Von seinen beiden hinterlassenen Töchtern 
war die ältere, Maria, an den Markgrafen Sigmund von 
Brandenburg aus dem Hause Luxemburg verheiratet : sie 
war von dem Vater zur Thronfolge in Aussicht genommen 
worden, und auch der Reichstag hatte diesem Plane seine 
Zustimmung gegeben. Hiergegen erhob nun namentlich der 
grofspolnische Adel Widerspruch. Schon längst der meist 
auswärtigen Residenz der Herrscher überdrüssig, erklärte er 
jetzt seine Zustimmung zur Erhebung Marias auf den Thron 
nur unter der Bedingung geben zu wollen, dafs diese sich 
mit ihrem Gemahl verpflichten würde, künftighin Grofspolen 
ausschliefslich zu ihrem Aufenthalt wählen zu wollen. Dessen 
weigerte sich aber das junge Fürstenpaar. Jetzt bildete 
sich eine Adelskonföderation und beschlofs die Erhebung 
Hedwigs, der jüngeren mit dem Herzog Wilhelm von Oster- 
reich verlobten Tochter Ludwigs, auf den Thron. Dies war 
das Signal zum Ausbruch eines langen und äufserst hart- 
näckigen Bürgerkrieges. Aufseiten Siegmunds und Marias- 
stand die mächtige Adelspartei der Grzymala, mit Domarat^ 
dem Generalstarosten von Grofspolen, an der Spitze; auch 
die Spaltung, die innerhalb der gegnerischen Partei dadurch 
entstand, dafs ein Teil derselben die Krone einem einhei- 
mischen Fürsten, dem Herzog von Masovien, zuwenden 
wollte, kam dem Luxemburger zustatten. 

Sendziwoj Swidwa, Kastellan von Nakel, der Führer der 
nationalen Partei, erlitt bei Samt^r durch die Grzymalaa 
eine Niederlage. Schliefslich neigte sich der Sieg doch zu- 
gunsten Hedwigs. Die Bürger von Posen gelobten im Ja- 
nuar 1383 7 in offenem Aufstand gegen den die Stadt mit 
deutschen Hilfstruppen besetzt haltenden Domarat, Hedwig 



92 Erstes Buch. 

Treue und nötigten jenen ^ die Stadt zu verlassen. Swidwa 
drang auch noch in diesem Jahre in die Stadt und belagerte 
Domarat im Posener Schlofs. Er bediente sich bei der Be- 
lagerung einer Kriegsmaschine der Bürger, richtete jedoch 
nichts aus. Am 4. März 1384 wurde die erst dreizehnjäh- 
rige Prinzessin zu ELrakau zum „ König von Polen " gekrönt 
Da aber auch bei dieser ihr deutscher Verlobter den pol- 
nischen Magnaten anstöfsig war, so wurde ihr Verlöbnis mit 
Oewalt getrennt und Hedwig mit dem Grofsfursten Jagello 
von Litauen, nachdem derselbe kurz zuvor zum Christen- 
tum übergetreten war und bei der Taufe den Namen Wla- 
dyslaw angenommen hatte, vermählt Für die ganze künf- 
tige Geschichte Polens ist diese Vereinigung des bislang 
noch heidnischen Litauens mit dem polnischen Reiche folgen- 
schwer geworden. Dem Beispiel des Fürsten folgte bald 
das Land, d. h. es wurde zur Annahme der Taufe ge- 
zwungen. Die neu konsolidierte polnische Macht bekam zu- 
nächst der deutsche Orden zu fühlen. Durch die Christia- 
nisierung Litauens war demselben das eigentliche Feld seiner 
erobernden und bekehrenden Thätigkeit entzogen worden. 
Nur das einzige Samaiten war vorläufig noch heidnisch ge- 
blieben, und auf dieses Land richtete sich denn auch der be- 
gehrliche Blick des Ordens. Noch andere Anlässe zu Zwistig- 
keiten traten hinzu. Der Ankauf der Neumark und des 
Schlosses Driesen durch den Orden wurde von Jagello mit 
Eifersucht angesehen. 1409 brach der Krieg los, indem ein 
Ordensheer in das Dobrzyner Land einfiel und eine Anzahl 
Burgen eroberte. Im folgenden Jahre drang umgekehrt ein 
mit Tartarenhorden untermischtes polnisch -litauisches Heer 
in Preufsen ein und verübte die entsetzlichsten Greuel. Am 
15. Juli 1410 kam es bei Tannenberg zu einer gewaltigen 
Schlacht, in welcher der Orden eine totale Niederlage erlitt 
Aber so grofs war dennoch die Fähigkeit desselben, sich 
Auch aus tiefstem Fall wieder aufzurichten, dafs er in dem 
bald darauf abgeschlossenen Frieden von Thorn aufser einer 
Kriegsentschädigung von 100000 Schock Groschen lediglich 
Samaiten an Polen herauszugeben gezwungen wurde, im 
übrigen aber die Grenzverhältnisse vor dem Kriege wieder 
hergestellt wurden. Noch mehrmals (1414, 1419, 1422) 
wiederholten sich die Kriege zwischen Polen und dem Orden, 
bis endlich der Friede von Brze^d (1435) eine definitive 
Beilegung der Streitigkeiten brachte. Wurde auch diesmal 
der äulBere Besitzstand des Ordens in keiner Weise ge- 
schmälert, so hatte sich doch schon seit längerer Zeit eine 
allmähliche Auflösung der strammen Disziplin und der ein- 



Wladyslaw Jagello. 88 

fachen Sitten des Ordensstaates fühlbar gemacht, die den 
baldigen Untergang desselben andeutete. 

Als Wladyslaw Jagello hochbetagt im Jahre 1434 starb, 
hinterliels er zwei unmündige Söhne, Wladyslaw und Kasi- 
mir. Nur mit Mühe und grofsen Opfern an seinen fürst- 
lichen Herrscherrechten war es ihm gelungen, den Adel zur 
Anerkennung des Thronfolgerechts des älteren zu gewinnen. 
Aber schon 1444 fiel der kaum zwanzigjährige Jüngling, 
welcher 1440 auch in Ungarn auf den Thron gesetzt worden 
war, in der mörderischen Schlacht bei Varna gegep die 
Türken, das polnische Reich von wüsten Parteikämpfen zer- 
fleischt zurücklassend. Ihm folgte in der Regierung sein 
jüngerer Bruder Kasimir (1444 — 1492), auf diesen nachein- 
ander seine Söhne Johann Albrecht (1492 — 1501), Ale- 
xander (1501—1506) und Sigismund (1506—1548). Unter 
diesen, namentlich unter dem letztgenannten, vollzog sich im 
Osten Polens jene für die Greschichte desselben so verhäng- 
nisvoll gewordene Konsolidation des russischen Reiches. 
Unter Iwan I. Wasiljewitsch stieg das Grrofsfürstentum Mos- 
kau zu überwältigender Höhe hinan und begann die Länder 
russischer Zunge und russisch - griechischen Bekenntnisses 
unter seinem Zepter zu sammeln. Die Eroberung Nowgo- 
rods und grofser Teile von Weifsrufsland, die bis dahin zu 
Litauen gehört hatten, inaugurierte den denkwürdigen 
Kampf der beiden slavischen Reiche um die Hegemonie des 
Ostens, der, immer nur unterbrochen, niemals ganz ruhend, 
Jahrhunderte hindurch gedauert und erst durch den Unter- 
gang des einen Gegners seinen Abschlufs gefunden hat. 
Solchen Einbufsen gegenüber vermochte auch der endliche 
Fall des Ordensstaates Preufsen um so weniger in Anschlag 
ZVL kommen, als derselbe — allerdings in Lehensabhängig- 
keit von Polen — als weltliches Herzogtum in der Hand 
^ines Zweiges des Hohenzollernhauses sich wieder erhob 
und späterhin als Ausgangspunkt des preufsischen König- 
tums und damit der europäischen Machtstellung Preufsens 
dem polnischen Reiche weit gefahrlicher als der alte Ordens- 
^taat werden sollte. 



.^eyer, Geschichte Posens. 



Zweites Buch. 
Innere Zustände. 



3* 



Xlihe wir in der Darstellung der äufseren Schicksale 
unserer Landschaft fortfahren, müssen wir einen Blick auf 
die inneren Verhältnisse derselben werfen, wie sie sich von 
den ältesten Zeiten bis herauf zum 16. Jahrhundert gestaltet 
haben. 

Die heutige Provinz Posen fallt, in der Hauptsache 
wenigstens, mit dem den Namen Grofspolen führenden Lan- 
desteil des alten Polens zusammen. Wie aber einerseits 
Grofspolen auch andere Gebiete umfafste (so namentlich den 
Kalischer Bezirk, der heutzutage zumeist zum Königreich 
Polen gehört), so sind anderseits an der Zusammensetzung 
des heutigen Landes Posen einige andere altpolnische Land- 
schaften beteiligt. Das Land nördlich der Netze gehörte 
bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts zu Pommern. Man 
begriff unter diesem Namen damals den scharf begrenzten 
Terrainabschnitt zwischen den Mündungen der Oder und 
Weichsel, dem Meer und den Niederungen der Warthe und 
Netze. Diese, ein meilenbreiter Gürtel von Wald imd 
Sumpf, schied Pommern von Polen. Ostlich der Weichsel 
und Nogat safsen die Preufsen, westlich der Oder wendische 
Volksstämme bis an die Elbe hin. Die Gegend von Brom- 
berg, Polnisch-Krone, Inowrazlaw, Kruschwitz, Argenau und 
Strelno gehörte zu Kujawien. Der nordwestlichste und west- 
lichste Teil unserer Provinz war längere Zeit im Besitz der 
Glogauer Herzöge und der Markgrafen von Brandenburg, 
der südwestliche wurde lange als zu Schlesien gehörig be- 
trachtet. Die südöstliche Landspitze endlich mit Schildberg 
wurde zum Lande Sieradz gerechnet. 

Diese wechselnden Besitzverhältnisse an den Grenzen 
unserer Provinz mufsten diese Landesteile vielfach in den 
Bereich pommerscher (später westpreufsischer), brandenburgi- 
scher und schlesischer Einflüsse bringen. Noch heute ist 



88 Zweites Buch. 

diese frühere zeitweilige Zugehörigkeit zu den genannten 
Nachbarländern bei den Bewohnern jener Gtegenden in einem 
stärkeren Hinneigen zu jenen Landschaften deutlich zu be- 
obachten. 

^Bezüglich der inneren Verfassung gehen unsere Nachrichten 
nur auf die piastische Zeit zurück. An der Spitze des 
Staatswesens steht mit erblichen Rechten das Herrscher- 
geschlecht der Plasten. Neben den Herzögen erscheint eine 
Anzahl Magnaten, mit denen der Fürst manche Regierungs- 
geschäfte gemeinschaftlich vornimmt. Alle Jahre wenigstens 
einmal beruft er an wechselnde Orte einen allgemeinen Land- 
tag (colloquium) , zu dem, wie es scheint, jeder erscheinen 
konnte, und bei dem neben der Hofhaltung des Herzogs die 
Magnaten den eigentlichen Kern bildeten. Dafs ihnen ein 
bestimmtes Recht zugestanden hätte, ihren Willen dem Fürsten 
gegenüber geltend zu machen, dafür haben wir kein Zeug- 
nis. Der Herzog scheint indes wenigstens in Streitfragen 
über das Grundeigentum der Grofsen auf dem Landtag nicht 
allein zu Gericht gesessen zu haben, denn es wird erwähnt, 
dafs alle Barone einstimmig eine Entscheidung abgegeben 
haben. 

Im übrigen läfst uns der Eindruck, den wir von den 
Handlungen des Herzogs und namentlich von der Freiheit 
haben, mit der er tief in die Rechtsverfassung eingreifende 
Privilegien erteilte, nicht anders vermuten, als dafs er nur 
durch die thatsächlichen Machtverhältnisse beschränkt war. 

Die eigentlichen Hoheitsrechte des Fürsten bestanden zu- 
nächst in jenen fürstlichen Vorrechten, welche wir Regalien 
nennen. Zu ihnen zählen zuvörderst die oberste Gerichts- 
barkeit mit den aus ihr herfliefsenden Gefällen, die Grund-, 
Geld- und Getreidezinsen, Münzgeld, Beden und Leistungen, 
wie Fuhren, Vorspann, Geleit, Herberge und Unterhaltung 
des Fürsten und seiner Diener, die Verpflichtung zum Kriegs- 
dienst, zur Erbauung, Ausbesserung und Besetzung der 
Burgen und zur Befestigung der Städte, endlich zu Acker- 
und Pflugarbeiten. Zu den Regalien zählten ferner Berg- 
werke, hohe und niedere Jagd, Zeidelei, sodann das Regal 
der Gewässer, der Fischerei und des Rechts, Mühlen und 
Wehre anzulegen, der Strafsen, Brücken und Fähren, der 
Zölle, des Salzverkaufs und der Anlegung und Gestattung 
von Märkten, Krügen und öffentlichen Verkaufs- und Ge- 
werbeeinrichtungen jeder Art. Ein sehr einträgliches Regal 
war namentlich die Münze. Sie wurde, wie aus einem 
Schreiben Papst Innocenz IH. vom Jahre 1207 hervorgeht, 
ursprünglich jährlich dreimal verändert, wobei der Herzog 



Hoheitsrechte des Landesherm. 89 

deshalb jedesmal Vorteil zog, weil eine alte verrufene Münze 
im Verhältnis zum wahren Wert derselben niedriger an- 
genommen, als die neue ausgegeben wurde. An die Stelle 
dieser häufigen Umprägungen ist nun vermutlich späterhin 
das sogenannte Münzgeld getreten, eine allgemeine Steuer, 
über deren Anlage wir allerdings nichts Genaues wissen. 
Auch waren die Fürsten Herren alles Grundes und Bodens, 
der keinen besonderen Eigentümer hatte; daher fiel auch 
alles herrenlose Gut in ihr Eigentum. Das Land war 
namentlich infolge der durch die immerwährenden Kriege 
bewirkte Verheerung und Entvölkerung gröfstenteils mit Wald 
bedeckt, vorzugsweise an den Grenzen. Da diese Land- 
striche nichts eintrugen und also wertlos waren, schenkten 
sie die Fürsten den Klöstern, später auch den deutschen 
Einwanderern zur Besiedlung. Nur einen verhältnismäfsig 
kleinen Teil behielten sie sich zur eigenen Bewirtschaftung 
zurück. 

Zunächst dem Landesherm steht in der Rangordnung 
der Bevölkerungsklassen der Adel (Szlachta). Die vor- 
nehmste Pflicht und das Recht desselben war der Kriegs- 
dienst zu Pferde. Aus gleichzeitigen Siegeln läfst sich, so 
roh auch die Darstellung auf denselben ist, ein ohngefähres 
Bild von der Ausrüstung eines polnischen Ritters im 13. Jahr- 
hundert gewinnen: faltiger, gegürteter Waffenrock, eng an- 
schliefsende Beinkleider und Ärmel, blofser Hals, grofser 
Schild, starkes, kurzes Schwert, Harnisch, spitzer Helm und 
Lanze. Das ritterliche Aufgebot bildete die Hauptkraft des 
Heers; dem Stofs der gepanzerten Reiter konnte kein Fufs- 
volk widerstehen. Ausplünderung und Verheerung des 
feindlichen Landes war der nächste Zweck der kriegerischen 
Einfalle. Die Bevölkerung suchte dann so rasch wie mög- 
lich Schutz in den grofsen Landesburgen und schleppte 
dorthin ihre ganze bewegbare Habe. Zur Vernichtung der 
vielfach hölzernen Schutzwehren spielte das Feuer eine grofso 
Rolle, doch wurden auch Wurf- und Schleudermaschinen 
verwendet. Was die Hauptburgen nicht mehr erreichen 
konnte, fluchtete sich in die kleineren Schutzburgen, deren 
Überreste in Form von Ringwällen sich überall erhalten 
haben. Wohl noch aus der vorchristlichen Zeit stammend, 
meist in wasserreichen, sumpfigen Niederungen und in der 
Tiefe ausgedehnter, finsterer Wälder versteckt, boten sie 
Sicherheit in möglichst verborgener und unzugänglicher Lage. 
Welche ungeheure Verwüstungen solche Kriegs- und Beute- 
züge anrichteten, davon giebt ein Beispiel die Angabe des 
Bischofs von Kujawien, dafs ihm Swanpotolk von Pom- 



40 Zweites Buch. 

merellen im Jahre 1238 von seinen Gütern fortgeführt habe: 
177 Reitpferde, 259 Zugtiere, 69 Fohlen, 575 Ochsen, 
1176 Kühe (ungerechnet die Kälber), 3174 Schafe, 1260 
Schweine, 200 Bienenstöcke; 300 Getreidemieten seien ver- 
brannt worden. 

Durch fortgesetzte Teilung des Grundbesitzes ward der- 
selbe naturgemäfs bei den meisten Familien immer kleiner, 
anderseits aber häufte er sich bei einigen durch Gunst- 
bezeugungen der Landesherren ganz besonders an, so dafs 
sich innerhalb des ursprünglich gleichberechtigten Adels all- 
mählich grofse Unterschiede in Reichtum und Einflufs geltend 
machten. Während eine nicht grofse Zahl zu den Magnaten 
des Landes emporstieg, kamen die meisten über einen mälsi- 
gen, bezw. geringen Grundbesitz nicht hinaus. Von diesen 
stammt der zahlreiche kleine Adel der späteren Jahrhunderte. 
Weder bei diesem gemeinen Adel noch bei den Baronen 
sind in der ältesten Zeit Familiennamen gebräuchlich, auch 
noch nicht die später allgemein übliche Bezeichnung nach 
dem Wohnort, während bei den auftretenden Deutschen 
selten ein Beiname fehlt, auch der Ort der Herkunft fast 
immer genannt wird. — Bei den Gütern einer Familie wird 
unterschieden, ob sie zu dem alten Erbbesitz derselben ge- 
hören, oder auf irgendeine andere Weise erworben waren. 
Bei den ersteren herrschte die aus dem bei allen slavischen 
Völkern streng festgehaltenen Geschlechtsverbande her- 
fliefsende Anschauung, dafs sie nicht unbeschränktes Eigen- 
tum des Besitzers, sondern des ganzen Geschlechts seien, 
welches innerhalb bestimmter Schranken Anrechte darauf 
habe. Ein Erbgut konnte nicht ohne die Genehmigung 
sämtUcher Blutsverwandten an einen Fremden verkauft 
werden. Töchter konnten keine Landgüter erben; waren 
keine Söhne vorhanden, so erbten die Brüder, die Oheime 
oder deren Descendenten. Bei vom Landesherm verliehenen 
Gütern mufste derselbe zu einer Veräufserung seine Genehmi- 
gimg erteilen. Auf solche Güter und ihre Inhaber beziehen sich 
wohl vorzugsweise die Ausdrücke vasalli, feodales, feodalia 
bona, feuda. Die Zahl solcher Güter war sehr bedeutend, 
denn der Grundbesitz der Fürsten erscheint als ein unermefs- 
licher, und von ihm schenkten diese mit vollen Händen an 
ihre GünstUnge, an Kirchen und Klöster. Zu den Vor- 
rechten des Adels gehörte namentlich auch der Besitz aUer 
Hof- und Staatsämter, soweit dieselben nicht in den Händen 
von Geistlichen sich befanden. Ferner waren die Güter des 
Adels wenigstens nicht allen Lasten des sogenannten polni- 
schen Rechts unterworfen. Ein besonderes Vorrecht des 



Vorrechte des Adels. 41 

Adels bestand darin ^ dafs derselbe von jeder sechsten Hufe 
Neubaues zehntfrei war und dafs er den Zehnten an 
jede Barche nach seiner Wahl entrichten durfte. Dieses 
Vorrecht hiefs das Ritterrecht (jus militale). Die Synodal- 
statuten der Gnesener Erzdiöcese vom Jahre 1262 bestinunten 
dann; dafs Güter ^ welche den Zehnten an eine bestimmte 
Kirche entrichteten^ dies auch dann thun müfsten; wenn die 
Güter in andere Hände kämen ; kein ßitterrecht (privil^um 
nobilitatis) sollte dies ändern dürfen. Später (1326), be^ 
stimmte der Schlufs einer Synode desselben Erzbistums^ 
wenn Ritter (milites) oder überhaupt weltliche Gutsbesitzer^ 
deren Vorfahren nach Ritterrecht den Zehnten von ihren 
Gütern freiwillig irgendeiner Kirche gegeben hätten, diese 
Güter auf mehrere Besitzer vererbten, so solle nur dem 
Altesten für seinen Anteil gestattet sein, den Zehnten nach 
Ritterrecht zu geben, die übrigen aber den Zehnten ihres 
Erbteils an diejenige Pfründe geben, welcher er zugeteilt 
sei. Wenn Güter mit Ritterrecht in die Hände niederer 
Personen kämen, so sollten diese den Zehnten an diejenige 
Pfründe entrichten, welcher derselbe zugeschrieben worden 
sei; wenn aber ein Ritter ein Gut erwürbe, welches den 
Zehnten an eine bestimmte Pfründe gäbe, so solle er das 
auch thun müssen. 

Die häufigen inneren Fehden steigerten im 12. und 
13. Jahrhundert den Einflufs des Adels auf den Fürsten 
und die Leitung der Staatsgeschäfte deshalb, weil die Her- 
zöge, um sich siegreich gegen ihre Mitbewerber zu behaupten, 
die Gunst der Mächtigen ihres Landes zu gewinnen trachten 
mufsten. Nicht nur dafs jetzt eine wahrhaft massenhafte 
Austeilung von Staatsgut an solche einflufsreiche Personen 
und ihren Anhang stattfindet, dieselben erhalten auch für 
ihre Güter, nach Analogie der der Kirche gewährten Frei- 
heit, Immunitätsrechte, wodurch den fürstlichen Beamten 
jede Vornahme von Amtshandlungen auf jenen , namentlich 
die Ausübung richterlicher Funktionen und die Erhebung 
von Abgaben und Leistungen unmöglich gemacht wurde. 
Zu allen wichtigen Regierungsgeschäften erscheinen sie bei- 
gezogen: sie geben ihre Zustimmung bei Verleihung von 
Immunitätsrechten, wie bei den Bewilligungen deutschen 
Rechtes, bei Güterverschenkungen der Fürsten, wie bei Aus- 
schreibungen allgemeiner Landessteuern. 

Die Sammlung aller dieser Bestrebungen und deren Rich- 
tung auf ein grofses bestimmtes Ziel gehört dann dem 14. 
und 15. Jahrhundert an. Kasimir der Grofse war der letzte 
kräftige Herrscher gewesen. Die nach seinem, bzw. seines 



42 Zweites Buch. 

Enkels Tode ausbrechenden inneren Parteikämpfe, die Ab- 
wesenheit der dem Lande fremden Landesfürsten und ihre 
Vertretung durch einzelne einflufsreiche Persönlichkeiten des 
hohen Adels mufsten notwendig die Macht eben dieses Adels 
steigern. Unter Wladyslaw Jagello waren dann diese auf 
die Gründung eines reinen Adelsstaates gerichteten Bestre- 
bungen zu einem vorläufigen Abschlufs gelangt Durch eine 
Reihe der schwerwiegendsten Vorrechte, welche dem Adel 
sowohl nach oben hin unter Einengung der landesfurstlichen 
Gewalt, als gegenüber den anderen Bevölkerungsklassen er- 
teilt worden waren, kam die Staatsgewalt immer mehr in 
die Hände des Adels, und die Versuche der späteren Ja- 
gellonen, die königliche Gewalt wieder zu ihrem früheren 
Umfang zu erheben, hatten in ihrer Fruchtlosigkeit vielmehr 
nur eine weitere Schwächung derselben zur Folge. 

Über die Verhältnisse der nichtadeligen Landbevölkerung 
sind wir für die älteste Zeit nur notdürftig unterrichtet. 
Auf ihre gedrückte Lage schon in der ältesten Zeit läfst 
die Nachricht des Martinus Gallus einen Schlufs zu, dafs 
Boleslaw der Kühne ihr seinen Schutz habe angedeihen 
lassen. Da es zum Begriff des Adels gehörte, ein mit 
einem Landgut angesessener freier Mann zu sein, so folgt 
daraus, dafs alle übrigen Landbewohner unfrei waren, wenn- 
schon verschiedene Abstufungen zu beachten sind. Die 
Bauern (Kmetones) safsen auf Grundstücken, an denen ihnen 
nur ein bedingtes oder gewöhnlich gar kein Eigentumsrecht 
zustand, vielleicht nur ein Erbrecht auf die Benutzung des- 
selben unter der Verpflichtung, davon eine Menge Abgaben 
und Dienste an ihre Gutsherrschaft, sei diese nun ein Edel- 
mann, die Kirche oder der Landesherr, zu entrichten. Per- 
sönlich scheinen sie, wenigstens in früheren Zeiten, frei ge- 
wesen zu sein, da ihre Verhältnisse sich notorisch immer 
mehr verschlechtert haben. Aufser ihnen gab es zahlreiche 
Hörige, die auch der persönlichen Freiheit entbehrten, die 
mit den Grundstücken oder Dörfern, wo sie angesiedelt 
waren, verkauft oder verschenkt wurden. Ein Teil von 
ihnen diente im Hause des Herrn als Diener, Knechte oder 
Mägde und verrichtete alle Arten gewerblicher Arbeiten; 
sie sind Fischer, Zeidler, Jäger, Biberfanger, Falkner, Vieh- 
und Hundewärter, Waldhüter, Gärtner u. s. w. Den Acker, 
den der Herr sich vorbehalten, mufsten die Bauern mit ihrem 
Zugvieh bestellen und abernten. Aufserdem haftete auf allen 
Besitzungen eine grofse Zahl von Abgaben und Diensten, 
die dem Landesherm gehörten und als die Lasten des pol- 
nischen Rechtes bezeichnet und ausführlich genannt werden. 



Polnische Landbevölkerung und Dörfer. 43 

Voran steht die Grund- oder Pflugsteuer (poradlne), die 
Hofsteuer (podworowe), das Marktgeld (targowe), die Ver- 
pflichtung zum Kriegsdienst sowohl im Lande selbst (Burg- 
wachen, stroza) als zu den Expeditionen aufserhalb desselben, 
dann Fronden zum Bau und zur Ausbesserung der Burgen, 
Befestigungsanlagen und Brücken, zum Pflügen der herzog- 
lichen Acker (aratura), zum Gras- und Kornmähen (preseca), 
Vorspann aller Art zum Transport der Bedürfnisse des 
Heeres (powoz), der Soldaten selbst (prewod), der Gefan- 
genen, der Verbrecher; Jagdfronden, Wildfuhren, Auf- 
nahme und Verpflegung der fürstlichen Jäger, ihrer Hunde 
und Pferde (psare), des Herzogs selbst und seines Gefolges 
(stan), Behütung der Biber (bobrowinci), Hirsche, der jungen 
Falken und Ablieferung der letzteren zur Abrichtung, Weiter- 
beförderung der fürstlichen Beamten und Boten auf ihren 
Reisen (podwoda), was von jeher zu so greulichen Mifs- 
bräuchen und Gewaltthaten gefuhrt hatte, dafs selbst die 
Kirche dagegen einzuschreiten sich angelegen sein liefs. Ein 
Synodalschlufs des Erzbischofs Janussius von Gnesen und 
seiner Suffragane vom Jahre 1262 erneuert die Androhung 
des Bannes gegen jeden, der in den Dörfern ihrer Kirchen 
und von deren Bauern und Hintersassen Fronfuhren (pod- 
wo(las) nehmen würde, aufser in den Fällen eines zu be- 
fürchtenden Verrates des Landesherrn oder einer Burg oder 
des Einfalles eines feindlichen Heeres. Die Abgaben bestan- 
den sowohl in Geld als auch in Naturalien aller Art, in 
Vieh, Getreide, Honig, Fischen u. s. w. Dienste wie Ab- 
gaben waren äufserst drückender Art, so dafs später der 
Herzog auf diese Lasten sämtlich oder wenigstens auf die 
beschwerlichsten verzichtet, um seinen Geschenken einen 
gröfseren Wert zu geben. 

Die Dörfer bildeten keine Gemeinden im heutigen Sinne ; 
mehrere davon waren zu opola (vicinia) genannten Distrikten 
vereinigt. Diese Einteilung ist wahrscheinlich die älteste po- 
litische Einrichtung in Polen und scheint dem Aufkommen 
der fürstlichen Gewalt voraufgegangen zu sein, indem sie in 
der Zeit, in welcher wir sie kennen lernen, so charakteri- 
stische Merkmale der Selbstverwaltung aufweist, dafs es 
näher liegt, sie als Überrest der frühesten Verwaltungsform, 
als durch irgendein Zentralorgan geschafifene Einrichtung 
zu betrachten. Der Mittelpunkt eines opole hiefs czoto 
(Stirn). Über die Gröfse eines solchen Bezirkes wissen wir 
nichts Genaueres: nur von dem einzigen opole Choinica 
(nördlich von Posen) ist bekannt, dafs zu demselben 41 
Dörfer gehörten. Die letzten Spuren dieser ältesten Landes- 



44 Zweites Buch. 

einteilung finden sich in der Regierungszeit Jagellos, indem 
uns aus dieser überliefert wird, dafs gewisse Abgaben nach 
diesen Bezirken erhoben wurden. An der Spitze derselben 
standen niedere fürstliche Beamten, die auch wohl richter- 
liche Befugnisse hatten. Die Einwohner eines solchen Di- 
strikts waren für die Dienste und Steuern desselben soli- 
darisch verhaftet, wie auch für die Erhaltung des öffent- 
lichen Rechtsfriedens innerhalb des Kreises. Sie mufsten 
demjenigen, welcher auf der Strafse beraubt oder angefallen 
wurde, besonders fremden Handelsleuten auf deren Ruf 
zuhilfe eilen. Wurde innerhalb eines Bezirkes ein Er- 
schlagener gefunden, ohne dafs man den Mörder entdeckte, 
so mufste ein gemeinsames Strafgeld an den Herzog bezahlt 
werden. 

Im Dunkel bleibt auch die Art der Landesverwaltung 
der ältesten Zeit. Zunächst dem Landesherrn steht als vor- 
nehmster Beamter der Palatin (Wojwode) als Vertreter oder 
Statthalter des Fürsten. Bis zur Teilung Grofspolens nach 
dem Tode Boleslaw Schiefmunds gab es nur einen Woj- 
woden, von da an jedoch so viele als Reichsteile. Seitdem 
nennen sich die Wojwoden auch nicht mehr palatini Polo- 
niae, sondern entleihen ihren Titel den Hauptorten des 
betreffenden Landesteiles. Nicht minder wichtig war die 
Stellung des Kämmerers und Unterkämmerers, der das 
fiirstliche Einkommen zu verwalten hatte. Aufserdem gab 
es Truchsefse (dapifer, podstole, stolnik), Schenken (pin- 
cerna, czesnik), Schatzmeister (thesaurarius, skarbnik), Jäger- 
meister (venator; und Fahnenträger (vexilhfer, namiestnik). 
Eine sehr einflufsreiche Person mufs auch der Kanzler ge- 
wesen sein, der immer ein Geistlicher war — die einzigen 
Personen, denen damals die Kunst des Schreibens und Le- 
sens, sowie die lateinische Sprache, in der die Urkunden ab- 
gefafst wurden, zugebote stand. Neben ihm finden sich 
noch andere Kleriker, Hof kaplane, Magister, Notare, Schrei- 
ber, Dolmetscher und Arzte am Hofe, die als solche dienen, 
sowie zahlreiche weltliche Personen ohne bestimmte Amter, 
oft zur Mitbezeugung von Urkunden herangezogen, jeden- 
falls alle durch persönliche Eigenschaften oder bedeutende 
Familienverbindungen hervorragend. Die sämtlichen hohen 
Beamten gehören, wie bereits bemerkt, zum eingeborenen 
Adel des Landes. Fast alle Beamte hatten Unterbeamte zu 
Stellvertretern. 

Zunächst über den oben gekennzeichneten Opolas standen 
als gröfsere Verwaltungsbezirke die Kastellaneien. Die Ein- 
teilung des Landes nach diesen erfolgte höchst wahrschein- 



Älteste Landesverwaltung. 45 

Kch erat mit der Zentralisierung der Verwaltung, mit dem 
Aufkommen der fürstlichen Gewalt, Charakteristisch für 
diese neue Einrichtung war, dafs Machtbefugnisse und Ein- 
künfte an sie geknüpft waren, während Pflichten und Lasten 
den alten Opolas verblieben. Die Kastellaneien haben ihren 
Namen von Kastellen, Burgen. Die Errichtung derselben 
wurde in erster Linie veranlafst durch die häufigen Kriege 
zur Zeit der ersten bekannten Piasten, speziell durch die 
Notwendigkeit, Schutz vor feindlichen Einfallen zu ge- 
winnen. Zunächst wurden von den Herzögen wohl die 
Landesgrenzen mit solchen Burgen befestigt und denselben 
militärische Befehlshaber (Kastellane, Burggrafen) vorgesetzt. 
So sehen wir namentlich längs der Grenze Grofspolens 
gegen Pommern, an der Netze, eine Reihe solcher Land- 
esfesten: Santok, Driesen, Filehne, Czamikau, Usch, Nakel. 
Die gleiche Rücksicht liefs am Unterlauf der Obra die 
Burgen Meseritz und Bentschen entstehen. In die Zeit 
der inneren Wirren nach dem Tode Boleslaw Schiefmunds 
und der Kriege mit den schlesischen Herzögen fallt dann 
vermutlich die Erbauung der Burgen im Inneren des Landes : 
L^;d, Priment, Schrimm u. a. Zu den Burgen gehörte 
stets ein bestimmtes Burggebiet, innerhalb dessen die Burg- 
fgrafen neben der militärischen auch die Zivil- und Justiz- 
verwaltung ausübten. Die Abgrenzung dieser Kastellaneien 
Jäfst sich jetzt mit Sicherheit nirgends mehr feststellen: wir 
beschränken uns daher lediglich auf die Aufzählung der- 
selben. Es sind folgende : 1) Nakel (auch Krajna genannt), 
zwischen der Netze, Küddow, Dobrzynka, Kamionka und 
Plitwica, 2) Paluki, südlich von Nakel, 3) Gnesen, 4) L^jd, 
5) Ostrowo, 6) Kaiisch, 7) Kriewen, 8) Kröben, 9) Priment, 
10) Bentschen, 11) Meseritz, 12) Driesen, 13) Filehne, 
14) Czarnikau, 15) tisch, 16) Starogrod, 17) Xions, 18) Bnin, 
19) Biechowo, 20) Giecz, 21) Kosten, 22) Posen, 23 Ro- 
gasen, 24) Schrimm. — Aufser diesen Kastellen gab es 
noch andere befestigte Orte, welche Kriegszwecken dienten, 
z. B. Boleslawice an der Prosna, Nieslufz, Dubin an der Orla, 
Köpnitz, Obornik, Wronke u. a. Denselben waren keine 
Burgbezirke zugeteilt, weshalb die ihnen vorgesetzten Befehls- 
Jbaber (tenutarii oder praefecti) auch keine administrativen 
oder richterlichen Befugnisse hatten; nur die Verwaltung der 
königlichen Domänen stand ihnen teilweise zu. Es sind dies 
die Anfänge der späteren Starosteien. 

Den Kastellanen standen als Unterbeamte zur Seite ein 
Tribun, vermutlich als Stellvertreter im Gericht, und ein 
Kämmerer, dem die Einziehung der von den ünterthanen zu 



46 Zweites Bucb. 

leistenden Abgaben u. a. oblag. Der Elastellan urteilte allein, 
ohne SchöflFen oder Beisitzer nach dem im Bewufstsein des 
ganzen Volkes noch lebendigen Gewohnheitsrecht, auf wel- 
ches in Urkunden mehrfach Bezug genommen wird. Die 
Strafen waren grausam: Köpfen, Hängen, Rädern, Augen- 
Ausstechen, Verstümmelung der Glieder werden erwähnt als 
etwas Gewöhnliches. Doch konnten viele Strafen durch 
Geldbufsen ersetzt werden; als solche wird genannt eine 
Mordbufse (glova), die dem Herzog gebührte. Die Unschuld 
darzuthun oder die Anklage zu beweisen, waren öffentliche 
Zweikämpfe üblich, die entweder mit dem Schwert oder mit 
der unter den Bauern gebräuchlichen Keule ausgefochten 
wurden. Auch andere Gottesurteile gab es : die Feuer- oder 
Wasserprobe, die Probe des glühenden Eisens. Auf Urkun- 
den wurde ein grofser Wert gelegt; die Dokumente selbst 
sprechen dies meist in ihrem Eingang aus. Sie überhoben 
den, der sie vorzeigen konnte, des Zeugenbeweises. Na- 
mentlich die Geistlichkeit war ängsthch besorgt, sich ihre 
Besitztümer, die geschenkten wie die gekauften, durch Ur- 
kunden zu sichern und die Privilegien früherer Herzoge durch 
die Nachfolger und durch den Papst zu., wiederholter Bestä- 
tigung und Anerkennung -tbu bringen. Über den Adel rich- 
tete der Herzog mit Beirat seiner Barone in öffentlichen 
Gerichtstagen, die er in jedem Palatinat zeitweise abhielt oder 
überall, wo es nötig schien. Das Verbrechen der beleidigten 
Majestät, des Hochverrats war bekannt, und mehrere Ur- 
kunden führen die dafür verhängte, als milde bezeichnete 
Strafe, die Konfiskation des gesamten Grundbesitzes, an. 
Mit ihren hohen Strafen und den dem Richter noch aufser- 
dem zustehenden Gebühren bildete die Gerichtsbarkeit eine 
bedeutende Einnahmequelle. 

Die Kirche erscheint in der ältesten Zeit in strenger Ab- 
hängigkeit vom Staate. Die Bischöfe wurden vom Landes- 
herrn ernannt, welcher auch über andere Pfründen und 
Praebenden eigenmächtig verfügte und den Nachlafs der 
Bischöfe einzog. Und seinem Beispiel folgte der Adel in 
seiner Eigenschaft als Patron hinsichtlich der Verlassenschaft; 
der Pfarrer. Die wiederholten Reaktionen des Heidentums, 
denen im 11. Jahrhundert die christliche Kirche ausgesetzt 
gewesen war und die nur durch das weltliche Schwert hatten 
niedergedrückt werden können, mufsten den Einflufs und 
die Oberherrschaft der Landesherren noch weiter steigern. 
Die Bischöfe unterstanden in weltlichen Sachen den ordent- 
lichen Gerichten, ihrer kirchlichen Strafgewalt waren enge 
Grenzen gezogen; der Klerus steuerte zu den Landessteuem. 



Gericht und Becht, Kirche. 47 

Auf der andern Seite erwiesen sich die Fürsten wieder als 
eifrige Förderer der Kirche. Der änfsere Bestand derselben 
war, wohl infolge der eben genannten RückfUUe in das 
Heidentum, lange Zeit ein äufserst unsicherer. Noch Gregor VII. 
klagte in einem Schreiben an Boleslaw den Beherzten, dafs 
die Bischöfe Polens keinen festen Sitz hätten, sondern unstät 
umherschweiften, und dafs im Verhältnis zu der Gröfse der 
Bevölkerung die Zahl der Bischöfe zu gering sei, als dafs 
sie die Pflichten des bischöflichen Amtes streng erfüllen 
könnten. Erst im Jahre 1123 wurden die Diöcesangrenzen 
der einzelnen Bistümer festgestellt, und noch im Jahre 1133 
erlangte der Erzbischof Norbert von Magdeburg eine Urkunde 
von fimocenz IL, in welcher die angeblich alten Metropolitan- 
rechte seines Stuhles über die polnischen Bistümer bestätigt 
wurden. Freilich war auch der Bildungs- und Sittenzustand 
des ELlerus ein äufserst roher. In einem Briefe vom Jahre 
1207 an den Erzbischof von Gnesen tadelt Innocenz III., 
dafs in den polnischen Diöcesen noch vielfach die Priester, 
ja selbst die Kanoniker öffentlich als verheiratete Männer 
aufträten, und ferner, dafs in den Kirchen theatralische Vor- 
stellungen stattfanden, ja dafs zu Weihnachten Geistliche 
durch Aufführung leichtfertiger Spiele, von obscönen Gesten 
begleitet, angesichts des Volkes die geistliche Würde er- 
niedrigten. Acht Jahre später läfst derselbe auf einer Synode 
sämtliche Geistliche schwören, sich von ihren Weibern und 
Konkubinen zu trennen. 

Namentlich unter dem Einflufs der von Deutschland her- 
über wirkenden Reaktion der kirchlichen Gewalt gegen die 
weltliche Bevormundung, welche dort bis zur völligen Un- 
abhängigkeit, ja Herrschaft über den Staat sich fortbildete, 
hat dann gegen das Ende des 12. Jahrhunderts auch in 
Polen ein Rückschlag stattgefunden. Wie in Deutschland, 
so förderten auch in unserem Lande die unauf*hörlichen 
Thronstreitigkeiten die Losringung der Kirche aus den bis- 
herigen Banden. Die Besetzung der Bistümer und niederen 
P&ünden kommt in die Hand der Kirche, die geistliche 
Gerichtsbarkeit setzt sich durch, und die Kirche erlangt für 
ihre Besitzungen das Recht der Immunität von den Lasten 
des sogenannten polnischen Rechts. Unbestritten steht jetzt 
der Primat des Erzbischofs von Gnesen da. Der Sitz des 
kujawischen Bistums ist von dem abgelegenen Kruschwitz 
nach Wloclawek verlegt (1159). Wertvolle Hoheitsrechte 
gelangen von jetzt ab durch landesherrliche Verleihung an 
die Bischöfe. So erteilte Wladyslaw Odonicz im Jahre 1214 
dem Bischof Andreas von Posen das Recht, in Slupce eine 



48 Zweites Buch. 

Münze zu errichten; die dort geprägten Denare sollten in 
ganz Polen Gültigkeit haben. 

Trotz der Loslösung der polnischen Kirche von dem 
Metropolitanverband mit Magdeburg blieb noch fiir die 
nächsten Jahrhunderte die altgewohnte lebhafte Verbindung 
der polnischen mit der deutschen Kirche erhalten. Es hat 
diese Thatsache nichts Verwunderliches, wenn man erwägt, 
dafs Polen damals von allen übrigen Seiten von Völker- 
schaften eingeschlossen war, die noch im tiefsten Heidentum 
steckten, die Verbindung der Geistlichkeit also notwendig 
nach dem Westen gehen mufste. 

Dieser enge Zusammenhang tritt am deutlichsten hervor 
in der Geschichte der klösterlichen Niederlassungen unserer 
Landschaft. Die Mehrzahl der im 12. und 13. Jahrhundert 
in unserm Lande gegründeten Klöster sind Töchterstiftungen 
älterer deutscher Klöster. Das Cisterzienserkloster Lekno- 
Wongrowitz wurde vom Kloster Altenbergen bei Köln aus 
gegründet und erhielt deshalb von Mesko dem Alten, welcher 
als Jüngling dorthin zu den Reliquien der heiligen drei Könige 
gewallfahrtet und von den Bürgern ehrenvoll empfangen 
worden war, das Zugeständnis, dafs nur geborene Kölner 
als Mönche aufgenommen werden sollten. Obra galt gleich- 
falls als eine Tochter von Altenbergen; Biesen wurde von 
Dobrilugk in der Niederlausitz, Paradies von Lehnin in der 
Mark aus eingerichtet, und in allen diesen Klöstern fanden 
nur Deutsche Aufnahme. 

Die ältesten Klöster unseres Landes gehörten übrigens 
dem Benediktinerorden an und sollen von Monte Casino 
aus gegründet worden sein. Am Anfang des 11. Jahr- 
hunderts sandte der heilige Eomuald zwei Schüler, Johannes 
und Benedikt, nach Polen, deren Ermordung (1004) dann 
die Legende so vielfach ausgeschmückt hat. Den Herzog 
Kasimir läfst eine früh entstandene Sage aus dem Kloster 
Cluny auf den Thron berufen werden; eine Gesandtschaft 
nach dem Kloster des heiligen Egidius in der Provence (1082) 
und die Fürbitte der dortigen Mönche verschafft der kinder- 
losen Ehe Herzog Wladyslaws den ersehnten Erben, den 
nachmaligen Boleslaw III. Die älteste bekannte Nieder- 
lassung der Benediktiner ist Meseritz; es wird schon 1005, 
gelegentlich des Durchzugs Kaiser Heinrichs II. erwähnt. 
Vielleicht ist Meseritz dasjenige Kloster, welches der heilige 
Adalbert auf seiner Reise durch Polen begründet und in 
-dem er zum ersten Abt seinen Schüler Askrik eingesetzt 
hat. Der Name dieses Klosters in der Passio sancti Adal- 
berti wird neuerdings von namhaften Forschem Mestris ge- 



Klöster: Lekno. 49 

lesen und auf Meseritz gedeutet Auch der Verfasser der 
Vita selbst soll ein Mönch von Meseritz gewesen sein. Viel- 
leicht darf man auch darauf hinweisen, dafs zu Meseritz sich 
1259 eine Kirche des heiligen Adalbert befand; vielleicht 
die Überreste des Klosters. — Nicht viel jünger als Meseritz 
ist wahrscheinlich Lubin. 

Auf die Benediktiner folgten die Dominikaner und Fran- 
ziskaner. Den ersteren räumte 1231 der Bischof von Posen 
in der Posener Vorstadt Schrodka die Margarethenkirche 
«in; 1244 siedeln sie dann auf die linke Flufsseite über. 
1279 lassen sie sich in Wronke nieder. Die Franziskaner 
siedelt Herzog Boleslaw in Qnesen an. 

Am wichtigsten und verbreitetsten in unserer Provinz 
fiind jedoch die Niederlassungen der Cisterzienser geworden. 
Dieser Orden empfahl sich besonders durch sein Augenmerk, 
welches er auf die Bodenkultur richtete. Nicht in Städten 
und Burgen, schrieb die Ordensregel vor, sondern in unbe- 
bauten Gegenden, fem von menschlicher Gesellschaft sollten 
die Mönchsklöster angelegt werden. Sie standen daher mit 
dem Landvolk in naher Beziehung und gewannen sich bald 
dessen Vertrauen und Liebe. Darauf angewiesen, durch 
Landbau sich zu ernähren, schufen die Cisterzienser die 
wüsten Gegenden in fruchtbare Acker um; sie lichteten den 
dichten Urwald, entwässerten die undurchdringlichen Sümpfe, 
gründeten neue Orte und verwandelten so Einöden in freund- 
liche Landschaften. In unserer Provinz riefen sie zur Unter- 
stützung deutsche Landbauer herbei, legten mit der Zeit 
zahlreiche Kolonieen derselben an, verschaflften ihnen von 
dem Herzoge die ausgedehntesten Privilegien und pflegten 
deutsches Recht und deutsche Sitte im fremden Lande. In 
entfernt liegenden errichteten sie Vorwerke und liefsen den 
Landbau durch Laienbrüder, mit besonderer Tracht und 
zum Gehorsam und ehelosen Leben verpflichtet, oder durch 
Gesinde unter einem Mönche, Provisor genannt, besorgen. 
In ihren Dörfern hatte einer der Religiösen die Seelsorge. 

Die früheste Niederlassung der Cisterzienser in der Pro- 
vinz Posen ist Lekno, auch Wongrowitz genannt, weil 
sie später (um 1296) nach diesem Orte- verlegt wurde. Die 
Stiftungsurkunde datiert vom Jahre 1153. Die Mönche 
kamen, wie bereits oben erwähnt wurde, vom Kloster Alten- 
bergen bei Köln. Stifter war der Pole Zbilud. Abweichend 
von der Klosterregel wurde der Ort Lekno mit Markt und 
Schenke als Klosterstätte bestimmt. Unter den Zeugen stehen 
in erster Linie Erzbischof Johann von Gnesen, Bischof Stefan 
Yon Posen und Herzog Mesko. Die Ausstattung bestand 

Meyer, Geschichte Fosens. 4 



50 Zweites Buch. 

aus den Dörfern Kgielsko mit dem gleichnamigen See, Stra- 
szewo, Panigrodz und den Marktgefallen imd der Schenke zu^ 
Lekno. 

Die Zweitälteste Stiftung ist das Nonnenkloster Olobok 
südlich von Kaiisch. Sie rührt von Wladyslaw Odonicz her ;. 
die bezügliche Urkunde ist datiert vom 20. Oktober 1213^ 
Zur Ausstattung der neuen Stiftung wurden vom Herzog 
geschenkt : der Ort Olobok, ein Teil des Flusses Prosna mit 
dem Recht des Biberfangs, die Marktgefälle, die Schenken 
und das Gericht zu Baricz, die Dörfer Tykadlpwo, Zydowo^ 
Pole, Wrosle, Raclavi, wozu ein gewisser Wirbenta noch die 
Dörfer Konarzewo, Pogrzybowo, Mislacovo und Druscovo- 
fugte. Weiter schenkte Erzbischof Heinrich von önesen 
gelegentlich der Einweihung der Kirche den Zehnten von 
den zwischen den Flüssen Olobok und Bartsch gelegenea 
Dörfern. 

1231 übergab der Kantor der Gnesener Domkirche, 
Sandivogius, den Mönchen vom Kloster Lekno sein väter- 
liches Erbe, nämlich Obra, Gorca, Krutle, Gromadcino, " 
Godlevo, Jasiniec mit den dazu gehörigen Seeen, Wiesen^ 
Wäldern, Mühlen sowie dem Fischfang in der Obra und 
der Dojca, um damit ein neues Cistenzienserkloster zu grün- 
den. Noch im selben Jahre befreite Herzog Wladyslaw da» 
neue Klloster und dessen Leute von allen polnischen Lasten. 
Doch scheint der Einzug der Mönche erst später stattgefunden 
zu haben (1240 oder 1260). 

1234 schenkte der Edle Bronis das Dorf Gostecove dem 
Cisterzienserkloster Lehnin zur Anlage eines Tochterklosters. 
Die neue Stiftung sollte den Namen Paradies der heiligen 
Maria erhalten. Bischof Paulus von Posen überliefs dem 
Kloster, der ersten Cisterzienser-Niederlassung in seiner Diö- 
cese, den Ortszehnten und die dortige Pfarrkirche, und 
Herzog Wladyslaw nahm dasselbe in seinen besonderen 
Schutz. 

1250 stiftete Herzog Przemysl ein Nonnenkloster in 
Owinsk an der Warthe und besetzte es mit Cisterzienser- 
innen aus dem schlesischen Kloster Trebnitz. Auf diese 
Stiftung darf wohl die Bitte des Herzogs bezogen werden,, 
die dieser im genannten Jahre dem Generalkapitel des 
Cisterzienserordens aussprach, man möge ihm einen Mönch 
überlassen, der ihm seinen Rat und seine Hilfe für die Ein- 
richtung eines Nonnenklosters böte, welches er erbaut habe. 
Die Bitte wurde erfüllt. Als erste Äbtissin wird in einer 
Urkunde vom 24. April 1250, mittelst welcher der Herzog 
dem Kloster die Güter Dobiegniewo und Osieczno schenkt,. 



Obra, Paradies, Owinsk, Bessow, Priment. 51 

Hedwig genannt. Doch scheint die Stiftung erst 1252 ins 
Leben getreten zu sein, da in diesem Jahre der genannte 
Herzog dem Cisterzienserorden in die Hand der Äbtissin 
Gertrud von Trebnitz, der Tochter Herzog Heinrichs II. von 
Schlesien, den Ort Owinsk nebst anderen Gütern übergiebt 
und diese zugleich mit einer Reihe der wichtigsten Frei- 
heiten begalSt. 

Das Cisterzienserkloster Bessow (später Korono wo) ver- 
dankt seine Entstehung dem Grafen Nikolaus, Schatz- 
meister des Herzogs von Kujawien. Die ursprüngliche Aus- 
stattung bildeten das Dorf Bessow und fünf andere Dörfer, 
wozu Herzog Kasimir die BLlosterleute von allen Diensten 
mit Ausnahme der Landesverteidigung befreite. 1253 finden 
wir die ersten Ordensleute in Bessow, 

1260 schenkt Graf Eustachius in Gemeinschaft mit seinem 
Bruder Voyzescko dem Ehester Dobrilug das Eigengut 
Zemsko (Semeritz) zur Anlage eines neuen Cisterzienser- 
klosters. Schon Herzog Wladyslaw hatte jenem Kloster in 
der dortigen Gegend 500 Hufen am Flusse Ponikwa ge- 
schenkt, wie aus der Bestätigungsurkunde seines Sohnes 
Boleslaw vom Jahre 1259 hervorgeht, in welcher aufserdem 
dem Kloster das Recht erteilt wird, dort einen Marktflecken 
und andere Dörfer nach deutschem Rechte anzidegen, deren 
Einwohner nur der Gerichtsbarkeit des Klosters unterstehen 
sollten, und im gleichen Jahre hatten die Söhne des Ka- 
stellans Johann von Meseritz, Bozata und Nassil, jener 
Schenkung ihre Besitzung Masco we zugefügt, ebenfalls mit 
dem Rechte, deutsche Dörfer anzulegen. Aber nicht hier, 
sondern in dem besser gelegenen Semeritz wurde das neue 
Kloster angelegt. Mit welchen Schwierigkeiten die Mönche 
in der menschenarmen und unfruchtbaren Gegend zu kämpfen 
hatten, ersehen wir aus der Urkunde des Bischofs Andreas 
von Posen vom Jahre 1269, mittelst welcher er dem Kloster 
den Zehnten vom Dorfe Jemsko und von weiteren fünfzig 
Hufen urbar zu machenden Waldes schenkt. Die Stiftung 
erhielt den Namen Neu-Dobrilug. Nach 1407 wurde das 
Kloster nach Biesen verlegt. 

Das jüngste Cisterzienserkloster in unserer Provinz ist 
Priment. 1278 bestätigen die Herzöge Boleslaw und 
Przemysl die Schenkung von acht Dörfern am Wielenschen 
See seitens des Palatins und Grafen Benjamin an das Kloster 
Paradies zur Anlegung einer Tochterstittung. Die Leute des 
Klosters, Deutsche und Polen, sollen von aller weltlichen 
Gerichtsbarkeit und allen Landesabgaben frei sein, auch 
keinen Zoll zahlen und weder zu Burgbauten noch zum 

4* 



52 Zweites Buch. 

Heerbann herangezogen werden. Das Kloster wird ermäch- 
tigt, das Land zum Anbau an Deutsche auszuthun^ und die 
Schulzen ihrer Dörfer sollen dann allein die volle Gerichts- 
barkeit, niedere wie hohe, ausüben. Wie unsicher in den 
ersten Jahrzehnten der äufsere Bestand der jungen Stiftung 
war, erkennen wir aus einer Urkunde des Herzogs Heinrich 
von Glogau vom Jahre 1305, Der Sohn des Ritters Wuyko 
hatte die Klosterkirche durch Brand geschädigt und war 
dafür durch die Klosterbrüder enthauptet worden; ein an- 
derer, Martin mit Namen, hatte wegen Strafsenraubs die 
gleiche Strafe erlitten, und das geschädigte lüoster erhält 
nun zur Sühne die Güter der Gerichteten, Starkowo und 
Poledowo. Der ursprüngliche Sitz desselben war übrigens 
nicht Priment, sondern Wielen (auch Mariensee genannt). 
Erst 1408 wird das Stift nach der angekauften Stadt Pri- 
ment verlegt, doch kommen daneben auch fernerhin die alten 
Namen noch vor. 

Von anderen religiösen Orden treten in unserer Provinz 
noch auf Augustiner (Tremessen), Klarissinnen (Gnesen), 
Templer und Johanniter (Posen und Bromberg). 

Gröfsere Ortschaften sind für die älteste Zeit in unserm 
Lande nicht nachzuweisen. Posen wird zuerst sicher er- 
wähnt zum Jahre 968, urkundlich zum Ende des 10. Jahr- 
hunderts. Als seine Grundherren werden der Herzog und 
der Bischof genannt. Während seit der Neugründung der 
Stadt im Jahre 1253 der Schwerpunkt derselben auf dem 
linken Wartheufer lag, breitete sich die älteste Stadt fast 
allein auf der rechten Seite des Flusses aus. Hier, auf dem 
Hügel zwischen der Warthe und der Cybina, stand die her- 
zogliche Burg, während dem Bischof die Schrodka gehörte. 
Auf dem linken Flufsufer besafs derselbe das Terrain des 
heutigen alten Marktes und der angrenzenden Strafsen; der 
nördlich daran stofsende Teil, wo jetzt die Adalbertkirche 
steht, gehörte dem Herzog, dem auch das Nutzungsrecht der 
Warthe zustand. Von den Einwohnern werden uns nam- 
haft gemacht die praesidarii oder castrenses, ohne Zweifel 
die Besatzung der herzoglichen Burg. In zweiter Linie 
stehen die Geistlichen der Kathedral- und der übrigen schon 
damals zahlreichen Kirchen der Stadt. Die dritte Klasse 
bildeten die Hörigen der Earche und des Herzogs und seiner 
Beamten. Vermutlich werden auch bereits in dieser frühesten 
Zeit vereinzelte freie Grundbesitzer, Handwerker und Kauf- 
leute neben den genannten Bevölkerungsklassen ansässig ge- 
wesen sein, aber ohne jegliche kommunale Verbindung und 
Selbständigkeit, in allen öffentlichen Beziehungen dem Ksl- 



Ältere polnische Städte. &3 

stellan unterstehend, unter dessen Gericht und Zinspflichtig- 
keit auch die Geistlichen mit ihrem Anhang stehen. Erst 
während der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts vollzieht 
sich die Eximierung der Kirchenangehörigen von der welt- 
lichen Gerichtsbarkeit. — Von äufseren Ereignissen wird 
die Zerstörung der Stadt durch den Böhmenherzog Bretis- 
law erwähnt (1039). Wiederhergestellt und besser befestigt, 
hielt Posen bei dem Zwiste der polnischen Herzoge im Jahre 
1142 eine Belagerung von Wladyslaw H. aus. Der gleich- 
zeitige Angriff eines Entsatzheeres und ein Ausfall aus Posen 
nötigten die Belagerer zum Abzug. 

Neben Posen werden von alten Städten noch genannt: 
Gnesen, Kruschwitz, Gedetsch, Wladyslaw, Meseritz, Ostrowo, 
Lekno, Znin, Schrimm, Wissegrod an der Weichsel, Filehne, 
lisch, Czamikau und Nakel ; die beiden letztgenannten waren 
ursprünghch pommersche Grenzfesten und gelangten erst zu 
Anfang des 12. Jahrhunderts an Polen. Von Anfang an 
waren alle diese Orte unzweifelhaft im Eigentum des Landes- 
fürsten, dem ja auch ausschliefslich das Kecht zur Anlegung 
neuer Städte zustand. Späterhin hören wir jedoch, dafs die 
Herzöge Städte und Burgen an ihre Günstlinge schenken. 
Die meisten dieser altpolnischen Städte verschwinden später 
entweder ganz (wie Gedetsch und Wissegrod) oder ent- 
wickeln sich doch nur schwach, dafs sie von ihren jüngeren 
Schwestern deutscher Gründung weit überflügelt werden. 
Die Erklärung für diese merkwürdige Thatsache dürfte na- 
mentlich auch in der ungünstigen Lage jener ältesten Städte 
zu suchen sein, die meist an unzugänglichen Orten lagen, 
während die jüngeren Städte an Verkehrsmittelpunkten an- 
gelegt wurden. Jener ungünstigen äufseren Lage entsprachen 
dann auch die inneren Verhältnisse. Ein geordnetes Stadt- 
leben, ein Bürgerstand im deutschen Sinne war unbekannt. 
Ihrer Bevölkerung brachten erst die Deutschen bürgerliche 
Freiheit und Selbstregierung, sie wäre ohne dieses neue 
Element ebenso verkümmert, wie es uns der gröfste Teil 
der östlicher belegenen slavischen Landstädte deutlich vor 
Augen führt. Die Einwohner, fast ausschliefslich Hörige der 
Grundherren, trieben Landwirtschaft als hauptsächlichste 
Nahrungsquelle, daneben etwas Gewerbe, aber nur in der 
piimitivsten Form, als Annex der Ackerwirtschaft. Ihre 
Wohnstätten bestanden aus elenden Holz- und Lehmhütten, 
die Befestigung aus Gräben und Holzpallisaden ; das Beste 
zur Verteidigung mufsten die nahegelegenen Flüsse und 
Sümpfe thun. Und nur dadurch wird sich das Leben in 
diesen Städten von denjenigen in den Dörfern unterschieden 



54 Zweites Buch. 

haben ^ dafs dort Wochen- und Jahrmärkte einigermafsen 
einen Verkehr mit anderen Orten ermöglichten. Von den 
verkauften Produkten mufste eine Abgabe (targowa) an den 
Herzog entrichtet werden. Das Geld zum Einkaufen mufs- 
ten sich die Käufer erst prägen lassen ^ und es war zu 
diesem Zwecke auf jedem Markttage ein fürstlicher Münzer 
anwesend, der die alten Münzen nicht ohne Verlust für die 
Leute umschlug, bzw. neue gegen Entschädigung eintauschte. 
Geprägt wurden nur Pfennige (denarii), aus dünnem Silber- 
blech, auf der einen Seite erhaben, auf der anderen hohl; 
gröfsere Zahlungen wurden gewogen und geleistet nach 
Mark oder Pfunden und Lot, die Mark zu 8 Unzen, jede 
Unze zu 2 Loth; geteilt wurde die Mark in V, M., in V^ M. 
(Vierdung, ferto), in Vie M., in Vjo M. (Schilling, solidus), 
ferner in Vj4 M. (scotus), in V«4o ^- (Denar) und V480 M. 
(obolus). Der Wert der Mark beträgt rund 28 heutige 
Reichsmark. 

Einen nicht unbeträchtlichen Prozentsatz der Stadtbevöl- 
kerung dürften auch schon damals die Juden gebildet haben. 
Schon in den frühesten Zeiten der beglaubigten polnischen 
Geschichte wohnten Juden in Polen, und zwar in einer 
keineswegs gedrückten Lage. Der Biograph des heiligen 
Adalbert berichtet uns nämlich, derselbe habe über dreierlei 
Mifsstände daselbst Schmerz empfunden: über die Viel- 
weiberei, über die Heiraten der Geistlichen und darüber, 
dafs christliche Kriegsgefangene und Leibeigene für Geld an 
Juden verkauft wurden, welche (der Heilige) nicht aus- 
zulösen imstande war. Auf dem bekannten Portal der Gne- 
sener Domkirche ist dieser Moment aus dem Leben Adal- 
berts bildlich dargestellt. Vor dem sitzenden Fürsten er- 
scheint der Heilige mit Inful und Bischofsstab, um das 
Lösegeld für die hinter ihm herschreitenden Gefangenen 
bittend. Auch von Wladyslaw Hermann wird uns berichtet, 
dafs er^ Christen aus der Sklaverei der Juden losgekauft 
habe. Über ihre späteren Verhältnisse giebt das grofse Juden- 
statut Boleslaws vom Jahre 1264, das dann 1334 von Ka- 
simir dem Grofsen auf ganz Polen ausgedehnt worden ist, 
eine Reihe der interessantesten Aufschlüsse. Auffallend ist 
zuvörderst die namentlich im Vergleich mit der Lage ihrer 
deutschen Glaubensgenossen in derselben Zeit äufserst gün- 
stige Behandlung der grofspolnischen Juden. Zwar haben 
auch diese keinen Grundbesitz und nähren sich ausschliefst 
lieh vom Handel; sonst aber geniefsen sie einen Rechts- 
schutz, wie er in dieser Ausdehnung und Sicherheit ander- 
wärts kaum wieder vorkommen dürfte. Wo die Kompetenz 



Juden, Einwanderung der Deutschen. 65 

ihres eigenen Synagogengerichts aufhört — bei Streitigkeiten 
mit Christen und in peinlichen Fällen — unteratehen sie 
der unmittelbaren Jurisdiktion des Herzogs, bzw. seines 
Palatins. Allen in das Land kommenden Juden wird volle 
Freizügigkeit zugesichert. An ihren Feiertagen sollen sie 
durch keinerlei geschäftliche Inanspruchnahme seitens der 
Christen belästigt werden. Auf das entschiedenste wird den 
letzteren verboten, einen Juden des Mords von Christen- 
kindem zu zeihen, da ja die Juden ihrer Gesetzesvorschrift 
nach sich jeglichen Blutes enthalten müfsten. Wird trotzdem 
eine solche Anschuldigung erhoben, so muls der Angeschul- 
digte durch drei Christen und drei Juden überführt werden: 
gelingt dies nicht, so erleidet der Ankläger die gleiche Strafe, 
welche den überführten Juden getroffen haben würde. 

Wir werden kaum irre gehen, wenn wir diese günstige 
Lage der Juden mit ihrer wohl schon damals, wie in allen 
folgenden Jahrhunderten vorhandenen Anstelligkeit und Ver- 
wendbarkeit in Zusammenhang bringen. 

Das wichtigste Moment für die ganze spätere Entwicke- 
lung unserer Landschaft ist die Einwanderung der Deutschen 
und die durch sie veranlafste Gründung deutscher Dörfer 
und Städte. Wir haben bereits zu wiederholten Malen der 
lebhaften Beziehungen Erwähnung gethan, welche schon im 
früheren Mittelalter ^olen und Deutschland verbanden. Pol- 
nische Herrscher hatten sich mit deutschen Ftirstentöchtern 
verheiratet, und im Gefolge dieser Fürstinnen waren ohne 
Zweifel zahlreiche Deutsche nach Polen gekommen. Ein 
zweites Bindeglied bildete die Kirche, namentlich die Nieder- 
lassungen der Cisterzienser. Später erstreckte sich die Herr- 
schaft der schlesischen Herzoge auch über Teile des jetzigen 
Posens. Die Bedingungen für die Aufiiahme fremder Ko- 
lonisten lagen hier überdies sehr günstig. Die fortwährenden 
inneren Kriege hatten das Land entvölkert, das mit seinen 
grofsen Sümpfen und dichten Kieferwäldern schon von Natur 
wenig zur Ansiedelung lockte. „Die Polen waren arm und 
träge" — sagt ein Mönch des nahe der polnischen Grenze 
gelegenen schlesichen EHosters Leubus aus der Zeit der 
Gründung desselben — „und wufsten nicht anders, als mit 
ein paar Kühen oder Ochsen vor den hölzernen Zacken 
ohne Pflugschar den Sand aufzufarchen. Keine Stadt war 
im ganzen Lande, Gestrüpp und Bruch rings um die Thore 
des Klosters. Kein Salz, kein Eisen, keine metallne Münze, 
keine guten Elleider, nicht einmal Schuhe hatte das Volk 
und weidete nur seine Herden." Nur ein Teil des Landes 
war dem Anbau unterworfen. Die Slaven nutzten stets nur 



56 Zweites Buch. 

leichten Boden aus; erst die Deutschen führten den grofsen 
Pflug mit eiserner Schar ein. Slavische Ansiedelungen finden 
sich daher nur da, wo sich der Unterhalt nicht auf er- 
hebliche Ackerwirtschaft, sondern auf die Ausbeutung des 
Waldes durch Verwertung des Holzes, Jagd und Bienen- 
zucht stützte. Es war die reine Naturalwirtschaft, der Hand- 
werker betrieb sein Handwerk nur als Nebenbeschäftigung^ 
der Grundherr bezahlte die ihm geleisteten Dienste nicht in 
klingender Münze, da ihm wohl eine Fülle von Naturalien 
luid Arbeitskraft zur Verfugung stand, bares Geld dagegen 
nur sehr wenig; er zahlte daher mit Land oder Natur- 
produkten. 

Eine Umgestaltung dieses patriarchalischen Zustandes er- 
wies sich nun im Laufe des 13. Jahrhunderts als gebiete- 
rische Notwendigkeit. Die Berührung mit den in der Kultur 
weiter vorgeschrittenen Nachbarländern, wie sie namentlich 
bei den geistUchen Kommunitäten durch ihre Verbindung 
mit dem Auslande statt hatte, mufste das Gefühl der eigenen 
Armut rege machen und auf Mittel zur Abhilfe sinnen lassen. 
Im Lande selbst sie zu finden, war unmöglich, man griff 
daher zu dem Auskunftsmittel, deutsche Kolonieen unabhängig 
von den alten slavischen Niederlassimgen zu gründen. 

Die ersten deutschen Ansiedelungen waren vermutlich 
Dorfansiedelungen; den Anfang zur Anlegung solcher Kolo- 
nieen haben höchstwahrscheinlich die deutschen Erlöster ge- 
macht, da diesen von dem Landesherm und anderen grofsen 
Grundbesitzern massenhaft Grund und Boden geschenkt 
wurde. Die grofsen Grundherren, vorab die Herzöge, folg- 
ten dann dem gegebenen, als vorteilhaft erkannten Beispiel 
nach. Was konnten die Klöster Besseres mit jenem ge- 
schenkten Land beginnen, als dafs sie es an fleifsige Ko- 
lonisten gegen Zins austhaten? Und dafs sie bei der Aus- 
wahl solcher Ansiedler in erster Linie auf ihre Landsleute 
Bedacht nahmen, lag in der Natur der Sache. „Sie konnten 
von denselben voraussetzen, dafs sie in der Fremde sich 
doppelt eng an das Kloster anschliefsen würden. Für die 
deutschen Kolonisten aber war die Existenz eines deutschen 
Klosters in der Nähe ihres neuen Wohnortes eine sehr er- 
wünschte Sache, eine erste Anlehnung, ein Rückhalt für alle 
Fälle ward ihnen hier gesichert, die Vermittelung des Klosters 
bot ihnen eine gewisse Garantie dafür, dafs sie nicht durch 
trügerische Versprechungen in die unwirtbare Fremde ge- 
lockt würden, und es lag etwas sehr Tröstliches für sie in 
dem Bewufstsein, eine gottgeweihte Stätte mit denselben Ein- 
richtungen, wie sie sie in der Heimat kennen gelernt, hier 



Gründung deutscher Dörfer. 57 

in der Fremde wiederzufinden, es war wie das antike Mit- 
nehmen der heimischen Götter in die Fremde." 

Aber nicht immer wurden neue Dorfansiedelungen blofs 
dadurch ins Leben gerufen, dafs bis dahin unangebautes 
Land zur Urbarmachung überlassen wurde, auch polnische 
Dörfer erhielten die den deutschen Gästen gewährte Be- 
freiung von persönlichen Lasten, eine Art Selbstverwaltung 
unter dem Schulzen und die Ackerteilung nach fränkischer 
oder vlämischer Art, um sie für den Grundherrn einträglicher 
zu machen. 

IrrtümUch würde es demnach sein, wollte man in der 
Einführung deutscher Kolonisten einen Akt deutschfreund- 
licher Gesinnung erblicken. Eine solche Auffassung lag den 
polnischen Grundherren des 13. Jahrhunderts völlig fern, 
sie betrachteten die Kolonisation ihrer Güter durch Deutsche 
von der rein praktischen Seite, eine bessere Verwertung des 
ausgedehnten und unbenutzten Grundeigentums herbeizu- 
fuhren. 

Der äufsere Hergang bei der Gründung solcher neuer 
Dorfansiedelungen war in kurzen Zügen folgender: Um 
einen Unternehmer (locator) sammelte sich eine Anzahl 
Männer mit ihrem Acker- und Hausgerät, um ein neues 
Dorf anzulegen oder ein altes nach ihrer Weise umzugestalten. 
Der Unternehmer hatte mit dem Grundherrn unter Bewilligung 
des Landesfürsten einen Vertrag über die Anlage geschlossen. 
Die Dorfflur ward ihm überwiesen, und er steckte die 
Grenzen ab gegen die Nachbardörfer. Darauf wurde das 
Ackerland nach deutschen Hufen vermessen und die Ge- 
meindeweide und der Gemeindewald ausgeschieden. Von 
den Hufen erhielt jeder Bauer eine, der Pfarrer als Widmut 
ein bis drei und der Unternehmer mehrere. Alles war zu 
freiem erblichen Eigentum übergeben, von dem an den Grund- 
herrn nur der Hufenzins und an den Bischof der Zehnte zu 
geben war. An Diensten hatten die Deutschen nur die Heeres- 
folge (expeditio) und die Fuhren beim Bau landesfürstlicher 
Burgen zu leisten, von allen polnischen Fronen und Zinsen 
waren sie ebenso frei als von dem Gericht des Kastellans. 
Die obere Gerichtsbarkeit über die deutschen Orte hatte der 
Herzog, der sie persönlich oder durch seinen Hofrichter übte, 
die niedere war dem Unternehmer vom Herzog übertragen, 
der dann den Schultheifsentitel führte. Er leitete das Dorf- 
gericht, das mit der Schöffen aus der Gemeinde besetzt war. 
Von den GerichtsgefiÜlen erhielt der Herzog zwei Drittel, 
der Schultheifs eines. Zu dem Schulzengut (Scholtisei), das 
von Zinsen und Zehnten frei war, gehörten gewöhnlich noch 



58 Zweites Buch. 

eine Schenke, eine oder zwei Mühlen, die Schlacht- und 
Backgerechtigkeit, auch zuweilen eine Schmiede und andere 
Vorteile. Dafür hatte der Schultheifs den Grundzins der 
Bauern einzusammeln ; die aufserordentlichen Steuern (Beden) 
an den Herzog mufste er gleich den Bauern bezahlen. In 
der Regel wurden die Änbauer auf eine bestimmte Zahl Jahre, 
je nachdem sie in Waldland oder auf urbarem Boden ange- 
setzt waren, von allen Abgaben befreit. Die deutschen Dörfer 
bildeten nach allem diesen freie Gemeinden mit eigener Ver- 
waltung, mit Teilnahme an der Rechtspflege, mit festen, mäfsigen 
Leistungen, deren keine die Freiheit minderte. Der Bauer 
war freizügig und konnte seinen Besitz nach seinem Willen 
verkaufen und nach seinem Recht vererben. In den polni- 
schen Dörfern safsen dagegen unfreie Leute mit zahlreichen 
und schweren Lasten, träge auf einem Boden arbeitend, der, 
wie es scheint, nicht fest verteilt war und von dem sie 
nach des GrundheiTn Belieben verjagt werden konnten. 
Die Gesamtheit der Rechte der deutschen Dorfgemeinden 
wurde unter der Bezeichnung „deutsches Recht" zusammen- 
gefafst; den Gegensatz bildete das einheimische Recht (jus 
polonicum). 

Schon in der äufseren Gestalt der deutschen Dorfanlagen 
machte sich ein noch heute erkennbarer Unterschied geltend. 
Die alten polnischen Dörfer waren sogenannte Rundlinge: 
ihre charakteristischen Merkmale bestehen darin, dafs die 
Hofstellen keine Strafse bilden, sondern einen fast runden Platz 
so umschliefsen, dafs die Gehöfte an ihn anstofsen und sich 
untereinander nahe berühren, während die Gärten nacli aufsen 
fächerförmig auseinanderlaufen. Die deutschen Dorfanlagen 
dagegen haben eine oblonge und unregelmäfsige Gestalt und 
die einzelnen Gehöfte liegen weiter auseinander. 

Die früheste urkundlich beglaubigte Schenkung von Land 
an ein Kloster behufs Anlegung deutscher Dörfer wird zum 
Jahre 1210 erwähnt. Am 29. Juli dieses Jahres schenkt 
nämlich Herzog Wladyslaw dem Abt Winemar von Pforta 
behufs Anlage und Ausstattung eines Cisterzienserklosters 
— das jedoch, damals wenigstens, nicht zustande kam — 
verschiedene Ländereien im Bezirk von Priment: die Orte 
Virchuin (jetzt abgegangen) mit den umliegenden Seen und 
Wäldern bis an die Grenze von Glogau, nebst 14 anderen 
Dörfern. Den anzusiedelnden Klosterbrüdern wird gestattet, 
ein oder zwei Dörfer mit Marktrecht und beliebig viele an- 
dere Dörfer zu deutschem Rechte auszusetzen; die Orte so- 
wohl wie die Bewohner derselben, Deutsche wie Polen, 
sollten von allen Lasten des polnischen Rechts, namentlich 



Kolonisatiousthätigkeit der Cisterzienser. 59 

von jeder fremden Gerichtsbarkeit und Verwaltung befreit 
sein. 

Dieselbe Absicht lag, wenn auch in den bezüglichen Ur- 
kunden nichts davon erwähnt wird, wohl auch bei der durch 
den genannten Herzog in den Jahren 1209 und 1211 an 
das Kloster Leubus und das Breslauer Sandstift gemachten 
Schenkungen des Dorfes Laubegast mit dem ganzen Schla- 
wer- und dem halben Rädchensee, bzw. des Dorfes Mechlin 
bei Schrimm vor. 

Im Jahre 1225 schenkt Herzog Wladyslaw den Klöstern 
Leubus und Heinrichau einen gröfseren Landstrich bei Na- 
kel zur Ansiedelung deutscher Kolonisten. Auf dem Teil 
von Leubus soll eine Stadt gegründet werden. Wenn dieses 
letztere mit der Ansiedelung beginnt, mufs auch Heinrichau 
anfangen, sonst soll das ganze Gebiet an Leubus fallen. 
Die Ansiedler erhalten volles deutsches Recht — nur soll, 
wenn ein Deutscher gegen einen Polen klagt und der Vogt 
des Abts keinen Vergleich ermöglichen kann, der Pole in 
der nächsten deutschen Burg vor dem Herzog allein nach 
polnischem Rechte sich richten lassen . — und die Befreiung 
vom halben Zoll. Doch scheint die Ansiedelung im genannten 
Jahre nicht zustande gekommen zu sein, weshalb 1233 eine 
Erneuerung und Erweiterung der Schenkung stattfindet. In 
dem neuen Privileg ist ausgesprochen, dafs die Kolonisten 
vom polnischen Rechte befreit sein sollen, auch von den 
Steuern und Beden, sowie von Kriegszügen au&er Landes. 
In der zu gründenden Stadt wird ihnen das Münzrecht ver- 
liehen. Im selben Jahre schenkt der Herzog dem Kloster 
noch weitere 3000 fränkische Hufen bei seiner Burg Filehne 
behufs Anlegung von drei Städten und Dörfern, deren Be- 
wohner in gleicher Weise wie diejenigen im Gebiet von 
Nakel privilegiert werden. 

Auch das von Herzog Heinrich dem Bärtigen gestiftete 
Erlöster Trebnitz in Schlesien wird in der Folgezeit seitens 
polnischer Fürsten und Magnaten vielfach mit Ländereien 
innerhalb unserer Provinz beschenkt. Im Jahre 1208 über- 
läfst ihm Herzog Wladyslaw die Dörfer Pyszczyn und Bra- 
ciszewo, im Jahre 1233 Graf Pribizlaw die Hälfte seines 
Dorfes Zamowo behufs Aussetzung zu deutschem Recht. 

In hervorragendem Mafse hat das hart an der branden- 
burgischen Grenze gelegene Cisterzienserkloster Paradies für 
die deutsche Kolonisation gewirkt. Schon kurze Zeit nach 
seiner Gründung befreit Herzog Wladyslaw die Kolonisten 
von den Lasten des polnischen Rechts (1236) und 1245 
dehnt Herzog Boleslaw diese Befreiung auf alle diejenigen 



60 Zweites Buch. 

aus, welche sich künftighin auf Klostergebiet niederlassen 
würden. 1256 privilegiert sodann Herzog Przemysl die 
Klosterleute mit der Immunität von dem Gerichte seines 
Kastellans, nur wenn der Herzog in eigener Person anwe- 
send ist und die Klosterunterthanen mit seinem Brief und 
Siegel vor sein Gericht citiert, sollen sie zu erscheinen ge- 
zwungen sein. Eine Reihe weiterer Begünstigungen erfolgte 
dann im folgenden Jahre. 

Von Aussetzungen alter polnischer Dörfer zu deutschem 
Rechte wollen wir hier noch namhaft machen: für Kloster 
Obra Schmarse, Siedlec (1257), Obra, Jasiniec, Ujazd (1280), 
Kielkowo (1287), für Büoster Lekno-Wongrowitz Panigrodz 
(1233); für Koronowo Trzensacz (1289) u. a. 

In ähnlicher Weise wie die Gründung der deutschen 
Dörfer erfolgte diejenige der deutschen Städte. Während 
jedoch dort zumeist Adel und Geistlichkeit — vorab die 
Klöster — die Gründer waren, kommen als solche bei den 
Städten fast ausschliefslich die Landesherren in Betracht 
Und wo sie nicht selbst die Gründer waren, mufsten sie 
wenigstens ihre Genehmigung erteilen, weil sie, auch abge- 
sehen von der landesherrlichen Gewalt an sich, auf wichtige 
Vorrechte verzichten mufsten. Solche Privilegien erteilten 
im Jahre 1243 Herzog Boleslaw einem gewissen Balduin 
für Powidz, 1250 Herzog Kasimir von Kujawien dem Kloster 
L^d für L^dek, 1253 die Herzöge Przemysl und Boles- 
law dem Kloster Olobok für Lubnice, 1257 Herzog Prze- 
mysl dem Kloster Lubin für Kriewen, 1262 Herzog Boles- 
law dem Erzbischof Janussius von Gnesen, 1267 Herzog 
Boleslaw dem Bischof Thomas von Breslau für Zduny, 1278 
Herzog Przemysl dem Grafen Nicolaus für Gostyn, 1290 
derselbe dem Bischof Johann von Posen für Slupce, 1299 
Herzog Wladyslaw dem Grafen Heinrich für Rynarzewo, 
1359 König Kasimir dem Palatin Albert und dem Uuter- 
mundschenk Hektor von Breäd für Pakosch, 1388 Wladys- 
law Jagello dem Kloster Tremessen für Gonsawa, 1393 dem 
Arnold von Waldow für Mrotschen, 1398 dem Kloster Mo- 
gilno für Mogilno. 

Von den Landesherrn selbst rühren folgende Gründungen 
her: von Herzog Boleslaw Powidz 1243, von Herzog Prze- 
mysl Kostrzyn 1251, von den Herzögen Boleslaw und Prze- 
mysl Schrimm 1253, von denselben im gleichen Jahre die 
Neustadt Posen, von Herzog Boleslaw Zduny 1261, Exin 
1262, von Herzog Przemysl Rogasen 1280, von Herzog 
Wladyslaw Nakel 1299. 

Allgemein wurde die Einrichtung der neuen Städte wie 



Gründung deutscher Städte. 61 

die der Dörfer einem Unternehmer (locator), zuweilen auch 
zweien gemeinschaftlich übergeben. Bei der Gründung von 
Powidz wird uns als ein solcher Anleger Balduin genannt, 
bei Kostrzyn Hermann, bei Schrimm Konrad, bei Posen 
Thomas, bei Zduny Lambrecht, bei Exin Einer (Rainer?) 
und Johannes, bei Rogasen Johannes und Peter Dedz, bei 
Nakel Peter von Dusden. Dafs diese Unternehmer Deutsche 
wai*en, ist schon an und für sich gewifs; auch die Namen 
derselben weisen auf ihre deutsche Abstammung hin. Als 
Lohn für ihre Bemühungen und die aufgewendeten Kosten 
erhielten sie regelmäfsig die Erbvogtei der neugegründeten 
Stadt, mit der Berechtigung, dieselbe auch auf Ehefrauen 
und Töchter vererben zu dürfen. Die Vogtei umfafste sehr 
verschiedene Gegenstände, Besitzungen, Renten, Nutzungen, 
Rechte. Zu den letzteren gehörte insbesondere die Verwal- 
tung der niederen Gerichtsbarkeit, da die neugegründeten 
deutschen Städte samt und sonders von der ordentlichen 
Gerichtsbarkeit der Kastellane eximiert wurden, mit dem 
Bezug des dritten Teiles der Strafgefälle. Der Gerichtsbar- 
keit des Vogtes unterstanden auch die zu der Stadt gehörigen 
Dörfer. In der Regel hatte er ein Freihaus und bezog den 
Grundzins oder einen Anteil desselben von den Fleisch-, 
Brot- und Schuhbänken, den Tuchkammern, den Kramläden, 
dem Grundzins und dem Marktzoll. Noch andere Berech- 
tigungen kommen vereinzelt vor : eine Badstube, einen freien 
Krug zu halten, das Recht zur Erbauung von Mühlen, Jagd- 
recht im Stadtbezirk, Fischerei u. a. Häufig gehörte zur 
Vogtei auch der Besitz von Wald, Gärten, namentlich aber 
Acker, zehnt- und zinsfrei, oder ein Vorwerk. 

Die Städte erhielten bei ihrer Gründung eine bestinunte 
Zahl von Ackerhufen zugemessen, ebenso Wald- und Vieh- 
weide, häufig auch Fischerei-, Jagdrecht u. ä. Immer blieb 
der Grundbesitz eine Anzahl Jahre hindurch abgabenfrei; 
auch Zollfreiheit für bestimmte Zeit kommt manchmal vor, 
aufserdem das sogenannte Meilenrecht, d. h. der Ausschlufs 
städtischen Handwerkbetriebes auf dem platten Lande inner- 
halb einer bestimmten Grenze um die Stadt. 

Bezüglich der inneren Verwaltung haben wir schon oben 
der Stellung des Vogts und seiner Berechtigungen gegen- 
über den Bürgern Erw^lhnung gethan. Seine hauptsächlichste 
Befugnis war die Ausübung der Gerichtsbarkeit. Zur Ur- 
teilsfindung standen ihm Schöffen zur Seite. Die Kompe- 
tenz dieses Stadtgerichts war ursprünglich wohl auf die nie- 
dere Gerichtsbarkeit beschränkt; erst späterhin ist den 
Städten, wenigstens den gröfseren, die peinliche Gerichtsbar- 



62 Zweites Back. 

keit verliehen worden, so z. B. den Städten Posen, Gnesen^ 
Peisem und Kaiisch im Jahre 1298 durch Wladyslaw Lo- 
kietek. Auch die Verwaltung der städtischen Angelegen- 
heiten lag anlänglich in des Vogts Hand: frühzeitig, in den 
später gegründeten Städten wohl schon gleich mit der Ein- 
richtung der Stadtverfassung, teilen sich hierin mit ihm von 
der Bürgerschaft gewählte Ratmänner, so dafs er dann nur 
den Vorsitz in diesem Stadtrat hat. Aber auch aus dieser 
Stellung ist er, da seine Interessen mit denen des aufblühen- 
den Gemeindewesens im Laufe der Zeit weiter und weiter 
auseinandergingen, durch die Bürgerschaft bald verdrängt 
worden, meist in der Weise, dafs diese die Vogtei käuflich 
erwirbt. Im übrigen erscheint die Organisation der neuen 
Gemeinwesen als ein getreues Abbild derjenigen des deut- 
schen Mutterlandes. Ein merkwürdiger Unterschied macht 
sich jedoch zwischen der Verfassung der deutschen und der 
Posener Städte geltend. Während sich nämlich die deut- 
schen Städte unter mannigfachen und schweren Elämpfen 
erst allmählich zu der selbständigen Stellung und Verfassung 
durchrangen, die sie ihrer grofsen Mehrzahl nach im 13. 
Jahrhundert einnahmen, kommt dieser Entwickelungsgang 
bei den posenschen Städten vollständig in Wegfall, indem 
diesen die dort mühsam errungenen Rechte mit einemmale 
verliehen, sozusagen oktroyiert wurden. 

Einen hauptsächlichen Anteil an der Herbeiführung dieser 
Gleichartigkeit der öffentlich rechtlichen Verhältnisse unserer 
Städte hat auch das Magdeburger Recht. Schon im Jahre 
1188 hatte Erzbischof Wichmann den Bürgern dieser Stadt 
ein Stadtrecht verliehen, eine andere Zusammenstellung des- 
selben war durch die dortigen Schöffen erfolgt. Dieses 
Magdeburger Recht enthielt in einer für die damalige Zeit 
seltenen Vollständigkeit eine Pestsetzung der leitenden Grund- 
sätze der bürgerlichen und Strafgesetzgebung, sowie des 
Rechtsverfahrens und daneben die Grundzüge einer städti- 
schen Verfassung. Vollständige Abschriften dieser Rechts- 
bestimmungen hatte bereits Heinrich I. von Schlesien für 
die von ihm begründeten deutschen Städte kommen lassen 
und zur Einführung in ihnen gebracht. Auch in die posener 
Städte gelangte dieses Magdeburger Recht frühzeitig, ent- 
weder direkt oder durch Vermittelung; einer bereits mit dem- 
selben bewidmeten Stadt. 

Auf diese Weise bildete sich ein fester Zusanomenhang 
der mit denselben Rechtssatzungen begabten Städte. Die- 
jenige Stadt, von welcher eine andere ihr Recht bezogen 
hatte oder nach deren Muster sie begründet worden war, 



Verfassung der deutschen Städte, äufsere Gestalt derselben. 63 

wurde für diese ^ bei dem Mangel eines anderweitigen In- 
stanzenzuges, der natürliche Rechtsoberhof. 

Auch die äufsere Gestalt der Städte zu deutschem Recht 
war eine von der slavischen scharf abweichende. Sie zeigt 
in ihrer Mitte einen grofsen viereckigen Platz, auf welchem 
das Rathaus und das Kaufhaus steht, und der von den be- 
kannten Lauben oder gewölbten Bogengängen umgeben ist. 
Die Strafsen schneiden sich rechtwinkelig und führen ziem- 
lich gerade vom Markte zu den Thoren oder der ringsum 
zugänglichen Stadtmauer, so dafs die Häusermasse in qua- 
dratische Viertel zerlegt ist. Dieser Plan ist für einen zahl- 
reichen gewerbetreibenden Bürgerstand berechnet, weil er 
für jedes Haus nur einen verhältnismäfsig kleinen, für das 
Gehöft einer Ackerwirtschaft nur notdürftig zureichenden 
Raum gewährt. Auch sind die Stellen untereinander gleich 
grofs oder in Ganze, Halbe und Viertel zerlegt. Die Regel- 
mäfsigkeit und Geschlossenheit des Ganzen zeigt, dafs die 
Anlage nicht durch allmählichen Anwuchs, sondern aus 
einem bewufsten, mit einemmale zur Ausführung gebrach- 
ten Entwürfe entstand« Wo die neue Stadt neben einer 
älteren slavischen Ansiedelung zu stehen kam, lassen sich 
deren Reste meist noch heute von der neuen Anlage 
abscheiden. Nach den Stadtplänen erscheinen die pol- 
nischen ursprünglichen Teile gegenwärtig meist als un- 
regelmäfsige Anbauten zu den ganz regelmäfsig rostformig 
sich kreuzenden Strafsen der deutschen Stadt, die den vier- 
eckigen Marktplatz umgeben. Die Namen Altstadt, Burg, 
Schlofs, die Baulichkeiten und die engen gewundenen Strafsen 
selbst bekunden aber auch da, wo es nicht ausdrücklich be- 
zeugt ist, dafs sie die ältere Anlage sind. An vielen Orten 
sind diese Stadtteile niemals in die Mauern der deutschen 
Stadt aufgenommen worden, an anderen wenigstens ursprüng- 
lich nicht. Die alten Burggebiete waren schon vorher be- 
festigt und die Besitzer schwerlich geneigt, sie sofort in die 
neue, noch ungeschützte Anlage aufgehen zu lassen. Erst 
nach und nach wurden die Mauern zwischen beiden besei- 
tigt und durch Plätze oder Strafsen ersetzt. 

Als die älteste deutsche Stadt wird Fraustadt betrachtet 
werden dürfen. Sie war schon im 12. Jahrhundert eine für 
die damaligen Verhältnisse bedeutendere deutsche Stadt, der 
Mittelpunkt des Fraustädter Landes und dadurch der stete 
Zankapfel zwischen den schlesischen und polnischen Plasten. 
Nach dem Tode Boleslaws IH. (1139) bekam W^ladyslaw H. 
Schlesien und nach dessen Tode fiel Glogau, Sagan, Frau- 
stadt und Erossen an seinen Sohn Eonrad. Im Jahre 1273 



64 Zweites Buch. 

scheint Fraustadt Magdeburger Recht bekommen oder schon 
gehabt zu haben, worauf eine von Herzog Przemysl her- 
rührende Urkunde hinweist. Nach Przemysls Ermordung 
kam das Fraustädter Land an Heinrich III. von ölogau; 
1322 war Wladyslaw Lokietek im Besitz der Stadt. 1325 
gehörte sie wieder dem schlesischen Herzog Przemysl. 1 332 
erkannte Johann von Steinau den Fraustädtem das Recht 
zu, gerichtliche Erkenntnisse in der Stadt selbst zu fUllen. 

Nächst Fraustadt wird als eine der ältesten deutschen 
Städte die Neustadt Posen in Betracht kommen müssen. 
Über die slavische Ansiedelung am rechten Wartheufer haben 
wir schon oben gesprochen. Im Laufe der ersten Hälfte des 
13. Jahrhunderts hatte sich hier und zwar auf der so- 
genannten Schrodka, eine grofse Anzahl Deutscher nieder- 
gelassen, jedenfalls als freie Leute, wenn sie auch als der 
Kirche zinspflichtig erscheinen. Diese Zinspflichtigkeit scheint 
eine Folge des der Posener Kirche im Jahre 1237 von 
Wladyslaw Odonicz erteilten Privilegs gewesen zu sein. Durch 
die Zurücknahme des Privilegs im Jahre 1244 wurden sie 
gezwungen, wieder an die Krone zu steuern, und dieser 
Zustand scheint ihnen als der bessere gegolten zu haben. 
Die Wiederherstellung des alten Zustandes im Jahre 1245 
veranlafste sie zu einem Protest, dem die Kirche zwar sich 
widersetzte, ohne jedoch damit etwas anderes zu erreichen, 
als dafs die Deutschen nun das kirchliche Gebiet verliefsen 
und sich auf dem linken Wartheufer ansiedelten. Hier war 
schon früher auf Kirchenboden eine deutsche Ansiedelung 
erfolgt, als deren Vorsteher uns ein Scholz Heinrich genannt 
wird. Die Martins- und Adalbertkirche werden gleichzeitig 
erwähnt, wie auch dafs die Dominikaner 1244 von der 
Schrodka nach dieser Flufsseite herübergezogen seien. Die 
Anlage der neuen Stadt erfolgte 1253 durch die grofspol- 
ni sehen Herzöge Przemysl und Boleslaw und zwar, wie es 
in der Gründungsurkunde heifst, auf Antrieb eines gewissen 
Thomas von Guben, unter dem wir uns ohne Zweifel den 
Lokator, wie wir ihn oben charakterisiert haben, denken 
müssen. Den zur Anlage nötigen Grund und Boden liefsen 
sich die Herzöge von der Martins- und Adalbertskirche ab- 
treten. Auch der Unterstützung des Bischofs Bogufal ge- 
schieht ausdrückUch Erwähnung. Die neue Stadt sollte nach 
Magdeburgschem Recht gegründet werden. Den Grundstock 
derselben bildeten die von der Schrodka Übersiedelten, doch 
wird der Anleger ohne Zweifel auch von auswärts Zuzug 
gewonnen haben. Die neue Stadt sollte mit Graben und 
Planken befestigt werden. Acht Jahre wird freier Zu- und 



Anfänge der Städte Fraustadt, Posen, Gnesen. 65 

Abzug und Steuerfreiheit gewährt; in der Folge lastete dann 
auf jedem Gehöft, Laden und Garten ein Zins von V« Schott 
Silber. Den Bürgern steht die Nutzung der Warthe eine 
Meile auf- und abwärts zu, auch dürfen sie jährlich einen 
Jahrmarkt halten. Die Herzöge sichern ihnen die Er- 
bauung eines Kaufhauses zu, auch dürfen sie eine eigene 
Kirche auffuhren. Zum Schutze der jungen Ansiedelung 
versprachen die Herzöge Unterhaltung von vier Wächtern 
und zwei Geschützmeistem. Jährlich sollen drei Gerichts- 
tage gehalten werden und der Vogt den dritten Teil der 
Gebühren und Strafgelder beziehen. Femer gewährten die 
Herzöge Holz aus ihren Wäldern zum Bau und anderem 
Bedarf und schenkten eine Reihe von Dörfern in der Nähe 
der Stadt. Die vom Vogt in ihnen angesetzten Deutschen 
hatten von der Hufe eine halbe Mark Silber zu zinsen, die 
fünfte Hufe erhielt der Vogt für sich abgabenfrei. Im fol- 
genden Jahre befreite Herzog Przemysl in Erneuerung eines 
^teren Privilegs alle zum Dominikusmarkt nach Posen 
kommenden fremden Kaufleute von Wege- und Marktzöllen. 
Ein Jahrzehnt nach der Erwerbung des Stadtrechts be- 
gannen die Bürger, sich eine eigene Kirche zu Ehren der 
heiligen Maria Magdalena zu bauen, doch sollten in ihr 
weder sonntägliche Umgänge noch Schule gehalten werden, 
sondern die Geistlichen der Domkirche und ihrer Schule 
sich anschliefsen. 1264 gründete Bischof Bogufal aufserhalb 
der Stadt ein Spital für Gebrechliche zu Ehren des heiligen 
Stefan. Die Schrodka wies Herzog Przemysl H. 1288 dem 
Bischof Johann zu mit ausdrücklicher Gestattung jedwedes 
Handwerksbetriebs, doch mit der Beschränkung, dafs da- 
selbst weder Tuch im kleinen ausgeschnitten, noch Markt 
gehalten werde. Den Fischern, welche einen eigenen Stadt- 
teil an der Warthe bewohnten, wurde schon 1267 gegen 
«ine jährliche Abgabe an das Schlofs freie Fischerei in der 
Warthe und deren Seitenarmen zugesichert. 1280 schenkte 
Przemysl dem Rat der Stadt, der damals aus fünf Mit- 
gliedern bestand, das Kammerhaus (Kaufhaus?), die Ver- 
kaufsbuden der Schuhmacher, Kürschner, Fleischer und 
Bäcker, die Weinkeller, das Schlachthaus und die Abgaben 
der auswärtigen Marktleute. 1298 erhielt die Stadt von 
Herzog Wladyslaw die peinliche Strafbefugnis für alle Misse- 
ihäter, 1303 von Bischof Andreas die Erlaubnis, bei der 
Stadtkirche eine eigene Schule zu errichten. 

Einer der ältesten Orte Polens und der Schauplatz seiner 
sagenhaften Geschichte ist Gnese|n. Im 10. Jahrhundert war 
«s der Sitz der polnischen HeiTscher. Bis in die Zeit der 

Meyer, Geschichte Fosens. 5 



66 Zweites Buch. 

Einführung des Christentums reicht die Errichtung der 
Georgenkirche zurück ; nicht viel später die der DomkirchCy 
in der die Gebeine des heiligen Adalbert beigesetzt waren. 
Hierher pilgerte Otto III. und stiftete das Erzbistum Gnesen. 
1018 brannte die Kathedrale nieder. Posen wird jetzt vor- 
zugsweise die Residenz der polnischen Herrscher, doch bleibt 
Gnesen Krönungsstadt 1038 wird Gnesen von dem Böhmen- 
herzog Bretislaw eingenommen und ausgeplündert. Die 
Handelsstrafse von Preufsen nach Guben führte über Gne- 
sen, wo eine Zollstätte war. Als Mesko der Alte vertrieben 
wurde, bemächtigte er sich (1183) durch nächtlichen Über- 
fall der Gnesener Burg. 1231 bestand die Stadt eine Be- 
lagerung durch Wladyslaw Laskonogi glücklich. 1239 kommt 
sie an Herzog Heinrich den Bärtigen von Schlesien, später 
wieder an Przemysl und Boleslaw, und 1296 an die Glo- 
gauer Herzöge. 1243 schenken die Herzöge Przemysl imd 
Boleslaw mit ihrer Mutter Hedwig dem Kloster Miechow ihr 
reich ausgestattetes Hospital zum heiligen Grab in Gnesen; 
1254 befreit Boleslaw die Dörfer des Spitals von vielen her- 
kömmlichen Lasten. 1300 liefs sich hier Wenzel von Böhmen 
zum Könige von Polen krönen. Deutsche Stadt Verfassung 
hatte Gnesen schon vor 1262, da in diesem Jahre Exin 
nach dem Muster Gnesens mit deutschem Rechte begabt 
wurde. 1298 erhielt die Stadt, . zugleich mit Posen, Peisem 
und Kaiisch, von Herzog Wladyslaw das Recht des Blut- 
banns. Der Stadt schadeten die Kriege der uneinigen Her- 
zöge, später litt sie durch die Einfälle der deutschen Ordens- 
ritter. Namentlich im Spätsommer 1331 erfuhr sie eine 
furchtbare Plünderung. Ein Streithaufe der Ritter, der die 
Reliquien des heiligen Adalbert wegzuführen beabsichtigte,, 
überfiel die Stadt. Jene Rehquien waren jedoch noch bei- 
zeiten von den Polen geborgen worden: die getäuschten 
Ritter liefsen dafür ihre Wut an den Bewohnern aus, er- 
mordeten viele, brannten die Vorstadt, die Häuser der Dom- 
herren und die Laurentiuskirche nieder. Der Dom und ein 
kleiner Teil der Stadt blieb stehen. 

Zu den ältesten Orten unserer Provinz zählt auch NakeL 
Vielgenannt in den Kämpfen mit den noch heidnischen 
Pommern, stellt es sich damals dar als eine zwischen Süm- 
pfen gelegene Burg der pommerschen Fürsten. Seit dem 
siegreichen Feldzug Boleslaw Schiefmunds (1109) blieb Na- 
kel im Besitz der Polenherzoge. Um 1250 benutzte Swan-. 
topolk von Pommern die Wirren in Polen und bemächtigte 
sich von neuem Nakels: die kujawischen Herzöge entrissen 
es ihm aber mit Hilfe der deutschen Ritter schon 1253 



Nakel, Meseritz. 67 

wieder. 1255 drang infolge Verrats der pommersche Fürst 
Mszyog in die Burg. Um sie wieder zu gewinnen, erbaute 
Herzog Przemysl eine neue hölzerne Burg, um von ihr aus 
die alte zu sperren. Nach mannigfachen Kämpfen erlangte 
dieser gegen eine Zahlung von 500 Mark wieder den Besitz 
der Feste. Über die Gründung der deutschen Stadt Nakel 
durch das schlesische Kloster Leubus haben "Wir bereits oben 
berichtet. Eine weitere Aussetzung zu deutschem Rechte 
erfolgte 1299. In diesem Jahre schenkte nämlich Wladyslaw 
Lokietek seinem Getreuen Peter von Dusden 100 Hufen um 
Nakel; damit er sie nach Magdeburger Recht besiedele. Er 
durfte Fleisch-, Brot- und Schuhbänke anlegen, in der Netze 
fischen, erhielt den anstofsenden Wald, die siebente Hufe 
und den dritten Gemüsegarten von allen, die er vor der 
Stadt anlegen würde, steuerfrei und auch ein Dritteil der 
Gerichtsgetälle. Die Ansiedler durften Holz aus dem Walde 
nehmen und genossen die ersten vierzehn Jahre Steuer- 
freiheit. Im Kriege mit dem deutschen Orden wurde Nakel 
von den siegreichen Kittern erstürmt und in Brand gesteckt 
(1331). Ein gleiches Schicksal erlitt die Stadt zwei Jahre 
später durch denselben Feind. 

Meseritz wird bereits im Jahre 1005 erwähnt, als Kaiser 
Heinrich II. bei seinem Kriegszug nach Polen hier in der 
Abtei dieses Namens rastet. Schon sehr früh geschieht auch 
einer Burg Erwähnung, um deren Besitz Polen und Pom- 
mern kämpften. Während der ersten Hälfte des 13. Jahr- 
hunderts , in den Kämpfen der schlesischen und grofs- 
polnischen Herzoge, wechselt Meseritz wiederholt seinen 
Herrn. 1234 gelangt es mit dem ganzen Gebiet auf der 
linken Seite der Warthe an Herzog Heinrich den Bärtigen 
von Schlesien. Unter seinem Enkel Boleslaw ftQlt dann diese 
Landschaft wieder an Grofspolen zurück, doch gelingt es 
jenem, wenigstens die drei Burgen Santok, Meseritz und 
Bentschen von dem ihm verschwägerten polnischen Herzog 
Przemysl zurückzuerhalten, freilich nur auf kurze Zeit, da 
schon im Ausgang der fünfziger Jahre Meseritz wieder un- 
zweifelhaft im Besitz der Polenherzoge war. Um diese Zeit 
wird uns von einer Befestigung der Stadt Meseritz mittelst 
Planken durch Herzog Boleslaw von Polen berichtet. Doch 
ehe diese Befestigung noch vollendet war, rückte Markgraf 
Otto von Brandenburg vor die Stadt und nahm sie ein ; nur 
das Schlofs vermochte er nicht in seine Gewalt zu bringen, 
dafür legte er aber die Stadt in Asche und zog mit reicher 
Beute beladen ab. Späterhin muls Meseritz an die Branden- 
burger gekommen sein, da im Jahre 1319 die Herzöge 



68 Zweites Bach. 

Heinrich und Primko von Glogau dem Markgrafen Wal- 
demar von Brandenburg alles Land am rechten Ufer der 
Obra von deren Mündung in die Oder an bis Meseritz ab- 
treten und dafür von jenem Sagan^ Elrossen und Meseritz 
empfangen. Doch war auch diesmal die Fremdherrschaft 
nur eine vorübergehende; seit den Zeiten Kasimirs des 
Grofsen ist die Zugehörigkeit von Meseritz zu Polen eine 
dauernde. 

Gleichzeitig mit der Stadt Meseritz wird auch eine deutsche 
Bevölkerung daselbst erwähnt. Im Jahre 1248 erläfst der 
Posener Bischof Bogufal den „Deutschen von Meseritz" den 
Zehnten auf zwei Jahre. Ob diese Deutschen, nach Analogie 
anderer Städte, die freie Bürgergemeinde im Gegensatz zu 
der unfreien polnischen Bevölkerung repräsentieren, oder 
ob unter ihnen lediglich vereinzelte deutsche Ansiedler ohne 
kommunale Verbindung zu verstehen sind, ist nicht er- 
sichtlich. 

Das 13. und 14. Jahrhundert ist das Blütealter der 
deutsch-posenschen Städte. Noch bestand kein feindlicher 
Gegensatz zwischen dem polnischen und deutschen Element 
oder wurde wenigstens noch nicht als solcher empfunden. 
Um die Mitte des 13. Jahrhunderts sagt Bischof Bogufal 
von Posen: „wer sieht nicht, dafs die Deutschen tüchtig 
und strebsam sind?" Besonders in den neu gegründeten 
Städten, in welchen neben den Deutschen auch Polen sich 
ansiedelten, wurden sie die Lehrmeister ihrer Wirte in dem 
Betriebe des Handels und des Gewerbes, der Kunst und 
Wissenschaft und vergalten ihnen so die Gastlichkeit, mit 
welcher sie in dem neuen Lande nicht nur aufgenonunen, 
sondern zum Kommen sogar eingeladen worden waren. 
Dieses einträchtige Verhältnis erlitt jedoch schon bald eine 
Trübung. Und zwar ging diese in erster Linie von dem 
eingesessenen polnischen Adel aus. War derselbe wohl zu 
keiner Zeit ein Förderer der deutschen Einwanderung, we- 
nigstens soweit deutsche Städtegründungen in Frage kamen, 
gewesen, da die den deutschen Städten von den Herzögen 
erteilten Privilegien einen Rifs der altpolnischen, die Staudes- 
vorrechte des Adels so demonstrativ in den Vordergrund 
stellenden Verfassung bedeuteten, so mufste sein Mifsbehagen 
in dem Mafse wachsen, als die Landesherren nicht nur mit 
der Gründung deutscher Städte fortfuhren, sondern dieselben 
auch mit immer gröfseren Rechten und Freiheiten beschenkten. 
Die Vorliebe der schlesischen Herzöge für die Deutschen 
war es in erster Reihe gewesen, welche die nationale Re- 
aktion des Adels hervorgerufen und zur Vertreibung jener 



Blütealter der deutschen Städte. 69 

geführt hatte. Mit scheelem Blicke sah der Adel auch auf 
den steigenden Wohlstand der deutschen Städte und den 
reichlicheren Aufwand ihrer Bürger, den jener ermöglichte; 
die alte Ruralwirtschaft, bei welcher der Adel hochmütig und 
träge stehen geblieben war, vermochte auch nicht annähernd 
Ähnliche hohe Werte zu erzeugen, wie dies bei der ent- 
wickelten städtischen Wirtschaft der Fall war. Die Wir- 
kungen jener mifsgünstigen Stimmung des Adels machten 
sich auch schon frühzeitig bemerkbar. So, um nur eines 
hervorzuheben, konnte sich in Polen zu keiner Zeit der in 
Deutschland schon in den ältesten Stadtrechten an die Spitze 
gestellte Rechtsgrundsatz, dafs Stadtluft frei mache, durch- 
setzen: während hier der seinem Herrn entlaufene Hörige 
nach Jahr und Tag ungestörten Aufenthalts in einer Stadt 
gegen jede Rückforderung geschützt war, verblieb der pol- 
nische Leibeigene, auch wenn er noch so lange in einer 
Stadt gesessen hatte, immer im Eigentum seines Herrn. 

Auch äufsere ungünstige Ereignisse haben da und dort 
das Emporkommen der Städte aufgehalten. Namentlich 
thaten dies die häufigen Kriege mit den stets in ihrem Ge- 
folge einhergehenden Ausplünderungen und Verbrennungen. 
Besonders furchtbar waren die Verheerungen im Kriege mit 
dem deutschen Orden unter Wladyslaw Lokietek : fast sämt- 
liche Städte der östlichen Hälfte unserer Provinz sanken da- 
mals in Asche. Ferner fehlte es den posenschen Städten an 
jedem einigenden Band: während die Geschichte des deut- 
schen Städtewesens schon von der frühesten Zeit an von 
Einigungen zu den verschiedenartigsten Zwecken zu be- 
richten weifs, wird uns für die grofspolnischen Städte nur 
ein einziger Fall eines solchen Zusammenschlusses über- 
liefert, nämlich die Vereinigung der Städte Kaiisch, Peisem 
und Gnesen zur gemeinsamen Verfolgung von Friedens- 
brechern. 

Von einem eigentlichen Rückgang der Städte deutscher 
Gründung ist jedoch vor Ausgang des 14. Jahrhunderts 
kaum die Rede. Ja, unter Kasimir dem Grofsen, der sich 
überhaupt als ein Freund und Förderer der deutschen Ko- 
lonisation seines Reiches erwies, zeigt sich uns nach mannig- 
fachen Bedrängungen des deutschen Stadtbürgertums das 
Bild einer reichen Nachblüte desselben. In ausharrender 
Treue hatten die deutschen Städte in dem Kampfe dieses 
Königs mit dem nach politischer Alleinherrschaft strebenden 
Adel auf des ersteren Seite gestanden. Trotzdem datieren 
aus der Regierungszeit desselben die ersten gegen die Vor- 
rechte der Deutschen gerichteten gesetzlichen Bestimmungen. 



70 Zweites Buch. 

So verfügte ein Gesetz vom Jahre 1347, dafs grundherr- 
liche Städte, welche anfanglich das deutsche Recht erhalten, 
dasselbe jedoch verloren hatten und nach polnischer Weise 
verwaltet wurden, sich nicht mehr auf dasselbe berufen 
dürften. Kasimir war es auch, wie wir bereits oben ge- 
sehen haben, welcher die Verbindung der deutschen Städte 
seines Reiches mit dem Mutterland löste, indem er ein Ver- 
bot erliefs, künftighin in Magdeburg Recht zu holen. Als 
Ersatz hierfür wurde in Krakau ein oberster Rechtshof mit 
einem königlichen Richter als Vorsitzenden und Schöffen als 
Beisitzern für die Städte mit deutschem Recht eingerichtet. 
Noch einmal, in den Wirren des Bürgerkrieges, welcher 
nach dem Tode König Ludwigs über die Thronfolge ent- 
standen war, treten die deutschen Städte bedeutsam in den 
Vordergrund: viele unter ihnen, namentlich die Landes- 
hauptstadt Posen, verweigerten die Anerkennung des von 
Markgraf Sigmund bestellten Landeshauptmannes Domarat 
und schlofsen sich dem die nationale Fahne aufpflanzenden 
Adel an. In dem Vertrage vom 18. Januar 1383 verpflichten 
sich die grofspolnischen Magnaten und die Posener Bürger- 
schaft gegenseitig, dafs kein Teil ohne des anderen Zustim- 
mung in der Thronfrage etwas unternehmen solle. Unter 
dem jagellonischen Herrscherhause geht es dann mit dem 
deutschen Städtewesen rasch und sichtbar abwärts. Ein 
königlicher Erlafs von 1386 bestimmte, dafs alle geistlichen 
und weltlichen Amter und Würden künftighin nur dem ein- 
geborenen Adel zugewendet werden sollten. Auch die grofse 
Zahl der Städte erwies sich dem Fortkommen derselben 
schädlich. Die Provinz Posen ist noch heutzutage diever- 
hältnismäfsig städtereichste der preufsischen Monarchie. Über 
ihrer Menge blieben aber die Städte unbedeutend, schwang 
sich keine zu Gröfse und Macht empor. Auch das üble 
Beispiel der geringen Wirtschaftlichkeit, das die Polen den 
neben ihnen wohnenden Deutschen gaben, konnte auf die 
Länge der Zeit seine Wirkung nicht verfehlen. Im Handel, 
der Hauptquelle städtischer Wohlhabenheit, hatten zudem 
die Deutschen die Mitbewerbung der Juden, welche lange 
vor ihnen ins Land gekommen waren und schon bald den 
gesamten Handel wie ein Monopol an sich gerissen hatten, 
zu bestehen. Und auch innerhalb der deutschen Städte 
bheten die Juden nach wie vor als besondere Gemeinden 
in scharfer Trennung von der deutschen Bürgerschaft und 
schlugen sich, wenn es einmal zu Streitigkeiten zwischen 
jenen und den polnischen Beamten kam, meist auf die Seite 
dieser. Ein zweiter geföhrlicher Konkurrent in der Aus- 



Handelsverkehr, Strafsenzüge. 71 

beutung der Handelsvorteile, welche durch die günstige 
Lage des Landes mitten inne zwischen den Reichen des 
Westens und Ostens und dem Gebiet des deutschen Ordens 
gegeben waren, waren die reichen Ostseestädte , namentlich 
das mächtige Danzig. Nach Deutschland zu bestand jeden- 
falls schon in der frühesten Zeit ein viel benutzter Handels- 
weg; höchst wahrscheinlich hielt derselbe die Richtung ein, 
welche die ursprüngliche Verbindung der beiden Landesbis- 
iümer mit dem Erzbistum Magdeburg mit sich brachte, er 
ging also von Gnesen über Posen und Meseritz nach Krossen 
an der Oder. Auf dieser Strafse rückte Kaiser Heinrich II. 
im Jahre 1005 gegen Posen vor. Noch zwei weitere Über- 
gangsstätten über die Oder werden gelegentlich der Schil- 
derung jenes Kriegszuges namhaft gemacht: Glogau und ein 
ungenannter Punkt nördlich von Krossen. Von Gnesen aus 
setzte sich die Strafse in nordöstlicher Richtung nach Danzig 
zu fort; längs der Weichsel wurde der Weg höchst wahr- 
scheinlich zu Wasser zurückgelegt. Ein zweiter alter Han- 
delsweg nach Danzig zog sich von Posen über Nakel und 
Tuchel. Nach Warschau ging die Strafse von Posen über 
Slupce, Kleczewo, Klodawa, Kutno und Lowicz. 1444 wird 
die Einhaltung dieser Strafsen neuerdings den Posener Kauf- 
leuten durch König Wladyslaw eingeschärft. Im übrigen 
verweisen wir, was den Zug der ältesten Handelsstrafsen 
unseres Landes angeht, auf das im Eingang dieses Werkes 
Gesagte. 

Nach der Einrichtung des Ordensstaates im Nordosten 
unserer Provinz hat über diese der Verkehr des Ordenslandes 
mit dem deutschen Mutterlande stattgefunden. In den Jahren 
1238 und 1243 schliefsen die Herzöge Przemysl und Boles- 
law mit dem Orden Zollverträge ab. Danach sollten sämt- 
liche Ordensangehörige zollfrei das Posener Land passieren, 
die Kaufleute des Ordenslandes dagegen die Strafse^ über 
Gnesen, Posen, Bentschen nach Guben einhalten, aber nur 
an den drei erstgenannten Orden — im Vertrage von 1238 
sind nur Gnesen und Posen genannt — einen näher fest- 
gesetzten Zoll entrichten. Als eingeführte Handelsartikel 
werden dabei genannt: Tücher, Leinwand, Häringe, Wein, 
Pfeffer und Salz. 

Eines Handelsweges von Posen über Schwerin an der 
Warthe nach Santok an der Landesgrenze geschieht Er- 
wähnung in dem Schutzbrief Wladyslaw Jagellos vom Jahre 
1390 für die pommerischen, brandenburgischen und hansischen 
Kaufleute. Danach haben damals namentlich die Städte 
Stralsund, Greifswald, Wolgast, Stettin, Gartz, Lübeck, Ham- 



72 Zweites Buch. 

bürg, Rostock, Wismar, Frankfurt an der Oder und Lands* 
berg an der Warthe Handelsverbindungen mit unserm Lande 
unterhalten. Für den Handelsverkehr nach Breslau war die 
Stralse über Schrimm und Punitz, wo Zollstätten eingerichtet 
waren, von altersher bestimmt; 1398 wird den Kaufleuten die 
Einhaltung dieses Handelsweges neuerdings durch einen Erla& 
König Wladyslaws eingeschärft. Überhaupt waren die Strafsen 
im Mittelalter fest bestimmt, jede Abweichung bei Strafe ver- 
boten und auch bei der Beschaffenheit der Wege kaum rätlich. 

1515 werden als polnische Zollstätten gegen Schlesien 
bezeichnet: Fraustadt, Posen, Punitz, Kaiisch und Sieradz. 
Die Breslau-Thomer Strafse berührte unsere Provinz za 
Orla (bei Krotoschin), Strelno und Inowrazlaw. Im Süd- 
osten der Provinz war Olobok ein wichtiger Strafsenpunkt: 
1292 befreit Herzog Przemysl H. alle diejenigen, welche 
über Olobok in sein Land kämen, um dort zu bleiben,, 
und ebenso die Kaufleute von Kaiisch von der Entrichtung 
von Zöllen. 

Charakteristisch für das ganze Mittelalter ist das aller- 
orten hervortretende Bemühen, fremde kaufinännische Kon- 
kurrenz möglichst von den Vorteilen des heimischen Markt- 
verkaufs auszuschliefsen. Hierher gehört die Bestimmung 
Herzog Przemysls H., dafs auf der Posener Vorstadt Schrodka 
kein Detailverkauf von Tuch stattfinden, noch überhaupt 
Markt abgehalten werden dürfe. 1430 verbot König Wladys- 
law zugunsten der Stadt Posen den fremden Kaufleuten 
den Verkauf ihrer Waren auf dem Damm zwischen Posen 
und der Vorstadt Ostrowek und 1444 ganz allgemein jeden 
Detailverkauf seitens derselben. 1459 erliefs König Kasi- 
mir auf Posens und Gnesens Andrängen eine neue Ordnung 
über die geringste Menge, in der den fremden Händlern 
der Verkauf ihrer Waren gestattet war. Die Posener Kauf- 
mann§fchaft erscheint auch sonst von den polnischen Königen 
vorzugsweise begünstigt. Der Schenkung Herzog Przemysl» 
vom Jahre 1280 haben wir schon oben Erwähnung gethan.. 
König Ludwig befreite die Posener Kaufleute von Zollab- 
gaben im Reich — welches Privilegium nachmals von dessen 
Nachfolgern erneuert wurde — Wladyslaw Jagellow 1422 
von der Marktsteuer (targowe) und anderen polnischen 
Lasten, welche ihnen entgegen ihren Privilegien auferlegt 
worden waren; 1444 verbietet König Wladyslaw dem Starosten,, 
von den an Markttagen nach Posen gebrachten Waren Zölle 
für das königliche Schlofs zu erheben. 1493 weist König 
Johann Albrecht den General von Grofspolen an, gegen 
willkürliche Zollerhebungen, Verengerungen der Landstrafsen 



Niedergang der deutschen Städte. 78 

und andere Beschwerungen, denen die Posener Kauf Leute 
ausgesetzt srnd, einzuschreiten. 

Einer besonderen Begünstigung erfreute sich die Stadt 
Posen seitens des Königs Sigismund. Unter anderem ge- 
nehmigte derselbe im Jahre 1530 die Ghründung einer Waren- 
niederlage daselbst und bedrohte die Umgehung derselben 
durch fremde Eaufleute mit gefänglicher Haft. Den nach 
Schlesien und Sachsen reisenden Kauf leuten aus Litauen, 
Bu&land und Masovien schrieb er 1532 die Zwangroute über 
Posen vor : hier mufsten sie ihre Waren während dreier Tage 
öffentlich zum Verkauf ausstellen und durften erst dann 
weiter ziehen, wenn jene in dieser Frist unverkauft geblieben 
waren. Der Handel Posens steigerte sich unter den Auspizien 
dieser königlichen Gunst zusehends und lockte zahlreiche 
fremde Unternehmer an. Italienische (wälsche) und nament- 
lich schottische Eaufleute schlugen ihren Womisitz in Posen 
auf, und von der Stärke und dem Wohlstand der Eaufleute 
deutscher Nation giebt die Thatsache ein sprechendes Zeug- 
nis, dafs zu Anfang des 16. Jahrhunderts von ihnen ein 
eigener deutscher Prediger bei der Stadtpfarrkirche zu Maria 
Magdalena angestellt wurde. 

Um so trauriger gestalteten sich seit dem Ausgang des 
14. Jahrhunderts die Verhältnisse fast aller andern Städte 
unseres Landes. Während die Landeshauptstadt vermöge 
ihrer Oröfse und ihres Wohlstandes dem Unterdrückungs- 
gelüste des Adels einen wirksamen Widerstand entgegen- 
zusetzen vermochte, fiel diese Widerstands&higkeit bei den 
kleineren Städten weg. In dem Mafse, als der Adel der 
Erone gegenüber seine Rechte erweitert, findet auch nach 
unten hin, gegen die Bürger der Städte und die Bauern des 
flachen Landes eine solche MachtsteigeruDg statt. Sie zeigt 
sich namentlich in den vielfachen Übergriffen, welche sich 
die durchwegs dem einheimischen Adel angehörigen könig- 
lichen Beamten den Städten gegenüber im Widerspruch mit 
deren Verfassung und Rechten zuschulden kommen lassen. 
Aber auch die Landesherren selbst schädigen jetzt den Wohl- 
stand ihrer Städte durch mannigfache Mafsregeln. Hierher 
gehören namentlich die häufigen Verpfandungen einzelner 
ihnen von den Städten gebührenden Einnahmen an Adelige, 
die den Fürsten Geld dargeliehen hatten und eine Sicher- 
heit für ihre Forderung verlangten. Auch ganze Städte 
werden von ihnen wie ein Handelsobjekt an die Ghrofsen des 
Reiches dahingegeben. Sehr empfindlich mufste die Städte 
femer der Verlust der Teilnahme an den Reichsangelegenheiten 
treffen. Wie in Deutschland gerade dieses letztgenannte Mo- 



74 Zweites Buch. 

ment den Städten zu ihrer höchsten Blüte verholfen hat^ so 
ist auch in Polen die aktive Beteilang der angeseheneren Städte 
am Staatsleben von bedeutendstem Einflnfs auf die öffentliche 
Stellung und Geltung derselben gewesen. Unter Kasimir 
dem Grofsen war die Beiziehung derselben zu allen wich- 
tigeren Staatsangelegenheiten, zu gesetzgeberischen Akten 
sowohl wie zu fViedensschlüssen u. a., ganz allgemein üblich 
gewesen. Nach seinem Tode wird diese Heranziehung vor- 
erst eine seltenere, bis sie mit dem Beginn des 15. Jahr- 
hunderts fast ganz aufhört. Am meisten erscheinen die 
Städte noch zugezogen bei den Verhandlungen mit dem 
deutschen Orden, ohne Zweifel deshalb, weil dieser, dessen 
eigenes Städtewesen in hoher Blüte stand, diese Zuziehung 
ausdrücklich verlangt haben wird. Auch die Teilnahme 
an den Sitzungen des Reichstages war seitens der Posener 
Städte nur eine geringe; auf dem Petrikauer Reichstag von 
1544 wurden die Abgesandten der Städte geradezu aus der 
Versammlung gejagt, und wenn sie auch der König sofort 
wieder in den Saal zurückbringen liefs, so vermochte dies 
doch nicht den entwürdigenden Eindruck des Vorgangs ab- 
zuschwächen. Späterhin erscheint von den Städten unseres 
Landes nur noch das einzige Posen auf dem Reichstag ver- 
treten. Die bürgerfeindlichen Elemente hatten also hier freies 
Feld für ihre auf Unterdrückung der Städte gerichteten Be- 
strebungen. Insbesondere suchte man jetzt den Adel von 
jeder näheren Berührung mit dem Bürgertum fernzuhalten. 
Den Edelleuten wurde das Wohnen in den Städten und das 
Betreiben von Handelsgeschäften bei Verlust des Adels ver- 
boten; anderseits wurde den Stadtbürgem das Recht abge- 
sprochen, Landgüter erwerben zu können. Ein direkter Ein- 
griff in das vorzugsweise hochgehaltene Privilegium der eigenen 
Gerichtsbarkeit war das Gesetz von 1521, nach welchem, 
wenn künftig ein Edelmann in einer Stadt wegen eines Ver- 
brechens ergriffen würde, der Starost fiir diesen Fall den 
Vorsitz im Schöffengericht übernehmen sollte; wenn sie sich 
über das Urteil nicht einigen würden, so sollte der Prozefs 
vor das Forum des Königs gebracht werden; Zuwiderhand- 
lungen seitens der Stadt wurden mit dem Tode des Bürger- 
meisters und eines Ratsmitgliedes bedroht. 

Auch die deutschen Cisterzienserklöster hatten seit der 
Mitte des 14. Jahrhunderts mit der feindseligen Gesinnung 
des Nationalpolentums zu kämpfen. Das erste Beispiel eines 
solchen Eingriffs finden wir beim Kloster Wongrowitz. König 
Kasimir hatte eine Parteiung in diesem Kloster benutzt, um 
den Äbten von L^jd und Bessow den Auftrag zu geben, dafs 



Polonisierung der deutschen Klöster, Judenverfolgungen. 76 

sie den Abt von Wongrowitz seines Amtes entsetzen und den 
Führer der Gegenpartei, von dem wir annehmen dürfen, dafs 
er zum Polentum neigte , zum Abt einsetzen sollten. Die 
beiden Abte willfahrten dem ganz willkürlichen köDiglichen 
Befehl. Jetzt wandte sich der abgesetzte Abt an die höchste 
Instanz, den Papst, und dieser übergab die Entscheidung 
den schlesischen Klöstern Grüssau und Heinrichau. Gröfseren 
Erfolg hatte die polnische Reaktion bei Kloster Bessow (Ko- 
ronowo). Dasselbe hatte in den Kriegen mit dem deutschen 
Orden furchtbare Verwüstungen erlitten, wodurch sich selbst 
bei den deutschen Mönchen eine Hinneigung zum Polentum 
ausbilden mufste. Diese Stimmung benutzte der König und 
der Bischof von Kujawien, indem sie im Jahre 1500 dem 
Papste den Antrag unterbreiteten, die Würde des jeweiligen 
Weihbischofs von Wroclawek mit der eines Abts von Koro- 
nowo zu vereinigen. Dem dortigen Bischof solle die Wahl 
zustehen und derselbe bei dieser auf Mitglieder polnischer 
Cisterzienserklöster beschränkt sein. Es ist nicht überliefert, 
ob die Kurie dem Antrag entsprach, wohl aber, dafs den 
Abten von Koronowo das Recht verliehen wurde, bischöf- 
liche Insignien zu tragen und bischöfliche Funktionen aus- 
zuüben. 1511 kam auf dem Petrikauer Reichstag die Na- 
tionalitätenfrage neuerdings zur Sprache: es. wurde Klage 
erhoben, dafs in den Klöstern vielfach nur Deutsche auf- 
genommen würden; die Bischöfe sollten sich die Privilegien 
vorlegen lassen, und wenn in diesen nicht ausdrücklich die 
ausschlie/sliche Besetzung mit Deutschen vorgeschrieben sei, 
für eine solche aus beiden Nationen sorgen. 

Die üble Lage der Städte seit dem Ausgang des 14. Jahr- 
hunderts spiegelt sich auch in der Geschichte der Juden 
während dieses Zeitraums ab. Wir haben oben gesehen, 
dafs die Verhältnisse derselben in Grofspolen während der 
ersten Hälfte des Mittelalters, namentlich im Vergleich mit 
der Lage ihrer Glaubensgenossen im benachbarten Deutsch- 
land, auffallend günstig waren. Aber schon in den letzten 
Jahrzehnten des 13. Jahrhimderts tritt hier eine Wendung 
zum Schlimmem ein. So schreiben die Statuten der Ofener 
Synode von 1279 für Ungarn, Polen und die übrigen sla- 
vischen Länder das Tragen sogenannter Judenzeichen vor, 
und zwar eines runden roten Tuchfleckes auf der linken 
Brustseite, Gleichzeitig wird bei hoher Strafe verboten, die 
Erhebung von Steuern, Zöllen und anderen öffentlichen Ge- 
fällen an Juden zu überlassen. In dem Gesetzbuch Ka- 
simirs des Grofsen ist namentlich das Zins- und Pfandnehmen 
der Juden geregelt. Immerhin müssen diese unter Kasimirs 



76 Zweites Buch. 

Begierimg den Schutz desselben genossen haben, da es nur 
so erklärlich wird, dafs, während in den Jahren 1348 und 
1349 in den Nachbarreichen, namentlich in Deutschland, die 
furchtbarsten Judenverfolgungen statthatten, Polen davon 
nicht berührt wurde. Nur in den an der westlichen Grenze 
gelegenen Städten soll es zu blutigen Ausschreitungen gegen 
die Juden gekommen sein, ohne dafs uns jedoch darüber eine 
sichere Nachricht überliefert wäre. Erst vom 1 5. Jahrhundert 
an hat sich dann die Lage der Juden wesentlich verschlim- 
mert. 1464 fand in der Stadt Posen eine grofse Juden- 
verfolgung statt, wie aus einer Urkunde König Elasimirs 
vom 15. November 1465 hervorgeht, in welcher dieser der 
genannten Stadt Verzeihung für die im vergangenen Jahre 
vorgefallenen Judenverfolgungen gewährt. Und in einer 
zweiten Urkunde vom 11. Juli 1468 bekennt der König, die 
2000 Gulden erhalten zu haben, welche die Stadt für den 
Totschlag und die Beraubung der Juden bezahlt hat. 

Über den Kulturzustand unserer Provinz während des 
Mittelalters sind wir, abgesehen von der deutschen, Koloni- 
sation derselben, nur sehr notdürftig unterrichtet. Über die 
Handels- und Verkehrsverhältnisse haben wir schon oben 
bei der Darlegung der Städtegeschichte einzelne Notizen bei- 
gebracht. Gleich fragmentarisch sind die Nachrichten über 
das industrielle Leben und Treiben. Zur Ausfuhr gelangten 
in erster Reihe die Erzeugnisse der Wälder, welche auch 
nach der Ansiedelung deutscher Kolonen noch den gröfsten 
Teil des Landes einnahmen. Von gewerblichen Produkten 
wurde insbesondere ein unter dem Namen polnisches Lacken 
weithin bekannter grober Wollenstoff ausgeführt. Einge- 
führt wurden die wegen der zahlreichen Fasttage vielbe- 
gehrten Fische aus Pommern und dem Ordensland und die 
mannigfachen Erzeugnisse einer verfeinerten Kultur aus dem 
Westen und Südwesten. Feinere Tuch- und ^ Seidenstoffe 
kamen aus den Niederlanden, Tuch auch aus England, und 
zwar hauptsächlich zur See über Danzig. Spezereien und 
Gewürze bezog unser Land ursprünglich über Breslau, dem 
vielfach privilegierten Hauptstapelplatz des Ostens. Erst seit 
dem 15. Jahrhundert stofsen wir dann auf Spuren eines di- 
rekten Handelsverkehres mit dem Westen, namentlich mit 
Leipzig, dessen Messen schon damals ihre grofse Anziehungs- 
kraft ausübten. Die Breslauer Kaufmannschaft widersetzte 
sich diesem direkten Verkehr und erlangte auch 1490 von 
König Matthias ein Privileg, gemäfs dem für den gesamten 
polnischen Handel zwei Grenzpunkte an der Oder, Breslau 
und Frankfurt, festgesetzt wurden, über die hinaus die pol- 



Kulturzustände, Schulen. 77 

nischen Warenzüge nicht eindringen durften. Die polnischen 
Kaufleute achteten jedoch nicht auf diese Bestimmung, er- 
richteten nun vielmehr ihrerseits zu Posen und Kaiisch Nieder- 
lagen, so dafs bereits 1491 die Thorner die Vermittelung 
des Hansabundes anriefen, nachdem ihre nach Breslau be- 
stimmten Warenzüge in Kaiisch angehalten worden waren. 
Ein Haupteinfuhrartikel war endlich Wein, der zumeist aus 
Ungarn kam. Daneben wurde auch im Lande selbst viel- 
fach Wein angebaut, wie dies zahlreiche Ortsnamen bezeugen 
(z. B. Winiary bei Posen), 

Das Unterrichtswesen der ältesten Zeit ist auch in Polen 
in Dunkel gehüllt. Natürlich kann von einem solchen erst 
seit der Einführung des Christentums die Rede sein, und 
wahrscheinlich hat man auch hier anzunehmen, dafs sich 
zuerst an Klöstern und Kathedralkirchen Schulen und zwar 
zunächst für die Bedürfnisse derselben, allmählich auch für 
externe Schüler bildeten. Bestimmte Angaben über die 
Existenz solcher Schulen besitzen wir freilich erst aus ver- 
hältnismäfsig später Zeit. Es mag eine derartige Schule 
gewesen sein , an der der heilige Otto von Bamberg in 
seiner Jugend als Lehrer wirkte. Auf den Bestand einer 
alten Schule zu Gnesen weist die Urkunde von 1242 hin, 
durch welche Herzog Przemysl von Grofspolen ein Spital 
der Templer zu Gnesen stiftete und dasselbe zugleich zum 
Unterhalt einiger armen Scholaren verpflichtete. In Posen 
wurde aufser der alten Domschule (seitdem schola maior) 
mit Bewilligung des Bischofs Andreas von dem Stadtrat 
an der dortigen Kirche Maria Magdalena eine zweite Schule 
errichtet (1303), an welcher Donat und Cato als Lehr- 
bücher dienten. 1309 wurde ein Bad für zwölf Scholaren 
dieser Anstalt fundiert. Der Mangel tüchtiger einheimischer 
Lehrkräfte, den man, wie Ottos Biograph ausdrücklich her- 
vorhebt, schon damals in Polen fühlte, und in der Folge- 
zeit die eigentümliche politische Entwickelung der Städte 
brachten es naturgemäfs mit sich, dafs der deutsche Ein- 
flufs sich auf diesem die slavische Nation am allermeisten 
bedrohenden Gebiete geltend machte. Dafs man diese 
Gefahr erkannte und ihr zu begegnen suchte, lehrt das 
Synodalstatut des Erzbischofs Fulko von Gnesen von 1257, 
durch das die Pfarrer angewiesen wurden, „zu Ehren ihrer 
betreffenden Kirchen und zum Lobe Gottes" mit Ge- 
nehmigung des Landesherrn Schulen zu erhalten und dabei 
darauf ihr Augenmerk zu richten, dafs kein Deutscher zur 
Leitung derselben berufen werde, der nicht auch der 
polnischen Sprache mächtig sei, um in derselben den Schü- 



78 Zweites Buch. 

lern die lateinischen Autoren erklären zu können. Und 
diese Bestimmung wurde sowohl 1285 auf der Synode zu 
Lenczyc als auch 1387 auf der Synode zu Kaliscb wieder- 
holt eingeschärft. 

1519 errichtete Bischof Johann Lubranski eine hohe 
Schule in Posen. Er liefs ein Gebäude für sie bauen und 
dotierte sie mit den Stawisyner Gütern bei Kaiisch aus. 
Der König legte 1520 der Krakauer Universität auf, sie 
mit Lehrern aus ihrer Mitte zu besetzen. Das Athenaeum 
Lubi anskianum sollte gleichsam eine Zweigstiftung Krakaus 
werden. Seine ersten Rektoren, Thomas Bedermann von 
Posen, dann Gregor von Samter, hernach der von Leipzig 
berufene Christoph Hegendorff brachten die Anstalt in guten 
Ruf, so dafs die Domschule ganz in den Hintergrund trat. 

Auch fiir das übrige geistige Leben war die Geistlich- 
keit fast ausschliefslicfa Träger und Beförderer. Der Be- 
deutung unserer Landschaft in der Geschichte des früheren 
Mittelalters entsprechend erscheint diese als der Ausgangs- 
punkt der ältesten einheimischen Geschichtschreibung. Das 
erste schrifüiche Denkmal derselben, die Passio sancti Adal- 
berti, ist, wie Zeifsberg wahrscheinlich gemacht hat, in dem 
Benediktinerkloster Meseritz entstanden. Merkwürdigerweise 
sind uns aus der späteren Zeit aus den polnischen Ellöstern 
nur spärliche Überreste historischer Aufzeichnungen erhalten. 
Dagegen weisen die ältesten annalistischen Aufzeichnungen 
in Polen auf eine litterarische Thätigkeit der Domstifter hin. 
Die frühesten sind in Krakau entstanden, und auf ihnen 
beruhten die Posener und Gnesener Annalen. Von den spä- 
teren chronikalischen Schriftwerken, welche in Grofspolen 
entstanden sind, nennen wir hier nur die Chronik des Godys- 
law Baszko, Schatzmeisters und Gustos der Posener Kirche, 
aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Früher hatte 
man neben Baszko noch den Posener Bischof Bogufal als 
Mitverfasser angenommen, doch steht jetzt, nach den ein- 
gehenden Untersuchungen Zeifsbergs, die alleinige Autorschaft 
Baszkos so ziemlich aufser Frage. 



Drittes Buch. 
Äufsere Geschichte 

vom Beginn des 16. Jahrhunderts bis zur 
ersten Teilung Polens. 



Uie Geschichte Polens wird, wie diejenige fast aller 
Länder des westlichen Europas^ während des 16. Jahrhun- 
derts von der Art und Weise der Stellungnahme zu der 
von Luther ausgegangenen grofsen Kirchenneuerung be- 
stimmt Wenn man freilich nur das Polen des 17. und 
18. Jahrhunderts mit seinem finsteren Zelotismus der Geister 
und seiner unduldsamen Abgeschlossenheit gegen alle aka- 
tholischen Bekenntnisse im Auge hat, dann begreift man 
nur schwer, dafs auch dieses Land seine Elirchenreformation 
gehabt hat. Und doch ist dem so gewesen, ja dieselbe hat 
hier äufserlich und innerlich eine Ausbreitung und Vertie- 
fung gewonnen, wie vielleicht in keinem anderen Lande im- 
seres Erdteils, und wenn den späteren Generationen hiervon 
kaum mehr als eine schwache Erinnerung geblieben ist, so 
ist dies einzig der wahrhaft furchtbaren Härte und Kon- 
sequenz zuzuschreiben, mit der hier die Gegenreformation 
durchgeführt worden ist. 

Schon in früheren Jahrhunderten begegnen wir vereinzelten 
Spuren einer dem herrschenden Kirchenglauben abgewandten 
Lehre: so beispielsweise 1326 zwei Breven des Papstes Jo- 
hann XXII. an König Wladyslaw und den Erzbischof von 
Onesen, in welchen diese zur willigen Aufnahme und Unter- 
stützung der zur Ausrottung der Ketzerei von ihm nach Polen 
•entsandten Inquisitoren aus dem Dominikanerorden ermahnt 
werden. Im 15. Jahrhundert hatte die hussitische Lehre 
weite Verbreitung in Polen geftmden. Die Verbindung mit 
Böhmen war eine uralte, nicht blofs in der engen Stammes- 
verwandtschaft der beiden Völker begründete. Ganz besonders 
mufste der Besuch der Universität Prag, jener Hochburg des 
liussitischen Bekenntnisses, seitens zahlreicher Jünglinge des 
polnischen Adels das Elindringen jener Lehre befördern. Ea 
kam so weit, dafs selbst Wladyslaw Jagello und seine Ge* 

Meyer, Geschichte Posens. 6 



82 Drittes Buch. 

mahlin Hedwig Interesse für jene fremde Lehre gewannen, 
Hieronymus von Prag, einer der Leiter der Bewegung, wurde 
vom Könige zur Reform der Universität Ejrakau berufen^ 
und die Königin, welche namentlich die Verwendung der 
Muttersprache beim hussitischen Gottesdienst sympathisch 
berührte, liefs die Bibel ins Polnische tibersetzen. Wie 
einen gemeinsamen Volkshelden versuchte der böhmische 
und polnische Adel Hufs in Konstanz zu schützen. 

Da und dort begegnen wir leiseren oder vemehmHchere» 
Spuren hussischer Thätigkeit im Lande. Es wird uns ein 
Richter in Posen genannt, der flüchtigen böhmischen Predi- 
gern Gastrecht in seinem Hause gewährte, die Namen einer 
Reihe von hochgestellten Baronen, an ihrer Spitze der mäch- 
tige Wojwode Ostrorog, sind uns aufbewahrt; die offen die 
Bewegung begünstigten. Ja, der herrschsüchtige Bischof 
von Krakau, Zbigniew Olesnicki, mufste den stumpf gewor- 
denen König mit dem Banne bedrohen, als er Hussiten in 
der Krakauer Vorstadt Kazimierz aufgenommen, um wäh- 
rend der Osterzeit 1431 den Gottesdienst nicht zu entbehren,, 
weil der fanatische Bischof die Hauptstadt mit dem Inter- 
dikt belegt hatte. In unserer Landschaft war namentlich 
die dem Andreas Zb^ski, Landrichter von Posen, gehörige 
Stadt Bentschen ein Sitz hussitischer Bekenner. Der Bischof 
von Posen hatte, zuerst durch gerichtUche Citationen, dann,, 
als diese von Zb£(jski unbeachtet bHeben, mittelst Waffen- 
gewalt diesen zur Abstellung des ketzerischen Greuels zu 
zwingen versucht, war aber unterlegen und hatte sogar seine 
Diöcese räumen müssen. Nach seinem Tode zog sein Nach- 
folger Andreas von Bnin neuerdings mit Kriegsvolk vor 
Bentschen und zwang Zb^jski zur Auslieferung von fünf 
hussitischen Predigern, die er dann sämthch lebendig ver- 
brennen liefs (1439). Schon vorher war auf einer Provin- 
zialsynode zu Lenczyc eine Anzahl strenger Mafsregeln gegen 
die Weiterverbreitung der hussitischen Lehre vereinbart 
worden. Alle in Böhmen weilenden Polen wurden in die 
Heimat zurückberufen, und jeder Handelsverkehr mit jenem 
Lande untersagt. 

War hierdurch auch einem weiteren Umsichgreifen jener 
gefährlichen religiösen Bewegung Einhalt gethan, so glimmte 
doch der einmal hereingeworfene Funke unter der Asche 
fort und brach auch sofort wieder hervor, als ein Jahrhun- 
dert später Luther von Wittenberg aus das Reformations- 
werk seiner Vorläufer wieder aufnahm. Die kirchlichen Zu- 
stände Polens hatten in dem abgelaufenen Zeitraum nicht 
nur keine Wandlung zum Bessern erfahren, sondern sich 



J 



Eindringen des Hussitismus, Anfänge der Beformation. 83 

noch wesentlich verschlechtert. Dazu trat ein schroffer 
Gegensatz zwischen dem polnischen Adel und der Geistlich- 
keit: diese stets geneigt zu Übergriffen und Erweiterungen 
ihres Machtgebietes, jener eifersüchtig wachend über seiner 
unbeschränkten Freiheit. 

Wie überall, so waren auch in Posen die Städte die 
ersten, welche sich der Lehre Luthers zukehrten. Noch war 
in ihnen das deutsche Element wenigstens in geistigen Dingen 
das tonangebende und zugleich dasjenige, welches sich eine 
lebendige Fühlung mit den Vorgängen in der alten Heimat 
bewahrt hatte', Handel und Wandel brachten täglich neue 
Berührungen mit dieser. Danzig wurde der Vorort der re- 
formatorischen Bewegung in Polen. Schon 1518 erhob da- 
selbst der Dominikanermönch Jakob Knade seine Stimme 
wider die Mifsbräuche der Kirche, und seine Worte fanden 
rasch Widerhall in den übrigen preufsisch-polnischen Städten. 
Auch in unserem Lande war es ein Dominikaner, Samuel 
in Posen, der zuerst ums Jahr 1520 im Sinne Luthers pre- 
digte. Wenige Jahre später, 1525, trat Johannes Seklu- 
cyan, ein geborener Bromberger, in Samuels Fufstapfen. 
Auf der Universität Leipzig vorgebildet, war er daselbst 
ein eifriger Anhänger der lutherischen Lehre geworden. 
Später hatte er die Stelle eines deutschen Predigers an der 
Maria Magdalenenkirche zu Posen erhalten und wirkte hier 
nun eifrig für die neue Lehre, bis er auf Veranlassung des 
Bischofs von Posen von dieser Stelle entfernt wui^de. Vor 
weiteren Verfolgungen schützte ihn die mächtige Familie 
Gorka, die ihm auch nach seiner Vertreibung eine Anstel- 
lung am Posener Zollamt auswirkte. Ein dritter Verbreiter 
der lutherischen Lehre in Posen wurde der um das Jahr 
1530 vom Bischof Johann Latalski als Lehrer der alten 
Sprachen an die Lubranskische Schule berufene Christoph 
Endorf aus Leipzig. Diese Schule erfreute sich gerade 
damals eines grofsen Zulaufes nicht nur aus Grofspolen, 
sondern auch aus Kleinpolen und Schlesien. Aber auch 
Endorfs Thätigkeit dauerte nur kurze Zeit, da der Bischof, 
auf seine Neuerungen aufmerksam geworden, alsbald seine 
Entlassung herbeiführte. 

Die Gröfse der Gefahr ahnten freilich die kirchlichen 
Machthaber noch nicht. Einer der frühesten Warnungs- 
rufe ist das Schreiben des berühmten Vizekanzlers Peter 
Tomicki an den Kastellan von Posen und General-Capitan 
von Grofspolen. Aber wie wenig ahnt doch dieser Bischof 
von Posen die Tragweite dieser Bewegung, wie wenig kennt 
er die Gesinnung des Lukas von Gorka, weün er ihm 

6* 



84 Drittes Buch. 

schreibt: ^^Ich höre^ dals die lutherische Sekte von Tag zu 
Tag im Posener Gebiet weiter um sich greift und ungestraft 
alles thut. Ew. Mag. werden einsehen, wie verderbenbringend 
dies Gift ist, da solche Vorgänge nicht der Tugend, sondern 
der Frechheit entspringen." In Erakau — so fuhrt der 
Bischof an — hat der Palatin im Verein mit den Bürgern 
und Geistlichen solche Ausschreitung gedämpft. Er kann 
es nicht fassen , weshalb man in Posen ungestraft die ver- 
botenen Bücher von Hand zu Hand gehen läfst und zusieht, 
wie in den Kirchen zügellose und gotteslästerliche Reden 
gehalten werden, die dann bei den Trinkgelagen und in den 
Gesellschaften ein vielfaches Echo finden. 

Das Schreiben des Vizekanzlers war ein Vorbote der 
strengen Mafsregeln, zu denen sich die R^erung im folgen- 
den Jahre aufraffte, als immer drohender die Gewitterwolken 
sich auftürmten. Auch der Erlafs des Königs, der im Sommer 
1523 erschien, trägt die. deutlichen Spuren an sich, wie die 
Räte Sigismunds auch jetzt noch nicht das Wesen der Refor* 
mation begriffen. Eine Art Inqiusitionstribunal wird ein- 
gesetzt, vor das alle bezüglichen Sachen gebracht werden 
sollen und dem er das Recht einräumt, in allen Häusern 
Nachforschungen nach ketzerischen Büchern zu veranstalten. 
Bald nach dem königlichen Erlafs versammelte der Erz- 
bischof von Gnesen die Geistlichkeit zu einer Synode in 
Lenczyc (Oktober 1523), woselbst die berüchtigte Bulle LeosX. 
wider Luther und das königliche Manifest zur Richtschnur 
genommen wurden, auf Grundlage deren die Synode aus- 
stöfst und verdammt jede Ketzerei, die sich wider den hei- 
ligen, orthodoxen und katholischen Glauben und wider die 
römische Kirche erhebt, zumal die von Luther und HuIb 
ausgegangene. Weitere energische Mafsregeln wurden auf 
dem Reichstag zu Fetrikau (1526) und der Synode zu Lenczyc 
(1527) getroffen. 

1534 wurde durch einen Erlafs König Sigismunds der 
polnischen Jugend der fernere Besuch ausländischer Schulen 
verboten, und 1544 verfügte die Petrikauer Synode den 
Verlust der kirchlichen Benefizien für alle diejenigen auf 
protestantischen Universitäten weilenden Geistlichen, welche 
nicht binnen sechs Monaten nachhause zurückkehren wür- 
den. Aber alle diese Verbote und Drohungen erwiesen sich 
ohnmächtig gegen die mehr und mehr um sich greifende 
Neuerung. War doch sogar der gleichnamige Neffe des 
oben genannten Erzbischofs von Gnesen, nachdem er auf 
der Leiter der kirchlichen Hierarchie bereits zur Würde 
eines Dompropstes von Gnesen emporgestiegen war, in die 



Mafsregeln gegen die lutherische Lehre, böhmische Brüder. 85 

Reihe der Abtrünnigen getreten^ um später, nach einem 
langen Wanderleben in der Schweiz, Deutschland — wo er 
namentlich als Reformator Ostfi-ieslands bekannt ist — und 
England, mit Genehmigung des Königs in die Heimat zu- 
rückzukehren und hier im evangelischen Sinne weiter thätig 
zu sein. 

Einen neuen, kräftigen Zuwachs erhielt das dissidentische 
Bekenntnis in unserem Lande durch die Einwanderung 
der böhmischen Brüder. Dieselben kamen zuerst im Jahre 
1547 nach Grofspolen, als König Ferdinand nach dem 
für die Protestanten so unglücklichen Ausgang des schmal- 
kaldischen Krieges in Böhmen mit allen Mitteln der Ver- 
folgung gegen die Bekenner dissidentischer Lehren vor- 
ging. Die einwandernden Flüchtlinge stammten zumeist aus 
Leitomischl, sodann aus Bidschow, Chlumec und SoUnic. An 
ihrer Spitze standen die Priester Mathias Aquila, Urban 
Hermon, Johann Korjtan und Mathias Paterkulus. Es 
waren beiläufig 500 Seelen; auf einigen sechzig Wagen 
führten sie ihre Habseligkeiten mit sich. Am 25. Juni 
langten sie in Posen an. Zu ihnen gesellte sich bald ein 
zweiter Auswandererzug, bestehend aus den Brüdern der 
Gemeinden Turnau und Brandeis, beiläufig 300 Seelen mit 
50 Wagen. Ein dritter Haufe bestand aus dem Rest der 
Brandeiser Brüder; ihre Führer waren Mach von Sion und 
Georg Israel, Posen war der Sammelplatz der Auswanderer. 
Sie iianden hier, trotz der Opposition des Bischofs Benedict, 
namentlich durch das Wohlwollen, das ihnen Andreas Gorka, 
General von Grofspolen, entgegenbrachte, freundliche Auf- 
nahme. Das stille und zurückgezogene Leben, die lautere 
Frömmigkeit, der unverdrossene Fleifs, der musterhafte Le- 
benswandel gefiel dem polnischen Adel; zahlreiche Mitglieder 
desselben, wie die Ostrorog, Lesczynski, Krolanski, Opa- 
linski, Lipski, Bojanowski u. a., luden sie auf ihre Güter 
ein. Allerdings wufste der Bischof jetzt ein Mandat des 
Königs Sigiipaund August zu erwirken, das den Brüdern 
den Aufenthalt in Polen untersagte, so dafs die meisten von 
ihnen den Wanderstab aufs neue ergreifen mufsten; sie 
wandten sich weiter nach Preufsen, wo ihnen Herzog Al- 
brecht gastliche Aufnahme gewährte. Ein Rest blieb jeden- 
falls in Grofspolen zurück, und um ihn scharten sich bald 
zahlreiche Eingesessene. Eine Brüdergemeinde entstand^ 
deren erster Vorsteher Georg Israel wurde. Er gewann 
mehrere angesehene Mitglieder des Adels für die Unität, so 
namentlich den reichbegüterten Jakob Osti'orog, nach dessen 
gleichnamiger Stadt Israel später seinen Sitz und damit die 



86 Drittes Buch. 

Leitung der Unität in Polen verlegte. Im Jahre 1558 bil- 
deten die böhmischen Brüder bereits an 40 blühende Ge- 
meinden. 

Im Jahre 1548 war König Sigismund I. gestorben. Ihm 
folgte sein Sohn Sigismund August (1548 — 1572). Derselbe 
neigte in seinen Anschauungen entschieden zu den reforma- 
torischen Ideen. Sein Schwager Radzivil gehörte zu den 
Häuptern des evangelischen Adels. Der Beichtvater seiner 
Mutter, Lismanini, pflegte dem Könige die Schriften Cal- 
vins vorzulesen; der Hofprediger Prasnicias war ganz dem 
Evangelium ergeben. Die lange mit Gewalt niedergehaltene 
evangelische Bewegung ergriff jetzt nicht nur die weitesten 
Kreise der Bevölkerung, sondern schuf sich nunmehr auch 
rechtliche Garantieen für ihren äufseren Bestand. 1556 an- 
erkannte ein Reichstagsschlufs die Religionsfreiheit des Adels, 
die Berufung eines Nationalkonzils zur Beseitigung der 
Mifsbräuche der alten Kirche wurde auf Betreiben des 
Adels vom Könige selbst beim päpstlichen Hofe in An- 
regung gebracht und als unerläfsliche Propositionen für das- 
selbe die Einführung der Landessprache bei der Mefsfeier 
und des Abendmahles in beider Gestalt nebst der Priester- 
ehe bezeichnet. 

Zu einer festen äufseren Rechtsform gelangte das aka- 
tholische Bekenntnis jedoch erst in der von dem nach Sigis- 
mund Augusts Tode berufenen Konvokationsreichstag erlas- 
senen sogen. Pax Dissidentium, deren Hauptbestimmung die 
Unabhängigkeitserklärung der bürgerlichen Rechte von dem 
religiösen Bekenntnis ist. Dieses Grundgesetz sollte künftig- 
hin von jedem neugewählten König vor der Krönung be- 
schworen werden. Der religiöse Friede blieb denn auch 
während der kurzen Regierungszeit Heinrichs von Valois 
(1573 — 1574) und ebenso während der ersten Jahre von 
Stefan Batorys Herrschaft (1575 — 1586) ungetrübt. In die 
späteren Jahre derselben fallen mit der Einführung des Je- 
suitenordens in Polen die Anfange der katholisolien Kirchen- 
restauration. Das Verdienst dieser Einführung gebührt, dem 
bekannten Bischof Hosius von Ermland, der zuerst dem 
jungen Orden in Braunsberg ein reich dotiertes Kollegium 
errichtete. Andere Niederlassungen der Jesuiten folgten, die 
neugegründete Universität Wilna wurde ihnen überlassen. 
Wie überall, so knüpft sich auch in Polen an das Auf- 
kommen dieses streitbarsten aller Orden die rasche und voll- 
ständige Rückkehr der Abgefallenen in den Schofs der rö- 
mischen Kirche. Der polnische Adel, namentlich neben dem 
deutschen Bürgertum der Städte die Hauptstütze des evan- 



Katholische Restauration, zweiter schwedischer Krieg. 87 

gelischen Bekenntnisses, unterlag jetzt der zu einer beispiel- 
losen Feinheit ausgebildeten* Bekehrungskunst der Jesuiten 
in einem solchen Mafse, dafs nur noch wenige vereinzelte 
Anhänger des Evangeliums übrig blieben. Damit war aber, 
bei der Bedeutung, welche der Adel im polnischen Reich in 
allen Phasen seiner Geschichte gehabt hat, das Schicksal 
der evangelischen Lehre in Polen entschieden. 

Bereits unter dem nächsten Nachfolger Stefan Batorys, 
Sigismund III., dem ersten König aus dem Hause Wasa, 
kann die katholische Restauration als abgeschlossen be- 
trachtet werden. Iiä übrigen ist die Regierungszeit dieses 
Königs (1586 — 1632), sowie die seiner nächsten Nachfolger, 
Wladyslaw IV. (1632—1648) und Johann Kasimir (1648 bis 
1669), fast ganz unfruchtbar an äufseren Schicksalen für unsere 
Provinz geblieben. Nur die langjährigen Kriege, welche 
unter den beiden letztgenannten Königen mit Schweden wegen 
der Ansprüche desselben auf den schwedischen Thron ge- 
führt wurden, sind für unser Land von verhängnisvoller Be- 
deutung geworden. Namentlich in den Jahren 1655 und 1656 
war das Posener Land der Schauplatz verwüstender feind- 
licher Einfalle. Der kriegslustige und kühne Schwedenkönig 
Karl X. Gustav beabsichtigte, einen Teil Posens zu Schwe- 
den zu schlagen. Die Uneinigkeit im polnischen Lager 
leistete solchen Bestrebungen Vorschub. 1655 drang ein 
schwedisches Heer (17 000 Mann) unter Wittenberg von 
Hinterpommern aus in Polen ein und richtete seinen Marsch 
gerade auf die Netze, wo bei Usch das polnische Adelsheer 
unter den Palatinen Opalinski und Grudzinski sich gelagert 
hatte. Doch wurde ein Waffenstillstand geschlossen, durch 
welchen das polnische Heer mit den Palatinaten Posen und 
Kaiisch sich dem Schutz des Schweden königs unterwarf. 
Karl X. sollte in alle die Rechte eintreten, welche bisher 
der polnischen Krone zugestanden, wogegen den Polen freie 
Ausübung ihrer Religion und der Genufs ihrer alten Frei- 
heiten zugesichert wurde, sowie dafs die Amter nur an Ein- 
geborene vergeben werden sollten. Die festen Städte wur- 
den den Schweden übergeben. Am 26. Juli kamen die 
Schweden vor Posen an. Opalinski und Grudzinski trafen 
zuerst ein und befahlen der Stadt sich zu ergeben. An- 
fönglich weigerten sich die Einwohner, da sie zur Vertei- 
digung genügend gerüstet waren ; als aber die beiden Adels- 
führer ihnen erklärten, dafs der ganze polnische Adel zu 
den Schweden abgefallen sei, widersetzten sie sich nicht 
länger. Tags darauf erfolgte dann der Einmarsch der 
schwedischen Führer, während das Heer vor den Thoren 



88 Drittes Bueb. 

lagerte. Das erste, was jene in der occnpierten Stadt ver- 
fügten, war die Ausschreibung ungeheuerer Kontributionen; 
es sollten geliefert werden täglich 15 Ochsen, 100 Schafe^ 
3000 Laib Brot zu je 8 Pf. und 130 Tonnen Bier. In der 
folgenden Nacht begann dann die Plünderung der Läden 
und Gewölbe. Einige Tage später wurden der Stadt so- 
dann alle ihre Geschütze weggenommen ; ein gleiches Schick- 
sal drohte den städtischen Urkunden und Privilegien, doch 
waren diese noch rechtzeitig teils bei einzelnen Bürgern 
versteckt, teils aus der Stadt weggebracht worden. Ana 
schlimmsten erging es jedoch den katholischen Kirchen und 
Geistlichen der Stadt. Die ersteren wurden ausgeplündert^ 
die letzteren im Schlosse eingesperrt und durchgeprügelt 
Nur die Pfarrkirche wurde den Katholiken zum Gottes- 
dienst belassen. Dagegen richteten sich die Schweden im 
Eathause, der Stadtwage und in einigen Privathäusern Bet- 
säle ein. Später wurden sämtliche Geistliche mit Ausnahme 
dreier Jesuiten aus der Stadt gejagt. Ein Bemhardiner- 
mönch verlor dabei sein Leben, ebenso wurde der Weih- 
bischof Branicki in der Vorhalle der Domkirche erschossen. 
Die Schweden brannten die Vorstädte nieder und verbesserten 
die Befestigung. Als sie nach Ostern 1656 abzogen, kamen 
2000 Brandenburger unter DerflFlinger und hausten noch 
ärger, indem sie 14 Kirchen imd 5 Klöster in Brand steckten. 
Gegen Johanni rückte ein polnisches Ersatzheer vor die 
Stadt und beschofs sie einige Wochen, bis die Branden- 
burger sie gegen freien Abzug übergaben. 

Auch andere Städte der Provinz wurden von den Schwe- 
den mehr oder weniger arg mitgenommen. In Kosten, wo 
die Polen den Landgrafen Friedrich von Hessen-Cassel, da 
er eben auf der Reise zum Schwedenkönig begriffen war, 
meuchlings erschossen hatten, wurde zur Strafe hiefur die 
polnische Besatzung von den Schweden niedergemacht (1655). 
Im folgenden Jahre wurden dieselben wieder herausgeschlagen^ 
kamen jedoch im Juni zurück und plünderten und ver- 
brannten die Stadt. Das gleiche Schicksal erfuhr 1655 
Ghoesen; 1656 am 27. April kam es eine Meile von der 
Stadt zu einem gröfseren Treffen, in welchem die Polen mit 
Verlust von 3000 Mann unterlagen. Auch in Kruschwit2& 
setzten sich 1655 die Schweden fest, imd die Bemühungen 
der Polen unter dem Wojwoden Stefan Czarnecki, sie wie* 
der herauszuwerfen, hatten keinen Erfolg; doch zogen sie 
im Juni 1657 freiwillig ab, nachdem sie vorher noch das 
Schlofs zerstört hatten. Bomst wurde 1656 zweimal durch 
die Schweden ausgeplündert, ebenso Fordon. Qt)llantsch 



Zweiter und dritter schwedischer Krieg. 89 

verteidigte uch tapfer: als es sich endlich ergeben mufste^ 
machten die Schweden die ganze Besatzung nieder; auch 
drei Priester verloren dabei das Leben. Inowrazlaw wurde 
1656 von den Schweden in Asche gelegt. Lissa hatte 1655 
eine schwedische Besatzung in seine Mauern aufgenommen. 
Im folgenden Jahre führte Opalinski ein polnisches Heer 
von Storchnest her gegen die Stadt. Den ersten Ansturm 
schlugen die Bürger in Gemeinschaft mit den Schweden ab; 
als jedoch gröfsere Feindesmassen heranrückten^ flüchteten 
die meisten Einwohner. Dafür bekamen die Zurückbleiben- 
den die volle Wut des Siegers zu fühlen : drei Tage (29. April 
bis 1. Mai) dauerte die Plünderung und Zerstörung der 
blühenden Stadt; nicht einmal das fiathaus und die Kirchen 
blieben verschont. 

Auch der dritte schwedische Baieg brachte feindliche 
Einfälle und alle Schrecken derselben !über unsere Provinz. 
1703 rückten die Schweden vor Posen, setzten über die 
Warthe und stürmten die Stadt (7, September). Der schwe- 
dische Kommandant liefs die Vorstädte niederbremien und 
die Befestigungswerke in besseren Stand bringen. Im fol- 
genden Jahre kam es dicht bei Posen zu einem gröfseren 
Gefecht zwischen Schweden und Sachsen , in welchem die 
letzteren unterlagen. In den letzten Septembertagen rückte ein 
polnisch-sächsisch-russisches Heer von 34000 Mann vor Posen, 
welches von 6000 Mann Schweden tapfer verteidigt wurde. 
Die Brücken nach der Wallischei und dem Graben, sowie 
die halbe Wallischei wurde von den Schweden verbrannt. 
Bis zum 3. November dauerte die Belagerung, an diesem Tage 
zogen die Alliierten vor dem herannahenden Karl XII. ab. 
Derselbe kam, wie auch später noch einmal (September 1707}, 
selbst nach Posen. Erst nach dem unglückhchen Ausgang 
der Schlacht bei Pultawa räumten die Schweden die Stadt 
(15. August 1709). Während ihrer Anwesenheit sogar hatte 
die katholische Stadtobrigkeit den Evangelischen die Gleich- 
berechtigung verweigert. Der schwedische Befehlshaber liefs 
daher 1708 erst den Bürgermeister, dann den ganzen Stadtrat 
einsperren. Schlimmer als die Schweden trieben es die eigenen 
Landsleute. Im September 1710 stieg einmal die Vergewal- 
tigung der Bürger durch die Soldateska zu einer solchen Höhe, 
dals die ersteren Sturm läuteten und die Soldaten aus der 
Stadt verjagten. Furchtbar war die Landeshauptstadt durch 
den Krieg betroffen worden: die meisten Vorstädte waren 
niedergebrannt, in der Stadt selbst lagen 300 Häuser ver- 
fallen oder verlassen. Aufser Posen war die südwestliche 
Ecke der Provinz, die Fraustadter Gegend, der Schauplatz 



% Drittes Buch. 

gröfserer Kämpfe. Schon 1704 war es hier zu einem blutigen 
Zusammenstofs zwischen Schweden und Russen gekommen, 
bei welchem die letzteren 800 Mann verloren. Noch gröfser 
war der zweite Sieg, den hier am 13. Februar 1706 der 
schwedische General Renskiold über das vereinigte sächsisch- 
russische Heer unter Schulenburg erfocht. Die Schweden hatten 
anfangs bei Fraustadt Stellung genommen, waren dann aber, 
um die Gegner über die schlesische Grenze zu locken, nach 
Schwetzkau zurückgewichen. Als die Alliierten folgten, kehrte 
Renskiold plötzlich um und warf innerhalb einer Stunde den 
Feind vollständig auseinander. Im folgenden Jahre wurde Lissa 
von einem russischen Streifcorps furchtbar heimgesucht. Ein 
russischer Oberst, Schultz, der als Knabe in Lissa bei einem 
Schuster Lehrling gewesen und wegen einer Züchtigung 
davon gelaufen war, schickte 500 Soldaten nach Lissa, um 
die ihm verhafste Stadt zu brandschatzen. Als dieselbe seinen 
ungeheuerlichen Forderungen nicht nachkommen konnte, fiel 
er über sie her, liefs die Bewohner ausrauben, zum Teil 
niedermetzeln und die Stadt an allen Ecken zugleich mit 
Pechkränzen anzünden. Russische Patrouillen ritten durch 
die Gassen und warfen Pechkugeln auf die Häuser; viele 
Menschen kamen in den Flammen um. 

Zu allen diesen Bedrängnissen durch äufsere Feinde 
kamen auch noch innere Zwistigkeiten, welche das unglück- 
liche Land zerfleischten. 1715 hatte sich behufs Vertreibung 
der höchst unbeliebten sächsischen Regimenter eine Adels- 
konföderation zu Tarnogrod gebildet. Am 25. Juli 1716 
erstürmte der Marschall derselben, Skorzewski, Posen, wo 
eine starke sächsische Besatzung lag; zahlreiche Bürger, 
namentlich aber viele Juden verloren bei diesem Zusammen- 
stofs ihr Leben. Zehn Tage lang plünderten und brand- 
schatzten die Konföderierten wie in einer feindlichen Stadt 
und liefsen schliefslich durch die Einwohner die Befestigungen 
zerstören, sodafs Posen seitdem ein offener Ort war. 

Auch der Siebenjährige Krieg ist nicht spurlos an unserer 
Provinz vorübergegangen. Die Republik war allerdings am 
Kriege unbeteiligt, aber aufserstande, ihrer Neutralität Ach- 
tung zu verschaffen : das Land lag offen für jedermann. Im 
Sommer 1758 rückte die russische Armee unter Fermor 
von der Weichsel her in ihrem Marsche auf Schlesien längs 
der Netze und Warthe durch unsere Landschaft. Am letzt- 
genannten Flufse wurden Magazine errichtet, aus denen die 
Verpflegung der Truppen bestritten werden sollte. Um diese 
Magazine zu zerstören, sandte Friedrich der Grofse den 
Generalmajor Wobersnow mit 5000 Mann und 12 Geschützen 



Siebenjähriger Krieg. 91 

über die polnische Grenze. Dieses Corps setzte sich Ende 
Februar 1759 von Glogau aus in Marsch. Der erste Vor- 
stofs galt dem russenfreundlichen Fürsten Sulkowski in 
Reisen. Alexander Joseph Sulkowski, der frühere Kabinetts- 
minister Augusts III., welchem Graf Brühl in der Gunst 
seines Herrn den Vorrang abgewonnen hatte und der von 
Kaiser Franz I. zum Fürsten des Deutschen Reiches erhoben 
worden war, hielt in seiner Grafschaft Lissa eine Leibgarde 
von 100 Mann und bethätigte seinen Hafs gegen Fried- 
rich II. durch Werbungen für die russische Armee und 
durch Lieferungen, welche er seinen Unterthanen auferlegte. 
Jetzt wurde er zur Strafe hierfür samt seiner Garde von 
dem genannten preufsischen Corps aufgehoben. Am 28. Fe- 
bruar langte dasselbe in Posen an. Friedrich erliefs ein 
Manifest, welches besagte, dafs, indem er seine Truppen in 
Polen einrücken lasse, er sich desselben Rechtes bediene, 
welches die Russen zum Angriff gegen ihn gebrauchten, jedoch 
mit dem Unterschiede, dafs er nur den unschädlichen Durch- 
marsch verlange, während die Russen die polnischen Garni- 
sonen vertrieben und ansehnliche Plätze, welche unter dem 
Schutze der Republik standen — hiermit war Danzig ge- 
meint — in Besitz zu nehmen trachteten. Er versicherte, 
dafs er weder gegen den König von Polen noch gegen die 
Republik feindselig verfahren wolle, sondern nur seine offen- 
baren Widersacher und Feinde abzuhalten und ihre schäd- 
lichen Absichten zu hintertreiben beabsichtige. Wobersnow 
vernichtete die in Posen und anderen Orten des Warthe- 
gebietes aufgehäuften russischen Magazine, welche für 50 000 
Mann auf drei Monate Lebensmittel enthielten; den Posener 
Juden legte er eine Kontribution von 1300 Dukaten auf. 
Am 4. März trat er den Rückzug nach Schlesien an. Sul- 
kowski ward kurze Zeit in Glogau gefangen gehalten, seine 
Leibgarde unter die preufsische Armee gesteckt. Am Hofe 
zu Warschau entstand grofser Lärm über den Einfall der 
Preufsen, aber in weiten Kreisen Polens fand das Verfahren 
der Preufsen Beifall. 

Im Mai rückte die russische Armee aus ihrer Winterruhe 
hinter der Weichsel über dieselbe vor. Am 1. Juni langte 
die Avantgarde in Posen an. Ein zweites Corps wandte 
sich nach der Netze und traf am 11. Juni bd Usch ein, 
ein drittes sammelte sich bei Schwetz und erreichte am 
3. Juni Nakel. Alsdann marschierten diese beiden Corps 
nach Posen; am 29. Juni war die ganze Armee, gegen 
70 000 Mann, bei dieser Stadt vereinigt und bezog auf dem 
linken Wartheufer ein verschanztes Lager. Von der andern 



92 Drittes Buch. 

Seite rückten die Preufsen heran. Am 23. Jnni fand bei 
Schwerin an der Warthe die Vereinigung der Corps Dohna 
und Hülsen statt. Seinen Einmarsdi hsiite Dohna durch 
Patente angekündigt und Lieferung von Lebensmittehi an- 
befohlen. Friedrich rechnete darauf; dafs die auf etwa 
30000 Mann verstärkte Armee die noch vereinzelten russi- 
schen Heeresabteilungen zur Weichsel zurücktreiben werde. 
Aber der Plan mifslang. Allerdings marschierte Dohna die 
Warthe aufwärts und zwar an deren rechten Ufer^ auf die 
Verbindung der Russen mit der Weichsel. Aber dieser 
Marsch ging langsam vonstatten , ^^nach Schildkrötenart ^^^ 
wie Friedrich schalt, da die Truppen, um das reifende Ge-. 
treide zu schonen, in langen Kolonnen auf grundlosen Sand- 
wegen einherzogen. Am 2. Juli ward endlich Obomik er- 
reicht und die Avan^arde unter Woborsnow bis auf zwei 
Meilen von Posen, nach Murowana Goslin vorgeschoben. 
Die preufsische Armee stand im Rücken der Russen. Aber 
es war zu spät, um noch ein Corps der russischen Armee 
abgesondert zu fassen. Ein Versuch, den russischen Trofs mit 
den Proviantkolonnen, den man in der Vorstadt von Posen 
vermutete, anzugreifen, erwies sich als unausführbar; viel- 
mehr mufsten die preufsischen Generale sich überzeugen, dafs 
ihnen die vereinigte russische Armee gegenüberstand, welche 
der ihrigen um mehr als das Doppelte überlegen war. Am 
6. JuU mufste Dohna auf das linke Wartheufer zurückgehen. 
Zuvor entsandte er den Obersten Jordt auf einen Streifzug, 
den dieser bis Bromberg ausdehnte. Die russische Armee 
brach am 8. Juli von Posen auf gegen die Oder zu, doch 
gewann ihr Dohna den Vorsprung ab und langte früher als 
die Russen an der Oder an, in deren Nähe dann am 23. Juli 
das Treffen bei Kay stattfand, dessen für die Preufsen un- 
günstiger Ausgang den Russen den Weg nach der Mark 
und Schlesien frei machte. 

Noch mehrmals haben dann in den folgenden Kriegs- 
jahren Durchzüge russischer und preufeischer Corps durch 
unser Land, Überfalle und Wegnehmungen russischer Maga- 
zine durch preufsische Truppen stattgefunden. Zu einem 
gröfseren Zusammenstofs ist es dabei jedoch nirgends ge- 
kommen. Immerhin war der Schaden, welcher durch solche 
feindliche Begegnungen einzelnen Orte — so namentlich 
Posen — zugefugt wurde, nicht gering. 



Viertes Buch. 
Innere Zustände. 



Werfen wir, ehe wii* an die Erzählung der letzten 
Schicksale des polnischen Reiches gehen, noch einen Blick 
auf die Verfassungs- und inneren Zustände desselben, wie 
sie sich in den letzten zwei Jahrhunderten herausgebildet 
hatten ! 

Schon aus kurzen gelegentUchen Andeutungen bei der 
Darstellung der äufseren Geschichte geht zur Genüge deut- 
lich hervor, dafs die inneren Zustände Polens in diesem 
Zeitraum einem rapiden Verfall entgegengingen. Um die 
Mitte des 18. Jahrhunderts war diese Rückwärtsbewegung zu 
einem gewissen Abschlufs gekommen. 

Die Einwohnerzahl des Reiches wird kurz vor der ersten 
Teilung auf ungefähr 14 Millionen angegeben und die Dichtig- 
keit der Bevölkerung auf 6 — 800 Seelen auf die Quadrat- 
meile. Etwa %o ^er Bevölkerung bildeten die Bauern. 
Unter die alteinheimischen polnischen Bauern waren überall 
einzelne deutsche Kolonisten und ganze deutsche Bauern- 
gemeinden eingestreut, am dichtesten in den westUchen Teilen 
des Reiches, in den Warthe- und Weichselgegenden. Noch 
Kasimir der Grofse und seine nächsten Nachfolger hatten 
sich als eifrige Förderer dieser deutschen Einwanderung er- 
wiesen. Jetzt lastete auch auf ihnen schwer der Druck der 
Zeit, und nur mit Mühe hielt sich ein Teil der alten Ein- 
wanderer bis in die letzte Zeit in seiner Freiheit. 

Noch schlimmer war die Lage der polnischen Bauern- 
bevölkerung. Die Bauern der Staatsgüter genossen noch einigen 
Rechtschutz ; die übrigen aber waren eine jeder Willkür ihres 
Herrn preisgegebene Herde. Sie hatten kein Klagerecht 
gegen ihren Eigentümer, die Ehre ihrer Frauen und Töchter 
stand zur Verfügung desselben: „die Gutsherren" — berichtet 
ein Reisender im Jahre 1781 — „schänden jedes Mädchen, 
das ihnen gefallt, und antworten mit 100 Stockschlägen jedem, 



96 Viertes Back 

der sich darüber beschwert" Sie blieben für alle Zeit an 
die Scholle gefesselt, auf der sie geboren waren , und wenn 
sie starben, fiel ihre Habe an den Grundherrn. Auch sonst 
beutete sie dieser aus, wo und wie er konnte: nur aus seinem 
Kruge durften sie ihren Branntwein und nur bei seinem 
HoQuden ihren Bedarf an Waren entnehmen. Ja sogar das 
Leben dieser Ärmsten stand in der Willkür ihrer Peiniger, 
denn was sollte die geringfügige Straftaxe von etwa vier 
Thalem nach heutigem Geldwert fiir den Totschlag eines 
leibeigenen Bauers durch seinen Grundherrn bedeuten? Nur 
wenn der Mörder ein fremder Edelmann war, lag diesem 
überdies noch die Versorgung der Hinterbliebenen des Ge- 
töteten ob. Erst seit 1768 wurde der Mord an einem Ejneten 
wie jeder andere Mord bestraft, wenn auch immer noch mit 
der Einschränkung, dafs der Mörder auf frischer That er- 
griffen und aufser andern durch zwei Standesgenossen über- 
flihrt worden war. 

Solange dem Adel keine gesetzliche Befugnis zustand, 
nach entlaufenen Hintersassen zu suchen, hatten die letzteren 
gegen Vergewaltigungen in der Flucht eine letzte Rettung. 
Diese wurde ihnen durch den Reichstagsbeschlufs von 1632 
genommen, nach welchem Unterthanen ohne Genehmigung 
ihrer Grundherrschaft ihre Wohnsitze nicht mehr verlassen 
durften, vielmehr jede Stadt oder Dorfgemeinde einen solchen 
Flüchtling bei 200 Mark Strafe sofort in Haft zu nehmen 
und zu seiner Gutsherrschaft zurückzuführen hatte. 

In einer ähnlich traurigen Lage wie der Bauernstand 
befand sich während der letzten Jahrhunderte der Republik 
der Städtebürgerstand. Ja, bei diesem wurde diese üble 
Lage noch bitterer empfunden, weil hier ein unverkennbarer 
Rückgang gegen frühere Zustände vorlag. Auch bei den 
Städten unterschied man zwischen königlichen und grund- 
herrlichen Städten, von denen die ersteren in Anbetracht 
ihrer direkten Unterordnung und Verbindung mit dem Staats- 
oberhaupt sich eines gewissen Mafses von Autonomie erfreu- 
ten, wenn auch ihnen, wie wir sehen werden, schon früh- 
zeitig selbst diese bescheidene Freiheit durch einen gewalt- 
thätigen Beamtenadel arg verkümmert werden sollte, wäh- 
rend die Bürger der grundherrlichen Städte nicht viel besser 
ftdiren als die Bauern der Edelleute. 

Ganz besonders litten die Bürgerschaften derjenigen 
Städte, welche sich zur Zeit der grofsen Glaubenstrennung 
der evangelischen Lehre zugewandt hatten. Zumeist waren 
dies entweder alte deutsche Gemeinden gewesen, oder es 
waren durch neuerdings eingewanderte, häufig gerade ihres 



Oedrückte Lage d. Bauernstandes, Ausbreitung d. Jesuitenordens. 97 

Glaubens wegen aus der alten Heimat vertriebene deutsche 
Kolonisten neue evangelische Gemeinden gegründet worden. 
In beiden Fällen gesellte sich zu den Einflüssen allgemei- 
nerer Natur, welche im 16. und 17. Jahrhundert in ganz 
Polen einen starken Rückgang des Städtebürgertums herbei- 
führten ^ der doppelte Gegensatz der fremden Nationalität 
und des fremden Bekenntnisses^ welcher in den ELreisen des 
polnischen Adels und Klerus eine heftige Opposition vor- 
nehmlich gegen jene deutschen und evangelischen Stadt- 
gemeinden wachrief. Dieser Gegensatz bildete sich dann 
seit den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts durch das 
Eingreifen des Jesuitenordens zu einer offenen und systema- 
tischen Verfolgung fort, welche dann erst mit der völligen 
Erstickung jeder bürgerlichen und religiösen Freiheit ihren 
Abschlufs fand. 

1570 predigten zuerst in Posen die beiden Jesuiten 
Warszewicki und Waga; das Jahr darauf führte dann der 
Bischof Adam Konarski den Orden fömdich ein. Auf 
seine Verwendung trat der Rat den Jesuiten die Stanislaus- 
kirche ab, verhiefs ihnen Wohnungen und überliefs ihnen 
1572 noch die Bürgerschule. Am 25. Juni 1573 eröffnete 
der Orden sein Kollegium in Posen. 1580 erbaute ihm die 
Stadt ein neues Schulgebäude, in welchem neben den Schul- 
klassen eine Bibliothek, Sternwarte, Apotheke und Druckerei 
eingerichtet wurden. 1611 erhielt diese Jesuitenschule für 
ihre philosophische und theologische Fakultät vom Könige 
die Rechte der Krakauer Universität zugesprochen. Alsbald 
nach der Niederlassung der Jesuiten begann die Verfolgung 
der evangelischen Bürgerschaft der Stadt Posen. 1595 hatte 
die lutherische Gemeinde den Palast der Gorkas auf der 
Wasserstrafse, in dem sie bisher gunstweise ihren Gottes- 
dienst abgehalten, kaufweise an sich gebracht. Aber noch 
vor Ablauf eines Jahres wurde sie gewaltsam aus diesem 
Besitz vertrieben und überdies noch der teilweise sehr kost- 
baren Kultus - Gerätschaften beraubt. Gleichzeitig verbot 
ihnen der Bischof Koscielecki, ihren Gottesdienst fernerhin 
innerhalb der Stadtmauern abzuhalten. Nun errichtete die 
Gemeinde in der Nähe ihres Begräbnisplatzes vor dem 
Wronker Thor auf einem von dem Prcmst der S. Adalberts- 
kirche gekauften Grundstück ein neues Gotteshaus von Holz, 
nebenan die Schule, das Predigerhaus und ein Armenspital. 
In unmittelbarer Nähe befanden sich die Kirchengebäude 
der anderen in Posen bestehenden evangelischen Gemeinde, 
der böhmischen Brüder. Allein die Umtriebe der Jesuiten 
gönnten den Evangelischen nicht einmal diese bescheidene 

Meyer, Qestliiclite Posens. 7 



98 Viertes Buch. 

Heimstätte. Mit aufregenden Reden wurde das gemeine 
Volk von der Kanzel herab bearbeitet, den Greuel eines 
ketzerischen Gottesdienstes fürder nicht mehr zu dulden^ 
welche Aufreizung ein um so geneigteres Ohr fand, als die 
Lutheraner den wohlhabendsten und betriebsamsten Teil der 
Stadtbevölkerung ausmachten. Am Weihnachten lt>02 brach 
der offene Tumult aus. Ein wüster Volkshaufe drang in 
das Gotteshaus ein, demolierte und plünderte die innere 
Ausstattung. Durch sieben Herren vom lutherischen Adel 
wurde nun namens der Gemeinde eine Klage beim Stadt- 
gericht eingebracht, ohne dafs jedoch eine Bestrafung der 
Schuldigen oder eine Entschädigung der Gemeinde nach- 
gekommen wäre. Vielmehr fuhren die Jesuiten in ihrer 
aufhetzenden Thätigkeit fort und setzten es auch durch, 
dafs im Jahre 1605 (5. August) Feuer an die lutherische 
Kirche angelegt wurde; doch gelang es dem gemeinsamen 
Eingreifen der Gemeindemitglieder, das verheerende Element 
für diesmal auf den Dachstuhl des Gotteshauses einzu- 
schränken. Im folgenden Jahre (l3. Mai) wiederholte der 
Pöbel unter Beihilfe der Jesuitenschüler den Angriff, dies- 
mal mit besserem Erfolg; gleichzeitig wurde das daneben 
liegende Hospital ausgeplündert. Zum Jahre 1614 wird uns 
von einer dritten Brandstiftung berichtet: beide evangelische 
Kirchen wurden diesmal gänzlich in Asche gelegt, die 
Kranken des Hospitals jämmerlich zerschlagen und ausge- 
plündert. Die in Warschau eingereichte Klage der Gemeinden 
fand kein Gehör, vielmehr erschien 1615 eine Sclirift, in 
welcher den Evangelischen geradezu das Recht abgesprochen 
wird, in der Stadt Posen zu wohnen. Trotzdem hatten die 
Gemeinden den Mut, ihre Kirchen wieder aufzubauen, aber 
schon im nächsten Jahre wurden beide Kirchen abermals 
gänzlich zerstört und der Platz, auf dem dieselben gestanden, 
eingezogen. Spätere Versuche der lutherischen Gemeinde, 
die Genehmigung zum Bau eines neuen Gotteshauses zu er- 
langen, waren erfolglos, und die Evangelischen waren daher 
genötigt, ihren Gottesdienst wieder in Privathäusern abzu- 
halten. Aber auch dies wurde ihnen auf die Dauer durch 
die Unduldsamkeit ihrer katholischen Mitbürger unmöglich 
gemacht, und es würde, zudem viele wohlhabende Protestanten 
auswanderten, das evangelische Bekenntnis wohl völlig in 
der Stadt Posen erloschen sein, wenn nicht der Erbherr des 
benachbarten Städtchens Schwersenz, Sigismund von Grud- 
zinski, der schwer bedrängten Posener Gemeinde sein Schlofs 
zur Abhaltung ihres Gottesdienstes eingeräumt hätte. 1640 
überliefs dann derselbe den Posener Lutheranern einen Bau- 



Verfolgungen der evangelischen Gemeinden. Ö9 

platz zur Aufführung einer Kirche, Schule und anderer 
kirchlicher Gebäude. Fast 150 Jahre lang blieben jene 
auf diese Kirche in Schwersenz angewiesen; nur in den 
Jahren 1703—1709, als die Schweden Posen besetzt hielten, 
wurden ihnen vorübergehend von diesen die städtischen 
Bäder zum Gottesdienst überlassen. Daneben liefen eine 
Reihe anderer Bedrückungen. So mufsten die Lutheraner 
das Recht, ihre Toten durch die Strafsen der Stadt zu 
geleiten und auf ihrem Kirchhof zu beerdigen, durch die 
jährliche Zahlung einer Summe Geldes an den Bischof er- 
kaufen; ebenso war es ihnen streng untersagt, an ihrem 
Schwersenzer Gotteshaus Reparaturen vorzunehmen und ihren 
Friedhof einzuzäunen, da diesen der Propst der Adalberts- 
kirche als Weideplatz für sein Vieh in Anspruch nahm. 
Der Schwersenzer Geistliche durfte nicht nach Posen kom- 
men, um Kranke oder Sterbende zu besuchen. Vielmehr 
wurden die Evangelischen mehrfach gezwungen, sich an 
Messen und öffentlichen Prozessionen zu beteiligen. Bei der 
Verteilung der städtischen Lasten sahen sie sich in einem 
weit höheren Mafs als ihre katholischen Mitbürger heran- 
gezogen, trotzdem aber von den städtischen Rats- und Ge- 
richtskollegien und dem Bürgerrecht ausgeschlossen. So oft 
sie auch hiergegen, meist unter Aufwendung bedeutender 
Kosten, königliche Reskripte erlangten, stets wufste der mit 
dem Bischof und den Jesuiten in der Unterdrückung der 
Dissidenten Hand in Hand gehende Magistrat die Ausfüh- 
rung solcher königlichen Befehle zu umgehen; nicht einmal 
der schwedische Kommandant der Stadt, der 1708 den Ma- 
gistrat um Zulassung seiner Glaubensgenossen zu den stä- 
dtischen Amteni anging, vermochte jener geschlossenen Op- 
position gegenüber etwas auszurichten. 

Ahnlich wie in Posen erging es den Evangelischen in 
den übrigen Städten des Landes. Nur in den an der bran- 
denburgischen und schlesischen Grenze gelegenen Städten mit 
ihrem überwiegenden Prozentsatz protestantischer Bevölkerung 
erhielt sich das evangelische Bekenntnis. In Schlesien hatte 
die österreichische Regierung, aufgehetzt und unterstützt durch 
die Jesuiten und zahlreiche Mönchsorden, welche namentlich 
seit dem westfölischen Frieden das vordem fast ganz pro- 
testantische Land förmlich überschwemmt hatten, einen sy- 
stematischen Veiiilgungskrieg gegen die Evangelischen er- 
öffnet und dadurch eine grofse Zahl von Familien nach den 
benachbarten polnischen Städten getrieben, in denen evan- 
gelische Grundherren und deutsche Glaubensgenossen, die 
hier schon ein Jahrhundert vorher Schutz und Aufnahme 



100 Viertes Buch. 

gefunden hatten , sie mit offenen Armen empfingen. Noch 
heute deutet die gröfsere Einwohnerzahl ^ entwickeltere In- 
dustrie und gröfsere Wohlhabenheit dieser Städte auf jene 
bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts dauernden massen- 
haften Einwanderungen hin. Sogar neue Städte entstanden 
gegen Schlesien zu: Rawitsch (1632), Bojanowo (1638), Ju- 
troschin (1642), Saborowo und Schlichtingsheim (1644), Rack- 
witz (1662), und zu ihrem Aufblühen trugen ebenso sehr 
die Grundherren durch zahlreiche und wertvolle Privilegien, 
wie allgemeine Landesgesetze bei. So gewährte ein Gesetz 
von 1598 allen neu angelegten Städten Befreiung von allen 
Staatssteuern auf acht Jahre. Der hauptsächlichste Sammel- 
platz der einwandernden Protestanten war Lissa. Schon im 
16. Jahrhundert hatten sich zahlreiche böhmische Brüder 
vor den scharfen Verfolgungen aus ihrer alten Heimat hier- 
her gewandt, und die Familie Lesczynski, die Grundherr- 
schaft der Stadt, förderte durch Erteilung von Privilegien 
das Wachstum der jungen Stadt. Rafael Lesczynski legte 
ein Spital und eine Schule an und berief den Sprottauer 
Balthasar Eichar als ersten Prediger (1555). Nach der 
Schlacht am Weifsen Berge zogen sich abermals viele böh- 
mische Brüder hierher, unter ihnen der gelehrte Amos Co- 
menius. Auch aus Schlesien kam reicher Zuzug; nament- 
lich wanderte aus Guhrau eine Menge Lutheraner ein. Graf 
Rafael erlaubte ihnen den Bau einer Kirche, unter der Be- 
dingung, dafs sie immer und überall der böhmischen Ge- 
meinde als der älteren und angeseheneren den Vorrang 
liefsen. In drei Sprachen (deutsch, czechisch und polnisch) 
wurde gepredigt. In den Rat sollten anfangs nur Refor- 
mierte aufgenommen werden, doch wurde später die Gleich- 
berechtigung,, der beiden evangelischen Bekenntnisse für alle 
öffentlichen Amter festgesetzt. Die alte Schule der Brüder 
wurde zu einem Gymnasium fortgebildet, von ausgezeich- 
neten Gelehrten, Rybinski, Comenius, Wengierski, Johnstone 
u. a. geleitet und nicht nur aus allen Gegenden Polens, 
sondern auch aus Preufsen, Schlesien, Mähren, Böhmen und 
selbst Ungarn besucht. Zu einer Zeit, wo die Universität 
zu Krakau und die Jesuitenschulen an der aus dem Mittel- 
alter stammenden Unterrichtsmethode festhielten, ging von 
Lissa eine neue, freiere Richtung der Pädagogik aus. Jo- 
hann Amos Comenius, der sich durch seine Bemühungen 
für die Verbesserung des Unterrichts in ganz Europa be- 
rühmt gemacht hat, schrieb für die Schule zu Lissa sein be- 
kanntes Werk „Janua linguanun reserrata", und Johann 
Johnstone, ein Schotte der Abstammung nach, sein Lehr- 



Lissa im 17. und 18. Jahrhundert. 101 

buch der Weltgeschichte. Die wiederholten Versuche der 
katholischen Partei, auch in Lissa wieder zum Regiment zu 
kommen, scheiterten an dem festen Zusammenhalten der 
Evangelischen. Die schwunghaft betriebene Weberei und 
Leinwandhandel brachten die Stadt zu hoher Blüte und in 
dem stattlichen Rathausbau (vollendet 1639) gelangte diese 
zum sichtlichen Ausdruck. Erst als Boguslaw Lesczynski 
zum Eatholicismus übergetreten war, gelang es dem Bischof 
von Posen, den böhmischen Brüdern ihre Pfarrkirche zu 
entreifsen und den drei oder vier katholischen Familien der 
Stadt zu übei'weisen. Aber schon wenige Jahre später stand 
eine noch stattlichere neue Kirche fertig da (die jetzige Jo- 
hanniskirche) , mit Pfarrgebäude, Schule und Spital. Dafs 
nach solchen Gewaltakten sich der evangelischen Bewohner 
Lissas eine bittere Stimmung bemächtigte, kann nicht 
Wunder nehmen, und während der schwedischen Invasionen 
der nächsten Jahre machte sich diese Stimmung in der sym- 
pathischen Aufnahme des glaubensverwandten Feindes gel- 
tend. Als jedoch 1656 Opalinski mit einem polnischen 
Heere gegen Lissa anrückte, zog ein grofser Teil der Ein- 
wohner mit der schwedischen Besatzung nach Fraustadt und 
Schlesien ab, die Zurückgebliebenen aber bekamen nunmehr 
die ganze rachgierige Wut der Sieger zu fühlen. Drei Tage 
lang dauerte das Plündern, Morden und Brennen. In das 
traurige Schicksal der Stadt wurde auch die Gelehrtenschule 
gerissen. Erst 1663, nachdem die Protestanten von ganz 
Grofspolen zum Wiederaufbau derselben beigesteuert hatten, 
konnte sie wieder eröffnet werden. Jetzt wurde mit der- 
selben auch ein Seminar für Geistliche verbunden. 

Die Stadt hatte sich so ziemlich wieder erholt, als sie 
im dritten Schwedenkriege, in dem sie mit ihrem Grund- 
herrn Stanislaus Lesczynski, dem Gegenkönig Augusts II., 
abermals aufseite der Schweden stand, zum zweitenmale, 
diesmal durch ein russisches Corps, eine völlige Einäscherung 
und Ausplünderung erfuhr (29. Juli 1707). In den nächsten 
Jahren raffte die Pest Tausende von Einwohnern hinweg. 
Erst mit dem Frieden kam wieder neues Leben in Stadt 
und Bürgerschaft. Aus Deutschland erfolgte eine zahlreiche 
Einwanderung, und der Neubau der reformierten Barche ging 
mit auswärts gesammelten Geldern — namentlich war dabei 
der Berliner Oberhofprediger und Direktor der Akademie, 
Jablonski, der früher als Schulrektor in Lissa gewirkt hatte, 
thätig gewesen — rasch und glücklich vonstatten. Zwar 
versuchte der Bischof von Posen den Wiederaufbau zu hin- 
dern, indem er der Gemeinde, ja sogar den beim Bau be- 



102 Viertes Buch. 

schäftigten Handwerkern bei hohen Geldstrafen den Fortbau 
untersagte, doch mufste er seinen Widerstand aufgeben, als 
sich König Friedrich Wilhelm I. von Preufsen seiner be- 
drängten Glaubensgenossen annahm und mit Repressalien an 
den Katholiken Rastenburgs drohte (1715). 

Ahnlich wie in Lissa, gestalteten sich die Dinge in der 
zweiten gröfseren schlesischen Grenzstadt, in Fraustadt. Hier 
hatte die reformatorische Lehre einen zwar späten, aber da- 
für allgemeinen und ungehinderten Eingang gefunden, indem 
der Rat im Jahre 1552 nach dem Ableben des katholischen 
Pfarrers Schlepski den Schlesier Joachim Weishaupt zur 
Durchführung des Reformationswerks berief Zur Unter- 
stützung desselben wurde auch hier, wie in Lissa, alsbald 
eine Schule gegründet. Über ein halbes Jahrhundert herrschte 
von da ab die lutherische Lehre in der Stadt, bis es 1604 
den Katholiken gelang, einen königlichen Befehl zur Heraus- 
gabe der Stadtkirche an sie zu erwirken; doch sollte es 
wenigstens den Evangelischen fi'ei stehen, sich ein neues 
Gotteshaus zu erbauen. Schon am Neujahrstage 1607 wurde 
in der neuen, „Kripplein Christi" benannten Kirche der 
erste Gottesdienst abgehalten. Trotz des Druckes wuchs 
jedoch die Zahl der Evangelischen durch zahlreiche Ein- 
wanderungen aus dem benachbarten Schlesien. Dreimal (1644, 
1685 und 1706) brannte in der Folgezeit die Kirche ab, 
um jedesmal wieder aufgebaut zu werden; merkwürdiger- 
weise blieb bei allen Bränden die reiche Kirchenbibliothek 
unversehrt. 1708 errichteten die Posener Jesuiten eine Zweig- 
niederlassung in Fraustadt. Sofort änderte sich das Macht- 
Verhältnis der beiden Konfessionen. Während bis dahin der 
Rat ausschliefslich aus Protestanten bestanden hatte, erging 
jetzt ein königlicher Befehl, auch Katholiken in denselben auf- 
zunehmen, und was noch schlimmer war, diesem gemischten 
Rat wurde späterhin das ausschhefsliche Besetzungsrecht der 
Pfarr- und Schulstellen eingeräumt. 

Unter den während des Dreifsigjährigen Krieges meist von 
flüchtigen deutschen Protestanten neugegründeten Städten 
steht obenan Rawitsch. Ein evangelischer Grundherr, Adam 
Adalbert Przyemski, hatte einem solchen flüchtigen Trupp 
1682 in seinem Dorfe Sierakowo Unterkommen gewährt. 
Sieben Jahre später wurde mit königlicher Genehmigung 
diese Niederlassung in eine Stadt umgewandelt und diese mit 
den üblichen Rechten und Freiheiten ausgestattet. Zugleich 
erbaute derselbe Grundherr der jungen Stadt eine eigene 
Kirche und gestattete den Görchener Protestanten, deren 
Kirche eingezogen worden war, die Mitbenutzung. Zahl- 



Städte an der schlesischen und brandenburgischen Grenze. 108 

reiche scblesische Glaubensgenossen zogen sich dann im 
Laufe der nächsten Jahrzehnte hierher und brachten nament- 
lich die Tuchmacherindustrie zu hoher Blüte ^ obschon das 
Tuch zum Walken eine Tagreise weit nach Luschwitz ge- 
bracht werden mufste. Rawitscher Tuch ging nach Polen, 
Schlesien, Böhmen, Rufsland bis tief nach Asien hinein. 

Mit Ra witsch wetteiferte Bojanowo um den Ruhm, die 
besten Tücher zu erzeugen. Schon 1575 hatten hier böh- 
mische Brüder von der reformierten Grundherrschaft der 
Bojanowski Aufnahme gefunden. 1583 war dann mit könig- 
licher Genehmigung diese Niederlassung zu einer Stadt mit 
deutschem Recht umgewandelt worden. Auch hierher zogen 
sich zahlreiche schlesische Protestanten, doch blieben sie 
auch in der neuen Heimat nicht ganz vor Verfolgung ge- 
schützt. 1620 wurde ihnen die Pfarrkirche weggenommen 
xmd den Katholischen zurückgegeben; sie bauten sich eine 
neue Kirche. 1638 erfolgte durch König Wladyslaw IV. 
eine nochmalige und zwar bedeutend erweiterte Privilegierung 
mit deutschem Recht. Späterhin wurden hier mehrmals 
Generalkonvente der Lutheraner abgehalten. 

Auch die Städte Jutroschin, Saborowo und Schlichtings- 
heim verdanken ihres Glaubens wegen verfolgten schlesischen 
Flüchtlingen Entstehung und Gedeihen. Jutroschin ent- 
stand 1642 auf der Grundlage eines von dem Erbherrn 
Stanislaus von Krotaczkowski erteilten Privilegiums, Sabo- 
rowo 1644 mittelst eines königlichen Freibriefes in dem 
Gebiete des Grundherrn Albert Gajewski auf Blociszewo, 
Schlichtingsheim endlich im gleichen Jahre auf dem dem 
Johann Georg von SchUchting gehörigen, hart an der schlesi- 
schen Grenze zwischen Fraustadt und Glögau gelegenen Gute 
Gurschen. 

Unter den an der brandenburgischen Grenze gelegenen 
Städten mit vorwiegend deutscher und evangelischer Be- 
völkerung steht Meseritz obenan. Wie in Fraustadt, so war 
auch in Meseritz die neue Lehre durch den Stadtrat zur 
Einführung gelangt. 1545 hatte dieser aus Schwiebus den 
Prediger Martin Vechner, welcher in Wittenberg zu den 
Füfsen Luthers gesessen, zur Durchführung des Reformations- 
werkes berufen und ihm die katholische Pfarrkirche über- 
geben. 1548 kamen zahlreiche Flüchtlinge aus Böhmen, auch 
Arianer (Sozinianer) liefsen sich hier nieder. Doch schon 
1604 wurde die Stadt durch königlichen Befehl gezwungen, 
die Pfarrkirche an die Katholiken zurückzugeben ; die evange- 
lische Gemeinde hielt seitdem ihren Gottesdienst im Rathaus 
ab. Eine Zeit unerhörter Plackereien begann jetzt für sie. 



104 Viertes Back 

Eines Sonntags während des Gottesdienstes erschien der 
Posener Domherr Miczlecki mit dem Starosten von Meseritz^ 
Zaprowskiy und dessen Heiducken und liefs die Thüre de& 
Rathauses sperren. Dem entgegentretenden Bürgermeister hieb 
der Starost mit dem Degen über die Hand. In dem darüber 
ausgebrochenen Tumult wurde der Domherr samt dem 
Starosten von der Bürgerschaft aus der Stadt vertrieben» 
Jene wandten sich nun an den König und erwirkten ein 
Dekret; das die fernere Abhaltung des evangelischen Gottes- 
dienstes im Rathause untersagte. Die Gemeinde schritt nun 
zum Neubau einer Kirche. Auch hierbei kam es wieder 
zu ärgerlichen Scenen. Die Katholiken schössen mit Ge- 
wehren auf die Bauhandwerker, zogen aber^ da die Evange- 
lischen in der Mehrzahl waren , den kürzeren. Bei den 
grofsen Feuersbrünsten von 1666 und 1731 ging auch die 
Kirche in Flammen auf , wurde aber jedesmal mit überall 
in evangelischen Landen gesammelten Beiträgen bald wie- 
der aufgebaut. Beim letzten Wiederaufbau widerstrebte, 
trotz der von den Evangelischen eingeholten königlichen 
Genehmigung y der Starost, sperrte, als die Eorche trotzdem 
fertig gestellt worden war, vier Abgeordnete der Stadt 
in seinem Schlosse ein und liefs sie mit Knütteln durch- 
hauen. Nur der Besonnenheit des Rates war es zu danken, 
dafs sich nicht auch in Meseritz die noch in frischer Er- 
innerung stehenden Greuel des Thorner Blutbades wieder- 
holten. 

Auch die Wander- und Unternehmungslust der Deutschen 
hat, wie schon während des Mittelalters, auch noch im 16. 
und 17. Jahrhundert zahlreiche Elemente nach den polni- 
schen Grenzlanden getrieben. Namentlich während und nach 
dem Dreifsigjährigen Kriege, durch den Deutschland, wie nie 
vorher, verwüstet wurde, während Polen von demselben so 
viel wie unberührt blieb, fand eine starke Einwanderung von 
Deutschen in unserem Lande statt, das neben der größeren 
Sicherheit auch noch den Vorteil einer weniger entwickelten 
Bodenkultur und Industrie bot, sodafs die neuen Ankömm- 
linge hoffen durften, hier ein weites und dankbares Feld für 
ihren Fleifs und ihre Intelligenz zu finden. Die Gorkas zogen 
protestantische Ansiedler aus der Mark und Pommern in die 
ihnen gehörigen Filehner Güter, wo dieselben bereits von 
früher her Landsleute vorfanden. Damals wurde der Grund 
zu den Barchspielen Ascherbude, Eichberg, Kotten, Lukasch, 
Wreschin, Grofs- und Kleindrensen, Grünfier, Hammer, Hans- 
felde und Prossekel gelegt. Eben diese Gorkas zogen als 
Starosten von Deutsch-Krone deutsche Kolonisten in die 



Neue Ansetzung deutscher Kolonisten. 105 

Starosteien Usch und Neuhof. Die Czarnkowski^ Erben 
der GorkaSy siedelten zahlreiche protestantiache FamiUen in 
den Czarnikauer, Behler^ Schönlanker und Schlopper Gütern 
an. Auch die KolonistenetabHssements Kord, Turin und 
Betschin rührten von einem Gliede dieser Familie , näm- 
lieh der Witwe des Grafen Dzierzykrai, Kastellans von 
Meseritz, einer geborenen Herburt von Fulstein, her. Weiter 
im Nordosten, in der Gegend von Bromberg, wanderten 
Pommern und Preufsen ein, ebenso in der Gegend von Rogasen, 
wo namentlich die grofsen deutschen Dörfer Jankendorf und 
Gramsdorf ihren Ursprung auf diese Einwanderung zurück- 
leiten. Ganz besonders aber bevölkerte sich, analog der 
Gründung oder Neubevölkerung deutscher Städte, der Strich 
längs der brandenburgischen und schlesischen Grenze mit 
deutsch-evangeUschen Kolonisten. In erster Reihe steht hier 
als Beförderer deutscher Kultur die aus Schlesien stammende 
Familie von Unruh : auf ihren zahlreichen Gütern, von denen 
hier nur Birnbaum, Tirschtiegel, Karge, Wytomischel, Punitz, 
Samotschin und Schokken genannt seien, fand in den ersten 
Jahrzehnten des 1 7. Jahrhunderts eine Menge protestantischer 
Landleute Aufnahme. Die schon bei der Gründung der 
Städte Bojanowo und Schlichtingsheim namhaft gemachten 
Familien der Bojanowski und Schlichtingsheim dehnten diese 
Thätigkeit auch auf die Einrichtung ländlicher Kolonieen 
aus: von jenen rühren her die Dörfer Bärsdorf, Boguslanowo, 
Alt-Boyen, Robaczyn, Schlemsdorf u. a., von diesen u. a. 
Bauchwitz bei Meseritz. Selbst in der zweiten Hälfte des 
17. und dem Anfange des 18. Jahrhunderts dauerten diese 
massenhaften Einwanderungen deutscher Kolonisten in die 
Grenzgegenden unserer Provinz fort, sodafs, als nach der 
Besitznahme derselben durch Preufsen sich für die Regierung 
die Notwendigkeit neuer Kolonisation ergab, dieselbe nur die 
Arbeit wieder da aufzunehmen brauchte, wo sie die grofsen 
evangelischen Grundherren liegen gelassen hatten. 

Neben der katholischen, in erster Linie von den Jesuiten 
veranlafsten und genährten Reaktion hatten die deutsch- 
evangelischen Städte seit Ausgang des 16. Jahrhunderts noch 
einen zweiten ge&hrUchen Feind zu bekämpfen: die Sta- 
rosten. Diese hohen königlichen Beamten gehörten durch- 
gängig dem eingesessenen katholischen Landesadel an und 
waren so in mehrfacher Beziehung die natürUchen Gegner 
der neben ihnen wirkenden Stadtverwaltungen. Einmal als 
fanatisch ergebene Anhänger der alten Kirche, sodann als 
Glieder eines Standes, der dem deutschen Städtebürgertum 
von Anfang seines Aufkommens an mit scheelsüchtigen 



106 Viertes Buch. 

Blicken gegenüber gestanden hatte ; endlich und hauptsäch- 
lich als Inhaber einer durch die Privilegien jener Städte 
«ehr empfindsam geschmälerten Amtsgewalt. Von Haus 
^us standen sie den Städten , in deren Mitte sie zufällig 
ihren Sitz hatten, völlig einflufslos gegenüber, und nur durch 
<lie Judengemeinden, über die ihnen ein Schutzrecht und 
die peinliche Gerichtsbarkeit zustand, fand eine lose örtliche 
Verbindung statt; auch in den kleineren Städten übten sie 
das hohe Gericht aus. Durch diese beiden Momente hatten 
«ie allmählich einen gewissen Einflufs auf die städtische 
Verwaltung erlangt, namentlich durch Ausdehnung der ihnen 
in ihren Bezirken zustehenden Polizeigewalt und Gerichts- 
barkeit auf die Städte, wobei der ihnen obliegende Vollzug 
der königlichen Befehle und gerichtlichen Erkenntnisse und 
die Beitreibung der Bjronsteuer zustatten kam. Später er- 
langten sie vom Könige die Befugnis, die städtischen Jahres- 
rechnungen entgegenzunehmen, was wiederum eine Hand- 
habe bot, Stadtgüter an sich zu ziehen und sich in die 
Wahl der städtischen Beamten einzumischen, ja jene direkt 
für sich in Anspruch zu nehmen. 

Diesen Kampf und die wachsende Übermacht der Sta- 
Tosten zeigt die Geschichte einer Reihe von Städten unserer 
Landschaft. Zum Belege hierfür mögen einige Beispiele 
folgen. Für Fraustadt wurde schon 1425 durch könig- 
liches Dekret die Ratswahl dahin festgesetzt, dafs die 
Bürgerschaft zwölf aus ihrer Mitte auf zehn Jahre vor- 
zuschlagen habe, aus denen der Starost den Bürgermeister 
und sieben Ratsherren ernennen solle. 1519 war die 
Spannung zwischen Starost und Bürgerschaft zu einem 
80 hohen Grad gediehen, dafs diese jenen in seinem Schlosse 
mit WaflfengewaJt bedrängte. Klagend wandte sich der 
Starost an den König, und dieser verfügte strenge Be- 
strafung der Teilnehmer des Aufstandes und als Entschä- 
digung für den Starosten für die Zukunft eine wöchentliche 
Abgabe von sechs Scheffel Malz an denselben. Aufserdem 
mufsten zwei Alteste von jeder Zunft den Starosten um 
Verzeihung bitten. Das steigerte nur den Übermut des 
königlichen Beamten. Trotzdem König Sigismund 1524 
neuerdings der Stadt das alte Magdeburgsche Recht bestä- 
tigt hatte, das insbesondere auch den Ausschlufs jeder frem- 
den Gerichtsbarkeit enthielt, mafste sich der Starost nach 
wie vor Strafgewalt über die Bürger an und liefs den da- 
gegen protestierenden Stadtrichter ins Gefängnis werfen. 
Die eingeholte königliche Entscheidung erging zugunsten des 
Starosten dahin, dafs künftighin der Stadtrichter die Ge- 



Bedrückungen der Städte durch die Starosten. 107 

richtstage öfifentlich anzusagen und den Starosten hierzu ein- 
zuladen habe, wenn auch derselbe in keiner Weise in die 
eigentliche Rechtsprechung der Gerichtsschöflfen eingreifen 
dürfe. 1532 räumte ihm der König das Recht ein, bei blu- 
tigen Raufereien Geldstrafen aufzulegen und einzuziehen. 
Aber auch andere Abgaben erzwang er und beeinträchtigte 
die Schankgerechtigkeit der Bürger. Schliefslich endigten 
die Streitigkeiten zwischen Rat und Starost damit, dafs in 
einem Teil der Stadt die Gerichtsbarkeit des Starosten nach 
polnischem Recht anerkannt wurde. 1720 bestimmte König 
August IL die lebenslängliche Einsetzung der städtischen 
Beamten und sprach dem Starosten die Berechtigung zu, 
bei Erledigung einer Ratsherrnstelle aus drei ihm von dem 
Rat präsentierten Schöflfen einen auszuwählen und jährlich 
den Bürgermeister aus der Mitte der Ratsherren zu. ernennen. 
Allmählich dehnte der Starost seine Gerichtsbarkeit über die 
ganze Stadt aus und erhielt schliefslich auch noch die Ein- 
sicht und Decharge des städtischen Haushaltes zugesprochen. 

Sogar Gegenstädte wurden von Starosten gegründet und 
mit Begünstigungen aller Art ausgestattet, um die alten 
Städte lahm zu legen. 1633 erwirkte der Fraustadter Sta- 
rost Radomicki vom Könige die Erlaubnis, auf dem unter 
seiner Gerichtsbarkeit stehenden Territorium , unmittelbar 
vor den Thoren der Stadt eine neue Stadt mit deutschem 
Recht anlegen zu dürfen. Gegen dieses Vorhaben wandte 
sich der Rat klagend an den König, und dieser verfügte 
auch die Wiederaufhebung der neuen Anlage. Aber der 
Starost kam dem königlichen Befehl nicht nach, und die 
Stadt mufste froh sein, dafs sich 1639 der Starost zu einem 
gütlichen Abkommen mit ihr herbeiliefs. Die Neustädter 
gaben das Magdeburger Recht auf, dagegen mufsten die 
Altstädter die Neustädter Handwerker in ihre Zünfte auf- 
nehmen. Trotzdem erteilte der König 1642 der Neustadt 
noch einmal Magdeburger Recht. Der Starost ging jetzt 
mit dem Bau eines eigenen Rathauses für die junge Ge- 
meinde vor und gestattete derselben, die meist aus einge- 
wanderten schlesischen Protestanten bestand, die Abhaltung 
evangelischen Gottesdienstes in jenem. Die nachfolgenden 
Könige beschenkten dann die neue Gründung mit mannig- 
fachen Rechten, und erst die preufsische Zeit hat der Sonder- 
existenz derselben ein Ende gemacht. 

Daneben wurde jede Verbindung zwischen Adel und 
Bürgertum durch strenge Gesetze unmöglich zu machen ge- 
sucht. Den Edelleuten wurde die Annahme städtischer 
Amter bei Verlust ihres Adels untersagt. Die alten Ab- 



108 Viertes Bach. 

Schriften des Magdeburger und Kulmschen Bechts, welche 
die Städte ehedem erworben hatten; wurden noch sorgfaltig 
gehütet; aber ihr Verständnis war verloren gegangen ; nicht 
einmal die Gerichtsbeisitzer wufsten ihren Inhalt, sondern 
erkannten vielfach nach Gewohnheit und Willkür. An vielen 
Orten ; namentlich den kleineren; war auch die kollegiale 
Zusammensetzung des Stadtgerichtes in Fortfall geraten und 
die Rechtsprechung einem Gerichtsnotar übertragen. 

Dies ist in kurzen Zügen der Zustand der deutschrecht- 
lichen Stadtgemeinden in den letzten Jahrhunderten der Ke- 
publik. Noch schlimmer sah es natürlich mit den grund- 
herrlichen Gemeinden aus. Blieb bei den mit Magdeburger 
Recht begabten Städten durch die eigene Gerichtsbarkeit 
und das besondere materielle Recht trotz aller Bedrückung 
immer nqch ein Rest von Selbständigkeit gewahrt; so waren 
dagegen die grundherrUchen Städte polnischen Rechts den 
Grundherren gegenüber völlig schütz- und rechtlos. Von 
niemand gehindert; konnten diese ihren Städten Freibriefe er- 
teilen; Steuern auflegen; die städtischen Beamten nach Be- 
heben ein- und absetzen; wie auch bei Rechtssachen privater 
und peinUcher Natur über ihren Ausspruch kein Instanzen- 
zug an die königUchen Gerichte stattfand. Ihre Anforde- 
rungen an die ohnedies nur schwachvermögenden Gemeinden 
wuchsen ins Ungemessene ; manche Städte mufsten geradezu 
Frondienste leisten. 

Bei allen Städten ; den königlichen wie den grundherr- 
Uchen; war zudem ein stetes Sinken des materiellen Wohl- 
standes bemerkbar. Die öffentUchen Abgaben hatten sich 
im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts zu einer früher nie 
gekannten Höhe gesteigert. Neben dem alten Schofsgeld 
war jetzt eine allgemeine Tranksteuer und das sogenannte 
Rauchfanggeld aufgelegt worden: während die erstgenannte 
indirekte Steuer als solche noch ziemlich geUnde ertragen 
wurdC; belastete dagegen die letztere auch den armseligsten 
Hausstand. Aufser diesen Staatssteuern erhoben die Sta- 
rosten in den königlichen; die Grundherren in den mittel- 
baren Städten eine Fleisch- und Getränkeaccise. Aufserdem 
gab es noch eine Tabakssteuer; Stempeltaxen und Zölle. 

Einst hatten wenigstens die vornehmeren königlichen 
Städte zu Reichs- und Landtagen ihre Abgesandten ge- 
schickt: jetzt war dieses Recht dem einzigen Posen ver- 
bheben und auch so nur in der Beschränkung; dafs sein 
Deputierter den Sitzungen des Reichstages wohl beiwohnen, 
aber nicht mitreden und mitstimmen durfte. Und auch 
dieser letzte Rest eines einst so schwerwiegenden Rechtes 



Verfall der Städte. 109 

wurde der Stadt im Jahre 1733 entzogen. 1768 wurde den 
deutschrechtlichen Städten die peinliche Gerichtsbarkeit ge- 
nommen^ wenn sie sich nicht auf eine ausdrückliche könig« 
liehe Bewilligung hierfür berufen konnten. Gleichzeitig 
wurden sie bezüglich der Führung ihres Stadthaushaltes der 
Aufsicht der neuerrichteten ^^ Kommission der guten Ord- 
nung" — einer im übrigen sehr wohlthätig wirkenden Be- 
Lörde — unterstellt. 

Zu diesen Übelständen mehr innerer Natur, welche einer 
gedeihlichen Weiterentwickelung hindernd im Wege standen, 
gesellten sich seit der Mitte des 17. Jahrhunderts verwü- 
stende Kriege. Zwar der erste Schwedenkrieg unter Gustav 
Adolf berührte imsere Provinz nicht ; um so schwerer wurde 
dieselbe von den beiden anderen schwedischen Kriegen (1655 
—1660 und 1701—1719) betroflfen. Auch der Siebenjährige 
Krieg ging trotz der seitens der Regierung beobachteten 
Neutralität nicht spurlos vorüber, weil die Russen Quartiere 
im Lande bezogen und Magazine errichteten, die nachher 
von den Preufsen überfallen und aufgehoben wurden. Aber 
nicht nur durch äufsere Feinde erlitt das Land Verwüstung, 
das Gleiche geschah durch die unaufhörlichen Parteifehden 
und die einander mit den WaflFen gegenübertretenden Kon- 
föderationen des Adels. Die stete Finanznot der Städte ge- 
stattete denselben nicht, hinsichtlich ihrer Befestigung mit 
der vorgeschrittenen Ingenieurkunst der westlichen Staaten 
gleichen Schritt zu halten. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts 
waren von den Städten der Posener Wojwodschaft nur 
sieben mit Mauern umgürtet: Posen, Gnesen, 'Fraustadt, 
Kosten, Exin, Kurnik und Nakel. Vereinzelte Bemühungen 
wohlmeinender Könige, durch Gesetze dem gesunkenen 
Wohlstand wieder aufzuhelfen, fruchteten nichts oder hatten 
das gerade Gegenteil der beabsichtigten Wirkung zur Folge: 
so die Anordnung, dafs neue Städte nicht dicht neben alten 
angelegt und an einem schiffbaren Flufse mindestens zwei, 
sonst vier Wegstunden von den alten angelegt werden, dafs 
wüstliegende Plätze und Häuser in einer Stadt, die seit 
sechzig Jahren keinen Besitzer gehabt, der Stadtgemeinde 
zufallen sollten, oder die von Sigismund August 1560 ein- 
gerichteten Grenzjahrmärkte, oder das Gesetz des Petrikauer 
Reichstages von 1565, welches den Eingeborenen die Aus- 
fuhr von Handelsgegenständen ins Ausland verbot, oder das- 
jenige von 1578, welches ihnen die Einfuhr ungarischer 
Weine und Pferde untersagte. 1621 wurde ihnen die Aus- 
fuhr wenigstens von Erzeugnissen adeliger Güter und die 
Einfuhr von Waren gestattet. Ein Gesetz von 1643 unter- 



HO Viertes Bach. 

warf die Waren der Handwerker und Kaufleute der Taxe 
des Wojwoden, der Gerichte und Stadträte. Ein anderes 
Gesetz von 1661 regelte das Gewinn- und 2^nsennehnien 
der Handelsleute : christliche Inländer durften bis zu sieben^ 
Ausländer fünf, Juden drei Prozent nehmen. Wieder ein 
anderes Gesetz von 1655 (erneuert 1683) schrieb den Kauf- 
leuten die Gattungen der einzuführenden Waren vor und 
bedrohte sie mit Wegnahme derselben, wenn sie mit ihnen 
zum Aufwand verlockten. Den Detaillisten wurden die klein- 
lichsten Beschränkungen aufgelegt. So verbot August IL 
den Apothekern das Feilhalten von Wein, gestattete ihnen 
aber die Fabrikation von Lichtern. Trotz der zahlreichen 
Jahrmärkte — fast jeder gröfsere Ort hatte seine 4 — 6, 
auch 8—12 Krammärkte — lag die einheimische Industrie 
tief darnieder. Die Zünfte bestanden, aber der alte Geist 
der Gewerbsehre und Brüderlichkeit war aus ihnen ge- 
wichen. Von Meseritz schreibt um 1767 sein Chronist, der 
evangelische Prediger Zachert: „Gelehrte kommen hier nicht 
fort, als welche sie notwendig an der Kirche und Schulen 
brauchen. Auch würden sie einen Notarium gerne missen, 
wenn ihnen dieses Amt nicht selbst zu beschwerlich wäre. 
Selten stirbt hier ein Medicus. Ein Advokat mufs gar ver- 
rosten." 

Von den Landesprodukten wurden noch immer Getreide, 
Holz, Pottasche, Hanf, Flachs, Vieh, Theer, Talg, Honig, 
Leder ausgeführt. Ein beträchtlicher Teil des Handels ging 
die Weichsel hinab nach Danzig und von da nach Eng- 
land — daher die Zähigkeit, mit der nach der ersten Tei- 
lung Polen diesen Handelsplatz gegen die preufsischen An- 
forderungen zu halten bemüht war. Eingeführt wui'den alle 
besseren Manufaktur waren, Tuche, Seiden- und Baum wollen - 
zeuge, Leinwand, Wein, Tabak, Eisen- und Stahl waren, 
Zinn, Kupfer, Edelmetall, Glas u. s. w. Nicht einmal Blech- 
waren wurden in den Posener Städten angefertigt, sondern 
mufsten mit vielen Schlosser- und Drechslerwaren aus Frank- 
furt a. d. 0. bezogen werden. Nur die einfachsten und un- 
umgänglichsten Gewerbe wurden betrieben, und auch dann 
meist von Juden. Die geringen industriellen Bedürfnisse 
der ländlichen Bevölkerung, einschliefslich der kleinen Ade- 
ligen, befriedigte jeder Hausvater selbst. 

Mehr und mehr schwand in den Städten unter dem drei- 
fachen Druck der bürgerfeindlichen - polnisch - katholischen 
Reaktion der Prozentsatz der deutschen Bevölkerung auf ein 
Minimum herab. Noch im 16. Jahrhundert schreibt der 
polnische Historiker Cromer: „Es wohnen noch heutzutage 



Innere Zustände der Städte. 111 

viele deutsche Kaufleute und Handwerker zerstreut in den 
Städten, ja, es giebt fast ganze Städte und Dörfer, die 
deutsch reden, sowohl in der Landschaft an den Earpathen,. 
iui benachbarten Rufsland und in der Zips, als auch in den 
äufsersten Teilen Grofspolens." Namentlich mufs noch zu. 
Anfang des 1 6. Jahrhunderts in der Stadt Posen eine starke 
deutsche Gemeinde gewesen sein. Noch vor wenigen Jahren 
befand sich an einem Hause nächst dem (jetzt abgebrochenen)- 
finsteren Thore ein Stein mit einer Inschrift eingemauert,, 
welche besagte, dafs dieses Haus im Jahre 1503 für den 
deutschen Prediger durch die deutschen Kaufleute einge- 
richtet worden sei. Dieser deutsche Geistliche war höchst 
wahrscheinlich an der nahegelegenen Pfarrkirche zu Maria- 
Magdalena angestellt, und aus seinem Vorkommen dürfen 
wir unbedenklich auf eine gröfsere und wohlhabende deutsche 
Kolonie schliefsen. Unter Sigismund II. August und nament- 
lich öeit der Einführung der Jesuiten ging dann die Zahl 
und Bedeutung der Deutschen in der Landeshauptstadt stark 
zurück, die deutschen Katholiken wurden aus der Pfarr- 
kirche verdrängt und mufsten sich für ihren Gottesdienst 
mit der kleinen Allerheiligen-Kapelle begnügen lassen, bi» 
ihnen im Jahre 1632 durch den Bischof Adam Nowo- 
dworski von Posen der Bau einer eigenen Kirche (S. Anna) 
auf der Fischerei unweit dem Bernhardinerkloster gestattet 
wurde. Aus den Zunftstatuten und den Amtsbüchern de& 
Rates schwand mehr und mehr die deutsche Sprache und 
machte der polnischen Platz. In einem Verzeichnis Posener 
Bürger aus dem Jahre 1633 finden sich nur noch etwa 
100 — 150 deutsche Namen. Unter den Königen aus dem 
sächsischen Hause hat wieder eine Zunahme des deutschen 
Elementes stattgefunden, da man wohl von diesen eine be- 
sondere Begünstigung erhofien zu dürfen glaubte, welche 
Hoffnung sich allerdings schon bald als eine trügerische er- 
weisen sollte, da die Intoleranz gegen Andersgläubige gerade 
unter den sächsischen Augusten auf ihren höchsten Gipfel 
stieg und Früchte — wie namentUch das Thorner Blutbad — 
zeitigte, wie sie bis dahin sogar in Polen unerhört geblieben 
waren. Erst seit der Einräumung vollkommener Religions- 
freiheit unter Stanislaus August liefsen sich dann wieder zahl- 
reiche deutsche Kaufleute und Handwerker dauernd in 
Posen nieder. 

Das äufsere Bild auch der gröfseren Städte bot einen 
wahrhaft traurigen Anblick dar. Nur Posen wies einzelne 
zerstreute Adelspaläste, Bürgerhäuser und Kirchen aus Stein 
auf, in den übrigen Städten herrschte, auch bei den Kirchen 



112 Viertes Buch. 

und öffentlichen Gebäuden, fast ausschlierslich der Holz- und 
Lehmbau mit Stroh- oder Schindelbedachung. Gepflasterte 
Strafsen gab es fast gar nicht. Die hervorstechendste Eigen- 
schaft derselben war der sprichwörtlich gewordene Schmutz. 
Jede Haushaltung warf ihren Unrat einfach auf die Strafse ; 
gefallene Tiere wurden nicht begraben. Auf dem höchsten 
Punkt stand die Earche, von Bäumen umgeben und von 
singenden Bettlern. Ein freier Platz in der Mitte der Stadt 
sammelte einmal in der Woche die Marktgäste, welche her- 
beikamen, um so viel zu verkaufen, als nötig war zur Be- 
zahlung der Zeche im Kruge. An Schenken fehlte es nicht, 
an ordentlichen Wirtshäusern überall. In der Schenke safs 
der Jude und auf dem Markte eilte er umher. Die meisten 
Häuser wurden von ihm bewohnt, selten nur sah man ein 
besseres Haus, darin ein fremdländischer Handwerker seinem 
Erwerb nachging. Das Wort Gesundheitspflege war ein 
unbekanntes Ding. Zur Zeit der Besitzergreifung Südpreu- 
fsens gab es im ganzen Departement Posen nur ein einziges 
öffentliches Spital (in Posen); von Impfinstituten, Entbin- 
dungsanstalten u. s. w. war keine Rede. Die Zahl der Arzte 
war aufserordentlich gering — so gab es im ganzen Elreis 
Obornik nicht einen einzigen Arzt — und die wenigen waren 
nicht gehörig vorbereitet. Hebammen mit den nötigen 
Kenntnissen fanden sich nur zwei, eine in Posen und eine 
in Lissa. 

Keine Bevölkerungsklasse aber wurde von der Ungunst 
der Zeitverhältnisse so hart betroffen wie die Juden. Die 
Glaubenskämpfe des 16. Jahrhunderts hatten allerdings das 
religiöse Empfinden vertieft und geläutert, ohne dafs jedoch 
mit dieser gröfseren Verinnerlichung eine freiere und humanere 
Würdigung der konfessionellen Unterschiede verbunden ge- 
wesen wäre: vielmehr glaubte man jetzt seine Rechtgläubig- 
keit hauptsäehlich durch scharfe Betonung eben dieser Be- 
kenntnisgegensätze erweisen und bekräftigen zu müssen. Die 
nächste Folge dieses unseligen Zwiespaltes mufste dann eine 
Verfolgungssucht jeder anderen Glaubensmeinung sein und am 
härtesten diejenigen treffen, die sich überhaupt von der christ- 
lichen Gemeinschaft abgetrennt hielten. Wie im 12. Jahr- 
hundert die Kreuzzüge mit ihrem bis zum Fanatismus ge- 
steigerten religiösen Drang das Signal zur grausamsten Ver- 
folgung Anders^äubiger, Heiden wie Juden, gegeben hatten, 
so sog auch jetzt aus der tiefen Glaubensinbrunst des neu 
erwachten religiösen Lebens der altangestammte Hafs gegen 
die Verleugner Christi neue Nahrunjg und verleitete fast 
allerorten zu blutigen Verfolgungen der Unglücklichen. Pro- 



Verhältnisse der Judengemeinden. 118 

testanten und Katholiken; Deutsche und Polen wetteiferten 
fönnlich, wer von ihnen es dem andern sollte an Unduld- 
samkeit und Grausamkeit zuvorthun können. Daneben darf 
aber bei diesen erneuten Verfolgungen auch das materielle 
Moment nicht übersehen werden. Die jüdischen Gemeinden 
repräsentierten, wo immer sie vorkommen, einen durch Fleifs, 
Sparsamkeit, rechnerisches Geschick und zähes und doch wie- 
der gefugiges Wesen von den übrigen Klassen scharf unter- 
schiedenen Volksteil, und namentlich in den sla vischen Län- 
dern hatte es ihnen'die liederliche Pinanzwirtschaft der Grofsen, 
wie die stumpfe Trägheit der Massen leicht gemacht, sich eine 
sehr günstige materielle Position zu schaffen, die dann wieder 
den Neid der schlechter Situierten erregte. Eine ßeihe von 
Gesetzen giebt diesem engherzigen und scheelsüchtigen Empfin- 
den Ausdruck. Alle Staatsstellen waren ihnen verschlossen, die 
Verpachtung von Zöllen, Einkünften, Salzniederlagen an sie 
für unzulässig erklärt und ihnen untersagt, an gewöhnlichen 
Markttagen Lebensmittel und Waren früher einzukaufen, als 
bis die Christen sich versorgt hatten. Femer wurde ihnen 
das Halten christlicher Dienstboten untersagt. Meist gerierten 
sie sich als Faktoren der adeligen Herren, indem sie deren 
Geldgeschäfte besorgten, die Erzeugnisse ihrer Güterwirtschaft 
verkauften u. s. w. Femer treffen wir sie als Pächter von 
Mühlen, Brennereien und Schenken, als Fuhi'leute und Inhaber 
solcher Handwerke, die ihnen die Zünfte nicht verwehrten: 
als Schlächter, Bäcker, Barbiere, Schneider, Kürschner, 
Gerber, Seifensieder, Knopfmacher, Musiker, Posamentierer, 
Goldschmiede, Uhrmacher. 

In der Landeshauptstadt Posen — um bei den speziellen 
Verhältnissen derselben einen Augenblick stillzustehen — 
wurden die Judenverfolgungen des Reformationszeitalters ein- 
geleitet mit einem gegen sie gerichteten Verbot des BLlein- 
handels und des Einkaufs an den Wochenmärkten vor den 
Christen (1523). Dreizehn Jahre später gab ein im Juden- 
viertel ausgebrochener Brand, durch welchen zwei Drittel der 
Stadt in Asche gelegt wurden, dem Rat Anlafs, vom Könige 
die Ausschaffung der Juden, denen er die Anstiftung des 
Brandes Schuld gab, zu verlangen. Eine Gesandtschaft an 
das königliche Hof lager wurde aogeordnet und neben andern 
einfiufsreichen Persönlichkeiten auch der Kurfürst Joachim I. 
von Brandenburg, der Schwiegersohn Sigismunds I., um seilte 
Unterstützung angegangen, ^er der König wollte von einer 
förmlichen Vertreibung der Juden nichts wissen und liefs 
durch den Palatin von Posen dem Rat nur anheimstellen, 
einen Ort zunächst der Stadt ausfindig zu machen, wo die 

Meyer, Geschichte Posens. o 



114 Vierte» Buch. 

Judengemeinde angesiedelt werden könnte. Der Rat schlug 
hierfür die sogenannte Fischerei, eine Insel der Warthe, vor, 
stiefs aber hierbei auf den heftigsten Widerstand der Juden, 
die ihrerseits die Stelle des heutigen Kanonenplatzes als an- 
nehmbar bezeichneten, die wieder vom Rate abgelehnt wurde. 
Nun glaubte der König energischer einschreiten zu müssen. 
Er gebot der Stadt bei einer Strafe von 10000 Mark, den 
Juden bei dem Wiederaufbau ihrer Häuser auf ihren alten 
eigentümlichen Bauplätzen in keiner Weise hinderlich zu 
sein. Aber die Stadt gab darum ihren Plan noch nicht auf. 
Durch eine zweite Gesandtschaft trug sie dem König die 
Bitte vor, dafs die Juden alle Häuser, die sie auf dem der 
städtischen Jurisdiktion unterstehenden Gebiete in Zukunft 
erwerben würden, vor dem Stadtgericht auflassen sollten, 
wobei jedoch dasselbe berechtigt sein sollte, die Eintragung 
in die städtischen Grundbücher zu verweigern; bisher über- 
haupt noch nicht eingetragene Grundstücke sollten die Juden 
an Christen zu verkaufen gehalten sein. Bei der eigentüm- 
lichen Lage der Dinge würde auf diese Weise die eine 
Hälfte der jüdischen Häuser in christlichen Besitz über- 
gegangen sein, bei der andern dies im Belieben des Rats 
gestanden haben und die Folge der königlichen Zustimmung 
ohne Zweifel die Austreibung der Juden gewesen sein. 
Doch sollte es nicht ganz so schlimm kommen. Der König 
legte die Entscheidung in die Hände des Reichsrats, und 
diese ging dahin, dafs allerdings die nicht in die Stadt- 
bücher eingetragenen Häuser an Christen zu veräufsem 
seien, dagegen diejenigen, welche mit den gebräuchlichen 
Formalitäten in den Besitz der Juden gekommen wären, 
diesen unverkümmert bleiben sollten. Aber auch den Ver- 
lust jener erstgenannten Häuser wufsten die Juden durch 
Fürbitte bei dem König, Unterhandlungen und Geldopfer an 
die Stadt von sich abzuwenden. Am 5. Januar 1538 kam 
eine gütliche Einigung zwischen Rat und Judenschaft zu- 
stande, dergemäfs die Juden alle ihre Häuser behalten sollten, 
dafür aber an jedem Neujahr der Stadt 40 Gulden zum 
Wiederaufbau der Häufser zu zahlen hatten. 

Die Erbitterung gegen die Juden war jedoch durch diese 
Einigung nicht gewichen, sie hatte sich vielmehr nur noch 
gesteigert, da es die Bürger widerwillig empfanden, dafs sie 
diesmal mit ihren Forderungen nicht durchgedrungen waren. 
Schon 1544 erwirkte der Rat einen neuen königlichen Be- 
fehl, kraft dessen alle fremden Juden binnen drei Monaten 
die Stadt verlassen und die einheimischen keine neuen Häuser 
mehr erwerben sollten, und 1549 eine weitere Ordre, alle 



Verfolgungen der Juden in Posen. 116 

Judenhäuser über eine bestimmte Zahl hinaus wegzunehmen, 
zu verkaufen und den Erlös zwischen dem König und der 
Stadt zu teilen. 157 7, am Sonntag nach Fronleichnam plün- 
derte der Pöbel die Synagoge, Läden und Häuser der Juden 
und verwundete mehrere Juden tödlich. Die Judengemeinde 
erhob daraufhin Klage gegen den Rat beim Schlofsgericht 
auf Schadenersatz, wurde aber abgewiesen, weil der Rat 
eidlich jede* Schuld an dem Aufruhr in Abrede stellte. 1688 
traf die Judenschaft mit dem Rat ein neues Abkommen, 
demgemäfs sie 83 Häuser und 4 Plätze behalten imd einen 
Spaziergang hinter dem Dominikanerkloster frei haben, jedoch 
bei Strafe von 200 Dukaten kein neues Haus in der Stadt 
erwerben sollte ; fremde Juden durften keine Häuser in Posen 
kaufen oder pachten. 1590 brach wieder in der Judengasse 
ein Brand aus und legte, da die Juden aus Furcht vor den 
Christen ihre Häuser verrammelten, fast das ganze Juden- 
viertel und die angrenzenden Strafsen in Asche. Erschreckt 
flohen jetzt die Juden aus der Stadt und kehrten erst wie- 
der zurück, als ihnen der Wojwode Stanislaus Gorka gegen 
eine jährliche Abgabe von 100 Gulden (später 100 Dukaten) 
und 10 Pfiind Safran und Zimmt seinen Schutz versprach. 
Eine Zeit lang scheinen nunmehr die Juden Ruhe genossen 
zu haben: darauf deutet wenigstens ihre starke Zahl hin, 
die zu Anfang des 17. Jahrhunderts 2300 betrug. Bald 
nach der Niederbrennung der evangelischen Gotteshäuser, 
von der oben die Rede war, kam der Hafs gegen sie neuer- 
dings zum Ausbruch. Eine Gesandtschaft der Stadt klagte 
dem König Sigismund IH., die jüdische Heuschrecke, das 
giftige Ungeziefer und schmutzige Gewürm der Juden reifse 
allen Verdienst an sich und sei betrügerisch in seinem 
Schacher; ihre Unreinliehkeit sei die Ursache der Pest- 
epidemieen, ihre hölzernen Häuser die der häufigen Brände; 
sie müfsten daher wenigstens aus den Vorstädten ausgeschlossen 
werden. Der König willfahrte. Im folgenden Jahre wurde 
den Juden wieder einmal das alte Märchen von der Durch- 
stechung von Hostien Schuld gegeben und der Tisch, auf 
dem dieses Sakrileg verübt worden wäre, von dem Bischof 
und seinen Chorherren in feierlicher Prozession aus der 
Judengasse in die Karmeliterkirche getragen. Seitdem ge- 
nügte schon der geringfügigste Anlafs, um blutige Excesse 
hervorzurufen. Auch hierbei, wie bei den Angriffen auf 
die evangelischen Gotteshäuser, waren meist die Jesuiten- 
schüler die Anstifter. So wie sich nur ein Jude in dem der 
Klerisei gehörigen Stadtteile rechts der Warthe blicken liefs, 
fielen die Schüler mit Knüppeln und Steinen über ihn her, 

8* 



116 Viertes Buch. 

sodafs sich endlich die Jaden entschliefsen mulfiten, eine 
Passierabgabe an den Rektor der Lubranskischen Schule zu 
bezahlen. Gegenüber diesem Treiben erwiesen sich die 
wiederholten Mahnschreiben der den Juden meist wohlge- 
sinnten Könige völlig wirkungslos. 1699 mutete die Geist- 
lichkeit den Juden zu, zur Kirchenfeier des Jubiläums einer 
angeblich von den Juden verübten kirchenschänderischen 
Unthat ihre Altesten zu stellen, damit diese in Ketten, mit 
Messern in der Hand und einer Tafel mit der Schilderung 
ihres Frevels auf dem Rücken an der Prozession teilnähmen^ 
und nur mit Mühe gelang es den Juden, gegen das Ver- 
sprechen einer jährlichen Lieferung von je zwei Stein Olivenöl, 
Wachs und Talg und einem Stein Schiefspulver an das 
Karmeliterkloster von dieser Verpflichtung loszukommen. 
1717 forderte der Rat Rauchfanggeld von den Judenhäusem; 
da die Juden sich weigerten, kam es abermals zu tumultua- 
rischen Scenen, namentlich als während dieser Aufläufe wie- 
der einmal Feuer in der Judengasse ausbrach and der gröfste 
Teil derselben niederbrannte. Schliefslich erging ein könig- 
liches Verbot an die Juden, sich aus ihrer Strafse zu ent- 
fernen. Nichts aber kennzeichnet den Fanatismus in der 
Behandlung der Juden besser als die Verordnung, dafs kein 
jüdischer Arzt einem Christen seinen Beistand leihen dürfe. 
Wenn trotz dieser denkbar ungünstigsten Verhältnisse eine 
stete Zunahme nicht nur der jüdischen Einwohnerzahl, son- 
dern auch ihres Wohlstandes statt hatte, so ist das eben 
nur ein neuer Beleg von der Widerstandskraft und zähen 
Ausdauer dieser Rasse. 

In einem gleichtiefen Verfall wie die bäuerlichen und 
städtischen Verhältnisse befand sich während der letzten 
Jahrhunderte der Republik auch das übrige öflFentliche Leben. 
Wir können in einer Geschichte der Provinz Posen natür- 
lich nur in ganz allgemeinen und gedrängten Zügen auf 
diese das ganze polnische Reich betrefifenden Dinge zu 
sprechen kommen : sie völlig zu übergehen, glauben wir da- 
gegen schon deshalb nicht verantworten zu können, weil 
sonst — abgesehen davon, dafs unsere Provinz, ehe sie an 
Preufsen gelangte, immer einen Bestandteil des polnischen 
Reiches gebildet kat — namentlich die Darstellung der 
letzten Schicksale Polens dem Leser unverständlich bleiben 
würde. 

Was zuvörderst die Finanzverwaltung des Reiches, diesen 
wichtigsten Teil jeder Staatsverwaltung, betrifft, so möge 
hier zur Charakteristik derselben nur die eine Thatsache 
angeführt werden, dafs während der letzten Jahrzehnte der 



Finanzen des Reiches, militärische Zustände. 117 

Kepublik bei einem Umfang derselben von 13 862 Qiiadrat- 
meilen und einer Einwohnerzahl von 12 bis 13 Millionen 
die Jahreseinnahmen nur etwas über 14 Millionen Gulden 
betrugen, während dagegen das kleine Preufsen eine fast 
zehnfache Einnahme aufzuweisen hatte. Jene verschwindend 
geringe Staatseinnahme wurde in erster Linie durch die 
Steuerprivilegien von Klerus und Adel veranlafst. Der er- 
stere, obschon meist im Genufs reicher Pfründen, war ge- 
setzlich ganz steuerfrei; nur die hohe Geistlichkeit steuerte 
seit 1775 etwa 600 000 Gulden jährlich als sogenanntes 
subsidium charitativum, und ebenso war der Adel fast ganz 
frei von allen Abgaben. Erst durch die Verfassung von 
1791 fand dann eine dem Besitz jener beiden Stände und 
den Bedürfnissen der Staatsverwaltung einigermafsen ent- 
sprechende Steuerbelastung statt. Einen sehr beträchtlichen 
Bestandteil des Staatsvermögens repräsentierten die Salzquellen 
und Salzbergwerke, namentlich die von Wieliczka, aber 
auch hier bezog der Adel seinen Bedarf nicht nur abgaben-, 
sondern auch kostenfrei. Anderseits befanden sich die Staats- 
domänen und Regale ausschliefslich im Besitz des Adels, 
welcher von den Erträgnissen derselben so viel wie nichts 
an die Staatskasse abführte. 

Die militärischen Einrichtungen waren bei dem mittel- 
alterlichen System des ritterlichen Heerbannes stehen ge- 
blieben, denn das kleine stehende Heer, das gesetzlich die 
Zahl von 18 000 Mann nicht übersteigen durfte, in Wirk- 
lichkeit aber kaum die Hälfte dieser Ziflfer betrug, konnte 
neben jenem adeligen Volksheer kaum in ernstlichen Be- 
tracht kommen. Dasselbe zeichnete sich allerdings durch 
glänzende Tapferkeit aus — man denke nur an die Ent- 
setzung Wiens und die übrigen glücklichen Kämpfe mit den 
Türken! — , aber von der militärischen Schulung und Dis- 
ziplin europäischer Heere war bei diesem Adelsautjgebot 
wenig zu spüren. Der König war ihm gegenüber nahezu 
einflufslos, die eigentliche Obergewalt befand sich in den 
Händen der zwei Hetmans für Polen und Litauen. Ver- 
pflichtet war jeder Edelmann, dem allgemeinen Aufgebot, 
der pospolite ruszenie, mit eigener Ausrüstung zu fterde 
Folge zu leisten. Die vermögendsten Edelleute bildeten das 
Corps der Husaren und Towarzysz, die Elitetruppe des 
ganzen Reichsheeres. Sie waren sehr kostspielig bewaffnet 
und ausgerüstet, mit Helmen, Harnischen und 19 Fufs langen 
Lanzen und dienten mit 5 Pferden. Die Husaren selbst 
ritten im ersten Gliede, ihre Knechte, die Pacholken, in vier 
anderen dahinter. Der weniger reiche Adel bildete die Pan- 



118 Viertes Bach. 

cernicy, die leichter gerüstet waren, Pistolen, Säbel und eine 
kürzere Lanze führten. Das Gros der Armee formierte die 
leichte Reiterei, Woysko genannt, auch allgemein als Ko- 
saken bezeichnet. Diese Adelsarmee wurde jährlich am 
Sitzungsort des Landgerichtes jeder Wojwodschaft gemustert 
Für die Unterhaltung des stehenden Heeres wurden die so- 
genannten Hybernen (Winterquartiergelder), sechs Gulden 
von der Hufe, erhoben. Die Arsenale, Kasernen und Fes- 
tungen des Landes befanden sich im traurigsten Zustand, 
das Artillerie- und Ingenieurwesen blieb auf der niedrigsten 
Stufe der Ausbildung, der Versuch, eine Marine zu gründen, 
wurde nie ernstlich in Überlegung gezogen. 

Die Rechts- und Gerichtsverfassung ermangelte der Volks- 
tümlichkeit, Einheit und Unabhängigkeit. Bei dem Fehlen 
eines einheimischen, allgemeinen Gesetzbuches herrschte über- 
all römisches und daneben für den Klerus das kanonische 
Recht. Für das Gerichtswesen galt durchgängig das Per- 
sonalprinzip. Der leibeigene Bauer hatte überhaupt keinen 
Gerichtsstand, für ihn war der Wille seines Herrn einziges 
Gesetz. Für die deutschen Dorf- und Stadtgemeinden waren 
die Schultheifsen- und Stadtgerichte die Gerichte erster, die 
sogenannten Assessorialgerichte die Gerichte zweiter Instanz; 
die Untergerichte für den Adel bildeten die Grod- und 
Landgerichte der Starosten, welche jährlich drei bis vier 
Sessionen abhielten ; die Beisitzer dieser Gerichte wählte der 
Adel aus seiner Mitte. Über ihnen standen die Tribunale 
für Polen und Litauen, die Referendargerichte für die 
königlichen Güter, die Relationsgerichte als Oberinstanz der 
Referendar- und Assessorialgerichte, endlich das Reichstags- 
gerichf, bestehend aus dem Senat, späterhin unter Zuziehimg 
von Landboten. Bestechlichkeit der Richter, schleppender 
Geschäftsgang, Schwierigkeit der gerichtlichen Exekution 
waren gleichmäfsig bei allen diesen Gerichten im Schwange. 
Namentlich der Edelmann setzte sich ungestraft über ihm 
nachteilige Erkenntnisse hinweg, und kam es zur Exekution, 
so brauchte er einfach Gewalt gegen Gewalt. Für die Ohn- 
macht der Gerichte ist namentlich die altnationale Sitte des 
,, Einreitens " nach ge&Uten Besitzerkenntnissen charakte- 
ristisch: man überfiel einfach den Gegner mit bewaffneter 
Macht und setzte sich gewaltsam in den Besitz des zuge- 
sprochenen Gegenstandes. 

Die Kirche war durch die Steigerung ihres Machtver- 
hältnisses gegenüber den zu blofs geduldeten Dissidenten- 
gemeinden herabgedrückten akatholischen Bekenntnissen, 
durch die Anteilnahme ihrer obersten Leiter an der Regie- 



Rechts- und GerichtsverfassuDg, Kirche, Schulen. 119 

rung des Landes — die Bischöfe waren als solche Mitglieder 
des Senates — , das üppige Wohlleben, zu dem ihnen ihre 
reich ausgestatteten Pfründen die Mittel an die Hand gaben, 
insbesondere aber durch ihre ausschliefsliche Rekrutierung 
aus den Kreisen des höheren Adels in noch weit höherem 
Grade, als dies schon in früheren Perioden der Fall war, 
verweltHcht und entartet. Fast der dritte Teil des gesamten 
Grundes und Bodens befand sich im Besitz der toten Hand. 
Für die Ortsgeistlichkeit trat zu dem Einkommen aus diesem 
enormen Grundbesitz noch der Zehent Namentlich der 
Erzbischof von Gnesen, der Primas der kathoUschen Kirche 
Polens und der ständige Reichsverweser bei Erledigung des 
Thrones bis zur Wiederbesetzung desselben, bezog Einkünfte, 
gegen welche gehalten diejenigen des Königs als kümmer- 
lich bezeichnet werden konnten. Im schreienden Kontrast 
zu den Dotationen der hohen Kirchenstellen standen die- 
jenigen der niederen Geistlichkeit, und diese ärmliche Aus- 
stattung mufste auf die Ausübung des seelsorgerischen Be- 
rufes und die gesamte Stellung des Pfarrklerus innerhalb 
der Gemeinden ungünstig einwirken. Wie nach oben Luxus 
und VerweltKchung, so machte sich nach unten Unbildung 
und Trägheit allerorten geltend. Bettelnd und schmarotzend 
zog daneben eine ganze Armee von Klosterbrüdern im Lande 
umher. Einst waren die Klöster des Landes, namentlich 
die zahlreichen Niederlassungen der Cisterzienser, die Grün- 
der und Pfleger deutscher Kultur gewesen: seit der Restau- 
ration der kathoUschen Kirche und der damit Hand in 
Hand gehenden Polonisierung des Landes war auch aus 
seinen Klosterstiftungen das deutsche Element völlig ver- 
drängt worden. 

Das Schul- und Erziehungswesen, das in Polen sich auch 
früher keiner besonderen Blüte erfreut hatte, war jetzt ganz 
in die Hände der Jesuiten gelangt. Die vornehmste höhere 
Schule des Landes, das Lubranskische Athenäum in Posen, 
befand sich im Verfall, der Bischof kümmerte sich nicht 
weiter um dasselbe, selbst seine Gebäude verfielen. Nicht 
viel besser stand es um die andere höhere Lehranstalt, die 
Konarskische, doch erfuhr diese wenigstens äufserüch noch 
einige Pflege, indem ihr der Suffragan- Bischof Johann von 
Rozdrazewski 1612 ansehnUche Schenkungen machte. Die 
Krakauer Universität half nach, indem sie zwei Lehrer 
schickte. Die Schule bekam fünf höhere Ordnungen, unter 
denen auch eine für das Recht, die Kaisergesetze und die 
Urkundenlehre war. 

Aber weder der tiefgesunkene Bauern- und Bürgerstand, 



120 Viertes Buch. 

noch der erbärmliche Zustand der gesamten weltlichen und 
kirchlichen Verwaltung des Landes erklären die Möglichkeit 
des Unterganges eines Staatswesens, das jahrhundertelang 
eine vorherrschende Rolle, wenigstens in den öflFentlichen 
Angelegenheiten unseres Weltteiles, gespielt und noch im 
17. Jahrhundert als tapfere Vormauer gegen den mächtig 
andrängenden Islam sich ein unbesti-eitbares Verdienst um 
die christUche Kultur des Westens und Südens Europas er- 
worben hat. Der letzte, eigentlichste Grund des Unterganges 
Polens ist sein Adel gewesen. Seit dem Eintritt Polens in 
die Geschichte hatte derselbe immer eine hervorragende 
Rolle im Staatsleben gespielt, seit dem Niedergang des 
Bauern- und Bürgerstandes im 16. Jahrhundert ist er mehr 
und mehr der alleinige Träger des Volkstums geworden, 
und sein Verfall mufste daher notwendig auch den Zusam- 
mensturz des durch ihn repräsentierten Staatswesens nach 
öich ziehen. 

Die Grundlage dieser Adelsherrschaft haben wir bereits 
oben kennen gelernt: die Teilnahme an der Staatsregierung 
durch das Sitz- und Stimmrecht auf den Land- und Reichs- 
tagen, das Recht, sämtliche Staatsämter zu besetzen und das 
Heer zu bilden, die Nutzung der Staatsgüter und Regale, 
die ausschliefsliche Befähigung, Grundbesitz zu erwerben 
— nur die mit deutschem Recht begabten Städte traten in 
dieser Beziehung dem Adel gleichberechtigt zur Seite, aber 
auch nur bezüglich des Grunderwerbes innerhalb ihrer Stadt- 
mauern. Der Theorie nach waren alle Adelige einander 
gleich, in Wirklichkeit machten sich die verschiedenen Unter- 
schiede der Geburt, des Besitzes, der Pamilienverbindungen, 
der bekleideten höheren und niederen Amter u. s. w. doch 
wieder geltend. Um solche hervorragende Familien bildeten 
sich aus den Kreisen des minderbegüterten und armen Adels 
Klientelschaften, welche, wie sie ihren Beschützern bhndlinga 
ergeben waren, von diesen dafür Schutz und jede andere 
Förderung erhielten. Die Krone, welche nach dem Unter- 
gang des freien Bürgerstandes noch allein ein Gegengewicht 
gegen diese Adelsherrschaft hätte bilden können, büfste den 
letzten Rest ihrer Machtstellung durch das häufige Ausster- 
ben der Königsgeschlechter und die sich daran knüpfenden 
Thronstreitigkeiten ein. Bei jeder Neuwahl mufste der Fürst 
dem Adel neue und erweiterte Zugeständnisse machen, na- 
mentlich seitdem nach dem Erlöschen des Jagellonenstammes 
Polen ein förmliches Wahlreich wurde. Seit dem Beginn 
des 18. Jahrhunderts tritt dann zu dieser politischen Depra- 
vation ein namentlich durch das ausschweifende und ver- 



Adel, allgemeine Kulturverhältnisse 121 

schwenderische Hof leben unter den sächsischen Augusten er- 
zeugter, wahrhaft erschrecklicher moralischer Verfall. „Die 
ganze Fülle von üppiger Kraft, das aufbrausende stürmische 
Element, welches in der Natur dieses Adels lag und früher 
im Kriege und auf dem Reichstage Gelegenheit gehabt hatte, 
sich auszuzeichnen, wurde jetzt in jubelnden Lustbarkeiten 
und Saufereien daheim oder auf den Land- und Gerichts- 
tagen vergeudet. Die gröfsten Säufer und Raufbolde wur- 
den berühmt, wie früher IJelden des Krieges oder Redner 
des Reichstages. Das ganze Jahr verflofs in dem seligen 
Genufs unaufhörlich aufeinander folgender Festlichkeiten, 
zu welchen der Adel auf die verschiedensten Veranlassungen, 
auch bei den häufigen kirchlichen Festen, zusammenkam, 
wo dann nach gewissenhafter Teilnahme aäi Gottesdienst 
reiche Gastmähler, rauschende Trinkgelage und Tänze er- 
folgten." 

„Ziehen wir von all diesem schliefslich die Summe, so 
müssen wir gestehen, die Republik lag um die Mitte des 
18. Jahrhunderts im tiefsten Verfall. Das soziale wie poli- 
tische Leben all ihrer Glieder war durch und durch krank. 
In den höheren Ständen herrschte Stolz und Ehrgeiz und 
ein Selbstgefühl vor, welches fast nur darauf bedacht war, 
den Einflofs und die Macht, welche ihre Stellung ihnen im 
öflFentlichen Leben gab, zur Befriedigung ihrer Leiden- 
schaften, der Herrschsucht und des Genusses, nach Willkür 
auszubeuten. Der Massenadel, im Durchschnitt ungebildet 
und roh, gewaltthätig und unterwürfig zugleich, dem Müfsig- 
gang und zügelloser Genufssucht hingegeben, lebte ohne viel 
Besinnung von einem Tag zum andern ; die Bauern in fürch- 
terlicher Versunkenheit, Unterdrückung und Not; die Städte 
in Trümmern und verarmt, ohne Gewerbe und Handel ; Er- 
ziehung und Unterricht in der gröbsten Vernachlässigung; 
Schulen und Universitäten in den Händen einer unwissen- 
den weltlichen und Ordensgeistlichkeit, welche sich zu keiner 
lebendigen Teilnahme an dem Fortschritte der Wissenschaften 
und Kenntnisse ihrer Zeit zu erheben vermochte; das reli- 
giöse Leben in äufseren Formen und bigotter Devotion er- 
starrt, und endlich bei alledem der naive Glaube, dafs jeder 
polnische Edelmann der freieste Mann auf der Welt sei und 
die Republik durch ihre Anarchie bestehe. In der That 
und Wahrheit aber hatte diese Republik keine Macht mehr, 
über sich selbst zu bestimmen, einen Willen zu haben. Sie 
hatte faktisch so gut wie keine Gesetzgebung, keine Ver- 
waltung und Regierung mehr. Ihre Finanzen lagen in der 
tiefsten Unordnung, denn niemand nahm Anstofs daran, sie 



122 Viertes Buch, 

um die Steuern zu betrügen^ und die Schatzmeister unter- 
lagen keiner Eontrolle. Die kleine Armee , oft , genug un- 
bezahlt , war eben deshalb ohne Zucht, ohne Übung , in 
halber Auflösung; die Gerichte eine Verspottung jeder Ge- 
rechtigkeit. An der Stelle von Recht und Pflicht herrschten 
Willkür und Gewalt in allen Schiebten und Sphären des 
Lebens, und den Schutz, welchen der Staat allen gleich ge- 
währen sollte, suchten und fanden die einen in der eigenen 
Familienmacht und ihrem Reichtum, die anderen in der 
Dienstbarkeit bei jenen und in deren Protektion. Mit einem 
Worte: die Republik war den Interessen, Intriguen imd 
Parteikämpfen ihrer grofsen Herren und der Nachbarmächte 
widerstandslos preisgegeben: denn an die letzteren sich an- 
zuschliefsen, um deren Schutz und Unterstützung gegen ihre 
Gegner und ihren König zu bitten und zu buhlen, von 
ihnen Orden und Pensionen zu nehmen, waren die Herren 
längst gewohnt. Die Könige starben, die Führer der Oppo- 
sition wechselten, aber unaufhörlich erneute sich in der 
Nation die Neigung, gegen die eigene Regierung und zu 
deren Sturz die HiUe des Auslandes zu suchen. Gegen dies 
Treiben konnte sich kein König ohne fremde Stütze auf 
dem Thron erhalten. Die Nation selbst zwang ihn, eine 
solche zu suchen; sie selbst zog die fremden Mächte be« 
harrlich ins Land, ohne zu bedenken, dafs hieraus schliefs- 
lich die Abhängigkeit vom Auslande folgen mufste. Der 
schreiendste Mifsbrauch der Freiheit führte auch hier zur 
Knechtschaft". 



Fünftes Buch. 

Von der ersten Teilung Polens 
bis zur Gegenwart. 



Uie letzten Jahre des polnischen Keichs sind in einem 
noch weit höheren Grade, als dies während der vorauf- 
gehenden Zeit der Fall gewesen war, mit wilden Partei- 
kämpfen und zügelloser Anarchie angefüllt. Durch die 
Thronbesteigung Stanislaus Poniatowskis, des Günstlings der 
Kaiserin Katharina IL, war der russische Einflufs, welcher 
seit Beginn des 18. Jahrhunderts mehr und mehr Fufs ge- 
fafst hatte, tonangebend für das gesamte öffentliche Leben 
der Republik geworden. Dies trat zuerst in der sogenannten 
Dissidentenfrage klar zutage. Wir haben gesehen, wie unter 
dem Einflufs der Jesuiten in Polen alle akatholischen Be- 
kenntnisse unterdrückt, ihre Anhänger in der grausamsten 
Weise verfolgt und von allen bürgerlichen Rechten aus- 
geschlossen worden waren. Und es beschränkte sich diese 
Verfolgung nicht auf die Protestanten, auch die griechisch- 
katholische Kirche war von dem gleichen Schicksal betroffen. 
Hier nun glaubte Katharina zuvörderst eingreifen zu müssen : 
war sie doch bewufst, dafs der Schutz, den sie den aus- 
wärtigen Glaubensgenossen ihrer in Religionssachen fanatisch 
gesinnten Unterthanen zuteil werden liefs, ihre eigene, nament- 
lich in den ersten Jahren ihrer Regierung keineswegs sichere 
Stellung festigen würde. Die polnische Regierung wurde ver- 
anlafst, dem Reichstage einen auf die Erteilung der vollen 
bürgerlichen Rechte an die Dissidenten abzielenden Gesetz- 
entwurf vorzulegen. Allein die gute Absicht scheiterte an dem 
leidenschaftlichen Widerstand des Klerus und der mit ihm 
verbündeten nationalen Adelspartei. Elatharina vereinigte nun- 
mehr die Dissidenten und Griechisch-Katholischen zur General- 
konfoderation von Radom, unter deren Drucke ein neube- 
rufener Reichstag im Oktober 1767 das Dissidentengesetz 
annahm. Die Leiter der widerstrebenden Bewegung wurden 
durch russisches Militär nächtlicherweile aufgehoben und über 



126 Fünftes Buch. 

die Grenze nach Rufsland gebracht. Aber der Widerstand 
der Gegner wurde durch diese Gewaltmafsregel nur noch 
mehr entfacht. In der Gegenkonföderation von Bar sammelten 
sich alle altpolnischen Elemente; und ein blutiger Büi<ger- 
krieg wütete Jahre hindurch durch das unglückliche Land, 
bis endlich die von russischen Hilfstruppen gestützte R^e- 
rungspartei die Oberhand über die weniger geschulten und 
disziplinierten aufständischen Haufen gewann. 

Jetzt hielt Katharina den Zeitpunkt für gekommen ^ wo 
sie mit den letzten Absichten ihrer Politik gegenüber dem 
Nachbarstaat offen hervortreten konnte. Es gehört nicht in 
den Bereich unserer Aufgabe, die Genesis der Teilung Polens 
zu erörtern. Genug, wenn wir konstatieren, dafs diese Teilung 
in erster Reihe auf die Initiative Katharinas zurückzufuhren 
ist, und die mitbeteiligten Mächte Osterreich und Preulsen 
weniger aus eigenem Interesse, als um eine allzu grofse 
Machtausdehnung Rufslands nach Westen hin zu verhindern, 
der Teilungsalliance beigetreten sind. 

Im übrigen war der Plan einer Teilung Polens schon 
in früheren Jahrhunderten mehrmals Gegenstand der Er- 
wägung zwischen den benachbarten Mächten gewesen. Zu- 
erst hatte der deutsche Orden die begehrlichen Blicke auf 
das Nachbarreich gerichtet und die schlesischen Fürsten, 
Ungarn und Osterreich für den Plan einer Teilung desselben 
zu gewinnen versucht. Die Schlacht bei Tannenburg hatte 
solchen hochfliegenden Gedanken ein jähes Ende bereitet. Im 
17. Jahrhundert unterbreitete E^l X. von Schweden dem 
grofsen Kurfürsten nach der Schlacht bei Warschau den 
Plan zu einer Teilung Polens. Die Wojwodschaften Kaiisch, 
Posen, Lenczyc, Sieradz und das Land Wielun sollten an 
den Kurfürsten kommen, der jedoch aus Furcht vor einem 
allzu mächtigen Anwachsen Schwedens ablehnte. 

Aber auch in Polen selbst erkannten weitschauende 
Geister schon frühzeitig das Endschicksal ihres Vaterlandes. 
So hatte bereits Jobann Kasimir, der letzte König aus dem 
Hause Wasa, den Ständen des Reiches mit vorschauendem 
Blick die Auflösung desselben vorausgesagt : und zwar werde 
Rufsland Litauen, Brandenburg Grofspolen und Preufsen, 
Osterreich Ejrakau an sich nehmen. Auch während des 
nordischen Krieges kamen Preufsen und Rufsland auf den 
Gedanken einer Teilung Polens zurück, ja August U. ging 
so weit, den Nachbarn Teile seines Reiches unter der Vor- 
aussetung anzubieten, dafs ihm diese hierfür bei der Befes- 
tigung seiner dynastischen Stellung behilflich sein sollten. 

Schon vor Abschlufs des Teilungsvertrages (Herbst 1772) 



Erste Teilung Polens. 127 

hatte Friedrich II. das polnische Gebiet nördlich der Netze 
militärisch besetzen lassen. Dieser Flufs war als vorläufige 
Südgrenze des zu occupierenden Territoriums ausersehen. 
Bald aber griiflF der König, da niemand Widerstand leistete, 
weiter südlich über die Netze hinaus: zuerst über Rohrbruch 
nach Labischin, dessen ihm ergebene Besitzerin, die Gräfin 
Skorszewska, aus Furcht vor Verfolgungen seitens ihrer Lands- 
leute, ihn förmlich zur Besitzergreifung ihres Gebietes ein- 
lud, späterhin nach den Luboczinischen und Borozinischen 
Gütern bis herunter nach Schulitz. Im Februar 1773 liefs 
er dann noch weitere 15 Städte und 516 Dörfer besetzen. 
Am 22. Mai 17 75 nahm der mit der ersten Einrichtung 
der neugewonnenen Provinz betraute Kammerpräsident Bren- 
kenhof in Inowrazlaw in des Königs Namen die Huldigung 
der Stände imd Einwohner des occupierten Gebiets entgegen. 
Nach vielfachen Verhandlungen kam endlich unter russischer 
Vermittelung der Grenz vergleich von Warschau vom 2 2. August 
1776 zwischen Preufsen und Polen zustande. Nach diesem 
sollten in Grofspolen die Städte und Herrschafken Filehne^ 
Czarnikau, Usch, Kolmar, Budsin, Margonin, Golantsch, Exin 
und Schubin, die sich weit über das linke Ufer der Netze 
erstreckten, bei Preufsen bleiben; in Kujawien wurde die 
Grenze von Schubiü her über 2iiin, Gonsawa, Mogilno, 
und Willatowo, deren Bezirke bei Polen blieben, in südöst- 
licher, ferner in östlicher Richtung durch den südlichen Teil 
des Goplosees zwischen Klein-Rusz und Gurkowo auf Piotr- 
kowo, welches so wie Klein-Rusz zu Polen gehören sollte^ 
endlich nach Norden hinauf bis Skotniki und von da bis 
zur Weichsel gezogen. Die Occupationen im Dobrzyner 
Lande zur linken der Drewenz von deren Einflufs in die 
Weichsel bis zum Flusse Pissa, wo sie vereint mit der 
Rypnica in die Drewenz fallt, gab Preufsen au Polen her- 
aus; weiterhin bildete die Pissa selbst die Grenze. 

Bis zum Jahre 1807 hat der durch die erste polnische 
Teilung an Preufsen gefallene Teil der heutigen Provinz 
Posen unter dem Namen Netzedistrikt einen Bestandteil der 
Provinz Westpreufsen gebildet. Der Flächeninhalt diese» 
Distrikts betrug 132 Quadratmeilen, die Einwohnerzahl rund 
84000 Seelen, während die gesamte neue Erwerbung 700 
Quadratmeilen mit 900000 Einwohnern umfafste. An Gröfse,, 
Bevölkerungszahl und Güte der Bodenbeschaffenheit stand 
der preufsische Teilungsanteil durchaus denjenigen von Rufs- 
land und Österreich nach, doch gewährte derselbe den grolsea 
Vorteil, dafs durch ihn jetzt eine direkte Verbindung der 
Kurlande mit den altpreufsischen Landen hergestellt war^ 



128 Fünftes Buch. 

und Friedrich, der zuerst eine Erweiterung der oberschlesi- 
8chen Gebiete ins Auge gefafst hatte, glaubte jener Er- 
werbung um so mehr den Vorzug geben zu müssen, als er 
mit ihr auch die Herrschaft über die Weichsel gewann, da 
die schliefsliche Erwerbung von Danzig und Thom, die vor- 
erst noch bei Polen blieben, mit Sicherheit zu erwarten war. 

Der Zustand, in dem Preulsen dieses Land überkam, 
spottete aller Beschreibung. Die Fruchtbarkeit des Bodens 
war eine sehr ungleichartige. Die bevorzugtesten Gegenden 
waren der Netzebruch und die Gegend um Inowrazlaw. 
Dagegen fand sich bei Bromberg nur sehr magerer,, und 
schlechter Boden vor. Sogenannte Städte gab es im Über- 
flufs, dieselben waren aber nichts anderes als gro&e Dörfer 
mit dem notwendigsten Gewerbebetrieb; ein starker Pro- 
zentsatz ihrer Bevölkerung bestand aus Juden. Die Markt- 
plätze und Gassen lagen verödet, überall befanden sich 
zwischen den Wohngebäuden die Trümmer von eingestürzten 
und verbrannten Häusern, da die Mittel und die Neigung 
zu ihrem Wiederaufbau fehlten. Das im Mittelalter so 
mächtige und schon wenige Jahre nach der preufsischen Be- 
sitzergreifung wieder zu besonderer Blüte gelangte Brom- 
berg zählte beim Anfall des Landes knapp 500 Einwohner; 
die Häuser waren meist mit Schindeln gedeckt, die Strafsen 
mit mehrere Fufs hohem Schutt und Unrat bedeckt. In 
Kellern fand man vielfach menschliche Gerippe. 

Noch trauriger sah es auf dem flachen Lande aus. „ Bei 
dem Anblick eines gemeinen polnischen Bauers" — sagt 
ein offizieller Bericht aus jener Zeit — „glaubt man einen 
Menschen zu erblicken, welcher eben erst aus dem Zustande 
wilder Barbarei heraustritt und den ersten Schritt zur Kul- 
tur beginnt. Selten trägt er ein Hemde, und wenn er eins 
hat, so legt er es selten eher ab, als bis die höchste Un- 
sauberkeit und Ungeziefer ihn dazu nötigen, deren Unbe- 
quemlichkeit er kaum empfindet u. s. w."; und an anderer 
Stelle: „Der Edelmann und der Jude sind eine wahre 
Geifsel der Bauern gewesen. Niedergedrückt durch skla- 
vische Behandlung, durch tausendfache Not zur Verzweif- 
lung gebracht, nahm der Bauer seine Zuflucht zum Brannt- 
wein, der nirgends so häufig und so schlecht getrunken wird 
als in Polen. Durch Verachtung seiner unmittelbaren Oberen, 
durch Mifshandlungen seiner Vorgesetzten niedergedrückt, 
zeichnet sich der gemeine Pole durch eine kriechende De- 
mut gegen Vornehme aus, er beugt sich bis zur Erde, küfst 
ihnen den Saum ihres Kleides und redet nicht anders als 
fufsfö.llig mit ihnen." Diesen Zuständen entsprach denn 



Zustand des Landes bei der Besitzergreifung. 129 

auch die Bodenkultur. Mitten unter fruchtbaren Kornfel- 
dern lagen unbebaute Steppen, die kaum eine magere Hü- 
tung gewährten, während sie nach ihrer inneren BeschaflFen- 
heit mit ein wenig Kultur die reichsten Kornfelder abgeben 
konnten. Die Wälder glichen grofsen Brüchen. Der Wald 
als solcher hatte dort, da es an Absatzwegen fehlte, noch 
im Anfange dieses Jahrhunderts so gut wie gar keinen 
Wert. Man pflegte überall nur nach dem Acker- und 
Wiesenareal zu fragen. Und noch in den zwanziger Jahren 
kam es vor, dafs in gerichtlichen Subhastationstaxen über 
gröfsere Güter dazu gehörige Forsten von 2 — 3000 Morgen 
nicht zur Ertragsschätzung herangezogen, ja wegen darauf 
haftender Lasten unter den Passivis verrechnet wurden. 
Die. meisten kleineren Güter hatten nicht einmal sichere 
Grenzen. Die Bauern hatten auf ihrem Hof kein Erbrecht 
und der Gutsherr konnte ihnen denselben entziehen, wenn 
es ihm beUebte. Der Bauer war femer verpflichtet, eine 
andere Hofstelle anzunehmen, welche ihm der Gutsherr an- 
bot, und durfte sie nicht ausschlagen. Da ein solcher 
Wechsel die fleifsigsten Wirte am häufigsten traf, indem 
man sich natürlich solche vorzugsweise aussuchte, um einen 
devastierten Hof wieder in Aufnahme zu bringen, so wird 
man die Hauptursache der häufig gerügten Trägheit dieser 
Bauern sehr leicht erraten. Unzählige entliefen ihrem Guts- 
herrn, blofs um der Übernahme eines neuen Giites zu ent- 
gehen. Der Gutsbesitzer hatte ein ungemessenes Züchti- 
gungsrecht, war aber vorkommendenfaUs zur Ernährung 
des Leibeigenen verpflichtet. In deutschen Gegenden hatten 
hier die Fürsten gröfsere Gewalt und sahen in ihrem eigenen 
Interesse darauf, dafs das Minimum des gesetzlichen Schutzes, 
welches dem Leibeigenen zukam, nicht verkümmert wurde. 
In Polen — obwohl es an Gesetzen zum Schutz der Leib- 
eigenen nicht fehlte — war die Willkür der Grundbesitzer 
durch nichts geregelt. Wer sich dem Dorfe nahte, der sah 
graue Hütten und zerrissene Strohdä/^er auf kahler Fläche, 
ohne einen Baum, ohne einen Garten — nur die Sauer- 
kirschbäume waren altheimisch. Die Häuser waren aus 
hölzernen Sprossen gebaut, mit Lehm ausgeklebt; durch die 
Hausthüre trat man in die Stube mit grofsem Herd ohne 
Schornstein ; Stubenöfen waren unbekannt ; selten wurde ein 
Licht angezündet, nur der Kienspahn erhellte das Dunkel 
der langen Winterabende ; das Hauptstück des elenden Haus- 
rates war das Kruzifix, darunter der Napf mit Weihwasser. 
Das schmutzige und wüste Volk lebte von Brei aus Roggen- 
mehl, oft nur von Kräutern, die sie als Kohl zur Suppe 

Meyer, Geschichte Poschs. 9 



180 Fünftes Bucli. 

kochten, von Hering und Branntwein, dem Männer wie 
Frauen unterlagen. Brot wurde nur von den Reichsten ge» 
backen. Viele hatten in ihrem Leben nie einen solchen 
Leckerbissen gegessen; in wenig Dörfern stand ein Back-^ 
ofen. Hielten die Leute ja einmal Bienenstöcke, so mer* 
kauften sie den Honig an die Städter, aufserdem geschnitzte 
Löffel und gestohlene Binde; daftU* erstanden sie auf den 
Jahrmärkten den groben blauen Tuchrock, die schwarze 
Pelzmütze und das hellrote Kopftuch für die Frauen; stumpf 
und schwerfällig trank das Volk den schlechten Branntwein, 
prügelte sich und taumelte in die Winkel. Auch der Bauern- 
adel unterschied sich kaum von den Bauern, er Aihrte seinen 
Hackenpflug selbst und klapperte in Holzpantoffeln auf dem 
ungedielten Fufsboden seiner Hütte. Selbst auf den Gütern 
der gröfseren Edelleute, der Starosten und der Krone waren 
alle Wirtschaftsgebäude verfallen und unbrauchbar. Wer 
erkrankte, fand keine andere Hilfe als die Geheimmittel 
einer alten Dorffrau, denn es gab im ganzen Lande keine 
Apotheken. Wer einen Rock bedurfte, that wohl, selbst die 
Nadel in die Hand zu nehmen, denn auf viele Meilen war 
kein Schneider zu finden, wenn er nicht abenteuernd durch 
das Land zog. Wer ein Haus bauen wollte, der mochte 
zusehen, wo er von Westen her Handwerker gewann. Noch 
lebte das Landvolk in ohnmächtigen Kämpfen mit den Her- 
den der Wölfe, wenig Dörfer, in welchen nicht in jedem 
Winter Menschen und Tiere decimiert wurden. Brachen die 
Pocken aus, kam eine ansteckende Krankheit ins Land, dann 
sahen die Leute die weifse Gestalt der Pest durch die Luft 
fliegen und sich auf ihren Hütten niederlassen, sie wufsten^ 
was solche Erscheinung bedeute, es war Verödung ihrer 
Hütten, Untergang ganzer Gemeinden, in dumpfer Ergeben- 
heit erwarteten sie dies Geschick. 

Sofort nach Übernahme der Provinz schritt der König 
zu seiner grofsartigen Kulturarbeit. Derselben kam der 
Umstand sehr vorteilhaft zustatten, dafs unsere Provinz erst 
im letzten Drittel der Regierungszeit Friedrichs an Preufsen 
fiel. So konnte hier die ganze Fülle der in andern Provinzen, 
namentlich dem gleichfalls neu erworbenen Schlesien ge* 
schöpften Erfahrungen verwandt werden, und die Sicherheit, 
mit der alle zur Melioration des Netzedistrikts gemachten 
Projekte und Berechnungen ausgeführt wurden, ist insbe- 
sondere auch jener langjährigen Übung des Königs zuzu- 
schreiben. Schon vorher, im Oktober 1771, als mit Rufs- 
land bereits ein Einverständnis wegen Polen erzielt, die 
Verträge aber noch nicht abgeschlossen waren, hatte Friewclrich 



Kammerpräsident y. Domhardt, Eammerdirektor v. Breukeuhof. 131 

eigenhändig einen Organisationsplan entworfen ^ mit dessen 
Ausfuiu*ung er nun den Präsidenten der beiden ostpreufsischen 
Kammern von Domhardt betraute. Dieser treffliche Manu 
hat sich um den Netzedistrikt so bedeutende Verdienste er- 
worben, dafs wir es für angezeigt erachten, hier einige 
Notizen über seine Persönlichkeit beizufügen. 1712 als der 
Sohn eines Landwirts im Harzlande geboren, erhielt er auf 
dem Halberstädter und, als später der Vater nach Litauen 
auswanderte, dem Tilsiter Gymnasium eine gute Schul- 
bildung und übernahm 19jährig, nach des Vaters Tode, dessen 
Pachtung der königlichen Domäne Ragnit. Ausdauernd in 
der Arbeit, eifrig und gediegen in seinen landwirtschaftlichen 
Verbesserungsbestrebungen, erwarb er sich König Friedrich 
-Wilhelms I. besondere Zufriedenheit. Von Friedrich dem 
örofsen bald nach der Thronbesteigung zum Kriegs- und 
Domänenrat ernannt und mit der alleinigen Aufsicht über 
das königliche Gestüt Trakehnen betraut, stieg er, infolge 
genauer und umsichtiger Erledigung belangreicher, ihm lin- 
nüttelbar vom König erteilter Geschäfte, kurz vor Ausbruch 
des Krieges 1756 zum zweiten Direktor der litauischen 
Kammer, im folgenden Jahre zum Präsidenten derselben 
auf. 1762 ernannte ihn der König, namentlich im Hinblick 
auf seine patriotische Thätigkeit, die er bei der Besetzung 
Ostpreufsens durch die Russen bezeigt hatte, zum Präsidenten 
der beiden dortigen Kammern. Domhardts Bemühungen 
brachten die durch den Krieg hartgeschädigte Provinz bald 
zu neuer Blüte. Der König erteilte ihm in Anerkennung 
dessen 1771 den erblichen Adel und ernannte ihn das Jahr 
darauf zum Präsidenten der vier preufsischen Kammern. 

Unter den weiteren Gehilfen des Königs in seiner Arbeit 
am Netzedistrikt kommt namentlich Brenkenhof inbetracht. 
1723 zu Reideburg bei Halle a. S. geboren, stanunte der- 
selbe aus einem der Religion wegen aus der Pfalz ver- 
triebenen Geschlechte. Sein Vater geriet auf seinem Stamm- 
gut mehr und mehr in Vermögensverfall und verscholl mit 
einem Sohne im Türkenkriege; zwei andere Söhne starben 
ebenfalls als Soldaten. Unser Brenkenhof wurde völlig 
mittellos von dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau als 
Page angenommen und erzogen, bewährte sich aber dabei 
so, dafs er bald des Fürsten Vertrauter wurde und Ver- 
wendung in mancherlei Geschäften fand; u. a. wurde er 
zum nominellen Leiter der Urbarmachung der Eibbrüche 
bestellt, welche ein höchst fachkundiger, geflüchteter preu- 
fsischer Ingenieur, Materne, der verborgen gehalten wurde, 
ausführte. 1745 wurde Brenkenhof Oberstallmeister und 

9* 



132 Fünftes Buch. 

erwarb anfangs durch Pferdehandel und Gutspachten, im 
siebenjährigen Kriege aber durch Armeelieferungen beträcht- 
liches Vermögen. Er sorgte heimlich für alle Vorräte, welche 
Friedrich II. bei seinen Geschwindmärschen vor der Schlacht 
bei Torgau bedurfte, und wurde infolgedessen in preufsische 
Dienste übernommen. Von 1762 an war er als Wirklicher 
Geheimer Finanzrat Mitglied des Generaldirektoriums, Be- 
sonders beschäftigten ihn die Bruchmeliorationen und Kanali- 
sationen. Aufser zahlreichen kleineren Anlagen kultivierte 
er seit 1763 die Warthe- und Netzebrüche. 

Anfang Juni 1772 war der König nach Marienwerder 
gereist, um mit Domhardt und den übrigen nach West- 
preufsen bestimmten Beamten Beratung wegen der Ein- 
richtungsmafsregeln zu pflegen. Am 8. Juni kehrte er wie- 
der nachhause zurück. In Sanssouci angelangt, schrieb er 
seinem Bruder Heinrich nach Rheinsberg: „Ich habe dieses 
Preufsen gesehen, welches ich gewissermafsen aus Ihren 
Händen erhalte. Es ist eine sehr gute und vorteilhafte Er- 
werbung, sowohl hinsichtlich der politischen Lage des Staates, 
als auch betreffs der Finanzen ; aber um weniger beneidet zu 
werden, sage ich jedem, der es hören will, dafs ich auf meiner 
Reise nur Sand, Jammer, Heidekraut und Juden gesehen habe. 
Es ist wahr, dafs dieses Stück mir viel Arbeit verursacht, 
denn ich glaube Kanada ebensowohl eingerichtet wie dieses 
Pommerellen. Keine Ordnung, keine Anordnung. Die Städte 
sind in einem beklagenswerten Zustand. Culm z. B. soll 
800 Häuser enthalten; es stehen nicht 100 aufrecht, deren 
Bewohner entweder Juden oder Mönche sind; und es giebt 
noch elendere Städte." Und sechs Tage später: „Ich habe 
einen grofsen Teil des Landes gesehen, welches ims in der 
TeUung zufällt. Unser Anteil ist der vorteilhafteste, inbetreff 
des Handels. Wir werden die Herren aller Erzeugnisse Polens 
und aller seiner Einfuhr, was von Belang ist, und der gröfste 
Vorteil besteht darin, dafs wir, indem wir Herren des Ge- 
treidehandels werden, zu keiner Zeit in diesem Lande der 
Hungersnot ausgesetzt sind. Die Bevölkerung dieser Er- 
werbung beläuft sich auf 600 000 Seelen und binnen kurzem 
wird man sie auf 700000 bringen können, um so mehr, 
als alles, was Dissident ist in Polen, dort eine Zuflucht 
suchen wird. Dies ist, mein lieber Bruder, worauf wir hin- 
arbeiten werden; denn die erste Sorge in einem Staate ist, 
dessen Bevölkerung nach Mafsgabe der Ertragsfähigkeit des 
Bodens zu mehren." Und am 27. Oktober 1772 schreibt er an 
d'Alembert: „Was kann ich Ihnen von hier aus sagen, als dafs 
man mir ein Stückchen Anarchie gegeben hat, mit dessen 



Friedrich II. u. d. poln. Erwerbung, BesitzergreifuDg d. Landes. 133 

Umwandlung ich mich beschäftigen mufs. Ich bin damit so 
in Verlegenheit, dafs ich irgendeinen der encyklopädistischen 
Gesetzgeber zuhilfe nehmen möchte, um in diesem Lande 
Gesetze einzuführen, welche alles gleichmachten, den Eigen- 
nutz und die Ehrfurcht aus dem Herzen aller Bürger mit 
der Wurzel vertilgten, die den Unverständigen Geist ein- 
flölsten und die nur das Phantom eines Souveräns darstellten, 
welchen man zurückfuhren könnte zu dem vorigen, anarchi- 
schen Verhältnis, in dem niemand Taxen und Abgaben kennen 
würde." 

Die offizielle Besitzergreifung des Netzedistrikts hatte der 
König Brenkenhof übertragen; sie vollzog sich vollkommen 
ruhig, obschon jenem nur ein aus einem Fähndrich und 
zwölf Soldaten bestehendes Detachement beigegeben war. 
In die einzelnen Kreise wurden von Brenkenhof besondere 
Kommissare, geschickt. Ihr Auftrag lautete dahin, alle in 
den betreflfenden Distrikten befindlichen Stücke zu ergreifen 
und an den Rathäusern und Thoren den preufsischen Adler 
anschlagen zu lassen, in jeder Stadt die Konvokationspatente 
zur Huldigung in deutscher, polnischer und lateinischer Aus- 
fertigung den Bürgermeistern zu insinuieren und ihnen auf 
ihre Verantwortung aufzugeben, dafs von Stund an keine 
anderen als königlich preufsische Befehle befolgt, auch in 
gerichtlichen Sachen bis auf nähere Bekanntmachung nichts 
vorgenommen werden dürfe, ferner die in den Städten befind- 
lichen Registraturen und Archive sogleich bei der Ankunft in 
jeder Stadt mit dem königlichen Siegel zu versiegeln und die 
Grod- und Landgerichte zu schliefsen. Ebenso sollten die 
Konvokationspatente dem Wojwoden von Posen, zu dessen 
Amtssprengel der abgetretene Bezirk bisher gehört hatte, den 
Starosten, Bischöfen, so weit sie Amtsrechte oder Güter in 
demselben besäfsen, den Abteien, Klöstern und Konventen, 
Gerichtspersonen und Geistlichen eingehändigt und ihnen 
deren Weiterverbreitung aufgetragen werden. Über alle 
diese Handlungen und Vorgänge sollten genaue und voll- 
ständige Protokolle abgefafst und an Brenkenhof eingesandt 
werden. Den Magistraten und Gerichtsobrigkeiten sollte an- 
befohlen werden, bei Strafe vierfacher Ersetzung, alle herr- 
schaftlichen Abgaben künftighin lediglich an die dazu auto- 
risierten preufsischen Behörden abzuführen. Weiter sollten 
die Spezialbevollmächtigten nach der Höhe der Abgaben, 
nach den in dem Distrikt gelegenen Starosteigütern und 
deren Ertrag Umfrage halten und den Pächtern und Ver- 
waltern derselben anbefehlen, die eingehenden Gelder in 
Zukunft nicht mehr an die Starosten abzugeben. Ein 



134 Fünftes Buch. 

Gleiches sei den Pächtern von öütem wohlthätiger Stiftungen, 
von Klöstern^ Abteien und Magistraten zu insinuieren. Die 
Eigentümer adeliger Q-üter sollten bedeutet werden, von den 
bisher zur Schatzkammer geflossenen Kopf-, Salz-, Juden- 
und anderen dergleichen Geldern nichts mehr bis auf weitere 
Ordre zu bezahlen. Alle Einwohner der abgetretenen Bezirke 
sollten künftighin ihren Salzbedarf nur aus den königlichen 
Salzfaktoreien zu Hochzeit, Filehne und Bromberg beziehen. 

Als die Grundlage j^es künftigen Fortschritts erschien 
dem König mit Recht eine gute Verwaltung. Er beschlofs, 
das ganze Preufsen zu vereinigen und es unter Domhardt 
als Oberpräsidenten zu stellen. Als oberste Verwaltungs- 
behörde für den Netzedistrikt wurde nach dem Muster der 
alten Provinzen eine Kriegs- und Domänenkammer-Deputation 
zu Bromberg eingerichtet. Brenkenhof war ihr erster Di- 
rektor. Der Name Deputation ward ihr zuteil, weil sie mit 
der westpreufsischen Kammer zu Marienwerder einen ge- 
meinsamen Präsidenten hatte; sonst war sie durchaus selb- 
ständig und stand namentlich, gleich den Kammern der 
älteren Provinzen, unmittelbar unter dem Berliner General- 
direktorium. Zu ihrer Kompetenz gehörten: Steuer- und 
Kontributionsangelegenheiten, Domänen, Forsten, Handel, 
Gewerbe, öffentliche Bauten, Kolonisten-, Mafs- und Gewichts- 
sachen, die Aufsicht über die Städte, Lebensmittelpolizei u. ä. 
Als Unterorgane der Kammerdeputation fungierten in den 
Städten Deutsch-Krone, Cammin, Bromberg und Inowrazlaw 
vier Landräte für das platte Land und vier Steuerräte für 
die Städte. Für das Accise- und Zollwesen errichtete man 
eine Accise- und Zolldirektion in Fordon und Accise- und 
Zollämter in den wichtigeren Städten. 

Zu polnischer Zeit waren die Staatsdomänen als Amts- 
lehen den Starosten zur Nutzniefsung überlassen worden. 
Infolge der Umgestaltung der Verwaltungsbehörden fielen 
diese Starosteigüter jetzt an den Staat zurück. Sie wurden 
nicht wieder ausgegeben, sondern mit den eingezogenen. 
Klostergütem vereinigt und nach einer einjährigen Selbst- 
bewirtschaftung (behufs Feststellung ihrer Ertragsfahigkeit) 
verpachtet. Die bisherigen Nutzniefser erhielten eine an- 
gemessene Entschädigung. Dagegen beUefs der König die 
sogenannten Gratialgüter, d. h. solche Güter, welche beson- 
ders verdienten Personen auf bestimmte Zeit verliehen worden 
waren, vorerst ihren Detentoren. Der Domänenbestand er- 
hielt in der Folge eine Vergröfserung durch die aus Staats- 
fonds angekauften und kraft richterlichen Entscheides kon- 
fiszierten Güter: so sind namentlich die Domänenämter 



Organisation d. Yerwaltungsbeh., Einziehung d. Starosteigüter. 185 

Bialosliwe und Mrotzen aus den eingezogenen Gütern des 
Ministers v. Göme entstanden. Bis zum Jahre 1793 waren 
auf diese Weise zwanzig Domänenämter gebildet worden, 
und zwar im Kreise Bromberg: Bromberg, Niessewicei Eor 
ronowo, Mrotzen, Nakel, im Kreise Inowrazlaw: Inowrazlaw, 
Kruschwitz, Ghiiewkowo, Znin, Mursinno, Mogilno, Strelno, 
im Kreise Cammin : Cammin, Zelgniewo, Bialosliwe, Wirsitz, 
im Kreise Deutsch-Krone: Deutsch-EIrone, Lebehnke, Neu? 
hof und Postollitz : zusammen stellten dieselben einen Flächenr 
Inhalt von nahezu 7000 Hufen mit 43 711 Seelen dar und 
warfen einen Reinertrag von rund 50000 Thaler ab. 

Neben der liederlichen Wirtschaft, welche zu gleicher 
Zeit auf den Staatsdomänen geführt worden war, war es 
namentlich die traurige Lage der Gutsunterthanen, welche 
eine Besserung seitens der neuen Regierung aufs drmgendste 
erheischte. Die nächste Mafsregel war die Aufhehung der 
Leibeigenschaft, womit die Mahnung an die Edelleute ver-* 
bunden wurde, das Gleiche zu thun. Unberührt von derr 
selben blieb jedoch das sonstige Pflichtverhältnis der Unter* 
ihanen gegen ihre Grundherrschaft. „ Sicherlich " — schreibt 
Friedrich in seinem Essai sur les formes de gouvemement — 
„ist kein Mensch geboren, um der Sklave seinesgleichen zu 
sein. Die Vernunft verabscheut einen solchen Mifsbrauch. 
Der Glaube aber, dafs zur Beseitigung dieser grausamen 
Einrichtung nur der Wille gehöre, ist irrig. Es Segen alte 
Kontrakte zugrunde; die Landwirtschaft basiert sich auf die 
Dienste der Bauern. Eine plötzliche Vernichtung dieser 
abscheulichen Gewalt über andere Personen würde die ganze 
Bewirtschaftung der Güter zerrütten und man würde teil- 
weise den Adel für seine Verluste entschädigen müssen.^ 
Nur sollte von jetzt ab den Unterthanen unter bestimmten 
Voraussetzungen die Entlassung aus dem Unterthänigkeits- 
verhältnis nicht vorenthalten werden können; auch wurde 
für diesen Loslassungsfäll der Betrag des Loskaufgeldes fest- 
gesetzt. Ebenso wurde das Mafs der Dienstleistungen der 
Gutsunterthanen gesetzlich geregelt: kein Bauer sdlte die 
Woche hindurch mehr als drei Tage Hofedienst thun. Zur 
besseren Sicherung des bäuerlichen Besitzes wurde dessen 
Verlust von richterlichem Erkenntnis abhängig gemacht und 
die Auskaufting von Bauergütem durch Eddleute bei 100 
Dukaten Strafe untersagt. Weiter gab der König ausnahms- 
weise für Westpreufsen die Erwerbung adeliger Güter durch 
Bürgerliche &ei; nur den Bauern war solche Erwerbung nicht 
erlaubt. 

Leider fand das königliche Beispiel der Aufhebung der 



136 Fünftes Buch. 

Leibeigenschaft bei dem Landadel nur geringe Nachahmung; 
es verblieb bei der angeordneten Begrenzung der Dienste 
und besserer Behandlung der Unterthanen. Immer wieder 
mahnt der König die Domänenbeamten an diese Pflicht 
„Sie sollen" — heifst es in einer solchen Instruktion — 
„mit den Unterthanen nicht auf hartem ^ polnischem Fufs 
imigehen, weil Seine Königliche Majestät alle Sklaverei und 
Leibeigenschaft abgeschafft und die Unterthanen als freie 
Leute angesehen und behandelt wissen wollen. In den 
Pachtkontrakten für die Amter ist festzusetzen, dafs von den 
Unterthanen nichts, als was sie zu geben schuldig sind, er- 
presset werde; vielmehr müssen solche mögliebst soulagiert 
und ihnen aufgeholfen werden." 

So ergriff denn der König das Mittel der Kolonisation. 
Schon im Februar 1773 erging an die Elammer zu Marien- 
werder aus dem königUchen Kabinett die Anfrage, ob sie 
eine Anzahl Handwerksgesellen und Bauernknechte in ihrem 
Bezirk unterzubringen vermöge. Die Frage mufste jedoch 
im Hinweis auf das Damiederliegen des Handwerks und 
andere Hindemisse verneint werden. Dagegen gelang die 
Ansiedelung ganzer Bauemfamilien und Gemeinden. Die 
Hauptmenge der Einwanderer zog der König aus dem deut- 
schen Heich, aus Württemberg, Franken, Baden, Hessen, 
Hannover, Braunschweig, Mecklenburg, Anhalt, Thüringen; 
aber auch aufserdeutsche Länder — Schweiz, Holland, 
Frankreich, England, Italien, Rufsland, Schweden, Däne- 
mark — entsandten Auswanderer; dagegen wurden keine 
Kolonisten aus den alten Provinzen und aus Polen zuge- 
lassen: die ersteren nicht, weil der König dadurch eine 
Schwächung der Bevölkerung befürchtete. Aus dem Anhalt- 
schen kamen namentlich zahlreiche Gärtner, aus Holstein 
und Mecklenburg mit dem Molkereiwesen vertraute Leute. 
Die Ansiedler wurden überall wie freie Leute behandelt: 
„sie sollen" — heifst es in einer .Verfügung des Königs 
vom 2. Mai 1781 — „auf denen Amtern wie freie Leute, 
nämlich dafs sie keine Sklaven sind, angesetzt und jedem 
der gehörige Acker und Wiesen angewiesen werden. Und 
wenn sie Dienste thun müssen, so mufs dies nicht mehr als 
höchstens zweimal in der Woche geschehen. Und dieses 
ist meine Intention bei alle den neu anzusetzenden. Leuten; 
denn da können wir es halten, wie wh* wollen." Übrigens 
war die QuaUtät der Einwandernden, wenigstens in den 
ersten Jahren, vielfach eine wenig genügende. „Häufig 
genug bestanden sie aus Gesindel, welches arbeitsscheu sich 
goldene Berge träumte und nach der ersten Enttäuschung 



AnsetzuDg deutsclier Eolouisteu. 137 

sich wieder davon zu machen versuchte, so dafs sogar Prä- 
mien auf das Ergreifen entlaufener Kolonisten gesetzt werden 
mufsten." Vorzüglich hat sich hingegen die Heranziehung 
namentlich schwäbischer Eolonistenfamilien bewähi*t, die 
allerdings auch nicht ganz mittellos ins Land kamen. Die 
Ansiedelung der ländlichen Kolonisten geschah in ähnlicher 
Weise wie die der deutschen Einwanderer des 13. und 
14. Jahrhunderts: entweder auf parzellierten Aufsengütern 
oder auf Grund und Boden, der erst durch die Arbeit der 
Kolonisten der Kultur erschlossen werden sollte. Sie sollten 
nicht vereinzelt unter den alteingesessenen Polen, dem „gro- 
ben und bunten Zeuge ^*, wie sie der König einmal nennt, 
sondern zusammen dorfschaftsweise angesiedelt werden, „ da- 
mit das hiesige Volk um so besser fahrt und gewahr wird, 
wie jene sich einrichten und wirtschaften". Die Kolonisten 
erhielten zu ihrer ersten Einrichtung unentgeltlich Vieh, Saat- 
korn, Futter, Hausrat u. ä. ; aufserdem wurden ihnen Steuern 
und Kriegsdienst erlassen und die Feuersocietätsbeiträge auf 
die Staatskasse übernommen. Im ganzen wurden innerhalb 
der vierzehn Jahre von 1772 — 1786 in Westpreufsen ca. 2200 
Kolonistenfamilien mit etwa 11000 Seelen angesetzt. 

Aber auch sonst war der grofse König unablässig be- 
müht, die Kultur des occupierten Landes zu heben. Es 
gilt dies namentlich bezüglich der Aufrichtung des Land- 
baues. Immer wieder aufs neue werden die obersten Ver- 
waltungsbeamten, der Oberpräsident wie die Direktoren der 
Kriegs- und Domänenkammern, mit ausführlichen Instruktionen 
nach dieser Eichtung versehen. Nicht leicht wird dem König 
gerade hierin genug gethan. Zufrieden zeigt er sich fast 
ausschliefslich mit der betreffenden Thätigkeit Domhardts, 
während einzelne Kammerdirektoren starke Mahnungen und 
Verweise erhalten. So schreibt der König einmal (16. Fe- 
bruar 1781) bei einem besonderen Anlafs an den Kammer- 
direktor von Gaudi zu Bromberg: „Das ist da eine wilde 
Wirtschaft bei Ihm und wird nicht darauf gesehen, dafs 
die Leute ihre Felder gehörig bedüngen und bestellen. Da 
werden Kriegsräte herumgeschickt, die nichts verstehen von 
den Sachen, und Sie selbst sehen nicht nach. Ich bin über- 
haupt sehr schlecht zufrieden von Ihrer Wirtschaft, und 
wenn Ihr mir den Kopf toll macht, so werde ich einen 
anderen hinschicken und lassen durch den alles auf das 
genaueste examinieren." „Ihr seyd Ertz Schäckers'^, fügt der 
König eigenhändig einer in genannter Beziehung tadelnden 
Ordre an die Marienwerder Kammer hinzu: „wartet nur, 
dafs Ich nach Preufsen komme!" 



188 Fünftes Buch. 

Zu den Malisregeln für die Förderung der Landwirtschaft 
gehören die Verfügungen des Königs für die Gemeinheits- 
teilung und Separation der Ländereien, femer fiir die Teilung 
zu grofser Bauerngüter und die Besetzung des Treugut^ 
mit den jüngeren Söhnen. In letztgenannter Beziehung sagt 
der König, es liege ein grofser Fehler in der Einrichtu^ 
der Provinz darin, dafs die Bauern zum Teil im Besitz zu 
weitläufiger . Ländereien seien, die sie nicht ordentlich be- 
stellen könnten. Femer sollen die landwirtschaftlich ge- 
schulten Räte der Kriegs- und Domänenkanmiem persönlich 
auf die Verbesserung des Ackerbaues einwirken, „indem 
sie auf die Ackerkultur der Landleute acht haben und sie 
bedeuten, wie es besser zu machen ist.^^ Durch Ordre 
vom 3. Febmar 1782 ernennt der König einen Ökonomie- 
verständigen för die Aufgabe, umherreisend denjenigen An- 
bauem unter den Kolonisten, welche nicht genügend mit 
dem Ackerbau bekannt sind, mit Rat und That beizustehen. 
Nicht geringere Sorge zeigt sich für den städtischen Acker- 
bau. „Es mufs'^ — sagt die genannte Ordre — „schlechter- 
dings in jeder Stadt eine l^lagistratsperson sein, die ein 
praktischer Ökonom ist und deren Schuldigkeit darin be- 
stehet, auf die Bewirtschaftung der Acker achtzuhaben 
und solche in einen bessem Stand zu bringen. Versäumt 
sie das, so soll der Departementsrat in Ansehung der Acker 
der Dorfschaften und der Bürgermeister in Ansehung der 
städtischen Ackerwirtschaft davor responsabel gemacht und 
zur Verantwortung gezogen werden.'* Vor allem soUen die 
Pächter der königlichen Domänen mit landwirtschaftlichen 
Verbesserungen vorangehen, „damit die anderen Leute es 
sehen und lernen. Wenn sie erst den Vorteil wahrnehmen, 
dann folgen sie eher nach.'' „EdeUeute", sagt eine andere 
Ordre, „die eine gute Kultur (auf ihren Gütern) haben, soll 
man öffentlich rühmen und ihrem Fleifs Gerechtigkeit wider- 
fahren lassen, dafs die anderen sich schämen und auf die 
Weise zur Nachahmung gereitzt werden." Der König ist 
ungehalten darüber, dafs die polnischen Besitzer einer gröfseren 
Anzahl von Gütern in Westpreufsen im Auslande wohnen, 
den Ertrag ihrer Güter dort verzehren und dabei die Güter 
selbst zum Kachteil der Landeskultur in Verfall geraten 
lassen. Er giebt Auftrag, dergleichen Güter für ihn anzu- 
kaufen. Namentlich sind hierbei die Ländereien nächst der 
Netze ins Auge gefafst, „weil daselbst noch grofse Defrichements 
und weitläufige Brüche urbar zu machen sein möchten." „Ich 
glaube", sagt eine Ordre vom 3. Juni 1786, „dafs dergleichen 
Besitzungen, wenn sie erst urbar gemacht und eingerichtet 



Hebung des Landbaues. 139 

«ind; sehr important dadurch werden können, dafs sie be- 
sonders zur Anlegung grofser Holländereien die Gelegenheit 
verschaffen. Indessen schicken sich die Polen hierzu nicht, 
fiondem mufs man zu deren Betreibung entweder Holländer 
und Holsteiner oder Leute aus solchen Gegenden kommen 
lassen, wo sie damit umzugehen imd gute Butter zu machen 
verstehen.*' In weiterer Folge verfügt der König das Hier- 
herkommen ,,frisischer Leute, die, umherreisend, im Molkerei- 
wesen Unterricht geben sollen". 

Für die Instandsetzung der Domänen und Domänen^ 
Vorwerke macht der König bedeutende Aufwendungen. So- 
weit die Domänen in früheren polnischen Starosteien be- 
standen, waren namentlich die Gebäude verfallen; es mufsten 
viele Neubauten und unumgängliche Reparaturen vorgenommen 
werden. 

Der Ackerbau selbst, welchem der König mit überall 
ersichtlicher Vorliebe eingehende Pflege widmet, war von 
den Bodenverhältnissen des Landes teils begünstigt, teils er- 
schwert. Begünstigt durch ausgedehnte Strecken reichen 
Bodens, beeinträchtigt durch eine grofse Anzahl sogenannter 
Wasserstücke und morastiger Flächen. Dem kräftigen Boden 
standen umfangreiche Sand- und Moorflächen gegenüber. 
Wie der Netzekanal, auf den wir noch ausführlicher zu 
sprechen kommen, zugleich der Entwässerung der anliegen- 
den Ländereien diente, so liefs der König unablässig Moräste 
und Brüche abtrocknen und urbar machen und gewährte 
für Verbesserungen solcher Art Geschenke und Vorschüsse. 
Auf jeder seiner Bereisungen der Provinz erwachsen Ver- 
fögungen nach dieser Richtung hin. Lebhaft spricht sich in 
den ersten Jahren, und bis sich Besserung zeigt, sein Tadel 
der vorgefundenen landwirtschaftlichen Zustände aus. Das 
wesentlichste Hemmnis des Vorschreitens sieht er immer 
wieder in^den persönlichen Eigenschaften der eingeborenen 
landbautreibenden Bevölkerung. ,7Die Leute sind gar zu 
träge und zu , faul und haben nicht Lust zu arbeiten", lautet 
eine seiner Aufserungen „das Volk mufs in einen andern 
Schlenter gebracht werden, wenn die Provinz in einen 
bessern Wohlstand kommen soU/^ In sachlicher Beziehung 
eine Menge von Rügen. „Die Landwirtschaft in West- 
preufsen ist", sagt er, „in der gröfsten Bredouille von 
der Welt und ganz erbärmlich. Denn da säen sie z. B. an 
*/4 Meilen weit herum blos in den gepflügten Acker, ohne 
das Land gehörigermafsen zu bedüngen und zu bemisten; 
wenn sie dagegen einen kleinen Fleck Land nach Verhältnis 
des Bedarfs ordentlich kultivierten und bedüngten, so würden 



140 Fünftes Buch. 

sie weit mehr gewinnen." Hand in Hand mit ungenügen- 
der Kräftigung des Bodens ging Nichtbeachtung, ja Ver- 
geudung des Düngers. In manchen Gegenden — so bei 
Inowrazlaw — wurde derselbe geradezu ins Wasser geworfen, 
„Die Leute", reskribiert der König im Jahre 1770, „müssen 
dazu angehalten werden, den Mist auf den Acker zu fahren 
und solchen gehörig auseinander zu bringen, denn wenn 
das nicht geschieht und der Mist bleibt auf Klumpen liegen, 
so ist das wieder nichts." Die Landwirte wurden ange- 
wiesen, das Leinsäen zu versuchen, das langjährige Euheland 
zur Viehweide zu benutzen, indem man nach englischer 
Weise das Heidekraut abmähen, auf Haufen verbrennen und 
die Asche nebst anderem Dünger unterpflügen, oder auch 
Lupinen und Tumips säen, danach das Kraut unterpflügen 
könnte, um darauf Futterkräuter zu bauen. Die Landleute 
wurden durch Prämien aller Art zur Verbesserung ihrer 
Wirtschaft aufgemuntert und grofse Mengen von Sämereien 
unter sie verteilt. Zahlreiche Verordnungen betreffen die 
Verbreitung des Hopfenbaues: „Zu dem Ende mufs man 
suchen, Hopfengärtner aus dem Dessauischen zu kriegen, 
damit die Provinz ihren Hopfenbedarf selbst gewinnt." Man 
soll sich, bei der Gunst von Boden und Klima für diese 
Kultur, mehr auf den Anbau von gutem Leinsamen und 
dessen Vertrieb nach Schlesien legen; femer da, wo der 
Kornbau nicht lohnt, auf den Anbau von Hanf und Farbe- 
kräutem. Auch für die Hebung des Wiesenbaues ergehen 
eindringliche Mahnungen. Für die Verbesserung der Acker- 
geräte scheint wenig gethan worden zu sein; es lag dieser 
Gegenstand zu jener Zeit überhaupt im argen; doch zählen 
in der Reihe der Handwerker, welche der König anzusetzen 
befiehlt, auch die für Anfertigung von Ackergeräten. 

Bei der Abhängigkeit der Verbesserung des Ackerbaues 
von der Viehzucht ist der König lebhaft auf Hebung der 
letzteren bedacht; er dringt auf Vermehrung und Verbesse- 
rung der Viehbestände, ferner auf den Betrieb der Rind- 
viehmästung und des Schlachtviehhandels nach Berlin, auf 
Verbesserung des Molkereiwesens, verstärkte Erzeugung von 
Butter und deren Vertrieb nach auswärts. Der Schaf bestand 
soll vermehrt und dabei auf bessere Rassen mit feinerer 
Wolle gesehen werden ; um die Nahrung der Schafe zu ver- 
mehren, wird auf die Anpflanzung von Pappelweiden hin- 
gewiesen. Die Pferdezucht suchte der König durch den 
Ankauf von moldauischen und pommerschen Hengsten und 
trächtigen Stuten zu verbessern, die den Bauern längs der 
Netze zugewiesen wurden. Zugleich erhielt Domhardt den 



Verbesserung der Viehzucht, des Gartenbaues, der Fischerei. 141 

Auftrag, den ganzen Netzedistrikt zu bereisen, hehufs Er- 
mittelung über die Gründung eines Bauemgestütes, um von 
dort mit der Zeit einen Teü der Dragonerremonte für die 
Armee zu entnehmen. Dieses Landgestüte wurde später zu 
Bromberg errichtet. 

Auf die Förderung des Gartenbaues, namentlich der 
Obstzucht, verwandte der König grofse Summen. „Indem 
Ihr ", sagt u. a. eine Kabinettsordre an den Kammerdirektor 
von Gaudi (7. Juni 1775), „Euer Augenmerk auf alle Gegen- 
stände richten müfst, die zur Verbesserung und Aufnahme 
des Landes gereichen, habt Ihr nicht weniger auf die Pflan- 
zung guter Obstbäume, als Apfel, Birnen, Pflaumen und 
Barschen und solcher, die sich fürs Land schicken, bedacht 
zu sein. Ich will auch wohl einige Gäii;ner aus der Pfalz 
kommen lassen und sie dorten etablieren; denn diese Leute 
wissen damit recht gut umzugehen und verstehen auch das 
Trocknen des Obstes recht. Wenn auch nur ein Pßllzer in 
jeder Stadt angesetzt wird, so können die Einwohner es von 
ihm lernen, denn das Obst macht auch eine Art Nahrung 
und Verkehr aus, und wenn das eine ausfallt, so gerät das 
andere und die Leute können sich doch mit etwas helfen." 
„Se. Maj. haben bemerkt", sagt ferner eine unter dem 
6. Juni 1780 erlassene Verfügung, „dafs die Leute in 
einigen Gegenden ihre Gärten mit Weidenbäuraen be- 
pflanzen; das ist ja ganz verkehrt. Was sollen die Weiden- 
bäume in den Gärten thun ? Obstbäume müssen darin ge- 
pflanzt werden." 

Auch der Fischerei schenkte Friedrich seine Aufmerk- 
samkeit. „Ohnerachtet hier so viel Seen sind", führte eine 
an Domhardt gerichtete Ordre vom 7. Juni 1776 aus, „so 
wird die Fischerei doch schlecht betrieben und die hiesigen 
Leute scheinen nicht darauf zu achten, sondern negligieren 
solche ganz. Es mufs also darauf Bedacht genommen wer- 
den, fremde Fische anzusetzen und russische Netze zu ver- 
schaffen, die sehr gut sind, damit, wenn fleifsiger gefischt 
wird, die Fische im Lande wohlfeiler werden." Weiter sollten 
Leute herbeigezogen werden, die mit der Fischerei ordent- 
lich Bescheid wüfsten und sich namentlich auch auf das Ein- 
salzen und Räuchern der Fische verständen. 

Inmitten der Verwilderung des Landes hatten die Raub- 
tiere sich aufserordentlich vermehrt. Das Land lebte im 
steten BLampfe mit zahlreichen Herden von Wölfen. Der 
König trifft vielseitiee Mafsregeln zur Ausrottung, wozu 
namentlich die Forstbediensteten ernstlich angehalten wer- 
den. „Um den Endzweck besser zu erreichen", sagt er 



142 Fünftes Buch. 

u. a. in seinen Verfugungen hierfür (7. Juni 1776), „mufo 
man auf Mittel denken, die unzugänglichen Löcher und 
Brücher, worin sich die Wölfe aufhalten, nach und nach 
auszutrocknen und zugänglich zu machen/' Noch im Juni 
1786 erläfst er Anordnungen zu der Sache. 

Dem Vagabondenwesen wurde durch häufige Razzias, 
meist durch Husarendetachements vorgenommen, energisck 
gesteuert ; überall muTste der gemeine Mann die Feuerwaffen 
abliefern. 

Es lag mit in den damaligen Zuständen des Landbaues 
überhaupt, wie insbesondere denen des Netzedistriktes, dafs 
dieser mehr, als auf späteren höheren Stufen, von Unglücks^ 
fallen heimgesucht wurde, oder dafs diese Unglücksfälle be- 
sonders verderblich wirkten. So traten noch oft Mifsernteö 
ein, zum Teil infolge mangelhafter Bestellung der Acker 
oder sonstiger Versäumnisse; oder Viehsterben, veranlafst 
durch unzweckmäfsige Pflege des Viehes, schwer zu hemmen 
bei dem zur Zeit noch sehr mangelhaften Zustande der Tier- 
arzneikunde. In solchen Fällen ist der König schnell mit 
ausgiebiger Hilfe zur Hand. Bei Mifswachs und drohendem 
Mangel an Brot- und Saatgetreide dirigiert er tausende von 
Wispeln Korn nach den bedrohten Gegenden; bei Viehsterben 
oder Überschwemmungen erfolgen umfängliche Unterstützun- 
gen. Hier und da ninunt der König solche Notstände bei 
seinen Bereisungen der Provinz wahr, oder erfährt sie auf 
sonstige Weise, und die Beamten erhalten dann bei unter- 
lassener Anzeige oder versäumter, aber auch schon bei ver- 
späteter Hilfe herbe Verweise. Diese erfolgen aber auch 
dann, wenn die Berichte über vorgekommene Unglücksfalle 
nach der Meinung des Königs auf ungenauen Untersuchungen 
beruhen oder übertrieben haben. Allein für die Schäden 
infolge von Überschwemmungen, unter denen Westpreufsen 
noch viel zu leiden hatte, gab Friedrich von 1774 — 1786 
gegen 404 600 Thaler und für andere Unglücksfälle, Hagel- 
schäden u. dgl. 203 800 Thaler. 

In einem sehr üblen Zustand befanden sich auch die 
Forsten: sie waren zumeist arg gelichtet und devastiert. 
Den Polen war eine rationelle Forstwirtschaft ein unbekanntes 
Ding -gewesen; das Niederschlagen des Holzes erfolgte ledig- 
lich nach Bedarf, ganze Flächen wurden in Asche gelegt, 
teils um Raum £ür neue Ansiedelungen zu gewinnen, teils 
um den Bienen das Haidekraut frei zu machen. Aufserdem 
waren an Kommunen wie Private zahlreiche Freiholzberech- 
tigungen erteilt worden, die jetzt als Realservituten aiJif den 
Forsten ruhten. Zu den ersten Anordnungen des Königs 



Forstwirtschaftliche Mafsregeln, Wasserbauten. 148 

gehörten die für Vermehrung der Hokanpflanzungen und 
Einteilung derselben in Schläge. „Die Wälder in West- 
preufsen müssen" — heifst es in einer Instruktion vom Jahre 
1780 — „in ordentliche Schläge eingeteilt werden: nämlich 
was Kiehnenholz ist, in sechzig Schläge, wie in der Tuchei- 
schen Haide." An die Spitze des Forstwesens des Netze- 
distriktes wurde ein Oberfbrstmeister mit Sitz und Stimme 
bei der Bromberger Domänenkammer gestellt und die For- 
sten in sieben Reviere eingeteilt. 

Schon vor der Besitzergreifung des Landes hatte Fried- 
rich die Anlegung eines die Netze mit der Brahe, also auch 
die Oder mit der Weichsel verbindenden Kanals in Er- 
wägung gezogen. Mit fieberhafter Ungeduld betrieb er dann 
sofort nach der Occupation die Ausführung des genialen 
Gedankens. In der ersten Zeit raufsten 6000 Mann bei 
Tag und Nacht arbeiten. Nach drei Jahren war die ganze 
Anlage fertig — gewifs eine staunenswerte Leistung, wenn 
man die Unzulänglichkeit der Hilfsmittel und die geringe 
Entwickelung der Ingenieurkunst, die damals zur Verwen- 
dung kommen konnten, in Anschlag bringt. Der ganze Bau 
kostete 700000 Thaler, wobei das Holz nicht mitgerechnet 
war. Von einer Rentabilität der Anlage konnte freilich 
vorerst noch keine Rede sein, vielmehr mufste der König 
in den ersten Jahren noch ganz namhafte Zuschüsse zu den 
Betriebskosten leisten. Weitere bedeutende Wasserbauten 
schlössen sich an, so die Schiff barmachung der Netze von 
Driesen bis Nakel und der Küddow von Schneidemühl bis 
Usch, sodafs man jetzt aus Pommern, Schlesien und der Mark 
Brandenburg zu Wasser nach Danzig und Elbing gelangen 
konnte, ohne die Ostsee zu berühren. In erster Reihe kamen 
diese Bauten dem Holz- und Getreidehandel nicht nur der neuen 
Provinz, sondern auch ihres polnischen Hinterlandes zugute. 

Ein Hauptaugenmerk richtete der König auf die Wieder- 
aufrichtung der tief gesunkenen Städte. Es waren deren 
im ganzen 47 : 24 königliche und 23 adelige. Die nächste 
Fürsorge galt der Bestellung einer ordentlichen Stadtobrig- 
keit. Durch das Reglement vom 13. September 1773 wur- 
den Magistrate mit eigener Kämmereiverwaltung eingerichtet 
imd der Aufsicht der königlichen Behörden unterstellt. In 
gleicher Weise erfuhr das Innungswesen der Städte eine 
neue Regelung nach dem Muster der in den alten Provinzen 
geltenden Bestimmungen. Behufs Aufbesserung des städti- 
schen Gewerbes verordnete der König, dafs «die Gewerbe- 
treibenden, mit Ausnahme von Schmieden, Stell- und Rade- 
machem, Zimmerleuten, Schuhflickern, Leinewebern, Schnei- 



144 Fünftes Buch. 

dern, wenn letztere zugleich Küster waren, und Höckern, 
von dem flachen Lande in die Städte ziehen sollten. ;,Wie 
nun nicht zu leugnen steht" — schreibt Friedrich unterm 
10. April 1777 — „dafs sowohl in denen Städten als auch 
auf dem platten Lande dortiger Provinz noch verschiedene 
EtabUssements geschehen und vorgenommen werden können, 
so habt Ihr Euch auch vorzüglich angelten sein zu lassen, 
in denen Städten nützliche Ouvriers, Fabrikanten und Profes- 
sionisten und auf dem platten Lande mehrere Ackerwirte 
und Handarbeiter zu engagiren und die Population dadurch 
von Zeit zu Zeit zu vermehren, allermafsen es nicht fehlen 
wird, dafs dergleichen Leuthe Narung, Verdienst und Unter- 
halt gewifs finden werden, wie Ihr durch dergleichen Eta- 
blissements Euch bey Unserer höchsten Persohn vorzüglich 
distinguiren werdet." Empfindlicher war für die Städte die 
Beeinträchtigung, die sie hinsichtlich ihrer Brau- und Schank- 
gerechtigkeiten durch die Konkurrenz der benachbarten 
Dominien erfuhren. Selbstverständlich konnte hier nicht 
mit einemmale Wandel geschafft werden, da das Brau- und 
Branntweinurbar ein sehr einträgliches Begal der adeligen 
Gutsbesitzer war, die der König schonend behandeln mufste. 
Er mufste sich also darauf beschränken, das allmähliche 
Eingehen der ländlichen Brauereien und Brennereien in Aus- 
sicht zu stellen, namentlich aber die Errichtung neuer An- 
lagen ausschliefslich für die Städte zu reservieren. Die 
Belebung der städtischen Gewerbe bedeutet dem Könige 
überall zugleich Förderung der Landwirtschaft. „Für den 
Absatz des Getreides, besonders in den Gegenden ohne 
Wasser ist" — heifst es in einer Ordre — „das beste 
Mittel, wenn in den Städten solcher Gegenden Manufakturen 
aller Arten, die dem Lande nützlich sind und wie sie sich 
für jeden Ort schicken, angelegt werden ; wodurch dann die 
Konsumtion in den Städten vermehret und den Landleuten 
Gelegenheit verschafft wird, ihr Getreide besser abzusetzen." 
Daneben sollte für die Auswahl der einzubürgernden In- 
dustriezweige die Leichtigkeit des Absatzes, namentlich nach 
Polen, als mafsgebendes Moment betrachtet werden. Da 
die meisten Handelsartikel vom Auslande bezogen wurden, 
so wurden vorerst Anstalten getroffen, dafs diese Artikel im 
eigenen Lande hergestellt werden konnten, und jede fremde 
Einfuhr verboten, sobald nur erst die einheimische Produk- 
tion den Bedarf deckte. Weiterhin wurde die Ausfuhr der- 
jenigen Rohmaterialien verboten, welche die inländische 
Produktion bedurfte. So wurde namentlich die Ausfuhr von 
Wolle, Garn, rohen Häuten und Leder und die Einfuhr von 



Hebung des städtischen Handwerks. 145 

fremder Wolle, Seiden-, Halbseiden- und Baumwollenwaren 
gänzlich untersagt. 

Mit welchen Gattungen von Handwerkern die Städte 
zuerst zu versehen sind, darüber trifft der König detaillierte 
Bestimmungen. Zunächst sollen die für die notwendigsten 
Lebens- und Verkehrsbedürfnisse erforderlichen Handwerker 
vermehrt werden, „als Maurer, Zimmerleute, Tischler, Loh- 
gerber und alle Arten von Ledervorarbeitem auf polnische 
Art, hiernächst Stellmacher, die auch die polnischen Wagen 
und Kaleschen zu machen verstehen.^' „ Jedoch müssen die 
Handwerker", bestimmt eine Kabinettsordre vom 7. Juni 
1775, „keine anderen als zunftmäfsige Leute sein und müs- 
sen sie auch da, wo es noch nicht geschehen, der mehreren 
Ordnung wegen, unter sich gehörige Zünfte einrichten." 
Das königliche Baucomptoir und der Magistrat zu Berlin 
erhielten den Auftrag, Bauhandwerker, namentlich aus Sach- 
sen, Thüringen imd Franken zu beschaffen, und wurde den 
Ankömmlingen freies Bürger- und Meisterrecht vom Könige 
versprochen. Aufserdem wurden da, wo es am nötigsten 
war, , für die anziehenden Handwerker Häuser gebaut und 
diese mit allem Notwendigen versehen. 

Am 24. Januar 1774 erging für die neu erworbene 
Provinz eine Handwerksordnung, im wesentlichen eine Nach- 
bildung der für das Königreich Preufsen erlassenen Hand- 
werksordnung vom Jahre 1733. Die hauptsächlichsten Be- 
stimmungen derselben waren folgende. Die üblichen Zu- 
sammenkünfte der Handwerksgenossen sollen künftighin nur 
noch zweimal im Jahre stattfinden, die Zunftschmäuse ganz 
in Wegfall kommen. Jedem Gewerbe wird ein Magistrats- 
mitglied zur Aufsichtsführung beigeordnet. Für die Erlangung 
des Meisterrechts ist u. a. der Nachweis mehrjährigen Wan- 
dems erforderlich. Die Zahl der Handwerksgesellen wird 
für den Meister nicht beschränkt. Verboten wird die Aus- 
schliefsung imehelicher Kinder oder solcher, deren Eltern 
oinem für anrüchig gehaltenen Stande oder Gewerbe (Stadt- 
knechte, Gerichtsdiener, Turm-, Holz- und Feldhüter, Toten- 
gräber, Nachtwächter, Bettelvögte, Gassenkehrer, Schäfer, 
Abdecker u. s. w.) angehören. 

Hand in Hand mit der Sorge für das Aufblühen von 
Handel und Gewerbe geht die für Gesundheit und sittliche 
Hebung. Neben der Ansetzung von Ärzten und Chirurgen 
werden in den Städten Apotheker etabliert — , sie hatten 
ßo gut wie ganz gefehlt. Um der bis dahin verheerend auf- 
getretenen Pockenseuche zu steuern, läfst der König durch 
das Berliner Ober - Medizinalkollegium eine Anweisung zur 

Meyer, GescMclite Posens. 10 



146 Fünftes Bach. 

Verhütung und Heilung des Übels verfassen und allgemein 
verbreiten. Immer wieder weist er die Beamten an, alles 
anzuwenden, um die Bevölkerung zu gewöhnen, „reinlich 
zu werden und etwas auf sich zu halten". Für die Pflege 
des Gottesdienstes sorgt der König durch den Bau von 
Kirchen ; gleichzeitig schränkt er aber auch die allzu giofse 
Zahl der katholischen Feiertage ein, um der Trägheit der 
Menge nicht noch weiteren Vorschub zu leisten. Feuerlösch- 
und Strafsenreinigungs- Ordnungen werden erlassen, die 
Armenpflege geregelt, Wochen- und Jahrmärkte eingerichtet 
und Militärgarnisonen in die bedeutenderen Städte gelegt. 
Besondere Anziehungskraft übten namentlich die vier Brom- 
berger Messen aus. „Man mufs suchen '', schreibt der Kö- 
nig, „den Polen bei Fordon alles ihr Korn und andere 
Produkte abzukaufen, und zwar in der Art, wie es die 
Danziger machen, und ihnen dagegen das, was sie brauchen 
und von Danzig holen, dort und zu Bromberg zu verschaffen, 
besonders die Art WoUenwaaren und die Art Wagen, wie 
sie solche gern haben." Bromberg nahm durch seine Mes- 
sen, namentlich aber durch die Anlage des Netzekanala 
schon in den ersten Jahrzehnten nach der Besitzergreifung 
einen bedeutenden Aufschwung. Eine grofse Zahl neuer 
und wohlgebauter Häuser entstand, Fabriken (Zuckerraffi- 
nerieen u. a.) und Mühlen wurden ins Leben gerufen. Im 
Jahre 1792 berichtet ein Reisender : „Man sollte diese Stadt 
kaum für dieselbe halten, wenn man sie jetzt mit dem Zu- 
stand vergleicht, in welchem sie ehemals gewesen und von 
dem Augenzeugen, die sie nach und nach emporsteigen 
sahen, nie genug erzählen können." 

1787 wurde nach dem Muster der in den übrigen Pro- 
vinzen eingerichteten landwirtschaftlichen Kreditinstitute eine 
solche Kreditbank auch für Westpreufsen und den Netze- 
distrikt ins Leben gerufen. Das Grundkapital derselben 
bildete ein königliches Gnadengeschenk von 200,000 Thaler; 
Bromberg wurde der Sitz der Generallandschaftsdirektion; 
Departementsdirektionen befanden sich in Bromberg und 
Schneidemühl. Aus den Erfahrungen der landwirtschaftlichen 
Kreditbanken ging die „Allgemeine Hypothekenordnung für 
die Preufsischen Staaten vom 20. Dezember 1783" hervor, 
die auch in den ehemals polnischen Teilen der Monarchie 
zur Einführung gelangte. Ebenso wurde das Konkursver- 
fahren und das Depositenwesen neu geregelt. Dem Adel 
wurde der Eintritt in fremde Kriegsdienste ohne spezielle 
königliche Genehmigung untersagt und, um die auswärtige 
Kesidenz desselben möglichst zu beschränken, die Voraus- 



Landschaftliche Bank, Postwesen. 147 

bezafalang der Pachtgelder auf mehrere Jahre verboten und 
der Entzug aller Vergünstigungen angedroht. 

Behufe Schonung der bisher nur in sehr geringem Mafse 
an militärische Dienstleistungen gewöhnten Bevölkerung 
sollten für die ersten zwölf Jahre keinerlei militärische Aus- 
hebungen stattfinden, und nach Ablauf dieser Frist wurden 
zahlreiche Befreiungen vom Kriegsdienst gewährt. Auch die 
vom Könige 1766 an französische Beamte verpachtete Er- 
hebung der indirekten Steuern, die sogenannte Regie, welche 
in den alten Provinzen als eine drückende Last empfunden 
wurde, gelangte deshalb fär den gleichen Zeitraum noch 
nicht zur Einführung. 

Eine bedeutsame Erweiterung und Verbesserung erfuhr 
namentlich das Postwesen. Die sehr wohlthätige Anstalt 
kannte man in Westpreufsen kaum, denn es gab nur zwei 
Verbindungen dieser Art hier, nämlich von Danzig einerseits 
nach Elbing, anderseits nach Thom. Dagegen in Ermland 
beförderten Reit- und Fufsposten, welche durch eine Steuer- 
umlage von der Gesamtheit der Einwohner erhalten wurden, 
portofrei die Briefe. Bereits am 20. Juni 1772 hatte der 
König Befehl zur Einführung der Posten in der neuen Provinz 
gegeben und dabei zwei Hauptzwecke bezeichnet, die er- 
reicht werden sollten, nämlich die beste Verbindung der 
Korrespondenz und des Verkehrs in Westpreufsen und die 
Isolierung des polnischen Postamtes in Danzig. Dem Werke 
standen keine geringe Schwierigkeiten entgegen : die schlech- 
ten Wege, die Unsicherheit der Strafsen, die Entlegenheit 
der Ortschaften in den öden Landstrichen, deren es nur zu 
viele gab. Es war femer nicht leicht, bemittelte und be- 
triebsame Posthalter, ordentliche Postillone und ünterbeamte, 
geeignete Räumlichkeiten für Postämter und Posthaltereien 
au erlangen. Aber der feste Wille besiegte jedes Hemmnis, 
und mit dem Gelde war die Postverwaltung nicht sparsam, 
indem sie für diesen Zweck 70,000 Thaler anwies. Der 
Staatsminister von Derschau reiste mit dem Postmeister Uhl 
aus FehrbelUn selbst nach dem polnischen Preufsen und 
entwarf die Grundzüge der neuen Einrichtung. Fünf der 
fähigsten Postmeister wurden dann nach Berlin gerufen und 
begaben sich von hier, mit umfassenden Instruktionen ver- 
sehen, nach Westpreufsen, wo sie imter der Leitung Uhls, 
welcher zum Oberpostmeister ernannt worden war, die neuen 
Linien errichteten. Der Hauptweg von Berlin nach Königs- 
berg verfolgte die Richtung, welche die Ostbahn heute ein- 
ninunt; in Dirschau vereinigte sich mit ihm von Stolp her 
der zweite grofse Postzug, der pommersche, der anderen 

10* 



148 Fünftes Buch. 

Linien nicht zu gedenken. Zu Vorstehern der wichtigeren 
Postämter wurden tüchtige Postmeister aus den älteren 
Landesteilen erwählt und geübte Postsekretäre den Offizieren 
beigegeben, die zu Postmeistern an weniger bedeutenden 
Orten ernannt wurden. In Berlin und Königsberg arbeitete 
man in den Werkstätten und Druckereien angestrengt, um 
die notwendigen Wagen, Dienstkleider und Drucksachen zur 
rechten Zeit fertig zu machen. Sechshundert Pferde mu&ten 
beschafft werden; wo es vor der Hand nicht gelang, Post- 
fuhrunternehmer zu gewinnen, übernahm der Staat die 
Posthaltereien. Die Entfernungen wurden festgesetzt und 
die Posttaxen für jeden Ort entworfen, die Vorkehrungen 
für den Übergang über die Weichsel und Nogat getroffen, 
die Etats und Kautionen reguliert, die Bestellungen ausgefer- 
tigt und 14 Tage, nachdem die Beamten in Thätigkeit ge- 
treten waren, am 1. Oktober, öffneten sich an allen be- 
deutenden Orten die Schalter, und die preufsischen Postwagen, 
rollten auf allen Hauptstrafsen. 

Nach dem Muster der alten Provinzen gelangten alsbald 
nach der Besitzergreifiing die sogenannte Salzkonskription, 
die Accise, die Zölle und die Kontribution zur Einfuhrung. 
Unter Salzkonskription verstand man die Verpflichtung eines 
jeden Unterthanen zur Abnahme eines bestimmten Quantums 
Salz aus den königlichen Salzniederlagen — gleich der Regie 
eine allgemein verhafste Einrichtung, die daher auch baJd 
wieder aufgehoben wurde; an ihre Stelle traten Salzfaktoreien. 
Zum Verbrauch gelangte teils Kochsalz (in dem Landstrich 
zwischen Netze und Brahe), teils Seesalz (hinter diesen 
Flüssen). Die Accise oder Lebensmittelsteuer wurde nur 
in den gröfseren Städten nördlich der Netze und in den süd- 
lich derselben gelegenen Städten Filehne und Czamikau 
eingeführt; die Einführung in den kleineren Städten und 
in dem Bezirk südlich der Netze verwarf man, einerseits 
wegen der hohen Verwaltungskosten, mit denen die Erträge 
in keinem ausreichenden Verhältnis standen, anderseits 
wegen des von Polen her zu befürchtenden massenhaften 
Schmuggels, welcher ein kostspieliges Aufsichtspersonal er- 
fordert haben würde. Die Erhebung der Accise erfolgte 
durch besondere „Accisebediente", welche der Bromberger 
Kammer unterstellt waren. Die erzielten Einnahmen müssen 
jedoch der Erwartung des Königs nicht entsprochen haben, 
da er schon im Jahre 1773 die Leitung der. Accisever wal- 
tung dem Geheimen Finanzrat de la Haye de Launay über- 
trug. Für die Verwaltung der Zölle wurde eine Zolldirektion 
zu Fordon eingerichtet; hier gelangte namentlich der sehr 



Accise, Zölle, Kontributionen, Juden. 149 

einträgliche Weichselzoll zur Erhebung. — Behufs Regulie- 
rung des Kontributions- oder Qrundsteuerwesens liefs Friedrich 
vorerst durch den Präsidenten der Oberrechenkamraer, Roden, 
ein genaues Kataster aufstellen. Alsdann wurde die Kon- 
tribution bei den Bauern mit 33 jf Prozent vom Güterrein- 
ertrag festgesetzt; die katholischen Edelleute klassifizierte man 
zu 25 Prozent, den evangelischen dagegen erliefs der König 
5 Prozent. Die Klöster und Stifter endlich mufsten, wie in 
Schlesien, 50 Prozent geben. Die accisbaren Städte blieben 
kontributionsfrei. 

Hatten so alle Bevölkerungsklassen sich der Fürsorge 
der neuen Regierung zu erfreuen, so gab es eine, welcher 
dieselbe mit vorsichtigem Mifstrauen begegnen zu müssen 
glaubte: nämlich die Juden. Der grofse König betrachtete 
sie — und in Anbetracht der damaligen Zustände wohl mit 
Recht — als Schädiger der wirtschaftlichen Wohlfahrt nicht 
nur der gemeinen Volksmasse, sondern auch der höheren 
Stände, namentlich des in ökonomischer Hinsicht leichtsin- 
nigen und verschwenderischen Adels und ergriflf danach 
gegen sie scharfe Mafsregeln, wie sie sonst nicht in seiner 
Regierungsweise lagen. Zuvörderst liefs er die „bettelnd 
oder das Land bestehlenden" Hausierjuden sämtlich über 
die Grenze bringen. Den übrigen wurde jeder Handel mit 
rohem Leder, Garn , Wolle , - wollenen Waren und fremden 
Wollen-, Seiden- und Baumwollenwaren, sowie das Wohnen 
auf dem platten Lande untersagt: „denn sie kultivieren 
nicht das Land, sondern treiben commerce, und das gehört 
in die Städte. Auf dem Lande soll kein commerce, sondern 
Ackerbau getrieben werden, sonsten ist das eine verkehrte 
Wirtschaft". 

Als materielles Recht wurde durch Patent vom 28. Sep- 
tember 1772 für alle Fälle, in denen es an Statutarrechten 
mangelte, das preufsische Landrecht eingeführt. Die tief- 
greifendsten Änderungen im Rechtsleben ergaben sich aus 
dieser Mafsregel. So, um nur ein paar Punkte hervorzu- 
heben, wurden jetzt die Haustöchter befähigt zur Succession 
in den Immobiliarbesitz, und zwar zu gleichen Teilen mit 
den Haussöhnen, während sie unter der Herrschaft des pol- 
nischen Rechts nur bis zum Maximum des vierten Teiles 
des den Söhnen zufallenden Erbes, und auch so nur hin- 
sichtlich der bewegUchen Nachlafsmasse miterben konnten. 
Überhaupt unterlag namentlich das Erbrecht durch die Ein- 
führung des preufsischen Landrechtes einer totalen Umge- 
staltung. Das polnische Rechtsinstitut des sogenannten Güter- 
rückfalles, durch welches der einmal in eine Familie gelangte 



150 Fünftes Bach. 

Grundbesitz nur schwer mehr aus den Händen derselben 
kommen konnte^ geriet jetzt in Wegfall. Das Erbrecht der 
Mutter an dem Nachlals des ohne Geschwister verstorbenen 
SohneS; das zu polnischer Zeit dem Näherrecht der männ- 
lichen Seitenverwandten hatte weichen müssen^ trat jetzt in 
seine naturgemäfse Geltung. 

Durch Patent vom 28. September 1772 wurden die bis- 
herigen Gerichte für aufgehoben erklärt und alle Appella- 
tionen an auswärtige Gerichtshöfe untersagt. Als oberster 
Gerichtshof für die ehemals polnischen Lande wurde in 
Marienwerder ein Oberhof- und Landesgericht errichtet. 
Kur die adeligen Patrimonial- und die Magistratsgerichte d^ 
Städte sollten bestehen bleiben; doch muisten sie künftigbin 
ausschliefslich mit geprüften und verpflichteten Justizbeamtqn 
besetzt werden. Bis zur Bestellung noch anderer ünter- 
gerichte sollte das Oberhofgericht die niedere Gerichtsbar- 
keit durch Einrichtung von Gerichtsdelegationen handhaben. 
Für Militärpersonen wurden eigene Militärgerichte geschaffen, 
und ebenso sollten die königlichen Beamten, die Adeligen 
und Geistlichen eines privilegierten Gerichtsstandes geniefsen. 
Als Gerichtssprache sollte ausschliefslich die deutsche Sprache 
gebraucht werden. Ausdrücklich wird jede Einmischung 
der Regierungsgewalt in den Gang der Prozesse als unstatt- 
haft erklärt. 

Diese Bestimmungen erlitten im folgenden Jahre eine 
Änderung dahin, dafs der oberste Gerichtshof zu Marien- 
werder den Titel „Regierung" erhielt und derselben fiinf 
Landvogteigerichte als Untergerichte (darunter je eines in 
Lobsens, später Schneidemühl und Bromberg) substituiert. 
1782 wurden diese Landvogteigerichte jedoch wieder auf- 
gehoben und zugleich für den Netzedistrikt zu Bromberg 
ein eigenes Obergericht unter dem Titel Hofgericht ge- 
schaffen. Als Untergerichte sollten die Stadtgerichte zu 
Bromberg, Inowrazlaw, Strelno, Deutsch-Kjrone und das 
Stadtgericht der vier kombinierten kleinen Städte Mogilno, 
Znin, Wilatowo und Kwieciszewo, die kombinierten Patri- 
monial- oder Kjreisgerichte zu Fordon, Inowrazlaw, Labischin, 
Exin, Nakel, Lobsens, Zempelburg, Krojanke, Flatow, 
Schneidemühl, Margonin, Czarnikau, Schönlanke, Märk.- 
Friedland und Filehne und endlich die Domänenjustizämter 
zu Bromberg, Inowrazlaw, Nakel und Schneidemühl fun- 
gieren. 

Eine besondere Vorsicht erheischte die Behandlung der 
kirchlichen Angelegenheiten des neuerworbenen Gebietes. 
Reich dotiert durch Grundbesitz, Zehntrechte und andere 



Recht u. Gerichtsverfassung, kathol. Kirche: Steuerpflicht. 151 

Eevenuen, hatten gleichwohl die polnischen Bischöfe nicht 
vermocht, Landeshoheit über die Besitzungen der Kirche zu 
gewinnen, nicht einmal so ausgedehnte regalische Rechte 
wie die brandenburgischen Prälaten erworben. Zwar besals 
der Bischof von Plock seit längerer Zeit die Herrschaft 
Pultusk, das Bistum Erakau seit 1443 das ehemalige schle- 
sische Herzogtum Severien mit landesherrlichen Rechten, 
und dem Erzbischof von Gnesen gehörte das Herzogtum 
Lowicz; allein wie das letztere immer landsässig gewesen 
zu sein scheint und seinem geistlichen Besitzer nicht viel 
mehr als den Titel und die äufseren Zeichen fürstlicher 
Würde gewährte^ so wirkte auch dort der Erwerb unmittel- 
barer Gebiete auf die Stellung der Prälaten als solcher 
nicht zurück. Der Erzbischof von Gnesen führte zwar den 
Namen eines Regni Poloniae primas primusque princeps und 
hatte neben anderen Ehrenrechten auch einen förmlichen Hof-* 
Staat, erhielt aber den Titel Celsissimus nur von Privaten^ 
nicht von der Regierung, übte auch das ihm 1332 veriiehene 
Münzregal nie aus. Nach wie vor blieb die Landsässigkeit 
der Bischöfe wie der gesamten Welt- imd Regidar- Geist- 
lichkeit unbestrittener Grundsatz des öflfentlichen Rechtes 
Polens. 

Eigentliche Steuerpflicht hat zwar, den Immunitäta-Pri- 
vilegien des kanonischen Rechtes gemäfs, der polnifiche 
Klwus nie anerkennen wollen: um so weniger, als schon 
seit dem Ende des 14. Jahrhunderts der Adel von d^ 
Grundsteuer eximiert war und später sogar von der zur 
Anerkennung der Oberhoheit des Königs auf seine Hufen 
übernommenen festen Abgabe allmählich Befreiung zu er- 
langen wufste. Die Unterthanen der geistlichen Güter zahl- 
ten aber nicht blofs, gleich denen der königlichen Güter^ 
die in späteren Zeiten neu eingeführte Abgabe der soge- 
nannten Rauchfangsgelder; als Regel galt es auch schon von 
alter Zeit, dafs, so oft auf die Gutsunterthanen des Königs 
und des Adels eine Steuer ausgeschrieben wurde, diese eben- 
so von den Hintersassen der Geistlichkeit gezahlt werdöa 
mufste. Selbst von den Benefizialgütern und Einkünften 
mufste der gesamte Klerus in Fällen der Not, namentlich 
in Kriegszeiten, Beisteuern bewilligen, und so unzweifelhaft 
war schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts dies Herkommen^ 
dafs König Sigismund bei Ausschreibung einer Kriegssteuer 
die geistlichen Würdenträger wie die niedrigsten Kirchen- 
diener in Ansatz brachte, und bald darauf zum Behuf der 
Rqpartition eine allgemeine Taxation aller geistlichen Gut» 
von dem Klerus bewilligt wurde. Ahnlich wie in anderen 



152 Fünftes Buch. 

Ländern sind diese extraordinären Steuern später in eine 
regelmäfsige Abgabe verwandelt worden, die zwar den Na- 
men eines subsidii charitativi führte, aber auf so unbestrit- 
tenem Bechte der Regierung beruhte, dafs, als in neuerer 
Zeit der Adel sich von seinen Gütern zu der bleibenden 
Abgabe der Ofiara verstand, auch die GeistUchkeit dieselbe 
auf ihre Besitzungen, noch dazu mit doppelt so hohem An- 
sätze, übernehmen mufste und daneben jenes subsidium fort- 
zahlte. Ebenso wenig war die Geistlichkeit von der Kriegs- 
pflicht befreit, vielmehr mufste sie von allen Erbgütern und 
allen neu erworbenen adeligen Gütern ihre Mannschaft zum 
Heere stellen-, auch scheinen, ähnlich wie in Schlesien, die 
Klöster zur Erhaltung des Kriegsvolkes zu bestimmten Ab- 
gaben und Pensionen verpflichtet gewesen zu sein. 

Der weltlichen Gerichtsbarkeit war die Geistlichkeit Po- 
lens in weiterem Umfange unterworfen, als sonst irgendwo 
zu jener Zeit. Alle Streitigkeiten über die im Besitze von 
Elirchen und Geistlichen befindlichen adeligen Güter ge- 
hörten allein vor die gewöhnlichen Landgerichte; auch galt 
in Zivilsachen der Geistlichkeit nicht die ausschhefsliche 
Kompetenz der geistlichen Behörden, vielmehr waren diese, 
wenn auch nicht den weltlichen Gerichten erster Instanz 
zugewiesen, sondern dem Tribunal vorbehalten, doch vor 
letzterem einer besonderen gemischten Kommission über- 
wiesen, in welcher sämtliche weltliche Beisitzer, aber blofs 
sechs geistliche Beisitzer des Tribunals Sitz und Stimme 
hatten. Selbst in Zehntsachen war die Kompetenz der welt- 
lichen Gerichte, anfangs — wie es scheint — nur für Strei- 
tigkeiten über Geld- und Sackzehnten, später allgemein an- 
erkannt; und wenn für die sonstigen geistlichen Sachen, 
auch solche, die nicht rein kirchlicher Natur waren, dem 
kanonischen Rechte gemäfs die Jurisdiktion den bischöf- 
lichen Konsistorien bHeb, diesen selbst in Testamentssachen, 
dafern es sich entweder um Legate zu frommen Zwecken 
handelte, oder das Testament nicht vor einem weltlichen 
Gerichte aufgesetzt war, die Entscheidung gebührte, so war 
doch für alle Prozesse über Kirchengüter und Einkünfte und 
bei allen an geistlichen Personen oder Sachen begangenen 
Delikten die Jurisdiktion dem aus einer gleichen Zahl geist- 
licher und weltlicher Mitglieder gebildeten sogen. Judicium 
compositum des Tribunals überwiesen, selbst hierin also nicht 
die ausschliefsliche Kompetenz der Geistlichkeit anerkannt. 

Bei weitem am wichtigsten für die Landesunterthänig- 
keit des Klerus und der Kirche war aber das von den Kö- 
nigen, als Patronen aller Bistümer und Stifter, von alter 



Kathol. Kirche: Gerichtsbarkeit, Patronatsrecht, Klöster. 153 

Zeit her geübte und selbst vam römischen Stuhle anerkannte 
Nominationsrecht, kraft dessen sie, ohne auch nur die Form 
einer Scheinwahl beizubehalten oder dem Prinzipe nach ein 
blofses Eonfirmationsrecht anzusprechen , alle Bistümer, Ab- 
teien und sonstige Prälaturen nach freiem Belieben besetzten 
und dadurch die Kirchenoberen in entschiedener Abhängig- 
keit von der Krone erhielten. 

Neben der geistlichen Gewalt und dem Reichtum der 
Kirche war es daher nur die mit den bischöflichen Amtern 
verbundene Senatorenwürde, welche den polnischen Prälaten 
politischen Einflufs sicherte. Von jeher bedeutend, steigerte 
sich dieser immer mehr zu unmittelbarer und umfassender 
Teilnahme an der Landesverwaltung, seit alle Bischöfe auch 
Mitgheder des Consilium perpetuum waren, welches, aus 
dem Senat gebildet, am könighchen Hof residierte, der Erz- 
bischof von önesen dagegen, als Primas Regni etc. princeps 
senatus, das Recht der Zwischenregierung, sowie der Beru- 
fung der Wahlreichstage an sich gebracht hatte. 

Im Distrikt an der Netze gehörte der preulsische Anteil 
der Wojwodschaft Inowrazlaw zum Sprengel des Bischofs 
von Kujawien, derjenige der Wojwodschaft Kaiisch zur Erz- 
diöcese Gnesen, der der Wojwodschaft Posen zum Bistum 
Posen. Alle drei Anteile wurden von den betreffenden 
polnischen Bischofssitzen aus administriert. 

In den Städten, Starosteien und Domänen besafs der 
König das Jus patronatus, auf den adeligen Gütern die Grund- 
herren, in den bischöflichen Territorien die Bischöfe, in den 
kapitelschen die Kapitel. Die Vikare und Kommendare 
wurden von den Pfarrern angestellt und besoldet. Die Diö- 
cesen zerfielen in eine Anzahl von Erzpriestereien. 

Klöster gab es eine grofse Menge, doch war ihr Besitz- 
stand kein sonderlich grofser, auch waren sie hinsichtlich 
der Ausübung seelsorgerischer Funktionen und auch in an- 
deren Beziehungen sehr eingeschränkt. Die Geistlichen ins- 
gesamt durften nach Landesrecht ohne königlichen Konsens 
keine Immobilien acquirieren, auch keine neuen geistlichen 
Anstalten errichten. Streng untersagt war jedwede Erb- 
schleicherei: war der Kirche irgendein Grundstück zuge- 
fallen, so mufste solches an besitzfähige Einsassen verkauft 
oder, wenn ihr der Besitz mit königlicher Genehmigung be- 
lassen wurde, alle darauf radizierten Lasten mit übernommen 
werden. Testamente der Geistlichen bedurften der bischöf- 
lichen Approbation. 

Sehr schlecht war es mit der Toleranz gegen Anders- 
gläubige bestellt. Nach dem Warschauer Traktat von 1768 



154 Fünftes Buch. 

war den Dissidenten freie Beligionsübung gestattet^ aber 
diese Freiheit war bislang nur sehr unvollkommen zur Ver- 
wirklichung gelangt. In Ermland konnten nur Katholiken 
Grundbesitz oder Bürgerrecht erwerben. Die Protestanten 
waren vielfach mit Abgaben an katholische Geistliche be- 
lastet und unterlagen auch sonst den kleinÜchsten Be* 
drückungen und Chikanen derselben. Das Schul- und Ar- 
menwesen befand sich im traurigsten Zustand. Es wimmelte 
von Bettlern, wozu die grofse Zahl der gebot^aen Feiertage 
nicht das Wenigste beitrug. Die Eirchenzucht wurde au£i 
strengste; aber nur gegen Arme, häufig unter Verletzung von 
Sdiam und Sitte, gehandhabt. Es gab besondere ,, Huren- 
strafen '', wobei die Gefallene während des Gottesdienstes mit 
einem Licht vor dem Altar stehen mufste, während die 
Schulzen gehalten waren, ihr den Mädchenschleier vom 
Kopf zu nehmen. Bei Rückfall wurden die Unglücklieben 
in das sogenannte Tummelhäuschen gesperrt und dem Mut- 
willen des Pöbels überli^ssen. Kindsmord und Abtreibung 
der Leibesfrucht waren infolgedessen sehr verbreitete Ver- 
brechen. 

Der katholischen Kirche wurde im Friedenstraktat, neben 
ungestörtem Fortbesitz aller bei der Occupation ihr gehörigen 
Kirchen und geistlichen Güter, sowohl in Rückricht der Re- 
ligionsübung als der Kirchenzucht der Status quo zuge- 
sichert und zugleich bedungen, dafs zu dessen Nachteil der 
König seine Souveränitätsrechte nicht geltend machen wollen 
Der öffentliche Gottesdienst wurde nirgends geschmälert oder 
gehindert, kein Kloster geschlossen, keine Kirche wegge- 
nommen. Im Jahre 1800 gab es in Westpreufsen (fim- 
land exklusive) nicht weniger als 55 Stifter und Klöster mit 
über 800 Regularen, 92 Stadt-, 239 Landpfarren und 200 
Filialkirchen. Bei der neuen, dringend notwendigen Reorgani- 
sation des katholischen Schulwesens blieb der Geistlichkeit 
Schulzucht und Unterricht und die ganze Einrichtung, wie 
die Beaufsichtigung und Leitung desselben, ebenso wurde 
die Bestellung der Lehrer einem der Prälaten, dem Koadjutor 
von Kulm, Fürsten Karl von Hohenzollem, übertragen. 
Nach dem von diesem entworfenen Reglement vom 1. Juni 
1781 blieben die alten Jesuitenkollegien zu Schottland, 
Braunsberg, Graudenz, Konitz, Bromberg, Rössel, Marienburg 
und Crone als Gymnasien fortbestehen, und wurden die beiden 
ersteren zugleich zu Gymnasiis academicis erhoben, auf wel- 
chen und dem Seminar zu Kulm die theologischen Studien 
betrieben werden sollten. 

Verlor daher auch die katholische Kirche mit der preuM- 



Kathol. Kirche : Schul- u. Armen wesen, staatl. Aufsichtsrecht. 155 

sehen Occupation Titel und Prärogative der herrschenden 
Kirche, so ward doch deren Religionsübung in keiner Weise 
beschränkt. 

Unverändert behielt man die bisherige Diöcesaneinteilung 
des Landes bei, und von den Bischöfen von önesen, Posen, 
Plock und Wroclawek, welche polnischer Hoheit unterworfen 
blieben, wurde die Bestellung inländischer Delegaten, soviel 
ersichtlich, sogar nur für die Handhabung der eigentlichen 
Jurisdiktionsrechte verlangt. Für die katholischen Angelegen* 
heiten erkannte das Notifikationspatent die Gültigkeit der 
kanonischen Rechte, insofern sie sich in protestantischen 
Landesherrschaften unterworfenen Ländern anwenden liefsen 
und der Landeshoheit in geistlichen Sachen nicht entgegen 
waren, ebenso ausdrücküch an, als dafs in den Parochial- 
und Kirchenrechten die langwierige und schwierige Observanz 
und ursprünglich alte Spezialverfassungen der Kirche als 
^in „principium regulativum " gültig blieben. Und wie. über- 
haupt in geistlichen Sachen „ nach den principiis jeder Reli- 
gion" verfahren werden sollte, so gab der König den Prä- 
laten noch die besondere Zusicherung, dieselben „ihre geist- 
lichen Amter und ihre geistliche Qerichtsbarkeit nach den 
principiis ihrer Religion ungehindert exerzieren zu lassen, 
insoweit dadurch Unsere Souveränitätsrechte nicht leiden." 

Nur die Gerechtsame, welche die Könige von Polen bis- 
her in kirchlichen Dingen geübt hatten, namentlich deren 
althergebrachte Nominationsrechte, nahm einerseits die Regie- 
rung in Anspruch, anderseits unterwarf sie, ähnlich wie in 
Schlesien, die gesamte kirchliche Verwaltung teils einer ge- 
naueren Aufsicht der weltlichen Behörden, teils einzelnen 
Beschränkungen. Wie aber jenes dem Warschauer Traktate, 
welcher die Pi'ovinz „mit allen sowohl bürgerlichen und 
politischen als geistlichen Rechten und überhaupt mit allem, 
was zur Souveränität dieser Länder gehört", abgetreten 
hatte, durchaus konform war und daher allem Anscheine nach 
keinen erheblichen Widerstand fand, so ist auch nicht zu 
verkennen, dafs die Einschränkungen der Kirchengewalt, 
welche damals beliebt wurden, zum grofsen Teile keineswegs 
der bisherigen Verfassung fremd waren, wenn sie auch bei 
der inneren Auflösung des polnischen Reiches in den letzten 
Zeiten mehr und mehr in Vergessenheit geraten waren. 

Die Verpflichtung der gesamten Geistlichkeit zur Leistung 
des Homagialeides, welche jederzeit der landesherrlichen Be- 
stätigung der Provision vorangehen sollte, war in dieser 
Ausdehnung allerdings Abweichung von der hergebrachten 
Verfassung; aber die Bischöfe hatten von jeher als Mitglieder 



156 Fünftes Buch. 

des Senats dem Könige den Eid des Gehorsams und der 
Unterthänigkeit geleistet. 

Das landesherrliche Placet haben schon in früherer Zeit 
die polnischen Könige, und nicht etwa blofs bei päpstlichen 
Provisionen, in Anspruch genonmien. So hat schon 1451 
König Kasimir einen ähnlichen Beschlufs des Reichstage» 
veranlafst, dafs kein Landesbischof ohne Genehmigung des 
Königs und der Reichsräte die Kardinalswürde erhalten 
könne. Die päpstlichen Nuntien mufsten erst ihre Fakultäten 
zur Approbation vorlegen, und ebenso wenig fehlt es an 
anderen Beweisen, dafs dem römischen Stuhle eine aller 
Kontrolle ledige Ausübung seiner Legislatur- und Jurisdiktions- 
gewalt keineswegs zugestanden wurde. Was aber die kirch- 
Hche Landesgesetzgebung betriflft, so ist diese seit der zweiten 
Hälfte des 17. Jahrhunderts sogar vorzugsweise von dem 
Reichstage ausgegangen, trotzdem dafs die Bischöfe nur im 
Senate Sitz und Stimme und nicht einmal in diesem das 
Übergewicht der Stimmen hatten. 

Und so fehlte es keineswegs an Präcedenzen, als Fried- 
rich II. gleich bei der Besitznahme die, obenein unter da- 
maligen Verhältnissen unerläfsliche Vorschrift erliefs, dafs die 
Publikation päpstlicher Bullen oder bischöflicher und sonstiger 
geistlicher Verordnungen nicht ohne landesherrliche Geneh- 
migung geschehen dürfe. 

Altes Herkommen war ferner die Anzeige der bevor- 
stehenden Wahlen und deren Approbation, welche die Regie- 
rung forderte. Die Neuerung bestand nur darin, dafs nach 
einem Reskript vom 4. Oktober 1773 auch in Westpreufsen 
immer je drei Kandidaten durch einfache Sanktion erwählt 
und präsentiert werden mufsten. Die Ausdehnung aber dieser 
Anzeige und Genehmigung auf alle Vakanzen geistlicher 
Amter und Pfründen war nicht entfernt Beschränkung der 
kirchlichen Provisionsrechte, sondern lediglich Wahrung der 
landesherrlichen Präsentations- und Nominationsrechte, damit 
namentlich niemand ohne vorgängige Huldigung geistliche 
Amter erhalte; zugleich sicherte sie die alten Indigenats- 
privilegien. In Übereinstimmung mit dem von Wladyslaw 
Jagello schon 1433 erteilten Indigenatsprivilegium hatte 
König Johann Albert 1496 für alle Dignitäten, Kanonikate etc. 
in den Domkapiteln das Indigenat als unerläfsliche Bedingung 
anerkannt, und für die Abteien wie Propsteien ward wieder- 
holt durch Statuten von den Jahren 1530, 1539, 1550 die- 
selbe Bedingung, nur mit der Beschränkung bestätigt, dafs 
in den Klöstern, welche auch auswärts Güter besafsen, ab- 
wechselnd Polen und Deutsche zur Amtswürde gelangen 



JKatholische Kirche: Placetum regium, Anzeigepflicht. 187 

sollten. Jetzt freilich, seitdem Preufsen von Polen getrennt 
war, wollte der katholische Klerus die alten Indigenats- 
privüegien nicht mehr gelten lassen, die Regierung hielt sie 
aber mit Recht fest. Für die Dom- und andern Stifter 
ward der unbedingte Ausschlufs der Ausländer von neuem 
durch ein Reskript vom 31. März 1783 ausgesprochen. 

Von alter Zeit schon bestand in Preufsen wie in Polen 
das Verbot, dafs kirchliche und geistliche Stiftungen nicht 
ohne besonderen Konsens des Königs Immobilien erwerben 
durften. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts war in 
Polen zu jeder neuen geistlichen Stiftung die Zustimmung 
des Reichstages imerläfslich. Hier hatte sogar schon Kasi- 
mir der Grofse den Geistlichen verboten, bona patrimonialia 
zu acquirieren, und bestimmt, dafs sie bei Verweigerung der 
Königsdienste dieselben ihren nächsten Verwandten des Laien- 
standes überlassen müfsten oder Einziehung zu gewärtigen 
hätten. Das Verbot erneuerte jetzt nur die preufsische Ge- 
setzgebung, unter Ausdehnung des Konsenses auf alle ander- 
weiten Geschenke und Zuwendungen von mehr als 500 Thaler. 
Und wenn die Art, wie durch regelmäfsige Rechnungslegung 
und Revision für gehörige Verwaltung des Kirchenguts ge- 
sorgt werden sollte, als Neuerung sich darstellte, so hatten 
wenigstens unter besonderen Umständen schon die polnischen 
Könige sich für ermächtigt gehalten, den Vermögenszustand 
der Klöster untersuchen zu lassen und sogar die Verwaltung 
der Güter den Oberen zu entziehen. 

Gröfseres Befremden mochte dagegen bei dem gesamten 
katholischen Klerus die Einschränkung der geistlichen Ge- 
richtsbarkeit erregen, zu welcher sich die preufsische Regie- 
rung veranlafst fand, indem den katholischen Konsistorien 
nur noch in geistlichen Sachen und über Amtsvergehen der 
Geistlichkeit, auch in Ehesachen allein über die Trennung 
der Ehe eine Kognition zustehen sollte, alle übrigen Rechts- 
sachen aber, welche bisher noch vor das geistliche Forum 
gehört hatten, gleich den persönlichen Rechtsstxeitigkeiten 
der Kleriker den weltlichen höheren landesherrlichen, nicht 
den Stadt- und Patrimonialgerichten überwiesen wurden. 
Zwar fehlte es in der bisherigen Verfassung auch für solche 
Einschränkungen nicht an allen Präcedenzen, allein wie die 
katholische Kirche auch früher schon diese Hintansetzung 
der kanonischen Rechtsvorschriften mehr nachgesehen als 
anerkannt hatte und eine Beruhigung darin finden mochte, 
dals zu jener Zeit die weltlichen Richterämter allein in den 
Händen ihrer Glaubensgenossen sich befanden, so waren 
auch in Polen die meisten der sogenannten causae eccle- 



158 Fünftes Bach. 

siasticae mixtae bisher nicht, wie in Schlesien, den gewöhn- 
lichen weltlichen, sondern gemischten Gerichten überwieeen 
gewesen, in welchen geistliche Beisitzer Sitz und Stimme 
hatten. Ob aus Versehen oder absichtlich, war aufserdem 
die für Schlesien ergangene Zusicherung in Preufsen nicht 
beliebt worden, dafs mit Rücksicht auf die causae eccle- 
siasticae der Regierung ein katholischer Prälat als geistlicher 
Eonsistorialrat beigeordnet werden solle; offenbar war auch, 
bei der weit übei'wiegenden Mehrzahl der Katholiken, der 
Grundsatz, dals in gemischten Ehesachen nicht nach der 
Person des Beklagten die Kompetenz sich entscheiden, sondern 
jederzeit hier das weltliche Gericht begründet sein solle, hier 
gröfseren Anstofs als in Schlesien zu erregen geeignet, zu- 
mal die Fassung der neuen Gesetze es sogar zweifelhaft 
liefs, ob nicht auch für den katholischen Teil durch das 
Scheidungsurteil der weltlichen Gerichte das Recht zur Ein- 
gehung einer wenigstens gesetzlich gültigen neuen "Ehe ge- 
wonnen sei. 

Mehr jedoch als alle diese Änderungen des geistlichen 
Gerichtswesens, für welches später obenein die gleichsam 
vermittelnde Bestimmung beliebt wurde, dafs die Geistlichen 
bei jedem Prozesse, namentlich über Kirchen- und Pfarr- 
gerechtsame, zuvor ein Gutachten des katholischen Konsi- 
storiums einholen und zu ihrer Legitimation vorlegen sollten, 
haben sicher die Mafwegeln grofse UnzuMedenheit erweckt, 
welche die Regierung inbetreff der geistlichen Güter traf. 
Die Steuerpflicht derselben war allerdings seit so langer Zeit 
hergebracht, dafs die Ausdehnung der neuen Katastrierung, 
welche sofort nach Besitznahme des Landes ins Werk ge- 
setzt wurde, auf alle Besitzungen der Kirchen und Klöster 
wohl nur wenig Aufsehen machte. Selbst die Erhöhung der 
Steuer auf fünfzig Prozent des Ertrags — nur die geringeren 
Pfarren sollten nach dem bisherigen Fufse steuern — konnte 
nach den bei der Katastrierung betolgten Grundsätzen und da 
fortan die früher so häufigen aufserordentlichen Beisteuern 
nicht zu befurchten waren, kaum als eine drückende Be- 
lastung erscheinen und mochte nur in den BLlöstern Besorg- 
nis erregen, welche schon in der Bestimmung, dafs fortan 
niemand ohne besondere Erlaubnis der weltlichen Behörden 
in den Klosterstand treten dürfe, wie sehr sie auch durch 
den kirchlichen Zustand der Provinz gerechtfertigt war, eine 
gegen ihren Fortbestand gerichtete Mafsregel zu finden ge- 
neigt waren. Anstatt aber auf strengere Kontrolle der geist- 
lichen Verwaltung sich zu beschränken, um dadurch rechts- 
widrigen Verwendungen der Earcheneinkünfte vorzuheizen, 



Katholische Kirche: geistliche Güter. 159 

anstatt indirekt, wie inbetreflf der weltlichen Güter, durch 
Verordnungen und landespolizeiliche Einrichtungen auf die 
Hebung der Landeskultur hinzuwirken, die allerdings drin- 
gendes Bedürfnis sein mochte, wurde der Geistlichkeit, „ da- 
mit sie durch deren Bewirtschaftung nicht distrahieret und 
an ihren geistlichen Verrichtungen um so weniger behindert 
werden möchte*', die eigene Verwaltung der Stifts- und 
Klostergüter gänzlich genommen und gleich wie bei den 
Domänen den landesherrlichen Kammerbehörden überwiesen. 
Schon im Februar 1772 hatte Friedrich II. Domhardt von 
seiner Absicht benachrichtigt, es mit den geistlichen Gütern 
in dem zu acquirierenden Gebiete in derselben Weise zu 
halten, wie dies in Kufsland geschehe, nämlich den Geist- 
lichen ihr mälsiges Einkommen in Geld zu geben, ihre 
Güter aber einzuziehen und zwar vorerst, um die Erträg- 
nisse derselben festzustellen, das erste Jahr administrieren, 
sodann aber auf preufsischem Fufs verpachten zu lassen. 
Domhardt erbat sich später vom Könige eine nähere Erläu- 
terung dieser Ordre: ob die Geistlichkeit die Bewirtschaftung 
ihrer Güter behalten und von dem ausgemittelten Ertrage 
derselben fünfzig Prozent zur Kontributionskasse erlegen 
oder aber ob diese Güter künftig durch die Kammer gleich 
den Domänen verwaltet und den Geistlichen aus der Do- 
mänenkasse fünfzig Prozent gezahlt werden sollten. Im 
ersteren Falle erspare der König die Bau- und Unterhal- 
tungskosten, wie auch die Besoldung der Amtleute und die 
durch Viehsterben, Mifswachs, Brand u. dgl. entstehenden 
Ausfalle, im anderen Falle gewinne er das von Zeit zu Zeit 
hoffentlich zu eruierende Plus, besonders aber die Konser- 
vation der Unterthanen, da aus deren Anstrengung die 
Geistlichkeit sich ohnfehlbar den Abgang obiger fünfzig Pro- 
zent zu ersetzen bemüht sein würde. Domhardt glaubt 
schliefslich zu dem letzeren Modus raten zu müssen und 
unterstützt diesen Rat durch das Beispiel des ermländischen 
Bischofs Krasicki und des Frauenburger Domkapitels. Der 
erstere, der nach seiner eigenen Angabe ein jährliches Ein- 
kommen von 80 000 Thaler geniefse, trotzdem aber tief ver- 
schuldet sei, sogar gegen zahlreiche Kirchen und Pupillen- 
pflegen, würde, wenn ihm die Disposition über die Einkünfte 
aus den zu seinem Anteil gehörigen sieben Ämtern verbliebe, 
zur Aufbringung der fünfzig Prozent Kontribution seine 
ohnedies schon sehr armen Unterthanen bis aufs Blut aus- 
saugen; das Gleiche würde seitens des Frauenburger Kapitels, 
wo aufser dem Weihbischof fünfzehn Kanoniker, von denen 
jeder ein Jahreseinkommen von 3000 Thalem bezöge, ohn- 



160 Fünftes Bach. 

zweifelhaft geschehen. Die Kabinettsordre vom 1. November 
erklärte, „dafs die geistlichen Besitzungen und liegenden 
Gründe; da die Geistlichkeit von derselben Bewirtschaftung 
nichts versteht; von denen Kammern übemomimen und ge- 
hörig administriert oder verpachtet, deren Grundherrschaften 
aber, sie seien Bischöfe, Äbte, Prälaten oder andere Vor- 
gesetzte geistlichen Ordens, von dem reinen Ertrage, nach 
Abzug aller Bau-, Vergütigungs- und anderer Nebenkosten, 
wie solche Namen haben mögen, fünfzig Prozent bezahlt 
werden sollen". Eine eigenhändige Nachschrift: „Wir wol- 
len auf die geistlichen Güter den Kataster nach dem jetzigen 
Ertrag regulieren, und was durch die Verpachtung mehr 
herauskommt, äiefst zu meinen Kassen", veranlafste unterm 
2. d. M. eine Deklaration dahin, „dafs bei Bestimmung der 
denen Geistlichen von ihren Besitzungen bewilligten fiinfzig 
Prozent der von der jetzigen Klassifikationskommission aus- 
gemittelte Ertrag jederzeit zum Grunde genommen, davon 
zuvörderst die Bau- und anderen Kosten abgezogen und der 
reine Überschufs sodann erst geteilt, das aus denen ex post 
gemachten Verbesserungen aufgekommene Surplus aber Mei- 
ner Hälfte allezeit zuwachsen solle." 

Um endlich noch mit einigen Worten auf Friedrichs 
Mafsnahmen zur Besserung des Schulwesens zu sprechen zu 
kommen, so sehen wir den grofsen König auch auf diesem 
Gebiete von Anfang der Occupation an eifrig bemüht, we- 
nigstens die schreiendsten Mifsstände zu beseitigen. „^^7" 
läufig gebe dem Kammerpräsidenten v. Domhardt auch 
auf" — schreibt er schon am 6. Juni 1772 — „dafs, um 
den gemeinen Mann um so eher von der polnischen Sclaverey 
zurückzubringen und zur preufsischen Landesarth anzufüh- 
ren, derselbe demnächst dahin sehe und bedacht sein soll, 
dafs, so wie ehedem im Cottbus'schen und in Ober-Schlesien 
geschehen, teutsche Schulmeister in denen kleinen Städten 
und auf denen Dörfern mit angesetzet und die Einwohner 
mehr und mehr mit Teutschen melirt werden." In den 
ersten Jahren fehlten jedoch die nötigen Mittel, um Lehrer 
von auswärts zu berufen; erst 1774 wurden vorerst auf den 
Domänenämtem deutsche Schulmeister angesetzt und den- 
selben als Dotation neben freier Wohnung, einem Morgen 
Gartenland und jährlich 24 Fuder Freiholz aus den könig- 
lichen Forsten, ein bares Jahrgehalt von 60 Thalern aus- 
geworfen. Bis zum Jahre 1778 waren im Netzedistrikt auf 
diese Weise bereits 237 Schulmeister angestellt. Die katho- 
lischen Lehrer kamen meist aus Schlesien, die evangelischen 
aus Sachsen. Aufserdem sorgte der König für den Bau von 



Besserung des Schulwesens, letzte Zeiten Polens. 161 

Schulhäusern und für unentgeltlichen Unterricht und Bezug 
von Schulbüchern für arme Kinder. 



Während so der grofse König für den neuerworbenen 
Landesteil in unermüdlich schaffender und umgestaltender 
Thätigkeit sorgte^ näherten sich die Zustände des nicht in 
die Teilung einbezogenen Polens mehr und mehr ihrer Auf- 
lösung. Die Fäulnis sämtlicher öffentlicher Verhältnisse dieses 
Staatswesens war in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahr« 
hunderts so weit vorgeschritten, dafs auch ein energischeres 
Aufraffen^ als dasjenige war, das wir in den letzten Jahren 
der Republik vonseiten einer Anzahl begeisterter Patrioten 
dem drohenden Untergang ihres Vaterlandes entgegengestellt 
sehen, kaum mehr imstande gewesen wäre, diesen Zusam? 
menbruch aufzuhalten. Wie in Frankreich genau in der- 
selbeh Zeit und bei der gleichen Verderbtheit aller öffent- 
lichen Verhältnisse seitens eines einsichtsvollen und gerechten 
Königs auf allen Gebieten des Staatslebens weitgehende Re«- 
formen zur Ausführung gelangten, wurde auch in Polen eine 
Umgestaltung der Verfassung nach durchaus humanitären 
und zeitgemäfsen Anschauungen verbucht und wenigstens 
teilweise durchgeführt. Die Beseitigung des liberum veto 
und des Konföderationsrechts, jener beiden fluchwürdigtsen 
Institutionen des polnischen Staatsrechts, die Einführung der 
Erbmonarchie, die Abschaffung des jeder Bestechung und 
Verfuhrung zugänglichen Senats und seine Ersetzung durch 
einen permanenten Reichstagsausschufs von 36 Mitgliedern, 
welcher zukünftig mit dem König an der Spitze, im Gegen- 
satz zu dem gesetzgebenden Reichstag, die vollziehende Ge- 
walt repräsentieren sollte, die Neuregelung des Steuerwesens, 
die Errichtung gemeinnütziger Institute, die Gründung und 
Umbildung von Schulen, die Erhöhung des stehenden Heeres 
auf 100000 Mann, der Entwurf eines allgemeinen Gesetz- 
buches, die Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse 
u. a. gaben Zeugnis von dem aufrichtigen Bestreben, Polen 
nach so langer Vernachlässigung in die Reihe der Kultur- 
staaten einzuführen. Unter dem äufsersten Widerstreben 
Katharinas, zu deren Plänen nur eine fortdauernde Anarchie 
des polnischen Staatswesens pafste, dagegen mit Billigung 
und Unterstützung der Westmächte, denen sich neuerdings 
auch Preufsen zugesellt hatte, wurde am 5. Mai 1791 die 
neue Verfassung proklamiert. Insbesondere den Städten 
kamen die Reformen zugute. Alle königUchen Städte wur- 

Meyer, Geschichte Posens. 11 



162 Fünftes Bach. 

den für fi^ei und der Besitz ihrer Bürger fiir deren erbliche» 
Eigentum erklärt; die freie Ratswahl und die eigene Ge- 
richtsbarkeit; die ihnen durch die königlichen Beamten ent- 
zogen worden war, wurde ihnen zurückgegeben; an der 
Besetzung der Appellationsgerichte erhielten sie einigen An- 
teil. Jeder, der in einer Stadt Grundbesitz hatte oder ein 
Gewerbe betrieb, mufste fortan das Bürgerrecht erwerben, 
wie umgekehrt jedem Bürger die Erwerbung von Land- 
gütern und die Bekleidung von Staatsämtem freigegeben 
war. Nur im Falle eines freiwilKgen Geständnisses oder 
einer gerichtlichen Überführung sollte er in Kriminalfallen 
fernerhin verhaftet werden können. Die ansehnlichsten Städte 
— in Grofspolen 7 — erhielten im Reichstage in allen 
städtischen und Handelsangelegenheiten Stimmrecht und für 
alle übrigen Sachen eine beratende Stimme. 

Aber Polen war bereits viel zu tief in die Netze der 
europäischen Politik verstrickt, als dafs eine gründliche 
Durchfährung dieser wohlthätigen Reformen möglich gewesen 
wäre. Kaum hatte Katharina, die bis dahin durch ihren 
Krieg mit Schweden und der Pforte von den polnischen 
Dingen abgelenkt gewesen war, mit diesen beiden Mächten 
Frieden geschlossen, als sie sich mit erneuten Kräften ihrem 
Lieblingsprojekt zuwandte. Ihr mehrfach erprobtes Mittel, 
Zwietracht unter den politischen Parteien zu erregen und 
dann als angerufener Schiedsrichter die Entscheidung zu 
treffen, verschlug auch diesmal nicht. Mit geschickter Hand 
wufste sie die mit der neuen Verfassung unzufriedenen Adels- 
elemente zu der Konföderation von Targowice zusammen- 
zuschliefsen, welche nun nichts Eiligeres zu thun hatte, als 
russische Truppen zu ihrer Unterstützung ins Land zu rufen. 
Im Mai 1792 drangen von allen Seiten her russische Corps 
in Polen ein und rückten, ohne auf ernstlichen Widerstand 
zu stofsen, gegen die Landeshauptstadt vor. So von äufse- 
ren und inneren Feinden bedrängt, blieb dem Könige nichts 
anderes übrig, als seinen Beitritt zur Konföderation zu er- 
klären, die nun dadurch zur souveränen Vertreterin der 
Nation gestempelt wurde. In gröfster Eile wurde jetzt die 
Verfassung von 1791 wieder aufgehoben und überall der 
frühere Zustand wieder hergestellt. Nunmehr hielt es auch 
Preufsen, wollte es nicht von Rufsland völlig beiseite ge- 
schoben werden, für angezeigt, auf dem Kriegsschauplatz, 
auf dem sich das endgültige Schicksal Polens vorbereitete, 
zu erscheinen. Am 14. Januar 1793 überschritten preufsische 
Corps unter General Möllendorf gleichzeitig von Schlesien^ 
der Neumark und Ostpreufsen aus die Grenze, um den ab- 



Zweite Teilung Polens. 163 

zutretenden Landstrich gegen Polen abzusperren. Die Be- 
sitznahme ging ohne Schwierigkeiten vonstatten. Nur die 
kleine Festung Klarenberg bei Czenstochau leistete einigen 
Widerstand; auch sie ergab sich nach wenigen Tagen. 
Durch eine geschickte Mischung von Milde und Strenge 
und Handhabung einer trefflichen Mannszucht brachte Möllen- 
dorf bald alles zur friedlichen Unterwerfung. 

Am 23. Januar wurde der Teilungsvertrag zwischen 
ßufsland und Preufsen abgeschlossen. Preufsen sollte dem- 
gemäfs zu den durch die erste Teilung erlangten polnischen 
Landstrichen erhalten die Wojwodschaften Posen, Gnesen, 
Ealisch, Sieradien nebst dem Lande Wielun in Grofspolen, 
Danzig und Thorn in Westpreufsen, die Hälfte der Wojwod- 
schaften Rawa und Plock in Masowien, den Rest von Kuja- 
wien, die Wojwodschaft Lenczyc, das Land Dobrzyn und 
die Umgebung von Czenstochau in Kleinpolen: zusammen 
1065 Quadratmeilen mit etwa 1150 000 Einwohnern. 

Am 25. März erschien ein königliches Patent, welches 
die Besitznahme dieser Landschaften aussprach und eine 
feierliche Abtretung durch die bisherige Regierung in Aus- 
sicht stellte, die Huldigung des acquirierten Gebietes aber 
sofort verlangte. „Es ist allgemein bekannt" — heilst es 
in dem Patent — „dafs die polnische Nation nie aufgehört 
hat, den benachbarten Mächten und insbesondere dem preufsi- 
schen Staate häufige Veranlassungen zu gerechtem Mifsver- 
gnügen zu geben. Nicht zufrieden, gegen alle Regeln einer 
guten Nachbarschaft das preufsische Gebiet durch öftere 
Einfölle zu verletzen, die diesseitigen an der Grenze wohnen- 
den Unterthanen zu beunruhigen und zu mifshandeln, ihnen 
fast immer Gerechtigkeit und billige Genugthuung zu ver- 
sagen, hat diese Nation sich auch unablässig mit verderb- 
lichen Plänen beschäftigt, welche die Aufmerksamkeit der 
benachbarten Mächte reizen mufsten. Das sind Thatsachen, 
welche keinem aufmerksamen Beobachter der neueren Vor- 
falle in Polen haben entgehen können; was aber besonders 
die emstlichsten Besorgnisse der benachbarten Mächte er- 
wecken mufste, ist der in Polen immer mehr überhandneh- 
mende Empörungsgeist und der sichtbare Einflufs, welchen 
jenes verabscheuungswürdige Bestreben gewonnen hatte, 
durch welches alle bürgerlichen, politischen und religiösen 
Bande zerrissen, die Einwohner Polens allen fürchterlichen 
Folgen der Anarchie ausgesetzt und in ein unabsehbares 

Elend gestürzt worden wären. Hierbei müssiger 

Zuschauer zu bleiben, wäre gegen die Regeln einer gesunden 
Staatskunst, gegen die Pflichten der Selbsterhaltung." 

11* 



164 Fünftes Buch. 

Die Huldigung der neuen Unterthanen, mit deren Ent* 
gegennahme MöUendorf und der Minister Dankelmann vom 
König beauftragt waren, ging ohne Schwierigkeit und Wider- 
spruch vonstatten. Nur der Adel wollte erst einige Bedin- 
gungen stellen, liefs sich jedoch dann auf den Petitions weg 
vertrösten. MöUendorf bewirtete die erschienenen 1500 
Adeligen und Prälaten auf Staatskosten und veranstaltete 
einen grofsartigen Ball. Von den 700 Dorfschulzen , die 
sich eingefunden hatten, erhielt jeder 1^ Thaler , um sie in 
freundliche Stimmung zu versetzen. Abends fand grofse 
Illumination statt. Wirklich versprachen Bürger und Bauer 
sich nur Gutes von der neuen Regierung, der kleine Adel 
schien gleichfalls günstig gestimmt, der protestantische Edel- 
mann selbstverständlich sehr zufrieden; nur der höhere Adel 
und die katholische Geistlichkeit benahmen sich zurückhal- 
tend, doch auch sie nicht gerade feindlich. „Der König" 
— schreibt MöUendorf am 5. November 1793 aus Posen an 
den General Küchel — „ ist an aUen Orten mit Freude und 
scheinendem Attachement au^nommen worden, und faUs 
die Herren von der Regie, Ökonomie und Gerechtigkeits- 
pflege sich nur so aufführen, dafs der hiesige Einwohner 
nicht zum UnwiUen gereizt wird, alsdann habe ich gute 
Hoffnung, dafs diese Provinz dem Staate zum wahren Glück 
und Nutzen gereichen wird." In Berlin berechnete man 
mit Genugthuung, dafs der erworbene Landstrich gröfser 
als Schlesien sei, eine Reineinnahme von 4 — 5 Millionen 
Thalem bringe und das Heer um mehrere Regimenter ver- 
stärken werde. Das Wichtigste war ohne Frage die miü- 
tärische Abrundung der Ostgrenze des Reiches, welche bis 
dahin für die Verteidigung der deutschen Gebiete nicht die 
mindeste Sicherheit darbot. Während Schlesien im Süden 
und Ostpreufsen im Norden weit nach Osten vorsprangen, 
bog zwischen beiden die brandenburgische Grenze tief nach 
Westen zurück, sodafs Grofspolen, zwischen ihnen allen in 
der Mitte gelegen, Königsberg und Breslau im Rücken fafste 
und bis auf wenige Tagemärsche in die Nähe der Haupt- 
stadt herandrängte. So lange Polen stark gewesen, hatte es 
von hieraus schwer auf Brandenburg gelastet, Schlesien in 
Abhängigkeit gehalten, Westpreufsen erobert, Ostpreufsen 
zur Lehnfolge gezwungen. Jetet war es schwach und un- 
geföhrUch, dafür aber schon seit Menschenalter auf seinem 
Boden die russische Heeresmacht heimisch, und die Not- 
wendigkeit, Brandenburgs Grenzen zu decken und Preufsen 
mit Schlesien durch eine territoriale Vorlage zu verbinden, 
im Siebenjährigen Kriege fühlbarer als je geworden. Man 



Besitzergreifung SüdpreoTsens, Aufstand von 1794. 165 

hatte also 1793 guten Grund, sich der Erreichung dieses 
Zieles zu freuen; es war eine Eroberung, die von den dringend- 
sten Interessen der Selbsterhaltung begehrt wurde. Auch 
durfte man bei der vorangeschrittenen Germanisierung des 
Grenzstrichs und der Verworrenheit der polnischen Zustände 
auf rasches Einwurzeln der Herrschaft hoffen und mochte 
damit die Monarchie im Osten als abgeschlossen betrachten. 

Am 23. September genehmigte der Eeichstag von Grodno 
in der berüchtigten stummen Sitzung die Gebietsabtretungen 
an Preufsen. Da flammte noch einmal der ganze Stolz und 
die Freiheitsliebe der polnischen Nation auf. Das Signal 
zum allgemeinen Losbruch gab die Entwafihung der pol- 
nischen Armee durch den russischen General Igelström. 
KosciuskO; welcher im vorigen Jahre bei Dubienka den 
Russen einen heldenmütigen^ wenn auch erfolglosen Wider- 
stand geleistet hatte ^ wurde zum Diktator ernannt. Die 
Russen wurden aus den beiden Hauptstädten Warschau und 
Wilna vertrieben. Erst mit dem Einrücken gröfserer preu- 
fsischer Streitkräfte wendete sich das Kriegsglück auf die 
Seite der Teilungsmächte. Am 6. Juni wurde bei Rawka 
das aufständische Heer durch die vereinigten Russen und 
Preufsen vollständig geschlagen. Rasch näherten sich die 
Alliierten der Landeshauptstadt; nach der sich Kosciusko 
mit den Trümmern seiner Armee gezogen hatte. Anstatt 
aber nun sofort den Sturm auf Warschau zu versuchen, liefs 
sich der König, der in eigener Person das Belagerungscorps 
befehligte, durch die aus Südpreufsen eingelangten ungün- 
stigen Nachrichten bestimmen, die Belagerung aufzuheben 
und mit seinen Truppen nach dem Westen aufzubrechen. 

Hier war unterdessen gleichfalls der Aufstand in hellen 
Flammen ausgebrochen. An preufsischen Truppen standen 
daselbst 7000 Mann unter Oberst Szekely, die Aufstän- 
dischen kommandierten die Generale Madaunski und Dom- 
browski. Auch hier war das Kriegsglück vorerst auf selten 
der Polen. Bromberg wurde besetzt und Thorn, wohin die 
wichtigsten Papiere und Kassen Südpreufsens geflüchtet 
worden waren, bedroht. Zahlreiche westpreufsische Polen 
verstärkten die Insurgentenscharen. Am 29. September 
rückte Dombrowski nach Labischin. Das Häuflein Preufsen, 
welches daselbst stand, warf einen Teil der Netzebrücke ab 
und suchte sich im reformierten Kirchhof zu halten, mufste 
sich aber schliefslich ergeben. Dombrowski besetzte die 
kleine Vorstadt und das Kloster auf der rechten Seite, so- 
wie die Neustadt und den Wald. In dieser Stellung wurde 
er gegen Mittemacht von neuen preufsischen Streitkräften 



IM Fünftes Buch. 

unter Szekely angegriflfen. Die Preufsen stürmten die An- 
höhe und beschossen mit Kanonen die Stadt , mufsten aber 
mit Zurücklassung von 83 Toten fliehen; Szekely selbst 
wurde tödlich verwundet. Ein zweiter aufständischer Haufe 
unter Bialomowski drang nach Gnesen vor, liefs hier die 
Beamten und Einwohner wieder den Eid dem Reiche Polen 
schwören und hielt einen Landtag des polnischen Adels ab. 
Als die Preufsen nahten, wurden die Beamten im Augustiner- 
kloster eingesperrt und Bauern zur Bewachung hingestellt, 
die sich tapfer schlugen, als die Polen aus Gnesen schon 
geflohen waren, und Oberst von Diettert mit einem preu- 
fsischen Heerhaufen am 2. August, ohne Widerstand zu 
finden, in Gnesen eingezogen war. Als die Preufsen Gnesen 
verliefsen, erschienen am 5. September die Polen abermals, 
wurden jedoch im nächsten Monat wieder von preufsischen 
Truppen unter Oberst von Büren vertrieben. Jetzt griflF 
auch General von Schwerin, der mit der Hauptarmee zwi- 
schen Rawa und Petrikau stand und bis dahin dem Auf- 
stand gegenüber eine bedauerliche Unentschlossenheit und 
Schwäche gezeigt hatte — er wurde später hierfür durch 
ein Kriegsgericht mit einjähriger Festungshaft bestraft — 
kräftig in die Unterdrückung des Aufstandes ein und rei- 
nigte den Netzedistrikt von den Insurgenten. Nur Mada- 
linski und einige kleinere, von Edelleuten geführte Banden 
beunruhigten noch das Land. Zu Anfang 1795 wurde auch 
dieser Rest der Aufständischen zu Paaren getrieben: 46 
Aufwiegler wurden aufgehoben und nach Breslau gebracht; 
auch Madalinski geriet in Gefangenschaft. Eine Hauptunter- 
suchungskommission wurde bald darauf in Posen eingesetzt, 
bestehend aus dem Oberpräsidenten von Buchholz, dem Re- 
gierungspräsidenten Grafen Reufs, dem Kammerpräsidenten 
von Harlem, dem Kammerdirektor von Zitze witz und dem 
Oberstlieutenant von Glebowski. 

Inzwischen hatten sich auch im Osten die letzten Schick- 
sale Polens vollzogen. Im September 1794 war General 
Suwarow, der befahigste der russischen Heerführer, von der 
türkischen Grenze her, wo er infolge der seitens der Pforte 
gemachten Friedensversicherungen disponibel geworden war, 
in raschem Anmarsch über Volhynien vorgerückt, hatte am 
18. September bei Kropczyce die Polen, welche ihm den 
Übergang über den Bug streitig machen wollten, zurück- 
geworfen und sich mit dem von Grodno her anrückenden 
Corps des Generals Fersen vereinigt. Diese Vereinigung zu 
hindern, hatte sich Kosciusko bei Maciejowice Fersen ent- 
gegengeworfen, war aber bis zur Vernichtung geschlagen 



Polens Ausgang, dritte Teilung. 167 

worden und selbst schwer veriyundet den Russen in die 
Hände gefallen. Unaufhaltsam drangen jetzt die Russen 
gegen Warschau vor; ein preufsisches Corps schlofs sich 
Urnen an. Am 4. November begann durch die vereinigte 
russisch-preufsische Armee der Sturm auf die Warschauer 
Vorstadt Praga. 12 000 Wehrlose wurden teils erschlagen, 
teils in der Weichsel ertränkt Das Angstgeschrei der Ge- 
mordeten schreckte die Bewohner der Hauptstadt und machte 
sie willig zur Ergebung. Am 9. November hielt Suwarow 
als Sieger seinen glänzenden Einzug in Warschau. Stanis- 
laus Poniatowski erhielt Befehl, die Krone niederzulegen. 
Er lebte bis zu seinem Tode (1798) zuerst in Grodno, dann 
nach Katharinas Tode in Petersburg von einem Jahrgehalt, 
der verdienten Verachtung der Nachwelt preisgjegeben. ,,So 
schlofs" — sagt Sybel — „in völligem Untergang die letzte 
Oesamterhebung der polnischen Nation. Es trat ein, was 
geschehen mufste, nachdem ein grofses und begabtes Volk 
den politischen und sittlichen Selbstmord durch zwei Jahr- 
hunderte hindurch an sich vollzogen hatte. Es brach herein 
mit erschütternder Gewalt, über Schuldige und Unschuldige, 
in einer Katastrophe, wie sie die Welt seit der Zerstörung 
Jerusalems nicht furchtbarer gesehen hatte. Man würde bei 
einem solchen Bilde den Blick verhüllen und an Recht und 
Vorsehung verzweifeln, sähe man nicht auch hier, dafs die 
Nationen nur dann altern und sterben, wenn sie vorher sich 
selbst zugrunde gerichtet haben. So hat Polen geendet, 
durch die eigenen Sünden aufserstande , den geharnischten 
Nachbarn zu widerstehen." 



Der Untergang Polens brachte Preufsen zu den durch 
die zweite Teilung erlangten Gebieten noch hinzu den übrigen 
Teil der Wojwodschaft Rawa, das Herzogtum Masowien 
links der Weichsel, die Wojwodschaft Podlachien auf der 
rechten Seite des Bug, die litauischen Wojwodschaften Plock 
und Samogitien auf der linken Seite der Memel und einen 
Teil der Wojwodschaft Krakau. Bei der Neueinteilung 
dieser durch die beiden letzten Teilungen angefallenen Land- 
schaften erhielten nun die zwischen der Weichsel, Galizien, 
Schlesien, der Neumark und Westpreufsen liegenden Ge- 
biete den durch Vergangenheit und geschichtliche Erinne- 
rungen keineswegs gerechtfertigten Namen Südpreufsen, die 
zwischen der Weichsel, dem Bug, der Memel und Ost- und 
Westpreulsen belegenen die Bezeichnung Neuostpreufsen, die 
Krakauischen endlich den Namen Neuschlesien. 



168 Fünftes Bach. 

Es waren schöne, warme, aus yäterlichem Herzen stam- 
mende Worte König Friedrich Wilhehns 11., mit denen er 
seine neuen Unterd^anen begrüfste: ;,Es soll meine erste 
und Hauptsorgfalt darauf gerichtet sein, die Ruhe und Glück- 
seUgkeit meiner neuacquirierten Provinzen imd Unterthanen 
zu befördern und zu sichern, einem jeden ohne allen Unter- 
schied des Standes Sicherheit seiner Person und seines 
Eigentumes und völlige Gewissensfreiheit zu gewähren. Hier- 
zu trägt aber gerade hier, wo die Willkür bisher geherrscht 
hat, am meisten bei die Verwaltung der Gerechtigkeit und 
der Grund einer ebenso unparteiischen als kurzen imd wohl- 
feilen Rechtspflege, die Beförderung wahrer GottesAircht und 
SittUchkeit bei allen Ständen und insonderheit die Aufsicht 
und Sorgfalt .für die Erziehung und den Unterricht der Ju- 
gend und somit die Au&icht auf die Kirchen und Schulen.^^ 
Daher erklärt der König, es solle diese Provinz ganz auf 
dieselben Einrichtungen wie die übrigen Provinzen organi- 
siert und verwaltet werden. 

Die nächste Frage von prinzipieller Bedeutung war die : 
sollte Südpreufsen wie Schlesien eine besondere Stellung er- 
halten, oder wie Westpreufsen dem Generaldirektorium unter- 
geordnet werden? Der Grofskanzler Carmer warnte in einem 
Schreiben an das letztere mit Recht davor, hier abermals 
eine Trennung vorzunehmen, die Einheit des Staates noch 
mehr zu unterbrechen. Seine Ansicht drang denn auch bei 
dem Könige durch, nur das erkannte der Staatsrat mit Recht 
an, dafs die Neueinrichtung und Assimilierung der Provinz 
nicht durch eine entfernte, schwerfällige und sachunkundige 
Behörde vorgenommen werden dürfe, dafs also hier ein Über- 
gangsstadium eintreten müsse. Südpreufsen erhielt demnach 
grundsätzlich nicht die gesonderte Stellung von Schlesien, 
sondern wurde, wie die alten Provinzen, dem Generaldirek- 
torium unterstellt, nur einstweilen sollte die Provinz so lange 
selbständig verwaltet werden, bis ihre administrative Ein* 
richtung beendigt sei. Im Mai 1793 fand in Posen zwi- 
schen den Ministern Hoym, Struensee, Vofs und dem Ober- 
präsidenten von Ostpreufsen, SchrÖtter, eine Beratung darüber 
statt. Auf Grund derselben wurde Südpreufsen in zwei 
KAmmerdepartements mit den Hauptorten Posen und Petri- 
kau geteilt In jedem der beiden Orte wurde auch eine 
Regierung, d. h. ein Appellhof gebildet. Indes wurden die 
Befiignisse zwischen den Verwaltungs- und Justizbehörden 
auf eigentümliche, von der im übrigen Preufsen abweichen- 
den ^t verteilt, und zwar so, dafs den ersteren, den Kam- 
mern, auf Kosten der Gerichte die gröfsere und entschei- 



Organisation der Verwaltungs- und Gerichtsbehörden. 169 

dendere Gewalt gegeben wurde. Den Kammern wurde die 
Oberaufsicht über die katholische Geistlichkeit und das ka- 
tholische Schulwesen; die Landeshoheits- und Begaliensachen 
samt der Gerichtsbarkeit in allen Staatsvergehen, die Landes- 
polizei und Zensur ; endlich die Berufung und Anstellung 
der Pfarrer und Lehrer königlichen Patronats zugeteilt. Die 
Absicht war offenbar^ in dem soeben erst gewonnenen Lande 
die kirchliche und Schulorganisation strammer und einheit- 
licher durchzuföhren, die zahlreichen unzuverlässigen oder 
gar mifsvergnügten Elemente strenger niederzuhalten , als 
dies mittelst der umständlicheren^ unabhängigeren und skru- 
pulöseren Gerichtsbehörden hätte geschehen können. Auch 
sollten die letzteren nicht die ausschliefsliche Ausübung der 
Gerichtsbarkeit in Zivil- imd Kriminalsachen haben^ sondern 
bestimmte Fälle den Kammern vorbehalten bleiben. Für 
diese wurden eigene Kammerjustizdeputationen bestellt^ denen 
die Domänenjustizämter als Untergerichte unterstellt wurden. 
Zur Kompetenz derselben gehörte insbesondere die Gerichts- 
barkeit über die königlichen Domänenamtsunterthanen in 
erster Instanz. Die Regierungen handhabten die Gerichts- 
barkeit erster Instanz über alle Eximierte (Adel, Geistlich- 
keit; Militärpersonen; königliche Beamte; Kommunen und 
Korporationen), die freiwillige Gerichtsbarkeit in Testaments-, 
Kontrakts- und anderen Sachen und die Führung der Hy- 
pothekenbücher. Mit den Begierungen wurden verbunden: 
das Pupillenkollegium für die Pupillarsachen der eximierten 
Personen und das Kriminalkollegium. Das Posener Krimi- 
nalkollegium bestand aus dem Vizepräsidenten der Regierung, 
fünf Regierungs- und fünf Kriminalräten. Bei jeder Regie- 
rung befanden sich zwei Kassen: die Depositen- und die 
Salarien- und Sportelkasse. Unterbehörden der Regierung 
waren die KreisjustizkommissioneU; die aus einem Kreis- 
justizrat, einem Assessor, einem Dolmetscher u. s. w. be- 
standen. Die Kreisjustizräte nahmen die Klagen auf und 
instruierten die Prozesse, deren Klagobjekt einen Wert von 
25 Thaleni nicht überstieg. Ferner hatten sie die Pupillar- 
sachen zu bearbeiten und in Sachen der peinlichen und frei- 
willigen Gerichtsbarkeit die vorbereitenden Handlungen vor- 
zunehmen, sie galten mit einem Worte als Delegierte der 
Regierung mit eng beschränkter Vollmacht. Im Posener 
Departement gab es acht solcher Gerichtskommissionen, wie 
wir heutzutage sagen würden. Behufs krimineller und fis- 
kalischer Untersuchungen wurden sodann sogenannte Inqui- 
sitoriate eingerichtet, die aus einem Inquisitor publicus, einem 
Assessor u. s. w. bestanden und an welche alle Untersuchun- 



170 Fünftes Buch. 

gen verwiesen wurden. Sie erkannten nicht selbst, sondern 
schickten die spruchreif instruierten Akten an die Regierung 
ein, wo dann das Kriminalkollegium das Urteil sprach. 
Femer gab es neun Justizmagistrate in den Immediatstädten, 
die die Gerichtsbarkeit in eigenem Namen handhabten, je- 
doch unter Aufsicht der Regierung standen. Dem Adel und 
den Gutsbesitzern blieb die Patrimonialgerichtsbarkeit, zu 
deren Ausübung ein Nachweis juristischer Fähigkeit, nicht 
aber der einer bestandenen Prüfung gehörte; andernfalls 
hatten sie einen Justitiar zu stellen. Später wurde bestimmt, 
dafs auch Landeseingeborene, Laien, zu der Justizverwal- 
tung zugezogen werden mufsten. Man wollte dem polnischen 
Adel Gelegenheit geben, von dem Geschäftsgang bei den 
Gerichten im allgemeinen Kenntnis zu nehmen. An jeder 
der südpreufsischen Regierungen wurden drei Männer aus 
dem Adel und der höheren Geistlichkeit als Ehrenmitglieder 
bestellt. Bei der Wahl derselben wurde nicht einmal die 
Kenntnis der deutschen Sprache als notwendiges Erfordernis 
angesehen. Die Ehrenmitgliedschaft sollte auf fünf Jahre 
Giütigkeit haben, konnte aber auch verlängert werden. Die 
erste Ernennung ging vom König aus, die spätere sollte 
dem Adel des betrefFenden Departements vorbehalten sein. 
Die Befugnisse dieser Ehrenmitglieder, deren Stelle zunächst 
dem zweiten Präsidenten angewiesen war, bestanden darin, 
dafs sie den Sessionen beiwohnen durften. Auf ihre Stimme 
mufste, sobald es sich um polnische Rechte und Verfassung 
handelte, ganz besonders Rücksicht genommen werden. Auch 
bei den Kreisjustizkommissionen wurde ein polnischer Edel- 
mann als Mitglied zugezogen; derselbe hatte besonders da- 
rauf zu achten, dafs die Übersetzungen richtig abgefafst 
wurden; bei Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit 
konnte dieser Laie selbst nur unter Mitwirkung des Ak- 
tuars selbständig wirken. Auch hatte er die Aufsicht über 
die Grodarchive, aus denen er Auszüge und Übersetzungen 
veranstalten durfte. Junge polnische Edelleute konnten ohne 
Examen als Auskultatoren bei den Kollegien eintreten. 

Inbetreff der Gerichtssprache wurde zunächst verlangt, 
dafs lediglich die deutsche Sprache mafsgebend sein soUe. 
Aber schon bei dem „Publikandum wegen einiger bei der 
Verwaltung der Justiz in Südpreufsen zum Besten der 
Landeseinwohner getroffenen Verwaltungen*' war man darauf 
bedacht, die ,, Landessprache '* namentlich bei richterlichen 
Verordnungen wieder mehr zur Geltung zu bringen; die 
Regierung selbst fand dieses Begehren als einen „sehr ge- 
rechten und billigen Wunsch". 



Verwendung der Starosteigüter. 171 

Unter den Kriegs- und Domänenkammern standen die 
Landratsämter, die steuerrätlichen Inspektionen ^ die Polizei- 
magistrate, die Intendanturen (später Domänenämter) und 
die Forstämter. Für die Verwaltung des Salzmonopols, das 
zum Bessert der Seehandlungsgesellschaft in Berlin gehörte, 
bestand die Provinzialsalzdirektion zu Thorn; in Posen war 
ein besonderer Oberinspektor. Unter der Direktion standen 
die Faktoreien. 

Als eine der schwierigsten Aufgaben für die Regierung 
erwies sich die Frage wegen des ferneren Schicksals der 
Staatsländereien (Starosteien) und kirchlichen Güter. Die 
Starosteigüter waren nicht etwa an den Meistbietenden ver- 
pachtet, sondern den Starosten zur Nutzniefsung überlassen 
unter der Verpflichtung, die Güter in gutem Stande zu er- 
halten, wovon sich periodisch die Lustrationskommissionen 
überzeugten. Seit Sigismund August mufsten sie den vierten 
Teil ihrer Einkünfte, die sogenannte Quart, an den Staats- 
schatz abfuhren; nach Abzug derselben aber mufs ihnen 
immer noch ein recht erhebliches Einkommen übrig ge- 
blieben sein. Dasselbe setzte sich zusammen aus den Na- 
tural- und Gelderträgen der administrierten oder verpachteten 
königlichen Vorwerke, deren es in jeder Starostei eine er- 
hebliche Zahl gab, aus dem Zins und den Naturallieferungcn 
der Bauern in den königlichen Dörfern, der Mühlen und 
Krüge daselbst und der vielen und grofsen Seen, auf denen 
immer nur die Sommerfischerei anderen erlaubt war, während 
die Eisfischerei mit dem grofsen Netz von den Starosten 
selbst ausgeübt ward. Die Wälder dagegen, welche be- 
deutend ausgedehnter waren als jetzt, lieferten nur einen 
geringen Ertrag, da das Holz nur sehr wenig Wert hatte 
und eine Menge Servituten, die die Starosten mit freigebiger 
Hand ausgeteilt hatten, darauf ruhten. Ansehnlich aber müs- 
sen wiederum die Einkünfte aus dem Betrieb der Brauereien 
und Brennereien gewesen sein, deren es bei jedem Starosten- 
sitz gab. Alle Krüge mufsten ihren Bedarf aus diesen ent- 
nehmen und durften keine anderen Getränke ausschänken. 

Ein bald nach der Besitzergreifung erlassenes königliches 
Patent bestimmt, dafs den rechtmäfsigen Besitzern der un- 
gestörte Niefsbrauch derselben, je nachdem er ihnen auf 
Lebenszeit oder auf gewisse, diese Zeit nicht überschreitende 
Jahre verliehen sei, zugesichert werde. Unterm 26. Februar 
1794 wurde dieses Patent erneuert mit der ausdrücklichen 
Bestimmung, dafs nur derjenige beliehen werden solle, wel- 
cher zur Zeit der Occupation von Südpreufsen sich im regel- 
mäfsigen Besitz seines Gutes befunden habe. Diese Beleihung 



172 Fünftes Bach. 

gelte nur für seine Person; bei seinem Ableben falle das 
Gut der Domänenverwaltung zu. Es folgt dann die Be- 
stimmun^; dafs ohne Genehmigung der königlichen Behörden 
kein Teil der Staatsgüter verpachtet oder weiter verliehen, 
auch kein Verwalter angestellt werden dürfe; die Nutzniefser 
sollten jenen ihre Wirtschaftsregister vorzeigen^ von denselben 
sich Bauten und Meliorationen auferlegen lassen. Weiter 
wurde ihnen befohlen, keinen Bauernhof einzuziehen, viel- 
mehr die wüsten Stellen zu besetzen, die Unterthanen milde 
zu behandeln und nicht mit neuen Diensten zu beschweren, 
für ordentliche Polizei und Justiz zu sorgen. Zur Wahr- 
nehmung dieses staatlichen Aufsichtsrechts wurden königliche 
Kommissare mit dem Charakter von Kammerräten verordnet 
Schon vorher hatte der König in einer an den Kammer- 
direktor V. Grabe gerichteten Kabinettsordre vom 11. Ok- 
tober 1793 das unwirtschaftliche Verhalten einiger Starosten, 
insbesondere aber die Verwüstung der Forsten gerügt ; letz- 
tere sollten bei fernerem Mifsbrauch den Besitzern abge- 
nommen und in Administration gesetzt werden. Zunehmend 
richtet sich nun das Augenmerk des Königs auf die mifs- 
bräuchliche Art der Benutzung der Starosteien. Es soll 
derselben, wie eine Kabinettsordre vom 15. Februar 1794 
eröffnet, „eine bestimmte Grenze gesetzt und ein dahin ab- 
zielendes Patent erlassen werden.// Weiter kommt dieser 
Erlafs auf die Bestimmung wegen XJberganges der Starosteien 
an den Staat nach Ableben der jetzigen Besitzer zurück. 
In dieser Beziehung findet es der König weder ratsam noch 
nötig, sich mit den Erben der jetzigen Besitzer wegen an- 
geblich bezahlter Kaufgelder oder sonstiger Ansprüche ein- 
zulassen, indem die Starosteien eben nur zum lebensläng- 
lichen Gebrauch hätten verliehen werden können, folglich 
der Gerechtigkeit ein Genüge geschehe, wenn die Zeit dieses 
Genusses nicht verkürzt werde. Diese Beschränkungen be- 
liefsen immerhin die Starosten in ihrem bisherigen Besitz, 
wie denn auch die Besteuerung unverändert blieb. 

Ein ähnliches Verfahren wurde gegen die Kirchengüter 
eingehalten. In dem Abtretungsvertrage hatte sich Preufsen 
die freie Disposition über diejenigen innerhalb seiner Gren- 
zen liegenden Güter vorbehalten, welche bisher den bei Polen 
verbleibenden Stiftungen und Kirchen gehört hatten, je- 
doch die. Zusicherung gegeben, dafs sie allein zu kirchlichen 
Zwecken, insbesondere zur Entschädigung der Institute dienen 
sollten, die durch das der Republik gemachte, gleiche Zu- 
geständnis Einbufse an ihren Einkünften erlitten. Es blieb 
auch den Oberen die bisherige Verwaltung und freie Ver- 



Behandlung der geistlichen Grüter. t78 

Wendung, und obschon die zu polnischer Zeit von den Geist- 
lichen gezahlte Ofiara einer Erhöhung von 20 auf 50 Pro- 
zent unterlag, so ward doch weder die frühere Besteuerungs- 
weise , noch das alte sehr mäfsige Kataster geändert, und 
sollte der erhöhte Steuersatz nur diejenigen Institute und 
geistlichen Personen, welche mehr als 2000 Gulden Revenuen 
Dezögen, und selbst diese nur unter steuerfreier Belassung 
von 1800 Gulden treffen. Alle Korporationen und geist- 
lichen Personen, welche nur 500 Gulden Einkommen hatten, 
blieben steuerfrei und für die bis zu 2000 Gulden Ertrag, 
wie für die Fonds zu wohlthätigen Zwecken behielt man 
unter Freilassung von 500 Gulden, den bisher schon üblichen 
Satz von nur 10 Prozent bei. 

Trotz dieses milden Vorgehens der Regierung glaubte 
sich die kathoUsche Geistlichkeit, die es schon ungern er- 
trug, unter einer ketzerischen Regierung zu stehen, schwer 
beeinträchtigt, und half es dieser Stimmung gegenüber wenig, 
wenn der König die Einsetzung königlicher Kömmissare 
zur Beaufsichtigung der Wirtschaftsführung der geistlichen 
Besitzer zurückwies, um letztere nicht zu kränken. 

Nach Niederwerfung des Aufstands trat ein schärferes 
Verhalten ein : die Starosteien und geistlichen Güter wurden 
eingezogen. Dagegen erhielten die noch lebenden Starosten 
die Revenuen, welche sie bisher von diesen Starosteien recht- 
mäfsig genossen hatten. Diese Pensionen sollten durch Kom- 
missare ausgemittelt und künftig in Quartalraten an die In- 
haber der Starosteien bezahlt werden. Die geistlichen Güter 
sollten auf dem Fufs von Westpreufsen behandelt und den 
Geistlichen nach dem dortigen Grundsatz die Kompetenzen 
bezahlt werden. Die Tafelgüter, als der Krone eigentlich ge- 
hörige Grundstücke, wurden gleichfalls eingezogen und ganz 
als königliche Domänen behandelt und benutzt. Der König 
hatte diese Mafsnahme durch eine eigenhändige Verfügung 
angeordnet. Diese fuhrt aus, „das schlechte Betragen des 
südpreufsischen Adels sowohl als der Geistlichen erweise den 
Mifsbrauch, den man von seiner Güte gemacht habe. Er 
sei daher entschlossen, sowohl die Starosteien wie die geist- 
lichen Güter einzuziehen. Die sämtlichen Geistlichen seien, 
wie in Westpreufsen, auf Kompetenzgelder zu setzen, die 
Besitzungen der Rebellen aber seien gänzlich zu konfiszieren 
und letztere zum Teil seinen wohlverdienten Offizieren zum 
Eigentum zu geben.'' 

Es entwickelten sich nun verhängnisvolle Zustände. Nach- 
dem sowohl der Minister von Vofs wie der Ostpreufse von Bug- 
genhagen ihrer Stellimg in Südpreufsen enthoben waren, wurde 



174 Fünftes Buch. 

der Minister von Hoym zum dirigierenden Minister fiir Süd- 

Ereufsen ernannt. In seiner Vorliebe für Adel und Geist- 
chkeit widersetzte sich dieser der Einziehung mit allen 
Kräften, indem er vorgab, die Güter befanden sich in einem 
Zustande, der anstatt zu Einkünften nur zu Ausgaben führen 
könne. Wenigstens müsse aus den eingezogenen Gütern 
der hohen die so arme niedere Geistlichkeit unterstützt 
werden, die Kompetenzen der Geistlichen mit dem zunehmen- 
den Ertrage der Güter steigen und endlich, wie früher in 
Westpreufsen, den Prälaten und Klöstern einiger Landbesitz 
als Kirchengut verbleiben. Der König nahm jedoch auf 
diese Einreden keine Bücksicht. Nur darin wurde Hoym 
nachgegeben, dals die kleinen Dienstländereien der mit der 
Seelsorge beschäftigten Pfarrer von der Einziehung ausge- 
schlossen bleiben sollten. Alle königlichen und geistlichen 
Besitzungen sollten verstaatlicht und auf die Weise der alt- 
ländischen Domänen verwaltet werden. Auszunehmen sind 
nur kleine Grundstücke mit Kolonisten und Pächtern, sowie 
vereinzelte Pfarr- und Kirchenäcker, die in ihrem bisherigen 
Verhältnis bleiben; abgesonderte Vorwerke, die sich nicht 
mit Vorteil in ein Domänenamt verwandeln lassen, sind auf 
Erbpacht auszuthun. Von dem sorgfä.ltig ermittelten Ertrage 
der Güter sollen zunächst abgezogen werden die landesherr- 
lichen Abgaben, die bei den geistlichen Gütern die volle 
Hälfte, bei den adeligen 24 Prozent des Ertrages ausmachen; 
dann die Administrationskosten, endlich die zu 5 Prozent 
berechneten Zinsen der auf sie zur Wiederherstellung der 
Gebäude und Beschaffung des Inventars verwendeten Vor- 
schüsse. Was dann noch übrig bleibt — bei den geistlichen 
Gütern durchschnittlich 35, hei den adeligen 61 Prozent des 
Reinertrags — sollte den bisherigen Inhabern als Kompetenz 
ausgezahlt werden. Auf den geistlichen Gütern hatte die 
letztere auf immer zu haften, während dieselbe von den 
starosteilichen Gütern nur bis zum Tode der gegenwärtigen 
Inhaber zu zahlen war. Die einmal ermittelte Kompetenz 
blieb unveränderlich, sollte also bei steigendem Ertrage der 
neuen Bewirtschaftung nicht zunehmen; nur wenn die Preise 
der Produkte selbst höher würden, würde auch die Kompe- 
tenz um ebensoviel vermehrt werden. Am 1. Juli 1796 
sollte die.Einziehung beginnen und zwar durch Kommissionen, 
die aus Ökonomie- und Rechtsverständigen zusammenzusetzen 
seien ; zur Entscheidung streitiger Ansprüche ward für jede 
der beiden Provinzen eine Hauptkonunission ernannt. 

Es war ein verhängnisvoller Fehler der Regierung, mit 
der Ausführung des Gesetzes einen Mann zu betrauen, der 



Einziehung der Starostei- und geistlichen Güter. 175 

ein erklärter Gegner desselben war und sein Zustandekom- 
men mit allen Kräften zu verhindern gesucht hatte. Hoym 
hörte nicht auf, dem Könige die Wichtigkeit der Gründe 
auseinanderzusetzen, die angeblich der Einziehung der sta- 
rosteilichen und geistlichen Güter entgegenstanden. Anfangs 
.blieb Friedrich Wilhelm II. fest bei seiner Meinung: „Sie 
haben ihren Eid gebrochen " — verfugte er — „ ergo nehme 
mein Wort zurück". Indessen^ Hoym wufste, dafs der Mo- 
narch wiederholtem Andringen schliefslich aus Überdrufs 
stets wich, wenn man es nur vermied, ihm geradenwegs zu 
widersprechen. Wirklich setzte er es durch, dafs der König 
durch Kabinettsordre vom 7. Juli 1796 eine ganze Reihe 
von Zugeständnissen machte. Sofort sollten nur diejenigen 
Güter eingezogen werden, deren Besitzer sich aufser Landes 
befanden, treue und patriotische Starosten überhaupt so 
lange die Güter behalten, bis sie für ihr anderweitiges Un- 
terkommen gesorgt hätten, also thatsächUch wohl lebensläng- 
lich, die Seelsorger, wegen ihres Einflusses auf das Volk, 
ihre liegenden Güter überhaupt und jedes Kloster wenig- 
stens ein Vorwerk zur Beschaffung des Naturalunterhaltes 
sich bewahren. In der That ging Hoym noch über den 
königlichen Befehl hinaus, indem fast nur die Güter geflüch- 
teter oder verstorbener Starosten eingezogen wurden. Und 
auch so ging die Einziehung nur langsam vorwärts, bis eine 
scharfe Verfügung Schrötters die Domänenkammem aus ihrer 
Saumseligkeit aufspomte. Im Sommer 1797 konnte die 
Einziehung und Weiterverpachtung der Güter als abge- 
schlossen betrachtet werden. Ausländer wurden zu den 
Pachtungen nicht zugelassen, die Güterkomplexe selbst so 
viel wie möglich zerschlagen. Dies wäre gewifs in wirt- 
schafdicher und sozialer Beziehung zu billigen gewesen, 
wenn diese polnischen Provinzen bereits eines intensiven 
Anbaues sich erfreut hätten oder doch tüchtige Pächter 
herangebracht worden wären. Indes, das Gegenteil war der 
Fall. Die durchaus liederliche Weise der Bewirtschaftung 
hätte die Gewinnung erfahrener und vermögender deutscher 
Qrofspächter — nach dem bewährten altländischen System — 
erfordert. Anstatt dessen zog man es vor, die Güter in 
kleinen Parzellen an die trägen, unordentUchen, unwissen- 
den kleinen polnischen Edelleute zu verpachten, von denen 
freilich weder eine Hebung des Ackerbaues und der Vieh- 
zucht, noch ein steigender Pachtertrag für den Staat zu er- 
warten stand. Schon der Ausschlufs jeder ernsthaften Kon- 
kurrenz mufste die Pachtgelder sehr niedrig halten. 

Die Domänen wurden zuerst in Intendanturen und diese 



176 Fünftes Bach. 

wieder in Domänenpachtungen eingeteilt. Jede Intendantur 
hatte einen Intendanten, der jedoch nicht der Pächter, son- 
dern vielmehr die Aufsichtsbehörde desselben war. Die In- 
tendanten hatten die Anschläge zu machen und zu revi- 
dieren. Jede Intendantur hatte ihren Justizbeamten, dem 
die Gerichtspflege über die Gerichtsinsassen der Domänen 
übertragen war. Im Jahre 1801 wurden die Intendanturen 
in Domänenämter umgewandelt, meist so, dafs aus einer In- 
tendantur mehrere Domänenämter gemacht wurden. So 
wurden im Posenschen Departement aus 14 aufgehobenen 
Intendanturen 37 Domänenämter gebildet. 

Noch weniger einträglich als die Domänenämter erwiesen 
sich die Forsten. Das neuacquirierte Gebiet hatte keinen 
Überflufs an Waldungen. Besonders war das Posensche 
Departement verhältnismäfsig holzarm, da es hier nur wenige 
flöfsbare Flüsse gab — selbst die Warthe war zu polnischer 
Zeit nur auf einer kurzen Strecke flöfsbar — und die wirt- 
schaftliche Verwendung des Holzes eine äufserst gering ent- 
wickelte war. Meist wurde Pottasche aus dem Holze ge- 
brannt und diese nach Danzig verfuhrt. Gegen die Ent- 
richtung einer kleinen Gebühr erhielten die Bauern von 
ihren Grundherrschaften die Erlaubnis, zu roden soviel sie 
wollten, oder sie thaten es ohne Erlaubnis, da die Wal- 
dungen wenig beaufsichtigt waren. Auch konnte die Grund- 
herrschaft den Bauern das gerodete Land jederzeit wieder 
wegnehmen. Fanden sich sogenannte Hauländer ein, so 
wurde ihnen ein Teil des Waldes angewiesen, den sie ro- 
deten und auf dem sie sich ansässig machten. Gewöhnlich 
wählten diese die besten Stellen und brannten oder rodeten, 
so viel sie konnten, um Acker und Wiesen zu erhalten. 
Das beste Holz wiu'de zum Bau der Wirtschaftsgebäude 
verwendet, das übrige aber verbrannt, oder es verfaulte, 
wenn sich nicht Gelegenheit fand, es in der nächsten Stadt 
zu verkaufen. Oft hatten diese Hauländer gar keine Kon- 
trakte, oder es war doch in diesen der Ort, wo sie roden, 
die Strecke, die sie urbar machen, und die zu entrichtenden 
Abgaben nicht genau bestimmt; es kam daher später häufig 
zu Streitigkeiten zwischen den Hauländern und den Grund- 
herrschaften, infolge deren die ersteren ihre Besitzungen ver- 
liefsen, um anderswo von neuem zu roden und niederzu- 
brennen, bis sie auch von da wieder vertrieben wurden. 
Eine dem Waldbestand höchst schädliche Manipulation dieser 
Hauländer bestand darin, dafs sie, wenn sie einen Wald- 
distrikt roden wollten, die gi'öfsten und schönsten Bäume rund- 
um einkerbten, damit sie absterben und auf dem Stamm 



Verwaltung der Porsten. 17T 

Terfanlen soUten. Noch Jahrzehnte später fand man des* 
halb unzählig viele abgestorbene und verfaulte Bäume, ohne 
dafs die Gegend gerodet worden wäre, weil die Hauländer 
darüber ermüdet weggezogen oder vertrieben worden waren. 
Aber auch um Hütung für das Vieh zu erhalten oder auch 
durch Unvorsichtigkeit der Hirten wurde eine Menge Wäl- 
der ein Raub der Flammen. Am sichtbarsten war diese 
Waldverwüstung bei den adeUgen Forsten, besser stand es 
mit den Forsten der Geistlichkeit; die ihren Besitzungen 
überhaupt zu allen Zeiten eine grölsere wirtschaftliche Für- 
sorge zugewendet hat. 

Für die Verwaltung der überkommenen Forsten wurden 
nun im Posener Departement 18 Forstämter errichtet, von 
denen 9 durch Oberförster und 9 durch Hegemeister ver- 
waltet wurden. Zur Verbesserung der Forsten selbst wur- 
den diese vorerst in bestimmte Forstreviere eingeteilt, ver- 
messen und in Schläge eingeteilt, die Holz Verwüstungen 
bei schwerer körperlicher Strafe durch allgemeine Landes- 
gesetze imtersagt, die Forstberechtigungen untersucht und 
bestimmt, Schonungen angelegt u. s. w. Nach 10 Jahren 
betrugen die Schonungen im Posener Departement bereits 
gegen 10000 Morgen, die jungen Aufschläge über 40000 
Morgen. 

In einer Kabinettsordre vom 17. Februar 1793 sagt der 
König, man werde bald das Mifsverhältnis der Bevölkerung 
der Provinz mit der Güte des Bodens und die unordent- 
liche und fehlerhafte Bewirtschaftung sowohl der gröfseren 
wie der kleineren Güter einsehen. Nun erweise sich zur 
Verbesserung der Landwirtschaft nichts so wirksam wie 
gute Beispiele. Er habe daher den Entschlufs gefafst, in 
den wirtschaftlich am meisten zurückgebliebenen Distrikten 
hin und wieder einen Starosten abzufinden oder ein Land- 
gut anzukaufen und solche durch gute Wirte gehörig ein- 
richten und bewirtschaften zu lassen. Für diesen Zweck 
«eilten tüchtige fremde Wirte herangezogen werden. Durch 
-eine Ordre vom 13. Juni 1794 wird ein von dem Minister 
von Vofs vorgeschlagener Plan genehmigt, nach welchem 
denjenigen, welche das südpreufsische Inkolat erwerben, die 
Bedingung gemacht werden soll, auf den von ihnen erwor- 
benen Gütern eine Anzahl fremder Familien anzusetzen: so 
2war, dafs für jede 2300 Thaler des Wertes des Besitzes 
das Etablissement je einer Familie zu bewirken sei. Ein 
weiterer Plan fafst ins Auge, auf den Dominialvorwerken 
Bauerngüter einzurichten und diese mit Kolonisten zu be- 
setzen. Die . vorgenannte Verfugung von 1793 fuhrt im 

Meyer, Oescbichte Posens. 12 



178 Fünftes Buch. 

einzelnen aus, dafs auf die Vermehrung der Bevölkerung 
in Südpreufsen vorzügliches Augenmerk zu richten sei. Neben 
Ackerbauern für das flache Land seien auch Fabrikanten, 
Handwerker und Arbeiter heranzuziehen. Aber es fehlte 
für die Ausführung dieser Anordnung neben der unmittel- , 
baren persönlichen Bethätigung die Nachdrücklichkeit des 
königlichen Willens und die wachsame Kontrolle der Aus- 
föhrung. Und hier verfolgten die Beamten, welchen an Ort 
und Stelle die Sorge für das Aufblühen der neuen Landes- 
teile anvertraut war, teils andere Wege als die vom König 
gewollten, oder sie führten das Angeordnete nur mangelhaft 
aus. Gegen die Kolonieen war insbesondere Minister von 
Vofs eingenommen, wenn auch hierbei weniger von eigener 
Einsicht als von der Meinung einiger seiner Bäte ausgehend. 
Unter den gegen die Kolonieen geltend gemachten Gründen 
zählt auch der: das Land sei zu verwahrlost für fremde 
Kolonisten und Altpreufsen könne keine überschüssigen Kräfte 
abgeben. 

Trotzdem waren nach Holsches Angaben bis zum Ende 
des Jahres 1800 11 Kolonistenetablissements eingerichtet und 
darin 109 grofse Acker wirte mit iVj und 2 Hufen Landes 
angesetzt. Die neuen Kolonisten kamen zunächst aus Württem- 
berg. Aufser den Auszugsgeldern wurden ihnen Rodungs- 
gelder mit 2 — 6 Thalern für den Morgen, freie Wohn- und 
Wirtschaftsgebäude, eine drei bis sechsjährige Befreiung von 
der Kautionspflichtigkeit für sich und ihre mitgebrachten 
Söhne, die Hälfte des erforderlichen Feld-, Vieh- und Wirt- 
schaftsinventars, der erbliche Besitz ihrer Grundstücke und 
täglich zwei Groschen Jahrgelder pro Kopf, wenn sie ge- 
schäftslos wurden, bewilligt. Nach anderen Nachrichten sind 
bis 1806 381 Familien mit ungefähr 1700 Köpfen angesiedelt 
worden. Auch diese Angaben sind nicht völHg genau. Da» 
Richtige trifft wohl ein Hauptmann Rossard, der um das 
Jahr 1806 ein Manuskript über die Kolonistenverhältnisse 
abfafste, in welchem ausgerechnet wird, dafs in Südpreufsen 
bis dahin auf 51 439 Morgen 1111 Kolonistenfamilien an- 
gesetzt worden seien, also ca. 5500 Personen mit einem 
Kostenaufwand, was Meilengelder etc. beträfe, von 1180250 
Thaler. 

In engherzigerer Weise verfuhren Schrötter und Hoym 
in der neuostpreufsischen Ansiedelungsfrage. Nichts wäre 
angezeigter gewesen, als in das verödete und schlecht kul- 
tivierte Land tüchtige Ansiedler aus den alten Provinzen 
zu ziehen und dadurch nicht nur einen Stamm treuer und 
fleifsiger Unterthanen heranzubilden, sondern auch der ver- 



Ausetzung von Kolonisten. 179 

kommenen polnischen Landbevölkerung ein Muster und 
Vorbild einer guten Bodenbewirtschaftung vor Augen zu 
stellen. Wenn nach der ersten polnischen Teilung West- 
preufsen und der Netzedistrikt schon nach wenigen Jahr- 
zehnten aus einem menschenarmen und schlechtkultivierten 
zu einem wohlbevölkerten und ertragsreichen Lande umge- 
wandelt worden waren, so war dies in erster Reihe der 
unermüdlichen Sorgfalt des grofsen Königs für Heranziehung 
fleifsiger und geschickter Arbeitskräfte aus anderen wirt- 
schaftlich vorgeschritteneren Landschaften zu danken. Diesem 
Beispiel zu folgen, liefsen sich die südpreufsischen Gewalt- 
haber durch die kleinlichsten bureaukratischen Bücksichten 
hindern. Ja, sie thaten nicht nur nichts für die Heran- 
ziehung deutscher Kolonisten, sondern bereiteten auch noch 
den aus eigenem Antriebe Zuwandernden Schwierigkeiten 
und Hemmnisse aller Art. Am 10. März 1*796 berichtet 
Schrötter, dafs die ziemlich zahlreiche Einwanderung aus 
den alten Provinzen ihm die Besorgnis einflöfse, es möchten 
Mifsbräuche entstehen und die Regimentskantons in den 
alten Provinzen geschwächt werden. Wirklich wurde die 
Annahme neuer Ansiedler allen Behörden untersagt, wenn 
jene nicht eine Genehmigung Schrötters oder Hoyms vor- 
zuweisen hätten. Kantonpflichtige Leute wurden gar nicht 
angenommen, ebenso wenig inländische Bauern und Arbeiter. 
Handwerker liefs man eher zu, doch erhielten nur die aus- 
ländischen eine Geldunterstützung. Gegen Nichtpreufsen war 
man entgegenkommender, indem man ihnen wenigstens Frei- 
land gewährte. Es wanderte denn auch aus Süddeutschland, 
Mecklenburg, selbst Holland eine Menge Kolonisten und 
Handwerker in das polnische Preufsen ein. 

Eine wesentliche Verbesserung, oder richtiger gesagt, 
eine völlige Neubildung erfuhr das in dem ehemaligen Polen 
unbekannte Postwesen. Achtundzwanzig Kurse der Fahr- 
post und zahlreiche Botenposten wurden eingerichtet. Zur 
Leitung des gesamten Postwesens wurde in Warschau ein 
Oberpostamt errichtet. 

Die kirchlichen Zustände der neuerworbenen Gebiete 
waren weit verwickelter als diejenigen Westpreufsens zur 
Zeit seiner Einverleibung in den preufsischen Staat. Die 
ungeheure Mehrheit der Bevölkerung bekannte sich zu der 
römisch-katholischen Kirche und war ihr nicht allein mit 
Innigkeit, sondern mit wahrem Fanatismus ergeben. Die 
preufsischen Beamten, die ausschliefslich die aufgeklärten 
Katholiken der schlesischen Städte kannten,, trafen mit Ver- 
wunderung auf Zustände, die sie nur als im früheren Mittel- 

12* 



180 Fünftes Buch. 

alter möglich betrachtet hatten. Die Geistlichkeit, die un- 
bedingt die Gemüter lenkte, war ebenso abergläubisch und 
fast ebenso unwissend wie die Laien. Die höheren Geist- 
lichen, beinahe ausnahmslos Adelige, waren mit reicheii 
Gütern ausgestattet und teilten alle Anschauungen, Bestre* 
bungen und Sitten ihrer weltlichen Standesgenpssen. Der 
niedere Klerus, arm, roh, äufserst beschränkt, unterschied 
sich wenig von den Bauern. Deutschtum, Ketzertum und 
Unterdrückung schienen ihm völlig gleichbedeutend. Dazu 
kam eine zahlreiche Klostergeistlichkeit: in Südpreufsen allein 
gab es 109 Manns- und 23 Frauenklöster. Davon waren 
gerade die Orden zur Krankenpflege, wie an Zahl gering, 
80 an Mitteln überaus ärmlich ausgestattet Die einzige 
südpreufsische Niederlassung der barmherzigen Brüder in 
Lowicz zählte nur drei Mönche und hatte nur vier Elranken- 
betten! Um äo reicher waren die übrigen Klöster bedacht. 

Der Klerus stand unter dem Erzbistum Gnesen, den 
Bistümern Posen und Wloclawek, in Neuostpreufsen war 
nur ein einheimisches Bistum Plock, wäJirend der gröfste 
Teil der Provinz, 5 — 600 Quadratmeilen, zu den Diöcesen 
Bück, Wilna und Samogitien gehörte, von deren Bischöfen 
jetzt der erstere österreichischer, die beiden letzteren russische 
Unterthanen geworden waren. 

Zuvörderst mufste die preufsische Regierung die Ver- 
bindung des südpreufsischen Klerus mit dem päpstlichen 
Nuntius in Warschau lösen, da jedes Eingreifen einer frem- 
den Autorität ihren Absichten nur hinderlich sein konnte. 
Der preufsische Resident in Rom, Abbö Ciofani, beantragte 
daher, dafs die südpreufsischen Kathohken angewiesen wür- 
den, sich in ihren Anliegen bei dem heiligen Stuhl direkt 
an ihn zu wenden, und Vofs instruierte demgemäfs die 
OfEzialate, insofern ihre Angelegenheiten sich nicht schou 
in den Händen anderer Agenten beßlnden. Sodann stand 
für die preufsische Regierung sofort fest, dafs auch für die 
katholische Kirche „ in regula künftig die Landesgrenze auch 
die Diöcesan- und Pfarrgrenze sein müsse". Zunächst hatte 
sie mit der Zudringlichkeit des Bischofs von Ermland, Karl 
von Hohenzollem, zu kämpfen, der alles in Bewegung setzte, 
um eine Zunahme seiner Macht und zugleich seiner Ein- 
künfte zu erreichen. Er brachte vonseiten der katholischeQ 
Geistlichkeit in Preufsisch- Litauen eine Petition zustande, 
^lan möge sie seiner Diöcese einverleiben. Allein der preufsi- 
schen Regierung erschien bei der grofsen Ausdehnung des 
betreffenden Gebietes die Errichtung eines neuen Bistums 
durchaus notwendig und schlug sie dem Könige den Prä- 



Kirchliclie Zustände. 181 

laten von Karpowitz zum neuen Bischof und als Residenz 
desselben das mitten in der neu zu bildenden Diöcese lie- 
gende Kamaldulenserkloster Wygry vor. Die Regierung 
liefs sich in dieser Angelegenheit hauptsächlich von zwei 
Rücksichten leiten : einmal die Macht des hohen katholischen 
Klerus nicht zu stärken ^ anderseits , die neue Einrichtung 
für den Staat so wenig kostspielig wie möglich zu machen. 
In ersterer Beziehung wollte man den neuen Bischof nicht 
dem ohnehin herrschsüchtigen Erzbischof von Qnesen, son- 
dern direkt dem Papste unterstellen, auch sollte er nur den 
Titel von Wygry, nicht von einer Provinz führen. Seine 
Einkünfte wurden auf nur 3000 Thaler festgesetzt; die Mit- 
glieder seines Domkapitels empfingen als solche gar kein 
Gehalt und wurden aus der Reihe schon mit Pfründen aus- 
gestatteter Prälaten gewählt. Nach langen Mühen wurde 
im folgenden Jahre die päpstliche Bestätigung erlangt; die 
betreffenden Bullen gelangten wegen der kriegerischen Er- 
eignisse in Italien und des Todes des Papstes jedoch erst 
im Dezember 1799 in die Hände der preufsischen Re- 
gierung. 

Parochialeinrichtung,, und Stifts- wie Klosterverfassung 
erlitten überall keine Änderung, wie sehr auch die unver- 
hältnismäfsig grofse Zahl von Klöstern der verschiedensten 
Orden eine Minderung des Regularenstandes wünschen liefs. 
Nur die kirchliche Verwaltung und das eigentliche Diöcesan- 
regiment ward ähnlicher Beschränkung und Kontrolle wie 
in den übrigen katholischen Provinzen unterworfen. Be- 
sonders hervorgehoben zu werden verdient allein die inbetreff 
der geistlichen Gerichtsbarkeit unterm 25. August 1796 er- 
gangene Konstitution, welche unter wiederholter Anerkennung 
der kanonischen und anderer geistlicher Rechte teils das 
Verfahren vor diesen Gerichten, sowie deren koUegialische 
Organisation näher bestimmte und bald auf Neuostpreufsen, 
später auch mit geringen Modifikationen auf die westpreufsi- 
schen geistlichen Gerichte ausgedehnt, nebst einigen neueren 
Verordnungen über die Organisation der höheren geistlichen 
Instanzen und die Bildung von Prosynodalgerichten noch 
gegenwärtig die Grundlage dieses Teils der katholischen 
Kirchenverfassung bildet. Die kontente Gerichtsbarkeit ist 
zwar auf die rein geistlichen Sachen beschränkt, zu diesen 
sind aber, aufser den Ehe-, auch die Sponsaliensachen der 
Katholiken gezählt. Aufserdem ist den geistlichen Gerichten 
eine bestimmte Mitwirkung bei Siegelung und Regulierung 
von Nachlässen der Geistlichen zugestanden und in Über- 
einstimmung mit dem Landrecht die Befugnis zu Gefängnis- 



182 Fünftes Buch. 

und Geldstrafen den Kirchen^ und Elosteroberen eingeräumt. 
Die Besetzung der geistlichen Gerichte bleibt zwar den 
Bischöfen überlassen, aber es wird ihnen die Beiordnung 
eines weltlichen, zum Richteramte qualifizierten Justitiarius 
zur Pflicht gemacht, über dessen Rechte und Pflichten dann 
unterm 25. Januar 1804 ein besonderes Reskript erging. 

Die übrigen christlichen Konfessionen waren in dem neu- 
erworbenen Gebiete nur schwach vertreten. Die Griechisch- 
unierten hatten vier Klöster und 68 Pfarreien, deren Geist- 
liche sämtlich dem Basiliusorden angehörten. Bisher hatten 
dieselben teils unter dem Metropoliten Rostocki, teils unter 
dem Bischof von Brzesc Litewski gestanden. Da der erstere 
jetzt in Petersburg interniert war und der letztere gleich- 
falls in russischem Gebiete residierte, die Abhängigkeit 
preufsischer Unterthanen von auswärtigen Oberen aber der 
Regierung mifslich erschien, so wurde zu Kloster Suprasl 
ein eigenes neues Bistum errichtet und der dortige Abt 
Wislocki zum Bischof ernannt. Die griechisch -nichtunierte 
Kirche zählte nur sehr wenige Anhänger: in Südpreufsen 
313 unter einem Dekan in Posen; in Neuostpreufsen etwa 
1000 mit zwei kleinen Klöstern. Auch hier hob die preufsi- 
sche Regierung den bisherigen Zusammenhang mit dem 
Archimandriten zu Sluck in Russisch-Polen auf. Für die 
Lutheraner in Südpreufsen, welche 91 Kirchen besafsen, 
wurde eine Synode und ein Konsistorium eingerichtet. In 
Neuostpreufsen fanden sich nur wenige lutherische und nur 
drei reformierte Erchen vor; für diese wurde in Bialystock 
und Plock je eine Deputation zur Wahrung der Kirchen- 
und Schulangelegenheiten mit Beisitzern aus beiden Bekennt- 
nissen ins Leben gerufen. 

Die Zahl der böhmischen Kirchen und Gemeinden, die 
in der Blütezeit derselben 60 betragen hatte, war auf 11 
herabgesunken, ihr Gesamtvermögen so zusammengeschmol- 
zen, dafs von den Zinsen kaum die notdürftigsten Ausgaben 
bestritten werden konnten. In Lafswitz hatte der Prediger 
eine jährliche Bareinnahme von 48 Thalern, aber da die 
Gemeinde arm war, ging von dieser Summe nur ein kleiner 
Teil ein; der Schullehrer derselben Gemeinde hatte nur ein 
Einkommen von etwa 26 Thalern. In Thorn und Wola 
war kein Prediger mehr; in Warschau war einst eine blü- 
hende Gemeinde gewesen, die ihrem Prediger 800 Thaler 
Gehalt zahlen konnte, die eine eigene Kirche, Schule, Kran- 
kenanstalt und ein Predigerhaus besafs. AU' das war ein- 
gegangen. Die Gemeinde in Posen hatte früher zwei Kirchen 
und fünf dazu gehörige Gebäude besessen, jetzt war schon 



Verbesserung der Schulen. 183 

längere Zeit kein Prediger mehr vorhanden, die Gebäude 
waren der Gemeinde durch die Jesuitenschüler zerstört wor- 
den, sie mufsten sich mit einem gemieteten Betsaal begnügen. 
Der Mittelpunkt der böhmischen Gemeinden war Lissa, hier 
hatte das CoUegium seniorale seinen Sitz, das aus zwei 
adeligen und drei geistlichen Beisitzern bestand. Neben 
diesen fungierte die Synode, die sich aus den Generalsenioren, 
aus sämtlichen Predigern sowie den Abgeordneten der ein- 
zelnen Gemeinden zusammensetzte. In Lissa befand sich 
auch das Gymnasium provinciale, die einzige protestantische 
Lehranstalt dieser Art in Südpreufsen. Im übrigen waren 
die gemeindlichen Einrichtungen dem Muster der Brüder- 
unität nachgebildet. August 1796 erschien ein „Reglement 
wegen künftiger Verfassung der evangeÜsch - reformierten 
Eirchenangelegenheiten in Südpreufsen^^, das im allgemeinen 
die bisherige Verfassung der böhmischen Gemeinden unan- 
getastet hefs, nur dafs dieselben der Aufsicht des Konsisto- 
riums in Posen und in letzter Instanz der des reformierten 
geistlichen Departements in Berlin unterstellt wurden. 

Für Schulzwecke bestand in Südpreufsen ein besonderer 
Fond, nämlich die vormaligen Jesuitengüter, die jährlich 
30,000 Thaler abwarfen. Anstatt nun diese Rente aus- 
schhefslich für das tiefgesunkene Schulwesen der Provinz zu 
verwenden, gab man davon zunächst 5000 Thaler an die 
Universitäten Königsberg, Frankfurt und Halle zur Abhal- 
tung lateinischer Lektionen für süd- und neuostpreufsische 
Studierende. Sodann forderte das südpreufsische Konsistorium 
einen Beitrag zur Errichtung eines Lehrerseminars, zur Um- 
wandlung der Schulen in Fraustadt und Bojanowo in Gym- 
nasien und zur Gründung neuer evangelischer Schulen. 
Hoym, der Nachfolger von Vofs in der Leitung Südpreufsens, 
widersetzte sich diesem Antrage unter Hinweis auf den rein 
katholischen Charakter des Jesuitenfonds, drang jedoch da- 
mit nicht durch. Unterm 3. Mai 1797 wurde eine süd- 
preufsische Edukationskommission in Warschau ins Leben 
gerufen, bestehend aus einem Direktor, zwei Räten der dor- 
tigen Kammer und drei praktischen Schulmännern, welche 
unter Hoyms Oberaufsicht den Lehrplan sämtlicher süd- 
preufsischer Schulanstalten ordnen, die Lehrerprüfung vor- 
nehmen und eudlich die äufseren Angelegenheiten der aus 
dem Jesuitenfond unterstützten Schulen verwalten soUte. Ver- 
breitung der deutschen Sprache, Trennung der bürgerlichen 
von der gelehrten Bildung, Einschärfung der patriotischen 
Pflichten wurden der Kommission zur Aufgabe gemacht. 
Weiter bestimmte die Instruktion der neugebildeten Behörde : 



184 Fünftes Buch. 

9;Da die ganze Absicht dieser Einrichtung die Nationaler- 
Ziehung und Bildung ist^ so soll keine der drei christlichen 
Beligionsparteien von dem Lehramt und von Besuchung der 
Schule ausgeschlossen werden, noch das Lehramt, die Ordens- 
schulen ausgenommen, ein besonderes Vorrecht des geistlichen 
Standes sein; doch versteht es sich von selbst, dafs die Schuler 
den Beligiönsunterricht nur von Geistlichen ihrer Beligion 
erhalten können.'^ Zur Durchführung gelangten diese hu* 
manen Anschauungen allerdings nicht, da die Edukations- 
Kommission bereits am 1. Januar 1798 von dem Begierungs- 
nachfolger Friedrich Wilhelms 11. wieder aufgehoben wurde. 
So konnte es kommen, dafs zwei Jahre später im Ealischer 
Itepartement nur 55 evangelische Schulen — fast ausschliefst 
Bch Elementarschulen — , im Warschauer Bezirk gar nur 
sieben vorhanden waren, von denen die meisten kein festes 
Einkommen hatten, sondern nur von Schulgeldern und frei- 
willigen Beiträgen sich erhielten. 

Noch schlimmer sah es mit den katholischen Schulen 
aus. Landschulen gab es fast gar nicht. In den Elreisen 
Fraustadt und Meseritz hatten von 21 Städten 8 gar keine 
Schule, in Meseritz fand nur im Winter Schulunterricht statt, 
in Bentschen wurde nur Privatunterricht erteilt. Ähnlich 
lagen die Verhältnisse im Posener, Peisemer und Gnesener 
Bezirk, nur in der Hauptstadt selbst war einigermalsen für 
genügenden Unterricht gesorgt. Von 120 Städten waren 
50 ohne katholische Schule. Ebenso traurig war die Be- 
schaffenheit der Schulgebäude und die Qualifikation der 
Lehrer. 

Schon im Jahre 1794 hatte Vofs das Oberschulkollegium 
auf den Mangel einer inländischen Universität auftnerksam 
gemacht und die Errichtung einer paritätischen Universität 
in Thom beantragt. Der Plan scheiterte jedoch an der 
Geldfrage. 



Freilich der nimmer rastende Eifer Friedrichs des Grofsen 
fehlte diesmal, und so darf es nicht Wunder nehmen, wenn 
die Kultivierung und Germanisierung der neuerdings erober- 
ten Gebiete bei weitem nicht in dem Mafse gelang, wie in 
dem durch die erste Teilung erlangten Netzedistriki Zu 
viel des Fremdartigen war dem preufsischen Staate infolge 
der beiden letzten polnischen Teilungen zugefallen, als dafs 
er dasselbe rasch seinem Wesen hätte amalgamieren können. 
Zu breit klaffte der Gegensatz zwischen preufsischer Kultur 
lind polnischer Halbkultur und Verwilderung, als dafs er 



StimmuQg der Bevölkerung. 185 

auch durch gröfsere Anstrengungen — wie sie in der That 
seitens der Regierung der beiden Nachfolger Friedrichs des 
Grofsen gemacht worden sind — hätte unterdrückt werden 
können, um so weniger als der Pole sich seinem Bezwinger 
mit offen zur Schau getragener Feindseligkeit entgegen- 
stellte. 

Auch der Gang der allgemeinen europäischen Politik^ die 
Verwickelungen, in die Preufsen Frankreich gegenüber zu- 
erst durch sein Miteintreten für das durch die National- 
versammlung angegriffene und geschädigte monarchische 
Loyalitätsprinzip, später durch seine starr innegehaltene Neu- 
tralität geriet, mufsten seine Aufmerksamkeit von den An- 
gelegenheiten des Ostens ableiten, wie anderseits die unsichere, 
schwankende Haltung in dem Kriege gegen Frankreich in 
erster Linie von der Rücksichtnahme auf den östlichen Be- 
sitz diktiert wurde. Es ist nicht zu leugnen, Friedrich 
Wilhelm 11. hatte, nachdem er die neuen Provinzen dem 
Reiche zugeschlagen, zunächst wirklich Gutes und Grofses 
im Sinne. Aber es war das Verhängnis dieses Fürsten, dafs 
sein guter Wille bei seiner nächsten Umgebung niemals Ver- 
ständnis und Unterstützung fand und zum selbständigen und 
energischen Durchgreifen ihm die eiserne Charakterfestigkeit 
seines Vorgängers fehlte. Namentlich seine spätere Regierung 
ist eine Kette von Mifserfolgen. Und besonders gilt dies 
von der südpreufsischen Verwaltung. Alle seitens des mild 
denkenden Monarchen den Polen gemachten Zugeständnisse 
blieben fruchtlos. Es zeigte sich eben unmöglich, den Adel, 
der sich bisher als Herr der Situation gefühlt hatte und der 
nun plötzlich in den gemeinsamen Unterthanenverband her- 
abgedrückt war, für die neue Gestaltung der Dinge zu ge- 
winnen. Nicht minder feindselig zeigte sich der Klerus. 
Es erregte dessen Unmut, dafs man den Protestanten in 
Petrikau ein Bethaus errichtete und deren Prediger zum 
Teil aus königlichen Kassen besoldete. Einen noch übleren 
Eindruck hinterliefs die Einschränkung der nur allzu milden 
geistlichen Gerichtsbarkeit. Die unteren Volksklassen waren 
kaum minder unzufrieden mit der neuen Regierung. Der 
armselige Bürger fürchtete die neue Accise und fühlte schwer 
die Last der miUtärischen Einquartierungspflicht. So schonend 
man auch gegen die polnischen Gesetze und Rechte verfuhr, 
dieselben waren nicht allein durch die Sprache, in der sie 
abgefafst, sondern auch oft in ihrer Existenz selbst dem 
preufsischen Richter unbekannt, sodafs häufig die Parteien 
den letzteren erst über das geltende Recht aufzuklären hatten. 
Konflikte mit den durchgehends so verschiedenen Auffassungen 



186 Fünftes Buch. 

der preufsischen Gesetze konnten dabei nicht ausbleiben. 
Die Schwierigkeit der Sprachverschiedenheit machte sich 
um 80 eindringlicher geltend, als alle öffentlichen Geschäfte 
in deutscher Sprache« verhandelt werden mufsten, es aber an 
Dolmetschern fehlte und die wenigen sich meist unzuverlässig 
zeigten. Das niedere Volk wurde noch besonders aufgeregt 
durch eine an sich unbedeutende Mafsregel : die Musikpacht, 
die Forderung einer kleinen Abgabe von jeder musikalischen 
Auffuhrung. Bei der Seltenheit des baren Geldes unter dem 
polnischen Landvolk und bei dessen Vorliebe für Musik fiel 
diese Steuer schwer ins Gewicht. „Der Dudelsack", heifst 
es in einer offiziellen Denkschrift, „ist nächst dem Brannt- 
wein einer der Götzen der Nation." Der polnische Bauer 
stand auf einer zu niedrigen Stufe, um die grofsen Vorteile, 
welche die neuen Zustände gerade ihm bringen sollten — 
Befreiung aus viehischer Sklaverei, Rechtsschutz, elementaren 
Unterricht — richtig zu würdigen. 

Freilich darf man auch nicht übersehen, dafs das preufsische 
Beamtenpersonal viel zu wünschen übrig liefs. Der preufsische 
Beamtenstand in der neuen Provinz stand tief unter dem 
Durchschnitt der preufsischen Bureaukratie im allgemeinen. 
Die Fremdartigkeit und Dürftigkeit der polnischen Zustände, 
das Unbehagliche des Aufenthalts in dem annektierten Lande 
halten alle tüchtigen Beamten abgeschrekt. Meist junge 
Streber oder Leute, die aus irgendeinem Grunde sich bis- 
her von der Beförderung ausgeschlossen gesehen hatten, 
suchten und fanden Anstellung in Südpreufsen. Die Eil- 
fertigkeit der Reorganisation verhinderte jede eingehende 
Prüfung. Jene leichtsinnigen und kenntnislosen Beamten 
schadeten oft den besten Einrichtungen; für die Entbehrungen, 
die ihnen der Aufenthalt in dem armseligen Lande auferlegte, 
rächten sie sich durch grobes und spöttisches Betragen, auch 
gegen die angesehensten Polen. Der übermälsige Stolz femer 
des Militärs, das sich als das hauptsächlichste Glied des 
Staates fühlte, wuchs riesengrofs an, ohne im Verhältnis zu 
stehen mit den Leistungen, wie sie die friederizianische Zeit 
zum ewigen Ruhme aufweisen konnte. 

An der Spitze der südpreufsischen Verwaltung hatte bis- 
her der Minister von Vofs gestanden. Schon längst war er, 
der Bruder der Gräfin Ingenheim, der morganatischen Ge- 
mahlin Friedrich Wilhelms II., der vertrauten Umgebung 
desselben ein Dom im Auge gewesen : jetzt, nach dem Tode 
seiner Schwester, fiel es jener leicht, die Ereignisse von 1794 
grofsenteils ihm zur Last zu legen. Hoym, der leitende 
Minister von Schlesien, trat an seine Stelle, ein Mann vop. 



Preufsisches Beamtenpersonal, Staatsminister von Hovm. 187 

grofser Gewandtheit^ aber ohne jede schöpferische Begabung 
und freieren BUck, befangen in den alten überlieferten An- 
schauungen. Da er die Verwaltung Schlesiens neben seiner 
neuen Stellung beibehielt, wurde ihm in der Person des 
Geheimrats von Buchholtz eine Hilfskraft beigeordnet. Der- 
selbe war bisher Gesandter in Warschau gewesen, und liefs 
sich daher von ihm eine genauere Kenntnis der polnischen 
Verhältnisse erwarten. Zugleich wurde die Aufsicht des 
Generaldirektoriums über die siidpreufsische Verwaltung einst- 
weilen suspendiert. Hoym nahm sofort einen Personen- 
wechsel bei der Zentralverwaltung vor, da ihm die bisherige 
kollegialische Verfassung derselben nicht behagen konnte. 
Zugleich wurde, der leichteren Verwaltung halber, der nord- 
östlichste Teil der Provinz der Petrikauer Kammer entzogen 
und einer in Plock neu errichteten Kammer unterstellt. 

Wir haben schon oben der Haltung Hoyms gegenüber 
dem polnischen Adel und Klerus Erwähnung gethan. Anstatt 
eneigisch gegen dieselben vorzugehen, suchte er diese beiden 
Hauptträger des polnischen Nationalbewufstseins und seines 
hartnäckigen Widerstrebens gegen die neue Regierung durch 
bede^ikliche Nachgiebigkeit an sein Interesse zu fesseln. Wie 
schlecht ihm dies gelang, mufste er jedoch selbst schon 
wenige Monate nach Übernahme der Geschäfte eingestehen: 
„halbjährige Bemühungen, in den Geist der polnischen Nation 
einzudringen, nötigen mich zu dem traurigen Bekenntnis, 
dafs die Nation der preufsischen Verfassung beharrlich wider- 
strebt." Der Adel bleibe bei seiner republikanischen Ge- 
sinnung, der niedere Geistliche hasse den Preufsen als Ketzer 
und teile diese Abneigung der in Unwissenheit und Aber- 
glauben versunkenen Bevölkerung mit. Durch den Tod oder 
die Flucht der adeligen Insurgenten, durch die starken Militär- 
märsche, durch das Stocken des Handels mit Warschau sei 
die Provinz beinahe zugrunde gerichtet, fühlten alle Klassen 
sich imbehagUch und unzufrieden. Man neige eher zu den 
Russen, deren Sprache, Gebräuche, Charakter, Kleidung und 
Bildungsstand dem polnischen Wesen soviel näher kämen. 

Während die Regierung nun die Starosteien und geist- 
lichen Güter einzuziehen begann, während eine Hauptunter- 
suchungskommission in Posen mit Konfiskationen und schweren 
Strafgeldern vorging, beantragte Hoym für den polnischen 
hohen Adel die Errichtung grofser erblicher Ehrenämter und 
setzte es durch, dafs polnische Adelige als Ehrenmitglieder 
in die südpreufsischen Regierungen und Kammern eingeführt, 
ein polnischer Landesdirektor mit dem Vorrang vor allen 
Räten jeder Kammer beigeordnet, Elreiskollegien aus vor- 



188 Fünftes Buch. 

wiegend polnischadeligen Elementen eingericlitet wurden. 
Im schärfsten Gegensatz gegen diese Konnivenz wurden in 
denselben Tagen durch die Posener Untersuchungskommission 
die Beweise der feindseligsten Agitation gerade des polnischen 
Adels gegen die preufsische Regierung zutage gefordert. 
Täglich wurden zehn bis zwanzig dieser Unruhstifter abge- 
urteilt^ die Hauptschuldigen zum Tode^ die Minderschuldigen 
zu schweren Geldstrafen 5 sämtlichen Flüchtlingen wurde, 
sofern sie nicht bis 1. Juni 1795 zurückgekehrt wären, Ver- 
mögenskonfiskation angedroht. Mit dem September 1795 
beschlofs die Kommission ihre Thätigkeit, nachdem sie an 
Strafgeldern allein 300 000 Thaler erhoben hatte. Nijr ein 
Drittel fand Verwendung iur die Provinz, zwei Drittel flössen 
der königlichen Dispositionskasse zu. Dabei waren die Ein- 
nahmen für das Etatsjahr 1794/95 um 275000 Thaler hinter 
dem Voranschlag zurückgeblieben. 

Durch die Erwerbungen aus der dritten Teilung Polens 
vermehrten sich dann noch die Schwierigkeiten der Ver- 
waltung. Auch hier, wie in Südpreufsen, versuchte die 
Regierung vorerst den Weg der Milde. Alle Deserteure, 
die sich in Neuostpreufsen vorfanden, wurden amnestiert^ der 
Stadt Warschau ein Zahlungsrückstand von 150000 Gulden, 
die Preufsen für sie den Russen entrichtet hatte, erlassen. 
Hoym, dem mit dem Oberpräsidenten für Ostpreufsen, von 
Schrötter, die Entgegennahme der Huldigung in den neu- 
acquirierten Landesteilen aufgetragen worden war, arrangierte 
in der Hauptstadt wieder eine grofse Huldigungsfeier. Ein 
Hochamt in der Warschauer Hauptkirche eröflFnete die Fest- 
lichkeiten, ein grofsartiger Ball für 1200 Personen beschlofs 
sie. Mit der neuen Erwerbung hatte die preufsische Regie- 
rung drei Zehntel der von der polnischen Republik und 
König Stanislaus in Holland kontrahierten Schulden über- 
nommen, zusammen etwas über If Millionen holländischer 
Gulden. Bis Mitte August 1796 waren dann die für die 
neue Provinz aufgewendeten Kosten bereits auf über 1^ Million 
Thaler angewachsen. Mit der Organisation der Justiz wurde 
der Grofskanzler von Goldbeck, mit derjenigen der Verwal- 
tung der zum Minister beförderte Oberpräsident von Schrötter 
beauftragt. Derselbe teilte zunächst das Gebiet in vier grofse 
Kreise, mit einer Oberpolizeikommission an der Spitze. Diesen 
Kommissionen wurden eingeborene adelige Volontäre zugeteilt. 
Eine jede Oberkommission zerfiel wieder in fünf bis sechs 
Unterkommissionen. Die Zentral Verwaltung der neuen Pro- 
vinz handhabten zwei Kammerkommissionen zu Plock und 
Bialystock. Als oberste Gerichtsbehörde wurde ein Appellations- 



Neuostpreufsische Zustände, Regulierung d. bäuerl. Verhältnisse. 189 

gericht von sechs Mitgliedern in Neustadt ^ einem kleinen 
Städtchen an der Pilica^ eingerichtet^ das in jedem Monat 
zwei Wochen tagen sollte. Der kommandierende General 
sollte die Beisitzer auswählen. Für die niedere Gerichtsbar- 
keit liefs man einstweilen die polnischen Untergerichte trotz 
ihrer elenden Beschaffenheit bestehen. Doch häufte sich schon 
in den ersten Monaten die Unordnung und Bestechlichkeit 
derselben in einem solchen Mafse^ dafs der Militärgouvemeur 
neue Gerichte aus angesehenen polnischen Edelleuten bildete 
und zu deren Vorsitzenden meist preulsische Stabsoffiziere 
bestellte. Für das Zollwesen wurden, ähnlich wie in Süd- 
preufsen, Grenzzollämter eingerichtet und ein Eingangszoll 
von zwei ProÄent von allen aus dem Inland und von vier 
Prozent von allen aus dem Auslande kommenden Waren 
und endlich ein Transitzoll von vier Thalem vom Zentner 
erhoben. Den Städten wurden ihre alten Steuern belassen, 
dagegen die Warschauer Tabaksmanufaktur an die Seehand- 
lung als Entschädigung für die durch die südpreufsische 
Insurrektion erlittenen Verluste überlassen. 

Auch sonst liefs es die Regierung an gemeinnützigen 
Einrichtungen und Verbesserungen nicht fehlen. Der grofse 
in der Gegend von Willemberg an der altpreufsischen Grenze 
gelegene Catanabruch wurde ausgetrocknet und zu Hollän- 
dereien bestimmt. Zur Steuerimg des fast ausschliefslich 
durch die Juden geübten Wuchers wurde in Warschau ein 
öffentliches Leihhaus errichtet. In den adeligen Mediatstädten 
wurde die grundherrliche Gewalt auf das in den alten Pro- 
vinzen übliche Mals reduziert; die kleinen Ackerstädte wur- 
den, um sie von den höheren städtischen Steueranforderungen 
zu befreien, in Dörfer verwandelt. 

Am dringlichsten erheischte die wahrhaft elende Lage der 
bäuerlichen Bevölkerung Abhilfe. Bereits am 28. März 1794 
hatte ein königliches Edikt die schreiendsten Mifsstände, näm- 
lich die Leibeigenschaft und die Unfähigkeit der Unterthanen, 
ihre Gutsherrschaft zu verklagen, beseitigt. Die strikte Durch- 
führung dieser Mafsregeln war jedoch durch den Aufstand 
von 1794 ins Stocken geraten. Nach Nieder wertung desselben 
nahm die Kegierung diese wichtige Frage alsbald wieder in 
Angriff. Das hauptsächlichste Verdienst bei Erledigung der- 
selben gebührt dem Grofskanzler Goldbeck. Mit richtigem 
Verständnis der Sachlage strebte er nicht etwa sofortige ab- 
solute Freilassung der bisherigen Leibeigenen an, sondern 
glaubte vorerst mit der Umwandlung der Leibeigenschaft in 
eine Erbunterthänigkeit den Bedürfiiissen der ländlichen Be- 
völkerung ein besseres Genüge thun zu können. Wenn nur 



190 Fünftes Buch. 

zunächst die ärgsten Mifsstände, wie die Veräufserung der 
Unterthanen ohne das Gut und das unbeschränkte Ztichtigungs- 
recht der Herrschaft, das willkürliche Bauemiegen, die Ver- 
Wendung der Unterliianen zu Diensten auf anderen Gütern 
desselben Herrn u. a., beseitigt waren, so würde das Übrige 
sich von selbst ergeben und der polnische Bauer bald auf 
den Standpunkt des altpreufsischen fortgeschritten sein. Aber 
nicht einmal für dieses bescheidene Mafs von Freiheit fand 
der Grofskanzler die Zustimmung des leitenden Ministers von 
Schrötter. Eine so „plötzliche und vollständige Umwandlung" 
würde, so meinte dieser, die Bauern „schwindlicht und auf- 
sässig machen", sie würde zugleich Adel und Geistlichkeit 
zu sehr verstimmen. Goldbeck beharrte dagegen bei seiner 
Ansicht : man müsse wenigstens den schreiendsten und uner- 
träglichsten Mifsbräuchen gegen die Person der Leibeigenen 
abhelfen, Dingen, die nicht einmal vorübergehend zu dulden 
wären. Die Uneinigkeit zwischen den leitenden Ministem 
hatte die üble Folge, dafs die Erledigung dieser dringlichen 
Angelegenheit fast ein volles Jahr aufgehalten wurde und 
auch dann nur in höchst unvollkommener Weise stattfand. 
Es erging lediglich eine gedruckte Anweisung an die Guts- 
herren; gegen einen öflPentlichen Erlafs hatte Schrötter aufs 
entschiedenste protestiert. Als Zweck jener Anweisung wurde 
bezeichnet, die Unterthanen „gegen alle widerrechtlichen 
Bedrückungen künftig zu schützen und sie nicht ferner als 
blofse Sklaven einer eigensinnigen und tyrannischen Will- 
kür ihrer Herrschaften und deren Stellvertreter zu expo- 
nieren". Zu dem Ende wird die willkürliche Erhöhung 
der Dienste durchaus verboten, ja deren Ermäfsigung anbe- 
fohlen, Dienste der Unterthanen auf andern, als ihrem 
Heimatsgute, oder gar Vermietung derselben untersagt, Über- 
tretung und unmenschliche Züchtigung der Unterthanen mit 
Geld- und Gefängnisstrafe bedroht, überhaupt jede Gewalt- 
samkeit und Selbsthilfe den härtesten Eriminalstrafen unter- 
zogen. Von einer strikten Ausfuhrung dieses Edikts hören 
wir allerdings nichts. Welche Wirkung war auch zu er- 
warten, wenn sogar der dirigierende Minister Schrötter das- 
selbe als äufserst beleidigend für die Gutsherren bezeichnete 
und der gegen den Adel und die Geistlichkeit noch weit 
konniventere Hoym diejenigen Beamten, welche allzu eifidg 
die Interessen der Unterthanen wahrnahmen, als Aufwiegler, 
welche „die den Grundherren gebührende Achtung aus den 
Augen setzten", sofort von ihrer Stelle suspendierte. 

Behufs Säuberung des Beamtenstandes, der — wie wir 
oben bereits erwähnt haben — durch den Zuzug zahlreicher 



Säuberung des Beamtenstaudes, Einrichtung des Finanzwesens. 191 

unwürdiger Elemente im übelsten Rufe stand , erbat sich 
Hoym von dem Könige Vollmacht, unter Beiseitelassung der 
einschlägigen Bestimmimg des preufsischen Landrechts , wo- 
nach EnÜassungen von Beamten nur durch den Staatsrat 
verfugt werden konnten, selbständig solche Dienstentsetzungen 
Vorkommendenfalls aussprechen zu dürfen. Der König gab 
diesem Antrag statt, indem er dabei die Erwartung aus- 
sprach, dafs die Provinz schleunigst von solchen unlauteren 
Elementen befreit würde. 

Für die Regelung des Finanzwesens wurde zu Ausgang 
des Jahres 1796 eine aus dem Grofskanzler Goldbeck, den 
Ministem Hoym, Schrötter und Struensee und drei geheimen 
Finanzräten bestehende Kommission eingesetzt. Die In- 
struktion fiir dieselbe arbeitete der im Jahre 1792 wegen 
„jakobinischer Grundsätzen^ zur Disposition gestellte, neuer- 
dmgs wieder zu Gnaden angenommene Geheime Kabinetts- 
rat Menken aus, ein Mann von seltenen Geistesgaben und 
tiefer Einsicht. Für die Anlage der Steuern empfiehlt die 
Instruktion möglichste Schonung des armen und erschöpften 
Landes. So viel mögUch, sollen die alten polnischen Steuern 
beibehalten werden: nämlich die Offiara genannte Grund- 
steuer und das sogenannte Rauchfanggeld. Nur den Juden 
sei ein besonderes Schutzgeld aufzuerlegen, die bisher be- 
standene solidarische Haftbarkeit bei Aufbringung desselben 
dagegen aufzuheben. HinsichtUch der indirekten Steuern 
müfsten Einrichtungen getroflPen werden, welche den Export 
der Rohprodukte des Landes thunlichst erleichterten. Eben« 
so solle der Importhandel „nicht übermäfsig besteuert und 
der mit den altländischen Provinzen zwar gegen den mit 
fremden Ländern begünstigt werden, jedoch nicht in einem 
solchen Verhältnisse, dafs jener dadurch gewissermafsen zum 
Monopol würde". Nur für Luxuswaren fordert die Instruktion 
eine höhere Besteuerung. Für die Ausgaben wird strenge^ 
aber weise Sparsamkeit zur Pflicht gemacht, namentlich hin- 
sichtlich der Beamtengehälter, welche gerade in der neuen 
Provinz nicht allzu kärglich angesetzt werden dürften. Da» 
Kassenwesen müsse einheitlich und übersichtlich eingerichtet 
werden. Hinsichtlich der Neukultivierung des Landes sollten 
alle Künsteleien, wi« Anlagen von Wein- und Maulbeer- 
pflanzungen vermieden, dagegen auf guten Ackerbau, Vieh- 
und Obstzucht gesehen werden. Ebenso seien Fabrikanlagen 
in einem Lande nicht am Platze, in dem es noch an den 
notwendigen Gewerken vielfach mangele. Ein Hauptaugen- 
merk sei auf die Einführung einer tüchtigen Hausindustrie 
(Spinnerei, Weberei) zu richten. 



192 Fünftes Buch. 

Leider scheiterten diese trefiFlicben und so weise fiir den 
Bildungsstand der neuen Erwerbung berechneten Absichten 
zum gröfsten Teil an dem engherzigen Widerstand der bei- 
den südpreufsischen Minister. Hoym zumal mochte sich dem 
^; Jakobiner ^^ Menken nicht fügen. Er riet dem Könige^ 
durch Herstellung des Namens Gro&polen der Nation den 
grofsen Gedanken einer politischen Wiederbelebung einzu- 
nöfsen, überhaupt die Polen durch die weitgehendsten Zu- 
geständnisse zu gewinnen. Auf der andern Seite drängte 
der König die Kommission zum raschen Abschlufs ihrer Be- 
ratung. So kam nur ein kleiner Teil ihrer Arbeiten zur 
Vollendung, und auch dieser wich in mehreren Punkten von 
der Instruktion Menkens ab. Immerhin darf die Neuregelung 
des Finanzwesens als die weitaus glücklichste und segens- 
reichste That des neuen Regimes angesehen werden. 

Auch das Gerichtswesen fand jetzt (1797) seine endgültige 
Organisation. Die alten polnischen Gerichte wurden nun- 
mehr definitiv abgeschafft und durch preufsische Behörden 
ersetzt. Ein bedeutsames Zugeständnis war es, dafs die pol- 
nische der deutschen Sprache als Gerichtssprache gleichgestellt 
und die grundherrliche und städtische Gerichtsbarkeit beibe- 
halten wurde. Die einschneidendste Mafsregel bei der Neu- 
ordnung des Justizwesens war die Einfuhrung des allgemeinen 
Landrechtes. Anfänglich hatte man Südpreufsen wie den 
a,ndem Provinzen der Monarchie ihr Sonderrecht belassen und 
nur für die Fälle, wo dieses nicht ausreichte, subsidiarisch das 
allgemeine Landrecht eingeführt. Durch Patent vom 30. April 
1797 gelangte dann das letztere als primär geltendes Recht 
ZMV Eintührung. Bereits Ende 1795 wurde ein Auszug des 
Landrechtes und der Gerichtsordnung in polnischer Sprache, 
■eine lateinische Übersetzung des Landrechtes veranstaltet imd 
die Gründung einer Monatsschrift in Aussicht genommen, 
ferner einzelne Vorschriften erlassen, welche die Beschleunigung 
der Prozesse und die Minderung der Prozefskosten bezweck- 
ten. Im Sommer 1796 erfolgte die nähere Instruktion fiir 
die Herausgabe der Monatsschrift, welche die Kenntnis der 
■Gesetze zu erleichtem bestimmt sein und in Posen unter des 
Regierungspräsidenten Steudener Direktion erscheinen sollte; 
49ie erschien jedoch erst seit Juni 1802. 

Besondere Aufmerksamkeit wendete die Regierung dem 
Hypothekenwesen des neuerworbenen Landesgebiets zu. Mitten 
in die durch Kosciuszkos Erhebung hervorgerufene Unruhe 
£el Dankelmanns Instruktion für die bei den Regierungen an- 
gesetzten Hypothekenkommissionen vom 24. Mai 1794. Nach 
Wiederherstellung der Ruhe ergriff aber Svarez, der Schöpfer 



Gerichts- und Hypothekenwesen, Güterverschleudenmg. 198 

des allgemeinen Landrechts, die Angelegenheit vom weiteren 
Gesichtspunkt aus. Er fand vor allem nötig, das Publikum 
in Südpreufsen über die wohlthätigen Folgen und Wirkungen 
der einzurichtenden Hypothekenbücher zu belehren und die 
durch den gesunkenen Ki*edit ge&hrdeten Grundbesitzer 
vor übereilten Eapitalkündigungen zu sichern. Zu ersterem 
Zwecke entwarf er ein ausfuhrliches Patent „über die Ein- 
richtung des südpreufsischen Hypothekenwesens", zu letzterem 
ein Publikandum, in welchem die Bedingungen der Zulassung 
bedrängter südpreufsischer Schuldner zu einem Moratorium 
festgestellt wurden. Beide Entwürfe erlangten unter dem 
10. und 12. August 1795 Gesetzeskraft. Unter dem 10. Ok- 
tober folgte dann eine gleichfalls von Svarez verfafste neue 
Instruktion inbetreff des Hypothekenwesens. 

Einen dunkeln Schatten auf die im übrigen verdienst- 
liche und segensvolle Thätigkeit der preufsischen Regierung 
in Südpreufsen wirft die berüchtigte Güterverschleuderung 
während der letzten ßegierungszeit Friedrich Wilhelms H. 
Wir haben oben gesehen, wie nach dem Aufstand von 1794 
die Starosteigüter meist eingezogen worden waren; nament* 
lieh traf dieses Schicksal die Güter der durch den Aufstand 
kompromittierten oder ausgewanderten Adeligen. Aufser 
diesen Gütern standen auch noch die ehemaligen königlichen 
Tafelgüter zur Verfügung der Staatsregierung. Schon im 
Mai 1796 hatte der Kämmerer ßietz, der Gatte der späteren 
Gräfin Lichtenau, von dem Monarchen eine Jahrespension 
von 2000 Thaler „in Ansehung seiner treuen Dienste" auf 
das Tafelgut Nowidwor angewiesen erhalten. Im August des- 
selben Jahres wufsten sich mehrere Offiziere eingezogene 
Insurgentengüter geschenkweise zu verschaflFen; nur ungern 
sieht man auch Blücher dabei reichlich bedacht. 

Eine gröfsere Ausdehnung gewann diese Güterverschenkung 
erst durch Hoyms Eingreifen. Derselbe hatte sich, wie wir 
gesehen haben, bis zuletzt aufs heftigste gegen die Einziehung 
der geistlichen und starosteilichen Güter gesträubt und stand, 
nachdem 6r mit seinen Vorschlägen unterlegen war, jetzt in 
offener Feindseligkeit den Anschauungen der Berliner Regie- 
rungskreise gegenüber. Diese Stimmung des leitenden süd- 
preufsischen Ministers wufsten einige gewissenlose Menschen 
seiner nächsten Umgebung geschickt für ihre Zwecke zu be- 
nutzen, die auf nichts Geringeres, als eine grofsartige Ver- 
ßchenkung, beziehungsweise Verschleuderung jener Staatsgüter 
gerichtet waren. Sein vornehmster Ratgeber in dieser An- 
gelegenheit und der eigentliche Urheber der Güterverschleu- 
' derung war der Kriegsrat von Triebenfeld, ein Mensch, der 

Meyer, Oeaehichte Posens. 13 



194 Fünftes Buch. 

sich aus niederster Stufe durch geschickte Umtriebe allmählich 
zu jener Vertrauensstellung bei Hoym emporgearbeitet hatte. 
Er war ursprünglich Jäger bei mehreren polnischen Adehgen 
gewesen und hier wegen wiederholter Diebereien öffentlich 
bestraft worden. Später begegnet er uns als Heidereiter 
auf dem Gute Krotoschin des Ministers von Göme. Nach 
dem Sturze desselben und der Einziehung des genannten 
Gutes iür die Staatskasse gelang es Triebenfeld, von Hoym 
die Pacht dieses Staatsgutes zu erhalten. Doch wirtschaftete 
er auch hier auf so schamlose Weise in seine Tasche, daf» 
ihm von Struensee die Pachtung wieder abgenommen wurde. 
Doch Hoym und Triebenfeld wufsten nicht nur den neuen 
Pächter zu vertreiben, sondern setzten es auch durch, dafs^ 
Struensee die Verwaltung der konfiszierten Gömeschen Be- 
sitzungen entzogen wurde. In rascher Aufeinanderfolge 
wurde Triebenfeld jetzt Kriegs- und Forstrat, erhielt den 
Adel und jene Vertrauensstellung bei Hoym, die ihn auch 
in den Berliner Hof kreisen, in denen man über die polni- 
schen Verhältnisse völlig im Unklaren war, einen weit über 
den Rahmen seines Amtes reichenden Einflufs verschaffte. 

Dieser Triebenfeld war es, der jetzt in Verbindung mit 
Hoym, Rietz und dem vertrauten Günstling des Königs, 
General von Bischofswerder, einen förmlichen Bund zur ge- 
wissenlosesten Verschleuderung eines gerade in Südpreufsen 
doppelt wertvollen Staatsbesitzes einging. Jeder Eingeweihte 
konnte beträchtliche Güter für einen Spottpreis erhalten, 
wenn er nur Triebenfeld und Rietz ordentlich bezahlte. 
„Nehmen Sie sich nur gut, und wir können Millionen ge- 
winnen", schrieb Triebenfeld an den eingewanderten däni- 
schen Grafen Lüttichau. Eine grofse Anzahl der eingezogenen 
starosteischen Güter gelangte in den Besitz von Personen 
der verschiedensten Stände und von wirklichen, zweifelhaften 
oder keinen Verdiensten. Zwar hatten die Empfanger ein 
„Erbschaftsgeld" zu erlegen, aber dasselbe wurde auf Grund 
so niedriger Taxen normiert, dafs der Charakter des Ge- 
schenkes verblieb. Manche dieser Schenkungen umfafsten 
ganze Güterkomplexe. Das bei den Schenkungen einge- 
haltene Verfahren war verschieden. In der Regel wurde 
den Dotierten eine bestimmte Jahresrente zugesprochen und 
hiemach das Gut bestimmt, dessen Ertrag die Rente bilden 
sollte 5 die Verschenkung der Gratialgüter erfolgte gegen eine 
Steuerzahlung von 24 Prozent des reinen Einkommens. Im 
Fall des „Verkaufs" war neben etwaigen Kompetenzen die 
Steuer und dann noch ein einmaliges Einkaufsgeld zu zahlen. 
Es wird angenommen, dafs diese Verleihungen oder Sehen- 



Güterverschleuderung. 195 

kungen sich auf einige Hunderte von südpreufsischen Gütern 
erstreckten und die dabei eingehaltenen Taxen in der ßegel 
nur den dritten oder auch nur fünften Teil des wirklichen 
Wertes der Besitzung erreichten, sodafs auf diesem Wege 
der Staatskasse Millionen entgingen. Und das alles entgegen 
der vorausgegangenen Feststellung der Unveräufserlichkeit 
der Staatsgüter, sowie unter völliger Vernachlässigung des 
dem Könige vorgespiegelten Zweckes der Hebung des Acker- 
baues und der Kultur; denn überwiegend beeilten sich die 
Geschenkempfanger, welche diese Zwecke verfolgen sollten, 
ihre Dotationen um möglichst hohe Preise an Dritte zu ver- 
kaufen; die Güter wurden Handelsartikel und gingen von 
einer Hand in die andere. Die Kammern fragte man da- 
bei gar nicht ; den alten Präsidenten von Gräfe, dessen Wider- 
stand man am meisten fürchtete, pensionierte man ohne 
weiteres. Den Grofskanzler von Goldbeck, Carmers Nach- 
folger, beschwichtigte man dadurch, dafs man seinen Sohn, 
der Kammerdirektor in Warschau war, das Gut Strelic mit 
einem Forst von 30000 Morgen schenkte. Alle ehrlichen 
Staatsbeamten waren aufs höchste entrüstet. Der ehemalige 
südpreufsische Oberpräsident von Buchholtz wandte sich, da 
Vorstellungen an den König durch die Machinationen seiner 
Umgebung gar nicht mehr an ihn gelangten, in wiederholten 
Eingaben an den Kronprinzen. „Die Güter", schreibt er 
u. a., „sind gegen die Grundsätze der preufsischen Monar- 
chie dem Staate entzogen und iür einen Pappenstiel in fremde 
Hände geraten. Die Angaben der Revenuen davon betragen 
wahrlich kaum ein Dritteil des ganzen Einkommens." 

Am schamlosesten hatte natürlich Triebenfeld gehaust 
Er hatte Güter für 52000 Thaler Erbkaufsgelder vom Staate 
erworben. Im Frühjahr 1799 wurden dieselben gerichtlich 
taxiert und, nach Abzug aller Kompetenzen und Abgaben, 
auf 700 000 Thaler veranschlagt. Hoym erhielt ein Gut 
geschenkt, dessen Wei^t er auf 40000 Thaler angab, wäh- 
rend die amtliche Schätzung 70000 Thaler betrug; er ver- 
kaufte es aber sofort an den Grafen Lubinski für 200000 
Thaler. Kurz vorher* hatte er an den König geschrieben: 
„Es geht ein Gerücht, dafs ich in der neuen polnischen 
Provinz ansehnliche Güter erkauft habe. Bei den Aufträgen, 
womit Ew. Majestät mich in Ansehung der Einrichtung dieser 
Provinz zu beehren geruhet, würde solches wider Pflicht 
\md meine Denkungsart streiten." Bischofswerder liefs sich 
ein Gut schenken, dessen angeblicher Wert 18 000, dessen 
wahrer 191000 Thaler war, und das er für 115000 ver- 
kaufte. Weniger günstig kam Haugwitz fort, der bei dem 

13* 



196 Fünftes Buch. 

Handel nur 65000 Thaler gewann. Doch bekam er, weil 
er ohne Gehalt diente, zur Entschädigung südpreufsische 
Güter im Werte von angeblich 200000 Thaler geschenkt 
Geheimrat von Goldbeck, der Sohn des Grofskanzlers, 
bekam — abgesehen von dem obenerwähnten Strelic — tür 
die ihm im Kalischschen geschenkten Güter, die angeblich 
28 600 Thaler wert waren, von einem sächsichen Kammer- 
herrn von Seid noch im Jahre 1797 nicht weniger als 80000 
Thaler. Der Geheime Kabinettsrat von Beyer bekam Güter 
im Werte von 200000 Thaler. Dem Marchese Lucchesini 
schenkte der König Domänen, deren bisheriger Besitzer 
Fürst Jablonowski er mit 150 500 Thaler abzufinden hatte, 
die aber gerichtlich auf eine halbe Million, frei von allen 
Verpflichtungen, geschätzt wurden. Graf Lüttichau, der 
freilich oft nur seinen Namen für Bischofswerder und andere 
Günstlinge hergab, erhielt auf Hoyms Antrag im Posener 
Departement Güter, die auf 84000 Thaler geschätzt wur- 
den: sie waren in Wirklichkeit 800000 wert. Im Kalischer 
Bezirk kaufte er zusammen für 26000 Thaler acht Domänen, 
von denen bald darauf eine einzige zu 90000 Thaler ge- 
richtlich taxiert wurde. Ebenso erhielt Lüttichau durch 
Triebenfeld die Generalpacht der Domänen Krotoschin und 
Polajewo, die bisher dem Staate 64000 Thaler Pacht ge- 
bracht hatten, für 50 000 jährlich. Der Kriegsrat von CoeUn, 
der dagegen wiederholt vorstellig wurde, ward zur Strafe 
auf Hoyms Betreiben vom Kriegs- und Domänen- zum 
Steuerrat degradiert und nach Schlesien versetzt. General- 
major von Rüchel , nicht zufrieden mit einem ihm ge- 
schenkten Gratialgute, kaufte noch eine Domäne für 30000 
Thaler, die er alsbald für 130 000 weiter verkaufte. Oberst 
von Zastrow machte mit einem einzigen von den ihm über- 
lassenen Gütern einen Gewinn von über 100000 Thalem. 
Der geadelte Galanteriewarenhändler Treskow erstand für 
86 000 Thaler Güter, welche an 350 000 wert waren. Ein 
ehemaliger Stallmeister von Leberenz erhielt unter dem 
Namen Krackewitz für 30150 Thaler Besitzungen, die 
100000 repräsentierten. Auch Blücher bekam im Mai 1797 
noch Güter von beträchtlichem Umfang; er hat sie nie ge- 
sehen, nie einen Pfennig hineingesteckt und sie doch im 
Jahre 1803 für 140000 Thaler an einen Kaufmann in Elbing 
verkauft. 

Wie eine hungrige Meute stürtzten sich Minister, Gene- 
räle, Geheimräte, von den niedriger Stehenden ganz zu 
schweigen, auf das öfientliche Gut, um davon ein möglichst 
grofses Stück an sich zu reifsen. Der materielle Verlust, 



Zerboni di Sposetti und Genossen. 197 

der durch diese Verschenkung und Verschleuderung des 
Staatsgutes der Staatskasse zugetügt wurde^ beläuft sich auf 
Millionen, und die üblen moralischen Folgen, welche dieses 
schamlose Gebahren der obersten Beamten des Landes ge- 
rade in den neu erworbenen polnischen Gebietsteilen nach 
sich ziehen mufste, lassen sich überhaupt nicht berechnen. 

Bei dem kränkelnden König war Hoym durch Bischofs- 
werders Gunst vollständig gedeckt, die Angriffe seiner Gegner 
prallten machtlos ab. Kur zwei Männer liefsen sich nicht 
einschüchtern. Der eine war der Kriegs- und Domänenrat 
Joseph Zerboni di Sposetti (später erster Oberpräsident der 
Provinz Posen), ein geborener Breslauer. Em geistvoller 
und warm empfindender Mensch, hatte er im Jahre 1793 
mit Ignaz Fefsler, einem aus Osterreich geflüchteten und 
insgeheim zum Protestantismus übergetretenen Kapuziner, 
und dem gleiehgesinnten Assessor Heinrich Ludwig v. Held 
den Evergetenbund , einen Ableger des Freimaurerordens, 
gegründet. Jetzt, angesichts der oben gekennzeichneten 
Güterverschleuderung, hielt es Zerboni mit seiner Beamten- 
pflicht für unvereinbar, dem schamlosen Treiben gegenüber 
stillzuschweigen. Er brachte dem allmächtigen Minister eine 
der zahlreichen Betrügereien zur Anzeige, wurde aber von 
Hoym von kurzer Hand zur Ruhe verwiesen. Trotzdem 
richtete Zerboni ein zweites Schreiben an ihn, in dem er 
unter Versicherungen der Anhänglichkeit und Liebe, doch 
demselben bitter seine Adelsvorurteile, seine Schwäche den 
Vertrauten gegenüber, seine Liebedienerei für die Machthaber 
vorwarf. Diesen Brief nun legte Hoym dem Könige vor 
und erwirkte damit einen Haftbefehl gegen Zerboni. Am 
17. November 1796 wurde dieser ohne weitere Untersuchung 
nach der Festung Glatz gebracht. Unter den Papieren des 
Gefangenen hatte man unter anderem den Entwurf zu dem 
Evergetenbund gefunden. Die darin ausgesprochenen Grund- 
sätze bildeten nun im Verein mit dem Briefe an Hoym das 
Material, auf Grund dessen gegen Zerboni die Anklage we- 
gen Hochverrats erhoben wurde. Gleichfalls durch könig- 
lichen Machtspruch wurden aufser Zerboni die übrigen, in 
dem Entwurf aufgeführten Mitglieder des Evergetenbundes 
gefänglich eingezogen: Zerbonis jüngerer Bruder, der Kauf- 
mann Contessa in Hirschberg, der Hauptmann v. Leipziger 
in Schweidnitz und Zerbonis Schwager, Kreisphysikus Rausch 
in Militsch. Held blieb frei, weil er sich in Briefen an 
Zerboni ausdrücklich von dem Bunde losgesagt hatte; Fefs- 
lers Name wurde von dem Könige selbst auf der Verhaftliste 
gestrichen, weil man seinen soeben erschienenen Mark Aurel 



198 Fünftes Buch. 

für eine Lobschrift auf den König hielt. Nachdem die 
Untersuchung völUg formlos gefuhrt worden war, erging am 
17. April 1797 wiederum durch direkten Machtspruch des 
Königs das Urteil dahin, dafs, während über Leipziger das 
Kriegsgericht vorbehalten blieb, die beiden Zerboni und 
Contessa „wegen ihrer auf Zerrüttung der Ordnung und 
Ruhe abzielenden unerlaubten und gefährlichen Verbindungen 
nach verschiedenen Festungen gebracht und daselbst auf 
Seiner Königlichen Majestät Allerhöchste Gnade in genauer 
Verwahrung gehalten werden sollten". Rausch, dessen ein- 
zige Schuld in einem Schreiben an seinen Schwager bestand, 
durch welches er demselben ein Rendezvous bei dem Erz- 
priester Libar in Wartenberg zur Besprechung seiner (Zer- 
bonis) Prozefsangelegenheit gab, wurde des Landes verwiesen 
und von Soldaten auf einem Leiterwagen an die sächsische 
Grenze gebracht. Am schärfsten bekam Zerboni die Rache 
Hoyms zu fühlen. Auf der Citadelle von Magdeburg, wo- 
hin man ihn gebracht, wurde er als besonders „gefahrlicher 
Staatsverbrecher" behandelt. Er safs in einem feuchten, 
stinkenden Kellerraume; es wurde ihm nicht der geringste 
Aufenthalt in frischer Luft gestattet; jedes Wort mit einem 
anderen Menschen war ihm verweigert, ebenso Lesen und 
Schreiben. Er erhielt zwar später durch Friedrich Wil- 
helm IIL seine Freiheit wieder, aber da er die Aktenstücke 
seiner Verurteilung ohne Erlaubnis herausgegeben hatte, 
schwebte er bald in neuer Prozefsgefahr. Sein Freund Held 
wollte deshalb den Gegnern zuvorkommen und einen ver- 
nichtenden Streich gegen sie führen. Die Heldsche Schrift 
erschien unter dem Titel : „ Die wahren Jakobiner im preu- 
fsischen Staate oder aktenmäfsige Darstellung der bösen 
Ränke und betrügerischen Dienstführung^, zweier preufsischer 
Staatsminister (Hoym. und Goldbeck). Überall und nirgends. 
1801." Nach dem Aufseren des Buches — Umschlag und 
Schnitt war meist schwarz — ist dasselbe unter dem my- 
steriösen Titel „Das schwarze Buch" bekannt geworden. 
Gegen den Verfasser wurde sofort ein Prozefs wegen Be- 
leidigung zweier Staatsminister und Majestätsbeleidigung 
angestrengt und auf Amtsentsetzung und 1| Jahr Festungs- 
strafe erkannt. Von dem „schwarzen Buch" ist zu unter- 
scheiden das „schwarze Register", ein Verzeichnis der ver- 
schleuderten südpreufsischen Güter, welches Held seiner 
Verteidigungsschrift anhängte und das später von dem 
Kriegsrat Colin, dem es Held aus seiner Colberger Haft 
zugesandt hatte, in den „Feuerbränden" ohne Helds Zu- 
stimmung veröflfentlicht worden ist. 



y 



Städtische Verhältnisse, Jaden. 11^9 

Trotz aller Mifsgriflfe, welche sich die preufsische Re- 
gierung in der Verwaltung der ehemals polnischen Landes- 
teile offenbar zuschulden kommen liefs, wird man doch nicht 
umhin können ^ ihre Thätigkeit als eine für das Land im 
ganzen segensreiche zu bezeichnen. Selbst der erste Napo- 
leon anerkannte später ^ dafs alles Gute, Ordentliche und 
Vorschreitende in Polen nur in den ehemalig preufsischen 
Landesteilen zu finden sei. 

Namentlich in den Städten trat diese Besserung der Ver- 
hältnisse sichtbar zutage. Schon von altersher hatte beson- 
ders in den an der schlesischen Grenze gelegenen Städten 
«ine lebhafte Tuchmacherindustrie geblüht. IKeselbe wurde 
jetzt durch verständige Anordnungen der Regierung, durch 
Heranziehung neuer, mit den technischen Fortschritten ver- 
trauter Elemente, durch Aussetzung von Prämien für be- 
sonders gute Ware u. ä. zu einer bis dahin unbekannten 
Höhe emporgebracht. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts ver- 
anschlagte man die Anzahl der Tuchmacherfamilien im Po- 
sener Kammerdepartement auf 2*200 und den jährlichen 
Wert der in ihm gefertigten Tuche gegen 2 Millionen 
Thaler. Rawitsch allein zählte 327 Tuchmacher, die jähr- 
lich etwa 13000 Stück Tuch lieferten. Nächst Rawitsch 
stand Bojanowo mit seiner Tuchindustrie vornean. Schmiegel, 
Fraustadt, Kosten und Gostyn pflegten eine bedeutende 
Leinenindustrie, Posen und Bomst genossen eines weitver- 
breiteten Rufes durch ihre Lederfabrikation. 

Zu einem vielseitigeren Aufschwung des Handels liefs es 
jedoch das Überwuchern des Judentums nicht kommen. 
Von jeher haben in unserer Provinz die Juden eine für die 
Bevölkerung verhängnisvolle Rolle gespielt, in den letzten 
Zeiten der Republik aber ist dieser Einflufs von geradezu 
verheerender Wirkung für den materiellen Wohlstand der- 
«elben gewesen. Mit lauten Klagen und Verwünschungen 
äufsern sich hierüber die offiziellen Berichte der preufsischen 
Beamten während der ersten Jahrzehnte nach der Besitz- 
ergreifung Südpreufsens. „ In der Stille zu accordieren oder 
völlig Bankerott zu machen " — schreibt Struensee — „dies 
alles ist für sie eine Kleinigkeit. Ich glaube kaum, dafs in 
ganz Südpreufsen 50 ansehnliche jüdische Kaufleute sein 
werden, deren Handel seit länger als 20 Jahren ohne alle 
Unterbrechung obiger Art reell fortgegangen ist." Der 
Mittelpunkt ihres gemeindlichen und religiösen Sonderlebens, 
das, während in den übrigen Provinzen der Monarchie sich 
unter dem Einflufs der von Lessings und Moses Mendel- 
ßohns Schriften hervorgerufenen judenfreundlichen Bewegung 



200 Fünftes Bach. 

ein geistiger Fortschritt deutlich bemerkbar machte , vom 
finstersten Orthodoxismos beherrscht blieb , war Lissa. Bi» 
1764 war hier eine der Hauptsynagogen des Landes ge- 
wesen, an welche die anderen Gemeinden .Abgaben zahlen 
muTsten. Diese Gemeinden standen unter Altesten, die alle 
zwei Jahre gewählt und yon der Grundherrschaft bestätigt 
wurden. Aufser diesen Oberältesten gab es auch noch so- 
genannte Gassenälteste ; welche eine Art Polizeiaufsicht 
föhrten und die Streitigkeiten des Kleinhandels schlichteten. 
Aus den Abgaben an die Synagoge (in Lissa 6 Dukaten) 
wurden die landesherrlichen und grundherrlichen Abgaben 
bestritten, die Rabbiner und Beamten besoldet. Streitigkeiten 
der Juden untereinander schlichteten die Altesten; die Be- 
rufung ging an das Patriarchengericht. Lissa hatte mehrere 
jüdische Schulen; in denselben wurde aufser dem Gesetz 
und Talmud hebräische Schrift und* Rechnen gelehrt. 

Anfang 1794 erhielt der Oberpräsident von Buggenhagen 
Auftrag, Untersuchungen über den Stand des Judenwesens 
in Südpreufsen anzustellen. Zunächst hielt es aufserordent- 
lich schwer, schon die Zahl der Juden festzustellen. In 
einigen Kreisen fanden sich gar keine Juden vor; die gröfste 
Zahl befand sich in Lissa, Posen, Krotoschin, Schwersenz^ 
Grätz und Rawitsch. Die Städte des Posener Departements 
zählten bei 175406 Einwohnern 34 811 Juden, das flache 
Land unter 422 761 Einwohnern 1768 Juden, im ganzen 
waren unter 598176 Seelen 36 579 Juden (1883 unter 
1085 873 Einwohnern 36 570 Juden). 

Am 17. April 1797 erging ein Generaljudenreglement für 
Süd- und Neuostpreufsen, das den bis dahin ziemlich unbe- 
achtet gebliebenen Geschäften der Juden einen engen Kreis 
zog. Motiviert wird dies damit, dafs „deren jetziges Be- 
streben und Thun gröfstenteils nur in gemeinschaftlichem 
wucherischen Handeln und Verkehren besteht, und gleich- 
wohl ihre sehr grofse Masse die Anzahl der Juden in den 
anderen Provinzen und in allen christlichen Staaten gegen 
die christlichen Einwohner so aufserordentlich übersteigt, daf& 
solche ihre Lebensart den getreuen christlichen Unterthanen, 
wie es die Erfahrung beweist, durchaus nachteilig fallen 
mufs, und sie demnach ohne Betrug und äufserste Ver- 
schlimmerung ihres sittlichen Charakters sich in der Folge 
nicht erhalten können". Demgemäfs wurden alle Juden, 
die nicht schon zur Zeit der preufsischen Besitzergreifung 
des Landes daselbst ansäfsig waren und nicht den Nach- 
weis ihres ehrlichen Fortkommens fähren konnten, aus dem 
Lande gewiesen. Die übrigen wurden als Schutzjuden ge- 



Jaden, Beschränkung der Bürgerlichen. 201 

duldet und mufsten sich erbliche Geschlechtsnamen beilegen. 
Die Männer sollten nicht vor dem 25. Lebensjahr und ohne 
Nachweis eines hinreichenden Unterhaltes heiraten. Ohne 
Einwilligung der Kammer sollte kein Schutzjude sein Do- 
mizil verändern oder ein Grundstück erwerben ; die auf dem 
Lande wohnenden Juden mufsten nach den Städten über- 
siedeln. Handel durften sie nur mit Landesprodukten 
und solchen Waren treiben ^ die zum landwirtschaftlichen 
Betrieb des gemeinen Mannes gehörten^ nicht aber mit Ma- 
terial- , seidenen^ wollenen oder anderen Zeug- und Ellen- 
waren ; Weinen und Luxussachen; jedes Hausieren war 
ihnen streng untersagt, ebenso das Betreiben mehrerer Ge- 
werbe nebeneinander. Der Handwerksbetrieb stand ihnen 
frei, doch sollten sie dabei keine christlichen Gesellen imd 
Lehrlinge halten. Ebenso war ihnen der Betrieb von Brau- 
ereien, Brennereien und kleinen Ackerwirtschaften gestattet, 
wenn diese neu etabliert und nicht von Christen gekauft 
waren. Nach dreijährigem Betriebe sollte der Jude nur mit 
jüdischem Gesinde wirtschaften. An besonderen Abgaben 
wurde den Juden, die vom Militärdienst sämtlich befreit 
wurden — damals ein Vorzug! — lediglich ein jährliches 
Rekrutengeld von zehn polnischen Ghilden, vom zurück- 
gelegten vierzehnten bis zum zurückgelegten sechzigsten 
Jahr zu entrichten, auferlegt, sowie zur Erschwerung der 
frühen Heiraten eine mäfsige Steuer bei der Verheiratung. 

Die Beschränkung im Erwerb von ländlichem Grund- 
besitz galt übrigens nicht blofs für die Juden, auch der 
christliche Bürgerstand sah sich, nachdem Friedrich der 
Grofse fiir Westpreufsen die engherzigen Bestimmungen aus 
polnischer Zeit, nach denen kein Stadtbürger ein adeliges 
Gut erwerben konnte, aufgehoben hatte, unter seinem Nach- 
folger wieder von dieser Berechtigung ausgeschlossen. Ein 
königliches Edikt vom 4. Juni 1793 verfügte, dafs kein 
adeliges Gut in Südpreufsen von anderen als Adeligen eigen- 
tümlich besessen oder an andere als Adelige übertragen 
werden könne. Vielmehr war der Bürgerliche, falls ihm 
ein solches Gut unter irgendeinem Rechtstitel zufallen sollte, 
gehalten, dasselbe innerhalb Jahresfrist an einen Adeligen 
zu verkaufen, widrigenfalls das betreffende Gut auf ^eine 
Gefahr an einen Adeligen gerichtlich verkauft würde. 

Auf welch schwachen Füfsen die preufsische Herrschaft 
in Südpreufsen stand, das zeigte sich deutlich an dem 
raschen und allgemeinen Abfall dieses Landes nach der Ka- 
tastrophe vom Jahre 1806. Die Helden des Aufstandes von 
1794, besonders Dombrowski, tauchten wieder auf. Der 



202 Fünftes Buch. 

letztgenannte hatte in Italien die polnische Legion befehligt 
und befand sich zur Zeit im Gefolge Napoleons. Dagegen 
verhielt sich Kosciusko zurückhaltend. Von Posen aus ver- 
fügte sich eine Deputation des polnischen Adels nach Berlin 
zu Napoleon, demselben ihre unbedingte Ergebenheit und 
ihre HoflFnungen auf eine Wiederherstellung Polens auszu- 
sprechen. Anfang November 1806 rückte der französische 
Vortrab unter Marschall Davoust in Posen ein. Napoleon 
hatte vorher schon die polnischen Grofsen dorthin beschieden. 
Am 27. November kam er selbst und wurde mit ungeheurem 
Jubel begrüfst. Allein er hatte niemals ernstlich die Ab- 
sicht, seine Stellung zu den Grofsmächten um Polens willen 
zu beeinträchtigen; Polen blieb für ihn ein untergeordnetes 
Werkzeug, ein Kompensationsmittel und eine Quelle der 
Bereicherung für seine Generäle. Noch vor Ablauf des 
Jahres ergingen von einzelnen Häuptern des Adels, nament- 
lich von dem ehemaligen Wojwoden Radziminski Aufrufe 
an das Volk zur allgemeinen Schilderhebung. In Lowicz 
sollte sich das ganze Aufgebot am 25. Dezember versam- 
meln und von da nach Warschau zur weiteren Verfügung 
Napoleons marschieren. Höchstkommandierender sollte Dom- 
browski sein. Dem Rufe wurde bereitwillig Folge geleistet; 
am 1. Januar 1807 konnte bereits die Eidesleistung des be- 
waffneten Adels und des ersten Regimentes der National- 
kavallerie unter den Mauern von Lowicz erfolgen. 

Am 14. Januar 1807 verfugte Napoleon die Einsetzung 
einer aus 7 Mitgliedern — Marschall Graf Malachowski, 
Kammerpräsident Gulakowski, Graf Stanislaus Potocki, Wi- 
bycki, Graf Dzialynski, der Kalischer Kammerpräsident 
Bielinski und Sobolewski — bestehenden provisorischen Re- 
gierung. "Dieselbe begann ihre Thätigkeit mit der Aus- 
hebung einer Armee von 40000 Mann. Jeder, der nicht 
selbst dienen wollte oder konnte, raufste einen Stellvertreter 
auf seine Kosten stellen oder 1440 Gulden an die Landes^ 
kasse zahlen. Als dieses Mittel nicht verfing, wurde vom 
zehnten Rauchfang in den Dörfern und Städten je ein Re- 
krut und vom vierzigsten je ein Pferd verlangt. Auch wur- 
den freiwillige Werbungen ausgeschrieben und russische wie 
preufsische Deserteurs und Kriegsgefangene, die in Süd- 
preufsen geboren waren, den Truppen eingereiht. Behufs 
Unterhaltung der Armee hatten die polnischen Magnaten, 
die Juden, die Städte u. a. namhafte freiwillige Beiträge ge- 
geben — das Posener Departement bereits bis zum 2. De- 
zember 1806 allein über 30000 Thaler — ; da diese jedoch 
noch lange nicht ausreichten, mufste man zu einer allge- 



Katastrophe v. 1806, Bildung des Grofsherzogtums Warschau. 203 

meinen Landesumlage greifen. Auch Assignaten wurden 
ausgegeben. Als endlich die 40000 Mann und auch die 
Mittel zu ihrer Erhaltung aufgebracht waren, erfolgte der 
Friedensschlufs von Tilsit. 

Am 22. Juli 1807 wurde aus dem Preufsen abgenom- 
nomenen Teil Polens — aufser dem Bialystoker Gebiet, das 
an Rufsland gefallen war — ein Grofsherzogtum Warschau 
mit dem König Friedrich August von Sachsen, dem Enkel 
des letzten polnischen Königs aus dem Hause Wettin, als 
erblichen Monarchen an der Spitze, geschaflfen. Am gleichen 
Tage erliefs Napoleon von Dresden aus ein „konstitutio- 
nelles Statut" für seine Schöpfung. Dasselbe war völlig 
nach französischem Muster abgefafst, wies jedoch, davon ab- 
gesehen, in zahlreichen Punkten einen wirklichen Fortschritt 
gegen die früheren preufsischen Einrichtungen auf Sämt- 
lichen christlichen Konfessionen war freie und öflfentliche Re- 
ligionsübung gewährt. Die Aufhebung der Leibeigenschaft 
und die Zusicherung der Gleichheit aller Bürger vor dem 
Gesetz bedeuteten eine tiefeingreifende Besserung der wirt- 
schaftlichen Lage der unteren Volksklassen, deren arg be- 
drängten Verhältnissen das preufsische Regiment nur unvoll- 
kommen Genüge geleistet hatte. Dem Staatsoberhaupt wurde 
ein aus den sechs Ressortministern gebildeter Staatsrat und 
der aus Senat und Landbotenkammer bestehende Reichstag 
zur Seite gestellt. Für die Departements- und kommunale 
Verwaltung wurden Präfekten, ünterpräfekten und Bürger- 
meister mit Departementsräten, Kreisräten und Gemeinde- 
versammlungen zur Seite eingesetzt. Als bürgerliches Ge- 
setzbuch wird der Code Napoleon und neben ihm das fran- 
zösische Handelsgesetz und die französische Gerichtsordnung 
cingefijhrt und für die Gerichtsverhandlungen die OflFent- 
lichkeit vorgeschrieben. Unabhängigkeit der Gerichte und 
Unabsetzbarkeit der Richter werden gewährleistet. Die 
Juden erhalten Gleichstellung mit den übrigen Religions- 
genossenschaften. Im folgenden Jahre wurde jedoch diese 
Gleichstellung wieder aufgehoben, zunächst für die ersten 10 
Jahre ; in dieser Zwischenzeit sollten sie erst einen Ausgleich 
mit den übrigen Bürgern thatsächlich vollziehen. 

Zu einer eigentlichen Durchführung dieser Gesetze und 
Einrichtungen konnte es deshalb nicht kommen, weil schon 
nach wenigen Jahren das ganze Gebäude der napoleonischen 
Weltordnung und damit auch das Grofsherzogtum Warschau 
vom Schauplatz verschwand. Die Bestinmiung über Polen 
bildete eine der wesentlichsten Aufgaben des Wiener Kon- 
gresses. Preufsen wünschte, im Hinblick auf die von ihm 



204 Fünftes Buch. 

gemachten schlimmen Erfahrungen , nicht wieder an dem 
polnischen Besitz beteiligt zu werden^ drang jedoch mit 
diesem Wunsche bei den andern Grofsmächten nicht durcL 
Zu den übrigen Stücken des an PreuTsen fallenden polnischen 
Gebietes gehörte auch von dem ehemaligen Südpreufsen da» 
Eammerdepartement Posen mit AusschluTs eines Teiles der 
Kreise Powidz und Peisern, sowie der auf der linken Seite 
der Prosna gelegene Teil des Departements Ealisch mit 
Ausnahme der Stadt und des gleichnamigen Kreises. Diese 
Gebiete wurden nun zu einem ^^ Grofsherzogtum Posen" 
zusammengefafst — ein Name, der staatsrechtlich ebenso 
bedeutungslos war wie die neuen Titel des Grofsherzogtums 
Niederrhein und des Herzogtums Sachsen. An die Spitze 
der Verwaltung der Provinz berief der König mit dem Titel 
eines Statthalters den Fürsten Anton Radzivil, den Gemahl 
der Prinzessin Luise von Preufsen, der Tochter des jüngsten 
Bruders (Ferdioand) Friedrichs des Grofsen. Die eigent- 
liche Leitung der Verwaltung blieb jedoch wie in den übrigen 
Provinzen ausschliefslich dem Oberpräsidenten vorbehalten; 
der Statthalter war nur befugt, über den Gang der Geschäfte 
Auskunft zu verlangen, die Wünsche der Einwohner ent- 
gegenzunehmen und sie über die Absichten des Monarchen 
aufzuklären. Es war und sollte jene Ernennung ein Zu- 
geständnis an das Nationalpolentum sein, wenn schon die 
weiteren Folgerungen, welche die Polen späterhin aus dem 
Wortlaut des königlichen Besitznahmepatents für ihre An- 
sprüche entnehmen zu dürfen glaubten, bei näherer Prüfung 
der Urkunde sich als unbegründete erweisen. Ebenso wenig 
enthielt die Schlufsakte des Wiener Kongresses und der 
Vertrag der drei Teilungsmächte irgendein Wort, das die 
Polen zu politischer Selbständigkeit berechtigte. Die drei 
Mächte versprachen lediglich: „ihre polnischen Unterthanen 
sollen Institutionen erhalten, welche die Bewahrung ihres 
Volkstums sichern, in Gemäfsheit der Staatsformen, welche 
jede der beteiligten Regierungen ihnen zu gewähren für gut 
finden wird.'* Dazu die Zusage freien, höchstens durch einen 
Zoll von zehn Prozent beschwerten Handels mit den eigenen 
Erzeugnissen der vormals polnischen Landesteile, freier Durch- 
fuhr gegen mäfsige Zölle und freier (d. h. un verbotener) 
Schiffahrt auf den polnischen Flüssen bis in die Seehäfen. 
Die Teilungsmächte waren mithin nur verpflichtet, Sprache 
und Sitte des Volkes zu schonen, desgleichen dem Handel 
einige geringfügige Begünstigungen zu gewähren; in allem 
Übrigen behielten sie freie Hand. Bei der Huldigung warnte 
auch Fürst Radzivil seine Landsleute nachdrücklich vor ge- 



ZurückgewinnuDg Posens. 205 

{ährlichen Täuschungen und versprach ihnen vollen Anteil 
an der bürgerlichen Freiheit, welche Preufsen allen seinen 
Unterthanen gewähre, auch Schonung ihrer Eigentümlich- 
keiten in Sprache, Sitte und Gewohnheit, aber keinerlei 
Sonderrechte. 

In einer Reihe glänzender Feste äufserte sich die freu- 
dige Genugthuung des deutschen Teiles der Bevölkerung 
über seine Wiedervereinigung mit Preufsen. Da bei der 
ersten Erhebung gegen Napoleon im Frühjahr 1813 unsere 
Provinz sich noch völlig im Zwange der französischen Ge- 
waltherrschaft befinden hatte, so verbot sich damals jede 
Bethätigung des Zusammengehörigkeitsgefühls mit dem deut- 
schen Mutterlande. Daflir brach sich dasselbe jetzt, im 
Frühjahr 1814, auf die Kunde von der Wiederkehr Napo- 
leons aus seiner Verbannung nach Elba, begünstigt durch 
die das Land besetzt haltenden Bussen, um so lebhafter 
Bahn. Freiwillige strömten zu den preufsischen Fahnen und 
zahlreiche Gaben an Geld und anderen Wertgegenständen 
gingen für die preufsischen Truppen ein. In der Stadt Posen 
bildete sich ein Verein für die Pflege und Unterstützung 
der im Felde Verwundeten und ein „ Frauen- und Mädchen- 
verein zum Wohle des Vaterlandes" mit gleicher Tendenz. 
Anders verhielt sich der polnische Adel. Derselbe hatte bis 
zu der Schlacht auf dem Montmartre treu bei Napoleon 
ausgehalten, und jetzt trat er sofort wieder in geheimen 
Verkehr mit den Tuilerieen. Die Behörden mufsten daran 
erinnern, dafs das Gesetz den Landesverrat mit dem Tode 
bedrohe. 

Die neue Provinz zählte bei ihrem Wiederanfall an 
Preufsen auf 536,21 Quadratmeilen 779000 Einwohner. 
Das Verhältnis der deutschen zur polnischen Bevölkerung 
stellte sich ungefähr wie 1 : 4. An Stelle der bisherigen 
Präfekturen und Schatzdirektionen wurden zwei Regierungs- 
kommissionen zu Posen und Bromberg errichtet. An die 
Stelle der Unterpräfekturen traten Landratsämter. Für die 
Bechtspfl^e wurden Friedensgerichte als Untergerichte, Land- 
gerichte als Obergerichte und ein Oberappellationsgericht zu 
Posen eingesetzt. Die Patrimonialgerichtsbarkeit blieb auf- 
gehoben, dagegen wurde die geistliche Gerichtsbarkeit wieder 
hergestellt. Für die Verwaltung sollte die deutsche Sprache 
als Geschäftssprache gelten, bei den Gerichten dagegen beide 
Landessprachen, je nach dem Bedürfnis der Parteien, zur 
Anwendung gelangen. 

Eine der ersten Mafsnahmen der neuen Regierung be- 
zweckte die Ordnung der bäuerlichen Verhältnisse. Die 



206 Fünftes Buch. 

Verfassung des Herzogtums Warschau vom 22. Juli 1807 
hatte bestimmt; dafs die Leibeigenschaft aufgehoben sei. 
Was hiermit gemeint war, setzte eine Verordnung vom 
21. Dezember 1807 aufser Zweifel: nicht etwa blofs Leib- 
eigenschaft im Sinne der Sklaverei, sondern auch Unter- 
thänigkeit fiel weg. Zwangsgesindedienst, Gebundenheit an 
die Scholle, Loskaufgelder u. dgl. gab es nicht mehr, es gab 
nur freie Leute. Den freigewordenen Leuten wurde in der- 
selben! Verordnung erlaubt, noch ein Jahr weiter da zu 
wohnen, wo sie bisher gewohnt hatten, wenn sie nur die- 
selben Verpflichtungen erfüllten, die ihnen bisher obgelegen 
hatten; der Erbherr war während dieser Zeit nicht berech- 
tigt, die früheren Unterthanen zum Abzüge zu nötigen oder 
ihre Verpflichtungen zu erhöhen. Nach Ablauf derselben 
waren die früheren Unterthanen, nun ganz freien Leute, wenn 
sie ihre Besitzungen nicht erblich und nur auf unbestimmte 
Zeit inne hatten, nicht weiter geschützt ; der frühere Erbherr 
konnte ihnen kündigen, und es dürfte dafür ein. schlechter 
Trost gewesen sein, dafs sie auch ihm kündigen durften. 

Dieser Rechtszustand wurde jetzt zunächst bestätigt. In 
einer Kabinettsordre vom 3. Mai 1815 hiefs es, dafs das 
gegenwärtige Verhältnis zwischen den Gutsherren und den 
auf den Gütern befindlichen nicht erblichen Bauern und 
Landleuten aufrecht erhalten werden solle. Einerseits bleibt 
die Freiheit der Leute bestehen, anderseits aber steht es 
auch beiden Teilen frei, kontraktmäfsig oder, wenn Kon- 
trakte fehlen, ein Jahr vor dem Zeitpunkte der gewünschten 
Trennung zu kündigen. In den nächsten Jahren fand denn 
auch seitens der Gutsherren eine massenhafte Kündigung 
statt. Die Schwierigkeit, die obdachlos gewordenen Famiilien 
unterzubringen, und die Besorgnis, dafs eine künftige Gesetz- 
gebung am Ende keine Bauern mehr vorfinden möchte, liefs 
eine besondere Verordnung nötig erscheinen; eine solche er- 
ging unterm 6. Mai 1819. Dieselbe bestimmte, dafs künftig- 
hin Entsetzungen von Bauern nicht mehr blofs auf Grund 
gutsherrlicher Kündigung zulässig seien; vielmehr seien die 
Besitzverhältnisse der Bauern (in Ermangelung besonderer 
Verträge) nach dem allgemeinen Landrecht zu beurteilen, 
imd die Entsetzung könne nur nach den in diesem hierfür 
aufgestellten Grundsätzen erfolgen. 

Unterm 8. April 1823 erschien dann das ßegulierungs- 
gesetz für Posen. Zunächst wird, da der Bauemschutz nicht 
so unbedingt ausgeführt wie anbefohlen war, bestimmt, dafs 
die seit der Kabinettsordre vom 6. Mai 1819 eingezogenen 
oder erledigten bäuerlichen Stellen wieder besetzt werden 



Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. 207 

müssen; während die altländiscbe Gesetzgebung die bereits 
eingezogenen und die noch wüste liegenden Höfe den Guts- 
herren überliels. Die Leistungen und Gegenleistungen wer- 
den gegeneinander abgewogen: hiernach allein, ohne dafs 
noch eine besondere Entschädigung für den Verlust des 
Obereigentums gegeben würde, vollzieht sich die Ausgleichung. 
Auch nach der Auseinandersetzung werden den Bauern auf 
Verlangen und gegen Entschädigung durch Handdienste noch 
zwölf Jahre lang die Konservationshilfen vorbehalten. Mit 
der Regulierung wird auf amtlichem Wege vollständige Ge- 
meinheitsteilung zwischen der Gutsherrschaft und den bäuer- 
lichen Wirten und unter den Bauern selbst bewirkt. Der 
erste Titel des Gesetzes handelt von Bauerngütern, die zeit- 
pachtweise oder als Zeitemphyteusen oder als Lafsgüter be- 
sessen werden, wobei kein Unterschied gemacht wird zwi- 
schen erblichem und unerblichem Besitz. Beide Arten von 
Besitz werden vielmehr gleichartig behandelt. Der zweite 
Titel, der sich mit den Bauerngütern beschäftigt, welche zu 
Eigentum, zu Erbzins- oder zu Erbpachtrecht besessen wer- 
den, führt die Ablösungsordnung von 1821 für die Provinz 
Posen ein. Nur bäuerliche Ackernahrungen, und auch diese 
nicht alle, waren regulierbar; als Merkmale einer solchen 
Ackernahrung sollten gelten, wenn Spanndienste von der 
Stelle geleistet werden, wenn die Stelle ein Gespann von 
zwei Pferden oder von zwei Zugochsen halten mufs, oder 
wenn sie einen Landbesitz von 25 preufsischen Morgen hat. 
Der tief daniederliegenden Landesindustrie wurde aufinerk- 
same Pflege zuteil. Bei dem Wiederanfall des Landes hatten 
sich in diesem städtereichsten Teil der preufsischen Monarchie 
kaum Spuren eines kräftigen Bürgertums vorgefunden ; selbst 
die Stadt Posen war ein öder, ungepflasterter Ort, ein Ge- 
wirr von niederen, schindelgedeckten Häuschen, wie sie heute 
nur noch die Wallischeivorstadt zieren, mitten darunter ver- 
fallene Kirchen und unsaubere Adelspaläste. Auch dies 
begann sich zu ändern, seit die deutschen Bürger sich von 
Jahr zu Jahr vermehrten und in den zahlreichen neugegrün- 
deten Unterrichtsanstalten eine Stütze ihres Volkstums fanden. 
Das polnische Gnesen wurde nach einem furchtbaren Brande 
grofsenteils auf Kosten des Staates stattlicher wieder auf- 
gebaut, noch schneller hob sich das deutsche Bromberg, seit 
der Verkehr auf dem Netzekanal wieder frei ward. Sehr 
empfindlich erwies sich jedoch der Verlust des polnischen 
Absatzgebietes infolge der Zerreifsung des alten Verbandes 
mit Russisch-Polen, um so empfindlicher, als Rufsland seine 
neugewonnenen polnischen Gebiete durch einen Grenzkordon 



208 Fünftes Buch. 

wirtschaftlich absperrte. Die Verbindung mit den übrigen 
Provinzen des preufsischen Staates konnte für jenen Verlust 
keinen Ersatz schaffen ; weil diese wirtschaftlich bedeutend 
weiter vorgeschritten waren: im Gegenteil hatte vorerst die 
offene Verbindung mit Deutschland lediglich einen Aufschlag 
vieler Preise im Gefolge. Die blühende Tuchmacherindustrie 
namentlich litt schwer unter den veränderten Zeitverhält- 
nissen; viele Tuchmacher verliefsen notgedrungen die Posener 
Städte. 

In einer traurigen Lage befanden sich namentlich auch 
die städtischen Verfassungsverhältnisse. In den adeligen 
Mediatstädten schaltete der Grundherr ganz nach Gutdünken 
und in den unmittelbaren königlichen sah es nicht viel 
besser aus. Vor allem untersagte jetzt die Regierung den 
Grundherren, die Bürgermeister ihrer Städte mit der zwangs- 
weisen Beitreibung ihrer Gef&lle zu beauftragen ; solche Auf- 
träge sollten künftighin nur die Gerichte ausfuhren. Weiter 
wurde den Grundherren die willkürliche Auflegung von 
Steuern in ihren Städten verboten und die Ablösung der 
persönlichen und gewerblichen Abgaben der Bürger ange- 
bahnt. Die bedeutsamste Mafsregel zur Aufbesserung der 
städtischen Verhältnisse war jedoch die Einführung der so- 
genannten „revidierten Städteordnung*' vom 17. März 1831. 
Sie wurde zuvörderst den gröfseren Städten (Posen, Ra- 
witsch, Fraustadt, Lissa), dann successive den übrigen ver- 
liehen. Zur Grundlage der Verfassungsverhältnisse sollte 
neben der Städteordnung ein von den bisherigen städtischen 
Behörden auszuarbeitendes Ortsstatut dienen, auf dessen Ab- 
fassung den Grundherren kein Einflufs zugestanden wurde. 
Die städtischen Einwohner sollten sich in eigentliche Bürger 
und Schutzverwandte gliedern. Die Aufiiahme ins Bürger- 
recht erfolgte durch den Stadtrat nach vorheriger Anhörung 
der Stadtverordneten. Wer Grundbesitz innerhalb des Stadt- 
rayons im Werte von mindestens 300 Thalern, in gröfseren 
Städten von 2000 Thalern besals, oder ein Gewerbe betrieb, 
welches ihm jährlich mindestens 200 Thaler abwarf, mufste 
Bürger werden; unbedingt konnten Rat und Stadtverordnete 
das Bürgerrecht verleihen an jeden, der ihnen desselben 
würdig schien; nur wegen schwerer Verbrechen Bestrafte 
waren desselben unfähig. Die aufserhalb der Stadt Woh- 
nenden blieben von den persönlichen Beiträgen zu solchen 
städtischen Anlagen befreit, von denen sie wegen ihres Ent- 
femtwohnens keinen Gebrauch machen konnten. Die Bürger 
wählten die Stadtverordneten (mindestens 9) wenigstens zur 
Hälfte aus Grundbesitzern, AßJ^J^ Grundstücke mindestens 



Städteordnung Ton 1831, Juden. 209 

einen Wert von 1000 Thalem repräsentierten, auf 3 Jahre; 
jährlieh schied ein Drittel aus. Wer bei dem Wahlakt aus- 
blieb, konnte von den Stadtverordneten seines Wahlrechtes 
für verlustig erklärt werden. Wenigstens drei Jahre lang 
mufste jeder Bürger einer auf ihn gefallenen Wahl zum 
Magistratsmitglied oder Stadtverordneten nachkommen. Der 
Magistrat wurde von den Stadtverordneten gewählt Als 
Verwalter der rein kommunalen Angelegenheiten war der 
Magistrat unabhängig, für die Handhabung der Ortspolizei, 
die ihm zumeist übertragen wurde, stand er unter der Auf- 
sicht des Landrates; ebenso behielt sich die Regierung die 
Bestätigung der Magistratsmitglieder vor. Dieselben wurden 
auf 12 Jahre gewählt und teilten sich in besoldete und un- 
besoldete. Die Behandlung der Geschäfte war koUegialisch. 
Vorsitzender des Magistrats war der Bürgermeister, der zu- 
gleich die Polizei, unabhängig von den städtischen Kollegien, 
verwaltete. Dem Magistrat gebührte das Recht der Anstel- 
lung der städtischen Beamten, nachdem er vorher die Stadt- 
verordneten über die Würdigkeit der Kandidaten gehört 
hat. Der Magistrat war auch berechtigt, Beschlüsse der 
Stadtverordneten, die ihm für das Gemeindewohl schädlich 
erschienen, so lange aufzuhalten, bis darüber die Entschei- 
dung der Regierung eingeholt war. Die Genehmigung dieser 
letzteren war erforderlich zur Einführung von Auflagen, 
zur Aufnahme von Anleihen, zum Kauf und Verkauf und 
zur Teilung von Grundstücken. 

An den Wohlthaten der Städteordnung participierten auch 
die Juden der Provinz, die bis dahin nirgends ins Bürger- 
recht hatten aufgenommen werden können. Die tiefe Kluft, 
die sie gerade in unserem Lande von der christlichen Be- 
völkerung schied, wurde freilich dadurch noch lange nicht 
überbrückt. Das Mifstrauen, ja der Hafs, den ihnen nament- 
lich der polnische Teil entgegenbrachte, kam immer wieder 
zum Vorschein, und noch im Jahre 1844 konnte die For- 
derung Widerhall finden, man möge die Provinz von den 
Juden reinigen. Allerdings war die Führung eines Teiles der 
Posener Judenschaft keine die Sympathieen ihrer Mitbürger 
erweckende. So war beispielsweise die Stadt Betsche seit 
dem Anfang des 19. Jahrhunderts der Mittelpunkt einer 
weitverzweigten jüdischen Gaunerbande. Der vierte Teil 
der Einwohnerschaft bestand aus gewerbsmäfsigen Dieben 
und Hehlern. Betsche war die Handwerksstätte, welche 
weit und breit die Diebe mit Handwerkszeug und feilen 
Zeugen versorgte. Die Judenälfesten standen an der Spitze 
der Bande. Im Jahre 1832 zerstörte die Polizei, die bei 

Meyer, Geschichte Posens. 14 



210 Fünftes Buch. 

Nachforschungen über mehrere in Berlin verübte Einbrüche 
in Besitz der Fäden gelangt war^ dieses Diebesnest. Der 
Ort mufste unter dem Beistand von Meseritzer Bürgern 
heimlich überfallen werdefn. 

Durch ein Statut vom 1. Juni 1833 ordnete die Regie- 
rung die besonderen gemeindlichen Verhältnisse der Posener 
Juden. Die wesentlichen Punkte desselben sind folgende. 
Die Judenschaft eines jeden Ortes bildet bezüglich ihrer in- 
ternen Angelegenheiten und nur hinsichtlich dieser eine Kor- 
poration. Stimmfähig in derselben sind alle männlichen, voll- 
jährigen und unbescholtenen Mitglieder, welche entweder ein 
Grundstück besitzen oder ein Gewerbe selbständig betreiben 
oder endlich sich überhaupt selbständig und ohne fremde 
Hilfe zu ernähren imstande sind. Diese stimmfähigen Mit- 
glieder wählen unter Leitung eines ßegierungskommissars 
die Repräsentanten und diese wieder die Verwaltungsbeam- 
ten, die von der Regierung bestätigt werden und ihr Amt 
unentgeltlich zu führen haben. Die Korporation haftet für 
eine genügende Schulerziehung und weitere Fortbildung der 
jüdischen Elinder. Von der Erlegung des Rekrutengeldes 
können sich künftighin taugliche jüdische Jünglinge durch 
Eintritt in den Militärdienst befreien. Zur Niederlassung 
oder Beibehaltung derselben sind nur diejenigen Juden be- 
rechtigt, welche den Nachweis führen können, dafs sie seit 
dem 1. Juni 1815 ihren beständigen Wohnsitz in der Pro- 
vinz Posen gehabt oder zu ihrer späteren Niederlassung die 
ausdrückliche Genehmigung des Staates erlangt haben, dafs 
sie sich entweder wissenschaftlich oder künstlerisch beschäf- 
tigen oder ein ländliches Grundstück mit ausreichendem Er- 
trage bewirtschaften oder in einer Stadt selbst ein Grund- 
stück von wenigstens 2000 Thaler Wert schuldenfrei be- 
sitzen oder über ein Kapitalvermögen von mindestens öOOO 
Thaler verfügen oder sich endlich durch patriotische Hand- 
lungen ein besonderes Verdienst um den Staat erworben 
haben. Solchergestalt naturalisierte Juden unterlagen nur 
noch einigen wenigen Beschränkungen : sie waren nicht wahl- 
fähig zu Staatsämtem und den Stellen der Magistratsdiri- 
genten, Kreistags- und Provinziallandtagsdeputierten und 
durften die mit dem Besitz von Rittergütern verbundenen 
Ehrenrechte nicht ausüben. Alle übrigen Juden waren 
fernerhin nur auf Grund eines von der Ortspolizeibehörde 
erteilten Certifikates geduldet und aufser den bereits ge- 
nannten noch einigen anderen Beschränkungen unterworfen : 
sie durften vor zurückgelegtem 24. Lebensjahr nicht hei- 
raten, nur in den Städten wohnen, waren zum Bürgerrecht 



Judenstatut von 1833, Schulwesen, Provinzialstände. 211 

unfähig, von dem Handel mit kaufmännischen Rechten und 
dem Hausierhandel ausgeschlossen und in der Ausübung des 
Schankgewerbes bedeutend eingeschränkt, auch durften sie 
keine christlichen Lehrlinge , Gesellen oder Dienstboten an- 
nehmen. 

Eine rührige Thätigkeit entfaltete die Regierung auf 
dem Gebiete der geistigen Kultur. Ein grofser Teil der 
Klöster wurde aufgehoben und ihr Vermögen zu Schul- und 
Wohlthätigkeitszwecken verwendet. Die Zahl der Elementar- 
schulen stieg in der Zeit von 1815 bis 1860 von 543 auf 
1200, die der Lehrer von 884 auf 2200 und die der Schüler 
von 31000 auf 200000. In Posen, Lissa, Ostrowo und 
Tremessen wurden neue Gymnasien, in Mogiino, Paradies 
und Bromberg neue Schullehrerseminare errichtet und eine 
Gärtnerlehr- und eine Taubstummenanstalt ins Leben gerufen. 

Im Jahre 1827 traten in Posen zum erstenmale die 
neuen Provinzialstände zusammen. Ihre Zusammensetzung 
war durch besonderen Erlafs vom 27. März 1824 geregelt 
worden. Von den drei Ständen der Ritterschaft, der Städte 
und der Landgemeinden zählte der erste, aufser den beiden 
Virilstimmen der Fürsten von Thurn und Taxis und Sul- 
kowski, 22, der zweite 16 und der dritte 8 Mitglieder. Die 
Teilnahme für die neugeschaffene Institution war in der ge- 
samten Provinz eine allgemeine, die Beteiligung bei den 
Wahlen eine ganz bedeutende. 

Trotz aller dieser Bestrebungen der preufsischen Regie- 
rung, die Wohlfahrt der Provinz in materieller wie kultu- 
reller Beziehung zu fördern, hielt sich der polnische Teil 
der Bevölkerung, vorab der Adel, teilnahmslos und grollend 
zur Seite. Von Russisch-Polen her, wo Alexanders Regi- 
ment schon bald allgemeine Unzufriedenheit und den Drang 
nach Abschüttelung des fremden Joches erzeugt hatte, wurde 
diese feindselige Stimmung des Posener Adels eifrigst gOr 
nährt, am so eifriger, als man in Warschau die Überlegen- 
heit der preufsischen Verwaltung kannte und ernstlich be- 
fürchtete, die Provinz könne durch ihren aufblühenden Wohl- 
stand dem Mutterlande entfremdet werden. Nach Jahren 
noch tauchte immer wieder das Gerücht auf, der König 
denke die Provinz freiwillig an Polen zurückzugeben. Die 
Treue der polnischen Beamten erschien, nach dem grofsen 
Abfall von 1806, überaus zweifelhaft, und der Oberpräsident 
Zerboni riet dem Staatskanzler Hardenberg alles Ernstes, 
ihnen einen Revers abzufordern, kraft dessen sie sich selber 
für Verräter an ihrer Nation erklären sollten, falls sie ihren 
Diensteid brächen. Hardenberg aber lehnte den Vorschlag 

14* 



212 Fünftes Buch. 

ab, weil die zweifache Verpflichtung den Gewissenlosen doch 
nicht zurückhalten würde. Unbefangene konnten über die 
Hintergedanken des polnischen Adels nicht im Zweifel sein. 
Mit unerhörter Dreistigkeit erklärten seine Führer der Re- 
gierung ins Gesicht, dafs ihr Land einen Staat im Staate 
bilden solle bis zur dereinstigen Wiedervereinigung mit dem 
übrigen Polen. Selbst einer der Gemäfsigten, General von 
Kosinsky, der jetzt preufsische Uniform trug und mit dem 
Statthalter viel verkehrte, forderte von seinem fürstlichen 
Freunde die Bildung einer rein nationalen Armee mit aus- 
schliefslich polnischen Offizieren, da die Deutschen von den 
Polen doch nur als Agenten der geheimen Polizei betrachtet 
würden. Ein anderer Gemäfsigter, Morawsky, sendete der 
Staatskanzlei eine lange Denkschrift über die polnische 
Nation. Er fing an mit der Versicherung: „Wer die jetzigen 
Polen mit denen von 1806 vergleicht, irrt um ein ganzes 
Jahrhundert.'* Zur Bestätigung dieses Ausspruches führte 
er sodann aus : die polnische Kultur sei älter als die deutsche, 
wenngleich neuerdings die That das Wort verdrängt und 
die Fruchtbarkeit der polnischen Litteratur sich vermindert 
habe. Darauf warf er Preufsen „das System des Verdeut- 
schens und Vemationalisierens " vor und beklagte nament- 
lich, dafs die polnische Geschichte in den Schulen nicht 
mehr als besonderer Lehrstoff behandelt würde: „seitdem 
fangen die Mütter an, ihren Säuglingen die Nationalgeschichte 
einzuprägen". Zum Schlufs verlangte er Bürgschaften fiir 
den Bestand der polnischen Nationalität, vornehmlich fol- 
gende vier Punkte: einen Statthalter aus dem königlichen 
Hause oder aus polnischem Geschlecht, einen Provinzialland- 
tag, der durch einen stehenden Ausschufs die Rechte der 
Polen verteidigen und eine Kommission zur Leitung des 
Schulwesens wählen sollte; alle Amter, auch die geistlichen 
und Schulstellen, ausnahmslos durch Eingeborene, auf Vor- 
schlag der Provinzialstände besetzt; endlich zwei polnische 
Räte, einen Zivilbeamten und einen katholischen Geistlichen, 
die dem Könige, dem Staatsrate und dem Staatskanzler über 
die Posener Angelegenheiten Vortrag halten müfsten. Ein 
dritter polnischer Edelmann übergab dem Statthalter eine 
Denkschrift, worin kurzweg erklärt ward: diese Landschaft 
werde nicht eher eine preufsische Provinz, als bis sie von 
Polen förmlich abgetreten sei; bis dahin müsse sie als pol- 
nisches Land behandelt werden. Also dürfe man von den 
Polen keinen Eid fordern, auch keinen von ihnen irgend 
auszeichnen, da die Dekorierten sich im Kampfe gegen die 
Fremdherrschaft immer besonders hervorgethan hätten. 



Haitang des polnischen Adels, Aufstand von 1830. 213 

Nicht lange, und den frechen Worten folgte die ver- 
räterische That. Im Jahre 1818 entwarf General Dom- 
browski den Plan zu einer geheimen polnischen Verbrü- 
derung, die ein Jahr darauf unter dem Namen der natio- 
nalen Freimaurerei ins Leben trat. Die Behörden sahen 
dem gesetzwidrigen Treiben gelassen zu Mit peinlicher 
Gewissenhaftigkeit hatte die Regierung ihre den Polen ge- 
gebenen Verheifsungen erfüllt. Die polnischen Offiziere waren 
pensioniert oder in das preufsische Heer eingereiht worden; 
auch von den Warschauer Beamten hatte man eine grofse 
Zahl in den preufsischen Dienst aufgenommen, obgleich viele 
des Schreibens, die meisten des Deutschen unkundig waren 
und fast alle sich unzuverlässig zeigten. Erst als die Ver- 
schworenen, aus dem Dunkel ihrer Logen heraustretend, 
unter den Bauern Freischaren zu bilden versuchten, welche 
den unzweideutigen Namen „Sensenmänner" erhielten, schritt 
man von oben ein und verfügte die Schliefsung der Logen. 

Trotzdem dauerten in Posen wie in Polen die geheimen 
Verbindungen fort; den Verkehr zwischen den beiden Län- 
dern vermittelte namentlich der Graf Titus Dzialynski. 
Doch wurden, als im Jahre 1830 in Polen die Revolution 
ausbrach, die öffentliche Ruhe und Ordnung in unserer Pro- 
vinz in bedeutsamer Weise nicht gestört, so^, heftig es auch 
im Innern der Gemüter gährte. Um dem Übergreifen des 
Aufstandes in das diesseitige Gebiet zu wehren, wurde ein 
Observationscorps unter dem Befehl des Feldmarschalls Grafen 
Gneisenau aufgestellt und über die Stadt Posen der Bela- 
gerungszustand verhängt. In einem Rundschreiben an seine 
Diöcesanen mahnte der Erzbischof von Dunin zur Ruhe 
und zum Gehorsam gegen die Obrigkeit, und durfte man 
sich von diesem Schritte um so mehr einen Erfolg ver- 
sprechen, als die Masse des Volkes an den Umtrieben des 
Adels nur geringen Anteil nahm und nur der durch die 
fanatisch deutsch-feindliche Geistlichkeit geschürte konfessio- 
nelle Hafs das gutmütig-harmlose Volk von den preufsischen 
Beamten entfremdete. Zur Beruhigung der erregten Ge- 
müter trug endlich der Umstand wesentlich bei, dafs die 
Regierung bei der Bestrafung der Beteiligten die möglichste 
Milde obwalten liefs. 

Die Folgezeit, besonders die dreifsiger Jahre, waren im 
wesentlichen durch den inneren Ausbau der Landesverhält- 
nisse ausgefüllt. So erhielt im Jahre 1833 die Kommunal- 
und Polizei Verwaltung auf dem platten Lande durch Ein- 
führung vom Staat ernannter und bezahlter Vögte eine neue 
Gestalt. Vom gleichen Jahre datiert die Aufhebung der 



214 Fünftes Buch. 

gewerblichen und persönlichen Abgaben und Leistungen 
und der noch bestehenden Zwangs- und Bannrechte in den 
Mediatstädten. 

In die letzten dreifsiger Jahre &llt der Kirchenstreit mit 
dem Erzbischof von Danin. Martin von Dunin war am 
10. Juli 1831 als Erzbischof von Gnesen und Posen kon- 
sekriert worden. Bis zum Jahre 1837 kamen , das hat er 
nachmals selbst zugestanden^ in seiner Diöcese Fälle vor, in 
denen katholische Priester, auch wo kein Versprechen vor- 
lag, die Kinder alle in der katholischen Religion erziehen 
zu lassen, kirchlich einsegneten, ohne dafs der Erzbischof 
dagegen Einsprache erhob. Erst im genannten Jahre kamen 
ihm Bedenken. Der Erzbischof hatte Kunde von dem 
Breve Pius VIII. vom Jahre 1830 erhalten und in Erfah- 
rung gebracht, dafs es in Westfalen und den ßheinlanden 
publiziert worden sei. Er befand sich nun in einem Di- 
lemma. Einerseits war eine VeröflfentHchung des Breve in 
seiner Diöcese noch nicht verlangt worden, anderseits drängte 
ihn sein Gewissen, die in demselben dargelegten Grundsätze 
des apostolischen Stuhles nicht unbeachtet zu lassen. Er 
suchte daher bei dem Ministerium der geistlichen Angelegen- 
heiten die Erlaubnis nach, entweder das genannte Breve 
seiner Diöcesangeistlichkeit publizieren oder seine Gewissens- 
skrupel dem päpstlichen Stuhle zur Entscheidung vorlegen 
und um eine neue, die bestehenden Verhältnisse berücksich- 
tigende Norm bei dem Kirchenoberhaupte nachsuchen zu 
dürfen. Sofort erwiderte der Minister, das erwähnte aposto- 
lische Breve gehe seine erzbischöfliche Diöcese nichts an, 
und da in dieser notorisch die ehelichen Verbindungen unter 
Personen verschiedenen christUchen Glaubensbekenntnisses 
ohne Anstand eingesegnet würden, so sei er weder befiigt 
noch geneigt, eine Änderung in diesem Stück zuzugeben. 
Der Erzbischof wendete sich nun direkt an den König und 
bat um die Genehmigung, nach den Bestimmungen der an 
die Bischöfe des vormaligen Königreiches Polen im Jahre 
1748 erlassenen Bulle Benedikts XIV. Magnae nobis admi- 
rationis verfahren zu dürfen. Dieses neue Gesuch konnte 
jedoch noch weniger bewilligt werden, weil — abgesehen 
davon, dafs die angeführte Bulle durch die Beschlüsse des 
polnischen Reichstages bereits in den Jahren 1767 — 1768 
aufser Kraft gesetzt worden war — der Inhalt derselben 
in direktem Widerspruch mit den Landesgesetzen stand. 
Nachdem am 30. September 1837 aus dem Kabinett ein ab- 
schlägiger Bescheid ergangen war, glaubte der Erzbischof, 
nunmehr der Regierung gegenüber alle Mittel erschöpft zu 



Kirchenstreit. 215 

haben. Er erliefs jetzt, am 27. Februar 1838, einen Hirten- 
brief an seinen Klerus, in welchem er erklärte, er werde 
forthin jeden Priester seiner Diöcese, der gemischte Ehen 
nach katholischem Ritus da verbinde, wo nicht zum voraus 
der katholische Teil mit aller Gewifsheit gelobt habe, dafs 
alle aus dieser Ehe erzeugten Kinder im katholischen Glau- 
ben erzogen werden sollten, von jedem geistlichen Stand, 
Amt und Pfründe ohne weiteres suspendieren. Der näm- 
lichen Strafe sollten auch diejenigen Priester unterworfen 
sein, die sich nicht nach Kräften bestrebten, ihren Pfarrkin- 
dem einzuprägen, dafs solche Ehen ganz und gar unstatt- 
haft und von der Kirche streng verboten seien. Von diesem 
Hirtenbrief setzte der Erzbischof zugleich die Regierung in 
Kenntnis. 

Die Antwort der Regierung auf diesen Hirtenbrief war 
die Konfiskation desselben. Zugleich wurde der Oberprä- 
sident von Flottwell nach Berlin berufen, um den dort zu 
pflegenden Beratungen über die fernerhin zu treffenden Mais- 
nahmen beizuwohnen. Am 19. April kehrte derselbe aus 
der Residenz zurück, um sich sofort in Begleitung einiger 
Mitglieder des Domkapitels und mehrerer angesehener Bürger 
zum Erzbischof zu begeben, ihm im allerhöchsten Auftrag 
die Strafbarkeit seines Vorgehens eindringlieh vorzuhalten 
und ihm dabei zu eröffnen, dafs dasselbe noch als eine blofs 
irrtümUche Verkennung seines Standpunktes betrachtet und 
vergeben werden solle, sofern er unter Aufhebung des er- 
lassenen Hirtenbriefes die gesetzliche Ordnung wiederherzu- 
stellen bereit sei. Binnen 24 Stunden bat sich der Ober- 
präsident die Antwort des Erzbischofs aus. 

Während diese Eröffiiung im erzbischöflichen Palais statt- 
fand, wurde auf den Strafsen eine königliche Proklamation 
angeschlagen, in welcher die katholischen Unterthanen der 
Erzdiöcese wiederholt des landesväterhchen Schutzes ihrer 
Religion versichert und vor Einflüsterungen, als ob die Re- 
gierung die freie Ausübung derselben hindern wollte, ge- 
warnt wurden. 

Vorerst lenkte der Erzbischof ein und versprach, mittelst 
Erlasses eines neuen Hirtenbriefes der Diöcesangeistlichkeit 
eine andere Belehrung über ihr zu beobachtendes Verhalten 
bei der kirchlichen Einsegnung gemischter Ehen zu erteilen. 
Doch trat er schon bald darauf wieder von jener dem Ober- 
präsidenten gegebenen Erklärung zurück, und auch die an 
den König abgegebene Erklärung führte zu keinem Resultat. 
Trotzdem gab die Regierung den Versuch, den Erzbischof 
zur Nachgiebigkeit zu bewegen, noch nicht auf. Die Fort- 



216 Fünftes Buch. 

führung der Verhandlungen wurde dem Präsidenten des Po- 
sener Appellationsgerichtes von Frankenberg übertragen. 
Erst als auch diese erfolglos blieben; schritt man zu ener- 

fischen Mafsregelu; indem man die Verfugungen des Erz- 
ischofes als gesetzwidrig für unwirksam erklärte^ die Befol- 
gung derselben mit Ordnungsstrafen belegte und den Geist- 
lichen den Schutz der Regierung gegen die geistliche Ge- 
walt zusicherte. Zugleich wurde dem Erzbischof angezeigt^ 
dafs der König befohlen habe^ die Kriminaluntersuchung 
gegen ihn zu eröffnen. 

Die Regierung kam nicht in die Lage, einem Geistlichen 
ihren Schutz angedeihen zu lassen, vielmehr erklärten fast 
alle Dekane, der Verordnung des Erzbischofes inbetreff der 
gemischten Ehen nachkommen zu wollen , 10 Dekane aber 
richteten ein Schreiben an den Erzbischof, worin sie ihn 
baten, er möge, da es ihnen ungewifs, ob es ihnen selbst 
gestattet sei, geraden Weges sich an den König zu wenden, 
in ihrem Namen demselben Vorstellung gegen die Gefahr 
machen, welche dem katholischen Glauben drohe. 

Die Kriminaluntersuchung wurde jetzt eröffnet. Dies 
zeigte der Präsident von Frankenberg dem Erzbischof an. 
Sofort erklärte dieser in einem Schreiben vom 9. Juli, dais 
er den hierfür bestimmten weltlichen Gerichtshof für sein 
Forum weder anerkennen, noch vor ihm Rechenschaft ab- 
legen könne. Nur wenn ihm ein Tribunal genannt werde, 
angeordnet von dem apostolischen Stuhl nach den kano- 
nischen Gesetzen, werde er demselben Rechenschaft geben 
über die Ausübung seines Amtes, nicht aber einem welt- 
lichen Richter, dem die von Christus seinen Aposteln und 
den römischen Päpsten verliehene geistliche Macht zu über- 
nehmen nicht zustehe. Bei dieser Weigerung verblieb er, 
so viele Versuche noch gemacht wurden, ihn zu einer Ver- 
antwortung vor den Gerichten zu vermögen. Die Kriminal- 
untersuchung wurde aber fortgeführt und im Februar 1839 
das Urteil gesprochen, aber — wie der König schon früher 
befohlen hatte — vor der Eröffiaung an den Erzbischof 
nach Berlin abgesandt. 

Bald darauf empfing der Erzbischof einen Kabinetts- 
befehl, welcher ihn aufforderte, nach dem Osterfeste sich in 
der Residenz einzufinden. Dort angekommen, pflog der 
Geheime Oberjustizrat v. Duesburg, ein Katholik, Verhand- 
lungen mit ihm. Der Staat wollte sich, dem Vernehmen 
nach, zwar nicht zu Zugeständnissen in der Sache verstehen, 
aber inbezug auf alle persönlichen Beteiligungen sich höchst 
mild erzeigen. 



Kirchenstreit. 217 

Mittlerweile hatte aber der Papst in einer Allokution 
vom 13. September 1838 sich über diese Angelegenheit 
klagend geäufsert und das Verhalten des Erzbischofs durch- 
aus gebiUigi Dadurch schwand vollends die Hoffnung, den 
Erzbischof willfUhrig zu machen, und so wurde ihm denn 
am 25. April 1839 durch den Präsidenten des Kammer- 
gerichtes das gerichtliche Erkenntnis publiziert. Es lautete 
dahin: der Erzbischof sei zwar von der Anklage hochver- 
räterischer Handlungen und der Aufwiegelung des Volke» 
gegen die Regierung freizusprechen, aber wegen seines Un- 
gehorsams und der eigenmächtigen in seiner Diöcese ge- 
troffenen und nicht widerrufenen Mafsregeln zum Verlust 
seiner Würden, zu sechs Monaten Festungsstrafe und zur 
Zahlung sämtUcher Gerichtskosten verurteilt, zugleich auch 
für un&hig erklärt, jemals im preufsischen Staat wieder ein 
Amt zu bekleiden. Der Weg der Appellation bleibe ihm 
tmbenommen. Von dieser konnte der Erzbischof keinen 
Gebrauch machen, weil er die Kompetenz des Gerichtes^ 
vor dem sein Prozefs verhandelt worden, nicht anerkannte. 
Dagegen wendete er sich persönUch an den König, und 
dieser erliefs ihm (im Mai) die Festungsstrafe, bestätigte 
aber die übrigen Bestimmungen des Erkenntnisses. Zugleich 
wurde ihm befohlen, noch in Berlin zu verbleiben. Dort 
durfte er sich frei bewegen, aber es war ihm verboten, die 
Hauptstadt ohne Erlaubnis der vorgesetzten Behörde zu ver- 
lassen. Vergebens bat er den König um die Erlaubnis, 
nach Posen zurückkehren zu dürfen; vergebens baten die 
Kapitel von Gnesen und Posen und die untergeordnete 
GeistUchkeit durch eine nach Berlin abgesandte Deputation. 
Da reiste der Erzbischof am 3. Oktober heimlich nach 
Posen zurück, begab sich, dort angelangt, sofort in die Ka- 
thedrale, fiel am Altar vor dem Hoch würdigsten nieder 
und weinte Thränen der Freude, dafs er sich wieder in der 
Mitte seiner Diöcesanen befinde. Aber schon in der Morgen- 
frühe des nächsten Tages wurde er verhaftet und, weil er 
sich weigerte, freiwillig nach Berlin zurückzukehren, ge- 
fangen nach der Festung Kolberg abgeführt. 

Grofs waren die Anstrengungen, welche von Posen und 
Gnesen aus gemacht wurden, um die Freilassung des Erz- 
bischofs zu erwirken. Grofs war auch die Verwirrung, 
welche in der Kirchenleitung der Diöcese entstand^ denn da 
das Erkenntnis der Absetzung des Erzbischofs noch nicht 
vollzogen war, so konnte auch kein General vikar erwählt 
werden, welcher seine Amtsgeschäfte übernommen hätte. Der 
Offizial von Gnesen war in Posen zurückgehalten, der von 



-218 Fünftes Buch. 

Posen war um seine Entlassung eingekommen. Alle Ghe- 
«chäfte lagen darnieder, so dafs selbst die weltlichen Behör- 
den in Verlegenheit kamen. Grofs war auch die Aufregung 
im Volke und wurde besonders dadurch wach erhalten, dafs 
die Geistlichkeit das Glockengeläute hatte einstellen lassen^ 
wogegen der Oberpräsident vergebliche Schritte that. 

Es blieb bei der Verhaftung des Erzbischofes, bis, im 
Jahre 1840, der Thronwechsel in Preufsen eintrat. Friedrich 
Wilhelm IV. glaubte thun zu können, was seinem Vater zu 
thun die Ehre verboten hatte; er scheint überdies mit der 
Eirchenpolitik desselben wenig zufrieden gewesen zu sein. 
Dunin hatte sich sofort nach dem Tode Friedrich Wilhelms III. 
brieflich an den Nachfolger mit der Bitte gewendet, er 
möge ihm gestatten, in seine Diöcese zurückzukehren. So- 
fort schickte der König einen Eammergerichtsrat nach Eol- 
berg, um mit dem Erzbischof zu unterhandeln. Derselbe 
blieb standhaft bei seinen früher abgegebenen Erklärungen 
stehen und wiederholte das auch dem König in einem 
Schreiben vom 24. Juni. Nichtsdestoweniger gestattete dieser 
ihm die Rückkehr. Am 6. August langte der Erzbischof 
in Posen an und wurde jubelnd empfangen. Am 27. August 
erliefs er einen Hirtenbrief an den gesamten Klerus seiner 
Diöcese, in welchem er denselben anweist, er solle, weil die 
Landesgesetze verböten, die Erfüllung der von der Kirche 
vorgeschriebenen Bedingungen inbetreff der Kindererziehung 
von den angehenden Eheleuten zu fordern, nichts vor- 
nehmen, was den Schein habe, als ob die Kirche mit diesen 
Gesetzen einverstanden wäre, er solle also in solchem Falle 
die Assistenz und jeden religiösen Akt verweigern. In 
einem späteren Erlafs verordnete er dann, dafs, wenn Ka- 
tholiken eine solche Ehe eingegangen, im übrigen aber ihren 
religiösen Pflichten wenigstens so gewissenhaft, als sie es 
vermöchten, nachlebten, ihnen die Sakramente gespendet 
werden sollten. Somit war der Konflikt gehoben. 

Der kirchliche Friede wurde in der Folgezeit in unserer 
Provinz nicht wieder gestört. Dagegen setzte die national- 
polnische Propaganda, welche ihren Zentralsitz nach der Nieder- 
werfung des Aufstandes von 1830 nach Paris verlegt hatte, 
ihre geheime Minirarbeit ununterbrochen fort. Ein eigenes 
Finanzkomitee wurde in Posen gegründet, um Geldsendungen 
für einen neuen Aufstand zu organisieren. 1845 wurde von 
dem Zentralkomitee Ludwig von Mieroslawsky nach Posen 
entsandt, um die dortigen Verhältnisse und Stimmungen zu 
untersuchen. Er fand den Boden noch nicht gehörig vor- 
bereitet zu einem Losbruch. Erst als er Ende dieses Jahres 



Kirchenstreit, Aufstand von 1846. 219 

zum zweitenmale nach Posen kam^ glaubte er mit den vor- 
bereitenden Schritten zum Aufstand nicht länger warten zu 
dürfen. In Erakau traf er mit den Häuptern der Ver- 
schwörung zusammen. Eine provisorische Regierung wurde 
bestellt und der 21. Februar 1846 als Termin der Erhebung 
festgesetzt. Für die Provinz Posen wurde Mieroslawsla 
zum Kommandanten ernannt. Da^ während er gerade die 
einzelnen Kreise behufs Verbreitung des Kriegsplanes bereiste, 
erfolgte am 12. Februar seine Verhaftung durch die preu- 
fsische Polizei. Damit konnte der Aufstand, wenigstens so 
weit preufsisches Gebiet in Frage kam, als gescheitert be- 
trachtet werden. Der ganze projektierte Losbruch beschränkte 
sich auf einen Putsch gegen Preufsisch-Stargard, der jedoch 
infolge der Weigerung der Bevölkerung, sich dem aufrüh- 
rerischen Beginnen anzuschliefsen , kläglich Fiasko machte. 
Das gleiche Schicksal hatte der ungeheuerliche Entschlufs 
einiger erhitzter polnischer Patrioten, mittelst eines Hand- 
streiches sich der Stadt und Festung Posen bemächtigen zu 
wollen. Die einzige Folge war eine massenhafte Verhaftung 
Schuldiger und Verdächtiger, die man sämtlich, 254 an der 
Zahl, in das Berliner Zellengefangnis abführte. 8 von ihnen 
wurden in der Folge zum Tode, 57 zu längerer oder kür- 
zerer Festungsstrafe verurteilt, die übrigen vorläufig frei- 
gesprochen. 

Natürlich wurde durch alle diese Vorgänge die Stimmung 
des polnischen Adels gegen die preufsische Regierung nicht 
verbessert. Die gleiche Mifsgunst erfuhr dieselbe vonseiten 
des katholischen Klerus. Wie er der ketzerischen Regie- 
rung von Haus aus mit stillem Groll begegnete, so verzieh 
er ihr namentlich nicht, dafs sie die Klöster den strengen 
Vorschriften des Landrechtes unterwarf, dafs sie überall 
Volksschulen anlegte, die in den katholischen Dörfern bis- 
her fast unbekannt gewesen waren, und für die Bildung der 
jungen Priester durch neue Lehranstalten sorgte. Die Ein- 
flüsterungen der Geistlichen blieben jedoch bei dem ihnen 
untergebenen gemeinen Volke gröfstenteils ohne Wirkung. 
Der polnische Bauer wufste wohl, dafs sein Stand noch nie- 
mals, seit es ein Polen gab, glücklichere Tage gesehen 
hatte. 

Da brach am 18. März 1848 in Berlin die Revolution 
aus. Eine ihrer ersten Thaten und Erfolge war die Frei- 
lassung der dort gefangen gehaltenen Polen. Noch an dem- 
selben Tage organisierte sich in Berlin ein Polenkomitee; 
Mieroslawski stellte sich an die Spitze desselben. Wenige 
Tage darauf reisten die Freigelassenen nach Posen ab, nicht 



820 Fünftes Buch. 

ohne vorher in einem öflFentlichen Anschlag die Bürger Ber- 
lins zum festen Ausharren in dem begonnenen Kampf imd 
in der gegenseitigen brüderlichen Gesinnung anzufeuern. 

In Posen war die Nachricht von der Berliner Revolte 
und der Befreiung der Gefangenen mit Begeisterung aufge- 
nommen worden. Schon seit den letzten Februartagen war 
der Adel des Landes in der Hauptstadt zusammengeströmt. 
Alsbald nach dem Einlangen der ersten Nachrichten durch- 
wogten Volksmassen die Strafsen der Stadt. Polnische 
Fahnen wurden entfaltet, auf allen Strafsen rot-weifse Ko- 
karden verteilt und „dem neu erstandenen Polen" Hochs 
ausgebracht. Eine Deputation polnischer Edelleute begab 
sich zum Oberpräsidenten von Beurmann und bat um die 
Erlaubnis, eine Deputation mit einer Adresse an den König 
nach Berlin abgeben lassen zu dürfen. Die Erlaubnis wurde 
gewährt. In derselben Versammlung, in der die Fassung 
dieser Adresse beraten wurde, wurde — was nicht bewilligt 
war — zugleich ein Nationalkomitee gewählt, das sich so- 
fort als Repräsentanten der polnischen Nation gerierte und 
noch am Nachmittag des 20. März einen in polnischer 
Sprache abgefafsten Aufruf an die polnischen Brüder an 
den Strafsenecken anschlagen liefs. Das Plakat war unter- 
zeichnet von dem Schlosser Andrzejewski, dem Schriftsteller 
Berwinski, dem Regens des geistlichen Seminars Janiszewski^ 
dem Provinzial-Landschaftsdirektor v. Jarochowski, dem An- 
walt Krauthofer, dem Grafen Matthias Mielzynski, dem Hi- 
storiker Moraczewski, dem Gutsbesitzer G. Potworowski, 
dem Buchdrucker Stefanski und dem Dorfschulzen Palacz, 
Später traten noch die Geistlichen Fromholz und Prusinowski 
und die Herren Niemojewski, Slomczewski, Efsmann und 
Goslowski in das Komitee ein. Zugleich wurde an Ver- 
trauensmänner der einzelnen Kreise ein Zirkular erlassen, 
mit der Aufforderung, die Distrikte zu bereisen und überall 
einen Aufruf zu verbreiten, in dem die Bildung des Natio- 
nalkomitees und die Absicht der mit allen Mitteln zu erstre- 
benden Unabhängigkeit Polens verkündigt wurde. In einem 
zweiten Zirkular wurde sodann die alsbaldige Konstituierung 
von Lokalkomitees in den Städten gefordert. An der Spitze 
eines jeden Kreises sollte ein Kreiskommissar die Organi- 
sierung des Aufstandes in die Hand nehmen, die renitenten 
Beamten sollten beseitigt werden. Den Deutschen gegen- 
über beobachtete man vorerst eine gewisse Konfratemität, 
hinter der sich freilich schon von Anfang an die wahre 
Meinung nur notdürftig verdecken liefs. Nicht gleiche Rechte 
und ruhiges Nebeneinanderleben war die Absicht der Polen, 



Aufstand von 1848. 221 

«ondern vielmehr Unterdrückung und Verdrängung der 
Deutschen aus dem Lande. ,,Man mufs sich bemühen" — 
heifst es in einer am 26. März erlassenen Instruktion — 
^,die Deutschen nicht zu sehr zu alarmieren ^ um keine zu 
kräftige Reaktion von ihrer Seite hervorzurufen, anderseits 
mufs man jedoch die Suprematie über sie erhalten. So sehr 
wir also vor den Augen der Deutschen ein offenes und 
ireundliches Benehmen anempfehlen, welches ihnen unsere 
Zuneigung und brüderliche Gesinnung sichert, ebenso sehr 
mufs man hinter ihrem Rücken das Volk bewaffnen, seinen 
Feuereifer steigern und es in drohender Haltung zeigen." 
Besonders charakteristisch ist auch die am 20. März und 
:an den folgenden Tagen verbreitete, seitens der Polen an 
die Deutschen gerichtete Ansprache, deren erste Auflage ein 
«0 gehässiges Gepräge trug, dafs in der späteren der Schlufs- 
passus : „ unsere Kinder werden sich lieben und hochschätzen, 
wie wir euch hassen und verachten", weggelassen und so- 
gar ein besonderer Aufruf an die „Brüder Israeliten" für 
erforderlich gehalten wurde. 

Die Zusammensetzung des polnischen Komitees allein 
deutete an, dafs es die Aufgabe, die es sich vorgeblich 
gesetzt, nicht verstanden habe. Der Adel, bedeutend durch 
seinen Reichtum, von dem nur Wenige Lust hatten, sich 
zu trennen, der Gefahr ausgesetzt, Hab und Gut zu ver- 
lieren, wenn der Umsturz der bestehenden Ordnung der 
Dinge, den er so eifrig half herauf zu beschwören, gelang, 
befand sich insofern in einer durchaus falschen und wider- 
spruchsvollen Stellung, wenn er mit der Partei der Be- 
wegung fraternisierte, die laut ihre kommunistischen Grund- 
sätze proklamierte. Aufrührer und konservativ zugleich, 
wollten sie die unlösbare Aufgabe lösen, der Revolution, 
die ihre Schwelle berührte. Halt zu gebieten, wenn sie ihre 
teuersten und mächtigsten Güter zu gefährten drohte. Ihre 
patriotischen und gesellschaftlichen Interessen gingen voll- 
ständig auseinander. Auch die Geistlichkeit, die bereit- 
willigst die Hand zur Revolution bot, mufste vor dem voll- 
kommenen Gelingen derselben zurückschrecken, denn die 
Bewegungspartei arbeitete an einer gänzlichen Zerstörung 
der Kirche, wie es der Hirtenbrief des Erzbischofs von 1852 
Auch ausspricht — und dennoch gab sich die Geistlichkeit 
zur Revolution her! Namentlich beharrte der Erzbischof 
von Przyluski dadurch in einer Art feindlicher Stellung 
gegen die Regierung, dafs er dem Oberpräsidenten und 
dem kommandierenden General es abschlug, einige Worte 
des Friedens an die Provinz zu richten. Er betrat sogar 



222 Fünftes Buch. 

das Gebiet der Politik; als er in seinem Erlasse vom 
21. April die Geistlichkeit ziemlich unverhohlen ermahnte, 
ihre Eingepfarrten abzuhalten, ihre Wünsche inbezug auf 
eine Einverleibung in Deutschland auszusprechen; es war 
endlich nicht geschickt und dabei thatsächlich unrichtig, 
wenn er dem Ministerium der geistlichen Angelegenheiten 
auf dessen Wunsch, im Namen der Kirche zum Frieden, 
zur Eintracht zwischen Deutschen und Polen zu ermahnen, 
am 22. April schrieb, dafs die Unruhen von den Deutschen 
und vom Militär provoziert würden; er könne das Volk 
nur zur Duldung ermahnen, die ihm gewordene Schmach 
und Gewaltthätigkeit aller Art mit christlicher Ergebenheit 
zu erleiden, es ertrage viel und habe die Geduld eines 
Lammes. 

Das Verhalten der Behörden der Hauptstadt den aus- 
gebrochenen Unruhen gegenüber war das denkbar unge- 
schickteste. Sie hatten unter dem Eindruck der sich wider- 
sprechenden Nachrichten aus dem Mangel bestimmter In- 
struktionen von Berlin her völlig den Kopf verloren. Es 
fehlte namentlich auch an einem harmonischen Zusammen- 
wirken der militärischen und Zivilbehörden; jeder machte 
auf seine eigene Faust Politik. Statt die unruhigen Ele- 
mente der Bevölkerung durch rasches und energisches Vor- 
gehen zu Paaren zu treiben, wurden ganz sinnlose oder 
mindestens unzweckmäfsige und überflüssige Mafsregeln ge- 
troffen. Die ganze Stadt war angefüllt mit herumziehenden 
Patrouillen und bivakierenden Truppen. So mufste jeder- 
mann glauben, dafs furchtbare Ereignisse drohten: da man 
nun aber doch die Vergeblichkeit der gemachten An- 
strengungen nicht zugeben konnte, so wurde der vor- 
handene Feind wenigstens supponiert. Der Bazar war als 
Angriffsobjekt ausersehen. Auf dem Wilhelmsplatz wurden 
Kanonen aufgestellt, um die Neue Strafse zu beschiefsen, 
und eine Kolonne brach mit Hurrahgeschrei zum Sturm auf 
das Hotel vor. Die Thüren wurden aufgesprengt, aber es 
zeigte sich nichts Gefahrliches, aufser einem betrunkenen 
Kellner, der denn auch einen Bajonettstich erhielt, an dem 
er bald darauf starb. 

Nicht viel besser erging es bei der projektierten Schlie- 
fsung des Sitzungslokals des Komitees im Mielzynskischen 
Hause. Anstatt das Lokal zu schliefsen, erklärte der be- 
auftragte Offizier, er werde in einer Stunde wiederkommen. 
Diese Frist benutzten die Komiteemitglieder, um mit dem 
Oberpräsidenten und dem kommandierenden General zu 
unterhandeln, sodafs, als der betreffende Offizier nach Ab- 



Aufstand von 1848. 22$ 

lauf einer Stunde wieder erschien ^ derselbe die Weisung^ 
vorfand, die öchliefsung vorerst zu sistieren. 

In den nächsten Tagen änderte sich das Bild nicht 
wesentlich. Die Widersprüche und Verkehrtheiten der Be- 
hörden traten immer mehr hervor. Zugleich mit der Prok- 
lamation des polnischen Komitees war eine Bekanntmachung 
der Kommandantur und Polizei erschienen, in welcher die 
Gesetze und Bestimmungen gegen Aufruhr und Tumult in 
Erinnerung gebracht wurden, ebenso ein Erlafs des Ober- 
präsidenten wegen des Verbotes von Versammlungen. Am 
22. machten der Kommandant und die Polizei bekannt, dafs- 
die Ereignisse des gestrigen Tages Beschränkungen im Ver- 
kehr des Publikums erforderten; es wurde das gruppen- 
weise Beisammenstehen der Leute auf den Strafsen unter- 
sagt, das Schliefsen der Thore und Barrieren während der 
Nacht angeordnet und das Verbot des Waffentragens, das^ 
noch vom Jahre 1846 her in Kraft war, in Erinnerung ge- 
bracht. Daneben hing ein bombastischer Aufruf des pol- 
nischen Nationalkomitees an die Deutschen, der diese zu 
einem einigen Zusammengehen gegen den „ Asiatismus ^^, dem 
Polen erlegen, aufforderte. Ein drittes Plakat teilte dea 
Bewohnern mit, dafs das Nationalkomitee eine Deputation 
an den König von Preufsen geschickt habe, um die unver-^ 
zügliche Freigebüng der polnischen Provinzen zu fordern. 

Aufser dem Stadtkommandanten und dem Oberpräsidenten 
hatte auch der kommandierte General einen Aufruf an die- 
Bewohner der Provinz, namentlich an die Landwehr er-^ 
lassen und sie zur Treue gegen den König aufgefordert 
Tags darauf antwortete das polnische Nationalkomitee mit 
einem Aufruf an die Geistlichen, in dem von „satanischen 
Intriguen " die Rede war, durch welche die Bauern von der 
nationalen Sache abwendig gemacht werden sollten. Die 
Geistlichen sollten von den Kanzeln herab verkünden, dafs 
im „freien Polen" dieselben Freiheiten und weniger Abgaben,, 
als unter fremden Eegierungen, garantiert würden. Und in 
einem folgenden Plakat wird geradezu die Aufhebung aller 
Standesunterschiede angekündigt. „Es giebt keinen Adel,, 
keine Bauern mehr — nur Ireie Bürger, Bürger unter sich, 
alle einander gleich als Söhne einer polnischen Mutter.'^ 
Den grundbesitzenden Landleuten wurde Verringerung der 
Lasten, den Arbeitern Verbesserung ihres Lohnes, den Be- 
sitzern mit beschränktem Eigentumsrecht völliges Eigentum 
zugesichert. Noch höherer Lohn wurde denjenigen in Aus- 
sicht gestellt, welche in dem bevorstehendem Kampf die 
Waffen für das Vaterland ergreifen würden: den Besitzen-^ 



224 Fünftes Buch. 

den Steuerfreiheit, allen übrigen die Anwartschaft zu Ämtern 
und Stellen nach Mafsgabe ihrer Befähigung; fiir die Hinter- 
bliebenen der im heiligen Kampfe Gefallenen würde das 
Vaterland sorgen. Traten in diesen Aufinifen die politisch- 
und Sozialrevolutionären Tendenzen schon ziemlich unver- 
hüllt zutage, so bedeutete ein Aufruf an die Polen im 
preufsischen Heere, ihre Fahnen zu verlassen, und ein Prok- 
lama, das Abfall vom Könige und Verrat am Vaterlande 
verlangte, die nackte Losreifsung von Preufsen. 

Am 21. März reiste die Deputation, welche zur Über- 
bringung an den König gewählt worden, nach Berlin, um die 
freiwillige Abtretung des Grofsherzogtums zu erbitten. Der 
ganzen polnischen Bevölkerung, heifst es in diesem Schrift- 
stücke, habe sich der einmütige Gedanke bemächtigt, es habe 
die Stunde der Wiedergeburt Polens geschlagen; den An- 
strengungen der Bittsteller sei kaum gelungen, eine Be- 
wegung, die selbst blutig sein dürfte, aufzuhalten; sie be- 
antragen, eine nationale Reorganisation des Grofsherzogtums 
Polens zu gestatten, man wolle dem Könige die Mitglieder 
«iner provisorischen Kommission vorschlagen, welche die 
Truppen der Besatzung zu einem einheimischen Truppen- 
corps umgestalteten und die Besetzung aller Amter mit Ein- 
geborenen durchzufiihren habe. 

Die Deutschen, wenn sie auch der Aufrichtigkeit der 
polnischen Verheifsung gleicher Rechte milstrauen zu müssen 
glaubten, fiihlten sich doch dem mächtigen Aufflammen der 
national -polnischen Bewegung gegenüber vorerst noch zu 
schwach, um derselben einen Widerstand entgegensetzen zu 
können. Sie erachteten es daher einstweilen als das Klügste, 
auf die polnischen Ideen der allgemeinen Versöhnung und 
Brüderlichkeit unter den beiden Nationen einzugehen, um 
nicht ihre Sicherheit zu gefährden. Es wurde seitens der 
Deutschen die Zusammensetzung eines Komitees beschlossen, 
welches einen Anschlufs an das polnische Nationalkomitee 
suchen sollte. Mitglieder desselben begaben sich aufs Rat- 
haus und verlangten Teilnahme an dem daselbst tagenden 
Zentralkomitee. Sie wurden höflich abgewiesen. Nur an 
dem zum Schutz des Eigentums erforderlichen Beratungen 
wollte das polnische Komitee die Deutschen teilnehmen 
lassen. Dessen ungeachtet stellte ein anderer Ausschufs, 
das deutsche Nationalkomitee, dessen Wahl in einer Ver- 
sammlung deutscher Bürger veranlafst worden war, sich die 
Aufgabe, ein gutes Einvernehmen zwischen Polen und 
Deutschen herzustellen. 

Gewalthättiger und unverblümter war das Vorgehen der 



Aufstand von 1848. 225 

national-polnischen Partei in den kleineren Städten und auf 
dem platten Land. Hier liefsen die Aufständischen schon 
vom Beginn der Bewegung keinen Zweifel darüber auf- 
kommen, dafs es ihnen um eine völlige Beseitigung der 
preufsischen Herrschaft zu thun sei'. Wappenschilder und 
sonstige Hoheitszeichen wurden abgerissen, Staatskassen be- 
schlagnahmt; Beamten abgesetzt, Steuern erhoben. Allerorten 
wurden Freischarencorps gebildet und Deutsche wie Juden 
zum Eintritt in dieselben gezwungen. Am 28. März traf 
Mieroslawski aus seiner Berliner Haft in Posen ein und 
übernahm das Kommando über die sich bildenden Streit- 
kräfte. Der Adöl bewaffnete seine Beamten und Dienst- 
leute. Am rührigsten aber waren die katholischen Geist- 
lichen. In den Kirchen liefsen sie polnische Gedichte aus- 
streuen, in denen dem Volke die Wiederherstellung Polens 
mitgeteilt, das eidliche Gelöbnis einer kriegerischen Volks- 
-erhebung auferlegt und zugleich den Landwehrleuten unter- 
sagt wurde, der preufsischen Einberufung Folge zu leisten. 
Die meisten kleineren Städte gerieten in die Gewalt der 
Aufständischen. Um namentlich auch die Bauernbevölkerung 
heranzuziehen, liefs man es nicht an den lockendsten Ver- 
sprechungen fehlen. Ein Erlafs des Nationalkomitees vom 
1. April verhiefs den Besitzern zinspflichtiger Ackerwirt- 
schaften Befreiung von Zinsen und allen im Nationalheere 
Dienenden nach beendigtem Kriege Belohnung mit Ackern 
aus den Nationaldomänen; drei Morgen Land und eine Kuh 
wurde jedem Komornik versprochen. Den Bauern stellte 
man Aufhebung aller Standesunterschiede , Verminderung 
•der Abgaben, Güterverteilungen und sonstige Belohnungen 
in Aussicht, ja späterhin verordnete das Nationalkomitee ge- 
radezu die Aufhebung aller Dominial-, Jagd- und Fischerei- 
Gerechtigkeiten auf bäuerlichen und städtischen Grundstücken, 
sowie der Berechtigung, Laudemien zu erheben. Trotzdem 
hielt sich die sefshafte ländliche Bevölkerung mit geringen 
Ausnahmen vorsichtig zurück, da sie den Wert solcher von 
der augenbHcklichen Not eingegebenen Versprechungen aus 
früheren Erfahrungen zur Genüge kennen mochte. Den 
Hauptbestandteil der Aufständischen bildeten die Edelleute 
mit ihrem Anhang, das Proletariat der Städte, das niemals 
bei solchen Anläfsen zu fehlen pflegt, da es hierbei selten 
etwas zu verlieren hat, wohl aber im schlimmsten Fall eine 
Zeit lang auf Kosten anderer einem wohllebigem Nichtsthun 
fröhnen kann, und endlich zahlreiche Überläufer aus Russisch- 
Polen und Galizien, sowie polnische Emigranten aus Frank- 
reich, England etc. 

Meyer, Geschichte Posens. 15 



\ 



/ 



226 Fünftes Buch. 

Die Aufregung im polnischen Lager wuchs, als die vom 
Könige der nach Berlin entsandten Deputation erteilte Ant- 
wort bekannt wurde. Sie enthielt nichts Geringeres al& 
die Zusage der geforderten „nationalen Reorganisation des 
Grofsherzogtums ". Behufs Durchführung derselben sollte 
alsbald eine Kommission aus Eingeborenen der Provinz zu- 
sammentreten. Massetihaft strömten jetzt die polnischen Frei- 
willigen zu den Fahnen, namentlich in dem fast ausschliefs- 
lich polnischen Osten der Provinz. Eine allgemeine Bestür- 
zung bemächtigte sich des deutschen Teiles der Bevölkerung, 
Eine massenhafte Auswanderung derselben nach den deut- 
schen Nachbarprovinzen begann. Jetzt endlich raffte sieb 
auch die oberste Militärbehörde des Landes zu energischem 
Handeln auf; alle irgendwie entbehr hohen Streitkräfte wur- 
den in und um Posen konzentriert, die Reserven eingezogen 
und schlesische und pommersche Landwehrtruppen einbe- 
rufen. Über die Stadt Posen wurde der Belagerungszustand 
verhängt und die bewaffneten Polenhaufen dadurch ge- 
zwungen, wenigstens die Hauptstadt zu räumen und ihre 
Thätigkeit in anderen Teilen der Provinz fortzusetzen. 

Die neu ernannte Reorganisationskommission wurde, mit 
einziger Ausnahme des versitzenden Oberpräsidenten von 
Beurmann, ausschliefsUch aus Polen zusammengesetzt. Ein 
Schrei der Entrüstung ging jetzt durch den deutschen Teil 
der Provinz. Namentlich war es der ehemalige Netzedistrikt^ 
der lauten Widerspruch gegen die ihm drohende Polonisie- 
rung erhob. Die Stadt Bromberg hatte bereits im März 
einen Versuch des polnischen Adels, sich dieser Hochburg 
des Deutschtums zu bemächtigen, kräftigen und erfolgreichen 
Widerstand entgegengesetzt. Jetzt wurde eine allgemeine 
Volksversammlung zusammenberufen und in derselben dem 
Gefühl der Zusammengehörigkeit mit Deutschland feierlicher 
Ausdruck gegeben. Eine Bürgerwehr bildete sich, hielt mit 
klingendem Spiel einen Umzug durch die Stadt und pflanzte 
auf die öffentlichen Gebäude und die Türme die preufsische 
und deutsche Fahne. Bromberg war den Polen für immer 
verloren. Dem Vorgang Brombergs folgten die übrigen 
Städte des Netzedistrikts ; eine gemeinsame Deputation wurde 
nach BerHn geschickt mit der Bitte um Aufnahme in den 
deutschen Bund. Stadt und Herrschaft Filehne verlangten 
Einverleibung in die Provinz Preufsen. In gleicher Weise 
baten in dem gleichfalls vorwiegend deutschen Südwesten 
der Provinz die Städte Fraustadt, Ra witsch und Lissa, der 
Nachbarprovinz Schlesien zugeteilt zu werden. 

Wie im Osten Bromberg, so stellte sich im Westen der 



Aufstand von 1848. 227 

Provinz die Stadt Meseritz an die Spitze der deutsch-natio- 
nalen Bewegung. Eine Eeihe trefFUcher, von glühendem 
Patriotismus erfüllter Männer hatte sich hier nach den ersten 
Nachrichten aus Berlin und Posen zu kräftigster Abwehr 
der polnischen Ansprüche zusammengethan. Vor allen sind 
hier zu nennen der spätere Abgeordnete zum Frankfurter 
Parlament, Direktor der Eealschule Kerst, die Oberlehrer 
derselben Anstalt Gabel und Holzschuher und der Kreis- 
sekretär, spätere Bürgermeister Scholz. Schon am 23. März 
unterbreitete der Oberlehrer Holzschuher den städtischen 
Kollegien eine von warmer Begeisterung für die deutsche 
Sache getragene Denkschrift, in der er dieselben zum raschen 
Vorgehen aufmunterte. Scharf wird hier der auf totaler Un- 
kenntnis der thatsächlichen Verhältnisse beruhende philan- 
tropische Humanitätsschwindel gegeifselt, der damals im 
eigentUchen Deutschland hinsichtlich der Polen und ihrer 
Ansprüche allgemein beliebt war und späterhin die gröbste 
Vergewaltigung der deutschen Bevölkerung Posens nach sich 
ziehen sollte. Schliefslich beschwört Holzschuher die stä- 
dtischen Kollegien, im Verein mit den übrigen Städten der 
Westgrenze eine Deputation an den König mit der Bitte 
um Aufnahme in den deutschen Bund zu senden. Noch am 
selben Tage richteten die städtischen Körperschaften eine 
Adresse in diesem Sinne an den König. Der diese über- 
bringenden Deputation gelang es zwar nicht, eine Audienz 
beim Könige zu erlangen, doch liefs dieser ihr durch den 
Minister von Auerswald eröffnen, dafs er nicht daran denke, 
die Provinz Posen aufzugeben, am wenigsten die deutschen 
Städte derselben ; binnen kurzem werde MiKtär zum Schutze 
der Stadt eintreffen; was diese an Waffen zur Selbstvertei- 
digung bedürfe, solle sie sofort durch den Eüriegsminister er- 
halten. Alle deutschen Grenzstädte sollten dem Könige ihre 
Treue bezeugen und den Polen mit entschiedenen Protesta- 
tionen gegenübertreten; es wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, 
die Abtrennung der deutschen Grenzstädte durchzusetzen; 
selbst die Polen würden im gegenwärtigen Augenblick nichts 
dagegen einzuwenden haben. 

Die Freude, welche diese königliche Antwort in der 
Stadt hervorrief, erhielt allerdings einen Dämpfer, als die 
Antwort des Königs an die polnische Deputation bekannt 
wurde, nach welcher der Provinz eine polnisch-nationale Re- 
organisation in Aussicht gestellt wurde. Sofort ging eine 
zweite, mit 500 Unterschriften bedeckte Adresse an den 
König ab, und zugleich wurde ein Aufruf an das deutsche 
Volk veröffentlicht, in dem der Gedanke der unlösbaren Zu- 

15* 



228 Fünfites Buch. 

sammengehörigkeit der deutschen Grenzkreise mit dem grofsen 
Mutterlande den kräftigsten Ausdruck fand. Mit den Nach- 
barstädten und den Städten des Netzedistrikts wurden Ver- 
bindungen angeknüpft, um in Berlin gemeinsam Front gegen 
die drohende Vergewaltigung der deutschen Bevölkerung der 
Provinz zu machen. Anfang April, als die erste Kunde 
von der bevorstehenden Sendung des Generals von Willisen 
ins Land kam, ging eine von den Kreisen Birnbaum, Brom- 
berg, Kolmar, Czamikau, Fraustadt, Inowrazlaw, Klröben, 
Meseritz und Wirsitz beschickte Deputation von 24 Mitglie- 
dern nach Berlin, um fiir eine sofortige Trennung der deut- 
schen Landesteile in administrativer Beziehung zu wirken. 
La den diesbezüglichen Verhandlungen mit dem Staatsmini- 
sterium wurde vonseiten der Abgesandten namentlich auch 
darauf hingewiesen, dafs durch die oben genannten Kreise 
die Hauptwasserverbindung zwischen den Ostseeprovinzen 
und dem Herzen Deutschlands, sowie die grofse deutsche 
Militärstrafse führe, an deren äufserster Grenze die wichtig- 
sten Punkte der Verbindungslinie lägen. Vor allem dürfte 
keine Entscheidung früher gefafst werden, als bis die ge- 
samten Bewohner dieser Kreise, und zwar in einer die wahre 
Meinung der Gesamtheit darlegenden Art darüber abgestimmt 
hätten, ob sie die Trennung von dem preufsischen Staats- 
verbande verlangten oder nicht. Der beim vereinigten Land- 
tag in Berlin anwesende Bürgermeister der Stadt Meseritz, 
Brown, dem von 42 Gemeinden seines Bezirkes Petitionen 
um Abtrennung von der Provinz Posen zugegangen waren, 
bat das Staatsministerium um schleunigste Absendung einer 
Kommission zur Vornahme dieser Abtretung. 

Auch im Innern des Landes regten sich allenthalben die 
Deutschen. Same, Schönlanke, ßadolin. Samter, Obomik, 
Strelno u. a. schlössen sich den vorgenannten Städten an. 
In der Landeshauptstadt selbst bildete sich ein neuer Aus- 
schufs von Männern energischer deutscher Gesinnung und 
wandte sich mit der Bitte nach Berlin, den Deutschen und 
den Juden die Einsetzung einer eigenen Beorganisations- 
kommission zu gestatten. Professor Low und Assessor von 
Dazur wurden nach Berlin geschickt; der erstere reiste je- 
doch schon bald weiter nach Frankfurt a. M., da er die 
Überzeugung gewonnen hatte, dafs hier für die nächste Zeit 
weit mehr als in Berlin eine Entscheidung der brennenden 
politischen Fragen zu erwarten sei. 

Aber auch die Polen blieben hinter den Anstrengimgen 
ihrer deutschen Mitbürger nicht zurück. Im Vordergrund 
stand die Organisation einer möglichst grofsen und schlag- 



Aufstand von 1848. 229 

fertigen Streitmacht. Überall, in den Städten wie auf dem 
platten Lande^ wurden Nationalwehren gebildet und sämt- 
liche Einwohner vom 17. bis 50. Lebensjahre zum Eintritt 
in dieselben gezwungen. Zu ihrer Unterhaltung wurden die 
Dominien und die katholischen Ortsgeistlichen verpflichtet. 
Neben dieser Bürgerwehr wurde eine reguläre Armee orga- 
nisiert und alle jungen Männer von 15 bis 20 Jahren für 
dieselbe ausgehoben; aufserdem schritt man zu umfassenden 
Werbungen. 

Am 5. April traf der zum königlichen Kommissar und 
Vorsitzenden der Kommission zur nationalen Reorganisation 
des Grofsherzogtums ernannte General-Major von Willisen 
in Posen ein. Von den Polen mit freudiger Genugthuung be- 
grüfst, von den Deutschen von vornherein mit unverhohlenem 
Mifstrauen betrachtet, war seine ohnedies schwierige und de- 
likate Mission beinahe eine Sisyphusarbeit. Ohne Zweifel 
gehörte er zu den unterrichtetsten Offizieren der Armee. Er 
hatte den Sohn des alten Feldmarschalls York auf seinen 
Reisen nach Italien und England begleitet und hierbei eine 
mit seinem Stande schwer vereinbare Vorliebe für konsti- 
tutionelles Wesen eingesogen. Als Chef des Generalstabs 
des V. Armeecorps war er später in Posen viel mit Polen 
in Berührung gekommen und hatte dort durch eine aus- 
gesprochene Russenantipathie sich Sympathie in den höheren 
polnischen Gesellschaftskreisen erworben. 

Willisen beging von vornherein einen grofsen Fehler da- 
durch, dafs er, anstatt die Polen an sich herankommen zu 
lassen, ihnen viel zu weit entgegenkam. Statt den aus- 
schlaggebenden Persönlichkeiten entschieden entgegenzutreten, 
glaubte er in ihnen die künftigen Stützen einer neuen Herr- 
schaft schonen zu müssen; er liefs sich mit einem Worte 
von der Bewegung hinreifsen. 

Am 6. April erliefs Willisen zunächst eine Proklamation 
an die Einwohner des Landes, in welcher er alle Komitee» 
für aufgelöst erklärte, das Auseinandergehen der polnischen 
Freischaren gebot und im übrigen zur Ordnung, Ruhe und 
Gesetzlichkeit ermahnte. Sodann berief er eine neue Re- 
organisationskommission, bestehend aus vier Deutschen und 
fünf Polen (unter ihnen der Erzbischof Przyluski). Allein 
jenes Verlangen blieb ganz erfolglos. Die Freischaren gingen 
nicht nur nicht auseinander, sondern vergröfserten sich sogar 
ansehnlich und bezogen in Schroda, Wreschen, Pleschen und 
Xions förmliche Kriegslager. In dem erstgenannten Orte 
standen nach der geringsten Angabe über 10000 Mann, von 
denen nur einige Hundert mit Gewehren, alle anderen mit 



230 Fünftes Buch. 

Sensen bewaffnet waren; eine kleine Anzahl war beritten; 
die Geschütze bestanden teils aus Böllern, teils aus eichenen, 
mit eisernen Ringen umlegten Röhren. An der Spitze stand 
Mieroslawski. Das Lager in Wreschen giebt ein glaub- 
würdiger Augenzeuge auf mindestens 4000 Mann an. Täg- 
lich und stündlich langten in der Hauptstadt die beun- 
ruhigendsten Nachrichten von gewaltsam herbeigeführten Er- 
pressungen von Geld, Pferden, Schlachtvieh und anderen 
Lebensmitteln ein. War infolge der allgemeinen Anarchie 
in der Provinz, für welche die polnische Bevölkerung ver- 
antwortlich gemacht wurde, und der auf deutscher Seite ver- 
breiteten Ansicht, dafs die verheifsene nationale Reorgani- 
sation die Polonisierung der ganzen Provinz und damit die 
Unterdrückung der Sprache, Sitte, bürgerlichen und poli- 
tischen Gleichberechtigung der Deutschen bezwecke, die Er- 
bitterung derselben schon vor der Ankunft Willisens hoch- 
gestiegen, so mufste sie erklärlicherweise mit verdoppelter 
Heftigkeit gegen diesen sich richten, als er nach seiner Pro- 
klamation vom 6. April die Reorganisationsberatungen begann 
und eifrig fortsetzte, während die Haltung der polnischen 
Kriegslager, namentlich bei Schroda, von Stunde zu Stunde 
drohender wurde und sogar einen Angriff auf die von allen 
Seiten anrückenden königlichen Truppen nicht mehr be- 
zweifeln liefs. In Pleschen rissen die Insurgenten das 
Strafsenpflaster auf und errichteten Barrikaden an allen wich- 
tigen Punkten. Am Mittag des 7. April rückte polnisches 
Militär in die Stadt ein, wohl bewaffnet und organisiert. Ihm 
folgten von allen Seiten die Edelleute mit ihren Sensen- 
männern. Die Stadt wurde zum Sammelplatze für die um- 
liegenden Kreise bestimmt und beschlossen, kein preufsisches 
Militär hineinzulassen. 

Angesichts dieser drohenden Haltung der Polen hielt sich 
der kommandierende General v. Colomb doch verpflichtet, 
militärisch einzuschreiten. Zuvor erliefs er noch gemeinsam 
mit dem Oberpräsidenten einen Aufruf zum Auseinander- 
gehen. Da dies nichts fruchtete, sandte er ein Corps von 
etwa 7000 Mann unter General v. Dunker gegen das Polen- 
heer bei Schroda aus. Die von Willisen den polnischen 
Heerhaufen zum Auseinandergehen bewilligte Frist lief am 
1 0. April ab, wurde jedoch auf persönliche Verwendung des 
Erzbischofs um 24 Stunden verlängert. Schon war am ge- 
nannten Tage bei Tremessen ein Zusammenstofs der preufsi- 
schen Truppen mit den polnischen Scharen erfolgt, als 
Willisen, der sich selbst in das Lager der Insurgenten be- 
geben und von den Führern derselben hatte überzeugen 



Aufstand von 1848. 231 

lassen, dafs ihre Unternehmungen einzig und allein gegen 
Rufsland zielten, den preufsischen Truppen Halt gebot und 
am 11. April mit den Polen die Konvention von Jaroslawietz 
abschlofs. Laut derselben sollten die zum Dienst Untaug- 
lichen und die Landwehrleute sofort nachhause geschickt 
werden, dagegen durften die Diensttauglichen in bestimmten 
Kantonnements (Wreschen, Miloslaw, Xions und Pleschen) 
und bestimmter Stärke (5 — 600 Mann) so lange beisammen 
bleiben, bis über die Art und Weise ihrer Einstellung in 
die Armee entschieden sei. Schroda sollte binnen drei Tagen 
geräumt werden. 

Die Nachricht von dieser Konvention rief bei den Deut- 
fichen allerorts tiefe Mifsstimmung hervor. Am Abend des 
11. April stieg die Erbitterung unter der deutschen Bevöl- 
kerung Posens zu einer solchen Höhe, dafs eine nach Tausen- 
den zählende Volksmenge aus allen Ständen trotz strömenden 
Regens vor dem Quartier Willisens eine lärmende Demon- 
stration losliefs. Nachdem ein donnerndes Pereat gebracht 
war, beruhigten die Grenerale v. Colomb und v. Stein- 
äcker die aufgeregte Versammlung durch die bestimmte Ver- 
sicherung, dafs die Rechte der Deutschen in keiner Weise 
verletzt werden sollten; auch werde Willisen binnen kürze- 
ster Frist die Stadt verlassen. Nur mit Mühe hatte sich 
dieser durch eine Hinterthüre des Gasthofs nach der Festung 
Winiary gerettet Aber auch hier fühlte er sich nicht mehr 
sicher: hatte doch die Landwehr ihm bei seiner Rückkehr 
aus Schroda oflfen ihren Unwillen bezeigt und die Kürassiere 
ihn sogar angespuckt. Am folgenden Tage gaben die Deut- 
schen dem Oberpräsidenten die Erklärung ab, dafs Willisen 
nicht mehr in die Stadt dürfe; auch die Generale drangen 
in diesen, das Land zu verlassen. Allerorten wurden Vor- 
stellungen an den König gerichtet, in denen Willisens Rück- 
berufung, schleunige Niederwerfung des polnischen Aufstands 
und Vereinigung der deutschen Landesteile mit deutschen 
Provinzen begehrt wurde. Die Stadt Meseritz zeigte der 
Posener Regierung an, dafs sie sich unter den Schutz der 
Regierung zu Frankfurt a. d. O. gestellt habe, weil sie von 
dorther einen kräftigeren Schutz ihrer Interessen zu erwarten 
habe, als ihr bis jetzt die Regierung zu Posen habe gewähren 
können. Ebenso schlofs sich das Domänenamt Polajewo der 
Regierung zu Bromberg an. So sehr ergriff diese allgemeine 
Bewegung jetzt auch die bis dahin ängstlich zurückhaltenden 
Beamten- und Militärkreise, dafs, als Willisen am Abend des 
19. April wieder vor Posen anlangte, ihm der Kommandant 
keinen Einlafs in die Stadt gewährte, ihn vielmehr unter 



232 Fünftes Buch. 

Bedeckung ins Kernwerk Winiaiy führen liefs. Am nächsten 
Morgen reiste Willisen nach Berlin zurück. 

Die Stellung der Regierung war angesichts der schnur- 
stracks divergierenden Meinungen und Wünsche der beiden 
Bevölkerungsteile der Provinz eine äufserst schwierige. Am 
3. April war den zum Vereinigten Landtag in Berlin an- 
wesenden Mitgliedern des Posener ProvinziaJlandtags seitens 
der Staatsregierung die Aufforderung zugegangen, sich dar- 
über schlüssig zu machen, ob die Provinz Posen dem deut- 
schen Bunde einverleibt werden solle, und im bejahenden 
Falle zwölf Mitglieder für die deutsche Nationalversammlung 
zu Frankfurt a. M. zu wählen. In der Sitzung des 6. April 
wurde die Aufiaahme in den Bund mit 26 gegen 17 Stimmen 
abgelehnt. Da die deutsche Minorität sich bei ihren der 
Majorität ganz entgegengesetzten Interessen durch die Be- 
scUufsfassung derselben nicht gebunden halten konnte, um 
so weniger als dieser Beschlufs nicht zwei Dritteile der 
Stimmen erhalten hatte, so vereinigte sie sich unter dem 
Vorsitz des Landtagsmarschalls von Zöller zu einem beson- 
deren Konvent und gab die Erklärung ab, dafs der deutsche 
Teil der Provinz Posen unter allen Umständen in den Deut- 
schen Bund einbezogen werden müsse. Demgemäfs wählten 
sie auch sofort fünf Abgeordnete zur deutschen National- 
versammlung, und zwar den Rittergutsbesitzer Kupfer auf 
Czacz, den Justizrat Eckert zu Bromberg, den Freiguts- 
besitzer Sermsdorf zu Podanin, den Realschuldirektor Kerst 
zu Meseritz und den Apotheker Hausleutner zu Rawitsch. 

Dieses entschiedene Auftreten der deutschen Minorität 
des Provinziallandtags , zusammen mit den massenhaften 
Petitionen der Deutschen aus der Provinz, verfehlten denn 
doch ihre Wirkung auf die Regierung nicht. Die Bildung 
eines polnischen Freicorps nach Willisens Antrag wurde 
nicht genehmigt, die Forderung der Deutschen zugestanden^ 
dafs die der polnischen Bevölkerung verheifsene nationale 
Reorganisation auf diejenigen Landesteile, in welchen die 
deutsche Nationalität vorherrschend sei, nicht ausgedehnt 
werden dürfe. Vielmehr sollte nach einer Kabinettsordre 
vom 14. April der von diesen Landesteilen beantragte An- 
schlufs derselben an den Deutschen Bund ohne Verzug bei 
der deutschen Bundesversammlung vermittelt werden. Die 
nähere Bestimmung der Grenzlinie blieb vorbehalten, und 
nur der Netzedistnkt und die Kreise Birnbaum, Meseritz, 
Bomst und Praustadt schon jetzt definitiv als die Bezirke 
bezeichnet, in denen die Wahlen zur deutschen National- 
versammlung vorgenommen werden sollten. 



Aufstand von 1848. 288 

In der Stadt Posen brachte dieser Erlals ungeheure Auf- 
regung hervor. In einer aufserordentlichen Sitzung der Stadt- 
verordneten wurde am 18. April der Beschlufs gefafst, bei 
dem Staatsministerium gegen die Abtrennung der Grenz- 
kreise von dem Grofsherzogtum Posen zu protestieren, weil 
dieselbe den Verfall der Stadt Posen nach sich ziehen müfste, 
und zugleich darauf angetragen, dafs, nachdem den Grenz- 
kreisen die Aufnahme in den Deutschen Bund bereits zu- 
gesagt worden, die Stadt Posen Provinzialhauptstadt ver- 
bleibe und als solche gleichfalls in den Deutschen Bund 
aufgenommen werde. In gleicher Weise beschlofs eine Volks- 
versammlung am selben Tage unauflösliche Vereinigung der 
Stadt und des Kreises Posen pit Deutschland und bestürmte 
den Magistrat um sofortige Übermittelung dieser Bitte nach 
Berlin. Mit nahezu 3000 Unterschriften bedeckt, ging die- 
selbe noch am Abende nach ihrem Bestimmungsort ab. Zu- 
gleich wurde eine Deputation der deutschen Bewohner der 
Provinz nach Berlin entsendet. Ihrem Auftrag gemäls er- 
klärte dieselbe dem Ministerium: „seit dem 18. März, seit- 
dem der Staat ein konstitutioneller geworden, sei die 
Regierung nicht mehr berechtigt, Abgesandten der Polen 
Zugeständnisse zu machen, welche die Zustimmung der 
Nationalvertretung erforderten; die von Willisen den Polen 
gemachten Versprechungen seien Verletzungen der gültigen 
Gesetze und der nationalen Rechte der Deutschen". 

Durch das deutsche Nationalkomitee wurde eine Denk- 
schrift an das Staatsministerium zur Unterschrift versandt, 
in der gleichfalls der Forderung auf Einbeziehung der Stadt 
Posen in den künftigen deutschen Teil der Provinz Ausdruck 
gegeben war. Das Übergewicht der deutschen Bevölkerung 
dieser Stadt — heilst es in derselben — beruhe sowohl in 
der Kopfzahl, da hier neben 18 000 Polen 24 000 Deutsche 
wohnten, als wie darin, dafs die polnische Bevölkerung der 
Stadt Posen vorherrschend der niederen, ungebildeten und 
unbemittelten Klasse, umgekehrt aber die deutsche Bevölke- 
rung vorhen^schend der wohlhabenden und gebildeten Mittel- 
klasse angehöre. Für den abzugrenzenden polnischen Teil 
der Provinz werden genügende Garantieen für die deutsche 
Nationalität, sowie für die freie Religionsübung der Evange- 
listen und Juden gefordert. Die Staatsregierung müsse die 
Vermittelung übernehmen, um die Übersiedelung polnischer 
Gutsbesitzer aus dem unter deutscher Verwaltung bleibenden 
Teil in den polnischen und umgekehrt auf alle Weise zu 
befördern. 

Überall, wo die Polen die Mehrheit der Bevölkerung 



234 Fünftes Buch. 

ausmachten, war man in Aufregung und banger Sorge. 
Man hatte die Polen bei der Sammlung und Einübung von 
Mannschaften ruhig gewähren lassen, und die Gelegenheit 
war ausgiebig benutzt , worden. Namentlich die Landes- 
hauptstadt war einem Überfall ausgesetzt. Seit Jahren lief 
unter den Polen die Prophezeiung um, Polen werde durch 
ein schreckliches Blutbad an dem Tage frei werden, an 
welchem Ostern mit dem Tage des Schutzheiligen Wöjciech 
(Adalbert) zusammenfalle, was gerade in diesem Jahre der 
Fall war. An den Osterfeiertagen fand zudem stets ein 
massenhafter Zusammenstrom des polnischen Landvolkes in 
der Hauptstadt statt, und die Geistlichkeit liefs diese Ge- 
legenheit selten vorbeigehen, zu dem Volke in aufreizender 
Rede zu sprechen. Um diesem vorzubeugen, hatten nicht 
allein der Oberpräsident und der kommandierende General 
den Erzbischof persönlich gebeten, die ihm unterstellte Geist- 
lichkeit zur Ruhe und Mäfsigung zu vermahnen, auch von 
Berlin aus war derselbe in gleichem Sinne angegangen wor- 
den. Allein der Erzbischof lehnte jede Einwirkung ab, 
vielmehr erliefs er gerade während der Ostertage einen 
Hirtenbrief, worin er die preufsischen Beamten Feinde der 
katholischen Kirche nennt, die polnische Bevölkerung aber 
gegen die deutsche hetzt, indem er Polentum und Katho- 
licismus als identische Begriffe zusammenfafst und dem 
gleichfalls unifizierten Protestantismus und Deutschtum gegen- 
überstellt. „Die Hauptbewohner des Grofsherzogtums Po- 
sen ^* — heilst es bezeichnend in einem späteren Aufrufe — 
„ sind Polen, d. h. Katholiken, denn polnisch und katholisch 
gilt, ^ wie Ihr wifst, unter uns für ein und dasselbe." 

Überall in den Städten machten sich die Deutschen für 
die Ostertage zur Gegenwehr fertig. Im Netzebruch kam 
man überein, den Deutschen der Hauptstadt bewaffneten 
Zuzug zu leisten. Gegen Willisen wurde öffentliche Anklage 
beim Staatsministerium erhoben und ersterem Abschrift der- 
selben übermittelt. Namentlich wurde Willisen zum Vor- 
wurf gemacht, dafs er den Landräten des Bromberger Re- 
gierungsbezirks Beisitzer polnischer Abkunft an die Seite 
gesetzt hatte, da er nur als beratendes Organ in das Land 
geschickt sei, und da die Kabinettsordre vom 14. April den 
Netzedistrikt von jeder Reorganisation ausgeschlossen habe. 
Für den 22. April wurde eine allgemeine Volksversammlung 
sämtlicher Deutschen der ganzen Provinz auf den Wilhelms- 
platz in Posen einberufen und unter massenhafter Beteiligung 
trotz des Widerspruchs des Stadtkommandanten abgehalten. 
Wenige Tage später, am 26. April, fand eine noch gröfsere 



Aufstand von 1848. 235 

Versammlung von ungefähr 900 Abgesandten aus 1 6 Kreisen 
des Landes in Posen statt, auf der das Widerstreben der 
Deutschen gegen eine Trennung vom Mutterlande energischen 
Ausdruck fand. 

Aber auch die Polen blieben nicht müssig. Am 12. April 
protestierte das polnische Nationalkomitee gegen die Trennung 
der Provinz in einen polnischen und einen deutschen Teü 
und suchte auf jede Weise die Wahlen zu der Berliner und 
Frankfurter Nationalvertretung zu hintertreiben; es sollte 
lediglich ein Provinziallandtag zusammentreten und demselben 
die neue Verfassung des Grofsherzogtums zur Beschlufs- 
fassung vorgelegt werden. 

Wie vorauszusehen wai', hatten die Polen die ihnen durch 
die Konvention von Jaroslawietz bewiUigte Frist vorüber- 
gehen lassen, ohne dafs die bewaffneten Haufen sich auf- 
-gelöst hätten und in ihre Heimat zurückgekehrt wären. 
Noch einmal hatte ihnen dann Willisen eine letzte Frist 
von drei Tagen ausgewirkt, aber auch diese ging unbeachtet 
vorüber, nur dafs jetzt das Lager bei Schroda geräumt 
wurde; im übrigen blieb alles beim alten. Willisen war 
inzwischen abgereist. Jetzt endlich schritten die preufsischen 
Befehlshaber zu ernstlichen Mafsregeln. Die Aufstellung der 
Truppen war folgende. Ein Teil derselben hatte sich in die 
Festung Posen zurückbegeben, ein anderer umschlofs in 
«inem weiten Halbkreis die noch bestehenden polnischen 
Lager, deren Besatzungen nur den Ausweg nach der russi- 
schen Grenze offen lassend; General v. Wedell deckte mit 
Truppen des zweiten Armeecorps den nordwärts von Wre- 
schen liegenden Landstrich, der unter ihm befehligende Ge- 
neral V. Hirschfeld, dessen Avantgarde vor Wreschen beob- 
-achtend stehen bleiben sollte, mufste sich, von Gnesen her 
anrückend, den Eingang nach Schwarzenau mit Kanonen- 
feuer eröffnen. Die Insurgenten zogen nunmehr von Wreschen 
nach Neustadt an der Warthe ab, nicht ohne vor ihrem 
Abzüge in der erstgenannten Stadt die Greuelscenen zu 
wiederholen, die sie kurz vorher in Tremessen ausgeführt 
hatten. Hier waren am 10. April nach dem ersten Zu- 
sammenstofs der Insurgenten mit den preufsischen Truppen 
und nach dem Abzug der letzteren von jenen die deutschen 
Beamten und Bürger, namentlich aber die Juden, unter dem 
Vorgeben, als sollten diese aus den Fenstern auf die In- 
surgenten geschossen haben, mifshandelt und ihre Wohnungen 
geplündert worden. Jetzt verübten sie in der Nacht vor 
ihrem Abzüge in Wreschen noch weit gröfsere Greuelthaten. 
Sie brachen in die jüdische Synagoge ein, rissen die Thora 



236 Fünftes Buch. 

in Stücken und verübten anderen Unfug. Ein Jude Trurde 
förmlich abgeschlachtet, ein jüdisches Mädchen im Bette 
überfallen und erstochen, drei andere jüdische Frauen schwer, 
zahlreiche jüdische Männer leichter verletzt. Die Anführer 
wehrten mit Lebensgefahr weiteren Freveln. An demselben 
Tage noch rückte preufsische Landwehr und ein Geschwader 
Ulanen ein. Die feindlichen Zusammenstöfse mehrten sich 
von Tag zu Tag. Am 19. April wurde in Gostyn eine 
friedlich einrückende preufsische Abteilung aus den Häusern 
mit Flintenschüssen empfangen und von Sensenträgem an- 
gefallen, so dafs sie sich genötigt sah, zurückzugehen. Die 
Eingänge der Stadt wurden hierauf von den Insurgenten 
schnell verbarrikadiert, die Brücken abgetragen, die Enceinte 
der Stadt, sowie das Erlöster besetzt, in der Stadt und im 
Kloster wurde Sturm geläutet und die jetzt heranrückende 
Nachhut jener Abteilung mit Flintenfeuer begrüfst. Dem- 
ungeachtet liefs der Kommandant vorschriftsmäfsig die In- 
surgenten zweimal bei Trompetenschall auffordern, die Waffen 
niederzulegen und auseinanderzugehen, und ging erst, nach- 
dem diesen Aufforderungen nicht Folge geleistet wurde, zum 
Angriff über, durch welchen die Truppen doch bald Herr 
der Stadt und des Klosters wurden. 9 Insurgenten blieben 
tot, mehrere wurden verwundet, einige sechzig gefangen ge- 
nommen, unter ihnen Propst Ostrowski und zwei Laienbrüder 
des dortigen Philippinerklosters, welche drei Geistlichen je- 
doch in Berücksichtigung des nahen Osterfestes sofort ihrer 
Haft wieder entlassen wurden. Am 22. April wurde in 
Koschmin eine Quartiermachertruppe meuchlings angefallen 
imd hierbei ein Mann getötet und fünf Mann schwer ver- 
wundet. Die Quartiermacher zogen sich hierauf aus der 
Stadt auf das Gros des Detachements zurück. Dem Unter- 
offizier, der sich, auf dem Steinpflaster kriechend, in ein 
Haus retten wollte, hieb ein fanatisches Weib unter dem 
Wutgeheul der Insurgenten die linke Hand ab und spaltete 
ihm sodann mit sechs Hieben den Schädel. Die Insurgenten 
folgten der zurückgehenden Avantgarde, während in der 
Stadt Sturm geläutet wurde, brachen die Brücke über das^ 
Wasser an der Stadt ab, wurden jedoch von dem unter- 
dessen herangekommenen Füsilierbataillon bald von dort 
vertrieben. Die Brücke wurde durch letzteres schnell wie- 
der hergestellt und darauf die Stadt genommen, nachdem* 
noch viele Insurgenten aus den Häusern auf die Truppea 
heftig geschossen hatten. Bald darauf erhielt der Komman- 
dant die Meidung, dafs ein neuer Haufen Insurgenten aus. 
der Gegend von Borek zum Angriff auf Koschmin anrücke. 



Aufstand von 1848. 287 

Auch dieser wurde sehr bald zum Rückzug genötigt. Ahn- 
lich wurde an demselben Tage Truppen des sechsten Armee- 
corps bei Ostrowo und Adehiau und etwas später in Czar- 
notek begegnet. Am 28. April kam es in Grätz zu einem 
überaus heftigen Kampf. Diese Stadt war schon seit längerer« 
Zeit von zahlreichen Insurgenten besetzt gehalten, die von 
hier aus in den nahegelegenen deutschen Outshöfen plündernd 
und meudernd umherzogen. Nachdem ein in den Ort ge- 
schicktes Husarenpiquet von^^ den Häusern aus beschossen 
und die Aufforderung zur Übergabe des Platzes zurück- 
gewiesen worden war, erübrigte nichts anderes, als die Stadt 
von dem Windmühlenberg aus zu bombardieren und mit 
Sturm zu nehmen. Erst nach mehrstündigem hartnäckigen 
Gefecht, während dessen ein Teil der Stadt in Flammen 
aufging, gelang es den preufsischen Truppen, sich in den 
Besitz derselben zu. setzen. 

Am 29. April wurde das Städtchen Xions der Schau- 
platz eines blutigen Zusammenstofses zwischen Insurgenten 
und preufsischen Truppen. Hier hatten vielfache Mifshand- 
lungen und Beraubungen deutscher und jüdischer Bürger 
durch die polnischen Banden stattgefunden. Nachdem der 
in Schrimm und Umgegend kommandierende Oberst v. Brandt 
vergebens Genugthuung für die seinen Landsleuten zugefügte 
Unbill verlangt hatte, rückte er mit stürmender Hand in 
die Stadt ein. Es entspann sich ein mehrstündiges Gefecht, 
da die Insurgenten einen verzweifelten Widerstand leisteten. 
Die höchste Kampfeswut entwickelte sich infolge des Heran- 
Ziehens einer Hilfskolonne, der sogenannten Eujawiaken, 
welche gegen die preufsische Reiterei Carr^ formierten und 
sich lieber vernichten als sprengen liefsen. Der Kampf zog 
sich auf diese Weise durch die verbarrikadierten Strafsen 
der Stadt hindurch auf das freie Feld vor derselben. Ein 
Teil der Stadt ging in Flammen auf. Übrigens darf nicht 
verschwiegen werden, dafs auch die preufsische Landwehr 
bei und nach diesem Kampfe sich vielfache Grausamkeiten 
und Plünderungen zuschulden kommen liefs. Wiederholt 
mufste Oberst v. Brandt mit seinem Adjutanten plündernde 
Landwehrleute in eigener Person mit gezücktem Degen aus 
den Häusern treiben und Gefangene vor der Wut der Sol- 
daten schützen. Am folgenden Tage setzte Oberst v. Brandt 
seinen Marsch nach Neustadt an der Warthe fort, fand in- 
des diesen Ort schon geräumt Dagegen erlitten in den 
nächsten Tagen preufsische Truppenabteilungen unter dem 
Kommando der Generale v. Blumen und v. Wedell bei Mi- 
loslaw und Wreschen durch den dort befehligenden Mieros- 



288 Fünftes Buch. 

lawski empfindsame Sehlappen. Zu einer Ausnutzung der 
errungenen Vorteile konnte dieser indes nicht kommen, da 
sich die auf Gnesen zurückgedrängten Preufsen rasch wieder 
sammelten und zum Angriff übergingen. Zudem hatte 
'Mieroslawski nach seinem Siege bei Wreschen die dortige 
Gegend verlassen und war in der Richtung auf Tremessen 
zurückgegangen. Der wiederholte Angriff der Insurgenten 
auf Schrimm (6. Mai) wurde abgesctJagen , ihr Versuch, 
Exin zu überrumpeln, mifsglückte. RogaUn fiel am 7. Mai 
den Preufsen in die Hände. General v. Wedell schnitt 
Mieroslawski vom Süden ab und drängte ihn mehr uud mehr 
gegen die russische Grenze. Dieses erfolglose Hin- und Her- 
marschieren löste noch den letzten Rest der Disziplin bei 
den polnischen Streithaufen. Mieroslawski legte daher den 
Oberbefehl in die Hände des Obersten v. Brzeganski, der 
am 7. Mai Waffenstillstand erbat, aber abschlägig beschieden 
wurde, so dafs endlich, nachdem Mieroslawski sich schon 
vorher ergeben hatte, am 9. Mai bei Bardo (südwestlich von 
Wreschenl eine Kapitulation zustande kam. Bevor indes 
diese nocn in Vollzug gesetzt werden konnte, lief der gröfste 
Teil der Banden eigenmächtig auseinander, so dafs am fol- 
genden Tage nur 35 Mann zum Waffenstrecken erschienen. 

Trotzdem dauerte es noch geraume Zeit, bis wenigstens 
die äufsere Ruhe wieder notdürftig hergestellt war. Mieros- 
lawski, welcher nach der Posener CStadelle gebracht worden 
war, erlangte schon bald seine Freiheit wieder, und im Ok- 
tober erliefs der König eine vollständige Amnestie für alle 
bei dem Aufstand Beteiligten. 

Nach Willisens Abgang war General v. Pfael vom Kö- 
nige mit einer Art Diktatur bekleidet worden, indem ihm 
die gesamte Militär- und Zivilverwaltung der Provinz über- 
tragen und alle Behörden einschliefslich der Reorganisations- 
kommission untergeordnet wurden. Ohne Zweifel würde 
dieser ebenso energische als kluge Mann in kürzester Frist 
die tief zerrüttete Ordnung im Lande wieder hergestellt haben, 
wenn man ihn von Berlin aus frei hätte gewähren lassen, 
wie ihm dies in seiner Instruktion zugesichert worden war. 
Aber in den BerUner Regierungskreisen herrschte nach wie 
vor hinsichtlich der Posener Verhältnisse eine totale Kopf- 
losigkeit, die einerseits aus einer groben Unkenntnis der 
lokalen Zustände und Stimmungen, anderseits aus allgemein 
poHtischen Verhältnissen und Rücksichtnahmen resultierte. 
Zu allem diesen war jetzt noch der verderbliche Einflufs 
gekommen, welchen die liberalen Parteien der Frankfurter 
Nationalversammlung mit ihrer auf gründlichster Verkennung 



Aufstand von 1848. 289 

der thatsächlichen Bedürfnisse basierten Polenschwärmerei 
auf die Lösung der Posener Frage gewannen. 

Am 22. April und 2. Mai waren durch die Bundesver- 
sammlung der gröfste Teil des Netzedistrikts, dann die Kreise 
Birnbaum, Meseritz, Bomst und Fraustadt, sowie die Städte 
Kröben, Eawitsch und Jutroschin, endlich Stadt und Festung 
Posen, die Kreise Samter, Buk und Teile der Kreise Obor- 
nik, Kjöben, Krotoschin und die Stadt Kempen in den 
Deutschen Bund aufgenommen worden. Aufs lebhafteste 
protestierten die Polen gegen diese Zerreifsung des Landes 
und lehnten jede Mitwirkung für diese neue Organisation 
ab: drei ihrer hervorragendsten Führer (Dr. v. Kraszewski 
und die Grafen Potworowski und Mielzynski), denen nach- 
einander der Posten eines Oberpräsidenten für den polnischen 
Teil angeboten war, wiesen denselben zurück. Die Wahlen 
zur deutschen Nationalversammlung und zur preufsischen 
Ständeversammlung suchten sie nach Kräften zu hinter- 
treiben. 

Als dann jene zusammentrat, war es eine ihrer ersten 
Kundgebungen, dafs sie das „schmachvolle Unrecht", das 
gegen Polen begangen worden, feierlich anerkannte. Dem 
von der Stadt Meseritz zum Fünfzigerausschufs entsandten 
Schuldirektor Kerst war die Aufnahme verweigert worden. 
Zur Nationalversammlung stellten sich aus der Provinz 
Posen zwölf Abgeordnete ein, darunter auch einer von 
den Kreisen Buk und Samter zur Protesterhebung gegen 
die Einverleibung gewählter Pole. 

In der Sitzung des 23. Mai erhoben acht Abgesandte 
des polnischen Komitees Protest gegen die im Posenschen 
vollzogenen Wahlen , und der Polenschwärmer Venedey 
forderte die Zurückweisung des von der Stadt Posen ge- 
wählten Vertreters. Gleichwohl wurde nach einer stürmi- 
schen Sitzung am 5. Juni ihre vorläufige und am 27. Juli 
nach langen Verhandlungen ihre endgültige Zulassung be- 
schlossen. 

Die Hauptfrage der Reorganisation des Grolsherzogtum» 
blieb immer noch ungelöst. Nur das eine trat immer 
klarer hervor, dafs eine Trennung des Landes in einen 
polnischen und in einen deutschen Teil mit den allergröfsten 
Schwierigkeiten verknüpft war. Immer enger wurde die 
Grenze des im polnischen Sinne zu reorganisierenden Teile» 
abgesteckt. Hatte, als zuerst die Teilung beschlossen war, 
auf Grund der Beratungen, welche im preufsischen Staats- 
ministerium unter Mitwirkung Willisens seit dem 21. April 
stattgefunden hatten, General v. Pfuel am 12. Mai die 



240 Fünftes Buch. 

Kreise Gnesen, Wreschen, Schroda, Schrimm, Kosten, 
Pleschen, Adelnau, Schildberg (mit Ausnahme der Stadt 
Kempen) als polnisches Land bezeichnet, so wurde schliefs- 
lich nur der Oststreif mit den Städten Lekno, Zemik, Rogowo, 
Kletzko, Tremessen, Gnesen, Zydowo, Witkowo, Schwarze- 
nau, Powidz, Mieltschin, Wreschen, Schroda, Miloslaw, San- 
tomischel, Neustadt a. d. W., Mieszkow, Dolzig, Jaratschewo, 
Jarotschin, Gostyn, Sandberg, Borek, Pleschen, Pogorzela, 
Koschmin, Raschkow, Mixstadt, Grabow, Schildberg und 
Kobylagora als polnischer Teil bestimmt. Die Frankfurter 
Nationalversammlung genehmigte diese Abgrenzung am 7. 
Februar 1849 mit 280 gegen 124 Stimmen. Die neue Ver- 
fassung Preufsens am 5. Dezember 1849 erstreckte sich aber 
über den gesamten Staat und begriflf somit auch ganz Posen 
in sich; sie schlofs die Provinzialselbständigkeit aus, indem 
sie Preufsen als einheitlichen Staat einrichtete. In der auf 
ihrem Grund zusammenberufenen Ständeversammlung brachten 
fünf Abgeordnete Posens die nationale Reorganisation der 
ganzen Provinz in Erinnerung, ihr Antrag wurde jedoch 
verworfen. Dafür gelangte ein am 17. Dezember bei den 
Ständen gestellter Antrag der Regierung, von jeder Trennung 
der Provinz abzusehen, zur Annahme, — jedenfalls die einzig 
richtige Lösung der schwebenden Frage, wenn man die immer 
noch fortdauernden Gelüste der Polen nach Losreifsung des 
Landes von der preufsischen Herrschaft und ihr hartnäckiges 
Widerstreben gegen eine Trennung in Betracht zog. BUeb 
demnach die Einheit der Landesverwaltung gewahrt, so fiel 
doch anderseits wieder die Verbindung mit Deutschland. 
Denn kaum war der Bundestag wieder hergestellt (1851), 
als Posen nach dem erklärten Willen der preufsischen Regie- 
rung auch wieder vom Bunde ausgeschlossen wurde. 



r 



Anmerkungen. 



I Meyer, OeschiekU) Fosea«. 16 

I 



Erstes Buch. 



S. 89 Z. 1 T. n. Der Ort ^ydowo erscheint allerdings schon in 
einer Urkunde König Kasimirs des Grofsen vom 1. März 1357 (Codex 
diplomaticusMaioris Poloniae III, nr. 1354 >), aber nur als Dorf 
(villa) im Besitz des Gnesener Domkapitels. Zur Stadt wurde der Ort 
erst durch das Privilegium König Augusts III. vom 27. November 
1762 erhoben. Wuttke, Städtebuch des Landes Posen, S. 472. 

S. 4) Z. 10 T. 0. Diese Zeugnisse finden sich zusammengestellt 
in dem Werke von Szajnocha: Jadwiga i Jagietlo (Hedwig und 
Jagiello) I, S. 4—13. Die frühesten Arbeiten jbehufs Trockenlegung 
der ungeheueren Sümpfe gehören der Begierungszeit Leszek des 
Schwarzen (gest. 1287) an. 

S. 4, Z. 13 T. 0. Der Reichtum an Sümpfen, namentlich im 
nördlichen Teile der Provinz Posen, rührt wohl auch davon her, dafs 
einst der ganze östliche Teil der norddeutschen Tiefebene zum Becken 
der Ostsee gehört hat, die ihre Wellen bis hinter die spätere Netze 
trieb. Die Ansicht der Fachgelehrten geht dahin, dafs der südlich 
dieses Flusses liegende Distrikt ungefäl^ von Schulitz bis Czamikau 
das alte Ufer der Ostsee gebildet habe, da sich zwischen den ge- 
nannten Orten eine Dünenreihe fast raupenförmig hinziehe. Ebenso 
sollen die Flufsläufe eine bedeutende Veränderung erfahren haben. 
Die Weichsel soll früher ihr Bett im Netze- und Warthethal ge- 
habt haben, bei Küstrin gegen das Plateau von Frankfurt -Freien- 
walde geströmt und dann zwischen Freienwalde und Oderberg nach 
Liebenwalde, Kremmen und Fehrbellin abgeflossen sein. Ein anderer 
Abflufs ging dann nach Norden und teilte sich hinter Schwedt so, 
dafs der eine Arm das jetzige Oderbett, der andere das zum Teil aus- 
getrocknete Randowthal aus^Ute. Eine Bestätigung findet diese Hypo- 
Üiese durch den Fund von Überresten eines Schifies auf einem Berge 
bei Kulm und eines vollständigen Schiffies 20 Fufs tief im Torfgrunde 
bei Nakel am Ende des vorigen Jahrhunderts. Ebenso fand man 
noch vor kurzem bei Fordon unter Braunkohlenschichten und Thonen 



1) Ohne weiteren Znsats ist unter diesem Urknndenwerke stets die von der Fo- 
gener Oesellschaft der Freunde d^r Wissenseliaffcen (Towarzystwo przyjaciöl nank 
Pouanskiego) besorgte Ausgabe (4 Bftnde, Posen 1877—1881) zu verstehen. 

16* 



244 Anmerkungen. 

Beste von Urnen heidnischer Begräbnisse. Es müssen also hier mäch- 
tige Versandungen und Aufspülungen von Kohlenfragmenten aus den 
Kohlenriffen der Weichsel in yerhältnismäfsig später Zeit noch statt- 
gefunden haben. Früher soll auch die Brahe noch durch den jetzigen 
Bruch bei Riesin und Potulice mit der Netze in Verbindung ge- 
standen haben. Der ganze Netzebruch war ein grofses stagnierendes 
Wasser , welches wohl auch mit dem Goplosee zusammenhing. Der 
bekannte Mäuseturm in diesem letzteren war vielleicht ein Leuchtturm 
für die Schiffer. Schmitt, Geschichte des Deutsch- Kroner Kreises, 
S. 2ff 

S. 4, Z. 16 T. 0. Die Erniedrigung des Wasserstandes des 
Goplosees ist namentlich durch Kulturarbeiten an den angrenzenden 
Wiesen und Feldern und durch Kanalisationen, ganz besonders aber 
durch die der preufsischen Zeit angehörige Regulierung des Netze- 
flusses herbeigefiihrt worden. 

S. 4, Z. 2 V. u. Diese trockenen Übergangsstellen und die 
später an ihnen errichteten Niederlassungen wurden bezeichnender- 
weise Brzeg-Ufer genannt. Der heutige Name Brieg stammt noch von 
dem alten polnischen Brzeg, während der zweite nordwestlich von 
Breslau gelegene Übergangspunkt, der ursprünglich ebenfalls Brzeg 
hiefs, später nach einem seiner Besitzer Dyhemfurth benannt worden 
ist; in der deutschen Endsilbe furth lebt aber noch heute die Er- 
innerung an die alte Bedeutung des Ortes fort. — — Ein besonders 
wichtiger Übergangspunkt war in der ältesten Zeit bei Glogau. Da 
hier nicht nur rückwärts nach Osten durch die Sumpfniederungen 
der Bartsch, sondern auch vorwärts gegen Westen durch die gleich- 
falls im hohen Grade brüchigen Niederungen des Bobers und der 
Lausitzer Neisse eine natürliche Festung von fast uneinnehmbarer 
Stärke. .geschaffen ward, so begreift sich die wichtige Rolle, welche 
diese Üoergangsstelle von den Zieiten Boleslaws I. an in allen Kriegen 
Polens mit dem Deutschen Reiche gespielt hat. 

S. 5, Z. 5 ¥• 0« Dieser ursprünglich einzige Übergang über die 
Obra in der Richtung Posen - Breslau ist auch der Grund, dafs die 
alte Verbindungsstrafse zwischen diesen beiden Städten nicht die heu- 
tige Richtung über Kosten, Lissa u. s. w. einhielt, sondern über 
Schrimm, Dolzig und Punitz lief. In letztgenannter Stadt war die 
Grenzzollstätte gegen Schlesien. 

S. 6^ Z. 14 T« 0. Vgl. Sadowski, Die Handelsstrafsen der 
Griechen und Römer, S. 57. Mit aufserordentlichem Scharfsinn sind 
auf den vorhergehenden Seiten die Angaben des Ptolomaeus geprüft, 
bezüglich verbessert. Ptolomaeus unterscheidet sich dadurch wesent- 
lich von den übrigen klassischen Schriftstellern, welche über unsere 
Gegenden berichten, dafs er die Lage der aufgeführten Ortschaften 
nach Graden und Minuten der geographischen Länge und Breite be- 
zeichnet. Ein genaues Festhalten an seinen mathematischen Angaben 
würde nun zu ganz unmöglichen Deutungen der vier Orte Kalisia, 
Setidava, Askaukalis und Skureon führen: ninmit man dagegen, wie 
Sadowski dies thut, eine Korrektur der Ptolomaeischen Angaben vor, 
was bei der Unbekanntschaft ihres Autors mit den einschlägigai 
geographischen Verhältnissen unbedenklich geschehen darf, so ge- 
lingt man zu der von Sadowski gewonnenen Deutung der vier Orts- 
namen, die dann noch weiter durch historische Zeugnisse anderer 
Art gestützt wird. So hat man bei Znin Bronze aus der ältesten 
Zeit gefunden, ebenso bei Stupy zwischen Znin und Osielsk. So- 



Anmerkungen. 246 

dann sind Kaiisch, Znin und Czersk uralte Orte, deren Anfänge 
über die geschichtlich beglaubigte Zeit hinaufreichen. Kaiisch liegt 
an dem Wege nach Konin, dem einen „der beiden Punkte an der 
oberen Warthe, bei welchen allein ein Überschreiten dieses Flusses 
möglich war, Znin an der Übergangsstelle zwischen den Brüchen der 
Gonsawka nach der Netzepassage bei dem heutigen Bromberg, Osielsk 
hinter der einzigen Durchgangsstelle, durch welche man von Gnesen 
und Kruschwitz nach Pommerellen gelangen konnte, Czersk endlich 
am westlichen Bande der später sogenannten Tucheier Heide, die nur 
an dieser Seite umgangen werden konnte. Kaiisch, Znin und Osielsk 
liegen ohnedies an einer notorisch uralten Strafse, an welcher zahl- 
reiche griechische und römische Altertümer gefanden worden sind 
und noch fortdauernd gefunden werden, und zwar zum Teil noch aus 
der Zeit, in welcher Ptolomaeus sein geographisch -historisches Werk 
schrieb. Es ist daher eine wohl ansprechende Vermutung Sadowskis, 
als sei Ptolomaeus von wandernden Kaufleuten über die Existenz 
jener Handelsetappen unterrichtet worden. 

S. 6, Z. 17 T. 0. Der Name Skurgon wird auch mit Skurz in 
Westpreufsen in Zusammenhang gebracht, und wenn es lediglich auf 
den Namensgleichklang ankäme, wurde diese Deutung unzweifelhaft 
den Vorzug vor der im Text aufgestellten verdienen. 

S« 6, Z. 22 T. u. Die bei Schubin im Jahre 1832 gefundenen 
griechischen Münzen weisen imgefahr auf das Jahr 450 v. Chr. als 
Zeitpunkt der Anwesenheit griechischer Kaufleute in jener Gegend 
hin. Schubin lag an einer der trockenen Übergangsstellen der Gon- 
sawka. Sadowski S. 72ff. 

S. 7, Z. 6 T. 0. Plinius' Historia naturalis XXXVII, § 45. 

S. 7, Z. 15 T« 0. Vor den Germanen haben Kelten, vor diesen 
ein Menschenschlag das heutige Land Posen bewohnt, der mit der 
finnischen Gruppe Verwandtschaft aufweist. Von dieser älteren Be- 
völkerung, nicht von den Kelten, geschweige von den noch viel später 
auftretenden Germanen rühren die auch in unserer Landschaft vor- 
kommenden sogenannten Pfahlbauten her. Kelten und Germanen 
standen bei ihrer Einwanderung in Europa bereits auf einer höheren 
Kulturstufe als die Erbauer der ältesten Pfahlbauten, welche nur 
Stein- und Knochengerät und -Waffen, noch nicht Bronze und Eisen 
kannten. Jene Pfahlbauleute scheinen vor den an Körperkraft und 
Bewaffnung unvergleichlich überlegenen Kelten ohne ernsten Wider- 
stand gewichen zu sein. In der keltischen und germanischen Zwergen- 
sage lebte die Erinnerung fort an ein kleines Geschlecht, welches 
älteres Becht im Lande hatte, aber arm, dürftig, des Brodbackens 
imkundig, vor den Einwanderern in das Wasser, in Sümpfe und 
Höhlen zurückwich. 

S. 7, Z. 19 T. o* Vgl. namentlich den Vortrag von Szulc über 
die Ureinwohner zwischen Weichsel und Elbe, gehalten auf der XV. 
allgemeinen Versammlung der deutschen Gesellschaft für Anthro- 
pologie, Ethnologie und Urgeschichte zu Breslau (1884), gedr. Mün- 
chen, Akademische Buchdruckerei, 1884, und die Erwiderung von 
Hockenbeck „Zwischen Elbe und Weichsel" in der Zeitschrift der 
historischen Gesellschaft für die Provinz Posen, Bd. I, S. 513 ff. 

S. 7, Z» 18 V. a* Die Lygier wohnten nordwärts bis an das 
Südufer der Netze und Warthe, auf dem rechten Ufer dieser Flüsse, 



246 Anmerkimgeii. 

zwischen Oder und Weicbsel, die Bargander, jenseits der Weichsel 
an der Südküste der Ostsee and auf den Inseln derselben die Goten. 

S« 89 Z. 18 T. 0. Über die älteste slawische Kultur vgl na- 
mentlich das grundlegende Werk von P. J. Schafarik, Slawische 
Altertümer. Deutsch von Mosig von Aehrenfeld. Die früheste öffent- 
liche Verfassung, sofern überhaupt von einer solchen die Rede sein 
kann, ist derjenigen der Germanen nahe verwandt. Wie bei dieser, 
fehlt auch der altslawischen Verfassunff der Begriff einer erblichen 
Fürstengewalt; nur für die Zeit eines I&ieges wurden Heerführer ge- 
wählt. Sonst herrschte das Altestenprinzip, daneben übten die Prie- 
ster, als die Erforscher des göttlichen Willens, grofsen Einfluls aus. 
Sklaverei war unbekannt Charakteristisch ist die Neigung und Ver- 
trautheit der Slawen mit dem Wasser: sie bauten sich ihre Holz- 
hütten am liebsten an Seeen, Flüssen und Sümpfen und zeigten sich 
als kundige Schiffer und Seefahrer. £in anderes auszeichnendes Merk- 
mal der Slawen war ihre Vorliebe für Musik. Das germanische Laster 
der Trunkenheit war wenig im Schwang, obschon Meth und Bier 
— letzteres nannte man schlechthin „ Getränk ^^ (piwo) — auch hier 
Nationalgetränke waren. Auf ihre friihe Bodenkiütur wirft der Um- 
stand ein deutliches Licht, dafs das deutsche Wort Pflog dem sla- 
wischen plu^ entlehnt ist; auch den Namen des Brotes (chleb) nah- 
men einst die Goten von ihnen an (got. hlaib). Der eine höchste 
Gott (Bog) wurde gedacht als Weltenschöpfer und Urquell alles 
Lichts, neben ihm eine grofse Anzahl Dämonen (Diasi) durch Opfer 
und Gebete verehrt; die Fortdauer der Seele nach dem Tode mufs, 
trotz des Widerspruchs Thietmars von Merseburg, als ein Glaubens- 
axiom der altslawischen Religion festgehalten werden. 

S. 9, Z. 3 T« u. Der Name des Polenherzogs wird in den deut- 
schen Quellen jener Zeit (Thietmar, Widukind) Misico, Misaca, 
Miseco und mit vielen anderen Umlautungen genannt; man hat ihn 
später, wie Zeifsberg, Miseco I. (Archiv für österr. Geschichte, 
Bd. XXX Vni), S. 59 ff. nachweist, unhistorisch mit dem Namen Mie- 
ozyslaw identifiziert; derselbe tritt nicht früher als 1251 auf (Mycis- 
laus, Schlesische Regesten, nr. 752), wenn er überhaupt mit 
jener alten Namensform identisch ist. Ich habe die Form MesKO ge- 
wählt, die in den älteren polnischen Quellen (Chron. Pol) am häu- 
figsten wiederkehrt. 

S. 10 9 Z« 6 T« 0« Über das Abhängigkeitsverhältnis Meskos 
gegenüber dem Deutschen Reich bandelt ausführlich Zeifsberg 
a. a. 0. S. 65 ff. Als Merkmal und Ausdruck dieser Abhängigkeit 
kommt zunächst in Betracht die Verpflichtung, bei Reichskriegen 
Zuzug zu leisten. Dieselbe erhellt namentlich aus einer Stelle der 
Hildesheimer Annalen (M. G. SS. III, 69), wo es heifst, Bo- 
leslaw, des Miseko Sohn, könne nicht selbst erscheinen, habe aber 
„zum Dienste des Königs seine diesem durchaus getreuen Ritter ge- 
schicktes Dieser kriegerische Zuzug erfolgte, so oft er gefordert 
wurde. Zum erstenmal 985, dann 986, 991 (bei der Belagerung von 
Brandenburg durch Otto III.), 992, 995. Aber auch Mesko I. erhielt 
einmal die Hilfe des Reichs im Kriege mit den Böhmen. Über die 
Grölse der Hilfstruppenzahl und ob sie überhaupt eine festbestimmte 
war, wissen wir nichts. — — Als ein weiterer Ausdruck der Ab- 
hängigkeit Polens vom Deutschen Reich erscheint die Verpflichtung 
der polnischen Fürsten auf den Reichstagen zu erscheinen; zum 
erstenmal ist Mesko I. 973 zu Quedlinburg anwesend, sodann 984 



Anmerkungen. 247 

ebenda als Verbündeter Heinrichs des Zänkers; 986 feiert er das 
Osterfest zu Quedlinburg und 991 ist er zum letztenmal daselbst. 
Vel. Wersche, Das staatsrechtliche Verhältnis Polens zum Deut- 
schen Reich in der Zeitschrift der histor. Gesellschaft der Provinz 
Posen, Bd. III, S. 250—251. — Das Hauptmerkmal jener Abhängige 
keit ist aber die Tributpflichtigkeit des Polenfürsten. T biet mar 
(Mon. Germ. SS. III) berichtet (1. II, c. 19), „Mesko des Kaisers 
Getreuer habe bis zum Wartheflufs TVibut gezahlt". Ohne Zweifel 
ist damit nicht etwa gesagt, Mesko habe blofs für den Teil seines 
Landes, welcher westlich von der Waithe lag, Tribut entrichtet, 
während der östlich dieses Flusses gelegene Teil tributfrei geblieben 
sei: vielmehr bezeichnet jene geographische Bestimmung zugleich die 
Grenzen des Gebiets Meskos, das — wenigstens zur Zeit der Unter- 
werfung oder als sicherer Besitz — eben blofs bis zur Warthe gereicht 
hat. Diese Tributpflicht ist keine persönliche, wie Böpell, Gesch. 
Polens (S. 657) fälschlich annimmt, sondern — wenn ich für eine zeitlich 
so abgelegene Sache einen modernen Ausdruck gebrauchen darf — 
eine dinglich radizierte, am Lande haftende, Mesko und seinen Nach- 
folgern auferlegte. Leider schweigen die Quellen über die Höhe des 
Tributs gänzlich: wir entbehren damit des Mafsstabes über den Um- 
fang der Abhängigkeit. Vielleicht hat die Zahl 300, die später in 
Polens wie in Böhmens Verhältnis zum Beich Öfter genannt wird 
— Otto III. erhält von Boleslaw I. im Jahre 1000 30O Kitter zum 
Geschenk, Heinrich V. fordert 1109 vor seinem Polenzug von Boles* 
law m. 300 Mark oder 300 Bitter, Böhmen sendet 300 Schilde zum 
Bömerzug Heinrichs V. — auch in den tributären Leistungen Polens 
von vornherein eine BoUe gespielt (Wersche S. 250). — Auch die Art 
imd Weise der Bezeichnung der fürstlichen Gewalt läfst keinen deutlichen 
Einblick in das Wesen derselben zu. Von den gleichzeitigen Geschichts'- 
quellen wird der Polenfürst bald rex, bald duz , einmal auch marchio 
und comes genannt. Die erstere Bezeichnung charakterisiert ihn als 
Stammesfürsten, die anderen sind dem deutschen Beichsstaatsrecht 
entlehnt und drücken sein Verhältnis zum Kaiser aus, das aber keinen- 
falls, wie dies neuere polnische Historiker annehmen, das eines Beichs- 
fürsten ist, denn Beichsfürstentum und Tributpflichtigkeit sind zwei 
sich gegenseitig ausschliefsende Begriffe. „Von den sonstigen Fürsten 
des Beiches unterschied Mesko auch die bei weitem gröfsere Autono- 
mie seines Landes, das jenen nicht zustehende Becht, dasselbe unter 
die Erben zu teilen („relinquens regnum suum multis dividendum", 
sagt Thietmar IV, 37 von Mesko), und von den Herzogen insbe^ 
sondere, dafs er von dem Markgrafen beaufisichtigt wird, was von jenen 
nicht gilt. Auch bei Aufzählung der etwa auf Beichstagen anwesen- 
den Fürsten erscheint der Polenherzog erst nach den Fürsten des 
Beichs in Verbindung mit fremden Fürsten und Gesandten. Begel- 
mäfsig tritt er hier wie andere Fürsten mit Geschenken auf, die mei- 
stens mit reicheren vom Könige erwidert werden. Der Name dux 
aber, den Mesko in deutschen Quellen führt, ist eben nichts als ein 
Versuch der naiven Geschichtschreiber jener Zeit, von ihrem be- 
schränkten Standpunkte aus schon durch den Titel die staatsrecht- 
liche Stellung, freilich blofs annähernd, zu bezeichnen.^^ 

S* 10, Z» 7 T. 0. Dobrava nennt sie Thietmar, Dubravca 
Kosmas. Wir geben der letzteren Form den Vorzug, da Kosmas 
als eingeborner Böhme die böhmischen Namensformen besser gekannt 
iukt als der deutsche Historiker. Bezüglich des Zeitpunktes der Heirat 
schwanken die Angabai der Quellen zwischen 965 und 966. Ich eni- 



248 AnmerkuDgen. 

scheide mich mit Zeifsberg (a. a. 0. S. 56) für ersteres Jahr. 
Eine Zusammenstellaog der Quellenstellen bei Zeifsberg S. 56. 

S. 10, Z. 10 T« 0. Die Annales Cracovienses vetusti 
(Mon. Germ. SS. XIX), die ältesten Jahrbücher Polens, setzen die 
Taufe Meskos in das der Vermählung folgende Jahr. 

S, 10« Z. 10 V. 0. Vgl. über den Zeitpunkt der Errichtung des 
Bistums Posen Böpell S. 629 und Zeifsberg a. a. 0., S. 74. 
Bogufal (Monum. Polon. bist. ed. Bielowski, T. 11, p. 254 sq.) nennt 
das Bistum „von Polen". Dafs es bis zur Errichtung des Erzbistums 
Gnesen ganz Polen umfafst hat , berichten auch die Ann. Magd ab. 
zum Jahre 970 und 996 (Mon. Germ. SS. XVI, 151. 159). Vgl. auch 
Röpell a. a. 0. S. 622. 

S« IO9 Z. 16 T« 0. Posen wurde namentlich auch deshalb zum 
Sitz des neugegründeten Bistums gewählt, weil es die Hauptstadt von 
Meskos Land war und eine treflPliche Lage an der Warthe, dem ört- 
lichen Stützpunkt seiner Macht, hatte. 

B. 10, Z. 17 T. 0. Thietmar 11, 14. Die Errichtung des 
Erzbistums Magdeburg ßlUt, wie die des Bistums Posen, in das Jahr 
968. Das ganze Slavenland jenseits der Elbe und Saale wurde dem 
neuen Erzbistum unterworfen, und zwar mit folgenden Bistümern 
(aufser Posen): Havelberg, Brandenburg, Merseburg, Meissen und 
Zeiz. 

8« 10, Z. 20 T, 0. Den Rirchenbau zu Gnesen berichtet Passio 
8. Adalberti c. 8 (Monum. Polon. histor. ed. Bielowski I, 156). 

S. 10, Z* 20 T. a. Dlugosz (Hist. Pol. I, 96) läfst Mesko 
unmittelbar nach seiner Taufe und nachdem er alle Reste des Heiden- 
tums vertilgt hat, das ganze Land kirchlich organisieren, neben den 
Metropolen Gnesen und Krakau noch sieben Bistümer (Posen^ 
Schmograu [Breslau], Eruschwitz, Plock, Kulm, Lebus und Kaminiec) 
und viele Kirchen und Klöster gründen. Er nennt die Namen der 
ersten Bischöfe, berichtet dann von der Sendung des päpstlichen Le- 
gaten Egidius, Bischof von Tusculum, zur Vollendung jener Organi- 
sation, sowie dafs Mesko die neuen Kirchen und Klöster hinreichend 
mit Gütern und Einkünften ausgestattet habe u. s. w.: doch sind alle 
diese Angaben willkürlich erfunden, namentlich gehört die Sendung 
des Egidius erst ins Jahr 1128. Böpell, S. 627 und Schles. Beg.. 
Bd. CS. L *^ ' ^' 

S, 10, Z. 15 v. u. Thietmar II, 19. Der Ort wird hier 
CSdini genannt, ohne Zweifel das heutige Zehden an der Müglitz in 
der Mark Brandenburg (abweichende Deutungen bei Zeifsberg 
a. a. 0. S. 83). Das Treffen hatte statt am 24. Juni. 

S. 10, Z. 12 T. n. Thietmar U, 20 und Ann. Altah. maj. 
(Mon. Germ. SS. XX), 

S. 10, Z« 10 T. n« Die Nachrichten über diesen Aufstand fliefsen 
sehr spärlich. Die Nachricht der Ann. s. Trudperti (Mon. Germ. 
SS. XYII, 289), dafs Otto H. im Jahre 975 bei einem Zug gegen die 
Polen von diesen geschlafen worden sei, worauf Mesko „das Volk der 
Polen vom Beiche losrifs", verdient bei ihrer Vereinzeltheit kaum Be- 
achtung. 

S« 10, Z. 7 T. Q* Gesta episcop. Cameracensium in 
Mpn. Germ. SS. VU, 742. Über den Ausgang des Feldzuges wissen 



Anmerkungen. 249 

wir nichts, als dafs einfallende Winterfröste zum Rückzug zwangen 
und dafs Otto Weihnachten wieder in Pöhlde beging. 

S. II9 Z. 2 T. 0. Thietmar IV, 9. Boleslaw war der Bruder 
der im Jahre 977 verstorbenen Gemahlin Meskos, Dubravka. über 
die Ursache und den Ausgang der Fehde ist nichts bekannt. 

S« 11, Z. 4 T« 0« Zu Ostern 991 war Mesko mit kostbaren Ge- 
schenken nach Quedlinburg gekommen, um den dort das Fest feiern- 
den Kaiser zu ehren und reichbeschenkt wieder zurückzukehren. 
Ann. Quedlinb. (Mon. Germ. SS. III, 78) ad a. 991. Ebendieselben 
berichten auch über den Zug vor Brandenburg : „ Otto rex cum magno 
ezercitu Saxonum et magno supplemento Misacon Brennanburg ob- 

sedit et vicit." Bez. der Feststellung des Todesjahres Meskos 

s. Zeifsberg a. a. 0. S. 98. — Mesko wurde in der von ihm zu 
Posen erbauten Kathedralkirche begraben, und diese Kirche blieb 
dann, nach Dtugosz, bis Wladyslaw Lokietek die Begräbnisstätte der 
polnischen Herrscher. Kasimir der Grofse errichtete über den unan- 
sehnlichen Gräbern ein prächtiges Denkmal. Aber noch der Britte 
Bemard Connor, Leibarzt König Johanns III. von Polen, sah daselbst 
die Gräber Meskos und seines Sohnes Boleslaw. Bei dem 1790 er- 
folgten Einsturz des Turmes gingen unter dem Schutte die letzten 
Spuren der beiden Grabstätten verloren. Die Stelle aber, an der sich 
dieselben befanden, schmückt nun das schöne, von Rauch auf Kosten 
des Grafen Eduard Eaczynski errichtete Denkmal. Zeifsberg 
a. a. 0. S. 120. 

S* 11, Z. 5 ¥• 0. Dubravka starb im Jahre 977 (Cosmas, 
Chron. Boh. in Mon. Germ. SS. IX, 31). Ihr Grabmal vermutet 
Ed. Raczynski (Wspomnienia Wielkopolskie, T. IVi vor dem Haupt- 
altar der Gnesener Domkirche. In Tremessen befinden sich zwei 
Kelche samt Patenen aus dem 10. Jahrb., welche nach der Orts- 
tradition und den aus dem 17. Jahrh. stammenden Inschriften der- 
selben eine Schenkung Dnbravkas sein sollen. S. die Abbildungen 
bei Przezdziecki, Monumens du moyen äge et de la renaissance 
dans Tancienne Pologne. Zeifsberg a. a. 0. S. 103. 

S. 11, Z. 8 T. 0. Thietmar IV, 36. Und zwar hat nach ihm 
die Heirat stattgefunden „absque canonica auctoritate 'S ohne päpst- 
lichen Dispens. Sie gebar ihrem Gatten noch drei Söhne: Miseko, 
Suentepulk und .... (hier ist bei Thietmar eine Lücke). Die Ver- 
mählung setzt Zeifsberg (a. a. 0. S. 107) mit guten Gründen 
zwischen die Jahre 979 und 980. Oda starb als Nonne, wahrschein- 
lich zu Quedlinburg 1023 (Ann. Quedlinb. 1023: „Oda religiosissima 
domina, primogemta marchionis Theodorici, homine ezuta redditur 
coelo"). 

S. 11, Z. 13 Y. 0. Mesko hatte letztwillig vei*fügt, dafs das 
Land unter seine zahlreiche Nachkommenschaft geteilt werden solle. 
Boleslaw stiefs aber später diese Anordnung um, vertrieb seine Stief- 
mutter und die jüngeren Brüder und vereinigte so „mit der Schlau- 
heit des Fuchses" das ganze Reich. „Jus ac omne fas postposuit", 
wie Thietmar (IV, 37), freilich sein erbitterter Gegner, bemerkt. 
Zeifsberg a. a. 0. S. 120. 

S. 12, Z. 3 T. 0. Über Ottos III. Reise nach Gnesen berichten 
die Hildesheimer und Quedlinburger Annalen und Thiet- 
mar IV, 28. Die Ankunft in Gnesen erfolgte Mitte März 

(Stumpf, Die Reichskanzler, nr. 1213). 



250 Anmerkungen. 

S* 12. Z« & T. 0« In der Passio s. Adalberti wird ein 
Kloster Mestr.. genannt, welches der heilige Adalbert auf seiner 
Beise nach Preufsen begründet und in dem er zum ersten Abt seinen 
Schüler Askrik eingesetzt habe. Von den beiden Deutungsversuchen 
dieses Namens: ad radicem Montis ferrei in Ungarn (Bielowski) 
und Mestris-Meseritz (Giesebrecht) glaubt Zeifsberg (Die pol- 
nische Geschichtsschreibung des Mittelidters, S. 20) der letzteren den 
Vorzug geben zu müssen. Gestützt wird diese Auslegung auch durch 
die enge Verbindung Adalberts mit Herzog Boleslaw. Der letztere 
hatte den Heiligen zu seiner Missionsreise mit einem mit 30 Kriegern 
bemannten Schiffe ausgerüstet. 

S» 12, Z. 16 T. 0« Das Todesjahr Jordans wird von Dlugosz 
in seinen Vitae episcoporum Posnaniensium für 1001 angegeben: 
dieses Todesjahr ist aber, wie alle anderen Zahlenangaben über die 
ältesten Bischöfe, erfunden. Das wirkliche Sterbejahr wird gewonnen 
aus einer Stelle bei Thietmar (VI, 43), wo er von Unger, den er 
vorher (VI, 28) als Bischof von Posen namhaft gemacht hat, bemerkt : 
^,eodem die (wie Tagino, Erzbischof von Magdeburg) Vungerus^ Pos- 
naniensis cenobii pastor, consacerdos suus et sufiraganeus, 20. ordi- 
nationis suae anno obiit", d. i. am 9. Juni 1012. Damach wäre die 
Ordination Unters zwischen dem 9. Juni 982 und dem 9. Juni 983 
zu setzen. Zeifsberg, Miseco I, S. 76. 

S. 12, Z, 19 Y. 0. Thietmar IV, c. 28. 

S. 12, Z. 23 T. 0. Eigentlich wurden sieben Bistümer neu er- 
richtet, aufser Krakau, Breslau und Kolberg noch vier nicht näher 
bezeichnete , deren Sprengel wohl in den östlichen Teilen Polens 

lagen. Die Gründung des Erzbistums Gnesen war übrigens 

schon vor der Keise Ottos HL vollzogene Thatsache (Wersche 
S. 253). 

S. 12, Z« 18 T. u. Bezüglich der Schilderung der Ereignisse 
beim Besuch Ottos lU. in Gnesen weichen die von uns oben namhaft 
gemachten deutschen Quellen von den späteren polnischen Chronisten 
wesentlich ab. Namentlich Martinus Gallus (^Chron. Pol. in Mon. 
Pol. bist. I, 389—484) I, 6 schmückt den einfachen Bericht der deut- 
schen Annalisten und Thietmars mit phantastischem Beiwerk aus. 
Der Besuch des Kaisers gilt bei ihm nicht nur dem Grabe des Hei- 
ligen, sondern auch dem Polenherzog: „Imperator ad sanctum Adel- 
bertum oracionis ac reconcillacionis gratia simnlque glorios! Boleslawi 
cognoscendi fama introivit^^ Ebenso unhistorisch sind die Angaben, 
als habe Otto dem Herzog seine eigene Krone auf das Haupt gesetzt, 
ihm königliche Rechte erteilt und damit aus der Abhängigkeit vom 
Kaisertum völlig entlassen. Otto nahm als römischer Kaiser die 
Oberherrschaft über Polen und alle von Boleslaw eroberten Länder 
unfraglich in Anspruch, und dieser sah sich nach wie vor als einen 
Vasall des Kaisers an. Dagegen dürfte die Nachricht des Gallus, ab 
habe Otto den Polenförsten feierlich die Ehrennamen „eines Bruders 
und Mitarbeiters am Reiche, eines Freundes und Bundesgenossen des 
römischen Volkes^' gegeben, wieder glaublich erscheinen, da dies 
durchaus der Denkungsart und Ausdrucksweise des phantastischen 
Kaisers entspricht. Dafs eine Erhöhung der Stellung Boleslaws 
gegenüber dem Reiche stattgefunden hat, darauf deuten auch die 
Worte Thietmars hin: „deus indulgeat imperatori, quod tributarium 
faciens dominum ad hoc unquam elevavit^^ Zeifsberg sucht 
glaublich zu machen, dafs Otto, der in dem Gedanken an die Wieder- 



Anmerkangen. 251 

aafrichtang des Bömerreichs lebte und webte, der als Anfang hierzu 
die Hofordnung des Eaiserhofes von Byzanz auf seine Umgebung 
übertrug, Boleslaw zum Patricius gemacht habe und dafs dieser Akt 
weder von der Mitwelt noch von den Schriftstellern späterer Jahr- 
hunderte verstanden sei. Weisen sonach die polnischen Quellen da, 
wo es auf die Verherrlichung ihres Helden ankommt, eine starke Er- 
findungs- und Ausschmückungsgabe auf, so verhalten sie sich ander- 
seits merkwürdig schweigsam bezüglich der kirchlichen Stiftungen 
Ottos, was aber — abgesehen von der gröfseren Glaubwürdigkeit der 
über diese berichtenden deutschen Quellen — auch deshalb nicht 
weiter ins Gewicht fallt, weil jene polnischen Chronisten an anderer 
Stelle Boleslaw als Gründer der genannten polnischen Bistümer aus- 
drücklich bezeichnen. 

S. 12, Z. 16 V. u« Das YasalHtätsverhältnis Boleslaws zum 
Reich blieb, wie bereits in der vorigen Note angedeutet worden ist, 
fortbestehen. Schon die Begleitung Ottos nach Magdeburg oder, wie 
Zeifsberg ans einer Stelle der Qnedlinburger Annalen glaubhaft 
machen will, bis nach Aachen erscheint als Ausdruck eines solchen 
Dienstverhältnisses. Allerdings war ihm jetzt die Tributzahlung er- 
lassen worden, wie aus der in voriger Note angeführten Stelle bei 
Thietmar erhellt, doch begegnen wir ihm im Jahre 1002 auf dem 
Beichstage zu Merseburg, auf dem die Sachsen dem neugewählten 
König Heinrich IL huldigten. Er wird jetzt nicht mehr hinter den 
deutschen Fürsten, sondern unmittelbar hinter dem Herzog Bernhard 
von Sachsen und vor den Mark- und Pfalzgrafen aufgeführt, wie er 
mit den Reichsfürsten dem König den Lehnseid leistet. Wer sehe 
S. 254-255. 

8. 18, Z. 2 V. 0, Die Hauptquelle für diesen Feldzug Hein- 
richs U. ist Thietmar 1. VI. Boleslaw hatte mit einem grofsen 
Heere Kressen gegenüber — wie Giesebrecht (Gesch. d. deutsch. 
Kaiserzeit II, 47) wohl richtig die betr. unklare Stelle bei Thietmar 
kommentiert — Aufstellung genommen, um Heinrich den Übergang 
über die Oder zu wehren. Dem letzteren gelang es jedoch, auf einer 
Furt über den Strom zu kommen, worauf sich der Polenherzog in 
das Innere seines Landes, auf die Landeshauptstadt Posen zurück- 
zog. Merkwürdig ist, dafs Heinrich ihm dahin nicht nachfolgte, son- 
dern vorerst nach Norden, in der Richtung nach Meseritz ausbog» 
um erst von diesem Orte aus direkt auf Posen vorzurücken. Ver- 
mutlich bewog den Kaiser zu dieser Ausbiegung der Mangel einer 
direkten Strafse von Kressen nach Posen, während von dem späteren 
Frankfurt a. d. 0. wohl schon in jener ältesten Zeit eine Handels- 
strafse über Meseritz nach Posen lief. Auch die sumpüge Boden- 
beschaffenheit der Obralandschaft mag den geraden Vormarsch ge- 
hindert haben Dafs Heinrich in dem von seinen Bewohnern ver- 
lassenen Kloster Meseritz die Handschrift der Vita s. Adalberti auf- 
gefunden und mit nach Deutschland genommen habe, ist eine sehr 
ansprechende Vermutung Giesebrechts. Bis etwa zwei Meilen vor 
der Stadt Posen gelaugte Heinrich auf seinem Vormarsch, als ihn 
Mangel an Lebensmitteln in dem von dem zurückweichenden Feinde 
wohl absichtlich verwüsteten Lande zwang, sein Heer zu zerteilen, 
um Lebensbedürfnisse einzusammeln. Solche einzelne Abteilungen 
wurden nun von dem im Hinterhalt lauernden Feinde überfallen und 
stark mitgenommen. Diese üblen Erfahrungen mögen den Kiuser 
bewogen haben, dem Unterwerfungsangebot Boleslaws ein williges 
Ohr zu leihen. Erzbischof Tagino von Magdeburg wurde von Hern* 



252 Anmerkungen. 

rieh nach Posen entsandt, um mit dem Polenherzog die ModaKtätei» 
der Unterwerfung zu vereinbaren. Bestimmtes über dieselben wissei^ 
wir nicht: vermutlich mufste Boleslaw auf Böhmen und die von ihm 
angegriffenen Marken Verzicht leisten und aufs neue sein Abhängig- 
keitsverhältnis vom Reiche anerkennen, während seine anderen Er- 
oberungen (Chrobatien, Schlesien und Mähren) ihm verblieben. 

S. 13, Z. 13 T. 0. Thietmar 1. IV, c. 37. Boleslaw war vier- 
mal vermählt: zuerst (985 oder etwas später) mit des Markgrafen 
Rigdag Tochter, nach deren Verstofsung mit einer Ungarin (zwischen 
986 und 988), nach dieser, die er gleichfalls verstiefs, mit Emmildis,, 
der Tochter des Dobremir (989), die ihm den Thronfolger Mesko IL 
gebar , endlich mit Oda , der Tochter des Markgrs^en Ekkehard 
(1018). 

S. 13, Z. 14 T. 0. Die Vermählung Meskos mit Richeza fällt 
in das Jahr 1013. Aus Polen vertrieben, beschlofs dieselbe ihr Leben 
in dem von ihren Eltern gestifteten Kloster Brauweilem. Zeifsberg, 
Die Kriege König Heinrichs II. mit Herzog Boleslaw I. von Polen 
in Sitz.-Ber. der phil.-hist. KL der kais. Akad. d. Wiss., Bd. LVII, 
S. 432. Die polnischen Chronisten werfen ihr ungerechte Be- 
vorzugung der Deutschen vor (Mon. Pol. II, 283). 

S. 13, Z. 18 V, u. Vgl. L. Giesebrecht, Wendische Ge- 
schichten, Bd. II, S. 77. 

S. 13, Z. 13 V. lu Heutzutage Dorf Giecz im Kreise Schroda. 
Im Mittelalter stand daselbst eine Burg mit einem Kastellan. Auch 
einer Kirche geschieht Erwähnung in einer Urkunde Herzog Przemysl» 
vom 21. Juli — nicht 1. August, wie Röpell (S. 177 Anm. 1) fälsch- 
lich hat — 1240 (Cod. dipl. Maj. Pol. I, nr. 224). Dlugosz 
kennt den Ort als einen „mons magnus et latus ante Gnesnam et 
Posnaniam situs, ubi quondam ducalis arx habebatur, hodie vero ha- 
betur ecclesia". 

S. 13, Z. 8 v. !!• Die Nachkommen derselben lebten noch lange 
nachher in Böhmen nach polnischem Recht unter aus ihrer Mitte ge- 
wählten Richtern. Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiser- 
zeit, Bd. II, S. 348. 

S. 13, Z. 5 T. u. Die Einnahme Gnesens erfolgte], trotz der 
starken Befestigung dieser Stadt, wegen deren schwachen Besatzung 
ohne allen Widerstand. Dagegen sollen sich der Wegnahme der Re- 
liquien des h. Adalbert zuerst wunderbare Erscheinungen hindernd in 
den Weg gestellt haben, indem die Plünderer für mehrere Stunden 
der Sinne beraubt wurden; erst nach dreitägigem Fasten und Büfsen 
und nachdem das Volk in die Hände des Herzogs wie des Bischofs 
das Gelübde der Abstellung vielfacher noch an die heidnische Zeit 
erinnernden Gewohnheiten geleistet hatte, konnte man ^ur Erhebung 
der Gebeine des Märtyrers schreiten. Unter jenen heidnischen Lastern, 
die jedenfalls auch in Polen gelegentlich der heidnischen Reaktion 
eingerissen waren, werden hervorgehoben: Vielweiberei, Unzucht, Mord, 
Totschlag, Diebstahl, Sonntagsentheiliguug, Bestattung der Toten in 
ungeweihter Erde, das Halten und Besuchen der Schenken, die schon 
damals als die Geburtsstätten aller Laster unter den slawischen Völ- 
kern bezeichnet werden. Jeder Scheckwirt, verordnete der Herzog, 
sollte auf dem Markt an den Schandpfahl gebunden und gegeifselt 
werden, so lange der Büttel den Arm rühren könne, die Besucher 
der Schenken aber eingekerkert werden, bis sie eine Bufse von 300 



Anmerkungen. 25$ 

Oroschen zahlten. Auch auf andere Vergebungen wurden hohe Geld- 
strafen gesetzt, die schwereren Verbrechen aber mit der Strafe der 
Brandmarkung, der Landesverweisung und des Verkaufs nach Ungarn 
bedroht. Bezeichnenderweise wurden die Erzpriester der einzelnen 
Diöcesen als die öffentlichen Ankläger bestell.t, als Beinigungsmittel 
nur das Gottesgericht zugelassen und jede Übertretung auch noch 
mit dem Banne oedroht. 

S. 14 9 Z. 18 T. 0« Die Unterwerfung der Pommern unter 
Wladyslaw Hermann und seinem Sohne Boleslaw Schiefmund stellt 
sich als eine Wiederaufnahme der Politik Boleslaws des Kühnen dar. 
Dieser hatte bereits die Pommern so gründlich bezwungen, dafs z. B. 
Danzig im Ausgang des 10. Jahrhunderts als eine polnische Stadt er- 
scheint: wir entnehmen dies aus der Thatsache, dafs 997 bis hierher 
die Sendboten Boleslaws den h. Adalbert geleiten. Und für die Unter- 
worfenen hatte Boleslaw das Bistum Eolberg begründet. Unter seinem 
Sohn und Nachfolger Mesko II, ganz besonders aber in der Zeit der 
allgemeinen Reaktion, die nach der Vertreibung Kasimirs über Polen 
hereinbrach, hatten jedoch die Pommern das ^mde Joch und mit 
ihm das aufgezwungene Christentum wieder abgeschüttelt. 

S. 14, Z. 11 T. u. „Man sieht bei aller Mangelhaftigkeit die- 
ser einzelnen Überlieferungen** — charakterisiert Röpell (S. 213) 
treffend diese polnisch-pommerschen Kriege — „dafs der ganze K^mpf 
noch wesentlich den Charakter eines unregelmäfsigen Grenzkrieges trug. 
Gegenseitige Einfälle werden gemacht, einzelne Festen erobert, das 
Land geplündert und im günstigsten Fall eine Unterwerfung erzwungen, 
welche von keiner Dauer ist. Weitere Erfolge der polnischen Über- 
legenheit treten auch in den nächsten Jahren nicht hervor, vielmehr 
erhoben zunächst die soeben geschilderten Züge das Selbstbewufstsein 
der Pommern gegen die mächtigeren, sie bedrängenden Nachbarn.** 

S. 16, Z. 15 v. 0. Stellt man die Nachrichten von den Kriegs- 
zügen Boleslaws gegen die Pommern zusammen, so wird es deutlich, dafs 
bis zur Zeit der Eroberung Nakels im Jahre 1109 an eine auch nur 
dnigermafsen dauernde Herrschaft der Polen über jene nicht zu denken 
ist. Teils bewegen sich alle diese Kriegszüge um die Belagerung und 
Eroberung., von Grenzfesten, teils bestehen sie nur in gegenseitigen 
Ein- und Überfällen, die von der Einnahme und Plünderung einzelner 
Städte im Innern des Landes begleitet sind. Erst nach der Eroberung 
jener Stadt und der grofsen siegreichen Schlacht gegen die Pommern 
im Jahre 1109 wurde das der Netze zunächst liegende Land dauernder 
den Polen unterworfen: einmal wird von jetzt ab der Schauplatz des 
Kampfes nach Westen, zur Oder hin verlegt ; sodann nennt der gleich- 
seitige Biograph des heiligen Otto von Bamberg, des Missionars der 
Pommern, als Grenze derselben die Drage, wie auch die Bekehrungs- 
reise desselben nach der Oder und der Seeküste, nicht aber nach 
EUnterpommem geht; endlich gehörten jene Landschaften im Norden 
der Netze seit &r ältesten Zeit zu den bischöflichen Sprengein von 
Posen und Gnesen, während für das eigentliche Pommern ein beson- 
deres Bistum errichtet wurde. Die Grenzen des neugewonnenen Ge- 
bietes dürften gewesen sein im Westen die Drage, im Osten die Brahe, 
im Norden die Städte Tempelburg, Hammerstein und Schlochau; wahr- 
scheinlich gehörte dazu auch das nordöstliche, von Brahe, Weichsel 
und der Seeküste umschlossene Hinterpommem, so dafs also von ganz 
Ponunem ostwärts der Oder nur die Landschaften noch frei blieben, 
welche^zunächst an diesem Strom liegen. Die Abhängigkeit der neu 



%4 Anmerkungen. 

eroberten Landschaften war im übrigen keine strenge und entsprach 
im wesentlichen derjenigen Form, welche bei dem Verhältnis Polens 
unter Mesko I. zum Deutschen Reich vorwaltete, also: Beibehaltung 
der einheimischen Dynasten, Tributzahlung, Leistung von Kriegs- 
diensten u. s. w. BÖpell, Gesch. Polens S. 252. 

S« 15, Z. 8 T. n« Zbignew wurde nach Masowien gebracht und 
dort gefangen gesetzt. Erst 1097 erfolgte eine Aussöhnung zwischen 
Vater und Sohn. Nach dem Tode des ersteren teilten die beiden 
Brüder vorerst die väterlichen Lande unter sich, bald aber entstand 
Streit zwischen ihnen, da Zbignew die Pommern und Böhmen gegen 
Boleslaw aufgereizt hatte. Zbignew mufste aus dem Lande fliehen und 
wandte sich hilfesuchend zuerst an den Hof Heinrichs Y., später 
nach Böhmen. Erst im Jahre IUI gelang ihm unter demütigenden 
Bedingungen die Rückkehr nach Polen, doch wurde er schon am 
dritten Tage nach dieser auf Geheifs seines Bruders, den das stolze 
Auftreten des Heimgekehrten mifstrauisch gemacht hatte, verhaftet, 
geblendet und wahrscheinlich ermordet. 

8. 15, Z. 1 V. n. Bezüglich des Zeitpunktes dieses Bruderkrieges 
neigen wir, entgegen RöpeU, welcher (S. 350 und Beil. XV) 1142, 
und Giesebrecht, welcher (IV, S. 471) 1146 annimmt, zur Ansicht 
Wersches (S. 283), der den Anfang des Krieges in das Jahr 1144, 
spätestens Anfang 1145 setzt, indem Erzbischof Jakob von Gnesen 
am 23. April 1145 bereits gestorben gewesen sei (Cod. dipl. Maj. 
Pol. I, nr. 10). 

S. I69 Z* 10 T. n. Konrad III. zog im August 1146, unterstützt 
vom Böhmenherzog, nach Polen. Da sich jedoch seinem Vordringen 
die grÖfsten Schwierigkeiten entgegenstellten, so ging er bereitwillig 
auf den Antrag der Brüder Wladyslaws ein. Dieselben versprachen, 
ihr Land vom Könige zu Lehen nehmen, Kriegsentschädigung zahlen 
und auf dem nächsten Reichstage erscheinen zu wollen, hielten aber, 
als der König wieder abgezogen war, nichts von alledem. Vgl. über 
diese Bemühungen Konrads für die Wiedereinsetzung Wladyslaws die 
eingehende Darstellung bei Wer sehe, S. 286 E 

S. 17, Z. 7 y. e. Die Zahlung an die Hofbeamten erfolgte, 
weil Boleslaw versäumt hatte, seine Herrschaft vom Reiche zu Lehen 
zu nehmen — also wohl eine Entschädigung für die dadurch dem Hof 
entzogenen Lehensgebühren (Wersche, S. 291). 

S. 17, Z. 19 V. 0. Über das Todesjahr Wladyslaws vgl. Wersche 
S. 292, Anm. 4. Wir entscheiden uns für 1163. 

S« 18 9 Z« 8 T. 0« Die Überlassung eines Stück Landes in der 
Gegend von Grofs-Glogau seitens Laskonogis an Odonicz wird bezeugt 
durch eine Urkunde vom 25. Dezember 1208 im Breslauer Staats- 
archiv (Kloster Leubus 13 b), gedr. Cod. dipl. Maj. Po loa. I, 
nr. 65, mittelst welcher Odonicz dem Kloster Leubus das Dorf Lubo- 
ffosch mit dem Tuchno-See und der Hälfte des Sees Radechovo schenkt. 
Lubogosch ist zweifelsohne Laubegast nördlich von Glogau, der 
Tuchno-See der Schlawer-See, Radechovo das heutige Rädchen am 
Schlawer-See. — Leider lassen sich die Ortsnamen der zweiten Schen- 
kungs-Urkunde vom gleichen Datum (Cod. dipl. Maj. Pol. I, nr. 64, 
wo jedoch fälschlicherweise das Jahr 1209 statt 1208 — das richtige 
Jahr haben die Schles. Regesten I, nr. 129 — steht) nicht mit 

f leicher Sicherheit feststellen. Pyschino imd Bratostqvo deutet Mos- 
ach, Wiadomosci, S. 4, n. 1 durch Wiescrzyn (richtiger Wieszczyczyn) 



Anmerkungeo. 2S5 

und Brzostownia im Kreise Schrimm, der Cod. dipl. Maj. Pol. 
wohl richtiger durch Pyszczyn und Braciszewo im Kreise Guesen. 

S. 18, Z, 12 T« 0. Borzichow (Boricov) liegt nicht bei Stargard, 
wie die Sc hl es. Regesten I, S. 99 annehmen, sondern ist das heu- 
tige Borzykowo im Kreise Wreschen. 

S. 18, Z. 16 V. 0. Vgl. Urk. v. 29. Juli 1210 im Bresl. Staats- 
archiv, gedr. im Cod. dipl. Maj. Pol. I, nr. 66. Auch die Orts- 
namen dieser Urkunde deuten auf einen reichen Besitz Wladyslaws 
Odonicz in der Fraustadter Gegend hin. 

S. 18, Z. 22 V, 0. Vgl. Urk. v. 26. Juni 1211 Cod. dipl. 
Maj. Pol. 1, nr. 73 [wo jedoch fälschlich 28. Juni steht]: Herz. 
Wladyslaw schenkt dem Sandstift zu Breslau das Dorf Mechlin (Mu- 
clino) mit dem See bei Schrimm. Urk. v. 1212 (Cod. dipl. I, nr. 77): 
Herzog Wladyslaw schenkt dem Bischof Christian von Preufsen das 
Dorf Cekow (bei Koschmin). Urk. v. 27. Februar 1213 (c. l, nr. 
79): H. Wlad. schenkt dem Kloster Lekno die Erbgüter Pinsk, 
Grylewo und Dembogöra. (Kreis Wongrowitz u. Schubin.) 

S« 18, Z. 8 T. u. Schon Boleslaw der Kühne oder vielleicht 
schon dessen Vater Mesko I. hatte sich zu einem Zinse an den Stuhl 
Petri verpflichtet (vgl. dar. Zeifsberg in Sitzungsber. der Wiener 
Akad. phil.-phil. Klasse, Bd. LVH, S. 392), die Abgabe war jedoch 
späterhin wieder in Wegfall gekommen. Für die Wiedereinführung 
einer festen Abgabe an den päpstlichen Stuhl durch Wladyslaw 
Odonicz ist mafsgebend das Schreiben Honorius' III. an diesen Fürsten 
vom 9. Februar 1217..(Cod. dipl. Maj. Pol. I, nr. 91), worin die 
Zinszahlung als ein Äquivalent für die Aufnahme des Polenherzogs 

in den besonderen Schutz des heil. Petrus erscheint: „tuis 

iustis postulationibus inclinati personam tuam, terram et homines, 
possessiones et alia bona que impresentiarum rationabiliter possides 
aut in futurum iustis modis prestante Domino poteris adipiscl, sub beati 
Petri et nostra protectione suscipimus et presentis scripti patrocinio 
communimus districtius inhibentes, ne venerabilis frater noster 
Gneznensis archiepiscopus in te vel ten*am tuam, absque manifesta 
et rationabili causa et monitione premissa, sententiam ^communi- 
cationis promulget. Ad indicium autem huiusmodi a nobis percepte 
protectionis censum decem marcarum auri, que de tertio in tertium 
annum te promisisti Uberaliter soluturum, nobis et successoribus nostris 
persolves.*' 

S* 20, Z. 25 T« 0. Eine erste Privilegierung der Posener Kirche 
hat nach Bogufal (Mon. Po Ion. 11, 557) — dessen Zeitbestim- 
mungen allerdings häufig nicht zutreffend sind — i. J. 1232 statt- 
gefunden. Für die Gnesener Kirche ist ein solches allgemeines Pri- 
vilegium erhalten in der Urkunde Herzog Wladyslaws v. J. 1234 
(Cod. dipl. Maj Pol. I, nr. 174). Ich lasse die einzelnen Bestim- 
mungen dieser überaus wichtigen Urkunde folgen: „ascrip- 

ticios (Hörige) villarum ecclesie in nullo casu nee a me nee a castel- 
lanis meis seu quibuslibet beneficis (niedere Beamte) iudicari volo, eo 
tamen excepto, quod liberi homines, non hospites sed indigene, villas 
ecclesiarum inbabitantes, coram me tantum citati respondeant, et hoc 
in Signum dominii ; et si in aliquo condempnati fuerint, archiepiscopus 
recipiat in castellatura Znegnensi (Znin) et in villis in quibus suas 
locaverit curias. Si autem solucio ad peuam duodecim marcarum ez- 
creverit et supra, cum duce ipsam dimidiat, et hoc tantum in liberis. 



256 ' Anmerkungen. 

Renuncio etiam pro me et saccessoribus meis consaetudini quam in 
castellatura Znegnensi transeundo habebam : in ea tribos diebus standi 
et yectigal et expensam (Beköstigung) accipiendi; ita, qnod proraos 
ab hoc Servitute castellaturam Znegnensem llberam facio. Omnes 
vero ascriptjcii a Servitute que dicitur povoz (Vorspannspflicht), prevod 
(Transport der Soldaten), naraz (Getreidelieferung zur Schweinemast), 
nastava (?), prevori (?) immunes fiant. Equos ducales, canes, cani- 
ductores, falconarios et castorarios per villas ecclesie non pascant. 
Ad edificacionem castrorum non compeliantur, preter illud sub quo 
manent." Vgl. noch das Privil. des Herzogs Konrad von Krakau für 
die Kirchen von Gnesen, Masovieu und Cujavien v. 1242 (ib. nr. 1234). 

Ähnlich lauten die Bestimmungen des Privilegiums, welches 

Wladyslaw Odonicz 1237 der Posener Kirche — nicht der Gnesener, 
wie Rö pell irrtümlich meint (Gesch. Polens 569) — erteUte (Cod. 
dipl. Maj. Pol. 1, nr. 203): — — — „contuU omnibus ascriptis 
beati Petri et aliarum ecclesiarum eiusdem diocesis plenam libertatem 
ut nullis per me vel barones meos graventur vexationibus, nee a quo- 
cunque nisi coram episcopo vel suis dominis in ins evocentur: exceptis 
eis qui aut in traditione castri convicti fuerint, aut familias nostras 
eduxerint, vel hostes in t«rram duxerint: et eorum iudicium, presenti- 
bus ipsorum dominis vel nuntiis eorum, nobis reservavi, ita tarnen, 
quod mulctamj quam pro huiusmodi delictis infligendam rationabiliter 
videor, ipsorum domini percipiant, nisi sit tale delictum, quod ultimo 
Sit supplicio puniendum. Nee ad constructionem castrorum eos cogi 
volo, nisi in quorum districtu commorantur, exceptis Poznaniensibus, 
quos ad constructionem castri Gneznensis depulavi. Liberi vero villas 
ecclesiarum inhabitantes hac gaudeant libertate, quod coram nnllo 
officialium vel castellanorum conveniantur, nee coram me compareant 
nisi meo sigillo evocati speciali, a strosza (Burgwachspflicht), a pod- 
vorove (Hofsteuer) et aliis exactionibus sint immunes.^* — 

S. 20, Z« 1 Y. u. Borziwoi, der Sohn von Heinrichs Schwester 
Adelheid (vermählt mit Dippold von Mähren), kann nur sehr kurze 
Zeit im Besitz von Schrimm gewesen sein, da wir nur eine Urkunde 
(Cod. dipl. I, nr. 169) haben, in der er als Besitzer von Schrimm 
(Burivius de Sireme) erscheint. Schon sehr bald geriet dieser in 
Grenzstreitigkeiten mit dem Posener Bischof Paulus und Hefs ihn, als 
er behufs friedlicher Auseinandersetzung nach Schrimm kam, gefangen 
nehmen. Der Bischof entkam jedoch und belegte Borziwoi mit dem 
Bann. Bald darauf nahmen jedoch die Leute des Odonicz Schrimm 
wieder ein und ermordeten Borziwoi. Bogufal in Mon. Pol. II, 558. 

S. 21, Z. 1 T. u. Bogufal c. 78: „quorum insaniae dominus 
Boguphalus episcopus cum suo capitulo cesserunt ad tempus^^ 

S. 22, Z. 8 T. 0. Bogufal (Mon. Pol. H, 564). 

S. 22, Z. 16 v. 0. Bogufal (Mon. Pol. II, 566). 

8. 22, Z. 20 v. u. Bogufal (Mon. Pol. II, 575). 

S. 22, Z. 12 T. u. Die Abfindung Przemysis fallt ungefähr in 
das Jahr 1273. Die Urkunde vom 12. Oktober dieses Jahres (Cod. 
dipl. I, nr. 453) ist die erste, die Przemjsl selbständig (in Posen) 
ausstellt. 

S. 26, Z. 6 T. 0. Noch um das Jahr 1150 bestehen dieselben 
politischen Verhältnisse. Das Land gehört zum Sprengel des Bbtums 
Kujawien, dem die Danziger Burg mit den Zehnten vom Getreide und 



Anmerkungen. 257 

den SchiffszöUen dienstbar ist. Die polnische Herrschaft reicht im 
Westen bis zur Leba, hinter dieser, um Schlawe herum, sitzt ein 
eigenes, dem pommerschen Herzogshause entstammtes Dynasten- 

r schlecht. Pommerellisches Urk.-Buch, herausg. v. Perlbach, 
XI. 

S. 269 Z. 10 Y. 0. Anfanglich scheint die Selbständigmachung 
Pommerellens auf keinen Widerstand seitens der polnischen Herzoge 
gestofsen zu sein: Herzog Mestwin tagt 1212 zu Mikuh'n im Rate der 

Solnischen Bischöfe; erst unter seinem Sohne Swantopolk bricht der 
Konflikt aus, der schliefslich zu der blutigen That von Gonsawa 
(1227) führte. 

S. 26, Z. 11 V. 0. Mestwin hatte seinen Sitz zu Schwetz, Wratis- 
law zu Danzig. 

S. 26. Z. 4 T. u. Cod. dipl. I, nr. 745: „donan- 

tes et traaentes sibi (seil. Henrico) terram nostram usque ad fluvium 
qui Obra dicitur, incipiendo ab eo loco, ubi idem fluvius oritur usque 
ad fluvium Wartham, ubi terminatur, et deinde per fluvium Wartfaam 
usque ad fluvium Nothes nuncupatum, ubi metae Polonorum termi- 

nantur in evidenciam vero amplioris amicitie et dilectionis 

filium prelibati principis Henrici nomine Henricum in nostrum adop- 
tavimus fllium ^ubernandum et fovendum. Cui quidem sie adoptato 
damus et confenmus totam terram Posnaniensem perpetuo possidendam 
hereditario iure, sicut ipsam sepe dictus rex Polonie possedit, dum a 
patruo suo bone memorie Boleslao fuit divisus et separatus. Cum vero 
idem Henricus filius Henrici ad eos annos pervenerit, quod terram 
Posnaniensem gubemare poterit, a nostra gubematione absolutus de 
dicta terra faciat et disponat pro me libito voluntatis.*^ 

8. 27, Z. 19 v. 0. Die Teilungs-Urkunde (29. Febr. 1312) gedr. 
im Cod. dipl. II, nr. 952. 

S. 28, Z. 3 T. 0. Urk. Kön. Wenzels für die Markgrafen Otto, 
Hermann und Waldemar von Brandenburg vom 8. August 1305, gedr. 
im Pommerell. Urk.-Buch nr. 640. 

8. 28, Z. 19 v. 0. Urk. v. 12. Juni 1310: Markgraf Waldemar 
von Brandenburg verkauft dem deutschen Orden die Burgen Danzig, 
Dirschau und Schwetz mit Zubehör für 10000 Mark Silber in be- 
stinmiten Grenzen im Pommerell. Urk.-Buch nr. 685. 



Zweites Buch. 



8. 37, Z. 8 Y« 0. Die Grenzen Grofspolens im Mittelalter be- 
stimmt V. Lekszycki in seiner Ausgabe der ältesten grofspolnischen. 
Grodbücher Bd. I, S. 5 folgendermafsen : „ Der den Namen Grofspolen 
führende Landesteil des alten Polens deckt sich, in der Hauptsache 
wenigstens, mit der Provinz Posen. Nur nach Osten hin greift er 
über das preufsische Gebiet hinaus, indem er über Kaiisch hinweg 

Meyer, Geschichte Poaena. 17 



bis auf wenige llf^loa ea d|9 Wa|rtl)e, nqge^br Ijf ziur ^tadti WaTtt^i 
ejeh erstrecj^t;» Vondaläof^ 4ie Grexuse^ etwas aHuräqksiynng^d, nancihf 
Kor4en, übeirschreitet (Ue.Warthe ii^. ibrer Biegung bei KoIq, g^t^ 
dfuin in nordwestJicber Bicih^fiDg tuid. wßndet aicb iui der. Gegend voii, 
Kwieciszewo der Netze zu. Anderseits wieder schliefst die Provinz, 
in ihrem nördlichen und nordpstlichen Xeil noch eip. Stück von Ku- 
jawien in sich, die Ketze bildet hier die Grenze des ehemaligen Grofs? 
Polens/^ Die westliche Grenze schwankte je nach dem Vordringen 
oder Zurückweichen des polnischen Elements gegen bozF« 'V'or d^n 
deutschen Nachban^. Zur Zeit Meskos I. reichte Grofspolen im Westen^ 
bis zur Oder, da wir in den westlichen Landschaften seines . Rejches 
aufser den Polen anders und besonders benannten slawischen Stämmen 
nicht, be^eg^en. Wä^en solche in, der^ frühesten Zeit l^jier. geasssen, 
so würden wir ihre Namen auch im späteren Mittelalter n^chv aar« 
treÖen, wie anderwärts die Nansen, Ejigawien, Masowi^n u. s^ w,; so 
aber begegnen uns im westlichen Teil von Grofspolen nur Namen von 
Landschaften, welche vpn den Hauptburgen hergeleitet sind (I^^bus, 
Küstrin, Chinez). Des Näberen bildete die Oder die westliche Grenze 
Grofspolens von ihrer Biegung nach Norden bei der Mündung der 
Keifse bis zur Mündung der "WÄrthe : bis hierher reichte nämlich ävwh 
die Grenze des Bistums Posen, des einzigen zur Zeit Meskos I. Noch 
unter diesem rückte jedoch die Westgrenze Grofspolen« über die Oder, 
in das Gebiet des späteren Bistums Lebus vor. Der Earieg mit Boles- 
law von Böhmen drehte sich um dieses Gebiet auf der hnken Oder- 
seite, und Guben erscheint als der westlichste Punkt der Machtsphäre 
Meekos I. Ethnographisch hat freilich dieser links der Oder gelegene^ 
Teil Grofspolens nie zu diesem gehört, da er nicht von polabische% 
sondern von lausitzer Stämmen bewohnt war. Wie nun im 10. und 
11. Jahrhundert ein Vordringen des polnischen Elements über die 
Oder, in la^^tzisches Gebiet: zm konstatiei^en ist, so h^t u^igekehrt 
seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhundejrts . ein Vordringen schl^. 
sischer und b;:andenburgischer Elemente über die Oder, in altpolnisches 
Gebiet hinein stattgefunden. Zunächst wurde die gaiize Landschaft. 
Lebtts auf beiden Seiten der Oder im Jahre 1169, n^ch dem Tode, des, 
vertriebenen Wladyslaw H., dessen Söhnen als ETbabfindnng über- 
lass^i^ un4 Qrofspolien dauern^ entfremdet. . $e blieb nun bei Schf^ien 
bis zupa Jahr l^id, wo Bol^ßlaw der ^We, dey Sohn Herzog Hein- 
richs des Frommen von Schlesien^ den einefi Teil des.Lebuser/Landes. 
an den Erzbischoi Wilibrand von M^gd^burg, den anderen an die. 
Markgrafen Johann und Ötito von Brandenburg verkaufte. 1336 ge- 
langte auch der magdeburgische Anteil an Brandenburg und wurde 
dadurch der Grund zu der späteren Neumark Brandenburg gelegt, 
deren Grenzen dann auf Kosten Grofspolens immer weiter und weiter 
nach Osten bis zu einer von Meseritz über Schwiebus an die Oder 
führende Linie vorgeschoben worden sind, die dann bis zum Ausgang 
des polnischen Beiches Polen von der Mark Brandenburg trennte. 

Gleich schwankend^ 'v^ie.diaW^jtgr^nzf. geigen Brandenburg, war 
die Südwestgrenze Grofspolens gegen Schlesien. Die Herrschaft; Hein- 
richs I. des Bärtigen erstreckte sich eine Zeit lang über das ganze 
grofspolnische Land links der Warthe, und als dann später unter 
seinem Enk^ Boleslaw dem. Kahlen der grö&te Teil dieser polnischen 
Landschaften an die Söhne des^ WJadyslaw Odon^cz zurückpel, bljeb^ 
wenigstens die Gegend upa Meseritz ^ und Bentschen vorerst noch bei; 
Schlesien.. N^ch dem Tode Przemy^lsH. findet wieder, eine. Mehrn^^ 
dies schlesiseh - polnischen Gebietes, dadurpbc statt, dai^ dessen 'Sem,\ 
Heinrich von Gloga^,a^es. polnische Land westi^är^, d$r Obra^ erhiel^K 



Anoierkaii^eD. 2M^* 

Sl»l nach s6H»€m IVxie ^Itni^ es Wladyslaw Lokldtek^ dfessen S^fane- 
i^«0Gror«p<^en zu vertreiben und die sdKlesiscfaea Teile desselben an* 
Polen zuräcksubrukgen. Vgl. . über diese Grenzverhältnisse die sehr 
eingebende DaxBteUung im IV: Bd. des Cad. dipl. Maj. Pol. S. 3d2ff. 

S* 38, Z« 9 t. 0. Der Ausdruck Magnaten soll — fiir die älteste • 
Zeit wenigstens — keineswegs einen sogen, höheren Adel im Gegen- 
satz zum niederen bedeuten, sondern lediglich die höheren Hof- und 
Landesbeamten bezeichnen. Der urkundliche Ausdruck für dieselben 
ist barones, comites. 

S« 38, Z^.12 T. <K. Eine Anzahl Belegstellen f&r das frillieste 
YorkoQUBen solcher Landtage bei Röpell, Gesch. Polens I, S; 332; 
Note- 81. Die hier zum Jahre 1161 aufg^hrte Urkunde Herzog 
WladyslawB für< das Kloster Lubda gehört übrigens i»' eine spätere 
Zeil. VgL d$r. die Ausfuhrang im Cod.> dipl. Maj. Pol. I, nr< 119^; 

9; 38, Z. 9 t. n. Jagd: Urk. Herzog Boleslaws für das Kloster 
Biesen von 1250 (Cod. dipL Maj. Pol. I, nr. 375): „Omni- 
bus utilitatibus, videlicet läcubus, silvis, pratis, et si que alie utilitates 
Bw^ vel eruait, libere perfruantur.^^ 

S. 38, Z. 8 Y; n. Fischerei, Mühlenanläget Urk Herz. 
Wladyslaws v. 1232 für die Kirche zu Dobrowo (Cod. dipl. Maj. 

Pol. I, nr. 136): „renovo et confirmo — — ins plenum 

pS^cacioniB et castorum — in fluminibus Warta et Nyr" . 

Ufk. der Herz. Przemysl und Wladyslaw für die Neustadt P-osen von . 

12Ö3 (c. 1. nr. 321): „Fluvium vero, qui Wartha dicitur, 

secns prefatam civitatem fluentem per miliare unum ex utra<|ue parte 
cum Omnibus utilitatibus in piscibus capiendis et molendinis con- 
sttuendis sciü'cet clvibus predicte civitatis in perpetuum contulimu» 

possidendum^' . Urk. Herz. Przemysls für das Dominikaner^ 

kloster zu Wronke von 1279 (c. 1., nr. 489): „habentes (seil. 

ÖÄtres) piscationem liberam in toto fluvio dicto Vartiba. Insuper et 

lacu nostro dicto W:fecen damus eiö liberam piscaturam" . 

Zogteick eriaobl er dem Kloster, in . seiner Mühle unentgeltikkmaMen 
za, lassen. 

S. 39^ Z. 6 T. 0. Stenzel u. Tisschopp.e, Urkunden-Sammlung; 
zur- Gesch. des Ursprungs der Städte, S. 6, nehmen au, dafs dieses 
Mulizgeld auf alle liegenden Gründe gelegt worden sei. YermutUch' 
ist es dasselbe, von dem Herzog Pfzemysl 1257 die Einwohner- jdes 
Dorfes (jetzt Stadt) Kriewetsb auf sechs Jahre befreit (Cod.- dipL 
Maj. Pol. I, nr. 353). — Die fremden Kauflente mufsten gleichfuls 
eine Abgabe an die Münze entrichten: Urk. Herz. Boleslaws v. J. 
127?, durch welche die zu dem Markt nach Kriewen kommenden Kauf- 
leute ab exactioue thelonei befreit werden (Cod. dipl. I, nr. 441). 

S« 40, Z. li^>T. Ob Über diie merkwürdige Ebtwickekmg^ der* 
FftDÜlißimameii; be]m> pofaiisehen Adel lasse ich hier ^ diesbez. Be^- 
mtnskufig.v. Lekszyebisdn d^ Elinkittiiig ' zum ersten Bondseitter 
Am^ßm* der ältesten; gtofspolnischMii' GnäM^eher Bv XVI folgenr! 
„Die Sittey mir den Tanfiiamen zu führen^ unter Beisetzung der etw» 
b^leidetea^ Würde — castellanus, veiil^fer u. d«<gl. — zw Unter- 
BchMm^ und : alläi&lls unter BSnawiidiiiM des vät^y^he» Immens, 
vemehiraad zipiur im'.14w Jahkfaimderty aber die Ztmamen, wekhe man 
daHr nadi dem» Orte der Ansässigkeit anfing sich beitfuleßeB'^ waren 
weit davon entfernt^ f^imiliemiamen zu sem. Bs-nannte sieh beispiels» 

igemand l^cokras Mkskowski, weil er in Miäskewo ansässig^ waa*. 

17* 



260 Anmerkungen. 

Aber infolge der Zersplitterung der Güter bildete Miaskowo schon 
nicht mehr ein ungeteiltes Dort, es zerfiel in mehrere Anteile, sortes, 
und ein Besitzer einer sors, Johannes, nannte sich ebenfalls Mias- 
kowski, während ein verwandtschaftlicher Zusammenhang mit dem 
Nicolaus in keiner Weise vorlag. Oder es hatte ein Vater zweier 
leiblichen Söhne seine Besitzung in Chrz^stowo, der eine Sohn in 
Dobczyn, der andere in Idziez. Der Vater heifst infolge dessen Pasco 
Chrzastowski, die Söhne Nicolaus Dobczynski und Albertus Idzieszewski, 
so dafs sie demjenigen, der das Verhältnis nicht kennt, verschiedenen 
Familien anzugehören scheinen. Wer in verschiedenen Kreisen oder 
Provinzen Döiter oder sortes besafs, führte danach häufig in dem ent- 
sprechenden Bezirke einen anderen Namen. Vor dem Posener G^e- 
richte konnte jemand mit Fug und Recht z. B. als Petrus Krzysz- 
kowski, vor dem Gnesener als Petrus ülanowski auftreten, sobald 
ihm Anteile der beiden Ortschaften gehörten. Und mit dem Verkauf 
eines Gutes ging auch der Name an den Bechtsnachfolger über/^ 
Erst im Anfang des sechzehnten Jahrhunderts wich dieser so willkür- 
liche Wechsel der Zunamen einer festen Familienbezeichnnng. 

S, 4O9 Z* 23 T. 0. Über den nicht ererbten Grundbesitz hatte 
der Besitzer vollkommene Verfügungsfreiheit. Vgl. ürk. von 1319 
des Herzogs Wladyslaw Lokietek für das Kloster Lubin (Cod. dipl. 
II, nr. 1014) : der Herzog bezeugt, dafs Graf Johann von Swierczyna 
ausgesagt, sein Bruder Matthias habe das ihm zugehörige, nicht aus 
väterlicher Erbschaft herrührende, sondern mit eignem Gelde er- 
worbene Gut Garby dem Kloster Lubin geschenkt. Damit nun nicht 
die Kinder oder sonstige Erben diese Schenkung anfechten könnten, 
habe er, der nächste Erbe nach dem Tode des Bruders, diese Ur- 
kunde erneuert. Das erworbene Grundeigentum kann auch an 

die Töchter vererbt werden. Urkunde König Wladyslaws von 1327 
(Cod. dipl. II, nr 1083), mittelst welcher dieser die Überlassung 
eines Teils des Gutes Wyskidno ratione dotalicii seitens des Richters 
von Wtoctawek an seinen Schwiegersohn bestätigt. 

S. 40,. Z. 17 Y« u. Vgl. darüber Röpell, Geschichte Polens, 
Beil. I : Über den Geschlechtsverband (S. 599ff.). Röpell kommt 
dabei zu folgenden Resultaten: 1) Die Töchter wurden durch die 
Brüder von der Erbschaft aller liegenden Gründe des Vaters ausge- 
schlossen und mufsten sich mit einer dos begnügen, welche der Vater 
ihnen beliebig, die Brüder aber nach dem Tode des Vaters nach 
Verhältnis des Wertes der Güter in Geld auszahlen mufsten. 2) Sind 
keine Söhne und nur Töchter bei dem Tode des Vaters vorhanden, 
so treten die Oheime gänzlich in die Rechte von Söhnen, erhalten 
die Güter und sind nur verpflichtet, den Töchtern die gebührende dos 
zu zahlen. 3) Sind keine Oheime vorhanden, so tritt jedes Geschlechts- 
glied nach der Nähe seiner Verwandtschaft mit dem Erblasser in die 

Rechte und Pflichten der Söhne gegen die Töchter. Für die 

ursprüngliche Existenz eines solchen Geschlechtsverbandes zeugt na- 
mentlich auch die eigentümliche Wappenverfassung des polnischen 
Adels. Diese Eigentümlichkeit besteht nämlich darin, dafs die Wappen 
nicht Eigentum einzelner gleichnamigen, nachweisbar verwandten Fa- 
milien sind, sondern dafs einerseits viele — bisweilen über 100 — 
Familien verschiedenen Namens dasselbe Wappen führen, anderseits 
aber auch wieder gleichnamige zu verschiedenen Wappen gehören. 
Giebt man auch zu, dafs von Generation zu Generation sich die 
Mitgliederzahl einer Familie stark vermehrte, dafs die einzelnen Glie- 
der, als im 14. und 15. Jahrhundert der Gebrauch der Familiennamen 



Anmerkungen. 261 

aufkam, sich verschieden, meistenteils nach ihren Gütern nannten, 
dafs auch endlich bei Nobilltierung früher Nichtadeliger häufig das 
Wappen dessen erteilt ward, der sich ihrer Nobilitierung besonders 
annahm, so reicht das doch alles sicher nicht hin, wenn man noch 
erwägt, dafs, da mit der Mitte des 16. Jahrhunderts schon die Fa- 
miliennamen festgestanden zu haben scheinen, die Annahme der 
Wappen aber frühestens gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts fällt, 
in dem Zeitraum von ungefähr 200 Jahren keine so grofse Vermeh- 
rung der Familien stattgefunden haben kann, als man annehmen mufs, 
wenn man alle diese Familien, die zu einem Wappen gehören, von 
einem Stammvater ableitet, der gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts 
zuerst das Wappen angenommen hätte. Es scheinen vielmehr grofse 
Familien komplexe , ganze Geschlechter gleich von vornherein die 
Wappen angenommen zu haben, ein Umstand, der wieder auf ein 
lange festgehaltenes Bewufstsein von einem weitumfassenden Ge- 
schlechtsverband zuräckweist. 

S* 4O9 Z« 9 Y. u. Doch darf bei diesen Ausdrücken ganz und 
gar nicht an Lehengüter im deutsch -rechtlichen Sinne gedacht wer- 
den, denn das Lehenrecht ist ein dem polnischen Verfassungsrecht 
vollständig fremder Begri£P. Der Kriegsdienst des Adels erscheint 
daher auch als keine Last, welche auf den vom Fürsten verliehenen 
Gütern ruht, es war vielmehr ein Recht des Freien, d. h. des Addigen. 
Jene Güter haben nur das mit den deutschen Lehengütem gemein, 
dafs sie, wenn der Inhaber ohne Hinterlassung von Söhnen oder En- 
keln starb, nicht wie die Familiengüter auf die Seitenverwandten des- 
selben vererbten, sondern an den Landesherrn zurückfielen. YgL 
hierüber die sehr instruktive Urkunde Herzog Boleslaws vom Jahre 
1276 (Cod. dipl. I, nr. 460), in welcher er dem Grafen Nikolaus, 
Schatzmeister von L^d, für seine treuen Dienste das Dorf Tri^bczyn 
verleiht. Vorher hatte der Herzog dieses Dorf dem Grafen Jancho 
geschenkt, „qui mortuus est prolem non habendo, sie iterum ad nos 
cessit Villa fata . . . dederamusque villam nominatam domino Nicholao, 
qui viam universe camis est ingressus successoresque legitimos non 
habuit ... et sie de racione iam fato comiti suisque successoribus 
villam prenotatam contulimus". 

8« 41, Z. 3 T. 0. Bezüglich des Umfangs des Zehntrechts der 
Earche giebt die Urkunde Papst Innocenz* II. vom 7. Juli 1136 (Cod. 
dipl. I, nr. 7), mittelst welcher er dem Erzbischof Jakob von Gnesen 
seine Güter und Einniüimen bestätigt, folgende wichtige Aufschlüsse: 
„de Gnezden, de Ostrov, de Lecna, de Nakel usque ad fluvium Plit- 
viza, de Landa, de Calis, de Chezram, de Ruda plenarias decimationes 
annone, mellis et ferri, tabernarum, placitorum, pellicularum , mar- 
durinarum et vulpinarium, porcorum, thelonei tam in ipsa civitate 
quam per omnes transitus civitati vel castellis nominatis adiacentes'S 
Und femer: „item de castello Ziraz . . . plenarias decimationes an- 
none, mellis, ferri, pellinm vulpinarium et mardurinarum, de placito, de 
tabemis, de foris, de theloneo, tam in ipsis castellis quam in locis eis 
adiacentibus ; per omnes transitus de theloneo et decimali hebdomada". 
Die älteste Form des Feldzehntens war der Garbenzehnt. Die Gne- 
sener Statuten von 1248 bezeichnen es als Herkommen, dafs die Be- 
sitzer ihre Ernte nicht eher vom Felde heimführen durften, als bis 
der Zehntempfänger seinen Anteil an sich genommen hatte. 

S. 41, Z» 4 v, 0. Vgl. darüber Tzschoppe und Stenzel 
a. a. 0. S. 55. 56. 



SK& Asmefkwigen. 

6. 41, Z* 5 T« 0. Schon die ältesten Gneswier Statuten toh 
1233 hatten, um die Ventrenung der Zehnten eines ond desselh«! 
Ji)orfe8 EU Terhindem, festgesetst, dafs die Bauern ihre Zehnten an 
.demselboi Ort entrichten sollten, wie der Ritter, und Willkör «ilt 
•dem Yerliut des Bitterrechts bedroht. 

S. 41, Z. 9 T. 0. Cod. dipl. I, nr. 402, Abs. 7: „Statuimns 
insuper, ut ad quemcunque terre declmam m gonythwam (?) ^) -sol- 
ventes quocunque tytulo devenerint, possessor et cultor ipsantm tei^ 
xarum ei de ipsis terris decimam persoWat, oüi ab antiquo solvi eon- 
«ueyerunt, nuUa eonsuetudine vel privilegio nobilitatis obeistente.^* 

S. 41, Z. 23 T. 0. Cod. dipl. II, nr. 1061. 

'S. 43, Z. 1 T. 0. Poradlne von radlo der Hackenpflug, wört- 
wörtlich : was nach dem Pfluge berechnet wird, betrug vor ihrer Her- 
absetzung durch König Ludwig auf dem Reichstag zu Erschau (1374) 
2wölf Prager Groschen von jeder Hufe. Sie war von Anfang an eine 
allgemeine Landessteuer, wurde jedoch durch vielfiiche 'Exsmtioneäd 
der Kirche und des Adels in ihrem Ertrage so verringert, dafs König 
Ludwig «neuerdings ihre allgemeine Erhebung anordnete, aber auf dem 
genannten Beiohstag infolge des Widerstandes der geistlichen und 
weltlichen Magnaten so weit nachzugeben genötigt wurde, dafe künftig- 
hin allerdings keine Befreiungen von ihr mehr statthaben «dllten, die 
Höhe derselben aber von zwölf auf ^wei Groschen herabgesetzt wurde. 

S. 43, Z« 2 V. 0. Podworowe von dwor, Hof, Hofplatz, wört- 
lich: was nach dem Hofe berechnet wird, nach einer Glosse des 
16. Jahrhunderts (vgl. darüber Tzschoppe und Stenzel a. a. 0. 
S. 18) auch mit solutio vaccae et ovis erklärt, was darauf schlielsen 
läXst, dafs ursprünglich die Hofsteuer in einer Naturallieferung bestan- 
■den hat. Es ist der census arearum der späteren auf deutsches Recht 

fegründeten Städte. Vgl. Urkunde Herzog Przemysls für die Stadt 
'udewitz vom Jahre 1258 (richtiger 1257), gedr. im Cod. dipl. I, 

Jir. 346: „tercium denarium, quod vulgariter podvorove nunfcor 

patur", also damals bereits in Geld entrichtet. — — Targow« v^n 
targ Markt, das Stand- oder Marktgeld, welches die Verkäufer ent- 
richteten. 

8. 43, Z. 4 V. 0. Stroea von stroz Wächter. Die früheste Ei^ 
wähnung dieser Abgabe :geht in die Zeit Boleslaw des Kühnen 
zurück. Bogufal berichtet (Bielowski, Monum. Pol. U, p. 488): 
„Ipse (seil. Boleslaus) quoddam tributnm in Polonia, quod istrossza 
dicitur, fertur statuisse, ita, quodlibet de Ckiatro sive unce unam men- 
suram siliginis et aliam avenae ad reigis granarium annis singulis 
praesentabät , pro re publica militantibus duntaxat exceptis. Hoc 
autem tributum ^mentorum ideo strossea dictum est, quia hominibus 
in castrorum custodia degentibus, praedpue in extremitate regni oon- 
sistentibus, ad usum ducebatur. Nam rex Boleslaus praefatus .... 
aedificavit castra plurima in extremitate regni sui, pro conservatione 
regnorum suorum et resistentia inimicorum «uorum.'^ Hier erscheint 
bereits die abgeleitete Bedeutung des Wortes stroza: nicht mehr der 
Wachdienst in den Burgen selbst, sondern das Getreide, welches zum 
Unterhalt der Wachtmaunschaft auf die Burgen geliefert werden 
mufste, wird so genannt. Eine dritte, jüngste Bedeutung des Wortes 



1) Grünhagen (Schles. Reg. I, nr. 44Ca) erkl&rt es mit XerritoHam, OMc«#p. 



^trowtet dbdann die GeldeCbgiibe, in wekibe 'ip&iSbrhjn jeniB Nätüi^l- 
Oidftnmg cuäge^müdelt warde. Es %br im W^sD^htlit^h'en die roh K0ti% 
Heiiirleh I. nir die wendischen Marken getroffenie Einrichtung, am 
t^nisCfhen 'Bod6n Verpflaüat. 

8. 4^9 2. 6 V. 0. ^iese yerpflichtung zum JBurgbau u. s. tr. 
war nicht etwa beschränkt auf den Bezirk, in dem de^r Verpflichtete 
wohnte. Y^l. die -Urkunde des Herzogs Wladyslaw Odonicz für die 
önesener 'Kirche vom Jahre 1234 (Cod. dipl. I, nr. 174): „Bd edi- 
[flcacionem castrorum nou compellantur ,preter illud sub quomanent"; 
!hier wird also ein bisheriger drückender Zustand zugunsten der 
Kirihenleute gebessert. — — Die Verpflichtung zur Ausbesserune 
der Brücken glaubt Böpell (Geschichte Polens, S. 313 Anm, 2&) 
für identisch ipit dem einige Male in Urkunden vorkommenden Aus- 
äruck mostne halten zu, müssen, und verweist er für seine Annahoie 
auf zwei Urkunden des Klosters Koronowo von 1253 und 1306. 

'S. 4t8j »Z. 7 T. 0. Preseca Tön siec hauen, schneiden. 

S. 43, Z. 9 T. 0. Pöyiroz Fuhrwerk, Fuhre; prewod (przewod) 
Tuhrung, Durchfuhrung, Überführung. Vgl. Urkunde des Herzogs 
Boleslaw von Uiasowien für die Posener Kirche vom Jahre 1291 
j(God. dU)pl. n, nr. 765): ,,ad prewod verb militale iuita eontiuetu- 
4in6m militum teüte nostre et ad edifioaoionem 'caetrorum nocrtromm 
«olumtnodo tenebontur, hoc adiecto quod prediothnim viUarum incole 
4ictum prewod 'in prozima viüa, coiuscunque fiierit, eub periculo non 
^cipieneium 'depond^e teneatitur.'^ 

S. '^9 Z« 10 V. 0. Die Verpflichtung, Verbrecher zu verfolgen 
iund beim Transport derselben hilfreiche Hand zu leisten, hiefs polnisch 
slad (Fährte, Fufstapfen). 

S. 48, Z. -10 v. 0. StÄn StÄndort, Station. Vgl. Urkunde des 
@ei*^g!3 Wladyslaw Odonicz für die Gnesener Kirche tom Jahre 
4^4 (Cod. dipl. 1, nr. 174): „renuneio etiam pro me et successori- 
btts meiis constietudini, quam in castellatum Zneghenisi trimseündo 
Imfoeblütn: in ^ ttibtn diebtfis standi et vectigal et expendam acr- 
4^ipiendi.** Bereits seht früh mufs diese La^t an inandhen Orten in 
^^ine besümnite 'Abgabe an Geld oder Lieferung von Lebensmitteln 
Umgewandelt worden sein. Koch später 'traten an deren Stelle di^ 
^dgraannten ^Bhrungen , veifmögie de^en sowohl den Landesherir^n ah 
deren Gemahlinnen, Kindern und anderen reisenden Fürsten, ferner 
den höchsten fürstlichen Beamten teils Leb^ismittel, teils Kleidungs- 
stücke, teils Geld verehrt wurden. Tzschoppe u. Stenzel a. a. 0^ 
S. 19. 

S. 43, Z. 14 v. 0* Psare von psi Hund; bobrowinci Von böbr 
Biber. Die Jagd auf Biber und Falken war fürstliches Begal. Die 
Behütung der Biber und jungen Falken ist so zu verstehen, dafs die- 
selben in ihren Bauen und Nestern nicht gestört werden sollten, die 
ersteren deshalb nicht, weil sie ein sehr beliebtes Jagdobjekt waren, 
die letzteren, weil sie später zur Jagd ausgebildet wurden. Die Be- 
lästigung, welche den unteren Volksklassen durch diese Bewachungs- 
pflicht erwuchs, mufs eine äufserst drückende gewesen sein, da sich 
sogar der Papst einzuschreiten genötigt sah. Gr^or IX. schreibt in 
einer Bulle an den Erzbischof von Gnesen u. s. w. vom Jahre 1233 
(Voigt, Cod. dipl. Prussicus I, nr. XXIX): „novum geuus molestiae 
dicuntur circa pauperes Polonici principes invenibse, videlicet quod 
^ysorüm cotidie cotnmittiint castores et falcones, qui di solita ilidolrum 



264 Anmerkangen. 

loea rellnquerunt, sequentes nativae spiritom libertatis, vel aliquis de 
pullis perditor, eorundem pauperes ipsos in septuaginta marcharam 
poeoa condempnant/' Diesen ungeheueren Strafbetrag konnte natür- 
lich der einzelne Übertreter nicht aufbringen, es mufs also der ganze 
Bezirk solidarisch verhaftet gewesen sein, für die Ungestörtheit der 
Biber und Falken zu sorgen. Sehr belehrend für den Charakter 
dieser Last ist eine von Tzschoppe u. Stenzel (a. a. 0. S. 21) 
mitgeteilte Urkunde des Herzogs Boleslaw von Krakau vom Jahre 
1263 für das Kloster Mstaw bei Czenstochau. In derselben heifst es: 
„perpendentes, indebita atque gravissima vexatione homines nobis 
subjectos ex pravae consuetudinis immo corruptelae occasione frequen- 
tissime coartari a falconariis et portitoribus falconum ad ducatum 
Cracoviensem pertinentium, qui falconarü, potestate sui officü quando- 
que etiam injuriose, nituntur homines gratia prevod fraude calumpniae 
aggravare, omnes villas et incolas earum in districtu Opole de Mstaw 
a custodia nostri falconis in perpetuum liberas f&cimus — ita ut nullus 
ipsas — occasione dictae avis custodiendae vel quacunque consue- 
tudine inquietare presumat. Praeterea si ipsa avis nidum sibi in locis 
congruis elegerit pro securitate potiori prorsus eam de suo districtu 
repellentes arborem super quam nidificaverit succidant/' 

8. 43 ) Z« 16 Y. 0. Podwoda Fronfuhre. Den Unterschied von 

rwoda und powoz glauben Tzschoppe und Stenzel (a. a. O. 
17) darin erblicken zu dürfen , dafs powoz den regelmäfsigen 
Spanndienst oder Vorspann der Bauern bedeutete, podwoda den aufser- 
ordentlichen für Gesandtschaften und Boten. Röpell dagegen ist 
der Meinung (Geschichte Polens, S. 314 Anm. 33 u. 34), dala pod- 
woda nur die Stellung von Pferden zum Reiten, nicht von Wagen 
und Pferden bedeute. 

S. 43, Z. 21 V. u* Vgl. Urkunde des Erzbischofs Janussius 
von Gnesen im Cod. dipl. Maj. Pol. I, ur. 402. Schon im Jahre 
1180 hatte Kasimir der Gerechte im Verein mit dem Erzbischof von 
Gnesen und anderen Bischöfen eine Abstellung der schreiendsten Mif»- 
brauche, die diese Last im Gefolg gehabt haUe, versucht. Auf einer 
Synode wurde u. a. beschlossen, dafs alle diejenigen dem Kirchenbann 
verfallen sollten, welche, wofern nicht ein Einfall auswärtiger Feinde 
das Land bedrohe, die podwoda in Anspruch nehmen würden (Bö pell 
a. a. 0. S. 370). Vgl. auch die Bestätigungsbulle Alexanders III. im 
Cod. dipl. I, nr. 25. 

S. 44, Z. 5 T. 0. Es sind dies wohl die vielfach in Urkunden 
vorkommenden inferiores jndices oder subjudices. Jedenfalls war die 
höhere Gerichtsbarkeit von der niederen getrennt (Röpell, Gesch. 
Polens, S. 327). 

S. 44, Z« 14 v. 0. Über vicinia oder opole s. Röpell, Gesch. 
Polens, Beil. II (S. 615 ff.). Noch im Ausgang des 14. Jahrhunderts 
stofsen wir auf Spuren einer solchen gemeinsamen Verhaftung: 1371 
zahlt der Rat der Stadt Gostyn der Witwe des daselbst erschlagenen 
Nikolaus von Zdziesz ein Bufsgeld von 30 Mark Groschen (Cod. 
dipl., nr. 1651). Vgl. auch die Urkunde Herzog Przemysls von 
1242 (Cod. dipl. I, nr. 236): „. . . . dedimus ei (abbati et conventui 
monasterii de Lubin) vaccam et bovem in pei'petuum, que pro usu 
nostro de ipsorum vicinia annuatim pertinebat." 



(V. 



S. 45, Z. 17 v. u. Der Herausgeber des Cod. dipl. Maj. Pol. 
. Zakrzewski) hält Bd. IV, S. 377 die Kastellanei Paluki für 



Anmerkungen. 265 

einen Teil der Kastellanei Gnesen, da das alte czolo von Paluki 
weder eine Burg noch einen Burggrafen hatte, obgleich die kleine 
Kastellanei 2on im Bereich desselben lag. Die Grenzen von Paluki 
werden folgendermafsen bestimmt: im Norden die Netze, im Süden 
die Welna bis Rogowo, im Osten eine von Gonsawa bis Bartschin an 
die Netze reichende Linie. 

S. 45. Z. 2 T. u. Auch ein judex castri wird als Stellvertreter 
des Kastellans im Gericht genannt. Eine nähere Bestimmung des 
Amtscharakters des tribunus läfst sich aus den Urkunden nicht ent- 
nehmen; vermutlich war er auch der Befehlshaber der Burg in Ab- 
wesenheit des Kastellans. 

S. 45 9 Z« 1 T* u« Aufserdem lag dem Kämmerer die Ladung 
der Parteien vor Gericht, die Pfändung der Säumigen („et ne aliquis 
camerariorum nostrorum impignorare valeat" bei Tzschoppe und 
Stenzel a. a. 0. U. B. nr. 50; doch liefsen sich die Kämmerer hier- 
bei durch Unterbeamte [ministeriales] vertreten) und die Grenzberich- 
tigungen ob (vgl. Urk. des Herz. Przemysl II. für die Posener Kirche 
V. J. 1295: „Villa prout per nostrum ministerialem missum per sub- 
camerarium nostrum est suis limitibus consignata"). 

S« 46, Z. 9 T. 0. Glova, lat. caput, bedeutete auch das Straf- 
geld, welches ein gesamter Bezirk geben mufste, wenn innerhalb seiner 
Grenzen ein Erschlagener gefunden wurde, ohne dafs man den Mörder 
entdeckte. Neben der Mordbufse werden noch Bufsen von 70, 50, 15, 
12 Mark u a. erwähnt. Vgl. Röpell a. a. 0., Beil. XIII. Das 
Wergeid tritt erst in den Statuten des 14. Jahrhunderts deutlich her- 
vor, doch ist es unzweifelhaft uralt: die Höhe desselben richtete sich 
einerseits nach dem Stande des Erschlagenen, anderseits nach der 
Schwere der Verwundung. 

S. 46, Z. 14 Im 0. Privileg der Herzöge Przemysl und Boleslaw 
für das Kloster Olobok v. J. 1253 (Cod. dipl. I, nr. 311): „domine 
abatisse damus liberam auctoritatem , per suum iudicem in Omnibus 
articulis Polonico iuri pertinentibus , ut est duellum cum baculo, ius 
ferri, ius aque et in aliis articulis quam plurimis iudicandi potestatem/* 
Ferner Privileg des Herzogs Przemysl II. für das Kloster Lubin 
V. J. 1296 (Cod. dipl. II, nr. 744): „dantes monastörio hanc iudi- 
ciariam potestatem perpetuo possidere: latrones et spoliatores, qui 
eos (seil. Abt und Konvent) et ipsorum homines molestant, depredant 
et anihilant, iudicare, decollare et penam, que sedmcessant (Geldstrafe 
von 70 Mark) nuncupatur, in eisdem recipere, fures suspendere, sacri- 
legos rotare, falsarios comburere, manibus, pede vel manu mutilare, 
duellum de gladio et duellum de baculo (Knüttel), examen ferri arden- 
tis et examen aque frigide et ferventis." 

S. 46, Z, 21 V. 0. Vgl. namentlich die Bestätigungsurkunde 
Papst Innocenz* II. vom 7. Juli 1136 für Erzbischof Jakob v. Gnesen 
bezüglich der Güter dieser Kirche (Cod. dipl. I, nr. 7). 

S. 46, Z. 12 T. n« ^,Quid super episcoporum translationibus 
loquar, que apud vos non auctorit«te apostolica, sed nutu regis pre- 
sumuntur", schreibt Papst Paschalis II. 1102 an den Erzbischof 
Martin von Gnesen (Cod. dipl. Maj. Pol. I, nr. 5). Nach Jaffö^ 
Beg. Pontif. nr. 4851, wäre jedoch dieser Brief an den Erzbischox 
von Spalatro gerichtet und hätte mit Polen nichts zu thun. 



S. 47, Z. 10 t. o. Cod. dipl. I, nr. 4: „-illttd nöbn prfano 
attendendumest, quod episc<^i terre vestre, nön babentes eiärtnin ixvs- 
itlpopolitanae sedis iocam nee «ab aliqnopmiti magisUrio, hucetilltte 
tp») flua quisque ordinatid&e Tagantes, ultra regtdas et decrefa ftaneto- 
<ram patrom liberi stiiit et abßolttti. Ddhde Yero, quod inter *1älntatn 
hominum maititudinem adeo pauci sunt episcopi et ampte singolomm 
parochie, ut insubiectis plebibus euram episcopaüs omcii nidlatenus 
^zequi aut cite administrare väleänt." 

S. 47, Z« 11 T« 0. Über die Oren£^ der DiöoeBM ^bns, \P6odki 
lii&d Onesen handelt «käi»fübrlich Bd.lY des Cod. dipl. tp. 372^376. 

S. 47, Z. 16 T. 0. Cod. dipl. I, nr. 6. 

S. 47, Z. 2^ T. u. Cod. dipl. X nr. 55. 

8. 47, Z. 20 V. u. Vgl. R 6p eil, Gesöb. I^olens, S. 42^1 tmÖ 
t>iöz. der Datierung Sohle s. Begestenl, S. 110. 

S. 47, Z. 7 T. tt. Röpell (ä. a. O., 18. 335, Anm. 88^ niätrit 
an, dafe die ältesten Immunitätsprivitegien der Kirebe in das letzte 
Viertel des 12. Jahrhunderts gehören; frühere seien unecht. &Sdfig^ 
würden dieselben dann mit dem 13. Jahrhundert, namentlich in der 
llegierungszeit des Wladvslaw Odonicz, ttnd gan% besonders sei der 
^rzbischof Heinrich von Gnesen (1200— 1219) ftr die Erweitenüig der 
Icirchlichen 'Kedhte gegenüber dem Staate mit Erfolg thätig gewtoen. 
'Dem gegöntiber verweise ich auf die Bestätigungsbulle 'Innocfenz* "EL 
von 1136 (Cod. dipl. I, nr. 71), nach der die Gnesenfer *ErÄbiS(ih8fe 
l)ereits damals in den Ihnen überwiesenen Kastellaneien Znin und LowiCz 
die gesamte Gerichtsbarkeit innegehabt haben: „provincia de Züeih 
6um decimis, cum foro, cum lacubus et cum omni iuriditione seculati, 
item Lioviche cum decimis, cum villis et earum incolis, cutn venatione, 
cum castoribus et cum omni penitus iuridicione seculari -nuUi praeter 
episc^um respondere habet". 1211 versprachen die Herzöge Lesko 
von Erakau, KonTad von Masowien, Wladyslaw von Kaiisch und 
^simir von Oppeln dem Erzbischof Heinrich, die Freiheit der Kirche 
fisu schützen, „ne ullum dispendium . . . patiatur, sed ville ecclesiarum 
et incole ipsarum omnimode gaudeant privilegio libertatis. Est itaqne 
primum quod.statuimus et custodiri volumus: ne quis höminum ecclesie 
inhabitans Patrimonium alias ad iudicium quam coram ipsius ecdeaie 
prelato vel coram suo iudice iudicandos pertrahatur. Volumus etiam 
quod homines ecclesie immunes sint a Servitute quod dicitur povoz 
et prevod et prevori et naraz et nastava; et non transibimus per 
Lowich nisi semel in anno, prout ab antiquo consuetum est" (ib. nr. 68). 

S« 4S, Z, 18 T. 0. Jatiauschek, Originös ^Cistercieddititii, 
S. 290. 

%. 4S, Z. 22 T. 0. Dlugosz bieitoria Polob. t, 4^3. Dei%elbe 
eisählt den Besuch -Miei^os in Köln zum Jahr 11^ , doeh dnd die 
Reliquien der heil, drei Könige erst 11S4 nach Kohi gebracht iror^ 
den. Der Erzählung über die Verleihung des Vorrechts, nur Kölner 
kk die beiden Klöster anzunehmen, fugt Dlugosz die Worte zu: 
»si^er qua (sc. gralia) et Privilegium dcripsit". DuA ^^nigstm 
ois in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts nur Mönche Iraä 'K^ifea 
in jenen beiden Klöstern sich befenden, bezeugt D2ugosz: „Ab eo 
ftutem tempore (sc. fftndationis) mos erat küdabilis et omni eomiäen- 
datione dignus, usque ad mea tempora o^rvätus, quod nemo In mona^ 



i«titia praefeta in TOgulardm öbservaütSiam assiunitur, üisi «it genöt« 
'dOlonieiuBis^^ 

S. 48. Z. 8 T. u. Zeifsberg, Die polnische GesefaichtssehFei- 
'boDg des Mittelalters, S. 25. 

S. 49,«. 1 V. 0. TgL Zeifsberg a. a. 0., S. 20. 

S. 49, Z. 10 T. 0. Laut Urkunde y. J. 1244 (Cod. dipl. Maj. 

*Pol. I, nr. 243) überläfst Herzog Przemysl mit seinem Bruder Boles- 
law und seiner Mutter Hedwig den Posener Dominikanern eine Hof- 
stätte (area) auf dem linken Ufer der Warthe und die bisherig« 
S. Gotthards-Earche daselbst. Diese letztere mufste zuvor von ihrem 

•Besitzer, dem Bischof Bogufal von Posen, gegen die S. Adalberts- 

*Kirche eingetauscht werden. 

^. 49, Z. 11 T. o. Mittelst Urkunde vom 1. November 12f79 
.^Ood. dipl. il, nr. 489) überläfst Herzog Praemysl dem Dominikaner- 
Borden eine Hofstätte in Wronke behufs JSrrichtung eines Klosters mit 
dbeiem Fbch&ng in der Warthe Und in dem Wrecener See und dör 
•Beftignis, sein Kotn in der dortigen herzoglidhen Mühle unentgeltlich 
vahlen zu lassen. 

S« 49, Z. 7 T. u. Die Gründungsurkunde (gedr. Cod. dipl. 
lll!aj. Pol. I, nr. 18) ist, wie so häimg bei 'Klosterstiftungen, um 
10 Jahre jünger als das von der Ordenstradition überlieferte Datum 
d^r Gründung. Vgl. über dieses Hockenbeck, Beiträge zur Ge- 
schichte des Klosters und der Stadt Wongrowitz I, S. 12, Anm. 2. 
Die Urkunde hat sich in authentischer Form in drei Exemplaren er- 
halten (zwei im KapitebartShiv zu Gnesen, eins im Staatsarchiv zu Posen). 

8* 49^ Z« 5 T. u» Über die Persönlichkeit des Stifters s. Hoc^ken- 
'beck a. a. 0., Anm. S. 

S. 49s ^* & ^« «• Dlugosz a. a. 0. I, S. 424 und 425: „ad 
monastetium autem hoc (Lond) et aliud ejusdem ördinis vocatum 
Wi^growiec monachi in prima monasteriorum hnjusmodi fundatione gk 
monasterio quod vocatur vetus mons tribus miliaribus a Coloniensi 
civitate super Rhenum sita distante sumpti sunt.^* In der Stiftungs- 
lärkunde des mit Lekno im gleichen 3^ahr gegründeten Klosters Lond 
dffitTst es acndrnoklioh: „monachos ordinis Cisterciensis de longinquis 
fBVtibus terrae adductos, de coenobio videUceft Bergensi.^ 

S* &0>, Z. 3 T* 0. Ich lasse hier den Wortlaut der Stiftungs- 
urkunde in der deutschen Übersetzung von Hockenbeck folgen: 

„Im Kamen der heiligen, ungeteilten Dreieinigkeit sei allen Katho- 
liken der Gegenwart und Zukunn zur Kenntnis gebracht. Gewifs ist 
das Gelübde ehrenvoll und beglückend, ja offenbar heilig und lobens- 
wert der Tausch, sein vergängliches Gut hinzugeben und ein ewiges 
dafür wieder zu erhalten, Irdisches zu verachten und Himmlisches zu 
besitzen. Daher habe ich Zbilut, ein Bürger Polens, aus Liebe zu 
dieser so heiligen Thai, im Herzen eigluhend durch Antrieb der himm- 
lischen Gnade, aus Eifer für die Ehre des Hauses Gottes und die 
Wphnstätte seiner Herrlichkeit und zugleich in dem 'Wunsche , mit 
den Gerechten in das Buch des Lebens geschrieben zu werden, ein^ 
Teil meines freien Erbteils, folgende Dörfer, nämlich: Rgielsko mit 
dem ganzen See und Straszewo, Panigrodz und den Mai^t in Lekno 
mit der Schenke, Gott dem Geber aller Güter zu Lob und Preis und 
seiner Mutter und dem heiligen Petrus zur Ehre, in tiefster Ergeben- 
heit und Demut übergeben Und mit aufrichtiger und frommer Sehn- 



268 Anmerkungen. 

sucht bestimmt, dafs in einem der bezeichneten Dörfer, in Lekna 
nämlich, dem Herrn ein Haus erbaut und ausgestattet werde. Zur 
geistlichen Leitung dieses Hauses, zur fortwährenden Verwaltung des 
göttlichen Dienstes und zur Aufrichtung heiliger, klösterlicher und 
geistlicher Zucht in demselben habe ich einige geistliche Männer, ehr- 
würdige Personen, die abgestorben der Welt für Christus leben, 
Klosterleute in der That, in der Kleidung und im Profefs, voll von 
Liebe zu Gott und dem Nächsten, so wie ich es vermochte, ehrerbietig 
herbeigerufen, aufgenommen, hochgeschätzt und eingeführt. Ihnen, 
die an eben jenem Orte, Lekno nämlich, ein geistliches Leben fuhren, 
den Armen Christi, habe ich, selbst arm, die vorbezeichneten Dörfer 
mit ihren gesamten Einkünften zu möglichst freier Benutzung für 
jetzt und immer überlassen. Daher habe ich, damit niemals irgend 
jemand, sei es hoch oder niedrig, die Bestätigung dieses meines frommen 
Strebens und Handelns durch nichtswürdige Mittel ungültig machen 
könne, sondern damit sie unversehrt und wirksam verbleibe für immer, 
den Herrn Erzbischof der heiligen Kirche zuGnesen, Johannes, den Herrn 
Bischof der Kirche zu Posen, den Herrn Herzog Mesico und viele 
andere hohe und niedrige Personen zusammengerufen und in zahl- 
reicher Versammlung von beiden Bischöfen unter Androhung ewiger 
Verdammnis und freudiger Zustimmung aller die Zusicherung erhalten, 
dafs, wenn jemand jetzt oder in Zukunft diesem Privilegium und dieser 
letztwilligen Verfügung entgegenzuhandeln sich anmafsen sollte, er 
erbarmungslos dem Spruch des höchsten Richters verfalle und ihn die 
Hölle, wofern er sich nicht bekehrt habe, verschlinge. Geschehen im 
Jahre 1153 etc." 

S. 50, Z. e v. 0. Gedr. Cod. dipl. Maj. Pol. I, nr. 81. 

S. 50, Z. 23 V. 0. Die Schenkung des Sandivogius ist enthalten 
in einer Bestätigungsurkunde des Herzogs Wladyslaw v. J. 1231 
(Cod. dipl. I, nr. 130). Die Immunitätsurkunde desselben ebenda 
nr. 133. Sandiv. Schenkung scheint jedoch nicht sofort in Kraft ge- 
treten zu sein, denn in einer Urkunde v. J. 1238 (Cod. dipl. I^ 
nr. 215) erneuert er dieselbe, aber erst für seinen Todesfall. 

S. 50, Z. 20 V. u. Vgl. Winter, Cisterzienser II, S. 370. 

S. 50, Z. 16 V. u. Cod. dipl. I, nr. 126. Am gleichen Tage 
schenkt Bronis all seine und seiner Ehefrau Gut auf beider Todesfall 
(Cod. dipl. I, nr. 128) dem Kloster. Die Schenkung des Zehntens 
seitens des Bischofs Paulus ebenda nr. 127 u. 129. 1234 bestätigten 
die Herzöge Heinrich von Schlesien, Vater und Sohn, die Schenkung 
von Gostecove (^Cod. dipl. I, nr. 169). 

S. 50, Z, 12 v. u. Cod. dipl. I, nr. 183. 

S. 50, Z. 10 V. o. Urk. v. 24. April 1250 im Cod. dipl. I, 
nr. 284. Dafs Herzog Przemysl das neue Kloster mit Nonnen aus 
dem Kloster Trebnitz besetzte, mag damit zusammenhängen, dafs seine 
Gemahlin Elisabeth vor ihrer Vermählung von ihrem Bruder Boleslaw 
nicht ohne Gewaltsamkeit aus jenem Kloster entführt worden war 
(Grünhagen, Schles. Gesch. I, S. 73). Vielleicht war — wie 
Winter a. a. 0. II, S. 29 meint — die Stiftung von Owinsk eine 
Sühne dafür. Przemysls und Elisabeths Tochter, Euphrosina, trat 
später als Nonne in das Kloster Trebnitz ein und wurde Äbtissin 
daselbst. 

S. 50, Z. 3 V, u. Winter a. a. 0. 



AnmerkuDgen. 26i^ 

S. 51, Z. 7 V. 0. Cod. dipl. I, nr. 303. örünhagen (Schles. 
Reg. II, S. 17) nimmt als den Einzugstag der Nonnen in Owinsk den 
15. Oktober 1252 an. Aus Kloster Trebnitz kam auch die Äbtissin 
Hazlava, die von der heil. Hedwig erzogen und ins Kloster gebracht 
worden war (Vita s. Hedwigis bei Stenzel, Script, rer. Siles II, 
S. 37). 

S. 51 9 Z. 18 T. 0. Cod. dipl. I, nr. 385. Nach der Kloster- 
iradition, die allerdings eine urkundliche Bestätigung bisher nicht 
^fanden hat, soll Herzog Wladyslaw schon i. J. 1232 dem Kloster 
Dobrilngk eine wüste und sumpfige Gebend an der Obra beim heutigen 
Althöfchen zur Kultur übergeben haben. Der Abt von Dobrilugk 
vnrd eine Anzahl Mönche und Laienbrüder dorthin geschickt %aben, 
die dort einen Ackerhof gründeten, den sie Neu-Dobrilugk nannten. 
Die für die Klostergemeinde erbaute Kirche soll 1238 geweiht worden 
sein. Winter a. a. 0. H, S. 367. 

S. 51, Z. 21 V. u. Cod. dipl. I, nr. 381. 

S. 51, Z. 18 v. u. Cod. dipl. I, nr. 376. 

8. 51, Z. 16 Y. u. Vgl. ürk. v. 1260 (Cod. dipl. I, nr. 385). 

S. 51, Z. 13 Y. u. Cod. dipl. I, nr. 439: „qui (sc. fratres) 
in loco quasi deserto et sterili circa confinia nostri episcopatus mo- 
nasterio fnndato in paupertate eximia" u. s, w. — schreibt der Bischof. 

8. 52, Z. 4 V. 0. Cod. dipl. I, nr. 473. 

8. 52, Z. 7 Y. 0. Cod. dipl. I, nr. 893. Das Tagesdatum ist 
daselbst falsch angegeben: es ist der 13. und nicht der 20. Juli. 

8. 52, Z. 22 Y. u. Die älteste sichere Erwähnung der Stadt 
Posen bei T biet mar, 1. II, c. 14; die früheste urknndhehe Erwäh- 
nung Ende des 10. J. im Cod. dipl. I, nr. 1. 

8. 52, Z. 16 Y. u. Dafür, dafs die herzogliche Burg in der 
frühesten Zeit auf dem rechten, nicht, wie später, auf dem linken 
Wartheufer stand, sprechen folgende Umstände: 1) Die Lage der Dom- 
kirche auf dem rechten Wartheufer, da namentlich in Polen die 
Burgen der Landeshauptstädte in nächster Nähe der Eathedralkirchen 
sich befanden. 2) Legte man in frühester Zeit die Burgen am liebsten 
in sumpfigen Niederungen an, wie eine solche noch heute das rechte 
Wartheufer bei Posen darstellt. 3) Als Kaiser Heinrich H. 1005 auf 
Posen vorrückte, machte er zwei Meilen vor dieser Stadt Halt. Wäre 
die Burg auf dem westlichen Wartheufer gelegen, so ist es unerklär- 
lich, daSB Heinrich nicht noch weiter vorging und sich der Hauptburg 
seines Gegners bemächtigte. Wohl aber erklärt sich dieses Halt- 
machen, wenn man die Burg über die Warthe weg liegend annimmt, 
da dann der Kaiser Bedenken getragen haben wird, Boleslaw in seiner 
durch den vorliegenden Strom doppelt geschützten Stellung anzugreifen. 
4) Bei der Belagerung der Stadt Posen durch Herzog Wladyslaw 
(1142) machte die eingeschlossene Besatzung einen Ausfall. Bei dem 
entscheidenden Kampfe geschieht ein solches Blutvergiefsen, dafs 
— wie Bogufal (Mon. Fol. bist. II, S. 522) berichtet — die Flüsse 
Cybina und Glowna von dem Blute der Getöteten anschwollen. Beide 
Plüsse sind Nebenflüsse der Warthe auf deren rechter Seite, der Aus- 
fall muTs also auf dieser stattgefunden, folglich auch die Burg hier 
f (Standen haben. — Nach dem Zeugnis eben dieses Chronisten liefs 
erzog Przemysl i. J. 1249 Burg und Stadt im Umkreis (circa) der 



270 Aomerkimgßii^ 

Haaptkirchi9 ivied^ «ufbaaen« Anf das liake Warthenfer, an.geine 
jetzige Stelle, ist das Schlofs erst nach der GrriindaDg der Neostadti 
Fosen verlegt worden. Vgl. Lnkafsewioz, His4<»r.-stati8l. Bild der 
Stadt Posen, deutsche Ausgabe von Tiesler II, S^ 37^38; 

S. 52, Z. 14 T. u. Bogufal (c. 1. p. 571): „Eodem vero tem- 
pore Premisl dnx prefatus cives de Szroda prope ecclesiam majorem 
ad jHraedium eeelesiae ultra Wartham . . • transtiüit/^ 

Sk 52, Z. 12. T. Q. Vgl die oben angeC Urk. Hers^.Pnemyfli«; 
V, J. 1244. (Cod. dipl. I, nr. 243). 

S.J^2, lu 11 V. Q, Vgl. Urk. Her«. PrzeBOQrsls v. J. 1252 im Cod, 
dipl. I, nr. 302. 

B» 53, Z. 5 T. 0. Vgl. Urk. Herz. WladyslaWs für die Pösener 
Kirche v. J. 1237 im Cod. dipl. I, nr. 203. 

S. 54, Z. 11 T. Ui Script, rer. Siles., T. I, p. 64. 

S. 54, Z« 10 T. u. Das Jüdenstatut Boleslaws ist gedruckt bei 
Bandtkie, Jus ptolonicum, p. 2, £i& ähnliches Privileginn hab»i 
Friedrich der Streitbare von Österreich und König Bela von Ungarn, 
später Heinrich der Erlauchte von Thüringen, Heinrieb IV. von. 
Breslau und Bolko I. von Schweidnitz ihren Juden erteilt. 

S. 55, Z. 2 T. u. 

„Nam sine cultore teUus iacuit 
Et gens Polonie paupet fuilt ha«t ooex^^ea^ 
Sulcans in sabulo lignis-uncis sine ferro 
Et vaccisve bobus nisi scivit arare duobus. 
Civitas aut c^idun per terram non fmt uUum, 
Sed prope castra fora campestria, broca, eapella. 
Non sal, non fetrrum, nummismata' nonque metaUm», 
Non indumenta bona, sed neque calciamenta 
Plebs habuit illa, pascebat sola iumenta.*' 

MO'Uum. Lubensia ed. Wattenbach, p. 15. 

S. 57^ Z. 2 t« 0. Grünhagen, G0sehichie ScUmens^ Bd L 
S, 39-40. 

S. 57, Z« 12 T« u« Höchst wahrscheinlich ist auch in Polen, 
wie in Schlesien, von, den deutschen Ansiedlem nicht, mehr der alte 
volle Garbenzehnt, sondern nur noch der lifalterzehnt entrichtet wor-. 
den — so genannt , weil in der Begel ' von der Hufe (mansus) eiix 
Malter in mehreren Getreidearten zu. gleichen oder ungleichen Teilen 
ak Zehnt gefordert wurde. Von nengerodetem Lande (insbesondere 
früheren Wäldern), von dem die Kirche bisber keine Abgabe gezogen 
hatte, wollten die deutschen Kolonisten gemSfb dem in ihrer Heimat- 
geltenden Hechte überhaupt nicht zehnten. 

S, 51^^ Z. 2 Y. 0.. Cod. dipl. I» nr. 66> 

S. 59, Z; 9 Y. o. Cod. dipl. I, nr. 65 u. 73. Das Datum der 
letzteren Urkunde ist der 26., nicht der 28. Juni. 

»4 59» Z. 21 T. 0. Cod. dipl. I| nr. 116 und Schles« Br^gi. 
I, nr/ 289, 290. 

S. 59',. Z« 20 Ti Qw Cod. dipl. I, nx. 152. 

S*.59,.Z. 14 T« u. Cod. dipl. I, nr. 147. 



S. 69, Z. 7 T. n. Co4. dipl. I, m». 64, imd Sijhlea. EÄg. L 
nr. 270. 

S. 59, Z. 2 T. n. Cod. dipl. I, pr. 194. 

S. 60, Z. 2 T. 0. qod. dipl. I, nr. 248. 

& 60,,Z. 7 ¥.. o*. Cod. djpl. I^ mr> 33e. 

8; 60, Z. 8 V. o. Cod. dipl. li nr. 350 und 351. 

S. 60, Z. 13 T. 0. Cod. dipl. I, nr, 1]19. 347. 49!7. 582. 

S. 60, Z,.9 T. u« Privilegiui^ für Powid? Cod. dipl. I; nn 240, 
för L^^ i^. 289, für Lubnioe nr, 311, für Kriew^ nn 363, für dear 
£rzbischof Janussius von Gnesen nr. 396, für Zduny nr. 424^ für/ 
Gostyn nr. 474, für Slupce II, nr. 66^, für Rynarzewo nr. 825, für 
Pakosch III, nr. 1397, für Gt)nßawa nr. 1876, fiir Mrotschen nr. 1937, 
für Mogilno nr. 1989. 

S. 60^ Zi. 2 Y. B. ?riTOlegiam für Pdwid« God* dipl. I, nr. 240, 
&a Koetnsyn nr. 296, für Sohrinun nr. 322, für die Neustadt' Posen 
nr.. 321, für Zduny nn 602^ für Enn nr. 401, für Kinasen nr. 615, 
für Nakel II, nr. 810. ^ 

S* 62 j Z. SfV. 0. Cod. dipl. 11, nr. 777. 

8. 64, Z. 8 Y. 0. Cod. dipl. I, nr. 453. 

S, 64), Z. 3^. Y» 0. Cod, dipL IJ^ nr. 1122. 

S. 64^ Z. 17 Y» XL. VgL Gründungsurk, d^ Nenstadt Posen itn 
God. dipl; I, nr. 32L 

S. 65,. Z. 1? Y. 0. Cod. dipl. I, nr. 324. 

S; 65^ Z« 21iY. U4 Bo^gofal c 1. p. 58a 

S. 65, Zf 19 Y* u« Bogufal c. 1. Die Angabe im T^te muls. 
dahin . verbessert werden, daTs das Spital schon 1263 und. zwar/ in 
hpBorem s. spir. errichtet, wurde. 

S. 6&',.Z, 16 Y. n. Cod. dipl. n, nr. 625. 

8« 6^ Z. 7 Y. u» Cod. dfpL I, nr. 494. 

8«. 65,,Z4^4 Y. 11« Lukaszewlcz a. a, 0.^ Bd. IX« 8. 9 hnagjk\ 
hierfür eine jetzt nicht mehr Yorhiuid^Be UrkwidQ vea 1803, infi^i 
octavas apost. beat. Petri et Pauli bei Der Bat der Stadt mufste 
sich dagegen verpflichten, bei jeder Gelegenheit, wenn er dazu auf- 
gefordert würde, deni Bischof und d^m Domkapitel den gewt^sohten 
Schutz, zu gewähren. Weiter heilet es. in der Urkunde; „es soll ihnen 
auch.f^istehen, eine Schule und einen Bektor an derselben zu haben, 
welchen der Bischof und das Domkapitel ernennen sollen; der so Er- 
nannte aber soll die Kinder den Donat und Cato lehren. Haben sie 
diese durchgelesen, so soll es den Knaben, welche Lust dazu haben, 
gestattet sem, auf die höhere Domschule überzugehen oder eine an- 
dere zu besuchen.*^ 

8^ 66, Z; 10: Y^ 0« Vgl. die Zollverträge der- Herzöge Wlady«h 
l^W'Odonitz^ Przemysl imd Boleslaw von 1288, bzw.- 1243 im Cod« 
dipl. I^ nr. 207 u. 287. 

8» 66^Z»4S> Y. o«. Cod. dipl. I, nr. 238> 



272 Anmerkungea. 

S. 66, Z. 20 T. 9. Cod. dipl. I, nr. 325. 

S, 66, Z. 22 V. n. Cod. dipl. I, nr. 401. 

S. 67, 2. 18 T. 0. Cod. dipl. II, nr. 810. 

S. 68| Z« 12 Y. 0« Johann von Czarnkow (der sogen. 
Archidiaconus Gnesnensis) bei Sommersbei^g , Scriptores rer. 
Siles. II, p. 81: „eodem anno (1248) episcopus Poznaniensis Bogu- 
phalus Theutunicis de Medzjrzecz indulsit decimam infra duos annos, 
scillcet de eodem anno et sequenti**. 

S. 69, Z. 13 T. Q« Cod. dipl. 11, nr. 858. Auch die Stadt 
Posen gehörte dem Bunde an, was im Texte anzugeben übersehen 
wurde. 

S. 70, Z. 5 T. 0. Wuttke a. a. 0. S. 206. 

S. 70, Z. 22 T. 0. Cod. dipl. III, nr. 1807. 

S. 71, Z. 21 Y. 0. Urkunde König Wladjslaws III. vom 19. April 
1444 im Posener Stadtarchiv, Bögest in der Zeitschrift für Ge- 
schichte und Landeskunde der PrOY. Posen, herausgeg. Yon 
Chr. Meyer, Bd. III, S. 298. 

S. 71, Z. 12 Y. n. Die Strafse von Gnesen nach dem Ordens- 
land ging über Tremessen, Kwieciszewo, Strelno, Kruschwitz, Inowraz- 
law, Ärgenau nach Thom. 

S. 71, Z. 9 Y« u. Einen Teil der Zolle empfing der Kastellan, 
einen anderen der Münzmeister. Das von letzterem erhobene Geld 
£or8 in den herzoglichen Schatz, der Teil des Kastellans wurde wahr- 
scheinlich für die Instandhaltung der Burg und dCr Strafsen ver- 
wendet. Die Abgaben wurden entweder in barem Gelde oder in 
■einem bestimmten Teil der betrefPenden Waren erlegt. So erhielt 
z. B. in Gnesen der Kastellan und Münzmeister für einen Einspänner 
mit gewöhnlichem Tuche je 2 Scot, für besseres, gefärbtes wurde 
Vs Vierdung (3 Scot) mehr erhoben, dazu noch so viel Pfeflfer, als 
eine Mark an Gewicht hatte. Für jedes weitere Pferd betrug die 
Mehrzahlung je 2 Scot an den Kastellan und an den Münzmeister. 
Bei Geringen wurde der Zoll für den Einspänner auf 30 Stück fest- 
gesetzt. Ahnlich waren, die Abgaben für Salz, Wein u. s. w. Wenn 
der Händler länger als acht Wochen im Lande verweilte, muTste der 
Zoll noch einmä entrichtet werden. Näheres bei J. Österreich, 
Die Handelswege Thorns im Mittelalter, S. 6. 

S. 71, Z. 7 Y. u. Cod. dipl. I, nr. 207 u. 237. 

S. 71, Z. 2 Y. u. Cod. dipl. III, nr. 1901. 

S. 72, Z. 7 Y. 0. Cod. dipl. III, nr. 1988. Die Strafse Posen- 
Schrimm-Punitz- Breslau scheint noch um die Mitte des 15. Jahr- 
hunderts benutzt worden zu sein: in einer Urkunde vom Jahre 1441 
bestätigt Köni^ Wladyslaw dem damaligen Besitzer von Punitz, Bar- 
tossius von Sokolowo, das Hecht, von den durchziehenden Kaufleuten 
reinen Zoll zu erheben (Baczynski, Cod. dipl., p. 137). Doch waren, 
wie aus derselben Urkunde ersichtlich ist, schon damals neben der 
Schrimm-Punitzer noch zwei andere Handelsstraisen nach Schlesien 
in Benutzung. Die eine führte westlich über Kosten und Fraustadt, 
die andere östlich über Koschmin. In der Folgezeit verdrängte dann 
die erstgenannte Strafse die alte über Schrimm führende: vgl. Urk. 
▼om Jahre 1496 (Baczynski p. 193): „qui vero de terris Prussiae 



AnmerkoDgen. 273 

tenderint Glogoviam, Le^niczam (Ldegnitz), Gierliczam (^Görlitz), 
Bunczel (Bunzlau) et eis nnitima hi vadant si eis placuerit non per 
Oalisch sed per Posnaniam, Costen, Wschowam" (Fraustadt). 1495 
läfst sich Sigismund von seinem Bruder, König Johann Albrecht, auf 
die Zollstätten Posen und Kosten 4300 ung. Goldgulden verschreiben, 
nachdem er mit dieser Summe jene beiden Zollstätten aus der Pfand- 
schaft der Brüder Swidwa und Andreas Szamotuly gelöst hatte (Ra- 
czynski p. 269). 

S. 72, Z. 18 V. 0. Cod. dipl. II, nr. 686. 

S. 72, Z. 21 y. u. Cod. dipl. II, nr. 625. 

S. 72, Z. 18 T. u. Urkunde König Wladyslaws vom 24. Juli 
1430 im Posener Stadtarchiv, Regest in der Zeitschrift f. Gesch. 
u. Landeskunde der Prov. Posen, Bd. III, S. 292. 

S. 72, Z. 17 T. u. Vgl. die oben angef. Urk. König Wladys- 
laws von 1444. Die fremden Kaufleute durften auf einmal nur ab- 
geben Tuch im Stück, Pelzwerk und Felle tausendweis, Sammet in 
10 Ellen, Mandeln zu 5 Stein, Pfeffer und Rosinen zu 14 Stein, Safran 
zu 4 Pfd. 

S. 72^ Z. 14 T. Q. Raczynski, Cod. dipl. Maj. Polon., p. 183. 

S. 72, Z. 9 T. u. Urk. v. 4. Okt. — nicht 27. Sept., wie Wuttke 
irrtümlich das Datum reduziert ■— 1372 bei Wuttke, Städtebuch 
des Landes Posen, S. 33. 

S. 72, Z. 6 T. u. Urk. König Wladyslaw Jagellos vom 6. Sep- 
tember 1422 im Posener Stadtarchiv, Regest in der Zeitschrift 
für Gesch. u. Landesk. der Prov. Posen, Bd. III, S. 287. 

S. 72, Z. 3 V. u. Urk. König Wladyslaws vom 17. April 1444 
im Pos. Stadtarchiv, Regest a. a. 0., Bd. III, S. 297. 

S. 73, Z. 2 v. 0. Urk. vom 23. Sept. 1493 im Pos. Stadtarchiv, 
Regest a. a. 0. S. 321. 

S. 73, Z. 7 T. 0. Lukaszewicz a. a. 0., Bd. I, S. 218. 

S. 73, Z. 13 T. 0. Lukaszewicz a. a. 0., Bd. I, S. 218. 219. 

S. 73, Z. 17 v. 0. Vgl. darüber Lukaszewicz a. a. 0., Bd. I, 

S. 79—81. 1576 erliefs Stefan Batory an den Posener Magistrat den 
Befehl, die nicht mit Grund und Boden ansässigen Schotten auszu- 
weisen. Durch ihren Beitritt zur Reformation setzten sie sich den- 
selben Verfolgungen wie die Deutschen aus und verschwinden daher 
seit der Mitte des 17. Jahrhunderts mehr und mehr aus der Stadt. 

S. 73, Z« 21 y. 0« Noch vor wenigen . Jahren war an einem 
Hause nächst dem (jetzt abgebrochenen) finsteren Thore ein Stein 
mit folgender Inschrift eingemauert : „Anno Christi 1503 ist vollbracht 
dyse Wohnung eines deutschen predigers durch huhld deutscher 
kaufleute". 

S. 73, Z. 3 T. n. So wurden Bentschen und Kiebel 1393 von 
König Wladyslaw Jagello gegen die Burg Inowlodz an Johann und 
Abraham Nemersa vertauscht (Cod. dipl. III, nr. 1929). 1397 ver- 
pföndete Königin Hedwig die Stadt Moschin für 60 Mark an Mosz- 
czicz von Stenszewo (Cod. dipl. III, nr. 1980) und um dieselbe Zeit 
Schrimm an Vincenz von Granow, Kastellan von Nakel. Bomst ver- 
schrieb Wladyslaw Jagello 1418 für 60 Mark an Nikolaus Tomicki* 

Meyer, Gescliiclite Posens. 18 



274 AnmerkuBgen. 

Usch gelangte in den Pfandbesitz des Peter Rordebok, Pudewitz in 
den des Dobrogost Kolinsky, von dem es 1433 Albert von Tuliszow 
um 20 Mark einlöste. 1442 kam die Stadt zuerst in den Pfandbesitz, 
1471 geradezu in das Eigentum der Familie Gorka. Ahnlicb war es 
mit Bromberg, Fordon, Argenau, Xions, Rosten, Schulitz, Fraustadt^ 
Rogasen , Inowrazlaw , Schwerin , Meseritz , Filehne , Wronke und 
Schneidemühl. Wuttke a. a 0. S. 211. 

S. 74, Z. 8 V. 0. So erscheinen beim Kalischer Friedensschluß 
von 1343 von den grofspolnischen Städten Posen und Kaiisch zuge- 
zogen. 

S« 74, Z. 4 T. u. Schon ein Jahrhundert nach Ankunft der 
Cisterzienser in Polen erliefs Erzbischof Jacob Swinka von Gnesen 
1285 auf der Synode zu Lenczycz eine scharfe Bestimmung gegen 
gewisse Ordensleute, „die unsere polnischen Landsleute in ihren Orden 
aufzunehmen sich weigern und nur Fremde einlassen, obwohl sie von 
Einheimischen Güter erhalten haben und erhalten und für das Seelen- 
heil der Einheimischen die Klöster gegründet sind*' (,Cod. dipl. T, 
nr. 551). Irgendeine augenblickliche Wirkung scheint dieser Erlafs 
nicht gehabt zu haben. Im 15. Jahrhundert, mit dem Steigen des 
polnischen Nationalgefühls, sind die deutschen Klöster dem Adel ein 
Dom im Auge, und in dem Reformprojekt, das Johann von Ostrorog 
1456 dem polnischen Reichstag vorlegte, beschwört er denselben, nicht 
länger zu dulden, dafs polnisches Volk von Deutschen und solchen 
rohen und verweichlichten Menschen verspottet und durch verkehrte 
Ordensgebräuche hintergangen werde. Vgl. Perlbach, Die Cister- 
zieuserabtei Lond u. s. w. in „ Mitteil, aus dem Stadtarchiv von Köln ", 
her. von K. Höhlbaum, Heft II, S. 7-8. 

S. 75, Z. 3 T. u. Die Statuten der Ofener Synode sind gedruckt 
im Cod. dipl I, nr. 487. Auch die Statuten der Lenczycer Synode 
(Cod. dipl. 1, nr. 551) erhalten einige gegen die Juden gerichtete 
Bestimmungen: sie sollen gestohlene und an sie verkaufte Sachen 
dem Eigentümer unentgeltlich zurückstellen; zum Gottesdienst be- 
stimmte Gerätschaften und Bücher sollten nur im Falle dringender 
Not und mit Genehmigung der geistlichen Oberen an Juden verpfändet 
werden dürfen. 

S. 75, Z. 1 V. u. Die Juden sollten nur einen Groschen von 
der Mark Silbers wöchentlich nehmen und eine länger als zwei Jahre 
abgelaufene Zinsensumme verfallen sein. Auch sollten sie verschwen- 
derischen jungen Leuten zu Lebzeiten der Eltern nichts leihen, und 
wenn sie es gethan, die Eltern für solche Darlehen nicht aufzukommen 
haben. Femer sollten sie nur gegen Pfänder, nicht gegen Schuld- 
scheine darleihen. Caro, Gesch. Polens, Bd. II, S. 540. 

S. 76, Z. 8 v. 0. Vgl. darüber Caro a. a. O. S. 543, Note 1. 

S. 76, Z. 17 T. 0. Beide Urkunden König Kasimirs befinden 
sich im Posener Stadtarchiv, die von 1465 in Abschrift, die von 1468 
im Original. Regesten derselben in der „Zeitschrift für Gesch. 
u. Landesk. d. Prov. Posen*', her. von Chr. Meyer, Bd. III, 
S. 313 u. 314. 

S. 77, Z. 1 v* 0. Die Urkunde des Königs Matthias, für Breslau 
ist gedruckt bei Lünig, Reichsarchiv, Bd. XJV, S. 318. 

S. 77, Z. 4 T. 0. Kestner, Beiträge zur Geschichte <}eärSt<^t 
Thorn, S. 30. 



Anmerkungen. 275^ 

S. 77, Z. 6 T. 0. Hanserecesse, Bd. IIT, 2, S. 452^ 

S. 77, Z. 21 T. n. Cod. dipl I> nr. 2ä8: „aliqui eciam sco- 
lares pauperes ibidem tenebuntut* confoveri in expensis, non in vesti- 
mentis, ex voluntate magistri hospitalis^^ 

S. 77, Z. 15 T, u. Lukaszewicz a. a. 0., Bd. II, S. 65. 

S. J8, Z. i y. 0. Cod. dipl. I, nr. 361: „Item statuimus, ut- 
omnes ecclesiarum rectores seu plebani vel quicunque alii sint prelati 
per universam dyocesin Polonice gentis constituti pro honore suarum 
ecclesiarum et laude divina, cum habeant scolas per licenciam 
episcoporum statutas, non ponant Theutonicam gentem ad regendum 
ipsas, nisi sint Polonica lingua ad auctores exponendos pueris et La- 
tinum Polonice informati." 

S. 78, Z. 4 V. 0. Die Statuten der Lenczycer Synode Cod. 
dipl. I, nr. 551. In denselben Statuten wird festgesetzt, dafs nie- 
mandem ein Seelsorgerbenefizium verliehen werden dürfe, der nicht 

im Lande geboren und der Landessprache mächtig wäre. Die 

Statuten der Kalischer Synode von 1357 sind gedruckt bei Helcel, 
Starodawne Prawa Polskiego pomniki, T. I, p. 343. 

S. 78, Z. 14 T. 0« Über die Lubranskische Schule vgl. Lu- 
kaszewicz a. a. 0., Bd. II, S. 11 ff. 

S. 78, Z. 15 y. n. Zeifsberg, Die polnische Geschicht- 
schreibung des Mittelalters, S. 19 ff. 

S. 78 am Ende. Neuerdings hat v. Warmsky in seiner Göt- 
tinger Dissertationsschrift: „Die Grofspolnische Chronik" den Nach- 
weis zu führen gesucht, dafs weder Bogufal noch Baszko die Ver- 
fasser jener Chronik sind, sondern dafs sie nur an der Abfassung der 
^ofspolnischen Annalen teilgenommen haben, während die sogenannte 
Chronik Bogufal-Baszkos , in der nur der gröfste Teil der grofspol- 
nischen Annalen aufgenommen sei, sich als eine Kompilation des 
14. Jahrhunderts darstelle. 



Drittes Buch. 



S. 81, Z. 8 T« u. Die beiden Breven sind abgedruckt im Cod. 
dipl. II, nr. 1075 u. 1076. 

S* 82, Z. 15 T. 0. Auch Stanislaus Ostrorog, Erbherr von 
Zempelburg, hatte sich dem Hussitismus zugewendet. Die Ostrorogs 
führten Hussiten in ihre Stadt Lobsens ein und legten mit deren 
Hilfe eine Menge Glashütten und Eisenhämmer an. Die meisten Ort- 
schaften in dieser Gegend, welche Hammer, Hütte, Buda, Mlotkowo 
heifsen, sind von den Hussiten angelegt. Auch schreibt man ihnen 
die Anlage der Stadt Hammerstein zu. Schmitt, Geschichte des 
Deutsch-Kroner Kreises S. 80. 

18» 



276 Anmerkungen. 

S. 86, Z. 3 V. 0. Beheim- Schwarzbach (HohenzoUemsche 
Kolonisationen , S. 609) giebt an „der Hand von Lukaszewiczs Ge- 
schichte der böbm. Brüder eine Übersicht der Orte im Posenschen, 
wo ehemals Kirchen der böhmischen Brüder und der mit ihnen ver- 
einigten Calvinisten vorbanden waren. Die Zahl beläuft sich auf 77. 
Aufserdem besafsen die Brüder höhere Schulen in Lissa und Kosch- 
min, Elementarschulen in Bartschin, Lobsens, Ostrorog, Posen, Wie- 
ruszow, eine grofse Bibliothek, erst in Ostrorog, zuletzt in Lissa, wo 
sie 1656 verbrannte, ein Archiv, eine Buchdruckerei in Lissa. 



Viertes Buch. 



S* 97) Z. 16 T* 0. Für die nachstehende Darstellung der Stadt 
Posenschen Ereignisse ist in erster Reihe die „Chronik" bei Lu- 
kaszewicz a. a. 0., Bd. II, S 179 ff. benützt. 

S, 98, Z. 2 v. u. Wahrscheinlich war Grudzinski selbst ein 
Anhänger der lutherischen Lehre. In einer Urkunde von 1640 sagt 
er nämlich: „ Jedermänniglich thue ich hiermit kunt, daTs ich laut 
Becht, Gerechtigkeit und Freyheyt Unserer ersten und itzigen Con- 
federacion, da ich als ein absolutus dominus meiner Gründer und 
Erbgüter bin, sehent die Kränkung der Gemeine Augspurgischer 
Confession etc." Unter dieser Konföderation, deren Mitglied Grud- 
zinski ist, kann nur die Konföderation der Dissidenten verstanden 
werden. Thönert, Geschichte der evangel. Kirche zu Schwersenz 
in der Zeitschr. f. Gesch. u. Landeskunde der Prov. Posen, Bd. II, 
S. 299. 

S. 100, Z. 18 v, 0. Der erste erhalten gebliebene Freibrief für 
die Stadt Lissa datiert vom 24. August 1561 und ist ausgestellt von 
Wenzel Lesczynski , dem Sohne des eigentlichen Begründers von 
Stadt Lissa, Rafael Lesczynski. In demselben wird Bezug genommen 
auf ein dem Rafael erteiltes königlicbes Privileg, kraft dessen dieser 
„im 44. Jahre die Stadt Lissa zu bauen angefangen und die neuen 
erbauten Häuser ehrlichen, frommen, cristlichen Menschen verkauft, 
auch zum Teil seinen Dienern geben". Weiter wird erwähnt ein 
Privilegium Rafaels von 1549 für die neue Stadt, durch welches dieser 
Magdeburger Recht verliehen wurde, das aber infolge tödlichen Hin- 
gangs des Verleihers nicht zur Ausführung gelangt war. Erst jetzt, 
1561, erhält die Stadt definitiv Magdeburger Recht (Urk. gedr. bei 
Wuttke a. a. 0., Urk. nr. CXII). 

S. 102, Z. 4 y« n« Die Gründungsurkunde von Rawitsch ist 
auszüglich enthalten bei Wuttke a. a. 0., S. 422—423. Alljährlich 
sollen von dem Grundherrn aus acht vorgeschlagenen Bürgern der 
Bürgermeister und fünf Ratsherren ernannt werden. Auf zwölf Jahre 
wird die Stadt von öffentlichen Abgaben, auf immer von Zöllen befreit, 
freier Handwerksbetrieb, Abhaltung von Wochen- und Jahrmärkten 
werden gestattet. 



Anmerkungen. 277 

S. 103, Z. 6 T. 0. Von der hohen Blüte der Rawitscher Tuch- 
macherzunft gieht namentlich auch deren von Fraustadt entlehntes 
Statut vom Jahre 1696 (Wuttke a. a. 0., Urk. nr. CLXXII) 
Zeugnis. 

S. 103, Z. 12 T. u. Für die Geschichte der Stadt Meseritz 
während des 17. und 18. Jahrhunderts besitzen wir eine reichhaltige 
und zuverlässige Quelle in der „Nachricht von der Stadt Meseritz" 
des im vorigen Jahrhundert dort als Pastor thätig gewesenen Esaias 
Zachert. Sie ist abgedruckt in der „Zeitschrift für Gesch. und 
Landeskunde der Prov. Possen", Bd. I u. IL 

S. 105, Z. 17 T. u. Auch die bekannten „Bamberger" Kolonieen 
dürfen, wenn sie auch von Anfang an katholisch waren und schon 
frühzeitig polonisiert wurden, hier angezogen werden. Über dieselben 
vgl. namentlich den aus den Akten des Posener Stadtarchivs geschöpf- 
ten Aufsatz von Beheim-Schwarzbach „ Die Bamberger bei Posen " 
in der „Zeitschrift für preufs. Geschichte und Landeskunde", Jahrg. 
III, S. 357—374. Die 1882 unter dem gleichen Titel erschienene 
Broschüre von Max Bär ruht, ohne jedoch nur einmal den Namen 
ihrer Quelle anzuführen , in den meisten Stücken völlig auf der erst- 
genannten Arbeit. 

S. 107, Z, 21 v. u. Das königliche Privilegium ist abgedruckt 
bei Wuttke a. a. 0., Urk. nr. CCXXXXII. 

S. 111, Z. 21 v. 0. Vgl. darüber Meyer, Die deutsche katho- 
lische Gemeinde zu Posen in der „ Zeitschrift für Gesch. u. Landest 
d. Prov. Posen", Bd. III, S. 164 ff. 

S. 112, Z. 16 T. 0. Die öffentlichen Zustände Polens am Aus- 
gang des 18. Jahrhunderts beleuchtet ein Brief des Dichters Göckingk, 
den dieser nach seiner Rückkehr aus Posen unterm 11. Juli 1793 aus 
Berlin an Gleim richtete. Derselbe ist veröffentlicht in der „Zeit- 
schrift für preuTsische Geschichte und Landeskunde" XIV, S. 16 und 
lautet folgendermafsen : 

„ Seit acht Tagen, liebster Gleim, bin. ich wieder hier. Von Süd- 
preufsen habe ich wenig gesehen; blofs den Strich von Meseritz bis 
Posen. Der Boden ist fruchtbar, das Land über mein Erwarten an- 
gebauet, die Wälder aber, deren ich, selbst nach den neuesten Charten, 
viele zu finden gedachte, sind nur noch wenige. Der Adel hat sie 

gröfstenteils ausgerottet und zum gröfsten Teil deutsche Kolonisten 
arauf angesetzt. Das hat den Holzpreis sehr gesteigert. Man hat 
zwar hin und wieder sehr guten Torf gefunden, aber niemand gräbt 
ihn. Hausmiete und Feuerung kommen in Posen fast ebenso hoch 
zu stehen als in Berlin, ja die erstere fast noch höher. Dagegen sind 
die ersten Lebensbedürfnisse wohlfeil, und eine Familie, die eine ein- 
gerichtete Wirtschaft hat und auf Delikatessen Verzicht thut, kann 
dort recht gut fertig werden. Seidene und lederne Waren aus- 
genommen, sind alle übrigen teurer als hier. Die Handarbeiter arbeiten 
schlecht. Alle guten Möbeln läfst man aus den schlesischen Herm- 
huter Kolonieen kommen. Die beste Arbeit aller Art machen noch 
die Juden, die alle Handwerke ohne Ausnahme treiben und in manchen 
Städten eigene Zünfte haben. Überhaupt ist bei dieser Volksklasse, 
wenn man den Teil des Adels ausnimmt, der Reisen ins Ausland ge- 
macht hat, die mehrste Kultur. Ihre Anzahl wird sich in Südpreufsen 

nahe an 150000 Seelen erstrecken. Es ist unglaublich, was 

sich der begüterte Adel gegen die übrigen Stände bisher erlaubt 



278 Anmerkungen. 

hat. Im ganzen ist die Nation ein volles Jahrhundert gegen 

die Einwohner der alten Provinzen zurück. Es wird viel Mühe und 
Geduld kosten, sie gesitteter und reinlicher zu machen. In ganz 
Posen, so bedeutend die Stadt auch ist, giebt es kein Wirtshaus, 
worin ein rechtlicher Mensch abtreten konnte; und logiert man auch 
im besten Privathause, so bekommt man dennoch weder Handtuch, 
noch Waschbecken, noch Nachttopf, und am wenigstens ein Bett. 
Drei Nächte mufste ich auf einem Gartensopha liegen, ehe meine 
neuen Matratzen fertig wurden. Der Adel macht grofsen Aufwand 
in Equipagen und Livreen; diese waren ebenso modern und glänzend 
als in Berlin. Alle Damen schminken sich, sie mögen es nötig haben 
oder nicht ; sie tragen sich sehr blofs, und nach ihren Nationalbegriffen 
von Sittlichkeit läuft es gar nicht wider den Anstand , sich von Be- 
kannten auf den Busen küssen zu lassen. Dagegen wird sich nicht 
leicht eine zu einem Kufs auf den Mund entschliefsen. Sie sprechen 
fast alle französisch, viele aber auch deutsch. Sie sind offen und höf- 
lich, aber nicht so liebenswürdig als unsere Landsmänninnen^* u. s. w. 

S. 112, Z. 21 v. u. „Die Luft in den kleinen Städten und 

auf dem Lande wird verpestet durch allerhand Miasmen; gefallene 
Tiere werden nicht begraben ; die Menschen atmen lieber diesen Pest- 
geruch ein, als dafs sie die Kadaver entfernen. Es fehlt vor allem die 
polizeiliche Aufsicht, auch auf die Lebensmittel, besonders inbezug 
auf das Schlachtvieh*^ u. s. w. Aus einem bald nach der Besitz- 
ergreifung Südpreufsens erstatteten offiziellen Bericht, mitget. von 
Beheim-Schwarzbach in der Zeitschrift der historischen Gesell- 
schaft für die Provinz Posen I, S. 240—241. 

S. 113, Z. 12 T. n. Die einzelnen Bestimmungen dieses Erlasses 
bei Lukaszewicz a. a. 0. I, S. 157 — 158. 

S. 113, Z. 8 Y. Q. Über die Judenverfolgung dieser Jahre han- 
delt eingehend ein Aufsatz von Warschauer: „Der grofse Brand 
und der grofse Judenprozefs " (1536 — 1538) in der „Zeitschr. f. Gesch. 
u. Ldk. d. Pr. Posen U, S. 103 ff. 

S. 117, Z. 10 y. u. Die ummischränkte Gewalt dieser Krongrofs- 
feldherren wird treffend charakterisiert durch die bekannte Aufserung 
Augusts des Starken bei seiner ersten Ankunft in Polen, dafs, wenn 
er gewufst, was hier im Lande ein Krongrofsfeldherr sei, so würde er 
sich lieber um dieses Amt als um die Krone beworben haben. 

S. 118, Z. 22 V. n. Die Landgerichte zerfielen wieder in die 
grofsen (termini magni, generales) und kleinen (termini parvi, judicia 
terrestria) Landgerichte. Die ersteren bestanden für die einzelnen 
Landschaften, aus denen sich das Reich zusammensetzte (Grofspolen, 
Kleinpolen u. s. w), und wechselten ihren Sitz. Für Grofspolen 
wurden sie zumeist in Posen, Gnesen oder Kaiisch abgehalten. Vor- 
sitzender war der Generalstarost von Grofspolen* Zu ihrer Kompetenz 
gehörten die Prozesse um Grund und Boden, Forderungen über 
& Mark, peinliche Straffälle. Die kleinen Landgerichte, mit einem 
Landrichter als Vorsitzenden, waren für die einzelnen Kreise eingerichtet 
und befafsten sich mit Zivil- und Strafsachen geringerer Bedeutung; 
ihre Sitzungen fanden alle zwei Wochen statt. Die Grodgerichte 
(grod == Burg), judicia castrensia, waren von Anfang an Aushilfegerichte 
der Starosten für solche eilige Strafsachen, bei denen man im Inter- 
esse der öffentlichen Sicherheit auf die Sitzungen des Landgerichts 
nicht warten wollte; namentlich war dies der Fall bei den sogen. 



AnmerknngeD. 279 

Suatuor articuli castrenses: Brandstiftung (ignis), Strafsenraub (via), 
btzucht (femina) und Hausfriedensbruch (domus). Im Laufe der 
Zeit erweiterte sich dann die Kompetenz dieser Grodgerichte, so dafs 
sie formliche Konkurrenzgerichte der Landgerichte wurden. Solcher 
Orodgerichte gab es in Grofspolen neun: zu Posen, Gnesen, Exin, 

Kaiisch, Peisem, Konin, Deutsch-Krone, Kosten und Fraustadt. 

Die Akten der Landgerichte von Posen, Gnesen, Peisem und Kosten 
von 1386—1400 sind jetzt von Lekszycki im Band XXXI und 
XXXV ni der „Publikationen aus den preufsischen Staatsarchiven** 
herausgegeben. 

S. 119, Z. 16 T. Q. Auf dem Reichstag zu Lemberg im Jahre 
1537 zwang der Adel den König u. a. auch zum Erlafs einer Ver- 
ordnung, dafs auch Polen die Aufnahme in die bisher ausschliefslich 
den Deutschen (Kölnern) vorbehaltenen Klöster offen stehen solle. 
UmsoBst bemühten sich die Klöster, eine Aufhebung dieses Erlasses 
zu erwirken, wandten sich durch Köln an Kaiser Karl V. und den 
römischen König Ferdinand, die auch zu ihren Gunsten an König 
Sigismund schrieben, jedoch ohne Erfolg. Immerhin wurden, so lange 
der letztere lebte — ein Zeugnis seiner den deutschen Klöstern gün- 
stigen Gesinnung sind die Urkunden von 1539 und 1545, mittelst deren 
er alle bisherigen von seinen Vorfahren verliehenen Privilegien be- 
stätigt — keinerlei Gewaltmafsregeln gegen die deutschen Klöster zur 
Anwendung gebracht. Als aber Sigismund 1548 gestorben war, wurde 
zuerst (1552) Obra durch königlichen Befehl gezwungen, den neu- 
gewählten und auch bereits vom König bestätigten deutschen Abt 
aufzugeben und einen polnischen Edelmann zum Abt zu wählen; im 
folgenden Jahre wurde dann auch in Wongrowitz gegen die Wahl des 
Konventes ein Pole als Abt eingesetzt. Ganz dasselbe Schicksal 
hatte schon früher das Kloster Lond erfahren. Aus den beiden letzt- 

fenannten Klöstern flüchteten nun im Herbst 1553 die Brüder aus 
Löln nach dem schlesischen Kloster Heinrichau. Es entspann sich 
jetzt ein langwieriger Prozefs am päpstlichen Hof um die Wiederher- 
stellung der Kechte der Kölner Kirche; die Sache der letzteren führte 
neben den in Heinrichau aufgenommenen Brüdern namentlich auch 
der Kölner Stadtrat, doch erlahmte dessen Interesse infolge der enormen 
Prozefskosten allgemach, und das Endresultat des Bechtsstreits war, 
dafs die drei Abteien fortan unbestritten im Besitz der Polen blieben. 
Perlbach a. a. 0., S. lOff. 

S. 119, Z« 8 T« Q« Die Konarskische Lehranstalt war am 1. Juli 
1572 durch den Posener Bischof Adam Konarski gegründet und dem 
dortigen Jesuitenkollegium übergeben worden. Die eigentliche Er- 
öffnung fand jedoch erst am 25. Juni 1573 statt. 

S. 120, Z. 22 Y. 0. Wie viel diese Staatsgüter eintrugen, davon 
giebt Bö pell (Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts, S. 4, Anm. 1) 
ein flagrantes Beispiel. Der Bruder des späteren Königs Stanislaus 
August Poniatowski hatte im Jahre 1759 allein aus den Starosteien 
Czehryn, Sokal und Stryi jährlich etwa 220000 poln. Gld. ; aufser diesen 
hatte er noch die Starosteien Byk und Tyszowice inne, so dafs man 
sein jährliches Einkommen auf sicher 300000 Gld. (50000 Thlr.) an- 
schlagen konnte. 

S. 120, Z. 16 T. u. Diese Ämter waren in bestimmten Land- 
schaften so regelmäfsig in dem Besitz einer und derselben Familie, 
dafs sie gewissermafsen erblich waren, ja sogar vom Schwiegervater 
auf den Schwiegersohn übergingen oder von Witwen und geschiedenen 



280 Anmerkungen. 

Frauen als Brautschatz mit in die neue Ehe gebracht wurden. 
Röpell a. a. 0., S. 7, Anm. 1. 

S. 120, Z. 18 T. u. Diese Gleichheit des Adels liegt dem pol- 
nischen Sprichwort: „Szlachzic na zagrodzie rowny wojewodzie" (der 
Edelmann auf seinem Morgen Landes ist gleich dem Wojwoden) zu- 
grunde. Böpell a. a. 0., S. 6, Anm. 1. 

S. 120, Z. 11 T. n. Auch diese Klientelverhältnisse waren ge- 
wöhnlich faktisch erblich. Die Eltern, welche im Dienst der durch 
Anschlufs an gewisse Herrengeschlechter emporgekommen waren^ 
gaben ihre Söhne und Töchter, sobald sie das Rindesalter hinter sich 
hatten, zur Erziehung und zum Dienst an die Höfe derselben Herren^ 
welche oft ganze Scharen solcher adeligen Jugend auf ihre Kosten 
erzogen, die Töchter verheirateten und die Söhne auf mannigfaltige 
Weise versorgten. Sie liebten es, bei öffentlichen Gelegenheiten in 
Mitte ihrer zahlreichen Hofleute, Diener und Klienten zu erscheinen, 
welche zugleich ihre schlagfertige Leibwache waren. Röpell a. a. O., 
S. 8, Anm. 1. 

S. 121, Z. 16 Y. 0. J. Szujski, Dzieje Polski IV, p. 365 bift 
366. (Citat von Röpell a. a. 0., S. 15, Anm. 1.) 

S. 122 a. E. Röpell a. a. 0., S. 23ff. 



Fünftes Buch. 



S. 125, Z. 3 t. u. Das Dissidentengesetz, bekannt unter dem 
Namen „Warschauer Traktat", enthielt folgende Bestimmungen: 

Sämtliche Katholiken geniefsen von nun an freie Religionsübung^ 
dürfen eigene Konsistorien errichten und Synoden abhalten; in Dis- 
pens- und Ehescheidungssachen sollen ihre gewählten Kirchenbehörden 
ausschliefslich zuständig sein; jede Einmischung katholischer Grund- 
herren wird mit Strafe bedroht. Streitigkeiten religiöser Art zwischen 
Katholiken und Dissidenten gehören vor die weltlichen Gerichte, bezw. 
vor das Assessorialgericht, das für solche Fälle zur einen Hälfte aus 
katholischen, zur anderen aus dissidentischen Beisitzern bestehen soll. 
Alle bisher den katholischen Pfarrern seitens der Dissidenten entrich- 
teten Stolgebühren kommen von jetzt ab in Wegfall. Gemischte Ehen 
sollen für gültig und rechtmäfsig gelten; Söhne aus solchen müssen 
in der Religion des Vaters, Töchter in der der Mutter erzogen werden ; 
Trauungen gebühren dem Geistlichen desjenigen Bekenntnisses, dem 
die Braut zueethan ist; im Weigerungsfall seitens des katholischen 
Pfarrers vollzieht der dissidentische Geistliche rechtsgültig die 
Trauung. — Die dissidentischen Mächte Rufsland, Preufsen, England, 
Dänemark und Schweden, welche den Warschauer Traktat vermittelt 
hatten, garantierten dann denselben durch den Reichstagsbeschlufs 
von 1775. Noch im selben Jahre beschlofs eine in Lissa abgehaltene 
Synodalversammlung der evangelisch -lutherischen Geistlichkeit die 
Errichtung eines geistlichen Gerichts und Konsistoriums. Vgl. Hen- 



Anmerkungen. 28 t 

schel, Geschichte der evang. Gemeinde zu Zduny in der Zeitschrift 
der histor. Gesellsch. für die Prov. Posen IV, S. 44 ff. 

S. 126, Z. 7 T. u. Röpell a. a. 0., S 26. 

S. 126, Z. 2 T. u. Nach dem Tode Augusts II. äufserte sich 
der Reichsverweser, Erzbischof-Primas Lubienski von Gnesen über 
die Lage Polens vor dem Senat folgendermafsen : „Wir sehen und 
wissen, in was für einem betrübten Zustande sich unser verwaiste» 
Vaterland befindet. Ein jeglicher mufs bekennen, dafs sein Fall nahe 
ist, ja jeglicher verwundert sich, wie diese so unordentliche Maschine 
noch bis hierher hat bestehen können. Seit 37 Jahren sind alle 
Reichstage zerrissen worden. Dieser grofse, weitläufige, von den aller- 
mächtigsten Nachbarn umgebene Staat ist beinahe schon seit einem 
halben Jahrhundert seinem Schicksal überlassen. Die Gesetze werden 
nicht ausgeführt, die Gerechtigkeit unterliegt der Empörung und Ge- 
walt, die Freiheit wird von der Macht, dem Zwang und Unrecht 
unterdrückt. Der Handel ist ganz dahin. Die Städte , die Zierden 
und Stützen eines Reiches, sind verfallen, die Güter und das Vermögen 
des Edelmannes dem Raub und der Verwüstung ausgesetzt. Der 
Stärkste macht, was er will. Wir sind ganz kraftlos, die Grenzen 
stehen ledermann offen; da ist nichts Wehrhaftes, nichts, was ab- 
halten und zurücktreiben kann. Der öffentliche Schatz ist ohne Geld, 
und das Geld hat keinen Wert. In der Geschichte wird niemand 
ein Beispiel von solcher Unordnung finden, und man mufs deshalb 
schliefsen, ein Reich von so elender Beschaffenheit werde notwendig 
entweder ein Raub der Feinde werden oder mit der Zeit in tatarische 
Felder sich umwandeln ". S t o 1 1 e r f o t h , Entwurf einer pragmatischen 
Geschichte von Polen, S. 1009 und 1031. 

S. 127, Z. 9 T. 0. (Meissner), Leben Brenkenhofs, S. 110. 

S. 127, Z« 9 y. n* Die Bezeichnung der polnischen Erwerbung 
mit „Westpreufsen " ist auf die eigenste Initiative Friedrichs zurück- 
zuführen. Man hatte dem König hiefür „Neupreufsen" in Vorschlag 
gebracht, Friedrich lehnte jedoch durch eine Ordre an Domhardt 
(Preufs, Friedr. d. Gr. V, S. 227) diese Bezeichnung ab, „da das 
Wort Neu nur von den neu aufgefundenen Ländern gebraucht zu wer- 
den pfleget ". Unter der polnischen Herrschaft war für Westpreufsen 
die Benennung , Polnisch-Preufsen " üblich gewesen, daneben auch 
„Königliches Preufsen", dies letztere freilich seit dem 18. Januar 1701 
gegenstandslos geworden. Herzberg hatte den König auch die Be- 
zeichnung „Nieder-Preufsen" vorgeschlagen — eine ganz unzutreffende 
Auffassung, da man unter diesem Namen früher die ostpreufsischen 
Distrikte an der Alle und dem Unter -Pregel im Gegensatz zum ost- 
preufsischen Oberland verstand. Aber auch geographisch pafst der 
Name „Nieder-Preufsen** ganz und gar nicht für das heutige West- 

Sreufsen, da der Hauptteil desselben, das Hochplateau auf der 
nken Weichselseite, bedeutend höher gelegen ist als Ostpreufsen. 
Dagegen konnte es zweifelhaft sein, ob überhaupt der Name „Preu- 
fsen" für die neue Erwerbung pafste, da, historisch genommen, nur 
der Teil auf dem rechten Weichselufer zu Preufsen gehörte, während 
der links der Weichsel gelegene Teil — das frühere Pommerellen — 
pommersches Gebiet war und das Land zu beiden Seiten der Netze 
— der sogenannte Netzedistrikt — zu Grofspolen gerechnet wurde. 
Nun übertraf der pommersche Teil den preufsischen an Gröfse um 
ein beträchtliches, und der Netzedistrikt durfte mit Fug und Recht 
lediglich als ein Anhängsel Pommerellens betrachtet werden. Die 



282 Anmerkungen. 

Grenze, welche man im Frieden von Kaiisch (1343) zwischen Pom- 
merellen und Polen gezogen hatte, war eine ganz willkürliche, rein 
politische Grenze, ohne alle ethnographische Basis. Auch heute noch, 
da der gröfste Teil des Netzedistrikts von WestpreuTsen abgelöst zur 
Provinz Posen gehört, hat er einen vielmehr westpreufsischen als 
posenschen Charakter. Noch im Jahre 1848, während des Posener 
Aufstandes, wurden zahlreiche Stimmen laut, welche die Wiederver- 
einigung des Netzedistriks mit Westpreufsen forderten Wenn man 
trotzdem der neuen Erwerbung den Namen „Westpreufsen" gab, so 
war hierfür wohl der Umstand ausschlaggebend, dafs der Name 
„Preufsen" für beide Anteile bereits zu polnischen Zeiten feststand 
und zudem Pommerellen von Preufsen aus, nicht aber umgekehrt, 
erobert worden war. Da endlich der Erwerb dieser Landesteile sämt- 
liche preuTsische Lande vereinigte, so dafs sich von jetzt an die Herr- 
scher derselben nicht mehr „Könige in Preufsen", sondern „Könige 
von Preufsen** betiteln durften, so betrachtete man mit Recht das 
Land auf dem rechten Weichselufer als das Hauptland der Erwerbung 
und benannte diese anstatt „Ostpommem" „Westpreufsen". 

S. 131, Z. 1 V. 0. 

Grund Sätze wohrnach die Neue inrtchtung im König- 
reich preussen Sol gemacht werden. 

Die adliche gühter werden auf den Selbigen fus gesetzet wie die 
In das Stück was ich jetzo besitze die Contribution Eben des gleichens, 
was Starosteien und das Bischthum angehet. So nehme ich die gühter 
und werde Sie auf den fus von Domainen verpachten, und Mus man 
sich alfsdan auf eine gewisse Sume verstehen die dem Bischoff und 
denen Canonicis Mohnahlich oder quartaliter darauf getzahlet werden, 
wegen den Starosteien wirdt es So gehalten, das Man sich mit die 
Starosten auf eine ^wisse Sume verstehet die Man ihnen gibt bis Sie 
andere Starosteien Empfangen , jedoch müssen Sie Solche im lande 
vertzehren bei verlust wegen der Hauptarangemens So mus Ermelandt 
zum Königfsbergischen Camer geschlagen werden und dahr ein par 
Krigraht agumtiret werden, den Mus eine Deputacion in Marienwerder 
oder Dirschau oder Culm Etabliret werden von Directer und Einigen 
Bähten, umb das neue Stück zu respiciren aber diese Kamem alle 
müssen mit der Königfsbergischen Combiniret werden, landt Räthe 
müfsen gleichwohl errichtet werden, wegen der justitz mus in Marien- 
werder oder Marienburg ein justitz Colegium Errichtet werden, was 
die Stähte angehet mus die Accisse introduciret werden, aber mit aller 
Behutsamkeit umb das Comerce nicht zu hindern gedoch mit aller 

Sorchfalt den Debit der Manufakturen zu beföhrdern und 

wen das Landt guht administriret wirdt mas es wohl 1200000 Rthlr. 
einbringen. Dlefses mit aller behuhtsamkeit zu Cachiren bis wihr im 
possession Seinet was baldt gescheen wird, aber alsdan hurtig zu 
arbeitten, absonderlich baldt beamte an zu Schafen, den wihr Mufsen 
geldt haben. Friderich. 

Preufs V, S. 186. 

S. 131, Z. 17 v. u. Nähere Mitteilungen über Domhardt bei 
Lippe-Weifsenfels, Westpreufsen unter Friedr. d. Gr. 

S. 133, Z. 12 V. 0. In der bezügl. Instruktion (Preufs V, 
S. 200) wird dem Kommissar — zunächst Domhardt — ein eigen- 
tümliches Ansinnen gestellt, das wir vom Standpunkt einer unpartei- 
ischen Geschichtsschreibung aus nicht verschweigen dürfen. „Der 
Kammerpräsident" — heifst es nämlich in derselben — „wird zuvor 



Anmerknngen. 2S8 

die Woiwoden und Starösten aufreden lassen, dafs sie unter dem Ver- 
wände, die Republik habe nicht in die Landesabtretung gewilligt, ent- 
weder sich von selbst gleich fem halten , oder doch Schwierigkeiten 
machen , sich zu unterwerfen und den Huldigungseid zu leisten , da 
dann ihre Woiwodschaften gleich in Beschlag genommen und mit 
Administratoren besetzt werden. Hierbei wird der Graf Kaiserling 
die besten Dienste thun können, wenn er der erste ist^ welcher beides 
-verweigerte. Ich werde mich demungeachtet mit ihm verstehen, so 
^afs er nichts verlieren wird/' 

S. 133, Z. 13 v. 0. Vgl. Immediatbericht Domhardts v. 30. Sept. 
1772 bei Lehmann, Preufsen und die katholische Kirche IV, S. 462; 
„E. K. M. wissen bereits . . . ., dafs die Huldigung von denen Ein- 
lassen der neuen Acquisition, die sich zu dem Ende in grofser Menge 
sllhier eingefunden gehabt (so dafs die Stadt nur den wenigsten Teil 
davon einnehmen könne, sondern die mehresten ihr Unterkommen in 
den benachbarten Dörfern suchen müssen), am gedachten Tage in 
der besten Ordnung ganz ruhig vollbracht worden. Wobei aufser 
denen protestantischen auch die katholische Einwohner, ja selbst 
deren Geistlichkeit, sich über die Veränderung recht zufrieden be- 
zeigten" u. s. w. 

S« 134, Z. 12 T. 0* Ursprünglich hatten die Minister Herzberg 
tmd Finkenstein dem König vorgeschlagen, eine interimistische General- 
Terwaltunff wie bei der Besitzergreifung Schlesiens einzurichten. 
Friedrich lehnte aber den Antrag mit der Kandbemerkung : „C'est mon 
^fiBäire, ne vous en embrassez pas" — ab. Domhardt unterstand nicht 
dem Generaldirektorium in Berlin, der obersten Stelle für Landes- 
kultursachen, sondern verkehrte direkt mit dem König. Erst nach 
Domhardts Tode (Nov. 1781) wurde die westpreufsische Kammer dem 
Oeneraldirektorium unmittelbar subordiniert. 

S. 134, Z. 15 V. 0. Ursprünglich führte diese Behörde den 
Titel „Kammerkommission"; den Titel „Deputation" erhielt sie erst 
1775. 

S. 134, Z. 22 V. n. Nach der Kabinettsordre vom 14. Mai 1773 
war die Verwaltung der Finanzen zwischen der Domänen- und Kriegs- 
kanmier folgendermafsen verteilt: zur ersten flössen die Einkünfte von 
den Domänen, die Zölle und alle Einnahmen, welche nicht zu den 
«igentlichtn Steuern gehörten, zur letzteren die Einnahmen aus der 
Kontribution, der Accise, der Weizensteuer und die Stempelrevenuen. 
Von den Einnahmen jener wurden aufser den eigenen Verwaltungs- 
kosten der Kammer die Ausgaben für die Kompetenzen der Geistlichen 
und die Justizverwaltung bestritten und ein Extraordinarium zu Bauten, 
Ausfallen bei den Pachten, Kolonialanlagen, wohlthätigen Zwecken 
und Landesmeliorationen bestimmt. Auf dem Ausgabeetat der Kriegs- 
kammer standen dagegen aufser den Kosten für ihre eigene Verwaltung 
•die Bedürfoisse für das Militärwesen, die Kompetenz- und Betablisse- 
mentsgelder der Städte, die Besoldungen der Kreisbehörden, die Accise- 
Ausgaben und ebenfalls ein Extraordinarium. 

S. 134, Z. 4 Y. n. Nach Ablauf der Fristen wurden nur wenige 
dieser Güter eingezogen, die Mehrzahl hingegen nach Ablösung der 
auf ihnen ruhenden besonderen Abgabe, der Quarte, zu adeligen Rechten 
Ausgegeben. 

S, 135, Z. 11 v. 0. Der Unterschied der Einnahmen aus den 
Domänen zwischen ihrem ersten und letzten Etat aus der Kegierungs- 



284 Anmerkuugen. 

zeit Friedrichs betrug fast 30 Prozent. — — Das umfangreichste 
Domänenamt war das von Roronowo, das aus den Besitzungen der 
aufgehobenen Cistercienserabtei gebildet war und über 10000 Thlr. 
abwarf. Zunächst folgten dann, was Gröfse und Ertragsfähigkeit an- 
langt, die früheren Starosteien Neuhof und Lebehnke. Da der Boden 
durchschnittlich ein guter war und das Getreide mäfsig veranschlagt 
wurde, die Preise aber von Jahr zu Jahr eine Steigerung erfuhren, 
so war die Lage der Domänenpächter durchwegs eine gute. Den 
Domänenpächtem stand zugleich das Propination genannte Getränke- 
debit zu. 

S. 135, Z, 18 Y. 0. Noch vor der Besitzergreifung schrieb 
Friedrich (1772, März 2 bei Preufs V, S. 198) an Domhardt, daf» 
er die neuen Unterthanen für freie Leute erklären, die Leibeigenschaft 
aufheben und die Unterthanen so setzen werde, dafs sie die Woche 
nicht über drei Tage Hofdienst zu thun brauchten. Das Notifikations- 
Patent betr. die Einrichtung des Geistlichen und Weltlichen Justiz- 
wesens etc. (Novum Corpus Constit. March. V, Tl. I, nr. 451) vom 
28. Sept. 1772 sagt sodann: „Gleichwie in den Königlichen Domainen- 

filtern alle Leibeigenschaft künftig aufhöret, so werden auch die 
rivatgutsbesitzer wohl thun, diesem Königlichen Ezempel in Auf- 
hebung der sowohl Herrschaft als Unterthanen allzu nachtheiligen bis- 
herigen harten Knechtschaft ihrer Leibeigenen zu folgen". Und in 
der Verordnung vom 8. November 1773 (a. a. O., Tl. II, S. 2471) 
hebt der König nochmals „aus souverainer landesherrlicher Gewalt, 
sowohl in Ansehung seiner Domäneuämter, als überhaupt allgemein 
in Westpreufsen alle Leibeigenschaft und Sklaverei auf**. Stadel- 
manu, Preufsens Könige in ihrer Thätigkeit für die Landeskultur, 
TL II, S. 106-107. 

S. 135, Z. 11 T« n. Von der Grundunterthänigkeit sollten die 
Verpflichteten losgelassen werden, wenn 

1) ein noch nicht ansässiger Unterthan Gelegenheit findet, an einem 
anderen Orte Ost- und Westpreufsens ein Grundstück eigentüm- 
lich zu erwerben und sich ansässig zu machen oder durch Ein- 
tritt als Meister in eine Zunft ein Handwerk in einer königlichen 
Stadt zu betreiben; 

ein Unterthan eine höhere Schule zu besuchen imstande ist; 
eine Unterthanin sich nach auswärts verheiratet; 

4) ein Unterthan in den königlichen Dienst tritt und ausreichenden 
Gehalt erhält; 

5) die Gutsherrschaft den Unterthan in einer Leben und Gesund- 
heit bedrohenden Weise mifshaudelt; 

6) die Gutsherrschaft dem Unterthan nicht selbst sein notdürftiges 
Auskommen beschaffen kann; 

7) der Gutsherr den Unterthanen ohne das Gut, zu dem er gehört, 
verkaufen oder verschenken wollte, da die Unterthanen künftig- 
hin als glebae adscripti angesehen werden sollen. 

Anderseits sollte der Unterthan gegen den Willen der Herrschaft 
die Loslassung nicht fordern können, wenn 

1) der Unterthan ein grofses Verbrechen oder eine thätliche Un- 
dankbarkeit ge^en die Gutsherrschaft oder deren Kinder sich 
hat zuschulden kommen lassen ; 

2) die Gutsherrschaft gröfsere Kosten auf die Ausbildung des Unter- 
thanen verwendet und dieser ihr noch keine 10 Jahre gedient hat; 

3) der Unterthan durch einen Wegzug sich in seiner Nahrung nicht 
verbessern oder 



2) ein 

3) eil 



Anmerkungen. 2S5 

4) dessen Stelle nach seinem Wegzug unbesetzt bleiben würde; 

5) in dem Dorfe, aus dem der Ünterthan wegziehen will, ledige 
Höfe oder wüste Bauernstellen vorhanden sind; 

6) ein ünterthan sich wieder nur in eines andern Grundherrn Unter- 
thänigkeit begeben will; 

7) der ünterthan die schuldige Dienstzeit noch nicht ausgedient 
hat oder 

8) mit seiner Grundherrschaft in einen Prozefs verwickelt ist oder 
andere anhängige Streitigkeiten als Beklagter vor der Herrschaft 
oder den Gerichten in demselben Dorfe nicht zu Ende gebracht hat. 

Ganz unentgeltlich sollte die Loslassung in folgenden Fällen er- 
teilt werden: 

1) wenn eine ünterthanin aus einem Domänenamt einen ünter- 
than, KöUmer oder angesessenen Freien auf einem adeligen oder 
anderen Landgut, oder eine ünterthanin aus einem adeligen oder 
anderen Landgut einen ünterthan, Köllmer oder angesessenen 
Freien in einem Domänenamt heiratet; 

2) wenn die Loslassung aus den oben unter nr. 5 und 7 aufgeführten 
Gründen erfolgen mufs, oder 

3) wenn ein ünterthan sich lediglich aus einem Domänenamt in 
das andere begiebt. 

In allen anderen Fällen mufs der ünterthan 20, die Ünterthanin 
10 Thlr. Loskaufgeld bezahlen. Für Kinder unter 14, bezieh. 12 Jahren 
müssen 6, bezieh. 3 Thlr. Loskaufgeld entrichtet werden. Ältere 
Unterthanenkinder können bei der Loslassung der Eltern von der 
Grundherrschaft für den in der Gesindeordnung festgesetzten Lohn 
zurückbehalten werden ; werden sie mit freigelassen, so haben sie die- 
selben Gebühren wie die Eltern zu entrichten. 

S, 135, Z. 9 Y. u. Bezüglich der Dienste wird vor allem fest- 
gesetzt, dafs die Kinder der ünterthanen der Grundherrschaft 5 Jahre 
lang für den in der Gesindeordnung festgesetzten Lohn zu dienen 
schuldig sind, ehe sie die Freiheit erhalten, bei anderen zu dienen. 
Hinsichtlich der Scharwerksdienste wird bestimmt, dafs die nicht auf 
Scharwerkshöfen angesetzten Gutsinsassen bezüglich des Mafses ihrer 
Leistungen lediglich nach den mit der Grundherrschaft deshalb ge- 
troffenen Vereinbarungen behandelt werden sollen. Die auf Schar- 
werkshÖfen angesetzten Domänenbauem dagegen, Freie wie ünter- 
thanen, sollen künftighin, wenn sie 1 Hufe und darüber besitzen, 
während der Sommermonate wöchentlich nicht mehr als 2 Tage, in 
den Wintermonaten monatlich nur 1 Ta^, überhaupt im ganzen Jahr 
nur 60 Tage mit Gespann oder zu Handarbeit mit einer Person dienen ; 
ein Halbhufner ebenso viele Tage, jedoch nur mit der Hand. Aufser 
diesen lediglich zur Führung der Wirtschaft auf den Domänen -Vor- 
werken bestimmten Diensten soll jeder gespanndienstpflichtige Bauer 
verbunden sein, jährlich zweimal Fuhrdienste nach einem nicht über 
10 Meilen entfernten Ort gegen eine Vergütung von 6 GÄschen pro 
Tag zu leisten. Die aufserordentlichen Marsch- und Kriegs-, Holz- 
iind Mühlanfuhren, die Burg- und Baudienste waren hierin nicht ein- 
begriffen. Den adeligen und anderen Gutsherren ward die Nachahmung 
des für die Domänenbauern gegebenen Beispiels empfohlen ; jedenfalls 
sollten dieselben gehalten sein, binnen Jahresfrist unter Zuziehung 
eines rechtsverständigen Justitiarius mit ihren Ünterthanen feste Dienst- 
kontrakte aufzurichten. 

S. 135, Z. 9 Y. u. Vgl. die auf S. 284 citierte Verordnung 
vom 8. November 1773. Es ist hier weiter ausgeführt, dafs, wenn 



286 AnmerkuDgen. 

mit jener Aufbebung der Leibeigensebaft aucb keineswegs beabsich- 
tigt sei , den Grundnerrschaften und Besitzern adeliger und anderer 
Güter die diesen anklebenden Rechte und Befugnisse über die dazu 
gebörigen Untertbanen zu entzieben, es doch aucb nicht der Willkiut 
der Gutsbesitzer überlassen bleiben könne, ob und für wie viel Los- 
lassungsgeld sie einen Untertbanen auf sein Verlangen entlassen woll- 
ten; im Falle der Loslassung gegen den Willen der Verpflicbteteiii 
dürfe ein Loslassungsgeld überhaupt nicht gefordert werden. Stadel — 
mann a. a. O. S. 107. 

S. 135, Z. 5 [t. u. Kabinettsbefehl an den Präsidenten de»: 
Oberhofgerichts zu Marien werder Grafen Finck von Finckenstein vom 
8. Juni 1772 bei Lehmann, Bd. IV, S. 439. 

S. 135, Z, 4 Y. u. Kabinettsordre vom 20. Januar 1776 bei 
Stadelmann a. a. 0., S. 435. Am Schlufs derselben ist die Mab«- 
nung beigefügt : „ Ihr habt aber auch dabin zu sehen, dafs die deutsch'- 
polnischen adeligen Familien bei ihren Gütern konservieret, dahin- 
gegen auf den bisherigen polnischen Gütern durch die neuen Käufer 
nicht die alte polnische Wirtschaft fortgesetzt, sondern solche ordent-- 
lieh und regelmäfsig eingerichtet werden mufs.** 

§• 130, Z. 14 T. 0. In einer gleich bei Beginn des Werkes-- 
an Domhardt gerichteten Ordre (1. April 1772, bei Preufs, Bd. V, 
S. 193) sagt der König: „Ich glaube, dafs die Einwohner, besonders 
in Pommerellen, meist polnischer Nation, die ihnen zugedachte Wohl- 
that nicht nach ihrem wahren Wert einsehen und erkennen werden. 
Das sicherste Mittel, um diesen slawischen Leuten bessere Begriffe- 
und Sitten beizubringen, wird immer sein, solche mit Deutschen zxl 
melieren, und wenn es auch nur anfanglich mit zwei oder drei an. 
jedem Orte geschehen kann." „Der polnische Mann sollte zu Deut- 
scher Landesart" gebracht werden, denn über die „polnische Wirt- 
schaft und Ungeschicklichkeit" war er höchst erbittert. Noch 1779 
klagte er: „wird das Volk nicht in einen anderen Schleuder gebracht,, 
kann die Provinz nie in einen besseren Wohlstand kommen". 

Die früheren, für die übrigen Provinzen und die ganze Monarchie- 
erlassenen Kolonistenedikte wurden sofort auf Westpreüfsen aus- 
gedehnt. 

S. 136, Z. 19 Y. B. Sogar auf die Ansetzung „türkischer Ta- 
taren" war der König bedacht. Verschiedene Verfügungen desselben, 
an den Kammerdirektor v. Gaudi aus dem Jahre 1775 geben diesem 
auf, für die Kolonisation der bei Inowrazlaw und beim Goplosee ur- 
bar zu machenden Bodenstrecken auch die in Polen sich aufhaltenden, 
(aus den vergangenen dortigen Kriegen zurückgebliebenen) Tataren 
ins Auge zu fassen. „Da gegenwärtig", führt eine dieser Ordre» 
(vom 22. Juli gen. Jahres) aus, „ein Obrister dieser Tataren, Nahmen» 
Zacharias Murtza Baramowsky an Mich geschrieben und ein Regi- 
ment von ihnen zu en*icbten sich offeriert, so habe ich demselben 
Meine eigentliche Intention bekannt gemacht: dafs Ich es nemlich. 

g^me sehen würde, wenn diese Leuthe sich ganz und gar in Meinen 
anden in der genannten Gegend etabliren wollten, und dafs er sich, 
dieserwegen an Euch adressiren und über die Sache weiter tractiren 
könne." „Ihr werdet Euch", lautet es am Schlufs, „alle ersinnliche* 
Mühe geben, gemeinschaftlich mit dem v. Domhardt zu bewürcken^ 
wie diese Leutbe zu gewinnen und ins Land gezogen werden können^ 
Ich will ihnen gerne erlauben, Moscheen zu bauen, und sollen sie- 



Anmerkungen. 28T 

allen Schutz geniefsen." Kabinettsordre vom 7. Juni, 5. u. 22. Juli 
1775, gedr. bei Stadelmann a. a. O. S. 408 u. 416. 

S. 137, Z* 15 y. 0. Kabinettsordre an Domhardt vom 7. Juni 
1776: „Wenn fremde Familien dort etabliert werden, so mufs das 
nicht einzeln mit den hiesigen durcheinander geschehen, sondern es 
müssen gleich ganze Dörfer und Colonien mitten unter dem groben 
und butten Zeug angelegt werden, die ganz allein wohnen und ihre 
Nahrung und Gewerbe vor sich treiben, damit das Volk um so besser 
siebet und gewahr wird, wie jene sich einrichten und wirthschaften. 
Wenn sie sodann den Nutzen davon sehen, so werden sie nach und 
nach sich auch schon gewöhnen, den fremden Leuten nachzuahmen 
und fleilsiger und ordentlicher zu werden. Gleich im Anfang ist 
solches wohl nicht zu erwarten, aber mit der Zeit werden sie wohl 
klüger werden und begreifen lernen, was Fleifs und Industrie vor 
Nutzen und Vortheil schaflFt." Stadelmann a. a. 0. S. 74 Anm. 1. 
Und unterm 1. September 1779 lobt der König Domhardts Eifer in 
der Heranziehung mecklenburgischer Kolonisten: „und müsset Ihr 
suchen, noch mehr dergleichen und auch aus Sachsen, so viel es nur 
angehet, zu kriegen und da anzusetzen, damit die Leute unter ein- 
ander ein bisgen meliret werden und nicht lauter Pohlnisches Zeug 
allein d orten ist, sondern auch mitunter gute teutsche Leute da woh- 
nen". Stadel mann a. a. 0. S. 505. 

8. 137, Z. 21 y. o. Beheim-Schwarzbach (a.a.O. S. 609) 
macht folgende in der Zeit von 1772 — 1786 im Netzedistrikt neu er- 
richteten Kolonieen namhaft: Klein-Murzyno, Spital, Wonorze, Stodolly, 
Grofs-Slawsk , Klein-Slawsk , Ciechrs, Krusza Duchowna, Friedrichs- 
horst, Mieruczyn, Parlinek, Olsza, Szczubinec, Kanal- Kolonieen A. B. C.^ 
Cegielina, Trzeciewice, Loblenczyn, Althoff, Sadtke, Romannsh(^, 
Baczyn, Nalentz, Schulitzer SchlofshoUändereien , Bielsko, Wlostowo, 
Cikowo, Chelmice, Szadlowitz, Penchowo, Lonsk, Wiskittno, Cziskowka, 

Gogolinke. Im Jahre 1783 waren angesetzt: 351 Bauern, 90 

Büdner, 17 Einlieger. Nach ihrer Nationalität verteilen sich 

die in Westpreufsen und dem Netzedistrikt in dem genannten Zeit- 
raum angesiedelten Familien folgendermafsen : aus aufserdeutschen Län- 
dern 44, aus Deutschland 716, aus Schwaben insbesondere 668, aus 
Deutsch-Polen 759. An Geld und Geldeswert brachten dieselben mit 
223836 Thlr.,.1662TV Glr., 22440 fl., 150 Dukaten; an Vieh und Ge- 
rät 271 Pferde, 3 Fohlen, 74 Ochsen, 106 Kinder, 201 Kühe, 582 
Schweine, 243 Schafe, 291 Gänse, 4 Bienenstöcke, 21 Wagen, 5 Karren,, 
2 Pflüge. Beheim-Schwarzbach a. a. O. S. 611—623. 

S. 137, Z. 1 y. n. Auch die bewährtesten Beamten schonte der 
König nicht, wenn er eine Unordnung entdeckte. So reskribiert er 
einmal (15. März 1780) an Brenkenhof in einer die Bromberger 
Kanalbaukasse betreffenden Sache folgendermafsen: „Ich kann Euch 
auf Euren Bericht nicht verhalten , dafs bey aller Eurer Wirthschaft 
eine verteufelte Confusion ist. Was habt Ihr nöthig gehabt, das 
Geld, was ich zum Canalbau angewiesen, zu fremden Dingen, die gar 
nicht dahin gehören, zu verwenden? Das ist eben das Confuse bey 
Eurer Wirthschaft, dafs Ihr immer eines in das andere schmeisset 
und keine Sache reine macht und ordentlich abschliefset : deshalben 
traue ich Euch auch nicht und werde alle Eure Rechnungen auf das 
genaueste untersuchen lassen ; darnach könnet Ihr Euch nur richten.*^ 
Stadelmann a. a. 0. S. 519. 



^88 Anmerkungen. 

S. 138, Z. 5 y. 11. 1780 befiehlt der König dann, dafs die in 
Westpreufsen Tbegüterten polnischen Edelleute sich zu entscheiden 
hätten, ob sie fernerhin Polen oderPreufsen sein wollten; die ersteren 
sollten angehalten werden, ihre preufsischen Besitzungen zu verkaufen: 
„denn das Geld geht immermehr aus dem Lande. Wenn sie die 
Kevenües von ihren hiesigen Gütern in Pohlen verzehren wollen, das 
dauert in der Länge nicht und darum soll das nicht mehr seyn." 
Stadel mann a. a. 0. S. 518. 

S. 139, Z. 8 Y. u. Kabinettsordre vom 20. Dezember 1779 bei 
Stadelmann S. 514. 

S. 140, Z« 1 y« 0. Instruktion für den neuemannten Direktor der 
westpreufsischen Kammer von Korckwitz vom 27. Juni 1780 bei 
Stadelmann S. 531. 

S. 140, Z. 9 v. 0. Kabinettsordre vom 8. Juni 1777 bei Stadel- 
mann S. 411. 

S. 140, Z. 19 y« 0. Aus einer Kabinettsordre vom 16. De- 
zember 1775 (^S tadelmann S. 428): „Besonders wird sich hej 

Austrocknung der Brüche und Moräste an der Netze und zwischen 
denen Armen-Güthern Gelegenheit finden, Hopfengärtner zu etabliren." 

S. 140, Z. 8 y. u. Am 21. November 1775 befiehlt der König 
dem Kammerdirektor von Gaudi, die Anwohner der Netze, die durch 
die Wasserbauten von derselben viele neue Wiesen gewonnen haben 
raufsten, zur vermehrten Butterproduktion und deren Versand nach 
Berlin anzuspornen, „zumahl siedorten damit doch nirgends hin wissen, 
hierherum es aber daran im Verhältnifs der starken Consumtion noch 
sehr fehlet und aus der Ursache alle Jahr eine grofse Quantität Butter 
eingeführt wird, welches Ich nach und nach gerne abgestellet wissen 
und lieber sehen will, wenn das Geld dafür im Lande bleibet. Auf 
«in Schiffsgefafs kann viele Butter geladen werden und also die Fracht 
nicht sehr hoch zu stehen kommen." Stadelmann S. 424. 

S. 140, Z. 4 y. u. Kabinettsordre vom 7. Juni 1775 bei 
Stadelmann S. 411. 

S« 141, Z. 4 y. 0. Kabinettsordre vom 8. Juni 1775 bei Stadel- 
mann S. 411. 

S. 141, Z. 21 y. 0. Kabinettsordre vom 7. Juni 1775 u. 20. Ja- 
nuar 1776 bei Stadelmann a. a. 0. S. 410 u. 435. 

S. 142, Z. 9 y. u. Nach Lippe- Weif senfeld S. 17 war das 
Waldareal von Westpreufsen in dem Zeitraum von 1772—1822, also 
im wesentlichen zu preufsischen Zeiten, wo man der systematischen 
Wald Vertilgung bereits gesetzlich steuerte, auf ein Drittel seines Be- 
standes vom Jahre 1772 herabgesunken. Wie mögen sich demnach 
die Waldbestände zu polnischer Zeit vermindert haben! 

8. 143, Z. 6 y, o. In einer Ordre an Domhardt vom 7. Juni 
1776 (Stadelmann S. 450) hatte der König bestimmt, das Eichen- 
holz in Schläge von 100 und das Kiefernholz in solche von 40 Jahren 
«inzuteilen. „Alsdann aber mufs kein Baum anders geschlagen wer- 
den, als in demjenigen Schlage, den die Ordnung trifEt, und wenn ein 
Schlag völb'g ausgehauen worden, müssen die Stubben gegen freie 
Überlassung derselben ausgerodet, gleich wieder besäet und, damit 
kein Vieh herein kommet, umgraben und umzäunt werden." 



Anmerkungen. 280 

S« 143) Z. 9 T« 0. Bromberg, Camic, Koronowo, Argenau, Strelno, 
Lebehnke und Zielgniewo. 

S« 143, Z. 22 T. 0. Die tecbniscbe Leitung des Baues hatte 
der lAndbaumeister Jawein aus Rügenwalde, der schon die Vorarbeiten 
gemacht, der neumärkische Baudirektor Hahn und der Bauinspektor 
Domstein zu Müllrose; die Oberaufsicht führte Brenkenhof. Vor 
Jawein hatte schon ein gewisser Malachowski den Plan eines Kanal- 
baues zwischen Netze und Brahe verfolgt, aber denselben aus Geld- 
mangel und technischer Unkenntnis wieder fallen lassen. — Der Kanal 
hat eine Länge von 3 Meilen, eine Breite von 5 Ruten und eine Tiefe 
von 3i Fufs. Das Gefalle beträgt nach der Weichsel zu 63' 1" und 
machte die Anlage von 10 Schleusen erforderlich, die zunächst von 
Holz und erst später massiv ausgeführt wurden. Die Kähne konnten 
400 bis 600 Zentner laden; jeder Kahn gab, ohne Bücksicht auf die 
Grölse der geladenen Fracht, 5 Thlr. Schleusengeld, für die Rück- 
fracht die Hälfte. — — Ein anderes den Wohlstand des Landes 
mächtig hebendes Unternehmen war die Tieferlegung des Goplo- 
Sees ; mehrere tausend Morgen Wiesen und Acker wurden dadurch mit 
dem verhältnismäfsig geringen Kostenaufwand von 70000 Thlr. dem 
See abgewonnen. 

S« 143, Z. 11 Y. u. Zu den ersteren zählten: Bromberg, For- 
don, Schulitz, Argenau, Strelno, Znin, Ezin, Nakel, Koronowo, Mrot- 
schen, Wirsitz, Schneidemühl, Camin, Wisseck, Budsin, Usch, Deutsch- 
Krone und Zastrow, zu den letzteren Labischin, Rynarzewo, Margonin, 
Schubin, Bartschin, Pakosch, Gembiz, Vandsburg, Zempelburg, Lob- 
sens, Krojanke, Flatow, Miasteczko, Radolin, Schönlanke, Schleppe, 
Tinz, Märkisch-Friedland, Filehne, Czarnikau, Chodziesen, Samotschin 
und Gollantsch. 

S. 144, Z« 1 V. u. Wolle und Felle waren die wichtigsten Roh- 
produkte des Landes, konnten auch sehr wohlfeil aus Polen bezogen 
werden. Die Einrichtung und Vermehrung der Tuchmachereien, 
Wollwebereien, Gerbereien u. s. w. liefs sich daher der König in 
erster Reihe angelegen sein. Einen besonders gangbaren Artikel 
gaben wollene Schärpen ab, wie sie die Polen zu tragen liebten. Das 
Ausfuhrverbot für Wolle und Fdle (11. November 1772) bestimmt 
u. a.: kein Jude soll bei harter Geld- und Leibesstrafe sich unter- 
£angen, inländische rohe oder gesponnene Wolle aus erster Hand von 
einem Fabrikanten oder sonst noch bewollte Felle von den Sdüächr 
tem, Gerbern, Kürschnern u. s. w. aufzukaufen, es wäre denn, dafs 
in der Gegend sich kein anderer Abnehmer fände, in welchem Falle 
die Juden sie zwar einhandeln dürften, aber sofort dem nächsten 
Acciseamt darüber Anzeige erstatten mufsten, auch nur an Woll? 
fabrikanten oder zum Wollverlag autorisierte Faktoren gegen billigen 
Gewinn abliefern sollten. Sodann sollte bei Strafe der Konfiskation 
oder nach Befinden des Verlustes der Pferde und Wagen keine Roh- 
wolle nach Danzi^ und Thom oder anderswohin aufser Landes ver- 
kauft werden. J^iner, der nicht mit einer Kammerkouzession ver- 
sehen war, sollte auf dem platten Lande Wolle aufkaufen, vielmehr 
sollten sämtliche Einsassen ihre Wollvorräte auf die städtischen Woll- 
märkte zum Verkauf bringen. Ein ähnliches Ausfuhrverbot erging 
am 24. November für rohe Häute und Leder. Keine fremden oder 
einheimischen Kaufleute, am wenigsten aber Juden sollten rohe Häute 
aufkaufen oder aufser Landes verkaufen; dieselben nur an inländische 

Meyer, GescMclite Fosens. 19 



290 Anmerkungen. 

Lederarbeiter verkauft werden; der Export des gegerbten Leders war 
dagegen freigegeben. 

S. 145, Z. 10 T. 0. Kabinettsordre vom 28. September 1774, 
gedr. bei Stadel mann S. 399. 

S« 14&, Z. 14 T. 0« Gedr. bei Stadelmann a. a. 0. 

S. 145, Z. 19 T. 0« Die Gkwerke vereprachen, dem Befehl des 
Königs nachzukommen, aber sie bezweifelten, ob Fremde nur gegen 
freies Bürger- und Meisterrecht, das etwa 5 Thlr. kostete, zu einer 
solchen Reise sich entschliefsen würden, und sie hielten es für besser, 
wenn man den ausländischen Gesellen, die wöchentlich in Berlin ein- 
trafen, des Königs Absicht bekannt machte und ihnen zu ihrer Ein- 
richtung eine Beihilfe von 25—30 Thlr. verspräche. Der König ging 
aber auf diesen Vorschlag nicht ein, sondern erklärte nur, dtUs die 
fremden Handwerker noch andere Begünstigungen zu erwarten hätten, 
da er in den westpreuDsischen Städten nacn und nach neue Bauten 
würde ausführen lassen. 

S. 145, Z. 4 T. u. „Ermangelt es den Städten im Netze Distriet 

besonders an geschickten Creyssphysicis und Apothekern 

und die armen Leute müssen immer weit gehen, wenn sie einen oder 
den andern davon gebrauchen. Ihr habt also dahin Bedacht zu neh- 
men, dals wenigstens in jedem Creyse ein tüchtiger Greis -Phjsicus 
bestellet, auch hin und wieder in den Städten geschickte Apotheker 
etabliret werden. Es wird solches zwar einige Kosten verursachen« 
allein Ich werde solche gerne hergeben, wenn meine Unterthanen da- 
durch nur soula^ret werden. Ich verstehe hierunter auch Bader und 
Chirurges." Kabinettsordre vom 7. Juni 1775, gedr. bei Stadel - 
mann S. 408. 

S. 146, Z« 4 V« 0« Aus einer Kabinettsordre an den Kammer- 
direktor V. Gaudi vom 7. Juni 1775 (Stadelmann S. 408): „IJber- 
haupt müsset Ihr Euch nur alle mögliche Mühe geben, die Einwohner 
in den Städten und auf dem Lande zu mehrerer Ordnung, Fleils und 
Industrie zu gewöhnen und allen ein besseres Ansehen zu geben, und 
darüber halten, dafs die Leute anfangen, reinlich zu werden, auf sich 
was zu halten und dafs sie was ordentliches thun und vornehmen.'^ 

S. 146, Z. 10 T« o. Zur Steuerung der Bettelei wurde Dom- 
hardt angewiesen, auf Anlegung dniger Arbeitshäuser in unbenutzten 
Schlössern bedacht zu sein, wo dergleichen liederliches Volk dem 
Staate nutzbar gemacht werden könnte. Der König versprach ihm 
eine in Schweden erfundene Maschine zu senden, mit deren Hilfe die 
besten Suppen aus Knochen mit sehr geringen Kosten und wenig 
Feuerung bereitet werden könnten; bei öffentlichen Armenanstalten 
und in Schulen liefse sich davon Gebrauch machen. 

S« 146, Z, 17 T* JU Ich lasse hierunten nach Bebe im- Schwarz- 
bach (Zeitschr. d. hist. Gesellsch. f. die Prov. Posen, Bd. I, S. 236, 
Aam. 1) die Ziffern der Einwohnerzahl der grölseren Städte des 
Bromberger Bezirkes in den Jahren 1788, 1816 und 1880 folgen: 

1788 1816 1880 

Bromberg 3098 6782 34044 

Pohl. Crone 895 1531 410G 

Filehne 1712 2765 4198 

Nakel 820 1514 6035 

Schneidemühl 1959 2313 11610 





Anmerkungen. 






1788 


1816 


1880 


Schönlanke 


2217 


2977 


4108 


Kolmar 


1807 


2455 


3146 


Czarnikau 


1437 


2176 


4483 


Inowrazlaw 


1530 


3366 


11558 


Exin 


964 


1785 


2846 


Schubin 


999 


1060 


3344 


Usch 


762 


755 


2130 


S. 146, Z. 19 y. 0. 


Kabinettsordre vom 


7. Juni 177! 


mann S. 408. 









291 



S. 146, Z« 9 y« u. Bekanntlich waren es die Leiden des Sieben- 
jährigen Krieges, durch welche besonders der ländliche Grundbesitz 
in die tiefste Verschuldung geraten war, gewesen , die Friedrich 11. 
zur Aufrichtung eines Kreditsystems veranlafsten, durch das der Zins- 
fufs vermindert und der Wert der Güter gesteigert werden sollte. 
Der Erfolg war ein äuTserst günstiger gewesen. 1787 £Euid nun diese 
Einrichtung auch in Westpreufsen und im Netzedistrikt Eingang. In 
Bromberg wurde ein GenerallandschaffcskoUegium mit einem Präsi- 
denten, einem Direktor, zwei Räten, einem Syndikus u. s. w. errichtet. 
Den Präsidenten ernannte der König, der Direktor und die Räte wur- 
den alle drei Jahre von den Deputierten der Stände gewählt und vom 
Könige bestätigt; dieselben muTsten von Adel sein, das Prorinzial- 
indigenat und Vermögen, womöglich Güter haben. Die Sitzuneei^ 
der Generallandschaft waren halbjahrig. Unter der GeneraUandscha^s- 
direktion standen die Departementsdirektionen (Alt-Schottland, Marien- 
werder, Bromberg, Schneidemühl) ; die Verfassung derselben war der 
der Zentralbehörde nachgebildet. 

S. 146, Z. 4 y. u. Konkursprozesse im deutsch-rechtlichen Sinn 
waren den Polen unbekannt. Der Schuldner mufste bezahlen, so lange 
er etwas hatte. Erhoben mehrere Gläubiger zugleich Anspruch auf 
ein Gut, so wurde das Prioritätsverfahren eingeleitet, jedoch konnte 
das Gut Öffentlich nicht ohne Zustimmung des Schuldners verkauft 
werden. Der Schuldner deklarierte seinen Vermögensstand, die Gläu- 
biger liquidierten ihre Forderungen und wurden nach einer bestimmten 
Ordnung der Schuldverschreibung in die Güter immittiert: war der 
erste befriedigt, so rückte der zweite u. s. w. herauf; die ausfallen- 
den bis zum jüngsten hatten das Recht, die ihnen vorausgehenden 
Gläubiger auszukaufen, sämtliche Gläubigerrechte auf sich zu kon- 
zentrieren. In jedem Falle aber konnte der Gläubiger an dem Gute 
seines Schuldners nur Pfandbesitz erwerben; der Schuldner konnte 
jeden Augenblick seine Güter wieder einlösen. Niemals konnte ein 
Gut herrenlos werden, da der Staat kein adeliges Gut einziehen und 
die Qualität desselben verändern durfte. Fand sich kein näherer Erbe 
für ein solches vor, so wurde der sogen. ELaduzitätsprozefs eingeleitet, 
d. h. es wurden alle, die nur in irgendeinem, wenn auch noch so ent- 
fernten Verwandtschaftsgrade zum Erblasser standen, aufgefordert, 
dieses Verhältnis nachzuweisen. Erst wenn sich niemand meldete, 
durfte das Gut — nicht etwa eingezogen ^erden, sondern vom König 
mit Zustimmung des Reichstages wieder einem anderen polnischen 
Edelmann verliehen werden. Auf die Erhaltung des adeligen Grund- 
besitzes zweckte überhaupt die gabze polnisene Gesetzgebung ab; 
daher konnte auch niemand testamentitrisch über Immobilien dispo- 
nieren, sondern mufste dieselbe immer den Intestaterben überlassen. 

19* 



292 Anmerkungen. 

S. 146, Z. 2 T, u. Kabinettsordre an den Präsidenten de» 
Marienwerderschen Oberhofgerichts Grafen Finck von Finckenstein 
vom 8. Juni 1772 bei Lehmann a. a. O. Bd. IV, S. 439. Nicht 
einmal das Reisen aufserhalb des Landes gestattete der König den 
Adeligen ohne seine spezielle Genehmigung. Dagegen war den Guts- 
besitzern, welche in Polen Wojwoden oder Kastellane waren, auch 
fernerhin die Teilnahme an den Senatssitzungen in Warschau ge- 
stattet, Kabinettsordre vom 10. Januar 1773 bei Preufs, Urkunden- 
buch, Bd. IV, S. 21. 

S. 147, Z. 7 Y. 0. Nach Ablauf dieser Frist wurde für die 
ganze Provinz eine Kantoneinteilung für fünf Regimenter Infanterie^ 
ein Regiment Husaren, eine Compagnie Pioniere, vier Garnison- und 
zwei Artilleriebataillone getrofien. Die gesamte Vermehrung betrug 
ohngefähr 25000 Mann. Die barbarische Strenge des Dienstes ver- 
anlafste einen grofsen Teil der Kantonisten, sich ihrer Dienstpflicht 
durch die Flucht zu entziehen, so dafs sich der König veranlafst sah, 
den Aushebungskommissionen möglichste Schonung und Vorsicht bei 
ihren Geschäften anzuempfehlen. Als Domhardt einmal dem Könige 
Anzeige von der gewaltsamen Art der Anwerbung machte, welche 
sich die Regimenter erlaubten, um auf eine wohl^ile Art zu ihren 
Rekruten zu kommen, dankte ihm Friedrich für die Nachricht und 
befahl, ohne zu sagen, wie er zu der Kunde gelangt wäre, der Mi- 
litärbehörde sehr ernstlich, den Mifsbrauch ungesäumt abzustellen. 
Zahlreiche Befreiungen vom Militärdienst machten gleichfalls den 
Übergang von der alten polnischen Mifswirtschaft zu der neuen 
preufsischen Zucht weniger fühlbar. Befreit waren alle fest Ange- 
sessenen, die zwei ältesten Söhne von Vätern mit einem Vermögen 
von mindestens 6000 Thlr., die Kaufleute der gröfseren Handelsplätze 
und die Mennoniten (letztere gegen eine bestimmte Abgabe). 

S. 148, Z. 8 t. q. Übrigens blieben die kleineren Städte nicht 
ganz acciseirei, indem sie die Konsumtionsaccise ebenso wie die Städte^ 
nördlich der Netze entrichten mufsten. Die Accise sollte nach dem 
königlichen Befehl „mit aller Behutsamkeit ohne Störung des Com- 
merz und zur Beförderung der Manufakturen^* eingeführt werden. 
Mit der Zeit, als Gewerbe und Handel aufblühten, erweiterte sich die 
Zahl der accisbaren Städte. 

S. 149, Z« 1 T. 0» Die Zölle hatten neben ihrem Hauptzweck, 
eine unmittelbare Einnahmequelle für den Staat zu bilden, zugleich 
noch bei dem herrschenden Handelssystem die Bestimmung, dem 
Verkehr bestimmte Richtungen zu geben, und waren deshalb zugleich 
auch nach diesem letzteren Gesichtspunkt eingerichtet. Die Accise- 
und Zollgefälle ergaben im Jahresdurchschnitt 80—90000 Thlr., der 
Weichselzoll allein gegen 25000 Thlr., und er hätte noch mehr ein- 
gebracht, wenn nicht Elbing gegen Danzig so sehr begünstigt worden 
wäre, indem alle nach dem ersteren Platz gehenden Waren vier Prozent 
weniger an Zoll zahlten als die nach Danzig verladenen. 

S. 149, Z. 4 T« 0. Die betr. Instruktion diktierte der König 
Roden selbst in die Feder. £r erklärt darin, dafs des ganzen Landes 
Wohlfahrt hauptsächlich darin bestehe, dafs die Lasten nut gleichen 
Schultern getragen würden und jeder ohne Ausnahme dabei kon- 
kurriere, wie es sein Vermögen gestatte. Das ganze Kontributions- 
wesen solle deshalb von einer gewissenhaften imd unparteiischen Kom- 
mission untersucht und so viel nur menschenmöglich gleichmäfsig 
reguliert werden. Alle liegenden Gründe und die daraus entspringen- . 



Anmerkungen. 293 

den Einnahmen sollen steuerbar sein. Die Kommissarien haben ihre 
Anschläge nach ökonomischeu Grundsätzen zu machen unter Zu- 
ziehung tüchtiger Wirtschaftsverständiger, die Domhardt stellen werde 
und die besonders zu verpflichten sind. Dienste und Abgaben, die 
auf einer Besitzung haften, sollen besonders vermerkt und vom Er« 
trage abgesetzt werden. Sobald eine Starostei, Gut oder Kloster ab- 
gefertigt, ist die Arbeit einzusenden und alle acht Tage zu berichten, 
wie weit man vorgeschritten. So wie ein solcher Bezirk vermessen 
ist, soll sofort die Kontribution eingeführt werden. Im Netzedistrikt 
leistet der Bauernstand die Kontribution wie in der Neumark, in den 
andern Distrikten wie in Preufsen. Die Ackerstädte kontribuieren 
wie die Dörfer, der Adel 10 Prozent und darunter, die BLlöster 50. 
Die Handwerker vom platten Lande sollen in die Städte ziehen. Auch 
«ollen genaue Ermittelungen über Ernteergebnisse aufgestellt werden. 
Schliefslich ermuntert der König Roden zu besonderem Eifer mit den 
Worten: „Ich weifs, dafs Er auf dem Generaldirektorio der fleifsigste 
ist, sei Er mir auch in Preufsen fleifsig und reite Er brav herum, so 
wird Er mager werden und gesund wieder nach Hause kommen." — 
Am 22. September 1772 ward diese grofsartige Arbeit begonnen und 
«0 energisch gefördert, dafs sie im April 1773 zur Zufriedenheit des 
Königs vollendet war. Auf ihr hat bis in die neuere Zeit die Steuer- 
verfassung beruht. 

S. 149,.. Z. 9 y. 0. „Unsere Bischöfe behalten 24000 Tbk. 
Rente, die Äbte 7000" — schrieb Friedrich Ende Februar 1774 an 
Voltaire — , „die Apostel hatten nicht so viel. Man setzet sich mit 
jenen so auseinander, dafs man sie der weltlichen Sorgen entlediget, 
damit sie, ohne sich zu zerstreuen, trachten können, das himmlische 
Jerusalem, welches ihr wahres Vaterland ist, zu gewinnen." — Von 
der Entrichtung^ der Kontribution waren nur befreit die zu den Pfar- 
reien gehörigen Hufen bis zum Maximum von vier und die Liegen- 
schaften der Hospitäler und Armenhäuser. Aller übrige Grundbesitz 
mit Einschlufs der königlichen Domänen war steuerbar. Personen, 
welche nicht in accisebaren Städten lebten und keinen Grundbesitz 
batten, wurden nach ihrem sonstigen Vermögen und Einkommen ver- 
faältnismäfsig zur Kontribution herangezogen. Das Prinzip bei der 
Einschätzung war das der Herstellung einer vollständigen Steuergleich- 
beit, so dafs bei Zusammenrechnung aller Leistungen ein jeder eine 
gleiche Quote von seinem Reineinkommen dem Staate zu entrichten 
hatte. 

S. 149, Z. 13 T, 0. Notifikationspatent bei Lehmann Bd. IV, 
S. 457. 

S« 149, Z. 14 T« 0. Aus einer Kabinettsordre vom 17. April 

1771 : „ da Wir einestheils vor die Juden überhaupt eben nicht 

portirt sind, andemteils aber derselben Handel dem Lande schon zu 
nachtheilig finden, als dafs Wir selbige noch mit Gelegenheiten zur 
Einschleppun^ der Contrebande und zum Schleichhandel begünstigen 
könnten." Meyer, Friedrich d. Gr. und der Netzedistrikt, S. 44. 

S. 149, Z. 21 Y. 0. Kabinettsordre vom 15. November 1772 
\^Preufs, Bd. IV, S. 10): „Betteljuden und dergleichen sich herum- 
treibendes Coips sollen weder in denen Städten, noch auf denen selbst 
adelichen Dörfern geduldet und viel weniger sellMgen auf dem platten 
Lande zum Nachtheil der städtischen Nahrung Handlung zu treiben 
gestaltet, vielmehr mit selbigen hierunter schlechterdings wie mit 
denen Juden in Dero übrigen Provinzen gehalten werden. Was be- 



2M Anmerkungen. 

mitteile Juden sind, worunter solche, die Eintausend Thaler an eigen* 
tümlichen Vermögen besitzen, verstanden wissen wollen, denen kön- 
nen unter eben den hier im Lande gewöhnlichen Conditionen und 
womach sich die Kammer beim General- Directorio ganz eigentlich 
und genau zu erkundigen hat, Schutz -Privilegia ertheilt und selbige 
damit nach die Grenzstädte, die Netze und Drewentz entlang ver- 
wiesen, mitten im Lande müssen aber dergleichen nicht etablirt wer- 
den. Sonst aber sollen selbige zu allen denen andern jüdischen Fa- 
milien im Lande obliegenden Abgaben und Praestandis gleichfalls ge- 
halten sein. Mit fremden Waaren, selbst in denen Vorstädten bei 
Danzig, mufs selbigen zu handeln nicht erlaubt sein, und ist es an- 
jetzo, da nunmehr Preufsen mit denen übrigen Provinzen ein zu- 
sammenhängendes Land ausmacht, überhamat eine fehlerhafte Ein- 
richtung, wenn zum Nachtheil derer Landes-Fabriken, die die Waaren 
in eben der Güte und Qualit^ als die auswärtige verfertigen und 
Uefem, mit fremden Waaren besonders von denen Juden zu handeln 
nachgegeben wird." 

S. l^O. Z« 23 T. 0« Edikt der Marien werderschen Kammer vom 
1. März 1773: „Dafs keine Bettel- und dergleichen sich herumtreiben- 
des Judengesindel weder in den Städten , noch auf denen selbst ade- 
liehen Dörfern eednldet, nochweniger ihnen auf dem platten Lande 
zum Nachtheil der städtischen Nalu'ung Handel zu treiben gestattet 
werden . soll." Alle auf Starostei- , adeligen oder geistlichen Gütern 
angesessenen Juden werden demgemäfs aufgefordert, sich alles Hau- 
sierens zu enthalten und sich binnen zwei Monaten aus dem Lande 
zu begeben , zu solchem Ende sich von ihren Besitztümern , welche 
sie nicht mitzunehmen Willens sind, nachdem sie die darunter be- 
griffenen Waren bei dem nächsten Acciseamt versteuert und siegeln 
lassen, „ zu debarrassiren und letztere in Paqueten u. s. w. ebenmäfsig 
vom Acciseamt zur Vorbeugung der Hausirerey beym Abzüge ver- 
siegelt mitzunehmen. Sollten sich indefs unter ihnen einige finden, 
welche im Stande sind, ein eigenes erweisliches baares Vermögen von 
iOOO Thlr. im Handel mit inländischen Fabriquen, besonders seidenen, 
halbseidenen und wollenen Waaren anzulegen, so sind S. K. Maj. 
nicht abgeneigt, dergleichen vermögenden Juden unter eben den Be- 
dingungen und Abpiben, unter denen in übrigen königlichen Landen 
sich verschiedene «Juden-Häuser höchst Dero besonderen Schutzes za 
erfreuen haben, besondere Schutz - Privilegia zum Etablissement vor- 
längst der Netze und Drewentz, nicht aber mitten im Lande zu er- 
theilen". Wer kein solches Vermögen nachweisen könne und nach 
Ablauf von zwei Monaten ohne Scbutzbrief auf Westpreufsen ange- 
troffen werde, würde über die Grenze gebracht werden; im Wieder- 
betretun^sfall sollten sie gebrandmarkt und zurückgetrieben werden. 
Durchreisende Juden mufsten Geleitzettel auf den Ort ihrer Bestim- 
mung lösen, ihre mitgeführten Waren unter Plombeverschlufs legen 
lassen und durften nur auf der geraden Strafse wandern u. s. w. 
Meytr a. a. 0. S. 45. 

S. 150, Z. 6 T. 0« Noch in anderen Beziehungen wich das alte 
polnische Recht von dem neuen preufsischen Landrecht ab. Der 
polnische Gatte mufste seiner Ehefrau den Brautschatz auf schulden- 
freie Güter verschreiben, dimeben die sogenannte Reformationssumme, 
welche dem Brautschatz gleichkam und von welcher die Frau die 
Zinsen für die Dauer ihres Lebens genofs, dazu häufig noch ein 
Gegenvermächtnis in einfacher Schiüdform aussetzen. Starb der 
Mann, so blieb die Witwe überdies auf den Gütern desselben sitzen^ 



Anmerkungen. 296 

80 lange sie lebte, konnte sich wieder verheiraten und brauchte den 
Kindern erster Ehe, weil sie Nutzniefserin des gesamten Vermögend 
war, nichts herauszugeben. Nach preufsischem Recht konnte dagegen 
der Ehemann allgemeines Lebtagsrecht verschreiben, die Kinder 
mufaten ihren Pflichtteil unverkürzt erhalten. Nach polnischem Recht 
konnte der Brautschatz niemals verloren gehen, da der Gatte den- 
selben nicht erheben konnte, wenn er nicht vorher eine gleich grofse 
Summe als Hypothekenschuld hatte eintragen lassen. 

6« 151, Z. 4: T. 0. Vgl. Laspeyers, Geschichte und heutige 
Verfassung der katholischen Kirche Preufsens, Bd. I, S. 388 f. 

S. 154, Z. 7 T» 0. Sehr instruktiv ist hierfür der Bericht des 
Oberhofgerichts zu Marienwerder an den König vom 9. Oktober 1772 
bei Lehmann Bd. IV, S. 465. 

8. 154, Z. 17 T« n« Mit welch ängstlicher Gewissenhaftigkeit 
Friedrich den Besitzstand der katholischen Kirche achtete, erkennen 
wir aus seinen Antworten auf Brenkenhofs Anträge betr. die Abhal- 
tung protestantischen Gottesdienstes in katholischen Kirchen und den 
Bau protestantischer Kirchen im Netzedistrikt. Im ersteren Falle be- 
fiehlt der König, Scheunen für gottesdienstliche Zwecke zu aptieren, 
im letzteren mahnt er ausdrücklich: „nur mufs solches (seil, der 
Kirchenbau) nur nachgerade und nicht auf ein Mal, auch ganz in der 
Stille und ohne Aufsehen geschehen, aller Eclat aber dabei sorgfältig 
vermieden werden**. Lehmann S. 465 und 467. Schon bei der 
Besitzergreifung hatte Friedrich dem Oberpräsidenten Domhardt die 
Einhaltung der Toleranz gegen die neuen katholischen Unterthanen 
strengstens zur Pflicht gemacht. „Schliefslich" — dekretierte er — 
„mufs unter denen catholischen und evangelischen Unterthanen nicht 
der allermindeste Unterschied gemacht werden, sondern selbige müssen 
bey der Krieges- und Domainen-Cammer ohne Rücksicht auf die Re- 
ligion auf gleichen unpartheiischen Fufs schlechterdings gehöret und 
auf alle Weise behandelt werden." Preufs, Urk.-Buch, Bd. IV, 

S. 4. In der Instruktion für den Präsidenten des neuerrichteten 

Oberhof- und Landesgerichts zu Marien werder vom 8. Juni 1772 heifst 
es: „Die Justiz mufs ohne die mindeste Rücksicht auf die Religion 
und ohne dafs nur gefragt wird, zu welcher die Parteien sich beken- 
nen, administriret werden'* (Lehmann Bd. IV, S. 439). Und das 
Besitzergreifangspatent vom 18. September 1772 (Lehmann Bd. IV> 
S. 454) erklärt: — „Dagegen wir auch geneigt und fest ent- 
schlossen sind, auch hiermit versichern, sie samt und sonders bei 
ihren Besitzungen und Rechten im Geist- und Weltlichen, besonders 
die der römisch-katholischen Religion Zugethanen bei dem freien Ge- 
brauch ihrer Religion zu lassen, zu schützen und zu handhaben.'^ 

S. 155, Z. 17 T« 0. Unmittelbar nach der Besitzergreifung 
hatten die lutherischen Prediger zu Stuhm und Lichtfelde sich an das 
Hofgericht um Befreiung von den ihnen durch den katholischen 
Klerus auferlegten Abgaben gewendet. Dasselbe genehmigte zwar, 
dafs die ersteren von jetzt ab die Kranken ihrer Sprengel ungehindert 
besuchen dürften, war jedoch zweifelhaft, was es bezüglich der von 
den Lutheranern erbetenen Freiheit, zu taufen, zu trauen und die 
Toten zu begraben, ohne deshalb erst Erlaubnisscheine von der katho- 
lischen Geistlichkeit zu lösen, verfügen solle, und erbat sich darübeir 
eine königliche Entschliefsung (Lehmann Bd. IV, S. 465). Später 
erfolgten dann zwei Erlasse, wonach die Protestanten nicht schuldig 
sein sollten, die katholischen Festtage zu feiern und Stolgebühren an 



296 Anmerkungen. 

katholische Geistliche zu bezahlen (Lehmann S. 501). Dagegen 
sollten nach einem Erlafs vom 7. November 1774 (Lehmann S. 626) 
vorerst alle anderen Abgaben (Zehnten, Calende) an die katholischen 
Geistlichen weiter entrichtet werden. Durch Kabinettsordre vom 
11. Juni 1773 (Lehmann S. 517) wurden dann überhaupt die ka- 
tholischen Feiertage auf den in Schlesien üblichen Fu(s eingeschränkt. 

8, 165, Z. 3 T, ü. Bei der Besetzung.. Westpreufsens war die 
Huldigung aufser von sämtlichen Bischöfen, Abten und Prälaten auch 
von je vier Geistlichen und Priestern für jeden Landesdistrikt ge- 
fordert und geleistet worden (Patent vom 13. September 1772 bei 
Lehmann Bd. IV, S. 454; das Formular des Huldigungseides ebds. 
S. 437). Aufser den auch anderwärts üblichen Versicherungen ver- 
sprachen die Geistlichen noch besonders, „ihren Kirchengemeinden 
und Beichtkindern sowohl durch öffentliche als Privatmahnungen in 
und aufser dem Beichtstuhl eine ungefälschte Treue gegen S. K. M. 
von Preulsen, dero königlichem Haus und dasjenige, was durch diesen 
Eid zu thun gelobet, zu unverbrüchlichster Beobachtung nachdrück- 
lichst einschärfen und ihnen darunter mit bestem Exempel vorgehen 
zu wollen '^ wie sie sich denn auch ausdrücklich anheischig machten, 
„dieser eidlichen Verbindung sich zu keiner Zeit und unter keinerlei 
Vorwand zu entziehen und dafs, wenn sie dies thun sollten, ihnen 
dieserhalb keine Vergebung, weder in diesem noch in jenem Leben, 
zu Statten kommen solle *S Dafs die Huldigung auch vonseiten der 
katholischen Geistlichen anstandslos vonstatten ging, wie überhaupt 
diese sich mit der neuesten Staatsveränderung durchaus einverstanden 
und zufrieden erklärten, berichtet Domhardt unterm 30. September 
1772 dem Könige (Lehmann S. 462). 

S. 156, Z. 22 T. u. Kabinettsbefehl an den Präsidenten des Ober- 
hofgerichts zu Marienwerder Grafen Finck von Finckenstein vom 
8. Juni 1772 (bei Lehmann a. a. 0. Bd. IV, S. 439): „Keine geist- 
liche Bullen oder bischöfliche Verordnungen mufs ohne Vorwissen 
und Bewilligung der Justiz zu publiciren gestattet werden. Denen 
Praelaten, Achten und überhaupt der katholischen Geistlichkeit muTs 
scharf auf die Finger gesehen werden, dafs sie ihre Gerechtsame 
nicht mifsbrauchen und zur Ungebühr extendiren." 

S. 156, Z« 16 y. Q. Aus der Instruktion für die westpreufsische 
Regierung vom 21. September 1773 (Lehmann S. 545): „dafs nie- 
manden ein geistliches Amt oder Beneficium ohne Unser Vorwissen 
und Genehmigung ertheilt, zu dem Ende, so oft eine geistliche Va- 
canz (es sei eines Bisthums, Praelatur, Abtei, Canom'cats, Propstei, 
Parochie u. s. w.) sich ereignet oder ein Vicarius, Ofücial, Decanus, 
Provincial .eines Ordens abgeht, solches respective von den Bischöfen, 
Capitnln, Äbten, Praelaten, Conventualen , Vicarien, Officialen, De- 
canis und, wenn derjenige, der die vacant gewordenen Stellen be- 
kleidet, keinen geistlichen Oberen in der Provinz unterworfen ge- 
wesen, von dem nächsten ihm unmittelbar unterworfenen Geistlichen 
der Regierung sofort einberichtet und hiemächst in den Fällen, wo 
Uns die Nomination, Collation oder Approbation desselben zusteht, 
der von Uns dazu ernannte nach den Ritibus der katholischen ELirche 
in sein Amt von seinem geistlichen Oberen eingesetzet, wo aber die 
Collation einem andern zusteht, der Ernannte j^erzeit, ehe er in sein 
Amt eingeführt wird. Unserer Regierung angezeigt werde, damit sie, 
wenn gegen die Person desselben nichts zu erinnern ist und er zuvor 
den Uns als oberstem Landesherm schuldigen Homagial-Eid abgeleget, 



Anmerkungen. 297 

die ihr in solchem Fall in Unserm Namen zu ^eben aufgetragene 
Genehmigung ertheile: indem Wir unter andeni nicht zuzugeben ge- 
meinet sind, dafs bei dergleichen geistlichen Ämtern und Beneficiis 
Fremde Unseren Unterthanen vorgezogen werden müssen, als worauf 
Unsere Regierung durch das officium fisci zu invigiliren hat. Be- 
sonders aber m^^ jederzeit, ehe zu einer neuen Wahl geschritten 
wird, um die Erlaubnifs dazu gebeten werden, welchß, wenn sie durch 
Unsere Regierung erteilt worden, nöthigen Falls im Beisein eines von 
derselben zu benennenden Commissarii vorzunehmen ist.^^ 

S, 157, Z« 19 T. 0. Instruktion für die westpreufsische Regie- 
rung vom 21. September 1773 (Lehmann S. 547); „So sorgfältig 
Wir nun hierdurch das einer jeden Kirche oder milden Stiftung ka- 
tholischer Religion zustehende Vermögen zu conserviren gesonnen 
und deshalb nicht gestatten können, dafs den Kirchen und geistlichen 
Stiftungen zugehönge Immobilien veräufsert werden, so können wir 
auch dagegen nicht zugeben, dafs dieselbe ohne Unsem Consens Im- 
mobilia acquiriren, am allerwenigsten aber, dafs durch übermäfsige 
und oft nur einen blofsen blinden Eifer, Persuasiones und Inductiones 
zum Grunde habende Geschenke, Vermächtnisse und andere titulos 
dominü translativos noch mehr ansehnliches Vermögen ad manus 
mortuas gebracht und den rechtmäfsigen Erben, Verwandten und dem 
gemeinen Handel und Wandel entzogen werde" u. s. w. 

S« 157 , Z. 22 T. 0* Instruktion für die westpreufsische Regie- 
rung vom 21. September 1773 (Lehmann S. 546). Hier wird oe- 
stimmt, dafs das Vermögen der Kirchen, Schulen und milden Stif- 
tungen sachgemäfs verwendet und die Kapitalien sicher und nicht 
aufser Landes angelegt werden sollen. Bei allen Kirchen sollen 
ordentliche Rechnungen von zwei von dem Patron zu bestellenden 
Kirchenvätern mit Zuziehung des Pfarrers geführt und der Regie- 
rung jährlich zur Prüfung eingereicht werden; wo das Kirchenvermögen 
über 500 Thlr. Jahreseinnahme beträgt, sollen die Rechnungen noch 
weiter an die Berliner Oberrechenkammer zur Superrevision eingesandt 
werden. 

S. 157, Z« 13 v. u. Und auch da nur, wo beide Gatten der 
katholischen Religion angehörten; andernfalls entschied das Oberhof- 
gericht zu Marienwerder (Lehmann S. 439). 

S. 157, Z. 9 T« u« Instruktion für die westpreufsische Regie- 
rmig vom 21. September 1773 (Lehmann S. 545): „Dafs endlich 
die geistlichen Gerichte, welchen Wir allein über causas ecclesiasticas 
zu erkennen erlauben, in allen causis civilibus, wenn sie auch eine 
geistliche Person oder deren Nachlafs betreffen oder selbst super iure 
patronatus vel decimis gestritten wird, sich keiner Cognition, viel we- 
niger einer Criminal-Jurisdiction anmaafsen." 

S, 159, Z. 17 Y. 0. Kabinettsordre an Domhardt v. 20. Februar 
1772 bei Lehmann S. 429. 

S. 160, Z. 1 y. 0. Immediatbericht Domhardts v. 25. Oktober 
1772 bei Lehmann S. 468. Die Kabinettsordre vom 1. November 
ebendas. S. 469. 

8. 160, Z. 21 Y. 0. Kabinettsordre vom 2. November 1772 
ebendas. S. 470. 

S. 160, Z. 18 Y. n. Preufs Bd. V, S. 200. 



298 Anmerkungen. 

S. 160, Z. i T. n. Unterm 8. Oktober 1775 befiehlt der König 
dem Minister von Schalenburg, ein von ihm bereit gestelltes Kapital 
von 200000 Thlr. vorerst, bis zu dem Zeitpunkt des Ankaufs passen- 
der westpreufsischer Güter, zinsbar bei der Bank anzulegen: aus den 
Zinsen dieses Kapitals sollten dann Schulmeister in dem neu erwor- 

benen Lande angestellt werden. Stadelmann a. a. 0. S. 421. 

Sechs Wochen später bezeichnet Friedrich in einer Ordre an Dom- 
hardt in erster Keihe das Gut Schönlanke als ein passendes Kauf- 
objekt — „weil dadurch die Leute aus der catholischen Oppression 
kommen und daselbst ohnehin noch eine Kirche gebauet werden 
mufs". Stadelmann a. a. 0. — — Welche Schwierigkeiten bei 
der Einrichtung des Schulwesens zu überwinden waren, ersehen wir 
aus einem Bericht der westpreufsischen Refi;ierung vom 16. Dezember 
1777 (Lehmann, Bd. V, 8. 246). Einen heftigen Widerstand setzte 
derselben bei der Durchführung ihrer guten Absichten der Bischof 
Krasitzky von Ermland entgegen, indem er sich namentlich der Über- 
lassung katholisch- polnischer Lehrer weigerte. Infolge dessen schlägt 
die Kammer vor, Invaliden zum Schuldienst anzunehmen. Den länd- 
lichen Gemeinden fehlte es an Mitteln, auch nur die nötigen Schul* 
häuser aufzubauen, so dafs den neu anziehenden Lehrern vorläufig 
nur kleine Käthen angewiesen werden konnten, wenn sie nicht gar 
bei den Ortsschulzen untergebracht werden mufsten. „Diese schlechte 
Verfassung" — meint die Kammer — , „wobei gewöhnlich die Men- 
schen muthlos werden, unterdrückt bei denen Einsassen die Sorge^ 
ihre Nachkommen mit ausgebreiteteren Kenntnissen, als sie selbst be- 
sitzen, zu bereichem, und sie verkennen diese heilsame Einrichtung 
wohl gar so weit, dafs sie solche für eine neue Auflage halten und 
sich davon, es sei auf welche Weise es wolle, loszumachen sich aus- 
äufsersten Kräften bestreben. Dafs unter solchen Umständen aus- 
wärtige Lehrer nur geringe Lust zur Übersiedlung nach der neuen 
Provinz verspürten, liegt auf der Hand. Aber auch mit den that- 
sächlich angestellten Lehrern scheint die Kammer während der ersten 
Jahre schlimme Erfahrungen gemacht zu haben. „Viele davon '^ 
— berichtet die Kammer unterm 29. Dezember 1778 (Lehmann 
Bd. V, S. 275) — „sind bald darauf desertiret, viele haben sich für 
ihre Talente zu schlecht belohnt gehalten, ihren Abschied gesucht und 
in der Provinz bessere Emplois als Privat-Lehrer angenommen." 

8. 160, Z. 1 v. u. Auch aus Berlin wurden evangelische Lehrer 
bezogen. Wegen der katholisch - polnischen Lehrer wurde die west- 
preuTsische Kammer an den Bischof von Ermland gewiesen: „der 
wird solche schon anzuschaffen wissen und sie allenfalls unter den 
Jesuiten aussuchen und erhalten können". Lehmann Bd. V, S. 89. 

S« 164 9 Z. 2 T* 0« Dankelmann war vom Könige zugleich be- 
auftragt, die Justiz auf preufsischen Fufs einzurichten. Stölzel, 
Carl Gottlieb Svarez, S 371. 

S. 164, Z. 16 v. 0. Für die Stimmung der Bevölkerung in Süd- 
preufsen unmittelbar nach der Besitzergreifung ist der bereits ge- 
nannte Brief des Dichters Göckingk an Gleim von Interesse. Der- 
selbe schreibt darüber: „Der Adel scheint sich gutwillig in sein 
Schicksal zu ergeben. Die, welche den rothen Adlerorden erhalten 
hatten, brüsteten sich nicht wenig damit, und um die Landrathsstellen 
bewerben sich eine unglaubliche Menge Candidaten." 

S« 165 9 Z. 8 Y. u. Dafs auch die preufsischen Truppen dem 
Lande Anlafs zur Unzufriedenheit gaben, ersehen wir aus einem 



Anmerkungen. 290 

Schreiben Hoyms an Schrötter vom 4. Februar 1796: „Es kommt 
hinzu" — klagt jener — , „wie ich Ew. Excellenz im Vertrauen ge- 
stehen mufs, dafs durch den Insurgenten -Krieg nicht so von Seiten 
der Pohlen, als vielmehr von Seiten Unserer Truppen, und hiernächst 
in Folge ihrer übel disponirten Verpflegung, das Land in vielen 
Strichen ganz ruinirt und im Allgemeinen bis zur äufsersten Ent- 
kräffcung gebracht wird.'* — — Man suchte wenigstens die West- 

§reufsen durch ein Amnestieversprechen zur Ruhe zu bringen. Der 
chade, den die Insurrektion den königlichen Kassen und den Pri- 
vaten in preufsischen Landesteilen zugefügt, wurde später auf 439331f 
Thaler veranschlagt. Philippson, Geschichte des preufsischen 
Staatswesens seit dem Tode Friedrichs des Grofsen, Bd. II, S. 136. 

8. 168, Z. 18 Y. 0. Vgl. Beheim-Schwarzbach: „Aus 
Südpreufsischer Zeit" in der Zeitschrift der histor. Gesellsch. für die 
Prov. Posen, Bd. I, S. 53. 

S* 168. Z« 21 Y. u, „ Die Erfahrung hat mich vollkommen über- 
zeugt" — berichtet Carmer an den König — , „dafs die Schlesische 
Bessort- Verfassung dem wahren Interesse des höchsten Landesherrn 
eben so wenig als dem Wohl der Unterthanen zuträglich sey. Denn 
sie begünstigt zu sehr den Ministerial-Despotismus und verleiht dem 
dirigirenden Minister eine zu unumschränkte Gewalt, die auf Mifs- 
bräuche und Bedrückungen führen kann, welche dem Auge und der 
Abhülfe des Souveräns selbst nur allzu leicht entzogen werden kön- 
nen." In Schlesien habe Friedrich der Grofse wenigstens auch einen 
besonderen Justizminister ernannt, mit der ausdrücklichen Bestimmung, 
dem Despotismus des dirigierenden Ministers und der Kammern ein 
Gegengewicht zu bilden. Philippson S. 127 — 128. 

S. 168, Z. 11 Y. u. Philippson S. 128: „Sr. K. M. von 
Preufsen ü. a. H. machen Dero General - Directorio in Gnaden hier- 
durch bekannt, dafs A. Dieselben der in Pohlen acquirirten Provintz 
den Namen Süd-Preufsen beygelegt haben, und geben demselben zu- 
gleich zu erkennen, dafs diese neue Provintz in allen Finanz-, Po- 
Szey- und Domänen - Angelegenheiten überhaupt von dem gantzen 
General-Directorio, in den einzelnen Zweigen derselben aber von denen 
den letzteren vorgesetzten Spezial-Departements ressortiren soll, und 
zwar auf eben die Weise, wie solches nach der bisherigen Veifassung, 
in Bücksicht auf die alten Provinzen stattfindet. Sr. K. M. haben 
das Departement dieser neuen Provintz Süd-Preufsen im General- 
Directorio dem Etats-Minister von Vofs zu seinen übrigen Departe- 
ments beyzulegen für gut gefunden : jedoch werden die beyden Städte 
Dantzig und Thorcn, welche zu West -Preufsen geschlagen werden, 
diesem Departement zuwachsen und künftig zu Süd-Preufsen nicht 
gerechnet. Gleicher Gestalt haben Sr. K. M. dem Etats-Minister von 
Vo£b, mit Concurrenz des Etats-Minister Grafen von Hoym und Ober- 
Praesidenten von Schrötter die erste Or^nisation der neuen Provintz 
anvertraut, in Absicht der Akzise- und Zoll -Einrichtungen aber das 
nötige an den Etats-Minister von Struensee erlassen. Damit aber die 
Geschäfte der neuen Einrichtung in Süd-Preufsen, wie es die Be- 
schaffenheit der Sache mit sich bringet, ununterbrochen und ohne 
durch Rücksprachen aufgehalten zu werden , betrieben werden kön- 
nen, so haben Sr. K. M. resolviret, das Süd-Preufsische Departement, 
so lange bis dessen Einrichtung völlig zu Stande gekommen sejn 
wird, zur speziellen Führung dem Etats-Minister von Vofs allein zu 



800 Anmerkungen. 

übertragen Im Haupt - Quartier Guntersblum, den 7. Aprill 

1793. Friedrich Wilhelm. 

An das General-Direktorium." 

S. 168, Z. 6 T. n. Anfönglich war für Petrikau Lenczjc in Aus- 
sicht genommen. 

S. 1699 2* ^ ^* <>• Novum Corpus Constit. IX, 1485sq. 
1561 sq. 

S. 169, Z. 12 T. o. Anderseits wurde allen Beamten in Süd- 
preufsen wiederholt eingeschärft, „die dortigen Einwohner mit Scho- 
nung und Nachsicht zu behandeln, keinen Mifsbrauch ihrer Amts- 
autorität sich zu erlauben und alles harten, despotischen Ver&hrens 
sich zu enthalten". Philippson S. 129. 

S. 169, Z. 2 T. u. Im Rammerdepartement Posen gab es vier 
solcher Inquisitoriate : 1) in Posen für die BLreise Posen, Schrimm, 
Kosten und Obomik, 2) in Gnesen für die Woiwodschaft Gnesen und 
den jenseits der Warthe gelegenen Teil der Wojwodschaft Kalisch, 
3) in Kaiisch für den Teil dieser Wojwodschaft diesseits der Warthe 
und den Krobiaschen Kreis, 4) in Kosten oder Bomst für die Kreise 
Bomst, Fraustadt und Meseritz. Im Departement Petrikau: Petrikau, 
Wielun und Sieradz, im Departement Warschau: Warschau, Lenczjc 
und Wraclawic. Näheres über diese Inquisitoriate bei Beheim- 
Schwarzbach S. 59—61. 

S. 170, Z. 1 T. u. Den südpreufsischen Geistlichen mit Aus- 
nahme derjenigen der Yormaligen Wojwodschaft Posen wurde, vorerst 
auf ein Jahr, gestattet, sich bei ihrem amtlichen Verkehr mit der 
Posener Kammer der lateinischen Sprache zu bedienen. Erlafs des Mi- 
nisters von Vofs an die Kammer zu Posen vom 1. August 1793 in 
der Zeitschrift für Geschichte und Landeskunde der 
Prov. Posen, Bd. II, S. 272. 

S. 171, Z. 2 T. o. Die 17 landrätlichen Kreise des Posener De- 
partements waren, nach den yormaligen drei Wojwodschaften geordnet, 
folgende; 1) in der vormaligen Wojwodschaft Posen: Posen, Obomik, 
Meseritz, Bomst, Fraustadt, ELröben, Schrimm, Kosten; 2) in der 
vormaligen Wojwodschaft Kaiisch: Schroda, Peisem, Konin, Kaiisch, 
Krotoschin, Adelnau; 3) in der vormaligen Wojwodschaft Gnesen: 
Gnesen, Wongrowitz, Powidz. Die steuerrätlichen Inspektionen waren 
folgende: Meseritz, Wollstein, Posen, Borek, Kaiisch (später Wlocla- 
wek), Gnesen. 

S. 171, Z. 3 T. 0. Im Departement Posen bestanden folgende 
Intendanturen: Brzesc, Buk, Fraustadt, Gnesen, Meseritz, Peisem, 
Posen, Przedesz, Racionzek, Radziejewo, Rogasen, Schrimm, Tremessen, 
Wongrowitz. 

8. 171, Z. 4 T. u. Novum Corpus Constit. IX, 1913sq. 

8. 172, Z. 16 T. 0. Stadelmann Bd. III, S. 219. 

8. 172, Z. 22 T. 0. Stadel mann a. a. 0. S. 222. 

8. 173, Z. 4 T. u. Philippson S. 140. 

8. 174, Z. 11 T. 0. Philippson S. 213. 

8. 177, Z. 22 T. n. Stadelmann S. 219. 

8. 177, Z. 10 T. u. Stadelmann S. 223. 



Anmerkungen. 301 

S. I7S9 Z. 13 y« o. Die Abneigung des Ministers Vofs gegen 
Kolonisation setzt sieb nocb in die Regierungszeit Friedrieb Wil- 
belms in. fort. Immer wieder begegnet der König bei ihm Schwierig- 
keiten, während er gerade für Südpreufsen auf möglichste Förderung 
dieser Aufgabe und namentlich auf Vermehrung des deutschen Ele- 
ments auf diesem Wege bedacht war. £r erkennt die Bedenken des 
Ministers als haltbar nicht an und setzt seine Weisungen an den- 
selben zum energischen Betrieb der Kolonisation fort. ,,lhr könnt ^^, 
führt eine seiner Verfügungen an Vofs aus, „die unter der Regierung 
Friedrichs II. hierüber beooachteten Regeln zur Richtschnur nehmen, 
müfst nicht so ängstlich zu Werke gehen; namentlich müfst ihr be- 
denken, wie günstig gerade der jetzige Zeitpunkt für die Kolonisation 

ist". Stadelmann a. a. 0. Bd. IV, S. 7. Dem Grafen Lu- 

binski , der auf feeiner HeiTschaft Guzow elf deutsche Kolonieen be- 
gründet und für diese ein eigenes Kirchensystem eingerichtet hatte, 
liefs der König ein äufserst schmeichelhaftes Handschreiben zugleich 
mit dem Grofskreuz des roten Adlerordens zugehen. Stadelmanu 
S. 316. 

S. 178, Z. 13 T. u. Nothardt hatte sich im Jahre 1799 dem 
Könige angeboten, seine Thätigkeit ganz den Zwecken der Koloni- 
sation in Südpreufsen zu widmen. Der König genehmigte im wesent- 
lichen den hierfür vorgelegten Plan, und Nothardt organisierte An- 
werbungen von Kolonisten im Reich, welche sich auf eine Reihe von 
Jahren fortsetzten. 1801 gründete Nothardt ein besonderes „Reichs- 
kolonisten-Annahme-Bureau" in Württemberg. Als 1804 zwischen 
ihm und der Verwaltung des südpreufsischen Departements Kollisionen 
entstanden, stellte der König ersteren an die Spitze der Kalischer 
Kammer mit dem Auftrage, sowohl diese Behörde wie die Posensche 
imd die Warschauer Kammer im Betrieb der Kolonisation zu kon- 
trollieren. Stadelmann a. a. 0. Bd. IV, S. 8—9 u. 266. 

S. 178, Z. 7 T. u. Noch höhere Ziffern weist die von Vofs dem 
Könige erstattete Generalübersicht vom Jahre 1805 auf: danach waren 
bis dahin in Südpreufsen auf 62190 Magdeburger Morgen 2135 
Etablissements mit 10293 Personen angesetzt. 

S. 179, Z. 16 y. u. Nach einem an den König erstatteten Ge- 
neralbericht Schrötters vom 18. März 1805 waren mit einer Summe 
von 146 300 Thaler, welche der König in Teilbeträgen vom Jahre 
1801 ab bewilligt hatte, auf 36879 vorher meist wüst gelegenen 
Morgen Fläche 333 neue Kolonistenetablissements (mit 503 Familien 
und 2662 Menschen) eingerichtet worden. Die Einwanderungen ge- 
schahen vorzugsweise aus dem Württembergischen und Mecklen- 
burgischen. Und noch fand ein grofser Andrang von Kolonisten statt. 
Für diese beständen, führt der Bericht weiter aus, sowohl im Plock- 
schen wie in dem Bialostockschen und im westpreufsischen Departe- 
ment noch weiter passende Gelegenheiten zur Ansetzung. Stadel- 
mann a. a. 0. S. 10. 

S. 179^ Z. 10 T. n. Aber auch Mifsstände liefen daneben her. 
So wurden den Fuhrwerksbesitzem sehr weitgehende Beschränkungen 
zugunsten der Post auferlegt, was um so lästiger empfunden wurde,, 
als das polnische Fuhrwerk schon damals weit besser sds das deutsche 
war. Philippson S. 196. 

S. 180, Z. 13 T. u. Erlafs des Ministers von Vofs an die 
Offizialate zu Posen, Gnesen und Kujavien vom 8. August 1793, ge^ 



802 Anmerkungen. 

druckt in der Zeitschrift für Geschichte und Landeskunde 
der Provinz Posen, Bd. II, S. 272. 

8. ISl, Z. 15 T. 0. Auch nach anderer Richtung engte man 
die früheren Rechte der katholischen Eorche ein. So wurde die Bei- 
behaltung bzw. Errichtung geistlicher Seminare abgelehnt; dafür 
sollte die katholische Akademie zu Breslau behufs Aufnahme pol- 
nischer Studierenden erweitert und besser dotirt werden. Philipp- 
son S. 212. 

S. 181 9 Z. 19 T. u. Bezüglich der Einführung des landesherr- 
lichen Placets vgl. den Erlafs von Yofs an die südpreufsische Kanuner 
vom 29. Oktober 1793, gedruckt in der Zeitschrift für Gesch. 
und Landesk. d. Prov. Posen, Bd. II, S. 276; bezüglich der 
Verwaltung des Kirchenvermögens ebendaselbst. — * — Da die Pro- 
vinziale der südpreulsischen Klöster mehrfach willkürlich Versetzungen 
der Klosteroberen vorgenommen hatten und deshalb zu befürchten 
stand, es möchten staatstreue Klostergeistliche gerade dieser ihrer 
patriotischen Gesinnung wegen aus dem Lande entfernt und durch 
andere der Staatsregierung feindliche Persönlichkeiten ersetzt werden, 
so erging die Anordnung, dafs künftighin Versetzungen von Kloster- 
oberen nur in Notfallen, und auch dann nur mit Genehmigung der 
Kammern erfolgen sollten; auch durften femer keine Auswärtigen zu 
solchen Stellen, namentlich nicht zu Provinzialen genommen werden. 
Den Geistlichen insgesamt wurde der Aufenthalt aufserhalb Landes 
eingeschränkt: die Bischöfe hatten hierzu die Genehmigung des süd- 
preufsischen Ministeriums, die übrigen Geistlichen bei den ELammem 
einzuholen ; nur der Erzbischof von Gnesen blieb als Fürstprimas von 
Polen hierin uneingeschränkt. (Erlafs von Vofs an die südpreufsi- 
sehen Kammern vom 22. November 1793 a. a. 0. S. 277.) — — 
Die Nominationspflicht wurde ausgedehnt nicht nur auf die Pröpste 
und Pfarrer, sondern auch auf dis mit einer Seelsorge betrauten Vi- 
kare. Als Nominationsgebühr mufste das erste Quartal der Einkünfte 
von den verliehenen Pfründen zum südpreufsischen Schulfond abge- 
führt werden; Bischöfe und wirkliche den Stiftern vorstehende Prä- 
laten hatten aufserdem noch vier Prozent ihrer jährlichen Revenuen 
zur selben Kasse abzugeben. (Erlasse von Vofs an die südpreufsischen 

Kammern vom 6. und 20. Januar 1794 a. a. 0. S. 278.) Wie 

allen neuen Unterthanen die Annahme von Diensten von der Republik 
Polen verboten war — nur die Amtstitel aus früheren Dienstverhält- 
nissen (Wojwoden, Kastellane u. s. w.) durften auch jetzt noch, aber 
ohne Beifügung des Ortes, auf welchen sich jene Ämter bezogen, 
beibehalten werden — so er^ng dieses Verbot noch ganz speziell an 
die südpreufsische Geistlichkeit (4. März 1794 a. a. 0. Bd. lU, 

S. 74). Arge Mifsstände hatten sich dadurch gebildet, dafs ein 

^ofser Teil der Pfarrgeistlichkeit , dem entweder eine reich dotierte 
Pfründe oder Privatvermögen zur Verfügung stand, sich in den grofsen 
Städten einem üppigen Nichtsthun hingab und seine Pfarrstellen durch 
schlecht bezahlte und deshalb auch wenig leistende Vikare admini- 
strieren liefs. „Sie besuchen ihre Parochialkirchen wenig oder gar 
nicht und lassen dieselbe durch ELloster- oder andere vom Verstände 
und Sitten gleich vernachlässigten geringeren Geistlichen für ein 
elendes Tagelohn verwalten. Von solchen Subiekten, die nur höchst 
notdürftig das Handwerksmäfsige der Religion kennen, die ihren wohl- 
thätigen Lehrsätzen, die das Herz mit Nächstenliebe, Sanftmut und 
Stärke gegen Widerwärtigkeiten erfüllen und den Verstand von der 
Notwendigkeit einer Obrigkeit, der Pfdcht derselben zu gehorchen. 



Anmerkungen. 3^ 

und der aus diesem Gehorsam für sie fliefsenden glücklichen Folgen 
überzeugen, ganz fremd sind — von solchen Subjekten läfst sich die 
^Verbreitung eines wahrhaften thätigen Christentums nicht erwarten." 
Die Staatsregierung ordnete deshalb an, dafs alle Pfarrer, welche nicht 
nach dem kanonischen Hechte von der persönlichen Verwaltung ihrer 
Parochieen ausdrücklich entbunden sind, sich sofort nach den letz- 
teren begeben und denselben künftig persönlich vorstehen sollten. 
Bei erlaubten Stellvertretungen sollten nur gehörig qualifizierte und 
standesgemäfs besoldete Vikare gewählt und den Kammern vor ihrer 
Anstellung zur Bestätigung präsentiert werden. Weiter sollte der 
Pfarrer fleifsig seine Kirche besuchen, um sich über die Amtsführung 
seines Vikars zu unterrichten, und dieselbe Visitationspflicht liege dem 
Dekan des Sprengeis ob. Bei gröfseren Parochieen sollten die Pfarrer 
Hilfsgeistliche anzunehmen, dieselben aber vorher gleichfalls den 
Kammern zur Bestätigung anzuzeigen verbunden sein; auch durften 
zu solchen Kaplanstellen keine Mönche genommen werden. Sämtliche 
Seelsorgebenefizien sollten nur Inländer inne haben, die ihre Ausbildung 

auf inländischen Seminaren genossen hätten (a. a. 0. S. 195 — 197). 

Weiterhin bestimmte die Staatsregierung, um so viele Personen als 
möglich an den Vorteilen der geistlichen Benefizien teilnehmen zu 
lassen, dafs nicht mehrere geistliche Pfründen, die nicht ursprünglich 
verbunden wären und besonderer Verhältnisse wegen verbunden blei^ 
ben müfsten, an eine Person vergeben werden sollten, wenn diese 
von einer einzelnen Stelle leben könne. Ebenso sollten keine Kom- 
mendatorien errichtet werden, weil mit diesen gewöhnlich ein so ge- 
ringes Einkommen verbunden sei, dafs sich keine geeigneten Personen 
daför finden liefsen und hei ungeeigneten die Verwaltung der Stellen 
leide (S. 204). Femer wurden me alten polnischen Gesetze und 
Beichstagskonstitutionen, insbesondere diejenige von 1726 und 1768, 
welche den Geistlichen verbot, adelige oder städtische Güter unter 
irgendeinem Titel an sich zu ziehen, und die Errichtung neuer Stif- 
tungen und Verschreibungen zugunsten der Kirche von der Geneh- 
migung der Landesregierung abhängig machte, aufs neue eingeschärft 
(a. a. 0. S. 215). Den Übergriffen katholischer Geistlicher gegenüber 
evangelischen Einwohnern trat die Regierung energisch entgegen: 
namentlich verbot sie die Vornahme geistlicher Amtshandlungen und 
den altüblichen Neujahrsumgang bei Evangelischen seitens jener 
(a. a. 0. S. 217). 

S. 182, Z, 18 T, o. Und zwar erfolgte die Ernennung, ohne 
dafs die Kurie befragt wurde. Der neue Bischof bezog ein Ein- 
kommen von 3000 Thalem, erhielt aber, „zur Vermeidung von An- 
mafsungen'^, nur den Titel eines Bischofs von Suprasl. Die Errich- 
tung eines geistlichen Seminars wurde dage^n abgelehnt: „Semi- 
narien für unirte Griechen" — berichtet ditö Kabinetsministerium an 
den König — „scheinen uns bedenklich zu seyn. Vorurtheile, be- 
schränkte Denkungsart, Klostersinn, mönchisches Wesen u. s w. 
werden dadurch b^rdert. Universitäten, die der Staat in Aufsicht 
und wo der künftige Geistliche mit den bürgerlichen Verhältnissen 
näher in Verbindung tritt, sind weit vorzuziehen." Philippson 

S. 208. Die Oberaufsicht über die Verhältnisse der Griechisch- 

Unierten wurde von Vofs den Kammern zugeteilt. Zeitschrift für 
Geschichte und Landeskunde der Provinz Posen, Bd. III, 
S. 205. 

S. 182, Z, 13 T. u. Von diesen elf Gemeinden waren drei rein 
deutsch (.Lissa, Lafswitz, Thom), vier polnisch (Lissa, Schokken, 



SM AnmerkoDgen. 

Zychlin, Wola), vier gemiBcht (Posen, Orzeszkowo, HeyersdorfjWaschke). 
Bebeim-Schwarzbach a. a. 0. Bd. II, S. 165. 

S« 183, Z. 6 T« 0. Die adeligen Beisitzer des Collegiom seniorale ^ 
wurden von der Synode alle vier Jabre, die geistlicben von der Ge- 
meinde gewäblt. Das Kollegium batte die Synode zu berufen, fübrte 
in der Zwiscbenzeit die AiSsicbt über die Gemeinden, präsentierte 
denselben bei Predigervakanzen drei Kandidaten und vocierte den 
Erwäblten. Die geistlicben Mitglieder prüften, ordinierten und in- 
stallierten die Kandidaten. Bebeim-Scbwarzbacb S. 169. 

S. 183, Z. 9 T. o. Die Synode bildete die böcbste mafsgebende 
und in Streitfällen die letzte Instanz ; bei schleunigen Angelegenheiten 
zwischen den Sessionen der Synode erliefs ein Konvent provisorische, 
von der nächsten Synode zu bestätigende Anordnungen Ein beson- 
deres Konsistorium entschied in Ehe- und Klagesachen gegen Geist- 
liche und Lehrer. Beheim-Schwarzbach S. 169—170, 

S. 183 9 Z« 11 T. 0. Das Ldssaer Gymnasium stand unter dem 
CoUegium scholarchale , das sich aus dem CoUegium seniorale, den 
Predigern der deutschen Gemeinde zu Lissa und einem literatus aus 
der Zahl der Kirchenältesten zusammensetzte. Diesem Scholarchat 
stand namentlich auch die Anstellung der höheren Lehrer zu. Be- 
heim-Schwarzbach S. 170. 

S. 183 9 Z. 20 T. 0. Für die Besserimg des südpreufsischen 
Schulwesens kommt insbesondere die Thätigkeit des Kriegs- und Do- 
mänenrats von Strachwitz in Betracht. Schon im August 1794 hatte 
dieser dem Minister v. Vofs einen detaillierten Plan zur Errichtung 
der Land- und Stadtschulen in Südpreufsen in Vorlage gebracht und 
war hierfür von jenem besonders belobt worden, »trachwitz hatte 
vorgeschlagen, mit den Elementarschulen Industrieschulen zu ver- 
binden^ Vofs billigt« auch diesen Plan, glaubte aber im Hinblick auf 
die mangelnden Mittel und die niedere Kulturstufe, auf der Süd- 
preufsen zur Zeit noch stünde, von der allgemeinen Errichtung solcher 
Industrieschulen abstehen zu müssen. Nur wo besonders günstige 
Verhältnisse vorlägen, könne schon jetzt mit der Einrichtung dieser 
Fachschulen der Anfang gemacht werden. 

S. 183, Z. 23 T. 0. Für den schlechten Zustand des polnischen 
Schulwesens ist es bezeichnend, dafs in dem ganzen preufsisch ge- 
wordenen Litauen kein Mensch Griechisch verstand, selbst nicht auf 
der sogenannten akademischen Schule zu Bialystock. Philippson 
S. 206. 

S. 184, Z. 19 y« u« Hier noch einige statistische Angaben 
über Schulverhältnisse (Beheim-Schwarzbach S. 173 — 175): Gar 
keine katholische Schule hatten die Städte Dolzig, Punitz, Rsikwitz, 
Bothenburg, Seh wetzkau, Wielichowo, Wollstein, Driesen, Birnbaum, 
Brätz, Zirke, Karge, Köpnitz, Neubrück, Neustadt, Neutomischel, 
Pinne, Tirschtiegel imd Wronke. In Bomst unterrichtete ein Acker- 
bürger in seiner Wohnung, in Betsche fand, wie in Meseritz, nur im 
Winter Scbulimterricht statt. Im Posener Bezirk hatten die Städte 
Kumik, Moschin, Rogasen, Schroda, Kostrzyn, Buk und Ritschen- 
walde keine katholische Schule. Im Kreise Peisem gab es keine 
katholischen Lehrer in den Städten Mieszkowo, Miloslaw, Neu- 
stadt a. W., Pogorzela, Same, Jaratschewo. In Dupin war nur eine 
Winterschule eingerichtet; in Kobylin bezog der Lehrer ganze 
24 Thaler jährlich; in Görchen war vier Jahre lang keine Schule ge- 



Anmerkungen. 80& 

halten worden. Im Grnesener Bezirk hatten keine Schule Grnesen 
seihst, sodann Kazmierz, Kletzko, Kleczewo, Lekno, Lopienno« Mielt- 
schin, Mietschisko, Powidz, Bogowo, Slupce, Skulsk, Tremessen. In 
Schwarzenau, Wreschen, Wylczin u. a. wurde in gemieteten Stuhen 
Schule ahgehalten. Am hesten lagen die Schulvemältnisse noch in 
Posen, wenn gleich auch hier noch vieles zu wünschen ührig blieb. 
Es befanden sich hier elf Schulen: 1. die Haupt- oder grofse Stadt* 
schule mit 123 Schülern, 1 Rektor, 6 Professoren, 1 Professor des 
kanonischen Rechts und je 1 Professor der deutschen und der fran- 
zösischen Sprache; 2. die Pfarrschule zu S. Maria Magdalena mit 
nur einem Lehrer, 3. das Szoldrskische Konvikt, 4. — 8. Privatschulen 
in der Pfarrei S. Adalbert, auf der Walischei, Schrodka, Ostrowek 
und Zawada, an denen allen die Lehrer mangels an Schulgeld nicht 
bestehen konnten; 9. eine evangelische Schule mit drei Lehrern, 
10. eine reformierte und 11. eine griechische Schule. Die Juden 
liefsen 521 Rinder teils in Privat-, teils in Armenschulen unter- 
richten. 

S. 185, Z. 19 V. o. In welchem Mafse sich Friedrich Wil- 
helm II. für die Verwaltung der neuen Provinz interessierte, dafür 
giebt ein von Philippson S. 198 mitgeteiltes, offenbar an SchrÖtter 
gerichtetes Billet Zeugnis, das ich hier folgen lasse: „Dafs die Ein- 
ziehung der Starosteyen und geistlichen Gütern gut und Ruhig ab- 
fegangen hat Mich viel vergnügen gemacht .... Finden sich deutsche 
Iconomen auf dem Lande? und Professionisten in den Städten ein? — 
Die vorläufige Verpachtung auf 3 jähr, an den Pohlen selbst, hatt 
Sehr sein gutes, weil es ihm Beschäftigt, und ihm vom Müfsiggang 
abhält. — wie beträgt sich die Nation im ganzen, ins Besondere aber 
der vormahlige Soldat?" Dann folgen Fragen über das Retablisse- 
nrent der Städte, die Schiff barmachimg der Flüsse, etwaige Einfüh- 
rung der Nutzholz- Administration und über das Schulwesen. „Sind 
keine . . . von die vormahlige Polmsche Officianten wieder angestellt 
worden? Ich erinnere Mich anno 1780 als Ich das Polengensche 
passirte, dafs diese Kerls Sehr attent waren, womit Beschäftigen Sich 
diese Leute nachdem Sie entlassen Sind? . . . Bey Ihrer künftigen 
Abwesenheit Empfehle Ich Ihnen, durch exacte Correspondentz alles 
so zu Leiten als wären Sie zugegen. Bey Ihre Arbeiten im General- 
Directorio verfahren Sie hübsch Collegialisch Bey haupt Sachen, dann 
wird alles gut gehen." 

S. 186, Z« 13 T. u. Bezüglich des schlechten Beamtenpersonals 
in Südpreufsen ist eine Kabinettsordre Friedrich Wilhelms III. an 
Vofs und SchrÖtter vom 10. Juli 1798 sehr instruktiv, die ich des- 
halb hier nach Stadelmann Bd. IV, S. 211 folgen lasse: 

„Auf der jetzt zurückgelegten Reise durch die Provinzen Neu- 
Ost- und Süd-PreuTsen habe ich in Erfahrung gebracht, dafs die 
untersten Classen Meiner dortigen Unterthanen auf einer weit niedereü 
Stufe der Ausbildung stehen, als worauf dieselben Classen sich in 
den älteren Provinzen befinden. Jene zeichnen sich besonders durch 
Unreinlichkeit im Anzüge und in der Wohnung und durch ein über- 
trieben kriechendes Wesen sehr nachtheilig aus. Die erste Ursache 
dsLYon liegt unstreitig in der vormaligen Gesetzlosigkeit und in der 
dadurch begünstigten willkührlichen Unterdrückung, welche beson- 
ders die Bewohner des platten Landes und der kleinen Städte von 

Meyer, Geschiclite Posens. 20 



806 AnmerkuDgen. 

ihren Gnindherren erdulden mufsten. Diese Gesetzlosigkeit und diese 
Willkühr sind gehoben und es ist an deren Stelle die der Preufsi- 
sehen Verfassung eigenthümlicbe Gleichheit vor dem Gesetze einge- 
treten, der gerinffste Unterthan hat vor Mir und vor dem Gesetze 
den Werfh der Menschheit, er hat die Pflicht der Treue und des Ge- 
horsames gegen seinen Landesherm und gesen seine Obrigkeit, und 
wenn er diese beobachtet, so hat er, gleicn den Vornehmsten, ein 
heiliges Recht auf Schutz und Sicherheit seiner Person und seine» 
Eigenthums. Aber noch kennen meine neuen Unterthanen diesen ihren 
Werth, den sie dem preufsischen Scepter verdanken, nicht, weil ein 
grofser Theil der angestellten Unterbedienten ihren Beruf verkennen 
und ihr Amt, statt es zum Schutz des Unterdrückten auszuüben, zu. 
Gewaltthätigkeiten mifsbrauchen. Es ist unter ihnen fast zum Sprich- 
wort geworden, dafs der vormahlige Pöble nur mit der Peitsche ge- 
handhabt werden könne, und Ich habe viele thätliche Mifshandlungen. 
der Unterthanen, besonders beym Vorspann gehöret , ungeachtet leb 
selbst Mich überzeugt habe, dafs die Süd- und Neu-Ost-FreuTsen ein 
gutmüthiges und biegsames Volk ausmachen, das eine solche Behand- 
lung nicht verdienet. Eben so 6ehr hat man sich iiberhaupt in diesen 
Provinzen über ein ungesittetes, unanständiges und abschreckendes- 
Benehmen der Unterbedienten gegen diejenigen, mit denen sie boy 
Ausübung ihres Amts in Verhältnisse kommen, beschwert. Alle diese 
vielfachen Beschwerden gereichen Mir um so mehr zum höchsten 
Mifsfallen, als nur durch ein entgegengesetztes pflichtmäfsiges Be- 
tragen der Officianten der imcultivirte Theil der Nation civilisirt, für 
das Gute in der Preufsischen Verfassung empfänglich gemacht und 
dem Staate mit Liebe, Anhänglichkeit und Treue verwandt werden 
kann, dessen Oberhaupt alle seine Schritte nur auf die Wohlfahrt des- 
Ganzen berechnet und diese durch die Glückseligkeit aller und jeder 
Unterthanen zu erreichen bemüht ist.'* Folgen scharfe Strafandrohungen 
gegen renitente Beamte. 

S. 187, Z. 10 v. 0. „S. K. M. von Preufsen U. a. H. machen 
Dero General-Directorio in Gnaden hierdurch bekannt, dafs A. die- 
selben in Absicht der Direction und Verwaltung der Provintz Süd- 
Preufsen einige Abänderungen nötig gefunden haben, zumahl da die 
erste Einrichtung dieser Provintz eine dergestalt ununterbochene Auf- 
merksamkeit und Aufsicht erfordert, dafs solche aus der Feme nicht- 
füglich geführet werden kann. Zwar wollen S. K. M. die erste Ver- 
fügung, nach welcher gedachte Provintz dem General-Directorio unter- 
geordnet ist, nicht aufheben: sie soll aber erst alsdann als ein De- 
partement desselben angesehen und dessen Verfügungen unterworfen, 
werden, wenn solche vollständig or^nisiert ist, und da die einge- 
tretenen Umstände verlangen, dafs dieses auf einen anderen Fufs als 
bisher geschehe, so haben A. Dieselben resolviret, Süd -Preufsen so^ 
lange, bis alles nach Dero Willens-Meinun^ durchgängig angeordnet 
und eingerichtet seyn wird, aufser Verbmdung mit dem General- 
Directorio zu setzen und einer anderen Direction zu übergeben. In 
dieser Absicht haben Sich S. K. M. aus erheblichen Gründen be- 
wogen gefunden, dem Etats -Minister Grafen von Hoym zu befehlen,, 
dafs derselbe nach der ihm besonders ertheilten Instruction, die Pro- 
vintz Süd- Preufsen als dirigirender Minister übernehmen, einrichten 
und, insoweit es La^, Verhältnisse und eigenthümlicbe Verhältnisse 
gestatten, bis zu einem von S. R. M. zu bestimmenden Zeit- Punkt 
setzen (sicl) soll. Da jedoch derselbe die Bearbeitung des Details in 
dieser weitläufigen Provintz zu übernehmen aufser Stande ist, so* 



Anmerkungen. 307 

haben S. R. M. ferner resolviret, derselben den geheimen Finanz-Bath 
und bisherigen Envoy^ extraordinaire am Warschauer Hofe von 
Buchholtz , als Ober - Praesidenten vorzusetzen und demselben zu 
BezeiguDg Dero Zufriedenheit mit seiner Thätigkeit, Droiture und 
Dienst-Eifer, den Character eines Etats-Minister beizulegen. 
Potsdam, den 27. Juli 1794. 

Friedrich Wilhelm." 

In einer Rabinettsordre an Vofs vom selben Datum heifst es: 
„Das an sich sehr weitläuftige (reschäft der Direction der Provintz 
Süd-Preufsen und dessen Organisation ist durch die daselbst ausge- 
brochenen Unruhen so schwierig geworden, dafs solches eine ununter- 
brochene, nahe Aufmerksamkeit und Aufsicht erfordert. Unbeschadent 
des besondem Vertrauens, so Ich auf Eure Dienst - Renntnisse , auf 
Euren Eifer und auf Eure Thätigkeit gesetzt habe, habe Ich doch 
auch erwogen« dafs Eure übrigen vielfachen Amtsgeschäfte und die 
damit verbundene Nothweudigkeit Eurer Gegenwart im General- 
Directorio , Euch den ebenso nothwendig gewoiSenen öftem und lan- 
gen Aufenthalt in dieser jetzt in grofser VerwirruDg gerathenen Pro- 
vintz nicht gestatten." Philippson S. 139—140. 

S, 187, Z. 12 V. u. Ich lasse hier nach Philippson S. 226 
auszugsweise den Bericht des Oberpräsidenten von Buchholtz an Hoym 
vom 6. Februar 1797 folgen: 

„Adel, Greistlichkeit, Bürger, Jude und Bauer, alles ist in ganz 
SüdpreuTsen äufserst unzufrieden". Der Adel aus bekannten Ur- 
sachen und wegen vieler Härten der neuen Verwaltung. „Die Geist- 
lichkeit will sich über den Verlust ihrer Güter und Unbeträchtlich- 
keit ihrer Abfindung nicht zufrieden geben und arbeitet dagegen im 
Verborgenen durch Aufwiegelung der Einsassen gegen den Staat und 
Souverän." 

„Der Bürger siebet durch die Stockung im Handel und Gewerbe 
seine Vermögens-Umstände zerrüttet und g&iubt durch die vorseiende 
Servis-Einrichtung die Last seiner Abgaben bis zur Unerträglichkeii 
vermehrt. 

„Dem Juden endlich fehlt es an Erwerb, und ihm, sowie dem 
Bauer fallen die Abgaben zu schwer. 

„Auf diese Riagen aller Stände gründet sich die allgemeine 
Mifsstimmimg und Unzufriedenheit, und es gehet unter dem Adel ein 
Memorial zur Unterschrift herum, durch welches diese Rlasen, die 
dringendsten Bitten um Abhelfung derselben, und ins besonders der 
Wunsch, völlig auf den FuTs der Alt-Brandenburgischen Unterthanen 
und ohne Zurücksetzung behandelt zu werden, des Rönigs Maj. zu 
FüTsen gelegt werden sollen. 

„Nichts desto weniger leuchtet bei dem vornehmen Theile der 
Nation die Meinung, von der Preufsischen Ober - Herrschaft noch 
gänzlich befreiet zu werden, überall hervor, und das Benehmen selbst 
der vornehmen Polen ist so unbescheiden und mit verachtendem Blick 
auf jeden Rönigl. Officianten verbunden , dafs sie durchaus Bückhalt 
haben und der Unterstützung in ihren auf Wiederherstellung ihrer 
ehemaligen politischen Existenz gehenden Plänen gewifs zu sein 
glauben müssen. 

„Das Haus des sich jetzt hier wieder aufhaltenden Staats -Refe- 
rendarii und vormaligen Reichstags-Marschalls von Malachowski schdnt 
hauptsächlich die Werkstatt aller für die Ruhe der Provinz so ge- 
föhrlichen Entwürfe zu sein. Hier versammeln sich fast täglich die 

20* 



308 



Anmerkungen. 



eifrigsten Anhänger der ehemals polnischen Verfassung; alle Nach- 
richten in Betreffs Frankreichs haben sie zuerst; jeden preufsischen 
Patrioten schliefsen sie von ihrem Cirkel aus, und wer noch von letz- 
terem, es sei zufällig oder absichtlich, dahin getrieben worden, hat 
sich mit Zurücksetzung und Verächtlichkeit begegnet gesehen. So 
verdächtig alles dieses ist und so gefährlich die Folgen sein können, 
zumal die aus Spandau entlassenen und vom Jacobinismus angefüllten 
Polen Theilnehmer dieser gesellschaftlichen Zusammenkünfte sind, so 
wenig läfst sich von Seiten der Policey für jetzt dagegen etwas 
machen.^^ 

Schon komme es in Warschau zu Volksunruhen, und die dort stehen- 
den Regimenter erwiesen sich als wenig zuverlässig. Die öffentliche 
Unsicherheit nehme täglich mehr überhand, in einigen Teilen des 
Landes terrorisierten förmliche Räuberbanden die Bevölkerung. Die 
Auswanderung, besonders aus den Städten, sei sehr stark: in War- 
schau sei schon anfangs 1796 die Bevölkerung von 90000 auf 60000 
Seelen gesunken. Dabei drängen von Frank^ich her die Ideen der 
Revolution in breite Schichten des unzufriedenen und für die Lockungen 
derselben deshalb doppelt empfanglichen Volkes ein, so dafs sich die 
Regierung zu der Aufforderung an die Offizialate veranlafst sah, das- 
selbe eindringlichst vor den gefährlichen Lehren zu warnen. „Das 
Unglück und Elend", heifst es in dem bezügl. Erlasse, „was ein der- 
jgleichen um sich greifender Freiheitssinn sowohl über die Moralität 
einer Nation, als ihre bürgerlichen Verhältnisse verbreitet, auch mit 
derselben den Untergang der Religion, Tugend und Rechtschaffenheit 
verbindet, ist zu allgemein aus traurigen Beispielen bekannt, und wir 
erwarten daher von Eurem Patriotismus sowohl als von Euren reli- 
giösen Gresinnungen, dafs Ihr in Eurer Diözesis ein Wamungs-Circular 
aufs schleunigste ergehen lassen werdet, um diejenigen, welche von 
diesen Begri&n einen ungebildeten und alle bürgerliche Ordnung zer- 
störenden Freiheit bereits angesteckt worden sind, durch Reb'gions- 
gründe wieder zur Vernunft zurück zu bringen*' (a. a. 0. S. 80). 



S. 188, Z. 10 v. lu Aus einer von Philippson S. 221 mit- 
geteilten Übersicht der Einnahmen und Ausgaben der neuen Er- 
werbung vom 7. April 1793 bis 31. März bzw, 30. April 1797 ergiebt 
sjch, dafs in diesen vier Jahren die provinziellen Ausgaben nur einen 
Überschufs von 673 786 Thalem gelassen haben: 

Einnahme: 





An Zoll: 


An Conaamtions- 
Stenern : 


An Strafen: 


Samma: 


VonAlt-Südpreufsen 
7. IV. 1793-30. 

IV. 1797 

Von Neu-Südpreufs.l 
Von Neu-Ostpreufs./ 
Von der Seehand- 
lung an Abonne- 
ment der Salz- 
GefäUebis30.IV. 
1797 


Thlr. 

1349838 
353642 

76 600/ 


Gr. 
16 


Pf. 

9 
7 


Thlr. 

932420 
200523 


Gr. 

7 
20 


Pf. 

7 
6 


Thlr. 

3682 
90 


Gr. 

1 
10 


Pf. 

6 
11 


Thlr. 

2286880 
664157 

76 600 


Gr. 
9 


Pf 
10 


Summa : 


1779880 


17 


4 


1182944 


4 


l| 


3712 


12 


6 


2916637 


9 


10 



Anmerkungen. 



Einnahme: 



Ausgabe: 



Administrationskosten 

Einrichtungskosten 

Abfindung an poln. Beamte . . . 
Grundstücke tmd Baugelder .... 
Avers,- Gelder an and. kön. Kassen 
Hand.-Vertr. m. Polen, Österr., Rufsland 
Insurrektionsschäden 



Thlr. 


Gr.I 


715 208 17 


78 917 19 


68 04S 


8 


86 624 


20 


41647 


3 


33 573 


19 


16422 1 22 1 



Bleibt Überschufs 

Davon haben die Kriegs- u. Domänenkasse erhalten: 

in Alt-Südpreufsen | 979 166 1 16 

in Neu-Süd- u. Neu-Ostpreufsen . | 273 246 | 6 



An die Königl. Dispositions-Kasse abgeführt 



Summa : 



Thlr. Gr. Pf. 
2 916637 9 10 



990 338 8 



1 926 199 1 



1252412 I 22 



673 786 2 




:. 1 V. u. Nov. Corp. Constit. X, 1239sq. 
E. 6 T. n. Einen wesentlichen Anteil an Go 



T. n. Einen wesentlichen Anteil an Goldbecks 
Haltung gegenüber der Emancipation des Bauernstandes hatte Svarez. 
Schon bei den Vorarbeiten des Landrechts war er allein es gewesen, 
welcher von den Mitgliedern der Gesetzkommission die Erbunterthänig- 
keit aufgehoben wissen wollte. Nach dem Anfall der polnischen Pro- 
vinzen suchte er mit allen Mitteln auf Goldbeck zu wirken, die er- 
bärmliche Lage der dortigen Landbewohner zu verbessern. Er lebte 
der Überzeugung, dafs „Gerechtigkeit und Menschlichkeit mit dem 
wahren Staatsinteresse sich vereinigen, dieser bisher so ganz unter- 
drückten Klasse der neuen Unterthanen zu demjenigen Grade des 
Wohlstandes zu verhelfen, dessen sie jetzt schon fähig ist'S Als 
Mittel zur Erreichung dieses Zweckes galt ihm „ eine besondere Kon- 
stitution für den Bauernstand auf Grund des Systems des allgemeinen 
Landrechts''. Die Grundzüge dieser Konstitution sollten sein: Auf- 
hebung der Leibeigenschaft, jedoch mit Festsetzung der Qualität der 
Unterthanen als glebae adscripti, Sicherstellung derselben gegen will- 
kürliche Verfügungen und Mifshandlungen der Gutsherren, Verleihung 
der Fähigkeit, Eigentum zu erwerben und Verträge zu schliefsen, 
Beschränkung der Gutsherren in der Befugnis, die Bauerngüter ein- 
zuziehen und die Unterthanen von einem Gute auf das andere zu ver- 
setzen, vielleicht auch Einführung der Vererblichkeit solcher Güter. 
Als sichtbares Zeichen der Verehrung, welche die einsichtsvolleren 
Beamtenkreise Südpreufsens Svarez zollten, liefs der Posener Regie- 
rungspräsident Steudener im Parke seines Landgutes Chyby eine Mar- 
morbüste desselben aufstellen. Stölzel, Svarez, S. 421—422. 

S. 191, Z. 6 T. 0. Die Eingabe an den König, der sich Gold- 
beck anschloÜB, lautet nach Philippson S. 196: „E. K. M. haben 
in dem allgemeinen Landrecht . . . festsetzen lassen, dafs Dienst- 
Entsetzungen und Verabschiedungen von Civil - Officianten nicht ein? 



810 Anmerkungen. 

seitig durch die Departements-Chefs, sondern nur auf vorhergängigen 
Vortrag im Staats-KatLe durch die Mehrheit der Stimmen erfolgen 
solle. Die Anwendung dieser Vorschriften in Süd-Preufsen verursacht 
einige Schwierigkeiten. Aus den bekannten Gründen ist nicht zu 
leugnen, dafs sich eine srofse Zahl von schlechten Subjecten beson- 
ders im Cameralfach eingeschlichen hat. Soll gegen diese, wenn 
Klagen und Anzeigen von Malversationen, Bedrückungen und anderen 
Pflichtwidrigkeiten wider sie einkommen. nach eben der Form, wie 
in den alten Provinzen, verfahren werden, so ist dieses bey meiner 
des Etats-Minister Grafen von Hoym Abwesenheit von Berlin mit den 
gröfsten Schwierigkeiten verbunden, und die Remedur kann weder so 
sicher noch so prompt erfolgen, als es die Umstände in einer neuen 
Provinz und die Beixihiffung der Nation erfordert. Aus diesen Grün- 
den trag^ ich der Griu von Hoym E. M. allerunterthänigst darauf 
an, dafs so lange, als die Organisation der neuen Provinz dauert, und 
bis dieselbe der Aufsicht des General-Directorii übergeben wird, E. 
K. M. mich allergnädigst zu authorisieren geruhen, Cameral-Bediente, 
welche sich der Malversation, der Plackereyen und Bedrückungen, 
incorrigibler Faulheit oder anderer grober Dienstvergehungen schuldig 
macheu, wenn dieselben zuvor mit ihrer Verantwortung von mir ge- 
hört worden, ohne weitere Bückfrage an den Staats -Rath entweder 
zu translociren oder zu verabschieden, alsdann aber, wenn der Offi- 
ciant, welchen es betrifft;, seine Bestallung von E. M. selbst erhalten 
hat, A. denenselben unmittelbar darüber Vortrag zu thun.** 

S. 191, Z. 20 T. 0. Die Staatseinkünfte hatten zu polnischer 
Zeit umfafst das Rauchfanggeld von jedem Schornstein, 10 Prozent 
der Revenuen aller adeligen und städtischen Landgüter, 20 Prozent 
von den Bezügen der Geistlichkeit und überdies ein sogen, subsidium 
charitativum des höheren Klerus, 50 Prozent von dem Ertrag der 
Starosteien, Kopfgeld von drei polnischen Gulden von jedem männ- 
lichen Juden, Grenzzölle, sowie in den Städten Trank- und Schlacht- 
steuer, endlich Stempel, Post, Lotterie und Tabaksmonopol Alle 
diese Posten zusammen hatten aber nur 787000 Thaler ergeben, also 
nicht ganz V* Thaler auf den Kopf, während in den übrigen preufsi- 
schen Provinzen durchschnittlich 3^ Thaler auf den Kopf kamen, ein 
fast fünfmal höherer Betrag. 

S. 191, Z. 14 V. u. „So ist es z. B." — fährt die Instruktion 
fort — „keineswegs vortheilhaft für den Staat, wenn der Landmann 
oder Mittelmann etwa schlechtes Leder, schlechtes Eisen oder der- 
gleichen an den Einländer auch nur eben so theuer bezahlt, als er 
dem Ausländer besseres bezahlt haben würde. Denn wenn seine 
Schuhe oder sein Wagen vor der Zeit unbrauchbar werden, so hat er 
dadurch den einländischen Fabrikanten eine erzwungene Pension be- 
zahlt, die dieser nicht verdient, und die jenen in seinen Mitteln zu- 
rücksetzt, und der Staat leidet im Grunde bei dem Geldverluste des 
Gebers und bei der unzweckmäfsig angelegten Zeit des Empfangers.^^ 
Philip'pson S. 200. 

8. 192, Z. 15 V, 0. Beibehalten wurde die altpolnische Offlara^ 
doch sollte sie nach dem Wert der besteuerten Glieder ausgeliehen 
werden. Von der Rauchfangsteuer blieb nur der Name, thatsächlich 
wurde dieselbe in eine Gewerbe- und Einkommensteuer von allen freien 
Leuten, die der Offiara nicht unterlagen, umgewandelt (Philippson 
S. 203). Für die Erhebung der Zölle wurde der Warschauer Tarif 
▼om Jahre 1776 beibehalten. Von den nach den alten Provinzen 



Anmerkungen. 811 

ausgehenden und von dort eingehenden Waren wurden 2 Prozent 
(nicht vom Wert, sondern nach den Stücksätzen, Mafs, Gewicht 
u. s. w.) erhoben, das Doppelte von den auTserhalb des preufsischen 
Staatsgebietes erzeugten oder verfertigten Waren; von Waren und 
Produkten aus Südpreufsen nach aufserpreulsischen Ländern 2 Proz., 
von durchgehenden fremden Waren 4 Thlr. vom Zentner, und hatten 
dieselben den Transitzoll bereits in den alten Provinzen erlegt, 1 Thlr. 
vom Zentner. Von den altpolnischen Ronsumtionssteuem wurden bei- 
behalten die Tranksteuer (^czopowe), eine Abgabe von allem in den 
Städten gebrauten oder vom platten Lande eingehenden Bier, Brannt- 
veein und Met und die Schlachtsteuer. Beguelin, EEistorisch- 
kritische Darstellung der Accise- und Zollverwaltung in den preufsi- 
schen Staaten, S. 196 f. 

S. 192, Z. 20 V. 0. Nov. Corp. Const. X, leSsq. 10968q. 
1131 sq. 1159 sq. 

S. 192, Z. 22 V. 0, Im übrigen wurde den Landeseingeborenen 
«ine regelmäfsige Beteiligung an der Justizverwaltung nur für den 
Fall verheifsen, dafs sie sich durch Studien und Prüfungen die ge- 
setzlich bestimmte Befähigung dazu erwürben. Philippson S. 204. 

S. 192, Z. 19 T« n. Anfanglich war die Abfassung eines eige^ 
nen Provinzialgesetzbuches beabsichtigt gewesen und zu diesem Zwecke 
angeordnet worden, alle bisher üblichen Gesetze, Konstitutionen, Rechte 
und Gewohnheiten zu sammeln und zu prüfen. Die Sache blieb aber 
liegen, und beschränkte man sich darauf, die im Jahre 1789 von 
Anton Trebicki edierte Sammlung der polnischen Konstitutionen, falls 
die Parteien sich auf ein Gesetz derselben zu berufen vermochten, ab 
primäres und das AUgem. Preufs. Landrecht als subsidiäres Recht 
— wo jene Sammlung nicht ausreichte — aufzustellen. B ehe im- 
Schwarzbach S. 55. 

S. 192, Z. 17 V. m Nur in einigen vermögensrechtlichen Ma- 
terien, wie dem Erb- und Eherechte und den geistlichen Zehnten, so- 
wie bezüglich der Verfassung der Erbunterthanen und der Bürger in 
den Mediatstädten behielten die alten Gesetze nach wie vor Gültig- 
keit, wenn auch erklärt wurde, dafs „persönliche Sklaverei und Leib- 
eigenschaft nirgends zu dulden sei, auch einem jeden ohne Unter- 
schied des Standes der Schutz der Gesetze angedeihen und rechtliches 
Gehör erstattet werden müsse". Philippson S. 204 — 205. 

S. 192, Z. 15 T. n. Überdies wurden überall vereidete Dol- 
metscher angestellt, an den höheren Schulen polnische Kurse einge- 
richtet, Zeitungen in beiden Sprachen herausgegeben, gleichzeitig aber 
auch den Polen die Erlernung des Deutschen dringlichst empfohlen. 
„Es wird", heifst es in einer Denkschrift Gk)ldbecks vom 7. Januar 
1797, „den Landes -Eingebomen bei aller Gelegenheit zu erkennen 

fegeben, dafs diejenigen unter ihnen und ihren Kindern, welche 
deutsch lernen, Königliche Universitäten besuchen und sich solcher- 
gestalt zu Versorgungen bey der Justiz qualificiren werden , damit 
vorzüglich bedacht werden sollen. Dies hat auch schon die Wirkung 
gehabt, dafs mehrere dergleichen Subjecte aus dem Adel theils gegen- 
wärtig auf Universitäten sich befinden, theils als Referendare bey den 
Süd-Preufsischen CoUegiis angestellt sind." PhilippsonS. 205 —206. 

S. 192, Z. 7 T. u. Stölzel, Svarez, S. 419. 

S. 193, Z. 14 T. 0. Stölzel, Svarez, S. 417—418. 



812 Anmerkungen. 

S. 194, Z, 16 T. u. Triebenfeld entblödete sich später nichts 
dem Staatskanzler von Hardenberg einen Aufsatz vorzulegen, in dem 
er Vofs der gröbsten Unterschleife beschuldigte, sich und Hoym da- 
gegen mit grofsen Lobsprücen bedachte. £r nennt sich selbst den 
„biedern Mann", den „treuen Patrioten", der „für seine Bemühung 
und Kostenaufv^and weiter nichts erhalten, als die Erlaubnis, sich im 
Stillen zu freuen und im Staube anzubeten". Philippson S. 286. 

S. 1%, Z. 22 V. u. Friedrich Wilhehn UI. war von Anfang 
an ein scharfer Gegner der Güterverschleuderung. Sehr bald nach 
seinem Regierungsantritt erklärte er seine EUiltung zu dieser Frage 
auf das deutlichste. „Ungeachtet Ich" — so lautet eine an den Mi-^ 
nister v. d. Reck gerichtete Kabinettsordre vom 19. August 1798 — 
„von der UnveräuTserlichkeit der Domainen nach den Grundverträgeu 
Meines Hauses vollkommen unterrichtet bin, dafs aus diesem Grunde 
die von des Höchstseligen Königs Majestät von den zu den Domänen 
eingezogenen Gütern in Südpreufsen gemachten Schenkungen in recht- 
licher Rücksicht wieder eingezogen werden können, so habe Ich ea 
doch der Würde des Staatsoberhaupts angemessener gehalten, das 
einmal gegebene Versprechen zu erfüllen und dadurch aas Vertrauen 
auf die Unverletzlichkeit des von dem Landesherm gegebenen Wortes 
zu erhalten, als durch Zurücknahme desselben die Staats - Revenuen 
mit einem unsicheren Zusatz zu vermehren. Diesem Beschlüsse werde 
ich auch femer getreu bleiben, wofern mich nicht überwiegende 
Gründe veranlassen, von dem strengen Rechte Gebrauch zu machen.'' 
Letzterer Fall trat wiederholt ein. So u. a. dann, wenn die bedun- 

fenen Gegenleistungen unerfüllt geblieben waren oder die angebliche 
chenkung als wirklich geschehen nicht nachgewiesen werden konnte. 
Vor allem aber wies der König andrängende Mehransprüche über das 
Gewährte hinaus zurück. Stadelmann Bd. IV, S. 88—89. 

8. 197, Z. 3 V. 0« Ziffernmäfsig läfst sich die Höhe des der 
Staatskasse zugeifögten Schadens nicht feststellen; die Angaben gehen 
allzu weit auseinander. Indes, wenn man berücksichtigt, dafs allein 
die Gratialgüter nur in Südpreufsen etwa vier Millionen wert 
waren, möchten für das Ganze sieben Millionen eher zu niedrig 

als zu hoch gegriffen sein. Hoym selbst schätzt in seiner dem 

König Friedrich Wilhelm III. eingereichten Rechtfertigung den Er- 
trag der in Südpreufsen vergabten Güter auf 111199 Thaler, wäh- 
rend derselbe seinem königlichen Vorgänger amtlich nur auf 46134^ 
Thaler angegeben worden war. Philippson S. 288. 

S. 199, Z. 5 T. 0. Zu den Verdiensten der preufsischen Re- 
gierung um die Wohlfahrt der polnischen Provinzen gehört insbe- 
sondere ihre Fürsorge für die Gesundheit der Einwohner. Es wurde 
ein Medizinalkollegium in Posen errichtet, bestehend aus einem Di' 
rektor , zwei Assessoren , zwei Apothekern , zwei Chirurgen u. s. w., 
und demselben unterm 6. Oktober 1795 eine genaue Dienstanweisung 
erteilt. Ebenso erhielt jeder KLreis einen Kreisphysikus und Chi- 
rurgen. 

S. 199. Z. 10 T. o. Im Jahre 1796 stellte sich (nach Beheim- 
Schwarzbach S. 237 f.) die Einwohnerzahl der Posener Städte 
folgendermafsen, wobei zur Vergleichung die Einwohnerziffem aus den 
Jahren 1800, 1816 und 1840 mit angegeben sind: 

Name: 1796 1800 1816 1880 

Posen 16124 18 779 23 854 65 713 

Lissa 7 200 7 413 8 395 11758 





Anmerkungen. 






Name: 


1796 


1800 


1816 


1880 


Rawitsch 


7136 


7 311 


8 220 


12 260 


Fraustadt 


5100 


5502 


5 444 


6 765 


Zduny 


3 768 


3 534 


3 351 


3 323 


Gnesen 


3 556 


3 298 


3 816 


13 826 


Meseritz 


3 406 


3 310 


3 635 


5169 


Krotoschin 


3427 


4087 


4406 


8 289 


Kogasen 


3160 


3 432 


3 786 


5 235 


Schwerin 


2 655 


2 974 


3502 


6 838 


Grätz 


2 581 


2 752 


2 962 


3 701 


Bojanowo 


2 451 


2 669 


2 867 


2 207 


Schwersenz 


2430 


2 767 


2 041 


2930 


Schmiegel 


2125 


2185 


2065 


3 581 


Peisem 


2 040 


2 059 






Koschinin 


1776 


1981 


2038 


4183 


Tirschtiegel 


1711 


1898 


1871 


2 462 


Kosten 


1704 


1508 


1662 


4442 


Neustadt 


1681 


1705 


1591 


2466 


Reisen 


1615 


1483 


1290 


1270 




1592 


1715 


1996 


3153 


Wollstein 


1554 


1688 


1805 


2 808 


Kobylin 


1542 


1840 


1786 


2418 


Obersitzko 


1523 


1670 


1781 


1605 


Unruhstadt (Karge') 1 518 


1683 


2 010 


2 023 


Punitz 


1669 


1444 


1616 


2 008 


Schrimm 


1453 


1655 


1874 


6 411 


Bomst 


1412 


1376 


1694 


2179 


Wronke 


1388 


1562 


1708 


2 895 


Kurnik 


1346 


1267 


1814 


2 725 


Görchen 


1327 


1243 


1242 


1792 


Gostyn 


1321 


1303 


1500 


3 358 


Buk 


1304 


1236 


1277 


2 885 


Same 


1285 


1409 


1340 


1734 


i Wreschen 


1276 


1926 


2 341 


4 780 


j Schwetzkau 


1264 


1313 


1152 


1643 


Jutroschin 


1259 


1282 


1324 


1976 


Witkowo 


1221 


1590 


1739 


1693 


Schroda 


1217 


1107 


1295 


4 261 


Zirke 


1206 


1204 


1264 


2 944 


Borek 


1160 


1230 


1230 


2 081 


Rakwitz 


1118 


1203 


1285 


2136 


Brätz 


1081 


1141 


1176 


1735 


Storchnest 


1045 


1043 


940 


1720 


Kröben 


996 


993 


965 


1695 


Samter 


979 


1258 


1 355 


4 414 


Bentschen 


948 


1059 


937 


2 677 


Pinne 


789 


1053 


1061 


2 374 


Wongrowitz 


670 


809 


981 


4 385 



813 



S. 199^ Z. 28 T. 0« Die Tuchmacherindustrie an der schlesischen 
Grenze blühte, trotzdem die Einfuhr schlesischer Wolle nach Süd^ 
preufsen verboten war. Erst Ende 1798 befahl Friedrich Wilhelm IIL, 
aus Anlafs eines ihm von dem Kammerherm von Unruh zu fiörsdorf 
übersandten Stück Tuches aus Bojanowo, den Ministern Hoym, Vofs 
und Struensee, indem er ihnen sein Befremden über eine derartige 
Handelsbeschränkung ausdrückte, die Frage über die fernere Bei- 



814 Anmerkaogen. 

behaltune bzw. den Wegfall dieses Verbots zu untersuchen und ihm 
darüber Bericht zu erstatten. Stadelmann, Bd. IV, S. 222. 

S. 199, Z. 5 t. u. Der mit den sndpreufsischen Verhältnissen 
sehr vertraute Geh. Kriegsrat von Beguelin schreibt in seiner 
„historisch-kritischen Darstellung der Accise- und Zollverfassung in 
den Preufsischen Staaten" (1797), S. 191, über die südpreufsischen 
Juden: „Diese Classe Menschen (seil, die Juden), welcher die Wahl 
der Mittel leider nur zu oft gleichgültig ist, wenn sie nur ihre beiden 
erofsen Zwecke: sich zu bereichem und zu bevölkern, erreichen 
kann diese Klasse hat den Polen von jedem Erwerbmittel aus- 
geschlossen und ihn nichts als den Landbau, dessen Beschwerlichkeit 
sie fürchtet, überlassen." 

S. 2OI9 Z. 6 T. u. Namentlich wurden Kaufleute in engherzig- 
ster Weise vom Erwerb adeliger Güter ausgeschlossen. Als der Kam- 
mann Birkner in Elbing im Jahre 1804 um den Konsens zum Ankauf 
adeliger Güter bis zum Wertbetrag von 100000 Thaler nachsuchte, 
erging aus dem Kabinett der Bescheid, dafs der König es überhaupt 
nicht ratsam finde, den Kaufinannsstand in der Erwerbung adeliger 
Güter zu unterstützen und dadurch dem Handelsverkehr die so nö- 
tigen Kapitalien zu entziehen. Stadelmann Bd. IV, S. 306. 

S. 202, Z. 7 V. 0. Die Antwort Napoleons an die Adelsdeputa- 
tion soll nach Beheim-Schwarzbach S. 405 ungefähr folgender- 
mafsen gelautet haben : „ es ist mir angenehm, die Aufserungen Eurer 
Wünsche zu hören, Frankreich hat die Theilung Polens nie anerkannt. 
Eure Uneinigkeit allein hat den Sturz Eurer in der Geschichte so 
denkwürdigen Nation herbeigeführt. Möge die Vergangenheit Euch 
bei Eurer Wiedervereinigung zur Lehre dienen. Die Magnaten und 
der begüterte Adel müssen sich an die Spitze stellen, der übrige Theil 
des Adels, die Geistlichkeit und die Bewohner der Städte müssen sich 
vereinigen. Wenn ich 30- bis 40000 Mann in Waffen sehe, werde ich 
in Warschau Eure Unabhängigkeit proklamieren. Jetzt ist für Euch 
der einzige Zeitpunkt, wieder eine Nation zu werden. In kurzem geht 
meine Armee nach Warschau" u. s. w. 

S. 203 9 Z. 6 T. 0. Es wurde abgetreten ganz Neu-Ostpreufsen, 
ganz Südpreufsen, Neuschlesien, von Westpreufsen der Netzedistrikt 
mit Ausschlufs der nördlichen Hälfte des Deutsch - Kroner und der 
nördlichen '/s des Kamminer Kreises, vom Departement Marienwerder 
die Kreise Michelau und Kulm mit Ausschlufs der Stadt Graudenz, 
sowie die Städte Danzig und Thom mit ihren Gebieten, im Gkmzen 
2158 Quadratmeilen mit 2700000 Seelen. 

S. 203, Z. 21 T. u. Der Reichstag versammelte sich alle zwei 
Jahre in Warschau und beratschlagte unter dem Vorsitz des Königs 
über die zu erlassenden Gesetze. Der Senat setzte sich zusammen 
aus 18 Mitgliedern : 6 Bischöfen, 6 Wojwoden und 6 Kastellanen, die 
Landbotenkammer aus 40 MitgUedem. Flatt, Topographie des Herzog- 
tums Warschau, S. 144—145. 

S« 203, Z. 18 V. u. Das ganze Herzo^um war in sechs Departe- 
ments geteilt : Posen, Bromberg, ELalisch, Warschau, Flock und Lomza. 
Jedes Departement zerfiel wieder in Kreise und Gemeinden. Flatt 
a. a. 0. S. 147. 

S« 203, Z. 13 V. u. Für das ganze Herzogtum bestand ein 
Appellationsgericht, in jedem Departement ein Ziviltribunal erster In- 
stanz, in jedem Kreise ein Friedensgericht; für je zwei Departements 
war ein Kriminal- Justizhof eingerichtet. Flatt a. a. 0. S. 145. 



Beilagen. 



I. 

Oi^anisation der Provinz Südpreufsen in den 
ersten 18 Monathen nach der Besitznahme \ 



Wenn man den Staat als eine Maschine betrachtet, so sind 
Land, Menschen nnd Produkte ihre Kräfte oder Räder, also die 
Grundmacht des Staats; die Zusammensetzung dieser Bäder 
ist seine Verfassung, und ihre Bewegung seine Verwaltung. 



I. Gfrundmaeht. 

Süd-Preufsen hielt bey der Besitznahme nach den statistischen 
Nachrichten des Grafen Moszinski auf 969, im Grunde wohl 1300 pu^j^^n. 
Quadratmeilen 1078 318 Menschen. Die Bevölkerung war also Inhalt. Be- 
im Durchschnitt 1113, in den Extremen aber 1557—515 Men- ^^*^^'^»« 
sehen auf der Quadratmeile. Es enthielt 245 Städte, 7294 
Dörfer, 179097 Feuerstellen. Das Land ist eben und von Flüssen, ^anbaa." 
i. B. Warthe, Prosna, Gzurra, Nur, Obra, zwar durchschnitten, Flüsse 
von diesen waren aber die vier letzten gar nicht und die Warthe 
nur zwischen der Neumärkschen Grenze und Posen, aber auch 
blofs bey hohem Wasserstande, und von Posen ab nicht weiter 
schiffbar, sie gewährten also den Hauptprodukten Holz und Ge- 
treide aus dem Innern des Landes keinen Absatz. 

Es ertrug nach dem pohlnischen Abgaben-System etwa 787 188 Polnische» 
Thlr. überhaupt; also 812 Thlr. von der Quadratmeile, 17 Gr. ^Vstem' 
6 Pf. von der Persohn, 3 Thlr. 15 Gr. 6 Pf. von der Familie, 
4 Thlr. 9 Gr. 6 Pf. von der Feuerstelle. 

Hiezu trugen in den Städten nnd Dörfern die Bauchfänge, 



1) Geh. Südpreufs. Arch. Lit. 88». 



318 Beilagen. 

von den Gütern die adelichen 10, die geistlichen 10 und 20, 
die starosteilichen 25, 50, 75 oder 100 pro Gent ihres Ertrags, 
die Juden Kopfgeld bey; und auiserdem gab es Trancksteuer, 
Schlachtsteuer, Zölle, Stempel, Karten-, Kalender-, Siegel-, Lotterie- 
Gefälle und Tabaksregal. Die polnischen Steuer -Cataster oder 
Lustrationen waren mit grofser Partheüichkeit, Unordnung und 
UnvoUständigkeit angelegt, vertheilten also die Last nichts weniger 
als gleichförmig. 



II. Yerfossung. 

Ursachen der Durch die Besitznahme wurde Süd-Preufsen eine Provinz der 
nlch^roofsr- I^i^^uTsischen Monarchie. Ihre Pohlnische Verfassung und Ad- 
^^^tftte™*' ministration stimmte nicht mit der preufsischen. Diese hatte das 
benachbarte Schlesien und Westprenisen so unendlich gehoben; 
die Beybehaltung von jener würde der neuen Provinz nicht allein 
diese Wohlthaten vorenthalten, sondern würde sie zugleich mit 
ihren Einwohnern sogar isolirt und dadurch eine innige Verbin- 
dung für immer verhindert haben. Sie wäre Staat im Staate 
gewesen und ihre Bewohner hatten sich stets als eine andere 
Nation, als ein Theil der pohlniscben betrachtet ; diese pohlnische 
Verfassung hätte zugleich mit der Sprache sie täglich an ihre 
Abkunft erinnert, ihnen zur Bükkehr Hofhung gelassen und da- 
durch eine stete Theilnahme an dem Schiksale Pohlens nicht 
allein veranlafst, sondern sogar ^begünstigt und entschuldigt. 
Hiezu kömmt, dafs die innere pohlnische Verfassung verwikelt 
und verworren ist: folglich immer zu Verdunkelungen, Begünsti- 
gungen oder Erpressungen die Hände bietet. Sogleich nach der 
Besitznahme befahl also der König Organisation nach preufsischen, 
besonders schlesischen und westpreuÜBischen Grundsätzen. 
Einrichtang Hicrzu gehörten Werkzeuge oder Beamten. Es wurden 
JiXm^fn- daher für das Polizey- und Finanzwesen 3 Kriegs- und Domainen- 
^^^*^®™'^_Cammem, für die Justiz 3 Regierungen und für das Zoll- und 
rangen und Acciso-Weseu 3 ZoU- uud Cousumtions-Steuer-Directionen nieder- 
d^kektionen gosotzt, doch SO, daüis im ersten Jahre die dritte Kammer und 
Umfang jedes Begierung noch erspart wurde. Ein jedes Kammer -Departement 
depa^entfl hielt also im Durchschnitt 323 Quadratmeilen, 2431 Dörfer und 
82 Städte. 

Die Kammern erhielten für das platte Land 44 Landräthe 
^ra^iS*' ^^^ ^^ ^® ^^^^ ^2 Steuer-Eäthe, die Eegierungen 23 Kreis- 
Justiz-Commissionen , die aber nicht auf einmal etablirt wurden, 
^eki^nen tiud die ZoU-Directiouen 12 Provinzial-Inspectionen zur Ausfüh- 
Hanpteintei- nmg. Hiernach wurde auch das Land in 44 Kreise, 12 steuer- 
des^iü^ach räthliche Inspectionen und 12 ZoU-Districte eingeteilt. Ein jeder 



Beilagen. 819 

Kreis hielt also 22, eine jede Inspection, ein jeder ZoU-District 
81 Quadratmeilen; ein jeder Kreis 1()6 Dörfer, eine jede In- 
spection, ein jeder Zoll-District 20 Städte im Durchschnitt. Notwwidiffe 

Die Beamten mnsten sachkundig seyn , also ans den alten Eigenschaf- 
Provinzen genommen werden; der Finanzminister war vorztiglich ^seamtra^'^ 
anf Schlesien und PreuDsen gewiesen. Sie musten aber nicht 
blofs der Verfassung, sondern auch wo möglich derpohlnischen 
und deutschen Sprache zugleich kundig seyn. Schon an 
sich war es nicht leicht, dergleichen Beamten zu finden, die diese schwierig- 
Kenntnisse und Fertigkeiten , und mit ihnen Bechtschafifenheit, giekSen ^'' 
Thätigkeit und Klugheit verbanden. Männer dieser Art hatten "^^^^ *"* 
ihr Glück schon in ihrem Vaterlande gefonden, da schon sich 
unentbehrlich gemacht und durch Familie gefesselt. Die Depar- 
tements-Chefs gaben daher gegen einige wenige brauchbare Sub- 
jecte viele, die sie f&glich entbehren konnten und — mogten, 
und so erhielt Süd-Preufsen bey dem besten Willen des Finanz- 
Ministers mehrere Beamten, die nur ihr eigenes Glück zu machen 
rechneten; jüngere Männer mit und ohne guten Willen, aber fast 
immer ohne Erfahrung, Weltklogheit und Menschenkenntnifs ; 
ältere meistens ohne Glück, Geschik und Bechtschaffenheit, die 
sich nun für bisherige Widerwärtigkeiten zu entschädigen dachten. — tf?^?f"dia 
In einer Provinz, wo Unordnung und Willkühr statt der Gesezze Beamten 
geherrscht hatten und wo die letzteren selbst sehr mangelhaft und 
schwer au&ufinden waren, ward es den Provinzial-Beamten teils 
leicht, teils schwer, sich in eine neue Ordnung der Dinge zu 
finden: das erstere war der Fall der jüngeren Beamten, deren 
einige in sich selbst schöpferische Finanztalente entdeckt zu haben 
glaubten, die ihnen bis dahin unbekannt gewesen waren. In dem 
andern Fall befanden sich viele der älteren, isolirt, ohne ante 
acta, Analogie und Praejudition , in der That in einer nicht ge- 
ringen Verlegenheit. Bey den Landräthen trat noch eine Schwierig- i,^®J^°La"d- 
keit mehr hinzu: sie sollten wegen ihrer Verhältnisse mit dem r&teD 
Landadel und Militair wie in andern Provinzen Edelleute und wo 
möglich ansässig seyn; besonders aber mufsten sie eine genaue 
Kenntnifs von dem Innern der ihnen anzuvertrauenden Kreise und 
von der pohlnischen Steuerverfassung haben, weil die letztere 
wenigstens auf zwey Jahr beybehalten werden mulste. Die Ver- 
bindung so vieler Erfordernisse, besonders der letzteren, war selbst 
in Schlesien und Westpreufsen selten, sie wurden also teils des- 
halb, teils um ihnen und der Administration Zutrauen zu er- 
werben , aus dem südpreafsischen Adel genommen und sollen ^^hlTb'bri 
künftig sogar von den Einsassen gewählt werden. Doch wurden den Land- 
zur Sicherheit und Probe die meisten fürs erste als Kreisdeputirte 
und ihnen zur Seite Kreis-Einnehmer aus den alten Provinzen 
angestellt, teils um Ordnung in dem Kassenwesen zu erhalten, 



S20 Beilagen. 

teils um durch zuverlässige Offizianten sich Kenntnifs von dem 
Benehmen und der Aufführung der Landräthe zu verschaffen. 
Desgleichen Selbst für die Landes -Kollegien verlangte der König nach 
^Goiulgifs^.^ Möglichkeit Einländer; eine jede Kammer erhielt einen eingebohmen 
Srene^^lte ^**^ > welcher der pohlnischen Verfassung und Sprache kundig 
seyn sollte, und zu Beferendarien nahm man gern junge Leute 
aus Süd-Freul'sen, um sie zum Dienst anzuziehen. Die Geschäfte 
selbst musten der Verfassung gemäfs zwar deutsch verhandelt 
werden. Man erlaubte aber auch pohlnische, lateinische, fran- 
zösische Eingaben und verlangte nur, dafs jene von einer Über- 
verpflichtete Setzung begleitet waren, man verpflichtete überall Dollmetscher 
DoUmetscher ^^^ besoldete selbst bey den Landes -Kollegien einige. Subjecte^ 
die mit einer vollkommenen Kenntnis der pohlnischen und deut- 
schen Sprache, mit der Fertigkeit sie zu sprechen und zu schrei- 
ben^ auch Sachkunde und Ehrlichkeit in sich vereinigten, waren 
schwer zu finden, man muste dabey auf die Kontrolle der Be- 
amten reebnen, die beyder Sprache kundig waren. Allein auch 
bey den Beamten war Sachkunde doch immer die Hauptrücksicht. 
Dieaisbai- Die Offiziautcn wurden sogleich angesetzt, damit sie zur Or- 
fation ?&^rat' ganisation vom Anfang an mitwirkten, in die Verfassung desto 
^^*^Ugir^n^ gründlicher imitirt und an das Interesse der Provinz durch ihr 
eigenes gefesselt wurden. Dadurch , dafs die Staatsmaschine so- 
gleich ganz, wie sie bleiben sollte, zusammengesetzt wurde, ent- 
stand Einheit und Schnelligkeit in den Operationen; hätten An- 
War den faugs temporoUe Commissarien z. B. die Stelle der Kammern ver- 
^iSSSsarien treten sollen, so würden für eine so weitiäuttige Provinz ihrer 
vorzuziehen ^[^1^ erforderlich gewesen seyn, und nicht ein Geist der Grund- 
sätze und der Tbätigkeit würde sie beseelt haben. Einseitigkeit 
wäre unvermeidlich gewesen und in der Kultur eine Gegend vor- 
geeilt, die andere zurückgeblieben. Wenn und bey welchen Be- 
amten hätte auch zwischen temporeller und beständiger Ansetzung 
die Gränze seyn sollen, bis auf die geringsten hinab konnte jene 
doch nicht stattfinden. Der Nutzen solcher Kommissarien, dals 
sie durch die Provinz zerstreut gewesen wären und zur Kenntnifs 
der Lokalität und Persohnen mehr Gelegenheit gehabt hätten, 
sollte durch eine neue Art von Beamten erreicht werden. 
18 Kammer- 18 Kammorräthe als polizeyliche Pro vinzial- Intendanten wurden 
zeiuche Pro- durch die Provinz verteilt, um auf Landwirthschaft und Unter- 
^^"^'^^•J^l"^^" thanen insbesondere zwar der Starosteyen, überhaupt aber auch 
der Geistlichen zu wachen. 

Gleiche Grundsätze, wie bey den Königlichen Beamten musten 

selbst bey den Unterbedienten, die nicht Königlich waren, besonders 

Befom der bey den Magisträten, als Werkzeuge der Steuerräthe Statt 

\\^tt' finden. Sie hatten nach pohlnischer Verfassung ein starkes Per- 

ßonale, aber wenig oder gar kein Gehalt. Sie wurden also auf 



Beilagen. 321 

den Bedarf redozirt, und hierzu die branchbaren Mitglieder nach 
Möglichkeit, schon ihrer pohlnischen Sprachknnde wegen und als 
eingebohren beybehalten. Überall wurde nun wenigstens für ein 
sachkundiges Snbject aus den alten Provinzen gesorgt. In dieser 
Bflksicht war es nothwendig, die erste Organisation der Magisträte 
dem Landesherrn vorzubehalten, die künftige Besetzung aber der 
landesherrlichen Aufsicht zu unterwerfen. Zu dem Mehrbetrag 
der Salarien und Polizey - Bedürfnisse warde ein jährlicher Zu- 
schufs von 15000 Thlr. aus königlichen Kassen bewilligt. — 
Die Menge dor Städte und die ünkunde der Pohlnischen Magi- 
trats-Persohnen liefs hiebey keine schnellen Fortschritte zu; und 
man begnügte sich daher oft, fürs erste nur ein Subject anzu- 
stellen, woran man sich halten könne. 

Um den nach Süd-Preufsen versetzten Ofiftcianten diese Ver- fL^^"*^*2' 

rnogon nir 

Setzung und die dortige Theuerung zu erleichtem, wurden ihnen die neuen 
nicht allein angemessene Gehalte, sondern auch den König- d^"?»«. 
liehen zum Teil noch Gratificationen auf 3 Jahre, die in **»*»<>»•» 
dem ersten j^, in den folgenden beyden aber ^ Gehalt betrugen, 
ausgesetzt, den Magistratsbedienten aber die Chargen -Gebühren 
erlassen. Die Gratifikation war jedoch auf die Beamten der 
Landes-Kollegien eingeschränkt, weil ihr ZusammenfluTs vorzüglich ^g.(fone^4fl 
in ihren Wohnsitzen die Preise steigerte, und sollte nur am 
Schlüsse des ganzen Jahres ausgezahlt werden, um zur Ausdauer 
in Südpreufsen zu reitzen. Die Stadt Plozk, als der Sitz der ^®^J^^®j[^ ^" 
dritten Kammer und Regierung, bedurfte des Aufbaues und der 
Erweiterung; um zugleich auch diesen Zweck zu erreichen, sollten 
von jenen Gratifikationen und mit Bauhilfs-Geldern den dortigen 
Beamten Häuser gebauet werden. — Für die Wittwen und Waisen 
ihren Officianten erhielt eine jede Kammer einen jährlichen Pen- Pensions- 
sions-Fond von 1000 Thlr. ''°^' 

Die Süd-^Preufsischen Landes-Kollegien wurden gleich den Keasort- 
übrigen den höchsten Behörden in Berlin, dem Departement dermitdenhöX 
auswärtigen Angelegenheiten, dem Justiz- und dem Finanz-Depar- ®*®coneJür' 
tement oder General-Directorium untergeordnet; doch so, dafs die 
erste Organisation in Polizey- und Finanzwesen dem Staats- und 
Finanz-Minister von Yofs, im Justizwesen aber dem Staats- und 
Justiz -Minister von Dankelmann in Schlesien aufgetragen war, 
und nur die Spezial-Sach- Departements, als Zoll- und Akzise, 
Porst-, Stempel-, Bergwerks- und Salz-Departement, General-Post- 
Amt etc. ihre Fächer organisirten. Diese Absonderung einzelner 
Theile war zwar der Verfassung gemäfs,. der Organisation einer 
neuen Provinz aber nicht vortheilhaft;. 

In Absiebt der Ressort- Verhältnisse zwischen den ver- ^^3*^*°^^^"^ 
schiedenen Behörden waren jedoch mögliche Abweichungen von verechiede- 
der gewöhnlichen Verfassung teils schon festgesetzt, teils noch zu °ilibehö^^eü 

Meyer, Oescliichte Fosens. 21 



822 Beilagen. 

hoffen, 80 dafs vieUeicht ÄDgelegenheiten der Geistlichkeit^ Schul- 
Sachen oder Volks-Unterricht, Erziehung zn guten BQrgem, zur 
Industrie etc. und die Mittel dazu, als wahre Polizey- und Finanz- 
Gegenstände zum Bezirk der Kammern, alle Rechtssachen ohne 
Unterschied aber zum Geschäftskreise der ^Regierungen gehören, 
und diese darauf als auf ihr eigentliches Fach eingeschränkt seyn 
werden. Wirklich ist schon die katolische Geistlichkeit und da» 
katolische Schulwesen den Kammern untergeordnet; Publikation 
der Gesetze Sache der Kammer. 
Anstellung Die Pohluischen Offizianten wurden nach Möglichkeit 
^öffi^^n'^ entweder in fixirten Stellen, oder durch Gommissionen wieder 
untergebracht : andere sollten wo möglich pensionirt werden, wenn 
Verdienste, Bedarf etc. ihnen Anspruch daranf gaben. 

Die angeordneten Kollegia und Beamten musten sogleich die 
Administration übernehmen und sich die dazu erforderlichen histo* 
rischen, topographischen, statistischen Nachrichten sammeln. 

III. Verwaltung. 

Was sie unter diesen Schwierigkeiten, was besonders die 
Polizey- und Finanz- Behörde, der Finanz-Minister in anderthalb 
Jahren leistete, läfst sich am vollständigsten nach den einzelnen 
Gegenständen detailliren. 



Land. 

Allgemeine Gröfso. Um die Provluz nicht allein in dieser, sondern 

Landes- 
Termessnng 



^°^'^~ auch in kommunalistischer, militärischer Bücksicht kennen za 



lernen, wurde sogleich eine allgemeine Landes- Vermessung 
veranlast, und ein solcher Maasstab zu den Karten vorgeschrieben, 
dafs Anhöhen, Defilöes, Brücher, Lauf und Fall der Flüsse und 
Bäche, Seen etc. genau eingetragen und darauf Meliorations-Pläne, 
allenfalls auch militärische Dispositionen gegründet werden können. 
Das Personal dazu wurde so organisirt, daüs sie in einem Zeit- 
raum von 3 bis 4 Jahren vollendet seyn könne; und die Kosten 
erfolgten aus Königlicher Kasse. 

Beschaffenheit. Sie gewährte der Produktion den Boden 

weder in gehöriger Menge noch Tragbarkeit; der Fabrikation und 

dem Umsatz aber nicht die erforderliche Kommunikazion. Grolse 

grofserMeUo^^^^^^'^**^^^®^ waron hier nötig und selten so rasch als mög- 

ntionen lieh auf einander folgen. 

Innere Verbindung und Zirkulation war die Hauptsache. Um 

groÜBe Korn -Gefilde und Forsten dem Verkehr aufzuschliefsen, 

soUffbar- soltcu die Wartho und Prosna schiffbar gemacht werden* 

lol^e^dw Mit jener wurde sehr bald angefangen, und vorläufig zu ihrer 



Beilagen. 823 

Bänmiuig von der Neumärkischen 'Glänze bis Posen eine Summe "^^^^^^^^1^^ 
von 63 970 Thlr. bestimmt. 

Zmn auswärtigen Verkehr liefs sich alsdann die Warthe mit 
der Weichsel entweder durch den Goplo-See, die Netze und verbindanir 
den Bromberger Kanal, oder durch den Nur und die Bzurrenfa. warthe 
verbinden. Untersuchungen wurden sogleich angestellt und es 
war fars erste so viel ausgemittelt, dafs die Vereinigung der 
Warthe mit dem Goplo-See auf einem Wege durch mehrere Seen darch die 
108 609 bis 146289 Thlr., auf einem andern durch ein grofses ^GopV-sor 
Bruch aber 163 514 Thlr. kosten würde. Zur Verbindung der 
Warthe und Weichsel durch den Nur und die Bzurre war «rst Nur'u^^ßtwre 
Untersuchung verfügt; vorläufig aber war man geneigt, diesem 
Wege den Vorzug zu geben, weil er ganz innerhalb der Provinz 
solche der grösten Länge nach durchschneidet und gerade ihr die 
Nahrung zuwandte, deren sie am meisten bedurfte. 

Die Melioration der Warthe-, Obra- und anderer Brücher, nSSg^dw 
des Obra -Flusses selbst, der Gegend von Lentschitz etc. selten warthe und 
sodann noch mehrere und bessere Grundstücke gewähren. ra o e 

Der mehreren Aufnahme der vorhandenen Städte muste die Anfnabme 
Verbesserung der innem Schiffarth vorangehen: diese bietet jener ®' ^ ® 
die Hand, und die letztere ist bey dem gänzlichen Verfall der 
ersteren nicht erreichbar. Die Sorge für die Städte war also der 
für die Schiffarth untergeordnet, nicht aber verabsäumt. 

Der ganze Netto*Ertrag der Provinz Süd-Preufsen solte mehrere Allgemeine 
Jahre hindurch zu diesen Meliorationen verwendet werden, ^Iso ^^™®'^"*'*^° 
in die Provinz selbst wieder zurük fliefsen, um Leben und Nah- 
rung darin zu verbreiten. Eben diese Meliorations-Pläne waren 
die Wirkung und der Haupt -Gegenstand von den häufigen Be- 
reisungen der ganzen Provinz durch den Finanz- Minister. 

Sie gleicht einem deteriorirten Landgute, das erst durch Auf- 
wendung greiser Meliorations-Summen vollen Ertrag gewährt Die 
Verbesserungen sind also nicht blos möglich, sondern nothwendig; 
je früher, schneller und weit umfassender sie Statt finden, desto 
eher und reichlicher lassen sie auch Früchte davon emdten. 



Sensehen. 

Menge. Sie zu vermehren wurden nicht allein Auswan- voik^meng?. 
derungen kontrollirt, sondern auch noch ansehnlichere Kolo- ^SgaSon- 
nisten-Wohlthaten, als in den alten Provinzen ausgesetzt troiie. eoIo- 
und daasn jährlich 12000 Thlr. bestimmt. °^tiiaten 

Gesundheit. Für die ganze Provinz selten 3 Medizinal- oesandheits- 
und Sanitats-Eollegia, 12 Ereisphysizi mit 300 Thlr. "^'^^ 
und 24 Kreis- Chirurgi mit 75 Thlr. Gehalt angesetzt werden. 
Aach zum Hebammen- Wesen waren jährlich 3000 Thlr. und ^^^mT' 

21* 



824 Beilagen.^ 

zu TJnterstüzzangen durch Kur, Medizin etc. 2200 Thlr. bestimmt. 
Polizei -Ver- Für Rettuug Verunglückter Persohnen wurden Praemien und 
Ordnungen g^j^erricht ertheüt, und dazu jährlich 700 Thlr. ansgeworfen. — 
In Petrikau wurde f&r Königliche Rechnung nicht allein ein 
Begräbnifs-Plazz aufserhalb der Stadt, sondern auch ein 
Leichenhaus angelegt, das selbst in den kultivirtesten Ländern 
noch frommer Wunsch und sogar in Weimar nicht zu Stande ge- 
kommen ist. Dafs allgemeine Polizey -Verordnungen, z. B. zur 
Sicherheit gegen tolle Hunde etc. nicht verabsäumt wurden, ver- 
steht sich. 
Mehrung des Vermögen. Dies zu vermehren und stärker in Umlauf zu 
dn^h^Re- bringen, darauf zwekt die ganze Administration ab. Zu Bemis- 
missionen gi^^en odcr Abgabon-Erlafs für die ünterthanen bei ünglttks- 
föllen wurden 2j^ bis 10 Prozent der Steuern, überhaupt 46 558 
Armenfonds Thlr. uud zum Armonfond 1700 Thlr. jährlich ausgesetzt — 
Landarmen- Der Bettolej soltou 2 Landarmenhäusor steuern und abhelfen 
und vorläufig das erste in der Stadt Peisem als dem Mittelpunkte 
der einen Hälfte von Südpreufsen angelegt werden. 
Sicherheit d. Sicherheit der Persohn sowohl als des Vermögens. Gegen 
dnrohFi^k°ä1e Verbrechen wurden nicht allein Fiskale, sondern auch 23 Kri- 
?8 Kr^inai-minal-Inquisitoriate angeordnet und für diese 23 000 Thlr. 
mqmsi ona ^^^ jährlichen Fond ausgeworfen. Selbst die Kriminal- Justiz im 
Kameral-Bessort erhielt hiezu 6000 Thlr. Die Inquisitoriate 
wurden jedoch erst nach und nach oi^anisirt. — Auch auf 
Justiz- Fremde war die Polizey sogleich wachsam. Der Justitz 
ung ^-^^^^^ ^-^ ß Regierungen, 3 Kammer -Justiz -Deputationen und 
ii^ den Ober- 23 Krois-Justiz- Kommissionen; letztere waren mit den Inqnisi- 
**"* " toriaten verbunden , also auch noch nicht vollzählig. Die Lang- 
samkeit dieser Organisation und der Geschäfte bey Begierungen 
indenünier-und Untergerichten schadete der guten Sache. Mit den ünter- 
^^^^ ^ gerichten verhielt es sich auf ähnliche Art wie mit den Magi- 
sträten und die Justizbedienten bey diesen wurden im Gehalt 
den Polizeibeamten gleichgesetzt, so dafs die Gerichtsgefälle zur 
Beibehaltung Cämmerey flössen. — Die pohlnischen Bechte und Gesetze 
rechtes und wurdou der Proviuz Südpreufsen als Provinzialrecht gelassen, und 
*^®'*"f ®"|f ' das allgemeine Landrecht der übrigen preufsischen Staaten auch 
rechts in sub- ihr schou als Subsidiarisch geschenkt. Indefs setzt dieses eine 
°^ ^^^ höhere Stufe der Kultur voraus, als worauf Südpreufsen stehet; 
und jene sind nicht allein durch Sprache, sondern auch nach 
ihrer Existenz dem Preufsischen Bechtsgelehrten oft unbekannt, 
so dafs die Parteyen selbst den Bichter mit den Gesetzen be- 
kannt machen müssen, womach er sprechen soll. Zu verschieden 
ist auch gewifs der Geist des Landrechts und der Pohlnischen 

Gesetze, um sie nur irgend combiniren zu können. Ein 

Ediktenblatt Edikten- Blatt solle die wichtigsten Justiz- und Polizey- Ver- 



Beilagen. 325 

Ordnungen von Woche za Woche in deutscher und pohlnischer 
Sprache bekannt machen. — Zur Einrichtung des Hypotheken- Hypotheken- 
Wesens waren 35 500 Thlr. aus Königlicher Kasse bewilligt; '^^^^ 
der Justizminister verlangte aber diese Summe 6 Jahre hindurch, 
obgleich das Hypothekenwesen doch eigentlich nur die privat 
Gutsbesitzer und ihren Kredit interessirt, und daher auch in 
WestpreuTsen meistens auf ihre Kosten durch Grebühren einge- 
richtet ist, ohne einen solchen Kostenaufwand zu verursachen. — 
Um zwischen Gutsherren und Unterthanen die Verhältnisse und 
Bechte zu reguliren, war eine Urbarien- Kommission im Werke; Urbarien- 
nach der Idee des Finanzministers solte dieses Geschäft nur ein- ^^™°**^"<*" 
zeln und allmälig, mit Konkurrenz der Gutsherren betrieben wer- 
den, so dals die Gutgesinnten selbst es einleiteten und dazu Bey- 
spiel gäben. — Feuer-Anstalten, Verordnungen gegen Polizeiliche 
Schielisen, Tabakrauchen, Fackeln etc. wurden getroffen, eben ^^^^^^^^^°~ 
deshalb wurde auf massive Schornsteine und Ziegel- 
dächer gedrungen. Selbst die Einrichtung einer Feuer-Sozietät 
war schon in Überlegung genommen. Innere sowohl als äufsere 
Sicherheit forderte Militär. Ob durch neue Einrichtung oder mit 
Hilfe des schon stehenden, darüber waren die Meinungen getheilt. 
Der Finanzminister ging von den Grundsäzzen aus: 

Dafs eine neue Provinz nicht zu schwach belegt seyn müsse: omnds&tze 
dafs zuverlässige, nicht neu geworbene Trappen solche decken mloisteTs^ei 
müssen: dals es für jeden Staat rathsam sey, seinen Militärstand ^^Ynrichtung' 
seinen Kräften und besonders dem zeitigen Mobilmachungsfond 
zu proportioniren: dafs die Südpreufsischen Überschüsse durch- 
aus in den ersteren Jahren für die innere Landeskultur bestimmt 
und zu keinem fremden Behuf geschmälert werden müTsten : dafs, 
so lange alle diese Bücksichten laut sprächen, die Bücksicht auf 
die alten Provinzen und deren quartierlos werdende Städte die 
niedere sey, dafs diese auch durch eine weise Auswahl sehr ge- 
mildert werden könne: dafs aber, wenn jenen Bücksichten über- 
all genügt worden, nur noch die Aufmerksamkeit auf die Ver- 
gröfserung der vielen zu kleinen Cantons in den alten Provinzen 
für den Finanzier wichtig bleibe : die neue Errichtung aber, wenn 
der letzteren genügt worden, als ein grofses Hilfsmittel in einem 
kraftvollen Staat die Circulation zu befördern, sogar zu wün- 
schen sey. 

Das Kantonwesen solte dabey nicht drükkend und erst Bei dem 
nach einigen Jahren eingeführt, auch ein kantonfreyer Strich an 
der pohlnischen Gränze gelassen werden: in der Zwischenzeit 
aber blos Aushebung entbehrlicher Personen stattfinden. 

Zur allgemeinen Verpflegung der Soldatenkinder musten Fonds für 
die Südpreufsischen Königlichen Kassen 39 000 Thlr. jährlich kinde"' 
beytragen. 



326 Beilagen. 

BeqoemHc'h-'^ Bequemlichkeit nnd Yerguügen. För die Stadt Posen 
^®" J- ^®'' solte aufserhalb der Mauer eine Promenade im englischen 
Besonders in Croschmack mit Pflanzungen angelegt werden. — Jeder privi- 
Posen legirten Seh au spie 1er- Gesellschaft wurde aach die Provinz 
Sfidpreufsen geöfnet, und nur durch die Bedingung jedesmaliger 
Spezial-Erlaubnifs die gehörige Aujßsicht bevorwortet. 
Erziehung Erziehung: Die Poblnische Schulverfassung zwekte nach 
schawe^s-^ ^^^^^ Schulreglemont darauf ab, die Kinder zu guten Menschen« 
sung ward die Söhuc ZU ufizUchen Bürgern und die Töchter zu guten Haus- 
prenfsfsche frauou uud Müttem zu bilden: sie verdiente beybehalten und 
®^^^®*j^*^- blos der Preufsischen Staatsverfassung angepast zu werden. Es 
wandt blieben also die Schuldistrikte und die einzelnen Schulen eines 
jeden dem Becktor der Hauptschole und seinen Bereisungen im 
Wissenschaftlichen, Moralischen, Oekonomischen etc. untergeordnet; 
dieser Becktor selbst aber erhielt Sitz und Stimme bey der 
tnngs'fonds ^^^^^^^ i^ Schul- uud ErziehuDgssachen — Zum Unterhaltungs* 
fond der katolischen Schulen blieben die Jesuiten*Güter be- 
stimmt, und es kamen dazu noch auf eigenen Antrag des Finanz* 
ministers Nominations- und ähnliche Qebfihren der katho* 
lischen Geistlichkeit, die in Schlesien dem Finanz-Chef 
und untergeordneten Königlichen Beamten selbst zu Theii werden. 
Die Ausmittelung dieser Jesuiter-Güter hatte Schwierigkeiten und 
war daher noch nicht vollendet, um darauf einen General-Scbul- 
plan zu gründen. Für den armen Adel und zur militärischen 
i^stituVzi Pflanzöchuld wurde in Kaiisch ein Kadetten-Institut auf 
Kaiisch 100 Eleven angelegt, welches zur ersten Einrichtung 26000 
Thaler und zur Unterhaltung einen jährlichen Fond von 17 000 
Thaler erhielt. 

Einige kleine adliche Konvikte auf 12 Persohnen wurden 
dadurch entbehrlich, waren aber doch noch nicht aufgehoben. — 
Für das Studium der katholischen Theologie solte entweder die 
Projekt zu Universität in Frankfarth eingerichtet, oder in Thom eine 
li^h'en ^Uni- ncuo errichtet werden, um alsdann der pohlnischen Universitäten 
versit&t wiUna und Krakau entbehren zu können ; das Institut in Breslau 
fand sich zu klein, um die SüdpreuTsischen Zöglinge mit aufzu- 
nehmen, 
rw^mutei Aufklärung, Sitten, Religion, gemeinnüzzige 
d. sittlichen Schriften, z. B. Junkers Handbuch der gemeinnüzzigsten Kennt- 
nisse, Bekkers Noth- und Hilfsbüchlein, Fausts Gesundheit-Kate- 
chismus etc., selten übersetzt und durch die Schulen auch den 
Eltern in die Hände gespielt werden. Zur Sicherheit der Sitten, 
Religion etc. wurde Censur, aber freylich mit den strengsten Be- 
Protestan- ^timmungeu angeordnet, die sie auch in den alten Provinzen 
^^sches Bet- erhalten hat. Den Protestanten wurde in Petrikau ein Bet- 
Fetrikan haus eingerichtet und zur Besoldung ihrer Geistlichen ein jähr- 



Beilagen. 327 

lieber Fond von 800 Thaler aus Königlicher Kasse bewil- 
ligt. 

Gesellschaftliche Verhältnisse. Freyheit des G-üter- ünter- 
Ankaufe würde die Landes-Kultur gehoben haben, dennoch wurde ^ Idefs 
«ur Erhaltung des Adels nicht allein der Bürgerliche vom Be- 
sitz adlicher Güter ausgeschlossen, sondern sogar ein süd- 
preufsisches Inkolat eingeführt. Hauptsächlich um den Güter- SfidpreoTsi- 
handel einiger Kontrolle zu unterwerfen und nicht wucherlich ^^ 
werden zu lassen. Demnächst aber auch, weil diese Anordnung 
dem Geist der Nation entsprach. Zur Unterstützung des armenSorgefürdeu 
Adels beabsichtigte man, ihm einzelne Vorwerke, kleine Etablisse- beTfilnzie- 
ments von Domainen und Kämmereygütern in Erbpacht zu geben, ^^^g^f qJ^^^ 
hierzu sogar Grundstücke anzukaufen und dadurch zugleich An- 
bau, Kultur und Familien zu vermehren. — Auch die Einziehung 
der geistlichen Güter wie in Westpreufsen würdd hiezu ge- 
dient, zugleich den Einflufs und die Anzahl des geistlichen Stan- 
des vermindert und die Nation, die schon lange auf ihren Beicbd- 
i;agen eben dieses beabsichtigte, nicht empört haben; dennoch 
blieb die katholische Geistlichkeit im Besitz ihrer Güter, weil 
ihr dazu von Anfang die Hofnung gegeben war. — Um die 
Kämmerey-Güter der Städte besser zu verwalten und zu JjgJ^IJfg®",;^ 
vermehren, wurden sie unter landesherrliche Aufeicht gesetzt. — ü^«' ^: Kfim- 
Das preufflische System weiset den Dörfern die Produktion, den "^®'®*^ 
Städten aber die Fabrikation und den Handel an; ganz dem ent- 
gegen bestand der gröfsere Teil der südpreufsischen Städte aus 
Dörfern, die sich ein städtisches Privilegium erschlichen hatten, 
ohne je städtisches Gewerbe treiben zu können. Man bemühte 
sich daher, mehrere Städte in Dörfer zu verwandeln und aus den vorwande- 
Dörfem die Handwerker nach den Städten zu ziehen. — Ein kiernenst&dte 
schwereres Problem waren in der letzten Rücksicht die Juden, J^^^yV 
welche überall als Professionisten in Städten und Dörfern zer- verbf sserang 
streuet waren ; ihre Vertreibung wie aus Westpreufsen würde den ^"»r "e^n^ 
Knoten zerschnitten, aber auch alle Gewerbe sistirt haben, die schwerea 
meistens in ihren Händen waren, sie widersprach der Milde der 
jetzigen Regierung und dem Geiste des Zeitalters. Dieser Gegen- 
stand bedurfte der reiflichsten Überlegung und war mehr als 
irgend ein anderer zu einer Preisfrage qualiflzirt, um so mehr, 
da die bürgerliche Verbesserung der Juden vielleicht selbst ihrer 
Religion widerspricht und eben darum unthunlich ist. 

Im Gesinde wesen wurden gegen das Umherlaufen des Gesindepou- 
Oesindes, sogenannte Federhochzeiten oder Zusammenkünfte zum 
Federrupfen etc., Verfügungen getroffen. 



828 Beilagen. 

Produkte. 

Fftr die 

wa^ge»>rgt Produktion. Für Königliche Rechnung eröfnete man 
^"?-^J^ Kalk- und Steinbrüche. — Das Publikum wurde zur Baum- 

nung TOn 

Kalk- and zucht aufgefordert und eine bessere Forstwirthschaft ver- 
^^^^^^^^J^ anstaltet; in dieser Bücksicht auch zu metallenen Dach- 
Forstwirt- rinnen statt der hölzernen aufgemuntert. Durch die ganze 
AnMteimg I^rovinz solten Kreisg&rtner angesetzt werden und von einem 
Ton Kreis- Eammergärtuer Unterricht haben. — Zur Ausrottung der Wölfe 
g&rtnern ^^^^ jj^,j Praemicn und za diesen jährlich 2000 Thlr. aus. — 
Instruktion Gegou die Yichseuche wurden sogleich th&tige Maasregeln 
Yiehsenchen ergriffen uud Instruktionen bekannt gemacht. — Um überhaupt 
zu einer besseren Landwirthschaft auftumuntern nnd Bey- 
nmgroimien ®P^®^ ^^ geben, wurdcu jährlich 3000 Thlr. zuVerbesserungs- 
GftterverkaafPraemien bestimmt» und solten für Königliche Bechnung Güter 
'^schaftnng ' ^®^^^ uud bewirthschaftot werden. Hierzu und besonders zur 
anfkönigi. Aufsicht auf die starosteilichen oder verliehenen Krongüter, zur 
Aufsicht' Intendantur ohne Gelddisposition waren jene 18 Kammerräthe 
hierüber bestimmt, die eben deshalb durch die Provinz zerstreut und nicht 
Kumme^tif z^r Federarbeit, sondern als praktische Wirthe angestellt wurden. 
Der Fiuanzminister hatte sie auch zur Au&icht auf die geist- 
lichen Güter vorgeschlagen, der König aber wolte, dafs diese 
nur unvermerkt, ohne Detail und Strenge geführt werde. 
F^ikition Fabrikation. Zur Beförderung des Bauwesens wurden 
ward gesorgt Bauhilts gel der, 45 pro Cent der Kosten bey massivem Bau, 
Imfegfider und weil auf diesen fürs erste nicht sehr zu rechnen war, 35 p. C. 
bey ausgemauerten Fächern, und dazu jährlich 60000 Thlr. Fond 
stftdte - ver- ausgosetzt. Aufscrdem bestimmte man zur Verschönerung 
scwnerongen^^y Städte uoch 8000 Thlr. jährlich. Hierdurch entstand zu 
Posen schon eine neue Strafse und die Stadt solte vergrölsert 
werden. Die abgebrannte Stadt Kaiisch beabsichtigte man zu 
retabliren. Das rheinländische BaumaaTs wurde durchgängig ein- 
verbot der geführt. Zum Besten der Papiermühlen und Leimfabrikation 
^^^Ma!° wurde die Ausfuhr ihrer rohen Materialien aus dem Lande ver- 
p^^^^^^ boten, und keine ausschlieüsliche Rechte oder Distrikte zum 
und Leim- Lumponsammeln wurden zugelassen. — Überhaupt wurden, um 
fabrikation pjofeggionigten ius Land zu ziehen, ihnen Kolonisten- und noch 
wohiuiaton andere Wohlthaten mehr als in den alten Provinzen bewil- 
'sLSsten" ^^' — ^*® Zunftwesen konnte wegen des Zusammenhangs 
Aiim&hiiche mit den benachbarten Provinzen und Ländern vielleicht nicht ge- 
ierzuift-^ radezu aufgehoben weiden, sollte aber durch Spezial-Coucessionen 
Wesens einzelner unzünftiger Personen sich an ihre Konkurrenz gewöhnen 
und nach und nach verdrängt werden. 
FflrdenHan- Handel. Für unentbehrliche Lebensbedürfnisse wurden 
^*^BwÄ*^*"Polizey-Taxen angeordnet. — Der Auf käuferey, den Höckern 



Beilagen. 829 

durch Poli' 

wurden Gränzen gesetzt. — Zur Bequemlichkeit des Publikums gchJ^^ken 
kaufte und etablirte die Königliche Kasse in Posen einen zweyten für Anfkäu- 
Marktplatz. — Alle Fähren, Brücken etc. wurden revidirt, ns^cker^ei 
um sie zur Sicherheit und dem Bedarf gemäfs einzurichten; auch wege-ond 
erhielt die Königliche Kasse selbst zur Unterhaltung der Wege, 
Brükken etc. einen jährlichen Fond von 7000 Thlr. 

Gasthofs- Anlagen wurden besonders durch Bauhilfisgelder anlagen' 
begünstigt. — Das Postwesen wurde sogleich zur allgemeinen B|piiei^ng 
Kommunikation regulirt. — Überhaupt zweckten zur Belebung 
des Handels vorzüglich die Meliorationen ab. — Dem Korn- ^^^^1^®^^^^ 
handel wurde die Getraide-Ausfuhr nach den übrigen König- 
lichen Provinzen, und ebendeshalb auch diesen nach dem Aus- 
lande eröfnet; diesem gröfseren Zweck opferte die Königliche 
Kasse gern einen kleineren Vorteil und erhöhete den Einkaufs- 
preis für die Magazine. Der Tabakshandel wurde den Privat- ^"gJa^ei 
Personen wiedergegeben. 

Die Kosten einer so wohlthätigen Administration konnten 
nicht aus den anderen Provinzen ohne Belästigung, sondern 
mufsten aus Südpreufsen selbst durch ein wohlgeordnetes 

Finanzwesen 

genommen werden. Indem sie aber fürs erste ganz wieder in ^\^^^' 
die neue Provinz zurückflössen, war dieses eigentlich nichts als 
eine gleichmäfsigere Verteilung des Privat- Vermögens zum Besten 
des Ganzen. 

Einnahme. Sie sollte nur durch Domainen, Regalien und ^tte zu 
Abgaben geschafft werden. 

Domänen. Die Einziehung der Starosteien oder an Private die Dom&nen 
Personen verliehenen Krongüter vrürde sogleich reichlichere Ein- Die staro- 
künfte und Güter zu musterhafter Bewirthschaftung S^'ff^^ a^KbJ^lln 
haben. Der König liefs sie aus Milde den jetzigen Besitzern Besitzern auf 
noch auf ihre Lebenszeit; nur weitere Expektanzen sollten nicht mit Vorbehalt 
anerkannt und besonders Deteriorationen durch die Aufsicht jener gfcht^u!^ Auf- 
Kammerräthe vermieden werden. In dieser Bücksicht und wegen hebang der 
Behandlung der Unterthanen erschien ein besonderes Patent, das ^^^ 
freylich der Willkühr. und den Expektanzen bestimmte Grenzen 
setzte, um dem Eigennuzz gefallen zu können. — Die staro- 
steylichen Forsten sollten» um ihren gänzlichen Verderb zu 
hindern, sogleich administrirt werden und die Starosteybesitzer 
daraus ihren Bedarf erhalten. — Wären die geistlichen Güter 
eingezogen, so würden auch diese beträchtlichen Domänen und 
durch sie Gelegenheit Beyspiele höherer Kultur gewährt haben. 

Begalien. Die pohlnische Tobaksadministration wurde, wie Begaiien 
schon erwähnt, sogleich au^ehobei, und es traten die Begalien 
nach Preufeischer Verfassung, jedoch mit mehreren wohlthätigen "^JcherTer- 



SSO Beilagen. 

fassang mit 

^ nen* ^~ Modifikationen ein. — Von dem Bergwerksregal wurden 
beidemBerg-die Mühlen-, Kalk-, Gips- und Sandsteine, auch Torf 
werksregai ausdrücklich ausgenommen ; und in Absicht des Salpeters die TJnter- 
thanen gegen das Bekrazzen ihrer Grebäude und gegen die 
Verbindlichkeit, dazu Lehmwände zu halten, gesichert. 
*"" Mga^*^''' ^^^ ^^^ Ertrag des Salzregals sollte ein Theil zur Anlage 
und Aufnahme einheimischer Salz werke, also zur inneren Industrie 
verwendet werden, und es waren schon einige Salzquellen und 
das Salpeterwerk bey Lentschitz untersucht. — Sachkundige 
mufsten die Provinz in mineralogischer Bücksicht bereisen. 
stempeiwgai ^*® Stempel- und Kartenregal begreift in den meisten 
prenfsischen Provinzen aufser dem Stempelpapier^ den Vollmachten, 
Karten- und Paraphen - Greldem auch Geflüle von Musikzetteln 
^uafkpacht* ^^^ Musikpacht; diese schien dem Geiste der Nation drükkend 
ward ge- ZU wcrdcu Und wurdo daher sogleich von diesem Augenblick an 
°^ 60 gemildert, dafs mehr der Name als die Sache blieb; gleich 

anfangs waren davon nicht mehr als 960 Thlr. j&hrliche Ein- 
nahme gerechnet, 
^"terie^^*" ^^® Lotterie warde zum Besten des grofsen Potsdamschen 
Waysenhaases verwaltet, so wünschenswert sonst ihre gänzliche 
Buchang der Verbannung gewesen wäre. Die Rechte der Gutsherren greifen 
aStohtr^en ^^ ^^ ^^® Landeshoheit, z. B. bey Zöllen ein; ohne sie ihnen 

abzusprechen, wurden nähere Untersuchungen veranlafst. 
a)^K?ntrihu- Abgaben. Das prenfsische System hebt Kontribution 
tion Yom platten Lande und Akziese von den Städten. IJm jene zu 
ward durch regulieren, wurde eine besondere Klassifikations-Kommis- 
katiouskom- s 1 n angeordnet , welche sämmtliche Nuzzungen aufnehmen und 
"Amt*" abschäzzen muste. Dafs sie bey der Aufnahme mit der eigenen 
Deren Angabe der Kontribuenten, insofern sie nur irgend wahrschein- 
GrundsÄtze jj^jj ^^^ ^ gl^jj beruhigte; dafs sie auf mögliche Meliorationen 
gar keine und auf übertriebene Dienste nur zum Besten der 
ünterthanen Bücksicht nahm, folglich den Meliorationen sowohl 
als der Ermäfsigung der Dienste freyen Baum liefe, dafs sie 
bäuerliche Nuzzungen zu geringeren Preisen als adeliche veran- 
schlagte, alles dies und noch mehr das beiliegende Detail der 
vorgeschriebenen Grundsäzze beweist schon an sich ihre Billig- 
Hchkdt" df 8 ^®^*- ^^^ vorläufiges Kataster aber und das davon beygefttgte 
neuen Ka- Bcsultat läst hiergegen gar keinen Zweifel mehr übrig ; es zeigt 
duchdiebei- sogar den Vorzug des neuen Steuersystems vor dem alten, die 
Jf^^^^^J^J: Gleichförmigkeit des ersten, die Partheiligkeit, die Bedrükkungen 
wiesen dos letzten. Jenes wird, wenn man beyspielsweise — denn ein 
Steuerdivisor ist noch gar nicht bestimmt — nur 35 Prozent 
der Nuzzungen zur Steuer auswirft, überhaupt noch einmal so 
viel (oder genauer 138 p. C. des pohlnischen miehr), bey den 
adelichen Nutzungen mehr als 2mal so viel (245 p. 0. mehr). 



Beilagen. 831 

bey den bäuerlichen Nuzzungen nicht einmahl die bisherige 
Steuer (6^ p. C. weniger) und bey den kirchlichen Nuzzungen 
noch minder (34 p. C. weniger) gewähren. Es wird also dem . 
Bauernstände, den Kirchen- und Schulbedienten Erleichterung 
schaffen, den Adel aber mehr belästigen und dadurch die Be- 
drückungen haben, welche schon jetzt aus der Totalsumme her- 
vorgehen, die aber beym Detail der einzelnen Ortschaften oder 
gar Persohnen in ihren Extremen noch gröDser sind. Hieraus 
laust sich freylich die Abneigung des sfldpreufsischen Adels gegen 
das Elassifikationswesen sehr natürlich erklären, und es musten 
ihr Misbräuche einzelner Klassifikazionsbeamten und ein Steuer- 
divisor, der noch gar nicht einmahl bestimmt war, nur zum Ver- 
wände dienen. Unbilligkeit, Ungleichheit, Fehler des pohlnischen 
Steuersystems und Unzulänglichkeit seines Ertrags müssen zur 
Abschaffung desselben rathen. Dieser Unzulänglichkeit liefse sich hshung der 
2 war abhelfen, wenn man die pohlnische Steuer um l^^mal, al^o gPjJ^"^*^^®'^^^ 
Ton 10 auf 25, yon 20 auf 50 Prozent erhöhte; allein immer den Mängeln 
würden jene Mängel bleiben, mit der Steuer selbst noch wachsen hoffen habVn 
und sogar auf die ßemissionen sich fortpflanzen, zu deren Berechnung 
es oft am Maasstabe fehlen warde; besonders aber würde die 
Erhöhung einer alten Steuer aufs dreyfache, da solche unmöglich 
auf den Bauernstand gelegt werden kann, ebensowohl Sensation 
und Unzufriedenheit erregen und dennoch dem Druck nicht ab- 
helfen, unter welchem jetzt der Bauernstand erliegt und der 
durchaus gemildert werden mufs, wenn dieser Stand die Bildung 
und Liebe zu seinem neuen Yaterlande erhalten soll, durch die 
dem letzteren Südpreufsen gesichert und dieser neuen Provinz 
innere Kultur gegeben werden mufs. Ungleichheiten der Ab- 
gaben sind überdem jeder Statsverfassung nachteilig, die dem 
entgegengesetzte Behauptung, dafs diese Ungleichheit nur den 
erstem Besitzern fühlbar werde, für die Folge aber ganz gleich- 
gültig sey^ weil die onerirte Grundstüke nur mit ihrem freyen 
Werth ein Gegenstand des Commercii werden, hat nur Schein 
und hebt die nachteiligen Folgen unverhältnismäfsig verteilter 
Staatsabgaben nicht. 

Der Südpreufsische Aufstand hat das Klassiflkations- und 
Vermessnngsgeschäft gestört, welches sonst im künftigen Jahre 
hätte vollendet seyn können. Zu den Kosten waren bis 200,000 Fonds »nm 
Thlr. bewilligt; sie würden durch Gleichförmigkeit der Abgaben, tions-^a-Ver- 
4urch ihren Betrag und durch die topographischen militärischen "'^JJJgJf®' 
Karten reichlich gelohnt haben. — In der Zwischenzeit wurde 
interimistisch der pohlnische Steuerfüfs beybehalt«n; nur hatte 
•der König selbst der Geistlichkeit für den Besitz ihrer Güter ^^, ^^^ 
siait 10 und 20 Prozent 50 aufgelegt, die abw bey ?6"^&®o ^^^^JJJ^J^ct* 
Einkünften und zum Besten des Schulwesens und der Seelsorge ^* ^ 



832 Beilagen. 

<iie aber sehr auf die Yoihehgeu 10 pro Cent gemildert wurden. Irrthtimer 

*^^wu?den*'* ia den pohlnischen Steuer-Tarifs oder Lustrationen wurden sehr 

häufig entdeckt und immer berichtigt. 

b) Accise Um von der Akzise die lästigen Formalitäten zu yermeiden^ 

belegte man die Waaren beym Eingang in die Provinz mit be- 

v^dnflchen, trächtlichen Zöllen nnd liefe das innere Verkehr damit frey, so 

TiAchmche ^^ wenigstens vorerst keine Thor- Akzise stattfand; dagegen wurde 

Grenzzone boj dou Hauptconsumtionsartikelu Tranksteuer, Schlacht- 

die*Acci!e ^^^isc beybohalteu und regulirt. Zum Besten des städtischen 

nur bei den Gewcrbes wurdo selbst auf dem Lande vom Bier- und Brand- 

ston Ko^nsnm- weins-Debit die Tranksteuer der städtischen gleich in das neue 

* w°a*'äahrt* Steuersystem aufgenommen. — Ob es unter diesen Umständen 

das Land mit nicht vorthoilhafter sein würde, verschiedene und viele Städte 

ge^zogen Ucber zuT Kontribution und zum platten Lande zu ziehn; ob 

Ob alle Thor- nicht zur Erfüllung des Eontributionsertrags dennoch Thor- Akzise 

bebrt'werdeni'athsam und ob diese bey Städten ohne Mauern und Thore, ohne 

die^zukuDft Wohlstand, Geld, Gewerbe und Menschen auch nur möglich seyn, 

erweisen uud ihr Ertrag mit den Administrations - Kosten in Verhältnis 

stehen werde, würde die Zukunft entschieden haben. 
Laoten ^^ ^^^ Abgaben können auch andere Lasten, welche 

die preufsische Verfassung mit sich bringt, gerechnet werden. 
Vorspann Vorspauu War zum raschen Geschäftsbetrieb in SüdpreuDsen 
weniger als in andern Provinzen entbehrlich ; mehr als irgendwo 
wurden aber die Unterthanen gegen Milsbräuche gesichert nnd 
die Beamten deshalb eingeschränkt. Die Provinz erhielt sogleich 
^^^?egie-~ ein Vorspann-Beglement, das in den meisten nur noch frommer 
"summt" Wunsch ist. Das Vorspann wurde nach dem Satz anderer Pro- 
vinzen bezahlt, man beabsichtigte aber, ihn zum Besten der armen 
Unterthanen um Vs zu erhöhen. 

Leider nur erlaubte sich das Militär noch oft Eingriffe in 
die Civilverwaltung , indem es noch immer wie bei der Besiz- 
nahme Vorspann ohne Pässe forderte und nahm, oder wohl gar 
diese erteilte. 

Zur Erleichterung der Natural-Einquartirung vom 
Militär hatte zwar das Serviswesen noch nicht regulirt wer- 
den können; man beabsichtete aber diese Last auf das Land 
sowohl als auf die Städte zu verteilen und den Servis nach dem 
Plan hierzu Kontributionsfufs oder in den Städten mit der Akzise als dem 
Surrogat der Kontribution aufbringen zu lassen; hierdurch wären 
sowohl die Städte überhaupt erleichtert als Praegravationen ein- 
zelner Servispflichtiger vermiden. 

Überhaupt Nach dem Vorschlage des Finanzministers 
sollten alle Sachdepartements die Netto • Erträge ihrer Etats zu 
den Provinzial- Domänen -Gassen abliefern, ihm selbst aber von 
dem wirklich berechneten Brutto und Netto Nachricht geben, in 



Beilagen. 388 

der Absicht dadurch jederzeit die Übersicht sämtlicher Ertrags- 
zweige von Südpreufsen yor Angen haben zu können: ohne diese 
Übersicht kann über den inneren Wohlstand einer Provinz, die 
Fortschritte und Mängel in der Eultnr derselben sowie über die 
Möglichkeit für den Staat ohne Bedrakkung mehrere Vorteile 
ans denselben zn ziehen, nie richtig genrteilt werden : wenigstens 
wenn der Acciseertrag der Contribution znr Seite steht und 
gröstentheils das Surrogat derselben ist, dem Minister der Provinz 
entzogen bleibt. 

Während des interimistischen Steuersystems war es doch Bruttoein- 
möglich gewesen, die Bruttoeinnahme der Provinz auf 1 025 302 rond^derln- 
Thaler, also um 30 p. Ct. zu erhöhen; und es waren bierunter g^^J^^j^*^"^, 
von den einzelnen Sachdepartements sogar nur die Nettoerträge Systems 
begriflFen. Das neue Steuersystem würde sie bis auf 1882 713 „^eh^^em 
Thaler, also um 139 Prozent der pohlnischen erhöht haben. nenensteaer- 

Ausgabe. Sie betrug vom Generaletat 673 319 Thlr., also H^^e 
66 Prozent seiner Bruttoeinnahme. Hierunter waren aber nur 
346431 Thlr. oder 34 p. C. zur Administration wesentlich zu Admioi- 
326 888 Thlr., hingegen aber 32 Prozent zu wohlthätigen Ein- ^*"*'''° 
richtungen oder Meliorationen gehörig , auch würde sich dieses zu Meiiora- 
Verhältnifs durch den allmälig steigenden Ertrag zum Vorteil ***^°*^ 
des reinen Überschusses vermindert haben. 

Überschufs. Er betrug vom General-Etat 351982 Thlr. Ais über- 
oder 34 Prozent der Brutto-Einnahme. Da er ganz zu Verbesse- 
rungen des Landes bestimmt war, so verwendete der König von J*{?^^^?Jj^JJ 
dem Ertrage der Provinz in Südpreufsen 34 p. C. oder V» zu bestimmt 
ihrer Administration, 66 p. C. oder '/s zu ihren Meliorationen 
und behielt davon nicht das Mindeste. 

Die Meliorationskosten würden sich reichlich verzinset, nicht A^^Jrchten 
allein eine angebauete, bevölkerte, blühende Provinz, sondern fflr die za- 
auch den möglich höchsten Ertrag geliefert haben. ^ 

Alsdann und noch ehe dieser glückliche Zeitpunkt eintrat, 
beabsichtigte der Finanzminister den jährlichen Überschufs der 
Provinz Südpreufsen in einer Summe dem Könige für den Schatz 
abzuliefern und dadurch zu ersezzen, was die Kriege gegen Hol- 
land, Oestreich, Pohlen und Frankreich ihm entzogen haben. 
Südpreufsen sollte nicht zu theuer erkauft, es sollte ihnen und 
dem preufsischen Staate sogar Wohlthat seyn. 

Aus dieser Sphäre der Thätigkeit, von allen diesen Opera- 
tionen und Planen haben Verhältnisse den Finanzminister abge- 
rufen. Süfser ist es freylich, nüzliche Arbeiten nicht blos anzu- 
fangen, sondern auch zu vollenden, wohlthätige Pläne nicht blos 
zu entwerfen, sondern auch auszuführen. Süfs ist aber auch das 
Bewustseyn, nach bester Überzeugung das Gute gewollt und mit 
vollem Maafse der Kräfte es gethanr zu haben. Umstände können 



334 Beilagen. 

den besten Willen in der höchsten Thätigkeit hemmen , aber 
nicht der gestörte Erfolg, sondern die Absicht entscheidet. Nach 
ihr wird der rechtschaffene Staatsmann rahig sich selbst, nach 
ihr wird ihn das unbefangene Publiknm, nach ihr wird ihn die 
Nachwelt richten, und die Früchte seiner angefangenen Arbeiten 
werden das Urteil bestätigen. 

Geschrieben im September 1794. 



IL 

Tableau über die Finanz- und Folizey-Einricli- 

tungen in Südpreufsen \ 



Das jetzige Südpreuisen , so wie solches nach der neuesten Kurze Be- 
Theilung Fohlens zu einer Provinz des Königlich Preufsischen Iw Proyä^ 
Staats formirt worden, bestehet aus folgenden ehemaligen poll- 
nischen Districten, nehmlich aus den Woiwodschaften Posen incl. 
des Landes Fraustadt, Gnesen, Kaiisch, Sieradz incl. des Landes 
Wielun, einem sehr kleinen Theil der Woiwodschait Craucau, den 
Woiwodschaften Lenczic, Bawa, Brzesc, Inowraclaw und einem 
groJGsen Theil von Masovien und grenzt in dieser Ausdehnung 
mit Schlesien, der Neumark, dem Netzdistrikt, der Weichsel von 
Thom bis an den fiinflufs des Narew, dem Narew bis zur Ver- 
einigung des Bugs mit demselben, der von diesem Einflnfs bis 
zn dem Städtchen Swydri an der Weichsel oberhalb Warschau 
gegen West-GaJlizien in grader Bichtung zu ziehenden Grenz- 
linie der Weichsel bis an den Einflufs der Pilica in dieselbe, 
der Pilica bis in die Gegend der Stadt Koniecpol und dem neuen 
Grakauschen Antheil der zuletzt gemachten Acquisition. Es faüst 
höchstens 1300 Quadrat -Meilen, ungefähr drittehalb hundert 
Städte, nahe an 700 Dörfer und gegen anderthalb Millionen 
Menschen in sich, so dafs circa 1080 Menschen auf eine Quadrat- 
Meile kommen, welche Angaben deshalb noch nicht mit mehrerer 
Bestimmtheit zu machen möglich sind, weil nicht nur mehrere 
jetzige sogenannte Städte, ihrer äuikerst schlechten Beschafifenheit 
wegen, auch weil zum Theil ihr Stadt-Becht nicht gehörig fun- 
dirt ist, annoch in Dörfer verwandelt, sondern auch einige Dörfer, 
in denen blos städtische Gewerbe getrieben wird, zu Städte er- 



1) Geh. Südprenfs. Archiv Lit 0. 88. 



836 Beilagen. 

hoben werden sollen, weil ferner die Anfnahmen der Seelen- 
Tabelle noch nicht vollständig beendigt sind, anch die Provinz 
noch nicht durchgehends richtig vermessen ist, und hauptsäch- 
lich endlich, weil die Organisation des neuesten zu Südpreu£sen 
geschlagenen Districts erst jetzt im Gange ist. Die Provinz ist 
dem gröfsten Theile nach fruchtbar, auch stehet der Ackerbau 
auf einer ziemlich guten Stufe der Cultur, alle übrigen Zweige 
der Landwirthschaft sind indessen noch sehr weit zurück, so wie 
Wissenschaften, Künste, Handel, Fabricken und Gewerbe, mit 
sehr wenigen Ausnahmen in Warschau und den deutschen Grenz- 
städten, noch fast durchgängig auf den untersten Stufen der 
Cultur stehen. An Getreide, Holz, Schwarz -Tieh , Häuten und 
Wolle hat die Provinz zur Zeit noch Überflufs, an den mehresten 
andern, sowohl Handels-Artickeln als auch zum Theil ersten Be- 
dürfnissen, entweder Mangel; oder doch höchstens nur für den 
inneren Bedarf genug. Mineralien, etwas Eisen, was aber nicht 
hinlangt, abgerechnet, fehlen jetzt noch ganz, indessen sind kürz- 
lich Anzeigen gemacht worden, dafs in der Gegend bey Bawa 
vielleicht gute Erze und in einigen Oertern bey Warschau Spuren 
von Steinsalz anzutreffen wären, welches zu ferneren (Jnter- 
suchungen führen wird. An Strömen und sonstigen Gewässern, 
die sowohl das innere Handels- Verkehr als die Verbindung mit 
den angrenzenden Provinzen befördern können und die theils 
schon schiff- oder flöfsbar, theils aber auch noch dahin zu brin- 
gen sind, fehlt es nicht, und sind dies die Weichsel, Warta, 
Obra, Prosna, Piliza, Bsura und der Goplo-See. 
Einteilung Diose Proviuz hat behufs ihrer Finanz - Verwaltung drey 
in^'^Kammw- Krieges- uud Domäneu - Kammern , von welchen eine in Posen 
departementa ^jj^ eine in Warschau ihren Sitz hat, indefs die dritte, welche 
jetzt noch in Petrikau vorhanden ist, im künftigen Jahr nach 
Kaiisch verlegt werden wird. Sie sind bis auf wenige nicht er- 
hebliche Abänderungen ganz wie die Kammern in den altem 
Provinzen organisirt, und die ihnen zum Geschäfbskreis ange- 
wiesenen Departements sind wie dort in Ansehung des platten 
Landes in landräthliche Kreise und in Ansehung der Städte in 
steuerrätliche Inspektionen abgetheilt, so dafs 

1) das Posener Departement 17 Kreise und 6 Inspectionen, 

2) das Petrikauer und künftige Kalischer Departement 12 
Kreise und 3 Inspectionen und 

3) das Warschauer Departement 10 Kreise und 3 In- 
spectionen 

in sich fafst, von welchen beiliegende Tabelle das nähere Detail 
angiebt. Auf diese ihre Departements wirken die Kammern wie 
in den alten Provinzen, zunächst durch die Land- und Steuer- 
Bäthe, von denen den ersteren jedem ein Kreifs-Steuereinnehmer 



Beilagen. 887 

'tnr Erhebung und Berechnung der Abgaben und den letzteren 
jedem ein Ereis-Calculator zur Bearbeitung des Rechnungswesens 
untergeordnet ist, und von diesen beiden Arten der öffentlichen 
Beamten hat der Steuerrath die Magistrate in den Städten und 
der Landrath die Schulzen auf den Dörfern zu Unterbehörden, 
welche jetzt in dem alten Sfldpreufsen bejnahe völlig organisiret 
6ind, indefs in dem dazu gekommenen Theil der Acquisition schon 
mit Ernst daran gearbeitet wird. Zur allgemeinen Übersicht des 
Ganzen ist hier noch anzufahren, dafs in jedem Ort, wo eine 
Kammer etablirt ist, sich auch eine das Justizwesen respicirende 
Eegierung befindet, und dafs femer behufs der Erhebung der 
Zölle und der Consumtions- Steuer -Grefölle in den Städten drey 
Zoll- und Consumtions-Steuer-Directionen, in Posen, Kaiisch und 
Warschau nehmlich, etablirt sind. 

Das hauptsächlichste Geschäft, welches der Bearbeitung ^©^ j^nfe "^f^i 
Kammern in den Königlichen Provinzen, mithin auch in Süd- 
preufsen zur Pflicht gemacht worden, ist die allgemeine Landes- 
Polizey. Diese wichtige Partie der Staats -Verwaltung, welche 
als die Grundlage aller übrigen angesehen werden kann, war 
bey der ehemaligen pollnischen Begierung ganz yemachlässigt 
4ind mufs daher bey der nunmehrigen Landes- Administration bey- 
nahe völlig neu geschaffen werden. Bey der ersten Einrichtung 
der Provinz wurde darin manches verfehlt, und die dazwischen 
gekommene Insurrection brachte das, was etwa schon in Gang 
gekommen war, wieder völlig zurück, so dafs, wie auch bey der 
Wichtigkeit und dem Umfange des Gegenstandes nicht anders 
zu erwarten ist, hierin noch sehr viel fehlt, ohnerachtet mit un- 
unterbrochener Anstrengung immerfort daran gearbeitet wird. 
So ist, was die Erhaltung und Vermehrung der Bevölkerung an- 
betrifft, die Anstalt getroffen, dafs es an geschickten Aerzten^^^^^Jj^**' 
und Wundärzten, so wie an instruirten Hebammen, woran bis 
jetzt durchgängig Mangel war, femer in der Provinz nicht fehlen 
soll, indem jeder Kreis einen Kreis -Physicus und zwey Kreis- 
Ohirurgen bekommen wird, indefs an jedem Sitz der Kammern 
«in Hebammen -Institut etablirt ist und die Provincial-Collegia 
medica et sanitatis auch bereits organisiret sind. 

Diese Parthie wäre übrigens schon längst in Ordnung, wenn 
nicht das Ober-Collegium medicum in Berlin solche in Ansehung 
der Prüfung und Bestimmung der sich gemeldet habenden Sub- 
jecte verzögerte. 

Für die Anlagen guter Apotecken in Gegenden, wo daran 
Mangel ist, wird durch Unterstützung tüchtiger Subjecte, so weit 
es die freilich nur sehr sparsam zugeschnittenen Fonds erlauben, 
nach Möglichkeit gesorgt, und um die bisher so sehr häufig ge- 

Heyer, Gesdiichte Fosens. 22 



838 Bellagen. 

wesenen Epidemien unter dem Bindyieh zu vermindern, eine 
Sache, die für den Landmann von der äuTsersten Wichtigkeit ist, 
sind nicht nur gemessene Instructionen an die Land- und Steuer- 
räthe, wie sie dergleichen Fällen ihre ganze Thätigkeit widmen 
sollen, erlassen werden, sondern es ist auch bereits ein eigenes 
ganz f&r die Provinz passendes Yiehsterbe-Beglement publicirei 
und auch sonst nach Möglichkeit daffir gesorgt worden, dals der 
Landmann alle Mittel zur Abwendung dieses Übels anwenden 
kann. ^ 

HwretJSiSr ^^® öffentlichen Heerstrafsen wie auch sonstige 'Wege, Über- 
wege, über- fahrten und Brücken waren beynahe ganz unbrauchbar, wenigstens 
Bracken^^fast durchgchends nicht dem Zweck entsprechend, da die Unter- 
haltung, ja selbst oft die Bichtung derselben beynahe nur allein 
dem Willen jedes Territorial-Eigenthümers überlassen war. Dieser 
für militairische Operationen, den Postenlauf, Handel und Beisen 
jeder Art gleich wichtige Gegenstand beschäftigt daher besonders 
die gegenwärtige Landes- Administration , und es ist darin auch 
bereits vieles, sehr vieles geschehen, was jedoch nur der be- 
urtheilen kann, wer das Land vorher gekannt hat, da nehmlich 
eine Menge neue Brücken gebaut, theilweise Moräste ausgeschüttet, 
Hügel abgetragen und damit Gründe ausgefüUet, Wälder durch- 
gehauen, Abzugs-Graben gemacht, Wege näher geleitet und sehr 
viele Strafsen schon mit Bäumen, hauptsächlich Weiden besetzt 
sind. Inzwischen bleibt dabey noch immer viel zu thun übrige 
ehe alles durchgängig in Ordnung seyn wird, besonders da die 
Geringfügigkeit der öffentlichen Fonds keine grofse Aufopferung 
in diesem Punkt erlaubt, und da die Acquisition der Provinz 
zum Theil auch noch zu neu ist, um schon jetzt mit Zuverlässig- 
keit diejenigen Strafsen auswählen zu können, welche in der 
Zukunft entweder als Colonnenwege oder als Hauptcommerzial- 
Strafsen vorzügliche Aufmerksamkeit der Landes -Polizey ver- 
dienen. 
e)Fener- Eben SO schr, als die LandstraDsen , Brücken und Fähren, 
ansteiten ^^^^j^ ^^j ^^^ vorlgeu Begiemug auch die Mittel, welche so wohl 
zur Verhütung der Feuersgefahr, als auch zur Unterdrückung 
od^r Verminderung derselben, wenn sie unglücklicherweise doch 
eintritt, angewandt werden müssen, vernachlässigt. Man baute 
nähmlich, mit Ausnahme weniger Oerter und Gegenden der Pro- 
vinz, nicht nur in Stadt und Dorf flast ganz von Holz, sondern ea 
wurden auch sogar alle die Oerter in den Gebäuden, welche zu 
Feuerungen dienen, als Kamine, Schornstein, Küche etc., blos 
von Holz und ohne die mindeste Bücksicht auf Feuersicherheit 
aufgeführt, man ging mit brennendem Feuer oder Kohlen eben 
so leichtsinnig in jedem Winkel des Hauses herum, als man es 
vom Nachbar zu Nachbar und über ganze Strafisen trug» und 



Beilagen. 339 

kannte Feuerzeug oder Laternen kaum dem Namen nach. Es 
fehlte an Feuerspritzen, Feuereimem, Haacken, Leitern und son- 
stigen zum Löschen dienenden Instrumenten entweder ganz, oder 
es war doch nur sehr wenig davon und alles unyollständig da, 
und entstand denn, wie es leider häufig der Fall war und zum 
Theil noch ist, wirklich Feuer, so nahm man theils aus Mangel 
an Ordnung und Bekanntschaft mit den Bettungs- Anstalten, theils 
auch ans Aberglauben lieber seine Zuflucht zu Beschwörungen 
des Feuers oder Anrufung und Herumtragung irgend eines Hei- 
ligen, als dafs thätige Hülfe zum Löschen und Betten angewandt 
wurde. Gegen alle diese, leider nur zu tief eingewurzelte Übel,, 
zu deren gänzlichen Ausrottung indessen noch sehr viel Zeit er- 
fordert werden wird, ist nun von Landes -Polizey wegen bisher 
schon alles das gethan worden, was nach Lage der Umstände 
möglich war. Es ist nehmlich verordnet worden, dals kein HauTs 
mehr ohne massive Feuerungs-Oerter aufgebauet werden darf, 
auch sind, um schon stehende bewohnbare Häuser mit Ziegel- 
bedachung und massiven Schornsteinen, besonders in den Städten 
versehen zu lassen, Unterstützungen bewilliget worden, und da 
dies in vielen Gegenden der Provinz wegen Mangel an Dach und 
Mauersteinen noch nicht zu realisiren steht, so wird nach aller 
Möglichkeit für die Anlage von Ziegeleien gesorgt. Gegen das 
nnbehutsame Umgehen mit dem Feuer sind ernstliche Verfügungen 
erlassen, auch schon generelle Vorschriften gegeben worden, was 
bey entstandenem Feuer für Lösch- und Bettungsanstalten zu 
treffen sind, indefs daran gearbeitet wird, eine ganz complete 
Feuer-Ordnung zu publiciren, die bis in die kleinsten Details 
hineingreifen soll, und damit die Lösch- und Bettungsgeräth- 
schafiien, deren vollständige Anschaffung aller Orten befohlen ist, 
desto geschwinder complet in den gehörigen Stand kommen mögen, 
ist nicht nur jedem, der das Bürgerrecht in den Städten ge- 
winnen will, zur Pflicht gemacht worden, einen neuen ledernen 
Feuereimer zu liefern, sondern Seine Migestät haben auch be- 
willigt, dafs den Städten ans öffentlichen Fonds zur Anschaffung 
der nötigen groüsen Feuerspritzen etwas zu Hülfe gegeben werden 
kann, wie denn auch die Anschaffung der Laternen und Feuer- 
zeuge den Einwohnern möglichst eingeschärft wird. 

So wie bey Besitznahme der Provinz fast durchgehends alle <>) Meiiora- 
Städte statt bewohnbaren Häusern nur gröüstenteils mit Hütten A^aa^der 
bebauet waren, die weder zu ordentlichen Quartieren fOr das Mi- b^^'clf^^ 
litaire, noch zu Wohnungen für Offizianten und anziehende Colo- der ströme 
nisten taugtra, andere aber, zum Beyspiel Kaiisch, Lissa, Kolo, ^^chun" 
Bojanowo, entweder ganz oder zum Theil in Schutt und Asche ^genden^' 
lagen, so war von allen Strömen der Provinz mit Ausnahme der 
Weichsel kein einziger, wie es doch zur Erleichterung der Krieges- 

22* 



340 Beilagen. 

Operationen und des Handels-Yerkehrs äufserst nötig ist, schiff- 
bar and viele tausend hundert Morgen urbar zu machendes Land 
lagen in mehreren Gegenden der Provinz zerstreut, völlig ver- 
wildert da. Es mufste also an Verbesserungen aller dieser grolsen 
Übel gedacht werden; je weit umfassender aber diese Gregen- 
stände und je geringer die dazu verwendenden Fonds gegen den 
Bedarf sind, da, wenn man blos die Brandschäden und zwar nur 
allein in den Städten des Posner Kammer -Departements bald 
etabliren wollte, wenigstens eine Million dazu verwendet werden 
müTste, um so weniger sind bis jetzt schon grofse Fortschritte 
darin zu machen möglich gewesen. 

Es wird indessen sowohl durch landesherrliche Bauhfilfe als 
darch Abgaben-Erlalüs nicht nur in den obgedachten bey der Be- 
sitznahme niedergebrannt überkommenen Städten, sondern auch 
in denen, welche späterhin, wie z. B. Lenczic, Wielun, Eonin, 
Szulmierzic, das Unglück des Abbrennens betroffen hat, mit Ernst 
an dem Eetablissement derselben gearbeitet und in vielen an- 
deren Städten durch Aufmunterung und Unterstützung der Bau 
einzelner bewohnbarer Häuser nach und nach zu Stande gebracht, 
wobey angeführet werden mufs, dafs man gewifs schon merklich 
weiter mit allen diesen Betablissements vorgeschritten seyn würde, 
wenn nicht die erste Administration der Provinz so ansehnliche 
Summen auf Posen, welche Stadt es am wenigsten bedurfte, ver- 
wandt und für alle übrigen Städte gar nichts gethan als ge- 
schrieben hätte. Es wird femer an die Schiffbarmachung der 
Warthe stark gearbeitet, so dafs solche wahrscheinlich dieses 
Jahr bis Eolo hin völlig zu Stande kommen und dadurch gewifs 
neues Leben über manche Theile des Verkehrs verbreitet werden 
wird. Alsdann wird mit der Schiff- und Flöfsbarmachung der 
Prosna und mit Verbindung der Warthe und der Weichsel vermittelst 
des Goplo-Sees und des Bromberger Canals vorgegangen werden, 
womächst auch, so weit es die Umstände zulassen oder nötig 
machen werden, zur Aufräumung noch anderer Gewässer ge- 
schritten werden wird. An die Urbarmachung grofser wüster 
Gegenden ist ebenfalls schon gedacht, auch vieles schon dazu 
vorgearbeitet, und wird besonders die Anfräumung des Obra- 
flusses im Posner Eammer-Departement, sowie vielleicht auch der 
Bsura in der Gegend von Lenczic sehr vieles nutzbares Land ge- 
winnen lassen. 
e) Wieder- Es ist weltbekannt, in welchem schlechten Zustande sich in 
^^st&dte den neuesten Zeiten die Städte Polens, mithin auch des jetzigen 
\?schen^Ge-' ^^^P^®^^^®°^ befanden und dafs das so nöthige Gleichgewicht 
werbe zwischon Stadt und Land völlig zum Nachtheil der Städte ver- 
loren gegangen war. Manche städtische Gewerbe waren den 
Bürgern, wie z. B. in fast allen Erbstädten das Bierbrauen und 



Beilagen. 841 

Brandweinbrennen, durch List oder Gewalt ganz entrissen, andere 
mit nnerschwinglichen Dominialabgaben belastet nnd noch andere 
so eingeschränkt, dafs an kein Emporkommen derselben zn denken 
war, woraus denn die Folge entstand, dafs alle Industrie beynahe 
ganz erstarb, und wenn noch ein Schatten von stadtschen Ge* 
werbe existirte, so lag dies blos darin, dafs es bey der schlechten 
Finanzeinrichtung unter voriger Begier ung leicht war, den Staai 
in Ansehung der öffentlichen Abgaben zu hintergehen. Als daher 
nach der Besitznahme Ordnung in der Finanzverwaltung kam, 
und hauptsächlich die Zölle und Consumtions - Steuern nach den 
Tarifs richtig eingehoben wurden, so kamen die Städte immer 
tiefer in Verfall, und man mufste schnelle Vorkehrungen treffen» 
um sie yor dem gänzlichen Buin zu retten. Es wurde daher 
schon laugst daran gearbeitet, den Städten wieder Nahrung zu 
verschaffen, und sowie dies besonders schon dadurch geschehen 
ist, dafs denjenigen Städten, welchen die Bierbrau- und Brand- 
weinbrennerey*Gerechtigkeit mit List oder Gewalt entzogen wor- 
den, solche wieder gegeben werden mufs, so gehet man auch 
damit vor, alle Schank-Städte , welche so nahe bey den Städten 
liegen, dafs sie der städtischen Braunahrung Eintrag thun, auch 
den städtischen Abgaben zu unterwerfen, sowie die vielen auf 
dem Lande etablirten Schlächtereyen nach und nach aufzuheben 
und solche in die Städte zu verweisen, und endlich auch die 
Dominialabgaben von den Gewerben aller Art bis auf die Sätze 
zurückzuführen, welche die Dominia davon zu erheben legitimo 
modo berechtiget sind. Hierüber sind nicht nur die erfordere 
liehen Gesetze bereits publicirt, sondern auch besondere Commis- 
sionen zu Untersuchung und Ausführung dieser Sachen nieder- 
gesetzet, und damit auch theils die Industrie der Landeseinge- 
bornen durch Beispiele wieder belebt, theils aber auch dem 
Mangel tüchtiger Handwerker und Fabrikanten abgeholfen werde, 
so sucht man durch Bewilligung von Colonisten - Benefizien Aus- 
länder sowohl als auch Fabrikanten und Professionisten aus den 
alten Provinzen in die südpreufsischen Städte zu ziehen, und sind 
deren schon sehr viele in der Provinz angesetzt. 

Das südpreufsische Schulwesen ist gegen das in den ^Iten ^^^^^^^^^5 
Provinzen noch sehr weit zurück. Sehr vielen Städten und fast anstaiten 
allen Dörfern fehlt es zur Zeit noch an jeder Schulanstalt und 
nur in wenig gröfseren Städten existiren Überreste von ehe- 
maligen Jesuiten-Schulen, die aus dem Exiesuiten- Vermögen unter- 
halten werden nnd in ihrer Einrichtung noch voller Mängel sind. 
Die bessere Einrichtung des Schulwesens ist daher ein Haupt- 
Gegenstand der Aufmerksamkeit der Landes- Administration , und 
sowie man bisher schon wenigstens die auffallendsten Fehler 
abzuändern und zu verbessern gesucht, auch die Oeconomie dieser 



842 Beilagen. 

Schul* Anstalten zweckm&fsiger eingerichtet hat, so ist man, um 
darin noch weiter gehen und anch mehrere Schulen anlegen zu 
können, jetzt damit beschäftigt, nicht nnr das ganze in Süd- 
prenfsen befindliche Exiesoiten-Yermögen ganz genau auszumitteln, 
wozu man erst seit der Übernahme des Educations- Archivs in 
Warschau in Stand gekommen ist, sondern auch aUe Güter, 
welche sonst dem Orden gehört haben und die nach dessen Auf- 
hebung an adliche Familien gegen jährliche Zinszahlung in em- 
phiteutischen Besitz gegeben sind, von neuen classificiren zu 
lassen, damit deren Ertrag richtiger, als damals geschehen ist, 
ausgemittelt werden kann und der Schulfond dadurch mehrere 
Bevenuen gewinnt. 
^Getfrbe ^ Schou am Eingang dieses Tableaus ist davon Erwähnung ge- 
schehen, dafs Handel und die städtischen Gewerbe in der Pro- 
vinz noch sehr wenig bedeuten, und ein besonderer Artickel be- 
sagt, was zur Emporbringung der letztem theils schon geschehen 
ist, theils jetzt geschieht und noch geschehen wird. 

Über den Handel Sadpreufsens aber und dessen jetzige Bich- 
tung, sowie über die Mittel, solchen in bessern Schwung zu 
bringen, mufs hier noch etwas gesagt werden. Der innere Han- 
del wird sich durch Zunahme der Bevölkerung, durch das Empor- 
kommen der Städte und durch successive Anlegung von Fabriken 
und Manufacturen , welche das rohe Material verarbeiten, von 
selbst heben, und ist von diesem hier auch eigentlich nicht die 
Bede. Ebensowenig ist dies der Fall von dem Verkehr mit den 
alten königlichen Staaten, da solches durch die näheren Verhält- 
nisse, in welchen jetzt Südpreafsen mit diesen steht, immer leb- 
hafter werden mufs, sondern blos der Handel mit dem Auslände 
kommt hier in Betracht Dieser besteht hauptsächlich in Ge- 
treide und Holz und wird bis jetzt noch fast allein über die 
Eönigl. preufsischen Seestädte an der Ostsee getrieben. So 
lange Polen noch ein selbstständiges Beich war, liefe sich nicht 
besorgen, dafs solcher eine andere Bichtang nehmen könnte, jetzt 
aber, da Bofsland einen so grofsen Theil dieses Landes unter 
seinen Scepter gebracht hat, ist die Concurrenz desselben am 
Ostseehandel aus den Häfen Biga, Beval und Libau ebenfalls zu 
fürchten, jedoch auch lediglich nur dann, wenn die Ausfuhr aus 
den preufsischen Häfen an der Ostsee erschwert und die Zufuhr 
des Getreides und Holzes in die Seestädte nicht befördert wird. 
Ersteres hängt nicht vom Südpreufsischen Finanz- Departement 
ab, was das letztere aber anbetrifft, so ist bereits oben angeführt 
worden, dafs mit allen Kräften daran gearbeitet wird, durch 
Schiff- und Flöfsbarmachung der Ströme, sowie durch Etablirung 
guter Heerstrafsen den Transport aller Handelsprodukte zu er- 
leichtem, und es wird solches daher auf den Fall den so wich- 



Beilagen. 848 

ügen Holz- und Getreidehandel mehr heieben, auch dies den 
Holzhandel beträchtlich vermehren, wenn das Forstwesen Süd- 
preofsens erst eine bessere Einrichtung hat Ob nun gleich 
Sudpreufsen allein nicht im Stande ist, Danzig — als wohin 
hauptsächlich der dortige Getreidehandel geht — hinlänglich mit 
80 Tiel Getreide zu versorgen, als der Ausländer gewöhnlich dort 
abholt, sondern auch sehr vieles aus dem jetzigen österreichi- 
schen Antheil von Polen auf der Weichsel dorthin verschifft 
werden und daher besorgt werden könnte, dafs ein Ausfuhr- 
verbot von Seiten Österreichs auf diesem Wege gedachtem Han- 
del schaden könnte, so ist doch solches deshalb nicht zu fürchten,, 
weil ein anderer Weg, auf welchem die neuen österreichischen 
Provinzen ihren grofsen ÜberfluTs an Getreide aller Art absetzen 
könnten, gar nicht aufzufinden ist, da es an schiffbaren oder 
flöisbar zu machenden Strömen nach andern Seiten hin gänzlich 
fehlt und die benachbarten Gegenden selbst ÜberflulB an Getreide 
haben. 

Ein ferneres Hauptgeschäft der Kammern ist das Besteue- ^^^JJ^^J^ 
Tungswesen in der Provinz. Dies ist unstreitig eins der schwie- ^^^ ^^^^ 
rigsten Gegenstände der Staatsverwaltung. Vergeblich hat man herriioheiS^ 
sich bisher bemüht ein System zu finden, welches nicht neue ^^^^ 
Mängel und TJnvollkommenheiten nach sich zieht, indem es altem 
abhelfen will, und daher sind alle Neuerungen bei dieser Partie, 
als überhaupt in allen Gelegenheiten, die unmittelbaren EinfluTs 
auf das Eigenthum des Bürgers haben, äuDserst bedenklich, zumal 
«ine verjährte, zur Gewohnheit gewordene Unvollkommenheit und 
deren Druck einer Neuerung. Man fand sich daher bewogen zu 
Täthen, das alte Steuersystem beyzubehalten. Zii polnischen 
Zeiten bestanden die in den öffentlichen Schatz fliefsenden Ab- 
gaben in folgendem: 

1) das Bauchfangsgeld von jedem Schornsteine in der Pro- 
vinz, 

2) .10 pro Cent von dem Ertrage aller adlichen und städ- 
tischen ländlichen Possessionen, 

3) 20 pro Cent von den Bevenuen der Geistlichkeit, und 
auTser diesen gab die höhere Geistlichkeit noch eine Ab- 
gabe unter dem Namen subsidium charitativum, 

4) 50 pro Cent von dem Ertrage der Königlichen Güter, 

5) Kopfgeld von der Judenschafb ä 3 fl. polnisch von jedem 
männlichen Juden, 

6) die Zölle an den Grenzen und die Trank- und Schlacht- 
steuer vom Getränke und dem Schlachtvieh in den Städten 
und 

7) endlich die Bevenuen von dem Stempelpapier, dem Post- 
wesen und der Lotterie, wozu noch das Tabacksmonopol 



344 Beilagen. 

kam, welches letztere zwar hier nicht füglich mit in An- 
satz gebracht werden kann, da es gleich nach der Be- 
sitznahme cessirte; inzwischen wurde unsererseits dagegen» 
das Salzmonopol eingeführt, welches zum allermindestens 
als Surrogat des Tabacksmonopols angesehen werden kann. 
Diese Abgaben brachten im ersten Jahre nach der Besitz- 
nahme, im Etats- Jahr 1793/4 nehmlich, eine Einnahme von 

978 743 Thlr: 21 Gr. 4 Pf. 
ein, wogegen die Ausgabe in diesem Jahr 

626 761 Thlr. 18 Gr. 
betrugen, und mithin nur ein ÜberschuTs von 
351982 Thlr. 3 Gr. 4 Pf. 
y erblieb, wobey jedoch bemerkt werden mufs, daJB in dem Etat 
des General -Finanz -Departements nur die ob apecificirten Ab- 
gaben yon 1 bis incl. 5 ganz berechnet werden, indefs die Zölle,. 
Trank- und Schlachtsteuern zu den Gassen des Accise- und Zoll- 
Departements, die Stempel-Bevenuen zu den Gassen des General- 
Stempel-Departements, die Postgefalle zu den Gassen der General- 
Loterie-Administration und die Salzgefalle zur Seehandlungs-Gasse^ 
flielsen, von jedem der concemirenden Departements Sr. Majestät^ 
besonders berechnet und nur gewisse Aversional- Qnanta zum^ 
Südpreufsischen General-Etat gezahlt werden. 

Weil diese Abgaben nur so geringe waren und mit dem 
wachsenden Bedarf der Provinz, besonders wenn man auf die- 
nothwendige Einrichtung mehreren Militairs Backsicht nahm, in 
keinem Verhaltnifs stand, so wurde gleich nach der BesitznaJime- 
eine Glassifikation eingeleitet, um den richtigen Ertrag der Re- 
venuen jedes Steuerpflichtigen zu wissen und darauf eine Er- 
höhung der Grundsteuern zu gründen. Diese Glassifikation dauerte 
nur bis zam Ausbruch der Insurrection und dann überzeugte man^ 
sich, dalB dieselbe nicht fortdauern könne, sondern es vorzüg- 
licher sey, bis zu einer bessern Stimmung der Nation einen 
interimistischen Steuerfufs zu regoliren. Im Etats -Jahr t794/& 
blieb also noch alles auf dem alten FuTs; da man aber nunmehr 
schon Gelegenheit hatte, die fehlerhaften polnischen Abgabe- 
Tarifs besser zu rectificiren, so betrug die Einnahme in diesem 
Jahre 

992 641 Thlr. 3 Gr. 7 Pf., 
wogegen sich aber die Ausgaben höher, nehmlich auf 

651850 Thlr. 2 Gr. 
beliefen, und daher nur ein Überschuls von 

340 791 Thlr. 1 Gr. 7 Pf. 
verblieb. Mit dem Etatsjahr 1795/6 aber nahm man eine Er- 
höhung der Abgaben in der Art vor, daüa 



BeUagen. 845 

1) die Steuer von allen ländlichen Possessionen von 10 auf 
24 pro Cent gesetzt, 

2) die Abgaben von Königlichen G&tem noch um 20 pro 
Cent erhöhet und 

3) alle diejenigen Geistlichen, welche 2000 fl. polnisch und 
mehr Einnahme hatten, zu einer Abgabe von 50 pro Cent, 
jedoch gegen Erlassung des subsidii charitativi gezogen 
wurden, wogegen 

a) alle solchen Geistlichen, die nur 500 fl. polnische Ein-r 
künfte haben, ganz abgabenfrey bleiben, 

b) diejenigen Geistlichen, welche zwischen 500 und 2000 fl. 
Einkünfte haben, nur 10 pro Cent entrichten, und 

c) eine gleiche Abgabe auch nur bey allen zu milden 
Stiftungen bestimmten Fonds statt findet. 

4) Die Juden*Eopfsteuer wurde von 3 fl. poln. bis auf 10 fl. 
poln. unter dem Namen-Becruten-Geld erhöhet, dabey aber 
bestimmt, dafs nur alle männlichen Juden von 14 bis 16 
Jahren derselben unterworfen seyn sollen. 

Mit allen übrigen Abgaben blieb es völlig beym Alten, aulser 
dalls noch das mit dem ländlichen Bauchfongsgeld zugleich er* 
hobene sogenannte Ledergeld, eine Abgabe von sehr geringer 
Erheblichkeit, erlassen wurde. 

Nach dieser Erhöhung betrug die sogenannte Einnahme im 
Etats-Jahr 1795/6 

1257012 Thlr. 23 gr. 6f Pf., 
die Ausgabe dagegen schon wieder mehr, nehmlich 

697153 Thlr. 23 Gr. 10 Pf., 
indessen blieb doch nun schon ein ÜberschuTs von 

559 858 Thlr. 23 Gr. 8f Pf. 
und im gegenwärtigen Etats -Jahr dürfte sich die Einnahme, 
welches jedoch noch nicht ganz beurteilet werden kann, weil die 
neue zu Südprenfsen gekommene Acquisicion noch nicht völlig 
organisiret ist und die ohnge&hr das wieder ersetzet, was von 
dem bisherigen Südprenfsen hat abgegeben werden müssen, viel- 
leicht schon auf anderthalb Millionen Thaler belaufen, wogegen 
die Ausgabe und der Überschufs noch nicht mit voller Sicher- 
heit zu bestimmen ist Im künftigen Etats -Jahr wird indessen 
die Einnahme noch mehr steigen und so von Jahr zu Jahr noch 
eine geraume Zeit lang wachsen, weil nunmehr Domainen-Be- 
venuen entstehen und diese sich natürlich in der ersten Zeit von 
Jahr zu Jahr mehren werden, auch das nunmehr bald auf schle- 
sischen Fufs eingerichtete Cassen- und Bechnungswesen völlige 
Ordnung und Pünktlichkeit bis in die kleinsten Theile der Finanz- 
verwaltung bringen wird. 



846 Beilagen. 

Doinam«n- Die Domauien, deren oben erwähnt worden ist und wolche 
^i6hang^?r' ^^l^o^> mit Ausnahme einiger weniger seit kurzen in Seqnestra- 
^nnd^^' ut- ^^^^ gehabter Güter in der Proyinz noch gar nicht existirten, 
licSen Gflter werden nunmehr durch die Einziehung sämtlicher K(hiiglichen 
und (Geistlichen Güter entstehen. Diese Operation ist von Sr. Ma- 
jestät Ällerhöchstselbst verfügt, auf den Vorschlag des südprenüsi- 
schen General -Finanz «Departements, um solche sowohl für die 
Königlichen Gassen weniger lästig, als auch für die zeitigen Be- 
sitzer der Güter nach Möglichkeit schonend zn machen, aber ge- 
nehmigt worden, daTs selbige nicht, wie Anfangs befohlen war, 
auf einmal, sondern nur nach und nach vor sich gehen soll, 
und es wird daher, obgleich vom 10. October d. J. an alle 
Königliche und Geistliche Güter virürkliche Domainen werden, nur 
mit der Einziehung und Übernahme in eigene Administration 
denen gleich verfahren, deren Besitzer, es sei aus welchem 
Grunde es wolle, au&erhalb Landes sind, wogegen die übrigen 
Starosten oder andern Lebtagsbesitzer Königlicher Güter und 
Geistlichen noch so lange unter gewissen Bestimmungen als 
Pächter gleichsam in Besitz der Güter bleiben, bis es einerseits 
die Königlichen Gassen -Umstände, andererseits aber auch das 
anderweite Unterkommen der jetzigen Possessoren erlauben, auch 
diese sämtlich nach und nach in Administration zu nehmen. Um 
dieses Einziehungs-G^schäfb gehörig prompt und zweckmäfsig zu 
Stande zu bringen, sind aus der Mitte jeder Kammer drej eigene 
Gommissionen in Posen, Petrikau und Warschau dazu niedergesetzt, 
welche unter Direction des General-Finanz-Departements ihre Ar- 
beiten schon angefangen haben. Nach dem ihnen dazu vorge- 
schriebenen Plan soll das Domainen- Wesen dergestalt eingerichtet 
werden, dafs eine gewisse unbestimmte Anzahl in einem gehörigen 
Arrondissement belegenen Königlichen und Geistlichen Gütern 
ein Amt oder eine Intendantur bilden sollen, deren jeder eia 
tüchtiger Oeconom und Intendant vorgesetzt werden wird. Dieser 
Intendant bewirthschaftet selbst das auszuzählende Hauptgut, 
welches so belegen sejn mufs, dafs kein einziges zur Intendantur 
gehöriges Dorf über 2 Meilen davon entfernt Uegt, entweder als 
Pächter oder Administrator unter Stellung einer hinlänglichen 
Gaution, so wie er auch das Bierbrauen und Brandweinbrennen 
in der ganzen Intendantur administriren mufs, und bekommt der- 
selbe einen Justiciarium, Actuarium und Landreuter resp. zur 
Seite und unter sich. 

Alle übrigen zur Intendantur gehörigen Dörfer werden aber 
und zwar so viel als möglich einzeln, um dem armen südprenfisi- 
sehen Adel Gelegenheit zum Unterkommen zu verschaffen, ver- 
pachtet, und sowie es des Intendanten Pflicht ist, diese Pächter 
wegen ihrer guten Wirthschafts- Führung, ordentlicher Instand- 



Beilagen. 347 

haltnng der Gebäude und Inventarien und zweckmäüsiger Behand- 
lung der üntertbanen stets in Au&icht zu halten, ihnen auch in 
Ansehung der Wirthschafts-Führung selbst auf dem in eigener 
^ewlrthschaftung habenden Hanptgute mit lehrreichem Beyspiel 
vorzugehen, so steht er wieder unter der Oberaufsicht eines 
Eammerratbs , deren im jeden Eammerdepartement einige ange- 
stellt sind und von denen jeder eine gewisse Anzahl von Inten- 
danturen zur Inspektion bekommen wird, sowie sie bisher schon 
den Starosten und Geistlichen zur Controlle in der Wirtschafts- 
Führung dienten. Die zeitigen Besitzer der Königlichen und 
Geistlichen Güter erhalten f&r den ihnen entzogenen Natural- 
Besitz einen Theil des durch richtige Veranschlagung auszu- 
mittelnden Ertrages der Güter unter dem Namen der Oompetenz, 
und zwar die Geistlichen für immer, die Starosten etc. aber nur 
so lange, als ihnen der Besitz der Königlichen Güter zugesichert 
war, wogegen jedem Stift und Kloster zur Erleichterung ihrer 
Subsistenz ein Vorwerk in Erbpacht überlassen bleibt, indefs 
sonst keine von den einzuziehenden Gütern weiter in Erbpacht 
ausgethan werden sollen als solche, die entweder für eine Zeit- 
pacht zu unbedeutend oder aber so belegen sind ,^ dafs sie nicht 
füglich in das Arrondissement einer Intendantur gezogen werden 
können. Die Competenz wird nach folgenden Grundsätzen be- 
stimmt: es werden nebmlich von dem durch Veranschlagung aus- 
zumittelnden Ertrage der Güter abgezogen: 

1) Die Steuern, welche bey Königlichen Gütern gleich den 
adlichen auf 24 und bey Geistlichen auf 50 pro Cent 
bestimmt sind, 

2) zu den Administrations-Kosten, die nun dem Besitzer nicht 
mehr zur Last fallen, 5 prc. und 

3) zur Unterhaltung der Gebäude und Inventarien, wie auch 
zur Bestreitung der Kreislasten, als Fourage-Lieferung etc. 
10 prc. Den auf solche Art noch bleibenden Ueberrest 
des Ertrages bekommt aber der Competenz-Berechtigte. 

Die den Kammern zur Bearbeitung anvertrauten Gegenstände 
des Militair- Wesens sind auch in Südpreufsen gerade von dem 
Umfange wie in den alten Provinzen, und ohnerachtet aller dabey 
vorgekommenen grofsen Schwierigkeiten, worunter auch hier der 
Mangel an hinlänglichen Fonds mit zu rechnen ist, schon ent- 
weder ganz eingerichtet oder doch der Vollendung ihrer Ein- 
richtung nahe. 

So ist das Oanton- Wesen in dem alten Südpreufsen ganz, in ^^^^en°' 
der neuen Acquisition, welche dazugekommen ist, aber schon zum 
Theil, und zwar durchgängig auf den Fufs eingerichtet, wie es 
in den alten Provinzen stattfindet. 

Femer sind die Friedens-Garnisonen der zur Besatzung der ^>.^?JJJJJJ- 



848 Beilagen. 

Provinz bestimmten Trappen bereits reguliret, viele Haupt- und 
Thorwachen, anch Lazarethe schon entweder nen gebaut oder 
zum Gebrauch in Stand gesetzet, indefs man mit dem Bau oder 
Beparatar einer Menge anderer noch beschäftigt ist. Fast alle 
erforderliche Wach - und Lazareth - Utensilien , Gewehrmicken, 
Schilderhäuser, desgleichen ein sehr grofser Theil yon Lager- 
stellen sind angeschafft, auch die Casernen in Warschau gröfsten- 
theils fertig, und mit unverminderter Thätigkeit wird, so weit e» 
nur die Localität erlaubt, daran gearbeitet, die Häuser und Stal- 
lungen in den Städten, welche mit Garnison belegt sind, in einen 
bessern Stand zu setzen. 
c) Einquar- Die schlcchte Beschaffenheit fast aller Südpreulsischen Städte 
^we^e? hat bisher freilich der Einquartierung wegen zu vielen Beschwer- 
den, sowohl von Seiten des Militairsf, welches über Mangel und 
Bequemlichkeit, als auch hauptsächlich von Seiten des Stadt- 
Bewohners, welcher über Bedrückung klagte, Anlafs gegeben,, 
dafs hier und da, oft aus Nothwendigkeit, manchmal aber auch 
aus Eigenmacht, viele Praegravationen in dieser Sache entstan- 
den sind. Schon hat sich aber durch rastloses Bestreben der 
Landes- Administration, nach Möglichkeit alle Beschwerden, die 
zu ihrer Kenntnifs gelangen, zu heben, sehr vieles hierunter ge- 
geben, und es ist nicht zu zweiflen, dafs, wenn die in Südpreufsen 
so äufserst schwierige Servis- Einrichtung, wie nunmehr binnen 
kurzem zu hoffen steht, beendigt ist, alsdann vollend alles, wa& 
diesen Gegenstand anbetrifft, ins Gleichgewicht kommen wird. 
d) Trappen- Jq Ansehung der Truppen- Verpflegung durch Fourage ist 
^*'weS!?*^* zwar zur Zeit noch kein unumstöfsliches festes Eegulatif , da 
diese Angelegenheit unter einen mit dem Servis -Wesen abge- 
macht werden soll. 

Die ehemaligen grofsen Praegravationen in dieser Sache von 
den Zeiten der Besitznahme an bis nach dem Ende der Insur- 
rektion, welche die Folge einer grenzenlosen Unordnung waren, 
sind indessen nunmehr schon gänzlich verschwunden, man hat 
durch Aufnahme der Bealitäten - Tabellen sich in Stand gesetzt, 
eine richtige Bepartition der Lieferung auf die Grundbesitzer zu 
machen, gewissenlose Ofßcianten, die sich bey der ersten Be- 
setzung der Stellen mit eingeschlichen hatten und dem Einsassen 
entweder mehr, als verlangt wurde, abforderten, oder die ihm 
zustehende Bonification zurückhielten, sind cassirt, die Unter- 
thanen über das, was sie zu leisten oder zu empfangen haben, 
belehret und die bisherigen vorgekommenen Bedrückungen durch 
mancherley zweckmäfsige Anstalten, wenn nicht unmöglich, doch 
sehr leicht zu entdecken gemacht worden. Um auch bey schnellen 
Ereignissen oder bey Mifswachs mit der Verpflegung nicht im 
Blofsen zu sein, sind schon Vorraths-Magazine etablirt, die alle 



Beilagen. 349 

noch erst ihre rechte Festigkeit erhallen und dem Zwecke ganz 
entsprechend gemacht werden sollen. 

Zur Beförderung der Märsche des Militairs wird, wie bereits e) Marseii- 
oben gesagt, für die Instandsetzung und Unterhaltung der Wege, ^' wlsen"^ 
Brücken, Fähren und Dämme mit aller Anstrengung gesorgt. 
Die Land- und Steuerräthe sind fiber das, was sie bey Märschen 
zu thun haben, vollständig instruirt, und erst ganz kürzlich sind 
in den Emissen(?) zur Assistence der Landräthe Marsch -Com- 
missarien aus dem eingebornen Adel gesetzt worden. 

So ist auch das Vorspann- Wesen, insoweit es bey Märschen 
vorkommt, völlig im Gange, und hat überhaupt das Vorspann- 
wesen in der Provinz nicht nur jetzt schon beynahe ganz eint 
der schlesischen Art ähnliche Einrichtung bekommen, sondern 
man hat auch die Verfügung, welche noch in keiner Provinz 
existirt, getroffen, dafs der Unterthan gleich nach geleistetem 
Vorspann, wenn er die erhaltene Quittung producirt, im Steuer- 
Amt seine Bezahlung erhalten kann, welches ungemein gute Sen- 
sation bey dem Landmann in Südpreufsen macht, wie dieser denn 
nunmehr auch das Vorspann - Reglement durch Belehrungen der 
Landes- Administrationen näher kennen lernt, und daher die sonst 
so häufig vorgekommenen unbefugten Vorspann -Erschleichungen 
oder gar Erpressungen immer seltner werden, besonders da auch 
das Militair jetzt in diesem Punkt strenger auf die Befolgung 
der Königlichen Vorschriften hält. 

Ein ganz besonders wichtiger Gegenstand der Aufinerksam- Jaaenwesen 
keit und der Arbeiten der Landes -Administration ist die Begu- 
lierung des Judenwesens in Südpreufsen. Die Zahl der Juden 
in dieser Provinz ist, wie weltbekannt, sehr grofs, und man kann 
sie gewifs für den achten Theil der ganzen Bevölkerung anneh- 
men. Ihre Verfassung ist hier von der in den alten Provinzen 
völlig verschieden, sie treiben beynahe alle Handwerke, sind in 
Ansehung des Handels jeder Art fast uneingeschränkt gewesen 
und haben zum Theil beinahe den Handel ganz allein in ihrer 
Hand gehabt, wobey man dies gestehen mufs, dafs sie unter 
allen Landeseingebomen, die Abkömmlinge der deutschen Colo- 
nisten in den Grenzstätten abgerechnet, beiweiten die mehreste 
Industrie besitzen, wie sie denn auch, wenn man ihre Privilegien 
erwegt, beinahe das volle Bürgerrecht im Staate genossen haben. 
Becht sowohl als Billigkeit und Politik, ja sogar das Beste der 
Finanzen erfordern ihre complette Conservation in der Provinz, 
allein auf der andern Seite ist es auch nicht zu leugnen, daDs, 
80 wie die Juden schon bey der vorigen polnischen Regierung 
dem Emporkommen manches Gewerbes dem christlichen Bürger 
hinderlich waren, solches jetzt bei Einführung der Königlichen 
Preuisischen Verfassung noch mehr der Fall seyn müfste, wenn 



8B0 Beilagen. 

das Jadenwesen nicht eine andere Bichtnng bekäme. Schon ist 
manches, freilich nur als Paliativ in dieser Hinsicht gethan und 
noch mehreres zur Ausführung eines künftigen General -Plans 
Torgearbeitei Inzwischen ist diese Materie eben so wichtig fftr 
das Ganze, als in sich verwickelt, und es gehört daher Zeit und 
reife Überlegung dazu, um dieses grofse Geschäft ganz zu Stande 
zu bringen. 
Forstwesen Das Forstwesen ist in Südpreuijsen ebenfalls Ton greiser Er- 
heblichkeit. Von Seiten des General-Finanz-Departements ist in 
Bücksicht dieser Branche alles geschehen, was die Umstände und 
namentlich die bisherige einseitige MitwOrkung des General-Forst- 
Departements haben erlauben wollen. Es ist jedoch nicht zu 
läugnen, dafs die ganzen Südpreufsischen Forsten, welche bejnahe 
eine Million Morgen Land betragen, bisher noch nicht so viel 
gebracht haben, dafs ein einziger Forstbedienter daraus hätte 
salariret werden können. Man hat vielmehr zu diesem allen 
aus den Provincial- Gassen die Yorschfisse übernehmen müssen. 
Dies wäre freilich nicht nothwenig gewesen, wenn von Seiten 
des Forstdepartements nur Unterbedienten angesetzt und die hoch 
salarirten Officianten so lange zurück gelassen worden wären, bis 
die Forsten wenigstens Salarien eingebracht und hinlänglichen 
Stoff zu einer Bechnungsführung gegeben hätten. Überdies liegt 
der geringe Fortgang der Forstadministration nicht so ganz in 
der Beschaffenheit der Forsten und des Landes selbst, sondern 
vielmehr in dem Mangel einer näheren Anleitung, welche jetzt, 
da auch diese Branche mit dem Finanz -Departement vereinigt 
ist^ erfolgen soll. Vorläufig ist ein sicherer Holz- Absatz nach 
Posen und Warschau eingeleitet und werden nach und nach alle 
zu Flöfsungen dienliche Flüsse geräumet werden. 

Dies wäre nun so ungefihr eine Skizze von dem jetzigen 
Zustand der Provinz Südpreufsen in Finanz- und polizeilicher 
Bücksicht, wobey jedoch noch anzuführen ist, dals auch das Ge* 
neral-Finanz-Departement alles, was zum Justizwesen gehört, in 
der Provinz in Ordnung zu bringen unterstützt hat, so dals das 
Hypothekenwesen, die Etablirung von Inquisitoriaten und die 
Anstellung von Untergerichten in vollem Gange sind; auch hat 
man neuerlich, um eine Menge Prozesse zu coupiren und das in 
der Provinz so sehr häufig streitige Territorial -Eigenthum auf 
eine schnellere Art sicher zu machen, besondere Grenz -Gommis- 
sionen etablirt, welche aus Mitgliedern der Begienmgen und 
Kammern und aus Landes - Eingebomen vom Adel zusammen*' 
gesetzt sind, um alle Grenzstreitigkeiten so viel als möglich in 
Güte abzumachen. 

Es wird femer dafür gesorgt, der Nation die Begiemug be* 
liebt zu machen, und sucht man daher nicht nur Mitglieder der- 



Beilagen. 851 

selben in die Landes -CoUegien zu ziehen, sondern es ist ihr 
auch die Wahl ihrer Landräthe überlassen worden, wie denn 
dem armen Adel, welcher vorher bey der National-Cavallerie als 
Taworzis sein Brod hatte, jetzt Gelegenheit gegeben worden ist, 
unter gleicher Benennung und Verhältnis bey der leichten Ca- 
vallerie in Dienst zu kommen, und das schon errichtete Cadetten- 
Institut zu Kaiisch hilft dem armen Adel gleichfalls in Er- 
ziehung seiner Kinder; auch sucht man durch den möglichst 
vervielfältigten Gebrauch der polnischen Sprache sich den Landes- 
eingebomen immer mehr zu nahern und sie sich näher zu 
bringen. 

Hoym. 



Register. 



Meyer, Geschiclit« Fosens. 23 



Ablösungsorduung 207. 
Acciaedirektion 184. 148. 
Adalbert, Der heil. 12. 13. 26. 48. 

49. 78. 
Adel 31. 39ff. 46. 
^deluan 237. 240. 
.AixtjG 44 

Albert, Palatin 60. 
Albrecht I., Herzog von Preufsen 

85. 
d'Alembert 132. 

Alexander, König von Polen 38. 
Altboyen 105. 

Altenbergen, Kloster 48. 49. 
Andreas, Bischof von Posen 47. 

51. 65. 77. 

— von Bnin 82. 
Anhalt 186. 
Anzeigepflicht 156 ff. 
Apotheker 22. 
Aqoila, Matthias 85. 
Anitnra 43. 

Argenan (Gniewkowo) 19. 37. 
Arianer 103. 
Armenwesen 155 ff. 
Amswalde 24. 
Ascherbude 104. 
Askankalis 32. 
Askrik 48. 

Assessorialgerichte 118. 
Assignaten 208. 
▼. Anerswald, Minister 227. 
Aufstände 202. 218 ff. 219 ff. 
August IL, König von Polen 101. 
107. 

— m., König Yon Polen 91. 
Augustiner 52. 

Augustus, röm. Kaiser 6. 



Ausfuhr 76ff. 
Ausgrabungen 8. 



Backgerechtigkeit 58. 

Baden 136. 

Badstuben 61. 

Bärsdorf 105. 

Bäuerliche Verhältnisse 206ff. 

Balduin, Locator von Powidz 60. 

61. 
Bar, Konföderation von 126. 
Baricz 50. 
Barnim, Herzog von Pommern 21. 

22. 23. 24. 
Bartsch, FluJfs 4. 5. 6. 50. 
Basiliusorden 182. 
Baszko, Godyslaw, Chronist 78. 
Batory, Stefan 86. 87. 
Bauchwitz 105. 
Bayern 10. 
Beamte 43. 
Beden 38. 58. 

Bedermann, Thomas, Rektor 18. 
Beinamen 40. 
Beisetzun g der Leichen 8. 
Benedikt AlV., Papst 214. 
— , Bischof von Posen 13. 85. 
— , Schüler des h. Bomuald 48. 
Benediktiner 48. 
Bentschen 23. 71. 82. 

Burg 21. 45. 67. 
Bergwerke 38. 
BerBn 164. 202. 210. 216. 217. 

219 ff. 232 ff. 
Bemsteinhandel 6. 
Berwinski, Schriftsteller 220. 
Besiedelung 55. 

23» 



356 



Register. 



Bessow (Coronowo\ Kloster 51. 

74. 75. 
Betsche 209. 
V. Beurmann, Oberpräsident 220. 

226. 
V. Beyer, Geh. Kabinettsrat 196. 
Bialomowski 166. 
Bialosliwe, Domänenamt 135. 
Bialystock 182. 188. 
Bialystocker Gebiet 203. 
Bibel, polnische 82. 
Biberfang 42. 50. 
Bibliotheken 102. 
Bidschow 85. 
Biechow 22. 

Kastellane! 45. 
Bielinski, Kammerpräsident 202. 
Birnbaum 105. 

Kreis 228. 232. 239. 
V. Bischofswerder, General 194. 

195. 197. 
Biesen, Kloster 48. 51. 
Blociszewo 103. 
V. Blücher, General 193. 196. 
V. Blumen, General 237. 
Blutbann 66. 
Bnin: 

Kastellane! 45. 

Schlofs 20. 22. 

Andreas von 82. 
Bobrowinci 43. 
Böhmen 5. 

Böhmische Gemeinden 182. 
Bogufal, Bischof von Posen 21. 

22. 65. 68. 
Boguslanowo 105. 

Boguslaw, Herzog von Pommern 

24. 
Bojanowo 100. 102. 183. 199. 

Pfarrkirche 102. 
Bojanowski 85. 105. 
Boleslaw I. (der Kühne) 4. 11. 

12. 13. 26. 42. 

— II, der Beherzte 47. 

— III., Schiefmund 4. 14. 15. 17. 
44. 45. 48. 63. 66. 

— , Sohn Leszeks von Krakau 19. 
— , Herzog von Grofspoleu 22. 

23. 25. 

— , Sohn Heinrichs II. von Schle- 
sien 21. 

— I., Herzog von Böhmen 10. 
Boleslawice 45. 

Bolko, Sohn des Wladyslaw Lo- 
kietek 27. 



Bomst 88. 

-^, Kreis 232. 

Bona feodalia 40. 

Borziwoi, mähr. Prinz 20. 21. 

Borzykowo, Synode zu 18. 

Bozata 51. 

Braciszewo 59. 

Brahe 5. 143. 

Brandeis 85. 

Brandenburg, Mark 11. 23. 24. 

25. 27. 30. 31. 143. 
Branicki, Weihbischof 88. 
Braunsber^ 86. 

Jesuitenkolleg 154. 
Braunschweig 136. 
V. Brederlow 25. 
V. Brenkenhof , Kammerdirektor 

127. 131 ff. 
Breslau 6. 60. 72. 76. 104. 

Bistum 12. 

Fürstenthum 17. 

Sandstiffc 59. 
Bretislaw, Herzog von Böhmen 

13. 53. 66. 
Brieg 4. 
Brodoänke 61. 
Bromberg 5. 6. 28. 31. 37. 92. 

105. 165. 207. 226. 232. 

Domänenamt 135. 

Generallandschaftsdirektion 146. 

Hofi^ericht 150. 

Jesuitenkolleg 154. 

Johanniter 52. 

Kreis 228. 

Kriegs- und Domänenkammer 
134. 

Landgestüt 141. 

Landvogteigericht 150. 

Regierungskommission 205. 
Bronis 50. 

Brown, Bürgermeister 228. 
Brückenregal 38. 
Brüder, böhmische 85 ff. 97. 100. 
— , barmherzige 180. 
Brüderunität 183. 
Brühl, Graf 91. 
Brze^d, Friede von 32. 
— , Bischof von 182. 
— , Heinrich v., Untermundschenk 

60. 
Buch, das schwarze 198. 
V. Buchholz, Oberpräsident 166. 

187. 195. 
Budsin 127. 
V. Büren, Oberst 166. 



Begister. 



357 



Bürgerwehr 226. 229. 

Bug 166. 

V. Buggenhagen 173. 200. 



€. 

Cäsar, Jul. 6. 
Calbe, Kloster 11. 
Caligula, römischer Kaiser 7. 
Cammin 134. 

Domänenamt 135. 
V. Carmer, Grofskanzler 168. 195. 
Castrenses (praesidiarii) 52. 
Catanabruch 189. 
Chlumec 85. 
Choinica opole 43. 
Ciofani, Abb^ 180. 
Cisterzienserklöster 48 ff. 74. 
•Claudius, rÖm. Kaiser 7. 
Cluny, Kloster 48. 
Code Napoleon 203. 
V. Coelln, Kriegsrat 196. 
Colbatz, Kloster 23. 
Colloquium (Landtag) 38. 
V. Colomb, General 230. 231. 
Comenius, Arnos 100. 
Constantinus, Slavenapostel 8. 
Cromer, Historiker 110. 
Crossen 4. 6. 
Cybina 52. 
Czaplinek 30. 

Czamecki, Stefan, Wojwode 88. 
Gzarnikau 5. 6. 14. 15. 22. 53. 

150. 

Herrschaft 127. 

Kastellanei 45. 

Kreis 228. 
Czamkowski 105. 
Czamotek 237. 
Czenstochau 163. 
Czersk 6. 

Czesnik (Schenk) 44. 
Czolo 43. 



Dänemark 136. 

Daniel, Fürst von Galizien 19. 
T. Dankelmanu, Minister 164. 192. 
Danzig 12. 24. 26. 27. 28. 71. 76. 

83. 91. 128. 143. 147. 

Burg 28. 
Dapiferi 43. 
Davoust, Marschall 202. 



V. Dazur, Assessor 228. 

Dedz, Peter, Loeator von Bo- 

gasen 61. 
Deutscher Orden 25. 27. 28. 30. 

32. 71. 
Deutsehland 55 ff. 
Deutsch-Krone 24. 31. 104. 134. 

Domänenamt 135. 

Stadtgericht 150. 
Dietrich, Markgraf 11. 
V. Diettert, Oberst 166. 
Diöcesäneinteilung 155. 
— grenzen 46. 
Dirschau 147. 
Dobiegniewo 50. 
Dobrilug, Kloster 48. 51. 
— , Neu- 51. 
Dobrzyn 30. 

—er Land 31. 33. 127. 163. 
Dobrzynka 45. 
Dörfer, deutsche 55 ff. 
— , polnische 43. 58. 
Dohnasches Corps 92. 
Dojca 50. 
Dolmetscher 44. 
Domänenämter 135. 
Domänenjustizämter 150. 176. 
Domarat, Generalstar ost 31. 32. 

70. 
Dombrowski, General 165. 201 ff. 

213. 
V. Domhardt, Oberpräsident 131ff. 

159. 
Dominikanerklöster 49, 81. 
Dominikusmarkt 65. 
Donau 6. 
Dorfflur 57. 
Dorfgericht 57. 
Drage 23. 24. 30. 
Draheim 30. 
Dramburg 23. 

Dransen, Grofs- und Klein- 104. 
Dresden 203. 
Drewenz 127. 
Driesen 23. 31. 143. 

Burg 32. 

Kastellanei 45. 

Schlacht bei 14. 
Druscovo 50. 
Dubienka 165. 
Dubin 45. 
Dubravka, Gemahlin Meskos L 

10. 11. 
Duesberg, Geh. Oberjustizrat 216. 
V. Dunin, Erzbischof von Posen 

213 ff. 



Register. 



V. Duncker, Greneral 230. 
Dosden, Peter von, Lokator von 

Nakel 61. 67. 
Dyhemfarth 4. 5. 6. 
D2dal7n8ki, Titos, Graf 202. 213. 
Dzierzykraj, Graf, Kastellan 70. 



Eckert, Abgeordneter 232. 
EdukationskommisBion 183. 184. 
Eicbar, Balthasar 100. 
Eichberg 104. 
Einfuhr 76 ff. 
Eingangszölle 189. 
Einwanderung der Deutschen 55 ff. 

105 ff. 
Eisenprobe 46. 
Eibbrüche 131. 
Elbe 7. 37. 
Elbmg 143. 147. 
Elementarschulen 211. 
Elisabeth, Gemahlin Przemysls 

von Grofspolen 21. 
— , Mutter König Ludwigs von 

Ungarn 30. 
Endorf, Christoph 83. 
England 76. 136. 225. 
Erbgüter 40. 
Erbrecht 150. 
Erbschaftsgeld 194. 
Erbunterthänigkeit 189. 
Erbvogteieo 61. 
ErenMed, Pfalzgraf 13. 
Ermland 86. 147. 
Essmann 220. 
Etrusker 6. 
Eulau 12. 

Eustachius, Graf 51. 
Evergetenbund 197. 
Exin 60. 61. 66. 109. 127. 150. 

238. 
Ezpeditio (Heeresfolge) 57. 



F. 

Fahnenträger (namiestnik, vezü- 

lifer) 44. 
Falkner 42. 
Familiengräber 9. 
— namen 40. 
Feodales 40. 
Fermor, General 90. 
Peuda 40. 



Ferdinand, Prinz von PreuTsen 

204. 
Fersen, General 166. 
Fefsler, Ignaz 197. 198. 
Feuerbrände 198. 
Feuerprobe 46. 
FUehne 24. 53. 150. 

Burg 14. 15. 59. 127. 150. 

Herrschaft 127. 226. 

Kastellanei 45. 
Finanzcomitee 218. 
Finanzwesen 190. 
Fischerei 61. 141. 
Fischereiregal 38. 
Flatow 31. 150. 
Fleischbänke 61. 
v. Flottwell, Oberpräsident 215. 
Fordon 28. 88. 150. 

Accise- und Zollcürektion 134. 
148. 
Forstämter 177. 
Forstwesen 142 ff. 176 ff. 
Franken 136. 

V. Frankeuber^, Präsident 216. 
Frankfurt a. M. 228. 

— a. 0. 24. 72. 76. 183. 
Frankreich 136. 225. 
Franz I., Kaiser 91. 
Franziskanerklöster 49. 
Frauenburg 159. 

Fraustadt 63. 64. 90ff. 101. 102: 

106. 109. 183. 208. 226. 

Jesuiten 102. 

Kirche zum Kripplein Christi 
102. 

Kirchenbibliothek 102. 

Kreis 184. 228. 232. 239. 

Leinenindustrie 199. 

Magdeburger Recht 106. 

Neustadt 107. 

Zollstätte 72. 
Freimaurer 197. 213. 
Freischarencorps 225. 
Friedland, Mark.- 150. 
Friedensgerichte 205. 
Friedrich I., Kaiser 16. 

— der Grofse 90. 91. 92. 127. 
130 ff. 

— , Landgraf von Hessen -Kassel 
88. 

— August, König von Sachsen 
203. 

— Wilhelm 1., König von Preufsen 
102. 

— — 11., König von Preufsen 
168. 185 ff. 



Regster. 



85» 



Friedrich Wilhelm III., König 
von Preufsen 198. 218. 

IV., König von Preufsen 

218. 

Promholz, Geistlicher 220. 

Prondienste 43. 57. 

Fulko, Erzbischof von Gnesen 
22. 77. 

Fulstein 105. 



G. 

Oäbel, Oberlehrer 227. 

Oärtnerlehranstalt 211. 

Oaiewski, Albert 103. 

Oalizien 225. 

GfiUus, Martinas s. Martinas 10. 

Oartenbaa 141. 

Gartz 71. 

Oassenälteste. jüdische 200. 

Oaudentias (Badim), Erzbischof 

von Gnesen 12. 
Geldbufsen 46. 
Geldzinsen 38. 
Geleit 38. 
Oemeindegräber 8. 
Oemeinden, böhmische 182. 
Gemeinheitsteilong 138. 
Generalkonfoderation zu Badom 

125. 
Generallandschaft 146. 
Gerichtsbarkeit, geistliche 157. 
Gerichtsdelegationen 150. 
Gerichtsordnung des Herz. War- 
schau 208. 
Gerichtssprache 150. 
GerichtsverfiEussung , altpolnische 

45. 46. 
— der deutschen Städte 57. 
— - des Netzedistrikts 150 ff. 
Gero, Markgraf 9. 
Gertrud, Äbtissin von Trebnitz 

51. 
Geschützmeister 65. 
G^treidezinsen 38. 
Giecz (Gedec) 13. 22. 53. 

Kastellanei 45. 
Olatz 6. 197. 

Olebowski, Oberstlieutenant 166. 
Ologau (Grofs-) 4. 6. 16. 18. 29. 

58. 71. 91. 

Fürstentum 17. 18. 63. 
Olova (Mordbufse) 46. 
Gneisenau, Feldmarschall 213. 
«Gnesen 5. 10. 12. 13. 18. 20. 22. 



26. 27. 29. 53. 91 66. 88. 109. 

166. 207. 240. 

Augustinerkloster 1^6. 

Burg 17. 45. 66. 

Domkirche 29. 66. 

Franziskanerkloster 49. 

Georgskirche 10. 60. 

GralmiAl des heil. Adidbert 12. 

Klarissinnen 52. 

Laurentiuskirche 66. 

Nikolaikirche 16. 

Portal der Domkirche 54. 

Spital zum heil. Grabe 66. 

Spital der Templer 77. 

Sjnodalstatuten 41. 77. 

Vorstadt 66. 

Woiwodschaft 163. 

Zollstätte 66. 
Gnevomir, Herr von CzamSkau 

14. 
Gniewkowo (Argenau) 81. 

Domänenamt 135. 
Godlevo 50. 
Göme, Minister 194. 
Goldbeck, Grofskanzler 188. 189. 

190. 195. 198. 
— , dessen Sohn, Kammerdirektor 

195. 196. 
Gollantsch 88. 89. 127. 
Gonsawa 60. 127. 

Landtag zu 19. 
Gonsawka 5. 6. 
Gopleniza 4. 
Goplosee 4. 15. 127. 
Gorca 50. 
Gorka 83. 104. 
— , Andreas 85. 
— , Lukas 88. 
— , Stanislaus 115. 
Goslowski 220. 
Gosteoove W. 
Gostyn 5. 6. 199. 240. 
— , Nikolaus, Ginf von 60. 
— , Philippinerkloster 236. 
Gottesurteile 46. 
Grabe, KammerdirdLtor 172. 
Grabow 240. 
Gräberfunde 8. 9. 
Grätz 200. 237. 
Gramsdorf 105. 
Gratialgüter 134. 194. 
Graudenz, JesuitenkoUegium 154. 
Gregor VH., Papst 47. 
Gregor von Samter, Rektor 78. 
Greifswaid 171. 
Griechen 6. 



Register. 



Griechische nicht unierte EJrche 

182. 
Grodgerichte 118. 
Grodno 166. 166. 167. 
Gromadcino 50. 
Grudzinski 87. 
— , Sigismund 98. 
GründuDg deutscher Dörfer 57 ff. 

Städte 60ff. 

Grünfier 104. 

Grüssau, Kloster 75. 

Grundsteuer (poradhie) 43. 

— zins 58. 

Grzymala 31. 

Guben 71. 

— , Thomas von 64. 

Güter, geistliche 159. 

Güterverschleuderung 193 ff. 

Guhrau 100. 

Gulakowski , Kammerpräsident 

202. 
Guntersberg 25. 
Gurkowo 127. 
Gurschen 103. 



Haff, kurisches 6. 

Halle 183. 

Hamburg 71. 

Hammer 104. 

Handelsverkehr 71. 

Handelswege 5. 6. 

Hannover 136. 

Hansfelde 104. 

V. Hardenberg, Staatskanzler 211ff. 

Harlem, Kammerpräsident 166. 

Haugwitz 195. 

Hausleutner, Apotheker 232. 

de la Haye de Launay, Geh. Fi- 
nanzrat 148. 

Hector von Brzesc, Unt6rmund- 
schenk 60. 

Hedwig, Gemahlin Wladyslaw Ja- 
gellos ^1. 32. 82. 

Hedwig, Äbtissin von Owinsk 50. 

Heeresfolge (expeditio) 57. 

Hegendorf, Christoph, Rektor zu 
Posen 78. 

Heinrich n., Kaiser 12. 48. 67. 71. 

— HI., Kaiser 13. 

— , Herzog von Bayern 10. 

— I., der Bärtige, Herzog von 
Schlesien 17. 19. 21. 22. 59. 
62. 66. 67. 



Heinrich II., der Fromme, Herzog 
von Schlesien 21. 

— IV. von Breslau 25. 26. 

— von Glogau 26. 52. 

— von Sendomir 4. 

— -, Sohn Wladyslaw Lokietek» 

27. 
— , Prinz, Bruder Friedrichs d. Gr» 

132. 

— von Valois 86. 
— , Graf 60. 

— , Hauptmann zu Nakel 28. 
Heinrichau, Kloster 59. 75. 
Heiratssteuer 201. 
Held, Heinr. Ludw. v., Assessor 

197. 198. 
Hermann, Lokator von Kostrzyn 

61. 
Hermon, Urban 85. 
Hermstadt 5. 
Hessen 136. 

Hieronymus von Prag 82. 
Hirschberg 197. 
V. Hirschfeld, General 235. 
Hochzeit 134. 
Hodo, Markgraf 10. 
Hörige 42. 
Hofgericht 150. 
Hofrichter 57. 
Hofsteuer (podworowe) 43. 
Hoheitsrechte der Fürsten 38 ff. 

— der Bischöfe 47. 48. 
HoUändereien 139. 189. 
Holland 136. 

Holzschuher, Oberlehrer 227. 
Homagialeid der Geistlichen 155. 
Honorius III., Papst 19. 
Hosius, Bischof von Ermland 86. 
V. Hoym, Minister 168 ff. 
Hülsensches Corps 92. 
Hufenzins 57. 

Hufs 82. 
Hybema 118. 
Hypothekenwesen 192 ff. 



Igelström, russ. General 165. 
Ilwa 8. Eulau. 
Immunitätsrecht 20. 41. 
Ingenheim, Gräfin 186. 
Innocenz H., Papst 47. 
— m., Papst 38. 
Inowrazlaw 29. 37. 72. 89. 127. 
128. 134. 140. 150. 



Register. 



Inowrazlaw : 

Domänenamt 135. 

Kreis 228. 

Stadtgericht 150. 

Wojwodschaft 153. 
InsurgenteDgüter, Einziehung ders. 

193. 
Intendanturen 175. 176. 
Israel, Georg 85. 
Itelien 136. 302. 
Iwan I., Wasilijewitsch 33. 



J. 

Jablonowski, Fürst 196. 
Jablonski , Oberhofprediger zu 

Berlin 101. 
Jägermeister (venator) 44. 
Jagdregal 20. 38. 61. 
Jalob, Erzbischof Yon Gnesen 16. 
Janiszewski, Regens 220. 
Jankendorf 105. 
Janussius, Erzbischof von Gnesen 

43. 60. 
Jaratschewo 240. 
Jarochowski, Landschaftsdirektor 

220. 
Jaroslawietz, Konvention Yon 231. 

235. 
Jarotschin 240. 
Jasiniec 50. 60. 
Jelinga, GemiJilin des Wladyslaw 

Odonicz 19. 
Jemsko 51. 

Jesuiten 86 f. 97 f. 154. 
Joachim I., Kurfürst von Branden- 
burg 113. 
Johann XXII., Papst 81. 
— , König von Böhmen 29. 
— , Sohn Heinrichs von Glogau 

27. 
— , Erzbischof von Gnesen 49. 
— , Bischof von Posen 60. 65. 
— , Kastellan von Meseritz 51. 

— Albrecht, König von Polen 33. 

— Kasimir, König von Polen 87. 
126. 

Johannes, Schüler des heil. Ro- 

muald 48. 
— , Lokator von Exin 61. 
— , Lokator von Rogasen. 
Johanniterorden 30. 

— in Bromberg 52. 
Johnstone, Johann 100. 101. 
Jordan, Bischof von Posen 10. 



Jordt, Oberst 92. 

Juden 54. 70. 91. 112 f. 149. 199. 

200. 208 f. 
Judenreglement, General- 200. 
Judenschutzgeld 191. 
Judenstatut Herz. Boleslaws 54. 

55. 
— von 1833 210. 
Judenverfolgungen 75. 112 f. 
Judenzeichen 75. 
Jus militale (Ritterrecht) 41. 
Jutroschin 100. 102. 239. 



Kadlubek, Vincenz 10. 

Kämmerer 45. 46. 

KaUsch 3. 5. 6. 7. 17. 18. 20. 22. 

27. 29. 62. 66. 

Bezirk 37. 

Departement 204. 

Friede von 30. 

Kastellanei 45. 

Niederlage 77. 

Schlofs 18. 19. 25. 

Wojwodschaft 87. 126. 153. 163. 
Kamionk£^ 45. 
Kanzleramt 44. 
Karczewo 29. 
Karge 105. 
Karl der Grofse 8. 

— X., König von Schweden 87. 
126. 

— XII., König von Schweden 89. 

— von HohenzoUem, Bischof von 
Ermland 154. 

V. Karpowitz, Bischof von Wygry 
181. 

Kasimir der Grofse, König von 
Polen 41. 54. 68. 69. 70. 74. 
75. 95. 

— , König von Polen 33. 

— , Sohn Meskos II., Herzog von 
Polen 13. 14. 

— , Sohn Boleslaws III. 17. 

— , Herzog von Kujavien 29. 60. 

— , — von Ratibor 19. 

— , — von Stettin- Wolgast 31. 

Kastellaneien 44. 45. 

Katharina U., Kaiserin von Rufs- 
land 125 f. 161 f. 167. 

Kaufhäuser 63. 

Kay, Treffen bei 92. 

Kazimierz, Vorstadt von Krakau 
82. 



862 



Regifter. 



Kempen 239. 240. 

Kerst, Schuldirektor 227. 232. 

239. 
Kielkowo 60. 
Kirche, katholische 

ihr Verhältnis zum Staat 46 f. 

Reform der kirchl. Verhältnisse 
nach der ersten polnischen 
Teilung 150 f. 

Reform der kirchl. Verhältnisse 
nach der dritten Teilung 180 f. 
— , griechisch-unierte 182. 
— , ffriechich-nichtunierte 182. 
Kirchenstreit mit Erzbischof Du- 
nin 214 f. 
Klarenberg 163. 
Klarissinnen zu Gnesen 52. 
Klecko 29. 240. 
Kleczewo 71. 
Klodowo 71. 
Klöster 154 f. 180 f. 211. 

Augustiner 52. 

Benediktmer 48. 49. 

Cisterzienser 49 f. 

Dominikaner 49. 

Franziskaner 49. 

Klarissinnen 52. 
Kmetonen 42 f. ^ 

Knade, Jakob, Dominicaner 83. 
Kobylagora 240. 
Königsberg i. d. N. 23. 
— i. Pr. 183. 
Köpnitz 45. 
Kolberg 217. 218. 

Bistum. 12. 
Kolmar i. P. 127. 

Kreis 228. 
Kolo 5. 7. 
Kolonisation, deutsche 55 ff. 104 ff. 

173 ff. 
Konarski, Adam, Bischof von 

Posen 97. 
Konarszewo 50. 
Konföderation 161. 162. 
Konin 5. 29. 
Konitz : 

Jesuitenkollegium 154. 
Konrad III., Kaiser 16. 
— , von Masovien 19. 26. 
— , Sohn des Wladyslaw Lokietek 

27. 
— , Lokator von Schrimm 61. 
Konsistorium der Lutheraner 182. 
Konstanze , Gemahlin Markgraf 

Konrads 23. 
Konvokationsreichstag 86. 



Kord 105. 

Koronowo 37 (s. a. Bessow). 

Kloster 51. 60. 75. 

Domänenamt 135. 
Korytan, Johann 85. 
Koschmin 236. 240. 
Koscielecki, Bischof von Posen 97. 
Kosciusko 165. 166. 167. 202. 
Kosinsky, Greneral 212. 
Kosten 88. 109. 199. 240. 

Kastellanei 45. 
Kostrzyn 29. 60. 
Kotten 104. 
Krajna s. Nakel. 
Krake witz s. Leberentz. 
Krakau 15. 25. 29. 84. 126. 167. 

Bistum 12. 

Rechtsoberhof, deutscher 70. 

Universität 78. 82. 
Krasicki, Bischof von Ermland 

159. 
£uraszewski 239. 
Krauthofer, Anwalt 220. 
Kreditbank, westpreufs. 146 ff. 
Kriewen 60. 

Kastellanei 45. 
Kröben: 

Kastellanei 45. 

Kreis 228. . 
Krojanke 150. 
Krolanski 85. 
Krone s. Deutsch- und Polnisch- 

Krone. 
Kroyczyce 166. 
Krossen 63. 68. 71. 
Krotaczkowski, Stanislaus 103. 
Krotoschin 194. 196. 200. 239. 
Krugregal 38. 
Kruschwitz 15. 28. 37. 47. 53. 88. 

Domänenamt 135. 

Schlofs 88. 
Krutle 50. 
Krzyfzkowo 16. 
Küddow 24. 30. 45. 143. 
Küstrin 14. 22. 23. 
Kujawiaken 237. 
Kujawien 30. 37. 127. 163. 

Bischof von 39. 153. 
Kulm 154. 

Seminar 154. 
Kulmerland 30. 
Kupfer, Rittergutsbes. 232. 
Kurisches Haff 6. 
Kumik 109. 
Kutno 71. 
Kwieciszewo 150. 



Register. 



Labischin 127. 150. 165. 

Kloster 165. 
Lacken, polnische 76. 
L^d: 
Kastellanei 45. 
Kloster 60. 74. 
L^dek 60. 

Lambrecht, Lokator von Zdony 
61. ^ 

Landessteuem 41. 
Landgerichte 118. 
Landratsämter 134. 205. 
Landrecht, allgem. 192. 
Landsberg a. d. W. 23. 72. 
Landschulen 184. 
Landvogteigerichte 150. 
Laskonogi (Dünnbein) s. Wladys- 

law. 
Laskowitz 6. 
Lafogüter 207. 
Lafswitz 182. 
Latalski, Johann, Bischof von 

Posen 83. 
Laubegast 59. 
Lebehnke : 

Domäuenamt 135. 
V. Leberenz gen. Krackewitz, Stall- 
meister 196. 
Lebus 27. 
Land 18. 
Schlofs 18. 23. 
Lederfabrikation 199. 
Legion, pohlische 202. 
Lehnin, Kloster 48. 50. 
Leibeigenschaft 136. 206. 
— , Aufhebung der 189. 203. 
Leinenindustrie 199. 
Leipzig 76. 78. 

V. Leipziger, Hauptmann 197. 198. 
Leitomischl 85. 
Lekno 53. 240. 
Kloster 48. 50. 60. 
Markt 50. 
Schenke 50. 
Lenczyc : 

Synode 82. 84. 
Woiwodschaft 126. 163. 
Leo A., Papst 84. 
Lesczynski 85. 100. 
Boguslaw 101. 
Bafael 100. 
Stanislaus 101. 
Leszek, Neffe Meskos 11. 17. 19. 
— , der Schwarze 25. 
Leubus, Kloster 55. 59. 67. 



Libar, Erzpriester 198. 

Liberum veto 161. 

Lichtenau, Gräfin 193. 

Liebenau 27. 

Liegnitz 21.| 

Linz 6. 

Lippehne 23. 

Lipski 85. 

Lissmanini 86. 

Lissa i. P. 89. 90. 100. 101. 200. 

208. 226. 

Böhm. Gemeinde 183. 

Gymnasium 183. 211. 

Johanniskirche 101. 

Schule lOOff: 

— , jüdische 200. 

Spital 100. 101. 
Litauen 33. 126. 

Litewski, Bischof von Brzesö 182. 
Lobsens 150. 
Lobsonka 5. 
Low, Professor 228. 
Loskaufgelder 206. 
Lowicz 71. 180 202. 
Lubin, Kloster 49. 60. 
Lubinski, Graf 195. 
Lubnice 60. 
Lubranski , Job. , Bischof von 

Posen 78. 
Lucchesini, Marchese 196. 
Ludwig, König von Ungarn und 

Polen 30. 31. 
— , Markgraf von Brandenburg 30. 
Lübeck 71. 

Lüttichau, Graf 194. 196. 
Luise, Fürstin Badziwil, geb. 

Prinz, von Preufsen 204. 
Lukasch 104. 
Luschwitz 103. 
Lustrationskommission 171. 
Lutemberg, Otto v., Deutsch- 

ordenscomtur 28. 
Lutheraner 182. 
Luxemburg 31. 
Lygier 7. 



Mach von Sion 85. 
Maciejowice 166. 
Madalinski, General 165. 166. 
Mähren 6. 

Grofsmährisches Reich 8. 
Magdeburg 10. 12. 47. 48. 62. 

Citadelle 198. 



Register. 



Magistratseerichte 150. 

Malachowski, Graf, Marschall 202. 

Marcinkowo 19. 

Margonin 127. 150. 

Maria, Tochter König Ludwigs 

31. 
Marienburg: 

Jesuitenkolleg 154. 
Mariensee s. Wielen. 
Marienwerder 132. 136. 

Oberhof- und Landesgericht 150. 
Marktgeld (targowe) 43. 72. 
Marktregal 38. 
MarktzoTl 61. 
Martin, Ritter 52. 
Martinus Gallus 10. 42. 
Mascove 51. 
Masowien 13. 176. 
Massel 6. 7. 
Mateme, Ingenieur 131. 
Maulbeerpflfluizungen 191. 
Mechlin 59. 
Mecklenburg 15. 136. 
Mediatstädte 189. 208. 
Meissen 28. 
Menken, Geh. Kabinettsrat 191. 

192. 
Meseritz 5. 12. 23. 24. 27. 53. 67. 

68. 71. 103. 227. 

Benediktinerabtei 12. 48. 

Burg 21. 25. 45. 

Kastellanei 45. 

Kirche des h. Adalbert 49. 

Kreis 184. 228. 232. 239. 
Mesko I., Herzog von Polen 9. 

10. 11. 66. 
— n., Herzog von Polen 13. 17. 
Mestwin, Herzog Yon Pommerellen 

24. 26. 
Methodus, Slavenapostel 8. 
Metropolitanrechte 47. 
Michelau 30. 
Miczlecki, Domherr 104. 
Miechow 66. 
Mieltschin 240. 
Mielzynski, Matthias, Graf 220. 

239. 
Mieroslawski 219. 225. 230. 237. 

238. 
Mieszkow 240. 
Mietzel 14. 
Militärgerichte 150. 
Militsch 197. 
Miloslaw 231. 237. 240. 
Mislacovo 50.* 
Mixstadt 240. 



Modena, Wilhelm v., päpstlicher 

Gesandter 21. 
V. MöUendorf, General 162 ff. 
Mo|ihio 60. 127. 150. 

Domänenamt 135. 

Kloster 60. 

Lehrerseminar 211. 
Monatsschrift für Gesetzeskunde 

192. 
Mongolenschlacht (b. Liegnitz) 21. 
Montecasino 48. 
Moraczewski, Historiker 220. 
Morawsky 212. j 
MordbuTse (glova) 46. 
Mosberg 28. 

Moskau, Grofsfiirstentum 33. 
Mrotschen 60. 

Domänenamt 135. 
Mszyog, Pommernfürst 67. 
Müglitz 10. 
Mühlenre^ 38. 
Münze in Slupce 47. 48. 
Münzfunde 6. 
Münzgeld 38. 39. 
Münzregal 20. 38. 39. 
Murowana Goslin 92. 
Mursinno, Domänenamt 135. 



Näherrecht 150. 

Nakel 14. 15. 22. 24. 28. 29. 31. 

32. 53. 59. 60. 61. 66. 67. 91. 

109. 150. 

Burg 67. 

Domänenamt 135. 

Kastellanei 45. 
Nalencz 21. 

Namiestnik (^Fahnenträger) 44. 
Napoleon L 202. 203. 
Nassil 51. 

Nationalcomitee, polnisches 210ff. 
Nationalversammlung (Frankfurt) 

232. 235. 238. 240. 
Neisse, Fiufs 11. 
Nero, röm. Kaiser 7. 
Netze 5. 6. 14. 15. 24. 25. 30. 37. 

45. 127. 

Bruch 128. 

Distrikt 130 ff. 226. 234. 239. 

Kanal 139. 207. 
Neuhof: 

Domänenamt 135. 

Starostei 105. 
Neumark 32. 



i 



Register. 



Neuostpreufsen 167. 180. 200. 
Neuschlesien 167. 
Neustadt a. d. Pilica 189. 

— a. d. Warthe 235. 237. 240. 
Niederlande 76. 
Niemojewski 220. 

Nieslufs 45. 
Niessewice : 

Domänenamt 135. 
Nikolaus, Graf, Schatzmeister 51. 

— V. Gostyn 60. 
Nogat 37. 148. 
Nominationsrecht 153. 
Norbert, Erzbischof von Magde- 
burg 47. 

Nowgorod 33. 
Nowidwor 193. 

Nowodworski, Adam, Bischof von 
Posen 111. 



O. 

Oberhof- und Landesgericht (zu 

Marienwerder) 150. 
Oberpolizeikommission 188. 
Obersitzko 5. 
Obomik 5. 45. 92. 228. 

Kreis 112. 239. 
Obra, Flufs 5. 6. 21. 22. 24. 26. 

27. 45. 50. 68. 

Kloster 48. 60. 
Obstbau 141. 

Oda, Gemahlin Meskos I. 11. 
Oder 4. 5. 6. 11. 23. 24. 27. 37. 

68. 71. 
Qdonicz s. Wladyslaw. 
Österreich 116. 
Ofen: 

Synode zu 75. 
Ofiara 173. 191. 
Olbium 6. 
Olesnicki, Zbigniew, Bischof von 

Krakau 82. 
Oliva, Kloster 27. 
Olobok 7. 25. 50. 72. 

Flufs 50. 

Kloster 50. 60. 
Opalinski 85. 87. 
Opola 43. 44. 45. 
Oppeln 4. 
Orla 45. 72. 
Osieczno 50. 
Osielsk 6. 
Ossa 7. 
V. Osten 25. 



Ostrorog 72. 85. 

— , Jakob 85. 

Ostrowo 5. 6. 22. 53. 237 

Gymnasium 211. 

Kastellanei 45. 
Ostrowski, Propst 236. 
Ostsee 1. 7. 
Otto I, Kaiser 10. 

— II., Kaiser 10.: 

— III., Kaiser 10. 12. 66. 
—, Markgraf 23. 30. 67. 

— , Herzog von Pommern 24. 

— d. Heil., Bischof von Bamberg 
77. 

Owinsk, Kloster 50. 51. 



P. 

Paklitz 27. 

Pakosch 60. 

Palacz, Dorfschulze 220. 

Palatin 44. 

Paluki, Kastellanei 45. 

Panciernicy 117. 118. 

Panigrodz 50. 60. 

Paradies : 

Kloster 48. 51. 59. 

Lehrerseminar 211. 
Passio s. Adalberti 12. 48. 49. 78. 
Paterkulus, Matthias 85. 
Patriarchengericht der Juden 200. 
Patrimonialgerichte 150. 
Patronatsrecht 153. 
Paulinus , Bischof von Posen 13. 

50. 
Pax dissidentium 86. 
Peisem 29. 66. 

Gebiet 20. 22. 184. 

Kreis 204. 
Pelplin, Abt von 27. 
Pest 101. 

Petersburg 167. 182. 
Petrikau 166. 

Kammerdepartement 168. 

Reichstag 74. 84. 
Pfalz 141. 
Pferdezucht 140. 
Pflugsteuer (poradlne) 43. 
Pforta, Kloster 18. 58. 
Pfuel, General v. 238. 239. 
PiHca 16. 189. 
Pincema (czesnik) 44. 
Piotrkawo 127. 
Pissa 127. 
Pius VIII., Papst 214. 



Register. 



Placetum regium 156 ff. 

Pleschen 5. 6. 229. 230. 231. 240. 

Plinius 7. 

Plitwicft 45 

Plock 151. 163. 167, 180. 182. 188. 

Kammerdepartement 187. 
Plowce 29. 

Pobiedziska s. Pudwitz. 
Podanin 232. 

PodlachicD, Woiwodschaft 167. 
Podstole (dapifer) 44. 
Podwoda 43. 

Podworowe (Hofsteuer) 43. 
Pogorzela 240. 
Pogrzybowo 50. 
Polajewo, Domäne 196. 
Pole 50. 
Poledowo 52. 
Poln.-Krone s. Koronowo. 
Pommerellen 26. 27. 28. 30. 
Pommern 14. 15. 21. 22. 23. 24. 

37. 45. 
Poniatowski, Stanislaus 125. 167. 
Ponikwa, Flufs 51. 
Poradlne (Pflugsteuer) 43. 
Posen 5. 10. 12. 13. 16. 29. 30. 

31. 32. 52. 71. 73. 75. 77. 109. 

213. 226. 233. 235. 

Adalbertkirche 52. 64. 97. 

AUerh. Kapelle 111. 

Annakirche 111. 

Bazar 222. 

Böhmische Gemeinde 182. 183. 

Bürgerschule 97. 

Burg 19. 32. 52. 65. 

Dominikanerkloster 49. 64. 115. 

Dominikusmarkt 65. 

Domkirche 27. 

Domschule 77. 

Finsteres Thor 111. 

Fischerei 65. 114. 

Gorkascher Palast 97. 

Gymnasien 211. 

Jesuiten 88. 97. 

Judengasse 112. 115. 116. 

Kammerdepartement 168. 204. 

Kammerhaus 65. 

Kanonenplatz 114. 

Karmeliterkloster 115. 116. 

Kastellanei 45. 

Konarskische Lehranstalt 119. 

Kriminalkollegium 169. 

licderfabrikation 199. 

Lubranskische Schule 78. 83. 
116. 

Lutherische Kirche 97. 98. 



Margarethenkirche 49. 

Maria Magdalenkirche 65. 73. 
77. 83. 111. 

Markt, alter 52. 

Martinskirche 64. 

Mielzjnskisches Haus 222. 

Neue StraTse 222. 

Neustadt 60. 64. 

Ostrowek, Vorstadt 72. 

Rathaus 88. 

Schlachthaus 65. 

Schrodka, Vorstadt 49. 52. 64. 
65. 72. 

Schule der Mar. Magd -Kirche 
65. 77. 

Stanislauskirche 97. 

Stefanshospital 65. 

Sternwarte 97. 

Templer 52. 

Verkaufsbuden 65. 

Wage 88. 

Wallischei 89. 207. 

WasserstraTse 97. 

Weinkeller 65. 

Wilhelmsplatz 222. 

Wronker Thor 97. 

Zollstätte 72. 
Postollitz, Domänenamt 135. 
Postwesen 147 ff. 179 ff. 
Potocki, Stanislaus, Graf 202. 
Potworowski, Graf 220, 239. 
Powoz 43. 

Powidz 60. 61. 204. 240. 
Praefecti (tenutarii) 45. 
Praesidarii (castrenses) 52. 
Prag 12. 13. 

Universität 81. 
Praga, Warschauer Vorstadt 167. 
Prasnicius, Hofprediger 86. 

Preufsen 32. 33. 37. 66. 126. 

Prewod 43. 

Pribizlaw, Graf 59. 

Priment, Burg 45. 
Kloster 51. 58. 

Primko, Sohn des Wladyslaw Lo- 
kietek 27. 

— , Herzog von Glogau 29. 

Privilegium nobilitatis (Ritter- 
recht) 41. 

Promnitz 5. 

Prosna 22. 45. 50. 204. 

Prossekel 104. 

Prosynodalgerichte 181. 

Provinzialstände 211. 

Prusinowski, Geistlicher 220. 



Register. 



867 



Przemek 27. 

Przemysl I., Herzog von Grofs- 

polen 21. 60. 
— II., Herzog von Grofspolen 24. 

25. 26. 27. 65. 72. 
Przyemski, Adam Adalb. 102. 
Przyluski, Erzbischof von Posen 

nnd Gnesen 221. 229. 
Psare 43. 
Ptolomaens 1. 
Pudewitz 22. 29. 
Poltawa, Schlacht bei 89. 
Pultusk, Herrschaft 151. 
Punitz 105. 

Zollstätte 72. 
Pyritz, Kreis 22. 
Pyszcyn 59. 



«. 



Quedlinburg 10. 



Bac]£|.z 28. 

Rackwitz 100. 

Baclavi 50. 

Radim s. Gaudentius. 

Radolin 228. 

Radom 125. 

Radomicki, Starost 107. 

Radziejewo 28. 

Radziminski, Wqjwode 202. 

Radzivil, Anton, Fürst, Statthalter 

204. 
Rädchensee 59. 
Raschkow 240. 
Ratibor 6. 

Fürstentum 17. 
Rauchfangsteuer 108. 151. 191. 

202. 
Rausch, Kreisphysikus 197. 198. 
Rawa 166. 

Wojwodschaft 163. 167. 
RawitBch 100. 102. 199. 200. 208. 

226. 239. 
Rawka, Schlacht bei 165. 
Recht: 

deutsches 30. 41. 

Magdeburger 62. 

polnisches 40. 42. 
Rechtsoberhof, deutscher 30. 
Referendargerichte 118. 
Reformation 81 ff. 



Reformierte 182. 

Regalien 38. 

Regierungskommissionen 205. 

Register, schwarzes 198. 

Regulierungsgesetz 206 ff. 

Reichstag 74. 75. 

Reichstagsgericht 118. 

Rekrutengeld 201. 210. 

Relationsgericht 118. 

Renskiold, General 90. 

Reorganisationskommission 226 ff. 

Retschin 105. 

Retz 30. 

ReuTs, Graf, Reg.-Präsid. 166. 

Rheinlande 214. 

Richeza,. Gemahlin Meskos IL 13. 

Rietz, Kämmerer 193 ff. 

Rigdag, Markgraf 13. 

Riner, Lokator von Exin 61. 

Ringwälle 39. 

Ritterrecht (jus militale, Privi- 
legium nobilitatis) 41. 

Ritterschaft 211. 

Robaczyn 105. 

Römer 6. 

Rössel : 
Jesuitenkolleg 154. 

Rogalin 238. 

Rogasen 26. 60. 105. 
Kastellane! 45. 

Rogowo 240. 

Rohrbruch 127. 

Romuald 48. 

Rossard, Hauptmann 178. 

Rostock 72. 

Rostocki 182. 

Rozdrazewski, Johann, Suffiragan 
von Posdn 119. 

Ruda 22. 

Rüchel, General 164. 196. 

Rundlinge 58. 

Rufsland 72. 126. 136. 207. 

Rybinski 100. 

Rynarzewo 60. 

Rypnica 127. 



Saborowo 100. 103. 

Sachsen 73. 

Sagan 63. 68. 

Salzbure 6. 

Salzdirektion, Provimdal- 171. 

Salzkonskription 148. 

Salzverkaunregal 38. 



Register. 



Samaiten 32. 
Samo 8. 
Samogitien : 

Wojwodschaft 167. 

Diöcese 180. 
Samotscbin 105. 
Samter 31. 228. 239. 
— , Gregor v., Rektor 78. 
Samuel, Dominikaner 83. 
Sandberg 240. 
Sandivogius, Kantor 50. 
Sandiwoy 21. 
Santok : 

Burg 5. 21. 22. 23. 24. 67. 71. 

Kastellanei 14. 15. 
Santomischl 240. 
Same 228. 
Schatzdirektion 205. 
Schatzmeister 44. 
Schenk (czesnik, pincerna^ 44. 
Schildberg 37. 240. 
Schlachtgerechtigkeit 58. 
Schläfenringe 8. 
Schlawe 26. 
Schlawer See 59. 
Schlemsdorf 105. 
Schlepski, Pfarrer 102. 
Schlesien 13. 15. 21. 24. 25. 37. 

99. 100. 143. 162. 164. 
Schleudermaschinen 39. 
Schlichting, Job. Georg v. 103. 
Schlichtingsbeim 100. 103. 105. 
Schmarse 60. 
Schmiegel 199. 
Schneidemühl 143. 146. 150. 
SchöflPen 61. 
Schönlanke 150. 228. 
Schokken 105. 
Scholtiseien 57. 
Schofsgeld 108. 

Schottland, Jesuitenkolleg 154. 
Schrimm 5. 6. 53. 60. 61. 72. 238. 

240. 

Burg 20. 45. 

Kastellanei 45. 
Schroda 29. 229. 230. 231. 240. 

Gebiet 20. 22. 
Schrodka s. Posen. 
V. Schrötter, Oberpräsident 168 ff. 

178 ff. 188. 189. 190. 
Schubin 5. 127. 

Münzenfund das. 6. 
Schulen, jüdische 200. 
V. d. Schulenbarg, General 90. 
Schulitz 127. 
Schullehrerseminare 211. 



Schultheifsen 57. 

Schultheifsengerichte 1 18. 

Schultz, Oberst 90. 

Schulwesen 154 ff. 160. 161. 182 ff. 

Schutzburgen 39. 

Schutzgeld der Juden 191. 

Schutzjuden 201. 

Schwarzenau 235. 240. 

Schweden 136. 

Schwedenkriege 87 ff. 

Schweidnitz 197. 

Schweiz 136. 

Schwerin a. d. W. 5. 24. 71. 92. 

— , Graf, General 166. 

Schwersentz 98. 99. 200. 

Schwetz 91. 

Schwetzkau 90 

Schwiebus 27. 103. 

Seklucyan, Joh. 83. 

V. Seid, Kammerherr 196. 

Semeritz (Zemsko), Kloster 51. 

Sendomir 4. 

Sensenmänner 213. 

Sermsdorf, Abgeordn. 232. 

Setidawa 3. 6. 

Severien 151. 

Siedlec 60. 

Sieradien 163. 

Sieradz 5. 37. 

Wojwodschaft 126. 
Zollstätte 72. 

Sierakowo 102. 

Sigismund I., König von Polen 
33. 86. 

— IT., August, König von Polen 
86. 111. 

— , Markgraf von Brandenburg 31. 

Sion, Mach von 85. 

Skarbnik (thesaurarius) s. Schatz- 
meister. 

Skelettgräber 8. 

Skorzewska, Gräfin 127. 

Skorzewski, Marschall 90. 

Skotniki 127. 

Skurgon 3. 6. 

Slaboszewo 8. 

Slesinersee 4. . 

Slomczewski 220. 

Sluk 182. 

Slupce 47. 60. 71. 
Münze 47. 

Slupy 5. 7. 

Sobolewski 202. 

Soldin 23. 24. 

Sollnic 85. 

Sozinianer 103. 



Begister. 



Spanndienste 207. 

Sponsaiiensachen 181. 

Stadtgerichte 118. 150. 

Städtegründung, deutsche 60 ff. 

Städteordnung 208 ff. 

Stan 43. 

Stargard, Preufs.- 219. 

Starkowo 52. 

Starogrod, Kastellanei 45. 

Starosteien 45. 

Starosteigüter 134. 171 ff, 193. 

Statut, konstitutionelles 203. 

Stawiszyner Güter 79. 

Stefan, Bischof von Posen 49. 

Stefanski, Buchdrucker 220. 

V. Steinäcker, General 231. 

Stempeltaxe 108. 

Stettin 15. 71. 

Steudener, Reg.-Präsid. 192. 

Steuern 58. 

Stolnik s. Truchsefs. 

Stolpe 24. 26. 27. 147. 

Storchnest 89. 

Strafen 46. 

Strafgefälle 61. 

Stralsund 71. 

Strafsburg i. W.-Pr. 7. 

Strafsenregal 38. 

Strafsenzüge 71. 

Strafzewo 50. 

Strelic 195. 196. 

Strelno 37. 72. 228. 

Domänenamt 135. 
Stadtgericht 150. 
Stroza (^Burgwachpflicht) 43. 
Struensee, Minister 168. 191. 194. 

199. 
Südpreufsen 167 ff. 170 ff. 182. 

183 ff. 192 ff 200. 204. 
Sueven 7. 
Suevisches Meer 7. 
Sulko 25. 

Sulkowski. Alex., Fürst 91. 211. 
Suprasl, Bistum 182. 
Suwarow, General 166. 167. 
Svarez 192 ff. 
Swantopolk, Herzog von Pomme- 

rellen 19. 39. 40. 66. 
Swenza, Palatin 27. 
Swenzonen 28. 
Swidwa, Sendziwoj, Kastellan 31. 

32. 
Synagogengericht 55. 
Synoden 18. 78. 182. 183. 
Szekely, Oberst 165. 166. 
SMachta 39. 

Meyer, Geschichte Posens. 



Tabacksteuer 108. 

Tacitus 7. 

Tafelgüter 173. 193. 

Tannenberg, Schlaoht bei 32. 126. 

Targowe (Marktgeld) 43. 54. 72. 

Targowice, Konföderation von 162. 

Tartaren 32. 

Taubstummenanstalt 211. 

Teilungen Polens 125 ff. 162 ff. 
166 ff. 

Templer 52. 

Thesaurarius s. Skarbrik. 

Thietmar, Chronist 10. 11. 

Thomas, Bischof von Breslau 60. 

— , Kastellan von Posen 21. 

— , Lokator von Neustadt 61. 64. 

Thonislaus 21. 

Thorn 28. 72. 128. 147. 165. 171. 
182. 184. 

— , Friede von 32. 

Thomer Blutbad 111. 

Thüringen 136. 

Thum und Taxis, Fürsten 211. 

Tomicki, Peter, Vizekanzler 83. 

Towarzysz 117. 

Tranksteuer 108. 

Transitzoll 189. 

Trebnitz, Kloster 50. 51. 59. 

Tremessen 60. 230. 235. 238. 240. 
Gymnasium 211. 
Kloster 52. 

V. Treskow 196. 

Tribun 45. 

Tribunal 118. 

V. Triebenfeld, Kriegsrat 193 ff. 

Truchsefs (dapifer, podstole, stol- 
nik) 44. 

Trzensacz 60. 

Tuchel 71. 

Tucheier Heide 5. 

Tuchfabrikation 103. 199. 208. 

Tuchkammern 61. 

Tuchmacher 199 

Türken 33. 

Turin 105. 

Tumau 85. 

Tykadlowo 50. 



U. 

Uchtenhagen, Arnold v. 24. 
Uhl, Oberpostmeister 147. 
Ujazd 60. 

24 



870 



Register. 



Ungarn 33. 77. 

Unger, Bischof von Posen 12. 

Uriierte Griechen 182. 

V. Unruh 105. 

Urkunden 46. 

Umengräber 8. 

Usch 15. 24. 31. 53. 87. 91. 14«. 

Burg 19. 22. 

Herrschaft 127. 

Kastellanei 45. 

Starostei 105. 



T. 

Valois, Heinrich yoii 86. 

Vama, Schlacht bei 33. 

Vasalli 40. 

Vechner, Martin, Prediger 103. 

Venator (Jägeflneister) 44. 

Venedey 239. 

Veneter 7. 

Vespasian, röm. Kaiser 7. 

Vicinia (opola) 43. 

Vielweiberei 54. 

Virchuin 58. 

Virilstimmen 211. 

Vögte 213. 

Vofftei 61. 

V. Vofs, Minister 168. 173. 183. 

186. 
Voyzescko 51. 



W. 

Waga, Jesuit 97. 
Waldau, Arnold v. 60. 
Waldemar, Maikgraf von Branden- 
burg 24. 27. m. 
Wallischei, Vorstadt von Posen 

207. 
Warschau 9. 71. 165. 167. 182. 

183. 202. 

Edukationskommission 183. 184. 

Leihhaus 189. 

Oberpostamt 179. 

Schlacht bei 126. 
Warschauer Traktat 153 ff. 
Warszewicki, Jesuit 97. 
Wartenberg, Grofs-, 198. 
Warthe 4. 5. 6. 11. 14. 22. 23. 

26. 37. 52. 64. 67. 90. 
Wasserbauten 143. 
Wasserprobe 46. 

Wasylko, Fürst von Galizien 19. 
V. Wedell 25. 



V. Wedell, Friedrich 31. 
— , General 235. 237. 238. 
Wedelland 25. 
Wehrregal 38. 

Weichsel 5. 7. 25. 26. 28. 37. 71, 
Weinbau 77. 191. 
Weishaupt, Johann, Pfarrer 102, 
WeifsruTsland 33. 
Welna 5. 6. 
Wenden 9. 10. 
Wengierski 100. 

Wenzel II., König von Polen 25. 
27. 

— ni., König von Polen 28. 
Westfalen 214. 
Westpreufsen 127. 137. 201. 
Wibycki 202. 

Wichmann, Erzbischof von Magde- 
burg 62. 

— , Graf 9. 

Wielen (^Mariensee) 52. 

Wielenscher See 51. 52. 

Wieliczka 117. 

Wielun, Land 25. 126. 163. 

Wiener Kongrefs 203 ff. 

Wiesenburg, Peregrin von 19. 

Wietzel 23. 

Wilatowo 150. 

Wilhelm, Herzog von Österreich 
3L 

— von Modena, päpstl. Gesandter 
21. 

Willatowe 127. 
Willemberg 189. 
V. Willisen, General 228 ff. 
Wihia, Universität zu 85. 165. 
Winemar, Abt von Pforta 85. 
Winiary, Festung 77. 231. 
Wirbenta 50. 
Wirsitz : 

Domänenamt 135. 

Kreis 228. 
Wislocki, Bischof von Suprasl 182* 
Wismar 72. 
Wissegrod 5. 28. 53. 
Witkowo 240. 
Wittenberg, General 87. 
Wladyslaw 11., Herzog von Polen 

15. 16. 53. 63. 

— III., Herzog von Polen 33. 

— IV., König von Polen 87. 103. 

— Hermann, Bruder Boleslaws H* 
14. 

— Jagello, König von Polen 4» 
32. 33. 42. 60. 71. 72. 81. 156. 

— Laskonogi 17. 18. 19. 20. ^6. 



Register. 



371 



Wladyslaw Lokietek 24. 26. 27. 
62. 64. 67. 69. 

— Odonicz 17. 18. 19. 20. 21. 22. 
47. 50. 64. 

— der Weise 30. 
— , Stadt 53. 

Wloclawek 7. 47. 75. 180. 
Wobersno, General 90. 91. 
Wölfe 141. 

Wojwode (palatinus) 44. 
Wola 182. 
Woldenberg 24. 
Wolgast 71. 
WoDgrowitz 5. 
Woysko 118. 

Wratislaw, Herzog von Pommern 
15. 24. 

— III., Herzog von Pommern 23. 
Wreschen 229. 230. 231. 235. 237. 

238. 240. 
Wreschin 104. 240. 
Wronke 45 

Kloster 49. 
Wrosle 50. 
Württemberg 136. 
Wurfmascbinen 39. 
Wuyko, Ritter 52. 
Wygry 181. 
Wytomischl 105. 



Xions 229. 231. 237. 
Kastellanei 45. 

Y. 

York, Feldmarschall 229. 



Zachert 110. 

Zaprowski, Starost 104. 

Zamowo 59. 

y. Zastrow, Oberst 196. 

Zbs^ski , Andreas , Landrichter 
82. 

Zbiffnew, Sohn des Wladyslaw 
Hermann 14. 15. 

Zbilud 49. 

Zduny 60. 61. 

Zehden 10. 

Zehnten 41. 

Zeidelei 38. 

Zelgniewo, Domainenamt 135. 

Zempelburg 150. 

Zemsko 51. 

Zerboni di Sposetti, Jos., Do- 
mänenrat, später Oberpräsident 
197 ft 211. 

Zernik 24O. 

Zeugenbeweis 46. 

Zielenzig 23. 

V. Zitzewitz, Kammerdirektor 166. 

Zlotterie 31. 

Znin 5. 6. 22. 29. 53. 127. 150. 
Domänenamt 135. 

Y. Zöller, Landtagsmarschall 232. 

Zollabgaben 72. 

Zollämter 134. 

Zolldirektion 134. 

Zollstätten 72. 

Zoliverträge 11. 

Züllichau 27. 

Zydowo 3. 50. 250. 



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24» 



Druck von Friedr. Andr. Perthes in Gotha. 



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NOV 1 2 1968 II.