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Full text of "Geschichte des Hoftheaters zu Dresden. Von seinen anfängen bis zum jahre 1862"

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Geschichte 


des 


Hoftheaters  zu  Dresden. 


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Geschichte 


des 


Hoftheaters  zu  Dresden. 


Von  seinen  Anföngen  bis  znm  Jahre  1862. 


Von 


Robert  Prölss. 


Dresden  1878. 

Wilhelm  Baenach  Verlagshandlung. 

24iP   .     e..      2 


1-    • 


Vorwort 


Der  hier  vorliegende  Versuch,  die  geschicht- 
liche Entwicklung  des  Königlichen  Hof theaters  zu 
Dresden  im  Zusammenhange  mit  der  allgemeinen 
Entwicklung  des  Drama's  und  der  Schauspielkunst 
für  die  Freunde  der  letzteren  zur  Darstellung  zu 
bringen,  wurde  in  mir  durch  die  bevorstehende 
Eröffnung  des  neuen  Königlichen  Hof rheatergebäudes 
angeregt.  Wie  sehr  derselbe  auch  einer  nachsich- 
tigen Beurtheilung  bedürfen  wird,  so  ist  er  mir 
selbst  in  dieser  Gestalt  nur  durch  die  Förderung 
und  Unterstützung  möglich  geworden,  deren  ich 
mich  von  verschiedenen  Seiten  zu  erfreuen  hatte. 

Vor  Allem  fühle  ich  mich  hierdurch  gedrängt, 
Sr.  Excellenz  dem  General  -  Director,  wirklichen 
Geheimen  Rath  Herrn  Julius  Reichsgrafen  von 
Platen- Hallermund  meinen  ehrerbietigsten  Dank 
für  die  Bereitwilligkeit  auszusprechen,  mit  welcher 
Seine  Erlaucht  mir  die  freie  Benutzung  der  Acten 


VI 

des  Königlichen  Hoftheater -Archivs  bis  zu  dem 
von  mir  bezeichneten  Zeitpunkte  verstattet  hat,  da 
ich  hierdurch  allein  in  den  Stand  gesetzt  worden 
bin,  die  in  den  Zeitraum  von  1815 — 62  fallenden 
Begebenheiten  in  der  von  mir  angestrebten  Weise 
zur  Darstellung  zu  bringen. 

Doch  auch  der  freundlichen  Vermittlung  und 
Unterstützung,  die  mir  hierbei  von  dem  Dramaturgen 
und  Secretär  des  Königlichen  Hoftheaters,  Herrn 
Hofrath  Dr.  Julius  Pabst,  und  den  Beamten  der 
Königlichen  Hoftheater -Canzlei,  insbesondere  dem 
Herrn  Registrator  und  Musikalien  -  Inspector  Lieb- 
scher zu  Theil  worden  ist,  habe  ich  mit  dankbarer 
Anerkennung  hier  zu  gedenken. 

Dagegen  wurde  mir  die  Bearbeitung  der  voraus 
gehenden  Perioden  sehr  erleichtert  durch  die  ge- 
diegenen, bis  zum  Jahre  1777  hinaufreichenden 
Forschungen  des  Königlich  Sächsischen  Kammer- 
musikus Herrn  Moritz  Fürstenau,  insbesondere 
durch  das:  „Zur  Geschichte  der  Musik  und  des 
Theaters  etc."  betitelte  Hauptwerk  desselben,  dessen 
Zuverlässigkeit  und  Vollständigkeit  zu  allgemein 
anerkannt  ist,  als  dass  ich  zu  seinem  Lobe 
etwas  hinzuzuftigen  brauchte.  Doch  hat  mir  der- 
selbe noch  überdies  in  der  zuvorkommendsten  und 
liebenswürdigsten  Weise  das  Material  zur  Ver- 
ftlgung  gestellt  und  zu  freier  Benutzung  überlassen, 
welches  er  in  Bezug  auf  die  Zeit  von  1777 — 1813 
über  den  hier  vorliegenden  Gegenstand  gesammelt 
und  noch  nicht  veröffentlicht  hat,  sowie  eine  von 
ihm  entworfene  und  ebenfalls  noch  nicht  im  Druck 


vn 

erschienene  sehr  werthwoUe  Statistik  der  Oper  am 
Hofe  zu  Dresden  Ton  ihren  Anfängen  bis  auf 
unsere  Tage,  nebst  mehreren  chronologischen  Ver- 
zeichnissen, die  sich  im  Besitze  der  Königlichen 
Musikaliensammlung  befinden,  deren  Gustos  er  ist 
—  Für  diese  so  seltene  und  selbstlose  Unterstützung 
demselben  auch  öffentlich  meinen  wärmsten  Dank 
auszusprechen,  empfinde  ich  als  eine  ebenso  liebe, 
wie  dringliche  Pflicht. 

Was  nun  den  Antheil*  betrifft,  der  mir  selbst 
an  dieser  Arbeit  gehört,  so  erlaube  ich  mir,  nur 
auf  eine  besondere  Schwierigkeit  derselben  hin- 
zuweisen. Auf  keinem  Gebiete  erscheinen  nämlich 
die  künstlerischen  Verhältnisse  so  eng  mit  den 
persönlichen  verbunden,  als  auf  dem  der  theatra- 
lischen Künste.  Ich  habe  mich  bemüht,  die  letzteren 
nur  insoweit  zu  berühren,  als  es  für  die  Darstellung 
der  ersteren  nothwendig  oder  doch  von  charakte- 
ristischer Bedeutung  schien,  wobei  ich  zu  ver- 
meiden suchte,  den  Empfindungen  Lebender,  ins- 
besondere denen  der  an  der  Bühne  des  Königlich 
Sächsischen  Hoftheaters  noch  thätigen  Mitglieder 
irgend  zu  nahe  zu  treten.  Eine  Ausnahme  forderten 
hierbei  einzig  diejenigen  Persönlichkeiten  ^  welche 
derartige  Verhältnisse  selbst  an  das  Licht  der 
Oeffentlichkeit  gezogen  und  zur  literarischen  Dis- 
eussion  gebracht  hatten,  insofern  sie  es  dem  Ge- 
schichtschreiber hierdurch  ausdrücklich  zur  Pflicht 
machten,  zu  etwaiger  Richtigstellung  derselben  bei- 
zutragen. Ich  hoflfe  jedoch,  dass,  wie  man  auch 
sonst  über  meine  Darbietung  urtheilen  möge,  man 


vm 

mir  die  Anerkennung  nicht  versagen  werde,  hier- 
bei niemals  von  einem  persönlichen  Interesse,  son- 
dern einzig  von  dem  für  die  Sache  geleitet  worden 
zn  sein  und  mit  möglichster  Unparteilichkeit  und 
Unabhängigkeit  Licht  und  Schatten  vertheilt  zu 
haben. 

Dresden. 


Bobert  Prölss^ 


Inhalts  -  Verzeichniss. 


Einleitnng. 

Mysterienspiele,  Moralitäten  und  Fastnachtsspiele.  Cultur-  und 
Sittenzostand  der  Zeit  Einfluss  der  Reformation  auf  Musik  und 
Theater.  Die  Gründung  der  kurfürstlich  s&chsischen  Gantorei 
oder  Kapelle  zu  Dresden S.  1—23. 

Die  erste  dentsche  Oper  am  Sächsischen  Hofe. 

Kapellmeister  Heinrich  Schütz.  Entstehung  der  Oper.  Die  Dafne 
des  Martin  Opitz.  Erste  BlQthe  der  Kapelle.  Verfall  derselben 
im  dreissigjfthrigen  Kriege.  Entstehung  einer  kurprinzlichen 
neben  der  wieder  hergestellten  kurfürstlichen  Kapelle  .  S.  24 — 47. 

Anfänge  des  Schanspiels  in  Dresden.  j 

Fahrende  Leute.  Zunftschauspieler.  Englische  Comödianten. 
Fahrende  Schüler.  Schul-  und  Studentencomödien.  Die 
Velthen'sche  Truppe S.  4S— 84. 

Die  erste  italienische  Oper. 

Verschmelzung  der  kurprinzlichen  Kapelle  mit  der  kurfürstlichen 
unter  iJohann  Georg  II.  Reibungen  der  italienischen  und  deut- 
schen Elemente  darin,  üebergewicht  der  ersteren.  Die  erste 
italienische  Oper  unter  Bontempi.  Auflösung  derselben.  Bil- 
dung einer  neuen  italienischen  Oper  unter  Pallayicini.  Die 
Salicola S.  86—109. 

Kampf  des  französischen  nnd  italienischen 

Knnstgeschmacks  nnter  Friedrich  Angust  I. 

Französischer  Geschmack  Friedrich  August  I.  Französisches  Schau- 
spieL  Auflösung  und  Neubildung  der  Kapelle.  Commedia 
delParte  unter  Ristorl  Italienischer  Musikgeschmack  des  Kur- 
prinzen.   Italienische  Oper  unter  Lotti.    Intermezzi.    Das  neue 


X 

Opernhaus  Auflösang  der  italieDischen  Oper.  Erneute  Herr- 
schaft des  französischen  Geschmacks.  Anfänge  einer  neuen 
italienischen  Oper  Erstes  Auftreten  Hasse's.  Sieg  des  italie- 
nischen Kunstgeschmacks S.  110 — 139. 

Die  Oper  unter  Hasse. 

Hasse  und  Faustina.  Die  Hasse'sche  Oper.  Die  Mingotti'sche  Entre- 
prise.  Der  Kampf  Hasse's  mit  Porpora  und  der  Mingotti.  Kur- 
prinzessin Maria  Antonia.  Rücktritt  der  Faustina.  Salimberl 
Die  Operngesellsthaft  Loiatelli's.  Das  Moretti'sche  Theater. 
Blüthe  der  Kapelle.  Auflösung  der  italienischen  Oper  S.  140 — 170. 

Das   deutsche   Schauspiel   am   Hofe   zu    Dresden 
vom  Tode  Velthen's  bis  zum  Tode  der  Neuber. 

Die  Velthen'sche  und  die  Elenson-Haacke-Hoffimann'sche  Truppe. 
Neubers  und  die  Gottsched'si  he  Bühnenreform.  Zerwürfniss 
Gottsched's  mit  Ulrich  von  Kon  ig.  Verdrängung  Neubers  durch 
die  MüUer'sche  Truppe.  Zerwürfniss  Neubers  mit  Gottsched. 
Kampf  der  Neuber'schen  mit  der  Schönemann'schen  Truppe. 
Die  Vorstellungen  in  Dresden S.  171 — 209. 

Die  italienische  Oper  unter  den  subventionirten 
Theaterunternehmern   Bustelli   und  den   beiden 

Bertoldi. 

Veränderungen  in  der  Kapelle.  Ernennung  Naumann's  zum  Kirchen- 
componisten.  Engagement  einer  italienischen  Opemgesellschaft 
unter  Bustelli  Elisabeth  Schmehlmg.  Urtheile  über  Bustelli's 
Gesellschaft.  Sein  Repertoire.  Engagement  der  italienischen 
Opemgesellschaft  unter  Bertoldi.  Zusammensetzung  und  Ver- 
änderungen derselben.  Naumann,  Obeikapellmeister.  Schuster 
und  Seydelmann,  Kapellmeister.  Urtheil  über  die  Kanplle.  Ver- 
luste und  neue  Erwerbungen  dei  selben.  Ferdinand  Paer  und 
seine  Gattin.  Sassaroli.  Charlotte  Hä^er.  Francesco  Morlaechi. 
Leistungen    und    Repertoire    der    Bertoldi^schen    Gesellschaft 

S.  210—260. 

Erneute  Versuche,  ein  deutsches  Schauspiel  am 
kurfürstlich   sächsischen    Hofe    in  Dresden  zu 

bilden. 

Französisches  Schauspiel  unter  Frani^ois  Favier.  Unterhandlungen 
mit  Gottfried  Heinrich  Koch.  Bildung  eines  neuen  deutschen 
Schaupiels  unter  dem   letzteren.     Zustand   der   Oper   und   des 


XI 

Drama^s  in  Frankreicli  und  Deutschland.  Gegensatz  der  forma- 
listischen und  naturalistischen  Spielweise.  Beurtheilung  der 
Darsteller,  des  Repertoires  und  der  Leistungen  der  Koch'schen 
Gesellschaft.  Aufhebung  des  kurfürstlich  deutschen  und  fran- 
zösischen Schauspiels.  Der  Theateruntemehmer  Wäser  in 
Dresden     S.  261—273. 

Snbyentionirte  wandernde  deutsche  Schauspiel- 
gesellschaften im  Dienste  des  kurfürstlich  säch- 
sischen Hofes  zu  Dresden, 

Theophil  Döbbelin.  Sein  Vertrag  mit  dem  kurfürstlichen  Hofe.  Be- 
stand seiner  Truppe.  Leistungen  derselben  in  Dresden.  Vertrag 
mit  Abel  Seyler.  Bestand  seiner  Truppe.  Sein  Repertoire« 
Verhältniss  desselben  zu  Dichtung  und  Leben.  Leistungen  der 
Seyler'schen  Gesellschaft  in  Dresden.  Theilnahme  am  Theater 
daselbst.  Versuche,  ein  stehendes  Theater  hier  zu  errichten. 
Vertrag  mit  Bondini S.  274—296. 

Die  Bondini-Seconda'scbe  Gesellschaft  am  kur- 
fürstlichen Hofe  zu  Dresden. 

Bestand  der  Bondini'schen  Gesellschaft.  Brandes^  Regie  und  Zer- 
würfniss  mit  Reinecke.  Regie  yon  Reinecke.  Repertoire  der 
Gesellschaft  bis  1788.  Veränderungen  derselben.  Ihre  Leistungen. 
Seconda,  Director.  Regie  von  Opitz.  Neue  Veränderungen. 
Repertoire  bis  1813.  Leistungen  der  Gesellschaft  und  Urtheile 
über  dieselbe S.  296—361. 

Die  Vorstellungen  auf  dem  Theater  des  Lincke- 

schen  Bades  bis  zur  Auflösung  der  Joseph 

Seconda'schen   Gesellschaft. 

S.  862—362. 

Die  Umwandlung  der  subventionirten  Theater- 
gesellschaften am  Dresdner  Hofe  in  ein  mit  der 
Kapelle  zu  einem  Ganzen  vereinigtes  Hoftheater. 

Gründung  eines  Staatstheaters  in  Dresden  unter  Direction  des  Ilof- 
rath  Theodor  Winkler.  Uebemahme  desselben  von  Seiten  des 
Hofs  unter  der  Generaldirection  des  Grafen  Carl  Wilhelm  Vitz- 
thum  von  Eckst&dt.  Musikalisches  Leben  am  Hofe.  Repertoire 
Ton  1814—1816.  Veränderungen  im  Personal.  Die  Kapelle. 
PoUedro S.  363—880. 


xn 

Kampf  der  deutschen  und  italienischen  Oper. 

GrOnduDg  der  deutschen  Oper.  Verhandlungen  Yitzthum^s  mit 
C.  M.  y.  Weber.  Dessen  Ernennung  zum  Kapellmeister.  Cha- 
rakteristik desselben.  Yerh&ltniss  desselben  zu  Morlacchi  Erste 
Kämpfe.  Gründung  eines  Theaterchors.  Veränderungen  im 
Orchester.  Vitzthum's  Rücktritt.  Heinrich  von  Könneritz. 
Miksch,  Ghordirector.  Der  Freischütz  und  Preciosa.  Verhält- 
niss  Weber's  zu  Spohr  und  Marschner.  Wilhclmine  Schröder. 
Marschner,  Musikdirector.  Euryanthe.  Anton  Rolla.  Oberen. 
Adolph  von  Lüttichau.  Die  Palazzesi.  Tod  Hellwig's  und 
Bassi's.  Tod  Weber's.  C.  G.  Reissiger.  Anton  Babnigg.  Auf- 
lösung der  italienischen  Oper.  Veränderungen  und  Bestand  der 
Kapelle S.  881—424. 

Das  Schauspiel  nnter  dem  Einflüsse  Tieck's. 

Literarischer  Zustand  der  Zeit.  Wirksamkeit  Vitzthum's  und  HeU- 
wig's.  Erwerbungen,  Repertoire  und  Gastspiele  bis  1820.  Pauli 
Einfluss  Tieck's  unter  Könneritz.  Erwerbungen,  Repertoire, 
Gastspiele  bis  1824.  Herr  yon  Lüttichau.  Anstellung  Tieck's. 
Angriffe  auf  diesen.  Erwerbungen,  Repertoire  und  Gastspiele 
bis  1832.  Julie  Glej.  Emil  Devrient.  Umschwung  in  der  Dar- 
stellungsweise. Umschwung  der  Zeit.  Einfluss  Tieck's  von 
1832—41.  Kämpfe  mit  Emil  Deyrient  Repertoire,  Erwerbungen, 
Gastspiele S.  426—474. 

Die   Oper  unter  Reissiger. 

Veränderungen  im  Geschmack.  Wilhelmine  Schröder-Devrient.  Neue 
Erwerbungen.  Joseph  Tichatscheck.  Repertoire.  Veränderun- 
gen in  der  Kapelle.  Carl  Lipinski.  ßildung  eines  Ballets.  Der 
Bau  des  neuen  Theaters.    Abschied  vom  alten  Hause  S.  476 — 601. 

Das  Schauspiel  unter  Eduard  Devrient  und 

Karl  Gutzkow. 

Eröffnung  des  neuen  Theaters.  Marie  Bayer.  Anstellung  Eduard 
Devrient's.  Dessen  Regie.  Zerwürfnisse  mit  Emil  Devrient. 
Neue  Erwerbungen  und  Repertoire.  Anstellung  Gutzkow's. 
Dessen  Regie.  Verhältniss  zu  Eduard  Devrient.  Neue  Er- 
werbungen und  Repertoire.  Kündigung  Gutzkow's.  Festfeier 
des  hundertjährigen  Geburtstages  Goethe's     .   .   .  S.  602 — 680. 

Die  Oper  unter  Richard  Wagner. 
Richard  Wagner.    Seine  Anstellung  als  Kapellmeister.    Neue  Er- 


XUI 

werboDgen.  Aasscheiden  der  Schröder -Devrient.  Repertoire. 
Uebersiedelnng  der  Ueberreste  G.  M.  v.  'Weber's.  Zerwürfnisse 
mit  Wagner.  Die  Maiereignisse.  Auflösung  des  Theaters.  Re- 
organisation   S.  631—569. 

Kampf  der  idealistischen  und  realistischen  Dar- 

stellnngsweise  im  Schauspiel  (1850—62). 
Veränderter  Literatorzustand.  Friedrich  Hebbel  und  Otto  Ludwig. 
Eduard  Devrient's  Abgang.  Neue  Regie-Instruction.  Neue  Ver- 
handlungen mit  Emil  Devrient.  Bogumil  Dawison.  Zerwttrf-' 
nisse  mit  Emil  Devrient.  Dawison's  Uebergriffe.  Neue  Schwie- 
rigkeiten mit  Emil  Devrient  Veränderungen  in  der  R^e. 
Tod  König  Friedrich  August  L  König  Johann.  Dr.  Julius 
Pabst  VerfLndemngen  im  Personal.  Repertoire.  Theater- 
feierlichkeiten   S.  660—692. 

Die   Oper  unter  dem   Einflüsse   gegensätzlicher 
musikalischer    Principien    in    der   Periode    von 

1850-62. 

Bedeutung  der  Wagnerischen  Oper.  Kämpfe  bei  Wiedereinführung 
derselben  auf  dem  deutschen  Theater.  Die  Wiederaufnahme 
des  Tannhäuser  in  Dresden.  Neues  Verbot  Verhandlungen 
mit  Johanna  Wagner.  Meyerbeer's  Einfluss.  Sieg  der  Wagner- 
schen  Oper.  Repertoire.  Einfluss  Räder's.  Veränderungen  in 
der  Regie  und  Kapelle.  Julius  Rietz  und  J.  Chr.  Lauterbach. 
Veränderungen  im  Personal.  Jenny  Ney.  Rücktritt  des  General- 
Directors  von  Lüttichau.    Zur  Charakteristik  desselben.    Schluss. 

S.  593—616. 

Verzeichniss  der  vom  1.  Oct.  1816  bis  1.  Jan.  1862 
auf  dem  Königl.  Sachs.  Hoftheater   zu   Dresden 

neu  aufgeführten  Stücke. 

S.  616—648. 

Verzeichniss    des    Personals    der    Oper    und    des 

Schauspiels  des  Königl.  Hoftheaters  zu  Dresden 

vom  1.  October  1816  bis  1.  Januar  1862. 

S.  649—660. 

Besoldungsetat  von  Schauspiel  und  Oper  in  den 
Jahren  1817,  1826,  1831,  1850  und  1856. 

S.  661—665. 

Zusätze  und  Berichtigungen      S.  666—671. 


Geschichte 


des 


Hoftheaters  zu  Dresden 


von 


seinen  Anfängen  bis  zum  Jahre  1862 


Einleitung. 


Ijsterienspiele,  Moralitäten  und  Fastnachtsspiele«  Cnltniv 
ud  Slttenznstand  der  Zeit.  Einflnss  der  Reformation  anf 
Imslk  und  Theater.    Die  Erfindung  der  knrfllrstL  sächsischen 

Cantorei  oder  Kapelle  zu  Dresden. 

Gleichwie  das  Drama  aller  ttbrigen  neueren  Völker 
ist  auch  das  der  Deutschen  aus  den  kirchlichen  und  den 
neben  herlaufenden  weltlichen  Spielen  des  Mittelalters 
anter  der  Nach-  und  erneuten  Einwirkung  des  grie- 
chisch-römischen Dramas  hervorgegangen.  —  Gegen 
fast  nichts  hatten  sich  die  christlichen  Kirchenlehrer  bei 
der  Bekämpfung  der  in  heidnischen  Anschauungen  wur- 
zelnden griechisch-römischen  Bildung  mit  solcher  Heftig- 
keit gewendet^  als  gegen  deren  dramatische  Spiele.  Die 
Entartung  derselben  gab  ihnen  hinreichende  Veran- 
lassung. Doch  sollte  die  Wirkungslosigkeit  ihrer  An- 
strengungen sie  bald  erkennen  lassen  ^  dass  dem  Ver- 
langen nach  diesen  Spielen  ein  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  berechtigtes  Phantasiebedürfhiss  zu  Grunde  liege^ 
das  man  zu  schonen  oder  in  anderer  Weise  zu  befrie- 
digen hatte. 

Dies  wirkte  zunächst  auf  die  Ausbildung  der  gottes- 
dienstlichen Formen  mit  ein.  Man  suchte  den  Hang 
zum  heidnischen  Drama  nun  auch  dadurch  zu  bekämpfen^ 
dass  man  sich   seiner  Formen  selbst  mit  bediente^  was 

jedoch  auf  gefährliche  Bahnen  hinführte.    Nicht  nur^  weil 

1 


—    2    — 

auf  diesem  Wege  mehr  und  mehr  weltliche  Elemente  in 
den  Gottesdienst  und  die  Feier  der  kirchlichen  Feste  mit 
eindrangen  — auch  in  der  Geistlichkeit  selbst  wurde  jenes 
Phantasiebedttrfhiss,  jener  Hang  nach  theatralischer  Lust- 
barkeit^ den  man  doch  eben  bekämpfen  wollte^  geweckt 
und  genährt.  Ja  man  darf  vielleicht  sagen,  dass  die 
Entwicklung  der  kirchlichen  Spiele  fast  mehr  noch  durch 
jenen  Trieb  und  jenes  BedUrfniss  der  Mönche  und  Geist- 
lichen,  als  durch  diese  Absicht  der  Kirche  gefördert 
worden  ist.  Wie  auch  hätten  wohl  diese,  in  den  ger- 
manischen Ländern  zunächst  nur  in  lateinischer  Sprache  auf- 
geführten kirchlichen  Spiele  unmittelbar  diese  Wirkung 
ausüben  können?  So  kam  es,  dass  trotz  der  von  den 
Goncilen  und  Kirchen  Versammlungen  gegen  die  welt- 
lichen Spiele  gerichteten  Verbote,  diese  noch  fort  und 
fort  neben  den  kirchlichen,  die  sich  ihnen  mehr  und  mehr 
näherten,  herliefen,  und  diese  Verbote  mit  solchen  ab- 
wechselten, welche  gegen  die  geistlichen  Spiele,  die 
Mummereien  in  Kirchen  und  auf  Kirchhöfen  selber  ge- 
richtet waren.  So  kam  es,  dass  die  Nonne  Hroswitha 
gegen  Ende  des  zehnten  Jahrhunderts  nur  deshalb  ihre 
berühmten,  dem  Terenz  nachgebildeten,  aber  der  christ- 
lichen Legende  entnommenen  Dramen  schrieb,  um  die 
von  ihren  Klosterfrauen  mit  Leidenschaft  gelesenen  Lust- 
spiele dieses  Dichters  damit  zu  verdrängen. 

Es  würde  unstreitig  für  die  Ausbreitung  der  christ- 
lichen Lehre  und  die  Einheit  des  Glaubens  sehr  vor- 
theilhaft  gewesen  sein,  wenn  die  Kirche  den  Gebrauch 
nur  einer  einzigen  Sprache  überall  hätte  durchsetzen 
können.  Sie  sah  sich  aber  bei  der  Wahl  derselben  auf 
zwei  gleich  mächtige  Cultursprachen,  die  griechische  und 
römische  oder  lateinische,  verwiesen  und  schon  hierdurch 
allein  in  einen  Dualismus  gerissen.  Dies  sollte  ihr  in 
mehr  als  einem  Sinne  verhängnissvoll  werden,  besonders 
auch  deshalb,  weil  sie  durch  die  Erhaltung  und  weitere 
Ausbreitung    dieser    Sprachen    einer    späteren    erneuten 


-     3    — 

Einwirkung  der  von  ibr  so  mühsam  durch  Jahrhunderte 
bekämpften  griechisch-römischen,  d.  i.  also  heidnischen 
Bildung;  selbst  wieder  einen  fruchtbaren  Boden  be- 
reitete. 

Es  war  auf  diese  Weise  natürlich;  dass  die  kirch- 
lichen Spiele  sich  vorzugsweise  in  den  Ländern  der  spä- 
teren romanischen  Völker  ausbilden  mussten,  da  deren 
Volkssprache  der  lateinischen  ungleich  näher  stand;  wie 
es  ja  gerade  in  diesen  Ländern  vorzugsweise  römische 
Bildung  und  römische  Spiele  zu  bekämpfen  galt. 

Wohl  waren  auch  bei  den  germanischen  Völkern 
gewisse  dramatische  Formen  entstanden.  Auch  sie  feier- 
ten die  Feste  der  Götter  mit  dramatischen  Umzügen;  die 
einen  allegorischen  Charakter  hatten  und  bei  denen 
komische  Vermummungen,  Spottreden  etc.  nebenherliefen. 
Die  Spiele  der  mit  den  Römern  eindringenden  Histrionen 
und  Mimen  werden  auf  die  Entwicklung  derselben  gewiss 
nicht  ohne  Einfluss  geblieben  seiu;  ebenso  wenig  das 
vordringende  Christen thum;  das  ihnen  zum  Theil  einen 
neuen  Inhalt  gab.  Andererseits  weisen  die  allegorischen 
und  possenhaften  Elemente;  -welche  in  die  späteren 
kirchlichen  Spiele  eingingen;  wieder  auf  sie  mit  zurück 
und  dürften  uns  vielleicht  etwas  von  dem  ihnen  eigen- 
thümlichen  Charakter  verrathen.  Auch  haben  sie  ohne 
Zweifel  die  Formen  der  ältesten  auf  uns  gekommenen 
weltlichen  Spiele  bestimmt:  jene  allegorischen  Streit- 
spiele; aus  denen  sich  die  höfischen  Fest-  und  Zwischen- 
spiele (Interludes)  und  die  Moralitäten  entwickelten;  so- 
wie jene  komischen;  von  Spottliedem  und  Spottreden 
begleiteten  Vermummungen;  aus  denen  die  bürgerlichen 
Fastnachtsspiele  hervorgegangen  sein  dürften.  Vielleicht 
dass  auch  beide  zugleich  die  Elemente;  hier  zu  den 
volksthflmlichen ;  dort  zu  den  höfischen  Maskenspielen 
lieferten;  welche  in  Italien  entstanden  und  allmählig  in 
den  übrigen  Ländern  Europas  Eingang  und  Verbreitung 
fanden. 


—     4    ~ 

Die  Kirche  vermochte  indess  der  Macht  der  sieb 
entwickelnden  Volkssprachen  auf  die  Daner  nicht  ztr 
widerstehen.  Erst  das  Aufblühen  des  ritterlichen  Geistes 
hat  aber  diese  Entwicklung  entschieden  gefördert  Sind 
es  doch  immer  die  Dichter  gewesen,  welche  der  im  Volks- 
munde schwankenden  Form  der  nationalen  Sprachen  eine 
bestimmte  und  feste  Gestalt  gaben.  Dies  scheint  von 
allen  neueren  Sprachen  am  frühesten  mit  der  proven^a- 
lischen  oder  limosinischen  der  Fall  gewesen  zu  sein, 
während  die  italienische  Sprache  diejenige  war,  welche 
zuerst  (zu  Ende  des  13.  Jahrhunderts)  zu  einer  Entwicklung^ 
gelangte,  die  sich  im  Wesentlichen  nicht  mehr  verändert  hat. 

Die  höchste  dichterische  Blüthe  aber  zeitigte  der 
ritterliche  Geist  in  Deutschland,  ohne  jedoch,  soweit  wir 
es  beurtheilen  können,  auf  die  Entwicklung  des  Drama» 
einen  Einfluss  auszuüben;  wogegen  die  normannischen 
Trouvferes  und  Minstrels  einen  entschiedenen  Antheil, 
nicht  nur  an  der  Befreiung  des  Mysterienspiels  aus  den 
Fesseln  der  lateinischen  Sprache,  sondern  auch  an  der 
Entwicklung  des  weltlichen  Dramas  hatten. 

Die  ersten  Concessionen,  welche  die  Kirche  den 
Volkssprachen  machte,  bestanden  darin,  dass  die  Geist- 
lichen angewiesen  wurden,  dem  Volke  die  lateinischen 
Predigten  in  der  Volkssprache  zu  wiederholen,  sowie 
demselben  zu  gestatten,  sich  ihrer  im  Wechselgesange 
mit  der  Geistlichkeit  zu  bedienen.  Dies  fand  in  Frank- 
reich bereits  zu  Anfang  des  9.  Jahrhunderts  statt,  in 
Deutschland  erst  später,  obschon  die  Kirchenversamm- 
Inngen  von  Tours  (818)  und  Mainz  (843)  verordneten,  dass 
die  Geistlichen  dieses  Landes  fähig  sein  sollten,  ihre 
Predigten  ins  Deutsche  zu  übersetzen.  Die  ältesten,  uns 
noch  erhaltenen  Mysterienspiele,  die  in  Deutschland  auf- 
geführt wurden,  stammen  aus  dem  13.  Jahrhundert  und 
sind  meist  noch  ganz  in  lateinischer  Sprache,  zum  Theil 
auch  lateinisch  und  deutsch,  doch  einige  darunter  sogar 
schon  ganz  in  deutscher  Sprache  geschrieben. 


—    5    - 

So  laDge  diese  Spiele  nur  in  lateinischer  Sprache  ab- 
gefasst  wurden;  mögen  sie  wohl  nur  in  Kirchen  und 
Klöstern  von  Geistlichen^  Mönchen  und  Klosterbrüdern 
dargestellt  worden  sein.  Da  Innocenz  III.  1210  ein 
scharfes  Verbot  gegen  die  dramatischen  Spiele  in  Kirchen 
und  gegen  die  Schauspielereien  der  Geistlichen  erliesS; 
so  ist  anzunehmen,  dass  die  zu  dieser  Zeit  entstandenen 
deutschen  Spiele  meist  schon  von  Laien  und  ausserhalb 
der  Kirchen  und  Klöster  aufgeführt  worden  sind.  Das 
mit  den  Volkssprachen  verbundene  Eindringen  weltlicher 
possenhafter  Elemente  in  die  kirchlichen  Spiele  mochte 
dieses  Verbot  hervorgerufen  haben.  Demselben  wurde 
jedoch  nicht  überall  Folge  geleistet.  Es  wurde  noch 
immer  in  Kirchen  gespielt,  und  Geistliche  blieben  auch 
an  den  ausserhalb  der  Kirchen  stattfindenden  Spielen 
noch  länger  betheiligt.  Erst  in  der  zweiten  Hälfte  des 
13.  Jahrhunderts  sehen  wir  Gesellschaften  und  Ver- 
brüderungen entstehen,  welche  das  Privilegium  für  die 
Aufführung  solcher  Spiele  erwarben.  Es  fehlt  uns  an 
Nachrichten,,  ob  sich  in  Deutschland  ähnliche  Gesell- 
schaften zu  regelmässigen  Aufführungen  geistlicher  Spiele 
organisirt  haben.  Wir  wissen  nur,  dass  sich  Bürger  der 
Städte  zu  diesem  Zwecke  vereinigten  und  solche  Auf- 
führungen an  einzelnen  Orten  auch  regelmässig  wieder- 
kehrten. Ein  für  unsere  Geschichte  wichtiges  Spiel  dieser 
Art  wurde  im  Jahre  1322  von  Klerikern  und  Schülern 
im  Schlossgarten  zu  Eisenach  vor  Friedrich  mit  der  ge- 
bissenen Wange  aufgeführt  Es  ist  das  erste  uns  be- 
kannte Beispiel  von  der  ihnen  erwiesenen  Theilnahme 
eines  sächsischen  Fürsten.  Es  war  das  Spiel  von  den 
klugen  und  thörichten  Jungfrauen,  und  der  Eindruck, 
welchen  die  Scene,  worin  die  Jungfrau  Maria  und  alle 
Heiligen  vergebens  den  Einlass  der  Letzteren  ins  Paradies 
erflehen,  auf  den  Markgrafen  ausübte,  soll  so  mächtig 
gewesen  sein,  dass  er  entsetzt  in  die  Frage  ausbrach: 
riWas  ist  wohl  des  Christen  Glaube,  wenn  seihst  durch 


die  FUrbitte  der  Matter  Gottes  und  aller 
Sünder  nicht  GDade  erlangen  kann?"  Mau  schrieb  dieser 
GemUthserrogang  sogar  die  Verdusterong  des  Geistes  zu, 
in  welche  der  Markgrat"  UDoiittelbar  daraui'  vertiel.  — 
Wichtiger  noch  ist  fUr  uns,  dass,  nach  einer  Mittheilung, 
Georg  der  Bärtige  1513„sainpt  seinem  Gemahl"  20UU  Gulden 
zu  dem  Zwecke  stiTtcte,  damit  v*m  den  Zinsen  Jährlich  am 
grünen  Donnerstage  in  vier  aächeischen  Städten  Dar- 
stellungen der  PaBsionsgeschicbte,  so  wie  bisher  schon  zu 
Meissen,  Hayn,  Leipzig  und  anderen  Orten  abgebatten 
werden  sollten.  Von  kirchlichen  Spielen  in  Dresden  be- 
sitzen wir  schon  aus  dem  15.  Jahrhundert  sichere  Nach- 
richten. Sie  betreffen  ein  alljährlich  am  Johannistage 
abgehaltenes  Spiel  der  Kirche  zum  Kreuz,  welche  seit 
lange  wegen  verschiedener  in  ihr  aufbewahrter  Heilig- 
tbUmer,  nnter  anderen  auch  eines  Stückes  vom  heilig 
Kreuze,  das  ihr  von  der  Gemahlin  Heinrieh  des 
lauchten  verehrt  worden,  ein  berLlhmter  Walltahrts 
war.  Erst  in  Rechnungen  des  zu  dieser  Kirche  in  ] 
Ziehung  stehenden  BrUckenamtes  vom  Jahre  148U  an  hat 
man  bestimmtere  Nachweise  Über  diese  Spiele  gotundt-n. 

Die  Mysterienspiele  erliielten  sehr  bald  in  den  welt- 
lichen Dramen,  nnd  zwar  zunächst  in  den  MoralitätcD. 
den  Allegorien,  Zwischen-  und  Schälerspielen,  sowie  in 
den  Volkspossen,  Farben  und  Fastnachtsspielen  eine  ge- 
nibrliche  Concurrenz,  GetUhrlicher  noch  aber  sollte  ihnen 
das  wiedererwecktc  antike  Drama,  sollten  ihnen  die 
durch  dasselbe  hervorgerufenen  Nachahmunj^en  werden. 

Während  jedoch  dieser  Eintluss  in  Italien  und  Frank- 
reich zu  einem  raschen  Aufschwünge,  zu  einer  raschen 
Bllithe  des  wiedergeborenen  klassischen,  wenn  anch  nar 
höfisch  Conventionellen  und  akademischen  Dramas  führtet 
in  Spanien  und  England  aber  zunächst  die  Entwicklao^ 
eines  wahrhaft  nationalen  Dramas  förderte  und  zo 
wnndcrbarster  Entfaltung  brachte,  sehen  wir  in  Deutsch- 
land das  Tolksthtuniiche  Drama,  welches  in  üasa  te«bA 


^ilig^H 

irtsdH 
in  B^ 


—    7    — 

80  hoffnungsreiche  Keime  trieb,  sehr  bald  wieder  ver- 
kflmmem  und  die  Antriebe^  welche  dasselbe  ans  dem 
Studium  der  Griechen  und  Römer  empfing,  in  der  Schul- 
comödie  erstarren. 

Unter  den  Ursachen,  welche  dazu  beitrugen,  dass 
sich  bei  den  Deutschen  das  Drama  um  soviel  später  als 
bei  den  übrigen  neueren  Völkern  entwickelt  hat,  wird 
man  vor  Allem  den  allgemeinen  Verfall,  in  welchen  hier 
Oeschmack,  Sitten  und  Sprache  nach  dem  Untergange 
des  Ritterthums  und  der  ritterlichen  Dichtung  und  Bil- 
dung während  der  Kämpfe  des  Interregnums  geriethen, 
veraptwortlich  zu  machen  haben.  In  dieser  Dichtung^ 
die  überhaupt  nur  auf  einen  bestimmten  Theil  des  Reiches 
beschränkt  blieb,  war  der  schwäbische  Dialekt  zur  Herr- 
schaft gekommen.  Indem  aber  die  Dichtung  langsam 
zu  den  niederen  Ständen,  den  Bürgern  der  aufstrebenden 
und  aufblühenden  Reichsstädte  herabglitt,  welche  sie 
zwar  mit  gewissenhafter  Hingebung,  doch  auch  mit  hand- 
werksmässiger  Nüchternheit,  mit  zunftmässigem  Pedan- 
tismus aufnahmen  und  ausübten,  traten  die  übrigen 
Mundarten  wieder  mit  gleichem  Anspruch  hervor  und  er- 
zeugten eine  immer  mehr  ausartende  Vermischung  und 
Verwilderung  der  Volkssprache.  Zu  welcher  Rohheit 
sowohl  sie,  wie  Geschmack  und  Sitten  herabsanken,  lässt 
sich  am  besten  aus  den  Fastnachtsspielen  erkennen,  die 
uns  aus  dem  15.  Jahrhundert  überliefert  worden  sind  und 
meist  in  Nürnberg,  Augsburg,  Bamberg  entstanden  sein 
mögen.  Was  aber  hätte  sich  auch  von  Handwerkern 
in  einer  Zeit  erwarten  lassen,  in  welcher  selbst  aus- 
gezeichnete Gelehrte,  die  in  den  Sprachen  des  Alter- 
thums  sich  wohl  zu  bewegen  und  auszudrücken  ver- 
standen, in  der  eigenen  nur  ihre  Unbeholfenheit  zu  zeigen 
und  die  Rohheit  derselben  nicht  zu  überwinden  ver- 
mochten. Die  Wirkungen,  welche  das  wiedererwachte 
Studium  der  alten  Klassiker  auf  die  deutschen  Gelehrten 
ausübten,  waren  ganz  einseitige.    Die  Form  galt  ihnen 


-     8    — 

mehr  als  der  Inhalt,  und  von  ihr  wieder  die  logische 
Seite  mehr  als  Schönheit  und  Eleganz.  Wo  sie  den  In- 
halt in  Betracht  zogen,  geschah  es  eigentlich  nur,  um 
ihn  an  der  scholastischen  Bildung  zu  messen.  Die  Folge 
war  ein  entschiedener  Bruch  mit  derselben.  Wo  sie  da- 
gegen die  Form  mit  den  Formen  der  eigenen  Sprache 
verglichen,  mussten  sie  die  Rohheit  der  letzteren  nur  um 
so  stärker  empfinden.  Daher  man  ihr  auch  die  eigene 
Unfähigkeit  noch  mit  zur  Last  legte  und  es  vorzog, 
jene  Dichtungen  unmittelbar  in  der  lateinischen  Sprache 
nachzuahmen,  statt  einen  entsprechenden  Ausdruck  da- 
für in  der  eigenen  Sprache  zu  suchen.  Man  fing  sogar 
an,  deutsche  Werke  in  die  lateinische  Sprache  zu*  tiber- 
setzen. Man  suchte  dieselbe  zur  ausschliesslichen  Litera- 
tursprache zu  machen.  Sie  wurde  das  unerlässliche 
Merkmal  der  Bildung.  Ja,  in  einem  Lobgedichte  auf  den 
Goldberger  Schulrector  Trotzendorf  wird  es  rühmend 
hervorgehoben:  „er  habe  die  römische  Sprache  Allen  so 
eingegosseu,  dass  es  für  Schande  gelte,  deutsch  zu  reden^ 
und  selber  Knechte  und  Mägde  Latein  sprächen^^. 

Wie  hätte  demnach  der  Einfluss  der  antiken  Vor- 
bilder auf  die  Entwicklung  des  deutschen  Dramas  zu- 
nächst wohl  ein  anderer,  als  ein  nachtheiliger  gewesen 
sein  können?  Es  entstand  eine  Fluth  meist  ganz  hand- 
werksmässig  ftir  die  Zwecke  der  Schule  gearbeiteter 
lateinischer  Schauspiele  —  die  sogen.  Schulcomödie  — , 
die  man  zwar  später  wieder  ins  Deutsche  zu  Übersetzen 
begann  und  denen  man  auch  deutsche,  im  selben  Geiste 
gedichtete  Schauspiele  zur  Seite  stellte,  die  aber  auch  in 
dieser  Form  nicht  förderlich  dafUr  wurden. 

Unter  diesen  Umständen  würde  es  dem  Drama  nur 
wenig  genützt  haben,  wenn  die  Fürsten  und  Grossen 
sich  seiner  auch  augenommen  hätten,  wie  ja  noch  selbst 
zu  Ende  des  Jahrhunderts,  unter  schon  ungleich  günsti- 
geren Verhältnissen,  die  ausdauernde  Gunst  und  Pflege, 
welche  ihm  zwei  kunstsinnige  Fürsten  (Julius  von  Braun- 


—    9    — 

«chweig  und  Moritz  von  Hessen)  zu  Theil  werden  liessen^ 
für  seine  Entwicklung  so  gut  wie  wirkungslos  blieben. 
Auch  waren  die  Bildungszustände  der  damaligen  Höfe 
der  Aufnahme  und  Entwicklung  des  Dramas  kaum 
^nstiger^  als  die  des  Bürger-  und  Gelehrtenthums.  Das 
Interesse  der  Fürsten  des  16.  Jahrhunderts  war  auf 
ernstere  Dinge  und  ihre  Neigungen  auf  greifbarere  6e- 
nflsse  gerichtet^  als  auf  die  Pflege  und  Wirkungep  der 
Künste. 

Sie  theilten  ihre  Müsse  hauptsächlich  in  die  Freuden 
der  Jagd  und  die  nicht  selten  an  Völlerei  streifen- 
den Tafelgenüsse  ein.  Der  Trunk  war  das  allgemeine 
Laster  der  Zeit.  In  welchem  UmfangC;  lässt  sich  aus 
einer  üebereinkunft  erkennen,  welche  1524  bei  einem 
Gesellenstechen  zu  Heidelberg;  wo  manche  Stimmen 
über  die  Gebrechen  der  Zeit  sich  hatten  yemehmen 
lassen,  yon  einer  Anzahl  wohlmeinender  Fürsten  zur 
Abhülfe  derselben  geschlossen  wurde:  „Jeder  von  ihnen  — 
heisst  es  darin  —  Kurfürst  oder  Fürst,  geistlich  oder 
weltlich,  sollte  in  eigener  Person  sich  alles  Gotteslästerns 
und  alles  Zutrinkens  zu  Ganz  und  Halb  völlig  enthalten, 
Jeder  es  auch  seinen  Amtleuten,  Hofgesinde,  Dienern 
und  Unterthanen  bei  namhafter  Strafe,  desgleichen  auch 
der  Ritterschaft  und  den  Landgesessenen  in  jedem 
Fürstenthum  verbieten.**  Wie  wenig  dies  aber  im  Ganzen 
gefruchtet  hatte,  geht  aus  den  Memoiren  des  trink- 
Instigen  und  naiven  Junkers  von  Schweinichen  hervor, 
der  mit  Genugthuung  auf  die  vielen  Hunderte  von 
Räuschen  zurückblickt,  die  er  noch  gegen  Ende  des 
Jahrhunderts  an  deutschen  Höfen  bestanden.  „Auf  die- 
sem Ritte  durchs  Reich  —  heisst  es  einmal  —  habe  ich 
viel  Bekanntschaften  und  mit  meinem  Trinken  einen 
grossen  Namen  gemacht,  weil  ich  um  diese  Zeit  sehr 
viel  trinken  konnte  —  so  dass  mir  die  Reise  sehr  er- 
spriesslich  bei  vielen  Leuten  war,  weil  ich  mich  in  allen 
ehrlichen  Sachen  gebrauchen  liess,  die  an  Fürstenhöfen 


-     10    — 

Yorkommen,  Trinken  und  andere  Kurzweil"  —  „da  ich 
aber  das  Lob  hatie^  allemal  der  Letzte  auf  der  Wahl- 
statt des  Trinkgelages  zu  sein^  wollte  ich  mir  den  Namen 
damals  auch  nicht  nehmen  lassen,  weil  ich  wusste,  dass 
Yon  einem  Hof  an  den  andern  meines  Wobltrinkens  wegen 
geschrieben  wurde." 

Dass  es  auch  in  den  sächsischen  Landen  an  diesem 
Hange  nicht  fehlte ,  geht  aus  vielen  Berichten  der  Zeit 
hervor.  Hier  mögen  davon  nur  die  Vorschriften  Erwäh- 
nung finden,  welche  der  kurfürstlich  sächsische  Hof  für 
die  vom  Adel  zu  seinen  Festen  Geladenen  erliess:  ;,Sie 
sollen  sich  besonders  des  übermässigen  Trunkes,  daraus 
allerlei  Unbescheidenheit  erfolgt,  enthalten,  sollen  dafür 
sorgen,  dass  keiner  ihrer  Leute  in  die  fürstlichen  Ge- 
mächer sich  eindränge  und  gegen  die  dahin  verordnete 
Guardy  mit  bösen,  frechen,  unnützen,  nachtheiligen  Wer- 
ten  sich  nicht  vernehmen  lassen/'  Von  nicht  minderem 
Interesse  sind  in  dieser  Beziehung  einzelne  Bestimmungen 
der  damaligen  Hofordnung,  unter  denen  besonders  die 
bezeichnend  ist,  dass  während  der  Tafel  die  Schlossthore 
geschlossen  und  die  Schlüssel  dem  Kurfürsten  gebracht 
werden  sollten.  Von  den  ünterhaltungsformen  der  höch- 
sten Kreise  giebt  aber  unter  anderen  eine  Stelle  im 
Lebenslaufe  des  Bartholomäus  Sastrow,  eines  Agenten  der 
Herzöge  von  Pommern,  überraschenden  Aufschluss,  die 
ich  einer  Schilderung  des  kaiserlichen  Zuges  zum  1547er 
Reichstag  in  Augsburg  entnehme.  Hier  heisst  es  von  den 
dabei  stattfindenden  Banketten: 

„Junge  Fürsten  legten  sich  wohl  zu  fürstlichen  und 
gräflichen  Damen,  sonderlich  von  hohem  adlichen  Stande, 
auf  den  Boden ,  denn  sie  sitzen  nicht  auf  Bänken  oder 
Sesseln,  sondern  es  werden  köstliche  Tapeten  mitten  ins 
Gemach  gebreitet,  worauf  sie  sich  bequemlich  setzen  und 
sich  strecken  können,  dort  umhalsen,  küssen  und  betasten 
sie  sich." 

Mit  dem  ungeheuren  Aufwände  für  Küche  und  Keller, 


—  11  — 

besonders  bei  festlichen  Gelegenheiten^  und  dem  wach- 
senden Luxus  der  Kleidung  stand,  die  ausserordentliche 
Einfachheit  der  Wohnungen  und  häuslichen  Einrichtungen 
noch  vielfach  in  einem  charakteristischen  Gegensatz. 
C.  A.  Mttller  giebt  in  seinen  Forschungen  auf  dem  Gebiete 
der  neueren  Geschichte  hierfür  als  Beleg  eine  genaue 
Beschreibung  der  Wohnung  von  Georg  I.  Bruder,  dem 
Herzog  August.  Man  wird  von  ihr  auf  die  Aermlichkeit  derer 
der  damaligen  Dresdner  Bürgerschaft  schliessen  können. 
Waren  doch  noch  zu  August  des  Starken  Zeit  hier 
fast  alle  Häuser  von  Holz.  Erst  1559  war  mit  der 
Pflasterung  der  inneren  Strassen  begonnen  worden,  erst 
unter  ihm  fing  man  an,  dieselben  des  Nachts  zu  beleuch- 
ten. Und  doch  mussten  andererseits  auch  hier  Luxus 
und  Wohlleben  schon  jetzt  in  solchem  Maasse  um  sich  ge- 
griffen haben,  dass  man  wiederholt  strenge  Verordnungen 
dagegen  erliess.  Schon  1474  begegnen  wir  einer  solchen, 
die  gegen  die  böse  Angewohnheit  des  ganzen  und  halben 
Zutrinkens  gerichtet  war;  kurze  Zeit  später  einer  anderen, 
welche  die  Kleiderpracht  bekämpfte.  Allerdings  bezweck- 
ten diese  Verordnungen  zugleich  eine  strenge  Begrenzung 
der  Vorrechte  der  Stände,  und  ein  Erlass  des  Administra- 
tors von  Sachsen,  Herzogs  Friedrich  Wilhelm  von  Weimar, 
vom  Jahre  1595  enthält  die  genauesten  Vorschriften 
über  den  Umfang  der  Grenzen,  in  denen  sich  die  ver- 
schiedenen bürgerlichen  Stände  in  Bezug  auf  Kleidung 
und  Ausrichtung  von  Festen  zu  halten  hatten. 

Zu  diesen  Festen  gaben  besonders  die  Hochzeiten, 
Taufen,  Geburtstage,  selbst  die  Leichenbegängnisse  An- 
lass.  Bei  Hofe  traten  dazu  die  Besuche  hoher  Herrschaf- 
ten und  die  Feier  der  Fastnacht,  von  der  wir  aus  dem 
Jahre  1519  die  erste  Nachricht  in  Weck's  Chronik  von 
Dresden  verzeichnet  finden.  Hier  wie  dort  bilc^eten  Gast- 
mähler und  Trinkgelage  den  eigentlichen  Kern  dieser 
Feste;  sie  krönten  die  übrigen  Lustbarkeiten,  wenn  diese 
nicht  bloss  die  Würze,  den  äusseren  Schmuck  derselben 


—     12    — 

abgaben.  Bei  Hofe  bestanden  diese  Lustbarkeiten  in 
Aufzügen  und  Schangepränge,  in  Tanz  und  in  ritterlichen 
Uebnngen.  Man  ging  dabei  mehr  darauf  aus,  durch 
eigene,  das  Lebensgefühl  steigernde  Betheiligung  und 
Bethätigung  die  Schaulust  Anderer;  als  die  eigene  zu 
befriedigen.  Auch  verlangte  man  nach  einer  gewissen 
Realität  der  dargestellten  Vorgänge.  Der  Sinn  für  den 
reineU;  künstlerischen  Schein  war  noch  wenig  entwickelt. 
Die  Jagd  war  die  Hauptbelustigung  der  sächsischen 
Fürsten.  Bei  festlichen  Gelegenheiten  wurde  auch  sie 
wieder  zum  Schauspiel  gemacht,  so  bei  den  Wasserjagden 
auf  der  Elbe,  den  Thierhetzen  auf  dem  Schlosshofe  oder 
dem  Marktplatze.  Oder  es  schlössen  sich  Aus-  und  Auf- 
züge, Mummereien ;  später  auch  allegorische  Festspiele 
daran.  Die  vom  Kurfürsten  Moritz  1542  erbaute  Moritz- 
burg wurde  in  späterer  Zeit  vorzugsweise  ein  Mittelpunkt 
solcher  Feste.  —  Andere  Belustigungen  hatten  sich  aus 
den  ritterlichen  Uebungen  entwickelt.  An  die  Stelle  der 
Turniere  (das  letzte  öffentliche  war  1487  in  Worms  ab- 
gehalten worden)  waren  die  Ringelrennen,  Caroussels, 
die  Lanzen-  und  Gesellenstechen  getreten.  Sie  waren 
mit  phantastisch-allegorischen  Aufzügen  und  Mummereien 
verbunden,  die  einen  immer  glänzenderen  und  zuweilen 
auch  wohl  dramatischen  Charakter  annahmen  und  mit 
dem  Namen  von  Inventionen  bezeichnet  wurden.  Obschon 
ursprünglich  nur  bei  diesen  ritterlichen  Spielen  üblich, 
wurden  sie  später  auch  bei  Gastmählern  und  im 
Tanzsaale  angewendet,  wie  sie  wohl  überhaupt  mit  den 
Zwischenspielen  und  Entremets,  welche  im  13.  Jahrhundert 
in  Frankreich,  Burgund  und  Flandern  eine  so  grosse 
Rolle  spielten,  in  Verbindung  gestanden  haben  mögen. 
So  wird  schon  bei  den  Vermählungsfeierlichkeiten  des 
Prinzen  Christian  1582  ein  Fussturnier  erwähnt,  welches 
im  grossen  Saale  des  Schlosses  abgehalten  wurde,  und 
bei  den  Kelterfesten  Johann  Georg  I.,  dem  Erbauer  des 
Spitzhauses   in   der  Hoflössnitz,   welche  in  dem  grossen 


—     13    — 

Presshaase  abgehalten  wnrdeo;  fanden  bei  lUnmlnation 
BacchasanfzUge  und  Tänze  statt;  an  welche  die  mehrere 
Hunderte  von  Zuschauern  fassende  Oalerie  dieses  Hauses 
noch  heute  erinnert.  Auch  noch  die  ersten  Singballete 
waren  wohl  kaum  etwas  Anderes  als  auf  den  Tanzsaal 
versetzte  Inventionen. 

Die  mit  den  Caroussels  verbundenen  Darstellungen 
dieser  Art  blühten  besonders  unter  Christian  II.  und  Johann 
Georg  I.  Doch  hatte  schon  Christian  I.  eine  prächtige 
neue  Rennbahn  erbauen  lassen.  Der  seit  1574  am  säch- 
sischen Hofe  angestellte  Architekt  und  Bildhauer  Maria 
Nosseni  (geb.  1545  zu  Lugano,  gest.  1620  ii^  Dresden), 
der  Erbauer  der  berühmten  Begräbnisskapelle  zu  Frei- 
berg, war  auch  mit  der  Veranstaltung  von  „Mumereyen, 
Tryumphen'^  und  diesen  Inventionen  betraut,  die  damals 
weithin  in  Ruf  standen.  Bei  diesen  allegorischen  Spielen, 
welche  durch  einen  in  mehrere  Rotten  (Quadrilles)  ein- 
getheihen  Trupp  Reiter  und  vielen  Nebenpersonen  und 
einem  sich  immer  steigernden  Aufwände  künstlicher, 
mechanischer  Vorrichtungen  dargestellt  wurden,  spielten 
die  Narren  eine  hervortretende  Rolle.  Sie  hüpften  und 
sprangen  mit  lächerlichen  Geberden  um  die  Reiter  herum, 
die  sich  mit  ihnen  an  Zahl  überboten.  So  hatte  ein  ge- 
wisser Max  Walther  bei  einem  1482  abgehaltenen  Tur- 
nier 15  Narren  in  seinem  Gefolge. 

Narren,  Närrinnen,  sowie  Zwerge  gehörten  überhaupt 
zu  den  bevorzugten  Unterhaltungsmitteln  der  damaligen 
Höfe.  Man  gab  sich  oft  grosse  Mühe,  deren  in  Dienst 
zu  bekommen.  Die  Correspondenz  der  Fürsten  und  Für- 
stinnen dieser  Zeit  ist  davon  voll.  So  bittet  die  Gräfin 
von  Leuchtenberg  den  Herzog  Albrecht  von  Preussen  um 
einen  Zwerg  und  fügt  die  Versicherung  bei,  dass  sie  ihn  wie 
ihr  eigenes  Kind  halten  wolle.  Der  Herzog  Erich  II. 
von  Braunschweig  erwiedert  auf  eine  ähnliche  Bitte,  „als 
das  E.  L.  um  einen  Zwerg  und  eine  Zwergin  bitten,  so 
sollen  £.  L.  uns  glauben,  dass  wir  jetzo  vielfältig  durch 


—     14    — 

unsre  Herrn  und  Freunde  um  solche  Zwerge  angesucht 
werden,  darob  wir  E.  L.  zu  diesemal  derselben  nicht 
vertrösten  mögen,  wollen  uns  aber  doch  befleissigen,  ob 
ein  solcher  Zwerg  und  eine  Zwergin  an  uns  bringen  und 
E.  L.  freundlich  damit  willfahren  können/^  Diese  Vorliebe 
dauerte  fast  durch  das  ganze  17.  Jahrhundert  noch  an. 
Im  Jahre  1617  gab  es  am  sächsischen  Hofe  noch  drei 
Zwerge,  drei  Narren  und  zwei  „kurzweilige  Räthc'',  und 
nach  einem  Berichte  aus  dem  Jahre  1668  sollen  sich  bei 
einer  Abendmahlzeit  beim  Kurprinzen,  zwei  Hofnärrinnen 
entzweit  haben  und  einander  in  die  Haare  gerathen  sein, 
wodurch  den  Anwesenden  „ein  lustiges  Spektakel  be- 
reitet wurde^'.  Man  kann  hieraus  schliessen,  von  welcher 
Art  die  von  ihnen  erwartete  Kurzweil  zu  Zeiten  war. 
Sie  mögen  nur  selten  die  munteren,  poetisch  gestimmten 
Bursche  gewesen  sein,  die  uns  Shakespeare  veranschaulicht 
hat,  sondern  wohl  meist  eben  so  tief  wie  der  spätere 
Narr  der  Bühne,  der  Hanswurst,  unter  ihnen  gestanden 
haben.  Gewiss  bestand  zwischen  beiden  auch  ein  inneres 
Yerhältniss.  Drängte  sich  dieser  doch  mit  derselben 
lustigen  vorlauten  Frechheit  in  die  Handlung  der  ernsteren 
Spiele,  wie  der  Narr  in  die  Gespräche  und  an  die  Tafeln 
der  Grossen  und  Vornehmen.  Beide  leiteten  das  Recht 
dazu  aus  nichts  Anderem,  als  aus  der  geduldeten  Stellung 
ab,  die  ihnen  die  Heiterkeit  gab,  welche  sie  zu  erregen 
und  zu  unterhalten  verstanden.  Daher  der  Hanswurst 
Prehäuser,  als  ihn  der  berühmte  Stranitzky  in  Wien,  vom 
Publicum  Abschied  nehmend,  als  seinen  Nachfolger 
empfahl,  die  Stille,  die  hierauf  folgte,  nicht  schicklicher 
zu  unterbrechen  wusste,  als  indem  er  sich  plötzlich  auf 
beide  Kniee  niederwarf  und  mit  rührend  komischer  Ge- 
berde bat:  „Meine  Herren,  ich  bitte  Sie  um  Gotteswillen, 
lachen  Sie  doch  über  mich  Y'  Denn  in  der  That  gab  ihm 
dieses  Lachen  den  Freibrief,  sich  fortan  Alles  erlauben 
zu  dürfen.  Auch  mag  hier  darauf  hingewiesen  werden, 
dass  der  gleichzeitige  berühmte  Theaterdirector  und  Hans- 


—    15    — 

warst  Leppert  früher  mit  zu  d^m  Instigen  Narrenklee- 
blatte  Friedrich  Aagnst  I.  gehörte. 

Obschon  sich  durch  die  Belnstigungen  der  Höfe 
mannigfache  Elemente  des  Theatralischen  zogen^  das  durch 
die  Pritschmeister  yertreten  wnrde^  die  damals  überhaupt 
für  die  poetischen  Bedürfnisse  der  Höfe  zu  sorgen 
hatten,  so  fehlt  es  zur  Zeit  doch  an  jedem  sicheren  Nach- 
weise, dass  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts 
wirkliche  dramatische  Spiele  am  kurfürstlichen  Hofe  zu 
Dresden  stattfanden.  Ja,  was  das  Fastnachtsspiel  ins  Be- 
sondere betrifft,  so  ist  es  selbst  zweifelhaft,  ob  es  bis 
dahin  in  Sachsen  überhaupt  grössere  Verbreitung  ge- 
funden. Nur  dürftige  Spuren  sprechen  daftlr.  So  er- 
wähnt der  Rector  Daniel  Richter  in  einer  bis  zum  Jahre 
1506  hinabreichenden  Geschichte  der  Zittauer  Spiele 
eines  in  diesem  Jahre  zur  Fastnacht  yon  den  Einder- 
lehrem  aufgeführten:  „Die  Bratwurst  und  der  Hering^' 
betitelten  Stückes.  Und  welchen  Antheil  die  sächsischen 
Eorftirsten  auch  an  der  Schulcomödie  nahmen ,  so  ist 
uns  doch  erst  aus  dem  Jahre  1599  ein  Beispiel  bekannt, 
dass  auch  sie  zuweilen  an  den  kurfürstlich  sächsischen 
Hof  in  Dresden  gezogen  wurde,  wogegen  sich  Joichim 
Greff  schon  in  der  Widmung  seines  Abraham  berühmt, 
mehrere  seiner  Tragödien  yor  Johann  Friedrich  zu  Sachsen 
zur  Aufführung  gebracht  zu  haben. 

Wie  ungünstig  aber  auch  immer  die  Verhältnisse  für 
die  Entwicklung  des  Dramas  in  Deutschland  überall 
lagen,  so  würde  ein  grosses  Talent  sie  doch  zu  über- 
winden gewusst  haben.  Ein  Blick  auf  Hans  Sachs, 
welcher  doch  inmier  nur  ein  mittelmässig  beanlagter 
Dichter  war,  würde  dies  allein  schon  beweisen.  Was  aber 
hat  das  Genie  eines  Luther  in  seiner  Bibelübersetzung 
nicht  aus  der  so  ganz  in  Rohheit  und  Unbeholfenheit 
versunkenen  deutschen  Sprache  zu  machen  yermocht,  in 
der  er  der  Nation  Alles  erschloss,  was  in  dem  Geiste 
des  Volkes,  in  dessen  Gemüth  und  Herzen  Grosses,  Starkes 


—    16    — 

und  Inniges  schlummerte.  Und  doch  wie  so  fast  gtjiz 
ohne  Nachfolge  oder  doch  ohne  Fortschritt  blieben  diese 
Beispiele  für  lange,  so  dass  (wenn  wir  das  Kirchenlied 
ausnehmen)  die.  deutschen  Dichter  fast  um  ein  Jahrhun* 
dert  später  noch  keine  näherliegende^  höhere  Aufgabe 
kannten^  als  die  deutsche  Sprache  zu  reinigen  und  zu 
läutern  und  ihre  Formen  zu  höherer  Entwicklung  zu 
bringen. 

Gewiss  also  ist  es  neben  der  allgemeinen  Gesunken- 
heit  der  Sitten^  der  Bildung,  des  Geschmacks  und  der 
Sprache:  der  andauernde  Mangel  an  wahrhaft  bedeuten- 
den dramatischen  Talenten,  woraus  sich  die  lange  ver- 
kümmerte und  verzögerte  Entwicklung  des  deutschen 
Dramas  allein  schon  hinreichend  erklärt.  Gleichwohl 
hat  man  noch  immer  nach  anderen  Gründen  dafür 
gesucht  und  dieselben  unter  Anderem  in  dem  Ein- 
flüsse der  Reformation  zu  finden  geglaubt.  Einen  be- 
stimmenden Einfluss  hat  diese  auch  sicherlich  auf  sie 
ausgeübt.  Er  ist  aber  weder  ausschliesslich  ein  hemmen- 
der, noch,  soweit  er  ein  hemmender  war,  nur  ein  feind- 
licher oder  nachtheiliger  gewesen.  Das  letzte  vermochte 
er  überhaupt  bloss  zu  sein,  weil  das  Drama  in  Deutsch- 
land noch  keine  Widerstandskraft,  kein  wahres  inneres 
Leben  besass. 

Dies  lässt  sich  vor  Allem  an  den  alten  kirchlichen 
Spielen  beobachten.  Allerdings  verschwanden  sie  bei 
Einftihrung  der  Reformation  in  den  protestantischen 
Ländern,  doch  nur,  weil  sie  ohnedies  schon  im  Sinken 
begriffen  waren;  daher  sie  nun  auch  zugleich  in  den  ka- 
tholischen Ländern  mehr  und  mehr  in  den  Hintergrund 
traten  und  ihr  Gebiet  verengten.  So  findet  sich  schon 
seit  1Ö24  in  Drcsdeif  keine  Nachricht  mehr  von  den  hier 
üblichen  Johannisspielen,  und  die  Freiberger  Spiele, 
die  regelmässig  alle  sieben  Jahre  stattfanden,  wurden 
schon  seit  1523  nicht  mehr  wiederholt.  Die  Entwicklung 
des    volksthümlichen   Schauspiels    erlitt   hierdurch    aber 


—    17    — 

keine  Einbusse!  Wir  sehen  die  kirchliche  Bewegung 
sich  yielmehr  desselben  bemächtigen,  der  Moralitäten 
sowohl,  wie  der  Fastnachtsspiele,  und  ihre  Polemik  in  sie 
hineintragen.  Es  bot  dies  sogar  den  latinisirenden  Be- 
strebungen der  mit  der  Reformation  so  eng  yerbündeten 
Humanisten  ein  Gegengewicht,  da  man  sich  der  grösseren 
Verbreitung  und  allgemeineren  Wirkung  wegen  der  deut- 
schen Sprache  zu  diesen  Spielen  bediente,  die  ihren  Sitz 
in  der  Schweiz  hatten  und  sich  von  da  den  Rhein  herab 
nach  Mitteldeutschland  verbreiteten.  Während  nun  diese 
protestantischen  Schauspiele  zuweilen  die  Formen  der 
alten  Mysterienspiele  ergriffen  (wie  dies  z.  B.  in  einem 
1600  vor  Christian  II.  in  Torgau  gespielten  Stück  eines 
Magister  Andreas  Hartmann:  ,,Vom  Zuestande  im 
Himmel  vund  inn  der  Höllen^  geschah),^  entstanden  in 
den  süddeutschen  katholischen  Ländern  unter  dem  Ein- 
flüsse der  über  die  Niederlande  einwandernden  spanischen 
Autos  und  des  in  Italien  entstandenen  Decorationsprunkes 
die  sogenannten  Jesuitenspiele,  welche  besonders  in  Wien 
zu  grosser  Bedeutung  kamen.  ^ 

Ungleich   entschiedener,   als  in  Deutschland   wurde 

■  Dasselbe  umfasste  nicht  weniger  als  107  in  acht  verschiedene 
Gruppen  vertheilte  Personen,  worüber  man  das  Nähere  bei  Fürstenan : 
^Zar  Creschichte  der  Musik  und  des  Theaters"  etc.  nachlesen  kann. 
—  Ausser  tou  diesem  Spiele  wissen  wir  von  keiner  weiteren  Auf- 
f&hmng  einer  Schulcomödie  am  Hofe  zu  Dresden.  Wohl  aber  wurden 
1604  and  1612  zwei  Schauspiele  eines  gewissen  Andrea  Cotta  vor 
der  Wittwe  Christian  L,  der  Eurfürstin  Sophie,  auf  dem  Schlosse 
zu  Colditz  aufgeführt.  Es  ist  aber  wohl  kein  Zweifel,  dass  der 
Dresdner  Hof  ebenso  wie  in  Leipzig,  auch  zuweilen  in  Dresden  den 
öffentlichen  Schulcomödien  beigewohnt  haben  magi 

*  Die  Jesnitenspiele  gingen  von  Wien  aus,  welches  der  vor- 
züglichste  Sitz  derselben  blieb.  Sie  erreichten  ihren  Qipfel  in  den 
sogenannten  Lud!  Caesarii,  d.  i.  denjenigen  Vorstellungen,  welche 
bei  den  hohen  Familienfesten  der  kaiserlichen  Familie  stattfanden. 
Sie  wurden  immer  in  lateinischer  Sprache  gespielt  Ein  deutsches 
Argumentum  (Inhaltsbeschreibung)  ging  ihnen  voraus.  Mit  der  Auf- 
lösung des  Jesuitenordens  1778  gingen  auch  diese  Spiele  zu  Ende. 

8 


—     18     -- 

das  Drama  in  England  in  die  Kämpfe  der  kirchlichen 
Bewegung  gerissen.  Aber  trotz  der  wiederholten  Anfech- 
tungen, ja  Unterbrechungen,  welche  hier  die  Vorstellungen 
der  Theater  erfuhren,  entwickelte  es  sich  bei  den  immer 
stärker  hervortretenden  Talenten  der  Dichter  und  der 
damit  wachsenden  Lust  des  Volks  an  theatralischen  Auf- 
führungen gerade  Jetzt  zu  einer  in  keinem  Lande  wieder 
erreichten  Blüthe  und  Höhe.  Und  wenn  es  auch  später 
diesen  Kämpfen  erlag ,  so  geschah  es  doch  nur,  weil 
diejenige  Partei^  auf  die  es  sich  stützte,  ebenfalls  unterging. 
Gewiss  hat  es  auch  in  Deutschland  gleich  bei  Beginn 
der  Reformation  nicht  an  Stimmen  gefehlt,  welche  gegen 
Schauspiel  und  theatralische  Lustbarkeit  eiferten.  Doch 
waren  diese  theils  nicht  verbreitet  genug,  um  immer  aufs 
Neue  den  Angriff  herauszufordern,  theils  fanden  sie  hier 
in  den,  die  lateinische  Schulcomödie  fördernden  Huma- 
nisten noch  eine  Stütze.  Das  Entscheidende  war  aber 
doch,  dass  auch  diejenige  Stimme  mit  für  sie  eintrat, 
die  damals  in  geistigen  Dingen  für  den  grössten  Theil 
Deutschlands  die  höchste  und  maassgebende  Autorität  war. 
Wie  der  Humanismus  der  bahnbrechende  Vorkämpfer  und 
Bundesgenosse  der  Reformation,  so  war  auch  Luther 
wieder  der  Förderer  der  humanistischen  Bestrebungen  — 
ein  Verhältniss,  das  in  der  Verbindung  und  Freundschaft 
des  Letzteren  mit  Melanchthon  einen  gleichsam  sjonboli- 
schen  Ausdruck  empfing.  Auch  er  hielt  die  lateinische 
Schulcomödie  für  ein  vorzügliches  Mittel,  das  Erlernen 
der  lateinischen  Sprache  und  die  allgemeine  Weltbildung 
der  Schüler  zu  fördern.  Es  geht  dies  unter  Anderem  aus 
dem  Bescheide* hervor,  den  er  dem  D.  Cellarius,  der  ihn 
in  dieser  Sache  um  Ratb  fragte,  gab:  „Gomödien  zu 
spielen  soll  man  um  der  Knaben  in  der  Schule  willen 
nicht  wehren;  erstlich,  dass  sie  sich  üben  in  der  latd- 
ni8<hen  Sprache,  zum  andern,  dass  in  Gomödien  fein 
künstlich  erdichtet,  abgemalt  und  fürgestellt  werden 
solche  Personen,   dadurch  die  Leut  unterrichtet  und  ein 


-     19    — 

Jglicher  seines  Ampts  und  Standes  erinnert  und  yermahnt 
werde,  was  einem  Knecht,  Herrn,  jungen  Gesellen  gebübre, 
wobl  anstebe  und  w^sls  er  thnn  solle,  ja  es  wird  darinnen 
fttrgebalten  und  fUr  die  Angen  gestellet,  wie  sieb  Jglicber 
in  seinem  Stande  balten  soll  in  änsserlicbem  Wandel, 
wie  in  einem  Spiegel.^  Selbst  nocb  die  Ansscbweifnngen 
dieser  Spiele  binderten  ibn  nicbt,  sie  za  befürworten: 
^Christen  —  beisst  es  ein  ander  Mal  —  sollen  GomOdien 
nicbt  ganz  und  gar  Sieben  darnm,  dass  bisweilen  grobe 
Zoten  und  Bnblereien  darin  sein,  da  man  docb  nm  derselben 
willen  ancb  die  Bibel  nicbt  lesen  dürfte.^  Gewiss  konnte 
er  biermit  dem  Missbrancbe  der  J^übne  entfernt  nicbt  das 
Wort  reden  wollen,  denn  wenn  er  ancb  nicbt  der  Meinung 
war,  „dass  durcbs  Evangelion  sollten  alle  Künste  zu 
Boden  gescblagen  werden  und  vergeben,  wie  etlicbe 
Abergeistlicbe  furgeben"  —  so  wollte  der  bei  aller 
Frömmigkeit  lebensfreudige  Mann  docb  „alle  Künste  gern 
seben  im  Dienste  dess,  der  sie  geben  und  gescbaffen  bat^ 
Wenn  Luther's  Einfluss  sieb  überhaupt  nur  darauf 
beschränkt  hätte,  die  römischen  Dramen  und  die  latei- 
nische Schulcomödie  zu  empfehlen,  so  würde  er  die  Ent- 
wicklung des  nationalen  Dramas  gleichwohl  nur  unter- 
bunden haben.  Wie  hätte  dies  aber  yon  dem  Manne  er- 
wartet werden  sollen,  welcher  Gott  dafür  dankt,  „dass 
er  ihn  in  deutscher  Zunge  hören  und  finden''  könne,  wie 
man  ihn  Yorher  nicht  gefunden  weder  in  lateinischer,  grie- 
chischer, noch  hebräischer  Zunge,  von  ihm,  der  den  dichte- 
rischen Geist  seiner  Muttersprache  erst  wieder  aufs  Neue 
entband  und  der  nationalen  Dichtung  im  protestantischen 
Kircbenliede  eine  ganz  neue  Bahn  eröffnete?  In  der 
That  hören  wir  ihn  denn  auch  dem  Drama  nicbt  nur 
die  deutsche  Sprache,  sondern  auch  einen  besonderen 
Inhalt  empfehlen,  indem  er  anrieth,  die  Schüler  das 
Leben  Christi  sowohl  in  lateinischer,  wie  in  deutscher 
Sprache  spielen  zu  lassen.  Auch  sonst  weist  er  noch  auf 
brauchbare  Stoffe  dafür  bin.    Wie  es  denn  in  der  Vor- 

2» 


—    20    — 

rede  zn  Buch  Judith  heisst:  ^^Und  mag  sein^  dass  sie 
solch  Gedicht  gespielet^  wie  man  bei  uns  die  Passio  spielt 
und  andre  Heiligen  Geschieht;  damit  sie  ihr  Volk  und  die 
Jagend  lehreten,  als  in  einem  gemeinen  Bilde  oder  Spiele 
Gott  vertrauen,  fromm  sein  und  alle  Hülfe  und  Trost 
von  Gott  hoffen  in  allen  Nöthen/*  Und  zu  Tobias:  „Und 
ist  zu  vermutheU;  dass  solcher  schöner  Gedicht  und  Spiel 
bei  den  Juden  viel  gewest  sind,  der  sie  sich  auf  ihre 
Feste  und  Sabbath  geübt  und  der  Jugend  also  mit  Lustt 
Gottes  Wort  und  Werke  eingebildet  haben.^  Ja,  er  lobt 
die  Griechen  darum,  falls  sie,  wie  er  glauben  möchte^ 
ihre  Tragödien  diesen  Spielen  nachgeahmt  haben  sollten. 

Dies  iiessen  sich  nun,  besonders  in  sächsischen 
Landen,  die  Geistlichen,  Rectoren  und  Schullehrer  nicht 
umsonst  gesagt  sein,  wie  sich  uns  den  Vorreden  der 
meisten  der  biblischen  Schauspiele  ersehen  lässt,  die, 
als  eine  besondere  Abzweigung  der  lateinischen  Schul- 
comödie,  jetzt  in  ungeheurer  Menge  in  deutscher  Sprache 
entstanden.  Fast  alle  berufen  sie  sich  ausdrücklich  auf 
jene  Zeugnisse  des  grossen  Reformators.  Dieser  zwar 
unmittelbar  nur  auf  die  Schulcomödie  gerichtete  Einfluss 
desselben  ist  aber  darum  ein  weittragender,  weil  (wie 
sich  zeigen  wird)  gerade  aus  dieser  letzteren  das  neuere 
Drama,  sowie  die  eigentliche  deutsche  Schauspielkunst^ 
wennschon  mit  unter  fremdem  Einflüsse,  hervorgehen  sollte, 
wobei  nicht  geleugnet  werden  kann,  dass  Luther  durch  die 
Art  seiner  Befürwortung  zugleich  mit  den  Grund  zu  der 
moralisirenden  und  lehrhaften  NUtzlichkeitsrichtung  des 
deutschen  Dramas  legte,  welche  eine  wahrhaft  künstlerische 
Entwicklung  und  Ausbildung  desselben  vielfach  gehemmt  hat. 

Doch  auch  noch  eines  anderen,  freilich  weder  beab- 
sichtigten, noch  bewussten  Einflusses  Luther's  und  der 
Reformation  auf  die  Entwicklung  des  Dramas  in  Deutsch- 
land, haben  wir  hier  zu  gedenken.  Er  fällt  mit  dem* 
jenigen  zusammen,  welchen  sie  beide  auf  die  Musik 
ausübten,    fUr  die  die  Verhältnisse   freilich   um  Vieles 


—    21     — 


<r 


lücklicher  lagen.  Seit  die  Melodie  ans  den  Fesseln  der 
Prosodie  befreit  worden  war^  hatte  sich  die  Musik  allmälig 
zo  einer  selbstständigen^  ganz  allgemeingttltigen  Sprache 
ansgebildet;  deren  Form  und  Ausdruck  man  unabhängig 
von  der  Verschiedenheit  der  nationalen  Wortsprachen 
in  sich  aufnehmen  und  nachahmen ;  denen  man  ganz 
neue  Texte  unterlegen  und  anpassen  konnte.  Dass  die 
altitalienischen  Kirchengesänge  ihrer  Natur  nach  nur 
denjenigen  Empfindungsinhalt  zum  Ausdrucke  brachten^ 
welcher  der  ganzen  christlichen  Welt  gemeinsam  war, 
musste  ihrer  Verbreitung  ebenso  förderlich  werden,  wie 
der  neuerdings  herrschend  gewordenen  niederländischen 
Schule,  dass  sie  die  musikalische  Form  mehr,  als  den 
Empfindungsausdruck  berücksichtigte.  Dem  National- 
Individuellen,  dem  specifisch  Volksthümlichen  des  Em- 
pfindens stand  ja  das  Volkslied  noch  offen.  Auch  in 
Deutschland  gewann  es  in  diesem,  trotz  der  Rohheit 
und  Ungelenkigheit  der  Sprache,  eine  Kraft  und  Tiefe 
des  Ausdrucks,  dass  Luther  mit  Recht  sagen  konnte: 
^Die  Noten  machen  den  Text  erst  lebendig.^  Erklärt 
sich  schon  hieraus  die  leichtere  Aufnahme  und  unmit- 
telbare Wirkungsfähigkeit,  welche  die  fremde  Musik 
vor  der  fremden  Dichtung  in  Deutschland  yoraus  hatte, 
so  liegt  der  Grund  ihrer  allgemeinen  Verbreitung  noch 
überdies  in  ihrer  innigen  Verbindung  mit  dem  Gottes- 
dienste, welche  ihr  die  Förderung  der  Geistlichkeit, 
Fürsten  und  Höfe  zu  Theil  werden  liess.  Fast  alle  be- 
deutenderen Fürsten  der  Zeit  hielten  sich  Kapellen  oder, 
weil  die  Vocalmusik  darin  Hauptsache  war,  Gantoreien. 
Doch  begann  auch  schon  jetzt  die  Virtuosität  der  Instru- 
mentisten  Aufnahme  zu  finden.  Gesang  und  Musik  fehlten 
bei  keinem  Feste. 

Auch  in  Luther's  Leben  hatte  dieselbe  schon  immer 
eine  bedeutende  Rolle  gespielt.  Sie  war  es  yorzüglich, 
die  ihm  als  Currentschüler  die  Theilnahme  der  Wittwe 
Kotta  gewonnen  und  es  ihm  möglich  gemacht  hatte,  sich 


—    22     — 

den  gelehrten  Studien  zu  widmen.  Sie  bildete  später 
den  Schmnck  seines  hänsliclien  Lebens  nnd  wurde  ihm 
endlich  zum  Trost  in  Trübsal  nnd  Schmerz.  Sie  war  ihm 
die  höchste  Yon  allen  Künsten,  „eine  schöne,  herrliche 
Oabe  Oottes  nnd  nahe  der  Theologie*^.  Er  wollte  sich 
„seiner  geringen  Musik  nicht  um  was  Grosses  verzeihen**. 
Ja,  einen  Schulmeister;  welcher  nicht  singen  konnte,  sah 
er  nicht  an.  Er  war  mit  den  Werken  der  bedeutendsten 
Meister  der  Zeit,  eines  Josquino  de  Pr^s  und  Pierre  de 
la  RuCi  Yöllig  vertraut.  Mit  dem  berühmten  Kapellmeister 
Sen£n,  dessen  Motetten  damals  an  allen  Höfen  gespielt 
wurden,  stand  er  in  Briefwechsel,  und  mit  dem  kurfürst- 
lich sächsischen  Kapellmeister  Rupfif  und  dem  kurfürstlich 
sächsischen  Sängermeister  Johann  Walther  in  innigstem 
musikalischen  Verkehr.  Er  spielte  selber  die  Laute, 
sang  und  componirte  zugleich.  Der  neu  entstandenen 
Kirche  einen  entsprechenden  Gultus  zu  geben,  dem  römi- 
schen Gottesdienste,  den  er  um  seinen  Gesang  beneidete, 
etwas  Aehnliches  gegenüberzustellen,  war  sein  eifrigstes 
Bemühen.  Friedrich  der  Weise  hatte  ihm  zu  diesem 
Zwecke  seine  Torgauer  Gantorei  zur  Verfügung  gestellt, 
und  in  Gemeinschaft  mit  Rnpff  und  Walther  suchte  er 
den  Hymnenschatz  des  Antiphonars  und  das  weltliche 
Volkslied  dafür  fruchtbar  zu  machen.  Er  wurde  der 
Gründer  des  volksthümlichen  evangelischen  ELirchen- 
gesanges. 

Als  aber  nach  Friedrich's  Tode  die  kurfürstliche 
Gantorei  eingezogen  wurde,  an  deren  Spitze  damals,  nach 
RupfTs  Tode,  Johann  Walther  stand,  sprach  er  sich  in 
seiner  energischen  Weise  hiergegen  aus:  „Etliche  von 
Adel  und  Scharrhansen  meinen,  sie  haben  meinem  gnä- 
digen Herrn  3000  Gulden  an  der  Musica  ersparet,  indess 
verthut  man  unnütz  30,000  Gulden.  Könige,  Fürsten  und 
Herren  müssen  die  Musica  erhalten,  den  grossen  Poten- 
taten und  Herren  gebührt  solches,  einzelne  Privatleute 
können  es  nicht  thun.^    Da  dies  aber  nichts  fruchtete,  rief 


—    23    - 

er  unter  Johann  Walther's  Leitung  den  ersten  freiwilligen 
Gesangverein,  die  Torgauer  Cantoreigesellschaft,  ins  Leben, 
welche  das  Vorbild  für  verschiedene  andere  Vereine  wurde 
die  nun  alsbald  in  sächsischen  Städten  entstanden. 

Da  Walther  auf  dem  Titel  seines  „Teutsch  Geistlichen 
Gesangbüchleins'^  vom  Jahre  1544  als  »^Kurfürstlicher 
von  Sachsen  Sängermeister''  bezeichnet  wird  und,  wie 
V.  Langenn  in  seiner  Geschichte  des  Kurfürsten  Moritz 
angiebt,  Walther  bei  seiner  Berufung  nach  Dresden  die 
Sänger  und  Singknaben  sämmtlich  von  Torgau  mitgebracht 
haben  soll,  so  scheint  es  fast,  dass  Kurfürst  Johann 
Friedrich  den  Gedanken  Luther's  noch  selbst  wieder  auf- 
genommen und  die  Gantorei  wieder  hergestellt  habe. 
Daher  es  zweifelhaft  ist,  ob  Kurfürst  Moritz  bei  Grün- 
dung seiner  kurfürstlichen  Gantorei  in  Dresden  (zwei 
Jahre  nach  Luther's  Tode),  an  deren  Spitze  er  ebenfalls 
wieder  jenen  vertrauten  Freund  und  Mitarbeiter  des 
grossen  Reformators,  Johann  Walther,  als  Kapellmeister 
stellte,  das  Torgauer  Institut  nur  umgestaltet  oder  aus 
freier  Initiative  jenen  Gedanken  Luther's  ergriffen  und  die 
Gantorei  neu  wiederhergestellt  hat.  Jedenfalls  stellt  sich  in 
der  Person  Walther's  eine  Verbindung  derselben  mit  jener 
von  Luther  ins  Leben  gerufenen  Torgauer  Gantorei- 
gesellschaft  und  ein  Repräsentant  der  Lutherischen  musi- 
kalisch reformatorischen  Ideen  dar.  Aus  dieser  1548  ge- 
gründeten kurfürstlichen  Gantorei  zu  Dresden  ging,  wie 
ich  nun  darzustellen  habe,  nicht  nur  die  heutige  Königlich 
Sächsische  Kapelle,  sondern  unter  Hinzutritt  der  hierzu 
nöthigen  anderen  Elemente  das  ganze  heutige  Königlich 
Sächsische  Hoftheater  hervor. 

Wie  es  keineswegs  zufällig  ist,  dass  sich  in  Deutsch- 
land die  Musik  eher  als  die  Dichtkunst  entwickelte,  so 
wirkte  auch  Alles  zusammen,  dass  die  Oper  hier  früher, 
als  das  recitirende  Drama  zur  Blttthe  kam,  und  ich  werde 
zunächst  zu  zeigen  haben,  welchen  hervorragenden  Antheil 
jene  Schöpfung  des  kursächsischen  Hofes  gehabt 


Die  erste  deutsche  Oper  am  Sächsischen  Hofe. 


Grttndnng  der  kurfürstlich  sächs.  Kapelle.  —  Kapellmeister 
Heinrich  Schütz.  —  Entstehan^  der  Oper.  —  Die  „Daftae^  des 
Martin  Opitz.  —  Erste  Blflthe  der  Kapelle.  —  Terfall  der- 
selben Im  drelssigjährl^en  Krieg.  —  Entstehnng  einer  knrprlni- 
Uchen  neben  der  wiederhergestellten  knrffirstllchen  Kapelle. 

Die  vom  Kurfürsten  Moritz  von  Sachsen,  dem  ersten 
der  Albertinischen  Linie,  gegründete  Cantorei,  die  sich 
zur  heutigen  Königlich  Sächsischen  Kapelle  entwickelt 
hat;  bildet  zugleich  das  Stamminstitut,  aus  welchem  das 
ganze  heutige  Königlich  Sächsische  Hoftheater  hervor- 
ging. Der  Tag,  an  welchem  Kurfürst  Moritz  seine 
Cantoreiordnung  von  Torgau  erliess,  der  22.  September 
1548,  darf  als  ihr  Stiftungstag  angesehen  werden.  Gleich 
dem  übrigen  Hofstaate  war  auch  sie  dem  kurAirstlichen 
Hofmarschallamte  unterstellt  —  eine  Einrichtung,  welche 
erst  unter  Friedrich  August  I.  eine  Aenderung  erfuhr.  Schon 
der  Name  des  Instituts  lässt  erkennen,  dass  es  ursprünglich 
(mit  Ausnahme  des  Organisten)  nur  aus  Sängern  bestand, 
und  auch  noch  die  später  gebräuchlich  werdende  Be- 
zeichnang  ^Kapelle^  beweist,  dass  es  hauptsächlich  fllr 
den  Dienst   der  Kirche  bestimmt  war. 

Das  Institut  bestand  ursprünglich  aus  zehn  erwach- 
senen Sängern  und  neun  Knaben,  welche  Discant  sangen, 
mit  Johann  Walther,  dem  Freunde  Luther's,  an  der  Spitze, 
zusammen  aus  21  Personen,  lauter  Deutschen,  mit  einem 
Aufwände  von  nur  640  Gulden  jährlich. 

Die  Instrumentalmusik  hatte  damals  noch  keine 
selbstständige  Bedeutung.    Als  Begleitung  diente  sie  fast 


—    25    —  ' 

ansschliesslich  der  TonverstärkuDg  der  Stimmen;  wo  sie 
allein  wirkte  ^  wurde  der  Gesang  auf  das  Instrument 
übertragen.  In  dieser  Form  war  sie  jedoch  schon  in 
Änfnahme  gekommen.  Man  hatte  Saiten-  und  Blasinstru- 
mente (HarpfeU;  Psalter,  Hackbretter,  grosse  und  kleine 
Geigen,  Schalmeien,  Pfeifen,  Flöten,  Oboen,  Hörner  und 
Zinken).  Die  Laute  war  für  die  Hausmusik  am  belieb- 
testen, das  Glavier  noch  in  den  Anfängen  seiner  Entwick- 
lung. Seit  der  Erfindung  des  Orgelpedals  bediente  man  sich 
ganz  allgemein  dieses  Instrumentes  zur  Begleitung  des 
Kirehengesanges.  Bei  ausserordentlichen  Gelegenheiten 
traten  Trompeten  und  Pauken  hinzu.  In  Sachsen  ge- 
borten dieselben  damals  zum  Heerdienste,  und  hätte  man 
andere  Instrumente  hier  noch  heranziehen  wollen,  so 
würde  man  sie  nur  den  Zünften  der  Thtirmer  und  Stadt- 
pfeifer haben  entnehmen  können. 

Diese  Verhältnisse  sollten  jedoch  bald  eine  Ver- 
änderung erfahren.  Obgleich  mit  grossen  politischen  Ent- 
würfen beschäftigt,  mit  ernsten  Regierungsarbeiten  über- 
häuft, behielt  Kurfürst  Moritz  doch  Sinn  und  Zeit  ftlr 
glänzende  Lustbarkeiten  und  Feste.  Was  er  an  den 
pracht-  und  kunstliebenden  Höfen  des  Kaisers  und  des 
Kurfürsten  von  Baiern  gehört  und  gesehen,  wünschte 
er  nun  auch  bei  seiner  Hofhaltung  einzuführen.  Es 
fehlt  nicht  an  einzelnen  Nachrichten  darüber.  Für  den 
mir  Yorliegenden  Zweck  am  wichtigsten  ist  jedoch  ein  in 
Langenn's  Geschichte  des  Kurfürsten  Moritz  mitgetheilter 
Bericht  über  die  im  Jahre  1553  zur  Feier  des  Carnevals 
abgehaltenen  Festlichkeiten,  welcher  dem  Archive  des 
Königlich  Sächsischen  Hofmarschallamtes  entnommen  ist. 
Hier  wird  erwähnt,  dass  auch  die  kurfürstliche  Cantorei 
dabei  thätig  war  „mit  der  welschen  Musica  und  Instru- 
menten^, welche  letztere  grosses  Aufsehen  erregten. 

Es  ist  also  sicher,  dass  schon  unter  Kurfürst  Moritz 
die  Kapelle  eine  Erweiterung  durch  die  Aufnahme  von 
Instrumentisten,    und    zwar    yon   italienischen,    erhielt. 


—     26    — 

Möglich  sogar;  dass  gerade  hierdurch  jene  Unordnungen 
entstanden^  auf  welche  sich  kurz  darauf  die  von  Kur- 
fürst August  nach  seinem  Regierungsantritte  (155Ö)  er- 
lassene neue  Gantoreiordnung  bezieht^  zumal  der  bereits 
greise  Johann  Walther  wohl  überhaupt  nicht  mehr  fähig 
sein  mochte^  die  von  der  ersten  Gantoreiordnung  vorge- 
schriebene streng -sittliche  Zucht  tiberall  aufrecht  zu  er- 
halten; die  gleichzeitige  Pensionirung  desselben  scheint 
so  etwas  anzudeuten.  Die  Kapelle  blieb  zwar  eine  Depen- 
denz  des  HofmarschallamteS;  doch  erhielt  sie  zur  Vertretung 
ihrer  besonderen  Interessen  noch  einen  Gurator  in  der 
Person  des  kurf.  Leibarztes  Dr.  Joh.  Neefe  —  ein  Amt, 
welches  sehr  bald  auf  den  jeweiligen  ersten  Hofprediger, 
zunächst  auf  M.  Ghrist.  Schütz  übertragen  wurde. 
Hofmarschall  war  von  1560  an  Heinr.  von  Star- 
schädel, welchem  schon  1566  Heinr.  von  Schön- 
berg folgte.  Nach  einem  Verzeichnisse  vom  Jahre  1555 
bestand  die  Kapelle,  an  deren  Spitze  jetzt  der  verdienst- 
volle Matthias  de  Maistre  gestellt  worden  war,  aus 
20  Säugern  (darunter  6  Niederländer),  13  Kapellknaben 
und  3  Organisten  mit  einem  Aufwände  von  1663  Gulden 
jährlich  für  Gehalte  und  530  Gulden  für  allgemeine  Aus- 
gaben, sowie  aus  noch  7  welschen  Instrumentisten  mit 
einem  Gehaltsaufwande  von  zusammen  1428  Gulden  —  eine 
beträchtliche  Zunahme,  die  aber,  nach  dem  Vorausgeschick- 
ten, wohl  schon  von  Kurfürst  Moritz  herrühren  mochte.  E^ 
ergiebt  sich  daraus,  dass  sich  fast  unmittelbar  nach  dem 
Entstehen  des  Instituts  die  Keime  für  die  Entwicklung  einer 
weltlichen  Kunst  neben  der  kirchlichen,  so  wie  zu  dem 
Gegensatze  von  deutscher  und  italienischer  Kunst  an 
dasselbe  ansetzten.  Es  hing  dies  ohne  Zweifel  mit 
dem  ausserordentlichen  Aufschwünge  zusammen,  welchen 
die  Musik,  insbesondere  die  Instrumentalmusik,  in  der 
letzten  Zeit  in  Italien,  das  jetzt  gewissermaassen  der  Sitz 
der  alten  niederländischen  Musik  war,  genommen  hatte. 
Dies  spricht  sich  auch  in  der  Werthschätzung  aus,  welche 


—    27    — 

niederländische  und  italienische  Künstler  genossen.  Wäh- 
rend Walther  nur  74  Gulden  bezogen  hatte^  erhielt  de 
Haistre  einen  Gehalt  von  240  Gulden,  und«  während  der 
eines  deutschen  Sängers  noch  jetzt  zwischen  nur  29  und 
35  Gulden  schwankte^  erhielten  die  Niederländer  101 — 120, 
die  welschen  Instrumentisten  aber  sogar  132 — 246  Gulden. 
Unter  ihnen  befanden  sich  auch  die  Maler  Tola  und  der 
als  Zinkenbläser  und  Gomponist  berühmte  Antonius 
Scandellus,  ein  Schüler  Willaert'S;  welcher  nachmals 
Kapellmeister  wurde  (1568—80). 

Lange  schon  hatten  die  Niederländer  sich  Ansehen 
and  Ruhm  in  der  Musik  erworben.  Ihre  Kunst  breitete 
sich  bald  über  Frankreich  und  von  da  über  Italien 
aus.  Sie  erreichte  hier  ihren  Gipfel  und  Ausgang 
in  Orlando  Lasso,  welcher  einige  Zeit  als  Kapellmeister 
am  Lateran  gewirkt  hatte  und  nach  mancherlei  Schick- 
salen 1562  eine  Berufung  von  Albrecht  von  Baiern  nach 
München  erhielt.  Inzwischen  hatte  sich  unter  dem  Ein- 
flüsse dieser  Kunst  in  Italien  die  sogenannte' yenetianische 
and  römische  Schule  gebildet.  Die  erste  ging  von 
Hadrian  Willaert  (geb.  1489)  aus,  der  1515  aus  den 
Niederlanden  nach  Rom  kam  und  1527  die  Kapell- 
meisterstelle von  San  Marco  empfing.  —  Der  Schöpfer 
der  römischen  Schule  war  Palästrina^  der  seit  1551  in 
Rom  wirkte.  Neben  diesen  beiden  ganz  kirchlichen 
und  unter  fremdem  Einflüsse  entstandenen  Schulen  hatte 
sich  noch  eine  dritte,  ganz  nationale  und  weltliche  aus 
dem  Volkslicde  (den  Frottole's  und  Villanella's)  entwickelt, 
welche  zunächst  das  Madrigal  pflegte  und  ihren  Sitz  in 
dem  heitern  Neapel  hatte,  wo  sie  bereits  unter  Ferdinand 
von  Aragonien  blühte.  Sie  war  es  hauptsächlich,  welche 
später  den  strengen  Kirchenstyl  in  den  Opemstyl  auf- 
lösen sollte. 

Die  sächsische  Kapelle  nahm  unter  Kurfürst  August 
einen  erstaunenswürdigen  Aufschwung,  wofür,  wie  Für- 
stenaa  sagt,  schon  die  einzige  Thatsache  spricht,  dass  man 


—    28    — 

daran  denken  konnte^  die  nm  1580  wieder  erledigte 
Kapellmeisterstelle  mit  keinem  Geringeren  als  jenem 
Orlando  Lasso  zn  besetzen^  der  sieh  jedoch  von  München 
nicht  trennen  wollte  und  den  Niederländer  Jacobns 
Beynart  empfahl.  Die  Wahl  fiel  jeduch  auf  Giov.  Batt 
Pinelli  aus  Genua^  welcher  sich  der  Empfehlung  Kaiser 
Budolph  IL  erfreute;  zumal  ihn  die  schon  bei  dieser 
Gelegenheit  ausbrechenden  Beibungen  zwischen  Deut- 
schen und  Italienern  unterstützten.  Diese  Empfehlung 
bewähiie  sich  jedoch  nicht;  so  dass  Pinelli  wegen  übler 
Aufführung  schon  1586  wieder  entlassen  wurde.  An 
seine  Stelle  trat  in  Georg  Förster  aufs  Neue  ein 
Deutscher.  —  Beim  Begierungsantritt  Christian  L  war 
das  Verbältniss  zwischen  Sängern  und  Instrumentisten  ein 
wesentlich  anderes.  Sie  hielten  sich  beide  jetzt  völlig 
die  Waage.  Ausser  Michael  Bogier,  der  inzwischen 
Kapellmeister  geworden  war,  bestand  die  Kapelle  aus 
15  Sängern  und  8  Kapellknaben  mit  einem  Aufwände 
von  2622  Gulden  gegen  19  Instrumentisten  mit  einem 
Aufwände  von  3071  Gulden.  Unter  den  beiden  Christia- 
nen vermochte  sich  ein  rechtes  Kunstleben  jedoch  nicht 
zu  entwickeln.  Während  der  Minderjährigkeit  Chri- 
stian IL  führte  der  Administrator  Friedrich  Wilhelm 
von  Weimar  sogar  grosse  Einschränkungen  ein,  und 
obschon  nach  der  Begierungsübemahme  dieses  Fürsten 
die  Zahlen  der  Kapellisten  und  des  Budgets  die  höchsten 
früheren  Ziffern  noch  überstiegen,  so  wollte  es  doch  zu 
einem  rechten  Aufschwung  nicht  kommen.  Es  fehlte 
hierzu  an  der  geeigneten  leitenden  Kraft.  An  der  Spitze 
des  Hofstaates  stand  unter  Christian  I.  Hans  Wolf  von 
Schönberg,  unter  Christian  IL  Christoph  von  Loss. 
Curatoren  der  Kapelle  waren  von  1574 — 94  der  Hof- 
prediger Dr.  Mart.  Myrus,  von  1594 — 1610  der  Hof- 
prediger Dr.  Polyc.  Leyser,  welchem  Oberhofprediger 
Dr.  Matthias  Ho6  von  Ho^negg  folgte.  Bemerkt  mag 
noch  werden,  dass  aus  dem  Jahre  1586  ein  Anstellongs- 


—     29    — 

decret  von  ftiiif  englischen  Instrumentisten '  vorliegt;  auf 
das  ich  an  anderer  Stelle  zurückkomme^  und  in  einem 
Verzeichnisse  des  Jahres  1606  zum  ersten  Male  franzö- 
sische Instrnmentisten  aufgeführt  werden. 

Unter  Johann  Georg  I.,  der  1611  an  die  Regierung 
kam,  sollte  sich  die  Kapelle  zu  neuem  Glänze  entfalten. 
An  der  Spitze  des  Hofes  standen  nacheinander  Hans 
Georg  von  Osterhausen,  Dietrich  von  Taube 
(1638)  und  Oberhoftnarschall  Heinrich  von  Taube 
(1640).  Ho6  von  Hoßnegg  blieb  bis  1645  Curator  der 
Kapelle,  ihm  folgte  Oberhofprediger  Dr.  Jacob  Weller 
(1645 — 1664).  Der  Kurfürst,  mehr  vergnügungslustig  als 
kunstsinnig,  hatte  das  Glück,  in  Heinrich  Schütz 
einen  Mann  zu  gewinnen  und  an  die  Spitze  seiner 
Kapelle  zu  stellen,  von  welchem  die  ganze  Entwicklung 
der  deutschen  Musik  ausgehen  sollte.  Derselbe  hat  uns  in 
einer  kurzen  Selbstbiographie,  die  er  dem  Kurfürsten  bei 
dieser  Gelegenheit  vorlegen  musste,  einen  Einblick  in 
sein  eben  so  anspruchsloses,  wie  von  der  echtesten  Kunst- 
begeisterung erfülltes  Gemüth  gestattet.  Im  Jahre  1585 
am  5.  October  zu  Köstritz  im  Voigtlande  geboren,  trat 
Heinrich  Schlitz  mit  13  Jahren  als  Sänger  in  die  Kapelle 
des  kunstsinnigen  Landgrafen  Moritz  von  Hessen  ein, 
wobei  er  jedoch  eine  gute  Schulbildung  genoss.  Nach- 
dem er  seine  schöne  Discantstimme  verloren,  wandte  er 
sich  ausschliesslich  wieder  den  Studien  zu  und  bezog  die 
Universität  Marpurg  „in  willens  —  wie  es  bei  ihm  heisst 
^-  meine,  ausser  der  music  anderweit  ziemlicher  mahsen 

'  Englische  Instrumentisten  waren  damals  an  deutschen  Höfen 
beliebt.  Blähte  um  diese  Zeit  doch  anch  in  England  die  Musik, 
besonders  das  aus  dem  Yolksliede  entwickelte  reizende  MadrigaL 
Schon  Richard  m.  liess,  nach  Tyrannenart,  S&nger  gewaltsam  in 
seinem  Reiche  ausheben.  Seitdem  fehlte  es  am  englischen  Hofe  nie 
an  Musikern.  Auch  die  grausame  Marie  hatte  eine  Vorliebe  für 
sanfte,  schmelzende  Töne  und  Elisabeth  spielte  selbst  die  Laute  und 
das  Yirginal. 


—    30    — 

angefangene  stndia  daselbst  fortzustellen  ^  eine  gewisse 
profession  mir  dazu  zu  erwählen^  umb  der  mahl  einst 
einen  ehrlichen  gradum  darinnen  zu  erlangen.  Es  wurde 
aber  solcher  mein  Vorsatz  (sonder  Zweifel  aus  Schickung 
Gottes)  mir  bald  verrücket;  indem  nämblich  Herr  Land- 
graf Moritz  einsten  nach  Marpurgk  kam  (welcher  die 
Zeit  über;  als  an  seinem  Hofe  ich  für  einen  Kapeil 
Knaben  mich  gebrauchen  lassen^  vielleicht  vermerket 
haben  mochte^  ob  zu  der  music  ich  von  Natur  etwas 
geschickt  wäre)  und  nachfolgenden  Vorschlag  mir  thun 
liess^  —  den  Vorschlag  nämlich^  auf  seine  Kosten  zu 
weiterer  Ausbildung  nach  Venedig  in  die  Lehre  des  be- 
rühmten; aber  bereits  alten  Meisters  Gabrieli  zu  gehen, 
den  er  bereitwilligst  annahm,  ;,ob  zwar  in  meiner  Dahin- 
kunfl;  (nachdem  bei  meinem  Lehrherm  ich  mich  in  etwas 
weniges  aufgehalten)  ich  die  Wichtigkeit  und  Schwere 
des  mir  fürgenommenen  Studio  der  Music  und  Composi- 
tion  und  hierin  auch  noch  einen  wenig  gegründeten 
schlechten  Anfang  bald  vermerket;  undt  ich  mich  daher 
sehr  geärgert  gehabt;  das  von  denen  auf  den  deutschen 
Universitäten  gebräuchlichen  und  von  mir  allezeit  ziem- 
lich weit  gebrachten  studiis  ich  mich  abgewendet;  habe 
ich  mich  nichtsdestoweniger  zu  gedult  bequemen,  und 
denjenigen  worumb  ich  dahin  gekommen  war,  obliegen 
müssen'^  —  ;;da  ich's  denn  mit  göttlicher  Hülfe  sonder 
Buhm  so  weit  gebracht  habe,  das  nach  dreyen  Jahren 
ich  mein  erstes  musikalisches  Werklein;  in  italienischer 
Sprache;  mit  sonderbarem  LobC;  der  damals  fümembsten 
musicorum  zu  Venedig  daselbst  habe  drucken  lassen^' 
(sein  Buch  über  fünfstimmige  Madrigale).  ScbtttZ;  von 
Gabrieli  und  anderen  Musikern  ;;ennahnt  und  angeinscht"; 
blieb  noch  ein  Jahr  in  Venedig,  wo  er  noch  seinem 
Meister  die  Augen  zudrücken  konnte;  um  dann  nach 
Deutschland  zurückzukehren  (1613).  Hier  beschloss  er 
mit  seinen  ,,in  der  Musik  nunmehr  gelegten  guten  Funda- 
menten noch  etliche  Jahre  zurück  und  sich  mit  selbigen 


—    31 


et 


leichsam  verborgen  zu  halten^;  bis  er  sie  „noch  etwas 
weiter  excoliret"  habe.  „Es  schuf  es  aber  Gott  der 
Allmächtige  —  fährt  er  hier  fort  —  (der  mich  sonder 
Zweifel  zu  der  Profession  der  Music  von  Motterleibe  an 
abgesondert  gehabt)  dass  Anno  1614  (weiss  nicht,  ob 
yielleicht  durch  Herrn  Ghristoph's  von  Loos  angeben) 
ich  anhero  nach  Dresden  zur  Aufwartung  bei  den  damals 
beyorstehenden  Kindtaufen  Herzogen  Augusti;  itzigen 
Administrators  des  Erzstifts  Magdeburg  beschrieben,  und 
nach  meiner  abgelegten  Proben  in  Ew.  Kurf.  Durchl« 
Namen  des  Direktoriums  über  Dero  Music  mir  alsbald 
gnädigst  angeboten  wurde.  ^ 

Der  in  dieser  Angelegenheit  zynschen  dem  Kur- 
fürsten und  dem  Landgrafen  von  Hessen  geführte  Brief- 
wechsel beweist  zur  Genüge,  wie  richtig  Beide  den  Werth 
des  bescheidenen  jungen  Mannes  erkannten.  Nachdem 
der  KurfOrst  den  Landgrafen  um  die  zeitweilige  Ueber- 
lassung  desselben  gebeten;  „bis  wir  derer  Personen,  die 
wir  diese  Kunst  zu  erlernen  nach  Italien  und  andren 
Orten  geschickt,  habhaft  werden/  geht  zwar  der  Land- 
graf hierauf  mit  „der  guten  Zuversicht"  ein,  „es  werde 
E.  L.  ihn  auch  nicht  länger  aufhalten^  —  scheint  es 
jedoch  bald  wieder  bereut  zu  haben,  da  er  ihn  noch  in 
demselben  Jahre  wieder  zurückfordert.  Auf  die  eindring- 
lichen Vorstellungen  des  wackeren,  einsichtsvollen  Hof- 
marschalls  Loss,  welcher  mit  der  Reorganisation  der 
Kapelle  betraut  worden  war,  bittet  der  Kurfürst  aufs 
Neue,  ihm  Schützen  gänzlich  zu  überlassen.  Nach 
längeren  Kämpfen  giebt  endlich  der  Landgraf  nach,  be- 
sonders wohl  deshalb^  weil  Schütz  des  Kurfürsten  Unter- 
tban  war,  ftlgt  aber  hinzu:  »und  ob  mir  wohl  etwas 
schwer  eingehet,  dass  ich  ihn  ganz  quittiren,  und  zu  der- 
jenigen Intention,  dazu  ich  seine  Person  auferziehen  und 
anführen  lassen,  entrathen  soll,  so  ist  und  soll  mich  doch 
lieber  sein,  E.  L.  guten  beständigen  Favor  und  Affection 
durch   diese  Einwilligung  mich  zu  versehen.    Wtlnsche 


—    32    — 

£.  lu.zvL  dem  nun  überlassenen  Diener  von  dem  All- 
mächtigen Glück  und  Segen  und  bitte  Sie  freunddienst- 
lich  daneben:  Sie  wollen  gedachten  Heinrich  Schlitzen 
auch  um  meinetwillen  desto  mehr  gnädigst  lassen  be- 
fohlen sein." 

So  trat  denn  Schütz  im  Jahre  1615  an  die  Spitze 
der  kurfürstlichen  Kapelle,  die  er  zu  einer,  die  Auf- 
merksamkeit aller  Höfe  und  alier  Musikfreunde  auf  sich 
ziehenden  Blüthe  brachte.  Er  hatte  unter  Gabrieli  das 
Erhabene  der  älteren  Musikart  und  zugleich  die  eigen- 
thümiichen  Verbesserungen  und  Vorzüge,  die  reicher  und 
gefalliger  entwickelten  Formen  der  einem  freieren  Em- 
pfindungsausdrucke zustrebenden  neuen  Richtung  so  selbst-, 
ständig  in  sich  aufgenommen,  dass  man  ihn  den  Vater 
der  deutschen  Musik  nennen  durfte.  —  Er  wendete  seine 
Aufmerksamkeit  zunächst  der  Organisation  der  Kapelle 
und  des  Kapellknabeninstituts,  sowie  der  Ausbildung  der 
Instrumentation  zu,  indem  er  nicht  nur  neue,  bedeutende 
Instrumentisten  heranzog,  sondern  auch  die  inzwischen 
erlangten  Vervollkommnungen  der  Instrumente  einführte. 
Obschon  der  Gebrauch  der  Orgel  die  Entwicklung  der 
Harmonie  gefordert  hatte  und  man  den  Reiz  der  Ver- 
bindung verschiedener  Klänge  zu  empfinden  begann,  so 
waren  diese  Verbindungen  doch  noch  immer  sehr  ein- 
fache. Man  verstand  indess  schon,  die  einzelnen  Instru- 
mente, den  vier  Singstimmen  entsprechend,  zu  Chören  zu 
vereinigen.  Die  vierstimmige  Trompetenmusik  bildete 
sich  in  Wien  schon  unter  Carl  V.  aus,  und  bei  jenen  Hof- 
festlichkeiten im  Jahre  1614  wurde  eine  von  dem  braun- 
schweigischen Kapellmeister  Prätorius  componirte  Musik 
auf  sechs  verschiedenen  Chören  mit  Harfen,  Lauten, 
Geigen  und  Violen  in  Discant,  Alt,  Tenor  und  Bass  ab- 
wechselnd ausgeführt. 

Die  Hauptthätigkeit  Schützes  war  noch  immer  der 
Kirchenmusik  zugewendet.  Er  führte  das  Recitativ  mit 
wechselndem  Einzelgesang  und   das   Kirchenconcert  in 


—    33    — 

die  Dresdner  Hofkirche  ein,  von  wo  es  sich  über  ganz 
Deutschland  verbreitete;  and  sah  dabei  in  Tonart,  Satz 
nnd  Motiven  von  dem  Kirchenlied  ab,  indem  er  die  mu- 
sikalische Nachbildung  der  kirchlichen  Texte  ins  Auge 
fasste.  Das  Bedeutendste  leistete  er  als  Gomponist  in 
Psalmen  und  anderen  kirchlichen  Gesängen,  doch  widmete 
er  seine  Thätigkeit  zugleich  den  Concerten  und  ballet- 
artigen  Unterhaltungen,  welche  bei  Hofe  emgeftthrt  wor- 
den waren,  da  die  Kapelle  jetzt  auch  die  Musik  bei 
Tafel  und  bei  allen  festlichen  Gelegenheiten  mit  zu  ver- 
sehen hatte. 

Die  glückliche  Lage,  in  welcher  sich  Sachsen  wäh- 
rend der  ersten  Hälfte  des  30jährigen  Krieges  befand, 
gestattete,  dass  trotz  der  störenden  Einflüsse  desselben 
die  Blttthezeit  der  Schützeschen  Thätigkeit  in  die  Jahre 
1621 — 31  fällt,  die  eine  Ruhmesepoche  der  kurfürstlichen 
Kapelle  umfassen.  Hier  begegnen  wir  auch  jenem  ersten, 
epochemachenden  Versuche,  die  zu  dieser  Zeit  in  Italien 
erblühende  Oper  in  Deutschland  einzuführen.  Man  hat 
die  Erfindung  derselben  den  Italienern,  ja  dem  Geiste 
nur  eines  einzigen  Mannes,  dem  Jacopo  Peri  zuge- 
schrieben. Indessen  haben  zu  ihrem  Entstehen  nicht  nur 
verschiedene  Musiker  Italiens  beigetragen,  sondern  es 
lassen  sich  ihre  Anfänge  auch  weit  zurück  bei  anderen 
Nationen  verfolgen.  Schon  in  den  ältesten  Zeiten  sind 
Hosik  und  Dichtung  miteinander  verbunden  gewesen 
und  ursprünglich  in  dieser  Verbindung  auch  immer  von 
Dur  einem  und  demselben  Geiste  ausgegangen.  Erst  in 
ihrer  weiteren  Entwicklung  traten  sowohl  Dichter  und 
Musiker,  wie  Dichtung  und  Musik  auseinander.  Doch 
wurde,  wennschon  in  veränderter  Weise,  die  Vereinigung 
beider  immer  wieder  aufs  Neue  gesucht  und  gefunden. 
So  waren  die  kirchlichen  Spiele  aus  den  Wechselgesängen 
der  Liturgie  entstanden,  wie  sie  ja  anfänglich  auch  selbst 
diesen  Charakter  bewahrten.  Nur  ganz  allmählig  wurden 
darin    die   Gesänge   und   Wechselgesänge   von   der  ge- 

3 


—    34    — 

sprochenen  Rede  und  von  Wechselreden  unterbrochen, 
bis  diese  mehr  und  mehr  in  den  Vordergrund  traten  und 
zur  Hauptsache  wurden,-  um  später  wieder  gegen  jene 
zurückzutreten.  Besonders  in  Italien  nahmen  die  Mysterien- 
spiele mit  den  allegorischen  und  weltlichen  Bestandtheilen 
auch  immer  mehr  musikalische  mit  in  sich  auf.  Den 
Höhepunkt  erreichte  diese  Richtung  in  dem  Mysterium  di 
conservazione  di  S.  Paolo  des  Cardinal  Riario,  in  dem 
Alles  gesungen  und  welches  1480  in  Rom  in  einem  be- 
sonders dazu  erbauten  und  mit  reichen  Decorationen  ver- 
sehenen  Theater  aufgei  ihrt  wurde.  —  Doch  auch  die 
weltlichen  Spiele  mögen  theilweise  schon  immer  musi- 
kalische Bestandtheile  enthalten  haben.  Die  ältesten 
Beispiele  davon  sind  die  Gieux  (jeus)  der  Trouv^res  und 
Jongleurs.  Adam  de  la  Haie,  geboren  in  Arras,  der 
um  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  zugleich  dichtete  und 
componirte,  hat  uns  einige  der  seinigen  hinterlassen.  Er 
war  missgestaltet  und  wurde  deshalb  der  Bucklige  von 
Arras  genannt.  Dies  und  sein  mönchisches  Gelübde  hin- 
derten ihn  jedoch  nicht,  eine  glühende  Liebe  zu  einem 
der  schönsten  Mädchen  zu  fassen  und  dessen  Gegenliebe 
sich  zu  gewinnen.  Er  warf  die  Mönchskutte  ab  und 
widmete  sich  dem  freien  Stande  der  Sänger.  Der  Besitz 
seiner  Schönen  külilte  wohl  seine  Leidenschaft  zu  dieser, 
doch  nicht  zu  den  Frauen  überhaupt  ab.  Treulos  verlie83 
er  dieselbe,  um  mit  dem  Grafen  von  Artois  nach  Neapel 
zu  ziehen,  wo  seine  Gieux  zum  grössten  Theile  entstanden 
und  bei  Hofe  aufgeiührt  worden  sein  sollen.  Die  ein- 
fachsten derselben  werden  wohl  nur  aus  Wechselgesängen 
bestanden  haben.  Doch  besitzen  wir  von  ihm  auch  ein 
schon  complicirteres,  aus  11  Personen  bestehendes  Stück, 
das  ländliche  Singspiel  Robin  et  Marion.  Es  enthält 
Lieder  und  kleine  Duette,  die  sich  besonders  durch 
rhythmische  Gefälligkeit  auszeichnen  sollen.  —  Auch 
einzelne  der  allegorischen  Festspiele  des  14  Jahrhunderts 
näherten  sich  dem  Singspiele,  wenn  sich  dieselben  anch 


—  So- 
weit mehr  an  das  AngC;  als  an  das  Ohr  wendeten. 
Desgleichen  enthielten  die  italienischen  und  französischen 
Färsen  Gesangsstücke^  und  in  England  kannte  man  schon 
sehr  früh  singspielartige  Possen  (wie  man  denn  deren 
zu  dieser  Zeit  auch  vereinzelt  in  Deutschland  begegnet), 
welche  nach  einer  immer  wiederkehrenden  Melodie 
bänkelsängerarlig  abgesungen  wurden.  Das  Singetspiel 
Ayrer'3  „Von  dem  Engelländischen  Jann  Posset,  wie  er 
sich  in  Diensten  verhalten.  In  dess  Rolandts  Thon**  ist 
ein  Beispiel  davon. 

Diese  musikalischen  Bestrebungen  hatten  den  Myste- 
rienspielen in  Italien  einen  oratoriumartigen  Charakter 
gegeben.  Doch  gewannen  sie  auch  in  den  allegorischen 
Festspielen  der  Höfe,  in  der  Tragödie  und  dem  Lustspiel 
Raum,  dort  in  den  Chören,  hier  in  den  Zwischenacten. 
Der  in  die  Mode  gekommenen  Schäferspiele  wus^ten  sie 
sich  aber  fast  ganz  zu  bemächtigen.  1572  kam  Tasso's 
Amynt,  1585  Guarini's  Pastor  fido  zur  Aufführung;  in 
beiden  wechselte  der  Dialog  mit  Gesängen.  —  Emilio 
Cavalieri,  Intendant  des  grossherzoglichen  Hofes  in 
Florenz,  zeichnete  sich  sowohl  in  ihnen,  wie  in  den 
allegorischen  Mysterienspielen  aus.  Von  seinen  Schäfer- 
spielen rühmt  man  ausdrücklich,  dass  sie  neben  vier-  bis 
fttnfstimmigen  Gesäugen  und  Chören  schon  Recitative 
enthalten  hätten.  Ihm  wird  gewöhnlich  die  Erfindung 
der  letzteren  beigemessen.  Von  der  ersten  Aufführung 
seines  allegorischen  Spieles:  „DelF  anima  e  del  corpore^' 
in  dem  Oratorio  der  Kirche  della  valicclla  soll  der  Name 
„Oratorium'*  herkommen. 

Die  üntersuchuDg,  von  welcher  Art  die  Musik  der 
Alten  gewesen^  führte  nun  auch  zu  Versuchen,  dieselbe 
aufs  Neue  ins  Leben  zu  rufen.  Sie  gingen  von  dem 
Mnsikgelehrten  und  Componisten  Vicenzo  Gallilei 
(dem  Vater  des  berühmten  Naturforschers)  und  von  dem 
Grafea  Bardi  aus,  der  eine  aus  Gelehrten,  Dichtern  und 
Musikern  bestehende  Gesellschaft   zu    diesem  Zwecke  in 

3* 


—    36    - 

seiDem  Hause  vereinigte.  Die  Aufgabe  war:  der  Musik 
eine  solche  Form  und  Behandlung  zu  geben^  welche 
dem  Sinne  und  der  Bedeutung  der  Worte  völlig  ent- 
sprach^ und  dieselben  nicht  nur  nicht  unterdrückte^  son- 
dern zu  erhöhtem  Ausdrucke  brachte.  Schon  Palästrina 
hatte  erstrebt;  die  in  der  rein  formalen^  contrapunkti« 
stiscben  Behandlung  des  Satzes  (welcher  die  Melodie  nur 
ein  Mittel  war,  das  sie  von  aussen  ergriff)  verloren  ge- 
gangene Verbindung  der  Musik  mit  dem  Texte  wieder 
herzustellen.  Wenn  aber  bei  ihm  das  melodiöse  Element 
auch  diesem  letzteren  entsprach  und  die  Behandlung  des 
polyphonen  Satzes  bestimmte,  daher  es  sich  nur  um  die 
Darstellung  eines  allgemeineren  Empfindungsinhaltes  bei 
ihm  handeln  konnte,  so  ging  dieses  melodiöse  Element 
doch  mit  dem  Texte  im  Satze  auf  und  in  der  Harmonie 
wieder  unter.  Im  Dramatischen,  wo  es  individuelle  Em- 
pfindungen zum  Ausdruck  zu  bringen  galt,  wusste  man 
sich  dagegen  nicht  anders  zu  helfen,  als  dass  man  das 
melodiöse  Element  den  Worten  ganz  unterordnete  und 
die  Harmonie  zur  blossen  Begleiterin  derselben  herab- 
setzte, die  man  hierbei  nicht  discret  genug  behandeln  zu 
sollen  glaubte. 

Diese  Versuche  wurden  nun  später  im  Hause  des 
Jacopo  Cprsi  fortgesetzt  und  hier  entstand  1594  in 
wechselseitigem  Wetteifer  jenes  von  Ottavio  Rinuccini 
gedichtete  und  von  Jacopo  Fori  und  dem  Sänger  Caccini 
componirte  Hirtendrama:  Dafne  —  mit  Recitativen, 
Arien  und  Chören,  welches  allgemein  als  die  erste  Oper 
bezeichnet '  wird  und  dem  die  Euridice  desselben  Dich- 
ters und  derselben  Gomponisten  als  erste  Opera  seria 
folgte. 

Singballets,  in  denen  mit  den  Tänzen  Lieder,  Duette, 
Chöre  und  Recitative  abwechselten,  wurden  schon  1581 
am  französischen  Hofe,  doch  nur  bei  besonderer  Gelegen- 
heit aufgeführt.  Sie  waren  ebenfalls  italienischen  Ur- 
sprungs  und  kamen  erst  um  1600  in  allgemeinere  Auf- 


~     37    — 

nähme.  Zu  dieser  Zeit  begegnen  wir  auch  schon  in 
Darmstadt  der  Aufführung  eines  Inventionsballets  (später 
auch  singendes  Ballet  genannt),  welches  jedoch  in  Dresden 
entstanden  und  von  dem  hier  am  Hofe  angestellten  Archi- 
tekten Nosseni  entworfen  war,  woraus  sich  schliessen  lässt, 
dass  dergleichen  Spiele  auch  hier  schon  bekannt  waren. 
Sie  kamen  mit  den  Maskeraden,  Königreichen,  Wirth- 
schaften  an  allen  deutschen  Höfen  in  Aufnahme.  Wie 
diese  waren  auch  sie  vor  Allem  auf  die  Befriedigung  der 
Schaulust  und  auf  das  Amüsement  der  daran  Betheiligten 
berechnet.  Wie  in  diesen  waren  auch  in  ihnen  die  hohen 
Herrschaften  oder  doch  die  Herren  und  Damen  ihres 
Hofstaats  selber  mit  thätig,  wennschon  die  Gesangspartien 
meist  in  den  Händen  der  Kapellisten  gewesen  sein  mögen. 
Gleich  ihnen  hatten  sie  fast  immer  den  Charakter  festlicher 
Gelegenheitsspiele. ' 

Diese  singenden  Ballete,  in  welche  der  italienische 
Decorationsprunk  Eingang  gefunden,  mögen  gegen  1620 
am  Dresdner  Hofe  besonders  gepflegt  und  zu  höherer 
AusbUdung  gebracht  worden  sein,  da  um  diese  Zeit  der 
Hoftanzmeister  Gabriel  Möhlich  zu  seiner  weiteren 
Ausbildung  nach  Paris  geschickt  wurde,  wo  diese  Spiele 
damals  in  Blüthe  standen.  David  Schirmer  schreibt  noch 
1655  über  sie:  „Die  Ballete  wirst  Du  Dir  gefallen  lassen, 
sintemal  ihre  Erfindung  von  solchen  Personen  herrühret, 
bey  denen  man  ohne  hohe  Ungenade  der  Wahrheit  nicht 
leicht  widersprechen  kann.''  Sie  wurden  meist  auf  Be- 
stellung nach  den  Angaben  und  zur  Verherrlichung  der 
Besteller  oder  Derer  verfasst,  denen  die  Festlichkeit  galt, 
bei  welcher  sie  dargestellt  wurden.  Ohne  Zweifel  hat 
diesen  Spielen  auch  Heinrich  Schütz  seine  Thätigkeit 
widmen  müssen.    1627  sollte  er  aber  zugleich  noch  Der- 


*  Fürstenaa  (in :  ,,Zar  Geschichte  der  Masik  und  des  Theaters  etc." 
l  Theil,  Seite  119  n.  133)  theilt  von  ihrer  Besetzung  einige  Bei- 
spiele mit 


—     38     - 

jenige  seiO;  welcher  die  italienische  Oper  in  Dentschland 
einführte.  Bei  den  freundschaftlichen  Beziehungen,  die 
zwischen  den  Höfen  von  Florenz  und  Dresden  damals 
bestanden,  mochte  sich  der  Ruf  derselben  schon  länger 
hierher  verbreitet  haben,  auch  kannte  sie  Schütz 
von  Venedig.  Vielleicht,  dass  er  selbst  erst  den  Kur- 
fürsten auf  den  Gedanken  gebracht,  die  Vermählungs- 
feier seiner  Tochter  Sophie  mit  dem  für  gelehrt  und 
kunstsinnig  geltenden  Landgrafen  von  Hessen -Darm- 
stadt durch  die  Darstellung  einer  solchen  Oper  verherr- 
lichen zu  lassen.  —  Man  hatte  dazu  die  Dafue  des 
Rinuccini  gewählt,  die  man  durch  die  Gelalligkeit  des 
Florentiner  Eofeo  erhielt.  Es  ist  zweifelhaft,  ob  nur  die 
Dichtung  oder  auch  die  Composition  des  Peri,  und  wenn 
auch  noch  diese,  ob  man  dieselbe  ursprünglich  dazu  mit 
benutzen  wollte  oder  gleich  im  Sinne  hatte,  die  Dich- 
tung nicht  nur  übersetzen,  sondern  neu  componiren  zu 
lassen.  Genug,  dass  das  letztere  geschah  und  die 
üebersetzung  des  als  Dichter  bereits  berühmten  und  ge- 
krönten Martin  Opitz,  welcher  damals  gerade  in 
Diensten  des  Burggrafen  von  Dohna  stand,  nicht  mehr 
allenthalben  der  Musik  des  Peri  entsprach.  Möglich,  dass 
Schütz  auch  nur  deshalb  mit  der  Gomposition  der  Dich- 
tung betraut  wurde;  was  ich  jedoch  für  unwahrschein- 
licher halte,  weil  es  ungleich  leichter  gewesen  sein 
würde,  die  bezüglichen  Stellen  der  Dichtung  zu  ändern. 
Diese  Oper  wurde  nun  also  als  „Pastoral -Tragödie"  am 
13.  April  1627  auf  dem  Schlosse  Hartenfels  bei  Torgau 
zur  Aufführung  gebracht  und  wahrscheinlich  in  Dresden 
dann  wiederholt,  ist  aber,  was  die  Musik  betrifft,  unserer 
Beurtheilung  völlig  entzogen,  da  die  PartUur,  wahrschein- 
lich bei  dem  Brande  im  siebenjährigen  Kriege,  verloren 
gegangen  ist.  Gewiss  wird  sich  diese  sogenannte  erste 
deutsche  Oper  von  den  gewöhnlichen  Singballets  sehr 
unterschieden  haben  und  man  darf  der  Annahme  Fürstenan's 
beistimmen,  dass  Schütz,  die  alte  und  neue  Richtung  der 


—    39    — 

Mnsik  in  sich  vereinend  und  mit  allen  Hilfsmitteln  seiner 
Zeit  vertraut,  sicher  etwas  VortreflFliches  hervorgebracht 
haben  werde.  Es  ist  sogar  anzunehmen,  dass  Schutz  in 
mancher  Beziehung  seinen  Vorgänger  Peri  übertroflFen 
haben  wird,  weil  er  bereits  die  Fortschritte  kannte, 
welche  durch  Monte  verde  auf  diesem  Gebiete  gemacht 
worden  waren,  der  durch  häufigere  Anwendung  der 
Dissonanz  die  dramatische  Ausdrucksfähigkeit  zu  steigern, 
das  Recitativ  melodiös  zu  beleben  und  die  Instrumentation 
zu  verstärken  gesucht  hatte.  Bishci-  war  das  Kecitativ, 
welches  den  wesentlichen  Bestandtheil  der  Opern  bildete 
und  nur  von  ariosen  Sätzen  unterbrochen  und  von  vier- 
odei  fUnfstimmigen  kleinen  Chören  am  Schluss  der  Acte 
abgelöst  wurde,  nur  von  einem  mit  der  Singstimme  gehen- 
den Bass  oder  einem  ähnlichen  Instrumente  begleitet 
worden,  zu  welchem  bei  den  lebhafteren  Accenten  noch 
einzelne  Instrumente  hinzutraten.  So  spricht  sich  z.  B. 
Caccini  über  die  Begleitung  seiner  Euridice  noch  folgen- 
dermaassen  aus:  „Die  Harmonie  der  hier  Recitirenden 
Bttltzt  sich  auf  einen  continuirlichen  Bass,  bei  dem  ich 
die  Quarten,  Sexten,  Septimen,  sowie  die  grossen  und 
kleinen  Terzen  bezeichnet  habe,  während  ich  sonst  die 
Anwendung  der  Mittelstimmen  dem  Urtheile  und  der 
Kunst  der  Spielenden  tiberlasse."  Schon  1608  heiest  es 
aber  in  einer  Anweisung  zur  Dafne  des  Gagliano: 
„Die  Harmonie  solle  weder  zu  stark,  noch  zu  schwach 
sein,  sondern  so,  dass  sie  den  Gesang  leite,  ohne  das 
Vcrständniss  der  Worte  zu  hindern.  Die  Art  zu  spielen, 
sei  ohne  Ausschmückungen.  Nicht  die  gesungenen  Couso- 
nanzen,  sondern  diejenigen  seien  anzugeben,  welche  ge- 
eignet sind,  jene  zu  unterstützen  und  hierdurch  ununter- 
brochen eine  lebendige  Harmonie  zu  unterhalten.  Als  Ein- 
leitung solle  man  eine  kurze  Sinfonie  auf  verschiedenen 
Instrumenten  spielen  (deren  man  sich  auch  sonst  noch 
zur  Begleitung  der  Chöre  und  zu  den  Ritornellen  bediente)» 
nach  15  bis  20  Tactschlägen  aber  der  Prolog  in  einem 


—    40     — 

dem  Klange  der  Sinfonie  angepasstcn  Schritt  anftreten 
and  seinen  Gesang  beginnen.  Zu  ÄpoIIo's  Worten  ge- 
höre ein  vollerer  Klangt  daher  sich  vier  Violinspieler  am 
nächsten  Ausgang  der  Scene  aufstellen  und,  jenacbdem 
er  den  Bogen  auf  die  Lyra  setze,  die  drei  vorgeschriebe- 
nen Noten  zu  spielen  hätten,  doch  sO;  als  ob  jede  Note 
nur  ein  Bogenstrich  zu  sein  schiene/' 

Das  damals  hinter  der  Scene  befindliche  Orchester 
vrar  dem  Zuschauer  unsichtbar,  und  erst  Cavalli  hat  das 
Verdienst,  dasselbe  systematisirt  zu  haben. 

Selbst  Monteverde  wendete  bei  Sologesängen  selten 
mehr  als  3 — 4  Instrumente  und  zwar  von  einerlei  Gattung 
an,  wie  diese  dem  Charakter  der  Rolle  am  besten  entsprach. 
Sein  Orchester  bestand  zwar  aus:  2  Clavicembali,  2  Contra- 
bassi  da  Viola,  10  Viole  da  braccio,  2  Violini-piccoli  alla 
francese,  2  chitarone,  2  organi  di  legno,  3  bassi  da  gamba, 
4  Tromboni,  1  Regal,  2  Cornetti,  1  Flautino  alla  vigesima 
seconda,  1  Clarino,  3  Trombe  sordine,  1  Arpa  doppia  — 
allein  sie  wurden  nur  in  der  Toccata  (der  kurzen  Intro* 
duction)  sämmtlich  —  in  grösserem  Umfange  aber  nur 
zu  deo  Tänzen,  den  Zwischenspielen  und  vielleicht  zu 
den  Chören  angewendet.  Wir  werden  daher  auch  Schützes 
Musik  uns  noch  sehr  einfach  und  dürftig  zu  denken 
haben,  zumal  er  sich  von  den  Fortschritten  sehr  über- 
rascht zeigt,  die  er  fast  unmittelbar  darauf  in  Venedig 
vorfand.  Ein  Blick  auf  den  Text  seiner  Oper  wird 
dies  bestätigen,  die  bei  der  grössten  Einfachheit  der 
Structur  noch  einen  völligen  Mangel  wahrhaft  drama- 
tischen Lebens  zeigt. 

Opitz  leitet  seine  Dichtung  durch  Ovid  als  Vorredner 
ein.  Er,  der  die  Macht  Amors  lebend  so  oft  besungen, 
ist  nun  auch  aus  Elysium  gekommen,  um  den  von  der 
Liebe  gestifteten  Bund  und  den  freundlichen  Rautenkranz 
Sachsens  zu  preisen: 


—    41     — 

« 

Schaa  aber  zu,  was  für  ein  heller  Schein 

Umgiebt  mich  doch,  und  wessen  werd'  ich  jnnen. 

Was  Majestät  muss  dieses  sein, 

Die  mir  bescheint  Gesicht  und  Sinnen! 

Was  doch  blicket  für  ein  Liecht? 

Ist  es  mein  Augustus  nicht? 

Ich  kenne  dich,  du  Blume  dieser  Zeit, 
Die  Zier  und  Spiegel  aller  Jugend; 
Der  Rautenkrantz,  die  Freundligkeit 
Verräthet  dich,  o  Glai>tz  der  Tugend; 
Alle  Menschen  loben  dich. 
Und  die  Elbe  neiget  sich. 

Der  erste  Act  besteht  aus  einem  Wechselgesang 
dreier  Hirten,  unterbrochen  von  der  Stimme  des  Echo, 
einer  damals  beliebten  Spielerei.  Sie  klagen  über  einen 
ihren  Frieden  bedrohenden  Drachen,  und  Echo  ist's, 
welches  sie  tröstet;  worauf  Apollo  in  einer  Aria  die  Er- 
legung des  Drachen  verkündet: 

So  ist  denn  nun  dem  Drachen 
Durch  meines  Bogen s  Macht 
Gestillt  dor  wilde  Radien. 


Die  Wangen  müssen  nun  auch  nachmals  nicht 

verbleichen, 
Sie  sollen  Lilien  und  roten  Hosen  gleichen. 

Die  Hirten  danken  in  einem  Chorgesang. 

Der  zweite  Act  beginnt  mit  einem  Wechselgesange 
zwischen  Apollo,  Venus  und  Cupido.  Apollo  verhöhnt  den 
Bogen  des  kleinen  Liebesgottes,  der  keinen  Drachen 
erlegen  könne.  Venus  vertheidigt  ihn  nicht  ohne  Heftig- 
keit; 

Im  Fall  du  ja  sollt  wissen, 

Apollo,  was  mein  Sohn 

Erwiesen  hat  im  Schiessen, 

So  höre  nur  hiervon. 

Was  neben  uns  Neptun  im  Wasser  sage 

Und  über  uns  der  Jupiter: 

Geh  anter  nns  zum  Pluto  hin  und  frage, 

Als  dann  komm  wieder  her. 


—    42    — 

Ein  Chor  von  Hirten  preist  znm  Schlüsse  noch 
Amors  Macht. 

Im  nächsten  Acte  überrascht  Apollo  Dafhe  allein  im 
Walde  jagend  und  ist  von  ihrem  Anblick  bezwungen: 

Gläntzt  in  der  schönen  Sterbligkeit 

Dergleichen  Liecht, 

So  frag  ich  nach  dem  Himmel  nicht. 

Dafne  entflieht  nnd  der  Gott  folgt  ihr  nach.  Der 
Chor  besingt  jetzt  das  Glück  der  Liebe. 

Der  vierte  Act  beginnt  mit  einem  Wechselgesange 
zwischen  Venus  und  Cupido.  Er  verkündet  ihr  froh- 
lockend seinen  Sieg  über  den  Spötter  Apollo.  Venus 
zeigt  sich  jedoch  wenig  verwundeit  darob,  da  sie  die 
Macht  ihres  Sohnes  aus  eigener  Erfahrung  ja  kennt: 

Folgt  doch  deine  Mutter  dir, 
Muss  nach  deinem  Willen  lieben 
Götter  oben,  Menschen  hier. 

Cupido  meint,  dass  sie  dessen  weit  öfter  fröhlich, 
als  traurig  gewesen.  Sie  scheint  ihm  jedoch  das  Wort 
hier  entziehen  zu  sollen  und  singt: 

Ach  schweig!    Doch  weissest  du,  wie  inir  ent- 
fiel der  Muth 
Und  wie  mein  Antlitz  ward  als  Blut. 
Aber  lass  uns  hier  nicht  stehen 
Es  ist  Zeit 
Heim  zu  gehen 
In  das  Haus  der  Ewigkeit. 

Die  Wendung  ist  so  überraschend,  dass  sich  der 
Chor  gedrungen  lühlt;  die  Macht  der  Liebe  aufs  Neue 
zu  besingen: 

Kein  schnelles  Wild,  das  in  den  PQschen  lebt. 
Dem  Gras  die  Nahrung  giebt. 
Kein  Vogel  auch,  der  amb  die  Wolken  schwebt, 
Kein  Fisch  bleibt  anverliebt. 


—    43    — 

Apollo  hat  inzwischen,  doch  immer  vergeblich,  Dafne 
Terfolgt    Jetzt  erreicht  er  sie  endlich: 

Bleib,  Nymfe,  bleib;  ich  bin  dein  Feind  ja  nicht  — 

Dass  Du  so  läuffst,  mein  Liecht, 

Als  wenn  ein  armes  Schaff  vom  Wolffe  wird  getrieben. 

Mein  Folgep  kömpt  von  lieben. 

Ach,  ach,  dass  für  die  grosse  Brunst 

Kein  Kraut  wächst  auff  der  Erden! 

Was  hilfft  mich  jetzo  meine  Kunst, 

Darch  welche  sunst 

Ein  jeder  heil  kann  werden? 

Dafne   bleibt   aber   ungerührt.    Sie   fleht   zu   ihrem 
Vater  Peneus,  dem  Flussgotte  — 

Im  Fall  ein  Fiuss  auch  helfen  kann  — 

sie  gegen  Gewalt  zu  schtltzen,  und  wird  von  ihm  in  einen 
Loorbeerbaum  verwandelt,  zu  ApoUo's  Verzweiflung,  die 
sich  in  einer  längeren  Aria  Luft  macht.  Nymphen  und 
Hirten  umtanzen  hierauf  den  Baum,  indem  sie  einen 
Schlussgesang  von  10  sechszeiligen  Strophen  anstimmen, 
die  in  einer  dreisten  Wendung  von  der  Verherrlichung 
des  Loorbeers  zu  der  der  Raute  abspringen : 

Nun  grüne  fort  und  mit  dir  auch 
Der  überedle  Rautenstrauch. 


Nimb  zu  und  wachse  für  und  für 
Und  deine  Zweige  neben  dir, 
Die  alle  Schönheit  zieret: 
Von  denen  einer  sich  jetzt  giebt 
Dem  Löwen,  der  ihn  herzlich  liebt 
Und  hin  in  Hessen  führet 


Der  Festspielcharakter  blieb  also  auch  bei  dieser 
Oper  gewahrt. 

Es  war  vielleicht  diese  Gomposition,  welche  in 
Seh  fitz  die  Sehnsucht  nach  Venedig  aufs  Neue  wach- 
rief. Doch  mochte  es  ihn  wohl  auch  reizen,  die  Fort- 
Bchritte,   welche  die  italienische  Musik  seit  seinem  Dort- 


-     44    — 

sein  gemacht^  näher  kennen  za  lernen  nnd  für  fdch  nnd 
die  kurfürstliche  Kapelle  fruchtbar  zu  machen.  Nur 
musste  er  wiederholt  um  diese  Vergünstigung  ansochen, 
da  man  seiner  nicht  gern  entbehren  wollte.  Es  geht 
dies  aus  einem  Schreiben  Schützes  an  den  Kurfürsten 
hervor,  einem  „kleinen  und  furchtsamen  Memorial",  wie 
er  sich  ausdrückt;  in  welchem  es  im  Eingange  heisst, 
„wenn  diejenigen,  welche  ihre  zeitlichen  Güter  gern  er- 
weitem wollen,  bei  Ew.  Kurf.  Durchl.  sich  manchmal 
fleissig  bemühen  thun,  warum  sollte  nicht  auch  um  das- 
jenige, was  zu  Fortsetzung  meiner  erlernten  Kunst  und 
anderen  Tugenden  mir  dienlicher  ist,  ich  mich  mehr  als 
einmal  untcrthäuigst  bewerben."  Sei  er  doch  „nicht  etwa 
aus  Leichtsinnigkeit,  um  einiger  Lust  oder  Spatzieren- 
gehens  willen,  sondern  aus  Antrieb  verhoffentlich  eines 
besseren  Geistes  auf  diese  starken  Gedanken  gerathen". 
In  der  That  fand  er  in  Venedig  den  Zustand  der  Musik 
um  Vieles  verändert,  insbesondere  „diejenige,  welche  zu 
fürstlichen  Tafeln,  Comödien,  Balleten  und  dergleichen 
dienlich  sei*'  —  daher  er  am  3.  November  1628  den 
Kurfürsten  um  eine  Verlängerung  seines  Urlaubs  angeht. 
Indessen  sollte  dem  Meister  es  nicht  vergönnt  sein, 
von  diesen  Studien  zunächst  eine  umfassendere  Anwen- 
dung zu  machen.  Der  Krieg  war  dem  bis  jetzt  von 
seinen  Verheerungen  verschonten  Sachsen  näher  getreten. 
Nach  Veröffentlichung  des  Restitutionsedicts  (1629;  konnte 
es  sich  der  Theilnahme  an  demselben  nicht  mehr  ent- 
ziehen. Alle  Geldkräfte  des  Landes  wurden  dafür  in 
Anspruch  genommen.  Zwar  lesen  wir  noch  von  einzel- 
nen Festlichkeiten  bei  Hofe,  doch  schon  von  1630  an 
stockten  die  Gehaltauszahlungen  an  die  Mitglieder  der 
Kapelle,  und  aus  dem  Jahre  1632  finden  sich  ganze 
Stösse  von  Bittschreiben  voll  Klagen  und  Jammer.  1631, 
bei  dem  Leipziger  Convente,  wohin  die  Kapelle  den 
Kurfürsten  begleitet  hatte,  erschien  sie  zum  letzten  Male 
in  ihrem  vollen  Glänze,   um   dann  um  so  jählinger  Ton 


—    45    — 

der  errnDgeDen  Höhe  herabznsinkeD.  Die  Noth  stieg 
bald  auf  das  Aensserste.  Bereits  1632  hören  wir  den 
Harfenisten  Elias  Pinkler  klagen:  dass  ^^manchmal  in 
dreien  Tagen  nicht  nur  das  trocken  Brod,  viel  weniger 
andere  Bedürfiiisse"  in  seinem  Hause  vorhanden. 

Gerade  in  dieser  Zeit  aber  sollten  sich  die  seltenen 
Eigenschaften  von  Schützes  Charakter  bewähren,  seine 
Tüchtigkeit,  Standhaftigkeit  und  Treue.  Die  Mächtigen 
sacht  er  durch  Bitten  zu  gewinnen,  er  tröstet  die  Ver- 
zweifelnden, unterstützt  aus  seinen  Mitteln  die  Noth- 
leidenden,  muss  zwar  selbst  endlich  vom  Platze  weichen, 
aber  nur  „um  für  das  unschätzbare  Kleinod  seines  Genius 
zum  Heile  seiner  Kunst"  ein  neues  Vaterland  im  Norden 
zn  suchen  und  aus  dem  Untergange  der  alten  Herrlich- 
keit die  Keime  für  eine  bessere  Zukunft  zu  retten. 

Erst  nachdem  Schütz  eingesehen  hatte,  dasi^  sein 
Bleiben  nach  keiner  Seite  mehr  Vortheil  zu  bringen  ver- 
möge, gab  er  endlich  mit  Einwilligung  seines  Kurfürsten, 
dessen  Diensten  er  sich  fort  und  fort  zur  Verfügung 
Btellte,  den  Einladungen  des  Kronprinzen  von  Dänemark 
nach  und  ging  nach  Kopenhagen.  Gleich  nach  dem 
Prager  Frieden  eilte  er  aber  nach  Dresden  zurück;  doch 
wurden  die  Verhältnisse  bald  wieder  so  traurig,  dass  er 
schon  1637  aufs  Neue  um  Urlaub  bat,  freilich  vergeblich, 
da  er  1638  bei  den  Vermählungsfeierlichkeiten  des  Kur- 
prinzen thätig  gewesen  zu  sein  scheint  Nicht  nur  bei 
der  Trauung  im  Riesensaale  wurden  mehrere  Gompo- 
sitionen  von  ihm  vorgetragen,  sondern  auch  am  nächst- 
folgenden Tage  ein  von  ihm  componirtes  und  ^von 
Augusto  Buchnern,  Professore  poeseos  zu  Wittenberg"^ 
(einem  geborenen  Dresdner  und  Freunde  Opitzens)  er- 
fundenes, vom  Tanzmeister  Gabriel  Möblich  in  zehn 
Ballete  gebrachtes  Festspiel  Orpheo  und  Euridice  zur 
Aufführung  gebracht 

Von  dieser  Zeit  an  verfiel  das  Institut  völlig.  1640 
klagt  der  Hofprediger  und  Curator  der  Kapelle,  lio^  von 


—    46    — 

Hoßnegg:  „die  Musik  io  der  Ho fka pelle  sei  in  solches 
Abnehmen  gerathen,  daßs  man  fast  gar  nichts  figuraliter 
musiciren  könne^  sintemal  nicht  allein  kein  rechter  Altist; 
sondern  auch  nur  ein  einziger  Discantist  vorhanden". 
Schlitz  unterbreitete  daher  1641  dem  Kurfürsten  den 
Vorschlag  zu  einer  Neubildung  der  Kapelle  in  der  be- 
scheidensten Form,  durch  welche  „gleichsamb  nur  ein 
Saame  von  der  Musik"  an  dem  Hole  desselben  erhalten 
bleiben  sollte.  Er  forderte  nichts  als  Anstellung; 
Unterhaltung  und  Ausbildung  von  vier  Sänger-  und  vier 
Instrumentiskcn  -  Knaben,  als  das  füglichste  Mittel,  wo- 
durch die  kurfürstliche  Kapelle  „nicht  alleine  in  etwas 
erhalten,  eine  kleine  Musik  bei  der  kurfürstlichen  Tafel^ 
erlangt,  sondern  auch  „zu  begebenden  hoffe  Gott  baldt 
bessern  Zeiten  das  coUegium  musicam  gar  baldt  comple- 
tirt  und  ergentzt"  werden  könne.  —  Diese  zweck- 
mässigen Vorschläge  fanden  nicht  allein  die  volle  kor- 
fürstliche Genehmigung,  sondern  es  wurde  auch  gleich 
nach  Abschluss  des  Waffenstillstands  von  Kötschenbroda 
(1645)  an  der  Wiederherstellung  der  Kapelle  gearbeitet, 
wozu  das  Interesse  des  Kurprinzen  an  den  musikalischen 
Angelegenheiten  des  Hofes  wesentlich  beitrug,  zugleich 
aber  auch  zu  einer  Spaltung  in  der  weiteren  Entwicklung 
derselben  hinführen  sollte,  die  von  der  Bildung  einer 
eigenen  kurprinzlichen  Kapelle  und  der  Vorliebe  des 
Prinzen  für  italienische  Musik  und  Italiener  ausging. 
1647  bestand  die  kurfürstliche  Kapelle  bereits  wieder 
aus  21  Personen,  die  knrprinzliche  aus  13  Musikern  und 
fünf  Kapellknaben.  Obschon  vom  Jahre  16cO  an,  in 
welches  auch  die  Anstellung  David  Schirmer's,  ata 
Bibliothekar  und  Hofpoet,  fällt,  die  musikalischen  Dar- 
stellungen bei  Hofe  wieder  in  Aufnahme  kamen,  nament- 
lich die  Prunkballete,  unter  denen  das  von  ^Paris  nnd 
Helena"  besonders  hervortrat  —  Gottsched  bezeichnet  es 
als  dasjenige,  welches  allen  damaligen  Opern  zum 
Muster  diente,  —  so  blieben   doch   die   finanziellen  Ver- 


—    47    — 

hältniase  der  Kapelle  zanächst  noch  sehr  traurig.  Am 
14.  August  165 L  findet  sich  Scbtltz  wieder  zu  melden 
gedrungen:  ,,das  Elend  der  Eapellisten  sei  so  gross,  dass 
es  auch  einen  Stein  in  der  Erde  erbarmen  möchte''. 

Schutz  mochte  durch  diese  Erfahrungen  nieder- 
gedrückt sein.  Dazu  sah  er  eine  neue  Zeit  heranbrechen. 
Die  Vorliebe  des  Kurprinzen  für  die  Italiener  Hess  ihn 
erkennen;  dass  die  seine  vorüber  sei.  Er  fühlte  sich  zu 
alt;  um  mit  der  neuen  Richtung  den  Kampf  zu  beginnen. 
Er  bittet  daher  wiederholt  um  die  Befreiung  vom  Dienste, 
damit  nicht  erst  die  Zeit  einträte,  wo  ;;8eine  jungen 
Rathsherren  mit  seiner  alten  Manier  der  Musik  nicht 
zufrieden,  seiner  gern  los  wären''.  Als  er  im  Jahre 
1653  noch  einmal  entschieden  um  seine  Entlassung  ein- 
kam, hat  er  gewiss  nicht  gedacht,  noch  19  Jahre  in 
seiner  Stellung  ausharren  zu  müssen.  Den  Hereinbruch 
eines  ganz  neuen  Geschmacks  und  Geistes  konnte  er 
damit  freilich  nicht  aufhalten. 

Ich  glaube  die  Betrachtung  der  vorliegenden  Ent- 
wicklungspbase  nicht  besser  abschliessen  zu  können,  als 
mit  den  Worten,  in  die  K.  A.  Müller  (in  seinen  Forschungen 
anf  dem  Gebiete  der  neueren  Geschichte)  sein  Urtheil 
über  Schütz  zusammenfasst  : 

,ySchütz  ist  eine  der  seltenen  Persönlichkeiten,  deren 
Erscheinung  überall  wie  die  eines  höheren,  reineren 
Geistes  aus  einer  besseren  Welt  auf  unser  Gemüth  wirkt. 
Die  Harmonie,  der  er  all  sein  Sinnen  und  Dichten  ge- 
weihet, tönet  in  seinem  ganzen  Leben  wieder;  er  war 
nicht  allein  ein  grosser  Künstler,  er  war  zugleich  ein  voll- 
kommener Mensch,  soweit  es  erlaubt  ist,  also  zu  sprechen. 
Wo  immer  er  sich  zeigt,  da  finden  wir  Milde  mit  Kraft 
gepaart,  kindliche  Demuth  und  männlichen  unerschrocke- 
nen Muth,  Klarheit,  Umsicht  und  hohe  Begeisterung.  Er 
ist  die  grossartigste,  innerlich  wahrste,  bedeutsamste  und 
liebenswürdigste  Erscheinung  an  Georg's  Hofe." 


Anfänge  des  Schauspiels  in  Dresden. 


Fahrende  Levte.    Zunftschauspleler.     Englische  ComödUinten» 

Fahrende  Sohfller.  Schnl-  nnd  Stadentencomödlen. 

Die  Yelthen'sche  Truppe. 

Wandernde  Schauspieler  hat  es  .fast  eben  so  lange^ 
als  diese  Erwerb  suchten,  gegeben.  Schon  im  griechi- 
schen AUerthumO;  nachdem  sie  sich  zu  einem  besonderen 
Stande  ausgebildet  hatten,  wurden  sie  von  einer  Stadt 
zur  anderen,  von  einem  Hofe  zum  anderen  berufen.  Tns- 
kische  Histrionen  sollen  die  ersten  schauspielerischen 
Uebungen  nach  Rom  verpflanzt  haben.  Mimen-  nnd 
Atellanenspieler  durchzogen  später  mit  ihren  Künsten 
Italien.  Sie  folgten  den  Feldherren  nach  den  zu  er- 
obernden Ländern,  sei  es,  dass  sie  sich  unter  den  Schutz 
nnd  in  den  Dienst  der  Grossen  stellten,  oder  frei  im 
Lande  umherschwärmten.  Sie  verbreiteten  sich  so  auch 
nach  Deutschland. 

Den  Erwerbsschauspielem  wurde  fast  zu  allen  Zeiten 
theils  bewundernde  Vergötterung,  theils  Verachtung  zn 
Theil.  Obschon  Kaiser  Justinian  die  Schauspieler  fttr 
ehrlos  erklären  lies»,  hob  er  doch  eine  der  frechsten 
nnd  berüchtigtsten  Pantomimentänzerinnen,  Theodora,  za 
sich  auf  den  Thron. 

Die  Lu8t  an  theatralischen  Darstellungen  war  im  Allge- 
meinen so  gross,  dass  die  Ehrloserklärungen  der  Gesetz- 
bücher und  Concile  die  zur  frechsten  und  raffinirtesten 
Sinnlichkeit  ausgearteten  Spiele  nicht   zu   unterdrücken 


-    49    — 

yermochten.  Was  aber  sie  nicht  erreichten^  das  vollzog  sich 
allmählig  durch  den  mit  der  Abnahme  an  Talenten  mehr 
und  mehr  verblassenden  Reiz  dieser  Spiele  selbst.  Das 
Drama  der  Römer  verschwindet  aus  der  Geschichte  der 
Völker.  Im  neunten  Jahrhundert  werden  die  Wander- 
baden der  Atellanen  zum  letzten  Male  erwähnt.  Nur 
unter  den  fahrenden  Leuten^  den  Joculatoren  und  Gauk- 
lern, die  nun  fast  alle  Länder  des  westUchen  Europas 
durchstreiften^  pflanzten  sich  Elemente  ihrer  dramatischen 
Künste  noch  fort 

Dem  Gemüthe  der  Germanen  wohnte  ein  Zug  in  die 
Feme  inne^  der  sie  nicht  nur  schaulustig  in  fremde 
Länder  und  Gegenden^  nicht  nur  thatendurstig  zum  Auf- 
suchen von  allerlei  Abenteuern,  sondern  auch  wander- 
froh vom  heimischen  Herde  hinwegtrieb;  Anderen  das 
eigene  und  fremde  Erlebniss,  die  Thaten  der  Götter  und 
Helden  im  Lied  zu  verkünden.  —  Wie  aber  in  den  dra- 
matischen Um-  und  Aufzügen,  mit  denen  die  Germanen 
ihre  religiösen  Feste  zu  feiern  pflegten,  der  Humor  sich 
mit  einer  wunderlichen  Phantastik  einmischte,  mit  allego- 
rischen Gestalten  von  Sommer  und  Winter,  mit  Riesen 
und  Zwergen  und  allerlei  anderen  Vermummungen,  so 
mögen  sich  wohl  auch  schon  von  Alters  her  neben  den 
Barden  wandernde  Possenreisser  gezeigt  haben,  welche 
mit  den  fremden  Gauklern,  Gladiatoren,  Histrionen  und 
Tänzern  ihre  Künste  austauschten  und  endlich  mit  ihnen 
verschmolzen. 

Die  Anziehungskraft,  welche  diese  fahrenden  Leute 
ausübten,  denen  auch  Weiber  beigesellt  waren,  welche 
sich  üppig  in  losen  Gewanden  im  Tanze  schwangen  und 
die  verflihrerischen  Künste  der  römischen  Pantomime  an 
die  Höfe  uod  in  die  Lager,  an  die  Edelsitze  und  in  die 
Klöster  des  Nordens  trugen,  mag  daraus  erhellen,  dass 
schon  um  554  ein  Frankenkönig  gegen  diesen  Unfug 
einschritt  und  noch  um  die  Mitte  des  9.  Jahrhunderts 
der  Erzbischof  Hinkmar  von  Rheips  seine  Geistlichen 

4 


—    50    — 

ernstlich  vor  ihnen  warnt.  Sie  waren  den  Vornehmen, 
wie  dem  Volke  sehr  bald  ein  Bedürfhiss  geworden,  das 
man  zn  schonen  hatte.  Sie  gaben  ihren  Festen  die 
Würze,  sie  waren  die  Beförderer  der  Nenigkeiteo,  die 
Boten  der  Liebe,  die  Verbreiter  von  Mähren  nnd  Sagen, 
die  Erfinder  und  Träger  des  Volkslieds.  Ihre  Zahl  war 
zu  Heinrich  II.  Zeit  Legion,  der  sie  (1044)  von  seinen 
Festen  fortweisen  Hess. 

Der  Druck  der  Verachtung,  zu  der  sie  allmählig 
herabsanken,  wurde  aber  den  besseren  Elementen  unter 
ihnen  zu  gross.  Sie  suchten  sich  eine  Sonderstellung, 
indem  sie  in  den  Dienst  oder  Schutz  eines  Herrn  traten 
oder  sich  zu  Vereinen  und  Zünften  zusammenschlössen« 
Die  Rechtlosigkeit,  in  welcher  sie  lebten,  bestimmte  sie, 
selbst  eine  geschlossene  Rechtsgemeinschaft  zu  bilden. 

Schon  in  den  Kreuzzügen  hatte  ein  fahrendes  Sänger- 
thum  im  Anschluss  an  eine  glänzende,  romantisch  ge- 
stimmte Ritterschaft  einen  überraschenden  Aufschwung 
genommen.  Das  Erfinden  wurde  als  Vorrecht  des  adligen 
Herrn  erachtet.  Der  Spielmann  führte  nur  das  Erfundene 
aus  oder  begleitete  auch  den  Gesang  seines  Herrn  auf 
seinem  Instrumente.  Es  bildete  sich  hierdurch  jenes 
Verhältniss  der  Jongleurs  oder  Joueurs  und  Istrumen- 
teurs zu  den  Trouveres  oder  Troubadours  aus.  Trat  ein 
Joueur  zugleich  noch  als  Dichter  in  den  Dienst  eines 
Herrn,  so  erhielt  er  den  Namen  eines  M^nötrier  oder 
Älinstrel.  Die  Confrörie  der  M^n^triers  mit  ihrem  Roi  an 
der  Spitze  ist  wohl  das  älteste  Beispiel  einer  Vereinigung 
fahrender  Leute,  welche  bald  ähnliche  Verbrüderungen 
hervorrief,  deren  Vögte,  Geigenkönige  und  Spielgraven 
die  Händel  derselben  auf  dem  Pfeifertag  schlichteten. 
Sie  besassen  Zunftg(  setze  und  Zunftstrafen  und  schlössen 
sich  streng  von  den  fahrenden  Leuten,  aus  denen  sie 
seihst  erst  hervorgingen,  ab,  die  hierdurch  in  noch  grössere 
Verachtung  geriethen.  Dass  diese  sich  oft  für  sie  aus- 
gaben,  geht  aus  einem  an  Älfons  X.  (von  Castilien)  ge- 


—    61    — 

richteten  Bittschreiben  des  Minstrel  Guirant  Biquier 
hervor,  in  welchem  dieser  gegen  derartige  Anmassungen 
der  Joculatoren  Beschwerde  führt. 

Bildeten  sich  so  unter  dem  Schutze  der  Städte  die 
Zünfte  der  Pfeifer,  Thürmer,  Pauker  und  Fechter  aus, 
so  suchten  sich  andere  der  fahrenden  Leute  eine  ähn- 
liche Sonderstellung  vereinzelt  zu  schaffen,  indem  sie 
als  Narren,  Herolde,  Pritschmeister,  Ausrufer  u.  s.  w.  in 
die  Dienste  von  Fürsten  und  Herren  traten. 

Obschon  es  kaum  zweifelhaft  ist,  dass  sich  auf  diesem 
Wege  auch  dramatische  Volksspiele  durch  das  ganze 
Mittelalter  hindurchzogen,  so  sind  uns  doch  nur  von 
den  Trouv6res  oder  Minstrels  einige  Versuche  dieser 
Art  erhalten  geblieben.  Die  früheste  Erwähnung  von 
wandernden  Schauspielern  finden  wir  bei  den  Engländern; 
sie  fallt  in  die  erste  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts.  Etwas 
später  begegnen  wir  ihnen  in  Spanien.  Die  ersten  be- 
stimmteren Nachrichten,  die  wir  von  neueren  Volks- 
spielen aus  Frankreich,  Italien  und  Deutschland  besitzen, 
weisen  auf  die  Pflege  derselben  durch  Bürger  und  Hand- 
werker hin.  Doch  lässt  sich  wohl  kaum  daran  zweifeln, 
dass  auch  hier  Spiele  wandernder  Histrionen  nebenher 
liefen.  Im  14.  Jahrhundert  wurde  in  Wien  ein  Ober- 
Spiel-Grafenamt  errichtet,  unter  dessen  Gerichtsbarkeit 
die  Mimen,  Histrionen  und  Musiker  von  ganz  Oesterreich 
standen  und  welches  bis  1782  bestand.-  In  England  tritt 
uns  wieder  zuerst  der  Gegensatz  von  herrenlos  herum- 
ziehenden und  von  solchen  wandernden  Truppen  ent- 
gegen, die  unter  dem  Schutz  eines  Herrn  standen  und 
von  den  ausschliesslich  im  Dienst  eines  solclien  thätigen 
Schauspielern  (damals  noch  players  of  interludes  genannt) 
unterschieden  waren.  Während  die  beiden  letzten  Klassen 
sich  eines  grösseren  Rechtsschutzes  und  einer  gewissen 
Achtung  erfreuten,  finden  wir  jene  in  den  öffentlichen 
Verordnungen  mit  den  Landstreichern  in  eine  und  dieselbe 
Klasse  geworfen. 

4» 


—    52    — 

Die  Bürger  und  Handwerker,  die  sich  in  Deatsch- 
land  der  volkstlittmlichen  Spiele  bemächtigt  hatten^ 
schlössen  sich  gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts  eben- 
falls zu  Zünften  zusammen,  welche  in  einzelnen  Fällen 
auch  einen  Erwerb  daraus  machen  mochten.  Jedenfalls 
spielten  sie  an  benachbarten  Orten,  möglich,  dass  ein- 
zelne von  ihnen  sogar  im  Lande  wandernd  herumzogen. 
Die  Hauptsitze  dieser  Spiele  waren  Nürnberg  und  Augs- 
burg. —  Die  erste  bestimmtere  Nachricht  von  wandernden 
Schauspielern  in  Deutschland  stammt  aus  dem  Jahre 
1529,  in  welchem,  wie  Wiener  Magistratsberichte  aus- 
sagen, daselbst  eine  theatralische  Vorstellung  von  Nieder- 
ländern und  anderen  Fremden,  sowie  von  den  Schülern  and 
Singknaben  von  St.  Stephan  ausgeflihrt  wurde.  Es  bleibt 
jedoch  fraglich,  ob  unter  diesen  Fremden  nicht  doch  schon 
vielleicht  Deutsche  gemeint  sind.  Erst  mit  Anfang  des 
17.  Jahrhunderts  finden  wir  aber  sichere  Nachrichten 
von  deutschen,  nach  den  Namen  ihrer  Principale  be- 
nannten Wandertruppen  reiner  Erwerbs-  und  Berufsschau- 
spielcr,  so  von  der  Sonnenhammer'schen,  PauTschen 
und  Treu 'sehen  Gesellschaft,  welche  letztere  auch  am 
Dresdner  Hofe  gespielt  haben  soll.  Es  lässt  sich  nicht 
sagen,  ob  sie  auf  frühere  Truppen  zurückweisen  und  in 
Beziehung  zu  den  fahrenden  Leuten  früherer  Zeit  stehen 
oder  sich  erst  neuerdings  aus  den  Handwerkerzünften, 
aus  den  Schüler-  und  Studentenspielen  gebildet  hatten. 
Dass  es  auch  in  den  unmittelbar  vorausgehenden  2^iten 
noch  fahrende  Leute  in  Deutschland  gab,  geht  darans 
hervor,  dass  unter  Richard  IIL  eine  Truppe  österreichischer 
und  bairischer  Sänger  und  Spielleute  in  England  herum- 
reiste und  unter  den  Minstrels  H*  inrich  VIII.  acht 
Deutsche  waren. 

Im  16.  Jahrhundert  wurde  es  in  Deutschland  Sitte, 
die  Söhne  der  Fürsten  und  Herren  zu  ihrer  Bildung  ins 
Ausland  zu  schicken.  Auch  Elisal)eth's  Hof  übte  hierbei 
seine    Anziehungskraft    aus.     Engli&^ci>c    lustrumentisten 


—    53    — 

wurden  an  deutschen  Höfen  beliebt.  Besonders  am  mark- 
gräflichen,  später  kurfürstlichen  Hofe  von  Brandenburg 
linden  wir  deren  seit  1556  ununterbrochen  angestellt. 
Albert  Cohn,  welcher,  nächst  Ftirstenau,  zur  Aufhellung 
dieser  Verhältnisse  wesentlich  beigetragen,  theilt  (in  seinem 
Shakespeare  in  Germanj)  folgende  Stelle  aus  Thomas 
Heywood's  ^-^pology  for  actors"  mit :  ^ur  Unterhaltung 
des  Cardinais  Alphonsus  und  des  Infanten  von  Spanien 
in  d^n  Niederlanden  wurden  in  Antwerpen  verschiedene 
Spiele  von  engelländischen  Schauspielern  aufgeführt. 
Auch  unterhielt  der  Vater  des  jetzt  regierenden  Königs 
von  Dänemark  eine  Gesellschaft  englischer  Comödianten, 
die  ihm  vom  Grafen  Leicester  empfohlen  worden  waren, 
und  der  Herzog  (Julius)  von  Braunschweig,  sowie  der 
Landgraf  (Moritz)  von  Hessen  haben  gleichfalls  deren 
einige  in  Dienst  genommen^'  Actenstücke  des  Königl. 
Archivs  in  Dresden  beweisen,  dass  imOctober  1586  flinf 
als  Instrumentisten  bezeichnete  Engländer  in  kurf.  sächs. 
Dienste  traten.  Cohn  glaubt  nachweisen  zu  können,  dass 
einige  derselben,  nämlich  Thomas  Heywood,  Thomas 
Pope  und  George  Bryan,  zugleich  Schauspieler  waren, 
insofern  er  sie,  und  wohl  mit  Recht,  für  identisch  mit  Schau- 
spielern des  gleichen  Namens  hält,  denen  man  damals 
auch  auf  der  englischen  Bühne,  insbesondere  auf  der 
Ton  Blackfriars,  begegnet.  Der  noch  vorhandene  Brief 
eines  Schauspielers  Richard  Jones  an  Eduard  AUeyn, 
den  Gründer  von  Dullwich  College,  sowie  verschiedene 
andere  Schriftstücke,  setzen  es  ganz  ausser  Zweifel,  dass 
im  Jahre  1591  Londoner  Erwerbsschauspieler  durch  Noth 
getrieben  ins  Ausland  und  zwar  nach  Deutschland 
gingen,  um  dort  Unterhalt  und  Nahrung  zu  suchen.  Einen 
von  ihnen,  Thomas  Sackville,  finden  wir  später  im  Dienste 
des  Herzogs  Julias  von  Braunschweig,  wo  er  lange  ver- 
blieb. Zwei  andere  gehörten  früher  zu  der  Truppe  des 
Grafen  Worcester. 

Es  ist  demnach  sicher,  dass  die  Truppen,  die  unter 


—    54    — 

dem  Namen  von  englischen  Springern  ^  Instramentisten 
und  Comödianten  um  diese  Zeit  in  Deutschland  so  grosses 
Aufsehen  erregten^  wennschon  nicht  immer  durchgehend 
aus  Engländern  bestanden  ^  doch  Engländer  enthielten, 
unter  ihnen  auch  wirkliche  Berufsschauspieler,  und  zwar 
nicht  bloss  Schauspieler  der  herrenlos  herumziehenden 
Banden,  sondern  auch  solche  der  privilegirten  Truppen. 
—  Dass  diese  Schauspieler  zum  Theil  gleichzeitig  als 
Instrumentisten,  Sänger,  Tänzer  und  Springer  Dienste 
leisteten,  darf  uns  nicht  überraschen.  Zu  dieser  Zeit 
mögen  die  theatralischen  Künste  noch  ebenso  miteinander 
verbunden  gewesen  sein,  wie  die  bildenden.  Man  stellte 
sich  fast  allgemein  die  Aufgabe,  das  ganze  Gebiet  der 
einen  oder  der  anderen  so  viel  wie  möglich  beherrschen 
zu  können.  Wer  in  fremden  Landen  sein  Brod  erwerben 
wollte,  musste  ebenso  wie  Der,  welcher  nicht  ganz  aus- 
gezeichnet in  einer  einzelpen  Kunstübung  war,  sich  durch 
Vielseitigkeit  schätzenswerth  «machen.  Wir  können  dies 
noch  heute  bei  den  herumziehenden  Truppen  der  Seil- 
tänzer, Kunstreiter  etc.  beobachten.  Andererseits  würde 
freilich  die  Vielseitigkeit  ihrer  Leistungen  eher  darauf 
schliessen  lassen,  dass  diese  Spieler  nicht  gerade  aus- 
gezeichnet in  einer  Specialität,  besonders  nicht  in  der 
jede  andere  ihrer  Kunstübungen  so  weit  überragenden 
Schauspielkunst  gewesen  sein  mögen.  Wie  es  denn  über- 
haupt nicht  zu  erwarten  ist,  dass  zu  einer  Zeit,  in  welcher 
diese  letztere  in  so  grosser  Beliebtheit  stand,  wie  damals 
in  London,  Schauspieler  von  Bedeutung  nöthig  gehabt 
haben  sollten,  ihren  Unterhalt  im  Ausland  zu  suchen. 
Dass  einige  derselben  früher  und  später  an  bedeutenden 
Londoner  Bühnen  thätig  gewesen,  ist  noch  kein  Gegen- 
beweis. Vielmehr  mögen  die  meisten  von  ihnen  der- 
jenigen Klasse  von  Darstellern  angehört  haben,  die 
Shakespeare  in  seinem  Hamlet  gegeisselt  hat,  was  keines- 
wegs ausschliesst,  dass  sie  die  damaligen  deutschen  Schau- 
spieler, die  Handwerker  sowohl,  wie  die  Schüler,   Sta- 


—    55    — 

denten  und  Erwerbsschauspieler,  ausserordentlich  in 
Schatten  stellten  und  berechtigtes  Aufsehen  erregten. 
Ebensowenig  ist  ein  Grund  zu  der  Annahme,  dass  diese 
englischen  Darsteller  die.  Deutschen  mit  unmittelbaren 
Uebertragungen  der  besseren  Stücke  oder  gar  der  Meister- 
werke der  damaligen  englischen  Bühne  bekannt  machten« 
—  Abschriften  von  Manuscripten  der  noch  ungedruckten 
Stücke  dieser  Art  haben  sie  gewiss  nicht  besessen,  kaum 
dass  ihnen  die  späteren  Drucke  derselben  bekannt  worden 
sein  werden.  Zwar  finden  wir  unter  den  Stücken,  die  sie 
zur  Aufführung  brachten,  auch  solche  verzeichnet,  denen 
Dramen  von  Kyd,  Decker,  Marlow  und  Shakespeare  zu 
Grunde  lagen.  Die  in  den  Jahren  1620,  1624  und  1630 
erschienenen  Sammlungen  englischer  Comödien  und  Tra- 
gödien, wie  sie  an  verschiedenen  deutschen  Höfen  und 
in  verschiedenen  deutschen  Städten  zur  Aufführung  ge- 
bracht worden  sind,  lassen  aber  keinen  Zweifel  darüber, 
dass  es  gewiss  nicht  directe  Uebertragungen  der  eng- 
lischen Stücke  waren.  Der  Titus  Andronikus  dieser 
Sammlung  weicht  nicht  nur  entschieden  von  den  uns  be- 
kannten späteren  Ausgaben  der  Shakespeare'schen  Dich- 
tung ab,  sondern  wird  sicher  fast  ebenso  verschieden  von 
der  trüberen  uns  unbekannten  Ausgabe  derselben  ge- 
wesen sein.  Von  Wichtigkeit  für  die  Erörterung  der 
hier  vorliegenden  Frage  scheint  ein  altes,  dem  Shake- 
speare'schen Hamlet  nachgebildetes  Stück:  „Der  be- 
strafte Brudermord  oder  Prinz  Hamlet  von  Dänemark", 
das  aus  dem  Jahre  1710  stammt  und  wahrscheinlich  eine, 
nur  mit  neueren  Zusätzen  versehene  Copie  eines  früheren 
Stückes  ist.  Es  ward  uns  durch  Eckhof  erhalten,  der  es 
1779  im  Goth.  Theaterkai.  zum  Abdruck  bringen  liess. 
Neuerdings  ist  es  von  Alb.  Cohn  (i.  o.  a.  W.)  neu  mit- 
getheilt  worden.  Ein  Stück  dieses  Namens  wurde  bereits 
1626  von  englischen  Gomödianten  am  kurf.  sächs.  Hofe 
in  Dresden,  sowie  später  von  der  Velthen'schen  Truppe 
zur  Darstellung  gebracht    Ich   glaube   nicht   zu   irren, 


•—    56    — 

wenn  ich  die  uns  Yorliegende  Bearbeitung  für  identisch 
mit  der  der  Velthen'schen  Tmppe  halte.  Auch  durfte 
sie  bis  auf  einige  Zusätze ;  besonders  in  den  späteren 
Acten;  mit  der  früher  in  Dresden  gespielten  tiberein- 
stimmen. Gewiss  lag  ihr  aber  diese;  sowie  ihr  wieder 
die  früheste  Shakespeare'sche  Bearbeitung,  die  damals  im 
Originale  wohl  schwerlich  in  Deutschland  bekannt  war, 
zu  Grunde.  Wie  in  letzterer  heisst  auch  noch  hier  der 
Polonius  der  späteren  Bearbeitung  Corambus. 

Das  uns  vorliegende  Stück  stellt  sich  als  eine  ganz 
freie ;  überaus  rohe  und  willkürliche  Bearbeitung  des 
Shakespeare'schen  dar^  wie  sie  etwa  von  Jemand  kom- 
men konnte,  der  es  nur  vom  Anhören  kannte,  sich  den 
Gang  und  sogar  einzelne  Gedanken  desselben  aber  gut 
eingeprägt  hatte ;  dalier  die  Reihenfolge  der  Scenen  und 
Gedanken  nicht  immer  festgehalten  ist.  So  fordert  z.  B. 
Hamlet  den  Corambus  erst  nach  dem  Schauspiele  auf, 
die  Comödianten  gut  zu  behandeln  etc.  Für  die  Art  der 
Ausfuhrung  mag  folgende  zwischen  Hamlet  und  Ophelia 
handelnde  Sccne  sprechen,  welcher  der  Monolog  Hamlet's 
ganz  fehlt: 

„Ophelia.  Eure  Durchlaucht  nehmen  doch  das 
Kleinod  wieder,  welches  Sie  mir  geschenket? 

Hamlet.  Was,  Mädchen,  willst  du  gern  einen  Mann 
haben?  Gehe  weg  von  mir  —  doch  komm  her.  Höre 
Mädchen,  ihr  Jungfern  thut  nichts  anders,  als  die  junge 
Gesellen  verführen,  eure  Schönheit  kauft  ihr  bey  den  Apo- 
thekern und  Krämern.  Höret,  ich  will  euch  eine  Historie 
erzählen.  Es  war  ein  Kavalier  in  Anion,  der  verliebte 
sich  in  eine  Dame,  welche  anzusehen  war,  wie  die  Göttin 
Venus,  wie  sie  nun  sollten  zusammen  zu  Bette  gehen, 
ging  die  Braut  vor,  und  fing  an,  sich  auszuziehen,  nahm 
erstlich  das  eine  Aug  aus,  welches  künstlicherweise 
war  eingesetzt,  hernach  die  Vorderzähne,  welche  von 
Elfenbein  auch  so  künstlich  waren  eingemacht,  dass 
maus  nicht  sehen  konnte,  hernach  wusch   sie   sich,   da 


—    57    — 

ging  die  Schminke;  womit  sie  sich  angestrichen  hatte, 
anch  fort.  Der  Bräutigam  kam  endlich^  gedachte  seine 
Brant  zn  umfangen,  wie  er  sie  aber  ansichtig  ward,  er- 
schrak er,  und  gedachte,  es  wäre  ein  Gespenst.  Also 
betrügt  ihr  die  Junggesellen,  darum  höret  mich  auch. 
Aber  warte,  Mädchen  —  doch  gehe  nur  fort  nach  dem 
Kloster,  aber  nicht  nach  einem  Kloster,  wo  zwey  Paar 
Pantoffeln  vor  dem  Bette  stehen."    (Ab.) 

Die  ausschweifendste  Behandlung  hat  jedoch  der 
Wahnsinn  Ophelia's  erfahren.  Der  Hanswurst,  als  Hof- 
narr PhantasmOy  den  sie  mit  ihrer  Liebe  verfolgt,  hat 
hierbei  Eingang  gefunden.  Es  ist  dies  jedoch  wahr- 
scheinlicherweise ein  späterer  Zusatz^  vielleicht  aus  der 
Velthen'schen  Zeit.  Wie  der  ersten  Bearbeitung  des  Shake- 
speare'schen  Hamlet  fehlt  auch  dem  deutschen  Stücke 
die  Kirchhofsscene.  Das  Attentat  des  Königs  auf  Hamlet 
und  dessen  Vereitelung  wird  hier  aber  nicht  erzählt, 
sondern  unmittelbar  dargestellt.  Auch  diese  Scene  hat 
zum  Theil  eine  burleske  Behandlung  erfahren. 

Wenn  die  englischen  Comödianten  die  Stücke  der 
englischen  Bühne  aber  auch  wirklich  besessen  hätten,  so 
würden  sie  dieselben  anfangs  dem  deutschen  Publicum  doch 
nicht  so  haben  darbieten  können,  theils  weil  ihre  Kenntniss 
der  Sprache  nicht  ausgereicht  haben  würde,  sie  ebenbilrtig 
zu  übersetzen,  theils  weil  es  ihnen  an  dem  dazu  nöthigen 
Personal  gefehlt  hätte.  Das  Wahrscheinlichste  ist,  dass 
einzelne  Schauspieler  von  ihnen  Aufzeichnungen  aus  dem 
Gedächtniss  machten,  im  Uebrigen  aber  dieselben  aus 
dem  Stegreife  spielten  und  sie  hierbei  dem  eigenen,  sowie 
dem  vermeintlichen  Verständnisse  und  Geschmacke  der 
Zuhörer  möglichst  anzupassen  strebten.  Schauspieler 
haben  fast  immer  eine  möglichst  niedrige  Vorstellung 
von  dem  letzteren,  daher  es  nicht  fehlen  konnte,  dass 
man  dabei  so  derb,  nüchtern  und  geschmacklos  wie 
möglich  verfuhr.  Auch  konnten  dann  freilich  die  Stücke 
zunächst   nicht  anders  als  in  Prosa  behandelt  werden, 


—    58     - 

obschon  man  zur  Zeit  des  ersten  Auftretens  dieser  Schau- 
spieler noch  ganz  an  den  Hans  Sachsischen  Reimvers 
gewöhnt  war^  weshalb  die  Dramen  des  Herzogs  Julius 
von  Braunschweig;  der  ihnen  hierin  nachfolgte,  anfangs 
sogar  in  diese  Versform  zurück  übertragen  wurden.  Die 
in  den  Jahren  1620  und  30  im  Druck  erschienenen  eng- 
lischen „Comödien  und  Tragödien^  sind  sämmtlich  in  Prosa 
verfasst.  Doch  mögen  nach  einer  Nachricht  v.  J.  1013 
(von  Joh.  RhenaruS;  Leibmedicus  des  Landgrafen  Moritz 
zu  Cassel)  von  ihnen  vereinzelt  auch  Stücke  gegeben 
worden  sein,  in  denen  Prosa  und  Jamben  abwechselten. 

Die  Frage,  ob  diese  Darsteller  anfänglich  nur  in 
englischer  Sprache  gespielt,  lässt  sich  nicht  sicher  beant- 
worten. Die  Angabe,  dass  dies  von  ihnen  sogar  noch  im 
Jahre  1599  in  Hildesheim  geschehen,  ist  wenig  wahr- 
scheinlich, besonders,  wenn  es  Darsteller  vom  Hofe  des 
Herzogs  von  Braunschweig  gewesen  sein  sollten.  Dass 
es  den  englischen  Schauspielern  selbst  in  der  englischen 
Sprache  noch  möglich  gewesen  sein  würde,  Aufsehen  zu 
erregen,  ist  an  sich  nicht  zu  bezweifeln.  Haben  wir  in 
unseren  Tagen  doch  etwas  Aehnliches  von  italienischen 
Schauspielern  erlebt.  Doch  ist  wohl  anzunehmen,  dass 
Schauspieler,  welche  ihren  Unterhalt  in  Iremden  Ländern 
suchten,  vor  Allem  deren  Sprache  zu  erlernen  bestrebt 
sein  mussten.  So  konnten  schon  1529  niederländische 
Schauspieler  .in  Wien  mit  deutschen  Darstellern  zusammen- 
spielen, und  englische  Schauspieler  würden  den  Stamm 
der  Theater  von  Wolfenbüttel  und  Cassel  nicht  haben 
bilden  können,  wenn  sie  der  deutschen  Sprache  nicht 
zureichend  mächtig  gewesen  wären,  zumal  der  Herzog 
Julius  von  Braunschweig  vor  Allem  wünschen  musste,  seine 
eigenen  Stücke  von  ihnen  dargestellt  zu  sehen.  Eine  Stelle 
seiner  Tragödie  von  der  Ehebrecherin  (schon  1594  gedruckt) 
kann  darüber  einige  Aufklärung  geben.    Hier  sagt 

Gallichora:  Ich  hatte  es  Dir  deutlich  genug  gesagt^ 
wenn  Du  es  sonst  vei^tehen  wolltest. 


—    69    — 

Johan  Boaset:  Ick  bin  ein  Englisch  Mann,  ick  en 
son  dat  dndsch  spreken  niet  verstahn. 

Gallichora:  Ishonld  have  told  you  in  piain  enongh 
Gennan;  if  you  had  been  willing  to  understand 
it. 

Johan  Bouset:  I  am  an  English  man.  I  do  not 
will  understand  any  one  that  speaks  German. 

Diese  Stelle  kann  nur  den  Sinn  haben^  entweder  das 
gebrochene  Deutsch,  welche^  der  englische  Darsteller 
des  Johan  Bouset  sprach,  zu  motiviren,  oder  —  was 
wahrscheinlicher  ist  —  sich  über  das  gebrochene  Deutsch, 
welches  einzelne  der  englischen  Schauspieler  damals  noch 
sprachen,  lustig  zu  machen. 

Wird  man  sich  diese  Schauspieler  aber  auch  keines- 
wegs auf  der  Höhe  derer  zu  denken  haben,  welche  auf 
der  englischen  Bühne  damals  Epoche  machten,  so  be- 
zeichnet ihr  Auitreten  immerhin  einen  Fortschritt  in  der 
Entwicklung  der  deutschen  Schauspielkunst  und  des 
deutschen  Theaters.  Alle  bedeutenderen  dramatischen 
Dichter  der  Zeit  stehen  unter  dem  Einflüsse  ihrer  Spiele: 
Ayrer,  welcher,  obschon  er  die  Hans  Sachsische  Versform 
beibehält,  es  ausdrücklich  zugiebt  und  bei  einigen  seiner 
Spiele  sogar  die  englische  Quelle  bezeichnet,  der  Herzog 
Julius  von  Braunschweig,  später  selbst  Gryphius  und 
noch  später  Christian  Weise.  ^ 

Diese  Schauspieler,  mit  deren  Erscheinen  die  Ent- 
stehung des  herzoglich  braunschweigischen  und  des  land- 
gräflich hessenschen  Hoftheaters  nahezu  zusammenfällt, 
sind  es  nun  also,  denen  wir  zuerst  an  dem  kurfürstlich 
brandenburgischen  und  an  dem  kurfürstlich  sächsischen 
Hofe  begegnen.  In  den  dürftigen  Nachrichten,  die  wir 
aus  dem  ersten  Viertel  des  17.  Jahrhunderts  von  drama- 
tischen Aufführungen  an  dem  letzteren  haben,  spielen 
dieselben  die  hervortretendste  Rolle.  Wir  finden  sie  hier 
in  den  Jahren  1600,  1601,  1605,  1609,  1610  und  1617. 
Besonders   scheint   sich    die   Kurtttrstin-Wittwe,    Sophie 


—    60    — 

von  Brandenburg,  für  sie  interessirt  zn  haben^  yielleicht 
aaf  Anregung  des  brandenburger  Hofes;  wie  sich  denn 
Yom  Jahre  1605  ein  Schreiben  des  Kurfürsten  von 
Brandenburg  an  den  Kurfürsten  Yon  Sachsen  vorfindet^ 
in  welchem  er  diesem  eine  Bande  englischer  Comödianten 
unter  Johann  Spenzer  empfiehlt.  Auch  scheinen  diese 
Truppen  fast  immer  nur  vor  dem  „Kurfürstlichen  Frauen- 
zimmer^ gespielt  zu  haben.  Die  wichtigsten  Nachrichten, 
die  wir  überhaupt  von  ihten  besitzen,  stanmien  aus  den 
Jahren  1626  und  27,  in  denen  sich  eine  Truppe  derselben 
im  Dienste  des  kurfürstlich  sächsischen  Hofes  befand. 
Fürstenau  hat  dieselben  aus  Notizen  der  damals  üblichen 
Schreibekalender  von  Bediensteten  des  königl.  sächsischen 
Hofoiarschallamtes  entnommen  und  ein  werthvolles  Ver- 
zeichniss  der  innerhalb  dieser  Zeit  von  ihnen  aufgeführten 
Stücke  mitgetheilt.  Wir  finden  darunter  vier,  die  auch 
schon  in  der  Sammlung  der  englischen  Comödien  und 
Tragödien  vom  Jahre  1620  enthalten  sind:  „Jemandt 
und  Niemandt,  Hamann  und  Esther,  Fortunato  und  Der 
verlorene  Sohn",  sowie  vier  andere,  denen  unzweifelhaft 
Stücke  von  Shakespeare  zu  Grunde  lagen:  „Julius Cäsar, 
Hamlet,  Lear,  Romeo  und  Julie".  Auch  auf  Kyd's  Spa- 
nische Tragödie,  Marlow's  Faust  und  Der  Jude  von 
Malta,  Shakespeare's  Kaufmann  von  Venedig,  weisen  ein- 
zelne Titel  hin.  Dramatische  Aufführungen  finden  sich 
ferner  in  den  Jahren  1630—32  erwähnt.  Es  ist  ungewiss, 
ob  englische  Comödianten  dabei  thätig  waren.  Gewiss 
aber  waren  es  grösstentheils  englische  Comödien,  welche 
man  darstellte.  —  Die  Nachrichten  über  diese  Spieler 
werden  von  hier  an  auch  in  dem  übrigen  Deutschland 
spärlicher  und  mit  dem  Jahre  1683  hören  sie  auf.  Dies 
erklärt  sich  theils  aus  den  Wirkungen  des  dreissigjährigen 
Krieges,  theils  aus  der  Concurrenz,  welche  ihnen  von  den 
nun  emporkommenden  deutschen  Truppen  gemacht  wurden« 
Auch  hatten  inzwischen  neue  Bestrebungen  eine 
Veränderung  des   Geschmacks   herbeigeführt     Wie   die 


—    61    — 

frühere  humanistische  Bewegung  gingen  auch  sie  von  den 
Gelehrten  aus.  Das  Bedürfniss  einer  eigenen  Bildung 
und  Literatur  hatte  sich  um  so  fühlbarer  gemacht;  je 
weiter  die  übrigen  Nationen  hierin  vorgeschritten 
waren.  Die  lateinische  Sprache  vermochte  für  diesen 
Mangel  einen  Ersatz  nicht  mehr  zu  bieten.  Die  Dichtung 
aus  den  Fesseln  der  letzteren  zu  befreien,  die  deutsclie 
Sprache  zu  selbstständiger  Entwicklung  zu  bringen 
und  von  ihren  fremden  Bestandtheilen  zu  reinigen, 
wurde  zunächst  ins  Ange  gefasst.  Es  war  Martin 
Opitz,  der  den  Impuls  hierzu  gab.  Sein  Beispiel  rief 
eine  eifrige  Nachfolge  hervor.  Schlesien  und  die  säch- 
sischen Lande  wurden  der  Sitz  der  Bewegung,  die  sich 
den  Beifall  und  Schutz  des  Adels,  der  Höfe  gewann. 
Sie  fand  ihren  Mittelpunkt  in  der  fruchtbringenden  Gesell- 
schaft, die,  1617  gegründet,  rasche  Ausbreitung  fand  und 
eine  Anzahl  ähnlicher  Institute  ins  Leben  rief.  Die  Aus- 
schliesslichkeit ihrer  Verfassung  konnte  jedoch  der  Ent- 
wicklung einer  wahrhaften  Dichtung  ebenso  wenig  un- 
mittelbar förderlich  werden,  als  ihre  rein  formalen  Ten- 
denzen. War  doch  zu  derselben  nur  zutrittsfähig,  wer  zu 
den  höheren  Ständen  oder  zu  den  Gelehrten  von  Ansehen 
und  Ruf  gehörte,  was  keineswegs  immer  ein  sicherer 
Beweis  ftir  wahre  Intelligenz  und  Bedeutung  war.  Selbst 
diese  Letzteren  blieben  darin  in  der  Minderheit.  Unter 
806  Mitgliedern  gab  es  im  Jahre  1668  1  König,  3  Kur- 
fürsten, zu  denen  auch  Johann  Georg  II.  von  Sachsen 
gehörte,  49  Herzöge,  4  Markgrafen,  10  Landgrafen,  8 
Pfalzgrafen,  19  Fürsten,  60  Grafen,  35  Freiherren  und 
600  Adlige  und  Gelehrte,  von  denen  kaum  100  bürger- 
lich und  bis  1647  ausser  Andrea  und  Rist  keine  Geist- 
lichen waren.  Kann  man  sich  wundem,'  wenn  die  von 
hier  ausgehende  Dichtung,  soweit  sie  nicht  bloss  auf  die 
Entwicklung  der  Sprache  gerichtet  war,  nur  der  Unter- 
haltung und  der  Verherrlichung  der  Höfe  und  Vornehmen 
diente?    In    der  That   nahm   die   Dichtung   der   ersten 


—    62    — 

schlesischen  Dichterscliule  zunächst  kaum  einen  höheren 
Aufschwung;  als  zu  einer  höheren^  anspruchsvolleren 
Pritschmeisterei.  Gelegenheitsgedichte,  allegorische  Fest- 
spiele, die  Texte  zu  singenden  Balleten  und  Inventionen 
bilden  ihren  hauptsächlichsten  Gegenstand.  Hier  war 
dem  Hange  zur  prunkenden  Phrase,  zur  schmeichlerischen 
Schönrednerei,  zu  Schwulst  und  Uebertreibung  ein  freier 
Spielraum  gegeben.  In  diesem  Sinne  sahen  wir  am 
kurfürstlich  sächsischen  Hofe  Martin  Opitz  und  Buchner 
schon  thätig  und  1650  wurde  in  Mag.  David  Schirmer 
ein  ständiger  Hofpoet  gewonnen,  welcher  seitdem  ein 
treuer  Gehülfe  Johann  Georg  II.  bei  Ausrichtung  seiner 
Feste  blieb.*  Neben  ihm  war  auch  der  Kammerschreiber 
und  Inventionssecretär  Ernst  Geller,  sowie  später  Christian 
Dedekind  hieran  mit  betheiligt. 

Indessen  fehlte  es  doch  nicht  an  einzelnen  höheren 
poetischen  Anläufen,  obschon  man  selbst  dann  mehr  nur 
die  Form  ins  Auge  fasste  und  um  den  Inhalt  wenig  be- 
kümmert war,  so  dass  die  Werke  der  Ausländer,  die  man 
für  jene  zum  Muster  nahm,  auch  noch  für  diesen  zur 
Quelle  wurden.  Man  schränkte  sich  hierbei  aber  nicht 
bloss  auf  die  Dichtung  der  Alten  ein,  sondern  suchte 
sich  auch  der  Werke  der  Italiener,  Spanier,  Franzosen 
und  der  von  ihnen  allen  beeinflussten  Niederländer  zu 
bemächtigen.  Die  Letzteren,  welche  schon  früher  den 
Humanisten  in  Deutschland  die  erste  Anregung  gaben^ 
sollten  neben  den  Italienera  auch  jetzt  wieder  den  vor- 
nehmsten Einfluss  ausüben.  Sie  waren  den  Schriftstellern 
der  deutsehen  protestantischen  Lande  nicht  nur  durch 
Sprache  und  Geistesrichtung  verwandt,  sondern  standen 
denselben  zugleich  in  Geschmack  und  Ausdrucksweise 
damals  noch  ungleich  näher,  als  jene. 

Der  Roman  hatte  zu  dieser  Zeit  in  der  Dichtung  fast 
überall    die  Führung   erhalten.    Besonders  dem  Drama, 

'  Seine  hierher  gehörigen  Dichtungen  finden  sich  in  seinen 
«poetischen  Rosen**  und  „Rauten-Gepüschen*. 


—    63     - 

soweit  es  nicht  auf  Nachahmung  der  Alten  beruhte;  wies 
er  Inhalt  und  Bichtnng  an.    Von  den  auf  diese  Weise 
bestimmten    Formen    desselben   kamen    in   Deutschland 
zunächst  zwei  in  Aufnahme:  das  Schäferdrama  und  das 
politisch -historisch   lehrhafte   Drama.     Beide  Gattungen 
schlössen  sich  den  hier  herrschenden  allegorischen  Fest- 
spielen und  Gelegenheitsstücken  an  und  adoptirten  deren 
Charakter.    Die  ersteren  wurden  hauptsächlich  von  Italien^ 
die  letzteren  von  den  Niederlanden  aus  angeregt.    Nieder- 
ländische  Schauspieler   hatten   sie   vielleicht   selbst   mit 
nach  Deutschland  gebracht.    Rist   schildert  uns  diese 
nicht  von  der  vortheilhaftesten  Seite.    Er  selbst  schrieb 
in  Prosa;  nur  weil  er  gefunden^  dass  sie  keine  Verse  aus- 
wendig zu  lernen  vermöchten  und  sich  überall  nur  durch 
Improvisation  zu  helfen  suchten.    Das  Schäferspiel;  auch 
Waldgedicht  genannt  (eine  Uebersetzung  des  pastor  Mo 
[1619J  leitete  es  ein)  wurde  besonders  von  der  in  Nürn- 
berg   entstandenen    Gesellschaft    der   Pegnitzschäfer    in 
die  Mode  gebracht  und  verlor  sich  an  den  HOfen  in  die 
singenden  Ballete  und  Opern.    Die  historisch -politischen 
DrameU;  die  später  sowohl  in  das  Lohenstein'sche  Drama, 
wie  in  das  der  englischen  Comödianten  eingingen  und  in 
letzterem  den  Gründen  den  bekannten  und  verrufenen 
Haupt-    und    Staatsactionen    legten ;    riefen    aber    eine 
Art  historisch-allegorischer  Moralitäten  und  Gelegcnheits- 
Festspiele   hervor,   von    denen   das   älteste  uns  bekannt 
gewordene,  die  1630  in  Hamburg  zur  Aufführung  gelangte 
Tragicomödie    vom    Frieden     und    Krieg    von     Ernst 
Stapel     in    Lemgo    ist.      Sie    kamen    jedoch,    wie   es 
scheint,  erst  in  den  vierziger  Jahren  in  Aufnahme  und  ge- 
legentlich   der   Friedensverhandlungen,   sowie   nach  Ab- 
»chluss   des   Frieöens   zur    vollen   Blüthe.     Das    friede- 
wttnschende  Deutschland  (1647)  und  das  friedejauchzende 
Deutschland  (1653)  von  dem  Hamburger  Prediger  J.  Rist 
(geb.   1607,   gest.   1667)    machten    besonderes   Aufseheu. 
(Sie  wurden  noch  von  der  Velthen'schen  Truppe  gespielt.) 


—    64    — 

Der  bedeutendste  Ja  einzig  bedeutende  Dramatiker  der 
ersten  scblesischen  Scbule  war  Christian  Gryphiüs 
(geb.  1616;  gest.  1664).  Er  hatte  auf  seinen  langjährigen 
Reisen  dnrch  die  Niederlande^  Frankreich,  Italien^  un- 
mittelbare Eindrücke  und  Anregungen  von  der  Bflhne 
dieser  Länder  empfangen.  Im  Lustspiele  strebte  auch  er, 
im  Gegensätze  zur  Tragödie,  einem  natürlichen  Ausdrucke 
zu,  daher  er  sich  hier  au  die  Prosadramen  des  Herzogs 
Julius  von  Braunschweig  anschloss.  Im  Uebrigen  würde 
seine  Dichtung  in  dem  steifen  Gange  des  Alexandriners, 
in  ihren  einfachen  scenischen  Formen  noch  inuner  zu 
schwächlich  gewesen  sein,  um  die  englischen  Schauspieler 
und  deren  Stücke  mit  ihrem  zwar  rohen,  doch  bunten  sce- 
nischen Leben  verdrängen  zu  können.  Selbst  Caspar  von 
Lohenstein  (geb.  1635,  gest.  1683),  welcher  doch  einen 
reicheren  Wechsel  der  Scene  wieder  aufnahm,  vermochte  das 
nicht,  obschon  gerade  das,  was  uns  besonders  verwerflich 
an  ihm  erscheint,  der  Schwulst,  die  geschmacklose  Bilder- 
bäufung,  die  schamlose  Rohheit  und  bluttriefende  Grausam- 
keit, jenen  Spielen  tbeils  selbst  schon  entsprach,  theils 
in  sie  einging  und  zur  Monstrosität  der  Haupt-  und 
Staatsactionen  nicht  unwesentlich  beitrug.  Ein  viel  ge- 
fahrliclierer  Gegner  sollte  den  ei^lischen  Comödianten 
aber  aus  der  mehr  und  mehr  in  den  Hintergrund  ge- 
rathenen  Schulcomödie  entstehen,  aus  welcher  gleichwohl 
die  deutsche  Schauspielkunst  und  gleichzeitig  der  grösste 
dramatische  Dichter  des  letzten  Viertels  des  Jahrhunderts, 
Christian  Weise,  hervortreten  sollte. 

Neben  den  fahrenden  Leuten  der  alten  Z^^t  war  nämlich 
zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  eine  ganz  neue  Bewegung 
dieser  Art  in  Deutschland  entstanden.  Der  Kampf  der 
Humanisten  gegen  Alles,  was  das  Leben  des  Volks  be- 
drückte, hatte  diese  von  den  tiefsten  Schichten  derselben 
ausgehende  Bewegung  her>'orgerufen.  Die  Schule  erschien 
jetzt  nicht  nur  als  Mittel,  sich  an  diesem  Kampf  mit  be- 
theiligen, sondern  auch  als  dasjenige,  um   sich  aus  der 


—    65    -- 

änssersten  Niedrigkeit  und  Dürftigkeit  zu  den  Höhen 
des  Lebens  emporschwingen  zu  können.  ^^Eander  und 
halbwüchsige  Burschen  liefen  aus  den  entlegensten  Thä- 
lern  hinein  in  die  unbekannte  Welt.  Wo  eine  Schule  war 
bei  einem  Stifte  oder  im  reichen  Kirchspiel  einer  grossen 
Stadt,  dahin  schlugen  sich  die  Kinder  des  Volks  oft 
unter  den  grössten  Leiden  und  Entbehrungen,  verwildert 
und  entsittlicht  durch  das  mühevolle  Wandern  auf  der 
Strasse,  wie  durch  die  Unsicherheit  ihres  Lebens  in 
dem  Bereich  der  Schule.^  (G.  Freitag.)  Denn  ausser, 
dass  sie  selbst  hier  noch  fast  gänzlich  auf  fremde  Mild- 
thätigkeit  angewiesen  waren,  hatte  sich  ein  Penalismus 
der  schlimmsten  Art  herausgebildet,  welcher  die  Schüler 
der  niederen  Klassen  (die  Schützen)  der  Willkür  der 
höheren  (der  Bacchanten)  ganz  preisgab,  für  welche  sie 
betteln,  betrügen,  selbst  stehlen  mussten.  Da  geschah  es 
denn  wohl,  dass  der  Bacchante  von  dem  fahrenden 
Schfllerthum  einen  freien  und  speculativen  Gebrauch 
machte  und  mit  dem  ihm  preisgegebenen  Schützen,  der 
ihn  von  Schule  zu  Schule  hindurchbetteln  musste,  ein  wan- 
demdes  Leben  voll  Baub,  Schmutz  und  Liederlichkeit 
führte.  Die  uns  erhaltene  Selbstbiographie  des  späteren 
Buchdruckers  und  Schulrectors  Thomas  Platter  in  Basel, 
welcher  von  seinem  9.  Jahre  diesem  wandernden  Elend 
preisgegeben  war  und  sich  noch  mit  18  Jahren  ganz  un- 
wissend auf  der  Schule  zu  Strassburg  unter  die  kleinen 
Kinder,  „wie  eine  Glucke  unter  die  Küchlein^,  setzen  musste, 
gewährt  uns  erschreckende  Einblicke  in  diese  Zustände. 
Zwar  wurden  mit  der  Reformation  die  Schulverhältnisse 
besser,  wodurch  auch  das  fahrende  Schülerthum  an  Roh- 
heit, sowie  an  Ausdehnung  verlor.  Der  in  der  akade- 
mischen Jugend  einmal  erweckte  abenteuerlustige 
Wandertrieb  konnte  aber  gewiss  nicht  gleich  unterdrückt 
werden,  zumal  er  durch  die  Pflege  der  Schulcomödie 
eine  besondere  Richtung,  einen  neuen  Antrieb  und  Reiz 
erhielt,  welcher  den  fahrenden  Schüler  sicher  nicht  selten 


—    66     - 

in  das  Leben  der  wandernden  Spielleute  und  Schauspieler 
yerflochten  haben  mag  und  auch  dem  Studenten  noch 
anhaftete. 

Man  kann  sich  denken^  welchen  Eindruck  auf  die 
also  gestimmte  akademische  Jugend  die  Erscheinung  der 
englischen  Comödianten  ausüben  musste.  Man  ahmte  ihre 
Stücke  und  Spielweise  nach;  man  begann  sO;  wie  sie,  in 
Costümen  zu  spielen.  Man  schloss  sich  ihren  Spielen 
selbst  an.  Die  ersten  deutschen  Wandertruppen^  von 
denen  wir  überhaupt  wissen ,  bestanden  meist  aus  Stu- 
denten^  sei  es  dass  sie  den  Beruf  des  Schauspielers  völlig 
ergriffen,  sei  es  dass  sie  sich  dem  verlockenden  Leben 
desselben  nur  vorübergehend  anschlössen^  wie  dies  z.  B. 
von  dem  späteren  dänischen  Hofprediger  Lassenius  be- 
hauptet worden  ist.  Von  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts 
an  gewinnen  die  Nachrichten  hierüber  an  Bestimmtheit 
1646  sah  Pastor  Rist  in  Hamburg  unter  Andreas 
Gärtner  eine  aus  feinen,  gelehrten  und  wohlgeschickten 
Studenten  bestehende  Truppe,  welche  den  grössten  Beifall 
erwarb.  Eine  andere  erschien  unter  Principal  Schnei- 
der, der  sich  „Magister  Sartorius,  Präses  und  Herzog 
Thaliens'^  nannte,  1648  zu  Mainz.  Im  Jahre  1660  taucht 
eine  dritte  Gesellschaft  dieser  Art  unter  Principal  Karl 
von  Zimmern  auf.  Auch  spielten  1662  in  Dresden  Stu- 
denten eine  geistliche  Comödie  auf  dem  Gewandhanse, 
die  grossen  Anstoss  erregte.  Neben  diesen  studentischen 
Truppen  scheint  eine  Zahl  geringerer  das  Land  durch- 
zogen zu  haben,  wie  wir  z.  B.  einem  Gomödiantenmeister 
Hans  Georg  Eckher  aus  Dresden  (1658)  mit  einer  Com- 
pagiiie  hochdeutscher  Comödianten  in  Wien  begegnen. 

Die  Schulcomödie,  in  manchen  Gegenden  Deutsch- 
lands völlig  erstorben,  stand  damals  in  Sachsen  in 
voller  Blüthe,  besonders  in  Leipzig.  Der  Dichter  Kor- 
marteu,  der  1669  Actor  regens  der  Studentenschaft 
war,  Hess  in  diesem  Jahre  eine  Bearbeitung  des  Racine- 
schen  Polyeuct  von  sich  aufführen,  in  welcher  der  Stn- 


—    67    — 

dent  Job.  Velthen  (oder  Veltheim)  aus  Halle  die  Titel- 
rolle mit  80  viel  Beifall  spielte,  dass  er  die  schauspiele- 
rische Laufbahn  zu  ergreifen  bescbloss.  Schon  hierbei 
sollte  sich  aber  die  Festigkeit  seines  Charakters  bewähren, 
da  er  erst  ruhig  seine  Studien  beendete  und  den  Magister- 
titel erwarb,  ehe  er  seinen  Entschluss  zur  Ausfuhrung 
brachte  und  sich  an  die  Spitze  einer  Anzahl  Gleich- 
denkender stellte,  was  wahrscheinlich  im  folgenden  Jahre 
geschah.  Die  erste  sichere  Nachricht,  die  wir  von  dieser 
Truppe  besitzen,  stammt  wieder  aus  Dresden. 

Mit  Ausnahme  der  schon  oben  erwähnten  englischen 
Comödianten  scheinen  bis  hierher  Schauspieler  an  den 
kurfürstlichen  Hof  immer  nur  ganz  vorübergehend  gezogen 
worden  zu  sein.  Schon  1601  zeigen  sich  ajber  auch 
hier  deutsche  Erwerbsschauspieler  unter  einem  gevnssen 
Christian  Forchheim,  der  eine  römische  Tragödie 
daselbst  zur  Aufführung  brachte.  1613  werden  vneder 
Darstellungen  erwähnt,  welche  der  Hofbarbier  Melchior 
Meier  mit  mehreren  Personen  aus  der  Stadt  im  Schlosse 
abgehalten  hatte.  1626  erwarb  der  Freiberger  Springer 
HansB  Schilling  ein  Patent  mit  seinem  Schwiegersohne, 
dem  Pickelhering  Lengsfeld,  die  freie  Kunst  des  Springens 
verbunden  mit  theatralischen  Vorstellungen  in  den  kur- 
fürstlichen Landen  auszuüben.  Er  gab  auch  Vorstellungen 
bei  Hofe  und  seine  Gesellschaft  bestand  ausschliesslich 
ans  sächsischen  Unterthanen.  In  demselben  Jahre  spielte 
fem^f  ein  Franzose  Rabel  mit  seinen  Genossen  Comödie. 
Aus  Notizen  vom  Jahre  1630  scheint  hervorzugehen,  dass 
auch  die  kurfürstlichen  Prinzen  sich  im  Comödiespielen 
versuchten.  Die  kurfürstlichen  Enkelkinder,  die  Söhne  der 
Landgräfin  Sophie  Eleonore  von  Hessen,  waren  aber  sicher 
an  dergleichen  Spielen  betheiligt,  da  sie  1643  ihren  Neu- 
jahrswunsch an  die  Grosseltem  mit  der  Nachschrift 
sehliessen :  „Mögen  Ew.  G.  gehorsamlich  nicht  verhalten, 
dass  wir  dabevor  Unsern  gnädigen,  hochgeehrten,  herz- 
liebsten fürstlichen  Eltern  eine  Probe,  wie  wir  mit  Gottes 

5» 


--    68     - 

Hülfe  in  Unsren  Studien  fortgeschritten ;  im  Theater  ge* 
than  und  Unsers,  leider  so  viele  Jahre  her  von  verzeh- 
renden Eriegsflammen  Uchterlohe  brennenden  lieben 
deutschen  Vaterlands  unglückseligen  Zustand  in  Gestalt 
eines  Comödienspiels  repräsentiret^  welches  nachmals 
gedruckt  worden.^  Also  eine  jener  in  Aufnahme  gekom- 
menen historischen  Moralitäten.  Bald  darauf  scheint  der 
sächsische  Kurprinz  ein  Privattheater  errichtet  —  der 
Kurfürst,  der  ihn  überhaupt  immer  von  Zerstrennngea 
abzulenken  suchte,  dies  aber  nicht  gern  gesehen  zn  haben^ 
^denn  als  in  seiner  Abwesenheit  die  Landgräfin  von 
Hessen  eine  Vorstellung  auf  diesem  Theater  zn  sehen 
wünscht;  erkundigt  sich  der  Kurprinz  erst,  ob  er  es  thun 
oder  lassen  solle?" 

In  den  Jahren  1644  und  46  vergnügte  man  sich  bei 
Hofe  mit  den  Springern  von  Freiberg,  die  auf  dem  obem 
Schlosssaal  abwechselnd  mit  Bären  tanzten,  auf  dem  Seil 
voltigirtcn  und  auf  dem  Theater  agirten.  Es  wird  dabei 
eines  Tanzes  gedacht,  wie  ihn  die  Engländer  bei  dem 
reichen  Juden  von  Malta  getanzt.  Das  a\so  hatte  man 
ihnen  abgelernt  und  es  galt  als  Empfehlung.  Auch  eine 
Comödie,  „wo  vor  jedem  Actus  der  Inhalt  mit  stummen 
Personen  repräsentirt  wird"  —  weist  auf  den  Dnmb-show 
der  Engländer  hin.  Erfurter  Springer  spielten  unter  An- 
derem eine  Tragödie  von  Romeo  und  Julia.  Englischer 
Einfluss  ward  eben  überall  sichtbar.  Im  Jahre  1651 
finden  wir  die  erste  Notiz  von  theatralischen  AuffUhr^gen^ 
welche  bei  Tische  stattfanden.  1659  traten,  nach  den 
uns  vorliegenden  Nachrichten,  seit  lange  zum  ersten  Hai 
wieder  englische  ComOdianten  und  zwar  zum  Theil  in 
Bearbeitungen  Shakespeare'scher  Stücke  auf,  darunter: 
„Der  Mohr  von  Venedig"  und  „W^nn  ich's  sehe,  so  gefällt 
mir's  wohl"  (vielleicht:  Wie  es  Euch  gefällt).  In  den 
60er  Jahren  begegnen  wir  wiederholt  Aufführungen  von 
Spielen,  welche  möglicherweise  schon  von  fest  angestellten 
Schauspielern   dargestellt   wurden.    Erst  im  Jahre  1666 


—    69    — 

werden  diese  aber  ausdrücklich  erwähnt.  Sie  spielten 
die  ^Böhmische  Historia  von  der  Libussa**  und  ^Der 
«ebenjährige  Weiberkrieg".  Die  erste  urkundliche  Nach- 
rieht darüber  fällt  in  das  Jahr  1669  —  das  Anstellungs- 
decrct  eines  gewissen  Christian  Starke^  als  kurfürst- 
licher Hofcomödiant.  Es  scheint;  dass  die  damalige  Truppe 
Sns  d  Personen  bestand^  da  für  kuifiirstliche  Comödianten 
so  viele  Essen  berechnet  werden.  Im  Jahre  1671  werden 
als  zu  den  ComödieU;  Balleten  und  Exercitien  gehörig  be- 
zeichnet: Gideon  Gellius  (Exercitienmeister);  J.  J.  Mülder 
(Herold);  Charles  du  Mesniel  (Tanzmeister);  Joh.  Tho- 
riaU;  Joh.  Barth.  Buhler,  Christian  Starke;  Joh.  Chr. 
Dorsch;  Gotlfr.  PistoriuS;  Siegmund  Biehner;  Joh.  Georg 
EnckC;  Joh.  Bapt.  Waydt  (Comödianten).  Dazwischen 
spielten  auch  fremde  Truppen;  so  die  des  Pulcinello 
Landolfi;  welcher  ein  Patent  erhielt;  mit  seiner  Bande 
in  sächsischen  Landen  spielen  zu  dürfen.  Dies  war  — 
wie  Fttrstenau  sagt  —  vermuthlich  die  erste  Gesellschaft, 
welche  in  Norddeutschland  die  Aufmerksamkeit  auf  das 
Stegreifspiel;  die  commoediadelV  arte  lenkte.  Hamburgische 
Schauspieler  brachten  zur  selben  Zeit  Moliöre'sche  Stücke 
zur  Darstellung;  1676  zeigen  sich;  vielleicht  für  lange 
zum  letzten  Mal;  noch  Stücke  von  Hans  SachS;  und  1677 
finden  wir  unter  anderen  eine  Aufführung  der  Comödie 
vom  schleichenden  Manisten  Tartuffe  erwähnt  Im  fol- 
genden Jahre  fanden  gelegentlich  der  Zusammenkunft 
des  Hauses  Sachsen  in  Dresden;  die  auf  Befehl  des  Kur- 
fürsten vom  Bürgermeister  Tschimmer  in  einem  Pracht- 
werke verherrlicht  worden  ist;  eine  Reihe  glänzender 
Feste  statt.  Wahrscheinlich  erhielt  Mag.  Joh.  VeltheU; 
hierbei  zugezogen;  für  seine  Gesellschaft;  die  damals 
bereits  unter  dem  Namen  der  ^berühmten  Bande^  in  An- 


'  Vater  des  Joh.  Ludw.  Starke,  der,  selbst  ein  treflf  licher  Schau- 
spieler, Doch  besonders  durch  seine  Frau  in  der  Theatergeschichte 
berühmt  wurde. 


—     70     — 

sehen  stand,  bei  dieser  Gelegenheit  das  Prädicat  der  knr- 
sUchsischen  Comödiantenbande;  auf  das  er  sieh  im  Jahre 
1683  in  einer  Eingabe  an  den  Leipziger  Magistrat  bezieht 
Die  wirkliche  Anstellung  erfolgte  jedoch  erst  unter  Johann 
Georg  IIL  im  Jahre  1685.  In  dem  vorausgehenden  Jahre 
spielte  Velthen  wieder  vor  dem  kurfürstlichen'  Hofe  im 
Taubc'schen  Garten,  unter  anderen  auch  einige  Stücke 
von  Moliere.  Diese  Vorstellungen  scheinen  zu  seiner 
festen  Anstellung  geführt  zu  haben.  Er  musste  jedoch 
die  Direction  mit  den  schon  vorher  angestellten  Christ 
Starke  und  Wolfg.  Kiese  theilen.*  Von  den  früheren 
kurfürstlichen  Schauspielern  blieben  ausserdem  noch 
Christoph  Paceli,  der  jedoch  schon  1686  starb,  und 
Christian  Dorsch.  Von  der  Velthen'schen  Truppe 
traten  ausser  dessen  Frau  noch  Gottfried  Salzsieder^ 
Christ  Janetzschky,  Reinhard  Richter,  Bai* 
thasar  Baumbacher  und  Frau  (Velthcn's  Schwägerin) 
ein.  An  sie  schloss  sich  1686  Sara  von  Boxberg.  Es 
ist  wahrscheinlich;  dass  dies  die  ersten  Frauen  waren, 
welche  in  Dresden,  vielleicht  ausser  Wien  selbst  in 
Deutschland,  die  Bühne  betraten.  Das  Schauspiel  erhielt 
damit  eine  ganz  neue  Anziehungskraft. 

Man  hat  von  Velthen's  Eintritt  in  die  kurfürstlich 
sächsischen  Dienste  gewöhnlich  die  Errichtung  des  ersten 
Uoftheaters  in  Deutschland  datirt.  Dies  ist  jedoch  un- 
richtig. Die  Höfe  von  Braunschweig-Wolfenbüttel  und 
Hessen-Cassel  haben  hierauf  einen  näheren  Anspruch. 
Hat  doch  Landgraf  Moritz  von  Hessen  sogar  ein  präch- 
tiges Theater,  dem  er  nach  seinem  Sohne  den  Namen 
Ottonium  gab,  erbauen  lassen.  Doch  auch  als  Grttn- 
dungstag  des  Dresdner  Hoftheaters  kann  Velthen's  Eintritt 
in  die  kurfürstlich  sächsischen  Dienste  nicht  angesehen 
werden,   da  das  Institut    kurfürstlicher   Hofcomödianten 

*  In  einer  Eingabe  an  den  Oberhofmarschall  von  Hang^'itz 
finden  sich  auch  noch  die  Namen  Christian  Sander,  Christoph  Zeurisch 
und  Joh.  Adam  Scholtz  als  frühere  Hofcomödianten  verzeichnet. 


-    71    - 

zwar  von  diesem  Zeitpunkte  an  wesentlich  erweitert  und 
erhöht  wurde,  sonst  aber  schon  vorher  bestand.  Tm  Jahre 
1688  betrug  der  Aufwand  für  dasselbe  1771  Gld.,  1691 
war  er  auf  2000  Thlr.  gestiegen.*  Die  Gehalte  der  drei 
Directoren  betrugen  anfangs  je  200,  die  der  übrigen 
Darsteller  bewegten  sich  zwischen  100  und  150  Thlr.,  nur 
Velthen  8  Frau  erhielt  ebenfalls  200  Thlr.  Die  aus  dieser 
Zeit  auf  uns  gekommenen  Bestallungsdecrctc  enthalten 
unter  anderen  folgende  Bestimmungen  für  die  mit  dem 
Prädicato  eines  „Hoff-Bedientcn*^  Angestellten,  welches 
später  in  das  eines  „Cammer- Bedienten"  verwandelt 
wurde:  „Insonderheit  aber  soll  er  schuldig  seyn  bei 
Unsrer  Residentz  sich  wesentlich  aufzuhalten,  auch  im 
Theatro  beim  agiren  sich  gebrauchen  zu  lassen  und  was 
ihm  zu  lernen  überreichet  wird,  dasselbe  willigst  an- 
zunehmen und  hierinnen  sich  nicht  widerspUustig  zu  er- 
weisen, sondern  jederzeit  seinem  Vermögen  nach  williges 
gehorsams  zu  verrichten,  ohne  Unsern  und  Unseres  ge- 
heimden  Bathes  und  Ober-Cämmerers  (an  welchen  zu- 
gleich er  hiermit  gewiesen  wird)  Bewilligung  und  Urlaub 
nicht  zu  verreisen,  auch  wass  er  bei  dieser  seiner  Be- 
stallung siehet,  und  in  Erfahrling  bringet,  biss  in  sein 
grab  bei  sich  verschwiegen  bleiben  zu  lassen  und  im 
Übrigen  sich  sonsten  allenthalben  dermassen  zu  erzeigen, 
wie  einem  getreuen  Diener  gegen  seinen  Kurfürsten  und 
Herren  eignet  und  gebühret."  Die  Truppe  hatte  das  Recht, 
sobald  man  ihrer  bei  Hofe  nicht  bedurfte,  in  sächsischen 
und  deutschen  Landen  herumzureisen,  und  wir  besitzen 
vereinzelte  Nachrichten  von  ihrem  Auftreten  und  ihren 
Erfolgen  in  Frankfurt  a.  M.,  Breslau,  Nürnberg,  an  den 
Braunschweiger  Höfen,  in  Magdeburg   und  besonders  in 


'  In  diesem  Jahre  bestand  die  Truppe  aus  Velthen,  dessen 
Frau  and  Tochter,  Starke,  Riese,  Salzsieder,  Richter  und 
Frao,  Benj.  Pfennig,  Elias  Adler,  David  Bamberger, 
Christian  Malier  and  Frau. 


-     72     — 

Hamburg.  —  Das  Emporblühen  der  Oper  drängte^  wie 
CS  scheint^  am  Dresdner  Hofe  das  Interesse  fbr  das  Schan* 
spiel  zurück.  Es  sind  davon  nur  wenige  Nachrichten 
Huf  uns  gekommen.  Die  wichtigste  datirt  aus  den  ersten  ^ 
Monaten  des  Jahres  1690;  in  denen  die  kurfürstlichen  Hof- 
comödianten  bei  dem  Hoflager  in  Torgau  thätig  waren. 
Die  englischen  Spiele  sind  hier  bereits  ganz  vom  Reper- 
toire verschwunden^  an  ibre  Stelle  besonders  Moliöre^sche^ 
sowie  spanische  Stücke  (Prinz  Sigismund  von  Böhmen^  der 
künstliche  Lügner^  Don  Juan)^  Hauptactionen  und  Hans- 
wnrstiaden  getreten.  Auch  ein  Stück  „Wallenstein^ 
findet  sich  darunter  mit  aufgeflihrt;  welches  dem  Lausitzer 
Dichter  Adolph  v.  Haugwitz*  (einem  Verwandten  des 
Hofmarschalls)  zugeschrieben  wird;  und  ^Der  grosse 
Sechtsgelehrtc  Papiniano^  dürfte  wohl  demGryphius  an- 
gehören. 

Das  abnehmende  Interesse  des  Hofes  am  Schauspiel 
sprach  sich  in  entscheidender  Weise  bei  der  Thron- 
besteigung Johann  Georg  IV.  (1692)  auS;  der  sämmt- 
liche  deutsche  Comödianten  wieder  verabschiedete  nnd 
ihnen  nur  den  Titel  beliess  und  die  Concession  für  das 
Land.  Die  „sämmtliche  Bande  Comödianten  nahm  —  wie 
es  in  einer  Eingabe  derselben  heisst  —  diesen  Beschlags 
des  Kurfürsten  mit  höchster  Gemüthsalteration  auf  ^  und 
musste  nun  aufs  Neue  ihre  Wanderzüge  auf  ungevrissen 
Erwerb  beginnen.  Dies  konnte  der  Entwicklung  des 
deutschen  Dramas  um  so  weniger  zu  Gute  kommen,  als 
der  Kampf  mit  der  aufblühenden  Oper  ein  immer 
schwierigerer  wurde.  Gleichzeitig  begannen  die  Frommen 
ihre  Angriffe  auf  die  Schauspiele;  auch  Velthen  mochte 
noch  unter  ihnen  zu  leiden  haben.    Schon  in  Berlin  soll 


■  Er  soll,  wie  Gervinus  sagt,  auch  verschiedene  Ballete  fOr 
die  Dresdner  Bühne  zugerichtet  und  überhaupt  auf  das  Theaterwesen 
daselbst  Einfluss  gehabt  haben.  Er  schrieb,  in  der  Manier  Lohen- 
stein's,  auch  noch  eine  Maria  Stuart  und  einen  Soliman. 


—    73     - 

ihm  das  heilige  Abendmahl  verweigert  worden  sein  und 
Korfttrst  Friedrich;  der  die  Sache  erfahren^  die  Geistlich- 
keit mit  einem  Verweise  belegt  und  angewiesen  habeU; 
künftighin  Niemandem  ohne  Anfrage  hohen  Orts  das 
Sacrament  der  Kirche  zu  versagen.  Jetzt  wurde  von 
Hamburg;  wo  der  Kampf  der  Kirche  und  des  Theaters 
fast  ein  ganzes  Jahrhundert  andauern  sollte;  etwas  Aehn- 
liches  von  seinem  Hanswurst  Schemitzky  (Stranitzky  ?) 
berichtet  Kurze  Zeit  später  scheint  Yelthen  gestorben  zu 
sein.  Jahr  und  Tag  seines  Todes  sind  ungewiss.  Doch 
wurde  1696  das  sächsische  Gomödiantenprivilegium  bereits 
zu  Gunsten  seiner  Wittwe  auf  Polen  mit  ausgedehnt. 
Die  Veröffentlichung  der  von  Velthen  veranstalteten 
Uebersetzung  des  MoKöre  fand  1694  nicht  durch  ihu; 
sondern  durch  seine  Truppe  statt.  Wahrscheinlich  war 
er  also,  wie  Devrient  richtig  urtheilt;  damals  schon  todt. 
Velthen  war  unstreitig  eine  überaus  glänzende; 
charaktervolle  Erscheinung;  von  dem  Berufe,  den  er  be- 
geistert ergriffen;  völlig  erflillt;  fest;  freimüthig;  mannhaft 
in  seinem  Auftreten.  Von  letzterem  giebt  ein  Brief  den 
BeweiS;  der  von  dem  submissen  und  verwickelten  Tone, 
der  sonst  in  ähnlichen  Schreiben  der  Zeit  herrschte; 
Yortheilhaft  absticht.  Veranlassung  gab  eine  im  Jahre 
1687  eingetretene  Hoftrauer.    Der  Brief  lautet  wie  folgt: 

,,Durchlauchtigster  Kurfürst, 
Gnädigster  Herr! 

Es  ist  zwar  nicht  ohnC;  dass  Ew.  Kurftlrstl.  Durch- 
laucht durch  deren  Ober -Hof- Marschall  die  Aufnehmung 
und  Bestallung  der  Bande  Comoedianten  mit  der  aus- 
drücklichen Condition  geschehen  lassen;  das  zu  der  Zeith; 
wan  hohe  Trauer  einfället;  wir  unsere  Besoldung  nur 
zur  Helfflte  bekommen  soUeU;  dawider  wir  auch  nichts 
einzuwenden  haben. 

Weil  aber,  gnädigster  Herr;  vor  Eines  bei  Hoch- 
seeligen Absterben  Dero  Frau  Mutter,   Christmilden  An- 


—    74    — 

denkenS;  schon  die  Helffte  des  Qnartales  Trinitatis  ist 
yerflossen  gewesen,  und  ungeachtet  alles  angewandten 
Fleisses  nicht  allein  zu  Berlin  und  an  denen  Braun- 
Schweigischen  Höfen  wegen  der  daselbst  gleichfallss  ein- 
gefallenen Hohen  Trauer  uns  alle  Hoffnung  benommen, 
sondern  auch  zu  Bresslau  und  andren  Orthen  in  Schlesien 
wegen  des  Türken- Krieges  abgeschlagen  worden,  einige 
Comödien  zu  präsentiren;  darbey  wir  doch  schon  in  die 
60Thlr.  Reisekosten  vergeblich  anwenden  müssen.  Vors 
ander  auch  wir  sehr  weiten  Weg  werden  zu  reisen 
haben;  ehe  wir  etwas  verdienen  können^  und  grosse 
Gefahr  dabey,  dass,  wie  uns  vormals  begegnet,  viel  mehr 
darbey  an  Unkosten  aufwenden,  als  verdienen  möchten, 
das  ganze  Quantum  aber,  so  an  der  Helffte  des  halben 
Quartahls  Trinitatis  abzuziehen  währe,  ungefähr  90  Thlr. 
betraget: 

Als  gelanget  an  Ew.  Kurfürst!.  Durchlaucht  unser 
unterthänigstes  Suchen  und  inständigstes  Bitten,  Sie  ge- 
ruhen gnädigst  die  Verordnung  zu  thun  und  zu  befehlen, 
damit  uns  das  nunmehr  zu  Ende  gehende  Quartahl 
Trinitatis  völlig  aus  der  Kurfürstl.  Rentkammer  vergnügt 
werden  möchte. 

Bey  künftigen  Quartalen,  so  lange  Ew.  Kurftirstl. 
Durchlaucht  unsere  Unterthänigste  ^virkliche  Aufwartung 
nicht  gnädigst  verlangen,  wollen  wir  gern  und  willig 
mit  dem  halben  Quartal  unss  vergnügen  lassen.  Wegen 
Ausszahlung  des  gantzen  Quartaalss  Trinitatis  machen 
sich  sichre  und  ungezweifelte  Hofinung 

Ew.  Kurfürstl.  Durchlaucht 
unterthänigst  gehorsame  Diener 
Sämmtliche  Bande  der  Kurfürstlichen  Comödianten.^ 

Für  das  Ansehen,  welches  Velthen  mit  seiner  „be- 
rühmten Bande^  genoss,  mag  die  Thatsache  sprechen« 
dass  er  bei  seiner  Ankunft  in  Nürnberg  sowohl,  wie  in 
Breslau  von  einer  Deputation  des  Rathes  am  Weichbilde 


—    75    — 

der  Stadt  begrüsst  und  bewirthet  wurde,  welche  Ehre  er 
mit  einer  sogenannten  Kathscomödie;  d.  i.  mit  einer  Fest- 
vorstellung er^viederte,  bei  welcher  der  Magistrat  in 
Corpore  erschien  und  den  Ehrenplatz  zu  beiden  Seiten 
des  Prosceniums  auf  der  Bühne  erhielt  (eine  Auszeich- 
nung, die  ihren  Entstehungsgrund  in  dem  Bau  der 
früheren  Theater  hatte,  bei  denen  nur  die  Bühne  bedeckt 
war  und  Schutz  gegen  Sonne  und  Regen  bot). 

Man  würde  jedoch  einen  sehr  falschen  und  über- 
triebenen Begriff  von  den  Leistungen  Velthen's  und 
seiner  Gesellschaft  gewinnen,  wenn  man  sie  einfach  nach 
derartigen  Werthschätzungen  oder  nach  den  Titeln  der 
Stücke  seines  Reportoires  beurtheilen  wollte.  Diese  ge- 
hören in  der  That  den  grössten  neueren  Dichtern,  einem 
Moliere,  Corneille,  Calderon,  Alarcon  etc.  an.  Ein  Blick 
auf  den  uns  noch  überlieferten  Polyeucte  des  Kormarten, 
der  Velthen  doch  gerade  zu  dem  Berufe  des  Schauspielers 
begeistert  hatte,  genügt,  um  erkennen  zu  lassen,  wie 
unendlich  verschieden  wenigstens  die  Trauerspiele  von 
den  ihnen  zu  Grunde  liegenden  Originalen  meist  sein 
mochten.  Sie  wichen  in  ihrer  äusseren  Form  und  Be- 
handlung wahrscheinlich  nur  soweit  von  den  Spielen  der 
englischen  Comödianten  ab,  als  die  Allegorien  der 
höfischen  Festspiele  und  der  geschichtlichen  Moralitäten, 
der  Decorationsprunk  und  das  Maschinenwesen  der  Oper 
darin  noch  mit  Eingang  gefunden.  So  kommen  z.  B. 
in  Kormarten's  Polyeuct  die  schwarzen  Geister  mit 
brennenden  Fackeln  bei  rührender  Trommel  zu  dem  in 
Gewissensangst  eingeschlafenen  Felix,  blasen  ihm  in  die 
Ohren,  zausen  ihn  an  den  Haaren,  während  des  Polyeuct's 
weisser  Geist,  mit  dem  abgehauenen  Kopf  in  der  Hand 
und  mit  entblösstem  blutigen  Störzel  auftritt.  „Polyeuctus 
hat  gegen  den  Felix  seine  Actiones  als  redete  er  mit 
ihm,  wobey  man  recht  den  blutigen  Hals  siebet  sich 
regen.*  —  Nur  vereinzelt  mag  das  regelmässige  Drama 
Aufnahme  gefunden  haben,  und  nur  Moliere,   doch  auch 


—     76    — 

nur  in  Prosa,  weil  diese  das  Extemporiren  gestattete^ 
yermochte  sich  neben  den  Hanswnrstiaden  und  Hanpt- 
und  Staatsactionen  zn  behaupten  und  dem  regelmässigen 
Drama  die  Bahn  zu  brechen.  Um  seine  Einfühmng  auf 
der  Bühne  hat  sich  Velthen,  der  seine  Stücke  neu  über- 
setzte; unstreitig  grosses  Verdienst  erworben.  Im  Uebiigen 
aber  war  er,  trotz  all  seiner  Belesenheit;  doch  nur  ein 
Kind  seiner  Zeit  und  eine  ächte  Schauspielematur.  Die 
besten  Anregungen  waren  ihm  doch  von  den  englischen 
Gomödianten  gekommen,  und  gleich  diesen  konnte  anch 
er  den  Greschmack  seines  Publicums  sich  nicht  tief  genug 
denken. 

Indessen  hinderte  das  nicht,  dass  der  Schüler  seine 
ohnedies  schon  im  Ansehen  gesunkenen  Lebrer  weit  über- 
flügelte und  völlig  verdrängte.  Der  handwerksmässigen 
Boutine  trat  jugendliche  Begeisterung,  dem  traditionellen 
Schlendrian  eine  umsichtige  Betriebsamkeit  gegenüber, 
die  sich  aller  Wirkungen  und  Mittel  der  Bühne,  wo  sie 
dieselben  auch  immer  antreffen  mochte,  zu  bemächtigen 
und  sie  fUr  sich  dienstbar  zu  machen  wusste.  Wenn  die 
Velthen'schen  Stücke  in  ihrer  äusseren  Form  und  Behand- 
lung sich  von.  denen  der  englischen  Comödianten  auch 
m(  istentheils  nur  wenig  unterschieden,  so  führten  sie  doch 
dem  schau-  und  veränderungslustigen  Publicum  einen  nenen 
Inhalt  und  neue  Wirkungen  zu.  Und  wenn  seine  Spiel- 
wrise  sich  auch  immer  noch  in  den  Geleisen  seiner  Vor- 
gänger bewegte,  so  war  sie  doch  jedenfalls  frischer  und 
im  Einzelnen  erfinderischer.  Welch  neue  Anziehungskraft 
musste  seinen  Darstellungen  nicht  allein  die  Einführung 
jugendlicher  Mädchen  und  Frauen  und  die  opernhafle 
Ausstattung  der  Bühne  geben !  Denn  um  diese  Zeit  hatte 
man  bereits  der  italienischen  Oper  die  charakteristische 
Decoration  und  den  Vorhang  entlehnt  Zwar  war  die 
Bühne  noch  immer  mit  Teppichen  umhangen,  doch 
liessen  sich  diese  im  Hintergrunde  nach  Bedarf  ausein- 
ander-  und   wieder    zuziehen,    um    einen    bestimmten 


-     77    — 

cbAraktoriRtiBchen  ScIiaDpIatz  sichtbar  zu  machen  oder 
wieder  verscliwindcn  zu  lassea.  Diese  Einrichtung  ge- 
etattete  mannichfache  Verwandinngen  bei  offener  Scene 
und  Tereinigte  ao  die  Vortbcile  der  alten  decorationgloecn 
nnd  der  neuen  decorativen  Bühne. 

Ueber  die  Spielweise  der  Velthen'schen  GesellBchal't 
dürfte  Tieileicht  eine  Scene  ans  dem  Bchon  oben  an- 
gezogeneo  Hamlet  einigen  Aufschlnss  geben,  die  gewiss 
«cboa  von  ihr  in  dieser  Form  zur  Darstellung  gebracht 
worden  ist  und  eine  Aiispielnag  auf  Dresdner  Verhält- 
msse  enthält.  Es  ist  die  Scene  zwischen  Ilamlet  Und 
dem  Schanspieler,  der  hier  zu  einem  Principal  Carl 
uancirt  ist  Sie  lantet  wie  folgt: 
,'  Hamlet:   Seid  ihr  nicht  vor  wenig  Jabren  zu  Witten- 

berg auf  der  Universität  gewesen,   mich   dUnkt 
^^^H        ich  habe  euch  da  sehn  agiren. 
^^^■parl:    Ja,   Ihro  Hoheiten,   wir   sind   von    denselben 
^^H       ComSdianten. 
^^^^Hamlet;    Habt  ihr  dieselbe  Compagnie   noch   ganz 

bei  euch? 
.  Carl:    Wir  sind  zwar  nicht  so  stark,  weilen  etliche 

^^^B  Studenten  in  Hamburg  Condition  genommen,  doch 
^^^B  seind  wir  zu  vielen  lustigen  Gomödien  und  TragO- 
^^^H      dien  stark  genug. 

^^^H^mlet:  Habt  ihr  noch  alle  drey  Weibspersonen  bey 
^^^H      encb,  sie  agirtei;  sehr  wohl. 
^^^HOarl:    Nein,  nnr  zwey,  die  eine  ist  mit  ihrem  Mann 
^^^^       an  dem  Sächsischen  Hof  geblichen. 

Hamlet:  Wie  ihr  zu  Wittenberg  wäret,  so  agirtet 
ihr  daznmal  gnte  ComSdien.  Allein  ihr  hattet 
etliche  Bursche  bey  euch,  die  hatten  gute 
Kleider  an,  aber  schwarze  Hemden,  etliche  batten 
Stiefeln  an,  aber  keine  Sporen. 
Carl:  Ihro  Hoheiten,  man  kann  oft  nicht  alles  haben, 
Ttelleicfat  haben  sie  gedacht,  sie  dürfen  nicht 
reiten. 


4 


Hamlet:  Doch  ist  es  besser,  wenn  alles  accnrat  ist; 
doch  höret  noch  mehr,   und   bitte  zu  verzeihen, 
ihr   höret  oft   nicht   gleich,   was  die  Zuschauer 
urtheilen,-  denn  da  waren  auch  etliche,  die  hatten 
seidne  Strümpfe  und  weisse  Schuh  an,   aber  auf 
dem  Haupte  hatten  sie  schwarze  Hüte,  die  waren 
voll  Federn,   unten  bald  so  voll,   als   oben,   die 
Plomaschen  waren,   ich  glaube,   sie  mussten  an- 
statt der  Schlafmützen  damit  in   den  Betten  ge- 
legen haben,  das  steht  so  schlimm  und  ist  leicht 
zu  ändern.    Auch  könnt  ihr  wohl  etlichen  davon 
sagen,   wenn   sie   eine  königliche  Person  agiren, 
dass   sie    doch   nicht  so  sehr  gucken,   wenn    sie 
ein  Compliment  gegen  eine  Dame  machen,   auch 
nicht   so    viel   spanische  Pfauentritte  und  solche 
Fechtermienen,  denn  ein  Potentat  lacht  darüber, 
fein   naturell   ist   das    beste:    der    einen    König 
spielt  muss  sich  einbilden,   dass  er  in  dem  Spiel 
ein  König  sey  und  ein  Bauer  auch  wie  ein  Bauer. 
Wie  niedrig   erscheint  in    diesen  Ermahnungen   die 
damalige   Schauspielkunst   gegen   die,    welche   uns    aus 
Shakespeare's  hier  fast  völlig  verschwundenen  goldenen 
Eegeln  entgegentritt.    Shakespeare  geisselte  ohne  Zweifel 
die  Spielweise  nicht  seines  eigonon  Theaters,  sondern  die 
der  Concurrenzschauspieler.    Es  scheint   aber,  dass  hier 
seine  Rügen  zu  sehr  auf  die  Darsteller  selbst  zu  beziehen 
gewesen  sein  würden,  um  angewendet  werden  zu  können. 
Welchen  Eindruck  hätte  z.  B.  die   auf  den  Narren   be- 
zügliche  Stelle  auf  einem  Theater  ausüben  müssen,   an 
welchem  der  Narr  im  Gegentheil  das  Privilegium   hatte, 
überall  hineinsprechen  zu  dürfm,  auf  welchem  er  überall 
den     gestörten    Zusammenhang    wiederherstellen    sollte. 
Hatte  doch  Velthen  sich  nicht  nur  des  Stegreifspiels  der 
Italiener  bemächtigt,  sondern  dasselbe  sogar  auf  die  ernsten 
Spiele,  auf  die  Tragödie  übertragen.    So  ist  in  einer  uns 
noch  erhaltenen,  doch  späteren  Haupt-  und  Staatsaction: 


—    79    — 

^Karl  XIL  vor  Friedrichshall"  von  den  eingeflochtenen 
komischen  Scenen,  weil  sie  extemporirt  werden  sollten^ 
immer  nnr  flüchtig  der  Inhalt  angegeben^  wie  z.  B. 
Seene  4:  Arleqnin  und  Plapperlieschen.  Extemporirte 
Scenen  von  wegen  heyrathen,  Arleqnin  will  hingehen  und 
sich  annehmen  lassen  zu  einem  Soldaten;  Plapperliese 
will  als  Marckedähnerin  mit  in  das  Feld  gehen^  es  wird 
unter  sie  beyde  beschlossen^  Plapperliese  ab. 

Doch  wurden  auch  ernste  Scenen  nur  extemporirt^ 
wie  man  für  folgende  Scenen  nur  nachstehende  dürftige 
Angaben  findet: 

Scene  7. 

Friedrich  mit  blossem  Degen. 

Scene  8. 
6.  Budde  mit  blossem  Degen. 

Scene  9. 

Carl  Friedrich  mit  blossem  Degen. 

Scene  10. 
Der  Commandänt  mit  blossem  Degen. 
Indem  ich  aber  jene  dem  deutschen  Hamlet  ent- 
nommene Stelle:  ,;fein  naturell  ist  das  Beste'^  u.  s.  w. 
auf  die  Spielweise  der  Velthen'schen  Truppe  beziehe, 
behaupte  ich  freilich  nichts  Geringeres,  als  dass  sie,  wie 
sehr  sie  auch  selbst  an  einer  übertreibenden^  bombastischen 
Ansdrucksweise  noch  leiden  mochte,  doch  im  Ganzen 
auf  eine  natürliche  Darstellungsweise  ausging.  Yelthen 
hätte  hierzu  schon  durch  sein  Studium  des  Moli^re  an- 
geregt werden  müssen,  welcher  gegen  das  falsche  Pathos 
der  tragischen  Darsteller  seiner  Zeit  so  oft  in  satyrischer 
Weise  das  Wort  erhob.  Es  regte  sich  damals  aber  auch 
in  Deutschland  eine  Opposition  gegen  die  Unnatur  der 
schlesischen  Dichter  und  der  gespreizten  Darstellungs- 
weise der  Schauspieler.  Freilich  stellte  man  dafUr  kaum 
etwas  wesentlich  Besseres  an  die  Stelle.  Man  predigte 
die  Naturwahrheit,  aber  meinte  nur  die  des  gemeinen 
Lebens  damit.   Der  bedeutendste  Vertreter  dieser  Richtung 


—     80    — 

ist  jener    schon    oben    erwähnte    Schalrector   ChriBtian 
Weise   in   Zittau    (geb.   1642,  gest.  1708),   welcher  die 
Schulcomödie   zn   neuer  Blttthe  brachte  und   gewiss   zu 
dieser  Zeit  das   bedeutendste   dramatische  Talent  war. 
Auch  er  war   der  Ueberzeugung,   dass   auf  der  Btthne 
der   König  oder   der  Bauer  nicht  anders    wie    im   ge- 
wöhnlichen  Leben  sprechen   dUrfe,  daher   er  auch  den 
Dialekt  einführte.    Wir  können  aber  bei  ihm  auch  lernen^ 
wie  leicht  diese  platte  Natürlichkeitsrichtung  das  Drama 
ins   Flache  herabzieht;   da  er  es  fttr  eine  viel  grössere 
Aufgabe    der    Kunst   hielt;    solche   Personen    zur   Dar- 
stellung   zu    bringen,   die  jeder   der  Zuschauer    schon 
im  Leben  vielfach  gesehen;  als  aussergewöhnliche  Cha- 
raktere.    Gleich    so    vielen    unserer    heutigen   Theatei^ 
dichter;  schrieb  auch  schon  er  um  dieser  Natürlichkeit 
willen    seinen   jungen   Darstellern   die   Rollen   auf  den 
Leib.    Im  Wesentlichen  stand  er  dabei  auf  dem  Stand- 
punkt Luther  s.    Die  Gomödie  sollte  bessern  und  lehren, 
was  Jedem  nach  seinem  Amte  und  Stande  zukommt  —  eine 
Ansicht;  die  Luther  als  Theolog  und  Schulmann,  doch 
nicht  als  Künstler  und  Dichter  ausgesprochen  hatte,  die 
aber  heute  auch  bei  vielen  der  letzteren  fortwirkt    Die 
beste   Satyre   darauf  gab  Weise   selbst,   indem  er,   um 
diesem  Zweck  vollständig  zu  entsprechen,  jedem  Kinde 
nach   seinem  Stande   die  Rolle  schrieb  oder  gab,  daher 
es  seinen  Stücken  nie   an  einer  Anzahl  fürstlicher  Per- 
sonen  für  die   Kinder  vornehmer   Leute   fehlen   durfte. 
Dem  Lutherischen  Ausspruch:  ^Christen  sollen  Ciomödien 
nicht  ganz  und  gar  fliehen,  weil   bisweilen  Zoten  und 
Buhlereien  dort  seien^,  gab  er  die  praktische  Auslegung, 
dass    diese    darin    vorkommen    dürfen,    ja    vorkommen 
müssen.    Trotz   der   moralisirenden  Tendenz   seiner  fttr 
Schüler  geschriebenen  Dramen  sind  sie  doch  mehr  als 
billig  hiervon  erfüllt. 

Es  ist  fraglich,  ob  Weise  seine  Spiele  jemals  selbst 
vor  dem   kurfürstlich   sächoschen  Hofe  oder  überhaupt 


-    81    — 

in  Dresden  zur  AufitihruDg  brachte.^  Sie  waren  wohl 
meist  zu  fignrenreieb,  nm  auf  der  Bühne  in  Aufnahme 
kommen  zu  können.  Da  er  sie  aber  fast  sämmtlich 
drucken  liess  und  bei  seiner  ausserordentlichen  publi- 
cistischen  Thätigkeit  eines  ausgebreiteten  Bufes  genoss, 
so  sind  sie  sicher  nicht  ohne  Einflnss  auf  die  damalige 
Bühnendichtung  gewesen  (Job.  Biemer,  Chr.  Fr.  Henrici 
werden  als  seine  Nachahmer  genannt);  und  auch  Velthen 
dürften  seine  Stücke  nicht  unbekannt  geblieben  sein. 

Wie  aber  der  Letztere  als  Derjenige  bezeichnet  wird, 
welcher  das  italienische  Stegreifspiel  (nach  den  Entwürfen 
des  Gherardi)  auf  der  deutschen  Bühne  einiührte;  so  wird 
ihm  auch  ^e  sogenannte  Haupt-  und  Staatsaction  zu- 
geschrieben. Die  Spiele^  die  man  mit  diesem  Namen  be- 
zeichnete^  sind  aber  ganz  allmählig  entstanden.  Velthen 
hat  sie  gewiss  nur  weiter  ausgebildet^  d.  h.  die  Bühnen- 
cffecte^  auf  die  sie  berechnet  waren,  gehäuft  und  ihnen 
vielleicht  noch  den  auf  den  Beiz  der  Neugier  abzielen- 
den Namen  gegeben.    Es  liegen  ihnen  ohne  Zweifel  die 

*  1714  wurde  von  Dresdner  EreozschQlem  unter  dem  Rector 
Gelenios  Christ  Weise's  „Jephtah*'  und  „Der  Sturz  des  Marschall 
BiroD^  zur  AufHlhrung  gebracht.  1732  fand  am  26.  Mai  auf  dem 
Gewandhause  von  25  angehenden  Studenten  die  Aufftihrung  einer 
Tragicomödie  statt,  welche  der  Regens  der  Alumnen  der  Kreuz- 
ichnle.  Mag.  Christ  Kretschmer,  in  lateinischer  Sprache  nach  der 
Comödie  vom  Masaniello  des  Chr.  Weise  in  lateinische  Verse 
gebracht  hatte;  am  29.  folgte  eine  deutsche  Comödie:  ^Die  ver- 
theidigte  Unschuld**  (wahrscheinlich  das  unter  dem  Titel  „Die  be- 
«i'hotzte  Unschuld"  von  Weise  herrührende  Stück).  —  Die  letzte  Er- 
wibnung  einer  Dresdner  Schulcomödie  stammt  aus  dem  Jahre  1784, 
in  welchem  die  Neustftdter  Schule  auf  dem  Gewandhause  unter 
Direction  ihres  Rectors  Mag.  Kretschmer  eine  lateinische  Co- 
mödie spielte,  welcher  am  nächsten  Tage  ein  deutsches  Schauspiel: 
„Die  zwar  gedrückte,  doch  endlich  erhöhte  Tugend**  folgte.  —  Weise 
liess  sogar  drei,  ja  selbst  vier  Stücke  hintereinander  aufführen:  am 
ersten  Tage  ein  biblisches,  am  zweiten  ein  historisches,  am  dritten 
ein  (wie  er  sich  ausdrückt)  freies  Gedicht,  welchem  er  zuweilen  noch 

ein  Possenspiel  anfügte. 

6 


—    82    — 

Spiele  der  englischen  Gomödianten  zu  Grunde,  in  welche 
der  Hanswurst  schon  frühzeitig  Eingang  gefunden  zu  haben 
scheint^  und  welche  dann  später  noch  Elemente  der  Tra- 
gödien der  schlesischen  Dichter  (Gryphius,  Lohenstein 
u.  s.  w.)^  sowie  der  historisch-politischen  Schauspiele  und 
Moralitäten,  und  endlich  der  Oper  und  des  Stegreifspiels 
mit  in  sich  aufnahmen.  Zu  Velthen's  Zeit  mochte  diesen 
Spielen  ein  politisch-geschichtlicher  Stoff  ganz  wesentlich 
seiU;  der  dann  gewöhnlich  im  trockensten  Zeitungstyle 
behandelt  wurde. 

Yelthen  hat  das  Verdienst;  das  ernste  Drama,  indem 
er  es  Hauptaction  nannte,  zur  Hauptsache  der  schau- 
spielerischen Darstellungskunst  erhoben  zu  haben;  allein 
die  Mittel,  welche  er  anwendete,  um  demselben  eine 
immer  erweiterte  Anziehungskraft  zu  geben,  haben  auf 
die  Entwicklung  des  Dramas  in  Deutschland  einen  um 
so  nachtheiligeren  Einfluss  ausgeübt,  je  grössere  Erfolge 
er  damit  erzielte,  in  je  grösserem  Ansehen  er  stand. 
Wie  hoch  er  sich  aber  auch  mit  seiner  Truppe  über 
andere  gleichzeitige  deutsche  Schauspieler  erheben  mochte, 
so  werden  doch  seine  Spiele  selbst  wieder  ausserordentlich 
gegen  diejenigen  der  Schauspieler  von  Venedig,  Paris, 
Madrid  oder  London  zurückgestanden  haben.  Dies  wird 
wohl  zu  beachten  sein,  um  die  Entlassung  der  Velthen- 
schen  Truppe  unter  dem  vielgereisten  Joh.  Georg  IV. 
richtig  zu  beurtheilen.  Schien  sie  doch  schon  unter  dessen 
Vater  an  Beliebtheit  verloren  zu  haben.  Wie  hätte  sie 
auch  mit  den  Wirkungen  der  damaligen  kursächsischen 
Oper,  eine  Salicola  an  der  Spitze,  zu  coneurriren  ver- 
mocht! Mit  wie  viel  Geschmacklosem  selbst  sie  noch 
behaftet  sein  mochte,  so  hob  sie  den  Hörer  und  Zu- 
schauer  doch  immerhin  in  eine  Art  idealer  Welt,  während 
die  Velthen'schen  Spiele  ihn  nur  zu  oft  nicht  tief  genug 
herabziehen  mochten. 

'  Man  findet  ihn  schon  in  einzelnen  der  1680  gedruckten  eng- 
lischen Comödien  und  Tragödien. 


—    83    — 

Es  hat  nicht   an  Stimmen  gefehlt^  die   hierfür  die 
Dichter  der  Zeit  verantwortlich  machten^  nnd  werthyoll 
ist  allerdings   das  damit  ausgesprochene  Zugeständniss, 
dass  ohne  Dichtung  an  eine  wahrhafte  Entwicklung  des 
Theaters  und  der  Schauspielkunst  nicht  wohl  zu  denken  sei. 
An  guten  dramatischen  Dichtungen  hat  es  aber  Velthen 
gewiss  nicht  gefehlt.   Ihm  st;anden  die  Spiele  der  grossen 
Dichter  der  Engländer^  Italiener,  Franzosen  und  Spanier 
zn  Gebote,  die  er  nicht  nur  kannte,  sondern  deren  er  sich 
auch  in  seiner  Weise  bemächtigte.    In  welcher  Weise  je- 
doch;  wenn  wir  etwa  Moli6re  ausnehmen  I  Doch  hat  er  auch 
dafür  in  Eduard  Devrient  noch  einen  beredten  Verthei- 
diger  gefunden.    ;^oli6re  —  heisst  es  bei  diesem  —  war 
fbr  das  grosse  Publicum  noch  zu  fein  (!),  Corneille  und 
Racine  zu  reizlos  und  überhaupt  diese  moderne  und  fremd- 
ländische   Tragödie     dem     Volksgeschmacke    zuwider.^ 
Hatten  jene  grossen  Dichter  in  ihren  Ländern  aber  nicht 
ebenfalls  mit  ähnlichen  Zuständen  zu  kämpfen   gehabt? 
Shakespeare  wusste   recht  gut,  dass  das  Beste,  was  er 
schrieb,    für    die   Massen    nur   „Caviar^^   sei,   und   seine 
Verachtung  des  grossen  Haufens  beruhte  hauptsächlich 
auf  dem  Bewusstsein  der  ihn  davon  trennenden  Kluft. 
Gleichwohl  schrieb  er  seine  Stücke  in   einer  Weise,  die 
ne  selbst  heute,  bei  so  vorgeschrittener  Allgemeinheit  der 
Bildung,  noch  hoch  über  den  eigentlichen  Volksgeschmack 
stellt    Wirkten  sie  darum  weniger  in  seiner  Zeit?  —  Das 
Genie  ist  fast  immer  nur  phänomenartig  in  das  Leben 
der  Völker  getreten  und  von  der  Massenbildung  durch 
eine  Kluft  getrennt  gewesen.    Wo  wäre  ein  Fortschritt 
der  Kunst,    wenn   der  Künstler   nur   immer    zu    dieser 
I^erniedersteigen,  sie  aber  nie  zu  sich  emporheben  wollte? 
^e  Wahrheit  ist:   dass  die  Schauspielkunst  in  Deutsch- 
land zu  jener  Zeit  schon  darum  nicht  von  den  deutschen 
achtem  im  Stiche  gelassen  werden  konnte,  weil   es  an 
fahren  dramatischen  Dichtem  noch  fehlte,  sie  selbst  aber 
^6  Dichtung,   welche   sie  fand,  ganz  einseitig  zu  ihren 

6* 


—    84    — 

yermeintlichen  Zwecken  ergriff,  wie  sie  dies  ja  sogar 
heute  noch  thut.  Selbst  wenn  man  die  Dichtungen  der 
fremden  Nationen  schon  ebenbürtig  zu  übersetzen  und 
darzustellen  im  Stande  gewesen  wäre,  was  gewiss  nicht 
der  Fall  war,  würde  man  sie  schon  aus  diesem  Omnde 
doch  nicht  so  dargestellt  haben.  Wie  die  englische 
Schauspieler  die  Shakespeare'schen  Dramen ,  so  glaubte 
damals  auch  Velthen  die  Meisterwerke  der  franziysischeB 
und  spanischen  Tragödie  dem  vermeintlichen  Geschmacke 
des  Publicums^  d.  L  dem,  was  man  damals  den  Btthnen- 
effect  nannte,  anpassen  zu  sollen. 

So  hat  sich  denn  der  kurfürstlich  sächsiche  Hof  das 
Verdienst  erworben,  ebenso  wie  den  ersten  grossen  deut- 
schen Musiker,  auch  den  ersten  grossen  deutschen  Schau- 
spieler zu  sich  herangezogen  zu  haben.  Wir  haben  ge- 
sehen, zu  welcher  Blüthe  die  Musik  von  Heinrich  Schttti 
hier  entwickelt  wurde.  Dass  Velthen  diese  Oelegenhdt 
nicht  in  ähnlicher  Weise  zu  benutzen  vermochte,  wird, 
wie  ich  denke,  hinreichend  durch  die  hier  dargelegten 
Verbältnisse  erklärt  worden  sein. 


Die  erste  italienische  Oper. 


Die  Bildu;  einer  Irarprinzlichen  Kapelle  neben  der  kur* 
fBrstliehen.  —  Deren  Yersehmelzang  anter  Johann  Georg  !!•  — 
Beibnngen  der  italleniselien  and  deatschen  Elemente  darin.  — 
üebergewiclit  der  ersteren.  —  Die  erste  italienische  Oper  anter 
Bentempi.  —  Anflösang  derselben.  —  Bildnn;  einer  nenen 
Italienischen  Oper  nnter  Pallaricini.  —  Die  Salleola. 

Johann  Georg  II.  (geb.  1613)  war  nicht  nur  ein 
prachtliebender,  sondern  auch  ein  kunstsinniger  Ftlrst. 
Nichts  scheint  in  seiner  Jagend  einen  so  tiefen  Eindruck 
auf  ihn  ausgeübt  zu  haben,  als  die  Festlichkeiten  am 
Hofe  seines  Vaters,  weshalb  ihn  auch  dieser  immer  wieder 
an  die  Geschäfte  yerwies.  Selbst  noch  im  Jahre  1653 
war  dies  der  Fall,  wie  aus  einem  Briefe  des  Kurprinzen 
an  Johann  Georg  I.  hervorgeht,  in  welchem  es  heisst: 
„Was  Ew.  Gnaden  auch  wegen  Dero  gnädigstem  Befehl 
erwähnet,  der  Canzlei  halber,  sollen  Ew.  Gnaden  versichert 
sein,  dass  ich  selbigem  gemäss  jederzeit  mich  verhalten 
werde,  gehorsamst  nachzukommen ;  massen  ich  denn  allezeit 
um  8  Uhr  bereit  bin  und  mich  allezeit  bei  den  Herren 
Häthen  erkundigen  lasse,  ob  ich  hinüber  soll  kommen, 
^ie  denn  ich  heute  an  den  geheimden  Rath  habe  gehen 
sollen,  so  ist  aber  ganz  nichts  einkommen.^  Besonders 
scheint  der  Sinn  für  Musik  schon  früh  in  dem  Prinzen 
geweckt  und  wohl  auch  gepflegt  worden  zu  sein.  Viel- 
leicht, dass  Schütz,  welcher  demselben  1629  den  ersten 
Theil  seiner  „Sjmphoniae  sacrae^  widmete,  ihm  selbst 


—    86    — 

darin  Unterricht  gab;  da  er  sogar  mit  der  CompositionB- 
lehre  vertraut  war.  Ist  doch  von  seinen  Compositionen 
ein  Psalm,  der  117.  ^Landate  Dominum  omnes  gentes^ 
erhalten  geblieben.  An  der  erneuten  Ausgabe  der  Psal- 
men von  Schutz  (1661)  war  er  ebenfalls  thätig  und  be- 
wahrte demselben  bis  zuletzt  eine  unveränderte  Hoch- 
achtung. 

Und  so  war  es  auch  wieder  der  Kurprinz,  bei  dem 
die  auf  Wiederherstellung  der  ganz  in  Verfall  gerathenen 
kurfürstlichen  Kapelle  gerichteten  Vorstellungen  Schützes 
die  fbrdemdste  Theilnahme  fanden.  1641  betraute  er 
diesen  sogar  mit  der  Errichtung  einer  besonderen  kur- 
prinzlichen Kapelle,  welche  gleich  anfangs  auf  grössere 
Dimensionen  berechnet  schien,  da  sich  unter  den  zu- 
nächst dafür  Angestellten  ein  Director  der  kurfbrst- 
lichen  Instrumentalmusik  mit  erwähnt  findet.  I^her 
fast  noch  sehen  wir  aber  die  Neigung  zu  den  theatra- 
lischen Spielen  der  Zeit  bei  dem  Prinzen  hervortreten. 
Selbst  mitten  im  Kriege  (1630 — 36)  werden  Comödien 
erwähnt,  in  denen  die  kurfürstlichen  Prinzen  selber 
„agiret^^,  und  welche  theils  im  blauen  Gemache  und  in 
den  brandenburgischen  Gemächern,  theils  im  steinernen 
Saale  und  in  der  Thurmkammer  stattfanden.  In  den 
vierziger  Jahren  wird  aber  sogar  eines  besonderen  kur- 
prinzlichen Theaters  gedacht.  Von  dieser  Zeit  an  er- 
scheint der  Prinz  überhaupt  als  der  eigentliche  Förderer 
und  Vertreter  aller  künstlerischen  Bestrebungen  am  Hof 
seines  Vaters,  oder,  wie  Weber  (Forschungen  u.  s.  w.)  es 
ausdrückt,  als  „General -Intendant  der  kurfllrstl.  Schau- 
spiele, Kapelle  und  Hofmaler  und  als  Oborceremonien- 
meister  bei  vorkommenden  „Inventionen^^  und  sonstigen 
Belustigungen'^ 

Obschon  Schütz  dem  Kurfllrsten  in  einem  Schreiben 
vom  Jahre  1645  die  Berufung  von  italienischen  Sängern 
empfahl,  „im  Fall  nämlich  Kurfürstliche  Hoheit  würdig- 
lieh bedient  werden  sollte'^,  so  wurde  von  diesem  doch 


solcher  Vorstellung  keine  BerUcbsichtignng  gegeben,  walir- 
ftcbeinlich  weil  er  einestbeils  die  Kosten  scheuen,  anderen- 
tfaeils  den  Eintritt  katliolischer  Sänger  in  den  protestan- 
tiscben  Gottesdienst  fUt  anstössig  balten  mochte.  Nicht 
60  der  Kurprinz,  der  schon  um  1547  Italiener  in  seiner 
Kapelle  hielt,  nämlich  Boutempi  als  Componisteo  und 
DiscantieteD;  Sauli  als  Bassisten  und  Severo  als  Instrn- 
naeotisten.  —  Möglich,  dass  der  obengedacbte  Hinweis 
Schtltzes  indirect  mit  von  Einäuss  auf  diese  Anstellungen 
war;  direct  scheint  derselbe,  auf  jene  Ablehnung  des  Kur- 
fBrsten  und  ihre  Motive  hin,  aber  keinen  Antbeil  daran 
genommen  zn  haben.  Gleichwohl  wurde  er  dessen  von 
beiden  Seiten  verdächtigt.  Dies  geht  aus  einem  Briefe 
Schatzes  an  den  Kurprinzen  vom  Jahre  1653  hervor,  in 
welchrm  es  heisst:  Viele  vornehme  geistliehe  und  welt- 
liche Personen  klagten  ihn  an:  er  sei  die  Veranlassung, 
dass  der  Kurprinz  ans  Italien  verschriebene  Musikanten 
iD  der  Kapelle  eingeführt,  Er  bittet,  ehe  vielleicht  der 
KarfHrst  davon  höre,  diesen  Argwohn  von  ihm  zn  wenden 
pbevorab  bei  dem  ehrwürdigen  Ministerio  der  Hof  kapelle, 
Ijci  welchem  ich  mich  deswegen  auch  im  widrigen  Credit 
befinde.  Im  Uebrigen  so  betheure  ich  mit  Gott,  dass  mir 
an  meinem  Orte  solch  von  Ew.  Hoch  fürstlichen  Durch- 
laucht neu  angeriehtetps  Italienisches  Directorium  Musicum 
(ob  eB  gleich  mir  und  andren  Deutschen  allhier  mehr 
inr  Verkleinerung  als  Erhöhung  unserer  Qualität  ge- 
reichet) niemals  zuwider  gewesen  ist,"  Die  Ucberlegen- 
lieit  der  knrprinzhchen  Kapelle  über  die  kurfürstliche, 
welche  von  .Schutz  hier  so  ofTen  eingeräumt  wird,  findet 
durch  eine  nur  wenige  Wochen  später  an  den  Kurfürsten 
gerichtete  Vorstellung  des  Kurprinzen  weitere  Bestätigung, 
in  welcher  Letzterer  Vorschläge  zur  Hebung  der  knr- 
ftlrstlichen  Kapelle  macht.  Sie  stellt  den  Zustand  der- 
Sfltwn  als  ausserordentlich  gesanken  dar,  doch  werden 
Aufhnife  weder  Italiener,  noch  eine  andere 
in   Aussicht   genommen.     Schutz   soll   vielmehr 


—    88    - 

Kapellmeister  bleiben^  da^  „ob  er  gleich  seines  hohen 
Alters  halber  nicht  allezeit  aufwarten  könnte^  er  selbiges 
schon  wirdt  einem  Andren  anii^ntragen  wissen^. 

Die  Beminng  der  Italiener  in  die  knrprinzliche 
Kapelle  scheint  mit  zwei  Reisen  zusammenzuhängen, 
welche  der  Kurfürst  den  seit  1648  als  Altist  angestellten 
Christoph  Bernhard  zu  seiner  weiteren  Ansbildnng 
nach  Italien  machen  liess.  Das  erste  Mal  soll  dieser  näm- 
lich, wie  es  bei  Mattheson  heisst,  2  Castraten,  das  zweite  Mal 
1  Tenoristen  und  2  Altisten,  unter  den  Letzteren  Perandi; 
welcher  jedoch  sehr  bald  Vicekapellmeister  geworden  zn 
sein  scheint,  aus  Rom  mitgebracht  haben.  Auch  Schttti^ 
dessen  Schüler  er  war  und  welcher  denselben  so  hoch 
schätzte^  dass  er  ihn  schon  1651  zu  seinem  Substituten 
vorschlagen  konnte,  spielt  hierbei  auf  die  erste  dieser 
beiden  Reisen  mit  an,  indem  er  sagt  —  „welchen  unser 
gnädiger  Herr  hiebevor  ein  Jahr  bey  den  Italienern  e^ 
halten  haben  wollte^.  Christoph  Bernhard,  1627  in  Danzig 
geboren,  zeigte  schon  früh  Neigung  und  Talent  zur  Musik. 
Später  aber  zog  ihn  der  Ruf  des  Kapellmeister  Schütz  vor 
allem  Anderen  nach  Dresden.  Trotz  der  Theilnahme  und 
Förderung,  die  sein  Fleiss  und  Talent  in  dem  alten 
Meister  hier  fand,  erhielt  er  doch  erst  1655  eine  An- 
stellung als  Vicekapellmeister  mit  350  Gulden  Gehalt. 

Die  Vorliebe  Jobann  Georg  II.  für  Italiener  und 
italienische  Musik  war  schon  um  diese  Zeit  so  gross, 
dass  er  (1652)  der  Kurfürstin  von  Baiem  sogar  einige  ihrer 
italienischen  Musikanten  abspänstig  machen  liess,  was 
um  so  grösseren  Anstoss  bei  dieser  erregte,  als  damab 
die  Höfe  in  dergleichen  Angelegenheiten  eine  grosse 
Courtoisie  gegen  einander  zu  beobachten  pflegten.  Sie 
beschwerte  sich  darüber  nicht  ohne  Heftigkeit  bei  dem 
KurfUrsten,  der  ihr  auch  volle  G^nugthuung  zusagte. 

Wie  sehr  der  Kurprinz  sich  aber  auch  jetzt  noch  für 
die  übrigen  Lustbarkeiten  interessirte,  geht  aus  eineot 
1651  an  seinen  Vater   gerichteten   Schreiben   hervor,   is^ 


-     89    - 

welchem  er  sich  erbietet,  gegen  eine  Anweisung  von 
12,000  Thalern  AlU-s,  was  etwa  zu  den  Inventionen  für 
die  bevorstehenden  Festlichkeiten  nothwendig  sei,  be- 
schaffen zu  wollen.  In  besonderer  Gunst  standen  bei 
ihm  die  an  den  deutschen  Höfen  in  die  Mode  gekomme- 
nen Ballete  und  Singbailote.  Er  hatte  dazu  in  dem 
französischen  Tanzmeister  Fran^ois  d'Olivet,  welcher 
seit  1651;  zugleich  mit  als  Kammerdiener,  in  seine 
Dienste  getreten  war,  sowie  in  David  Schirmer,  ge- 
boren 1623  in  Pappendorf  bei  Freiberg,  zwei  tüchtige 
Kräfte  gewonnen.  Als  dieser  Letztere,  welcher  seit  1650 
als  Poet,  doch  ohne  feste  Anstellung  am  Hofe  seines 
Vaters  (der  ihn  in  Wittenberg  kennen  gelernt  hatte) 
lebte,  wegen  der  Unsicherheit  seiner  Stellung  um  seine 
Entlassung  gebeten,  soll  er  denselben  mit  den  Worten 
zurückgehalten  haben:  ^Ich  lasse  Euch  nicht,  denn 
ich  kann  Euch  gebrauchen.  Ich  will  Euch  zu  einem 
Manne  machen,  dass  Ihr  es  mir  zeitlich  Dank  wissen 
sollt."  In  der  That  wurde  Schirmer,  der  nun  sofort  eine 
Anstellung  als  Hofbibliothekar  erhielt,  nicht  nur  ein 
treuer  Gehtilfe  des  späteren  Kurfürsten,  sondern  auch 
ein  angesehener  Mann  seines  Hots.  Doch  fehlt  es  schon 
jetzt  nicht  an  Nachrichten  von  Festlichkeiten  dieser  Art, 
welche  der  Kurprinz  am  Hof  seines  Vaters  veranstaltete 
und  an  welchen  sich  auch  die  Knrprinzessin  zuweilen 
betheiligte.*  Sie  sollten  aber  an  Glanz  von  denjenigen 
noch  weit  übertreffen  werden,  welche  während  seiner 
eigenen  Regierung  stattfanden.  Er  wurde  hierbei  von 
dem  Baron  Joh.  Georg  von  Rechenberg  unterstützt, 
den  er  als  Oberhofmarschall  an  die  Spitze  seines  Hof- 
haltes stellte.  Ihm  folgte  (1664)  Graf  Gurt  Reinike 
von  Gallenberg,   1672  Baron  Ernst  von  der  Kanne 

*  Es  waren  fast  lauter  Siiigballete,  die  von  Sthirmer  erfunden 
und  gedichtet  worden  waren,  wie  z.  B.  das  Ballet  der  Glückseligkeit, 
das  Ballet  des  Atlas  (1655)  etc. 


—    90    — 

und  1677  Hermann  von  Wolframsdorf.  Cnratoren 
der  Kapelle  waren  bis  1664  Oberhofprediger  Dr.  Jacob 
Weller  und  von  da  bis  1680  Oberhofprediger  Dr.  Martin 
Geier.  1664  wurde  zur  Erleichterung  der  Geschäfte  die 
Oberkämmerei  vom  Hofmarschallamte  getrennt^  blieb  aber 
diesem  untergeordnet.  Die  Kapelle,  ttber  deren  derzeitige 
Verfassung  und  Rangyerhältnisse  Ftlrstenau  (Zur  Ge- 
schichte der  Musik  etc.  Th.  I.  S.  158  u.  f.)  ausführliche 
Auskunft  giebt,  wurde  an  jene  verwiesen. 

Gleich  nach  dem  Regierungsantritte  Johann  Georg  IL 
war  die  irtthere  kurprinzliche  Kapelle  mit  der  kurfürst- 
lichen zu  einem  Institute  vereinigt  worden.  Schütz,  ab 
Oberkapellmrister^  sowie  Bontempi  und  Albrici  als  Ka- 
pellmeister und  Bernhard  als  Vicekapellmeister  worden  an 
ihre  Spitze  gestellt.  Sie  bestand  aus  14  Sängern^  6  Kapell- 
knabeu;  17  Instrumentisten,  4  Organisten  und  dem  Hof- 
cantor.  Obschon  der  Kurfürst  eine  entschiedene  Vorliebe 
für  italienische  Musik  und  Sänger  bezeigte,  erlaubte  ihm 
doch  sein  Gerechtigkeitssinn  nicht,  dem  Verdienste  der 
Deutschen  seine  Anerkennung  ganz  zu  versagen.  Den 
alten  Kapellmeister  Schütz  hielt  er  bis  zu  seinem  Tode 
in  Ehren.  Doch  auch  Bernhard,  der  jetzt  die  Stütze  der 
Deutschen  wurde,  schätzte  er  hoch.  Nichtsdestoweniger 
erlangten  die  Italiener  das  Ueberge wicht.  Unter  den 
wenigen  deut^schen  Sängern  trat  der  berühmte  Bassist 
Job.  Jäger,  der  seine  italienischen  Rivalen  glücklich  be- 
siegt hatte,  leuchtend  hervor.  Das  Mitgliederverzeichniss 
vom  Jahre  1666  weist  nicht  nur  eine  mit  dem  Bau  eines 
besonderen  Theaters  zusammenhängende  ausserordent- 
liche Erweiterung  auf,  sondern  es  veranschaulicht  auch 
den  wachsenden  Einfluss  der  Ausländer.  Die  Zahl  der 
Kapellmeister  und  Vicekapellmeister  ist  auf  7,  die  der 
Sänger  auf  18,  die  der  Instrumentisten  auf  20,  mit  Aus- 
schluss eines  Concertmeisters,  zweier  Cantoren  und  dreier 
Organisten,  gewachsen.  Der  jährliche  Aufwand  hat  die 
Höhe  von  25,800  Thlr.  erreicht.    Um  wie  viel  höher  im 


—    91     - 

Werthe  das  Talent  der  Italiener  ^egen  das  der  Deutscben 
veranschlagt  wurde,  lässt  sich  aus  einigen  Zahlen  er- 
kennen. Während  Schütz  als  OberkapellmeiBter  nnr 
800  Thlr.  bezog,  erhielten  die  italienischen  £apellnieister 
(zu  denen  seit  1663  anch  Perandi  gehörte)  je  1200  Thlr-, 
and  während  der  Vicekapellmeister  Bernhard  auf  500  Thlr. 
gestellt  war,  betrug  der  Gehalt  seines  italienischen  Ämts- 
genossen  Novelli  800  Thlr.  Die  Sänger  waren  jetzt 
fast  dnrchgehend  Italiener,  und  den  beiden  Deutschen, 
äcbfltz  nnd  Bernhard,  standen  5  italienische  Kapellmeister 
and  Vicekapellmeister'  gegenüber.  —  Noch   überstiegen 

'  Du  geoauü  Verzeichnisa  der  Kspellmitglioder  vom  Jalire  1666 
at  folgendes; 

SchüU,  OberkapellmeiBter SOO  Thlr. 

^uiempi,  Albrici,  FBlluTictni  □.  Perandi,  Kapellmeister,  je  ISÜO  „ 
Bexnhard  und  Notelli,  Vicekapellmeister  und  Tenoristen, 

je  . GOO  and  800  , 

I>»»iil  TBpfer,  Hofcantor 300  „ 

Weber,  Viteliofi:Bnlor SOO  „ 

FoKhheim,  Violinist  und  Oberinstrumentist 400  „ 

Daddiind,  Concertmeister 400  ■ 

DoncnicD  Melani,  Bartolomeo  Sorliei,  Gabriel  Battistiui, 

Antoni  de  Uoran,  Sopranisten,  je 800  „ 

Antonio  Buggieri,  Antonio  Fcdi,  Altiaten,  je SOO  „ 

Paol  Sepp»,  Altist 600  . 

öMtfr.  ürainos,  Altist 400  , 

'ohano  Muller,  Altist 100  , 

■'■»ducci,  Tenorist 800  . 

*••»»«  Merkel,  Tenorist MO  , 

^  Eaiser,  Tenorist 100  „ 

"*trti  Paolo  ScaDdalibeni,  Bassist 800  „ 

Joi.  Jiger,  Baisist 600  , 

*'*Ptuii  Paul,  Bassist 800  , 

Pmat  Eössler,  Bassist 100  „ 

"'•Itfcer,  Mirziani,  Volprecht,  Violinisten,  je      ....  600  , 

£"*«»ek,  Schmidt,  Violinisten,  je .400,, 

r**«-,  Violinist  (auch  Trompeter) 300  „ 

''^»»■Mht,    Filo  Msihes,    Simon   Leonhnrdl,    Gottfried 

-      Kreische,  Tromj  eter,  je 300  „ 

'"«■■im  Biehner,  Fagottigt ,    .  300  . 


—    92    — 

zwar  die  Gehalte  der  Säoger  die  der  Kapellmeister  nicht; 
aber  sie  standen  doch  gegen  früher  schon  in  dem  nm- 
gekehrten  Verhältnisse  zn  denen  der  Instmmentisten. 

Die  Bevorzugung  der  Italiener  an  den  deutscbeB 
Höfen  konnte  natttrlich  der  Entwicklung  der  nationalen 
Musik  nicht  eben  förderlich  sein.  Nichtsdestoweniger  war 
sie  zunächst  zu  entschuldigen,  denn  während  in  Deutsch- 
land der  furchtbare  Krieg  die  Pflege  der  Musik  fast 
ganz  unterdrückt  und  auf  Cantoren  und  Organisten  ein- 
geschränkt hattC;  entfaltete  sie  sich  dafür  in  Italien  n 
desto  reicherer  Blüthe,  zu  immer  reizvolleren  FormeB. 
Die  Oper  hatte  sich  unter  Monteverde  mehr  und  mehr 
zur  Beherrscherin  aufgeworfen.  Ihm  folgten  Cavalli  und 
Cesti,  welche  das  Recitativ  melodisch  zu  beleben  wnssten. 
Zwischen  1637—1700  ist  Venedig  allein  durch  40  Com- 
ponisten  mit  857  Opern  vertreten.  Die  Kirchenmusik 
gab  ebenfalls  diesem  Einflüsse  nach.  Schon  Viadana's 
Kirchenconcert  und  die  Kammercantate  Carissimi's  zeugen 
dafür.  Doch  auch  das  Virtnosenthum  begann  sich  zu 
regen.  Die  Saiteninstrumente  hatten  in  Innsbruck,  Brescia 
und  Cremona  eine  bewnndemswerthe  Vervollkommnung 
erhalten.  Corelli  bildete  etwas  später  das  Violinenspiel 
zu  höchster  Vollkommenheit  aus.  Die  Gesangsschulen 
von  Venedig  und  Bologna  wussten  der  menschlichen 
Stimme  eine  bis  dahin  noch  ungeahnte  Oeschmeidigkeit 
und  Technik  zu  geben. 

Doch  nicht  sowohl  in  den  Vorzügen^  noch  selbst  in 
der  Einseitigkeit  und  Aeusserlichkeit  der  in  Italien  herr- 
schend gewordenen  Richtung  der  Musik  lag  die  Gefahr 
ihres  dominirenden  Einflusses,  sondern  in  der  Anmassnng, 


Gottfried  Jaiieschky  und  Krügner,  Cometisten,  je .    .    .  800  Hur* 

Winkler,  Westhof,  Taschen berg,  Tromponisten,  je  .    .    .  800     „ 

Kettel  Ben 400     „ 

Kettel  jun ^00     • 

Johann,  Theorbist 100     „ 


—    93    — 

mit  welcher  die  italienischen  Künstler;  berauscht  von 
ihren  Erfolgen^  das  Gebiet  der  Musik  und  des  Theaters 
überall  als  eine  nur  ihnen  mit  Fug  und  Recht  zustehende 
Domaine  betrachteten^  sowie  in  der  speculativen^  wohl- 
organisirten  und  in  der  Wahl  ihrer  Mittel  meist  unbedenk- 
lichen Betriebsamkeit;  mit  der  sie  das  vermeintliche  Vor- 
recht ausbeuteten.  Allerdings  sollte  dies  erst  in  späterer 
Zeit  in  grösserem  Umfange  hervortreten.  Doch  machten 
sich  auch  schon  jetzt  bedenkliche  Symptome  dafür  gel- 
tend. Das  abscheuliche  Gewerbe  der  Castration,  welches 
darauf  ausging;  auf  künstlichem  Wege  theuer  bezahlte 
Discant-  und  Altstimmen  zu  gewinnen;  wurde  aufs 
Schamloseste  und  im  grössten  Umfange  betrieben.  Wo- 
gegen etwas  später  neben  den  eigentlichen  Gesangs- 
schulen noch  solche  Anstalten  entstanden;  in  denen  junge 
Mädchen  nicht  nur  zu  Sängerinnen  ausgebildet;  sondern 
auch  in  die  Geheimnisse  des  Courtisanenthums  eingeweiht 
und  in  dessen  Künsten  unterwiesen  worden  sein  sollen. 
(Barthold:  Die  geschichtlichen  Persönlichkeiten  in  Jacob 
Cassanova's  Memoiren.) 

In  Dresden  scheinen  die  Italiener  sich  anfänglich 
ziemlich  zurückhaltend  benommen  zu  haben.  Das  Yer- 
bältniss  des  Castraten  Bontempi  zu  Schütz  beruhte  sogar 
auf  wechselseitiger  Achtung.  Schütz  schlägt  1651  den 
^nnuchus  Andreas  Buontempi^  zu  seinem  Stellvertreter 
vor;  da  an  seinen  Fähigkeiten  nicht  wohl  zu  zweifeln;  er 
auch  „in  seinen  andren  Proceduren  ein  discreter  höf- 
licher und  verträgliche^  feiner  junger  Mensch  bishero 
scheinet  Schon  1653  spricht  aber  aus  einem  anderen 
Schreiben  eine  gewisse  Gereiztheit.  „Wasmaassen  —  heisst 
es  darin  —  es  mir  fast  verkleinerlich  und  schmerzlich 
fttrfallen  will;  an  solchen  Sonntagen;  an  welchen  hiebevor 
nicht  mir;  sondern  dem  Vicekapellmeister  das  Directorium 
obgelegen  ist;  ich  mit  des  Herrn  Kurprinzen  DirectoreU; 
als  einen  dreimahl  jünger  als  ich  und  hierüber  castrirten 
Menschen   ordentlich    und   stetig   umbwexeln  vndt  unter 


—    94    - 

nngleichen  vndt  zam  grossen  Tlieil  viiTerBtändigeii  Zn- 
hörern  gleichsam  disptitiren  soll." 

Um  1656  erhielt  Übrigens  Bontempi  auch  selbst  wieder 
einen  Nebenbuhler  in  Vicenzo  Älbrici  aus  Rom,  den  die 
Königin  CliriBtine  von  Schweden  mit  aus  Italien  gebraclit 
hatte  und  welcher  nun  hier  eine  Anstellung  als  Kapell- 
meister fand.  Dies  scheint  Bontempi's  Verhältniss  zu 
Schutz  wieder  gebeasert  zu  haben,  welchem  er  1660, 
als  seinem  Herrn  nnd  Freund,  eine  Abhandlung  widmete, 
„venuittelflt  welcher  einer,  so  derMusic  gantz  unTorstand 
ist,  soll  componiren  können''.  Auch  zog  er  sich  wohl 
von  dieser  Zeit  an  mehr  und  mehr  von  den  musikälisctii 
Angelegenheiten  zurück,  um  sich  seinen  wiaseoscbattlicl 
Arbeiten  zu  widmen. 

Giovanni  Andrea  Angelini  Bontempi  war  1620 
Perngia  geboren.  Den  Namen  Buntempi  nahm  er 
Wunsch  seines  Vormunds,  Cäsare  Bontempi,  eines  ai 
seheuen  Mannes  seiner  Vaterstadt,  an.  Er  studirte 
Rom  bei  Virgilio  Mazzochi,  Kapellmeister  am  St.  Peter, 
und  trat  1643  als  Sänger  in  die  Capeila  di  Venezia  ein. 
Von  da  kam  er  1650  in  die  Dienste  des  sächsisch* 
Kurprinzen.  Er  war  ein  vielseitig  gebildeter  Mann 
umfassender  Sprachkcnntniss  nnd  that  sich  sowohl 
trefflicher  Sänger,  Dirigent  und  Componist,  wie 
Oeschichtssehreiber,  Architekt  und  Mechaniker  bei 
Kaum  minder  werden  aber  auch  die  Verdienste  gertlbi 
die  er  sich  in  ketzerischen  Ländern  um  den  katholischen 
Glanben  erworben  habe.  Im  Jahre  1662  dichtete  und 
oomponirte  er  zur  Vermählnngsfeier  der  einzigen  Tochter 
des  Kurfürsten,  Erdmuthe  Sophie,  mit  dem  Markgrafen 
Ernst  Christian  von  Brandenburg-Baireuth  die  Oper  „D 
Paride".  Dieselbe  machte  scbna  deshalb  viel  AnfseheiL^ 
weil  sie  im  nilrdlichcn  Deutschland  die  erste  italienistAij 
Oper  war.  Die  Partitur  liegt  noch  vor,  und  Fllrstenifl 
glaubt  ihr  melodisches  Verdienet  nicht  absprechen  fl 
sollen,  besonders  lobt  er  die  Behandlung  der  Recitatiffl 


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I 


—    95    — 

Doch  lag  die  Stärke  Bontempfs  mehr  in  der  Eirchenmusik. — 
1664  wurde  er  noch  zum  Inspector  des  neuen  Comödien« 
hanses  ernannt,  doch  wird  er  auch  als  Architekt  und  Maschi- 
nenmeister desselben  erwähnt.  1666  erschien  das  erste  Buch 
seiner  „Historien  des  Durchlauchtigsten  Hauses  Sachsen*^ 
(welches  erst  1697  vollendet  wurde)  und  1671  seine  Ge- 
schichte der  Ungarischen  Revolution.  Nach  Johann 
Georg  IL  Tode  kehrte  er  nach  Italien  zurück,  wo  er 
1695  noch  eine  Geschichte  der  Musik  verö£fentlichte. 

Zu  den  besonderen  Lieblingen  des  Kurfürsten  ge- 
hörte der  Kapellmeister  Albrici,  ein  Mann  von  Ruf  und 
Talent,  der  viele  Schüler  an  sich  heranzog^  aber  zugleich 
von  einer  ungewöhnlichen  Unruhe  besessen  war,  die  ihn 
nicht  lange  auf  seinem  Posten  aushalten  Hess.  1663  trat 
er  sogar  ganz  aus  dem  kurfürstlichen  Dienste,  um  jedoch 
1666  wieder  in  denselben  zurückzukehren.  Er  scheint 
dies  Spiel  noch  einmal  wiederholt  zu  haben,  da  er  1676 
wieder  als  ^neu  angestellter^  Kapellmeister  erwähnt 
wird. 

Mit  um  so  grösserer  Beharrlichkeit  benutzten  die 
Castraten  Domenico  Melani  und  Bartolomeo  Sorlisi 
die  kurfbrstliche  Gunst.  Sie  wurden  sehr  früh  in  den 
nächsten  Dienst  ihres  Herrn  gezogen  und  als  Geh. 
Kämmeriere  angestellt.  Später  schwangen  sie  sich  sogar 
zu  Kammerjnnkern  und  Kammerherren  empor.  Besonders 
einflussreieh  war  Sorlisi.  Als  Besitzer  von  Schmiedefeld 
und  Dippoldiswalde  vermittelte  ihm  1662  der  Kurfürst 
die  Erwerbung  des  Reichsadels.  Grösseres  Aufsehen  aber 
machte  in  diesem  Jahre  noch  seine  Verheirathung,  welcher 
sich  die  Geistlichkeit  längere  Zeit,  doch  vergebens, 
widersetzte  und  welcher  der  Volksmund  den  Spottnamen 
der  Kapaunenheirath  gab.  Sorlisi  legte  später  auf  dem 
Terrain  zwischen  der  Plauenschen  Gasse  und  der 
Pragerstrasse  einen  grossen  Garten  an,  damals  der 
italienische  Garten  genannt,  welchen  der  Kurfürst  öfters 
besuchte   und  in   dem   auch   zuweilen  Comödie  gespielt 


—    96    — 

wnrde.^  Melani  sowohl  wie  Sorlisi  waren  aber  ancli  in 
der  That  zwei  hochbewunderte  Sänger.  Bontempi  feierte 
sie  noch  1666  in  einem  Sonnet,  in  welchem  es  heisst: 

„Wenn  ich  Sorlisi  hör\  und  auch  Melani  singen, 
Bild'  ich  mir  ein,  es  sei  ein  englischer  Gesang. 
Wie  Aeolus  den  Sturm,  Orpheus  die  Hölle  zwang, 
Also  kann  ihre  Stimm'  auch  Sturm  und  HöUe  swingen.* 

Einer  ähnlichen  Bevorzugung  des  Kurfürsten  erfirea- 
ten  sich  femer  die  Sänger  Battistini  und  Donato 
de'  Amaducci,  welche  gleichfalls  als  Geh.  Eämmerlere 
aufgeführt  werden. 

Nach  Albricfs  erstem  Abgang  (1663)  wnrde^  wie 
schon  gesagt;  Perandi  Kapellmeister^  welcher  gleich 
diesem  der  römischen  Schule  angehörte  und  sich  in 
Kirchen-  und  Kammermusik  verdient  gemacht  hat.  Mat- 
theson  hat  ihn  sogar  ^den  A£fectenzwinger^  genannt.  Er 
starb  1675;  an  seine  Stelle  trat  Sebastiane  Cherici,  der 
jedoch  schon  im  folgenden  Jahre  Dresden  wieder  vc^ 
lassen  zu  haben  scheint.  Auch  der  spätere  Kapellmeister 
Carlo  Pallavicini  aus  Broscia  mag  etwa  um  1667  ab 
Vicekapellmeister  in  die  kurfürstliche  Kapelle  eingetreten 
sein.  Er  gehörte  zu  den  beliebtesten  Componisten  der 
Zeit.  Seine  Opern  wurden  zwischen  1666  und  1687  in 
Venedig  mit  grossem  Erfolge  gegeben. 

Unter  diesen  Umständen  konnten  natürlich  die  deut- 
schen Musiker  nur  eine  untergeordnete  Rolle  spielen. 
Bernhard,  der  mit  der  Zeit  der  wachsenden  Kämpfe 
gegen  die  Intriguen  und  Anmassungen  der  Italiener  müde 
geworden,  verlangte  seine  Entlassung,  um  einem  Rufe  nach 
Hamburg  zu  folgen.    Er  erhielt  sie  zwar  auch,  1667,  aber 


*  1668  ging  er  in  kurfürstlichen  Besitz  über  und  wurde  in- 
nftchst  mit  dem  Namen  „der  Hoheiten  Garten*',  sp&ter  mit  den: 
nder  türkische  Garten'*  bezeichnet,  bis  er  zuletzt  vom  Grafen  Biescb 
ciworben  wurde. 


-    97    — 

nur  nofhgedrangen  ^  und  nnter  dem  ansdrücklichen  Yor- 
behalte,  sobald  der  Enrf  ttrst  es  wünsche,  wieder  zurück- 
zukehren; was  in  der  That  im  Jahre  1674  geschah,  in 
welchem  er  als  Erzieher  der  Enkel  des  Kurfürsten, 
Johann  Georg  und  Friedrich  August,  sowie  als  Vice- 
kapellmeister  in  den  kurftlrstlichen  Dienst  wieder  ein- 
trat.* 

Theils  um  den  Frieden  zwischen  den  deutschen  und 
italienischen  Eapellisten  zu  erleichtern,  theils  um  den 
Eirchendienst,  während  der  vielfältigen  Keisen  4es  Eur- 
f&rsten,  der  dann  den  grössten  Theil  der  Eäpelle  mit 
sich  zu  nehmen  pflegte,  sicherzustellen,  wurde  im  Jahre 
1666  auf  Antrag  des  Bassisten  Constantin  Christian 
Dedekind  (geb.  1628  zu  Reinsdorf  in  Anhalt -Köthen), 
welcher  sich  schon  als  Dichter  und  Componist  vielfach 
hervorgethan  hatte,  eine  ,,kleine  deutsche  Musik^  für 
den  Eirchendienst  ausgesondert,  er  selbst  aber  an  deren 
Spitze  gestellt,  da  damals  ausser  Schütz  nur  noch  die 
Italiener  Bontempi  und  Perandi  als  Kapellmeister  vor- 
handen waren.  Dies  jfbhrte  zu  einer  Theilung  der 
Sänger  in  zwei  Chöre,  von  denen  der  erste  fast  nur 
Italiener  enthielt,  während  die  Instrumentisten  einen 
dritten  Chor  bildeten. 

In  einem  Verzeichnisse  von  1680,  dem  Todesjahre 
Johann  Georg  IL,  findet  sich  demgemäss  die  Eapelle  in 
drei  Abtheilungen  getheilt  Der  italienische  Sängerchor, 
mit  Albrici  als  Eapellmeister  und  Novelli  als  Vicekapell- 
meister,  bestand  aus  8  Sängern,  darunter  ein  Deutscher, 
Johann  Jäger,  2  Organisten  und  1  Notist,  bei  einem 
Gehaltaufwande  von  9200  Thlr.    Der  deutsche  Chor  mit 

'  Bernhard,  dem  man  (wie  es  scheint)  die  Entlassung  anfangs 
▼erweigerte,  war  ohne  Rücksicht  darauf  nach  Hamburg  gegangen. 

*  Bis  dahin  hatte  seit  1671  der  berOhmte  und  abenteuerliche 
Tiolinist  Paul  v.Westhof;  der  in  diesem  Jahre  den  kurfttrstl.  sAchs. 
Dienst  Terliess,  den  jungen  Prinzen  Sprach-,  vielleicht  auch  Musik- 
Unterricht  ertheilt 

7 


—    98    — 

Ghjristoph  Bernhard^  als  Vicekapellmeister;  und  David 
Töpfer^  als  Hofcantor^  Job.  Christian  Böhm^  als  Organist, 
war  ans  nur  noch  5  Sängern  und  einem  Notisten  zu- 
sammengesetzt, bei  einem  Gebaltsaufwande  von  2470  Thlr. 
Der  Chor  der  Instrumentisten^  ausser  dem  Concertmeister 
Job.  Wilh.  Furchheim,  aus  19  Instrumentisten  be- 
stehend, wies  einen  Gebaltsaufwand  yon  5080  Thlr. 
auf.  £ine  bedeutende  Einschränkung  gegen  den  Bestand 
und  Etat  vom  Jahre  1666  macht  sich  eben  nach  allen 
Seiten  hin  sichtbar. 

Bis  zum  Jahre  1667  fanden  alle  theatralischen  Auf- 
führungen in  den  Räumen  des  Schlosses,  die  grösseren 
in  dem  vom  Kurfürsten  Moritz  erbauten  Riesensaale,  die 
kleineren  in  anderen  Gemächern^  zuweilen  auch  in  den 
Pavillons  der  Lustgärten  statt.  Ausser  der  oben  erwähn- 
ten Oper  n  Paride  und  den  schon  früher  besprochenen 
Darstellungen  von  Comödien  und  Tragödien  bestanden 
sie  wohl  nur  aus  Singballeten,  bei  denen  die  Herren  und 
Damen  vom  Hof  noch  immer  als  Tänzer  und  Figurantenoder 
als  Sprechende  mitwirken  mochten,  während  die  Sänger 
der  Kapelle  die  Gesangspartien  vertraten.  So  prächtig 
man  dieselben  auch  zum  Theij  ausstattete,  hielten  sie 
doch  den  Vergleich  mit  den  Darstellungen  der  in  Italien 
entstandenen  Häuser  nicht  aus.  Es  bedurfte  daher  keiner 
besonderen  Anstrengungen  von  Seiten  der  Italiener^  um 
den  prachtliebenden  und  baulustigen  Kurfürsten  (unter 
seiner  Regierung  entstand  ein  herrliches  Reithaus,  ein 
Schiesshaus,  ein  Ball-  und  ein  Löwenhaus,  das  Schloss  ward 
erweitert,  die  Kapelle  verschönt,  der  Schlossthurm  erhöht 
u.  s.  w.)  zum  Bau  auch  eines  besonderen  Comödien- 
ha  US  es  zu  bestimmen. 

Der  Bau  wurde  dem  Oberlandbaumeistcr  und  Obrist- 
lieutenant  von  Klengel  anvertraut  und  der  Grundstein 
dazu  bereits  im  Jahre  1664  gelogt.  Es  ist  dasselbe  Ge- 
bäude, in  welchem  sich  heute  das  KönigL  llauptstaats- 
archiv  befindet  und  welches  später  auch  noch  als  katho- 


—    99    — 

lische  Kirche  (von  1708— 1751)  nnd  hierauf  als  Ballhans 
benutzt  worden  ist.  Es  war  mit  den  kurfürstlichen  Ge- 
mächern darch  einen  steinernen  Säulengang  verbanden 
und  soll  an  2000  Menschen  gefasst  haben.  Da  die  höchsten 
Herrschaften  gewöhnlich  in  vorderster  Reihe  des  Parterre 
Sassen^  so  war  eine  vertiefte  Anordnung  des  Orchesters 
geboten,  welches  durch  eine  Balustrade  von  jenem  ge- 
trennt war  und  so  angeordnet  gewesen  zu  scheint,  dass 
es  dem  grössten  Theile  der  Zuschauer  unsichtbar  blieb. 
Stufen  führten  auf  beiden  Seiten  zu  ihm  herab.  Nur  die 
Trompeter  und  Pauker,  die  sich  auf  zwei  dem  Orchester 
entsprechenden  Seitentribünen  befanden,  zu  denen  Treppen 
emporstiegen,  boten  einen  prunkhaften  Anblick  dar.  Der 
Zuschauerraum  bestand  aus  dem  Parterre,  dem  Amphi- 
theater und  zwei  Galerien.  Der  mittlere  Theil  dieser 
letzteren  bildete  eine  grosse  Hofloge. 

Erst  mit  der  Eröffnung  dieses  Theaters  beginnen  die 
theatralischen  Vorstellungen  am  kursächsischen  Hofe  eine 
allgemeinere  Bedeutung  für  das  geistige  Leben  der  Resi- 
denz zu  gewinnen.  Zwar  behalten  dieselben  auch  jetzt 
noch  überwiegend  den  Charakter  von  Hoffestlichkeiten. 
Denn  nur  durch  die  Gunst  des  Hofmarschallamtes,  welches 
f&r  gewisse  Vorstellungen  Plätze  an  die  Bürgerschaft  zu 
vertheilen  hatte,  wurden  sie  auch  dieser  letzteren  theil- 
weise  zugänglich.  Immerhin  übten  sie  aber  nun  ihre  Wir- 
kungen auf  weitere  Kreise  aus,  das  Urtheil  derselben 
herausfordernd.  Nächst  der  grösseren  Kostspieligkeit 
dieser  Darstellungen  war  dies  vielleicht  gerade  der 
Grand,  warum  private  Vorstellungen  dieser  Art  immer 
noch  nebenherliefen.  Doch  war  man  auf  sie  auch  schon 
in  den  Fällen  verwiesen,  in  denen  die  Hofgesellschaft 
sich  an  ihnen  betheiligeu  wollte.  Sie  fanden  dann  immer 
wie  früher  in  den  Bäumen   des  Schlosses  u.  s.  w.  statt. 

Die  erste,  am  27.  Januar  1667  im  neuen  Comödien- 
hanse  stattfindende  Vorstellung  bestand  aus  einem  Pro- 
loge und  der  Oper  „U  Teseo",  wie  es  heisst,  von  Giovanni 

1* 


—    100    — 

Andrea  Moneglia  aus  Florenz  componirt  und  gedichtet 
Wir   haben  an    den   ausserordentlichen  Erweiterungen, 
welche  die  Kapelle  erfahren,  schon   zu   erkennen  Ter- 
mocht;  mit  welchem  Glänze  und  in  welcher  Vorzttglichkeit 
man  sie  in  Scene  zu  setzen  beabsichtigte.    Es  ist  diese 
Vorstellung;  welche  Bontempi  in  einem  Sonette  besang. 
Sonst   fanden  in   nächster  Zeit  hier  nur  noch   AnffUh- 
mngen  von  Comödien  nnd  Tragödien  ^tatt.    Erst  im  Jahre 
1671    ist    wieder  von   der   Anfftthrung    einer   Oper  die 
Rede :  ^^Apollo  nnd  Daphne^^  mit  Musik  von  Perandi  und 
Bontempl    Der  Text  war  in  deutscher  Sprache  und  im 
Geschmacke  der  Zeit  yerfasst^  auch  die  Musik  näherte 
sich  der  deutschen  Weise  mehr  an.    Textbuch  und  Par* 
titur  sind  noch  (in  der  Königlichen  Musikaliensammlnng) 
vorhanden.    Diese  Oper  wurde  ausschliesslich  von  Kapel- 
listen^   die   Frauenrollen   zum   Theil   von   Kapellknaben 
ausgeführt.    Sie    muss  grossen  Beifall  gefunden  haben^ 
da  sie  sowohl  bei  der  im  nächsten  Jahre,   wie  bei  der 
1678  stattfindenden  Zusammenkunft  der  Mitglieder   dea 
Hauses  Sachsen  und  auch  1679  wieder  aufgeführt  wurde. 
1672  beschloss  der  würdige  Schütz  nach  57jährigen 
treuen   Diensten   sein   ruhmreiches  Leben   im  Alter  von 
87  Jahren.    Er  hatte  seinen  Lieblingsschüler  Bernhard 
mit    der    Bearbeitung    seines   Leichentextes:    Gantabilis 
mihi  erant  etc.  nach  dem  pränestinischen  Contrapunktstyl 
ftlr  2  Gant.  A.  T.  und   B.  beauftragt^  und  dieser  hatte 
die  Aufgabe  so  vollständig  zu  seiner  Zufriedenheit   ge- 
löst, dass  Schütz  seinem  Sohne  schreiben  konnte,  er  wttsste 
keine  Note  daran  zu  verbessern.    Der  KurfUrst  ordnete 
selbst  das  Leichenbegängniss  an.    Oberhofprediger  Geier^ 
der  Curator  der  Kapelle,  hielt  die  Gedächtnissrede.    Sie 
ist  merkwürdig  durch  den  freien  Ton,  den  er  darin  gegen 
die  doch  vom  Hofe  begünstigte  neue  italienische  Rich- 
tung  des  Geschmacks   in   der   Kirchenmusik   anschlug: 
„Verzeihet  mir,  ihr  Herrn  Musici  —  heisst  es  darin  — 
jetzt  herrschet  in  der  Kirche  gar  eine  schon  neue  Sing- 


—     101    — 

art,  aber  ansschweiffig;  gebrochen^  täntzerlich  nnd  gar 
im  wenigsten  andächtige  mehr  reimt  sie  sich  znm  theater 
und  tantzplatz  als  zur  Kirche.  Denn  was  ist  diese  neue 
htlpfferliche  manier  zn  singen  anders  als  eine  comoedia; 
da  die  täntzer  die  agirenden  Personen  sein/^ 

Allein  dieses  harte,  doch  in  gewissem  Grade  gerecht- 
fertigte Urtheil  hinderte  nichts  dass  die  Leistungen  und 
Anffiihmngen  der  kurfürstlich  sächsischen  Kapelle  einen 
Weltruf  erlangt  hatten.  Den  musikalischen  Bedarf  für 
alle  die  vielen  Festlichkeiten^  welche  nun  stattfinden 
sollten;  und  die  ihren  Höhepunkt  in  den  vom  Bürger- 
meister Zschimmer  in  seiner  ^^Durchlauchtigsten  Zusammen- 
kunft*' beschriebenen,  vom  3.  bis  27.  Februar  1678  un- 
unterbrochen andauernden  Lustbarkeiten  fanden,  würde 
«ie  gleichwohl  nicht  ausgereicht  haben.  Der  Kurfürst  ver- 
fügte aber  glücklicher  Weise  noch  über  eine  Menge  an- 
dere musikalische  Institute,  wie  die  Hof-  und  Feld- 
trompeter und  Heerpauker,  die  Schallmeipfeifer^  das  tür- 
kische Päuklein  mit  den  kleinen  Schallmeyen  (sämmtlich 
zum  Heerdienst  gehörig);  die  sechs  Wallachen  oder  Hei- 
ducken mit  dem  Bock,  die  Jagdpfeifer,  die  französischen 
Oeiger  (erst  vom  Jahre  1675  an  erwähnt  und  den  petits 
violons  Lully's  nachgebildet),  die  Bergsänger  nnd  die 
Hackebrettierer.  Am  wichtigsten  sind  von  ihnen  die  Hof- 
nnd  Feldtrompeter  und  Heerpauker,  welche  eine  eigene 
Zunft  und  ihre  besonderen  vom  Kaiser  gewährleisteten 
Privilegien  hatten  (die  ersten  vom  Jahre  1623).  Sie 
standen  durch  das  ganze  Reich  unter  dem  Schutz  und 
onter  der  Gerichtspflege  des  Kurfürsten  von  Sachsen, 
als  Erzmarschall;  und  Johann  Georg  IL  hatte  bald  nach 
seinem  Regierungsantritte  die  von  seinem  Vater  ertheilte 
Trompeter-  und  Heerpaukerordnung  erneuert. 

Schon  im  Jahre  1672  war  ausser  der  Oper  Dafne 
noch  ein  vom  Kurprinzen  veranstaltetes  Ballet,  an  dem 
er  sich  selbst  mit  seiner  Gemahlin  betheiligte,  im  Riesen- 
«aale  zur  Auf(Ührung  gekommen.    1673  folgte  die  Oper 


—     102     — 

Jupiter  and  JO;  mit  deutschem  Texte.'  Die  Musik  wird 
wieder  Perandi  und  Bontempi  zugeschrieben.  Auch  von 
dieser  Oper  fanden  1678  und  79  Wiederholungen  statt 
Von  1673  bis  1678  fehlt  es  zur  Zeit  an  allen  Nachrichten 
über  derartige  Festlichkeiten,  in  diesem'  Jahre  aber 
fanden  ausser  den  schon  erwähnten  Opemvorstellungen 
auch  noch  verschiedene  Aufführungen  von  Balleten  statte 
darunter  das  Ballet  von  Zusammenkunft  und  Wirkung 
der  VII  Planeten,  von  dem  sich  die  Partitur  in  der  König- 
lichen Musikaliensammlung  befindet.  Auch  das  Jahr  1679 
ist  wieder  reich  an  Festen  dieser  Art.  Der  Tod  des  Kur- 
fürsten im  nächsten  Jahre  sollte  dieselben  aber  auf  län- 
gere Zeit  unterbrechen. 

Der  neue  Kurfürst  Johann  Georg  IIL,  ein  unruhiger^ 
kriegerischer  Herr,  war  zwar  den  Freuden  des  Friedens, 
daher  auch  künstlerischen  Genüssen  keineswegs  abhold. 
Lernten  wir  ihn  doch  sogar  selbst  als  Veranstalter  von  Ballet- 
Unterhaltungen  kennen,  ja  schon  als  Kind,  1650,  tanzte 
er  mit  in  dem  Ballet:  Des  Mohren  Geiängniss  von 
Schirun.  Allein  die  grossen  Bedürfnisse  für  seine  ELriegs- 
unternehmungen  hielten  ihn  theils  von  seinem  Hoflager 
fem,  theils  legten  sie  ihm  bierin  grosse  Beschränkungen 
auf.  Besonders  die  Kapelle  wurde  hart  von  ihnen  be- 
trofifen.  Die  Italiener  wurden  entlassen,  Christoph  Bernhard 
ward  an  die  Spitze  derselben  gestellt,  der  Etat  auf  8000 
Thaler  herabgesetzt«  Sänger  und  Instrumentisten  in  zwei 
Chöre  gethcilt,  der  Dieust  fast  ganz  auf  die  Eärche  be- 
schränkt. Friedrich  Adolph  vonHaugwitz,  ein  fein  ge- 
bildeter Mann,  war  zum  Oberhofmarschall  ernannt  worden» 
Das  Amt  der  Curatoren  der  Kapelle  wurde  aber  nicht 
wieder  erneut. 

Wer  aus  diesen  Maassnahmen  auf  eine  Vorliebe 
des  Kurfürsten  für  deutsche  Musik  geschlossen  hätte^ 
würde    sich   gleichwohl    geirrt    haben.      Möglich,    dass 

'  Der  Text  befindet  sich  in  der  Königlichen  Musikaliensanunlang» 


—  los- 
er es  als  Bernf  eines  deutschen  Fürsten  erkannte, 
deutsche  Kunst  zunächst  zu  begünstigen.  Die  im  Jahre 
1684  sich  an  seinen  glänzendsten^  zum  Entsätze  Wiens 
unternommenen  Kriegszug  gegen  die  Türken  anschliessende 
Heise  desselben  nach  Venedig  sollte  aber  solchen  Vor- 
sätzen,  wenn  sie  überhaupt  bestanden  hatten^  wenigstens 
eine  andere  Richtung  geben.  Der  Cameval,  welchen  er 
hier  verlebte,  verfehlte  nicht,  seinen  Zauber  auf  ihn  aus- 
zuüben, und  die  italienische  Oper,  die  eben  in  der  Auf- 
nahme weiblicher  Mitglieder  ein  ganz  neues,  berauschen- 
des Reizmittel  gewonnen  hatte,  scheint  seine  Phantasie 
völlig  gefangen  genommen  zu  haben.  Unter  den  Sänge- 
rinnen, die  damals  in  Venedig  glänzten,  nahm  Marghe- 
rita Salicola  die  oberste  Stelle  ein.  Sie  wurde  ganz 
allgemein  nur  Margherita  la  bella  genannt,  und  es  scheint, 
dass  auch  sie  es  war,  welche  bei  dem  Kurfürsten  den 
Gedanken  entstehen  liess,  die  italienische  Oper  aufs  Neue 
nach  Dresden  zu  verpflanzen.  Die  Salicola  zu  gewinnen, 
ist  hierbei  ohne  Zweifel  erste  Bedingung  gewesen,  und 
der  frühere  Kapellmeister  Pallavicini,  der  sich  gerade  in 
Venedig  befand,  mag  den  Vermittler  hierbei  gespielt 
haben,  da  sich  der  Kurfürst  bei  Ausführung  seines  Pro- 
jeetes  einzig  auf  das  Engagement  dieser  beiden  Personen 
beschränkte,  das  Uebrige  aber  Pallavicini  ganz  über- 
lassen zu  haben  scheint.  Sollte  doch  sogar,  wie  aus 
einem  späteren  Schreiben  des  Kurfdrsten  ersichtlich  wird, 
seiner  besonderen  Anordnung  gemäss,  die  erste  italienische 
Opemaufftthrung  in  Dresden  an  seinem,  die  zweite  an 
dem  Namenstage  Margherita's  stattfinden.  Dem  En- 
gagement dieser  Sängerin  stellten  sich  jedoch  erhebliche 
Schwierigkeiten  entgegen,  deren  üeberwindung  dasselbe 
zu  einem  kleinen  romantischen  Ereignisse  gemacht  haben, 
dessen  Aufhellung  wir  dem  Geh.  Ministerialrathe  Dr.  von 
Weber,  Director  des  geheimen  Staatsarchivs  in  Dresden 
(Beiträge  zur  Chronik  Dresdens),  verdanken.  Margherita, 
die  damals  nur  besuchsweise  am  Theater  San  Giov.  e 


-     104    — 

Chrisostomo    zn    Venedig    spielte  ^     stand    nämlich    im 
Dienste  des   Herzogs   Karl  IV.  von  Mantna^   der  einen 
gleich   hohen  Werth   auf  ihren  Besitz   gelegt  zn  haben 
scheint;   da   man  nicht  einmal  den  Versuch  wagte^  ihn 
nm  Ueberlassang  derselben  anzugehen.    Man  hat  zwar 
später  in  Abrede  gestellt^  um  diese  Verhältnisse  gewnsBl 
zu  haben.  Die  Entführung  Salicola's  widerlegt  dies  jedoch 
schon   allein.    Sie  sowohl^   wie  ihr  im  Dienste  des  Her- 
zogs stehender  Vater,  wurden  fUr  die  Pläne  des  Kurftamten 
gewonnen,   und   wenige  Tage  nach  dessen  Abreise   Toa 
Venedig  war  auch  die  gefeierte  Sängerin  aus  der  Stadt 
der  Lagunen  verschwunden,  um  unter  dem  Schutze  ihres 
Bruders  und  einiger  vertrauter  und  verkleideter  Diener 
des  Kurfürsten  diesem  auf  anderem  Wege  nach  Deutsch- 
land zu  folgen.    Schon  in  Augsburg  traf  sie  mit  dem- 
selben wieder  zusammen,  wo  sie  von  ihm  dem  EorfÜrsten 
von  Baiem  vorgestellt  wurde,  welcher  an  ihrem  Talente 
das  lebhafteste  Interesse  nahm.    Inzwischen  fasste  der 
Herzog  von  Mantua  die  Sache  als  eine  empfindliche  Be- 
leidigung  auf.    Er   liess  nicht   nur  die  Sängerin  durch 
Banditen   verfolgen   und   der   Familie    derselben   seinen 
Zorn  und  seine  Strenge  empfinden,  sondern  schickte  auch 
einen  seiner  Edelleute  mit  einer  Herausforderung  an  den 
Kurfürsten    ab.     Dieser,    welcher    hinreichende    Proben 
seines  persönlichen  Muthes   gegeben   zu  haben  glaubte^ 
zog  es  jedoch  vor,  die  Angelegenheit  auf  diplomatiseheuE 
Wege  erledigen  zu  lassen,  was  ihm  durch  die  Vermitt' 
lung  des  Kurfürsten  von  Baiem  auch  in  vollstem  Maasse 
gelang. 

Margherita  trat  in  Dresden  vorerst  nur  in  Hofcon- 
certen  und  bei  Tafelmusiken  auf.  Erst  1686,  am  2.  Febr., 
wurde  die  neue  italienische  Oper  mit  dem  „Alarico^^  eröfihet* 
Noch  immer  aber  war  man  nicht  vollzählig,  so  dasB  der 
Kurfürst  sich  vom  Grafen  Kolowrat  den  Tenoristen  Har- 
tini noch  ausbitten  musste.  Die  Salicola  erzielte  ato 
Pulcheria  einen  grossen  Erfolg  und  wurde    in    einem. 


—    105    — 

Sonette   gefeiert    Sie  scheint  immer  noch  mit   grosser 
Vorsicht  am  Hofe  aufgetreten  zu  sein,  da  das  nns  erhal- 
tene Textbach   der  Oper   eine  Dedication   derselben   an 
die  EnrfbrBtin   von  Sachsen  enthält.    Nur  zu  bald  aber 
mögen  die  Italiener  ihre  gewöhnliche  Anmassnng  wieder 
offen  haben  hervortreten  lassen,  wie  sich  ans  späteren 
V^orkommnissen  ergiebt 

Am  2.  Februar  1687  wurde  eine  Oper  von  Pallavi- 
cini  ^La  Gerusalemme  liberata*'  gegeben.  Das  Textbuch 
^x^thält  eine  Widmung  seines  Sohnes  Stefano  Palla- 
^  icini,  welcher,  obschon  erst  16jährig,  doch  schon  seit 
1686  als  Poet  angestellt  worden  war.  Die  Salicola  als 
A^xmide  erregte  allgemeine  Bewunderung.  Der  Sopranist 
S  crgio  della  Donna,  der  Altist  Antonio  Giusta- 
o  liini  und  der  Bassist  Ruggiero  Fedeli  scheinen  darin 
KK^it  th&tig  gewesen  zu  sein.  Sie  wurden  wenigstens 
sobon  am  1.  Januar  1687  angesteUt.  Pallavicini's  Oper 
ist  uns  verloren  gegangen.  Fürst enau  sagt  über  ihn, 
das8  er  im  Ganzen  zwar  noch  auf  Bontempi's  Standpunkt 
gestanden,  von  den  instrumentalen  Hülfsmitteln  der  Zeit 
«itber  schon  einen  freieren  Gebrauch  gemacht  habe  und 

Vorgeschritten   gewesen   sei  in  Anwendung  der  Melodie 

und  des  Rhythmus. 

Auch  in  diesem  Jahre  erhielt  die  Oper  eine  neue 
Snreitemng  durch  den  Sopranisten  Giuseppe  Rossi, 
^«n  Altisten  Luigi  Pietro  Grua  (den  späteren  Vice- 
^pellmeister)  und  den  Theorbisten  Girolamo  Albini, 
Welche  von  Pallavicini  bei  einem  Besuche  Venedigs  en- 
S^gitt  worden  waren. 

Desgleichen  sollte  die  Kapelle  im^  nächsten  Jahre  wie- 
^^r  eine  bedeutende  Kraft  in  Nikolaus  Adam  Strungk 
^^^^innen,  einem  wissenschaftlich  gebildeten  Manne  und 
JlJ^^trefflichen  Ciavier-  und  Violinspieler,  der  durch  seine 
rt^nieompositionen  schon  damals  eines  weitverbreiteten 
^^fes  genoss.    1640  zu  Celle  geboren,  hatte  er  von  seinem 


—     106    — 

Vater,  der   daselbst  Hoforganist  war,  den  ersten  mw- 
kalischen  Unterricht  empfangen.    Nachdem  er  abwech- 
selnd  im  Dienste   des  Herzogs   von  Hannover   und  des 
Enrflirsten  von  Brandenburg  thätig  gewesen,  kam  er  1678 
als  Mnsikdirector  nach  Hamburg,  wo  sich  eben  die  ersteB 
Ansätze   zu   einer  nationalen  Oper  entwickelten.    Nach 
mehrjährigem  Aufenthalte   daselbst  ging  er  nach  Wien 
und  später  auf  einen  Buf  hin  als  Vicekapellmeister  nach 
Dresden.     Nur  wenige  Wochen  später  starb  PaUayicini, 
und  Strungk  wurde  beauftragt,  eine  von  diesem  begon- 
nene Oper  „Antiope^  zur  Vollendung  zu  bringen.    Gleich 
bei  seiner  ersten  Amtsausttbung  sollte  er  jedoch  mit  den 
Italienern  in  Gonflict  gerathen.    Sie  weigerten  sich,  seme 
Gomposition   zu   singen,  weil  sie   dem  Sänger  nicht  so 
freien  Spielraum  gestattete,  wie  sie  gewohnt  waren.   Se 
erklärten  sogar,  wie  es  in  der  Berichterstattung  des  Obe^ 
hofmarschalls  von  Haugwitz  heisst,  nur  unter  Bemhard's 
Direction  und  bloss  im  Falle  dieser  krank  oder  abwesend, 
unter  Strungk  singen,  keinesfalls  aber  in  dessen  Compo- 
sitionen  mitwirken  zu  wollen.    Haugwitz  fügt  die  Beme^ 
kung  hinzu,  wie  er  nicht  finde,  ^dass  erwähnte  Italienische 
Musici  durchgehends  solche  vortrefFliche  Subjecte  seyen, 
und   bei    so  hohem  Tractement  dergleichen   ungereimte 
exceptiones  machen  dttrfften,   dergleichen  bei  des  höchst 
seeligen  Kurfürsten  Lebzeiten  wider  keinen  Vicekapell- 
meister auf  die  Bahn  hätte  gebracht  werden  dürfen*'.     Der 
Hauptaufwiegler  war  Buggiero  Fedeli  gewesen.    Da  aber 
der  Kurfürst  diesen  zu  entlassen  drohte,  unterwarfen  sich 
die  Italiener  in  Allem.    Doch  wurde  Fedeli   nichtsdesto- 
weniger bald   seines  Dienstes  enthoben,  da  es  das  An- 
sehen gewann,  ^als  pflege  er  bisweilen  die  andren  musi- 
cis    aufzuwiegeln^.      Indess    mag  Strungk   auch   selbst 
nicht   der  Verträglichste  gewesen   sein,   da  es  zwischen 
ihm  und  Bernhard  ebenfalls  zu  Beibereien  kam. 

Im  Februar  1686  kam  die  „Antiope*,  gedichtet  von 
Carlo  Pallavicini,  die  ersten  zwei  Acte  von  dessen  Vater, 


—    107    — 

der  dritte  Yon  Strnngk  in  Musik  gesetzt,^  mit  grossem 
Erfolge  zur  Aafftihning.  Neben  der  Salicola  glänzte  die 
neugewonnene  Sängerin  Rosana  Santinelli. 

Im  Jahre  1691  bereitete  ein  auf  die  Salicola  er- 
schienenes Pasquill  dem  Oberhofmarschall  von  Haugwitz 
neue  YerdriessUchkeiten.  Der  Kurfürst  bemerkt  zu  der 
Eingabe;  dass  dieses  ^^Volck,  dem  Kessler  Gesinde  (soll 
wohl  heissen  Kesselflicker-Gesindel)  nicht  ungleich;  undt 
sich  sobald  wieder  versöhnt  als  ereyffert;  desswegen  aber 
mit  ihnen  Geduld  zu  haben  ist'^ 

Dieses  Jahr  ist  auch  noch  bemerkenswerth  durch  ein 
Ballet  „n  tempio  d'amore^;  welches,  wie  Fürstenau  sagt; 
eher  den  Namen  der  Oper  verdient;  da  der  Tanz  darin 
nicht  überwiegend  erscheine.  Ausser  vielen  Herren  und 
Damen  vom  Hofe  tanzten  darin  auch  der  Kurprinz  und 
dessen  Bruder  Friedrich  August. 

Am  12.  September  1691  starb  KurfUrst  Johann 
Georg  ni.  in  Tübingen.  Der  Etat  der  Kapelle  hatte  zu 
dieser  Zeit  wieder  die  Höhe  von  18,700  Thlr.  erreicht.  Ka- 
pellmeister war  Bernhard;  Vicekapellmeister  Strungk. 
Ausser  den  beiden  Sängerinnen  Margherita  Salicola  und 
Bosana  Santinelli  (jede  mit  1500  Thlr.  angestellt)  befanden 
sich  noch  5  italienische  Sänger  und  der  Theorbist  Albini 
dabei. 

Johann  Georg  IV.,  geboren  1668,  aufgewachsen 
unter  den  musikalischen  Eindrücken,  die  ihm  der  Hof 
seines  Vaters  und  Grossvaters  gaben  —  er  tanzte  ebenfalls 
schon  als  5jähriger  Knabe  in  einem  Ballet  — ,  hatte 
wahrscheinlich  auch  eine  musikalische  Bildung  genossen. 
Ein  längeref  Aufenthalt  in  Italien;  besonders  in  Venedig, 
mochte  die  hierdurch  geförderte  Neigung  zu  Musik  und 
Theater  genährt  und  entwickelt  haben.  Seine  Vorliebe  für 
die  Italiener  lässt  sich  daraus  erkennen;  dass  er  nach  dem 
1692  erfolgten  Tode  Bernhard^  in  dessen  Stelle  Strungk 

'  Partitur  und  Text  in  der  K.  M.-S. 


—     108     - 

einrückte,  den  bisherigen  Altisten  Carlo  Ltdgi  Pietro  Gma 
znm  yicekapellmeistery  mit  einem  weit  höheren  €tohak^ 
als  ihn  vorher  Bernhard  als  Kapellmeister  belöget 
hatte,  ernannte.  Stmngk  mochte  fbhlen,  dass  nnter  dioMB 
Umständen  an  eine  gedeihliche  Entwicklung  seines  Ta- 
lentes in  Dresden  nicht  wohl  gedacht  werden  kOme^ 
daher  er  bei  dem  Enrfttrsten  nm  die  Erlanbniss  einkan, 
mit  dessen  Unterstützung  ein  selbstständiges  Opeminfter- 
nehmen  in  Leipzig  zu  grtlnden.  Auch  wurde  ihm  1698^ 
am  13.  Juni;  durch  Decret  das  Privilegium  zu  Theil,  in 
Leipzig  während  der  Messen  deutsches  Singspiel  zu  gebellt 
,,anerwogen  wie  dadurch  das  Studium  musicum  mehr 
nnd  mehr  excolirt,  fremde  Liebhaber  dieser  Wissenschaft 
herbeigebracht  und  kurfürstliche  Durchlaucht  8olche^ 
gestalt  ein  Seminarium  in  Dero  Landen  haben  und  daraus 
allenfalls  die  abgehenden  Stellen  bei  Dero  Kapelle  osd 
Kammermusicis  ersetzen  könnten^.  Im  Uebrigen  behielt 
er'  aber  seine  Stellung  und  Functionen  an  der  Dresdaer 
Kapelle  bei.  > 

So  erhielt  Leipzig  ungleich  früher  als  Dresden  eil 
stetiges  und  ganz  öffentliches  Opernuntemehmen.  Die 
Kraft,  für  die  man  hier  keine  Verwendung  fand,  sollte 
wenigstens  dort  den  Anfängen  des  deutschen  musikali- 
schen Dramas,  wenn  auch  nur  vorübergehend,  eine  Stätte 
fordernder  Ei^twicklung  bereiten. 

Im  Jahre  1693,  am  18.  Mai,  wohnte  der  Kurfttiet 
einer  Vorstellung  der  Strungk'schen  Oper  „Alceste"  aaf 
diesem  Theater  bei.  Der  Text  war  von  Paul  Thiemich, 
College  der  Thomasschule,  dessen  Gattin  darin  ;,mit  be- 
wunderungswürdiger schöner  Stimme  und*  Action  ge> 
sungen  und  gespielt^  haben  soll. 

Das  Unternehmen  gedieh'  aber  nicht.  1697  spricht 
Strungk  in  einer  Eingabe  an  den  Kurfürsten  als  v<m 
einem  armen  Diener  von  sich,  der  all  das  Seine  bei  der 
Leipziger  Oper  zugesetzt  habe.    1700  starb  er  bereits. 

Inzwischen  war  auch  in  Dresden  die  Oper  gepflegt 


—    109    — 

worden.  Das  Jahr  1691  hatte  die  Oper  ^^Ifonso^;  1693 
die  Opern  ^^Camillo  generoso"  und  ^^l'Arsinoß^'  gebrächt,  in 
welcher  letzterer  eine  Sängerin  des  Bairenther  HofeS; 
Gianetta,  mitwirkte. 

1694  folgte  die  Oper  ^^Alerano  ed  Adelaide'^,  welche 
einen  grossen  Erfolg  erzielte  und  der .  letzte  Triumph 
war^  welchen  die  damalige  italienische  Oper  in  Dresden 
feierte.  Schon  am  27.  April  sollte  der  plötzliche  Tod 
des  Kurftarsten  ihrer  Herrlichkeit  hier  für  länger  ein  Ende 
machen. 


Kampf  des  französischen  und  italienischen  Em 
geschmacks  unter  Friedrich  August  L 


FranzSsischer  Geschmack  Friedrich  Augrnst  L  —  FranzSsit 
Schauspiel«  —  Auflösung  und  Neubildung  der  Kapeüei 
Conimoedla  delP  arte  unter  Bistori.  —  Italienischer  Mi 
geschmack  des  Kurprinzen.  —  Italienische  Oper  unter  L* 
—  Intermezzi  —  Das  neue  Opernhaus.  —  Auflösung 
Italienischen  Oper.  —  Erneute  Herrschaft  des  franzSsl« 
Oeschmacks«  —  AnflLnge  einer  neuen  Italienischen  Opa 
Erstes  Auftreten  Hasse's«  —  Sieg  des   Italienischen  Em 

geschmacks. 

• 

Friedrich  August  I.  (geboren  1670),  welcher  so 
erwartet  an  die  Regierung  kam^  war  eine  überaus  g 
zende  Ersebeinung,  von  der  Natur  mit  körperlichen 
geistigen  Anlagen  und  Vorzügen  freigebig  ausgesta 
Mit  allen  ritterlichen  Künsten  der  Zeit  vertraut,  gewanc 
den  Formen  der  damaligen  eleganten  höfischen  Unter 
tung,  übte  er  auf  seine  Umgebung  eine  grosse  Anziehui 
kraft  aus.  Der  Binn  für  Kunst,  Pracht  und  sinnlic 
Lebensgenuss  war  in  ihm  früh  am  Hofe  seines  Gr 
yaters  und  Vaters  geweckt  und  genährt  worden.  \) 
hof  und  Bernhard,  die  seine  Lehrer  waren,  mögen  ¥ 
auch  um  seine  musikalische  Ausbildung  sich  ben 
baben.  Am  meisten  zogen  ihn  aber  die  tbeatralisc 
Lustbarkeiten  an,  an  denen  er  sich  früh  schon 
theiligte.  Bereits  1677  wird  eine  Comödie:  „Der  Dui 
lauchtigste    Gärtner"    erwähnt,    in    welcher    er    aufl 


—  111  — 

1691  finden  wir  ihn  unter  den  Tänzern  des  Ballets:  II 
tempio  d'Amore.    Ein  mehr  als  zweijähriger  Aufenthalt 
an  den  Höfen  Frankreichs^  Spaniens^  Italiens  hatte  diese 
Neigung  weiter  entwickelt.    Er  wurde  hier  um  so  leichter 
von  dem  daselbst  herrschenden  Geiste  der  Galanterie  und 
eines   durch   Pracht    und    Kunst    gesteigerten   Lebens- 
genusses ergriffen  und  in  dessen  Strudel  gerissen^  als  er 
DEÜt  einer  überaus  kraftvollen  Constitution,  einer  starken, 
leicht  erregbaren  und  auf  Befriedigung  dringenden  Sinn- 
lichkeit und  einem  ungewöhnlichen  Schwünge  der  Phan- 
tasie begabt  war. 

Obschon  nicht  unempfänglich  für  die  Vorzüge  ita- 
heuscher  Kunst,  sprachen  ihn  doch  die  beweglicheren^ 
gefiUligeren  Formen  des  französischen  Geistes  ungleich 
nnmittelbarer  an  —  und  sie  waren  es  vorzugsweise, 
welche  er  nun  auf  seinen  Hof  zu  übertragen  bemüht  war. 
Die  Oper  hatte  in  Italien  durch  die  neapolitanische 
Schule,  an  deren  Spitze  Scarlatti,  ein  Schüler  Carissi- 
lüi'S;  stand,  daher  auch  unter  dessen  mittelbarem  Einflüsse, 
einen  bedeutenden  Aufschwung  genommen.  Scarlatti's 
Befonn  musste  um  so  entschiedener  auf  Deutschland  ein- 
wirken, als  sie  von  hier  gewissermaassen  ausgegangen 
war.  Er  schrieb  seine  ersten  Opern  in  München,  wo  er 
einige  Zeit  als  Kapellmeister  wirkte,  und  lernte,  ehe  er 
i^h  Italien  zurückkehrte,  auch  noch  Wien  kennen,  wo  ita- 
Üenische  Musik  vor  allen  anderen  Städten  Deutschlands 
Sepflegt  und  besonders  der  instrumentale  Theil  derselben, 
^  Harmonie,  weiter  entwickelt  wurde.  Scarlatti  bildete 
^en  melodiösen  Theil  der  Oper  weiter  aus,  gab  der  Arie, 
deiche  schon  die  dreitheilige  Form  erhalten  hatte,  eine 
vollendetere  Abrundung  und  verlegte  den  Schwerpunkt 
w  Orchesterbegicitung  in  das  Streichquartett,  ohne  von 
^^Q  übrigen  Instrumenten  dabei  noch  einen  umfassen- 
^^f^n  Gebrauch  zu  machen. 

Für  das  letztere  wurde  zuerst  in  Frankreich  durch 
''Ijr  die  Anregung  gegeben.    Jean  Baptiste  Lully, 


—    112    — 

Florentiner  von  Geburt;  war  1646  als  dreüähriger  Knabe 
anf  eine  abenteuerlich -romantische  Weise  nach  Fniik- 
reich  in  den  Dienst  der  Herzogin  Yon  Montpensier  ge- 
kommen. Mit  seinem  überall  vom  Gltlck  begtinstigteB 
Talente  und  einer  noch  grösseren  Betriebsamkeit  hatte  er 
sich  bereits  mit  19  Jahren  vom  Küchenjungen  zum  Oeneral- 
inspector  des  Instituts  der  24  Violinen  Ludwig  XTV.  em- 
porgeschwungen. Einem  ihm  angeborenen  musikalischen 
Zuge  folgend;  hatte  er  die  ViolinC;  das  Instrument  der 
fahrenden  Leute  ^  ergriffen  und  durch  Selhatunterneht 
eine  erstaunliche  Fertigkeit  auf  demselben  erlangt  Er 
liess  hierauf  sein  Talent  zur  Gomposition  weiter  aot- 
bilden^  beschränkte  sich  jedoch  bei  der  Ausübung  dieser 
Kunst  lange  Zeit  auf  die  Instrumentalmusik.  Hit  rieh- 
tigem  Gefbhle  suchte  er  sich  die  Motive  zu  seinen  Cmr 
Positionen  in  den  nationalen  Volksliedern  Frankreichs^ 
und  seine  Stärke  hat  immer  nur  in  der  InstrumentatioD 
und  den  rein  instrumentalen  Bestandtheilen  seiner  Opern 
gelegen^  denen  er  darin  einen  weit  grösseren  Spielranm 
als  die  Italiener  gewährte^  indem  er  dieselben  nicht  nnr 
mit  Ouvertüren  und  längeren  Vor-  und  Nachspielen  vo^ 
sah^  sondern  auch  Märsche,  Tänze  etc.  in  sie  einfllgte» 
Was  den  eigentlich  dramatischen  Theil  seiner  Opern 
betrifft;  so  legte  Lully  das  Hauptgewicht  auf  den  deda- 
matorischen  Ausdruck.  Ueberhaupt  sind  die  Urthefle 
über  den  Werth  derselben  getheilt.  Einige^  Boileau  tt 
der  SpitzC;  haben  ihren  Erfolg  sogar  nur  den  Texten  des 
Quinault  und  der  geschickten  mise  en  scönc;  besondeit 
den  Balleten  zugeschrieben^  bei  denen  er  zuerst  statt  der 
Knaben  Mädchen  eingeführt  haben  soll.  So  schleppend, 
leer  und  ausdruckslos  seine  Musik  auch  heute  erscheinen 
mag;  fUr  seine  Zeit  war  sie  es  nicht;  und  ein  glückliches 
Gefllhl  für  den  Werth  der  Wortaccente  der  Rede  ist  ihr 
auch  jetzt  noch  nicht  abzusprechen. 

Dies  war  die  Oper,  die  Friedrich  August  I.  am  Hofe 
Ludwig  XIV.  neben  der  gerade  in  voller  Blüthe  stehen- 


—    113    — 

den  französiflchen  Tragödie  nnd  Comödie  mit  ihren  Zanbem 
ei^ff.  Die  Entlassung  sämmtlicher  Italiener^  welche  zu 
seinen  ersten  Regiemngsacten  gehörte,  liess  daranf 
sehliessen,  dass  ihre  Zeit  hier  Yorbei  sei;  doch  finden 
wir  schon  1697  deren  wieder  mit  angestellt.  Die  Kapelle 
wurde  zunächst  dem  Oberhofmarschallamte  unterstellt, 
an  dessen  Spitze  auch  jetzt  noch  Haugwitz  verblieb;  nur 
die  drei  Inspectoren  der  Schauspielhäuser  etc.  wurden 
der  Oberkämmerei  tiberwiesen,  während  der  Theater«- 
architekt,  die  Theatermaler  und  Zimmerleute  vom  Ober- 
iMuamte  abhingen. 

Trotz    der   ausserordentlichen    Pracht,    welche    der 

Kurfttrst  gleich  im  Cameval  des  Jahres  1695  an  seinem 

Hofe  entfaltete,  sollte  es  hier  zu  einer  wahrhaften  Eunst- 

entwicklung  auf  dem  Gebiete   des  Theaters   doch  lange 

nicht  kommen.    Während  sich  in  der  Architektur  seine 

Kunstliebe   später  in  so  hervorragender  und  glücklicher 

Weise    bethätigte,     schienen    die   theatralischen   Künste 

ihm  fast   immer  nur  Dienerinnen  des  Genusses  zu  sein, 

wobei   er  noch  überdies  seinem  Hange  zur  Veränderung 

tOzQ  sehr  nachgab.    Bemerkenswerth  aber  ist,  dass,  wie 

sehr  auch    französischer   Geist   und  Geschmack  an  den 

Höfen  Deutschlands  jetzt  herrschend  wurden,   sich  doch 

itoch  daneben   der  Sinn   für  die   eigenen,   überlieferten 

derben,  ja  rohen  Lustbarkeiten  erhielt,  so  dass  es  gerade 

jene  Aufzüge,  Maskeraden,  Wirthschaften,  Jägereien  etc. 

waren,  welche  man,  besonders  sobald  sich  der  Hof  selbst 

daran  mit  bethätigen  wollte,  zur  Verherrlichung  der  Feste 

ergriff.    An   den   Balleten  und  Opern  waren   fortan  die 

fttrstUchen  Personen  nur  noch  in  seltenen  Fällen  betheiligt, 

^bat  die  Cavaliere  und  Damen   zogen   sich   mehr   und 

^^  von  ihnen  zurück. 

Ein  weiteres  GUndemiss  für  die  Entwicklung  stetiger 
Knnstzustände  lag  in  den  äusseren  Umständen.  Die 
^t  dem  Religionswechsel  verbundene  Annahme  der  Krone 
^^  Polen  hätte  allein  schon  nachtheilig  genug  hierauf 

8 


—    114    - 

einwirken  müssen^  weil  sie  den  König  zur  abwechselnden 
Residenz  in  Warschau  und  Dresden  mit  Vemachllisrigimg 
des  letzteren  nöthigte.  Der  sogenannte  nordische  Krieg 
aber^  den  dieses  Ereigniss  zur  weiteren  Folge  hatlie^ 
mnsste  bei  seinem  nnglttcklichen  Gange,  wie  er  das 
Land  ins  tiefste  Elend  stürzte^  auch  Untemehmiuige& 
dieser  Art  endlich  ins  Stocken^  ja  ganz  in  Ver&U 
bringen.  Besonders  geschah  dies  in  Dresden^  dem  sieh 
der  König  inzwischen  fast  völlig  entzog. 

Die  Darstellungen;  welche  eine  französische,  ▼<» 
Kurfürsten  von  Hannover  unterhaltene  Schau8pide^ 
gesellschaft  im  Cameval  1696  zuerst  im  GomödienhauM^ 
dann  auf  einer  im  Biesensaale  erbauten  Btthne  gab^ 
mochten  erwiesen  haben,  dass  beide  Localitäten  doi 
Forderungen  dieser  Künstler  nur  wenig  entsprachen. 
Dies  führte  zur  Erbauung  eines  neuen  Comödiea* 
hause 8;  welches  bereits  zu  Anfang  des  folgenden  Jahres 
fertig  war  und  sich  etwa  auf  der  Stelle  des  Mittelbaues 
des  heutigen  Museums  befand. 

Der  im  Jahre  1697  stattfindende  Rcligionswechsd 
hatte  aber  auch  eine  Theilung  der  Kapelle  zur  Folge.  Die 
protestantische  Hofkirchenmusik;  als  der  ursprünglichste 
Bestandtheil  des  Instituts;  wurde  jetzt  wieder  aus- 
geschieden. Er  ist  für  die  vorliegende  Darstellung  von 
keiner  weiteren  Bedeutung.  An  der  Spitze  der  kurfürst- 
lich sächsischen  und  jetzt  auch  königlich  polnischen 
Kapelle  (ich  werde  mich  der  Kürze  halber  fortan  immer 
nur  der  Bezeichnung:  „königlich^  bedienen)  standen 
Ende  1697  die  Kapellmeister  Ruczisky  und  Job.  Christoph 
Schmidt;  welcher  1696  als  Vicekapellmeister  eingetreten 
und  nach  Hiller*s  Urtbeil  ^ein  gründlicher  Componisf' 
war,  der  seinen  Contrapunkt  aus  dem  Fundamente  kannte, 
wenn  ihm  auch  höheres  künstlerisches  Genie  ermangeln 
mochte.  Sie  bestand  aus  dem  Concertmeister  Qeorg 
Gott  fr.  Backstroh;  2  Organisten,  8  Sängern  (lauter 
Italiener  und  Polen);  26  Instrumentisten  (darunter  eben* 


-    115    — 

ÜEdls  wieder  viele  Ausländer^  Italiener^  Polen^  Franzosen), 
welche  incl.  der  Hoftrömpeter  eine  Besoldung  von  nnr 
züsanimen  4457  Tbir.  bezogen.  Sie  wurde  jedocb  im 
oäcbsten  Jabre  beträcbtlicb  erweitert  und  der  Etat  auf 
12,000  Thlr.  jäbrlicb  erhöbt 

In  Dresden  scheinen  bis  1699  nur  wenig  Festlich- 
keiten stattgefunden  zu  babeU;  die  sich  ftlr  uns  zur 
Uittbeilung  eignen.  In  diesem  Jahre  aber  wurde  der 
Italiener  Angelo  Constantini  ans  Verona  (geb.  1653) 
beauftragt,  eine  besondere  kurfürstliche  Gesellschaft  von 
französischen  SängerU;  Schauspielern  und  Tänzern  zu 
bilden.  Er  hatte  als  Arlechino  und  einer  von  ihm  selbst 
neugeschaffenen  Maske,  die  er  ^M^zätin'^  nannte  und 
gleich  vortrefflich;  sowohl  in  italienischer^  wie  französi- 
scher Sprache^  spielte,  sich  in  Paris  eine  grosse  Berühmt- 
heit erworben.  Friedrich  August  I.^  welcher  ihn  zuerst 
bei  der  Gesellschaft  des  Kurfürsten  von  Hannover  in 
Warschau  gesehen,  hatte  ihn  seit  1697  in  seine  Dienste 
genommen.  Die  von  ihm  angeworbene  Truppe,  bestehend 
aus  13  Schauspielern  und  Sängern,  18  Schauspielerinnen  und 
Sängerinnen,  8  Tänzern  und  Tänzerinnen  mit  dem  späte- 
ren Balletmeister  Louis  de  Poitier  an  der  Spitze,  traf 
im  Mai  1700  in  Warschau  ein  und  blieb  bis  1705  im 
Dienste  des  Königs.  Es  scheint,  dass  sich  Mäz6tin  bei 
diesem  Geschäfte  grosse  Unterschleife  zu  Schulden 
kommen  Hess;  wenigstens  wurde  er  dessen  von  den 
Mitgliedern  der  Gesellschaft  verdächtigt.  Möglich  jedoch, 
dass  zu  der  Ungnade,  in  welche  er  kurze  Zeit  später 
fiel,  auch  noch  andere,  delicatere  Ursachen  mitwirkten. 
So  erzählt  wenigstens  die  histoire  universelle  des  Th^atres 
de  toutes  les  nations:  „Der  König  August,  sehr  zufrieden 
mit  der  Ausrichtung  jener  Aufträge,  verlieh  ihm  1699 
den  Adel  mit  der  Stelle  eines  Geh.  Kämmerers,  eines 
Schatzmeisters  der  menns  plaisirs  und  eines  Aufsehers 
der  Schmuckkammer.  Solche  Ehrenbezeigungen  veran- 
lassten ihn  zu  der  Keckheit,   einer  vom  König  geliebten 

8* 


—     116    — 

Dame  Anträge  zu  machen^  wobei  er  über  die  Per 
seines  Wohltbäters  spottete.  Die  Seböne  war  beleid 
aber  scbwieg.  Als  indess  M^z^tin  seine  Werbungen  1 
setzte^  benachrichtigte  sie  den  König  davon,  welcher; 
tlbennttthigen  Aenssemngen  seines  Rivalen  belansch( 
mit  gezücktem  Degen  hervorstürzte  nnd  ihn  geop 
haben  würde,  wenn  er  nicht  rechtzeitig  znr  Besinn 
gekommen  wäre.  Er  liess  ihn  auf  dem  Eönigstein 
sperren/'  Jedenfalls  wurde  er  mit  einer  Härte  behan( 
die  einer  Rache  fast  gleich  sah.  1701  in  Untersuch 
gekommen,  wurde  er  1702  nach  dem  Eönigstein  al 
führt,  wo  er  trotz  der  Verwendung  des  Grafen  Wac! 
barth  und  der  Meldung  des  Festungscommandanten,  ^< 
Constantini  krank  sei,  alle  Arzenei  verschmähe,  stei 
wolle  und  verlange,  es  solle  dem  König  gemeldet  i 
den",  noch  bis  1708  verbleiben  musste.  Erst  im 
dieses  Jahres  wurde  er  vom  König  wieder  in  Gna 
aufgenommen  und  in  dessen  Vertrauen  gezogen, 
werden  ihm  später  noch  öfter  begegnen.* 

Inzwischen  war  durch  den  unglücklichen  Krieg 
finanzielle  Ruin  über  Sachsen  in  einem  Umfange  hei 
gebrochen,  dass  alle  Htilfsquellen  erschöpft  waren.  A 
die  Kapelle  und  die  Schauspieler  hatten  darunter 
leiden.  Das  Elend  des  dreissigjährigen  Kriegs  sc! 
sich  wiederholen  zu  sollen.  Die  Auszahlung  der  Geli 
stockte.  Schon  1701  kamen  die  Schauspieler  um 
Entlassung  ein.  Erst  1703  aber  erhielten  sie  die  Erl 
niss,  an  anderen  Höfen  und  iu  anderen  Städten  spielei 
dürfen,  um  sich  eine  Erwerbsquelle  zu  eröflhen;  mit 
ausdrücklichen  Bedingung  jedoch,  ohne  königl.  6e: 
migung  weder  ihre  Mitglieder   zu   wechseln,   noch 


*  Im  folgenden  Jahre  verheirathete  sich  Constantini  und  1 
wie  es  scheint,  seine  junge  Frau  zur  Sängerin  ausbilden ;  wenig 
wurde  sie  sp&ter  als  solche  bei  der  italienischen  Oper  engagirt, 
aber  wieder  Terabschiedet 


—     117    — 

aa&nlöflen;  woraus  sich  ergiebt,  welchen  Werth  Friedrich 
Aagost  anf  ihren  Besitz  legte.  1705  mnsste  er  sie  nichts- 
destoweniger entlassen.  Ihre  Forderungen^  die  sich  auf 
62^68  Thlr.  beliefen^  wurden  auf  die  Hälfte  herabgesetzt 
lind  nur  erst  allmählig;  im  Jahre  1709  völlig;  beglichen* 
Aoch  die  Kapelle  traf  1707  ein  ähnliches  Schicksal. 
Doch  wurden  Kapellmeister  Schmidt  und  fast  sämmtliche 
In^mentisten  wieder  neu  angestellt,  ihre  Forderungen 
jedoch  erst  1715  völlig  getilgt. 

Zu  den  Unglücksfällen,  die  in  dieser  Zeit  Land  und 

Hof  betrafen ;  gehört  auch  noch  der  im  Jahre  1701  statt- 

^dende  Brand,  welcher  einen  grossen  Theil  des  Dresdner 

^blosses  und  mit  diesem  den  berühmten  Biesensaal  in 

^'ilUxmier   legte.     Wahrscheinlich   gab    dieses    Ereigniss 

später  mit  Anlass  zu  dem  Plane,  ein  neues  Schloss   er- 

I^Atien  zu   lassen,  zu   welchem  das   1710  von   Mathias 

^xUel  Pöpelmann   begonnene  hen*liche  Zwingergebäude 

^eu   Yorhof  bilden  sollte;   gleichwie   die  Benutzung   des 

^ten   Comödienhauses    zum   katholischen    Gottesdienste 

(IT'OS)  später  den   Bau   eines   Opernhauses   ins   Leben 
riet 

Trotz  der  Ungeheuern  Opfer,  welche  der  Krieg  Ver- 
eitlungen —  hatte  das  unglückliche  Land  doch  allein 
^  Karl  XII.  eine  Kriegscontribution  von  23fiO0fiO0  Thlr. 
'^  aahlen  gehabt  — .  wurde  unmittelbar  nach  Abschluss 
^^^  Altranstädter  Friedens  doch  wieder  an  Schauspiel  und 
^^^^barkeiten  bei  Hofe  gedacht.  In  diese  Zeit  (1706) 
Wl^ji  aß^ji  wichtige  Veränderungen  in  der  Regierung, 
^^^h  welohe  der  Einfluss  des  Oberhofmarschallamtes,  an 
^^^•en  Spitze  seit  1703  Graf  Aug.  Ferd.  von  Pflugk 
^^^MmI,  auf  Kapelle  und  Theater  ein  sehr  beschränkter 
^^Tde.  Er  hörte  1709  aber  ^anz  auf  durch  die  Er- 
^'^^nung  des  Kammerherm  Baron  von  Mordaxt  zum 
^tendanten  der  Musik  und  zum  Directeur  des  plaisirs 
^^t  einem  Gehalte  von  1200  Thlr. 

Schon  1708  hatte  man  eine  neue  Gesellschaft  Iran- 


—    118    — 

^ösiscber  Sänger^  Schauspieler  und  Tänzer  gewonnei 
Der  König;  welcher  sich  damals  nach  den  Niederlande! 
begeben  hatte^  um  dem  Feldzuge  des  Prinzen  Eugen  m 
Marlborough's  gegen  die  Franzosen  beizuwohnen^  lernt 
bei  dieser  Gelegenheit  die  verführerische  Tänzerin  D 
Bargues  (oder  Duparc)  in  Brüssel  kennen.  Um  bv 
dieselbe  nach  Dresden  zu  ziehen,  wurde  eine  neue  Trupp 
unter  dem  Director  de  Villedieu  geworben^  deren  Coi 
tract  der  König  in  der  Abtei  Loos  bei  Lille  selbst  unta 
schrieb.  Sie  bestand  ausser  dem  Director  aus  7  Hern 
und  6  DameU;  die  zumeist  sowohl  spielen^  tanzen,  wi 
singen  konnten,  aus  4  Violinisten,  1  Decorateur  und  da 
Souffleur.  Sie  erhielt  Alles  in  Allem  14,000  Thlr.  jlbi 
lieh  nebst  der  Berechtigung,  während  der  Messen  i 
Leipzig  ftlr  ihre  Rechnung  spielen  zu  dürfen,  wogeg« 
sie  den  ganzen  Aufwand  für  Decorationen^  Gostttme  et 
zu  bestreiten  hatte.  Die  Duparc  stellte  sich  1709  m 
ihrem  Gatten  vertragsmässig  ein,  welcher  1714  eine  fesl 
Anstellung  als  Balletmeister  erhielt.  Auch  italieniflol 
Schauspieler  wurden  damals,  doch  nur  vorttbergehen 
angestellt. 

In2^wischen  war  die  Kapelle  ebenfalls  yeryollständi^ 
worden.  Eine  der  für  die  Hoffestlichkeiten  wichtigste 
Erwerbungen  war  die  des  Concertmeisters  Volumie 
(Woulmyer),  der,  1667  in  Spanien  g^eboren  und  am  fifti 
zösischen  Hofe  erzogen,  schon  früh  als  Hoftanzmeisti 
und  Dirigent  der  k.  Tanzmusik  nach  Berlin  gekommc 
war  und  hier  im  Arrangement  der  sogenannten  Wiri' 
Schäften  eine  gewisse  Berühmtheit  erlangt  hatte.  Am 
in  Dresden  machte  er  sich  mehrfach  um  derartige  Luf 
barkeiten,  sowie  um  die  Ballete  verdient,  und  wnn 
noch  überdies  seines  vorzüglichen  Geigenspiels  weg< 
geschätzt,  besonders  im  Vortrag  französischer  To: 
stücke.  Kaum  minder  werthvoU  war  der  Erwerb  des  b 
rühmten  Violinisten  Job.  Georg  Pisendel  (geb.  1687  j 
Karlsbad).    Er  war  ein  Schüler  Pistochi's  in  der  Comp 


1 


—    119    — 


sition  und  Torelli's  im  ViolinspieL  Auf  Empfehlung 
Volomier's  trat  er  1712  in  die  königliche  Kapelle  ein 
und  wurde  eine  Zierde  derselben.  „Pisendel  —  sagt 
Ffirstenaa  —  war  der  erste  Geiger,  welcher  die  grosse 
italienische  Schale  vollständig  in  sich  aufnahm,  ohne  da- 
durch die  Vortheile  der  französischen  Art  aufzugeben.^ 
-loch  die  Anstellung  des  Flötisten  Pierre  Gabriel 
Bnffardin,  1690  in  der  Provence  geboren,  aus  dessen 
Schule  unter  Anderen  der  berühmte  Quanz  hervorging, 
wwie  des  als  Oboisten  berühmten  Joh.  Chr.  Richter 
(pb.  1689  in  Dresden),  des  als  Ciavierspieler  ausgezeich- 
neten Organisten  Christian  Petzold  (geb.  1677  in 
Köuigstein)  und  des  durch  seine  Compositionen  berühm- 
^n  Contrabassisten  Job.  Dismar  Zelenka  fällt  in 
diese  Zeit. 

Die  Kapelle  hatte  allmählig  eine  Zusammensetzung 
^''l^alten,  welche  den  Fortschritten  der  Musik  völlig  ent- 
^Pi^ch.  Das  Streichquartett  bildete  den  Stamm  derselben. 
^^^  Verbesserung  der  Blasinstrumente  war  völlig  Rech- 
^^^g  getragen.  Auch  der  Flügel,  der  ebenso,  wie  die 
*»^orbe  (eine  Art  Basslaute),  eine  wichtige  Rolle  in  den 
*"^«tem  jftzt  spielte,  war  eingeführt. 

Das  Jahr  1712  ist  femer  durch  die  von  den  Kapell- 
"^tgliedem  ausgehende  Stiftung  einer  Versor- 
S^ngskasse  für  die  Wittwen  und  Waisen 
"^^Oerkenswerth,  welche  1753  noch  eine  Verbesserung 
^■^^hr.  Auch  trat  in  diesem  Jahre  der  Freiherr  von 
'^  ^  w  e  n  d  a  h  1  an  die  durch  den  Tod  des  Oberhof- 
"»^^^haUs  von  Pflugk  erledigte  Stelle. 

Unter  den  theatralischen  Vorstellungen  zeichneten 
"^b  besonders  diejenigen  aus,  welche  (1709)  der  Besuch 
"^^  Königs  von  Dänemark  in  Dresden  veranlasste,  dar- 
'^^^ter  ein  Divertissement:  „le  th^atre  des  Plaisirs", 
^^*^angirt  von  Constantini,  mit  Musik  vom  Kapellmeister 
T^^tmidt,  sowie  eine  Oper  des  kaiserL  Kapellmeisters 
^rlo  Badia:    „Gli  amori  di  Circe  con  Ulisse^,  dirigirt 


—     120     - 

von  dem  Sänger  Ballerini,  welcher  wahrsüheinlich  bierza 
eigens  engagirt  worden  war. 

Im  Jahre  1715  sehen  wir  Gonstantini  schon  wieder 
mit  dem  Engagement  einer  italienischen  Schanspidar-' 
gesellschaft  betraut.  An  ihrer  Spitze  stand  ein  gewioer 
Tomaso  Bistori,  der  nach  Fttrstenan  schon  uiier* 
Johann  Georg  III.  in  sächsischen  Diensten  gestand«» 
haben  soll.  Seine  Truppe  scheint  hauptsächlicli  in  iec 
Gommedia  deir  arte,  dem  improvisirten  Possenspiel  iniK: 
Masken,  getlbt  gewesen  zu  sein. 

Erst  mit  dem  Jahre  1716,  nach  Abschluss  des  War-* 
schauer  Vergleichs,   dem  1719  endlich  der  Friede' folffte^ 
beginnt   für   das   musikalische  Leben  am  Dresdner  Bote 
eine   glänzendere    Periode.     Die   nächste    Veranlassongr 
dazu  gab  der  Kurprinz,  dessen  musikalische  NeigungecM. 
bei  einem  mehrjährigen,  mit  seinem  Uebertritte  zur  katbo — 
lischen  Religion  in  Verbindung  stehenden  Aufenthalte  i 
Frankreich,  Italien  nnd  Wien  (von  1711—1719)  die 
deutendsten  Anregungen   empfangen  hatten.      Schon 
Jahre  1714  liess   er   den  Kapellmeister  Schmidt^  sowi« 
Pisendel,  Volumier  nnd  Richter  nach  Paris  kommen,  Qi>^ 
bei   seinen   musikalischen    Unterhaltungen    mitzuwirken- 
Dasselbe  geschah,   als   er  sich  1716  in  Venedig  aufhielt^ 
wo  er  im  Hause  seines  Agenten,  dos  Kaufmanns  Biancbi« 
welcher  eine  berühmte  Sängerin  und  Clavierspielerin  %^^ 
Frau  hatte,  fast  alle  musikalischen  Notabilitäten  Venedil^ 
kennen  zu   lernen  Gelegenheit  fand.    Die  Vorliebe,   ^^^ 
er  in  diesem  Umgange  für  die  italienische  Oper  gewaJ*^*» 
bestimmte  ihn,  bei  seinem  Vater  die  Idee  anzuregen,  •.t*-*' 
Neue  an  seinem  Hofe  eine  italienische  Oper  zu  erricht^^ 
Friedrich  August  I.  ging  nicht  ohne  einiges  Widerstrel^^^ 
darauf  ein.    Er  schien  Gonfiicte  bei  der  Kapelle  zu 
fürchten,  die  Zeichen  der  Eifersucht  blicken  liess. 
leicht,   dass  er  auch  seine  eigenen  musikalischen 
tionen   davon   bedroht   sah.     Genug,    er    war  mit 
abgeschlossenen    Gontracten,  die  in   der  That   über 


—    121     — 

IcQBtspielig  waren^  nicht  immer  einverstanden.    Mit  Ans- 

nahne  des  Kapellmeisters   Joh.  Dav.  Heinichen,  der 

sich    durch    seine    Compositionen    bereits    einen    wohl- 

begründeten    Bof    erworben    hatte^    betrafen    sie    nnr 

Italiener.  Als  die  bedeutendste  Erwerbung  muss  die  des 

bertihmten    Kapellmeister    Antonio    Lotti   und    seiner 

Gemahlin  Santa  Stella  bezeichnet  werden^   welche  die 

(^      die    damalige   Zeit    ausserordentliche   Summe    von 

10^500  Thlr.  jährliches   Gehalt   bezogen.    Kaum  minder 

^oltig  war  die  des  Sopranisten  Francesco  Bernardi^ 

^n«nnt  SenesinO;   und   des  Violinisten  Veracini,  vor 

welchem   selbst  Tartini   sich   gebeugt   haben   soll     Im 

Uel>rigen   bestand   die  Gesellschaft  aus  def  Sopranistin 

M&Tgherita     Gaterina    Zani,     der    Altistin    Lucia 

G&ggi;  dem  Sopranisten  Matteo  Berselli;  dem  Teno- 

i^^nGuicciardi;  dem  Dichter  Luchini  und  aus  noch 

^  ^jideren  Sängern.    Der   ganze  Etat   der   italienischen 

Ol^er  betrug  im  Jahre  1718  45,000  Thlr. 

Antonio  Lotti,  1665  in  Venedig  geboren  und  damals 
ein^r  der  bedeutendsten  Vertreter  der  venetianischen 
S^liule,  ein  Schüler  Legrenzi's  und  Lehrer  Benedetto 
J^^jrcello's,  war  seit  1692  Organist  an  San  Marco.  Er 
^^T  ausgezeichnet  durch  Einfachheit  und  Klarheit  des 
°^yls,  Wahrheit  der  Empfindung  und  Kraft  des  Ausdrucks, 
^ine  Stärke  lag  in  seinen  Kirchencompositionen  und 
^^^rigalen.  Fttr  die  Oper  fehlte  es  ihm  an  Energie  und 
^^1)endigkeit,  aber  Niemand  hat  in  neuerer  Zeit  besser, 
^%  er,  die  menschlisohe  Stimme  auf  natürliche  Weise  zu 
^^^iwenden  verstanden.  (Fötis.)  In  der  Instrumentation 
^^^r  er  vorgeschrittener,  als  die  meisten  seiner  Landsleute, 
^i«  hierin  gegen  die  Franzosen  und  später  noch  mehr 
^^gen  die  Deutschen  zurückblieben.  Er  bediente  sich 
^^rsclben  schon,  um  den  Gesang  reizender  und  bedeut- 
samer zu  machen.  Das  Streichquartett  bildete  bei  ihm 
^te  Grundlage  der  instrumentalen  Begleitung,  doch  liess 
^f  in  charakteristischer  und  mannichfaltiger  Weise  Blas- 


—     122    — 

I 

instxumente  hinzutreten.  Fürstenan  bemerkt,  dass  gerade 
hierin  seine  Dresdner  Opern  sich  aaszeichnen,  was  theib 
auf  den  Einflnss  der  deutschen  Musik,  theils  auf  die 
trefflichen  Bläser  der  sächsischen  Kapelle  zurflokgefflhrt 
werden  darf.    Es  sind  von  ihm  19  Opern  bekannt 

Seine  Gattin  Santa  Stella  galt  fttr  eine  der  ersten 
Sängerinnen  der  Zeit.  Quanz  sagt,  dass  sie  eine  volle 
kräftige  Sopranstimme  besessen  und  sich  durch  gute 
Intonation  und  guten  ,;Trillo'^  ausgezeichnet  habe,  wo- 
gegen ihr  die  hohen  Töne  einige  Mtthe  gemacht  hätten. 
„Das  Adagio  war  ihre  Stärke;  das  sogenannte  Tempo 
rubato  habe  ich  von  ihr  zum  ersten  Male  gehört  — 
Senesino  zeichnete  sich,  nach  Quanz'  Urtheile,  ebenfalls 
durch  reine  Intonation  und  „trefflichen  Trillo^^  aus.  Er 
hatte  einen  schönen  Mezzo-Sopran  und  erstieg  selten  das 
zweigestrichene  F.  Sein  Vortrag  galt  für  vollendet.  Er 
war  voll  Feuer  und  edler  Natürlichkeit  —  doch  eignete 
er  sich  besser  für  Helden-  als  Liebhaberrollen. 

Was  Heinichen  betrifft,  welcher  am  17.  April  1683 
zu  Grossuln  bei  Weissenfeis  geboren  war,  so  erhielt  er 
seine  Bildung  und  ersten  musikalischen  Anregungen  aof 
der  Thomasschule  in  Leipzig.  Auf  seiner  späteren 
Studienreise  in  Italien  machte  er  die  Bekanntschaft  des 
Fürsten  von  Anhalt -Köthen,  der  ihn  dem  sächsischen 
Kurprinzen  in  Venedig  empfahl.  Er  hat  sich  besonders 
durch  seine  Gantaten  und  seine  theoretischen  Arbeiten 
Buf  und  Ansehen  erworben.  Man  rühmte  von  ihm,  dass 
die  Natur  all  seine  Töne  begleite,  und  Hiller  sprach  ihm 
genaue  Kenntniss  des  wahren  Kirchen-  und  Opem- 
styls  zu. 

Mit  dem  Engagement  dieser  ausgezeichneten,  aber 
auch  sehr  kostspieligen  Gesellschaft  hing  der  Bau  eines 
neuen  Opernhauses  zusammen.  Die  Architekten  Ales- 
sandro  und  Girolamo  Marco  waren  zu  diesem  Zwecke 
nebst  6  Malern,  5  Zimmerleuten  und  2  DoUmetschem  aus 
Italien    verschrieben    worden.      Am  9.  September  1718 


—    123    — 

wurde  der  Grundstein  zu  diesem  Gebäude  gelegt^  welches 
sich  unmittelbar  an  den  südwestlichen  Pavillon  des 
Zwingers  anschloss.  —  Inzwischen  hatte  man  eine  provi- 
sorische  Btthne  im  Bedoutensaale  errichtet^  welche  am 
25.  October  1717  mit  der  Oper  „Giove  in  Argo",  Melo- 
drama pastorale  in  3  Acten^  gedichtet  von  Luchini^  in 
Musik  gesetzt  von  Lotti,  eröffnet  wurde  (Fttrstenau  giebt 
eine  genauere  Beschreibung  derselben).  Die  Decorationen 
und  Maschinerien  waren  von  Mauro^  die  Tänze  vom 
Balletmeister  Duparc.  Zwischen  den  Acten  sang  die 
Constantini  (die,  wie  es  scheint;  erst  in  diesem  Jahre 
als  Sängerin  angestellt  worden)  mit  dem  Bassisten  Bor- 
sari  italienische  Intermezzi;  eine  Art  burlesker  Zwischen- 
spielC;  aus  denen  die  Opera  buffa  und  das  deutsche  Sing- 
spiel entstanden. 

Es  wird  vielleicht  hier  am  Orte  sein,  ein  paar  Worte 
Aber  diese  eigenthttmliche  Gattung  von  Spielen  und  ihre 
Entstehung  zu  sagen. 

Bei   dem  antiken   Drama^  welches  aus   dem  Ghor- 
gesange  hervorging;  blieb  dieser  auch  ursprünglich  die 
Hauptsache;  wie  der  Chor  anfangs  entweder  der  Held 
oder  der  Gegenspieler  des  Dramas  war.    Aus  ihm  trat 
die    Rede    und    Wechselrede   gewisserm'assen    zwischen- 
spielartig hervor.    Bald  aber  kehrte  sich  das  Verhältniss 
uiD;  der  Chorgesang  fiel  allmählig  zum  Zwischenspiele 
ierab;  anfangs  noch  in  innerer  und  äusserer  Verbunden- 
heit mit  dem  Drama;  die  jedoch  immer  loser  wurdC;  bis 
^   zuletzt   dem  Drama;   das  er  in  eine  bestimmte  Zahl 
^on  Tbeilen  zerlegte,  als  etwas  ganz  davon  Unabhängiges; 
^Ibstständiges  gegenttbertrat*    Indessen   blieb   er   doch 
^och  in  einem  bestimmten  Zusammenhange  mit  der  Or- 
%tinisation   desselben;   d.  h«  er   durfte  das  Drama  nicht 
'Willktlrlich   in  einzelne  Theile  zerlegen;   sondern  diese 
1?lieilung  musste  für  die  Entwicklung  desselben  eine  be- 
stimmte Bedeutung  habeu;  wodurch  er  auch  selbst  wieder; 
%Ib  Zwischenspiel;  seine  bestinmitere  Bedeutung  erhielt. 


—     124     — 

Mit  der  Aasbildimg  der  dramatischen  Form  miisste  hmd 
nämlich  auf  eine  bedeutsamere  Gliederung  der  einzelnen 
Entwicklungsphasen  der  Handlung  bedacht  sein,  und  in- 
dem man  dieselben  zu  einer  bestimmten  Abmndung,  sa 
einem  bestimmten  Abschlüsse  brachte,  wurden  auch  ihnen 
entsprechende  Ruhepunkte  gefordert,  in  denen  nun  eben 
der  Chor  eintrat   und  die  Ueberleitung  zu  dem  nächsten 
Theile  vermittelte.    Diese  Suhepunkte  wurden  aber  noek 
aus  anderen,  in  der  menschlichen  Organisation  liegenden 
Ursachen   bedingt.    Denn  einerseits  bedurften  ihrer  db 
Darsteller,  um  die  ermüdeten  Organe  ihre  ursprüngliche 
Frische  und  Spannkraft  zurückgewinnen  zu  lassen,  und 
andererseits  bedurfte  der  Zuschauer   ebenfalls   einer  .ge- 
wissen Erholung,  damit  seine  Empfänglichkeit  nicht  all- 
mählig   erschöpft   werde.     Wohl   könnte  man   glaubeot 
dass  eine  völlige  Ruhe,  eine  völlige  Unterbrechung  det 
Anschauungsthätigkeit  hierzu  am  geeignetsten  wäre.  Atteü^ 
die  Erfahrung  lehrte,   dass  die  blosse  Unterbrechung,  äki^ 
leere  Pause   den  Zuschauer  nicht   nur  aus   der  küm^^ 
lerischen  Illusion  und  Spannung  völlig  herausriss,  sond^^ 
ihn   auch    zur   Ungeduld   reizte   und  durch  Langew»^ 
ermüdete.    Sobald    aber   einmal   der  Chor  zum   blosi^^ 
Zwischenspiel  herabgesunken  war,  glaubte  man  ihn  auc^^ 
wenn  nicht  völlig  entbehren,  so  doch  durch  etwas  Ander^^ 
ersetzen  zu  können.    Dieser  Ersatz  musste  ein  versch^^^ 
dener   sein.  Je   nachdem   man   bei   der   Ausfüllung   d 
Pausen  mehr  das  Moment  der  Ueberleitung  oder  das 
Erholung  in   Betracht   zog.     Denn  jenes  musste   mej 
dahin   führen,    dem  Zwischenspiel  einen   Charakter 
geben,  der  in  einer  sei  es  äusseren  oder  inneren  Beziet^^*^ 
uog  zum  Drama  oder  doch  zu  der  Grundstimmung 
selben   stand.    Dieses  musste  dagegen  mehr  auf  eine^ 
Oegensatz  zu  dem  einen  und  anderen  ausgehen.    Häufi^*^ 
genug  aber  wirkten  beide  Momente  zusammen,  weil,  wen^ 
auch   nicht  immer  das  erste,   so  doch  das  zweite  dabei 
berücksichtigt  werden  musste. 


—    125    — 

bot  aber  nicht  nur  das  Medium 
r  »nderen  Kunst  —  also  für  das  reeitirendo  Drama 
die  Mnsik,  daher  anch  der  Gpsang  oder  der  Tani,  die 
Paotominie,  in  Epätcrer  Zeit  die  Malerei,  das  Tablean, 
Jm  lebende  Bild  — ,  sondern  hei  Tm^ödien  auch  noch 
das  Komisciic  Schon  bei  den  Alten  begegnen  wir  rein 
mntnkiilischen  nnd  pantomimischen  Zwischenspielen  — 
nnd  anch  das  altenglische  nnd  altspanische  Theater  hat 
wlir  truL  dergleichen  Spiele  gehabt,  jene  ihre  Jigs  nnd 
Interludee,  diese  ihre  Entremeses,  Pasos  und  Saynetes. 
Sie  scheint-n  mit  den  Entremeti}  und  Zwischenspielen  in 
Verbindung  gestandi'n  zu  haben,  welche  bei  den  Gast- 
mlhlem  der  Fürsten  und  Grossen  zwischen  den  einzelnen 
Uän^n  zuerst  von  fahrenden  Leuten,  später  von  beson- 
dereu  im  Dienste  derselben  siehenden  Minstrels  und  players 
"f  interludes  dargestellt  wurden.  Es  kam  dabei  viel 
decorntive  Pracht  und  meehanisclie  Kunst  in  Anwendung. 
Aneh  Tsbleaux  nnd  lebende  Rüder  kamen  dabei  vor,  wie 
»i^  wennschon  von  weit  geringerpr  Art,  auch  die  Nieder- 
länder nicht  selten  bei  ihren  Schauspielen  anwendeten. 
Das  akademische  Drama  der  Neueren  nahm  in  Nach- 
»hmung  der  Alten  die  Chöre  (bei  di'n  Deutschen  ,^eihen" 
genannt)  wieder  auf.  An  ilire  Stelle  traten  dann  die 
Ballete  und  bei  den  ernsten  Opern  die  Intermezzi.  Doch 
scheint  es  schon  früher  Intermezzi  gegeben  zu  haben,  die 
W  den  der  Oper  vorausgehenden  Tragödien  nnd  Co- 
RiMien  angewendet  wurden.  So  wird  Bardi's:  „11  cora- 
HttimeLto  d'Appnllino  col  serpente",  componirt  von 
"accini,  schon  als  Intermezzo  bezeichnet.  Spater,  nach- 
dem eich  burleske  Scenen  in  die  ernste  Oper  eingedrängt 
batten  und  man  diese  zu  purificiren  und  jene  wieder 
davon  auszuscheiden  begann,  verlegte  man  sie  in  die 
^wischenacte.  Ans  diesen  Zwischenspielen  sind  nun 
die  späteren  Intermezzi  entstanden,  burleske  Singspiele, 
"iMbI  zwischen  nur  zwei  Personen  und  aus  zwei  Acten 
•"«stehend.    Das   berühmteste    war  die  „Serva  padrona" 


—     126    — 

des  Pergolese^  aas  welcher  sicli  die  Opera  birffa  entwickelt 
haben  soll.    Doch  hat  es  schon  früher  Ansätze  znr  ko- 
mischen Oper  gegeben.     Als  erster  Versuch  dieser  Art 
wird  der  ;;Anfipamasso''  des  Orazio  Vecchi  genannt  — 
Mit  der   vorgeschrittenen  Ansbildnng  der  instnunentaien 
Mnsik   wurden   aber   alle   diese  Spiele   durch   rein  mu* 
sikalische     Zwischenspiele    verdrängt;     bei    den     Opern 
aber  meistentheils   aufgehoben.    Nur  in  seltenen  Fällen 
hat   man  jene  Zwischenspiele  in  Verbindung  oder  auch 
nur  in  Beziehung  mit  dem  dramatischen  Spiele  gebrach^ 
zwischen  dessen  Acte  sie  eingelegt  wurden.     Dagegen 
standen  sie  meist  unter  sich   in  einem  bestimmten  Zn- 
sammenhang.   Christian  WeisC;  welcher  zu  einigen  seiner 
Dramen  Zwischenspiele   gedichtet  hat;  bemerkt  hieiza: 
;;Weil  etliche  Leute  gern  Comödien  sehen,  die  fein  laikg 
sind;  überdies  bei  der  heutigen  Welt  nichts  mehr  ästinnitt 
wird;  als  wo  vielfältige  Auffzüge  und  Verändemngeo  ix3it 
unterlauffen^',  so   habe    er  zwischen  die  Acte  Zwisch^i^' 
spiele  gelegt;  womit  er  die   üblichen  Reihen    der    T^^ 
gödie  ersetzen  wolle.    Diese  Zwischenspiele  waren  b^^^^ 
einfach  und  wurden  meist  von  nur  wenigen  Personen      ^ 
bäurischem  Dialekt  gesprochen.    Sie  waren  jedoch  sc1b>  ^^ 
damals  keineswegs   neu.     Bereits  1610  hatte   der  R 
tor  Oerlach  in  Zittau  seine  biblischen  Schnicomödien 
ähnlichen  Zwischenspielen  versehen;  die  durch  die  nied.  ^^ 
ländischen  und  englischen  Comödianten   nach  DeutsC^b- 
land  gebracht  worden  sein  mögen. 

Die  musikalischen  Intermezzi;  denen   wir   also 
zum  ersten  Male   in  Dresden  begegnen;   sollten  nun 
längere  Zeit  regelmässig  bei  den  Opemvorstellungen 
gewendet  werden.  Doch  wurden  sie  auch  bald  unabhän 
von  diesen  gegeben  und  italienische  Intermezzisten  w 
lange   eine   gefährliche   Concnrrenz   fUr    die    deutsche 
Schauspielertruppen. 

Der   König;    vielleicht    befürchtend,    seine    eigenen 
Liebhabereien  durch  die  Italiener  in  Schatten  gestellt  zn 


-     127    — 

i^^en,  liess  jetzt  anch  das  Ballet,  sowie  das  französiBehe 
und  italieniwlie  ScLaTiF^piel  verstärken.  Die  Truppe  des 
Irtileren,  bei  welchem  in  dicBcm  Jahre  Gioyanni 
Albprto  Ristori,  der  Sohn  des  früheren  Impresario, 
aufstellt  wnrde,  tlihrte  auch  kleine  Opern,  Intermezzi 
ood  Serenaden  auf,  Ristori  war  zngleich  Director  der 
i^leinea  Eammermnsik",  anch  „polnische  Kapelle"  genannt, 
weiche  von  der  Kapelle  abgezweigt  worden  war,  um 
fortan  den  König  auf  seinen  Reisen  zu  begleiten. 
Sie  wurde  zu  einer  Art  Vorschule  fUr  das  Stamminstitut 
nod  beetand  ans  einem  Vorgeiger,  4  Violinisten,  2  Hor- 
nisten, 1  Oboisten,  3  Fagottisten  und  1  Contrabassisten. 
Ristori  war  ein  überaus  fruchtbarer  Komponist  und  seine 
lutenDezz)  und  komischen  Opern  erlangten  grosse  Beliebtheit. 
Der  Carneval  des  Jahres  1718  brachte  unter  Anderem 
fine  neue  Oper:  „Aseanio  ovvero  gli  odi  delusi  del  sangne" 
von  Lotti  mit  Intermezzi  von  Frawesco  Gasparini  und 
Giov,  Buononcini,  Die  Balletmusik  war  von  Volumier. 
Bei  den  bekannten  Festlichkeiten,  welche  im  Monat 
Augnet  desselben  Jahres  in  Moritzburg  stattfanden, 
wurde  Ristori's  Oper  „La  Cleonicc"  gegeben,  unmittelbar 
darauf  aber  die  Zani,  die  Lueia  und  Aogelo  Gaggi  ent- 
lassen; die  hierdurch  entstandene  Lücke  jedoch  bald 
wieder  ergänzt.  Veracini,  der  damit  beauftragt  war, 
^nano  die  Margherita  Duraatanti  (mit  522(  Thlr. 
Gehalt),  die  Maria  Antonia  Laurent!  gon.  Coralli, 
nnd  die  Vittoria  Tcsi,  zu  denen  später  noch  die  Sänge- 
rinnen Made! eine  de  Snlvay  und  Joh.  Eleonore 
Hesse,  die  Gattin  des  berühmten  Gamlienspielers  Ernst 
Christian  Hesse,  der  ebenfalls  (Beide  jedoch  nur  auf 
8  Monate)  engagirt  wurde,  hinzutraten.  An  Luchini's 
Stelle,  der  1718  mit  einem  jungen  Mädchen  aus  Dresden 
verschwand,  wurde  der  uns  schon  von  trüber  bekannte 
iiofpoet  Stefano  Pallavicini  wiedergewonnen.  Der 
grtisete  Gewinn  war  die  Tesi.  Quanz  sagt  von  ilir:  „Die  Tesi 
war  mit  einer  miinntich  starken  Contraaltstimme  begabt. 


—    128    — 

Im  Jahre  1719  zu  Dresden  sang  sie  meistentheils  solclie 
Arieü;  als  man  fQr  Bassisten  zu  setzen  pfleget  Jetzo 
aber  (1725)  in  Neapel  hatte  sie  tlber  das  Präoli- 
tige  und  Ernsthafte  auch  eine  angenehme  Schmeichelei 
im  Singen  angenommen.  Der  Umfang  ihrer  Stimme 
war  ansserordentlich.  Hoch  oder  tief  zu  singen  machte 
ihr  beides  keine  Mtthe.  Viele  Passagen  waren  eben 
nicht  ihr  Werk.  Durch  die  Action  aber  die  Znschaoer 
einzunehmen,  dazu  schien  sie  geboren,  absonderlich 
Mannesrollen/' 

Man  verfügte  jetzt  über  ein   Ktlnstlerpersonal, 
es  nur  wenige  Höfe  aufzuweisen  hatten,  und  konnte  den 
grossen  Festlichkeiten  zur  bevorstehenden  Vermählung»- 
feier    des   Kurprinzen,    auf  welche    all'    diese    Anstel- 
lungen wohl  abzielten,  mit  völliger  Zuversicht  enl 
sehen.  * 

*  Ich  theile   (nach  Fürsten  au)   das  Verzeichniss  der 
liehen  Mitglieder  der  Kapelle  und  des  Theaters  v.  J.  1718  hier 

Eapell-  und  Kammermusik.     Kapellmeister  Schmidt 
Heinichen  (jeder  1200  Thlr.),  Concertmeister  Volumier  (1200  Thl«"-)» 
Kammercomponist    und  Violinist  Veracini   (1200   Thlr.)i   KamÄ»^^*" 
componist  und  Organist  Petzold  (460  Thlr.),  Organist  Schmidt  (800 Tbl^-  ^ 
Pantaleonist  Hebenstreit  (1200  Thlr.),  Theorbist  Weiss  (1000  Thl^-^ 
Francesco    Arigoni   (400    Thlr.),   Violagambist  Bentley  (400  Thl^-^' 
7  Violinisten  (2930  Thlr.),    G   Bratschisten    (1168  Thlr.),   6   Viol<^^^ 
Cellisten  (1750  Thlr.),   3  Contrabassisten  (1400  Thlr.),  2  Flötis'^^^ 
(900  Thlr.),  6  Oboisten  (3080  Thlr.),  2  Waldhomisten  (640  TLl^*^^ 
3  Fagottisten  (940  Tblr.),   1  Instrnmenteninspector   (140   Thlr.)^ 
Notist  (80  Thlr.),    1   Ciavierstimmer  (150    Thlr.),   1    Kapelldie^ 
(100  Thlr.),  zusammen  21,820  Thlr. 

Italienische  Oper.  Kapellmeister  A.  Lotti  (9976  Thlr.  i^*^^ 
semer  Gattin),  Poet  Pallavicini  (1333  Thlr.);  Sängerinnen:  Sta  St^*  - 
Lotti,  Margh.  Durastanti  (5525  Thlr.),  die  Coralli  (2376  Thlr.),  ^^ 
Tesi  (2376  Thlr.),  Mad.  de  Salvay  (2000  Thlr.),  Livia  Consttn*^^ 
(1600 Thlr.);  S&nger;  il  Senesino  (6660  Thlr.),  Berselü  (4276  ThM^^  ^|* 
Boschi  (3325  Thlr.),  Guicciardi  (2850  Thlr.),  Borsari  (1838  Thl^^"*'' 
2  Souffleure  (320  Thlr.),  zusammen  43,636  Thlr. 

Musiciens   vocals    frangais:     Marg.   Prache    de    TüL' 
Dessus- Sopran  (400  Thlr.),  Fran^ois   Godefroi  Beauregard,   Hai» 


—    129    - 

Inzwischen  war  auch  der  Bau  des  neuen  Opern- 
banges  vollendet  nnd  damit  zugleich  die  Vorbereitung 
i^  dem  musikalisch-theatralischen  Theile  dieser  Festlich- 
keiten beschlossen. 

Dieses   Gebäude    war    damals    eines    der    grössten 
Theater.     Es   nahm    einen   Flächenraum   von   ungefähr 
24BO  □Meter  ein,  bei  einer  Länge  von  circa  70  Meter, 
auf    28 Vi    Meter    Breite.      Die    Bühne    selbst    umfasste 
980  □Meter,  sie  war  43  Meter  tief  und  23  Meter  breit. 
Der  etwas  kleinere  Zuschauerraum   enthielt  2000  Plätze. 
&    bestand  aus  dem  mählig  aufsteigenden   Parterre,  an 
d&8  sich  zu  beiden  Seiten  ein  Amphitheater  in  drei  Ab- 
stufungen anschloss.    Darüber  erhoben  sich  drei  Reihen 
Logen,  eine  jede  achtzehn  derselben  umfassend.    Der  der 
^Uhne  gegenüberliegende  mittle  Raum  wurde  ausschliess- 
Hcli  von  der  sich  im   ersten  Range   erhebenden    grossen 
königlichen   Loge   eingenommen.     Etwas    tiefer   liegend 
^aren  noch   überdies  zwei  königliche  Logen   im  Prosce- 
^ium  angeordnet.     Die   Ausschmückung   entsprach    dem 
^^uialigen  italienischen  Geschmacke.  Die  Decke  war  mit 
^^mälden  von  Mauro  geziert. 

Nach   achtjähriger  Abwesenheit   war   am   23.  März 
^*^19  der  sächsische  Kurprinz  endlich   nach  Dresden  zu- 

«5^»^trc-AU  (400  Thlr.),  Pierre  Diar,  Taille-Tenor  (500  Thlr.),  J.  Dav. 
^*"ot,  Basse  v600  Thlr),  zusammen  li)00  Thlr. 

Comedieiran^aise:    10  Schauspieler,  11  Schauspielerinnen, 
^ouffleuriii,  zusammen  10,866  Thlr. 

Dause:  Balletmeister  Duparc  (1000  Thlr.),  Unterballetmeister 
^*C  Corette  (400  Thlr.),  10  TÄuzer  und  10  Tänzerinnen  (9433  Thlr., 
^^^^nter  die  Duparc,   le   Conte   und   Clement   mit  je   1000   Thlr.), 


^mmen  10,833  Thlr. 

Com^die  italienne:  16  Schauspieler  und  Schauspielerinnen, 
rammen  5333  Thlr. 

Ranmeister,  Maler,  Zimmerleute:   zusammen  10,418  Thlr. 
Beamten,  Officianten  und  Handwerkerpersonal:  1426  Thlr. 
Total:   106,234  Thlr.  (wobei  die   Gehalte  des  Ehepaar  Hesse 
^d  das  Ristoh's  noch  nicht  mit  einbegriffen  sind). 


rttckgekehrt  und  mit  grosani  Feieiiicbkeiten  durf 
empfangen  worden,  Öclion  im  Ängust  reiste  er  wH 
nacli  Wien,  um  durch  die  Vermälilung  mit  der  Eiri 
zogin  Maria  Josepha,  der  ältesten  Tocliter  Kaiser  Jose^ 
die  Bande,  welche  das  aäcbsische  mit  dem  Kaiserhi 
verknUpIlen,  noch  enger  zu  scbliesscn.  Der  Pflege 
muBikatischen  Künste  am  Dresdner  Hole  wurde  tiierdi 
eine  neue  Scbützerin  gewonnen.  Kam  doch  die  ja 
Knrprinzesein  von  einem  der  kunstainnigsten  Höfe' 
war  sie  docb  selbst  eine  Scbtllerin  deB  berUbmten  Kaj 
meisters  Porfile.  Am  2.  September  erfolgte  der  te 
liebe  Einzug  der  Neuvermählten  in  Dresden,  an  welc 
sieb  in  nnunterbiocbener  Folge  bis  zum  3U,  dessH 
Monats  die  glänzendsten  und  zum  Tbeil  wunderlich 
Festlichkeiten  anschlössen,  deren  Bescbreibnng  biet 
tbeilweise  berileksicbtigt  werden  kann. 

Am  3.  September  fand  die  festüebe  Erößiiung 
neuen  Opernhanses  mit  der  schon  früher  gegebenen  £ 
„Giove  in  Argo"  von  Lotti  statt,  in  welcher  diesmal 
Laurent!  und  Tesi  die  Partien  der  Zani  und  Q) 
übernommen  hatten.  Die  Einladungen  dazu  wai 
durch  Fouriere  angesagt.  Zutrittsi^hig  war  Jeder,  weti 
den  Rang  eines  Kammerjunkers  oder  Obristen 
Die  Platze  wurden  im  Parterre  durch  Kammerhen 
den  Logen  durch  Kammerjunker  angewiesen.  Bei 
opern  sass  die  königlicbc  Familie  meist  in  dem  dem' 
ehester  znnäcbst  gelegenen  Tbeile  des  Parterre,  in  wel 
dann  im  Uebrigen  nur  hoffähige  Damen  in  grosser  Toi 
zsgelasaen  wurden.  Bei  gewöhnlichen  Vorstellungeni 
der  König  seinen  Platz  in  der  rechten,  der  Kroo] 
in  der  linken  Prosceniumsloge.  Der  übrige  Hof 
sammelte  sich  in  der  grossen  Mittelloge;  während 
Damen  das  Amphitheater  angewiesen,  die  Logen 
ersten  Ranges  aber  für  die  höchsten  Würdenträger  M 
virt  wurden.  Am  7.  September  fand  eine  Wiederhol 
der  Oper  „.\Bcania"  von  Lotti,  am  13.  die  Aufftlbrung* 


Oper  „Teofaoa"  von  Pallavicmi  und  Lotti  statt.   Die 

wareu  von  Dnparc,  die  Musik  dazu  von  Volumier, 

Secorationen   von    Mauro.     Seneaino,  Santa  Stella, 

^Mchi,  Darastanti,  Berselli,  Tesi  und  Guieciardi   waren 

owin  bescbäftigl.    Statt  der  Zwischenspiele  waren  alle- 

foriscbe  Sccnen  eingelegt,  in  denen   die  Coralli,   welche 

OBf  liieren  engagirt  war,  als  Felicitä  und  Najade  auftrat. 

'0  dieser  Oper  kam  neben  neuen  TiieaterelTecten  zuerst 

oer  einer  Uubnenmusik  vor.    Auch   ist  es  vielleicht  das 

einzige  MnsikslUek  des  Meisters,    in    dem    er  Trompeten 

DinI   Pauken  angewendet  hat,  —  Am  23.  September  bei 

dem  Venus-  oder  Uamenfest  wurde  anf  dem  im  Grossen 

Ö»rt«n    eingerichteten    freien   Theater    ein    französisehes 

Oirertissenient  von  51  Personen  aus    den    obersten  Hof- 

'■'Ciaeii    aufgeführt.     Den    Text    hatte    der    französische 

^(^«aspteler   Poisson,  die  Musik    KapelhneiBter   Schmidt, 

^    BaÜets  Dnparc  dazu  geliefert.  —  Ausser  den  Wieder- 

'"■lungcn   der   oben    genannten    drei  Opern  fanden  noch 

"tte    Reihe    von    Vorstellnngen    der     französischen     und 

'tilieniechen  Schauspieler  statt,  Über  weiche  jedoch  nähere 

^ttkcilungen  fehlen.     Das   Repertoire    der   franzöeischeu 

^lianspieler  soll  damals,  nach   FUrstenau's  Angabe,    be- 

^^ders     ans      folgenden     Stucken     bestanden     haben: 

^■■*g6diefl;    Andromaqne,   Bajazct,  Alesandre,  Phßdre 

inci  Berenice  von  Racine;    Les    Horaees,    Le   Cid,   Poly- 

«■Bctc  und  Cinna  von  P,  Corneille;  Ariadne  von  T.  Corneille; 

^^"Sctre  und  Radamiste  von  Crebillon  d,  Aelt.  —  Grandes 

*-'öin*dicB:     La  Princesse  d'Elide,  Tartuffe  und  Le  Mi- 

"^thropc  von  Moli^re;   L'inconnue  von  T.  Corneille;   La 

"^■t^  capilaine  von  Montfleury;    Le   jaloux    desabus^  von 

^Hipistron;  Les  bourgeois  Ä  la  mode  von  Sayntion  und 

^•■»conrt;    Esope  ä  la  Cour  von  Bonrsnult-  —  Petitea 

^^m^dies:     Les    folies    amonrenses   von   Regnard;   Le 

'^**4iii  maillard  von  Dancourt,   Musik   von   Gilles;   L'Estä 

^%  coqnilles  von  Danconrt;  La  coupe  i>nchant^e  von  La 

'ÄJitaine  nnd  Champmeslä.  —  Gewiss  haben  sie  aber  auch 


—     132    — 

französische  Operetten  und  darunter  solche  von  Ltdl, 
gegeben.  Der  Tourist  Leen  spricht  sich  über  ihre  Le 
stungen  folgendennassen  aus:  „Die  zweierlei  Bande 
yon  Gomödienspielem  sind  die  ausgesuchtesten  ihrer  Ar 
die  eine  besteht  aus  Italienern,  die  andere  aus  Franzose 
Die  Tänzer  und  Tänzerinnen,  welche  hierbei  bald  ; 
Reihen,  bald  einzeln,  bald  paarweis  ihre  seltene  Gescbicl 
lichkeit  zeigen,  sind  aus  eben  dem  Land,  wo  die  Leichtij 
keit  der  Füsse  und  des  Geblüts  die  Menschen  am  meist! 
hüpfen  und  springen  macht.  Die  berühmte  Duparc  h 
ihres  gleichen  nicht  in  der  Behendigkeit  und  in  den  g 
schickten  Wendungen;  allein  man  ziehet  ihr  nun  di 
schlechte  Tänzerin,  nämlich  die  Clement  vor,  weil  die 
noch  all  ihre  Jugendkräfte  beisammen  zeigt,  welche  jei 
verschwendet  hat.**  Die  französischen  Sänger  sollen  8i< 
besonders  im  Komischen  ausgezeichnet  haben.  Von  d( 
Schauspielern  werden  Grandval,  Belletour  und  d'Err 
mit  ihren  Frau<^n  hervorgehoben. 

Eingehender  noch  ist  folgende  Notiz,  die  ich  d( 
„Beyträgen  zur  Historie  und  Aufnahme  des  Theater 
V.  J.  1750  entnehme:  ^Die  trillcrgewohnten  Kehlen  d 
Operisten  zogen  zwar  viele  Zuschauer  und  Liebhaber  d 
Musik,  des  Erstaunenden  und  Grossen  dahin  (in  d 
Opernhaus  nämlich),  doch  durch  die  geschickten  V( 
Stellungen  eines  Belletour,  Grandval,  La  Roque,  Der? 
und  ihrer  Weiber,  auch  eines  niedlichen  Tänzers  Rottii 
und  Desnoyers,  einer  Duval,  Rotti^re  und  Vaurinvi 
wurde  dieser  Ort  allezeit  ein  Sammelplatz  der  Leute  v 
gutem  Geschmack.  Die  natürlichen  Intermezzosäng 
Beauregard  und  Drok,  der  erstere  ein  Tenorist  und  c 
letztere  ein  Bassist,  nebst  der  Jungfer  Prache  und  Brun 
erweckten  mehr  Gelächter  und  Vergnügen,  als  der  bei 
Harlekin  .  .  .** 

All  diese  dra^iatischen  Spiele  wechselten  mit  Fe 
lichkeiten  im  Geschmacke  der  alten  Inventionen,  Wir 
Schäften   und  Mummereyen,   und  der  Ton  scheint  tn 


—    133    — 

des  verfeinerten  äusseren  Ansehens  zuweilen  kaum  minder 
derb,  als  irttlier  gewesen  zu  sein.  Musik  und  dramatisch- 
allegorische Elemente  zogen  sich  auch  durch  diese  Fest- 
spiele.   So  kam  bei  dem  Feste  der  7  Planetenlustbarkeiten 
am  ersten  Tage  eine  Cantate  von  Heinichen:    La  Gara 
degli  Dei,  welche  auf  der  Anhöhe  des  jetzigen  japanischen, 
damals  holländischen  Gartens  aufgeführt  wurde  —  ferner 
am  zweiten  Tage,  am  Jupiterfeste,  eine  von  Boschi  (als  Ju- 
piter) gesungene  Cantate  von  Lotti  zur  Aufführung,  welcher 
ein  Caroussel  folgte.  Auch  den  dritten,  der  Diana  gewid- 
mete Festtag,  welcher  durch  eine  Jagd  auf  der  alt-dresdner 
^iese  (an  den  Pontonschuppen)  gefeiert  wurde,  eröflFnete 
n^u  mit  einer  Cantate  von  Heinichen.   Dazwischen  kamen 
Feste  von  mehr  volksthümlichem  Charakter,  wie  die   am 
20.  September  im  Zwinger  abgehaltene  Wirthschaft  aller 
Nationen,  zu  welcher  der  Schauspieler  Jean   Poisson 
den  Plan  entworfen  hatte  und  bei  denen  die  französischen 
'Jnd  itah'enischen  Schauspieler  kleine  improvisirte  Scenen 
ansftihrten.     Schade   nur,   dass   diese   Volksth timlich keit 
*^  theuer   erkauft   wurde.     Sollen    diese   Festlichkeiten 
(denen  noch   eine  Reihe   anderer  in  Moritzburg  folgten) 
doch  an  4  Millionen  Thaler  verschlungen  haben! 

Lotti  und  Frau,  sowie  Bossari  und  dieConstantini  wur- 

^^^  Unmittelbar  nach  den  Festlichkeiten  wieder  entlassen, 

^^  Übrigen  Künstler  aber  auf  ein  weiteres  Jahr  engagirt. 

Wie  viel  sich  auch  heute,  selbst  nur  vom  Standpunkte 

f^  Kunst,  gegen  diese  musikalisch-theatralischen  Hoffeste 

^^^Wenden  lässt,  so   ist   es  doch  nicht  weniger  gewiss, 

^^^  damals  die  achtbarsten  Stimmen  sich  enthusiastisch 

*^^r  die  Kunstverhältnisse  am  sächsischen  Hofe  geäussert 

^^>Cn    und   einige   der  bedeutenderen  Musiker  der  Zeit, 

/^^   die    beiden  Graun,    Hiller    u.   A.,    hier    ihre   ersten 

^'^liötlerischen  Anregungen  empfingen.    Selbst  Telemann 

?J^d    Händel    wurden   von    dem   gewaltigen   Rufe   der 

^'^sdner  Kapelle  und  Oper  im  Auslande  angezogen.    Der 

*^tztere,  welcher  damals  (Herbst   1719)    bei    Hofe    als 


—     134    — 

Clavierspieler  auftrat,  war  allerdings  noch  aus  dem  be- 
sonderen  Gmnde   nach  Dresden   gekommen^   fttr  seine 
Oper  in  London   hier  Sänger  zu   gewinnen,  was  seine 
Stellung  ziemlich  peinlich  gemacht  haben  mnss.     Dies 
lässt  sich   ans  einem  Briefe   des  Grafen  Flemming  an 
Fräulein  von  Schulenburg  erkennen,  in  welchem  es  beisst: 
,;J'ai  souhaitö  de  parier  k  Mr.  Händel^  et  lui  ay  vooln 
faire  quelques  honnStetös  k  votre  ögard;  mais  11  n'y  a 
pas  eu  moyen;  je  me  suis  servi  de  votre  nom  ponr  le 
faire  venir  chez  moy^  mais  tantöt  il  n'ötait  pas  an  legis, 
tantöt  il  ^tait  malade;  il   est  un  peu  fou^  k  ce  qu'il  me 
semblc;  ce  que  cependant  il  ne  devrait  6tre  k  mon  6gard, 
Yu  que  je   suis  musicien^  c.  k,  d.  par  inclination  ete.^ 
Fürstenau  hält  es  für  möglich;  dass  die  Uebergriffe,  die 
sich  die  Italiener  kurze  Zeit  später  erlaubten^  absichtlicb 
einen  Bruch  mit  dem  Dresdner  Hofe  herbeiführen  soUteB, 
um  freie  Hand   zu  den   von  Händel   eingeleiteten  Ver- 
handlungen zu  gewinnen.    In  der  That  führte  auch  die 
Anmassung;   deren  sie    sich   schuldig   machten   und  die 
bei  Gelegenheit  einer  Probe    zur  Oper  „Flavio    Crispo" 
von  HeinicheU;  in  welcher  Senesino  es  sich  herausnahmi 
dem  Meister  die  ihm  zugetheilte  Rolle  vor  die  Fttsse  zu 
werfen,  zu   einem  völligen  Bruch.    Der  König  benutzte 
nämlich    diesen    Vorfall,    die    ganze    italienische    Oper, 
selbst  die  Maler,  Baumeister  und  Zinimerleute,  aus  seinem 
Dienst  zu  entlassen.   Rücksicht  auf  nothwendig  gewordene 
Ersparungen  mag  mitgewirkt  haben,  vielleicht  aber  auch 
eine    gewisse    Unzufriedenheit,    den    französischen    Ge- 
schmack  durch  den   italienischen  überflügelt    zu    sehen. 
Der  erstere  wurde  jetzt  für  einiu:e  Zeit  wieder  herrschend. 
Doch    mochte    der    Kurprinz    wohl    bald    auf   Ersatz 
dringen.      Nur   sollte   derselbe   diesmal   mit   massigeren 
Opfern  erkauft  werden.    Zu  diesem  Zwecke  erhielt  1724 
der   sächsische  Gesandte   in   Venedig,    Graf  Villio,   den 
Auftrag,  drei  junge  gut  beanlagte  Sängerinnen  und  vier 
junge  Castraten  ausfindig  zu  machen,  um  dieselben   Dir 


—    135    — 

Rechnung  des  Königs  weiter  ausbilden  zu  lassen.  Venedig 
und  Bologna  waren  seit  längerer  Zeit  wegen  ihrer  Gesang- 
schulen berühmt;  und  so  empfingen  die  Schwestern  Anna 
und  Maria  Rosa  Negri  im  Kloster  alla  pietä^  Maria 
Catanea  bei  dem  Kapellmeister  Scarpari  in  Venedig  und 
▼ier  Castraten  abwechselnd  hier  und  in  Bologna  Unter- 
richt; einer  von  ihnen,  Giov.  Bindi,  sogar  bei  Porpora. 
Sie  traten  1730  in  die  Dresdner  Kapelle  ein  und  namentlich 
Bindi  errang  die  allgemeinste  Beliebtheit.  Schon  1726 
aber  war  man  zum  Engagement  von  neuen  italienischen 
Sängern  und  Sängerinnen  yerschritteu;  die  man  jedoch 
zu  wesentlich  niedrigeren  Bedingungen  als  früher  erhalten 
hatte.  Erst  im  folgenden  Jahre  wurden  jedoch  die  Opern- 
vorstellungen  mit  der  Oper  ^^Calandro'^  von  Pallayicini  und 
Ristori  (die  also  nicht  mit  entlassen  worden  waren)  er- 
öffnet. 

Bis  dahin  hatte  man  sich  hauptsächlich  an  den 
Divertiss^  ments  vergntigt,  welche  der  Schauspieler  Poisson 
entwarf  und  zu  denen  der  seit  1720  als  Kapellmeister 
und  Compositeur  angestellte  Louis  Andr6  die  Musik 
lieferte.  Sie  waren  auf  flüchtige  Unterhaltung  berechnet 
und  auch  meist  in  Eile  entstanden.  Ein  für  Duparc, 
der  1722  gestorben  war,  neu  angestellter  Balletmeister, 
Jean  Fayier,  zeigte  darin  seine  Künste.  Daneben  wurde 
besonders  das  französische  Schauspiel  gepflegt.  An  ihm 
hat  unter  Anderen  die  Neuber  ihre  Studien  gemacht,  und 
auch  Gottsched  rühmt  die  Darstellungen,  welche  er  hier 
zwischen  1725 — 33  von  den  Franzosen  gesehen.  Der 
französische  Geschmack  war  so  herrschend  geworden, 
dass  sich  die  Hofgesellschaft  jetzt  ebenso  im  französischen 
Comödienspiel,  wie  früher  in  den  singenden  Balleten  ver- 
suchte. 

Das  Jahr  1727  brachte  eine  Veränderung  in  der 
Leitung  der  königlichen  Lustbarkeiten,  insofern  Geh. 
Kri**gsrath  Freiherr  von  Gaultier  an  die  Stelle  des 
verstorix  nen  Mordaxt  trat.    In  diesem  Jahre  machte  eine 


—    136    — 

nene  Oper  Pallayicini's  und  Ristori'8:  ^^Un  pazzo  fk  cento 
owero  Don  Cischiotte"  berechtigtes  Aufsehen,  und  schon 
im  folgenden  Jahre  fand  Friedrich  IL,  welcher  mit  seinem 
Vater  den  sächsischen  Hof  besuchte,  die  italienische 
Oper  wieder  auf  einer  Höhe,  dass  er,  berauscht  yon  den 
hier  empfangenen  Eindrücken,  den  Vorsatz  gefasst  haben 
soll,  in  Berlin  eine  ähnliche  Kunstblüthe  hervorznmfen. 
Auch  lernte  er  bei  dieser  Gelegenheit  den  bertibmten 
Flötisten  Quanz  kennen,  den  er  zunächst  mit  Bewilligung 
des  Königs  von  Sachsen  zeitweilig,  später  (1741)  aber 
ganz  in  seine  Dienste  nach  Berlin  herüberzog. 

Um  diese  Zeit  hatte  sich  von  Italien  der  Ruf  eines 
jungen  Deutschen  auch  bis  nach  Dresden  verbreitet, 
welcher  in  Neapel  und  Venedig  als  Sänger,  Ciavierspieler 
und  Componist  die  grössten  Triumphe  feierte:  es  war 
Adolf  Hasse,  vom  Volksmund,  wie  von  den  Lippen  der 
Schönen,  il  caro  —  ja  il  divino  Sassone  genannt  Wegen 
des  Rufs,  den  Sachsen  sich  damals  in  der  Musik  erworben, 
konnte,  nach  der  Meinung  der  Italiener,  jeder  aus- 
gezeichnete deutsche  Musiker  eben  nur  Sachse  sein,  wie 
denn  z.  B.  auch  Händel  von  den  italienischen  Musikern 
also  genannt  wurde.  Der  Ruf  des  noch  jugendlichen 
Hasse  erhielt  einen  neuen  Nimbus,  als  die  gefeiertste 
Sängerin  der  Zeit,  die  schöne,  vielumworbene  Faustina 
Bordon e,  ihn  mit  ihrer  Hand  und  Liebe  beglückte. 
Faustina  hatte  nur  eben  in  London,  sowohl  wegen  ihrer 
Kunst,  lals  wegen  ihrer  Schönheit,  einen  Wetteifer  Aet 
Begeisterung  hervorgerufen  und  über  eine  kaum  minder 
gefeierte  Sängerin,  mit  der  sie  sich  früher  schon  in 
Venedig  gemessen,  mit  der  Cuzzoni,'  nach  langen  Kämpfen 

*  Die  Cuzzoni,  welche  man  ,,den  EngeV*  nannte,  konnte  aock 
zuweilen  ein  kleiner  Teufel  sein.  Es  ist  dieselbe,  welche  Händel 
einmal,  um  sie  gefügig  zu  machen,  hoch  in  die  Luft  hielt,  indem  er 
sagte:  ,,Je  sais  bien  que  vous  6te8  nne  veritable  diablesse,  mais  je 
Tous  ferai  savoir,  moi!  moi!  —  que  je  suis  Beelzebub,  le  chof  des 
Diablest" 


—     137    — 

den  Sieg  davongetragen.  Es  berührte  sie  daher  unan- 
genehm, in  Venedig  einen  neuen  Rivalen  in  der  Gunst 
des  Pnblicums  und  der  Kenner,  wennschon  auf  anderem 
Gebiete,  zu  finden.  Auch  waren  in  der  That  Hasse's 
Erfolge  fast  beispiellos.  Die  Frauen  bekränzten  ihn  mit 
Blumen,  die  Dichter  feierten  ihn  in  Sonetten,  und  wo  er 
sich  sehen  liess,  empfingen  ihn  jubelnde  Zurufe.  Faustina, 
die  sich  von  ihren  Anstrengungen  hier  nur  zu  erholen 
gedachte,  lebte  zunächst  ganz  zurückgezogen,  so  dass 
sich  Beide  noch  niemals  gesehen  hatten.  Eines  Tags 
konnte  sie  dem  Verlangen,  den  Gegenstand  der  allgemeinen 
Bewunderung  zu  sehen  und  zu  hören,  jedoch  nicht  länger 
widerstehen.  Sie  soll,  wie  man  sagt,  in  einer  Gesellschaft, 
in  welcher  er  spielte,  sich  unbemerkt  hinter  seinen  Stuhl 
gestellt  und  sein  Spiel  und  seinen  Gesang  mit  steigender 
Bewunderung  verfolgt  haben,  um  dann  eben  so  unbe- 
merkt von  demselben  den  Saal  wieder  zu  verlassen. 
Allein  ihr  Herz  blieb  zurück.  Sie  konnte  den  Eindruck 
nicht  wieder  los  werden,  und  vom  Glücke  an  die  Er- 
füllung jedes  Wunsches  gewöhnt,  habe  sie  nun  den  Er- 
wählten in  ihre  Nähe  zu  ziehen  und  ganz  an  sich  zu 
fesseln  gewusst,  so  dass  die  vornehme  Welt  Venedigs 
eines  Morgens  von  der  Nachricht  der  Vermählung  Beider 
ganz  plötzlich  überrascht  worden  sei.  Die  Lebens- 
beschreiber  berichten,  dass  Hasse  fortan  nur  noch  für 
Faustina  componirt,  dass  nur  die  Liebe  zu  ihr  ihm  noch 
die  Noten  dictirt  habe.  Gewisser  noch  ist,  dass  seine 
Fran  keinen  geringen  Antheil  an  der  dauernden  Be- 
festigung seines  Ruhms  hatte.  Sein  im  Jahre  1730  ent- 
standener „Artaserse*'  war  die  erste  Oper,  die  er  unter 
diesem  Einflüsse  schrieb.  Zu  dieser  Zeit  wurden  sie 
Beide  von  der  Berufung  an  den  königl.  sächsischen  Hof 
überrascht,  wo  auch  im  folgenden  Jahre  „Cleofide,  Drama 
per  Musica  del  famosissimo  Signor  Giov.  Adolfe  Hasse, 
detto   ü   Sassone'^   unter   seiner  Leitung   und  unter  der 


—     138    — 

Mitwirkung  seiner   Gattin  mit   ungewöhnlichem  Erfolge 
zur  Aufführung  kam.* 

1731  yerliess  aber  Hasse  schon  wieder  Dresden^  noch 
ohne  feste  Anstellung,  wie  es  scheint^  doch  mit  dea 
Titel  eines  königlich  polnischen  und  kurfürstlich  sächii- 
sehen  Kapellmeisters.  1732  dirigirte  er  im  Theater  Grimani 
zu  Venedig  seine  Opern  „Demetrio''  und  ^»Euristeo^.  la 
ersterer  sang  die  Cuzzoni,  in  letzterer  Faustina  die  Haupte 
rolle.  Zwischen  Beiden  war  demnach  der  Friede  wieder 
hergestellt.  Auch  hier  also  sollte  der  Ausspruch  Johann 
Georg's  III.  (s.  S.  107)  wieder  zu  Ehren  kommen.  Erst 
Anfang  1734  kehrten  Hasse's  nach  Dresden  zurück,  und 
zwar^  wie  ans  einem  königlichen  Rescripte  hervorgeht, 
in  Folge  einer  neuen  Berufung  und  auf  Grund  einer 
neuen  Bestallung. 

Aus  diesen  von  Fürstenau  ans  Licht  gezogenen 
Thatsachen  ergiebt  sich  die  Hinfälligkeit  jener  noch 
immer  aufs  Nene  wiederholten  Unterstellungen,  nach 
denen  das  Hasse'sche  Ehepaar  nicht  nur  seit  1731  in 
sächsischen  Diensten  gestanden,  Fanstina  bis  1740  unun- 
terbrochen in  Dresden  geblieben,  ihr  Mann  aber  in- 
zwischen als  unglücklicher  und  betrogener  Gatte  auf 
Reisen  geschickt  worden  sein  sollte.  Dass  Faustina 
gleich  bei  ihrem  ersten  Erscheinen  die  Leidenschaft  des 
Königs  in  einem  Grade  erweckt  habe,  der  ihren  Gatten 
um  den  Alleinbesitz  des  geliebten  Weibes  gebracht, 
würde  in  früherer  Zeit  an  sich  nicht  so  unwahrscheinlich 
gewesen  sein,  weshalb  das  Gerücht  wohl  auch  nur  Glauben 
gefunden  hat.  Wie  die  Thatsachen  aber  lagen,  hätte 
ein  solches  Verhältniss,  wenn  es  überhaupt  stattfand, 
doch  von  nur  kurzer  Daner  sein  können.  Allerdings 
erwarben  sich  Hasse's  vom  Jahre  1734  an  eine  Stellung 


'  Faustina  sang  die  Cleofide,  die  Catanea  die  Eressena,  Cam- 
pioli  den  Porns,  Annibali  den  Alessaudro,  Kochetti  den  Gandarte 
und  Pozzi  den  Timagene.    Die  Kosten  beliefen  sich  auf  11,000  Thlr. 


-    139    — 

nnd  einen  Einflnss  am  Dresdner  Hofe,  wie  er  fast  bei- 
spiellos  in  der  Geschichte  des  Theaters  ist.  Wer  aber 
die  ausserordentlichen  und  rein  künstlerischen  Erfolge 
ins  Ange  fasst^  die  Hasse  sowohl^  wie  Faustina^  wo  sie 
nnr  immer  hinkamen,  errangen,  wer  die  weltmännische 
Gewandtheit  nnd  Betriebsamkeit  in  Erwägung  zieht;  mit 
welcher  Hasse  jene  Stellung  nnd  jenen  Einfluss  auch 
dann  noch  behauptete,  als  Faustina's  Reize  bereits  ver- 
blüht und  der  Zauber  ihrer  Stimme  erloschen  war,  der 
wird  nicht  weiter  nach  anderen  Erklärungen  zu  suchen 
brauchen.  In  jedem  Falle  soll  Hasse,  wie  Fürstenau  auf 
das  Bestimmteste  behauptet,  Dresden  nie  ohne  seine 
Gattin  verlassen  haben. 

Mit  dem  plötzlich  eintretenden  Tode  Friedrich 
August  I.  (1733)  sollten  die  französischen  Einflüsse  am 
Dresdner  Hofe  ihre  Endschaft  erreichen.  Der  Directeur 
des  plaisirs  von  Gaultier  wurde  durch  den  Kammer- 
herm  Heinrich  August  von  Breitenbauch  ersetzt 
und  der  Oberkämmerei  unterstellt,  eine  Einrichtung,  welche 
bis  zum  Tode  des  neuen  Königs  bestehen  blieb.  Gleich- 
zeitig wurde  sowohl  das  französische,  wie  das  italienische 
Schauspiel  aufgehoben.  Einige  der  italienischen  Schau- 
spieler empfingen  Pension.  Nur  Andrö  (als  Compositeur 
de  danse)  wurde  neu  angestellt.^ 

Die  Italiener  waren  nun  auf  dem  Gebiete  der  Oper 
die  Alleinherrscher  am  Dresdner  Hofe  geworden. 

■  Yolumier  und  Schmidt  waren  bereits  seit  1728,  Heinichen 
seit  1729  todt  Des  Erstoren  Stelle  hatte  Pisendel  erhalten.  Den 
Dienst  der  Letzteren  versahen  inzwischen  Ristori,  Zelenke  und  Pezold. 


Die  Oper  unter  Hasse. 


HasRe  und  Fanstlua.  —  Die  Haftse'gche  Oper.  —  Die  HlngotU- 
sche  Entreprlse.  —  Der  Kampf  Hasse's  mit  Porpora  und  der 
Mlofroltl.  —  Knrprinzessln  Maria  Antonia«  —  Rfiektritt  der 
Faustina«  —  Salinii»erl.  —  Die  Opernj^eselischaft  Locatelll's.  — 
Das  Moretti'sche  Theater«  —  lilOtlie  der  Kapelle«  —  AHfl5giiBg 

der  italienischen  Oper. 

Es  war  unstreitig  für  die  Entwicklung  der  theatra- 
lisch musikalischen  Kunst  am  Hofe  zu  Dresden  ein  Glück, 
dass  die  Masik  in  der  Kirche  hier  ein  Gebiet  fand,  wo 
sie  sich  frei  ihren  edelsten  Impulsen  hingeben  konnte^  und 
wenn  sie  auch  sonst  mehr  nur  als  Dienerin  höfischen  Glanzes 
und  fürstlicher  Unterhaltung  angesehen  wurde  und  dem 
wechselnden  Zeitgeschmack  dabei  unterworfen  war,  bisher 
immer  nur  Mannen  an  ihre  Spitze  gestellt  erhielt,  welche 
wahren  inneren  Beruf  dazu  hatten  und  eine  hervorragende 
Stellung  auf  ihrem  Gebiete  einnahmen.  So  war  durch 
Führer  wie  Schütz,  Bernhard,  Bontempi,  Strungk,  Uei- 
nichen,  Lotti,  sowie  durch  eine  Reihe  der  ausgezeichnetsten 
Sänger  und  Instrumentisten  Dresden  zu  einem  der  vor- 
ztlglichsten  Mittelpunkte  des  musikalischen  Lebens  in 
Deutschland  geworden.  Auch  war  es  trotz  aller  Unter- 
brechungen, welche  diese  Bestrebungen  im  Laufe  der 
Zrit  durch  Kriege  und  Regierungswechsel  erfuhren,  hier- 
durch immer  wieder  leicht  möglich  gewesen,  eine  neue 
Blüthe  hervorzurufen.  Ja  diese  Unterbrechungen  waren 
insofern  noch  wohlthätig,  als  sie  verhinderten,  dass  eine 


—    141     — 

einseitige  Richtung^  dass  eine  einzelne  Persönlichkeit^  die^ 
wie  begabt  sie  auch  sein  mochte,  zuletzt  doch  immer  nur 
eine  beschränkte  blieb  und  sich  endlich  erschöpft  haben 
würde,  zu  ausschliesslicher  Herrschaft  gelangte.  In  dieser 
Beziehung  war  selbst  der  doppelte  Einflnss  des  fran- 
zösischen und  italienischen  Kunstgeschmacks  unter  Fried- 
rich August  i:  noch  heilsam.  Er  rief  in  den  höheren 
Kreisen  der  Dresdner  Gesellschaft  eine  gewisse  Viel- 
seitigkeit der  Geschmacksbildung  hervor,  welche  sie 
damals  auszeichnete.  Freilich  entbehrte  sie  noch  des 
eigenen  nationalen  Charakters.  So  lange  ausländische 
Bildung  und  Kunst  der  deutschen  aber  weit  überlegen 
waren,  konnte  die  Pflege  derselben  auch  dieser  immer 
noch  forderlich  sein. 

In  der  Musik  war  es  freilich  inzwischen  schon 
anders  geworden.  Hier  hatte  der  Genius  des  deutschen 
Geistes  sich  zuerst  selbst  wieder  erkannt  und  zu  eigen- 
Ihümlichem  Leben  emporgerungen.  In  Sebastian  Bach 
stand  er  sogar,  wenn  auch  auf  einem  anderen  Gebiete, 
als  dem  der  Oper,  in  voller  Grösse  schon  da,  und  selbst 
noch  in  dieser  hatte  der  geniale,  wenn  auch  leichtlebige 
Keiser,  hatte  der  tiefrre  Telemann  sich  dem  Gängel- 
bande der  Italiener  zu  entreissen  gesucht,  die  eigen- 
thilmliche  Grösse  Händers,  wennschon  noch  unter  ihrem 
Einflüsse,  sich  aber  wenigstens  angekündigt.  Und  doch 
hatte  der  sächsische  Hof  mit  diesen  nationalen  Be- 
strebungen, die  wohl  der  fürstlichen  Pflege  würdig  ge- 
wesen wären,  nur  flüchtige  Berührung  gewonnen. 

Indessen  wird  man,  um  völlig  gerecht  zu  sein,  anderer- 
seits einräumen  müssen,  dass  diese  sogenannte  deutsche 
Oper  sich  mit  den  besseren  Werken  der  Italiener  ent- 
weder nicht  messen  konnte,  oder,  wo  sie  es  konnte, 
doch  diesen  noch  völlig  verschuldet  blieb.  Ja,  was  man 
damals  im  Gegensatze  zur  italienischen  die  deutsche 
Oper  nannte  —  das  waren  doch  immer  nur  die  in  theils 
eigenthümlicher  Weise,  theils  unter  französischem  Einfluss 


—     142     — 

ergriffenen  nnd  beliandelten  Formen  der  crsterrn. 
Keiser,  welcher  anf  das  Volkslied  zurückgriff", 
hiervon  eine  AuBnahme.  Im  Uebrigen  scheint  die  1 
lassung  des  Recitativs  den  Hauptuntcrachied  Kwlt 
deutscher  and  italienischer  Oper  damals  gebildet  ZD  tuA 

In  jedem  Falte  aber  fehlte  es  noch  zu  dieser  2 
dentscben  Sängern  und  Sängerinnen,  die  es  mit  denei 
Italiener,  Ja  selbst  der  Franzosen  hätten  anfnehmen  köl 
sowie  unter  diesen  an  solchen,  die  sich  der  Aafii 
einer  wahrbait  dentsehen  Musik  nicht  widersetzt  I 

Auch  sehen  wir  noch  fast  alle  deutschen  musikaltl 
Talente  nach  Italien   wallfahren,   um  von   den  Itali<| 
zu  lernen.   Noch  musste  Händel,  ebenso  wie  einst  i 
die  Hülfe  italienischer  Sänger  und  Säugerinnen  iai 
Spruch    nehmen,     um    eine    Oper    errichten    zu    kOn 
welche  sich  auf  die  Höhe  der  Zeit  erhob.  i| 

Auch   Hasse   war   <liesem  Zuge  gefolgt,  ja  gelHJ 
obscbon    er    ein    Deutscher,    seiner    musikalischen  I 
achauung    und    Bildung    nach,    doch    völlig    ItalteiJ 
Indem  aber  Friedrich  August  II.  fast  unmittelbar  f 
seinem  Regierungsantritte  gerade  ihn  an  die  Spitze  arf 
Kapelle  und  seiner  Oper  berief,  blieb  er  zugleich  jek 
Principe   seiner  Vorgänger  treu,   nur  eine  Kraft  < 
Ranges   daHir   zu   gewinnen.      Auch   diesmal  sollte.| 
dieses  Princip    zunächst  auf  das  Glänzendete   und  1 
um  80  mehr  bewähren,  als  Hasse  in  detu  Institut, 
er  berufen  ward,    eine  Vereinigung  der  ausgesuchte 
seltensten    Krätze    und    in    dem    sieb    ihm    darbiete 
Wirkungskreise   eine  ebenso  knnstliebende,  wie  elegj 
nnd   glänzende   Gesellschaft  vorfand.     Zum  ersten  1| 
aber   sollte    die    Ausschliesslichkeit,   mit   der    mao   | 
dieser  Erwerbung  als   einer   besonderen  Bevorzugnaj 
erfreuen  suchte,  bei  der  langen  Dauer  des  diesem  Ktti 
hierdurch  eingeräumten  und  allzu  sehr  im  perBöo) 
intercsse  von  diesem  verwendeten  Einfiusseä,  gegei 
den  vtlUig  veränderten  musikalischen  TerhmtniBWBl 


—    143    — 

Zeit;  auch  seine  nachtheilige  Seite  zeigen.    Es  wurde 
Uerdorcb   der  Gmnd  gelegt  zn  dem  einseitigen  Knnst- 
Seschmack,  welcher  in  Dresden  nun  herrschend  wurde 
Qod  diese  ausgezeichnete  Pflegestätte  der  Musik  für  lange 
^n  der  bald  alle   anderen  Länder  überflügelnden  Ent- 
wicklang der  nationalen  Musik  in  Deutschland  abschnitt 
^d  isolirte.    Während  in  England  und  später  in  Frank- 
^ich,  ja  selbst  in  Italien  die  deutsche  Musik  die  grössten 
^'umphe  feierte^  blieb  Dresden  noch  lange  Zeit  in  dem 
Banne  nicht  nur  der  italienischen  Oper  überhaupt^  sondern 
'ogar  in  dem  der  besonderen  Richtung  derselben;  die 
S^t'ade  hier  ihre  Vertretung  fand  und  bis  zum  Abgange 
B^aoe's  im  Jahre  1763  eine  überwiegend  formalistische 
^^T.    Bis  zum  Jahre  1748   wurden  im  grossen  Opem- 
'^^«e,  ausser  von  Hasse,  überhaupt  keine  Opern  gegeben 
^d  keine  Sängerin  von  Bedeutung  trat  neben  Faustina 
^^    dahin  auf. 

Johann  Adolph  Hasse,   1699  zu  Bergedorf  bei 
^mburg  geboren,  erhielt  schon  im  Hause  seines  Vaters, 
der    daselbst  Organist  und  Schullehrer  war,   die  ersten 
^^alkalischen    Anregungen,    den    ersten    musikalischen 
Unterricht.    Zu  seiner  weiteren  Ausbildung  kam  er  nach 
Hamburg,  wo  sich  zu  dieser  Zeit  ein  reiches  und  eigen- 
tümliches musikalisches  Leben  entfaltet  hatte.    Wie  bei 
dei^  meisten  grossen  Musikern  der  Zeit  bildete  auch  noch 
^i  ihm  der  Gesang   die  Grundlage   der  musikalischen 
^Udung,    Seine  ausgezeichnete  Tenorstimme  verschaflFte 
i'^m  die  Empfehlung  des  damals  in  Hamburg  lebenden, 
i^^hmaligen  Dresdner  Hofpoeten  Ulrich  König,  an   den 
derzeitigen   Director   der   dortigen   Oper,    den    genialen 
Keiser.    Dieser  Hess  ihn  nicht  nur  als  Sänger  auftreten, 
londem  bemühte  sich  auch  um  seine  weitere  musikalische 
Ausbildung.    Es  fehlte  der  ernsten,  auf  hohe  Ziele  ge- 
richteten Natur  Hasse's  aber  an  Leichtigkeit  und  wohl  auch 
an  Kraft  eigenartigen,  inneren  Lebens,  um  von  der  künst- 
lerischen Persönlichkeit  Keiser's  genügend  angezogen  wer- 


—     144    — 

den  und  dessen  Halm  mit  Glück  verfolgen  zu  können.  Eine 
Empfehlung  an  den  Herzog  August  Wilhelm  von  Braun- 
schweig trug  ihm  nicht  nur  eine  Anstellung  an  desseiB^ 
Tlieater  (1722)  ein^  an  welchem  er  auch  als  GomponiB^ 
mit   der  Oper  „Antigonus^   debtttirte;  sondern  sie  legt^ 
zugleich  den  Grund  zu  seiner  späteren  glänzenden  LanP— 
bahn.    War  es  doch  dieser  kunstliebende  Fttrst,  der  ilum. 
zur  Vollendung  seiner  Studien  nach  Italien  sandte , 
er  zunächst  in  Neapel  sich  der  Leitung  Porpora's  anrer- 
traute^  bis  ihm  der  Wunsch  in  Erfüllung  ging,  von  di 
berühmten^   doch   bereits  greisen  Scarlatti  selbst  Leb 
und   Rath    zu   empfangen.     Schon   1725   trat   er   unte  'M 
dessen  Schutze  mit  einer  zweistimmigen  Serenade  öfien^— 
lieh  auf,  welche  von  Künstlern,  wie  FarinoUi  und  der  Tesm^ 
vorgetragen,  das  grösste  Aufsehen   erregte  und  ihm  di« 
Bestellung  einer  Oper  „Sesostrate"  fUr  das  königliche  Theater 
eintrug.    Der  Erfolg  derselben  entschied  seine  Laufbahn* 
Hasse  hatte  sich  die  Technik  der  italienischen  Schule 
vollständig  angeeignet  und   beherrschte  all  ihre  Formell 
mit  der  anmuthigsten  Leichtigkeit.    Er  verband  meister- 
hafte Kenntniss  und  Behandlung   der  Stimme  mit  ange- 
messenem und   dabei  melodischem  Ausdruck   der  Worte. 
Es  fehlte  ihm  nicht  an  Würde  und  Ernst,  wenn  auch  afl 
Tiefe   und   Energie,   sowie   an   Ursprünglichkeit  der  E^ 
findung  und  an  eigentlich  dramatischer  Gestaltungskraft. 
Seine    Opern    leiden    an    Eintönigkeit,    nicht    selten   an 
Leere.  —  Wie   sehr  er  sich    aber   auch  im  Bau  und  in 
der    Form    seiner    Arien    und    in    der   Behandlung   der 
Instrumentation  wiederholen  mag,  so  darf  nicht  vergessen 
werden,   dass   die  damaligen  Componisten  den  Sängern 
und    Instrumentisten     noch     einen    grossen    Spielraom 
eigener    Gestaltung    überlassen    mussten,    wodurch    ihre 
ausserordentliche  Fruchtbarkeit    sich    auch   erst  erklärt 
Es   zeigt   sich    hierin    eine    ähnliche    nur   beschränkter« 
Forderung  von  Seiten   des  Sängers,  wie  die  des  Schau- 
spielers im   Stegreifspiel   war.     Der   Gesang   war   noch 


-     145    — 

immer  die  EUiuptsache,  ihm  wurde  die  Instramentation 
T5llig  untergeordnet     Selbst  noch   dem   Sänger   durfte 
man  wenig  mehr  als  den  allgemeinen  Umriss  der  musi- 
kalischen  Form   geben,   die   er   erst  selbst  zu   erfüllen 
batte.    „Das   ganze   Recitativ  —  sagt   Riehl   in   seinen 
musikalischen  Charakterköpfen  —  war  ursprünglich  eine 
Aufgabe  der  Improvisation,  für  deren  Gang  der  Componist 
im  Gruodbass  nur  trockne  melodische  Andeutungen,  nur 
flüchtige  Hauptzüge  gab."      Selbst  die  Adagio's  wurden 
-  oft  Dar  in  den  melodischen  Grundzügen  niedergeschrieben, 
^^  Figurirung  aber  dem  Sänger  anheimgestellt,  so  dass 
schon  Quanz  bemerkt,  es  gehöre  mehr  Erfindungsgabe 
^Q,  dergleichen  Musikstücke  zu  singen,   als   zu  com- 
Poniren.     Nichtsdestoweniger   sei    Hasse   —   wie   Riehl 
'Weiterhin   sagt  —  „in  seinen  Andeutungen  und  Winken 
oft  80  genial,   dass   man   behaupten   könne,   ein  Theil 
^iner  Composition  sei  acht  dramatisch,  sobald  sich  nur 
tin  dramatischer  Sänger  dazu  finde".  —  Es  wird  aber 
todererseits  auch  nicht  zu  läugnen  sein,  dass  Hasse  den 
andauernden  Erfolg  seiner  Opern  der  Trefflichkeit  seiner 
Sänger   und   Instrumentisten ,   sowie    den  Vorzügen   der 
Texte  mit  zu  verdanken  hatte.   Sie  gehören  zum  grössten 
Theile  dem  Metastasio  an,  dessen  Dichtungen  von  fast  allen 
Opemcomponisten  der  Zeit  ergriffen  wurden.    Metastasio 
hatte   die   von   Apostolo   Zeno   ausgehende   Reform  des 
poetischen  Theils  der  Oper  mit  noch  glänzenderer  Be- 
gmbang  aufgenommen  und  weiter  entwickelt.  Unmittelbar 
nach  seinen  ersten  Erfolgen  erhielt  er  von  Kaiser  Karl  VI. 
eine  Berufung   nach  Wien,  wo  er  bis  zu   seinem  Tode 
(1782)  lebte  und  wirkte.     Seine  Vorzüge  beruhen  in  der 
zweckmässigen  Stoffwahl,   in   der  Reinheit  und  Klarheit 
der  Form,  in  dem  Schwünge,  dem  Wohllaut,  der  leichten 
rliythmischen    Beweglichkeit    seines    sprachlichen    Aus- 
drucks, in  der  den  Einschnitten  und  Accenten  der  Sprache 
nch  geschickt  anschmiegenden  Vocalisaiion,  in  der  phan- 
UsievoUen  Behandlung  endlich   des  Scenischen.     „Viel- 


—    146    — 

leicht  —  sagt  A.  W.  Schlegel  von  ihm  —  hat  nie 
Dichter  eine  grössere  Fähigkeit  gehabt;  als  er,  in  der 
Kunst,  die  wesentlichen  Züge  einer  pathetischen  Situation 
in  der  Kürze  zusammenzufassen.^ 

Doch  auch  noch  andere  Mittel  glaubte  Hasse  heran- 
ziehen zu  sollen^  um  seine  Opern  am  Dresdner  Hofe  mit 
voller  Ausschliesslichkeit  zur  Herrschaft  zn  bringen  imd 
ihrem  Rufe  eine  immer  erneute  Verbreitung  zn  gebeo- 
Er  steigerte  die  decorative  Pracht  ihrer  Ausstattung  aaf 
das  AeusserstC;  worin  er  in  Brühl,  der^  selbst  musikaliseb 
gebildet;  eine  eigene  Kapelle  und  eines  der  glänzendsten 
Häuser  in  Europa  besass  und  seit  dem  Sturze  Sulkowskj^s 
(1738)  zur  Alleinherrschaft  gelangt  war,  den  immer' 
bereiten  Förderer  fand. 

Hasse  wird  uns  als  eine  einnehmende  Persönlichkeil^, 
massvoll  und  edel  in  seinen  Umgangsformen ,   anregend 
und  geistvoll  in  seiner  Unterhaltung  geschildert.   Er  soll 
nicht  nur  die  Kreise  des  Hofs,   sondern    auch   die  Mit- 
glieder der  Kapelle   und   der  Oper  ganz  flir  sich  eiiam- 
nehmen   verstanden    haben.     Und    über   welche   Kräfte 
verfügte  er  nicht  I    Künstler  wie  Ermini,  Annibali;  Bindi^ 
Pisendel;   Zelenka,   Cattanco,    Hunt,  Weiss,    BuffardiOi 
Quanz,    Richter,   Fran^ois   de   Riebe    etc.    machten  die 
Kapelle  zu  einer  der  ersten  der  Zeit' 

Faustina  sollte  jetzt  freilich  Alles  verdunkeln,  obwohl 
sie  damals  nach  der  niedrigsten  Angabe  schon  33  Jahre 
alt  war.*  Noch  1742  entzückte  sie  Friedrich  den  Grossen 
durch    die   Jugendlichkeit    ihrer   Erscheinung    und   die 

*  Sie  bestand  3  733  ans  66  Personen  mit  einem  GehaltseUt  tob 
28,615  Thlr.,  der  jedoch  bis  zum  Jahre  173G  wieder  auf  42,626  Thlr. 
gestiegen  war. 

*  £s  existiren  von  ihr  verschiedene  Porträts,  eines  von  Rosalba 
Cariera  (Nr.  1977  der  Pastellbilder  der  Königl.  Gemäldegalerie), 
ein  anderes  vom  Hofmaler  Torelli,  nach  welchem  ein  Stich  von 
Lor.  Zucchi  im  Kupferstichcabinet.  Ein  drittes  von  Felicita  ilof- 
mann  (geb.  Sartori)  ist  in  der  Miniatursammlung  der  Königl.  Gem.- 
Gnlerie. 


—     147    — 

Frische  ihres  Gesanges.  „Envoyez  moi  —  schrieb  dieser 
kurz  darauf  an  Algarotti  —  s'il  se  peut  par  le  sonple 
tie  Ziphire  quelques  boufiföes  des  roulements  de  la 
Faustine."  Sie  hatte  ihre  musikalische  Ausbildung  von 
Benedetto  Marcello  und  Francesco  Gasparini  erhalten, 
Btudirte  aber  auch  später  noch  unker  der  Anleitung  von 
Bernäcchi.  Gasparini,  ein  Schüler  Lotti's  und  berühmter 
Contraaltist,  errichtete  in  Venedig  eine  vorzügliche  Ge- 
sangsschule.  Bemacchi  war  dagegen  einer  der  be- 
deutendsten Vertreter  der  Bolognesischen  Schule,  welche 
der  Gesangskunst  eine  wissenschaftliche  Grundlage  zu 
geben  suchte.  Händel  nennt  ihn  den  König  der  Sänger 
^öd  seine  Methode  liegt  dem  italienischen  Gesangsunter- 
richt auch  noch  heute  zu  Grunde.  —  Die  Erfolge 
Fanstinens  waren  fast  beispiellos.  In  Florenz  wurden 
Münzen  auf  sie  geprägt.'  In  London  soll  sich  ein  eng- 
Jwcher  Cavalier,  als  Verfechter  ihrer  Ueberlegenheit  über 
^ie  Cuzzoni ,  mit  einem  Prinzen  des  Hauses  Orleans  ge- 
schlagen und  ihren  Sieg  auf  diese  Weise  entschieden 
haben.  Quanz,  der  sie  in  ihrer  Blüthezeit  hörte,  berichtet 
^<>D  ihr,  dass  sie  eine  nicht  allzu  helle,  aber  durch- 
dringende Mezzosopranstimme  hatte,  deren  Umfang  sich 
damals  vom  ungestrichenen  b  bis  über  das  zweige- 
sWchene  g  erstrekte.  Ihre  Geläufigkeit  soll  ausser- 
ordentlich gewesen  sein,  so  dass  sie  ihren  vorzüglichen 
^ller  überall  anbringen  konnte.  Sie  war  die  Erste, 
^^Iche  die  Wiederholung  ein  und  desselben  Tons  mit 
^'^gemeiner  Schnelligkeit,  Genauigkeit  und  Leichtigkeit 
^osflihrte.  Mit  diesem  Allen  verband  sie  eine  bewun- 
derungswürdige AusJrucksfähigkeit  im  gefühlvoll  pathe- 
^^chen,  sowie  im  heroischen  Vortrage. 

Im  Wesentlichen  ist  die  Geschichte  der  Dresdner 
^r  von  1733 — 47  wenig  mehr  als  eine  Geschichte  der 
H*88e'8chen  Oper.  Da  dessen  Opern  sich  aber  sehr  gleichen, 
^  genügt  es,  sie  einfach  der  Reihenfolge  nach  aufzu- 
^hlen.    In   der  Regel  schrieb  er  deren  alljährlich  zwei 

•10» 


—     148    — 

bis  drei.  1734  gab  man  seinen  „Gajo  Fabrizio^,  gedichM 
von  Apostolo  Zeno,  der^  noch  für  Italien  geschrieben,  sehr 
einfach  instrumentirt  war,  sowie  das  Intermezzo:  „rArti- 
giano  gentilaomo^  —  Der  Hof  ging  noch  in  demselben 
Jahre  nach  Warsclian  und  kehrte  erst  1736  zurttck» 
Hasse's  waren  ebenfalls  abwesend^  daher  auch  inzwischen 
zwei  Opern  von  Pallavicini  und  Ristori:  „Le  Faie**  und 
„Arianna"  gegeben  werden  konnten.*  Nach  ihrer  Rttck- 
kehr  1737  errang  er  mit  seiner  „Senocrita"  und  „Atalanta*^ 
neue  Erfolge.  Auch  in  Hubertusburg  wurde  von  ihm 
noch  eine  neue  Oper  „rArianna*^  gegeben.  Die  Ve^ 
mählung  der  ältesten  Tochter  des  Königs  mit  dem 
Könige  Karl  von  Sicilien,  welche  im  folgenden  Jahr 
verschwenderische  Festlichkeiten  veranlasste,  wurde  unter 
Anderem  auch  durch  die  Uasse'schen  Opern  ^La  Glemenza 
di  Tito"  von  Metastasio  und  „Irene**  von  Pallavicini  ver^ 
herrlicht.  Auch  das  Opernhaus  hatte  innerlich  eine  neue 
Ausschmückung  erhalten.  Von  jetzt  an  betrugen  die 
Ausstattungskosten  der  in  einem  Carneval  aufgeführtea 
Opern,  Gomödicn,  Ballets  fast  immer  an  40,000  Thaler. 
In  das  Jahr  1739,  welches  Hasse's  wieder  in  Italies 
verbrachten,  fallt  die  Anstellung  des  durch  die  Schönheit 
seines  Tons  und  seinen  geschmackvollen  Vortrag  darch 
ganz  Europa  berühmten  Oboisten  Besozzi.  Kurze  Zeit 
früher  hatte  man  iu  dem  Bratschisten  Johann  Adam 
noch  einen  verdienstvollen  Componisten  gewonnen,  welcher 
sich  besonders  durch  die  Tanzmusiken  auszeichnete,  die 
er  zu  den  Uasse'schen  Opern  lieferte.  1740  begegnen 
wir  einer  neuen  Oper  ^Demetrio"  von  Metastasio  und 
Hasse,  dazu  als  Zwischenspiel  „La  Serva  padrona**  von 
Pergolese.  Im  folgenden  Jahre  finden  wir  den  „Numa 
Pompilio"  mit  dem  Intermezzo  „Pimpiuella  c  Marcantonio" 
von  Pallavicini  und  Hasse  verzeichnet.  Es  ist  die  letzte 
Oper  des  Dichters,   welcher   im    folgenden  Jahre    starb. 

^  Die  erste  im  Jagdschlosse  zu  Habertosburg. 


149     - 

An  seine  Stelle  trat  der  Legationsrath  Claudio  Paa- 
quinj.  — Das  Jahr  1742  iat  denkwürdig  durch  FriedricU 
Afs  Grossen  HcBuch ,  welclier  durch  rfie  Oper  „Lucio 
Papirio"  von  Zeno  und  Hasse  verherrlicht  wurde.  Ihr 
folgte  noch  in  demselben  Jahre  „Didone  abliaudonata" 
TOD  Metastasio  und  Hasse,  1743  die  einactige  Oper 
f,)'A8tlo  d'Amore"  (beide  in  Hnbertusburg)  und  1744 
„Antigoufc"  derselbi-n  Autoren.  In  ihnen  wirkte  der  1742 
^wonnene  berllhnite  Tenorist  Amorcvoli  mit,  soivii;  der 
BaasiM  Schuster,  die  Altistin  Denner  Und  der  Baesist 
Campagnari,  die  schon  etwas  iruher  in  die  Kapelle  ge- 
treten waren. 

Nach  längerer  Abwesenheit  Hasse's  kam  174&  eine 
neue  Oper  desselben:  „Arminio"  von  Pasquini  zur  Auf- 
fübning.  Sil?  ging  nninittelbar  dem  Ausbrach  des  Krieges 
Torans,  Friedrich  der  Grosse  licss  sich  dieselbe,  weil 
«ie  politische  Anspielungen  enthalten  sollte,  nach  seinem 
Einzage  in  Dresden  wiederholen.  Auch  in  Berlin  kam 
aie  deahalb  zur  Aufführung,  Uelierhaupt  unterbrach  der 
Krieg  die  musikalis(;ben  Neigungen  des  prenssiechen 
Kflniga  nicht.  „Heute  wird  Arminius  gespielt  —  sehrieb 
er  stn  19.  December  aus  Dresden  an  Fredersdorf  —  und 
ist  alle  tage  Music  oder  Opera."  Bei  seinen  hier  täglich 
stattfindenden  Kammerconeerten  spielte  Hasse  den  Flttgel, 
Kaustina  und  Bindi  sangen. 

Am  Königlich  sächs.  Hofe  aber  dauerte  die  Unter- 
tirecbong  der  musikalischen  und  theatralischen  Lustbar- 
keiten auch  nach  dem  Kriege  noch  fort.  Es  wurde  aus 
diesem  Grunde  1746  dem  Theaterdircetor  Pietro  Min- 
gotti,  einem  Bruder  des  Angelo  Mingotti,  der  ebenfalls  als 
Opernunternehmer  in  Deutschland  lieruiuzog  (1732  finden 
wir  ihn  unter  Anderem  in  Leipzig,  1740  in  Hamburg), 
die  Erlanbniss  ertheilt,  im  Zwinger  ein  hölzernes  Theater 
zu  erbauen  und  darin  mit  seiner  Opern  gesellschaft 
während  der  Monate  Jnli  und  August  mit  Königl.  Unter- 
stützung zu  spielen.    Dieses  Theater,  welches  sich  etwa 


—     150    — 

an  der  Stelle  befand  ^  die  jetzt  das  Denkmal  Könige 
Friedrich  August  des  Gerechten  einnimmt  und  nur 
20  Ellen  breit  und  60  Ellen  lang  war,  wurde  am  7.  Juli 
mit  der  Oper  ^^Argenide^'  von  Metastasio  und  Vinci  unt^ 
Direction  des  Paolo  Scalabrini  eröfiPhet  Als  Sänger 
finden  wir  bei  diesen  Vorstellungen:  Giuseppe  Perini, 
Settimo  Canini,  Margherita  Giacomozzi,  Adelaida  Sega- 
lini,  Anna  Mezzoni  erwähnt. 

Mingotti  war  schon  1743  von  Prag  aus  nach  Ham- 
burg gekommen,  wo  er  seitdem  mit  Unterbrechungen 
und  anfangs  mit  vorzüglichen  Kräften  gespielt  hatte. 
Besonders  machten  hier  Rosa  Costa  und  Giovanna  Stella 
grosses  Aufsehen.  Im  Anfang  des  Jahre»  1746  schildert 
Schütze  (Hamb.  Theatergesch.)  die  Verhältnisse  derselben 
aber  als  sehr  heruntergekommen.  Dies  scheint  sich  auch 
nicht  gebessert  zu  haben,  als  er  im  October  dieses  Jahres 
(also  unmittelbar  von  Dresden)  zurückkam,  da  er  erst 
Rosa  Costa  wieder  gewinnen  musste,  um  seine  Oper  zu 
heben.  Wie  es  sich  aber  auch  mit  dem  damaligen  Zu- 
stande dieser  Gesellschaft  verhalten  mag  —  und  die 
Thatsache,  dass  die  Königl.  Kapelle  zur  Aufführung  des 
„Artaserse^  den  Bassisten  Schuster  hergeben  musste, 
spricht  allerdings  noch  dafür,  dass  er  kein  zu  glänzen- 
der gewesen  sein  mag  — ,  so  waren  diese  Vorstellungen 
für  die  Dresdner  Musikzustände  doch  epochemachend,, 
insofern  das  Publicum  nun  auch  noch  andere  Opern  als 
die  Hasse'schen  hörte  und  für  sein  Geld  sich  eine  freie 
Meinungsäusserung  darüber  erlauben  durfte.^ 

Nach  dem  Weggange  der  Mingotti'schen  Gesellschaft 
erhielt  der  Hofopemsänger  Campagnaridie  Erlaubnisse 


'  Man  spielte  4  mal  wöchcDtlicb  (Montags,  Dienstags,  Donners^ 
tafrs  und  Sonnabends).    Eine  Loge  der  ersten  beiden  Ränge  kostete^- 
2  Ducaten  fQr  den  Abend.    Ein   Billet  darin   16  Groschen.    Ein»' 
Loge  des  dritten  Ranges  1  Ducaten,  ein  Billet  12  Gr.    Das  Parten^ 
16  Groschen. 


—     151     — 

mit  einer  ausschliesslich  aus  seinen  Schülern ,  die 
lauter  Deutsche  waren,  gebildeten  Gesellschaft  Opern 
zur  Aufführung  zu  bringen.  Indessen  finden  wir  auch 
Mitglieder  der  Königlichen  Oper  dabei.  So  den  Teno- 
risten Ludw.  Cornelius  und  den  Bassisten  Anton 
Führich.  Beide  waren  bereits  1745  engagirt.  Wilhel- 
mine Denner,  eine  Schwester  der  Hofopernsängerin 
Sophie  Denner^  erhielt  im  folgenden  Jahre  ebenfalls 
Anstellung.  Ausser  ihnen  wird  noch  Anna  Haller  und 
Johann  Hoflmann  erwähnt.  Sie  Alle  sangen  in  der  Oper 
«Astrea  placata  owero  la  felicitä  della  terra"  von  Meta- 
stasio  und  Joh.  Georg  Schürer/  die  am  7.  October 
zum  ersten  Male  gegeben  wurde.  —  Ihr  folgte  am  8.  No- 
vember „Galatea"  von  denselben  Autoren. 

Erst  1747  wurden  die  Opernvorstellungen  bei  Hof 
wieder  aufgenommen  und  mit  Semiramide  von  Metastasio 
und  Hasse  eröffnet,  welcher  Letztore  inzwischen  wieder 
in  Italien  gewesen  und  auf  dem  Wege  dahin  einen 
Besuch  am  Hofe  zu  München  gemacht  hatte,  wo  er  von 
dem  kunstliebenden  Eurfllrsten  auf  das  f^reundlichste 
aufgenommen  worden  war.  Hier  lernte  ihn  auch  Maria 
Antonia,  die  spätere  Gemahlin  des  sächsischen  Kurprinzen, 
kennen.  Er  begleitete  sie  zum  Gesänge  und  auch  der 
Kurfürst  spielte  ihm  auf  der  Gambe  vor. 

Das  Jahr  1747  bildet  gewissermassen  einen  Abschnitt 
in  dem  musikalischen  Leben  in  Dresden,  wozu  ver- 
schiedene Umstände  mitwirkten.  Zuerst  die  Ankunft  der 
dem  Kurprinzen  von  Sachsen  vermählten  bayerischen 
Prinzessin  Maria  Antonia  am  sächsischen  Hofe.  So- 
dann die  Ernennung  des  Geh.  Raths  C.  Heinrich  von 
Diesskau  zum  Directeur  des  plaisirs  an  des  verstorbenen 
Breitenbauch   Stelle   und   endlich   die   erneute   Ankunft 

■  Scharer  wurde  174S  als  Kirchencomponist  angestellt  und  ent- 
faltete  eine  ungeheure  Th&tigkeit.  Noch  jetzt  werden  600  Partituren 
Ton  ihm  aufbewahrt 


-     152     — 

Mingotti's   mit   einer  Sängerin   ersten  Banges^   Segina 
Mingotti;  seiner  Frau. 

Regina  Yalentini  war  1728  in  Neapel  geboren.  Sie 
stammte  von  deutschen  Eltern  ab  und  kam  auch;  noch 
ehe  sie  das  erste  Jahr  erreicht  hatte^  mit  diesen  nieli 
Deutschland.  Ihr  Vater,  als  Offizier  in  österreichischeB 
Diensten,  erhielt  den  Befehl,  sich  nach  Schlesien  zu  be- 
geben^ und  nach  dessen  schon  früh  erfolgendem  Tode 
wurde  sie  von  ihrem  Onkel  einem  Ursulinerkloster  zur 
Erziehung  anvertraut,  in  dem  sie  die  ersten  musikalischen 
Eindrücke  empfing.  Im  Alter  von  14  Jahren  kehrte  sie 
zu  ihrer  Mutter  zurück,  konnte  aber  zu  dieser  kein 
rechtes  Verhältnies  gewinnen.  Um  dem  häuslichen  Un- 
trieden  zu  entgehen,  willigte  die  schöne  Regina  in  die 
ihr  vorgeschlagene  Heirath  mit  dem  schon  bejahrten  und 
ungeliebten  Mingotti,  welcher  die  herrliche  Stimme  an 
ihr  entdeckt  und  als  eine  unschätzbare  Mitgift  erkannt 
hatte. 

Am  10.  Juni,  unmittelbar  vor  den  Festlichkeiten  xa 
der  Doppelvermählung  des  Kurfürsten  von  Bayern  mit 
der  Prinzessin  Maria  Anna  von  Sachsen  und  des  säch^ 
sischen  Kurprinzen  mit  der  Prinzessin  Maria  Antonia  von 
Bayern,  eröfifnete  Mingotti  in  Gegenwart  des  Hofs  sein» 
Vorstellungen  mit  der  Oper  ^Didone"  von  ScalabrinL 
Ausser  Regina  Mingotti  waren  diesmal  noch  Giustin^ 
Tnccotti,  Canini,  Giacinta  Forcellini,  Ant.  Casati, 
Pelegrino,  Gaggiati  mit  thätig.  Dieser  von  grossem 
Erfolge  begleiteten  Darstellung  folgte  am  25.  im  kleinen 
Theater  ^Demetrio^  von  Scalabrini  und  am  28.  auf  einer 
im  Schlossgarten  zu  Pillnitz  erbauten  Bühne  eine  wahr- 
scheinlich zu  dies(  r  Veranlassung  geschriebene  Festoper: 
^Le  nozze  d'Ercole  e  d'Ebe"  von  Gluck. 

Dass  Gluck  bei  dieser  Gelegenheit  in  Dresden  war, 
ist  durch  ein  von  Fürstenau  mitgetheiltes  Actenstück  er- 
wiesen,  in   welchem   ihm  ^zur  Abfertigung^  '400  Thaler 


—    153 

iet  KammerkaBBe  angewiesen  wurden.    MügUcb,  daes 

»k  dieses  Festspiel  selbst  dirigirte.' 

Der  Eindruck,    weichen    Regina    bei    diesen  Spielen 

Semacht,  konnte  durch  die  grosse,  mit  aller  PracLt  ans- 

E^atlfle  Oper:     „La  Spartana    giMierosa   ovvero  Archi- 

umia"  von  Pasqnini  und  Masse  nicht  in  Schatten  gestellt 

"Cden,  obsc^hon  darin  dir  berUlimte,  in  diesem  Jabr  der 

Mpelle  gewonnene  Ältist  Gilt vanni  Carestini,  sowie 

•«**    damals   darch   seine  Reform  der  Tanzkunst  Epoche 

"••eilende  Jean  Georg  Novetre  mitwirkten,  der  damals 

^»ichlalla  in  Ansehen  stehende,  besonders  dazu  beruleDe 

■'ler  Giuseppe  Galli,  genannt  Bibiena,  aber  die  Deco- 

'■tiooen   daxu    gclielert   hatte.'    Üie  Folgen  dieses  Ein- 

<lni<2ka    sollten    nicht    ausbleiben;    wiis  mit  dem  Einfiuss 

'"•»mmen  hängt,    welchen    die    Kurprinzessin    fortan    anf 

oie     mosikalischen  Verbältnisse    am    Dresdner    Hofe    ge- 

Maria  Antonia  Walpurgis  (geboren  \7'H),  die 
"'^»tc  Tucbter  des  Kurfürsten  von  Bayern,  nachmaligen 
•^Äisera  Karl  VI L  von  Deutschland,  hatte  an  dim  kunst- 
''^■^»«nden  Hofe  ihres  Vaters  eine  ausgezeichnete  Erziehung 
K^öcgsen,  eine  Fülle  musikaliseher  Eindrücke  in  sich 
■•^fgenommin-  Sie  brachte  au  den  kunslsinnigen  süch- 
■»cilien  Hof  neue  Auregungen  und  ein  npues  Kunst- 
™t«re88e.  Sie  li<  bte  nicht  nur  die  Musik,  Poesie.  Malerei, 
"^     versuchte   sieh  auch  selber  in  ihnen  mit  Glück.     Sie 


'  Gluck  scheint  von  dieeer  Zeit  au  mit  Mingotti  in  weiterer 
'^»"liuKlung  geblieben  zu  sein.  Wenigstene  lieisst  es  bei  Schütze 
t**^*»!».  Theatergesch.  202):  „Scalabrini  war  (1748)  als  Hofkapell- 
'"^■Wer  iu  iliLniBt'lie  Dieuste  getret&n.  Stine  Stelle  bei  Miiigottl 
•**Äi*te  der  berohmti!  Uluck."  —  Wogegen  ihn  Ireilieh  Anton  Sclimid 
•*^<»  tH8  in  Wien  seio  lisst. 

*  Er  gab  später  ein  grosses  arcttitekioDlsches  Werk  bersug,  in 

Wirbeln  sieb  auth  einige  Abbüdungtn  Ton  Decoralioneu  unter  der 
jl^^cidiDiing  finden:  .Seen«  della  Festa  testrale,  in  OL-L-asione  degli 

**<*nsdi  dellA  Priocipessa  Beile  ili  Foloida  ed  Eltorale  di  Sasaoni^" 


—     154    — 

wurde  die  Schützerin  Hasse's,  Porpora'S;  Naamann's,  eine 
Förderin   Scbnster's,    der  Mingotti,    der  Mara   and  des 
Raphael  Mengs.    Sie   legte   den  Grand  zu  der  jetit  so 
bedeutenden  Secnndogenitur- Bibliothek.    Sie  dichtete  in 
französischer  und  italienischer  Sprache,  wobei  sie  in  dieser 
sich  ebenso  Metastasio,  wie  in  ihren  Opemcompositioiien 
(die   in  Marpnrg's   kritischen  Beiträgen  nnd  in  HiUer'i 
wöchentlichen  Nachrichten  Anerkennung  fanden)  Hasse 
zum  Vorbilde   nahm.     Die  letzteren   erwarben  ihr  anch 
die  Freundschaft  Friedrich's  d.  Gr.,  der  in  andauerndem 
Briefwechsel  mit   ihr  stand.    „Protögez-les  toiyours,  Ma- 
dame —  schreibt  ihr  dieser  einmal  in  Bezug  auf  die  Kfinste 
(13.  September  1767),  —  la  gloire  que  ces  arts  donnent, 
est  pröförable  k  la  plus  illustre  naissance,  comme  au  pIns 
haut   d^grö   d'ölövation  oü  les  hommes  puissent  monter. 
Les  aimer,  les  protöger  et  les  cultiver  comme  V.  A.  R.  — 
c'est   avoir   acquis   un  m^rite  personel,   le  seul  que  Ton 
estime   et   que  Ton   revere   dans  les  princes."    Obschoa 
die  Prinzessin   der  italienischen  Musik   mit   einer  Ans* 
schliesslichkeit   anhing,   welche   ihr    die    eigenthtlmliche 
Schönheit  der  späteren  Musik  Glnck's  verschloss,  so  untef 
stützte  sie  doch  gelegentlich  dessen  Bestrebungen,  indeH^ 
sie    z.   B.   die    Schwierigkeiten   beseitigte,    welche   dad 
Theater-  und  Orchesterpersonal  in  München  (die  Menschet 
sind   eben   immer   dieselben    gewesen!)    gegen   die  Auf^ 
führung  seines  Orpheus  erhoben.    Und  wie  sehr  sie  aucl* 
Hasse  verehrte  und  zum  Vorbilde  nahm^  konnte  sie  die^ 
doch  nicht  blind  gegen  die  Vorzüge  Anderer  machen. 

Auch  in  Dresden  setzte  sie  ihre  musikalischen  Stm^-^ 
dien,  im  Gesänge  bei  Porpora,  in  der  Gomposition  b^* 
Hasse,  noch  fort. 

Nicolo   Porpora,    1685   in   Neapel   geboreui  wm^ 
nicht  nur  einer  der  bedeutendsten  Componisten,  sonderO 
auch  der  berühmteste  Gesanglehrer  der  Zeit.    Aus  seiner 
Schule  gingen  die   grössten   Sänger,   ein  Farinelli,  ei«» 
Cafarelli,    Sambinelli,   Salimbeni,    Uberti    u.   A.    henrar- 


i 


^^^PttDcheinlich  batte  er  noch  ron  München  aus  die  Be»-' 
rufnng  znm  Gesangslehrer  der  Kurprinzessin  erhalten, 
vielleicht  war  er  sogar  schon  in  ihrem  Dienste,  als  sie 
nach  Dresden  kam,  —  gewiss  aber  ist,  dass  er  jene  Ue- 
mfung  wenigstens  nicht  der  Empfehlung  Ilasge's  zu 
(laDkco  hatte,  wek^her,  obschon  sein  Schüler,  doch  in  ein 
ufcrsHchtiges,  ja  feindseliges  Verh&ltniss  zn  ihm  gerathen 
war,  da  Beide  sich  längere  Zeit  einander  die  Suprematie 
ia  Venedig  streitig  machten.  Wenn  wir  daher  auch  an- 
nehmen mllssen,  dass  das  Interesse,  welches  Porpora 
sofort  an  der  Stimme  nnd  Begabung  der  Regina  Mingolti 
aaluu,  ein  aulrichliges  und  künstlerisch  berechtigtes  war, 

RAg  es  doch  durcli  diese  Verhältnisse  gesteigert  und 
{{achtheil  Hasse's  benutzt  worden  sein.  Der  alte, 
oe  Mingatti  erkannte  sogleich,  welche  Vortheile  ihm 
Beiner  schönen  Fran  hieraus  erwachsen  konnten,  und 
theils  um  deren  künstlerische  Ausbildung  wirklieh  noch 
weiter  zu  fördern,  theils  um  dem  schon  alternden  Heister 
und  Landsmann  zu  schmeicheln,  empfahl  er  Kegina  uiclit 
nor  Heiner  Gunst,  sondern  liess  sie  auch  von  ihm 
aaterrtchten.  Nur  kurze  Zeit  nach  der  ersten  Änftuhrung 
von  „Le  mme  d'Ereole  e  d'Ebe"  wurde  dieseltie  dnrcti 
Rrscript  vom  22,  JqU  1747  an  der  Künigl  Oper  mit 
2CO0  Thaler  Gehalt  engagirt.  Es  ist  kaum  zn  bezweifeln, 
dasji  Porpora  hier  seine  Hand  mit  im  Spiele  hatte  und 
BfineD  Einäuss  bei  seiner  fürstlichen  Schülerin,  noch  mehr 
vielleicht  aber  bei  dem  neuen  Directeur  des  plaisirs, 
Heinrich  von  Diesskau,  henUtzte.  Am  18.  Juli,  am  Gc- 
bnrtstage  der  Kurprinzessin,  trat  Regina  Mingotti  im 
grossen  Opernhause  in  der  Oper  „Fiiandro"  von  Nicolo 
Porpora  anf-  „Ein  Ereigniss  —  ruft  Fürstenau  aus  — 
znm  ersten  Male  im  grossen  üpernhatise  eine  Oper,  nicht 
von  Hasse  componirt  —  zum  ersten  Male  eine  bedeutende 
Sängerin  neben  der  Fauatina!"  Als  Porpora  aber  auch 
noch  neben  Hasse  zum  Kapellmeister  ernannt  worden 
M^^  erschien  es  nicht  mehr  zweifelhaft,  dass  des  Letz- 


-     156    — 

teren  Stellung  bedenklich  erschüttert  sein  müsse.  Indessen 
war  Hasse  nicht  der  Mann,  seinem  Oegner  unbestritten 
zu  weichen.    Hatte  die  Mingotti  gegen  Faustina  jngrad- 
liche  Schönheit;   Frische  der  Stimme  und  den  Beix  der 
Neuheit  voraus^  so  hatte  er  selbst  gegen  den  alternden 
Porpora  die  volle,  rüstige  Kraft  des  besten  Mannesalter^ 
die  grössere  weltmännische  Bildung  und  seine  ansgebrd- 
teten  Dresdner  Verbindungen  in  die  Wagschale  zn  werfen. 
Porpora    hatte    den  Vortheil,    bei  all  seinen  etwa  mit 
gegen   Hasse   gerichteten  Schritten  den  Schein   persün- 
lieber  Feindseligkeit  völlig  vermeiden  zu  können,   Hasse 
besass  aber  Weltklugheit  genug,  auch  seinerseits  diesen 
Schein  zu  vermeiden,  insbesondere  seine  Gattin  von  dem 
ofifenen  Kampfe   gegen    die   Mingotti   möglichst   zurück- 
zuhalten.   Um  so  wirksamer  mögen  dafür  im  Geheimen 
die  Intriguen   gespielt  haben.     Wie  gross  die  Parteinng 
damals   in  Dresden   gewesen,   geht  daraus  hervor,  daas 
der  mit  Hasse's  eng  befreundete  englische  Gesandte  Sr 
Charles  Hanburj  Williams  öfifentlich  erklärte:    „die  Min- 
gotti sei  unfähig,  eine  langsame  und  pathetische  Arie^  zu 
singen,  und  zwar  ohne  sie  noch  darauf  geprüft  zu  haben. 
Denn   als   er   dieselbe   später  gehört,   soll  er,  nach  der 
Mingotti  eigener  Erzählung,  einen  öffentlichen  Widerruf 
erlassen  und  sich  um  ihre  Freundschaft  beworben  haben. 
Doch   ebenso   wenig   wie  diese  Intriguen  hinderten, 
dass    die    Mingotti    rasch    einen  Weltruf   errang,   sollte 
es,  wenn  es  überhaupt  beabsichtigt  war,  Porpora  gelingeo^ 
sich    gegen   Hasse   dauernd   in   Dresden   behaupten  n 
können.    Schon  1750  hatte  es  dieser  erreicht,  znm  Ober- 
kapellmeister ernannt  und  hierdurch  über  Porpora  gesetit 
zu  werden.    1751  aber  sehen  wir  Letzteren  und  1752  aueb 
die  Mingotti  Dresden  verlassen,  obschon  Fanstina  bereitf 
1752  ganz  von  der  Bühne  zurückgetreten  war.  * 

'  Die  Mingotti  ging  zunächst  nach  Madrid,  wo  sie  neben  (ümM^ 
2wei  Jahre  an  der  Königl.  Oper  unter  Farinelli  sang  und  die  tvaset' 


-     157    — 

Unter  den  Anffbbrnngen  des  Jahres  1747  finden  wir 
noch  einige  Opern  von  Scalabrini  bei  der  Mingotti'schen 
Gesellschaft^  die  des  ^Ercole  sul  Termodonte^^  Azzione 
teatrale  von  Metastasio  und  Schürer^  ausgeführt  von  den 
Schülern  Gampagnari's  im  kleinen  HansC;  verschiedene 
Intermezzi  von  Hasse^  sowie  endlich  die  Oper  ^Lencippo^ 
Yon  Pasqnino  und  Hasse  (in  Hubertasburg)  verzeichnet.  ^ 
In  den  Intermezzi  erlangten  Pietro  Mira^  Domenico 
Cricchi  nnd  Rosina  Ravinetti  Bon  grossen  Beifall. 
Letztere^  eine  berühmte  Soubrette,  war  seit  November 
1746  engagirt  worden,  ging  aber  schon  1748  mit  ihrem 
Manne,  dem  Architekten  Bon,  nach  Berlin  in  den  Dienst 
Friedricb's  des  Grossen. 

1748  erschien  die  neue  Oper  Demofoonte  von  Me- 
tastasio und  Hasse,  mit  Decorationen  von  Bibiena  — 
während  unter  Mingotti  einige  Vorstellungen  im  kleinen 
Theater  stattfanden,  welches  jedoch  am  29.  Januar, 
unmittelbar  nach  beendigter  Vorstellung,  abbrannte.  Im 
folgenden  Jahre  machten  die  deutschen  und  italienischen 
Pantomimen,  Intermezzi,  Burlesken  und  Kinderballets,  mit 
denen  damals  der  Impresario  N  i  c  o  1  i  n  i  Deutschland 
darchzog,  hier,  wie  überall,  grosses  Aufsehen. 

Die  Vorstellungen  im  grossen  Opernhause  hatten 
dnrch  den  während  der  Abwesenheit  des  Königs  unter- 
nommenen Umbau  eine  Unterbrechung  erfahren.  Erst  im 
Januar  1750  wurde  dasselbe,  von  Bibiena  renovirt,  mit 
der  Oper  Attilio  Regolo  von  Metastasio  und  Hasse  wieder 
eröffnet. 

ordentlichsten  Erfolge  errang.  Kach  langen  Konstreisen  Hess  sie 
sich  1763  in  Manchen  nieder  und  stafb  1807  bei  ihrem  Sohne  zu 
Xenbarg  an  der  Denan.  Ihr  Portr&t,  gemalt  von  R.  Mengs,  befindet 
sich  in  der  Königl.  Gemäldegalerie  zn  Dresden. 

*  Das  Ballet,  welches  in  allen  diesen  Vorstellungen  eine  grosse 
Rolle  spielte,  war  inzwischen  (unter  Du  Mesniel)  sehr  vervollkomm- 
net worden.  Neben  Antoine  Pitrot,  seit  1748  Unterballetmeister, 
und  seiner  Fraa  gl&nzten  Catherine  Andr^,  sowie  Dominique  Leni 
imd  Frto,  die  Letzteren  besonders  in  komischen  Rollen. 


—    158    — 

lieber  diese  Renovation  des  Opernhauses  spricht  sich 
ein   in   den  Bejträgen   zur  Historie   und  Aufnahme  des 
Theaters  enthaltener  Bericht  vom  Jahre  1760  nicht  eben 
günstig   aus.      ^Auf   inständiges    Bitten    des    Italieners 
Bibiena  —  heisst  es  darin  —  ward  ihm  die  AnfRihrnng 
dieses  Baues  aufgetragen;  seine  Veränderungen  sind  aber 
so  schlecht^  ja  so  elend  gerathen^  dass  er  ganz  und  gar 
keinen  Beyfall  erhalten,  und  der  weltberühmte  Herr  Job, 
Christoph    Enöfel,    königl.    Oberlandbaumeister    bereits 
Befehl  bekommen,    durch  deutschen  Weg  zu  verbessern, 
was  der  italienische  verderbt  hat."    Aus  diesem  Berichte 
ersehen  wir  zugleich,   dass  im  „Attilio  Regolo"  die  Min- 
gotti  wieder   neben    der  Faustina   spielte  und  zwar  die 
Rolle  des  jungen  Regolo.    Sie  wäre  bei  dieser  Gelegen- 
heit beinahe  ums  Leben  gekommen.    „Die  schöne  Anstalt 
des   Bibiena   —   sagt   der  Bericht  —   hätte  uns   durch 
Einfallung  einiger  Maschinen  beinahe  um  eine  beweinens- 
werthe   Sängerin  gebracht,  und   gewiss   er   wäre  durch 
den  Tod  der  Mademoiselle  (?)  Mingotti  in  Stücken  zer- 
rissen worden,  wenn  nicht  ihr  Casket  ilir  und  sein  LfCben 
errettet   hätte."     Der   Bericht   enthält   ferner  eine  Kritik 
der   Besetzung   der  Oper,   die   ich,    weil   sie   von  allge- 
meinerem Interesse  ist,   hier   im  Auszuge  mittheile.    Den 
Regolo    spielte    Domenico   Annibali.     ^Seine   ansehnlich 
untersetzte  Gestalt  macht  ihn  einigermassen  ehrwürdig» 
Er  singt  einen  guten  Alt  und  hat  ein  ganz  feines  Gesicht. 
Seine  Action   ist  natürlich;   doch   ist  sein  Körper  etwas* 
hölzern."      Angelo    Amorcvoli,    „ein    Mann    von    einemi 
bürgermeisterlichen  Ansehen,    mittlerer  Grösse,  schwan- 
bräunlichem Gesichte",  spielte  den  Consul.    „Seine  treff- 
liche Tenorstimme,  seine   gute  Action,  seine  Miene,  sein. 
gesetzter  Gang,  alles  dies  macht  ihn  zu  einem  so  guten. 
Acteur,   als   er    wirklich   ein  guter  Sänger  ist."     Josepk 
Schuster,  „ein  durchdringender  Bassist",  stellte  den  Tribua 
Licinius  vor.    „Er  weiss  sich  ein  Ansehen  zu  geben,  docbi 
sind   seine  Actionen   und   sein   Gang   sehr   gezwungen.^ 


~     159     — 

Bamilkar  gab  der  Caatrat  Ventura  Rcechetti.    Sein 

IMtcftnt   and  Vortrag   wird    gelobt   —   „uur  zeigt  er  zu 

rtult  die  ell'enbeiaeiien  Zälioe  —  er  liat  ein  fein  Gesicht 

Md  Bchalkbafle  Angin.    Seine  Blicke  könnten  gefübrlicli 

Käu."  —  Fanatina  spielte  die  Tochter  des  Regolo.     „Mau 

W(ii8,  dass  sie  vortrefflieli  singen,  aber  auch  nicht  melir 

jrag  sein  kann.     Weder  in  der  Action,  noch  im  Gesänge 

'omtal   ihr  jemand    gleich,   wenigstens  auf  dem  dread- 

"Bohen  Theater."     Von    der    Mingotti    wird   gesagt,    sie 

•"•he  ihre  Rolle    so  uatUrüch    gegeben,    dasa    man    im 

^Woifel   gewesen,    ob    sie    ein    Frauenzimmer    sei.     „Ihr 

'*»»l»nd  ist  fein,  ihr  Witz  lebhaft,  ihr  Geist  aufgeweckt. 

^  Gesteht   ist  rund,   die  Augen  sind  blau,   die  Ilaare 

"'**lld,  der  Hals  ist  sehr  schön,  doch  die  tonerfUlIte  Kehle 

"•^    noch  bewundernswürdiger.     Die  Brust  ist  völlig,  die 

'"tase    einer    Mannsperson    könnten   nicht   schöner  sein. 

^t'e  Vorstellnngen,   ihre  Actionen  sind  allezeit  natürlich 

""^^  wohl  angebracht.     Alles  gefällt  an  ihr.     Man  sollte 

■"oinen,  nie  würde  sich  ihren  Reiz  zu  Nutzen  machen, 

'»er  nichts  weniger.     Ihre  Rolle  würde  gewiss  der  Gastrat 

"■«ivanni  Hindi  erhalten  haben,  wenn  ihn  nicht  der  Tod 

f^«M  und  gar  unbrauchbar  gemacht  hätte.     Er  wird  von 

■^ll«n   bedauert.    Das  freie  Wesen    im  Singeu   mussten 

"*«»i  Alle  zugestehen."  —  Vim  Maria  Rosa  Negri,  welche 

w«ae   Gefangene    des   jüngeren  Ri^golo    sang,    heisst    es, 

Q*»-»«  ohne  ihre  Stimme  ^ihr  alterndes  Gesicht  und  starker 

l^'Öjper"  schwerlich  gefallen   würden.     Auch  die   beiden 

•^«nner   spielten   mit,   Sophia  wird  als   eine  Frau  Pcstel 

bezeichnet.     Der  Berichterstatter   bedauert,  sie  so  wenig 

^enveodct  zu  sehen.    Von  Biaggio  Campagnari,  Salvatorc 

l'*i«ifico,    Nicolo    Pozzi,    Joseph    Görgel     nnd    Ludovico 

Cornelius  wird  gesagt,  dass  sie  trotz  ihrer  guten  Stimmen 

ÄUt  meist  zur  Verstärkung  des  Chores  verwendet  würden- 

Derselbe    Bericht    giebt    auch    etwas    nähere    Aus- 

^''lift  über   die  schon   im  Jahre    1737  durch  den  Grafen 

»ilUo  ia  Venedig  angeworbene  italienische  Stegreifspiel- 


—     160    — 

gesellschaft,  welche  bis  zum  Tode  des  Königs  miterhaltett 
wurde.  Dieselbe  bestand  ans  16  Personen  nnd  ftlbrte  ansBer 
derartigen  Gomödien  auch  Singspiele  und  Ballete  auf.  Sie 
begleitete  den  König  auf  seinen  Reisen  nach  Warschai 
und  gab  in  Dresden  ihre  Vorstellungen  abwechselnd  mit 
der  Oper.    Der  Director  dieser  Gesellschaft  war  Antonio 
Bertoldiy  welcher  schon    bei  der  1714  engagirten  Ge- 
sellschaft   war.     Der   Bericht    schildert    ihn    als   einei 
unterrichteten  Mann^  der  vieler  Sprachen  kundig  gewesen 
sei  und  viel  Witz   besessen  habe.    Er  spielte  die  Rolle 
des  Harlekin  und  ^^war  recht  dazu  bestellt  und  geboren^. 
—  Gamillo  Gonzachi,  ein  kleiner  untersetzter  Mann,  solli 
obschon  er  auf  einem  Beine  hinkte,  ein  yollkommener 
Acteur   gewesen   sein.    Er    spielte   den   Taborino,   doch 
auch  die  Marquisrollen.    Niclit  minderes  Lob  wird  deia. 
Bernardo  Vulcano  ertheilt,   welcher   gesetzte  Liebhaber 
und  ruhige  Alte  spielte   und  „an  dem  Alles  —  Augen, 
Mienen,  Hände  und  FUsse  —  geredet  habe".  —  Frenoi^ 
aus  Golinette  gab  Pantalonro)len ;  die  Natürlichkeit  8eine0^ 
Spiels  wird  gerühmt.    Auch  Toscani  wird  als  Liebhaber 
gelobt.    Wogegen  Pietro  Moretti,   dem  wir  noch  spätes* 
begegnen  werden,  als  ein  sehr  schlechter  Acteur  bezeichne^ 
wird.  —  Enthusiastisches  Lob  wird  der  Marta  Focari  cr^ 
theilt.    „Ihre  Gestalt  ist  königlich.    Sie  ist  nicht  jüngste^ 
Man  sollte  aber  schwören,  sie  sei  es."    Es  werden  noctB- 
Isabella  Vulcano,  die  Toscani   und  Giovanna  Casanova 
genannt.    Von  der  Letzteren  heisst  es:  „Ihr  Gesicht  i** 
alt,    trotz    der    theatralischen   Magic!    Eine    böse   Fraim-v 
einen  rechten  Teufel  von  einer  Frau   würde   sie 
vorstellen  als  die  Liebhaberin."  * 


*  Der  älteste  Sohn  der  Casanova,  Giovanni,  wurde  1764  Galeri^^ 
director  in  Dresden;  auch  der  jüngere,  Giacomo,   der   berüchtigC^ 
Abenteurer,  taucht  hier  zu  verschiedenen  Malen  auf.    Im  Jahre  17l^^ 
war  er  beauftragt,   das  französische  Zauberballet  „Zoroastre**  n>0 
Gahusac  und  Hameau  ins  Italienische  zu  übersetzen.    Es  kam  tncli 


—    161    — 

Eine  Reise,  die  Hasse's  in  diesem  Jahre  naeh  Paris 

unternahmen;  wo  sie  am  Hofe  die  glänzendste  Aufnahme 

&nden  (sie  wohnten  sogar  im  Königl.  Schlosse),  scheint 

ihre    Stellang    in   Dresden,    soweit    es    überhaupt   noch 

nöthig    war,   vollständig    wieder    hergestellt    zu   haben. 

Unter  diesen  Eindrücken  und  den  Triumphen^  welche  die 

Faustina  hier  im  nächsten  Jahre  neben  Salimbeni  erzielte, 

nahm  sie  in  der  Oper  ,,11  ciro  riconosciuto'^  von  Metastasio 

«nd  Hasse  für  immer  von  der  Bühne  Abschied.^ 

Feiice  Salimbeni  war  1712  in  Mailand  geboren 
und  von  Porpora  und  Appiani  zum  Sänger  ausgebildet 
worden.  Er  hat  überall,  wo  er  hinkam,  den  grössten 
Enthusiasmus  hervorgerufen  und  zwar,  weil  sein  Spiel 
8teif  und  leblos  war,  nur  durch  den  Adel  seiner  Per- 
sönlichkeit und  die  Pracht,  die  Kunst  und  den  Zauber 
Beines  Gesanges.  Er  sang  vom  ungestrichenen  a  bis  ins 
nreigestrichene  c  mit  schärfster  Reinheit  und  schönster 
FtlUe  des  Tons.  Seine  Intonation,  sein  Portamento  werden 
*l8  tadellos  bezeichnet.  Seine  Uebergänge  von  der  lei- 
sesten mezza  di  voce  bis  zur  vollsten  Kraftentfaltung 
waren  von  der  unerdenklichsten  Feinheit.-  Es  mag  ihm 
*n  Feuer  und  Energie  des  leidenschaftlichen  Ausdrucks 
Sefehlt  haben,  im  Pathetischen  jedoch  soll  er  Meister,  im 
Adagio,  im  brillanto  Andante  unübertrefflich  gewesen 
Bein.  Man  sagt,  dass  ihn  Metastasio,  der  ihn  bewunderte, 
^  folgenden  Versen  zu  zeichnen  versucht  habe  (Olimpiade 
1-  Act,  4.  Scene): 


JBit  Tielem  Glänze  zur  AufTührong.  Bei  dieser  Gelegenheit  war  er 
^  r)resden,  Tielleicbt  selbst  vorübergehend  in  königlichem  Dienste, 
^  in  Rechnungen  vom  Monat  März  d.  J.  von  einer  Gehaltszulage 
^^•^Iben  die  Rede  ist.  Die  Giovanna  Casanova  trat  auch  selbst 
*^  I^ichterin  auf.  Ihr  gehört  die  im  Jahre  1748  zur  Aufführung 
gelangte  Oper  „Le  contesi  di  Mestre  e  Malghera  per  il  trono**  an. 

'  Sie  behielt  jedoch  ihren  vollen  Gehalt  und  ihren  Titel  als 

^mersingerin. 

11 


-     162    — 

Jo  Fho  presente.    Avea 

Bionde  le  chiome;  oscnro  il  ciglio;  il  labbri 

Vermigli  si,  ma  tumidetti  se  forse 

Oltre  il  dover;    gli  sguardi 

Senti  e  piotosi;   un  arrosir  frequente, 

Un  soave  parlar ' 

Seit  1743  an  der  Oper  Friedrich'ß  des  Grossen 
gestellt,  war  es  einzig  durch  List  gelungen,  ihn  ftr  dß^ 
sächsischen  Hof  zu   gewinnin.    Ein   sich    bei  ihm  a0>' 
kündigendes  Brustleiden  bot  dazu  den  äusseren  Vorwan^ 
Die  Berliner  Oper  ergriff  Repressalien,  indem  sie  daftt* 
den  Dresdner  Altisten  Carestini  zu  sich  herüberzog,  wel- 
cher,   obsclion    er    nach   dem   Urtheile   von   Quanz   di^ 
schönste  Altstimme  besass,  die  dieser  jemals  gehört,  SaUnB- 
beni  doch  nicht  vergessen  machen  konnte.    In  Dresden 
sollte  man  sich  dieses  Gewinnes  aber  auch  nur  kurze  Zeit 
zu  erfreuen  haben.    Er  sang  mit  sensationellem  Erfolgt 
ausser  in  der  schon  früher  gegebenen  Oper  Leueippo  nur 
noch  in  der  schon  oben  erwähnten:  „II  ciro  riconoscinto^ 
(welche  letztere  allerdings  14  mal  wiederholt  wurde)  und 
in  dem  Oratorium  „I  Pellegrini"  von  Hasse.    Seine  Krank- 
heit hatte  inzwischen  bedenkliche  Fortschritte    gemacht,    ' 
so  dass  er  unmittelbar  darauf  nach  Italien  eilte,  um  ioti 
Heilung  zu  suchen.  Seine  Leiden  hielten  ihn  jedoch  schon 
in  Laibach  fest,  wo  er  denselben  im  Monat  August  anch 
erlag.    Er  erhielt  am  31.  Juli  1751  seine  Entlassung  mit 
der  Zusicherung  von  4000  Thaler  Pension  auf  Lebenszeit^ 
die  man  ihm  ja  gewähren  konnte,  ohne  besondere  Opfer 
erwarten  zu  müssen. 


'  Ich  seh  ihn  noch.    Er  war 
Von  Haaren  blond,  die  Augenbrauen  schwarz, 
Die  Lippe  purpurn,  doch  etwas  erhoben  — 
Vielleicht  zu  viel  selbst  —  doch  den  Blick  dagegen 
Fast  zögernd,  sanft.  —  Ein  häufiges  Erröthen, 
Ein  sanfter  Hauch  der  Stimme 


dieses  Jalir  lallt  aurh  nocli  die  Einwpihnng  der 
shen  katholischen  Hofkirche,  zu  wclciicr  bereits 
I7S9  dpr  Grundstein  gelegt  worden  war.  Hasse  soll  seine 
NliOne  D-moll  Messe  dazn  geselirieben  haben,  die  noch 
jftzt  am  Ostersonnabende,  am  Frohnlcicbnamstestc  und 
•»fini  Jahressch lasse  darin  aufgeführt  wird.  Der  kirchlichen 
ilii«ik  war  liier  eine  Stätte  beveitet,  welche  nicht  wenig 
,  tu  dem  Knfe  mit  beitragen  sollte,  welchen  die  Leistungen 
«ler  Königl.  sächsischen  Kapelle  ununterbrochen  im  Ane- 
'*'><3e  genossen.  1754  erhielt  sie  noch  in  dem  Meister- 
werke des  berillimten  Orgelbaucra  Gottfried  Silber- 
■DAiin  eine  kostbare  Gabe.' 

Es  iolgicn  Jetzt   in  langer  Reihe   wieder  Opern  von 
lIa«M,   80    1752:     Adriano    von    Siria    von    Metastasio, 
l'&3:  Süliinano  von  Migliavccca,  einem  Schüler  Meta- 
et^sio's,  der  I7n'2  an  Pasqnini's  Stelle   getreten  war.     In 
Ift^ierpi-  wnrde  ein  bis  dabin  selbst  hier  noch  nicht  da- 
SO\cegener  Pomp  entfaltet.    Wirkliche  Elephanten,  Ka- 
"ÄPele,     Pferde     betraten     die     Bithne.      Der    Zndrang 
"Ir,  wie   es  bei  Filratenau  heisst,   ein    so  grosser,  dass 
*«h  bei  der  zwölften  Vorstellung  Damen  vom  Hofe  sich 
WB  Schweizergardisten  Plätze  besetzen  Hessen,   worüber 
lidt  dann  die  Stadtdamen   nicht   wenig  aufhielten.     Die 
Uerbei  Btattfindenden  Unordnungen  mochten  Veranlassung 
m  einem  neuen,    strengeren   Tbeaterreglement    gegeben 
baben.    Auch  wurde  bei  dieser  Gelegenheit  dem  Direc- 
teor  des  plaisirs  der  Legationsrath  Friedrich   .\ugn8t 
Ton  EOnig,  ein  Sohn  des  verstorbenen  Hofpoeten,  sowie 
ein    Departementssecretür.    Karl   0  otllob    Brückner,    bei- 
gegeben.   Den  Forderungen  der  Künstler  an  die  Theater- 
garderobe   wurden     ebenfalls    Grenzen     gesetzt,      Jeder 

■  Sie  war<1e  iinch  dem  Plane  des  GacUno  Chiaveri  aofftuge  voii 
diesem,  dwin  von  Sebastian!  und  den  OiicvlandlittuuieigterD  Knöfel 
noil  Siliwane  ausgufulirt.  Die  ßildsftnlen  eind  toh  Loretixo  Matielli 
(d«m  Verferliger  des  Brunnens  im  Garten  des  jetzigen  Krantten- 
hHNi)  niicfa  Zeictannngen  des  Stefsna  ToreHi. 

11* 


—    164    — 

Schauspieler  and  jeder  Sänger  erhielt  zur  Vorstellnng^ 
zwei  Paar  neue  Handschuhe.  Zu  jeder  ersten  VorsteDniig^ 
eines  Stücks  erhielten  die  Damen  ein  Paar  seidene 
Strümpfe  und  ein  Paar  Schuhe.  Ein  erster  T%nzer  e^ 
hielt  jeden  Abend  ein  Paar  Strümpfe  und  für  je  zwei 
Abende  ein  Paar  Schuhe  u.  s.  w. 

Die  decorative  Pracht  des  Soliman  wurde  auch  in 
späteren  Hasse'schen  Opern  wiederholte  In  der  Oper 
Ezio  (1755)  erschienen  bei  dem  Triumphzuge  des  Aetios 
400  Menschen,  102  Pferde,  5  Wagen,  8  Maulthiere  und 
8  Dromedare. 

Bei  diesen  verschiedenen  Vorstellungen  glänzten 
einige  neu  erworbene  Mitglieder,  vor  Allen  Teresa 
Albuzzi-Tode  schini,  welche,  ebenso  wie  Sophie 
Denner,  eine  der  Geliebten  des  Grafen  Brühl  gewesen 
sein  soll  (was  hier  nicht  etwa  als  Auszeichnung,  sondern 
nur  zur  Gharakterisirung  Erwähnung  findet).  Femer  die 
Sopianisten  Giov.  Belli  und  Bartolomeo  Putini,  sowie 
die  Caterina  Pilaja,  der  Mezzosopranist  Angelo  Monti- 
celli  und  der  Altist  Bruscolini. 

Während  der  Abwesenheit  des  Hofes  im  Jahre  1754 
spielte  während  der  Sommermonate  im  Theater  des  Gra- 
fen Brühl  auf  dem  Walle  die  Opemgesellschaft  des 
Giovanni  Battista  Locatelli,  welche  der  Residenz 
neue  musikalische  Anregungen  gab.  Sein  Repertoire  bestand 
aus  den  Bnffo-Opem:  11  mondo  a  rovescio,  la  Calamiti 
de'  cuori,  il  mondo  della  luna  —  sämmtlich  von  GaluppL  ^ 
Le   pescatrici    von    Ferdinande   Bertoni.     II    ritomo  di 

■  Baldassare  Gtliippi  gehört  zu  den  Torzüglicberen  OpemGom- 
poiiisten  aus  der  Schule  des  Lotti,  besonders  zeichnete  er  sich  in 
der  Opera-Buffa  durch  einfache  und  zum  Herzen  sprechende  Melodik 
und  burleske  Ausdrucksweise  aus.  II  mondo  a  rovescio,  von  welcher 
die  Königl.  Bibliothek  zu  Dresden  das  Manuscript  besitzt  (ein 
Ciavierauszug  ist  in  Leipzig  17;>2  erschienen),  und  II  mondo  della 
luna  wurden  damals  für  unabertrefflich  gebalten.  —  Auch  Giuseppe 
Scolari  war  ein  angesehener  und  fruchtbarer  Opcmcomponist 


—     165    — 

Londn  von  Dom^  Fischietti  nnd  la  cascioa  von  Gius. 
Scolari.  Von  Darstellero  werden  Agata  Sani,  Teresa 
Alberio,  Angelo  Michael  Potenza,  Anastasio  Masso^  Nicolo 
Peretti;  Caterina  Masi  und  Gabrieli  Messieri  genannt. 
Schütze  in  seiner  Hamb.  Theatergeseb.  rühmt  die  Kräfte 
dieser  Gesellsehaft;  die  unmittelbar  darauf  in  Hamburg 
spielte.  Sie  gab  hier  ernste  und  komische  Opern  und 
besoDders  die  letztern  werden  gelobt.  Als  die  bedeutendste 
Erscheinung  wird  hier  Giovanna  della  Stella  hervor- 
gehoben, die  wir  im  obigen  Yerzeichniss  freilich  nicht 
finden. 

In  diesem  Jahre  erhielt  der  italienische  Schauspieler 
und  Impresario  Pietro  Moretti  die  Erlaubnisse  ein 
neues  Theater  unweit  des  Zwingers  zu  erbauen  und  darin 
italienische  Opern  und  deutsche  Schauspiele  aufführen 
ni  lassen.  Fast  durchgehends  nur  Holzbau,  war  es 
im  nächsten  Frühjahr  schon  fertig.  1761  wurde  es 
oach  dem  Plane  des  Oberlandbaumeister  Schwarze  mit 
«inem  Kostenaufwand  von  20,0C0  Thlr.  für  Moretti's  Rech- 
nnng  steinern  ausgebaut;  wogegen  er  das  Privilegium 
erhielt,  es  10  Jahre  lang  zu  Theatervorstellungen  und 
B^oaten  benutzen  zu  dürfen  ^  worauf  es  ohne  Entschä- 
^ng  an  den  Hof  zurückfallen  sollte.  Kurfürst  Fried- 
rtch  Christian  kaufte  es  ihm  jedoch  1763  für  20,000  Thlr. 
^b,  welche  Summe  der  Prinz-Administrator  1765  noch 
•Dl  2000  Thlr.  erhöhte.  Moretti  wurde  noch  überdies  als  In- 
^tor  desselben  angestellt  Es  scheint  jedoch;  als  ob  er 
^ch  Unregelmässigkeiten  habe  zu  Schulden  kommen  las- 
^^  weshalb  er  1771  entlassen  wurde.  Das  Haus  fasste 
^iHprünglich  nur  350  Menschen,  bestand  aus  3  Reihen 
^gen,  Cercle  und  Parterre,  wurde  aber  1783  erweitert 
^^  1793  mit  einer  Vorhalle  versehen,  in  welcher  Gestalt 
^  ohne  wesentliche  Veränderungen  bis  zum  Jahre  1841 
"^öntzt  und  erst  durch  das  erste  von  Semper  gebaute 
^'osse  Hoftheater  verdrängt  wurde. 

In   diesem   Hanse  eröffnete   nun   im  Sommer  1755 


—     166    — 

Locatelli  aafs  Neue  die  Vorstellangen.  Diesmal  gab 
Arcadia  in  Brenta^  II  filosofo  di  campagna,  H  conte  Cai 
melk;  I  pastori  per  allegrezza  impazziti  —  sämmili 
von  Galuppiy  sowie  Lo  speciale   von  Vicenzo  Pallaviei 

Sein  Personal  hatte  Veränderungen  erfahren.  ^ 
finden  diesmal  Angela  Conti  Giuliani,  detta  la  Banden 
Giusto  Fcrdinando  Tenducci,  detto  il  Senesino^  Anasla 
MassO;  Teresa  Alberio,  Gabrieli  Messieri^  Gaterina  H 
und  Gaspero  Barozzi.  Tenducci  machte  später  gi 
ses  Aufsehen  in  London. 

Locatelli  erschien  1756  noch  ein  drittes  Mal  in  Di 
deU;  bei  welcher  Gelegenheit  er  ausser  den  frttbei 
Opern  noch  I  vaghi  accidenti  fra  Amore  e  Gelosia  i 
Galuppi,  sowie  II  pazzo  glorioso  und  la  maestra  i 
Giachino  Cocchi  zur  Aufführung  bringen  Hess.* 

Der  Carneval  des  Jahres  1756  war  ein  sehr  leb! 
ter.  Man  berichtet  von  22  Opernvorstellungen,  unter  dei 
die  Hasse'sche  Oper  Olimpiade  neu  war.  Die  Hasse'» 
Aera  war  hiermit  auf  ihrem  Höhepunkt  angekommen.  1 
nun  ausbrechende  Krieg  sollte  aber  derselben 
ungeahntes  Ende  bereiten. 

Das  Orchester  der  Dresdner  Oper  galt  damals 
das  erste  in  Europa.  Als  Dirigent  genoss  Hasse  ei 
nirgend  bestrittenen  Rufes.  Seine  Einrichtungen  war 
massgebend  für  die  meisten  der  ersten  Theater.  Folj 
des  ist  die  Anordnung,  welche  er  den  Instrumenten 
seinem  Orchester  gegeben.  Inmitten  desselben  stand 
Flügel,  von  dem  aus  er  selbst  dirigirte.  Links  (vom  Zuscha 
aus)  zur  Seite  befand  sich  ein  zweiter,  auf  welcl 
accompagnirt  wurde  (was  meist  von  Ristori  gescb 
Dahinter  (und  ihnen  entsprechend  auf  der  anderen  Sc 
unterhalb  der  Tribünen  für  die  Trompeten  und  Pau 
Je  ein  Bass  und  ein  VioloncelL    Längs  der  BUhnenw: 

'  Ein   Billet  zu   diesen  Vorstellungen   kostete   im  1.  Par< 
1  Thlr.,  im  2.  Parquet  12  Gr.,  im  Parterre  8  Gr. 


—    167    — 

zw  Linken  5  Oboisten,  rechts  6  zweite  Violinen,  das 
Gesicht  gegen  den  Dirigenten  gewendtet.  Vor  den  ersten 
ebenso  2  Flötisten  nnd  2  Homer,  rechts  ihnen  entsprechend 
4  Bratschen.  An  der  Orchesterwand,  den  Rücken  gegen 
die  Znschaner,  links  5  Fagotte,  rechts  7  erste  Violinen. 
Zwischen  ihnen  noch  ein  dritter  Bass  und  ein  drittes 
VioloncelJ. 

Eine  andere  Einrichtung  Hasse's,  die  auch  Friedrich 
d.  Gr.  in  Berlin  einführen  Hess,  bestand  darin,  dass  die 
Spieler  ihre  Instrumente  in  einem  abgelegenen  Zimmer 
stimmen  mussten,  wodurch  der  Einsatz  der  Ouvertüre  einen 
ttm  so  mächtigeren  Eindruck  machte,  weil  er  die  Seele 
des  Hörers  ohne  jede  Vorbereitung  ganz  plötzlich  in  die 
der  Musik  eigenthtimliche,  ideale  Welt  erhob. 

Ein  Blick  auf  das  Mitgliederverzeichniss  der  Kapelle 
ttnd  des  Theaters  vom  Jahre  1756  lehrt,  über  welche 
ausserordentlichen  Kräfte  Hasse  damals  verfügte.  Aller- 
dings waren  sie  theuer  erkauft.  Der  Aufwand  dafür  er- 
f«iehte  die  Höhe  von  101,039  Thlr.,  wovon  58,352  Thlr. 
*af  Kapelle  und  Kammermusik,  23,930  Thlr.  auf  das 
•  Ballot,  7975  Thlr.  auf  das  italienische  Schauspiel,  1500  Thlr. 
*nf  Pensionen  und  3884  Thlr.  auf  das  Beamtenpersonal 
kamen.' 

*  Kapelle  und  Kammermusik:  Poet:  Migliavacca.    Ober- 

**pellmeister:  Hasse.  Kircheucomponisten :  liutz,  Schürer,  Breunich. 

^^Prani:   Faustina,   Todeschini,  Caterina  Pilaja,  Rosa  Negri,  Wil- 

^'Düne  Denner,  Maria  Monticelli,  Rocchetti,  Belli,  Putini,  Pacifico, 

^^'  Spindler.    Gontraalti:   Wilhelmine   Sophie  Pestel,  geb.  Den- 

*^  Annibali,  BruscoUni,  Pozzi.    Tenori:   Amorevoli,   Ludw.  Cor- 

***U8,  J.  Jos.  Götzel.     bassi:  Campagnari,  Joseph  Schuster,  J.  Dav. 

^^^V    Concertmeister :  Francesco  Maria  Cattaneo,  der  an  des  1766 

*^^rbenen   Pisendel   Stelle   getreten   war,  17  Violinisten,    4  Bra- 

^^isten,  3  Violoncellisten,  3  Flötisten,  6  Oboisten  (darunter  Carlo 

^^  Anton  Bestozzi),  2  Waldhornisten,  6  Fagottisten,  1  Pantaleonist, 

'iolgambist,  1  Organist    Ballet:    Maitre  des  ballets:  Ant.  Pitrot, 

•'^arier.   Premier  Danseur:  Domenico  Leni.   Premiöres  Danseuses: 

^*Rliavini,  Cath.  Andre,  Amanda  RiTier,  Manon  Coudray.    10  Figu- 

^^nt8,  12  Figurantes.    Le  pr^vot  de  la  saUe. 


-      168    — 

Der  Ausbrach  des  dritten  sohle siseben  Krieges,  d( 
gleich  mit  einer  Niederlage  begann,  sollte  in  diese  Yei 
hältnisse  eine  grosse  Verwirrung  bringen/  Ein  Theil  di 
Sänger  nahm  oder  erhielt  nach  and  nach  seine  Entlai 
sang.  Ein  Theil  der  Oper,  des  Ballets  and  der  Kapel 
begleitete  den  König  mit  Herrn  von  Diesskan  nach  Wa 
schaa,  wo  der  Krieg  die  Festlichkeiten  nicht  anterbrae' 
Ein  dritter  blieb  anter  Herrn  von  König,  der  deshalb  zoi 
Vicedirectear  des  plaisirs  and  Geh.  Legationsrath  emani 
worden  war,  in  Dresden.  Im  Jahre  1761  masste  sogi 
aach  er  mit  einigen  Sängern  and  Tänzern  nach  Warscha 
kommen.  Ein  grosser  Verlast  betraf  die  Kapelle  dore 
die  Beschiessang  von  Dresden,  bei  welcher  das  prinslid 
Palais  aaf  der  Pirnaischen  Gasse  (der  jetzigen  Landhasi 
Strasse)  niederbrannte  and  mit  ihm  die  darin  befindlicl 
kostbare  Sammlang  masikalischer  Instramente  and  Part 
taren  von  Kircbenmasiken. 

Aach  Hasse  verlor  bei  dieser  Gelegenheit  fast  a 
seine  Habe  and  den  grössten  Theil  seiner  noch  angedrac) 
ten  Manascripte.  Er  hatte  bereits  1758  and  59  Erlaal 
niss  erhalten,  einer  Einladung  des  Königs  von  Neap< 
Folge  za  leisten.  Von  da  wendete  er  sich  nach  Veni 
dig  and  1761  auf  einen  Raf  hin  nach  Wien. 

Anfang  1762  kehrte  zanächst  der  Karprinz  mit  m 
ner  Familie  nach  Dresden  zartick.  Moretti  spielte  danu 
mit  seiner  italienischen  Operngesellschaft  im  kleini 
Zwingertheater.  Sein  Repertoire  scheint  hauptsächlich  a 
Intermezzi  bestanden  za  haben,  har  eine  zweiacti| 
komische  Oper:  La  cameriera  sporsata  per  forza  wi 
noch  erwähnt.  Während  der  Fasten  hatte  er  an 
Abonnementsconcerte  anter  dem  Namen:  Masikalisc 
Akademie  oderCoUegiamMasicam  dreimal  wöchentlich  ei 
gerichtet.  Nach  Ostern  begannen  die  Theateryorstellong 
aafs  Neue.  Der  Cameval  von  1763  wurde  auch  dar 
öffentliche  Maskeraden  in  seinem  Theater  gefeiert    D 


—    169    - 

Entrte  dazu  betmg  1  Thlr.  Zuschauer  auf  der  Galerie 
zahlten  8  Groschen. 

In  diesem  Jahre  kehrte  der  König  zurück.  Neue 
Engagements  wurden  abgeschlossen.  Diesskau  trat  von 
flebem  Posten ;  an  seine  Stelle  kam  Herr  von  König. 
Die  Vorstellungen  im  grossen  Opernhause  wurden  selbst- 
Tcretändlich  mit  einer  neuen  Oper  von  Hasse:  ,;Siro6'', 
ertlfhet 

Das  wichtigste  musikalische  Ereigniss  des  Jahres 
aber  war  die  Aufführung  der  Oper  ^^Talestri,  regina  delle 
amaztoni^^  von  der  Knrprinzessin  componirt  und  gedichtet. 
Schon  im  Jahre  1754  war  eine  Oper  derselben:  „11  trionfo 
della  fidelta*'  im  engen  Hofkreise  zur  Aufführung  ge- 
kommen, in  der  sie  die  Rolle  der  Nice  sang.  Auch  diese 
Oper  fand  auf  einer  im  kurprinzlichen  Reithause  errich- 
teten Bühne  vor  dem  engsten  Hof  kreise  statt.  Talestri 
^^^de  von  der  Kurprinzessin,  Antiope  von  der  Prinzessin 
Kunigunde,  Tomiris  von  der  Prinzessin  Elisabeth  ge- 
wngcn.  Unter  den  stummen  Personen  wirkten  Prinz 
Anton  und  die  Prinzessin  Amalia'  mit. 

Bnmey,  der  englische  Musikhistoriker,  welcher  die 
J^rinzessin  Maria  Antonia  freilich  viel  später  (1772)  eine 
Scene  aus  dieser  Oper  vortragen  hörte,  urtheilt  darüber 
'rie  folgt:  „Sie  sang  in  einem  wirklich  edlen  Styl,  ihre 
Stimme  war  schwach ,  aber  sie  strengte  dieselbe  nicht 
*B>  sondern  sang  jede  Melodie.   Sie  sprach  das  Recitativ 

'  Sonst  waren  an  dieser  Vorstellung  die  Kron-Hof-Marschallin 
^'^^  Toa  Meiszeck  (Orontes),  Kammerjunker  Baron  y.  Rechberg 
^*'**'ch),  die  Hofdamen  Baronesse  ▼.  Rollingen,  Fräul.  v.  Obym, 
'^^^  T.  Naandorf,  Gräfin  v.  Schönburg  und  Fräul.  v.  Hirschberg, 
***|e  Grafin  ▼.  Zech,  Geheimräthin  v.  BOnan,  Frau  v.  Unruh,  Gräfin 
^■aikofcka  und  Frau  Generalmajorin  ▼.  Baggen  im  Chore  der  Ama- 
**^  —  Kronfeldzeugmeister  Graf  v.  Brühl,  die  Kammerj.  Bar. 
^'  ^echenberg  und  ▼.  Schönberg,  Prinz  Moritz  v.  Isenburg,  v.  Schau- 
^«*»  die  Majore  v.  Obym  und  v.  Unruh,  Graf  v.  Zinzendorf, 
^•öertlm.  ▼.  Baggen,  Graf  Karl  v.  Brühl,  Mr.  Odemsky,  Mr.  d'Alson 
^  Chev.  ▼.  Berlepsch  im  Chore  der  Scythen  betheiligt. 


—     170     — 

sehr  gut;  in  der  Weise  der  grossen  alten  Sänger  dei 
besten  Zeiten.  Die  Arie  (welche  sie  sang)  war  ein 
Andante,  reich  in  der  Harmonie^  ein  wenig  in  der  Weise 
der  besten  Opern  HändeFs.  Obgleich  wenig  Violinei 
accompagnirten,  waren  sie  in  diesem  Concerte  doch  n 
stark  für  die  Stimme,  ein  Fehler,  über  den  gewöhnlid 
alle  Sänger  zn  klagen  haben/^  Andererseits  soll  der  Ein 
flnss  Metastasio's  und  Hasse's  auf  diese  Arbeiten  niek 
zu  verkennen  sein,  was  in  der  Correspondenz  de 
Prinzessin   mit  Brühl   auch  hier  und  da  angedeutet  iS' 

Nur  kurze  Zeit  später  wurde  Friedrich  August  L 
plötzlich  vom  Schlage  getroffen.  Sein  Tod  zog  auch  aa 
dem  Gebiete  des  musikalischen  Lebens  grosse  Ye: 
änderungen  nach  sich.  Die  italienische  Oper  nn 
Comödie,  sowie  das  Ballet  wurden  aufgelöst.  Nur  w€ 
l\lr  den  Kirchendienst  nothwendig  war,  wurde  beibehaltej 
Auch  Hasse's  wurden  zwei  Tage  nach  des  Königs  ToJ 
und  ohne  jede  Pension  verabschiedet,  was  fast  eines 
Acte  der  Ungnade  gleich  sah.  Hasse  selbst  behielt  ni 
seinen  Titel.  Sie  wendeten  sich  zunächst  nach  We: 
wo  sie  bis  1773  verblieben,  um  dann  nach  Venedig  Übe 
zusiedeln.  Hier  wurde  Hasse  unter  Anderem  der  Lehre 
des  späteren  sächs.  Kapellmeisters  Naumann  und  blie 
auch  noch  sonst  in  einiger  Verbindung  mit  dem  sächfl 
sehen  Hofe,  indem  er  einzelne  seiner  Composltionen  nac 
Dresden  sandte,  um  sie  dem  König  ,.zur  Erinnerung  a 
den  treuesten  seiner  Diener^'  (wie  es  scheint  auch  nicl 
ohne  Erfolg)  überreichen  zu  lassen.  1783  starb  er  im  Alti 
von  82  Jahren.  Bumey  bezeichnet  es  auch  als  dl 
Todesjahr  der  Faustina,  welche  dann  83  (wie  Einig 
wollen,  sogar  90)  Jahre  alt  geworden  sein  müsste. 

Der  Etat  der  Kapelle  für  1764  war  auf  32,232  Tbl 
herabgesetzt  worden,  in  welcher  Summe  allein  9942  Tbl 
für  Pensionen  enthalten  waren. 


Das  deutsche  Schauspiel  am  Hofe  zu  Dresden 
vom  Tode  Veltheu's  bis  zum  Tode  der  Neuber^ 


IHeYelthen'sehe  and  die  Elenson-HaaGke-Hofrknanii'sche  Trappe. 
^  ^enbers  and  die  Gottsched'sche  Btthnenreform.  —  Zerwttrf- 
^  Gottsehed's  mit  Ulrich  ron  KOnig.  —  Yerdrängungr  Xeabers 
^■■^  die  Müller'sehe  Trappe«  —  Zerwttrftiiss  Xeabers  mit 
^ttsehed.  —  Kampf  der  Xeuber'scben  mit  der  Schöuemann'sebcn 
Trappe.    Die  Tors  teil  angren  in  Dresden. 

Die  Nachrichten   über  die  Leistungen  der  Velthen- 

8cheu  Truppe   sind  im  Ganzen  nur  spärlich.    Ihre  volle 

^dentung   lässt   sich   erst  aus  der  Thatsache  ermessen, 

"*88    fast    alle    besseren   Truppen    des    nächstfolgenden 

^i'i"aums,    fast   alle  Principale  derselben  aus   ihr   erst 

«eivorgingen.    Gleich   nach  dem  Tode  Velthen's  stellte 

^^^    sein  früherer  Pantalon/  Julius  Elenson,    an  die 

^Pit^e  einer  neuen  Gesellschaft.    Ihm   sollen   sich   nach 

^'  Devrient,  Judenbart,  Geissler  und  Huber,  nach  der 

^''onologie  des  deutschen  Theaters  aber  Salzsieder  und 

•'*>4enbart    unmittelbar   angeschlossen    haben.     Es   sind 

xuoi  Theil  Namen,   die  wir  unter  den  Comödianten  des 

^*^Iä Bischen  Hofs  nicht  mit  angeführt  finden.   Die  Velthen- 

*che  Truppe  musste  also  inzwichen  neue  Veränderungen 

^i^aliren  haben.    Elenson  hatte  sich  in  Hamburg  mit  der 

*^*^Önen  Tochter  eines  Bürstenbinders  verehelicht,  welche 

..      *  Die  Schauspieler  hatten  damals  ihre  besonderen  Fachnamen, 
,  ^   einen  Ehrenpunkt  für  sie  bildeten.    Der  eine   hiess  Courtisan^ 
^  andere  Königsagent,  Tyrannenagent,  Pantalon  u.  s.  f. 


—     172    — 

ans  Liebe  zu  ihm  sich  zwar  leicht  zur  Annahme  der 
katholischen  Religion ,  dagegen  sehr  schwer  zum  Auf- 
treten auf  der  Bühne  entschloss.  Nichtsdestowemgei 
sollte  sie  in  der  Theatergeschichte  noch  eine  hemm- 
tretende  Rolle  spielen^  da  sie  nach  Elenson's '  Tode  seil 
Geschäft  weiter  fortführte. 

Aach  Joseph  Stranitzky  (Devrient  wirft  mit 
Recht  die  Frage  auf;  ob  er  nicht  vielleicht  eine  Permi 
sei  mit  dem  gewöhnlich  Schemitzkj  genannten  Yelthen- 
sehen  Courtisan?)  scheint  gleich  nach  des  Letzteren  Tode 
die  Truppe  desi^lben  verlassen  zu  haben.  Er  gründete 
später  das  erste  stabile  deutsche  Theater  in  Wien  mi 
behauptete  sich  dort  gegen  den  Einfluss  der  Italiener 
indem  er  die  Formen  ihres  Stegreifspiels  in  volksthte 
licher^  fireilich  auch  derber  Weise  zu  nationalisiren  verstand 

Velthen's  Wittwe  übernahm  die  Leitung  seine 
eigenen  Truppe.  Wie  schon  erwähnt,  wurde  auf  sie  dti 
sächsische  Privilegium'  übertragen.  Dorseus  (als  Haoa 
wurst),  der  später  in  Wien  noch  den  Doctorhut  erwarb 
aber  bis  ans  Ende  bei  ihr  aushielt,  der  kleine  und  de 
schwarze  Müller ,  von  denen  jener  in  Riga  Schulrecto 
wurde,  dieser  aber  bald  zu  Stranitzky  ging,  femer  Sasse 
der  Grossvater  der  berühmten  Schauspielerin  Gründlei 
Bastiani,  welcher  den  italienischen  Harlekin  auf  di 
deutsche  Bühne  gebracht  haben  soll,  sowie  endlich  di 
Denner'sche  und  Spiegelberg'sche  Familie,  dene: 
man  zeitweilig  auch  bei  Stranitzky  begegnet  und  di 
sich  1700  ebenfalls  wieder  als  eine  selbstständige  GeseH 
Schaft  von  der  Velthen'schen  abzweigten,  zeichneten  sie 
besonders  bei  ihr  aus. 

Neben  diesen  Truppen  liefen  natürlich  noch  vid 
andere  her,  die  wir  zum  Theil  noch  flüchtig  zu  berühre 
haben  werden. 

'  Wahrscheinlich  ist  dieser  Elonson  derselbe,  welchen  der  Km 
fürst  Ton  Göln  so  schätzte,  dass  er  ihm  zu  Schwalbach  ein  Grabni 
Ton  schwarzem  Marmor  errichten  Hess. 


—    173    — 

Die  wechselseitige  Concarrenz  und  der  Kampf  mit 

der  anfbltthenden    Oper    forderte    diese    Truppen    aber 

keineswegs  immer  in  ihren  Bestrebungen;   sondern  Hess 

sie  bald  mehr   nnd   mehr   von   der  gewonnenen   Höhe 

herabgleiten.    Es   hängt   dies   zum  Theil   mit   der  auch 

nocli  jetzt  zu  beobachtenden  Neigung  der  Schauspieler 

zusammen;   vorzugsweise  dem   Geschmack  der  tieferen^ 

doch  zahlreicheren  Klassen  des  Publicums  Rechnung  zu 

tragen  und  den  der  höheren   auf  diese  Weise  allmählig 

herabzuziehen.      So    wurde    das    regelmässige    Drama^ 

welches  zu    Anfang    der    1790er   Jahre    auf   einzelnen 

Bfihnen  schon  mehr  in  Aufnahme  zu  kommen  schien/ 

^on  den  im  Tone  immer  roher  werdenden  Harlekiniaden 

^  Haupt-   nnd  Staatsactionen   allmählig  wieder  völlig 

verdrängt.    Mit   der  Form   und  dem  Inhalt   der  Stücke 

Wnk  auch  die  Spiel  weise,  die  ohnedies  zwischen  einem 

pittten  Naturalismus  und  einer  übertreibenden  Gespreiztheit 

geschwankt  hatte,  tiefer  und  tiefer.  Kein  Mittel  wurde  ver- 

^hoi^])^  um  d^  Publicum  anzulocken,  wie  dies  schon  allein 

y^  den  marktschreierischen  Ankündigungen  tu  erkennen 

^  'Welche  auch  Velthen  zuletzt  nicht  mehr  verschmähte.* 

Schon  zwischen  1791 — 94  waren  verschiedene  französische 
*J*&ödien  in  besseren  und  reineren  Uebersetzungen  erschienen 
(nodogtkne,  Brutus,  Alexander,  Sertorius,  Regulas  etc.  von  Bressand)^ 
^elcl^^  besonders  auf  den  Herzoglichen  Theatern  zu  Wolfen büttel 
'^   ^alzdalum  zur  Aufführung  kamen. 

*   Ich  will   davon   nur   einige  Proben   geben:    „Die  Verfolgung 

^  '^^iebe  oder  die  grausame  Königin  der  Tegeanten  Atalanta  mit 

™n5  Wurscht,  dem  lächerlichen  Liebs -Ambassadeur,   betrogenen 

^^^«itätenseher,  Einfliltigen  Meichlmörder,  tnteressirten  Kammer- 

^^r,  Uebel  belonten  beiden  Achselträger,  Unschuldigen  Arrestan- 

"»    Interessirten  Aufseher,  Wohl  exercirten  Soldaten,  und  Inspector 

r*"**    die  bei  Hoff  auf  der  Stiegen  Essende  Galantani".   Und  folgende 

*'     -Ankflndigung   von   „Olympia   und  Virenus  oder  Der   trunkene 

^^»^  entnommene  Stelle:     „Virenus,  nachdem  er  öfters  die  vcr- 

**^^%rten  Pillen  von  seiner  geliebten  Olympia  Rubinenlefzen  gesogen, 

ibm  aber  einmals  diese  ergetzende  Unlust,  weiss  nicht  warum, 

^'^^et,  iat  gesonnen  wegen  der  Verachtung,  Olympia  zu  verlassen 

^'^  sich  mit  der  ewigen  Freiheit  wieder  zu  vermählen/' 


—     174    — 

Das  wichtigste  Anziebungsmittel  war  aber  der  Hu 
warst,  welcher  daher  mit  zur  Reclame  benutzt  wni 
,;MeistentheiIs  —  heisst  es  in  den  ^^Denkwfirdigke 
^ines  beliebten  Harlekins"  —  musste  die  Instige  Pei 
Vormittags  zu  Pferd  die  Ankündigung  der  Stücke 
den  Strassen  machen,  wo  nicht  in  völliger  Kleidung, 
<ioch  unter  einer  Schellenkappe  und  mit  einer  Brille  auf 
Nase.  Wenn  der  Spassmacher  bei  guter  Laune  war,  i 
er  wohl  verkehrt  auf  dem  Pferde  und  hielt  den  Sch^ 
in  der  Hand.  Nach  dreimaligem  Trommelwirbel  lai 
die  Anschlagszettel  vor;  er  musste  dabei  schnarren, 
peln  oder  durch  die  Nase  reden,  die  Zettel  verthei 
auch  an  öffentlichen  Plätzen  oder  den  Haupteckeu 
auf  Wachstuch  gemaltes  Bild  auseinander  rollen,  woi 
all  das  Wunderbare  des  zu  gebenden  Schauspiels 
lebhaften  Farben  aufgetragen  war/' 

Was  man  von  ihm  auf  der  Bühne  zu  erwarten  h 
Hess   sich    gleich    aus   seinem  Auftreten   erkennen, 
ein  paar  Seitensprüngen    blieb   er   vom   in  der  Stell 
des  Pas  de  Basque  in  lächerlicher  Haltung  stehen,  b 
Hände  affectirt  auf  die  Pritsche  gelegt,  das  Publicum  c 
folgendermassen   anredend:     „Ich    hab   Appetit,   ver 
teste  Herrschaft.    Der  Tambour  meines  Magens  seh 
schon  Rebell  und  Vergatterung,   aber   meine   Occasi 
lateme  Colombine   kommt   noch    nicht.     Sie    wird   y 
wieder    im   Finstern    auf   der   Treppe   an    den   gro 
Heiducken  gestossen  sein,   dass  sie  eine  Geschwulst 
kommt,  die  erst  in  neun  Monaten  vergeht."  —  Wie 
man   sich   in   den  Anstössigkeiten  hervorwagen   koi 
ohne  im  Publicum  auf  Widerstand  zu  stossen,   geht 
einem  Berichte  der  Lady  Montague  hervor,  welche  ! 
in  Wien  einer  Vorstellung  des  Amphytrion  beiwohnt< 
welcher   die   beiden  Sosias  unter  dem  Beifall  der  L< 
ihre  rohen  Spässe  so  weit  trieben  —  ihre  Hosen  hemi 
zuziehen.     Doch   wird   man   sich   über   diesen   auf 
Volksbühnen  verbreiteten  Ton  nicht  sehr  zu  verwun 


—     175    — 

haben,  wenn  man  einen  Blick  auf  die  Dichtungen  wirft, 
dürcb  welche  der  Hofpoet  und  spätere  Oberceremonien- 
meister  von  Besser  die  hohen  Herrschaften  in  den  Wirth- 
«chaften  am  Hofe  Friedrich  I.  von  Preussen  belustigen 
dürfte. 

Ein  anderes,  noch  ungleich  bedenklicheres  Reiz-  und 
Aöziehnngsmittel  waren  die  Frauen  geworden.  Besonders 
in  der  Oper,   zu   der  man  anfangs  in  Deutschland  Alles 
heranziehen    musste,    was    irgend    Talent    dazu    zeigte 
Qnd  die   Bühne   zu   betreten   nicht   scheute,    hatte   ein 
freies  Benehmen    um    sich    gegriffen.    Man   suchte   das 
Pnblicum   durch   ihre    Reize    blosstellende  Trachten  und 
durch  kecke,  zweideutige,  ja  schamlose  Bewegungen  an- 
zuziehen.    Dies  brachte  den  Stand  der  Schauspielerinnen 
i'asch  in  Verruf,  und  wir  haben  den  Widerwillen  kennen 
öClernt,  welchen   die  schöne  Hamburger  Btirstenbinders- 
^ochter  zu  überwinden  hatte,   ehe  sie  sich  die  Bühne  zu 
*^^eten   entschloss.    Es   kann   nicht   geläugnet  werden, 
da«8    die  Betheiligung  der  Frauen  an  den  theatralischen 
*Öö8ten  vielfach  ein  ihnen,  wie  aller  Kunst  fremdes  und 
hörendes   Interesse   in   sie   hineingetragen    hat,    welches 
^ens^lben  einen  schillernden^  zweideutigen  Charakter  giebt. 
Anelx    hat    sie    sicherlich    mit    darauf   hingewirkt,    das 
inter^gge  am  Schauspiel  fast  ganz  auf  die  zwischen  den 
^»esellechtem    spielenden    Verhältnisse    einzuschränken. 
^^    Liebe  und  die  mit  ihr  zusammenhängenden  Leiden- 
^h äfften    haben   so    überwiegend   von    der  Bühne  Besitz 
f^'^Ommen,    dass    die    Darstellung    aller    übrigen    sich 
'^^^igstons  mit  ihnen  verbinden  muss,  um  hier  noch  ein 
^•^H^lndes  Interesse  erwecken  zu  können.    Die  Entwick- 
'^S'  des  historischen  Dramas  hat  hierdurch  nicht  wenig 
^^itten.      Doch    muss    andiTerseits    wieder    zugegeben 
'^^^den,   dass   die   Darstellung   der   Frauenrollen   durch 
^^^ben    und   Jünglinge    nicht    nur    häufig    etwas    sehr 
^^^ulängliches,  sondern    auch  zuweilen  etwas  eben  so 
^^^ittliches   hatte,  ja   selbst   zu  Unnatürlichkeiten  Ver- 


_    176    — 

anlassang  gab^  wovod  die  Castration  der  Knaben  für  des 
Kirchengesang  nnd  die  Oper  das  abschreekendate  Bei8[ttel 
giebt.  Daher  die  spanische  Geistlichkeit,  als  sie  !■ 
Jahre  1586  die  Statthaftigkeit  der  dramatischen  Speie 
überhaupt  und  die  des  Auftretens  von  Frauen  anf  der 
Bühne  ins  Besondere  erwog,  mit  Recht  das  letitere  ftr 
minder  anstössig,  als  die  Darstellung  von  FranenroUen 
durch  Knaben  erklärte.  Und  sicher  machte  sie  sich  um 
das  rasche  Aufblühen  der  dramatischen  Kunst  in  diesen 
Lande  hierdurch  nicht  wenig  verdient.  Denn  es  mvm 
anerkannt  werden^  dass  die  Frauen  nicht  nur  ein  der 
Kunst  fremdes  und  feindliches  Element  in  die  theatra- 
lischen Künste  hineintrugen^  sondern  auch  andererseiti 
auf  die  Verfi'inerung  und  die  Veredelung  des  Tons  im 
Drama  wesentlich  hinwirkten  und  diesen  Künsten  einei 
ganz  neuen  tilanz  und  Zauber  verliehen. 

Wir   werden   diesen   Zustand  der  damaligen  Btthn^ 
wohl  mit  ins  Auge  zu  fassen  haben,   um   die  Heftigkeit 
der  Angriffe  riclitig  beurtheilen  zu  können,   zn   welche^ 
sich  jetzt  in  Deutschland  die  Geistlichkeit  gegen  dieselbe 
liinreissen  Hess,  die  Geistliclikeit,  welche,  wie  wir  gesehea^ 
so  lange  selbst  tllr  die  Bühne  gearbeitet  hatte  und  zoi^ 
Theil   noch  jetzt    für  sie  tbätig  war  und  doch  in  ihrei^ 
strengen  Eifer  den  entsittlichten  Zustand   derselben  ml^ 
ihr,  ja  mit  den  theatralischen  Künsten  selber  verwechseb'' 
konnte. 

Auch  die  Yelthen  hat  mit  solchen  Angriffen  10^ 
kämpfen  geliabt  und  sieh  sogar  durch  eine  Ver- 
theidigungssclirift  des  Schauspiels  gegen  den  Hagde^ 
burger  Geistlichen  Joseph  Winkler  einen  literarischei^ 
Namen  gemaelit.  Sie  erschien  unter  dem  Titel:  „Zeug— 
niss  der  Wahrheit  vor  die  Schauspiele  oder  Comödiera 
aas  vieler  Theologen  Zeugniss  zusammengetragen  und 
anfiresotzt  ete.*^  und  wurde  im  Jahr  1711  und  1712  neu- 
aufgelegt;  das  letzte  Mal  von  dem  Pseudonymus  Nam — fola 
(^dem  Principal  Hoffmann).    Der  Vorbehalt,  unter  welchen»- 


-     177    — 

ihr  im  Jahre  1704  in  Berlin  die  Erlaubniss  ertheilt  wurde^ 
daselbst  auf  dem  Bathhause  zn  spielen,  mnss  es  aller- 
dings zweifelhaft  erscheinen  lassen,  ob  sie  nicht  selbst 
Anlass  zn  dergleichen  Angriffen  nnd'  Ansstellnngen 
gab.  Es  heisst  nämlich  darin,  dass  sie  jedoch  keine 
scandalense,  sondern  lauter  honette  Gomödien  repräsentiren 
solle. 

Ob  die  Velthen  in  Dresden  gespielt  —  ist  immerhin 
fraglich.  Wir  finden  sie  abwechselnd  in  Hamburg, 
Nürnberg  nnd  Wien,  wo  sie  1711  oder  12  ihre  Truppe 
aufgelöst  haben  nnd  bald  darauf  gestorben  sein  soll. 
Anch  von  Leipzig  haben  wir  über  sie  keine  sichere 
Kachricht  Doch  heisst  es  in  einer  an  den  Leipziger 
Magistrat  von  einer  Wiener  Truppe  gerichteten  Supplik 
^om  Jahre  1711,  man  komme  um  die  Erlaubniss  ein, 
während  der  Michaelismesse  daselbst  spielen  zu  dürfen: 
»weil  die  sächsischen  Hoff-Gomödianten  zu  Frankfurt  bei 
dem  dortigen  Congresse  wären**.  Da  Haacke  erst  am 
^'  Februar  1714  von  Dresden  aus  um  Ertheilung  des 
Ächsischen  Privilegiums  anhielt,  „insofern  er  eine  rühm- 
liche Bande  Gomoedianten  beysammen  habe,  mit  welcher 
^  vielen  hohen  Potentaten,  auch  Gzarlicher  Majestät 
•elbsten  zu  etlichen  mahlen  angenehme  Divertissements 
gemacht"  —  so  kann  unter  jenen  „Hoff- Gomödianten" 
Mr  die  Velthen'sche  Gesellschaft  gemeint  sein.  Aus  der 
^cke'schen  Eingabe  geht  nur  soviel  mit  einiger  Wahr- 
scheinlichkeit hervor,  dass  er  selbst,  wennschon  in 
^f'^en,  so  doch  noch  nicht  vor  dem  königlich  säch- 
^hen  Hofe  gespielt  hatte,  denn  darauf  würde  er  sich 
8^^  mit  berufen  haben.* 


'  FOrstenaa  theilt  den  Wortlaut  des  Haacke  ertheilten  Privi- 
l^^i^uns  als  des  ältesten  uns  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  mit.  Es 
r'^^et  wie  folgt:  Wir  Friedrich  August  von  Gottes  Gnaden  König 
2  ^olen  etc.  uhrkunden  hiermit  und  bekennen,  daes  Wir  Joh.  Casp. 
^cke  zu  Unsren  Hoff- Gomoedianten  auf-  und  angenommen,  Thun 
^^  solches  hiermit   and  Krafit  dieses  offenen  Briefes  dergestalt 

12 


—     178    — 

Johann  Kaspar  Haacke^  früher  Barbiergeselle  in 
Dresden/   war   zu   der   Elenson'schen  Truppe  getreteD, 
welche;   wie  schon  gesagt^   nach   dessen   1709  erfolgtem 
Tode  auf  die  Wittwe  desselhon,   die   schöne  Blamburger 
Bürstenbinderstochter;   überging,  die  inzwischen  auf  den 
Brettern  heimisch  geworden  war  und  selbst  grosso  Sollen 
mit  Glück  zur  Darstellung   brachte.    Sie    soll   im   Jahn 
1711  bei  der  Kaiserkrönung  Karl  VI.  in  Frankfurt  a.lL 
die  Velthen  völlig  in  Schatten  gestellt  und  14,000  Thlr. 
gewonnen  haben.    Uaacke,  welcher  bei  ihr  als  HarlekiD 
spielte  und  ein  verständiger  Mann  war,  wusste  sich  ihr 
bald   unentbelirlich   zu    machen    und  ihre  Hand  und  ihr 
Herz   zu    gewinnen.    Es   gelang  ihm,   die  besten  Krifie 
der  Velthen,  wie  überhaupt  die  vorzüglichsten  Darsteller 
und  Darstellerinnen  der  Zeit  an  sich  zu  ziehen,  so  das» 
die  Truppe  eine  der   besten  wurde.    Die  bedeutendsten 
Mitglieder   derselben    waren    li offmann,   die   Ehepaire 
Lorenz  und  Neuber,    besonders  aber  Kohlhardt,  ein 
gebildeter  Mann   aus  guter  Familie,  welcher   ein  idenks 
Streben   verfolgte    und   auf  der  Wiederaufnahme  regel- 
mässiger Stücke  bestand,   wie  denn  der  Brutus  und  dtf 

und  also  kund,  dass  derselbe  uebst  seiner  Bande  alsUnsren  Hoff-Goso^ 
dianten  von  männijrlich  gehalten  und  gepachtet  werden,  sie  auchbe' 
fugt  seyn  sollen,   in  Unsren  Kur-  und  Erblandcn,  bt^y  unverbotb«' 
ncr  Zeit,   aller  Orthen,   ingleichen  in  denen  Leipziger  Messen,  OB' 
gehindert  zu  agiren  und  zu  spielen.    Jedoch  sollen  sie  die  geir5l0* 
liehen  Abgaben  zu  erlegen  und  abzustatten  haben,  über  die  Gebtiir 
aber  nirht  beschwert  werden;    Befehlen  demnach  jedes  Orts  ObnS' 
keit,  absonderlich  den  Käthen  der  Städte,  sii'h  hiemach  gehorsamb^^ 
zu   achten   und   besagte   Haackin    nebst   ihrer  Bande  hierunter  <^ 
schiitzen.**  —  Es  ist  bemerkonswerth,   dass   schon  hier  die  HaacP^ 
als  die  eigentliche  Principalin  betrachtet  zu  werden  scheint. 

»  Die  Zunft  der  Barbierer  in  Dresden   hat   dem  Theater   ver- 
schiedene   Kräfte   peliffert.    So   Siihon   wir   schon    den   Hofbarb**' 
Melchior  Me}er  theatralische  Ivüiiste  ausüben,  und  die  schöne  Kf^' 
ratline,    welche  die  Zierde  der  Hamburger  Oper  war,   von    1708    •** 
als   üofsäugeriu    in    Berlin   hovhgefeiert   wurde    und    endlich  eU^*^^ 
Grafen  Gouscewskv  heirathete,  war  eine  Barbierstochter  aas  Dresd**^ 


—    179    — 

Kranke  in  der  Einbildung  schon  damals  zu  seinen  vor- 
züglichsten Rollen  gehörten. 

Die  Haacke  sollte  aber  auch  ihren  zweiten  Mann 
überleben,  der  1722,  wie  es  heisst,  „in  Folge  von  häus- 
lichem und  Directorialverdruss**  starb.  Das  Privilegium, 
das  ihr  gewissermassen  schon  mit  ertheilt  worden  war, 
wurde  nun  förmlich  auf  sie  übertragen.  Es  kann  kaum 
einen  Zweifel  erleiden,  dass  die  Haacke'sche  Truppe 
öfter  in  Dresden  spielte,  doch  findet  sich  erst  aus  dem 
Jahre  1724  eine  urkundliche  Nachricht  darüber.  Es 
keiast  hier  von  ihr,  dass  sie  die  (schon  oben  erwähnte) 
Hanpt- und  Staatsaction  „Karl  XII.  von  Schweden",*  „wo 
Harlekin  c  in  lustiger  Kurassreuther  nebst  einer  ge- 
Mhwätzigen  Marketenderin  die  S«  riosität  dieser  Action 
»doncirte",  sowie  später  eine  Tragödie:  „Sokrates"  und  eine 
dem  Dresdner  Leben  entnommene  satyrische  Farce:  „Der 
Dresdner  Schlendrian",  beide  vom  Hofpoeten  Ulrich  von 
König,  aufgeführt  habe,  die  auch  vor  dem  Hof  wieder- 
Iwlt  wurden.  Der  Generalfeldmarschall  von  Flemming 
*088ert  sich  darüber:  „La  galanterie  et  les  intrigues  de 
^  dames  de  Dresde  continua  jusqu'ä  la  fin  de  la  pi^ce 
^  la  satisfaction  de  tous  les  spectateurs.^' 

Die  Haacke  verheirathete  sich  auch  noch  zum  dritten 
^*Ie  und  zwar  wieder  mit  einem  Schauspieler  ihrer 
Trappe,  mit  Karl  Ludwig  Hoflmann  —  eine  Ehe, 
^  aber  nur  von  kurzer  Dauer  sein  sollte,  da  sie  bereite 
^725  starb.  Das  Privilegium  ging  nun  auf  Hoffmann 
^her,  der,  obschon  ein  Mann  von  gelehrter  Bildung,  doch 
^^  finanziellen  Rücksichten  am  Stegreifspiel  und  an  den 
Banpt-  und  Staatsactionen  festhielt.    Er  wies  die  Reform- 

'  Sie  wird  gewöhnlich  dem  Schauspieler  Ludovici  zugeschrieben, 
Welcher  sich  bei  der  Förster'schen  Truppe  (einer  Abzweigung  der 
^Piefelberg'schen)  auszeichnete  und  sich  in  Wittenberg  den  Doctor- 
^^l  erwirb.  Er  gehörte  allerdings  zu  den  fruchtbarsten  Verfertigern 
sondergleichen  Spielen,  und  Nicolai  spricht  ihm  Sinn  für  das  Röhrende 

^  Pathetische  «u. 

12* 


—    180    — 

plane  Gottsched's  mit  den  Worten  zurück;  daas  es  mit 
Stücken  ohne  Hanswurst  eben  nicht  möglich  sei  aosso- 
kommen,  —  eine  von  jenen  Unmöglichkeiten^  mit  deooi 
man  auch  heute  an  der  Bühne  noch  immer  so  rasch  bei 
der  Hand  ist.  Der  schlechte  Geschmack  des  Publicum» 
wird  eben  zum  Deckmantel  des  eigenen  gemacht 

Joh.  Gottfr.  Gottsched,  geb.   1700  zu  Juditlieih 
kirch  bei  Königsberg,   ein   Sohn   des   dortigen  Pfarrefl^ 
kündigte   schon  früh  eine  ungewöhnliche  Begabung  an. 
Mit  14  Jahren  bezog  er  die  Universität,  vertauschte  hier 
aber  bald  das  Studium  der  Theologie,  zu  dem  ihn  sein  Vater 
bestimmt   hatte,   mit  dem  der  Philosophie,   der  Sprachen 
und  schönen  Wissenschaften.    Um  der  gewaltsamen  Aus- 
hebung zum  Kriegsdienst   zu   entgehen,   übersiedelte  er 
kurz  nach  seiner  Habilitation  an  der  Universität  Könige 
berg  (1723)  nach  Leipzig.    Angeregt  von  Burkhard  Mencfe 
und  der  deutschübenden  poetischen  Gesellschaft,  in  welche 
er  eintrat  und  deren  Senior  er  bereits  1727  wurde,  weiK 
dete   er   sich   nun   fast  ausschliesslich  dem  Studium  der 
Literatur  zu,   obschon  er   sich   bisher  hauptsächlich  mit^ 
Philosophie    beschäftigt    hatte.     Er    nannte    sich   einen 
Schüler  und  Nachfolger  von  Opitz,  was  er  in  der  Haupt- 
sache auch  war,   doch  beschränkte  er  sich  nicht  so  wie 
-dieser  auf  die  Poesie,  sondern  suchte  die  ganze  Literatur 
zu  umfassen.    Die  Idee  der  deutschen  Literatur  in  ihrer 
Gesammtheit  ist,   wie  Danzel  es  ausdrückt,   ihm  zuerst 
aufgegangen.    Er  suchte  aber  dabei   seine  Doctrin  Ton. 
der  Philosophie  seiner  Zeit   mit   voller  Denknothwendig^ 
keit  abzuleiten.    Die  Poesie  der  Franzosen,  insbesondere 
die  dramatische  Poesie,   und   hier   wieder   die  Tragötoj^ 
welche   diese   sicli   rülimten   auf  unumstössliche  Regelet 
und  Gesetze  zurückgeführt  zu  haben,    würde   ihn  dabe"*" 
selbst    dann    noch   vor  jeder   anderen    haben    anziebe«»- 
müssen,   wenn   sie   auch   nicht   den  Modegeschmack  der 
Zeit   damals   bestimmt   hätte.    Er  machte   sie  also  «tt**^ 
Mittel-  und  Ausgangspunkte  seiner  Reform. 


—    181    — 

• 

Es  lag  ihm  aber  doch  dabei  feni;  die  deutsche 
Literatur  ganz  in  die  Fesseln  der  französischen  zu 
twängen  nnd  die  deutsche  Poesie  zu  einer  blossen 
Nachäfferin  der  Franzosen  herabzusetzen.  Ein  Brief 
^Gottsched's  an  den  früheren  sächsischen^  damals  aber  in 
Berlin  lebenden  Grafen  Manteuffel  über  reimlose  Verse, 
die  er  gegen  diesen  vertheidigt,  wird  dies  ganz  ausser 
Zweifel  stellen.  Er  ist  vom  31.  Mai  1738  datirt  und 
lautet: 

„Das  vielgültige  ürtbeil  Ew.  Hochrcichsgräf- 
lichen  Excellence  von  den  reimlosen  Versen  ist 
von  so  grossem  Gewichte  bei  mir,  als  vielleicht 
kein  anderes  sein  würde.  Allein  dieselben  werden 
gnädigst  erlauben,  dass  ich  nicht  ohne  völlige 
üeberzeugung  die  Parthey  dieser  Art  von  Versen 
verlassen  möge  (er  hatte  sie  nämlich  in  seiner 
Dichtkunst  ergriffen).  —  Eure  Excellenz  haben 
vollkommen  Recht,  dass  genannte  Verse  den 
Ohren  besser  gefallen,  als  ungereimte.  Aber  ich 
bin  auch  niemals  der  Meinung  gewesen,  dass 
man  im  Deutschen  alle  Verse  abschaffen  solle. 
Nur  Uebersetzungen  der  alten  und  ausländischen 
Poeten,  worin  ohnedies  so  viel  Zwang  ist,  sollten 
von  Rechtswegen  dieses  Vorrecht  haben,  ohne 
Reime  zu  erscheinen,  bis  etwa  die  Ohren  der 
Deutschen  diese  Art  gewohnt  würden,  und  irgend 
einmal  ein  grosser  Dichter  aufstände,  der  Geschicke, 
Feuer  und  Herz  genug  hätte,  ein  Heldengedichte 
oder  ein  Trauerspiel  ohne  Reime  zu  machen. 

Was  die  französische  Sprache  anlangt,  so 
scheinet  dieselbe  im  Deutschen  keinen  festen 
Beweis  an  die  Hand  zu  geben.  Das  macht,  die 
Franzosen  haben  kein  Sylbenmaass,  wie  die 
Welschen,  Engländer,  Holländer  und  wir  Deut- 
schen. Ihre  sogenannte  Cadence  ist  selbst  bei 
ihren  criticis  ein  je  ne  sais  quoi,  davon  sie  keinen 


—     182     - 

dentlichen   Begriff  liaben.     Im   Deutschen  aber 

sind   wir   yermögend,   alle  Vergärten   der  alten 

Grioclien    und    Kömer    nachznmachen    und  das 

Gehöre   durch   das  Sylbenmaass   zu  yergnttgeB, 

welches  der  Franzose  nicht  kann  oder  wenigstem 

nicht  will.    Warum  sollten  wir  also  nicht  dem 

Exempel  der  Italiener  und   Britten  folgen,  die 

uns  längst  mit  guten  Exempeln  vorangegangen 

sind?« 

Es  lag  ohne  Zweifel  schon  immer  etwas  Pedantisches  in 

Gottsched's  Natur  und  etwas  einseitig  Beschränktes  in  seinen 

Anschauungen;   allein   ursprünglich    war   er  keineswegs- 

weder  der  beschränkte  Pedant,  der  er  allmählig  wu-klicli 

geworden,  noch  der,  zu  welcher  ihn  zum  Theil  erst  die 

Geschichte   unter   dem  Einflüsse  seiner  Gegner  gemacht- 

Er  wollte  anfanglich  von  den  Franzosen   nichts  Andere» 

nachgeahmt  wissen,  als  worin  er  sie  wirklich,  wenn  anch 

zum  Thoil  irrthtimlich,  für  mustergültig  hielt,  d.  i.  in  der 

Regelmässigkeit    und    der   Correctlieit   der   FomL    Nur 

diese   war   es,   die    er   der   Willkür   und  AnarcLie  des 

deutschen  Dramas  entgegensetzte,   ohne  ihm   doch  seine 

nationale  Besonderheit  damit  rauben  zu  wollen.    Er  fing 

in  der  That   als    ein   freisinniger,    wohlthätig  wirkender 

und  epochemachender  Reformator  an,   um,   wie  fast  alle 

Doctrinärs,    die   einen    grossen    Erfolg   hatten    und  von 

ihrer    Zeit    dann    weit    überflügelt    wurden,    als   hoch- 

müthiger,    rechthaberischer    und    läclierlich    gewordener 

Pedant  zu  enden. 

Sehen  im  Jahre  1724  begann  Gottsched  seine  Lehr- 
thätigkeit  an  der  Leipziger  Universität,    und    wir  dürfen 
von  dem  ehrgeizigen  Manne  wohl  annehmen,  dass  er  un- 
gleich Alles  in  Bewegung   setzte,   die   Professur   zu  er- 
werben.   In  dieser  Angelegenheit  sehen    wir   nun   ancH 
den  Dresdner  Hofpoeton  König  eine  Rolle  spielen. 

Job.   Ulrich   König,   1688   in  Esslingen  gebore 
studirte  in  Tübingen  und  Heidelberg.    Ein  Anhänger  i^^ 


—     183       " 

Marini'schen  Dichtnngsart^  wirkte  er  dann  längere  Zeit 
als  Opemdichter  in  Hamburg;  stiftete  dort  mit  Brockes 
die  dentschübende  Gesellschaft;  um  endlich  1720  auf 
Empfehlung  des  Kriegsraths  und  Ceremonienmeisters 
Besser  m  Dresden  ebenfalls  in  königl.  sächsische  Dienste 
als  Geh.  Secretär  und  Hofpoet  mit  einem  Gehalte  von 
1000  Thlr.  zu  treten  (welcher  schon  1723  auf  133373  Thlr. 
erhöht  wurde);  doch  musste  er  (wenn  auch  nicht  im 
Kleide  des  Pritschmeisters,  so  doch  an  dessen  Stelle) 
Mi  Büchssen-  und  Schnepperschiessen  in  einem  Ceremo- 
Bien-  oder  Heroldskleyde  aufwarten".  Er  verstand  sich 
jedoch  sehr  bald  einen  EinfluRS  zu  schaffen,  so  dass  er 
^729  (nach  Besseres  Tode)  zum  Ceremonienmeister  ernannt 
wjd  später  sogar  geadelt  wurde.  * 

Des  Einflusses  dieses  Mannes   hatte   nun   Gottsched 

^'ch  zu  seinen  Zwecken  zu  bedienen  gesucht,   war  aber 

»öfaugg  nicht  glücklich  damit  gewesen.    Doch  gelang  es 

^^  später,  das  Misstrauen  desselben  zu  überwinden,  und 

^728  finden  wir  Beide  im  besten  Einvernehmen.    König 

^rtheilt  Gottsched   in   uneigennütziger  Weise  die  zur  Er- 

'f^chung   seiner  Absichten  zweckmässigsten  ßathschläge 

^^d     lehnt    insbesondere   die   Geldanerl)ietungen   ab,   zu 

"CDen  sich  Gottsched  hatte  verleiten  lassen.    „Wie  wenig 

•^  öi-hreibt   er  an  diesen  (22.  October  1729)  —  kennen 

^^  Hiich  noch,   dass  Sie  mit  dergleichen  Offerten  gegen 

^"^    selber   sich   herauslassen.     Ich    habe,    so*  lange   ich 

"*^chem   ehrlichen   Mann   mit   allem  Eifer  .und    vielen 

Jlähen  gedient,  nie  etwas  angenommen,  ob  es  gleich  i)ft 

*^itc^  waren,   die  ich  kaum  gekannt;   wie  weit  weniger 

^^Ue  ich  es  von  Ihnen  annehmen.  Wenn  ich  in  diesen 

**Uen  ein  wenig  mehr  auf  mein  Interesse  sehen  wollte, 

^^^   würde  meine  Börse  voller  haben,  als  sie  nicht  ist." 


'  Ausser  yerschiedenen   Gelegenheits- Gedichten,    Opern   und 

*^>*rs€tzungen  von   Trauerspielen  schrieb  er  das   Lustspiel  „Die 

^^^ebrte  Welt*"  and  das  bekannte  Heldengedicht  „August  im  Lager"*. 


—    184    — 

Um  wie  viel  mebr  musste  es  König  daher  yerletieii 
auf  dessen  Rath  und  Empfehlungen  Gottsched  noch  ii 
demselben  Jahre  die  Professur  wirklich  erhielt,  Angriff 
der  geringschätzigsten  Art;  wenn  auch  nicht  nnmittdlMU 
auf  sich  selbst,  so  doch  auf  die  besondere  Art  seiiiei 
poetischen  Thätigkeit  in  Gottsched's  gleichzeitig  yerMfent* 
lichter  „kritischer  Dichtkunst**  zu  begegnen,  die  er  nock 
dazu  an  verschiedene  hohe  Herren  zu  dessen  EmpfehloBf 
überreicht  hatte.  Gottsched  hatte  ja  Recht,  die  Dieb- 
tereien  eines  Besser  und  Ganitz  gering  zu  achten,  aüein 
er  hätte  bedenken  sollen,  dass,  was  er  über  diese  hier 
sagte,  sich  ebenso  gut  auf  den  ihnen  aufs  Engste  ?er- 
hündeten  König  anwenden  Hess.  Er  hatte  nicht  minder 
Recht,  gegen  die  Geschmacklosigkeiten  der  damaligen 
Oper  zu  eifern,  nur  war  es  im  höchsten  Grade  nnkliigi 
es  in  dem  Moment  zu  tkun,  wo  er  damit  am  Dresdner 
Hofe,  dessen  Gunst  er  nur  eben  sollicitirt  hatte,  und  bei 
König,  dessen  poetische  Tliätigkeit  fast  ganz  auf  diesen 
Gebiete  lag  und  der  ihm  nur  eben  ein  dienstwilliger 
Gönner  gewesen  war,  den  grössten  Anstoss  erregen 
musste.  Oder  sollte  er  alles  dies  ganz  übersehen  haben? 
Möglich,  dass  Gottsched  bei  der  Niederschrift  jener  An- 
griffe auf  die  Abneigung  Friedrich  August  L  gegen  die 
Italiener  gerechnet  hatte,  wie  ja  die  italienische  Opei 
von  1720—1727  hierdurch  eine  völlige  Unterbrechung 
erfuhr  und  eigentlich  erst  vom  Jahre  1730  an,  d.  L  abc 
nach  der  Herausgabe  seines  Werkes,  wieder  in  Anf 
nähme  kam. 

Je  mehr  König  durch  seine  Förderung  des  literarisel 
bereits  in  hohem  Ansehen  stehenden  Gottsched  sich  diese 
hatte  verbinden  wollen,  um  so  grösser  musste  jetzt  sein 
Enttäuschung,  ja  seine  Empörung  über  diese,  wie  er  i 
beurtheilte,  ebenso  undankbare,  wie  hinterlistige  Behaue 
lung  sein.  Die  nachtragende  Kleinlichkeit  des  durc 
seinen  Einfluss  in  seiner  Eitelkeit  gesteigerten  Manne 
sollte   aufs  Rückhaltloseste  hervortreten.    „Er  wundert 


i 


—    185    — 

sieh  sehr  —  heisst  es  in  dem  Fehde-  und  Absagebriet, 
den  er  Gottsched  durch  seinen  Bruder  jetzt  schreiben 
lies»  — ,  als  er  nicht  nur  hin  und  wieder  verschiedene 
Dinge,  nebst  einer  Stelle  wider  Besser  und  sonderlich 
wider  Canitz  darin  antraf,  die  er  sich  von  Ihnen  nicht 
vermnthet  hätte,  und  die  er  gar  nicht  gegründet  fand; 
*l8  er  in  der  Abhandlung  von  Sing -Spielen,  die  Oper 
^iifdie  allerschimpflichste  Art  heruntergemacht,  folglich 
rieh  selbst  auf  eine  empfindliche  Art  angegriffen  sah  etc. 
Er  möge  bedenken,  dass  er  ihm  mittelst  desselben  Ein- 
flusses, durch  den  er  ihm  die  Professur  verschafft,  auch 
^erde  schaden  können!"  — 

Gottsched,  der  es  entweder  versäumte,  den  Zorn  des 
beleidigten  Mannes  zu  beschwichtigen,  oder  dem  es  doch 
Bicht  gelang,  sollte  den  Ernst  und  das  Gewicht  dieser 
Drohungen  nur  zu  bald  und  zu  lange  empfinden.  Doch 
'öch  die  Verbündeten,  die  er  sich  für  seine  Reform  des 
deutschen  Theaters  gewonnen  hatte,  das  Neuber'sche 
*'"epaar,  sollten  darunter  mit  leiden. 

Friederike  Karoline  Weissenborn,*  am  9.  März 
^^7  in  Reichenbach  im  Voigtlande  geboren,  die  Tochter 
"^  Gerichtsinspectors  Daniel  Weissenborn  (der  1702, 
^^Qh  ein  langjähriges  gastrisches  Leiden  veranlasst 
^^^  Amt  niederzulegen,  nach  Zwickau  übersiedelte  und 
^^  Bülfe  des  Amanuensis,  Gottfried  Zorn,  sich  dort  durch 
^^ttbung  der  advocatorischen  Praxis  ernährte),  hatte  das 
^'^elück,  schon  früh  (1705)  ihre  Mutter  zu  verlieren, 
^^  man  sagt  in  Folge  der  Temperamentsfehler  ihres 
^^tten,  welcher  als  jähzornig  und  als  ein  Haustyrann 
ß^^hildert  wird.  Diese  Gemüthsart  verleidete  auch  Frie- 
^^rike  allmählig  den  Aufenthalt  im  Hause  ihres  Vatere, 
^^^  ihr  zwar  einen  guten  Schulunterricht  zu  Theil  werden 

'  Ich  folge  in  Bezug  auf  die  ersten  Lebensschicksale  der  Xeu- 
^Tin  der  von  Robert  Waldmüller  (Dulioc)  auf  Grund  der  Veröflfent- 
ucoan^ii  des  Dr.  E.  Herzog  in  Zwickau  in  einem  Artikel  der  Grenz- 
^*«ii  (1877)  („Zur  Biographie  der  Neuberin")  gegebenen  Darstellung. 


—    186    — 

liesS;  sonst  aber  sich  nicht  weiter  nm  sie  gekUmmot 
haben  soll,  als  dass  er  sie  zum  Abieiter  seiner  flblen  Laune 
zu  machen  pflegte.  Schon  im  Jahre  1712  hatte  sie,  um 
sich  seinen  Misshandlungen  zu  entziehen^  einen  Flucht- 
versucli  gemacht;  dem  jedoch  eine  Aussöhnung  folgte. 
Ein  Zorwürfniss  des  Vaters  mit  Zorn,  zu  dem  das  erst 
löjäbrige  Mädchen  in  ein  zärtliches  Yerhältniss  getreten 
war,  obschon  derselbe  in  einem  noch,  vorhandenen  Sig- 
nalement als  „pockennarbig;  blass,  lang^  bezeichnet  wird, 
also  sicher  in  seiner  äusseren  Erscheinung  nichts  eben 
Anziehendes  hatte,  führte  zu  einer  Wiederholung  diese« 
Versuchs.  Die  Liebenden  wurden  ergriffen  und  in  Htfk 
gebracht.  Auch  diesmal  sollte  es  jedoch  wieder  gelingen, 
Friederike,  die  um  diese  Zeit  als  ein  „frühreifes,  listigeSi. 
energisches",  doch  unterrichtetes  Mädchen  geschildert  wird, 
mit  ihrem  Vater  auszusöhnen.  Das  Verhältniss  mit  Zorn 
muss  später  auseinander  gegangen  sein,  obwohl  sie  damab 
ein  solches  Ansinnen  als  „ihrem  Gewissen  und  der  Ge- 
rechtigkeit zuwider*'  bezeichnet  hatte,  da  Karoline  1718 
in  ein  neues  zu  dem  3  Jahre  jüngeren  Primaner  Johftnn 
Neuber  aus  Werdau  getreten  war  und  mit  diesem  zum 
dritten  Male  dem  väterlichen  Hause  entfloh.  Da  sie  jetti 
mündig  geworden,  hat  es  nicht  an  der  äusseren  Mög- 
lichkeit einir  kirchlichen  Verbindung  der  jungen  Lente 
geiehlt.  Doch  wissen  wir  hierüber  nichts  Bestimmtes, 
sondern  nur  soviel,  dass  sie  sich  bei  der  Spiegelbergischcn 
Truppe  in  Weissenfeis  als  das  Ehepaar  Neuber  vor- 
stellten und,  nachdem  sie  in  dieselbe  eingetreten  waren, 
fort  und  fort  dafür  galten. 

Karolinc  war  von  Beiden  die  ungleich  Energischere, 
Begabtere  und  Phantasievollere,  was  ihr  natürlich  sehr 
bald  ein  Uebergewicht  nicht  nur  in  der  öffentlichen  Mei- 
nung, sondern  auch  über  ihren  Gatten,  der  sie  über  Alle» 
liebte,  gab;  wogegen  sie  dieser  an  weiser  Mässigung, 
besonnenem  Urtheil  übertraf  und,  hierdurch  die  ihr  feh- 
lenden Eigenschaften  ergänzend,  zu   einem   ihr   allezeit 


—    187    - 

>en8o  trenen^  wie  nützlichen  Gehülfen  wurde.  Sie  hatten 
ie  Spiegelberg'sche  Truppe  sehr  bald  mit  der  damala 
i  höchster  Blüthe  stehenden  Haacke'schen  Truppe  ver- 
Mischt^  bei  welcher  sich  das  Talent  Earolinens  unter 
em  Einflüsse  eines  Mannes  wie  Kohlhardt  und  unter 
ien  Eindrücken  der  französischen  Schauspieler^  die  sie 
in  den  Höfen  von  Braunschweig,  Hannover  und  Dresden 
Gelegenheit  zu  sehen  und  zu  studiren  hattC;  in  glänzender 
(feise  entwickelte.  Besonders  im  regelmässigen  Alexan- 
Irinerdrama  soll  sie  durch  die  feierliche  Grazie  ihres 
Wrages  alle  ihre  Vorgängerinnen  übertrofFen  haben, 
anm  minder  ausgezeichnet  war  sie  im  Lustspiel  durch 
ie  geistige  Gewandtheit^  die  Friscbe  und  den  quellenden 
ebennuth  ihres  Spiels,  welcher  von  dem  Ebenmass 
»■er  Gestalt  und  dem  Anziehenden  ihres  Gesichts- 
tsdrucks  —  sie  wird  als  eine  Blondini'  mit  feurigen 
tigen  geschildert  —  noch  unterstützt  wurde.  Das  letz- 
^  mag  sie  wobl  auch  bestimmt  haben,  sich  gern  in 
^nerrollen  zu  zeigen. 

„Seltsamer  Wechsel  —  ruft  mit  Recht  Ed.  Devrient 
(18  —  fünfzig  Jahre  früher  sah  man  nur  Knaben  in 
'taueurolLn,  jetzt  war  es  schon  haut  goüt  geworden, 
*ranen  in  Männerrollen  zu  sehen.'' 

Gottsched  sah  die  Neuberin  gleich  im  ersten  Jahre 
eines  Leipziger  Aufenthalts  spielen.  Auch  waren  es  wohl 
lese  Vorstellungen,  welche  ihn  vorzugsweise  zu  seinen 
lefonnideeu  der  deutschen  Bühne  anregten.  Er  bemerkte 
ie  grosse  Verwirrung,  darin  dieselbe  steckte.  „Lauter 
:hwül8tig  und  mit  Harlekinslustbarkeiten  untermengte 
[anpt-  und  Staatsactiouen,  lauter  unnatürliche  Roman- 
:reiche  und  Liebesverwirrungen,  lauter  pöbelhaile  Fratzen 
od  Zoten  waren  dasjenige,  was  man  daselbst  zu  sehen 
ekam.  Das  einzige  gute  Stück,  so  man  aufführete,  war 
er  Streit  zwischen  „Ehre  und  Liebe  oder  Roderich  und 
hiniene'*,  aber  in  ungebundener  Rede  übersetzt.  Dieses 
cfiel  mir  nun,  wie  leicht  zu  errathen  ist,  vor  allen  an- 


—     188    — 

dereO;  and  zeigte  mir  den  grossen  Unterschied  zwischen 
einem  ordentlichen  Schauspiele  und  einer  regellosen 
Vorstellung  der  seltsamsten  Verwirrungen  auf  eine  Beb 
empfindliche  Weise.'^  —  Seine  Anregungen^  welche  Ton 
Hofmann  abgelehnt  wurden,  fanden  bei  Eohlhardt  und 
Neubers  eine  um  so  willigere  Aufnahme.  Die  Aufinun- 
terung,  den  diese  weiterhin  auch  noch  von  Seiten  des 
herzogL  braunschweigischen  Hofes  erhielten,  führten  sa 
erweiterten  Versuchen  im  regelmässigen  Drama.  BegalnB, 
Brutus,  Alexander  und  Cid  (in  einer  neuen  Bearbeitung 
vom  Kriegsrath  Lange)  kamen  zur  Darstellung.  -=-  Nach 
dem  Tode  der  Hofmann  (1725)  gerieth  die  Oesellscbaft 
unter  der  schlafferen  Führung  ihres  Gatten  aber  in  Un- 
ordnung. Im  folgenden  Jahre  ging  sie  sogar  auseinander. 
Lorenz  und  Kohlhardt  schlössen  sich  dem  Neuber'schen 
Ehepaar  an,  welches  sich  jetzt  an  die  Spitze  einer  eigenen 
Gesellschaft  stellte  und  in  Kurzem  die  Denner'sche  und 
Spiegelberg'sche  Familie,  sowie  die  Wittwe  Grundier 
mit  ihrer  Tochter  gewann. 

Neubers  wendeten  sich  vor  Allem  nach  DresdeUi 
um  sich  (in  einer  Eingabe  vom  15.  Februar  1727)  um  das 
Privileg  als  „Kurfürstliche  HofT-comoedianten"  zu  bewerben, 
da  sie  gewissermassen  als  Rest  der  vom  Principal  Hof- 
mann aufgegebenen  Truppe  zu  betrachten  seien.  Auch 
versprachen  sie  noch:  „durch  Verschreibung  der  besten 
Leute  von  andren  Banden  eine  bessere  Einrichtung  des 
deutschen  Schauplatzes  und  der  darauf  vorzustellendoi 
Stücke  Lach  des  Geh.  Secretär  und  Hofpoeten  Joh.  Ulrieh 
König  Anleitung  dem  Privilegium  Ehre  zu  machen.'' 
Auch  hier  sehen  wir  also  wieder  Königes  Einfluss  thätig. 
—  Die  Abwesenheit  Friedrich  August  L  verzögerte  jedoch 
die  Beschlussfassung.  Neubers  spielten  inzwischen  (zur 
Ostermesse)  in  Leipzig,  wo  das  Verhältniss  zu  Gottsched 
ein  innigeres  wurde.  Mit  Bereitwilligkeit  gingen  sie  auf 
seine  Pläne  ein,  worin  freilich  zugleich  der  Keim  zu  einer 
Spannung    und    einem    ZerwUrfniss    mit    König    liegen 


—    189    — 

konnte^  da  sie  sich  ja  eben  erst  schriftlich  verpflichtet 
hatten,  sich  dessen  Anleitung  in  Allem  unterwerfen  zu 
wollen. 

Erst  am  8.  August  erhielten  sie  auf  ein  zweites  und 
dringenderes  Gesuch  das  erbetene  Privileg.  Man  suchte 
zwar  anfangs  der  Eitelkeit  König's  zu  schmeicheln^  wie 
dies  ja  damals  auch  in  Gottsched's  Interesse  noch  lag. 
Sie  wc^ndeten  sich  Beide  mit  der  Bitte  an  ihn,  die  Ueber- 
setzang  des  Regulus  von  Bressand  neu  zu  bearbeiten  und 
zn  veredeln,  was  diesem  nicht  zweimal  gesagt  zu  werden 
brauchte.  Er  liess  zu  der  Aufführung  dieses  Stitcks  sogar 
die  Garderobe  vom  Dresdner  Theater  verabfolgen,  was 
allgemein  den  Glauben  erzeugte,  dass  das  Gottsched- 
Nenber'sche  Unternehmen  unter  dem  besonderen  Schutz 
des  königl.  sächsischen  Hofes  stände.  —  Nach  dem  Zer- 
wflrfniss  Gottsched's  mit  König  musste  aber  auch  das 
Verhältniss  Neuber's  zu  diesem  allmählig  ein  gespannteres 
werden,  da  König  nach  seiner  Art  in  ihrem  Festhalten 
an  Gottsched  nichts  Anderes  als  eine  Missachtung  und 
Undankbarkeit  gegen  sich  selbst  erblicken  konnte. 

Inzwischen  war  das  Reformwerk,  welches  zum  Zweck 
hatte,  die  gelöste  Verbindung  zwischen  der  Dichtung  und 
der  Schauspielkunst  wieder  herzustellen  und  das  deutsche 
Drama  aus  dem  Zustande  der  Regellosigkeit  zu  Formen 
va  erheben,  denen,  wie  in  aller  Kunst,  bestimmte  Gesetze  zu 
Grande  lagen,  mit  Eifer  in  Angriff  genommen  und  auch 
gefördert  worden,  obschon  es,  wie  sich  aus  den  Briefen 
Neuber's  an  Gottsched  ergiebt,  zunächst  auf  manchen 
Widerstand  stiess.  Der  Antheil,  den  Neuber  selbst  hieran 
nahm,  ist  von  verschiedenen  Geschichtsschreibern  unter- 
schätzt worden.  Er  geht  jedoch  mit  voller  Evidepz  aus 
eben  diesen  Briefen  hervor,  von  denen  ich  folgende  im 
Jahre  1731  von  Nürnberg  geschriebene  Stelle  ausbebe: 

„Es  hätte  freilieh  wohl  eher  als  itzo  geschehen 
sollen^  dass  ich  berichtet,  wie  hier  unsre  Schau -Spiele 
aufgenommen  wurden;  da  wir  aber  hier  die  Woche  nur 


zwei  Mahl  agireu,  so  habe  erst  die  Zeit  erwarten  müssen _^ 
bis  ich  erlalireu;    ob  es  mö^^lich  sei,    den  Hiesigen  einen. 
Geschmack  davon  bi  izui)ringen.     Das  hat  nun  anfänglictx 
bei   den    meisten   gar  nichts  heissen  wollen^  wie  gesag*^ 
worden:  eine  Comödie  von  lauter  Versen.    Nun  aber  sind 
doch  die  Vornehmen,  wie  ich  glaube,  gewonnen  und  be — 
kommen    viele   Lust,    etwas    von   den   neuen   Leipzige'K' 
Büchern    zu   lesen."  —   ^Vielleicht,   doch   nicht 
würden  wir  viele  Thaler  mehr  erobert  haben,  wenn 
lauter  abgeschmackte   hiesige  bürgerliche  mode  Stücke' 
aulTührten,  da  wir  aber  ein  Mahl  etwas  Gutes  angefangei 
80  will  ich  nicht  davon  lassen,  so  lange  ich  noch  1  Glt 
daran  zu  wenden  habe.    Denn  gut  muss  doch  gut  bleibe: 
und  ich  hoffe  beständig,  durch  Ihre  gute  Beyhülfe  noeli 
durchzudringen,   und   sollte  es  auch  noch  länger  als 
Jahr  anstehen.** 

Wie   sehr  verdient   doch   der  Mann   so   vielen  d 
heutigen    Uühnendirectoren     als     beschämendes    Muster 
entgegengehalten  zu  werden! 

Auch  seine  Gattin  scheint  trotz  des  aus  der  Energie 
und  Genialität  ihrer  Natur  entspringenden  Selbstgefilhl^ 
den  Werth   ihres   Gatten   zu  Zeiten   erkannt   zu   haben* 
^Ich  bin  nichts  —  schreibt  sie  1735  aus  Braunschweig  — 
oder  doch  nicht  viel  nütz  bey  solchen  Sachen.    Ich  bin 
zu  Huy  und  verderbe  oft  mit  meiner  Geschwindigkeit  mehr, 
als  man  hiernach  gut  machen  kann.  Mit  einem  Wort:  zam 
Handeln  und  Bauen  liabe  ich  weder  Verstand,  noch  Geduld.*^ 

Ein  Hinderniss  zu  einem  raschen  Erfolge  bot  woU 
noch  immer  die  Spielweise.  Denn  wenn  auch  Gottsched 
von  der  Neuberin  sagt,  dass  sie  in  der  Vorstellnngskunst 
keiner  Französin  etwas  nachgegeben,  so  gehörte  sie  hierin 
doch  eben  noch  zu  den  Ausnahmen.  „Die  Schauspieler 
—  sagt  Ed.  Devrient  —  glücklich  genug,  den  Rhythmus 
begriffen  zu  haben,  wussten  sich  nun  auch  etwas^  die 
Scansion  recht  hörbar  zu  machen,  den  Abschnitt  inmitten 
der  Verse,  das  Reimgeklingel  am  Ende  hervorzuheben," 


-     191    — 

Schlimmer  noch  mag  es  zum  Tbeil  um  die  schauspielerische 
ActioQ  ausgesehen   haben.    „Die  Grazie    wellenförmiger 
Bewegangen,  Erhabenheit  des  ^^nstandes^  Grossartigkeit 
der  leidenschaftlichen  Gesticulation  lag  in  der  Intention^ 
Aber  es  war  Alles  wie  vom  Balletmeister  zugestutzt  und 
»üfii  Acusserste  übertrieben.    Der  Schritt  war  wie  nach 
dem  Tacte   bemessen.     Nur  ein  Fuss  trug  die  stehende 
Gestalt,   der  andere    war   im   coupe-pied  mit  der  Spitze 
Qor  aufgestellt    Arme  und  Hände  machten  keine  anderen 
*l8  gewundene  Bewegungen  und  fuhren  im  Pathos  völlig 
ADS  dem  Geleise   der  Natur."  —  Einen   grossen  Antheil 
Mcran  hatte  theils  das  Costüm;  welches  fast  durchgehend 
^'c  französische  Hoftracht,   theils  der  Umstand,  dass  die 
"^ittkmist    damals    gewissermassen   die   Grundlage    der 
^^lauspielkunst   war.      „Das   Tänzerhafte  galt   für   das 
^^^al  des   Anstandes."     Doch    auch   das   Zunftmässige, 
^^8  sich,  wie  Iffland  aus  einer  noch  unmittelbar  mit  dem 
^^ben  zusammenhängenden  Tradition  erzählt,  im  Anfang 
^^  Jahrhunderts  herausgebildet  hatte  und  die  Stellung 
^Hd    Unterordnung    der    einzelnen    Darsteller    zu-    und 
untereinander   aufs  Peinlichste  regelte,  wirkte  noch  fort 
^nd  bestimmte  genau  die  Art  ihres  Auftretens,  des  Auf- 
^teUens  und  Abgehens.    Selbst  im  Geschmack  der  Costüme 
^rd   man   mit   den   französischen  Darstellern  sich  noch 
nicht  haben  messen  können.    Obschon  die  NeubcT  auch 
diesem  Punkte   ilire  Aufmerksamkeit  zuwendete,   konnte 
ne  hierin  selbst  Gottsched  nicht  hinreichend  befriedigen. 
Im   Ganzen   behielt    das   Costüm   die    früheren  Normen. 
Man   kannte   noch  immer  nur  drei  Arten  desselben,    die 
römische,    die    türkische    und   moderne   Tracht.      Selbst 
diese  noch  hatten  manches  Gemeinsame.    Der  Besitz  einer 
Sammethose  bildete  wohl  noch  immer  einen  der  Gardinal- 
pnnktc  beim  Engagement  eines  Scliauspielers.    Sie  fehlte 
auch  noch  jetzt  keinem  männlichrn  Anzüge,  wie  die  ge- 
puderte Frisur  und  der  Reifrock  keiner  weiblichen  Toilette. 
Zu  den  Verbesserungen,  welche  die  Neuber  einführte, 


—     192    — 

gehörte   die   der  Theatermnsik.     Job.   Rnd.  Scbeibe 
Hamburg   (geb.    1708)  gab   hierzu   die   Anregung, 
eomponirte  zu   den   Tragödien   Polyeuct   und  Mithri 
Ouvertüren    und    Zwischenmusiken.    -—    Wichtiger  a 
waren  die  Einrichtungen^  welche  die  Neuber  zur  Hebung 
inneren  sittlichen    und   äusseren   gesellschaftlichen  1 
hältnisse  ihrer  Truppe  traf.    Sie  betrachtete  sich  als 
Oberhaupt  einer  grossen  Familie.    Die  unverheirathi 
Männer  waren  ihre  Kostgänger.    Die  Mädchen  wohi 
bei  ihr   und   wurden  wie  Kinder  des  Hauses  behanc 
Sie  sah   darauf^   dass   sie  sich   auch   im  Hause  fttr 
Bühne  noch  nützlich  machten.  Sie  überwachte  ihren  Umgs 
und  duldete  keinerlei  unsittliche  Verhältnisse.  Die  Lieben 
trieb  sie  in  die  Heirath  hinein  oder  ganz  auseinander. 

Bei  so  viel  Opferfreudigkeit,  Energie  und  Anstrengt 
war  es  Neubers,  trotz  aller  sich  ihnen  entgegensetzen 
Schwierigkeiten,  doch  möglich  geworden,  nicht  nur 
mählig  die  bedeutendsten  schauspielerischen  Kräfte, 
(ausser  den  früher  genannten)  Philippine  Tümmler,  Schril 
Weise,  Winzinger,  Jakoby,  Meyer,  Klotsch,  Uhlich,  Schab 
Wolfram,  Schönemann,  Antusch,  Suppig  (Beide  aus  Dresc 
und  Koch  an  sich  zu  ziehen,  sondern  auch  der  6 
sched'schen  Reform  einen  festen  Boden  und  eine  wi 
sende  Ausbreitung  zu  geben.  In  den  dreissiger  Jah 
des  Jahrhunderts  war  ihre  Truppe  die  weitaus  von 
liebste  in  Deutschland  und  bildete  den  Ausgangspu 
derer,  die  sie  später  zu  überflügeln  berufen  waren.  1 
1727 — 40  hatte  sie  ihr  Repertoire  regelmässiger  Stil 
bereits  auf  27  erweitert.  Man  nennt  uns  den  Regu 
Brutus,  Alexander  von  Bressand,  den  Cid  von  Lange,  i 
zweiten  Theil  desselben  von  Heynitz,  die  Liebe  in  ( 
Schäferhütten,  Originalstück  von  Henrici,  Sancio  i 
Senilde  (nach  einer  Oper  von  König)  in  Alexandrin« 
von  Koch,  den  Titus  Manlius  und  Cäsar's  Tod,  Origii 
stücke,  sowie  Voltaire's  Verschwenderischen  Sohn  t 
demselben,  Racine's  Berenice  von  Pandtke,  Ulysses  f 


—    193    — 

Tthaka,  OriginalBtflck  tob  Lndewig,  die  Horacier  und  den 
Thnoleohy  Originalstttcke  von  Behrmann^  Gorneille's 
Honcier  and  Cajus  Fabricius  von  Mag.  Müller^  Voltaire's 
Ahire,  Racine's  Britanniens^  Phädra  und  Essex  von  Stüven^ 
Mithridates  von  Witte,  Polyeukt  von  Frau  Dr.  Link, 
Cornelia  von  Frau  Gottsehed,  die  Geschwister  von  Tannen 
von  El.  Schlegel,  Racine's  Iphigenia  in  Aulis  und  der 
sterbende  Cato  nach  Addison  und  Deschamps  von  Gott- 
sched, welcher  letzte  bei  seinem  Erscheinen  1731  (wohl 
haQptsftchlich  durch  Kohlhardt's  Spiel)  Sensation  machte 
vnd  in  25  Jahren  10  Auflagen  erlebte.  * 

Mit  dieser  Truppe   und   diesem  Repertoire   spielten 

Ifenbers    also    auch   öfter  in   Dresden.     Die    Vernach- 

Iteigung,  welche  hier  das  deutsche  Schauspiel  vom  Hofe 

^^MiT,  und  die  Begünstigung  der  prunkvollen  Opern  und 

i^J  Ballets  scheint  hier  auf  den  Geschmack  des  grösseren 

Pablicums  gleichfalls   nicht  eben  gUnstig  eingewirkt  zu 

fc*ben.     Wenigstens   klagt  Nenber   im   Jahre   1730,   in 

Welchem  die  Truppe  nach  längerer  Unterbrechung  wieder 

^  Wochen  in  Dresden  spielte:  „Es  kommen  zwar  ziemlich 

Wel  Zuschauer,  aber   nach    dortiger  Art  hören  sie  stets 

^^  halb  zu,  und  es  gefällt  ihnen  daher  auch  nur  halb." 

^  ist  nicht  nachweisbar,  dass  ihre  Truppe  auch  nur  ein 

^'^ges  Hai  vor  Friedrich  August  I.  gespielt  hat;  wo- 

f^en  sie  sonst  überall  die  grössten  Erfolge  erzielte,  in 

^Jtiburg,  Kiel,  Braunschwei^,  Hannover  und  Nürnberg, 

"^«onders  aber  in  Leipzig,  wo  sie  von  1727 — 1733  ganz 

J^lmässig   während   der   Messen    erschien.     Selbst    in 

*^^Msburg    machte   sie    Aufsehen.     Während   die    fran- 

?^ifichen  Gomödianten  dort  nur  drei  Darstellungen  in  einer 

^^che  geben  konnten,  spielte  sie  alle  Tage.   „Es  kommen 

■  Die  Besetzung  bei  der  ersten  AuffQhrang  in  Leipzig  war 

^'^«nde:   Cato   —   Kohlhardt;   Portia  —  Fr.  Neuberin;  Portius  — 

^pigi  Phenice  —  Jfer.  Buchnerin;  Phocas  —  Gottschalck;  Pherna- 

^^  —  Neuber;  Felix  —  Türpe;  Cäsar  —  Koch;  Domitiiis  —  Jacobi; 

•^^t^banus  —  Schönemann. 

\^ 


—     194    — 

viele  Franzosen  —  schreibt  Neuber  (1736)  — >  die  keiB 
Wort  deutsch  verstehen^  nnd  sehen  mit  grosBer  Aafmerk* 
samkeit  zu/' 

Wie  wenig  das  Neuber'sche  Unternehmen  aber  udi 
direct   vom  Dresdner  Hof  unterstützt  wurde,  so  scheiit 
Friedrich  August  I.  demselben  gleichwohl  gewogen  g^ 
wesen    zu    sein.      Die   ganze  Richtung   ihres   Tbeatcn 
musste  ihm  ja   als   eine  Huldigung  seines  eigenen  Ge- 
schmackes erscheinen,  daher  auch  bis  zum  Tode  diese» 
Fürsten    die    Feindseligkeit    König's    gegen    Gtottscheä 
und    seine    Anhänger    sich    nicht    offen    hervorwagte. 
Sein    Tod    (1.    Februar    1733)    gab    aber   hierzu   wilV- 
kommene    Gelegenheit.      Obschon    Neubers    bereits  iß^ 
Monat  März  um  die  Erneuerung  ihres  Privilegiums  ein- 
kamen    und   (weil  es  nicht   sofort  ausgefertigt  werdeu 
konnte)   ihnen   ein  Interimsdecret  des  Oberhofinarschalto 
ausgestellt  wurde^  welches  den  Leipziger  Magistrat  an* 
wieS;  ;,den   sächsischen  Hofcomödianten  Neuber  in  der 
bevorstehenden    Michaelismesse    an    dem    gewöhnlichen 
Platze  spielen   zu   lassen'^,   wurde  das  Privilegium  doeb 
an  den  Schauspieldirector  J.  Ferd.  Müller^  welcher  erst 
unter   dem   7.  August   1733   darum    eingekommen    waT^ 
bereits  am  8.  September  d.  J.  ertheilt. 

Müller^  welcher  eine  Tochter  der  Haacke-HoffmaaB 
zur  Frau  hatte  und  seit  1728  Schauspieldirector  geworden 
war^  beschuldigte  Neubers  in  seiner  Eingabe^  sich  ihrer 
Rechte  auf  die  Hoffmann'sche  Gomödiantcnbande  dnrcli 
List  bemächtigt  und  ihrer  Direction  sich  widerrechtlich 
angemasst  zu  haben.    Auch  behauptete  er,  dass  sie  dfe 
zwei   jüngsten    Stiefldnder    Hoffmann's    heimlich    nach 
Wcissenfels  entführt  und  dort  von  der  katholischen  sor 
protestantischen    Religion   abzuziehen   versucht   hätten 
(ein  Punkte    welcher    in    den    uns    bekannten,    hierher- 
gehörigen Actenstückcn  nirgends   weiter  berührt  wird)» 
£s   lässt   sich  nicht  beurtheilen^   in   wie  weit  diese  An- 
klagen begründet  waren.    Fasst  man  aber  alle  hier  ein- 


—    195    — 

seUagende  VerhältniBse  ins  Auge:  die  Unbestimmtheit  der 
▼erapäteten  Anklage  —  den  gewählten  Zeitpunkt  —  die 
Feindschaft  Eönig's  zn  dem  Nenbers  engverbttndeten  Gott- 
sched,  welche  in   den  Italienern   natttrlich  bereitwillige 
Bundesgenossen  finden  musste  —  den  Umstand^  dass  die 
auf  Verwendung  der  Herzogin  von  Braunschweig  bei  der 
Königin  von   Sachsen   im  Interesse  Neubers  eingeleitete 
Untersuchung   nichts  weiter   ergabt   als  dass  Müller  das 
Privileg  nur  deshalb  erhalten^  weil  Neubers  nicht  darum 
eingekommen    seien,    was   thatsächlich    falsch    war   — 
sowie  endlich   die  Ausflucht  des  Oberhofmarschallamtes, 
welches  zwar  einräumte,   dass  Neubers  zwei  darauf  ab- 
nelende  Eingaben  gemacht:  jedoch  die  erste  nicht  habe 
berflcksichtigt   werden   können,   weil  damals  Trauer  ge- 
wesen; die  zweite,   weil   MttUer  das  Privilegium  damals 
bereits  empfangen  gehabt  hätte,  —  so  wird  man  sich  der 
Ueberzeugung  gewiss  nicht  yerschliessen  können,  dass  es 
lieh  hier  um   eine   versteckte   Intrigue   handelte,  deren 
^en  auf  König  und   seine  Feindschaft   zu  Gottsched 
^wUckweisen. 

Der  Verlust  des  Privilegiums,  die  fruchtlosen  Kämpfe, 
^  Neubers  um  dessen  Wiedererlangung  anstrengten,  hat- 
^  ihren  Wohlstand  allmählig  erschttttert.  Ihr  Anschluss 
^  Gottsched  wurde  zunächst  immer  enger,  so  dass.  1737 
&iif  Bein  Andringen  die  bekannte  öffentliche  Verbrennung 
^  Hanswurstes,  mit  dem  sie  nun  wieder  schwerer  zu 
^pfen  hatten,  auf  dem  neuen  Schauplatze  Neubers,  in 
^^  Theaterbude  vor  Loose's  Garten,  stattfand.  Um  so 
^^ffilliger  erscheint  der  bis  jetzt  noch  in  keiner  Weise 
^^fgeklärte  Umstand,  dass  es  ihnen  fast  gleichzeitig  ge- 
'^y  vor  dem  königl.  sächsischen  Hofe  während  der 
^*gdfegte  in  Hubertusburg  zu  spielen,  eine  Ehre,  welche 
^^  jetzt  nur  der  Mtlller'sehen  Truppe  einmal  (1734)  zu 
*l^eil  worden  war.  Neubers  eröffneten  diese  Vorstellungen 
*^  5.  November  Abends  7  Uhr  mit  Graf  Essex  und  der 
lustigen  Nachcomödie:  Der  dressdner  Mägdeschlendrian, 


—    196     - 

dem  8ie  (nach  ihrer  Gewohnheit)  eine  poetigche  Anrede 
an  beide  Majestäten  nachfolgen  Hessen.  *    An  noch  vier 


*  FQrstenau  theilt  den  Wortlaut  derselben  vollatftiidig  nit: 

llerri  Monarch!  Du  schenckest  mir  heat  den  Beichthum Deiner  Gsiii 
Und  ich  geh  mit  meiner  Treu  und  mit  meinem  Fleisa  m  Bat^  ,     i 
Frag  die  Ehrfurcht,  das  Vertrauen,  ruff  die  Zuflucht  eyfrigst  an, 
Ob  ich  Deine  grosse  Gnade  tief  genug  verehren  kann;) 
Jeder  Trieb  verdoppelt  sich,  lässt  mich  meine  Kraft  recht  spflhrei» 
Jeder  will  der  Erste  sein,  heisset  keine  Zeit  verliehren,     . 
Jeder  pr&gt  durch  meine  Pflichten  mir  anch  die  Gredanken  eil, 
Dass  ich  als  ein  Staub  zu  wenig,  Dir  nicht  gnug  kann  dankbar  M(jik 
Doch  die  Landes  Kindes  Pflicht  heisst  das  kindliche  Vertrauen 
Auf  Dein  Landesvater  Herz  und  auf  Deine  Grossmnth  bauen. 
Dieses  öffnet  mir  die  Lippen,  macht  das  treue  Herz  geschickt, 
Jeden  Trieb  bekannt  zu  machen,  den  die  blöde  Furcht  erstickt 
Durch  die  Zuflucht  such  ich  Dich,  Deine   Gnade  Iftsst  sich  findeip 
Durch  die  Ehrfurcht  krieg  ich  Herz,  Deine  Grossmuth  zu  ergrflido. 
Durch  die  Treue  werd'  ich  stärkend,  Deine  Huld  recht  einzusekSi 
Durch  die  Demuth  bitt'  ich  kindlich :  Vater,  lass  mir  nichts  geschelo» 
Was  mir  Angst  und  Schrecken  bringt,  wenn  ich  es  nicht  selbst  ver- 
diene. 
Mach,  dass  unter  Deinem  Schutz  unser  deutscher  Schanplaz  gdbe» 
Er  soll  rein  und  redlich  bleiben,  dass  ihn  nicht  ein  Wort  be«chlrt> 
Alle  Laster  sollen  fliehen,  darzu  er  sich  sonst  bequftmt. 
Du  sollst  für  uns  allerseits  kein  Geseze  nöthig  haben, 
Eh  und  indem  Du  befiehlst,  sollen  Künste,  Fleiss  und  Gaben, 
Ordnung,  Redlichkeit  und  Stille  auf  den  Wink  gehorsam  seyn, 
Heiss  uns  nur  durch  Deine  Gnade  und  durch  Deinen  Beyflül  Dei>» 
Königin  aus  Kayser  Blut!  sieh  ich  küss  Dir  Bock  und  Hände, 
Ans  der  Würckung  Deines  Worts  und  zu  keinem  andern  Ende, 
Als  allein  Dir  zu  bezeugen,  dass  kein  Tropfen  Blut  mich  regt, 
Der  Dich  nicht  verehrt  und  liebet  und  die  tiefste  Ehrfurcht  hegt 
Nimm  Dich  doch  auch  meiner  an !  Deine  Krafft  kann  mich  erhaltet 
Und  wenn  mich  der  Neid  verklagt,  so  lass  Deine  Gnade  walten» 
Du  bist  viel  zu  gross  und  zärtlich,  als  dass  Du  den  Wurm  verderbet 
Der  Dich  niemals  wird  erzürnen,  da  Du  Reich  und  Cronen  erbst- 
Da  Dein  Blut  so  rein  entspringt,  kann  es  gar  nicht  anders  komm^^ 
Als  dass  Du  auch  meine  Treu  allergnädigst  aufgenommen. 
Die  vor  Deiner  wahren  Hoheit  Dir  gebückt  zu  Füssen  liegt 
Und  mit  einem  Gnaden  Blicke  von  Dir  sich  allein  begnügt 


—     1«7    — 

folgeoden  Tagen  wurde  Der  verheirathete  Philosoph^ 
Polyenoi,  Der  Gleizige  and  Iphigenia  zur  Darstellung  ge- 
bracht. 

Die  an  diese  Yorstellnngen  von  Nenbers  nnd  Gott- 
Bcbed  geknttpften  Erwartungen  sind  indess  nicht  in  Er- 
ftUoBg  gegangen.    Friedrich  August  IL  scheint  nie  wie- 
der deutsche  Erwerbsschauspieler  an  seinen  Hof  gezogen 
n  haben.    Das  Prädicat  Königl.  HofcomödianteU;   sowie 
die  Erlaubnisse  in  Leipzig  auch  ausser  der  Messe  in  ihrer 
Bude  spielen  zu  dürfen^  ist  AUes^  was  Neubers  und  auch 
erst  in  Folge  einer  Eingabe  erlangten.  Nichtsdestoweniger 
wirden  Tielleicht  schon  damals   die  Fäden  geschlungen, 
welche  Neubers   später  mit  König  gegen  Gottsched  ver- 
banden.   Wenigstens  werden  seit  dieser  Zeit  yerschiedene 
Begünstigungen   sichtbar^  die  sie  von  dem  Grafen  Brühig 
Einern  Gegner  Gottsched's^  erfuhren^  auf  welchen  König 
^en  gewissen  Einfluss  ausübte.    Auch  wirft  Gottsched  in 
^em  Briefe  an  Manteuffel  einen  verächtlichen  Seitenblick 
^f  die   von  Neubers   aufgefbhrten*  König'schen  Stücke, 
n^re  Bewerbungen    um   die  Gunst  des  sächsischen  Hofes 
*^titen  diese  auch  1738  noch  fort.    Am  16.  Januar  d.  J., 
^Vorabende  des  Jahrestags  des  polnischen  Krönungsfestes^ 
8^ben  sie  in  Dresden  ein  wahrscheinlich  hierauf  bezug- 
B^hmendesStück  unter  dem  Titel :  „Augusti  Gutigkeit",  wor- 
über der  Berichterstatter  der  Gurios.Sax.  sagt  :  ^so  war  dieses 
S^iitze  poetische  aus  der  römischen  Historie  genommene 
^hauspiel   durch   und   durch    auf  das  anmuthigste  ein- 
gerichtet, und  die  Acteurs  bewiesen  auch  ihre  Stellungen 
^^gestalt,  dass  jedermann  ein  sattsames  Vergnügen  und 
plandite  an  den  Tag  gegeben.'^    Es  war  wohl  das  letzte 
"^1»  dass  sie   bis  zu  ihrer  Rückkehr   aus  Russland  in 
"'^^en  gespielt 

^iglich  geseegnets  Haass  blühe  1    Gott  spricht  seinen  Seegen, 
^  kommt  Dir  mit  seiner  Bald  nnd  mit  seiner  Band  entgegen, 
^^DeinTrohn,  Dein  Land,  die  Treue  sich  fest  gründet,  h&lt  and  stflxt^ 
^^  liebt  IHch  als  Yater  s&rüieh,  wie  er  Dich  als  Qott  beschüst 


Das  bereits  kUhler  und  loser  gewordene  VerhaltniM 
Neubers   zn    Gottsched    sollte    im   Jahre  1739   za  eioem 
völligen  Bruche  kommen.  Neubers  spielten  in  diesem  Jahte     i 
hauptsächlich  in  Hamburg,   sowie    bei  ihrem  besonderes     j 
Gönner,  dem  Herzog  von  Holstein  in  Kiel,  welcher  ihnöi     \ 
wohl    auch    den    Ruf  nach  Petersburg    an    den  Uof  der     ' 
Kaiserin  Anna  vermittelte.    Dort  hatten  sie  nnter  Auderem 
Voltaire's  Alzire   in    der  üebersetzung  Sttiven's  zur  Anf- 
führuQg  gebracht,  welche  auch  von  Gottsched's  Frau  noch 
Übersetzt  worden  war.     Als  daher  Neubers   später   nacb 
Leipzig  kamen,  trat   dieser   mit  dem  Verlangen  hervor, 
dass  sie  es  hier  in  der  Uebersetzang  „seiner  geschicklett 
Freundin"  darstellen  sollten.     Neubers  wiesen  dieses  An- 
sinnen unter  dem  Vorgeben  zurliek,  dass  Koch  und  Sup- 
pig sich  weigerten,   ihre  Rollen   neu    einzustndiren.    De«" 
Bruch    kann    indess    noch  kein  offener,  selbst  noch  keixi 
tiefgehender  gewesen  sein,  da  Gottsched  nach  ihrer   Al>- 
reise    nach  Rnssland    an  MantcufTel  schreibt:    „Von    hie- 
sigen Neuigkeiten  kann  ieU  nichts  merkwürdiges  melden, 
als  dass  die  Neuberische  Comödiantenbande  in  Russsicb 
Kaiserliche    Dienste    geht    und    durch  etliche  1000  Thlr. 
Vorscbuss  in  den  Stand  gesetzt  worden,  nicht  allein  ihre 
Schulden  za  bezahlen,   die  sie  hier  und  in  Hamburg  ge- 
habt, sondern  anch  ihre  Reise  zu  thun.    So  verlieren  wir 
in  Deutschland  wiederum  ein  Mittel,  den  guten  Geschmack 
zu  befördern,  nämlich  die  einzige  Gumüdie,   die  eine  gt~ 
Bunde    und   vernünftige   Schaubuhne    gehabt."      Neubers 
sollten    durch    die    Berufung   nach    Petersburg  zwar  aas 
augenblicklicher   Noth,    doch  anch  um  ihre  dominireniie  , 
Stellung  in  Deutschland  kommen  und  zwar  durch  < 
Schauspieler   ihrer   eigenen  Truppe.     Johann   Fri( 
rieh  Schöne  manu   aus    Krossen,   der    von    der 
ster'scben  Gesellschaft  1730  zu  Neubers  gekommen  wir 
und   sich   hei  ihnen   zu   einem  tUchtigen  Darsteller  (OD 
komischen  Rollen  ausgebildet  (besonders  war  er  i 
Lustspielen  des  Destonehes  als  Bedienter  vortrefflich),  iit^ 


irende  ^ 
eitMjl 
rielfl 
■  FTJp^ 

wir 
r  (OD 

'4 


—    199    — 

»ch  kons  vor  ihrer  Reise  nach  Petersburg  von  ihnen  ge- 
trennt,  Tielleieht  weil  er  diesen  Moment  für  den  geeignet- 
sten zu  einem  eigenen  Unternehmen  hielt.    Er  hatte  sehr 
bald  eine  Gesellschaft  der  auserlesensten  Kräfte  am  sich 
versammelt;  neben  seiner  Fran,   einem  Sohn  und  einer 
Tochter  vereinigte  sie  zu  Anfang  des  Jahres  1741  Talente^ 
^e  das   eines  Eckhof;  Ackermann^  einer  Schröder^  der 
Mntter  und  Tochter  Spiegelberg;  der  Jungfer  Rudolphi  spä- 
terenllhlichy  der  Frau  und  Jungfer  Reimer  undühlich's.  Wie 
tu  Lope's  und  Shakespeare's  Zeiten  in  Spanien  und  Eng- 
land mit  einem  Male  dichterische  Talente  in  überraschen- 
der Fülle  hervortraten,  so  zeigte  sich  jetzt  auch  in  Deutsch- 
land eine  ähnliche  Erscheinung  auf  schauspielerischem 
Gebiete.    Schon  am  20.  September  d.  J.  hatte  sich  Schöne- 
nuum  an  Gottsched   mit   dem  Erbieten  gewendet^  in  die 
▼cn  Nenbers  aufgegebene  Stellung  treten  und  die  von 
ihnen    begonnene    Bühnenreform   unter    seinem   Schutze 
^^eiter  fortsetzen   zu  wollen.    Begierig  ward  dieser  Vor- 
schlag von  Gottsched  ergriflfen,  und  schon  zur  Ostermesse 
1741  spielte   Schönemann   in   diesem   Sinne  mit    seiner 
Gesellschaft    in    Leipzig.      Als    daher    die   Neuber'sche 
*I^ppe,  die  auch  in  Petersburg  ihre  Erwartungen  getäuscht 
tah,  im  Jahre  1741  nach  Deutschland  zurückkehrte^  fand 
^e  nicht  nur  ihren  Platz  von  Schönemann  eingenommen, 
•ondera  sicli  auch  vo^  Gottsched  durch  Wort  und  Schrift 
S^gen  diesen  herabgesetzt.    Die  Erbitterung;  welche  die 
Neuber  hierüber  empfand;  wurde  noch  durch  eine  Stelle 
^^  Vorrede  des  II.  Theils  seiner  Schaubühne  gesteigert, 
^  welcher   derselbe  auf  eine  sorgfältigere  Beobachtung 
des  Costüms  drang;   die  sie  als  gegen  sich  gerichtet  an- 
^hen  zu  sollen  glaubte.    Um  nun  das  Pedantische  die- 
^  Forderung  lächerlich  zu  machen;  liess  sie  sich  dazu 
'^^i^fässen;  als  Nachspiel  zu  einer  Burleske :  das  Schlaraffen- 
^^  den  dritten  Act  von  Gottscheds  „Sterbenden  Cato" 
^^  geben;  indem  sie  denselben  als  „einen  Versuch**  an- 
kündigte and  in  übertriebener  Vt^eise  in  römischem  Gostüme 


—    200    — 

darstellte.  Diese  Yorstellang  hatte  den  erwünschten  E^ 
folg,  und  da  Gottsched  es  an  einer  Entgegnung  sieht 
fehlen  liesS;  so  wagte  die  Neuberin,  diesen  nnn  auch  noch 
selbst  in  einem  von  ihr  gedichteten  Vorspiele  „Der  kostbare 
Schatz^  in  der  Person  des  Tadlers  anf  die  Btthne  zn  bringen.* 
Gottsched  setzte  beim  Leipziger  Magistrat  zwar  daaYe^ 
bot  einer  Wiederholung  durch;  allein  die  Nenber  erreichte 
bei  Brtlhl;  welcher  sich  damals  gerade  in  Leipzig  befand, 
durch  Gabinetsbefehl  die  Erlaubniss  dazu.  Dass  es  sieb 
hier  um  eine  wieder  von  Dresden  ausgehende  Intrigne 
handelte^  bei  welcher  von  König  eine  Rolle  spielte,  geht 
daraus  hervor,  dass  der  als  Secretär  und  Bibliothekar  bei 
dem  Grafen  Brühl  angestellte  Dichter  J.  Christoph  Bolt, 
obschon  er  ein  Schüler  Gottsched's  und  diesem  sonst  noek 
zu  Danke  verpflichtet  war,  diese  Begebenheit  in  einem 
Spottgedicht  und  (wie  es  bei  Fürstenau  ansdrttcklieh 
heisst)  auf  Wunsch  seines  Herm^  der  Gräfin  Moscineka 
und  des  Herrn  von  König,  darstellte.  Zwar  wurde  dtf 
Gedicht  confiseirt,  erlebte  aber  nichtsdestoweniger  drei 
Auflagen,  die  von  den  Schweizer  Gegnern  Gottsched'« 
weidlich  ausgebeutet  wurden.  Der  Neuberin  sollten  diese 
Vorgänge  jedoch  ebensowenig,  wie  Gottsched,  zum  Vor- 
theil  gereichen.  Ihre  Verhältnisse  geriethen  ins  Stockeni 
und  nachdem  sie  auch  Kohlhardt  verloren  hatte,  welcher 
wie  Meliere  auf  der  Bühne  (in  de^  Rolle  des  -Königs  im 
Schlaraffenland)  starb,  löste  sie  1743  ihre  Truppe  auf 
und  zog  sich,  von  dem  einzigen  Suppig  begleitet,  mit 
ihrem  Manne  nach  Oschatz  zurück,  wie  es  scheint,  in 
der  Hoffnung,  für  Letzteren  eine  Anstellung  zu  erhaltea* 
Auch  diese  zerschlug  sich  jedoch,  was  vielleicht  mit 
dem  im  nächsten  Jahre  erfolgenden  Tode  von  König'B- 
zusammenhing. 


*  Auf  dem  Theaterzettel  heisst  es:  der  Tadler,  als  die  Nach^ 
in  einem  Sternenkleide  mit  Fledermausflügeln  hat  eine  Blendlateria^ 
und  eine  Sonne  von  Flittergolde  auf  dem  Kopfe. 


^  ^1  — 

• 

iDzwiftchen  hattea  die  Königlich  sächsiscben  Hof- 
comiS^iftiiteii  unter  Müller^  dessen  Harlekin  Kirsch  eine 
Srowe  Anaiehnnggkraft  'ausübte;  vom  Jahre  1734  an  ziem- 
lich regelmäsaig  in  Dresden  gespielt.  Aach  sind  uns  youil 
Jahre  1738  einige  Angaben  über  diese  Spiele  erhalten 
geblieben.  Es  waren  theils  Hauptactionen^  theils  Harle- 
hiaiaden,  darunter :  Die  verstellte  Narrheit  oder  Arlequin^ 
ein  Postülon  wider  seinen  Willen.  —  Die  yon  der  Liebe 
überwundene  Sittenlehre.  —  Die  lustige  Schlüssel-  und 
Tagchenzanberei  mit  Arlequin^  einem  durch  viele  Zufälle 
ud  lächerliche  Begebenheiten  krumm  und  grade  gehezten 
Amaaten.  —  Der  durch  einen  vermeinten  Traum  zum 
^[^Bielschläger  gewordene  Pantalon  und  dessen  durch 
Stormlaufen  verlornes  Podagra^  mit  Arlequin^  einer 
^riensen  Köchin,  einem  Wirth  in  anderer  Leute  Hause 
aad  einem  falschen  Werber.  —  Die  asiatische  Banise  oder 
^tt  wegen  seiner  Tyrannei  vom  Throne  gestürzte  Chau- 
i>ugren  mit  Arlequin^  einem  lustigen  Tabuletkrämer^ 
aebst  dessen  schönem  Galanteriehandel  etc.  Das  Letzte^ 
^r  eine  der  berühmtesten  (oder  berüchtigtsten)  Haupt- 
^d  Staatsactionen. 

Damals  vermochten  sich  die  einzelnen  Truppen  noch 

^ht  lange   an   einem  und  demselben  Orte  mit  Vortheil 

^*  halten.    Daher  wir  auch  in  Dresden  einem  mannich- 

''^ben  Wechsel  derselben  begegnen ,  wovon  sich  indes» 

j^,^    dürftige    Nachrichten    erhalten    haben.     So   traten 

''^^    1730   die    HochfÜrstlichen    Sachsen-Weissen- 

f^^l  tischen  Comödianten;   1731   der  berühmte  starke 

^t^n   Eckenbergi    der  auch    an   den   Hof  gezogen 

'^'^de;  1735  ein  Principal  Alten;  1739  die  weimarischen 

**^t>»omödianten  und  1740 — 50  die  Truppen  von  Döppe^ 

**chter,  Hauptmann,   Felix   Kurz,   Carl   Friedr. 

^^ibehand   und   Kirsch   auf,   welcher  Letztere   seit 

*^'*1   längere  Zeit   ganz   regelmässig  Dresden   besuchte 

^'^^  bei  Hof  besonders  in  Gunst  gestanden  haben  muss^ 

^^  wir  ihn  wiederholt  zur  Mitwirkung  bei  den  Hoffest- 


liclikeiten  angezogen  sehen.'  Aach  an  Kindertheatei 
fehlte  es  Dicht,  ja,  1744  sollen  sogar  türkische  Com 
diantcD  (oh  sie  wohl  acht  waren?)  gespielt  haben,  ui 
daneben  fehlte  es  nicht  an  Marionetteuapielern,  Sfl 
tänzern  und  Lnftspringcrn,  welche  zum  Theil  wohl  au 
noch  Comödien  spielten. 

In  diesen)  Jahre  Hess  auch  die  Koth  and  die  id 
Tbeaterlnst  die  bereits  50jährige  Meuberin  nicht  län| 
mehr  ruhen.  Sie  ergriff  aufs  Nene  den  Dirigenteostl 
und,  angezogen  von  dem  Glanz  ihres  Namens,  sammeU 
sich  wirklich  noch  einmal  vorzliglicbe  Kräfte  Un 
früheren  Truppe  um  sie.  Koch,  Heidrich,  AnttiM 
Wolfram,  Lorenz  kehrten  znrtlck.  Die  als  Frau  Brtlckl 
berühmt  gewordene  Kleefelder,  der  in  Bedientenrolh 
bt'Bonders  im  stummen  Spiel,  excclHrende  Brück,  soi 
der  verstundige  Schubcrth  schlössen  eich  an.  Eine  Ui 
sam  erwachende  Dichtung,  an  deren  Spitze  Elias  Schlej 
stand,  das  Holherg'schc  Lustspiel,  die  französischen  RSl 
Lustspiele  des  La  Chaussee,  Gresset,  Destonches,  i 
wieder  in  die  Mode  gebrachte  ScUÜferspiel  eines  MyS 
und  Rost,  welches  in  Geliert  das  deutsche  bUrgerlic 
Rührstück  einleitete,  sie  alle  wurden  willkommen  T 
ihr  ergriffen.  Im  Jahre  1747  ftihrte  sie  auch  den  jung 
Lpssing  mit  seinen  Erstlings  werken  auf  der  BUbne  fl 
welcher  von  dem  Glanz  ihrer  Truppe  und  selbst  » 
ihrem  eigenen  Spiele  noch  dichterisch  angeregt  wurdfc 
Und  doch  sollte  dieser  Glanz  schon  im  nächsten  Jahre 
wieder  erbleichen.  Viel  trug  dazu  bei,  das»  Kocb, 
Heydricb  und  Lorenz  Neubers  damals  verliesaen,  m 
«inem  Rufe  nach  Wien   zu    folgen,   daes   die  Kleefelder 


'  Der  lisuptaftehliulie  KchaupliiU  war  d&s  alte  GewAcdliMii, 
welches  aich  auf  dem  Keumsrkte  zwischen  ilem  JildeiUiof  und  der 
FrauengasfiD  betaiid.  In  dem  grosseo  üiäie  des  eiEten  Stockwutn 
dieaes  SOO  Klleii  langen  Geb&udea,  iii  welchem  bei  Jahnnärkten  i 
Tuchmacher  feil  hielten,  spielten  besonders  die  SUchsischcD  I 
comOdianten.    Er  soll  ca.  1000  Menschen  gefasst  haben. 


hnnärkten  I^H 
:h3isch«D  d^H 

2 


—    203    — 

nch  yerheirathete  and  abging  nnd  Suppig  ihnen  durch 
den  Tod  entrissen  wurde.  Sie  erhielten  zwar  durch 
DObbeUns  nnd  Witthöfts  einen  Ersatz^  aber  neue  Unfälle 
tnten  hinzu.  Im  Jahre  1749  wurden  sie  durch  Schöne- 
miim  aus  ihrem  Theater  in  Quandt's  Hofe  verdrängt 
md  ihr  ehemaliger  Freund  Koch  bewarb  sich  in  diesem 
Jthre  sogar  selbst  um  das  sächische  Privileg  und  wurde 
bierdorch  zu  ihrem  gefährlichsten  Rivalen.  Wohl  trugen 
ftneb  noch  sie  sich  mit  umfassenderen  Plänen.  Schon 
im  Jahre  1744  hatte  ihnen  der  König  „die  Seiten  Gour- 
tine  bei  der  Herouris-Bastion^  zur  Erbauung  eines  Comö- 
dienbauses  angewiesen.  Aber  obschon  sie  nicht  nur  in 
diesem  Jahre,  sondern  auch  1748  in  Dresden  spielten^ 
scheinen  sie  die  Sache  erst  1749  bei  erneuertem  Aufent- 
luilte  daselbst  ernster  in  Angriff  genommen  zu  haben, 
^ie  aber  hätte  an  die  Ausflihrung  solcher  Projecte  ge- 
dtcbt  werden  können^  da  sie  nicht  einmal  ihre  Miethe 
^ofrobringen  vermochten  und  Koch  schon  in  einer  Ein- 
gtbe  vom  1.  Mai  d.  J.  sich  darauf  berufen  konnte ,  die 
^CQber'sche  Bande  ;^i  in  solche  schlechten  Umstände 
gekommen,  dass  sie  sich  gar  nicht  mehr  auf  dem  Theater 
■^ben  lassen  könne''. 

Ausser    dem    italienischen    Schauspieler   Francesco 

^^J^aldi   von   Pellerotti   (1747)   hatte   auch   noch   Job. 

^i^ristoph  Kirsch  (1750)   das  Prädicat   als  Hofcomö- 

^'^t  erworben.  Koch  scheint  mit  diesem  das  Abkommen 

^^t»ffen  zu  habeU;  ausschliesslich  in  Leipzig  zu  spielen 

^4    ihm   Dresden    dagegen  ganz    zu    überlassen.     Bei 

^*^%ch   debUtirte   (nach  der  Chronologie  des  deutschen 

'^  Katers)  im  April  1754  in  Dresden  die  nachmalig  ak 

*^^ame  Hensel   so   bertlhmt   gewordene   Schauspielerin 

^^«dcrike  Sophie  Sparmann  (geb.  1738).    Ihr  Vater  war 

^^tieralstabsarzt  in  Dresden.   Durch  Familienzerwürfnisse 

^b  in  traurige  Verhältnisse  gekommen,   hatte  sie,  um 

^^h  aus  ihnen  zu  retten,  die  schauspielerische  Laufbahn 

^^griffjn. 


-    204    — 

Wenn  einerseits  die  Harlekiniaden  noch  so  wenig 
Yon  den  regelmässigen  Stücken  hatten  verdrängt  werdei 
können,  dass  Koch,  um  sich  in  Leipzig  zn  halten ,  den 
kleinen  Leppert,  den  früheren  sächsischen  Hof  harren,  in  sei&e 
Trappe  mit  aufnehmen  mnsste;  so  hatten  dieselben  anderer« 
seits  doch  auch  wieder  so  an  Terrain  und  Ansehen  gewonnen, 
dass  der  berühmte  Hanswurst  Franz  Schuch  im  Jahre 
1748  Gottsched  ebenfalls  seine  Dienste  antragen  konnte^ 
insofern  er  ,>Tag  und  Nacht  darauf  bedacht  sei,  seine 
Schaubühne  nach  dem  jetzigen  Geschmack  einzurichten^. 

Schuch,  der  mit  seiner  Frau  als  Colombine  und  dem 
Komiker  Stenzel  im  Stegreifspiel  ganz  unübertrefflieh 
gewesen  sein  soll,  gab  im  Jahre  1755  auch  Vorstellungen 
in  Dresden  und  zwar  nicht  nur  von  Harlekiniaden  und 
Einderoperetten,  sondern  auch  von  regelmässigen  Stücken. 
£r  begann  mit  Moli^re's  Schule  der  Frauen. 

1754  hatte  auch  Leppert  eine  eigene  Truppe  errichtet 
und  spielte,   wie  es  heisst,   auf  Veranlassung  des  Kur* 
prinzen    und    der    Eurprinzessin    abwechselnd    mit    der 
Opern-Gesellschaft    Locatelli's    im    Theater    des    Grafel^ 
Brühl    auf   dem    Walle    (dem    Gebäude    der    heutigei^ 
Dreyssig'schen  Singakademie  auf  der  Terrasse).   Die  kur-* 
prinzlichen  Herrschaften  hatten  jetzt  überhaupt  mehrfacl'' 
Antheil  am  Schauspiele  gezeigt.    So  war  am  23.  Janua^ 
1751  der  Demetrius  von  Metastasio,   welchen   die  Eur^ 
Prinzessin  aus  dem  Italienischen  ins  Französische  Ober'' 
setzt   hatte,  von  der  Dresdner  Hofgesellschaft  zur  Auf^ 
fUhr'ung   gebracht   worden,   welcher  Vorstellung   spätem 
noch  einige  andere:  Zaire,  llmpertinent  und  der  Avoeat^ 
Pathölin   folgten.     Auch  das  deutsche  Lustspiel   wnrd^ 
zeitweilig   als   Unterhaltungsmittel    hervorgesncht.     Au^ 
Wunsch   der  Eurprinzessin  spielten  die  Eönigl.    Pagtsc^ 
verschiedene  Stücke   dieser  Art,  wie:  Don  Ranndo    d& 
CoUibradas    nach    Holberg,    die    einigen    Zänker, 
Gespenst  mit  der  Trommel.    Auch  auf  dem  Privattheate 
des  Grafen  Brühl   fanden   derartige  Vorstellungen 


—    206    — 

Der  meTkwtt]iIig8te  Beleg  fOr  diese  Antherhiahme 
tbtf  ist  ein  Brief  des  Hofmarschalls  0.  Th.  Ton  SchOn- 
b^  an  Oottsched;  welcher  Letztere  sich  schon  seit  1747 
(Ton  König  war  seit  1744  todt)  dem  karprinzHchen  Ehe- 
ptar  mit  Erfolg  genähert  hatte.  Derselbe  ist  vom  14  Jnli 
datirt  und  lantet  wie  folgt: 

,Jbro  EOnigl.  Hoheiten  der  Kurprinz  nnd  die  Knr- 
prinzessin   haben   sich   entschlossen ;    während   der   Ab- 
wesenheit Ihro  Miü^'3^^  d^'3  Königs ;  sowohl  sich  selbst 
iIb  auch   dem   gemeinen  Wesen   eine  Abwechslung 
durch  Schau-Spiele  zu  geben,  Sie  haben  daher  nicht  nur 
die  sogenannte  Prager  Oesellschaft  von  Operisten  (Loca- 
teDi)  hierher  beruffen,  sondern  wollen  auch  hauptsächlich 
doreb   Ihre    gnädige    Unterstützung    Denen    Deutschen 
Gelegenheit  geben,  ihre  Geschicklichkeit  auf  der  Schau- 
btthne  zu  zeigen  und  zu  yerbessem.    Sie  wissen,  mein 
Herr,  wie  sehr  leider  der  Geschmack  unserer  deutschen 
Mutter  -  Sprache  verderbet,   und  wie  viele  von  unseren 
I^uidsleuten  sich  nicht  finden,  die  wo  sie  nicht  selbige 
SVitx  und  gar  zu  unterdrtlcken  vermögend   sind,   doch 
**i^;e  so  zu  verstümmeln  suchen,   dass  es  scheint,   als 
<^b  sie  sich  schämeten  Deutsche  gebohren  zu  seyn.   Es  ist 
^^iinenhero  sehr  preiss-  und  lobenswflrdig,  wenn  grosse 
^^Ten  dem  Unrecht,  so  wir  uns  hierdurch  selbst  anzuthun 
^hen,   zuvorkommen,  und   selbige  gegen  den  grössten 
''^^il  unserer  lächerlichen  Mittbtlrger  in  Schutz  nehmen 
'•4   vertheidigen.    Dieso   so   gerechte   als  gnädige  Ge- 
^iiung  nun  von  unserer  Gnädigsten  Herrschaft  muntert 
"^^h  um  so  mehr  auf,  mich  des  Vertrauens  würdig  zu 
^'^^hen,  so  Beyderseits  Königl.  Hoheiten  in  mich  gesetze«;, 
^^  versäume  dannenhero  nichts,   was  an  mir  ist,   alles 
^*^jenige  zu  erleichtem,   was  den  gewünschten  Zweck 
^^^  Ihro  Hoheiten  befördern  kann,  und  da  ich  unter  der 
-^^firicht    des    Königl.    Hofcomödianten    Herrn   Lepperts 
*^^  Gesellschaft  von  solchen  Persohnen  gefunden,  denen 
^  weder  an  guthen  Willen  noch  Geschicklichkeit  fehlet. 


—    206    — 

der  WeiBung  von  meiner  gnädigsten  Herrschaft  dt 
Genüge  zu  leisten^  dieselben  aber  nicht  mit  solekt 
Stücken  von  Lust-  und  Trauer-Spielen  versehen  sind,  t» 
ihren  gnthen  Absichten  beykommen,  so  haben  mir  Jkn 
Eönigl.  Hoheiten  befohlen  Ihnen  zu  schreiben  nnd  S» 
zu  ersnchen,  dass  Sie  die  Gütigkeit  haben  nnd  wk 
sowohl  von  Ihren  üebersetznngen  ans  dem  Franstfsiflcbei 
als  anch  andere  Stücke,  so  Dero  Hoheiten  vorgelegt  n 
werden  verdienen,  zuschicken  möchten.^ 

Es  hing  wohl  anch  mit  diesen  Plänen  ein  Besieh 
der  Frau  Gottsched  am  Dresdner  Hofe  znsanunen,  w^ 
sie  anfs  Freundlichste  aufgenommen  wurde.  Leppert, 
welcher  die  Narrenspässe  etwas  mehr  in  den  Hintergnod 
geschoben  und  regelmässige  Stücke  in  sein  Bepertoin 
aufgenommen  hatte  (waren  doch  selbst  Ackermanns  ii 
diesem  Jahre  eine  kurze  Zeit  bei  ihm  in  Warschsi]^ 
feierte  ihre  Anwesenheit  mit  der  Darstellung  einiger  yob 
ihr  und  ihrem  Gatten  übersetzten  Stücke.^ 

Die  hieran  von  Gottsched  geknüpften  Hoflhungei 
sollten  aber  durch  den  Krieg  unterbrochen  werd^ 
Auch  würden  sie  nur  ein  klägliches  Ergebniss  geliefat 
haben.  Was  hätte  wohl  noch  jetzt  sein  Einfluss  bewirken 
können,  wo  seine  im  hohlen  Formalismus  erstarrende 
Einseitigkeit  und  Hartnäckigkeit  schon  durch  gant 
Deutschland  verspottet  wurde  und  ein  neuer  von  Shake-- 
speare  und^en  Griechen  geweckter  Geist  sich  zu  regen 
begann,  welcher  Poesie  und  Darstellungskunst  von  der 
akademischen  Regel  zu  der  lebendigen  Quelle  aller  6e* 
setzgebung  in  der  Kunst,  zur  Natur,  zurückführte.  Wie 
anders,  wenn  man  bei  so  wohlmeinenden  Absichten  naek 
Beendigung  des  Krieges   dasjenige  ergriffen  hätte,  was 

'  Unter  den  Stücken  seines  damaligen  Repertoires  zeigen  dck: 
Zaire  und  Alzire  von  Voltaire,  Der  Spieler  und  Der  verliebte  Welt- 
weise von  Regnard,  Die  alte  Jungfer  von  Lessing,  Der  Kranke  in 
der  Einbildung  und  Der  Geizige  von  Moli^re  u.  s.  w.  Die  Plitie' 
kosteten  12,  8  und  6  Gr. ;  der  Anfang  war  5  Uhr,  das  Ende  8  Ukr» 


—    207    — 

dtnn  80  nahe  lag:  die  Bernfung  Lessing^B  (eines  gebornen 
Sachsen)  nnd  Eckhofs  an  die  Spitze  einer  Bühnenrefonn 
und  eines  nen  zu  gründenden  Hoftheaters. 

Wie  Gottsched's,  so  war  auch  der  Nenberin  Zeit 
jetzt  Yorttber^  welche,  nachdem  sie  anch  noch  als  Schau- 
spielerin ihr  Olück  in  Wien  vergeblich  versucht  hatte^. 
17&D  noch  einmal  mit  einer  kleinen^  wie  es  scheint 
elenden  Truppe  in  Dresden  erschien  und  sich  mit  dieser 
in  der  Umgegend  herumtrieb.  Der  1756  ausbrechende 
Krieg  sollte  ihr  auch  noch  diesen  kleinen  Erwerb  ent- 
icissen.  Sie  erhielt  jedoch  mit  ihrem  kranken  Manne,  der 
bald  darauf  starb,  eine  Zuflnchtstätte  bei  dem  EönigL 
Leibarzt  Lober  in  Dresden.  Nachdem  dessen  Haus  1760 
eingeäschert  worden,  flüchtete  sie  mit  einigen  Gliedern 
seiner  Familie  nach  Laubegast,  wo  sie  noch  in  demselben 
Jtlire  ihr  vielbewegtes  Leben  beschloss ,  um  endlich  im 
Grabe  die  ihr  hier  versagte  Ruhe  zu  finden.  Wie  sehr 
Aber  auch  Oottsched  und  sie  durch  neue,  grössere  Talente 
jetzt  überflügelt  worden  waren,  so  hatten  sie  doch  den 
&nmd  zu  der  nun  rasch  vorschreitenden  Entwicklung 
des  deutschen  Theaters  gelegt. 

Während  die  neue  Hamburger  Schauspielschule, 
^ekermann,  Eckhof  und  Schröder  an  der  Spitze,  sowie 
^eichzeitig  Lessing  mit  seiner  Sara  Sampson  und  später 
^  seiner  Minna  von  Barnhelm  und  seiner  Dramaturgie 
eine  neue  Epoche  des  deutschen  Dramas  ankündigten 
^d  eröfineten,  versclilossen  sich  die  theils  vom  fran- 
^Wachen,  theils  vom  italienischen  Eunstgeschmack  be- 
berrachten  deutschen  Höfe  diesen  Zeichen  der  Zeit  fast 
^b  ganz.  Die  Pflege  ausländischer  Kunst,  welche  bis- 
her noch  eine  Nothwendigkeit  oder  doch  eine  Wohlthat 
gewesen  war,  lief  jetzt  Gefahr,  sich  auf  nichts  Anderes 
^  anf  das  ^^car  tel  est  notre  plaisir^  berufen  zu 
können. 

Zunächst  war  freilich  in  Dresden  der  1756  aus- 
brechende Krieg  ein  Hinderniss    für  jede   neue   Unter- 


-     208     - 

nehmnng.  Bis  zum  J&hfe  1761  spielte  Kirsch  regelmlaig 
auf  dem  kleinen  Zwingertheater.  In  diesem  Jahre  wmde 
ihm  jedoch  das  Decret  als  Hofcomödiant  entzogen  vd 
auf  Moretti;  der  jetzt  eine  Gesellschaft  deutscher  GodS- 
dianten  engagirt  hatte  ^  tlbertragen^  und  zwar  auf  Be- 
schwerden des  Letzteren  hin^  in  denen  es  heisst,  im 
Kirsch  sich  in  politische  Demonstrationen  zn  Gunsten  der 
Prenssen  eingelassen^  „anch  hierüber  nicht  nnr  in  seinen 
Gomoedien  alle  Zncht  und  Ehrbarkeit  ans  den  Angen 
gesetzt  and  die  schändlichsten  nnd  ärgerlichsten  Zothen 
gerissen^  sondern  a^ch  auf  höchst  verpönte  Art  zn  Ver- 
kuppelungen und  Verführung  der  Jngend  Gelegenhdt 
und  Anlass  gegeben  babe^. 

Trotz  dieser  sittlichen  Anwandlungen  soll  aack 
Moretti,  wie  es  in  einem  Berichte  tlber  ihn  aus  dem 
Jahre  1763  (in  der  Chronologie  des  deutschen  Theateri) 
heisst,  rieben  Schauspielen  ^  Pantomimen  und  Inter- 
mezzi;  ungesittete  Burlesken  gespielt  haben.  Seine  Int^- 
mezzi;  in  denen  ein  Herr  Burgioni  und  eine  Signcm 
Rosa  sangen^  werden  am  meisten  gelobt.  Sonst  werdea 
noch  Berger  als  Harlekin  ^  Merschy  als  Pierrot  nndt 
besonders  Koppe  und  Loewe  im  Schauspiel  gerQhmt. 
Das  Uebrige  wnrde  als  elend  bezeichnet.  Am  meiste 
scheint  er  noch  auf  die  Garderobe  gehalten  zu  haben^ 
Auch  eine  französische  Schauspielergesellschaft  spidCe 
1762  nach  der  Rückkehr  des  Königs  im  Zwinger.  Dci 
gesammte  Hof  wohnte  der  ersten  Vorstellung  bei,  nril 
Ausnahme  des  Königs,  der  seiner  Abneigung  gegen  aDe* 
Französische  auch  hier  treu  bleiben  wollte. 

Die  ersten  Massnahmen,  welche  der  plötzliche  Tod 
Friedrich  August  II.  (6.  October  1763)  zur  Folge  hatte 
wiesen  zwar  auf  eine  Verbesserung  auf  allen  Gebieten, 
nnr  nicht  auf  dem  des  vaterländischen  Dramas  hin.  Di^ 
Italiener  wurden  wohl  sämmtlich  entlassen;  aber  cB^ 
Bildung  eines  französischen  Schauspiels  stellte  eine  er* 
neute  Begünstigung  des  französischen  Dramas  in  Aussicht- 


—    209    — 

Friedrich  Christian's  Regierung  war  aber  zu  kurz, 
am  seine  letzten  Absichten  nach  dieser  einzigen  Mass- 
regel beortheilen  zu  können^  und  seine  Absichten  waren 
im  Allgemeinen  so  wohlwollende^  dass  man  auch  noch 
hier  nur  Gates  zu  erwarten  berechtigt  war. 


14 


Die  italienische  Oper  unter  den  subventionirtaa 
Theateruntemehmem  Bustelli  und  den 

Bertoldi. 


Yerandernngen  in  der  Kapelle.  —  Ernennung  ^anmaiB's 
Kirehencomponisten«  —  Engagement  einer  italienischen  Opff** 
gesellschaft  unter  Bustelli.  —  Elisabeth  Schmehling.  —  ürtkDi 
Über  Bustelli's  Gesellschaft.  —  Sein  Kepertolre.  —  EngageMCil 
der  Italienischen  Opemgesellschaft  unter  Bertoldi.—  ZusaaMk 
Setzung  und  Yerftnderungen  derselben.  —  YerftnderuBgen  ia  itf 
Kapelle.  —  Naumann,  Oberkapellmeister.  —  Schuster  und  8^jM 
mann,  Kapellmeister.  —  ürthell  über  die  Kapelle.  —  TerlvU 
und  neue  Erwerbungen  derselben.  —  Ferdinand  PaSr  und  uSn^ 
4xattin.  —  SassaroU.  —  Charlotte  Häser.  —  Francesco  Iir 
lacchi.  —  Leistungen  und  llepertoirc  der  Bertoldi'schen  OeMÜ 

Schaft. 

Der  Regierungsantritt  Friedrich  Christian's  (get 
am  5.  Sept.  1722)  bezeichnet  einen  völligen  Bmch  mi 
der  Vergangenheit.  Nicht  mehr  das  blosse  persönlich 
Belieben  und  Wohlbehagen,  sondern  die  Wiederherstelliuij 
des  tief  geschädigten  Staatswohls  warde  das  Ziel  nn 
Princip  der  nenen  Regierung.  Brühl  trat  zurflck.  D« 
geheime  Cabinet  wurde  aufgelöst.  Die  innere  Verwaltim 
zweckmässig  zu  ordnen,  dem  zerrütteten  Staatshaushalt 
wieder  aufzuhelfen,  stellte  sich  als  nächste  und  wichtigsi 
Auigabe  dar.  Wie  hätten  da  wohl  in  den  wenigen  M^ 
naten,  welche  dem  nenen  Fürsten  zur  Ausführung  seint 
Pläne  vergönnt  waren,  auf  dem  Gebiete  der  Ettna^ 
schon  durchgreifendere  Reiormen  erwartet  werden  dürfcD 


—    211    — 

In  Ao^ff  genommen  wurden  sie  gleichwohl  Nur  in 
Bezug  auf  die  bildenden  Künste  aber^  deren  innigen 
Zusammenhang  mit  der  Entwicklung  der  Gewerbe  man 
IQ  ahnen  begann^  verhielten  sie  sich  sofort  yöllig  positiv. 
(Die  Maler-Akademie  in  Dresden  wurde  zu  einer  Akademie 
der  bildenden  Künste  erweitert  und  auch  für  Leipzig 
«twas  Aehnliches  in  Aussiebt  genommen.)  Auf  dem  Ge- 
biete der  theatralischen  Künste^  die  man  nun  einmal  £ast 
nur  als  eine  Sache  des  Vergnügens  zu  betrachten  ge- 
höhnt war^  sollten  sie  dagegen  zunächst  von  einem  nur 
negativen  Charakter  sein.  Es  wurde  eben  nichts  weniger 
als  Alles  entlassen^  was  nicht  unbedingt  zum  Kirchen- 
dienat  nothwendig  war.  Dass  es  hierbei  gewiss  nicht 
verbleiben  sollte^  würde  von  einem  so  kunstliebenden 
Ffirsten^  dem  eine  Gattin  zur  Seite  stand,  die  mit  den 
Ktlnsten  innigst  vertraut  war^  selbst  dann  nicht  zu  er- 
warten gewesen  sein^  wenn  er  auch  innerhalb  der  kurzen 
Frist,  die  ihm  hierzu  beschieden  war^  keinen  Schritt  nach 
dieser  Richtung  gethan  hätte.  Allerdings  war  dieser 
^nte  Schritt  —  die  Anordnung  zur  Bildung  eines  neuen 
französischen  Schauspiels  —  für  die  Entwicklung  des 
nationalen.  Dramas  nicht  eben  ermuthigend.  Doch  wenn 
Friedrich  Christian,  nach  dem  Vorurtheile  und  dem  Ge- 
scbmacke  fast  aller  deutschen  Fürsten  seiner  Zeit,  fran- 
><Mscbe  und  italienische  Kunst  und  Bildung  ohne  Zweifel 
^^«vorzugte,  so  würde  er  gleichwohl  dem  deutschen  Schau- 
^)iele  die  Theilnabme,  die  er  demselben  schon  früher  be- 
wies, jetzt  um  so  weniger  entzogen  haben.  Der  plötz- 
^ch  tiber  diesen  wohlmeinenden  und  zu  so  schönen  Hoff- 
nungen berechtigenden  Fürsten  hereinbrechende  Tod  sollte 
^l>er  solchen,  wie  so  vielen  anderen  Plänen  desselben  ein 
vorzeitiges  Ziel  setzen. 

Der  ftlr  seinen  noch  minderjährigen  ältesten  Sohn, 
Friedrich  August  III.,  die  Regierung  ergreifende  Oheim 
desselben,  Prinz  Xaver,  war  wohl  im  Ganzen  gesonnen, 
^e  Bestrebungen    und    Absichten    seines    verstorbenen 

14» 


—    212    — 

Braders  anfzanehmen  and  fortznfähreii.  Soweit  dies  d 
theatralischen  Künste  betraf;  geschah  es  jedcbßh^  wie 
scheint;  ganz  nnter  dem  Einflasse  seiner  Schwägerin,  d 
yerwittweten  Enrftlrstin  Maria  Antonia.  Ich  verweise 
dieser  Beziehung  nur  auf  das  Bescript  (yom  9.  Jan.  176^ 
welches  die  Stellung  des  Directeur  des  plaisirs  regelt 
in  welcher  F.  A.  von  König  mit  einem  Gehalte  t< 
1600  Thlr.  verblieb.  Derselbe  sollte  hiemach  in  all( 
wichtigen  Fällen  Vortrag  zu  erstatten  haben  und  nich 
ohne  Genehmigung  des  Administrators  oder  der  ye 
wittweten  Kurfürstin  beschliessen  dürfen. 

Nur  wenige  Tage  früher  war  auch  der  Etat  der  K 
pelle  festgesetzt  und  auf  25,102  Thb-,  für  63  Persow 
herabgemindert  worden.^ 

'  Folgendes  ist  nach  Fürstenau  (Beiträge  zur  Geschichte  d 
K  S.  musikalischen  Kapelle)  das  Mitgliedenrerzeichniss  dieses  Jibrc 

Capellmeister  vacat Thlr.  1000 

Adam  Schürer,  Eirchencomponist     ...  «  700 

Salvator  Pacifico,  Sopranist „  SOO 

Nicolaus  Spindler,      do ^  800 

Domenico  Annibali,    do „  1200 

Giuseppe  Perini,        do.            „  600 

Angelo  Amorevoli,  Altist „  1000 

Ludovicus  Cornelius,  do „  600 

Franz  Ignaz  Seydelmann,  Altist    ....  ^  29S 

Joh.  David  Bahn,  Bassist „  500 

Joseph  Schuster,      do „  800 

Joseph  Brandler,      do. n  ^^00 

Gabriel  Joseph  Führig,  Bassist     ....  „  120 

Johann  Ernst  Tittel,           do „  120 

Carl  Mathäus  Lehneist,  Concertmeister  .  ^  1000 

Lorenzo  Carazzi,  Violinist      „  600 

August  Uhlich,          do.           „  500 

Joh.  Georg  Fickler,  do.           „  400 

Franz  Zieh,               do.          „  400 

Fran^ois  de  Francini,  Violinist     ....  „  400 

Franz  Nicolaus  Hunt,       do.          ....  n  400 

Johann  Georg  Neruda,     do.          ....  «  800 

Latus    Thlr.  11,782 


—    213    — 


Einem  schon  lange  gehegten  Plane  zu  Folge  traf 
err  von  König  die  Einrichtung^  bei  einzelnen  ^Instru- 
enten  Snpernumerare  anzustellen^  um  sich  auf  diese 
dse  geschickte  und  billige  Ersatzmänner  heranzubilden. 


Transport 

Feiice  Picinetti,  Violinist    .   .  . 

Franz  Fiedler,         do.        ... 

Joh.  Baptiste  Hont  jun.,  Violinist 

Job.  Eiselt,  do. 

Joseph  Tietze,  do. 

Friedr.  Gottlieb  Haller,        do. 

Simon  Uhlig  jun.,  do. 

Anton  Lebneist  jun.,  do. 

Ludwig  Neruda  jun.,  do. 

Franz  Job.  GöUel,  Flötist      .   . 

Ant  Francis  Derable,  Flötist 

Job.  Adam  Schmidt,  do. 

Antonio  Besozzi,  Oboist       .    .   . 

Carlo  Besozzi  jun.,  do.        ... 

Job.  Christian  Fischer,  Oboist  . 

Job.  Franz  Zinke,  do.     . 

Christ.  Franz  Mattstädt,  Fagottist 

C.  Christ.  Ritter,  do. 

Franz  Cbristlieb,  do. 

Job.  Gabriel  Zeisig,  do. 

Carl  Ilaudeck,  Waldbomist    .   .   . 

Ant.  Joseph  Hempel,  Waldbomist 

Job.  Adam,  Balletcompositeur,  Bratschist 

Job.  Huber,  Bratschist    .       ... 

Job.  Gottfried  Stöhr,  Bratschist    . 

Job.  David  Lange,  do. 

Job.  Zycha,  Violoncellist    .... 

Job.  Franz  Hoffmann,  Violoncellist 

Ant.  Feiice  Picinetti,  do. 

Job.  Georg  Knecbtel,  do. 

Friedr.  Joh.  Zicha  jun.,       do. 

Job.  Kaspar  Hörn,  Contrabassist 

Georg  Christ.  Balch,        do. 

Anton  Dietrich,  do. 

Joh.  Adolph  Weiss,  Lautenist   .   . 


Tblr.  11,7.32 

300 
300 
300 
300 
120 
120 
120 
120 
120 
600 
400 
300 
600 
600 
400 
300 
400 
300 
300 
2Ö0 
400 
300 
400 
300 
300 
260 
ÖOO 
400 
300 
250 
120 
500 
350 
300 
390 


1» 
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1» 

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Latus    Tblr.  22,942 


—    214    — 

Dieselben  mussten  (Jen  Dienst  theils  umsonst  verrichten, 
theils  wurden  sie  dienstweise  bezahlt;  theils  endlich  be- 
zogen sie  einen  jährlichen  Grehalt  von  120—200  Thlr. 

Da  durch  Hasse's  Verabschiedung  die  Eapellmei8te^ 
stelle   unbesetzt   war  und  die  ganze  Directionslast  anf 
SchUrer  lag,  der  trotz   der  Einschränkung  des  Dienstes 
sie  nicht  bewältigen  konnte,  so  musste  an  eine  neue  Be- 
setzung derselben  gedacht   werden.    Die  Wahl  fiel  asf 
einen  jungen  Mann,  der  später  die  Zierde  der  Kapelle 
werden  sollte,  auf  Joh.  Gottlieb  Naumann  (geb.  1741i& 
Blasewitz  bei  Dresden).    Trotz  seiner  Armuth  und  gegen 
den  Willen  der  Mutter  hatte  sein  Vater  ihn  die  Kreuzschole 
besuchen   und   ihm  von  dem  trefflichen  Gantor  Homilios 
Ciavierunterricht  erthoilen  lassen.    Dies  und  die  Eindrücke^ 
die  er  von  den  MusikauffUhrungen  in   der  katholischen 
Kirche  empfing,  welche  er  niemals  versäumte,  hatten  die 
ihm   von   der   Natur   gegebenen  musikalischen  Anlagen 
frühzeitig  geweckt  und  entwickelt.    Der  Zufall  machte 
ihn  später  mit  einem  in  Dresden  lebenden  schwedischen 
Musiker,   Weeström,   bekannt,   welcher,  das   Talent  de» 
Knaben   erkennend,  diesem  den   Vorschlag  machte,  ihn 
auf  einer  Reise  nach  Italien  zu   begleiten.    Freilich  ver- 
band er  damit  heimlich  den  Zwecke  sich  der  Dienste  des 
armen  Uurschen  zugleich  zu  versichern,  womit  er  in  der 
Folge   den   schnödesten   Missbrauch   trieb.     Das  Leben 
erwies  sich  hierdurch  für  Naumann  als  eine  harte  Schule- 
AUein  er  hatte  andererseits  wieder  das  Glück,  in  Italien 
die  Theilnahme  zweier  Männer  zu  gewinnen,  welche  ihn 

Transport    Thir.  22,942 

Peter  August^,  Organist „  700 

Christ  Gottliüb  Bindos,  Organist  ....  n  700 

Joh.  Daniel  Silbcrmann,  Orgelbauer    .   .  «  400 

Joh.  Gottfr.  Gräbner,  Ciavierstimmer  .   .  y,  135 

Joh.  Hcinr.  Gräbner,            do.            .   .  „  76 

Joh.  Gottlob  TVemer,  Kapelldiener.    .   .  „  160 

Sa.    25,102 


215    — 


ia  wini-ii  .Stadien  und   soincr   Laiil'balin  ausseroidentlicli 
fördern  suUtcn:  die  Tbeilnahiof  Tartini's  und  des  Paters 
Mirini. —  Der  Erfolg  einer  Oper,  -welche  er  nach  Verlauf 
migi't  JaUre    illr    das    Theater    S.  Samuele  in  Venedig 
gctKliricben,  brachte   ihn  auf  den  Gi'dänken,  eine  seiner 
CouipoBitiunen  nach  Hanse  ia  schicken,  damit  seine  Jlut- 
ter  sie  der  Kurfllrstin  Maria  Antonia   überreichen  sollte, 
welche,  obschon    Über  diese  von  einer  simplen  Bäuerin 
koDUuende  Znmuthnng  einigermassen  beTremdet,  doch  in 
bHldvollHter  Weise  darauf  einging,   die  Arbeit  zu  prüfen. 
Mehr  noch  wurde    sie  freilich  durch  letztere  selbst  Uber- 
fwebi,  Bii  dass  sie   antangs  einen  Betrug  dahinter  ver- 
Diillhete.    Die  eingezogenen  Erkundig  tingen  ergaben  frei- 
lich duGegentbeil  und  hatten  die  Berufung  des  glUckliüben 
Naumann  nach  Dresden  zur  Folge,  wo  er  nach  einer  vor- 
iwfflich  gelungenen  Prüfung  eine  Anstellung  in  der  Ka- 
pelle aU  Kirchencouipouist  neben  Sc-iiUrcr  erhielt    Maria 
Antonia  liess  es  hierbei  nicht  bewenden.   Bereits  im  fol- 
Seaden  Jahre  (1765)  wurde  Naumann  aula  Neue  zu  wei- 
''f^r  Ausbildung  nach  Italien    geschickt  und  der  Bassist 
Juaeph  Schuster  und  der  Altist  Seydehnann, '  welche  ihm 
'"''Sfgfben    wurden,  zugleich  seiner  Leitung  anvertraut, 
''"'^h  sie  zeichneten  sich  später  durch  ihre  Compositionen 
^"^  und  erbielteu    1772    ebenfalls  Anstellungen   aU  Kir- 
'^'Ulconiponisten  in  der  karfUrstlich  sächsischen  Kapelle. 
Inzwischen  war  zur  Unterstützung  Schürer's  der  Salz- 
"•"■Äer  Kapellmeister  Domenico  Fisch i et ti,  geb.  1729 
">  Xeapel,  mit  üOO  Thlr.  aügestellt  worden.    Es  ist  der- 
*IUe,  vou  welchem  die  Bustelli'sche  Gesellschaft,  mit  der 
''   aacli  Dresden    kam,    im  Jahre    176li   und    1768  zwei 
■T'^rn  gab.     Die  Wahl  war  jodocU  keine  gllickliche,  so 
••SB  er,  nafih  Schuster's  und  Seydelmaun's  Anstellung,  1772 
*ii»e  Entlassung  wieder  erhielt. 


'  Saide  wireu  niM  gebor 
•P»«iiien. 


I  und  Söhne  kiirforsilich  siclisioher 


HAI  a.*/'  i*   f-  T^  •■>•>•    1.1'.    ▼!!»    :ir  liiiiimj 


,•>«.  .^-*  AI."  /  .» /».   ■.:ir"r*    ti**»»^  Ziar  lor  **i>*j  Thin  jähr- 

/^y*-  i'  4  v>-  1.1  .ü-  ■••  .•.^_  l'.r*  EiiDfiÄöi  ies  »laden»!- 
/.->«  -.1.'.  '.>r  ,V-.  >  ::.i:  V  :TF*'-:-rrLrie.  «owie  »fieBfl^ 
iv.   ix/'.'/-  >•   w:;*:*!  Mrlr  :i  JLoffcni:!  z*äiiiiii]iieiL 

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I,  Ät u  A  •« /; .  *;/r V. ;.  'J  *rr  '"1  *:  n i»«;  1  r  Dir-r»: :■: •  3.  einem  BrietC' 
'AU  SU'ftu  >'//i  K^/iii;'  Msl'ja.:  die  Befiri-i-i^iii^  aib.  ada« 
r.Auy^t  -fiy.ffU.u  iU.Ui  Hol  freiii'.'h  nich:  s.t::  i«niig  sOT* 
')ah':f  <f  'hi'  Arjl/iinrrjfj^f  von  Op':reiten  und  Singspiek** 
tU:iit  Y*tuit*.^j'M  'W*  H<:rrri  liire^rteur  de«  plaisirs  übertaB^- 
In  «l<r  '\\\*4\  \i*AiU'M  UuuM'.r  nur  weni/re  dieser  Sohanspft"* 
l«-T  lii<  r/u  'li<;  ;^Mi»li(^;»id*i  rnUHikalische  Bildong  oder  selbfr* 
nur  iVw  \ri\u\\[r,*'iAt'.u  Stiimninittol. 

\}\i*.  in  l'#«?y.MK  auf  rniiHikttlische  Genüsse  so  sehrver-' 
wifitnti-  iU'MM\Wi\\iit\i  fIffM  DrcHdncT  Hofes  mnsste  sich  onteC 
ilii'Ni'.n  li'niNUlnil«  II  fn^licli  nach  der  italienischen  OpeC" 
wlcdir  /iirUrkHilinin.  Vielleicht,  dass  eine  NeubildunS' 
<lorMi*lhon  yi;\vM'.\\  imfanKH  beabsichtigt  und  nur  an^ 
lliiiinyJfllrn  (Jrllndcn  vcrta^^t  worden  war.  Schon  sei* 
Mllr/.  ITllfiNliind  man  jimIocIi  wieder  mit  dem  Impresario 
rtnrr  italirniHrhon  Opera  buffa-Oesellschaft,  mit  Giuseppe 


—    217    - 

Bostelli  in  Prag,  in  Unterhandlang;  welcher  denn  auch, 
und  zwar  zunächst  auf  die  Zeit  vom  September  1765  bis 
Ostern  1766;  engagirt  wurde.  Man  gewährte  ihm  eine 
Subvention  von  100  Thlr.  *ftlr  jede  Vorstellung,  sowie  die 
Benutzung  der  knrftirstlichen  EapellC;  der  Decorationen, 
derCosttime  und  des  Theaters,  wogegen  sich  Bnstelli  ver- 
pflichtete, seine  aus  5  Sängern  und  3  Sängerinen  bestehende 
Geflellschaft  fUr  eigene  Rechnung  zu  unterhalten,  auch 
allen  übrigen  Aufwand  zu  bestreiten,  mit  Ausnahme  der 
Zeiten  im  Advent  und  zu  Ostern  wöchentlich  drei  Vor- 
Btellnngen  zu  geben  und  eine  bestimmte  Anzahl  von  Logen 
und  Plätzen  zor  freien  Verfügung  des  Hofs  zu  halten. 

Bustelli's  Gesellschaft  bestand  damals  aus  Anna 
Zanniniy  Angiola  Masi  Tibaldi,  Antonia  Para- 
dini, Michele  Patrassi,  genannt  Gibelli,  aus  Rom 
(Sopranist),  Domenico  Guardasoni  aus  Modena 
(Tenorist),  Giacomo  Tibaldi  (Bassist),  Pasquale 
Bondini  aus  Rom  (BuflFo),  zu  denen  1766  noch  Lucia 
ond  Clementina  Moreschi  aus  Rom,  sowie  der  Tenorist 
Giovanni  d' Alpini  hinzutraten.*  Als  Operncomponisten 
brachte  Bnstelli  jenen  Doracnico  Fischietti  mit,  welcher, 
^e  schon  erwähnt,  1766  in  die  kurfürstliche  Kapelle  trat. 

Als  Chor  wurden^  wie  bei  der  früheren  kurfürstlichen 
ODd  königl.  Oper,  die  Sänger  der  Kreuzschule  benutzt, 
die  damals  unter  dem  schon  erwähnten  Cantor  Homilins 
•^den.  In  früherer  Zeit  mag  derselbe  nur  ziemlich 
•chwach  besetzt  worden  sein,  obwohl  man  auch  die 
''^^pellknaben  dazu  mit  verwenden  konnte.  Später 
scheint  er  nicht  selten  aus  über  20,  ja  30  Schülern  be- 
^üden  zu  haben.  Doch  wurde  derselbe  noch  immer  von 
^'^Inen  Sängern  der  Oper  verstärkt.  Die  Schüler  er- 
Mten  sowohl  unter  Bnstelli,  wie  unter  den  beiden  Ber- 


'  In   Textbüchern   <ius   dem  Jahre    1767   finde  ic&  auch  noch 
r^**  Bresdana  und  Vicenzo  Moratti  (in  kleineren  Rollen)  und  1768 
^^^  Zaccarina  genannt. 


—    218    — 

toldi  je  6  6r.  flir  eine  Recitativprobe,  je  12  Gr.  für  eine 
Orchesterprobe,  je  18  Gr.  flir  eine  Aufführung.  Der  jähr- 
liche Aufwand  dafür  betrug  bei  Bertoldi  zwischen  250 
und  500  Tblr. 

Der  Coutract  mit  Bastelli  wurde  nach  Ablauf  ton 
Jahr  zu  Jahr  bis  1769  erneuert.  Von  hier  ab  trat  ein 
dreijähriger  Gontract  mit  veränderten  Bedingungen  ein. 
Bustelli  empfing  eine  jährliche  Subvention  von  11^000  Tblr. 
und  die  übrigen  früheren  Begünstigungen,  wofür  er  jedoch 
ausser  den  bisherigen  Leistungen,  die  Mitglieder  seiner 
Truppe  bei  Tafelmusiken  und  Uofconcerten  mit  zur 
Verfügung  zu  stellen,  auch  zwei  seiner  Sänger  bei 
den  gottesdienstlichen  Aufführungen  mitwirken  zu  lassea 
hatte. 

Anfänglich  spielte  das  französische  und  deutsche 
Schauspiel  alternirend  im  kleinen  (Moretti'schen)  Theater. 
Damit  nun  aber  die  italienische  Oper  darin  Platz  gewin- 
nen konnte,  musste  man  sich  zur  Aufgabe  des  einen  oder 
andern  entschliessen,  und  die  Wahl  fiel  nicht  schwer. 
Schon  nach  Ablauf  des  ersten  Contractjahres  (16.  Juni 
1765)  wurde  das  deutsche  Schauspiel  wieder  ganz  tnf- 
gegeben. 

Das  letzte  Regierungsjahr  des  Administrators  Prinzea 
Xaver  (1767)  ist  für  die  Geschichte  des  Theaters  durcU 
das  erste  Auftreten  der  später  als  Sgra.  Mara  so  be- 
rühmt gewordenen  Sängerin  Elisabeth  Schmehling  (gcb- 
1749  in  Cassel)  bemerkenswerth.  Die  Tochter  eines  armea 
Musikers,  hatte  sie  das  Unglück,  ihre  Mutter  sehr  ürflk 
zu  verlieren  und  hierdurch  aller  und  jeder  Pflege  beraubt 
zu  werden,  da  ihr  Vater,  im  Gedränge  der  Noth  und  der 
Arbeit  des  Lebens,  sie  völlig  verkümmern  Hess,  so  dai» 
sie  in  einen  ganz  elenden,  rhachitischen  Znstand  verfiel- 
Der  ihr  angeborene  musikalische  Sinn  war  aber  so  grossy 
dass  sie  nichtsdestoweniger  in  ihrem  5.  Jahre,  auf  den» 
Wege  heimlicher  Versuche,  die  Tonleitern  ganz  richtig' 
auf  der  Gkige   zu  spielen   erlernte.    Der  Vater,  welcher 


i 


-     219 


sie  eines  Tags  dabei  überraschte;  war  im  höchsten  Grade 
eretannt«    Doch  erregte  der  Fall  auch  allgemeineres  Auf- 
sehen und   zog  ihr   die  Theilnahme  und  Unterstützung 
von  Kunstfreunden   zu^   welche   sie    ihrer  jämmerlichen 
Lage  entrissen^   zur  Wiederherstellung   ihrer  Gesundheit 
}^i\     beitragen  und   ihren  Vater  in  den  Stand  setzten^  Eunst- 
reisen  mit  ihr  zu  machen.    Auf  diese  Weise  kam  sie  nach 
London^   wo   man  auch  noch  an  ihr  die  schöne  Stimme 
entdeckte   und    sie  von  dem  berühmten  Sänger  Paradisi 
ausbilden  Hess.    Doch  musste  dieser  Unterricht  bald  un- 
terbrochen werden.     Sie  kehrte  nach  Deutschland  zurück 
f  ^      und  setzte  hier  ihre  Studien  in  der   von  J.  Adam  Hiller 
iu  Leipzig  errichteten  Gesangschule  fort,   in  welcher  sie 
5  Jahre  (bis  1771)    verblieb.    Inzwischen  sollte  sie  aber 
^hon   1767   in  Dresden   einen  Versuch  als  dramatische 
Sängerin    machen.    Sie   trat  in   der   Titelrolle   der  uns 
*<Jtoii   bekannten   Oper  „Talestri"   von   der   Kurfürstiu- 
''^ittwe  Maria  Antonia,   die  sie  in  ihre  Gunst  genommen 
'^^ttij^  und  ihr  diese  Rolle  selbst  einstudirt  haben  soll,  zum 
^'^ten  Mal   auf.    Die  Vorstellung   fand  am  3.  December 
^  kurfürstlichen  Theater  statt.    Die  Billets  dazu  waren 
^°^ch  das  Hofmarschallamt  vertheilt  worden.    Sie  selbst 
*beip  erhielt  das  für  jene  Zeit  ansehnliche  Honorar  von 
^^  Thlr.  12  Gr. 

In  welchem  geringen  Ansehen  damals  an  deutschen 

**^tVBn  der   deutsche   Gesang   noch  stand,  geht   daraus 

"^^vor,  dass  diese  so   grosses  Aufsehen   erregende  Sän- 

^^^   später    doch   nur    mit   Mühe    das    hier   dagegen 

^ stehende  Misstrauen   zu   überwinden  vermochte.    Man 

^'^^hlt,  dass  Friedrich  der  Grosse,  dem  sie  als  erste  Sän- 

8^'^*in  vorgeschlagen  worden  war,  unwillig  entgegnet  habe: 

»»^i^ber  möchte   ich   mir  ja  von  einem  Pferde  eine  Arie 

^^^^ehem  lassen,  als  eine  Deutsche  in  meiner  Oper  zur 

"^madonna  haben.**    Sie  gab  es  ihm  aber  in  diesem  Falle 

^^"rttck.    Denn  als  sie  es  doch  endlich  erreicht  hatte,  vor 

^^tn  grossen  Könige  zur  Probe  singen  zu  dürfen,  und  er 


—    220    — 

anfangs  nur  widerwillig^  dann  aber,  hingerissen  von  ihrei 
Vortrage;  sie  mit  einem  Brava  nach  dem  andern  belohnt 
begann  sie  plötzlich  bei  einem  Adagio,  mit  erzwungen 
Bauhheit  nnd  ohne  allen  seelischen  Ansdmck  i 
singen;  so  dass  der  König;  hierdurch  irre  gemacht,  n 
unwillig  von  ihr  abwendete.  Die  Sängerin  ergriff  dl 
sen  Moment;  um  ebenfalls  abzubrechen;  und  sagt 
„Verzeihen  Ew.  Majestät  —  es  war  mir  etwas  in  d< 
Hals  gekommen.  Ich  glaube  wahrhaftig;  es  kann  kau 
besser  geklungen  haben,  als  ob  ein  Pferd  wieher 
Haben  aber  Ew.  Majestät  nur  die  Gnade ;  mir  ein  I 
capo  zu  erlauben"  —  und  ohne  die  Genehmigung  hien 
abzuwarten;  wiederholte  sie  auch  schon  die  Stelle  m 
dem  bezauberndsten  Ausdruck  und  der  makelloseste 
Beinheit  des  Tons.  „Höre  Sie  mal;^  sagte  Friedrie 
der  Grosse;  nachdem  sie  aufgestanden  war  und  sie 
lächelnd  vor  ihm  verbeugt  hattC;  ;;Sie  kann  wirklie 
singen.  Will  Sie  in  Berlin  bleiben;  so  kann  Sie  bei  me 
ner  Oper  angestellt  werden.** 

Im  Jahre  1768  übernahm  Friedrich  August  III.  seih 
die  Begierung.  Da  sich  der  Etat  der  theatralischen  Los 
barkeiten  und  der  Kapelle  wieder  auf  59,123  Thhr.  g 
hoben  hatte,  so  beschloss  er,  das  französische  Schauspi 
und  das  Ballet  zu  entlassen.  Die  Ansprüche  auf  Pe 
sionen  wurden  hierbei  ausnahmlos  berücksichtigt  und  w 
es  scheint  abgelöst;  da  die  Abwicklung  dieser  gan» 
Angelegenheit;  nach  Fürstenau,  33;038  Thlr.  in  Anspn» 
genommen  haben  soll.  Es  waren  vielleicht  noch  ande 
BücksichteU;  als  solche  der  Sparsamkeit;  welche  den  Ku 
fUrsten  zu  diesen  Entlassungen  bestimmten;  wie  es  wo 
auch  schon  andere  gewesen  sein  mögen,  welche  d< 
Prinzen  Xaver  und  jetzt  wieder  Friedrich  August  I 
veranlassten;  von  der  Bildung  einer  eigenen  Oper  a 
zusehen  und  sich  der  Form  der  subven  tionirte 
Theatergesellschaften  zu  bedienen.  Denn  theils  moch 
sich    das   BedUrfhiss   regelmässiger  und   dabei   eine  g 


—    221     — 

>nile  Abwechselung  bietender  Voretellimgen  eingestellt, 

«ber   auch    die  Einsicht  aufgedrängt  haben,    dass 

die  Pflege  and  derGenusB  der  Kunst  nicht  bloss  als  eine 

Prärogative  der  Hole  autzufasBen,  sondern  zu  einem  Mit- 

lelponkte,  zu  einer  Quelle    des  geistigen  Lebens,    wenn 

>nch  nicht    der  ganzen  Nation,  so  doch  wenigstens  der 

BewdenB  ihrer  Füreten  zu  machen  sei.     Doch  waren  solche 

Pllne  jetzt,    wo    man    Überall    Ereparungen    bfabsicli- 

1^,  nur    durchzu  fuhren,    wenn   man  die  theatralischen 

^orBlelluugeD  nicht  bloss  für  Jedermann  zugänglich  machte, 

•ondt'rn  auch  Jeden  als  Zahler  seines  Vergnügens  dabei 

•öil  hfranzog.     Ein  Hofinstitut,  zu  dem  man  bisher  immer 

"T  Einladungen    erlassen    oder    doch    Ireien  Zutritt   ge- 

^'•tlet  hatte,  zu  einer  Art  von  erwerhlichen  Unternehmen 

"    tuachen ,    mochte   jedoch    andererseits    in    einem    zu 

•cfiroffen  Gegensatze  zn  dem  damaligen  Begriffe  dernol- 

'*'quette  stehen.    Da  boten  die  suhventionirten  Theater- 

lltc-rnchmungen,    deren    man  sich  ja  schon  früher  unter 

^'ftiDgk,  Locatelli,  Moretti    u.  A.,  wenn  auch  immer  nur 

"toenhcr,  bedirnt  hatte,  den  willkommenen  Answeg  dar, 

^'^Uigslena    haben    sie  sicher  der  Form,  in  der  jetzt  die 

™^*.tralischen  Künste  für  längere  Zeit  am  kurfürstlichen 

^*e  zu  Dresden  gepflegt  werden  sollten,   zum  Vorbilde, 

""^^ie  zum  Ansgangspunkte  gedient.     Und  trotz  aller  Ein- 

**'**igkeit,  mit   der  es  geschah,   gewann  auch  hierdurch 

"***    Eunstbedürliiiss  nnd  das  geistige  Leben  der  Hanpt- 

fla-Üt  gegen  IrBher  nicht  wenig.    Zum  ersten  Male  genoss 

'*'**J   den    Vortheil   eines   stehenden,    rcgelmiissigen  und 

™«Jitlichen  Theaters  mit  reicherem,   wechselnden  Repcr- 

""*•«,  auf  welches  das  Urtheil  des  Publicums  einen,  wenn 

'^^ih  noch  so  schwachen,   Einfluss  auszuüben  vermochte. 

'^**<3  andererseits  durfte   auch  wieder  der  Hof  hei  dieser 

"^»irichtung   sowohl    das  geistige,  wie  das  materielle  In- 

**«^8se,  welches  er  an  dem  Bestände  und  der  Entwieklnug 

des  Theaters  nahm,  fUr  hinreichend  gesichert  halten,  theils 

äareh  den  Einfluss,  den  ersieh  aut  das  Repertoire  und  dasEn- 


—     222     — 

gagement  der  Darsteller  vorbehielt;  theils  dnrch  das  In- 
teresse,  welches  der  Impresario  selbst  an  der  Prospmtit 
«eines  Unternehmens  nehmen  musste  nnd  welches  ibn 
einerseits  zu  einer  geordneten^  zweckmässigen  Verwaltnog; 
andererseits  zu  einer  möglichst  guten  Besetzung  und  Aus- 
führung der  zu  gebenden  Stücke  aufforderte. 

Freilich;  wie  sehr  man  auch  immer  mit  dieser  Ein- 
richtung die  Entwicklung  der  theatralischen  Künste  md 
die  Verbreitung  ihrer  Wirkungen  zu  fördern  gedacht  haben 
mag;  so  lag  doch  die  Gefahr  nahC;  dass  der  Impresario 
sein  wahres  Interesse  nicht  richtig  beurtheileU;  oder  dass 
man  auch  selbst  das  Interesse  der  Kunst  mit  dem  Intereoe 
des  eigenen  und  vielleicht  ganz  einseitigen  Geschmaeka 
verwechseln  konnte.  Und  gleichwohl  hatte  man  jeii^ 
wo  man  das  Theater  zu  einer  öffentlichen  Angelegenheit 
machte  und  die  Theilnehmer  als  Zahler  ihres  Yergnttgeü 
heranzog,  wenn  nicht  ausschliesslich;  so  doch  vor  Alkn^ 
auf  jenes  Interesse  mit  Rücksicht  zu  nehmen. 

Friodrich  August  III.,  der  sich  in  einer  fast  60jähri- 
gen  Regierung  den  ehrenden  Beinamen  des  Gerecht« 
erwarb,  zeichnete  sich  schon  als  18  jähriger  JüngÜBJ 
durch  diese  Tugend,  sowie  durch  weise  Massigkeit  atf. 
In  dem  Bestreben,  sich  selbst  immer  treu  zu  bleiben,  «A 
selbst  nach  keiner  Seite  hin  einen  Uebergriff  zu  gestatten, 
lag  wohl  hauptsächlich  der  Grund,  dass  er  den  Weg  to  ! 
Reform  nur  mit  grosser  Vorsicht  betrat  und  alles  ad 
ankündigende  Neue  mit  einem  gewissen  Misstrauen  be- 
trachtete,  sei  es,  dass  er  darin  dem  Mangel  an  Pietl* 
gegen  das  durch  sein  Alter  Ehrwürdige  und  Bewährt^ 
sei  es,  dass  er  darin  dem  Hange  einer  aus  einem  vsr 
zufriedenen  Gemüthe  entspringenden  Neuerungssucht  xi 
begegnen  fürchtete. 

Wie  jetzt  fast  alle  Prinzen  des  kurfürstlich  afich* 
sischen  Hauses  hatte  auch  Friedrich  August  eine  soig- 
fältige  musikalische  Bildung  genossen.  Der  OrganW 
Peter  August  wird  als  sein  erster  Lehrer  genannt, tsi 


—    223    — 

später  Würde  von  ihm  sogar  die  tbeoretische  Seite  der 
Madk  betrieben.  Gerade  sie  sollte  es  sein^  welche  ihm 
bis  fast  unmittelbar  zu  seinem  Tode  znr  Lieblings- 
bescbäftignng  in  den  Stunden  der  Müsse  wurde.  Be- 
sooders  waren  es  Partituren  von  Kirchenmusiken^  die  er 
mit  Eifer  stndirte  und  spielte.  In  frtlheren  Tagen  ver- 
me&te  er  sich  wohl  auch  in  der  Composition.  Ein 
von  ihm  componirtes  „Salve  Maria**  wurde  bei  seiner 
Bestattung  und  Beisetzung  aufgeführt.  In  der  Oper, 
welche  er  liebte,  war  er  freilich  ganz  einseitig  von  dem 
tm  sächsischen  Hofe  herrschend  gewordenen  italienischen 
Oeschmacke  beeinflusst.  Wie  er  jedoch  alles  UebermasS; 
daher  auch  die  Darstellung  des  Leidenschaftlichen  mied; 
war  es  vorzugsweise  die  Opera  buffa,  wie  später  im  rcci- 
tirenden  Drama  das  Lustspiel  und  das  bürgerliche  Schau- 
^iel,  welche  ihn  anzogen.  Obschon  er  im  Winter  das 
Theater  ganz  regelmässig  besuchte,  hinderte  ihn  doch  be- 
sonders in  späterer  Zeit  sein  Gerechtigkeitssinn,  das 
Trauerspiel  ganz  von  der  Bühne  auszuschliessen^  wie 
er  auch  trotz  seiner  Vorliebe  für  die  italienische  Musik 
der  deutschen  Oper,  wennschon  erst  spät  und  zögernd, 
weil  er  an  ihre  Berechtigung  neben  der  italienischen 
hmge  nicht  glauben  mochte,  hier  eine  Stätte  bereiten 
Bess.  —  Früher  waren  Cimarosa  und  Paör  seine  Lieblings- 
eomponisten,  später  schloss  sich  ihnen  Morlacchi  noch 
an,  —  Die  Freitags-  und  Sonntagsvorstellungen,  welche 
inzwischen  nicht  mehr  beanstandet  worden  waren,  wurden 
▼on  ihm  wieder  abgeschaflft,  und  nur  die  letzteren,  und 
weh  diese  erst  1815,  sind  unter  ihm  wieder  hergestellt 
worden. 

Das  Interesse  für  Musik  und  Theater  zeichnete  aber 
nicht  nur  ihn,  sondern  die  ganze  kurfürstliche  Familie 
ans,  besouders  wie  wir  schon  wissen  die  Kurfürstin  Mutter, 
Ton  der  er  jedoch,  trotz  der  ilir  gezollten  Ehrfurcht  und 
10  gern  er  ihren  Wünschen  überall  Rechnung  trug,  kei- 
nen eigenmächtigen  Eingriff  duldete. 


-     224     - 

I 

Im  Jahre  1769  wurde  die  Yermählnng  des  Knr- 
fUrsten  mit  der  Prinzessin  Marie  Amalie  Angnste  Ton 
Zweibrttcken  unter  anderen  Festlichkeiten  auch  mit  einei 
Überaus  glänzenden  Vorstellung  im  grossen  OpemhisM 
gefeiert.  Seit  dem  Tode  Friedrich  August  II.  war  ei 
noch  nicht  wieder  benutzt  worden.  Der  damals  noch  ii 
Italien  weilende  Naumann  wurde  mit  der  Compositioi 
dieser  Oper  betraut,  zu  der  man  Metastasio's  ^Titus**  ge 
wählt  hatte.  Naumann,  der  Ende  September  1768  zurttek 
berufen  worden  war,  soll  diese  Oper,  die  unter  den 
Titel  „La  clemenza  di  Tito^  (am  1.  Februar)  zur  kni 
ftthrung  kam,  in  nur  drei  Wochen  componirt  und  deshil' 
seine  Kaffeeoper  -genannt  haben.  (?)  Ftlrstenau  glinb 
das  erste  bezweifeln  zu  sollen,  besonders  weil  er  eine  vi« 
längere  Zeit  dazu  übrig  hatte.  Die  Bescheidenheit,  wdeb 
Naumann  sonst  überall  auszeichnet,  lässt  aber  wenigsten 
nicht  zu,  dass  er  sich  dessen  dann  selber  berühmt  hitt 
—  Der  Aufwand,  mit  welchem  man  diese  Oper  in  Scev 
setzte,  soll  sich  auf  48,760  Thlr.  belaufen  haben.  Sie  ei 
rang  grossen  Beifall.  Die  vierte,  am  22.  März  1769  stat« 
findende  Wiederholung  derselben  war  zugleich  die  letrt 
Opemvorstellung  im  grossen  Opernhause.' 

1770  hatte  das  Contractverhältniss  mit  Bustelli  da 
Abänderung  erfahren.  Bustelli  verpflichtete  sich  in  Fcdg 
derselben,  gegen  eine  Subvention  von  14,000  Thlr.  jährKc 
und  die  ihm  schon  früher  eingeräumten  Vergünstigungei 
die  Opera  buffa  auf  weitere  6  Jahre  fär  eigene  RechnoD 
bei  halbjährlicher  Kündigung  zu  Übernehmen.  Der  E< 
erhielt  18  Logen  zu  seiner  ausschliesslichen  Benutzuu 
das  Sängerpersonal,   welches  jetzt  auf  10  Mitglieder  t 

'  Dasselbe  wurde  1782  in  einen  Kedoutensaal  Terwinde 
welcher  durch  50  zwölfarmigc  Kronleuchter  mit  4000  Lichtem  c 
hellt  werden  konnte.  Der  erste  der  grossartigen  Redoutenb&lle,  weld 
hier  stattfanden,  wurde  1791  bei  Gelegenheit  der  Pillnitzer  Co( 
ferenz  abgehalten.  Das  Hofmarschallamt  vertheilte  dam  ^ 
10,000  Billets. 


—    225    — 

erhöhen  war,  musstc  sowohl  bei  Kirchen-  und  Tafel- 
musiken, wie  in  den  Hofconcerten  mitwirken.  1775 
ward  noch  ansserdem  unter  Moretti  ein  Ballet  errichtet, 
welches  ans  10  Knaben  und  10  Mädchen  zusammen- 
gesetzt war.  —  Auch  1776  wurde  jener  Contract  wieder  auf 
Mue  6  Jahre  verlängert  und  die  Subvention  auf  25,000 
Thaler  erhöht,  der  1778  ausbrechende  baiersche  Erbfolge- 
krieg bestimmte  jedoch  den  Dresdner  Hof,  von  seinem 
Kündigungsrechte  Gebrauch  zu  machen.  Bustelli,  der 
1776  nach  Italien  gegangen  war,  wo  er  1781  auch 
starb,  hatte  inzwischen  die  Direction  seiner  Gesellschaft 
sowohl  in  Dresden,  wie  in  Prag,  wo  er  ebenfalls  immer 
Mch  spielte,  auf  seinen  Buffo,  Pasquale  Bondini,  ttber- 
trtgen.  Auch  Gnardasoni  hatte  schon  1777  sein  Dresdner 
Engagement  aufgegeben  und  war  als  Regisseur  zu  der 
Prager  Gesellschaft  ttbergegangen. 

Da  die  Italiener  zum  Dirigenten  eines  fertigen  Clavier- 

^»ielers  bedurften,  Fischietti  und  Schtirer  sich  hierzu  aber 

nicht  vollkommen  befähigt  zeigten,  so  war  bis  zu  Schuster's 

nnd  Seydelmann's    Anstellung    als    Kirchencomponisten 

&«t  die  ganze  Last  des  Theaterdienstes  auf  Naumann 

gefallen,  dessen  Gehalt  mit  diesen  Leistungen  in  keinem 

Verhältnisse  stand.    Er  hatte  daher  um  Zulage  und  um 

t^rlaub  gelieten,  damit  er  sich  in  Italien  etwas  erwerben 

könnte,   was   zur    endlichen  Erhöhung   seines   Gehaltes 

Mf  600  Thlr.  führte.    Auch  erhielt  er  nach  der  Austeilung 

Si'kuster's  und  Seydelmann's  den  erbetenen  Urlaub,  zu- 

"^'hst  auf  ein  Jahr,  dann  auf  noch  weitt^re  6  Monate. 

*^  benutzte  denselben    zur  Gomposition  mehrerer  Opern, 

^^'che  ihm  grosse  Ehre  brachten.     Eine  Berufung  nach 

f^J'Iin,  welche  ihm  eine  Kai)ellmcisterstelle  mit  2()0U  Tlilr. 

J**^Micher  Einkünfte  zusicherte,    glaubte   er   trotz  seiner 

J^^h  immer  sehr  niedrig  dotirton  Stellung  aus  Dankbar- 

1/^  gegen  seinen  Landesherrn  ablehnen  zu  sollen.  So  ge- 

"^im  er  dieses  auch  hielt,  war  es  gleichwohl  zur  Sprache 

^kommen  und  hatte  nun  endlich  seine  Ernennung  zum 

15 


—     226     - 

Kapellmeister  (welcher  Posten  seit  Fischietti  nicht  wied 
besetzt  worden  war)  mit  1200  Thlr.  Gehalt  zur  Folf 
was  auch  eine  Erhöhung  der  Gehalte  Schuster's  u 
Seydelmann's  auf  je  600  Thlr.  jährlich  nach.dch  lOg. 
Ueber  die  Wandlungen  und  Leistungen  der  Bu^ 
sehen  Gesellschaft  von  1765—78  haben  sich  bis  je 
nur  wenige  Mittheilungen  auffinden  lassen.  Wälne 
die  fortgesetzten  Erhöhungen  der  kurfbrstlichen  8i 
vention  dafür  zu  sprechen  scheinen^  dass  man  von  diM 
Leistungen  am  doch  so  verwöhnten  Hofe  zu  Dresden  I 
Medigt  gewesen  sei^  werden  dieselben  yon  Schtttze  (C 
schichte  des  Hamburger  Theaters),  der  die  Gesellsdu 
1770  in  Hamburg  spielen  sah,  im  Ganzen  als  nur  mitt 
massige  bezeichnet.  Nur  Guardasoni  und  die  Dam 
Calori;  Moreschi  und  Lodi  werden  als  tüchtige  Gesanj 
kräfte,  der  Erstere  auch  noch  im  Spiele  belobt.'  Del) 
die  Lodi  ist  uns  ein  Urtheil  Burney's  erhalten,  welct 
sie  zwischen  1772—73  in  München  sah  und  sie  weg 
ihres  hellen,  runden  Tons  und  ihrer  eleganten  Yortraj 
weise  rühmt.  Dagegen  spricht  er  ziemlich  geringschäts 
von  einer  Aufführung  des  Pastorais. ^L'amore  innocen* 
von  Salieri  in  Dresden  (welches  liier  1772  zum  enl 
Male  gegeben  wurde).  Nur  die  Calori  hebt  er  h»f 
die  er  von  England  her  kannte,  wo  sie  10  — 14  Ja! 
früher  Triumphe  gefeiert  hatte.  Jetzt  fand  er  auch 
schon  zurückgegangen  und  gealtert.  —  Dieses  Urtl 
findet  in  J.  Fr.  Reichardfs  „Briefen  eines  aufmerksan 
Reisenden,  die  Musik  betreffend^  weitere  Bestfttiga 
Nach  ihm,  der  die  Gesellschaft  1776  in  Dresden  sah,  i 
Tibaldi,  wegen  Verlust  seiner  Stimme,  in  das  komis 
Fach  übergetreten.     Da  man  in  letzterem  geringere  . 

'  Die  Calori  und  Lodi,  die  sich  nicht  in  dem  oben  abgedrod 
Verzeichnisse  finden,   mussten   also   inzwischen   neu  hinzugetr 
sein.    In   dem  Textbuch    des    Intermezzo:   «Piramo   e  Tisbe* 
nasse  vom  Jahre   1775  findet  sich  folgende  Besetzung:  PiranM 
Signor  Righetti;  Tisbe  —  Signora  Calori;  ihr  Vater  —  Sign.  Guglie 


—    227    - 

foidernogen  an  die  Stimme  als  an  das  Spiel  zu  stellen 
fewohnt  wäre,  habe  er  hierin  genttgt,  da  dieses  wirk- 
Heb  Yortrefflich  gewesen  sei. 

Ausser  den  schon  erwähnten  beiden  Opern  y,TaIestri^ 
und  JLa  Clemenza  di  Tito^  nnd  dem  Intermezzo  „Piramo  e 
Tisbe^  Yon  Hasse  wnrden  bis  1778  nur  Buffo- Opern  ge- 
geben. Wir  finden  dabei  folgende  Namen  yon  Gompo- 
lusten  vertreten : 

Piccini  (mit  16  Werken),  Galnppi  (mit  8),  On- 
glielmi  (mit  7),  Salieri  nnd  Anfos8i](mit  je  6),  Boroni, 
nach  Fischietti's  Abgang  Musikdirector  der  Tmppe  (mit  6), 
0i88mann,  Naumann/ Paisiello;  Sacchini,  Schu- 
ster* (mit  je  3),  Fischietti,  Gazzaniga,  Ottani, 
Bidicchi,  Rutini,  Scarlatti,  Scolari),  Traetto  (mit 
je  8),  Alessandri,  Astanitta,  Borghi,  Marcello  di 
Capna,  Sarti,  Seydelmann/  Zanetti  (mit  je  1)  =s 
nsammen  87  Opern  (incl.  der  drei  oben  bezeichneten 
wnstcn  Opern)  in  14  Jahren. 

Obschon  man  auf  diese  Weise  einen  Theil  des  Besten 
^f  Darstellung  brachte,  was  die  italienische  Opera  buffa 
bis  dahin  geschaffen,  die  sich  seit  Pergolese  durch  eine 
FflUe  ausgezeichneter  Talente  von  fast  unglaublicher 
Fruchtbarkeit  entwickelt  hatte,  so  waren  doch  die  Er- 
sengnigge  der  italienischen  Opera  seria  ebenso  yon  diesen 
^ovstellnngen  ausgeschlossen  geblieben,  wie  dasjenige, 
^^  inzwischen  auf  dem  Gebiete  der  französischen  und 
^^Qtschen  Oper  entstanden  war  und  wofür  die  schwachen 
■^d  vereinzelten  Darbietungen  der  zu  dieser  Zeit  in  Dresden 
'^henher  spielenden  Truppen  (die  ich  an  anderer  Stelle 
iioch  zu  berühren  habe)  einen  Ersatz  nicht  darzubieten 
^^nnochten. 


'  Die  Opern:  II  villano  geloso.    Le  nozze  disturbate.    LMpo- 

*  La  fedeltä  in  amore.    LMdolo  cinese.    La  schiaya  liberata. 

*  La  serra  scaltra. 

16* 


~     22S     — 

Allerdings  war  die  komische  Oper  diejenige  Foi 
in  welcher  die  jetzt  fast  ausschliesslich  auf  melodiseh 
ReiZ;  zierliche  Anmuth,  leuchtende  Färbung^  pikante  i 
wendnng  der  Gegensätze  des  forte  and  piano,  des  er 
cendo  und  decrescendo  ausgehende  italicnisclie  Hn 
das  weitaus  Vorzüglichste  leistete.  Auch  entwickdl 
hier  die  Darsteller  eine  ungleich  grossere  Begabung  i 
Virtuosität.  Hier  hatte  die  Entfaltung  einer  in  glän» 
den  Goloraturen  und  Trillerketten^  in  rapiden  Tonschi 
len  von  verbundenen  oder  durchbrochenen  Passegg 
excellirenden  Gesangstechnik  den  freiesten,  weil  nal 
liebsten  Spielraum.  Wobei  noch  zu  berücksichtigen  ble 
welche  Fortschritte  die  Gomponisten  gerade  auf  diei 
Gebiete  durch  reichere  Entwicklung  der  musikalisd 
Formen;  besonders  in  den  Ensemblestücken  und  Firn! 
gemacht,  worin  vor  Allen  Piccini  bahnbrechend  winrc 
Indessen  stand  die  Opera  seria  noch  immer  in  solch 
Ansehen  daneben,  dass  in  ihr  vorzugsweise  der  Sehn 
punkt  der  wechselseitigen  Eifersucht,  des  wechselseitig 
Wetteifers  eines  Jomelli,  Sacchini,  Galuppi,  Cincio 
Majo,  Anfossi,  Piccini  und  Paisiello  lag  —  ja  dass  gen 
nur  auf  diesem  Gebiete  Piccini  den  Kampf  mit  Gh 
aufnehmen  und  den  Sieg  über  ihn  zu  erringen  hof 
konnte. 

Gluck  hatto  bereits  die  grossen  Muster  für  die  \ 
ihm  seit  lange  vorbereitete  Reform  der  Opera  seria  a 
gestellt,  durch  welche  dieselbe  von  den  Missbräuchen 
reinigt  worden  sollte,  die  siel)  ,,durch  eine  übelverstand< 
Eitelkeit  der  Sänger  und  durch  eine  zu  grosse  Na 
giebigkeit  der  Tonsetzv-r*'  in  sie  cin^cschliclien  und  8 
darin  festgesetzt  und  ausgebreitet  hatten.  Schon  V 
war  sein  „Orfeo^^  17b7  seine  ^M^lceste",  1769  sein  ,,Pj 
und  Helena",  1774  „Iphiirenia"  und  1777  ,,Armi« 
gegeben  worden.    Seine  Erfolge  hatten  die  musikali» 

'  Das  erste  Finale  wird  dem  Nie.  Lograscini  zugescbriebci 


—    229    — 

Welt  Yon  Paris  in  zwei  Heerlager  getheilt.  Es  gab  für 
die  dortigen  Zeitungen  jetzt  keinen  wichtigeren  Gegen- 
stand der  Erörterung,  als  diesen  Streit.  Und  anderer- 
seits hatte  anch  Dittersdorf  seine  Operetten  zum  Theil 
schon  geschrieben  und  Mozart's  Genie  sich  wenigstens 
angekündigt  Für  Dresden  aber  war  gleichwohl  die 
deutsche  Oper  so  gut  wie  noch  nicht  in  der  Welt  und 
sollte  dies  auch  für  länger  noch  bleiben. 

Wohl   wurde   sofort   nach   dem  Friedensschlüsse  zu 
Teschen  am  kurfürstlich  sächsischen  Hofe  an  die  Bildung 
einer  neuen   Oper   gedacht,  auch  jetzt  aber  fasste  man 
lediglich   wieder   die   italienische  ins  Äuge,  indem  man 
Dut  dem  Theaterunternehmer  Antonio  Bertoldi,   welcher 
tchon   1748    als   Mitglied    der    dama^gen    italienischen 
Comödie  in   sächsischen  Diensten   gestanden,   ein  neues 
ContractTcrhältniss  einging.    Nach  den  darin  festgesetz- 
ten Bestimmungen    hatte   Bertoldi   gegen  eine  jährliche 
Subvention  von  anfänglieh  19,275  Thlr.,  welche  bei  fort- 
^»etzter  Verlängerung   des   Contractes    bis   zum   Jahre 
1814  allmälig   auf  30,000  Thlr.  stieg,  die  Verpflichtung 
übernommen,    12   Sänger   und   Sängerinnen,    1    Poeten, 
1  Musikmeister,  1  Souffleur,  1  Theatermaler  und  4  Theater- 
bedienten  (zum  Honorar   der  Letzteren  hatte  später  die 
deutsche  Schauspielertruppe   mit    beizutragen)    für  seine 
«ecbnung   zu    halten   und  jährlich   8   noue   enaste  und 
komig(.jjg  Opern,  überhaupt  aber  mindestens   60  Vorstel- 
'^^een  zu  geben.    Ueberschritt  er  diese,  so  erhielt  er  eine 
"^^ndere   Entschädigung.    Auch   war   das  Engagement 
^^^  die  Entlassung   der  Darsteller  durcliaus  an  die  Ge- 
^'^Qiuigung  des  Dirocteur  des  plaisirs,   welclicm  Bertoldr 
''^^ergtellt  war,  gebunden;  wogegen  der  Hof  überall,  wo 
^^    auf    dem    Engagement    einer    besonderen    künstleri- 
^*^en    CapaWtät    bestand,    für   die    daboi    etwa    nötliig 
^^Menden  Gohaltsüberschreitungen    auch    aufzukommen 
^^tto.    Dieser  Contract   war  zunächst  auf  6  Jahre  (vom 
•  ^ict.  1780— 1786)  abgeschlossen  worden,  wurde  sodann 


—    230    — 

auf  weitere  6  Jahre  mit  einigen  Modificationen  enieaert 
und  ging  nach  Antonio  Bertoldi's  schon  1787  erfolgen- 
dem Tode  anf  dessen  Sohn  Andrea  über.  Die  Zahl  dei 
zu  haltenden  Sängerinnen  war  jetzt  auf  15,  die  karittnt- 
liche  Subvention  anf  22,000  Thlr.  erhöht  worden.  Dei 
Gehalt  fttr  den  Gomponisten  und  die  Unkosten  ftlr  dei 
Theatermaler  wurden  gleichfalls  yom  Kurfürsten  mit  Aber 
nommen. 

Indessen  scheinen  es  die  Bertoldi,  besonders  Andre» 
mit  der  Einhaltung  der  vorgeschriebenen  Bedingongei 
nicht  allzu  ängstlich  genommen  zu  haben.  Innerhalb  de: 
Jahre  1780 — 92  wurden  wiederholt  nur  5  und  6  nea^ 
Opern  gegeben.  Später  sank  diese  Zahl  sogar  bisweflei 
auf  nur  2  bis  4  ^pem  herab.  ^  Auch  wurde  von  de 
Ausdehnung  des  Repertoires  auf  die  Opera  seria  eli 
überaus  sparsamer  Gebrauch  gemacht  Nachdem  179 
eine  Opera  eroica  comica  und  eine  als  blosses  Drama  be 
zeichnete  Oper  gegeben  worden,  begegnen  wir  erst  IW 
wieder  einer  Oper,  welche,  wenn  auch  nicht  als  Oper 
seria,  so  doch  als  tragicomica  bezeichnet  wird,  1792  eine 
Opera  eroica,  1794  einer  ebensolchen  und  einer  bloM  J 
Drama  bezeichneten  Oper,  1795  einer  Opera  eroica,  175^ 
einer  eroica  comica  und  1798,  1800  und  1801  je  eine 
eroica.  Erst  1805  finden  wir  eine  als  seria  bezeichnet 
Oper.  Erst  von  hier  an  beginnt  die  ernstere  Gattung  etw» 
an  Ausdehnung  zu  gewinnen.  Das  Jahr  1808  bringt  sc 
gar  3  ernste  Opern. 

Gegen  die  deutsche  Oper  verschloss  man  sich  ac 
fänglich  um  so  mehr,  als  die  inzwischen  engagirte  km 
fürstliche  deutsche  Schauspielergeselischaft  unter  Bondir 
bis  1781  auf  die  Darstellung  derselben  mit  angewic 
sen  war.    Dieselbe  spielte  jedoch  meist  nur  französiscb 


'  Von  1780—92  gab  man  im  Ganzen  87  neue  Opern  in  1 
Jahren,  von  1793—1814  aber  113  Opern  in  22  Jahren,  welches  letstei 
im  Durchschnitt  nur  etwa  5  Opern  j&hrlich  ergiebt 


231     ~ 

italienische  Operetten.     Erst  im  Jahre   1785  brachte 
wieder    einmal   eine   deutsehe  Oper,   nad  zwar  eine 
von  Mozart:  „Die  Eatf\lhrung  aas  dem  Serail"  zu 
Gtlifir. 

Dagegen  beginnt  1791  in  Dresden  eine  regelmässige 

Wege   der    deutsehen    Opci-   diireh    die  GeaellBchaft  des 

Jwph  Seconda,    welche  jedoch  ohne  kurfUrstüehe  Sub- 

ftittion,   für    eigene  Reciinung  auf  dem  kleinen  Theater 

•I«*    Lincke'schen   Bades   spielte.     In    demselben    Jahre 

^orde  Aach  von  den  Italienern  im  kurfUrstliehen  Theater 

^e    crsie  Mozart'sche  Oper    „Cosi    fan   tutte"    gegeben, 

"elcher  im  nächsten  Jahre  „Orlando  paladino"  von  Haydn, 

17*4  Mozart's   „II   flanto   magico",  erat  1810  aber  „Don 

OlOTanni"  folgten.     Inzwischen  waren  auch   Weigl '   und 

^*ö(cr  auf  das  Repertoire  der  Italiener  gekommen.    Ganz 

*6reinzclt  begegnen  wir  (1795)  einer  französischen  Oper 

ifon    Isonard.      Selbst    von    ihren    Landsleuten  vernaeh- 

'issigten    die    Italiener   diejenigen,   welche    anter   dent- 

«chen    oder     französischen    Einflüssen    schrieben.      Von 

ClierubiDi    finden    wir   auch  nicht  eine  Oper  verzeichnet. 

Voii  Spontini  kam   1805  die  erste  Oper   „La  finta  filo- 

wfa"  zur  Aufführung,   welcher  1810  „La  veatale",  1813 

i,rcrdinando  Cortez"  folgten, 

Die  Gesellßchaft  Bertoldi's  bestand  bei  Eröffnung 
der  Vorstellungen  in  Dresden  (1780)  aus  den  Säugerin- 
nen  Maddalcna  Lombardini  Sermen  (,mit  1700  Thhr. 
j&tfiichem  Gehalt),  IJcItrani  (766%  Thlr.),  Baglioni 
(1233'/,  Thlr.j,  und  aus  den  Sängern  Caaelli  (990  Thlr. |, 
^eiQiani  (1091%  Thlr.),  beide  Sopran,  Simon,  welcher 
^**i  Deutscher  und  Schuler  Nanmann's  war  (600  Thlr.), 
Jeuedetti  (991  Thlr.},  Martini  (950  Thlr.),  Paolo 
^"onaveri  (1233V,  Thlr.), Giuseppe  Paris  (751  Thlr.), 


'  L(L   couteBSB    di   Amslti  (iT9i),  La  caffetiera  bizzara  (1796), 


,  *"HeiU  Piceorotto  (1796),  L'amor  marinaro  (1798),  L'uniforme  (1805), 


'«Jüiglia  Sviziert  (1610),  H  rivtle  de  se  itesao  (1811). 


J 


—    232    — 

Scorolli  (1091%  Thlr.),  Giacomo  Tibaldi  (950 TUr.), 
welchem  wir  schon  bei  Bustelli  begegneten,  ferner  den 
Poeten  Mazzola  (700  Thlr.)  nnd  dem  Theatermaler  Or- 
1  andi. 

Das  Amt  des  Chorrepetitors  erhielt  der  damalige  0^ 
ganist  der  Frauenkirche,  Christian  Ehrengott  Weinlig, 
geb.  1743  zu  Dresden,  welcher  später  an  des  trefflich« 
Homilius  Stelle  in  das  Gantorat  der  Krenzschnle  einrttckte. 

Als  besonders  bedeutend  galt  Maddalena  Sermei,  ' 
zugleich  als  Violinspielerin  aus  der  Schule  Tartini'8  be-  • 
rühmt.  Sie  wurde  dem  beston  Schüler  desselben,  Ntf- 
dini,  in  Bezug  auf  Grossartigkeit  und  Adel  des  VortragB 
dicht  an  die  Seite  gestellt.  Gegen  1784  kelirt«  sie  nack 
Italien,  zunächst  nach  Venedig  zurück.  —  Auch  der  So- 
pranist  Caselli  vordient  mit  Auszeichnung  und  insbesondere 
auch  deshalb  genannt  zu  werden,  weil  der  berühmte  6^ 
sangslohror  Johannes  Mi  c  k  s  c  h  ans  seiner  Schule  he^ 
vorging.  Er,  sowie  Benedotti  und  Martin  erhielten  schon 
im  näcliflton  Jahre  je  50  Ducaten  Zulage.  Paris  soll  weh 
durch  einen  herrlichen  Basso  cantante,  Buonavcri  ah 
Buffo  hervorgethan  haben. 

Natürlich  musste  im  Laufe  der  Zeit  die  Zusammen- 
setzung der  Truppe  grosse  Veränderungen  erleiden.  Schon 
aus  dem  Jahre  1780  wird  uns  von  dem  Engagement  eines 
neuen  Sängers  Luigi  Feodori  berichtet.  1783  traten 
Maddalena  Allegranti  und  der  Tenorist  Vicenio 
Costa  hinzu. 

Erstero,  die  bis  1784    800,  dann  aber  1000  Ducaten 
jährliches    Gehalt    bezog,    war    lange    eine    Zierde  der 
Dresdner  Bühne.    Erst  1798,  und  auch  da  noch  zum  B^ 
dauern  der  Freunde  der  Kunst,  verliess  sie  dieselbe,  ^^ 
einem  Rufe  nach  London  zu  folgen.    Mozart,  der  sie  i^ 
April  1789  in  Dresden  hörte  und  die  Vorstellung,  welcb^ 
er  sah,  als  eine  „überaus  elende"  bezeichnet,  setzt  z^^ 
hinzu:  „Uebrigens  ist  die  erste  Sängerin,   die  Allegra^*^= 
viel  besser  als  die  Ferrarese"  —  mit  dem  einschränkend^^ 


—    233    — 

ichsatz  jedoch :  ^das  will  «war  nicht  viel  gesagt  haben.'^ 
€80Ddere8  Glttck  machte  sie  1791  in  Naumann's  ^La 
ama  soldata^.  In  seiner  bescheidenen  Weise  schrieb 
ieser  ihr  einen  grossen  Theil  des  Erfolgs  zu.  —  Sie 
^heint  sich  überhaupt  erst  später  entwickelt  zu  haben, 
^r  Correspondent  der  Allg.  Musik-Zeitung  rühmt  im 
ihre  1798  ihr  ^meisterhaftes  Spiel  und  ihren  klassischen 
rettlDg^  Hier  wird  auch  Buonaveri  als  kenntnissreicher 
kgisBeur  gelobt  und  Mazzola  ein  Dichter  voll  Geist  und 
^enntniss  der  Opembühne  genannt.  1784  wurden  der 
•opranist  Tomaso  Folcarelli,  1785  der  Sopranist 
^ndrianiy  der  Altist  Cavana^  der  l^aritonist  Gius. 
'ioravanti  und  der  Tenorist  C  arlo  An  giolini  engagirt. 

Kach  dem  Theaterkalonder  vom  Jahre  1787  bestand 
786  (las  Personal  der  Gesellschaft  aus  den  Sängerinnen 
^•legranti,  Manserisi,  Orsini  und  Xavieri  und 
w  den  Sängern:  Caselli,  Cavola,  Sopranist,  Carano 
od  Sciroli  (Altisten),  Fioravanti,*  Angiolini,  Tibaldi, 
oonaveri  und  Paris.  Poet:  Mazzola.  Chorrepetitor: 
^efano  Ghinasti;  ein  damals  angesehener  Componist, 
>D  dem  auch    verschiedene  Opern  aufgeführt  wurden.* 

In  Rosa  Manscrisi  erkannte  Mozart  (1789)  eine  alte 
f^kannte,  vielleicht  schon  von  der  ersten  Aufführung 
*ö^r  ^la  finta  giardiniera"  her,  in  welcher  sie  1774  in 
•^öthen  die  liolle  dtr  Sandrina  gab.  Zu  dieser  Zeit 
"  sie  Alles  besessen  haben,  was  man  von  einer  guten 
^gerin  zu  virlangen  irgend  berechtigt  ist. 

Schon  1787  traten  wieder  grosse  Veränderungen  ein. 
*^' lesen  von  den  Engagements  der  Gamilla  Guidi,  des 
Pianisten  Feiice  Beretta,  der  beiden  Altisten  Nicolo 
^  Vccchio  und  Francesco  Bellaspica  und  des 
Aoristen    Pietro  Guaviglia.    Auch  1788  finden  wir 

*  1785   n    governatore    deir    isole   Canari.      1787   11  seraglio 
^sniano.     1790  La  stravagante  inglese.    Das  Maimscript  der  erst- 
'annten  Oper  betindct  sich  in  der  königl.  Bibliothek  zu  Dresden, 
«fahre  1790  ging  Ghinasti  nach  Warschau. 


—    234    — 

einige  neue  Kräfte  verzeichnet:  Carmanini  and  Fna, 
Toresa  Cinti  und  Giacomo  Cinti,  1789  den  T^o- 
risten  Marroni  und  den  BaBsisten  Olivieri,  1791  den 
Bassisten  Verni. 

Auch    die    Kapelle    hatte    inzwischen   verschiedene 
Wandlungen    erfahren.     In   Gristofero   Babbi,  geb. 
1748  zu  Cesena,  einem  Schüler  Alberghi's,  war  ihr  1781 
eine  vorzügliche  Kraft  als  Concertmeister  gewonnen  wor- 
den.    1783  war  Carl  Hunt  (1766  zu  Dresden  geboroif 
Sohn  des  berühmten  Franz  Hunt)  als  Violinist,  und  Jean 
Trinklin^   der   zu   den   besten  Violoncellisten  gehörte, 
1788    der  Bratschist   Joseph  Schubert,   geb.  1757  in 
Worms,   sowie   die   beiden   Contrabassisten  Anton  (geb. 
1766)   und   Franz   Anton   Schubert    (geb.  1768)  aas 
Dresden  in  die  Kapelle  eingetreten.    1783  erhielt  Johan  - 
nesMicksch,  geb.  1765 zu  Georgen thal  in  Böhmen,  der 
seine  vielseitige  musikalische  Bildung  in  Dresden  erwor- 
ben hatte,  wo  er  sich  seit  1778  aufhielt,  darin  eine  An- 
stellung  als   Assistent   des   Ceremoniensängers   Stephan- 
Seine  Baritonstimme  verwandelte  sich  allmählig  in  eineia 
angenehmen   Tenor,   so   dass  er  1799  in  die  italienisclie 
Oper  mit  eintrat,  bei  welcher  er  bis  1820  als  Sänger  rer- 
blieb.     Er   wurde    1801    zum  Lehrer   der   Kapellknabe ä» 
und  183D  zum  Chordirector  der  italienischen  und  der  ii»" 
zwischen  entstandenen  deutschen  Oper  ernannt. 

Nachdem  Schtirer  1786  gestorben  war,  forderte  NaH-^ 
mann,  dessen  Stellung  man  noch  immer  nicht  seines' 
Leistungen  entsprechend  verbessert  hatte,  seine  Entlasson^' 
Bei  einem  längeren  Aufenthalte  in  Schweden  (1782—1784=^ 
und  in  Dänemark  (1785—1786)  hatte  er  sich  um  die  Re- 
form der  musikalischen  Verhältnisse  daselbst  grosse  VeC-* 
dienste  und  durch  die  Opern  Gustav  Wasa,  Amfio  na» 
Orfeo  grossen  Ruhm  erworben,  so  dass  man  ihE** 
die  glänzendsten  Anerbietungen  machte.  Dies  fiihrt:^ 
auch  endlich  in  Dresden  zu  der  Erkenntniss  seis^^ 
so  lange  nicht  genügend  gewürdigten  Werths.    Man  h^' 


—    235    - 

willigte  ihm  ein  Gehalt  Yon  2000  Thlr.  mit  dem  Titel 
eines  Oberkapellmeisters  and  manche  Erleichterangen  nnd 
Vergünstigungen  im  Dienste.  Dies  hatte  abermals  zn- 
gleich  eine  Yerbessernng  der  Stellangen  Schaster's  and 
Seydelmann's  znr  Folge,  welche  nan  (1787)  zn  Kapell- 
meistern mit  einem  Jahresgehalte  von  anfänglich  800, 
bald  aber  1000  Thlr.  ernannt  wurden.  —  Bei  den  von 
1780-^1792  von  der  Bertoldi'schen  Gesellschaft  aufgeführ- 
ten neaen  Opern  ist  Gimarosa  vor  allen  Anderen  mit  13 
Werken  vertreten,  ihm  folgen  Paisiello  mit  8,  Salieri  mit 
7|  Schuster  mit  6,  Guglielmi  und  Anfossi  mit  je  5,  Seydel- 
numn  mit  4,  Fabrizi,  Gazzaniga,  Ghinasti,  Naumann,  Sarti 
nut  je  3,  Astaritta  und  Martini*  mit  je  2  und  Amendola, 
Bianchi,  Garusio,  Gestewitz^  Marcello  di  Capua,  Monti^ 
Mozart,  Piccini,  Pittichio,  Stabingher,  Storace,  Traetta, 
^alentini  und  Zanetti  mit  je  1.^ 

Im  Jahre  1781  wurde  zur  Vermählungsfeier  des  Prin- 
s^  Anton  mit  der  Prinzessin  von  Sardinien,  Marie 
Charlotte  Antoinette,  die  Oper  Osiride,  1787  am 
^  Oetober  zur  zweiten  Vermählung  desselben  mit  der  Erz- 
herzogin von  Oesterreich,  Maria  Theresa,  die  Festoper 
^  reggia  d'Imeneo  und  1792  am  12.  Mai  zur  Vermäh- 
'oi^eier  des  Prinzen  Maximilian  mit  der  Prinzessin  von 
^^nua,  Maria  Garolina,  die  Festcantate  L'Amore  giusti- 
"^to,  alle  drei  von  Naumann  und  bei  freiem  Einlass  zur 
^"ifftlhrung  gebracht. 

1792  starb  Herr  von  König.    Seine  Functionen  wur- 


'  1787   wurde   hier   dessen  berühmteste  Oper  gegeben:    „La 

^*   ranf*,  welcher   anfangs   in    Wien   Mozart's    ^Figaro's    Hoch- 

^^**  vorgezogen  worden  war.  Mozart  erkannte  ihre  Vorzüge  an,  sagte 

f^  richtig  TorauB,  dass  sie  doch  nur  ein  Kind  des  Zeitgeschmacks 

.       Gleichwohl  setzte  er  ihr  selbst  ein  Denkmal,  indem  er  aus  ihr 

/^H  kurzen  Satz  in  das  Finale  des  zweiten  Actes  seines  Don  Juan 

*  Die  allgemeine  musikalische  Zeitung  enth&lt  in  ihrem  1.  Jahr- 
^^(6  die  Statistik  der  Dresdner  italienischen  Oper  von  1780—98. 


—    236    — 

den   zunächst   anf  den  Hofmarschall  Grafen  von  Böse 
übertragen^  an  dessen  Stelle  1800  der  zwar  kanstliebende 
und  musikalisch  gebildete^  aber  (nach  Kömer's  Urtbdle) 
schlaffe   und   ängstliche   Freiherr  Joseph  von  Back- 
nitz  trat. 

Der  1792  abgelaufene  Contract  mir  Andrea  Bertoldi 
wurde,  und  zwar  zweimal  auf  6  Jahre,  von  1792—96 
und  1798—1804  erneut.  Die  kurfürstliche  Subventiatt 
war  bis  dahin  auf  28,500  Thlr.  gestiegen.  Von  hier  ab 
wurden  kürzere  Verlängerungsfristen  beliebt  —  znn&cIiBt 
auf  nur  ein  Jahr,  dann  dreimal  (1805,  1808  und  1810) 
auf  drei  Jahre.  Im  letzten  Falle  wurde  der  älteste  Sohn 
des  Andrea  Bertoldi,  Friedrich,  in  den  Contract  mit  auf- 
genommen. 

Für  die  Kap«  lle  waren  bis  zum  Amtsantritte  des  Frei- 
Lerm  von  Racknitz  (IHOO)  an  neuen  Kräften  gewonnen 
worden :  die  Violoncellisten  Johannes  E  ise  r t,  gob,  1775 
in  Georgentlial,  Heinrich  Me«j:elin  (f  1806)  und 
1800)  Martin  Culmus,  geb.  1727  zu  Zweibrticken, 
t  1809  in  Dresden,  die  ausgezeiebnoten  Flötisten  Frau* 
Joseph  Götzel  und  Johann  Friedrich  Printz,  deJ* 
Ol  oist  Franz  Resozzi,  Sohn  des  berüliniten  Carlo  Be- 
pozzi  \mi\  kaum  minder  vortrefflich  nls  dieser;  die  al* 
riarinettisten  berühmten  Brüder  Job.  Traugott  (geto- 
176.^)  und  Gott  loh  Roth  (geb.  1774)  aus  Zwickau,  nmd 

die  Fagottisten  Franz   Schmidt  und  Carl  Saloma^ 
Kummer,  Beide  geb.  1766  zu  Dresden. 

blinder  glücklich  fitl  di«-  1795  auf  Empfehlung  de* 
Cabinetsministers  llarcolini  erfolgende  Anstellung  Vi3^' 
cenzo  Rastr(^lli\s  geb.  1760  zu  Feno)  als  Kirchei»' 
compositc  ur  aus.  Indessen  erwarb  er  sieli  später  einige* 
Verdienst  al«  Gcsaiigslelirer  und  als  Commissionär  beii* 
Engagement  von  Gesangskräften.  Für  den  TheaterdienfirJ 
wurde  ihm  1799  Anton  Gestewitz  (geb.  1753)  zm^ 
Seite  gesetzt,  welcher,  nachdem  er  sieh  eine  musikaUsch ^ 
Bildung   in   Leipzig    erworben    hatte    und    dort   Hillei^* 


—    237     ^ 

Schwager  geworden  war^  bei  Bondini  die  Stelle  des  Mnsik- 
directors  ttbemommen  hatte.  Wir  haben  ihn  oben  schon 
unter  den  Opemcomponisten  mit  aufführen  können  nnd 
werden  bei  der  Besprechung  der  Bondini-Seconda'schen 
Trnppe  anf  ihn  noch  zarückznkommen  haben. 

Aach  jetzt  stand  die  Kapelle  wieder  auf  einer  Höhe, 
welche  den  Vergleich  mit  ihren  besten  Zeiten  nicht  zu  scheuen 
brauchte,  obschon  auch  ihre  Leistungen  mit  einer  durch 
die  hier  yorherrschende  Richtung  hinlänglich  erklärten 
Einseitigkeit  behaftet  gewesen  sein  mögen^  wenn  wir  näm- 
üch  einem  Berichte  der  allgemeinen  musikalischen  Zei- 
tig vom  Jahre  1801  vertrauen  dürfen,  welcher,  wie  es 
dort  heisst,  einen  sehr  „wohlunterrichteten  und  angesehe- 
nen Mann"  zum  Verfasser  haben  soll.  Nachdem  derselbe 
^on  der  Dresdner  Kapelle  gesagt,  dass  sie  nicht  nur  eine 
<Jer  vorzüglichsten  war,  sondern  dies  auch  noch  unter 
d^Ä  Einschränkungen  der  jetzigen  Regierung  blieb  — 
fihrt  er  fort: 

„Ja  auch  jetzt,  da  kein  Aufrichtiger  läugnen  wird, 
1^*88  80  Vieles  in  Schlummer  gesunken  sey  und  sich  bloss 
^  langgewohnten  Laufe  allmählig  fortbewege,  behauptet 
*6  ihren  Platz  unter  den  vorzüglichen,  verdient  ganz 
Ihren  Ruf  in  Einem  Fache  —  aber  letzteres  nur,  wenn 
^^  aufzählt,  was  anderswo  da  ist,  nicht  so  ganz,  wenn 
^^n  erwägt,  was  hier  seyn  könnte. 

„Kirchenmusik  ist  dies  eine  Fach,  und  man  weiss  dies 
*Uch  recht  gut.  Die  Dresdner  Kapelle  giebt  mit  einer 
'Einheit,  Accuratesse,  Präcision  —  mit  einer  Kraft  und, 
^^\\  mehr,  mit  einer  Anmuth  wie  jetzt  nirgend  eine  an- 
**^''e  —  ältere  und  leichte  Sachen.  Diese  und  nur  diese, 
^^^n  das  wenige,  was  die  hiesigen  Kapellmeister  von 
^>t  zu  Zeit  neues  schreiben,  ist  nicht  selten  vortrefiTlich, 
*"^r,  wovon  hier  allein  die  Rede  ist,  gleichfalls  leicht 
^^d  iu  der  Weise,  die  hier  herrscht.  Compositionen  z.  B. 
Von  beydcn  Haydn,  von  Mozart,  von  Jomelli,  von  den 
Italienern   der   grossen  Periode  u.  dergl.    für   die  Kirche 


—    238     — 

bekommt  man  nie  zu  hören  —  ebensowenig  als  etwa 
Opern  von  Olnck^  Chembini;  Reichardt  n.  s.  w.  IIib 
giebt  in  der  Kirche  nichtS;  als  CompositioDen  hieager 
Kapellmeister^  nnd  zwar^  den  einzigen  Hasse  ansgenon- 
men^  nur  der  lebenden.  Hier  ist  einer  der  Pnnkte^  wo 
Jedermann  Aenderung  wünscht  nnd  sie  so  leicht  zu  tnifai 
wäre.  Es  hat  seit  mehreren  Jahren  mit  der  EinrichtuBg 
folgende  Bewandtniss.  An  jedem  der  höchsten  Feite 
dirigirt  den  ersten  nnd  zweiten  Feiertag  Niyunann  nä 
ftthrt  allezeit  den  ersten  Compositionen  von  Hasse,  den 
zweiten  von  ihm  selbst  anf.  So  hat  denn  alles  dabcy 
seinen  geregelten  Gang.  Erinnern  Sie  sich  nnn,  im 
Naumann,  Schuster  und  Seydelmann  eigentlich  doch  n 
Hasse's  Schule  gehören,  obschon  sie  seine  Schttler  nieU 
waren,  und  lassen  Sie  mich  erwähnen,  dass  Rastrelli  gai 
keine  Schule  hat  —  er,  von  dem  Sie  vielleicht  gar  nichti 
wissen,  wie  die  Welt  nichts  von  ihm  weiss  und  von  des 
ich  auch  kein  Wort  weiter  sagen  will  —  so  könnte  ei 
die  Stufe  der  Gultur  für  Kirchenmusik,  die  man  hier  er 
stiegen  hat  und  allerdings  anständig  behauptet;  so  keD 
neu  Sie  auch,  was  hier  ganz  vortrefflich  executirt  werdei 
kann.  Alles  Spätere  vermeidet  man,  mag  es  nicht  tos 
neu,  oder  thut  als  ob  man  es  nicht  kennete.  Man  wflid 
z.  B.  die  wahrhaft  hohen  Messen  der  Haydn,  selbst  nto 
dem  Geständniss  der  Aufrichtigeren  und  Einsichtsvollere 
im  hiesigen  Orchester  —  wenn  auch  von  Seiten  d^ 
Orchesters,  doch  gewiss  nicht  von  Seiten  der  italienische 
Sänger  wirklich  gut  zu  geben  im  Stande  sein." 

Inzwischen  hatte  auch  die  Bertoldi'sche  Truppe  wi- 
der einige  Erwerbungen  gemacht,  von  denen  ich  mic 
jedoch  nur  auf  die  Hervorhebung  der  vorzüglicheren  \ß 
schränken  will.  So  gewann  man  1792  in  der  Tocht 
des  Concertmeisters  Babbi,  Giovanna,  welche 
Bologna  ihre  musikalische  Bildung  erbalten  hatte,  eiJ 
gute  Altistin,  welche  besonders  in  der  Darstellung  nähr 
Rollen  vortrefflich  im  Spiel  gewesen  sein  soll.     DerB 


fetcnt  der  Alig,  ransik.  Zeitung  lobt  im  „Sacrffizio  interotto" 
ik  Hirs  ihre  starke,  reine  IntonatioD,  ihr  Geftibl  im  Vor- 
tnge,  ihre  graziöse  Mimik.  Ihr  prstes  Auftreten  als  Con- 
tfitt  in  ,^a  donna  di  genio  volubile"  erregte  allgemeine 
SfDMtion.  Sie  hatte  aber  das  UnglUek,  ihre  Stimme 
darch  Forciren  1801  ganz  zu  verlieren.  —  Noch  be- 
dentcnder  fast  war  die  I7d4  stattfindende  Anstellung  der 
Teresa  Poggi-Capelletti,  geb.  1764  zu  Mailand,  welche 
'ben  nur  erst  in  London  grosse  Triumphe  gefeiert  hatte, 
inch  noch  um  1800  lobte  man  FllUe  und  Wohlklang 
Ifw  hie  mm  dreigestrichenen  F  völlig  gleichmäasigen 
Summe  und  höchste  Reinheit  ihres  Vortrags,  doch  wollte 
BiD  ihr  Wärme  der  Empfindung  absprechen,  und  auch  ihr 
Spiel  wird  Öfter  getadelt.  —  Der  Tenorist  Alberghi  wird 
gleichfallB  lobend  erwähnt.  Seine  Tochter  Rosa,  welche 
'Ml  später  als  Sängerin  auszeichnete,  betrat  1800  in  PaGr's 
iCunilla"  zam  ersten  Male  in  einer  Einderrolle  die 
I>nadiier  Buhne  mit  Beifall. 

Unter  der  nur  kurzen  Direction  des  Freiherrn  von 
Buknitz  sollten  grosse  Veränderungen  eintreten.  Gleich 
Bi  eisten  Jahre  wurden  G  o  r d  i  gian  i  und  Frau, 
frADcesco  Ceccarelli  und  Antonio  Ben  eil  i 
"Stgirt,  welche  eich  fast  durchgehend  als  gute  Acqui- 
■itloQen  erwiesen.  Signora  Gordigiani  wird  uns  in  einem 
ßwicbte  aber  die  Darstellung  der  Griselda  in  Paör's 
gleichnamiger  Oper  folgendermassen  gescliildert:  „Sie  ist 
wn  icbOner  Gestalt,  reizendem  Wuchs  nnd  sehr  inter- 
"*Mtem  Gesicht,  hat  eine  von  Natur  sehr  angenehme 
"tiinoie  von  weitem  Umfang  {bis  ins  drei  gestrichene  G), 
"titt  diese  aber  und  wird  dadurch  weit  weniger  an- 
^tbni.  Sie  ist  geschickt  in  Passagen  und  Rouladen, 
•Wftreibt  dieselben  aber  bis  zu  dem  Grad,  wo  sie  ihr 
^tueinlicb  nicht  mehr  ganz  glücken.  Auch  Überhastet 
***  nweilen  das  Tempo."  —  Cecearclli  besass  eine  sphr 
•^irangrciche  Altstimme.  Auch  wird  sein  Vortrag  gelobt, 
**niger  aber  sein  Spiel.  —  Ungleich   bedeutender  war 


—     240     — 

Antonio  Benelli;  geb.  1771  za  Forli^  der  allgemein  ab 
glänzender  Tenorist  und  anch  im  Spiele  gertthmt  wird. 
„Man  erinnert  sich  hier  nicht  —  heisst  es  in  einem  Beliebte 
über  sein  erstes  Auftreten  in  der  Oper  ^Q  matrinuNÖo 
segreto^  —  einen  Künstler  wie  er^  der  zugleich  so  Sänger 
und  Schauspieler  ist^  besessen  zu  haben.^  Er  machte  rieh 
anch  als  Componist  und  Gesanglehrer  bekannt  Erstnaelt- 
dem  er  die  Stimme  verloren,  vcrliess  er  (1821)  die  Dresdner 
Bühne. 

Nachdem  die  italienische  Oper  im  Jahre  1801  die 
Gapelletti  eingebüsst  hatte,  für  die  man  in  der  Gtttitt 
des  Kapellmeister  Andreozzi  in  Neapel  einen  vielleiebt 
nicht  hinreichenden,  jedenfalls  aber  nur  ganz  vorftb^ 
gehenden  Ersatz  fand,  da  sie  schon  im  nächsten  Jahre 
auf  eine  höchst  traurige  Weise  das  Leben  verlor  (rie 
wurde  von  der  Pillnitzer  Fähre  mit  ihrem  Wagen  iv 
Wasser  gerissen  und  kam  dabei  um),  sollte  auch  die 
Kapelle  ein  zwar  voraussichtlicher,  immer  aber  noch 
plötzlich  genug  hereinbrechender  Verlust  treffen.  Kapell- 
meister Naumann  wurde  am  21.  October  1801  bda 
Spazierengehen  im  Grossen  Garten  vom  Schlage  getroffin 
und  erst  am  nächsten  Morgen  erstarrt  und  bewusstloB  iB 
einer  Sciteuallee  desselben  gefunden.  Er  starb  in  der 
folgenden  Nacht. 

L.  Rellstab  (im  Schilling'schen  Universallexikon  der 
Tonkunst)  fasst  sein  Urtheil  über  ihn  in  folgenden  Worten 
zusammen:  ^Betrachtet  man  das  ganze  Wirken  Naumann'*» 
so  wird  man  eingestehen  müssen,  dass  in  den  seltensten 
Fällen  ein  solcher  Verein  von  Talent,  Fleiss,  Ausdan'T, 
Bi.Kcheidenheit  und  edlem  Sinn  für  die  Kunst  anzutreftn 
sein  wird.  Hat  es  ihm  der  Himmel  versagt,  durch  eine 
einzelne  Leistung  bedeutend  über  die  Mitwelt  hinanssn* 
gehen,  so  ist  dagegen  seine  übereinstimmende  Wirk" 
samkeit  als  Menscli  und  Künstler  höchst  seltener,  vielleiebt 
einziger  Art.  Diese  Eigc^nschaften  werden  um  so  uor 
scliätzbarer,  wenn  wir  den  Blick  auf  unsere  Zeit  richten^ 


-     241     ~ 

iro  ein  uneigennttiziges  Streben  fllr  die  Kunst  mit  jedem 
tig^  seltener  wird.^ 

Man  hatte  übrigens  schon  an  ein^  Ersatz  Naamann's 
^chty  wie  ans  folgender  Stelle  eines  Berichtes  des 
Dresdner  Correspondenten  der  Allg.  mos.  Zeitnng  vom  Mo- 
utAngnst  dieses  Jahres  erhellt:  „Herr  Kapellmeister  Pa^r 
ind  seine  Gattin  von  Wien  sind  nun  wirklich  engagirt; 
ne  an  die  Stelle  der  Capelletti;  er  tun  jährlich  eine  Oper 
n  schreiben.^  Das  Engagement  lautete  auf  drei  Jahre, 
legte  ihm  aber  die  Verpflichtung  auf^  nicht  eine,  son- 
lern  zwei  Opern  jährlich  zu  componiren.  PaSr  erhielt 
^  Thlr.  jährlich;  seine  Gattin  Francesca,  geb.  Riccardi, 
welche  am  6.  Juni  1802  mit  grossem  Erfolge  in  seiner 
Briseida  debtttirte,  ein  Jahresgehalt  von  2400  Thlr.,  wel- 
shesindess  bald  auf  3300  Thlr.  erhöht  wurde.  1804  wurde 
ferContract  Pa^r's  in  einen  lebenslänglichen  mit  1200  Thlr. 
Behalt  verwandelt,  nebst  der  Zusicherung  von  300  Thlr. 
Sritification  ftir  jede  neue  Oper.  Auch  seine  Frau  erhielt 
^e  Verlängerung  ihres  Contracts  auf  6  Jahre. 

Ferdinand  Pa^r,  1771  in  Parma  geboren,  erhielt 
B^alischen  Unterricht  bei  Ghizetti;  einem  Schüler  des 
^nservatoriums  della  Pietä  in  Neapel,  welcher  damals 
Violinist  des  Herzogs  von  Parma  war.  Mit  derselben 
^chtigkeit,  mit  welcher  er  lernte,  stürzte  er  sich  auch 
0  die  Composition.  Mit  17  Jahren  hatte  er  bereits  seine 
"Bte  Oper  „La  locanda  de'  Vagabondi"  geschrieben  und 
*öiit  in  Venedig  einen  Erfolg  erreicht.  In  Wien,  wohin 
^  sich  1795  gewendet,  schrieb  er  mehrere  Opern,  die 
^^  besonders  Camilla,  einen  grösseren  Ruf  brachten. 
Ehrend  er  selbst  eine  Anstellung  als  Gomponist  am 
^Uonaltheater  erlangte,  erhielt  seine  Gattin  ein  P^ngage- 
^Ot  als  erste  Sängerin  an  der  dortigen  italienischen 
?er.  Erst  in  Dresden  aber  sollte  er  das  Work  schreiben, 
^  seinen  Ruhm  für  längere  Zeit  begründete,  den 
»iirgino",  welcher  hier  am  23.  Mai  1803  zum  ersten 
Me  zur  Aaiftthrung  kam.    Durch  zu  rasche  Production 


—     242     — 

schwächte  er  den  Werth  seiner  Werke  allmählig  ab,  » 
dass  er  in  der  Folge  nicht  hielt,  was  er  anfangs  yei 
sprach.  Auch  fehlte  es  ihm  schon  immer  an  dem  Humoi 
der  Genialität,  der  ursprünglichen  Frische^  welche  di 
Werke  Paisiello'S;  Gimarosa's  und  6uglielmi%  die  mn 
Vorbilder  wareU;  auszeichnete;  obwohl  die  komische  Op( 
das  Gebiet  ist;  auf  welchem  er  noch  am  meisten  b< 
friedigte.  Seine  Melodien  sind  anmuthig;  sein  Vortrag  u 
elegant  und  für  den  Sänger  schrieb  er  sehr  dahkba 
dagegei^  fehlt  es  seinen  Werken  an  Tiefe  und  musikalisch« 
Durchbildung.  In  Wien  übten  die  Opern  Mozart's  eine 
gewissen  Einfluss  auf  ihn  auS;  welcher  sich  in  den  hii 
und  in  Dresden  geschriebenen  Werken  vortheilhaft  b 
merklich  macht.  Zu  ihnen  gehört  auch  eine  ^Leonoi 
ossia  ramore  conjugale",  die  freilich  durch  Beethoren 
unsterbliches  Werk   ganz  in  Vergessenheit  gerathen  Vt 

Seine  Gattin,  eine  Sängerin  von  guter  Schule  w 
zugleich  eine  höchst  ansprecbende  Darstellerin,  wuw 
bald  ein  Liebling  des  Publicums.  Körner  schreibt  üb 
sie  an  Schiller:  „In  der  Oper  liabon  wir  jetzt  eine  vc 
ztigliche  Schauspielerin  an  Mad.  Pnör  (geb.  Kiccard 
Schade,  dass  sie  nicht  bei  einein  eigentlichen  Kunstwerl 
gebraucht  werden  kann.  Als  Sängerin  ist  sie  nie 
schlecht,  aber  ihre  hohen  Töne  sind  erzwungen,  und  i 
hat  mehr  Ilals-  als  Bruststimme.  Aber  ihr  Spiel  ist  v( 
Bedeutung  und  Grazie.  Mollia  brachia  hat  sie  besondc 
in  hohem  Grade.  Auch  ist  ihr  Mienenspiel  geftthlTt 
und  fein."  Körner  lobt  sie  später  noch  besonders  i 
Orazia  in  Cimarosa's  Horatier  und  Cnratier.  Hier  t 
scheint  folgende  Stelle  von  Interesse:  „Ihr  Talent  sieg 
diesmal  bei  dem  hiesigen  Publicinn  über  eine  Caba 
durch  die  sie  seit  einigen  Monaten  v(»rfolgt  wird.  üeb< 
haupt  ist  das  Publicum  der  Oper  hier  im  Ganzen  t 
bildeter,  als  das  Publicum  des  deutschen  Theaters.*' 

Zu  diesen  bedeutenden  Erwerbungen  trat  18 
noch    die   der   Sopranisten    Paolo   Belli    und   Filipj 


—    243    — 

Sassaroli;  1803  die  der  Giuseppa  Fantozzi^  Char- 
lotte Häser  und  des  Tenoristen  Lnigi  Riccardi, 
einem  Bruder  der  Francesca  Paör,  1804  die  der  Marianna 
Betelli,  1805 die  der  Teresa  Toschi,  GertrndaMana- 
relli  und  Vincenzo  Bnccolini;  1806  die  des  Tenoristen 
Carlo  Tibaldi  und  1808  die  von  Luigia  Sandrini- 
Caravoglia  hinzu.  Sie  waren  zum  Theil  von  grosser 
Bedeutung. 

Sassaroli  war,  besonders  im  Concert  und  der  Kirche, 
6in  tadelloser  Sänger.  Auf  der  Bühne  wurde  die  Vor- 
trefflichkeit seines  Gesangs  und  Vortrags,  z.  B.  als  Tancred, 
dnrch  das  Ungünstige  seiner  Erscheinung  beeinträchtigt. 
Carl  Maria  von  Weber  urtheilte,  nach  den  Mittheilungen 
«eines  Sohnes,  folgendermassen  über  ihn: 

„Als  Künstler  war  Sassaroli  in  seiner  Art  un- 
vergleichlich; sein  Portamento,  sein  Vortrag  der  Canti- 
lena  ist  nicht  wieder  erreicht  worden,  ebenso  die  Kunst 
der  Athemvertheilung.  Er  war  im  Stande,  den  Ton  kraft- 
Toll  25—30  Secunden  auszuhalten.  In  einer  Messe  von 
Naumann  hatte  er  das  f  auf  der  fünften  Linie  8  Tacte 
^  halten,  nach  dem  4.  verwandelte  er  ihn  in  einen 
Triller,  was  von  gewaltiger  Wirkung  war.  Der  Timbre 
^iner  Stimme  hatte  die  Klangfarbe  einer  vollschwingenden 
Clasglocke  und  flillte  die  Räume  der  katholischen  Kirche 
^<*  mit  Engelsstimmcn.  Der  Arme  war  ein  leiden- 
^l>at\licher  Freund  der  Kinder,  die  er,  wo  er  konnte,  oft 
"*it  Thronen  liebkoste.  Sein  edUs  Herz  hatte  nur  Raum 
^^  den  Hass  ge^en  einen  einzigen  Minschen,  und  dies 
^'^^  sein  grausamer  Vater.  Nichtsdestoweniger  unter- 
stützte er  ihn  grossmüthig." 

Charlotte  Häser  (1784  in  Leipzig  geb.)  gehörte  zu 
d^öjenigen  Sängerinnen,  welche  das  an  den  Höfen  be- 
^^♦'hende  Vonirtheil  gegen  den  deutschen  Operngesang 
^^i\k\\  besiegten.  Sie  erhielt  ihren  ersten  musikalischen 
Interricht  von  ihrem  Vater,  Johann  G(M)rg  Häser,  dem 
'^ögjährigen    Vorspieler    in    den    Gewandhausconcerten 

KI* 


—     244    — 

unter  Hiller  und  späteren  Director  des  Theaterorchester 
80  wie  Mnsikdirector  der  Universität^  welcher  das  Hia{ 
einer  bertlhmten  Künstlerfamilie  wurde.  Von  1800 — 180 
erregte  Charlotte  als  Goncertsängerin  Aufsehen.  Zu  diese 
Zeit  wurde  sie  auf  Empfehlung  des  Kapellmeister  Gest« 
witz  an  der  Dresdner  italienischen  Oper  engagirt  Si 
bildete  sich  hier  unter  ihm  und  Geccarelli  noch  weite 
aus.  Auch  Pa^r  unterstützte  sie  mit  seinem  Rathe.  Si 
verliess  jedoch  schon  1806  wieder  die  Dresdner  Btlhse 
und  trat  einen  wahren  Trinmphzug  durch  Europa  ai 
welcher  seinen  Höhepunkt  in  Italien  fand^  wo  sie  dm 
wahren  Sturm  der  Begeisterung  erregte  und  als  d 
^divina  Tedesca"  gefeiert  wurde.  Sie  war  die  erste  Säi 
gerin^  welche  hier  auch  in  MännirroUen  auftrat  und  n 
einem  Crescentini  und  Veluti  zu  wetteifern  wagte.  Mf 
rühmte  ihre  herrliche  Stimme^  ihre  Kunstfertigkeit,  d 
Gediegenheit  ihrer  musikalischen  Bildnng  und  ihn 
streng  sittlichen  Lebenswandel,  welchem  sie  aber  auc 
ein  seltenes  häusliches  Glück  an  der  Seite  des  RecU 
gelehrten  und  Archivars  Giuseppe  Vera  in  Rom  verdankt 
sollte.  Sie  zog  sich  1812  ganz  ins  Privatleben  zurttc 
indem  sie  sich  daran  genügen  liess,'der  schönste  Schmu« 
ihres  gastlichen  Hauses  zu  sein.^  —  Kaum  minder  b 
rühmt  war  der  Tenorist  Carlo  Tibaldi  (1776  zu  Bologi 
geboren),  welcher  mit  Unterbrechungen,  die  er  zu  Kuni 
reisen  benützte,  bis  1830  in  Dresden  blieb.  Er  sta: 
wenige  Jahre  später  (1833)  in  seiner  Vaterstadt.  —  Luig 

'  Die  Allg.  musik.  Ztg  bericlitot  «laraber,  nachdem  sie  ▼« 
her  wegen  üeberfülhmg  des  Repertoires  mit  Paer'scher  Musik  ( 
klagt:  Man  sagt,  unsere  vortreft'liche  Häser  werde  uns  zu  Michte 
verlassen,  weil ....  (Die  Redaction  hält  für  besser,  die  vom  Con 
spondenten  angeführten  Gründe  zu  unterdrücken,  weil  sie  geachti 
Personen  compromittirt  haben  würden  und  vielleicht  doch  nur  i 
einem  Gerücht  beruhen.) 

*  Spohr  hörte  sie  hier  1817  und  spricht  noch  mit  Bewundenu 
von  ihrem  Gesänge. 


—     245    — 

Sandrini-Carayoglia,  1782  im  Haag;  auf  einer  Kunst- 
reise  ihrer  Eltern  geboren,  Gattin  des  gleichzeitig  mit 
iir  in  königl.  sächsische  Dienste  getretenen  Oboisten 
Paolo  Sandrini  (f  1813);  gehörte  zu  den  beliebtesten 
Darstellerinnen  der  Dresdner  Btthne.  Die  Allgemeine 
masikalische  Zeitung  ist  in  verschiedenen  Berichten  voll 
ihres  Lobes.  Sie  wurde  1831  pensionirt;  starb  aber  erst 
1869  in  Dresden ;  wo   noch  jetzt  ihre   älteste  Tochter^ 

3faria;  als  geschätzte  Gesanglehrerin  lebt. 

Auch  in  der  Kapelle   hatten  wieder  Veränderungen 

^ttgefunden.    Engagirt  worden  waren :  der  Cellist  Gust. 

Friedr.    Dotzauer    aus    Hasselrieth    (Hildburghausen); 

geb.  1783;   die  Violinisten   Carl  Gottlieb  Peschke  und 

Fr&nz  Anton  Morgenroth  aus  RamslaU;  geb.  1780;  der 

Fagottist  Gotth.  Heinrich  Kummer;  Bruder  des  Oboisten; 

iiQd    der    Bratschist    Franz    Po  hl  and    aus    Dresden; 

geb.  1773. 

Im  Jahre  1803  wurde  der  Kammerherr  und  Major 

Carl  Alexander  NicolauS;  Graf  Vitzthum  von  Eck- 

städt  Direeteur  des  plaisirs  und  Chef  der  Kapelle.  Körner 
schreibt  über  ihn  am  9.  Oct.  1803  an  Schiller:  „Du 
kennst  ihn  selbst  und  wirst  ihn  ziemlich  umgänglich 
gefunden  haben;  aber  er  hat  doch  guten  Willen  und  wie 
<?B  scheint,  mehr  Festigkeit,  als  sein  Vorgänger,  und  er 
^'rd  es  wenigstens  an  ernsthaften  Gesichtern  nicht  fehlen 
l*88eii.  Bei  Racknitz'  schlaffem  Charakter  ging  Alles 
"^^^kwärts.**  In  der  That  lässt  sich  der  wohlthätige  Ein- 
floss  der  neuen  Leitung  selbst  im  Repertoire  der  Oper 
*^öierken.  Nicht  nur  die  Opera  seria  kommt  nun  in 
^^^re  Aufnahme,   sondern   auch  Mozart   und  Spontiui 

^'^^   darin  mit  ihren  grössten  Werken  vertreten. 

1802  war  Rastrelli  nach  Moskau  gegangen.  An  seine 

^^^Ue  trat  1804  F.  Ant.  Schubert.  Schon  1807  aber 
"^^^^tte  er  wieder  zurück,  wurde  1813  entlassen,  um  1824 
^^^*\i  Schuberts  Tode  aufs  Neue  engagirt,  1831  aber  end- 
^c\i    pensionirt  zu   werden.  —  1805  starb  Kapellmeister 


-     246     — 

Gestewitz.  Gregorio  Babbi,  Sohn  des  Violinistei 
erhielt  seine  Stelle^  konnte  sieh  aber  nur  bis  1808  im 
halten.  Er  wurde  durch  den  Contrabassisten  Fnm 
Schubert  ersetzt.  ^  Am  23.  October  1806  starb  der  Eapd 
meister  Seydelmann.  Nur  kurze  Zeit  später  sollte  di 
Kapelle  von  einem  anderen^  doch  noch  schwerer  wiegei 
dem  Verluste  betrofifen  werden.  Im  Jahre  1807,  i 
welchem  der  Theaterzettel  am  1.  Januar  zum  ersten  Hai 
die  Aufschrift  trug:  Königliches  Hoftheater^  yeranksst 
der  Besuch  des  Kaisers  Napoleon  in  Dresden  glänzend 
Feste. 

^  Die  Allgemeine  masikalische  Zeitung  giebt  in  ihre 
7.  Jahrgang  das  vollständige  Verzeichniss  der  Kapellmitgliedi 
vom  Jahre  1805: 

Generäldirector :  Graf  Carl  Alexander  Wilhelm  von  Eckst&dt 

Director  des  Theaters:  Bertoldi. 

Secretär:  Oberauditeur  Hebenstreit 

Kapellmeister:  Joseph  Schuster,  Franz  Seydelmann,  Fernando Pti 

Sängerinnen:  Mad.  Paer,   Dem.  Häser,  Dem.  Toschi,  Dem.  Bello! 

Dem.  Manerelli,  Mad.  Ginti. 
Sopranist:  Sassaroli. 
Altisten:  Belli  und  Ceccarelli. 
Tenoristen:   Benelli  (erster),   Cinti  (Anstandsrollen) ,  Miecksch,  Bi 

ciardi  (zweite). 
Bassisten:  Buonaveri  (BufTo  und  Regisseur),   Paris  (seriöse  RoUei 
Perotti  (Charakterrollen),  Lobel  (Kirchensänger),   Cipria 
(IL  Buffo). 
Violinisten:  Christ.  Babbi  (Concertmeister),  Uhlig,  Kunze,  Salomc 

Dietzsch,  Scholze,  Uunt  jun.,  Dunkel,  Schmiedel,  Lii 

bergy  Dietze,  Wenzel,   Camillo  Babbi,  Castelli,  Kühn 

von  der  Ah^e,  Schmiedel. 
Flötisten:  Götzel,  Prinz,  Harn. 
Lautenist:  Weiss. 

Hornisten:  Haudeck,  Listing,  Miecksch,  Gladewitz. 
Oboisten:  Besozzi,  Dietze,  Kummer. 
Clarinettisten:  Rot  he  sen.  und  jun. 

Bratschisten:  Frenzel,  Jos.  Schubert,  Pohland,  Rottmeyer. 
Violoncellisten:  Callmus,  Höckner,  Franz  und  Jos.  Eisert. 
Fagottisten:  Nessel,  Schmidt,  Kummer,  Heffen. 
Contrabassisten:  Franz  und  Ant.  Schubert,  Peschke,  Petermann. 


—    247     — 

Am  19.  Mai  war  Hofconcert,  wobei  sich  der  Tenorist 
Benelli  und  der  Flötenspieler  Prinz  hören  liessen^  am 
20.  Mai  die  italienische  Oper  „Zaira«  von  Federici  mit 
einem  von  Benelli  gesungenen  Prologe.*  Es  ist  zweifel- 
haft, ob  Napoleon  erst  bei  dieser  Gelegenheit  Paßrs 
kennen  lernte^  da  es  nicht  an  Andeutungen  fehlt;  dass 
dies  schon  im  vorigen  Jahre  geschah.  Jedenfalls  aber 
kamen  erst  jetzt  die  Verhandlungen  zum  Abschlüsse 
welche,  trotz  seines  lebenslänglichen  Engagements;  den 
Uebertritt  Paßr's  in  die  Dienste  des  Kaisers  mit  der 
gewiss  nur  nothgedrungenen  Genehmigung  des  Königs 
von  Saclisen  bewirkten  —  „denn  auch  Paer  war  auf 
Lebenszeit  angestellt  (heisst  es  in  einem  Briefe  des  Uof- 
marscballs  Grafen  Vitzthum  von  Eckstädt  an  Carl 
Maria  v.  Weber),  als  der  Kaiser  Napoleon  ihn  förmlich 
debauchirte". 

Natürlich  musste  man  an  einen  Ersatz  denken.  Auf 
eine  neue  Empfehlung  des  Ministers  Marcolini  ward  er 
denn  auch  in  Francesco  Morlacchi  gefunden,  welcher 
Drittelst  Rescripts  vom  7.  September  1810  als  Kapell- 
meister mit  1300  Thaler  Gehalt  und  300  Tbaler  Honorar 
ftrjede  neu  zu  componirende  Oper  angestellt  wurde. 


*  Der  Vorhang   tiojr   auf  —  heisst   es   in   einer  Beschreibung 

«esselben,  —  man  erblickte  einen  hohen  Tempel  mit  langen  Säulen- 

^^en.  Im  Hintergrunde  an  einem  grossen  Altare  stand  der  Genius 

oi^hsens  (Benelli),  mit  einem  Sternenmantel  bekleidet.    Auf  beiden 

^Jten   im   Vordergrunde   des   Tempels   sah   man   drei    Altäre ,    in 

Reichen    die   Namen    einiger  Helden   der   alten   Zeit:    Alessandro, 

^^®»    Miltiade,   Achille,   Scipio   brannten.    Der  Genius  beschrieb 

^er  Begleitung  der  Musik  das  noch  unbeschriebene  Monument  mit 

^  Xamen  Napoleon.    Jeder  Zug   seines   Griffels   wurde   sogleich 

*>  Uno  als  der  Name  vollendet  gl&nzte,   flog  ein  Wolkenvorhang 

„   ^  ^em  Altare  auf  und  eine  grosse  strahlende  Sonne  umleuchtete 

**Poleoii's  Altar,   w&hrend   in   demselben  Augenblicke   die  Namen 

*^ten  Helden   an   den   übrigen  Altären  verschwanden.    Darauf 

Z  BenelU  die   von   dem   Geh.   Kämm.  Orlandi   gedichtete ,   von 

^'U  and  dem  Contrabagsisten  Schubert  componirte  Cantate. 


—     248     - 

Francesco  Morlaccfai  aus  Perugia  (1786  geb.)  war  d 
allmächtigen  Minister  durch  seine  Nichte,  die  bertdn 
Sängerin  Maria  Marcolini^  für  welche  er  eine  lyiiai 
Scene  „Saffo^  geschrieben  hatte  ^  empfohlen  wmd 
Schon  frühzeitig  wurden  seine  musikalischen  Anla( 
durch  tüchtige  Lehrkräfte  ausgebildet  Caruso  i 
Mazzelli  waren  seine  Lehrer  im  Gesänge.  Zingarelli  hi 
ihn  im  Contrapunkt  unterrichtet,  Pater  Mattei  mit  d 
Ganzen  der  Compositionslehre  vertraut  gemacht.  Er 
langte  zugleich  ungewöhnliche  Kenntniss  der  einzeb 
Instrumente  und  spielte  fertig  auf  Violine^  Piano,  Cl 
nette,  Flöte,  Fagott,  Waldhorn  und  Cello.  Als  drai 
tischer  Componist  trat  er  bereits  1807  mit  seinem  D  po 
in  Campagna  auf.  Seine  Opern:  La  principessa 
ripiego  und  Le  danaidi  machten  ihn  zu  einem  Geg 
Stande  der  allgemeinen  Aufmerksamkeit.  Er  hatte  8 
besonders  Paisiello  zum  Vorbilde  genommen,  aber 
fehlte  ihm  an  Ursprünglichkeit  der  Erfindungskraft, 
Kenntniss  der  eigentlichen  Musikwissenschaft,  um  : 
erreichen  zu  können.  Er  erwarb  sich  in  Dre« 
sehr  rasch  eine  grosse  Beliebtheit.  Bereits  am  6.  J 
1812  wurde  seine  Anstellung  in  eine  lebenslängliche  i 
wandelt.  Ohne  Zweifel  hat  er  sich  innerhalb  sei 
langen  Amtsthätigkeit  manche  Verdienste  um  das  Insti 
der  Kapelle  erworben,  sie  überwiegen  indess  jedenfi 
diejenigen,  welche  ihm  als  Dirigenten  und  Componis 
zugesprochen  werden  können. 

Diesem  Gewinn  trat  1812  der  Verlust  des  Kap 
meisters  Schuster  gegenüber,  welcher  zu  den  beliebtes 
musikalischen  Persönlichkeiten  Dresdens  gehörte  und 
der  That  durch  die  gefällige,  launige  Munterkeit  sei 
Opcmcompositionen  hierzu  auch  berechtigte.  Um 
weniger  besass  er  die  nothwendigen  Eigenschaften  ei 
Kirchencomponisten. 

Das  Jahr  1812  ist  wieder  ausgezeichnet  durch  eil 
Besuch  Napoleon's  in  Dresden.    Zu  den  dabei  stattfind 


—    249    — 

den  FeBtIichkeiten  gehörte  auch  eine  VorsteUung  im 
EönigL  Hoftheater  (20.  Mai);  bei  welcher  nach  einer  von 
Morlacchi  componirten  Gantate:  ^11  tempio  della  gloria^ 
ein  Auszug  ans  PaSr's  SarginO;  der  Lieblingsoper  Fried- 
rieh Aagust  m.,  gegeben  wurde.  Am  24.  Mai  folgte  ein 
grosses  Concert  im  Saale  des  grossen  Opernhauses. 

Der  ungeheure  Aufschwung,  welchen  die  Opemmusik 
m  den  letzten  20  Jahren  in  Frankreich  und  Deutschland 
genommen  hatte,  konnte  zuletzt  auch  an  der  Dresdner 
italienischen  Oper  nicht  ganz  spurlos  vorübergehen.  Er 
war  indess  nur  ein  sehr  schwacher  und  widerwillig  auf- 
genommener, wie  man  aus  folgendem  Verzeichnisse  der 
in  den  Jahren  1792 — 1813  bei  den  Vorstellungen  der 
italienischen  Oper  in  Dresden  vertretenen  Componisten 
ersehen  kann. 

Von  103  neuen  Opern,  welche  in  21  Jahren  gegeben 
wurden,  kamen  auf  Paßr  19,  Gimarosa  9,  Mayr  8,  Weigl  7, 
^mter  6,  Portogallo  und  Salieri  je  5,  Guglielmi  4,  Mor- 
lacchi, Mozart,  Paisiello,  Schuster,  Spontini  je  3,  Fiora- 
^^ti,  Naumann,  Nicolini,  Pavesi,  Rössler  je  2,  Anfossi, 
^»rinelli,  Federici,  Gnecco,  Generali,  Haydn,  Isouard, 
^lATtin,  Nasolini,  Sarti,  Storau,  Sussmeyer,  Traetto,  Trento 
wid  Zingarelli  je  1. 

Keine  Oper  hatte  in  diesem  Zeitraum  grössere  Er- 
'^Ige,  als:  II  matrimonio  segreto'  von  Gimarosa,  über 
Reiche  der  Berichterstatter  der  Allg.  musik.  Zeitung 
"ö  Jahre  1812  schreibt,  dass  sie  noch  immer  gefalle,  ob- 
*chon  sie  an  150  Mal  wiederholt  worden  sei.  In  diesem 
J*hre  trat  auch  der  Bassist  Benincasa,  geb.  1783  in 
*emgia,  zum  ersten  Male  in  Paßr's  „Camilla"  mit  gros- 
^^  Erfolge  auf.  Ursprünglich  Schuster,  hatte  Morlacchi, 
^^r  ihn  bei  der  Arbeit  ein  Liedchen  trillern  hörte^  die 
herrliche  Stimme  an  ihm  entdeckt  und  ihn  zum  Sänger 
•^gebildet.      Seine   Stimme    hatte    eine    überraschende 

'  179S  zum  ersten  Male  gegeben. 


—    250    — 

VolubilitUt.     Seine  Komik  war  liiureissend;  voll  AniiiutU 
und  Herzlichkeit. 

Grossen  Erfolg  hatte  die  im  Jahre  1810  zum  ersten  Male 
gegebene  Spontini'sche  Vestalin.    Ein  Berieht  vom  Jahre 
1812   lobt   die  Darstellung   fast   durchgehend.    ^Signora 
Sandrini  —  heisst  es  darin  —  rührt  ungemein  als  Jolia, 
Benelli  (Licinio)   flösst  Bewunderung  und  Mitleiden  ein. 
Signora  Belloli   (oberste  Vestalin)   imponirt    durch  ihre 
Stimme   und  spielt   mit  Würde.     Tibaldi  (Cinna)  singt 
sehr   brav.    Perotti   (Pontifex)   ist  der  Einzige^  welcher 
nicht  vollständig  genügt.    Die  Chöre  leisteten,  was  man 
von  ihnen  verlangen  kann.^    Nur  diesem  letzteren  wird 
in   einem  anderen  Berichte  widersprochen.    „Die  pracht- 
vollen Chöre  —  lesen  wir  hier  —  werden  wahrhaft  miss- 
handelt^  was  bei  dem  Mangel  eigener  Choristen  vielleicht 
unvermeidlich  sein  mag." 

Es  kann  nicht  geläugnet  werden,  dass  trotz  der 
Mittel,  über  die  man  zu  dieser  Zeit  verfügte,  die  musi- 
kalischen Verhältnisse  Dresdens  im  übrigen  Deutschlanö. 
damals  nicht  in  dem  Ansehen  standen,  wie  es  seiner  grossen 
Vergangenheit  auf  diesem  Gebiete  entsprochen  hätte.  Sie 
sollten  jedoch  durch  die  über  dasselbe  jetzt  herein- 
brechenden Kriegsdrangsale  grosse  und  folgenreiche  Ver- 
änderungen erfahren. 


lute  Versuche,  ein  deutsches  Schauspiel  am 
ürsüich  sächsischen  Hofe  zu  Dresden  zu 

bilden. 


Isisches  Schauspiel  unter  Fran^ois  Farier.  —  Unterhand- 

1  mit  GottMed  Ueinricli  Koch.  —  Bildung  eines  neuen 
then  Schaosplels  unter  dem  Letzteren.  —  Zustand  der 
and  des  Dramas  in  Franlireieh  und  llentschland.  —  Ge- 

2  der  formalistischen  und  naturalistischen  Spielweise, 
irtheilung  der  Darsteller,  des  Repertoires  und  der  Lei- 
m  der  Kooh'schen  Gesellschaft.  —  Aufhebung  des  Itur- 
eh  deutschen  und  des  französischen  Schauspiels.  —  Der 

Theateruntemehmer  Wäser  in  Dresden. 

Ichon  im  October  1763  war  der  Schauspieler  FranQois 
r  vom  Kurillrsten  Christian  Friedrich  mit  der  Bil- 
eines  neuen  französischen  Schauspiels  betraut  wor- 
Eb  trat  jedoch  erst  nach  dem  Tode  des  Letzteren 
ins  Leben  und  eröffnete  seine  Vorstellungen  im  klci- 
Moretti'schen)  kurfürstlichen  Theater  am  7.  Mai  die- 
ihres.  Es  bestand  aus  9  Schauspielern  und  9  Schau- 
rinnen,  dem  Souffleur  und  einem  Balletmeister.  Die 
Uung  dieses  Letzteren  wies  zugleich  auf  die  Bildung 
Ballets  hin,  die^  wie  wir  gesehen,  auch  nicht  auf 
warten  Hess.  Der  Gehaltsetat  dieser  französischen 
)e  war  auf  18,500  Thlr.  jährlich  normirt;  sie  hatte 
il  Schauspiele,  wie  Operetten  zu  geben.  Die  Vorstel- 
D,  deren  etwa  2 — 3  wöchentlich,   im  Ganzen  aber 


—     252     — 

etwa  100  jährlich  stattfinden  sollten,  nahmen  regelmässig 
Abends  7  Uhr  ihren  Anfang. 

Doch  auch  wegen  Bildung  eines  deutschen  Sdum- 
Spiels  war  man  schon  seit  März  1764  in  Unterhandlang. 
Die  Wahl  war  auf  den  Inhaber  des  kursächsischen  Prin- 
legiumS;  den  Principal  Gottfried  Heinrich  Koch  ge* 
fallen.  Sie  war  auch  sonst  eine  gebotene,  da  er  zu  dieser 
Zeit  die  vorzüglichsten  und  mannigfaltigsten  schauspie' 
lerischen  Kräfte  in  seiner  Truppe  vereinigte. 

Koch   hatte   sich  schon  als  Schauspieler  aUgemeine 
Achtung   und   Gunst   erworben.    £r  war  ein  Mann  von 
Bildung  und  Urtheil^  wohlmeinend,  zuverlässig  und,  wenia 
auch  stets  praktisch,  doch  ehrenhaft.    Schon  als  er  noch 
im  Verbände   der  Neuber'schen  Truppe  stand,   war  ihn 
Lessing   befreundet.    Man   sagt,   dieser  habe  auf  seine 
Darstellung  einen   so   grossen  Werth  gelegt,  dass  er  es 
aufgegeben,  ein  Trauerspiel  fertig  zu  schreiben,  als  Koeh, 
einem  Rufe  nach  Wien  folgend,  Leipzig  verliess.    Kaum 
dass  sich  Letzterer  1850  an  die  Spitze  einer  eigenen  Ge- 
sellschaft gestellt,  als  auch  schon  Gottsched  ihn  fbr  seine 
Bühnenreform   zu   gewinnen    bemüht  war.    Zwar  schien 
sich  anfänglich  ein  gutes  Einvernehmen  zwischen  ihnen 
herzustellen,  insbesondere  leistete  Gottsched  seinem  neuen 
Schützlinge   bei  der  Errichtung  eines  neuen  Theaters  in 
Quandt's  Hofe   zu  Leipzig    durch   seine  Rathschläge  un- 
zweifelhaft grosse  Dienste. '     Indessen  war  Koch 
wegs  der  Mann,  sich  wie  die  Neuber  völlig  von  ihm 
herrschen  zu  .lassen,  noch  seine  Existenz   ganz  an  einen 
idealen  Zweck  und  ein  Princip  zu  setzen,  welches  er  Ü^ 
solcher  Ausschliesslichkeit  nicht  einmal  theilte.    Auch  er 
erstrebte   eine  Hebung  des  deutschen  Theaters,  bei  d^ 
veränderten  Richtung   der  Zeit   verstand   er   aber  dcK^ 

'  Er  gab  ihm  den  Plan  dazu  an,  den  er  nach  dem  Master  def 
alten  Theater  entwarf.  Das  Koch'sche  Theater  war  in  Deatschlao^ 
das  erste,  dessen  Zuschauerraum  im  Halbkreise  angeordnet  war. 


—    253    — 

noch  etwas  Anderes  daruDter^  als  der  ganz  in  Einseitig- 
keit befangene  Grottsched.    Zudem   war   er  ein  viel  zu 
mnacbtiger  Geschäftsmann^  als  dass  er  den  Umständen 
nicht  überall  Rechnung  getragen  hätte.    Ihm  galt  es  vor 
Allem,  seiner   Unternehmung  eine  möglichst   feste   und 
.     danerhafte  Grundlage   zu   geben^   wobei   er  im  Kampfe 
mit  der  Concurrenz  der  übrigen  Truppen   in  den  Mitteln 
nicht  eben   wählerisch   war.    So  hatte  er  es  gleich  an- 
ftnglieh  nicht  verschmäht,  sich  hierzu,  wennschon  nur  vor- 
flbergehend,   der  Possenreissereien  des  Harlekin  Leppert 
i&it  zu  bedienen.    Die  Begünstigung  der  eben  auftreten- 
den Natttrlichkeitsrichtung  und  der  ihnen  entsprechenden 
englischen  Stücke  konnte  Gottsched  ebensowenig  befrie- 
digen.   Der  Versuch,   auch  noch   das  Singspiel  für  sein 
Unternehmen  fruchtbar  zu  machen,   sollte  aber  1752  der 
Anlass  zu  einem  völligen  Bruche  werden.  Die  literarischen 
Sfreitschriften  und  Satyren,   die  Gottsched's  hoffährtiges 
-Auftreten   auch   diesmal   wieder   herausforderte,   führten 
^  diesen  eine  empfindliche  Niederlage  herbei. 

Wie   sehr  Koch   seine  Gesellschaft   bisher   auch  ge- 
hoben hatte,   so    war  ihm  zur  Zeit  die  Schönemann'sche 
"^h  weit  überlegen.    Es  war  daher  für  ihn  ein  doppelter 
^Itlcksfall,   dass   unmittelbar   nach   dem  Ausbruche   des 
^^beiyährigen    Kriegs,    der    ihn    von    seiner    Erwerbs- 
quelle hin  wegzudrängen  drohte,  Schönemaun  seine  Truppe 
^*^llig   vernachlässigte    und    endlich    sogar   verliess,    so 
^^  sie,  nach  einem  missglückteu  Versuche,  sich  unter 
^^Ihofs    Leitung   zu   stellen,   ihn   an    ihre    Spitze   be- 
'^^f.    Koch  zögerte  nicht,  diesem  Rufe  zu  folgen,  und  ver- 
^^^igte  so  die  aus  der  Neuber'schen  Schule  hervorgegan- 
S'^H'^n    beiden   Zweiggesellschaften,    indem    er   zugleich 
*ie   besten   Kräfte    des   eben    in  Auflösung    begriffenen 
^^eimarischen  Hoftheators    (unter  Theophil  Döbbelin)  an 
^^ch  heranzog  und  nun  in  der  That  die  erste  Truppe  in 
^CDtschland    unter   sich    vereinigte.    Nichtsdestoweniger 
"^ar  auch    noch    er  zu  einem  fortdauernden  Ringen  um 


—    254    -^ 

seioe  Existenz,  zu  einem  ebenso  nnsiclieren,  wie  lästi 
Wanderleben  verdammt,  daher  der  Eifer  erklärlieh 
mit  welchem  er  die  nicht  eben  glänzenden  Anerbietni 
des  karsächsischen  Hofes  ergriff,  in  der  allerdings 
illusorischen  Hoffnung,  seinem  Unternehmen  einen  fc 
Wirkungskreis  und  eine  gesicherte  Zukunft  hierdurcl 
gewinnen. 

Die  Unterhandlungen  mit  ihm  wurden  durch 
Oberkämmerei  -  Secretär  J.  D.  Müller  geführt  I 
sagt  in  einer  seiner  Mittheilungen  an  diesen,  ^daf 
ohne  die  Nachcomödien  über  mehr  als  100  Stücke 
füge,  nach  allerlei  Geschmack,  so  wie  itzo  das  Deut 
Publikum  es  verlangt,  aus  dem  Französischen,  Ital 
sehen,  Engländischen,  Holländischen".  Doch  hofft 
auch  noch  Stücke  aus  dem  Spanischen  zu  erhalten, 
italienischen  Sachen  seien  meist  von  Goldoni  und  C 
Desgleichen  besitze  er  „etliche  Singstücke  nach  Art 
,Teufel  —  los',  welche  immer  mehr  Geschmack**  fäi 
Er  verhehlt  hierbei  nicht,  dass  sie  gleich  den  Ball 
dem  Dresdner  Hof  aber  wohl  nicht  genügen  wüi 
„Junge  Mädchen  —  hcisst  es  an  anderer  Stelle  — 
habe  ich  nicht,  denn  so  wie  ich  sie  brauche,  kann 
sie  nicht  bekommen,  und  die  ich  bekomme,  kam 
beim  Theater  nicht  brauchen.  Und  zum  Missbrauche 
lange  ich  keine,  wie  andere  Principals." 

Die  meiste  Schwierigkeit  machte  die  Einigung 
die  Dauer   des   abzuschliessenden  Vertrags.     Koch 
auf  die  Möglichkeit   einer  baldigen  Kündigung  hin. 
giebt    zu    bedenken,    dass   er,   um    seinen  Dresdner 
pflichtungen  zu  genügen,  seine  Hamburger  Unternehn 
aufgeben  müsse,  welche  sehr  einträglich  sei.     Auch  t 
schlügt    er   sehr   kühl  die  Dresdner  Verhältnisse,   ir 
er  sclireibt:   „Er  kenne  Dresden    seit  vielen  Jahren 
gut.     Es  sei  nicht  im  Stande,  eine  Truppe,  besonders 
die  seinige,  zu  ernähren."     Gleichwohl  entschloss  er 
endlich ,    einen    Contract    auf    nur    ein    einziges   • 


—    255    — 

bei  halbjährlicher  EündignDg  abzuschliessen.  Er  verpflich- 
tete sich  darin^  mit  Ausnahme  der  Zeit  vom  1.  Septem- 
ber bis  31.*  October  und  von  Ostern  bis  Pfingsten  (wäh- 
rend welcher  er  fUr  eigene  Rechnung  in  Leipzig  spielen 
durfte)  wöchentlich  2 — 3  Vorstellungen,  im  Oanzen  etwa 
jährlich  80  zu  geben  und  für  Zahlung  der  Gagen, 
Garderobe  und  Decorationen  etc.  zu  sorgen,  wogegen  ihm 
das  knrfUrstliche  Theater  sammt  Garderobe  und  Decora- 
tion zur  Benutzung  bewilligt,  die  Beleuchtung,  sowie  das 
Orchester  für  kurfürstliche  Rechnung  beschafft  und  ein 
Honorar  von  9000  Thlr.  gezahlt  '  werden  sollte.  Auch 
wurde  für  die  Mitglieder  der  Truppe  an  den  Comödien- 
tagpn  ein  Friseur  bestellt,  sie  selbst  aber,  gleich  den  Dar- 
8tollem  des  französischen  Schauspiels,  nach  und  aus  dem 
Theater  gefahren,  wofUr  von  Seiten  des  Directenr  des 
plaisirs  eine  jährliche  Entschädigung  von  150  Thlr.  an 
^e  kurfürstliche  Stallkasse  zu  entrichten  war.  Koch 
nnd  seine  Frau  erhielten  2  Freibillets  ins  zweite 
Parterre,  die  übrigen  Mitglieder  der  Truppe  16  auf  die 
Galerie. 

Koch  hatte  gewünscht,  „die  völlige  Direction  mit  der 
Bezahlung,   mit    Auswählung   der   Stücke,   auch    in  An- 
Dehmung  und  Abdankung   der  Personen   etc."  zu  behal- 
ten.    Ej.   ^ar  jedoch   hierin   dem   Directeur  des  plaisirs 
^Dz  untergeben.    ^Ueberhaupt  —  lautet   die  hierauf  be- 
'^oHche  Stelle    des    Contracts  -    ist    unt(T  der  Kochen 
Verbleibenden  Direction  keine  gänzliche  Unabhängigkeit, 
^'^dem  vornehmlich  dieses  zu  verstehen,    dass  für  alles 
"^yenige,   so   seine   Gesellschalt   betrifft,   der   Directeur 
"^*    plaisirs   sich    lediglich   an    ihn  hält,  ihm    allein  die 
^rfor<lerlichen   Anordnungen   ertheilt    und   ihm    die  Ver- 
anstaltung   des    Angeordneten     bei    seiner    Gesellschaft 
tlberläsgt,   auch    ihn    in    der   benötliigten  Autorität   über 
,       zu    seiner    Gesellschalt    gehörigen    Personen    kräf- 
*'8^t   handhabt   etc."     Träten  jedoch    auf  Wunsch    des 
"öfeg   Entlassungen    und    neue    Engagements    ein,    so 


—    256    — 

sollten   die  hierdnrch   entstehenden   Mehrausgaben  to 
diesem  noeh  besonders  vergütet  werden. 

Die  Vorstellungen  der  französischen,  wie  der  dea 
sehen  kurfürstlichen  Schauspieler  waren  fortan  gu 
öffentlich  und  der  Zutritt  zu  ihnen  Jedermann  gegen  d 
Erlegung  eines  bestimmten  Einlasspreises  gestattet  - 
ein  Fortschritt;  auf  dessen  wohlthätige  Einwirkungen  u 
bereits  im  vorigen  Abschnitte  hinweisen  konnte.  D 
Einlasspreise  waren  aber  für  das  französische  Schanq» 
fast  durchgehend  höher,  als  für  das  deutsche.  Zu  d( 
Vorstellungen  des  ersteren  kostete  ein  Billet  in  den  Cerc 
und  in  die  Logen  des  ersten  und  zweiten  Rangs  20  G 
in  das  Parterre  und  in  die  Logen  des  dritten  Ban, 
8  Gr.,  auf  die  Galerie  4  Gr.  Zu  denen  des  deutsch 
Schauspiels  war  dagegen  der  Preis  einesBillets  in  den  Cen 
und  in  die  Logen  des  ersten  und  zweiten  Rangs  a 
12  Gr.,  in  den  dritten  Rang  auf  8  Gr.,  in  das  Partei 
und  die  Galerie  auf  4  Gr.  festgesetzt.  Für  die  0£Bzk 
der  Garnison  waren  die  Preise  noch  durchgängig  ennl 
sigt.  Für  die  Logen  war  auch  ein  Jahresabonneme 
eingerichtet. 

Nach  dem  Vorgange  verschiedener  anderer  Theal 
hatte  man  leider  die  tadelnswerthe  Einrichtung  getroffi 
in  den  Nebenzimmern  des  Theaters  Fharaotische  ai 
stellen  zu  lassen  und  die  Theilnahme  am  Spiel  i 
einer  Steuer  zu  belegen.  Jeder, Tisch  zahlte,  sobald  i 
Banquier  daran  Platz  genommen  liatte,  6  Ducaten,  jcc 
Spieler  Doch  ausserdem  den  Einlasspreis  des  erst 
Platzes.  Nur  bekannten  Personen  war  jedoch  der  Z 
tritt  gestattet. 

Ehe  ich  micli  der  BetrachtUDg  der  Leistungen  beit 
Gesellschaften  zuwende  (soweit  sie  überhaupt  mögli 
ist),  wird  es  nöthig  sein,  einen  Blick  auf  die  Verl 
derungen  zu  werfen,  welche  in  Frankreich  und 
Deutschland  sowohl  auf  dem  Gebiete  der  Oper,  wie  i 
dem  des  Schauspiels  inzwischen  stattgefunden  hatten. 


r 

i 


—    257    — 

Der  von   der  Natur   mehr   und   mehr   abweichende 
Formalismii8  der  französischen  Tragödie  und  der  italieni- 
schen Oper  hatte  seit  längerer  Zeit  den  Geschmack  nicht 
Dor  der  romanischen ^  sondern    auch  der  germanischen 
Völker  beherrscht.     Schon    mit    Anfang   des   18.  Jahr- 
himdtrts  machte   sich   aber    dagegen^  wenn   auch    an- 
tänglich  nur  leise^  eine  Reaction  zu  Gunsten  der  Natur- 
wahrheit und  der  individuellen  Empfindung  geltend^  welche 
TOQ  der  sensualistischen  Philosophie  und  den  mit  ihr  in 
Verbindung  stehenden  Freidenkern   genährt  wurde.    Sie 
trat  zunächst  in  England   und  Frankreich    hervor.    Bei 
der  damaligen  Abhängigkeit  Deutschlands  von  der  Gultur- 
entwicklung  dieser  Länder  konnte  aber  auch  dieses  nicht 
unberührt  davon   bleiben.    Hier,  wo    das  Nationalgetlibl 
in  §0  tiefem  Schlummer  lag,  musste  sie  besonders  auf  dieses 
Webend  einwirken ,    wodurch    die    Bestrebungen ,    ein 
^nes  nationales  Drama,  eine  eigene  nationale  Oper  zur 
Entwicklung  zu  bringen,   wieder  neu   angeregt  wurden, 
"ir  haben  gesehen,   wie   hier  die  ersten,  auf  eine  der- 
•föge  Reform  der  Oper  gerichteten  und  anfangs  grossen 
^olg  versprechenden  Versuche  dem   damit    zusammen- 
**"*^üden  neuen  Aufschwünge  d(T  italienischen  Oper  rasch 
^terlagen,   während    die   etwas    früher    in    Frankreich 
^^   doch    nur   massigen  Talenten    unternommenen  ähn- 
"<^öen   Bestrebungen    von    dem    vollständigsten    Erfolge 
S^krönt   worden   waren    und   die   italienische   Oper   für 
"^gere  Zeit  fast  völlig  verdrängt  hatten. 

Die  italienische  Oper  hatte  sich  aus  dem  Recitativo 
^^^  wenn  auch  nicht  unmittelbar  aus  dem  Volksliede, 
^  ^üch  aus  dem  hieraus  entsprungenen  Kunstgesange, 
^^  Madrigale,  entwickelt.  In  jenem  sollte  die  musi- 
J^^ache  Form  ganz  nur  im  Dienste  des  Worts  und  der 
^^Utung  stehen,  in  diesem  umgekehrt  Wort  und  Dieh- 
^&,  obschon  sie  die  musikalische  Form,  die  hier  ein 
^*t>8t8tändigeres  Leben  beanspruchte,  noch  immer  innor- 
^^Ib  gewisser  Grenzen  bestimmten,  sich  dieser  doch  unter- 

17 


—     258    — 

ordnen  und  ganz  in  ihr  aafgt-lun.  Beide  Elemente  zeigen 
sieb  in  der  italienischen  Oper  aufs  Engste  mit  einander 
verbunden.  Sie  konnten  in  dieser  yerji)indnng  aber 
eine  verschiedene  Stellung  zu  einander  einnehmen.  Du 
Recitativ  konnte  entweder  die  Melodie  ganz  beherrBchen 
und  sich  diese  unterordnen,  oder  es  konnte  umgekehrt 
von  ihr  beherrscht  und  ihr  untergeordnet  Ferden.  El 
scheint,  dass  jeder  rationelle  Versuch  einer  nationalen 
Reform  der  Oper  auf  eines  dieser  beiden  Grundelemente 
der  italienisehtn  Oper,  wenn  nicht  zugleich  auf  beide^ 
zurückgehen  muss.  Auch  Lully  hatte  es  gethan,  indem  er 
einerseits  das  Recitativ  im  Geiste  der  französiscbei 
Tragödie,  d.  i.  also  rhetorisch -pathetisch,  zu  behandeh 
suchte,  und  andererseits  auf  das  französische  Volkslied 
(chanson)  zurückging.  Er  hat  jedoch  diese  beiden 
Elemente  in  seinen  Gompositionen  sehr  auseinander  g^ 
halten.  Er  schränkte  das  letztere  fast  ganz  auf  den 
instrumentalen  Theil  seiner  Opern  (den  er  freilich  erwei- 
terte), auf  Tänze,  Märsche  und  (^twa  noch  auf  die  Chöre 
ein  —  wogegen  er  den  eigentlich  dramatischen  TheB 
dersilben  in  dem  angedeuteten  Sinne  fast  ganz  red- 
tativisch  behandelte.  Er  schloss  sich  dabei  dem  Bei- 
spiel der  älteren  italienischen  Operncomponisten  an,  indem 
er  da,  wo  die  Empfindung  sich  steigert,  das  Recitatir 
zu  kurzen  ariosen  Sätzen  sich  emporringen  liess.  Docli 
blieb  bei  ihm  selbst  noch  dann  die  Melodiebildoog 
beschränkt. 

Rameau,  welcher  zwar  anfangs  als  Neuerer  vcr- 
dächtigt  wurde,  that  im  Grunde  nichts  Anderes,  als  da» 
er  die  Reform  Lully's  mit  den  erweiterten  Hülfsmitteln 
seiner  Zeit  und  mit  ungleich  grösseier  Einsicht  in  die 
Gesetze  der  Harmonie  weiter  fortsetzte,  was  besonder« 
dem  orchestralen  Theil  seiner  Opern  zu  Gute  kam- 
^Üer  langsame,  gleichmässige  Schritt  der  LuUy'scben 
Oper  —  sagt  Otto  Jahn  (W.  A.  Mozart)  —  ist  dnrcb 
Rameau  freier  und  bewegter,  der  dramatische  Ausdruck 


—    259    — 

lebhafter  und  energischer  geworden.  Es  wird  ein 
charakteristisches  Colorit  in  der  Musik  sichtbar  ^  allein 
das  Fundament  ist  geblieben.*^ 

Auch  Gluck   ging  bei   seiner  Opemreform  wieder 
auf  die  Anfänge  der  Italiener  zurück.    Wie   sie ,   wollte 
auch  er  den  Worten  der  Dichtung  einen  erhöhten  Aus- 
druck  geben.     Kommt   bei   diesem   Principe   überhaupt 
schon  sehr  viel,  ja  Alles  auf  Natur  und  Charakter  des 
Textes  an,  so  lässt  sich  dieser  doch  noch  in  yerschiedenem 
Sinne  auffassen^  insofern  er  der  Betrachtung  verschiedene 
Seiten  und  verschiedene  Momente  darbietet.    Die  Reform 
Lnlly's   war    hauptsächlich    darauf    ausgegangen^    das 
dramatische  Moment  des  Textes  zu  entschiedenerem  Aus- 
drick  zu  bringen.   Indem  er  aber  dabei  vorzugsweise  eine 
rhetorische  Behandlung  des  Pathos  Ins  Auge  fasste^  drang 
er  nicht  bis  in  die  eigentliche  Seele,  bis  in  die  Wurzel  des- 
•dben  ein,  welche   erst   in  dem  Individuellen  der  Natur 
lind  des  Charakters  gelegen  ist,  welche  das  Pathos  ent- 
^«keln.    Er  brachte  vielmehr  nur   die   allgemeine  Seite 
desselben  zum  Ausdruck. 

Gluck  trat  diesem  Momente  des  dramatisclien  Lebens 
i^ar  näher,  aber  doch  nur  erst  naher.  Er  fasste  zuerst 
^'as  Cbarakteristische  der  dramatischen  Situation  ins  Auge 
önd  brachte  dieses  in  einem  grossen,  aber  doch  mehr 
'^Brallgemrineren  pathetischen  Sinne  zum  Aasdruck.  Auch 
^^ine  Charakteristik  entbehrt,  obgleich  nicht  des  in- 
dividaellen  Lebens  überhaupt,  so  doch  des  innersten 
^dividuellen  Lebens  und  stellt  sich  daher  in  zwar 
•^^harfen,  doch  noch  immer  verallgemeinernden  Linien 
^'^r.  Die  musikalischen  Schätze  auch  noch  auf  diesem 
ß^biete  zu  heben,  war  erst  dem  Genie  eines  Mozart 
^'^rbehalten. 

Aus  diesem  Grunde  tritt  auch  das  der  Glnck'schen 
'^^form  eigenthümliehe  nationale  Moment  woniger  scharf 
"^rvor,  als  ein  ihr  inwohnender,  mit  den  Hostrebungen 
Lnlly'g  und  Rameau's  verwandter  Zug.    Weshalb  ihm  der 


4   »* 


—    260     — 

französiscbe  Oesandtschaftsattachö  de  Rollet  auc 
rathen  konnte,  den  Erfolg,  den  er  in  Deutschland 
fand,  in  Paris  zu  suchen,  da  die  von  ihm  eingescU 
Richtung  im  Grunde  nichts  Anderes  sei,  als  eine  ^ 
entwicklung  der  französischen  Oper.  Wie  richti 
Franzose  geurtheilt,  geht  nicht  sowohl  ans  den  nni 
baren  Erfolgen  hervor,  welche  Gluck  in  Paris  i 
da  hierzu  noch  manche  Nebenumstände  mitg* 
haben,  sondern  mehr  noch  aus  der  Nachwirkung,  i 
er  auf  die  Entwicklung  der  französischen  ernsten 
(Mehul,  Isouard),  ja  selbst  auf  einzelne  italienische 
ponisten  (Salieri,  Spontini,  Cherubini)  ausübte.  'W 
doch  die  Wirkungen,  die  er  in  Deutschland  hatte 
Theil  erst  durch  diese  (wie  z.  B.  auf  Winter  durch  J 
vielleicht  selbst  auf  Beethoven  durch  Gherubini 
mittelt.  Auch  auf  Mozart  (Idomeneo)  machte  sich 
Einwirkung,  obschon  sie  hier  wohl  eine  ganz  nn 
bare  war,  nur  so  lange  geltend,  als  dieser  noch 
italienischem  Einflüsse  stand.  Gluck's  ganze  6 
richtuDg  neigte  sich  eben  mehr  dem  romanischen  1 
principe ,  als  dem  germanischen  zu ,  seine  Werke 
einen  mehr  plastischen,  als  malerisch  stimmungs 
Charakter,  sie  haben  mehr  Zeichnung,  als  Farbe. 
War  diese  ganze  Richtung  überwiegend  das 
künstlerischer  Reflexion,  befriedigte  sie  mehr  den 
als  das  Gemtith  und  die  ästhetische  Sinnlichke 
sollte  jetzt  unter  dem  Einflüsse  der  aufNaturwa 
und  individuelle  Empfindung  dringenden  Bestrebi 
der  Zeit  und  unter  Anregung  der  eben  in  Italien  e 
blühenden  Opera  buffa  in  Frankreich  eine  Opei 
stehen,  welche  dem  französischen  Charakter  und  Ni 
diesem  Gemisch  von  Esprit  und  Sentiment,  ent» 
und  entsprach  und,  den  sinnlichen  Reiz  der  Melod 
Auge  behaltend,  seine  Anregungen  in  der  Romanz< 
chanson,  in  den  volksthümliciien  Licderchen  der  V 
villes  suchte  und  fand.    Schon  die  Opera  buffa  wa 


—    261    — 

(iner  Art  Reaction  gegen  die  Opera  seria  Lervorgegangen^ 
Sie  entzog  sich  nicht  nnr  der  Herrschaft  ihrer  Formen 
Qod  Regeln,  sondern  verspottete  sogar  diese  nicht  selten. 
Die  erkünstelten  Stimmen  der  Gastraten  ganz  von  sich  aus- 
scUiessend,  machte  sie  nicht  wie  diese  den  Sopran  oder 
Alt  zum  Liebhaber  oder  wohl  gar  zum  Helden  der  Hand- 
lung; sondern  erwählte  hierzu  den  Tenor  oder  Bass  (den 
basso  bnffo). 

J.  J.  Roussean  war  der  Erste,  welcher  in  seinem 
DeyiD  da  village  ein  Beispiel  aufstellte,  wie  die  Melodie 
der  Italiener  für  die  Franzosen  in  nationalem  Sinne 
irnchtbar  zu  machen  sei.  Mit  dem  Gewicht  seines  Namens 
bncb  er  der  neuen  Richtung  die  Bahn,  welche  dann 
d'Auvergne,  Duni  (ein  geborener  Neapolitaner),  Montigny, 
Philidor  mit  Anmuth,  Leichtigkeit  und  Heiterkeit  weiter 
Terfolgten,  bis  endlich  E.  Gretry  der  französischen  Oper 
diejenige  Gestalt  gab,  welche  dem  Charakter  des  fran- 
löwßchen  Geistes  völlig  entsprach  und  sie  durch  eine 
Hischnng  von  Scherz  und  Ernst  zu  einem  pendant  der 
l^leichzeitig  aufgekommenen  ernsten  oder  rührenden 
Comddie  machte.  Boieldieu  brachte  dieselbe,  indem  er 
ihr  noch  eine  romantische  Färbung  gab,  später  zur  reiz- 
vollsten Blüthe. 

Der  Gegensatz  zwischen  dieser  neuen  und  der  alten 
Uassisclien  Oper  zeigte  sich  am  entschiedensten  darin, 
dagg  jene  das  Recitativ,  welches  die  nothwcudige  Grund- 
'^ge  von  dieser  war,  fast  völlig  fallen  Hess.  Der 
'^«cherc  Pulsschlag,  welcher  ihr,  den  natürlichsten  Aus- 
druck des  individuell  charaktcristischon  Lebens  forderndes 
Spiel  bewegte,  musste  das  Recitativ  als  eine  hemmeüde 
^^ol  empfinden,  welche  man  abstreifte,  um  sich  die 
Döthige  Freiheit  zur  Führung  eines  leichten,  geistreiche  n 
Dialogg  zu  gewinnen. 

Gewissermassen  in  einem  Gegensatze  auch  wieder 
^i^nn  hatte  Rousseau  in  seinem  Pygmalion  die  Musik 
*n  einer  den  Fluss  des  recitirenden  Dramas  verzögemdin 


—     262     - 

Bt^leiteriu    desselbeu  gemacht,     übsclion    diese  Gattuu^; 
nur  eine   kurze  Blütlie   gehabt,   so   ist  sie  doch  charak- 
teristisch für  eine  Zeit,  in  welcher  die  individuelle  Em- 
pfindung nach  mögliebst  bedeutendem,  charakteristiscb- 
stimmungsvollen  Ausdrucke  rang. 

Der  doppelte  Einfluss  der  italienischen  IntermezUp 
aus  denen  sich  die  komische  Oper  entwickelt  hatte,  nni 
der  französischen  Operetten  konnte  in  Deutschland  nia 
so  weniger  wirkungslos  bleiben,  als  man  hier  schon  früher 
den  Versuch  gemacht  hatte,  das  Volkslied  für  die  nationale 
Oper  zu  benutzen  und  das  Recitativ  dabei  auszuschliessen. 
Es  ist  eine  immer  wieder  aufs  Neue  zu  machende  Er- 
fahrung, dass  das  deutsche  Schauspiel  im  Kampfe  mifc 
anderen  theatralischen  Unternehmungen  sich  nicht  sowohl 
durch  Anspannung  seiner  eigenen  Kräfte  durchzusetzen 
sucht,  sondern  sein  einziges  Heil  in  dem  Ergreifen  der 
Mittel  finden  zu  sollen  glaubt,  mit  welchen  diese  Unter- 
nehmungen ihre  Wirkungen  erzielen,  gleichviel  ob  die»e 
Wirkungen  überhaupt  verwerflich  oder  ob  die  Benutzung' 
jener  Mittel  für  seine  eigene  Entwicklung  wenigstens 
schädlich  sind.  So  hatte  es  sich  im  Kampfe  mit  der 
italienischen  commedia  deir  arte  des  Stegreifspiels  und 
der  Masken  derselben,  im  Kampfe  mit  der  ersten  ita- 
lienischen und  deutschen  Oper  ihres  Decorationsprunkes 
und  ihrer  Buhneneffecte  bemächtigt,  es  hatte  im  Ringeu 
mit  dem  französischen  Ballete  dieses  selbst  in  sich  aaf- 
genommen  und  so  verband  es  sich  denn  auch  jetzt  zunächst 
wieder  mit  den  italienischen  Intcrmezzisten  und  de» 
französischen  Operettensängern,  bis  es  endlich  die  An- 
regung gal),  derartige  Spiele  auch  selbst  zu  erfinden. 

Schon  Schönemann  hatte  in  den  40er  Jahren  de0 
18.  Jahrhunderts  den  Versuch  hierzu  mit  einer  englische» 
Operette  „the  devil  to  pay"  gemacht,  die  er  ins  Deutsch« 
übersetzen  Hess.  Ohne  eigentliche  Sänger  und  ohne  di« 
Begleitung  des  Orchesters  konnte  sie  freilich  nicht  an- 
sprechen.    Mit   ungleich    besserem  Erfolge   hatte  Kocb 


-     263     - 

diegen  Versuch  wieder  aufgenommen,  indem  er  denselben 
Stoff  neu  von  Weisse  behandeln  und  von  seinem  Musik- 
director  Standfnss  eomponiren  Hess.  D(  r  Beifall,  den  er 
mit  diesem  Experimente  errangt  muss  wohl  hauptsächlich 
daraus  erklärt  werden,  dass  er  in  dem  Schauspieler  Brück 
einen  vorzüglichen  Repräsentanten  des  Jobst  Zechel,  in 
der  St.  inbrecher  eine  ebenso  glückliche  Darstellerin  für 
di<'  Rolle  des  Lenchen  besass.  Von  diesem  Versuche 
wird  nun  gewöhnlich  die  Entwicklung  der  neuen  deutschen 
Oper datirt.  Erst  in  Joh.  Adam  Hiller  in  Leipzig  sollte 
«ch  aber  das  Talent  finden,  welches  die  hierbei  gestellte 
Anf^'abe  nicht  nur  in  volksthümlicher,  nationaler,  sondern 
AQch  in  einer  dem  Zustande  des  deutschen  Tlieaters, 
welches  noch  keine  genügend  ausgebildeten  Sänger  be- 
»88,  durchaus  entsprechenden  Weise  ergriff.  Das 
Hiller'sche  Liederspiel  wurde  dann  später  von  Ditters- 
dorf  zu  reicheren  Formen  entwickelt,  die  durch  Mo  zart' s 
dio  ^^anze  musikalische  Bildung  der  Zeit  umfassenden, 
nnivorsellen  Geist  zu  einer  Vollendung  gebracht  werden 
sollten,  die  nach  Seite  dir  individuell  dramatischen 
Charakteristik  weder  an  Tiefe,  noch  auch  an  Reichthum 
'rieder  erreicht  worden  ist. 

Um  die  Schauspieler  seiner  Truppe  für  die  Aufnahme 

^^T  von  ihm  später  so  begünstigten  Operette  gefügig  zu 

"^hen,   welche   denselben  ein  ungleich  zeitraubenderes 

Stndinm   als   das   recitirende   Drama  auferlegte,   musste 

Koch  -zu  sehr  bedenklichen  Reizmitteln  greifen.    Er  be- 

'^Uigt«»  nämlich  einem  jeden  Darsteller  für  jede  Opern- 

^or^tellung    eine    besondere  Oratification,  —  ant^nglich 

^  G^ilden  für  jede  erste  und  1  Gulden  für  jede  folgende 

^^tellung,  welche  jedoch  für  die  Darsteller  erster  Rollen 

^'cl  bis  auf  1  Louisd'or  für  die  erste  und  bis  auf  1  Du- 

^^n  für  jede   folgende  Vorstellung   gesteigert    werden 

'"^'^Bute ;  was  zu  einer  Zeit,  in  welcher  Künstler,  wie  Schröder, 

^'^^nahmsweise   5  Tlialer  Wochengage   erhielten,  und  in 

^^Icher  die  ganze  wöchentliche  Theater-Einnahme  in  einer 


—    264    — 

Stadt  wie  Dresden  durclischnittlieh  nur  80  Thaler  betrog 
sicher  sehr  viel  war.  Es  ist  übrigens^  wie  ich  glaube, 
das  erste  Beispiel  der  jetzt  so  allgemein  in  Anfiiabme 
gekommenen  Spielhonorare^  wenigstens  in  DentschlaDi 

P'ntschiedener  noch  als  in  der  Oper  war  aber  die  in 
der  Zeit  liegende  Richtung  auf  das  Naturwahre  nnd  auf 
die  Auslebnng  individnellen  Empfindens  im  gesproebeDeo 
Drama  zur  Erscheinung  gekommen.  In  Frankreich,  wo 
das  Lustspiel  schon  immer  gegen  den  conventionelleD 
Formalismus  der  Tragödie  reagirt  hatte^  ging  auch  diese 
Richtung  wieder  vom  Lustspiele  aus.  Es  entstand  das 
sentimentale  oder  weinerliche  Lustspiel,  welches,  indem 
es  sich  hierbei  in  die  Gemütlissphäre  hinttberspielte,  der 
höchsten  Autorität  derselben,  der  Moral,  dienstbar  wnide 
und  unmittelbar  auf  Besserung  und  Abstellung  sittlicher 
Gebrechen  ausging.  Die  Schwächlichkeit  dieser  Richtung 
zeigte  sich  darin,  dass  es  sich  bei  diesen  Stücken, 
wie  beim  Sentimentalen  überliaupt,  weniger  um  Da^ 
Stellung  von  Empfindung  als  von  x\nempfindung  handelte 
und  die  darin  golelirte  Moral  meist  auf  ziemlich  flache 
Gemeinplätze  hinauslief. 

In  England  führte  dagegen  diese  Nattirlichkeitsrichtung 
vorzugsweise  dahin,  dass  die  Handlung  des  Dramas  in 
Kreise  verlegt  wurde,  welche  zur  Zeit  noch  mehr  von 
der  natürlichen  Empfindung,  als  von  der  couventionellcn 
Sitte  beherrscht  wurden.  Es  entstand  das  bürgerliche 
Familiendrama,  dessen  charakteristischer  Grundzug  eben- 
falls das  Sentimentale  und  Moralisirende  ist.  In  Deutsch- 
land trat  diese  Richtung  zuerst  im  Schäferspiel  auf. 

Schon  in  dem  Prolog,  mit  welchem  Koch  1750 
seine  Vorstellungen  in  Leipzig  eröffnete,  wurde  ge- 
gen die  Conventionelle  Spielweise  der  Franzosen  Ein- 
spruch erhoben.  Im  Jahre  1754  aber  wurde  schon  dar- 
auf hingewiesen,  dass  auch  „der  Fleiss  der  munteren 
Briten  seit  Kurzem  die  deutsche  Bühne  schmücke''  nnd 
„ein  Bamwell  zur  Besserung  deutscher  Sitten  diene". 


—    265    — 

Gewiss  würde  aber  diese  Bichtung  hier  bald  ganz  ins 

Platte  herabgesunken»  sein  und  sich  in  eine  engherzige 

Moral  und  eine  hohle   Empfindsamkeit  verloren   liaben, 

wenn  eine  Anzahl  genial  beanlagter  Männer  der  deutschen 

Literatar   ihr   nicht   theils  durch   eigene   Werke ,   theils 

dnrch  den  Hinweis  auf  Shakespeare  einen  höheren  Auf- 

schwnng  und  erhabene  Merkziele   und  Muster  gegeben 

bitten.    1756  ftlhrte  Koch   in    des  Dichters  Gegenwart 

Lessing^s  Sara  Sampson  in  Leipzig  auf  der  Bühne  ein,  in 

welcher  (wenn  auch  noch  immer  nach  fremden  Vorbildern) 

zum  ersten  Male  mit  deutscher  Zunge  und  aus  deutschem 

Herzen  der  Widerstreit  tiefer  Empfindung  und  mächtiger 

Leidenschaften  das  Wort  führte.    1767  sollte  die  Lessing- 

^he  Dramaturgie   das  Drama   der  Deutschen  aus   den 

^^sseln  der  französischen  Begeln  befreien  und  in  Minna 

von  Bamhelm  das  erste,  noch  immer  massgebende  Muster 

<^üke9    yaterländischen    Lustspiels   aufgestellt    und    hier- 

^^rch  das  nationale  Drama  der  Deutschen  wahrhaft  be- 

PHndet  werden. 

Natürlich  konnten   diese  Verhältnisse  auch  auf  die 
^baaspielkunst  nicht  ohne  Einfluss  bleiben.  Was  aber  das 
damalige  französische  Schauspiel  in  Dresden  betrifft;  so 
''^lihn  uns    freilich  alle  näheren    Nachrichten    darüber. 
L^agcgen   lässt   dieser  Einfluss  sich  au   der  Koch'schen 
^^sellschaft  um  so  sicherer  verfolgen.    Wir  sahen,   dass 
L"^tzterer   sich    schon    1750    im   Principe    für    die    neue 
^atürlichkeitsrichtung    entschied.      Theorie    und    Praxis 
stehen  freilich  nicht  nur  überhaupt,  sondern  nur   zu   oft 
•^Ibst  noch  bei  einem  und  demselben  Mensehen  in  Wider- 
spruch miteinander.    Nach  allen  Nachrichten  gehört  Koch's 
^" ortrag  und  Spiel  noch  der  alten  französchen  Schule  an, 
^•8  jedoch   in  den  Stücken   des  höheren  Stils   ungleich 
stärker  als  im  Lustspiele  hervortreten  musste,  in  welchem 
*^ine  Meisterschaft  lag.  Doch  auch  die  meisten  der  übrigen, 
^^r  ersten  Periode  seiner  Principalschat\  angehörenden 
^^^isteller   werden    noch    mit   einem    ähnlichen    Wider- 


—    :2Ü6    — 

Spruche  behaftet  gewesen  sein,  trotz  des  längeren  Ein- 
flusseS;  den  Eckhof  (von  1658 — ß4)  auf  sie  mit  aus- 
geübt hat. 

Eckhof  wird  gewöhnlich  der  Vater  der  deut- 
schen Schauspielkunst  genannt.  Er  stellte  in  der 
That  nicht  nur  der  Nacheiferung  ein  überaus  treffBches 
Vorbild  in  sich  auf,  sondern  wirkte  auch  mehr  als  irgend 
ein  anderer  Schauspieler  seiner  Zeit  durch  Aufmuntemng; 
Rath  und  Lehre  auf  seine  Umgebungen  ein.  Als  das 
eigentliche  Haupt  der  auf  Naturwahrheit  ausgehenden 
Richtung;  als  ihr,  freilich  auf  einem  ungleich  engeren 
und  weniger  glänzenden  Gebiete,  reinster  Repräsentant 
muss  aber  nach  Schröder's  Urtheile,  (Um  wir  wohl  hierin 
Vi  rtraucn  dürfen,  dessen  Stiefvater,  Conrad  Ackermann, 
bezeichnet  werden.  Wohl  wird  auch  Eckhof  von  Schröder 
als  der  grösste  Theaterredner,  den  je  eine  Nation  gehabt 
habe,  gepriesen;  gegen  sein  Spiel  aber  erhebt  er  nicht 
unbeträchtliche  Einwendungen.  „Er  wäre  sicherlich  — 
heisst  es  bei  ihm  —  hierin  ebenso  gross  gewesen,  hätte 
ihm  die  Natur  einen  besseren  Körper  gegeben,  hätte  er 
kein  französisches  Theater  gesehen  und  nicht  den 
grösston  Theil  seiner  Bildungsjalir(*  in  Hamburg  und  in 
eint  m  beschränkten  bürgerlichi^u  Zirkel  gelebt,  der  ihn 
mit  dem  Tone  der  grossen  Welt  unbekannt  liess."  Nur 
in  einzelnen  Rollen,  welche  der  Eigenthümlichkeit  seiner 
Natur  besonders  günstig  entgegenkamen,  befriedigte  er 
auch  hierin  Schröder  vollkommen,  und  dieser  hat  dann 
nicht  Worte  des  Lobes  für  ihn  genug. 

Kurz  vor  dem  Abschlüsse  mit  dem  Dresdner  Hofe 
hatte  sich  Koch  mit  Eckhof  entzweit.  Es  scheint,  ate 
ob  dieser,  vielleicht  noch  mehr  seine  Frau,  einen  zu  grossem 
Einfluss  auf  die  Wahl  und  Besetzung  der  Stücke  gesucht, 
und  Koch,  um  ihnen  entgegen  zu  wirken,  das  Lustspiel 
gegen  die  ernsten  Stücke  (die  Eckhofs  eigenstes  Feld 
waren)  bevorzugt  hätte.  Dieser  verliess  ihn  bereits  ii** 
Frühjahr  1764.    Nichtsdestoweniger  war  die  Truppe  da- 


—    267    — 

mals  noch   immer   die   erste.    Sie   bestand  aus  29  Per- 
soDcn  and  zwar  aas  folgenden  Darstellern: 

Heinrich  Gottfried  Koch  and  Frau,  Johann  Anton 
Brock;  Johann  Gottfried^  gen.  Johann  Anton  Brückner 
mit  Frau  und  Sohn,  Johann  Ludw.  Starck  and  Frau^ 
Karoline  Steinbrecher  mit  Matter,  Joh.  Göttlich  Schabert, 
Christian  Witthüft  und  Frau,  Lebrecht  Martini,  Franziska 
Komtbal,  die  Wittwe  Starcke,  Karl  Christian  Starcke, 
Joh,  Christoph  Walter,  Joh.  Gottlieb  Schindler,  Joh. 
Christoph  Hörlitz,  Joh.  Georg  Kahlt  mit  Frau  und  Christian 
Friedr.  Wonne. 

Koch  galt  damals  für  einen  der  ersten  Darsteller  im 
Fach  der  komischen  Alten.  In  ernsten  Rollen  war  er 
meist  steif  und  sprach  sie  auch  schlecht.  Von  seiner 
Gesticulation  hat  man  gesagt,  dass  er  seine  Hand  nicht 
in  die  offene  Weste  habe  stecken  können,  ohne  damit 
einen  Halbzirkel  zu  beschreiben.  Mit  derselben  ge- 
Bchwnngenen  Bewegung  habe  die  Hand  ihren  Rückzug 
in  die  Rocktasche  genommen. 

Koch's  Gattin,  Christiane  Henriette,  geb. 
^erleck  aus  Leipzig,  war  schon  allein  durch  ihre  Schön- 
heit berühmt.  (Graff  hat  sie  als  Pelopia  in  Atreus  von 
Geisse  gemalt.)  Sie  glänzte  früher  in  Soubrettin-  und 
Hosenrollen.  Später  hat  sie  in  leidenschaftlichen  Partien, 
'ric  Karwood,  grosses  Aufsehen  erregt.  Sie  wurde  be- 
sonders wegen  ihres  Anstands  gerühmt. 

Brück  (geb.  1711  bei  Graupen  in  Böhmen)  war 
vortrefflich  in  niedrig  komischen  Rollen.  Vor  Allem  wird 
^  im  stammen  Spiele  gerühmt.  Auch  war  er  eine  der 
^eBentlichsten  Stützen  der  Operette.  In  dieser  excellirte 
'^ni,  Steinbrecher,  für  welche  Standfuss  alle  seine 
Kompositionen  einrichtete.  Dem  graziösen  Uebermuth, 
^^  sie  dabei  entwickelte,  verdankte  sie  den  Beinamen 
^*  deutschen   Favart.  *    Ihre  Mutter,   eine  Tochter  des 

'  Die  Favart,  geb.  DüroDcerey,  1727,  war  die  Frau  des  Opern- 


—     2G8    — 

bekannten  Principals  Spiegclberg,  war  besonders  in  dem 
Lustspiele  „Die  koketten  Mütter^  berUhmt.  Dem.  Korn- 
thal soll  eine  gute  Sängerin,  doch  schwache  Schauspie- 
lerin gewesen  sein. 

Ludwig  Starcke  gehörte  zu  den  DarsteUen, 
welche  sich  schon  damals  durch  Natürlichkeit  des  Vor- 
trags und  Spiels  auszeichneten.  Er  war  Yorzttglich  ixu 
treuherzigen  Rollen.  Seine  Frau,  Johanna  Christiane 
geb.  Gebhardt  aus  Breslau,  war  frühzeitig  in  zärtlichen, 
und  naiven  Bollen  berühmt.  Sie  macht«  als  Zaire,  Sar&y 
Sophie  (im  Hausvater)  Epoche.  Später  trat  sie  vA.'t 
Glück  in  das  Fach  der  Mütter  ein.  Schöne  Natürlichkeit 
und  Feinheit  des  künstlerischen  Urtheils  werden  an  ihr 
hervorgehoben. 

Witthöft,  geb.  1729  in  Leipzig,  war  in  komischen 
Alten  beliebt.  Er  besass  viel  komische  Kraft  und  erregte 
oft  schon  durch  sein  Auftreten,  durch  eine  einzelne  Be- 
wegung die  ausgelassenste  Heiterkeit 

Brückner,  geb.  1730  zu  Illmersdorf,  war  einer  der 
bedeutendsten  und  genialsten  Schauspieler  der  Zeit    Der 
Sohn  eines  Predigers,  hatte  er  eine  gute  Schulbildung  genos- 
sen, trat  dann  bei  Rüdiger  und  hierauf  bei  Voss  in  BerUn  in 
den  Buchhandel  ein,  wo  er  in  vertrauteren  Umgang  mit  dea 
ersten  der  dortigen  französischen  Schauspieler,  sowie  mit 
Lessing  und  Voltaire  kam.    Die  hierdurch  erweckte  Litft 
zum  Theater   wurde   noch   durch   die  Darstellungen  der 
Kocli'sclien  Gesellschaft  gesteigert,  so  dass  er  sich,  nacli. 
einem  Versuche  bei  einer  kleinen  Gesellschaft  in  Dreßdea^ 
1793  der  ersteren  anschloss.    Er  spielte  zunächst  Bediea-- 

und  Lustspieldichters  Ch.  Simon  Favart.  Sie  war  Sängerin  an  <^'^ 
komischen  Oper,  hatte  auch  selbst  einige  Stücke  verfasst  (darunter 
die  Operette  Annette  et  Lubin,  welche  1764  die  französische  Gewll* 
Schaft  in  Dresden  zur  Aufführung  brachte)  und  durch  ihre  nitftr* 
liehe  Anmuth  einen  grossen  Ruf  im  Fach  der  Soubretten  und  Land' 
mädchcn  erworben,  die  sie  zuerst  im  charakteristischen  Costitf^ 
darstellte. 


—    269    — 

tenroUen.  Sein  Talent  entwickelte  sieb  jedoch  so  rasch^ 
dass  er  noch  in  demselben  Jahre  erste  Rollen  erhielt. 
Er  zeichnete  sich  durch  wunderbare  ModnlationsfUhig- 
keit  der  Sprache  und  seltene  Ausdrucksfähigkeit  der 
Mimik  aus.  Seine  Stärke  lag  in  der  Darstellung 
grosser  Charakterrollen  von  leidenschaftlichem  Pathos. 
Nach  Eckhof's  Abgang  trat  er  in  dessen  Rollenfach 
ein.  Obschon  er  ihn  nicht  in  allen  Stücken  ersetzen 
konnte,  soll  er  ihm  doch  von  allen  Schauspielern  der  Zeit 
am  nächsten  gekommen  sein.  Auch  seine  Frau  Mag- 
dalena, geb.  Kleefelder  aus  Königstein  (1719),  aus 
der  Schule  der  Neuber,  war  eine  Darstellerin  von  grossem 
Umfang  des  Talents.  Sie  war  ebenso  bedeutend  im  Lustspiel 
wie  im  Trauerspiel,  im  regelmässigen  Drama  wie  im  Stegreif- 
spiel Besonders  bewunderte  man  aber  ihr  stummes  Spiel. 
Schubert  (1717  zu  Zittau  geboren)  hatte  sich  eben- 
ÄIIs  unter  der  Neu  her  gebildet.  Man  lobte  ihn  in  der 
^*rstellung  der  Biedermänner  von  altem  Schrot,  der 
^ulierzigen  oder  auch  zänkischen  Alten,  sowie  der 
^^cken  und  Landjunker. 

Das  Repertoire  der  Gesellschaft  in  Dresden  liegt  uns 

^^^   unvollständig  vor.    Wir  finden  darin  im  Ganzen  nur 

'^ei  Singspiele  (von  Standfuss)  verzeichnet.    Im  Schau- 

^*^le  sind  die  Franzosen  am  meisten  vertreten:  Voltaire, 

•^'^li^re,  Destouches,  Reynard,  de  Vissö,  Mad.  Graphigny. 

^^*<loni  erscheint   darin   mit   4   Stücken,   Lillo    (George 

^*^nwel^,   Otway   und    Colemann   mit  je   einem,   auch 

"J^^berg   mit    einem.    Von  deutschen  Dichtern  begegnen 

J!?^     darin   drei  Stücken    von  Geliert   und    je  einem  von 

^^isse,   Krüger,   Romanus  und  Schlegel.    Das  Lustspiel 

^^*^^'hte  mit  Entsdiiedenheit  vor. 

Was  die  Leistungen  der  Gesellschaft  l)etriflFt,  so  ist 
^^  — soviel  mir  bekannt  —  nur  ein  einziges  ürtheil  be^ 
^Vven  (Schriften,  1766,  IV.  Theil  69)  erhalten  geblieben 
^^^1  zwar  üi)cr  die  Vorstellungen  des  „g(  retteten  Vene- 
^^8**   von    Otway   und  der  „zärtlichen  Schwestern**  von 


—     270     - 

Geliert.  Es  lautet  wie  folgt :  „Unsre  Starken  hat  sich, 
ich  mnss  es  zur  Ehre  der  Kunst  gestehen^  noch  gebeMert 
Sie  hat  von  den  Obersacbsen  die  Anmuth  des  Ausdnieb 
angenommen;  die  uns  in  diesen  Gegenden  so  schwer 
wird;  sie  stehet  gerade,  sie  spricht  nicht  zu  fein.  Die 
Steinbrecherin  giebt  die  beste  Hoffnung;  eine  sehr  gute 
Actrice  im  Niedrigkomischen  zu  werden.  Von  Mad.  Koch 
sage  ich  nichts.  Sie  kennen  mich,  ich  bin  schwach;  ieh 
vergesse  die  Regeln  drs  Aubignac,  sobald  mich  die  Schön- 
heit entzücket.  Ich  war  eben  im  Begriff,  meinem  Nach- 
bar mein  Urtheil  von  ihr  zu  sagen,  da  sie  mit  einem 
Blicke,  dem  nichts  widersteht,  mich  bemerkte,  mich  mit 
den  grossen,  schwarzen  Augen,  die  in  Sachsen  noch 
neue  verführerische  Künste  angenommen  hatten,  ansah 
und  mir  meinen  Beifall  auf  die  Weise  entriss,  mit  welcher 
Boiloau  den  Quinault  im  Tempel  des  Geschmacks  nm- 
arrate." 

Obwohl  diese  Mittheilung  geeignet  ist,  die  gute 
Meinung  von  dem  Spiele  der  Koch'schen  Gesellschaft 
herabzustimmon,  so  muss  doch  nach  allen  Urtheilen,  die 
wir  aus  etwas  späterer  Zeit  über  die  einzelnen  Mitglieder 
derselben  von  Augenzeugen  besitzen,  angenommen  wer- 
den, dass  ihre  Leistungen  durchaus  auf  der  Höhe  dessea 
standen,  was  mit  nur  einzelnen  Ausnahmen  die  theatra- 
lische Kunst  in  Deutschland  damals  überhaupt  darbot. 
Nichtsdestoweniger  scheint  die  Theilnahme  in  Dresden 
keine  zu  grosse  gewesen  zu  sein.  Die  ganze  JahreBcin- 
nahme  (für  etwa  80  Vorstellungen)  betrug  incl.  der  Reotc, 
welche  die  Pharaotische  abwarfen  (circa  1000  Thlr.),  Bttt 
6518  Thlr.  und  or^ab  ein  Deficit  von  5036  Thlr. 

Auch  der  Hol'  schien  noch  w(niig  Cefallen  an  diesen 
Darstellungen  finden  zu  können,  wenigstens  wurde  Kocb, 
im  Hinblick  auf  das  inzwischen  geplante  UntemeLmeD 
cintr  neuen  italienischen  Oper,  schon  nach  6  Monaten, 
am  15.  Deeenibcr  1764,  wieder  gekündigt.  Seine  Priri- 
legi(  n  wurden  ihm  zwar  am  10.  Februar  1765  aufs  Neue 


—     271     — 

l'cstätigt,  ihm  auch  die  Erlaubniss  ertheilt^  für  eigene 
BecliDODg  noch  weiterhin  auf  dem  kurftLrstlichen  Theater 
^nntcr  einigen  ihm  sonst  noch  zugestandenen  Vortheilen" 
zu  spielen ,  doch  konnte  er  hiervon  nur  kurze  Zeit  Ge- 
brauch machen^  weil  er  mit  Beginn  der  Vorstellungen 
der  italienischen  Oper  die  seinigen  so  einrichten  sollte, 
<ias8  sie  schon  spätestens  Abends  um  6  Uhr  beendigt 
wären«  Koch  konnte  hierauf  nicht  eingehen  und  zog 
Mch  zunächst  nach  Leipzig  zurück ,  wo  sich  ihm 
durch  den  Bau  eines  besonderen  Theaters  günstige 
Aussichten  eröffneten.  Hier  sollte  durch  ihn  im  Verein 
mit  Hiller  das  deutsche  Singspiel,  freilich  auf  Kosten 
der  Tragödie,  zur  Entwicklung  und  Blüthe  gelangen. 

Dem  deutschen  Schauspiele  war  wieder  für  einige 
Zeit  kein  Raum  in  Dresden  vergönnt  Italiener  und 
Franzosen  hatten  von  den  theatralischen  Neigungen  des 
Hofe  wieder  völlig  Besitz  genommen.  Das  Repertoire 
dieser  Letzteren  bestand,  was  das  Schauspiel  betrifft,  aus 
den  damals  beliebtesten  Trauer-  und  Lustspielen.  Nach 
der  schon  öfter  erwähnten  Opernstatistik  von  M.  Fürstenau 
wurden  in  den  Jahren  1764 — 66  von  der  französischen 
Schauspic  lertruppe  13  Operetten  und  Singspiele  gegeben, 
darunter  3  von  Monsigny,  3  von  Philidor  und  je  1  von 
d'Auvergne,  Duni  und  Blaise.  Zu  den  der  beiden 
letzteren,  Ninetto  ä  la  cour  und  Annette  et  Lubin,  ist  der 
Text  von  Mad.  Favart. 

Im  Jahre  1769  hob ,  wie  schon  früher  gedacht, 
'ricdrich  August  L  auch  das  französische  Schauspiel  und 
^^  Ballet  auf,  theils  um  Ersparnisse  zu  machen,  theils 
^^lloicht  auch,  um  dem  deutschen  Schauspiele  wenigstens 
'^^^durch  gerecht  zu  werden.  Ich  schliesse  dies  daraus, 
^^  während  das  französische  Schauspiel  nicht  wieder 
^itienert  wurde,  im  Jahre  1770  der  aus  Dresden  gebürtige 
'^ndpal  Johann  Christian  Wäser-  die  Erlaubniss 
*^uieh,  hierselbst  wöchentlich  dreimal  an  optni freien 
^^§cn  für  eigene  Rechnung  zu  spielen.  Diese  Erlaubniss 


—    272    — 

warde  ibm  zunächst  auf  ein  Jahr  vom  Tage  der  Er- 
öffnung seines  Theaters  (19.  November  1770)  ertheilt  nnd 
dann  auf  ein  weiteres  Jahr  verlängert.^ 

Wäser  hatte  bei  der  Nenhoff'schen  Oesellschaft  sdae 
schauspielerische  Laufbahn  begonnen.  Im  Jahre  1784 
stellte  er  sich  selbst  an  die  Spitze  einer  Truppe,  die  ach 
1769  wieder  auflöste.  Noch  in  demselben  Jahre  bildete  er 
jedoch  eine  neue.  Mit  dieser  ging  er  nach  Leipzig,  wo 
er  mit  Koch  in  Conflicte  gcrieth,  dem  er  1770  weiche! 
musste.  In  Dresden,  wohin  er  sich  hierauf  wendete, 
erhielt  er  zu  seinen  Vorstellungen  das  schon  Ofier 
erwähnte  Theater  auf  dem  Brtlhrschen  Wall  eingeräunl 

Von  den  Schauspielern  der  Wäser'schen  Trappe 
erwähnt  die  Chronologie  des  deutschen  Theaters  in 
Jahre  1769,  ausser  seiner  Frau  und  einem  Verwandtei 
derselben,  einen  damals  erst  16jährigen  Burschen,  NameBi 
Pisting,  welcher  Talent  fUr  das  niedrig  Komische  zeigte^ 
noch  Wollandt  und  Estinger.  WoUandt  wird  in  spätertr 
Zeit  als  brauchbarer  Schauspieler  vielfach  belobt  1730 
hatte  Wäser  das  Glück,  in  dem  Balletmcister  Kummer  eine 
tüchtige  Kraft  für  die  Pantomime  zu  gewinnen.  An 
ihm  selbst,  „der  im  Nothfall  Alles,  am  liebsten  Chen- 
liers  spielte",  soll  die  Figur  das  Koste  gewesen  sein.  Mehr 
Talent  besass  seine  Frau,  die  nur  zu  wenig  Schule  hatte, 
um  nicht  bloss  eine  brauchbare  Schauspielerin,  die  »e 
thatsächlich  war,  sondern  auch  eine  vorzügliche  zu  sein. 
In  zweien  an  Herrn  J.  F.  Löwen  zu  Rostock  gerichteten 


'  M.  Furstenaii  thcilt  von  einem  Theaterzettel  der  GesellschA 
dem  einzigen,  den  er  gefunden,  die  Ankündigung  mit:  „Der  Triuioph 
der  Freundschaft'*,  eine  Comödie  in  drei  Acten  aus  dem  FriW"* 
sisdien  des  Herrn  Marin.  Zwischen  den  Acten  der  Comödie  *irf 
vorgestellt:  II  matte  Don  Narcisso.  Der  Xarr  Narcias.  Ein  itaüf* 
nisihes  Intermezzo  von  2  Acten.  Die  Musik  von  verschiedene^ 
Meisteni.  Den  lieschluss  macht  ein  gr»»8ses  pantomimisches  Bilict* 
Die  Abendstunde.  Bei  Eröffnung  des  Vorhangs  wird  von  der  ^^ 
W{iser*«ine  Anrede  gehalten. 


—    273    — 

Briefeo:  „Ueber  die  Leipziger  Btthne^'  vom  Jahre  1770, 
werden  die  Leistungen  derselben  im  Vergleich  mit  den 
gleichzeitigen  Darstellungen  der  Eoch'schen  anfs  Tiefste 
benbgesetzt  In  Dresden  scheinen  die  Geschäfte  der 
Trappe  schlecht  gegangen  zu  sein;  wenigstens  war  sie  im 
Jahre  1771  sehr  heruntergekommen.  Kessel  und  Frau 
werden  jetzt  in  einem  ziemlich  geringschätzigen  Tone  (von 
der  Chronologie  des  deutschen  Theaters)  als  die  ersten 
Darsteller  derselben  bezeichnet  Sie  fristete  sich  noth- 
dllrftig  mit  Pantomimen  und  Intermezzi  hin.  Doch  brachte  * 
ae  in  diesem  Jahre  auch  Minna  von  Bamhelm  und  Sara 
Sampson,  wahrscheinlich  zum  ersten  Male  in  Dresden, 
nr  Anffllhrong;  jene  am  2.  Januar ,  diese  am  4.  April. 
Wie  kläglich  diese  Darstellungen  gewesen  sein  mögen,  lässt 
äek  ans  der  obenerwähnten  Schrift :  ,,Ueber  die  Leipziger 
Bdine^  erkennen,  in  welcher  es  S.  200  heisst:  „Keine 
Qmrschämtheit  konnte  grösser  sein,  als  den  17.  Mai 
in  Angesichte  der  Koch'schen  Gesellschaft  „Minna  von 
Bamhelm'^  zu  geben.  Koller  sollte  Schmelzer  ersetzen. 
fr  soll  selbst  sein  Unvermögen  erkannt  und  die  ToU- 
kiten  durchaus  nicht  ttbemehmen  wollen,  aber  Wäser 
An  dazu  gezwungen  haben.''  Der  Stil  dieser  Kritik 
^^ritngt  freilich  kaum  eine  geringere  Abfertigung,  als 
^  Spiele  darin  zu  Theil  wird. 

Wäser's  gingen  später  nach  Breslau,  erwarben  sich 
*wei  preussische  Privilegien  und  scheinen  sich  nach  und 
^h  emporgearbeitet  zu  haben.  Die  Berliner  „Ephe- 
^Beriden  der  Literatur  und  des  Theaters"^  brachten 
''nederholt  recht  günstig  lautejide  Berichte  über  sie. 

Bald  nach  Wäser's  Weggange  dachte  man  am 
^adner  Hofe  wieder  ernstlich  an  die  Neubildung  eines 
^cotechen  Schauspiels.  1774  war  man  zu  diesem  Zwecke 
•owohl  mit  Abel  Seyler,  wie  mit  Theophilus  Döbbelin 
^  Unterhandlung  getreten.  Dieselben  gelangten  noch 
^  demselben  Jahre  zu  einem  für  Letzteren  günstigen 
Abechlnss.  

18 


Subventionirte,  wandernde  deutsche  Schanspid- 
gesellschafton  im  Dienste  des  kurfürstlidi 
sächsischen  Hofes  zu  Dresden; 


Theophil  Döbbelin.  —  Sein  Tertrag  mit  dem  kvrfllntlichM 
Hofe«  —  Bestand  seiner  Trappe.  —  Leistnnsren  derselbe!  ii 
Dresden.  —  Yertrag  mit  Abel  Seyler.  —  Bestand  seiner  Tnpfi» 

—  Sein  Bepertoire.  —  Yerhftltniss  desselben  ra  Diehtuy  öl 
Leben.  —  Leistnngren  der  Seyler^schen  Gesellschaft  in  Pratdw. 

—  Theilnahme  am  Theater  daselfbst.  —  Yersnche,  ein  steheito 

Theater  hier  zu  errichten.  —  Yertrag  mit  Bondini. 

Theophil  Döbbelin,  mit  welchem  der  Dresdner 
Hof  1774  einen  Vertrag  zum  Zwecke  der  Uebemahme 
der  deutschen  Vorstellungen  am  kurfürstlichen  Theater 
abgeschlossen  hatte,  war  1727  zu  Königsberg  in  der  Neu- 
mark  geboren,  studirte  in  Halle,  folgte  jedoch  sehr  btM 
der  in  ihm  erweckten  schauspielerischen  Neigung  nod 
betrat  1750  bei  der  Neuber  zum  ersten  Male  die  Bühne. 
Er  schloss  sich  hierauf  der  Ackermann'schen  Truppe  aDf 
kam  durch  einen  Glücksfall  in  den  Besitz  eines  kleiaei 
Vermögens  und  wurde  von  Gottsched,  welcher  hierdnrck 
vielleicht  dem  mit  ihm  zerfallenen  Theaterdirector  Kocl 
eine  Concurrenz  zu  bereiten  gedachte,  zur  Gründung  ein^r 
eigenen  Principalschaft  ermuntert.  Döbbelin  errichtete  to 
der  That  eine  solche  in  Erfurt,  gewann  sich  die  Gnitf* 
des  Weimar'schen  Hofs,  doch  nur  um  dieser  fast  eben  w 
schnell  wieder  verlustig  zu  gehen.  Durch  seine  b*W 
misslicher  werdenden  Verhältnisse  zur  Auflösung  ü^ 


—    275    - 

Unternehmiing  genöthigt^  liess  er  doch  hierdurch  sich 
keineswegs  von  weiteren  Versuchen  abschrecken.  Er 
bildete  eine  neue  Gesellschaft^  scheiterte  wieder  und  kehrte 
endlich  1758;  vom  Schicksal  nur  wenig  gewitzigt,  zur 
Ackermann'schen  Truppe  zurück.  Döbbelin  war  eine 
wilde ;  excentrische,  von  kraftgenialischen  Antrieben  be- 
seelte Natur.  Obwohl  nicht  ohne  schauspielerisches 
Talent,  forderte  er  doch  schon  zu  dieser  Zeit  den  Spott 
seiner  Bemfegenossen  durch  die  Uebertriebenheit  seiner 
Spielweise  heraus.  Dies  glitt  an  ihm  ebenso  wirkungslos 
ab,  wie  die  Pfeile  des  Unglücks.  Ebensowenig  vermochte 
auch  irgend  eine  Autorität  etwas  über  sein  Selbstgefühl. 
Ais  Eckhof  an  seine  Stelle  zur  Ackermann'scben  Gesell- 
schaft kam  und  sich  Richard  lH.  zu  einer  seiner  An- 
trittsrollen ausgebeten  hatte,  bestand  er  darauf,  gerade 
diese  Rolle  vorher  noch  selbst  und  in  Gegenwart  Eck- 
hofs zu  spielen,  um  diesen,  wie  er  sich  ausdrückte,  damit 
niederzuschmettern.  In  der  That  erzielte  er  auch  einen 
solchen  Beifall  damit,  dass  Eckhof,  obschon  von  seiner 
Darstellung  gewiss  nur  wenig  befriedigt,  es  gleichwohl 
vorzog,  an  diesem  Orte  diese  Rolle  nun  doch  nicht  zu 
spielen.  1766  war  Döbbelin  zur  Schuch'schen  Gesellschaft 
in  Berlin  getreten,  wo  er  im  Verein  mit  der  Schauspielerin 
Neuhof  in  der  Spielweise  der  alten  englischen  Gomödian- 
ten  die  Tragödie  wieder  in  Flor  brachte.  „Er  war  der 
rasende  Oedip  in  allen  Rollen  —  sagt  Eduard  Devrient 
von  ihm  — ,  das  Urbild  der  coulisseureisserischen  Comü- 
dianterei.^  Erst  vor  seinem  „ertobten  Ansehen"  sollte 
sich  aber  der  Hanswurst  von  der  Berliner  Bühne  fUr 
immer  zurückziehen.  Dass  Döbbelin  dieser  Spielweisse 
bis  in  sein  hohes  Alter  treu  blieb  und  sie  selbst  auf  das 
Leben  mit  übertrug,  beweist  folgendes  Gespräch  mit 
Friedrich  Wilhelm  II.  aus  dem  Jahre  1786: 

Döbbelin  (mit  Verbeugungen  eintretend).  „Die 
deutsche  Kunst  in  silbergrauen  Haaren  erkühnt  sich ,  sich 
Ew.  Majestät  heissen  Strahlen  zu  nähern,  um  eine  Erwär- 

18* 


—     276    — 

mung,  deren  sie  bedarf^  zn  empfangen^  indem  seit  eiafl 
Decenniom  die  heftigsten  Nord¥nnde  auf  sie  gesMn 
haben  I 

König:  Ich  weiss  schon ,  guter  DObbelin,  was  ] 
mit  diesen  Worte^  sagen  will:  der  deutschen  Thalia  m 
Melpomene  soll  Unterstützung  widerfeJiren;  wir  su 
Deutsche  und  wollen  es  bleiben. 

Dobbelin.  Ew.  EönigL  Majestät  werden  bemei 
haben  ^  wie  vor  einigen  Jahren  die  deutsche  Kunst  n 
der  französischen  in  der  heftigsten  Fehde  lag,  wo  gallise 
Wellen  um  deutsche  Gestade  mit  grässlichem  Brüllen  a 
schlugen  und  wo  Döbbelin  dennoch  unerschüttert  wie  < 
Fels  stehen  blieb  I 

König.  Es  ist  mir  erinnerlich;  wie  vor  etlicb 
Jahren  y  da  Er  mich  mit  zwei  Armleuchtern  ans  Seine 
Tempel  an  die  Thüre  begleitete^  Ihm  ein  Wind  die  lic 
ter  auslöschte^  Er  aber  sehr  decontenancirt  zu  sein  schic 

Döbbelin.  Kleinigkeit,  Ew.  Majestät!  Die  Schlag 
zischte  oft  um  mich  und  um  die  grossen  Glieder  meii 
Bühne!  Sie  wollte  bersten ,  da  aber  erschien  der  Kön 
Lear,  der  Geist  Hamlet's  und  der  alte  Doria;  sie  » 
sich  in  ungestüme  Krümmungen,  machte  einen  Satz,  ^ 
mein  Sohn  Carl  DöbbeUn  über  die  Mauern  der  deutsch* 
Königsstadt,  und  kam  nicht  wieder. 

König.  Alles  Ungemach,  so  Er  bisher  grossmtttfa 
ertragen  hat ,  soll  Ihm  jetzt  versüsst  werden.  Ich  ge 
Ihm  das  Gomödienhaus  auf  dem  Gensdarmenplatz  a 
lasse  Ihm  durch  Verona  die  nöthigen  Decorationen  s 
fertigen.  Was  ich  Ihm  sonst  noch  zugedacht  habe,  wi 
sich  nach  Seiner  besseren  Aufführung  als  bisher  richte 
Auf  bessere  Acteurs  und  Aetricen  muss  Er  Sein  Aug< 
merk  richten,  auch  gute  Tänzer  anschaffen. 

Döbbelin.  Huld  und  Gnade  von  Ew.  Miges 
verjüngen  den  eisgrauen  Döbbelin,  machen  ihn  zum  kl 
neu  Jünglinge,  damit  Cäsar's  Mutb  die  Höhen  der  Alf 
überspringen    wird.     Meine   Acteurs   und  Aetricen  »i 


—    277    ~ 

Irisher  die  glftiixeiidsten  in  Deutschland  gewesen^  und  was 

^uieh  immer  Cabale    von    meinem  Sohn    Carl   Giftiges 

'^gesprengt,  so   bleibt  er  dennoch  unter   den  Tänzern 

£aropa8  der  grösste  Springer.     In  Ew.  Majestät  Schatz 

soll  meine  Gesellschaft  das  non  plus  nltra  erreichen.    Ein 

^brisder,  ein  Brockmann  werden  schleunigst  herbeieilen, 

den    Olanz  za  vermehren  und  einem  Monarchen  zu  hnldi- 

S^^  9   der  der  verwaisten  Bühne  wieder  einen  gnädigen 

^Atex  nnd  Beschützer  giebt 

Xönig.  Die  Worte  sind  schön  nnd  das  Versprechen 
^^  >  nur  ftlrchte  ich,  dass  Seine  Freunde  auf  den  Kaffee- 
hict^em  und  Tabagien  Ihn  wieder  in  den  Taumel  des 
^»"^enspiels  ziehen  werden,  wodurch  Er  alle  Vorsätze  ver- 
8**^cn  wird. 

D  ö  b  b  e  1  i  n.  Die  Götter,  die  bisher,  obschon  im  Ge- 
heim, mir  gewogen  waren,  werden  diesen  Rückfall  nicht 
▼erstatten.  Die  wenigen  Jahre,  die  der  alte  Döbbelin 
Mf  dem  irdischen  Schauplätze  noch  zu  leben  hat,  werden 
S**Ä2  der  deutschen  Kunst  gewidmet  bleiben.  —  Ich 
opfere  Ew.  K(fhigl.  Majestät  den  letzten  Blutstropfen 
^^'T  —  und  so  wahr  und  so  heilig  soll  auch  mein  Ver- 
^v-^chen  in  Allem  erfüllt  werden.  Heil  dem  Monarchen 
—  dessen  Gnade  —  in  mir  —  die  Worte  erstickt  —  (er 
itt^^ht  Miene  umzufallen.) 

König.    „Geh  Er  geschwind  nach  Hause,  denn  in 

n^^inem  Schlosse  will  ich  keine  Ohnmächten  haben."   — 

1797  hatte  Döbbelin  selbst  wieder  eine  neue  Gesell- 

^haft  errichtet    Es  gelang  ihm  zwar,  eine  Anzahl  tüch- 

^S^t  Kräfte  um  sich  zu  sammeln,  die  sich  jedoch  rasch 

^^er   zersplitterten,    und  ohne   die  Beihülfe   Lessing's, 

^^Icher  ihm  seine  Minna   von  Bamhelm  zur  erstmaligen 

^  Führung   (21.    März)  ttberliess,  würde    er    wieder   zu 

j^^Hde  gegangen  sein.    Das  Stück  hatte  einen  beispiel- 

^^^11  Erfolg  und   musste  in  22  Tagen  19  Mal  gegeben 

j^^^^en.     Nach  mehrjährigem  unruhigen  Wandern    kam 

^fc^belin  1771  nach  Leipzig,  wo  er  gegen  Koch  aber  nicht 


—     278     — 

aufkominrn  koiiute^  bis  dieser  ihm  1774  sein  säcbsisches 
Privileg  verpachtete  und  sein  Haus  auf  der  Ranstädter 
Bastei  Uberliess. '  In  diesem  Jahre  trat  er  in  die 
kurfürstlieh  sächsischen  Dienste. 

Die  Kürze    des   mit   ihm   abgeschlossenen  Vertrags 
(vom  2.  Octoberl774  bis  14  Tage  vor  Ostern  1775)  läastfiwt 
darauf  schliessen^  dass  der  kurfürstliche  Hof  nicht  ohne 
ein  gewisses  Misstrauen   darauf  einging.    Döbbelin  hatte 
hiemach  wöchentlich   drei  Mal  für   eigene  Rechnung  zu 
spielen;  dem  Hof  eine  bestimmte  Zahl  von  Plätzen  zu  über- 
lassen und  dem  Directcur  des  Plaisirs  sein  Repertoire  zur* 
Auswahl  der  aufzuführenden  Stücke  einzureichen  —  wo- 
gegen er  ausser  der  freien  Benutzung  des  Hauses  un( 
der    vorhandenen    Decorationen    eine    Subvention    voi 
2000  Thlr.  jährlich  empfing. 

Die  Gesellschaft   bestand  nach  dem  Goth.  Theater-— 
kalender  von  1775  im  Jahre  1774  aus  folgenden  Mitgliedera    r 

Principal:  Döbbelin.    Actricen:  Mad.  Christ,  Ne- 
benrollen.   Mad.  DöbbeliU;  erste  Liebhaberinnen  im  Schaia.- 
und  im  Singspiel.    Mams.  Döbbelin^  zweite  Liebhaberinne  s& 
und  Soubretten;  tanzt  Solo  und  Pas  de  deux.    Mad.  Jacs- 
quemaiu;  komische  Mütter,  EoketteU;  Kammermädchen  uimd 
figurirt.    Mad.  Lanz^  kleine  RolleU;  ist  die  erste  Tänzcrl^^- 
Mad.   Murr,  Nebenrollen.    Mad.  Reinwald,  Mütter,  Lial>- 
haberinnen,   zweite  Rollen  in   der  Operette  und  figurLx^- 
Acteurs:  Christ,  ernste  Rollen  im  Schauspiel,  Chevalie 
tanzt  Solo  und  Pas  de  deux.    Döbbelin,  Helden  und  p- 
ternde  Alte.     H.  Döbbelin,   Söhne,  Kinderrollen,  figuri-X^- 
Hempcl,  erste  ernste  Liebhaber.    Klinge,  ernste  Liebhal^^*"» 
erste  Rollen  in   der  Operette,   figurirt.    Lanz,   komisch ^ 
Rollen,  ist  zweiter  Balletmeister.    Murr,  Väter  im  Sch^"^' 
spiel  und  Singspiel.    Reinwald,  zweite  Liebhaber,  sis^^^ 
und  figurirt.    Teller,  zweite  Rollen  im  Singspiel,  Neb^**" 
rollen  im  Schauspiel,  figurirt.   Thering,  Bediente,  Pedant^  ^ 

'  Kneschke:  Zur  Geschichte  des  Theaters  und  der  Musift^      ^ 
Leipzig. 


—    279    — 

figorirt    Unzelmaniiy  Nebenrollen^  figurirt.    Balletmeister, 
Jacqaemain. 

Mad.  Döbbelin,  geb.  Nenhof  ans  Brüssel,  eine  Pflege- 
tochter Ackermann's,  bei  denen  er  sie  kennen  gelernt  nnd 
die  er  später  geheirathet  hatte,    wird   als   branchbare 
Schauspielerin    nnd  Sängerin  bezeichnet.     Sie  war  die 
^nte  fVanziska,   wie  Döbbelin   der   erste   Paul  Werner 
^ar.  Schon  länger  in  unglücklicher  Ehe  lebend^  wurde  sie 
UD  nächsten  Jahre  von  ihrem  Gatten  geschieden.  —  Grossen 
fiof  eriangte  später  ihre  Tochter  Caroline  Maximiliane 
döbbelin,  1758  zu  Cöln  geboren.    Doch  wurde  derselbe 
auch  mehrfach  bestritten.'    Jetzt  stand  sie  noch  in  den 
Anfängen  ihrer  Entwicklung.    (Sie  feierte  1812  in  Berlin 
^  Jubiläum  nnd  starb  daselbst  1824  völlig  erblindet.) 

The  ring  galt  in  seinem  Fach  für  einen  vorzüglichen 
^hanspieler.  „Die  Natur  gab  ihm  zum  Komischen  eine 
^^Äichtsbildung  —  heisst  es  von  ihm  — ,  die  auf  dem 
-^^ater  Alles  bewirkte^  was  man  wünschen  kann.'^ 

Ein  grosser  Liebling  des  Publicums  war  femer  Gott- 
^fe  Ludwig  Hempel,  geb.  1746  zu  Merseburg.  Er  ge- 
^te  den  besseren  Darstellern  der  Hamburger  Entreprise 
■^ter  Seyler  an.  Doch  wird  ihm  andererseits  Einförmigkeit 
^d  Mangel  an  Beseelung  vorgeworfen.  Er,  sowie  Thering 
lieben  auch  noch  nach  Döbbelin's  Weggange  in  Dresden. 
Dasselbe  gilt  für  Mad.  Jacquemain,  welche  sowohl 
^  Tänzerin,  als  im  Schauspiel  gefiel.  „Ihre  Pantomime 
^  vorzüglich  gut,  sowie  ihre  vernehmliche  Aussprache 
^^  Declamation.^  Sie  heirathete  später  den  Schauspieler 
**^ndt  und  starb  1781  in  Dresden.  Ihre  Tochter  war 
^ohmals  hier  Sängerin  unter  BondinL 

Lanz;  1745  in  Wien  geboren,  soll  komische  Alte, 
^tiherzige  Bürger  und  Bauern  mit  Laune,  Wärme  und 

■  Besonders  hart  ist  das  Urtheil  in  einem  1783  in  Wien  unter 
^^>>  Titel:  «Gralerie  von  teutschen  Schauspielern  und  Schauspieler- 
innen« erschienenen  Buche.    Auch  Ed.  Devrient  wirft  ihr  Weiner- 


—    280    — 

scUiohter  Natürliohkeit  gespielt  haben.  Auch  Harr  win 
gelobt.  Wilhelm  Ferdinand  Unzelmann  (geb.  175! 
zn  Braonschweig);  der  später  berühmte  Komiker  m 
Charakterspieler,  war  hier  nooh  ein  AnflUiger. 

Noch  im  Herbst  1774  gewann  D5bbelin  in  I>aTi 
Borchers,  geb.  1744  zn  Hamburg,  eine  ganz  ansieigi 
wöhnUche  Kraft.  In  der  Hamburger  Schale  gebflde 
hatte  er  sich  Eckhof  zum  Master  genommen,  ohne  dalM 
seine  Selbstständigkeit  aafzageben.  Eine  genial  beanlag< 
Kttnstlematur,  war  er  ebenso  aasgezeichnet  im  Btthrende: 
wie  im  Tragischen,  and  zugleich  von  einer  bewondenug 
würdigen  komischen  Kraft.  Er  besass  einen  so  reio' 
strömenden  Witz,  dass  er  —  wie  es  von  ihm  heisst  - 
„die  Hälfte  der  Schauspieler  des  heiligen  römischen  Beiel 
damit  hätte  versorgen  können''.  Seine  Gewandtheit  i 
Extemporiren  verleitete  ihn  leider,  fast  keine  Bolle  riebt 
zu  memoriren.  Der  Leichtsinn,  mit  welchem  seine  Ot 
nialität  verbunden  war,  riss  ihn  in  den  Strudel  der  Le 
denschaften  und  Ausschweifungen.  Der  Dämon  des  Spiel 
beherrschte  ihn  in  einem  Umfange,  dass  er  in  Hambo) 
sogar  die  Ehre  seiner  jungen  schönen  Frau  in  eise 
wüddurchlebten  Nacht  auf  die  Karte  setzte.  Er  yerlo 
und  räumte  dem  Sieger  den  Platz,  indem  er  am  nächlto 
Tage  entwich.  In  Linz  soll  er  1782  eine  aus  lavte 
jungen  Frauenzimmern  bestehende  Truppe  errichtet  habet 

Das  Bepertoire  der  Döbbelin'schen  Gesellschaft  ii 
Dresden  ist  schon  von  M.  Fürstenau,  soweit  es  ihm  K 
gänglich  war,  mitgetheilt  worden.  Es  bestand  hienüCi 
aus  9  ernsten  Dramen  ^  und  30  Lustspielen.'  Von  Operette) 
findet  sich  darin  nur  Hiller's  ^Jagd*^  verzeichnet. 

*  Darunter:  Clavigo  von  Goethe  (Nov.  1774),  Eogenie  vonBeii 
marchais,  Eduard  und  Eleonore  nach  Thomson  von  Schlegel^  ^ 
Hausvater  von  Diderot 

'  Darunter:  Minna  von  Bamhelm  und  Die  Juden  von  Leoiai 
Der  Spieler  von  Regnard,  Die  IrrthOmer  einer  Nacht  nach  Goldsnitl 
Charlotte  oder  Die  Gräfin  von  Givry  nach  Voltaire,  Der  Lügner  fo 


•—    281    — 

Seit  1774  war  die  Einrichtang  getroffen;  dass  die 
iUfieniaelie  Oper  rom  October  bis  Mai  wöchentlich  2  Mal, 
Mittwochs  und  Sonnabends,  die  deutschen  Schauspieler 
dagegen,  nnter  dem  Titel:  Kurfürstlich  sächsische  privi- 
legirte  Schauspieler,  3  Mal  wöchentlich,  Montags,  Dienstags, 
und  Donnerstags,  spielten.  Nur  während  des  Camevals 
wurde,  weil  dann  Mittwochs  Hofball  war,  die  Oper  vom 
Kttwoeh  auf  den  Dienstag  verlegt.  Von  der  3.  Advent- 
woehe  bis  zum  2.  (oder  3.)  Januar  fanden  keinerlei  thea- 
tnSsche  Aufführungen  im  kurftirstl.  Theater  statt,  ebenso 
wenig  während  der  Osterzeit.  Schon  seit  1769  waren 
die  Sommervorstellungen  wegen  zu  schwachen  Besuchs 
▼Ollig  eingestellt  worden.  Es  gab  Tage,  an  denen  die 
I^ahme  im  französ.  Schauspiel  bloss  6 — 8  Thlr.  betrug. 
I^tgegen  fanden  zuweilen  theatralische  Aufführungen  im 
PQhiitzer  Schlossgarten  statt. 

Die  Vorstellungen  der  Döbbelin'schen  Gesellschaft 
Mheinen  nach  den  Mittheilungen,  die  sich  darüber  wieder- 
koU  in  den  Dresdner  Merkwürdigkeiten  v.  J.  1774—75 
verfiuden,  hierselbst  sehr  beifällig  aufgenommen  worden 
^  «ein.  Hervorgehoben  werden  darin :  Borchers,  Hempel, 
gering  und  Mad.  Cynas.  *  Singspiele  und  Ballete  müssen 
Uenutch  ebenfalls  öfter  gegeben  worden  sein. 

Döbbelin   erwarb  nach  Koch's  Tode  im  März  1775 

^  preussische  Privileg  und  begann  bereits  am  17.  April 

"•  J.  seine  Vorstellungen  in  Berlin  mit  seiner  inzwischen 

^h  verstärkten  Truppe.    Sein  früherer  Concurrent  am 

*'*rtbr8tlich   sächsischen   Hofe,   der  Theateruntemehmer 

^'^^l  Seyler,  trat  nun  unter  Abschliessung  eines  einjährigen 

^^tractes  (von  Michaelis  1775  bis  ebendahin  1776)  unter 

^<lom.  Ausserdem  begegnen  vir  Stücken  von  Stephanie  d.  J.,  Col- 
?^t),  Romaims,  Destoaches,  Engel,  Weisse,  AyrenhofT,  Cumberländ, 
**^ler,  Breizner,  Yoong  und  Mercier. 

.  '  D0  Ehepaar  Cjnas  masste  inzwischen  eingetreten  sein.    Es 

/^^«t  rieh  in  einem  Mitglieder -Verzeichnisse  der  Gesellschaft  vom 
^Hl  1776  als  eben  hiningetreten  aufgefohri. 


—    282    — 

ähnlichen  Bedingungen  in  seine  Stelle  daselbst  ein,  wo- 
bei er  zugleich  Erlaubniss  erhielt,  fttr  seine  Sechniuig 
in  und  ausser  den  Messen  in  Leipzig  zu  spielen.  Selioi 
im  December  1775  kam  Seyler  um  Yerlängerang  seinei 
Contractes  auf  6 — 8  Jahre  ein.  Er  musste  sich  jedoek 
mit  nur  noch  einem  Jahr  und  einer  Erhöhung  der  Snb- 
yention  auf  3000  Thlr.  jährlich  begnügen. 

Abel  Seyler,  geb.  1730  zu  Basel,  war  ursprflnglick 
Kaufmann  und  hatte  eben  den  Rest  seines  VenDOgem 
aus  einem  Bankerotte  gerettet,  als  er,  obwohl  ein  Ihan 
von  gutem  Urtheil  und  gebildetem  Geschmack,  doch  mit 
mehr  Enthusiasmus,  als  Sachkenntniss  sich  an  die  Spitie 
der  durch  die  Lessing'sche  Dramaturgie  so  berühmt  ge* 
wordenen  Hamburger  Theaterentreprise  stellte,  welche  da 
wohlmeinenden  Zweck  hatte,  das  erste  Beispiel  eines  fest* 
stehenden  Theaters  aufzustellen  und  sich  den  etwas  rnhin- 
redigen  Namen  eines  deutschen  Nationaltheaters  gtk 
Nicht  wenig  hatte  zu  diesem  Entschluss  das  Verhältitttf 
beigetragen,  in  welchem  er  zu  der  berühmten  Schauspielerii 
Hensel  stand.  Es  fesselte  ihn  auch  nach  dem  Scheiten 
jenes  Unternehmens  an  die  theatralische  Laufbahn.  Er 
übernahm  hintereinander  die  Leitung  der  Theater  ii 
Hannover,  Weimar  und  Gotha.  Erst  1772,  nachdem  ci 
der  Hensel  endlich  gelungen  war,  die  Scheidung  toi 
ihrem  Gatten  durchzusetzen,  wurde  ihm  aber  die  enelmte 
eheliche  Verbindung  mit  derselben  zu  TheiL 

Die  Seyler'sche  Truppe  vereinigte  bei  ihrem  Erscta»' 
neu  in  Dresden  zum  Theil  sehr  bedeutende  Kräfte.  Voi 
der  Döbbelin'schen  Gesellschaft  hatte  sie,  auf  ausdrück- 
lichen Wunsch  des  kurfürstlichen  Hofes,  noch  überdiei 
Borchers,  Hempel,  Thenng  und  Mad.  Jacquemain  as^ 
nehmen  müssen.^ 

'  Ihre  Zusammensetzang  war  damals  folgende:  PriBcip&l* 
Seyler.  Correpetitor:  Benda,  der  Sohn.  Actricen:  Mad.  Bnsd^ 
erste  Liebhaberin  und  erste  Soubrette.  Mams.  Brandes,  EindenoDe* 
im  Schauspiel  und  Singspiel.    Mams.  Courts,  Kinderrollen.    Hiai* 


-     283    — 

Mad.  Seyler;  verw.  Hensel,  die  wir  schon  als  Mam- 
I  Sophie  Friederike  Sparmann  in  Dresden  kennen  lern- 
I  (S.  203),  hatte  sich  1755  mit  dem  Schauspieler  Hensel 
'beirathet,  dessen  Namen  sie  hierdurch  berühmt  machte, 
leh  Lessing's  Dramaturgie,  die  sie  ftlr  eine  der  besten 
tricen  erklärt;  welche  das  deutsche  Theater  jemals 
vorgebracht,  ist  sie  unsterblich  geworden.  »Ihr  beson- 
w  Vorzug  —  heisst  es  darin  —  ist  eine  sehr  richtige 
clamation;  ein  falscher  Accent  wird  ihr  schwerlich 
iwischen;  sie  weiss  den  verworrensten,  holprigsten, 
nkelsten  Vers  mit  einer  Leichtigkeit,  mit  einer  Präci- 
n  zu  sagen,  dass  er  durch  ihre  Stimme  die  deutlichste 
klärung,  den  vollständigsten  Commentar  erhält.  Sie 
rbindet  damit  nicht  selten  ein  Raffinement,  welches  ent- 
der  von  einer  sehr  glücklichen  Empfindung  oder  von 
«r  sehr  richtigen  Beurtheilung  zeugt."  Schröder  hidt 
,  ihre  Zittertöne  abgerechnet,  ftlr  trefflich  in  sanften 
Den,  nur  begriff  er  nicht,  wie  Lessing  ihre  Declamation 
t  Eckbofs   gediegener  Wahrheit   vergleichen    konnte. 

rtminii)  zweite  Liebhaberiunen,  figurirt  Mad.  Hellmuth,  erste 
Den  im  Singspiel  Mad.  Jacquemain,  komische  Mütter  im  Lust- 
d  ond  der  Operette,  figurirt.  Mams.  Eirchhöffer,  Kinderrollen. 
i  PdBchel,  Mütter  und  zweite  Rollen  in  der  Operette  und  im 
ttipiel,  figurirt.  Mad.  Köder,  Soubretten  und  zweite  Liebhaberinnen, 
it  Mad.  Seyler,  Königinnen  und  zärtliche  Mütter,  auch  hoch- 
iische  Charakterrollen.  Acteurs:  Borchers,  zärtliche  und  komische 
e  and  Charakterliebhaber.  Borchers  d.  J.,  Nebenrollen,  figurirt. 
tfides,  mürrische  Alte  und  andere  ernsthafte  Charakterrollen. 
ntBann,  Chevaliers,  Juden  und  die  Trenk's,  Freloiig's,  Marinelli^s. 
Über,  einige  Alte  und  die  Bassstimme  in  der  Operette,  auch 
iaere,  Pedanten  und  Bediente  im  Lustspiel  Hempel,  erste  Lieb- 
er. Hensel,  komische  Alte,  erste  Bediente,  singt  dritten  Tenor, 
ckhöffer,  Nebenrollen,  figurirt  und  besorgt  das  Theater.  Opitz, 
tite  Liebhaber.  Pöschel,  Nebenrollen,  singt  und  figurirt.  Köder, 
ttie  Bediente,  Bauern,  singt  und  tanzt  Thering,  Mantelrollen, 
liaten.  Toscani,  enisthafte  Rollen  in  der  Operette.  Ballet- 
ister:  Schulz  und  Jacquemain.  Mad.  Courts,  erste  Tänzerin, 
obert,  Souffleur. 


—    284    — 

«Nur  ihre  Jagend  —  sagt  Schröder  von  ihr  —  ihre  Leblit- 
ligkeit,  ihr  Talent  tHr  Zofen  nnd  mnntre  Bollen,  ihr  Tw 
und  ihre  Mannichfaltigkeit,  nnd  der  Vortheil,  eine  lA 
lang  keine  gefährliche  Nebenbuhlerin  zu  haben,  konnlei ' 
ihr  den  Beifall  erwerben,  dessen  sie  (damals,  beider  Ackff* 
mann*$i'hen  Trappe  i  genoss. 

In  Dresden  tand  sie  jedoch  diese  Rivalin  in  Chir- 
lotto  Brandes  -Tochter  des  Amtmanns  Koch  a 
Koeseuskv  in  Preuss.  Linhauen.  s:eb.  1742).  Die  Neient 
ZU  dem  duroh  seine  dramatischen  Schriften  bekanntci 
und  Ivliebien  Theaterdichter  nnd  Schauspieler  Joh.  Chnt 
Hraudes  hatte  auch  sie  zum  Theater  getUhrt  Sie  tot 
nach  ihrtr  Vorhcinuhnnc  17(>4  mit  ihrem  Gatten  in  & 
Ttujw  JvS  Priuvijial  Schuch  in  Breslau  ein,  bei  wekkl 
ein  l^rud^r  vv c  ihr  als  Ballrimeister  angestellt  war.  Ik 
ra*:ir.;  eut^i.kvlie  sich  in  der  üHerraschendsten  WeiK^ 
s,^  da>>  sie  ^^ald  :ur  eine  d-.r  bost.n  .SchaospieleriBiei 
öo:  'A<\:  ^■*'.:.  .Sic  r-esiti:  ein;"  s.>n«>re  Stimme  —  \aM 
is  v.r.  \:t  -  iir.e  an^rtnvr-u:-:  Bildung,  srbr  richtige 
M  -,-...*iv.  :*.  "V..:  uz^xv-e:-  \:-::  uiiierlsöbe  Gesten."  T(S 
iUv.  '.;'*.::■: Ti':.  s.Lcir.:  s:z  e:r  i  tbinrirbenen  GebniA 
^i  v.A, . ;  :..  lÄ-::.  d-Si  -iu  •  :l  :*ir  sajen  konnte,  n** 
^v^...v..i  ^'.:..  :Niu:  .r:  Iv:  L:::  «zc  or'rau^be  die  An»» 
:.n:\::.l-  1*'.!::.:.  i-.r  :n:.er  seir  gtinstigfito 
...:   .*::.     :uA.i;   '."S?  in  -ii.cn  von  Uambog 


:.    VI.J   V     :  *   r.i-.iv  •    .::    ..*rj:r"-i"   iz  L    >:'iTtCz-'  Aber ä*" 

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*%    ■ 


.  J,    ... 


—    286    — 

TWDihr.  Dagegen  wurde  cde  zu  der  nns  bier  Torliegenden' 
2A  Yon  anderer  Seite  als  Meisterin  in  der  Darstellnng  des 
Hiiren;  z.  B.  als  Gnrli  gepriesen.  Anch  Lessing,  der  sie 
a  Bredan  kennen  lernte ,  sie  zum  Tranaltare  begleitete 
ttd  qriUer  Pathenstelle  bei  ihrer  Tochter  f'ranziska  ttber- 
iihm,  hat  günstig  über  sie  geurtheilt.  Wie  sehr  sie  auch, 
besonders  später,  an  Uebertreibungen  leiden  mochte,  so 
nute  sie  doch  jedenfalls  sehr  viel  Anziehendes  haben. 
LisgeZeit  gewann  sie  sich  überall,  wo  sie  hinkam,  die 
faien,  wie  sie  sich  denn  auch  in  Dresden  sehr  bald 
der  ausgesprochenen  Gnnst  nicht  nur  des  Publicums, 
Mmdem  des  Hofes  erfreute.  Die  zwischen  ihr  nnd  Mad. 
Sejler,  der  sie  fast  überall  zn  begegnen  hatte,  schon 
ttigst  bestehende  Eifersncht  wurde  jetzt  noch  durch  die 
Beionugnng  genährt,  welche  diese  bei  der  Rollenyer- 
ftohng  durch  ihren  Oatten  erfuhr.  Die  Spaltung  Über- 
trag sich  zum  Theil  auf  die  Zuschauer,  die  in  Parteien 
toiden,  und  es  entstand  eine  solche  Gereiztheit  zwischen 
BcideD,  dass,  als  die  Brandes  ihrer  sie  überallhin  ver- 
ttgaiden  Rivalin  1785  auch  in  Hamburg  wieder  ganz 
tt?ennuthet  als  solcher  begegnete,  sie  erstarrt  ausrief: 
fisch  Sie  hier,  Madame?  Ha!  nun  glaube  ich,  wenn 
^  auch  vor  Ihnen  bis  zur  Hölle  fliehen  wtlrde,  so  fände 
fck  Skt  auch  dort  wieder !" 

Brandes  hat  alle  diese  Verhältnisse  in  seiner,  für 

^  Geschichte  des  deutschen  Theaters  sehr  werthyollen, 

^h  bei   aller  Naivetät   der  Darstellung   hier   und   da 

Wohl  etwas  schöngefärbten  Lebensbeschreibung   in   aus- 

[     fthriioher   und   lebendiger  Weise   geschildert.     1738   zu 

i    otettin  in  ärmlichen  Verhältnissen   geboren   und   aufge- 

wtch^n^   war  er,  nachdem   er   lange  das  Elend   eines 

'•jf^bondirenden  Wanderlebens  durchkostet  hatte,    1757 

°^^  der  Schönemann'schen  Truppe  in  Lübeck  zum  Theater 

*^ten,  von  welcher  er  dann  zu  der  Koch'schen  Gesell- 

^^'^ft   überging.     Ohne    besonderes    schauspielerisches 

*^^nt ,  fiel  er  jedoch  bald  in  sein  früheres  Abenteurer- 


—    286     - 

leben  znrück^  um  1760  die  theatralische  Laufbahn  ta 
der  SchncVschen  Gesellschaft,  wo  es  ihm  besser  glttekl 
aufs  Neue  zn  er^eifen.  Die  Verbindung  mit  wm 
talentvollen  Gattin  wurde  für  seine,  ganze  Zukunft  ei 
scheidend.  Obschon  er  sich  als  Schauspieler  zu  kein 
besonderen  Bedeutung  emporschwang  ^  nahm  er  doch  j 
den  Theaterverhältnissen  jener  Zeit  eine  nicht  uiIn 
deutende  Stellung  ein,  welche  durch  seine  Beliebtheit  «I 
fruchtbarer  Bühnenschriftsteller  und  seine  literarisdiei 
Verbindungen  noch  befestigt  wurde.  Zu  seinen  besseni 
Arbeiten  gehören :  ,,Die  Entführung",  „Trau,  schau,  wem?** 
„Der  geadelte  Kaufmann^  und  „Graf  Olsbach^.  Besoodem 
Glück  machte  sein  Melodrama  „ Ariadne  auf  Naxos^  Oft 
grosse  Erfolg,  welchen  seine  Gattin  in  der  Titelrolle  im 
selben  errang  (in  welcher  Graff  sie  gemalt  hat),  wflri^ 
ein  neuer  Anlass  zur  Eifersucht  ihrer  Rivalin  gewoidfii 
sein,  wenn  dieser  in  Gotter's  „Medea**  nicht  ein  eil 
sprechender  Ersatz  geworden  wäre. 

Brandes'  Tochter,  Charlotte  Wilhelmift 
Franziska,  1765  geboren  und  nach  ihres  Pathe: 
Lessing  Beispiel  gewöhnlich  Minna  genannt,  war  eift. 
überaus  liebenswürdige  und  reichbeanlagte  Natur  wt* 
gewann  als  Ciavierspielerin  und  Sängerin  einen  ziemBe' 
bedeutenden  Ruf.  Ihre  musikalische  Bildung  hatte  ü 
in  Dresden  vom  Kapellmeister  Schuster,  dem  Clavierlebie 
Trenschini  und  dem  Opernsänger  Mariottini  erhalten;  ane 
die  Mara,  welche  1779  die  Berliner  Oper  in  contractbrttchigc 
Weise  verlassen  und  sich  zunächst  nach  Dresden  gewendi 
hatte,  nahm  sich  ihrer  hier  an.  Sie  spielte  damals  bloi 
Kinder-  und  ganz  junge  Mädchenrollen,  wotllr  Seylc 
indess  keine  Gage  zahlte.  Dies  führte  zu  Zerwürfnisse 
zwischen  diesem  und  Brandes,  welcher  in  Folge  dava 
sein  Engagement  kündigte.  Die  Beliebtheit  des  Brandes 
sehen  Ehepaars  sollte  bei  dieser  Gelegenheit  in  glänze^ 
der  Weise  hervortreten.  „Die  regierende  Kurfiirstin  - 
lieisst  es  bei  ihm  —  war  so   gnädig,  meiner  Frau  ihr* 


f 


—    287    — 

lind  des  Hofes  Waosch,  ans  ii»ch  ferner  in  Dresden  zu 
behalten,  in  den  schmeichelhaftesten  Ausdrücken  persön- 
I>eh  SQ  ftnssem.  Dasselbe  geschah  von  der  yerwittweten 
KvrflirBtin  anch  gegen  mich;  mehrere  vom  Adel  gaben 
bierza  dem  Kammerherm  Baron  v.  Racknitz  den  Auftrag, 
vnd  ein  Theil  derselben  nebst  vielen  angesehenen  Per- 
sonen ans  dem  Bürgerstande  eröffneten  unter  sich  eine 
Snbscription,   um  mich   für  die  von  Seyler  verweigerte 

Verbesserung   meines   Gehalts   vor's   Erste    zu    entschä- 
digen.« 

Das  Ehepaar  Hellmuth    war   zwar  nur   fUr   die 

VP^i*  brauchbar,    in    dieser    aber  besonders    die    Frau 

•^br    beliebt   Im  Besitz  einer  biegsamen,  nach  der  Höhe 

Qmfaiigreichen  Stimme,  gehörte  sie  zu  den  bedeutenderen 

deat^chen  Sängerinnen  der  Zeit.    Ihr  Gatte  erhielt  später 

voixi    Eurftirsten    von  Köln    den   Auftrag,    eine   Schau- 

■P'^lcrgesoUschaft  einzurichten.    Hellmuth  vereinigte  sich 

bier^n  mit  dem  Schauspieler  Gustav  Friedrich  Wilh. 

ßroggmann  (1744  in  Stettin  geboren),  welcher  jedoch 

^^dankbar    genug    war,    ihn    hierbei    zu    verdrängen. 

ß'OBsmann    war    ein    vielseitig    gebildeter    Mann    und 

^^lil  einer  der  ersten  Schauspieler,   die   ihre  Carrifere 

nicli^  von   unten   auf   anfingen.      Er    war    preussischer 

^S'stionssecretär,   als  ihn  die  Lust  zur  Bühne  unwider- 

•^lilich  ergriff.   Er  wählte  zu  seinem  ersten  theatralischen 

^^**«uche   keine   geringere  Bolle   als   den   Marinelli    und 

^'■^ug  darin  grossen  Erfolg.     Im  Fache  der  Bösewichte 

^^We  er  später  eine  Berühmtheit.    Kaum  minder  beliebt 

^^f    er    als   dramatischer   Schriftsteller,    wie    es    denn 

^^tiials  kaum  einen  Schauspieler  von  Geist   und  einiger 

ßildnng  gab,  der  sich  nicht  in  der  Bühnenschriftstellerei 

▼^i'^ncht  hätte.   Nur  wenige  aber  hatten  so  weitreichende 

Erfolge,   wie   er.    Ich    nenne  nur  seine  „Adelheid   von 

'^Itheim",  seine  „Wilhelmine  von  Blondheim",  „Henriette, 

^^T:  Sie   ist   schon  verheirathet",   sowie    das  unzählige 

**'    gespielte  Familiengemälde:   „Nicht  mehr  als  sechs 


—     288     — 

Schüsseln".    Auch  W  i  1  h#  0  p  i  t  z ,  1756  zu  Berlin  geboreik  ^ 
weloher    später    unter    Seconda    noch    eine   so 
Rolle  in  Dresden  spielen  sollte  ^  trat  am  diese 
Seyler'schen  Truppe.     Schon  damals  galt   er  flir 
begabten    Darsteller,    welcher   sich    mit   Enthnsu 
in  jeden  Charakter  zu  versetzen  sachte  nnd  der  klcte-> 
sten,  wie  der  grössten  Rolle  die  gleiche  AafinerkBamkek 
schenkte. 

Seyler  eröffnete  seine  Vorstellungen  in  Dresden  an 
19.  October  1775  mit  dem  Lustspiele:  „Die  eifersttchtilge 
Frau^  welchem  ein  vom  Bibliothekar  Dassdorf  gedichteter 
Prolog  vorausging.  Er  brachte  während  der  beiden  Jakre 
seines  Dresdner  Engagements  17  Opern  ^  und  4  BaDete, 
7  Trauer-  und  Schauspiele,^  sowie  35  Lustspiele*  nr 
Aufführung. 

Um  dieses  Repertoire  richtig  beurtheilen  zu  kOnseiy 
wird   man   den  Anfschwung  zu   berücksichtigen  haben, 

*  Benda  j.  (Barbier  von  Seyilla) ;  Benda  8.  (Jahrmarkt,  Medm 
Ariadne,  Walder,  Romeo  und  Julia);  Hiller  (Jagd,  EmtekziaSf 
Lustiger  Schuster);  Schweitzer  (Alceste,  Dorfgala);  Schubaoer  (M 
treuen  Köhler);  Duni  (Milchmädchen)l;  Oudinot  (Fassbiiider) ;  Mob* 
signy  (Deserteur);  Philidor  (Zauberer);  Guglielmi  (Robert  oA 
Callista). 

'  Voltaire  (Merope,  Semiramis);  Graphigny  (Genie);  Brande* 
(Medicäer);  Müller  (Graf  Waldron);  Dyk  (Monrose);  Geiimiiii|fl^ 
(Sidney  und  Silly). 

'  Darunter:  Brandes  (Geadelter  Kaufmann,  Trau,  schau,  weo?v 
Graf  Olsbach,  Der  Schein  betrügt,  Hochzeitsfeier);  Lessing  (Alt« 
Jungfer);  Engel  (Der  dankbare  Sohn);  Schlegel  (Die  stumme  Schdo- 
heit);  Jünger  (Die  Badecur,  Entführung);  Stephanie  d.  J.  (Die  sei** 
same  Eifersucht,  Die  Wölfe  in  der  Heerde);  Bock,  aus  Dreidei»? 
(Was  sein  soll,  schickt  sich  wohl,  Die  Temperamente);  Gxaasmt»^ 
(Die  Irrungen,  nach  Shakespeare,  Henriette) ;  Goldoni  (Das  neugierig 
Frauenzimmer,  Der  gutherzige  Zänker,  Die  gute  Frau);  Mercier(DC 
Essigkrämer);  La  Chaussee  (Melanide);  Sedaine  (Der  Philosoph? 
ohne  es  zu  wissen);  Champfort  (Die  junge  Indianerin);  Le  Grand  (Dp' 
sehende  Blinde). 


—    289    — 

welche  das  Drama  inzwischen  genommen.  Lessing  hatte 

leine  Emilia  Galotti  geschrieben  —  Wieland  Shakespeare 

flbenetst  —   Goethe  hatte    seinen  Clavigo^    Götz    von 

BeriichmgeD;  seinen  Werther  veröfFentlicht  —  anch  die 

tinigeo  Dichter  der  Sturm-  und  Drangperiode  hatten  sich 

venehmen  lassen.    Klinger  ^   welcher  in   dem   Theater- 

bdcnder  von   1777  als  Theaterdichter  bei  Seyler  auf- 

Ü^Ahrtwird,  begann  ebenfalls  seine  Dramen  zu  dichten^ 

^  denn  Letzterer  noch  in  demselben  Jahre   seine  Vor- 

^Hnngen   zur  Ostermesse   in  Leipzig  mit   dem  Drama 

flStonn    and   Drang'^    dieses   Dichters    eröffiiete.     Die 

^iuiften  der   französischen   und  englischen   Freigeister 

l^ttten  in  Deutschland   die  Jugend   aufs  Tiefste   erregt 

^  Beanmarchais  hatte  seine  zündenden  Lustspiele   zum 

^eil  schon   geschrieben  —  in  allen  Anschauungen  der 

^Ation  sich   ein  gewaltiger  Umschwung  vollzogen:  das 

^'^rtoire  der  Sejler'schen  Gesellschaft  in  Dresden  erschien 

•k^r  von  Alledem  wie  unberührt. 

Um  völlig  gerecht  zu  sein^  werde  ich  freilich  hin- 

>nfiigen  müssen,  dass  es  auch  an  den  meisten  der  übrigen 

^Uen  im  Ganzen  nur  wenig  besser  war.   Das  Theater, 

^cbes  so   gern   vorgiebt,   ein  Spiegel   des  Lebens   zu 

^^  ,  zieht  sich  fast  immer  vor  Allem  ängstlich  zurück, 

^^  aus  der  Tiefe  des  Lebens   kommt,   dessen   innerste 

2>ftt£nde,   dessen  Gefühle  und  Leidenschaften,   dessen 

^tepfe  und  Gegensätze  zu  offenbaren  trachtet  und  hier- 

^     von   den  Traditionen   der   schon   erprobten  Formen 

^^    Wirkungen  der  Bühne  nur  irgendwie  abweicht  oder 

'w>eii  wohl   gar   widerspricht.     Die  Welt   der   Bühnen- 

^<^fne  ist   eben   eine   andere,   als  die  der  menschlichen 

^^rbeit  und  Leidenschaft.  —  So  waren   denn  auch  die 

• 

^S^ntlichen  Schriftsteller  des  damaligen  Theaters,  die 
•^ri^nhoff,  Bode,  Bock,  Brandes,  Bretzner,  Gebier,  Gotter, 
T^^Bsmann,  Stephanie  d.  J.  u.  A.  vom  Geiste  jener  mäch- 
^6^11  Erscheinungen  in  Leben  und  Dichtung  nur  wenig 
'^^1'  auch   gar   nicht   berührt.    Wie  weit  stehen  selbst 

1Q 


-     290    — 

noch  Diejenigen,   welche   sich  für  Anhänger  und  Nacli.- 
folger  Lessing^s  ausgaben^  hinter  diesem  hierin  zurflck.  * 
Welchen  Zuschnitt  nnd  welche  Form  and  Gestalt  glanbtesa 
auch  jetzt  noch  die  damals  f)ir  die  BUhne  arbeitenden 
Dichter  nicht  nnr  den  Shakespeare'schen,  sondern  ttberhanpt 
allen  Aber  das  gewöhnliche^  anf  der  Btthne  herrscliaid 
gewordene    Maass    hinausgehenden    Dramen    geben  xu 
sollen!    In  welchem  Grade  glaubten  sie  selbst  noch  die 
Sprache   eines  Destouches,   Moliöre,  Beaumarchais  ent- 
geistigen   zu   müssen,   um   sie    dem  vermeintlichen  Ge- 
schmacke  des  deutschen  Publicums   und  dem   thatsSdh 
liehen  Geschmacke  der  deutschen  Schauspieler  mundrecbt 
zu  machen? 

Ueber  die  Leistungen  der  Seyler^schen  Gesellschaft 
in  Dresden  liegen  uns  nur  wenige  Nachrichten  Tor. 
Obschon  nach  einer  Notiz  der  Dresdner  Merkwürdigkeiten 
(1775)  „zum  Ruhme  der  yerdienstvoUen  Gesellschaft 
Seyler's  und  zur  Rettung  sowohl  als  Bildung  des  Dresdner 
Geschmacks^  ein  Wochenblatt  unter  dem  Titel  ^Briefe 
von  Herrn  E.  in  L.'^  in  der  Gerlach'schen  Buchhandlsng 
erschienen  sein  soll,  so  hat  sich  bis  jetzt  doch  noch 
nichts  davon  auffinden  lassen.  Ich  will  kein  besonderes 
Gewicht  darauf  legen,  dass  der  Bibliothekar  Dassdorfi 
der  Verfasser  des  Epilogs,  mit  welchem  Mad.  Seyler  am 
13.  März  1777  von  Dresden  Abschied  nahm,  die  Mit- 
theilnng  desselben  in  den  Mise.  Sax.  mit  einem  Znsatx 
begleitete,  in  dem  er  „der  aufrichtigen  Trauer,  welche 
der  Gesellschaft  Seiten  aller  Freunde  deutscher  Kujat 
nachfolge^  Ausdruck  verlieh  —  oder  dass  Brandes  von 
ihr  als  einer  „vortrefflichen  Vireinigung  von  mchreH; 
theils  ächten  Künstlern"  spricht.  Es  liegen  uns  jedoch 
über  sie  gleichzeitig  ürtheilc  aus  anderen  Städten  vor» 
insbesondere  über  die  Vorstellungen,  welche  diese  Gesell- 
schaft in  den  Monaton  Mai  und  Juni  1777  in  Frank- 
furt a.  M.  gab  und  die  zur  Herausgabe  eines  besonderem 
Schriftchens:  „Briefe,   die  Seyler'sche  SchauspielergescD- 


—    291    — 

Schaft  and  ihre  VorstellnDgen  in  Frankfurt  a.  M.  be- 
treffend/ führten.  Hier  werden  nicht  nur  die  Leist- 
nigen  im  Schauspiele  und  Lustspiele,  sondern  selbst  in 
der  Operette  sehr  hoch  gestellt.  In  letzterer  wird  be- 
sonders das  Hellmuth'sche  Ehepaar  hervorgehoben.  — 
Ungünstiger  lautet  freilich  ein  Urtheil  des  Schauspielers 
J«  H.  Friedrich  Schröter,  gen.  Müller,  welcher  im  Auf- 
^{;e  des  Kaisers  Joseph  eine  Rundreise  durch  Deutsch- 
land machte,  um  bedeutendere  Kräfte  für  die  Wiener 
Bühne  zu  gewinnen.  „Da  unter  den  Darstellern  — 
kfi«8t  es  bei  ihm  über  die  Vorstellung  der  Operette 
,Die  treuen  Köhler'  —  nur  zwei  Personen  musikalisch 
v&ren,  so  kann  man  sich  denken,  wie  diese  Oper  auf- 
genommen worden."  Obschon  wir  hierbei  berücksich- 
%n  müssen,  dass,  wie  Reichard  bemerkt,  nder  Zu- 
^d  der  Singetheater^  im  Allgemeinen  ein  sehr  elender 
^»r,  so  werden  wir  doch  von  dem  Lobe  auch  der 
^Unspielerischen  Leistungen  Manches  in  Abzug  zu 
l^i'Uigen  haben.  Wie  heute,  war  man  schon  damals  in 
Lesern  Lobe  sehr  ttberschwänglich,  was  viel  dazu  bei- 
getragen, dass  man  frühere  Zustände  der  Bühne  meist 
^  einem  zu  günstigen  Lichte  sieht. 

Ich  verweise  in  dieser  Beziehung  nochmals  auf 
^^  oben  erwähnten  Bericht  des  Schauspielers  Müller, 
^  Welchem  es  heisst,  er  habe  auf  seiner  Reise  311  schau- 
^lerische  Subjecte  kennen  gelernt,  unter  ihnen  aber 
^^^  17,  von  denen  man  sagen  könne,  dass  sie  ihre 
^^^m  studirt  hätten. 

Jedenfalls  aber  hatte  inzwischen  der  Geschmack  am 
*"Wer  in  Dresden  sehr  zugenommen,  wie  man  aus  einer 
^om  Mag.  König  1777  in  der  Frauenkirche  gehaltenen 
*^digt  ersehen  kann,  in  welcher,  wie  es  im  ersten  Stücke 
^^  Theaterjoumals  heisst,  darüber  geklagt  wird:  dass 
^^ii^als  das  ganze  Interesse  des  Tages  sich  fast  nur  um 
^MComOdienspiel  gedreht  habe,  so  dass  man  in  Gesellschaft^ 


—    292    — 

auf  der  Gasse  ^  oder  wo  nur  Leute  zasammeiiUiiM 
nichts  Anderes  zn  hören  bekommen^  als:  „Werdw  i 
hente  in  die  Gomödie  gehen?  Was  geben  sie  beute. I 
ein  Stück?  Ist  es  hübsch?  Haben  Sie  es  gelesen? 
es  gut  besetzt?  Geben  sie  ein  neues  iBallet?  Sipd  i 
gestern  da  gewesen?  Spielte  Borchers  wieder  so  gl 
Wer  hat  die  nnd  die  Rolle  gespielt?  —  Der?  Ö  pftii,  < 
hätte  ich  von  dem  sehen  mögen.  Ist  Madame  Bnni 
applandirt  worden?'^  und  dergleichen  unzählige  Fng 
mehr^  die  ein  Jeder  zu  beantworten  wüsste.  Alle  ftt 
würden  verstummen,  wenn  man  sie  fragte:  ^Wie  bek 
der  und  der  Psalm?  Haben  Sie  das  Gapitel  in  d 
Bibel  gelesen?  Wie  lautet  die  Stelle  im  Evangelistei 
Was  sagt  dort  Paulus  zu  den  Römern?'^ 

Seyler  hat  das  Verdienst;  während  seines  Dresdo 
Aufenthaltes  die  Bildung  einer  Pensionscasse  ins  Leb 
gerufen  zu  haben.  Der  Gedanke  dazu  gehört  mögliciM 
weise  Eckhof ,  wenigstens  wurde  derselbe  bereits 
Gotha^  als  Eckhof  noch  mit  Sejler  vereinigt  war,  in  E 
wägung  gezogen,  in  Dresden  aber  doch  erst  in  Aogi 
genommen.  Der  dazu  nöthige  Fond  sollte  theils  dar 
monatliche  Gagenabzüge  der  Mitglieder,  theils  diu 
Benefizvorstellungen  und  durch  Beiträge  von  Kunstfrei 
den  aufgebracht  werden.  Das  Statut  zu  dieser  Uni 
nehmung  ist  vom  1.  Mai  1775  uud  aus  Leipzig  dati 
Am  18.  März  fand  in  Dresden  die  erste  BenefizcomO< 
(Die  Verführte  und  die  Dorfgala)  statt.  Das  Projectn 
aber  nicht  durchführbar.  Es  setzte  nämlich  die  Conm 
dirung  der  Bühnenverhäitnisse,  die  es  erstrebte,  ben 
voraus.  An  der  fortwährenden  Zersplitterung  der  1 
glieder  musste  es  scheitern. 

Wie  Koch,  war  es  auch  Seyler  bei  dem  I 
gagement  in  Dresden  wieder  um  eine  solche  Con« 
dirung  zu  thun  gewesen.  Dem  Theater  eine  feste,  dan 
hafte  Grundlage   zu  geben,   wurde  jetzt  überhaupt  ga 


Hll^mein  alB  Bedilrfniss  empfunden.  Man  war  des  ruLe- 
losen,  unBicberen  Wanderlebens  endlich  mtlde  geworden. 
Ein  Brief  Seyler's  vom  11.  November  177G,  in  dem  er 
um  Verlängerung  seines  Contractes  einkam ,  giebt  dafUr 
«pTtchendes  Zeugniss:  „Es  ist  unläugbar  —  Iieisst  es 
darin  —  ngd  durch  vielfältige  Erfahmng  bestätigt,  dass 
lur  Vervollkommnung  einer  Schauspielergesellscbaft  ein 
"■Uerbafter  Anl'entlialt  bi»  notbwendig,  wie  nützlich  Bci. 
Der  Sclianspieler  bat  mehr  Müsse,  seiner  Kunst  obzn- 
M*«!;  man  (Ibt  eine  grössere  Anzahl  Stücke  ein,  der 
'"•chaner  wird  also  durch  Neuigkeit  nnd  Mannichfaltig- 
«Hl  onterhslten;  man  gewinnt  dem  Hof  nnd  dem  Pnbli- 
^^  endlich  einen  sicheren  Geschmack  ab,  richtet  sich 
^  der  Wahl  seiner  Stücke  damacli  und  erreicht  der- 
^*''»lt  um  80  eher  den  grossen  Endpunkt  des  Scbau- 
5^^  'n  unterrichten  nnd  zn  ergfitzcn."  (M.  Fürstenau, 
"e  Theater  in  Dresden  1763—1777.) 

Da  Seyler  eine  Verlängerung  des  Contractes  in  dem 
"lO&iige,  wie  er  es  wünschte,  nicht  erlangen  konnte,  so 
"•Qin  er  einen  inzwischen  an  ihn  ergangenen  Ruf  nach 
™*Onheim  an.  Schon  1776  war  man  von  hier  aus  mit 
'^'**  in  Utitcrhandlung  getreten;  da  aber  diese  zunächst 
•"Cht  ginn,  Xiele  ftihrte,  hatte  man  sich  von  dort  auch 
ooch  an  Brandes  gewendet,  was  jedoch  wieder  fallen 
S**Äa8en  wurde,  nachdem  sich  Seyler  im  folgenden 
J«.hre    bereitwilliger  zeigte. 

Inzwischen  mochte  man  sicli  jedoch  am  Dresdner  Hofe 

An  das  deutsche  Scbanspiel  gewöhnt  bähen,  dass  man 

"''Sar   wieder  an    die  Errichtung  eines  eigenen  Theaters 

^    denken   begann,  und  bei  der  Gunst,  in  welcher  das 

'^Odes'sche  Ehepaar  daselbst  stand,  wurde   hierbei  zu- 

"^chgt  anf  diesen  das  Ange  geworfen. 

Brandes  erzählt,  dass  ihm  durch  den  Oberkammer- 

®*tti  Grafen  von  Marcolini  der  Antrag  gestellt  worden 

**^*»   die  Einrichtung  und  Direction  dieses  neuen  Theaters 


—    294    — 

gegen  ein  Gehalt  von  1300  Thaler  jährlich  zu  Aber 
nehmen,  worauf  er  sein  Yerhältniss  zu  Seyler  gelte 
habe.  Nach  einer  Gorrespondenz  ans  Dresden  yoc 
12.  April  1777  im  Theaterjonmal  wäre  dieses  Ami  je 
doch  gemeinschaftlich  auf  Pasqaale  Bondini,  den  Std] 
Vertreter  Bnstelli's  bei  der  italienischen  (^r,  auf  Brande 
und  den  Theatercassirer  Forchheim  tlbertragen  und  to 
der  Seyler'schen  Gesellschaft  die  Schauspieler  Hempe 
Günther;  Thering;  Klinge,  sowie  Madame  Brandes  nebi 
Tochter  und  das  Ehepaar  Jacquemain  fttr  das  mm 
Theater  engagirt  worden.  Eine  etwas  spätere  NachrieU 
aus  demselben  Jahre  bringt  ein  vollständiges  Yerzeichnise 
der  Mitglieder  des  letzteren ,  nach  welchem  das  Diree- 
torium  ans  dem  Directeur  des  Plaisirs,  Herrn  von  Eönigj 
als  dengenigen,  welchem  die  Wahl  der  Stttcke  und  die 
Schlichtung  der  Streitigkeiten  oblag;  aus  Brandes  ^  tic 
demjenigen,  welchem  das  Vorschlagen  der  Sttlcke,  deiec 
Besetzang  und  das  Engagement  der  Schauspieler  zqIuub 
und  aus  Forchheim  bestand^  der  mit  der  Verwaltung  da 
Gasse  beauftragt  war.  Auch  eine  Nachricht  ausLeipflg 
vom  7.  Mai  1777  im  Theaterjonmal  lässt  keinen  Zweifei^ 
darüber;  dass  Brandes  eine  Zeit  lang  ohne  Bondini  ml' 
der  Leitung  des  kurflirstlichen  Theaters  betraut  w»r 
Doch  mögen  immer  inzwischen  Unterhandlungen  mit  die 
sem  gepflogen  worden  sein,  bis  man  sich  endlich  si 
dessen  Gunsten  entschied.  Durch  Bescript  vom  11.  Jal 
1777  wurde  mit  ihm  ein  Contract  auf  die  Dauer  voi 
ftlnf  Jahren  (von  Mich.  1777  bis  Mich.  1782)  mit  ein« 
Subvention  von  6000  Thaler,  im  Uehrigen  aber  ganz  « 
denselben  Bedingungen  wie  mit  Döbbelin  und  Seyler  ab 
geschlossen. 

Nach  Ausbruch  des  bairischen  Erbfolgekrieges  wurd< 
dieser  Contract  am  14.  Juni  1778  zwar  gekflndigl 
am  26.  Juni  1779,  unter  Auszahlung  der  rflokständig« 
Snbventionsgelder,  aber  wieder  erneut. 

Brandes  giebt  diesen  Verhältnissen   eine  etwas  ab 


—    295    - 

weichende  Darstellnng.    Er  gesteht  indess  zn,  dass  er  im 

Jabre  1778   das  Directorinm  an  Bondini  hätte  abgeben 

und  rieh  mit  der  Stellung  eines  Regissears  unter  diesem 

bcgoflgen   mflssen.      Da   Bondini    von    dem    deutschen 

^eaterwesen  aber  nur  sebr  wenig  verstanden  habe,  so 

^en  ihm  fast  alle  Oeschäfte  des  Directoriums  zugekommen, 

^'e  denn  von  ihm  unter  Herrn  von  König  auch  fast  selbst- 

stilodig  verwaltet  worden  wären. 


Die  Bondini  -  Seoonda'sche  OeseUschafk  am  kn^ 
forsüiohen  Hofe  zu  Dresden. 


Bestand  der  Bondlnl'sehen  GeselUicluift  —  Brandet'  Regle  ni 
Zerwflrfiilflse  mit  Relneoke«  —  Regle  Ton  Reineeke«  —  Rcfl^ 
tolre  der  Gesellschaft  bis  1788.  —  Yerftndeningen  derselben. - 
Ihre  Leistungen«  —  Seeenda,  DIreetor.  —  Regle  Ton  Optti.  - 
5ene  Yerändernngen.  —  Repertoire  bis  1818.  —  Lelstnngen  in 
Gesellschaft  nnd  Urthelle  über  dieselbe« 

Durch  den  Vertrag  mit  Bondini  war  die  Bildung 
eines  eigenen  kurfürstlichen  deutschen  Theaters  zunJUhit 
ganz  wieder  aufgegeben.  Eine  bloss  subventionirte  Theater 
Unternehmung  mit  dem  Titel  einer  kurfürstlich  sächsischen 
Schauspielergesellschaft  war  an  die  Stelle  getreten.  Bon- 
dini hatte  auf  Wunsch  des  Hofes  die  von  Brandes  en- 
gagirten  Schauspieler  der  Seyler'schen  Gesellschaft  eben- 
falls wieder  Übernehmen  müssen.  Auch  war  eine  Aniahl 
neuer  Erwerbungen  gemacht  worden.  An  Anerbietnngei 
fehlte  es  nicht,  da  das  Gerücht  von  der  Bildung^  eines 
kurfürstlichen  Hoftheaters  Schauspieler  und  Schauspiele- 
rinnen aus  allen  Gegenden  Deutschlands  herbeigesogen 
hatte. 

Im  Herbst  1777  war  die  Zusammensetzung  der  Bon- 
dini'schen  Gesellschaft  nach  einer  Aufstellung  des  Theater 
.kalenders  folgende: 

y,Pasquale  Bondini,  Unternehmer.  Brandes,  Regis- 
seur. Hiller  und  in  dessen  Stellvertretung  Gestewiti, 
Musikdirector.  Forchheim,  Cassirer.  Actricen:  Madame 
Brandes,   erste  Liebhaberin.     Mamsell   Brandes,  junge 


—    297    — 

Hldchcn  im  Schau-  and  Singspiele.    Mad.  Henisch^  erste 

Liebhaberin  im  Schau-  und  Singspiele.     Harns.  Henisch, 

Kinderrollen.    Mad.  Haber;  Mütter  and  andere  Rollen  im 

Schau-  and   Singspiele.      Mams.   Haber^    erste   mantere 

KoUen  im  Schaa-  and  Singspiele.  Mad.  Jacqaemain,  char- 

girte  Mtltter,  singt.   Mams.  Jacqaemain;  erste  Einderrollen 

im  Schaa-  and  Singspiele.    Mad.  Koch;  erste  Liebhaberin 

im  Schaa-    and    Singspiele.      Mams.    Friederike    Koch, 

Kinderrollen.     Mad.   RMer,    erste  Soubretten,    zuweilen 

Liebhaberinnen.    Mams.  Seyfart;  angehende  Mädchen  im 

Schau-  und  Singspiele.   Mad.  Smitt;  Sängerin.  —  Acteurs: 

^086;  zweiter  Liebhaber;  ernsthafte  Rollen   und  Väter 

^  Smgspiele.     BrandeS;   launige  AltC;   Charakterrollen, 

S^daten,  Raisonneurs.      Fleck;    zweite  Liebhaber  und 

^^nroUen.     GMnther,    erste    komische   Rollen    in    der 

^rettC;  komische  Alte,  Bedienten.    Hempel;  erste  Lich- 

**ker,  Offiziere;  Bauern.    Huber;  JudeU;  Bediente;  singt. 

^^faigc;  zweite  Alte,    Offiziere,    Bauern,    singt.     Koch, 

'••*e    Bediente.      Röder,    einfältige     und    andere    Be- 

*^te;  singt.    Reinecke,  erste  Väter,  Charakterrollen,  ahe 

^'Ä^ere.    Smitt;  zweite  Liebhaber;  Stutzer,  Deutschfran- 

'^•^B,  singt.     Spengler,  erste  Liebhaber  im  Sing-  und 

'^^^uspiele.    Thering,  erste  Bediente,  Pedanten,  chargirte 

'^Hen.    Wagner,  Bediente,  Bauern  und  Alte.    Souffleur: 

"^t^aberf 

Von  den  neu  hinzugetretenen  Mitgliedern  war  Job. 
•*iedr.  Reinecke,,  geb.  1745  zu  Helmstädt,  jeden- 
^^  der  liedeutendste.  Er  hatte  eine  gelehrte  Bildung 
-Bossen  und  trat  1765  als  Student  bei  der  Koch'schen 
^^ellschaft  ein.  Seine  schauspielerische  Ausbildung  er- 
^^  er  sowohl  hier,  wie  (1770—77)  bei  Ackermann 
*^  Schrikler  in  Hamburg.  Meyer  (in  Schröder's  Leben) 
^%t  Aber  ihn:  „Reinecken  hatte  die  Natur  Oefillligkeit 
^^  äusseren  Stolz  in  geringerem  Maass,  den  Ausdruck 
^lÄcrer  Würde  und  Kraft,  den  Ton,  der  unmittelbar  zum 
•^^rzen  dringt,   aber   verschwenderischer  als  Einem  bei- 


—    298    — 

• 

gelegt.  Er  beobachtete  den  Siegtrunkenen  mit  Angei 
des  Nebenbuhlers  nnd  horchte  auf  leise  Stunmen,  di 
nicht  Alles  bewunderten.  Bock's  Umsicht,  Boietoi 
schneller  Blick;  Boden's  derbes  Wort,  das  Oeistnidi 
seiner  Gattin  nnd;  wenn  er  sonst  Niemand  gehabt  Utti 
Schröder's  unbestechliches  Urtheil  vereinigten  sieh  a 
seinem  eigenen  gesunden  Sinn,  um  ihm  anschaulick  i 
machen,  was  Brockmann  tlbersah.  Dadurch  mu88te< 
den  Vorzügen  seines  Nebenbuhlers  so  nah,  seinen  Fehki 
so  fem  bleiben;  dass  er  im  Ganzen  der  VoUkommeBhc 
näher  kam.*  —  Weniger  günstig  urtheilt  der  Sobil 
steller  Dyk  tlber  ihu;  der  ihn  einen  blossen  Naturalish 
nennt.  Die  Doppelströmung  der  naturalistischen  u 
formalistischen  SpielweisC;  welcher  man  damals  bei  da 
meisten  Truppen  begegnete;  macht  sich  auch  in  de 
Widerspruche  dieser  Urtheile  geltend.  Die  Berlin'sd 
Theater-  und  Literaturzeitnng  (I.  Jahrg.;  L  Theil,  S.  U 
sagt  über  ihn:  «Reinecke  ist  ansehnlich  und  woUg 
wachsen.  Sein  Gesicht;  voll  Ausdruck  und  Bedentu 
verkündet  den  Mann  von  Talent  und  Geist.  Zuweik 
hat  er  eine  etwas  vornübergebogene  Stellung;  weiek 
Fehler;  wenn's  einer  ist;  ihm  vielleicht  daher  anklri 
weil  er  sich  in  Hamburg  ganz  auf  das  Fach  der  Alh 
legte.  Seine  Stimme  ist  deutlich;  obwohl  etwas  tief« 
von  keinem  ausserordentlichen  Umfange;  doch  weiM 
ihr  so  viele  Modulation  zu  gebeu;  sie  so  zu  gebrauche 
dass  ich  jedem  angehenden  Schauspieler  rathen  will; 
der  Declamation  bei  ihm  in  die  Schule  zu  gehen;  dal 
hat  er  ein  richtiges,  heisses  Gefühl  fürs  Schöne;  tid 
Eindringen  in  seine  Bolle  und  mehr  noch  in  die  Nati 
deren  Schüler  er  ist;  inniges,  wahres  Spiel,  wobei  m 
Schauplatz  und  Werk  des  Dichters  und  Alles  veigif 
und  die  Scenen  wirklich  zu  sehen  wähnt;  deren  GernÜi 
er  uns  darstellt."  Gerühmt  werden  insbesondere  se 
OdoardO;  Uartly,  Freyhof;  Gapulet;  Bode,  Holbeck;  Hier 
nymus  Billenbeck;  Essex  und  Olsbach. 


—    299    — 

Seine  Gattin  Sophie,  geb.  Benzig  (1745)  aus  Hei- 
delberg, besass  eine  schöne  Figur,  massvolle  Lebhaftig- 
keit and  Feuer.  Ihre  Stellungen,  Geberden,  Bewegungen 
waren  immer  natttrlich.  Ihre  Stimme  hatte  grossen  Reiz. 
Ihr  Gesicht  war  redend.  Zorn,  Betrübniss,  Stolz,  Zärt- 
fichkeit,  Spott,  Ernst,  Mitleiden,  Alles  drückte  es  voll- 
kommen aus.  Sie  wurde  von  Graff  gemalt,  wonach  der 
Theaterkalender  von  1790  einen  Kupferstich  brachte. 

Reineckes  waren  noch  von  Brandes  engagirt  worden. 
Sie  debtttirten  am  12.  Juni  1777  in  Emilia  Galotti.  Er 
spielte  den  Odoardo,  sie  die  Claudia,  Brandes  den  Mari- 
nelU,  Mad.  Brandes  die  Orsina.  (Die  Lit.-  u.  Theaterzeit, 
▼om  Jahre  1778  brachte  darüber  eine  eingehende  Kritik.) 

Eine  weitere  Zierde  war  der  Gesellschaft  in  Franziska 
Koch,  geb.  Gireneck  aus  Dresden  (1748)  gewonnen  worden. 
^  batte  ihre  theatralische  Laufbahn  1765  bei  der  Koch- 
loben  Gesellschaft  begonnen  und  sich  hier  mit  dem 
Balletmeister  Fried.  Karl  Koch  verheirathet,  der  sie  theils 
selbst  unterrichtete,  theils  durch  den  Lexikographen 
Gerber  (im  Clayierspiel)  und  durch  den  Kapellmeister 
Scbweitzer  (im  Singen)  weiter  ausbilden  liess.    1777  trat 

^^  mit  ihrem  Gatten  bei  der  Bondini'schen  Gesellschaft 

* 

^«  Auch  in  Dresden,  wo  sie  sehr  bald  ein  Liebling  des 
I^bHcums  wurde,  setzte  sie  ihre  musikalischen  Studien 
'<^  Man  rühmte  ihren  königlichen  Wuchs,  ihre  voU- 
^i^ende  Stimme  und  die  Grazie  ihrer  Bewegungen.  Alceste, 
'belebe  Schweitzer  ftlr  sie  componirte,  wird  als  ihre  vor- 
'^licbste  Leistung  bezeichnet.  Nur  im  heroischen  und 
sentimentalen  Fache  aber  war  sie  bedeutend.  Da  Bondini 
^'82  die  Opernvorstellungen  aufgab,  so  verliess  sie  Dresden 
ftr  einige  Zeit,  kehrte  jedoch  schon  1783  in  die  liebge- 
^<Menen  Verhältnisse  zurück,  um  sich  dem  Schauspiel 
8^1  zuzuwenden.  —  Ihr  Gatte  (geb.  1740),  welcher  sich 
^^ter  Noverre  zum  Tänzer  ausgebildet  hatte,  war  bereits 
^ber  als  sie  (1774)  zum  Schauspiele  übergetreten.  Er 
^11  im  Fache  der  komischen  Bedienten  recht  Gutes  ge- 


—    300    — 

leistet  haben.    Auch  ihre  Schwester  Caroline  Henisch, 
die  1777  von  der  Wäser'schen  Gesellschaft  in  die  Bob- 
dini'sche  getreten  war,  wurde  wegen  ihrer  Schönheit  ge- 
feiert.   Man  schildert  sie  „als  eine  der  schönsten  Figoraii 
die  je.  das  Theater  betreten,  ganz  von  der  Liebe  gebilddf. 
Sie  spielte  besonders  leidende  nnd  schmachtende  BoUn 
vortrefflich;  „ein  wenig  mehr  Feuer  —  setzt  derBericU- 
erstatter  hinzu  —  wjirde  sie  zu   einer  der  ersten  Dtr- 
stellerinnen im   Fache    der  zärtlich  liebenden  Hftdcben 
machen.^    In  der  Oper  wird  die  Biegsamkeit  ihrer  Stimme 
hervorgehoben.    Für  heitere  Rollen  war  Sophie  Huber 
(geb.  1754)   eine  glückliche  Acquisition.    Sie  heiratbete 
1779  den  beliebten  Bassbuffo  und  Komiker  Friedrieb 
Günther.    Auch  Job.  Fried.  Ferd.  Fleck,  geb.  1^7 
zu  Breslau,  Sohn  eines  Rathsherm,  der,  einem  unbezwinj;- 
lichen  Hange  zur  BUhpe  folgend,  die  gelehrten  Studi» 
(er  sollte  in  Halle  Theologie  studiren)  verlassen  hatte, 
gehörte  damals  vorübergehend  der  Dresdner  Btthne  ib. 
Er  soll  hier  unter  dem  Einflüsse  Reinecke's  den  Gmnd 
zu  seiner  späteren  Berühmtheit  gelegt  haben.    1779  png 
er  zur  Schröder'schen  Gesellschaft  nach  Hamburg  und 
feierte  später  in  Berlin  seine  höchsten  Triumphe.    Unter 
seiner  Einwirkung  bildeten  sich  vornehmlich  Tieck's  drami- 
turgischc  Anschauungen,  sowie  dessen  eigene  Darstellungs- 
kunst  aus.     Insofern  ist  er  auch  noch  in  späterer  Zeit 
einflussreich  auf  die  Entwicklung  des  Dresdner  Theaters  ge- 
worden.   1778  traten  von  Hamburg  der  Schauspieler  Schütz 
und  der  Theaterdichter  Bock  zur  Bondini'schen  Gesellschaft. 
Schütz,  geb.  zu  Strassburg,  wird  in  Chevaliersrollen  g^ 
lobt    „Er  spielte  alle  seine  Betrüger  —  heisst  es  von 
ihm  —  sie  mochten  Grafen  oder  Fürsten  sein,  mit  einem 
air  de  Crispin^    In  Rollen  mit  starkem  Auftrag  war  er 
besonders  gut.  Doch  lobt  Schröder  auch  seine  Darstellung 
des   MarinellL     Joh.  Cristian  Bock,  aus  Dresden  g^ 
bürtig,    machte    sich  damals   als   üebersetzer   und  Be- 
arbeiter ausländischer  Bühnenstücke  weithin  bekannt. 


-    301    — 

KBondini  aelbst  mrd  ale  ein  wohlwollender  Mano  go- 
der  seine  Gesellscbafl  auf  einen  hohen  Stand 
bringen  wollte  nsd  keine  Kosten  dafür  schonte,  sein  Un- 
ternehmen aber  doch  nur  als  Oeschäl'tsniann  betrieb.  Ein 
inneres  Verhältniss  konnte  er  schon  deshalb  kaum  zu  ihr 
b&ben,  weil  er  der  deutschen  Sprache  nieht  hinreichend 
micbtjgwar.  Gleichwohl  würde  man  irren,  wenn  man  sich 
ihn  als  einen  Mann  ohne  jedes  künstlerische  Urtheil  denken 
wollte.  Man  hat  sich  dalür  zwar  anl' einige  Anekdoten  be- 
rufen, doch  möchte  ich  ein  zu  grosses  Gewicht  nicht  auf  sie 
legen.  Bondiniwar  wenigstens  verständig  genug,  den  kllnst- 
lemohcn  Thcil  der  Leitung  seines  Theaters  einem  hierzu 
befiihigteren  Manne  anzurertranen,  den  er  in  Brandes  schon 
vorfand.  Die  Feindseligkeit  und  die  Intriguen.  welche 
Jedoch  bald  zwischen  diesem  und  Reiuecke  ausbrachen 
snd  durch  die  Eifersüchteleien  ihrer  Franen  genährt 
worden,  erreichte  bald  einen  Grad,  der  Bondini  in  eine 
noan^nehme  Lage  brachte.  Ueinecke  hatte  zuletzt  gegen 
Brandes  eine  von  verschiedenen  Mitgliedern  unterschriebene 
Beschwerde  über  rücksichtslose  Rollenvertheilnng  mit  der 
Erkllrnng  eingereicht,  nicht  eher  wieder  die  Bühne  be- 
treten SU  wollen,  bis  ein  ans  den  einsichtsvollsten  Mit- 
gliedern der  Gesellschaft  erwählter  Ausschuas  Brandes  zur 
Säte  gesetzt  worden  sei.  Da  diese  Erklärung  in  die 
Zeit  des  bairiBchen  Erbfolgekriegcs  fiel,  während  welcher 
der  Hof  keinen  Einfluss  auf  die  Theaterangelcgenheiten 
aosliben  und-  Brandes  daher  bei  diesem  keinen  Schutz 
finden  konnte,  so  gab  er  wohl  oder  übel  der  Forderung 
nach.  Es  war  aber  natürlich,  dass  hierdurch  der  Friede 
nicht  hergestellt  wurde.  Bnndiui  glaubte,  um  beide  Theile 
zufrieden  zu  stellen,  einen  Ausweg  darin  zu  finden,  dass 
er  im  Herbat  1779  seine  Gesellschaft  theilte  und  Brandes 
ao  der  Spitze  des  Opernpersonals  nach  Leipzig  sandte, 
wahrend  das  Schauspiel  unter  seiner  und  Keinecke's 
Leitnog  b  Dresden  blieb.  Brandes,  welcher  sich  seiner 
Frau   wegen  nicht  auf  die  Operette  beschränken  wollte, 


—    302    — 

hatte  schnell  noch  einige  andere  schauspielerische  I 
herangezogen  und  ein  eigenes  Schanspiel  gegründet  Bo 
der  sich  fUr  die  deutsche  Operette  noch  weniger  intete 
als  ftlr  das  Schauspiel,  mag  vielleicht  froh  geweaeii 
sich  auf  diese  Weise  der  ersteren  entledigt  zu  1 
In  Dresden  war  man  aber  nicht  damit  einyerstandeii 
da  er  contractlich  zur  Aufführung  von  Opern  yerpfl 
war;  so  sah  er  sich  schon  nach  kurzer  Zeit  wied( 
nöthigt;  Brandes  mit  der  Operette  zurück  zu  bc 
Möglich;  dass  dessen  Einfluss  hierbei  sogar  mitwi 
war.  Brandes  erhielt  zwar  in  Dresden  aufs  Nei 
Regie  über  das  ganze  Theater;  die  rasch  ausbreoh 
Misshelligkeiten  zwischen  ihm  und  Reinecke  bestii 
ihn  aber;  einem  eben  an  ihn  ergangenen  Rufe  naeh  ] 
heim  zu  folgen.  Das  Glück;  welches  so  lange  all 
Schritte  begleitet  hatte ;  sollte*  sich  aber  jetzt  meh 
mehr  von  ihm  abwenden. 

Reinecke  hatte  sein  Ziel  nun  erreicht.  Die 
war  jetzt  sein.  Die  Schwierigkeiten  dieses  Amtes  c 
aber  auch  ihm  nicht  erspart  bleiben.  Er  gerieth  n 
bald  in  ähnliche  Zerwürfnisse  mit  seinen  GoUegei 
Brandes.  Hatte  er  selbst  doch  das  Beispiel  dazi 
gegeben.  Schon  gegen  Ende  des  Jahres  1780  war  B< 
ihm  die  Regie  zu  entziehen  genöthigt.  Er  übertn 
auf  Spengler,  welcher  sich  der  Aufgabe  jedoch  nicl 
wachsen  zeigte,  so  dass  man  nur  zu  bald  sein  Heil  i 
bei  Reinecke  suchen  musste.  Noch  ehe  ein  Jahi 
gangen  war,  wahrscheinlich  im  Zusammenhange  m 
gleichzeitig  erwirkten  Contractsverlängerung  der  ( 
Schaft  (bis  1783),  welche  Bondini  von  den  ihm  Ift 
Aufführungen  der  Operette  völlig  entband,  war  er  i 
im  Besitz  der  Regie,  die  er  nun  unangefochten  1 
seinem  (1787)  erfolgenden  Tode  behauptete.  Uns 
besass  er  auch  einzelne  der  wichtigsten  Eigenscl 
dazu:  Festigkeit  des  Charakters  und  Consequenz  i 
Durchführung  eines  bestimmten  Princips.    Dieses  P 


—    303    — 

war  im  WeflentUchen  das  der  von  Hamburg  ausgegangenen 
Schale,  die  nrsprttnglieh  die  Natorwabrheit  als  die  Grnnd- 
lige  und  Qnelle  der  künstlerischen  Schönheit  ansah,  all- 
mlhlich  aber  dahin  gelangte,  die  Schönheit  der  Natnrwahr- 
heit  unterzuordnen  und  diese  vorzugsweise  in  der  blossen 
Aensserlichkeit  und  Zufälligkeit  der  Erscheinungen  zu 
mchen.  Reinecke  strebte  yor  Allem  nach  Einheit  des 
EoBembles,  indem  er  auch  noch  die  letzten  Beste  der 
französischen  Darstellungsweise  zu  unterdrücken  bemüht 
war.  Gewiss  ging  auch  er  schon  hierin  zu  weit,  indem 
er  lB.  das  Versdrama  so  consequent  von  seinem  Repertoire 
aosaeUoss,  dass  er  Schiller  zur  Uebertragung  der  Jamben 
seines  Don  Carlos  in  die  ungebundene  Redeform  bewog. 
Aach  Goethe's  Mitschuldige^  wurden  von  ihm  nur  erst  in 
einer  ?on  Dr.  Älbrecht  unternommenen  Bearbeitung  des 
Stückes  in  Prosa  zur  AuflFÜhrung  gebracht.  Reinecke 
katte  dabei  vielleicht  weniger  im  Auge,  dem  herrschenden 
Zeitgeschmack  Rechnung  zu  tragen,  als  die  mühsam  zur 
Herrschaft  gebrachte  Natürlichkeitsrichtung  nicht  durch 
^t  Aufnahme  des  Versdramas  aufs  Neue  zu  gefährden. 
Er  verfolgte  das  Ziel  auf  dem  leichtesten,  weil  sichersten, 
>ber  auch  flachsten  Wege.  Vielleicht,  dass  das  damals 
S^boteu  war.  Hierbei  stehen  bleiben  aber  durfte  man 
nicht  Eine  höhere  Entwicklung  des  dramatischen  Vor- 
^^H^  war  nur  dann  zu  erreichen,  wenn  man  auch  noch 
^*8  Versdrama  als  eine  höhere  Aufgabe  für  den  von  der 
^»tnrwahrheit  ausgehenden  Vortrag  ergriff.  Dies  würde 
wf  die  Entwicklung  der  nationalen  dramatischen  Dichtung 
»^frnchtend  zurückgewirkt  und  die  dichterische  Behandlung 
^^  dramatischen  Verses  in  die  ihr  angemessenen  eigen- 
thttmlichen  Bahnen  gelenkt,  sie  vor  dem  Rückfall  in  die 
Wosse  Nachahmung  der  von  den  romanischen  Völkern 
*5*%eitellten  Muster  bewahrt  haben.  —  Man  hat  Reinecke 
^*^kt  selten  Rollensucht,  Arroganz  und  Eigenmächtigkeit 
^^''geworfen,  und  er  mag  wohl  nicht  ganz  frei  von  diesen 
'^Mern  gewesen  sein.    Sein  Repertoire  wird  man  aber 


—     304    — 

doch  mit  in  Hinblick  auf  seine  Abhängigkeit  yon  den 
Entscheidungen  des  Directenr  des  Plaisirs  zu  benrthdoi 
haben.  Die  Abneigung  des  Hoft  gegen  Trauerspiele  kl 
ihn  gewiss  in  der  Aufnahme  dieser  letzteren  bttwdkn 
gehemmt  Er  selbst  begünstigte  das  durch  den  Goethe'seho 
Götz  in  die  Mode  gekommene  Ritterstllcky  in  welchem  er 
glänzte^  sowie  das  Gonversationsstttck,  worin  er  sich  il* 
Meister  ftthlen  durfte. 

Die  Vorstellungen  der  Bondini'schen  Geselbdiaft 
wurden  am  23.  October  1777  mit  Graf  Essex  in  einer 
neuen  Bearbeitung  von  Dyk  eröffnet. 

Das  Repertoire  der  Oper  weist  nach  dem  Verz^k' 
nisse  von  Franz  Seconda  folgende  Stücke  auf: 

1777:  Zemire  und  Azor,  von  Gretry.  —  Die  Freundschift  aii 
der  Probe.  —  Der  Krieg.  —  Das  Bosenfest,  Ton  Wolf.  —  Ikm 
Jahrmarkt  —  Robert  und  Galliste.  —  Elysium. 

1778:  Der  Alchymist  —  Bassa  und  Tunis.  —  Badene,  te 
Deserteur.  —  Die  Dorfdeputirten.  —  Ernst  und  Lucinde.  —  DerFw- 
binder.  —  Der  Kaufmann  von  Smyrna.  —  Die  kleine  Aehrenleserift- 
"*  Der  Scheereuschleifer.  —  Ariadne. 

1779:  Adrass  und  Isidore.  —  Der  verliebte  Maler. —  DiescbOtC 
Arsene,  von  Moiisigny.  —  Die  Bergknappen.  —  Der  Barbier  fO* 
Sevilla.  —  Die  verwandelten  Weiber  und  das  Grab  der  Muftii  voK 
Hiller.  —  Die  Gouvernante.  —  Herbstabenteuer.  —  Die  Jagd.  -^ 
Das  Wäschermädchen.  —  Das  Milchmädchen. —  Der  prächtige  Frei- 
gebige. —  Tom  Jones.  —  Der  Soldat  als  Zauberer.  —  Der  Kapell- 
meister von  Lorazi.  —  Medea. 

1780:  Ino,  von  Reichardt  —  Das  gute  Mädchen,  von  Piecifti 
—  Armide.  —  Die  drei  Pächter.  —  Der  Holzhauer.  —  Der  ehrsOd* 
tige  Mann.  —  Der  lahme  Husar.  —  Der  Meierhof,  von  Scolari  — 
Die  wüste  Insel,  von  Schuster.  —  Walder.  —  Das  Wäschermädchess 
von  Zanetti. 

1781 :  Julie,  von  Deweder.  —  Die  Liebe  ist  sinnreich,  von  Gesic 
witz.  —  Kurze  Thorheit  ist  die  beste.  —  Alceste. 

1783:   Das  wüthende  Heer. 

1783:   Die  Lügnerin  aus  Liebe. 

Das  Repertoire  des  Schauspiels  stellt  sich  nach  einen 
uns  erhalten  gebliebenen  Verzeichnisse  von  Franz  Second 
folgendermassen  dar: 


^^K^     1171 


1777:  Egbcx,  Tt.  5  A.  von  Dyk.  —  Geschwind  eh'  es  Jemand 
nfUvt,  L.  3  A.  nach  Goldoni.  —  Jeanette,  Seh.  3  A.  von  Gotter. 

—  \A\  spiel  der  Liebe  nnd  dos  Zufalls,  L.  3  A.    von  Marivanx. 

—  Kiotmanu  uud  Bettler,  Seh.  i  A.  —  L)ie  Eritgsgefangeuen, 
Sri  sA.  Ton  Stephanie  d.  J.  —  Die  beiden  Hüte,  L.  1  A.  aus  dem 
Rui— Engenie,  Tr.  5  A.  von  BeaumsrchBis.  —  Emilia  üalotti, 
Tr.  h  A.  von  l,esaing,  am  10.  Nov. '  —  Die  Trauer,  L.  1  A.  von 
HiBieroche.  —  Henriette,  L.  ß  A.  von  A.  v,  Grossmann.  —  Neueste 
fnuntchule,  L.  6   A.  von  Stephanie  d.  J.  —   Der   Fabrikant  von 

Sei.  G  A.  von  Falbaire.  —  Die  WerLür,  L.  f.  A.  von 
I  d,  J.  —  Grosse  Batterie,  L.  I  A.  von  Airenhofer.  —  Amalie, 
on  Weise-  (4  Trauerspiele,  4  Schaasplele  und  9  Lustspiele.) 
ITTB:  Albert  L,  Dr.  3  A,  von  Weise.  —  Atheisten,  Tr.  3A. 
Bech.—  Die  algedankteu  Offiziere,  L.  5  A.  von  Stephanie  d.  A. 
~  I>er  aufbrausende  Liebhaber,  L.  3  A.  von  Meissner.  —  Bestrafte 
S«p«rde,  L.  6  A.  von  Stephanie  d.  J.  —  Der  Bettler,  L.  \  Ä.  von 

'  Es  wird  vielleicht  von  Interesse  sein,  ein  Urtheil  zu  hören, 

nichts  diese    Diditong   bei   ihrem    ersten   Erscheinen   in    Berlin 

Wi  dem  Heninegeber  des  „Magazin  eur  (ieschichte  des  deutschen 

•Wtcr«",  J.  J.  Anton  von    Hagen,    erfuhr.     Es  lautet:  „Was  er- 

Wrlei  man  von  dem  Verfasser  einer  Minna?    üh  aber  Herr  Lessiug 

''wnul  der  Erwartung  völlig  Genüge  geleistet,  ob  man  den  grossen 

■fittatiiclieu    Dichter    ancb    hier   wiederfand,    daran    uweifla    ich. 

"dchei  von  Les&ing's  Stüeken  ausser  seinen  jugendlichen  Arbeiten 

'*'>fl  dar  Emilia    nicht  den  Rang  abV   Der  Dialog  ist  gut,  wenn  ich 

""%•  platte  nnd  noch   mehr  gekörzte  Stellen  streiche.    Die  Ge- 

''^^'Mn  und  Sprache,  der  Ausdruck  gross,  erhaben  und  erschütternd, 

'"^  alt  gesucht,  wo  Natürlicheres  der  äauhe   angemessener   ge- 

"^^  «&re.    Die  Charaktere  sind  nicht  duruhgehends  gut  angelegt 

"'''  gut  ausgeführt  —  Lessing  begeLrt  Unmögliches:  ein  Studium 

?,**■  »eiblichen  Si-iOuheit    auf  dem  Thenterl     In    dieser  Scene  ist 

"""lik    ein  gutes,  frommes,  katholisches  Mädubeu.    Am  Eude  des 

^ttt)^  sieht  man  das  Iromme  Närrcben  als  eine  rümieche,  lugend- 

"^Q  Heldin,  die  mit  dem  Dolche  wie  mit  einer  Haarnadel  spielt." 

r~  ■  **'«  Scene  zwischen  Clandia  und  Marinelli  vurrälli  Leasing'»  Meister- 

^"^^t    aber  sie  ist  unschicklich.    Claudia  beschäftigt  sich  mit  dem 

^^^len,  ohne  nm  ihre  Tochter  sieh  zu  bekümmern.    Die  List,  die 

urKin^  dem  Odoardo  als  Wahnsinnige  anszageben,  macht  dem  Er- 

"^er  Iceine  Ehre-  Wie  lange  konnte  dieselbe  Stich  halten?  Zwischen 

^■^    i,  nnd  6.  Act  sollte  Odoardo  nichts  Anderes  gelhan   haben, 

^  di«  Arkade  auf-  und  abgegangen  seinV    Seine  Tochter  in  den 

^'ttien  des  Prinzen  gelassen  haben?" 


—    306    — 

Bock.  —  Die  Gomödie  aus  dem  Stegreif,  L.  1  A.  yon  jQnger. - 
Das  EaffeehauB,  L.  5  A.  —  GlaTigo,  Tr.  6  A.  tod  Goetk 
(10.  Deo.)>  —  Der  dankbare  Sohn,  L.  1 A.  Ton  Engel.  —  Der  Bim 
zweier  Herren,  L.  8  A.  nach  Goldoni,  yon  Schröder.  —  Duf  m 
seine  Frau  lieben?  L.  5  A.  yon  Niyelle  de  U  Chtiuate.  —  D 
Deserteur,  Tr.  5  A.  yon  Mercier.  —  Der  Diamant,  L.  1  A  k 
Engel.  —  Das  Duell,  L.  1  A.  yon  Jester;  —  Die  dOrftige  fuät 
L.  4  A.  yon  Mercier.  —  Der  Edelknabe,  Seh.  1  A.  yon  Efli|eL 
Die  englische  Waise,  Seh.  3  A.  nach  dem  Franz.  —  Elyire,  Tr.  I 
yon  Bock.  —  Das  Findelkind,  L.  6  A.  yon  G.  y.  BrflhL  —  E 
Faschingstreich,  L.  4  A.  von  MontfleurL  —  Die  falschen  Eoldac 
ungen,  L.  3  A.  von  Gotter.  —  Die  falsche  Vergiftung,  L.  1  A 
Der  Gasthof,  L.  5  A.  von  Brandes.  —  Die  Gläubiger,  L.  S  A.  f 
G.  V.  Richter.  —  Hamlet,  Tr.  5A.  nach  Shakespeare,  von  Sdirtri 
(das  Manuscript  wurde  mit  40  Thlr.  bezahlt).  —  Die  hehiUc 
fieiratb,  L.  6  A.  von  Schröder.  —  Der  Holländer,  L.  8  A.  ▼« 
y.  Bock.  —  Die  junge  Indianerin,  L.  1  A.  von  Ghampfoit 
Jurist  und  Bauer,  L.  2  A.  von  A.  v.  Bautenstrauch.  —  Der  lii 
reiche  Ehemann,  L.  6  A.   von  Brandes.  —  Das   Landmidchen, 

4  A.  von  d'Arien.  —  Medon,  L.  3  A.  von  P.  Clodios.  —  1 
Maskerade,  L.  1  A.  von  Gk>tter.  —  Das  Missyerstftndniss,  L.  I 
von  Yanbrugh.  — Miss  Sarah  Sampson,  Tr.  6  A.  von  Lesiing. 
Die  Mutterschule,  L.  1  A.  nach  Marivaux.  —  Die  Mftdchen  im  Ei 
thale,  läudl.  L.  5  A.  von  Bock.   —  Minna   von  Barnheln, 

5  A.  von  Lessing.  —  Die  Nebenbuhler,  L.  6  A.  von  Sheridan. 
Olsbach,  L.  5  A.  von  Brandes.  —  Paridom  Wrentpot,  L.  S  A 
Der  poetische  DorQunker,  L.  5  A.  nach  Destouches.  —  Bomeoi 
Julie,  Tr.  von  Weisse.  —  Der  Spleen,  L.  3  A.  von  Stephanie  d 

—  Die  Schule  der  Liebhaber,  L.  5  A.  nach  dem  EngL  —  ! 
schlaue  Wittwe,  L.  8  A.  nach  Goldoni.  —  Der  unbegründete  ^ 
dacht,  L.  1  A.  von  Brahm.  — '  Die  ungleichen  Freunde,  L.  S 
von  Thilo.   —   Die  WiderSprecherin,   L.  1  A.   von  A.  y.   Dofrf 

—  Waltron,  Seh.  6  A.  von  Möller.  —  Der  Wohlgebohme,  L-  5 
von  Stephanie  d.  J.  —  Die  zärtliche  Zurückhaltung,  L.  6  A.  n 
dem  Engl.  (Im  Ganzen  7  Trauerspiele,  4  Schauspiele,  41  Lnztspif 

1779:   Der  argwöhnische  Ehemann,  L.  5  A.    nach  dem  Ei 
von  Gotter.  —  Der   adlige  Tagelöhner,  Seh.  3  A.   von  Nesseln 

—  Die  beiden  Freunde,  Seh.  5  A.  von  Bock.  —  Der  beste  Mi 
Seh.  4  A.  von  Bock.  —  Brüder  Beifiel d,  L.  5  A.  nach  dem  Ei 
von  Schröder.  —  Die  Blindekuh,  li.  1  A.  —  Cephalus,  Melodri 
1  A.  —  Die  Drillinge,  L.  4  A.  nach  dem  Franz.  von  Bonin.  — 
eifersüchtige  Frau,  L.  5  A.  nach  dem  Engl,  von  Bode.  —  Qni 
West,  Tr.  6  A.  von  Bock.  —  Gespenst  mit  der  Trommel,  L.  5 


—    307    — 

mch  Addison.  ~  Der  Geizige,    L.  6  A.  nach  Moli^e.  —  Der 
Hosiroirtab,  Seh.  6  A.  Ton  PlOmeke.  —  Die  Irrthümer  einer  Nacht, 
L  6  A.  —  Jalie  und  Belmont,  Seh.  5  A.  —  Elementine,  Seh.  5  A. 
VM  Gebier.  —  König  Lear,  Tr.  6  A.  von  Bock.  —  Der  Lügner, 
li.  5  A.  nach  Goldoni.  —  Der  Mann  nach  der  Uhr,  L.  2  A.  — 
Hedet,  Dr.  1  A.  Ton  Gotter.  —  Macbeth,   Tr.  6  A.  nach  Shake- 
speare. —  Matteraöhnchen,  L.  3  A.  nach  Goldoni.  —  Nicht  alles  ist 
<^,  was  glftnxt,  L.  6  A.  —  Der    Pächter,  L.  3  A.  von  Koch. 
'^  PrlsentirlTs  Gewehr,  L.  8  A.   von  Maller.  —  Selimor  und  Hen- 
nette,  L  1  A.  —  Die  Strafe  im  Abgrund,  Tragic.  5  A.  nach  Gozzi. 
^  StQtierlist,  L.  6  A.  nach  Farghuar.  ^  Die  Schlittenfahrt,  L.  2  A. 
^  Die  Schule  der  JOnglinge,  L.  1  A.  —  Schwatzhafdgkeit  und  Ehr- 
8«i«,  Seh.  5  A.  von  Dyk.  —  Die  sanfte  Frau,  L.  3  A.  von  Goldoni. 
"~  Der  Triumph  der  guten  Frauen,  L.  6  A.   von  Schlegel.  —  Der 
Verschwender,  L.  6  A.    nach  dem  Franz.   von   Meissner.  —  Die 
^^'''el»t«n  Zftnker,  L.  8  A.  nach  Goldoni.  —  Der  verstellte  Kranke, 
-•  *  A.  nach  Goldoni.   —  Der  vergrabene   Schatz,  L.  6  A.  nach 
^^••^J^ches«  —  Der  Westindier,  L.   6  A.   nach  Gumberland.  —  Zu 
W  ist  nicht  gut,  L.  5  A.  von  A.  v.  Schmid.    (Im  Ganzen  8  Traner- 
^^9    10  Schauspiele  und  25  Lustspiele. 

1780:  Der  A^utant,  L.  3  A.  von  BrOmel.  —  Achmet,  Seh.  3  A. 
J**^  ^etastasio. — Bewerley,  Seh.  6  A.  nach  Saurin.  —  Der  Eheschwur, 
i*'  *  A..  nach  Dorat,  von  Gotter.  —  Ewald  und  seine  Verwandte, 
^  ^  A.  —  Die  Freyer,  L.  1  A.  von  Richard.  —  Die  Frau  ihres 
**"^^«  Vertraute,  L.  6  A.  —  Die  glücklichen  Bettler ,  L.  8  A. 
^^^  €ozzi  (Manuscript  «Ö  Thlr.).  —  Der  Gleichgültige ,  L.  6  A. 
^^  ^^termann.  —  Der  Hausvater,  Seh.  6  A.  nach  Diderot,  von 
''•••^"•Äg.  —  Hanno,  Seh.  nach  Metastasio,  von  Bock.  —  Die  Juden, 
"•  ^  A..  von  Lessing (4 December).  —  Kaufmann  von  Venedig, 
^  ^  A..  nach  Shakespeare  (Manuscript  25  Thlr.).  -^  Karl  und  Sophie, 
^  ^    A.  von  Bretzner.  —  Lionel  und  Ciarisse,  Seh.  3  A.  aus  dem 

*°^?* Othello,  Tr.  oA.n  ach  Shakespeare.  —  Der  Spieler,  L.  5  A . 

^^^  Regnard.  —  Seidne  Schuhe,  L.  2  A.  von  Kretschmann.  — 
°*^^%  Schüsseln,  Seh.  6  A.  von  Grossmann  (Manuscript  40  Thlr.). 
^  '^«r  Schwätzer,  L.  6  A.  von  Weidemann.  —  Der  Schmuck,  L.  5  A. 
^^  ^prikmann.  —  Die  unschuldige  Frau,  Seh.  1  A.  von  Schumel. 
""  "^r  Versehlag,  L.  3  A.  nach  Calderon,  von  Bock.  —  Die  ver- 
**^^^>^ne  Ehefrau,  L.  5  A.  von  Bretzner.  —  Wenn  man  eine  Hand 
^^^lirt,  L.  B  A.  von  Bock.  —  Der  Zanksüchtige,  L.  3  A.  —  Zeym, 
^  A.  nach  Gozzi.  (^ai  Ganzen  1  Trauerspiel,  7  Schauspiele  und 
^^  Lustspiele.) 

1781:   Der  Arrestant,  Seh.  8  A.  —  Agnes  Bernauerin,  Tr.  5  A. 
""  X>ie  Brandschatzung,   L.  6  A.  von  G.  v,  Brühl.  —  Der  deutsche 

20* 


—    308    — 

Hausvater,  Seh.  5  A.  von  Freih.  v.  Gemmingen.  —  Der  Mann,  den  wi 
Frau  nicht  kennt,  L.  2  A.  nach  Boissy.  —  Eduard  Montroie,  S< 
5  A.  Ton  Dyk.  ^  Er  hat  den  Teufel  im  Leibe,  L.  2  A.  ^  Die  fi 
deckung,  L.  6  A.  von  Mistress  Sheridan«  —  Der  ehrliche  ATeatoi 
L.  a  A.  nach  Goldoni.  —  Die  gegenseitige  Probe,  L.  1  A.  ai 
Legrand,  von  Meissner.  —  Die  Hochzeit  nach  dem  Tode,  L  8 
von  Anton  Wall.  — >  Das  Loch  in  der  Thfire,  L.  6  A.  von  Stephanie  d 

—  Das  öffentliche  Geheimniss,  L.  3  A.  nach  Goszi,  von  CM 
(Manuscript  36  Thlr.).  —  Der  Ostindien&hrer,  L.  3  A.  ^ 
Stephanie  d.  J.  —  Der  Schubkarren  des  Essigkr&mers,  Seh.  8 
von  Mercier.  —  Die  unversehene  Wette,  L.  1  A.  von  Sedaine. 
Die  Verläumder,  L.  5  A.  nach  dem  Franz.  von  Romanni. 
Wikinson  und  Wantroy,  Seh.  5  A.  von  A.  v.  Möller.  —  T 
sein  soll,  schickt  sich,  L.  6  A.  nach  dem  Engl.  —  Wer  hi 
das  gedacht,  L.  3  A.  von  Nesselrode.  —  Die  Zwillinge,  TrJ& 
von  Klinger.  (Im  Ganzen  2  Trauerspiele,  6  Schauspiele  \ 
14  Lustspiele.) 

1782:  Albert  von  Thurneiss,  Tr.  4  A.  von  Iffland.  —  Der  i 
wöhnische  Liebhaber,  L.  5  A.  von  Bretzner.  —  Betrug  ftlr  Beb 
L.  8  A.  von  Sehletter.  —  Die  Badecur,  L.  2  A.  von  jQnger. 
Der  Dienstfertige,  L.  3  A.  nach  dem  Franz.  —  Die  Drossel,  S 
1  A.  von  Unzer.  —  Der  englische  Kaper,  L.  1  A.  —  Ellriede, 

3  A.  —  Die  Erbschaft,   Seh.  1  A.   von   Freih.   v.  Gemmingea. 
Der  Fähndrich,  Seh.  3  A.  von  Schröder.  —  Freundschaft  undA 
wohn,  L.  3  A.  von  Jünger  (Manuscript  30  Thlr.).  —  Glack  beii 
Thorheit,  L.  5  A.  von  Schröder  (Manuscript  20  Thlr.).  —  Juliane 
Lindorak,  Seh.  5  A.  von  Gotter  (Manuscript  24  Thlr.).  —  Karl 
Freysteiu,  Seh.  nach  Gotter,  von  Scbletter.    —  Oda,  Tr.  6  A.  9 
dem   Engl.  —  Otto  von  Witteisbach,   Tr.  von  Babo.  — 
Räuber,  Tr.  6  A.  von  Schiller.  —  Der  Referendar,  L.  3  A. 
Schadow.  —  Seltene  Freyer,  L.  3  A.  nach  dem  Franz.  von  Schrö 

—  Das   Testament ,   L.  4  A.  von  Schröder    (Mannscript  40  Tb 

—  Der  taube  Liebhaber,  L.  2  A.  von  Schröder.  —  Treue  und 
dank,  L.  l  A.  aus  dem  Franz.  —    Die   ungleichen  Schwesten 

4  A.  von  Brandes.   —   Der  verlogene  Bediente,  L.  2  A.  nach  ( 
Engl,  von  Gärisch.  —  Der  Wankelmüthige,  L.  3  A.  nach  dem  £ 
von  Schröder.  —  Wahrheit  ist  gut  Ding,  L.  6  A.  nach  GoldonL 
Die  Zwillingsbrüder,  L.  6  A.  aus  dem  Franz.  von   Schröder. 
Ganzen  5  Trauerspiele,  6  Schauspiele  und  17  Lustspiele.) 

1783:  Adelheid  von  Ponthicu,  Sch.^  3  A.  —  Der  Deseri 
aus  Kindesliebe,  Seh.  3  A.  von  Stephanie" d.  J.  —  Die  drei  Töch 
L.  3  A.  von  Spiess.  —  Die  drei  Brüder  als  Nebenbuhler,  L.  1 

—  Graf  von  Sonnenthal,  L.  2  A.  —  Die  glückliche  Entltihrung 


—    309    — 

^  ^'  -^  Giston  und  Bayard,  Dr.  5  A.  —  Joh&&tiA  von  Schwaben, 

^*  4  A.  ?on  Meissner.  —  Der  Liebhaber  ohne  Namen,  L.  4  A. 

**?A  der  Grifln  Genlis,  von  Gotter.  -^  Die  Mediceer,  Seh.  5  A. 

^^  Brmndes.  —  Der  Murrkopf,  L,  8  A.  von  Schröder.  —  Monsieur 

"P^  •^-   1  A.   nach  dem  Franz.  von  Fresni.  —  Der  Minister,  Seh. 

3  A.  rom  Gebier.    —  Natur  und  Liebe  im  Streit ,  Seh.  6  A.  von 

d'Arien.    _  Der  Oberamtmann,  Seh.  6  A.  von  Stephanie  d,  J.  — 

Otto  d^x  Schatz,  Bch.  4  A.  von  Schlicht  —  Der  Philosoph,  ohne 

••  *^  '^riisen.  Seh.  8  A.  von  Sedaine.  —  Die  Rechnung  ohne  Wirth, 

^  ^  A..  —  Der  Schnlgelehrte,  L.  3  A.  nach  dem  Engl,  der  Miss 

^^^®y Der  Strich  durch  die  Rechnung,  L.  4  A.  von  Jünger.  —  Der 

Schaos^ielef^  L.  1  A.  von  Meissner.  —  Der  Todte,  ein  Freyer,  L. 
t  A.  ^on  Sedaine.  —  unterschied  bei  Dienstbewerbung,  L.  6  A.  von 
otepn^x^e  ^  j,  —  Die  anmögliche  Sache,  L.  4  A.  —  Die  Versuchung, 
**•  ^  ^»  von  Marivaux.  —  Väterliche  Rache,  L.  4  A.  von  Schröder. 
<In  <>^mxuen  10  Schauspiele  und  16  Lustspiele.) 

^T84:    Die  Abgabe,    Seh.   2   A.  —  Codrus,    Tr.    5   A.    von 
Chroa^^lj,  _  Fanny,  Seh.  1  A.  —  Gerechtigkeit  und  Rache,  Seh. 

*  ^ Die  glückliche  Jagd,  Seh.  2  A.  —  Der  glückliche  Geburts- 

^  L«  8  A.  von  Schletter.  —  Liebe  wirkt  schnell,  L.  1  A.  —  Der 
niciit^^ ,  8ch.  2  A.  von  Mercier.  —  Die  vermachte  Waise,  L.  1  A.  — 
Verbr^^en  ans  Ehrsucht,  Seh.  von  Iffland  (Manuscript  36  Thlr.). 
*".^^  verd&chtige  Freundschaft,  L.  4A.  nach  dem  Engl.  — Weder 
^*tt^r^^  noch  Jungfer,  L.  1  A.  —  Wer  wird  sie  kriegen?  L.  1  A. 
J^  ^^ckhard.  —  Der  Zweikampf,  L.  6  A.  von  Schlosser.  —  Zayre, 
^'"  *^  A.  —  Zwei  Onkel  für  einen,  L.  1  A.  von  Gotter.  (Im  Ganzen 
^  ^^"^nerspiele,  6  Schauspiele  und  8  Lustspiele.) 

^786:  Alzire,  Tr.  5  A.  —  Armuth  und  Edelmuth,  Seh.  5  A. 
*"  1^^  beiden  Billets,  L.  1  A.  nach  Florian,  von  Ant.  Wall.  — 
^^^*"*^lmn,  Tt.  6  A.  von  Dyk.  —  Erziehung  macht  den  Mensehen,  L. 
^  ^  von  Airenhofer.  —  Der  Fremdling,  L.  6  A.  nach  dem  Engl. 
^  Cnmberland.  —  Die  J&ger,  Seh.  6  A.  von  Iffland  (Manu- 
■^"1^^  86  Thlr.).  —  Jak  Spleen,  L.  1  A.  von  Dyk.  —  Kronau  und 
"^'*^e,  Seh.  6  A.  von  Monvell.  —  Kabale  und  Liebe,  Tr. 
^^*  yovL  Schiller.  —  Der  König,  kein  König,  Seh.  3  A.  nach  dem 
^^1.  Ton  Huber.  —  Lanassa,  Seh.  5  A.  von  Plümeke.  —  Marianne 
^^^'^thi,  Seh.  8  A.  —Der  Mündel,  Seh.  von  Iffland  (Manuscript 
*J  *^hlr.).  —  Das  R&uschchen,  L.  4A.  vonBretzner.  —  DasStecken- 
^^^^^  L.  4  A.  von  Hempel.  —  Der  Schlaftrunk,  L.  3  A.  —  Wie 
^*^llen  sie's  in  der  Comödie?  L.  1  A.  von  Brömel.  —  Das  Weiber- 
^'^ptet,  L.  5  A.  von  Jünger.  (Im  Ganzen  3  Tauerspiele,  7  Schau- 
^^le  nnd  8  Lustspiele.) 

1786:    Alte  Liebe    rostet  nicht,  L.  2  A.   von  Airenhofer.  — 


—    310    — 

Das  Blatt  hat  sich  gewendet,  L.  1  A.  von  Schröder.  —  Bäju^ 
Seh.  6  A.  Ton  Werthes.  —  Die  Rache^  L.  1  A.  —  Der  Ei£Biiaditige^ 
ohne  es  sein  zu  wollen,  L.  8  A.  nach  dem  Frans.  —  Fietcor 
Tr.  6  A.  Ton  Schiller  (Mannscript  60  Thlr.),  am  Ift.  IUowmL 
26.  October  (erst  1790  wiederholt).  •—  General  Momer,  Sek  5  A^.. 

—  Die  Heirath  durch's  Wochenblatt,  L.  1  A.  t(mi  Sohrtder.  — 
Jeder  reitet  sein  Steckenpferd,  L.  5  A.  toh  G.  ^  firflhL  —  Wa^ 
liehe  liebe,  L.  3  A.  —  Mann,  .Frau,  Wittwer,  L.  8  A.  nach  dem 
Franz.  —  Die  Nachschrift,  L.  1  A.  von  Arensteiner.  —  SliUft 
Wasser  sind  tief,  L.  4  A.  nach  Fletcher,  Ton  Schröder  (MannaoEipt' 
30  Thlr.).  —  Spielerglack,  L.  6  A.  Ton  Regnard.  —  Der  SoadeiliiK*^ 
L.  6  A.  von  Weidmann.  —  Um  6  Uhr  ist  Yerlobnng,  L.  6  A.  raa 
Schröder.  —  Veit  yon  Solingen,  L.  4  A.  nach  Barthe»  Ton  Götter. 

—  Verstand  and  Leichtsinn,  Ehestandsgem.  5  A.  Ton  Jflnger.  -* 
Yictorine,  L.  4  A.  von  Schröder.  —  Der  Vetter  in  Lissabon,  Sdu 
3  A.  yon  Schröder.  (Im  Ganzen  1  Traaerspiel,  4  Schaospiele  nafl- 
16  Lostspiela) 

1787:  Der  alte  böse  General,  L.  3  A.  yon  Kretschmana. — 
Brüder  in  allen  Ecken,  L.  6  A.  yon  Albrecht.  —  Bewusstsein,  Seh. 
6  A.  yon  Iffland.  —  Der  doppelte  Liebhaber,  L.  8  A.  von  A.  naeli 
Jünger.  —  Doppelte  Kindesliebe,  Seh.  8  A.  yon  Nesselrode.  —  Dtr 
Ehemann  aas  Irrthom,  L.  6  A.  —  Die  Entführung,  L.  6  A  ▼•■ 
Jünger.  —  Der  Farchtsame,  L.  8  A.  von  Hafiher.  —  Für  seine  Ge^ 
bieterin  sterben,  Tr.  6  A.  von  Seipp.  —  Gute  Ehe,  L.  1  A.  fOD 
Ant  Wall.  —  Hass  und  Liebe,  Seh.  6  A.  von  Bonin.  —  Die  HeiraA 
aus  Irrthum,  L.  1  A.  nach  dem  Franz.  von  Schröder.  —  Die  konuBclie 
Familie,  L.  6  A.  von  Wetzel.  —  Das  Kleid  aus  Lyon,  L.  4  A.  tos 
Jünger.  —  Der  Landphilosoph,  L.  8  A.  —  Der  Magnetimüs,  L.  1 A* 
von  Ifilaud.  —  Montesquieu,  Seh.  4  A.  —  Offne  Fehde,  L.  8  A.  tos 
Huber.  —  Der  Pilger  von  Carmel,  Seh.  6  A.  von  A.  y.  Dalberg.  — 
Das  16  jährige  Mfidehen,  Seh.  8  A.  —  Der  Theateruntemehmer,  lu 
1  A.  —  Die  verliebte  Unschuld,  L.  1  A.  von  Marin.  —  Die  Wil- 
waise,  Seh.  6  A.  —  Wind  für  Wind,  L.  3  A.  (Im  Garnen  1  TmiO' 
spiel,  7  Schauspiele  und  16  Lustspiele.) 

1788:    Alles  aufs  Spiel  um  einen  Mann,  L.  6  A.  —  Autor  noA 
Diener  aus  Liebe,  L.  1  A.  von  Blümner.  — .  Der  Automat,  Op.  1 A* 

—  Blindheit  und  Betrügerei,  L.  4  A.  —  Die  Maler,  L.  1  A.  ** 
Die  Engländer  in  Amerika,  Seh.  4  A.  von  Albreeht.  —  Das  Frii* 
Corps,  L.  3  A.  —  Grosse  Toilette,  L.  6  A.  von  Schröder.  —  Die 
Geschwister,  Seh.  1  A.  von  Goethe.  —  Das  Herz  behält  soat 
Beehte,  Seh.  6  A.  von  Bock.  —  Kaspar  der  Thoringer,  Tr.  6  A.  — 
König  und  Abenteurer,  Seh.  3  A.  von  Wetcel.  —  Der  Liehhaber 
als  Autor,  L.  1  A.  nach  dem  Franz.  —  Die  Nacht  zu  Abenteaein, 


—    311    — 

L 1  A.  aach  dfloa  Fraius.  von  Stephanie  d.  J.  —  Das  Pr&ferenz- 
B«clit,  L  8  A«  —  Der  Revers,  L.  6  A.  von  Jttnger.  —  Der  stürmi- 
sche Liebhaber,  L.  8  A.  —  So  zieht  man  dem  Betrüger  die  Larve 
ib,  L  5  A.  von  G.  v.  Brühl  —  Das  seltsame  Testament,  L.  4  A. 
fOD  6.  V.  BrflhL  —  Die  Vormünder,  L.  5  A.  nach  Goldoni,  von 
Sekletter.  —  Wissenschaft  geht  vor  Schönheit,  L.  3  A.  von  Bock. 
-  Wtr  den  Schaden  hat,  braocht  für  den  Spott  nicht  zu  sorgen, 
L  1  A  (Im  Ganzen  1  Trauerspiel,  4  Schauspiele  und  16  Lustspiele.) 

Es  wurden  demnach  in  diesem  ganzen  Zeiträume 
%  ernste  gegen  145  heitere  Stttcke  gegeben.  Wie  sehr 
luenaeh  aaeh  das  Lustspiel  gegen  das  Schauspiel^  beson- 
^  gegen  die  TraglVdie  bevorzugt  wurde^  so  sind  doch 
^  letzteren  beiden  nicht  in  dem  Masse  ausgeschlossen 
gewesen,  als  es  nach  den  Klagen  der  Zeitgenossen  zu 
erwarten  stand. 

Auch  die  Veränderungen  des  Geschmacks  werden  sicht- 

^^    Das  französische  Rtlhrsttick  hatte  die  sentimentalen 

'amiii^Qgemälde;    Lessing's    Minna    von    Bamhelm   die 

^^tenstttcke,  Goethe's  Götz  die  Ritterstücke  ins  Leben 

besondere  Hervorhebung  aber  verdient  der  Fleiss, 
^^lehen  sowohl  die  Regie,  als  die  Darsteller  entwickelten. 
P^i^u  da  der  Hof  fast  täglich  das  Theater  besuchte, 
^'^rtlen  Wiederholungen  von  Sttlcken  nur  selten  vor- 
^^Qiiiien.  So  behauptet  z.  B.  der  Reierent  der  deutschen 
^^>ialen,  dass  im  Winter  1792  im  Ganzen  nur  7  Wieder- 
"^liUigen  stattfanden. 

Von  den  Personalveränderungen  innerhalb  des  vor- 
^S^^nden  Zeitraumes  seien  hier  nur  die  wichtigsten  her- 
^^%ehoben.  An  ihrer  Spitze  steht  die  im  Jahre  1779 
^***bl^e  Erwerbung  von  Job.  Ant.  Christ,  geb.  1744 
Ou  ^^^'^*  ^^  ^^  damals  bertthmt  in  den  Rollen  der 
^^^^aliers,  und  sein  Riccaut  de  la  Marlini^re  blieb  lange  ein 
!^S^ii0tand  der  unbestrittenen  Anerkennung,  wie  er  denn 
^^^l'banpt  zu  den  vorzüglichsten  Darstellern  der  Zeit  ge- 
^**^-    Christ  verliess  zwar  1783  die  Bondini'sche  Gesell- 


^^^  schon  wieder,  trat  aber  im  Jahre  1793  in  die  aus 


—    312    — 

ihr  hervorgegangene  Seconda'sehe  Gteselbchafk  anft  KecE^ 
ein.  Seine  Frau,  Isabella  Maria,  spielte  nnd  nia^ 
damals  zweite  Liebhaberinnen. 

1780  hatte  Bondini  in  Friedrieh  Brttckl  eineXB 
nenen  Darsteller  im   Fache   der  Väter-,  Liebhaber-  und 
Heldenrollen    gewonnen.      Er    scheint    in    bürgerUehes» 
Stücken  tüchtig  gewesen   zn  sein ,   wogegen  es  ihm  fiLr 
das  ideale  Schauspiel  an  Anstand,  Adel  nnd  Würde  ge- 
brach.    Seine  Frau   spielte  nnd  sang  zweite  Liebhaber— 
rollen.     Auch   der  Tenorist  Pfeiffer  nnd  das  Ehepur* 
Henke  traten  um  diese  Zeit  bei  Bondini  ein.  Christian 
Gottlieb  Henke,   geb.  1743  in  Seelwits  bei  Dresdeia, 
spielte  Väter  und   komische   Alte.     Es   war  wohl  nich'ft 
seine   Schuld,   wenn  er  bisweilen  an  den  falschen  Plats 
gestellt  wurde.     Das  abfällige  Urtheil  des  Appellation»- 
rath  Körner  über  seine  Darstellung  im  Don  Carlos  (s.w.ii-^ 
wird  reichlich  aufgewogen  von  den  günstigen  UrtheiloD^ 
die   uns  über  ihn  im  Lustspiele  und  bürgerlichen  Schiv^— 
spiele,    in  derben,   naturwüchsigen   Rollen   erhalten  ge^* 
blieben  sind.    Auch  Körner  stimmt  in  sie  ein.    Sowohl 
er,  wie  seine  Frau,  geb.  Schick  (1753),   welche,  frühe«" 
eiue  der  ersten  Soubretten,  damals  in  Dresden  das  Facta 
der   komischen   Mütter   und   alten   Koketten   mit  Olflefc 
vertrat,  gehörten  der  Hamburger  Schule  an.    Beide  wer- 
den wegen  der  Natürlichkeit  ihres  Vortrags  und  Spiele^ 
gerühmt.      „In   zärtlichen  Vätern  —  heisst  es  unter  An- 
derem  von   ihm   —   ist  sein  Auge  voll  Gefühl  und  flcan 
Ton  glühend,  im  AffectvoUen  malt  er  den  inneren  fort- 
nagenden   Schmerz    in    Augen,   Mienen,    Geberden  bii 
zur  Täuschung.    Er  hat  ein  ganz  eigenes  Talent,  Geist- 
liche  zu  spielen ,   von  was  fUr  Farbe  und  Zuschnitt  sie 
sein  mögen.* 

Wichtiger  noch,  weil  ungleich  folgenreicher  fftr  die 
Geschichte  des  Dresdner  Theaters,  war  das  gleichzeitige 
Engagement  von  Christian  Wilhelm  Opitz  (1756  m 
Berlin  geboren).     Er  hatte  sich  bei  der  Seyler'schen  6c- 


—    313    — 

Bellfichaft  Dach  Borchers  gebildet,  den  er  zwar  an  Genia- 

litftt  nicht   erreichte ;   an  Fleiss  aber  weit  übertraf.    Er 

spielte   schon    damals  junge  Liebhaber   und  Chevaliers 

mit  Glttck.      Auch   er   verliess  1785   auf  kurze  Zeit  die 

Bondini'sche  Gesellschaft.    Wir  werden  uns  später  aber 

noch  um  so  eingehender  mit  ihm  zu  beschäftigen  haben. 

1785  trat  Johann  Drewitz,   geb.  1761  zu  Berlin, 

^b  zweiter  Liebhaber  ein.    Er  war  zwar  kein  bedeuten- 

dcfy  wohl  aber  ein  brauchbarer  Schauspieler.    Doch  war 

^  vornehmlich  seine  Beliebtheit  bei  Hofe,   welche  seine 

Stellang    am    Dresdner   Theater    befestigte.      Er    ver- 

heirathete  sich  1786  mit  der  Soubrette  Altfilist  aus  Berlin 

nnd   nach    dem   Tode   derselben   (1813)   mit   Friederike 

Jentzsch  aus  Leipzigs  welche  schon  damals^  so  jung  sie 

Äoch    war,   die   Rollen   komischer  Alten   spielte.     Auch 

^ewitz  ging  zu  dieser  Zeit  in  das  ältere  Fach  über,  in 

welchem  es  ihm  aber  noch  weniger  glücken  wollte. 

1783  verliessen  Spenglers  und  Hempel   die  Truppe, 

welche    dafür    in    Schouwärts    und    dem    Tenoristen 

flurke    (geb.  23.  Februar  1762  zu  Merklin   bei  Prag) 

oeueu  Zuwachs   erhielt.     Ein   Jahr   früher   war  Andr. 

*^*niel  Schirmer   als   zweiter  Liebhaber   eingetreten. 

^    stand   in  dem  Rufe  eines  fleissigen  Darstellers,   der 

*^cntender   im  Spiel   als   in  der  Behandlung  der  Rede 

^•r.     Seine  Verheirathung  mit  Friederike  Christ,  einer 

Tochter  des  obengedachten  Joh.  Ant.  Christ,  befestigte 

^*ter   noch   seine  Stellung   und   machte  seinen  Namen 

^*^hmt.  Als  Ersatz  für  Sophie  Reinecke,  welche  gleich- 

^^     Frau   Schouwärt  tragische  Liebhaberinnen  mit  viel 

*^if^I   spielte   und    1785   die  Bondini'sche    Gesellschaft 

^^^li^ss,  trat  in  diesem  Jahre  Sophie  Bäuner,  verehel. 

fj**>^echt  (geb.  1757  in  Erfurt)  ein.     Sie  hatte  sich  in 

r^^     kindlicher  Jugend   mit   dem  Hausarzte   einer   rus- 

.r^^lien  Familie,  dem  Dr.  Albrecht  verheirathet,  welcher, 

J^^^f  Neigung    zur   Bühne   nachgebend,    mit    ihr    nach 

^''^^kfurt  a.  M.   übersiedelte,   wo   sie  1783  mit  grossem 


^    314    — 

Erfolge  zum  ersten  Male  auftrat.    Schiller,  der  ae  dort 
kennen   und  lieben  lernte,  schreibt  Aber  sie  aa  seiaai 
Freund  und  späteren  Schwager  Reinwald  ia  Mdnisgai: 
^Ein  Herz,  ganz   zur  Theilnahme  geschaffen,  über  des 
Eleinigkeitsgeist  der  gewöhnlichen  Zirkel  erhaben,  toD 
edlen,   reinen    Gefühls   für  Wahrheit   und  Tugend  ui 
selbst   da   noch  achtungswerth,  wo  man  ihr  Geschlecht 
sonst  nicht  findet."*   Reinwald  schränkte  dies  Lob  jedoch 
wesentlich    ein.      Schiller    fand   sie   später   in   Leipo; 
und    Dresden    wieder    und    knüpfte    die    alten   Be^ek- 
ungen  an.     Sie  wurde   die  Vertraute  seiner  Liebe  nr 
schönen  Elisabeth  von  Arnim.  —  1795  verliess  sie  'die 
Dresdner  Bühne,  um  sich  mit  ihrem  Manne  in  Altena  sn 
die  Spitze   einer   eigenen  Gesellschaft  zu  stellen.    TSluk 
mancherlei  Schicksalen  starb  sie  1840  arm  and  yerUsMK 
im  Spitale  zu  Hamburg.    Ohne  Zweifel  war  sie  eine  be- 
deutende  Darstellerin,  hatte  jedoch   die  SchwankuBgaft 
der  sich  damals   bekämpfenden   idealistischen  and  rat' 
listischen  Darsteilungsweise  nicht  überwunden.  Graffhat 
sie   gemalt.     Der  Dresdner  Referent   der  Ephemeridoft 
vom  Jahre  1786  berichtet  über  das  Bild:    „Es  war  be^ 
der  diesjährigen  Gemälde-Ausstellung  zu  sehen  und  enie 
ihrer  grössten  Zierden." 

In    diesem   Jahre    verstärkte   sich   die   Greselbchaft 
noch    durch    den    Eintritt    des    Komikers    H einrieb 
Bösenberg^   geb.  1745  in  Hannover.    Er  wird  als  äs 
vortrefflicher,  leider  aber  zu  Uebertreibungen  geneigte^ 
Darsteller  geschildert,  welcher  die  Gunst  des  Pablicmia^ 
rasch   zu   gewinnen   und   festzuhalten   verstand.     Seiia^ 
Tochter   Eleonora,   geb.  1768  in  Hannover,  wird  al^ 
tüchtige   Altsängerin   gerühmt.     Später   wurde  sie  aue^ 
als   Schauspielerin,   im   Soubrettenfache,   beliebt.      17^  * 
heirathete  sie  den  Schauspieler  und  Sänger  Zucker.  S' 
starb  1796  in  Leipzig.    Ihre  jüngste  Tochter  Julie  wi 
eine  der  grössten  Zierden  der  späteren  deutschen 
in  Dresden. 


—    315    — 

b  fehlt  moht  ao  Urtbeilen  ttber  die  Leistuagen  der 

Bondinftehen  GkeellBehaft     Unter  ihnen  ist  eines  der 

iatereasantesten  der  Bericht^  welchen  der  Appellations- 

nth  KiSmer  an   Schiller  ttber  die  Anfftthning  des  Don 

Girlo8  erstattet    „Gestern   wurde  der  Garlos  aufgeführt 

^  lieisst  es  darin  —  das  Haus  war  sehr  voll  und  nach 

ituk  Schlüsse    des   Stttcks    wurde   ungewöhnlich   lange 

(^klatscht     Wie  die  Vorstellung   war^   kannst  Du  Dir 

^eaken,  da  Drewitz  den  Carlos  und  Schirmer  den  Marquis 

outchte.     Und  Beide  waren  mir  doch  lieber  als  Brttckl. 

Sehirmer  gelangen   einige  Stellungen^  und   bei   der  Oe- 

^gennehmung  des  Garlos   that  sein   Spiel   und  seine 

StiiDnie  eine  überraschende  Wirkung.    Bei  Drewitz  muss 

■'Ui  Hitleid   mit  seinem  gänzlichen  Unvermögen  haben. 

^    hatte   doch  ziemlich   gelernt     Seine  Monotonie  war 

^iofts  Null  und  er  verdarb  wenigstens  nichts  durch  widrige 

^^G^nte.     Aber  Brttckl   war  oft   unausstehlich.     Seine 

^ttrde  that  ihm  gar  zu  gütlich,   so  dass  er  ttberall  das 

^i^ort  königlich  einflickte.    Merkt  euch  das,  war 

Meli  eine  Lieblingsredensart  von  ihm.    Denke  Dir  eine 

^    luedle  Gestalt  wie  Brttckl,   die  nur  das  Grasse,.  nur 

^n  Tyrannen   in  Philipp  heraushebt   und   für  den  alle 

äderen  Zttge   verloren   sind.     Angenehme  Empfindung 

k%t  mur  eigentlich  nur  die  Koch  gemacht.    Sie  war  sehr 

pKt  angezogen;  ihre   Gestalt   und  ihr  Anstand  war  fttr 

i^r«  Rolle   im  Ganzen   sehr  passend,  und  in  der  Eifer- 

*tt<2htaBoene  mit  dem  König  sprach  sie  auch  ziemlich  gut 

nad  QAch  ihrer  Art  mit  Wärme.    In  anderen  Stellen  war 

ihre  Kälte  weniger  widrig,  weil  man  sie  fttr  Zwang  ihres 

^^^ades    und    ihrer   Lage   ansehen    konnte.     Von    der 

'abrecht  habe   ich   mehr   erwartet      In   der  Scene  mit 

^^^>*ioa  ist  ihre  Koketterie  ohne  alle  Grazie.    Anstatt  des 

*>oliteren   Conversationstons    declamirt   sie   bald,    bald 

'^'^^ttert  sie  mit  unnatttrlicher  Heftigkeit  und  renkt  sich 

—^t'liaQpt  wie  Hase,  wenn  er  Eroberungen  machen  will. 

^^<^h  war  sie  nicht  vortheilhaft  angezogen,  bis  zur  Carri- 


—    316    — 

catur  bloss,  und  weite  Aermel,  die  zn  ihren  dflrren  Äimei 
sehr  schlecht  sich  ausnahmen.  Im  Monolog  nnd  in  der 
Scene  mit  Perez  hat  sie  einige  Sachen  gnt  gesagt  Im 
vierten  Acte  nach  der  Gefangennehmung  spielte  ae 
äusserst  kalt;  vielleicht  aus  Missvergnttgen,  weil  sie  niclit 
zu  gefallen  schien.  Schouwärt  spielte  mit  Anstand, 
sprach  aber  sehr  kalt.  Henke  blieb  der  verkleidete 
Sänftenträger.  Bei  einigen  Stellen  entstand  beinahe  m 
allgemeines  Gelächter,  wo  er  nämlich  sagt:  „Alk 
fUr  Einen''  bei  der  Verschwörung  und  im  vierten  Acte, 
wie  Lerma  und  nicht  Alba  zum  Könige  gerufen  wird, 
und  Perez  zu  Alba  sagt:  mit  uns  ist  es  ans.  Noch  ein 
paar  Schnurren:  In  der  Eifersuchtsscene  sagt  Brttcklzinr 
Königin:  „Jetzt  keine  Winkelhaken,  Madame,  und  kdne 
Schrauben.^  Sein  Anzug  war  bis  zum  Stutzerhaften  pri* 
tentionirt.  Drewitz  beliebte  in  der  Scene  mit  der  EboK 
unter  Anderem  zu  sagen:  „Das  ist  kein  Strich  ftir  solcbe 
Blumen.^  Minna  meint,  Herr  von  König  hätte  vielleicht 
den  Himmel  als  anstössig  weggestrichen.** 

Es  fehlte  zu  dieser  Zeit  nicht  an  Klagen  über  Bflck- 
gang  der  Bondini'schen  Gesellschaft,  und  man  tadelte 
wohl  auch  die  willkürliche  Behandlung  der  Stücke,  wo- 
für sich  der  Referent  im  Magazin  der  Sachs.  Geschichte 
(1786,  S.  252)  auf  eine  Aeusserung  Schiller's  bezieht 
Dieser  schrieb  nämlich,  nachdem  er  einer  Vorstellung  des 
Fiesco  in  Leipzig  beigewohnt  hatte:  »Im  Ganzen  brav; 
aber  dass  man  mir  sieben  Scenen  castrirt,  den  Ausgang 
eigenmächtig  abändert,  manche  Acteurs  ihre  Rollen  ganx 
verfehlen,  das  war  für  mich  kaum  zum  Aushalten.* 

Im  Jahre  1787  starb  Reinecke  im  Alter  von  nur  48 
Jahren.  Die  Theilnahme  in  der  sächsischen  Hauptstadt, 
sowie  in  Leipzig  und  Prag  war  eine  ganz  allgemeine- 
Alle  deutschen  Theaterjoumale  widmeten  ihm  einen 
schmerzlichen  Nachruf.  So  heisst  es  unter  Anderem  in 
den  Annalen  des  deutschen  Theaters:  „Man  sagt,  die 
Natur  habe   mehr   an   ihm   gethan,   als   die   Kunst,  — 


—     317     — 

»Hein,  80  sehr  ich  auch  soust  den  Werth  der  Reg^eln  an- 
erkenne, 80  glaube  ich  doch,  dass  gerade  er  die  Theorien 
am  ehcBten  entbehren  konnte,  gleich  einem  grossen  Dich- 
ter, welcher  Meisterwerke  schafft,  ohne  zu  wissen,  warum 
sie  es  sind.  Denn  er  besass  zu  ein  leises,  richtiges  Ge- 
fab\.  so  viel  Keiztiarkeit  und  Empfänglichkeit,  die  ihn 
richltger  leiteten,  als  es  Regeln  hätten  th]in  kennen." 
Was  Oarrick  in  Bezug  auf  die  Clairon  gesagt :  dass  die 
grOesten  ZUge  des  Genies  dem  Schauspieler  selbst  unbe- 
kannt wären,  sondern  fs  die- Wurme  der  Situation  sei, 
welche  gleichsam  die  Mine  zu  der  Zuschauer  wie  zu  sei- 
nem eigenen  Erstaunen  sprenge,  das  gelte  auch  tllr 
Beinecke.  Oder  wenn  seine  schönsten  ZUge  prämeditirt 
»ein  sollten,  so  schienen  sie  doch  erst  in  dem  Augen- 
blicke, da  man  sie  sehe,  unwillkürlich  aus  seiner  Lage 
zu  entspringen." 

„Die  Bondini'sche  Gesellschaft  —  heisst  es  weiter- 
hin —  verdankt  ihm  unendlich  viel.  Er  bat  sie  auf  den 
wahren  natllrlichcn  Ton  gestimmt,  der  sie  vor  nocli 
mancher  ihrer  Schwestern  auszeichnet.  Er  war  nicht 
bloss  ein  trefflicher  komischer  oder  tragischer  Schau- 
spieler, er  war  in  beiden  gleich  gross.  Unter  seinen 
lieldenrollen  war  Eesex  unstreitig  die  stärkste.  Nach 
ihm  waren  Macbeth,  Othello,  Gnello,  Otto  von  Wittels- 
bach.  Graf  Athelwald  und  Palm  in  dieser  Gattung  die 
schönsten,  die  ich  von  ihm  gesehen,  wozu  ich  noch  den 
Albrcchl  in  der  Agnes  Bemauerin  rechne,  in  dem  er  den 
Liebhaber  und  den  Uelden  so  trefflich  zu  vereinigen 
wosste.  Ich  mag  nicht  entsebeidcu,  ob  er  als  Held  oder 
als  Alter  grösser  war.  Seinen  Odoardo  dürften  ausser 
Eckbof  und  Schröder  wohl  hiichBt  Wenige  erreicht  haben. 
Als  Hamlet  dartte  er  sich  mit  berufenen  Künstlern 
messen.  Sein  Beaumarchais  und  Beverley  allein  machten 
ihn  de«  Namens  Schauspieler  werth." 

Die  Regie  ging  zunächst  in  die  Hände  Schouwärt's 
und    Thering's    Über,      Sie    vermochten    den    schon    vor- 


—    318    - 

bereiteten  Rückgang  der  Bondini'Bchen  Greflellsebaft  aWr 
nicht  aufzuhalten.  Schon  1785  Uagt  der  Leipziger  Be- 
ferent  der  Berliner  Ephemeriden ,  daas  durch  das  Aw- 
wandem  der  besten  deutschen  Schanspieler  nach  Bm- 
land  besonders  diese  Gesellschaft  gelitten  habe.  Er  klagt, 
dass  weder  das  Spengler'sche  Ehepaar^  noch  Madaae 
Reinecke  einen  genügenden  Ersatz  gefunden. 

1788  wurde  der  Vertrag  mit  Bondini  anf  weitere 
sechs  Jahre  (von  1789 — 95)  verlängert.  Da  dieser  jedoch 
kränklich  geworden,  machte  er  seinen  Cassirer  Fnai 
Seconda  zu  seinem  Compagnon,  um  ihn  während  eiaer 
Reise,  die  er  zur  Herstellung  seiner  Gesundheit  nach 
Italien  unternahm;  die  Leitung  der  Gesellschaft  fiber- 
geben zu  können.  Auf  dieser  Reise  starb  er  jedoch 
schon  am  30.  October  1789  zu  Brauneck  in  T^rol  an  der 
Auszehrung. 

Franz  Seconda^  geb.  1755  zu  Dresden,  Sohn  des 
hier  lebenden  italienischen  Waaren-  und  Delicateseen- 
händlers  Franz  Maria  Seconda,  stand  bereits  seit  1779 
in  Bondini's  Diensten.  Da  er  mit  der  Geschäftsflihnuig 
desselben  vollkommen  vertraut  war^  wurde  nach  dessen 
Tode  der  Contract  auf  ihn  übertragen.  Durch  seine 
Hingabe,  Treue  und  Zuverlässigkeit  gewann  er  sich  dts 
Vertrauen  und  die  Gunst  des  Dresdner  Hofs  in  einen 
Grade,  dass  ihm  der  Contract  allmählich  bis  auf  25  Jahre 
verlängert  wurde.  Er  empfing  anfänglich  eine  Subven- 
tion von  6000  Thlr.,  welche  man  vom  Jahre  1801  anf 
7200  Thlr.  erhöhte.  Seconda  wird  als  ein  überaus  wohl- 
wollender, das  Beste  seiner  Gesellschaft,  wie  der  ein- 
zelnen Mitglieder  erstrebender  Mann  geschildert,  welcher 
jedoch  von  dem  künstlerischen  Theile  seines  TJnißt- 
nehmens  nur  wenig  verstand  und  es  daher  überwiegend 
als  industrielle  Speculation  betrieb.  Der  Cassenerfolg 
war  der  wesentliche  Gesichtspunkt,  welcher  ihn  leitete, 
daher  seine  Gesellschaft  bei  aller  Tüchtigkeit  der  ein- 
zelnen Leistungen   sich   im  Ganzen  keineswegs  zu  dem 


—    819    — 

AnfiBchwniige  erheben  konnte,  welchen  die  theatralische 
Ktunt  gleichzeitig  in  Hamburg,  Mannheim,  Berlin,  Wei- 
mwk.'M  theils  schon  genommen  hatte,  theils  aber  noch 
lutbm.  Er  gewann  zwar  in  dem  1789  zu  seiner  Gesell- 
lelisft  znrttckkehrenden  Opitz  einen  Mann  für  die  Lei- 
tnig  der  geistigen  Seite  seines  Unternehmens,  welcher  in 
msksieher  Beziehung  die  schätzenswerthesten  Eigenschaften 
dikzü  mitbrachte,  der  aber  in  seiner  flach-naturalistischen 
K^nastrichtong  die  Einseitigkeit  und  Enge  des  in  Dresden 
herrschend  gewordenen  Geschmacks  theilte  und  durch 
die  kleinliche  Strenge  einer  ängstlichen  Censur  noch 
Tielhch  gehemmt  wurde. 

EOmer  giebt  in  seinen  Briefen  an  Schiller  gelegent- 

Bcli  einige  köstliche  Proben  davon.    So  durfte  Johanna 

d'Arc  den  Namen  Gottes  nicht  aussprechen,  sondern  nur 

Ton  einem  Genius  reden,  überhaupt  auf  der  Bühne  weder 

eine  kirchliche  Person  erscheinen,   noch   gebetet,   oder 

•elbst  nur  vom  Beten  gesprochen  werden,  daher  Hamlet 

^&  statt:    „ich  meinestheils  will   beten  gehen '^y   sagen 

^'WBtc :  ^was  mich  betrifiPt,  ich  will  das  Meinige  thun !"  — 

U^berall  witterte  man  Anspielungen,  so  dass  Kömer  noch 

J802  in  Bezug  auf  die  Aufftlhrbarkeit  der  Turandot  auf 

*^     Dresdner   Theater    an    Schiller    schreiben    konnte: 

ifii^   unglücklicher  vertriebener  König  wird  schon  Contre- 

"^de  sein.     Ein    Kanzler  -  Pantalon    ist   nun    gar    ein 

^*Oiel  —  um  so  mehr,  als  unglücklicherweise  der  jetzige 

E*«Äaler  gerade  manches  Lächerliche  hat.  —  Habe  Geduld 

^^    der  Dresdner  Schwachheit.**    Doch  werde  ich  später 

^  ^«igen  haben,  dass   Kömer  diese  Verhältnisse   doch 

•ch^^j^jj^r  gab,  als  sie  thatsächlich  waren,  und  der  Direc- 

^^^    und   die  Regie   in  der  Aengstlichkeit  ihres  Amts- 

^^^Tn  oft  weiter  gingen,  als  es  bei  Hofe  verlangt  wurde. 

Eine  kleine   1799    erschienene  Schrift:    „Kritik  des 

•^»atlichen  Personals  der  Kurf.  Sachs.  Hofschauspieler- 

^^llachaft,  vom  Verfasser  des  klugen  Mannes  auf  dem 

^^^er**,  spricht  sich   über  Opitzens  Regie   folgender- 


—     320      - 

masseil  aus:  «Wie  kommt  es,  dass  wir  die  Meisterwerke 
unserer  dramatischen  Dichtkunst  entweder  gar  nicht  oder 
doch   äusserst   selten   zu   sehen   bekommen?    Iphigenia 
von  Goethe  ist  noch  nie  gegeben  worden;  von  SchSkr^B 
Piccolomini;  den  man  schon  ttberall  gesehen  hat»  ii6sb 
man  hier  noch  nichts.    Dass  es  einen  WeiBse,  Klioger^ 
Leisewitz  gegeben  habe,  scheint  man  ganz  vergesMiitt 
haben.    Emilia  Galotti,  Clavigo  dienen  gleichsam  nur  lU^ 
Nothbehelfe.    Der  Miss  Sara  Sampson   wird   nicht  wAt^ 
gedacht,   da   hingegen  viele  unserer  dramatiflcben 
geburten   bis   zum  Ekel   abgedroschen  werden.    Es  n 
mir  recht  gut  bekannt,  wie  man  sich  zu  entschuldigeXB. 
pflegt.     Das   Publicum   will   gern   etwas  Neues  sebem^ 
sagt  man,   und  auf  ein  volles  Haus  muss  man  bedick'^ 
sein.    Aber  das  Publicum  ist  wirklich  so  tief  noch  dIcIb.'^ 
gesunken,    dass  es  nicht   das  Gute,   hauptsächlich  imJ^ 
Vortreffliche,  dem  Neuen,  wenn  es   keines  von   diesetf^ 
ist,  vorziehen  sollte.    Auch  machen  viele  (gute)  Stücke  9 
wie  z.  B.  Don   Garlos,  Fiesco   u.  a.   allemal   ein  yo110^ 
Haus.    Jene  Entschuldigungen  sind  also  Ausfluchte  ua^ 
der  Grund  muss  in  etwas  Anderem  liegen.   Die  Wahrheit 
aber  will  ich  Herrn  Opitz  an's  Herz  legen,  dass  derO^' 
schmack  des  Publicums  mehr  und  mehr  verdorben  werdet 
müsse,    wenn   ihm    ewig    geschmackwidrige    oder   dool* 
nur  mittelmässige  Productc  vorgelegt  werden.  Der  Scha'ö- 
spieler  soll  aber  nicht  nur  zum  Vergnügen,  sondern  an^ 
zur  Bildung  des  Publicums  beitragen." 

In  der  That  begünstigte  Opitz  mehr  als  billig 
Modegeschmack  der  Zeit  und  die  flacheren,  seichter^^ 
Bühnenproducte.  Er  ging  mehr  aut  den  Beifall  A^* 
Massen,  als  aut  den  der  Gebildeten  aus.  Er  sachte  nio^'^ 
jene  zu  diesen  zu  erheben,  sondern  diese  zu  jenen 
zuziehen.  Auch  ward  ihm  Parteilichkeit  zur  Last 
Er  soll  die  Rollen  nach  Gunst  vertheilt,  brillante  Red^^" 
von  der  einen  Rolle  auf  die  andere  übertragen  hato^"** 
Das   von   ihm    vertretene    Kunstprincip   war    das   e»"*^*' 


—    321    — 

flachen  Natttrlicbkeit   um  jeden   Preis.     Deb   Publicum 
der  di^i  Städte,  in  denen  die  Seconda'sche  Trappe  ab- 
wechselnd spielte,  war  ebenso  von  demselben  beherrscht, 
wie  Seconda  nnd  der  Directenr  des  plaisirs  wieder  von 
Opitz.   Erst  unter  Vitzthum  sollte  sich  dieses  etwas  yer- 
indem,  obgleich  es  schon  1801  Seconda  nicht  gelingen 
wollte,  bei   der  Verlängerung  seines  Contractes  die  Zu- 
ncherung  der  Uebertragung  desselben  auf  Opitz  für  den 
Fall  seines  Todes  zu  erlangen.  Im  Jahre  1805  finde  ich 
den  Letzteren   jedoch    nicht    mehr    mit    dem  Prädicate 
ijHerr"  auf  den  Theaterzetteln  verzeichnet,  was  wohl  nur 
^  an  deuten  ist,  dass  er  von  dieser  Zeit  einen  bestimmten 
^Whäftsantheil  an  dem  Unternehmen  Seconda's  genoss. 
^  itarb  indess  früher,  als  dieser.    Wie  gross  die  Schatten- 
"^ten   seiner   Regie    aber    auch    immer    gewesen    sein 
inOgen,   so   wird  man  ihm  eine   ungeheure    Rührigkeit 
doch   nicht  absprechen   können,   und   ebensowenig    das 
^beo,  ausgezeichnete  Kräfte  zu  einem  guten  Ensemble 
^  vereinigen. 

Von  den  unter  seiner  Regie  gemachten  Erwerbungen 

Kien  die  folgenden  herrorgehoben.    1793  kam  Christ  zur 

^^^^Hda'schen  Gesellschaft  zurück,  um  lange  eine  Zierde 

^'^elben  zu  bleiben.  Ueber  keines  ihrer  Mitglieder  ver- 

^'i'iScn  sich  die  Stimmen  so  widerspruchslos  zu  rückhalt- 

■^^^Äter  Anerkennung,  wie   über  ihn.    Er  debütirte  im 

^OTember  d.  J.  als  Graf  von  Frohburg  im  „Revers**  von 

^^^g^Ty  feierte  am  14. September  1815  sein  SOjähriges  Schau- 

^lerjnbiläum  als  Kriegsrath  Dallner  in  Iffland's  „Dienst- 

I*cbf  und  starb  1824  in  seinem  80.  Lebensjahre.    1797 

^*^ii  auch   zwei  seiner  Kinder  auf  der  Seconda'schen 

'••hue  auf,  von  denen  seine  Tochter  Friederike,  welche, 

^^   schon  erwähnt,  den  Schauspieler  Schirmer  heirathete, 

'^•^^hnials  eine  so  bedeutende  Rolle  spielte. 

1795  wurde  in  Friedrich  Wilh.  Haffner,  welcher 

.    I-i€ipzig  als  Oberförster  in  IflTland's  Jägern  debütirte, 

^^  höchst  schätzenswerthe  Kraft  für  das  Fach  der  zärt- 

21 


—    322    — 

liehen  Väter  und  launigen  Alten  gewonnen.  Er  war  1760 
in  Dresden  geboren ,  hatte  1777  bei  Bondini  die  Btthne 
betreten,  um  sich  sodann  bei  Döbbelin,  Wäser,  Schlich 
n.  A.  zn  der  gegenwärtigen  Tüchtigkeit  emporzuarbeitfl& 
„Ein  wohlgebauter  Körper  —  heisst  es  in  einem  Urthefle 
über  ihn  —  ein  einnehmendes  Oesioht,  ein  ehrliehei 
AugC;  ein  geschmeidiges  Sprechorgan  and  ein  reiner, 
heller  Tenor  —  das  Alles  sind  Eigenschaften,  welche  den 
Zuschauer  rasch  fUr  ihn  einnehmen.^  Sie  gaben  aber 
auch  Veranlassung;  dass  man  ihn  zuweilen  am  fiüseben 
Platze,  zu  noch  jugendlichen  Rollen  verwendete.  In  seinem 
ihm  eigenthttmlichen  Fache  wird  ihm  Wärme,  Treue  und 
Wahrheit  nachgerühmt.  Fleck  war  später  sein  Vorbild 
geworden.  Kömer  sah  ihn  1801  in  Leipzig  als  Wacht- 
meister in  Wallenstein's  Lager.  Er  fand  seine  Erwartungen 
ttbertroffen.  „So  gut  habe  ich  ihn  noch  in  keiner  Bolle 
gesehen.  Er  hatte  sie  recht  con  amore  studirt:  das  sali 
man  deutlich.  Er  traf  den  Ton  immer  glücklich,  befaidt 
einen  gewissen  Humor  und  hat  mir  wirklich  Oennss 
gegeben.^  Als  Buttler  fand  er  ihn  dagegen  nur  leidlick 
Er  scheint  in  der  Behandlung  der  Stimme  nicht  immer 
glücklich  gewesen  zu  sein  und  oft  zu  hoch  eingesetzt  n 
haben.  Auch  macht  ihm  der  Verfasser  des  »klugen 
Mannes'^  den  Vorwurf,  dass  er  die  Natur  zu  sehr  ndt  all 
ihren  Zufälligkeiten  wiedergebe,  nicht  aber  sie  künstlerisch 
zur  Schönheit  läutere.  Er  macht  hierbei  die  allgememe, 
doch  charakteristische  Anmerkung,  dass  man  gegen  das 
formalistische  Darstellungsprincip  der  Franzosen  vielleicht 
doch  etwas  zu  sehr  geeifert  und  das  Kind  mit  dem  Bade 
verschüttet  habe. 

Eine  Reaction  gegen  die  immer  flacher  werdende 
Natürlichkeitsrichtung  machte  sich  jetzt  naturgemSss 
schon  an  verschiedenen  Orten,  wenn  auch  nur  leise 
geltend.  Die  in  Weimar  sich  bildende  idealistische  Schule 
verdankt  daher  nicht  bloss  der  Laune  eines  Einzelnen 
ihre  Entstehung,  sie  war  vielmehr   nur   der   energische 


—    323    — 

Ansdrnck    einer    eich    bald    allerwUrte    rogenden    For- 
demng. 

Scbon  Beit  1785  mnse  die  ältexte  Tochter  der  Romaoa 
Koch  auf  der  BoDdini'scben  Bflbae  tliätig  gewesen  sein,  da 
der  Bericht irstatter  der  Ephemeriden  zu  dieser  Zeit  darüber 
kla^,  daas  sie  so  ziemlich  die  einzige  hübsche  jngend- 
liche  Erscheinnng  an  diesem  Theater,  aber  noch  zu  sehr 
AnfUngerin  wnr.  Vom  Jahre  1790  an  finden  wir  Sophie 
reg«lmäsmger  yerwcndet.  Später  trat  auch  noch  die 
jlln^rfl  Tochter  Marianne  hinzu.  Jene  spielte  damals 
aweite  Liebhaberinnen,  diese  Rinder-  und  kleine  Soubret- 
tenrollen. Sie  traten  bis  1796  noch  zugleich  mit  ihrer  Mutter 
auf.  In  diesem  Jahre  wurde  ibnen  aber  diese  entrinsen 
and  Opitz  ihnen  zum  Vormund  gesetzt.  Beide,  hUbsch 
ond  talentvoll,  wurden  bald  in  Dresden,  wie  in  Leipzig 
beliebt.  Goethe,  welcher  die  Mutter  schätzte  und  anf 
sie  aufmerksam  gemacht  worden  war,  suclite  sie  zu  ge- 
moDen.  Es  scheint,  dass  Opitz  seine  MUndel,  besonders 
gegen  die  von  ihm  favorisirte  Schauspielerin  Hartwig, 
gefi  issenttich  zurückgesetzt  habe  und  Goethe  die  daraus 
entspringende  Unzufriedenheit  des  Schwestern paars  zu 
benutzen  suchte.  „Für  die*  Schauspielerin  Hartwig  — 
heiast  es  bei  Pasqnä  (Goethe's  Tbeaterleitung]  —  scheint 
Opitz  eine  kleine  Schwäuhe  gehabt  zu  haben,  denn  er 
protegirie  sie  sehr.  Ja  er  ging  selbst  so  weit,  anderen 
Mitspielenden  Reden  zu  nehmen,  um  solche  der  Rolle 
der  begünstigten  Schauspielerin  hinzuznfUgen,  welches  Ver- 
fahren indessen  zu  jener  Zeit  nicht  ganz  isoliri;  war. 
I>Brch  solche  Neigung  musstc  der,  Madame  Hartwig  und 
ihr  Talent  hewuudemde  Regisseur  mit  dem  Vormunde 
in  Conflict  kommen  ,  wobei  Ersterer  natürlich  den  Sieg 
behauptete ,  zum  Schaden  der  beiden  jungen ,  rollen- 
bedUrftigen  Mündel."  Der  Schauspieler  Beck  erhielt  dem- 
nach den  Äulb-ag,  das  Engagement  derselben  zu  rer- 
nitMln,  was  zu  einer  sieb  etwas  peinlich  zuspitzenden 
Coirespondenz  zwischen  dem  Hofkammerrath  Kirmes  nnd 


—    324    — 

Opitz  fahrte,  welcher  Letztere  seine  Mttndel  unter  allerieä 
Vorwänden  zurückzuhalten  suchte,  nm  sich,  wie  es  sohemt^ 
hierdurch   an   dem  Weimarischen  Theater  wegen  eineT* 
früheren  Zurücksetzung  .zu  rächen.    Das  Wnnderliehste 
an  diesem  mit  so  viel  Empressement  yon  beiden  Seiten, 
geführten  Handel  ist,  dass  die   beiden  Schanspielerinnen 
nicht  von  einer  solchen  Bedeutung  gewesen  sein  kOnnen, 
die  wir  ihnen  darnach  beimessen  sollten  —  da  sie  spiler 
fast   in  Vergessenheit  geriethen.    1801  finde  ich  auf  den 
Dresdner  Theaterzetteln  nur  noch  die  eine  der  beiden 
Schwestern,  1802  auch  diese  nicht  mehr.    Im  Jahre  1806 
erscheint  die  jüngere  Schwester,  welche  sich  damals  ii 
Mannheim  aufliielt,  noch   einmal  als  Gast  der  Seconds- 
sehen   Gesellschaft  in   Leipzig.    Eine  Besprechung  der 
Zeitung  für  die  elegante  Welt  lobt  sie  in  sentimenttleii 
und  pathetischen  Rollen. 

Die  schon  erwähnte  Schauspielerin  Friederike 
Wilhelmine  Hartwig,  geb.Werthen  aus  Leipzig  (1777) 
debütirte  bereits  im  Alter  von  13  Jahren  bei  der  Schnelh 
sehen  Gesellschaft  in  Rostock.  Sie  spielte  hierauf  io 
Schwerin,  Bremen,  Hannover,  heirathete  1792  den  Schau- 
spieler Hartwig  und  trat  1796  in  die  Stelle  der  Albrecht 
bei  der  Seconda'schen  Gesellschaft  (in  Leipzig  als  Lobe 
in  Kabale  und  Liebe)  ein.  Ihre  Antrittsrolle  in  Dresden 
war  die  Katinka  im  Mädchen  von  Marienburg,  in  welche 
sie  grossen  Beifall  erwarb.  Der  Verfasser  der  oben- 
erwähnten „Kritik^  trägt  kein  Bedenken,  sie  unter  die 
Darstellerinnen  ersten  Ranges  zu  setzen.  ^Nie  habe  ick 
eine  Luise  in  Kabale  und  Liebe  mit  mehr  Wahrheit^ 
Innigkeit  und  Feinheit,  nie  eine  Ariadne  auf  Naxos  mit 
mehr  Vollendung,  nie  eine  Friederike  in  Edelsinn  Qod 
Armuth  mit  mehr  Naivetät  geben  sehen.  (Schiller  lobte 
sie  auch  als  Jungfrau  von  Orleans.)  Ihr  Mienenspiel  ist 
wahr  und  fein,  ihre  Gesticulation  treu  und  natürlich, 
ihre  Haltung  edel.  Haupt8ächlich  hat  sie  ihr  schönes^ 
braunes  Auge  ganz  in  ihrer  Gewalt  und  zaubert  damit, 


—    325    — 

was  sie  nnr  will.  Man  mnss  in  der  Thai  kein  Herz 
laben,  nm  es  nicht  im  Innersten  bewegt  zu  fühlen,  wenn 
dies  Ange  sich  in  sanftem  Schmerze  mit  Thränen  zu 
ftilen  scheint,  oder  wenn  es  sich  in  stiller  Resignation 
lom  Himmel  hebt  oder  im  Wahnsinn  vor  sich  hiastarrt.^ 
Kur  gegen  den  Ton  ihrer  Stimme  werden  hier  Ein- 
wexidnngen  erhoben.  „Dieser  ist  etwas  gedehnt  und  fallt 
xniT^eüen  ins  Singende.  Zndem  will  Mad.  Hartwig  jede 
Sy^lbe  deutlich  nnd  yemehmlich  aussprechen,  und  dadurch 
moas  der  Ton  geziert  werden.  Stellen  aber,  die  ich  nie 
von  einer  anderen  Schauspielerin  so  schön  gehört  und 
gesehen  habe,  als  von  ihr,  sind  die,  wo  die  Seele  in  hohem 
Enthusiasmus  eben  zu  grossen  Entschlüssen  sich  erhoben 
hat  imd  wo  sie  in  yoUer  Würde  und  allem  Selbstbewusst- 
«ein  der  Tugend  und  Unschuld  auftritt."  Auch  ihre 
Neigung  zu  auffälligem  Putz  wird  hier  noch  getadelt. 

Aus  dem  Anfang  des  Jahres  1796,  noch  vor  Engage- 

""^Jit  der  Hartwig,  stammt  folgendes,  von  Seconda  her- 

^l^fendes  Verzeichniss  des  Schauspieler-Personals,  welches 

*^rttx   Fttrstenau  aufgefunden  und  mir,  wie  so  Vieles, 

'^^  Itfittheilung  freundlichst  überlassen  hat. 

Opitz  1800  Thlr.,  Zuckers  1500  Thlr.,  Albrecht 
^OO  Thlr.,  Haffner  1040  Thlr.,  Schirmers  1000  Thlr., 
j^^lis  1000  Thh-.,  Thering  1000  Thlr.,  Schouwärt  800 
^^U-,,  Henkes  800  Thlr.,  Emmrich  800  Thlr.,  Bösenberg 
^'OO  Thh-.,  Drewitz  676  Thhr.,  Karlstein  400  Thlr.,  Seconda 
^OO  Thlr.,  Griesbach  312  Thlr.,  Le  Roy  312  Thh-.,  KUnzel 
^^  Thlr.,  Walter  260  Thh-.,  Wäser  208  Thlr.,  Souffleur 
^J^rich  312  Thlr. 

Die  Gesammtausgaben  beliefen  sich  damals  auf 
%,548  Thlr.  Im  Jahre  1800  waren  sie  durch  Erhöhungen 
4er  Gagen  auf  31,000  Thlr.  gestiegen.  Opitz  erhielt  zu 
dieser  Zeit  bereits  3000  Thlr.  jährliches  Gehalt. 

Vom  Jahre  1796  an  findet  man  in  den  Theaterzetteln 
auch  Mad.  S  c  h  m  e  1  k  a  (bis  1800),  das  Ehepaar  Q  u  a  n  d  t 
(bis  1798)  und  einen  Herrn  Nuth  verzeichnet,  welcher 


—    326    — 

Letztere  wahrscheinlich  ein  Verwandter  des  gleichnamigen 
Balletmeisters  war.  Er  spielte  zärtliche  Väter  undGreiM. 
Wir  werden  ihm  bei  Joseph  Seconda  wieder  begegnen. 
Mad.  Quandt  wird  auch  in  den  oben  bertihrten  Koch» 
sehen  Händeln  genannt.  Mad.  Schmelka  spielte  theik 
heroische,  theils  zärtlich  pathetische  Rollen  und  wird 
besonders  in  letzteren  gelobt,  an  ihrer  Ansspraohe  jedoch 
manche  individuelle  Angewöhnung  getadelt.  1797  trat 
das  Ochsenheimer'sche  Ehepaar  von  der  Mannheim'schen 
Gesellschaft  zur  Seconda'schen  über,  er  an  die  Stelle 
Schouwärt's. 

Ferdinand  Ochsenheimer,  1756  in  Mainz  geboren, 
hatte  seine  schauspielerische  Laufbahn  bei  derBösann'sohen 
Gesellschaft  begonnen.  Er  gehörte  zu  den  bedeutenderen 
Charakterdarstellern  der  Zeit,  besonders  im  Fache  der 
Intriganten.  Eine  seiner  Hauptrollen  war  der  Secretär 
Wurm  in  Kabale  und  Liebe.  Auch  sein  Talbot  wurde 
gerahmt.  Sein  Spiel  beruhte  auf  sorgfältiger  Lebensbeob- 
achtung und  lebensvoller  Erfindungskraft.  Auf  den  jungen 
Ludwig  Devrient  tlbte  er  die  ersten  tiefen  Eindrücke  aii& 
„Audi  ohne  Hände  und  Fasse,  urtheilt  die  Zeitung  für 
die  elegante  Welt  über  ihn,  würde  er  ein  grosser  Schau- 
spieler bleiben.  Sein  Mienenspiel  und  seine  Betonoog 
mochten  wohl  nur  von  Iffland  übertroffen  werden.**  Für 
die  Höhenpunkte  der  Leidenschaft  fehlte  es  ihm  an 
physischer  Kraft,  daher  er  in  kalten  Rollen  am  vortreff- 
lichsten war.  Seine  Kälte  konnte  dann  teuflisch  sein. 
Für  ideale  Rollen  scheint  es  ihm  jedoch  an  Vornehmheit 
gefehlt  zu  haben,  so  dass  er  als  Claudius  oder  Alba  nur 
wenig  befriedigte.  Seine  Gattin  war  glücklich  in  naiven 
und  schnippischen  Rollen,  nur  scheint  sie  die  Ungezwungen- 
heit in  dem  Masse  übertrieben  zu  haben,  dass  es  nicht 
selten  die  Liebenswürdigkeit  ihrer  Darstellungen  beein- 
trächtigte. Zwischen  den  Jahren  1798 — 1802  finden  wir 
unter  den  Mitgliedern  auch  noch  das  Ehepaar  Mayer, 
Madame  Häusser,  Herrn  Sommerfeld  und  Mad.  Rein- 


—    327    — 

brd.   Fttr  Letitere^  die  an  Mad.  Häasser's  Stelle  getreten 

wiT;  wurde  1802   Elise  Marie  Christiane  Bürger, 

geb.  Hahn,  die   dritte    geschiedene  Fran   des   Dichters 

^ogQst  Bttrger,  gewonnen.     Sie  war  1769  in  Stuttgart 

geboren,  kam  später  nach  Berlin  nnd  wurde  hier  von 

den  Molljgesängen  Bttrger's  in  dem  Masse  ergrilfen,  dass 

^^  sich  demselben  brieflich  als  Gattin  antrng.    Sie  sah 

^b  jedoch  in  dem,  was  ihre  erregte  Phantasie  nnd  Sinn- 

fichkeit   nach    den    hiervon   ttberfluthenden  Dichtungen 

^•rger's  erwartet  hatte,  völlig  getäuscht,  suchte  nach  Ent- 

^hädigung  dafür  in  anderen  Verhältnissen  und  gerieth 

«ierdureh  auf  Abwege,  welche  nach  zweijähriger  unglttck- 

'i^ber  Ehe  eine  Trennung  fUr  den  getäuschten  Dichter 

^^  Kothwendigkeit  machten.    Sie  wendete  sich  hierauf 

^^^  fitthne,  debtttirte  in  Altena,  spielte  längere  Zeit  nicht 

ohne  Erfolg  in  Hamburg  und  trat  endlich  in  Dresden 

^  das  Fach  der  Heldinnen  ein.    „Mad.  Bürger  —  schreibt 

^«i-ner  am  31.  Oct.  1802  an  Schiller  —  spielt  jetzt  auf 

^^*ti.    hiesigen  Theater.    Gestalt  und  Anstand  sind  nicht 

,?^*^xigenehm.     Auch  hätte  ich  nichts  gegen  ihr  Organ. 

. '^^    ihre  Declamation  ist  zuweilen  unnatürlich  und  un- 

r^^^tig.    Ueberhaupt  spricht  sie  zu  laut.    Besser  als  die 

^^^^^ard  scheint  sie  wohl  zu  sein.**    Sie  spielte  Rollen 

^^^  Elisabeth  im  Don  Garlos,  die  Terzky  im  Wallenstein, 

^*^i     Elisabeth  in  Maria  Stuart,   die  Lady  Milford.    Der 

.^^"fferent  der  Zeitung  fttr  die  elegante  Welt  sagt  über 

^^^^  Gräfin  Terzky  (1805):  „Mad.  Bürger  weiss  zu  sprechen 

^^^^  dringt  in  den  Geist  des  Dichters  ein."    1807  verliess 

^•^  die  Seconda'sche  Gesellschaft  und  versuchte  sich  später 


^  plastisch-mimische  Darstellerin,  ohne  jedoch  die  Händel- 
hütz  erreichen   zu   können.    An  ihre  Stelle  trat  Mad. 
«czkowska. 

1806  wurde  in  Lembert  ein  talentvoller  jüngerer 
arsteller  gewonnen,  welcher  der  Gesellschaft  gefehlt  hatte, 
r  verliess  sie  jedoch  schon  nach  zwei  Jahren  und  wurde 
Vorübergehend  durch  einen  gewissen  Ringe Ihardt,  1809 


I 

> 


—     328     — 

"über  durch  L.  E.  Chr.  Geyer  (geb.  1780  in 
ersetzt,  welcher  sich  zugleich  als  Maler  und  Theaterdichl 
bekannt  gemacht  hat.     Um  seine  Mutter  und  Gescbi 
unterstützen  zu  kilnnen,  hatte  er  seine  Studien  aufgegd 
und  sieh  dem  Portraitiren  zugewendet,  später  aber  sieh  ai 
noch  der  Buhne  gewidmet.  Er  heiratbete,  um  dessen  HinI 
lassene  vor  Noth  zu  schützen,  die  Wittwe  seini  a  Freunde^ 
des  Polizeiactuars  Wagner  in  Leipzig,  Vater  des  ComponisteB 
Richard  Wagner,  auf  dessen  erste  Eotwiuklong  er  nicbl 
ohne  Einfluss  bheb.     „Aus  Dir  hat  er  etwas  machen  w( 
len,"  hatte  dessen  Mutter  diesem  nach  dem  1836  erfolgeodf 
Tode  Geyers  zugeflüstert.    Auch  für  die  Schwestern  Wi 
ner's  war  er,  wie  wir  später  noch  sehen  werden,  sorgsam 
bemüht.  —  Geyer  war  ein  Schauspieler  von  gründlicher 
Schule  und  wird  von  Zeitgenossen  sowohl  in  den  Rollen 
der  Intrigants,  wieinhochknmischenund  gemtitblichenCbi- 
rakterrollen  gerühmt.    Nur  wirl't  mau  ihm  dann  und  wum 
Uehertreibung  vor.    Als  Mensch  genuss  er  die  allgemeinat&. 
Achtung.    Von  seinen  dramatischen  Dichtungen  machte 
Bcthlemitische   Kindennord  Anfsehen.  —  Im  Jahre  li 
folgte  Ochsenheimer  einem  Rufe  nach  Wien  an  die  Hofbi 
Für  ihn  trat  Julius  Weidner  ein,   welcher  sowohl 
ernsten,    wie    komischen  Charakterrollen    ein  auf  gi 
Studien    und   Weltbildung   beruhendes  DarstcUnogstal 
entfaltete.     In    demselben  Jahre  machte   die  Gesellscl 
in  Mad.  Brede,    nach   dem  Urtheile  des  Referenten 
Zeitung  für  die  elegante  Welt,  seit  lange  eine  der  bei 
Acquisitionen.     Sie   wurde   besonders   in    muntern  RoUei 
wegen  ihrer  Gewandtheit  und  ihres  gesunden    Humon 
gerühmt.  —  1810  debutirte  das  Ehepaar  Hellwig  in  dei 
Johanna   von   Montfaucon;    sie  in    der  Titelrolle,   er   all 
Philipp   von    Monteny.     Friedrich    Hellwig   war   eim 
vielseitige  Kraft,  reich   an  Talent   und   Bildung.     Er 
wickelte  sich  zu  einem  der  vorzüglichsten  Heldenspiel 
war  aber  nicht  minder  ausgezeichnet  im  Lustspiel.    A 
in  der  Oper  wirkte  er  mit  und  versah  viele  Jahre 


iciil 
iniM 


II  Aw  des  Regisseurs  mit  grosser  Gewissenliaftigkeit.  Durch 
I  dn  Adel  seiner  änsseren  Eroeheinnng,  die  schwungvolle 
I  Otirtndtlieit  seines  Spiels  und  die  Ausdrucksfäbigkeit 
*^  H'oliiklingendcn  Stimme  liatte  rr  die  Gunst  des 
hblicums  in  hohem  Grade  gewonnen.  Auch  ein  jangcrer 
Bddtsspieler  wurde  18U  engagirt:  Friedrich  Kanow, 
Wloher  nach  den  Urtheüen  der  Abendzeitung  sich  nach 
»d  aach  zu  einem  in  diesem  Fache  brauchhareu  Schau- 
9tel«  aual'ildete.  Friesen  (in  Ludwig  Ticck)  wirft  ihm 
J*loch  vor,  in  den  Momenten  der  Leidenschaft  in  einen 
whlen,  kreischenden  Ton  verfallen  zu  sein.  Wichtiger 
"ar  da»  gleichzeitige  Engagement  des  Ehepaars  Bur- 
oeiaier.  Friedrieh  Burmeister,  1771  zu  Schwerin 
geboren,  betrat  1794  zum  ersten  Male  zu  BUtzow  in 
^ßcklenlmrg  die  Buhne,  kam  später  nach  Schwerin,  wo 
CT  bis  18U0  als  Schauspieler,  Sänger  und  Regisseur  thäti;,- 
***",  und  ging  dann  in  gleicher  Eigenschaft  nach  Schleswig 
(1*3  ll?07).  Nach  einem  mehrjährigen  Aufenthalte  in 
Breanen  folgte  er  einem  ehrenvollen  Rufe  nach  Dresden, 
**>  er  mit  seiner  Frau  in  „Edelsinn  und  Armuth"  von 
So*iebtte  debutirte  —  er  als  Peter  Plum,  sie  als  Josephine. 
«  vnrdo  schon  damals  wegen  der  Einfachheit  und  NatUr- 
ücbkeit  seines  Spiels  gcrUhmt  und  später  im  Fache  der 
"TWBten  Väter  und  in  fr  in  komisehen  Charakterrollen  eines 
icr  beliebtesten  Mitglieder  der  Dresdner  Buhne.  Er  starb 
IS&l  als  Pensionär  derselben.  Ticck  sagt  (1827)  Über  ihn: 
■un  Gebiete  de»  bUrgerlidien  Schauspiels  kann  er  oft  ein- 
Ärtnglich,  auch  rührend,  selbst  erschütternd  werden.  In 
KoUen  der  vornehmen  Stände  täuscht  er  weniger,  weilsein^ 
GeVrden,  sowie  dem  Ausdruck  seiner  Stimme  eine  gewisse 
Feinheit  abgehl.  Es  fehlt  ihm  nicht  an  Anstand,  selbst  nicht 
■Wtlrde,  aber  der  Ton  und  das  Spiel  der  Tragödie  stehen 
Siebt  zu  Gebot.  Hier  muas  eine  gewisse  Natflr- 
keit  oft  wieder  unwahr  werden,  wenn  sie 
"«b  Dicht  eben  so  viel  erheben,  als  senken  kann." 
*ich  Julius  Christian  Koch,  welcher  vom  Jahre  1S35 


—    330    — 

an  dauernd  ein  Mitglied  der  Dresdner  Btthne  wi 
sollte,  wurde  1812  yorttbergehend  ftbr  komisohe  I 
und  Naturburschen  engagirt. 

.  Nach  Opitzens  Tode  (1810)  ttbemahm  Seoonda  \ 
die  Regie.  Das  Jahr  1813  sollte  jedoch  in  diese 
hältnisse  eine  grosse  Veränderung  bringen.  Ehe  ich 
aber  darstelle,  wird  es  zweckmässig  sein,  die  Gesa 
leistungen  der  Seconda'schen  Gesellschaft  in  Dresden 
etwas  näher  ins  Auge  zu  fassen,  zu  welchem  Z 
ich  einen  [Ueberblick  des  Repertoires  derselben  in 
uns  hier  vorliegenden  Zeiträume  yorausschicke: 

1789:  Die  bez&hmte  Widerbellerin ,  L.  4  A.  von  Schi 
Die  beiden  Portraits,  L.  1  A.  —  Don  Gar  los,  Tr.  5  i 
Schiller  (Manoscr.  60  Thlr.).  —  Der  Eilfertige,  L.  3  A.  von  { 
ter.  —  Dank  und  Undank,  L.  3  A.  nach  dem  Franz.  von  Junger.  • 
entschlossene  M&dchen,  ScL  2  A.  von  Brühl  —  Der  Eint 
Seh.  5  A.  nach  d'Arien  von  Emmricb.  —  Erst  geprüft,  L.  1 
Die  Erbschleicher,  L.  5  A.   von  Gotter.  —  Der  Eifersüchtij 

4  A.  nach  dem  Engl,  von  Schröder.  —  Inez  de  Castro,  Tr.6^ 
Soden.  — ^  Irrthum  in  allen  Ecken,  L.  5  A.  nach  Goldsmith.  - 
liuB  von  Tarent,  Tr.  6  A.  von  Leisewitz.  —  Die  Liebln 
1  A.  von  Bösenberg.  —  Masaniello,  Tr.  5  A.  von  Albred 
Menschenhass  und  Reue,  Seh.  5  A.  von  Kotzebae.  — 
versöhnt,  Seh.  5  A.  von  Ififland.  —  So  muss  man  die  Ü 
fangen,  L.  5  A.  —  Sittenspiegel,  Seh.  5  A.  nach  dem  Fra 
Stammbaum,  L.  1  A.  von  Ant.  Wall.  —   Die  Schule  der  Dam 

5  A.  von  Stephanie  d.  J.  —  Tancred,  Tr.  5  A.  nach  Yoltai 
Die  überlisteten  Betrüger,  L.  5  A.  —  Verstftndniss  und  M 
ständniss,  L.  5  A.  von  Büschel.  —  Die  Verlobung,  L.  1  . 
Brömel.  —  Wie  der  Herr,  so  der  Diener,  L.  6  A.  —  Der  W 
L.  4  A.  von  Jünger.  —  Warwick,  Tr.  6  A.  von  Büschel.  — 
sammen:  6  Trauerspiele,  5  Schauspiele  und  17  Lustspiele.) 

1790:  Der  Advoeat,  L.  5  A.  —  Alderson,  Tr.  5  A.  von 
des.  —  Bruder  Moritz,  L.  3  A.  von  Kotzebue.  —  Das  FriUdi 
1  A.  —  Die  Kolonie,  L.  4  A.  von  Albrecht.  —  Edelmath  a 
als  Liebe,  L.  1  A.  von  Brühl.  —  Der  Eremit  zu  Formentera 

6  A.  von  Kotzebue.  —  Die  Entführung,  L.  3  A.  von  Jung 
Die  Feuersbrunst,  Seh.  3  A.  von  Grossmann.  —  Die  Indiai 
England,  L.  5  A.  von  Kotzebue  (40  Thlr.).  —  Leidenschaf 
Liebe,  Tr.  6  A.  von  Vulpius.  —  Liebe  und  Grossmuth,  Sek 
—  Die  Macht  der  kindlichen  Liebe,  Seh.  5  A.  von  Seidel  — 


—    331    — 

und  Heodielei,   Seh.  5  A.   von  Beck.   —   Oronoco,  Tr.  5  A.   Yon 

Scboowirt  —  Point  d'honneiir,  L.  1  A.  —  Die  Perücken,  L.  1  A. 

»w  Spielt.  —  Das  Portrait  der  Mutter,  L.  4  A.  von  Schröder.  — 

^  pldlosophiBdie  Dame,   L.  6  A.  nach  Gozzi,  von  Schletter.  — 

KittMcliinir  and  Treue,  Seh.  5  A.  von  Bösenberg.  —  Die  Spieler 

ins  EhrgeiB,  L.  6  A.  —   Skizzen  der  rauhen  Sitten,  Scb.  6  A.  — 

^  Strafsache,  Seh.  2  A.  von  SeideL  —  Spass  und  Ernst,  L.  2  A.  — 

Sckkrdt,  der  Unbesonnene,  L.  6  A.  nach  dem  Franz.  —  Die  Ueber- 

tilaif,  L.  1  A.  nach  dem  Engl,  von  Schröder.  —  Die  unglückliche 

^«»  L  4  A.  von  Schröder.  —  Die  würdige  Mutter,  Seh.  6  A.  von 

^^  ^  Wieder  ein' neuer  Auftritt,  L.  4  A.  von  Hebenstreit.  — 

Woldtlnm  macht  glücklich.  Seh.  5  A.  von  Senf.  —  Zieh'  aus,  Herr 

^der,  L.  8  A.  von  Albreeht*  —  (Zusammen:  S  Trauerspiele,  10 

anspiele  und  18  Lustspiele.) 

1791:    Belohnte  Wohlthat,    L.  8   A.    von  Brandes.   —   Die 

Hagestolzen,  L.  5  A.  von  Iffland  (86  Thlr.).  —  Das  Ehrenwort, 

^  i  A  Yon  Spiess.  —  Einer  prellt  den  Andern,  L.  1  A.  —  Das 

f^iffur  aus  der  Provinz,  L.  4  A.  von  Jünger.   -—    Er  mengt,  sich 

*  Alles,  L.  von  Jünger.    —   Freemann,  Seh.  8  A.   von  Jester.  — 

^^drich  von  Oestreich,  Seh.  5  A.  von   Iffland.   —  Frauenstand, 

^  5  A.  von  Iffland.   —  Der  gutherzige  Alte,  L.  1  A.  von  Flo- 

^^^  —  Das  grosse  Loos,  L.  1  A.  von  Hagemeister.  —  Der  Herbst- 

^  Seh.  6  A.  von  Iffland.  —  Klara  von  Hoheneichen,  Rittersch.  4  A. 

^  Sfiiess.  —  Liebhaber  und  Nebenbuhler,  RitterL  4  A.  von  Zieg- 

^'  —    Maske  für  Maske,  L.  8  A.  von  Jünger.    —   Der  Papftgei, 

^  3  A.  von  Kotzebue.    —   Stadt  und  Land,  L.  8  A.  von  Spiess. 

p  ^e  seltne  Probe,  L.  1  A.  von  Dahlberg.  —   Der  seltne  Onkel, 

r*  *  A,  von   Ziegler.   —   Die   verschlossene  Thüre,    L.  8  A.    von 

??***iberg.   —    Weiberlist  geht  über  Alles,   L.  8  A.   —   Was  dem 

^"^^  recht  ist,   ist  dem  Andern  billig,    L.  3  A.  von  Brandes.  — 

(^^X^inmen :  6  Schauspiele  und  16  Lustspiele.) 

.         1792:   Alles  aus  Eigennutz,  L.  5  A.  von  Beck.  —  Bürgerglüek, 

f^  ^  A.  von  Baba  —  Das  Donnerwetter,  L.  8  A.  von  Albrecht  — 

1«^  Harfner,   Ritterseh.  8  A.  von  Brühl.  —  Er^'in  von  Steinheim, 

J^*    &  A.  von   Blumauer.    —    Ehrgeiz  und  Liebe,   L.   2   A.   von 

*^öder.  —  Folgen  einer  Lüge,  Seh.  4  A.  von  Spiess.  —  Die  Ge- 

*  In   diesem  Jahre  wurde  Fieseo  in  folgender  Besetzung  ge- 

•^^n :  Andreas  Doria  —  Emmrich.    Gianettino  —  SchouwÄrt.   Fieseo 

*^  Opitz.     Verina  —  Brück!.    Bourgognino  —  Sehirmer.    Kalkagno 

r    Henke.     Saeco  ^  Bösenberg.     Lomellino  -^  Drewitz.     Muley 

^•••n  —  Thering.     Imperiali  —  Mams.  Weinhold.     Leonore  — 

\%.  Koch.    Bertha  —  Mad.  Albreeht 


schwister  vom  Lande,  L.  5  A.  von  Brandes.  —  Gutherzigkeit  und 
Eitelkeit,  L.  5  A.  Ton  Brandes.  —  Lohn  und  Strafe,  Seh.  1  A.  tod 
Schletter.  —  Leichtsinn  und  gutes  Herz,  L.  von  Hagemann.  —  List 
gegen  Bosheit,  L.  3  A.  von  Lambrecht  —  Mathilde  von  Giesibach» 
Tr.  6  A.  Yon  Ziegler.  —  Otto  der  Schatz,  Seh.  5  A.,  amgeaibeitei 
von  Bösenberg.  —  Die  Becrutirung,  Seh.  1  A.  von  SchildbidL  • — 
Die  Sayoyarden,  L.  1  A.  —  Die  vier  Vormflnder,  L.  6  A.  mn 
Schröder.  —  Vomrtheile,  Seh.  5  A.  von  Iffland.   —  Incogiiit<s  Im 

4  A.  von  Ziegler.  —  (Zusammen:  2  Tranerspiele,  6  Schansj^ele  and 
11  Lustspiele.) 

1793:   Gora,  Seh.  5  A.  von  Eotzebue.  —  Die  Qn&lgeister,  D- 
6  A.  nach  Shakespeare,  von  Beck.  —  Der  Weg  zum  Yerderbeo,  Sdft' 

5  A.   von  Brandes.   —  Die  Ehrenerkl&rung,  Seh.  1  A.  Ton  £rpal- 

—  Jeder  fege  vor  seiner  Thür,  L.  1  A.  —   Incognito,   L.  4  A.  to«» 
Ziegler.   —  Liebe  und  Muth  macht  Alles  gut,  L.  8  A.  von  Spieas- 

—  Die  Lftsterschule,  L.  6  A.  nach  Sheridan,  von  Leonhardl  —  De^ 
Maitag,    ländl.   Gem.  4  A.    von   Hagemann.    —    Die  neogierigecB^ 
Frauenzimmer,  L.  8  A.  nach  Goldoni,  von  Brandes.  —  Der  PQge^« 
Seh.  5  A.  von  Ziegler.  —  Die  Reise  nach  der  Stadt,  L.  6  A  vp^^ 
Iffland.  —  Das  Scheinverdienst,  Seh.  6  A.  von  Iffland.  —  Schade^*'* 
freude,  L.  1  A.  —  Die  unvermuthete  Wendung,  L.  4  A.  von  Jtoge^- 
Weiberlaune  und  M&nnerschwaehheit,  L.  5  A.  von  Ziegler.  —  (Z^ 
sammen:  5  Schauspiele  und  11  Lustspiele.) 

1794:  Die  Aussteuer,  Seh.  5  A.  von  Iffland.  —  Barbarei 
Grösse,  Tr.  5  A.  von  Ziegler.  —  Dienstpflicht,  Seh.  6  A.  vonl' 
land.  —  Edelsinn  und  Armuth,  L.  8  A.  von  Eotzebue  (40Thlr.). 
Der  Vormund,  Seh.  5  A.  von  Iffland.  —  Der  Krug  geht  so  lani 
zu  Wasser,  bis  er  bricht,  L.  3  A.  von  Jünger.  —  Luise,  Seh.  4  ^ 
von  Schwarz.  —  Die  Meierei,  L.  6  A.  von  Brandes.  —  Das 
eben  von  Marienburg,  Fam.-Gem.  5  A.  von  Kratter.  —  Miss 
Salisbury,  Seh.  4  A.  von  Brandes.  —  Die  Prüfung,  L  1  A. 
Meyer.  —  Der  redliche  Landmann,  Fam.-Gem.  6  A.  von  Schuck' 
neder.  —  Der  Ton  unserer  Zeiten,  L.  1  A.  von  Jünger.  —  I>»* 
Tochter  der  Natur,  L.  8  A.  von  Lafontaine.  —  Der  weibliche  Nebelt- 
buhler,  L.  3  A.  —  Der  wiedergefundene  Sohn,  L.  3  A.  von  Schinlc« 

—  Weltton  und  Herzensgüte,  Fam.-Gem.  4  A.  von  Ziegler.  —  W#* 
sein   soll,   schickt  sich   wohl,  L.  3  A.  von  Jünger.  —  Zufall  00^ 
Laune,  L.  1  A.  —  (Zusammen :  1  Trauerspiel,  8  Schauspiele  und  l  ^ 
Lustspiele.) 

1795:  Die  Advocaten,  Seh.  6  A.  von  Iffland.  —  Der  Bliwl* 
und  der  Taube,  L.  1  A.  von  d'Arien.  —  Barbarossa,  Seh.  6  A  T»t* 
Jünger.  —  Die  Dichterfamilie,  Seh.  5  A.  von  Max  Boller.  —  ^^ 
Universalfreund,  L.  5  A.  von  Rebmann.  —  Der  edle  Egoist,  Sd^* 


—    333    — 

SA.  TOD  KaanuLnD.  —  Die  Spieler,  Seh.  5  A.  von  Iffland.  —  Die 
^nkM  Guisctrdi,  Tr.  6  A.  —  Das  Manuscript,  Seh.  1  A.  von 
^^chaenbeimer.  —  Das  Scheinverbreehen,  Seh.  6  A.  —  Der  Sklaven- 
liaiidel,  hiat  Seh.  6  A.  yon  Kotzebue.  —  Die  Sehaehmaschine,  L. 
4  A.  Ton  Beck.  —  Das  Yerm&ehtniss,  Seb.  6  A.  von  Iffland.  — 
(Zmimmen :  1  Trauerspiel,  9  Schauspiele  and  3  Lustspiele.) 

1796:  Abellino,  Tr.  6  A.  von  Zschokke.  —  Die  beiden  Figaro's, 

^  &  A  nach  Martelli,  von  jQnger.  —  Die  Freunde,  Seh.  4  A.  von 

2i«gler.  —  Die  Charlatans,  L.  S  A.  yon  Jünger.  —  Falsches  £hr- 

|9fll]ü,  L.  4  A.   Ton  Kotzebue.   —  Flucht  aus  Liebe,  L.  6  A.  von 

Jtoger.  —   Graf  von  Burgund,  Seh.  5  A.   von  Kotzebue.  —   Der 

^^^nn  von  vierzig  Jahren,  L.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Die  Spanier  in 

^ru,  Tr.  6  A.   von  Kotzebue.  —  Die  Strelitzen,  Seh.  6  A.  von 

Baba  —  Die  unglücklichen,  Tr.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Die  Versöh- 

^^"^St  Seh.   5  A.  von   Kotzebue.  —   (Zusammen:   2   Trauerspiele, 

4  Schaa^iele  und  6  Lustspiele.) 

1797:   Achmet  und  Zenide,  Seh.  5  A.  von  Iffland.  —  Der  Ge- 

bortatag,  llndl.  Gem.  1  A.  von  Engel.  —  Der  Hausfriede,  L.  6  A. 

^QQ  Uritnd.  ^  Die  Corsen,  Seh.  4  A.  von  Kotzebue.  —  Die  Freunde 

^^  der  Probe,  L.  1  A.  von  Beaunoir.  —  Das  Mutterpferd,  L.  2  A. 

7*a  Profes.  —  Der  Tabuletkrämer,  L.  1  A.  von  Brömel.  —  Er  soll 

^^   schlagen.   Seh.  1  A.   von  Ochsenheimer.  —  Die  Erinnerung, 

~?^    6  A.   von  Iffland.  —  Die  Familie  Klinger,  Seh.  5  A.  von 

**^tter.  —  Das  Gewissen,  Seh.  6  A.  von  Iffland.  —  Leichter  Sinn, 

^  A.  von  Iffland.  —  Die  Stiefmutter,  Seh.  6  A.  von  Kiesheim. 

p"  tieble  Laune,  L.  4  A.  von  Kotzebue.  —  Die  Verwandtschaften, 

"^  &  A.  von  Kotzebue.  —  Die  Wittwe  und  das  Reitpferd,  L.  1  A. 

^^  Kotzebue.  —  (Zusammen:  8  Schauspiele  und  8  Lustspiele.) 

^         1798:   Das   Schreibepult,  L.  4  A.    von  Kotzebue.  —  Doetor 

r^^^Uccio,  L.   6  A.  von   Jester.   —  Der  Amerikaner,  L.  5  A.   von 

7^5^^  —  I^er  Fremde,  L.  6  A.  von  Iffland.  —  Die  Erbschaft  aus 

y^Hdien,  L.  4  A.  von  Bretzner.   —    Ein  seltner  Fall,  L.  3  A.  von 

'^Eer.  —   Das  Epigramm,  L.  4  A.  von  Kotzebue.   —   Der  Friede 

**"*   Pmth,  hist  Seh.  5  A.  von  Kratter.  —  Der  Kornwucherer,  Seh. 

-^  von   Kiesheim.  —  Der  Lorbeerkranz,   Seh.  6  A.  von  Ziegler. 

"^    l>er  Mann  von  Wort,   Seh.  6  A.   von  Iffland.   —  Die   Martins- 

^7***€,  L.  1  A.  von  Hagemann.   —   Sitah  Mani,  Sjh.  5  A.  von  Vul- 

J****-   —  Der  Verstossene,   ScL  5  A.  von  Rambaeh.   —  Der  Wild- 

^^9  L  8  A.   von   Kotzebue.  —  (Zusammen:   6  Schauspiele   und 

•L.nsupiele.) 

1799:   Die  Aehnliehkeit,  L.  3  A.  von  Vogel.  —  Die  beiden 

*'»g8berg,  L.  4  A.  von  Kotzebue.   —   Der  Comet,   Posse  1  A. 

^ön    Iffland*  —  Der  Weihnachtsabend,  Seh.  6  A.  von  Hagemann.  — 


—    334    — 

Der  Gefangene,  L.  1  A.  von  Kotieboe.  —  Der  Jade,  Seh.  6 . 
nach  Gumberland.  •—  Der  hagestolse  Liebhaber,  L.  8  A.  tob  fit 
nens.  —  Die  Haasehre,  Seh.  8  A.  von  Haimamann.  —  Jokaai 
▼on  Montfaucon,  Seh.  6  A.  Ton  Eotiebue.  — Die  UaiB  Itei 
Walde,  Zanbersp.  5  A.  von  Kotzeboe.  —  Der  Lohn  der  WiiUa 
Seh.  6  A.  von  Kotzebae.  —  Das  Petschaft,  Seh.  6  A.  fon  Zii 
1er.  —  Rettung  für  Rettang,  Seh.  6  A.  von  Beck.  —  SelbstfaehflRN 
ong.  Seh.  6  A.  von  Iffland.  —  Die  Scheidang,  Seh.  6  A.  fon  B« 
noir.  —  Der  Schiffbruch,  L.  1  A.  von  Steigentesch.  «  Stob  « 
Liebe,  L.  5  A.  von  Jünger.  —  Der  verliebte  firiefvrechsel,  L  I 
von  Huber.  —  Die  Verschleierte,  L.  4  A.  von  Vogel.  —  (ZtfK 
men:  9  Schauspiele  und  10  Lustspiele.) 

1800:  Adolph  und  Clara,  L.  1  A.  —  Die  Barmeeiden,  Sc 
5  A.  von  Weissenbach.  —  Bayard,  Seh.  5  A.  von  fiotieboe.  ^  D 
neue  Jahrhundert,  L.  1  A.  von  Kotzeboe.  —  Die  Entdeckoag; 
2  A.  von  Steigentesch.  —  Das  Oastreeht,  Sittengem.  4  A.  von  2k 
1er.  —  Gustav  Wasa,  Seh.  6  A.  von  Kotzebae.  —  Die  Hofineiit 
Seh.  3  A.  von  Frau  v.  Kotzebue.  —  Die  Künstler,  Seh.  6  A.  f 
Iffland.  —  Octavia,  Seh.  6  A.  von  Kotzebue.  —  Das  rftchtnde  C 
wissen,  Seh.  4  A.  von  Kotzebue.  —  Sophie  van  der  Daikn, 
5  A.  von  Dalimann.  —  Der  Vater  von  üngefthr,  L.  1  A.  von  Ket 
bue.  —  (Zusammen:  8  Schauspiele  und  5  Lustspiele.) 

1801 :  Der  Besuch,  L.  4  A.  von  Kotzebue.  —  Die  beiden  Offiik 
L.  1  A.  —  Beschämte  Eifersucht,  L.  2  A.  von  Frau  ▼.  WaiM 
thum.  —  Der  Bräutigam  in  der  Irre,  L.  8  A.  von  VogeL  —  1 
drei  Körbchen,  L.  8  A.  von  Hannamann.  —  Entsagung,  Seh.  8 
von  Frau  v.  Weissenthum.  —  Das  Kamäleon,  L.  6  A.  von  Book. 
Karl  der  Kühne,  Seh.  5  A.  von  Sannens.  —  Die  silberne  Hochi 
Seh.  6  A.  von  Kotzebue.  —  Der  Taubstumme,  Seh.  6  A.  von  Kotiek 

—  Der  üeberfall,  Seh.  2  A.  —  Der  Wirrwarr,  L.  6  A.  von  Kotiel 

—  (Zusammen:  5  Schauspiele  und  7  Lustspiele.) 

1802:  Das  Gomplot,  L.  4  A.  von  Lippert.  —  Es  ist  die  nt 
nicht,  L.  2  A^  von  Rochlitz.  —  Ein  Haus  zu  verkaufen,  L.  2 
von  Frau  v.  Weissenthum.  —  Die  Familie  Lonau,  L.  6  A.  * 
Iffland.  —  Johanna  d^Arc,  Tr.  von  Schiller  (Man.  60  TUr.).' 

'  Besetzung:  Karl  VII.  —  Opitz.  Isabella  —  Mad.  Sehim 
Sorel  —  Mad.  Reinhard.  Philipp  von  Burgund  —  Herr  HiiM 
Dunois  —  Schirmer.  La  Hire  —  Möller.  Du  Ghatel  —  Somneild 
Der  Seneschall  von  Rbeims  —  Ilenke.  Chatillon  —  Böseobfi 
Raoul  —  Zucker.  Talbot  —  Ochsenheimer.  Lionel  —  Dw*^ 
Thibaud  —  Christ.  Margot  —  M"«  Koch.  Louison  —  Mad.  Ocki^ 
heimer.    Johanna  —  M^e  Garten.' 


—    335    — 

Xmdliche  Liebe,  Seh.  6  A.  von  Frau  y.  Weissenthorn.  —  Die 
deatschen  Kleinstädter,  L.  4  A.  von  Eotzebue.  —  Die  Martins- 
giose,  L  1  A.  von  Hagemann.  —  Pflicht  und  Liebe,  Seh.  5  A.  von 
Vogel.  —  Repressalien,  Seh.  4  A.  von  Ziegler.  —  Tarandot,  tragik. 
Mircken  von  Schiller  (60  Thlr.).  ~  (Zusammen:  1  Trauerspiel,  8  Schau- 
spiele ond  6  Lustspiele.) 

180S:  Cerrantes  Portrait,  L.  3  A.  —  Der  Puls,  L.  2  A.  von 
Bibo.  —  Die  deutsche  Familie,  Seh.  6  A.  von  Schmidt.  —  Eduard 
is  Sehottland,  Seh.  8  A.  von  Eotzebue.  —  Die  Erben,  L.  4  A. 
'«n  Frau  v.  Weissenthum.  —  Chraf  Benjowsky,  Seh.  6  A.  von 
Kotsebae.  —  Der  Hahnenschlag,  Seh.  1  A.  von  Eotzebue.  —  Die 
flossiteD  vor  Naumburg,  Seh.  6  A.  von  Eotzebue.  —  Margot,  L. 
1 A.  von  Rambach.  —  Pagenstreiche,  L.  6  A.  von  Eotzebue.  —  Die 
Soldaten,  Seh.  6  A.  von  Arresto.  —  Unser  Fritz,  L.  —  Wallen- 
•*«in,  Tr.  6  A.  von  Schiller.*  —  (Zusammen:  1  Trauerspiel,  6 
Sckaiispiele  und  6  Lustspiele.) 

1804:  Angeführt,  L.  8  A.  nach  dem  Franz.  —  Der  beste  Wucher, 

^  8  A.  von    Delamotte.  —  Die  drei  (^efanffenen,  L.  6  A.  von 

Wo]£  _  j)ie  französischen  Eleinst&dter,  L.    5  A.  nach  Pieard,  von 

^^^'^ssbne.  —  Gegenlist,  L.  3  A.  nach  Duval,  von  Vogel.  —  Eeine 

^''^f^Uumng,  L.  4  A.  nach  dem  Franz.   —  List  über  List,  L.  3  A. 

"^  dem  Franz.  —  Maria  Stuart,   Tr.  5  A.  von  Schiller  (Man. 

^  Thlr.).«  —  Die  Nachtwandlerin,  L.  1  A.  —  Der  Perückenstock, 

^*  1  A.  —  Die  Revanche,  L.  2  A.  von  Roehlitz.  —  Scherz  und 

f^^  L.  1  A.  von  StolL  —  Die  Sparbüchse,  L.  1  A.  von  Eotzebue. 

^«  Stricknadeln,  Seh.  4  A.  von  Eotzebue  (Man.  60  Thlr.).  —  Der 

^^  Neife,  L.  1  A.  von  Eotzebue.  —  Tellmar  und  seine  Familie, 

2^  8  A.  von  Rüdiger.   —  Tancred,  Tr.  5  A.  nach  Voltaire,  von 

^^^the.  —  (Znsammen:  2  Trauerspiele,  3  Schauspiele  und  12  Lust- 

1806:  Der  Eorb,  Seh.  1  A.  von  Dilg.  —  Der  Geizige,  L.  6.  A.  von 
*>li^^  _  Hab'  ich  nicht  Recht?  L.  3  A.  von  Huth.  —  Herr 
*^%lingJL.  1  A.  von  Herklotz.  —  Die  Hausfreunde,  Seh.  6  A.  von 
*«l^nd.  —  Liebe  und  Freundschaft,  Seh.  4  A.   von  Lambrecht  — 

'  Wallenstein  —  Opitz.  Herzogin  —  Mad.  Bürger.  Thekla  — 
j*^  Hartwig.  Octavio  —  Christ.  Max  —  Schinner.  Rio  —  Ochsen- 
^^er.  Issolani  —  Henke.  Buttler  —  Haffner.  Gordon  —  Blumauer. 
^^stenberg  —  Sommerfeld.    Wrangel  —  Bösenberg. 

*  Besetzung  am  8  Nov.  1804.  Elisabeth  —  Mad.  Bürger. 
*  *Ha  Stuart  —  Mad.  Hartwig.  Leioester  —  Schirmer.  Shrewsbury 
^  fiaffher.  Burleigh  —  Ochsenheimer.  Paulet  —  Blumauer.  Eennedy 
"^   Mad.  Schirmer.    Melwil  —  Christ 


-     336    — 

Das  Missverständniss,  L.  i  A.  von  Frau  v.  Weissenthuni.  —  Der 
Neffe  auf  hohen  Schulen,  L.  1  A.  —  Die  neue  Gurli,  L.  1  A.  tob 
Mahlmann.  —  Die  Organe  des  Gehirns,  L.  3  A.  von  Kotieboe.  — - 
Die  Putzmacherin,  L.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Regulas,  Tr.  6  A.  tod 
Colün.  —  Strudelköpfchen,  L.   1  A.  nach  dem  Franz.  Ton  Tk  B«U- 

—  Die  stolze  Spröde,  L.  i  A.  nach  dem  Franz.  von  Lambre^  — ' 
Totila,  Seh.  5  A.  von  Frau  ▼.  Weissenthnm.  —  Die  Oeberraactogy 
L.  8  A.  von  Wieland.  —  Die  vergebliche  Reise,  L.  2  A.  nach  da^ 
Franz.—  Wilhelm  Teil,  Seh.  5  A.  von  Schiller.'  —  (Znsamm: 
1  Trauerspiel,  5  Schauspiele  und  12  Lustspiele.) 

1806:  Blinde  Liebe,  L.  8  A.  von  Eotzebue  (Man.  60  Thlr.).  - — 
Die  Brandschatzung,  L.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Die  Braut  t<»0 
Messina,  Tr.  4  A.  von  Schiller.'  —  Bianca  von  Toredo,  I>r- 
6  A.  von  Th.  Hell.  —  Der  Empfindliche,  L.  1  A.  von  Lamhrecht  — 
Fridolin,  Seh.  5  A.  von  Holbein.  —  Geisterscenen,  Ll  4  A.  von 
Th.  Hell.  —  Mathilde  von  Ortheim,  Seh.  5  A.  von  MonveL  — 
Nur  er  will  sprechen,  L.  1  A.  von  Th.  Hell.  —  Der  Ohein,  L.  4 
A.  von  Iffland.  —  Pauline,  Seh.  3  A.  von  Schildbach.  —  PhidrSi 
Tr.  5  A.  nach  RaCine,  von  Schiller.  —  Reue  und  Yersöhnong,  Scb» 
3  A.  von  Frau  v.  Weissenthum.  —  So  geht's,  L.  1  A.  von  BocUits. 

—  Strandrecht,  Seh.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Die  Theaterprobe,  1* 
1  A.  von  Saldo w.  —  Das  verlorene  Kind,  Seh.  1  A.  von  Kolseb«i«> 

—  Die  Verläumder,  Seh.  5  A.  von  Kotzebue.  —  Die  Wette,  L.  t  A. 

—  (Zusammen:  2  Trauerspiele,  8  Schauspiele  und  9  Lustspiele.) 

1807:  Adelheid  von  Burgau,  Seh.   4  A.  von  Frau  v.  WeiiMB* 
thurn.  —  Angeliea,  Dr.  5  A.  von  Winkler.  —  Der  Beml^  L,  ^  ^ 
von  Th.  Hell  —  Die   Erbschaft,  Seh.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Vü» 
Gelübde,  L.   2  A.  von  Th.  Hell  —  Das  Gartenhaus,  L.  4  A.  tob 
Sehemenauer.  —  Ida  Münster,  Seh.   5  A.  nach  Delamotte.  —  Du 
Morgenständehen,  L.  1  A,  von  Kind.  —  Der  Machtsprach,  TV.  5  ^' 
von  Ziegler.  —  Die  Prüfung  der  Treue,  L.  3  A.  von  Lafontaine.  ^ 
Die  Kadicaleur,  L.   3  A.  von  Frau  v.  Weissenthum.  —  Die  üb»«'' 
mahlte,  L.  3  A.  von  Wieland.  —  Der  Vergleich,  L.  2  A.  von  Streck" 

•  Am  18.  November  1805.  Besetzung:  Gessler  —  Ochsenhciiißf- 
Werner  —  Christ.  Rudenz  —  Drewit^s.  Stauifacher  —  Haft^- 
Arnold  —  Schirmer.  Teil  —  Opitz.  Parricida  —  Schröder.  Berth»-^ 
M"e  Christ.  Anngart  —  Mad.  Bürger.  Gertrud  —  Mad.  Schime^- 
Gessler'sche  Reissige  —  Herr  Henke,  Herr  Thering. 

>  Am  24.  Februar  1806.    Isabclla  —  Mad.  Bürger.    Don  M»n*^^ 

—  Lenibert.  Cesar  —  Opitz.  Beatriee  —  Hartwig.  Ciyetin  — 
Blumauer,  Haffiier,  Oirhscnbeimer.  Bobemund  —  ScbrOder,  Dre*i*^ 
Bösenberg. 


—    337    - 

foM.  —  Virginia,  Tr.  5  A.  von  Soden.  —  Der  Wald  bei  Hermann* 
ctidt,  SdL  4  A.  Ton  Fran  t.  Weissenthum.  —  (Zusammen :  2  Trater- 
ipiele^  I  Schauspiele  and  8  Lustspiele.)* 

1806:  Antonie,  Seh.  8  A.  von  6.  Sommer.  —  Der  Botaiiiker, 
L  I  1.  Ton  Sonnenleitner.  —  Der  Braatschmuck,  Seh.  5  A.  von 
Holbein.  —  Die  Neugierigen,  L.  8  A.  von  Schmidt.  —  Das  liebe 
IMehen,  dram.  Idylle  von  Kotzebue.  —  Die  erste  Liebe,  L.  8  A.  von 
fnuBL  T.  Weissenthum.  —  Der  Eisgang,  Seh.  2  A.  von  Richter. 
—  Die  Journalisten,  L.  1  A.  von  Schütze.  —  Das  Intermezzo,  L. 
^  A.  TOD  Kotzebue.  —  Die  Kleinigkeiten,  L.  1  A.  von  Steigentesch. 
^  Der  Leineweber,  Seh.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Der  neue  Proteus, 
li»  4  A.  von  Linden.  —  Die  Postkutsche  zu  Bocksdorf,  L.  6  A.  von 
Beinhold.  —  Das  Räthsel,  L.  1  A.  von  Gontessa.  —  Der  Schein 
i^trflgt,  L.  1  A.  von  Steigentesch.  —  Das  Testament  des  Onkels, 
^'k.  S  A.  von  Römer. — (Zusammen:  6  Schauspiele  und  10  Lustspiele.) 
1809:  Ariodante,  Tr.  6  A.  von  Laube»  —  Arete,  Seh.  6  A.  von 
I'^Bbert  —  Die  Bundesgenossen,  L.  4  A.  von  Linden.  —  Die  Be- 
i^irBimg  von  Smolensk,  Seh.  4  A.  von  Frau  v.  Weissenthum.  — 
^  Briefwechsel  durch  die  Luft,  L.  3  A.  von  Steigentesch.  —  Die 
^^idan  Grenadiere,  L.  8  A.  aus  dem  Franz.  ~  Der  rechte  Arzt, 
^  4  A.  von  Schmidt.  —  Die  Entdeckung-  der  neuen  Welt,  L.  1  A. 
y<Mi  Klingemann.  —  Der  ersto  April,  L.  3  A.  von  Gerlach.  —  Die 
jongen  Ehestandsfeinde,  L.  1  A.  von  Frau  v.  Weissenthum.  —  Das 
^'^Ddhaus  an  der  Heerstrasse,  P.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Der  Lohn 
^  BankSarkeit,  Seh.  1  A.  von  Lambreeht  —  Lasarilla,  Seh.  5  A. 
'^  Kotzebue.  —  Nadir  Amida,  Tr.  6  A.  von  Siegfried.  —  Der 
^Ahaman,  L.  l  A.  von  Gontessa.  —  Der  verbannte  Amor,  L.  4  A. 
^  KoUebue.  —  Das  Wiedersehen,  Seh.  1  A.  von  Holbein.  —  Die 
^^^atrenten,  L.  1  A.  von  Kotzebue.  —  (Zusammen:  2  Trauerspiele, 
^  Schauspiele  und  U  Lustspiele.) 

1810:  Blind  geladen,  L.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Golumbus,  Seh. 
*  A.  von  Klingemann.  —  Die  Ehestandscandidaten,  L.  2  A.  von 
^^rotamtnn.  —  GusUv  in  Dalekarlien,  Seh.  6  A.  nach  dem  Franz. 
^  CutellL  —  Die  Grossmama,  L.  4  A.  von  Ziegler.  —  Der  haus- 
te Zwist,  L.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Der  Habsüchtige,  L.  8  A. 
^  Sommer.  —  Hass  den  Frauen!  L.  1  A.  nach  dem  Franz.  — 
^  Jawort,  L.  5  A.  von  Walter.  —  Der  kurze  Roman,  L.  1  A.  von 

*  In  diesem  Jahre  gab  während  der  Anwesenheit  des  Kaisers 
^^Poleon  eine  französische  Schauspielergeselisehaft  aus  Warschau 
•'•>  Opemvorstellungen  in  französischer  Sprache:  La  maison  k  vendre 
»oo  d'Alayrae,  Les  amans  proth^s  von  Patrat  und  Ma  tante  Aurore 


—    338    — 

Hasgaureck.  —  Der  leichtsinnige  Lflgner,  L.  3  A.  tob  Sohittdt.  - 
Die  Lotterielisten,  L.  2  A.  tob  F«ro.  —  Der  lieidftndifche  TlioUVi 
L.  3  A.  nach  Dnval.  —  List  and  Liebe,  L.  3  A.  nack  dea  ta^ 
▼on  Lembert  —  Der  rechte  Mann,  L.  3  A.  Ton  Linden.  —  Bote 
Pumpernickel,  musik.  Quodlibet  von  Stegmayer.  -*-  Der  Schinipiikf 
wider  Willen,  L.  1  A.  von  Eotzebue.  —  Sorgen  ohne  Notk  und  Rill 
ohne  Sorgen,  L.  5  A.  Yon  Eotsebue.  —  Die  Scheinehre,  L.  1  A. 
▼on  Sonnenleitner.  —  ünyerhofft  kommt  oft,  L.  6  A.  tob  Steiitef 

—  Zuleima,  Tr.  4  A.  von  Voltaire,  übersetst  yon  Hu  HelL  —  Dm 
zugemauerte  Fenäter,  L.  1  A.  von  Kotaebue.  —  (ZuMumm:  1  Tnaer 
Bpiel,  2  Schauspiele  und  18  Lustspiele.) 

1811 :  BQrgerstols,  Fam.-Oem.  4  A.  von  Peter  Blau.  —  Die  Be- 
lagerung Yon  Saragossa,  L.  4  A.  von  Kotieboe.  —  Der  Biief  ni 
Gadiz,  Seh.  3  A.  von  Eotzebue.  —  Er  geht  in  die  Falle,  L  li. 

—  Das  Gespenst,  Seh.  4  A.  Ton  Eotzebue.  *-  Genieatreidi  ftr  €mi^ 
streich,  L.  1  A.  von  Bedcer.  —  Johanna  Yasmer,  Tr.  ft  A.  fos 
Sehmid.  —  Irza,  Seh.  3  A.  n.  d.  Franz.  —  Die  Missventlidsiwt^ 
L.  1  A.  von  Steigentesch.  —  Max  Helfenstein,  L.  9  A.  von  KolMtaa 

—  Das  Nachspiel,  L.  1  A.  von  Frau  v.  Weissenthum.  —  Der  KacM- 
wftchter,  Intermezzo  1  A.  von  Bfirde.  —  Pachter  Feldkflmaiel,  M- 
nachtspiel  6  A.  von  Eotzebue.  —  Die  Prüfung,  L.  von  Steigeatuck 
— -  Papa  und  sein  Söhnchen ,  P.  3  A.  von  Lembert  —  So  sind  ik 
gewesen.  —  So  waren  sie.  —  So  sind  sie,  8  L.  jedee  in  1  A.  - 
Sie  sind  zu  Hause,  L.  1  A.  von  Reinhold.  ^  TVennung  and  VMtt 
sehen,  Seh.  6  A.  —  Die  ungleichen  Brüder,  L.  3  A.  von  ScWä 

—  (Zusammen:  1  Trauerspiel,  5  Schauspiele  und  16  Lustspiele.) 

1812:  Der  arme  Poet,  L.  1  A.  ron  Eotzebue.  —  Die  Bnitf 
L.  1  A.  von  Eömer.   —  Bela's  Flucht,   Seh.  2  A.  von  Eoliehee^ 

—  Deutsche  Treue,  Seh.  6  A.  von  Elingemann.  —  Dichter  w^ 
Schauspieler,  L.  3  A.  von  Lembert.  —  Der  Hungertkurm,  Seh.  t  A 
von  Gleich.  —  Johann  von  Calais,  Seh.  6  A.  von  Haselsteiser. " 
Die  Masken,  Seh.  1  A.  von  Eotzebue.  —  Neue  Frauenscholei  h* 
2  A.  nach  dem  Franz.  von  Eotzubue.  —  Der  Orangenbaum,  L  1  A. 
von  Eind.  —  Pedro  der  Gerechte,  Seh.  4  A.  von  Stegmayer.  — 
Pumpemickel's  Hochzeitstag,  musik.  Quodlibet  von  Stegmayer.  -^ 
Preciosa,  Seh.  6  A.  von  Wolf.  —  Ränke  und  Schw&nke,  L.  8  A  vo» 
Lembert.  —  Sehein  und  Wirklichkeit,  L.  4  A.  von  Stegmayer.— 
Der  Trauringt  Beb.  3  A.  von  Lembert.  —  Das  Wechselrecht,  !>• 
6  Ai  von  Fero.  —  (Zusammen:  8  Schauspiele  und  9  Lustspiele.) 

1813:  Attila,  Dr.  ö  A.  —  Alfonso  der  Grosse,  Seh.  SA.»"« 
Elingemann.— Die  beiden  kleinen  Auvergnaten,  Seh  1 A.  von  Eotsaini^ 

—  Die  Brautkrone,  Seh.  6  A.  von  Cuuo.  —  Die  BildsAule  Pe*«''* 
des  Grossen,  Seh.  1  A.  —  Elise  von  Valberg,  Seh.  6  A.  von  Ifk»^ 


—    339    — 

—  Ein  Tag  ans  dem  Jugendleben  Heinrich  Y.,  L.  3  A.  nach  dem 
Fnu.  TOD  TL  Hell.  —  Getheiltes  Herz,  L.  1  A.  f  on  Eotzebne.  — 
Der  grflne  Domino,  L.  1  A.  Ton  Th.  Körner.  —  Gleiches  mit  Gleichem, 
L  6  A.  TOD  YogeL  —  Iphigenia  in  Aulis,  Tr.  6  A.  Lewezow.  —  Mar- 
gueüie  Ton  Thüringen,  Seh.  6  A.  —  Radegonde  Ton  Thüringen, 
Tr.  I A.  —  Rodrigo  nnd  Chimene,  Tr.  5  A.  von  Klingemann.  —  Die 
SoNa  ies  Herrn  von  Malesherbes,  Seh.  1  A.  Ton  Kotzebne.  —  Der 
Bnaie  in  Deutschland,  Seh.  4  A.  von  Kotzebue.  —  Mahomed  H., 
Tr.  6  A.  Ton  Th.  Hell.  —  übaldo,  Tr.  6  A.  von  Kotzebue.  —  Will 
Koiiand  Schauspieler  werden?  L.  3  A.  von  Wieland.  —  (Zusammen: 
&  Tnnerspiele,  9  Schauspiele  und  5  Lustspiele.) 

A«ch  bei  dietem  Verzeiehnise  tritt  kein  zu  grosses 
IGsBverhftltniss  zwischen  ernsten  nnd  heiteren  Stücken 
krror.  In  einzelnen  Jahren  haben  erstere  sogar  die 
UdierzaU.  Nur  ist  anf  Seiten  der  ernsten  Stücke 
tei  ichwächlieberen  Schauspiel  vor  dem  Trauspiele 
walauB  der  Vorzug  gegeben.  Im  Ganzen  wurden  von 
17tt— 1813  33  Trauerspiele  und  156  Schauspiele  gegen 
XB  Lustspiele  neu  zur  Aufführung  gebracht,  wobei  zu 
Wtfleksichtigen  ist,  dass  unter  den  Lustspielen  ungleich 
Beb  1  und  2 actige  Stücke,  als  unter  den  ernsten 
Sfiekn  vorkommen.  Die  Mittelmässigkeit  ist  freilich 
^er  mehr  ak  billig  vertreten.  Eine  grosse  Zahl 
^Kser  Darbietungen  hat  Schauspieler  der  Dresdner  Btthne 
^  DOettanten  zu  Verfassern.  Kotzebue  und  Iffland 
^ren  vor  allen  Anderen  begünstigt  Sie  sind  als  die 
<%^diche  Seele,  als  die  Herren  dieses  Repertoires 
^  betrachten.  Wie  Reinecke  lehnte  auch  Opitz  noch 
^^^^  beharrlich  das  Versdrama  ab.  Der  Aufnahme 
^ehiller'g  konnte  man  sich  freilich  nicht  anf  die  Dauer 
etlichen.  Die  Schlegerschen  Uebersetzungen  Shake- 
*P^tre'scher  Dramen  finden  wir  dagegen  gar  nicht  ver- 
^^;  ebensowenig  Klinger,  obschon  er  der  Gesellschaft 
^he  stand,  noch  üeinrich  von  Kleist,  welcher  doch  einige 
^it  (1808  und  9)  in  Dresden  gelebt,  hier  sein  Käthchen 
»^^chtet  und  eine  Zeitschrift  (Phübus)  herausgegeben 
^\  noch  Zacharias  Werner,  der  damals  schon  Aufsehen 


—    340    — 

erregte.    Goethe  ist  nur  mit  einer  einzigen  Moyit&t  ver- 
treten y  Jünger  dagegen  mit  16;  Fran  von  Weissenthnn 
(von  1800  an)  mit  14;  Theodor  Hell  (von  1805  an)  schon 
mit  9;  Iflfland  mit  25;  Eotzebne  mit  79.    Von  442  Novi- 
täten  gehören  Iffland   nnd  Eotzebne   allein    104  Stflcke 
oder  23  %    an.  —  Dieses  Verhältniss   wird   anch  nicht 
günstiger;  wenn  wir  die  Zahl  der  einzelnen  VoTStellangat 
dieses  Zeitraums   in   Betracht  ziehen.    Gegen  753  Vor- 
stellungen von  Lustspielen  finden  wir  134  Vorstellungen 
von  Trauerspielen;  718  Vorstellungen  von   Schanspideo 
verzeichnet.    Die  Bevorzugung  Iffland's  nnd  Kotzebne's 
springt  hier  noch  mehr  in  die  Augen.    Von  1471  Vor* 
Stellungen  gehören  nämlich  Iffland  allein  143  (also  ca. 
10%),  Kotzebne  aber  334  (also  ca.  2.2Vs%)  an.    Beide 
repräsentiren   mithin   nahezu    V«    ^^^^  sämmtlichen  Yo^ 
Stellungen    eines    Zeitraums    von    24    Jahren:    während 
innerhalb   dieser  Zeit   nur   6  Vorstellungen   auf  Ooetlie 
(3  auf  GlavigO;  1  auf  die  Geschwister  nnd  2  auf  Tancred); 
6  auf  Lessing  (1  auf  Minna  von  Barnhelm;  5  auf  Emilit 
Galotti);  46  auf  Schiller  (4  auf  Don  GarloS;  4  auf  Fieseo, 
4  auf  Kabale  nnd  Liebe,  10  auf  die  Jungfrau  von  OrleaiUy 
6  auf  Maria  Stuart;  4  auf  die  Braut  von  Messina;  5  uf 
Wallenstein  ;>  2  auf  Teil;  3  auf  Phädra,  3  anf  Macbeth; 
1  auf  Turandot)  kommen.    (Alle  diese  Zahlen  beruhen  tif 
den  Angaben  Seconda's.) 

Wie  gross  aber  anch  die  Abneigung  des  Hofs  gegen 
die  Tragödie  und  das  ideale  Drama  gewesen  sein  möchte; 
so  scheint  doch  die  Vorstellung  davon  nnd  das  danof 
gegründete  Vorurtheil  noch  grösser  gewesen  zu  sein. 
So  muss  z.  B.  Körner;  der  an  Schiller  über  einige  Aen- 
derungen  in  der  Jungfrau  von  Orleans  berichtet  hatte, 
nachträglich  bekennen;  dass  er  im  Irrthum  gewesen  sei, 
als   er   glaubte,    dieselben   seien    wegen    der   Prinzessin 

*  Walleiistein  gab  man  in  einer  Ziisammenziehang  des  letiteo 
Tlieils  der  Piocolomini  mit  Wallenstein's  Tod. 


-    341    — 

Aoguite  gemacht  worden.    ^Uebrigens  —  setzt  er  hinzu 
—  kam  Racknitz   den  andern   Tag   und   rühmte   sehr, 
wie  d«8  Stttck  den  hohen  Herrschaften  gefallen.  Er  sprach 
Ngtr  Ton  Anffitbrnng  der  Maria  Stuart,  die  ich  ihm  ganz 
widemeth.^  Auch  hier  hatte  Kömer  aber  vorschnell  ge- 
vtheilL    Die  Maria  Stuart  wurde  gleichwohl,  wennschon 
^as  später,  mit  Beifall  gegeben.   Daher  auch  des  Kur- 
Anten  Aeosserung   ttber  die  Jungfrau  von  Orleans:   ^es 
bitte  noch  kein  Stttck  une  Sensation  aussi  profonde  auf 
ihn  gemacht^,  Körner  so   sehr  in  Verwunderang  setzen 
Boaste.    „Selbst  die  Hofdamen  —  muss  er  gestehen  — 
<ind  ganz  verliebt  in  die  Jungfrau.^  —  Allerdings  machte 
flum  dagegen  bei  Annahme  der  Turandot  grosse  Seh  wie- 
ngkeiten.   Gtanz  so  schlimm,  wie  Körner  sich,  den  Wider- 
stand dachte,  war  aber  derselbe  auch  hier  nicht,  und  die 
^Ängstlichkeit  von  Racknitz  und  Opitz  war  wohl  noch 
Srtaer,  als  nöthig.    Dabei  überwogen  die  Sparsamkeits- 
fttekflichten,  von  denen  Kömer  bemerkt,  ^dass  sie  unter 
den  hiesigen  Rttcksichten  noch  die  vemünftigsten  seien^. 
Turandot  wurde,  um  Decorationen  nnd  Gostttme  zu 
*tMtreo,  zu  einer  Prinzessin  von  Schiras  gemacht,  und  die 
^ken  mussten,   doch  nur  aus  Rücksicht  für  die  Dar- 
*^ner,  fallen  9   welche   hierin   die    Concurrenz   mit   den 
'Wienern  nicht  aufnehmen  wollten. 

Allerdings  scheint  die  Thatsache,  dass  die  Seconda- 

^^t  Gesellschaft   die  Schiller'schen   Stücke   in  Leipzig 

^cist  früher   als   in  Dresden   gab,  und   dort  überhaupt 

^^rschiedene  Dramen  zur  AuffÜhrang  brachte,  die  wir  in 

I>re8den  vermissen,   gegen  die  von  mir  hier   vertretene 

Aoffiggung  zu  sprechen;  indessen  beweist  es  noch  nicht, 

^^^   diese   Stücke   in   Leipzig,   wo    man  entschiedener 

^^  dem  Geschmacke  und  den  Fordemngen  des  Publicums 

^  rechnen  hatte,  nicht  zum  Theil  von  Opitz  nur  noth- 

S^mngen  gegeben  wurden,   oder  dass  die  Ablehnung 

^^i^Belben  in  Dresden   immer  ganz   in   den  Forderungen 

^^^  Wünschen  des  Hofes  lag.    Waram  auch  hätte  man 


—    342    — 

8on8t  nachträglich  noch  fast  alle  Schilier'schen  Stllcke, 
mit  Ansnahme  von  Wallenstein's  Lager,  im  Dretdfiff 
Hoftheater  gegeben? 

Auch  mögen  in  Leipzig,  wo  man  in  einer  angttnstigcni 
Jahreszeit  spielte  und  daher  immer  neuer  Anuefamp- 
mittel  bedurfte,  die  vielen  hierselbst  stattfindenden  Ont- 
spiele  zur  Aufnahme  mancher  Novitäten  geftthrt  habca 
In  Dresden  waren  damals  Gastspiele  verhttitnisamiflv 
selten.  So  begegnen  wir  hier  erst  1805  einem  längeni 
Gastspiele  Ififland's.^ 

Die  geringen  Veränderungen  in  der  Zasammensetrai; 
der  Mitglieder  der  Seconda'schen  Gesellschaft  mögen  nieU 
wenig  dazu  beigetragen  haben,  dass  die  hier  herrscbesde 
Spielweise  einen  traditionellen  Charakter  bekam  joi 
mehr  und  mehr  in  Verflachuug  gerieth,  womit  tuek 
zusammenhing,  dass  die  Darsteller  zu  lange  in  ihres 
ursprünglichen  Rollenftlchern  blieben.  Opitz,  welcher 
schon  1790  nicht  das  als  Hamlet  war,  was  früher  Bdft- 
ecke  gewesen,  konnte  es  1806  natürlich  noch  um  Vieles 
weniger  sein.  Die  Klage  über  den  Mangel  an  jugend- 
lichen Darstellern  und  Darstellerinnen  ftlr  die  jugesd- 
lieberen  Fächer  war  in  den  damaligen  Besprechungen 
der  Gesellschaft  eine  immer  wiederkehrende.  Zn  Ganstei 
der  alt  gewordenen  Darsteller  wurden  wohl  auch  die  nei 
zu  besetzenden  Fächer  immer  schwächer  besetzt.  Es  fehlte 
daher  nicht  au  Klagen  über  den  Rückgang  der  Second»- 
schen  Gesellschaft  ^  wie  über  den  Verfall  des  deutschen 
Theaters  im  Allgemeinen.  Das  erstere  findet  in  einem 
Referate  der  Zeitung   ttir  die  elegante  Welt  vom  Jthre 

'  £s  begann  am  11.  Februar  and  er  trat  dabei  auf  alsLangiiI> 
im  Wirrwarr,  als  Abbä  de  TEp^e  im  Taabstommen,  als  Baroi 
Ilening  in  den  Erben  der  Weissenthurn ,  als  Wemau  im  Pols  ^ 
Babo,  als  Treumund  in  der  seltsamen  Probe  von  Dalberg,  als  Stnn 
in  beschämte  Eifersucht  von  Frau  v.  Weissenthurn,  als  ßerghei» 
im  Gutherzigen  von  Florian  und  als  Lorenz  Stark  in  der  denfsche» 
Familie  nach  Engel  von  Schmidt. 


—    348    — 

1^  entocUedeiieii  Aosdnick,  in  welchem   wir  lesen: 
vS^oonda  ist  ein  trefflicher  Mann.    Nnr  ist  ihm  die  Ein- 
übt iH  wünschen,  dass  die  artistische  Leitung  der  Oe- 
^Usehaft   anderen   Händen  anvertraut  werden   möchte^ 
^^im  sie   nicht  in   ein   trauriges  Invalidenwesen ,  sich 
^\h$i  und  dem  Pnbliciim   zmn  Verdmss  immer  titfer 
^hen  soll.^    Das  letztere   tritt   am   bedeutsamsten   ans 
^itkem  Aufsatze  von  August  Mahlmann,  „Vorschläge  zur 
^^porbringung  des  deutschen  Theaters^   hervor:   „Das 
^^Htsche  Theater  (heisst  es  darin)  hat  nie  eine  bedeutende 
Q^he  erreicht  gehabt  und  ist  jetzt  unverkennbar  in  einem 
kläglichen  Zustande.    Die  Ursachen  dieses  Verfalls  liegen 
^^  den  Verhältnissen   des  Staats   zum  Theater,   in  den 
^^hlerhaften   Einrichtungen    der   Gesellschaften,   in    der 
Mangelhaften  Bildung  der  Schauspieler  und  der  schlechten 
t^elohnung  der  Dichter," 

Diejenigen,  welche  sich  gegen  den  Verfall  des 
llieaters  in  unserer  Zeit  gern  verschliessen  möchten, 
leisen  auf  diese  und  ähnliche  Auslassungen  hin,  um  den 
Tmgschluss  daraus  zu  ziehen:  die  Klagen  über  Verfall 
der  Schauspielkuni^t  seien  eben  so  alt,  als  diese  selbst, 
daher  auch  ein  früherer  besserer  Zustand  derselben  eben- 
sowenig jemals  gewesen  sein  werde,  als  ein  späteres 
Sinken.  Man  kann  sich  jedoch  in  keine  gefährlichere 
Täuschung  hineinreden.  Die  Schauspielkunst  müsste 
die  einzige  Erscheinung  im  Leben  der  Völker  sein,  welche 
derartigen  Schwankungen  nicht  unterworfen  wäre.  BlUthe- 
zeiten  und  Zeiten  des  Verfalls  wiederholen  sich  und 
wechseln  mit  einander  auf  allen  Gebieten  der  Kunst. 
Keine  Kunst  aber  ist  durch  die  Unmittelbarkeit  des  Bei- 
falls, der  ihren  Leistungen  gezollt  wird,  so  in  Gefahr 
wie  die  Schauspielkunst,  sich  in  die  Extreme  der  aller 
Kunstttbung  innewohnenden  beiden  Momente,  des  rea- 
listischen und  des  idealistischen,  d.  i.  sich  in  flachen,  über- 
treibenden Formalismus  oder  in  Naturalismus  zu  verlieren. 
Die  Rückkehr  zur  Naturwahrheit  in   den  Darstellungen 


—    344    — 

eines  Ackermann,  Eckhof,  Schröder  war  nm  so  mehr  all 
ein  Fortschritt  gegen  den  ganz  hohl  nnd  traditionell 
gewordenen  Idealismus  der  französischen  DarsteUmgi- 
weise  zu  begrilssen,  als  diese  Schaospieler  die  Verbindiaip 
mit  der  Schönheit  der  Form  dabei  keineswegs  aufgegeben 
hatten.  Der  Abfall  von  ihnen  zn  Opitz  nnd  seiner  Sehale 
lässt  sich  am  besten  daraus  erkennen,  dass  jene  sich  in 
der  Beobachtung  der  Natur  unmittelbar  selbst  sowie  in 
den  Werken  eines  Moli6re,  eines  Lessing,  eines  Sbike 
speare  bildeten  und  schulten,  diese  aber  in  IflTland  nnd 
Eotzebue  ihre  Ideale  erblickten,  welche  weit  weniger 
der  Natur  und  dem  Leben  den  Spiegel  Torbielten,  all 
auf  die  Wirkungen  der  sogenannten  Natttrlicbkeit  speci- 
lirten ,  diese  daher  mehr  und  mehr  übertrieben  und  die 
Erscheinungsformen  derselben  nicht  selten  losgelöst  ?on 
ihren  Motiven  behandelten. 

Die  Widersprüche,  welchen  wir  in  den  Beurtbeilongen  • 
der  Seconda'schen  Gesellschaft ,  sowie  in  denen  der 
schauspielerischen  Leistungen  der  Zeit  begegnen,  lasflen 
sich  theils  aus  der  Verschiedenheit  dps  kritischen  Stand- 
punktes erklären,  weichet  hier  auf  Naturwahrheit,  wenn 
es  auch  nur  eine  ganz  äusserliche  war,  dort  auf  stjl- 
volle  Behandlung  und  Herausbildung  künstlerischer  Dar- 
stellungsformen drang,  theils  aber  auch  daraus,  dass  die 
Darsteller,  wenngleich  selten  fähig ,  sich  zu  der  stTl- 
volleren  Behandlung  des  historischen  und  idealen  Dramas 
zu  erheben,  in  den  dem  gewöhnlichen  Leben  des  Tages 
entnommenen  bürgerlichen  Stücken  mitunter  höchst  Vor- 
zügliches leisteten. 

Wenn  wir  die  Darstellungen  der  Seconda'schen  Geßell- 
Schaft  im  bürgerlichen  Drama  meist  sehr  gelobt  finden, 
so  konnte  dagegen  Schiller  am  3.  Juli  1800  an  Kömer 
schreiben:  „Ich  kann  Euch  nicht  rathen,  die  Maria  ani 
dem  Theater  zu  Leipzig  vorstellen  zu  sehen,  weil  dif** 
Truppe  gar  zu  erbärmlich  sein  soll,  wie  mir  Goethe,  dir 


—    345    — 
Leipzig    war, 


DicLt 


wübrcnd    der  Messe 
Khreiben  kann." 

Küraer,  welcler  die  GeselUcIiaft  vertbcidigen  wollte, 
Tennochte  es  doch  nur  in  eingescLränktester  Weise. 
»Die  Leipziger  Gesellst- liafl  —  »clireibt  er  an  SeliilUr  — 
whciot  Goethe  docb  fast  zu  streng  zu  rit:bten:  Christ 
nnd  Ocliaenheimer,  auch  Bösenberg,  Sehinner  nnd  Opitz 
m  einigen  Rollen,  and  die  Hart^rig  und  Schmetka  sind 
Dicht  nhne  Talent.  U.ts8  oft  Misstöne  vorkumuien  und 
im  es  dem  ganzen  Spiele  an  lihytbnius  fehlt,  gelte 
icii  lu.  Vielleicht  ist  es  bei  der  Gesellschaft  in  Weimar 
Min  gebracht  worden,  dass  man  weniger  Störungen  zw 
l>nar^n  bat,  die  in  einem  solchen  Werke  (Maria  Stuart) 
'  n  peinlich  sein  milSBen.  Auch  begreife  ich,  wie 
die  Haltung  des  Ganzen  gewonnen  haben  muss, 
die  Gesellscbnft  von  Einem  Geiste  geKitet  wiü!. 
Die  Leipziger  Gesellschaft  dagegt-n  ist  in  einem  anarchi- 
*cLea  Zustande;  Jeder  spielt,  nie  es  ihm  gut  dllnkt. 
Abo  das  freie  Spiel  der  Einzelnen,  besonders  Chrisfs 
BiMlDeLscDheimer's,  giebt  mir  einen  eigmen  Genuss,  bei 
äeni  ich  manche  Fehler  llbcrsehe.^ 

Goethe  hatte  ohne  Zweifel  von  seinem  Standpunkte 
Über  die  Darstellangen  der  Seconda'scben  Gesell- 
besonders  in  Stücken  des  liöberen  Styls,  sehr 
1^  zu  nrtheilen.  Sah  er  doch  in  dem  letzten  Falle 
■*bt  fumohl  ein  von  dem  seinen  ^anz  abweichendes  Kiinst- 
pfineip,  als  vielmehr  nur  die  Karikatur  seines  eigenen, 
inÜe  alten  Schauspieler  —  erzählt  der  altere  Genast  — 
Wanten  im  Versdrama  durchaus  keine  Hiessende  Reei- 
'»tion  zu  Stande  bringen.  Die  langen  Sylben  dehnten 
<ie  BD  uDgebahrlich ,  dass  man  glaubte,  eine  Sagemühle 
*"  bfiren.  War  es  doch  sogar  anerkannten  Schauspielern, 
"ie  Opitz,  Reioecke,  Schirmer,  nicht  möglich,  eine  rhyth- 
"■••ch  geechriebene  Rolle  auswendig  zu  lernen,  diese 
"■Unten  immer  erst  in  Prosa  geschrieben  sein  und  hinter 
i^itm,  Vera  ein  dicker  Strich  gemacht  werden."      Noch 


-    346    — 

1817  fand  der  jttngere  Oenast  also  geschriebene  Rollfli- 
hefte  in  Dresden  vor.  —  Schiller,  welcher  die  Jnngfru 
Yon  Orleans  in  Leipzig  sah,  sprach  sich  in  einer  Cob- 
ferenz  sehr  missbilligend  über  die  Aafflihmng  ans.  Nit 
Ochsenheimer  als  Talbot  sei  recht  bray  in  der  Cbank- 
teristik  gewesen,  aber  selbst  dieser  hfttte  seine  Jambes 
grässlich  maltraitirt.  Den  auswärtigen  Theatern  gegen- 
über ftihle  er  sich  fast  veranlasst,  seine  Tragödien  in 
Prosa  umzuschreiben. 

Es  ist  gewiss  zu  bedauern,  dass  die  Weimar'sclte 
Reform  der  Schauspielkunst  allmählich  selbst  wieder  in 
eine  einseitige  Richtung  verfiel.  Wie  sehr  sie  aber  in 
ihrem  Entstehen  berechtigt  und  gefordert  war,  geht  ans 
dem  einmüthigen  Beifall  hervor,  welchen  das  Oestnunt- 
gastspiel  der  Weimar'schen  Hofschauspieler-Gesellschtit 
noch  1805  in  Leipzig  errang.  Wir  können  aus  einer  Bea^ 
theilung  Mahlmann's  entnehmen,  dass,  wie  dies  von  einen 
Dichter  wie  Goethe  überhaupt  nicht  wohl  anders  erwartet 
werden  konnte,  die  Welmar'sche  Schule  ursprttnglieb 
weit  entfernt  davon  war,  von  der  Naturwahrheit  abm- 
lenken,  da  sie  vielmehr  gerade  nach  dem  reinsten,  un- 
verfälschtesten, aber  dabei  freilich  auch  schönsten  nnd 
höchsten  Ausdrucke  derselben  strebte. 

So  heisst  es  hier  unter  Anderem:  „unter  den  Dar- 
stellungen, die  sie  uns  gegeben  haben,  haben  die  von 
Goethe  vorzüglich  gefallen,  und  man  kann  dreist  l)^ 
haupten,  kein  anderes  Theater  kann  diese  Stücke  im 
Ganzen  in  dieser  Vollendung  geben,  wenn^  auch  bd 
einigen  einzelne  Rollen  ebenso  gut  oder  vielleicht  besser 
besetzt  werden  könnten.  Denn  was  entzückt  an  GoetWi 
dramatischen  Arbeiten?  Das  Herz,  die  reine,  edle  Natnr, 
die  aus  jeder  Sylbe  spricht!  Goethe's  Dichtungen  sind 
frei  von  aller  Manier;  sie  mit  Manier  und  Affeetation  vor 
tragen,  heisst  ihren  Charakter  vernichten.  Frei,  gross, 
anspruchslos,  wie  der  Genius  sie  empfangen  hat,  wollen 
sie  wiedergegeben  sein;  nur  das  Herz  kann  aussprechen, 


-.    347    — 


was  dan  Htrz  gedichtet  hat,  kleine  KttnsteleieD  stören 
dm  §rros6en,  freien  Gang  der  Kunst,  die  Einfachheit 
ihrer  Wirkung,  nnd  welches  Theater  ist  von  herrschender 
Manier  nnd  kltnstlicher  AlTectation  bo  frei,  wie  dieeer  in 
sdnen  Arbeiten  ist?  Schwerlich  ein  anderes,  als  die  Gc- 
wUH«haf(,  die  er  pfleg:t  nnd  leitet;  und  man  darf  in  die- 
ser Rücksicht  wohl  sagten,  daBS  Goethe'a  Geist  anf  ihr 
mbt* 

Die  Gewohnheit  dcB  Extemporirens,  der  freien,  will- 
kltrlichen  Behandlung  der  Texte  bot  der  Anfnahme  der 
hedenlenderen  Dichtungen,  besonders  der  metrisch  behan- 
delten ,  groesc  Bindernisse  dar.  Genast  erzählt  uns  ein 
erj^Otztiches  Iteispiel  davon.  Der  talentvolle  Schauspieler 
Voha  sollte  in  Weimar  den  Macbeth  darstellen.  Es  zeigte 
«ich  in  der  Generalprobe,  liafls  er,  sich  auf  seine  Fertig- 
keit im  Extemporiren  verlassend,  nicht  gcnllgend  gelernt 
liAtte.  Goethe  war  ausser  sich  nnd  wollte  die  angekün- 
digte Vorstellung  absetzen.  Schiller  und  Genast  schlugen 
neli  ins  Mittel,  indem  sie  anf  die  Tüchtigkeit  des  empfind- 
lichen Darstellers  hinwiesen.  Macbeth  wnrde  gegeben, 
nnd  Vohß,  obschon  er  von  der  Improvisation  den  um- 
faBBCndsten  Gebrauch  machte,  riss  das  Publicum  hin. 
Xach  dem  zweiten  Acte  kam  Schiller  anf  die  Bühne  und 
Jragte  in  seinem  herzigen  Dialekt:  „Wo  ischt  der  Vohs?" 
Dieser  trat  ihm  mit  etwas  verlegener  Miene  und  gesenk- 
lem  Kopfe  entgegen ;  Schiller  umarmte  ihn  aber  und 
sagte:  „Nein,  V'ohs,  ich  muss  Ihnc  sage,  meischterhart, 
mtüehterbaft I  Aber  nun  ziehe  Sie  sich  znm  dritten 
Acte  nm.^  Dann  wandte  er  sich  mit  den  Worten  zu 
Gfnust;  „Sehe  Sie,  Genascht,  wir  habbe  Recht  gehabt. 
Er  hat  zwar  ganz  andere  Verseh  geschproche,  als  ich  sie 
^schriebe  hab,  aber  er  ischt  trefllich."  ^  Nur  wenige 
Darsteller  würden  sich  bei  solcher  Freiheit  in  so  glün- 
zeader  Weise  aus  der  Sache  zn  ziehen  vermocht,  kaum 
noch  ein  anderer  Dichter  dies  in  so  liebenswürdiger 
Weise  ftnfgen<Hnmen  haben. 


—    348    — 

Welch  wunderliche  Begriffe  man  damals  ttberhaspt 
hei  den  Theatern  von  dem  geistigen  Eigenthamsreckt 
hatte,  haben  wir  schon  oben  ans  den  Beschwerden  Schil- 
ler's  ersehen.  Folgende  Bittschrift,  welche  der  Componiit 
Gretry  im  Jahre  1807  an  die  Theater-  nnd  Mnsikdire^ 
toren  in  Deutschland  erliess,  bildet  dazn  ein  Pendant: 
^Mit  herzlichem  Danke  erkenne  ich  Ihre  Gfite  fflr  mieb 
nnd  freue  mich  jedes  Mal,  wenn  ich  höre,  dass  eine  mei- 
ner Opern  auch  auf  den  deutschen  Bühnen  erscheint 
Ich  schätze  den  Kunst-  und  Tonsinn  dieser  Nation  sehr 
hoch  und  fühle  mich  geehrt,  bei  ihr  eine  günstige  Auf- 
nahme gefunden  zu  haben.  Allein,  meine  werthgeschiti- 
testen  Herren,  dann  müssen  Sie  Ihren  Landsleuten  aneh 
wirklich  meine  Musik  und  nicht  die  anderer  Gompod- 
teurs  für  die  meinige  geben.  Ich  habe  nämlich  unlängst 
erfahren,  dass  man  auf  den  Theatern  von  W.,  B.  und  P. 
die  Oper  „Richard  Löwenherz"  mit  vieler  Pracht  und  vie- 
lem Fleisse  aufgeführt  hat;  jedoch  die  Directionen  thaten 
Unrecht,  mich  auf  dem  Zettel  zu  nennen,  da  doch  bd- 
nahe  die  Hälfte  der  darin  aufgeführten  Musik  nicht  Ton 
mir,  sondern  von  anderen  Meistern  war.  In  P.  wurden 
z.  B.  unlängst  in  dieser  Oper  nur  15  Musikstücke  Ton 
mir,  11  von  anderen  Musikern  aufgeführt." 

Das  Jahr  1813  sollte,  wie  Sachsen  überhaupt,  so 
auch  Dresden,  zum  Schauplatze  blutiger  Kämpfe  nnd 
Ereignisse  machen.  Schon  im  Februar  verliess  Friedrich 
August,  nachdem  er  eine  Regierungscommission  eingesetzt 
Iiatte,  seine  Residenz  und  sein  Land.  Am  22.  März  rück- 
ten die  Russen  in  die  Neustadt,  am  27.  in  die  Altstadt 
ein  —  die  Vorstellungen  des  königl.  Hoftheaters  wurden 
jedoch  nicht  unterbrochen.  Am  Tage  der  Ankunft  des 
Kaisers  von  Russland  und  des  Königs  von  Preussen,  am 
26.  April,  wurde  Lessing's  „Minna  von  Barnhelm  oder  Sol- 
datenglück" gegeben.  Dieses  Glück  sollte  sich  aber 
schon  am  2.  Mai  wieder  wenden.  Die  Schlacht  bei 
Lützen  machte  Napoleon  wieder  zum  Herrn  von  Sachsen. 


—    349    - 

Die  VerbüDdeten  mnssten  Dresden  yerlassen;  und  am 
12.  Msi  kehrte  Friedrich  Angnst  dahin  znrttck.  Schon 
von  dem  17.  Hai  an  wurden  die  Theaterzettel  der  Se- 
C0Ddsi.'8chen  Gesellschaft,  die  diesmal  erst  am  27.  Mai 
ihre  ATorstellnngen  in  Dresden  schloss,  in  deutscher  und 
franst^sischer  Sprache  gedruckt. 

^ach  dem  am  4.  Juni   abgeschlossenen  Waffenstill- 
stände nahm   Napoleon   seinen  Wohnsitz  im  Palais  des 
Grafen   Marcolini   (dem  jetzigen  Erankenhause).     Hier 
wurden  die  Unterhandlungen  gepflogen,  welche  Dresden 
eine    2eit  lang  zum  Mittelpunkte  des  allgemeinen  Inter- 
<Me«   und   des   höchsten  Glanzes^  machten.     Neben  der 
Joseph  Seconda'schen  Gesellschaft,   welche  gewöhnlich 
auf  dem  Theater  des  Lincke'schen  Bades  spielte,  diesmal 
aber   das  Hoftheater  zu  ihren  Vorstellungen  eingeräumt 
erhielt^  spielten  seit   Ende  Jimi   wöchentlich  einmal  die 
Schauspieler    des   Thöätre   fran^ais,   die   Napoleon   zum 
Tlieil  nach  Dresden   befohlen   hatte.     Letztere   spielten 
•her  noch  ttberdies  vor  dem  engeren  Hof  kreise  auf  einer 
^  der  Orangerie  des  Marcolini'schen  Palais  provisorisch 
f^chteten   Btthne,    auf   welcher    schon   vor  ihnen   die 
^enigche  Oper  drei  Vorstellungen  gegeben  hatte.    Die 
*Het8  zu  den  Vorstellungen  im  Hoftheater  wurden  gratia 
^'^'^h    den   kaiserlichen  Kammerherrn   Grafen   Turenne 
^^^^T   Mitwirkung   des   Directeur   des  plaisirs   vertheilt. 
*^^   Vorstellungen   wurden   mit   Tartuffe   von   Molifere 
j^'Öffnet.     Fleury   spielte   den   Tartuffe,   Dem.  Mars   die 
"^hter  Orgon's.    Am  1.  Juli  folgte  die  Phädra  mit  Mar- 
^«the  St.  Georges   in    der  Titelrolle,   am  8.  Juli   ,J^e 
^''^ier  de  S^ville^'  von  Beaumarchais,  in  welchem  Thö- 
"^d    als  Figaro  glänzte.     Am  23.  Juli  trat  Talma  zum 
ersten  Male   in  Dresden   als  Oedipe   und  später  in  Vol- 
r^^'B  Semiramis  auf.    Die  Vorstellungen  der  Franzosen 
^^erten   bis   in   die  Mitte  des  August  an  und  machten 
^Sonders   im   Lustspiel    ungewöhnliches  Aufsehen.     Die 
"^^ösischen  Schauspieler  erhielten  hierfür  von  Napoleon 


—    350    — 

ausser  dea  Reiaespesen  docIi  Gratificationeo  im  GesBiuml 
betrage  von  lU^öOO  Frcs.,'  sowie  30,000  Frca. 
ten  des  säcbsiscbeD  Königs. 

J.  Seconda  eetzte  seine  VorBteltDogen  im  Hoftbei 
auch  nacb  Aal  bruch  des  Heeres  und  nach  Ablnuf  d 
Waffenstillstaudes  (15.  August)  fort.  Während  der  ersten 
AafUlhruag  der  Gluck'Bchen  Iphigenia  (22.  Aug.)*  ver- 
kündeten TOD  den  Wällen  KaDonenBcbtlsse  den  Si^ 
Napoleon's  bei  Löwenberg.  Gleichzeitig  überbrachte  »b« 
auch  ein  Dragoner  die  Nachricht  Ton  der  Schlappe  der 
Franzosen  bei  GieashUbel.  Dresdfn  wurde  .hierdoreh  srnn 
AngrifFeobjecte  der  Verbündeten.  Uie  hier  stattfindenden 
blutigen  Seblachlen  unterbrachen  zwar  alle  VergDflgungen, 

doch  nahm  Seconda  die  Vorstellungen  schon  am  12.  Sept 

wieder  auf.  Am  7.  October  reiste  Friedrich  August  nac^n 
Leipzig.  Ad  Stelle  des  ihn  begleitenden  Vitztbam  voi^ 
Eckstädt  wurde  Inzwischen  der  Freiherr  von  Racknit^a 
mit  der  Direction  der  Theater  und  der  mnaikalische^E 
Kapelle  betraut.  Die  Schlacht  bei  Leipzig  Uberlieferfc:« 
das  Land  den  yerbUndeten  Siegern.  Mit  der  Verwaltn&^ 
desselben  bis  zur  Entscheidung  seines  endlichen  Schicke- 
sals  wurde  zunächst  Russland  beauftragt.  Nach  d.^» 
Capitulation  der  französischen  Besatzung  am  13.  Morli«: 
zogen  die  verbündeten  Truppen  am  17.  d.  Uta.  in  Dres- 
den ein.  Am  19.  verüessen  die  prinzlichen  HerrHcbafMa^ 
die  Residenz,    die  nun  der  Sitz  den  rnssiscben  Genen 


'  Sie  vertbeilten  sich  foleenilerrnnsscii :  Pesprez  äOOO  F 
St  Pris  flOOO  Frts.,  Talma  8000  Fri'S.,  M""  lieorges  9000  F 
Fleury  iO,000  Frcs.,  St  Fsl  6000  Frcs.,  Micliot  4000  Frc».,  B«p(l 
»d.  eooo  Frcs.,  Ann&tid  liOOO  Frcs.,  Thäiiard  HOOO  Fr««., 
iOOO  Frca.,  Miühalot  4000  FrcB.,  Barbier  3000  Frc*..  MH»  Thitn 
4000  Frcs.,  M'i«  Einilie  Coutat  flOOO  Frca.,  M"!»  MeieTnj  4000  Frs- 
M"»  Mars  10,000  Frcs-,  M"«  Bourüoing  6000  Frcs.  etc.  etc. 

'  Die   Besetguiig    war   folgende:    Iphigenin  —  Had.  Knaefi^ 
Orest  —  J.  Miller,  Fflades  —  Gerst&cker,  Thoaa  —  Pillai»,  D 
—  Med.  Neubof 


Had.  KnoBK^ 
Pill«i»,  Dttf^l 


—    851    — 

QooTernears,  Fürsten  yonRepmn  wurde,  der  am  9.  Dec. 
bier  eintraf. 

Schon  am  7.  d.  Mts.  hatte  Joseph  Seconda  seine 
Vonteilungen  in  Dresden  geschlossen,  nachdem  er  am 
2.  Decbr.  eine  Vorstellung  zum  Besten  der  sächsischen 
Uadwehr  gegeben  hatte.  Am  12.  wurde  das  Theater  von 
deses  Bruder  mit  dem  Kotsebue'schen  Schauspiel  „Der 
BMe  in  Deutschland^  wieder  eröfihet,  am  14.  Backnitz 
^^  Forsten  Bepnin  in  seiner  Stellung  als  Director 
der  Kapelle  und  der  Theater  bestätigt 


Die  Vorstellnngen  auf  dem  Theater  des  Linelie 
sehen  Bades  his  zur  Auflösung  der  Josq^ 

Seconda'sohen  GesellsohafL 


Es  ist  schon  vielfach  darauf  hlDgewiesen  worde 
dass  sich  neben  den  theatralischen  VorstellaDg^,  weid 
am  kurfttrstlichen  Hofe  in  Dresden  stattfanden  oder  i 
diesem  in  einer  directen  Beziehung  standen,  noch  ando 
Theaternntemehmungen  nebenherliefen.  Von  ihnen  ü 
in  dem  Zeitraum  von  1763 — 1817  die  wichtigsten  d& 
jenigen;  welche  auf  dem  Theater  des  Lincke'schea  Bade 
stattfanden,  sowohl  deshalb;  weil  sie  allmählich  unter  «d 
einen  geschlosseneren  Zusammenhang  gewannen;  tli 
weil  sie  in  einer  gewissen  Verbindung  mit  den  Vor- 
stellungen standen,  welche  von  da  ab  das  Königliehi 
Hoftheater  fttr  längere  Zeit  hier  geben  sollte. 

Nachdem  der  Theaterdirector  Fran^ois  MerschS 
im  Jahre  1774  die  Erlaubniss  erhalten  hatte,  mit  seine' 
aus  Kindern  bestehenden  Truppe  Vorstellungen  in  den 
vor  dem  ehemaligen  schwarzen  Thore  an  der  KöDigv 
brticker  Strasse  gelegenen  Gasthofe  zum  Schönbrnnn^ 
auch  Kammerdiener  genannt,  zu  geben ;  setzte  er  1772 
diese  Vorstellungen  mit  einer  aus  erwachsenen  Darstellen 
bestehenden  Gesellschaft  in  einer  auf  seine  Kosten  9M 
dem  Grundstücke  des  Lincke*schen,  vormals  Lehmann'schei 
Bades,  einem  beliebten  Vergnügungsorte  der  Dresdnei 
erbauten  Bude  fort.  Merschy,  welcher  1767  bei  de 
Seyler'schen  Truppe  in  Hamburg  engagirt  gewesen  un* 


I  Km  Lcgging  geeelien  und  in  Bedientenrollen  gelobt 
ten  war,   hatte  jedoch   hei   diesen  Unternehmnngen 
kein    (ilUck.      ÜeBto    luelir     reUasirte    «ein    Naclifolger : 
Friedrich  Simon  Koberwein,  welcher  mit  seinen  Vor- 
"•cliongeD  Bolchee  Anffichen    erregte,    dass   er  aogar   an 
den    Hol'  nnch   Pilloitz    entboten   wnrde.     Dieser   Erfolg 
wljeint  den    donialigeu  Besitaer   des  GrundetückB,   den 
^ccisrath  Lincke,  bestimmt  zn  haben,  mit  landesherrlicher 
G*nehmignng    ein    gut    eingerichtetes  Schauspielhane  zu 
erbauen.    Eb  war  dasselbe,  welches  noch  Vielen  von  uns 
aas     ^ea  VorstcUnngen    des  Königlichen  Iloftheaters   be- 
kannt worden  ist.     Die  Vorstellnngen   darin  worden  am 
22.  Mai  177G  von  der  Seyler'schen  GeBellsebaft.  an  welche 
Unclse  es  zonächst  verpachtet    hatte,    mit    einem   vom 
Hibljothekar  Dassdorl'  gedichteten  und  von  Mad,  Seyler 
gesprochenen   Prologe    eröffnet,   dem   eine  von  der   da- 
mals    berühmten    SHageria     Hellmuth     gesungene     Arie 
nnd     das  Lastspiel:    „Der   Tadler   nach    der    Mode"  von 
Steplianie  d.  J.  folgten.    Der  SchlnsH  dieser  nur  anf  den 
Sommer  berechneten  Voratellnngen   fand   am  26.  Anguüt 
d-  J.  statt, ' 

Von  nun  an  wurde  das  Hans  alljährlich  in  ähnlicher 
^'eisp  an  verschiedene  Theatemntemehmer  för  die  Som- 
""PiTMonate  verpachtet;  1777  an  Branian,  1778  an 
'''"Äffe,  welcher  fUr  Rechnung  Bondini's  spielte,  1780 
"  Franz  Anton  Gatto,  welcher  als  Basso  buffo  ge- 
rthmt  wird  nnd  1779  bei  der  Bondini'schen  Gesellschaft 
"^r.  1781  spielten  liier  nach  einander  die  Principale 
"^  ber,  Knpp  und  Malcolmi,  1782  die  Directoren 
"•^  <iox  und  Fachet,  welcher  Letztere  an  der  Spitze 
ein^j  zm-  Theatersehnle  der  iCaiserin  von  Kussland  ge- 
, '**Sen  Gesellschaft  von  Kindern  stand  und  mit  diesen 
*  »«Stellungen  in  französischer  Sprache  gab.  1783  be- 
S^&nen  wir  hier  dem  Director  Bellomo,  welcher  eben- 
Wl«  mehrere  Jahre  zur  Bondini'schen  Gesellschaft  gehört 
'  l'iolog  und  Epilog  ätehen  im  Theaterjourngl  »oo  1777. 


—    354    — 

hatte;  1785  den  Principalen  Schläger,  ToBcani,  Schmi 
und  Lazari;  1786  Lanbert  und  Gonstantini,  Bddenn 
EindergesellBchaften ;  1787  Joseph  Seconda,  demBnJ 
von  Franz,  welcher  sowohl  Schauspiel  wie  Oper  gt 
1786  der  Principalin  Maria  Barbara  Wäser/  welche  ^ 
schon  kennen  zu  lernen  Gelegenheit  hatten.  Sie  erfi 
damals  durch  die  Auffbhrung  von  Weisse's  Richard  ] 
mancherlei  Angriffe.  So  heisst  es  z.  B.  bei  Hasche:  ,1 
wünschte,  dass  eine  wohlthätige  Hand  die  hässUd 
Schandflecke  des  Stils  verwischte.  Man  will  uns  Deutscl 
mit  Gewalt  den  brausenden  Shakespeare  aufdrängen, 
Hässlichkeit  des  Lasters  so  abscheulich  malen,  d 
sie  schauerlich  wird  und  delicate  Herzen  ihren  BI 
schlechterdings  abwenden  müssen.  Welcher  Christ  ki 
ein  solches  Gebet  ausstehen:  ,Will  mir  kein  Gott  hell 
so  werfe  ich  mich  in  Deine  Arme,  Teufel,  Erstgeburt  i 
Hölle!'  oder  den  Segen  der  Mutter,  den  sie  dem  Bn 
paare  giebt.  Grässlich  und  ungeheuer  1  Auch  bloss  ni 
dramatischen  Eunstregeln  bearbeitet  zu  lang  und 
wiederholt.'^  Man  sieht,  der  gute  Hasche  wusste  i 
Shakespeare  selbst  eben  nichts.  Aber  auch  Mahhnai 
welcher  ihn  doch  gekannt  haben  sollte,  konnte  von  ii 
noch  1804  als  von  „einem  gigantischen  AbenteoR 
sprechen.  —  In  der  Wäser'schen  Gesellschaft,  wck 
sowohl  Schauspiel,  als  Oper  darstellte,  finden  wir  c 
Namen:  Pauly,  Hilscber,  Haffner,  Koffka  vertreten. 

Vom  Jahre  1790  an  bildeten  sich  am  Lincke'scb 
Theater  stetigere  Kunstzustände  unter  dem  Dired 
Joseph  Seconda  aus.  Da  sein  Bruder  Franz  ai 
gehört  hatte,  in  Dresden  deutsche  Opern  zu  spielen, 
wurden  besonders  seine  Opernvorstellungen,  welche  eu 
grossen  Lücke  im  Kunstleben  der  Hauptstadt,  wenn  aucli  i 
notbdürftig  Abhülfe  schafften,  freudig  begrüsst  und  dan 

'   Das  Gothaische  TascheDbuch   für   die  Schaabühne   tos  1' 
giebt  ein  Verzeichniss  dieser  verschiedenen  Truppen. 


355    — 


n 


ani'h  anfangs  hauptaäcblidi  von  ihm  g(!päegt.  Zugleich 
l»l  er  den  Bewohnern  der  Resident  Gelegenheit,  aneh 
vährend  der  Sommermonate  ein  leidliches  Schauspiel 
ond  Lustspiel  zn  seilen^  wobei  Vieles  dargeboten  wurde» 
wag  dii'  Hofbühne  eben  nicht  zur  Darstellnng  brachte. 
Freilich  gehörte  das  Meiste  den  bedenklicheren  Richtungen 
des  Zeitgeschmacks  an,  wie  sieh  tllierhaupt  sein  Repertoire 
keineswegs  immer  anf  gleicher  Höiie  zeigt,  sondern  in 
einzelnen  Jahren  ziemlich  herabsinkt.  Immerhin  aber 
hat  Joseph  Seconda  das  Verdienst,  während  eines  grossen 
ZeitranniB  (von  1790—1817)  in  Dresden  fast  ausscblieBB- 
licli  die  Kenntniss  der  deutschen  und  französischen 
Opfr  vermittelt  zn  haben.  Er  spielte  hier,  mit  Ausnahme 
nw  ejiies  einzigen  Jahres,  regelmässig  von  Ostern  bis 
Jnm  Kovembcr,  vom  November  bis  Fastnacht  in  Leipzig, 
and  ansserdem  abwechselnd  in  Bautzen,  Zittau,  Freiberg, 
Cliemnitz  und  Naumburg.' 


'  Ini  J&hre  1792  hatte  die  Joseph  Seconda'suhe  Geaellst^haft 
<°vmde  Ziigammensetziing : 

Directeun  Joseph  Secondn.  Musikdirector:  Pitterlin. 
^offlsar;  Lorsch.    Garderobier;  Nidas. 

Actricen:  Mad.  Freuen,  tragische  unil  homi nebe  Mutter.  Mad. 
''THinuiii,  erste  LiebhHberlDDen  im  Sdiauspiele.  Mad.  Laiigenthal, 
'''lel.iebbaheriiincn  im  Singspiele,  junge  Weiber,  Soubretten  im 
anspiele ,  tanzt  Mad.  Lehmann ,  zweite  Liebhaberinnen  im 
^(Dtpiele,  naive  M&dchen,  dritte  Kollen  im  Singspiele,  tanzt.  Mad. 
^cbirl,  joDge  Weiber  im  Schauspiele,  Mütipr  im  Singspiele.  Mad. 
Alliier,  Halfsrolleu.     Dem.  Bnchard  und  Firuen,  Kinderrollen. 

Aetcnrs:  Langenthai,  junge  Männer,  einige  Helden,  zweite 
"«''Ii»|>er  in  Singspiele.  PfoilTer,  erste  Liebhaber  im  Singspiele, 
lonte  M&niier  nnd  BQsevicbter  im  Schauspiele.  Ftuchard,  LiehbaboT 
^  CbeTaliers.  Falke,  junge  Liebhaber.  Cordemnnn,  junge  Helden, 
"(U(b«r,  flingt.  Malier,  Btiffbim  Im  Singspiele,  Karikaturrollen  im 
*<^fpii!le.  Freuen,  edle  und  launige  Väter,  zweiler  Baflbn  im 
^■Kipiek.  Wacbsmutb,  Bedienten-  und  Kariknlnrrollen,  singt  Bflss. 
btOSiBttin ,  niedrig  -  komische  Hollen ,  dumme  Jungen ,  Pedanten, 
Wiifhii  Bedienten.    Opitz,  Biirtienten,  singt  Boss. 


—    356    — 

Den  Stamm  des  Orchesters  bildeten  die  knrftnt- 
liehen  Jagdpfeifer,  ein  zu  jener  Zeit  in  Dresdra  beUektoi 
Corps. 

Joseph  Seconda  besass  anzweifelhaft  einzelne  lügen- 
schaften  eines  guten  Directors.    Vor  Allem  zeichnete  er 
sich  durch  musterhafte  Ordnung  aus.  Daftlr  ist  folgende 
Bemerkung  charakteristisch,,  die  ich  seinen  Theaterzetteh 
vom   Jahre  1791    entnehme:  „Da   bei   manchen  Gesell- 
schaften  das  Creditiren   an  Schauspieler   oft  Anläse  n 
Verdrüsslichkeiten  giebt,  so  wird  jedermann  höflich  g^ 
beten ,   sich   bestens  dabey  vorzusehen ,   wenn  der  FiD 
hier  eintreten  sollte,   weil   die  Direction  schlechterdinj» 
bei  der  Abreise  von  hier  ftlr  kein  Mitglied   zahlt,  noelt 
Bürgschaft  leistet^    Seconda  trat  wohl  auch  selbst  als- 
Schauspieler,  doch  nur  im  Nothfall  und  in  onbedeutendeB. 
Rollen  auf.    Seine  Frau,  eine  geb.  Cordemann,  galt  flc" 
ein  brauchbares  Mitglied.    Sie  starb  jedoch  schon  179^ 
im  Alter  von  nur  erst  23  Jahren. 

Friedr.  Aug.  Pitterlin,  aus  Bautzen  gebtirtigv 
sollte  Theologie  studiren,  wendete  sich  aber  bald 
der  Musik  zu.  1789  trat  er  mit  einer  Oper:  ,|IN^ 
Zigeuner^  hervor  und  bei  Seconda  als  Musikdireotor  ein^ 
von  dem  er  1795  in  gleicher  Eigenschaft  zu  DObbdia 
nach  Berlin  ging.  An  seine  Stelle  trat  Gottlieb  Bene- 
dict Biercy,  geb.  1772  zu  Dresden.  Er  hatte  unter 
Weinlig  studirt  und  war  1790  zum  Theater  gegangen; 
wo  er  sich  als  fruchtbarer  Gomponist  bethätigte,  doch 
ohne  jede  tiefere  Bedeutung  blieb.  1806  verliess  ^  die 
Seconda'sche  Gesellschaft.  1810  trat  der  später  ab 
Kirchencomponist  berühmte  J.  Chr.  Fr.  Schneider  ab 
Musikdirector  ein,  der  jedoch  1813  als  Organist  d^ 
Thomaskirche  nach  Leipzig  berufen  wurde.  An  e^ 
Stelle  kam  der  durch  seine  Dichtungen  ausgezeichnete 
Ernst  Theod.  Amad.  Hoffmann,  welcher  bis  1815  bei 
der  Gesellschaft  verblieb. 


\ 


—    367    -• 

Im  Jahre  1792  finden  wir  unter  den  DarsteUem  eine 
Ihd.  Wagner,  eine  Mamsell  Petrivi,  die  Schauspieler 
Geiling  und  Friedrich  Mttller  mit  aufgeführt,  1794  das 
Ehepaar  Assmann,  Reyberg  und  Beinecke  jun.  (als 
Hamlet).  1795  trat  der  auch  als  Opemcomponist  und 
Scliriflsteller  bekannte  Joh.  Christ.  KafiTka  hinzu.  ^ 

Zu  der  am  26.  Mai  1796  stattfindenden  ersten  Vor- 

BteUang   von    Mozart's   Titus    enthielt    der   Extrazettel 

fegende  Bemerkung :  „Wie  sehr  allhier  allgemein  Mozart's 

^eistmrwerke  geschätzt  und  geUebt  werden,  ist  hinläng- 

Iteli  bekannt.   Der  Wunsch   von  einem  werthgeschätzten 

'vblico,  diese  Oper  auf  den  deutschen  Bühnen  aufgeführt 

^   sehen,  war  der  Sporn,   dieses  italienische  Werk   zu 

'l^rEetsen  und  für   unsere  Bühne   einrichten  zu   lassen, 

^    ^n  yerehrungswürdiges  Publicum  zu  überzeugen,  wie 

^^1    mir  daran  liegt,  seine  Wtlnsche  zu  befriedigen.    Auch 

''^^^  ich  keine  Kosten  gescheut,   sowohl   in  Ansehung 

™^    hierzu  erforderlichen  neuen  Decorationen,   wie  auch 

^^^     prachtvollen   neuen   römischen  Garderobe,   um  ver- 

B^t^^m   zu   können,   dass  Alles  ein  schönes  Ganze  aus- 

■^^^hen  wird.** 

1796  finden  wir  Mad  de  Roche,^  1797  Dem.  Cölestini 

^^'^  Herrn  Schwarz,  some  das  Ehepaar  Krebs  mit  ihren 

^^^dem  zur  Gesellschaft  getreten.    Krebs  spielte   unter 

^^erem  den  Don  Juan  und  Belmoni    1798  begegnen 

'  Ich  gebe  von  diesem  Jahre  folgende  Besetzungen : 
Figaro's  Hochzeit  (80.  April  1795):  Almaviva  —  Fr.  Müller. 
€flfin  —  Mad.  Seconda.     Susanne  —  Mad.  Wagner.     Figaro  — * 
Kiffka.    Chembin  —  Mii«  Brand.    Bartolo  —  Tuch.    Marzelline  — 
Jlad.  Assmann.    Basilio  —  Siegberg. 

Don  Juan  (z.  1.  M.  16.  Sept  1795):  Kommandant  —  Siegberg. 
Donna  Anna  —  Mad.  Wagner.  Don  Gonsalvo  —  Assmann.  Donna 
Laura  —  Mad.  Assmann.  Don  Juan  —  Kaffka.  Franz,  Don  Juan's 
Bedienter  —  Müller.    Peter  ^  Tuch.    KULrchen  —  Mii«  Brand. 

*  Das  Qothaische  Taschenbuch  für  die  Schaubühne  auf  die  Jahre 
17M  und  1799  giebt  ein  Mitglieder- Yeneichnisa  dieses  Theaters. 


—    358    — 

wir  den  Namen  des  Hofimann'scben  Ehepaars  und  eirn 
Herrn  Kermair;  1800  denen  von  Nefber,  Schmelk 
Hacker  nnd  der  Damen  Spengler  nnd  Hemnann. 

Die  Allgemeine  musikalische  Zeitung  rom  Jahre  181 
enthält  folgendes  Referat  über  die  Joseph  SecondaW 
Gesellschaft:  ^ Dieselbe  besteht  ans  einer  zahlreichen  od 
vielmehr  überreichlichen  Schaar  Herren  nnd  Damen,  T( 
denen  jedoch  nur  folgende  (in  Bezug  auf  die  Oper)  a 
geführt  zu  werden  verdienen :  Mad.  Herrmann,  deren  G 
sang  und  Spiel  sich  verbessert  hat  und  die  sich  meiste 
viel  Mühe  giebt.  Mad.  Wagner,  deren  Gesang  undSp 
sich  sehr  verschlimmert  hat  und  die  sich  meistens  nie 
viel  Mühe  giebt,  dafür  aber  desto  mehr  Prätension 
macht.  Mad.  Spengler,  die  eine  recht  gute  Stimme  me 
hatte,  als  hat,  und  nicht  fest  genug  ist.  Dem.  Gflnih* 
welche  kleine,  aber  nicht  eben  feine  Soubretten  leidli 
spielt,  aber  gar  keine  Stimme  für  den  Gesang  hat  H< 
Neffzer,  der  eine  nicht  zu  verachtende  Tenorstimme  m 
in  derselben  nicht  gemeine  Fertigkeit  besitzt,  verbind 
damit  leider  eine  vollkommene  Geschmacklosigkdt.  H< 
Krebs,  zweiter  Tenorist,  hat  weniger  Stimme  und  Ferti 
keit,  aber  schätzbare  musikalische  Kenntnisse.  H< 
Geiling  hat  eine  starke,  besonders  im  Ensemble  schäl 
bare,  aber  etwas  unbeholfene  Bassstimme,  spielt  niedr 
komische  und  KarikaturroIIeu  gut,  fühlt  das  aber  b 
Weitem  zu  stark  und  erlaubt  sich  daher  zuweilen  Unartii 
keiten.  Herr  Heinrich  Müller  hat  eine  ganz  unbedeutem 
Bassstimme,  ist  aber  als  Schauspieler  seines  muntere 
von  Talent,  gesellschaftlicher  Bildung  und  Fleiss  zeug« 
den  Spiels  wegen  schätzbar.^ 

Im  Jahre  1802  wurde  das  Lanius'sche  Ehepaar  m 
der  nachmals  berühmte  Bassist  Christian  Wilh.  Hia 
engagirt.  Letzterer  verliess  jedoch  schon  1804  i 
Gesellschaft,  bei  welcher  zu  dieser  Zeit  Mad.  Tosca 
als  Röschen  in  der  schönen  Müllerin  debütirte  und  si 
zugleich  als  Glaviervirtuosin  zeigte.    In  demselben  Jal 


—    359    — 

finden  wir  auf  den  Theaterzetteln  anch  noch  Dem.  Matig- 

xeck  und  die  Namen  Schultz,  Heldenmnth,  Uhick,  Nea- 

baner,  Brand.    1807   trat  Mad.  Paczkowska   als  Gräfin 

Onina  auf  nnd  1810  eröffnete   der  spätere  Eönigl.  Hof- 

opernsänger  und  Ghordirector  Chr.  Wilh.  Fischer,  geb. 

1789  zu  Freiberg,   hier  seine  theatralische  Lanfbahn. 

£f  war  im  Besitz  einer  schönen,  doch  nicht  ausreichenden 

^Mstimme,  weshalb  er  sich  bald   dem  komischen  Fach 

zuwendete.  Veranlassung  gab  der  Erfolg,  den  er  in  der 

nor  zur  Aushülfe  übernommenen  Bolle  des  Caspar  Larifari 

^  Donauweibchen  erzielte.  —  1811    finden  wir   wieder 

S^Mae  Veränderungen  im  Personal,  wie  die  neu  erschei- 

>^i^den  Namen:  BoUberg,  Gorradini,  Krämer,  La  Boche, 

Siebert  etc.  beweisen.    1812  trat  das  Keller'sche  Ehepaar 

nnd   IP«  Herz  hinzu ;  1814  das  Gerstäcker'sche  Ehepaar, 

1815  Herr  Hoppe.     Gerstäcker  gehörte  zu  den  bedeu- 

teadsten  Gesangstalenten  der  Zeit;  wir  werden  ihm  aber 

^ter  noch  zu  begegnen  haben. 

Ein  Blick  auf  das  Bepertoire  lässt  uns  auch  manche 

^^ndlung  in   den  leitenden  Grundsätzen  erkennen.   Bis 

wm   Jahre    1797  wurde   besonders  die   Oper    gepflegt. 

*^^*  Jahr  1790  war  ausgezeichnet  durch  die  erste  Auf- 

"Ihiimg  von  Lilla  oder  die  seltene  Treue  (Una  cosa  rara) 

^^^  Martin,  1791  durch  Mozarfs  Entführung*  und  Ditters- 

^^r^  Doctor  und  Apotheker,  1792  durch  des  Letzteren 

*^theg  Käppchen,   1793   (am  7.  August)  durch  Mozart's 

f[^^berflöte,  welche  —  ein  damals  ganz  ausserordentlicher 

.  ^1  —  5  Mal  hintereinander  und  während  des   ganzen 

^«^res  14  Mal  aufgeführt  werden  konnte.    Freilich  er- 

^He  im  nächsten  Jahre  die  nun  schon  seit  lange  ver- 

^^^%ene   ^auberzither'^   von  Wenzel   Müller  einen  fast 

"^^^h    grösseren    Erfolg.     1795  hatten  Mozarts  Figaro's 

*  Besetzung:  Selim  —  Borchard.  ConsUDze  —  Mad.  Burchard. 
^Oi^da  ^  Dem.  Langenthal.  Belmont  —  Pfeifer.  FedriUo  ^  Langen- 
^^^^    Osmin  —  Müller. 


—    360    — 

Hochzeit  ^   und  Don  Juan  '^    ihre  Erfolge  mit  dem  Spiegel 
von  Arcadien  von  Sehikaneder  und  Sos&meyer  getheilt 
1796  brachte  Mozart's  Titos,  Salieri's  Axur^  den  De•6^ 
teur  von  Gretry  und  überhaupt  12   neue   Opern/ sowie 
drei  italienische  Intermezzi^  in  denen  Bianchi,  der  ente 
komische  Opernsänger  des  Königs  von  Preossen^  anftrat 
Im  nächsten  Jahre  hatte  Seconda   „die  italienische  pan- 
tomimische Gesellschaft  des  Giuseppe  Casorti'^  «igagiil 
Auch  gastirte  Teresa  Bianchi  in  dem  Melodrama  Pygma- 
lion des  Grafen  Gimadoro.    1798  ist  durch  das  Aofiie- 
ten  von  Herrn  und  Madame  Lombardi^  geb.  Bianchi  be- 
merkenswerth^  sowie   durch  eine  am  22.  April  zu  Ehrem. 
Mozart's  abgehaltene  Gedächtnissfeier.    Vom  Jahre  1799 
an  treten  die  Possen  in  den  Vordergrund.   (Der  2aaber^ 
hain,  von  Bierey;  der  travestirte  Hamlet,  vonGiesekeui 
Tuczck;  Don  Quixote^  von  Dunkel.  Der  erste  Theil  d< 
Donauweibchens  von  Hensler  und  Eauer,  welcher  in  knnen- 
Zeit  10  Aufftilirungen  erlebte.    Der  zweite  Theil  erschieiB 
im  folgenden  Jahr,  ein  dritter  1804.)    Auch  eine  Schau- 
spieler-  und  Tänzorgeseilschaft  unter  L.  Nuth  wurde  eq 
Hilfe  gerufen.    Im  Jahre  1801   wurde  die  ernste  Oper, 
welche  fast  ganz  zurückgetreten  war^  wieder  aufgenom- 
men.    Lodoiska    von    Cherubini    erscheint     neben     den 
Schwestern  von  Prag,  dem  Tyroler  Wastel  und  Rinaldo 
Rinaldini  von  Zschokke.   Mit  diesem  wurden  die  Schauer- 
dramen  eingeleitet;  welche  für  einige  Zeit  eine  hervor- 
tretende Rolle  spielten; 'so  im  folgenden  Jahre:    Garolo 
Carolini  von  Meisl  als  Gegenstück  zu  Rinaldo  Rinaldini ; 

»  Besetzung:  Graf  —  Müller.  GrÄfin  —  Mad.  Seconda. 
Susanne  —  Mad.  Wagner.  Figaro  —  Kaffka.  Cherubin  —  De»- 
Brand.    Bartolo  —  Tuch.    Marzelline  —  Mad.  Assmann.    BtsiUo 

—  Siegberg. 

'Besetzung:  Don  Juan  —  Kaflfka.  Kommandant — Siegberg. 
Donna  Anna  —  Mad.  Wagner.  Don  Gonsalvo  —  Assmann.  «Doddi 
Laura  —  Mad. Assmann.  Franz— Müller.   Peter— Tuch.   ClÄiili«» 

—  Dem.  Brand. 


—    361    — 

r 

^  Kopf  ohne  Mann ,  nach  einer  Geistergeschichte  von 

Periaet  nad  Wölfl ;  die  Teufelsmflhle  am  Wiener  Berge, 

yon  Hensler  nnd  Wenzel  Müller.    Daneben  der  Blaubart 

Ton  Oretry  and  der  Wasserträger  von  Chernbini.^     Daa 

«Uir  1803  weirt  neben  Opern  von  Alayrac,  Möhul^  Che- 

ntbiiii^  Oaveaux,   Soliö  und  Winter  —  die  Hussiten  vor 

Ilaoaibiirg  und  Herodes  vor  Bethlehem  „als  Pendant  zu 

^  Tielbeweinten  Hussiten  vor  Naumburg",  und  Stücke 

wie  die  12  schlafenden  Jungfrauen  auf.   Diesen  Gharak- 

^^f  bewahrt  das  Repertoire  bis  zum  Jahre  1807.    In  der 

Oper    treten    Cherubini  ^   Gretry,  Boieldieu   und   Weigl 

hervor.    Fancbon,  das  Leiermädchen  von  Kotzebue  und 

Huauiel,  Aline  von  Favier  nnd  Berton  haben  grosse  Er- 

'^'Se.    Daa  Schauerdrama    erreicht    seinen    Höhepunkt 

*^^  rächende  Gespenst^  die  Maske  oder  der  Todtenkopf, 

^    eiserne   Larve  —  sämmtlich   von   Zschokke;   Hans 

^Uinger  oder  das  heimliche  Blutgericht  von  Schikaneder, 

^^^graf  Bösenburg  von  Hagemann  erscheinen  als  Günst- 

'^^Sc  der  Darsteller  und  des  Publicums.    Im  Jahre  1807 

'Vielten  vom    15.   Mai   bis    August    ausnahmsweise   die 

^^^glicben  Hoischauspieler  für  alleinige  Rechnung  Franz 

^^onda's  auf  dem  Theater  des  Lincke'schen  Bades.  Auch 

^  ttcblossen  sich  dem  hier  herrschenden  Geschmacke  an. 

^>^ter  den  Stücken,  welche  sie  auf  der  Königl.  Bühne 

^'^ht  gaben,  nimmt  „Wallenstein's  Lager"  (21.  Juni)   den 

^**^r«tcn  Platz  ein.    1808  bis  10  hatte  Seconda  die  Ballet- 

Jl'l^^ergesellschaft    unter    Nuth    aufs    Neue    gewonnen. 

^^   Oper  trat  wieder  mehr  in  den  Hintergrund. 

Erst  1811  erscheint  sie  unter  Schneider's  Einfluss 
^^der  aufs  Neue  begünstigt.  Die  Schweizerfamilie  von 
j^^igl,  Aschenbrödel  von  Isouard,  Jacob  und  seine  Söhne  von 
^^liul —  diese  mit  grossem  Erfolge  —  erschienen  als  Novi- 

_  '  Betetzang  der  ersten  AuflÜhrung  am  23.  April:  Armand  — 
**^tl2er.  Constanze  —  Mad.  Spengler.  Micheli  —  Wagner. 
"Äuiel  —  HIcker.  Anton  —  Krebs.  Marxellinc  —  Mad.  Herr- 
'***^n.    Rosette  —  Mad.  Lanius. 


—    362    — 

täten.  1813  brachte  die  Joseph  Seconda'scbe 
Schaft  Gluck's  Iphigenia  in  Tauris^  znr  Anffl 
und  zwar  in  dem  EönigL  Theater,  welches  ihr  ans 
weise  in  Bttcksicht  auf  die  damals  während  der  An 
heit  Napoleon's  in  Dresden  weilenden  Truppen  nnd 
den  eingeräumt  worden  war.  Das  Jahr  1814  ist 
die  Darstellung  von  Boieldieu's  Johann  von  Pai 
welchem  das  Gerstäcker'sche  Ehepaar  auftrat^  unc 
Carl  Maria  y.  Weber's  Abu  Hassan,  1815  durch  I 
yen's  FideliO;*  sowie  durch  die  Festvorstellung  zui 
der  Bttckkehr  des  Königs  ausgezeichnet.  Die  dal 
getragenen  Festgesänge  waren  von  Ebers.  Dai 
1816;  das  letzte,  in  welchem  die  Seconda'sche 
Schaft;  die  sich  im  folgenden  Jahre  auflöste,  in  I 
spielte,  brachte  unter  Anderem  auch  G.  M.  y.  1 
Silyana.  Aufsehen  machte  in  diesem  Jahre  der  1 
tigt  gewordene  ^Hund  des  Aubri^.  Schon  der  T 
Zettel  yer dient  Erwähnung  durch  die  Bemerkung: 
yerehrungswttrdiges  Publicum  wird  höflichst  ersucl 
beim  Erscheinen  des  Hundes  gefälligst  ruhig  z 
halten,  um  eine  mögliche  Störung  seines  eigene 
gntlgens  zu  yerhttten.'^ 

Am  21.  October  dieses  Jahres  wurden  die  \ 
lungen  der  J.  Seconda'schen  Gesellschaft  mit  Y 
Silyana  fUr  immer  geschlossen. 

'  Iphigenia  —  Mad.   Kramer.     Orest    —  J.  Miller. 

—  Gerst&cker.     Thoas  —   Pillwitz.     Diana   —    Mad.  N< 

—  Klyt&mnestra  —  Mad.  Corrodini. 

'  £r8te  AufHlhrung  am  12.  ApriL  Besetzung:  Fernando  - 
dini.    Pizzaro  —  Pillwitz.    Florestan  —  Hoppe.     Leonore 
Kramer.    Rocco  —  Fischer.    MarzelUne  —  M"«  Herz. 


r 


Die  Umwandlnng  der  subventionirten  Theater- 
gesellsohaft  am  Dresdner  Hofe  in  ein  zu  einem 
Ganzen  verbundenes  Hoffheater. 


^'Muf  eines  Staats -Theaters  in  Dresden  nnter  Direetion 
^  Hefrath  Theodor  Winkler.  —  üebemalinie  desselben  Ton 
^^ita  ies  Hofe  nnter  der  Generaldireetion  des  Grafen  Carl 
WUMm  Tliithnm  Ton  Eekstidt.  —  Hnsikalisehes  Leben  am 
^^  —  Bepertoire  Ton  1814—16.  —  Yerftndemnir«n  im  Personal. 

Die  finaDzielle  Erschöpfang  des  Landes  machte  es 

^  russischen  GonyerDement  znr  Pflicht,  wo  es  nur  immer 

^gUch^Erapamngen  eintreten  zn  lassen.  Natürlich  wnrden 

^i^i  Theater  nnd  Kapelle  mit  in  Betracht  gezogen, 

^  dass  selbst  deren  völlige  Auflösung  discatirt  wurde. 

^knitz  und  Morlacchi  traten  aber  als  beredte  Vertheidiger 

"^  8ie  eiU;  und  da  Fürst  Repnin  ein  Mann  von  Bildung 

^  Knnstliebe  war,  so  gelang  es  ihren  Anstrengungen, 

^Bestand  dieser  Institute  zu  retten  und  die  Mitglieder 

"^r^clben   vor  drohenden   Verlusten   zu    schützen.     Die 

°^ber  gepflogenen  Unterhandlungen  nahmen  sogar  eine 

l^cudung,  die  für  die  weitere  Entwicklung  beider  von 

"^^Bter    Bedeutung    wurde.      In   Folge   davon    erhielt 

*«^Bcli  Racknitz  den  Auftrag,  ein  Gutachten   darüber 

•J>tugeben,  ob  es  nicht  vortheilhafter  sei,  wenn  der  Staat 

^  Verwaltung  dieser  Institute  übernehme  und  ein  Inten- 

^t  daftlr  angestellt  werde.    Es  wurde  zu  diesem  Zwecke 

^^  Commission  niedergesetzt,  welche  zunächst  aus  dem 

^^eralmajor  von  Vieth  (dem  Director  der  Polizei)  und 


—    364    — 

dem  Oberappellationsrathe  Körner  unter  Vorsitz  des 
Directeur  des  plaisirs  von  Racknitz  bestand,  zn  welcher 
jedoch  sehr  bald  der  Kammerherr  Carl  Borromäns  ?on 
Miltitz  und  der  Geh.  Archiv -Secretär  Theodor  Winkler 
(Theodor  He  11)^  der  auch  die  Protokolle  führte,  sowie  to 
Kapellmeister  Francesco  Morlacchi  zugezogen  wurden. 

Carl  Borromäus  Alex.  Steph.  von  Miltitz,  1781 
zu  Dresden  geboren,  war  1798  in  sächsische  Kriegsdienste 
getreten,  hatte  1811  seinen  Abschied  genommen,  hienif 
in  österreichischen  Diensten  den  Freiheitskrieg  mitgemacH 
im  Uebrigen  aber  in  der  Stille  des  ihm  gehörigen  Schlosses 
Scharlenberg  bei  Meissen  Müsse  zum  Studium  der  Literatur 
und  Musik  gesucht  und  gelunden.  Er  war  selbst  Diebter 
und  Componist  und  hatte  als  letzterer  von  Weinlig  und 
Roclilitz  Anregung  und  Anleitung  erhalten. 

Christ.  Gott  fr.  Körner,  geb.  1756  zu  Leipzig,  nshm 
bereits  längere  Zeit  durch  die  Vielseitigkeit  seiner  Bildong, 
durch  seiue  Liebe  zu  Kunst  und  Wissenschaft  in  Dresden 
eine  hervorragende  gesellschaftliche  Stellung  ein.  „Sein 
Enthusiasmus,  seine  stets  rege  Empfänglichkeit  —  sagt 
von  ihm  A.  Stern  (in  einem  Aufsatz  des  Dresdner 
Journals:  Ludwig  Tieck  in  Dresden)  —  belebten,  weckten, 
vereinigten  viele  Jahre  alle  besseren  Elemente;  um  ihn 
hatten  sich  bis  1815  alle  die  geschaart,  denen  es  Enurt 
war  mit  den  höchsten  Culturaufgaben.^  Sein  Urtheil  ward 
eben  so  sehr  geschätzt,  wie  geftlrchtet.  Sowohl  Rackniti, 
als  Vitzthum  waren  durch  seine  Beziehungen  zn  Schiller 
amtlich  in  näheren  Verkehr  mit  ihm  getreten.  Als  Xit- 
begründer  der  Dreissig'schen  Singakademie  übte  er  aach 
auf  die  musikalischen  Verhältnisse  eineii  nicht  zu  unter- 
schätzenden Einfluss  aus.  Dazu  hatte  ihn  der  Heldentod 
seines  als  Sänger  der  nationalen  Freiheit  gefeierten 
Sohnes  zu  einer  ebenso  populären,  als  den  eben  her^ 
sehenden  Verhältnissen  entsprechenden  Persönlichkeit  ge- 
macht, was  ihm  freilich  andererseits,  nach  der  erwartetes 
Rückkehr  des  Königs,  seine  Stellung  als  eine  sehr  peialiclie 


erscheineD  lassen  mochte.  Da  ilitn  nnn  llberdicB  der  Tod 
»«iner  Kinder  (im  März  1815  verlor  er  auch  noch  seine 
eiDZige  Tochter)  liier  Itbersll  die  Bclimerzlicheten  Erinne- 
rnng*n  erwecken  mnsete.  bo  folgte  er  in  demRelben  Jahre 
eiaem  an  ihn  ergangenen  Rufe  nach  Berlin,  wo  er  1831  starb. 
Einen  ungleich  eingreifenderen,  andauernderen,  wenn 
«ach  nicht  immer  wohlthätigcn  EintluRs  sollte  Theodor 
Wiokler  (geb.  1775  in  Waldenbiirg)  anf  diu  Dresdner 
Theaterverhältnisse  ansUben.  Er  war  mit  seinem  Vater, 
einem  vielseitig  gebildeten  Geistlichen,  welcher  sein  Amt 
anfgegeben  hatte,  sehr  früh  nach  Dresden  gekommen, 
ttadirte  später  in  Wittenberg  Rechtswissenschalt  uod  Ge- 
schichte, beschäftigte  sich  aber  schon  damals  mit  allerlei 
dichterisclien  Versnchen.  Anch  neben  seiner  Amtethätig- 
keit  in  Dresden,  wo  er  1796  zunächst  beim  Stadtgerichte 
Anstellnng  fand,  gab  er  diesen  Neigungen  nach.  Schon 
im  Jahre  IHOö  finden  wir  ilin  anf  dem  Repertoire  des 
Dresdner  Theaters  unter  dem  Pseudomyn  Theodor  Hell, 
und  von  dieser  Zeit  an  snclite  und  gewann  der  vielge- 
schäflige  nnd  gewandle  Mann  einen  immer  wachsenden 
Einflnss  auf  dessen  Verhältnisse.'  Ohne  tiefere  wissen- 
schaftliche Bildung,  hatte  er  sich  einen  Schatz  nutzbarer 
Kenntnisse  erworben.  Er  war  der  französischen,  englischen, 
italienischen,  spanischen,  ja  portagisiscbenSprache  mächtig, 
waa  ihn  befShigte,  die  Bühne  mit  einer  Menge  Ueber- 
actznngvn  von  nicht  selten  nnr  zweifelhaftem  Werthe  zu 

'  Von  Eeiner  Vielgeethiftigkeit  piebt  eine  sityrische  Schrift 
■na  dem  Jabre  1830:  ..Dresden,  wie  es  igt",  von  Ernst  Scherzlicb, 
tüUgtuAes  Bild:  „Ihr  wurdet  iitsuncn,  kenntet  ihr  alle  die  Functionen, 
denen  (tieser  Mann  Torsteht.  Er  ist  l;risc:her  DiL'hter,  Dramatiker, 
reich  »n  EKeugniaaen  wie  Wenige,  ßllhiiendirector,  Rofereot  in 
Tbestersachen.  Regisseur  (der  ital.  Oper),  Cassirer,  Redscteur  einer 
gelesenen  Zeitschrift,  Herausgetier  vieler  Werke,  Uebersetzer,  Kritiker, 
Torredner,  Mäcen  und  Eathgebereiner  grossen  Menge  kleiner  Geister, 
Flettcb-Accisen-Reiidani,  Secretar  und  Ordner  mekrer  literarischer 
Gesellschaften,  der  leitende  t-'eist  einer  grossen  Verl ngsbutliliand lue g 
nnd  du  Factotnm  rerschiedener  Zirkel  und  Vereine. 


—    366    — 

versorgen.  Den  Mangel  an  wahrer  Begeistenmg  ond  an 
tieferer  Einsicht  in  das  Wesen  der  Kunst  wusste  er  dveh 
praktische  Betriebsamkeit  und  Oeschäftsgewandtheit  n 
ersetzen.  Doch  sind  ihm  auch  mancherlei  Verdienste  n- 
zuerkenneu;  wie  er  z.  B.  durch  seine  Abendzeitung,  beiaDer 
Schwächlichkeit  der  darin  vorherrschenden  Richtung,  dem 
literarisch -poetischen  Leben  Dresdens  einen  Mittelpunkt 
schaffte'  und  eine  erweiterte  Ausbreitung  gab.  Dato 
denn  auch  er  es  vorzugsweise  war,  um  den  sich  die  da- 
mals in  Dresden  lebenden  Schriftsteller  gruppirten. 

Die  zur  Begutachtung  der  Theaterreformfrage  nieder- 
gesetzte Gommission  begann  ihre  Sitzungen  am  8.  Kai 
1814  und  wurde  nach  Beendigung  ihrer  Geschäfte  ent 
im  folgenden  Jahre^  unter  dem  inzwischen  eingetretenen 
preussischen  Gouvernement,  wieder  aufgelöst.  In  Folge 
der  von  ihr  ausgehenden  Vorschläge  wurde  die  italieniselie 
Oper  und  das  deutsche  Schauspiel  zu  einer  gemeinsimen 
Staatsanstalt  umgestaltet  und  der  Beschluss  hiervon  in 
einer  vom  26.  Sept.  1814  datirten  Bekanntmachung  n 
allgemeiner  Eenntniss  gebracht.' 

'  Dieselbe  lautet:  „Ein  hohes  General •Gk)avernemeiit  toa 
Sachsen  hat  es  für  zweckmässig  erachtet,  sowohl  bei  der  itaUenisdien 
Oper,  als  dem  deutschen  Schauspiel  allhier,  die  bisherigen  Unter- 
nehmungen von  Privatpersonen  aufzuheben  und  beide  Theater  fO^ 
Staatsadministration  zu  nehmen,  damit  auf  das  Wirksamste  die  Ver- 
besserung derselben  befördert  und  dem  Publicum  auf  jede  Art  der 
Genuss  wahrer  Kunst  verschafft  und  erleichtert  werde.  Man  enrirtet 
daher  auch  von  demselben  theilnehmende  Unterstützung  und  Afle^ 
kennuiig.  Es  werden  jetzt  die  Preise  bei  der  am  4.  Oct.  d.  J.  w 
fangenden  italienischer  Oper  sowohl,  als  dem  am  20.  Oct  beginoendes 
deutschen  Schauspiele  bekannt  gemacht  Es  soll  zweimal  in  ^ 
Woche  italienische  Oper  gegeben  werden,  nämlich :  Dienstags  vs^ 
Freitags,  und  viermal  deutsche  Vorstellung  sein,  nämlich:  Sonntage 
Montags,  Mittwochs  und  Donnerstags.  (Folgen  die  Preise.)  Vo« 
Monat  October  an  erscheint  eine  Wochenschrift  unter  dem  Titd'- 

• 

Theatralische  Mittheilnngcn,  wöchentlich  zu  einem  halben  Bogen  a 
Quart,  worüber  das  Nähere  noch  wird  bekannt  gemacht  werden,  w» 
die  jedesmal  das  Repertoire  der  nächsten  Woche  enthält    Wer  sc'* 


367 

Die  Oberaufsicht  Über  die  beiden  also  vereinigten 
KaoetasstiilteD,  welche  auf  dem  Theaterzettel  den  Namen 
,KOiugl.  SchauBpif-le"  führten,  blieb  noch  immer  der 
ComtnissioD  UbtTtragen.  Winkler  wnrde  zum  Intendanten 
mit  dem  Titel  und  Rang  eines  rnssiscLen  Holraths  er- 
Dinnl;  der  frühere  Unternehmer  des  dentschen  Theaters, 
FtiM  Scconda,  der  nur  wie  durch  ein  Wunder  dem  Er- 
mliiusen  entgangen  war,  da  ihn  die  Russen  alä  vermelnt- 
Kcbeo  Spion  ergriffen,  glücklicherweise  aber  nach  Dresden 
{whleppt  hatten,  erhielt  eine  Anstellung  als  Oeconomie- 
rüh.  Weber  und  Genast  schildern  ihn  im  Jahre  1817 
>l*  ein  Bild  ans  verklungener  Zeit,  mit  Zopf  und  gepuderter 
PcrrUcke,  Schnallenschnhen.  Kuieliosen.  „Bekannt  und 
iaäm  mit  Kammerfrauen  und  Kammerdienern,  servil  und 
^b,  je  nachdem  das  Gnadenlicht  Diejenigen  umscliim- 
Bierte,  mit  denen  er  verkehrte,  zum  Typus  eines  sächs. 
Subaltern t>eamten  damaliger  Zeit  geworden,  galt  er  für 
•ioea  eintluBsreichen,  wohlgelittenen  Mann.'' 

Von  dieser  Zeit  fiel,  wie  wir  ans  einer  Bemerkung 
ätr  Theateraettel  erseien,'  die  Gewohnheit  hinweg,  das 
Stack  des  folgenden  Abends  durcb  einen  der  Schauspieler 
"ikllDdigen  zu  lassen- 

M  du  Winlerliallijahr  im  Theater,  abbonirt  hat,  erbalt  jene  Wochen- 
*^ritl  laf  diesä  Zeit  far  16  Gr.  PrÜDumeration  bei  dem  Theater- 
'^iuircr  oder  in  der  Arnold'achen  Buciihandliing  allhier. 
Dresden,  am  2G.  September  1B14. 

Die  lotendanE  beider  Künigl.  Siklis.  Theater  za  Dresden." 
'  Diese  Bemerkung  lautet:  , Da  jede  Darstellung  auf  der  Bühne 
*'*  Biae  in  Bii^h  geschlossene  Künstle istniig  angesehen  vcrduii  muss, 
*  '«on  e»  fftr  diese  Ansicht  nnr  störend  sein,  wenn,  wie  bisher, 
'^  dun  gehörige  Person  gleichsam  wieder  aus  derselben  heraus- 
l™^  imd  die  Ankündigung  der  Vorstellung  des  nftohsten  Schauspiele 
^'^'r^  Uro  diofie  Störunj;  zu  TermeldeD,  ist  die  Einrichtntig  ge- 
ilT  "'  ^'^^  ^'^  DUcbüte  Vorstellung:  auf  der  Schauspiel  an  zeige 
(''"Oiodienzeitel)  jedf^smal  mit  benannt ,  auch  beim  Ausgange  des 
f'^tars  der  Käme  des  künftigen  Stilcks  auf  eine  daiu  bestimmte 
^''=1  geschrieben  werden  wird.  Die  mUudlichen  Ankündigungen 
^"'^  dtriJbhne  foUeu  daher  kuuftig  weg.'    Auch  noch  fulgetidc  Be- 


—    368    — 

König  Friedrich  Angust,  welcher  Alles  von  sich 
hielt;  w«8  mit  der  Erinnernng  an  die  über  sein  Lud 
httn^  Fremdherrschaft  in  Beziehung  stand,  wllidi 
neuen  Theatereinrichtnngen  wohl  am  liebstMi  m 
aufgehoben  haben.  Der  Gedanke  wurde  wenigstei 
wogen.  Sein  Billigkeitsgeftthl  und  seine  Oerechtigi 
liebe  hielten  ihn  aber  davon  zurück.  Er  Hess  sie  < 
in  der  Hauptsache  bestehen  und  beschränkte  sich  ( 
darauf,  nach  Racknitzens  Rücktritte  die  Oeneraldin 
des  nunmehrigen  Hoftheatcrs  und  der  musikalischen  Ki 
durch  Rescript  vom  2.  Aug.  1815  auf  den  Kammei 
und  Geh.  Finanzrath  Carl  Wilhelm  Grafen  Vitzl 
von  Eck  Stadt  zu  übertragen  und  den  Hofratb  Wii 
zum  Secretär  zu  ernennen.^ 

Indessen  sollten  diese  Verhältnisse  bald  eine  w 
Umgestaltung  erfahren.  Bisher  hatten  die  K5nigl 
Hofschfluspieler  immer  noch,  auf  Grund  des  Fran 

kanntmachung  gehört  dieser  Zeit  an:  „Der  General -Poliseid 
von  Sachsen  sieht  sich  veranlasst,  das  hiesige  Poblicum  bei  di 
suche  des  Theaters  hierdurch  auf  folgende,  zur  Anfrechthalto] 
Ordnung  und  des  Anstands  nöthigen  Dinge,  welche  in  a 
grossen  Städten  bei  einem  gebildeten  Publicum  üblich  aind^anfiM 
zu  machen:  1)  darf  keine  Mannsperson  künftig  im  Theater  i 
decktem  Haupte  erscheinen  und  der  Vorstellung  beiwohnen; 
sich  Jeder  alles  störenden  Geräusches,  besonders  aber  des  iinb< 
Gebietens  des  SfiUschweigens,  und  3)  des  geräuschvollen  Herum 
auf  den  Gängen  während  der  Darstellung  zu  enthalten. 

^  Eine  am  27.  Sept.  1815  erlassene  Bekanntmachung  set 
Publicum  von  diesen  Entschlüssen  in  Kenntniss.  Sie  lautet:  „Ni 
Se.  Königl.  Majestät  allergnädigst  beschlossen  haben,  die 
für  Rechnung  des  Staats  bestandene  Verwaltung  der  italiei 
Oper  sowohl,  als  des  deutschen  Schauspiels  fortstellen,  auc 
4.  Oct.  d.  J.  an  wöchentlich  zweimal,  nämlich  Mittwochs  und 
abends,  italienische  Oper,  und  vom  19.  Oct.  an  wöchentlich  d 
nämlich  Montags,  Dienstags  und  Donnerstags,  deutsches  Seh: 
aufftlhren  zu  lassen,  so  wird  solches  dem  Publicum  bekan 
macht."  —  Die  Aufführungen  an  Sonn-  und  Freitagen  ^ 
hierdurch  wieder  aufgehoben,  die  ersteren  aber  schon  am  23.  Oi 
neuerdings  eingefübrt. 


—    369    — 

eonda'scben  PrivflegS;  während  der  Messen  in  Leipzig 
giq^ielt  Dieses  Privileg  war  jetzt  im  Ablaufen  und  die^ 
Stedi  Leipzig,  seit  lange  tonangebend  auf  dem  Gebiete 
d«  Theaters  und  anch  im  übrigen  Deutschland  als  einer  der 
wesentlichen  Ausgangs-  und  Mittelpunkte  der  Entwicklung 
diewB  letzteren  anerkannt,  so  dass  man  die  Seconda'sche 
Oeiellschaft^  trotz  ihres  Verhältnisses  zum  Dresdner  Hofe 
nd  trotz  des  Prädicats  von  Königl.  Sachs,  privilegirten 
dsitschen  Hofschauspielem^  ausserhalb  Dresden  fast  nur 
Bit  dem  Namen  der  Leipziger  Schauspieler  bezeichnete 
ttd  Dyk  in  einem  Aufsatze  der  Neuen  deutschen  Biblio- 
thek schreiben  konnte:  ^Es  existirt  keine  Dresdner 
deutsche  Hofschauspielergesellschaft;  welche  nach  Leip- 
zig tuf  die  Messe  zieht^  sondern  die  Leipziger  privilegirte 
deutsche  Schauspielergesellschaft  geht  im  Winter  nach 
Dresden^  —  die  Stadt  Leipzig  also  mochte  sich  schwer 
in  Verhältnisse  fügen ,  die  sie  um  jenes  Vorrecht  ge- 
bracht haben  würden.  Der  hier  schon  öfter  erwogene 
^anke,  ein  eigenes,  unabhängiges;  feststehendes  Thea- 
ter SU  begründen ;  fand  neue  Nahrung.  In  einem  von 
150  der  angesehensten  Bürger  der  Stadt  unterzeichneten 
Kttschreiben  wurde  der  Magistrat  um  die  Erftlllung  die- 
IM  Wunsches  und  um  Vortrag  desselben  bei  Sr.  Majestät 
don  Könige  angegangen.  Dieser  Wunsch  fand  dort  wie 
Uer  eine  beifällige  Aufnahme;  und  schon  am  25.  April 
1816  erging  ein  Rescript  aus  der  königl.  Landesregierung; 
iö  welchem  der  Stadt  Leipzig  die  erwünschte  Erlaubnis?* 
<V  Errichtung  eines  eigenen  stehenden  Theaters  auf 
»hn  Jahre  gegen  ein  jährliches  Concessionsgeld  von 
500  Thlr.  ertheilt  wurde. 

Ich  wage  nicht  zu  bestimmen;  ob  diesem«  Gesuch  so 
l^reitwillige  Aufnahme  fand;  weil  man  sich  schon  ftir 
^  Umänderung  des  Staatstheaters  in  ein  königliches 
entschieden  hattC;  oder  ob  man  orst  durch  das  Leipziger 
''Csoch  hierzu  angeregt  worden  war;  gewiss  aber  ist, 
^  vom  1.  Januar  1S17  an  die  Verwaltung  des  könig- 


—    370    — 

liehen  Hoftheaters  nicht  mehr  fUr  Rechnung  des  Staats, 
sondern  für  königliche  Rechnung  fortgeführt  wurde.  Da- 
gegen glaube  ich  kaum  zu  irren,  wenn  ich  yennuthe,  dui 
diese  EntSchliessung  des  Königs  eine  Stütze  und  FOrdenng 
in  den  musikalischen  und  theatralischen  Neigungen  der 
übrigen  Glieder  der  königL Familie^  besonders  derjttngerei, 
fand.  Oleich  ihrem  königliehen  Bruder  gaben  sich  avek 
die  Prinzen  Anton  und  Max  in  ihren  Mussestnnden  mit 
Eifer  und  Talent  dem  Studium  und  der  Ausübung  der 
Musik  hin.  So  besitzt  die  königl.  Musikaliensammlug 
(wie  Fürstenau:  ^Die  musikalischen  Beschäftigungen  der 
Prinzessin  Amalia^  mittheilt)  mehr  als  50  Bände  C!oiDpo- 
sitionen  vom  Prinzen  Anton,  und  auch  vom  Prinzen  Ibx 
finden  sich  dort  verschiedene  musikalische  Werke  tot 
(Cantaten  und  Opern),  die  wohl  mchrentheift  im  enges 
Familienkreise  aufgeilihrt  wurden.  König  Johann  erinnerte 
sieh  z.  B.  noch  mit  Vergnügen  der  Darstellung  einer 
solchen  Oper:  „La  famiglia  feliee,  opera  buffa  in  doe 
atti^;  welche  sein  Vater  1812  von  seiner  Familie  nnf- 
führen  liess.  Dieser  lieferte  auch  meist  zu  den  Compo- 
sitionen  seines  Bruders  Anton  die  (italienischen)  Texte. 
Beide  waren,  wie  ihre  jüngste  Schwester  Maria  Anna, 
im  Gla vierspiel  und  auch  im  Oesange  geschickt.  Musi- 
kalische Unterhaltungen  und  Aufführungen  schmückten 
fast  alle  ihre  Feste  und  machten  ihr  Familienleben  z& 
einem  überaus  genussreiehen.  Die  Kinder  des  Prinien 
Max,  die  Prinzen  Friedrich  August,  Clemens,  Jo- 
hann und  die  Prinzessin  Amalia,  wurden,  heranbltthend, 
mehr  und  mehr  an  denselben  betheiligt.  Sie  erhielten 
Oesangsnnterricht  von  Rastrelli  und  Mieksch,  und  Jofiepli 
Schuster  nnterriehtete  die  Prinzessin  Amalia,  Kammer- 
musikus Schmiedel  die  Prinzen  im  Glavierspiel.  Aneh 
pflegte  Prinz  Max  seinen  Kindern  öfter  Gelegenheit  rt 
versehaflfen,  sich  in  dramatischen  Spielen  zu  üben.  Schon 
seit  1808  wurden  von  ihnen  Opern,  Ballete  und  firani^' 
sische  Lustspiele  zur  Aufführung  gebracht.   So  gemessen, 


—    371    — 

ulich  und  ceremoniell  sich  Alles  in  der  anmittelbaren 
16  des  Königs,  besonders  in  den  Beziehungen  nach 
leo,  bewegte,  so  heiter,  ungezwungen,  anspruchslos 
geistig  angeregt  war  das  Familienleben  der  Prinzen.^ 
Einen  Einblick  in  dieses  Leben  gewährt  unter  «An- 
m  ein  Brief  TVeber's  an  seine  Braut,  in  welchem  er 
r  die  Aufführung  einer  Cantate  berichtet,  die  er  zum 
nenstage  der  mit  dem  Erbgrossherzoge  ^on  Toscana 
obten  Tochter  des  Prinzen  Max  componirt  hatte. 
II  26.  Juli  1817  stand  ich  um  4  Uhr  früh  auf,  zog 
h  an;  die  Herren  Micksch,  Schmiedel,  Wilhelmi  und 
gmann  frühstückten  bei  mir,  und  nun  ging's  nach 
nitz.  Wie  die  Prinzen  beim  Frühstück  sassen,  trug 
miedel  die  Texte  an  den  Tisch,  die  Thüren  gingen 
und  unsere  Musik  begann.  —  Du  kannst  niclit 
aben,  welche  Freude,  Rührung  und  Ueberraschung 
I  herrorbrachte   und   mit   welcher   unbeschreiblichen 


'  Folgender  von  FQrstenau  mitgetheilte  Theaterzettel  spricht 
dtn  harmlos-hamoristischen  Ton,  der  ihren  geselligen  Verkehr 
Michnete: 

Mit  allerhöchster  Erlaubniss 
1  heute,  Donnerstags  den  12.  October  1815,  von  der  bekannten 
Schanspielergesellschaft  anfgeftihrt  werden: 
Die  Unglücklichen. 
Lnstspiel  in  einem  Acte  von  Kotzebne. 
»Falk  ♦       »       ♦ 

Diiska  Falk  Demoiselle  Schüchtern  (Fr&ul.  O'Bym)^ 

liT  Falk,  ein  J&ger  n         Sa  pientia  (Prinzessin  Maria). 

nrd  Tanbe,  ein  Dichter  „         Paiiline(Prinze88inJosepha). 

L  Herbst,  geb.  Falk  •         Niedlich   (Prinzessin  Maria 

Anna). 
L  Freude^  geb.  Falk  ,.         Schneckenbach    (Prinzessin 

Amalia). 
ries  Valcau,  Tanzmeister  Herr  Paffier  (von  Pnttiani). 
iUe  Falk  Demoiselle  Frost  (Gr&fin  Lamberg). 

tf  Peter  Falk's  Diener       Herr  Hüpfersdorf  (Prinz  Johann). 

•  ^  ♦    Herr  Jftger  (Prinz  Ai  ton)  wird  den  Peter  Falk  als 

Gastrolle  geben. 

^4* 


-     372     — 

Liebenswürdigkeit  und  Artigkeit  aämmiliclie  Hoheiten 
sich  benahmen.  Der  Gesang  musste  natürlich  wiedednit 
werden,  und  es  fehlte  nicht  yiel,  das9  meine.Sftpger  ut 
geweint  hätten.  Darauf,  sangei^  wir  noch  dnige  andere 
Sachen,  von  denen  mein  Tanzlied  „Geiger  und.  Pfeifer^ 
Alle  zur  Lustigkeit  hinriss.  Man  rergass  wirklich  gm 
unter  Prinzen  zu'  sein  und  des  Dankens  war  l^ein  Ende. 
Dio  Prinzessinnen  baten  um  die  Musik,  und  die  jungt 
Braut  sagte,  dass  sie  diesen  Morgen  nie  vergessen  werde 
und  dass  er  einer  der  schönsten  und  fröhlichsten  Du« 
Lebens  sei." 

Obschon  die  übrigen  Herrschaften  gleich  dem  VJSmgt 
bisher  fast  ganz  unter  dem  Einflüsse  italienischer  Mnnk 
gestanden,  so  beweisen  doch  die  Beziehungen,  wekbe 
Weber  trotz  aller  störenden  Einflüsse  zu  ihnen  gewinn, 
dass  dies  bei  ihnen  nicht  grundsätzlich  jedes  lateieHe 
far  deutsche  Musik  ausschloss.  Bereits  1807  wnr  in 
Berlin  die  italienische  Oper  dem  nationalen  AufiM^hwnnge 
erlegen.  Zwar  versuchte  Graf  Brühl  sie  1809  wieder- 
herzustellen. Durch  seinen  Hass  gegen  Napoleon  nnd 
Frankreich  aber  allmählich  zum  entschiedensten  Gegner 
alles  Ausländischen  gemacht,  wurde  er  später  gerade  znin 
begeistertsten  Förderer  und  Anhänger  der  deutschen 
Musik.  Bei  wesentlich  anderen  Traditionen  und  Vonns- 
Setzungen  konnte  sich  freilich  in  Dresden  der  UmschwoD^ 
80  rasch  nicht  vollziehen.  Die  entschiedene  Vorliek 
nicht  nur  des  Hofs,  sondern  des  bei  Weitem  grMten 
Theils  der  Gebildeten  für  die  italienische  Oper  Be» 
hier  an  eine  AbschaflFung  der  letzteren  vorerst  nicht 
denken,  die  Aufnahme  der  deutschen  Oper  in  das  Reper- 
toire dos  königlichen  Theaters  konnte  aber  doch  kanm 
mehr  abgewiesen  werden.  Wenn  hierzu  die  Idee  ancli 
schwerlich  erst  von  dem  neuen  Generaldirector  desselben 
herrührt,  so  hat  sie  in  ihm  doch  einen  ebenso  bereduo 
wie  erfolgreiehen  Vertreter  gefunden.  Das  Verdienst, 
welches   er   sich    um    die   Bildung  einer  deutschen  (V^ 


iu  Dresden  gewann,  wiegt  um  so  schwerer,  als  er  in 
dfm  ftllmäclitigcD  Grafen  Einsiedel  einen  zwar  stillen, 
»btr  harlnäckigen  Widerstand  fand.  Heinrich  von  Vitz- 
ihnin  war,  nach  Max  Maria  von  Wcber's  Schildemug, 
Moer  der  klUgsten,  wcitachauendsten  und  von  Engherzig- 
keit freieaten  Beamten  des  Bächsischen  Staats. 

Dir    mit    der   Erritlitting    eines  eigenen  Theaters  in 
Uipiig    nnd    mit    dem   Erlöaclieu    des  Privilegs    seines 
Bruders    zusammenhängende  Anflüeung    der  Joseph  Se- 
«odH'schen     Gescilseliatt    lionote     dem    Vitzthum'schen 
Projeete    nur    förderlich    sein.      Denn    wie    unznlSoglieh 
Heb  immer  die  Opcrnvorstellungen  der  letzteren  gewesen 
KtD   mochten,   so    hatten    sie    doch    das     Interesse     fitr 
"Kr   tranzUsische    und    deutsche    Oper  hier  erat    geweckt 
"Dd    last  ansschliesslich    unterhalten.  j:i    demselben  so- 
ff"'   bis    zu  einrni  gewissen  Grade  entsprochen.     Beaon- 
oerB  aaf  die  Aufführungin  der  zwei  letzten  Jahre  blicken 
'«fBchicdene  Berichterstatter  der  folgenden  Zeit  noch  an- 
"^ennend    zartick.      Mit    ihrem  Wegfalle    ninsste    daher 
•"•   BedOrfniss  hervortreten,  das  anf  Befriedigung  drang, 
^^   anf  welches  man  sich  bei  der  Befllrwortnng  des  hier 
'"     Rede   stehenden    Unternehmens    berufen    und  stützen 
*Oöijte.     Es  stand   hiermit  vielleicht  im  Zusammenhang, 
«»ss    die   Generaldirection    der    königlichen   Schauspiele, 
■"*   jeder  Concnrrenz  daselbst  vorzubeugen,  das  Theater 
''^*»    Lincke'schen  Bades  jetzt  selber  in  Pacht  nahm. 

Ein  Blick  auf  die  in  dem  jltngstverflossenen  Zeit- 
'**iine  neu  aufgeführten  Stücke  wird  erkennen  lassen, 
''**«  uutD  in  der  That  ernstlich  bemüht  war,  dem  Theater 
"•^H  in  .Aussicht  gestellten  Aufschwung  zu  geben.'  Beson- 

'  Vnn  teu  liis  S4.  Üctober  ISIG  wurden  im  Dresdner  Hof- 
">«at«r  folgende  Stacke  tum  ersten  Male  »nfgeflüirti 

18H,  Opern:  .Ai'hilles  von  Paer.  —  Cosi  f»n  totte  von  Mozart. 
—  li  ttelta  dello  Spoao  von  Üuglielmi.  —  CRmilla  von  Paar.  — 
Pfti'diBmd  Cortez  von  Spantdni,  —  Le  canUtrice  villane  «in  Fiora- 
'^otL  _  n  mitrimonio  segreto  von  Cimaroaa.  —  11  morto  vivo  von 


—    374    — 

ders  fing  man  im  Schauspiel  nan  die  Dichtung 
seren  Umfange  zu  beachten  an.  Gleich  in  der 
Stttckes  (Hermann,  der  Cherusker) ,  mit  d&a 
21.  October  1814  unter  der  neuen  Verwaltung  d 
lungen  wieder  eröffnet  hatte,  tritt  uns  ein  neu< 
Geist  entgegen.  Ihm  folgte  am  15.  December 
Jahres  Egmont  von  Goethe.  Im  folgenden  « 
selben  Dichters  Götz  von  Berlichingen  (Kaiser 
Götz  —  Hellwig,  Elisabeth  —  Idad.  Burmeister 
Mad.  Schirmer,  Adelheid  —  Mad.  Hartwig,  Wei 
Schirmer,    Sickingen  —  Drewitz,   Selbitz  —  I 

Paer.  —  Don  Giovanni  von  Mozart  (27).  —  La  vestal 
üni  (28).  —  La  clemenza  di  Tito  von  Mozart  (2). 

Schauspiele:  Braut  und  Br&utigam  in  einer  Pa 
von  Eotzebue.  —  Die  Brautnacht  im  Norden,  Tr.  6  A. 
mann.  —  Dankbarkeit,  Seh.  5  A.  von  Kuno.  —  Egmoi 
von  Goethe  (58).  —  Die  Feindet  Seh.  4  A.  von  Lernt 
Findling,  L.  2  A.  von  Gontessa.  —  Finden  und  Wiedi 
2  A.  von  Willmar.  —  Das  Gest&ndniss,  L.  1  A.  von  1 
Heinrich  Reuss  von  Plauen,  Tr.  6A.  von  Eotzebue.  — 
der  Cherusker,   Seh.  6  A.   —  Iphigenia  in  Aulia,  1 
Levezow.  —  Das  Kind  der  Liebe,  Seh.  6  A.  von  Eotzc 
Kreuzfahrer,  Seh.  6  A.  von  Kotzebue.  —  Oedipus  und 
5  A.   von   Elingemann.   —  Raphael,  Seh.   1  A.   von  < 
Die  Sklavin  in  Surinam,  Seh.  5  A.  von  Kratter.  —  Der 
Seh.  6  A.  von  Eotzebue.  —  Die  Schuld,  Tr.  4  A.  voni 
Tony,   Seh.  3  A.  von  Kömer.  —  Das  Yehmgericht,   1 
Klingemann.  —   Die  Vermählte,  Seh.  3  A.  von  Küstu^ 
und  Sohn,   Seh.  5  A.  von  Vogel.   —   Die  Vertrauten, 
Müllner.  --  Zwei  Nichten  für  Eine,  L.  2  A.  von  Kotzeb 
Tr.  6  A.  von  Körner  (14). 

1816.  Opern:  La  famiglia  Svizzera  von  Weigl 
testa  riscoldata  von  Paer.  —  Le  nozze  di  Figaro  von  ] 

—  n  matrimonio  per  sussuro  von  Salieri.  —  La  prova 
seria  von  Gneeco.  —  Adelasia  ed  Aleramo.  —  L^amor  i 
Weigl.  —  Axur,  re  d'Ormus,  von  Salieri.  —  Corradino  v( 

—  Griselda  von  Paer. 

Schauspiele:  Albreeht,  Landgraf  von  Thüringe: 
von  Stegmayer.  —  Die  barmherzigen  Brüder,  Seh.  1  A 
bue.  —   Der  Brauttanz,  L.  5  A.  von  Clauren.   —   Göt 


—    375    — 

Franz  —  Eanow^  Georg  —  Müller).  Daneben  zeigen 
sieh  Namen  wie  Müllner ^  Kömer,  Klingemann;  Oehlen- 
flchllger  und  Werner. 

Am  20.  October  1816  hatten  die  königlich  sächsischen 
SehiQgpieler  ihre  Vorstellnngen  in  Leipzig  mit  Emilia 
Gtlotti  ftir  immer  beschlossen.  Am  24.  October  d.  J.  er- 
öffneten sie  dieselben  in  Dresden. 

Die  von  Theodor  Hell  herausgegebene  Abendzeitung, 
welehe  in  ihrer  ersten  Nummer  (vom  1.  Januar  1817) 
einen  stehenden  Artikel  unter  dem  Titel  ,,Chronik  der 
königlichen  Schaubühne*'  eröffnete  ^  in  dem  sie  sich  fort- 

iicliingen.  Seh.  5  A.  von  Goethe  (18).  —  Hedwig,  Seh..  .^  A.  von 

l^^rner.  —  Des  Hasses  und  der  Liebe  Rache,  Seh.  5  A.  von  Kotze- 

^e.  _  Moses,  Seh.  6  A.  von  Klingemann.  —  Der  Neffe  als  Oheim, 

^  3  A.  nach  dem  Franz.  von  Schiller.  —  Rosamunde,  Tr.  6  A.  von 

*ftrner.  —  Rudolph  von   Habsburg,   Seh.  6  A.  von   Kotzebue.  — 

^oiBon's  Urtheil,  Melodr.  3  A.  —  Theatersucht,  L.  3  A.  von  Schall. 

"^  Die  unterbrochene  Whistpartie,  L.  2  A.  von  Schall.  —  Der  Vetter 

*■•    Bremen,  L.  1  A.  von  Kömer.   —  Vergebliche  Mflhe,  L.  8.  A. 

'•^Ä   Lembert  —  Der  vierundzwanzigste  Februar,  Tr.  1  A.  von  Wer- 

"•*"•  —  Welches  ist  die  Braut,  L.  6  A.  von  Weissenthum. 

1816.  Opern:  La  capricciosa  pentita,  von  Morlacchi.  —  I 
^^^osciti,  von  Paer.  —  n  re  Teodoro,  von  Paisiello.  —  11  barbiere 
*  ^viglia,  von  Morlacchi  (20).  —  L'avaro,  von  F.  Orlandi.  —  I  fra- 
^^li  rivali,  von  Winter.  —  11  portatore  d*acqua,  von  Mayer. 

Schauspiele:  Der  Abend  im  Rathhause,  L.  5  A.  von  Clau- 
J^^.  —    Adrian  von  Ostade,   Singsp.  1  A.  von  Weigl.   —    Clarissa, 

^-  4  A.  von  Rubelack.  —  Das  Doppelduell,  L.  5  A.  von  Clauren. 
""*^  Die  Elster,  Seh.  3  A.  von  Th.  Hell.  —  Die  grossen  Kinder,  L. 
^.  Mollner.  —  Die  Grossmama,  L.  1  A.  von  Kotzebue.  —  Die 
^^^^ÜUirliche  Nachbarschaft,  L.  1  A.  von  Kotzebue. —  Die  Huldigung, 
^^1l  1  A.  von  Bach.  Hakon  Jarl,  Tr.  6  A.  von  Oehlenschläger  — 
^^e  Kunst,  wohlfeil  zu  leben,  L.  5  A.  —  Künstlers  Erdenwallen, 
*^^  6  A.  von  Voss.  —  Der  Pflegesohn,  Tr.  5  A.  von  Kratter.  —  Der 
^^^wl,   L   1  A.   von  Kotzebue.  —  Der  Sammtrock,   L.   1  A.  von 

kotzebue.  —  Der  Geisterseher,  Singsp.  von  W.  Müller. 

Anmerkung.    Die  eingeklammerten  Zahlen  bezeichnen  die 
Anzahl  der  Wiederholungen,  welche  das  Stück  bis  1862  erlebt. 


-     376    — 

laufend  mit  den  Leistangen  derselben  sm  beechtAigen 
yerspracb,  war  der  Ueberzengnngy  dass  mit  jenem  Tige 
„eine  neue  Aera  für  das  deutsche  Sohanspiel  begmndef* 
sein  werde. 

Von  dieser  Zeit  an  glaubte  daher  auch  ich,  nidnei 
Lesern  eine  vollständige  chronologisch  geordnete  lieber- 
sieht  der  Leistungen  dieses  Theaters ,  tot  Allem  aiber 
eine  Statistik  der  auf  demselben  neu  aufgefflhrten  Open 
und  Schauspiele  geben  zu  sollen,  welche  ich  jedoch,  im 
den  Gang  der  DarstelluDg  nicht  zu  oft  unterbrechen  n 
müssen,  in  einem  besonderen  Anhange  mittheOe.  Troti 
der  jetzt  eingetretenen  Vereinigung  von  Oper  und  Scbao- 
spiel  wird  auch  noch  weiterhin  die  gesonderte  Darstel- 
lung beider  am  zweckmässigsten  sein. 

Das  Personal  hatte  inzwischen  manche  VeräuderaDg 
und  insbesondere  die  Kapelle  eine  Erweiterung  erfahren^' 

'  Den  Personal-  and  Besoldnngsetat  der  königl.  masikalischeii 
Kapelle  and  des  Orchesters  za  Anfang  des  Jahres  ISlTtheih  MaxMtiia 
von  Weber  (in  Carl  Maria  von  Weber)  in  Folgendem  mit: 

Kapellmeister  Franz  Morlacchi Thlr.  150O- 

Masikdirector  Karl  Maria  von  Weber „      löOO- 

Kirchencompositeur  Franz  Anton  Schubert „      lOOO- 

Concertmeister  Giov.  Batt  Polledro „      IMK' 

Kammermasici: 

Violinisten  Carl  Gottfr.  Dietsch,  Ludw.  Tietz    ....  ,  12(K>- 

»         J.  G.  Scholz  und  Franz  K.  Hunt  1 lOOO- 

„         Franz  Dunkel,  Ant.  Schmiedel,  J.  G.  Limburg  «  135^^- 

Aug.  Wenzel,  J.  F.  Castelli r  W^' 

ft        K.  G.  V.  Ahee,  K.  Kühnel,  K.  Sedelmeyer, 
K.  Schmidt,  K.  Peschke,  K.  G.  Taschenberg, 

Fr.  Morgenroth „  «lOO- 

„         Ant.  Hansel „  20Ä>- 

w         Mor.  Hauptmann,  Aug.  Lind,  M.  Salomo    .  „  46^^ 
Bratschisten  Chr.  B.  Frenzel,  Jos.  Schubert,  J.  G.  Listing, 

Ant.  Rottmeyer „  140C^* 

„           Franz  Pohlandt i,  iO^^ 

Violoncellisten  K.  W.  Höckner ,  46-^^ 

„             J.  Eissert  und  J.  Fr.  Dotzauer  .   .   .   .  „  10(»^ 

LatoB  Thlr.  1W*<3 


—    377    — 

wdciie  Vitzthnm  darch  einen  Vortrag  vom  11.  November 
1816  erwirkt  und  durch  die  bevorstehende  Mitwirkung 
dmelben  bei  den  deutschen  Schauspielen  und  der  neu 
XQ  errichtenden  deutschen  Oper  motivirt  hatte.  Der 
König  gab  diesen  Vorschlägen  seine  Zustimmung,  nach- 
dem die  Kapelle  zur  freiwilligen  Uebemahme  des  Comö- 
diendienstes  aufgefordert  worden  war  und  sich  mit  Aus- 
uihme  einiger  älteren  Mitglieder,  die  davon  auch  befreit 
Weboi,  dazu  bereit  erklärt  hatte. 

Transport  Thlr.  16960. 

VioloDceUisten  Xarer  Pischel,   Fr.  Aug.  Kammer  d.  J.  ,,  600. 

CoDtnlMissi^ten  Ant  Schubert „  600. 

«            K.  G.  Kummer,  J.  G.  Peschke  ....  ,.  800. 

«            Heinr.  Salomon „  800. 

„            Jos.  Besozzi ,,  160. 

RWsten  Friedr.  Götzel «  60^>. 

J.  F.  Prinz n  800. 

n      G.  Steudel »  300. 

»       Chr.  Fr.  Gerhardt «  200. 

•       Tacat n  150. 

Listen  Fr.  A.  Kummer  d.  Aelt „  .600. 

•  K.  Gustav  Dietze »  800. 

*»       Chr.  Ludw.  Taschenberg,  K.  H.  Scheibe!    .   .  „  400. 

•  K.  G.  Kummer „         löO. 

^rfnetUsten  J  T.  Rothe ,         600. 

n          Gottl.  Rothe „  460. 

n           Christoph  6&bler ^  860. 

91           J.  G.  Lauterbach ,,  200. 

^         •            GotU.  CotU ,  160. 

*^**^^orni8ten  K.  Haudeck 600. 

t*             Chr.  Gottlob  Fischer,  Aug.  Haase  ...      „  300. 

«•             KG.  Kretschmar,  K.  G.  Listing  d.  J.  .      ^  400. 

„          «>             Ludwig  Haase „  160. 

•*^*^Utaii  Franz  Schmidt „  600. 

«»          H.  A.  Kummer,  Gottlob  Peschel ,,  800. 

^        «»          A.  W.  Bergk,  Sebast.  Böhmer ,  400. 

*"*'*^Peter  J.  G.  Klemm 260. 

^_  ^          Karl  Friedrich  Grimm „  160. 

"•^^  das  übrige  Personal .   .      i,  .3648. 

Sa.  fhlr.  30548. 


-     378    — 

Der  bedeutendste  Erwerb,  welcher  fttr  das  Schanqnel 
gemacht  worden,  war  das  Engagement  des  Scbaaspielen 
Friedrich  Julius,  welcher  am  21.  Juli  d.  J.  in  Leip- 
zig als  Beaumarchais  debtttirt  hatte.  Fttr  die  müitliisehe 
Laufbahn  erzogen,  hatte  er  mit  Auszeichnung  als  OiSuer 
in  der  preussischen  Armee  gedient,  folgte  aber  dum 
seiner  Neigung  zur  Bühne,  auf  welcher  er  in  der  Thit 
eine  noch  glänzendere  Rolle  spielte.  Er  vereinigte  mit 
einer  edlen  Haltung,  mit  der  Tournüre  eines  Hannes  der 
feinsten  Bildung  eine  grosse  Ausdrucksf&higkeit,  obscbon 
seiner  Stimme  eine  reichere  Modulation  versagt  wv. 
Eine  einfache,  aber  dabei  tiefe  Wahrheit  der  Charakte- 
ristik zeichnete  jede  seiner  Darstellungen  ans.  Er  wir 
ein  Feind  alles  Blendenden,  alles  Leeren,  gleich  an8g^ 
zeichnet  in  Liebhaber-,  wie  Heldenrollen.  Tieck  (Das  Dresd- 
ner Hoftheater  im  Januar  1827)  urtheilt  noch  ttber  ihn:  J^ 
wahrer  Künstler,  der  uns  in  den  feinen  Rollen  der  Welt- 
leute den  feinsten  Anstand,  ein  gewogenes,  anmuthiges 
Betragen  und  in  der  Emilia  Galotti  das  Muster  eines 
wohlerzogenen  Marinelli  aufstellt.  Physiognomie  and 
Wuchs  sind  noch  immer  jugendlich,  und  es  ist  zn  b^ 
dauern,  dass  er  Jetzt  viele  jener  Rollen  abgegeben  bat, 
die  frische  Jugend  zu  erfordern  scheinen,  denn  der  Prinx 
von  Homburg,  der  Herrn  Julius  grossentheils  denBei&O 
auf  hiesiger  Bühne  verdankte,  hat  seitdem  verloren. 
Gelang  auch  der  Ausdruck  der  höchsten  Leidenschift 
und  Verzweiflung  nicht  ganz,  so  erschien  dieser  wunder- 
bare Jüngling  doch  so  schwärmerisch,  innig  und  heroiseli) 
dass  der  Zuschauer  die  Absicht  des  Dichters  verstand 
und  hingerissen  wurde.  Diese  zurückgehaltene  Leiden- 
schaft des  Don  Cäsar  in  Donna  Diana  ist  von  Herrn 
Julius  immer  so  meisterhaft  gezeichnet  worden,  dais 
jeder  seiner  Nachfolger  in  dieser  schwierigen  Rolle  nn« 
schwerlich  so  befriedigen  wird.  Sein  Teilheim  ist  trefilicb, 
und  Vieles  im  Romeo  war  sehr  zu  loben.  Im  Zurück- 
drängen, Verschliessen  der  Leidenschaft,  die  nur  wie  in 


—    379    — 

allen  diesen  angedeuteten  Darstellungen  sich  grossartig 
und  mächtig  andeutet^  liegt  die  Kunst  dieses  Künstlers.^ 
Tieck  lobt  femer  noch  seinen  Eent  und  BassaniO;  sowie 
seine  Meisterschaft  in  feineren  Rollen  des  Lustspiels. 

Die  Schwestern  Zucker  waren  zwar  schon  früher 
bei  der  Bühne  eingetreten^  besonders  Julie,  die  jüngere, 
sollte  sich  aber  erst  in  dieser  Zeit  zu  einer  höchst  talent- 
vollen Schauspielerin  und  Sängerin  entwickeln.  Sie  wurde 
als  Mad.  Haase  (sie  vgrheirathete  sich  an  den  Kammer- 
musiker August  Haase)  im  Fach  der  Soubretten  eine 
Zierde  der  deutschen  Oper. 

Luigi  Bassi,  geb.  1766  zu  Pesaro,  spielte  schon 
in  seinem  13.  Jahre  Frauenzimmerrollen  auf  Privatbtth- 
nen.  Im  17.  Jahre  trat  er  auf  dem  Theater  della  Per- 
gola in  Florenz  mit  Beifall  auf,  so  dass  ihn  schon  im 
folgenden  Jahre  (1784)  Guardasoni  nach  «Prag  berief. 
Er  wurde  hier  bald  einer  der  bedeutendsten  Sänger,  und 
man  sagt,  dass  Mozart  für  ihn  den  Don  Juan  componirt 
habe.  Gewiss  sang  er  ihn  1787  zum  ersten  Male.  Selt- 
samerweise wollte  er  sich  anfangs  nicht  zum  Singen  des 
Cbampagnerliedes  verstehen,  mit  dem  er  dann  so  grosses 
Furore  machte.  Morlacchi  berief  ihn  1815  an  die  italie- 
nische Oper  nach  Dresden.  Obschon  der  berühmte  Sänger 
damals  die  Stimme  schon  sehr  verloren  hatte,  sollte  er 
nicht  nur  durch  seinen  meisterhaften  Vortrag,  besonders 
in  komischen  Rollen  (z.  B.  als  Bariolo),  sondern  weit 
mehr  noch  durch  seine  Thätigkeit  als  Regisseur,  welche 
Stellung  er  1816  übernahm,  derselben  die  grössten  Dienste 
leisten.  Genast  nennt  ihn  einen  der  schönsten  alten 
Männer,  die  er  jemals  gesehen.  (Er  war  damals  freilich 
nur  erst  51  Jahre  alt  und  starb  1825.) 

Von  den  Veränderungen  in  der  Kapelle  ist  die  durch 
Bescript  vom  20.  April  1816  bestätigte  Anstellung  des 
Giov.  Battista  Pollcdro  (geb.  1776  zu  la  Pivra  bei 
Turin)  als  Goncertmeister  an  des  1814  pensionirten  Babbi 
Stelle    die   weitaus   bedeutendste.     PoUedro   war  einer 


—    380    — 

der  grössten  Violin-VirtHoscin  der  Zeit.  Er  verband  nd 
einer  aller  Schwierigkeit  spottendeii  Tecb^mk  ii* 
höchste  Anmnth  und  Lieblichkeit  des  Vortrags  undTo: 
Beethoven;  der  ihn  in  Carlsbad  hörte,  stamite  ttbte  seiik^ 
selbst  ihm  fast  nnfassliche  Fert^keit,  besonders  in  Doppel.  • 
griffen.  Polledro  hat  an  dem  Ruhme,  den  sieh  di.« 
Dresdner  Kapelle  im  folgenden  Zeiträume  erwarb,  eine« 
hervorragenden  AntheiL  Weber  ist  fttr  ihn  gans  B^- 
Wanderung  und  Anerkennung. 

August  Haase  (geb.  1792  in  Goswig  bei  Witten- 
berg) hatte  1813  Anstellung  in  der  Kapelle  geAmden  und 
bildete  sich  zu   einem  der  besten  Waldhomisten  aus.  — 
Joh.    Heinrich    Steudel    (geb.  1787  sli  Zwiokii), 
welcher  schon  früher  beim  Jagdpfeiferohor  als  FagotM 
mitgewirkt  hatte,   trat   hier  als  Flötist  ein  und  erlangte 
später  gerechte  Berühmtheit.    Joh.  Gottl.  Kotte  (geb. 
1797  zu  Sathmannsdorf  bei  Schandan)  genoss  als  (9iri- 
nettenbläser  weitverbreiteten  Ruf.  Oleiches  erreichte  iwh 
Friedr.  Aug.   Kummer,  Sohn   des   Oboisten  KnmMr, 
geb.   1797    zu  Meiningen  und  seit  1814  hier  angeitoHt. 
Er  galt  lllr  einen  der  vorzüglichsten  Violoncellisten. 

Als  Curiosität  mag  schliesslich  hier  noch  erwilnit 
werden,  dass  im  Nov.  1814  das  kleine  Theater  in  dem 
ehem.  Gräfl.  Brührschen  Garten  zum  letzten  Male,  ge- 
legentlich   eines    Gastspieles  von   Friedrich    und  Bettf 
Moritz  vom  Theater  zu  Hannover,  benutzt  wurde. 


Kampf  der  deutschen  und  italienischen  Oper. 


tirfgjag^  iler  d«utsc]ifn  Oper.  —  YerliHndlnugen  Vllztham'x 
*^  C  H.  T.  Weber.  —  Selue  ErneDnun^  zum  Kapell- 
■elit«r.  ~  Cbarahterlstlk  desselbeo.  —  YerhäUnlüs  (leBselben 
*"  XorlBccbl.  —  Erste  Sümpre.  —  GrUniluDK  eines  Theater- 
ebow.  _  rerSnilerniigen  Im  OrcheRter.  —  Vitxthnm's  RBck- 
*r<(t-  —  Helnrleh  ron  Ktfnneritz.  —  Mtekticii,  Cbordirector.  — 
Iler  PvetscbOtx  und  PreoIoRa —  Verhaitnlsfi  Weber's  m  üpokr 
»■*  VarHcbner.  —  Wllhelmine  Schröder.  —  MarecfaDer,  MuRik- 
Alrret^kr,  _  i^urfanlhe.  —  Anton  KoUa.  —  Oberon.  —  Adolph 
*«  l^Ultichao.  -  Die  PalazzesL.  -  Iler  Tod  Hell«Ig's  and 
■•••t*»,  —  Der  Tod  Weber'».  —  C.  U.  Reinsiger.  —  Anton 
'■b*l^f,  —  AnnSiinne'  der  Itallenliarhen  Uper.  —  Bestand  und 
Verindernn^D  der  KSnisl-  Kapell«. 

Scholl  im  Monat  Juli  1816,  bei  einer  zutälligen  Be- 
W^Ung  in  Carlsbad,  liatte  der  Detie  Generaldirector 
"^"»«nch  Graf  von  Vitztlium  mit  sicherem  Blicke  in  Carl 
■'rt^  V.  Weber  den  geeigneten  Manu  fiir  die  projectirte 
Suduiig  einer  deutschen  Oper  in  Dresden  erkannt. 
^"Oiitielbar  unter*  dem  Eindrucke  jener  Begegnung 
"'orieb  derselbe  nämÜeh  an  seinen,  ihn  inzwiscben  bei 
de»  Theatervorwaltuug  vertretenden  Bruder  Alexander: 
'y^T  Werib  dieses  Mannes  ale  Compositeur  und  Musik- 
"""^tor  ist  zu  allgemein  anerkannt,  als  dasa  ich  hätte 
^*'ftnken  tragen  sollen,  die  sich  darbietende  Gelegenheit 

**enUtzen,   um    mit  ihm  vorläufige  Unterhandlungen 

Jr*** knüpfen,  besondere  da  die  Anstellung  eines  dentscben 

^tK:lliueüt«rft  vou  der  Errichtung  ebfir  deutacUeu  Üpor 


-     382     ~ 

beinahe  unzertrennlich  ist.     Webern    habe    ich    vorläufi^^' 
Hoffnung  zu  einem  Gebalt  von  1500  Thlr.  gemacht.    Er 
verlangte  2000  Thlr.  und  jährlich  oder  doch  aller  zwei 
Jahre  2  Monate  Urlaub  zu  einer  Kunstreise.  —  Zur  Er- 
leichterung und  Abkürzung  des  Geschäfts  wtirde  es  aehr* 
gereichen,  wenn  Du  sofort  mit  dem  Minister  (Einsiedel) 
oder  vielleicht  lieber  gleich  mit  dem  Könige  sprechen, 
die  Nothwendigkeit;  einen  aasgezeichneten  Künstler  dieser 
Art   anzustellen,    kräftigst   auseinandersetzen    und  eine 
Autorisation  für  micli  auswirken  wolltest,  mit  dem  Manne 
von   Monat  September  d.  J.  an  abzuschliessen.  —  Do 
fühlst  selbst,  dass  man  einem  solchen  Manne  einen  solchen 
Anstand  nur  auf  kurze  Frist  ansinnen  kann ;  et  pnis  3 
faut  forger  le  fer,   pendant  qu'il  est  chaud.    Ich  län^e 
nicht,  dass  ich  die  Anstellung  desselben  sehr  wünsche, 
da  seine  grosse  Bekanntschaft   mit  der  deutschen  Mosik 
und    mit    fast    allen    deutschen    Bühnen    und   mit  dem 
eigentlichen    Theaterwesen    mir    die    Organisation  der 
deutschen  Oper   und   die   künftige  Erhaltung   derselben 
in  hohem  Ansehen   und   daher  auch  in  grossem  Nutirn 
für  die  Gasse,  fast  in  demselben  Masse  erleichtem  wird, 
wie   mir    solches    durch   Polledro's    Anstellung    ftlr  die 
italienische  Oper  und  die  Kirchenmusik  gelungen,   lieber 
letzteres   ist   unter  den  vielen   hier  zusammentreffenden 
Musikkennem   und  Fremden   nur   ein  Rühmens  und  zu- 
gleich allgemeine  Stimme:  dass  Sachsen  jetzt  mehr 
als  je  die  vielen  ihm  zu  Gebote  stehenden HttIfB- 
mittel  benutzen  sollte,  um  sich  irtimer  mehr  dnrch 
Ausbildung  der  Künste  und  Wissenschaften  ans- 
zuzeichnen,  da  jede   andere  Art,  sich  Ruhm  nnd 
Ansehen  zu  verschaffen,  verloren  für  uns  ist" 

Die  Sache  stiess  jedoch  bei  dem  Minister  Einsiedel 
auf  Widerstand,  nach  dessen  in  einem  Handbillet  vom 
10.  Juli  ausgesprochener  Meinung  „die  ganze  Angelegen- 
heit der  deutschen  Oper  noch  zu  unreif  wäre,  als  da» 
man  schon  an  solche  Anstellungen  denken  könne". 


—    383    — 

Die  Unterhandlungen  wurden  deshalb  zwar  keines- 
wegs abgebrochen,    die    Bedingungen    aber   modificirt. 
Vitxthnm   bot  Webern   unter   dem  8.  August  die  Stelle 
eines  Königl.   Kapellmeisters   bei   einjährigem   Contract 
nnd  mit  1500  Thir.  Gehalt  an,  bemerkte  aber  dabei;  dass 
>Qch  PaSr  nnd  Morlacchi,  sowie  Babbi  und  PoUedro  zu- 
nächst einen   längeren   Contract    nicht    erreicht    hätten, 
fftllein  kein  Beyspiel  vorhanden  sey,  wo  dieses  einjährige 
Engagement  nicht  eine  Anstellung   auf  Lebenszeit  zur 
Folge  gehabt  habe".  —  Weber,   obschon   er   in   diesem 
Vorgänge    noch    keine    genügende    Sicherheit    tlQr    sich 
erblicken  konnte,  „da  es  fast  unmöglich  sei,  in  Jahres- 
^t  etwas  Ausgezeichnetes  in   einem   ganz  neu  zu  be- 
Stundenden  Unternehmen   zu   leisten*',   nahm   doch   das 
Anerbieten   an,   um   das  unbegrenzte  Vertrauen  zu  be- 
zeigen, welches  er  sowohl  in  seinen   neuen  Chef,   wie 
if^   die   allbekannte  Gnade   und  Gerechtigkeitsliebe  Sr. 
^jestät   des   Königs*"    setzte.     Am   21.  December  1816 
^ig^e  ihm  Vitzthum  seine  definitive  Anstellung  als  Kapell- 
meister unter  der  Versicherung  an,  „dass  er  das  Gelingen 
^iner  Bestrebungen,   ihn   dem   königlichen  Dienste   zu 
C^winnen,   unter  die  wichtigsten  und  angenehmsten  Er- 
'^Is^  in  seinem  neuen  Wirkungskreise  rechne^. 

Carl  Maria  y.  Weber  enstammt  einem  alten  Ge- 
^lilechte  Oberösterreichs,  das  seinen  Adel  im  Jahre  1568 
^''Warb.  Doch  auch  das  musikalische  Talent  der  Familie 
'^Bst  sich  ebensoweit  zurück  verfolgen.  Bedeutender  trat 
^  aber  erst  bei  Carl  Maria's  Grossvater  und  dessen 
lindem  und  Enkeln  hervor.  Der  Amtmann  Fridolin 
^On  Weber  zu  Zell  binterliess  zwei  Söhne,  von  denen 
*^r  ältere,  Fridolin  IL,  der  Vater  von  Mozart's  Mutter 
^^d  von  noch  drei,  sämmtlich  als  Sängerinnen  mehr 
^er  weniger  ausgezeichneten  Töchtern  wat  —  während 
^^T  jüngere,  Franz  Anton,  der,  wie  sein  Bruder,  den 
Musikunterricht  seines  tUr  die  Tonkunst  leidenschaftlich 
glühenden  Vaters  genossen,   sich   dieser  Neigung   ganz 


—    384    — 

auBscbliesslich  ergab,  nachdem  er  vorher  seinen  eigen 
liehen  Beruf  als  Offizier  mit  der  Stellang  eines  An 
manns  vertanscht  hatte.  Es  gehörte  za  den  ehaiai 
teristtschen  Zttgen  des  wunderlichen  Mannes,  daas  ih 
der  Besitz  eines  musikalischen  Wunderkindes,  wie  et« 
Wolfgang  Mozart,  über  alle  anderen  Wünsche  ging.  D 
Folge  war,  dass  er  all  seinen  Kindern  eine  musikalisel 
Erziehung  geben  liess,  wie  denn  seine  Söhne  ans  ent 
Ehe,  Fritz  und  Ektmund,  von  denen  der  eine  ein  gut 
Musiker  in  der  Esterhazy'schen  Kapelle,  der  andere  e 
befUhigter  Componist  und  guter  Dirigent  wnrde,  dop 
von  Haydn  Unterricht  erhalten  hatten.  Selbst  noch  h 
dem  kränklichen,  n)it  einem  örtlichen,  die  partiell 
Lähmung  des  einen  Beines  zur  Folge  habenden  Lddei 
behafteten  Carl  Maria,  der  ihm  in  zweiter  Ehe  u 
18.  December  1786  zu  Eutin  geboren  worden  war,  gsl 
der  seltsame  Mann  anfänglich  diese  Hoffnung  nicht  ui 
Das  musikalische  Talent  des  Knaben  kam  aber  n  i 
später  Entwicklung,  dass  ihn  der  Vater  bereits  m 
Studium  der  bildenden  Künste  bestimmt  hatte,  als  M 
ein  junger  Musiker,  Namens  Henschkel,  sein^  auf 
Thätigste  annahm  und  den  Grund  zu  dem  späteren  Tii 
tuosen  Ciavierspiel  desselben  legte.  Auch  gelang  e 
1798  dem  von  einem  wunderlichen  Kunsttriebe  in  ei 
abenteuerliches  Wanderleben  gerissenen  Vater,  der  jefa 
mit  seinen  musikalischen  Kindern  sogar  eine  Schauspiele 
truppe  errichtet  hatte  ^  die  das  südliche  Dentschlaa 
durchstreifte ;  l\ir  ihn  eine  Stelle  im  fürstbischöflichc 
Kapellknaben-Institnte  zu  Salzburg  zu  erlangen,  welchei 
ein  Bruder  Joseph  Haydn^s  vorstand.  Obschon  dieser  di 
Talent  des  Knaben  erkannte,  welches  unter  Nepomv 
Kalcker's  Leitung  noch  weitere  Ausbildung  empfing,  i 
hielt  es  jetzt  der  alte  Weber  doch  nicht  für  bedeuten 
genug;  um  den  Beruf  des  ganzen  Lebens  darauf  s 
gründen,  sondern  hatte  vielmehr  für  Carl  Maria  die  damal 
neue  Erfindung  der  Lithograpliie  ins  Auge  gefasst.   Mittel 


—    385    — 

ODter  den  Arbeiten,  die  diesem  hierdurch  auferlegt  wurden, 

%  8ich  aber  der  musikaÜBche  Genius  des  Knaben  zu 

regen  an,  und  schon    1800   begegnen   wir  wieder  Vater 

nnd  Sohn    in    musikalischer   Thätigkcit  bei  der  Bitter 

SWngberg'schen    Schauspieler  -  Gesellschaft  in    Freiberg, 

während  gleichzeitig  von   einer  anderen  Gesellschaft  in 

Chemnitz:  „Das  stumme  Waldmädchen.  Grosse  romantische 

Oper,  in  älusik  gesetzt  von  C.  M.  v.  Weber,    13  Jahre 

^t,  einem  Zöglinge  Haydn's^,   also   mit   aller  nöthigen 

^lame,  zur  Aufführung  kam.   Die  Wiederholung  dieser 

Oper  in  Freiberg  riss  den  jungen  Componisten,  vielleicht 

wf  Drängen  des  Vaters,  in  seinen  ersten  Kampf  mit  der 

^was  absprechenden  Kritik.    Das   fortgesetzte   rastlose 

Wanderleben  erweiterte  dann  aber  rasch  seine  Welt-  und 

V^üBchenkenntnisse   und  trug   ihm  eine  Menge  von  Be- 

»^hnngen  und  Verbindungen  ein,  die  ihm  in  der  Folge 

'AtKlieh  und  förderlich  wurden.    Die  wichtigste  war  die 

^t  Abt  Vogler  in  Wien. 

Mit  diesem  traf  er  auch  später  wieder  in  Darmstadt 
'^^mmen,   wo  er  in  Gemeinschaft  mit  Meyerbeer  und 
^usbacher  glückliche  Tage  verlebte,   den  Abu  Hassan 
^tUponirte  und  Sylvana  (mit  seiner  späteren  Frau,  Caro- 
•^^  Brandt,  in  der  Titelrolle)  zu  erfolgreicher  Aufführung 
^^chte,  worauf  er  auf  längeren  Kunstreisen  seinem  wach- 
'^tiden  Rufe  als  Componist  und  Claviervirtuos  weitere  Aus- 
■•^tung  gab.   In  München,  wo  er  1811  länger  verweilte, 
erlangte   sein  Abu  Hassan   zur   ersten  Aufführung.    In 
**^«em  Jahre,   wie  auch   X812,   berührte   er   auf  seinen 
^tinstreisen   Dresden,   das  ihm  jedoch  eine   kühle  Auf- 
"^^hme  bereitete.     Ein  Concert,  das  er  mit  seinem  Freunde 
^Unnann  hier  gab,  lieferte  jedem  von  ihnen  ein  Erträgniss 
^On  nur  28  Thlr.   ifachdem  er  unter  Liebig  in  Prag  die 
^^pellmeisterstelle   des  dortigen  Theaters  eine  Zeit  lang 
^^kleidet  hatte,  kehrte  er  1814  nach  Berlin  zurück,  das  da- 
mals den  Charakter  eines  siegreichen  Heerlagers  hatte  und 
"^on  patriotischen  Liedern  wiedertönte.  Hier  wurde  Weber, 

25 


—    386    - 

so  fern  er  bisher  allen  politischen  Bestrebnngen  gestanden 
hatte,  ebenfalls  mit  in  diese  gerissen.  Er  empfing  die  An- 
regungen zu  den  Liedern,  die  seine  Popularität  und  Beinen 
Ruhm  ftlr  immer  begründen  sollten  und  anter  dem  Titel 
„Leyer  und  Schwert**  später^  gesammelt  hervortraten. 
Nach  langem  unruhigen  Wanderleben  lief  er  sodann 
in  den  Port  seiner  Dresdner  Anstellung  ein. 

Es  war  nur  zu  natürlich,  dass  Morlacchi,  welcher 
die  Dresdner  Kapelle  seit  vier  Jahren  so  unumschränkt 
beherrscht  hatte,  dass  ihm  sogar  schon  PoUedro's  Anstel- 
lung eine  Beeinträchtigung  schien,  sich  der  Bildung  einer 
deutschen  Oper  mit  allen  Mitteln  widersetzen  mneste. 
Da  dies  aber  Dank  der  Festigkeit  Vitzthum's  doek 
nicht  gelang,  so  war  der  kluge  und  gewandte  Italiener 
jetzt  ebenso  sehr  bemüht,  den  neuen  Amtsgenossen  dnreh 
persönliche  Liebenswürdigkeit  zu  ge^nnen,  als  Alles 
aufzubieten,  um  sich  und  seiner  Stellung  wenigstens 
überall  den  Vorrang  zu  sichern.  So  kam  er  denn  Webern 
auch  jetzt  mit  seinem  Besuche  zuvor,  obschon  er  ohne 
Zweifel  zugleich  die  Ursache  war,  dass  dieser  zu  seiner 
grossen  Enttäuschung,  nicht  wie  es  ihm  doch  von  Vitt 
thum  zugesichert  worden,  in  den  Rang  eines  Kapell- 
meisters ;  sondern  nur  in  den  eines  Musikdirectors  ein* 
treten  sollte.  Nur  den  eifrigen  Vorstellungen  Vitzthum'^ 
SchmicdeFs  und  Bassins  gelang  es ,  ihn  zum  Bleiben  xn 
bestimmen ,  bis  entweder  ein  anderer  Musikdirector  ge- 
funden oder  seine  Stellung  derjenigen  Morlacchi's  völlig 
gleichgestellt  worden  sei.  Man  muss,  um  diese  Ve^ 
hältnisse  richtig  zu  beurtheilen,  in  Betracht  ziehen,  da» 
damals  der  bei  Weitem  grösste  Tlieil  der  Gebildeten 
Dresdens  noch  auf  Seiten  der  italienischen  Oper  stand 
und  Weber's  Ruhm  und  Popularität  nicht  sowohl  anf 
dem  Gebiete  der  Oper,  als  in  seinen  Freiheitsliedern  lagi 
welche  damals  in  Dresden,  besonders  am  Königlichen 
Hofe,  die  Anerkennung  wie  im  übrigen  Deutschlani 
nicht  zu  erwarten  hatten.    Konnte  doch  noch  1825  nach 


—    387    — 

den  Erfolgen  des  Freiscbütz  der  spätere  Intendant  des 
K.  S.  Hoftheaters,  als  er  mit  Weber  in  Berlin  zusammen- 
traf und  Zeuge  von  der  Verehrung  wurde,  die  man 
diesem  dort  überall  entgegenbrachte,  in  die  naive  Frage 
ausbrechen:  „Weber,  sind  Sie  denn  wirklich  ein  berühmter 
Mann?*" 

Es  ist  daher  ganz  begreiflich,  dass  König  Friedrich 
A.ugust  bei  seinem  empfindlichen  Gerechtigkeitssinne  in 
der  völligen  Gleichstellung  der  deutschen,  von  ihm  unter- 
schätzten, und  der  von  ihm  so  hoch  gewürdigten  italienischen 
Oper,  sowie  des  ihm  noch  so  gut  wie  unbekannten 
and  wenig  sympathischen  Weber  mit  dem  bei  ihm  in 
hohen  Ehren  stehenden  Morlacchi  eine  gewisse  Ungerech- 
tigkeit sehen  musste.  Wie  es  denn  andererseits  von  den 
unbedingten  Anhängern  der  italienischen  Oper  gerade  er 
wieder  war,  welcher  vielleicht  mehr  als  irgend  ein  Anderer 
den  Schwierigkeiten,  mit  denen  Weber  zu  kämpfen  hatte, 
Rechnung  trug  und  die  Verdienste,  die  sich  dieser  in 
ihrer  Ueberwindung  erwarb,  rückhaltlos  anerkannte.  Denn 
dkse  Schwierigkeiten  waren  allerdings  ausserordentlich. 
Es  ist  nur  nöthig^  das  Material  der  Sänger,  über  das  er 
nn  ersten  Jahre  zu  verfügen  hatte,  mit  demjenigen  zu 
vergleichen,  welches  Morlacchi  besass.  ^Is  Sopran  und 
Alt  standen  ihm  —  wie  es  bei  Max  Maria  v.  Weber  (a.  a. 
0.  2.  Th.  S.  36)  heisst  — •  Frau  v.  Biedenfeld,  eine  etwas 
abgesungene  vormals  brave  Künstlerin,  Fräul.  Hunt,  eine 
Dame  von  rein  italienischer  Schule,  Madame  Micksch,  eine 
durchaus  ungefällige  Sängerin,  zwei  sehr  junge,  wenn 
auch  talentvolle  Schwestern  Emilie  und  Julie  Zucker, 
und  die  üppige  Wilhelmine  Schubert  (spätere  Müller- 
Bachmann)  zu  Gebot,  von  denen  ausser  Frau  v.  Bieden- 
feld und  Fräul.  Hunt  noch  keine  eine  eigentliche  Opem- 
partie  gesungen  hatte.  Ungern  trat,  wenigstens  anfangs, 
tm  Aushülfe  die  treffliche,  mit  lieblicher,  guter  Stimme 
begabte,  aber  sehr  unrein  deutsch  sprechende  Sandrini 
fllr  Sopranpartien  ein;  .Caroline  Benelli  entwickelte  sich 


—    388    — 

eben  zur  anziehenden  Sängerin.    Als  Tenoristen  hatte 
den  mit  schöner^  sympathischer  Stimme  begabten,  abe-^ 
als    Schauspieler    fast   unbrauchbaren    Bergmann,    de^ 
schreienden,  detonirenden ,  aber  gut  spielenden  Wilbelno 
und  den  kaum  singenden,  aber  um  das  Institut  sehr  t^^ 
dienten  Regisseur  bei  der  deutschen  Oper,   Hellwig;  t^% 
Bassisten  Geiling  und  Toussaint,   die  auch  kaum  jem&Is 
in  wirklichen   Opern   mitgewirkt  hatten.    Der  alternde 
Job.  Alois  Micksch  sang   mit   gebrochener  Stimme  und, 
wenn  auch  mit  grosser  technischer  Meisterschaft,  so  doci 
ohne   jegliches   dramatische   Talent   bald   Tenor-,  btld 
Baritonpartien."    Was  wollten  diese  Kräfte,  die  er  thei^ 
weise  im  Laufe  des  Jahres  erst  noch  zu  gewinnen  hatte^ 
gegen  einen  Sassaroli,  Decavanti,  Benincasa,  Tibaldi,  die 
Sandrini  und    Funk    bedeuten,   welche   die   itaUeniflche 
Oper  unter  der  ausgezeichneten  Regie  des  einst  auch  ab 
Sänger  berühmten  Bassi  vereinigte? 

Als  daher  Weber  am  30.  Januar  1817  mit  der  entea 
von  ihm  einstudirten  Oper  „Joseph  in  Aegypten**  hcrror 
trat,  erschien  der  König  mit  der  Bemerkung  in  der  Loge: 
„Wenn  die  heutige  Vorstellung  gut  abläuft,  hat  Weber 
schon  viel  geleistet.**  Und  sie  lief  so  über  alle  Erwartung 
gut  ab,  dass  der  König,  „der  ein  sehr  gutes  musikaliscbes 
Ohr  hatte  und  verdrüsslich  zu  husten  pflegte,  wenn  dicw» 
verletzt  wurde,  nicht  ein  einziges  Mal  dieses  Zeichen  des 
Missfallens  hören  liess^. 

Es  ist  wahr,  Weber  erhielt  keine  Beförderung  oder 
Auszeichnung  ohne  besonderen  dringlichen  Antrag  Vit*" 
thum's,  und  verschiedene  dieser  Anträge  wurden  sogtf 
zurückgewiesen,  so  dass  Letzterer  in  dessen  Folge  wieder- 
holt um  seine  Entlassung  einkam.  Inzwischen  darf  uieli^ 
übersehen  werden,  dass,  wie  aus  einem  von  Max  Mari» 
V.  Weber  (im  o.  ang.  W.  S.  110)  erzählten  Vorgänge  er- 
hellt, dies  seinen  Grund  nur  zu  häufig  in  der  Eigen- 
mächtigkeit des  Grafen  Einsiedel  hatte.  Doch  wnrde 
Webern   nicht  nur  am   10.  Febr.  1807   der  Titel  eine» 


—    389    — 

Kcipellmeisters,  sondern  auch  durch  Decretv.  13.  Sept.  d%  J,, 
^'^ilich  unter  dem  Druck  von  Berliner  Anerbietungen, 
^benslängliche  Anstellung  als  Eönigl.  Kapellmeister  unter 
[Bewährung  eines  jährlichen  Urlaubs  von  zwei  Monaten 
ßu  Theil. 

Sympathisch  freilich  konnte  Weber's,  die  Geleise  der 
gewohnten  Ordnung  so  vielfach  überschreitendes  Auf- 
treten dem  König  nicht  sein.  Dass  ein  Beamter  des  Hofs 
eine  Ansprache  an  die  Bevölkerung  Dresdens  in  der  Abend- 
zeitung veröffentlichen  Hess,  Dresdens^  welches  bisher  nicht 
einmal  ein  derartiges  Organ  gekannt  hatte;  dass  er  in 
derselben  Zeitung  unter  dem  Titel  ^Dramatisch-musikalische 
Notizen"  den  zu  erwartenden  Opern-Novitäten  einleitende 
und  verständigende  Bemerkungen  vorausschickte/  stiess  in 
den  weitesten  Kreisen  auf  Widerspruch.  Auch  die  Art, 
wie  Weber  gegen  seine  Untergebenen  auftrat,  mochte  nicht 
nnr  bei  diesen,  sondern  auch  bei  Hofe  Anstoss  erregen. 
Wie  er  z.  B.  gleich  bei  Einführung  in  die  Kapelle  seine  An- 
rede mit  den  Worten  schloss :  ^Dagegen  erwarte  ich  aber 
anch,  als  Ihr  Vorgesetzter,  Ihren  unbedingten  Gehorsam. 
Ich  werde  gerecht,  aber  auch  ohne  Ansehen  der  Person 
gegen  Jeden,  am  meisten  gegen  mich  selbst,  unerbittlich 
sein."  Und  wie  manche  Bemerkung,  die  der  spitzen  Zunge 
des  geistvollen,  an  arglose  süddeutsche  Ungezwungenheit 
gewöhnten  Mannes  entschlüpfte,  wird  übertrieben  und  ent- 
stellt in  die  höchsten  Kreise  getragen  worden  sein. 

Gewiss  mag  Weber,  bei  der  ausserordentlichen  Reiz- 
barkeit seiner  überaus  fein  organisirten  Natur,  Manches 
mit  zu  empfindlichem  Argwohn,  mit  zu  empfindlicher  Eifer- 
sucht angesehen  und  aufgefasst  haben,  und  gewiss  würde 
hier  und  da  ein  milderes  Auftreten,  wenn  nicht  schick- 
licher, so  doch  vielleicht  praktischer  gewesen  sein.  In- 
dessen darf  nicht  vergessen  werden,  dass  er  in  einer 
Sache,  die  nicht  nur  die  seine,  sondern  die  der  ganzen 
deutschen  Musik  überhaupt  war,   vor  Allem  auf  Klar- 

*  Bei  Maz  Maria  von  Webw  im  a.  W.  Thl.  III  abgedruckt. 


—     390    — 

Stellung  der  Verhältnisse  dringen  nnd  sich  nnd  ihr  die 
Achtung  sichern  musste,  ohne  welche  bei  den  gegen  sie 
bestehenden  Vornrtheilen  und  den  gegen  sie  offen  nnd 
heimlich  gerichteten  Angriffen  eine  gedeihliche  Entwicklnng 
nicht  zu  erwarten  war/ 

Weber  führte  in  den  Proben  eine  musterhafte  Ordnang 
ein.  Er  hatte  Ohr  und  Auge  für  Alles.  GostttmC;  De* 
corationen;  Gruppirungen  wurden  von  ihm  auf  das  Sorg- 
fältigste in  Betracht  gezogen.  Er^  der  im  Privatleben  so 
joviale,  freundliche  Mann,  war  hier  von  eiserner  Strenge. 
Er  duldete  keine  Vernachlässigung;  noch  irgend  eine 
willkürliche  Behandlung.  Als  einst  bei  der  nach  11  Proben 
folgenden  Generalprobe  eines  nur  mittelmässigen  Werkes 
ein  Kapellmitglied  verdrossen  etwas  über  ^die  Plage  mit 
dem  Zeug^   murmelte;  stand  [er  auf;  reckte  die  Brille^ 

'  Dies  spricht  sich  bei  fast  jeder  Gelegenheit,  am  entschiedensten 
aber  in  folgendem  Briefe  aus,  welchen  Weber  am  13.  Jan.  1817  ia 
Bezug  auf  die  Gleichstellung  beider  Opern  an  seinen  Chef  richtet» 
und  von  dem  ich  hier  die  wichtigsten  Stellen  aushebe: 

„Ich  hofie  ganz  im  Geiste  der  anerkannten  Huld,  Güte,  Gerecht 
tigkeit  und  Kunstliebe  unsres  allergn&digsten  Monarchen  zu  fühlen, 
wenn  ich  mich  zu  glauben  unterstehe,  dass  bei  einer  neu  zu  gründenden 
Kunstanstalt  es  hauptsächlich  auch  darauf  ankommt,  ihr  die  Achtung 
der  öffentlichen  Meinimg  zu  sichern,  indem  durch  das  ehrende  Bei- 
spiel von  oben  jener  Versuch  auf  den  ehrenvollen  Gesichtspunkt 
gehoben  wird,  der  allein  ein  Streben  und  künstlerisches  Vorwärts- 
schreiten  möglich  macht.  Die  Öffentliche  Meinung  hat  darin  nur 
den  Massstab  der  Vergleichung.  Sie  misst  nach  dem,  was  für  andre 
Kunstanstalten  geschehen,  den  Werth  der  neuen.** 

„Aus  dieser  einfachen  Ansicht  geht  hervor,  dass  die  Art  und 
Weise,  in  der  der  Repräsentant  des  Ganzen,  der  jeweilige  Leiter 
der  Oper,  im  Verhältniss  zu  seinem  Collegen  steht,  auch  die  Ehren- 
stufe bestimmt,  die  er  durch  die  Anstalt  und  die  Anstalt  durch  ihn 
erhält.  Von  dieser  Ansicht  von  jeher  erfüllt,  ging  meine  Ho£fnang 
dahin,  als  Königl.  Kapellmeister  die  Leitung  der  deutschen  Oper 
zu  übernehmen.  Ohne  dieses  tritt  bloss  ein  subordinirtes  Substitutum 
ein,  welches  dem  Beispiel  aller  Hofkapellen  entgegen  ist  and  nach 
den  Begriffen  der  Künstlerehre,  die  in  der  Welt  festgestellt,  jedem 
Künstler  heilig  sein  müssen,  mir  durchaus  unannehmbar  sein  moss.*^ 


—    391    - 

fixirte  den  Kammermusiker  und  rief  in  scharfem  Tone : 
»Beruhigen  Sie  sieh!  -  So  lange  ich  nicht  zu  gut  bin, 
/las  Zeug'  zu  dirigiren,  sind  Sie  auch  nicht  zu  gut,  es 
*ö  spielen.^  Bisweilen  ging  er  auch  freilich  zu  weit. 
-A^I«  beim  Einstudiren  der  durch  ein  Militairmanöver  ge- 
achtete Chor  einst  sehr  Ungenügendes  leistete,  donnerte 
y^eber  hinauf:  „Nehmen  Sie  sich  zusammen,  Sie  singen 
J^  beut  wie  die  Schweine!"  Da  nun  am  folgenden  Tage 
^ine  Deputation  von  vier  Chormitgliedem  bei  Weber  er- 
®^bien,  die  ihn  achtungsvoll,  aber  dringend  ersuchte,  das 
"^leidigte  Personal  auf  irgend  eine  Weise  zu  befriedigen, 
f^gte  er  es  wirklich  auch  zu.  Er  hielt  die  nächste  Probe 
Jedoch  ganz  wie  gewöhnlich;  erst  am  Schlüsse  derselben 
lef  er  aus:  „Meine  Damen  und  Herren  vom  Chor,  auf 
^iu  Wort.  Ich  habe  Sie  neulich  durch  die  Art  meines 
Tadels  verletzt  und  frage  Sie  heut,  ob  ich  Recht  hatte, 
*tre  Leistung  zu  tadeln?  Seien  Sie  offen."  Ein  „Ja"  war 
^ie  Antwort.  '  „Nun,"  sagte  er,  sein  Käppchen  abnehmend, 
9)Bo  gestehe  auch  ich  Ihnen,  dass  es  mir  von  Herzen  leid 
^hnt,  Sie  beleidigt  zu  haben."  Der  befriedigte  Chor  brach 
^  ein  schallendes  Hoch  hierauf  aus. 

In  der  That  hatte  der  Chor  auch  Ursache,  Weber 

^nkbar  zu  sein.    Bisher  war  derselbe,  was  die  Bass-  und 

li^enorstimmen  betraf,  von  einer  Anzahl  hierzu  befähigter 

Statisten    unter  Führung   von    einigen    untergeordneten 

Gängern,  —  Alt  und  Sopran  aber  von  den  Sängern  der 

^reuzschule  ausgeführt  worden,  welche  den  weiblichen 

^heil   desselben   zu   vertreten    hatten   und  bisweilen   in 

^inem  halb  lächerlichen,  halb  kläglichen  Aufzuge  kamen. 

^eber  drang  auf  die  Errichtung  eines  eigenen  Singchors, 

und  schon  Ende  1817  war  derselbe  38   Stimmen  stark 

(8  Sopran,   11   Alt,  9  Tenor,   10  Bass).     Ein  tüchtiger 

Husiker,  Moritz  Metzner,  der  auch  in  der  Oper  mitwirkte 

und  schon  seit  Nov.  1816  engagirt  worden  war,*  wurde 

■  Er  debQtirte  am  4.  Nov.   als  Kapellmeister  in  dem  gleich- 
Damigen  Intermezzo  von  Cimarosa. 


—     892     — 

als  Director  desselben  angestellt.  ^  Ein  Tanzmeister  ttbte 
dies  Personal  im  angemessenen  Gebrauch  der  körperliehen 
Bewegungen  ein^  und  schon  bei  der  zweiten  Oper,  die 
Weber  aufführte  (dem  „Hausgesinde"  von  Fischer),  wirkte 
der  kaum  14  Tage  lang  eingeübte  Chor  zur  Verwunderung 
der  Kenner. 

lieber  die  Thätigkeit  Weber's  auf  dem  Gebiete  der 
Oper  giebt  die  Statistik  der  Novitäten  Auskunft.  —  Die 
erste   Aufführung  des  Johann   von  Paris   fiel    mit  dem 
Gastspiel  der  berühmten  Sängerin  Grünbaum  (vom  stän- 
dischen Theater  in  Prag)  zusammen,  welches  Weber  vc^ 
mittelt  hatte,  um  eine  Kraft  zu  gewinnen,  die  sich  mit 
der  der   italienischen  Oper   messen  könnte.     Es  wurde 
ihretwegen  auch  noch  das  Lotterieloos  von  Isouard  nnd 
der  Blaubart  von  Gretry  zur  Aufführung  gebracht.  Wie  sehr 
sie  aber  auch  gefiel,  so  zerschlug  sich  doch  jetzt  noch  das 
Engagement  derselben.    Dagegen  wurden  in  diesem  Jahre 
engagirt:    Wilhelmi  vom  Cassler  Theater,   welcher  am 
20.  Januar  ein  Gastspiel  eröffnete  und  der,  obschon  seine 
Stärke  im  Schauspiel  lag,  auch  in  der  Oper  mitwirken 
musste;  Genast  aus  Weimar,   welcher  am  13.  April  in 
MöhuFs   Jacob    und    seine   Söhne    als   Jacob    deblitirte; 
Geiling,  welcher  am  10.  Juli  als  Thomas   in  Soliö's  6c- 
heimniss  auftrat.  —  Als  bedeutende  Gastspiele  des  Jahre« 
auf  dem  Gebiete   der  Oper  mögen  noch   die   von  Franx 
Wild  und  Mad.  Neumann-Sessi,  Beide  in  nur  einer  Vor- 
stellung, hervorgehoben  werden.    In  diesem  Jahre  e^mi" 
ponirte  Weber,  ausser  der  Musik  zu  Müller's  „Yngurd",  eine 
Cantate   zum  Namenstage  der  Tochter  des  Prinzen  Max 
und    die    Cantate    „FAccoglienza"   zur  Vermählung  der 

'  Doch  bezeicliiiete  Weber  schon  damals  den  trefflichen  ^ng- 
meister  Johannes  Micksch,  welcher  nach  seiner  Meinung  gross  iä 
systematischen  Gesangunterrichte,  im  Geschmack,  edlen  VortxiS 
und  in  der  Bildung  des  musikalischen  Gehörs,  nicht  aber  filr  «lie 
Kunst  der  seelischen  Begeisterung  des  Gesanges  war,  die  geeignetste 
Persönlichkeit  zur  Schöpfung  eines  Theaterchors. 


—    393    — 

izessin  Maria  Anna  Carolina^  welche  am  29.  Oct.  zur 
ffllhrang  kam.  Schon  1810  hatte  Weber  das  Sujet 
)  Freischütz  zu  einer  Oper  ins  Auge  gefasst.  Bei  Ge- 
"enbeit  einer  Begegnung  mit  Kind^  bei  der  ihm  das 
ersehe  Gespensterbnch  in  die  Hände  kam^  fragte  er 
sen^  ob  er  es  kenne.  Dichter  und  Musiker  begeisterten 
b  im  weiteren  Gespräche  für  die  Aufgabe,  und  schon 

nächsten  Tage  hatte  Kind  mit  dem  Texte  begonnen, 
Icher  in  kaum  14  Tagen  zu  Stande  kam.^ 

Inzwischen  war  auch  Morlacchi  nicht  müssig  gewesen. 

hatte  verschiedene  Opern  mit  Erfolg  zur  Aufführung 
»rächt  und  hoffte  mit  einem  Oratorium  Isacco,  welches 

den  Ostcrheiligenabend  bestimmt  war,  seinem  Neben- 
iler  Achtung  einzuflössen.  Dass  ihm  an  dieser  gelegen 
',  dass  er  auch  vor  diesem  selbst  Achtung  —  oder  doch 
dgstens  die  Klugheit  hatte,  das  Ansehen  von  beiden  zu 
innen,  geht  daraus  hervor,  dass  er  wenige  Tage  vor 
führung  seines  „11  barbiere  di  Seviglia"  zu  Weber 
I,  um  ihn  zu  bitten,  der  Probe  beizuwohnen  und  ihm 

Urtheil  darüber  zu  sagen,  und,  da  dies  günstig  aus- 
^  ihm   sogar  seinen  Isacco   zur  Durchsicht  gab   und 

zn  einer  Besprechung  desselben  veranlasste.* 

• 

*  Weber's  Braut  erwarb  sich  damals  wesentliche  Verdienste 
die  Gestalt  dieses  Textes,  der  anfänglich  den  Titel  „Die 
rsbraut*'  trug.  Er  begann  ursprünglich  mit  einer  Scene  zwi- 
1  Agathe,  Aennchen  und  dem  Eremiten,  was  allerdings  insofern 
B  für  sich  hatte,  als  jetzt  der  Eremit  ganz  unvorbereitet 
khlusse  erscheint;  allein  die  Exposition  war  matt.  Caroline 
eb  daher  ihrem  Bräutigam:  „Weg  mit  dieser  Scene,  mitten 
as  ins  Volksleben  mit  dem  Beginne  der  Yolksoper;  lass  sie  mit 
Scene  vor  der  Waldschenke  beginnen  l* 

*  ^Yeber  sehreibt  darüber  an  seine  Braut,  dass  er  darin  wirk- 
viel  Schönes  und  Lobenswerthes  fand.  „Der  Mensch  hat  wirk- 
riel  Talent,  aber  wenig  Oekonomie,  weil  er  zu  wenig  grünliche 
itnisse  besitzt.  Aber  viel  Ideen  und  besonders  gut  charakterisirte 
iche  Sachen. **  Auch  die  Allgemeine  Mnsikzeitung,  die  sonst 
icchi  vielfiBu^h  angriff,  lobt  diese  Oper. 

*  Dieses  Werk  wurde  von  Weber  nngleicb  schwächer  befunden. 


-     394    - 

Obschon  Morlaccbi  die  Gleichstellung  Weber's  nicht 
hatte  hindern  können,  so  nahm  er  doch  jede  einsehe 
Gelegenheit  wahr,  um  seinen  Vorrang  nnd  den  der  itaUeni- 
schen  Oper  geltend  zu  machen.  Gleich  die  Eröffnung  der 
Vorstellungen  auf  dem  Theater  des  Lincke'schen  Bades  bot 
hierzu  willkommenen  Anlass. '  Weber  bekam  Auftrag,  di- 
selbst  zu  spielen.  Wurde  die  italienische  Oper  dessen  eo^ 
hoben,  so  war  die  deutsche  in  den  Augen  des  Publicums  im 
Range  herabgesetzt.  Morlacchi  bot  Alles  auf,  dies  zu  e^ 
reichen;  Weber,  es  zu  verhindern.  „Bei  Vitzthnm  wechselte 
der  Besuch  der  Kapelhneister  unaufhörlieh.  Weber  kiiD| 
wenn  Morlacchi  ging.^  Das  Unwohlsein  des  Ministen 
Einsiedel  war  der  Sache  der  Deutschen  gtlnstig.  Vitz- 
thum  konnte  in  dessen  Folge  beim  Könige  selbst  Vortrag 
erstatten,  und  dieser  entschied:  „Die  Italiener  sollen  eben- 
falls auf  dem  Bade  singen.^  Auch  nachPillnitz  wurden  die 
Deutschen  zuerst  gerufen  und  der  König  und  die  Primen 
unterhielten  sich  auf  das  Schmeichelhafteste  mit  Weber, 
Natürlich  hatten  diese  Niederlagen,  die  Morlacchi  hanpt* 
sächlich  Vitzthum  zuschreiben  mochte,  denselben  höchlichit 
verdrossen,  und  da  er  kurze  Zeit  später  den  Auftrag  erhielt, 
eine  Oper  für  San  Carlo  in  Neapel  zu  sehreiben  und  dort 
zur  Aufführung  zu  bringen,  so  kam  er  um  einen  acb^ 
monatlichen  Urlaub  ein.  Vitzthum  bewilligte  ihm  jedoch 
nur  einen  dreimonatlichen,  den  Morlaccbi  nach  heftiger 
Gegenrede  nicht  annahm.  Da  aber  unmittelbar  darauf 
Vitzthum  ins  Bad  reiste,  so  wandte  sich  jetzt  MorlaeeU 
an  Einsiedel  und  erlangte  nicht  nur  den  erbetenen  acU- 
monatlichen  Urlaub  mit  Königlicher  Sanction,  sonden 
auch  die  Genugthuung,  dass  Vitzthum  bei  seiner  Rflck- 
kehr  vom  König  ziemlich  kühl,  von  seinem  Chef  aber  aofi 

Er  schrieb  aber  doch  die  Besprechang  (in  No.  78  der  Abendieitiaf)i 
die,  wie  sein  Sohn  sich  ausdrückt,  ein  wahres  kleines  Master  diplo- 
matisch-künstlerischer Kritik  ist 

■  Sie    wurden   am   17.   Mai   1817  mit   «Das  Gut  Sternberg," 
Lustspiel  von  Frau  v.  Weissenthum,  eröffnet. 


—    395    — 

Jognädigste  empfangen  wurde.  Vitzthum  erbat  in  einem 
/ortrage  die  Anordnung  einer  genauen  Untersucliung; 
Sinnedel  wusste  das  aber  zu  vereiteln,  so  dass  Vitztbum 
deh  nach  manchen  Verdrttsslichkeiten  mit  der  Erklärung 
»egnttgen  musste,  wie  ja  Se.  Majestät  vollkommen  zufrieden 
nit  seiner Amtsftihrung  sei. — Morlacchi  verliess  Dresden  im 
Jcptember  1817  —  was  zwar  zu  einer  freieren  Thätigkeit 
IFeber'g;  aber  auch  zu  einer  Ueberbürdung  desselben  führte. 
Weber  glaubte  die  Gunst  dieser  Umstände  benutzen 
Ri  können,  dem  Orchester  eine  bessere  Einrichtung  zu 
^eben.  Besonders  unzweckmässig  war  die  Anordnung 
ler  Pauken  und  Trompeten  unterhalb  der  Königlichen 
iOge,  von  wo  aus  sie  nicht  zu  genügender  Geltung  kamen 
iBd  die  Spieler  vom  Dirigenten  nicht  gesehen  werden 
konnten.  Für  die  italienische  Oper  mit  ihrem  schwachen 
)rche8ter  nnd  Personal,  ihren  einfacheren  musikalischen 
Wen  hatte  dies  wenig  bedeutet;  anders  bei  Weber, 
ler  die  gesammte  dramatische  Action,  die  scenischc  wie 
ie  musikalische,  in  Betracht  zog,  sowie  bei  Werken  mit 
trkerem  Orchester,  mit  complicirteren  Chören  und  En- 
mblestttcken.  Während  also  bisher  vor  und  hinter  dem 
irigenten  je  ein  Contrabassist  und  ein  Cellist  sassen, 
e  sieb  wechselseitig  in  ihrer  Thätigkeit  hinderten,  ein 
itter  Contrabass  in  einer  Ecke  des  Orchesters  bei  der 
Bnigsloge  postirt  war,  ein  vierter,  falls  es  nöthig  wurde, 
D  Stückchen  vom  Parquet  eingeräumt  erhielt;  während 
rner  rechts  vom  Dirigenten  der  erste  und  zweite 
ioKnist  am  selben  Pulte,  vor  demselben  zwei  Bratschisten 
id  links  von  diesen  wieder  vier  erste  und  vier  zweite 
ioHnen  und  mitten  in  dem  Streichquartett  vom  an  der 
ttne  je  ein  Alt-,  Tenor-  und  Bassposaunist  sassen,  welche 
cb  wechselseitig  belästigten  und  die  Klangwirkung  ihrer 
Bstromente  beeinträchtigten,  links  vom  Dirigenten  aber 
ie  übrigen  Blasinstrumente  angeordnet  waren,  —  hatte 
^«ber,nnd  zwar  zunächst  bei  der  AufifUhrung  derFestcantate 
^Accoglienza^  dem  Orchester  folgende  Einrichtung  ge- 


—     396     — 

geben :  Unmittelbar  hinter  dem  Souffleurkasten  der  S 
des  Dirigenten.  Reclits  die  Streichinstrumente,  Ton  den 
die  Bratschen^  Gello's  und  Contrabässe  an  die  Wand  i 
Parqucts  kamen^  links  die  Blasinstrumente,  die  Posani 
im  Centrum.  Erst  bei  der  Auiftthrung  von  Spontii 
Vestalin  hatte  der  König  die  veränderte  Au&tellniig  1 
merkt,  weil  er  durch  die  jetzt  in  der  Nähe  seiner  Lo 
placirten  Posaunen  unangenehm  berührt  worden  w 
£ine  angreifende  Kritik  in  der  Abendzeitung  und  ei 
heftige  Entgegnung  Wcber's,  in  welcher  die  italien9< 
Oper  in  geringschätziger  Weise  besprochen  wurde,  thil 
das  Uebrige.  Graf  Einsiedel  erliess  die  kurz  angebundc 
Ordre:  „Das  Orchester  hat  künftig  auf  alle  Fälle  wi» 
die  Stellung  zu  erhalten,  wie  solche  bisher  gewöhn! 
gewesen.^  Auch  vermochten  zunächst  alle  Anstrengan( 
Yitzthuui's  und  Weber's  nichts  an  diesem  Bescblaase 
ändern.  Max  Maria  von  Weber  meint,  dass  erst  • 
üble  Eindruck,  den  er  auf  das  Publicum  ausgeübt^  < 
Minister  bestimmt  habe,  Weber  zu  begütigen  und  et  i 
nahe  zu  legen,  einzelne  seiner  Anordnungen  bei  ' 
Direction  der  deutschen  Oper  wieder  aufzunehmen. 
In  das  Jahr  1818  fällt  Weber's  Composition 
Krönungsmarsches  zu  Gehe's  Heinrich  IV.,  der  späten 
Oberon  verwendet  wurde,  sowie  die  Jubelcantate  i 
50jährigen  Regierungsjubiläum  des  Königs,  von  der  jcd( 
nur  die  Ouvertüre  (die  Jubelouvcrture),  welche  gewte 
massen  auch  die  Ouvertüre  zu  Weber's  glänzender  ne 
Aera  ist,  am  Festtage  (20.  September),  die  Cantate  sei 
aber  erst  in  einem  Concerte  gelegentlich  einer  Nacbfi 
des  hohen  Festes  in  der  Neustädter  Kirche  zur  A 
führung  kam.  Ferner  eine  Jubelmesse  zur  goldei 
Hochzeit  des  Königspaares  (17.  Februar  1819)  und  J 
fange  zum  Freischütz.  Weber's  Jubelouverture  hi 
einen  ausserordentlichen  Erfolg;  Morlacchi's  Offertorif 
welches  das  seine  verdrängt  hatte,  aber  kaum  weoif 
Er  verdankte  das  hauptsächlich  einem  Sänger,  mit  d 


—    397    — 

er  sich  bei  seiner  Bfickkehr  ans  Italien  wieder  eingeführt 
btte,  dem  jungen  Giovanni  Cantü^  geb.  1798  in  Mailand^ 
welcher,  ein  Schtller  Gentili's,  mit  einer  trefflichen  Technik 
«Alles  verband,  was  die  Natur  einem  Sänger  gewähren 
bim^.    Leider  starb  er  bereits  drei  Jahre  später. 

Das  Jahr  1818   erbrachte   der   deutschen  Oper   nur 

dt8  Engagement  Toussaint's,   wogegen  Mad.  Biedenfeld 

amehied/    Der  Auftrag,  den  Weber  im  folgenden  Jahre 

iof  eine  Festoper  zur  Vermählung  des  Prinzen  Friedrich 

Aignst   mit   der   Erzherzogin    Caroline  von   Oesterreich 

«kielt,  zu  welcher  der  Text  „Alcidor"  von  Kind  bereits 

fertig  war,    führte   zu   Verhandlungen   mit   Gerstäcker. 

Das  Project  wurde  jedoch,  angeblich  der  grossen  Kosten 

wegen,  wieder  zurückgezogen  und  Morlacchi  mit  einem 

Festspiele  ^11  Albino  e  il  Tajo^  beauftragt,  welches  dann 

tneh  am  9.  October  1819  zur   Aufführung   kam.     Dies 

ward  die  Veranlassung ,  dass  Vitzthum  neuerdings  seine 

Entlassung  verlangte.    Sie  wurde   aber  auch  jetzt  nicht 

SAgenrnnmen,   weU   der  König  nach  wie  vor  mit  seiner 

Aaitsfbhrung  völlig  zufrieden  sei.     Doch  wurde  er  zu 

Vorschlägen   aufgefordert,   welche    den    Umfang    seiner 

Aatsgewalt  bestimmter  kennzeichnen   sollten.    Auf  den 

Iderflber    erstatteten    Vortrag    erfolgte    ein    königliches 

fie«cript,   durch    welches    die   Thätigkeit   Vitzthum's   in 

empfindlicher  Weise   eingeschränkt  wurde,  worauf  der- 

lelbe  nun   in   bestimmtem  Tone    um    seine    Entlassung 

■scbsnchte,   dieselbe    erhielt,   aber   mit    seinem    vollen 

Gehmlte  im  Königlichen  Dienste  verblieb.   An  seine  Stelle 

tvmt  im  September  1820  der  Geheimrath  Hans  Heinrich 

Ton  Könneritz,   ein   gebildeter   Mann,   welcher   das 

"««116  Amt,   das   er  als  einen  blossen  Uebergangsposten 

'  An  Gastspielen  finden  sich  in  diesem  Jahre  im  Ganzen  folgende 
▼erzeichnet:  Deicher  ans  Darmstadt,  Gerst&cker  ans  Cassel,  Schwarz 
md  Klengel  ans  Wien,  Dem.  Schwarz  aus  Prag,  Dem.  Voss  aus 
Angsbnrg ,  Wurm ,  die  Schwestern  Radicke  ans  Lemberg ,  Signora 
Ctmpi  ans  Wien,  Signora  Gregori  ans  Paris. 


—     398     — 

betrachtete^  jedoch  ohne  besondere  Neigung,  daher 
ohne  Begeisterung,  wohl  aber  mit  Gewissenhaft 
verwaltete  und  daher  um  die  Hebung  des  InstitutB 
ernstlich  bemüht  war.  Eine  seiner  ersten  Anordm 
betraf  die  Regie  des  deutschen  Theaters,  die  er 
dem  Vorsitze  Hellwig's  einem  aus  diesem  und  den  £ 
Spielern  Werdy  und  Julius  bestehenden  Comit^  übe 
Augenscheinlich  suchte  Könneritz  sie  hierdurch  zu  sti 
Inzwischen  war  trotz  sich  ankündigender  Ejrän 
keit  Weber's  sein  Freischütz  tüchtig  vorgeschritte 
neben  verschiedenen  anderen  Arbeiten  auch  seine 
forderung  zum  Tanze"  entstanden,  ein  Werk,  w 
auf  dem  Gebiete  der  Salon-  und  Tanzmusik  £ut 
so  epochemachend  war,  wie  seine  Freiheitsgesäng 
dem  des  Liedes  und  später  sein  Freischütz  auf  de 
Oper.  Hierher  gehört  ein  Besuch  L.  Spohr^s,  w 
am  24.  October  mit  seiner  Gattin,  einer  berühmten  B 
Spielerin,  ein  Concert  im  Theater  gab,  sowie  der  He 
Marschner's.  Marschner,  der  damalq  in  Pressbur 
Gastfreundschaft  eines  Jugendfreundes,  des  Grafen ' 
däus  von  Amad^e  genoss,  kam,  sich  nach  dem  S 
sale  seiner  Oper  „Heinrich  IV.  und  d'Aubignö"  zu  i 
digen,  die  er  bereits  im  vorigen  Jahre  zur  Begutac 
eingesendet  hatte.  Mehr,  als  durch  die  zwaU; 
Formen  des  untersetzten  jungen  Mannes  und  sein 
plumpe  Ausdrucksweise,  wurde  Weber  durch  « 
Talent  und  durch  ein  wunderbares  Ereigniss  ange 
welches  mit  der  Aufführung  jener  Oper  im  folg 
Jahre  zusammenhing.  Marschner,  welcher  damal 
Sache  wieder  ganz  aus  den  Gedanken  verloren 
wohnte  nämlich  am  13.  Juli  1820  zu  Pressburg  im' 
der  Aufführung  seiner  Oper  im  Dresdner  Theate 
ständig  bei.  Der  Traum  war  so  lebhaft  und  zusai 
hängend,  dass  Marsebner  am  anderen  Morgen  siel 
deutlich  jedes  Musikstücks  zu  erinnern  wusste 
applaudirt  worden  war,  worauf  es  der  Graf  und  < 


—    399    — 

Mntter  Dotirten.  Einige  Tage  darauf  erhielt  er  von 
Weber  einen  Brief  mit  der  Schilderung  der  Aufführung 
am  li,  Juli^  welche  in  allen  Einzelheiten  denen  seines 
Traomes  entsprach. 

Von  den  in  dieses  Jahr  fallenden  Veränderungen 
im  Personal  des  deutschen  Theaters  ist  hier  nur  das 
Engagement  des  Sängers  und  Schauspielers  Aug.  Mayer 
herrorzuhcben,  dem  es  nur  bisweilen  an  Feinheit  ge- 
brach; um  «Tttchtiges  zu  leisten.  Er  blieb  bis  zu  seinem 
Tode  (1829)  am  Dresdner  Theater.* 

Im  Jahre  1820  trat  auf  Weber's  Betrieb  der  grosse 
Gesangslehrer  Micksch  an  Metzner's  Stelle,  als  Chor- 
director  der  deutschen  Oper.  Beide  schätzten  sich  hoch, 
obachon  es  nicht  an  Reibungen  zwischen  ihnen  fehlte 
und  Weber  von  Micksch  zu  sagen  pflegte,  dass  er  zwar 
unter  Aufsicht  der  grösste  Chorlehrmeister  der  Welt,  sich 
selbst  überlassen  aber  der  Ruin  aller  Stimmen  sei;  wogegen 
Micksch  Webern  beschuldigte,  die  Singstimmen  nur  wie 
Blasinstrumente  zu  behandeln  und  die  Fähigkeiten  der- 
selben nicht  ausreichend  zu  kennen. 

Gleichzeitig  wurde  der  deutschen  Oper  das  Ehe- 
paar Oerstäcker,  die  Sängerin  Willmann  und  der 
Komiker  Keller  gewonnen.  Friedrich  Gerstäcker,  geb. 
1788  zu  Schmiedeberg  in  Sachsen,  wirkte  schon  als 
Krcuzschtiler  an  der  Dresdner  italienischen  Oper  mit. 
Erdebtttirte  in  Chemnitz,  wurde  1810  Mitglied  der  Joseph 
Seconda'schen  Gesellschaft  und  gewann  schon  damals 
*uf  seinen  Kunstreisen  einen  bedeutenden  Ruf.  Seine 
J>ei  aller  Kraft  sehr  liebliche  Stimme  war  von  seltenem 
Umfange,  sein  Vortrag,  besonders  im  Recitativ,  höchst 
edel    und    anmuthig.      Leider    blieb    er    der    Dresdner 

»  Gastrollen  gaben  1810  Pauli  aus  Magdeburg,  Dem.  Schaffner 
*!is  Berlin,  Si^nor  und  Signora  Spada  au3  München,  Klengel  ans 
lieipzig,  Signora  Campi,  Gern  aus  Berlin,  Mad.  Beutlor  aus  München, 
Sophie  Schröder  aus  Wien,  Finke  aus  Stuttgart,  Mad.  Strauss  aus 
l^raga  Häser  aus  Stuttgart,  Becker  aus  Frankfurt  a.  M. 


—    400 

Btthne  nur  kurze  Zeit  erkalten.    Schon   1821   kehrte  er 
wieder  nach  Cassel  zurück,  wo  er  bereits  1825  starb.' 

Audi  Uherraschte  um  diese  Zeit  der  Generaldirectoi 
V.  Könneritz  Webern  mit  der  Anzeige^  dass  auf  besonderen 
Wunsch  der  Königin  die  Blasinstrumente  in  Zukunft  a 
der  von  ihm  angeordneten  Weise  aufzustellen  seifiii- 
Schon  vorher  hatte  im  fiinverständniss  mit  Morlacehi  i» 
Quartett  eine  entsprechende  Aufstellung  erhalten.  Aid 
war  das  Pult  des  Dirigenten  bis  an  den  Soii£Benrkaflten 
vorgeschoben  worden,  so  dass  Weber  auf  diesem  Gebiete 
noch  einen  vollständigen  Sieg  errang. 

Schon  am  13.  Mai  d.  J.  hatte  derselbe  die  letzte 
Iland  an  die  Partitur  seines  ,,Freischütz^  gelegt 
Obschon  es  für  den  Intendanten  der  Berliner  Oper,  den 
Grafen  Brühl,  sehr  nahe  lag,  sich  um  das  Becht  der 
ersten  Autlftlhrung  dieses  Werks  zu  bewerben,  da  der 
Componist  von  „Leycr  und  Schwert"  kaum  in  einer 
anderen  grösseren  »Stadt  Deutschlands  auf  stärkere  und 
ausgebreit vtero  Sympathien  rechnen  konnte,  als  in  Berlin, 
so  ist  deshall)  die  Thatsaclie,  dass  sich  Dresden  dieses 
Vorrecht  entreissen  liess,  doch  kaum  minder  beschämend 
Brühl  war  es  auch,  welcher  dem  Componisten  emp&U» 
den  ursprünglichen,  sentimentalen  Titel:  ^Die  iHiffS^ 
braut"  mit  dem  kräftigeren:  „Der  Freischütz"  zu  Te^ 
tauschen.  Noch  ehe  das  Werk  ihm  ganz  überlirfßrt 
werden  konnte,  erhielt  Weber  aber  einen  neuen  AnftiiS 
von  ihm.  Es  galt  das  Wolifsche  Drama:  Preciosamit 
der  nöthigen  Musik  auszustatten.     Obschon  Weber  diese 

'  Gastrollen  gaben  in  diesem  Jahre :  das  Ehepaar  Senk,  Beckff 
aus  Frankfurt  a.  M.,  Stein  aus  Leipzig,  Löwe  aus  Prag,  Q&ÜH 
Sohn  aus  Leipzig,  Wagner  aus  Dresden,  Dem.  Willmann  aus  ^^ 
Baudius  aus  Stettin,  Kirchner  und  Carli  aus  Dresden,  Costenoble  V 
Wien,  Mad.  Brede  aus  Stuttgart,  Hillebrand  aus  Wien,  Had.  Beo^ 
aus  Petersburg ,  Holtei  aus  Breslau ,  Dem.  Pistor  und  Man  w* 
Hannover,  Ciausius  aus  Hamburg,  Signora  Borgondio  und  MarittD* 
Sessi. 


—    401     — 

Arbeit  nur  ungern  ttbernahm,  so  sollte  dieselbe  doch  noch 
frflher  als  der  Freischütz  und  zwar  schon  am  15.  März 
1821  zur  Anfftthmng  gelangen,  weil  man  sich  letzteren 
ftr  das  nnn  bald  zu  eröffnende  nene  Schanspielhans 
aufbewahren  wollte.  Die  Kritik  verhielt  sich  gegen  die 
Musik  der  Preciosa  fast  ktthl.  In  der  Gunst  des  Pnbli- 
C1UD8  aber  fasste  sie  mit  jeder  Darstellung  tiefere  Wurzeln. 
Mit  dem  Erfolge  des  Freischütz,  welcher  am  18.  Juni  d.  J. 
in  Scene  ging  und  innerhalb  der  ersten  6  Monate  16,  bis 
mm  Schlüsse  des  folgenden  Jahres  aber  61  Wieder- 
bolangen  mit  einer  Einnahme  von  23,482  Thlr/  erlebte, 
liesg  sich  jedoch  jener  entfernt  nicht  vergleichen.  Letzterer 
errang  in  Berlin  der  deutschen  Oper  für  immer  den  Sieg 
über  die  unter  Spontini's  Leitung  wieder  mächtiger 
das  Haupt  erhebende  italienische  Oper. 

In  Dresden  war  es  dem  Componisten  wenigstens 
möglich  geworden,  in  einem  Concerte  seines  Freundes  Bär- 
laann,  welchem  auch  Meyerbeer  beiwohnte,  die  Ouvertüre  des 
frischen,  herrlichen  Werkes  zur  Aufführung  zu  bringen. 

In  dieser  Oper  hatte  sic]^  Weber  in  überraschendster 
Weise  zu  der  vollen  Höhe  seines  Talentes  emporge- 
tchwungen.  Er  hatte  die  in  der  Zeit  liegende  Be- 
geisterung, der  Schiller  einen  so  erhabenen  dichterischen 
Ausdruck  zu  geben  wusste,  mit  der  romantischen,  auf  die 
Aoslebung  der  individuellen  Empfindung  gerichteten  Stim- 
mung derselben  zu  einem  gemeinsamen,  ebenso  volksthüm- 
lichen,  wie  theatralisch  wirksamen  musikalischen  Ausdruck 
gebracht.  Dabei  fasste  er  das  dramatisch  -  musikalische 
Kunstwerk  in  seiner  Gesammtwirkung  und  von  allen  Seiten 
ÖI8  Auge,  weshalb  es  ihm  aber  auch  nicht  an  Angriffen 
fehlte.  So  schrieb  Spohr  noch  ein  Jahr  nach  Erscheinen 
^es  Freischütz:  „Da  ich  das  Compositionstalent  Weber's 
"is  dahin  nicht  sehr    hoch    stellen   konnte,   so  war   ich 

'  Die  Seidler- Wranitzky  sang  die  Agathe,  die  graziöse  Johanna 
^imicke  das  Acnnchen,  StUver  den  Max,  Heinrich  Blume  den  Kaspar. 


€%t! 


—     402     — 

begreiflicherweise  nicht  wenig  gespannt,  diese  Oper  keiineB 
zu  lernen,  um  zn  ergründen,  wodurch  sie  in  den  beidoi 
Hauptstädten  Deutschlands  einen  so  enthusiastischen  Bei- 
fall gefunden   habe.    Die  nähere  Bekanntschaft  mit  ihr 
löste  das  Räthsel  des  Erfolgs  freilich  nicht,  es  m  denst 
dass  ich  ihn  durch  die  Gabe  Weber's,  fttr  den  gronen 
Haufen   schreiben   zu    können,    erklärt    finden   wollte.'^ 
Andere  behaupteten,   dass  die  Oper  einen  grossen  Theil 
ihres  Erfolgs  dem  Teufelsspuk  und  Feuerwerk  verduike. 
Und  es  war  auch  etwas  Wahres  daran,   so   dass  Weber 
selbst  einmal  schrieb :  „Der  Teufelsspuk  macht  mich  oft 
selbst  irre,  und  wenn  nicht  chrenwerthe  Männer  mir  mit 
Zufriedenheit  die  Hand  drückten,   so   dächte  ich  seltoty 
Musje  Samiel  mache  die  Sache  allein.^ 

Weber  erhielt  um  diese  Zeit  einen  Ruf  nach  Canel 
mit  2500  Thlr.  Gehalt.  Er  theilte  seinem  Chef  diese 
Berufung  mit,  indem  er  die  Entscheidung  darüber  der 
Gnade  und  Gerechtigkeit  des  Königs  anheimstellte,  wobd 
er  darauf  hinwies,  dass  seine  Stellung  in  Dresden  fiel 
Drückendes  mit  sich  führe,  ^eil  er  das  „aus  eigener  Erfah- 
rung entsprungene  Gefühl  nicht  verscheuchen  könne,  da0 
die  deutsche  Oper  allerhöchsten  Orts  nur  geduldet  werde* 

Könneritz  schlug  eine  Gehaltserhöhung  von  500  Tblr. 
vor.  Einsiedel  setzte  sie  auf  300  Thlr.  herunter,  wcä 
Morlacchi;  als  der  ältere  der  beiden  Kapellmeister  und 
als  Leiter  der  italienischen  Oper,  die  noch  immer  ib 
erste  betrachtet  wurde,  unmöglich  schlechter  als  Weber 
dotirt  werden  könne.  Weber,  der  eine  grosse  Anhäop- 
lichkcit  an  Dresden  hatte,  nahm  dieses  Anerbieten  ^ 
und  schlug  für  die  ihm  zugedachte  Stelle  in  Ca«! 
Spolir  vor,  der  damals  gerade  in  Dresden  verweilte  ' 
und  auch  dieselbe  erhielt. 

Seltsamerweise  sollte  es  gerade  der  Erfolg  des  Frei- 
schütz sein,  der  Kind  und  Weber  entzweite.    Kind  hatte 

•  Spohr  vereinbarte   damals  mit  dem  Dichter  Gehe  den  Teart 
zu  seiner  Jcssonda. 


—    403    — 

q)rfiiiglich  einen  bestimmten  Antheil  an  den  Honorar- 
^bnissen  beansprucht,  Weber  ihm  aber,  nm  späteren 
Bshelligkeiten  yorzubengen,  ein-  tlUr  allemal  die  Summe 
1  30  Ducaten  geboten,  worauf  Kind  auch  eingegangen 
r.  Da  aber  Weber  bis  Ende  1821  bereits  1633 
Ir.  für  diese  Oper  bezogen  hatte ,  so  schien  ihm  jetzt 
id  doch  benachtheiligt  zu  sein,  daher  er  sich  ver- 
asst  fühlte,  demselben  mit  einem  herzlichen  Briefe  noch 
mal  eine  gleiche  Summe  zu  senden.  Weber,  welcher 
Lter  selbst  ein  ähnliches  Ansinnen  des  Berliner  Theaters 
.  grosser  Empfindlichkeit  ablehnte,^  hätte  sich  sagen 
inen,  dass  Kind,  ohnedies  schon  gereizt,  weil  aller 
hm  dis  gemeinschaftlichen  Werks  auf  die  Seite  des 
{nponisten  gefallen  war,  diese  Gabe  zurückweisen 
rde,  was  in  der  That  mit  einem  höchst  anzüglichen 
iefe  geschah.* 

Dies  war  der  Grund,  weshalb  Weber  für  den  Text 
ler  ihm  in  diesem  Jahre  von  dem  Impresario  des 
Umthnerthor  -  Theaters  in  Wien,  Domenico  Barbajo, 
stellten  Oper  sich  nicht  wieder  an  Kind,  sondern  an 
5  Dichterin  Helmine  von  Chezy,  eine  Enkelin  der 
^fschin,  wendete,  die  sich  damals  in  Dresden  aufhielt. 
5  Wahl  der  Dichterin  war  aber  eine  ebenso  wenig 
ckliche,  wie  die  Wahl  des  Stoffs,  die  auf  die  Geschichte 

Girard  de  Nevers  gefallen  war. 

Ton  den   Engagements  des  Jahres   1821    kam  nur 

des  Ehepaars  Unzelmann  der  Oper  zu  Gute,  da 

'  Man  schickte  ihm  ii&mlich  nach  der  50.  Vorstellung  als 
tiT&gliches  Honorar  100  Thlr.   Weber  sandte  es  aber  mit  einem 

geistvoll,  aber  energisch  geschriebenen  Proteste  an  seinen 
^cr,  den  Grafen  Brühl,  zurück. 

*  Kind  spricht  darin  bitter  von  CompODisten,  die  ein  Libretto 

einem  Mindestfordcmden   kaufen   und   sich   bei  ihren  Erfolgen 

l^rima  donna,  primo  uomo,  Intendanz,  Maschinisten,   Choristen, 

^Tun  Lampenpatzer  herab,  niur  nicht  beim  Dichter  des  Textes 

unkten. 

26» 


-    404    -  I  ^^ 

sie  eine  brauchbare  Coloratnrsängerin  mit  etwas  spiti^     V^^ 
Stimme,  er  ein  leidlicher  Heszotenor  war,  welcher  jedocV^     \^^ 
auch   Rollen   wie   Don   Juan   sang.    Die   Stärke  diesem 
Künstlers  lag  aber  im  Lustspiel^ 

Das  wichtigste  Ereigniss  des  folgenden  Jahres  w^^ 
die  Aufführung  des  Weber'schen  „Freischütz".    Die  Bott« 
der  Agathe  war  in   den  Händen  von  Friederike  FnnK^r- 
die,   ganz  in   italienischer  Schule   erzogen,   mit   groase^^ 
musikalischer    Begabung    eine    edle    Erscheinung ,  ye^^ 
ständiges  Spiel  und  Bühnenroutine  verband,  aber  nicta-*' 
frei  von  einer  gewissen  Kühle  war,  die  sich  dem  Publicnc*^- 
leicht  mittheilte.    Aennchen   fand  in  Frau  Julie  Haas^^ 
geb.  Zucker,^  in  Gesang,  Erscheinung   und  Spiel 
vortreffliche   Darstellerin.     Max   war    durch    Bergmaia 
vertreten,  der  wenigstens  nach  Seiten  des  Gesanges  Yos: — 
treffliches  leisten  konnte.    Kaspar  fand  in  August  May^^K" 
einen  gewandten  Darsteller,  bei  dem  man  aber  Gefab' 
lief,   dass   er   den   Charakter  herabziehen   werde.    I>i^ 
AufiUhrung,  welche  am  26.  Januar  stattfand,  ging  ab' 
vortrefflich    und    feierte    einen    ganz    ausserordentlich! 
Erfolg. 

Schon  am  27.  Juni  folgte  nun  auch  in  Dresden 
Aufführung  der  Preciosa,  welche  hier  indess  nicht  d 
Eindruck  wie  in  Berlin  machte.  Frau  von  derKlog^»^  ^ 
(seit  1822  Mitglied  der  Bühne),  welche  die  Titelro"Ue 
darstellte,  errang  zwar  durch  die  schauspielerische  S^i-  ^^ 
ihrer  Leistung  grossen  Beifall,  reichte  aber  mit  ih«"^^^ 
Stimmmitteln  nicht  aus. 


'  Gastspiele  gaben:  Staudacher  aus  München,  Dem.  Hufel^»- ^*^ j 
Röckel  aus  Prag,  ürban^  aus  München,  WaUbach  aus  Breslau,  ^^^7 
Reinholil  aus  Hamburg,  Maurer  aus  Stuttgart,  Dem.  Kainz  aus  "^^»^    ^  ^ 
Frau  V.  d.  Klogen  aus  Hamburg,  Dement  aus  Brauuschweig,  I— ^^^' 
Canzi  aus  Wien. 

•   Ihre  Schwester  hatte   die   Bühne   bereits  vor  zwei  J^"*^»-''^" 
verlassen. 


—    405    — 

Zu  der  am  25.  November  stattfindenden  Vermäh- 
longsfeier  des  Prinzen  Johann  mit  der  Prinzessin  Amalie 
Ton  Bayern  war  Morlacchi  mit  der  Composition  einer 
Cantate,  Weber  mit  der  eines  von  Robert  gedichteten 
Festspiels  beauftragt  worden. 

Von  den  in  dieses  Jahr  fallenden  Engagements  seien 

Wer  folgende  hervorgehoben:  Demoiselle  Veitheim,  Herr 

'^oarny,   Signor  Gentili,    Signora  Tibaldi,   Signora 

Zanetti,   Signor  Zezi.     Fräulein  Veitheim  zeichnete 

^'ch  durch  eine  angenehme  Stimme,  reine  Intonation  und 

'eicht   ansprechende   Höhe   aus.     Tourny   besass   eine 

^a8  bedeckte,   doch   angenehme   Tenorstimme.     Sein 

Eracheinen  war  ansprechend,  sein  Spiel  aber  unbeholfen. 

^i*Xoiselle  Tibaldi,  die  Tochter  des  Sängers,  sang  einen 

*^ff^iiehmen   und  dabei  kräftigen  Mezzo-Sopran  von  nur 

W^^iger   Höhe.     Gute   Methode   und   natürliche  Grazie 

^^^Oen   an   ihr   gertthmt.    Signora  Zanetti   hatte  ihre 

^'^  ^ikalische  Ausbildung  von  Polledro  erhalten  und  gefiel 

^^  ^*,  verliess  aber  schon  1824  wieder  die  Dresdner  Bühne. 

"^^*^  Zezi,    der   ihr   dagegen   noch   so   lange  erhalten 

wi^3^jj  sollte,   zeichnete   sich   schon  damals  durch  eine 

^^i  Bassstimme  aus. 

Von  Gastspielen  möchte  ich  zunächst  desjenigen 
^^^^  Mad.  Seidler  aus  Berlin  gedenken,  welche  durch 
^^  Frische  ihrer  jugendlichen,  wohlklingenden  Stimme 
^Afvunderung  erregte.  Wichtiger  aber  noch  war,  dass 
"^  berühmte  Schauspielerin  Sophie  Schröder,  diesmal 
"^^'^  ihren  beiden  Töchtern  Betty  und  Wilhelmine,  cr- 
*^  »^ien.  Letztere  betrat  am  21.  Juni  als  Emmeliue  in 
^^^igl's  Scliweizerfamilie  zum  ersten  Male  die  Bühne, 
^^f  welcher  sie  noch  so  grosse  Triumphe  feiern  sollte, 
^^d  entzückte  durch  den  jungfräulichen  Reiz  ihrer  Er- 
^heinung   und   den   Schmelz    ihr^er   schönen,    kräftigen 


Stimme. 


1 


'  Ausser  den  Genannten   traten  in   diesem  Jahre   noch   auf: 
I>eiiL  Maas,  Begisseur  Wolf  nebst  Gattin  aus  Berlin,  Dem.  Lindner 


—     406     — 

Die   Erkrankung   Morlacchi'8   und   Schuberts  hatte 
schon   seit  Monaten  den   ganzen  Dienst   auf  Weber  ge- 
häuft;   welcher,  selbst  leidend,  anfangs  1823  auf  Anstd- 
lung    eines   Musikdirectors    drang   und   seinen  Freund 
Gänsbacher  hierzu  empfahl.   Dies  wurde  jedocli  so  lange 
verzögert,  dass  dieser  inzwischen  eine  andere  Stelle  ao- 
genommen   hatte,  worauf  Heinrich  Harschner,  mit  dem 
man,   wie  es  scheint,  auch  schon  verhandelt  hatte,  die 
Stelle  erhielt.    Allerdings  würde  derselbe  auch,  wiekcii^ 
Anderer,   fähig   gewesen  sein,  für  Weber  später  Ersatz 
zu  bieten.    Man   konnte. aber  damals  noch  nicht  wissen^ 
was  man  an  ihm  besass. 

Marschner^   1795  in  Zittau  geboren,   zeigte  seboa 
sehr   früh   musikalische  Anlagen.     Mit  sechs  Jahren  e^ 
hielt   er   Ciavierunterricht  und  war  nach  sechs  Monaten 
bereits  geschickter,  als  sein  damaliger  Lehrer;   dies  war 
auch  mit  einem  zweiten  und  dritten  der  Fall.    Auf  dem 
Zittauer  Gymnasium   erhielt  er  von  dem  später  berühm- 
ten Fr.  Schneider  Gesangunterricht.     Zu  arm,   um  sich 
weiter  ausbilden  lassen  zu  können,  wurde  er  sein  eigener^ 
Lehrer,  bis  er  endlich  in  Leipzig,  wohin  er  Eechtswissen — 
Schaft  zu  Studiren  kam,  in  Schicht  einen  Führer  fand.   EiiiH 
Concert,   welches  er  1815  in  Carlsbad  gab,   vermittelte 
ihm  die  Freundschaft  des  Grafen  Thaddäus  von  Amad^^ 
Auch  die  Bekanntschaft  mit  Beethoven  wurde  ihm  fbrdi 
lieh.    Er  schrieb  1816  eine  kleine  Oper:  „Der  Kyffhäi 
Berg^    1817:    „Heinrich    IV.    und    d'Aubigny",    hierai 
„Saidar".    1821  lernte  er  in  Dresden  Tieck  kennen  uim.< 
wurde   mit   der   Musik  zu  dem  „Prinzen  von  Homburigr 
beauftragt.     Im    folgenden  Jahre   schrieb   er  eine  Op^J 
Lucrezia,  hierauf  die  schöne  Ella  und  Ali  Baba  —  aber 
er  hatte  mit  air  diesen  Arbeiten  kein  Glück«    1823  er- 
hielt er  die  Anstellung  in  Dresden,  wo  er  sich  1826  mit 

aus  Frankfurt  a.  M.,  Ed.  Devrient  aus  Berlin  (als  Jacob  und  Le|KK 
rello),  Mad.  Kraus,  geb.  Wranitzky,  Hake  aus  Braunscbweig,  Begu- 
seur  Brandt  aus  Mannheim,  Billwitz  aus  Frankfurt  a.  M. 


—    407    — 

der  SiDgerin  WohlbrOck  verheirathete,  in  demselben 
Jahre  aber  noch  seine  Stellung  yerliess^  weil  er  nichts 
wie  er  hoflfte;  zum  Nachfolger  Weber's  erwählt  wurde. 

Bereits  am  29.  August  1823  hatte  dieser  die  Euryanthe 
beendet  und- sich  nur  kurze  Zeit  später  zur  Leitung  der 
Proben  nach  Wien  begeben.  Am  25.  October  wurde  sie 
dort  zum  ersten  Mal  aufgeführt.  Der  erste  Act  hatte  einen 
^nz  ausserordentlichen  Erfolg,  der  sich  aber  durch  die 
^nge  der  Oper  und  der  Zwischenacte  allmählich  ah- 
»chwächte. 

Das  wichtigste  Ereigniss  dieses  Jahres  auf  dem  Ge- 
biete   der   Oper    in    Dresden    war    die   AulfUhrung   des 
-Rdelio  mit  Wilhelmine   Schröder,    als   neu  gewonnenes 
^^^glied   der  Btihne.    Grossen  Erfolg   halten  auch  Mor- 
■acchi's  „Gioventü   di   Enrico  V.'^   (welche,  besonders  in 
^^n     komischen   Partien,   zu   seinen  besten  Arbeiten  ge- 
hörte), sowie  Mose  von  Rossini,  in  welcher  die  Funk  ex- 
^^UiTte. 

Ausserdem   wurden   der  Oper    in   diesem  Jahre  der 

'"^^^    einer  schönen  Bassstimme  begabte  Risse  und  Fräul. 

^^Utili,  die  Tochter  des  königl.  Opernsängers,  gewonnen, 

^^Iche   an   die  Stelle  von   Fräul.  Zanetti  trat  und  eine 

^6'enehme,    irische    Mezzo- Sopranstimme    besass.      Die 

^^pelle   erlitt   einen  grossen  Verlust  durch  den  Abgang 

^^^Hedro's.     Er  wurde  durch  Anton  Rolla  ersetzt,   geb. 

^^  in  Parma,  Sohn  und  Schüler  des  berühmten  Ales- 

^^dro  Rolla,  Kapellmeisters  der  Scala  in  Mailand.    Der 

^^neral  von  Watzdorf,  Begleiter  der  sächsischen  Prinzen 

^^f  einer  Reise  nach  Italien,  der  ihn  dort  kennen  lernte, 

^^rmittelte  seine  Anstellung.    RoUa's  Styl  war  grandios, 

^in  Ton  kräftig,  voll  und  zum  Herzen  sprechend.    Als 

▼  orspieler  wirkte    er   durch  die  Energie  seines  Vortrags 

klebend. 

Von  den  Gastspielen  des  Jahres  (1823)  sei  hier  nur 
das  von  Emil  Devrient  aus  Braunschweig  hervorgehoben, 
insofern    er   in  Weber's   Freischütz   als  Ktfspar  auftrat. 


—     40S     — 

Nach  dem  Urtheil  des  Componisten  spielte  er  „am  das 
Dreifache  zu  viel  und  malte  das  ganze  Bild  allzu  sebr 
mit  dem  Borstenpinsel''.  Seine  Stimme  war  mittelndnig 
und  wenig  geschult.  Doch  setzte  Weber  zu  seinem:  jiat 
schlecht  gesungen"^  hinzu :  „kann  aber  ein  grosser  Sebui- 
spieler  werden."* 

Im  folgenden  Jahre   brachte  Weber   ein  Werk  des 
jungen   Reissiger  zur  Aufführung;   die  italienische  Oper 
„Dido   abbandonata^   die   es  aber  über  einen  Achtungs- 
erfolg   nicht  hinausbringen  konnte.     Um  so  mehr  gA&\ 
Meyerbeer's  ganz  im  italienischen  Style  gehaltene  „! 
garethe  von  Anjou".    Am  31.  März  folgte  die  erste 
fuhrung  der  Euryanthe   mit  der  früheren  Dem.  Schröd^ "»» 
welche  inzwischen  (bei  einem  Gastspiel  in  Hamburg)  d  5Lc 
Gattin   des    königl.   Hofschauspielers   Carl  Deyrient  g^^ 
worden  war,  als  Euryanthe,  Mayer  als  Lysiart,  Bergmar^BJi 
als  Adolar,  Fräul.  Funk  als  Eglantine.    Hier  wurde  vc^d 
den  Musikverständigen   diese  Oper   weit  über  den  Frei- 
schütz gestellt.* 

Auch  in  Berlin  sollte  die  Euryanthe  zur  Aufftthmis  g 
kommen.      Die   Unterhandlungen,    von   Spontini  hinten x- 

*  Ausserdem  gastirten:  Kühn  aus  Mannheim,  Mad.  Men^l^r 
Dem.  Pfeiffer  (spätere  Birch-Pfeiffer),  Esslair  aus  München,  Dem.  Meyer 
aus  Bremen,  Fischer  aus  München,  Rottmeyer  aus  Frankfurt  a.  M^ 
Wagner  aus  Breslau,  Mad.  Schönherger,  Mad.  Yespermann  aus 
München,  Horina  aus  Bremen. 

*  In   diesem   Sinne   äussert  sich  auch  der  Referent  der  All;. 
Musikzeitung:    „Mit  dem   Texte   kann   freilich  Niemand  zufriedeo 
sein,   wenn   man  ihn  auch  bis  jetzt,   wie  es  scheint  aus  Rücksicht, 
in  den  öffentlichen  Blättern  nicht  angegriffen  hat.    Der  Componot 
aber  hat  eine  wahrhaft  kraft-  und  ausdrucksvolle  Musik  geliefert, 
die  zu  den  schönsten  Erzeugnissen  der  deutschen  Oper  gehört  I^ 
Publicum  nahm   sie  mit  lebhaftem  Enthusiasmus  auf,   der  sich  bis 
jetzt  erhalten  hat,  ein  Beweis,   dass   nicht   immer  Teufelsbeschw** 
rungen  und  Wolfsschluchten   nöthig  sind,   um  eine  gute  Musik  ;*• 
fallen   zu   machen.**    Sehr  gelobt  wird  die  Devrient,   doch  wird  ihr 
Tremoliren   vorgeworfen.     Die  Eglantine   wird  als  die  vollendetste 
Leistung  der  Dem.  Funke  bezeichnet. 


—    409    — 

ebeO;  schwebten  schon  seit  Ende  vorigen  Jahres.  Mit- 
1  in  den  hieraus  entstehenden  Misshelligkeiten;  welche 
Verein  mit  den  Fortsehritten  seiner  Krankheit  das 
beD  Weber's  mehr  und  mehr  verdüsterten,  fiel  wie  ein 
htblick  der  Auftrag  auf  eine  neue  Oper  für  das  Con- 
itgarden-Theater  in  London,  mit  dem  er  Mitte  Juni 
i  dem  Theateruulernehmer  Charles  Kemble  überrascht 
rde.  Die  Wahl  des  Stoffes  schwankte  anfänglich 
ischen  Faust  und  Oberen,  wurde  aber  bald  zu  Gunsten 

letzteren  entschieden.  Schon  am  30.  December  d.  J. 
idt  er  den  von  dem  englischen  Dichter  R.  Planche 
jbeiteten  Text. 

Die  immer  wiederkehrenden  Krankheiten  Morlacchi's 
l  seine  damit  zusammenhängenden  Reisen  nach  Italien, 
m  die  Kränklichkeit  Weber's  hatten  in  den  Kampf 
ischen  der  italienischen  und  deutschen  Oper  einen 
llstand  gebracht.  Im  März  d.  J.  war  auch  noch  der 
tshencompositeur  Schubert  gestorben,  Weber  hatte  den 
ter  von  Seyfried  in  Wien  für  die  erledigte  Stelle  in 
rechlag  gebracht,  die  Wahl,  fiel  jedoch  durch  Einfluss 
•  Italiener  auf  den  alten,  untauglichen  Vicenzo  Rastrelli, 
Icher,  wie  zu  erwarten  war,  dem  Operndienste  nicht 
i&al  vorstehen  konnte. 

Die  Ernennung  des  Generaldirectors  von  Könneritz 
i  Gesandten  in  Madrid  hatte  in  diesem  Jahre  auch 
-n  Wechsel  in  der  obersten  Leitung  des  Theaters 
Folge.   Durch  Rescript  vom  4.  September  1824  wurde 

seinem  Nachfolger  der  frühere  Oberforstmeister 
iimerherr  Wolf  Adolph  von  Lüttichau  ernannt. 
Kihon  diese  Ernennung  vielfach  bekrittelt  wurde,  sollte 
h  die  langjährige  Amtsverwaltnng  dieses  Mannes  die 
the  des  ihm  anvertrauten  Kunstinstituts  umschliessen. 
Erdings  scheint  die  Wahl  hauptsächlich  nur  auf  der 
tist  beruht  zu  haben,  deren  sich  dieser  Cavalier,  wel- 
f  bisher  der  Kunst  und  dem  Theater  ganz  fern  stand, 
''ohl   bei   dem  König,   wie  bei  dem  Minister  Einsiedel 


—    410    - 

zu  erfreuen  hatte.  Die  Charaktereigenschaften,  welelie 
i^in  auszeichneten;  waren  aber  doch  wohl  mit  maai- 
gebend,  sowie  der  Einfluss  seiner  hochgebildeten,  sich  fllr 
Kunst  und  Wissenschaft  lebhaft  interessirenden  6itti% 
einer  geborenen  von  Knobeisdorf,  die  hierdurch  Tielleiekt 
einen  fördernden  Antheil  an  den  theatralischen  Kttnstei 
zu  gewinnen  hoffte.  Gewiss  wenigstens  hat  sie  die«a 
Antheil,  der  ein  sehr  wohlthätiger  war,  später  genomma 
und  das  Interesse,  das  sie  beseelte,  auch  auf  ihren  Gattes 
zu  übertragen  verstanden,  dessen  im  Ganzen  mehr  anf 
das  Praktische  gerichteter  und  dabei  klarer  und  wohl- 
wollender Geist  eines  idealen  Zugs  nicht  entbehrte. 

Unter  den  Erwerbungen  dieses  Jahres  müssen  te- 
sonders  die  des  Tenoristen  Bonfigli  und  der  Signort 
Palazzesi  hervorgehoben  werden,  durch  welche  der 
glückliche  Stimmenentdecker  Morlacchi  bei  seiner  Bück- 
kphr  die  Gunst  des  Publicums  aufs  Neue  gewann.— 
Anton  Bonfigli,  1794  in  Lucca  geboren,  hatte  mit  dei 
Erinnerungen  an  Cantü  zu  kämpfen,  debütirte  aber 
nichtsdestoweniger  als  Don  Ramiro  in  „La  Cenerentola" 
mit  ausserordentlichem  Erfolge.  Er  war  im  Besitz  einff 
herrlichen  Stimme  und  guten  Metliode.  Besonders  woffte 
er  vom  Falset  den  wunderbarsten  Gebrauch  zu  machen. 
Die  Palazzesi  zeichnete  sich  durch  eine  der  schönsten 
Sopranstimmen,  durch  leichte  und  sichere  Intonation,  dorch 
eine  glänzende,  mit  tiefem  Empfindungsausdrnck  Te^ 
bundene  Fertigkeit  aus.  Sie  trat  jedoch  erst  im  folgcß- 
den  Jahre  in  Kossini's  „Zelmira^  auf,  die  grossen  BeiäH 
errang.  Bei  solcher  Besetzung  konnte  es  auch  i^ 
neuesten  Oper  Morlacchi's:  „Teobaldo  und  Isolina'^  ö* 
diesem  um  so  weniger  fehlen,  als  sie  zu  seinen  bestefi 
Arbeiten  gehörte.  Morlacchi  trat  darin,  trotz  der  unve^ 
kennbaren  Anlehnung  an  Rossini,  der  deutschen  Mneik 
etwas  näher.  ^ 

'  Gastrollen  gaben  1824:  Signora  Gentili,  Rösicke,  Sigoo^ 
Clara  Wagner,  das  Ehepaar  Genast  und  Dem.  Böhler  aus  h^^ 


—    411     - 

Die  deutsche  Oper  brachte  unter  Anderem  Faniska 
TOD  Chembini;  Jessonda  von  Spohr  und  mit  ungeheurem 
Erfolge  Rosflini's  Barbier  von  Sevilla^  da  Morlacchi  diesem 
ktiteren  wegen  seiner  gleichnamigen  Oper  die  Aufnahme 
beharrlich  verweigert  hatte.  Weber  bekämpfte  auf  diese 
Weise  die  italienische  Oper  mit  ihren  eigenen  Waffen. 
Aneh  besass  er  die  Klugheit,  im  nächsten  Jahre  (1825) 
Spontini's  „Olympia''  als  Festoper  bei  der  Vermählung 
des  Prinzen  Max  zur  Aufführung  zu  bringen,  ein  Schritt, 
welcher,  wie  es  scheint,  die  Wiederauftiahme  der  Ver- 
htodlangen  mit  Berlin  wegen  der  Aufführung  seiner 
Eiuyanthe  und  endlich  auch  diese  selber  zur  Folge 
httte.» 

Am  dritten  Abende  nach  der  Vermählungsfeier  kam 
llorlacchi's  Festcantate  „La  Ute  sopita"  im  festlich  er- 
feochteten  grossen  Opemhause  zur  Aufführung.  Blinder 
Fenerlärm  brachte  gleich  zu  Anfang  der  Vorstellung  das 
Pnblicum  in  furchtbare  Aufregung,  deren  drohende  Folgen 
■or  durch  die  Geistesgegenwart  des  Königs  abgewendet 
^rden,  welcher  mit  seiner  Familie  ruhig  in  seiner  Loge 
'^''blieb.  Der  Zwischenfall  veranlasste  jedoch  die  Weg- 
•••Ong  einer  Arie,  da  der  Sänger  Bonfigli,  der  sich  ge- 
'^btet  und  versteckt  hatte,  nicht  aufzufinden  war. 

In  diesem  Jahre  (1825)  sollte  sowohl  die  deutsche 
^  die  italienische  Oper  durch  den  fast  gleichzeitigen 
^  der  beiden  Regisseure  Hellwig  und  Bassi  ein  grosser 
•'"inst  treffen.  Letzterer  wurde  in  dieser  Eigenschaft 
''^h  den  unermüdlichen  Theatersecretär  Th.  Winkler 
•^tzt.  An  Hellwig's  Stelle,  der,  vrie  ich  weiterhin  noch 
*^^r  ausführen  werde,  schon  längere  Zeit  dienstuntüch- 

^^:]iow,   Schwarz,  Signora  Maria  Sandrini,   Waltjen,  M&rr  aas 
^tiover,  Coniet  aus  Braanschweig. 

'  Am  28.  December  1826  fand  sie  in  Abwesenheit  Spontini^g 
^  groBsem  Erfolge  statt  Die  Seidler  sang  die  Titelrolle,  die 
^^Iz  die  Eglantine,  Bader  den  Adolar,  Blume  den  Lysiart  und 
^'^rient  den  König 


-     412     — 

tig  und  durch  Burmeister  und  Pauli  in  der  Regie  zeither 
vertreten  worden  war,  trat  am  1.  Januar  1826  der  Schis- 
Spieler  Clemens  Remie^  yon  welchem  Tieck  1827  schreibt: 
,,Was   ein  Regisseur  leisten  kann,   um  der  Directionia 
helfen ;  geschieht   durch   Herrn  Remie   mit  unendlichem 
Pleiss,  musterhafter  Pünktlichkeit  and  künstlerischer  Ein- 
sicht.'^     £r  verliess   diese  Stellung  am  1.  Juli  1829,  nm 
als    Geschäftsführer    und   Oberregisseur    an   die  Spitze 
des  neuen  Leipziger  königl.  Hoftheaters  zu  treten,  von 
welchem  noch  später  die  Rede  sein  wird.* 

Grössere  Verluste   sollten   aber   die   deutsche  Oper 
im    folgenden   Jahre   noch   treffen.     Schon  längere  Zeit 
war  sie  durch  Indisposition  der  Mad.  Devrient,  durch  die 
Krankheit  von  Mad.  Haase,  sowie  endlich  durch  längere 
Abwesenheit  Weber's  in  ihrer  Thätigkeit  gehemmt  wor- 
den.   Der  Letztere^  den  Tod  schon  im  Herzen,,  hatte  üeh, 
von   seinem   treuen   Freunde  Fürstenau   begleitet,  nach 
London    zur  Aufführung   seines  Oberon  begeben«    Nach 
einer  Reihe   glänzender  Triumphe,  zu  denen  er  sich  zu* 
letzt  nur  noch  mühevoll  aufraffen  konnte,  die  Brust  JOU 
unauslöschlichem  Heimweh   erfüllt,   machte  in  der  Nacht 
des  22.  Mai   der  Tod  seinem  ruhmvollen  Leben,  wie  es 
scheint,  schmerzlos  ein  Ende.     Am  26.  Juli  war  ihm  die 
anmuthige   Darstellerin    seines    Aennchen,    Julie  Hatte, 
ihren  Leiden  erliegend,  vorausgegangen,  ein  Verlust,  der 
ebenfalls  so  bald  nicht  ersetzt  werden  sollte.    Dem.  Mil* 
1er,  die  sie  während  ihrer  Krankheit  vertreten  hatte  und 
durch  eine  frisclie,  wohlklingende  Stimme  erfreute,  Tcr- 
Hess ,   um    sich    zu   verheirathen ,   damals   gleichfalls  di« 
Bühne.   Auch  Tibaldi  mit  seiner  Tochter  trat  vom  Dresdner 
Theater  zurück. 

Die   italienische  Oper   fand  Ersatz   in   den  Engag«* 

•  Gastrollen  gaben  im  Jahre  1826:  Forti  aus  Wien,  Koch 
aus  Leipzig,  Zahlhaas,  Haberkom,  Kindler,  Becker,  Dem.  Secottdiy 
Blumauer,  Stein  aus  Leipzig,  Seuger,  Meaubert  aus  Streliti,  IJ^^ 
Ruppert,  Maas,  Mad.  Grünbaum  aus  Wien. 


413 


meiKs  TOD  Signora  Suhiasetti  und  von  Rubini.  Die 
«rate  wnrt\p  ihrer  schönen  Altstimme  wegen,  die  aifb 
dnrcb  eine  seltene  Höhe  auszeiclinete,  geschätzt.  Sie  be- 
Basa  alle  Vorzüge  der  italienischen  Schule;  Reinheit  der 
Intonation, Bchtioesportamento,  auagezeiclinete  mezza  voce.- 
Anch  Rnbini  fand  seines  geschmackvollen  Vortrags  wegen, 
viel  Anerkennung. 

Schwieriger  lagen  die  Verhältnisse  tiir  die  deutsche 
Oper.  Weber's  Verlust  war  nicht  zu  ersetzen.  Er  musste 
um  so  lUliIbarer  werden,  da  man  sich  Marschner's  Kraft 
mcht  zu  erhalten  verstanden.  In  der  That  begegnen  wir 
in  dieser  Zeit  manchen  Klagen  über  Rückgang  der 
dentsi'hen  Oper,  die  freilich  schon,  aua  den  oben  snge- 
fttlirten  Gründen,  bis  in  die  letzte  Zeit  Weber's  zurllck- 
rtichen.  Eh  war  unter  diesen  Umständen  immer  eia 
QlUuk,  dasB  man  bei  der  zwischen  dem  TOplitzer  Musik- 
director  Wolfram  und  dem  noch  jungen,  aber  talentvollen, 
masikalisch  gebildeten  Reissiger  stattfindenden  Wahl  sich 
fär  Letzleren  entschied,  der  nun  an  Marschner's  Stelle 
iw,  während  diejenige  Weber's  noch  unbesetzt  blieb.' 
Schon  im  folgenden  Jahre,  nachdem  dafür  Hummel  in 
Weimar  ins  Ange  gefasst  worden  war,  wurde  Reissiger, 
"elcher  sich  in  der  That  sehr  bewährt  halte,  auf  Lebens- 
**'t  mm  Kapellmeister  der  Königl.  deutschen  Oper  in- 
Dfcsden  ernannt. 

Carl  Gottlob  Itcissiger,  179«  in  Beizig  bei 
"iHenberg  geboren,  war  von  seinem  Vater,  der  daselbst 
Cintvr  war,  frUh  in  der  Musik  unterwiesen  worden.  1811 
*^f  die  Thomasschule  in  Leipzig  gekommen,  erregten 
'^'le  musikalischen  Anlagen  und  Kenntnisse  die  Äuf- 
""^ksamkeit  des  Cantor  Schicht.    Zwar  bezog  Reissiger 

'  Uaitrolleii  gaben  ISSC:  Mail.  Rochon  ans  C&ln ,  Detroit, 
'^0,  (ilcy,  Veltlieim,  Clauaius,  Den.WobibrQek  (die  sich  mit  Matach- 
*f  *erheirathete),  Barlow,  Haas,  Taiith,  Peir.  Laiirenl,  SthwarE  aus 

|^»i  ßosenfeld,  Mad.  Uanhnocb,  Dem.  Sntorius,  Dem.  MOller  ans 

'*»,  Devrient  aus  Berlin,  Dem.  Bochcrs. 


414     — 

später  die  Universität,  widmete  sieh  aber  sehr  bald  aus- 
schliesslich  den   musikalischen   Studien.      Auf  Schiebt's 
Empfehlung  erhielt  er  die  Mittel;  dieselben  in  Wien  and 
München   fortsetzen  zu  können  ^   wo  Salieri   nnd  Winter 
ihm  Vorbilder   wurden.     Mit  Letzterem  ward  er  penta* 
lieh    befreundet  und  erhielt  auch  durch  ihn  vom  kOnigL 
Theater  in  München   den  Auftrag ,   die  Musik  zu  einem 
Trauerspiele   „Nero^   zu  schreiben ,  deren  Erfolg  Oin  in 
weiteren  Kreisen   bekannt  machte.     Er  componirte  hier* 
auf  verschiedene  Opern,  von  denen,  wie  wir  gesehen,  die 
^Dido   abbandonata^   in  Dresden   zur  Anfftthrung  kaio- 
Im   Jahre    1823   erhielt    er    durch    den   Einflnss  seiner 
Gönner  von  dem  Könige  von  Preussen  die  Mittel  zn  einer 
Studienreise   nach  Frankreich  und  Italien,   um  über  die 
Fortschritte  der  Musik  in  diesen  Ländern  Bericht  zn  er- 
statten,  und  nach  seiner  Rückkehr  auch  Anstellung  in 
Berlin,  von  wo  er  dann  nach  Dresden  berufen  wurde.  — 
Reissiger   besass  nicht  die  genialen  Eigenschaften  seines 
grossen  Vorgängers,  allein  er  war  ein  vielseitig  begabter, 
höchst    Schätzenswerther,    nach    den    mannicfafaltigsteB 
Richtungen  hin  fruchtbarer  Gomponist.     Vor  Allem  aber 
besass  er  die  nothwendigcn  Eigenschaften,  nicht  um,  wie 
Weber,   im  Kampf  mit  so  viel  Schwierigkeiten  ein  pst 
neues  Werk,  wie  die  deutsche  Oper,  ins  Leben  zn  rufen 
und  zu  der  Höhe  zu  entwickeln,   in  welcher  er  jetzt  ao 
empfing,  wohl  aber,  um  sie  auf  dieser  Höhe  zu  erhaltea 
und  weiter  fortzubilden.     Kaum  minder  eifersüchtig  und 
empfindlich  wie  dieser,  besass  er  mehr  Welt*klugheit  und 
Mässigung,   um  seine  Zwecke  durchzuführen  und  zn  er- 
reichen. 

In  Anton  Bahnigg  (geb.  1795  in  Wien)  wurde 
der  deutschen  Oper  ein  Tenorist  gewonnen,  welcher  der 
Devrient  würdig  zur  Seite  stehen  konnte.  Er  hatte  l?!^ 
in  Temesvar  die  Bühne  betreten,  war  dann  vier  Jabi* 
in  Pesth  der  Liebling  des  Publicums,  kürzere  Zeit  in 
Wien,    um  dann  wieder  nach  Pesth  zurückzukehren  und 


—    415    — 

legie  nnd  Direction  daselbst  za  übernelimeD.  Eine  1826 
internommene  Ennstreise  machte  seinen  Namen  fast  durch 
ptnz  Deutschland  berühmt.  Sein  Ton  war  kräftig  und 
loch  dabei  seelenvoll^  seine  Coloratur  glänzend  und  feurig, 
leine  Declamation  voll  natürlichem  Ausdruck,  innig  und 
Ibeneugend.  Dabei  war  er  eine  poetisch  gestimmte 
hinty  besonders  geeignet  für  Rollen  romantischen 
JchwungS;  —  sein  Fra  Diavolo,  sein  Masaniello,  sein 
lüoDy  George  Brown  und  Cortez  waren  wahrhaft  herrliche 
"Zungen,  die  allen  Denen,  die  ihn  darin  in  seiner 
Uüthezeit  sahen,  gewiss  unvergesslich  geblieben  sind, 
«ider  verlor  er  zu  früh  die  Stimme  und  gleichzeitig  den 
igendlichen  Glanz  der  äusseren  Erscheinung.  —  Auch 
tt  Ehepaar  Wächter  war  eine  glückliche  Acquisition. 
'chael  Wächter,  geb.  1794  zu  Nappersdorf  in  Unter- 
teiTeich,  Sohn  bemittelter  Landleute,  studirte  in  Wien 
'  Rechte,  ging  aber  seiner  schönen  und  metallreichen 
rttonstimme  wegen  1819  zum  Theater  über.  Er  debü- 
^  in  Graz  und  errang  sich  sowohl  hier,  wie  später  in 
^h  (1821),  Wien  und  Berlin,  am  Königstädtischen 
^^ter,  wo  er  (1825 — 27)  neben  Henriette  Sonntag, 
'^T,  Spitzeder  wirkte,  die  grösste  Anerkennung.  Von 
f  wurde  er  auf  Anregung  seines  langjährigen  Freundes, 
'  Regisseurs  Remie,  nach  Dresden  berufen.  Obschon 
^  Spiel  nie  von  grosser  Bedeutung  war,  soll  er  früher 
li  ungleich  gewandter  gewesen  sein.  Sein  Templer, 
H8C0,  Figaro,  Seneschall,  Leporello  waren  Leistungen 
^  ungewöhnlichem  Werth.  Er  blieb  bis  zu  seinem 
ie  18ö3  der  Dresdner  Bühne  erhalten.  Seine  Gattin 
^rese  war  damals  in  Soubrettenrollen  beliebt,  wenn  sie 
^li  einen  vollen  Ersatz  für  die  liebliche  Uaase  nicht 
'ten  konnte.  Später  trat  sie  mit  Glück  in  das  Fach 
^  komischen  Alten  ein.' 

*  In  diesem  Jahre  verlicss  Fränl.  Funk  die  Dresdner  Bohne. 
Oastrolien  gaben  daran :  Henriette  Sonntag  aus  Berlin,  Boucher  von 
ndershausen,  Dem.  Huber  aus  Mainz,  Mad.  Mevius  ans  Hamburg. 


—    410     - 

Von   den  in  diesem  Jahre  gegebenen  VorBtelliiDgeD 
zeichnete  sich  besonders  die  des  Don  Giovanni  (1^  Febr. 
1827)  in  neuer  Besetzung  aus:  Salvatori  (Don  Giovasni), 
Veltheim  (Donna  Anna),  Bubini  (Ottavio),  Zezi  (Gommui- 
datore),  Palazzesi  (Elvira)^  Benincasa  (Leporello),  Boebme 
(Mazetto);  die  Schiavetti  (Zerline).    Auch  Bossini's  „Donn» 
del  lago^   mit    der  Palazzesi    übte    grosse  AnziehimgB'' 
kraft  aus.  •> 

Bereits  am  5.  Mai  d.  J.  war  König  Friedrich  August  !• 
nach  einer  54jährigen  ereignissvollen  Regierung  gestorbex^ 
Nur  mit  Widerstreben  vertauschte  dessen  Bruder  Aiito»0 
die  seinen  künstlerischen  Neigungen  gewidmete  Mii89^ 
mit  dem  an  ihn  herantretenden  schweren  und  verantwoP- 
tnngsreichen  Beruf. 

Als   eine   Blüthe  und  Frucht  der  ersteren  sollte  ina 
folgenden  Jahre  (1827)   zur  Feier  des  Kirchganges  der 
Prinzessin   Amalia    nach   erfolgter    Geburt   des  jetzig^D 
Königs  Albert  eine  von  ihm  verfasste  Cantate:  „La  na«- 
cita  del  sole^  zu   öffentlicher  Aufführung  gelangen.     In 
diesem  Jahre  kam  auch  das  letzte  Werk  C.  M.  v.  Webei'«, 
sein  „Oberen'',   welcher   bis   zum  Schlüsse   desselben  25 
Vorstellungen  erlebte,  zu  vorzüglicher  Darstellung.  (Oberen 
—  Bergmann.    HUon  —  Babnigg.    Scherasmin  —  Wäch- 
ter.   Rezia  —  Devrient.)      Eine   überaus   günstige  Auf- 
nahme fand  auch  Auber's  liebliche  Oper:    „Der  Maurer 
und  der  Schlosser",  sowie  Reissiger's  Musik  zu  „YelT»".* 

In  diesem  Jahre  hatten  bei  der  italienischen  Oper 
Mad.  Devrient  und  Wächter  die  Rollen  der  Donna  Anna 
und  des  Don  Giovanni  übernommen. 

Von  den  in  diesem  Jahre  gemachten  Engagementfif 
soll  hier  nur  das  von  Dem.  Agnes  Seh  ehest  (geb.  ISlö 
in  Wien)  hervorgehoben  werden,  welche  schon  seit  län- 
gerer Zeit  im  Singchore  der  deutschen  Oper  in  Dresden 
mit  thätig   war    und   hier  ihre  musikalische  Ausbildung 

•  Dem.  Fournier  gab  damals  die  Tittelrolle. 


—    417    — 

erbalten  liatte.  Sie  bräH»  eine  schöne;  ansserordentiüeh 
krlftige  Mezsoiopraiistimme  und  erreichte  .  dnrch  seltene 
Belierrsohnng  ihrer  Ifittel  eine  grosse  Bravour.  Sie 
hatte  mit  Erfolg  die  Deyrient  zum  Vorbild  genommen 
und  gehörte  zn  den  wenigen  Sängerinnen,  die  eines  wahr- 
haft dramatischen  y  leidenschaftlichen  Ansdrucks  fähig 
waren,* 

Das  Jahr  1829  brachte  im  Wetteifer  der  beiden 
Kapellmeister  die  erste  Aufftthmng  der  Oper  ,^Libella'' 
^on  Beissiger  nnd  die  des  Melodramas  ,;Colombo''  von 
Horlacchi.  Beide  wurden  mit  Beifall  aufgenommen^  ohne 
*>ch  länger  halten  zn  können.  Dagegen  errangen  unter 
^cn  Neuheiten:  Auber's  ^^ Stumme  von  Portici**,  die 
deutsche  Bearbeitung  der  „Vestalin**  und  die  Wiederauf- 
Uhme  von  Bossinfs  ^^Otello^'  in  italienischer  Sprache, 
^t  Babnigg  in  der  Titelrolle,  ungewöhnliche  Erfolge. 
Babnjgg  wurde,  das  erste  Beispiel  hiervon  in  Dresden, 
"^iiu  Auftreten  mit  Beifall  empfangen.* 

Auf  Antrag  des  Leipziger  Stadtraths  hatte  sich  der 

KöiUgliehe  Hof  in  Dresden  bereit  gefunden^   nach  Auf- 

'^^^n  der  Eflstner'schen  Entreprise,  aufs  Neue  die  Leitung 

*^  Leipziger  Theaters,  doch  vorläufig  nur  auf  drei  Jahre, 

^      Übernehmen.     Durch  Eönigl.  Rescript    wurde   Herr 

^•^-•tlttichau  auch  damit  beauftragt,  welcher,  wie  icTi  bereits 

^'^n  andeutete,  als  Geschäftsftlhrer  und  Oberregisseur  den 

^^suspieler  Remie  ernannte  und  ihm  als  Hilfsregisseure 

*^    Schauspieler  Moritz  Rott  und  Nabel  zur  Seite  stellte. 

*^%ikdirector  war  Dom.    Die  Vorstellungen  wurden  am 

^'    August  1829  mit  einem  Prologe  Theodor  Heirs  und 

''^U  Julius   Caesar  eröffnet.     Nach  Remie's  Abgange  in 

*  Gastrollen  gaben:  Meser  aas  Frankfurt  a.  M.,  Yolkmar  und 
^hd.  Schmid  aus  Hannover,  Spielberger  aus  München,  Stölzel  aus 
Berlin,  Herzfeld  aus  Hamburg,  H.  Kirchner  aus  Wien,  Fürst  aus 
Ibgdeburg. 

*  Gastrollen  gaben  1829:  Dem.  Hennsdorf,  Pillwitz,  Krüger  aus 
Berlin. 

27 


-     418    — 

Dresden  wurde  hier  die  Kegie  der  deutschen  Oper  sum 
ersten  Male  von  der  des  Schauspiels  getrennt ;  jene  über- 
nahm der  Schauspieler  Friedrich  Wagner,  die  des  letztaa, 
das  Singspiel  mit  eingeschlossen,  Pauli. 

Ein  grosser  Verlust  sollte  die  deutsche  Oper  in 
Jahre  1830  trefFen:  Mad.  SchrOder-Devrient,  welche  ent 
im  Herbst  des  vergangenen  Jahres  einen  neuen  Gontrtct 
auf  vier  Jahre  zu  bisher  noch  nicht  gewährten  Beding- 
ungen abgeschlossen  hatte  (4000  Thlr.  Gehalt,  2—3  Mo- 
nate Urlaub;  ein  mit  500  Thlr.  garantirtes  Benefiz,  SOOThir. 
Pension),  benutzte  gleich  den  ersten,  kurz  nach  Begini 
des  neuen  Contracts,  im  April  1830  angetretenen  Urlaob, 
um  contractbrüchig  zu  werden.* 

'  Lüttichau,  durch  einen  ähnlichen  YorfaU  gewitzigt  (imJihn 
1827  hatten  sich  die  als  Sängerinnen  angestellten  Geschwister  Bi»* 
berger  heimlich  von  Dresden  entfernt),  hatte  in  diesem  Gontract  dii 
Clausel  aufgenommen,  dass  die  Devrient,  falls  sie  durch  widerrecht- 
liche Entfernung  contractbrüchig  würde,  eine  Conventionalstnia  v« 
4000  Thlr.  an  die  Generaldirection  zu  zahlen  verpflichtet  sei  Dil 
Devrient,  damals  in  Paris,  wo  sie  ihren  Urlaub  verbrachte,  sehr  ge- 
feiert, war  gleichwohl,  wie  der  sächs.  Gesandte  daselbst  nach  Drefdo 
berichtete,  wegen  eines  Engagements  mit  der  grossen  Oper  in  Untff' 
handlung  getreten.  Lüttichau,  welcher  auf  den  Besitz  dieser  Siogen* 
einen  grossen  Werth  legte,  richtete  einen  sehr  freundscbafUicb  fc* 
haltenen  Brief  au  dieselbe,  in  welchem  er  sie  an  ihre  Pflicbt  ^ 
innerte  und  ihr  die  Yortheile  des  Dresdner  Engagements  au* 
einandersetzte.  Die  Devrient  zögerte  aber  über  einen  Monat,  bis  fit 
sich  am  19.  Juli,  d.  i.  also  fast  3  Wocheu  nach  Ablauf  ihres  UrUnlVi 
zu  einer  Antwort  bequemte,  in  der  sie  unter  Anerkennung  der 
wohlwollenden  Gesinnungen  ihres  Chefs  denselben  bat,  sie  üu^ 
Verpflichtungen  zu  entbinden,  damit  sie  an  einem  ihr  toh  ^ 
grossen  Oper  angebotenen  Engagement  (40,000  Frcs.  GehA 
15,000  Frcs.  Benefiz  und  3  Monate  Urlaub),  sowie  überhaupt  u 
dem  Verfolge  der  sich  ihr  eröffnenden  glänzenden  Laufbahn  nic^ 
gehindert  werde.    Lüttichau  erwiderte  darauf: 

„Ihr  Schreiben  von  Boulogne  sur  Mer  vom  19.  dieses  habe  ic" 
soeben  bei  meiner  Anherkunft  von  Pillnitz  erhalten,  und  beeilfi  ffli^ 
Ihnen  in  der  Kürze  darauf  zu  antworten,  zugleich  aber  ancb  ^ 
Versicherung  zu  geben,  dass  Se.  Majestät  der  König  in  keinen  T*^ 


—    419    — 

Im  Jahre  1830  traten  beide  Opern  wieder  wetteifernd 
mit  einem  neuen  Componisten  anf.  Die  deutsche  mit 
Lindpaintner  G^Vampyr'') ,  die  italienische  mit  Bellini 
[x^traniera'')*  ^^  Olück  war  anf  Seiten  der  letzteren. 
Bellini  hatte  einen  Erfolg,  der  Bossini's  Herrschaft  ernst- 
lich bedrohte  nnd  auch  endlich  erschtltterte. 

Unter  den  Gastspielen  trat  das  von  Dem.  Heine - 

Dv  ADstreten  aus  dem  Gontract  genehmigen  wird ;  vielmehr  hat  er 
■ir  mit  allem  Ernst  schon  anbefohlen,  die  der  Eönigl.  General- 
firection  zustehenden  Rechte  streng  zu  verfolgen.  An  einen  Erlass 
^  Ermissigung  der  im  Gontract  stipolirten  4000  Thlr.  ist  also 
lidit  zu  denken.  1000  Thlr.  Yorschuss  ist  anch  zurückzuzahlen, 
nd  die  w&hrend  Ihrer  Abwesenheit  hier  ausgezahlten  Monatsgehalte, 
K>  auf  drei  Monate  1000  Thlr.  betragen,  muss  die  Generaldirection 
iWnfalls  in  Anspruch  nehmen.  Herr  von  Könneritz  wird  officiellen 
Mehl  erhalten,  Ihr  Engagement  in  Paris,  da  es  EönigL  Entreprise 
it,  lu  hindern,  und  Graf  Garamon,  der  firanzösische  Gesandte  hier, 
iflnte  ebenfalls  seinen  Einfluss  dort  geltend  machen,  wie  er  mir 
hker  bereits  versprochen.  Ein  Gontractbruch  Ihrerseits  würde  da- 
Mr  Öffentlich  bekannt  werden  und  ftlr  Sie  selbst  die  unangenehmste 
Itoation  herbeiführen,  abgerechnet,  dass  Sie  durch  solchen  Schritt 
^  Ihrer  Ehre  verlustig  machen  und  sich  die  Verachtung  jedes 
«chüich  Denkenden  zuziehen  werden.  Ueberlegen  Sie  dies  Alles 
fdtif,  Sie  werden  finden,  dass  ich  nur  zu  Ihrem  Besten  spreche; 
Heiben  Sie  Ihrer  Pflicht  getreu  und  kommen  Sie  in  jedem  Falle 
ioUld  als  möglich  hierher  zurück,  vielleicht  kann  ich  später  zur 
hdisirung  Ihrer  Wünsche  beitragen.  Sie  stehen  jetzt  allein,  haben 
hben  einzigen  Freund,  der  Ihnen  ehrlich  mit  vernünftigem  Rathe 
A  die  Hand  geht  Die  Versuchung  ist  gross,  leicht  ist  der  falsche 
^^  eingeschlagen,  der  Ihnen  nur  Reue  und  Unglück,  trotz  des 
luierlichen  Glanzes,  einbringen  kann.  Folgen  Sie  mir.  Nicht  als 
'^''tctor  in  amtlicher  Beziehung  sprecliO  ich  jetzt  mit  Ihnen.  Nur 
^  Interesse,  das  ich  persönlich  an  Ihn^n  und  Ihrem  künftigen 
^^'chicke  nehme,  spricht  in  mir  zu  Ihnen.  Sie  handeln  gegen  sich 
'^^  wenn  Sie  verabsäumen,  oder  gar  durch  einen  unzeitigen  Ge- 
*^^hritt  es  unmöglich  machen,  mündlich  mit  mir  über  Ihre  für 
^  so  unendlich  wichtige  Lage  zu  sprechen.  Ich  sehe  wenigstens 
"^  Höglichkeit,  dass  vielleicht  etwas  sich  ausmitteln  lässt,  wie  Sie 
^  Ehren  und  an  der  Hand  der  Pflicht  die  Laufbahn,  die  sich  jetzt 
^^  so  viel  Ruhm  und  Beifall  Ihnen  eröffnet  hat,  künftig  einmal 
^""^^etien  und  ungeachtet  Ihrer  jetzt  noch  langen  Gontractverhält- 

27* 


—    420    — 

fetter  (als  Rosine,  Semiramide  and  als  Prinzessin  in 
Jobans  von  Paris)  besonders  hervor.'  Ihre  Stimme,  in 
sich  herrlich,  von  bedentendem  Umfange,  voll  Metall  usd 
von  bewundernswürdiger  Gleichheit,  war  mit  dem  aos- 
dmokevollsten  Vortrag  verbnnden. 

Bemerkt  mag  hier  werden,  dass  nm  diese  Zeit  Dm. 
Sohebest  als  Emmeline  die  Anibierksamkeit  in  stärkerem 

niase  hier  dae  TorgesteckI«  Ziel  eher  erreichen  kOnneu,  »h  ditKV 
eigeiitlii:h  bedingen.  Kehren  Sie  also  Jetzt  fürs  Erst«  ta  Ibn 
Verbindlichkeit«u  zurück,  dies  wird  Ihneo  alle  Berzen,  sovohl  te 
wie  im  Auilande,  wieder  znvendeo,  und  dann  hoffe  ich  Ihnen  idta 
nützlich  zu  sein,  w&hrend  ich  sonst  den  ernsten  Uang  des  FroMHa 
geigen  Sie  mit  aller  Kraft  geltend  machen  mOsste.  FolfW  9» 
meinem  Rathe.  Sie  wissen,  ich  bin  Ihnen  stets  freundlich  ngflta 
gewesen,  ich  spreche  aus  vollem  Herzen  zu  Ihnen,  und  geiri«^ 
mand  auf  der  gansten  Welt  kann  und  wird  tbaen  besser  nthti, 
al«  ich." 

Dieser  eindringliche  und  wohlwollende  Brief  hatte  jcdooh  (Mi 
Jen  erwünschten  Erfolg.  Alles,  was  die  Pavrient  Engestaiid,n 
unter  ganz  neuen  Bedingungen  zurückkehreB  zn  wollen.  Sit  W- 
longte  einen  Contract  auf  10  Jahre  mit  6000  Thlr.  Gehatl,  eil  W 
1000  Thlr.  garantlrtes  Benotiz ,  ä  Monate  Urlaub  und 
einer  Pension  von  1000  Thb. 

Lüttichau,  welcher  diese  Bedingungen  ganz 
nnd  daher  in  ihrem  Vorschlage  nur  eine  Falle  erblickt«,  gingi» 
sich  nicht  EU  pr^udiciien,  in  keiner  Weise  auf  eine  UutechuiUBl 
ein,  sondern  blieb  fest  Lei  seiner  ersten  Forderung  stehen.  Kt 
Devrient  bebarrte  eben&Us  auf  ihrer  WtiigeiuDg,  Dahm  tbff  dM 
Wohlwollen  ihres  Cbeft,  sowie  auch  pnz  unmittelbar  di«  Qm* 
des  Königs  in  Ansprach,  um  sich  der  Zahlung  der  Coanoliail- 
strafe  enthoben  zu  sehen,  scheiterte  jedoch  hier  sowie  dort  o  4* 
ihrer  Forderung  entgegenstehenden  Festigkeit.  Mao  gltnbu  ■' 
Recht,  durch  eine  derartige  Schonung  des  KflnstlerUbenaothi  im 
der  Undankbarkeit  ein  gefährliches  Beispiel  for  Andere  in  gebo. 

Alles,  was  die  Devrient  damals  erwirken  konnte,  waren  n*^' 
sichtige  RQckzahlungstermine. 

'  Sonst  gaben  novb  QaBtroUen:  Rott  ans  Leipag,  DeaLBÜi* 
aus  Braunschweig,  Morita  aus  Prag,  Dem.  Senger  tos  BT 

Höffert  aus  Brannschweig,  Frl.  Benelti. 


—    421    - 

hrade  auf  sich  zog,  so  dass  sie  nach  Abgang  der 
>enient  in  bedentsamer  Weise  in  den  Voidergrand  des 
ipermnteresaes  trat 

In  das  folgende  Jahr  (1881)  fällt  das  Engagement 
M  Tenoristen  Matthias  Sc  hast  er,  geb.  1804  zn  Nieder- 
ja  in  Oesterreich.  Er  erhielt  seine  musikalische  Ans- 
Idong  im  Kloster  Heiligenkrenz,  im  Schnllehrer-Seminar 
I  Kronnenborg  and  endlich  im  Consenratorinm  zu  Wien 
d  BenellL  Er  trat  an  Bonfigli's  Stelle ,  der  in  diesem 
dire  hier  abging.^ 

Die  Anstellung  eines  deutschen  Sängers  für  den 
rtsn  Platz  der  italiemsohen  Oper  war  schon  ein 
mptom,  dafls  auch  hier  ihre  Zeit  nun  vortlber  sei. 
)eh  feierte  sie  selbst  jetzt  noch  grosse  Triumphe.  Das 
hr  1831  brachte  den  Bossini'schen  y,Tell^,  der  damals 
zwei  Abtheilungen  und  an  zwei  Abenden  gegeben 
irde.  Ihm  wurde  von  deutscher  Seite  Spohr's  Faust 
bdig  entgegengestellt.  Hatte  Bossini  im  Teil  mit 
isterem  Streben  als  sonst  und  in  Anlehnung  an  die 
Btsche  und  französische  Oper  sein  bedeutendstes  Werk 
ohst  dem  Barbier  von  Sevilla  geschaffen,  so  stand  ihm 
Faust  auch  wieder  das  deutscheste  der  Werke  Spohr's, 
Hen  rotaiantische  Neigungen  ihn  sonst  gern  in  die 
tme  trieben^  gegentlber.  Ihm  folgte  ^^Die  FelsenmtLhle^ 
B  Beissiger,  die  sich  durch  eine  gewisse  Frische  der 
lankteristik  auszeichnete.  Durchgreifenden  Erfolg  aber 
tten  BelUni's  „I  Capuletti  e  Montecchi^'  und  Marsch- 
r's  ^Templer  und  Jttdin'^ 

Noch  einmal  hatten  beide  Opern  sich  wetteifernd 
if  ihrer  Höhe  zu  zeigen  gesucht.  Schon  aber  waren 
r  Gegner   der   deutschen   weniger   geworden.     Auch 

*  Gastrollen  gaben  1831:  Fr&ol.  ron  Hayn,  Dem.  Lauber,  das 
epaar  Walter,  Wazinger  aus  Braunschweig,  Albert  aus  Hamburg, 
dk  aus  Leipzig,  Biad.  und  Dem.  Berger  aus  Braunschweig,  Eicke 
I  Brannschwdg,  Dobrits  aus  Stattgart,  Den.  Huschmami,  Portht 
d.  Pirscher. 


bei  Hofe  konnte  man  sich  ihrer  Bedeatiing  nicht  metr 
verschliessen,  zumal  seit  dem  Tode  des  Königs  Friedrich 
August  (1827),  anf  dessen  persönliche  Neigung  nicht  mehr 
Rücksicht  za  nehmen  war.  Zwar  hatte  König  Anton 
mit  gleichem  Wohlwollen  beide  Instünte  neben  einander 
besteben  lassen,  wie  er  ja  Alles  im  Sinne  nnd  Geiele 
seines  verstorbenen,  von  ihm  hochgeschätzten  Bmderä 
fortfuhren  liess  und  die  Regierung  überhaupt  nur  nngcra 
Übernommen  hatte.  Die  neue  Zeit  forderte  aber  andere 
Rttcksicbten.  Die  Erregung  des  Jahres  1830  hatte  be- 
wiesen, daSB  nicht  mehr  Alles  denselben  entsprach.  Dun 
war  die  italienische  Oper  zu  sehr  mit  dem  alten  Regime 
verwachsen,  als  dass  sie  nicht  jetzt  von  Vielen  mit  euicm 
gewiesen  Misstranen  betrachtet  werden  sollte.  Mit  dem 
Minister  Einsiede!  hatte  sie  ihren  wärmsten,  ihren  mäch- 
tigsten Verth  eidiger  verloren.  Dazu  nöthigte  die  nene 
Verfassung  auch  zu  Erspamissen.  Gründe  genug,  ilcn 
zur  Mitregentschaft  berufenen  Friedrich  August,  einen 
der  liebenswürdigsten,  wohlwollendsten  Fürsten  der  Zeit. 
der  das  Vertrauen  fitr  die  unerlässliche  Grundlage  einer 
segensreichen  Regierung  ansah  und  sich  Über  Vorofthefle 
nnd  private  Neigungen  und  Interessen  hochherzig  m 
erheben  wusste,  zur  Auflüsung  eines  Instituts  zu  be- 
stimmen, welches  in  die  neue  Zeit  nicht  mehr  passte. 

„II  Renegato"  von  Morlacchi  war  die  letzte  Norität, 
welche  die  italienische  Oper  in  Dresden  gebracht,  nnd 
mit  „Don  Giovanni"  von  Mozart  wurden  ihre  Vorstellungtn 
am  31.  März  1832  fUr  immer  geschlossen.*  —  Morlatclii 
blieb  auch  noch  femer  Kapellmeister. 

Von  den  Sängern  wurden  aber  nur  Zezi  nnd  Vcrtri 
beibehalten,  welche  nun  auch  in  der  deutschen  Oper 
mitwirken  mussten. 


■  In  die  Zeit  vom  1.  Juiniu;  bis  1.  April  ISSS  follQQ  tm  Qu^ 
■pielen  nor  du  von  Mad.  Erans-Wrasiuky  lUE  Wien  und  du  K 
Schrtder  sne  Leipzig. 


—     423     — 

Naturlich  hatte  in  dem  Zeitranm  von  1817 — 32  die 
Kapelle,  aiiseer  den  schon  verzeichneten,  noch  manche 
•  Veränderungen  erfahren.  Ich  muss  mich  aber  be- 
I,  in  dem  unten  folgenden  Verzeichnisse  den  Bestand 
ielben  am  1.  Jan.  1832  ani^ngeben  und  mich  im  Uebrigen 
«of  folgende  Notizen  beschränken.'  Der  als  Flötist  und 
darcb  seine  Freundschaft  mit  Weber  berühmt  gewordene 
Kimmermusikus  A.  B.  FUrstenau,  geb.  1792  zu  Münster, 
der  Vater  des  jetzt  in  gleicher  Stellung  durch  seine 
kHastleriBchen  Leistungen  sowohl,  wie  dnrch  seine  musik.- 

'  Ki)ieUnieiater:  Frani  Morlauchi.  —  C-  ti.  Reissiger, 
MuaikdirecUr :  Joseph  Bnsttelli. 
Concertmeister:  Äuton  Bolk. 
VicecoDcertmeiater:  Franz  Morgenroth. 
Viölinigten; 
fnat  Dniikel ,  J.  C.  Fr.  Uaatelli,  C.  Tr.  Schmiedel,  C.  G.  Peachke, 
Ant.  BbiBtil,  Aug.  Lind,  Fri«dr.  Franz,  C.  0.  Kopraach, 
F.  Fr.  Richter,  J.  Tr.  MiUcherling,  Antoo  Seiia,  F.  Schobert, 
Sim.  Winteratein,  Pfeifer. 

Uratachisten: 
I  Rtu  Fohlud,  Uorack,  Ch-  Alb.  Beyer. 

VioloDcellisten: 
Ml  Kaert,  J.  Just,  Fr  Dotzauer,  Schlick,  F,  A,  Ktumner, 
Kummer. 

Cont 

I,  Jos.  BeBOzii,  C.  Tietz. 
Flötisten: 
I  fi-  St«adel,  A.  B.  Fursteiuu,  Aug.  Pauly,  aaacke,  Uebohl. 

Oboiaten: 
|C,  G.  Kummer,  C.  G.  Dietze,  C.  L.  Tafiehenberg,  Ch,  G.  Wustbch. 

CUrinetliaten: 
I J-  Q.  Liuteitich,  Fr.  W.  Lauterbaib,  G.  Kolte,  F.  A.  Domioick. 

„       tisteu: 
\tt.  Schmidt,  ti.  A.  Kummer,  Lorenz,  ü.  Peschel,  Feschel  Jun. 

Waldboruisten: 
-^og-  Basse,  C.  G.  Kretacbmar.  C.  G.  Listing  jun.,  L.  Baase,  Adam. 


J 


!.  F.  A.  Schwarz,  Zilhuani:. 
«"»^ke,  i:  G.  Herfart 


npeter 


i 


—    424     - 

geschichtlichen  Forschungen  ausgezeichneten  Moritz 
Fttrstenau;  trat  1820  als  erster  Flötist  in  die  KOnigL 
Sachs.  Kapelle.  Er  gehörte  einem  bertthmten  KQlike^ 
geschlechte  an,  dessen  henrorragendste  Mit^eder  tfiiat- 
lich  Flötenvirtuosen  und  zwar  ersten  Ranges  wana 
Von  ihnen  aber  ist  er  der  bedeutendste.  —  Ludwig 
TietZ;  schon  länger  Mtglied  der  KönigL  ELapelkt  wurde 
1818  zum  Viceconcertmeister  derselben  ernannt,  dieser 
Stellung  aber  schon  1828  durch  den  Tod  wieder  entrisseiit 
in  die  nun  Franz  Morgenroth  eintrat. 

Die  Königl.  Sachs.  Kapelle  hatte  sich  nicht  nur 
ihren  Weltruhm  bewahrt,  sondern  unter  Polledro's  Ftli- 
rnng  noch  an  Feinheit  der  Schattirung  im  ZusammenspM 
und  unter  der  Direction  Weber's  an  Energie,  Schwung 
und  charakteristischer  Kraft  des  Gesammtausdrucks  ge- 
wonnen, während  Beissiger  mit  Erfolg  bemüht  war,  sie 
auf  dieser  allgemein  bewunderten  Höhe  zu  erhalten. 

Schon  1826  hatte  eine  Deputation  der  Kapelle  der 
KönigL  Generaldirection  einen  vorläufigen  Entwurf  sor 
Bildung  eines  Unterstützungsfonds  für  Wittwen  und 
Waisen  der  Kapellmitglieder  nebst  dazugehörigem  Bego- 
lativ  mit  der  Bitte  unterbreitet,  demselben  die  Geneh- 
migung des  Königs  zu  vermitteln.  Der  Fond  sollte  am 
der  Einnahme  eines  alle  Palmsonntage  im  Saale  des 
grossen  Opernhauses  zu  gebenden  Concerts  gebildet  and 
die  Verwaltung  einem  aus  der  Kapelle  zu  wählendea 
Vorstande  übertragen  werden.  Der  König  genehmigte 
diesen  Plan;  und  bereits  am  29.  December  dieses  Jahres 
durfte,  um  auch  schon  in  diesem  Jahre  dem  neaea 
Institute,  um  das  sich  Morlacchi  durch  die  Anregnogy 
die  er  dazu  gab;  wieder  entschiedenes  Verdienst  erworbeit 
eine  entsprechende  Einnahme  zuzuwenden ,  das  erste 
Goneert  dieser  Art  stattfinden. 


hi  Schauspiel  am  Dresdner  Hoftheater  unter 

dem  Einflüsse  Tieok's. 


Itmurlseher  Zagtand  der  Zelt  —  Wirksamkeit  Titzthiim's  und 
Mwig^s.  —  Erwerbungen,  Repertoire  nnd  CNistspiele  bis  1820.— 
laliM  Tieek'8  unter  KOnnerits.  —  Erwerbuigen,  Repertoire 
ü  Gastspiele  bis  1824.  —  Herr  y.  Lflttietaan.  —  AnsteUnng 
leek's.  —  Anirriire  anf  diesen.  —  Erwerbungen,  Repertoire  und 
astspiele  bis  1883.  —  UmseliwQng  in  der  Darstellnngsweise.  — 
^sehwang  der  Zeit.  —  EInflnss  Tieek^s  ron  1882  bis  1841.  — 
Repertoire,  Erwerbungen  und  Gastspiele. 

Der  General  -  Director  ^  Graf  Vitztham  y.  EckBtädt, 
^  wie  wir  bei  der  Entwicklung  der  Oper  gesehen,  die 
n  durch  seine  Stellung  auferlegte  Aufgabe  hier  in  dnem 
(Msen  und  freien  Sinne  ergriflfen.  Wer  könnte  wohl 
reifeln,  dass  er  nicht  auch  die  Entwicklung  des  Schau- 
iels  also  ins  Auge  gefasst  haben  sollte?  Die  Schwierig- 
iten  waren  aber  hier  fast  noch  grössere.  Hatte  das 
bauspiel  doch  nicht  nur  mit  dem  Ansehen  und  Ein- 
806  der  italienischen  Oper  zu  kämpfen,  sondern  es  fand, 
(tx  seiner  innigen  Verbindung  mit  der  deutschen  Oper, 
bet  noch  in  ihr  ein  Hindemiss  und  eine  Rivalin.  Ja 
r«de  die  Innigkeit  dieser  Verbindung  musste  dem  einen 
er  der  anderen  zum  Nachtheile  ausschlagen.  Waren 
doch  zum  grössten  Theile  dieselben  Darsteller,  welche 
wohl  hier,  wie  dort  Verwendung  fanden  und  fast 
rebgehend  nur  auf  dem  einen  dieser  beiden  Gebiete 
W9LB  Vorzügliches  oder  auch  nur  Verdienstliches  leisteten 


ischet" 


^ 


^p  —    426    —  ■ 

—  Verhältnisse,  welche  sogar  zu  einer  gemeinsamen  Rtpo 
dieser  beiden  ganz  verschiedenen  Zweige  des  dentscheD 
Theaters  nötbigen  rnuasten.  Wohl  hatte  Vitzthmn  in 
Friedrich  HcUwig  einen  Mann  von  der  dasn  nÜthigcD 
Bildung  gefunden.  Aber  das  Uebergewicht,  welche»  die 
Leitung  [der  deutschen  Oper  durch  die  Bemfnng  einer 
Capacität  von  der  Bedeutung  und  Energie  C.  M.  v,  Webers 
erhielt,  mussto  aach  seine  Thätigkeit  vorzugsweise  n»i;li 
dieser  einen  Seite  herüberziehen. 

Was  man  bisher  der  Führung  des  Scbanspiela 
Dresden  besonders  zum  Vorwurf  gemacht,  war  der  Mi 
eines  inneren  Znsammenhangs  mit  der  dramatische! 
Dichtung ,  war  die  daraus  entspringende  Unfähigkeit, 
Werke  von  einem  tieferen  poetischen  Lebensgehalte, 
Werke  eines  höheren  Styls  za  einer  angemesseaen  nnd 
harmonischen  Darstellaog  zu  bringen.  Und  doch  vu 
die  hier  zu  lösende  Aufgabe  inzwischen  noch  eine  «nt 
schwierigere  geworden.  Die  beiden  Schauspielerschnlen, 
die  sich  in  Deutschland  herausgebildet  hatten,  die  ältere 
Hamburger  auf  Natnrwabrheit  und  die  jüngere  Weictff- 
sehe  auf  stylvoUe  Schönheit  ausgehende,  würden  in  ihren 
Anfangen  leicht  ihre  Berührungs-,  ihre  Vereinigungspnnkte 
haben  finden  können. 

Anstatt  aber  eine  Versöhnung  mit  einander  aoiB- 
Btrebeo,  waren  diese  beiden  Schnlen  allmählich  in  inuDer 
einseitigere  Richtungen  und  zugleich  immer  mehr  in> 
Oberflächliche  gerathen.  Jene  beschränkte  sich  mehr 
und  mehr  auf  die  blosse  Nachahmung  des  Wirkliches, 
indem  sie  dabei  das  Einzelne,  Nebensächliche,  Zufällige 
besonders  betonte,  wogegen  bei  dieser,  welche  mehr  nur 
die  Wirkungsweise  der  Natur  im  Allgemeinen  in  Betnubl 
zog,  das  formelle  Interesse  bald  überwog.  Die  erstere 
hatte  sich  vorzugsweise  auf  das  Conversationsstück,  anf 
das  bürgerliche  rührende  Drama  in  Prosa  geworfen,  die 
letztere  auf  das  Versdrama  nnd  auf  die  Werke  des  soge- 
nannten höheren  Styls. 


-     427     — 

Als  Goethe  der  Gründer  der  WeimarVhen  Schule 
wurde,  hatte  er  in  einem  bestimmteD  Umfange  mit  Beinen 
fintlieren  Anschanungen  gebrochen.  Wenn  ihm  aber  auch 
nicht  mehr,  wie  einBt,  znm  Dichter  schon  ein  von  einer 
Empfindung  volles  Herz  genligte,  so  gehörte  ihm  dieses 
doch  noch  immer  dazu.  Auch  würde  es  Unrecht  sein, 
dw,  was  er  1791  erstrebte,  nur  nach  dem  beurtheilen  zu 
wollen,  was  er  später  (1803)  in  seinen  Regeln  für  Schau- 
«pieler  zosammengefasst  hat ,  oder  was  die  einzelnen 
D«nteller  seiner  Schule,  selbst  noch  die  besten,  im 
Kanpre  mit  der  naturaÜBtiBchen  Richtung  der  Zeit  und 
in  der  Nachgiebigkeit  gegen  den  Beifall  der  Massen, 
*pSter  geworden  waren.  Der  Dichter  der  naturlichen 
Tochter  (begonnen  1801)  war  ebenso  wenig  noch  der 
achter  der  Ipbigenia  (von  1788),  wie  dieser  der  Dichter 
Ott  Götz  (von  1772),  Jede  dieser  Arbeiten  bezeichnet 
Wie  andere  Phase  geistiger  Entwicklung  und  einen 
"■deren  Standpunkt  künstlerischer  AnBchauung. 

Inzwischen  war  aber  die  Dichtung  nicht  nur  von 
tmer  bestimmten  Richtung  der  Schauspielkunst  mit 
offenen  Armen,  sondern  selbst  noch  von  derjenigen, 
"fiiche  sie  früher  ganz  abgelehnt  hatte,  wenn  auch  nur 
widerwillig,  aufgenommen  worden.  Den  Wirkungen  selbst, 
welche  sie  auf  die  Nation  ausübte,  hatte  man  sich  am 
■'^©ater  überhaupt  niemals  widersetzen  wollen.  Wenn  man 
«cb  diese  Dichtungen  selbst  ablehnte,  so  suchte  man 
^clniehr  gerade  ihrer  Wirkungen  sich  zu  bemächtigen. 
Dar  Erfolg  ist  leider  nun  einmal  der  einzige  Massstab,  zu 
»^xxi  sich  die  Bübne  bekennt,  wie  sie  auch  meist  und  mit 
^11  cn  Mitteln  kein  anderes  Ziel,  als  dieses,  ins  Ange 
fssst.  Spielte  daher  auf  den  dentschen  Theatern  damals 
wr  Göt2  nur  eine  geduldete  Bolle,  so  öffneten  sich 
"i^««  dafür  nm  so  bereitwilliger  der  Flutb  der  nur  auf 
«en  gcenischen  Effect  berechneten  Ritterstücke,  die  er 
■"^  Leben  gerufen  hatte.  Eine  gleiche  Flntb  von  Nach- 
ahmangen  rief  der  Erfolg  der  Schiller'schen  Räuber  und 


I 


der  seines  GeisterseherB  in  den  unzähligen  Spnk-,  Sch*lB^  1 
und  Räuberdramen  der  Zeit,  rief  später  der  Erfolg  8 
Wallenstein  in  den  Schicisaaletragödjon  ins  Leben.  Sobali 
nian  aber  auch  noch  erkannt  hatte,  welche  nene  WitbJ 
ungen  die  Reeitation  des  Schauspielers  dem  Versdra 
abzugewinnen  vermochte,  welche  Quelle  neuer  tbet- 
tralischer  Reizmittel  auch  hier  noch  verborgen  lag,  zügerte 
man  nicht  länger,  das  Versdrama  selbst  und  ala  eolches 
zu  einem  Gegenafande  der  schrifutellerischen  und  schu- 
spielerischen  Speculation  zu  machen.  Von  allen  Seita 
wurde  die  Bühne  mit  Versdramen  der  seltsamsten,  wia 
derlichsten  Formen  überschwemmt.  Wie  einst  zu  Gi>th 
sched's  Zeit  die  Extemporisten,  die  Anhänger  der  Hm 
wurstiaden  und  Staatsactionen  sich  den  Erfolgen  < 
regelmässigen  Dramas  nicht  mehr  zu  widersetzen  \ 
mochten,  wie  wir  selbst  einen  Schuch  damals  nm  Golfr 
sched's  Schulz  bitten  sahen,  so  wurden  jetzt  von  denr 
selben  Theatern,  die  bisher  nur  der  NatUrlichkeitsricbtonf 
gehnldigt  hatten,  die  jüngst  noch  verfehmten  Ve»* 
dramen  mit  Begierde  ergriffen.  Wir  können  uns  < 
diesen  Verhältnissen  am  besten  eine  Vorstellung  maohi 
wenn  wir  die  Werke  eines  Scbril'tstellers  wie  KotzetA 
in  Betracht  ziehen ,  welcher  dem  Zeitgeschmäcke 
sicherer  Witterung  überall  nachging  und  daher 
puetisirendeu  Richtnng  ebenso  huldigte,  wie  der  bat 
Nat  llrlichkeitsrichtnng. 

Man  hat  die  hieraus  entstehende  Verwirrung,  welcbt 
der  Ausbildung  eines  einheitlichen  nationalen  ÜtyU  in 
Drama  und  in  der  Schauspielkunst  allerdings  nicht  wettis 
hinderlich  war,  hauptsächlich  der  sogen,  roinantisc 
Schule  zur  Last  gelegt,  und  gewiss  hat  sie  oiebt  i 
mit  dazu  beigetragen.  Wie  sie  aber  den  rom&ntischl 
Zug  der  Zeit  nicht  erst  erfand,  so  ist  sie  es  ancb  nicht 
erst  gewesen,  welche  die  dichteiischen  Formen  anderer 
Nationen  und  Zeiten  hervorzog  und  neu  zu  beleben  TW 
suchte-     Und  wie   sehr   sie   auch  mit  der  platten  NaI 


ut  wemg 
LQtisclMlt^ 
]t  wedifl 
nliii  liM^ 


—    429    — 

lichkeitflriehtimg  im  Kampfe  lag,  so  war  sie  es  *doeh 
gerade^  welche  vorzugsweise  fttr  Natur  und  Natnrwahr- 
keit  eintrat.  War  doch  der  ganze  romantische  Zng  der 
Zeit  im  Grunde  nichts  Anderes^  als  ein  Protest  der  Natur 
gegen  den  Zwang  ttberlieferter  Formen  und  Begeln^  die 
das  Eigenste,  Heiligste  des  individuellen  Lebens,  Gemttth 
und  Empfindung,  entweder  ganz  unterdrückten  oder  doch 
in  einen  Ittgnerischen  Schein  httllten.  Es  konnte  nicht 
fehlen,  dass  dieser  so  lange  niedergehaltene  Drang,  der 
eben  darum  jetzt  nur  bei  Naturen  von  einer  besonders 
starken  Eigenthllmlichkeit  hervortreten  konnte,  zu  einer 
oft  masslosen,  ttberschwänglichen  und  willkürlichen 
Aeusserung  des  mdividuellen  Empfindens  führte,  dass 
man  das  Verlangen  hiemach  nicht  bloss  zu  beMedigen, 
sondern  bis  ins  Krankhafte  zu  steigern  suchte.  Man 
griff  hierbei  in  die  Vergangenheit  des  eigenen  natio- 
nalen Lebens,  wie  in  die  der  anderen  Nationen  zurück, 
man  ging  den  dunkelsten  Beziehungen  der  Natur  und 
des  Geistes,  ihren  geheimnissvollsten  Widersprüchen 
und  Conflicten  nach  —  man  stellte  der  platten,  ver- 
standesmässigen  Auffassung  und  Erklärung  der  Erschei- 
nungen des  Lebens  eine  Auffassung  und  Darstellung  gegen- 
über, die  sich  vorzugsweise  an  das  Unerklärbare,  Mystische 
und  Wunderbare  desselben  hielt.  Um  aber  zu  einem 
reinen  Begriffe  des  Romantischen  zu  kommen,  müssten 
wir  dieses  all  seiner  nicht  selten  krankhaften  individuellen 
Besonderheiten  entkleiden,  obschon  es  doch  gerade  seiner 
eigenthtUnlichen  Natur  nach  ein  starkes  individuelles 
Leben  voraussetzt.  Wollten  wir  diesen  Begriff  aus  den 
Lebensäusserungen  und  Werken  nur  eines  einzelnen 
Menschen  gewinnen,  so  müsste  das  individuelle  Gemüths- 
leben  desselben  nicht  nur  von  einer  sehr  hohen,  sondern 
auch  von  ganz  universaler  Bedeutung  und  dabei  durch 
und  durch  gesund  und  harmonisch  sein  —  wie  es 
etwa  das  Goethe's  gewesen  sein  mag,  den  man  ja  als 
Normalmenschen  bezeichnet  hat  und  der  in  der  That  in 


—    430    — 

derf  Werken  seiner  ersten  grossen  Dichtnngsperiode 
romantische  Stimmnng  der  Zeit  zu  dem  weitauB  voll 
bedeutendsten,  herrlicfaeten  Ausdruck  gebracht  hat  Äi 
anf  ihn  wirkten   die  Einflüsse  ferner  und  fremder  VoTj 
bilder  ein,    doch  haben  sie  nicht  verhindert,   dass  dii 
Werke  durchaus  original,  volkstfatimlich  und  acht  dentsclL 
sind.   Auch  er  ging  darin  zum  Theil  den  dunkelsten,  ge— 
heimnissvollsten  Widersprüchen  und  Räthseln  des  mensch- 
lichen Lebens  nach,  doch  hat  dies  weder  ihrer  gcietigeta 
Gesundheit,  noch  dem  anmuthigen  Reiz  ihrer  Erscheinung- 
Abbruch  gethan.  Wer  die  Romantik  anklagt,  die  neuer« 
Dichtung    ihren    natürlichsten    Aufgaben    entfremdet 
haben ,    dem  werden  wir  zwar  zugestehen  milssen ,  d 
dies  in  der  That  vielfach  geschehen,   ihm   aber   zngle 
entgegenzuhalten  haben,  dass  wir  ihr  andererseits  ai 
das  Höchste  verdanken,  was   der    dichterische  Geist   i 
deutschen  Volks,  ja  der  neueren  Völker  überhaupt  hv^ 
vorgebracht  hat.    Der  Goethe'sche  Faust,  ein  ganz 
romantischen  Geiste  empfangenes,  geborenes  und  erßlUM 
Werk,  ist   zugleicli    das  grösste  Dichtungswerk,  welch« 
seit  Shakespeare  entstanden,    und    auch    von  keinem  M 
einzelnen  Werke  dieses    grössten    Dichters   der  NeüO* 
übertroffen  worden  ist. 

Lag  es  nun  schon  in  der  Natur  de«  romantischen 
Geistes,  der  auf  Auslebung  der  individuellen  EmpfindoDg 
drang,  dase  er  zu  einer  möglichst  grossen  Mannichfaltig- 
keit  der  Form  und  Gestaltung  hinführen  musste,  ho  «tt 
doch  der  wieder  auflebende  Classicismus  und  RomanifloK 
der  Ausbildung  eines  einheitlichen  nationalen  Slyls  ■ 
Drama  kaum  minder  verhänguissvoll.  Dem  Gütz  tM 
die  Ipbigenia,  dem  Faust  der  Taseo,  dem  Walleiutn 
die  Braut  von  Messina,  den  Uebersetzungen  Shakespeain 
die  Uebersetzungen  Voltaire's,  den  Dramen  Klinger's  Sm 
jenigen  Collln's  gegenüber,  und  daneben  beherrsctiM 
Iffland  und  Rotzebue,  der  letztere  sich  allen  Wendnngiq 
des  Zeitgeschmacks  fügend,  beherrschten  die  de  la  Motll 


—    431    — 

Fooqni^  Zacharias  Werner ;  Houwald;  Holbein  und  die 
Uebenetzer  französischer  Lastspiele  und  Melodramen 
die  Btthne. 

Mit  all  diesen  Erscheinungen  hatte  Graf  Vitzthum/hatte 
die  Begie  des  Dresdner  Theaters  zu  rechnen^  und  gewiss 
war  es  keine  geringe  Aufgabe^  dieselben  unter  ein  grosses 
einheitliches  Darstellungsprincip  zu  stellen.  Es  gereichte 
ihnen  aber  zum  Vortheil^  dass  die  Licitungen  des  Dresdner 
Theaters  seit  lange  erstrebt  hatten,  eine  gewisse  Ueber- 
einstimmung   in   ihre,    dem   Princip  einer  nicht  gerade 
tie%ehenden    Naturwahrheit  huldigenden  Darstellungen 
zu  bringen,   die  etwa  ihren  Höhepunkt  in  den  bürger- 
lichen Schauspielen  Iffland's  fanden,  und  dass  eine  Reihe 
i^^erer  ESngagements,  wie  das  von  Mad.  Hartwig,  Hellwig, 
fiurmeister,  Geyer  und  Julius  sehr  wohl  geeignet  waren, 
dieselben,  ohne  der  Nattlrlichkeit  Abbruch  zu  thun,  in 
^ine  höhere  Sphäre  zu  heben.    Die  bevorstehende  Pen- 
^onirung  Christas  und  Haffner's   legte   aber  gleichwohl 
Hoch  einige  Ergänzungen  nahe. 

Von  den  in  die  Verwaltung  des  Grafen  Vitzthum 
fallenden  Engagements,  bei  denen,  wie  wir  sahen,  die 
{Entwicklung  der  deutschen  Oper  besonders  zu  berttck- 
aichtigen  war,  verdient  hier  vor  Allem  das  Ehepaar 
Werdy  eine  besondere  Hervorhebung. 

Friedrich  August  Werdy,  1770  in  Dresden  geboren, 
von  wo  er  bereits  im  13.  Jahre  mit  seinen  Eltern  nach 
Mannheim  übersiedelte,  trat  als  Volontär  in  das  dortige 
Tbeaterorchester,  aus  dem  er  sich  jedoch  1789  zur 
Btthne  emporschwang,  deren  Anziehungskraft  er  nicht 
in  widerstehen  vermochte.  Schon  im  folgenden  Jahre 
ging  er  zu  seiner  weiteren  Ausbildung  zu  Schröder  nach 
Hamburg,  das  er  erst  1798  wieder  verliess  und  mit 
Frankfurt  a.  M.  vertauschte.    Ein  Gastspiel  in  Dresden' 

*    Er   trat  hier   am  9.  November  mit  Frau  Vohs  zum  ersten 
Male  in  Kotzeboe's  Octavia  auf. 


—    432    — 

f tthrte  sowohl  zu  Beineni;  wie  zu  dem  Eogagement  aeioer 
zugleich  mit  ihm  auftretooden  Braut,  der  Wittire  dv 
früheren  Weimar'schen  Schauspielers  Vobs.  ffier  toDle 
er  (flme  Unterbrechung  bis  m  seiner  Peosioniniiig  (18tl) 
in  Wirksamkeit  bleiben.  Er  starb  1847.  —  Werdj  wU 
wegen  der  einfachen  Wahrheit ,  der  WIhrme  mid  Wirde 
seines  Spiels  von  den  competentesten  Benrtbeikm  sehr 
hoch  gestellt.  Nnr  einzelne  sprechen  ihm  Schwung  der 
Begeisterang  ab  nnd  rttgen  eine  gewisse  Eintönigkeit 
seines  Vortrags.  Tieck  rtthmt  ihn  besonders  als  Sb^k, 
Eottwitz,  Buttler^  als  Oberförster  und  als  Bmder  Loreno. 
Eanm  minder  wichtig  war  der  Erwerb  seiner  OtttiD, 
Friederike,  verwittwete  Vohs,  Tochter  des  Scbw- 
Spielers  Porth^  geb.  1777  zn  Halberstadt  Sie  begm 
ihre  theatralische  Lanf  bahn  mit  Sonbrettenrollen  (Goette 
rühmte  sie  besonders  als  Gnrli,  flir  die  sie  wie  geschafti 
gewesen  sei);  trat  dann  in  das  Fach  der  jngendlidieB 
Liebhaberinnen  nnd  Heldinnen  ein  (sie  war  die  ente 
Darstellerin  von  Schiller*s  Maria  Stnart),  in  welchem  lie 
grosse  Triumphe  feierte/  um  endlich  auch  noch  ia 
Fache  der  Mütter  die  ungetheilteste  Anerkennung  n 
finden  (z.  B.  als  Oberförsterin,  als  Eurf  ttrstin  im  Prmiei 
von  Homburg;  als  Amme  in  Romeo  und  Julia).  Sie  hatte 
die  Weimar'sche  Schule  durchlaufen  ^  ohne  an  Wahrheit 
und  Natürlichkeit  irgend  verloren  zu  haben.  In  einen 
Briefe  an  Eirmes  in  Weimar  äussert  sie  sich  sehr  b^ 
glückt  über  ihre  Dresdner  Verhältnisse.  Auch  sie  Hiet» 
der  Eönigl.  Bühne  bis  zu  ihrer  im  Jahre  1843  erfolgen- 
den Pensionirung  erhalten  und  starb  1860. 

Dan  in  dasselbe  Jahr  fallende  Engagement  rofl 
Eduard  Genast  aus  Weimar  war  zu  vorübergehend, 
um  für  das  Dresdner  Theater  recht  nutzbar  werden  n 
können^  doch  blieb  er  ein  häufiger  und  gern  gesehener 
Gast  an  demselben. 

'  In  Dresden  ward  sie  besonders  als  Sappho  gerühmt. 


—    433    — 

Wie  Werdy  hatte  anoh  F erd»  Heine  wb  Dresden  seine 
iMitnüische  Lauf babn  a^Ia  Matiker  im  Orchester  begon- 
m.  1818  b^rat  er  zum  ersten  Male  die  Btthne^  d^  er 
ovch  die  Vielseitigkeit  seiner  Bildung  in  mannichfEiltiger 
Teiae,  als  Darstelle,  Zeichner^  Costttmier  und  Uebersetzer 
Uriich  werden  sollte.  Ein  feines^  hochliegendes  Organ 
ld  eine  kleine  Fignr  schränkten  ihn  zwar  als  Darsteller 
if  ein  ziemlich  enges  Gebiet  ein,  doch  zeichnete  er  sich 
if  demselben  durch  Gewandtheit  und  tüchtige  Schule 
irtheilhaft  aus.  Die  glückliche  Durchfilhrung  einzelner 
ollen  hatte  ihm  in  Dresden  eine  grosse  Beliebtheit  er- 
erben. 

In  demselben  Jahre  trat  in  Fräul.  Aug.  Tilly  aus 
agdebnrg  eine  angenehme  Begabung  fttr  das  Lustspiel 
iiao.  Mit  diesem  Engagement  hing  ohne  Zweifel  auch 
!•  im  nächsten  Jahre  erfolgende  von  Louis  Ferdinand 
amly  (geb.  1797  in  Berlin)  zusammen.  Sohn  eines 
BchdruekerSy  hatte  er  ursprünglich  das  (Geschäft  seines 
sters  erlernt,  ging  jedoch,  einem  unwiderstehlichen 
imnge  folgend,  schon  1812  zur  Bühne,  der  er  mit  einer 
Ineren  Unterbrechung  im  Jahre  1815,  während  welcher 
sich  als  Freiwilliger  dem  Kriegszuge  nach  Frankreich 
isehloss,  unausgesetzt  treu  blieb.  Nach  seiner  Rttck- 
)hr  nahm  er  seine  schauspielerische  Thätigkeit  und  zwar 
Magdeburg  wieder  anf,  wo  er  die  Schauspielerin  Tilly 
,'nnen  lernte.  Er  folgte  derselben  nach  Dresden,  um 
)h  mit  ihr  sofort  zu  vermählen,  nachdem  es  ihm  ge- 
Dgen  war,   ebenfalls  hier  ein  Engagement  zu  erhalten. 

Obschon  man  an  ihm  anfönglich  einen  gewissen 
sngel  an  Humor  bemerken  wollte,  wurde  er  später  doch 
rade  in  den  Rollen  der  humoristischen,  gutherzigen 
id  polternden  Alten  zu  einem  der  vorzüglichsten  Dar- 
iller.  Er  war  von  einer  ganz  unwiderstehlichen  und 
kbei  höchst  behaglichen  Wirkung  darin,  kaum  minder 
isgezeichnet  aber  auch  im  Fache  der  Intrigants  und 
^wichter,   so   lange   dieselben   blosse  Naturmenschen 

28 


—    434    - 

waren  oder  doch  nicht  ttber  die  Sphäre  des  bUrgerlicheo 
Lebens  hinausgingen.  Ossyp^  Jago ,  Pfeffer  etc.  waien 
ganz  unübertroffene  Leistungen.  Weniger  beMedigteer 
in  Rollen ,  die  Yomehme  Haltung  yerlangten.  Es  feUte 
ihm  hierzu  an  Eleganz  und  weltmännischer  Toumtb:ey  so- 
wie an  Fttlle  und  Glanz  des  Organs.  ,  Auf  Ukam 
eigensten  Gebiete  ist  er  aber  an  der  Dresdner  Btthne  nie 
wieder  völlig  ersetzt  worden. 

Von  ebenso  grosser  Bedeutung  ^war  das  fast  gleich- 
zeitige Engagement  von  Friederike  Schirmer^  geb. 
Christ;  welcher  wir  schon  früher  bei  der  Seconda'sch« 
Gesellschaft  in  Dresden  begegneten.  Tieck  sagt  noch  im 
Jahre  1827  von  ihr:  ^^Von  Natur  mit  Grazie  und  eines 
wohllautenden  Organ  begabt^  durch  Studium  und  FleiM 
von  geistreichem  und  gebildetem  Anstand  und  Ausdmek, 
ist  ihre  Lebhaftigkeit  und  Charakterzeichnung  imner 
liebenswtlrdig  und  edel  ^  eine  wahre  Kttnstlerin  Ar  du 
Lustspiel;  vorzüglich  das  feinere,  welches  auf  nnseran 
Theater  immer  mehr  zurückgestellt  wird.  Ihr  gelingt  der 
Ausdruck  des  Muthwillens,  des  Leichtsinns^  der  Feinheit, 
und  Alles ;  was  sie  im  Lustspiel  wagt  und  versucht,  iä 
trefflich.  Dieser  runde^  edle  Ton,  diese  Fähigkeit,  ach 
in  Formen  und  Ausdruck  zu  schmiegen,  kommt  der 
Künstlerin  auch  in  ernsten  Rollen  zu  statten,  die  sie  oft 
mit  Feuer  und  Anmuth  giebt.'^  Tieck  lobt  dann  in 
Einzelnen  ihre  Julia,  ihre  Portia,  ihre  Natalie  (Prinz  tos 
Homburg).  „Im  Trauerspiel  hat  sie,  vielleicht  dnrch 
falsches  Studium  verleitet,  einen  feierlichen,  einförmigen 
Ton,  welcher  ermüdet.  Dennoch  werden  sie  nicht  viele 
Schauspielerinnen  in  Deutschland  auch  hier  übertreffen.^ 

Es  sind  vorzugsweise  die  schon  jetzt  hier  vereinigten 
Kräfte  gewesen,  welche  in  ihrer  weiteren  Entwicklung 
die  erste  BlUthezeit  des  Schauspiels  in  Dresden  hei- 
beiführten.  Noch  kam  hier  der  Zwiespalt  der  Hamburger 
und  Weimar'schen  Schule  nur  wenig  zu  Tage.  Die  etwa 
bestehende   Verschiedenheit   der    Richtungen    gUch  sich 


mehr  nnd  mebr  aus.  Eine  auf  schfine  Naturwahrheit 
aosgehende  Spielweise  wurde  fast  allen  von  ihneD  ge- 
meiD.  Nicht  nur  das  Lustspiel  und  bürgerliche  Schau- 
spiel, soadem  auch  das  höliere  Drama  kam  jetzt  zu 
einer  meist  angemessenen,  oft   selbst   glänzenden   Dar- 

BtellODg. 

Auch  das  Repertoire  machte  Fortschritte.  Zu  den 
bereits  darin  aufgenommenen  classischen  Stücken  waren 
noch  Lesstng's  ^athan",  Schiller's  „Wallenstein's  Lager" 
ond  „Die  Pitcolomini",  Calderon's  „Das  Leben  ein  Traum" 
Dnd  .  Don  Gutierre " ,  Shakespeare 's  „  Hamlet "  (nach 
Schlegel),  Moreto's  „Donna  Diana"  und  von  den  Neueren 
Sltlcke  von  Mllllner,  Grillparzer  (Abnfrau  und  Sappbo), 
Klioger,  Ranpacb,  OehlenscblSgerj  KleiKt  (Käthcheu)  ge- 
treten, so  wie  auch  die  Dresdner  Dichter  nicht  Übersehen 
wurden.  Wobei  freilich  zu  berücksichtigen  bleibt,  dass 
die  Aufnahme  einzelner  dieser  Dramen  wobl  nur  durch 
Gaittspiele  angeregt  und  veranlasst  worden  ist. 

Von  den  in  diesen  Zeitabschnitt  fallenden  Gast- 
Bpiefen,  welche  der  Leser  in  den  Anmerkungen  des 
Torigen  Capitels  in  clironologischer  Fulge  verzeichnet 
findet,  habe  ich  hier  nur  die  von  Wohlbrück  aus  München 
(1817),  von  Sophie  Schröder  ( 1817  und  1819),  von  Becker 
ans  Frankfurt  a.  M.  (1819  und  1820),  von  Costenoble  ans 
Wien,  von  Mad.  Brede  ans  Stuttgart  (früher  bei  der 
Seconda'scheu  Gesellschaft),  von  Holtei  ans  Breslau  und 
▼OD  Marr  ans  Hannover  isKmmtlicb  1Ö20)  hervorzuheben. 
BeHonders  Sophie  Schröder  tlbte,  wie  überall,  so  auch 
hier  durch  ihre  geniale  und  dabei  massvoll  -  classische 
Danttellungs-  nnd  Vortragsweise  den  tiefsten,  nachhaltig' 
Bten  Eindruck  aus.' 

Efl  lAsst  sich  Bcboo  hiernach  gewiss  nicht  bezweifeln, 

'  Sie  spielte  du  erste  Hah  Johannji  d'Arc,  Rodogiine,  Lailv 
Macbeth,  Hap[ilio.  das  zweitu  Mal:  l'liidra,  Msiia  Stuart,  IsabetU 
iBrant  ron  MessioB),  Sappbo,  Ifniuhilde  (König  Yngard),  Johaae» 
TOD  HontfancoD,  Orsina. 


N 


dass  nater  Vitzthom's  fernerer  Leitan^  auch  du  Scbin- 
spiel  BJch  ia  der  Tortheilhaflesten  Weise  weiter  entwickelt 
haben  wflrde-  Wir  sahen  aber,  welchem  Einflösse  der- 
selbe erlag.  Der  1820  an  seine  Stelle  tretende  Geheim- 
rath  von  Könneritz  glaubte  demselben  nicht  besser  ntltieii 
zn  können,  als  indem  er  sich  des  Rathes  eines  Mumt? 
bediente,  der  nicht  nur  eines  ansgebreitcten  ßiid'^ 
als  geistvoller  Scbriftateller  und  Dichter  und  ausge- 
zeichneter Kenner  der  Literatar,  sondern  auch  insbf- 
sondere  als  einsichtiger  Kenner  der  Bahne  und  (dnrth 
seine  nie  wieder  erreichte  Vorleseknnst)  in  gewi^aeui 
Umfange  selbst  als  dramatischer  Darsteller  genoss,  —  dn 
Rathes  Lodwig  Tieck's,  der  sich  seit  Kurzem  in  Dm- 
den  niedergelassen  hatte.  Es  ist  Übrigens  zweifelhaft, 
ob  Tieck's  Einfluss  auf  das  Dresdner  Theater  wirklicb 
erst  von  dem  Eintritte  des  Geheimraths  Künn^ritz  in  die 
General-Direction  desselben  datirt.  Denn  wenn  es  m- 
treffend  wäre,  dass,  wie  Herrn,  von  Friesen  von  Tieck 
glanbt  gehört  zu  haben,  Pauli  wirklich  auf  dessen  lUth 
engagirt  worden  ist,  so  mtlsste  er  schon  mit  VitEthnni 
oder  doch  mit  Hellwig  in  näherer  Verbindong  geBtanden 
haben. 

Ludwig  Tieck,  1773  zu  Berlin  geboren,  Sobo  de« 
Bftrgers  und  äeilermeisters  Johann  Ludwig  Tieck,  hattt 
von  seiner  Mutter,  einer  stillen,  in  sich  gekehrten,  sanften 
und  glänbigen  Frau,  das  tiefe  Gemllth  geerbt,  das  aicli 
in  ihm  zu  einer  fast  krankhaften  Ueberreizung  cdI- 
wickelte,  während  sein  Vater,  ein  Mann  von  selteoer 
Tüchtigkeit  des  Charakters  und  von  einem,  bei  ntlchtcnier 
Verständigkeit,  doch  über  die  Enge  des  ihm  von  seinem 
Berufe  gezogenen  Gesichtskreises  weit  hinausgehfodeii. 
gesunden  Urtheile,  ihn  von  früh  an  zu  einer  besonnenen. 
praktisch  -  kühlen  Aulfaesiing  des  Lebens  anhielt  ntid  den 
Ausbrüchen  seiner  Empfindsamkeit  nnd  seines  Enthnsiss- 
mns  fast  immer  Verspottung  entgegensetzte,  tttii  sein  aaf 
loderndes  ScIbstgefUht  durch  Beschämung  znr  ßewheiden- 


hrit  berabeQstinuuen.    Kamen  auf  dieee  Weise  io  seioea 
£lleni   die    in  der  Zeit  liegenden  beideo  Richtungeo  zu 
eiorm    wenn    aucli  nur  bescbrSnkten  Ausdrucke,  so  war 
^  docb    binrciulieDd ,    damit   sieb    in    ihm  unter  dieBem 
widemprecbendeii   EiDäusse   ein  Gegensatz  herausbildete, 
ID   welchem   sdnem  Datllrlichrn  Hange   zur  Phantasterei 
und    an  schwärmeriscber  Euipfindsamboit  ein  wohltbäliges 
Geg-engemobt    geboten  war,  —  ein  Gegensatz,    dor  sich 
darcb  Tie«k'B  ganzes  Leben  nnd  durch  sein  ganzes  dich- 
(srischee   und  schriftBtelleriHches   Schaffen   hindurchzieht' 
Zu    Zeiten    scbwärmeriscb    bis    zur   Exaltation   ~    seine 
ente     nnerwiderte    JugendfreandBchat\    ergriS'    ihn     mit 
einer  Heftigkeit,  die  fast  in  Raserei  ausartete  und  ihn  bis 
lUT    Schwelle  des  Selhstmordes   trieb  —  konnte  er   doch 
nur    kurze  Zeit  später  auf  diese  Zustände   des  Gemtttbs 
wie   auf  ein   Räthsel    zurücksehen.     Er  stand    sich    nicht 
8e\ten  fremd,  unkenntlich,   ein  völlig  Anderer  gegenüber. 
Derselbe  Mensch,  welcher    diese    und  ähnliche  Beängsti- 
gungen eines  bis  ins  Krankhafte  gesteigerten  Gemtlths-  und 
Phaatasielcbene  in  seinem  ^Abdallah"  niedergelegt  hat. 
TOnoehte  Jahre  lang,  Wenn  auch  nnr  Bcheinbar,  so  doch 
lUnerhin    täuacbend,   im   Sinne    und  Geiste  und  zur  Be- 
friedigung  eines    der   von   ihm    so    vielfach  verspotteten 
SUnpter  des  plattesten,  nllcbtemeu   Rationalismus  —   flir 
Nicolai  —  lEu  schreiben  und  seinrn  Peter  Leberecht  gnnz 
inr  fbr  das  Mittelmass  des  Verständnisses  zu  berechneu, 
&lit    denen    die    Aufklärer    sich    zu    begnügen    p&egten. 
tloch  nicht  nur,  dase  einzelne  seiner  Werke  vorbedacht 
■o   einem    solchen  Gegensatze    zu  anderen  stehen,    nicht 
tttu,    dass   er  in  seiner  Kritik    oft  ein  ganz  Anderer   als 
iQ  Beinen  Dichtungen    erscheint,    —   wir  begegnen  auch 
Lesern  Gegensatz,  diesem  Widerspruch  otl  in  einem  oud 
demseLbeu    seiner   Werke.      In    seinen   Eutwilrfen    meist 
kubn,   phantastisch,   befremdend  und  Übergreifend,  sind 
wir  nicht  Aclten  von  der  fast  nüchternen  Kuhle  der  Aas- 
fabrnug   und  der   Behandlung    des  Einzeluen  betroffen. 


'Wenn  ihm  ancb  einerseits  das  Ursprüngliche  für  m 
Merkmal  alles  Aechten  und  Grossen  galt,  so  war  ihm 
doch  schlichte ,  einfache  Wahrheit  wieder  eine  eben» 
nnerlässliche  Forderang.  Das  Streben  nach  beiden  fnhi 
ihn  aber  nach  ganz  versehiedenen  Richtnngcn  hin. 
erscheint  wie  Einer,  welcher  zugleich  in  die  Wolke»' 
fliegen  nnd  doch  mit  den  Füssen  den  festen  Boden  der 
Wirklichkeit  niemals  verlieren  möchte.  Und  djmiin 
konnte  er  auf  der  einen  Seite  jene  ntichtonie  Verslftndig- 
keit,  die  sich  Alles  erklären  zu  können  glaubte,  fUr  ilie 
es  kein  Wunder  gab  und  keine  Tiefe,  aufs  Schonongs- 
loseete  verspotten,  auf  der  anderen  dagegen  die  nuwalire 
Empfindsamkeit,  „die  Starkgeieterei  der  Kraftmenschen, 
die  in  Räuber-  nnd  Spukgeschichten  ihr  Wesen  trifh, 
nnd  das  nnaufhSrliche  Selbstbespiegeln,  das  Studiren  der 
Seele"  aufs  Heftigste  geissein,  um  die  Nothwendigkeit  einer 
nüchternen  SelbstbeschFänknng  anschaulich  zu  machen. 

Es  konnte  nicht  fehlen,  dass  Tieck  bei  diesem  Widi 
sprach  seines  Wesens  überall  anstossen  mnsste. 

Ich  will  hier  nur  seines  Verhältnisses  zu  Iffland 
Kotzebue  gedenken,  weil  dieses  anf  seine  Dresdner  Stel- 
lung nicht  ohne  Etnfluss  geblieben  sein  wird ,  wohin  er 
sich  1819  kränklich  nnd  der  Buhe  bedürftig  zurück- 
gezogen hutte.  Denn  wenn  sie  es  auch  verschmilhl 
haben  sollten,  ihre  Dresdner  Verbindungen  gegen  ihn  in 
Bewegung  zu  setzen,  so  lag  doch  schon  in  dem  Verbilt- 
nisse  zu  ihnen  ein  hinreichender  Gnind,  dass  er  hier 
verschiedenen  Seiten  mit  einer  gewissen  Voreingen< 
heit  angesehen  werden  musste. 

Selbst  ohne  diese  Voraussetzungen  aber  wtirde 
in  Dresden  sehr  bald  ein  Missverhältniss  zwischen  il 
und  den  hier  tonangebenden  literarischen  Peraöiili( 
keiten  herausgebildet  haben  mUssen.  Es  lag  zwiscl 
ihm  und  den  meisten  von  ihnen  eine  unftbersteiglit 
Kluft,  die  nicht  durch  den  blossen  Abstand  des  Oi 
nnd  die   verschiedene  Richtung  ihrer  Talente,    soad« 


hm 

OK  J 


-    439    - 

irch  den  yOlligen  Gegensatz  ihrer  Naturen  nnd  ihrer 
mchaanngen  yon  Kunst  und  Leben  bedingt  war.  Anch 
tte  er  einzelne  von  ihnen^  wie  den  eitlen  Böttiger^  schon 
Iher  persönlich  beleidigt^  und  Andere^  wenn  anch  nicht 
mittelbar  nnd  persönlich,  so  doch  in  den  literarischen 
dien  angegriffen,  die  sie  verfolgten. 

Eün  Mann  von  dem  Umfange  nnd  der  Tiefe  des 
dstes  nnd  von  der  weitreichenden  Anerkennung,  wie 
eck,  konnte  freilich,  selbst  wenn  er  gewollt  hätte,  in 
ler  Stadt  wie  Dresden  nicht  ganz  isolirt  bleiben.  Es 
ilte  anch  hier  nicht  an  romantisch  gestimmten  Elemen- 
1.  Männer  wie  Malsburg,  Loben,  Förster,  Ealkreuth 
id  Schutz,  zum  Theil  aus  den  Reihen  des  ihm  im 
inzen  nicht  eben  wohlwollenden  Liederkreises,  suchten 
d  fanden  in  ihm  ihren  Mittelpunkt.  Grade  die  Stinmi- 
lu^r  dieses  Kreises  aber  hatten  dagegen  ein  sicheres 
iflihl,  dass  Tieck  ihre  literarische  Thätigkeit  völlig 
ringschätzen  und  hierdurch  ihren  Einfluss  bedrohen 
isste.  Sie  fühlten  sich  in  der  behaglichen  Sicherheit 
«8  Ansehens  gestört,  in  der  Ausübung  und  Ausbeutung 
«r  literarischen  Betriebsamkeit  gefährdet  Am  schroff- 
n  standen  sich  in  diesen  Beziehungen  unstreitig  Tieck 
d  Theodor  Hell  gegenüber.  War  jenem  die  Kunst 
ras  Heiliges,  eine  Gottheit,  zu  welcher  er  nur  in  selbst- 
er Begeisterung  aufzublicken  wagte,  so  war  sie  diesem 
am  mehr  als  eine  Spenderin  flüchtiger  Unterhaltung 
d  —  eine  melkende  Kuh. 

Es  entspann  sich  ein  Kampf  der  betriebsamen  Mittel- 
kssigkeit  gegen  den  Adel  und  die  Vornehmheit  einer 
beren  Natur,  gegen  die  Autorität  des  ächten  Talents, 
d  dieser  Kampf  wurde  dem  entsprechend  geführt. 
shts  schien  geeigneter,  den  Gegner  in  der  öffentlichen 
iinnng  herabzusetzen,  als  ihn  als  Verächter  der  letz- 
en darzustellen.  Die  Geringschätzung,  welche  Tieck 
legentlich  für  Kotzebue  und  Iffland  und  deren  litera- 
che  Parteigänger   an   den  Tag  legte,   wurde  für  Ge- 


HH^v  _   440   ^  a^^^m 

riogsclifitzmig  d«B  GeBchmacks  nnd  UrtbeiU  des  DresfllH 
Pnblicums  aasgegeben.     Es  wurde  zam  StichwoH,  dlM 
Tieck  dieBOB  terrorisireii  wolle.     Den  ersten  AdIh»  ^»tU 
bot,  wie  es  scheint,  eine  öffentlicbe  Enndgebnng  Tiedfl 
tUT  Befürwortung   dee   Kleiafschen  „Prinzen  von  Ha^[ 
bürg",  dessen   Auffuhrang   er  trotz   der  AoBtrengnogfl 
seiner  Gegner  durcbgesetzt  hatte.    Tieck,  von  Kännelfl 
aufgefordert,     die     neuen    Erscbetnnngen     des    TbesMH 
kritiscb  zu  beleuchten,  eröfifnete  damit  eine  Reihe  driin^ 
torgischer   Aufsätze,    denen  Theodor   Hell    in   RUcksiciil 
auf   seinen    Chef   die    Aufnahme    nicht    wohl    versage;; 
konnte.     Auch  war  diese  Befürwortung  keineBwegs  eine 
aufdringliche,  sie    war    vielmehr  durch   das  ungünstise 
Vorurtheil    herausgefordert  worden,    welches  man  gegen 
das  Stück  im  Publicum  zu  verbreiten  gewusst  hatte,  wie 
C9  denn    bei  all'  seinen  Vorzügen  und  Schönheiten  ancb 
schwache  Angriffsstellen  darbol. 

Natürlieli  sahen  sich  die  bisherigen  kritischen  Stinun- 
fuhrer  der  Abendzeitung  hierdurch  in  ihren  Rechten  ge- 
kränkt und  zur  Seite  geschoben,  ja,  was  das  Schlimmirti' 
war,  durch  den  kritischen  Gehalt  und  den  Geist  diweE 
Aufsätze  auch  völlig  in  Schatten  gestellt.  Was  rie  hi* 
her  mit  Fug  und  Recht  selbst  glaubten  ansttben  M 
dürfen,  wurde  an  Tieck  als  unerhilrle  Änmaasunj  w- 
gegriffen,  und  dieser  gab  ihnen  selbst  die  Waffen  di« 
in  die  Hand.  Nichts  wurde  ihm  nachtheiliger,  als  nitc 
Verspottungen  Houwald's  und  seine  Einwürfe  gtga 
Schiller.  Houwald,  dessen  ehrenvolle,  aufopfernde  palnfr 
tische  Thätigkeit  in  den  Jahren  180(i— 13  in  dankbarer 
Erinnerung  stand,  war  eine  der  populärsten  Persnnhfli* 
keiten  in  IJresden,  wo  er  nahe  Verwandte  besaas.  Schill'f 
aber  —  war  der  gefeiertste  Dichter  und  der  popolIrW 
Mann  in  ganz  Deutschland.  Wohl  hatte  Tieek  io 
Ganzen  mit  jenen  Verspottungen  und  Einwürfen  Recht,  i" 
Einzelnen  aber  ging  er  zu  weit  und  bot  hierdtircb  aeü 
Gegnern  selbst  wieder  willkommene  Angri6bobj«ete. 


—    441    — 

Wie  ttbertriebea  und  fiftbch  jedoch  andecerBeits  die 
^huldignngen  waren^  die  man  ttber  das  Verderbliche 
m  EinfliUBeB  Tmck's  avf  die  Emtwieklnng  des  Theaters 
i  Uflüairf  Bu  setxen  sich  nicht  entbkkiele,  lässt  sich  am 
Men  erkennen ;  wenn  man  die  Thätigkeit  in  Betracht 
ekt,  welche  dasselbe  während  der  Amtsfbhrung  des 
ebeimraths  Könaeritz^  d.  i.  also  unter  Tieck's  Einflösse, 
itfütete. 

Von  Stücken;  deren  Aufibahme  sich  inuthmasslich  anf 
ieck's  poetische  Liebhabereien  zurückfuhren  lassen  dürften, 
iden  sich  unter  den  Trauerspielen:  „Romeo  und  Julie^ 
id  „Lear^  in  den  neuen  Uebersetzungen  von  Sohlegel 
id  Voss,  unter  den  Schauspielen  ausser  dem  schon  er- 
Ihnten  Prinzen  von  Homburg  noch:  „Die  (Geschwister^ 
id  ^Iphigenia'*  von  Goethe,  unter  den  Lustspielen  viel- 
Lcht:  ^Das  öffentliche  Oeheimniss^  nach  Galderon,  „Die 
rüder"  nach  Terenz  und  „Der  Zinngiesser"  nach  Holberg, 
-  welche  mit  Ausnahme  des  Terenz'schen  Lustspiels, 
r  dessen  Wahl  wenigstens  keine  romantischen  Anwand- 
ngen  massgebend  gewesen  sein  konnten,  auch  auf  den 
mgen  bedeutenderen  Bühnen  Deutschlands  zur  Zeit  ge- 
lben wurden  und  sich  mit  nur  wenigen  Ausnahmen 
inemd  auf  dem  Repertoire  derselben  erhielten. 

Welchen  Einfluss  Tieck  auf  die  in  diese  Zeit  fallenden 
Dgagements  genommen,  lässt  sich  noch  weniger  be- 
inunen.  Ich  hebe  von  ihntn  hier  nur  die  bedeutenden 
arvor. 

Im  Jahre  1821  trat  für  kurze  Zeit  der  Schauspieler 
irlUnzelmann  (geb.  1790  zu  Berlin)  mit  seiner  Gattin, 
ner  Tochter  des  Weimar'schen  Genast,  in  den  Verband 
nr  Dresdner  Bühne  ein.  Er  hatte  von  seinem  berühm- 
ren  Vater  den  grossen  Umfang  schauspielerischer  Be- 
ibnng  geerbt,  der  ihn  sowohl  ftlr  ernste  wie  komische 
bamkterroUen  befähigte.  Er  spielte  den  Franz  Moor 
id  den  Roohns  Pumpernickel.   DicLeichtbltttigkeit  seines 


—    442     — 

Natureis    verleitete   ihn  aber  zu  Uebertreibmigen  und 
Aeusserlichkeiten. 

Ungleich  wichtiger  war  das  in  dasselbe  Jahr  faUende 
Engagement  Carl  Devrient's  (geb.  1799),  des  Sltestet 
von  drei  Brüdern^  welche^  yielleieht  angeregt  yon  den 
Ruhme  ihres  Oheims,  sämmüich  gegen  den  Wonach 
ihres  Vaters,  eines  angesehenen  Kaufmanns  in  BerÜBi 
welcher  sie  nacheinander  für  den  Handel  bestimmt  hatte,* 
die  schauspielerische  Laufbahn  und  mit  Erfolg  betraten. 
Carl  war  bereits  in  das  Geschäft  des  Vaters  eingetreten, 
als  ihn  das  Jahr  1815  zu  den  Waffen  rief.  Auch  nack 
beendigtem  Feldzug  kehrte  er  in  seine  frühere  SteUnn; 
zurück.  Dem  Zug  zur  Bühne  war  aber  bald  nicht  läng» 
zuf  widerstehen  und  1819  trat  er  mit  endlich  erlangter 
Genehmigung  seines  Vaters  zum  ersten  Male  in  Braunschweig 
auf.  Carl  war  von  der  Natur  mit  den  aussergewOhn- 
liebsten  Anlagen  und  Mitteln  für  seine  Kunst  begabt 
Man  hat  ihn  sogar  den  genialsten  der  drei  Brüder  g^ 
nannt.  War  es  wirklich  der  Fall;  so  hat  er  sein  Talent 
doch  bei  Weitem  nicht  in  gleichem  Masse  aus-  und  durch- 
gebildet und  von  seiner  Genialität  einen  nicht  selten  ans 
Leichtfertige  streifenden  Gebrauch  gemacht^  daher  wir  den 
widersprechendsten  Urtheilen  über  seine  Leistungen  be- 
gegnen^  die  nicht  selten  etwas  Zerrissenes^  Fragmentarisches 
hatten  und  hierdurch  die  Harmonie  des  Zusammenspieb 
störten.  Das  Vortreffliche  und  Glänzende  lag  bei  ihm 
oft  dicht  bei  dem  Unzulänglichen  oder  gänzlich  Verfehlten. 
Seiner  Begabung  und  den  Eingebungen  seiner  Phantasie 
und  Stimmung  vertrauend^  hatte  seine  Auffassung  oft  etwas 
Willkürliches^  Launenhaftes.  Seine  mit  den  Jahren  bis 
ins  Masslose  wachsende  Eitelkeit  verleitete  ihn  später 
zu  einem  Spiel  mit  seinen  Mitteln^  zu  einer  koketten,  mani^ 
rirten  und  übertreibenden  Darstellungsweise.  1823  ve^ 
heirathete  er  sich  mit  Wilhelmine  Schröder  —  eine  Ehe, 
die  jedoch  sehr  bald  (1828)  einen  unglücklichen  Ausgang 
nahm.  —  Das  in   dieses  Jahr  lallende  Engagement  von 


—    448    — 

uäe  Wagner^  der  Schwester  Richard  Wagner's^  die 
tter  die  Gattin  Oswald  Marbach's  wurde,  sollte  fUr 
Biden  nicht  von  der  Bedeutung  werden^  die  es  wohl 
te  gewinnen  können.  Der  Mangel  an  genügender 
leh&ftigung  bestimmte  sie  1826  ihre  Entlassung  zu 
lern.  Sie  entwickelte  sich  später  zu  einer  bedeutenden 
nteUerin  und  trat  1830  bei  dem  Eönigl.  Theater  in 
pog  ein. 

Von  den  Gastspielen  dieser  Zeit  muss  hier  zunächst 
jenige  des  Wolf  sehen  Ehepaars  aus  Berlin  (1822)  her- 
gehoben werden^  welches  jedoch  nicht  die  ungetbeilte 
Erkennung  fand;  die  der  Ruf  Beider  erwarten  liess. 
onders  rügten  an  ihr  einzelne  Kritiker  eine  gewisse 
tOnigkeit  des  Pathos,  singenden  Tonfall  und  unzu- 
(liche  Modulation.' 

Das  Jahr  1823  war  ausgezeichnet  durch  die  Cast- 
le Esslair's  und  Emil  Devrienfs.    lieber  das  erstere 
Tieck  ausflihrlich  berichtet. 
EmilDevrienty  von  dem  schon  als  Sänger  die  Rede^ 

damals  als  Schauspieler  noch  nicht  der  glänzende 
toriker,  als  den  wir  ihn  heute  in  Erinnerung  haben. 
b  zeigte  der  zwanzigjährige^  bildschöne  Jttngling 
n  jetzt  ein  Talent^  das  zu  den  grössten  Erwartungen 
chtigte.    Sein  Organ  hatte^  wie  Oenast  sagt;  in  den 

'  Anders  freilich  lautet  das  Urtheil  des  nur  in  Molltönen 
henden  Böttiger:  „Nie  haben  wir  ein  durchdachteres  und  be- 
res  Spiel  mit  mehr  Anschein  von  Genialität  gesehen.  Nichts 
t  erk&ltend,  und  doch  ists  eigentlich  nur  Kunstspiel.  Alles, 
D  dieser  Rücksicht  über  Eurythmie,  Rundung,  Zusammenklang 
t  worden,  ist  nun  durch  eigene  Anschauung  auch  unsre  Ueber- 
Dg  geworden.  Das  heisst  Worte  sprechen  und  den  Accent  mit 
(ylbenmass  und  den  rhetorischen  Vortrag  mit  dem  poetischen 
uck  yerm&hlen,  dabei  ein  unglaublicher  Haushalt  mit  einem 
-Ankten,  vielleicht  durch  Ueberreiz  geschwächten  Tonumfang.'' 
1  gewisser  Tadel  klingt  freilich  auch  durch  dieses  Lob  noch 
roh.  Jedenfalls  sind  die  früheren  Leistungen  dieser  bedeu- 
I  Künstlerin  nicht  nach  ihren  dermaligen  lu  benrtheilen. 


tieferen  Lagen  einen  sonoren  Klang,  nnr  in  den  mittlem 
nnd  oamentlicli  in  den  oberen  Tönen  war  etwas  SprCd« 
80  das8  er  sie,  ohne  heiser  zn  werden,  nar  mit  gtomt 
Vorsicht  gebrauchen  konnte.  Sein  unermUdlicber  Fleiii 
überwand  aber  diesen  Uebelstand  vollständig.  —  In 
nächsten  Jahr  gab  Genast,  der  damals  in  Leipzig  tagt- 
ateUt  war,  mit  seiner  Frau  und  seiner  Schwägerin,  Dom 
Böhlert,  der  späteren  Frau  Emil  Devrient's,  einige  Gut- 
rollen mit  grossem  Erfolg.' 

Je  weniger  der  1834  an  KOnneritz'  Stelle  treWnd* 
Kammerherr  Angust  Ton  Lutticbaa  mit  dem  Geitchini- 
kreise,  welchem  er  vorstehen  sollte,  vertraut  war,  ntn  w 
mehr  war  es  nötbig,  Männer  zn  sich  heranzaziehen,  deren 
Rath  ihm  hierbei  förderlicij  werden  konnte.  Der  Verlail, 
den  das  deutsche  Theater  durch  den  Tod  des  verdienstvoM 
Hellwig  erlitten,  musste  ihm  dieses  noch  näher  legen. 
Schon  im  Herbste  des  vorigen  Jahres  war  dieser  jilöti- 
lich  von  einer  Gemülbskrankheit  betallen  worden,'  ä» 
ihn  der  Bühne  mit  nur  kurzen  Unterbrecbungeu  entiog.' 

'  Wir  verdanken  diesem  Aufenthalle  eine  ScbildeniDg  Hede*!, 
ao  «eichen  Genast  eine  Empfelilurg  Goetbe's  mitbracbte:  „Obglaiä 
ich  vorbereitet  war  —  heisat  es  in  den  Erinner itngen  einei  ilt«» 
ävhauapielers  —  einen  Maun  zu  sehen,  deu  die  Oicbt  uifh  der 
rechten  Seite  gekrUmmt  hatte,  so  überraschte  mich  doch  eeia  i» 
blick.  Der  Rücken  war  gtinz  gebogen  und  die  herabhängende  redilc 
Uand  berührte  das  Knie,  sein  Kopf  ruhte  bemah  auf  der  ScbnHet 
Aber  welch  ein  Kopf  var  dasl  Die  hnfae  Stiru,  dag  feurige,  \taA- 
tende  Auge,  die  schön  geformte  Nase,  der  etwas  aufgeworfene  Utti 
—  Alles  dai  bildete  ein  Ganzes  von  impomreDd&r  SchOnheiL  Sä* 
Organ  kam  mir  noch  scbOner  vor,  als  das  Uoethe's,  bei  dem  4^ 
ztiweilen  eine  gewisse  Uärte  fühlbar  wurde,  wäbreod  hier  Allee* 
wohltOnend  und  weich,  wie  kräftig  und  UangroU  wai.' 

>  Wie  man  sagt  in  Folge  des  Seibetmordes  eines  Tbeittttr 
amtec,  welchen  er  kurz  zuvor  hart  ongeUssen  hatte,  was  aber  4 
leicht  schon  ein  Symptom  eeiner  Krankbeit  war. 

■  So  trut  er  am  2.  Mai  iSSi  nach  langer  UDterbnsdiang  a 
ersten  Mal  wieder  als  Lear,  am  90.  Juli  in  den  beiden  SergMaWk' 
am  n.  Februar  1825  »U  Teil  auf. 


-    445    — 

8«iiie  letite  Bolle  war  Otto  von  Wittelsbaeh  (8.  Mai 
1886),  wobei  mh,  wie  Fraa  Bömer-Sandrini  in  ihren 
Erimienmgen  erzählt,  schon  anfikHige  Merkmale  der  Zer- 
streutheit seigten  (er  gähnte  beispielsweise  ganz  lant  ror 
dem  Pnblicnm).  unmittelbar  darauf  brach  Tobsncht  ans 
mkLmachte  seinem  Leben  noch  in  demselben  Jahre  dn  Ende. 

Es  ist  jedoch  wahrscheinlich,  dass  anch  ohne  dieses 
Ereigniss  die  Bemftmg  Heckes  zum  Dramaturgen  statt- 
gefiinden  haben  wflrde.  Tieck  gehörte  schon  seit  längerer 
Zeit  sn  den  hervorragendsten  Mitgliedern  des  engeren 
Kreises»  welchen  die  hochgebildete  Gattin  des  neuen 
Geaeral^Directors  in  ihrem  Hanse  za  versammeln  pflegte 
imd  wdcher  auf  die  Leitang  des  Dresdner  Hoftheaters 
sehen  dadurch  einen  bedeutenden,  wenn  auch  nur  mittel- 
baren Einfluss  ausgeübt  hat,  dass  Herr  von  Lttttichau  sich 
hierdurch  an  den  Verkehr  mit  bedeutenden  Männern  ge- 
wohnte und  die  in  solchen  Stellungen  nicht  selten  da- 
gegen herrschende  Scheu  ganz  ttberwand.  Denn  in 
der  That  hängt  die  unter  seiner  Verwaltung  sich  ent- 
wickelnde Blttthe  des  Dresdner  Theaters  wesentlich  damit 
zusammen,  dass  er  für  fast  alle  wichtigen  Stellen  Kräfte 
ersten  Banges  heranzuziehen  bemüht  war.  Die  freilich 
ungleich  bequemere  Begünstigung  der  Mittehnässigkeit 
war  Lttttichau  fremd. 

Der  Vortrag,  durch  welchen  er  fttr  die  Anstellung 
Ludwig  Tieck's  als  Dramaturgen  die  Königliche  Ge- 
nehmigung nachsuchte,  beweist  hinlänglich,  wie  klar  der 
neue  Director  die  Pflichten  seines  Berufs  erkannte  und 
mit  welchem  freien  Sinn  er  dieselben  erfasste.  Auch  ist 
derselbe  noch  sonst  bezeichnend  ftir  die  damaligen  Ver- 
hältnisse des  Dresdner  Hoftheaters,  so  dass  ich  ihn  meinen 
Lesern  nicht  glaube  vorenthalten  zu  sollen.  Er  lautet, 
wie  folgt: 

„An  Sc.  Königliilie  Majestät  von  Sachsen. 

Von  dem  lebhaftesten  Eifer  beseelt,  den  von  Ew.  Königl.  Majestät 
nur  allergnädigst  anvertrauten  Wirkungskreis  nach  Kräften  auszu- 


fflllen  nnd  die  mir  übertragenen  Aemter  moglichäC  zweckmiuig  nt 
leiten,  niuas  es  mein  eitrigster  Wunsch  Bein,  das  hiesige  TLeUer 
auf  einen  Standpunkt  erheben  zu  können,  welcher  mir  die  Znfriedtn- 
faeit  TOn  Ew.  Künigl.  Majestät  und  der  Anstalt  den  R&ng  neben  itt 
ersten  und  ausgezeichnetsten  Bühnen  sichern  muss.  DieStÖmng.welfk 
bei  dem  jedesmaligen  Wechsel  der  Generaldirection  in  dem  FoB- 
gange  des  Unternehmens  eiutritt,  da  der  Geachi(tskrü«  desselben 
EU  «eitumfsäseud  nnd  zu  maunichfaltig  ist,  um  sogleich  ist  Deuü 
aller  einzelnen  Zweige  der  ihr  untergeordneten  Verwaltung  sndriigEt 
zu  kBonen,  bat  besonders  bei  meinem  Antritt  um  so  fahlbarer  weriet 
müssen,  da  nicht  allein  durch  die  Krankheit  von  Hellwig  une  hiiif 
entstanden,  welche,  doppelt  stürend,  auch  für  da«  Uepertoire  tob  den 
nngQnstigteu  Folgen  ist,  sondern  die  OeschJUtsfiihrnng  anch  du  m 
schwieriger  wird,  je  weniger  Lehen  in  den  Anstrengungen  der  üb- 
zelnen  Individneu,  sowie  in  dem  Kreislauf  der  täglichen  Gescilfi« 
za  bemerken  ist.  Hierzu  kommt,  dass  die  Literatur  der  nencni 
Zeit  so  sehr  gesunken,  dass  Ton  den  vielen  Manu  Scripten,  wobs 
man  überhäuft  wird,  fast  nichts  fDr  die  Bühne  brauchbar  nnd  diese: 
Zweig  der  Anstalt  überhaupt  gar  nicht  gehörig  berüel- 
sichtigt  ist,  welches  um  so  uacbtheiliger  für  das  Game  wirket 
muss,  da_  die  Bedürfnisse  und  Literatur  des  Theaters  sowie  üt 
Fähigkeilen  imd  Talente  der  Schauspieler  nicht  mit  einem  BUck  » 
genau  erkannt  nnd  beurtheilt  werden  können,  als  es  für  die  Sid> 
selbst  erforderlich  ist.  Um  diesem  üebelstande  zn  b^egnen  o' 
zu  verhindern,  dass,  was  sehr  häufig  der  Fall  ist,  iJchsnspieleri  fi> 
die  Begie  übernehmet)  müssen  und  welche,  um  ihrem  Talente  1)^ 
sUge  zu  tbun,  immer  nur  einseitig  gebildet  sein  können.  eiiMO 
grossen  Einfluss  auf  die  Leitung  der  Theater  und  durch  dicM  irf 
den  Sinn  und  Geschmack  des  Publicnms  erhalten,  ist  die  SteUof 
eines  kundigen  Literators  und  Dramaturgen  nnamgiugUeb  BoA- 
wendig  und  kann  nur  hierdurch  der  Grad  von  Votlktmiitiealiat  er- 
reicht werden,  welcher  im  Allgemeinen  so  sehr  zu  wOivkIin  lA 
Sein  Geschäft  würde  sich  hauptsächlich  dahin  verbreiten,  den  eijcco^ 
lieben  literarischen  Theil  der  Anstalt  zn  leiten  nnd  dem  Gencnl- 
director  bierin  berathend  zur  Seite  zu  stehen;  er  benrtbeUt 
eingesandten  Maouscripte,  Obertiimmt  die  Correctur  derjeDigeiii ' 
sich  zur  Aufführung  eignen,  und  sagt  seine  Meinung,  wie  die  ~  ' 
zu  besetzen  sindj  .er  ist  bei  der  Lese-  und  ersten  Probe 
um  die  Schauspieler  auf  den  Sinn  des  StOtks  und  die  Bei 
der  Charaktere  aufmerksam  zu  machen;  bedeutende  StScke 
vor,  nra  den  Schauspielern,  die  sieh  meist  nur  eiosettig  nll 
Bollen  beschäftigen,  dadurch  Ueberblick  nnd  Sino  für 
b eizo bringen ,  aus  welchem   Verständniss  eigentlich  nur 


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imd  richtige  Dantellang  herrorgehen  kann;  vonüglich  muss  er 
jüngeren  SchaoBpielem  nachzuhelfen  suchen,  ihnen  die  Aufgabe 
ihrer  Kunst,  sowie  die  Kenntnisse,  die  ihnen  nothwendig  sind,  an- 
deuten; in  Ansehung  der  Costüme  und  der  Decoration  ertheilt  er 
ebeofaUs  seinen  Bath  und  muss  sich  wöchentlich  unter  dem  Vorsitze 
des  Generaldirectors  mit  den  Regisseurs  versammeln,  um  Aber  die 
Bedfirfisisse  des  Theaters,  über  GostOme,  neue  Stficke,  über  &ltere, 
welche  wieder  gegeben  werden  können,  über  Declamation,  Spiel, 
Besetzung  der  Rollen  und  Alles,  was  zum  literarischen  Theil  der 
OeschAftsAihrung  gehört,  sich  zu  berathen  und  zu  yereinigen.  Das 
angeUhr  deutet  die  Aufgabe  an,  was  'derselbe  zu  leisten  hat;  die 
AnilÜhrung  wird  alles  Einzelne  deutlicher  und  namhaft  machen  und 
sich  gewiss  bew&hren,  besonders,  da  wir  in  der  Person  des  Doctor 
Tieck  einen  der  ausgezeichnetsten  deutschen  Schriftsteller  hier 
bentzen,  welcher  aus  Neigung  far  die  Sache  schon  zeither  natzUch 
und  Ton  Einfluss  gewesen,  es  sich  auch  zur  grössten  Ehre  rechnen, 
ja  sich  glücklich  sch&tzen  wird,  Ew.  Königl.  Majest&t  seine  treuen 
Dienste  widmen  zu  können.  Durchdrungen  tou  der  Zweckmässigkeit 
daron,  wage  ich  es  daher  ehrfurchtsvoll  in  allerunterthAnigsten 
Vortrag  zu  bringen,  Ew.  Königl.  Majestät  woUen  allergnädigst  ge- 
ruhen, den  Doctor  Tieck  mit  einem  jlJirlichen  Gehalte  von  600  Thlr. 
ond,  um  seiner  Stellung  das  nöthige  Ansehen  zu  geben,  mit  dem 
Charakter  als  Hofrath  IV.  Classe  bei  dem  hiesigen  KönigL  Theater 
anzustellen.  Der  Vortheil,  welcher  hiervon  zu  erwarten,  steht  mit 
dem  Aufwand  von  600  Thlr.  in  keinem  Verhäitniss;  die  reichsten 
Folgen  für  die  Kunst  und  die  ganze  Anstalt  würden  sich  zur  Zufrieden- 
keit Ew.  Königl.  Mi^estät  sehr  bald  entwickeln,  aach  dabei  noch 
der  Gewinn  erlangt  werden,  dass  künftig  die  besten  Schauspieler 
hier  selbst  gezogen,  nicht  mehr  von  auswärtigen  Bühnen  um  so 
hohen  Preis,  wie  zeither,  erlangt  werden  müssen. 
6.  December  1824." 

Bereits  am  18.  Dec.  d.  J.  erfolgte  nachstehende  Königl. 
Resolution : 

,,Von  Gottes  Gnaden  Friedrich  August,  König  von  Sachsen. 
Fester,  lieber  getreuer.  Wir  sind  auf  Euren  unterthänigsten  Vortrag 
vom  8.  d.  M.  nicht  abgeneigt,  den  hiesigen  Privatgelehrten  Dr.  Tieck 
hauptsächlich  zu  Berathung  und  Aushülfe  in  dem  literarischen  Theil 
der  bei  der  Generaldirettion  Unsres  Hoftheaters  vorkommenden  Ge- 
schäfte, desgleichen  zur  Ausbildung  der  jüngeren  und  ungeübteren 
Schauspieler  mit  einem  jährlichen  Gehalte  von  600  Thlr.  und  mit 
dem  Charakter  eines  llofraths  in  der  IV.  Classe  anstellen  zu  lassen, 
halten  jedoch  aber  für  nöthig,   dass  zuvor  sein  Wirkungskreis  und 


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sein  Dieustverh&ltniss  zur  Generaldireckion  niid  zu  den  fllirigen  bei 
dem  Hoftheater  angestellten  Penonen  niher  hnntiiiit  nerde  ni 
begehren  daher  gnftdigtt,  Ihr  wollet  nni  emen  Enlwiirf  sa  der  ta 
Dr.  Tieek  zu  ertheilenden  Instmcticn  Torlegen." 

Es  geht  anB  diesem  Rescripte  dentlicli  genug  herror» 
dafls  die  Wahl  des  neaen  Dramatnrgeii  mit  einigen  Be- 
denken angesehen  wurde,  die  ohne  Zweifel  Ton  einer 
Seite  angeregt  worden  sein  moehten,  anf  der  min  lieh 
dnreh  diese  Wahl  bedroht  oder  doch  beengt  sah.  Wie 
früher  die  Böttiger,  Therese  ans  dem  Winkel  n.  A.  seh 
durch  die  kritischen  BeitiiLge  Tieck's  in  der  AbendzeitiDig 
in  ihrem  Ansehen  verletzt  fanden,  so  mag  jetit  BxdnA 
Winkler  eine  ähnliche  Empfindlichkeit  nicht  zu  1l■te^ 
drücken  vermocht  haben.  Für  das  bei  Hofe  gegen  TkA 
erregte  Misstrauen  flihrt  Herm.  v.  Friesen  (Ludwig  'neek) 
mit  Recht  als  Beweis  eine  Aeusserung  des  lüoisters  Eil- 
siedel  an,  welcher  den  neuen  Dramaturgen  nach  mux 
Vorstellung  mit  dem  Bemerken  entliess,  „sich  der  TyiaiuH- 
sirung  des  Publicums  durch  einen  zu  einseitigen  Gteschmaefc 
zu  enthalten".  Wir  haben  bei  der  Betrachtung  des  B^ 
pertoires  der  letzten  Jahre  gesehen,  wie  wenig  ein  solcher 
Vorwurf  gerechtfertigt  war.  Noch  mehr  kann  die  That- 
sache  dafür  Zeugniss  ablegen,  dass  Tieck  seine  Stellnn; 
und  seinen  Einfluss  in  dem  langen  Zeitraum  von  20  Jahren 
auch  nicht  einmal  dazu  benutzte^  dem  Publicum  eise 
seiner  eigenen  Dichtungen  aufzudrängen.  Wie  grfU 
sticht  diese  vornehme  Selbstlosigkeit  und  Enthaltsamkeit 
gegen  die  betriebsame  Ausbeutung  ab,  die  Theodor 
Winkler  von  seiner  Stellung  und  seinem  Talente  glaubte 
machen  zu  dürfen,  der  in  derselben  Zeit  39  seiner  dram«- 
tischen  Ucarboitungen  zur  Aufführung  bringen  Hess  and  in 
den  meisten  Jahren  ungefähr  den  7.  Theil  aller  Vor- 
Rtellungen  in  Anspruch  nahm,  im  Jahre  1828  aber  »«gar 
46  von  nur  140  Vorstellungen! 

Die  Instruction,  welche  Tieck  bei  seiner  Anstellung 
empfing   und   welche  Ltittichau   wahrscheinlich  im  Ein- 


TCrslämlnisBe  mit  diesem  nnter  üeriicksicbtigune  der  ihm 
feiniUicLen  Verhältnisse  entworfen  Iiatte,  erhielt  übrigens 
nnbeaDetiindet,    mit    nur    geringfügigen    formellen  Vcr- 
lodernDgeD,  die  Künigliche  Gcnchmignng.   Sie  unterband 
»b«r  freilich    gleich   von  vorn    herein   eine   gedeihliche 
ffirkiamkeit    deßselben.      Dies    geschah    hanptsüchlicli 
durch  die  Bestimmung,   dass   ebenso  wie  Tieek  keinem 
Anderen  als  nur  dem  Generaldirector  unmittelbar  unter- 
geordnet sein  sollte  und  von  keiuem  Anderen  unmittelbar 
■inftrUge  ia  Empfang    zu    nehmen    branclite,    auch    ihm 
"iwler  Niemand  unmittelbar  untergeordnet  war,  anch  von 
'tun  }Iiemaod  unmittelbar  Aufträge  zu  empfangen,  ^sondern 
''Ci   allen  bestimmenden  Beitiehuiigen  derselbe  nur  durch 
die  Oeseraldirectiou  zu  wirken  und  derselben  Vortrag  zu 
"»chen  hatte'*. 

£b  liegt  auf  der  Hand,  dass  hierdiuch  in  allen 
■treitigen  Fällen  —  ond  wie  viele  würden  selbst  bei  dem 
■^sten  Einvernehmen  noch  vorgekommen  sein  —  der 
''^ScliUftsgang  ein  schleppender  zu  werden,  dass  er  für 
»Ue  Theile  unerträglich  zu  werden  drohte.  Und  wie 
•*'*•■  mau  bemüht  war,  von  dieser  Handhabe  Gebrauch 
*"  machen,  dafür  lieferten  schon  die  in  den  ersten 
■•Mir^n  der  Anstellung  Tieck's  stattfindenden  skanda- 
f'**^!)  Theatervorgänge  den  Beweis,  welche  gelegentlich 
P**"  von  ihm  veranlassten  Auffuhrung  von  Calderon's: 
ir'Ä.ine  Kobold"  stattfanden.  Dieses  Stück,  dessen  Wahl 
f^**  Übrigens  für  keine  besonders  gltlckÜcbe  erachte,  Weil 
**>  trotz  einer  poe lisch  angehauchten  Behandlung  der 
(■**in  vorgefahrten  komischen  ColUsiouen,  doch  ohne 
[•'©entliehe  Tiefe  ist,  hat  gleichwohl  bei  einer  mehr 
[proaaigchen  Ausführung,  auf  moderne  Verhältnisse  über- 
*'^^n,  unter  dem  Titel:  „Die  Liebe  im  Eckhanse"  —  auf 
"leu  deutschen  Bohnen  eine  Menge  von  Wiederholungen 
"Veht  —  Beweis  genug,  dass  es  eine  su  unwürdige  Be- 
j  ^egnang  nicht  verdiente.  Es  wurde  am  2,  Januar  1826 
>iiim  ersten  Male  nicht  ohne  Zeichen  des  Missfallcns  von 

L  29 


—    450    — 

Seiten  des  freilich  beeinflnssten  Pnblicums  gegebea.  Die 
Generaldirection ,  welche  darin  ein  unbefangenes  UitheO 
nicht  Bah  nnd  von  dem  Werthe  des  Stflcks  llbenevgt 
WKT,  ordnete  gleichwohl  ^  nnd  zwar  mit  vollem  Baeh^ 
nnr  wenige  Tage  später^  am  8.  Jannar^  eine  linederholng 
desselben  an.  Obschon  Tieck  in  der  hierüber  bendM- 
den  Gomitäsitzung  der  Einzige  war^  der  sich  lebkaft 
gegen  die  Wiederholung  des  Stttckes  erUärt  hatte,  war  dodi 
im  Publicom  verbreitet  worden^  dass  er  nur  allein  d]^ 
selbe  der  ausgesprochenen  öffentlichen  Meinung  zu 
Trotz  durchgesetzt  habe.  Es  entstand  hierdurch  eine 
Aufregung;  welche  sich  bei  der  Wiederholung  in  eimr 
Weise  entlud  ^  die  weithin  von  sich  reden  gemacht  hit* 
So  heftig  der  Schlag  auch  geführt  wurde,  so  wir 

'  Herr  v.  Friesen  theilt  über  diese  Vorgftnge  folgende  nnaittcl- 
bar  nach  dem  Erlebniss   verfasste  Niederschrift  eines  daraa  Be- 
theiligten mit,  dessen  Name  ihm  jedoch  unbekannt: 
8.  Januar.    Die  Dame  Kobold!!! 

Tieck  hatte,  ungeachtet  sich  das  Publicum  neulich  so  isin- 
fallig  ausgesprochen  hatte,  die  EfTronterie  und  Unverschlmtheit  be- 
gangen, das  Stück  wieder  anzusetzen ,  und  seine  Tochter  hatte  iif 
dem  Gasino  sich  gegen  einen  Major  N.  N.  geäussert,  man  woUe  dii 
Publicum  erziehen.  Hieraus  folgte  heute  ein  Ereigniss,  was  ick 
noch  nicht  erlebt  habe:  Nach  dem  Aufziehen  des  Vorhangs,  ib 
Julius  und  Pauli  heraustraten,  pochte  das  ganze  Haus  Secnndei 
lang.  Die  Schauspieler  verneigen  sich  und  gehen  ab.  Applad^ 
Der  Vorhang  föllt.  Applaudissement.  Nach  einer  Weile  ordnet 
Herr  von  Lüttichau  an,  den  Vorhang,  da  das  Publicum  nun  nlü| 
sei,  wieder  aufzuziehen.  Julius  will  nicht  auftreten,  Pauli  referirt 
das  an  Lüttichau ;  Unterredung  zwischen  diesem  und  Julius,  Wied«^ 
aufziehen  des  Vorhangs;  Julius  spricht  die  ersten  Worte;  stärker« 
Pochen,  von  geringem  Pfeifen  begleitet  Die  Schauspieler  gehen 
ab,  Applaus.  Nach  wenigen  Minuten  tritt  Pauli  heraus  und  erklärt, 
wie  er  im  Auftrage  der  Generaldirection  dem  Publicum  bekannt  zo 
machen  habe,  dass  leider  unter  solchen  Umständen  heute  keine 
Vorstellung  sein  könne.  Bravorufen,  Applaus.  Das  Theater  ist  tos: 
die  Besucher  erhalten  das  Entrce  zurück.  Die  Casse  verliert  eine 
Tages  -  Einnahme  und  die  Tieck'sche  Geschmacksdespotie  ward  ge- 
brochen. 


—    451    — 

er  laoächst  doch  ganz  wirkungslos.  Der  Einfloss  Tieck's 
tritt  in  den  nächsten  Jahren  nm  Vieles  stärker  hervor. 
Von  1826 — 32  finden  sich  von  neuen  Stttcken: 
Ooethe's  Torquato  Tasso'  und  Faust;  Shakespeare's  Hein^ 
lieh  IV.  1.  u.  2.  Th.,  Julius  Cäsar,  Othello  und  Viel 
Linnen  um  Nichts;  Lope's  Stern  von  Sevilla;  GriU- 
puier's  Ein  Diener  seines  Herrn;  Uechtritz'  Alexan- 
der und  Darius  und  Rosamunde;  Eleist's  Der  zer- 
brochene Krug,  neben  verschiedenen  Stttcken  von 
Binpach,  Gollin,  Auflenberg,  Deinhardstein  u.  A.  Sonst 
waren  im  Repertoire  noch  Schenk,  Gehe,  Elingemann,  Dein- 
hardstein, Töpfer  vertreten.  Auch  die  Birch-Pfei£fer  er- 
teheint  und  erlangt  mit  ihrem  „Pfeffer-RöseP,  welches  vor- 
iHglich  gespielt  wurde,  einen  grossen  und  entscheidenden 
Erfolg.  Unser  besonderes  Interesse  verdienen  aber  die  zu 
dieser  Zeit  der  Oeffentlichkeit  ttbergebenen  Stttcke  der 
Priniessin  Amalia  von  Sachsen,  die  sie  bisher  gleich 
ihren  Opern  fast  nur  im  engeren  Familienkreise  zur  Dar- 
Ktollang  hatte  bringen  lassen.  Schon  1817  war  von  ihr  ein 
Behauspiel:  »Die  Abenteuer  der  Thorenburg^  unter  dem 
Bchriftstellemamen  A.  Heiter  ohne  besonderen  Beifall  zur 
i^Qfftthrung  gekommen.  Jetzt  (1829)  trat  sie  mit  dem 
Sehauspiele:  y^Der  Krönungstag^ ,  welches  sehr  ansprach, 
BQter  demselben  Automamen  hervor.  Wie  ihre  anderen 
lieser  Dichtungsperiode  angehörenden  Stücke,'  stehen 
^Qeh  sie  unter  dem  Einflüsse  romanischer  Vorbilder. 
b  dieses  Jahr  föUt  die  Entstehung  einer  vom  Prinzen 
Johann  gedichteten,  von  der  Prinzessin  Amalia  compo- 
^n  Local- Posse:  „Der  Eanonenschnss^,  welche  am 
^*  Jnni  1829  im  Prinzlichen  Gartenpalais  auf  der  Langen- 


*  Besetzung:  Alphons  —  Julias.  Leonore  —  Mad.  Schinner. 
It&Yitale  —  FrL  Glev.    Tasso  —  Becker.    Antonio  —  Zahlhaas. 

*  Elrira;  Graf  von  Toulouse;  zwei  N&chte  auf  dem  Schlosse 
''tttel  Franco;  Zuleika;  Elisabeth;  die  Wittwe  und  Mesru  (in  2 
^Mieilungen). 

29» 


—    452     - 

gasse  zur  Anfführnng  kam.  Auch  schrieb  dieser  Prinz, 
der  sich  dnrch  seine  Dante  -  Uebersetznng  so  grosse  Be- 
rühmtheit erworben^  mehrere  Opemtexte^  von  denen  «Siiil', 
in  Musik  gesetzt  von  Carl  Borromäas  y.  Miltits,  im 
16.  März  1833  öffentlich  aufgeführt  wurde. 

Das  Lustspiel  scheint  Tieck  Winklem  mehr  tiber- 
lassen zu  haben.  Uebersetzungen  aus  dem  FranzOsiflclieii 
lierrschen  hier  vor.  Unter  den  deutschen  dramatiscbeD 
Lustspieldichtem  ist  Bauemfeld  die  bedeutendste  nene 
Erscheinung.  Wir  finden  bei  ihm  einen  frischeren  Tob 
angeschlagen^  indem  er^  auf  unmittelbare  Beobachtung  des 
Lebens  ausgehend^  die  gesellschaftlichen  Zustände  der 
gebildeten  Kreise  der  Grossstadt  zum  Oegenstande  seiner 
Darstellung  machte. 

Von  den  inzwischen  eingetretenen  VerändemngeB 
im  Personale  Tcrdienen  folgende  eine  nähere  Betracbtim;- 
Zum  Ersatz  für  Hellwig  war  die  «Wahl  auf  den  Scbts- 
spieler  Becker  aus  Darmstadt  gefallen  ^  welcher  seboi 
wiederholt  (1819  und  1820)  mit  Erfolg  in  Oastspieki 
aufgetreten  war.  Franz  Joseph  Becker  war  1794  n 
Mainz  geboren^  debütirte  in  Hamburg^  kam  1821  an  dtf 
Theater  zu  Darmstadt;  wohin  er  auch  später  wieder 
zurückkehrte  und  bis  zu  seinem  1848  erfolgenden  Tode 
verblieb.  In  Dresden  trat  er  1825  ein.  „Eine  schOoe 
Stimme  —  sagt  Tieck  von  ihm,  —  ein  anmutbiges 
AeusserC;  ein  sicheres,  feines  Betragen  charakterisiren  ibs, 
so  dass  er  die  Manieren  der  vornehmen  Welt  liebenswtbdi; 
und  wahr  hinstellt,  Witz  und  Humor  sichtbar  macht  nod 
niemals  jene  Linie  verlässt,  die  auch  im  Scherz  nod 
Spass  gehalten  werden  muss.  Seine  Geberden  sind  nocli 
zu  rund  und  elegant,  grenzen  zuweilen  an  das  Tänier- 
massige,  und  was  man  an  diesem  jungen  Schauspieler 
(der  einer  jeden  anderen  Bühne  zur  Zierde  gereicbei 
würde)  tadeln  kann,  ist  ein  zu  hastiger  Aufschrei  in  der 
Empfindung,  wodurch  der  Ton  oft  undeutlich  und  selbst 
unedel  wird.*^   Tieck  rechnet  seinen  Don  Manuel  zu  deo 


453     — 


iofaönBten,  was  ein  Redner  liefern  kann,  und  zählt  im 
ErBBten  diejenigen  Rollen  zu  seinen  besten,  die  Geillbl  und 
Innigkeit  fordern. 

Ein  ganz  ausserordentlicher  Gewinn  wurde  die  unter 
dem  Ouflasse  Tieck's  stattAndende  Erwerbung  von  Julie 
Gley  (1810  geb.),  der  Tochter  des  Hamburger  Schau- 
i^elers  Gley,  der  noch  zu  den  Darstellern  der  letzten 
Diitction  Schröder's  gehörte.  8ie  begann  ihre  theatralische 
LtBfbahn  in  Dresden,  wo  sie  am  2.  September  1825  als 
Uirgarctbe  m  Iffland's  Hagestolzen  zum  ersten  Male  die 
Bohne  betrat.  Niemand  ahnte  zwar  damals  ihre  spätere 
BdeDtung,  doch  entwickelte  sieb  unter  Tieck's  Leitung 
ikr  tcbOoes  Talent  in  Uberrascbender  Weise.'  Schon 
1827  entzückte  sie  als  Luise  in  Schiller's  Kabale  und 
Liebe  die  Kenner  durch  eine  Ursprilnglicbkeit  und  Kraft 
ia  dramatischen  .Ausdrucks,  die  von  ihr  Grosses  erwarten 
Ueaeu.  Eine  solche  Unmittelbarkeit  des  Erlebens  glaubte 
lun  noch  niemals  von  der  Bühne  aus  an  sich  empfunden 
M  haben.  „Ihr  Ton  ist  der  Ton  der  Natur  —  sagt 
T^cck  Bi'hon  damals  von  ihr,  —  rein  und  voll,  ganz 
^"«tor.'■  Ihren  höchsten  Triumph  feierte  sie  als  Gretehen 
in  Goethe's  Faust,  welcher  am  27.  August  1839  zur 
**Ojj|hrigen  Geburtstagsfeier  des  grossen  Dichters  gegeben 
■wl  durch  einen  Prolog  von  Tieck  festlieh  eingeleitet 
Wurde.  Fräulein  Gley  verlieas  bereits  im  Herbst  1830, 
^em  Rufe  nach  Wien  folgend,  die  Dresdner  Bühne, 
*ider  für  diese,  wie  lllr  sie  selbst  viel  zu  früh.  Sie 
""•U-de  derselben  zwar  1833  als  Madame  Rettich  aufs 
'«tte  fhr  einige  Zeit  gewonnen,  doch  hatte  sie,  wie  man 
^haupt«te .    schon    damals    unter    dem    Einflüsse    der 

'  In  emem  Briefe  C,  Gniner's  (Mitglied  der  Leipziger  Concert- 
**"ection)  an  Uerrn  v.  Liittichau  ¥oin  37.  August  1830  heisst  es: 
^^diure  sehr,  dass  Sie  die  Gier  verlieren,  sie  wird  schwer  zu 
[^euen  sein,  Herr  Ho&atb  Tieck  hat  sich  durch  deren  Bildung 
**  Ttrst&adiger  Meister  gezeigt,  für  den  man  den  höchsten  Respect 


—    454    — 

rhetorischen  Wiener  Schale  von  der  ihr  eigenen  reisrolleD 
Innigkeit  nnd  Unmittelbarkeit  etwas  verloren,  wenn  ueh 
gewiss  noch  an  Kraft  nnd  Umfang  des  dramatiseki 
Ausdrucks  gewonnen.  Später  sollte  sie  sogar  in  die 
Manier  einer  malenden  Behandlung  des  Tons  ver&Ikii, 
die  ihre  sonst  grossen,  herrlichen  Leistungen  nicht  wenig 
trttbte. 

Die  Anstellung  des  durch  eine  Reihe  dramatiieher 
Arbeiten  bekannt  gewordenen  Schauspielers  v.  Zahlbu 
für  das  Fach  der  Intrigants  und  Charakterrollen  ent: 
sprach  dagegen  den  gehegten  Erwartungen  nicht  idür 
ständig. 

Für  die  1826  ausgeschiedenen  Dem.  Miller  und  Boea& 
Wagner  war  1827  Dem.  Antoinette  Fournier  aiis  Maiu 
(geb.  1809)  gewonnen  worden,  welche  sich  raseb  m 
sentimentalen  jugendlichen  Bollen  zu  grösserer  Bedeoting 
entwickelte.  Leider  sollte  sie  bald  die  Dresdner  BlUise 
wieder  verlassen. 

Auch  das  folgende  Jahr  ist  durch  zwei  gute  AcquiedtioiNi 
ausgezeichnet.  In  Mad.  Mevius  war  ein  höchst  schätzeai- 
werther  Ersatz  ftir  Mad.  Schirmer  gefunden,  die  nu» 
vielleicht  etwas  spät,  in  das  ältere  Fach  ttbergetreten 
war,  sowie  in  Meaubert  ein  zwar  zu  Uebertreibangee 
geneigter ;  aber  gewandter ,  an  glflcklichen  Einfälka 
reicher  Darsteller  für  das  Fach  der  niedrig  komisebei 
und  burlesken  Bollen.  Er  errang  sich  auf  einem  etwii 
engen  Gebiete  grosse  Beliebtheit.  —  Wenn  man  in  da 
nächsten  beiden  Jahren  minder  glücklich  war  —  mr 
das  Engagement  von  Fräul.  He'rold,  der  späteren  Gattii 
des  Baritonisten  Mitterwurzer,  ausgezeichnet  durch  ibie 
schöne  Gestalt,  verdient  hier  Hervorhebung^  —  so  waren 
dagegen  die  des  Jahres  1831  von  um  so  grösserer  6e 
deutung.  Es  führte  der  Dresdner  Bühne  das  Ehepttf 
Emil  Devrient   und   Franziska  Berg  zu. 

Die  Vorzüge  Emil  Devrient's  (geb.  1803),  des  jüngsten 
der  uns  schon  bekannten  drei  Brüder,  wurzelten  w- 


—    455    — 

nehmlicli  in  den  Gaben,  mit  denen  ihn  die  Natur  ver- 
aehwenderiach  aasgestattet  and  die  er  mit  eisernem  Fleiss 
«nd  ehrgeizigem  Streben  aafs  Sorgfältigste  gepflegt  and 
entwickelt  hatte.  Er  vereinigte  mit  einer  edlen,  schlanken, 
elastischen  Gestalt,  die  sich  schwangyoU,  vornehm  and 
harmonisch  zn  bewegen  wasste,  ein  wanderbares  Organ, 
das  er  in  allen  Registern  zar  klangvollsten  Schönheit 
iOflgebildet  hatte,  sowie  eine  überaas  feine  Empfindangs- 
flhigkeit,  die  sich  zam  Elegischen  neigte  and  die  er  in 
den  feinsten  Schattirangen  za  hinreissendem,  begeister- 
tem Ansdrack  za  bringen  verstand.  Dagegen  fehlte  es 
ihm  an  der  Kraft  charakteristischer  Individaalisirang. 
Er  wasste  sich  leicht  in  die  Sitaation  eines  anderen 
Charakters,  nicht  aber  in  dessen  Eigenthümlichkeit  selbst 
in  versetzen.  Es  war  fast  immer  nar  er,  den  man  in 
den  verschiedensten  Rollen  za  sehen  bekam;  wo  dies 
aber  dem  Charakter,  der  Natar  der  Rolle  entsprach,  hatte 
seine  Darstellang  etwas  ttberaas  Glanzvolles,  Bestricken- 
des, wie  das  z.B.  als  Harqais  Posa,  Max  Piccolomini, 
CiMr  (Brant  von  Messina),  selbst  noch  als  Egmont, 
Tasso  and  Goriolan  der  Fall  war.  Die  ziemlich  rhetorisch 
gewordene  Weimar'sche  Schale  masste  seiner  Begabang 
nngleich  näher  liegen  als  die  alte  SchrOder'sche  oder  die 
nenere  Iffland'sche  Darstellangsweise,  welche  letztere  die 
Natnrwahrheit  mehr  in  der  Brillance  des  Einzelnen  sachte. 
Sein  Eintritt  in  den  Verband  des  noch  immer  überwie- 
gend  der  alten  Hambnrger  Schale  zaneigenden  Dresdner 
Theaters  warde  bei  dem  Zaaber  and  der  Herrschaft, 
welche  seine  Persönlichkeit  hier  bald  aasüben  sollte, 
nicht  wenig  fttr  einen  Umsohwnng  entscheidend. 

Lag  die  Stärke  seines  Talents  mehr  anf  dem  Gte* 
biete  des  Schaaspiels,  als  aaf  dem  des  Lastspiels  (sein 
Homer  hatte  meist  etwas  Gezwnngenes) ,  so  war  seine 
Gattin  Dorothea,  geb.  Böhler,  gerade  aaf  diesem 
Gebiete,  im  Fach  der  Soabretten  and  heiteren  Lieb- 
haberinnen, eine  Kraft  ersten  Ranges.    1805  in  Cassel 


-     456    — 

geboren;  war  sie   von   ihren   Eltern   sehr   früh  fllr  die 
Bühne  bestimmt  worden.    Mit  einer  angenehmen  Stimme 
begabt;  fand  sie  sowohl  im  Schauspiel  wie  in  der  Oper 
Verwendung.    Ihr  Talent  entwickelte  sich  rasch  zn  les- 
ToUer  BlUthe.   In  Leipzig^  wo  sie  sich  ansserordenüicker 
Beliebtheit  erfreute,  Terheirathete  sie  sich  1825  mit  den 
schon  damals  glänzenden  Emil  Devrient.    Er  selbst  hal 
niemals  verkannt;   dass  er  ihrem  Einflüsse  viel  zu  Ter* 
danken  hatte.    Sie  zeichnete  sich  in  ihrem  Vortrag  roA 
Spiele  durch  Wahrheit  und  Anmuth  ausdrucksvoller  Na- 
türlichkeit aus. 

Franziska  Berg;  geb.  1815  zu  Mannheim;  trat  id 
Dresden  in  eine  sehr  schwierige  Stellung  ein.  Noefe 
überaus  jung  und  noch  in  den  Anfängen  ihrer  Entwiek^' 
lung;  sollte  sie  hier  theils  für  Dem.  G\ej,  theils  flür  Deflcm 
Foumicr  Ersatz  bieten. 

Unter  Tieck's  Anleitung  bildete  sie  die  ihr  von  de^ 
Natur  gewordenen  Anlagen  mit  unermüdlichem  FleisM 
zu  einem  hohen  Grade  der  Vollkommenheit  aus.  Si^ 
hatte  sich  aus  der  Enge  kleinbürgerlicher  Verhältnis»^ 
emporarbeiten  müssen;  und  eine  gewisse  BefangenheS 
ist  ihr  in  ihren  Bewegungen  von  daher  immer  gebliebeic 
Obschon  sie  im  Fache  der  jugendlichen  Liebhaberinnen  '■ 
Treffliches  leistete;  lag  ihre  eigentliche  Kraft  doch  er* 
auf  einem  anderen  Gebiete.  Für  jene  fehlt«  es  ihr  zw«i 
nicht  an  Seele  und  Innigkeit,  wohl  aber  an  jenem  sam. 
ten,  sinnlichen  Reize  beider;  den  wir  hier  nicht  gern  T&i 
missen  mögen.  Ihr  überaus  voll-  und  wohlklingende 
aber  etwas  tiefliegendes  Organ  sollte  erst  in  dem  Fach 
der  sogenannten  Charakterrollen;  sowie  später  in  dem  de: 
edlen  und  gemüthlichen  Mütter  zu  voller  Geltung  kommen. 
Hier  leistete  sie  denn  auch  wahrhaft  Vorzügliches. 

Zu  ihren  vielen  künstlerischen  Vorzügen  gehörte  eine 
edle  Bescheidenheit  und  eine  seltene  Pflicht-  und  Beroft- 
treuC;  worin  sie  allen  Mitgliedern  der  Bühne  ab  eis 
leuchtendes  Muster  vorausging. 


—     457    — 

Ohne  Einflass  konnte  es  freilich  nicht  bleiben,  dass 

unter    den    gewonnenen    Talenten    schon    verschiedene 

waren,  welche   durch   eine  abweichende  Spielweise  die 

Harmonie   des  Znsammenspiels   zu   gefährden   anfingen. 

Noch  1837  konnte  Tieck  hierüber  schreiben:  „Man  sieht 

Uer  vorzüglich  in  den  Lastspielen,  Familiengemälden  und 

Dramen   mehr  ein  Ganzes,  ein  Zasammenspiel,   als  auf 

den   meisten   deutschen  Bühnen,   wenn  ich  das  Wiener 

finrgtheater  und  vielleicht  das  Hamburg'sche  ausnehme. 

Vom  Trauerspiel  lässt  sich  nicht  das  Nämliche  behaupten, 

doch  geschieht,   wenn  auch  einzelne  Virtuosen  vielleicht 

Anderswo   im  Ganzen   höher  zu  stellen  sind,   auch  hier 

^^hr  für  richtige  Anordnung  und  Zusammenspiel,  als  in 

"^ien  oder  England,  wo  sich,  wie  in  Berlin,   Alles  ver- 

^'«>2elt  hat." 

£in  Schauspieler  wie  Becker,  dem  doch  von  anderer 

^ite    der  Vorwurf  gemacht   wurde,   nicht  frei  von  den 

•"^J^ieren  der  Weimar'schen  Schule  zu  sein,  musste  sich 

dennoeh  so  in  das  Zusammenspiel  eingefügt  haben,  dass 

■^©ck  nur  ganz  leise  in  Bezug  auf  die  Geberdensprache 

^'^nf  Anspielung  macht.    Auf  mich  selbst,   der  ich  ihn 

>*oc|i  in  ganz  jungen  Jahren  gesehen,  übte  er  stets  einen 

.    ^i^us  glänzenden,  harmonischen  Eindruck  aus,  obwohl 

1^^^^     schon   damals   die  Ungleichheiten  und  das  Eitle  im 

spiele  Carl  Devrient's  sehr  wohl  zu  empfinden  im  Stande 

^^^.    Es   darf  wohl   behauptet   werden,    dass  die  hier 

^^Onten  Vorzüge  des  damaligen  Dresdner  Theaters  durch 

^^^   glänzende  Entwicklung,  welche  das  Talent  von  Julie 

^ley  nahm,  in  den  nächstfolgenden  Jahren  noch  beträcht- 

Ue\i  gehoben  wurden. 

Das  Jahr  1832  bietet  für  die  Geschichte  des  Schau- 
spiels zwar  nicht  ganz  den  bedeutungsvollen  Abschnitt, 
^ie  für  die  der  Oper  dar,  doch  konnten  schon  allein  die 
bei  dieser  stattfindenden  Veränderungen  nicht  ganz 
wirkungslos  darauf  bleiben.  Wenn  man  mit  der  Auf- 
hebung der  italienischen  Oper  nicht  nur  der  öffentlichen 


—    458    — 

Meinung  eine  Concession^  sondern  zugleich  gröSBere,  durch, 
die  Verhältnisse  gebotene  Erspamngen  machen  wollte  ^ 
so  erlangte  die  Verwaltung  gleichwohl  hierdurch  reicher^ 
MitteJi  znr  Verwendung  ftlr  Schauspiel  und  dentsche  Ope^. 
Dies  gestattete,  worauf  man  ttbrigens  schon  Torhermehr 
Rücksicht  genommen,  nun  fast  durchgehend  ein  gesan- 
dertes  Personal  für  beide  zu  bilden. 

Noch  mehr  aber  war  es  die  veränderte  Bichtoi^ 
und  Stimmung  der  Zeit^  welche  dieses  Jahr  zu  einen 
Wendepunkt  in  der  Entwicklung  des  Schauspiels  machte. 
Während  in  Frankreich  dieser  neue  Gteist  Ton  der  roman- 
tischen Schule  ausging;  welche  sich  mit  Victor  Hugo  id 
der  Spitze  gebildet  hatte^  und  hier  der  unter  dem  Scbotie 
des  Eaiserthums  erblühten  höfisch-conventionellen  Poene 
in  genialem  Aufschwünge  den  Krieg  erklärte,  trat  er 
in  Deutschland  umgekehrt  dem  jetzt  hier  noch  heirschen- 
den  Romanticismus  entgegen  ^  welcher^  wie  man  be- 
hauptete, die  Nation  von  ihren  nächsten  und  wieh- 
tigsten  Aufgaben  ablenkte,  sie  in  phantastische  Regionen 
hebe  oder  sie  zu  den  Uebeln  einer  schöngefärbten  Voneit 
zurückzuführen  und  dem  Absolutismus  in  Kirche  nnd 
Staat  in  die  Hände  zu  arbeiten  drohte.  Allerdings  war 
ein  tiefgreifender  Unterschied  zwischen  dem  Roman- 
ticismus beider  Länder;  denn  während  jener  in  Sliake- 
speare,  besonders  aber  in  Byron  seine  Anregung  suchte 
und  fand,  ging  dieser  jetzt  vorzugsweise  gern  auf  die  mittel- 
alterliche Dichtung,  besonders  der  Spanier  zurttek.  Und 
während  jener  gerade  die  brennendsten  Fragen  des  Tages 
ergriff,  beschäftigte  sich  dieser,  wenn  überhaupt  noch 
mit  tieferen  Problemen,  doch  meist  nur  mit  solche 
welche  den  Interessen  des  Tages  fem  lagen,  indem  man 
sie  sich  mit  derselben  subjectiven  Willkür  stellte,  mit 
der  man  sie  dann  auch  behandelte. 

So  gerecht  aber  auch  die  Vorwürfe  sein  mochten, 
welche  die  Jungdeutschen  den  deutschen  Romantikem 
machten,  so  beruhten  doch  ihre  Angriffe  auf  das  Boman- 


—    459    — 

tische  überhaupt  und  auf  Tieck  insbesondere,  den  man 
gewohnt  war,  als  ihren  Führer  zn  betrachten,  weit  mehr 
auf  Vomrtheil,  als  auf  einem  richtigen  Verständniss  von  Ver- 
hältnissen nnd  Personen;  da  Tieck  nicht  nur  selbst  viel- 
fach in  Widerspruch  mit  den  Romantikern  stand,  sondern 
anch  in  der  Dichtung  überall,  wenngleich  oft  in  schrullen- 
hafter Weise,  die  Verbindung  mit  dem  Leben  suchte  —  in 
seiner  Stellung  zum  Theater  aber  einen  von  jeder  sub- 
jectiyen  Willkür  so  freien  Standpunkt  einnahm,  dass  wir 
Boch  heute  mit  Vortheil  auf  seine  hierüber  ausgesproche- 
nen Urtheile  und  Lehren  zurückgehen  können. 

Zu  den  fortgesetzten  Angriffen  und  Verdächtigungen 
seiner  nächsten  Umgebungen  traten  also  auch  noch 
die  aus  der  Feme  hinzu,  und  es  ist  nur  natürlich,  dass 
dies  im  Verein  mit  den  schmerzlichen  Verlusten,  die  ihm 
die  ^nächsten  Jahre  brachten,  sein  Interesse  an  der 
Literatur  überhaupt,  sowie  an  den  Verhältnissen  des 
Dresdner  Theaters  allmählich  herabstimmen  musste. 
Schon  Goethe's  Tod  hatte  ihn  niedergebeugt.  Kurze 
Zeit  später  wurde  ihm  auch  seine  Schwester  entrissen. 
1836  erkrankte  seine  Gattin,  und  ihr  1837  erfolgender 
Tod  sollte  noch  einen  viel  schmerzlicheren  Verlust  im 
Gefolge  haben,  den  seiner  geliebten  Tochter  Dorothea, 
die  sich  von  diesem  Schlage  diemals  erholen  konnte. 
Ihr  Gemüth  wurde  davon  aufs  Tiefste  ergriffen.  Sie  ver- 
mochte den  Gedanken  des  Todes  nicht  mehr  aus  ihrer 
Seele  zu  verscheuchen.  Ihr  Leben  war  nur  noch  eine 
Vorbereitung  auf  das  Ende,  welches  im  Jahre  1841  plötzlich 
hereinbrach,  während  inzwischen  der  Tod  auch  noch 
die  vertrautesten  Freunde  des  Hauses  dahingerissen  hatte : 
die  Dichterin  Adelheid  Reinhold,  Immermann,  die  Gräfin 
V.  Finkenstein. 

Gleichwohl  ist  es  ein  Irrthum,  wenn  man  glaubt, 
dass  Tieck  schon  seit  Beginn  der  dreissiger  Jahre  sich 
vom  Dresdner  Theater  so  gut  wie  völlig  zurückgezogen 
habe.    Die  Mittheilungen  von  Caroline  Bauer  (Aus  mei- 


'  —    460     — 

nem  Bühnenleben);  denen  wir  hierin  vertrauen  dttrfen, 
stellen  es  ganz  ausser  Zweifel^  dass  Tieck  noch  im  JiAie 
1837  eine  Stellung  am  Dresdner  Theater  einnahm,  die  bei 
keiner  Frage  von  nur  einiger  Wichtigkeit  zu  umgehen  wtr, 
dass  er  einen  ununterbrochenen  Einfluss  auf  die  Entwiek- 
lung  desselben  ausübte  und  überhaupt  eine  massgebende 
Stimme  bei  allen  zu  treffenden  Entscheidungen  besass. 

Wie  wenig  Tieck  diesen  Einfluss  im  Sinne  der  so- 
genannten romantischen  Schule  auch  in  diesem  Zeiträume 
geltend  machte  ^  ergiebt  ein  Blick  auf  die  Statistik  der 
Novitäten.  Von  Shakespeare  finden  wir  nur  ein  einziges 
Stück  neu  in  Scene  gesetzt:  „Macbeth^  nach  Schlegd's 
Uebersetzung  und  in  seiner  Bearbeitung.  Von  Moreto 
gleichfalls  nur  eins:  „Die  Macht  des  Blutes^.  Von  Grill- 
parzer  „Der  Traum,  ein  Leben^  und  „Medea^  Dagegen 
nimmt  Raupach,  und  zwar  auf  Tieck's  Einfluss,  eine  be- 
vorzugte Stellung  ein.  Vom  November  1833  bis  Hin 
1836  wurden  mit  einer  einzigen  Ausnahme  nur  von  die- 
sem Dichter  neue  Trauerspiele  (im  Ganzen  acht)  gegeben^ 
was  jedoch  keineswegs  auf  einer  besonderen  Vorliebe 
Tieck's  beruhen  konnte,  da  er  Raupach  den  „Fortsinger 
der  Unmelodie'^  nennt  und  von  ihm  behauptet,  dass  er 
kälter  als  alle  Anderen,  seine  Compositionen  aus  Ver- 
standesbegriffen herausklügle  und  rechne.  Auch  die  Stttcke 
der  „Birch- Pfeiffer"  lehnte  er  nicht  vollständig  ab.  & 
wollte  einer  jeden  Zeit  ihr  Recht  lassen. 

Im  Jahre  1834  eröffnete  die  Prinzessin  Amalia  von 
Sachsen  ihre  dem  modemeti  gesellschaftlichen  Leben  ent^ 
nommenen,  durch  schlichte  Wahrheit  der  Charakteristik 
und  glückliche  Erfindung  ausgezeichneten  Stücke  mit 
dem  Lustspiel  ^Lüge  und  Wahrheit^,  das  einen  glänzen- 
den Erfolg  hatte.  *  Das  Jahr  1836  brachte  das  eiste 
Stück  von  Halm:   „Griseldis«.     1839   debütirte  J.  Mosen 

'  Es  war  mit  gleichem  Erfolge  am  27.  Februar  zuerst  in  Beriis, 
am  16.  August  dann  aber  auch  in  Dresden  gegeben  worden.    Nock 


—    461    — 

mit  „Otto  ni.".  1840  leitete  Gutzkow's  „Richard  Savage" 
eine  Reihe  glänzender  Btthnentrinmphe  dieses  Autors  ein. 
Von  nenen  dramatischen  Autoren  erschienen  noch  Maltitz 
und  Edaard  Devrient.  Im  Lustspiele  steht  Bauemfeld 
obenan.  Daneben  herrschte  der  französische 'Geschmack^ 
durch  die  Scribe'sche  Schule  vertreten.  Die  deutschen 
Uebersetzer  arbeiteten  hierf  tir  mit  ungeschwächten  Kräf- 
ten fort.  Der  Einfluss  der  Jungdeutschen,  von  Gutzkow's 
Erfolgen  angezogen ;  suchte  sich  auch  auf  der  Bühne 
geltend  zu  machen.  Die  sociale  und  politische  Tendenz 
drang  in  das  Schauspiel  ein,  mit  ihr  die  Phrase,  welche 
einem  rhetorischen  Pathos,  dem  es  jedoch  noch  nicht  an 
Feuer  und  an  Zusammenhang  mit  dem  Leben  fehlte, 
Vorschub  leisteten.  Schüler  trat  in  den  vierziger  Jahren 
wieder  an  die  Spitze  des  Repertoires. 

Erst  in  dem  Jahre  1838  scheint  Tieck  sich  mehr 
und  mehr  von  der  Bühne  zurückgezogen  zu  haben,  ob- 
schon  er  gerade  in  diesem  Jahre  auf  Vortrag  Lttttichau's 
eine  Erhöhung  seines  Gehaltes  von  600  auf  800  Thlr. 
bewilligt  erhielt.  Dies  hängt  mit  dem  Froject  eines  neuen 
Theatergebäudes  zusammen,  gegen  welches  im  Lttttichau- 
achen  Hause,  von  wo  Tieck  bisher  wohl  immer  aufs 
Nene  die  Anregung  empfangen  hatte,  sich  an  den  »An- 
gelegenheiten des  Theaters  zu  betheiligen,  jedes  andere 
Interesse  zeitweilig  völlig  zurücktreten  mochte.  Wenig- 
stens ist  nicht  anzunehmen,  dass  Tieck  sich  der  Vice- 
direction  des  Hofrath  Winkler  während  der  hierdurch 
veranlassten  Abwesenheit  Lüttichau's  werde  untergeord- 


in  demselben  Jahre  entstand:  „Die  Braut  ans  der  Residenz".  1835: 
»Der  Verlobungsring«*  und  „Der  Oheim*.  1836:  „Die  Fttrstenbraut", 
^Der  Landwirth*',  „Der  Zögling",  »Das  Fr&ulein  vom  Lande'*.  1837 : 
„Der  Unentschlossene",  „Vetter  Heinrich'*,  „Der  Pflegevater**.  1838 : 
„Die  (Jnbelesene**,  „Der  Majoratserbe ".  1839:  „Die  Stieftochter**. 
1840:  „Capit&n  Fimewald'*.  1841:  „Die  Heimkehr  des  Sohnes**, 
„Der  alte  Herr".  1843:  „Der  Siegelring**,  „Regine".  1846:  „Der 
Brief  ans  der  Schweiz*. 


—    462     — 

net  liaben,    und   da  diese  Stellung;  wenn  auch  vielleicht 
nur  nominell,  am  1.  Juli  1841  zu  einer  lebenslänglicheik 
gemacht  wnrde/  so  ist  es  mehr  als  wahrsoheinlich,  daas 
Winkler  auch  in  der  Zwischenzeit  einen  gröeseien  Eift- 
flnss  auf  die  Geschäfte  gewann  nnd  Tieck  seine  TUttig^ 
kdt  nur  noch   auf  Bathschläge  beschrSnkt  haben  wirS, 
die  ihm  entweder  selbst  am  Herzen  lagen  oder  m  deneM 
er  aufgefordert  wurde. 

Am  Schiasse  des  Jahres    1832    waren   Panli   ind 
Werdy  des  Amtes  von  Regisseuren  enthoben  nnd  gkiok- 
zeitig  Carl  Dittmarsch  aus  Riga  (geb.  1790),  Sota 
eines  beliebten  Schauspielers  daselbst/  mit  dieser  Std- 
lang  betraut  worden^  in  der  er  sich  ununterbrochen  bis  im 
Jahre  1864  erhielt.  Gutzkow  hat  in  seinen  ^Rttckblicken* 
Yon    der  Veranlassung   zu    diesen  Veränderungen   dse 
wahre  Mordgeschichte  erzählt     »Der  KtlnsÜerkrek  (des 
Dresdner*  Theaters)  —  heisst  es  darin  —  sah  die  Neue- 
rungen  (welche   den  Regierungsantritt   des  Herrn  von 
Lüttichau  begleiteten)  fOr  eine  Kränkung  seiner  Rechte 
an  und  trat^   so  erzählt  man^  zu  einer  yVerschwOroBg' 
zusammen.  Es  sollten  nach  und  nach  sich  die  Mitglieder  in 
einem    solchen   Grade    krank    oder   derartig  verhindert 
stellen  y  dass   der  Intendant  alle  Augenblicke   auf  dem 
Trocknen  sitzen  und  der  Königliche  Hof  immer  von  Au* 
Schlagszetteln  überrascht  werden  musste:    ^Wegen  einge — 
tretener  Hindemisse  bleibt  heute  das  Königliche  Theatern 
geschlossen/     Ein  solches  Ereigniss^  zwei-  oder  dreimaJi 
nacheinander  in  Scene  gesetzt;  und  der  beliebteste  Ofins^- 
ling   des  Königs   würde  in  eine   andere  Stelle  versetast 
worden  sein."  —  „Der  Isolani  in  dieser  Verschwörung  war 
ein  neu  engagirter  Schauspieler^  der  aus  dem  rusnischeo 
Deutschland  gekommene   Carl  Dittmarsch.^   —  „Die 


■  Er  betrat.  1806  im  Alter  von  erst  16  Jahren  die  Bflhne  muf 
scheint  anfangs  zu  Erwartungen  berechtigt  zu  haben,  die  er  später 
nicht  recht  erfüllte. 


—    463    — 

BegiMenre  wurden  sofort  vom  wnthentbraimten  Chef  sus- 
pcodirty  einige  Mitglieder  ganz  entlassen.    Andere  wurden 
gektlodigt;  Dittmarsch  zum  Regisseur  erhoben.^    Schade 
Bor,  dass  diese  Verschwörung,  wenn  überhaupt,  doch 
onr  im  An&nge  der  Lttttichau'schen  Verwaltung  (wohin 
^  GFutzkow  in  der  That  auch  verlegt)  einige  Aussicht 
anf  £rfolg  hätte  haben  können,  und  dass  Dittmarsch  erst 
^^  l.  August  1832,  also  acht  Jahre  später,  in  Dresden 
^  Scliauspieler  eintrat  und  wahrscheinlich  ebenso  wie 
frflher  Remie,  nur  in  Rücksicht  auf  die  Regie  engagirt 
^'^e,  da  ihm  hierin  eine  langjährige  Praxis  zur  Seite 
>tend.    Er  begleitete  vier  Jahre  in  Augsburg  und  ebenso 
^S^  in  Magdeburg  das  Amt  eines  Oberregisseurs.    Aus 
^'^^  Bluter  mitzutheilenden  Stelle  einer  an  Dawison  ge- 
richteten Rede  Lttttichau's  ergiebt  sich,  dass  Uebergriffe 
Pauli'«  Veranlassung  zu  dieser  Anstellung  gaben.    Lag 
ihr  aber  wirklich,  wie  Gutzkow  erzählt,  eine  Verschwörung 
'^  Grunde,  und  hatte  Dittmarsch  den  Isolani  dabei  gespielt, 
■^^  Würde  dieselbe  doch  nur  gegen  Tieck  haben  gerichtet 
*^iii  können.    Doch  lässt  sich  ein  solches  Verfahren  kaum 
^on  Dittmarsch  erwarten,   der,  wie   selbst  Gutzkow  be- 
^^lanen  muss,    ein   Muster  von  Collegialität  war. 

Ohne   Zweifel    stand   Dittmarsch    bei   Lüttichau   in 

*^*^iier  Gunst;  aber  auch  Tieck  schenkte,  wie  es  in  dem 

^^krologe  des  Erdteren  (im  Tagebuche  des  Königl.  Sachs. 

^ftlieaters)  heisst,  demselben  besondere  Beachtung.    Dies 

T^t  sich  ganz  einfach  daraus  erklären,  dass  Dittmarsch 

^^    gewissenhafter,  emsig  thätiger,  leutseliger  und  dabei 

^^^^  gefbgiger  Beamter  war,  der  keinen  höheren  Ehrgeiz 

r^^Uite,  als  die  Befehle  und  Anordnungen  seines  Chefs 

der  pünktlichsten  Weise  zu  vollziehen.    Für  eine  Ca- 

P^Qität,   welcher   die  geistige    nnd    ästhetische   Leitung 

f  ^  Theaters  anzuvertrauen  sei,  hat  Lüttichau  denselben 

^^^Uials  augesehen,  wie  dies  sogar  in  einem,  gelegentlich 

^t"  Anstellung  Eduard  Devrient's  als  Oberregisseur,  dem 

Könige  unterbreiteten  Vortrage  geradezu  ausgesprochen  ist 


—    464    — 

Auch  Dittmarsch  selbst  hat  solche  Prätensionen  nienuds 
gehabt.'  So  lange  er  aber  einen  geistigen  Leiter  noek 
über  sich  hatte^  war  er  wirklich  völlig  am  Platse.  Seine 
Unzulänglichkeit  trat  erst  dann  heryori  wenn  ihm  die 
ganze  Leitung  in  die  Hände  gefallen  war;  doch  bemerken 
wjr  nirgends  von  seiner  Seite  den  Ehrgeiz,  sich  in  solcher 
Stellung  behaupten  zu  wollen. 

Im  Jahre  1833  trat  der  Schauspieler  Julias  in  Pension. 
Er  hatte  das  Unglück,  zu  rasch  über  den  blendenderen 
Erfolgen    Becker's    und   Emil   Devrient's  vergessen  la 
werden.    Der  Letztere  hatte  sich  bald  durch  den  Zanber 
seiner  Persönlichkeit,  durch  massvolle  Klugheit  und  ge- 
legentliche Arroganz  eine  Stellung  und  einen  Einfluss  ixa 
Dresdner  Theater  erworben,  mit  dem  sein  nicht  minder 
ehrgeiziger,  aber  dabei  eitler  und  aufbrausender  Brnder 
zuerst  in  Gonflict  gerieth.    Tieck  wollte  das  Talent  d^* 
selben  in  der  Weise  benützen,  dass  Carl  in  das  Fach  der 
sogenannten  HeldeDväter  übergehen  und  seinem  Broder 
die  jugendlichen  Liebhaber  und  Helden  ganz  ttberlissefi 
sollte.    Auch  zeigte  sich  Carl  dazu  anfangs  geneigt,  docl* 
kam  CS  zu  keinem  vollen  Entschlüsse.    Was  mau  zu  yer«- 
hindern  gesucht  hatte,  den  Ausbruch  feindseliger  Eifer* 
sucht,  das  sollte  nun  um  so  schärfer  hervortreten.    Di^ 
Einflüsterungen  Dritter,  zu  denen,  nach  Herm.  v.  Friesen^ 
besonders  Pauli  gehörte,  schürten  das  Feuer  noch  heftiger 
an.    Herrn,  v.  Friesen  geht  in  seiner  Darstellung  so  weit, 
zu  behaupten  y  dass  Emil  Devrient  Lüttichau  gewisser- 
massen  die  Alternative  gestellt  habe,  sich  zwischen  ihm 
und  seinem  Bruder  zu  entscheiden,  worauf  dieser  dann 
seine  Entlassung  erhielt    In  den  Acten  stellen  sich  diese 
Verhältnisse  aber  ganz  anders  dar.    Carl  Devrient  hatte 
schon  immer  vielfache  Einwendungen  gegen  die  Bollen 

»  „Dittmarsch  selbst  —  sagt  Gutzkow  S.  801  —  wtr  als  Leiter 
des  Ganzen  an  sich  ohne  Ehrgeiz."  Dann  S.  299:  „Wenn  gel^^ 
Männer  sprachen,  trat  er  noch  mehr,  als  nöthig,  surfick.  £r  be- 
gnügte sich  mit  kleinen,  wirksamen  Rollen,  Episoden.* 


—    465    — 

erhoben,  welche  die  General-Direction  ihm  Übertrag,  und 
gewiss  ist,  dass  auch  Lüttichau  ihn  zu  bestimmen  suchte, 
in  das  Fach  der  älteren  Helden  und  Charakterrollen  ttber- 
Ntreten.  Im  Jahre  1833  schickte  nun  Devrient  die  ihm 
Udier  zugesandten  älteren  Rollen  zurück  und  drohte,  wie 
lebon  öfter  geschah,  mit  seinem  Weggange.  Bald  darauf 
hQien  wir  ihn  aber  wieder  einen  einlenkendcren  Ton 
UMchlagen.  Er  bittet  jetzt  Lüttichau  sogar  selbst  um 
lie  Rolle  des  Witteisbach,  als  um  eine  besondere  Ver- 
^ustigung,  die  ihm  dieser  auch  umgehend  zusendet, 
gespielt  hat  er  sie  gleichwohl  dann  nicht  Im  Jahre 
^834  sind  Unterhandlungen  wegen  eines  neuen  Engage- 
Mnts  im  Zuge.  Devrient  erhebt  verschiedene  Ford«,  rungen, 
toter  Anderem  ein  Spielhonorar  von  10  Thlr.  für  jede 
iltere  Rolle.  Lüttichau  bewilligt  fast  Alles,  nur  das  Spiel- 
lOBorar  schlägt  er  aus ;  besteht  aber  darauf,  dass  Deyrient 
1^  der  Folge  jede  Rolle,  welche  ihm  übertragen  werde, 
öiweigerlich  spiele.  Devrient  fügt  sich  auch  hierein,  und 
^^  auf  lOjährigos  Engagement  und  eine  Pension  von 
^Thlr.  lautende  Gontract  ist  bereits  von  ihm  unter- 
^hrieben.  Es  bedarf  nur  noch  der  Eönigl.  Genehmigung, 
^  aber  in  allen  wesentlichen  Punkten  auch  schon  ge- 
*krt  worden  war.  Von  einer  Verdrängung  Carl's  durch 
"^  ist  also  bei  diesem  Allen  entfernt  nicht  die  Rede. 
^^  hätte  die  General-Direction  Jenem  wohl  sonst  einen 
^  Weitsichtigen  Gontract  bewilligen  können?  Da  trat 
*^  im  Momente  des  Abschlusses  ein  ganz  neues  Bedenken 
^U,  welches  aus  dem  eben  wieder  zu  hoher  Spannung 
•kommenen  Verhältnisse  Carl  Devricnt's  zu  seiner  ge- 
■^edenen  Frau,  der  Sängerin  Sohföder- Devrient,  ent- 
^tliiig,  einem  Verhältnisse,  welclies  bisher  weder  ihn, 
^h  sie  in  den  Beziehungen  zu  dem  Königl.  Theater  ge- 
*rt  hatte.  Die  Schröder- Devrient,  welcher  durch 
^^bterliche  Entscheidung  das  Rocht  auf  die  Kinder  ent- 
^gen  worden  war,  bezeigte  plötzlich  ein  so  heftiges 
^erlangen  nach  ihnen,  dass  sie  die  Weigerung  ihres  ge- 

80 


-   4m   — 

scliicdeiien  Gattdi,    ihr  dieselben  auoli  nur  bcsiiclisweis? 
zu  überlassen,   in  die  heftigste  Aufregung  versetzte,  was 
unter  Anderem  zur  Folge  hatte,  dass  eine  Probe  zur  Oper 
^Anna  Bolena^  ganz  gestört  wurde  und  Morlacchi  emsttiche 
Vorstellungen   bei  der  General -Direction  4im  Abstellimg 
dieser  den  Gesundheitszustand  der  ersten  Sängerin  des 
Theaters  gefährdenden  Verhältnisse  erhob.  Lflttichausebrieb 
in  seiner  gewohnten  humanen  Weise  sofort  an  den  Sieh- 
walter Carl  Devrienf  s  und  empfahl  diesem  ein  CompromisB, 
welches   tUr  beide  Theile  annehmbar  schien.     Devriea^ 
sollte  der  Mutter  alle  Sonntage  ihre  Kinder  auf  ein  ^ult 
Stunden  ins  Haus  senden   und  diese  sich  in  einer  si^ 
nicht  compromittirenden  Form  verpflichten,  innerhalb  diesev 
Zeit  niemals  andere  Besuche  zu  empfangen.  —  Die  di^" 
über  eine  kurze  Zeit  schwebenden  Verhandlungen  schei- 
terten an  Devrient's  Hartnäckigkeit,  und  Ltittichaa  glaub^^ 
sich  nun  nicht  anders  helfen  zu  können,  als  indem  er 
den  von  ihm  noch  nicht  unterschriebenen  Contract 
Clausel  aufnahm,  welche  ihn  gegen  derartige  Störong^o 
sichern  sollte.     Devrient  wies  dieses  Ansinnen,  welche^» 
in  seine  bürgerliche  Freiheit  eingreifend,  ganz  neue 
dingungen  in  eine,  wie  er  es  auffasste,  fest  abgeschlossei 
Uebereinkunft  brachte,  mit  Heftigkeit,  ja  mit  £ntrttstaii£r 
zurück  und  bestand  auf  seinem  früheren  Contract,  dessexB 
Vollziehung,  wie    er   behauptete,    mündlich    zugesichert 
worden  sei.     Der  Fall  lag  allerdings  kritisch.     FormelJ 
war  die  Gcneral-Direction  wohl  im  Rechte,   dem  Sinn^ 
der   früheren   Verabredung    nach   vielleicht  nicht.     Ein 
Königliches  Rescript,  welches  die  Lüttichau'sche  Clansei 
verwarf,  entschied  sich   für  ein  einjähriges  Engagement. 
Die  hierüber  gepflogenen  Unterhandlungen  reizten  aber 
Devrient  so  zur  Ungeduld,  dass  er  nur  noch  um  die  Bann- 
herzigkeit   l)at,  ihn   mit  allen  ferneren  Weitläufigkeiten 
zu  verschonen  und  als  Beweis,  dass  alle  seine  Verbindlich- 
keiten gelöst  seien,  ihm  den  Schein  ftir  das  Passbllrean 
zuzusenden ,  „damit  er  in  zwei  Tagen  abreisen  könne' 


In  der  Tbst  erhi«U  er  onn  ftn«li,  nod  wie  < 
seiner  Eattänschnng,  die  gewBoschte  sofortige  Entlassung. 
So  QD^ättliD  aofbraasead  wie  C&rl  Derrient  aber  war, 
ebenso  rascb  kam  er  ancli  meist  wieder  zitr  BesinnuDg.' 
Nor  kurze  Zeit  später  sali  er  die  Sache,  wie  er  aa 
Lsttichan  schreibt,  ans  einem  rnliigeren  Geskbtspiinkle 
an.  Er  begreift,  dass  dieser  sich  nicht  anders  hier  habe 
entscheidet]  können,  wo  es  sich  nm  die  Wahl  zwischen 
ilim  nnd  einer  Kraft  wie  die  seiner  geschiedenen  Frau 
gehtindeU  habe.  Auch  habe  es  ihm  fern  gelegen,  diese 
tu  ihrer  Stellang  yerdrängen  zo  wollen,  vielmehr  sei 
M  ihm  gerade  ein  Trost,  dass  selbst  sein  Ausscheiden 
dem  Institntc,  dem  er  so  lange  gedient,  durch  die  Er- 
hallnng  eiües  solchen  Talents  noch  nützlich  werde.  Er 
Wttet  hierauf  um  die  zeitweilige  Ueberlassung  einiger 
Tleatcrcostöme,  deren  er  zu  seinen  Gastspielet)  bedürfe. 
nnd  empfiehlt  sich  der  Fortdauer  des  Wohlwollens  seines 
frlllierea  Chefs,  von  dem  er  so  viele  Beweise  besitze. 
I^ltichan  bewilligt  ihm  sofort  die  CoslUme,  und  obschon 
»pätere  Versuche  der  Familie,  welche  die  BUekkehr  Carl 
DevrienfB  in  seine  Dresdner  Stellnug  zum  Zwecke  hatten, 
frnchllos  blieben,  so  erhielt  sich  doch  fort  und  fort  ein 
wohlwollendes  Verhältniss  zwischen  diesem  und  LUttichau, 
''iesich  ans  den  wiederholten  Gastspielen  dieses  Künstlers 
in  Dresden  ergiebt. 

Wenn  sich  nun  hiemach  genügend  herausstellt,  dass 
Cwl  Devrient's  Abgang  nicht  nnmittelbar  dnrch  das  Ver- 
hSItniia  zn  seinem  Bruder  Emil  bedingt  war,  so  ergiebt 

'  Hierihr  möge  ein  Vorfall  aus  den  20er  Jahren  als  Beleg 
^ea.  Devrieiit  Ustte  sitli  bei  einer  Vorätellimg  dazu  hiureissüii 
■"sen,  im  Zwiscbentu:!«  heran siutrelen  udJ  das  Publicum  in  nii- 
"•mlicher  Weise  mauredeo.  Die  Folge  war.  dias  et  das  nftchate 
M"l  bei  seinem  Auftreten  mit  Pochen  und  Zisohen  empfangen  wurde, 
Er  forderte  sofort  seine  Entlaaaung;  diese  wurde  ihm  jedoch  uitht 
"Of  Ttnreigert,  sondern  sogar  angeordnet,  dass  er  vor  seinem  n. 
Auftreten  das  Publicnm  um  Entschuldigung  bu  bitten  habe,  ' 
'^  Jenn  auch  wirlilich  ebenso  rascb  wieder  herbeiliess. 


30' 


—    468     - 

sich  ans  folgendem  Vorfall,  dass  Letzterer  um  diese  Zeü 
den  weitreichenden  EinflnsS;  welcher  ihm  hiema/eh  sekoi 
beigemessen  werden  mttsste^  zn  dieser  Zeit  ttberhanpt 
noch  nicht  besascf,  sondern  sich  ihn  nnd  zwar  in  ziesdieh 
gewaltsamer  Weise  erst  zn  erkämpfen  suchen  mnssta 

Nachdem  Emil  Devrient  sich  im  Jahre  1836  tber 
Zurücksetzung  bei  Vertheilung  der  Bollen  beklagt  und 
unter    Anderem     darum    nachgesucht    hatte,   ihn  tod. 
einer  neuerlich  erhaltenen  Bolle  zu  entbinden,  was  ilua 
auch  gewährt  worden  war^  richtete  derselbe  kune  Zdt^ 
später  in   ähnlicher  Angelegenheit   einen   entschiedenen. 
Beschwerdebrief  an  Herrn  y.  Lüttichau,  worin  er  erkllrte, 
eine  ihm  neuerdings  zugesandte  Bolle  (den  König  in  deiD^ 
Berger'schen  Lustspiel  »Die  Bastille^)  als  seinem  kinit— 
Icrischen   Wirken    unangemessen    und    als   dritte  R<dL^ 
seines  Faches  im  Stttcke  —  auf  keinen  Fall  spielen  zi* 
wollen;  daher  er  auch   bei  keiner  Probe  desselben  e^- 
scheinen  werde.   Der  Brief  schloss:  „Dass  dies  die  FrQclit^ 
meiner  gerechten  Klagen  über  jahrelange  nnangemessexme 
Beschäftigung  sein  würden^  konnte  ich  so  wenig  denken^ 
als  die  mir  noch  nicht  widerfahrene  Art  der  Nichtachtiuȣr 
empfindlich  sein  musS;  mit  der  sich  Ew.  Excellenz  in  dieser 
Sache  gegen  mich  benehmen.   (Lütticbau  sollte  ihm  nämlicb 
bei  mündlicher  Anfrage  in  dieser  Angelegenheit  zweimal  ein^ 
ausweichende  Antwort  gegeben  haben.)  Lüttichau  liess  sieb 
in  Folge  hiervon  von  Pauli,  Werdy  und  Bnrmeister,  ohne 
sie  vorher  von  dem  Vorfall  zu  verständigen,  Besetzung»- 
listen  des    betroffenden  Stücks   ausfertigen.     Burmeister 
und  Werdy  theilten  dabei  Devrient  die  Bolle  des  König»* 
Pauli  dagegen  die  des  Beaufort  zu.    Auch  wurden  hieroaf 
die  drei  genannten    Schauspieler  befragt,  ob   die  Roll** 
des  Königs   lür  Herrn  Devri.^nt  eine  unangemessene  Be- 
schäftigung st'i,  was  sie  sämmtlich  verneinten.    Lttttich&i» 
sclirleb  nun  an  Devrient:  „OhneraeUtet  Gesetz  und  Coa* 
tract  Sic  verpflichten,   die   Ihnen  ertheilten  Bollen  dD' 
weigerlich  zu  spielen,   so  will  ich  dennoch  in  Betracht 


-    469    - 

Ibrer  in  Ihrem  letzten  Schreiben  za  erkennen  gegebenen 
mondischen  Aufregung  von  dem  Rechte  der  Generaldirection 
Air  diesmal  keinen  Gebrauch  machen^  in  der  Ueberzeugung, 
dass  Sie  künftig  ähnliche  Schritte  ernstlichst  vermeiden 
und  selbst  fllhlen  werden  ^  wie  wenig  die  von  Ihnen  ge- 
zeigte Denkungsweise  meine  Zufriedenheit  erreichen  kann 
vnd  dem  Gedeihen  des  hiesigen  Ettnstlervereins   ange- 
messen ist."    Worauf  er  ihm  noch  das  Resultat  der  an 
Pauli,  Burmeister  und  Werdy  ergangenen  Fragen   mit- 
theilte. —  Deyrient  >vies  aber  in  einer  brüsken  Erwiderung 
^6  ihm  zu  Theil  gewordene  „Gnadengewährung^  zurück. 
—  &  verlangte  es  durchaus  nur  als  Recht,  ausschliesslich 
^i*8te  Rollen  zugetheilt  zu  erhalten,  und  forderte  dafür 
S^radezu  eine  Sicherstellung,  wenn  er  noch  länger  Mit- 
glied   der  Bühne   bleiben  solle.     Am  4.  März  1839  traf 
^ine  neue  Klage  Devrient's  über  Mangel  an  angemessener 
Beschäftigung  bei  der  General -Direction  ein,  in  der  er 
l^^bauptete,  in  dem  neuen  Jahre  erst  eine  einzige  neue 
and  zwar  kleine  Rolle  erhalten  zu  haben.     Er  fordert 
i^tet»  seinem  Anstellungsdecrete  einen  Paragraphen  zuzu- 
^gen,   der   ihm    die    eines   Schauspielers   erster  Rollen 
^"^i^ige  Beschäftigung  sichere,  und  ihn  zugleich  von  einer 
^zahl  unbedeutender  Rollen  zu  entbinden  ^  wenn  aber 
^<^ht,  „ihm  die  Entlassung  aus  dem  Dienste  seiues  aller- 
Siiftdigsten  Königs  (er  war  lebenslänglich  engagirt)  zu  er- 
®*^irken"     Schon  am  9.  März  war  LUttichau  auf  diese 
'Orderung  im  Principe  eingegangen.     Dem  darüber  am 
*•  April  gemachten  Vortrage  fügte  er  aber,  ausser  dem 
^on    Devrient    selbst    verfassten    Zusatzparagraphen,   zu 
*^ioer   Rechtfertigung  auch  noch  ein  Verzeichniss   aller 
^^Denigen  Rollen  bei,  welche  Devrient  sowohl  während 
^ioes  Engagements  neu  zuertheilt  erhalten,  als  welche 
^'^  Überhaupt  innerhalb  desselben  gespielt  hatte,  und  be- 
'"^^i'kte  dazu,  „dass  er  sich  mit  dem  ruhigen  Bewusstsein 
^*rauf  beziehen  könne,  redlich  Alles  gethan  zu  haben, 
^M  in  seinen  Kräften  stand,  um  diesen  Künstler  nicht 


_    470    — 

nur  in  der  Gunst  des  Publicums  zu  erhalten^  sondern  ihn 
auch  noch  durch  Ertheilung  ausgezeichneter  Bollen  höher 
darin  zu  stellen  ^  und  vielfache  Beweise  gegeben^  wie  er 
bei  jeder  Gelegenheit  gern  bereit  gewesen  sei^  seine  billigen 
Wünsche  zu  erfüllen,  ja  selbst  seinen  Künstlerlaunen  inBe* 
rücksichtigung  seiner  reizbaren  Gesundheit  nachzugeben**  - 
Der  von  Deyrient  formulirte  Zusatz-Paragraph  aber 
lautete: 

»Von  der  General-Direction  wird  Herrn  Devrient  die 
Zusicherung  ertheilt,  dass  ihm;  so  lange  er  durch  phynBcbe 
wie  geistige  Mittel  noch  hinreichend  befähigt  ist^  nur  solche 
Rollen   im   Trauer- ^    Schau-   und  Lustspiele  ttbertngeo 
werden  sollen,  welche  sich  in  ihrem  an  sich  betrachtetest 
Werthe  als  erste  und  bedeutende  Rollen  herausstellen.  AJ^ 
Masstab  desfallsigor  Erörterung  werden  von  der  General- 
Direction  dabei  folgende  Rollen,  wie: 
im  Trauerspiele:  Hamlet,  Orest,  Tasso,  Enzio,  Etbel- 

wood,  Posa; 
im  Schauspiele:  Bar.  Wallenfold,  Harleigh,  Landwirtb^ 
Felix  in  den  Sergeanten,  Philipp  Brock,  Sancho  Pere«  ; 
im  Lustspiele:  Richard  Wanderer,  Gluthen,  Aubry    i^ 
der  Scheidung,  Baron  von  Ellerbrunn 
angenommen,   und   wo  diese  kein  sicheres  Resultat  ge- 
währen sollten,  würde  die  General-Direction  durch  gegen- 
seitiges Uebereinkommen  die  freiwillige  Uebemahme  solcher 
Rollen    zu  bewirken  suchen."    —  Das  Verzeichniss  der 
Rollen,  von  denen  Devrient  dispensirt  sein  wollte,  bestand 
aus  folgenden: 

Robert        in  Die  Gebrüder  Forster. 
Waldberg    „   Welche  ist  die  Braut. 
Adolph        „   Die  Männerschule. 
Arthur        „   Die  Vorleserin. 
Arbel  ,,   Marie. 

Robert         ^   König  Konradin. 
Junker        „   PfeflFerrösel. 
Bemard      „  Michel  Perrin. 


—    471     — 

obwohl  ans  diesem  Verzeichnisse  allein  schon  das 
;  Unberechtigte  der  Devrient'schen  Beschwerden 
irging,  wurde  dem  Künstler  durch  die  Königliche 
ation  doch  fast  Alles  zu  Theil,  was  er  forderte,  unter 
einzigen  Einschränkung ,  dass  die  Entscheidung,  ob 
Rolle  in  die  im  Contract  stipulirten  Kategorien  ge- 
lediglich  der  General -Direction  zustehen  solle. 
Ss  war  hierdurch  eine  Ausnahmestellung  geschaffen, 
le  es  allein  schon  hindern  musste,  dass  ftlr  das  Fach 
zweiten  Liebhabers  und  jugendlichen  Heldenspielers 
bedeutendere  Kraft  zu  gewinnen  war,  wobei  noch 
iklich  blieb y  dass  der  erste  Darsteller  der  Bühne 
Rolle  nicht  mehr  nach  der  Bedeutung,  die  sie  im 
e  hatte,  sondern  nur  nach  dem,  was  sie  an  sich  war, 
also  nach  der  Bedeutung  würdigte,  die  sie  für  die 
ispielerische  Virtuosität  hatte, 
^on  diesem  Momente  an  datirt  mithin  der  Anfang 
ominirenden  Einflusses,  welchen  dieser  Künstler  au- 
ch am  Dresdner  Uoftheater  gewann,  sowie  auch  der 
lg  des  Virtuoseuthums,  welches  sich  hier  in  der  Folge 
sbilden  sollte. 

r^on  den  Erwerbungen  an  Darstellnngskräften  in 
Zeitraum  von  1832  bis  zur  Eröffnung  des  neuen 
ers  (1841)  hebe  ich  folgende  hervor.  1833:  das 
tar  Rettich  aus  Wien  und  den  Schauspieler  Porth. 
'riedrieh  Wilhelm  Porth^  geb.  1800  zu  Stettin,  von 
atur  nicht  eben  mit  glänzenden  Mitteln  ausgestattet, 
ukte  das,  was  er  geworden,  der  Begeisterung,  mit 
T  seinen  Beruf  ergriff,  dem  unermüdlichen  Fleiss 
1er  Energie,  mit  welcher  er  jene  Mittel  zu  steigern 
iuszubilden  strebte.  Sein  Organ  war  weder  wohl- 
ind,  noch  umfangreich,  seine  äussere  Erscheinung, 
an  wohlgebildet,  doch  nicht  gerade  bestechend.  Gleich- 
urthciltc  schon  Tieck,  dass  er,  an  die  rechte  Stelle 
;t,  in  seiner  Kunst  etwas  Vortreffliches  leisten  könne, 
eser  Stelle  stand  er  nicht  immer  —  wo  es  aber  der 


472     - 

Fall  war,  brachte  er  auch  diesen  Aussprach  za  Ehren. 
Er  war  vorzüglich  als  Verrina;  Alba  (Egmont),  Tartnffe, 
Ben  Akiba;  Claudius  und  ähnlichen  Bollen.  Im  Lnstqriel 
fehlte  es  ihm  an  Herzlichkeit  und  wahrem  Hnmor,  in 
grossen  leidenschaftlichen  Rollen  am  ächten  Pathos.  Kate, 
schleichende  Charaktere  konnte  er  meisterhaft  daisteUea- 

Im  folgenden  Jahre  (1834)  trat  noch  FerdiBUid. 
Heckscher  (geb.  1806  in  Berlin)  hinzu,  ein  Schauspieler, 
dessen  Rollenkreis  ganz  durch  seine  individuelle  PersGDlkb' 
keit  bestimmt  und  hierdurch  beschränkt  war^  doch  glanbe 
ich,  dass  er  sich  durch  Fleiss  wohl  hätte  erweitem  laaseo- 
Er  war  ohne  Zweifel  ein  brauchbarer  Schauspieler;  d»8 
Lob  und  der  Beifall;  den  man  ihm  aber  von  verschiedenen 
Seiten  gezollt ,  ist  mir  immer  etwas  ttberschwängUch  er- 
schienen. 

Eine  überaus  liebenswürdige;  gewinnende  Erschemmig 
war  Caroline  Bauer  (geb.  1808  zu  Heidelberg).  Die 
Tochter  eines  badischen  Rittmeisters,  der  bei  Aspem  ge- 
fallen war,  hatte  sie  eine  sorgl'ältige  Erziehung  genofisco. 
Einem  unbesieglichen  Drange  folgend;  bestieg  siC;  den  Wi- 
derstand ihrer  Familie  überwindend;  schon  mit  14  Jaliren  f/j 
die  Btilme.  Ihre  erste  Rolle  war  die  Margarethe  in  Iffland's 
Hagestolzen.  Mit  reichen  Anlagen  des  Geistes  und  Henens 
ausgestattet;  mit  einer  anmutliig  edlen  Erscheinung  bc^M, 
gewann  sie  sich  überall,  wo  sie  hinkam,  die  Herzen  and 
gcnoss  durch  eine  Reihe  glänzender  Gastspiele  schon  eimi 
weithin  verbreiteten  RufS;  als  sie  1835  in  den  Verband 
des  Dresdner  Hoftheaters  trat.  Sie  zeichnete  sich  ebenso 
sehr  in  munteren,  «clialkhai'ten,  wie  in  sentimentalen  und 
Anstandsrollen  aus.  Ihr  eigentliches  Gebiet  war  das 
Lustspiel  und  das  feinere  Conversationsstück.  Ihr  Spid 
hatte  bei  grosser  Einfachheit  etwas  Glänzendes  und  dareb 
Anmutb  Gewinnendes.  Sie  beherrschte  vollkomuK-n  den 
Ton  und  die  Formen  der  vornehmen  Welt  und  verstand 
Eleganz  mit  ächter  AVeiblichkeit  zu  verbinden,  so  dass  sie 
sich  überall  als  das  Muster  eines  feinen  Geschmacks  zeigte. 


-     473    — 

Auch  Carl  Theodor  Weymar  (geb.  1803  zu  Magde- 
burg),  der  Sohn  eines  Kaufmanns,   folgte    gegen  den 
Willen  der  Eltern   seinem  leidenschaftlichen  Triebe  zur 
Btthne.    Er  debtitirte   1820  in  Altona,  kam  später  nach 
GmicI  und   folgte   1835  einer  Berufung  nach  Dresden. 
£r  hatte   das  jüngere  Heldenfach  zu  vertreten,  und  so 
I^oge  es  sich  dabei  nicht  um  schärfer  ausgeprägte  Charak- 
^ristik;    um    den   Ausdruck    dämonischer    Leidenschaft 
^ndelte,   sondern  die  Gestalt  eine  Zeichnung  von  all- 
ff^oieineren    Linien    vertrug,  war   er  sehr  lobenswerth. 
**eider  wurde  er  seinem  Wirkungskreise  schon  Ende  1839 
^^Uth  einen  Schlaganfall  plötzlich  entrissen,  nachdem  er 
^^ir  eben  fUr   die  Regie  des  Schauspiels  in  Aussicht  ge- 
kommen worden  war. 

Das  Jahr  1837  brachte  in  Fräulein  Anschütz,  der 
••^Ochter  des  berühmten  Anschütz  in  Wien,  eine  überaus 
^^dehende  Bühnenerscheinung.  Ihr  anmuthiges  Talent 
Sollte  jedoch  hier  nicht  zu  voller  Entwicklung  kommen, 
^la  sie  schon  1841  Dresden  wieder  verliess. 

Von  grosser  Wichtigkeit  für  die  Bühne  wurde  da- 
S'egen  1839  das  Engagement  des  Komikers  Räder,  der 
^H  der  Folge  einen  bedeutenden,  doch  nicht  immer  glück- 
Uehen  Einfiuss  gewinnen  sollte.  Oustav  Rüder,  1811  zu 
Breslau  geboren,  war  ohne  Zweifel  eine  ganz  ausserge- 
Wöhnliche  komische  Kraft.  Leider  hatte  sich  derselbe 
aber  last  nur  auf  das  Aeusserliche  der  Erscheinungen 
geworfen.  Wo  dies  genügte,  war  er  vortrefflich.  Einer 
tieferen  Auffassung,  einer  sorgfältig  motivirten  Entwicklung 
der  Charaktere  war  er,  wenn  auch  vielleicht  fähig,  so 
doch  nicht  geneigt,  daher  seine  Charakteristik  nicht  selten 
schon  in  den  ersten  Seenon  erschöpft  war.  Manche  Rollen, 
die  er  anfänglich  sehr  glücklich  spielte,  litten  später  durch 
immer  gesteigerte  Uebi  rtreibung.  So  erinnere  ich  mich 
mit  grossem  Vergnügen  seiner  frühesten  Darstellungen  des 
Bürgermeisters  in  Lortziug's  Czar  und  Zimmermann,  des 
Bartolo  im  Barbier  von  Sevilla,  des  Peter  in  Soliö's  Gc- 


-.    474    — 

heimniss,  des  Mengler  in  Endlich  hat  er  es  doch  gut  ge- 
macht etc.  Er  gehörte  ohne  Zweifel  zu  den  beliebtesten 
]ffitgliedern  der  Bühne  und  übte  lange  eine  grosse  An- 
ziehungskraft aas.  —  Das  Jahr  1840  brachte  dem  Theater 
in  dem  Schaaspieler  Schöpe  einen  freilich  nicht  yollwiegen- 
den  Ersatz  für  den  verstorbenen  Weymar. 

Von  Gastspielen  seien  hervorgehoben :  die  des  Schao- 
Spielers  Anschütz  (1833,  37  u,  38)  nnd  von  Sophie 
Schröder  aus  Wien  (1839/40),  von  Mad.  Brede  ans 
Stuttgart  (1833/34),  von  Jost  aus  Hamburg  (1833),  von 
dem  Ehepaar  H  o  1 1  e  i  aus  Breslau  (1836)  und  von  Lebrnn 
aus  Hannover  (1837).  Auch  «gaben  französische  Scban- 
spielergesellschaften  Gastspiele,  so  1832  die  Berliner  Ge- 
sellschaft, 1833  eine  Pariser  Gesellschaft  unter  Alexandre^ 
1837  die  Berliner  Gesellschaft  unter  Deligny  und  1840 
unter  Delcour. 

Ueberblicken  wir  die  Leistungen  des  eben  durch- 
schrittenen  Zeitabschnitts,  so  fällt  zunächst  in  die  Aagen, 
dass  man  sich  die  Aufgaben  allmählich  etwas  niedriger 
stellte,  dass  man  die  Darstellung  grosser  Gonfliete  und 
Leidenschaften  mehr  und  mehr  wieder  mied,  dass  die 
alte,  auf  Naturwahrheit  und  darum  auf  individuelle  Cba- 
rakterisirung  ausgehende  Spielweise  der  sogenannten 
idealistischen  das  Feld  räumte,  dass  es  dieser  aber  nocb 
keineswegs  an  innerem  Leben,  am  Schwünge  achter  Be- 
geisterung gebrach,  und  dass  endlich  in  den  letzten  Jabren 
auch  schon  einzelne  frei  gewordene  Fächer  eine  schwächer 
werdende  Besetzung  fanden. 


Die  Oper  unter  Reissiger. 


Terindenugen  im  Gesehmaeke.  —  Wilhelmine  Sehröder- 
DeiTlent«  —  !¥eiie  Erwerbongen.  —  Joseph  Tiehatseheek.  ~  Re- 
pertoire« —  Terftnderangen  in  der  Kapelle.  —  Bildnng  eines 
Ballet«.  —  Ber  Bau  des  nenen  Theaters«  —  Absehied  Tom 

alten  Hanse« 

Der  endliche  Sieg  der  deutschen  Oper  über  die 
italienische  hatte,  wie  ich  schon  sagte ,  nicht  die  Be- 
dentnng;  dass  fortan  nur  deutsche  Opern,  noch  dass  anch 
nnr  Opern  in  deutscher  Sprache  gegeben  werden  sollten. 
Die  deutsche  Oper  ttbemahm  vielmehr  jetzt  selber  die  Pflege 
der  italienischen,  wie  sie  dies  schon  vorher  mit  der  fran- 
«(ysischen  gethan  —  auch  wurden  bis  zum  Jahre  1847 
noch  einzelne  Opern  m  italienischer  Sprache  gegeben. 

Wie  die  deutsche  Oper,  war  auch  die  französische 
und  die  italienische  nicht  ganz  unberührt  von  dem  roman- 
tischen Zuge  der  Zeit  geblieben.  Er  übte  aber  hier  und 
dort  sehr  verschiedene  Wirkungen  aus.  Während  es  in 
Italien  hauptsächlich  die  ernste  Oper  war,  welche  unter 
dem  Einfluss  der  französischen  Romantik  einen  neuen 
Aufschwung  nahm,  der  hauptsächlich  durch  Bellini  re- 
präsentirt  wird,  behielt  die  französische  Oper  zwar  im 
Wesentlichen  die  von  Boieldieu  vorgezeichnete  Richtung 
bei,  indem  sie  den  von  der  Scribe'schen  Schule  aus- 
gehenden Einflüssen  nachgab,  die  selbst  von  der  Oberfläche 
jener  romantischen  Strömung  nur  leicht  berührt  worden 
war.  Sie  fand  den  glänzendsten  ihrer  Vertreter  in  Auber.  — 
Der  romantische  Einfluss  der  iZeit  war  mithin  auf  die 


-    476    — 

italienische  Oper  ein  ungleich  stärkerer  als  auf  die  franzö- 
sische. Indem  Bellini  den  Empfindungsaasdrack  m 
Aufgabe  der  Melodie  machte,  gelang  es  ihm,  Rossini  theib 
zu  verdrängen^  welcher  nur  sinnlichen  Reiz  darin  gesucht 
hatte^  theils  zu  bestimmen,  ähnliche  Wege  zu  gehen.  Zwar 
war  die  Empfindung  der  Bellini'schen  Musik,  wie  sehr 
sie  auch  nach  leidenschaftlichem  Ausdrucke  rang,  docb 
keine  tiefe.  Sie  war  von  einem  nur  weichen,  weichlichen, 
sich  selbst  geniessenden,  ja  in  sich  schwelgenden  Charakteri 
und  der  heroische  Aufschwung,  den  sie  dazwischen  fi 
nehmen  suchte,  war  meist  nur  bombastiscb.  Die  Bellim'iehe 
Musik  übte  daher  zwar  eine  überaus  glänzende,  doch 
nur  kurze  Herrschaft  aus.  Donizetti  führte  die  von  Bellini 
gegründete  Schule  mit  etwas  freierem,  kräftigerem  nnd 
heitrerem  Geiste  weiter  fort. 

Auch  Auber  hat  keine  Tiefe  —  er  ist  sogar  nicht 
völlig  frei  von  Frivolität.  Doch  ist  diese  dann  immtr 
durch  Geist  und  durch  Grazie  gemildert.  Seine  Mnsk 
ist  sehr  ungleich,  mehr  naiv  als  sentimental,  fast  inuner 
gesund  und  voll  ächter  Heiterheit,  zuweilen  selbst  innij. 

Eine  von  der  Victor  Hugo'schcn  Romantik  beeinfluatc 
oder  doch  ihr  verwandte  Richtung  wurde  gleichzeitig  von 
Herold  und  Halevy  anzubahnen  versucht.  Rossini  ßchnf 
unter  diesen  französischen  Einflüssen ,  und  zwar  nur  ein 
Jahr  nach  Auber's  „Stumme  von  Portici",  seinen  „Wilhehn 
Teil".  In  beiden  Werken  warfen  die  kommenden  politischen 
Ereignisse  ihren  Scliatten  voraus,  da  sie  gleichsam  vom 
Zeitgeist  inspirirt  waren. 

In  Deutschland  blieben  Weber  und  Spohr  noch  fllr 
länger  massgebend  auf  drm  Gebiete  der  Oper.  Die  Nach- 
folger waren  aber  meist  schwächlich,  odir  doch  ohne 
genügende  Erfindungskraft  und  frischen  sinnlichen  Reix. 
Marse hner  war  nicht  nur  weitaus  der  bedeutendste, 
sondern  auch  eine  wahrhaft  bedeutende  Kraft.  Seine 
Musik  ist  in  seinen  besten  Werken  von  einer  Ursprttng- 
lichkeit  und  Eigenartigkeit,  dass  man  fast  glauben  könnte, 


—    477    - 

er  mtlMtc  seinen  Weg  auch  obne  seine  Vorbilder  gefunden 
haben.  Sein  Golorit  ist  ihm  ganz  eigenthtlmlich.  Aneh 
ist  es  hier  und  da  historiseher  als  das  seiner  Vorgänger^ 
«eine  Charakteristik  fast  tiefer  ^  seine  Melodie  ebenso 
Tolksthtimlich  und  doch  dabei  ganz  sein  (feigen.  Er  hatte 
weder  den  Glanz  und  die  Heiterkeit  der  Weber'schen 
Begeisterung;  noch  den  Umfang  von  dessen  Talent  und 
Geist  Sein  Gebiet  war  ein  ungleich  engeres  und  darum 
auch  leichter  erschöpft.  Von  seinen  vielen  Opern  haben 
sich  heute  nur  noch  zwei  erhalten^  zwei  Werke  allerdings 
Ton  anscheinend  bleibendem  Werthe. 

Wohl  würde  die  deutsche  Oper  dieser  Periode  ein 
Tiel  reicheres  Bild  darbieten,  wenn  nicht  gerade  einige  der 
grOsstai  musikalischen  Talente  der  Zeit  ihr  so  gut  wie 
völlig  verloren  gegangen  wären.  Mendelssohn^  Schubert, 
Schumann  —  weil  sie  den  Schwerpunkt  ihres  Talents  nicht 
auf  die  Btthne  verlegten ;  Meyerbeer,  weil  er,  obschon  er  dies 
that^  doch  mit  bewusster  Wahl  sich  abwechselnd  unter  den 
Einfluss  und  die  Vorbilder  von  Italienern  und  Franzosen  stellte 
und  mehr  darauf  ausging,  an  der  Spitze  der  musikalischen 
Bewegung  der  ganzen  Zeit,  als  an  der  des  deutschen 
Geistes  zu  stehen.  Wir  wissen,  dass  es  ihm  schliesslich 
gelang,  fUr  länger  der  Beherrscher  der  Pariser  grossen 
Oper  zu  werden.  In  ihm  kam  der  Geist  französischer 
Romantik  und  Modernität  in  der  Musik  zu  bedeutendstem 
Ausdruck.  Seine  Musik  ist  nicht  ohne  deutsches  Leben 
und  deutsche  Empfindung,  aber  in  seinen  besten  Werken 
scheint  er  doch  mehr  Franzose  als  Deutscher  zu  sein, 
und  wollte  dies  sicher  auch  scheinen. 

Die  Zeitumstände,  welche  in  Dresden  den  Sieg  der 
deutschen  Oper  hauptsächlich  herbeigeführt  hatten,  be- 
günstigten auch  zunächst  noch  ihren  weiteren  Aufschwung. 
Fast  einen  grösseren  Antheil  aber  hatte  hieran  die 
Sängerin,  die  mau  wieder  zu  gewinnen  das  Glück  hatte, 
nachdem  sie  in  den  letzten  zwei  Jahren  in  den  beiden 
Weltstädten  Paris  und  London,  im  Kampf  mit  der  Blüthe 


^     478    — 

und  dem  Stolze  der  italienischen  Oper^  dem  Geniufl  der 
deutschen  Musik  zum  Siege  verholfen  hatte  —  Wilhehnme 
Schröder-Devrient.  „Seht  diese  Frau  —  hatte  ein  Pariser 
Berichtstatter  damals  geschrieben,  —  die  der  Hinund 
eigens  dazu  gemacht  zu  haben  scheint,  Beethoven's  FideUo 
zu  yerwirklichen.  Sie  singt  nicht,  wie  andere  Kttnefler 
singen,  sie  spricht  nicht,  wie  wir  es  gewöhnt  sind,  ihr 
Spiel  ist  den  Regeln  der  Kunst  durchaus  nicht  angemessen; 
es  ist,  als  wttsste  sie  gar  nicht,  dass  sie  auf  der  Bfllme 
steht.  Sie  singt  mehr  mit  der  Seele  als  mit  der  Stimme; 
ihre  Töne  kommen  mehr  aus  dem  Herzen  als  aus  der 
Kehle,  sie  vergisst  das  Publicum,  sie  yergisst  sich  selbst, 
um  ganz  in  dem  Wesen  aufisugehen,  welches  sie  dar- 
stellt.^ '•    Mit  dem  Besitze  dieser  Sängerin  war  die  Dresdner 

• 
*  Die  Schröder -Dement  hatte  im  Februar  1S81  die  Zahlong 
des  ersten  fällig  gewordenen  Termins  an  die  Gasse  des  Ktai^ 
Hoftheaters  in  Dresden  bewirkt,  welche  aber  znn&chat  nur  die  ikr 
gewordenen  Vorschüsse  aasglich.  Lüttichau  drückt  ihr  im  Mftn  leiae 
Freude  darüber  aus ;  ,,doch  bekenne  ich  offen  —  ftigt  er  hiniO)  — 
dass  es  mir  den  persönlichen  Verlust  leider  nicht  ersetzen  km, 
wie  überhaupt,  wenn  auch  Ihr  Fach  hier  bereits  wieder  besetit  iit, 
ich  Sie  doch  für  die  Person  hier  stets  vermissen  werde.*  Schon 
vor  Juni  d.  J.,  in  welchem  eine  weitere  Zahlung  von  2000  Thlr.  flllig 
wurde,  hatte  die  Devrient,  welche  die  Träume  von  einem  Engagement 
in  Paris  angesichts  der  sie  hier  erwartenden  Schwierigkeiten  vokl 
aufgegeben  haben  mochte,  Lüttichau  ihre  Geneigtheit  zu  nenen  Unter- 
handlungen zu  erkennen  gegeben.  Dieser  ging  sofort  darauf  ön. 
Die  Devrient  forderte  einen  10jährigen  Contract  mit  5000  Thlr. 
jährlichem  Gehalt,  1000  Thlr.  Benefiz  und  3  Monate  Urlaub.  Lfittidiis 
vermochte  ihr  jedoch  keinen  höheren  Gehalt  als  4000  Thlr.  zn  er- 
wirken. Nach  wenigen  Verhandlungen  ging  auch  die  Schröder-Deviient 
auf  diese  Bedingungen  ein,  und  wie  es  scheint,  mag  die  Sehnsocht 
nach  ihren  Kindern  nicht  wenig  hierzu  mit  beigetragen  haben.  — 
Bis  dahin  war  die  Rückzahlung  der  Conventionalstrafe  gar  nickt  be- 
rührt worden.  Die  Königliche  Genehmigimg  des  neuen  Contractu 
wurde  aber  ausdrücklich  hieran  gebunden.  Obschon  sie  directe 
Gnadengesuche  machte  und  diese  von  Lüttichau  sehr  warm  nnte^ 
stützt  wurden,  blieb  es  doch  bei  der  ersten  König!  Entscheidoof. 
Die  Contractbrüchigkeit  der  bis  dahin  mit  so  vielen  Beweisen  der 


—     479     - 

»er  bei  ihren  Ubrig'en  Mitlein  mit  einmal  auf  die  Höbe 
r  ersten  Opern  Enropas  gehobea.  Ohne  Zweifel  hatte 
die  Devrient  scbon  damala  ein  bohea  liewnsBteein  ihres 
Werthe,  and  machte  denselben  auch  geltend,  allein  sie 
war  wenigstens  irti  von  der  klcinlicben  Fureht  vor  dem 
Erfolge  eines  anderen  bedeutenden  Talents.  Sic  besass 
noch  jene  höcbste  Besebeidenbeit,  nicbt  zu  vergessen,  dass 
nie  im  Dienste  der  Kunst  tind  des  Kunstwerks  stand. 
Daber  ihr  nicbt  bloss  der  eigene,  sondern  der  Erfolg  des 
Ganzen  am  Herzen  lag.  FUr  diese  freie  Grösse,  welche 
die  Scbröder-De\Tient  wenigstens  in  dieser  Epoche  noch 
auszeichnete,  legt  die  Liebe  nnd  Verehrung  vollgültiges 
Zengniss  ab,  die  ihr  von  ihren  Collegen  entgegengebracht 
wurde-    Als  nach  der  ersten  AufTUbrung  von  Meycrbeer's 

KOnigiUchcD  Unnst  ansgezeichneten  Sängerin  mochte  zn  tief  rertetit 

titben,  ja  es  scheint,  das«  der  Ksnig  nur  ungern  di?  erneute  An- 

MelloDg  derselben  saii,  da  die  Verhandlnngeo  darUber  auf  Künigl. 

Befehl  eine  Zeit  lang  gaoi:  nuterbrochen  worden.     Die  Schröder- 

I<«ment  frigte  3ii:b  auch  diesen  Bedingungen.     Ein  Beweis,  was  von 

il«R  nirectionen  der  grossen  Theater  den  sich  ins  Masslose  steigernden 

Fordemngen  der  verwöhnten  Künstler  gegenüber  mit  Festigkeit  hätte 

«fwichi  werden  können! 

^b^^^     Andererseits  muss  aber  beunt  «erden,  dass  die  Devrieut  das 

^^■^^bbrollen ,  welches  ihr  Lüttichau  bewiesen  hatte  und  noch  femer 

^^^^Pfes,  nicht  immer  dankbar  vergalt,  daas  sie  die  von  von  ihr  Uber- 

^^^HBttaenen   Verp&ii^l>tungen  wiederholt  aus   den   Angeu  setzte  und 

^BB    Qhrigen  Mitgliedern   des  Theaters  hierdurch  ein  verderbliches 

.f**I»iel  gab.    Schon  im  März  1S3R,  das  ist  also  nur  6  Monate  nach 

"V**»*  ersten  Wiederauftreten,  gab  gie  Lottichau  xn  folgender  Zu- 

lÜ^^Xt  Veranlassung:  „Ihre  soeben  erhaltenen  Zeilen  rechtfertigen 

^^     A-nf  keine  Weise,   denn  Sie  missbrauchen  meine  Qaie  und  die 

^ie  bisher  genommenen  Bücksichten  auf  eine  Weise,  die   ich 

Z^^*»  nicht  zugetraut  halte.     Ich    habe  Ihren  Vorstellungen,  dass 

^^^■«r  versprochenen  Zeit  in  London  eintreffen  müssten,  ausserdem 

~|  ^^^nen  Strafe  kostete,  und  Ihren  dringenden  Bitten  nachgegeben, 

™^^»ttlier  als  vor  Ablauf  dieses  Monats  von  hier  abreisen  zu  lassen, 

™*     nmi  benutzen  Sie  dies,   um  in  Leipzig  dreimal  in  der  Woche 

fingen,  nachdem  Sie  vor  Kurzem  meine  Unzufriedenheit  darüber 

''»Od  eititnal  versucht;  bitten  sich  auch  noch   die  Garderohe  von 


--     480     - 

Hugenotten  der  anwesende  Gomponist  mit  den  Darstellen 
gerufen  und  bei  seinem  Erscheinen  von  der  Schröder* 
Devrient  mit  Lorbeer  bekränzt  wnrde,  trat  Tichatseheek, 
welcher  bekanntlich  in  dieser  Oper  an  Trinmph  mit  ihr 
wetteiferte^  mit  einem  zweiten  Lorbeerkränze  hervor,  dei 
er  der  als  Valentine  allerdings  hinreissenden  KfinstleriB 
ttberreichte. 

Das  Engagement  der  Schröder-Devrient  scheint  m^ 
mand  so  empfindlich  berührt  zu  haben,  als  Agnes  Schebest, 
welche  inzwischen  verschiedene  ihre  Rollen  mit  Oltiek  dar- 
gestellt hatte.  Obschon  dieselbe  noch  im  Jahre  1828  den 
geringen  GKehalt  einer  Chorsängerin  bezog,  glanbte  ne 
doch  schon  die  Prätensionen  einer  Prima  donna  erheben  n 
dürfen.  Als  sie  mit  der  Schröder-Devrient  in  der  Enryanthe 
die  Rolle  der  Eglantine  singen  sollte^  sachte  sie  die  Vor- 
stellung unter  dem  Verwände  zu  hintertreiben,  diss  sie 
diese  Parthie  jetzt  nicht  ohne  Nachtheil  ihrer  Stimme 
tibernehmen  könne,  weil  sie  eben  die  tiefer  liegende 
Parthie  des  Tancred  studirt  habe.  Lüttichau,  welcto 
das  Spiel  durchschaute^  holte  das  Outachten  der  Kapell- 
meister eiu;  und,  da  dies  gegen  sie  ausfiel,  zeigte  derselbe 

mir  dazu  aus,  was  ich  genehmigt,  indem  ich  glaubte,  Sie  braachteo 
sie  in  London.  Reisen  Sie  nun  morgen  in  Gottes  Namen,  ich  neboe 
mein  Wort  nicht  wieder  zurück,  auch  zur  Garderobe  habe  ich  BefeU 
gegeben,  allein  meine  Pflicht  ist  es,  vor  Ihrer  Abreise  Ihnen  sü' 
destens  durch  diese  Zeilen  fest  und  bestimmt  zu  erklären,  dtss  mdse 
Nachsicht  und  Güte  gegen  Sie  aufgehört  hat  und  dass  Sie  auf  ^ 
freundlichen  Rücksichten,  die  ich  bisher  gern  für  Sie  gemma^ 
künftig  nicht  mehr  zu  rechnen  haben,  was  auch  in  Bezug  anf  4^ 
von  Ihnen  noch  restirende  Strafe  jedenfalls  ausgeülit  werden  viH, 
wie  auf  alle  in  Ihrem  Contract  enthaltenen  Bestimmungen,  und  rttk 
ich  Ihnen,  dass  Sie  mit  dem  letzten  Tage  Ihres  Urlaubs  hier  aBb^ 
dingt  eintreffen,  widrigenfalls  Ihnen  die  nach  dem  Gesetz  §  79  tigl«* 
mit  30  Thlr.  verwirkte  Strafe  etc.  zuerkannt  werden  wird.**  Dw* 
geschah  z.  D.  1810,  als  sie  gegen  den  ausgesprochenen  "Willen  ^^ 
General  -  Direction  zu  einem  Gastspiel  nach  Leipzig  ging  and  eise 
Aufführung  der  Oper  Guido  und  Ginevra  verhinderte.  Sie  ^vtit 
deshalb  in  eine  Strafe  von  300  Thlr.  verurtheilt. 


-     481    — 

dasS;  um  der  Schonang  ihrer  Stimme  nichts  in  den 
a  legen,  er  von  der  (eben  bevorstehenden)  Ver- 
ing  ihres  Gontracts  nun  vollständig  absehe.^ 
nriette  Wttst,  geb.  1816  in  Berlin,  welche  sich  später 
1  seit  1827  in  den  Verband  des  Dresdner  Hoftheaters 
3tenen  Schanspieler  Hans  E  riete  verheirathete, 
1834  ebenfalls  fUr  dasselbe  gewonnen,  nachdem  sie 
lon  vorher  in  Leipzig  and  Breslau  als  Sängerin  be- 
latte.  Ihre  volle,  kräftige  und  umfangreiche  Stimme 
e  unter  der  Anleitung  von  Micksch  eine  ausserge- 
^he  Ausbildung.  Sie  sang  mit  Feuer  und  Bravour, 
iter  dem  Vorbilde  einer  Schröder-Devrient  vervoU- 
ete  sich  die  fleissige,  strebsame  Künstlerin  auch  noch 
1,  so  dass  sie  von  letzterer  als  beste  Darstellerin  der 
ne  bezeichnet  werden  konnte.  —  Auch  des  Te- 
i  Derska  Anstellung  fiel  in  dieses  Jahr.  Obschon 
1,  wurde  er  doch,  seiner  hohen  Forderungen  wegen, 
nach  zwei  Jahren  wieder  entlassen, 
schinka  Schneider,  geb.  1815  in  Reval,  war  die 
'  des  preuss.  Kapellmeisters  G.  A.  Schneider.  Schon 
1  betrat  sie  an  der  Hand  der  berühmten  Sängerin  Mil- 
Bühne.  Ihren  ersten  musikalischen  Unterricht  erhielt 

idessen  h&tte  die  Künstlerin  beinahe  wieder  ein  neues 
lent  in  Dresden  erreicht.  Im  Jahre  1SS5  ging  der  Contract 
li  zu  £nde,  der  damals  die  Schobest  zu  heirathen  be- 
te und  nun  die  Verlängerung  seines  Gontracts  von  dem 
lent  seiner  Braut  abhängig  machte.  Es  kommt  mir  fast  vor, 
ittichau  nur  deshalb  auf  eine  solche  Bedingung  eingegangen 
il  er  an  dem  Zustandekommen  dieser  Ehe  schon  zweifelte, 
IS  knüpfte  er  seinerseits  wieder  das  Engagement  von  Fräul. 
an  die  Bedingung,  dass  es  für  die  Direction  nur  bindend  sei, 
e  Ueirath  im  Laufe  des  Jahres  1836  zu  Stande  käme.  Pauli 
\er  sich  und  wollte  von  einem  solchen  Contracte  nichts 
Nach  wenigen  Wotht»n  sollte  er  aber  schon  mit  der  Er- 
iervortreten,  dass  nach  einer  ihm  eben  von  Pesth,  wo  seine 
mals  war,  zngesandten  Nachricht  sein  Yerhältniss  mit  FräuL 
vollständig  aufgelöst  sei  und  er  sein  Engagement  nicht 
längig  von  dem  ihrigeu  mache. 

31 


—     482     -• 

sie  von  ihrem  Vater^  ihre  weitere  AasbilduDg  von  Bordogni 
in  Paris.  Sie  debtttirte  in  London.  Nach  Dentschhuid 
zurückgekehrt;  wurde  sie  1833  in  Dresden  engagirt,  wo 
sie  sich  1838  mit  dem  späteren  Goncertmeister  Frau 
Schubert  verheirathete.  Sie  vertrat  in  der  Oper  sowohl 
das  Fach  der  tragischen  Liebhaberinnen  ^  wie  das  der 
Soubretten ;  und  übernahm  zuletzt  noch  mit  Olflck  iu 
der  komischen  Alten.  Zu  jener  Zeit  zeichnete  sie  sich 
durch  eine  wohlklingende;  umfangreiche  Stimme  und 
treffliche  Gesangsbildung  aus.  Sie  gehörte  lange  za  dco 
beliebtesten  Mitgliedern  der  Bühne. 

Caroline  Botgorscheck,  geb.  1816  in  Wien,  be- 
sass  eine  der  schönsten  Altstimmen,  voll,  geschmeidig; 
glockenrein.  Dieselbe  reichte  vom  tiefen  F  bis  Jtnm 
hohen  A.  Mit  diesen  Vorzügen  verband  sich  der  einer 
reizvollen  Persönlichkeit  und  eines  lebendigen,  des  leiden- 
schaftlichen Ausdrucks  mächtigen  Spiels.  Ihre  Aasbil- 
düng  ha^te  sie  dem  Wiener  Gonservatorium  und  den 
Gcsanglchrcrn  Mozatti  und  Cicimara  zu  danken.  1835 
debUtirte  sie  am  Kämthnerthortheater  zu  Wien.  1836 
erhielt  sie  ein  Engagement  an  dor  Dresdner  Oper.  Sie 
wurde  nach  ihrer  ersten  Gastrolle  in  Tancred  sofort  engagirt 
RomeO;  Sextus,  die  Oberpriesterin  in  der  Vestalin  waren 
hier  ihre  Hauptrollen.  Aus  Maugel  an  Beschäftigung 
verliess  sie  jedoch  Dresden  1840  leider  schon  wieder. 
Sollte  sich  hier  in  der  Deraent  doch  der  Dämon  dff 
Eifersucht  geregt  Iiaben? 

Die  weitaus  wichtigste  der  genannten  Erwerbungen 
aber  war  die  des  Tenoristen  Joseph  Tichatscheck, 
Sohn  des  Webers  Wenzel  Tichatschke  (er  veränderte 
Tür  die  Bühne  den  Namen)  zu  Ober  -  Weckelsdorf  i» 
Böhmen.  Seinen  ersten  musikalischen  Unterricht  empfing 
er  von  dem  Schullehrer  des  Orts  (Namens  Wittig) 
sowohl  im  Gesang,  wie  im  Ciavier-  und  Vioünen- 
spiel.  Als  Altist  bei  Kirche  nmusiken  thätig,  erregte  er 
die  Aufmerksamkeit  und  Thoilnahme   des  Pfarrers  Herr- 


—    483    — 

mnn,  der  seine  Aufnahme  in  das  Braunaucr  Oymna- 
inm  vennittelte;  welches  eine  Dependenz  der  dortigen 
»enedictinerablei  war.  Er  zeichnete  sich  bald  im  Sänger- 
iior  ans,  besonders  als  seine  Stimme^  in  seinem  17. 
ahrcy  sich  in  einen  überaus  herrlichen  Tenor  verwan- 
elte-  In  Wien,  wo  er  die  Universität  bezog,  um  Me- 
iern, zu  Studiren,  erregte  er  hierdurch  die  Aufmerksam- 
eit  des  Chordirectors  Weinkopf  vom  Kämthnerthorthea- 
*T,  der  ihn  zum  Eintritt  in  den  Chor  desselben  über- 
edete.  Seine  Stellung  verbesserte  sich  jedoch  bald, 
lachdem  er  im  Verein  mit  Clara  Heinefetter  und  Staudigl 
ine  weitere  musikalische  Ausbildung  durch  den  schon 
iben  erwähnten  Cicimara  erhalten  hatte.  Er  trat  zu- 
lachst  in  kleineren  Rollen  auf,  erregte  aber  so  grosse 
Erwartungen,  dass  der  Director  Duport  einen  5  jährigen 
Contract  mit  ihm  abschloss,  ihm  zugleich  einen  längeren 
Urlaub  gewährend,  um  sich  in  der  Zwischenzeit  in  einem 
grosseren  Wirkungskreise  zu  versuchen  und  weiter  aus- 
nbilden.  Er  ging  zu  diesem  Zwecke  nach  Gratz  und 
Ward  hier  in  Kurzem  der  gefeierte  Liebling  des  Publi- 
ciims.  Der  Abgang  Duport's  vom  Kämthnerthortheater 
Ifcte  indess  seine  Verpflichtungen.  Morlacchi,  der  Ent- 
leeker  so  mancher  schönen  Stimme,  vermittelte  auch 
lieses  Engagement,  zu  welchem  Caroline  Bauer,  Weymar 
Ukd  Pauli  ebenfalls  Anregung  gegeben  zu  haben  scheinen, 
^n  Gastspiel  (Aug.  1837),  das  einen  enthusiastischen  Erfolg 
^tte,  bewirkte  in  Dresden  sofort  seine  Anstellung  auf 
'  Jahre  (v.  1.  Jan.  1838—45).  Hier  entwickelte  er  sich 
tUter  dem  anregenden  und  mit  sich  fortreissenden  Ein- 
tosse  der  Schröder-Devrient  zu  einem  der  ersten  drama- 
itehen  Sänger.  Im  Ausdruck  des  Dramatisch-Heroischen 
^t  er  vielleicht  nicht  seines  Gleichen  gehabt  Doch 
^Uch  dem  Innigen  wusste  er  einen  bezaubernden  Ausdruck 
U  geben.  Leider  war  er  nicht  immer  genügend  durch 
(in  Spiel  unterstutzt.  Tichatscheck  gehörte  zu  den 
iebenswUrdigsten  Künstlernaturen.    Seine  Erfolge  konn- 

81» 


-    484    — 

ten  in  seinem  Herzen  die  Empfindungen  der  Dankbarkeit 
niemals  ersticken.  Er  hat  zwar  der  Versnchnng  nicht 
zu  widerstehen  yermocht^  sich  eine  herrschende  SieUuf 
am  Dresdner  Theater  zu  schaflfen^  aber  er  ist  demaelbei 
nicht  nnr  unwandelbar  treu  geblieben;  sondern  hat  auch 
stets  einen  tieferen  Antheil  an  dem  Gedeihen  desselbea 
genommen.  Er  war  ein  trefflicher  College  nnd  tls 
solcher  aach  anerkannt  und  geschätzt  Als  die  SchrOd€^ 
Deyrient  im  Jahre  1860  in  Coburg  gestorben  war,  er- 
richtete er  an  dem  Hanse^  in  dem  sie  verschied,  eine  Er- 
innerungstafel als  Zeichen  seiner  Liebe  und  Verehnu;. 
Er  hatte  in  seiner  späteren  Zeit  eine  Manier  angenom- 
men, die  seine  schönsten  Leistungen  trübte;  der  Enthu- 
siasmus für  alles  Grosse  und  Schöne  ist  aber  immer 
ganz  rein  und  unberührt  in  ihm  lebendig  gebliebei. 
Er  war  der  hauptsächlichste  Förderer,  der  stets  opferwillige, 
begeisterte  Freund  Richard  Wagner's.  Er  hat  dessen  Werke 
zu  einer  Zeit ,  wo  sie  noch  fast  überall  Anfechtung  e^ 
fuhren,  zu  siegreicher  Anerkennung  gebracht,  allerdings 
auch  wieder  durch  sie  eine  Reihe  der  glänzendsten 
Triumphe  errungen.  Bis  zum  Jahr  1862,  dem  Todesjahr 
Lüttichau's,  blieb  er  unausgesetzt  ein  Mitglied  des  Dresd- 
ner Theaters,  dem  er  selbst  da  noch  zur  Zierde  ge- 
reichte. Auch  später  trat  er  wieder  bei  einer  Ausnahme- 
stellung in  ein  festes  contractliches  Verhältniss  zn  ihr 
ein,  welches  bis  zum  Jahre  1870  fortgesetzt  wurde.' 
Von  grosser  Bedeutung  wurde  auch  das  in  das  Jahr 

'  Tn  einer  bis  zum  Jahre  18B3  reichenden  Statistik  giebt 
M.  Fürstenau  (Joseph  Tichatscheck)  die  Zahl  der  von  ihm  ge- 
sungenen und  dargestellten  Rollen  auf  1126  an.  Sie  umfassen  Werke 
von  34  Componisten,  zusammen  08  Opern  und  reprftsentiren  die  Te^ 
Sv-hii'dcnstcn  Zeiten  und  Schulen  der  Deutschen  und  Franzosen,  weniger 
der  Italiener.  Er  sang  bis  dahin  Masaniello  92,  Roger  (Maurer)  ?<t 
Stradella  «2,  Ivanhoe  52,  Raonl  107,  Robert  73,  Rienzi  65,  Tiim- 
häuser  50,  Max  10«,  Hüon  77,  Adolar  50,  Ferdinand  Cortei  M, 
Joseph  25,  Tamiiio  19,  Idomeneus  18,  George  Brown  36,  Serer  4?, 
Armand  (Wasserträger)  17  Mal. 


—    485    — 

1839  fallende  Engagement  von  Anton  Mitterwarzer. 
Deboren  1818  zn  Sterzing  in  TjtoI,  machte  sich  schon 
£'tth  seine  schöne  Stimme  im  dortigen  Eirchenchore  be- 
merkbar. Bei  seinem  Onkel^  dem  Domkapellmeister  Gäns- 
bacher in  Wien,  erhielt  er  seine  musikalische  Ausbildung. 
In  Innsbruck^  als  Jäger  im  Nachtlager  von  Oranada^ 
betrat  er  znm  ersten  Male  die  Bühne.  Auf  diese  Rolle 
hin  wurde  er  auch  später  in  Dresden  engagirt.  Die 
Bolle  des  Gzar  in  „Gzar  und  Zimmermann^  von  Lortzing 
lenkte  zuerst  die  allgemeinere  Aufmerksamkeit  auf  ihn 
hin.  Von  hier  an  entwickelte  er  sieh  rasch  zu  einem 
der  bedeutendsten  Sänger  des  Dresdner  Theaters.  In 
Marschner'schen  und  Wagnerischen  Opern  sollte  sich 
die  Eigenthttmlichkeit  seiner  kttnstlerisehen  Begabung 
MXP  vollsten  ausleben. 

Fast  gleichzeitig  war  auch  noch  eine  andere  jugend- 
liche Kraft  gewonnen  worden,  an  deren  Besitz  man  die 
grössten  Hoffnungen  knüpfte.  Bei  seinem  Aufenthalte 
in  Paris  lernte  Lüttichau  im  Conseryatorium  des  be- 
rühmten Oesanglehrers  Bordogni  eine  junge  Sängerin, 
Panline  Marx  aus  Garlsruhe,  kennen,  auf  welche  ihn 
Mejerbeer  aufmerksam  gemacht  hatte,  der  in  ihr  das 
Talent  einer  zweiten  Schröder  -  Devrient  zu  erkennen 
meinte.  Wenn  dies  auch  gewiss  nicht  der  Fall  war, 
80  gab  sie  in  Dresden  doch  bald  Veranlassung  zu 
Parteinngen,  welche  ein  so  gereiztes  Verhältniss  zwischen 
diesen  beiden  Künstlerinnen  herbeiftlhrten,  dass  es  selbst 
in  Gegenwart  des  Hofes  zu  offenen  Ausbrüchen  kam. 
Dies  fand  unter  Anderem  am  4.  Dec.  1840  in  einer  Vor- 
stellung des  Macbeth  statt,  wo  sich  die  Schröder-Deyrient 
80  hinreissen  liess,  dass  Lüttichau  sie  in  den  Verlust 
einer  Wochengage  vemrtheilte.  Pauline  Marx  war  auf 
3  Jahre  vom  1.  Juni  1839  bis  ebendahin  1841  engagirt 
worden,  mit  der  Vergünstigung,  die  ersten  drei  Monate 
zn  ihrer  weiteren  Ausbildung  noch  in  Paris  bleiben  zu 
dürfen.     Lüttichau  nahm   die  gesteigerten  Forderungen 


—    486    -• 

der  sehr  bald  Ubermttthig  gewordenen  Künstlerin  ivm 
Anlass^  am  sie  nach  Ablauf  ihres  Contracts  wieder  m 
kündigen. 

Die  Dresdner  Oper  besass  damals  einen  Weltrttil 
Sie  übte  nach  allen  Richtungen  hin  eine  ungehcme 
Anziehungskraft  aus  und  hatte  die  italienische  Oper, 
selbst  auf  ihrem  eigenen  (Gebiete,  bald  völlig  yergesflen 
gemacht.  Nicht  nur  die  Darstellungen  der  Euiyanthe 
und  der  Hugenotten;  auch  die  der  Norma  und  der  Capn- 
letti  hatten  etwas  geradezu  Berauschendes.  Wie  hätte 
sie  da  Ursache  gehabt^  den  Vergleich  mit  anderen  Thea- 
tern zu  scheuen  ?  Wir  finden  daher  in  dieser  Zeit  eine 
glänzende  Reihe  von  Gastspielen  verzeichnet.'    Ich  hebe 

'  Hier  folgt  ein  vollständiges  Yerzeichniss  aller  Gastspiele  des 
Zeitabschnittes. 

1832:  Dessoir,  Dittmarsch,  Dem.  Dittmarsch,  Stölzel,  Henkelt 
Dem.  Hill,  Mad.  Kraus- Wranitzky,  Lenz,  Dem.  Pistor,  Poisl,  PusA 
Schäffer,  Dem.  Schindler,  Dem.  Schneider,  Dem.  Bettj  Schröder, 
Dem.  Siccard. 

1833:  Dem.  Beraneck,  Anschütz,  Dem.  Anschütz,  Birnbton, 
Roucher,  Mad.  Brede,  Mad.  Crelinger,  Dallery,  Daum,  französ.  Ge- 
sellschaft unter  Alexandre,  Hock,  Hoppe,  Jost,  Knanst,  Lipphtrdt, 
Mad.  Schechner-Wagner,  Schunk. 

1834:  Braunhofer,  Mad.  Brede,  Derska,  Gerlach,  Gloy,  H»»3S, 
Mad.  Schultze,  Heckscher,  Dem.  Herbst,  Dem.  Hofmann,  Löflfler, 
Dem.  Reimaun,  Dem.  Stettner,  Thiel,  Riese,  Werner,  Wurda. 

1835 :  Dem.  Bauer,  Jerrmann,  Rossler,  Dem.  Schebest,  Weyinar, 
Kronfeld  und  Frau,  Schöpe,  Görner  und  Frau,  Peters,  Dem.  Pili*» 
Dem.  Miller,  Mad.  Hurey,  Dem.  Heinefetter,  Mad.  Lange,  ^iM, 
Dem.  Lehmann. 

1836:  Dem.  Heinefetter,  DeuL  Kohlmetz,  Meder,  FreynüUer, 
Discant,  Haizinger  und  Frau,  Ronninger,  Köhn,  Löwe,  Pohl-Beisteiner, 
Fischer,  Dem.  Fassmann,  Holtei  und  Frau,  Dem.  Fekhenheim,  Freuni 

1837:  Hessen,  Baison,  Lebrün,  Mad.  Fischer,  Mad.  Baison, 
Kunst,  Dem.  Weixelbaum,  Schunke,  Clauer,  Boltznuinn,  Wnrdi, 
Cramolini,  Tichatscheck,  Anschütz,  Bohrend,  Gomansky,  Richter, 
Carl  Devrient 

1838:  Mad.  Haizinger  -  Neiunann,  Dem.  Neumann,  Remmarkf 
Ballmaun,  Hellwig,  Anschütz,  Röder,  Dem.  Grosser,  Drazler,  htbr 
mann,  Otto,  Gerlach. 


—    487    - 

davon  das  von  Frl.  Heinefetter  hervor  (welche  1835/36 
während  einer  Urlaubsreise  der  Schröder-Devrient  30  Vor- 
eitellangen  gab),  Fräul.  Pixis  aas  Paris  (1835  und  42), 
Dom.  Fassmann  aus  München  (1836),  Dem.  Schlegel  aus 
Leipzig  (1835),  Dem.  Schobest  aus  Pesth  (1835),  August 
Fischer  aus  Berlin  (1834),  Wurda  aus  Hamburg  (1834 
nnd  37),  Wild  aus  Wien  (1835),  Frau  Fischer  aus  Carls- 
ruhe  (1837),  Dem.  Ungher  (1839  und  41),  Moriani  (1846). 

Ueberblicken  wir  die  Gesammtleistungen  innerhalb 
des  uns  vorli< g^uden  Zeitraumes,  so  sind  sie  jedenfalls 
achtunggebietende.  Die  Statistik  der  Novitäten  weist 
innerhalb  dieser  neun  Jahre  ausser  vielen  Gesangs possen 
und  Liederspielen  52  neue  Opern,  also  iast  sechs  jähr- 
lich, auf.  Wir  finden  darunter  die  Namen  Marschner, 
Meyerbeer,  Onslow,  Wollram,  Kreutzer,  Clielard,  Lortzing, 
Rossini,  Bellini,  Donizetti,  Auber,  Adam,  Herold,  Halevy. 
Auber,  Meyerbeer,  Bellini,  Donizetti,  Marschner  wer- 
den von  den  Neueren  jetzt  herrschend,  daneben  bleiben 
Mozart,  Beethoven,  Weber  in  alter  Kraft.  —  Trotz 
seiner  Eifersüchteleien  gegen  einzelne  mitstrebende  Talente 
kann  man  Reissiger  doch  nicht  die  Anerkennung  ver- 
sagen, dass  er  das  Publicum  im  Ganzen  mit  den  wichtig- 
sten Erscheinungen  bekannt  machte. 

Nach  dem  Abgange  des  Dr.  Wagner,  Ende  December 
1831,  war  die  Regie  an  den  Schauspieler  und  Sänger 
Wilhelm  Fischer  übergegangen,  den  wir  schon  bei  der 

1839:  Kaiser,  Mail.  Räder,  Mad.  Ahrens,  Mad.  Dessoir,  Hen- 
drichs,  I>em.  Ungher,  Reichel  und  Frau,  Dem.  Bayer,  Mad.  Ilysel, 
Baumeister,  Schreiber,  Burmeister  Sohn,  Meyer,  Dem.  Schlegel, 
Schöpe,  Mad.  Schröder. 

1840:  Mad.  Schröder,  Götz,  ülram,  Mad.  Clauer,  Berger, 
Franke,  Lu89l»€rger,  Dem.  iTck,  Lippe,  Genast  und  Frau,  Abresch, 
Dem.  Bayer,  Dem.  Sontag,  Krieg,  Ascher,  Baudisch,  Bielczizki. 

1S41 :  Bartl^  Bartsch,  Herel  (französ.  Gesellsch.),  Gerstorfer,  Heu- 
ser, Dem.  Lehn  n,  Mad.  Meyer,  Moriani,  Mad.  Ungher,  Dem.  Mngge, 
Dem.  Müller,  Otto,  Pantaleoni,  Fohle,  Poliert,  Quanter,  Ricciardi, 
Setti,  Stell«,  Wagner. 


äecuuda'acLen  Geaellaebatl  kennen  lernten  und  der  eiNI 
jetzt  in  den  Verband  dea  Dresdner  Hoftlieatcrs  trat,  i 
er  80  lange  ein  treues  und  verdienslTOlIeB  Mitglied  bleibt 
sollte.  Am  1.  Juli  desselben  Jahres  Ubernabin  er  » 
noch  für  den  augscbeidrnden  Mickach  das  Amt  eines  Chnr- 
directors,  dem  er  bis  Ende  1^56  ununterbrochen  vorstand, 
wogegen  seine  Regie  am  1.  Jnli  1B48  eine  Unterbrecbii 
erlitt. 

Im  Jahre  1830  war  der  schon  im  vorigen  Jabtfi  4 
Correpetitor  eingetretene  Joseph  Rastrelli  (geb.  17^ 
Sohn  des  Kirchen- Compoaiteur  Rastrelli,  der  in  diM 
Jahre   ausachied,   zum    Musikdirector   befördert  word 
Er   war   ein   sehr  trflh  entwickeltes  Talent,    Schon  fl 
sechs  i[ahren    spielte  er  in  Uffentlichen  Conccrten.    Ao(| 
in  Dresden   liesa    er   sich    schon  mit  zehn  Jahren  hOril 
Seine   Zukunft   entsprach   aber  nicht   ganz    den  hi« 
geknüpften  Erwartungen;  wie  er  denn  auch  als  Compc 
mit  seinen  ersten  Werken  den  grösseren  Erfolg  hatte, 
meisten  gefiel  seine  Oper:  La  Schiava  CircASSa.  E-tfH 
1841.  —  1837  rückte  in  des  in  diesem  Jalirc  verstorb« 
Concertmeister    Rolls    Stelle    der    bisherige   Viceconcei 
meister  Franz  Morgenroth  ein,  während  Franz  StliolKif 
zum  Viceconcerlmeister  ernannt  wurde.     Im  Jahre  ltÖ9 
erwarb    die  Kapelle  wieder  eine  Kraft  ersten  Rangi'B  i" 
dem     berühmten    Violinvirtuosen    Lipineki      als    enim 
Concertmeister. 

Carl  Lipinaki  war  1790  zu  Radzyn  in  Polen  gt- 
boren.  Schon  mit  sechs  Jahren  erhielt  er  seinen  ersten 
Unterricht  von  seinem  Vater.  Seine  Fortschrille  waren 
erstaunlich,  doch  wurden  sie  von  literarischen  Studien, 
denen  er  sich  widmen  sollte,  unterbrochen.  Das  erste 
Instrument,  welches  er  lernte,  war  das  Violoncello.  &^- 
ter  TOrtftusi'hte  er  es  mit  der  Violine,  auf  der  er  im^ 
Selbstunterricht  die  grösatniöglicbe  Vollkommenheit  m 
'  erwerben  suchte.  Dies  gelang  ihm  in  einem  Grade,  d«< 
er  mit   20  Jahren   zum  Musikdirector   des  Theaters  U 


—    489     - 

Lemberg  ernannt  wnrdc;  in  welcher  Steiiang  er  yier 
Jabre  yerblieb,  worauf  er  sieb  viele  Jahre  masikalischen 
Kunst-  und  Stadienreisen  widmete ,  die  er  wohl  eigent- 
lich erst  mll  seinem  Engagement  in  Dresden  bescbloss. 
Er  gehörte  zn  den  aasgezeichnetsten  Violinvirtuosen  seiner 
Zeit  Seine  Stärke  lag  in  der  ausserordentlichen  Intensität 
seines  Tones  ^  in  der  geistigen  Durchdringung  seines 
Spiels,  in  der  charakteristischen  Kraft  und  Beseelung 
seines  Ausdrucks.  Er  war  eine  Zierde  der  Dresdner 
Kapelle,  berühmt  noch  überdies  durch  seine  Quartett- 
concerte,  welche  wohl  Dresden  zuerst  in  solchem  Um- 
hjkge  und  in  so  vollendeter  Ausführung  mit  diesem 
Theile  der  Kammermusik  bekannt  machten. 

Für  die  übrigen  Veränderungen,  welche  die  Kapelle 
inzwischen  erfahren,  verweise  ich  auf  das  unten  gegebene 
Verzeichniss  ihrer  Mitglieder'  vom  I.Januar  1842. 

■  Ktpellmeister  Reissiger.  • 

Concertmeister  Lipinski. 

«  Franz  Morgenroth. 

Yiceconcertmeister  Franz  Schubert. 

Violinisten: 
Castelli,  Schmiedel,  Peschke,  Franz,  EOhn,  Lindt,  Pohland,  Koprasch, 
Richter,  Mitscherling,  Seisa,  Winterstein,  Pfeiffer,  Müller. 

Bratschisten: 
Pohland,  Horack,  Beyer,  Heibig. 

Violoncellisten:  • 

Dotzaner,  Kummer,  Schlick,  F.  Schubert. 

Contrabassisten: 
Schubert,  Besozzi,  Schmerbitz,  Tietz. 

Flötisten: 
Steadel,  Fürsten  au,  Pauli,  Löwe. 

Oboisten: 
Kummer,  Edel,  Hiebendahl,  Kr&tzschmar. 

Clarinettisten: 
Kette,  Lauterbach  sen.,  Dominik,  Lauterbach  jun. 

Fagottisten: 
Peschel,  Suchanek,  Kabisius. 


—    490    — 

In  dieses  Zeitabschnitt  fallt  auch  die  Grttndmig  eines 
allgemeinen  Pensionsfonds  für  die  Mitglieder  des  Hof- 
theaterS;  durch  welche  sich  Lüttichan  ein  neues  VeidieBit 
um  das  ihm  anvertraute  Institut  erwarb. 

Inzwischen  hatte  die  Aufnahme  der  franzOsiBcben 
grossen  Oper  auch  wieder  an  eine  massige  Ausbildong 
des  Ballets  denken  lassen.  Bis  zum  Jahre  1825  hatte 
man  kein  eigentliches  Ballet  in  Dresden.  Die  bei  den 
etwa  nöthigen  Tänzen  verwendeten  Personen  erhielten 
nur  dirnstweise  Bezahlung.  Erst  vom  1.  August  1825  an 
zeigen  sich  feste  Anstellungen  für  ein  Balletcorps.  Die 
Schwestern  Bohlan  und  Mathilde  Fttssel  sind  als  die 
ersten  Tänzerinnen  genannt,  die  ein  festes  Honorar 
(von  je  100  Thlr.)  bezogen.  Von  1820-21  warSimoni, 
von  da  bis  1832 '  Gärtner,  bis  1833  Weidner  als  Tarn- 
lehrer  angestellt,  an  dessen  Stelle  dann  Wenzel  trat 

Von  1834  gewann  das  Ballet  an  Umfang  und  An«- 
bildung.  Lepitre  wurde  als  Balletmeister  und  Solotanz«  r 
gewonnen.  Erst  1836  findet  sich  daneben  auch  eine 
Solotäuzerin,  Auguste  Koch,  verzeichnet,  nach  deren  Tode 
(1838)  Fräul.  Pecci  aus  Neapel  als  solche  engagirt 
wurde.  Dieselbe  verheirathete  sich  später  mit  dem  im 
Jahre  1841  als  Solotänzer  eintretenden  Ambrogio  nnd 
darauf  in  zweiter  Ehe  mit  dem  Schauspieler  und  Schrift- 
steller Wilhelmi.  1841  avancirten  auch  noch  die 
ISchwestern  Bohlan  zu  Solotänzerinnen. 

Waldhomisten: 
Haase,  Kretzschinar,  Adam,  Lewy,  Muschke. 

Trompeter: 
Kunze,  Schrader,  Schwarz,  W.  Queiser. 

Posaunisten: 
Gottschalk,  Rühlmann,  Queisert. 

Pauker: 
Herfort. 

Harfe: 
Richter. 


—    491    — 

Der  uns  vorliegende  Zeitabschnitt  erhält  seinen  Ab- 
schlnss  durch  die  Uebcrsiedlung  in  das  inzwischen  ent- 
standene neue  Theatergebäudc;  das  in  der  That  für  die 
Weiterentwicklung  des  Instituts  nicht  ohne  Folgen  sein 
konnte. 

Schon  um  die  Wende  des  Jahrhunderts  waren  Klagen 
erhoben  worden,  dass  das  Moretti'sche  Haus  den  Bedürf- 
nissen der  Residenz  nicht  mehr  entspreche.  Jetzt,  wo 
das  lang  zurückgebliebene  Wachsthum  der  Stadt  ebenso 
wie  die  Theilnahme  am  Theater  unter  dem  Einflüsse  des 
zunehmenden  Verkehrs  einen  überraschenden  Aufschwung 
genommen,  war  die  Errichtung  eines  der  Vervoll- 
kommnung der  sccnischen  Mittel  entsprechenden,  den 
höheren  Zielen  der  Bühne  würdigen  grösseren  Theator- 
gebäudes  zur  dringenden  Nothwendigkeit  geworden. 

Bereits  im  Jahre  1835  hatten  diese  Pläne  eine  festere 
Gestalt  gewonnen.  Man  schwankte  aber  damals  zwischen 
zwei  verschiedenen  Vorschlägen.  Der  eine,  welcher  aus 
Gründen  der  Sparsamkeit  zunächst  eine  willigere  Auf- 
nahme an  den  massgebenden  Stellen  fand,  fasste  den 
Umbau  des  schon  vorhandenen  grossen  Opernhauses  ins 
Auge,  der  andere  dagegen  einen  völligen  und  zugleich 
grossartigen  Neubau.  In  Bezug  auf  den  «^rsten  waren 
sogar  schon  der  Oberbaurath  Langhanns  in  Berlin  und 
der  Hofbiiumeister  Thormeyer  mit  dem  Entwurf  von 
Plänen  und  Rissen  beautTtragt  worden ;  »wogegen  Professor 
Sem  per  in  Dresden  aus  eigener  Initiative  die  Pläne  zu 
einem  ganz  neuen  Theatergebäude  entworfen  hatte.  Er 
war  hierbei  von  dem  Wunsche  geleitet  worden,  die 
nächsten  Umgebungen  des  Königlichen  Schlosses  und  die 
kostbarsten  Baumonumente  der  Stadt  von  dem  ent- 
stellenden Gewirre  von  Baulichkeiten  zu  befreien,  welche 
in  dem  Namen  des  italienischen  Dörfchens  zusammen- 
gefasst  wurden.  Er  hatte  zu  diesem  Zwecke  den  Bau 
des  Theaters  noch  mit  einigen  anderen  damals  in  der 
Luft  schwebenden  Bauprojecten,   dem  Bau  einer  neuen 


-     492     - 

Bildergalerie  und  eines  Orangeriehanses,  sowie  mit  der 
Errichtung  des  Friedricli-August-Denkmals  zu  einem  g^ 
meinsamen  Plane  in  Verbindung  gebracht,  nach  welehem 
der  zwischen  dem  Zwinger  und  der  Elbe  liegende  PUti 
in  eine  Art  Forum  verwandelt  und  mit  prächtigen  Ge- 
bäuden umstellt  werden  sollte.  Während  nach  diesem 
Projecte  das  neue  Theatergebäude  durch  das  Orangerie- 
gebände  mit  dem  nordwestlich  gelegenen  Flflgel  des 
Zwingers  in  Verbindung  gebracht  worden  sein  wttrde^ 
war  diesen  Gebäuden  gegenüber,  im  Anschluss  an  den 
dort  liegenden  Flügel  desselben;  der  Bau  eines  nenra 
Galeriegebäudes  in  Aussicht  genommen. 

Professor  Schinkel  in  Berlin,  dem  man  dieses  Projeet 
nur  in  seinen  allgemeinsten  Zügen  mitgetheilt  und  die 
Entwürfe  ftir  den  Umbau  des  alten  Opernhauses  nr 
Begutachtung  eingesandt  hatte,  entschied  sich  anfangs 
für  diese.  Als  er  jedoch  zur  völligen  Entscheidung  der 
Frage  nach'  Dresden  gekommen  war,  sich  hier  von 
der  Sachlage  selbst  überzeugt  und  die  Semper'schen 
Pläne  und  ihre  Motive  eingesehen  hatte,  war  er  sofort 
ganz  für  dieselben  gewonnen.  Seine  Meinung  entschied 
nun  auch  bei  dem  Generaldirector  des  Eönigl.  Theaters 
zu  Gunsten  des  Letzteren,  und  es  ist  jedenfalls  der 
Wärme  und  der  Energie,  mit  welcher  Herr  von  Lütticbu 
von  dieser  Zeit  an  die  Ausführung  des  Semper'schen 
Thoaterplanes  betfieb,  zu  danken  gewesen,  dass  alle  sich 
dagegen  erhebenden  Bedenken  so  rasch  und  völlig  besiegt 
wurden. 

Von  grosser  Wichtigkeit  für  die  Förderung  dieses 
Unternehmens  war  es  wohl  auch,  dass  durch  den  1836 
erfolgten  Tod  des  Königs  Anton  der  zeitherige  Mitregent 
Friedrich  August  zur  alleinigen  Regierung  kam.  Denn 
wenn  er  sie  auch  bisher  schon  so  gut  wie  allein  geleitet 
hatte,  so  mochte  er  doch  wohl  noch  manche  nicht  ge- 
radezu dringliche  Neuerungen  aus  Rücksicht  auf  seinen 
Königlichen  Oheim  abgelehnt  haben. 


~     493     — 

Obsclion  aich  nun  dieser  auch  jetzt  noch  für  das 
ganze  Sempcr'ecbe  Bauproject  nicht  za  entacbeiden  v<  r- 
mocbte,  sondern  zunitchat  nur  den  Theaterbau  anordnete, 
Bo  wurde  derselbe  doch  g:anz  in  der  Stellung  und  Form 
aDgenotnmen ,  die  ihm  in  jenem  Projecte  gegeben  war. 
Dnrch  Reskript  vom  26.  April  1838  fanden  die  hierauf 
bezüglichen  Entwürfe  und  Voranschläge  Semperas  die 
volle  Königliche  Genehmignng.  Semper  wurde  mit  der 
künstleriBchen  Leitung  des  Bauea  betrant,  wofür  er,  die 
Pläne  mit  eingerechnet,  3000  Thaler  erhielt;  Hofhau- 
meister  von  Wolframsdorf  aber  mit  der  technischen 
Leitung  des  Baues  beauftragt. 

Ich  hebe  aus  den  Motiven,  mit  denen  Llittichau  den 
Semper'schen  Plan  in  seinem  Vortrage  an  den  Kbnig 
beftlrwortele,  Folgendes  ans: 

.Ti>T  &Ueii  Dingen  vrAT  es  ein  HniipterfordenLias  eines  neuen 
Theftterbnuee,  nicht  nur  beträcbtiicb  mebr  Plätze  für  >lie  Zuschauer 
nnd  diese  beqnemer  und  ger&nmiger  als  biafaer  2U  erhallen,  sondern 
Mch  möglichst  viele  Plätze  zu  geringerem  Preise,  damit  dem  minder 
bemittelten  Pnblico  mehr  ah  bisher  der  t:iutrin  ins  Thenter 
vergönnt  »ei.  Fftr  alle  diese  Büziehungen  ist  dnrch  den  Plan  nnn 
gesorgt  worden,  denn  weon  im  jetzigen  Schauspielhause  die  gtöast- 
mSgliche  Znhl  der  Znachaner  sich  nur  bis  8U  erstrecken  kann,  so 
fasBt  das  neue  ScbnuspielhauB  deren  IT13  nuf  weit  beijnemeren, 
besser  eingerichteten  Plfttzen.  Ebenso  ist  anch  in  nngerährer  An- 
nahme des  Preises  der  PUtze'  Vorsorge  getroBen,  dass  eine  sehr 
gmsBe  Anzahl  derselben  sich  zu  dem  Freiie  von  IS,  6  und  4  (alten) 


■  Erster  Rang  i.  1  Thlr.  134  Personen  = 
Zweiter    „     k  18  Gr.    190  , 


131  Thlr. 


Zw( 
Drii 

ViC! 

üen 

■   ^      Pari 

^^Bpan 

^^^^H^  Zusammen 

^^^^HNese  Preise   erhielten   zvg.T  in   Ansehnug   des  ausserordenl- 

^^Rnt  Mehraafwandes,  welchen  der  Bau  gegen  den  Voranschlag  in 
Anspruch  nahm,  zani  TbinI  eine  massige  Erhöbunp.  Der  KQnig  gina 
Jedoch   nur  miEeni  liaranf  ein  und  genehmigte  nnter  Aodereui  ilie 


Dritter      „  i    8 

Vierter     ,  ä    4 

üerde  fk  Iß 

Parteire  i    8 

ipirterrologe  k  I2 

Mese  Preise   erhielten   ; 


äST  Thlr.  ifl  (. 


—     494    — 

Groseben  vorfinden,  so  dass  bei  ausreichendem  Baume  jeder  Klasse 
der  Gebildeten  der  Zutritt  zu  den  theatralischen  Yorstellnngen  mög- 
lich gemacht  worden  ist.  Nichtsdestoweniger  würde  die  höekste 
Einnahme  des  Hauses  657  Thlr.  16  Gr.  ge^en  444  Thlr.  18  Gr.  dei 
alten  Hauses  ergeben.** 

,,Was  die  Bühne  betrifft  —  heisst  es  an  einer  anderen  SteUe 
des  Vortrags,  —  so  hat  diese  im  Prosceninm  die  bedeutende  Breita 
von  28V«  Ellen,  statt  dass  die  des  gegenwärtigen  nur  ISVia  ^^ 
beträgt.  So  zweckmässig  dieses  nun  auch  ftkr  Darstellong  ton 
Opern  und  grösseren,  wie  Spektakelstücken  ist,  so  dürfte  doch  n 
befürchten  sein,  dass  der  allzubreite  Raum  bei  ConyersationsstaekeD 
dem  Erfolge  schaden  könnte.  Es  ist  aber,  um  dem  zu  begegnea, 
die  Einrichtung  getroffen  worden,  dass  bei  dergleichen,  wenige 
Darsteller  beschäftigenden  Stücken  die  Coulissen  auf  der  Bfllme 
näher  zusammengeschoben  und  diese  hierdurch  wesentlich  verkleineit 
werden  kann.**  (Die  Breite  der  Büfine  wurde  später  auf  22  Ellen  e^ 
mässigt) 

Semper  selbst  motivirte  seinen  Entwurf  folgender- 
massen : 

,,Bei  der  Wahl  der  Grundformen  des  Zuschauersaales  leitete 
ihn  (den  Architekten)  das  Bestreben,  so  wenig  als  möglich  vondea 
Halbkreise  abzuweichen,  weil  derselbe  sowohl  der  ZweckmässigiKtt 
wie  der  Schönheit  am  meisten  entspricht,  weshalb  er  auch  von  den 
Alten  bei  Anlegimg  ihrer  Theater  gewählt  wurde.  —  Aber  diese 
Form  rein  zu  behaupten,  und  zwar  so,  dass  ihr  Vortheil  ganz  he^ 
austritt,  ist  nur  bei  kleinen  Theatern  möglich.  Bei  grösseren  di- 
gegen  nimmt  die  Breite  der  Bühne  nicht  im  Verhältniss  der  Grösse 
des  Theaterdurchmessers  zu,  sondern  die  Convention  setzt  gewisse 
Schranken  fest,  deren  strenge  Beobachtung  die  Anlage  eines  zweck- 
mässig geformten  Auditoriums  sehr  erschwert.    Dasselbe  erscheiBt 

vorgeschlagene  Erhöhung  des  Parterrepreises  nicht.  Ebenso  woDte 
derselbe  die  vorgeschlagene  Erhöhung  der  Preise  bei  ^ausserordent- 
lichen Gelegenheiten  nur  selten  in  Anwendung  gebracht  sehen. 
„AVir  halten  —  heisst  es  in  dem  diese  Angelegenheit  behandelnden 
Reskripte  vom  6.  April  1841  —  wir  halten  jedoch  selbst  im  Inte^ 
esse  der  Theatercasse  für  rathsam,  dass  eine  Preiserhöhung  fibe^ 
haupt  nur  in  seltenen  Fällen  eintrete,  wie  sie  denn  auch,  was  die 
ersten  Vorstellungen  im  neuen  Schauspielhause  betrifft,  nur  am 
Tage  der  Eröffnung  selbst  eintreten  mag,  insofern  sie  auch  an  die- 
sem Tage  nöthig  erscheint,  um  den  Andrang  einigermassen  zn  Te^ 
mindern." 


-    495    -- 

sdann  als  ein  weiter  Schlauch  mit  enger  Mündung  der  Ellipse, 
ild  in  Ballonform,  bald  im  Dreiyiertelkreise ,  wobei  natürlich  ein 
heil  der  Logen  unbrauchbar  wird.  Vieles  liesse  sich  hier  yer- 
»sem,  sobald  die  Ueberzeugung  Eingang  fände,  dass  die  natür- 
;he  Grenze  der  Bühnenkunst  zu  ihrem  grössten  Nachtheile  über- 
hritten  worden,  seitdem  man  anfing,  die  breiten  Bühnen  der  Alten, 
»wie  der  romantischen  S(;hule  zu  verlassen,  bei  Darstellungen  nach 
alerischen  Wirkungen  zu  streben,  eine  tiefe  Bühne  zu  bauen,  auf 
r  Scenerien  und  Gruppen  hintereinander  aufzuthürmen  und  Chöre 
id  AuÜEÜge  aus  dem  fernsten  Hintergrunde  in  FroTit  hervorrücken 
i  lassen.  Selbst  der  Effect,  dem  alles  Andere  aufgeopfert  wird, 
itspricht  selten  dem  Aufwände  an  Coulissen,  Gerüsten  und  Leuten, 
»e  nöthig  sind,  um  die  Tiefe  zu  füllen;  indess  auf  flachen  Bühnen, 
iliefartig,  dem  Style  der  Bühnenkunst  angemessen,  die  ähnlichen 
eschränkungen  wie  die  Plastik  unterworfen  ist,  mit  weit  geringeren 
ütteln  dasselbe  und  schicklicher  erreicht  werden  könnte.  Daher 
ich  ein  Theil  der  Schwierigkeiten  bei  der  Errichtung  eines  mo- 
imen  Theaters. 

„Eine  zweite  Aufgabe  war  gestellt,  den  Saal  so  einzurichten, 
,88  er  nicht  allein  allen  Zuschauern  den  Genuss  der  Darstellung 
leichtert,  sondern  dass  die  Zuschauer  selbst  sich  darin  so  vor- 
eilhaft  wie  möglich  darstellen  und  recht  eigentlich  den  schönsten 
hmuck  des  Saales  selbst  bilden.  Bei  den  Alten  war  bloss  das 
oscenium  verziert.  —  Auch  darin  haben  nicht  alle  modernen 
ie»ter  ihren  Zweck  erfüllt.  Man  schmückte  den  Saal  mit  hoch- 
-ebenden  Säulen  und  prachtvollen  Gebälken,  zwischen  welchen  die 
Igen  wie  Schwalbennester  eingebaut  waren.  Andererseits  verfiel 
in  darauf,  vor  den  Logen  Galerien  herumzuführen,  wodurch  die 
ihe  der  Architektur  gestört  wird,  weil  diese  die  architektonischen 
»rmen  der  Logen  unangenehm  durchschneiden.  Auch  bieten  sie 
i\  Gelass  für  ein  zahlreiches  Publicum  dar,  das  sich  nicht 
tmer  einfindet,  wodurch  sich  das  Gefühl  eines  leeren  Hauses 
fdrängt. 

„Von  wesentlichem  Einfluss  bei  der  dem  Saal  zu  ertheilenden 
>nn  war  endlich  das  Bestreben,  die  Logen  des  Hofes  so  vortheil- 
ift  wie  möglich  zu  placiren  und  ihnen  die  ihrer  hohen  Bestimmung 
[gemessene  Auszeichnung  zu  geben.  Wenig  Schwierigkeit  macht 
e  Anordnung  der  grossen  Galeiielogen  im  Fond  des  Saales,  aber 
e  Seitenlogen  ganz  in  der  Xähe  des  Prosceniums  liegen  an  der 
tgünstigsten  Stelle.  Ihnen  die  vermöge  ihrer  Lage  so  schwierige 
übersieht  der  Bühne  zu  verschaffen,  ohne  sie  über  die  Sehlinie 
tr  Logen  hinaustreten  zu  lasaen,  war  das  Bestreben,  was  Unter- 
ichneten  bei  der  Einrichtung  derselben  leitete;  diese  Logen  bilden 


—    496    — 

einen  Balcon,  der  mit  dem  dahinter  befindlichen  Salon  em  Gtues 
bildet. 

„Die  gei^enseitige  Abwägung  aller  dieser  Bedingungen  fthrte 
den  Unterzeichneten  auf  die  Wahl  der  Glockenform,  die  foa  I« 
häufig  Torkommenden  Form  der  Lyra  durch  geringere  Liageia 
YerhältnisB  zur  Breite  und  schnelleres  Umbiegen  der  FlOgel  nek 
unterscheidet." 

Der  Semper'sche  Voranschlag  war  auf  die  Hohe  von 
199;800  Thlr.  berechnet,  wozu  dann  die  innere  Einriehtong, 
die  von  der  Generaldirection  auf  50,000  Thlr.  yeranflchlagt 
wurde,  und  die  zu  erwerbenden  Baulichkeiten  kamen, 
die  man  auf  12,000  Thlr.  schätzte.  „Es  ist  jedoch  - 
fügt  Herr  von  Lttttichau  hinzu  —  keinem  Zweifel  ante^ 
werfen  und  bereits  von  meinem  Vorgänger  in  der  General- 
direction und  von  mir  in  mehreren  Vorträgen  auseinander 
gesetzt,  dass  durch  die  grösseren  Räumlichkeiten  und  die 
hierdurch  gewonnene  Möglichkeit,  noch  einmal  so  viel 
Zuschauern  als  bisher  den  Theaterbesuch  möglich  n 
machen,  die  Einnahme  sich  um  ein  Beträchtliches  m- 
mehren  muss,  wie  denn  überhaupt  zu  erwarten  steht, 
dass  bei  gehöriger  Thätigkeit  überdies  noch  von  den 
Königl.  Zuschüssen  jährlich  ein  ansehnlicher  Theil  erspart 
werden  wird.** 

Diese  Erwartungen  sollten  sich  jedoch  nicht  erfüllen 
Insbesondere  stellte  sich  sehr  bald  heraus,  dass  die  An- 
schläge sämmtlich  zu  niedrig  waren.  Durch  Rescript  Tom 
4.  Juni  1840  erhielt  eine  Nachforderung  von  110,000  Thlr. 
über  die  von  den  Ständen  zum  Bau  bewilligten  260,000 
Thlr.  die  Königl.  Genehmigung,  mit  dem  ausdrückUchen 
Zusatz:  „Wir  erwarten  jedoch,  dass  wenigstens  eine 
weitere  Ueberschreitung  dieser  Summe  nicht  stattfinden 
werde,  weshalb  eurerseits  namentlich  auf  Vermeidung 
alles  unnöthigen  und  übermässigen  Luxus  bei  der  inneren 
Ausschmückung  zu  sehen  ist.^  Ganz  konnte  aber  auch 
dieser  Erwartung  noch  nicht  entsprochen  werden,  zu- 
mal an  dem  rein  künstlerischen  Schmucke  des  Gebäudes 
nichts    eingeschränkt    werden   sollte.     Vielmehr   scheint 


gerade  die  Erwägung,  dass  die  HeretpUung  eines  so 
groBsartigen,  kostbaren  Bauwerks  nicht  nur  dem  der- 
maligen  Stande  der  dramatischen  Künste  angenieesou, 
»ndcm  ancb  geeignet  sei,  von  demjenigen  der  bildenden 
KOnste,  die  zu  dieser  Zeit  in  Dresden  ebenfalle  eine 
würdige  Vertrelnng  fanden,  ein  weithin  wirkendes  Zeug- 
tias  abzulegen,  die  Künigliclie  Genehmigung  desselben 
mit  bestimmt  zu  haben. 

Nicbt  volle  drei  Jahre  nach  der  Inangriffnahme  des 
Baues,  welcher  sich  trotz  verBchiedener  kleiner  Mängel  im 
Ganzen  als  ein  Meisterwerk  der  modernen  Architektor  nnd 
»l8  eine  ganz  originale  Lösung  der  hier  vorliegenden  schwie- 
rigen und  complicirten  Aufgabe  darstellte,  indem  er  den 
Zweck,  sowie  die  innere  Gliederung  des  Baues  nach 
■nssen  hin  in  cbarakteristisuber  und  dabei  idealer  Weise 
nr  Anschauung  brachte,  war  es,  wie  Gottfried  Semper 
(in  seinem  Werke :  Das  Dresdner  Hoftheater)  sich  selbst 
besclieidend  ausdrückt:  „dem  unermüdlichen  Eifer  des 
Herrn  von  LUttieliau  bei  der  Vorbereitung  und  seiner 
eiaäcbtsrollen,  besonnenen  Thätigkeit  bei  der  oberen 
Leitung  des  Werkes  gelangen,  dasselbe  vollendet  dem 
Publicum  eröffnen  zu  können."  Die  Acten  über  diesen 
Oegeostand  beweisen  auf  das  Ueberzengendste,  dass  er 
•lieiin  kein  Wort  über  die  Wahrheit  gesagt.  LUttichau 
liat  die  Pläne  und  Wunsche  Semper's  in  jeder  Weise 
geflJrdert,  flJr  ihre  Ausführung  von  allen  Seiten  her  die 
erforderlichen  Mittel  herbeigeschafft,  er  bereiste  selbst  mit 
ibm  Erankreich  nnd  Italien,  um  jede  Verbesserung  im 
Theaterbau  in  Betracht  zu  ziehen.* 

Die  Ausführung  der  Maschinerie  war  dem  in  diesem 
Fache  berühmten  Maschinisten   des  GrossherzogL  Mann- 

'  Wahrend  geiner  Abwesenheit  (vom  1.  December  I83B  bis 
I.  ApiU  1839)  wurde  auf  Königlithen  Befehl  die  Oberleitung  des 
'Vettere  iam  UberkolmBracliall  von  Reitzenätein,  die  Leitung  der 
Adnütiieirstioii  aber  ohne  Concurrenz  des  Hufmaricliallamtcs  dem 
fl»h»lh  Theodor  Winkler  nliertragen. 

3S 


—    498    — 

heimer  Theaters  Mtthldörfer  und  die  Einrichtung  der 
Gasbeleuchtung  dem  bewährten  Inspector  Rudolf  Bloch • 
mann  anvertraut  worden^  der  auch  den  Kronleuchter 
nach  speciellen  Zeichnungen  Semperas  ausftlhrte.  Die 
Decorationen  wurden  theils  von  den  Decorationsmalen 
Söchan,  Feuchöre  jun.  und  Desplechin  in  PariB,theib 
von  Gropius  in  Berlin  und  von  dem  EönigL  Hoftheater- 
maier  Arragoni  geliefert.  Desplechin  und  Dieterle 
(in  Paris)  wurden  auch  mit  der  Anfertigung  desZwischen- 
YorhangSy  mit  der  Decoration  der  Decke  und  des  Pro- 
sceniums  beauftragt^  Prof.  Jul.  Httbner  in  Dresden  mit 
der  Ausführung  der  Hanptgardine.  Der  Hauptgegenstand 
dieser  letzteren  war  dem  Prologe  von  Tieck's  Küaer 
Octavianus  entnommen.  Unten  war  er  mit  einem  Fiieee 
verziert;  auf  weichem  Figuren  der  berühmtesten  classischen 
Stücke  in  fortlaufender  Beihe  angebracht  waren.'  Mit 
den  Malereien  der  Königl.  Logen  und  des  Foyers  waren 
die  Professoren  Peschel  und  Richter,  der  Hofinaler 
Oehme  und  der  Maler  Bolle  betraut,  die  übrige  Deco- 
rationsmalerei des  Hauses  aber  den  Decorationsmalem 
Fr  eye  und  Reisner  übertragen  worden. 

Der  äussere  plastische  Schmuck  des  Hauses  sollte  deo 
Bildhauern  und  Professoren  Hänel  und  Rietschel  Gele- 
genheit bieten,  ihren  künstlerischen  Ruf  zu  vermehren.  Der 
Erstgenannte  war  mit  der  Anfertigung  eines  grossen,  die 
Rückseite  des  Gebäudes  zierenden  Frieses  beauftragt  worden; 
welcher  in  einem  Bacchantenzug  das  kräftige  thätige  Leben 
mit  der  Tendenz  der  Heiterkeit  und  des  Vergnügens  dir- 
stellte.  In  der  Mitte  Herkules  auf  einem  von  Panthern 
gezogenen  Wagen,  begleitet  von  Eros  und  Phantasus,  um- 
geben von  Grazien  und  Musen.    Rechts  und  links  Gmppen 

'  Die  gelieferten  Arbeiten  der  französischen  Maler  beliefen 
sieb  auf  20,819  Tblr.  23  Gr.,  die  von  Gropius  auf  5306  Thlr.  17  Gr. 
die  von  ArrajL'oni  auf  22 U  Tblr.  14  Gr.,  die  des  Prof.  Hübner  laf 
2798  Tblr.  17  Gr. 


-    499    — 

von  CentaureD;  hier  einen  mit  seinem  Ziegenbock  scherzen- 
den SatyT;  dort  Sjlen  auf  dem  Esel  umspringend.^ 

Rietschel  erhielt  den  Auftrag,  die  zu  beiden  Seiten 
des  Gebäudes  befindlichen,  den  Einfahrten  zu  den  Eönig- 
ticben  Logen  entsprechenden  Giebelfelder  mit  plastischem 
Schmuck  zu  versehen.  In  dem  einen  stellte  er  von  einem 
Adler  getragen  die  Musik  auf  den  Schwingen  der  Be- 
geisterung emporschwebend  dar.  Ihr  zur  Seite  links  die 
idyllisch  heitere,  rechts  die  kriegerische  Musik,  jene  durch 
ein,  ihren  jugendlichen  Phantasien  nachhängendes  Mädchen, 
diese  durch  einen  jungen  Krieger  versinnlicht,  dem  die 
Geliebte  das  Schwert  umgürtete.  In  dem  anderen  erblickte 
man  die  tragische  Muse,  umgeben  von  Gruppen  aus  der 
Mythe  des  Orest.  Rechts  drei  Furien,  von  denen  die  eine 
aufgeschreckt  wird,  die  andere  sich  schon  zur  Verfolgung 
emporrafft,  die  dritte  den  Dolch  hebt  —  dann  Leidtragende, 
Klytemnestra  und  Aegisth  erschlagen.  Links  Orest,  der 
sich  zu  Apollo  und  Minerva  geflüchtet,  sowie  die  Aeropagen.* 

Auch  von  den  für  die  Nischen  des  unteren  Rundbaues, 
in  welchem  die  vordere  Seite  des  TLeatergebäudes  der  An- 
ordnung des  inneren  Zuschauerraumes  entsprechend  äusser- 
lich  abschloss,  bestimmten  8  Standbildern  der  berühmtesten 
dramatischen  Dicliter  und  Musiker  (Goethe,  Schiller,  Shake- 
speare, Moliere,  Sophokles,  Aristophanes,  Mozart  und  Gluck) 
wurden  je  vier  an  diese  beiden  Künstler  vergeben,  wo- 
gegen die  4  allegorischen  Figuren,  welche  die  Nischen 
der  hinteren  Seite  des  Gebäudes  schmücken  sollten,  dem 
Bildhauer  Selig  anvertraut  worden  waren. 

Was  die  Decoration  des  Zuschauerraumes  betrifflt,  so 
war  die  vorherrschende  Farbe  der  Constructionstheile  weiss 
mit  Goldgliederungen,  die  Füllungsverzierungen  der  Brust- 
lehnen aber  in  einem  sanften  Blau  auf  grauweissem  Grunde 
gehalten.    Die  Hintergründe  und  Draperien  der  Logen  und 

"  Der  dem  Künstler  dafür  gewährte  Preis  betru«»  6000  Thaler. 
•  Der  Preis  für  diese  beiden  Werke  war  auf  12,000  Thaler  fest- 
gestellt worden. 


—    500    — 

des  ProBceniams  sowie  die  Pltischpolster  der  BrnstlehiieB 
und  Bänke  waren  purpnrroth. 

Der  Ban  stellte  sieh  naeh  allen  Seiten  als  ein  Werk 
von  monumentaler  Bedeutung  dar,  das  seinem  Gründer 
und  Erbauer;  dem  König  Friedrich  August^  das  sdnei 
Förderern,  den  daran  thätig  gewesenen  Ettnstlem,  sowie 
dem  sächsischen  Lande  und  seiner  Hauptstadt  xu  Rului 
und  zu  Ehre  gereichte. 

Am  31.  März  war  die  letzte  Vorstellung  im  alten  kleinen 
Theater.    Es  war  kein  schönes  Gebäude.     „Ich  wttsifte 
kaum  —  sagt  Caroline  Bauer  (Aus  meinen  Btthnenerieb- 
nissen)  dass  ich  jemals  ein  hässlicheres  altes  Komödiei- 
haus  gesehen  hätte.  —  Aber  wie  spielte  es  sich  in  diese« 
kleinen ;   engen ,  schmucklosen  Hausei    So  tranlich,  » 
natürlich,  so  ungeschminkt !   Wir  waren  da  mit  dem  nn- 
geputzten  Publicum,  gleichsam  unter  uns,  im  Hauskleid  nnd 
wie  zu  Hause.  Jede  Unnatur,  jedes  manierirte  Pathos,  jede 
Effecthascherei  wären  in  diesem  Hause  geradezu  Iäche^ 
lieh  geworden."  —  Man  fühlte  es  wohl  —  die  neuen,  e^ 
weiterten,  glänzenden  Verhältnisse  hatten  auch  ihr  Ge- 
fährliches —  besonders  fär  denjenigen  Theil  der  Schaa- 
Spielkunst,  den   man   in   letzter  Zeit   hier    zu  so  hoher 
Blüthe  gebracht,  für  das  Lustspiel  und  Gonversationsstück 
Man  fühlte,  dass  man  verändert  einem  veränderten  Publicom 
gegenübertreten  würde,  dass  selbst  die  gleichen  LeiBtongefi 
durch    den  veränderten  Rahmen    eine   andere  Wirkoog 
ausüben   müssten.     Musste  sie  aber  darum  unter  allen 
Umständen  eine  tiefere  sein?   Man  blickte  auf  eine  schöne, 
reiche  y  in  vieler  Hinsicht  grosse  Vergangenheit  zorttck, 
und  man  frug  sich  wohl  heimlich,  ob  auch  die  Zukunft 
den  durch  den  neuen  künstlerischen  Apparat  gesteigerten 
Erwartungen  durchaus  entsprechen  könne   und  werde? 
Ein  neuer  Geist,  das  fühlte  man  wohl,  ging  durch  die  Zeit 
Er  hatte  schon  in  den  letzten  Jahren  sich  zu  regen  be- 
gonnen —  fühlte  man  etwa  auch,  dass  dieser  Geist  dem  6^ 
deihen  der  Kunst  mehr  feindlich  als  förderlich  werdenkönnte? 


—    501     — 

Am  31.  März  warde  das  alte  Theater  mit  Lessing's 
^Minna  von  Bamhelm^  und  einem  tod  dem  greisen  Bar- 
meister ergreifend  gesprochenen  Epiloge  geschlossen ,  am 
12.  April  das  neue  Hans^  mit  ansdrttcklicher  Königlicher 
Genehmigung;  mit  einem  Prologe  nnd  Goethe's  „Tasso'^  er- 
öffnet Die  erste  Errungenschaft  der  Uebersiedelang  war 
also  das  öffentliche,  auch  in  dem  Schmucke  des  neuen  Ge- 
bäudes sich  anssprechende  Anerkenntnisse  dass  hier  der 
dramatischen  Dichtkunst  als  der  Grundlage  der  ganzen 
dramatischen  Kunst  der  Vortritt  gebtthre.  Dieses  Aner- 
kenntniss  wog  hier  um  so  schwerer,  wo  so  lange  die  Oper 
ausschliesslich  geherrscht  oder  doch  noch  den  Vorrang 
behauptet  hatte.  Es  erschien  als  eine  glückliche  Vorbe- 
deutung fUr  die  Entwicklung  der  dramatischen  Kunst  im 
neuen  Gebäude. 


Das  Schauspiel  unter  Eduard  Devrient  und 

Karl  Gutzkow. 


Eröffnimg  des  neuen  Theaters. — AnsteUung  Eduard  Defrienfs.  - 
Dessen  Regle.  —  Zerwfirfnisse  mit  Emil  Deyrient.  —  Nene  E^ 
Werbungen  und  Repertoire.  ~  Anstellung  Gutzkow's.  —  Ter- 
hältnlss  zu  Eduard  Deyrient.  ~  Dessen  Regie.  —  5eie  fi^ 
Werbungen  und  Repertoire.  —  Kttndigung^Gutzkow's.  —  Festfeicr 
des  hundertjährigen  Geburtstages  Goethe's. 

Die  Festvorstellung,  mit  welcher  das  neue  Theater 
am  12.  April  1841  eröffnet  wurde,  hatte  fast  Alles,  was  die 
Residenz  an  hervorragenden  Persönlichkeiten,  an  glänzen- 
den Namen  besass,  in  seinen  Räumen  vereinigt.  Die  Vor- 
stellung wurde  mit  einem  von  Theodor  Hell  gedichteten 
Prologe,  in  welchem  Personen  des  Tieck'sch^n  Prologs  zu 
Kaiser  Octavianus  aufgenommen  worden  waren,  eröflnet.* 
Er  schloss  mit  einem  Zuge  von  Hauptgestalten  der  grössten 
dramatischen  Dichter  undOpemcomponisten.*    Nach  dem 

'  Personen  waren:  Der  Baumeister  —  Pauli,  die  Liebs  —  Den»- 
Bauer,  der  Glaube  —  Schöpe,  die  Tapferkeit  —  Dem.  Berg,  der  Sehen 
—  Franziska  Schöler,  ein  Hirtenmädchen  —  Dem.  Anschüti,  die 
Romanze  —  Mad.  Schröder-Devrient,  der  Dichter  —  Emil  Devrient. 

'  Mephistopheles  und  Martha  —  Koch  und  Mad.  Drewitz,  Teil 
und  Frau  —  Dittmarsch  und  Mad.  E.  Devrient,  Fallstaff  und  Prim 
Heinrich  —  Keller  und  Böhme,  Nathan  und  Tempelherr  —  Porth 
und  Ilellwig,  Oberförster  und  Frau  —  Werdy  und  Frau,  Bürgermeister 
Staar  mit  Mutter  —  Burmeister  und  Mad.  Hartwig,  Iphigenie  and 
Orcst  —  Mad.  Wächter  und  Mitterwurzer,  Fidelio  und  Fiorestin  — 
Dem.  Wüst  und  Ascher,  Don  Juan   und  Zerline  —  Wichter 


—    503    — 

Fallen  der  von  Httbner  gemalten  Hanptgardine  leitete  die 
Jubelouvertüre  von  C.  M.  v.  Weber  die  Darstellung  von 
Goethe's  „Tasso^  ein^  dessen  Besetzung  folgende  war: 
Alphons  —  Heckscher,  Leonore  —  Dem.  Bauer,  Leonore 
Sanvitale  —  Dem.  Berg,  Tasso  —  Emil  Devrient,  Antonio 
—  Porth.   Am  nächsten  Tage  wurde  „Euryanthe"  gegeben. 

Nach  dem,  was  die  Generaldirection  für  die  festliche  Er- 
öffnung des  neuen  Gebäudes  gcthan,  muss  es  billig  be- 
fremden, dass  sie  nicht  im  Mindesten  dafür  gesorgt  hatte, 
zur  Nachfeier  dieses  Ereignisses  Dichtung  und  Musik  der 
eigenen  Zeit  mit  heranzuziehen.  Weder  an  die  Darstellung 
eines  neuen  deutschen  Dichtungswerkes,  noch  einer  neuen 
deutschen  Oper  war  gedacht  worden.  Die  erste  Novität, 
welcher  wir  auf  dem  Gebiete  des  Trauerspiels  im  neuen 
Hause  begegnen,  ist:  „Der  Ritter  von  Rhodus"  vom  Fürsten 
Lynar,  einer  wohl  gut  gemeinten,  aber  sehr  dilettantischen 
Arbeit.  Das  erste  Schauspiel:  Jarvis,  war  von  Lafont 
(einem  Franzosen),  das  erste  Lustspiel:  Bob  oder  die  Pulver- 
versphwörung,  ebenfalls  aus  dem  Französischen,  die  erste 
Ope. :  Ilgiuramento  vonMercadante,  also  von  einem  Italiener. 
Ueberhaupt  entwickelte  die  Regie  nach  dieser  Seite  hin 
einen  fast  noch  nicht  dagewesenen  Mangel  an  Thätigkeit, 
wofür  ich  auf  die  Statistik  der  Novitäten  hinweise.  Eine 
äussere  Ursache  dazu  lag,  was  die  Oper  betrifft,  in  den 
Verlusten,  welchen  dieselbe  in  diesem  Jahre  durch  den 
Tod  Morlacehi's  und  Rastrelli's  zu  erleiden  hatte,  wogegen 
das  ebenfalls  in  dieses  Jahr  fallende  Ausscheiden  Tieck's 
wohl  weniger  in  Anschlag  zu  bringen  ist,  da  dieser  sich 
schon  seit  länger  fast  ganz  von  den  Angelegenheiten  des 
Theaters  zurückgezogen  hatte. 

Tieck  sollte  in  diesem  Jahre  den  schwersten  Verlust 
seines  Lebens,  den  Verlust  seiner  geliebten  Tochter  Dorothea 


Mad.  Schubert,  Oberon  und  Puck  —  Schuster  und  Dem.  Pecci,  iTanhoe 
und  Rebekka  —  Tichatscheck  und  Mad.  Mitterwurzer,  Cortez  und 
Amaaili  —  Babnigg  und  Dem.  Marx. 


—    504    — 

erleiden.  Der  Eindruck  war  pin  ganz  t'nrclitbtirer. 
Btarr,  thränenlos  —  sagt  Köpke,  —  oline  ein  Wort  odfr 
irgend  einen  Laut  zn  finden,  verbarg  er  sich  in  dem  enl- 
legensten  Zimmer.  Keinen  Menschen  wollte  er  sehen, 
keinen  Zuspruch  hören;  die  Stunden,  Tng  und  Nscht, 
gingen  gleichgültig  nnd  unbemerkt  an  ihm  vorüber.  Für 
seine  Umgebung  hatte  dieses  etumpfe  HinmtarreD  etwas 
SehreckenerregendeB,  —  Am  Tage  der  Beerdignng  Über 
sandte  die  Königin  einen  reifhen  Blnmeakranz.  Als  man 
ihm  davon  Nachricht  gab,   fand  er  die  erstpu  Tbränen." 

Wenige  Tage  nach  dem  Tode  ertbigte  eine  £inladaiig 
seines  Königlichen  Freundes  aus  Berlin,  den  Sommer  in 
Potsdam  zuzubringen.  Später  ward  ihm  auch  noch  die 
Aufforderung  zu  einer  völligen  Ueheraiedelnng.  Tieck 
erbat  und  erhielt  seine  Entlassung  (1  Oct.  1843).  Was  hUte 
ihn  wohl  in  Dresden  noch  halten  können? 

Fast  unmittelbar  nach  diesem  Ereignisse  wurde  aHcb 
schon  an  die  Wiederbesetzung  seiner  Stelle  gedacht. 
Man  hatte  die  Noth  wendigkeit  einer  Vertretung  der 
literariBch-ästhctiscben  Interessen  wahrscheinlich  schon 
frflher  gefühlt,  dem  aber  aus  Rücksicht  auf  Tieck  keine  Fol^ 
gegeben.  Dittmarsch,  wie  nützlich  auch  immer  in  Dingen  der 
blossen  Verwaltung,  war  derartigen  Forderungen  in  kemrr 
Weise  gewachsen.  Hofrath  Winkler,  in  dessen  ObliegCDhcit 
es  nach  seiner  Instruction  zwar  gelegen  hätte,  würde,  selbst 
wenn  er  dafUr  hinreichend  fähig  gewesen  wäre,  die  dain 
nöthige  Zeit  nicht  gefunden  haben.  Der  Blick  fiel  anf 
Eduard  Devrient,  der  damals,  und  zwar  ohne  irgend 
eine  Aussicht  auf  Erfolg,  eine  ähnliche  Stellung  in  Berlio 
erstrebte.  Es  scheint,  dass  sein  Bruder  Emil  um  die  mil 
ihm  eingeleiteten  Unterhandlungen  gar  nicht  gewnsH, 
sondern  erst  später  davon  ertulir.  Schon  am  6.  Juli  184S 
kam  er  in  Folge  derselben  zu  einem  Gastepiole  na^ 
Dresden,  welches  sein  lebenslängliches  Engagement  i 
1.  Januar  1844  an  zur  Folge  hatte;  es  verpHiehtete  ilU 
gegen  ein  jährliches  Gehalt  von  2600  Thaler,  snawr  1 


—    505    — 

semer  schauspieleriachen  Thätigkeit  aach  noch  zar  lieber- 
nähme  der  Oberregie.  Liess  der  Gontract  in  Bezug  anf 
letztere  anch  beiderseits  Kündigung  zu,  so  schützte  er 
Deyrient  doch  vor  jeder  Kflrznng  jenes  Gehalts. 

Eduard  war  der  mittlere  der  uns  bekannten  dreiBrttder, 
nicht  so  reich  wie  Karl  und  Emil  von  der  Natur  mit  schau- 
spielerischen  Mitteln  und  Anlagen  begabt^  aber  von  einer 
umfassenden  Bildung;  die  ihn  zu  einer  fast  gleichmässig 
bedeutenden  Stellung  als  Schauspieler,  Sänger  wie  als 
Schriftsteller  befähigte.  Im  Besitz  einer  angenehmen  Bari- 
tonstimme;  bildete  er  sich  unter  Zelter  zum  Sänger  aus, 
betrat  1819  in  Gluck's  Alceste  am  Berliner  Hoftheater  zum 
ersten  Male  die  Bühne ,  errang  sich  dort  eine  heryorragende 
SteUung  als  Sänger,  bis  ihn  ein  Halsleiden  nöthigte,  sich 
dem  Schauspiele  zuzuwenden.  Das  Fach  der  Liebhaber 
und  jugendlichen  Helden ,  welches  er  wählte,  eignete  sich 
aber  wenig  fUr  ihn.  Es  fehlte  dazu  seiner  Sprache  an 
seelischem  Ausdruck,  seiner  Erscheinung  und  seinem  Vor- 
trag an  Schwung  und  an  Glanz.  Der  Uebertritt  in  das  Fach 
der  Charakterrollen,  obgleich  bloss  ein  nothgedrungener, 
wmr  aber  nicht  nur  ein  angemessener,  sondern  ermöglichte 
eist  seine  Berufting  nach  Dresden,  wo  er  nach  Lüttichau's 
Meinung  in  verschiedenen,  seit  Karl  Deyrient's  und  PauH's 
AngBcheiden  noch  nicht  wieder  glücklich  besetzten  Rollen 
Ersatz  bieten  sollte,  was  bei  aller  Tüchtigkeit  dieses  schon 
dwch  seine  Bildung  interessirenden  Darstellers  übrigens 
nicht  ganz  in  dem  erwarteten  Masse  der  Fall  war.  Er 
besass  hierzu  weder  die  Genialität  des  ersten,  noch  die 
nmtnrwttchsige  Kraft,  den  behaglichen  Humor  des  zweiten. 
In  ihm  war  der  künstlerische  Verstand,  die  künstlerische 
Reflexion,  als  Ersatz  für  den  Mangel  einer  bedeutenderen, 
unmittelbar  schaffenden  Gestaltungskraft,  in  einem  Masse 
entwickelt»  dass  selbst  noch  in  seinen  besten  Leistungen 
ein  Rest  yon  künstlerischer  Absichtlichkeit  fühlbar  wurde, 
welcher  erkältete  und  störte.  Einem  so  scharf  beobach- 
tenden Geiste  konnte  dies  selbst  nicht  verborgen  bleiben. 


—    506    — 

Er  wQsste  sich  aber  damit  abzufinden^  indem  er  die  Ge- 
nialität^ die  er  schlechthin  mit  ihren  Ausschreitongen 
verwechselte;  als  die  Qaelle  alles  Unheils  tfüi  die  Ent- 
wicklung der  Schauspielkunst  ansah  und  das  wahre 
Gedeihen  derselben  einzig  und  allein  von  dem  gewissen- 
haften Fleisse  des  mittleren  schauspielerischen  Talents  ab- 
hängig machte.  Dies  führte  zu  der  principiellen  Begünsti- 
gung der  Mittelmässigkeit;  an  welcher  jetzt  so  viele  Thet- 
ter  leiden^  weil  sie  allerdings  das  ungleich  Bequemere  ist 
Die  Instruction  des  neuen  Oberregisseurs  unterschied 
sich  nur  wenig  von  derjenigen  Tieck's.  Doch  war  seine 
Autorität  eine  grössere^  weil  sie  Schauspieler  und  Beamte 
des  Theaters  seinen  Anordnungen  unmittelbar  unterstellte. 
Auch  legte  sie  ihm  in  Bezug  auf  die  äussere  Einrich- 
tung der  Stücke  und  die  Abhaltung  der  Proben  noch 
grössere  Verpflichtungen  auf.  Schon  nach  zwei  Jahren 
trat  aber  Eduard  Devrient  von  dieser  Stellung  wieder 
zurück,  die  er  mit  allgemeiner  Anerkennung  vertreten 
hatte.  Der  Grund  war  der  Widerwille,  welchen  sein 
Bruder  Emil  seiner  Amtsthätigkeit  entgegensetzte.  Viel- 
leicht wurde  dieser  genährt  durch  ein  etwas  pedantisches 
Verfahren  in  Nebendingen,  sowie  durch  ein  zu  starres  Fest- 
halten an  individuellen  Auflassungen,  die  denen  seines 
Bruders  widersprachen.  Indess  würde  wohl  auch  eine 
grössere  Nachgiebigkeit  nichts  genützt  haben,  da  Emü 
überhaupt  keine  Autorität  über  sich  dulden  wollte,  am 
wenigsten  die  eines  Bruders,  dem  er  sich  noch  dazo  ab 
Darsteller  weit  überlegen  glaubte.  Ganz  ohne  Schuld  war 
bei  diesem  Rücktritte  Eduard  aber  auch  nicht.  In  seiner 
übergrossen  Empfindlichkeit  machte  sich  ebenfalls  etwas 
von  dem  Geiste  des  Virtuosenthums  geltend,  das  er  in 
seinem  Bruder  bekämpfte,  und  eine  gewisse  Rücksichts- 
losigkeit gegen  die  von  ihm  übernommenen  Verpflichtungen. 
Ed.  Devrient  selbst  äussert  sich  über  diese  Verhältnisse  in 
folgender  Weise:  ^Bald  wuchsen  die  Differenzen  zwischen 
beiden  Brüdern  Devrient.   Eduard  war  verpflichtet,  das  G^ 


—    507    — 

sammtinteresse  zn  wahren^  Emil  vertrat  unverhohlen  das 
moderne,  virtuose  Sonderinteresse.  Die  Principien  der  alten 
und  der  neuen  Kuust  stellten  sich  hier,  in  zwei  Brüdern 
persönlich  geworden,  feindlich  gegenüber.  —  Der  Kampf 
brauchte  nicht  völlig  zwei  Jahre,  um  entschieden  zu  sein. 
Einen  Compromiss  mit  den  persönlichen  Interessen  eines 
einzelnen  Mitgliedes  —  und  wären  es  auch  die  des  Ge- 
feiertsten und  die  eines  Bruders  —  durfte  Eduard  nicht 
eingehen,  ebenso  wenig  durfte  er  den  Aufforderungen  seiner 
Freunde  folgen  und  den  gerechten  Kampf  gegen  den,  alle 
Rücksicht  verschlingenden  Dämon  der  KUnstlerselbstsucht 
durchführen,  weil  der,  den  dieser  Dämon  ergriffen  hatte, 
der  Bruder  war."  —  Alle  Ausgleichsbemühungen  Lüt- 
tichau's  waren  vergeblich;  Eduard  Devrient  legte  im 
Februar  1846  die  Oberregie  nieder  und  zog  sich  auf  seine 
Schauspielerthätigkeit  und  das  ihm  aufgedrungene  Amt 
eines  dramaturgischen  Beiraths  zurück. 

Emil  Devrient  hatte  allerdings  seine  Stellung  am 
Dresdner  Theater  inzwischen  zu  einer  ganz  dominiren- 
den  gemacht.  Es  scheint  seine  Schauspielerpolitik  ge- 
wesen zu  sein,  kleine  Forderungen  zu  vermeiden,  lange 
ein  vornehm  höfliches,  zuweilen  selbst  liebenswürdiges  Be- 
tragen einzuhalten,  um  seinen  Chef  dann  plötzlich  in 
herausfordernder,  ja  selbst  unehrerbietiger  Weise  mit 
grossen  Forderungen  und  Beschwerden  zu  überfallen  und 
einzuschüchtern.  Das  geschah  denn  auch  wieder  ge- 
legentlich einer  Urlaubsreise  nach  St.  Petersburg  im  Jahre 
1842,  zu  welcher  ihm  Lüttichau  noch  14  Tage  ausser 
dem  ihm  contractlich  zugesicherten  Urlaub  von  3  Monaten 
ertheilt  hatte.  In  einer  mit  mannichfachen  Klagen  üVer 
zu  geringe  Anerkennung,  über  Ausnutzung  seines  Talents, 
über  die  Gesunkenheit  des  Dresdner  Theaters  und  die 
Ungesundheit  des  Dresdner  Theatergebäudes  erfüllten 
Briefe  bat  er  um  eine  Verlängerung  des  Urlaubs  um 
noch  weitere  6  Monate,  allerdings  mit  entsprechender 
Verzichtleistung    auf  seinen   Gehalt.     Der   ganze  Brief, 


—     508     — 

noch  mehr  alier  die  folgende  Cnrrespondenz  scliii-n  I 
darauf  angelegt,  LUtticlia«  zü  reizen,  um  denselben  hier- 
durch in  eine  Art  von  Unreclit  zu  vcraeUen  und  einen 
Anlass  zn  seiner  Entlassung  aus  seinem  auf  LfbengEeil 
lautenden  Gontracte  gewinnen  zu  können. 

Es  ist  liier  nicht  Raum,  diese  lUr  die  Theaterge- 
flchichte  sehr  interessanten  Briefe  mitzatheileu;  ii-b  mna 
mich  vielmehr  nur  auf  die  Mittheilung  beschranken,  difl 
Luttichau  dem  aggressiven  Benehmen  Dement's,  welchH 
auf  nichts  Anderes  hinauslief,  als  neue,  vortlieilhafte  B^ 
dingungen  zu  ertrotzen,  Langmuth  und  Festigkeit  ent- 
gegenstellte, dass  er  seine  persönliche  Gereiztheit  gant 
untcrdrilekte,  um  dem  Theater  einen  von  ihm  hoch  ge- 
schätzten Künstler  zü  erhalten  und  andererseits  doch  aocli 
dem  Könige  zu  grosse  Opfer  nicht  aufzuerlegen,  hewn- 
ders  aber  Bedingungen  zu  vermeiden,  welche  dem  Ge- 
deihen des  Ganzen  zuwiderliefen,  Devrient  forderte  di* 
Erhöhung  seines  damals  freilich  noch  massigen  Gebih* 
von  2200  Thlr.  auf  3000  Thlr.  und  das  Recht,  sdaai 
Urlaub  von  3  Monaten  auf  5  Monate  ausdehnen  zn  dflt- 
fen,  mit  Verzichlleistung  jedoch  des  Gehalts  ftlr  die  leg- 
ten zwei  Monate.  Luttichau  strUubte  sich  eigentlich  Dor 
gegen  die  zweite  Bedingung.  Er  sah  das  Verderblich* 
dieser  langen  Urlaube  vollkommen  ein,  Aber  wie  luigt 
er  sich  dagegen  auch  wehrte,  so  hatte  er  doch  nicht  dfl 
Muth,  es  auf  den  Bruch  mit  dem  bei  Hofe  wie  bti 
dem  Publicum  so  beliebten  und  auch  von  ihm  selhot  für 
unentbehrlich  erachteten  Darsteller  ankommen  zn  tasws, 
nnd  Alles,  was  er  nach  langen  Kämitfen  erreichte, 
war  nur,  dass  Devrient  jene  2  Monate  nicht  unter  aDfn 
Umständen,  sondern  bloss  bei  Reisen  nach  enttenilere> 
Gegenden  in  Anspruch  nehmen  durfte. 

So  geringschätzig  Emil  Devrient  auch  ober  den  d«- 
maligen  Zustand  des  Dresdner  Theaters  in  seinen  Briefe» 
nrtheiltc,  mit  welcher  Verächtlich keit  er  darin  von  Dl^ 
fltellern  wie  Wejmar  und  Ueckscher  sprach,  bo  hatte  n>k 


—    509    — 

doch  gerade  damals  die  idealistische  Bichtnng  an  einer 
neuen  BIttthe  in  Dresden  entfaltet,  die  sich  unter  der 
Regie  Eduard  Devricnt's  noch  weiter  entwickelte.  Letzterer 
hat  um  das  harmonische  Zusammenspiel,  welches  sich  im 
ConversationsstttckC;  im  Lustspiele;  ja  selbst  im  Drama 
des  hohen  Styls  lierausbildete,  so  lange  dieses  nicht  eine 
zu  grosse  Vertiefung  der  Charakteristik;  einen  gewaltigeren 
Ausdruck  der  Leidenschaft  forderte,  sich  ohne  Zweifel 
grosse  Verdienste  erworben. 

Einen  wesentlichen  Antheil  daran  hatte  Marie  Bayer, 
Tochter  des  beliebten  Schauspielers  Bayer  in  Prag, 
welche  bereits  1839  und  1840  mit  grossem  Beifall  in 
Gastrollen  aufgetreten  und  seit  1.  August  1841,  von 
Hannover  kommend,  engagirt  worden  war.  Ihr  noch  in 
der  Entfaltung  begriffenes  Talent  (sie  war  erst  19  Jahr 
alt)  sollte  sich  rasch  zu  einer  Schönheit  entwickeln,  welche 
ne  lange  zu  einem  Vorbilde  jugendlicher  Darstellerinnen 
nachte.  Sie  bot  das  nur  noch  vollendetere  Seitenstttck 
zn  Emil  Devrient  dar.  Sie  besass  all  seine  Vorzüge, 
ohne  doch  seine  späteren  Schwächen  zu  theilen.  Wie 
ihm,  war  zwar  auch  ihr  die  Kraft  genialer  charak- 
teristischer Gestaltung,  der  Ausdruck  gewaltiger  Leiden- 
schaften versagt,  sie  besass  aber  eine  noch  grössere 
Innigkeit  und  Wärme  der  Empfindung.  Ihre  Vortrags- 
weise neigte  sich  ebenfalls  etwas  einem  rhetorischen 
Pathos  und  musikalischen  Wirkungen  zu,  sie  liess  sich 
aber  niemals  dazu  verleiten,  mit  diesen  zu  spielen.  ILr 
ganzes  Wesen  war  eben  Wohllaut  und  Harmonie,  das 
Ideal  deutscher  Jungfräulichkeit.  Ihre  Cordelia,  Marie 
Beaumarchais,  Ophelia,  Judith  (üriel  Acosta),  Thekla, 
Viola,  Leonorc  waren  entzückende  Gebilde.  In  den 
Stücken  der  Prinzessin  Amalia,  in  den  gesellschaftlichen 
Dramen  Gutzkow's,  in  vielen  Stücken  der  Birch-Pfeiffer, 
die  hier  überliaupt  sämmtlich  eine  vorzügliche  Darstellung 
ianden,  war  sie  vortrefflich.  —  Als  sie  im  Jahre  1848 
auf  die  Anerbietnngen  hin,   die  ihr  von  Berlin  gemacht 


—    510    — 

wurden^  eine  Erhöhung  ihres  Gontractes  auf  3000  TUr. 
forderte  (sie  hatte  bisher  nur  2200  Thlr.),  befürwortete 
dies  Lttttiehau  bei  dem  Könige  mit  der  Bemerkung,  da» 
Fräul.  Bayer  sich  jetzt  allerdings  auf  einer  Höhe  befinde, 
die  sie  in  ihrem  Fache  zur  ersten  Darstellerin  Dentscb- 
lands  mache^  und  er  nicht  bezweifle^  dass  sie  von  anderen 
Theatern  leicht  noch  glänzendere  Bedingungen  erreichen 
könnC;  daher  er  im  Allgemeinen  ihre  Forderungen  nur  zn 
unterstützen  vermöge.* 

Auch  die  tiefe  Lücke,  die  fast  gleichzeitig  Panli's 
Tod  in  das  Ensemble  gerissen  hatte  und  die  nie  wieder 
völlig  ausgefüllt  worden  ist,  wurde  1842,  nachdem  ein 
Versuch,  Theodor  Döring  in  Stuttgart  zu  gewinnen,  ge- 
scheitert war,  durch  Aug.  Ludw.  Quant  er,  geb.  1805 
zu  Berlin,  einen  Schauspieler  von  Bildung  und  trefflicher 
Schule,  wenigstens  theilweise  und  annähernd  ergänzt,* 
während  durch  Eduard  Devrient  diejenigen  Rollen,  die 
Repräsentation  forderten  und  von  Pauli  meist  ungenügend 
vertreten  worden  waren,  sogar  noch  gewonnen  hatten. 

Einen  noch  schwierigeren  Stand  sollte  dagegen 
das  jugendliche  Talent  Gabriele  Allram's  finden,  welche 
die  mit  Ende  1842  ausscheidende  Doris  Devrient  mit  zu 
ersetzen  hatte.     Sie  begann  ihre   theatralische  Laufbahn 

'  In  der  Tiiat  ist  es  nicht  sowolil  die  Anmassung  der  Künstler, 
als  der  Ehrgeiz  der  Theaterdirectoren  gewesen ,  was  zu  jener  Zeit 
die  Gehalte  so  sehr  in  die  Höhe  schraubte.  Fräul.  Üayer  konnte? 
damals  Lüttichau  einen  Berliner  Brief  zeigen,  in  welchem  ihr  ge 
schrieben  wurde,  sie  solle  fordern,  was  sie  nur  wolle,  sie  dürfe  «i 
Annahme  rechnen,  und  Tichatscheck  behauptet  in  einem  Briefe  an 
Lüttichau  v.  J.  1819,  dass  ihm  von  Berlin  aus  nach  Sjähriger  Dienst- 
zeit ausser  seinem  inzwischen  zu  beziehenden  Gehalte  die  Auszah- 
lung einer  Summe  von  36,000  Thlr.  zugesichert  werde. 

*  Lüttichau  hatte  gehört,  dass  Döring  abgehe,  und  wendete 
sich  daher  mit  einem  Antrag  an  ihn.  Döring  schrieb,  dass  er  nodi 
auf  einige  Jahre  engagirt  sei,  aber  den  Contract  zu  lösen  hoffe, 
worauf  Lüttichau  kurz  abbrach,  weil  er  nicht  zu  einer  Contrtct- 
lösung  Anlass  geben  wolle;  ,,Contracte  seien  ihm  heilig." 


—    511    — 

Prager  BUline,  an  welcher  ibre  Mutter  seit  lange 
leliehtes  Mitglied  war.  Sic  konnte  jedocb  nur  in 
Bollen  eines  etwas  derberen  GenrcB  vollkomnien  befrie- 
digen, weil  es  ihrem  Organe  nnd  Spiele  für  höhere  Auf- 
gaben an  natürlichem  Adel  gelirach.  Fleiss  und  Ge- 
wiRBenhaftigkeit  machten  sowohl  sie,  wie  den  in  demselben 
Jfthre  eintretenden  Schauspieler  Ferdinand  Kramer 
ans  Magdeburg,  welcher  besonders  im  Fach  der  Natur- 
burschen Beliebtheit  errang,  zu  einem  verdienstvollen 
Mitgliede  des  Dresdner  Theaters.  Wichtiger  noch  aber 
waren  die  in  das  folgende  Jahr  (1843)  fallenden  Engage- 
lacnts  von  Heese  und  Winger. 

Rn,dolph  Ueese  war  durch  seine  natürlichen 
Anlagen  zwar  nur  auf  ein  enges  Gebiet  beschränkt,  be- 
wegte sich  aber  auf  diesem  mit  Glück-  Er  war  dnrch 
I  Bein  Organ,  noch  mehr  durch  dessen  Behandlung  auf 
^M  Lustspiel  und  auch  hier  nur  auf  das  Fach  der  ge- 
mnthlieben ,  hnmoristischen  Lebemänner,  sowie  auf  die 
iHrrtellung  pfiffiger  Beschranktheit  verwiesen.  Er  ver- 
b«id  naturwüchsigen  Humor  mit  Noblesse  und  bewahrte 
sich  auch  Im  Niedrig -Knmischeu  noch  Anmuth  und  Lie- 
benswürdigkeit. Er  war  vortrefflich  als  Ludwig  XIV, 
itn  „Urbild  des  Tartüffe",  als  Hotham  in  „'^'^P'^  <">'' 
Schwert",  als  StiUfried  in  „Ich  gehe  aufs  Land",  und 
ftlislitihen  Hollen. 

Eduard  Winger,  geb.  1812  ia  Berlin,  trat  in  das 
seit  Weymar's  Tode  nicht  wieder  genügend  besetzte  Fach 
^er  Helden  ein.  Obschon  er,  mit  einem  sehr  wohlklingend 
IjiegBamen  Organe  begabt,  auch  hierin  sehr  Anerkenucns- 
'Werthef-  leistete,  fehlte  es  ihm  doch  fUr  die  hiiheren  Auf- 
^ben  dieser  Art  an  Tiefe  dor  Charakteristik  und  Gewalt 
des  leidenschaftlichen  Ausdrucks.  Erst  in  dem  Fach  der 
Holdenväter,  der  gemüthlichen  und  der  polternden  Alten 
sollte  sich  die  volle  Krat^  seines  reichen  Talents  ent- 
ölten. Gelegenheit  dazu  gab  die  am  1.  Jan.  1841  statt- 
findende   erste    Vorstcllnng    von    Gutzkow's  „Zopf  und 


—    512    — 

Schwert",  worin  er  die  Rolle  König  Friedricli  Wilhelm  L 
mit  ausserordentlichem  Erfolge  gab.  Winger  gehörte  der 
idealistischen  Bichtung  an,  ohne  ihre  Verimingen  zu 
theilen  und  ohne  dabei  die  Natur  aus  den  Augen  verloren 
zu  haben.  Eine  durch  und  durch  deutsche  Natur,  hat  er 
auch  vorzugsweise  gewisse  Seiten  des  deutschen  WeseiiB 
zu  eben  so  vollendetem,  wie  anheimelndem  Ansdnck 
gebracht. 

Von  den  bis  zum  Ende  der  Devrient'schen  Regie  nr 
Aufführung  gekommenen  Novitäten  nahmen  die  von  Karl 
Gutzkow  den  ersten  Rang  ein.  Der  Erfolg  seines  ^UrbSd 
des  Tartüffe"  (am  1.  Januar  1845)  war  ein  geradezu  bei- 
spielloser. Dichter  und  Darsteller  waren  sich  gegenseitig 
Dank  schuldig.  Gutzkow  war  plötzlich  zu  einer  AutoritiU, 
zu  einem  Manne  geworden,  an  dessen  Erfolge  mas 
glaubte. 

Was  lag  da  näher,  als  dass  Lüttichau,  welcher  den 
Gedanken  nicht  fallen  Hess,  dass  die  Bühne  eines 
literarisch  gebildeten,  mit  ästhetischen  Dingen  vertrauten 
Führers  bedürfe,  gerade  diese  Persönlichkeit  trotz  der 
Bedenken  ins  Auge  fasste,  die  sich  gegen  ihre  Wahl  etwa 
regen  mochten.  Der  Erfolg  gilt  am  Theater  nun  ein- 
mal Alles.  Daher  der  mit  den  Dresdner  Theaterver- 
hältnissen vertraute  Schriftsteller  Dr.  August  Bttrck,  der 
spätere  Gatte  der  Schauspielerin  Bayer,  dem  ihm  befreon- 
deten  Gutzkow  unmittelbar  nach  dem  Rücktritte  Eduard 
Devrient's  schreiben  konnte:  ^ilen  Sie  sich!  Hier  ist 
eine  Revolution  ausgebrochen.  Eduard  Devrient  hat  die 
Oberregie  niedergelegt.  Emil  Devrient  droht  mit  Abgang. 
Die  Tieck'sche  Dramaturgenstelle  soll  wieder  cment 
werden.  Verlieren  Sie  keinen  Augenblick  1  Theodor 
Hell  schiebt  sonst  einen  Riegel  vor!"  Dittmarsch,  der 
selbst  ohne  Ehrgeiz,  stimmte  dem  Wunsch  seines  Gheis 
bereitwillig  zu.  Emil  Devrient  aber,  dessen  Freund- 
schaft, wie  Gutzkow  weiterhin  sagt,  sich  für  ihn  hätte 
regen  sollen,  habe  gerufen:  „Excellenz,  ein  Dramaturg! 


—    513    - 

Wie  werden  wir  einen  solchen  Mann  wieder  los?^  Eine 
Aenssemng;  die  er  von  Lttttichan  selbst  haben  wollte. 

Gutzkow  verlor  in  der  That  keine  Zeit.  Er  kam, 
„und  schon  ifach  dem  ersten  Besuch  bei  Sr.  Excellenz 
war  —  wie  er  selber  erzählt  —  das  (Geschäft  erörtert 
und  nach  einem  Diner  beim  Kaffee  in  einer  Seitenlaube 
des  Esssaals  abgemacht^.  Ganz  so  rasch  aber  ging  es  in 
Wirklichkeit  nicht,  und  wäre  Heinrich  Laube  nicht  ein  so 
praktischer  Kopf  gewesen,  wie  er  thatsächlich  war  und 
ist,  so  würde  Gutzkow  doch  noch  umsonst  gekommen 
aeiiL  Auch  mit  ihm  wurde  erst  unterhandelt.  Nicht 
Lttttichau,  sondern  er  selbst  schlug  die  Bedingungen  vor. 
Er  sagt  in  einem  darauf  bezüglichen  Briefe,  dass  er 
2400  Thh*.  verdienen  müsse,  um  in  Dresden  leben  zu 
können,  und  glaubt  die  Hälfte  der  Summe  fllr  das  ihm 
angetragene  Amt  berechnen  zu  sollen,  was  auch  gewiss 
nicht  zu  viel  war.  Er  sähe  aber  ein,  dass  diese  For- 
derung gleichwolil  zu  gross  erscheinen  und  es  daher  noch 
einer  besonderen  Gegenleistung  bedürfen  würde.  Daher 
er  vorschlage ,  ihm  jährlich  800  Thlr.  festes  Gehalt  zu 
bewilligen  mit  der  bindenden  Zusage  der  Annahme  und 
Aufführung  von  jährlich  zwei  seiner  Stücke,  die  man 
ihm  ein  -  für  allemal  mit  40  Thlr.  per  Act  zu  honoriren 
habe.  Lüttichau  ging  mit  nur  unwesentlichen  Aenderungen 
auf  diese  Bedingungen  ein.  Gewiss  hatte  bei  dem  Ab- 
schlüsse auch  dieses  Verhältnisses  die  geistvolle  Gattin 
des  General-Directors  einen  fördernden  Einfluss  ausgeübt. 
Kiehtsdestoweniger  muss  Gutzkow's  Austeilung,  so  wenig 
der  Erfolg  den  gehegten  Erwartungen  entsprach,  auch 
diesem  selbst  zu  besonderem  Verdienste  angerechnet 
werdeu. 

Es  gehörte  immerhin  eine  gewisse  Freiheit  des  Cha- 
rakters dazu,  die  Anstellung  eines  Mannes  zu  empfehlen, 
der  nach  seiner  Vergangenheit  von  den  höheren  Kreisen 
nor   mit   Misstrauen   betrachtet   werden    konnte.     Auch 

befürwortete    Lüttichau    dessen    Anstellung    nicht    ohne 

as 


—   nu   — 

Wärme.  Nacliilem  er  in  seinem  Vortrage  entwicWlT 
batte ,  wie  unzulänglicli  die  dcrmalige  Leitung  du 
ästhetischen  Theils  des  UntemehmenB  sei,  so  dase  „die 
Ton  einem  Principe  ausgehende  draiuatui^ische  Lcilniig 
sich  noch  immer  als  das  Angeraesseiiste  und  Wllnsckn»- 
wertheste  empfehle,  wie  denn  überhaupt  die  uiöghtiirte 
Vollkommen  lieit  zu  erreichen  in  allen  Dingen  das  Ziel 
sein  mlisBe,  wornach  mau  strebt"  —  beuaehricbtigte  r 
den  König,  das»  er  hierzu  „mit  Vorbehalt  allerhöchster 
Genehmigung  den  Dr.  Karl  Gutzkow  gewonnen  hkbe, 
dessen  mit  gröeetem  Erfolge  gegebene  Arbeiten  seine 
Sacbkenntniss  ganz  ausser  Zweifel  stellten".  Dazu  stehe 
er  „mit  34  Jahren  in  der  vollsten  dichterisebeu  SchSpfnngs- 
kraft  und  sein  Fener  werde  durch  männliche  Besonnen- 
heit gemildert,  so  dass  von  seinem  Einfluss  auf  äai 
Ganze,  wie  auf  die  einzelnen  Individuen  eine  Buhne  die 
besten  Aussiebten  und  Hoffnungen  zu  erwarten  habe", 
Worauf  er  noch  in  einem  längeren  Satze  ausfuhrt,  in» 
Gutzkow  vou  früheren  Ansiebten,  welche  etwa  Bedenken 
erregen  könnten,  völlig  zuritckgekommen  sei.  —  Die 
KUnigliebe  Genehmigung  erfolgte  ohne  jede  Beanstandmif- 
nnd  die  luBtruction  des  neuen  Dramaturgen  war  im 
Wesentlichen  dieselbe,  welche  Tieck  einst  erbalteu  batte. 
nur  dass  sein  Verbältniss  zu  den  Schauspielern  darin  eis 
anderes  geworden,  aber  noch  immer  schwankend  geU 
geblieben  war.  Der  darauf  bezügliche  Paragraph  laal 
wie  folgt: 

„Der  Dramaturg  ist  verpäichtet,  auch  den  t 
Talenten  seine  Aussti' Hu n gen  nicht  zu  verschweigen, 
sie  nach  seiner  Meinung  das  Interesse  des  Dicbtera  i 
genau  treffen  und  dadurch  die  Harmonie  des  Ensonlj 
benachtbciligen.  Er  hat  die  untergeordneten  Diu 
anzuweisen ,  in  welcher  Art  sie  den  Totaleindmck  j 
fördern  haben;  er  hat  zu  solchem  Zweck  mit  jungen  I 
ungeübten  Mitgliedern  besondere  vorbereitende  Uebu 
vorzunehmen   und  ihre  künstlerische  Ausbildan;  tu  I 


—    515    — 

fbrdern  und  yollkommen  gerundete  Dantellangen  hervor- 
zabriDgen." 

Es  fehlte  ttbrigens  wenig,  dass  sich  die  Anstellung 
Gntzkow's   doch    noch    im    letzten  Momente   zerschlug. 
Anlass  dazu  gab  der  ungeheure  Erfolg;  welchen  die  erste 
Vorstellung  von  seinem  Uriel  Acosta  am  13.  December 
1846  erzielte,  worin  man  bei  den  gespannten  Zuständen 
der    Zeit   eine    politische   Demonstration   sehen   mochte. 
Oatzkow  erzählt,  dass  der  König  ein  Schreiben  an  den 
Intendanten  erlassen  habe,  worin  er  gedroht,  demselben 
ktinftig   einen    Censor   setzen   zu  lassen,  wenn   Stücke 
so    aufregender    Art,    wie   die   Earlsschüler  *und   Uriel 
Acosta,  wieder  gegeben  wfirden.     Als  Gutzkow  hierauf 
seine  Entlassung  erbeten,  habe  Frau  von  Lüttichau  nach 
beiden  Seiten   zu  vermitteln  gesucht,    Prinz  Johann  in 
dessen  Folge  sich  aber  selbst  des  Auftrags  unterzogen, 
das  Stück  im  Texte  zu  lesen,   worauf  es  mit  der  ein- 
zigen Einschränkung:  statt  des  Wortes  Priester  ^Rabbiner^ 
zo  setzen,  wieder  freigegeben  und  die  Sache  beigelegt 
worden  sei. 

Indessen  blieb  es  für  Gutzkow  doch  eine  Niederlage. 
Die  Thatsache,  dass  er  bei  Hofe  mit  Misstrauen  betrachtet 
wurde,  entzog  ihm  in  den  Augen  so  Mancher  die  nöthige 
Autorität.  Dazu  war  seine  Stellung  eine  noch  schwie- 
rigere, als  die  Eduard  Devrient's,  da  sie  auch  von  diesem 
nicht  ohne  Eifersucht  angesehen  wurde,  um  so  mehr,  als  er 
zu  demselben  durch  sein  freundschaftliches  Verhältniss 
zo  Emil  Devrient  in  eine  schiefe  Stellung  gerathen  war. 
Der  grösste  Gegner  Gutzkow's  war  aber  immer  er  selbst: 
seine  Neigung  zu  sarkastischen  Ausfällen,  die  ihn  bald 
nach  allen  Seiten  in  gereizte  Verhältnisse  brachte.  Im 
Anfang  gelang  es  ihm  jedoch,  sich  mit  Emil  Devrient 
und  Frau  Bayer  in  gutem  Einvernehmen  zu  erhalten. 
Dittmarsch  hielt,  wie  mit  allen  seinen  Gollegen,  ein  freund- 
liches, zuvorkommendes  Benehmen  gegen  ihn  ein.  Von 
Winger,  welcher  nach  Eduard  Devrient's  Rücktritt  als 


—    516    — 

Httifsregisseur    angestellt    worden   war,    sagt   Gutzkow 
nichts,   und  in  den  Motiven,  die  jener  (1848)  sn  seiner 
Bitte  am  Enthebung  von  diesem  Posten  angiebt  (wekhe 
erst  im  August  1849  erfolgte),  finde  ich  nur  geltend  ge- 
macht, dass  sich  derselbe  durch  seine  Regiethätigkeit  in  der 
freien  Entwicklung  seines  Talentes  behindert  ftthle.    Aoch 
Eduard  Devrient,  welcher  sich  grollend  nnd  schmollend 
zurückgezogen ,  beschränkte   sich  anfangs  nur  auf  eine 
zwar  ablehnende,  doch  zurückhaltende  Kritik.    Wie  aber 
dieser  über  ihn  urtheilte,  geht  aus  dem  5.  Bande  von 
dessen  Geschichte  der  deutschen  Schauspielkunst  hervor, 
in  welcher 'es  (S.  118)  heisst:  „Wenn  Gutzkow  länger  im 
Amte  geblieben   und  zu  mehr  Autorität  gelangt   wire, 
würde  er,  trotz  der  anregenden  Bewegung,  welche  er  in 
die  künstlerische  Thätigkeit  brachte,  doch  dahin  gewirkt 
haben,  die   Natur  in   den   Darstellungen   der   Dresdner 
Kunstgenossenschaft,   auf  welche  IHeck  und  dessen  An- 
liänger  Eduard  Devrient  so  dringend  gehalten,  zu  ver- 
fälschen  und   so  der  Kunstanstalt  schädlich  zu  werden. 
Er  gewann   darüber  zunächst  keinen  rechten  Boden  im 
Vertrauen  der  Kunstgenossenschaft  und  verlor  den  wenigen, 
als  er  sich  nicht  enthalten  konnte,  auch  den  alten  Fehler 
zu  begehen :  Zeitungsartikel  über  das  Theater,  das  er  ver- 
trat, zu  schreiben."    Gutzkow  hat  in  seinem  „Rückbücke 
auf  mein  Leben"  dem  Thatsächlichen  in  diesen  Behaup- 
tungen theils  widersprochen,  theils  es  zu  entkräften  gesucht 
und  diesen  AngriflFen  zugleich  ungleich  stärkere,  masslosere 
;;egentiber  gestellt.  —  Da  es  nun  am  Theater  an  Zwischen- 
trägern gewiss  nie  gefehlt  hat,   so  wird  man   begreifen, 
<lass  schon   damals  das  Verhältniss  Beider  ein  sehr  ge- 
reiztes werden  musste  und  Gutzkow  der  Geringschätzung 
seines  Gegners  in  ähnlicher  Weise  zu  begegnen  verstand. 
In   der   That   fehlt   es   gleich    in    der   ersten    Zeit  von 
Gutzkow's  Regie  nicht  an  Klagen  Ed.  Devrient's  über 
geringschätzige  Behandlung  bei  der  Besetzung  der  Stücke. 
So  bat  Ed.  Devrient  Lüttichau  unter  Anderem,  ihn  von 


—    517    — 

einer    ihm    übertragenen    Rolle    in    Beerte    ^StruenBee^ 
entheben  zn  wollen.     Lttttichan,  der  einmal  getroffene 
Anordnungen  überhaupt  nur  sehr  ungern. wieder  zurück- 
nahm  und  dem  gerade  abwesenden  Gutzkow  nicht  ent- 
gegen  handeln- wollte y  wies  auf  verschiedene  ähnliche 
Rollen  hin,  die  Devrient  Irüher  gespielt ,  und  bat  ihn, 
sich    deshalb   auch   hier    im   Interesse    des  Stücks    der 
getroffenen   Anordnung    fügen    oder   sich   mit   Gutzkow 
selbst  darüber  verständigen  zu  wollen.    Inzwischen  hatte 
er   Letzterem  aber  doch  Devrient's  Brief  zugesandt  und 
dieser  darauf  ablehnend  und  in  einer  zwar  verdeckten; 
aber  Devrient  aufs  Empfindlichste  blosstellenden  Weise 
geantwortet.    Er  sei,  bemerkt  er  darin,  über  die  Auf- 
fassung,   welche    Devrient    dem   ihm   zuertheilten    Cha- 
rakter im  Stücke  gegeben,  völlig  erschrocken.   Er  nenne 
ihn  einen  schleichenden  Intriganten  —  allein  diese  Auf- 
fassung sei  nicht  nur  gewöhnlich,  sondern  auch  geradezu 
falsch,  da  nach  der  Ansicht  des  Dichters  dieser  Charakter 
die  komische  Person,  den  Narren  des  Stücks,  wie  etwa 
Polonius    im   Hamlet    zu    vertreten    habe   -     daher    er 
Devrient  von  dieser  Rolle  nicht  zu  dispensiren  und  nicht 
einzusehen  vermöge,   wie  sie  nicht  gerade  für  ihn  völlig 
passe.  —  Lüttichau  hatte  den  langen   und  flüchtig  ge- 
schriebenen Brief  Gutzkows  wahrscheinlich  ebenso  flüchtig 
gelesen,  da  er  ihn  Devrient  zur  Kenntnissnahme  zuschickte, 
ihm  die  Uebemahme  der  Rolle  noch  dringender  empfahl 
und   schliesslich  sogar  als  eine  persönliche  Gefälligkeit 
von  ihm  erbat.  —  Devrient,  der  jeden  Stich  in  Gutzkow's 
Briefe    geftlhlt,   beruhigte  sich    hierbei    aber  nicht;    er 
setzte    vielmehr  Lüttichau    auseinander,   wie   die   ganze 
Gutzkow'schc   Auffassung    durch   nichts   im   Stücke   be- 
gründet, wahrscheinlich  ein  Verwand  sei,  ihn  in  empfind- 
licher Weise  herabzusetzen,  daher  er  nun  um  so  weniger 
die  ihm  übertragene  Rolle  zu  spielen  vermöge.    Lüttichau 
gestand,    das   Beer'sche   Stück   neuerdings  nur  flüchtig 
gelesen  zu  haben,  daher  ihm  die  Gutzkow'ache  AufEassung 


—    518    — 

vfolil  befremdend,  aber  pikant  und  wirkungsvoll  erscMen«! 
eei.  Nacli  Devrient's  ansfülirlicher  Darlegung  jeiioekl 
enthebe  er  diesen  hierdurch  der  Verbindlichkeit,  die  RoDbI 
zn  spielen,' 

Gutzkow's  Polemik   gegen   Eduard  Devrient  eolhll 
gewiss  manches  Wahre,    Wenn  aber  Devrient  in  die  E 
seitigkeit  verfällt,  das  grosse  Talent,  die  Genialit&t  tob  ' 
der  Schauspielkunst  und  vom  Theater   ansznschliesfieii 
nnd  hierdurch  zum  Anwalt  der  Mittelmässigkeit  wird,  so 
verblendet  sich   dagegen  Gutzkow  in  dem  Masse  geg»'  ■ 
die  Thatsachen,  dass  er  das  Virtuoscnthum  und  des 
Einseitigkeiten,   dessen  Ausschreitungen  für  blosse  l 
gespinnste   erklärt,  obschon   er  sich    doch    anderen 
selbst  llber  sie  nicht  wenig  beklagt. 

Wenn  Gutzkow  von  den  Matadoren  der  Dre 
Btlhne  spricht,  so  giebt  er  das  Virtuosenthnm ,  welch« 
er  läugnet,  unter  anderem  Namen  doch  wieder  zn.  NmIi 
ihm  soll  nämlich  der  Grundsatz  des  Herrn  von  LUttich« 
schon  damals  nur  dieser  gewesen  sein:  n^^  ^i"* 
Theater  zu  erzielen  ist,  mass  ans  dem  guten  Willen  der 
Matadore  (Emil  Devrient ,  Schröder  -  Devrient ,  Ridet. 
Tichatscheck)  gewonnen  werden."  —  „Dies  Axiom  ver- 
banden mit  dem  Spielhonorar  tuhrte  aber  nur  Eur 
Kassenleere,  denn  wenn  Repertoire  gemacht  wurde,  m 
hatte  wohl  der  Chef  den  Ehrgeiz,  es  dem  Hofe,  dem 
König,  den  Prinzessinen ,  dem  Publicum  als  ein  wOrdi^ 
vorzulegen.  Mit  Wohlgefallen  betrachtete  er  eich  i 
Signaturen:  Bamlet,  Euryanthe,  Oheim,  Gottsched  i 
Geliert,  Freischütz,  die  Braut  aus  der  Residenz,  der  V~ 


'  Ich  «Urde  diesen  kleinen  TorfiTI  nicht  mitgetfaeilt  1 
weoD  nicht  sowohl  Gutzkow,  wie  Devrient  selbst,  die  hier  gpielea 
Verhältnisse  in  polemischer  Weise  zur  Sprache  gebracht  1 
wobei  Niemand  schlechter  wegkam,  »la  die  ZwischeDperEoneii,' 
ohne  Zweifel  geeignet,  dieselben  auch  anter  einem  anderes  I 
encheinen  so  loBsen. 


-    519    — 

nmsegler  n.  s.  w.  Jeder  bekam  da  etwas  fttr  Beinen  Ge- 
schmack. Und  alle  diese  Ansätze  fanden  sogar  statt 
nach  vorausgegangener  Rttcksprache  mit  den  Matadoren. 
Diese  hatten  zugesagt,  die  betre£fenden  Rollen  spielen  zu 
wollen.  Rttckte  dann  aber  der  Tag  heran,  sollte  za 
Hamlet,  der  lange  nicht  gewesen,  eine  Probe  stattfinden, 
so  wurde  sie  abgesagt  Emil  Devrient  meldete  einfach: 
Nicht  Hamlet,  sondern  —  Memoiren  des  Tenfels  1  Ticha- 
tscheck :  nicht  Enry anthe  -^  aber  Stradella !  Mit  anderen 
Worten:  die  Kasse  nahm  statt  800,  nur  200Thlr.  und 
weniger  ein.  Nun  hätte  ich  gern  gesagt:  ,Wenn  Emil 
Devrient  erklärt  —  aber  Memoiren  des  Teufels!'  so 
erwidere  der  Intendant :  ,Qnod  non !'  nnd  setze  dafür  mit 
einem  zweiten  interessanten  (?)  Darsteiler,  den  ich  wirk- 
lich endlich  in  Liedtke  gefunden  hatte,  eine  Vorstellung 
an,  die  vielleicht  etwas  mehr  einbringt,  als  jene  200  Thlr. 
Neben  der  so  ausgezeichneten  nnd  nie  störenden  Marie 
Bayer  bot  Antonia  Wilhelmi  einige  Hoffnung,  sich  be- 
haupten zu  können.  Dittmarsch  aber  begünstigte  das 
Ansetzen  von  Lückenbüssem.  Ihm  war  die  CoUegen- 
schaft  das  erste  Princip.  Den  Gollegen  musste  das  Spiel- 
honorar gesichert  bleiben.  Das  Spielhonorar  war  der 
geheime  Apparat,  der  den  höheren  AuflQug  immer  wieder 
in  den  Strich  der  Gewöhnlichkeit  zog.^ 

Diese  Darstellung  enthält  ohne  Zweifel  manches 
Thatsächliche.  Die  Einführung  der  Spielhonorare  beweist 
68  allein.  Das  Spielhonorar  war  aber  keineswegs  eine 
Erfindung  des  Herrn  v.  Lüttichau.  Er  hat  es  allerdings 
an  dem  Dresdner  Theater  zuerst  eingeführt ,  aber  doch 
nur  ganz  ausnahmsweise,^  zugleich  aber  auch  ein  Palliativ 


'  1849  bezogen  nar  Tichatscheck,  Emil  Devrient  und  die  Bayer 
Spielhonorare  in  dem  hier  gemeinten  Sinne.  Die  Spielhonorare, 
welche  ein  paar  untergeordnetere  Darsteller  wie  z.  B.  Abiger  (von 
nur  2  Thlr.)  bezogen,  hatten  lediglich  die  Bedeatung  einer  Grati- 
fication  fQr  die  hftofige  Uebemahme  unbedeatender  RoUen. 


—    520    — 

dagegen  gesucht  nnd  gefunden;  insofern   er  später  die 
Auszahlung  des  vollen  Spielhonorars  an  die  Darstellnng 
der  angesetzten  Rolle   knüpfte,   die   Darstellnng  einer 
anderen  aber  auf  die  Hälfte  desselben  herabsetzte.    Wie 
schwer  Lüttichau  überhaupt  daran   ging,   Madatore  n 
schaffen,  geht  aus  meiner  Darstellung  genügend  hervor. 
Allein  seine  Schätzung  des  Talentes  war  bisweilen  zur 
Ueberschätznng  geworden.    Sein  Glaube  an  die  Unent- 
behrlichkeit   einzelner   Darsteller    machte   ihn   bisweilen 
nachgiebig  gegen  ihre  Anmassungen.   Doch  sehe  ich  ihn 
fort  und  fort  auch  wieder  Anstrengungen  gegen  dieselben 
machen,  und  es  fehlt  in  den  Gorrespondenzen  durcfasifl 
nicht  an  Beispielen,  dass  auch  die  Matadore  ihren  Willen 
selbst  in  geringfUgigen  Sachen   nicht  immer  erreichten, 
—  weder  die  Schröder- De vrient,   die  er  im  Anfang  des 
Jahres  1846  lieber   nicht  spielen,   als   sich   vorschreiben 
Hess,-  in  welchen  Rollen  sie  spielte,  noch  Räder,  dem  er 
zwar  wegen  seiner  Beliebtheit  schon  zu  dieser  Zeit  einen 
zu  grossen  und  verderblichen  Einfluss  gestattete,  dessen 
Prätensionen   er   aber  meist  mit  Entschiedenheit  zurück- 
wies, so  z.  B.  1849,  wo  sie  allerdings  so  weit  gingeu,  das» 
er   mit   seinem   Abschied   drohte,   wenn  Gerstorfer  und 
dessen  Nichte  Elise  Schmidt,   mit   denen   er   im  Streite 
lag,  nicht  ihre  Entlassung  erhielten.* 

Dagegen   würde  Gutzkow   noch    den   verderhUcheD 
Einfluss  zu  betonen  gehabt  liaben,  welchen  einzelne  dieser 
Matadore  schon  damals  auf  die  Besetzung  der  Rollenfächer 
und  auf  die  Wahl  der  StUcke  auszuüben  verstanden.  Id 
den  Acten  findiit  sich  freilich  kein  Anhalt  daftir.   Aber  sollte 
es  wirklich   nur   zufällig  sein,   dass  seit  Carl  Devrienf« 
Abgang  das  Fach  eines  zweiten  Liebhabers  und  jugend- 
lichen Helden  nicht  wieder  eine  bedeutendere  Vertretnng 
gefunden  hatte?   Schon  Heckscher  war  kein  voller  Ersati 

'  Elise  Schmidt  blieb  noch    bis   1.  April  1863  am  Dresdner 
Theater,  Gerstorfer  bis  zu  seinem  1871  erfolgenden  Tode. 


Wie  h&ttea  es  du  wolil  Lindon-Rekowsky,  der  Bogar 
zweimal  angestellt  wnrde,  Ascher,  Gcrstorfer  gewesen 
Mtn  köuuen?  Gutzkow  sagt  aelbet,  da&s  er  €8  erst  war, 
der  einen  interesBauteren  Darsteller  für  dieees  Fach  — 
nnd  zwar  knrz  vor  aeiuem  Al)ji;range  —  gefunden  habe.  Zu 
findpD  wann  sie  llbrigens  schon,  aber  anzustellen  waren 
«e  schwer.  Und  auch  Liedtke,  den  ich  Übrigens  für 
M  interessant  nicht  habe  haiton  können,  blieb  nur  vom 
1.  Juli  1849  bis  1.  Mai  1850  iu  Üresdeu. 

Gutzkow  hatte  sich  allmählich  seine  Stellung;  immer 
achwieriger  gemacht.  Zu  dem  gespannten  VerhiHtnisse 
mit  Eduard  Devrient,  welcher  sit-h  aueli  im  Jahre  1848 
wieder  mehrlacli  Über  geringschätzige  BEhaEidlung  be- 
schwerte, war  ein  Zerwürfuiss  mit  BUrck  und  Frau  liayer 
gi^treteu.  Er  liatte  Dittmarsch  lieleidigt  und  auch  mit 
Emil  Devrient  manoUe  unliebsame  IScgegnung  gehabt.  ' 
Dazu  waren  seit  Uriel  Acosfa  seine  Bühnenstücke  von 
keinem  (Inrchschlagcnden  Erfolge  begleitet  gewesen. 
Selbst  sein  Königelieuteuant,  welcher  Überhaupt  erst  am 
Scblnsse  seiner  Dramaturgie  znr  Aufführung  kam,  hat 
in  der  damaligen  Besetzung  keine  besondere  Wirkung 
gebabt.  Ancb  von  den  ilbrigeo  unter  seinem  EiiitluBse 
gegebenen  Novitäten  haben  verhUltnissiuäEsig  nur  wenige 
bleibende  Geltung  erhalten.  Am  meisten  noch  Frellag's 
Valentine  nnd  Moeentbal's  üeliorah  und  einige  Lustspiele 
von  Itanernfeld,  sowie  von  Putlitz  und  lienedi\,  deren 
Namen  jetzt  auf  dem  Repertoire  erscheinen.  Neu  eingeführt 
frorden  Uberdii-s:  Werder,  Alex,  Rost,  d'Almeida-Garrett, 
KU|.  Sangelli,  Zwengsohn.  Hartniann,  Fcodor  VVehl.  Das 
claaaisclie  Repertoire  wurde  durch  die  Anfnahme  von 
Shakespeare 's  Coriolan  und  König  Johann  verstärkt  Von 
diesem  AJKu  hatte  aber  fast  niebts  einen  hedeutcudcren 
Erfolg  erzielt-  Dazu  war  die  Zeit  politisch  erregter 
geworden.  Schon  seit  1848  trat  das  Interesse  fltr  das 
Tbeater  mehr  und  mehr  in  den  üintcrgruDd. 

Die  EinmisL-hung  Outzkow's  in  die  politisclieu  Vor- 


522 


zn  fällig  atP^ 


gäoge  des  März  1848  zu  Berlin,  wo  er  aii.'h  zufs 
hielt,  wurde  ihm  zwar  in  Uresden  nicht  naehgelragra, 
was  Llittiühau  ntn  eo  höher  anzurechneDist,  alsGnUkow 
ßich  kurz  vorher  mit  ihm  überworfen  hatte.  Beliebte; 
hat  sie  ihn  hier  aber  gewiss  auch  nicht  gemacht. 

Wie  in  dieser  Zeit  Alles  reformirt  werden  Bollte, 
80  war  auch  die  Reform  des  Theaters  in  das  Bereicli 
der  journalistiBchen  Debatte  gezogen  worden.  In  Dresden 
hatte  schon  Ed.  Devrient  diese  Frage  zu  lösen  gesacht. 
Bei  einem  Gespräch  des  Ministers  von  der  Pfordlen  mit 
Gutzkow  war  nun  auch  dieser  von  Krsterem  aul'gefordeil 
worden,  ein  Memoire  Über  die  Mängel  des  Königl.  Theaten 
zu  schreiben.  Seine  Reformpläne  {s.  Vor-  und  Nach-Mkn- 
liches  von  K.  Gutzkow)  gingen  wesentlich  darauf  liinfuus 
die  General-Direction  dem  Theater  gegenüber  ^n  einet 
blossen  Hofcharge,  den  Dramaturgen  aber  zum  eigentlichen 
Direetor  des  Theaters  zu  machen.  Da  er  zum  General- 
Direetor  keinen  Besseren  vorzuschlagen  wusstf,  als  den 
hier  sieh  auch  nach  ihm  in  dieser  Stellung  schon  tu 
lange  bewährt  habenden  Herrn  v,  LUttichaa,  so  wir 
die  Wahl  des  Dramaturgen  natürlich  eben  so  nahe  gelegt 
Gutzkow  selbst  drückt  dies  in  seinen  „RllckblickeD"  gwu 
harmlos  folgendermassen  aus:  „Meine  Vorschläge  gingen 
auf  eine  Trennung  des  katholischen  KirehendiensK» 
vom  Theaterdienst,  auf  die  Wahl  der  Regissenre  au 
dem  Schoosse  der  Schauspieler,  auf  grössere  Machl 
Vollkommenheit  des  Dramaturgen  ans.*'  Herr 
von  der  Pfordten  hat,  nach  Gutzkow,  bei  Rücksendiug 
des  Entwurfs  diesem  geschrieben,  dass  er  denselben 
zur  Ausführung  gebracht  haben  würde,  falls  er  im  Ante 
geblieben  wäre.  Bekanntlich  soll  Oberländer  Richard 
Wagner  etwas  Aehnliches  versichert  haben.  Ich  möckK 
jedoch  daran  zweifeln,  dass  Gutzkow,  selbst  wenn  ikm 
die  erstrebte  „grössere  Machtvollkommenheit"  wirküeli 
geworden  wäre,  die  Erwartungen,  die  man  an  ein  solehe* 
£reignis8  zu  knüpfen  berechtigt  schien,    wirklich  ert^ 


—    523    — 

hätte.  Gutzkow  litt  selbst  etwas  an  dem  Virtuosenthume 
der  Zeit,  weshalb  er  es  wohl  auch  yerläugnete.  Er  war 
eifersüchtig  auf  jeden  fremden  Erfolg ,  wenigstens  auf 
seinem  Gebiete.  Er  konnte  zwar  weder  Laube,  Freitag, 
noch  Dingelstedt  ignoriren .  und  unterdrücken,  weil  diese 
sich  bereits  einen  zu  grossen  Einfluss  geschaffen  hatten. 
Was  aber  that  er  für  einen  Dichter  wie  Hebbel?  Man 
mag  von  HebbeFs  Dramen  denken,  was  man  will:  Talent, 
grosses  und  wahrhaft  dramatisches  Talent  wird  man 
ihnen  nicht  absprechen  können,  und  Niemand  wusste  das 
besser  als  Gutzkow.  Nichts  aber  ist  Hebbel  im  Leben 
gerade  so  hinderlich  gewesen,  als  nur  sein  Talent,  welches, 
wenn  man  es  vielleicht  auch  nicht  fOrchtete,  wenigstens 
unbequem  war.  Seine  Fehler,  Schroffheiten,  Extrava- 
ganzen hätte  man  ihm  zur  Noth  noch  verziehen. 

An  Einsicht,  an  gutem  Willen  selbst  hat  es  Gutzkow 
niemals  gefehlt,  aber  die  ausserordentliche  Empfindlichkeit 
seiner  schriftstellerischen  Natur  hat  ihn  vielfach  gehindert. 

Inzwischen  sollten  die  Dresdner  Maitage  1849,  wie 
sie  so  Vieles  am  Königl.  Hof-Theater  veränderten,  auch 
das  Schicksal  seines  Dramaturgen  in  ganz  anderer  Weise 
entscheiden. 

Die  General-Direction  hatte  das  Theater  geschlossen, 
indem  sie  im  Drange  der  Umstände  von  einem  Paragraphen 
der  Theatercontracte  Gebrauch  machte.  Alle  Mitglieder 
desselben,  soweit  sie  nicht  lebenslänglich  angestellt  waren, 
wurden  gekündigt.  Auch  Gutzkow  hatte  dies  Schicksal  er- 
fahren und  war  einer  der  Wenigen,  mit  denen  man  einen 
CSontract  auf  neuer  Grundlage  nicht  wieder  versuchte. 
Gutzkow  hatte  nach  erfolgter  Kündigung  unmittelbar  seine 
Entlassung  gefordert  Lüttichau,  welcher,  in  seinem  Vor- 
trag darüber,  die  Kündigung  Gutzkow's  dadurch  motivirte, 
dass  dieser  den  an  seine  Wirksamkeit  geknüpften  Erwar- 
tungen nicht  völlig  entsprochen  habe,  befürwortete  jetzt 
bei  dem  König  dessen  Gesuch,  weil  in  der  That  seine 
Stellang  am  Dresdner  Theater  nnn  manches  Missliche  haben 


—    524    - 

werde;  bat  jedoch^  wie  dies  der  Würde  des  lostitQts  ge 
mäss  scheine,  ihm  den  Gehalt  bis  Ende  des  Jahres  fort- 
bezahlen  zu  lassen.  Um  jedoch  eine  schickliche  Fonn 
daftir  zu  gewinnen ,  schlug  er  vor,  dass  Gutzkow  ab 
Gegenleistung  das  von  ihm .  zur  Feier  des  lOOjährigeD 
Geburtsfestes  Goethe's  eingereichte  Programm  herstellea, 
einrichten  und  leiten  solle.  In  diesem  Sinne  schrieb  er 
später  an  Gutzkow  ^  welcher  sich  hierzu  bereit  erklärte 
und  von  dieser  Festfeier  folgende  Beschreibung  giebt: 
„Zum  Vorabend,  27.  Aug.  1849:  ^Torquato  Tasso",  in 
welchem  die  beiden  Brüder  Emil  und  Eduard  Devrient 
den  besonderen  Genuss  boten,  die  PrivatempfindungeD 
derselben^  den  gegenseitigen  Hass  in  den  leidenschaftlichen 
Scenen  mit  unverstellter  Natürlichkeit  ausbrechen  zu  Us- 
sen.  *  Den  Abend  des  28.  leitete  ein  Gedicht  von  TL  HeD 
ein,  von  Frau  Bayer-Bürck  mit  gewohnter  Innigkeit  ge 
sprochen.  Dann  folgte  das  Schäferspiel:  „Die  Laune  des 
Verliebten",  hierauf  eine  Anzahl  von  mir  ausgesuchter 
lebender  Bilder  nach  bedeutenden  Meistern  und  zum 
Schluss  der  Versuch,  theatralisch  Brauchbares  aus  dem 
zweiten  Theile  des  Faust  festzuhalten  und  wiedenu- 
geben.  Es  passte  für  das  zweiactige  Ganze,  das  ohne 
besonderen  Zwang  entstand,  der  Titel:  „Der  Raub  der 
Helena."  C.  G.  ßeissiger,  welcher  die  Musik  dazu  ge- 
macht, leistete  mit  seiner  Composition  so  WerthYoUe«, 
dass  man  beklagen  muss,  wie  die  Sitte  der  grossen  Bühnen, 
nichts  von  einander  anzunehmen  (?),  eine  vollständige 
Nichtberücksichtigung  meines  Versuchs  im  Gefolge  hatte. 
Leider  blieb  Liedtke  (Faust)  bei  der  dritten  Vorstellung 
auf  seiner  Luftfahrt,  die  er  aus  den  Armen  der  sich  in 
Wolken  auflösenden  Helena  machte,  in  dem  Tauwerk  der 

*  Dies  würde  allerdings  eine  sehr  würdige  Festfeier  gewesen 
sein!  Zur  Ehre  der  Betheiligten  nehme  ich  jedoch  an,  dass  diese 
Motive  nur  erst  von  Anderen  in  ihr  Spiel  hineingelegt  wurden, 
zumal  Karl  Sontag  bei  einer  späteren  Gelegenheit  ganz  dasselbe 
von  £mil  Devrient  und  Dawison  zu  erzählen  weiss. 


—    525    — 

Maschinerie  hängen  und  glaubte  so  sehr  sein  Leben  in 
Gefahr,  dass  er  mit  den  Schntlrbodenarbeitern  vor  allem 
Pnblicnm  zn  zetern  anfing.  Seitdem  war  die  Wieder- 
holung unmöglich.  Für  den  3.  Tag  hatte  ich  ein  drama- 
tisches Bild  aus  Goethe's  Jugendleben:  ^Der  Königs- 
Keutenant^  versprochen,  das  denn  auch  unter  erschweren- 
den Umständen  gegeben  wurde.  Denn  die  Darstellerin 
des  Wolfgang  konnte  zu  wenig  französisch,  und  Ed.  Devrient, 
der  den  Thorane  spielte  und  sich  als  Refugi6  gewisser- 
massen  in  seiner  Familiensphäre  bewegte,  war  entweder 
vor  lauter  Bestreben,  „das  Ensemble  zu  fördern  und  nicht 
ans  dem  Rahmen  zu  fallen^,  oder  in  Folge  der  ihm  an- 
gebomen  absoluten  Uninteressantheit  seiner  Erscheinung 
auf  der  Btlhne  so  langweilig,  dass  genanntes,  bekannt- 
lich noch  heute  lebende  Gelegenheitsstück  für  immer 
begraben  gewesen  wäre.''  Dieses  Urtheil  beweist,  wie 
gern  Gutzkow  den  einzelnen  Fall,  wo  es  ihm  passt, 
generalisirt.  Die  Walirheit  aber  ist,  dass  dieses  Stück  nur 
kurze  Zeit  später  mit  Da wison  allerdings  Zugkraft  bewährte. 
Es  lässt  sich  nicht  genau  sagen,  in  wie  weit  Gutzkow 
an  den  Engagements,  die  inzwischen  stattgefunden,  be- 
theiligt war;  jedenfalls  aber  waren  sie  bei  Weitem  nicht 
so  bedeutend,  als  zahlreich.  Fast  alle  in  dieser  Zeit 
gewonnenen  Darsteller  sind  nur  vorübergehend  Mitglieder 
des  Theaters  geworden.  Von  Theodor  Lied tke,  welcher 
mit  einer  wohlgefälligen  Erscheinung  Gewandtheit  des 
Spiels  und  einen  ausgebildeten  Vortrag  verband,  ist  das 
schon  oben  gesagt.  Mathilde  Schlegel,  geb.  Brandes 
(1825  in  Hannover),  „deren  Talent  —  wie  das  Dresdner 
Tageblatt  in  ihrem  Nekrolog  sagt  —  sich  in  den  be- 
scheidenen Grenzen  anmuthiger  Weiblichkeit  hielt",  trat 
am  1.  Juli  1847  in  Dresden  ein  und  starb  hier  bereits 
im  Februar  des  folgenden  Jahres.^ 

'  Gutzkow  hat  ihr  einen  poetischen  Nachruf  gewidmet,  welchex> 
im  Tagebache  des  Königl.  Sachs.  Hoftheaters  v.  J.  1848  aafge- 
Bomnien  ist. 


e  er« 


Ebenso    kurz   war    die    WirkBamkeit    von  Sidi 
Senger  und  Helma  Hejue.  —  Karl  Soutag  (gen.  Hi 
Bruder  der  berühmten  Sängerin  Henriette  Sontag, 
hier  im  Jalire  1848  seine  schauspielerische  Laufbahn 
schied    zunächst    l!^öl   wieder    aus.      Die    Entwicklnnj: 
seines  Talentes  gehört  jedoch  einer  späteren  Periode  er« 
an.     Caroline  Herbst  aus  Brlinn,  bestimmt  für  das  Fl 
manterer  Liebhaberinnen,  konnte  hier  auch  nicht 
Wurzel  fassen.     Sie  trat  184h  ein,  um  nach  15  Moi 
schon  wieder  auszuscheiden. 

Von  wenig  besserem  Erfolge  war  das  Engagement 
vonMad.  PauUne  Stolte  aus  Strelitz  (1849—51)  für  d« 
Fach   erster  Liebhaberinnen   begleitet.     Die  gleiehieili? 
gewonnene    talentvollere    und    durch   Eleganz   der  Er- 
scheinung ausgezeichnete  Antonie  Wilhelmi,  welche  bis 
1854   in  dieser  Steilnng  yerblieb,   war    wohl    ein  Ei 
für  die    1847   wieder    ausgcsehiedene    Antonie    Lebi 
keineswegs  aber   tlir  die   noch  immer  nicht  allseitig 
setzte  Caroline  Bauer.    Ihr  Spiel  und  Vortrag  entl 
zu  sehr  der  tieferen  Innigkeit  uud  WUnue.   Von  ISi 
Dauer  waren  einzig  die  Engagements  der  SchauBi 
Meister,  Walther  und  Wilhelrai.   Carl  Meister  war« 
im  Jahre  1839  zur  Aushülfe  engagirt,  1844  aber  wii 
entlassen  worden.    Seine  Vcrbeirathung   mit  di 
des  Schauspielers  Pauli,  welcher  sieh  seiner  Ausbildi 
angenommen  hatte,  war  wohl  hauptsächlich  die  Üi 
seines  erneuten  Engagements  1847.  Er  befestigte  flieh  dl 
unermüdlichen  Fleisß  allmählich  so  in  der  auch  jetzt 
untergeordneten  Stellung,  dass  er  sogar  später  auf  ll 
Zeit  das   cinftussreiclie  Amt   eines  RegisseutB  ilberti 
erhielt    und    kleinere  Charakterrollen  im  Lustspiel 
selten   mit  entschiedenem  Gelingen  gab.    Emil  Rum] 
gen.  Walther  aus  Dresden  war,  nachdem  er  eine 
faltige  akademische  Bildung   genossen,  einem  unwider- 
Rtehlichen  Drange    zur    Biihne   gefolgt.     1847  wurde  «. 
von  Königsberg  kommend,  dem  Dresdner  Theater  flli 


Fach  der  Liebhaber  HDd  jogendlichea  Helden  gewonnen. 
Der  Hangel  eines  omfangreichen ,  voUklingenden  Organa 
konnte  ihn  neben  einem  su  gottbi^gnadeten  Darsteller 
wie  Emil  Devrient  zu  Rollen  dieser  Art  nicht  recht  ge- 
eignet erscheinen  lassen.  An  seinen  Platz  gestellt,  was 
freilich  nicht  immer  geschehen,  in  Anstandsrolleu,  hat  er 
durch  Vornehmheit  und  Würde  der  Erscheinung  nnd 
Haltnng,  durch  die  vollständige  Beherrschung  der  Um- 
gangsformen  immer  sehr  Ansprechendes  und  Verdienst- 
liches geleistet.  In  treuer  Pflichterfüllung  und  echter 
CoOegialilät  ging  er  Allen  als  Muster  voraus. 

Auch  Alexander  Wilhelmi,  welcher  im  Jahre  1849 
TOD  Casscl  kommend  zur  BUhue  trat,  hat  sieb  noch  mehr 
dorch  die  Vorzüge,  die  wir  an  den  Charakter  des  Scbau- 
itpielers  stellen,  als  durch  glänzendes  Talent  hervorge- 
tban.  Er  ist  aber  der  Bflhne  nicht  nur  als  Darsteller, 
aoDdem  auch  als  dramaiischor  Schrillsteller  nützlich  ge- 
worden. Von  seinen  kleineren  Lustspielen  haben  einige 
TOD  Dresden  aus  den  Weg  Über  fast  alle  deutschen  UUhnen 
gemacht;  ich  erinnere  nur  an  das  su  glücklich  ergriffene: 
.Einer  muss  hcirathenl" 

Einen  ganz  ausserordentlichen  Ellolg  hatten  in  diesem 
Jahre  die  Gastspiele  der  Kachel,  Charl,  v.  Hagn's  und 
Dfiring's,'  bei  welchem  letzteren  es  sich  zugleich  um  ein 

*  Bkr  folgt  das  volUtäadige  Verzeichniäs  der  Gastspiele 
na  lUS-49, 

1842:  Andree  von  Wien,  QiiauteT  v.  Cassel.  Allram  v.  Prag, 
SifDon  Pills  V.  Paris,  Si^nora  Shav,  Steiner  v.  Mninz,  Hegel  v.  Det- 
mold, Krnmer  v.  Magdeburg,  Mad.  Spfttzer-GentUaoiDO,  Löwe 
r.  IitiiK,  Dem.  Schlegel  t.  Leipzig,  Theob.  Bunoeister  v.  OldeDlinrg, 
SiiMo  V.  Coburg,  Fr.  Leileru  v.  Fraukfurt  a.  M.,  Carl  DerrieDt  und 
Bendricbs  t.  Bannover,  Thepaar  Rettig  v.  Wien,  Kökert  v.  Klsgen- 
Avt,  POriDg  von  StnltgaTt,  SchrMer  v.  Wien,  Heese  v,  Leipzig,  Dem. 
Benoni  (Tftnzeriu)  v.  Hamliurger  Stadlchcater. 

1S4S:  Mad.  Scliodel  v.  Wien,  Mod  Bielczixky  »,  Wien,  Winger 
T.  Strclitz,  Dem.  Babnigg  v-  Dreadeo,  Dem.  Baaie  (.erster  Versuch) 
t.  Dresden,  Fr&uL  Cliarl.  r.  Uagu  v.  Berlin,  Mad.  Dreesler-PoUert 


-     52S      — 

Engagement  liandelte.  Obgleicli  Döring  den  C^Dtract 
schon  imterzeiclinet  nnd  das  am  Dresdner  Theater  k 
Schauspiel  bis  dabin  unerhörte  Honorar  von  2600  Th!r. 
jährlich  vereinbart  hatte,  kam  das  Engagement  docli 
nicht  zu  Stande,  weil  es  ansdrüoklich  unter  der  Vorans- 
Bctzang  abgeschlossen  worden  war,  daes  Döring  ein  ehrfn- 
volles  Abgangszeuguiss  von  Stuttgart  beibringen  werdi*, 
welches  er  nur  in  seiuer  Wohnung  liegen  gelassen  habe. 
Dieses  Abgangazengniss  lautete  aber  dahin,  dass  Dürin^ 
seine  Entlassung  erhalten,  weil  er  in  jeder  Weise  an  den 
Tag  gelegt,  wie  ungern  er  bleibe,  der  König-  aWr  io 


V.  Breslau,  Weinkopf  v.  Wien,  Dem.  DielitE  v.  Amsterdam,  Heew  >. 
Leipaig,  Dem.  WerllunüUer  (wsler  Versueh),  Sigiiur  Maritni  ' 
Wien,  Eduard  Devrient  v.  Berlin,  Signora  GiabatU  r-  Kom,  Il«a- 
Walther  v.  BrUno,  Signora  Zucconi  t.  Berlin,  Dem-  Luwe  r.  Peltrt- 
burg.  Dem.  Wächter  v,  h^  Dem.  Corredi,  Kahn  t.  CaEsel,  dsi  Eb«p 
Behringer,  Reger  v.  Leipzig,  Charl.  Ilircb-Pr<;ilTer  v.  Berlin,  Horiuu. 
Dem,  Aug.  Nielsen  und  F.  Lefebvre  aus  Kopenhugvo  ^Tinxcr,;.  lol» 
Montez  v.  London. 

1841:  Greenberg  r.  Mannheim,  Stoftregen  v.  Wiesbaden,  Ueakii 
V.  Beni,  Ant.  Lebrün  t.  Hamburg,  Dem.  Jub.  Wagner  t.  B«nbvt 
Dem.  Porth  v.  Dresden,  Dem.  Fioliler  v.  Mannheim,  Mad.  t.  HukU- 
Barth  V.  Wien,  Dem.  ünzelmanu  t.  Neu-StreUtz,  fr.  Nii*«n  r.  lira. 
Günther  V.  Riga,   IIopp^  t.  Braunsthweig,   Mad.  Röckel  r.  Weinit 

1815:  Paetscli  v,  namliiirg,  Simon  v.  Altenhurg,  Dem.  KnsÜ 
T.  Sarlaruhe,  Perlgrund  t.  Hamburg,  Meiiner  v.  Leipzig,  Gertwl ' 
UoiQbnrg,  Wisthaler  r.  Darmstadt,  Scblogs  v.  Detmold,  Signon  A 
Marra  v.  Wien,  Dem.  Heriiold  v.  Cassel,  Dem.  Edt^r  *.  M«nnho". 
Dem.  Schwarz  r.  Prag,  Dem.  Hetzenecker  r.  MUndien,  Forst '. 
Wien,  Dem.  ICieth  v.  Königsberg,  de  Marcheon  v.  Wien,  Si4oli  • 
Coburg,  Carl  Devrient  v.  Hannover,  Dem.  Viereck  v.  Wi«a. 

1816:  Damcke  v.  Prag,  Dem.  Hellvig  r.  Wien,  Dem.  Taat\ 
T.  Berlin,  Dem.  Kerner  ».  Schwerin,  Dem,  Beutler  v.  Wien,  l"» 
Marie  Devrient,  Mad.  Scbumann  r.  Wiesbaden,  Mad.  JaUa  Besrti 
V.  London,  Martens  v.  Wien,  Mad.  Ernst-Kaiser  *.  Wien,  M*'' 
Schmel/er  t.  Prag,  Fr.  v.  Treffz  y.  Wien,  Orlowsky  »,  äondanluBiff. 
Bachmann  v.  Stettin,  Dem.  Eppert  t.  DarmaUdt,  Cxennak  v.  FnC 
Rathmann  t.  Zürich,  Flinzer  v.  Königsberg,  Kaps  r.  Hambtuf,  Ufi» 
V.  Stettin,  iwei  Dem.  Marpurg  t.  Kfinigaberg,    Dem.  Frei  *.  Pnt 


—     529    — 

diesem  Falle  Niemand  in  seinem  Dienste  behalten  möge. 
Lüttichan  erklärte  den  Contraet  hierauf  für  ungültige  weil 
Jeder;  der  so  wie  er  denke;  dieses  Zengniss  nicht  für  ein 
ehrenvolles  ansehen  könne.  Im  Znsammenhang  mit  den 
Vorgängen  des  vorigen  Jahres  würde  allerdings  ein  falscher 
Schein  auf  Lüttichan  habe  fallen  können,  wenn  er  unter 
diesen  Umständen  Döring  engagirt  hätte.  Dieser  be- 
anspruchte zwar  nicht  die  Contracterfüllung,  verklagte 
aber  Lüttichau  wegen  Beleidigung;  freilich  ohne  Erfolg. 
Dieser  Contraet  sollte  gleichwohl  für  Lüttichau  noch 
fatal  werden.  Sowohl  Eduard  wie  Emil  Devrient  gründeten 


Dem.  Kosahl-Cohnfeld  v.  Berlin,  St  Leon  und  Mad.  Cerrito-St.  Leon 
tos  Paris. 

1S47:  Hasel  v.  Rostock,  Othegravcn  v.  Magdeburg,  Hesse  v. 
Hambnrg,  Damaat  v.  Wien,  Dem.  Deny  y.  Dessau,  Schiele  v.  Wien, 
Schmale  y.  Dessau,  Fr.  v.  Riese  y.  Lemberg,  Dem.  Wiedemann  y. 
Königsberg,  Procop  v.  Carlsruhe,  Walther  y.  Königsberg,  Eberiuö 
y.  Wiesbaden,  Ander  y.  Wien,  Grans  y.  Breslau,  Lindemann  (theatr. 
Versuch),  Heymann  y.  Braunschweig,  Malwina  Erck  y.  Hamburg, 
Mad.  Yiardot-Garcia,  Dem.  Thiele  y.  Dessau,  Dem.  Senger  y.  Olden- 
burg, Hofer  y.  Koburg,  Anna  Zerr  y.  Wien,  Findeisen  y.  Wien,  Mad. 
Schlegel  y.  Detmold,  Dem.  Turba  y.  Hannoyer,  Mad.  Küchenmeister- 
Rudersdorf  y.  Breslau,  Kaiser  y.  Hannoyer,  Dem.  Heyne  y.  Hamburg: 

1848:  Yiardot-Garcia,  Dem.  Elise  Schmidt  (theatr.  Versuch), 
Jenny  Lutzer  y.  Wien,  Genast  y.  Weimar,  Julie  Herman  y.  Hamburg, 
Wohlbrück  v.  Breslau,  Wallner  y.  Petersburg,  Brünner  y.  Lübeck, 
Fr.  Herbst  y.  Brunn,  Mad.  Denemy  y.  Wien,  Carl  Devrient  y.  Han- 
noyer, Fr.  Deyrient  v.  Bremen,  Frl.  Schwarzbach  y.  Leipzig,  Salomon 
y.  W^ien,  Düflfke  v.  Bremen,  Henry  v.  Leipzig,  C.  Formes  y.  Wien, 
Fr.  Brüning,  Wohlbrück,  Wichmann  y.  Meiningen,  FrL  Garrigues  y. 
Breslau,  de  Marchion  y.  Wien,  Emest  y.  Wien,  Paetsch  y.  Breslau, 
Sieber  v.  Detmold. 

1849:  Frl.  L.  Grahn  y.  London,  Frl.  Schütz  y.  Dessau,  Frl. 
Schulz  V.  Hamburg,  Starke  y.  Hamburg,  Fr.  Stolte  y.  Strelitz,  Jerr- 
mann  v.  Wien,  dallo  Aste  y.  Hamburg,  Frl.  Wilhelmi  y.  Hamburg, 
Liedtke  y.  Weimar,  Widemann  y.  Leipzig,  Mad.  Palm -Spatzer  y. 
Stuttgart,  Frl.  Michalesi  v.  Hamburg,  Scholz  y.  Wien,  Grois  v.  Wien, 
Frl.  Ant.  Härting  y.  Danzig,  Himmer  y.  Wien,  Turwald  y.  Wien, 
Frl.  Dingelstedt  v.  Amsterdam,  Kühn  y.  Würzburg. 


—    630    - 


ihre  hohen  Gehaltsansprüche  anf  die  Döring  zugestandene 
Summe. 

Eine  rege  Thäigkeit  läset  sich  auch  dieser  Periode 
nicht  absprechen.  Obschon  das  Schauspiel  nicht  mehr 
ein  so  reiches  Ensemble  darbot,  wie  in  den  20  er  und  30er 
Jahren,  so  war  es  noch  immer  durch  eine  Anzahl  tüchtiger; 
zum  Theil  vorzüglicher  Kräfte  vertreten,  die  seinen  Ruf 
weithin  verbreiteten.  Indess  machte  sich  doch  schon  ein 
Rückgang  fühlbar,  der  mit  den  Jahren  stärker  hervor- 
zutreten drohte,  wenn  man  nicht  bei  Zeiten  eine  Heban; 
verschiedener  unzulänglich  besetzter  Fächer  ins  Auge 
fasste. 

Nach  Gutzkow's  Abgange  wurde  Eduard  Devrienfi 
Bath  in  ästhetischen  Fragen  wieder  mehr  in  Anspradi 
genommen.  Dagegen  trat  Winger  am  16.  Juli  1849  tos 
der  Regie  des  Schauspiels  zurück,  weil  Lüttichau  ihm  in 
wenig  zu  rechtfertigender  Weise  bei  Erneuerung  seines 
Contracts  die  Begünstigung  eines  jährlichen  Urlaubs  ent- 
zogen hatte.    An  seine  Stelle  trat  Quanter. 


Die  Oper  unter  Richard  Wagner. 


ftlchard  Wagner.  —  Seine  Angtellnng  als  Kapellmeister«  —  Nene 
SrwerbnDgen.  —  Ansseheiden  der  SchrSder-Derrient.  —  Reper^ 
Wlre.  —  Uebergiedelnng  der  üeberreste  C.  M.  r.  Webei^.  — 
SerwirfnlMe  mit  Wagner.  —  IMe  Haiereignigse«  —  AitSsnng 

des  Theaters.  —  Reorganisation. 

Der  Verlust  sowohl  des  Kapellmeister  Morlacchi, 
wplehor  auf  einer  Urlaubsreise  nach  Italien  in  Innsbruck 
•Urb,  und  des  Musikdireetor  Rastrelli,  welcher  fast  gleich- 
zeitig einem  lUngoron  Leiden  erlag,  hemmte  die  Oper 
gerade  in  dem  Momente,  in  welchem  von  ihr  (nach  Er- 
!^Tnung  des  neuen  Theatergebäudes)  ein  erhöhter  Auf- 
•^hwung  erwartet  wurde.  Natürlich  musste  man  bald  an 
'ie  Wiederbesetzung  der  erh^digten  Stellen  denken,  um 
^^lehe  im  Laufe  des  nächsten  Jahres  eine  ganze  Reihe  von 
*^^erbungen  eingingen;  zu  ihnen  gehörten  die  des  Musik- 
it'ector  Röckol  in  Weimar,  des  Musikdireetor  Stein  in 
^'ciberg,  des  Kapellmeister  Reuling  in  Wim,  des  Musik- 
i Factor  Schubert  in  Hamburg,  der  Gebrüder  Ricci  in 
enedig,  des  Kapellmeister  Gläser  in  Kopenhagen,  Kraux 
^  Prag  und  Schindel,  der  Musikdirectorcn  Eberwein  in 
^''eimar  und  Richard  Wagner  aus  Leipzig. 

Schon  im  Monat  December  1840  war  von  diesem 
Letzteren,  einem  damals  in  Paris  lebenden  jungen  Compo- 
iiisten,  die  Oper  Rienzi  bei  der  Generaldirection  eingereicht 
tmd  mit  warmen  Worten  zur  Annahme  und  Aufführung  em- 
pfohlen worden.  Derselbe  hatte  sich,  um  seiner  Bitte 
grösseren  Nachdruck  zu  geben,  BOgar  ganz  unmittelbar 

84» 


—    532    — 

an  die  Gnade  des  Königs  gewendet.    Der  Inhalt  dieses 
Schreibens  ist  folgender: 

^Ailerdarchlanchtigster  Herr! 
AUergnädigster  Herr  und  König! 

Wenn  ich  es  wage,  ans  Frankreichs  Hauptstadt  mich 
nnmittelbar  an  Ew.  Majestät  mit  einem  nnterthänigsten 
Gesuch  ehrfurchtsvoll  zu  wenden ^  so  möge  vor  Allem 
meine  Ktlhnheit  darinnen  eine  Entschuldigung  finden^  im 
ich  als  Sachse  und  Ew.  Majestät  treuergebenster  Unter- 
than  es  unmöglicli  über  mich  gewinnen  konnte ,  tine 
wenigstens  für  mich  so  ausserordentlich  wichtige  Geiern- 
heit  vorübergehen  zu  lassen^  ohne  mein  in  fremden 
Landen  immer  steigendes  und  dringenderes  Verlangen  zu 
stillen,  gegen  meinen  Allergnädigsten  Herren  und  Eönip 
unmittelbar  meine  tiefste  und  feurigste  Verehrung  ans- 
zusprechen. 

In  Leipzig  geboren,'  bezog  ich  noch  als  Kind  mit 
meiner  Familie  Ew.  Majestät  Residenz  Dresden,  wo  mein 
Stiefvater,  Ludwig  Geyer,  als  Hofschauspieler  bei  Ew. 
Majestät  Hoftheater  angestellt,  das  unschätzbare  Glück 
hatte,  durch  die  huldreichste  Gunst  des  Allerhöchsten  Hofes 
in  dem  Grade  ausgezeichnet  zu  werden,  dass,  da  er  zn- 
gleich  Portraitmaler  war,  er  mit  dem  AUerhöchsten  Auf- 
trage beehrt  wurde,  die  AUerdurchlauchtigste  Familie  zn 
portraitiren. 

Ich  selbst  habe  mich  der  musikalischen  Composition 
gewidmet^  und  hatte  bereits  vor  10  Jahren  das  Glück, 
einige  meiner  Instrumental- Compositionen  mit  Beifall  in 
meiner  Vaterstadt  aufführen  zu  sehen.  ^  Seitdem  habe  ich 
in  mehreren  Städten  Deutschlands  das  Amt  eines  Mnsik- 

'  22.  Mai  1813,  Sohn  eines  städtischen  Beamten. 

*  Wagner  ist  in  der  Hauptsache  Autodidact  Nur  eine  kurze 
Zeit  arbeitete  er  anter  der  Leitung  des  verdienstvoUen  Theodor 
Weinlig,  der  damals  Kantor  der  Thomasschule  in  Leipzig  war. 

'  In  einem  Gewandhausconcerte. 


—    533    — 

directore  verwaltet ; '  da  micli  ab«r  namentlich  der  Drang 
hcseelte,  micb  durch  dramatisclie  CompoBitiosen  ansza- 
zcicbneu,  ich  aber  die  kleineren  Proviuz-Buhneu  Deutach- 
Uodfi  keineswegs  t'llr  geeignet  halten  dnrfte,  vermöge 
«rster  Aufführungen  auf  ihnen  den  nüthigen  Knf  zu  be- 
gründen, ich  leider  damals  nocli  nicht  den  Muth  besass, 
mich  wie  Jetzt  mit  ehrl'Qrchtsvultem  Vertrauen  au  Ew. 
Majestät  selbst  zu  wenden,  so  eDtschloBs  ich  mich  endlich, 
dem  Heispiel  so  vieler  Dentschcn  zu  folgen  nnd  mich  in 
der  erwähnten  Absicht  nach  Piiris  zu  wenden. 

Hier  wurde  die  Aussicht  auf  ein  Gelingen  meines 
Plaoes  zunächst  duroh  den  glücklichen  Umstand  fester 
gegründet,  dass  es  mir  gelang,  die  Freundschaft  des 
rühmlich  bekannten  Herrn  Mejerbeer  zu  gewinnen,  durch 
deeacD  thätigste  Theilnahme  ich  auch  bereits  dahin  gelangt, 
dass  ich  jetzt  mit  der  Administration  der  Acad^mie  Royale 
de  mnsique  in  den  freundschaftlichsten  Unterhandinngen 
über  eine  für  dieses  Theater  eigens  zu  componirende 
Oper  stehe. 

Nichtsdestoweniger  aber  ist  in  mir  der  feurige  Wunsch 
immer  lebendig  gebliehen,  meine  besten  künstlerischen 
Klüfte  meinem  deutschen  Vaterlande  zn  widmen.  Von 
diesem  Verlangen  getrieben,  habe  ich  hier  in  Paris  eine 
grosHe  Oper  unter  dem  Titel  Rienzi  vollendet,  und  zwar 
in  der  besonderen  Absicht,  sie  dem  Uoftheater  Ew.  Majestät 
tat  ersten  Aufführung  anzubieten,  weshalb  ich  denn  na- 
mentlich auch  einige  vricbtige  Partien  derselben  bereits 
im  Voraus  für  mehrere  ausgezeichnete  Künstler  berechnete, 
die  das  unschätzbare  GlUck  gemessen,  Mitglieder  des  Hof- 
iheaters  Kw.  Majestät  zu  sein. 

Dies,  mein  Allergnädigster  Herr  ond  König,  ist  die 
Angelegenheit,  wegen  deren  haldvoUen  Entscheidung  ich 

'  Zuerst  am  Magdeburger  Theatet,  wo  seine  Oper  „Das  Liebes- 
Terbot'  znr  Aufführung  kam;  hierauf  in  Königsberg,  vo  er  fich  ver- 
h^atbete,  und  zuletit  an  der  Haltei'schen  Bfibne  in  Kiga. 


—    534    — 

mich  erkühnt  habe^  mich  nmnittelbar  an  Ew.  Miyestät^ 
den  grossmüthigen  Schützer  und  Beförderer  vaterlttndiwher 
Knnst^  zu  wenden.  Von  dem  jedem  Sachsen  angeborenen 
innigen  und  anbedingten  Vertrauen  zu  seinem  angebeteten 
Landesvater  beseelt,  fasse  ich  den  Mnth^  mein  nnter- 
thänigstes  Gesuch  in  tiefster  Ehrfurcht  vorzutragen: 

ich  ersuche  Ew.  Majestät^  dass  Allerhöchstdieselbe 
geruhen  wolle,  eine  erste  AufiFUbrung  meiner  Oper 
Rienzi^  deren  Partitur  ich  zugleich  Ew.  Miyestftt  Hof- 
marschall und  Hoftheater-Intendanten  Sr.  Exelienz 
Freiherm  von  Lttttichau  zusende,  auf  Ew.  Majestät 
Bühne  zu  Dresden  Allergnädigst  zu  gestatten. 
Würde  mir  mit  der  huldreichen  Genehmigung  dieses 
Gesuchs  noch  das  unaussprechliche  Glück  zu  Theil,  dass 
Ew.  Majestät  geruhen  wollte,   mir  zu  gestatten,  Aller- 
höchstderselben  mein  Werk  in  tiefster  Ehrfurcht  widmen 
zu    dürfen,   so    würden    die   glänzendsten   Erfolge  vor 
dem  Publicum  mir  matt  und  nichtig  scheinen  gegen  das 
erhebende  Gefühl,  mein  erstes   grösseres  Produet  unter 
der  besonderen  huldreichen  Protection  meines  Allerjcnä- 
digsten  Herrn  und  Königs  auf  dem  Boden  meines  Vater- 
lands in  das  Leben  treten  zu  sehen.*' 

Nach  dem  üblichen  Geschäftsgange  wurde  dieses 
Sehreiben  ^zu  Erstattung  gutachtlicher  Anzeige^  an  die 
Königl.  General -Direction  überwiesen,  welche  freilich  zu 
dieser  Zeit  ganz  von  den  Vorbereitungen  für  die  bevur- 
stehende  Eröffnung  des  neuen  Schauspielhauses  ertlillt 
war.  Die  Beschlussfassung  zog  sich  um  so  mehr  in  die 
Länge,  als  anfänglich  der  Text  vermisst  wurde,  später 
aber  auch  dieser  selbst  noch  einige  Bedenken  erregte 
Ein  Empfehlungsbrief  Meyerbeer's  vom  18.  März  lJ?4l 
scheint  nicht  ohne  Einfluss  geblieben  zu  sein.  Schon  im 
Mai  drückte  Reissiger  seine  Zufriedenheit  mit  der  Partitur 
Wagner  ^ebenso  schmeichelhaft,  als  bieder^  aus.  tnii- 
lich  am  29.  Juni  1841  wurde  dem  Gomponisten  anch 
officiell  die  Annahme  der  Oper  zugesichert,  um  ^sobald  als 


-    535    — 

tliunlich,  hoffentlich  im  Laufe  di'B  Winters"  znr  Aufführung 
in  kommen.  Ganz  so  scttnell  ging  es  aber  ilocb  nicht 
damit.  Kar  den  Anstrengungen  seiner  Freunde,  anter 
denen  der  Chordirector  Fischer  besonders  hervorzuhebeii 
ist,  sollte  es  gelingen,  dass  sie  am  20.  Oct  1842  unter  des 
Coiuponisten  eigener  Leitung  in  vorzüglicher  Ansetattnug 
nnd  trotz  ihrer  abi^pannendfo  Daner  (bis  '/*  1-  ^^^)  ^^^ 
ihren  nicht  selten  betäubenden  Wirkungen,  mit  grossem 
Erfolge  zur  Aufführung  kam. 

Unstreitig  hatte  der  Componist  hieran  das  grüsste 
Verdienet.  Ans  seinem  Werke  sprach  eine  Begabung, 
welche  nicht  nur  Fürderung  verdiente,  sondern  diese 
geradezu  forderte.  Wie  aber  nun  einmal  die  Verbältnit-se 
ttegen,  mit  welchen  Schwierigkeiten  der  noch  unbekannte 
Antor  an  unseren  Theatern  nun  einmal  zu  kämpfen  hat, 
verdient  die  Bereitwilligkeit,  mit  der  man  in  Dresden  dem 
Talente  Kichard  Wagner's  entgegenkam,  gleichwohl  eine 
besondere  Würdigung.  Wurde  er  doch  hierdurch  mit 
eänmal  einer,  wie  er  sie  selbst  ans  geschildert  hat,  höchst 
roisblichen  Lage  entrissen.  Waren  doch  in  Paris  trotz  der 
Verinittclungen  Meyerbeer's  bisher  all  seine  Versuche  gc- 
Bcbeitert,  8o  dass  er,  nm  nur  sein  Dasein  zu  fristen,  sich  zu 
mnBikalischen  Lohnarbeiten'  hatte  herabwürdigen  mSssen. 
Anch  sein  „Fliegender  Holländer",  den  er  inzwischen  ge- 
«chrieben  nnd  nach  München  nnd  Leipzig  gesendet  hatte, 
war  von  beiden  Orten  mit  abschläglichen  Antworten  zn- 
rttvkge kommen.  In  Berlin  hatte  Meyerbeer  zwar  die 
Annahme  dessclbuu  renuittelt,  was  aber,  wie  Wagner 
Mch  ansdrlickl,  nichts  weiter  ,,a\s  eine  künstlich  veran- 
laMte,  wohlfeile  und  durchaus  erfolglose  Gefälligkeits- 
bezeugnng"  war. 

Und  nun  war  in  Dresden,  was  bei  der  Uml^nglich- 
keit  nnd  bei  der  ganzen  Tendenz  seines  Werks  schon 
allein  ins  Gewicht   fiel,  nicht   nnr  sein   Rienzi    gegeben, 

'  Er  schrieb  MelodknarranKemi^nU  für  <las  Con^et  h  piatons. 


nicht  nur  wenige  Monate  später  aucli  sein  Hollända 
in  Scene  gesetzt  worden,  sondern,  obwohl  dieser  letiter^ 
vielleicht  eben  weil  sich  darin  die  EigenthUmliuhkeit  ät» 
Künstlers  ungleich  selbstständiger,  freier  und  hestiiiimler 
entfaltete,  zunächst  nicht  von  einem  za  grossen  Erfolge 
begleitet  gewesen  war,  wurde  ihm  auch  noch  fast  un- 
mittelbar darauf  bei  der  Besetzung  der  erledigten  Kapeli- 
meiaterstelle  der  Vorzug  gegeben.  Der  diesen  Gegenslaud 
behandelnde  Vortrag  LUttichau's  fasste  Überhaupt  mir  lim 
und  Gläser  ins  Auge.  Da  aber  Letzterer  eine  rüili^ 
Gleichstellung  mit  Iteissiger  zur  Bedingung  gemacht,  wu 
dieser  nach  bereits  15jäliriger  Dienstzeit  leicht  als  ein« 
Kränkung  anfnchmen  konnte,  Wagner  dagegen  sich  schon 
fUr  sehr  geehrt  erklärt  hatte,  wenn  man  ihn  mit  12O0  Thli, 
Gehalt  als  Musikdirector  anstellen  würde,  so  war  es  aacL 
eigentlich  nur  der  Letztere,  welchen  LUttichau  empfaU 
Zwar  hatte  Wagner  bereits  am  nächsten  dieser  Erklkruo^ 
folgenden  Tage  in  einem  längeren  Briefe  die  Grönilp 
entwickelt,  die  ihn  veranlassten,  von  ihr  insofern  wiedn 
zurücktreten,  als  er  nach  reiflicher  Erwägung  „eine  provi- 
sorische Anstellung  als  Musikdirector  auf  Probe"  nicht  u- 
nehmen  könne.  Nichtsdestoweniger  heisst  es  bei  LUttichsn: 
„Ich  bin  daher  auf  den  Gedanken  gekommen,  dt» 
der  Musikdirector  Wagner,  der  durch  seine  beiden  Opera 
^enzi"  und  „Der  fliegende  Holländer"  eich  bereits  k 
ein  so  vorzüglicher  Componist  gezeigt  und  auch  I 
Einstudiren  nnd  Dirigiren  derselben  sich  ToUkommen  k 
währt  hat,  am  geeignetsten  ftlr  diese  Stelle  sein  <ltti 
Schon  vor  einiger  Zeit  wurde  er  mir  vom  Kapel* 
Meyerbeer,  der  während  seines  Aufenthalts  in  Pari«  i 
ihm  zusammenlebte,  aufs  Angelegentlichste  empfohlen,  ■ 
seine  hiesigen  Leistungen,  wie  sein  Benehmen  haben  i 
überzeugt,  dasB  durch  ihn  der  vorerwähnte  Zweck  l 
sichersten  erreicht  werden  dürfte."  Aaeh  empfahl  Lllttichl 
Ihn,  in  Berücksichtigung  der  bisher  geleisteten  DicM 
gleich  vom  1.  Febraar  in  die  Stellang  eines  EapeUmcii 


—    537    — 

eintreten  zulassen,  obwohl  das  Gnadengehalt  der  Wittwe 
Rastrelli's  noch  bis  1.  Mai  ausgezahlt  werden  musste. 

Gleichzeitig  wurde  nun  aber  auch  zur  Besetzung  der 
erledigten  Mnsikdirectorstelle  geschritten,  zu  welcher 
Lttttichau  den  schon  obengenannten  Musikdirector  August 
Röckel  (geb.  1815),  Sohn  des  Schauspieldirectors  Röckel, 
empfahl,  welcher  zuerst  die  deutsche  Oper  in  Paris  und 
London  eingeführt  hatte,  wobei  ersterer  mit  der  Leitung 
der  Chöre  und  Ciavierproben  betraut  worden  war.  Seine 
weitere  Ausbildung  hatte  derselbe  dann  unter  Hummel 
in  Weimar  und  seine  erste  Anstellung  als  Musikdirector 
in  Bamberg  erhalten.  Er  war  ein  begabter  und  thätiger 
Mann,  welcher  dem  Institute  in  den  ersten  Jahren  recht 
nützlich  wurde,  leider  aber  von  einem  zu  unruhigen 
Geiste,  um  den  Erregungen  der  Zeit  widerstehen  zu 
können,  welche  bekanntlich  fUr  ihn  so  yerhängnissvoU 
wurden. 

Es  schien,  als  ob  durch  diese  Erwerbungen  die  Oper 
in  Dresden  einem  ganz  neuen  Aufschwünge  entgegen- 
gehen sollte.  Das  phantasievolle,  auf  hohe  Ziele  ge- 
richtete, nur  allzu  unruhige  Streben  Richard  Wagner's 
musste  sich  besonders  den  jüngeren  Mitgliedern  mittheilen 
and  mehrentheils  einen  wohlthätigen  Einfluss  ausüben. 
Das  Princip  der  charakteristischen  Eigenthümlichkeit 
wurde  dem  traditionellen  Formalismus  entgegengestellt. 
Man  suchte  die  Aufgaben  tiefer  zu  fassen  und  bis  in  ihre 
feinsten  und  letzten  Züge  zu  verfolgen.  Freilich  fehlte 
es  den  damit  verbundenen  Neuerungen  auch  nicht  an 
Gegnern,  sowohl  in  der  Kapelle,  wie  in  der  Kritik;  im 
Ganzen  aber  würde  hierin  kein  wesentliches  Uindemiss 
für  eine  gedeihliche  Entwicklung  gelegen  haben,  obschon 
Richard  Wagner  mit  derselben  leicht  reizbaren  Enpfindlich- 
keit,  wie  einst  Weber,  sieh  zu  öffentlichen  Entgegnungen 
aaf  dieihm  gemachten  Einwürfe  hinreissen  Hess  (l.Aug. 
1846  im  Dresdner  Anzeiger).  Grössere  Schwierigkeiten 
boten    anfangs  die   Personalverhältnisse  der   Oper,   und 


—    538    — 

geradezu  yerhängnissvoU   wurde  die  Erregung  und  B^ 
wegung  der  Zeit. 

Bei  der  Eröffnung  des  neuen  TheatergebSudes  stand 
die  Schröder- De vrient  zwar  noch  auf  der  Höhe  ihres 
Talentes  und  Ruhms^  doch  schon  auf  jener  bedenklichen 
Höhe ;  dass  eine  Partei  im  Publicum  ihr  mit  einer  Art 
von  Erfolg  eine  junge,  zwar  viel  versprechende,  ihr  aber 
weder  zur  Zeit  irgend  zu  vergleichende,  noch  später 
sie  jemals  entfernt  erreichende  Sängerin  wie  Panline 
Marx  gegenüber  zu  stellen  vermochte.  Andere  MitgUeder 
hatten  dem  Einfluss  der  Zeit  schon  grösseren  Tribnt  zn 
zahlen  gehabt. 

Einzelne  der  neuen  Erwerbungen,  wie  z.  B.  die  des 
Tenoristen  Bielcziczky,  erwiesen  sich  als  nicht  gerade 
glücklich.  Das  schöne  Talent  Anton  Mitterwurzer's,  das 
sich  zwar  unter  der  Anleitung,  die  er  von  Morlacchi  und 
Mickseh  erhalten,  schon  weiter  entwickelt  hatte,  war 
damals  noch  nicht  zu  voller  Entfaltung  gekommen,  and 
1843  sollte  die  Schröder -Devrient  sogar  auf  ein  Jahr 
die  Dresdner  Bühne  wieder  verlassen  —  ein  Verlust,  der 
durch  das  Engagement  von  Frau  Spatzer-Genti- 
luomo  weder  aufgewogen  werden  sollte,  noch  konnte. 
Ein  anmuthiges,  aber  nur  massiges  Talent  war  in  Anna 
Thiele  gewonnen  worden,  deren  erster  theatralischer 
Versuch  (1841)  eine  sehr  zustimmende  Aufnahme  fand. 
Sie  erwarb  sich  durch  ihre  liebliche  Darstellung  des 
Friedensboten  im  „Rienzi^  eine  andauernde  Beliebtheit. 
In  Georg  Wilh.  Dettmer,  geb.  1808  zu  Breinum  bei 
Hannover,  war  1842  ein  mit  einer  kräftigen  Bassstimme 
begabter,  höcht  schätzenswerther  dramatischer  Dar* 
steller  eingetreten,  der  in  Rollen  wie  Kaspar,  Marcel , 
Figaro  Vortreffliches  leistete.  1844  trat  die  Schröder- 
Devricnt  wieder  ein,  und  gleichzeitig  wurde  in  Johanna 
Wagner,  einer  Nichte  des  Kapellmeisters,  eine  Sängerin 
von  grosser  dramatischer  Begabung  gewonnen,  die  sich 
zwar  hier  bereits  entfaltete,   besonders  in  der  Rolle  der 


—    539    — 

Elisabeth  im  ^Tannhäuser^  aber  erst  später  (in  Berlin)  zu 
ihrer  vollen  Entwicklung  kam.  Die  Engagements  der  Teno- 
risten Schloss  (1845)  und  Weixelsdorfer  (1847)  waren 
damals  nur  kurz  vorübergehende.  Dasselbe  gilt  von  dem 
mit  einer  frischen  Baritonstimme  begabten  Lindemann. 
Wogegen  die  Erwerbungen  von  Fräul.  Schwarzbach  und 
Elise  Schmidt  (1848),  von  welcher  schon  beim  Schau- 
spiel die  Rede  war^  des  trefflichen  dallc  Äste  und  des 
Tenoristen  Himmer  zu  etwas  bleibenderem  Gewinn 
wurden.  Dauernd  wurde  der  mit  einer  angenehmen  Tenor- 
stimme begabte  Eduard  Rudolph  (1849)  durch  seine 
Verheirathung  mit  Tichatscheck's  Tochter  an  Dresden  ge- 
fesselt. Das  wichtigste;  doch  eigentlich  schon  dem  folgen- 
den Zeitabschnitte  angehörende  Engagement  ist  aber  das 
von  Aloyse  Michalesi. 

Aloyse  Michalesi,  1826  in  Prag  geboren,  die  Tochter  des 
Opernsängers  Wenzel  Michalesi,  welcher  schon  i.  J.  1836 
starb,  erhielt  ihren  ersten  musikalischen  Unterricht  von  ihrer 
Mutter^  welche  ebenfalls  Sängerin  war,  betrat  1843  in  Brunn 
als  Elvira  zum  ersten  Male  und  mit  grossem  Erfolge  die 
Buhne,  wurde  daselbst  engagirt  und  folgte  nach  dem  Tode 
ihrer  Mutter  einem  Rufe  nach  Hamburg.  Meyerbeer,  der  im 
Jahre  1849  wegen  seines  Propheten  mit  der  Generaldirection 
des  Dresdner  lloftheaters  unterhandelte,  zur  Darstellung 
der  Fides  aber  hier  eine  passende  Sängerin  damals  nicht  vor- 
fand, empfahl  hierzu  die  Michalesi  in  so  dringlicher  Weise, 
dass  sie  nach  einem  kurzen  Gastspiele  sofort  engagirt  wurde. 
Sie  besass  damals  eine  schöne,  sympathisch  ergreifende 
Stimme,  und  verband  eine  sorgfältig  ausgebildete  Technik 
mit  wahrhaft  dramatischem  Ausdruck.  Ihre  Stärke  lag 
in  der  Darstellung  von  Rollen  des  grossen  Styls  (Ida- 
mantes,   Klytemnestra ,   Fides,   Eglantine,  Ortrud  etc.). 

Schon  seit  1.  Juni  1847  war  der  mit  diesem  Tage 
eintretende  Sänger  Maria  Heinrich  Schmidt  neben  Fischer 
mit  der  Regie  betraut  worden,  welcher  letztere  am 
1.  Juli  1848  dieser  Stelle  enthoben  ward. 


-     540    - 

Das  Verhältniss  zwischen  der  Schröder-Devrient  und 
der  General-Direction   hatte   in  den  letzten  Jahren  sehr 
an  Herzlichkeit  verloren.    Schon  in  einem  Vortrage  yom 
Jahre  1846   macht  Lüttiehan   darauf  anfinerksam,  dass 
die  Devrient   bei   einer  Yerlängernng  des  Gontracts  mit 
jedem  Jahre  100  Thlr.   mehr   Pension   zu   beanspruchen 
habC;   und  da  sie  in  den  letzten  Jahren  nicht  mehr  als 
durchschnittlich  30  Mal  gesungeU;  wegen  der  wachsenden 
Beschränktheit  ihres  Repertoires,  so  koste  sie  jedes  Mal  etwa 
150  Thlr.    Es  sei  daher  die  Frage,   ob  es  nicht  zweck- 
mässiger sei,   sie  auf  eine  bestimmte  Anzahl  von  Rollen 
jährlich    zu   engaghren.      Ein  Königliches  Rescript  lehnt 
dies  jedoch   ab,   wünscht  aber  zugleich   die   Schröder- 
Devrient  noch  länger,  doch  ohne  neue  Opfer,  der  Bühne 
erhalten   zu   sehen,   worauf  Lüttichau   mit   ihr   in  neae 
Unterhandlungen  trat.    Die  Devrient  leitete  damals  ihre 
Forderungen   mit  den  Worten  ein:   ^Dass   sie  nicht  nur 
langjährige  Gewohnheit,  sondern  die  innigste  Dankbar- 
keit   für   Se.  Majestät   den  König,    dem    sie  ihre  ganze 
Existenz   zu  danken  habe,   an  einen  Ort  fessle,   der  ihr 
zur  Heimath    geworden'';   nichtsdestoweniger   stellte  sie 
doch  wieder  höhere  Forderungen,  um  sich  freilich  zuletit 
mit  den  früheren  begnügen  zu  müssen.    Schon  am  23.  Man 
des  folgenden  Jahres  aber  bittet  sie  wieder,  wegen  grosser 
körperlicher  und  geistiger  Aufregung,  um  einen  sechs- 
monatlichen Urlaub  oder  um  ihre  Entlassung.    Die  letztere 
ward  ihr  denn  diesmal  auch  kurzweg  für  den   1.  Juli 
gewährt.    Ihre  hierauf  folgende  Bitte,  sie  als  letzte  Rolle 
die  Valentine    spielen    zu   lassen,   ist  nicht  ohne  einige 
Bitterkeit;  sie  mochte  erkennen,  dass  auch  ihre  Zeit  nun 
vorüber   war.    „Da  Fräul.  Wagner  krank  ist  —  heisst 
es  in  diesem  Schreiben,  —  so  wird  der  Aufführung  wohl 
kein    Hindern iss  im    Wege   stehen,   als   die   Laune  von 
Herrn  Tichatscheck,    die  vielleicht  für  diesen  Fall  eine 
günstige  sein  könnte." 

Von    den   in   diese   Zeit    fallenden    Gastspielen  be- 


—    541    — 

haupteten  die  von  Mad.  Ungher-Sabatier^  von  Moriani  und 
von  Carl  Formes  den  bedeutendsten  Platz.  Ihnen  schlössen 
sich  Fränl.  Tuczek  aus  Berlin  (1846)  und  Mad.  Viardot- 
Garcia  (1847)  an. 

Die  Novitätenstatistik  giebt  schon  allein  ein  reiches 
Bild  von  der  Thätigkeit  und  den  dieser  Periode  ange- 
hörenden Leistungen.  Wir  finden  Reissiger  vertreten 
durch  Ad61e  de  Foix  und  den  Schiffbruch  der  Medusa; 
Wagner^  ausser  durch  die  schon  genannten  beiden  Opern, 
durch  seinen  Tannhäuser;  Gluck  durch  Armide,  Alceste 
und  Iphigenia  in  Aulis;  Marschner  (vielleicht  auf  Eduard 
Devrient's  Einfluss)  durch  Hans  Heiling  und  Adolph  von 
Nassau;  Mendelssohn  durch  die  Musik  zum  Sommer- 
nachtstraum und  zu  Antigone;  Gimarosa  durch  Die  heim- 
liche Ehe;  Fioravanti  durch  Die  Dorf  Sängerinnen;  Doni- 
zetti  durch  Der  Liebestrank,  Lucia  di  Lammermoor, 
Belisario,  Linda,  Don  Pasquale,  Dom  Sebastian,  Re- 
gimentstochter, Favoritin;  Verdi  durch  Hemani;  Auber 
durch  Der  schwarze  Domino  und  Der  Gott  und  die  Ba- 
jadere ;  Halevy  durch  Der  Guitarrenspieler  und  Die  Mus- 
ketiere der  Königin;  Hiller  durch  Die  Christnacht 
und  Gonradin;  Lortzing  durch  Casanova,  Wildschütz  und 
Waffenschmied;  Flotow  durch  Stradella  und  Martha;  Balfe 
durch  Die  vier  Haimonskinder;  Schmidt  durch  Prinz 
Eugen  etc. 

Ueberhaupt  weist  das  Repertoire  von  1841  bis  mit 
1849,  ausser  einer  Menge  neueinstudirter  Werke  und 
abgesehen  von  den  Possen  und  Liederspielen,  unter 
denen  G.  Räder  allerdings  in  ganz  unmässiger  und  ver- 
derblicher Weise  (durch  12  Stücke)  vertreten  war,  46 
neue  Opern  auf,  das  ist  also  durchschnittlich  fünf  neue 
Opern  jährlich,  wobei  die  grösste  Vielseitigkeit  gewahrt 
worden  und  dem  Grossen  und  Bedeutenden  ebenso  wie 
dem  nur  Gefälligen  und  Modernen  Rechnung  getragen 
war,  während  man  gleichzeitig  das  alte  classische  Re- 
pertoire in  möglichst  grösstem  Umfange  pflegte. 


—    542    — 

Die  bedeutendBten  Erscheinungen  waren  unstreitig 
die  Opern  Oluck'S;  in  denen  das  Directionstalent  Wag- 
ner's,  die  Kraft  der  Kapelle  und  das  dramatische  6e- 
staltnngstalent  der  Schröder- Devrient  gemeinsam  grosse 
Triumphe  feierten,  während  der  Tannhänser  den  Grund 
zu  der  Herrschaft  eines,  im  Holländer  bereits  angekün- 
digten, ganz  neuen  musikalisch  -  dramatischen  Prineips 
legte. 

Ich  habe  hier  zweier  Ereignisse  noch  zu  gedenken; 
welche  zwar  nur  mittelbar  mit  der  Geschichte  des 
Theaters  zusammenhängen,  aber  zu  viel  von  sich  reden 
gemacht  haben,  um  ganz  übergangen  werden  zu  können. 
Es  ist  die  Heimbringung  der  sterblichen  Ueberreste  E. 
M.  V.  Weber's  (1846)  und  die  Aufführung  der  neunten 
Symphonie  von  Beethoven  am  Palmsonntagconcerte  von 
der  Königl.  Kapelle  im  Jahre  1846. 

Das  erste  dieser  beiden  Ereignisse  liat  nämlich  dazu 
gefuhrt,  dass  man  von  dem  Verlialten  des  Herrn  von 
Lüttichau  zu  demselben  eine  nicht  ganz  richtige  Darstel- 
lung gegeben  hat.  Die  Wahrheit,  wie  sie  sich  aus  den 
Act?n  des  Theaterarchivs  ergiebt,  aber  ist,  dass  Herr 
von  Lüttichau  fast  unmittelbar  nach  der  Anregung  der 
Frage,  d.  i.  bereits  am  3.  März  1841,  die  nöthigen  Schritte 
einleitete,  um  sich  von  dem  wahren  Stande  der  Sache 
zu  überzeugen.  Dies  geschah,  weil,  wie  es  in  einem 
Königl.  Rescripte  desselben  Jahres  heisst:  „wir  es  für 
eine  theure  Pflicht  unserer  musikalischen  Kapelle  halten, 
an  deren  Spitze  Weber  gestanden,  dass  dessen  irdische 
Ruliestätte  möglichst  dauernd  erhalten  und  auf  würdige 
W(  ise  bezeichnet  werde,  um  hierdurch  einen  Beweis  des 
dankbaren  Andenkens  an  ihren  verewigten  Meister  zn 
geben."  Nachdem  sich  aber  Herr  von  Lüttichau  ver- 
sichert hatte,  dass  die  Ruhestätte  Weber's  nicht,  wie  man 
irrthümlich  verbreitete,  durch  die  Baufälligkeit  der 
Morfields- Kapelle  irgend  bedroht  sei,  sowie  dass  die 
räumlichen  Verhältnisse    dieser   letzteren  die  Errichtung 


—    543    — 

eines  massigen  Denkmals  gestatteten,  erschien  ihm  aller- 
dings die  Translocation  der  Leiche  nicht  mehr  dringlich 
geboten ;  sondern  er  hielt  es  für  ausreichend  ^  der  Dank- 
barkeit and  der  Verehrung  für  den  grossen  Meister  durch 
die  Errichtung  eines  Denkmals  in  London  und  eines 
zweiten  in  Dresden  Ausdruck  zu  geben.  Hierfür  holte 
er  noch  in  demselben  Jahre  (1841)^  also  lange  vor  der 
Wagnerischen  Theilnahme  an  dieser  Angelegenheit,  die 
Eönigl.  Glenehmigung  ein,  welche  ihm  auch  gewährt 
wurde,  indem  er  zugleich  den  Auftrag  erhielt,  sich  hier- 
über mit  dem  inzwischen  gebildeten  Comitä  ins  Ver- 
nehmen zu  setzen  und  sich  mit  ihm  zu  verständigen. 
Dass  er  hierbei  seine  eigene  Auffassung  vertrat,  ihr  Gel- 
tung zu  verschaffen  suchte  und  hierdurch  im  Widerspruch 
mit  dem  Vertreter  der  Wittwe  stand,  ist  allerdings  richtig ; 
doch  ist  das  noch  himmelweit  davon  unterschieden,  dass 
er  gegen  die  ganze  Sache  und  gegen  Weber  überhaupt 
sich  feindselig  verhalten  oder  wohl  gar  die  Bornirtheit 
gehabt  habe,  die  Wagner  ihm  ansinnt,  Weber  mit  Mor- 
lacchi  und  Reissiger  auf  eine  Rangstufe  zu  stellen.  Lüt- 
tichau  sprach  lediglich  von  Verdiensten  um  die  Kapelle, 
und  diese  hatte  Morlacchi  allerdings,  wenn  sie  auch  von 
einer  ganz  anderen  Art  als  diejenigen  Wober's  waren, 
sowie  von  der  Rücksicht  auf  die  Empfindungen  der 
Wittwe.  Nur  diese  zog  er  in  Parallele.  Hätte  er  aber 
Morlacchi  wirklich  Weber  seiner  ganzen  künstlerischen 
Bedeutung  nach  haben  gleichstellen  wollen,  so  würde  er, 
wie  einst  Graf  Einsiedel,  als  er  das  Gehalt  von  Weber 
zu  erhöhen  genüthigt  war,  auch  eine  entsprechende  Er- 
höhung des  Morlacchi'schen  Gehaltes  beantragte,  unmög- 
lich zwei  Denkmäler  fUr  Weber  haben  beantragen  können, 
ohne  auch  tllr  Morlacchi  etwas  Aehnliches  zu  bean- 
spruchen. An  so  etwas  Ungereimtes  aber  dachte  er 
nicht. 

Was  die    Aufführung   der  neunten  Symphonie  von 
Beethoven   betrifft,   so   hat  Richard  Wagner  ausführlich 


—     544    — 

darüber  berichtet.    „Als  die  Orchestervorsteher,  welche 
die   Gonservirung    nnd   Mehrung  des   Pensionsfonds  za 
tiberwachen    hatten ,    hiervon    erfuhren  ^    ergriff  sie  ein 
solcher   Schreck ,   dass   sie  in  einer  Audienz  an  nnsereo 
Generaldirector  von  Lüttichau  sich  wandten,  um  diesen  za 
ersuchen^   dass   er  mich  kraft  seiner  höchsten  Autorit&t 
von   meinem  Vorhaben   abbringen  möge.    Vor  iSngeren 
Jahren  war  nämlich  auch  die  neunte  Sjrmphonie  in  einem 
Armen-Concerte   von  Reissiger   aufgeführt  worden  nnd 
nach  aufrichtiger  Zustimmung  des  Dirigenten  vollkommen 
durchgefallen.     In    der  That    bedurfte  es   nun  memes 
ganzen  Feuers  und  aller  erdenklichen  Beredtsamkeit,  nm 
zunächst    die  Bedenken  unseres  Chefs  zu   überwinden. 
Mit  den  Orchestervorstehem  konnte  ich  aber  nicht  anders, 
als  mich  vorläufig  vollständig  überwerfen,  da  ich  hörte, 
dass  sie   die  Stadt  mit   ihren  Wehklagen   über  memen 
Leichtsinn  erfüllten.'*    Das  glänzende  Gelingen  des  Unter- 
nehmens ist  genügend  bekannt. 

Das  Jahr  1848  konnte  um  so  weniger  ohne  tiefe  Ein- 
drücke auf  eine  so  erregbare,  phantasievolle  Natur  wie 
Richard  Wagner  vorübergehen. 

Die  Missstimmung,  in  die  er  über  das  Ausbleiben  er- 
warteter Erfolge,  über  das  Drückende,  Sorgenvolle,  ja  fast 
Unlialtbare  seiner  äusseren  Lage  gerieth,  übertrug  sich 
ohne  Zweifel  auf  seine  amtliche  Stellung,  die  er  allmählich 
vernachlässigte.  Er  selbst  räumt  in  seiner  Schrift  ^Eine 
Mittheilung  an  meine  Freunde^  ein :  dass  er  schon  damab 
sich  in  einer  hoffnungslosen  Gleichgültigkeit  gegen  dieselbe 
befunden  habe. 

In  einem  von  Lüttichau  am  8.  Febr.  1848  einge- 
reichten Vortrage,  welcher  bei  Sr.  Majestät  die  nochmalige 
Ordnung  von  Wagner's  Schuldenwesen  durch  die  Ge- 
währung einer  jährlichen  Gratification  von  300  Thlr.  und 
von  noch  200  Thlr.  aus  dem  jährlichen  Ertrage  der 
Abonnemcntconcerte   an  Wagner  befürwortet,  wurde  be- 


-    54Ö    — 

reita  in  Erwägung  gezogen,  ob  seine  Erhaltung  überhaupt 
von  so  grosBom  Wcrth  sei,  am  ihm  einen  so  ausser- 
ordentlichen Zusehusszuälessen  zn  lassen.  „Ich  massaller' 
tliogs  gestehen  —  lieisst  es  darin,  —  dass  dies  mit  dem, 
was  er  bisher  im  Allgemeinen  geleistet  hat,  wohl  nicht 
im  Verhältniss  zti  stehen  )<cheint,  jedoch  ist  ihm  nicht 
abrnsprechon,  dass  in  besotidcren  Fällen,  wo  es  gilt,  wie 
z.  B,  im  Toiigen  Jahre  die  Aufführung  der  Oper  Iphi- 
genia  in  Änlis  und  die  jetzigen  Abonnementconcerte,  er 
all  seine  Kräfte  anstrengt  und  einen  Eifer  an  den  Tug 
legt,  der  ihm  nur  zum  Lobe  gereichen  kann  und  seinen 
Verlast  beklagen  liesse."  In  der  Königl.  Resolntiou  aber 
heisst  es:  pWir  sind  aoeh  nicht  abgeneigt,  ihm  ttir  den 
Fall,  dass  ein  gründliches  Arrangement  seines  Schulden- 
wesens zu  Stande  kommt  und  er  sich  nicht  wieder  iu  neue 
Schulden  verwickelt,  auch  seine  Stelle  fortwährend  mit 
Fleiss  und  Thärigkeit  zurZufriediuheit  der  Geucraldirec- 
tion  viTWalt^t,  eine  jährliche  dergleichen  Gratification  zu 
gewähren,  wogegen  Wir  Uns  tlir  den  entgegengesetzten 
Fall,  dass  ein  Schnldarrangement  nicht  zu  Stande  kommt, 
wegen  der  aodanu  nülhigen  Dienstentlassung  weitere 
Entschliessung  vorbehalten." 
I  Trotz  dieser  Lage  und  der  iu   dieser  Angelegenheit 

[  ichweljendeu  Verhandinngen   harte  Wagner  die  Unklug- 
!    liüt,  am  14.  Juni  1848  eineimVaterlandsvcrein  gehaltene 
I    Bede  dnrcii  ein  Extrablatt  des  Dresdner  Anzeigers  ver- 
öffentlichen  zu   lassen,  welche   zwar  eine  Art  von  Com- 
I    promiss  zwischeu  dem  Bestand  des  sächsischen  Kitnigs- 
bauses  und  der  liepublik  sucht,  aber  gleichwohl  in  Hol- 
kreistn  den  grössten  Anstoss  erregen  musste.    Die  Rede  ist 
fiberschrieben:    „Wie  verhalten    sich  republikanische  Üe- 
strebnngen  dem  Königthume  gegenüber?''  und  „Ein  Mit- 
glied des  Vaterlandsvereins"  unterzeichnet.     In  dem  den 
Acten  beigehefteten    Exemplar   ist  der  Name  „Hicbard 
Wagner"  mit  Bleistift  daneben  gesclirieben,  und  in  einem 
igeren  Reebtfertigungsbricfe  Wagner's  vom  18.  Juni  be- 


—    546    — 

kennt  sich  derselbe  ausdrücklich  zu  dessen  Verfasser. 
Diese  Rede  gipfelt  in  folgenden  Sätzen  : 

„Der  König  selbst  spreche  es  ans: 

Ich  erkläre  Sachsen  zn  einem  Freistaate.  Das  erste 
Gesetz  dieses  Freistaats^  das  ihm  die  schönste  Sicbemng 
seines  Bestehens  gebe^  sei: 

Die  höchste  vollziehende  Gewalt  ruht  in  dem  Königs- 
liause  Wettin  und  geht  in  ihm  von  Geschlecht  zu  Ge- 
schlecht nach  dem  Rechte  der  Erstgeburt  fort. 

Der  Eid ,  den  wir  diesem  Staate  schwören ,  er  wird 
nie  gebrochen  werden,  nicht  weil  wir  ihn  schwören  (deim 
wie  viele  Eide  werden  nicht  in  gedankenloser  Anstellnngs- 
freudc  geschworen),  sondern  weil  wir  ihn  mit  der  lieber- 
Zeugung  geschworen,  dass  durch  jene  Erklärung,  jenes 
Gesetz  eine  Zeit  unvergänglichen  Glücks  begründet 
wurde,  das  nicht  allein  auf  Sachsen,  nein !  auf  Deutsch- 
land, auf  Europa  die  wohlthätigsten ,  entscheidensten 
Wirkungen  auszuüben  vermag." 

Damit  im  Zusammenhange  steht  ein  anderer  Brief 
Richard  Wagner's,  der,  zwar  nicht  mit  einem  Datum 
versehen,  sich  augenscheinlieh  auf  die  Erwiderung  Liit- 
tichau's*  auf  jenen  ersten  Brief  Wagner's  und  auf  die 
Schlussstelle  dieses  letzteren  bezieht.  Er  lautet  wie  folgt: 
„Vortreflf lieber  Mann! 

In  meiner  guten  Absicht  wenigstens  lag  Versöhnung, 
und  ich  glaubte  deshalb  links  und  rechts  ausschlagen 
zu  dürfen :  nun  zeigen  Sie  mir,  wo  die  rechte  Versöhnung 
liegt  —  sie  liegt  da,  wo  nirgends  hin  beleidigt  wird! 

Konnte  ich  auch  voraussetzen,  dass  ein  wahrhaft 
edler,  seiner  Tugend  sieh  bewusster  Mann  iu  Wahrheit 
durch  mich  und  meine  Absicht  sich  beleidigt  ftlüen 
konnte,  —  durfte  ich  auch  nur  in  dieser  Voraussetzung 
es  für  schicklich  halten,  mich  an  Sie  zu  wenden,  wie  ich 
es  kürzlich   mit  meinem  Briefe  gethan  habe,  so   bin  ich 

*  Diese  fehlt,  wie  so  Vieles,  in  den  zum  Theil  lückenhaften 
nml  auch  verloren  gegangenen  Acten. 


—    547    — 

doch  80  schwach  zn  bekennen^  dass  ich  durch  die  Ver- 
Sicherungen,  die  mir  soeben  Eduard  Devrient  brachte, 
erst  recht  befähigt  worden  bin,  Sie  ganz  und  nach 
Würden  zu  erkennen.  Es  bleibt  mir  aus  tiefster  Seele 
nur  eben  der  Wunsch  übrig:  wären  Alle  so  wie  Sie! 

Mögen  diese  hastigen  Ausrufe  Ihnen  die  Stimmung 
schildern,  in  die  mich  die  Nachrichten  von  Ihnen  ver- 
setzt haben! 

Nun  aber  komme  ich  sogleich  mit  einer  grossen 
Bitte:  prüfen  Sie  gütigst  das  hier  beiliegende  Schreiben 
an  Se.  Majestät.  Dünkt  es  Ihnen  entsprechend  und  den 
Umständen  angemessen,  so  ersuche  ich  Sie,  es  dem  Könige 
übergeben  zu  wollen. 

N.  S.  Diesmal  habe  ich  „Excellenz"  und  Alles  ver- 
gessen!   Verzeihung!     Es  ging  nicht  anders." 

Dieser  zwar  etwas  dunkle  Brief  lässt  erkennen,  wie  tief 
Wagner's  Stellung  plötzlich  erschüttert  war,  wie  sehr  Lüt- 
tichau  sich  bemühte,  denselben  zu  halten,  und  in  welche 
Gemüthsaufregung  dieser  hierdurch  versetzt  wurde. 

Indessen  scheinen  die  Schritte,  die  in  dieser  Rück- 
sicht geschehen,  von  keinem  besonderen  Erfolge  gewesen 
zu  sein,  da  Wagner  unter  dem  2.  Juli  einen  Stadturlaub 
erbittet,  „um  sich  an  Leib  und  Seele  zu  stärken **.  „Unser 
eins  —  fährt  er  fort  —  ist  nun  einmal  ein  schwer  zu  er- 
ziehender Mensch.  Bis  dahin  werden  ja  wohl  auch  Sie, 
Excellenz,  sowie  ich  darin  klarer  sehen,  ob  mir  überhaupt 
in  Dresden  noch  eine  Zukunft  blühen  kann;  ich  werde  mir 
dann  in  Ruhe  Ihren  gütigen  Rath  erholen,  und  Ihrem  Er- 
messen des  Nothwendigen  und  Schicklichen  werde  ich  mit 
meiner  Ueberzeugnng  gern  und  willig  mich  anschliessen.^ 
Diese  Bitte  sticss  auf  Schwierigkeiten,  da  Reissiger 
schon  früher  einen  Urlaub  nachgesucht  und  bewilligt 
erhalten  hatte.  Wagner  erwidert  auf  die  ihm  hierüber 
gemachte  Mittheilung:  „Ew.  Exe.  gütiges  Schreiben  mit 
grösstem  Danke  fUr  die  darin  ausgesprochene  freundliche 
Gesinnung  erwidernd,   erlaube    ich   mir   zunächst  Ihneu 

35* 


—    548     - 

anzuzeigen,  dass  ich  sogleich  nacli  Empfang  dessell 
mich   mit   der   faerxlii'bBten    und    dringendsten    Bitte 
Kapellmeister  Reissiger  gewandt  habe,  tlir  mich  das  uni 
Umständen    vielleicht   grosse  Opfer    bringen    zn    wol 
das   eine.   Verlängerung    meines   Urlaubs    allein    mögli 
macht.     Ich  erkenne  seine  Mchrbeschäftiguug  an,  glanl 
ihm  auch  herzlich  gern,  daes  es  ihm  gerade  schwer  wird, 
ihr  zn  genügen,  weshalb  ich  mich  ihm  denn  anch  jeden- 
falls unbedingt  bereit  erkläre,  nach  meinem  Rücktritt  in 
den  Dienst  —  wenn  dieser  mir  wieder  möglich  geworden 
sein  wird  —  zu  einer  neuen  Gcschäftstheilnng  die  Hand 
zu    bieten,   nach  welcber   ibm    grundsätzlich    der  DienA 
erleichtert  wenlen    soll,   ausserdem  aber  dann   so  1; 
für  ihn  gänzlich  einzutreten,   als  er  es  irgend  verlan- 
mag:  nur  möge  er  dagegen  anerkennen,  dass  es  sicbj< 
bei    mir   um    eine    moralische  Lebensfrage  bandle 
meine  Hitle  um  Verlängerung  meiner  Torläufigeu  Dil 
lUspensation  nicht  nnf  Eigensinn,  sondern  anf  einem 
menscbliclien  Gefühle  der  peinlichsten  Natur  begründet 
sei,  welches  mir  gebieteriscb  hierin   das  Schickliche  vor- 
Bühreibt.    Gewiss  habe  ich  nicht  nöthig,  Ew.  Exe.  meim' 
Stimmung  näher  zu  brzeichnen,    Liegt  hier  nur  meiw 
■Schuld  zu  Grundi',  so  bin  ich  auf  jede  Suhnnng  gefaist- 
Die  Zeit  vermag  jedoch  viel;  gönnen  wir  ihr  Itaum, 
iieilende  Kraft  auszuüben! 

„Erklärt  sich  nun  Reissiger  bereit,  mir  den  erbetei 
von  mir  sehr  hoch  angeschlagenen  Dienst  kq  leii 
würden  Ew.  Exeellenz  demnach  aber  den  UDgeatörtm 
Fortgang  der  Geschäfte  beruhigt  sein  können,  und  würde 
mir  daher  mein  inständiges  Gesuch  nicht  abgcBckla^ 
werden,  so  behielt  ich  mir  dann  vor,  bei  meiner  Rück- 
kehr von  einer  zu  unternehmenden  Reise  mich  per^öolicli 
I'ei  meinem  hochverehrten  Wohlthäter  zu  melden,  niai 
mit  wannen  Worten  zu  sagen,  wie  hoch  und  innig 
mich  ihm  fllr  mein  ganzes  Leben  verpflichtet  fUhlc. 
Gott  mache  es  gnädig  nnrt  helfe  mirl' 


tu». 
ihr«    J 


—    549    — 

AqcL  von  Reissigcr  liegt  in  dieser  Sache  ein  Brief  vor. 
Der  ^ebenso  schmeichelhafte;  wie  biedere"*  Beurtheiler  des 
Kienzi  schreibt  nämlich: 

„E.  E.  Mein  College,  Herr  Wagner,  hat  mir  in  einem 
langen  Briefe  auseinandergesetzt,  dass  es  ihm  jetzt  un- 
möglich sey,  schon  in  sein  Amt  einzutreten.  Zugleich 
bittet  er  mich,  bei  Ew.  Excellenz  die  Entschuldignag 
seines  Ausbleibens  zu  übernehmen  und  in  der  Urlaubs- 
angelegenheit um  einen  entscheidenden,  aufopferungsvollen 
Entschlnss  und  um  günstige  Bevorwortung  bei  Ew. 
Excellenz.  Er  schreibt  mir,  dass  er  in  jeder  Hinsicht 
noch  als  todtkrank  und  wund  zu  betrachten  sei  und 
erst,  wenn  er  in  vielem  und  manchem  beruhigter  seyn 
werde,  mit  E.  E.  sprechen  könne. 

^Wenn  nun  mein  Kollege,  wie  er  sich  ausdrückt, 
nur  in  Gottes  freier,  schöner  Natur,  fem  vom  Weltgewtihle 
geistig  und  körperlich  gesunden  kann  und  nur  durch  die 
Verlängerung  des  Urlaubs  Heilung  möglich  ist,  so 

darf  ich  Ew.  Excellenx  nicht  länger  um  Vorenthal- 
tung seines  erbetenen  Urlaubs  angehen. 

„Möge  er  in  zwiefacher  Hinsicht  gesunden.  Da  ich  min- 
der krank  als  W.  bin,  so  ist  es  meine  Pflicht,  unter  diesen 
Umständen  von  meiner  eigenen  Cur  abzustehen  und  eine 
Besserung  meiner  Lage  einer  günstigen  Zeit  zu  überlassen. 

^Wenn  daher  Herr  Musikdirector  Röckel  von  Ew.  Exe. 
angewiesen  wird,  mich  namentlich  bei  den  vielen  Klavier- 
proben zu  alten  und  neu  einznstudirenden  Opern,  die  jetzt 
vorkommen,  kräftig  zu  unterstützen,  so  dass  ich  diese 
Dienste  nicht  als  ein  Don  gratuit  von  ihm  anzunehmen 
habe,  so  hoffe  ich  mit  Gott  durchzukommen.  Die  oft  vor- 
kommende Unzufriedenheit  der  Sänger  bei  Uebemahme 
von  Proben  Seiten  Röckel's  würde  wohl  durch  die  Um- 
stände und  vielleicht  noch  mehr  durch  eine  Ueberwach- 
ung  der  Proben  Seitens  der  Regie  aufzuheben  sein.** 

Die  Vorsätze,  die  Wagner  an  die  Bewilligung  dieses 
Urlaubs   geknüpft  hatte,  scheinen  jedoch  nicht  alle  von 


N 
N 


—    550    — 

ibm  erfllllt  worden  zd  sein.    Da  er  laut  einer  von  Lfltticlil 
gegen  ilm    selbst   anegenprochonen  Beschuldigung, 
Februar  d,  folg.  JalirfR,   seinen   „Entwurf  zur  Organif 
tion  eines  deutschen  Natioualtbcaters  fUr  das  Eünigrät 
Sachsen"  bereits  im  Sommer  1848,  d.  i.  also  gerade  um' 
diese  Zeit,   an  Oberländer  Uhergehen  haben  musBte.  in 
welchem  er  bekanntlich   die    damals  mit  Lebhaftigkeit 
discutirte  Frage  einer  Thealerreform  in  einem  Sinne  he- 
handelt,    welche    Über    dns   Institut  des   gegenwärtigen 
Hottbeaters  und  dessen  Organisation,  daher  auch  Itber 
die  General-Direetion  völlig  hinwegsah. 

Es  ist  unter  diesen  Umständen  erklärlich,  dass, 
R.  Wagner  im  Monat  September  die  Ansl'ühning 
ihm  in  Aussiebt  gestellten  Königlichen  Unterstützung  est 
Ordnung  seines  Schulden  wesens  wieder  in  Anregung 
brachte,  dies  um  so  weniger  Zustimmung  fand,  als  die  tod 
ihm  damals  gemachten  Angaben,  welche  die  Gruni 
und  die  Voraussetzang  derselben  bildeten,  sich  als 
ganz  zutreffend  erwiesen.  Obachon  das  Königl.  Rescri] 
sich  einzig  auf  das  letztere  hierbei  beruft,  so  geht  dt>c% 
aus  dem  Vortrage  Luttichau's  aufs  Unwiderleglichsle 
herror,  dass  das  MisstraneD  und  die  Unzufriedenheit,  die 
sein  dienstliches  Verbalten  berrorrief,  nicht  wenig  mit 
dazu  beigetragen  hat.  Lutticbaa  weist  nämlich  dansf 
hin,  dass  Se.  M^estät  „die  Bewilligung  jener  GratificatioB 
nicht  allein  von  Wagncr's  gründlichem  SchuldeDar^Ulg^ 
ment,  sondern  auch  davon  ausdrücklich  abh&ngig  n 
machen  geruht  hätten,  dass  Wagner  fortwährend 
Stelle  mit  Fleiss  und  Thätigkeit  znr  Zufriedenheit 
Generaldirection  verwalte,  eine  Üedingnug,  wegen 
ausreichender  Erfflllung  nach  den  neuesten  Vorg&ni 
leider  keine  Gewährleistung  im  Voraus  gegeben  wei 
könne,  er  auch  weder  das  eine,  noch  das  andere  zu 
flirworten  vermöge".  Selbst  die  Dienstentlassung  Wa( 
wird  hier  schon  l)erllhrt  und  zu  diesem  Zwecke  auf 
Stelle  seines  Briefes    vom   5.   Jan.    1H43  (welcher 


dEi| 


-    551    — 

seiner  Anstellung  als  Kapellmeister  handelt)  hingewiesen, 
da  sie  es  sei,  auf  welche  aasdrttcklich  bei  Ertheilung 
der  lebenslänglichen  Anstellung  Bezug  genommen  worden 
wäre.  Diese  Stelle  lautet:  ^Ich  erlaube  mir  noch  dies 
Einzige  Dero  geneigter  Beachtung  zu  empfehlen,  dass  es 
mir  nämlich,  falls  Ew.  Exe.  mich  mit  dem  ausserordent- 
liebsten  Vertrauen  beehren  wollten,  unmöglich  sein  wUrde^ 
auf  der  weiteren  Erfüllung  contractlicher  Zusagen  zu  be- 
stehen, sobald  ich  inue  würde  oder  Ew.  Excellenz  sich 
zu  der  Erklärung  genöthigt  sehen  wtlrden,  dass  ich  ein  so 
grosses  Vertrauen  nicht  zu  rechtfertigen  im  Stande  wäre.^ 
Obwohl  dieser  Punkt  gegen  Wagner  jetzt  noch  gar 
nicht  zur  Sprache  gekommen  zu  sein  scheint,  während 
fast  gleichzeitig  die  Kündigung  des  Musikdirector  Röckel 
aus  ähnlichen  Gründen  erfolgte,  so  darf  doch  gesagt 
werden,  dass  auch  seine  Entlassung  schon  damals 
nur  noch  eine  Frage  der  Zeit  war  und  nur  durch  ein 
völlig  verändertes  Benehmen  aufgehalten  werden  konnte. 
Wagner  selbst  gab  sich  hierüber  keinen  Illusionen  hin,  eben 
deshalb  aber  wurde  er  auch  mehr  und  mehr  zum  Bruche 
mit  den  bestehenden  Verhältnissen  getrieben.  Es  scheint, 
dass  er  auf  die  Ausführung  seines  „Entwurfs  zur  Organi- 
sation eines  deutschen  Nationaltheaters^  die  weitgehendsten 
Hoffnungen  setzte,  woraus  es  sich  wohl  nur  erklärt,  dass 
er  z.  B.,  wie  aus  dem  Protokolle  einer  Conferenz  Lüttichau's 
mit  Wagner  in  Gegenwart  Theod.  Winkler's  erhellt,  sich 
dazu  hinreissen  liess,  am  12.  Februar  1849  sämmtliche 
Mitglieder  der  Königl.  Kapelle  im  Saale  des  Gasthauses 
zum  Lämmchen  zu  versammeln,  wobei  er  „den  dabei 
Anwesenden  künftige  bessere  Zeiten  versprochen  haben 
soll,  wo  er  ihnen  mehr  als  jetzt  würde  nützen  können, 
indem  seine  Pläne  und  Ideen  zu  ihrem  Besten  unter 
den  gegenwärtigen  Verbältnissen  nicht  realisirt  werden 
könnten,  auch  möchten  sie  sänmitlich  sich  des  Schauspiel- 
orchesterdienstes (in  welcher  Angelegenheit  Lttttichan  nur 
eben  eine  abweichende  Anordnung  getroffen  hatte)  wieder 


—    552    - 

unterziehen^  um  das  gegenwärtige  MiBSverhältniss  anssn- 
gleichen.  Die  Zeit  werde  kommen,  wo  sie  alle  dayon 
befreit  sein  würden.*^ 

Bei  dieser  Gelegenheit  sprach  Lüttichan  nnamwon- 
den  seine  Unzufriedenheit  mit  Wagner's  biBherigem 
Dienstbenehmen  ans,  da  er  in  keiner  Art  ^ausser  d^n 
Dirigiren  im  Orchester  bei  dem  ihm  zugefallenen  Openi- 
und  Eirchendienst  sich  des  Instituts  mit  liebe  und  dem- 
jenigen Eifer  angenommen  habe,  den  man  nach  so  vielen 
Beweisen  allerhöchster  Gnade  von  ihm  erwarten  sollte*. 
Unstreitig  ging  hier  LUttichau  in  seinen  Anschuldigungen 
weiter,  als  es  den  Thatsachen  entsprach.  Es  war  dies 
überhaupt  ein  Fehler  dieses  sonst  gerechten  und  wohl- 
wollenden Mannes,  dass  er,  sobald  er  seine  amtliche 
Autorität  oder  hohe  Rangstufe  geltend  machen  wollte 
(was  übrigens  selten  geschah),  leicht  in  einen  heftigeo, 
verletzenden  Ton  und  in  ein  ungerechtes  Urtheil  verfiel. 

Indessen  ohne  allen  Grund  waren  in  diesem  Falle 
seine  Anschuldigungen  nicht. 

„In  seiner  Erwiderung  —  heisst  es  im  Protokolle  — 
gestand  Wagner  ein,  wie  wenig  er  überhaupt  mit  der 
bisherigen  und  jetzigen  DirectorialfQhrung  zufrieden  uud 
einverstanden  sei,  indem  nach  seiner  Ansicht  die  Richtung 
iiner  solchen  nur  auf  classische  (soll  wohl  heissen  „be- 
deutende") Musik  gehen  müsse  und  Opern  wie  z.  B. 
Martha  (die  gerade  gegeben  wurde)  gar  nicht  auf  dem 
Repertoire  erscheinen  sollten.  Auch  habe  ja  der  Regi»- 
seur  Schmidt  den  Betrieb  der  Oper  übernommen  und  er 
selbst  habe  sich  daher  für  unnöthig  erachtet."  Schlüas- 
lich  erklärte  er  noch,  rdass  er  selbst  fühle,  wie  er  in 
sein  dienstliches  Verhältniss  nicht  passe,  und  gern  daTon 
zurücktreten  würde,  wenn  ihn  nicht  Sorge  flir  seine  Frau 
und  seine  häusliche  Lage  daran  hinderte".  Dass  er  in 
sein  dienstliches  Verhältniss  nicht  passe,  wurde  ihm  zuge- 
standen, und  „darüber  unterthänigst  Anzeige  an  Se.  Maje- 
stät zu  erstatten  nach  Befinden  sich  vorbehalten'*. 


—    553    — 

Es  ist  fraglich,  ob  dies  gleichwohl  geschehen  sein 
würde,  weil  Lttttichau  immer  wieder  Rücksicht  auf 
Wagner's  Lage  zn  nehmen  schien  und  von  der  Zeit  eine 
Aendemng  dieser  Verhältnisse  erwarten  mochte.  Lttttichau 
gab  überhaupt  nur  höchst  ungern  wahrhaft  grosse,  be- 
deutende Talente  auf,  und  dass  er  Wagner,  trotz  aller 
ihm  gemachten  Vorwurfe,  dafür  ansah,  unterliegt  keinem 
Zweifel.  Die  Maitage  und  die,  wie  ich  urtheile,  voreilige 
Flucht  Richard  Wagner's  machten  eine  Lösung  dieser 
Verhältnisse  aber  zur  Nothwendigkeit. 

Lütticbau  hatte  es  mit  Wagner  sicher  nur  gut  ge- 
meint; aber  ein  dämonischer,  mit  seiner  Genialität  eng 
zusammenhängender  Zug  in  dessen  Natur,  der  ihn  immer 
mit  blendenden  Illusionen  täuschte,  war  stärker  als  die 
wohlgemeinten,  nüchternen  Rathschläge  seines  Chefs. 
Jedenfalls  war  er  aber  auch  selbst  weit  mehr  ein  Opfer 
dieses  Zugs  und  der  äusseren  Verhältnisse.  Die  Zeit 
lässt  uns  dies  heute  in  eiuem  ruhigen  Lichte  betrachten. 
Was  Wagner  auf  einem  anderen  Wege  hätte  werden 
können  —  wer  will  es  sagen?  Wir  wissen  nur,  dass  er 
auf  dem  seinen  nicht  nur  das  erste  musikalisch- dra- 
matische Genie  des  heutigen  Deutschlands,  sondern  der 
Gegenwart,  dass  er  es  aber  auf  einem  langen  Wege  von 
Entbehrungen,  Irrungen,  Illusionen,  Enttäuschungen  und 
Kämpfen  geworden. 

Die  Unterbrechung,  welche  die  Vorstellungen  des 
Dresdner  Theaters  durch  den  Maiaufstand  d.  J.  1849, 
besonders  durch  die  Brandlegung  des  alten  grossen  Opern- 
hauses und  die  hierdurch  h(  rbeigefUhrte  Vernichtung  der 
Theatergarderobe  erlitt,  gestattete  der  General-Direction, 
von  einem  Paragra])hen  der  nicht  auf  Lebenszeit  lauten- 
den Conti  acte  Gebrauch  zu  machen  und  letztere  sämmt- 
lich  zu  kündigen.' 

'  Der  betreffeudo,  vom  11.  Mai  1S49  datirte  Erlts«  der  Geoeral- 
direction  lautet:  ,,Die  BchreckeosToUen  kriegerischen  und  politischen 


—    554    — 

Auf  Lüttichau's  befürwortenden  Vortrag  entachied 
sich  später  der  König  durch  Rescript  vom  18.  Mai  1849 
für  das  Fortbestehen  des  Theaters.* 

Gekündigt  wurden  ausser  Gutzkow  nur  Fischer 
(welcher  jedoch  als  Chordirector  in  seiner  Stelle  ver- 
blieb); Heine,  Frl.  Heyne,  Laddey,  Lindemann,  Schiele, 
Mad.  Schubert,  Schulz,  Frl.  Thiele  und  Vestri,  sowie  der 
Regisseur  Schmidt,  an  dessen  Stelle  der  am  17.  April 
d.  J.  eingetretene  Schauspieler  Rottmeyer  trat.  Die  für 
ihre  Leistungen  massig  dotirten  Darsteller  wurden  zum 
grossen  Theil  gar  nicht,  zum  Theil  nur  in  geringem 
Masse  von  der  Reduction  der  Gehalte  betroffen.  Nnr 
wenige  der  Uebrigen  erhoben  wesentliche  Einwendungen. 

Ereignisse,  welche  im  Anfange  dieses  Monats  Dresden  betroffen 
haben,  und  das  gänzliche  Abbrennen  des  gössen  Opemhiuseä, 
wodurch  die  sämmtliche  Garderobe  des  K.  Hoftheaters  ein  lUab  der 
Flammen  geworden,  nöthigen  die  K.  General-Direction ,  im  Auftrag 
des  Königl.  Hausministeriums,  unter  Beziehung  auf  die  in  §  4  Ihrer 
Contracte  ausdrücklich  festgesetzten  Bedingungen,  unter  einviertel- 
jähriger Aufkündigung  und  folglich,  da  der  laufende  Monat  bereits 
fast  bis  zur  Hälfte  vorüber,  mit  Ende  des  Monats  August  d.  J.  diese 
Contracte  aufzulösen  und  Sie  Ihrer  hiesigen  Verpflichtungen  za 
entbinden«  Es  ist  dies  eine  eventuelle  Massregel,  welche  um  &o 
dringender  uothwendig,  als  Se.  Majestät  sich  noch  nicht  aller- 
gnädigst  entschieden  haben,  ob  das  hiesige  Hoftheater  unter  KönigL 
Administration  fortbestehen  oder  gänzlich  aufhören  soll. 

„In  letzterem  Fall  bleibt  die  jetzt  geschehene  Aufkündigung 
vollkommen  in  ihrer  Kraft  und  Wirksamkeit,  jeden  Falles  aber,  wie 
überhaupt,  werde  ich,  sobald  mir  die  allerhöchste  Resolution  Sr. 
Majestät  des  Königs  zugekommen,  Sie  davon  unverzüglich  in  Eenst- 
niss  setzen.  Es  würde  mir  aber  wünschenswerth  sein,  und  erwarte 
ich  von  Ihrer  bisher  so  oft  bewiesenen  Anhänglichkeit  an  dieiem 
Institute,  dass  Sie  vor  etwaiger  Abschliessung  anderweiter  Contracte 
mich  davon  benachrichtigen,  und  mir  dadurch  fortgesetzte  Beweise 
Ihres  Vertrauens  im  Interesse  des  Königl.  Instituts  zu  erkennen 
geben." 

*  „In  Erwägung**  —  heisst  es  darin,  —  „dass  die  Auflösung 
dieses  in  blühendem  Stande  sich  befindenden,  unstreitig  einen  der 
ersten  Plätze  unter  den  deutschen  Bühnen  einnehmenden  Theaters 


—    555    — 

Die  meisten  nahmen  bereitwillig  die  gemachten  Aner- 
bietnngen  an.  Am  entgegenkommendsten  zeigte  sich 
Frau  Bayer,  welcher  ein  Abzug  von  600  Thlr.  angesonnen 
wurde,  auf  welchen  sie  widerspruchslos  einging,  obschon 
ihr  neuerdings  von  Berlin  wieder  die  glänzendsten  An- 
erbietungen gemacht  worden  waren.  Am  schwierigsten 
zeigten  sich  Räder  (der  jedoch  nachgiebig  war),  Ticha- 
tscheck  (dem  fast  Alles  aus  Rücksicht  auf  die  ihm  von 
Berlin  aus  gemachten,  alles  Mass  ttbersteigenden  Aner- 
bietungen gewährt  wurde)  und  Johanna  Wagner,  mit 
welcher  die  Verhandlungen  unter  dem  Einfluss  ihres 
Vaters  sich  völlig  zerschlugen,  obschon  sie  es  an 
Empressement,  sich  ihre  Stellung  zu  sichern,  nicht  hatte 
fehlen  lassen.  In  einem  Briefe  aus  Hamburg  vom  20.  Mai, 
wo  sie  sich  während  der  Katastrophe  zum  Gastspiel 
befand,  lesen  wir  nämlich:  „Ohne  mich  über  den  Jammer 
meines  Herzens  auszusprechen,  über  das  Unglück,  das 
über  unser  geliebtes,  sonst  so  friedliches  Dresden  herein- 
gebrochen, ohne  die  Entrüstung  darzulegen,  welche  sich 
unsrer  bemeistert  hat  über  die  wahnsinnige  Undankbarkeit 

nicht  allein  im  Interesse  der  Kunst  sehr  zu  beklagen,  sondern  auch 
fOr  die  Stadt  Dresden,  ja  für  das  ganze  Land  von  wesentlichem 
materiellen  Nachtheil  sein  und  überdies  einen  grossen  Theil  des 
dabei  angestellten  Personals  in  eine  bedr&ugte  Lage  versetzen  würde, 
haben  Wir  beschlossen,  das  gedachte  Kunstinstitut,  wenn  auch  wie 
bisher  mit  Opfern  von  Seiten  unserer  Civilliste,  fortbestehen  zu 
lassen,  dafem  nur  eine  derartige  Beschränkung  der  Ausgaben, 
namentlich  auch  durch  einige  Reduction  im  Personal  herbeigefiXhrt 
werden  kann,  dass  dieselben  nicht  in  zu  grossem  Missverh&ltnisse 
mit  den  in  Folge  der  Zeitumst&nde  beträchtlich  verminderten  Ein- 
nahmen stehen  und  zumal  in  Verbindung  mit  den  Kosten,  welche  die 
WiederanschaiTung  der  Garderobe  verursacht,  nicht  zu  bedeutende, 
die  Kräfte  Unserer  Civilliste  übersteigende  Zuschüsse  erfordern. 
Wir  sind  daher  hierüber  eures  baldigen  weiteren  Vortrags  gewärtig, 
setzen  jedoch  dabei  voraus,  dass  jedenfalls  die  vorzügUchen  Talente 
und  Kräfte  des  Listituts  erhalten  werden,  behalten  Uns  auch  über- 
haupt über  die  definitive  Entlassung  von  Sängern  und  Schauspielern 
die  eigene  Entschliessung  vor.** 


—    556    — 

lier  von  Sr.  Majestät  gerade  vorzugsweise  be^llustigten 
MenscUen,  davon  einer  leider  anch  mir  Belr  nahe  steLl. 
wende  ich  micli  etc."  Diese  Entrlistang;  wich  sofort  eiiicr 
anderen,  als  ihr  ein  Abzug  aiigesonnen  wurde.  Der  ge- 
schäftsgewaudte  Vater  hatte  jetzt  kein  näheres  Interesse, 
als  dasB  er  aus  der  Kündigung  des  Conlracts  das  Er- 
löschen jeder  Verbindlichkeit  ableitete,  einen  sich  aol' 
ca,  1000  Thlr.  belaufenden  Vorscbusa  zurückzuzahlen. 
Damit  es  auch  an  einer  komischen  Episode  bei  diesen 
Verhandlungen  nicht  fehlen  sollte,  wnrde  der  Schauspieler 
Holm  (Sontag),  wie  er  uns  selbst  in  seinen  „Erlebnissen" 
in  drastischer  Weise  erzählt,  bei  dieser  Gelegenheit  die 
Treppe  heraufgeworfen ;  er  erlangte  und  erhielt  sW« 
eines  Abzugs,  der  freilich  bei  seinem  niedrigen  Gehil« 
von  300  Thlr.  nicht  mjiglich  war,  eine  Erhilhung  im 
540  Thlr.' 

'  leb  glaube  jedodi  eisige  Be<1enken  gegen  die  Rnnta^'K^F 
nsrstelliing  nicht  unterdrücken  nn  sollen.  „Als  ich  bei  nimmt 
Rückkehr  —  heisst  es  bei  diesem  —  mich  dem  Intendanten  meHHc. 
empfing  er  mich  freundlich  mit  den  Worten:  ,Sie  behalten  Ihn 
Gage,  Ihnen  wird  nichis  abgezogen.'  Ich  erwiderte  bescheiden;  ,Vu[ 
300  Thaleni  uVwas  abzuziehen,  wäre  wohl  kaum  m&gUch  geiresen;  »i 
ktnn  jtt  mit  iler  kleinen  Summe  kaum  auskommen  und  bitif  nn 
eine  Zulage  von  100  Thlr.'  Keine  Antwort.  PletEÜch  eine  Kbtk 
von  Grobheiten,  alle  in  dem  halblaut  vornehmen,  j»  (»st  rerbindfick 
klingenden  Ton,  der  Herrn  von  Lfltiichau  eigen  war,  die  eine  BwhI 
in  derDruät,  ohne  seinen  Körper  zu  bewegen.  —  Na<.bdeni  er  üch  d<^ 
lungeren  ausgeäthimpfi ,  liess  er  sich  zu  den  Worten  hinteiiMo: 
,\nf  dem  .imphithenter  tPlalz  vis-Ä-via  der  Billme)  hingt  ko« 
i^piegel  —  ich  bin  Ihr  Spiegel-,  ich  sage  Ihnen,  Sie  sind  nicht  (U 
Anaeben.  Banck  mag  Sie  auch  nicht,  und  Oberhaupt,  Sie  mtwa 
bedenken,  daes  Ihr  Name  auf  dem  Theaterzettel  Sriitde  flkr  & 
Kasse  ist  —  Sie  trtriben  wer  de  Leite  nansl'  Im  Aerger  hutc  « 
allmählich  sein  an  und  fUr  sich  zweifelhaftes  Hochdeutsch  gui  n^ 
loren.  Ich  verbeugte  mich  sehr  aufgeregt;  ,Wenn  die  „Leit**  (OW 
nichts  naustreibt,  dann  stehta  gut  um  Ihr  Theat«r,  dem  C«Uk 
leicht  abzubeUen  —  Contract  habe  ich  nicht,  ich  wtirda  alMf 
Excellenz  und  das  Publii.'um  am  ersten  des  nftcLsteD  Jlmau.j 
seiner  gtössteu  Qual  befreien.'    Damit  schob  ich  wQtheikl  t 


—    557    — 

Die  vom  2.  Mai  bis  2.  Juni  auterbrochen  gewesenen 
Vorstellungen  im  Eönigl.  Theater  wurden  am  letztge- 
nannten Tage  mit  Goethe's  „Torquato  Tasso**  wieder 
eröffnet,  dem  am  nächsten  Tage  die  Vorstellung  von 
^Alessandro  Stradella^  folgte. 

Die  Kapelle  war  von  der  Reorganisation  des  Theaters 
in  keiner  Weise  berührt  worden.  Von  den  inzwischen 
darin  stattgefundenen  Veränderungen  giebt  das  unten 
mitgetheilte  Mitgliederverzeichniss'  nähere  Auskunft.  Nur 

hinaus.  Am  andern  Tage  wurde  ich  gerufen.  Als  ob  nichts  vor- 
gefallen, rief  er  mir  lachend  entgegen :  ,Ich  gebe  Ihnen  die  hundert 
Thaler  Zulage!*  Ich  legte  meine  Stirn  in  Falten  und  redete  die 
▼orher  überlegte  Rede:  ,£zcellenz!  In  früheren  Zeiten  herrschte 
die  Sitte,  dass  man  für  Misshandlungen  auf  der  Bühne,  welche  zum 
Stück  gehörten,  entschädigt  ward.  Maria  Theresia  zahlte  ihren 
Mitgliedern  z.  B.  für  eine  Ohrfeige  sieben  Gulden  etc.  Wie  hoch 
würden  die  Misshandlungen  hinter  den  Goulissen,  die  der  Person 
gelten,  taxirt  worden  sein !  Ich  taxire  £w.  Ezc.  beleidigende  Aeusse- 
mngen  auf  140  Thlr. ,  verlange  also  statt'  der  gestern  geforderten 
400  Thlr.  nun  540  Thlr.^  Abermaliger  Wortwechsel,  dann  milde 
Rohe,  Umänderung  des  Gontracts  auf  5t0  Thlr.  Handgebeii, 
Schmunzeln  des  Intendanten  und  die  Aeusserung  gegen  Hofrath 
Winkler:  ^Ev  war  dumm.* 

,Wie  so  war  ich  dumm,  Excellenz?' 

,Ich  hätte  Ihnen  noch  mehr  gegeben;  ich  brauche  Sie  zum  — 
Einspringen,*** 

An  und  für  sich  würde  ich  gegen  die  Wahrscheinlichkeit  des 
Vorgangs  nichts  einzuwenden  haben.  Nach  den  mir  vorliegenden 
Thatsachen  kann  es  aber  nicht  ganz  so  verlaufen  sein.  Nach 
Sontag^s  Darstellung  müsste  dieser  neuere  Coutract  bereits  im  Mai 
zum  Abschluss  gekommen  sein.  In  den  die  Reorganisation  des  Hot- 
theaters  betreffenden  Acten  ist  aber  von  dieser  Angelegenheit  nirgends 
die  Rede,  vielmehr  findet  sich  in  einem  Vortrage  Lüttichau's  vom 
29.  Mai  Sontag  (Holm)  als  wieder,  wie  früher,  mit  300  Thlr.  neu  enga- 
girt  verzeichnet,  wogegen  der  auf  540  Thlr.  lautende  Gontract  erst 
am  1.  October  1849  ausgestellt  ist,  nachdem  nur  erst  wenige  Tage 
früher  Lüttichau  darauf  angetragen  hatte. 

'  Mitgliederverzeichniss  der  Königl.  Kapelle  vom  1.  Jan.  1850: 
Kapellmeister:  G.  G.  Reissiger. 
Mnsikdirector :  Garl  Barbieri. 


—    558    — 

über  die  Besetzung  der  durch  den  Abgang  RSekel's  l 
Wagner's  erledigten  Stellen  mögen  einige  Worte 
Platz  finden.  Laut  Vortrag  LUtticliau's  vom  12.  Sept  IW 
waren  sofort  für  die  erledigte  Musikdirectorstelle  ^e 
Kapellmeister  Rietz  in  Leipzig  und  SdiindelmeiBeer  in 
Hamburg  in  Aussiebt  genommen  und  besonders  mit  letzterem 
die  Verhandlungen  lebliaft  betrieben  worden,  bis  dieaer, 
ungeduldig,  eine  Stelle  in  Frankfurt  a.  M,  angenommeo 
hatte,  in  dessen  Folge  die  Verhandlungen  zum  Abbrncii 
kamen.  In  einer  am  27.  Nov.  1848  abgehaltenen  Con- 
ferenz  mit  den  Concert-  und  Kapellmeistern  wurde  die 
TViederbe Setzung  jener  Stelle  nun  überhaupt  ganz  aufge- 
geben, die  Anstellung  eines  Correpetitors  in  Aussteht  ge- 
nommen und  die  Musikdirectoren  Fischer  in  Cassel,  Leos- 
hard  in  Leipzig  und  Kammermusikus  Üblich  in  Dresden 
dafür  in  Vorschlag  gebracht.  —  Wie  es  scheJut  aus  Spar- 
samkeitsrlicksichten  wurde  aber  dieee  Stelle  ohne  Bena- 
iiieration  auf  den  Openucgisseur  Schmidt  übertragen  nrn! 
dieser  dafür  der  Mitwirkung  in  der  Oper  und  im  Scljin- 


Coi'iL'Ortmeigter:  Carl  Lipinski,  Franz  Schubert. 

Violinisten:  Damme,  Basier,  RüUweck,  Otto  Kummer,  Liuitt,  1E<- 

scherliug,  Müller,  Veschke,  Pfeiffer,  PolanJ,  Seiai,  ScMp- 

penthau.  Thiele,  Tröstler,  Xlhlig,  Voeel. 
Bratsohisten :  Bajr,  Dominik  jun.,  Hclwtg,  Horack,  Listing. 
Violoncellisten:  Dotznuer.  Hansel,  Enmmer,  Scbliik,  F.  Schnb 
Contrabasaisteu:  Heise,  Hinke,  Künste,  Svhmerbit/.,  TieU. 
Fkutisteii :  FQrateiiBii  seii.,  Fürstenau  jun.,  LOve,  SteudeL 
Oboiaten:  EJel,  Hiebentlial,  KretBchmar,  Kummer. 
Clftrinettisten :  Dominik,  ForVert.  Kotte,  LanferbBtli, 
Fagottisten:  Knlii^ins,  Moscbke,  Pesi^hel,  Suchuiek. 
Walilliomisteu:  Adam,  Uaaec,  Ijcw^r,  Lorenz,  Moschfce. 
Trompeter :  Dietrich,  Kunze,  B.  Queisser,  Schröter. 
l'oB.iunisten :  Gottsulialk,  RQhtmaun,  G.  Queisser. 
Pauker:  Herfurtb. 
Ilnrfenist:  Richter. 
Aspiranten:  GFiring,    llatamer,  Unhler,  E.  Kotte,    K.  Knnuner.  SJ- 

Kummer,  Leiten,  Feschcl,  Kiccius,  Seelmum,  SchlitteriM 

S.liink,  Scliniidtlien,  Wuhnor,  Ziwjld. 


—    559    — 

spiel  entbunden^  mit  der  Orcbesterdirection  der  Vaude- 
villes  und  Possen  dagegen  der  Concertmeister  Schubert 
beauftragt 

Wie  wir  gesehen,  gehörte  der  Opemregisseur  Schmidt 
mit  zu  den  in  Folge  der  Maiereignisse  Gekündigten. 
Die  Opemregie  erhielt  der  bereits  am  17.  April  dafür  mit 
eingetretene  Schauspieler  Friedrich  Sottmejer.  Correpe- 
titor  wurde  der  Eammermusikus  Aug.  Richter.  Nach 
Wagner's  Abgang  wurde  «zunächst  von  der  Besetzung 
der  zweiten  Eapellmeisterstelle  abgesehen,  dafür  aber  nun 
die  Musikdirectorstelle  wieder  durch  Carl  Barbieri  (1.  Oct. 
1849)  besetzt,  welcher  jedoch  nach  einem  Jahr  die  Bühne 
schon  wieder  verliess.  Ein  wichtiges,  die  Kapelle  be- 
treffendes Ereigniss  war  die  am  22.  Sept.  1848  statt- 
findende musikalische  Festfeier  des  SOOjährigen  Bestehens 
derselben.  Sie  wurde  durch  einen  Ton  Gutzkow  gedichteten 
Prolog  eröffnet  (mitgetheilt  im  Tagebuch  des  K.  Hof- 
tbc aters  d.  J.),  welchem  ein  chronologisches  Concert 
folgte.  Einen  Ausdruck  der  Eönigl.  Theilnahme  erhielt 
die  Kapelle  durch  die  an  diesem  Tage  stattfindende  Ver- 
leihung des  Civil -Verdienstordens  an  ihren  (derzeitigen 
ersten  Kapellmeister  Seissiger. 

Im  Jahre  1847  hatte  Lüttichau  einen  Begräbniss- 
unterstützungsfond  fiir  die  Beamten  etc.  deä  K.  Hof- 
tkeaters  und  einen  zweiten  für  die  Mitglieder  des  Sing- 
chors begründet. 

Bemerkt  mag  hier  schlüsslich  noch  werden,  dass  am 
15.  Juni  1841  die  Besitzerinnen  des  Lincke'schen  Bades 
bei  Lüttichau  mit  Vorschlägen  zu  einem  den  Zeitverhält- 
nissen  entsprechenden  Umbau  ihres  Theaters  einkamen, 
der  aber  erst  im  Jahre  1845  zur  Ausführung  kam. 


Kampf  der  idealistischen  und  realistischen 

Darstellungsweise  am  Dresdner  Theater 

(1850-1862). 


Teraudeter  Llteraturzn stand.  —  Friedrich  Hebbel  und  Otta 
Ludtvtg'.  —  Eduard  I)eTrieut'»i  Abgaug-  —  ^eav  ICvgrie'EnMrncttDD. 

—  Sene  Verhaudlnni^eu  mit  Eml!  DeTrlent.  —  ttogamll  ItantHi. 

—  ZerwIlrfDiMRe  mit  Emil  Devrient.  —  Dawison*)!  Cebrrfriffe.  - 
Sene  Scltn-ierlKkeltea  mit  Emll  Derrient.  —  Verändemits«!)  1> 
der  B«^e.  —  Tod  Könl^  Frledricb  Aui;a«t  t.  —  ESnig  JohUB' 

—  Dr.    Jal.  Pabst.   —   Veriln  de  runden  im  Personal.    —    ßul- 

spiele.  —  Kepert«lre.  —  TheaterreierliL-lib  eilen.  ■ 

In  der  vorausge^angeDen  Periode  liatte  das  Stha^B 
spiel,  soweit  es  uielit  bloss  auf  Unterlialtung  ausging,  anWl 
dem  EiDÜnsse  socialer  ttnd  politischer  Tendenzen  geslanüen 
Eb  machte  sieh  darin  zugleich  eine  Keaetion  gegen  die 
gemeine  BUhnentradition  nnd  Rontine  geltend,  welehf 
die  Verliindung  des  Theaters  mit  Dichtung  und  Leben. 
freilich  in  einer  Weise  wieder  herzustellen  snehle,  dereo 
Zwecke  and  Ziele  nicht  allein  und  vornehmlich  anf  it^ 
(rebiete  der  Kunst  nnd  des  Dramas  lagen.  InEwiwI 
hatte  sich  aber  noch  eine  andere  Keaetion  dieser  Art 
zeigt,  welche  dem  Drama  einen  ganz  nur  dnrvh  kl 
lerisclie  Zwecke  bestimmten  Inhalt,  eine  durch  sie  nnr 
bestimmte  Richtung  zu  gei)en  strebte  und  der  es  dsbfi 
liauptsäciilich  um  die  Auslebung  der  diehterischen  Eigen- 
thUmliehkeit  zu  thun  war.  Der  Unterschied  beider  Be- 
strebungen zeigte  eich  unter  Anderem  auch  darin,  dt* 
die  socialen  und  politischen  Tendenzdramen,  die  sieb 


HWF* 


1 


—    561    — 

Bühne  nur  als  eines  Mittels  bedienten^  gewissen  auf  das 
Allgemeine  gerichteten  Ideen  eine  grössere  Wirkung  und 
Ausbreitung  zu  verschaffen^  sich  der  sogenannten  ideali- 
stiseheU;  jetzt  aber  schon  sehr  conventionell  und  declama- 
torisch  gewordenen  Darstellungsweise  besonders  günstig 
erwiesen.  Wogegen  die  Dramen  jener  neuen  Sichtung^ 
au  deren  Spitze  im  Schauspiel  Friedrich  Hebbel,  in  der 
<  )per  Richard  Wagner  stand,  zu  einer  aus  der  Natur  der 
darzustellenden  Charaktere  schöpfenden  Darstellungsweise 
hindrängten,  ja  diese  sogar  gebieterisch  forderten.  Es 
würde  jedoch  unrichtig  sein,  deshalb  den  Gegensatz  dieser 
beiden  Richtungen  selbst  als  idealistisch  und  realistisch 
zu  bezeichnen,  da,  ob  sich  auch  jene  meist  mit  einer 
stylisirten  Ausführung  in  allgemeineren  Linien  begnügte, 
diese  dagegen  zu  einer  individualisirenden  Darstellung 
nöthigt«,  doch  keines  von  ihnen  deshalb  das  eine  oder 
andere  ausschloss.  Beides  war  aber  freilich  dann  hier 
und  dort  von  einer  anderen  Bedeutung.  Denn  wenn  das 
ideale  Moment  bei  dem  Tendenzdrama  über  das  Gebiet  der 
Kunst  hinausgreift,  strebt  es  bei  dieser  anderen  Richtung 
umgekehrt  nach  Vertiefung,  und  während  dort  die  realistische 
Darstellungsweise  nur  zugelassen  und  als  ein  Mittel  der 
grösseren  theatralischen  Wirkung  benützt  wird,  ist  sie 
hier  durch  die  Natur  der  ganzen  Dichtungsweise  und 
ohne  jede  Nebenabsicht  gefordert.  Es  ist  ftlr  beide 
Kicbtungen  charakteristisch,  dass  die  neue,  realistischere, 
naeh  einem  ihr  eigenthümlichen  romantischen  Zug,  ihre 
Anregungen  bei  Shakespeare  und  bei  der  alten  nationalen 
Dichtung  suchte,  während  die  Vertreter  der  socialen  und 
politischen  Tendenz  im  Drama,  gerade  wenn  sie  die 
Wirkungen  einer  mehr  realistischen  Darstellungsweise  er- 
strebten, ihre  Anregungen  und  Muster  vorzugsweise  bei 
den  der  Bühnenwirkung  kundigen  Franzosen  fanden  und 
hierbei  höchstens  bis  auf  Moli^re  zurückgingen.  Wo- 
raus sich  ergicbt,  dass  die  letzteren,  wenn  dies  geschah, 
der  Bühnenpraxis  ungleich  näher  stehen  mussten  als  jene, 

30 


—    562    — 

die  sich  nicht  selten  im  bewnsstesten  Widerspruche  mit 
dieser  befanden,  daher  sie  denn  auch  in  dem  Kampfe 
mit  ihnen  zuletzt  obsiegen  mussten. 

Es  war  aber  natürlich,  dass  jetzt,  wo  nach  der  Be- 
siegung der  Revolution  den  Vertretern  des  Tendenz- 
dramas  mit  der  Freiheit  der  Rede  das  wirksamste  Beiz- 
mittel entzogen  worden  war,  die  neue  Richtung  mehr 
Boden  gewann.  Was  aber  ihren  Erfolg  auch  jetzt  noch 
erschwerte,  war,  dass  hier  der  Glanz  einer  nur  mittleren 
Begabung  zu  einem  grösseren  Erfolge  nicht  ausreichte. 
Es  ist  gewiss  nur  der  Mangel  an  wahrhaft  genialen  und 
dabei  ganz  künstlerisch  gestimmten  Talenten  und  die 
starre  Eigenthümlichkeit  der  wenigen,  welche  sich  zeigten, 
gewesen,  was  damals  den  Aufschwung  des  Dramas  ge- 
hindert hat.  So  aber  blieb  Hebbel  auch  jetzt  noch  fast 
ganz  isolirt  und  sein  Einfluss  war  mehr  nur  ein  mittel- 
barer, insofern  er  einzelne  Schauspieler  zu  einer  ganz 
neuen  eigenartigen  Au£Fassung  ihrer  Aufgaben  und  hier- 
durch zur  Wiederaufnahme  der  in  den  Hintergrund  ge- 
tretenen Shakespeare'schen  und  Goethe'schen  Dramen  in 
einem  Sinne  anregte,  der  mit  der  gewöhnlichen  Btihneu- 
tradition  entfernt  nichts  gemein  hatte,  was  dann  auch  den 
übrigen  Dichtem  zu  Gute  kam. 

Auf  die  Entwicklung  des  Dresdner  Theaters  hat 
Hebbel  unmittelbar  so  gut  wie  keinen  Einfluss  ausgeübt 
Erst  1854  wurde  durch  Dawison  dessen  Judith  hier  auf 
die  Bühne  gebracht.  Es  war  das  einzige  Stück,  das  inner- 
halb der  vorliegenden  Periode  von  ihm  hier  zur  Aufführung 
kam  und  damals  nur  zwei  Wiederholungen  erlebte.  Da- 
gegen sollte  ein  anderer  Dichter,  der,  wenn  er  auch  diesen 
gewiss  nicht  an  Umfang,  noch  an  Kraft  des  Talents 
erreichte,  ihm  doch  einzig  und  allein  zu  vergleichen  ist, 
sollte  Otto  Ludwig  gerade  von  hier  aus  seine  Verbreitung 
über  die  deutschen  Bühnen  findeu.  Bereits  im  März  1850 
wurde  sein  Erbförster,  obgleich  nicht  mit  grossem  Erfolge, 
doch  mit  um  so  tit^fercr  Wirkung  gegeben,  dem  1852  die 


—    583    — 

Aufführung  seiner  ^Maceabäer^  folgte.  Entscheidend  für 
die  neue  Richtung  in  der  dramatischen  Darstellungskunst 
wurde  aber  doch  erst  das  Gastspiel  des  Schauspielers 
Dawison  (1852);  durch  welches  der  Kampf  zwischen  ihr 
und  der  alten  idealistischen  Schule ;  welcher  der  ganzen 
uns  jetzt  Torliegenden  Entwicklungsperiode  des  Dresdner 
Uoflheaters  ihren  bestimmten  Charakter  gab,  eröffnet 
wurde.  Die  Darstellung  desselben  nöthigt  mich  aber, 
noch  einige  andere  Verhältnisse  und  Veränderungen  vorher 
zu  berühren. 

Durch  Königl.  Rescript  vom  22.  Juni  1849  war  Lüttichau 
angewiesen  worden,  nach  Abgang  des  Dramaturgen 
<jutzkow  den  Hofschauspieler  Eduard  Devrient,  in  Gemäss- 
heit  seiner  desfallsigen  Verpflichtung,  in  Allem,  was  die 
ästhetische  Bühnenleitung  betraf,  zu  Rathe  zu  ziehen. 
Wiewohl  sich  aus  einem  späteren  Vortrage  Lüttichau's 
(v.  12.  Sept  1852)  ergiebt,  dass  Ed.  Devrienfs  Theilnahme 
selbst  jetzt  noch  eine  beschränkte  blieb,  so  hat  er  sich 
doch  gerade  um  die  Aufführung  der  Ludwig'scben  Dramen 
grosse  Verdienste  erworben.  Auch  mögen  die  Aufführungen 
des  Fr.  Dingelstedt'schen  ^Haus  des  Barneveldt^,  welches 
in  demselben  Jahre  zur  Darstellung  kam,  sowie  des 
Shakespeare'schen  Macbeth  in  einer  Bearbeitung  Ed. 
DeTrient's,  der  Advocaten  und  der  Hagestolzen  von  Iffland, 
das  erste  in  einer  Bearbeitung  Immermann's,  das  letzte  in 
einer  solchen  von  Ed.  Devrient,  sowie  vielleicht  endlich 
die  Darstellung  des  Shakespeare'schen  Sommernachts- 
traums auf  dessen  Theilnahme  hinweisen. 

Inzwischen  hatte  Eduard  Devrient  Schritte  wegen 
Uebernahme  der  Leitung  des  Grossherzogl.  Theaters  zu 
Carlsruhe  gethun,  welche  zu  einem  günstigen  Abschlüsse 
mit  Vorbehalt  der  ehrenvollen  Entlassung  aus  seinem 
lebenslänglichen  Engagement  in  Dresden  geilihrt  hatten. 
Lüttichau  befürwortete  das  zu  diesem  Zwecke  an  ihn  ge- 
richtete Gesuch  Eduard  Devrient's  in  einem  Vortrage  vom 
12.  Sept.  1852,  in  welchem  es  heisst:  ^Die  Zerwürfnisse 

36* 


-    564    — 

mit  seitiem  Bruder  Emil  führten  schon  nach  dem  ersten 
Jahre  zu   einer  ihm  (Eduard)  contractlich  freistehenden 
Kündigung  der  Oberregie,  was  trotz  aller  Bemühungen 
zwischen  beiden  Brüdern  nicht  auszugleichen  war.    Doch 
hatte  sich  während  dieser  Zeit;  nächst  dem  nnläugbaren 
Vortheile  der  durch  seinen  Einfluss  und  seine  Anordnungen 
in  scenischer  Hinsicht  gewonnenen  Abmndung  einzehiei 
Schauspielvorstellungen;  demohnerachtet  einiger  Nachtheil 
für  das  nothwendige  rege  Leben  im  Repertoire  im  All- 
gemeinen gezeigt;  da  bei  einem  und  demselben  Theater- 
local  zu  den  verschiedenen  Proben  ^  wo   an   demselben 
Vormittag  oft  Schauspiel  und  Oper  probirt  werden  rnnsB, 
sein  überwiegender  Hang  zum  Uebermass  von  geregelten 
Formen  (was  wohl  seinen  Bruder  Emil  auch  abgeschreckt 
hatte)  eine  Einseitigkeit  im  Geschäftsbetrieb  sich  knnd 
gab,  die  schwer  zu  bekämpfen  und  für  die  Dauer  lästig 
war  und  seinen  Abgang  von  der  Oberregie  daher  minder 
fühlbar  machte.'^'    Auch  jetzt,  wo  er  nach  Gutzkow's Ab- 
gang  seinen  Rath  wieder  in  Anspruch  genommen,  habe 
sich  Devrient  sehr  zurückgehalten,  so  dass  er  ihm  nur 
in  einzelnen  Fällen,  wo  es  ihm  wichtig  schien,  ein  neue» 
Stück  zur  Begutachtung  zuertheilt   und   Besetzungsvor- 
schläge  von  ihm  verlangt  habe,  ebenso  in  letzter  Zeit 

•  Wie  sehr  Lüttichau  aber  anfänglich  von  Devrient's  Eifer  und 
Leistungen  befriedigt  gewesen  war,  beweist  die  Art  und  Weise,  nut 
welcher  er  dessen  gleich  im  ersten  Jahre  seines  Engagements  ge- 
stelltes Gesuch  um  Abmndung  seines  Gehalts  auf  die  Summe  tod 
3000  Thlr.  —  die  damals  in  Dresden  etwas  noch  unerhörtes  war  — 
sich  zu  erfüllen  beeilte.  Devrient  fühlte  sich  nämlich  hierdurch  w 
folgender  Antwort  gedrängt :  „Dresden,  am  18.  Aug.  1W8. 

Es  ist  unmöglich,  eine  peinliche  Eröffnung  auf  eine  liebens* 
würdigere  und  edlere  Weise  zu  erwiedem.  Ich  fühle  bierdorch 
das  Band  persönlicher  Achtung  und  Vertrauens  immer  fester  f^ 
zogen,  und  nichts  kann  mir  grössere  Freudigkeit,  nichts  mehr  Gleich- 
gewicht und  ruhige  Kraft  geben  für  mein  Wirken,  als  diese  verstärkte 
üeberzeugung." 

Auch  die  überaus  ehrenvolle  Entlassung  Ed.  Devrient's  von  tler 
Oberrpgie  spricht  noch  dafür. 


—    565    — 

hinsichtlich  einiger  alten  Stücke^  wie  z.  B.  des  Eäthchen 
von  Heilbronn;  das  diesen  Winter  nach  seiner  Bearbeitung 
gegeben  werden  solle.  Was  nun  seine  Leistungen  als 
Schauspieler  angehe ;  so  sei  zwar  sein  Abgang  fUr  ein- 
zelne Rollen^  wie  Oranien^  Menenius  etc.  ein  Verlust;  in  allen 
übrigen  Rollen  sei  er  dagegen  wohl  leicht  zu  ersetzen^ 
da  er^  wenn  auch  stets  ein  verständiger  Schauspieler  und 
im  Zusammenspiel  mit  seinem  Bruder  Emil  von  Interesse, 
doch  zu  Heldenrollen  unbefähigt  und  auf  zweite  Charakter- 
rollen beschränkt  sei. 

Es  ist  anzunehmen;  dass  LttttichaU;  indem  er  dies 
schrieb;  den  Ersatz  durch  Dawison  bereits  ins  Auge  ge- 
faast  hattC;  gegen  dessen  fascinircnde  Erscheinung  Eduard 
Devrient;  als  Darsteller;  allerdings  sehr  in  den  Hinter- 
grund treten  musste.  Seit  lange  nicht;  vielleicht  selbst 
noch  nie  hatte  Dresden  einen  Darsteller  von  dieser  Kühn- 
heit der  schauspielerischen  Intuition,  von  dieser  dämoni- 
schen Gewalt  des  dramatischen  Ausdrucks  gesehen.  Er 
besass  vielleicht  wenig  von  dem;  was  die  vorzüglichsten  der 
hiesigen  Darsteller  damals  auszeichnete;  aber  Alles,  was 
ihnen  fehlte;  um  den  höchsten  Aufgaben  der  Kunst  völlig 
gerecht  werden  zu  können.  Sein  Gesicht  war  nicht  schön, 
ja  nicht  einmal  edel,  seine  Gestalt,  sein  Gang  hoben  ihn 
für  gewöhnlich  kaum  über  das  Gewöhnliche  hinaus  — 
allein  was  vermochte  er  in  der  Fülle  seiner  Gestal- 
tungskraft ans  diesem  widerstrebenden  Material  nicht 
zu  machen !  Seine  Sprache  war  nicht  ganz  frei  von 
fremden;  slavischen  Anklängen,  der  Ton  seiner  Stimme 
hatte  zunächst  kaum  etwas  Anziehendes,  aber  welchen 
Reiohthum  der  Farbe  vermochte  er  darin  zu  entfal- 
ten, wie  unwiderstehlich  durch  den  Zauber,  durch 
die  Energie,  durch  die  dialektische  Kraft  der  Beredt- 
mmkeit  und  des  dramatischen  Ausdrucks  zu  fesseln  und 
binzureissen !  Und  dann  diese  mit  einer  unerhörten 
Kühnheit  aller  Bühnentradition  spottende  Ursprüngiich- 
keit  seiner  Auffassung  und    seinrr  Gestaltung,  die  trotz 


—    566    — 

ihrer  Neuheit  nichts  BefremdeDdes«  sondern  meist  etwas 
Zwingendes  hatte^  weil  sie  bei  aller  Eigenthttmlichkeit 
doch  ans  der  Natur  des  darzustellenden  Charakters,  ans 
dem  Geiste  der  Dichtung  geboren  schien!  Selbst  wo  ea 
zweifelhaft  war,  ob  der  Dichter  sich  die  Gestalt  so  ge- 
dacht haben  könnte,  wie  dieser  Ktlnstler  sie  vorflihrtc, 
z.  B.  den  Franz  in  den  Räubern,  wurde  man,  wenn  Dicht 
überzeugt,  so  doch  meist  überredet,  dass  er  dieselbe  sich 
so  hätte  denken  sollen.  Und  das  Alles  war  so  verschieden 
von  dem,  was  man  bisher  für  schön  und  gross  hier  ge- 
halten hatte,  dass  man  erstaunt  die  Frage  aufwerfen 
musste,  welches  von  beiden  nun  wohl  das  Richtige  sei? 
und  sich,  wenn  auch  mit  innerem  Widerstreben,  zuletzt 
doch  der  Dämonie  der  neuen  Erscheinung  gefangen  gab. 
Wie  sollte  es  da  wohl  Wunder  nehmen,  dass  Lüttichan, 
für  welchen  ein  grosses  Talent  immer  etwas  Anziehen- 
des hatte,  die  Gefahren  ganz  übersah,  welche  durch  da» 
Engagement  dieses  Künstlers,  der  gerade  seiner  Be- 
deutendheit wegen  so  wenig  in  das  Ensemble  des  Dresd- 
ner Theaters  passte,  heraufbeschworen  werden  mussten, 
sondern  denselben  um  jeden  Preis  zu  gewinnen  suchte, 
obsehon  er  zur  Zeit  noch  in  einem  contractlichen  Ver- 
hältnisse zu  einer  andern  ihm  befreundeten  Bühne  stand. 
Zwar  fasste  er  auch  dieses  Engagement  nur  insofern  ins 
Auge,  als  es  Dawison  wirklich  gelingen  sollte,  sich  auf 
eine  ehrenhafte  Weise  von  seinen  Wiener  Verbindlichkeiten 
zu  befreien.  Immerhin  aber  weicht  dieses  Verhalten  von 
dem  früher  gegen  Döring  beobachteten  merklich  ab» 
Doch  wurde  er  stärker  wie  damals  durch  die  eigene  Lage 
zu  diesem  Entschlüsse  gedrängt.  —  Vermuthlich  waren 
es  die  Verhandlungen  Eduard  Devrient's  mit  Carlsmbe, 
welche  seinen  Bruder  Emil  im  Februar  1852  plötzlich 
zu  einem  Versuche  bestimmten,  sich  von  den  ihm  durch 
seinen  lebenslänglichen  Gontract  mit  dem  Königl.  Hof- 
theater auferlegten  Verbindlichkeiten  zu  befreien.  Schon 
anfangs  der  dreissiger  Jahre  schreibt  Carl    Devrient  — 


—    567    — 

gelegentlich  einer  neuen  contractlichen  Vereinbarung  —  an 
LttttichaU;  dass  sein  Bruder  Emil;  sobald  er  davon  hören 
werde;  unfehlbar  eine  gleiche  Verbesserung  beanspruchen 
würde;  daher  ich  auch  glaube,  dass  es  wesentlich  die 
für  Emil  Devrient  unerträgliche  Vorstellung  war,  seinen 
Bruder  Eduard  in  eine  selbstständige  Stellung  eintreten 
zu  sehen ;  während  er  selbst  in  einem ,  wenn  auch  noch 
so  glänzenden  Dienstverhältnisse  blieb;  was  ihn  veran- 
lasste, gerade  jetzt  mit  jenem  Versuche  hervorzutreten. 
Der  Ton  war  diesmal  ein  massvoller.  Es  sind  nicht 
Klagen;  Beschwerden;  Drohungen;  mit  einem  Worte  keine 
Einschüchterungsversuche;  es  sind  ruhige  Vorstellungen 
und  scheinbare  Gründe;  mit  denen  er  sein  Verlangen  zu 
motiviren  sucht.  Nur  seiner  geschwächten  Gesundheit 
wegen  und  weil  er  in  ein  anderes  Rollenfach  eintreten 
wolle^  was  ihm  hier  ganz  unmöglich  sei,  wo  schon  sechs 
Darsteller  sich  in  das  Fach  der  älteren  Charakterrollen 
zu  theilen  hätten  —  Darsteller  wie  Winger,  Quanter;  Porth, 
Walther;  Heese  und  vollends  sein  Bruder;  die  er  wohl 
schwer  in  denselben  zu  erreichen  vermöchte  —  (die  Be- 
scheidenheit klingt  fast  wie  Hohnl)  bitte  er  um  die  Auf- 
hebung seines  Contracts.  Da  aber  Lüttichau  in  der  ver- 
bindlichsten Form  eine  ablehnende  Antwort  ertheilt, 
schlägt  Devrient,  dem  es  hauptsächlich  um  die  Enthebung 
vom  Dienste  zu  thun  war;  ein  contractlich  geregeltes  und 
auf  4  Monate  des  Jahres  beschränktes  Gastspiel  von 
30  Rollen  in  zwei  Abtheilungen  vor;  deren  Zahl  durch 
freie  Uebereinkunft  später  erweitert  werden  könne; 
Bedingungen;  die  er  noch  ausserdem  an  die  Erhöhung 
seiner  Pension  auf  1000  Thlr.  knüpfte.  Lüttichau  glaubte 
dieselben  aber  nicht  empfehlen  zu  können  und  machte 
in  dem  darauf  bezüglichen  Vortrag  auf  die  Nachtheile 
einer  ,;Solchen  Zersplitterung  von  Darstellungsperioden^ 
aufmerksam;  die  er  wohl  schon  aus  einem  ähnlichen  Ver- 
hältnisse Tichatscheck's  kannte;  das  er  einst  selbst  in 
Vorschlag  gebracht  und  welches  Devrient  vielleicht  hier- 


—    r)68    ~ 

bei  vorgeschwebt  hatte.    Er  wies  zugleich  anf  die  da- 
raus entspringende  Nothwendigkeit  der  Anatellnng  eines 
zweiten  bedeutenden  Künstlers  ftlr  Devrient^s  Fach  hin,  wo- 
durch der  Keim  zu  einer  höchst  nachtheiiigen  Bflhnenrin- 
lität  gelegt  werden  würde^  und  enthüllte  auf  diese  Weite 
wohl  auch  das  Motiv^  das  ihn  schon  seit  so  lange  bestimmte, 
das  Fach   des  zweiten  Liebhabers  mit  nur  schwachen 
Kräften  zu  besetzen.     Er  schlägt  daher ;   um  Devrient 
einigermassen  zufrieden  zu  stellen^  die  Gewährung  eines 
Gehaltes  von  3000  Thlr.,  einer  Pension  von  1000  Thir. 
und  einen  regelmässigen  Urlaub  von  5  Monaten  yor, 
von  dem  jedoch  die  letzten  zwei;  falls  sie  benutzt  wor- 
den; ohne  Gehalt  sein  sollten.     Emil  Devrient  erwidert 
hierauf  unter  Anderem :  ^^Als  ich  vor  Jahren  mein  Anstel- 
lungsdecret  hier  unterzeichnete^   habe  ich  freilich  nicht 
geglaubt;  in  ein  Verhältniss  der  Leibeigenschaft  zu  treten, 
aus  dem  nur  der  Tod  befreit.   Wenn  nun  Ew.  Exoellmix 
jüngst  schrieben,  dass  ich  vom  hiesigen  Institute  meine 
Pflege  empfangen;  so  erlaube  ich  mir  dies  zu  verneinen: 
ich  trat  als  ein  erster  Darsteller  hier  ein;  unermtldlicher 
Eifer;  mein  Streben;  mein  Beispiel  hat  fördernd  gewirkt; 
und  den  Ruhm;  den  ich  dem  Auslande  verdankte;  brachte 
ich   stets  erneut   und  freudig   der  Dresdner  Bühne  xa- 
rück.'     Ich   bin   wahrlich    weit  entfernt   von   der  Eitel- 
keit (?);  der  öffentlichen  Stimme  zu  glauben;  die  mich 
als  ersten  Schauspieler  der  Gegenwart  bezeichnet;  doch 
das  Mass  habe  ich  nicht  verdient;  nach  welchem  ich  mich 
hier  gemessen  iinde/^     Die  Verhandlungen   zogen  sich 
nun  bis  in  den  Monat  April  hiU;  in  welchem  endlich  vor- 
geschlagen wurde ;  dass  Devrient  ausser  den  früher  ge- 
nannten Bedingungen  6  Monate  Urlaub  erhalten;  in  den 
andern  6  Monaten  aber  je  10  Mal  auftreten  solle.   Devrient 

*)  Dement  wurde  nämlich  von  der  fixen  Idee  beherrscht,  in 
Dresden  nicht  anerkannt  worden  zu  sein,  sondern  seinen  Ruf  meist 
auf  Gastspielen  erlangt  zu  haben,  während  er  diese  doch  nur  darch 
den  Ruf  erlangte,  den  er  sich  erst  in  Dresden  erworben  hatte. 


—    569    — 

replicirte,  daas  sich  das  schon  deshalb  nicht  empfehle^ 
wdl  ihm  dann  die  Bestimmung  der  Rollen  überlassen 
bleiben  mfisste;  denn  unmöglich  werde  man  unter  diesen 
Umständen  neue  Rollen  von  ihm  verlangen  können.  Eine 
solche  Abhängigkeit  des  Repertoires  von  einem  Einzelnen 
könne  aber  unmöglich  zum  Gredeihen  des  Instituts  ge- 
reichen :  eine  Wahrheit^  die  so  wenig  ernst  gemeint  war, 
dass  Deyrient  nur  kurze  Zeit  später  die  ihr  wider- 
sprechendsten Forderungen  stellt.  Lüttichau  wendet 
dagegen  ein^  dass  eben  deshalb  die  Bestimmung  der 
Rollen  von  der  Direction  ausgehen  mtLsse,  wobei  billige 
Wünsche  Devrient's  wohl  Berücksichtigung  finden  könnten. 
Auf  dieser  Grundlage  kam  dann  der  neue  Vertrag  end- 
lich wirklich  zu  Stande. 

Lüttichau^  welcher  auf  diese  Weise  trotz  aller  bin- 
denden Verträge  seinen  ersten  Schauspieler  auf  6  Monate, 
seinen  zweiten  (Eduard  Deyrient)  aber  kurze  Zeit  später 
völlig  verlor,  musste  nun  allerdings  an  einen  Ersatz,  an 
ein  neues  Anziehungsmittel  für  sein  Theater  denken. 
Können  wir  uns  verwundem,  dass  er,  der  bisher  Contracte 
für  ^unantastbar^  gehalten  hatte,  während  man  gegen 
ihn  sich  jeder  Verbindlichkeit  glaubte  entschlagen  zu 
dürfen,  endlich  auch  selbst  kein  unlösbares  Hindemiss 
mehr  darin  sah,  wo  es  sich  um  den  Besitz  eines  Talentes 
wie  Dawison  handelte? 

Eduard  Devrient  schied  Mitte  October  unter  Beweisen 
der  allgemeinsten  Theilnahme  und  Anerkennung  von  der 
Dresdner  Bühne.  Er  trat  am  14.  October  zum  letzten  Mal 
in  der  Rolle  des  Nathan  auf.  Schon  am  1.  Febr.  1852  war 
eine  neue  Regie- Instruction  erschienen,  nach  welcher  ein 
Regisseur  für  Büreaugeschäfte  und  Stellvertretung  in  Ditt- 
marschy  ein  besonderer  Regisseur  iür  das  Schauspiel  in 
Winger,  ein  dritter  für  Posse  und  Lustspiel  in  Quanter  er- 
nannt worden  war.  Die  eingereichten  neuen  Stücke  sollten 
nach  ihr  zuerst  der  Secrctär,  dann  nach  der  Gattung  der 
betreffende  Regisseur,  endlich  aber  auch  noch  die  beiden 


anderen  RegiBseare  darcUesen,  worauf  dano  in  gemeio 
gamer  Session  unter  Vorsitz  des  Generaldireetors,  der  sich 
ein  unbedingtes  Annahmeretht  vorbehielt,  Vortrag  darüber 
zu  erstatten  und  zuletzt  nach  Stimmenmehrheit  zn  ent- 
Bclieiden  war.  Erst  im  Februar  1854  aber  wurde  über  die 
inzwischen  zum  Abacbluss  gekommenen  Verhandlangen  mit 
Dawison  von  Luttichau  Vortrag  an  Se.  Majestät  erstattet 

„Bei  dem  wiederholt  stattgel'undenen  Gastspiele  des 
K.  K.  HofaeUauspielers  Dawison  in  Wien  im  Jahre  liö2 
hatte  sich  derselbe  so  selir  durch  sein  grosses  Talent 
ausgezeichnet,  dass  der  Wunsch  entstehen  musste,  ihn  für 
ein  hiesiges  Engagement  zu  gewinnen.  Ich  blieb  daber 
seitdem  mit  ihm  fortwährend  in  Verbindung,  und  diese 
führte  im  vergangenen  Jahr  zu  dem  von  ihm  selbst  aa»* 
gegangenen  Anerbieten,  sein  bisheriges  Engagement  dnrth 
loyale  Enthebung  von  seinen  bislierigen  Verbindhchkeiieo 
zu  verlassen.  Nachdem  nun  nach  meiner  desfallsigtii 
Eröffnung  dieses  Anerhietens  bei  dem  Ministerio  d« 
Königl.  Hauses  mir  von  diesem  die  Anknüpfung  weiterer 
Unterhandlungen  verstattet  wurde,  so  biu  ich  endlich  i) 
Monat  September  v.  J.  über  folgende  Bedingungea  i 
'    ihm  Uberein  gekommen." 

Sie  bestanden  in  3000  Thlr.  Gelialt,  1000  Thlr,  1 
nefiz,  3  Älonate  Urlaub  und  600  Thlr.  Pension.  Die  .( 
Stellung  eiiUte  auf  den  1.  April  1854  lauten.  —  Durch  Kfinig! 
Rescript  wurden  diese  Bedingungen  angenommen,  nnrdus 
Dawison'a  Antritt  auf  den  1.  Mai  1854  verlegt  wurde. 

Bognmil  Dawison,  d.  15.  Mai  1818  in  Warschau  ge- 
boren, war  der  Sohn  armer  Eltern,  die  ihn  nur  nolhdOrltig 
ersiehen  konnten,  so  dass  er  sich  schon  von  seinem  13- 
Jahr  an  sein  Brod  selbst  verdienen  musste.  Als  Schrdber 
in  der  Redaction  der  Warschauer  Gazeta  lernte  er  sowohl 
die  deutsche,  wie  die  französische  Sprache.  Später  trat 
er  als  Theatcrrecensent  auf,  bildete  sich  dann  unter  dem 
Schanspieler  Kudlicz  fllr  die  Buhne  aus,  dcbUrirte  1837 
mit  Reitall,  spielte  in  Wllna  und  Warschau  in  polnischet 


—    571     — 

Sprache,  bis  er  endlich  an  der  Lemberger  Bühne  ein 
danernderes  Engagement  fand.  Hier  weckten  die  Gast- 
spiele von  Löwe  und  Mad.Rettich  den  in  ihm  schlammernden 
dramatischen  Genius,  und  er  entschloss  sich,  deutscher 
Schauspieler  zu  werden.  Im  Jahre  1846  trat  er  beherzt 
die  neue  schwierige  Laufbahn  an.  In  Hamburg,  am 
Thaliatheater,  gelang  es  ihm,  die  Aufmerksamkeit  in 
stärkerem  Grade  auf  sich  zu  ziehen.  Sein  Ruf  verbrei- 
tete sich  in  dem  Masse,  dass  er  schon  1849  eine  Beru- 
fung an  das  Burgtheater  in  Wien  erhielt,  von  wo  er  nun 
eben  nach  Dresden  kam.  Hier  wurde  vielleicht  seine 
Bedeutung  zum  ersten  Male  in  ihrem  ganzen  Umfange 
nicht  nur  erkannt,  sondern  auch  anerkannt. 

Dawison  stand,  als  er  nach  Dresden  kam,  auf  der 
vollen  Höhe,  ich  will  nicht  sagen  seines  Talents,  das 
sich  nach  einzelnen  Richtungen  hin  wohl  noch  weiter 
entwickelte,  wohl  aber  seines  künstlerischen  Berufs. 
Er  fasste  damals  vorzugsweise  nur  grosse,  wahrhaft  be- 
deutende Aufgaben  ins  Auge  und  hat  unstreitig  das 
Verdienst,  das  classische  Repertoire  des  Theaters  bedeu- 
tend gehoben  und  erweitert  zu  haben.  Er  fasste  aber 
auch  diese  Aufgaben  selbst  noch  in  einem  grossen,  d.  i. 
auf  das  Ganze  gerichteten  Sinne  auf  Das,  was  er  da- 
mals als  Franz  Moor,  Carlos  (Clavigo),  Richard  IIL, 
Mephistopheles,  Marinelli,  Michonet  leistete,  ist  von  ihm 
nur  in  einzelnen  Rollen,  wie  Narciss,  Bonjonr,  Hans  Jttrge, 
Thorane^  erreicht,  doch  nicht  übertroffen  worden. 

Trotz  der  genialen  Begabung  dieses  Künstlers  war 
nicht  nur  er  ein  gefährlicher  Gewinn  für  die  Dresdner 
Bühne,  sondern  er  fand  auch  für  sich  selbst  hier  einen 
gefährlichen  Boden.  Seinem  Talent  stand  hier  nicht 
das  entsprechende  Gegengewicht  gegenüber,  welches 
noth wendig  schien,  um  seine  leicht  übergreifende  Natur 
in  die  durch  die  Totalität  eines  Kunstwerks  geforderten 
Grenzen  zu  bannen.  Der  Einzige,  welcher  hierzu  fähig  ge- 
wesen sein  würde  —  Emil  Devrient,  —  zog  sich  nach  weni- 


—    572     — 

gen  Wochen  schon  grollend  von  allen  Stttcken  zorttck,  in 
denen  Dawison  wirkte.  Doch  anch  von  den  meisten  der 
Anderen  wurde  er  bald  mit  Eifersucht  angesehen  —  nicht 
nur  wegen  des  Beifalls^  den  er  fast  ganz  allein  an  sich 
zu  rcissen  drohte,  nicht  nur  weil  er  die  besten  Rollen 
fast  aller  Fächer  sich  aneignete, '  sondern  auch  weil  er 
durch  seine  Spielweise  die  ihrige  überhaupt  in  Frage 
stellte :  zwei  völlig  verschiedene  ,  Eunstprincipe  stiessen 
hier  aufeinander.  Schon  am  16.  Juli  1854  brach  ge- 
legentlich einer  Probe  zu  Hamlet  eine  Differenz  zwischen 
Winger  und  Dawison  aus,  die  bei  der  Heftigkeit  des 
Letzteren  zu  Weiterungen  jftthrte.  Sie  hatte  wesentUch 
ihren  Grund  in  der  Verschiedenheit  der  einander  ent- 
gegenstehenden Eunstprincipe.  Dawison  hatte  im  Wider- 
spruch zur  Regie  die  nochmalige  Wiederholung  einer  Stelle 
gefordert,  die  schon  mehrere  Male  probirt  worden  war. 
^Es  geht  nicht  —  es  geht  nicht  —  und  ist  schlaffi"  hatte 
er  immer  wieder  gerufen,  während  Winger  das  Gegen- 
theil  behauptete.  —  Gewiss,  wenn  es  Dawison  nicht 
gelang,  die  Uebrigen  zu  seiner  auf  den  energischen  und 
individualisirenden  Ausdruck  des  Leidenschaftlichen  ge- 
richteten Spiel  weise  mit  sich  fortzureissen,  so  lief  er 
selbst  Gefahr,  aus  dem  Ensemble  in  einer  Weise  heraus- 
zutreten, die  entweder  als  Störung  desselben  betrachtet 
werden  oder  ganz  und  für  sich  nur  allein  zur  Anerken- 
nung gelangen  musste. 

*  Karl  Sontag  erzählt  davon  folgende  Anekdote:  Es  war  bei 
einem  Dioer  bei  Dawison  von  einer  RoUe  die  Rede,  die  Sontag  in 
Töpfer's  „Carl  XII.  auf  der  Heimkehr'*  spielen  sollte.  ,,Den  spiele 
ich  !**  rief  Dawison  von  der  anderen  Ecke  und  erledigte  die  Frage. 
Zufällig  kam  dann  das  Gespräch  auf  Correggio;  ich  erzählte  von 
Lowe's  Declamation.  „Wenn  das  Stück  noch  geht,  würde  ich  die 
Rolle  spielen",  rieth  Dawison's  Frau.  «Aber  Wanda,  Du  weisst, 
dass  ich  schon  lange  mit  der  Idee  umgehe,  Correggio  meinem  Gas(- 
repertoire  einzuverleiben."  —  „Er  spielt  alle  diese  Rollen  nie!" 
flüsterte  sie  mir  zu.  So  war  es.  Er  hat  keine  von  allen  gespielt, 
al>6r  er  sass  förmlich  auf  allen  und  verthoidigte  sie.  „Ich  habe, 
sprach  der  Rabe,  damit  ich's  habe!" 


-     573    — 

Die  blosse  Thatsache,  dass  ein  neuer  Darsteller  so- 
fort in  dieselbe  Stellung  eintreten  konnte,  die  er  sich 
selbst  erst  nach  23jährigen  Mtlhen  erkämpft  hatte^  würde 
allein  schon  hingereicht  haben  ^  Devrient  unerträglich 
zu  erscheinen;  nun  aber  kam  noch  der  Beifall^  welchen 
man  Dawison  spendete^  das  anmassendc;  herausfordernde 
Auftreten  desselben,  die  Eingriffe,  welche  sich  dieser  in  das 
ihm  zustehende  Rollenfach  erlaubte,  hinzu,  um  den  Bruch 
zwischen  ihnen  zu  einem  unheilbaren  zu  machen.  Eine 
Neubesetzung  des  Julius  Caesar  scheint  die  erste  Ver- 
anlassung zu  einem  offenen  Zerwürfniss  gegeben  zu  haben. 
Devrient,  welcher  im  Besitz  der  Roll  e  des  Antonius  war, 
sollte  nun  plötzlich  den  Brutus  spielen,  der  wohl  kaum 
flir  ihn  passte.  Er  schreibt  am  20.  Juli  1854  darüber 
an  Winger  aus  München,  wo  er  sich  eben  zu  den  be- 
kannten Gesammtgastspielen  befand: 

«Auf  Ihre  gef&llige  Zuschrift  erwidere  ich,  dass  meine  Be- 
schäftigung in  Julius  Caesar  sich  erst  nach  der  übrigen  Besetzung 
richten  kann.  Der  Antonius  war  mir  bisher  zugetheilt,  doch  habe 
ich  ihn  auch  nicht  so  studirt  und  würde  natürlich  bis  Ende  Septem- 
ber keine  Rolle  in  dem  Stück  liefern  können,  da  ich  erst  am 
16.  Sept.  nach  Dresden  zurückkehre  und  jede  Thätigkeit  für  die  dortige 
Bühne  erst  dann  einträte,  da  ich  bis  dahin  vollauf  beschäftigt  bin. 
Daher  würde  es  wohl  das  Beste  sein,  ich  bliebe  in  dem  Stücke  frei, 
denn  der  Brutus  ist  eine  Bolle,  zu  der  ich  schon  des  Umfangs  halber 
eine  sehr  grosse  Zeit  nöthig  habe ;  ich  werde  deren  künftig  bei  jeder 
neuen  Rolle  bedürfen,  indem  meine  Zeit  der  Aufopferungen  vorüber 
ist  und  jetzt  einmal  andere  Kräfte  erst  so  viel  leisten  mögen,  als 
ich  23  Jahre  dort  leistete. 

„Unsere  Gesanunt-Gastspiel-Yorstellungen  sind  mit  einem  Glanz 
ins  Leben  getreten,  der  die  kühnsten  Erwartungen  übertraf:  der 
Antheil  ist  so  enorm,  dass  heut  in  der  6.  Vorstellung  noch  Tausende 
keine  Plätze  finden  können  in  dem  ungeheuren  Hause.  Der  Enthu- 
siasmus des  versammelten  deutschen  Publicum s  ist  so  gross,  dass 
auch  die  untergeordnetste  Beschäftigung  in  den  Vorstellungen  ihre 
Rechnung  findet;  so  habe  ich  z.  B.  noch  keine  grosse  Rolle  gespielt, 
and  jeder  Abend  bringt  uns  gleich  grosse  Erfolge." 

LUttichau  schreibt  hierauf  am  26.  Jnli  an  Devrient  von 

Töplitz : 

„Sie  werden  nicht  erwarten,  werther  llerr  Devrient,  dass  ich 


-     574    — 

Dmen  von  hier  aus  sclireibe,  wo  ich  getrennt  von  meinen  Geschiften 
bloss  meiner  Gesundheit  und  Cur  lebe.  Die  YeranUssong  disn  gieU 
mir  aber  die  ablehnende  Antwort,  welche  Sie  am  20.  d.  Hern  Re- 
gisseur Winger  auf  seine  im  Auftrag  meiner  Ihnen  gescheheneo 
Mittheilung  gegeben,  wie  ich  nämlich  wünsche,  dass  Sie  in  Julius  Caesar 
die  Rolle  des  Brutus  nach  Ihrer  ZurQckkunft  übernehmen  m6chteo, 
worauf  Herr  Hofrath  Winkler  mir  berichtet,  dass  Sie  wegen  Um- 
fang der  Bolle  eine  sehr  grosse  Zeit  zu  Erlernung  derselben  bedärften, 
die  Sie  aber  auch  künftig  zu  jeder  neuen  Bolle  bedürfen  würden,  di 
die  Zeit  Ihrer  Aufopferung  vorüber  und  jetzt  einmal  andere  Er&fte  ent 
soviel  leisten  möchten,  als  Sie  23  Jahre  geleistet  Diese  Aeusserong 
kann  doch  nur  Scherz  sein,  da  es  Ihnen  ja  vielmehr  Freude  machen 
muss,  dem  E.  Institute,  für  das  Sie  eben  23  Jahre  lang  so  ehren- 
voll gewirkt,  jetzt,  wo  durch  Dawison  und  die  Wilhelmi  nebst  den 
übrigen  tüchtigen  Kr&ften  gerade  die  höchste  Stufe  erreicht  wiri 
durch  Ihre  th&tige  Mitwirkung  zu  nützen,  und  müssen  Sie  doch  selbst 
gesteheu,  dass  nur  die  Stücke,  worin  Sie  besch&ftigt  sind,  den  grössten 
Genuss  für  den  AllerL  Hof  und  das  Publicum  gewähren,  und  diss 
es  also  mein  Wunscb  sein  muss,  Sie  mit  den  Beiden,  dem  Dawison 
und  der  Wilhelmi,  als  unsren  besten  Kräften,  die  kein  andres  Theater 
in  Deutschland  besitzt,  in  den  grosseren  Stücken  beschäftigt  zu  sehen. 
Ich  habe  das  Vertrauen  zu  Ihnen,  dass  Sie  diesem  meinem  Wunsche, 
der  nur  das  Beste  der  Königl.  Anstalt  bezweckt,  gern  entgegen- 
kommen werden.** 

Devrient  erwidert  hierauf  unter  dem  30.  Juli: 

„Obwohl  ich  von  überfluthenden  Geschäften  in  Anspruch  ge- 
nommen bin,  so  beeile  ich  mich  doch,  £.  £.  geehrtes  Schreiben 
vom  26.  d.  sogleich  zu  beantworten.  Meine  Mittheilung  an  Herrn 
Winger  war  zwar  nicht  wörtlich  geschäftlich  für  die  Intendanz  ge 
meint,  doch  entspricht  sie  vollständig  meinen  Ansichten  und  ist  am 
allerwenigsten  ein  Scherz! 

„Wenn  ich  im  10.  Jahre  meiner  Laufbahn  nach  Dresden  kommend 
dort  nun  im  24.  Jahre  meines  Berufs  mit  Aufopferung  arbeite,  so 
ist  es  wohl,  da  Alles  seine  Zeit  hat,  kein  Scherz,  sondern  eine 
natürliche  Folge,  dass  ich  meine  Studien  nur  mit  Auswahl  and 
in  bedingter  Zeit  unternehmen  kann,  und  dass  ich  die  Aufopfe- 
rungen für  das  Institut  jetzt  neuen  Kräften  überlassen  muss.  Sollte 
£.  E.  eine  solche  Stellung  am  Dresdner  Theater  für  ungeeignet 
halten,  so  bitte  ich  um  Pensionirung,  denn  es  ist  Ihnen  gewiss  er- 
innerlich, dass  ich  schon  vor  2  Jaliren  aus  gleichen  Gründen  um 
meine  völlige  Entlassung  nachgesucht  habe.  —  Was  die  gesch&ft- 
liehen  Besprechungen  des  Repertoire  betrifft,  so  muss  ich  gestehen, 
dass  ich  hier  sowohl,  wie  auch  in  nächster  Zeit  in  Breslau,  zu  sehr 


—    575    — 

in  Ansprach  genommen  bin,  um  diese  Erwägungen  und  Erörterungen 
Tor  meinem  Eintritt  in  den  Dienst  —  16.  Sept.  —  genügend  beant- 
worten zu  können ;  doch  muss  ich  in  Betreff  des  Julius  Caesar  be- 
merken, dass  die  Rolle  des  Antonius  in  meinem  Besitz  ist  und,  wenn 
auch  Herr  Dawison  zu  derselben  jetzt  Verlangen  trägt,  ich  sie  ihm, 
wie  jede  meiner  Rollen,  gern  überlassen  werde,  aber  keine  andere 
Rolle  in  dem  Stück  übernehme." 

Man  wird  hier  wohl  za  beachten  haben^  dass  Devrient 
auf  dem  von  ihm  beschrittenen  Wege  wirklich  in  eine 
Üble  Lage  gerathen  war.  Er  hatte  Versuche  gemacht, 
sich  in  ein  anderes  Fach  hineinzuarbeiten,  um  sein  Reper- 
toire zu  vergrössern ;  dieselben  waren  aber  eben  so  wenig 
ermuthigend  ausgefallen,  wie  die  Aufnahme  verschiedener 
neuer  Rollen  seines  eigenen  Faches  in  Stücken,  die  wie 
die  Maccabäer  von  Otto  Ludwig  eine  individualisirende 
Durchbildung  der  Charakteristik  verlangten.  Die  Klug- 
heit rieth  ihm,  bei  der  veränderten  Richtung  des  Zeitge- 
schmacks sich  auf  diejenigen  Rollen  einzuschränken,  über 
welche  dasUrtheil  bereits  in  einem  ihm  günstigen  Sinne 
entschieden  hatte,  und  nun  fing  Dawison  an,  ihm  selbst 
noch  diese  streitig  zu  machen.  Gewiss,  er  hatte  die 
General-Direction  durch  seine  nie  zu  befriedigenden  An- 
massungen  endlich  dahin  gebracht,  ihm  in  diesem  Dar- 
steller ein  wirksames  Gegengewicht  zu  bieten.  Es  wurde 
ihm  hierdurch  nur  heimgezahlt,  was  er  selbst  so  oft  aus- 
gespielt hatte.  Die  sich  hieraus  am  Dresdner  Hoftheater 
herausbildenden  Zustände  wurden  aber  darum  nicht  weni- 
ger verhängnissvoll  für  dessen  weitere  Entwicklung,  und 
doch  gab  sich  Lüttichau  gerade  jetzt  dem  Traum'  eines 
ganz  neuen  Aufschwungs,  einer  ganz  neuen  Aera  des- 
selben hin.  Ich  theile  dafür  als  Beleg  noch  folgenden 
Brief  desselben  an  Devrient  mit. 

„Dresden,  am  4.  Aug.  18'>4. 

Werther  Herr  De>Tient.  Von  Töplitz  zurückgekommen, 
trifft  mich  Ihr  Schreiben  vom  30.  vor.  Monats  hier,  und 
es  freut  mich,   mit  Ihren  Schriflzügen,   die  mir  immer 


—    576    — 

sehr  werth  sind^  hier  zuerst  begrttSBt  zu  werden.  Wenn 
auch  der  Inhalt  Ihres  Briefes  zum  Theil  meinen  Wünschen 
nicht  ganz  entspricht^  so  baue  ich  auf  Ihre  mir  stets 
bewiesene  freundliche  Gesinnung;  dass  Sie  mein  ohnedies 
schwieriges  und  undankbares  Geschäft  durch  Ihre  thätige 
Mitwirkung  mir  lieber  erleichtern  als  erschweren  wollen 
und  mir  die  Freude  nicht  versagen,  durch  Ihre  Mithülfe 
unser  schönes  Institut  zu  dem  ersten  Deutschlands  empor- 
blühen zu  sehen,  was  nur  zu  erreichen,  wenn  Sie  das 
Interesse  an  demselben  nicht  erkalten  lassen,  sondern 
mit  Lust  und  Theilnahme  nach  der  langjährigen  Thätig- 
keit  zu  unserer  aller  Lust  und  Ehre  noch  femer  die  eiste 
Stütze  bleiben.  Gern  will  ich  mit  Ihnen  mich  berathen 
über  Alles,  was  Sie  in  Bezug  auf  Ihre  Beschäftignn; 
betriflft,  da  Sie  ja  überzeugt  sein  können,  welchen  Werth 
Ihre  Zufriedenheit  für  mich  hat." 

Die  schriftlichen  Verhandlungen  über  diesen  Gegen- 
stand brechen  hier  ab.  Es  ist  aber  kein  Zweifel,  dass 
sie  mündlich  fortgesetzt  wurden.  In  einer  Eingabe  vom 
26.  April  1856  reicht  Devrient  ein  neues  Pensionimngs- 
gesuch  ein,  welches  die  Enthebung  vom  Dienst  als  Haupt- 
sache bezeichnet.  Auch  dieses  wurde  wieder  in  höflichster 
Weise  abgelehnt.  Devrient  antwortet  hierauf  unter  An- 
derem: 

„Am  Schlüsse  Ihrer  geehrten  Zuschrift  sagen  Ew.  Ex- 
cellenz,  ich  bilde  den  Glanzpunkt  der  K.  Anstalt  und 
könne' schon  um  deswillen  nicht  die  Befreiung  von  meinen 
Verpflichtungen  erhalten.  Wenn  dies  nun  schon  an  und 
für  sich  ein  trauriger  Fluch  erhöhter  Künstlerschaft  wäre, 
so  schien  doch  diese  Ansicht  in  den  letzten  Jahren  keines- 
wegs vorzuhcrrschen,  denn  ich  wurde  in  diesem  Zeitranm 
nicht  nur  wenig  beschäftigt,  sondern  hatte  auch  Zurück- 
setzungen und  auffallende  Eingriffe  in  meine  künstlerische 
Stellung  durch  einen  Künstler  zu  erleiden,  dem  man  den 
Vorrang  zuerkannte,  wie  er  ihn  auch  darin  besitzt,  dass 
er  nach  einem   kurzen  Zeitraum  von  Jahren  mit  seiner 


—    577    — 

Pension  abtreten  kann^  während  ich  nach  25  Jahren  ohne 
Rücksicht  zum  Dienst  gezwungen  werde.^ 

Mündlich  gab  Emil  Devrient  später,  nach  einem  Pro- 
tokoll vom  11.  Juli  1856^  als  Hauptmotiv  seines  begehrten 
Austritts  nächst  seiner  geschwächten  Gesundheit  die 
Bevorzugung  Dawison's,  „dessen  brutales  Verhalten  gegen 
ihn^  an^  sowie  „den  seit  Autritt  desselben  auf  der  Bühne 
bei  Proben  und  Vorstellungen  um  sich  greifenden  Ton 
der  Unterhaltung". 

Devrient  scheint  schon  um  diese  Zeit  grundsätzlich 
nicht  mehr  mit  Dawison  aufgetreten  zu  sein,  da  es  in 
einer  Zuschrift  vom  3.  August  1856  heisst:  „Meiner 
gestern  gegebenen  Bereitwilligkeit,  in  einer  von  Sr.  Ma- 
jestät verlangten  Tasso- Vorstellung  aufzutreten,  muss  ich 
nach  reiflicher  Ueberlegung  die  Bedingung  anknüpfen, 
dass  auf  dem  Theaterzettel:  „Auf  höchstes  Verlangen" 
oder  „auf  Allerhöchsten  Befehl"  bemerkt  werde,  indem 
bei  den  schwebenden  Verhältnissen  meiner  Stellung  zum 
Dresdner  Theater  und  deutschen  Publicum  dies  als  ein- 
tige  Erläuterung  meines  Auftretens  nothwendig  ist." '  Die 
Verhandlungen  selbst  waren  endlich  gegen  Ausgang  des 
Jahres  zu  folgendem  Abschluss  gekommen:  Devrient 
erhielt  seine  Pensionirung  unter  der  ausdrücklichen  Be- 
dingung, kein  Engagement  an  einer  andern  Bühne  ein- 
gehen zu  dürfin,  dagegen  sich  contractlich  zur  Darstel- 
lung von  24—30  Rollen  in  3 — 4  Monaten  zu  verpflichten, 
deren  Wahl  und  Anordnung  der  General -üirection  vor- 
behalten war,  wobei  billige  Wünsche  Devricnt's  aber 
Berücksichtigung  finden  sollten.  Um  dem  Zusammenhang 
Devrient's  mit  dem  Königl.  Theater  einen  äusseren  Aus- 
druck zu  geben,  wurde  ihm  der  Titel  eines  Ehren- 
mitgliedes desselben  verliehen,  wie  er  denn  auch  nur  in 
dem  Falle   dieses  eontractlichc  Verhältniss  aufkündigen 

*  Diese  Vorstellung  fand  damals  nicht  statt,  sondern  erst  am 
tO.  Jan.  1S57,  dann  aber  ohne  die  yon  DeTrient  auf  dem  Theater- 
iett«l  verlangte  Bemerkang. 

37 


—    578    — 

durfte,  wenn  er  zugleich  gänzlich  von  der  Wirksamkeit 
an  der  deutschen  Bühne  zurücktrat. 

Nach  yierjährigem  Kampfe  hatte  Emil  Devrient  end- 
lich die  Ausnahmestellung  am  Dresdner  Hoftheater  e^ 
reicht;  welche  ihm,  wie  er  sie  ansah,  die  ersehnte 
Unabhängigkeit  gab  und  ihn  über  den  ihm  verhassten 
Nebenbuhler  Dawison  stellte.  Aus  der  Empfindung  dieses 
errungenen  Siegs  schrieb  er  damals  an  Lüttichau: 

„Wenn  ich  im  Laufe  der  Jahre  schon  öfter  Gelegen- 
heit hatte,  Ihnen  die  Gewährung  mancher  Anliegen  an 
höchster  Stelle  zu  verdanken,  so  empfinde  ich  jetzt  ein 
erhöhtes  Dankgefühl,  da  es  wohl  den  letzten  wichtigen 
Schritt  betraf,  den  ich  im  Leben  noch  gehen  werde. 
Scheint  es  nun  auch,  als  ob  meine  neue  Yerpflichtong 
mich  nur  wenig  Monate  unter  Ihre  Fürsorge,  als  Chef 
des  Eönigl.  Instituts,  stellt,  so  vnrd  es  mich  doch  glücklich 
machen,  wenn  Sie  mir  gestatten,  mich  immer  als  Ihnen 
zugehörig  zu  betrachten  und  Sie  mir  das  25jährige  Wohl- 
wollen auch  ferner  bewahren." 

Mit  diesem  Siege  hatte  Devrient  aber  freilich  dem 
Einflüsse  seines  Gegners  das  Dresdner  Hoftheater  so  gnt 
wie  ganz  überliefert.  Es  ist  zwar  nicht  zu  bezweifek, 
dass  auch  er  früher  schon  einen  grossen  Einfluss  auf  die 
Besetzung  der  Rollenfächer  und  Stücke,  sowie  auf  die 
Annahme  der  letzteren  ausgeübt  hat,  obwohl  sich  in  den 
Acten  kaum  Spuren  davon  auffinden  lassen;  doch  ist 
ihm  Dawison  hierin  gewiss  nicht  nur  weit  überlegen 
gewesen,  sondern  es  lässt  sich  bei  ihm  dieser  Einflnss 
auch  aus  einer  Menge  von  Briefen  thatsächlich  nach- 
weisen. Er  übte  denselben  freilich  auf  eine  Weise  an«, 
welche  Lüttichau  kaum  fühlbar  wurde.  Ich  gebe  als 
Beleg  dafür  folgendes  kleine  Billet  Dawison's  an  Lüt- 
tichau vom  29.  Juli  1858:  9,Ew.  Excellenz  habe  ich 
hiermit  die  Ehre,  Frau  v.  Bu^owsky  vorzuführen,  erste 
Tragödin  des  ungarischen  Nationaltheaters,  eine  Frau 
ebenso   ausgezeichnet  durch  Schönheit,  wie  durch  Geist 


—    579    — 

und  Talent  Frau  y.  B.  hat  die  Idee^  sich  der  deutschen 
Bühne  zu  widmen^  und  reist  nach  Berlin^  um  sich  dort 
in  der  deutschen  Sprache  zu  yeryollkommnen.  Sollte  die 
schöne  Frau  ihr  Vorhaben  ausfahren;  so  wäre  der 
deutschen  Bühne  Glück  zu  diesem  Gewinn  zu  wtlnschen. 
Ich  habe  nie  eine  süssere  Julia^  eine  ergreifendere 
Adrienne  Lecouvreur  gesehen.*^  In  der  That  wurde  Frau 
T.  Buljowsky  für  das  folgende  Jahr  engagirt,  scheint 
sich  aber  nicht  ganz  in  dem  Masse  bewährt  zu  haben, 
wie  diese  Anpreisung  erwarten  liess,  obwohl  sie  wirklich 
eine  sehr  distinguirte  Bühnenerscheinung  war  und  sich 
in  ihrem  Spiele  ebenso  geist-  wie  temperamentvoll  zeigte. 
Doch  würde  es  Dawison  mit  derselben  Leichtigkeit  hin- 
genommen haben ;  wenn  seine  Empfehlung  nicht  be- 
rücksichtigt worden  wäre.  Beruhte  sein  Einfluss  auf 
Lttttichau  doch  wesentlich  darauf,  dass  er  in  jedem  Falle, 
wo  dieser  sich  nicht  nach  seinem  Wunsche  entschied, 
dies  ohne  Empfindlichkeit  hinnahm.  Lüttichau  legte  ein 
grosses,  ja  ein  zu  grosses  Gewicht  auf  Dawison's  Urtheil ; 
wo  er  davon  aber  abwich,  erreichte  dieser  auch  nichts. 
So  schlug  er  als  Regisseur  einmal  eindringlich  vor, 
zwei  der  jüngeren  Darsteller  in  den  Liebhaberrollen 
altemiren  zu  lassen.  Unmittelbar  darauf  erhielt  er  aber 
ein  Schreiben  Lüttichau  s,  in  welchem  dieser  den  Vor- 
schlag auf  das  Bestimmteste  abwies,  weil  das  Alterniren 
Rivalität  und  Parteiung  erzeuge.  Die  Behauptung,  dass 
es  Lüttichau  an  Entschluss  und  Energie  gefehlt  habe,  ist 
überhaupt  eine  irrthümliche.  Wie  dieser  fast  alle  Ote- 
Schäfte  selbst  und  sofort  erledigte,  fast  alle  Entscheidungen 
selbst  traf,  fast  alle  Vorträge  mit  eigener  Hand  entwarf, 
die  Beantwortung  fast  aller  Briefe  unmittelbar  nach 
Empfang  derselben  mit  eigener  Hand  niederschrieb,  so 
ist  es  auch  wohl  nur  selten  vorgekommen,  dass  irgend 
eine  Beschwerde,  irgend  ein  ihm  berichteter  Verstoss 
gegen  die  Diseiplin  und  die  Theatergesetze  von  ihm  un- 
gerügt  geblieben   wäre.     Allerdings  aber   mögen    nicht 

37* 


—    580    — 

alle  Fälle  dieser  Art  ihm  zur  Anzeige  gebracht  worden 
sein.  Wenn  es  aber  geschah^  suchte  er  dem  Gesetze 
sein  Recht  auch  zu  schaffen.  Den  meisten  Anlass  gaben, 
nach  den  Acten  des  Theaterarchivs^  Räder  und  Dawison. 
Ersterer  durch  seine  Extempore's,  letzterer  durch  seine 
masslose  Heftigkeit,  die  kurz  nach  einander  zu  Zerwürf- 
nissen mit  Winger,  Gerstorf  er,  Dittmarsch  führte.  Trote 
seiner  bevorzugten  Stellung  schonte  ihn  Lüttichau  nicht 
Ein  Beispiel  mag  hier  für  verschiedene  gelten.  Dawison 
hatte  in  einer  Probe,  in  welcher  nach  seiner  Meinung 
Jauner  nicht  Alles  so  machte,  wie  er  es  wünschte,  ge- 
sagt :  ^dass  Herr  Jauner  für  ihn  nicht  existire^  und  diesem 
die  Worte  zugedonnert:  „Vergessen  Sie  nicht,  mein  Herr, 
dass  ich  im  Stande  bin,  Sie  zu  ecrasiren!^ 

Lüttichau  berief  noch  denselben  Morgen,  an  dem  er 
die  Beschwerde  darüber  empfing,  sowohl  Dawison,  wie 
Jauner  zu  einer  Conferenz  mit  den  übrigen  Regisseuren.  — 
Nachdem  er  Dawison  wegen  der  vorzüglichen  Insce- 
iiirung  des  betreffenden  Stücks  belobt,  sprach  er  seinen 
entschiedenen  Tadel  über  den  Vorgang  mit  Janner  aus 
und  fügte  nach  dem  darüber  aufgenommenen  Protokolle 
hinzu:  „Obwohl  ich  sehr  den  Werth  zu  schätzen  weiss, 
Stücke  von  Ihnen  so  vortrefflich  in  Scene  gesetzt  zu 
sehen,  würde  ich  doch  eher  darauf  verzichten,  als  die 
Mitglieder  Ihrer  Willkür  und  nicht  angemessenen  Be- 
handlung ferner  ausgesetzt  zu  wissen,  da  nur  Unfriede, 
Hass  und  Zwietracht  dadurch  erzeugt,  Ruhe,  Sicherheit, 
Ordnung  gefährdet  wird.  Dem  früheren  Regisseur  Pauli, 
der  Ihnen  in  seinen  Leistungen  mindestens  ebenbürtig* 
durch  Herrn  Quanter  nicht  ersetzt  ist,  habe  ich  dreimal 
die  Regie  genommen,  weil  er  nicht  gegen  die  Mitglieder  — 
was  er  sich  nicht  erlaubte  —  aber  gegen  das  Hülfspersonal 
zu  despotisch  hart  verfuhr.'^  Da  nun  solche  Zustände, 
wie  Lüttichau  weiterhin  sagt,  nicht  femer  zu  dulden^ 
so  verlange  er  deren  Abstellung  und  im  vorliegenden 
Falle,  dass  er  Herrn  Jauner  hier  sein  Bedauern  über  dis 


—    581    — 

Vorgefallene  ausdrucke  und  ihm  die  Hand  zur  Versöh- 
Dung  reiche;  worauf  Dawison  auch  wirklich  erklärte^ 
dass  es  ihm  leid  sei;  sich  übereilt  zu  haben^  er  jedoch 
in  keiner  Weise  Jauner  habe  beleidigen  wollen.  Jauner 
setzte  jedoch  noch  zur  Bedingung^  dass  Dawison  ihm  in 
der  nächsten  Probe  vor  den  übrigen  Darstellern  die  Hand 
bieten  solle,  was  dieser  ihm  ebenfalls  zusicherte.  Nicht 
minder  bemerkenswerth  ist  in  dieser  Beziehung  ein 
Sehreiben  Lüttichau's  an  Dawison  vom  11.  Jan.  1860. 

,,Die  Bemerkung,  Herr  Dawison  (sie  war  in  einem 
an  Hofrath  Pabst  gerichteten  Briefe  des  letzteren  ent- 
halten), dass  ich  noch  öfters  Gelegenheit  haben  wtlrde, 
zu  bedauern,  bittende  Briefe  (an  Mitglieder)  geschrieben 
zu  haben,  wo  ich  einfach  yerlangen  könnte,  kann  ich 
nicht  ungerügt  lassen,  da,  wer  mich  näher  kennt,  recht 
gut  weiss,  dass  ich  nicht  gewohnt  bin,  zu  bitten,  wo  ich 
nur  zu  befehlen  habe,  und  das  Princip,  das  ich  während 
meiner  35jährigen  Verwaltung  stets  beobachtet,  die  mir 
Untergebenen  nicht  als  Sklaven,  sondern  als  Menschen 
zu  behandeln,  dürfte  doch  wohl  angemessener  sein,  als 
mit  dem  Corporalstock  zu  dirigiren.  Wo  man  aber  mit 
Güte  den  Zweck  nicht  erreicht,  muss  Strenge  eintreten, 
und  an  der  hat  es  bei  mir,  wo  es  nöthig,  nie  gefehlt. 
Ich  gestehe  allerdings,  dass  ich  zu  nachsichtig  gegen 
Sie  gewesen,  daher  mag  Sie  dies  zu  der  falschen  An- 
sicht veranlasst  haben.  Ich  mache  mir  deshalb  jedoch 
keinen  Vorwurf,  da  es  in  der  guten  Absicht  geschehen, 
Ihren  Wünschen  stets  thunlichst  zu  entsprechen,  wovon 
Sie  die  Beweise  vielfach  haben." 

Allerdings  pflegte  Lüttichau,  wo  es  nach  seiner 
Meinung  das  Interesse  des  Instituts  zu  fordern  schien, 
über  persönliche  Kränkungen  hinwegzusehen  und  seine 
Empfindlichkeit  za  unterdrücken.  Ich  habe  schon  früher 
Gelegenheit  gehabt,  hierauf  bei  seinen  Händeln  mit 
Devrient  hinzuweisen.  Auch  Räder,  den  er  sehr  hoch 
schätzte,  sah   er  darin  Vieles  nach.    Zuweilen  war  er 


—    582    — 

aber  anch  nur  zu  Yornehm;  um  Empfindlichkeit  blicken 
zu  lassen. 

Am  8.  Januar  1858  kam  Winger,  wahrscbeinlich  um 
den  Uebergriffen  Dawison's  in  die  Regie  zu  begegnen^ 
um  eine  neue  Regie -Instruction  und  um  eine  Erhöhung 
seines  Regisseurgehalts  ein.  Die  Verhandlangen  darüber 
führten  aber  zum  Rücktritt  desselben  yon  diesem  Posten, 
den  nun  Dawison  selbst  übernahm^  während  an  des 
bereits  1855  von  der  Regie  zurückgetretenen  Quanter 
Stelle  am  1.  Februar  d.  J.  der  Schauspieler  Gerstorfer 
trat.  Es  scheint,  dass  die  Animosität  zwischen  Dawison 
und  Devrient  in  dieser  Zeit  noch  gewachsen  war.  In  einem 
Billet  Dawison's  vom  21.  Juli  1858  heisst  es  z.  B. :  ^Herr 
Emil  Devrient,  Ehrenmitglied  unserer  Bühne,  hat  nnn 
wiederum  seit  vorigem  Jahre  zum  5.  Male  die  Darstellnn^ 
des  Fiesco  zurückgewiesen.  Als  Schauspieler  könnte  ich 
mich  freuen,  dies  sprechende  Zugeständniss  eines  be- 
rühmten Mitschauspielers  erlangt  zu  haben,  der  sich 
offenbar  vor  einer  ebenbürtigen  Kraft  fürchtet;  als  an- 
ständiger Mensch  aber  t^hle  ich  mich  von  solchem 
Mangel  an  aller  Lebensart  ernstlich  verletzt.  So  ungern 
ich  nun  meiner  Direction,  die  ohnedies  genug  zu  sorgen 
hat,  Schwierigkeiten  in  den  Weg  lege,  so  sehe  ich  mich 
doch  veranlasst  zu  erklären,  dass  ich,  so  lange  Heir 
Devrient  bei  uns  als  Gast  weilt,  nicht  eher  etwas  Anderes 
als  den  Mohren  im  Fiesco  spiele."  —  Ich  weiss  nicht,  anf 
welche  Weise  es  Lüttichau  gelungen,  Deviient  hierzu  zu 
bestimmen.  Gewiss  aber  ist,  dass  bereits  am  27.  des- 
selben Monats  Fiesco  mit  Dawison  und  Devrient  in 
Scene  ging. 

Im  Jahre  1859  war  die  Gereiztheit  Devrient's  wieder 
so  gross,  dass  eine  Rüge,  die  Lüttichau  gelegentlich  ebes 
seiner  Uebergriffe  aussprach,  einen  neuen  Sturm  heranf- 
beschwor.  Er  verlangte  jetzt  nichts  Geringeres,  als  von 
der  Abhängigkeit  der  Generaldirection  völlig  entbunden 
zu  werden   und   sein  Yerhältniss   als   ein  ganz  freies 


—    583    — 

anerkannt  zu  sehen,  in  dem  es  ihm  zustehe,  die  Stttcke 
und  Rollen ;  die  er  zn  spielen  gedenke ;  selbst  zu  be- 
stimmen. Noch  einmal  nahm  Lüttichau  den  Kampf  mit 
diesem  Darsteller  auf;  der  ihm^  wie  keiner,  sein  Amt 
erschwert  nnd  verleidet  hatte  nnd  an  dessen  Talent  er 
doch  wie  durch  einen  Zauber  gebannt  blieb.  Dies  Mal 
wurde  aber  auch  seine*  Geduld  fast  erschöpft 

^Da  nun  —  heisst  es  in  einem  Vortrage  vom  11.  Juni 
1859  —  Devrient's  scheinbar  nie  zu  befnedigenden  An- 
forderungen endlich  einmal  ein  Ziel  zu  setzen  sein  dürfte, 
wenn  nicht  aus  stets  neuer  Nachgiebigkeit  gegen  dieselben 
Gefahr  fürs  Ganze  entstehen  soll,  so  habe  ich^  um  so  mehr 
als  während  des  ganzen  verwichenen  Jahres  mit  Devrient^ 
der  bei  seinem  alten  Repertoire  beharren  zu  wollen 
scheint^  geringere  Einnahmen  erzielt  worden,  als  ohne 
denselben,  und  die  Zeit  seiner  Anwesenheit,  wenn  sie  nicht 
in  die  daftlr  günstigen  Monate  fällt,  sogar  als  ein  Hemm- 
niss  für  den  Gesammtfortschritt  des  Repertoires  zu  be- 
trachten ist,  dem  Allerhöchsten  Ermessen  anheim  zu 
geben,  ob  Devrient's  unberechtigtem  Wunsch  nach  hin- 
reichender Unabhängigkeit  eines  Gastes  mit  Beseitigung 
des  derzeit  bestehenden  Gontractes  willfahrdet  oder,  was 
jedenfalls  räthlicher  und  zweckmässiger  ist,  auf  diesen 
letzteren  auch  femer  verwiesen  werden  soll,  dessen  Er- 
ftlllung  er  nur  durch  seinen  gänzlichen  Rücktritt  von  der 
deutschen  Bühne  vermeiden  kann.^ 

Der  Streit,  von  Devrient  wieder  mit  der  ihm  eigenen 
Zähigkeit  geführt,  dauerte  ziemlich  lang,  ohne  doch  den 
von  ihm  erhofften  Erfolg,  wohl  aber  noch  einige  neue 
Vortheile  zu  erbringen. 

Am  7.  Juli  1860  kam  Dawison,  wiederkehrendes 
Unwohlsein  vorschützend,  um  die  Enthebung  von  der 
Regie  ein,  die  ihm  gewährt  wurde.  Seine  Stelle  ward 
unter  Lüttichau  nicht  wieder  besetzt,  so  dass  bis  zu  des 
letzteren  Abgange  die  Regie  des  Schauspiels  in  den  Hän- 
den von  Dittmarsch  und  Gerstorfer,  also  zum  ersten  Male 


~    584    — 

längere  Zeit  in  angenügender  Weise  vertreten  bliebe  was 
wohl  ans  der  zanebmenden  Kränklichkeit  Lüttichan's  zu 
erklären  ist.  — 

Die  hier  geschilderten  Vorfälle  vollzogen  sich  nar 
zum  kleineren  Theile  nnter  der  Regierung  des  am  die 
Entwicklung  des  Theaters  so  hochverdienten  Königs 
Friedrich  August,  welcher  dem  Lande  ganz  plötzlich  am 
9.  Aug.  1854  entrissen  wurde.  Ihm  folgte  sein  durch  hohe 
Bildung,  staatsmännische  Weisheit,  milden  Gerechtigkeits- 
sinn und  Liebe  zu  Wissenschaft  und  Künsten  gleich  aus- 
gezeichneter Bruder  Johann.  Auch  das  Theater  fand 
unter  ihm  fortgesetzt  dieselbe  grossmüthige  Unterstützung, 
die  ihm  bisher  zu  Theil  worden  war. 

Von  den  Veränderungen,  welche  innerhalb  dieses 
Zeitraums  das  Personal  des  Schauspiels  noch  trafen,  muss 
hier  zunächst  der  Anstellung  des  Dr.  Julius  Pabst  ab 
Dramaturg  (1.  Jan.  1856)  gedacht  werden.  Wenn  sie 
auch  wesentlich  auf  dem  Vertrauen  beruhte,  das  sich 
derselbe  als  Erzieher  im  Hause  des  Herrn  von  Lüttichau 
erworben  hatte,  so  fiel  doch  seine  literarische  Bildung, 
seine  Neigung  zur  Bühne  und  seine  erprobte  Fälligkeit 
auf  dramaturgischem  Gebiete  dabei  ohne  Zweifel  mit  ins 
Gewicht.  Julius  Pabst,  geb.  18.  Oct.  1817  zu  Wilhelms- 
ruhe bei  Eitorf,  Sohn  des  Inspectors  des  Schullehrer- 
Seminars  und  Directors  der  Gewerbschule  in  Erfurt, 
Karl  Leopold  Pabst,  empfing  seine  akademische  Bildung 
auf  dem  Erfurter  Gymnasium,  studirte  von  1838  —  42 
Theologie  in  Breslau  und  Halle,  wirkte  später  als  Er- 
zieher, zuletzt  im  Hause  des  Herrn  von  Lüttichau,  von 
wo  er  1852  sich  nach  Berlin  wendete  und  seinen 
literarischen  Studien  lebte.  Schon  als  Gymnasiast  be- 
schäftigte er  sich  nebenbei  mit  poetischen  Arbeiten,  und 
noch  vor  seiner  Ankunft  in  Dresden,  wo  seine  Neigung 
zur  Bühne  die  reichste  Nahrung  empfing,  hatte  er  mehrere 
dramatische  Dichtungen  geschrieben.  1851  kam  eine 
von  ihm  gedichtete,  von  seinem  Bruder  componirte  Oper: 


—    585    — 

„Die  letzten  Tage  Pompeji's"  in  Dresden  zur  Aufführung, 
die  eine  ireundliebe  Aufnahme  fand,  und  am  1.  Jan.  1852 
wurde  hier  Shakespeare's  „Antonius  und  Cleopatra"  in 
seiner  Bearbeitung,  mit  freier  Benutzung  der  Uebersetzung 
des  Grafen  Baudissin,  gegeben.  Unmittelbar  nach  seiner 
Anstellung  am  Dresdner  Theater  sollte  er  reiche  Ge- 
legenheit zur  Ausübung  seiner  dramaturgischen  Thätig- 
keit  finden.  Der  am  24.  Sept.  1856  eintretende  Tod  des 
greisen  Theodor  Winkler  hatte  aber  auch  noch  seine 
Ernennung  zum  Secretär  des  Theaters  zur  Folge.  Seiner 
verschiedenen  poetischen  Arbeiten,  welche  ihm  1859  die 
Ernennung  zum  Hofrathe  eintrugen,  werde  ich  aber  an 
anderer  Stelle  noch  zu  gedenken  haben. 

Von  den  ttbrigon  hierher  gehörenden  Erwerbungen 
seien  hervorgehoben  die  Engagements  von  Alexander 
Liebe  (1P50),  Reese  und  Frau  (1851),  Emil  Bürde  (1853), 
Elise  Schönhoff  (1855),  Friedrich  Dettmer  (1856),  Valesca 
Guinand,  Franz  Jauuer,  Pauline  Ulrich  (1858),  Karl 
Sontag  (1859)  und  Frl.  Janauscheck  (1861). 

Alexander  Liebe  trat  in  das  Fach  der  ersten  Lieb- 
haber für  diejenigen  jugendlichen  Rollen  ein,  die  Emil 
Devrient  aufgegeben  hatte.  Er  besass  hierzu  sehr  an- 
sprechende Mittel,  und  wenn  er  auch  ohne  besondere 
Tiefe  war,  so  sprach  er  doch  durch  eine  gefUllige 
Leichtigkeit  und  eine  temperamentvolle  Behandlung  an, 
die  eines  idealen  Schwungs  nicht  entbehrten.  Durch 
Heese  wurde,  wie  wir  schon  wissen,  eine  angenehme 
Kraft  für  das  Lustspiel  zurückgewonnen,  die  sich  be- 
sonders im  Zusammenspiel  mit  seiner  Gattin  Marie,  geb. 
Herbold,  aufs  Neue  empfahl  und  bewährte.  Leider 
sollte  diese  vortreffliche  Darstellerin,  deren  Engagement 
sich  das  Dresdner  Theater  im  Jahre  1846  hatte  entgehen 
lassen,  demselben  auch  jetzt  nur  zu  rasch  wieder  ent- 
rissen werden.  Sie  starb  1853  in  der  Blüthe  ihrer  Jahre 
und  ihres  Talents,  das  zwar  nicht  sehr  umfassend  war, 
dem   aber  der  Ton  und  Ausdruck  ungekünstelter  Natur- 


—    586    — 

liebkeit  und  anmntfaiger  Schalkhaftigkeit  ganz  zn  Gebote 
stand.  Eine  ihrer  vorzttglicbsten  Lieistangen  war  Prinx 
Lieschen  in  Heidrich's  gleichnamigem  Lustspiele. 

In  Emil  Bttrde^  geb.  in  Berlin^  Sohn  des  Banraths 
Bürde,  war  ein  Stellvertreter  fttr  Emil  Devrient,  bei 
dessen  vielfacher  Abwesenheit,  gewonnen  worden.  Er  ge- 
hörte ursprünglich  der  idealistischen  Sichtung  an.  Wie 
fast  alle  jüngeren  Darsteller  in  Dresden,  wurde  auch  er 
bald  für  die  auf  Naturwahrheit  und  charakteristische  In- 
dividualisirung  dringende  Darstellungsweise  Dawison's  ge- 
wonnen. Er  vermochte  aber  damals  bei  aller  Begeisterung, 
mit  der  er  die  neue  Richtung  ergriff,  ein  gewisses 
Schwanken  nicht  ganz  zu  überwinden.  Um  so  mehr 
sollte  es  ihm  bei  seiner  reichen  Begabung  und  umfassen- 
den Bildung  gelingen,  sich  später  durch  Kritik  und 
praktische  Lehre  rühmlichst  auf  dem  Grcbiete  seiner  Kunst 
hervorzuthun ,  auf  welchem  er  jetzt  eine  bedeutendere 
Stellung  einnimmt.  —  Friedrich  Dettmer,  dessen  Vater 
wir  schon  am  Dresdner  Theater  zu  begegnen  hatten, 
sollte  sich  erst  in  der  nächsten  Periode  zu  der  Bedeutung 
entwickeln,  die  er  nun  schon  seit  lange  im  Fache  und 
als  Nachfolger  Emil  Devrient's  behauptet,  was  schon 
allein  für  seine  grosse  Begabung  spricht.  Eine  ein- 
gehendere Würdigung  seiner  Leistungen  gehört  mithin 
nicht  hierher.  Valesca  Guinand  trat  noch  sehr  jung 
an  Elise  Seh ön ho ff's  Stelle.  Obschon  sie  deren  frisches, 
oft  keckes  Talent  nicht  ganz  erreichte,  errang  sie  sich 
doch  mit  Recht  eine  grosse  Beliebtheit.  Wegen  des 
Engagements  von  Franz  Jaun er,  welcher  1858  an  Liebe's 
Stelle  trat,  wurden  längere  Verhandlungen  geführt,  wenn- 
gleich er  bei  seinem  Gastspiel  gefallen  hatte  und  ihm 
werthvolle  Empfehlungen  zur  Seite  standen,  weshalb  ich 
fast  glaube,  dass  sich  in  Dresden  ein  feindlicher  Einflnss 
gegen  ihn  geltend  machte,  worauf  das  oben  erwähnte 
Zerwürfniss  mit  Dawison  vielleicht  ein  Schlaglicht  wirft. 
Endlich   brachte   aber  doch   das   folgende,   auch   sonst 


—    587    — 

interessante;  an  Lüttichau  gerichtete  Schreiben  des  Grafen 
Moritz  von  Dietrichstein  in  Wien^  von  welchem  mehrere 
Briefe  in  dieser  Angelegenheit  vorliegen,  diese  Frage  zu 
einer  flir  ihn  günstigen  Entscheidung. 

,,Wien,  den  2.  April  1858. 

Du  nimmst  noch  Anstand,  Jaoner  za  engagiren,  nachdem  er 
in  den  zwei  Lastspielen:  „Am  Glavier*'  und  ,,Rose  und  Röschen^' 
Tielen  Beifall  gehabt  hat,  weil  er  noch  nicht  alle  Deine  Erwartungen 
befriedigt,  was  er  sollte,  wenn  er  in  Dresden  auf  ein  erstes  Rollen- 
fach Anspruch  machen  will,  mit  dem  (behalte  von  2000  Thlr.  (die  er 
doch  bei  dem  bekanntlich  guten  Stadttheater  in  Hamburg  hatte).  — 
Erlaube  mir  nur  zu  bemerken,  dass  Du  nur  zwei  (nicht  mehr  junge) 
erste  Schauspieler  in  Emil  Devrient  und  Dawison  besitzest,  weil 
Liebe  abgegangen  ist  Devrient  ist  zwar  ein  ausgezeichneter  Künstler 
für  die  Tragödie  und  das  höhere  Lustspiel  Er  war  es  und  ist  es 
zum  Theil  noch,  weil  er  durch  Jugend  -  Schönheit  und  ein  sonores 
Organ  seine  gewohnten  Zuhörer  gewann  und  diese  lange  Erinnerung 
noch  Werth  behielt,  während  er  an  anderen  Orten  bei  allem  Ver- 
dienste für  manierirt  gilt;  zudem  ist  er  pensionirt,  sechs  Monate 
j&hrlich  abwesend  und  spielt  sodann  nach  Gefallen  gegen  ein  be- 
deutendes Honorar.  —  Dawison,  der  jetzt  Helden,  Könige,  Greise, 
Liebhaber,  komische  KoUen  spielt,  auch  mitunter  singt,  durfte  durch 
diese  Mischung  in  nicht  zu  femer  Zeit  bei  zunehmenden  Jahren  in 
ein  bestimmtes,  nicht  junges  Fach  einlenken  und  hierbei  besser 
fahren  als  jetzt,  wo  er  sich  fähig  glaubt,  Alles  zu  unternehmen. 
Auch  hat  er,  glaube  ich,  immer  langen  Urlaub. 

Ich  habe  Jauner  geschildert,  wie  ich  ihn  finde  und  wie  er  in 
Hamburg  gefiel.  Die  höchsten  Forderungen  an  ihn  zu  stellen  bei 
so  ehrenvoller  Umgebung,  w&re  noch  zu  frOh;  aber  stufenweise  in 
die  ersten  F&cher  des  Lustspiels  und  der  Tragödie  einzutreten, 
dünkt  mich  kein  Wagniss  und  deshalb  vor  der  Hand  ein  Gehalt 
von  2000  Thlr.  ganz  angemessen.  Jauner  besitzt  keinen  Eigendünkel, 
aber  er  fühlt  seinen  Werth.  Ich  glaube  daher  nicht,  dass  1200  bis 
1500  Thlr.  genügen  werden,  und  dass  Du  bei  dem  Mangel  an  wohl- 
erzogenen, bescheidenen,  höherer  Ausbildung  fiüiigen  und  vom  reinsten 
Kunsttriebe  beseelten  jungen  M&nnern  vergebens  suchen  dürflest. 
Hier,  in  seiner  Vaterstadt,  und  bei  dem  Vortheile,  im  Kreise  seiner 
allgemein  geschätzten  Familie  zu  wirken,  würde  er,  wenn  er  Deinen 
Ansprüchen  nicht  gentigen  sollte,  am  Hofburgtheater  mit  Vergnügen 
wieder  aufgenommen/' 

Der  Spiegel,  welcher  dem  damaligen  Zustande  des 
Schauspiels  am  Dresdner  Theater  hier  vorgehalten  wird, 


—    588    — 

mochte  Herrn  von  Lüttichan,  der  noch  wenige  Jahre  zo- 
vor  gewähnt  hatte^  das  erste  deutsche  Schauspiel  zu  be- 
sitzen, freilich  nicht  angenehm  sein.  Der  Contract  mit 
Jauner  ward  aber  nichtsdestoweniger  (am  7.  April  1858) 
abgeschlossen.  Ganz  freilich  sollten  sich  die  Verheissungen 
des  Grafen  Dietrichstein  doch  nicht  erfüllen.  Zu  einem 
jugendlichen  Helden  im  idealen  Drama  fehlten  seinem 
Empfohlenen  schon  die  äusseren  Mittel.  Allein  er  war 
ein  Darsteller  von  aussergewöhnlicher  Intelligenz  und 
hierdurch  von  einer  gewissen  Vielseitigkeit,  welcher  durch 
die  Natürlichkeit  und  durch  die  geistige  Frische  und 
Gewandtheit  seines  Spiels  sich  rasch  in  der  Gunst  des 
Puhlicums  befestigte  und  den  Beifall  der  Kenner  erwarb.— 

Pauline  Ulrich  sprach  schon  damals  durch  die 
Eigenschaften  an,  welche  sie  in  ihrer  weiteren  Entwicklung 
zu  einer  der  bedeutendsten  Darstellerinnen  im  modernen 
Conversationsstück  gemacht  haben.  Sie  brachte  ein  ganz 
neues  Element  in  die  Darstellungen  des  Dresdner  Hof- 
theaters, den  Geist  der  Modernität,  das  Pikante,  jene  mit 
Grazie  verbundene  leichte  Beweglichkeit  des  Geistes,  durch 
die  sich  das  Licht  wie  in  hundert  Facetten  bricht.  Im 
Uebrigen  gehört  auch  diese  Darstellerin  und  ihre  Ent- 
wicklung der  folgenden  Periode  erst  an. 

Auch  an  Gastvorstellungen  fehlte  es  in  diesem  Zeit- 
abschnitte nicht.    Ich  hebe  von  ihnen   folgende   hervor:' 

*  Hier  ist  das  vollständige  Verzeichniss  der  Gastspiele  ron 
1860—1861. 

1860:  FrL  Dingelstedt,  Frl.  Grahn,  Kühn,  Frl.  Bursche,  Jenny 
Lind,  Frl.  Huber,  Grübel,  Gems,  Ander,  Grobecker,  ital.  Oper  ans 
Berlin,  Rottmeyer,  FrL  Löhn,  Christi,  Wohlbrück,  Abiger,  La(reni, 
Peretti,  Kaier,  Liebe,  Nesmüller,  Liebhardt,  Hock,  FrL  Rubini, 
Dem.  Rachel,  Frl.  Bunke,  Frl.  Schefer,  Frl.  Bredo. 

1851 :  Frl.  Genast,  Frl.  Emmy  la  Grua,  FrL  Bredo,  Kremenz, 
Mad.  de  la  Grange,  Ditt,  Grobecker,  FrL  Bürg,  Carl  Becker,  Damcke, 
Butterweck,  Draxler,  Künzel,  Quint,  Standigl,  Schloss,  Reichart, 
Genast,  Dem.  Rachel,  Frl.  Fuhr,  Bertha  Bnnke,  Frl.  r.  Dreger, 
Roger. 


—    589    - 

!!•"•  Rachel  mit  ihrer  Gesellschaft  aus  Paris,* Frl.  Wiidauer, 
Frl.    Damböck,    Signora  Ristori,    Marie    Seebach,    Frl. 

1852:  Henriette  Sontag,  Fasslinger,  ital.  Operagesellschaft 
aos  Petersburg,  Erl,  Jenny  Ney,  Frl.  Herbold,  Dawison,  Conradi, 
Schalz,  Röderi  v.  Romani,  Fr.  Don-Lebrun,  Frl.  Vibras,  Fr.  Howitz- 
Steinan,  Weix  eis  torfer,  König,  Frl.  Böse. 

1863:  Frl.  Findeisen,  Frl.  Meyer,  Bürde,  Pepita  de  Oliva, 
Kreuzer,  Damböck,  Ellinger,  Frl.  Würzburg,  Haase,  Annan d'sche 
Gesellschaft,  Ira  Aldridge,  Fr.  Dietz,  Bercht,  Pohl,  Frl.  Wildauer, 
FrL  Gerber,  Grunert,  Lussberger,  Ulram,  Frl.  Schneider. 

1854:  Fr.  Denemy-Ney,  Nolden,  Meyer,  Frl.  Rudlof!^  Meinhold, 
FrLWölfel,  Emmy  la  Grua,  Eppich,  Frl. Hillig,  Frl.  Hintz,  Frl.  Porth, 
Fr.  Brauuecker-Schäfer,  Frl.  Turba,  Frl.  Lafleur,  Hector  Berlioz. 

1855 :  Liebisch,  Frl.  Rudioff,  Fr.  Braunecker-Schäfer,  Frl.  Weber, 
Knauth,  Frl.  Vestri,  Frl.  Agnes  Schmidt,  Sennora  Pepita,  Frl. 
Schönhofi,  Frl.  Masius,  Frl.  Marie  Stern,  Bethge,  Frl.  Jenny  Kreisel, 
FrL  Strohmeyer,  Ballet  von  Don  Antonio  Rniz,  Frl.  Anna  Koch, 
Sir  W.  Don,  Fr.  Palm-Spatzer,  Frl.  Em.  Krall,  Colbruu,  Frl.  Quanter, 
Signora  Ristori,  Haw,  Lydia  Thompson. 

1856:  Strobel,  Frl.  Michel,  Ascher,  Fr.  Dziuba,  FrLDelmont, 
Frl.  Anschütz,  Frl.  Kreutzer,  Frl.  Hftrting,  Weiss,  Allfeld,  Dettmer, 
Sennora  di  Fortuni,  Simon,  Fr.  Devrient,  Frl.  Vanini,  Bergmann, 
Lussberger,  Frl.  Lieven,  Frl.  Ehrenbaum,  Frl.  Seebach,  Frl.  Brenner, 
FrL  WoUenbetg,  Signora  Ristori,  Sennora  Pepita. 

1857:  Krüger,  Sommer,  FrL  Francke,  Müller,  Marie  Quanter, 
Wentzel,  Eichberger,  Fr.Bärndorf,  Auerbach,  Dettmer,  Auerbach,  Frl. 
Hesse,  Seifert,  FrLTietjens,  Walther,  Mertens,  Frl.Steeger,  Hermann, 
Fr.  Marlow,  Frl.  Dettmer,  Frl.  Wulff,  Wild,  Frl.  Bucher,  Brunner,  Fr. 
Wölfle,  Frl.  Pellet,  Kaufhold,  Brandes,  FrL  Hock,  Fritzsche,  Signora 
Piccolomini,  Lemaistre,  Köckert,  Laura  Schubert,  Frl.  Guinand. 

1858 :  Levassor,  Günther,  Sign.  Ristori,  franz.  Gesellschaft Ton  Briol 
und  Chapiseau,  Jauner,  Freny,  Simon,  Tonner,  Fr.  Viardot-Garcia,  Frl. 
Bach,  Frida  v.  Schütz,  FrL  Porth,  Johanna  Wagner,  FrL  Pranse, 
Wild,  St  Leon,  Frieb-Blumauer ,  FrL  Veneta,  Sontag,  Frl.  Ulrich. 

1859:  FrL  Litä,  Hardtmuth,  Frl.  v.  Schulzendorf,  St  Leon, 
Scheibe,  Emil  und  Heinrich  Schneider,  Fr.  Rettich,  Frl.  Reschauer, 
FrL  Schönholf,  Jeudersky,  Hahnemann,  FrL  Delia. 

1860:    FrL  Baudius,  FrL  Voll,  FrL  Goethe,  FrL  Räder,  FrL 
Alvslebeu,  FrL  Ali  seh,  Fr.  v.  Buljowsky,  Fr.  Dnstmann-Meyer,  Schnorr 

*  lieber  w(*1ches  man  eine  höchst  interessante  Würdigung  des 
geistvollen  Kritikers  Otto  Banck  in  dessen  „Kritischen  Wanderungen 
auf  drei  Kunstgebieten*'  findet 


—    590    — 

Bärndorf;  Frau  Frieb-Blnmaaer;  Friederike  Gosmiaimy 
UaasC;  Ornnert^  Frau  Bettich  and  Fri.  Jananflclieck. 

Marie  See b ach  entzückte  dnrch  die  tiefe  Innerlich- 
keit ^  die  durchgebildete  Individualianing  ihres  Spiels. 
Die  Vorzüge  der  neuen  Bichtung  verbanden  sich  gewisser- 
massen  in  ihr  mit  denen  der  älteren  idealistischen  Schule, 
weil  bei  ihr  die  charakteristische  Ausführung  im  Dienste 
ebenmässiger  Schönheit  stand.  Noch  ganz  in  der  Blüthe 
ihres  reichen  Talentes,  würde  sie  ein  um  so  gHtoseier 
Gewinn  gewesen  sein^  als  sie  nicht  nur  vortrefflich  in  das 
Zusammenspiel  mit  Dawison  passte,  sondern  seiner  sieh 
jetzt  mehr  und  mehr  geltend  machenden  Neigung  zu  einer 
virtuosen^  aus  dem  Bahmen  des  Ganzen  heraustretenden, 
sich  zersplitternden  Spielweise  ein  glückliches  Gegen- 
gewicht geboten  haben  würde.  Gleichwohl  ist  es  nur 
zu  achten,  dass  Lüttichau  einen  solchen  Gedanken,  der 
ihm  sehr  nahe  liegen  musste^  aus  Bücksicht  auf  Frau 
Bayer-Bürck  von  sich  abwies.  Ein  äusserer  Einfluss  hierauf 
ist  übrigens  nirgend  bemerkbar. 

Auch  das  Bepertoire  nimmt  sich  in  diesem  Zeitraum 
sehr  stattlich  aus.  Das  Dresdner  Hoftheater  suchte  noch 
einen  Buhm  darin,  die  Führung  im  Bepertoire  zu  über- 
nehmen. Ausser  den  schon  oben  erwähnten  Dramen  von 
Otto  Ludwig  und  Dingelstedt  begegnen  wir  Arbeiten  von 
Mosenthal,  Grillparzer,  Hebbel,  Gustav  Freitag,  Gutzkow, 
Wolfsohn,  Gottsehall,  Halm,  Paul  Heyse,  Griepenkerl, 
Jleyern,  Putlitz,  Hammer,  G.  Kühne,  Tempeltey,  Laube, 
Weilen,  Bedwitz,  Hersch,  Nissel,  Arnold  Hirsch,  Charl. 
Birch-Pfeiffer,  jBauemfeld,  Benedix,  Wilhelmi,  Heidrich, 
Otto  Boquette. 

V.  Carolsfeld,  Georgine  Schubert,  Hahnemann ,  Frl.  Fr.  Gossmaniu 
Zottmeyer,  Dettraer,  FrL  Baldamus,  Frl.  Pressburg,  Osten«  Bartsrb. 
18G1:  Frl.  Stein,  Bergmann,  Georgine  Schubert,  Jachm&nn- 
Wagner,  Frl.  Brauny,  Frl.  Schmidt,  Frl.  Janauscheck,  Pichler,  Emmj 
la  Grua,  Frl.  Gallmeyer,  Degele,  Frl.  Grösser,  Frl.  Eichberger, 
Jvoberstein,  Hablawetz,  Frl.  Frohn,  Lipp,  Degele,  Frl.  Denker,  Scharfe. 


—    591     — 

Von  Shakespeare  wurden  nen  auf  die  Bühne  ge- 
bracht: ^Was  ihr  wollt"  in  einer  Bearbeitung  von  Quanter^ 
^Antonius  und  Cleopatra'*  in  einer  solchen  von  Dr.  Pabst,  ' 
„Cymbeline"  in  der  von  Bürck  und  „Das  Wintermärchen" 
übersetzt  und  bearbeitet  von  Dingelstedt.  —  Wenn  auch 
so  Manches  nur  aus  persönlichen  Rücksichten  zur  Auf- 
nahme kam,  was  vielleicht  durch  Besseres  hätte  ersetzt 
werden  können  ^  so  ist  doch  von  den  bedeutenderen 
neuen  Erscheinungen,  mit  Ausnahme  Hebbers^  so  ziemlich 
Alles  herangezogen  worden.  Obschon  also  der  Einfluss 
Dawison's  sich  hierauf  im  Ganzen  nicht  als  ein  nach- 
theiliger zeigt,  so  ist  es  gleichwohl  zu  tadeln,  dass  er 
ihm  eingeräumt  wurde.  Wie  gross  er  war,  zeigt  sich  darin, 
dass  gerade  die  Stücke  der  einflussreichsten  Dichter  fast 
alle  durch  ihn  bei  der  General-Direction  eingereicht  und 
beflirwortet  worden  sind. 

Von  den  in  diese  Periode  fallenden  theatralischen 
Ereignissen  ist  zunächst  der  Feierlichkeiten  zu  gedenken, 
welche  die  Yermählungsfeste  des  Prinzen  Albert  mit  der 
Prinzessin  Carolina  von  Wasa  ^19.  Juni  1853);  der  Prinzessin 
Anna,  Herzogin  von  Sachsen,  mit  dem  Erbgrossherzog 
Ferdinand  von  Toscana  (25.  Nov.  1856),  und  des  Prinzen 
Georg  von  Sachsen  mit  der  Prinzessin  Dona  Maria  Anna 
von  Portugal  herbeiführten.  Zu  der  ersten  hatte  Dr.  Pabst 
den  Prolog  gedichtet  und  Beissiger  eine  Festouvertüre 
componirt.  Die  zweite  Festlichkeit  wurde  durch  das  Fest- 
spiel »Amus  und  Albina*  von  Dr.  Pabst  und  Beissiger, 
die  dritte  durch  das  Festspiel  »Blüh  ewig  fort  du  Haus 
Wettin^  von  demselben  Dichter  und  demselben  Componisten 
unter  Benutzung  der  von  König  Pedro  IV.  componirten 
portugiesischen  Hymne  eingeleitet.  Zum  Besten  des 
Lessingdenkmals  zu  Braunschweig  fand  am  16.  März  1850 
eine  Festvorstellung  statt,  welche  mit  einem  von  B.  Auer- 
bach gedichteten,  von  E.  Devrient  gesprochenen  Prolog 
eröffnet  wurde.  1851  brachte  das  goldne  Jubelfest  Theod. 
Winkler's  dem  Jubilar  ausser  einer  Menge  anderer  Aus- 


-    592     — 

Zeichnungen  das  Ritterkreuz  des  Civilverdienstordens  und 
das  Ehrenbürgerdiplom  der  Stadt  Dresden.    Am  17.  Sept. 
1852  feierten  die  Mitglieder  des  Hoftheaters  die  festliche 
Enthüllung  des  der  berühmten  Schauspielerin  Friederike 
Caroline  Neuber,  geb.  Weissenborn,  in  Laubegast  gestifteten 
Denkmals,   um  dessen  Erneuerung    sich  die  damaligen 
Dresdner  Hofschauspieler  Eduard  Devrient,  Winger  und 
Gerstorfer  besonders  verdient  gemacht  haben.    Am  9,  Mai 
1855  wurde  der  50.  Todestag,  am  9.  und  10.  Nov.  1859 
der  100.  Geburtstag  Schiller's  festlich  begangen.    Die  Vor- 
feier  des  letzteren  bestand  aus  einem   Prolog  von   Dr. 
Pabst,  der  Auflführung  von    Schiller's  Glocke    und  von 
Wallenstein's  Lager.    Der  Festtag  selbst  war  durch  die 
Vorstellung  der  Braut  von  Messina   ausgezeichnet.    Znr 
Nachfeier  wurde  am  11.  Nov.  Schiller's  Teil  gegeben. 

Mit  dem  24  Sept.  1858  wurden  die  Vorstellungen  auf 
dem  Theater  des  Lincke'schen  Bades  mit  den  drei  Lust- 
spielen: Der  Copist,  Durch's  Fernrohr  und  Wenn  Frauen 
weinen  —  zum  Besten  der  Wittwen  und  Waisen  der  Mit- 
glieder des  König!.  Hoftheaters  —  für  immer  geschlossen. 

Schon  1839  war  die  Bildung  eines  diesem  Zwecke 
gewidmeten  Fonds  von  dem  Hol'theatercassirer  Schlurick 
und  dem  Holschauspieler  Pauli  angeregt,  das  Project  aber 
dann  wieder  lallen  gelassen  worden.  Wie  es  scheint  hie^ 
von  unabhängig  wurde  es  1850  von  Winger  neu  aufge- 
nommen, von  Lüttichau  gefördert  und  von  Sr.  Majestät 
dem  König  noch  in  demselben  Jahre  (25.  Juli)  genehmigt 

Noch  ist  ein  Festact  der  Dankbarkeit  zu  verzeichnen, 
welchen  die  Mitglieder  und  Beamten  der  Königl.  Kapelle 
und  des  Theaters  ihrem  Chef,  dem  General -Director  von 
Lüttichau,  bei  seiner  Rückkehr  aus  dem  Bade  Gastein 
am  13.  Sept.  1861  darbrachten.  Veranlassung  gab  der, 
während  seiner  Abwesenheit  vollzogene  und  sehr  dring- 
lich gewordene  Umbau  der  Räume  der  Königlichen  Hof- 
theaterexpedition. 


Die  Oper  am  Dresdner  Theater  unter  dem  Ein- 

flnsse  gegensätzlicher  musikalischer  Principien 

in  der  Periode  von  1850—1862. 


BedentiiDg  der  Wasrner'schen  Oper.  —  K&mpfe  bei  Wiederein- 
lühmiig  derselben  aaf  das  deatsehe  Theater.  —  Die  Wiederanf- 
iiahme  des  Tannh&aser  in  Dresden.  —  Neues  Yerbot.  —  Yer- 
bandlungen  mit  Johanna  Wagrner.  ~  Meyerbeer's  Einflnss.  — 
Sieg  der  Wagner'seheu  Oper.  ->  Repertoire.  —  Einflass  Räder's. 
Yerftndemn^n  in  der  Regrie  und  Kapelle.  —  Jnllns  Kieti  und 
J.  Clir.  Lanterbaeh.  —  YerftndeniDgen  im  Personal.  ~  Jenny 
Xey.  —  RttelLtrltt  des  Oeneral-Direotors  von  Lttttichau.  —  Zar 
Charakteristik  desselben.  —  8ehluss. 

So  geringe  Verbreitung  die  Opern  Wagnor's  bis  zum 
Jahre  1850  auch  gefunden  hatten  und  obgleich  es  schien, 
als  ob  sie  zu  dieser  Zeit  ganz  von  dem  Repertoire  der 
Theater  verschwinden  sollten,  so  haben  doch  gerade  we- 
sentlich sie  den  Charakter  der  uns  nun  vorliegenden 
Entwicklnngsperiode  der  Dresdner,  ja  der  deutschen 
Oper  überhaupt  mit  bestimmt,  bis  sie  zuletzt  siegreich  und 
herrschend  aus  den  hierdurch  veranlassten  Kämpfen 
hervorgingen.  Es  sind  verschiedene  Umstände  und  Ver- 
hältnisse, welche  zu  diesem  Erfolge  beigetragen  haben. 
Unter  ihnen  spielt  der  tendenziös  politische  Ausschlass 
der  Wagnerischen  Opern  vom  Repertoire  der  deutschen 
Theater,  spielen  die  gehässigen  Angriffe,  welche  dieselben 
ans  Partei-  und  Eifersuchtsmotiven  erfuhren,  eine  be- 
deutende Rolle.  Wie  man  auch  immer  die  Handlangs- 
weise  Richard  Wagner's  als  Mensch  und  Beamter  in  der 

3S 


—    594    — 

bewegten  Zeit  von  1848  und  1849  beurtheflen  mochte, 
so  hätte  dieselbe  doch  niemals  auf  die  Wertbschätzang 
seines  Talents  und  seiner  Werke  einen  Einflnss  ausüben 
sollen.  Die  Vermischung  dieser  beiden  Gesichtspunkte 
würde  jedes  freie  Kunsturtheil  aufheben.  So  wenig  das 
grösste  Kunstwerk  von  irgend  einer  strafbaren  Handlung 
seines  Schöpfers  etwas  hinwegzunehmen  im  Stande  ist, 
so  wenig  kann  auch  dieses  Werk  an  seiner  Schönheit 
und  Bedeutung  dadurch  etwas  verlieren,  dass  Derjenige, 
der  es  hervorgebracht  hat,  irgend  einer  strafbaren  oder 
gemeingefährlichen  Handlung  fähig  war.  Diejenigen, 
welche  die  Wagnerischen  Werke  auf  diese  Weise  bc- 
urtheilten,  haben  ihn  nur  mit  einem  politischen  Mär- 
tyrerschein umgeben,  welchen  er  gar  nicht  verdiente 
und  wohl  auch  gar  nicht  beanspruchte. 

Wagner  —  ich  brauche  mich  nur  auf  ihn  selbst  zu 
berufen  —  Latte  kein  inneres  Verhältniss  zu  der  poh- 
tischen  Seite  der  Revolution.  Er  ergriff  sie  nur  als 
das  Mittel,  sein  musikalisches  Princip  zur  Durchführung 
zu  bringen.  Und  dieses  Princip  war  für  ihn  von 
seiner  Person  nicht  zu  trennen.  Er  hatte  durchaus  nichts 
Demokratisches,  wie  seine  Musik  nichts  überwiegend 
Volksthümliches  hat.  Er  ist  revolutionär,  aber  dabei 
ganz  exclusiv.  Er  weiss  nichts  von  dem  Uhland'schen: 
„Das  ist  Wonne,  das  ist  Leben,  wenn's  von  allen  Zweigen 
schallt",  womit  dieser  gewiss  nicht  den  Zudringlichkeiten 
des  Dilettantismus  das  Wort  reden,  sondern  einfach  aus- 
drücken wollte,  dass  das  Individuelle  ein  nothwendiges 
Moment  in  aller  Kunst  sei  und  diese  erst  in  der  unend- 
lichen Fülle  ihrer  Erscheinungen  zur  Verwirklichung  ge- 
langen könne  I 

Wagner  erkennt  vielmehr  kein  anderes  Princip  als 
das  seinige  an,  und  sein  Princip  in  der  Gegenwart  keinin 
anderen  Künstler  als  sich,  in  der  Vergangenheit  nur 
sehr  wenige  und  eigentlich  doch  nur  insofern  an,  als  sie 
auf  den  neuen  Messias  hinweisen.    Aber  alles  dies,  wie 


—    595    — 

wichtig  auch  immer  zu  seiner  persönlichen  Benrtheilung, 
hätte  auf  die  seiner  Werke  keinen  Einfinss  ausüben  dürfen. 
Wagner  ist  revolutionär  —  aber  nur  im  Bereiche  der 
Empfindung.  Er  hat  das  Empfindungsleben  seiner  Zeit 
auf  eine  ganz  ungeheure  Weise  afficirt  und  revolutioni- 
sirt;  aber  wie  die  Freigeister  des  vorigen  Jahrhunderts, 
welche  der  französischen  Revolution  vorausgingen ,  hat 
auch  er,  wenn  wir  von  den  eigentlichen  Musikern  ab- 
sehen; seine  Wirkungen  zunächst  und  vorzugsweise  auf 
gewisse,  der  Demokratie  ganz  entlegene  Kreise  der  vor- 
nehmen Gesellschaft  und  der  Gesellschaft  der  Parvenüs 
ausgeübt;  er  ist  das  Schoosskind  dieser  schöngeistigen, 
oder  doch  nach  Schöngeisterei  lüsternen  Kreise  geworden. 
Es  war  das  Unglück  Wagner's,  dass  er  sich  zwischen  eine 
solche  Vergötterung  und  eine  oft  ebenso  geschmacklose 
Verneinung  seines  Talents  gestellt  sah.  Natürlich  konnte 
ihm  bei  seinem  Felsen  versetzenden  Glauben  an  sich  selbst 
die  Wahl  da  nicht  schwer  werden.  Er  gefiel  sich  in  der 
Rolle  des  Gottes  und  schleuderte  gelegentlich  Blitze  und 
Bannbullen  auf  seine  Gegner.  Nur  manchmal  wurde  er, 
wie  der  Geisterkönig  Raimund's,  welchem  man  gelegent- 
lich nasse  Wolken  als  Pfllhl  unterschob,  an  seine  Mensch- 
lichkeit dadurch  erinnert,  dass  er  sich  umgekehrt  auf  das 
Trockne  gesetzt  sah;  aber  es  hat  ihm,  ohne  Dana^  zu 
sein,  nie  an  einem  fruchtbaren  Goldregen  gefehlt,  der 
ihm  seinen  göttlichen  Glauben  zurückbrachte.  Doch 
wenn  auch  gewiss  nicht  ein  Gott,  so  ist  doch  Wagner 
unzweifelhaft  ein  grosses  Genie,  er  ist  es  gewissermassen 
seiner  selbst  und  trotz  seiner  Theorie  und  Doctrin.  So 
verkehrt  ich  dieselbe  in  ihren  wesentlichsten  Punkten 
auch  halte,  die  wohl  nur  von  den  Fanatikern  unter  sei- 
nen Anhängern  gotheilt  werden  können,  so  waren  seine 
damals  erscheinenden  theoretischen  Schriften  für  die 
Verbreitung  seiner  musikalischen  Werke  doch  von  der 
allergrössten  Bedeutung.  Sie  forderten  gleichmässig  zum 
Widerspruch  und  zur  Vcrtheidigung  auf,  und  zwar  nicht 


—     596    — 

nur  upter  den  Leuten  von  Fach  —  die  Nation,  eben  nur 
noch  in  zwei  Heerlager  getheilt,  welche  politische  Doc- 
trinen  und  Principien  mit  Leidenschaftlichkeit  yerfochten 
hatten  und  nun  auf  diesem  Gebiete  plötzlich  zum 
Schweigen  verurtheilt  waren^  nahm  mit  Begierde  diesen 
Streit  auf  einem  anderen  Gebiete  wieder  auf^  und  die 
Partei,  welche  sich  Wagner  auf  diesem  Wege  gebildet  hat, 
war  um  so  wirksamer ,  als  fast  die  ganze  musikalische 
Jugend  ihr  angehörte  und  sich  an  ihre  Spitze  ein  Mann 
von  Genie  gestellt  hatte,  welcher  über  die  einfiussreichsten 
Beziehungen  verfügte  und,  da  man  ihm  Vieles  nachsah, 
sich  auch  Vieles  erlauben  durfte.  Jedenfalls  muss  es 
Franz  Liszt  aber  zu  hohem  Verdienste  angerechnet  wer- 
den, trotz  der  damals  dagegen  ankämpfenden  Strömung 
der  Zeit,  Wagner  zuerst  wieder  auf  die  deutsche  Bühne 
zurückgeführt  zu  haben  und  für  die  weitere  Ausbreitung 
seiner  Werke  unermüdlich  thätig  gewesen  zu  sein.  Denn 
in  welch  schwächlichen  Eklekticismus,  in  welch  triviale 
Flachheit  würde  die  deutsche  Oper  ohne  die  Impulse 
geratlien  sein,  die  sie  von  Wagner  empfing.  Und  das 
ist  ein  drittes  Moment,  welches  die  Verbreitung  seiner 
Werke  begünstigte:  die  Production  auf  dem  Gebiete  der 
Oper,  welche  in  den  30er  und  40er  Jahren  noch  eine  so 
reiche  Nachbltithc  entwickelt  hatte,  starb  mehr  und  mehr 
ab.  Meyerbeer  war  von  den  früheren  Meistern  fast  noch 
der  Einzige,  welcher  der  Bühne  neue  bedeutendere  Werke 
gab.  Sie  kränkelten  aber  ebenfalls,  soweit  ihre  Ent- 
siehung  nicht  noch  in  eine  frühere  Periode  hinabreichte, 
an  den  Symptomen  der  Altersschwäche.  An  die  Stelle 
der  reich  quellenden  Erfindungskraft  war  eine  pretiöee, 
klügelnde,  reflectirte  Manier  getreten,  und  nur  hier  und 
da  blitzte  der  alte  Geist  in  der  früheren  MelodienfttUe, 
in  dem  früheren  Feuer  des  dramatischen  Ausdrucks  auf. 
Wagner,  gross  genug,  um  aus  vielen  glänzenden  Er- 
scheinungen noch  bedeutend  hervorzutreten,  musste  in 
diesem   schwächlichen  .  Wettkampfe,   in   welchem  er  nur 


—    597    — 

zu  bald,  über  alle  der  Einzige,  unendlich  hervorragte, 
allerdings  als  ein  Heros,  ein  Herrscher  erscheinen.  Was 
half  es,  gegen  ihn  geltend  zu  machen,  dass  seine 
Musik  überwiegend  das  Werk  künstlerischer  Reflection, 
dass  er  mehr  Dichter  als  Musiker  sei  und  mehr  mit  dem 
Verstand  und  mit  den  Sinnen,  als  mit  dem  Herzen  dichte. 
—  Mit  Recht  konnte  er  sich  darauf  berufen,  dass  auch 
Haydn,  Mozart,  Beethoven  und  Weber  heute  nicht  mehr 
dieselben  sein  würden,  wie  früher,  oder  wenn  sie  es  wären, 
heute  dann  nicht  mehr  die  Bedeutung  erlangen  könnten, 
die  ihnen  damals  zu  Theil  worden  war,  wo  sie  damit  einen 
bestimmten  Empfindungsinhalt  ihrer  Zeit  zum  bedeut- 
samen und  dabei  ursprünglichen  musikalischen  Ausdruck 
brachten.  Wagner's  Erfolg  und  Bedeutung  liegt  wesent- 
lich darin,  dass  er  ein  Kind  seiner  Zeit  und  dabei  ein 
Genie,  gleichfalls  einem  bestimmten  Theile  des  in  ihr  nach 
Ausdruck  ringenden  Empfindungsinhalts  zu  einem  ebenso 
originellen,  wie  bedeutenden  Ausdrucke  vorhalf.  Es  ist 
nicht  seine  Schuld,  dass  er  die  Einfachheit  und  die  Nai- 
vetät  der  Anschauungs-  und  Empfindungsweise  eines 
Haydn  und  Mozart,  dass  er  die  reine  ideelle  Begeisterung 
eines  Beethoven  und  Weber  nicht  hat.  Und  es  ist  un- 
gerecht, ihn,  dessen  Stärke  nicht  sowohl  in  der  Melodie- 
bildung, in  der  musikalischen  Zeichnung  der  Charaktere, 
als  in  der  Führung  der  Harmonie,  in  dem  Colorit  der 
charakteristischen  Situation  und  Stimmung  liegt,  nicht 
nach  dem  hierdurch  geforderten  Masstab  zu  messen. 

Es  war  vielleicht  Niemand  am  Dresdner  Theater, 
der,  obschon  er  Wagner's  Handlungsweise  sicher  ver- 
urtheilte,  die  Wiederaufnahme  seiner  Werke  hier  so  früh 
in  Erwägung  zog,  als  der  Gene  raldirector  desselben, 
Herr  von  Lüttiehau.  Ich  habe  schon  vielfach  darauf  hin- 
weisen können,  wie  schwer  er  das,  was  er  einmal  als 
grosses  Talent  au(  rkannt  hatte,  wieder  aufgab,  und  wie 
geneigt  er  war,  grossen  Talenten  Vieles  nachzusehen. 
Auf  Dankbarkeit  am  Theater  zu  rechneu,   hatte  er  seit 


—    598    — 

lange  verlernt;  und  es  galt  ihm  als  eine  Art  von  Axiom^ 
dass  die  ausserordentliche  Reizbarkeit;  daas  das  oft  bi» 
ins  Krankhafte  gesteigerte  künstlerische  Selbstgefühl; 
welches  auch  in  der  That  eine  bestimmte  Seite  des  kflnst- 
lerischen  Naturells  zu  bilden  scheint;  eine  berücksich- 
tigende Beurtheilung  fordere.  Kaum  dass  also  Liszt  mit 
grossem  Erfolge  Wagner  auf  der  deutschen  Bühne  reha- 
bilitirt  hatte;  als  LüttichaU;  von  dem  Gedanken  erfüllt; 
dass  er;  welcher  der  Wagnerischen  Musik  überhaupt  erst 
die  Bühne  eröffnet  habC;  sich  dieses  Verdienst  nicht  dürfe 
streitig  machen  lassen;  auch  schon  die  ersten  Schritte 
that;  um  ihr  die  Dresdner  Bühne  wieder  zu  öffnen.  Der 
Kampf  war  kein  leichter.  Denn  wenn  er  sich  auch  auf 
die  Stimmung  eines  grossen  Theils  der  Kapelle  und  der 
Sänger,  sowie  der  öffentlichen  Meinung  stützen  konnte; 
so  stand  ihm  doch  bei  Hofe  hierein  eine  mächtige  und 
einilussreiche  Partei  entgegen.  Lüttichau  besass  aber  zu 
sehr  (las  Vertrauen  seines  Monarchen;  und  dieser  war  in 
dem  Adel  seiner  Natur  zu  leicht  geneigt,  sich  über  Vor- 
urtheile  zu  erheben;  als  dass  es  ihm  nicht  hätte  gelingen 
soUeU;  denselben  zu  überzeugen;  wie  selbst  noch  hier 
das  Kunstwerk  vom  Menschen  zu  trennen  sei.  So  wurdi^ 
denn  bereits  1852  am  26.  October  der  Tannhäuser  wieder 
mit  grossem  Erfolge  in  Dresden  zur  Aufführung  gebracht.  * 

*  Ich  füge  das  Urtheil  ein,  welches  diese  Oper  damals  hier 
von  Seiten  des  ausgezeichneten  Musikkenners  und  Kritikers  Carl 
Banck  erfuhr: 

nR.  Wagner  ist  mehr  musikalischer  Poet,  als  dichtender  Mu- 
siker. Er  empfängt  sein  Werk  zuerst  poetisirend  und  setzt  dann 
als  Musiker  die  Musik  hinzu.  Es  fehlt  ihm  jene  ursprüngliche 
geniale  Fülle  und  Klarheit  des  Tongedankens,  welche  ihr  Gebilde 
unmittelbar  in  Tönen  erklingen  lässt  und  ihre  eigene  wahre  und 
vollkommene  Form  gleich  mit  auf  die  Welt  bringt.  Statt  dessen 
ging  der  Dichter  mit  speculativem  Geiste  ans  Werk,  und  das  Be- 
streben ,  uns  seine  poetische  Idee  nun  auch  im  Tonbilde  zur 
Anschauung  zu  bringen ,  kämpft  mit  dem  Mangel  an  musika- 
lischer  Erfindung;    der  Drang,    zugleich    neue   musikalische  For- 


—    599    — 

Der  Sieg  war  zunächst  nur  ein  kurzer.  Schon  nach 
der  fünften  Wiederholung  musste  die  Oper  wieder  ab- 
gesetzt werden,  weil  sich  inzwischen  die  entgegengesetzte 
Ansicht  Geltung  verschafft  hatte.  Lüttichau  gab  aber 
deshalb  die  Sache  nicht  auf,  und  ich  glaube,  dass  die 
schon  im  Jahre  1851  aufgenommenen  und  von  seiner  Seite 
höchst  dringlich  fortgeführten  Unterhandlungen  mit  Jo- 
hanna Wagner  wegen  eines  Gastspiels  in  Dresden,  ob- 
schon  dasselbe  ausgesprochenermassen  nur  den  Zweck 
haben  sollte,  einen  Modus  zu  finden,  um  die  noch 
schwebende  Differenz  bezüglich  des  ihr  geleisteten  Vor- 
schusses begleichen  zu  können,  doch  noch  mit  in  der 
Absicht  von  ihm  betrieben  wurde,  hierin  zugleich  einen 
Vorwand  für  die  Wiederaufnahme  der  Wagnerischen 
Opern  zu  finden.  Wenigstens  fand  die  letztere  thatsäch- 
lich  bei  diesem  sich  bis  zum  Jahre  1858  verzögernden 
Gastspiele  statt,  obschon  Johanna  Wagner  dasselbe  ur- 
sprünglich keineswegs  von  der  Darstellung  der  Elisabeth 
im  Tannhäuser,  welche  sie  damals  von  zehn  Rollen  allein 
fünf  Mal  spielte,  abhängig  gemacht  hatte.  Von  dieser 
Zeit  an  beherrschte  die  Wagnerische  Oper  das  Reper- 
toire des  Dresdner  Theaters,  und  schon  im  nächsten  Jahre 
wurde  sein  Lohengrin  erworben  und  zur  Aufführung  ge- 
bracht. Ein  Erfolg,  welcher  bewies,  wie  richtig  Lüttichau 
geurtheilt,  als  er  seinem  Königlichen  Herrn  die  Wieder- 
aufnahme der  Werke  dieses  Componisten  empfahl. 

Es  würde  sehr  ungerecht  sein,  zu  glauben,  dass,  wie 

men  und  Gliederungen  für  die  Oper  aufzubauen,  ündet  eine  zu 
schwache  Stütze  an  dem  künstlerisch  unzureichend  durchbildeten 
Vermögen,  den  andringenden  Keichthum  widerspenstig  origineller 
Gedanken  immer  harmonisch  zu  ordnen  und  verarbeitend  zu  er- 
gänzen. Und  das  Talent  des  Componisten  wäre  vielleicht  seiner 
phantastisch  gross  gestellten  Aufgabe  erlegen,  wenn  nicht  die  poe- 
tische Conception  seiner  Ideen  so  innerlich  fest  und  elastisch,  die 
Kiihnheit  ihrer  Uinstellung  so  dreist  sich  bewiesen,  um  uns  sowohl 
im  Ganzen,  wie  im  Einzelnen  überall  die  Intentionen  trotz  eines 
Mangels  vollkommener  Gestaltung  deutlich   durchfühlen   zu  lassen. 


—    600    — 

dies  von  Wagner  betont  worden  iBt,  es  Lttttichan  bei 
der  Wiederaufnahme  dieser  Opern  lediglich  um  Casaen- 
erfolge  zu  thnn  gewesen  sei,  obschon  er  in  seiner  Stellmig 
als  Director  des  Theaters  diese  mit  ins  Auge  zu  fassen 
verpflichtet  war.  Wie  ich  auch  nicht  zugeben  kann^  dass 
Wagner  aus  diesen  Erfolgen  einen  finanziellen  Anspmcli 
für  sich  abzuleiten  das  Recht  hatte;  nicht  nur  weil  er 
nun  einmal  das  Aufführungsrecht  seiner  Opern  an  das 
Dresdner  Hoftheater  für  einen  bestimmten  Preis  über- 
lassen hatte;  sondern  auch  weil  dies,  wie  seine  eigenen 
Briefe  ans  jener  Zeit  erweisen^  unter  Umständen  geschah, 
die  ihn  dies  als  eine  grosse  Wohlthat  betrachten  lassen 
mussten.  Gewiss  war  für  das,  was  Wagner  heute  gilt 
und  ist;  sein  Talent  das  in  erster  Reihe  entscheidende; 
allein  bei  all  seinem  Talent  bedurfte  er,  um  dasselbe  znr 
Anerkennung  zu  bringen  ^  der  äusseren  begünstigenden 
Umstände.  Niemand  kann  sagen,  was  Wagner  ohne 
seine  Dresdner  Vergangenheit  geworden  sein  würde,  wo- 
gegen es  aber  völlig  sicher  ist,  dass  er  das,  was  er  that- 
sächlich  ward,  nur  auf  der  Basis  seiner  Dresdner  Stellung 
und  seiner  Dresdner  Erfolge  geworden. 

Dresden  war,  wie  ich  darstellte,  das  einzige  Theater, 
welches  seine  Opern  zu  erster  Aufführung  brachte, 
und  selbst  noch  seine  Dresdner  Eriolge  vermochten  bis 
zum  Jalire  1850  nur  wenige  andere  Bühnen  zur  NacL- 
eiferung  zu  bestimmen.  Auf  keiner  anderen  hatte  er  bis 
dahin  gleich  grosse  künstlerische  Erfolge.  Nur  auf  dem 
Hintergrund  dieser  h  tzteren  konnten  aber  seine  polemisch- 
theoretischen  Schriften  die  oben  angedeutete  Wirkung 
ausüben  und  ihm  eine  Partei  in  Deutschland  schaffen  — 
und  nur  die  Darstellung  des  Tannbäuser  in  Dresden  war 
es  gewesen,  die  ihm  die  enthusiastische  Thcilnahme  und 
Förderung  Franz  Liszt's  gewonnen  hatte. 

Gewiss  liegen  die  Honorarverhältnisse  der  Dichter 
und  Componiston  sehr  im  Argen,  und  auch  Herr  von 
Lüttichau    hatte    nach    dieser   Richtung   hin    nur  wenig 


--    601     - 

oder  gar  nichts  gethan.  Aber  die  Hauptsache  flir  ein 
junges  Talent  bleibt  doch  immer  die  Förderung  seines 
Werks  überhaupt^  abgesehen  noch  von  den  unmittelbaren 
pecuniären  Vortheilen.  Auch  ist  eine  angemessene  Rege- 
lung dieser  Verhältnisse,  wie  die  zwar  wohlgemeinte,  aber 
nichts  weniger  als  nützliche  Einrichtung  der  Tantiemen 
beweist,  eine  der  schwierigsten  Aufgaben  der  Theater- 
leitnng.  Wagner  ist  formell  im  Recht,  flir  seine  späteren 
Werke  so  weitgehende  Forderungen  als  möglich  zu 
stellen.  Wer  sie  zu  hoch  findet,  braucht  sie  nicht  ein- 
zugehen, und  wer  sie  eingeht,  muss  sich  doch  noch  einen 
Vortheil  davon  versprechen.  Bei  diesem  ganz  merkantilen 
und  juristischen  Standpunkt  hätte  Wagner  jedoch  aus 
den  Erfolgen  seiner  vom  Dresdner  Hoftheater  recht- 
mässig erworbenen  Opern  einen  Rechtsanspruch  abzu- 
leiten gar  nicht  versuchen  sollen.  Wurden  diese  Erfolge 
ihm  doch  noch  indirect  fruchtbar  genug,  da  Dresden 
noch  lange  Zeit  einer  der  wenigen  Mittelpunkte  blieb, 
von  denen  aus  die  Anerkennung  und  der  Ruhm  der 
Wagnerischen  Muse  weitere  Ausbreitung  fand. 

Wie  sehr  Herr  von  Ltittichau  die  Wagnerischen  Opern 
aber  auch  schätzte,  so  geschah  dies  doch  nicht  in  ein- 
seitiger Weise.  Vielmehr  ist  die  hier  vorliegende  Periode 
der  Dresdner  Oper  zum  grössten  Theile  von  demjenigen 
Componisten  beherrscht,  gegen  welche  die  Wagnerische 
Polemik  vorzugsweise  gerichtet  war,  nämlich  von  Meyer- 
beer. Mit  der  ihm  eigenen  Rührigkeit  war  es  Lüt- 
tichau  gelungen,  von  dem  ihm  befreundeten  Meister 
das  Rieht  der  ersten  Aufführung  des  Propheten  in 
Deutschland  und  unter  dessen  eigener  Leitung  zu  er- 
langen, welche  am  30.  Januar  1850  mit  grösstem  Erfolge 
stattfand.  Dieses  Werk,  das  noch  getheilt  ist  in  die 
Vorzüge  der  besten  Zeit  dieses  Meisters  und  in  die  oben 
berührten  Schwächen  seiner  letzten  Periode,  kam  hier  zu 
trefflichster  Aufführung  und  erzielte  einen  ganz  ungewöhn- 
lichen Erfolg,  insofern  es  allein  bis  Ende  1861  80  Wieder- 


—    602    — 

holungen  erlebte.  Meyerbeer  beherrschte  tlberhaapt  bi« 
zum  Jahre  1858  das  Repertoire  der  Dresdner  Oper  voll- 
ständig; 1856  gelangte  sein  Nordstern,  1860  seine  Dinorah 
zur  Aufführung.  Von  1858  an  hatte  er  aber  mit  Wagner 
um  den  Vorrang  zu  kämpfen,  den  er  demselben  auch 
endlich  abtreten  musste. 

Von  den  übrigen  massgebenden  üomponisten  der 
vorausgegangenen  Periode  gelangten  nur  Auber,  Adam, 
FlotoW;  Lortzing,  Marschner,  Verdi  mit  meist  sebwäeli- 
liehen  Producten  zur  Vertretung.  Von  den  älteren 
Meistern  wurde  Mozart's  Idomeneus,  Cosi  fan  tutte  ond 
Schauspieldirector;  und  Carl  Maria  von  Weber's  Sil- 
vana  neu  in  Seene  gesetzt.  Von  neuen  deutschen 
Componisten  erscheinen  Aug.  Pabst,  Hoven,  Nicolai, 
Herzog  Ernst  zu  Sachsen,  Krebs,  Eberwein,  E.  Nau- 
mann, von  denen  nur  Nicolai's:  „Die  lustigen  Weiber 
von  Windsor",  theils  durch  die  Frische  ihres  melodischtn 
Reizes,  theils  durch  die  vollendete  Darstellung  der  Damen 
Krebs-Michalesi  und  Jenny  Ney,  einen  durchschlagenden 
Erfolg  hatten.  Von  ausländischen  Componisten  wur- 
den neu  eingeführt  Gounod  und  J.  Offenbach,  iless:n 
erste,  espritvolle  Grazie  mit  Innigkeit  des  GefUhlsans- 
drncks  veri)indende  musikalische  Blilctten  grosse  Hoff- 
nungen erregten  und  sich  daher  wohl  der  Aufnahme 
empfahlen,  wogegen  die  seines  „Orpheus  in  der  Unter- 
welt^ schon  Bedenken  erregen  musste  und  wohl  nur  ans 
(lern  Einttuss  erklärt  werden  kann,  welchen  Bäder  damals 
aut  das  Repertoire  mit  ausübte,  gegen  dessen  meist 
seichte  und  witzlose  Possen  der  Offenbach  sehe  Ueber- 
mutli  natürlich  noch  als  hoh^  Poesie  gelten  musste. 

Um  den  Einfluss  Räder's,  der  doch  immer  tiiier 
Zurücksetzung  klagte  und  sich  bei  jeder  Gelegenheit  in 
den  Schmollwinkel  zurückzog,  zu  charakterisiren,  ma^;  es 
genügen,  darauf  hinzuweisen,  dass  in  dem  Zeitraum  Ton 
1841—1862  von  ihm  zusammen  21  Stücke  zur  Anf- 
itlhrung   kamen,   von   denen   nur  fünf  einen  wirklicbon 


-     603    — 

Erfolg  hatten.  (Weltumsegler  wider  Willen  [bis  1862 
>3  Mal],  Der  artesische  Brunnen  [54],  Purzel  in  Spanien 
27],  Aladin  [35],  Robert  und  Bertram  [30].)  Von  den 
ihrigen  erlebten  einige  nur  eine  einzige  Aufführung,  an- 
iere  nur  2,  3—6  Wiederholungen. 

Entschiedener  noch  zeigte  sich  die  PÜege  der  Oper 
n  den  durch  verschiedene  Verluste  und  Veränderungen 
löthig  gewordenen  Ergänzungen  des  Personals. 

Herr  von  LUttichan  glaubte  bei  der  Reorganisation 
ies  Theaters  im  Sommer  1849  durchzukommen,  wenn  er 
len  Verlust,  welchen  die  Kapelle  durch  den  Abgang  des 
Kapellmeisters  Wagner  und  des  Musikdirectors  Röckel 
erlitten  hatte,  einfach  durch  die  Besetzung  der  Stelle  des 
letzteren   ausglich. 

Das  Engagement  der  Säugerin  Michalesi,  welche  die 
Anstellung  ihres  Bräutigams,  des  derzeitigen  Dirigenten 
am  Hamburger  Stadttheater,  Carl  August  Krebs,  als 
Kapellmeister  der  Königl.  Sachs.  Kapelle  zur  Bedingung 
machte,  veränderte^  jedoch  jene  Dispositionen.  Krebs  trat 
am  1.  Januar  1850  als  Kapellmeister  ein,  wogegen 
Barbieri  (l.  Oct.  d.  J.)  wieder  entlassen  wurde. 

Carl  August  Krebs,  1804  in  Nürnberg  geboren,  der 
Adoptivsohn  des  württembergischen  Hofsängers  Joh.  Baptist 
Krel)8  (der  Name  seines  leiblichen  Vaters  ist  Miedke), 
gehörte  zu  den  musikalischen  Wunderkindern,  da  er 
jchon  mit  vier  Jahren  die  Technik  des  Klavierspiels  inne 
liatte  und  mit  sechs  Jahren  bereits  componirte.  Nach- 
iem  er  längere  Zeit  als  Musiklehrer  thätig  gewesen, 
gelang  es  ihm  1825  an  der  K.  K.  Hofbühne  in  Wien 
neben  Weigl  und  Gyrowetz  als  Kapellmeister  angestellt 
KU  werden.  Von  hier  folgte  er  1827  einem  Rufe  an  das 
tiamburger  Stadttheater,  wo  er  sich  eine  grosse  Beliebt- 
lieit  erwarb.  Als  Componist  hat  Krebs  grosse  Erfolge 
dicht  zu  verzeichnen.  Die  im  Jahre  1858  in  Dresden 
cum  ersten  Male  aufget\ihrte  Oper  ^Agnes"*  datirt  aus 
lern   Jahre    1833,    in   welchem   er   sie   dem  König  von 


—    604    — 

Sachsen  schon  widmete.  —  In  demselben  Jahre  wnrde  an 
Stelle  des  am  1.  Juni  ausscheidenden  Maria  Heinrieh 
Schmidt;  Friedrich  Rottmeyer  als  Regisseor  der  Oper  an- 
gestellt. Im  Widersprach  mit  Carl  Sontag,  welcher  Rott- 
meyer's  Strenge  und  Autorität  im  Gegensatz  zu  den  ttbrigfn 
damaligen  Regisseuren  des  Eönigl.  Hoftheaters  betont,  was 
freilich  schon  an  sich  etwas  fraglich  ist^  weil  damab, 
abgesehen  von  Dittmarsch,  doch  auch  der  straffere 
Quanter  die  Regie  mit  vertrat ,  beisst  es  in  einem  Briefe 
des  Herrn  von  Lüttichau  an  den  Reichsgrafen  von  Phten, 
damaligen  Intendanten  des  EOnigLHoftheaters  in  Hannover, 
der  sich  nach  Rottmejer  erkundigt  hatte:  „Er  ist  mir 
während  seiner  hiesigen  Amtirung  als  ein  sehr  redlicher 
und  pflichtgetrouer  Mann,  von  vieler,  ja  fast  allzu  vieler 
Thätigkeit  erschienen.  Ob  derselbe  jedoch  die  SteDc 
eines  technischen  Directors  würde  ausfüllen  können,  ist 
schwer  zu  bestimmen.  Hier  war  er  nur  als  Regisseur 
der  Oper  angestellt;  als  dieser  mangelte  es  ihm  für 
die  hiesigen  Verhältnisse  an  Autorität.* 

Im  Jahre  1853  (1.  Juli)  trat  Wilhelm  Fischer  senior 
an  des  mit  1.  October  d.  J.  ausscheidenden  Rottmeyer 
Stelle,  die  er  bis  Ende  1858  bekleidete.  Schon  am  1.  Oc- 
tober 1857  wurde  ihm  Gustav  Räder  (für  die  Posse  und 
die  komische  Oper)  mit  zur  Seite  gesetzt,  am  1.  Mai 
1858  aber  3Iax  Schloss  mit  seiner  Stelle  betraut. 

Als  Chordirector  war  Wilhelm  Fischer  sen.  bi« 
30.  Juni  1856  in  Thätigkeit  geblieben,  zu  welcher  Zeit 
er  durch  seinen  Sohn  Wilhelm  Fischer  jun.  ersetzt  wurde» 
welcher  zugleich  noch  die  Stellung  eines  Musikdirectors 
erhielt  und  sich  durch  mehrere  Compositionen  bekannt 
gemacht  hat,  in  denen  sich  ein  gefalliges  Talent  zeigte. 

Das  Jahr  1859,  in  welchem  der  greise,  wohlverdiente 
und  mit  diesem  Jahre  pensionirte  ehemal.  Chordirector 
und  Regisseur  Wilhelm  Fischer  sen.  verschied,  raubte  der 
Königlichen  Kapelle  auch  ihren  langjährigen  Führer,  den 
Kapellmeister  Reissiger,   und   nur  ein  Jahr  später  sollte 


—    605    — 

ihr  auch  noch  der  geniale  Lipinskj  entrissen  werden.  Für 
beide  Verluste  wurde  aber  in  vorzuglicher  Weise  Ersatz 
gefunden,  insofern  an  Reissiger's  Stelle  Julius  Rietz^  an 
Stelle  Lipinsky's  J.  Gh.  Lauterbach  trat. 

Julius  RietZ;  am  28.  December  1812  geboren,  Sohn 
des  Königl  preuss.  Kammermusikus  Joh.  Fr.  Rietz  in 
Berlin,  galt  als  ein  Mann  nicht  nur  von  der  ausgezeich- 
netsten musikalischen,  sondern  von  der  umfassendsten 
Bildung  überhaupt.  Er  hatte  unter  Zelter  Theorie  der 
Musik  studirt,  sich  unter  Bernhard  Romberg  und  Moritz 
Gans  im  Violoncellspiel  ausgebildet,  so  dass  er  schon 
mit  16  Jahren  als  Violoncellist  bei  dem  Königl.  Theater 
in  Berlin  eintreten  konnte  und  nur  kurze  Zeit  später 
durch  seine  Compositionen  zu  Uoltei's  Lorbeerbaum 
und  Bett('lstab  Aufmerksamkeit  erregte.  Durch  seinen 
Bruder  Edmund  in  ein  freundschaftliches  Verhältniss  zu 
Ml  ndelssohn-BarthoIdy  getreten,  nahm  er  dessen  Richtung 
in  selbstständiger  Weise  auf  und  wurde  von  diesem  im 
Jahn*  1854  zu  seiner  Unterstützung  als  Musikdirector  an 
das  unter  Immermann's  Leitung  stehende  Düsseldorfer 
Theater  berufen,  was  nach  Mendelssohn's  Abgang  seine 
Ernennung  zum  städtischen  Musikdirector  zur  Folge  hatte. 
Von  seinen  in  diese  Zeit  fallenden  Compositionen  zeich- 
nete sich  besonders  eine  Ouvertüre  zu  „Hero  und  Leander*^ 
aus.  Das  Jahr  1847  brachte  ihm  eine  Berufung  als 
Kapellmeister  an  das  Stadttheatir  in  Leipzig,  welche 
sehr  folgenreich  für  ihn  ward,  da  sie  nach  Mendelssohn's 
Tod  die  Ernennung  zum  Dirigenten  der  Gewandhaus- 
eoncerte  und  zum  Director  der  Singakademie,  sowie  zum 
Professor  der  Compositionslehre  am  dortigen  Conserva- 
torium  nach  sich  zog.  Rietz  erwarb  sich  in  dieser  durch 
die  Bedeutung  und  Beliebtheit  seines  Vorgängers  höchst 
schwierigen  Stellung  einen  weithin  verbreiteten  Ruf  und 
bewährte  sich  auch  in  seinen  mannichfaltigen  Compo- 
sitionen als  ein  ebenso  gediegener,  wie  geistvoller  Musiker. 
Ausser  einer  Reihe  von  Ouvertüren,  ConcertstUcken  und 


—    606     - 

Sinfonien  entstanden  hier  anch  die  beiden  Operetten: 
„Der  Eorsar'^  und  „Georg  Nenmark";  von  denen  dk 
erste  1850  in  Leipzig;  die  zweite  1859  in  Weimar  zn 
beifälliger  Anfilibmng  kam.    1860  trat  er  in  Dresden  ein. 

Job.  Christ.  Lanterbach^  1882  zn  Cnlmbacb  ge 
boren;  erlangte  anf  dem  Würzburger  Gymnasium  aki- 
demische  Bildung;  empfing  seinen  ersten  musikalischen 
Unterricht  von  F.  Bratsch  und  Prof.  Fröhlich  und  wen- 
dete sich  zu  seiner  weiteren  musikalischen  Ausbildnng 
1850  nach  Brüssel;  wo  er  als  Schüler  B6riot's  sich  im 
Violinspiel  vervollkommnete  und  unter  Fitis  Theorie  der 
Musik  studirte.  Schon  damals  erwarb  er  bei  dem  Con- 
curs  des  dortigen  Gonservatoriums  die  goldene  Medaille. 
Nach  mehreren  Goncertreisen;  die  seinen  Ruf  begründeten, 
erhielt  er  eine  Anstellung  als  dirigirendes  Mitglied  an 
der  Eönigl.  Kapelle  zu  München  und  als  Lehrer  am  dor- 
tigen Conservatorium;  von  wo  er  1861  seiner  Berufung 
nach  Dresden  folgte.  Sein  Ton  ist  ebenmässig  ausge- 
bildet und  von  einer  vollendeten  Abrundung;  sein  Vor- 
trag zeichnet  sich  durch  Adel  und  Innigkeit;  durch 
Feinheit  der  Ntiancirung  und  Durchgeistigung  aus.  Sobe 
Stärke  liegt  auf  dem  Gebiete  des  Anmuthigen,  Eleganten 
und  Elegischen- 

Von  den  in  diesem  Zeitraum  gewonnenen  Gesangs- 
kräften müssen  in  erster  Reihe  Jenny  Ney  (später  Fran 
Bürde-Ney);  Emilie  Krall  (später  Frau  Jauner-Krall)  und 
Ludwig  Schnorr  ^on  Carolsfeld  genannt  werden;  denen 
sich  Namen  wie  Agnes  Bunke,  Susanne  Bredow,  Carl 
B(»cker;  Job.  Conradi,  Weixelsdorfer;  Eduard  Lindemann. 
Bertha  Weber,  Heinrich  MarchioU;  Friedrich  Weiss,  Bodo 
Borchers,  Rudolph  Freny,  Frida  von  Schütz,  Max  Schloss, 
Willi.  Eichberger;  die  Fräul.  Alvsleben  und  Baldamu» 
und  Eugen  Degele  anschlössen;  von  denen  die  Bedeutung' 
der  drei  letztgenannten  erst  der  folgenden  Periode  an- 
gehört. 

In   Jenny   Ney   hatte    Lüttichau   der  Oper  wieder 


-     607    - 

eine  Kraft  ersten  Ranges^  wenn  auch  nicht  ohne  ent- 
sprechende Opfer  erworben ;  die  sich  aber  allein  schon 
durch  ihjre  bisherige  Stellung  an  der  E.  K.  Oper  in  Wien 
rechtfertigten.  Sie  trat  am  1.  April  1853  auf  sechs  Jahre 
mit  einem  Jahresgehalt  ?on  5000  Thir.  und  zweimonat- 
lichem Urlaub  ein.  Der  mit  ihr  abgeschlossene  Contract 
erhielt  jedoch  schon  am  26.  September  1853  eine  Ver- 
längerung bis  1860;  nebst  einer  Urlaubserweiterung  auf 
drei  Monate^  im  Jahre  1855  unter  dem  Drucke  des  Bei- 
falls,  welchen  dieselbe  allenthalben  erzielte ,  und  der 
Änerbietungen^  die  ihr  zu  Theil  wurden^  aber  auch  einen 
ZusatZ;  durch  den  ihr  20  Thlr.  Spielhonorar  und  eine  nach 
zehnjähriger  Dienstzeit  eintretende  Königliche  Pension 
von  500  Thlr.  zugesichert  wurden.  Im  Jahre  1859  wurde 
dieser  Contract  vom  1.  April  1860  an  auf  weitere  fünf 
Jahre  verlängert,  bei  einer  Gehaltserhöhung  auf  6000  Thlr. 
„An  strahlendem  Glänze  —  sagt  der  Berichterstatter 
der  Nationalzeitung  gelegentlich  ihrer  Darstellung  der 
Norma  (12.  März  1856)  in  Berlin  —  an  fern  hintreflFender 
Gewalt  und  Grösse  des  Umfangs  ist  ihre  Stimme  jeder 
andern  uns  bekannten  überlegen:  ihr  Klang  theilt  dem 
Hörer  ein  unbeschreibliches  Behagen  mit,  und  1)ei  der 
tippigen  Flut  des  Wohllautes,  welche  diesem  Munde  ent- 
strömt, dünken  wir  uns  wie  in  einem  erfrischenden  Bade. 
Das  herrliche  Organ  erscheint  in  der  Fülle  der  Kraft 
und  seine  blühende  Gesundheit  widerstand  bisher  jedem 
verderblichen  Einflüsse.  Es  trotzte  siegreich  den  ver- 
heerendsten OrchesterstUrmen,  die  unsere  Bühnen  immer 
mehr  entvölkern,  und  ist  unverwundet  aus  allen  Kämpfen 
hervorgegangen;  in  denen  andere  Stimmen  zum  Ruhme 
unserer  modernen  Componisten  verbluten  mussten.  Die 
Scala  der  Säugerin  reicht  bis  in  die  dreigestrichene  Oc- 
tave  und  besteht  aus  lauter  blanken  Metallstufon  von 
tadelloser  Gediegenheit  und  Symmetrie.  Jeder  einzelne 
Ton  drang  bis  in  die  entferntesten  Räume  des  Hauses 
und  das  Publicum  jauchzte  bei  jedem  mit  frohlockender 


—    608    — 

Sicherheit  heraasgeschlenderten  hohen  C  und  D;  wie 
über  eine  goldene  Saat,  von  freigebiger  Hand  anter  die 
Menge  nmhergestreut  Alle  diese  Yorzüge  wnrden  noch 
gehoben  durch  eine  musterhaft  reine  Intonation  and  eine 
sehr  deutliche  und  correete  Aussprache.*^  Nicht  auf  gleiche 
Höhe  aber  wird  hier  die  Sängerin  in  Bezug  auf  dramatische 
,  Charakteristik  gestellt.  ^Dass  den  Glanz  dieser  Stimme 
nichts  zu  umschleiern  vermag;  ist  freilich  zugleich  ein 
Hinderniss  für  die  dramatische  Charakteristik.  Bei  der 
kecken,  entschiedenen  Haltung,  welche  der  Gesang  der 
Frau  Bürde -Ney  keinen  Augenblick  verläugnet,  eignet 
sie  sich  besonders  fQr  die  Repräsentation  glänzender, 
heroischer  Hollen:  ihr  Ton  hat  etwas  Gebietendes  nnd 
schliesst  den  höchsten  Grad  der  Hingebung  oder  leiden 
schaftlichen  Unruhe  aus."  Derselbe  Beurthoiler  konnte 
aber  schon  1858  von  ihr  sagen,  dass  der  Vortrag  an 
Wärme  und  Innerlichkeit  unendlich  gewonnen  habe  nml 
man  nirgends  einen  Ueberschuss  des  rein  Sinnlichen  und 
Materiellen  mehr  finde.  Ihre  Charakteristik  zeige  sich 
einfach  und  besonnen^  frei  von  Künstelei  und  Raffinement. 
Und  sie  sei  hierbei  „gleichmässig  heimisch  in  der  ela*- 
sischen  und  modernen,  in  der  deutschen  und  italienisclieo 
Oper;  die  ernste  Gattung  und  der  sogenannte  dramatische 
Styl  seien  ihr  nicht  minder  geläufig,  als  das  musikalische 
Lustspiel  und  der  Coloraturgesang'*. 

Es  konnte  nicht  fehlen,  dass  einer  derartigen  Künst- 
lerin die  glänzendsten  Anerbietungen  von  allen  Seiten, 
von  London,  Newyork,  Mailand  und  Paris  gemacht  wur- 
den und  ihnen  gegenüber  die  Dresdner  Verbindlichkeit»*n 
ziemlich  drückend  erscheinen  mussten.  Unter  ihnen  ist 
eine  der  interessantesten  die  Aufforderung  Wagner's,  sich 
an  einer  ftir  das  Frühjahr  des  Jahres  1860  in  Paris  pro- 
jectirten  Reihe  von  Vorstellungen  zu  betheiligen,  in  denen 
er  einen  Tlieil  seiner  Opern,  insbesondere  seinen  ^Tristan 
und  Isolde^  zur  Aufführung  zu  bringen  gedachte.  Von 
Dresden  hatte  er  ausser  Tichatscheck,  welcher  Schwierig- 


—    609     - 

keiten  erhob;  noch  Anton  Mitterwnrzer  in  Aussicht  ge- 
nommen^ der  damals  in  der  vollen  Kraft  seines  Talents 
stand.  Die  hierauf  bezügliche  Stelle  eines  Briefes  an 
Bürde  ist  so  ehrend  flir  diesen,  dass  ich  sie  nicht  unter- 
drücken mag:  ^Haben  Sie  die  Güte  —  heisst  es  darin  — 
und  theilen  Sie  nun  auch  Mitterwnrzer  genau  mein  Vor- 
haben mit.  Von  ihm  verlange  ich  viel  Selbstverläugnung ; 
aber  ich  kenne  ihn  als  eine  ächte  Künstlernatur  und 
hoffe  seiner  gewiss  sein  zu  dürfen.  Er  muss  mit  dabei 
sein!" 

Emilie  Krall  trat  von  Darmstadt  kommend  nach 
einem  kurzen  Gastspiel  am  20.  October  1856  bei  der  Dresd- 
ner Bühne  ein.  Ihr  sehr  angenehmes ;  irisches  und  ent- 
wicklungsfähiges Talent  nahm  bei  fortgesetzten  Studien 
einen  überraschenden  Aufschwung,  welcher  zwar  erst  in 
der  nächsten  Periode  zu  voller  Bedeutung  kam  —  sie 
aber  schon  in  den  letzten  Jahren  des  vorliegenden  Zeit- 
raums eine  hcrvortretendere  Stellung  an  der  Dresdner 
Oper  gewinnen  Hess. 

Ein  höchst  anmuthiges  Talent  war  femer  am  1.  Mai 
1858  in  der  Soubrette  Frida  von  Schütz  (geb.  1837  zu 
Agram)  in  Folge  eines  Gastspiels  auf  der  Sommerbühne 
des  NesmüUer' sehen  Theaters  gewonnen  worden.  Sie 
war  in  ihrem  Fache  eine  wahrhaft  poetische  Erscheinung 
und  adelte  das8ell)e  durch  die  tiefe  Innigkeit  und  ächte 
Jungfräulichkeit  ihres  Ausdrucks.  Besonders  für  gemüth- 
voUe  österreichische  Genrebilder,  sowie  in  Stücken  wie 
„Die  Verlobung  bei  der  Laterne**  und  „Hans  und  Hanne** 
war  sie  durch  die  tiefe  und  ungeschminkte  Wahrheit 
und  Herzlichkeit  ihrer  Darstellungsweise  von  einem  un- 
widerstehlichen Reiz.  Leider  wurde  sie  bereits  gegen 
Ende  des  folgenden  Jahres  ihrer  vielversprechenden  Lauf- 
bahn entrissen. 

Eine  noch  ungleich  wichtigere  Erwerbung  war  die 
des  Tenoristen  Ludwig  Schnorr  von  Carolsfeld  (geb. 
1836  zu  München),  Sohn  des  berühmten  Malers,  welcher 

^9 


—     610    — 

seine  rnnsikalische  Aosbildang  auf  dem  Leipziger  Gon- 
seryatorinm  empfangen  und  seine  theatralische  Laufbahn 
unter  Ed.  Devrienfs  Leitung  in  Carlsruhe  begonnen  halte, 
von  wo  er  am  1.  Mai  1860  beim  Dresdner  Hoftheater  ab 
erster  jugendlicher  Heldentenor  eintrat;  nachdem  er  schon 
im  vorigen  Jahre  hier  gastirt  und  dabei  den  Lohengrin 
zum  ersten  Male  gegeben  hatte.  Ein  wunderbar  elegischer; 
etwas  verschleierter  Ton,  der  aber  siegreich  wie  die  Sonne^ 
flüchtiges  Gewölk  zertheilend;  daraus  hervortrat,  ein  schönes 
PortamentO;  eine  herrliche  Cantilene,  verbunden  mit  yot- 
uehmer  Haltung  und  einem  ausdrucksvollen  Spiel,  eig- 
neten ihn  vorzugsweise  fUr  die  Helden  der  modernen 
italienischen,  sowie  für  die  romantischen  Gestalten  der 
Wagnerischen  Opern.  Er  hat  wohl  auch  in  ihnen  seine 
schönsten  Triumphe  gefeiert.  Doch  gehört  seine  weitere 
Entwicklung,  wie  sein  leider  nur  zu  früher  Tod  (1865), 
der  folgenden  Periode  erst  an. 

Von  den  in  diese  Zeit  fallenden  und  hierhergehörigen 
Gastspielen  (s.  S.  588)  hebe  ich  nur  noch  besonders  her 
vor  die  von  Staudigl  und  Reichart  aus  Wien,  Roger  ans 
Paris,    Henriette    Sontag    (Nachtwandlerin,    Regimentß- 
tochter,   Martha,   Figaro's  Hochzeit,  Barbier  von  Sevilla), 
Fräul.  Tietjens,  Frau  Viardot-Garcia  und  Emniy  La  Grna. 
Am    1.  April  1862   zog   sich  Herr  von  Lüttichau  in 
den  Ruhestand  zurück,  der  leider  ein  Kraukenlager  war, 
von   dem    ihn    der  Tod  am  16.  Februar   des   folgenden 
Jahres   erlöste.     Er   hatte  am  18.  September  1859  sein 
50 jähriges  Jubiläum  im  Staats-  und  Königlichen  Dienste 
begangen    und   konnte   bei  seiner  Amtsniederlegung  anf 
eine   37 jährige   redliche  Wirksamkeit  voll   Arbeit,    aber 
auch  reich  an  Glanz  und  Verdiensten  zurückblicken,  der 
er   sieh  bis  zuletzt  mit  derselben  Hingabe,  mit  fast  an- 
geschwächter  geistiger  Frische  gewidmet  hatte. 

Der  Werth  dieses  Mannes  ist  nur  in  seltenen  Fällen 
nach  Verdienst  gewürdigt  worden.  Man  hat  sich  darin 
gefallen,  alle  Schattenseiten  seiner  im  Ganzen  doch  glän* 


—     Oll     - 

zenden  Verwaltung  nur  ihm  zur  Last  zu  legen,  alle  Vor- 
züge derselben  dagegen  Anderen  beizumessen;  und  selbst 
SolcbC;  die  ihm  vielfach  zu  Danke  verpflichtet  waren 
und  ihn  in  ihren  Briefen  ganz  anders  schätzten  und  zu 
schätzen  Ursache  hatten,  haben  sein  Andenken  nur  wenig 
geachtet  und  ein  falsches  Bild  von  ihm  entworfen  und 
verbreitet.  Dasselbe  in  unverfälschter  Reinheit  so  zur 
Darstellung  zu  bringen;  wie  es  sich  aus  einer  unzähligen 
Menge  von  Briefen,  Erlassen^  Vorträgen,  Entscheidungen 
ergiebt,  war  eine  Pflicht,  die  zu  erfüllen  mit  zu  den  an- 
genehmsten Seiten  der  mir  vorliegenden  Aufgabe  gehörte. 
Ich  habe  nur  wenige  Worte  zur  Vervollständigung  des 
Bildes  hinzuzufügen. 

Herr  von  Luttichau  gehörte  nicht  zu  den  tiefen,  eines 
grossen,  mit  sich  fortreissenden  Aufschwungs  fähigen  Na- 
turen, allein  er  war  ein  Mann  von  einem  klaren,  ruhigen 
Verstand,  frei  von  Vorurtheilen,  rasch  und  fest  im  Ent- 
schluss,  beharrlich,  ohne  doch  eigensinnig  zu  sein,  von 
tiefem  Pflichtgefühl  und  von  wohlwollendem  Geiste.  Zwei 
Oesichtspunkte  waren  für  ihn  die  massgebenden:  der  Glanz 
und  die  Ehre  des  ihm  anvertrauten  Instituts  und  das  In- 
teresse seines  Königlichen  Herrn.  Ein  ihm  innewohnender 
idealer  Zug  trieb  ihn  zu  einer  hohen  Auffassung  der 
ersteren  an,  —  der  Gerechtigkeitssinn  und  das  Wohlwollen 
seiner  Fürsten,  sowie  seiner  eigenen  Natur  aber  bewahrte 
ihn  im  Ganzen,  wenn  auch  nicht  in  jedem  einzelnen 
Falle,  vor  einer  kleinlichen  Behandlung  des  letzteren. 
Es  war  sein  Grundsatz,  dass  das  Interesse  des  Einzelnen 
dem  Interesse  des  Ganzen  nachzustehen  habe,  und  er 
stellte  hierin  an  sich  selber  die  grösston  Forderungen. 
Dem  Gefühle  des  Wohlwollens  und  der  Billigkeit  ver- 
schloss  er  sich  selten  und  niemals  mit  bewusster  AbBioht. 
Selbst  unberechtigte  Forderungen  behandelte  er  mit  Nach- 
sicht, besonders  wenn  sie  von  der  bedeutenden  Leistung 
ausgingen.  Was  aber  hält  sich  nicht  Alles  am  Theater 
für  bedeutend  und  welche  Anmassung  gäbe  es  hier,  dio 


—    612    — 

sich  nicht  für  gerecht  und  billig  erachtete !  Ich  habe  an 
einzelnen  Beispielen  gezeigt  und  hätte  sie  leicht  darch 
noch  viele  andere  yermehren  können,  dass  in  den  Augen 
der  bevorzugten  Darsteller  der  Contract  immer  nur  bindend 
für  die  Direction,  nicht  aber  für  sie  selbst  war.  Man 
suchte  mit  Eifer  einen  langjährigen  oder  lebenslänglichen 
Contractu  um  sich  später  darüber  als  einer  Unmenschlich- 
keit zu  beklagen.  Man  schloss  einen  Contract  auf  eine 
bestimmte  Reihe  von  Jahren  ab  und  trat  doch  schon  hmge 
vorher  mit  neuen  Forderungen  und  Prätensionen  hervor. 
Nicht  selten  hat  man  über  den  zum  Intendanten  be- 
rufenen ehemaligen  „Jagdjunker"  gespöttelt.  Die  Wahrheit 
aber  ist;  dass  er  weit  öfter  ins  Schwarze,  als  Böcke  ge- 
schossen hat.  Es  will  etwas  sagen,  durch  37  Jahre  ein 
dem  Andränge  der  Zeit  und  Vergänglichheit  so  unter- 
worfenes Unternehmen  wie  das  Theater,  welches  ein  so 
fruchtbarer  Boden  für  Chicane  und  Undank  ist,  ich  sage 
nicht  gleichmässig,  aber  doch  immerhin  auf  einer  ähnlichen 
Höhe  zu  erhalten  und  eine  Epoche  des  Glanzes  an  die 
andere  zu  reihen.  Freilich  muss  andererseits  zugestaudeo 
werden,  dass,  so  glänzend  auch  noch  in  der  letzten  Periode 
seiner  Verwaltung  der  Zustand  des  Theaters  dem  flüchtigen 
Auge  erschien,  doch  der  Geist  gegen  früher  ein  gesunkener 
war.  Ein  Ensemble  wie  in  den  30er  und  40er  Jahren 
war  jetzt  besonders  im  Schauspiel  nicht  mehr  vorhanden. 
Lüttichau  hatte  sich  lange  mit  Erfolg  gegen  die  wachsen- 
den Ansprüche  der  einzelnen  Darstdler  gesträubt,  um  zu- 
letzt aber  doch  mehr  und  mehr  nachzugeben.  Es  geschahen 
hier  MissgriflFe,  welche  zu  Ausnahmestellungen  führten,  die 
der  Entwicklung  des  Ganzen  nachtheilig  wurden.  Sie 
entsprangen  aber  keineswegs  immer  aus  Mangel  an  Ein- 
sicht, denn  meist  hatte  Lüttichau  die  üblen  Folgen  der  ge- 
machten Concessionen  vorausgesagt  Allein  seine  Vorliebe 
1  ilr  das  einzelne,  unter  dem  Druck  der  öffentlichen  Meinung 
lUr  unentbehrlich  gehaltene  Talent  hiess  ihn  zuletzt  immer, 
wenn  auch  nicht  vollständig,  doch  allzu  sehr  nachgeben. 


—    613    — 

Man  hat  Herrn  von  Lüttichan  insbesondere  noch  Selbst- 
ständigkeit abgesprochen.  Bald  soll  er  ganz  nnr  unter 
dem  Eünflasse  seiner  Gattin  und  ihres  geistreichen  Kreises, 
bald  unter  dem  der  Matadore  seines  Theaters^  oder  wohl 
gar  unter  dem  des  dienstbeflissenen  und  bescheidenen 
Regisseur  Dittmarsch  gestanden  haben.  Die  Wahrheit 
ist,  dass  derselbe  weder  den  Ehrgeiz,  noch  die  Eitelkeit 
besass,  in  einem  ihm  noch  unbekannten  Fache  überhaupt 
Alles  oder  wohl  gar  Alles  besser  wissen  und  verstehen 
zu  wollen. 

Ich  habe  schon  früher  gesagt,  wie  ich  es  für  eine 
seiner  glücklichsten  Eigenschaften  halte,  auf  welche  der 
Kreis  von  geistvollen  und  bedeutenden  Männern,  die  Frau 
von  LUttichau  in  ihrem  Haus  zu  versammeln  pflegte,  aller- 
dings sehr  vort heilhaft  'eingewirkt  haben  mag,  dass  er 
den  Umgang  und  das  freie  ürtheil  hervorragender  Geister 
nicht  scheute,  sondern  gern  in  sich  aufnahm  und  von 
ihnen  lernte.  Aber  ebenso  weit  entfernt  wie  dies  von  einer 
Schwäche  ist,  war  er  auch  selbst  davon,  seine  Selbstständig- 
keit hierbei  aufzugeben,  vielmehr  war  es  für  ihn  der 
Weg  und  das  Mittel,  auf  einem  ihn  noch  unbekannten  Ge- 
biete heimischer  und  selbstständiger  zu  werden.  Wer  in 
den  Acten  beobachtet  hat,  wie  er  fast  alle  Vorträge  selbst 
mit  raschen,  aber  sicheren  Schriftzügen  entwarf,  wie  er 
last  alle  Briefe  unmittelbar  nach  Empfang  mit  eigener 
Hand  ebenso  beantwortete  und  dabei  oft  wichtige  Ent- 
scheidungen traf,  wie  er  Beschwerden  oft  peinlicher  Art  so- 
fort nach  Empfang  in  meist  treffender  Weise  zur  Ent- 
scheidung brachte,  wer  dies  an  ihm  bis  in  das  letzte  Jahr  sei- 
ner Amtsthätigkeit  bei  noch  fast  gleichmässiger  Frische  und 
Kraft  verfolgt,  der  wird  unmöglich  der  Darstellung  Glauben 
zu  schenken  vermögen,  welche  Gutzkow,  um  seinen  Gegen- 
stand pikanter  zu  machen,  von  ihm  gegeben  hat.  Viel- 
mehr erscheint  Lüttichau  durchaus  als  ein  Mann,  der  je- 
derzeit wusste,  was  er  wollte,  meist,  wenn  auch  nicht  immer, 
im  ersten  raschen  Entschlüsse  das  Richtige  traf,  und  nur 


—    614    — 

erst  später  nach  langen  Yerhandlongen  sich  zu  Couceflsionen 
nnd  hierdurch  zu  Fehlern  verleiten  liess.  Bis  zn  der  Zeit 
von  Dawison  ist  überhaupt  ans  den  Acten  ein  bestimmter 
Einfluss  nicht  nachweisbar.  Und  gerade  noch  bei  diesem 
lässt  sich  darthun;  dass  er  nur  ein  beschränkter  war,  dass 
sich  Lüttichau  seine  Selbstständigkeit  niemals  völlig  ent- 
reissen  liess.  Es  sind  unzweifelhaft  manche  Stücke  gewählt 
worden,  die  Dawison  vorgeschlagen,  wie  dies  früher  auch 
bei  Emil  üevrient  der  Fall  gewesen  sein  wird;  manche 
sind  abgewiesen  worden,  weil  Beide  nicht  darin  spielen 
wollten,  und  ebenso  wurden  auch  Schauspieler,  je  nachdem 
sie  dem  einen  passend  oder  unpassend  waren,  engagirt  oder 
abgewiesen  —  aber  dies  Alles  ging  doch  nur  so  lange,  als 
sie  Lüttichau  zu  überzeugen  vermochten;  wo  dies  der  Fall 
aber  nicht  war,  reichte  ihr  Einfluss  nicht  aus,  und  es  ist 
nachweislich,  dass  manche  der  von  Dawison  empfohlenen 
Darsteller  von  Lüttichau,  sobald  er  nur  zu  einem  andern 
Urtheil  über  dieselben  gelangt  war,  ebenso  rasch  wieder 
aufgegeben  wurden.  Ueberhaupt  wird  man  sich  zu  hüten 
haben,  diesen  Einfluss  zu  überschätzen.  Lüttichau  befolgt- 
schon  aus  eigenem  Antriebe  die  Politik,  den  vorzüg- 
licheren Darstellern  an  seinem  Theater  eine  Conciirren/ 
nicht  zu  schaffen.  Es  war  eine  seiner  fehlerhaften  An- 
sichten, unter  der  das  Ensemble  nicht  wenig  litt,  das< 
es  zweckmässig  sei,  die  dritten,  ja  hier  und  da  sclu»u  die 
zweiten  Fächer  mit  schwachen,  dafür  aber  gefü^ngen 
Kräften  zu  besetzen,  die  sich  mitunter  fast  ebenso  an- 
spruchsvoll zeigten  wie  der  primo  uoiiio. 

Es  war  also  kein  Zufall,  es  war  nicht  bloss  äusserer 
Einfluss,  dass  die  lange  Lüttichau'sche  Verwaltung  des 
Dresdner  Hoftheaters  im  Ganzen  eine  so  glanzvolle  war, 
es  beruhte  vielmehr  zum  grossen  Theil  mit  auf  höchst 
schätzenswerthen  Eigenschaften  dieses  nicht  in  genügender 
Weise  anerkannten  Mannes. 

Aber  andererseits  waren  ihm  auch  die  Verhältnisse 
wieder   günstig.     Er  hatte    noch  die  Wahl  unter  thefls 


—    615    — 

grossen^  theils  ansehnlichen  Talenten.  Der  an  den  Theatern 
herrschende  Geist  war  noch  ein  mehr  auf  das  Interesse 
des  Ganzen  gerichteter.  Die  Ansprüche  der  Künstler 
waren  noch  immer  bescheidnere.  Die  Specnlation  hatt(* 
sich  noch  nicht  des  Theaters  wie  heute  bemächtigt.  Sie 
regte  sich  in  den  40er  Jahren  nur  vereinzelt  in  stärkerem 
MassC;  sie  bildete  zwar  schon  in  den  50er  Jahren  das 
Virtuosenthum  aus.  Völlig  entfesselt  wurde  sie  aber  doch 
erst  nach  Lüttich  au's  Tode. 

Dies  werden  Diejenigen  zu  beachten  haben,  welche 
die  folgende  Periode  zu  schildern  beabsichtigen;  für  die 
mir  das  genügende  Material  noch  nicht  vorliegt. 


Verzeichniss 

der 

vom  L  Okt.  1816  bis  L  Jan.  1862  auf  dem  EönigL  Sachs.  Hofthettter 

zu  Dresden  neu  aufgefahrten  Stücke« 


1.  Tranerspiele. 


der  1.  Auf- 
führung, 


16\10 


17 


18 


19 


3 
1 
1 
3 
4 
5 
6 
8 
9 
6 


2 
9 
8 
14 
20 
14 
22 
17 
19 
18 

r> 

18 


30 


21 
23 


8 

8 

8 
o 

6 

6 

7 

1 
o 


8 
18 
26 
16 
16 
24 
13 

1 

■<|25 
3129 
11   2 
3 
25 


24: 


3 
11 
525 

^510'27 

26\  2  28 

110  31 

27    4  19 


Name  des  ^ 

Verfassers  n.  Bearbeitet».  ^ 


Rabale  uud  Liebe      .     .     . 

Fiesco      

Clavigo 

Heinrich  von  Anjou     .... 
Gordon  und  Montrose      .     .     . 

König  Yngnrd 

Agnes  Bernauerin    .... 

X:  anst     .••...... 

Apel  und  Walpurg       .... 

Die  Abnfrau 

Heinrich  IV.  von  Frankreich  * 

Sapplio 

Don  C  arlos 

Die  Zwillinge 

Die  Heimkehr  * 

Wallenstein's  Tod      .     .     . 

Don  Gutierre 

Die  P^eistatt 

Die  Braut  von  Messina 

Das  Bild 

Hamlet 

Die  Fürsten  Chawansky  .     .     . 
Peter  der  Grosse  und  Alexis  * 

Anna  Boleyn  * 

Die  Flucht  nach  Kenilworth 
Romeo  undJulia.     .     .     . 

Koni g  Lear 

Die  Feinde 

Isidor  und  Olga 

Alexander  und  Darius  *  .     .     . 

Julius  Cäsar 

Othello     ........ 


6  Schiller 10 

5  Schiller 29 

6  Goethe 11 

5  Job.  Bapt.  V.  Zahlhas  .    .   7 

6  Prof.  Reinbeck      .    ...   3 

5'A.  Müllner 6 

5,Törring .1 

5|A.  Klingemann  ....  2 
6|0ehlenschläger      ....   2 

5  Grillparzer 

öjEd.  Gehe 

öj  Grillparzer 

6'Schiller 

ojKlinger 

4'Frhr.  V.  Houwald  .  .  . 
llScbiller    ....... 

6  Caldcron,  flbcrs.  v.  West  . 
5  Frhr.  v.  Houwald  .  .  . 
1  Frhr.  v.  Houwald     .    .    . 

4!öchiller 

5 'Shakespeare,  nach  Schleg«! 
öIe.  Raupach       .     .     ...   2 

5E.  Gehe 2 

4;E.  Gehe 2 

4JJ.  R.  V.  Lenz,  gen.  Kflhiw;  2 
5| Shakespeare,  nach  Schlegel  15 
5 1  Shakespeare,  nach  H.  Vow'  IS 

5  Frhr.  v.  Honwald  ...  1 
3iE.  Raupach 28 

6  vUechtritZjMus.TMarschner   6 

5  Shakespeare,  nach  Schlegel.  13 

6  Shakespeare,  nach  Voss    .  1$ 


9 

12 

60 

1 

6 

51 

10 

15 
2S 
43 


*)  Bis  1.  Januar  1862. 


lathii 


r  Woi 


Coneg^o  und  Michel  Angelo 

Lieba  lun  Liebe 

Üb  bShmUeheu  AniAzoaen  .  . 
Die  ErdflnDnng  vnu  titnolenak 
Da«  Lohen  ein  Traum      .    . 

Der  giiiuc  Mnnn 

Der  Abend  am  Waldbruunen  . 
Der  Kicchhof  von  Sftvelthem  •  . 
Die  AuHsIcner 


olani 

Vetter  Benjnmin  ans  Polan    .    .    .    . 
Agnes  von  der  Lille 

SiniRon 

Die  KcUiBtiiiöriter 

Der  Haustyrann 

Wallenstein'»  Lagor 

Uas   KäthehoD  von  HeH'bToDn 
Ua£  Alpi?urS«leiii,d.  Patent  n.  d.  Shawl 

Die  Zweifleii» 

Die  Familie  Bosenttein 

Die  Betagorung  von  äolotbnm     .    . 

Pctrii»  Appianu» 

Der  Lonchtlhiirm      

Dur  Tngahefehl 

Rettung  für  RettuDg  . 

EÜw  von  Vnlberg 

MeiisuLenhasB  und  Ueac,  n.  bearb.  . 

Dcodata  

Fluch  und  öeguit 

IphiKonia .   . 

Die 


Die  Truhe . 

Johann,  Hersag  von  Fionluid  , 

Das  Feuer  im  Walde 

Die  Waise  aus  Genf 

Frini  Frtedrichvon  Hombu 
Die  beiden  Duennen 

Die  alt«!)  SpielknineradcD  .    .    . 
Die  beiden  G.ileerenskkven   .    . 


i\16  Clementiuc 


O.  K.  Ln 


Namu  des 
Verfassers  u.  Bearbeiters. 


ing. 


Öehlonschlägi 

Aug.  Rnlilauk  .... 

y.  d.   Volde 

Frau  V,  Weiwenthurn 
CHlderon,    Uliera.   v.   C 

FraniBs.  v.  Th.  Hell 

Fr.  Kiud 

Kind 

Fr.  Sohi'Ucr  '.   *.    '. 

H.  Cuno    

WeissenthuiiL  . 

Dr.  UlumenhageD   .    . 

Caatolli 

A.  v.  Koticbiii^        .    . 
Duval  ..... 

Sehiiler 

KUITner 

Kleist,  beerb.T,  Holbein 

Holliein 

A.  MUllncr 

Q.d.Fa.d.  D  u  vol,  V JCniUnde  i 

Weidmann 

Fr.  Kind 

Frhr.  v.  Houwald   .... 

K.  Töpfer 

Beck 

Iffland 

A..  V.  Kotiebue 

A.  V.  Kalcebae    . 

Frbr.  t.  Houwald  .... 

Goethe  .   . 

Goethe  ........ 

,Fr.  Kind   ,    .    .    .   .    .        . 

iFr.  V.  WeisMnntlHiru  .  .  . 
It't.  V.  Heiden 

n,  d.  FrancSs,  v.  Oaalelli . 
I H.  v.K  lei  st,  M  ns.  vHartchoer 
[naeh  Braiier,  v.  Castelli 

Wolir  u.  CM.  V.  Welier 

Frhr.  v.   Honwald   .    , 

n.  d.  FranaÖB.  v.  Th,  Hell, 
Mos.  T.  Sohnbcrt    . 

n.  d.  Fia.  t.  Tk  Hell 


—    618    - 


der  i.  Auf- 
fflhniiig. 


Name  des  £ 

VerfaBsers  u.  Bearbeiters.   ^ 


47 

l» 

27 

4$ 

0 

•26 

8 

22 

10 

8 

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2 

2 

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12 

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0 

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28 

50 

8 

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9 

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52 

1 

1 

5 

1 

11 

17 

1? 

14 

53 

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9 

10 

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54 

9 

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55 

1 

1 

56 

10 

1 

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14 

57 

1 

1 

58 

1 

1 

59 

9 

21 

60 

ii 

10 

12 

1 

61 

1 
10 

31 
24 

I 
iöiijii 

|12|ll 

17  220 
3!  6 
9  16 

111  12 
1120 
11  25 

18  V  5 
1^22 

3  2 

4  13 
«21 


Coriolan 


Herz 


Ein  deutscliCB 

Typhonia 

König  Johann 

Cinq  Mars  * 

Liesli •.     .     .     . 

Oldenbameveldt  ♦ 

Der  Raub  der  Helena      .... 

Der  Erbförster* 

Das  Haus  des  Bameveldt  *      .     . 
Antonius  und  Cleopatra* 

Johanna  I 

Des  Meeres  und  der  Liebe  Wellen 

Adrienne  Ijecouvreur 

Die  Makkabäer 

Philii)p  und  Percz  * 

Judith       ....  .... 

Der  Fechter  von  Ravenna  .     .     . 

■» '  «"•  1 C  IBM.        .        •        .        .        •        •       •        •        • 

Klytcmnestr.i . 

Graf  Essex 

Demetrius  * 

Mazeppa  * 

Die  Eabicr 

lUanca  von  Bourbon  *     .     .     . 

Don  Juan  d'Austria 

Tristan 


6|Shakc8peare,  nach  SeUepel- 

Tieck 11 

G.  Logau 5 

C.  Zwengsohn  ...        .   i 
ähakespeare,  nach  Schlägel    4 

A.  May ? 

K.  Gutzkow 2 

B.  T.  Zahlhas t 

Goethe,  bearb.  t.  Gutikow   3 

Otto  Ludwig "< 

Fr.  Dingelstedt     ,    .    .    .  ^ 
Shakespeare  eing.  t.  Pabst   .1 

Scharfenstein 

Grillparzer 

Nach  Scrihe,  t.  Laube 
jOtto  Ludwig    .     .    . 


•I 


5 

^ 

o 
6 

5 
3 
5 
2 
5 
5 
6 

5  Scharfenstein 1 

5  Grillpaxxer 1 

5  Nach  Scribe.  v.  Laube     .  11 
6 

6  K.  Gutzkow 4 

6 1 Friedrich  Hebbel.     ...   4 

öjFr.  Halm ^ 

ÖjA.  E.  Br.iclivogel      .        .  21 

6E.  Tempeltev t 

ö  H.  Laube     ". W 

5  Nach  Schiller,  v.  G.  Kühde    i 

4R.  Gottschall S 

6G.  Freytag 2 

öiA,  Hirsch ■'» 

5  G.  zu  Putlitz ^ 

4J.  Weilen 2 


3.  Schanspiele. 


Van  Dyk's  Landleben  *  .    .    .    . 
Die  Waise  und  der  Mörder    .    . 

Pflicht  um  Pflicht 

Renata 

Die  Abenteuer  der  Thorenburg. 

Graf  Benjowskv 

Phädra    .    .    ." 

Die  Vorposten 

Das  Taschenbuch 

Das  Nachtlager  in  Granada  *    . 

Das  Erntefest 

Die  Familie  Anglade 

Der  ewige  Jude 


6,Friedr.  Kind U 

3  n.  d.  Französ.  v.  Castdli .  1" 

liA.  Wolf •; 

6 'Fr.  V.  Hcyden 1 

6|A.  Heiter .    1 

ÖiA.  V.  Kotzebue J 


I  r 


n.dJPrz.d. Racine, V.Schiller  IS 

H.  Clauren 2 

A.  V.  Kotzebue 1^ 


Fr.  Kind  .  .  .  . 
Schausp.  Geyer  . 
n.  d.  Französ.  v. 
Über 


Th.  Hell 


m 

1 


—    619    - 


r  1.  Anf- 
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I 

,  I 

;  616 


Name    des    Stücks. 


S 


Name  des  Ja 

Verfassers  u.  Bearbeiters,  i  ^ 


Nathan  der  Weise 

Corrcggio  und  Michel  Angelo    .    .    . 

Liebe  um  Liebe 

Die  böhmischen  Amazonen  •  .  .  . 
Die  Erstürmung  von  ämolensk  .  . 
Das  Leben  ein  Traum     .    .    .    . 

Der  graue  Mann 

Der  Abend  am  Waldbrunnen  .  .  . 
Der  Kirchhof  von  äavelthem  *  .    .    . 

Die  Aussteuer 

Die  Piccolo mini 

Vetter  Benjamin  aus  Polen    .    .    .    . 

Agnes  von  der  Lille 

Marie 

Simson 

C'zar  Iwan 

Die  Selbstmörder 

Der  Ilaustyranu 

Wal  leuHtein's  Lager 

Cervantes  in  Algier 

Das  Käthchcn  von  Heilbronn 
Das  .\lpenröslcin,d.  Patent  u.  d.  Shawl 

Die  Zweiflerin 

Die  Familie  Rosenstein 

Die  Belagerung  von  Solothum     .    . 

Petrus  Appianus 

Der  Leuchtthurm 

Der  Tagsbefehl      

Rettung  für  Rettung 

Elise  von  Valberg 

Menschenhass  und  Reue,  n.  bearb.  . 

Deodata  

Fluch  und  Segen 

Iphigenia       

Die  Geschwister 

Die  Truhe 

Johann,  Herzog  von  Finnland  .    .    . 

Das  Feuer  im  Walde 

Die  Waise  aus  Genf 

Prinz  Friedrich  von  Homburg* 

Die  beiden  Duennen 

Preciosa 

Die  alten  Spielkameraden 

Die  beiden  Galeerensklaven   .    .    .    . 

Clementinc  


5  G.  E.  Lessing 

2  Oehlcnschläger 

iJAug.  Rublack 

fi'v.  d.  Veldc 

4;Frau  v.  Weissenthurn  .    . 
4iCa]lderon,    übers,   v.   Gries 

3  n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell 

l'iFr.  Kind 

llFr.  Kind . 

6|lffland 

6iFr.  Schiller 

oJH.  Cuno 

51  Fr.  V.  Weissenthum  .    .    . 

1;A.  V.  Kotzebue 

5|Dr.  Blumenhageu   .    .    .    . 

2  Castelli 

1 

3 


31 
1 
1 
1 

4 

15 

.1 
o 

1 

6 
14 
6 
1 
3 

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1 

3 

4 
30 

1 
64 

8 

9 

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1 
1 

4 
4 
3 
8 


A.  V.  Kotzebuf 

nach  Duval 

liSchiUer 

öjKüffner 

6lH.  V.  Kleist,  bearb.v.  Hol  bein 

3' Holbein 

1;A.  Müllner 

3.n.d.Fz.d.Duval,v.KurlXnder 

2  Weidmann 

l.Fr.  Kind 

2  Frhr.  v.  Houwald   .    .    . 
2K.  Töpfer 

5  Beck 

6llfnand 

6,A.  V.  Kotzebue '  13 

4|A.  V.  Kotzebue '     2 

2  Frhr.  v.  Houwald   .    .    .    .!  10 

6  Goethe 16 

llGoethe '  81 

l|Fr.  Kind 2 

5!  Fr.  V.  Weissenthum  ...  7 
l'Fr.  V.  Heiden .1     1 

3  n.  d.  Französ.  v.  Castelli .  I  7 
6.  H.V.Kleist,  Mas.vMar8chucr!  31 
llnach  Brazier,  t.  Castelli  .|     6 

4  Wolff  u.  C.  M.  V.  Wober  .,106 
2|Frhr.  v.  Houwald  .  .  .  .j  1 
sin.  d.  Frantös.  v.  Th.  Hell ' 

I     Mus.  V.  Schubert    .    .    .17 


1 


n.  d.  Fr»,  v.  Th.  Hell 


16 


Ali  Baba  ■ 


Fürst  und  Bürger  • 

HeinnRnii  und  Dorothe»     ,    .    .    . 

Der  NachscIilriBsel 

Die  JEteiite  nncli  Amerika     .... 

Dio  beiden  äergesuten 

MiltemacLt  oder  <lle  £iitbOUaiig  . 

Die  Si'tinle  der  Alten 

Die  Advocaten 


Der  Korb 

Der  Halthexer 

Ein  Tag  Kar!'«  V.   ,    .    .    . 

Der  ErbvcTtrae 

Die  Stimme  der  Natur  .  . 
Der  I-Dwe  von  Kurdistan  . 
Torquato  TasBo  .  .  .  . 
Bcliiu 


Haus  Ijauiia 

DroiTageaua  dem  Leben  dnes  Spielers 

Der  Zweikampf 

Die  Königin  von  IS  Jaluen  •  ■ 
Die  Braut  von  Kynaet  .... 
Vulva* 


Adelmn 

Der  Krönungalag  • 

Kin  Tag  vor  Weibnachten.    .    . 
llearu.  Kfinig  von   Ilactriana*  . 
K»nig  Heinrieb  ]V. 
Dei   ■■■ 


illa. 


ScblosB  Greifen Bti-in . 

Der  alte  JutiggeEetle 

Der  Enkel 

Künig  Heinricli  IV.,  11.  Tbl. 

Der  Bettler 

Pfüffer-IMBel 

Das  Blllmeben  Wniiderhold    .    .    , 

Die  BeynliHteD 

Philipp 

Das  Duell-Mandat 

Die  Gebriider  Förster 

Sauer  iat  hUss 

Maxiinilimia  Brantiug     .   .    .    .    . 


8».  d.FT«.T.Th.  Hell, 

I  T.  Uancbner  .... 
8  Prhr.  t.  Honwald  .  ,  . 
in.  Goethe,  ».  C.  Töpfer 
3'n.  d.  Vn.  v.  Vogel  .  . 
llFr.  T.  "Weiaaentborn  .  . 
3  u.  Aubigny,  v.  Th.  Hell 

3  n.  FrWMc  u.  Croni«  . 
S'n.  Cas.  Delavigiie,  t.  Ho* 

ailffland 

a'n.  d.  Fr«.  V.  Th.  Hell  . 
2|P.  M.  Dilg 

5  E.  Gehe 

SCastelli.    ... 

2  Vogel 

iSchrfider 

ö|v,  Frlir.  v_  Anffenberg  . 

6  Goethe I 

öEd.  v.  Schenk ' 

4  Dc'inhardstcin | 

3  n.  d.  Fn.  V.  Th.  Hell      . 

5  n.  d.  Engl.  v.  Kotlindct . 
2  n.  d.  Fr»,  v.  Th.  Hell  . 

i  Klingeniann 

5  n.  d.  Fra.  t.  Th.  Hell,  Mm-! 

V.  Rcieaiger J 

fi  n.  d.  Engl.  r.   \'ogel .   .    I 

6A.  Heiter ! 

2U.  Töpfer I 

SA,   Heiler 

6  Shakespeare,  u.  bchlegel - 
6  n.  Lopc,  V.  Zedlitx.    . 
6]Ch.  Bircli-Pfeiffer    .    . 
b'.u.  Cooper 

ijn.  d.  Frz.  v.  Th.  Hell  . 
6  ShakcBpcAre.  n.  Sehlegfl 

i'e.  Ranpach 

BCh.  Bireb-Pfeiffer    .   . 

ttpindlcr,  v.  Li«mberl    - 

i  E.  Raupach 

-       d.  Fn.  V.  Th.  HeU   .   . 


d.  Engl.  V,  C,  Töpfer  .  Ü 
DeiuhArdsli'iuJkl.r  BwDtlli    i 


—    621    — 


§  SP 


1.  Anf-I 


Name    des    Stücks. 


1|  7 
3:23 
4|11 
4  27 
5161 


19 
13 


6 

9 

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2    1 

211 

8  31 
10  30 
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12  18 

131 
4  31 
421 

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619 

831 

10|   1 

10131 

12,29 

2  4 
223 

3  14 

9  13 
9  19 

10  6 
10  22 

10  29 
1    1 

I  1  22 

8  2 

3  27 

4  6 

9  7 
930 

11  li> 
1  1 
121 

1 


Malwine 

Das  Mährcheu  im  Traum 

Herr  und  Sklave 

Der  Erde  reinstes  Glück.  Festspiel.  * 
Das  Irrenhaus  von  Dijon 


Leonore 

Haos  Luft 

Das  gi*aue  Männlein 

Die  Macht  des  Blutes 

Des  Goldschmieds  Töchterlein    . 
Die  Familie  Rickeburg  .    .    .    . 

Die  Puritanerinnen 

Die  Liebe  auf  der  Alm   .    .    .    . 

Der  Bandit 

Crom  well  Protector 

Der  Hirsch 

Der  Schuldbrief 

Caravaggto 

Der  Traum  ein  Leben     .    .    .    . 

Die  Fürstenbraut 

Joko,  der  brasil.  Affe 

Der  alte  Student 

Die  Vorleserin 

Sie  ist  wahnsinnig 

Johannes  Guttenberg 

Die  Tochter  des  Geizigen  .    .    . 

Gunst  und  Liebe 

Der  Landwirth  * 

Folgen  einer  Misshcirath    .    .    . 

Der  Keisewagen 

Lanrctte 

Hans  Jürge 

Das  Gastmahl  zu  Rudolstadt  *. 
Shakespeare  in  der  Heimath  .    . 

Markgraf  Friedrich  ♦ 

Der  Landwirth 

Marie  oder  ZeitrSume 

Die  Schule  des  Lebens  .... 
Die  Tochter  CromwelFs  .... 


Vetter  Heinrich 

Rubens  in  Madrid    .    .    .    , 

Kean 

Mariana 

Lorbeerbaum  u.  Bettelstab 


S 
o 

< 


Name  des 
Verfassers  ii.  Bearbeiters. 


2jn.  Scribe,  v.  Hell 

3  E.Raupach,  Mus.  y.  Rastrelli 

2  Zedlitz 

2|Th.  Hell,  Mus.  v.  Reissiger 

3  n.  d.  Frz.  v.  Meyer,  Mus.  v. 

Baldenecker  .... 
3  Holtei,  Mus.  v.  Eberwein 
3  n.  d.  Frz.  v.  C.  Lebrun 
Ed.  Devrient,  Ms.  V.  Taubert 


I 


3  Moreto,  übers,  v.  Jeiteles  . 

2  C.  Blum 

Ijn.  Scribe,  v.  Castelli.    .    . 
2  n.  d.  Frz.  v.  Lebrun .    .    . 

3|a.  Schmidt 

2!n.  d.  Engl.  y.  Both    . 
6lEd.  Raupach    .... 

2C.  Blum 

liFrhr.  v.  Houwald  .    . 
3'n.  d.  Frz.  t.  Th.  Hell 

4  Grillparzer 2 

5  Prinz.  Amalia  t.  Sachsen.)  6 
3jn.  Gabriel,  v.  Eisner ...     2 

2!v.  Maltitz ;  26 

2in.  Bayard,  v.  W.  Koch.  .<  16 
2jn.  Melesville,  v.  Th.  Hell.  17 
6jCh  Birch-Pfeiffer  ....  j  19 
2'n.  Bayard,  v.  Th.  Hell.    .<    6 


5 
o 

10 

1 


5 

6 

3 

1 

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2 
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1 


5 
4 
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1 
1 
1 
4 
8 
4 
3 
5 


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5 
6 
6 

4 


Ch.  Birch-Pfeiffer    .    .    .    .;    9 
Prinz.  Amalia  v.  Sachsen.- 33 


2 
17 

8 
16 

8 


n.  Ancelot,  v.  Castelli  . 
n.  Melesville,  v.  Th.  Hell 
n.  d.  Frz.  v.  Th.  Hell  . 

V.  Holtei 

E.  Gehe    

V.  Holtei ;    2 

M.  Döring,  Mus.  v.  Anacker  >    2 
Prinz.  Amalia  v.   Sachsen.* 
n.  d.  Frz.  v.  Th.  Hell   .    .     8 

E.  Raupadi 19 

n.   Rochemont,    von    Alex. 

Cosmar .4 

6 
Ch.  Birch-Pfeiffer  ....  31 
n.  d.  Fr«,  v.  Wollheim .  .  5 
n.  Sheridan,  v.  Treitschke  |  1 
v.  Holtei 9 


—    622    — 


1 


9i 


derl.  Auf- 
fflhmng. 


Name    des    Stücks. 


S 


98 


o 


39 


40 


3 
3 

5 
9 

10 
11 
12 
12 
12 
1 
2 


5 
31 
30 
29 
15 
10 

1 
18 
27 

1 

9 


4!27 


41 


42 


43 


4 

12'  7 

12  14 

12'20 

2    3 

2  15 

»!  2 

8  14 
8-23 
9,  3 

9  28 
lOJ  6 

1I3O 
817 
9  29 
1016 
11  2 
1  1 
1,27 
2120 

7  21 

10  22 

11  19 

12  18 
1  27 
5  25 

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'  8  30 
llO  2 
'10  -21 

10 -28 
11;   ( 


Der  Pflegevater , 

Corona  von  Saluzzo    .    . 

Andrea 

Verimingen 

Der  Maler 

Ein  Duell  unter  Richelieu 
Vater  und  Vormund    .    . 
Luise  von  Lignerolles .    .    , 

Zurücksetzung 

Die  Geschwister  .... 
Wilhelm  Kollmann  ... 
Des  Stranders  Tochter    . 


Der 
Der 
Der 
Der 


Pflicht  und  Liebe 

Geliebte  und  Braut 

Noch  ist  es  Zeit 

Der  Dorfarzt 

beste  Arzt 

Fabrikant 

Staatsminister 

Fremde 

Sclieiben-Toni 

Die  Sklaven 

Werner  oder  Herz  und  Welt . 
Schwärmerei  nach  der  Mode  , 

Marie 

Jarvis 

Heimkehr  des  Sohnes  .... 

Ideal  und  Leben 

Elisabeth 

Der  Sohn  der  Wellen  .... 

Bruder  Kain 

Muttersegen 

Der  Sohn  der  Wildniss  .  .  . 
Die  Tante  in  Corsica  .... 
Die  Krone  von  Cj'pern    .    .    . 

Ein  weisses  Blatt 

Der  Siegelring 

Nacht  und  Morgen 

Canioens 

Ein  Gelieimniss 

Der  Königslieutonant   .    .    .    . 

Ein  Brief 

Treue  Liebe 

Vater  Hiob 

Shakespeare 


Name  des  \x 

Verfassers  u.  Bearbeiten.  >  ^ 

j^ 


1 

10 
9 

*• 

2 

S 
5 


4  8 

5  E.  Raupach 4 

4  Dr.  A.  E.  Wollheim  .   .  . 

6  Ed.  Devrient 

8  n.  Scribe,  y.  A.  Herrmann 
3n.  Lafroy,  t.  Grohmann  . 

3  n.  Souvestre,  Y.  A.  Herrmann 
6n.  LegouvÄ,  v.  Th.  HeU 

4  0.  Töpfer 1$ 

3  E.  Raupach 18 

4  1 
5'n.    Sheridan    Knowles,   v. 

Treitachke 3 

2  Prinz.  Amalia  y.  Sachsen.    S 

2  n.  Souvestre,  y.  Schuater.*  1 

3A.  P 8 

2in.  Melesville 2 

4!Fr.  Fels 5 

3;n.  Souvestre, V. Ed. Devrient  11 

5  n.  Bulwer,  v.  Dr.  Bärmann ,  3 
5  Fr.  V.  Weissenthum  ...  5 
5Ch.  Birch-Pfeiffer    ....    9 

3  n.  Foucher,  v.  A.  Herrmann  1 
5  C.  Gutzkow 19 

4  C.  Blum 3 

4A.  P 2 

2  Lafont 6 

I Prinz.  Amalia  v.  Sachsen.    1 

5  E.  Raupach 2 

6JCh.  Birch-Pfeiffer   ....    3 

5!Dr.  Bärmann 5 

4'H.  Schmidt 2 

6  n.  d.  Frz.  v.  Friedrich  .      17 

5|Halm 17 

3'  1 

.5|Ed.  V.  Schenk .'2 

5;K.  Gutzkow 9 

4  Prinz.  Amalia  v.  Sachsen .    3 

5  Ch,  Birch-Pfeiffer    ....  14 

1  Fr.  Halm 1 

3ii.  d.  Frz.  v.  Kettel    ...    3 

5  K.  Gutzkow IT 

5|Ch.  Birch-Pfeiffer  ....  8 
5  Ed.  Devrient    .......  13 

2  n.  d.  Französ.  v.  Bamstein     1 

3  Braunthal 2 


—    623    — 


-l.Aaf- 


Name    des    Stücks. 


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1 

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5    1 
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9:28 

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1  27 
2.26 

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12    8 

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2  2o 
i  3  12 

t 


Mutter  und  äohn 

Fräulein  v.  Belle-Isle  .    .    . 

Estella 

Christoph  und  Renata.    .    . 

Thomas  Thymau 

Die  Marquise  v.  Vilette  .    . 

Ein  Soldatenherz 

Der  Brief  aus  der  Schweiz 
Der  dreizehnte  November  . 
Die  Dame  von  St.  Tropez  . 

Der  alte  Magister 

Graf  Waltron 

Don  Cäsar  von  Iran  .  .  . 
Ein  deutscher  Krieger.  .  . 
Ahasvcr 


Ein  Weib  aus  dem  Volke  .    .    . 
Der  Meister  und  seine  Qesellen 

Anna  von  Oesterreich 

Die  Karlsschttler 

Eine  Familie 

Köuiii:  Ren^'s  Tochter 

Hausmütterchen 

(Jeorg  Washington* 

Der  Hankerottirer 

Donna  Maria  de  Molina.    .    .    . 

Ein  Hillet 

Das  Versprechen 

Wullenwel)er* 

Dorf  und  Stadt 

Ottfeld's  Erben* 

Die  Valentine 

Luiz  de  Sousa  ........ 

Der  l*farrherr 

Christoph  Columbus 

Land^rraf  Friedrich* 

Die  Macht  der  Vorurtheile    .    . 

Raphael  Sanzio 

Der  Kf^nigpHeutenant*    .... 

Dcborah  

Im  Walde 

(iraf  Waldemar 

Adriciine 

Mazarin 

Der  Kaufmann 

Der  («enius  und  die  Gesellschaft 


< 


Name  des 
Verfasserg  lu  Bearbeiters. 


5 
6 
1 
2 
5 
5 
4 
o 
3 
5 
3 
4 
5 
3 
5 

5 
6 

6 


Ch.  Birch-Pfeiffer  .  .  .  . 
n.  Dumas,  v.  Holbein    .    . 

n.  Scribe 

n.  Auvrey,  v.  C.  Blum  .  . 
Ch.  Birch-Pfeiffer  .  .  .  . 
Ch.  Birch-Pfeiffer  .  .  .  . 
n.  d.  Frz.  v.  F.  Heine  .  . 
Prinz.  Amalia  v.  Sachsen. 

K.   Gutzkow 

n.  Bourgeois  u.  Denery    . 

R.  Benedix 

Ch.  Birch-Pfeiffer  .  .  .  . 
n.  Dumanoir,  v.  Friedrich 

Bauemfeld 

n.  d.  Frz,   v.    C.    Schmidt, 

Mus.  V.  W.  Fischer    .    . 

n.  Dcnnery  u.  Mellian  .    . 

Heyne 

Ch.  Birch-Pfeiffer   .    .    .    . 


20 

1 

8 

21 

13 

23 

2 

7 

4 

12 

21 

1 

S 

10 

2 

10 

2 

8 


I 


5  H.  Laube 17 

fiCh.  Birch-Pfeiffer    ....     8 
1  n.  Henrik  Herz,  v.  Leo    .18 

1  n.  d.  Frz.  v.  F.  Heine  .    .     9 
6J.  Dornau j    3 

2  Aug.  Haakc 3 

5,F.  Halm 1 

5  Ch.  Birch-Pfeiffer    ....     8 

11  Bauernfeld        3 

51k.  Gutzkow 3 

5Ch.  Birch-Pfeiffer    ....  39 
5  Prinz.  Amalia  v.  Sachsen  .     2 

6G.  Freitag 20 

3'd'AlmeIda-Garrett    ....     2 
5Ch.  Birch-Pfeirter    ....   12 

3  Werder 3 

5  Alex.  Rost 2 

4  Elis.  Sangalli 2 

5A.  V.  Wollheini 3 

5K.  Gutzkow 17 

4iS.  Mosenthal 22 

4  Ch.  Birch.I*feiffer    ....     6 
oG.  Freitag 5 

5  0.  PriH-htler '2 

4  CiL  Birch-Pfeiffer   ....     8 
T)  R.  Beneuix *    5 

6  KlUe  Schmidt II 


Hölaerlin's  Liobe' 

Die  BuSB  -v,  Avignon  .  .  ,  . 
Ein  deutacliöB  Dichteriebon  , 
Bojttizo  und  seine  Familie 

i  Cymbelino» 

Das  Forsibnug 

a  ist  Bcbuldijf 

0  Kill  Ring 

■  ■"■    la  von  Minnandfl  .    .    .    , 
9  Hie  AdaptiTSchwastBi   .    .    .    , 

f'aolo  Bocca 

Nälikflthcheu* 

Kill  nltor  Musikant 

4  Bullivftn 

Wie  man  HSusor  baut    .    .    . 

1  Domen  und  I.urbcer     .    .   .    . 
3  i'rau 

]   Die  Tocli 

Mathilda 

Küse  und  RKaclicn    .    . 

Die  Waise  aus  Lowood 
1  Znr  und  Bürger  *     .    . 

Der  Sonnwondliof .    .    . 

Der  Spiel woarenhSndlor 

Die  alte  Jungfer   .    .    , 


Ella  Rose» 

1  Brüder* 

Anton  und  Cordelia*   .    ,    .    . 

e  Lady  von  Womley  Hall  . 
Uelior"»  Meer. 


cfangcDca  . 


Nur 


3celo» 


e  Grille   . 

Die  OatemscUt  * 

1  Der  Copist 

1   Hemricli  von  Schwerin 

i  BaaTGBtainünt dcn^oasonKurfUreten 
1  Uahomed  und  Irene* 

Heinrich  der  Löwe       

5  Ifflanrl 

Pliilippine  Welse 


Name  du 
Verfassers  u. 


l  Feodor  Welil 

tCh.  ffirch'Pfeiffer  .... 

b  S.  Moacnthal 

6  n.  d.  Fr«.  ».  Man- .... 
6  bhakeapoare,  oing,  t.  BÜrck 
■ICh.   Birch-Pfeiffer    .... 

1.  Maresu  n.  DelcMW   . 
aCh.   Birebrteiffer   .... 

5  n.  Emil  Jlogier 

'   I.  ä.  Fra.  v.  Heiner 

).   Prechtler 

3Th,  Apel I 

1  Ch.  Birah-PfeilTer   ....:■ 

,.  MelMville 

ijCli.  Bifcli-Pfeifier   ...,'■ 

2n.  C.  Leforl ' 

iV  Waldherr J 

'  L,  d.  Fn - 

4|B,  Bencdii 1; 

3Ch.  Birch-Pfeiffer   .   .   ,  .  li 
*!ch.  Birch-PfeiffeT    ..--'.< 

5W.   Wolfsobn '  ' 

&d.  Hosenthal < 

I,  d.  Fri.  V.  Krllch  .   .  .    ■ 
4K.   Beliedil ■    '. 

4|BaueTnfo!d 

5E.  Griepcnkerl 

ö  n.  d.   FranilSa.  d.  Girardin, 

30,  ru  PiltlitB  ...... 

6,K.  Guttkow 

&!J.  Hammer 

5A.  SchlOnhach ' 

5Ch,  Biroh-Pfiiiffer    .... 

IG.  an  PntliU 

6W.  Wolfsohn i 

öCh.  Birch-Pfeiffer    .   .   .   ■  ! 

ölw.  Wolfaohn 

l!n.  Meilhae,  v.  Hiltl  .   .   . 

O.G.  T.  Meytm 

öG.  IQ  Putlita 1 

fiJA.  Schnetger 

fi  tt  HerBok 1 

SiFrani  Niisel     ..... 


I  60.  V 


Redwita '3 


—    625    - 


Tl.  Auf. 
Uirnnor. 


5|10     1 
1011 

1217 
326 
6  31 
6    9 

8  24 
8  26 
826 

l!   1 


Name    des    Stflcka 


Name  des 
Verfassers  n.  Bearbeiters. 


4 


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5  26 

7:  4 
10  1 
11.30 


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10  24 

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7  18 

7  16 

7  29 

7  31 

8  24 

10    2| 

11 

15^ 

Heinrich  IV.  (Beide  Theile)  .  .  .  . 
Der  Leiermann  und  sein  Pflegekind 
Die  Tonkunst  und  deutsche  Meister* 

Elisabeth  Charlotte 

Freund  Grandet 

Ein  Kind  des  Glücks 

Mit  der  Feder 

Die  Stiefmutter 

Theodor  Körner 

Die  Herrmannsschlacht  .    .    . 


Ein  WintermShrchen    .    .    . 

Der  Goldbauer 

Kuss  und  Gelübde* 

Der  Zunftmeister  von  Nürnberg 
Das  erste  weisse  Haar* .    .    .    . 


I 


5  n.  Shakespeare,  v.  Laube  . 
4Ch.  Birch-Pfeiffer   .    .    .    . 

1  Dr.  Jnl.  Pabst 

5  Paul  Heyse 

3  M.  V.  W 

5  Ch.  Birch-Pfeiflfer   .    .    .    . 

1  S.  Schlesinger 

3R.  Benedix 

1|H.  Dreher 

5  H.  V.  Kleist,  bearb.  v.  Feod. 

Wehl 

4  Shakespeare 

4Ch.  Birch-Pfeiflfer    .    .    .    . 

5  G.  Kühne 

5:0.  V.  Redwitz 

1  n.  Oot.  Feuillet,  v.R.  Wald- 
müller (E.  Duboc)  .    .    . 


3.    Lustspiele  und  Possen. 


Der  Vielwisser 

Der  Verschwiegene  wider  Willen. 
Der  Schneider  und  sein  Sohn    .    . 

Die  beiden  Klingsberge 

Welcher  ist  der  Bräutigam    .    .    . 
Der  Jurist  und  der  Bauer  .... 

Das*  LiebcspÄrchen 

Der  Diener  zweier  Herren .... 

Consequent     

Das  Gut  Sternberg 

Der  Blitz 

Er  mengt  sich  in  Alles 

Der  Geizige 

Das  Mädchen   aus  der  (Vemde.    . 
Die  kluge  Frau  im  Walde    .    .    . 

Peter  und  Paul 

Der  erste  April 

Standesproben 

Die  Onkelei 

Shakespeare  als  Liebhaber.    .    .    . 

Das  Wachscabinet 

Der  verbannte  Amor 

Donna  Diana    

Der  Weinberg   an  der  F21be*.    .    . 


6  Kotzebue 

llKotzebue 

ö'n,  Morton,  v.  Schröder 

4  Kotzebue 

4  Frau  v.  Weissenthum 
2  Kautenstraueh  .... 

2  Fr.  (Jeorgi 

2Goldoni 

4, Fr.  (ieorgi 

4Trau  V.  Weissenthum 
Va.  Müllner 


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5, Jünger 

6  Meliere 

2.E.  Willig 

5  Kotzebue 

3Castelli 

1  E.  Lebrun 

3  Babo 

1  A.  Müllner 

1  n.  Duval,  v.  Kurländer. 
2KlJihr 

I  Kotzebue 

ö  n.  Moreto,   v.  C.  A.  West. 

II  Fr.  Kind,  Musik  ▼.  Weber 


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U.  A.  w.  g.  oder  die  Einladungskarte 

Trau,  schau,  iveml 

Das  wilde  Heer 

Der  Citherschläger  und  dasGaugericht 

Der  Freimaurer 

Die  drei  Wahrzeichen 

Die  Brüder  Philibert 

Der  Schiffscapitän 


Der  Hund  des  Aubri 

Der  Schatz 

Die  Drillinge 

Der  Doppelpapa 

Die  vier  Jahreszeiten 

Der  Bettelstudent 

Die  Abenteuer  im  Gasthofe  .   . 

Der  Verräther 

Der  unterbrochene  Schwätzer    . 

Der  Rasttag 

Die  Flitterwochen 

Das  Landleben 

Die  Charade 

Die  armen  Maler 

Die  Laune  des  Verliebten. 

Das  Vogelschicssen 

Der  Liebe  Zauberkünste.    .    .    . 

Die  Entführung 

Der  Mann  im  Feuer 

f^nlly   und  Quiuault 

Der  Hausdoctor 

Die  vier  Temperamente  .  .  ,  . 
Vierzehn  Tage  nach  Sicht .  .  . 
Ein  Besuch  im  Narrenliause.  . 
Das  Loch  in  der  Thüre  .    .    .    . 


Carolus  Magnus  .  .  .  . 
Die  eifersüchtige  Frau  . 
Verlegenheit  und  Li.st 
Die  seltsame  Wette.  .  . 
Die  Gunst  der  Kleinen  . 
Das  letzte  Mittel  ,  . 
Capitän  Belronde  .... 
Die  seltsame  Entfilhrung 
Beruf  zur  Kunst   .... 

Das  war  ich 

Die  beiden  Gutsherren    . 


Name  des  a 

Verfassers  u.  Bearbeiten,    s 

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A.  V.  Kotzebue 
K.  Schall  .    .    . 


1 

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2A.  V.  Kotzebue 

1  A.  V.  Kotzebue 

6  Fr.  V.  Holbein 

3n.  Picard,  y.  C.  Blume.  .| 
1  n.  Th^aulon,  v.  Frhr.  ▼.Bie- 

denfeldt 

IP.  A.  Wolff 

1  Contessa 

4  Bonin 

3G.  Hagemann 

2.Charron 


Kurländer, 


Fr.  llolbcin  . 
Ij  Contessa  .  . 
1  n.  d  Franzis, 
li  Schilling  .  . 
3  Steigcntesch . 
2|Kurländer.  . 
1  Karl  Jent6  . 
1  Goethe  .  .  . 
5  H.  Clauren  . 
31  Vogel.  .  .  . 
3  Jünger  .  .  . 
3'L.  Schmidt  . 
l'Castclli.  .  . 
3  Ziegler  .  .  . 
3:Zieglcr  .  .  . 
1  'Ziegler 
1 
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V. 


CastelU. 


n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell 
Stephanie  d.  j.,    bearb.  v. 

C.  Jents 

A.  V.  Kotzebue 


2  n.d.Engl.  v.  A.v.  Kotzebne 
n.  d  Franz.  v.  A.  v.Kotzebue 


1  n.  d.  Franz«» 

1  n.  d.  Franz««,  v.  J.  v.  Pl'»ti 
4jFrau  v.  Weissenthum  .   . 

5;A.  v.  Kotzebue 

1  Kurländer 

llTh.  HeU 

l|H.  Huth 

5  Jul.  V.  Voss 


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Verfassers  u.  Bearbeiters. 


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Poinniersebc  Intriguen 

Der  Kaufmann  von  Venedig    . 

Der  Hetblehemitische  Kindermord 
Da«  öiTentliche  Geheimniss    .    .    .    . 

Nein! 

Der  Edueationsrath 

Ich  bin  mein  Bmder! 

Das  Posthaiis  in  Treuenbrietzen  .    . 

Es  ppnkt    

Der  Nao'itwächter 

Der  Wihlfang 

Der  Oberst 

Der  SecrctJir  uod  der  Koch  .    .    .    . 
Lehrer,  »Schüler  und  Corrector  .    .    . 

Des  Herzogs   Befehl 

Der  Ih'irgermeister  von  Sciardam  .    . 

Die  Reise  zur  Hochzeit 

Der  Zinngiesscr 

Die  Bnlder 

Die  Taleutprobc 

Proherollen 

Der  Alte  mujs! 

Wohlfeil  leben 

Die  beiden  Hillets 

Nr.  777 

DtT  bucklige  Liebhaber 

Dif  Heise  na<'h   Dieppe 

Der  Wuuderwhrank 

Der  Weibertauseh 

Die  Pilgerin 

Cervantes  Porträt 

Der  Uuschu'ldige  muss  viel  leiden    . 
Der  Bräutigam  aus  Me.\ieo    .    .    .    . 

Die  heimlich   Vermählten 

Sympathie 

Ich  irre  mich  nie! 

Die  bucliMtäbliehe  Auslegung  d.Gesetse 


2 

51 
2 


Junggeselle  und  Kiiemann 

Marie  und  Marlise 

Der  Hofmeister  in  tausend  Aengsten  . 

Der  Empfehlungsbrief 

Der  Wollniarkt 

Die   Engländerin 


3  C.  Lebrun 

5  Shakespeare,  übersetzt  von 
Schlegel 

2  Schauspieler  Geyer.    .    .    . 

3  n.  Calderon  u.  Gozzi,  von 

Lembcrt 

1  Frhr.  v.  Mßser '    7 

1  A.  V.  Kotzebue 5 

l.Contessa i  11 

IjA.  V.  Kotzebne "3 

2  Frau  v.  Weissenthum    .    .   10 

2  Th.  Kömer i  14 

3  A.  V.  Kotzebue 6 

1  n.  d.  Französ.  v.  Walldorf  !  12 
1  n.  d.  Französ.  v.  Scribe  .1  11 
1  n.  d.  Französ 3 

4  C.  Töpfer 19 

3,G.  Römer 7 

31  n.  d.  Französ.  v.  Lembert  ßO 
2'n.  Holberg,  v.  Treitschke.     7 

5  n.  Tercnz 3 

llGubitz 1 

1 :  Breitenstein '2 

2C.  L.  Costenoble 3 

5  n.  Schröder,  v.  Costenoble      2 

1  Ant.  Wall     .        9 

1  C.  Lebnin 65 

1  n.  d.  Französ.  v.  Castelli .  •    1 

8  n.  d.  Französ 12 

4  Holbein 3 

1  n.  d.  Französ.  ▼.  Castelli .     2 

4  Frau  v.  Weissenthum  .  ,  4 
3  3 
3  n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell    18 

5  H.  Clauren 13 

IjU.  Baron,  v.  W.  Vogel  .    .     1 

2jC.  Lebmn 1 

2|n.  d.  Französ.  ▼.  C.  Lebrun    20 

3  n.  Vafflard  u.  Fnlg^me,  v. 

I     W.  D 8 

1  v.  Brainel 1 

4  I  1 
i;n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell  61 

4iCarl  Töpfer 2 

4  H.  Clauren '6 

1  Frau  V.  Weis-senthum    .    .'    2 


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31 


Der  Herr  Gevatter 

Die  Schule  der  Eheschenen    .   .    .    . 

Der  Traum 

£iu  Hans  zu  verkaufen 

Der  Prinz  und  der  Kammerpäohter . 

Die  lachenden  Erben 

Der  Kuss  nach  Sicht 

Der  wahrhafte  Lügner 


Die  beiden  Figaro , 

Flinte  und  Pinsel , 

Die  eheliche  Probe 

Der  Parasit , 

Die  Steckenpferde , 

Sechzehn  Jahr  und  schon  so  alt! 

Die  beiden  Briten 

Die  Unzertrennlichen , 

Ahnenstolz  in  der  Kirche   .    .    .    , 


Schein  und  Sein 

Die  Dame  Kobold* 

Krziehung  macht  den  Menschen 

Zwei  sind  fünf 

Komm'  her! 

Pferde  und  Wagen       

Die  falschen  Vertraulichkeiten  . 

Erste  Liebe 

Zu  zahm  und  zu  wild 

Der  letzte  Tag  der  Herrlichkeit 
Die  Komödie  aus  dem  Stegreif. 
Liebeszunder 


Das  ändert  die  Sache  .  .  . 
Flatt ersinn  und  Liebe  .    .    . 

Die   Erbschaft 

Röschens  Aussteuer  .... 

Kunst  und  Natur 

Er  weiss  Alles 

Ein  Mann  hilft  dem  andern 
Lasst  die  Todten  ruhen .    . 

Die  MMntel 

Dichter  und  Schauspieler  . 
Schlafrock  und  Uniform.  . 
Die  Flitterwochen  .... 
Die  Benefizvorstellung.  ,  . 
Das  Manuscript 


1  n.  d.  FranxOs.  v.  Th.  Hell 

3 
Frau  V.  Weissenthnm  .   . 
n.d.Fr.v.Fr.v.Weißflenthum 
A.  Steinan 


1 
1 
3 
1 
1 
1 

5 
1 

1 
5 
6 

1 


n.  d.  FranzQs.  v.  Th.  Hell 
n.  Seribe  n.  Melesrille,  von 

T'  umb 

n.  Jünger 

n.  d.  Fransös.  ▼.  Th.  Hell 

Dalberg 

n.  d.  FranzOfl.  v.  ScMller. 

P.  A.  Wolf ' 

n.  d.  FransöB.  v.  Th,  Hell 

3'n.  d.  Französ.  v.  C.  Blum 

lln.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell 
n.  Seribe  u.  Maz^res ,  von 
Lampert 

öjC.  Töpfer 

5  Calderon,  übers,  v.  (»rie* 

5 

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Ayrenhof 

n.  d.  Französ. 


3 
1 

4 


n.  d.  Französ.  v.  Th,  Hell 

n.  Miravaux 

n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell 
A.  Albini 


1  J.  F.  Jünger 

l!n.  Seribe  u.  Delavigne,  von 

Castelli 

1. 

4'n.  d.  Französ.  v.  Kurlünder 

llKotzebue 

S'n.d.  Franz.v.Fr.Elmenreich 

4|A.  Albini 

4  In.  Picard,  v.  Dr.  Birch.   . 
l'Fran  v.  Weissenthum  .   . 


3 

2 

3 

1 
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1 
5 


E.  Raupach 

n.  Seribe,  v.  Blun»  .    .    .   . 

Lembert 

n.  d.  Französ.  v.  L.  Augtly 
n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell 
n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell 
Frau  V.  Weissenthum   .   . 


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:  Verfassers  ii.  Bear])eiter8. 

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Die  Veniunftlieirath 

Der  Manu  von  fUnfsig  Jahren 
Der  Diplomat 


Mirandolina 

Der  zerbrochene  Krug  . 
Glück  durch  Unglück .... 
Der  K<1nig  von  gestern  .  .  . 
Man  k<inn  sich  irren  .... 
Nelimt  ein  Kxenipel  daran  .    . 

Die  Öchloichh.Hndier 

Das  Quartettchen  im  Hause  . 

Spiele  des  Zufalls 

Der  geraubte  Kuss 

Der  beste  Ton 

Das  Haus  am  Walle  .... 
Der  versiegelte  J^ürgcrmeister 
Familienleben  Heinrich  IV.  . 
Die  Zeichen  der  Khe  .... 
Humoristische  Studien  .  .  . 
Die  feindlichen  Brüder  .  .  . 
Die  seltsame  Audienz  .... 

Albrecht  Dürer 

Aurelia 

Der  Hochzeitstag 

Der  Stiefvater 

Viel  Lärmen  um  Nichts* 
Zwei  Jahr  verheirathet    .    .    . 

Offne  Fehde 

Schüchtern  und  dreist.    .    .    . 

Die  Kitersüchtigen 

Kuss  und  <^hrfeige 

VyS*  I      A^  JA«        •  •       •       •       •       ■       •       • 

Der  aufrichtige  Freund   .    .    . 

Männerfreundschaft 

Die  Helden 

Die  l'cberbildeten 

Der  schelmische  Freier    .    .    . 

Der  Zeitgeist 

Kin  Stündchen  incog^ito     .    . 

Die  junge  Pathe 

(;iück  und  Ungrlück  .  .  .  . 
Des  Malers  Meisterstück     .    . 

Der  Khestifter 

Freien  nach  Vorschrift  .  .  . 
Die  Damen  unter  sich     .    .    . 


2  n.  d.  Franzfts.  v.  Th.  Hell  4 

2  P.  A.  Wolf '4 

2  n.  Scribe  u.  Delavigne,  v. 

Th.  Hell 12 

3  n.  (ioldoni,  v.  C.  Blum.    ,  35 

1  H.  v    Kleist 12 

1  Schildbach 1 

1  St.  Schütze 1 

1  Steigentesch 3 

1  C.  Töpfer 38 

4  E.  Raupach 54 

1  C.  W.  Contessa  .....  6 
3  n.  Jünger,  v.  Lebrun     ..11 

liE.  Raupach 3 

4 


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2 

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C.  Töpfer 32 

n.  Melesville,  v.  Th.  Hell.     3 

K.  Raupach 4 

u.  d.  Franzis 10 

Steigentesch 2 

C.  Lebrun 27 

F:.  Raupach 13 

F.  K.  Lippert 2 

Ed.  v.  Schenk      3 

n.  Delavigne,  v.  Castelli   .     8 
F.  A.  KurlÄnder .    .        .    .     1 

E.  Raupach 4 

Shakespeare,übcrs.  v.Tieck    15 
n.  Scribe,  v.  Th.  Hell    .    .     3 

Huber 2 

1  F.  A.  Kurländcr 3 

4  Schröder 1 

1  C.  Schall 2 

2n.  d.  Eujrl.  v.  Th.  Hell    .;    2 

1  F.  A.  Kurländcr .5 

4Ju.d.Engl.v.GrammetstKtter  t    2 

llMarsano |  10 

1  n.  MolitTc,  v.  L.  Rotiert    .1    4 

1 

4 


3 
5 
1 
3 


A.  v.  Kotzebue 2 


E.  Raupach 

2,0.  Töpfer 

lin.  d.  Franzö4.  v.  Roth  .    . 

1  n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell 

2  Frau  v.  Wcissonthum   .    . 

2  n.  Goldoni 

4C.  Töpfer 

1  n.  Dupaty.  v.  Tenclti .   .    . 


10 
4 

38 
4 
9 

13 

15 
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'S    Verfassers  ii.  Bearbeiters. 


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4 


Die  Männerschnle 

Ricliard*8  Wanderleben 

Demoiselle  Bock 

Die  Scheidung 

Das  Sonnet 

Onkel  Brand 

Dominique 

Das  Liebesprotokoll 

Der  Kammerdiener 

Der  Gutmacher 

Der  Schlechtmachcr 

Die  un versehene  Wette 

Der  Elironhüter 

Der  Papa  und  sein  Söhnchen    .    . 

Leichtsinn  und  Liebe 

Die  Mitgift 

Der  Staatsgefangene 

Der  Gelehrte 

Der  räthselhafte  Kranke.    .        .    . 

Garriek  in  Bristol 

Das  letzte  Abenteuer 

Malwine 

Der  Gang  ins  Irrenhaus 

Die  Schule  für  erwachsene  Kinder 

Der  erste  Eindruck 

Der  Doppelgänger 

Das  Anekdotenbüchlein 

Der  Brautschleier 

Der  Nasenstüber 

Der  Quäker  und  die  Tänzerin  .    . 

Der  (irosspapa 

Camilla 


I 


Liebe  und  Liebelei 

Nach  Sonnenuntergang 

Die  Geprüften 

Bube  und  Dame 

Nur  er  will  sprechen 

Der  erste  Schritt 

Warum? 

Blind  geladen 

Der  Platzregen  als  Kheprocurator 

Brief  und  Antwort 

Unser  Verkehr 

Aline,  Königin  von  Golconda     .    . 
Die  Bekenntnisse 


n.  Meliere,  v.  Holbein  .  . 

n.  d.  Engt  von  Kettel  .  . 

J.  E.  Mand 

n.  d.  Franzög.  v.  Kettel    . 

E.  Raupach 

n.  d.  Französ.  v.  Angelv  . 

n.  Epagny,  v.  Th.  Helf  . 

E.  Banernfeld 

n.  d.  Französ.  v.  Krickeberg 

IL  Destouches 

n.  Giraud 

n.  Sedaine,  v.  Gotter.   .   . 

n.  d.  Französ.  v,  Th  Hell 


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3 
1 
3 
3 
3 
1 
1 
1 
1 
1 
5 

4  E.  Bauemfeld 
1  n.  Goldoni,  v.  J.  Mrcksch 
n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell 
2,n.  Scribe 
2'n.  Goldoni,  v.  J.  L.  Schmidt 

4  Deinhardstein 

5;E.  Bauernfeld 

2|n.  Scribe,   v.  Th.  Hell  .  . 
1  n.  Scribe,  v.  Herzenskron. 

5  n.  Thomas  Norton  .    .    .   . 
In.  Scribe,  v.  Both  .    .   .   . 

4  F.  v.  Holbein 

1  n.  d.  Französ.  v.  Castelli. 

1  Frau  V.  Wcissenthum   .  . 

3  £.  Raupach 

l-n.  d.  Französ.  v.  Stawin.«ky 
In.  d  Französ.  v.  Elmenreich 

2  n.  Scribe  u.  Bayard ,    von 
Th.  Hell 

Dr.  Römer 

2  n.  d.  Französ.  v.  Lotz  .   . 

5  Frau  v.  Weissentlium   .   . 

3  C.  Töpfer 

1  n.d.  Französ.  v.F.C.Schmid 

4  Frau  v.  Weissen thnrn  .    . 
In.  d.  Französ.  v.  W.Koch 

1  Kotzebue 

2  E.  Raupach 

1  C.  Lebrun 

1 

8  Bäuerle 

3  £.  Bauernfeld 


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1026 

11  5 
1114 
1219 

36    l'  9 


Name    des    Stücks. 


123 

213 

2  25 

2  28 

4 

6 

4 

6 

5 

8 

5 

12 

7 

17 

8 

7 

9 

19 

9 

30 

10 

1 

10 

7 

10 

n 

Lüge  und  Wahrheit 

Die  Reise  auf  gemeinschaftliche  Kosten 
Michel  Perriu 

Von  Sieben  die  Hftsslichste    .    .    .    . 
Gleiche  Schuld,  gleiche  Strafe  .    .    . 

Er  befahlt  Alle 

Die  Braut  ans  der  Residenz*    .    .    . 
Eine  Freundschaft  der  andern  werth 

Die  weisse  Pikesche 

Capricciosa 

Die  Einfalt  vom  Lande 

Acht  vernünftige  Tage 

Vier  Schild  wachen 

Frack  und  Livree 

Trübsale  einer  Postwagenreise  .    .    . 

Die  Gunst  der  Kleinen 

Das  Gespenst  auf  der  Terrasse.   .    . 

Der  Freund  in  der  Noth 

Fehlgeschossen 

Endlich  hat  er  es  doch  g^t  gemacht 
Drei  Frauen  auf  einmal 


Die  Letbroiite  .  . 
Der  Stellvertreter . 
Sohn  oder  Braut  . 
Das  goldne  Kreuz 
Der  Oheim.  .  .  . 
Geliebt  oder  todt  . 


< 


Name  des 
Verfassers  u.  Bearbeiters. 


I 


Die  Schwestern 

Der  Ball  zu  Eller brunn 

Die  Ehrendame 

Die  Heirath  durch  Zwiebeln.    .    .    , 

Der  Verlobungsring 

Guten  Morgen,  Vielliebchen  .    .    ,    . 

Der  Kammerdiener 

ABC 

Die  Zwillingsbrttder 

Der  Zweikampf  im  3.  Stocke    .    .    . 

Die  beiden  Cousinen 

Dreiuuddreissig  Minuten  inGrüneberg 

Der  Unentschlossene 

Der  Theatenliencr 

Der  Berliner  Droschkenkutscher  .    . 


4  Prinz.  Amalia  von  Sachsen 
6,n.  d.  Franz.  v.  Angely  .  . 
2n.  d.  Frz.  d.  Melesville,  v.l 

Th.  Hell 

4  Angely 

3'n.  d.  Franz.  v.  F.  E.  Schmidt 
l|n.  d.  Französ.  v.  W.Koch 
2, Prinz.  Amalia  von  Sachsen 

3,C.  Lebmn 

IjTöpfer 

3n.  Federici,  v.  C.  Blum. 

4 

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1 

1 


2 
1 
3 
1 
1 
3 
1 

2 
1 
1 
2 
5 


C.  Töpfer 

n.  Castelli,  v.  Herzenskron 

Vogel 

n.  d.  Französ.  d.  Scribe,  v. 

Lembert 

n.  d  Französ.  v.  Angely  . 
n.  d.  Französ.  v.  Rosenau 

Bftuerle 

Costenoble 

n.  d.  Engl.  v.  Albini.  .  . 
n.  d.  Franz.  des  Scribe,  v. 

Cosmar 

V.  Maltitz 

n.  Scribe,  v.  Angely  .    .    . 

Georg  Harrys 

n.  d.  Franz.  v.  Georg  Harrys 
Prinz.  Amalia  von  Sachsen 
n.  d.  FranzÖ8.  d.  Scribe,  v. 

Th.  Hell 

n.  Varin,  v.  Angely   .    .    . 

C.  Blum 

n.  Dupin,  v.  Cosmar  .    .    . 


4  Prinz.  Amalia  von  Sachsen 

1  Adalb.  vom  Thale  .  .  .  . 
4P.  A.  Wolf 

2  n.  Colman,  v.  Kettel  .  .  . 
2  n.  d.  Französ.  v.  Angely  . 
In.  d.  Französ.  v.  Angely  . 

d.  Französ.  v.  Parowal 
Holtei 


2n. 
Iv. 
4' 

1  V. 
1  V. 


Holtei 
Holtei 


16 
26 

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4,22 

631 


N  .1  m  e    des    Stücks. 


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I  Name  des  ^ 

-§  '  Verfassers  u.  Bearbeiters,    g 

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Bürgerlich  und  romantisch.  .  . 
Der  Pariser  Taugenichts.  .  .  . 
Die  Gunst  des  Augenblicks    .    . 

Onkel  und  Nichte 

Das  Fräulein  vom  Lande*.    .    . 

Der  Verlobungsring* 

Das  Schreckensgewebo    .    .    .    . 

Die  gefahrliche  Tante 

Tartuffe 

Die  Liebe  im  Eckhause  .    .    .    . 

Das  Frühstück 

Die.  Bastille 

Der  Vater 

Die  Herrin  von  der  Else    .    .    . 

Maria  von  Medicis 

Der  Wetterableiter 

Da.s  Tagebuch 

Das  Chamäleon 

Die  Vetter-  und  (Gevatterschaft 


10 
11 


16 

18 


1  18 
3-28 
4,   9 


Der  Mentor 

Der  junge  Ehemann     .    .    . 

Der  Zögling* 

Onkel  und  Neffe 

Der  Dachdecker 

Das  erste  Debüt 

Die  Schwäbin 

Die  Jugendfreundin  .... 
Der  König  wider  Willen 
Löwenberg  &  Comp.  .  .  . 
Der  Majoratserbe*  .... 
Nichte  und  Tante  .... 
Bruno  und  Balthasar  .  .  . 
Was  den  Einen  tödtet  etc. 

Die  Unbelesene* 

Die  Vormundschaft  .... 

Die  Lästerachule 

Die  Lebensmüden 

Drei  Frauen  und  keine  .  . 
Der  Jugendfreund  .... 
Hampelmann  im  Eilwagen 
Der  liückenbüaser         .    . 

Der  reiche  Mann 

Die  Stieftochter 

Ein  Tag  Carl  Stuarts  H.  . 
Ich  bleibe  ledig 


4 
4 
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5 
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3 
4 
1 
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5 
1 


Bauernfeld         

n.  d.  Französ.  v.  C.  Töpfer 

Ed.  Devrient 

Ch.  Birch-Pfeiffer    .    .    .   . 
Prinz.  Amalia  von  Sachsen  i 
Prinz.  Amalia  von  Sachsen  ; 
n.  d.  Französ.  v.  Herrmano  ' 

Albini 

MolitVre 

Alex.  Cosmar 

Frau  V.  Weissenthum  .   . 

Berger 

E.  Bauernfeld 

C.  Blum 

Berger 

D.  d.  Französ.  v.  C.  Lebran 

Ed.  Bauernfeld 

H.  Beck 

n.  dem  Französ.   d.  Scribe, 

V.  Alvensleben 

n.  d.  Französ.  v.  Lcrabert 
n.  Maz^res,  v.  A.  Preuss  . 
Prinz.  Amalia  v.  Sachjen 
n.  d.  Französ.  v.  A.  Cosmar 

Angely 

n.  Bayard,  v.  Tb.  Hell .    . 
J.  F.  Castclli 

2  n.  Ancelot,  v.  W.  Koch    . 

2]n.  d.  Französ.  v.  Herrmann 

In.  Bayard,  v.  G.  Harrys  . 

4! Prinz.  Amalia  von  Sachsen 

l;A.  Görner 

3n.  Sograsi,  v.  C.  Blum  . 

1' Albini 

4|Prinz.  Amalia  von  Sachsen 

2'v.  Gerle  u.  Uffo  Honi   .   . 

5  n.  Sheridan,  v.  Schn'kier   . 

6jE.  Raupach 

iKettel 

3!n.  Ancelot,  v.  Holbein  .    . 

3 

2ln.  d.  Französ.  v.  Lebmn 

4|Töpfer 

4 

4  J.  B.  Zahlhas 

3'n    Nota,  v.  C.  Blum  .    . 


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11 
22 


Name    des    Stücks. 


Name  des 


"5  :  Verfassers  u. 


g 
Bearbeiter».  ■  ^ 


Der  gutherzige  Poltrrer  .    .    .    . 
Wobiiungen  zu  vermietheii.    .    . 

24  Stunden  Königin 

Der  verwünschte  Brief    .... 
Der  Chevalier  von  St.  Georges. 


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10  2h 
12  27 


Vor  100  .Jahren 

Capitäu  Firne wald* 

Temi)ora  niutantur 

Krziehungsresuitate 

Der  Degen 

Don  Aurelio 

Engel  und  Dämon 

Ein   iilas   Wassei* 

Bob  oder  die  Pulververschwörung 

Frage  und  Antwort 

Der  S<jhn  aiif  Reisen 

Die  Widerspenstige 


Cioldoni 4 

L.  Angely 2 

W.  Koch* 1 

F.  Sehodler ,1 

n.  Melesville,  v.  Th.  Hell,  \ 

Mus.  V.  Rastrelli     .    .    .1  12 
E.  Raupach |    4 


4iPriiiz.  Amalia  v.  Sachsen 


3  C.  Blum 


2 
7 


2,C.  Blum ,39 

2jE.  Raupach j    3 


4;n.  1.18  lluestas,  v.  Vogel 

n.  Courcy,  v.  Lcutner   . 

n.  Scribe,  v.  Th.  Hell   . 

n.  Duport  u.  de  Forges 


3 

5 
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1 


Der  Heirathsantrag  auf  Helgoland 

Die  Findlinge 

Die  Engländer  am  Rhein   .... 

Roi'oc.co 

Steffen  T^anger 

Jadcst 

Der  alte  Herr* 

Van  Brück 

Ein  Handbilht  Friedrich's  H.   .    . 

Dootor  Wespe 

Onkel  Baptistc 

O,  Oskar! 

MeDioiren  des  Teufels 

3 "221  Der  erste  Waffengang 

4;22|  Voltaire's  Ferien 

Das  Sololustspiul 

Das  Porträt  der  (teliebten  .... 

Die  Mode * 

Witzignngen 

Rigine* 

Dichter  und  Roman 

Aspasia 

Ein  Herr  und  eine  Dame  .    .    .    . 

Hi»h«'  Brücke  und  tiefer  (wraben   . 

Zopf  und   Seil  wert 


3 
1 

43 
8 
l 

17 


1 
9li 


\4     1    1 


2    *.*  Sonimi^rnacbtstraum 


2  L.  Feldmann 

4'n.  Shakespeare,  v.  Baudis- 
sin  u    Deinhardatein  .    .   32 

2  L.  Schneider 28 

2  n.  ScrÜHi  u.  Vanderbruch  .     1 

4  v.  Braunthal 1 

5,H.  Laube 1 

5Ch.  Birch-Pfeitfer     ....     6 

liBraunau 1 

2iPrinz.  Amalia  von  Sachsen  6 
2  n.  d.  Kranzös.  v.  C.  Lebrun      1 

3'W.  Vogel 1 

5'Ro<l.  Benedix 28 

2  n.  Souvestre 2 

3  n.  d.  Französ.  v.  Th.  Hell  10 
3  u.  d.  Franwis.  v.  Th.  Hell  33 
2  n.  d.  Frnnzös.  v,  F.  Heine      9 

2  n.  d.Franzr>s.  v.A.  Herrmann      2 

3  Saphir 6 

3  L.  Feldmann 12 

:\  R.  Btrnedix        2 

3  n.  d.  Engl.  v.  W.  Vogel  .  I  8 
ö  Prinz.  Amalia  von  Sachsen  .    6 

2  (i.  Nybuhr 1 

6  n.  Meli'sville 4 

1  n.  d.  Franxii».  v.  C.  Blum  12 
1  n.  d.  Fran»'^s.  v.  Bömstein  '  1 
6K.  (iutzkow I  48 

3  Shakespeare  übers. vSchlcgelj 

Musik  von  Mendelssohn  1  38 


—    634    — 


Kl 


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derl.Aaf- 
fflhrong. 


44 


45 


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11 

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13 

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10 

10 

10 

11 

11 

12 

12 

1 
3 
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6 
5 


23 

9 

8 

11 

22 

11 

1 

6 

13 

13 

24 

6 

19 

30 
29 
17 
17 
24 


Name    des   Stücks. 


Die  Fräulein  von  St.  Cyr  . 
Jeder  fege  vor  seiner  Thür 

Pigault  Lebrun 

Der  Mörder* 

Der  verwunschene  Prinz.    . 
Das  zugemauerte  Fenster  . 

Der  Empfindliche 

Das  Urbild  des  Tartüffe.    . 

Der  Sylphe 

Ich  gehe  aufs  Land     .    .   . 

Ein  g^ter  Ruf 

Modestus 

Der  Confusionsrath  .... 

Ihr  Bild 

Die  Schule  der  Verliebten  . 


Gottsched  und  Gellort 

Anonym 

Jeanne  und  Jeanneton 

Doctor  Robin 

Ein  Zaubermärchen 

Der  Maronenverkäufer 

Zwei  Tage  ans  dem  Leben  eines  Fürsten 

Halifax        

Der  grüne  Mann 

Die  Schule  der  Kleinen 

Der  Hauptmann  von  der  Runde  .    . 

Der  Vetter 

Major  Haiulegen 

Jean  Bart  am  Hofe 

Carl  Xn.  auf  der  Heimkehr .    .    .    . 

Das  Sonntagsräuschchen 

Grossjährig     .        

Der  Kurmärker  und  die  Picarde  .    . 

Ein  Arzt 

Die  rothe  Schleife 

Der  Weiberfeind 

Fiäulein  Sibylle 

Die  Banditen 

Eine  Frau,  die  sich  aus  dem  Fenster 

stürzt 

Breite  Strasse  und  schmale  Gasse 

Jugend  muss  austoben 

Das  Salz  der  Ehe 

Geistige  Liebe 

Ein  Hausmittel 


Name  des 
Verfassers  u.  Bemrbeiters. 


< 


5'n.  Dumas,  v.  Birch-Pfeiffer{  II 
1 .  n.  d.  Franzis.  ▼.  L.  Schneidoj  1 

ÖJDeinhardBtein '5 

4 {Prinz.  Amalia  von  Sachsen  ! 

3  J.  V.  Plötz » 

1  |Kotzebue 13 

1;C.  Lebrun 4 

6K.  Gutzkow ,M 

1  C.  Carl 

3n.  Bayard  u.  Vailly   .  .  . 

l|n.  Arnould 

4|Deinhard8teiii 1 

3  n.  Bayard,  v.  Friedrich.  .   ! 
l|n.  Scribe  u.  Sau  vage    .  .    1 

4  n.  Sheridan  Knowles,   ton 

j     C.  Blum 8 

5'H.  Laube « 

6,K.  Gutzkow 3 


S 

51 

4 


i; 


2  n.  Scribe  u.  Bamer  .  .  . 
In.  d.  Franzis,  v.  Friedrich 

3  n.  d.  Französ.  v.  Ballu.Blnm 
2  n.  d.  Französ.  v.  F.  Heine 
4iDeinhardf»tein -•> 


• 


4|Kettel • 

4W.  Floto 

1  Vanderhorst 

2  n.  d.  Französ 

3  R.  Benedix 

1  n.  d.  Französ.  v.  Friedrich 
4C.  P.  Berger 

Hin.  Planche,  v.  Töpfer    .   .    i 

liW.  Floto i 

2 1  Bauernfeld 1^ 

iL.  Schneider ^ 

l'n.  d.  Französ.  v.  Wages  .  S 
4'Deinhardstein * 


1 

1 

1 

16 

6 
9 


1 
2 

4 

1 
5 
1 
1 
3 
1 


R.  Benedix SS 

Prinz.  Amalia  von  Sachsen    4 
Rod.  Benedix • 

n.  Scribe,  v.  Schneider.  .  1^ 
n.  Overskod,  v.  Pallesen  .    5 

Angely 1 

Görner 5 

Dr.  Lederer 3? 

G.  zu  Putlitz S 


—    635    — 


'  Ol  « 

r  1.  Äaf- 
Urning. 


Name    de»    Stücks. 


Name  des 


9 


7 
9 
9 


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3 
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1012 
1012 
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1  16 

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2,20 

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4:23 

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71  9 

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9.28 

10    8 
10  20 

10  20 
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7-   1 

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7,26 
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814 
814 
910 

9  19 
919 
922 

1012 

11  6 
11126 

11  26 

12  2 

1  13 

2  9 

4  3 

5  13 
617 


'I 

Verfassers  u.  Bearbeiters.    ^ 


Die  schöne  Müllerin , 

£in  Mädchen,  nicht  ein  Knabe     .    , 

Die  Universalerben , 

Eigensinn , 

Sohn  und  Enkel 

Irren  ist  menschlich 

Die  Volksadvocaten* 

Badeciiren 

Alles  für  Andere 

Familienzwist 

Der  Procesfl 

Der  Marquis  von  Lauzun 

Der  Steckbrief 

Die  Testamcntsclausel 

Peter  im  Frack 

Der  Pardon 

Die  Schauspielerin 

Mitten  in  der  Nacht 

Caprice  aus  Liebe 

Der  politische  Koch 

Rosenmüller  und  Finke 

Besser  früher,  als  später 

Was  ihr  wollt 

Eine  Frau,  welche  die  Zeitong  liest 

Vicomte  von  Letorriires 

Die  serbrochene  Tasse 

Die  Tante  aus  Schwaben*      .    .    .    . 

Ein  weisser  Othello 

Die  Hochzeitsreise 

Der  Kaiser  und  die  Müllerin     .    .    . 

Der  Vierzehnte* 

Fuchs  und  Luchs* 

Eine  Rente 

Das  Herz  vergessen 

Ein  höflicher  Mann 

Einer  muss  heirathen'^ 

Qui  pro  quo 

Die  Probepredigt* 

Der  Wittwor 

Das  lebende  Bild 

Der  Student  und  die  Dame    .    .    .    . 

Seine  Frau 

Si*hach  und  matt 

Fest  im  Entschlüsse 

T.  F 

Alte  Sünden 


1  n.  Melesville,  v.  L.  Schneider 

1  L.  Angely 

4  Gottwald 

1  R.  Benedix 

l|n.  d.  Französ.  v.  Mack.    . 

1  n.  d.  Engl.  v.  Brenden .    . 

2  F.  Lubojatzky 

IJG.  zu  Putlitz 

1  Ch.  Birch-Pfeiffer    .    .    .    . 

i!g.  zu  Putlitz 

l]R.  Benedix 

l^n.d.  Französ.  V.K.Auerbach 

31R.  Benedix 

l'J.  £.  Hartmann 

4|C.  Zwengsohn 


2; 

In.  Füurnier,  v.  Friedrich  . 

l'n.  d.  Franzö» 

1  Feodor  Wehl 

1  n.  d.  Französ.  v.  F.  Heine 

6  C.  Töpfer 

3,n.  d.  Französ.  v.  F.  Heine 

6  Shakespeare 

1  Feodor  Wehl 

3  Bajard,  v.  C.  Blum  .  .  . 
1  n.  d.  Frauzög.  v.  Veldem . 
1  Feodor  Wehl 

1  n.  d.  Französ.  v.  Friedrich 

2  R.  Benedix 

1  F.  W.  Gubitz 

3Lubojatzky 

1  G.  Räder 

3  V.  Guttmann 

1  G.  zu  Putlitz 

3  Feldmann 

1  Alex.  Wilhelmi 

3  Ed.  Franke 

2  Otto  Roquette 

1  Deinhardstein 

3  n.  Melesville,  v.  Kettel .    . 

2  J.  F.  Castelii 

l'G.  zu  Putlitz 

6V.  Elton 

IjAl.  Wilhelmi 

IjL.  M.  Erich 

IF.  C.  Hiller 


—    636    — 


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der  1.  Auf- 
fdhrung. 


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29 

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26 
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31 

6 
11 
20 

6 

24 
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15 


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1  16 
1  29 


3 
3 
3 

7 
7 


9 
16 
28 

6 
22 


Name   des    Stücks. 


Name  des 

Verfassers  u.  Bearbeltets. ;  ^ 

\< 


X 

a 


Waldcinsamkoit 

Sie  will  sich  trennen 

Der  geheime  Agent 

Die  Gefangenen  der  Czarin    .    .    .    . 
Der  Rechnungsrath  und  seine  Töchter 

Das  Versorgungsbureau 

Häusliche  Wirren 

Die   Erzählungen    der  Königin   von 
Navarra 


8l2l 

9  25 

10 

21 

11 

30 

12 

17 

12 

17 

2 

9 

22 

3 

5 

4 

2 

Onkel  Quäker 

Der  Liebesbrief 

Die  Kifersüchtigen 

Die  Komödie  der  Irrungen 
Nicht  jede  Liebe  ist  Liebe*  .    , 

Schwarzer  Peter 

Das  Gefängniss 

Alte  Liebj  rostet  doch*  .... 

Die  Frau  im  Hause 

Gaukeleien  der  Liebe 

Frauenkampf 

Er  ist  nicht  eifersüchtig .... 
Eine  Liebschaft  in  Briefen     .    . 

Zu  Hause! 

Sein  guter  Freund 

Englisch 

Buch  III,  Kapitel  I 

Der  Herzensschliissel* 

Eine  schöne  Schwester*  .... 

Prinz  Lieschen* 

Das  Lügen 

Die   Journalisten 

Ein  seltsamer  Richter 

Wie  man  Häuser  baut     .    .    .    . 

Durch 

Fremdes  Glück« 

Hempel,  Krempel  und  Stempel . 

Abwarten! 

Der  Philosoph 

Ein  Lustspiel 

Er  sucht  seine  Braut 

Am  Ciavier 

Die  verzauberte  Rose 

Immer  zu  Hause 

Liebe  im  Arrest 

Man  sucht  einen  Erzieher  .    .    . 


1 
1 
4 
2 
3 
3 
3 


O.  Ro<inette 

Fr.  Schuselka-Brüning  . 
F.  W.  Hackländer .    .   . 

Friedrich 

L.  Feldmann 

Baeharach 


3: 


1 


3 

4| 
1 

i 

3! 


6 

16 
7 
l 
5 
Dr.  Lederer 4 

Scribe  u,  Legouv^  üben. 

V.  Hell T 

P.  F.  Trautmann    ....    1 

R.  Benedix 5 

R.  Benedix Sl 

Shakespeare 10 

C.  A«  Schlönbach    ....    1 

Görner 7 

R.  Benedix 36 

J.  E.  Hartmann 1 

A.  P 3 


3  E.  Boas S 

3  n.  Scribe,  v.  Alferm    .   .   .  IS 

liA.  Elz 2i 

2! Alex.  Baumann 1 

Bauernfcld 5 

Caltherack * 

C.  A.  Gömer 2* 

n.  d.  Franzis,  v.  Bahn  .  .    ' 

H.  Lorm t 

3;a1.  Wilhelm! 3 

4iM.  Heidrich 1« 


4  R.  Benedix   .    . 

■ 

4iG.  Freitag - 

"n.  d.  Französ.  v.  R.  Genee 
Ch.  Birch- Pfeiffer    .    .   .   . 

R.  Gen6e 

Gutzkow ...        .   . 
Gräser.    ... 

Wilhelmi 

d.  Französ 

Benedix    ...... 


4 

1 

1 

1 

1 

3 

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1 

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K. 
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11 


Prechtler * 


n.  Birriere  u-  Lorin  .    .   . 

Th.  Apel 

n.  d.  Französ.  ▼.  Grandjean 

G.  zu  Putlitz 

n.  d.  Französ.  v.  Bahn .  . 


14 

1 

m 

6 

4 


101« 
11    8 

1|3C 


Wipn.-r  in  i'nri» 

Der  eitiefT«Ur 

Aufgew.'liobi'Ti  nicht  nnfgiehaljCD 
Kill  gaU-K  ■' 


iiid  Vnx 


t,2» 
4>19 


Hnd  SHhnt" 

Ein  glili-ldic^lier  PaiDiUen*>ter  .    .    . 

Der  U-Wte  Tniiiipf» 

HomKopathinfh 

Ein  Hnt 

Dio  Dii-n»lboten 

I-l»t  mich  Iciwnl 

Kine  l-artio  Piqiitl 

K'"g ■ 

Fnia  Tiiorfcanji 

Mit  ilen  Wölfen  miiRi  man  heulen* 
KinL'  kli'ini'  KrxShliing  obno  Namen 
hohe  C 


ii.'hl,  fl 


11  15 
1  14 
5  13 
9  SS 
10  n 
10    7 

10  9<: 

11  1- 


III  BrKiitiRaiTi 

beirnlhet 

(llikklii-hi-  l'lilti-rwm'heii  . 
Kliavlanduexcn'ilii^  .... 
Der  X'nt.r  der  DcbDtantlii , 
Uuu  Juan  In  Wirabadan     . 

Mi'in  (JHL-kwulcrii 

Wr^lch,.? 

l'lauili'nilundni 

Kr  bat  Rtcbt 

Kino  xlnhfnd«  Kutilu  .  .  . 
Kin<'  brant  anf  i.i«ferung;  . 
IHe  tJi-iiaMheiFiutt«n  .    .    , 

l>rpi  Arreilnntm 

Kin  ntüFt  Tiltiätl 

Kin  W«ihnarhlsabend .    .    , 

Ein  Ouldciix<'ltcl 

D-i«  Thcator  xn  Rhrinaber); 
abfuhr  llbt'r  «i.fahr*  .  .  . 
Kiimpo  *"tf  Ann  BureAu .  , 
Die  Kl«  Tcm  Mcrlinaqnell . 

Oiirrb's  l'ptnnjbr 

Woim  PraHCB  w.-inf  n  .  .  . 
Die  «.-iblii-h»n  atn.ii-iitcn" 

Die  Viriiii<a<.'i 

Wgbrmd  ilit  Mtk.    .    .   . 


i!y.  Holtet 

l'n.  d.  KianiOs.  v.  (iTaniljca 

2'GBmer 

21.4.  Wilbclmi 

SOottHcball 

5'k.  Uutikow 

SC.  A.  Uiirner 

1  A.  Wilbelml 

1  Lefronc,  v.  GasaniaDa    . 
1  n.  Madame  Ginnlin,    vc 

Oraniljean 

IR.  &.nodii 

1  C.  TBpfer 

1  n.  Fournipr  a.  Meyqr 

S  n.  Scribe,  von  KnriKnder  . 

4  K.  Daiiernfeld  . 

1  AI.  Wilbelmi    . 

1  IJnmpr  .... 

1  A.  Herrmann  . 

1  Fewior  Webl    . 

1  G.  Hom    .    .    . 

1 B.  dmi«  .   .   . 

4n.d.  KMnitl* 

1|F.  Trautmann 

iId.  »•.•xih,;  V.  delivlnn     . 

lA.  IlerrmanQ , 

1.  d.  FraoiHg.  V.  GaHnmann 

1  AI.  WillHlini 

l  F.  W.  hl  .1.  Hom    .... 

4  n.  Fudcrki,  r.  Tioti  .    .    . 

»K.  Ueni^dix 

I  in.  Diipatj-,  V.  Tietx    .    .    . 

■  5  Kiid.  tiencc 

r  IjK.  Hahn 

j  llC.  (irllndorf i 

:  S'Deiiihardiitein      

I  4  n.  d.  Ital.  v.  Anna  Lnhn  . 
I  1  F.  Webl 

1  n.  d.  Kramna.  v.  Jnlinii    . 

lA.  Wllhelmi 

liA.  T    Winlrifvld 

'  3!l)r.  Fr.   I.cderpr 

:  a  Jlau.rnfi'ld 

1  E.  Maiitni'r 

I     I 


A.II.-T 


—    638    — 


der  1.  Aaf 
ffllirung. 


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925 
930 
12  6 


Name    des    Stücks. 


Name  des 
Verfassers  u.  Bearbeiten. 


w 
X 

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Mazarin's  Pathe 

Magnetische  Curen »   . 

Eine  tibereilte  Ehe* 

Auch  eine  Mutter* 

Eine  Anzeige* 

Cato  von  Eisen 

Drei  Candidaten 

Der  Maler 

Brutus,  den  Cäsar  los  .  .  .  ^  .  . 
Die  Brautschau  Friedrich's  d.  Gr. 
Sie  schreibt  an  sich  selsbt .... 

Der  Familiendiplomat 

Ein  schöner  Traum 

Ich  werde  mir  den  Major  einladen 
Die  Gustel  von  ßlasewitz  .... 

Zurück!  

Welche  Lust  SoMat  zu  sein !    .    . 

Der  Präsident . 

Moritz  Schnörche 

Feenhände  

In  der  Theaterloge 

Der  Störenfried 

Dir  wie  mir 


4 

2 

1 

1 

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3 

4 

1 

4 

1 

3 

1 

1 

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4 

1 

1 

1 

5 

1 

4 

1 


I 


E.  Holbein 4 

Hackländer 4 

C.  Pawloff 4 

J.  Hammer >  J 

A.  Wilhelmi I  5 

H.  Laube I  3 

E.  Schleich '4 

C.  V.  Könneritz '4 

n.  Rosier % 

J.  Bacher 4 

n.  d.  Französ.  t.  Holtei       3 

Am.  Hirsch I  1 

A.  V.  Krüger •  1 

n.  d.  Fjranzös.  v.  Moser   .    S 
Schlesinger  .......    T 

A.  Wilhelmi .3 

Linderer I 

W.  Kläger f 

n.  d.  Französ.  v.  Mo^er    .,  S 
n.  Scribe,  v.  Gassmaun.  .'  7 

V.  Niebauer 12 

li.  Benedix    ...            .   .    S 
Roger 3 


4.  Opern  und  Singspiele. 


1^1130 

112;  2 

1211 

17 

Mo 

1  30 

2  18 

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3  19 

4    9 

4:22 

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5    3 

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«•.1   4 

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s!  7 

9    4 

II  turco  in  Italia . 

Die  beiden  kleinen  Savoyarden     .    , 
II  sacrifizio  interotto.    .    .    .    , 

Das  Gehoimiiiss , 

Jacob  und  seine  Söhne   .    .    .    , 

Das  Hausgesinde 

Fanchon,  das  lieycrmädchen  .    .    .    , 

Tancredi 

Adelina 

Helene 

Le  donne  cainl)iate 

Johann  von  Paris 

Das  Lotterieloos 

Kaoul,  der  Blaubart 

Das  Waisenbaus 

Lodoiska 

Zwei  Worte  oder  die  Nacht  im  Walde 


1  1 

;  3 

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4 
26 

61 
6 


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1 


Mus.  v.  Rossini 

IMus.  V,  d'Alayrac  .... 

Mus.  V.  Winter 

Mus.  V.  Soli^ 

n.  Duval,  Mus.  v.  Mehnl . 
Kotzebue,  Mus.  v.  Hiamel 
A.v.Kotzebue,  Ms.  v.  Himmel 

Mus.  V.  Rossini 4^ 

Mus.  V.  (tenerali     ....    7 
n.  Bouilly,  Mus.  v.  Mehul     « 

Mus.  V.  i*aer y 

n.  d.  Frz.  v.  Sevfried,  Mo«. 

v.  Boieldieu      4? 

Mus.  v.  Isouard .1 

n.  d.  Frz.,  Mus.  v.  (.Ireirr.  l«i 

Mus.  v.  Wcigl .4 

Mus.  v.  Chernbini  ....    4 
n.Marsalino,  Ms.v.  d'AlavrÄc  12 


—    639     — 


S 
Amf 

Bog. 


Name    des    Stücks. 


I  Njime  des 

-§  '  Verfassers  u.  Bearbeiters. 


3 
5 


9  9 
9  25 
0  4 
0  20 

2  2 
124 
2 
3' 

3  25 

4  29 
6  ö 
622 
613 

6  17 

7  5 
821 
010 
015 

0'27 

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128 

J 


2 

4 
5 
6 
7 
7 
9 
0 
0 
1 
1 


La  semplieetta  di  Pirna* 

Die  vornehmen  Wirthe 

Le  lacrime  d^una  vedova 

San  Marcantonio 

Der  Schatzgräber 

Eliaabeta 

ringanno  felicc 

Das  Dorf  im  Gebirge 

La  testa  di  Bronzo 

Paolo  e  Virginia 

Die  beiden  Blinden  zu  Toledo  .    .    . 

Die  Schweizerfamilie 

Sargino 

Die  Entführung  ans  dem  Serail 
Der  Sänger  nnd  der  Schneider  .  .  . 
Der  Tenfclsstcin  in  Mödlingen .    .    . 

Maometto 

Joconde  


2iMu8.  V.  Morlacchi 

S'n.  Joaj  v.Seyfried^s.v  Catel 

2|Mu8. 

2,  Mus. 

lln.  d. 

2|Mub. 

1  iMus. 


V.  Generali.  . 
V.  Pavesi  .  . 
Frz.,  Mus.  V. 
V.  Rossini  .  , 
V.  Rossini  .    . 


M^hul 


2 

8 

3 

7 

25 

26 

20 

5 

6 

6 

4 

39 

15 

47 

17 

14 


Die  Zauberflötü  .    ,    .    . 
Das  Fischermädchen    .    .    . 

Aschenbrödel 

Der  Apotheker  und  Doctor, 


13 

^•> 

17 

6 
o 

4 

2o 

3 

2 

14 

25 

5 


129 

2122 

2'24 

2:26 

3il6 

4!  6 

415 

42 

514 

i;  6 


La  gazza  ladra 

Die  Schwestern  von  Prag 

Gianni  di  Parigi  * 

Die  Junggcsellenwirthschaft  .    .    .    . 

Nachtigall  und  Rabe 

Der  Wasserträger 

Der  kleine  Matrose 

Die  Teufelsmühle  am  Wienerberge  . 

LHtaliana  in  Algeri 

Carlo  Fioras 

Das  unterbrochene  Opferfost  (deutsch) 

L'eroismo  in  Aniore 

Kmnia  di  Risbtirgo 

Abiniclek 

Die  Zweiflerin 

La  schiava  Cirrassa* 

Der  Wett kämpf  zu  Olympia  .    . 
Die  Missvcrständnisse  .,,.... 

I  virtuosi  ainbulanti 

Die  Bergknnp|H.>n 

Di«'  falsche  Catalani 

Richard  Löwenhorz 


2<Kotzebae,  Mus.  v.  Weigl 

2  Mus.  v.  C.  Soliva  .    .    . 

3  Mus.  V.  Guglielmi  .    .    .    .  • 
n.  d.  Frz,  Mus.  v.  M^hul.j 

3  Castelli,  Mus.  v.  Weigl 

2IMU8.  V.  Paer 

3  Mus.  V.  Mozart 

1  Mus.  V.  Drieberg    .... 
3  Hensler,  Mus.  v.  W.  Müller 

2IMUS.  V.  Winter I  18 

3|a.  d.  Frz.  v.  Seyfried,  Mus.  '■ 

I     V.  Isouard 11 

2  v.Schikanedor,  Ms. V.Mozart  \  98 
5  Th.  Kömer,  Mus.  V.  Schmidt!    1 

3  n.  Etienne,  Mus.  v.  Isouard  I  27 
2  V.   Stephanie   d.   J.,   Mus.  1 

!     V.  Dittersdorf 15 

4  Mus.  V.  Rossini 52 


2  Mus.  V.  W.  Müller  .  .  . 
2  Mus.  V.  Morlacchi  .... 
1  Mus.  V.  (»irowetz  .  .  .  . 
1  Treitschke  u.  Weigl  .  .  . 
',\  Mus.  V.  Cherubiui  .... 

1  Mus.  V.  Gaveaux  .  .  .  . 
4  Hensler,  Mus.  v.  W.  Müller 

2  Mus.  v.   Rossini 

:i  n.d.Fr.v.Vogel,Ms.vFränzel 


15 
7 
i 
5 

39 
4 

O 

33 
5 

2  Mus.  V.  Winter !  39 

2  Mus.  V.  FerJ.  Paer    .    . 
2  Mus.  V.  (üüv.  Meyorl>eer 
2  Wohll)rüfk,  Ms.v.Meyerbeer" 

1  A.  Müller 2 

2  Mus.  V.  Rastrelli     ....     3 

3  Metastisio,  .Mus.  v.  Poisl  .  2 
3  Ca.<*toUi,  Mus.  v.  Isuuanl.  .  2 
2  Mus.  V.  Fioravanti  ...  11 
2  Th.  Körntr,  Mtis. v.  Hellwig      3 

2  BäuerhsMus.  V.J.Schuster    18 

3  n.  Sedaine  v.  Andree,  Mus. 

V.  Gretrv 1 


4 

16 

'    2 


—    640    — 


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der  1.  Auf 
fübrung. 


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11 
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31 

3 
11 
22 

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14 

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31 
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24 

10 

12 
29 


629 
7,13 
9  12 

lo;  4 

10  22 


Name   des    Stücks. 


Name  des 
Verfassers  a.  Bearbdten. 


w 


Heinrich  IV.  und  d^Aubign^  *  .    . 

Die  Bürf^er  in  Wien 

Apollo*s  Wettgesang 

Der  Schiffscapitän 

Otello 

Alino,  Königin  von  Golconda    .    . 

Pimmalione 

Medea  in  Corinto 

Je  toller,  je  besser 

Marie  von  Montalban 

Die  Wahl 

Leonora  ossia  Tamor  conjugale 

Le  donne  curiose* 

I  predentendi  delasi 

Das  Donauweibchen    I.  Theil    .    . 

Tl  principe  di  Tarento 

Das  Donauweibchen  II.  Theil    .    . 

Adolph  und  Clara 

Don  .1  u  a  n  (deutscli) 

T^a  donna  del  lago 

Gulistan 

La  rcprcssaglia 

Der  neue  Gutsherr 

Clotilde 

Der  Freischütz 


3  V.  Alberti,  Mn s.v. Marschner  '<    Z 

4Bäuerle 17 

3  Mus.  V.  Sutor 4 

l|C.  Blum 2 

2!Mus.  V.  Rossini 38 


3 
2 

2 
2 
4 
1 
2 
3 
2 
3 


Treitschke,  Mus.  v.  Berten     1 

1 

Ö.  Mayr 4 

M^hul 10 

Winter 6 

A,  Mayer   ....    2 


Mus. 
Mus. 
Mus. 
Mus. 
Mus. 


V. 
V. 
V. 
V. 

V.  Paer 


Der  Dorfbarbier 

Die  Waldburg* 

Bär  und  Bassa 

Giro  in  Babilonia 

La  cenerentola 

RothkKppchen 

Vell(Kla* 

.Jery  und  Bätely 

Die  JMlrgschaft 

Alm  Hassan 

Ricciardo  e  Zoraide  .... 
Fidelio 

Cordelia 

Der  Unsichtbare 

Das  ledige  Ehepaar.    .    .    . 
La  giovcntA  di  Enrico  V.  * 
Mose  in  Egitto 


2 

2 

3 
o 

1 

2 


...     6 
Mus.  V.  J.  Rastrelli    ...     5 

Mus.  V.  Mosca 5 

Hensler,  Mus.  v.  F.  Kaner,  21 

2!Mus.  V.  Paer '    1 

3 'Hensler,  Mus.  v.  F.  Kauer    16 

1  Mus.  V.  d'Alayrac   ..."    1 

Mus.  V.  Mozart 86 

Mus.  V.  Rossini 28 

n.  Etienno,  Mus.  v.  d'Alavrac  3 
Frhr.  v.  Poisl  ....*..  S 
Mus.  V.  Boieldieu  ....  14 
Mus.  V.  Coccia 3 

3;v.  Friedr.  Kind,  Musik  vou 
I     C.  M.  V.  Weber  .    ...  262 

2  Mus.  V.  Schenk    .    .        .   .     9 
2:Freih.  v.  Lichtenstein    .   .     1 

IJC.  Blum 8 

2jMn8.  V.  Rossini 4 

2jMu8.  V.  Rossini ^>6 

3|Thiolon,  Mus.  v.  Boieidieu      h 
4  Mus.  V.  J.  Rastrelli     .    .   . 

1  V.  Goethe,  Mus-  v.  Reichard 

2  n.  Schiller's  Ballade,  Mus.  v. 
A.  Mayer 

v.Himmer,Mus.  v. Carl  Maria 

I     V.  Weber 6 

2  Mus.  V.  Rossini ^ 

2  n.  d.  Frz.  v.  TreitschkcMus. 

V.  Beethoven 62 

•1  V.A.Wolf,  Mus.  V.C.Kreutzer  4 
Iv.  Costenoble,  Mus.  v.  Eule  '»2 
2  n.  d.  Engl  v.  Malsburg    .     2 

2  Mus.  V.  Morlacchi   ....    12 

3  Mus.  V.  Rossini 13 


1 


—    641    — 


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der  1.  Anf- 
filhrnng. 


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52; 

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Name    des    Stücks. 


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Name  des 
Verfaasers  a.  Bearbeiters. 


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Libussa 


Didone  abbandonata* 

Ahasverus 

Margherita  d^Anjou  . 
Euryanthe.    .    .    . 


Wie  gerufen  .... 
Kochus  Piimperuickel 
La  donna  Colonello. 
Die  rothe  Kappe   .    . 
Der  Schnee    .... 


Zelmira  .    . 
Jessonda* 
Fanisca  .    . 


(3 
15 

19 
21 
:)3 


Klisa  e  Claudio 

StaberFs  Vei  lobung 

Der  Holzdieb  * 

Tebaldo  e  Isolina* 

Ein  Abend  in  Madrid 

Die  Wiener  in  Berlin 

Der  l^arbier  von  Sevilla    . 

^Sieben  MHJchi-n  in  Uniform  .    . 

Olympia •. 

Semiramidc 

Matilde  di  ^^habrau 

La  pastorella  feudataria      .    .    . 

Das  Ochsennienuet 

Maja  und  Alpiuo 

Schülerschwänke 

II  crociato  in  Kgitto 

Pietro  il  graude 

Die  schöne  Müllerin 

Das  Ehepaar  aus  der  alten  Zeit 

Die  weisse  Dame 

Der  deutscbe  Grenadier  .... 

DerMaurer 

Oberon 


II  governo  della  casa  .    . 
Der  Normann  auf  Sicilien 
Das  Coucert  bei  Uofe.    . 
Der  Tiroler  Wastel .    . 
Das  Landhaus  am  Walde 


3'J.  B.  Bemard,  Mus.  v.  C.  ' 

Kreutzer 4 

2, Mus.  V.  Reissiger  ....  3 
3  Mus.  n.  Mozart,  v.  Seyfried      4 

2  Mus.  V.  Meyerbeer  ....  12 
8  Helm.  v.Che»y,Mu8.  v.  C,  M. 

I     V.  Weber ,80 

2n,  Duval,  Mus.  v.  Paer.    .1     3 

3  Stegmayer i  12 

2, Mus.  v.  Kaimondi   .... 
2|V''ulpiu8,  Mus.v.  Dittersdorf 

4  n.  Scribe  u.  Delavigne,Mu8. 

V.  Auber 

2, Mus.  V.  Rossini 

8  E.  Gehe,  Mus.  v.  L.  Spolir 
3  Sonnenleithner|Mu8.  v.Che- 

I     rubini I     3 

2  Mus.  V.  Mcrcadante  ...  3 
4I  8 

1  Fr.Kind,Murt.v.ü.Mar8chner|     1 

2  Mus,  V.  Morlaccbi  .    .    .    .1  19 

3  v.Tonelli,  Ms.v.G.P.Schmidt      1 

1  V.  Holtet,  Mus.  v.Marschuer    47 

2  n.d.Ital.v.Kollmann,MuH.v. 

!     Kosöini 110 

1  n.  d.  Französ.  v.  Angely  .    20 

3  Mus.  V.  Spontini 3 

2  Mus.  V.  Rossini 33 

2  Mus.  V.  Rossini SO 

2  Mus.  V.   Vaccai 9 

4  Hoflfmann,  Mus.  v.  Seyfried  |     6 

3  Gehe,  Mus.  v.   Wolfram.    .'10 

iL.  Angely j   11 

2  Mu.«.  V.  MeyeilK'er  .  ,  .  .-26 
2.Mus.  V.  Vaccai {     3 

2  n.  d.  Ital.,  Mus.  v.  Paisielk  12 
1  L.  Angely 16 

3  n.  Scribe,  Mus.  v.  Boiclditu  '  79 
1  Meisl,  Mus.  v.  W.  Müller.  5 
3  n.  Scribe,  Mus.  v.  Auber  .  69 
3  n.  Plauchie,  Mus.  v.  C.  M,  v. 

!     Weber 134 

2 
2 
6 
4 
1 


2  Mus.  V.  Donizetti    .    .    .    . 

3  Gehe,  Mus.  v.  J,  Wolfram 
l,v.  Scribe,  Mus.  v,  Auber 
3  Sehikaneder,  Mus.  v.Gaibel 
l,Mus.  v.  Isouard 

41 


—    648    — 


•S 

^ 

den.  Auf- 
führung 


Name  des 
Verfassers  a.  Bearbeiten. 


0 


28 
29 


30 


31 


32 


33 


26 
3 

10 


3il5 


5 

5 

6 

7 

10 

11 

12 


2 
7 

21 
5 

81 
8 
3 

12112 

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3 
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14 
16 


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10  29 


11 
1 
1 


8 
28 
29 


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4:10 


8 
9 
9 

10 

11 

1 

3 

3 


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1 
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8  30 

12!   1 

1|   G 

2  24 

8  16 
6  26 

9  21 
1010 
12    7 


Das  Rosenfest  .    .    , 
TAssedio  dl  Corinto. 

Libella» 

II  montanaro      .    . 
Die  Vestalin 


Colombo* 

Marie 

Hieronimus  Knicker         

Der  Ber^g^eist 

II  pirata 

Iphigenie  in  Tauris 

Die  Stumme  von  Portici    .    .    . 

Gli  arabi  neue  gallio 

Der  Vampyr 

Der  Bergmönch* 

Der  rosenfarbene  Geist 

Der  Alpenkönig  u.  d.  Menschenfeind 

Die  Braut 

Fra  Diavolo 

La  Ötraniera .    . 

Teil  I.  Abth./  ,.     ,  ,,,  ,  x 

Teil  II  Abth  [  (^"cl.l  Mal  zusammen) 

Faust 

Die  Felscnmühle* 

Das  Mädchen  aus  der  Feenwelt  .  . 
Das  Gastbaus  zum  goldenen  Löwen 
Der  glückliche  Zufall 

I  capuletti  ed  i  Montecchi  .  . 
Der  Templer  und  die  Jüdin.    . 

Der  türkische  Arzt 

Der  hundertjährige  Greis 

Der  lustige  Schuster 

II  Rinegato* 

Das  Fest  der  Handwerker 

Doctor  Faust's  Mantel 

Salvator  Rosa* 

Zampa 

Das  Schloss  Candra 

Der  Hausirer 

Des  Falkners  Braut 

Saul* 

Der  Tambour  Rataplan 

Des  Adlers  Horst 

Der  Kalif  von  Bagdad 

Ferdinand  Cortez 


3 
2 
2 
8 

2 
3 
2 
3 
2 
4 
5 
2 
3 
3 


Mus.  arrang.  y.  Mayer  .   .     1 

Mus.  V.  Rossini j  10 

Theophania,  Ms.  v.Reissiger  9 
Mus.  V.  Mercadaote  ,  .  .\  % 
n.  d.  Franc,  v.  Seyfried,  Mm. 

V.  Spontini j  39 

Mus.  V.  Morlacchi  ....  6 
n.  Plenard,  Mas.  v.  Herold  S 
Mus.  V.  Dittersdorf.  .  .  .|  4 
Mus.  V.  Drechsler  .    .    .   .11 

Vic.  Bellini |    7 

Mus    V.  Gluck I  18 

n.  Scribe,  Mns.  y.  Aaber .  146 

S 

a 


Mus.  V.  Paccini ; 

Heigel,  M  us.  y.Lindpaintncr 
Miltitz,  Mus.  V.  Wolfram  .  3 
2iMeisl,  Mus.  v.  W.  Müller  .  18 
3F.Raimuud,Ms.v.W.MäUor  12 
.sin.  Öcribe,  Mu.s.  v.  Auber  3 
3|n.  Öcribe,  Mus.  v.  Auber  .    72 

2  Mus.  V.   Vic.  Bellini   ...    14 

2|Mus.  V.  Rossini '17 

2iMu8.  V.  Rossini 17 

Bernard,  Mus.  v.  Spohr      i    4 

V.  Miltitz,  Mus.  V.  Reissiger     5 

ö  F.RaimundjMus.v.Drechsler  29 

1  Mus.  V.  S<\vfried 1 

1  n.  d.  Franz.,  Mus.  y.  Kummer  1 
4! Mus.   V.  Vic.   Bellini   ...    61 

3  Wohlbiück,M8.v.Marscbner  68 
1  In.  d.  Frz.,  Mus.  v.  B.v.Miltit?     S 

1  L.  Angely 11 

2  Mus.  V.  Paer 4 

4  Mus.  V.  Morlacchi  ....     4 

1  Angely 18 

2lBäuerle,  Mus.  y.  W.  Müller     4 

2  Burmeister  Lyser,   Mus.  v. 

Rastrelli 6 

3  n.  Melesville,  Mus.  v.  Herold  19 
3  Mus.  V.  Wolfram  ....  5 
3 In.  d.  Frans.,  Mus.  y.  Onslow  4 
3  Wohlbrück,  Ms.v.Marschner  7 
3'Mus.v.  Borrom  aus  V.  Miltitz  4 
In.  d.  Franz.  v.  Pillwitz  .  14 
3  Holtei,  Muf».  v.  Glilser  .  .  «'• 
1  n.  d.Franz.,  Mtis.  y.Boieldiea  3 
3  n.  d.  Frans.,  Mus.  y.  Spontini  5T 


—    643    — 


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Name   des    Stttcks. 


Name  des 
Verfassers  u.  Bearbeiters. 


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9  3 
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RobertderTeufel  (incl.2  it.  Vorst) 

Anna  Bolena 

Das  Nachtlager  von  Oranada    .    .    . 

Lompaci  Vagabundas 

Aline,  Königin  von  Oolconda    .    .    . 
liUdovico 


La  donnambnia 

Die  Siegesfahne 

Ali  Baba 

Aloise 

Tnrandot* 

Norma  (iUl.) 

Lestocq 

List  and  Phlegma 

Die  beiden  Hofmeister  .  .  . 
Der  reisende  Student  .... 
Das  Königreich  der  Weiber  . 
StaberFs  Reiseabentener*    .    . 

Bertha  v.  Bretagne 

Das  eherne  Pferd 

Titas 

Die  Belagerang  von  Corinth . 

rElisir  d'amore 

Der  Condottiere* 


Zu  ebner  Krde  und  erster  Stock 
Die  Braut  aus  Pommern     .    .    . 

Der  alte  Feldherr 

Der  Pantoffelmacher  etc.     .    .    . 

Die  Versuche 

Die  Ballnacht 


Des  Schtusplelers  Morgenstunde  . 
Die  weiblichen  Drillinge     .    .    .    . 

Herr  Hector 

Das  Liederspiel 

Ein  Achtel  vom  gössen  Loose.    . 

Der  Zweikampf 

Figaro's  Hochscit 

Die  Jüdin 

Der  Verschwender 

Die  beiden  Schützen 

Die  beiden  Nachtwandler  .... 
Der  Pole  und  sein  Kind  .... 
Fröhlich 


5  n.  Scribe  u.  Delavigne,  Mus. 

V.  Meyerbeer 

2  Mus.  V.  G.  Donizetti      .    . 

2  Fr.  Kind,  Mus.  v.  Kreutzer 

3  Nestroy,  Mus.  v.  W.  Müller 

SBKuerle 

2  n.    St    Georges ,     Mus.    v. 

Herold  u.  Halevy    .    .    . 
2  Vic    BelUni 

1  Ms.  V.  Prinz.  Amalia  V.Sachs. 

4  n.Scribeetc.  Ms.  v.Cherubini 

2  Holbein,  Mus.  v.  L.  Maurer 

2  Mus.  V.  Reissiger    .... 

2Bollini 

4.n.  Scribe,  Mus.  v.  Anbor  . 
1  Angely 

1  Angely 

2|L.  Schneider 

2:  F.  Gen^e,  Mus.  v.  Kugler  . 

3  C.  Leonhardt,  Ms. v.RastrelU 
3  n.  Scribe,  Mus.  v.  Aub<>r  . 

2  Mus.  V.  Mozart 

3  Mus.  V.  Rossini 

2  Mus.  V.  G    Donizetti      .    . 

2  Prinz.   Amalia  v.  Sachsen, 

Mus.    V.  Borr.  v.  Miltitz 

3  Nestroy,  Mus.  v.  W.  Müller 
1  n.  Kotzebue,  v.  Angely  .    . 

1  V.  Holtei 

2L.  Both,  Mus.  V.  Kugler  . 
1;L.  Barth 

5  n.  d.  FranzÖK.  v.  Seyfri<»d, 
I     Mus.  V.  Auber     .... 

l|v.  Holtei 

1  V. 


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V. 


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1 
3 
1 
1 
1 
8 


Holtei 

Holtei 

liv.  Holtei 

l'v.  Holtei 

8  n.  d.  Französ.  v.  Herold   . 

4  Mus.  V.  Mozart 51 

5n.  Scribe,  Mus.  v.  Halevy  28 
3  Raimund,  Mus.  v.  Kreutzer  27 
3, Mus.  V.  Albert  Lortzing  .  17 
2  Nestroy,  Mus.  ▼.  W.  Müller      2 


r Albert  Lortzimr 

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den.  Auf- 
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1 

Beatrice 

Der  Postillon  v.  Lonjameau 

J.  Puritani 

Die  Jagd 

Der  Vampyr 

Die  Hugenotten.    .    ..... 

Orpheus  und  Eurydicee 

Ein  Besuch  in  St.  Cyr 

Der  Affe  und  der  Bräutigam  .  . 
Glück,  Missbrauch  und  Rückkehr 
Julerl,  die  Putzmacherin    .... 

Tancred  (deutsch) 

Das  Schloss  am  Rhein* 

Zum  treuen  Schäfer 

Czemy-Georg* 

Die  Neuvermählte* 

Der  Diamant  des  Geisterkönigs    , 

Parisina 

Die  Seeräuber 

Der  Brauer  von  Breslon  .... 
Der  Schwur  oder   die  Falschmünzer 

Macbeth 

Czar  und  Zimmermann 

Guido  und  Ginevra 

Das  Testament  eines  Schauspielers. 
Die  verhängiiiss volle  Faschingsnacht 
Die  Sängerin  und  die  Näherin  .    .    . 

Die  Puritaner  (deutsch) 

Graziosa 

Mittemacht 

Der  Schatten  des  Ehemannes    .    .    . 

LucreziaBorgia 

Vorurtheil  und  Last 

Der  Talisman 

II  giuramento 

Dienstbotenwirtbschaft 

Der  Liebestrank  (deutsch)  .... 
Ijuciadi  Lammermoor  .  .  . 
Schreckensnacht  auf  Falkenstein  . 

Belisario 

Das  Marmorherz 

Die  Rückkehr  ins  Dörfchen  .    .    . 

xVdelo  de  Foix* 

Der  Guitarrenspieler    ...... 

Die  Auswanderer  nach  Paris     .    . 

Gabriele  di  Vergy  (ital.) 

Norma  (deutsch) 


Name  des 
Verfassers  n.  Bearbeiten. 


2 
o 
3 


5 

2 

2 

3 

3 
o 

2 


8  Mus.  V.  Wolfram    .... 
3  n  d.  Franz.,  Mus.  t.  Ad.  Adam 

3  Mus.  Y.  Bellini 

3  Weisse,  Mus.  t.  UiUer  .  . 
Wohlbrück,Ms.T.Marschner 
n.  Scribe,  Mus.  t.  Meyerbeer 

Mus.  V.  Gluck 

SiBauemfeld,  Ms.  v.  Deasauer 
3  Nestroy,   Mus.  v.  G   Ott  . 

F.  Nestroy 

Meisl,  Mus.  v.  A.  Müller  . 

Mus.  ▼.  Bossini t 

Jul.  Otto ! 

n.  Scribe,  Mus.  t.  Adam  .' 

C.  V.  Miltitz 

n.  d.  Franz. ,  Mus.  v.  Rastrelli 

2  F.  Raimund 

3  Mus.  V.  Donizetti    .... 

2  Cosmar 

3  n.  d.  Franz.,  Mus.  v.  A.Adam 

3  n.  Scribe,  Mus.  v.  Auber  . 

4  n.  d.  Frz.,  Mus.  v.  H.Chelard 
3|Alb.  Lortzing 

5  n.  Scribe,  v.   Halevy  .   .   . 

1  Hilarius 

3  J.  Nestroy,  Mus.  v.  A. Müller 
3  Angely 

Bellini 

Dotzauer  .    .    . 
IL  Chelard  .   . 
Cantal    .... 
G.  Donizetti 


3 
3 


V. 
V. 
V. 
V. 
V. 


Mus. 

Mus. 
3  Mus. 
llMus. 

2  Mus. 

i! 

3  J.  Nestroy,  Mus.  v.  A.  Müller 
3;  Mus.  V.  Meicadante  .  .  . 
2. Kaiser,  Mus.  v.  ilebenstrelt 
2  Mus.  V.  G.  Donizetti .  .  . 
3! Mus.  ▼.  G.  Donizetti .    .   . 

2  nÄngely,vW.Emden(Räder) 
3|Mus.  V.  G.  Donizetti  .  .  . 
3,  Haffner,  Mus.  v.  A.  Müller 
I.C.Blum,  Mus.  V.  Weber  . 
4|R.  Blum,  Mus.  v.  Reist^iger 

3  n.  Scribe,   Mus.  v.   llalevy 

S^Bäuerle 

3  Mus.  Y.  Mereadante  .  .  . 
2'Mus.  y.  Bellini 


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—    645    - 


der  1.  Aaf- 
fflhrarg. 


Name   des   Stücks. 


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Name  des 
Verfassers  u.  Bearbeiters. 


42 


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Sylphide 

Casanova 

Riensi*  (ine),  der  Theil  Vorstellungen) 
Einen  Jux  will  er  sich  machen  .  . 
Der  fliegende  Holländer*    . 

Der  Gemahl  pro  forma 

Der  Weltumsegier  wider  Willen  . 

Armide 

Dr.  Fan8t*s  PlanskXppchen     .    .   . 
Linda  di  Chamounv  {ital.) .... 

Luigi  Rolla 

Wilhelm  Teil  (deutsch) 

Othello  (deutsch) 

Der  Wildschütz 

Hans  Heiling 


b 
6 


24 
21 


Regimentstochter 

Don  Quixote 

Die  Verlobung  vor  der  Trommel . 
Die  yerhängnissvoUe  Omelette  .  . 
Lorenz  und  seine  Schwester  .    .    . 

Der  Zerrissene 

Der  schwarze  Domino 

Köck  und  Guste 

Don  Pasquale 

Bianca  und  Gualtiero 

Des  Schauspielern  letzte  Rolle  .   . 
I>ie  Geheimnisse  von  Krähwinkel* 
Kaiser  Adolph  von  Nassau    .    .    . 
Lucrczia  Borgia  (deutsch)  .... 

Johanna  d*Arc 

Ein  Traum  in  der  Christnacht*  . 
Der  artesische  Brunnen*    .... 

Die  Favoritin 

Alessandro  Stradella 

I>octor  und  Friseur 

Unverhofft 

Der  Zauberschleier 

Tannhäuser*    

Die  vier  Haimonskinder     .... 

Die  Erlenmühle 

Jery  und  Bätely* 

Alceste 

Die  verwunschene  Prinzessin    .    . 
Capuletti  und  MonUscchi  (deutsch) 
Die  Nachtwandlerin  (deutsch)    .    . 
Johann,  der  muntere  Seifenaieder 


2  Th.  Krones 2 

3  Alb.  Lortzing 4 

5  Richard  Wagner     ....  60 

4  Nestroy 8 

3  Richard  Wagner  ....  4 
2|  1 

4  V.  W  Emden  (G.  Räder) .  63 
5jGluck 22 

3  Fr.  Hopp,  Mus. v.Hebenstreit  18 
S'Mus.  V.  G.  Donizetti  ...  4 
3'Federigo  Ricci 2 

4  Mus.  V.  Rossini 19 

3  Mus.  V.  Rossini 1 

3  Mus.  V.  Alb.  Lortzing  .  .  36 
4;E.    Devrient,   Mus.    v.    H. 

I     Marschner 12 

2  Mus.  V.  G.  Donizetti ...  72 

4G.  Räder 7 

3n.  d.  Französ.  v.  Told  .    .1  2 

1  Beckmann,  Ms.  V.H.Schmidt  4 

1  n.  d.  Franz.  v.  Friedrich  .  16 

3,J.  Nestroy 8 

3  Scribe,  Mus.  v.  Anber  .    ,  |  8 

1  n.  d.  Franz.  v.  Friedrich  .  2 

3  Proch,  Mus.  v.  Donizetti  .  {  2 

2  Grünbaum,  Mus.  v.  Swoff  8 
3:Kaiser ■  2 

4  G.  Räder i  l 

4, Mus.  V.  Marschner.    .    .    .'  4 

3  Mus.  V.  Donizetti    .    .    .    .<  38 

6  Prechtler,    Mus.  v.  Hoven  8 

4  Mus.  V.  F.  Hiller    ....  4 

4G.  Räder '64 

4'Scribe|  Mus.  v.  Donizetti.)  9 

s'Mus.  V.  Flotow I  69 

2  Kaiser '22 

3' Nestroy,  Mus.  v.  A.  Müller'  4 

Told,  Mus.  V.  E.  Titl    .    .!  37 

Richard  Wagner I  48 


3 
3 

3!Mus.  V.  Balfe I    6 

1 

1 

8 

12 

25 

16 

1 


1  Berger,  Mus.  v.  Philipp 
1!  Goethe,  Mus   v.  Lecerf 

8  Gluck 

o.  d.  Franz.  v.  G.  Räder 
Mus.  V.  Bellini    .... 
3  Mus.  V.  Bellini    .... 
2! Freimund  Volkmar.   .    . 


4 
4 


—    646    — 


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der  I.Auf- 
Ahrung. 


Name   des   Stücks. 


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Name  des 
Verfassers  a.  Bearbeiters. 


1 


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8 
8 
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2 
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16 

16 
7 

14 
8 

30 
7 

18 
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Perrticke  und  Musik  .... 
Der  Schiffbruch  der  Medusa* 
Der  verkaufte  Schlaf  .... 

Graf  ßuckskin 

Der  Waffenschmied 

Die  Musketiere  der  Königin  . 
Jupiters  Reiseabenteuer  .  .  . 
Iphigenia  in  Aulis    .    .    . 

Dichter  und  Bauer 

Wer  isst  mit? 


Herr  Purzel  in  Spanien 

Ein  Stündchen  in  der  Schule    .    .    . 

Mary,  Max  und  Michel 

Die  Reise  nach  der  Bastei 

Baron  Beisele  und  Dr.  Eisele    .    .    . 
Der  Knrmärker  und  die  Picarde  .    . 

Conradin* 

Der  versiegelte  Bürgermeister    .    .    . 

Dom  Sebastian 

Kiselack* 

Martha 

Die  weibliche  Schildwache     .    .    .    , 

Emiliens  Herzklopfen 

Stadt  und  Land 

Prinz  Eugen 

Einmalhunderttausend  Thaler    .    .    . 

Guttenberg 

Die  Schule  der  Armen 

Die  Engländer  auf  Reisen 

Die  Weiber  im  Harnisch 

Indienne  und  Zephirien 

Die  Königin  von  Leon 

Unter  der  Erde 

Der  Gott  und  die  Bajadere    .    .    .    . 

Hernani 

Die  heimliche  Ehe  (deutsch) .    .    .    , 

Der  Alexandriner 

Der  Zigeuner 

's  letzti  Fensterli 

Gibby  

Eisele's  u.  Beisele's  Errungenschaften* 
Die  Rückkehr  des  Landwehrmanns  . 

Der  Prophet 

Paris  in  Pommern 

Mönch  und  Soldat 

Eulenspiegel 


1 
4 
3 
3 
8 
3 
4 
8 
8 
1 


3 
1 
1 
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2 
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5 
2 
5 
4 
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1 
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2 
4 
2 
1 
2 
1 
3 
3 
1 
5 
1 
3 
4 


J.  Müller 2 

Mus.  y.  Reisüger    ....    9 
C.HaffheryMas.vHebenstreit   6 

G.  Räder .  11 

Alb.  Lortzing 20 

Mos.  V.  Halevy  ....    4 

G.  Räder 5 

Glack |U 

Elmar,  Mos.  v.  8upp6  .   .    ^ 
n.  d.  Franzöz.  d.  DesaagierJ 
von  W.  Friedrich    .   .  .|25 

G.  Räder |27 

n.  Locroy 5 

C.  Blum S 

G.  Räder ;  S 

n.  Feldmann '  l2 

Schneider      '53 

Reinick,  Mus.  v.  F.  Hiller.  * 
Bürkner,  Mus.  v.  H.  Schmidt  1 
Mus.  v.  G.  Donizetti .    .   .    ^ 

G.  Räder i   7 

F.  v.  Flotow 73 

n.  Lemoine,  v.  Friedrich  .|  7 

I 

F.  Kaiser '5 

G.  Schmidt 8 

Dr.  Kaiisch,  Mus.  v.  Göhrig  3 
Prechtler,  Mus.  v.  Fuchs  .    3 

F.  Kaiser l3 

Elmenreich ^ 

C.  Töpfer 4 

n.  d.  Franzöz 13 

n.  Scribe,  Mus.  v.  Boisselot  '^ 
Elmar,  Mus.  v.  SuppS  .    . 
n.  Scribe,  Mus.  v.  Auber . 
Mus.  V.  J.  Verdi     .... 
Mus.  V.  Cimaroea    .... 

Genrebild,  1  Act 

Fr.  Kaiser , 

J.  G.  Seidl 1» 

n.  d.  Frz.,  Mus.  v.  Clapiston  * 

G.  Räder 6 

A.  Cohnfeld 3 

Mus.  V.  Meyerbeer.    .    .   .  S7 

L.  Angely 2 

F.  Kaiser 3 

J.  Nestroy 10 


14 

1 

9 

U 


—    647    — 


dar  1.  Anf- 
Whranf. 


Name   dos   Stücks. 


S 

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Name  des 
Verfassers  u.  Bearbeiters. 


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110  29 
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54 


55  \ 


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2 
3 

4  12 

5  28 

7  29 

8  19 
9 


7 


Die  ZiUertkaler 

Zfirei  Herren  und  ein  Diener.    .    .    . 
Das  Versprechen  hiuterm  Heerd  .    . 

Der  Dumme  hat^s  Glück 

Nabucodonosor 

Beppo  und  Gaste 

Lucia  di  Lammermoor  (deutsch)    .    . 

Wenn  Leute  Geld  haben 

Wer  zuletzt  lacht  etc 

Die  Grossfürstin 

Gervinus 

Mein  Freund 

Die  letzten  Tage  Pompeji's*.    .    .    . 
Wie  bezahlt  man  die  Miethe?    .    .    . 

Eine  Berliner  Grisette 

Des  Teufeh)  Antheil 

Ein  Abenteuer  Carl's  11 

*s  Lorle 

Gute  Nacht,  Herr  Pantalon    .    .    .    . 
Die  Jagd  nach  dem  Strohhut    .    .    . 

List  und  Dummheit 

Der  Reichthum  des  Arbeiters     .    .    . 

Hinüber,  herüber 

Peter'»  Brautfahrt 

Auginctta 

Linda  von  Chamounix  (deutsch)   .    . 
Drei  Jahre  nach  dem  letzten  Fensterl* 

Nur  Wahrheit 

Das  erste  Busserl 

Der  Freiherr  als  Wildschütz .    .    .    . 

Die  Nürnberger  Puppe        

Die  Opemprobe 

Die  lustigen  Weiber  von  Windsor   . 

Jeanette *8  Hochzeit 

Idomeneus 

Ein  Hauit  von  vier  Stock*    .    .    .    . 

Die  Wiener  in  Paris 

Signor  Pescatore 

Die  Kruudiamauten 

Sennora  Pepita  etc. 

Der  Nordstern 

Aladin  oder  die  WunderUmpe*    .    . 

Abenteuer  Pepita *8 

Vetter  Flausing 

Silvana 

Das  Lager  von  Mazlak 

Eine  Posse  als  Medicin 


NesmUllcr 

Friedrich,Mus.v.Stiegmann 

Alex.  Baumann 

Alois  Berla 

Proch,  Mus.  V.  Verdi  .  .  . 
C.  Strauiero  (G.  Bäder).  . 
Mus,  V.  Donizetti  .  .  ,  . 
Weihrauch,  Ms.v.  Hauptner 

Fr.  Kaiser 

Birchpfeiffer,  Ms.  v.  Flotow 

Alois  Berla 

Nestroy 

Dr.  J.  Pabst,  Ms.  v.  A.  Pabst 

O.  Guttmann 

O.  Stola 

Scribe,  Mus.  v.  Auber  .  . 
Mosenthal,  Mus.  ▼.  Hoven 

J.  Ch/  Wages 

o.  Locroy  und  de  Morvan 
n.  d.  Frz.  v.  C.  Juin.  .  . 
FeldmamifMus.  ▼.A.Müller 
n.  d.  Fr».  ▼.  J.  Schuselka  . 

Nestroy 

L.  Günther 

G.  Räder 

Donizetti 

Seidl  und  Stein 

G.  Rüder 


Holtei 


2  Wulfes  und  RXder  .... 
3,  Scribe,  Miw.  ▼.  Auber  .  . 
1  R.  Hahn 

3  Scribe,  Mus.  v.  Meyerbeer. 

3  G.  RÄder 

1  A.  Bahn,  Mus.  v.  Conradi . 
3  A.Weihrauch,M.Stiegmann 
3  Mus.  ▼.  C.  M.  V.  Weber  .  . 
3  G.  Räder  und  Gottwald  .  . 
3iF.  Kaiser,  Ms.t.  Hebenstreit 


15 
1 

26 
3 
4 
1 

19 

11 
3 
4 
4 
2 
6 
2 
1 
3 
2 

16 

29 
2 
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1 
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4 
5 

15 
5 
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1 
1 

41 
1 

17 
3 

19 
3 
3 
8 

20 

35 
2 
2 
4 
7 
6 


-     648    — 


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Name  des   Stücks. 


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Verfassers  u.  Bearbeiters.  % 


66 


67 


58 


59 


1 
1 
2 
5 
6 
9 
2 
6 
8 
8 


1 
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5 
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22 
19 
24 
14 

5 
26 


10  29 

1  17 
2,10 
216 
6'20 


30 

MW 

5 


60 


61 


7 

9 
11 
12|27 

1  -21 
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2 

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8|  6 

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11  27 

1 

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3 

23 

7 

26 

1 

12 

3 

9 

6  24 

7  24 

8  31 

9 

14 

Der  Goldschmied  Ton  Ulm.    .   . 

Santa  Chiara 

Robert  und  Bertram* 

Die  Frau  Wirthin 

Ein  modemer  Fanst 

Cosi  fan  tntte  (deutsch)     .    . 

Der  Actienbudiker 

Er  macht  sich  unangenehm    .   . 

Prinz  Honigscbnabel 

Der  Schmied  von  Gretna-Greon 

Dr.  Peschke 

Agnes 

Das  Stelldichein* 

Drei  Schwestern* 

Ein  gebildeter  Hausknecht    .    . 

Hans  und  Hanne 

List  um  List. 

Judith 

Berlin,  wie  es  weint  und  lacht. 


Die  schöne  Ruhlaerin 
Diana  \ni  Solange  . 


Die  Verlobung  bei  der  Laterne.  .  . 
D.  Barometermacher  auf  d.  Zauberinsel 
Ein  ungcschliftener  Diamant.    .    .    . 

Lohcngrin , 

Das  Mädchen  von  Elizonda   .    .    .    . 

Der  Maschinenbauer 

Dinorah  

Einer  von  unsre  Leut' 

Der  Troubadour 

Orpheus  in  der  Unterwelt 

Die  Dorfsängerinnen  (deutsch)  .    .    . 

Der  Schauspicidirector 

Der  Gemahl  vor  der  Thüre    .... 

Margarethe 

Die  Lieder  des  Musikanten    .    .    .    . 


3  Mosenthal,  Ms.Y.Marschner '  12 
8  Ch.  Birch-Pfeiffer    ....    4 

4  G.  RÄder 30 

3  Kaiser,  Mus.  y.  Binder  .  .    6 

4  Trautmann  und  Gen^e  .  .    5 

2  Mus.  Y.  Mozart 10 

3  Kaiisch  u.  Conradi.  ...  3 
3Jnin,  Mus.  y.  Stolz    ...    3 

3  C.  A.  Görner 13 

2  Alb.  Elmenreich '4 

1  Kaiisch,  Mus.  y.  Conradi .  10 

4  C.  Krebs   .    .• '7 

lO  G.Räder, Mus.  y.W. Fischer  12 

3  G.  R&der 6 

1  D.  Kaiisch 17 

1  n.  Lopez,  Mus  v.Stiegmann  15 
1  n.d.Franz.,Ma8.  Y.Schimon  3 
3  E.  Naumann 4 

3  O.  Berg  u.  Kalisch,  Mus.  v. 

Conradi lö 

1  Jul.  u.  C.  Eberwein  ...  2 
Prechtler,  Ms.  v.  Herz.  Em*t 

zu  Sachsen 5 

1  a.  d.Fr.,  Mu«.  v.  J.  Offeubach   13 

4  F.  Raimund 5 

ijn.  d.  Engl 3 

3R.  Wagner 19 

1  n.  d.Fr.,  Mus.  v.  J.  Offenbacli  3 
3  A.  Weirauch,  Mus.  v.  Lang  14 
3iMu8.  Y.  Meyerbeer  ....  20 

3  Kaiisch,  Mus.  v.  Conradi  .  15 

4  Proch,  Mu8.  v.  Venu.    .    .    5 

4  Cremieux,Mu8.  v.Oflfcnbacli   2ö 

2  Mus.  v.  Fioravanti.    .    .    . 

1  Mus.  V.  Mozart 

l|Mus.  Y.  Offenbach  ... 
4;  Mus.  V.  Gounod  ..... 

5  Rud.Knei8el,M8.v.Gumbert 


a 

3 
9 
3 


Anmerkung.    Die   hier  zuerit  cur  AuffDbninfr  gelanfrtcn  ßtOcke  »ind,  toweit  licb 
cllesell'cn  (iberbaupt  ermitteln  Hessen,  mit  einem  *  bezeichnet  wordeu. 

Znsaminenstellung. 

1)  Trauerspiele 7     ...  103 

2)  Schauspiele 29t5 

3)  Lustspiele  und  Possen 574 

4)  Opern 4S9 


Zusammen  1412. 


Yerzeichniss 

des  Personals  der  Oper  und  des  Schauspiels  des  KOnIgl. 

Hoftheaters  zu  Dresden 

vom  1.  October  1816  bis  1.  Januar  1862. 


L    Deutsches  Theater, 
a.  Regie. 

entb.  s=  enthoben ;   entl.  =  entlassen  ;  entw.  sr;  entwichen ;   gett. 

pen«.  =  penslonirt. 


gestorben ; 


Ernannt:  i 
1815  Oct.  1.1 
1824  Dec.  10. i 
„  18. 
1826  Jan.  1. 
1829     „        1. 


Juli      1. 

1^<31  Aug.  16. 

I 

1832  Juni     1. 

1833  Jan.  1. 
1844  Juni     1. 

1846  MKrz    1. 

1847  Juni  1. 
lS49Aug.  1. 
1850  April  17. 

l8:»2Febr.  1. 
]8:>r>.luli  1. 
lH57  0tt.      1. 

:  858  Jan.  1. 
Febr.  1. 
Mai      1. 


Friedrich  Hellwig,  8ch.  u.  8.    .    . 

Friedrich  Buimeister,  Seh.     .    .    . 

Louis  Pauli,  Seh 

Clemens  Remie.  Seh 

Louis  Pauli,  Seh.,  vom  1.  Juli  1829 
nur  für  das  Schauspiel,  vom  16. 
August  1831  auch  fUr  das  Sing- 
spiel, vom  1.  Jan.  bis  I.Juni  1832 
auch  noch  für  die  Oper  .... 

Dr.  Wagner,  Seh.,  für  die  Oper   . 

Friedrich  Werdy,  ScK,  für  Schau- 
spiel u.  Singspiel 

Wilhelm  Fischer,  Seh.  ü.  S.,  für 
die  Oper 

Carl  Dittmarsch,  Seh.,  f.  d.  Schausp. 

Eduard  Devrient,  Seh.,  Oberregis- 
scur 

Kduard  Winger,  Seh.,  f.  d.  Schausp. 

M.  H.  Schmidt,  für  die  Oper     .    . 

Carl  Quantor,  für  das  Schausp     . 

Friodr.  Rottmeyer,  Seh.,  f.  d.  Schau- 
spiel      

Kduard  Winger 

Wilhelm  Fischer,  Chordir.  f.d.  Oper 

Gustav  Räder,  Seh.  n.  S.,  f.  Posse, 
Vaudevillc  u.  komische  Oper 

Pogumill>nwiHon,Sch.,f.d.8chauMp. 

Aug.  Gerstorfer,  Seh.,  f.  d.  Schausp. 

Max  Schloss,  S.,  für  die  Oper  .    . 


pens  31.  Oct. 

1826. 

j  enth.  31.  Dec. 

1826. 

;  entl.     I.Juli 

1829. 

enth.  31.  Dec. 

j»     31.     „ 

1832. 
1881. 

»»     31.     ,, 

1832. 

„       I.Juli 

1848. 

„     31.  Dec. 

entl.     l.Ang. 

„       I.Juni 

1     „     31.  Dec. 

1846. 
1849. 
1860. 
1856. 

entl.     l.Oct. 
enth.  31.  Dec. 
1     ,,     81.     „ 

1853. 
1857. 
1858. 

.  entl.     7.  Juli 

1860. 

b,  Schangpi«!  ud  Oper. 


BSKuberg 

8ch. 

pens.    I.April  1819 

J.  0.  B8TCm«nii  .    .    . 
VtAxt  V.  Biedenfeld     . 

a. 

gett     8.  Juli    18S1 

entl.     l.Hai    181^ 

Bruno 

BdL 

„        I.8ept.l81B 

Ytitäi.  BurmeUtet .   . 

geat.  13.Ang.  1851 

Chrüt 

pena.   l.Jnli    1817 

„       I.Juni   1827 

Drewits 

Beb. 

„       1.  Febr.  1821 

Friederike  Drewite.    . 

,,        l.Juni   1855 

Frttul.  Funk     .... 

B. 

entl.     l.JuU    18!7 

Geyer 

Seh. 

geat.  3a  Sept.  1811 

Baffaer 

„     28.  Febr.  181t 

Antonio    Hnnt    (BpSter 

Frau  Dr.  Horack)   . 

S. 

Wtlbelnine  Hartwig  . 

Seh. 

pens.    l.Jnli    ISS* 
spielte     noch    bi> 
1.  Jnni  18*1. 

Hicker 

entL  S9.  Hin  1S17 

B«iUiid 

Friedr.  Hellwig  .    .    . 

Sel.!'a.  8. 

pena.    I.Not.  1Ö5J 

Henke 

8cb. 

„     81.  Dec.    1819 

JoL  HcrrDi,iui.    .    .    . 

entl.  12.    „      1><IT 

1.  October 

Friedr,  Kaiiow  «eo.     . 

peM.Sl.    ,.     1827 

Carl  Kanow  jnn.     .    . 

entl.  16.  Oct.    lei'-- 

KUnzel 

ge»t.  17.  Mai    18!5 

Fra«  Lfich 

entl.  31.  Dec   1819 

JoL  Miksuh     .... 

B. 

.,       3.     .,      182>' 
blieb  Chordirectoi 

Mad.  Mikuch  .... 

gest.         Juni  1834 

Milller 

Seil.  n.  S. 

eutl.  lU.  Mai    1817 

Andr.  Üchinner   . 

Beb. 

pens.    I.Juni   182-^ 

Schröder    

gest.     7.  FebMSlT 

Scbwartz 

eutl     6.  Sept.  1817 

Schiibort  (später  MUIler- 

Ilaclimann)   .... 

Seh.  u.  S. 

gest.    3.  Mai    181» 

Sommerfeld      .... 

Beb. 

peng.    l.Juni   1834 
spieltebis  Mai  1823 

Emilie  Zucker.    .    .    . 

S«b.  u.  B. 

entL     l-Juni   18?' 

Julie    Zocker    (spStere 

Mad.  Baase)    .   .   . 

8. 

gest.    1.    „      ifise 

Zwick 

8cb.  u.  8. 

eutl     I.     „      161» 

Friedrich  JnUns .    .    . 

Beb. 

pens.    1.     „      1833 

FrKuL  Krickebe^  .    . 

entl.     1.     „      1817 

Seh.  u.  S. 

„       1.  JnU     lÖSll 

Blntitraun: 

1816  Dec.     7 

Frau  Kupfer    .... 

Seh. 

„     31.  Dec   1817 

1917  Fobr.   <J 

Wilhelmi 

8ch.  n.  8. 

pena.    l.Juni   18» 

„      20 

Ziügler 

Bch. 

enU.  10.  April  1X18 

r  s 

Heuser 

„     maapt.  1817 

Eduard  Genast    .   .    . 

8ch!'u.ö. 

„     26.  Oct    1817 

„       10 

Simon! 

Bch. 

„     31.  Dec.   1819 
daDD-Tuumeimr 

1817  ä«pt    l.,C.  L.  OeiliQ^HQ.  .   . 

ach.  Q.  b. 

peDs.31.  Dec.   1826. 

Oct      1.  Frau  Kupfer    .... 

geh. 

BDtl.  16.  Oct    181T. 

]818J»n.      1.  FmlLu.  Heine.    .    .    . 

pens.    l.Sepl.  1849. 

„         1.   F.io.lrl>:h  Wordy.    .    . 
„        i.   FriwIftikG  Werdy  .    . 

;; 

„     31.  Dec   184». 

Apiil  IB.  Bd.  Schal« 

S6a    16.  BersI 

entl.   36.     „      1818. 

„        8.  Aug.   1818. 

„      1«.  Aii^Tigto    Tilly     (Bpiter 

1      MaJ,  P«iili)  .... 

gest.  31.  Oct.    1828. 

„      St.  TousEBint 

Seh.  u.  B. 

entl.  24.  Mai     1821. 

1819  J&n.      1.  FriedBrike  Schiimer  . 

ach. 

geet.  31.  Mära  1833. 

„      Se.  Eduard  »i-hiila    .    .    . 

enü.  16.  Oct.     1819. 

April   1.  Aug.  Msyer 

„       1.  April  lö23. 

„        1.  Sophie  M«yer      ... 
Jonl     1.  I.oui*  Pnuli 

gCHt.  18.  Aug.  1830. 

„     28.  Nov.   18*1. 

Sept.    I.Pellet 

„        1.  Fmu  Pellet 

;| 

entl.   I.     „      1819. 

Dec     1.  Book 

„       l.Juui    1820. 

leSOApril    1.  Eduard  Geillng  jim.   . 

peo».   I.Juli     ISas. 

„        1.  Friedr.  Gemttcker.    . 
.,        1.'  M»d.  OorsUcker .    .    . 

s. 

entl.  I.April  1821. 

„     SO.  C.  F.  BaudiuB    .   .   . 

8d>. 

„       l.Oct.     1820. 

b. 

„      I.Juli     18-21. 

„        I.  RjB»Uc  Wagner  .    .    . 

ach. 

„       l.Sept.  1826. 

1.  CaroUiii:  Willmauii.    . 

b. 

„       l.UKrz  1823. 

Oct.      I.  F   O.   Killer        .    . 

Seil.  u.  a. 

peii3.  81.  Dec.  1841. 

.,      16.   Kdiiar,l  tl.i.iMus     .    . 

Sob. 

entl.     l.Oct.    1821. 

1821  April    1.  Cari  Unzelmaon  .    .    . 

Seh,  u.  S. 

„       1.  Nov.   1823. 

„       1.  Fraa  Untelmano    .   . 

Jnli      1.  Oirtner,    T«n»mel«tet  u 

1 

bUh. 

„  1828,  aUTauE- 
meiiter  aber  noch 

beLbohalteu. 

„      1  [i.niii 

Seh.  u.  S. 

gut.  1821. 

äcpt.  20.1  Carl  Haaa 

Seh. 

entl.     1.  Sept.  1823. 

Dec.     1.  Carl  Dovrieiit  .   .   .    . 

Scb  u.a. 

„       I.April  18S4. 

1821  Mai      1.  Krau  v.  d.  Klogeo  .    . 

„       1.  Nov.   1624. 

». 

peil».  I.Mal  1837, 
itangnochl>iilS48. 

ach. 

enU    l.Oct.    1883. 

1.  Frani  Siebert  .... 

ach  H.a 

„     30.  Sept.  1853. 

Not.     1.  Looi»  Toumy  .... 

s. 

„    31.  Dec.    1824. 

lS2SU>ra    1.  Carl  Biwe 

Sch.  u.  S. 

„       l.ücl,    1828. 

April    1.  Withelmine  SchrOdw 

i      (»püter  Mad.  SohrOder 
1     Devrient) 

a. 

entl.     I.Jan.    IB.SO. 

Oct.      l.lAugoat  Miiyer.    .    .   . 

äch. 

g»t.  31.  mn  1829. 

Dec.      l.jJob.  Htmnluiti    .    .    . 

entl.     I.Mai     1824. 

18UJ*n.      l.iUinricIi  iltrohmeyer . 

Sch.  u.  a. 

„       l.Nov.   1824. 

April    1.:  ^-ranciaka  MilloT     .    . 

Scb. 

„       1.  Dec    1826. 

Aug.     ].  Gu«Uv  llcui'o     . 

„       1.  Aug.  l8Sr,. 

Oet      1.1  W    Vogel              .    .    . 

„       1.  Not.    1824. 

18S5IUn    1.  J.  ü.  7.  ZMhis.   .   . 

i 

„      1.  Mai     1S2S. 

Juni    1.  Friedrich  Batuw    .  . 

„       ß.Auf.   185«. 

1836  Oct.      1. 


ISEÖ  Jan. 
Febr. 

Ang. 


Albert  v.  BSlime 
,.  JiJÜe  Gl*r    ,    . 
..  Ernst  Pollack  . 
.  Carl  Becker,   . 
..  Minna  Kuppert 
.  Carl  Uernnana 
..  Clemena  Remie 
..  Ed,  Detroit  .    . 
.  Carl  HaAa.    .    . 
.  Friedrich  GenSe 
.  Vinceiu  Rosenfeld 
1897  Jan,      1.  Sabice  Bamberger 
„        1.  Eva  Bamberger  . 
April    ].  Antoinette  Fournie 
Mai      1.  Ed.  ClausiuR    .    . 
„        1.  Ed.  Pabk«    .    .   . 
Juni     ].  Michael  Wflcht«T 
„        1.  Therese  Wäohtor 
Oct.      1.  Anton  Babnlgg    . 
Nov.     ].  HitnB  Kristfl     .   . 
leseJan.     1.  Julie  CtauBins.   . 
April    1.  Marianne  Müller . 
Mai      1.  Elise  MevLiis    . 
„        1.  Ed.  Menilbert  .    . 
„        1.  Mannstedt  (eißentl. 

inJinn)    .... 

„        1.  Max  KapoB  .    .    . 

Oct.      ].  Ag^nea  SchebeHt   . 

1829  Jan.  l.|  Dr.  Wngner.  .  , 
April  1.1  Emilie  Huber  .  . 
Hai  l.|CnTl  R<snc  .  .  . 
Juli  l.iFerdin.  PiHwit»  . 
Sept.  IS.  Nanny     Herold     (Bpüter 

Mad.  MitlenrarKer) 
Oct,      I.'C.  F.  Baudiuii.    . 

1830  Febr.  J.l  Sutorins  .... 
Blai  I.!Willielm  Grohmai 
Oct.  ].  fioptiie  Lempko  . 
Dcc.      I.  Karoliue  Rappolt 

la:]]  Jan.      I.j  Kerd,  titein  .    .    . 

Febr.  IT.i  Walker 

„      17.' Frau  Walker   .    . 
April    1.;  Emil  Devrient    . 


Beb.  u.  8. 

1.' Mathiaa  Sclintiter 
l.l  Clara  HiTBcbniailn 
I.  Frsneiaka  Berg  . 
1.1  Marie  Hotmann  . 
l.'Wilh.    SchrHder-DeTTient 

Alfonso  ZeKi,  Ei,  .    .  t  vorb.  beider 
8.  t    11 


Sept. 
1832  Jan. 


1.  Giovanni  Veatri,  G 


ital.  Oper. 


entl.    l.Oct.  mo. 

„       1.     „  18*<h 

„       l.Sept  183L 

„       l.Jani  183«. 

„     1.  Juli  isse. 

„       1.  Juli  lei». 

„       1.  Hai  im. 

„       l.Jnni  183T. 

„       I.Hai  1838. 

„       1.     „  183*. 

j  entw.  26.  Jnli  18». 

entl.  Sl.  Dec.  1839. 

„       l.Jnii  182fl. 

„       l.Oct.  1S21. 

gest.  S6,  Hai  1853. 

peoB.    1.  Jani  1861. 

entL    ],  April  1811. 

pena.   1.  Hai  IStT, 

entl     1.  Ang.  ISSÄ 

„       I.Oel.  IMS, 

„       1.  Dee,  1833, 

„       I.Juni  IS.'», 

„     16.  Oct  1838 

„       I.Mai  lanO. 

„       1.  April  I8S3. 

,.    31.  Dec.  IMl. 

„     31.     ,.  18N, 

pen«.   l.Juni  l^Sö. 

entl.  31.1iec,  1829, 


l.Apiil  18S>1. 
1.  Scpt  ItSl 
.■il.Aog,  IMS. 
I.April  1831. 
1.  ..  18»! . 
1.  Oct.  less. 
1.  Dec-    1b31. 


Sept.  ISSiS 
spielte  noch  fürt 
entl,  1.  Dec.  18«. 
„  1.  Oct  1?31. 
„  1.  Ang.  1817. 
„       1.  AprU  18U. 

„       l.Oct.     183S. 

„       1.  April  1813. 

peoB.   I.April  1814. 

„       1.  Sept.  181& 


Aug.  I, 
«  I' 
Sept  16. 
Sov.  1, 
D«c  12. 
1833  Febr.  1. 
Mlix  SS. 


Wilhelm  Fiuchei  len.,  Seb.,  S.  i 

Chordireutor 


IgDai  PilBcb  .  . 
Harte  Pistor  .  . 
Albert  StOlsel  .  . 
Emilie  Schneider 
Theob.  BarmeiBter 
&[ii^thiiika^cbui;iiler(spS- 

ttr  Mad.  ächatierl) 

üaute 

Emilie  WOit  (a^tor  F 

V.  Dshme).    .   .    . 
Henrietta    W(i8t    (rpStei 

Mad.  Kriet«)    .   . 

.  Sanuzio  PeuadoTi 

..!  Lüni:!  Li[>]>hardt.    .    . 
I.j  HcUiob  .    .    . 

I.' Julie  Uettiob    .... 
..  Kd.  Hoppe    .... 
.'Giiivanui  Beiiiucasa  , 
I.  Friedrich  Porth   .    .    , 
..  FrSiil.  r>itti>tar:<ch  .    , 


1 


LnCFIer 

I  '11 


h\ 


Uai 
jüli 

Oct. 
leac  April 


Aug.  1 

1.  I 

Sp|'t-  1 

Oct.  1, 

Xov,  I 

II  April  I, 

Juli  7, 


Jol,ai„.  Dt-r-ka  .  .  . 
Ferd.  Uccksclicr .  .  . 
Xiiia  Herbst     .... 

KroiifL-ld 

t'rati  Kroiif»M.  .  .  . 
AllHTt  Ötöliel  .... 

Juliiix  Koch 

C.ir-jlii"'  i!;iiKr  .  .  . 
Carl  Woymar  .... 
Ferd.  lUtuick.'  . 
Carl  llrlliiirig  .  .  . 
Ileiir.  DrUiitiig.  .  .  . 
Caroline  B-itgurecbcek 
Wilh.    Prc>ck»cb    (spSt« 

.Mad.  ll>'ll»ig). 
Ed.  .\Uer.  .  . 
CitroÜDe  Ilüfinanu 
Friedr.  !^ul  initt  . 
Charlolte  FeUnnbeim 

Frifdr,  Ott« 

VVilhrlm  Klaiirr.  . 
Mathilde  Lubtck  . 
Wilhelm  Qrolimann 
Aiigiide  AnfcbOl*  . 
Fcrdin.  Riebter  .   . 


1.  Mai  1S33. 
l«.Sept.  183H. 
l..\pril  183.1. 


Seh.  u.  a. 

pena 

1.  Sipt.   186«. 

Suh. 

gest. 

MSn  1831. 

,, 

entl. 

l.Aptil  1838. 

ä. 

l.Juui   183». 

™ti. 

1.  April  183i. 

Seh. 

1- 

1.     „      1831. 
IC  Juni    )ä3.'i. 

a. 

1.     .,       1831. 

gCBt 

6.Jau,     188:.. 

:; 

1.  Aug.  ie3J. 
I.Ott.     183(. 
l.F«hr.  1837. 
].  Mai     1H3:>. 

).Jui>i    183i>. 

':"■ 

I" 

l.Aug.    18*1. 
1.  Mai     18SI1. 
1.  Oct.     183:i. 
13.  April  1837. 

18.  I>tc.    ISti». 

mil. 

l..\pril  1841. 

«est 

HO.  Out     1839. 

;; 

.. 

l.Dtt    1835. 
31.  IW    183.1. 

I.April  181I). 

l.Nov.    1841 
ÜU.  April  I8SS. 

1.  Sepl.  I8;i7. 

l.Aiiril  1837. 

Sch. 

l 

l 

16.  Juli     1837. 
1».  Oct     183'.'. 

1.  Ang.    18111. 

l.Oct.    183;. 

l.Aug.   183M. 

I.Sept  1811. 

1.  April  1838. 

leseJan.      1. 


April  16. 

Joli      1. 

Oct.      1. 

iaS9  April   1. 


Oct,      1. 
Nov,  16. 
1B40  Jiin. 
Febr. 


Doc 
194°  Jan. 


Joseph  Tichstscheck  . 

J.  B.  Baison    .... 

C.  Baisoii 

Carl  Ang.  Fröhlich  . 
Wilhelm  Hellwig  .  , 
Henriette  Treffs  .  .  . 
GnstBV  KBder  .... 
Carl  Meister  .... 
CKcilie  Kanow  .  ,  . 
Anton  MitterwiiTEer  . 
Panline  Marx  .... 

Weitgasa 

Jnlius  Beer 

Elise  Beiubeck    .    ,    . 

SesBelmaim 

Caroline  BSder  .  .  . 
Aurora  I^suer  .... 
AlphoDs  Linden -BekoTTsky      „ 

Ed.  Ehode „ 

Tony  MüIIbt 

Thcpcce  \'oIl 8. 

Ed.  Beliöpe Seh. 

Ciirl  Kranke Seh.  il  ] 

Jerome  Krieft S. 

Josephine  Cordin  . 
Anton  Ascher  .  .  . 
Weuiel  BielusiiEkj 
Ludwig  Heuser  .  . 
Anna  Thiele  .... 
Marie  Bayer  (später  Fran 
Bayar-BQrck)    .    , 

Carl  Schmidt   .    .    . 

Poltert 

Frau  Poliert    .    .    . 
J.  C.  Barth  .... 

.\ilgiut  GerHtorfer  . 

ClemeTitine  Malier  .    .    .  Seh. 

S.  Heinhold 6, 

Carl  Quanler Seh. 

Gabriele  Allram  ....  „ 

Ferdin.  üramer   ....  „ 

Wilhelm  Dettmer  sen.   .  Ü. 

Frau  Spatzer-Gentilnomo  „ 

AIcKander  KSchert.   .   .  Seh, 

Emma  Babnigg   ....  S. 

Anton  Curti „ 

l.eopold  Kockc     ....  „ 


Seh. 


Seh. 


Seh. 


Seh. 


entl.  l6.HSn  iStS. 

].    „      ISIO. 
peiw.Sl.Dec.    1861. 

ingt  noch. 

t  entL  1.  Marx  1639. 

„     ll.KoY.    1838. 

gest.  11.  SepL  1U3. 

CDIL     l.Oct    1830. 


t.Sept.  181!. 

l.Oct.  1839. 

l.Nov.  183». 

l.Oct.  1812. 

16.  Dcc  1S39. 

IS.    I.  Joni  1860. 

I.    I.Jan.  18«, 

1.  Dec.  1810. 

ai.Fehr.  18*). 

SI.Dei'.  ISiO. 

1.  April  1813. 

l.Juli  IBIS. 

CAug:  iBll. 

l.Nov.  18411, 

I.Mai  1841. 


9.  Febr.  1811 


1.  Mai  1819. 
l.KoT.  1843. 
16.  Dee.  184.1. 
l.Febr.  1846. 
1.  April  ISIT. 
1.     „       1841. 


1>^43U^      1. 

Fran  Spalzer-Gentllnom 

S. 

entl.    l.Dec.   184«. 

.,      22. 

Budolph  He«ee    .    .    . 

Seh. 

„       1.  Uai      184T. 

JanI     1. 

Edaanl  Winper  .    .    . 

.,       1. 

Elise  Wfrrthmflller  .   . 

3. 

„      l.Jnni   1844. 

Jnli      1. 

M.gdi.tene  WSchler   . 

„      l.JnU    1847. 

Sept.  16, 

LouUe  Cormdi     .    .   . 

„     16.  Sept.   1844. 

,.      23. 

Johminei.  Beliringet   . 

„      M. 

Jnlie  BchriDgei   .    .    . 

Seh. 

1 344  April    1. 

Wilin.lm.8chrHder.DeTrient    S. 

„       1.  April  1846. 

Joni     1. 

Edaaid  Devrient     .    . 

Scb, 

„      l.Nov.    1862. 

1 

Fricdriuh  Fritwel)  .    . 

g. 

„       l.Sept   1844. 

I 

JodünnB  Wa«n«r    .   ■ 

„       1.     „      1846. 

Sept.    1. 

l.<mi«  Sei«.?  .... 

Seh. 

„      36 

CmI  Schmidt   .... 

„    !6.0ct.     1844. 

1946  Jan.     1 

Pftiil  FauU 

„     28.  Mai     1846. 

April    1 

FrMziBk«  Schreck  .  . 

„      1.  April  1848. 

) 

Antmnelte  Lebrfln.    . 

„       l.JuDi    1847. 

„      8». 

Jnl.  Kd.  Simon   .    .    . 

„     28.  Mai     1846. 

Bept.    ]. 

Mai  SvhlOM     .... 

S. 

„       l.Sept.   1846. 

Nov.     ] 

Friedrid.  SchoU .    .    . 

Seh. 

„       I.Mai     1S46. 

Dec.     I. 

Alphon»  Linden- Kekowiky      „ 

„       1.  Sept:  1846. 

]B4eJi>iii     1. 

Antonie  Schumann     . 

Seh.  n.  S. 

,.     31.  Aug.    1816. 

„      15. 

Friedrich  Woltercck   . 

Seh. 

.,     15.  Sept  1816. 

Jnii      1. 

Marie  Divrie.it    .    .    . 

„       l.JnH     1847. 

Sept.  16. 

1.01118  H«nd«   .... 

Sch!'a.  S. 

„     16.  Sept  1848. 

Oct.      1. 

AiipiiMp  M«rpiirg   .    - 

„       1.  Oct    1948. 

1. 

Will.,    Schrfider-Uevrient        8. 

„       l.Jnni    1847. 

Not.    1. 

Friedrich  CUna   .    .    . 

Seh.  11.  S. 

,.       l.Sept  1848. 

Dei-.   lt. 

Minna  v.  Piitricb   .    . 

Seh. 

,,     10.  Min  1817. 

I84TJAD.      1. 

<.1.l    Ü.UtOT                    .      . 

„ 

April    1 

I'.11I1L>    l'iir.    K'llf.^    .     . 

..       l.Juol    184». 

„      18 

s. 

..       1.  Ang.    1849. 

Moi       1 

Seh. 

.,     »I.Mki     1847. 

Juni      1.   Mona    Urhxrh-h   Schmidt          „ 

„       l.Jnni    1860. 

llcrtliB  SrhrnidiEen.    . 

Reh.  1..  S. 

„       l.Nov.    1848. 

»         1- 

y.r.,>\    l'.ii.lilrv  ^'  .    '.    '. 

Seh. 

goot    7.  Febr.   1848. 
entl.    l.Sept   1849. 

„       1«. 

Sidonie  Senior    .    .    . 

„     16.     „      1848. 

AnR.     I. 

Uniitav  F«ppi>l    .    .    . 

Sch."n.  S. 

„       l.Ang.    1849. 

,.        1. 

Wilhelm  Rodewald     . 

.,     16.  JnU     1848. 

1 

Pxillne  ThUle    .    .    . 

„       l.Ang.    1818. 

Ort.      1. 

(Jn^t,  Ad.  Simon     .    . 
Fcanziska  JUirkel  (Had 

S. 

Pereoi) 

Seh. 

,.        I.  l*««lii.e  V.  Stnuliot    . 

Seh.  a.  S. 

„     21.  Sept  1849. 

S. 

..       1. 0.:t.     1849. 

fi.l  Ew«ld  lirobecker    .    . 

Seh. 

.,     30.     ,.       18*7. 

N..V.  le.'  lldni«  Hejii«  .... 

„       l.Sept  1819. 

1848  .Un.      l.jenrl  Soiitng  (ecu.  Holm 

r. 

.,       l.Oct     1851. 

,.      16.  Knut  WickeulLHMF  . 

Sch.  D.  S. 

„     18.Aog.    1849. 

Febr.    1.  KliM  Schmidt .... 

„      l.AprU   IStS. 

Juni     1. 

Cuoline  Ileibrt  .    .   . 

6kh. 

„     16.  Ang.   184». 

1848  JuU     1. 

Franziska    Schwarxbach        S. 

entL    l.Oet    1851. 

OcL      1. 

Ludwig  Emest    .    .    . 

Seh. 

„       1.  Mir«  181!t. 

lUeJan.   28. 

Ed.  Kadolph     .   . 

8. 

Febr.   8. 

Auguato  SuhulB  . 

Seh. 

„       8.Sept   18i!i. 

Appl    1. 

Paiilino  Stülta     . 

„       I.Juoi    1651. 

„      Ift, 

Fran«  Dalla  Aste 

8. 

vomUrl*nb,19.Juni 

1852,lüchtBur0cl.- 

gekommen. 

Hai      1. 

Antonie  Wilbelmi  .   . 

Seh. 

entl.    I.Mai    löS'. 

Juli     1. 

Theodor  Liodtk«     .    . 

„      1.    .,      185" 

Oottlieb  Roeenrlial .   . 

§. 

„    16.  Sov.    I8i;i 

Aug.    1. 

Friodricli   Wfiää       .    . 

Seh.  U.8. 

„       1.     „      IBM 

.Vkxi-iidcr  Williclmi  . 

Seh. 

„       l.Mai     1851. 

)"       '■ 

Autonie  Palm-I^Tiatier 

S. 

„       I.Juli     1850. 

„     15. 

WilbBlm  WMchtM  .    . 

Scb. 

SepL    1. 

Sophie  Bnuhenan    .    . 

l 

„       I.April  185<i 

Oct     1. 

Fnioi  Himmer    .    .    . 

„     IQ.Sept  185?. 

Nov.  11. 

AloiM  Mictialesi  (apSt.  Fi 
Ksp=lln.eislerSreba) 

lB60Febi.20. 

JolifliLiia  IturBclie    .    . 

sJJh. 

,,      I.    „     iwi. 

MSte    ]. 

Hertha  Huber  .... 

April    1. 

Heiur.  liraiis    .... 

„       1.  D.-C.    l»5ii. 

„      17. 

Friedr.  Bottmoer       . 

„       l.Oct.     1S5". 

iS*i      1. 

Ann»  Löhn      .... 

„       l.Nov.    18.-.iV 

Juni     ]. 

Friedr.  Abigar.    .    .    . 

Seh.  u.  S. 

„       l.Oirt.     1857. 

Juli      I. 

idarie  WobIVrauk   .    . 

Seh. 

;  „       I.Juni    1B51. 

»        1- 

Friedrich  Wohlbrütk 

1- 

Alexander  Liebe.    .    . 

„     27.  MüT.    1857. 

Oct      1. 

Agnes  Hunke  .... 

3. 

„     16.  Febr.  185^. 

Nov.     1. 

Fmtiiy  La  Gnia  .    .    . 

„       l.Nov.    lail. 

Susanne  Bre<low     .   . 

Seh.  ü.  S. 

„       1.     „      18.V-.. 

1  SSI  Jan.      1, 

M,i[il.p  Krem.1.1.     .    . 

„       1.  S*pt.  1851. 

Mti      1. 

[S.idolplj    Uoe^i.   .    .    . 

Seh. 

n         1- 

.MiirLo   Utesi:     .... 

gest.  29.  Oct    ia.<r 

Juni     1. 

Carl  ß,<:k..r      .... 

s. 

tntL     l.Juni    185ri, 

.1        !■ 

Alesander  Wilhelmi  . 

Seh. 

«        1- 

AgiiEB  Itary  (Btthriug) 

Seh.  u.  S. 

„       I.     ,,       1853. 

Juli     1. 

llutm.  ßnttcTweck 

Seh. 

„       1.  S^t    1853. 

Aug.     1. 

Doris  GeuHst    .... 

„       1.  Aug.    IsjJ. 

Sept.    1. 

Alfx.  Keichardi  , 

S. 

„       1.  Febr.  185L'. 

„        1. 

BortliH  »unke  .    . 

Seh. 

„      l.Sept.  inbj. 

Oct      1. 

Carl  Si'licibe    .    . 

„      l.Nov.    1851. 

•<        1- 

Henriette  Grosser 

l 

„      I.April   18:<3. 

Nov.     1. 

Mathilde  Vibrao» 

geatl3.Nov.    1853. 

1852  April    1. 

Made  Miehalt-si  . 

S«h. 

entl,     l.Juni    lB5;. 

Mai      1. 

Ki.    Hiiiting 
Anglist  l''Ls«Ucr   . 
Autvn  ProlingET  . 

.1 

„       1.  April  I85:i 

jÜli      l! 

Scbl'n.  S. 

heimlich  entftnit: 

31.  Jan.     185:1. 

Aug.     1, 

Johann  Conrad i  .    .    . 

S. 

gest.  18.  Sept.   135.'. 

„      22. 

Öusl.  Emil  Schajflchmid 

Seh. 

eniL    l.Juni    185n. 

S«pt  20. 

Frau  Hüwili-Steinau 

S. 

„     20.  Min  1853. 

0.1      I. 

Weiielsdorfer  .    . 

,1 

„       l.Oct    1856. 

Jimi 

Aug. 

1861Jan. 


Itt55  Jiin. 
MXn    : 


Louise  Meyor  .    . 
CNfoline  Kindeisen 
Kd.  TliflinnHil 
JtMi7  Nuy  («pStur  Fnu 

Hllrdp-Ney)  .  . 
MAriR  ilofmeiater 
Otto  Petteakofw 
Kmil  ItUrda  .  .  . 
Frau  ävhuBelka-BraiiiDg 
Kmmft  Aug.  HeiDBTt  .  . 
J'enihnrd      PoTth      (gen. 

Bctnlinitlt)    ,    , 


llopimil  Urwihou   . 
Antun  iUlnhold  .    . 

Wilhelm  Thiel    .    . 


i  Um 


Portb  .  . 
IKrmann  I.tebioh 
W  Ibc  m  bchiuiaia 
Jul.  t^uBtd  Lindemann 
Call  Knaiith  .  .  , 
Carl  liohrrr  .  .  . 
lltrlha  W  Ter  .  . 
iluinnch  yarchion 
Elinc  SchhDboff  .    . 

.  Ru.ff  .    .   . 


.j  Kmilie  Krall 

.  Uichard  Calbrun 

.  Kma  de  Ahna  (Dalmont) 


io  Krall  ispKteif'rai 
uncr-Krallj   .   .    . 
\  Teile 


l&57.l»u.       1,   lli 


nn.  DvabDCT  (Werner) 
ae  WolleDnteber 

fo   Krilfier  .    . 


,  eatl.    S.Jan.    IBM. 


l.OcI.  1863. 
6.  M*i  I8Ö4. 
31.  Dec.  lSft9. 
l.Febr.  1654. 
1.     „       1S&4. 


»atl.    ].  Nov.    1864. 


1. 


1866. 


1.  M&i  1866. 
16.  rfov.    1854. 

1.     „       1864. 

l.Aog.    1856. 

1.  Oct  1866. 
31.  Jan.    1856. 

1.  Apiil  IB&ft. 
16.  Uln   >8A6. 

l.Oct.     (866. 

1.     „      18S1. 


l.Jani  18ST. 

l.D«o.  1866. 

21 .  April  1B66. 

4.  Hai  1857. 

I.Jnli  18.>6. 

l.JuDi  1856. 

l.Oct.  1867. 

I.  Mai  186». 

l.äcpt  1867. 

l.Juni  1857. 

J.     .,       1857, 

1.  April  1837. 
»l.Deu.  1866. 
1«.  Sept.  ie;.7. 

l.Oct.  ISO  7. 
31.  Dec,    1657. 

1.  Kebr.  1857. 

26.  Juli     1860. 


ElDgMnMn: 



1857  Jali      1 

Valesca  Gninand    .    , 

ach. 

1 

Seh.  11.8. 

entL    l.Jiüi 

18&T. 

T.          1 

Lanra  Schaben  .    .   . 

8. 

„    10.  Hai 

1868. 

ADg.      1 

HaxinüUao  (Lemaltre) 

Seh. 

»        1 

HathUde  Steeger    .   . 

S. 

„      1.  FsbT 

185». 

'>        1 

Frirfiich  Dettmfflf  .   . 

Seh. 

ISfiS. 

Emilie  Krall  (spStetFn 

JanneT-ETall)  ,   .   , 

s. 

..        )■ 

Seh.  n.  S. 

Nov.     1 

Heinrich  Kaafhold.    . 

..      1.   n 

1858. 

Dec.      1. 

Anna  Lahn 

Seh. 

1858  Jan.     1 

Bodo  Uorcbon     .    .    . 

„       1.  Nov. 

1860. 

1.        1 

Elisabeth  UOck   .    .    . 

„    20.  Jali 

1859. 

April    1. 

Bndolph  Frenj    .    .    . 

„      16. 

Fran<  Jauner  .... 

Seh. 

Hai      1 
1 

Frida  V.  Schütz  .   .   . 
Max  ScbloM    .... 

Seh.  u.  a. 

8. 

geet.S6.  Nov. 

1859. 

"        1 

Ludwig  Qnlnand    .    . 
ADDa  Bach 

Seh. 

enlL    I.OcI. 

1869. 

„      16 

„    16.  Hai 

1859. 

Juni     1 

Anna  Porth 

„       1.  Juni 

1860. 

Juli      1 

Karl  Wild 

8. 

„       1  Aug. 

1858. 

Sept.    1 

Wilh.  Eichberger    .    . 

Seh.  u,  8. 

1869  April    1 

Karl  Sontsg     .... 

8ch, 

Marie  Lita 

Seh.  11.  S. 

,,       l.JuU 

1860. 

Mai    ig! 

Panline  Ulrich    ,   .   . 

Seh. 

Juli       1. 

Hermioc  Beschauer    . 

I8S9. 

Sept.     1. 

Ed.  Hardtmatb   .    .    . 

s. 

'.'.       l.sä'pt 

1860- 

1860  MS»    1. 

Harie  Rüder    .... 

8eh,  u.  S. 

,.       1.  April 

1861. 

April    1. 

Uelila  AlvBleben     .    . 
Lina  Conradi   .... 

S. 
Seh. 

Mai     1. 

Ludwig   Schnorr  v.   Ca 

roUfeld 

Friedr.  Dettmer  .    .    . 

8. 
8cl.. 

„     11- 

ij. 

„       7.  Dec. 

1S61. 

8ept.    1- 

Lilla  BuljowBky  .   .   . 

Seh. 

„       1.  Sept. 

ISfil. 

Oct      1- 

S. 

1861  F«br.   1. 

Melanie  Stein      .    .    . 

Seh. 

,,       1.     >■ 

1861. 

Hai      1 

Harie  Schmidt    .    .    . 

Seh.  It.  S. 

„      1.  Juni 

18<il. 

Juni     1- 

Josephine  Gallnieyer  . 

.,     16.Ji.a 

isfil. 

JnU      1- 

Marie  GrSaaer.   .    .    . 

Seh. 

Aug.     1- 

Exgen  Degele  .... 

S. 

Oct.      1. 

C.  Guatnv  Scharfe .    . 

8ch.  11.  S. 

Nov.  15. 

Fanny  JanauBchek.    . 

Seh 

—    659    -^ 


n.    Italienisohe  Oper. 


a.   Regie« 


1816  0ct. 
1825 


i> 


1.,  Luigi  BasBi    .    . 
1.'  Theodor  Winkler 


gestlS.  Sept.   1826. 
entl.    1.  April   18S2. 


b.  SängerpersonaL 


Uestand 

am 

1.  October 

1816. 


Luigi  Baflsi  .  .  .  . 
Antonio  Bonelli.  .  . 
Gioachino  Benincasa 
(■iuseppe  Decayanti. 


Eiofetreten : 

1817  Jan.      ].;  Ricci 

1818  „ 
Dec. 

1822  März 


gest.  13.  Sept.  1825. 

entl    I.Mai  1820. 

„  1.  „  1825, 
blieb  al8  Kirchen- 
sänger. 

Gnilici entl.    I.April  1816. 

Lni(rgia  Sandrini !  pen8.31.  Dec.  1831. 

Felippo  SaABaroli entl.  30.  Sept.  1828. 

Carlo  Tibaldi „     22.  April  182«. 


?» 


7» 


I.Mai 
1. 


11 


1818. 
1819. 
1822. 
1832 


Srpt. 
1823  Jan. 


1.  Cand.  Benelli 

l.j  (fiov.  Cantii geat. 

1.!  Altonso  Zezi entl.    I.April 

zur  deutsch.  Oper. 

1..  Frl.  (.'o'*tanza  Tibaldi ontl.  22.  April  1820. 

IG.lGfntili ,     KJ.  März  1^24. 

1.1  Frl.  Zanetti „       1.  Sept.  182.3. 

März  15.!  Koicaccini -     15.  März  1824. 

Dec.   23.1  GiuHcpiM!  Fink I.Mai     1825. 

1824  Juli      ijAnt  Buoniigli ,       l.Jiili     1831. 

Sept.    7.jM<*tilda  Palaxzesi I.Juni    1829. 

1 825  März  27.1  Rtdandini 27.  März  1826. 

Mai       l.:raolü  Moriani l.Jnli     1825. 

Aujr.  23.|IV8adori ,,     I.April     1832. 

<  KAug  noch  bi.*«  23. 

August. 

Kubiui entl.     I.April  1832. 

Salvatore 23.  Mnrz  1827. 

Sophie  Seconda I.Juli     1827. 

Frl.  Sohiasetti I.April  1832. 

Maria  Sandrini I.Mai     1829. 


l»2GJan.  C5. 
März  23. 
Juli  1. 
AufT.  1. 
Oct.      1. 


42» 


660    — 


Eingetreten : 

1828  Aug.     1. 

1829  April  16. 
äfcpt.    1. 

„      16. 
Oct.     1. 

1830  März  Iß. 
183lJan.      1. 

April  14. 


Qioachino  Vestri  .   . 

Giulia  MicciürelU .  . 
Carolina  Benelli  .  . 
Frl.  Emmering  .  .  . 
Fran  Pohl-Beisteiner 
Metilda  Palaziesi 

Fürat 

Nicolo  MoUo  .   .    .   . 


entl. 

I.April  1832 

ZUI 

■  deutsch.  Oper. 

entl. 

16.  April  1880. 

16.  Dec.    1830. 

16.  8ept    1830. 

I.April  1K30. 

1.     „       1832. 

1.     „       18H2, 

1.     „       1832. 

Anmerkung.  Auch  von  den  deutschen  8Xngem  und  Sänger- 
innen wurden  yerschiedene  bei  der  italienischen  Oper  verwendet. 
Frl.  Huut,  Joh.  Miksch,*  dessen  Frau,  Frl.  Funk,  Frau  ▼.  Bieden- 
feld  waren  ursprünglich  nur  fUr  letztere  engagirt  worden.  Dagegen 
sangen  auch  einzelne  Mitglieder  der  italienischen  Oper  zuweilen  mit 
in  der  deutschen  Oper,  wie  Signora  Sandrini  und  Fil.  Benelli. 


^  Der  Name  Mikfch  Ist  lowobl  in  den  Theateraeten,  all  auch  in  Dmek- 
werken,  sogar  auf  Theaterzetteln  lehr  veraobieden  c^eschrleben.  In  den  Theater- 
acten  meist  MIckscb,  daber  leb  micb  aneb  fflr  diese  Schreibweise  entached. 
Neuerdingi  ist  mir  aber  eine  eigenblndige  Unterschrift  des  bcrfihmten  Qesang»- 
lebrcrs  vorgelegt  worden,  in  der  er  lich  Joannes  Miksob  schreibt. 


Bcsoldiings-Etat 

von  Schauspiel  und  Oper 

hl  (icn  Jahnn  1817,  1826,  1831,  1850  nnd  1&56. 


a.  Deutsohes  Theater 
n  Abu  .Uhren  1817,  182n  and  1431 


BergmADD. . . . 
Bßsenberg. . . . 
BurmeisloT.dcr 

VHter   

Christ 

Dcm.Chrint,  (ip. 

Hd.  Bergmann 

Mkil.  DrcnitE. 

Oejer 

Oanut 

H«ffn«r 

Mwl.  Hartwig. 

Harckcr 

Ilellwig 

HcmnanD    . . . 

KHnict  .'.'.'.'. 

Hd  Kriekeberg 

Metincr 

HUlk-i 

ScUrniara.  Fr. 

Schwan 

BommeTfcld  . 

fichWSiler   

Dem.  tk-hubcrt, 
ipäterUllller- 
liachniaiin  . . 

Bimiini 


1H17. 

Ur.ibAnoiküi 


18J6. 

rhlr.<lr.;B«niaik 


500 
9.9 

= 

MV) 

SCO 

- 

300 

1831. 

rÜr.QrJ  l)sn*Tknni| 


Name. 

1817. 

1836 

1831. 

—    .=-: 

acTäT 

lemH-kuDg. 

rairUr.B™. 

rkii>B. 

Willielnii  .... 

8» 

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900 

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Emilie  Zncker 

SSI 

Jolie  ZuckBT. 

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Ziegler 

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UWoobAÜ 

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183 

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Mfld.  Knpfer  . 

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Bnrn..i»ter,d.r 

Sohn 

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8 

bül.Anp 

Ciirl  Dcvrient 

1800 

200 

Thir 

1800 

Willi.8cliTtlder- 

aratiec. 

Devrienl .... 

noo 

500 

Thlr, 

OKrtnci    

SM 

[(JTBtific. 

Oeiling 

300 

Gcilinir,  Sohn. 

100 

400 

HehiP 

fm 

lUW 

Koller 

850 

1160 

M»ycr 

70U 

Mni.  Marer  . . 

600 

MkJ.  Miller  . . 

600 

Pnnli 

900 

uieie 

RisüP 

600 

800 

Jlad.  SchiimeT 

ISOO  — 

500 

Thlr 

1500 

Dem.  Vpitheim 

löoo'- 

[V,r 

nlttic. 

l.'>00 

Di-iii   Wngnct 

«•■J  — 

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900  —  ' 

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Mad.  WcHly.. 

000.—* 

WO  — 

Ilecker 

15001— 1:!00 

Thlr. 

inoo  -    bül.Sept. 

T.  Bfthmi-  .... 

SOo!-    [G 

alifii-. 

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Dem    Olcy  ... 

420  — 

Pullnirk 

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1000—' 
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150  — bisl. April 

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1200;- 

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1600  — 

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730  — 

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Tfifil6K.itl.JiiB 

^ 

1800—  [1000  TU. 

1 

8O0  - 

i;no'— 

66ni6 

1817. 


1826. 

li.tfUrTäT.IBrnifrk 


Mad.  Rappoll . 

W«lker 

Mad    Walker 

Slein 

Emil  Devrient 
DoT.  DcTfient 
Kirke 

Sehnster 

Dem.      llirich- 

Bit«  .... 


^s'—bUI. April 
691  Ißv.n.Fobr. 
1683   8.  [b.l.Dec. 

200—1 
1350|— 1 

|l2'v.  IS.  Mlü 
I        b.  1.  Oct 

eeoielv.  i.  Aug. 

416|l6 

llBv.  1.  Sept 


b.  ItoUeniwha  Oper 
II  iteii  Jahren  1817  iiiiil  1«3I. 


Nami' 

1817. 

rhlr,  Uc  1        Bmcrtii 

Mad.  Sandrini 

»400— 

Frau  V.  Hi.ri.-nft.M. 

Mail.  UieckMch  .... 

1300  — 

Dem.  Klink 

1000,- 

Dem-  Hunt  

i;oo.— 

Bemlli 

8oo;- 

960  — 

3(16;— 

Dfoavanti 

BoiimcaRB    

900  — 

SaBnamli    

78.1,  » 

Ba*f.i 

Mieoküih 

Ricci 

7.^10- 

PaiaEMHi  .        ... 

■(onliiili 

PcfMuliri    

Zeai   

Vr«ri 

Fürnt 

Mallo 

iff»;— 

JOOO  — 

600  ~  LiF. 
ms:!  8' 
760  — 
'JOO,— 
800  — 


Deutohea  Theater 
n  den  Jahren  1860  nod  IHSß. 


FiRiiL  AlIrBm 

Fran  Bajei^Barak 

FrSul.  Berg 

V.  Bfllime 

Dalle  Äste 

Ednard  Devrient  . 
Emil  Devrient 


DittmATBch  . . . 
Mad.  Drewitx  . 

Geiling 

Oerstorfer  .... 
Dem.  Jäckel  . . 

Kooli 

Kramer 

Mad.  Knete  . . . 

Liedtke   

Meister 

Mad.  Mayer  .  . 
Mitterwuricr  . . 
Mad.  Milterwui 


Quantei  . 


Budolph     

MHd.  Palm-Spati 
FrUul.  Schmidt  . 

Scbmidt 

SoDtag  

M»d.  tjcbubert  . 
FrSut.   Schwarabacb 


Mad.  ätolte 

FrJiul.  Thiele  , . . 
Tichatsehcck  . . . . 

Wächter 

Mad.  Wächter . . . 
»Kill.  WÄchter  . 
Wslther 


id  «00  Thli 
laOOThlr.  Beiiefi* 

flöOThlr.  6 

Honorar 
lind  200  Tlilr.  als 

[BegisBcuT 


•  200  Thlr.  aU  Re- 

giBseiir 

16  Thlr.  SO  Gr. 
[Oratificatlon, 
(800  Thlr.  ftlt 
[RegisBenr 


1000  Thlr.  Grati 

[ficatloQ,  128) 
[Tbaler  Spiel 
[honorar 


»OOThlr.Graltfie., 
[5 und  lOThlr. 
[äpielbonoriT 


SpielboniHrai 
-ISOO  Thlr.  BegiM. 


SOOThlr.Gratifia. 

lOOTbli.  Regim 
SOOThtr.  Onitifle. 


-lOOOTiilr.Grttlf.. 
[aOThlr.  Spiel- 
[b onorar 


FrSnl.  Wühelmi  . , . 

'Wilhelmi 

■WiDgor 

Frlul.  Michkicsi,  sp. 
Ft.  Eapellm.  Kreba 
Himmer 

FtÜdL  LShn   

Wohlbrück 

FriuL  WahlbiUck 
FrSal,  Ilurache  . . . 

Mftd.  Huber   

Wuthtpl 

Apie»  Bunke 

FiRul.  llredow 

Frlnl.  I-»  Gruft  .  . 

Bflrde 

Beiiha  Bunke 

CoaiAdi 

ELler»  . ..\\'.'.'.'.'.\ 
Trinl.  FlndelHD.. 

Fucher  jan 

Beew 

Herbold 

FrHnl.  HiatiB  .... 

UcinboM  . 

FtiuL  HichAle«! . . 
Frlul.  Jeimy  Nay 

«ad.  r«r<.-ii> 

Friul.  Porth 

Rudolph 

Wcixelidoifer  .... 
FrSiil.  ZeagTtt  ... 


1700  —;a00  Thlr,  ] 


Tom  1.  Mai 

Tom  1.  Juli 
Tom  1.  Juni 

Vom  20.  Febniar 
«om  1.  Min 
v.l.JoUb.l.Scpt, 
Tom  1.  October 
vom  1.  NoveiDb«r  I2( 
i .  Kovembei 


lODThlr.Gralifii;,, 
S  Thlr.  tipjclh. 
pr.  Abend 


SOOTblr.Oraiitic. 


*00  — 
IMO  — 

«oo!— 


Znsätze  nnd  Berichtigungen. 


Zu  Seite  1S6.  Von  Seite  136—209  ist  durchgehend  statt: 
„königlich  sächsische'*  und  statt  „König*  oder  „ Königin  von  Sachsen*' 
zu  lesen:  ^^königlich**  und  »König*'  oder  y^Königin**. "! 

Zu  Seite  160.  Dass  A.  Bertoldi  schon  1714  in  Dresden  engagirt 
gewesen  sei,  ist,  obschon  ich  die  Nachricht  so  vorfand,  sehr  unwahr- 
scheinlich. Er  war  damals  wohl  noch  ein  Kind,  da  er  (s.  S.  230) 
erst  1787  starb. 

Zu  Seite  186.  Es  ist  jetzt  durch  die  Erhebungen  Eduard 
Duboc's  (R.  Waldmüller)  und  Hermann  ühde's  vollkommen  sicher 
gestellt,  dass  Neubers  am  5.  Februar  1718,  und  zwar  als  „Königlich 
Grossbritannische  und  Churfürstlich  Braunschw.-Lüneb.  Hoffcomme- 
dianten"  zu  Braunschweig  in  der  St.  Blasii-Kirche  copulirt  worden 
sind.  Ob  Neubers  schon  vorher  bei  der  Spiegelbergischen  Gesell- 
schaft in  Weissenfeis  gewesen  oder  erst  nach  dieser  Zeit  in  dieselbe 
eingetreten  sind,  ist  hierdurch  zweifelhaft  geworden,  das  letztere 
aber  das  Wahrscheinlichere. 

Zu  Seite  340.  Bei  der  Zusammenziehung  der  Vorstellungen 
sind  die  der  Trauerspiele  unberücksichtigt  geblieben.  Die  Zahl  der- 
selben erhöht  sich  unter  Zuziehung  der  letzteren  auf  1605,  von  denen 
dann  auf  Iffland  nur  etwa  97o,  auf  Kotzebue  20%%  entfallen. 

Zu  Seite  367.  Ueber  die  Gefangennahme  F.  Seconda's  fand 
ich  nachträglich  noch  folgende,  von  ihm  eigenhändig  unterschriebene 
Notiz,  welche  von  meiner,  auf  anderer  Quelle  beruhenden  Darstellung 
etwas  abweicht:  „Den  14.  Juli  ward  ich  früh  um  11  Uhr  zu  dem 
Fürsten  Repnin  (wie  es  scheint  in  Leipzig)  gefordert,  gleich  beim 
Eintritt  in  sein  Zimmer  auf  das  grausamste  als  Spion  mit  Drohung 
des  Erschiessens  behandelt  und  ohne  Vertheidigung  auf  der  Stelle 
als  militärischer  Arrestant  nach  Dresden  in  das  Polizeihaus  trans- 
portirt  Nach  zweimaligem  Verhöre  erhielt  ich  den  fünften  Tag 
meine  Freiheit,  musste  aber  auf  meine  Kosten  nach  Leipzig  reisen.** 

Zu  Seite  383.  Wie  sehr  es  dem  Grafen  Vitzthum  am  Herzen 
lag,  C.  M.  V.  Weber  für  das  Königl.  Theater  zu  gewinnen,  geht  aus 


—     667    — 

mehreren  Vorträgen  desselben  genügend  hervor.  Daher  er  dem 
Widerstände  des  Ministers  von  Einsiedel  auch  mancherlei  Concessionen 
machte  und  sich  unter  Anderem  am  16.  December  1816  schon  fQr 
befriedigt  erklärte,  wenn  „Se.  Königliche  Majestät  nur  die  Absicht 
C.  M.  V.  Weber  als  Director  des  Orchesters  im  deutschen  Schau- 
spiele und  Oper  oder  noch  lieber  als  Kapellmeister  sofort  bleibend 
anzustellen  im  allgemeinen  auszusprechen  geruhen  wollten**.  Schon 
am  14.  December  erfolgte  hierauf  die  Ernennung  Weheres  als  »Musik- 
director,  vor  der  Hand  auf  ein  Jahr".  Es  ist  daher  befremdend, 
dass,  als  Vitzthum  Weber  von  seiner  Anstellung  ohne  jede  nähere 
Angabe  benachrichtigte,  er,  in  Widerspruch  mit  diesem  Rescripte, 
seinen  Brief  an  „Sr.  Hochwohlgeboren  den  Herrn  Kapellmeister 
Carl  Maria  v.  Weber**  richtete.  Er  musste  demnach  gehofft  haben, 
nachträglich  diesen  Titel  ftlr  Weber  doch  noch  mit  Leichtigkeit  er- 
langen zu  können.  Erst  am  29.  Januar,  auf  Weber's  dringendos 
Verlangen,  erfolgte  aber  eine  schriftliche  Eingabe  Vitzthum^s,  in 
welcher  die  Gleichstellung  Weber's  mit  Morlacchi  beantragt  wurde. 
W^enn  Weber  diese  zunächst  auch  nicht  vollständig  erlangte,  so  wurde 
demselben  doch  schon  mit  Kescript  vom  8.  Februar  der  Titel  eines 
Königl.  Kapellmeisters  zu  Theil,  wovon  die  Mitglieder  des  Theaters 
und  der  Kapelle  durch  Circular  vom  10.  Februar  verständigt  wurden. 

/u  Seite  412.  Es  ist  übersehen  worden,  dass  eine  unrichtige 
Angabe  vom  Todestag  C  M.  v.  Weber's  im  Texte  Eingang  gefunden. 
Derselbe  starb  in  der  Nacht  vom  4.  bis  6.  Juni  1826.  Selbstver- 
stiindlich  mnss  es  in  dem  darauf  folgenden  Satze  in  Bezug  auf  Julie 
Haase  statt  „  voraus  gegangen**  „nachfolgte**  heissen. 

Zu  Seite  434  und  651.  Friederike  Schirmer,  Tochter  des 
Scbauspielers  Christ,  geb.  1787,  hat  seit  ihrem  ersten  Auftreten, 
1797,  bis  zu  ibrcm  1833  erfolgten  Tode  der  Dresdner  Bühne  un- 
unterbrochen angehört.  Sie  erscheint  bis  1807  als  Fräul.  Christ, 
von  da  an  als  Mail  Schinner  auf  den  Theaterzetteln  derselben. 
Die  Angabe,  dass  sie  1819  wieder  neu  bei  derselben  eingetreten 
sei,  welche  auf  einem  nach  den  TheatcrbQchern  entworfenen  Ver- 
zeichnis>^e  beruht,  wird  hierdurch  berichtigt. 

Zu  Seite  453.  Der  Verlust  von  Julie  Gley  wurde  in  Dresden, 
wo  man  ihr  früher  gewissermassen  Dem.  Fournier  geopfert  hatte, 
sehr  schwer  empfunden,  weshalb  denn  auch  unter  der  Hand  Unter- 
handlungen gepflogen  wurden,  die  ihre  Rückkehr  bezweckten.  Die- 
selben nahmen  durch  die  Vermittelung  ihres  damaligen  Bräutigams, 
des  Dr.  W.  Härintr,  eine  festere  Form  an,  da  Juliens  Vater  nicht 
eher  in  eine  eheliche  Verbindung  mit  diesem  willigen  wollte,  bis  sie 
eine  lebenslängliche  Anstellung  gefunden  hatte.  Sie  zogen  sich  aber 
durch  die  hohen  Forderungen  des   alten  Gley  in   die  Länge.    Der 


—    608    — 

plötzliche  Tod  des  letzteren  (Sept.  1832)  unterbrach  sie  dann  toU- 
st&ndig.  Inzwischen  muss  das  Verhältniss  der  Oley  an  Dr.  Hftring 
eben  so  plötzlich  aufgelöst  worden  sein,  da  Lüttichau  schon  unter 
dem  15.  Pecember  1832  sowohl  auf  ihr  Engagement,  als  das  ihres 
neuen  Verlobten,  dos  Hofschauspielers  Rettich,  antrug.  Kettich  gefiel 
aber  neben  Emil  Devrient  so  wenig  in  Dresden,  dass  dies  der  haupt- 
sächlichste Grund  der  frahen  Lösung  dieses  mit  so  viel  Eifer  ge- 
suchten Engagements  war. 

Zu  Seite  464.  In  einem  Vortrage  Lüttichau's  vom  5.  Februar 
1833  heisst  es  in  Bezug  auf  die  EntlassuYig  des  Hofsohauspielers 
Julius,  dass  „sein  Eifer  sehr  nachgelassen  habe,  sein  Gedächtniss 
schwächer  geworden  sei^  und  „das  Studium  seiner  Rollen  mit  bei 
weitem  minderem  Fleisse**  von  ihm  betrieben  werde.  Auch  sei  „nicht 
selten  ein  Mangel  an  Bereitwilligkeit  an  ihm  zu  bemerken  gewesen, 
welcher  oft  schon  zum  Nachtheile  der  Gasse  und  zur  Unzufriedenheit 
des  Tublicums  die  unangenehmsten  Schwierigkeiten  für  die  Regie 
und  ein  übles  Beispiel  für  andere  Mitglieder  der  Eönigl.  Bühne 
veranlasst"  habe. 

Zu  Seite  481.  In  einem  Vortrage  vom  31.  December  1835 
spricht,  wie  ich  nachträglich  gefunden,  Lüttichau  es  geradezu  aus, 
dass  er  die  Auflösung  der  Verlobung  Pauli's  vermuthet  und  eben 
deshalb  das  Zustandekommen  der  Ehe  zu  einer  contractlichen  Be- 
dingung für  das  Engagement  von  Frl.  Schobest  gemacht;  wie  er  es 
denn  nun  auch  als  ein  Glück  erachte,  dass  diese  Angelegenheit  sich 
jetzt  bereits  aufgeklärt  habe. 

Zu  Seite  519.  Im  Jahre  1838  finde  ich  das  erste  Beispiel 
eines  Spielhonorars  am  Königl.  sächs.  Hoftheater.  Veranlassung  gab 
ein  Gesuch  Tichatscheck's  um  Gehaltserhöhung.  Lüttichau  befür- 
wortete dasselbe:  weil  es  nicht  zu  verkennen  sei,  „dass  der  Gehalt 
von  2600  Thlr.  nach  den  Gagen,  welche  andere  Bühnei^  für  einen 
ersten  Tenoristen  von  solcher  Auszeichnung  zu  zahlen  pflegen,  nicht 
ganz  im  Verhältniss  stehe.  Die  Erhöhung  seines  Gehalts  im  Laufe 
uler  Contractzeit  selbst  würde  jedoch  um  der  Consequenz  willen  in 
keiner  Maasse  anzurathen  seyn;  dagegen  scheine  die  Bewilligung 
eines  sogen.  Spielhonorars,  wie  es  an  vielen  Orten  üblich,  für  jede 
einzelne  Darstellung  das  beste  Auskunftsmittel  dafür  zu  bieten. 
Durch  ein  solches  Spielhonorar  werde  der  Künstler  nur  in  dem 
Maasse  höher  gestellt,  als  er  sich  thätiger  und  brauchbarer  für  die 
Anstalt  selbst  zeigt,  und  es  sei  dasselbe  sonach  ein  Gewinn  ebenso- 
wohl für  die  Theaterverwaltung  selbst,  als  für  den  betrefieuden  Dar- 
steller oder  Sänger."  Lüttichau,  der  vor  noch  nicht  langer  Zeit  das 
Spielhonorar  ganz  verworfen  hatte  (s.  S.  465),  ist  von  jetzt  an  für 


__     (Ujo     — 

diese  Eiorichtung  sehr  eingenommen,  wie  er  denn  in  demselben  Jahre 
das  der  Schröder- De vrient  eingeräumte  und  mit  1000  Thlr.  garantirte 
Benefiz  mit  einem  Spielhonorar  von  20  Thlr.  abzulösen  suchte,  um 
sie  hierdurch  zu  öfterem  Auftreten  zu  veranlassen.  Noch  im  Jahre 
1842  wurde  aber  durch  KönigL  Rescript  vom  7.  October  ein  für  die 
Hofschanspielerin  Bauer  von  Lüttichau  in  Vorschlag  gebrachtes 
Spielhonorar  von  3  Thlr.  rundweg  abgeleimt. 

Zu  Seite  544.  In  den  Acten  des  Theaterarchivs  habe  ich  nichts 
gefunden,  was  über  die  hier  von  Wagner  geschilderten  Vorgänge 
Licht  verbreiten  könnte.  Doch  haben  Persönlichkeiten,  die  den- 
selben nahe  gestanden,  mir  versichert,  dass  Wagner  sich  dabei  zu 
greller  Farben  bedient  habe.  Besonders  wissen  sie  sich  der  von 
diesem  behaupteten  Zerwürfnisse  mit  den  Orchestervorständen  nicht 
zu  erinnern,  so  wie  sie  auch  den  Misserfolg  der  Becthoven^schen 
Symphonie  unter  Reissiger  in  Abrede  stellen. 

Zu  Seite  584.  Nach  den  Personalacten ,  die  mir  erst  nach- 
träglich vorgelegt  wurden,  wendete  sich  Dr.  Pabst  nach  seinem  Ab- 
gange von  Lüttichau  nach  Berlin,  um  in  Königl.  Preuss.  Dienste  zu 
treten.  Von  hier  erhielt  er  die  Berufung  nach  Dresden.  In  dem 
von  dem  damaligen  Minister  Mantenffel  unterzeichneten  Entlassungs- 
decrete  aber  heisst  es:  dass,  obschon  ihn  derselbe  nur  ungern  ent- 
behre, es  ihm  wenigstens  «zur  Genugthuung  gereiche,  ihm  für  den 
Diensteifer,  das  lebendige  Interesse  und  die  Thätigkeit,  mit  welcher 
er  sich  seinem  Berufe  gewidmet,  seine  volle  Anerkennung  auszu- 
sprechen*'. Dr.  Pabst  trat  in  Dresden  nicht  als  Dramaturg,  sondern 
bis  zu  Winkler's  Tode  als  zweiter  Theatersecretär  ein,  mit  welcher 
Stellung  die  Thätigkeit  des  Dramaturgen  ohnehin  schon  verbunden 
war.  Ueberhaupt  wurden  ihm  gleich  damals  die  Geschäfte  des 
Secretariats  in  ihrem  ganzen  Umfange  anvertraut,  wie  sich  dies  aus 
einer  Stelle  des  an  die  Mitglieder  des  Theaters  in  Bezug  auf  seine 
Anstellung  erlassenen  Girculars  ergiebt,  in  welcher  er  als  das 
„Organ  der  Gcneral-Direction**  bezeichnet  wird,  ,,dem  die  gebührende 
Achtung  und  Folgsamkeit"  allseitig  zu  erweisen  sei. 

Zu  Seite  597.  Das  Verdienst,  das  sich  Lüttichau  um  die 
Wiederaufnahme  der  Wagner'schen  Opern  lb62  erwarb,  findet  in  fol- 
gender Stelle  eines  Briefes  von  Johanna  Wagner  an  denselben  vom 
27.  Januar  185.S  eine  Best&tigung:  „Tannhäuser  ist  von  meinem 
Onkel  (in  Berlin)  zurückgefordert  worden,  weil  er  zu  weit  in  den 
Sommer  hinausgeschoben  wurde.  Was  den  Leuten  in  Dresden  nicht 
möglich  war,  weil  die  Oper  in  E.  ¥1.  einen  wirklich  so  kühnen  und 
edlen  Kitter  zur  Seite  hatte,  das  haben  vielleicht  durch  vierte  und 
fünfte  Hand  dieselben  Leute  hier  durchgesetzt,  die  Oper  zu  Ter- 


—    670    — 


hindern ;  denn  jetzt  merken  wir  ganz  deutlich,  dass  Tannh&aser  docl 
nicht  dran  gekommen  wäre,  wenn  ihn  mein  Onkel  auch  nicht  zurück 
gefordert  hätte.  Wie  traurig  fttr  solch  ein  Talent,  leider  durcl 
eigne  schwere  Schuld  sein  schönes  Kttnstlerleben  zerstört  zu  haben/ 
Am  1.  Mai  d.  J.  wurde  übrigens  der  Johanna  Wagner  durcl 
Rescript  des  Königlichen  Hauses  der  strittige  Vorschuss  noch  Töllif 
erlassen. 

Zu  Seite  610.  Es  ist  hier  vergessen  worden,  der  Entwicklunf 
zu  gedenken,  die  das  Ballet  seit  1841  genommen.  Im  Jahre  184S 
und  43  waren  neben  Fräul.  Pecci  noch  die  Fränl.  Benoni  und  Stark« 
als  Solotänzerinnen  eiigagirt,  1847  aber  durch  FräuL  Döring  wiedei 
ersetzt  worden.  1850  war  an  die  Stelle  Ambrogio's  der  Solotänzei 
Plagge  getreten.  1862  trat  Pohl  (bis  1856),  1852  Fräul.  v.  Hose 
1857  FräuL  Stüssi,  1858  die  Fräul.  Müller  und  Buchey  hinzu, 
nachdem  1855  Frau  Pecci -Wilhelmi  pensionirt  worden  war.  185S 
wurde  Jerwitz  und  1861  Pohl  aufs  Neue  gewonnen.  Obschon  das 
Ballet  hauptsächtlich  dem  Schmucke  der  Oper  diente,  so  wurden 
doch  auch  bisweilen  selbstständige  Tanzdivertissements  und  Ballete 
zur  Aufifülirung  gebracht.  Ich  finde  deren  von  1816 — 62  überhaupt 
66  verzeichnet,  von  denen  jedoch  eine  grössere  Zahl  durch  Gastspiele 
veranlasst  wurde. 

Zu  Seite  616.  Hier  hat  eine  Zahlenverschiebung  stattgefunden. 
Die  richtige  Lesung  ist: 

19\  6 


^0 


24  Die  Freistatt |  1  Frhr.  v.  Houwald    ....    2 

7  13  Die  Braut  von  Messina    .!  4iSchiller 28 

1    3  Das  Bild |  ölFrhr.  v.  Houwald 15 

Zu  Seite  617.    Hier,  wo  dasselbe  der  Fall^  muss  es  heissen: 
bei  Macbeth         11  Aufführungen, 
„    Correggio      14  „ 

Zu  Seite  621.    Hier  muss  ausfallen:  * 

37.  1.  22.  Der  Landwirth. 

Zu  Seite  622.    45.  8.  30.  Der  Königslieutenant. 

Zu  Seite  627.    Hier    hat    ebenfalls    eine    Zahlenverscbiel»ni';r 
stattgefunden.    Es  muss  nämlich  heissen: 

23   3:29 


)♦ 


y  5 


Die  buchstäbl.  Auslegung     \ 

der  Gesetze ijv.  Brainel 1 

Junggeselle  und  Ehemann   3n.  Vaftlard  und  Fulgeuco  .     & 


S.  170  Z.    9  v.  u.  lies  Kurfürsten 


«178 


I» 


u.    «   Grusccwskv 


statt  König. 

GouBcewsky 


»> 


671    — 


ö.  184  Z.     3  V.  0. 

lies  Angriffen 

statt  Angriffe. 

«188 

,,     7   n    o. 

,   die  diese 

»9 

den  diese. 

«  193 

«9,0. 

,   welcher 

« 

welcher  letzte. 

«200 

«     2   .   u. 

,  Blendlaterne  in  der  Hand  , 

Blendlaterne. 

«202 

,»     8  »    0. 

«   fast 

« 

bereits. 

«203 

«  12  «    0. 

,   Obschon  sie  aber 

« 

Aber  obschon  sie 

«226 

«      1    «     0. 

„   Hasse 

« 

FischiettL 

„232 

«     5  „    0. 

,   Correpetitor 

1» 

Chorrepetitor. 

«233 
«235 

r    20    „     0. 

«  12  »    0. 

1  Ghinassi 

« 

Ghiuasti. 

«236 

M     8  ,   u. 

,   welche 

» 

welcher. 

«238 

n  19  »  ". 

,    kennen  Sie 

« 

könnte  es. 

«243 

«     4  „    0. 

,   Beleiti 

« 

Betclli. 

«249 

«  13  „   u. 

„   Storace 

»» 

Storau. 

«268 

«     8  „  u. 

«    1753 

« 

1793. 

«269 

„  10  „   u. 

„  Colman 

»1 

Colomann. 

„271 

„     9  „   u. 

„   Friedrich  August  IH. 

»» 

Friedrich  August  I. 

r  272 

«   18  „    0. 

,    Ettinger 

»» 

Estin  ger. 

«273 

„  18  n    0. 

„  Schmels 

« 

Schmelzer. 

«277 

«   10  „   u. 

«    1767 

« 

1797. 

.289 

M         1      ,1     «• 

„   welchen 

« 

welche. 

„  304 

«     7  „   u. 

„  Davander 

« 

Daweder. 

„  305 

„    12    n     0. 

„   Weisse 

»1 

Weise. 

«  307 

«  11   «    o. 

„   Farqhuar 

« 

Farghuar. 

«313 

«     6  .,   11. 

^   BMumer 

»» 

Banner. 

«315 

«     3  „  11. 

„  reckt 

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renkt 

«318 

«  15  „    0. 

,   Braunau 

»» 

BraunecU'^ 

r  318 

«  19  r    0. 

«    1775 

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1779. 

„328 

„    11    n     0. 

„    die 

99 

dessen. 

»  342 

«  10  „   0. 

^    1799  und  1805 

99 

1805. 

«342 

tT         7     „       U. 

,    Letzteres 

• 

CS. 

«409 

,,     2,0. 

„   die 

99 

den. 

«421 

«     6  „   11. 

„   V.  Hagn 

« 

▼.  Hayn. 

«  460 

«  18  ,   11. 

„  nur  zwei  Ausnahmen 

99 

einer    einzigen    Aus 
nähme. 

r  469 

„    15    r    U. 

„    1837 

« 

1839. 

„482 

r       9    ,,    11. 

,   liirr  zu  nennenden 

« 

genannten. 

«  485 

.  19  M   u. 

^    einem 

« 

seinem. 

«486 

„     3  „    o. 

.    entlassen 

« 

kündigen. 

«  486 

.,       8    n     ". 

,    FelHeuhcim 

« 

Felohenheim. 

«486 

„     9  ^   u. 

f,   Uonnigcr 

» 

Konning^r. 

r  486 

„  12  ,   u. 

„    Hur.iy 

9» 

Hurey. 

„487 

•     3,0. 

„   von  Fräul.  Tixis 

« 

tVXui.  Pixit. 

a  MT  Z.  8  r.  «.  Um  1811 
.SOS  ,  11  .  n.  .  welebe 
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um  10  weniger. 

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