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4-
• •
^ .
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Geschichte
des
Hoftheaters zu Dresden.
^ N
Geschichte
des
Hoftheaters zu Dresden.
Von seinen Anföngen bis znm Jahre 1862.
Von
Robert Prölss.
Dresden 1878.
Wilhelm Baenach Verlagshandlung.
24iP . e.. 2
1- •
Vorwort
Der hier vorliegende Versuch, die geschicht-
liche Entwicklung des Königlichen Hof theaters zu
Dresden im Zusammenhange mit der allgemeinen
Entwicklung des Drama's und der Schauspielkunst
für die Freunde der letzteren zur Darstellung zu
bringen, wurde in mir durch die bevorstehende
Eröffnung des neuen Königlichen Hof rheatergebäudes
angeregt. Wie sehr derselbe auch einer nachsich-
tigen Beurtheilung bedürfen wird, so ist er mir
selbst in dieser Gestalt nur durch die Förderung
und Unterstützung möglich geworden, deren ich
mich von verschiedenen Seiten zu erfreuen hatte.
Vor Allem fühle ich mich hierdurch gedrängt,
Sr. Excellenz dem General - Director, wirklichen
Geheimen Rath Herrn Julius Reichsgrafen von
Platen- Hallermund meinen ehrerbietigsten Dank
für die Bereitwilligkeit auszusprechen, mit welcher
Seine Erlaucht mir die freie Benutzung der Acten
VI
des Königlichen Hoftheater -Archivs bis zu dem
von mir bezeichneten Zeitpunkte verstattet hat, da
ich hierdurch allein in den Stand gesetzt worden
bin, die in den Zeitraum von 1815 — 62 fallenden
Begebenheiten in der von mir angestrebten Weise
zur Darstellung zu bringen.
Doch auch der freundlichen Vermittlung und
Unterstützung, die mir hierbei von dem Dramaturgen
und Secretär des Königlichen Hoftheaters, Herrn
Hofrath Dr. Julius Pabst, und den Beamten der
Königlichen Hoftheater -Canzlei, insbesondere dem
Herrn Registrator und Musikalien - Inspector Lieb-
scher zu Theil worden ist, habe ich mit dankbarer
Anerkennung hier zu gedenken.
Dagegen wurde mir die Bearbeitung der voraus
gehenden Perioden sehr erleichtert durch die ge-
diegenen, bis zum Jahre 1777 hinaufreichenden
Forschungen des Königlich Sächsischen Kammer-
musikus Herrn Moritz Fürstenau, insbesondere
durch das: „Zur Geschichte der Musik und des
Theaters etc." betitelte Hauptwerk desselben, dessen
Zuverlässigkeit und Vollständigkeit zu allgemein
anerkannt ist, als dass ich zu seinem Lobe
etwas hinzuzuftigen brauchte. Doch hat mir der-
selbe noch überdies in der zuvorkommendsten und
liebenswürdigsten Weise das Material zur Ver-
ftlgung gestellt und zu freier Benutzung überlassen,
welches er in Bezug auf die Zeit von 1777 — 1813
über den hier vorliegenden Gegenstand gesammelt
und noch nicht veröffentlicht hat, sowie eine von
ihm entworfene und ebenfalls noch nicht im Druck
vn
erschienene sehr werthwoUe Statistik der Oper am
Hofe zu Dresden Ton ihren Anfängen bis auf
unsere Tage, nebst mehreren chronologischen Ver-
zeichnissen, die sich im Besitze der Königlichen
Musikaliensammlung befinden, deren Gustos er ist
— Für diese so seltene und selbstlose Unterstützung
demselben auch öffentlich meinen wärmsten Dank
auszusprechen, empfinde ich als eine ebenso liebe,
wie dringliche Pflicht.
Was nun den Antheil* betrifft, der mir selbst
an dieser Arbeit gehört, so erlaube ich mir, nur
auf eine besondere Schwierigkeit derselben hin-
zuweisen. Auf keinem Gebiete erscheinen nämlich
die künstlerischen Verhältnisse so eng mit den
persönlichen verbunden, als auf dem der theatra-
lischen Künste. Ich habe mich bemüht, die letzteren
nur insoweit zu berühren, als es für die Darstellung
der ersteren nothwendig oder doch von charakte-
ristischer Bedeutung schien, wobei ich zu ver-
meiden suchte, den Empfindungen Lebender, ins-
besondere denen der an der Bühne des Königlich
Sächsischen Hoftheaters noch thätigen Mitglieder
irgend zu nahe zu treten. Eine Ausnahme forderten
hierbei einzig diejenigen Persönlichkeiten ^ welche
derartige Verhältnisse selbst an das Licht der
Oeffentlichkeit gezogen und zur literarischen Dis-
eussion gebracht hatten, insofern sie es dem Ge-
schichtschreiber hierdurch ausdrücklich zur Pflicht
machten, zu etwaiger Richtigstellung derselben bei-
zutragen. Ich hoflfe jedoch, dass, wie man auch
sonst über meine Darbietung urtheilen möge, man
vm
mir die Anerkennung nicht versagen werde, hier-
bei niemals von einem persönlichen Interesse, son-
dern einzig von dem für die Sache geleitet worden
zn sein und mit möglichster Unparteilichkeit und
Unabhängigkeit Licht und Schatten vertheilt zu
haben.
Dresden.
Bobert Prölss^
Inhalts - Verzeichniss.
Einleitnng.
Mysterienspiele, Moralitäten und Fastnachtsspiele. Cultur- und
Sittenzostand der Zeit Einfluss der Reformation auf Musik und
Theater. Die Gründung der kurfürstlich s&chsischen Gantorei
oder Kapelle zu Dresden S. 1—23.
Die erste dentsche Oper am Sächsischen Hofe.
Kapellmeister Heinrich Schütz. Entstehung der Oper. Die Dafne
des Martin Opitz. Erste BlQthe der Kapelle. Verfall derselben
im dreissigjfthrigen Kriege. Entstehung einer kurprinzlichen
neben der wieder hergestellten kurfürstlichen Kapelle . S. 24 — 47.
Anfänge des Schanspiels in Dresden. j
Fahrende Leute. Zunftschauspieler. Englische Comödianten.
Fahrende Schüler. Schul- und Studentencomödien. Die
Velthen'sche Truppe S. 4S— 84.
Die erste italienische Oper.
Verschmelzung der kurprinzlichen Kapelle mit der kurfürstlichen
unter iJohann Georg II. Reibungen der italienischen und deut-
schen Elemente darin, üebergewicht der ersteren. Die erste
italienische Oper unter Bontempi. Auflösung derselben. Bil-
dung einer neuen italienischen Oper unter Pallayicini. Die
Salicola S. 86—109.
Kampf des französischen nnd italienischen
Knnstgeschmacks nnter Friedrich Angust I.
Französischer Geschmack Friedrich August I. Französisches Schau-
spieL Auflösung und Neubildung der Kapelle. Commedia
delParte unter Ristorl Italienischer Musikgeschmack des Kur-
prinzen. Italienische Oper unter Lotti. Intermezzi. Das neue
X
Opernhaus Auflösang der italieDischen Oper. Erneute Herr-
schaft des französischen Geschmacks. Anfänge einer neuen
italienischen Oper Erstes Auftreten Hasse's. Sieg des italie-
nischen Kunstgeschmacks S. 110 — 139.
Die Oper unter Hasse.
Hasse und Faustina. Die Hasse'sche Oper. Die Mingotti'sche Entre-
prise. Der Kampf Hasse's mit Porpora und der Mingotti. Kur-
prinzessin Maria Antonia. Rücktritt der Faustina. Salimberl
Die Operngesellsthaft Loiatelli's. Das Moretti'sche Theater.
Blüthe der Kapelle. Auflösung der italienischen Oper S. 140 — 170.
Das deutsche Schauspiel am Hofe zu Dresden
vom Tode Velthen's bis zum Tode der Neuber.
Die Velthen'sche und die Elenson-Haacke-Hoffimann'sche Truppe.
Neubers und die Gottsched'si he Bühnenreform. Zerwürfniss
Gottsched's mit Ulrich von Kon ig. Verdrängung Neubers durch
die MüUer'sche Truppe. Zerwürfniss Neubers mit Gottsched.
Kampf der Neuber'schen mit der Schönemann'schen Truppe.
Die Vorstellungen in Dresden S. 171 — 209.
Die italienische Oper unter den subventionirten
Theaterunternehmern Bustelli und den beiden
Bertoldi.
Veränderungen in der Kapelle. Ernennung Naumann's zum Kirchen-
componisten. Engagement einer italienischen Opemgesellschaft
unter Bustelli Elisabeth Schmehlmg. Urtheile über Bustelli's
Gesellschaft. Sein Repertoire. Engagement der italienischen
Opemgesellschaft unter Bertoldi. Zusammensetzung und Ver-
änderungen derselben. Naumann, Obeikapellmeister. Schuster
und Seydelmann, Kapellmeister. Urtheil über die Kanplle. Ver-
luste und neue Erwerbungen dei selben. Ferdinand Paer und
seine Gattin. Sassaroli. Charlotte Hä^er. Francesco Morlaechi.
Leistungen und Repertoire der Bertoldi^schen Gesellschaft
S. 210—260.
Erneute Versuche, ein deutsches Schauspiel am
kurfürstlich sächsischen Hofe in Dresden zu
bilden.
Französisches Schauspiel unter Frani^ois Favier. Unterhandlungen
mit Gottfried Heinrich Koch. Bildung eines neuen deutschen
Schaupiels unter dem letzteren. Zustand der Oper und des
XI
Drama^s in Frankreicli und Deutschland. Gegensatz der forma-
listischen und naturalistischen Spielweise. Beurtheilung der
Darsteller, des Repertoires und der Leistungen der Koch'schen
Gesellschaft. Aufhebung des kurfürstlich deutschen und fran-
zösischen Schauspiels. Der Theateruntemehmer Wäser in
Dresden S. 261—273.
Snbyentionirte wandernde deutsche Schauspiel-
gesellschaften im Dienste des kurfürstlich säch-
sischen Hofes zu Dresden,
Theophil Döbbelin. Sein Vertrag mit dem kurfürstlichen Hofe. Be-
stand seiner Truppe. Leistungen derselben in Dresden. Vertrag
mit Abel Seyler. Bestand seiner Truppe. Sein Repertoire«
Verhältniss desselben zu Dichtung und Leben. Leistungen der
Seyler'schen Gesellschaft in Dresden. Theilnahme am Theater
daselbst. Versuche, ein stehendes Theater hier zu errichten.
Vertrag mit Bondini S. 274—296.
Die Bondini-Seconda'scbe Gesellschaft am kur-
fürstlichen Hofe zu Dresden.
Bestand der Bondini'schen Gesellschaft. Brandes^ Regie und Zer-
würfniss mit Reinecke. Regie yon Reinecke. Repertoire der
Gesellschaft bis 1788. Veränderungen derselben. Ihre Leistungen.
Seconda, Director. Regie von Opitz. Neue Veränderungen.
Repertoire bis 1813. Leistungen der Gesellschaft und Urtheile
über dieselbe S. 296—361.
Die Vorstellungen auf dem Theater des Lincke-
schen Bades bis zur Auflösung der Joseph
Seconda'schen Gesellschaft.
S. 862—362.
Die Umwandlung der subventionirten Theater-
gesellschaften am Dresdner Hofe in ein mit der
Kapelle zu einem Ganzen vereinigtes Hoftheater.
Gründung eines Staatstheaters in Dresden unter Direction des Ilof-
rath Theodor Winkler. Uebemahme desselben von Seiten des
Hofs unter der Generaldirection des Grafen Carl Wilhelm Vitz-
thum von Eckst&dt. Musikalisches Leben am Hofe. Repertoire
Ton 1814—1816. Veränderungen im Personal. Die Kapelle.
PoUedro S. 363—880.
xn
Kampf der deutschen und italienischen Oper.
GrOnduDg der deutschen Oper. Verhandlungen Yitzthum^s mit
C. M. y. Weber. Dessen Ernennung zum Kapellmeister. Cha-
rakteristik desselben. Yerh<niss desselben zu Morlacchi Erste
Kämpfe. Gründung eines Theaterchors. Veränderungen im
Orchester. Vitzthum's Rücktritt. Heinrich von Könneritz.
Miksch, Ghordirector. Der Freischütz und Preciosa. Verhält-
niss Weber's zu Spohr und Marschner. Wilhclmine Schröder.
Marschner, Musikdirector. Euryanthe. Anton Rolla. Oberen.
Adolph von Lüttichau. Die Palazzesi. Tod Hellwig's und
Bassi's. Tod Weber's. C. G. Reissiger. Anton Babnigg. Auf-
lösung der italienischen Oper. Veränderungen und Bestand der
Kapelle S. 881—424.
Das Schauspiel nnter dem Einflüsse Tieck's.
Literarischer Zustand der Zeit. Wirksamkeit Vitzthum's und HeU-
wig's. Erwerbungen, Repertoire und Gastspiele bis 1820. Pauli
Einfluss Tieck's unter Könneritz. Erwerbungen, Repertoire,
Gastspiele bis 1824. Herr yon Lüttichau. Anstellung Tieck's.
Angriffe auf diesen. Erwerbungen, Repertoire und Gastspiele
bis 1832. Julie Glej. Emil Devrient. Umschwung in der Dar-
stellungsweise. Umschwung der Zeit. Einfluss Tieck's von
1832—41. Kämpfe mit Emil Deyrient Repertoire, Erwerbungen,
Gastspiele S. 426—474.
Die Oper unter Reissiger.
Veränderungen im Geschmack. Wilhelmine Schröder-Devrient. Neue
Erwerbungen. Joseph Tichatscheck. Repertoire. Veränderun-
gen in der Kapelle. Carl Lipinski. ßildung eines Ballets. Der
Bau des neuen Theaters. Abschied vom alten Hause S. 476 — 601.
Das Schauspiel unter Eduard Devrient und
Karl Gutzkow.
Eröffnung des neuen Theaters. Marie Bayer. Anstellung Eduard
Devrient's. Dessen Regie. Zerwürfnisse mit Emil Devrient.
Neue Erwerbungen und Repertoire. Anstellung Gutzkow's.
Dessen Regie. Verhältniss zu Eduard Devrient. Neue Er-
werbungen und Repertoire. Kündigung Gutzkow's. Festfeier
des hundertjährigen Geburtstages Goethe's . . . S. 602 — 680.
Die Oper unter Richard Wagner.
Richard Wagner. Seine Anstellung als Kapellmeister. Neue Er-
XUI
werboDgen. Aasscheiden der Schröder -Devrient. Repertoire.
Uebersiedelnng der Ueberreste G. M. v. 'Weber's. Zerwürfnisse
mit Wagner. Die Maiereignisse. Auflösung des Theaters. Re-
organisation S. 631—569.
Kampf der idealistischen und realistischen Dar-
stellnngsweise im Schauspiel (1850—62).
Veränderter Literatorzustand. Friedrich Hebbel und Otto Ludwig.
Eduard Devrient's Abgang. Neue Regie-Instruction. Neue Ver-
handlungen mit Emil Devrient. Bogumil Dawison. Zerwttrf-'
nisse mit Emil Devrient. Dawison's Uebergriffe. Neue Schwie-
rigkeiten mit Emil Devrient Veränderungen in der R^e.
Tod König Friedrich August L König Johann. Dr. Julius
Pabst VerfLndemngen im Personal. Repertoire. Theater-
feierlichkeiten S. 660—692.
Die Oper unter dem Einflüsse gegensätzlicher
musikalischer Principien in der Periode von
1850-62.
Bedeutung der Wagnerischen Oper. Kämpfe bei Wiedereinführung
derselben auf dem deutschen Theater. Die Wiederaufnahme
des Tannhäuser in Dresden. Neues Verbot Verhandlungen
mit Johanna Wagner. Meyerbeer's Einfluss. Sieg der Wagner-
schen Oper. Repertoire. Einfluss Räder's. Veränderungen in
der Regie und Kapelle. Julius Rietz und J. Chr. Lauterbach.
Veränderungen im Personal. Jenny Ney. Rücktritt des General-
Directors von Lüttichau. Zur Charakteristik desselben. Schluss.
S. 593—616.
Verzeichniss der vom 1. Oct. 1816 bis 1. Jan. 1862
auf dem Königl. Sachs. Hoftheater zu Dresden
neu aufgeführten Stücke.
S. 616—648.
Verzeichniss des Personals der Oper und des
Schauspiels des Königl. Hoftheaters zu Dresden
vom 1. October 1816 bis 1. Januar 1862.
S. 649—660.
Besoldungsetat von Schauspiel und Oper in den
Jahren 1817, 1826, 1831, 1850 und 1856.
S. 661—665.
Zusätze und Berichtigungen S. 666—671.
Geschichte
des
Hoftheaters zu Dresden
von
seinen Anfängen bis zum Jahre 1862
Einleitung.
Ijsterienspiele, Moralitäten und Fastnachtsspiele« Cnltniv
ud Slttenznstand der Zeit. Einflnss der Reformation anf
Imslk und Theater. Die Erfindung der knrfllrstL sächsischen
Cantorei oder Kapelle zu Dresden.
Gleichwie das Drama aller ttbrigen neueren Völker
ist auch das der Deutschen aus den kirchlichen und den
neben herlaufenden weltlichen Spielen des Mittelalters
anter der Nach- und erneuten Einwirkung des grie-
chisch-römischen Dramas hervorgegangen. — Gegen
fast nichts hatten sich die christlichen Kirchenlehrer bei
der Bekämpfung der in heidnischen Anschauungen wur-
zelnden griechisch-römischen Bildung mit solcher Heftig-
keit gewendet^ als gegen deren dramatische Spiele. Die
Entartung derselben gab ihnen hinreichende Veran-
lassung. Doch sollte die Wirkungslosigkeit ihrer An-
strengungen sie bald erkennen lassen ^ dass dem Ver-
langen nach diesen Spielen ein bis zu einem gewissen
Grade berechtigtes Phantasiebedürfhiss zu Grunde liege^
das man zu schonen oder in anderer Weise zu befrie-
digen hatte.
Dies wirkte zunächst auf die Ausbildung der gottes-
dienstlichen Formen mit ein. Man suchte den Hang
zum heidnischen Drama nun auch dadurch zu bekämpfen^
dass man sich seiner Formen selbst mit bediente^ was
jedoch auf gefährliche Bahnen hinführte. Nicht nur^ weil
1
— 2 —
auf diesem Wege mehr und mehr weltliche Elemente in
den Gottesdienst und die Feier der kirchlichen Feste mit
eindrangen — auch in der Geistlichkeit selbst wurde jenes
Phantasiebedttrfhiss, jener Hang nach theatralischer Lust-
barkeit^ den man doch eben bekämpfen wollte^ geweckt
und genährt. Ja man darf vielleicht sagen, dass die
Entwicklung der kirchlichen Spiele fast mehr noch durch
jenen Trieb und jenes BedUrfniss der Mönche und Geist-
lichen, als durch diese Absicht der Kirche gefördert
worden ist. Wie auch hätten wohl diese, in den ger-
manischen Ländern zunächst nur in lateinischer Sprache auf-
geführten kirchlichen Spiele unmittelbar diese Wirkung
ausüben können? So kam es, dass trotz der von den
Goncilen und Kirchen Versammlungen gegen die welt-
lichen Spiele gerichteten Verbote, diese noch fort und
fort neben den kirchlichen, die sich ihnen mehr und mehr
näherten, herliefen, und diese Verbote mit solchen ab-
wechselten, welche gegen die geistlichen Spiele, die
Mummereien in Kirchen und auf Kirchhöfen selber ge-
richtet waren. So kam es, dass die Nonne Hroswitha
gegen Ende des zehnten Jahrhunderts nur deshalb ihre
berühmten, dem Terenz nachgebildeten, aber der christ-
lichen Legende entnommenen Dramen schrieb, um die
von ihren Klosterfrauen mit Leidenschaft gelesenen Lust-
spiele dieses Dichters damit zu verdrängen.
Es würde unstreitig für die Ausbreitung der christ-
lichen Lehre und die Einheit des Glaubens sehr vor-
theilhaft gewesen sein, wenn die Kirche den Gebrauch
nur einer einzigen Sprache überall hätte durchsetzen
können. Sie sah sich aber bei der Wahl derselben auf
zwei gleich mächtige Cultursprachen, die griechische und
römische oder lateinische, verwiesen und schon hierdurch
allein in einen Dualismus gerissen. Dies sollte ihr in
mehr als einem Sinne verhängnissvoll werden, besonders
auch deshalb, weil sie durch die Erhaltung und weitere
Ausbreitung dieser Sprachen einer späteren erneuten
- 3 —
Einwirkung der von ibr so mühsam durch Jahrhunderte
bekämpften griechisch-römischen, d. i. also heidnischen
Bildung; selbst wieder einen fruchtbaren Boden be-
reitete.
Es war auf diese Weise natürlich; dass die kirch-
lichen Spiele sich vorzugsweise in den Ländern der spä-
teren romanischen Völker ausbilden mussten, da deren
Volkssprache der lateinischen ungleich näher stand; wie
es ja gerade in diesen Ländern vorzugsweise römische
Bildung und römische Spiele zu bekämpfen galt.
Wohl waren auch bei den germanischen Völkern
gewisse dramatische Formen entstanden. Auch sie feier-
ten die Feste der Götter mit dramatischen Umzügen; die
einen allegorischen Charakter hatten und bei denen
komische Vermummungen, Spottreden etc. nebenherliefen.
Die Spiele der mit den Römern eindringenden Histrionen
und Mimen werden auf die Entwicklung derselben gewiss
nicht ohne Einfluss geblieben seiu; ebenso wenig das
vordringende Christen thum; das ihnen zum Theil einen
neuen Inhalt gab. Andererseits weisen die allegorischen
und possenhaften Elemente; -welche in die späteren
kirchlichen Spiele eingingen; wieder auf sie mit zurück
und dürften uns vielleicht etwas von dem ihnen eigen-
thümlichen Charakter verrathen. Auch haben sie ohne
Zweifel die Formen der ältesten auf uns gekommenen
weltlichen Spiele bestimmt: jene allegorischen Streit-
spiele; aus denen sich die höfischen Fest- und Zwischen-
spiele (Interludes) und die Moralitäten entwickelten; so-
wie jene komischen; von Spottliedem und Spottreden
begleiteten Vermummungen; aus denen die bürgerlichen
Fastnachtsspiele hervorgegangen sein dürften. Vielleicht
dass auch beide zugleich die Elemente; hier zu den
volksthflmlichen ; dort zu den höfischen Maskenspielen
lieferten; welche in Italien entstanden und allmählig in
den übrigen Ländern Europas Eingang und Verbreitung
fanden.
— 4 ~
Die Kirche vermochte indess der Macht der sieb
entwickelnden Volkssprachen auf die Daner nicht ztr
widerstehen. Erst das Aufblühen des ritterlichen Geistes
hat aber diese Entwicklung entschieden gefördert Sind
es doch immer die Dichter gewesen, welche der im Volks-
munde schwankenden Form der nationalen Sprachen eine
bestimmte und feste Gestalt gaben. Dies scheint von
allen neueren Sprachen am frühesten mit der proven^a-
lischen oder limosinischen der Fall gewesen zu sein,
während die italienische Sprache diejenige war, welche
zuerst (zu Ende des 13. Jahrhunderts) zu einer Entwicklung^
gelangte, die sich im Wesentlichen nicht mehr verändert hat.
Die höchste dichterische Blüthe aber zeitigte der
ritterliche Geist in Deutschland, ohne jedoch, soweit wir
es beurtheilen können, auf die Entwicklung des Drama»
einen Einfluss auszuüben; wogegen die normannischen
Trouvferes und Minstrels einen entschiedenen Antheil,
nicht nur an der Befreiung des Mysterienspiels aus den
Fesseln der lateinischen Sprache, sondern auch an der
Entwicklung des weltlichen Dramas hatten.
Die ersten Concessionen, welche die Kirche den
Volkssprachen machte, bestanden darin, dass die Geist-
lichen angewiesen wurden, dem Volke die lateinischen
Predigten in der Volkssprache zu wiederholen, sowie
demselben zu gestatten, sich ihrer im Wechselgesange
mit der Geistlichkeit zu bedienen. Dies fand in Frank-
reich bereits zu Anfang des 9. Jahrhunderts statt, in
Deutschland erst später, obschon die Kirchenversamm-
Inngen von Tours (818) und Mainz (843) verordneten, dass
die Geistlichen dieses Landes fähig sein sollten, ihre
Predigten ins Deutsche zu übersetzen. Die ältesten, uns
noch erhaltenen Mysterienspiele, die in Deutschland auf-
geführt wurden, stammen aus dem 13. Jahrhundert und
sind meist noch ganz in lateinischer Sprache, zum Theil
auch lateinisch und deutsch, doch einige darunter sogar
schon ganz in deutscher Sprache geschrieben.
— 5 -
So laDge diese Spiele nur in lateinischer Sprache ab-
gefasst wurden; mögen sie wohl nur in Kirchen und
Klöstern von Geistlichen^ Mönchen und Klosterbrüdern
dargestellt worden sein. Da Innocenz III. 1210 ein
scharfes Verbot gegen die dramatischen Spiele in Kirchen
und gegen die Schauspielereien der Geistlichen erliesS;
so ist anzunehmen, dass die zu dieser Zeit entstandenen
deutschen Spiele meist schon von Laien und ausserhalb
der Kirchen und Klöster aufgeführt worden sind. Das
mit den Volkssprachen verbundene Eindringen weltlicher
possenhafter Elemente in die kirchlichen Spiele mochte
dieses Verbot hervorgerufen haben. Demselben wurde
jedoch nicht überall Folge geleistet. Es wurde noch
immer in Kirchen gespielt, und Geistliche blieben auch
an den ausserhalb der Kirchen stattfindenden Spielen
noch länger betheiligt. Erst in der zweiten Hälfte des
13. Jahrhunderts sehen wir Gesellschaften und Ver-
brüderungen entstehen, welche das Privilegium für die
Aufführung solcher Spiele erwarben. Es fehlt uns an
Nachrichten,, ob sich in Deutschland ähnliche Gesell-
schaften zu regelmässigen Aufführungen geistlicher Spiele
organisirt haben. Wir wissen nur, dass sich Bürger der
Städte zu diesem Zwecke vereinigten und solche Auf-
führungen an einzelnen Orten auch regelmässig wieder-
kehrten. Ein für unsere Geschichte wichtiges Spiel dieser
Art wurde im Jahre 1322 von Klerikern und Schülern
im Schlossgarten zu Eisenach vor Friedrich mit der ge-
bissenen Wange aufgeführt Es ist das erste uns be-
kannte Beispiel von der ihnen erwiesenen Theilnahme
eines sächsischen Fürsten. Es war das Spiel von den
klugen und thörichten Jungfrauen, und der Eindruck,
welchen die Scene, worin die Jungfrau Maria und alle
Heiligen vergebens den Einlass der Letzteren ins Paradies
erflehen, auf den Markgrafen ausübte, soll so mächtig
gewesen sein, dass er entsetzt in die Frage ausbrach:
riWas ist wohl des Christen Glaube, wenn seihst durch
die FUrbitte der Matter Gottes und aller
Sünder nicht GDade erlangen kann?" Mau schrieb dieser
GemUthserrogang sogar die Verdusterong des Geistes zu,
in welche der Markgrat" UDoiittelbar daraui' vertiel. —
Wichtiger noch ist fUr uns, dass, nach einer Mittheilung,
Georg der Bärtige 1513„sainpt seinem Gemahl" 20UU Gulden
zu dem Zwecke stiTtcte, damit v*m den Zinsen Jährlich am
grünen Donnerstage in vier aächeischen Städten Dar-
stellungen der PaBsionsgeschicbte, so wie bisher schon zu
Meissen, Hayn, Leipzig und anderen Orten abgebatten
werden sollten. Von kirchlichen Spielen in Dresden be-
sitzen wir schon aus dem 15. Jahrhundert sichere Nach-
richten. Sie betreffen ein alljährlich am Johannistage
abgehaltenes Spiel der Kirche zum Kreuz, welche seit
lange wegen verschiedener in ihr aufbewahrter Heilig-
tbUmer, nnter anderen auch eines Stückes vom heilig
Kreuze, das ihr von der Gemahlin Heinrieh des
lauchten verehrt worden, ein berLlhmter Walltahrts
war. Erst in Rechnungen des zu dieser Kirche in ]
Ziehung stehenden BrUckenamtes vom Jahre 148U an hat
man bestimmtere Nachweise Über diese Spiele gotundt-n.
Die Mysterienspiele erliielten sehr bald in den welt-
lichen Dramen, nnd zwar zunächst in den MoralitätcD.
den Allegorien, Zwischen- und Schälerspielen, sowie in
den Volkspossen, Farben und Fastnachtsspielen eine ge-
nibrliche Concurrenz, GetUhrlicher noch aber sollte ihnen
das wiedererwecktc antike Drama, sollten ihnen die
durch dasselbe hervorgerufenen Nachahmunj^en werden.
Während jedoch dieser Eintluss in Italien und Frank-
reich zu einem raschen Aufschwünge, zu einer raschen
Bllithe des wiedergeborenen klassischen, wenn anch nar
höfisch Conventionellen und akademischen Dramas führtet
in Spanien und England aber zunächst die Entwicklao^
eines wahrhaft nationalen Dramas förderte und zo
wnndcrbarster Entfaltung brachte, sehen wir in Deutsch-
land das Tolksthtuniiche Drama, welches in üasa te«bA
^ilig^H
irtsdH
in B^
— 7 —
80 hoffnungsreiche Keime trieb, sehr bald wieder ver-
kflmmem und die Antriebe^ welche dasselbe ans dem
Studium der Griechen und Römer empfing, in der Schul-
comödie erstarren.
Unter den Ursachen, welche dazu beitrugen, dass
sich bei den Deutschen das Drama um soviel später als
bei den übrigen neueren Völkern entwickelt hat, wird
man vor Allem den allgemeinen Verfall, in welchen hier
Oeschmack, Sitten und Sprache nach dem Untergange
des Ritterthums und der ritterlichen Dichtung und Bil-
dung während der Kämpfe des Interregnums geriethen,
veraptwortlich zu machen haben. In dieser Dichtung^
die überhaupt nur auf einen bestimmten Theil des Reiches
beschränkt blieb, war der schwäbische Dialekt zur Herr-
schaft gekommen. Indem aber die Dichtung langsam
zu den niederen Ständen, den Bürgern der aufstrebenden
und aufblühenden Reichsstädte herabglitt, welche sie
zwar mit gewissenhafter Hingebung, doch auch mit hand-
werksmässiger Nüchternheit, mit zunftmässigem Pedan-
tismus aufnahmen und ausübten, traten die übrigen
Mundarten wieder mit gleichem Anspruch hervor und er-
zeugten eine immer mehr ausartende Vermischung und
Verwilderung der Volkssprache. Zu welcher Rohheit
sowohl sie, wie Geschmack und Sitten herabsanken, lässt
sich am besten aus den Fastnachtsspielen erkennen, die
uns aus dem 15. Jahrhundert überliefert worden sind und
meist in Nürnberg, Augsburg, Bamberg entstanden sein
mögen. Was aber hätte sich auch von Handwerkern
in einer Zeit erwarten lassen, in welcher selbst aus-
gezeichnete Gelehrte, die in den Sprachen des Alter-
thums sich wohl zu bewegen und auszudrücken ver-
standen, in der eigenen nur ihre Unbeholfenheit zu zeigen
und die Rohheit derselben nicht zu überwinden ver-
mochten. Die Wirkungen, welche das wiedererwachte
Studium der alten Klassiker auf die deutschen Gelehrten
ausübten, waren ganz einseitige. Die Form galt ihnen
- 8 —
mehr als der Inhalt, und von ihr wieder die logische
Seite mehr als Schönheit und Eleganz. Wo sie den In-
halt in Betracht zogen, geschah es eigentlich nur, um
ihn an der scholastischen Bildung zu messen. Die Folge
war ein entschiedener Bruch mit derselben. Wo sie da-
gegen die Form mit den Formen der eigenen Sprache
verglichen, mussten sie die Rohheit der letzteren nur um
so stärker empfinden. Daher man ihr auch die eigene
Unfähigkeit noch mit zur Last legte und es vorzog,
jene Dichtungen unmittelbar in der lateinischen Sprache
nachzuahmen, statt einen entsprechenden Ausdruck da-
für in der eigenen Sprache zu suchen. Man fing sogar
an, deutsche Werke in die lateinische Sprache zu* tiber-
setzen. Man suchte dieselbe zur ausschliesslichen Litera-
tursprache zu machen. Sie wurde das unerlässliche
Merkmal der Bildung. Ja, in einem Lobgedichte auf den
Goldberger Schulrector Trotzendorf wird es rühmend
hervorgehoben: „er habe die römische Sprache Allen so
eingegosseu, dass es für Schande gelte, deutsch zu reden^
und selber Knechte und Mägde Latein sprächen^^.
Wie hätte demnach der Einfluss der antiken Vor-
bilder auf die Entwicklung des deutschen Dramas zu-
nächst wohl ein anderer, als ein nachtheiliger gewesen
sein können? Es entstand eine Fluth meist ganz hand-
werksmässig ftir die Zwecke der Schule gearbeiteter
lateinischer Schauspiele — die sogen. Schulcomödie — ,
die man zwar später wieder ins Deutsche zu Übersetzen
begann und denen man auch deutsche, im selben Geiste
gedichtete Schauspiele zur Seite stellte, die aber auch in
dieser Form nicht förderlich dafUr wurden.
Unter diesen Umständen würde es dem Drama nur
wenig genützt haben, wenn die Fürsten und Grossen
sich seiner auch augenommen hätten, wie ja noch selbst
zu Ende des Jahrhunderts, unter schon ungleich günsti-
geren Verhältnissen, die ausdauernde Gunst und Pflege,
welche ihm zwei kunstsinnige Fürsten (Julius von Braun-
— 9 —
«chweig und Moritz von Hessen) zu Theil werden liessen^
für seine Entwicklung so gut wie wirkungslos blieben.
Auch waren die Bildungszustände der damaligen Höfe
der Aufnahme und Entwicklung des Dramas kaum
^nstiger^ als die des Bürger- und Gelehrtenthums. Das
Interesse der Fürsten des 16. Jahrhunderts war auf
ernstere Dinge und ihre Neigungen auf greifbarere 6e-
nflsse gerichtet^ als auf die Pflege und Wirkungep der
Künste.
Sie theilten ihre Müsse hauptsächlich in die Freuden
der Jagd und die nicht selten an Völlerei streifen-
den Tafelgenüsse ein. Der Trunk war das allgemeine
Laster der Zeit. In welchem UmfangC; lässt sich aus
einer üebereinkunft erkennen, welche 1524 bei einem
Gesellenstechen zu Heidelberg; wo manche Stimmen
über die Gebrechen der Zeit sich hatten yemehmen
lassen, yon einer Anzahl wohlmeinender Fürsten zur
Abhülfe derselben geschlossen wurde: „Jeder von ihnen —
heisst es darin — Kurfürst oder Fürst, geistlich oder
weltlich, sollte in eigener Person sich alles Gotteslästerns
und alles Zutrinkens zu Ganz und Halb völlig enthalten,
Jeder es auch seinen Amtleuten, Hofgesinde, Dienern
und Unterthanen bei namhafter Strafe, desgleichen auch
der Ritterschaft und den Landgesessenen in jedem
Fürstenthum verbieten.** Wie wenig dies aber im Ganzen
gefruchtet hatte, geht aus den Memoiren des trink-
Instigen und naiven Junkers von Schweinichen hervor,
der mit Genugthuung auf die vielen Hunderte von
Räuschen zurückblickt, die er noch gegen Ende des
Jahrhunderts an deutschen Höfen bestanden. „Auf die-
sem Ritte durchs Reich — heisst es einmal — habe ich
viel Bekanntschaften und mit meinem Trinken einen
grossen Namen gemacht, weil ich um diese Zeit sehr
viel trinken konnte — so dass mir die Reise sehr er-
spriesslich bei vielen Leuten war, weil ich mich in allen
ehrlichen Sachen gebrauchen liess, die an Fürstenhöfen
- 10 —
Yorkommen, Trinken und andere Kurzweil" — „da ich
aber das Lob hatie^ allemal der Letzte auf der Wahl-
statt des Trinkgelages zu sein^ wollte ich mir den Namen
damals auch nicht nehmen lassen, weil ich wusste, dass
Yon einem Hof an den andern meines Wobltrinkens wegen
geschrieben wurde."
Dass es auch in den sächsischen Landen an diesem
Hange nicht fehlte , geht aus vielen Berichten der Zeit
hervor. Hier mögen davon nur die Vorschriften Erwäh-
nung finden, welche der kurfürstlich sächsische Hof für
die vom Adel zu seinen Festen Geladenen erliess: ;,Sie
sollen sich besonders des übermässigen Trunkes, daraus
allerlei Unbescheidenheit erfolgt, enthalten, sollen dafür
sorgen, dass keiner ihrer Leute in die fürstlichen Ge-
mächer sich eindränge und gegen die dahin verordnete
Guardy mit bösen, frechen, unnützen, nachtheiligen Wer-
ten sich nicht vernehmen lassen/' Von nicht minderem
Interesse sind in dieser Beziehung einzelne Bestimmungen
der damaligen Hofordnung, unter denen besonders die
bezeichnend ist, dass während der Tafel die Schlossthore
geschlossen und die Schlüssel dem Kurfürsten gebracht
werden sollten. Von den ünterhaltungsformen der höch-
sten Kreise giebt aber unter anderen eine Stelle im
Lebenslaufe des Bartholomäus Sastrow, eines Agenten der
Herzöge von Pommern, überraschenden Aufschluss, die
ich einer Schilderung des kaiserlichen Zuges zum 1547er
Reichstag in Augsburg entnehme. Hier heisst es von den
dabei stattfindenden Banketten:
„Junge Fürsten legten sich wohl zu fürstlichen und
gräflichen Damen, sonderlich von hohem adlichen Stande,
auf den Boden , denn sie sitzen nicht auf Bänken oder
Sesseln, sondern es werden köstliche Tapeten mitten ins
Gemach gebreitet, worauf sie sich bequemlich setzen und
sich strecken können, dort umhalsen, küssen und betasten
sie sich."
Mit dem ungeheuren Aufwände für Küche und Keller,
— 11 —
besonders bei festlichen Gelegenheiten^ und dem wach-
senden Luxus der Kleidung stand, die ausserordentliche
Einfachheit der Wohnungen und häuslichen Einrichtungen
noch vielfach in einem charakteristischen Gegensatz.
C. A. Mttller giebt in seinen Forschungen auf dem Gebiete
der neueren Geschichte hierfür als Beleg eine genaue
Beschreibung der Wohnung von Georg I. Bruder, dem
Herzog August. Man wird von ihr auf die Aermlichkeit derer
der damaligen Dresdner Bürgerschaft schliessen können.
Waren doch noch zu August des Starken Zeit hier
fast alle Häuser von Holz. Erst 1559 war mit der
Pflasterung der inneren Strassen begonnen worden, erst
unter ihm fing man an, dieselben des Nachts zu beleuch-
ten. Und doch mussten andererseits auch hier Luxus
und Wohlleben schon jetzt in solchem Maasse um sich ge-
griffen haben, dass man wiederholt strenge Verordnungen
dagegen erliess. Schon 1474 begegnen wir einer solchen,
die gegen die böse Angewohnheit des ganzen und halben
Zutrinkens gerichtet war; kurze Zeit später einer anderen,
welche die Kleiderpracht bekämpfte. Allerdings bezweck-
ten diese Verordnungen zugleich eine strenge Begrenzung
der Vorrechte der Stände, und ein Erlass des Administra-
tors von Sachsen, Herzogs Friedrich Wilhelm von Weimar,
vom Jahre 1595 enthält die genauesten Vorschriften
über den Umfang der Grenzen, in denen sich die ver-
schiedenen bürgerlichen Stände in Bezug auf Kleidung
und Ausrichtung von Festen zu halten hatten.
Zu diesen Festen gaben besonders die Hochzeiten,
Taufen, Geburtstage, selbst die Leichenbegängnisse An-
lass. Bei Hofe traten dazu die Besuche hoher Herrschaf-
ten und die Feier der Fastnacht, von der wir aus dem
Jahre 1519 die erste Nachricht in Weck's Chronik von
Dresden verzeichnet finden. Hier wie dort bilc^eten Gast-
mähler und Trinkgelage den eigentlichen Kern dieser
Feste; sie krönten die übrigen Lustbarkeiten, wenn diese
nicht bloss die Würze, den äusseren Schmuck derselben
— 12 —
abgaben. Bei Hofe bestanden diese Lustbarkeiten in
Aufzügen und Schangepränge, in Tanz und in ritterlichen
Uebnngen. Man ging dabei mehr darauf aus, durch
eigene, das Lebensgefühl steigernde Betheiligung und
Bethätigung die Schaulust Anderer; als die eigene zu
befriedigen. Auch verlangte man nach einer gewissen
Realität der dargestellten Vorgänge. Der Sinn für den
reineU; künstlerischen Schein war noch wenig entwickelt.
Die Jagd war die Hauptbelustigung der sächsischen
Fürsten. Bei festlichen Gelegenheiten wurde auch sie
wieder zum Schauspiel gemacht, so bei den Wasserjagden
auf der Elbe, den Thierhetzen auf dem Schlosshofe oder
dem Marktplatze. Oder es schlössen sich Aus- und Auf-
züge, Mummereien ; später auch allegorische Festspiele
daran. Die vom Kurfürsten Moritz 1542 erbaute Moritz-
burg wurde in späterer Zeit vorzugsweise ein Mittelpunkt
solcher Feste. — Andere Belustigungen hatten sich aus
den ritterlichen Uebungen entwickelt. An die Stelle der
Turniere (das letzte öffentliche war 1487 in Worms ab-
gehalten worden) waren die Ringelrennen, Caroussels,
die Lanzen- und Gesellenstechen getreten. Sie waren
mit phantastisch-allegorischen Aufzügen und Mummereien
verbunden, die einen immer glänzenderen und zuweilen
auch wohl dramatischen Charakter annahmen und mit
dem Namen von Inventionen bezeichnet wurden. Obschon
ursprünglich nur bei diesen ritterlichen Spielen üblich,
wurden sie später auch bei Gastmählern und im
Tanzsaale angewendet, wie sie wohl überhaupt mit den
Zwischenspielen und Entremets, welche im 13. Jahrhundert
in Frankreich, Burgund und Flandern eine so grosse
Rolle spielten, in Verbindung gestanden haben mögen.
So wird schon bei den Vermählungsfeierlichkeiten des
Prinzen Christian 1582 ein Fussturnier erwähnt, welches
im grossen Saale des Schlosses abgehalten wurde, und
bei den Kelterfesten Johann Georg I., dem Erbauer des
Spitzhauses in der Hoflössnitz, welche in dem grossen
— 13 —
Presshaase abgehalten wnrdeo; fanden bei lUnmlnation
BacchasanfzUge und Tänze statt; an welche die mehrere
Hunderte von Zuschauern fassende Oalerie dieses Hauses
noch heute erinnert. Auch noch die ersten Singballete
waren wohl kaum etwas Anderes als auf den Tanzsaal
versetzte Inventionen.
Die mit den Caroussels verbundenen Darstellungen
dieser Art blühten besonders unter Christian II. und Johann
Georg I. Doch hatte schon Christian I. eine prächtige
neue Rennbahn erbauen lassen. Der seit 1574 am säch-
sischen Hofe angestellte Architekt und Bildhauer Maria
Nosseni (geb. 1545 zu Lugano, gest. 1620 ii^ Dresden),
der Erbauer der berühmten Begräbnisskapelle zu Frei-
berg, war auch mit der Veranstaltung von „Mumereyen,
Tryumphen'^ und diesen Inventionen betraut, die damals
weithin in Ruf standen. Bei diesen allegorischen Spielen,
welche durch einen in mehrere Rotten (Quadrilles) ein-
getheihen Trupp Reiter und vielen Nebenpersonen und
einem sich immer steigernden Aufwände künstlicher,
mechanischer Vorrichtungen dargestellt wurden, spielten
die Narren eine hervortretende Rolle. Sie hüpften und
sprangen mit lächerlichen Geberden um die Reiter herum,
die sich mit ihnen an Zahl überboten. So hatte ein ge-
wisser Max Walther bei einem 1482 abgehaltenen Tur-
nier 15 Narren in seinem Gefolge.
Narren, Närrinnen, sowie Zwerge gehörten überhaupt
zu den bevorzugten Unterhaltungsmitteln der damaligen
Höfe. Man gab sich oft grosse Mühe, deren in Dienst
zu bekommen. Die Correspondenz der Fürsten und Für-
stinnen dieser Zeit ist davon voll. So bittet die Gräfin
von Leuchtenberg den Herzog Albrecht von Preussen um
einen Zwerg und fügt die Versicherung bei, dass sie ihn wie
ihr eigenes Kind halten wolle. Der Herzog Erich II.
von Braunschweig erwiedert auf eine ähnliche Bitte, „als
das E. L. um einen Zwerg und eine Zwergin bitten, so
sollen £. L. uns glauben, dass wir jetzo vielfältig durch
— 14 —
unsre Herrn und Freunde um solche Zwerge angesucht
werden, darob wir E. L. zu diesemal derselben nicht
vertrösten mögen, wollen uns aber doch befleissigen, ob
ein solcher Zwerg und eine Zwergin an uns bringen und
E. L. freundlich damit willfahren können/^ Diese Vorliebe
dauerte fast durch das ganze 17. Jahrhundert noch an.
Im Jahre 1617 gab es am sächsischen Hofe noch drei
Zwerge, drei Narren und zwei „kurzweilige Räthc'', und
nach einem Berichte aus dem Jahre 1668 sollen sich bei
einer Abendmahlzeit beim Kurprinzen, zwei Hofnärrinnen
entzweit haben und einander in die Haare gerathen sein,
wodurch den Anwesenden „ein lustiges Spektakel be-
reitet wurde^'. Man kann hieraus schliessen, von welcher
Art die von ihnen erwartete Kurzweil zu Zeiten war.
Sie mögen nur selten die munteren, poetisch gestimmten
Bursche gewesen sein, die uns Shakespeare veranschaulicht
hat, sondern wohl meist eben so tief wie der spätere
Narr der Bühne, der Hanswurst, unter ihnen gestanden
haben. Gewiss bestand zwischen beiden auch ein inneres
Yerhältniss. Drängte sich dieser doch mit derselben
lustigen vorlauten Frechheit in die Handlung der ernsteren
Spiele, wie der Narr in die Gespräche und an die Tafeln
der Grossen und Vornehmen. Beide leiteten das Recht
dazu aus nichts Anderem, als aus der geduldeten Stellung
ab, die ihnen die Heiterkeit gab, welche sie zu erregen
und zu unterhalten verstanden. Daher der Hanswurst
Prehäuser, als ihn der berühmte Stranitzky in Wien, vom
Publicum Abschied nehmend, als seinen Nachfolger
empfahl, die Stille, die hierauf folgte, nicht schicklicher
zu unterbrechen wusste, als indem er sich plötzlich auf
beide Kniee niederwarf und mit rührend komischer Ge-
berde bat: „Meine Herren, ich bitte Sie um Gotteswillen,
lachen Sie doch über mich Y' Denn in der That gab ihm
dieses Lachen den Freibrief, sich fortan Alles erlauben
zu dürfen. Auch mag hier darauf hingewiesen werden,
dass der gleichzeitige berühmte Theaterdirector und Hans-
— 15 —
warst Leppert früher mit zu d^m Instigen Narrenklee-
blatte Friedrich Aagnst I. gehörte.
Obschon sich durch die Belnstigungen der Höfe
mannigfache Elemente des Theatralischen zogen^ das durch
die Pritschmeister yertreten wnrde^ die damals überhaupt
für die poetischen Bedürfnisse der Höfe zu sorgen
hatten, so fehlt es zur Zeit doch an jedem sicheren Nach-
weise, dass in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
wirkliche dramatische Spiele am kurfürstlichen Hofe zu
Dresden stattfanden. Ja, was das Fastnachtsspiel ins Be-
sondere betrifft, so ist es selbst zweifelhaft, ob es bis
dahin in Sachsen überhaupt grössere Verbreitung ge-
funden. Nur dürftige Spuren sprechen daftlr. So er-
wähnt der Rector Daniel Richter in einer bis zum Jahre
1506 hinabreichenden Geschichte der Zittauer Spiele
eines in diesem Jahre zur Fastnacht yon den Einder-
lehrem aufgeführten: „Die Bratwurst und der Hering^'
betitelten Stückes. Und welchen Antheil die sächsischen
Eorftirsten auch an der Schulcomödie nahmen , so ist
uns doch erst aus dem Jahre 1599 ein Beispiel bekannt,
dass auch sie zuweilen an den kurfürstlich sächsischen
Hof in Dresden gezogen wurde, wogegen sich Joichim
Greff schon in der Widmung seines Abraham berühmt,
mehrere seiner Tragödien yor Johann Friedrich zu Sachsen
zur Aufführung gebracht zu haben.
Wie ungünstig aber auch immer die Verhältnisse für
die Entwicklung des Dramas in Deutschland überall
lagen, so würde ein grosses Talent sie doch zu über-
winden gewusst haben. Ein Blick auf Hans Sachs,
welcher doch inmier nur ein mittelmässig beanlagter
Dichter war, würde dies allein schon beweisen. Was aber
hat das Genie eines Luther in seiner Bibelübersetzung
nicht aus der so ganz in Rohheit und Unbeholfenheit
versunkenen deutschen Sprache zu machen yermocht, in
der er der Nation Alles erschloss, was in dem Geiste
des Volkes, in dessen Gemüth und Herzen Grosses, Starkes
— 16 —
und Inniges schlummerte. Und doch wie so fast gtjiz
ohne Nachfolge oder doch ohne Fortschritt blieben diese
Beispiele für lange, so dass (wenn wir das Kirchenlied
ausnehmen) die. deutschen Dichter fast um ein Jahrhun*
dert später noch keine näherliegende^ höhere Aufgabe
kannten^ als die deutsche Sprache zu reinigen und zu
läutern und ihre Formen zu höherer Entwicklung zu
bringen.
Gewiss also ist es neben der allgemeinen Gesunken-
heit der Sitten^ der Bildung, des Geschmacks und der
Sprache: der andauernde Mangel an wahrhaft bedeuten-
den dramatischen Talenten, woraus sich die lange ver-
kümmerte und verzögerte Entwicklung des deutschen
Dramas allein schon hinreichend erklärt. Gleichwohl
hat man noch immer nach anderen Gründen dafür
gesucht und dieselben unter Anderem in dem Ein-
flüsse der Reformation zu finden geglaubt. Einen be-
stimmenden Einfluss hat diese auch sicherlich auf sie
ausgeübt. Er ist aber weder ausschliesslich ein hemmen-
der, noch, soweit er ein hemmender war, nur ein feind-
licher oder nachtheiliger gewesen. Das letzte vermochte
er überhaupt bloss zu sein, weil das Drama in Deutsch-
land noch keine Widerstandskraft, kein wahres inneres
Leben besass.
Dies lässt sich vor Allem an den alten kirchlichen
Spielen beobachten. Allerdings verschwanden sie bei
Einftihrung der Reformation in den protestantischen
Ländern, doch nur, weil sie ohnedies schon im Sinken
begriffen waren; daher sie nun auch zugleich in den ka-
tholischen Ländern mehr und mehr in den Hintergrund
traten und ihr Gebiet verengten. So findet sich schon
seit 1Ö24 in Drcsdeif keine Nachricht mehr von den hier
üblichen Johannisspielen, und die Freiberger Spiele,
die regelmässig alle sieben Jahre stattfanden, wurden
schon seit 1523 nicht mehr wiederholt. Die Entwicklung
des volksthümlichen Schauspiels erlitt hierdurch aber
— 17 —
keine Einbusse! Wir sehen die kirchliche Bewegung
sich yielmehr desselben bemächtigen, der Moralitäten
sowohl, wie der Fastnachtsspiele, und ihre Polemik in sie
hineintragen. Es bot dies sogar den latinisirenden Be-
strebungen der mit der Reformation so eng yerbündeten
Humanisten ein Gegengewicht, da man sich der grösseren
Verbreitung und allgemeineren Wirkung wegen der deut-
schen Sprache zu diesen Spielen bediente, die ihren Sitz
in der Schweiz hatten und sich von da den Rhein herab
nach Mitteldeutschland verbreiteten. Während nun diese
protestantischen Schauspiele zuweilen die Formen der
alten Mysterienspiele ergriffen (wie dies z. B. in einem
1600 vor Christian II. in Torgau gespielten Stück eines
Magister Andreas Hartmann: ,,Vom Zuestande im
Himmel vund inn der Höllen^ geschah),^ entstanden in
den süddeutschen katholischen Ländern unter dem Ein-
flüsse der über die Niederlande einwandernden spanischen
Autos und des in Italien entstandenen Decorationsprunkes
die sogenannten Jesuitenspiele, welche besonders in Wien
zu grosser Bedeutung kamen. ^
Ungleich entschiedener, als in Deutschland wurde
■ Dasselbe umfasste nicht weniger als 107 in acht verschiedene
Gruppen vertheilte Personen, worüber man das Nähere bei Fürstenan :
^Zar Creschichte der Musik und des Theaters" etc. nachlesen kann.
— Ausser tou diesem Spiele wissen wir von keiner weiteren Auf-
f&hmng einer Schulcomödie am Hofe zu Dresden. Wohl aber wurden
1604 and 1612 zwei Schauspiele eines gewissen Andrea Cotta vor
der Wittwe Christian L, der Eurfürstin Sophie, auf dem Schlosse
zu Colditz aufgeführt. Es ist aber wohl kein Zweifel, dass der
Dresdner Hof ebenso wie in Leipzig, auch zuweilen in Dresden den
öffentlichen Schulcomödien beigewohnt haben magi
* Die Jesnitenspiele gingen von Wien aus, welches der vor-
züglichste Sitz derselben blieb. Sie erreichten ihren Qipfel in den
sogenannten Lud! Caesarii, d. i. denjenigen Vorstellungen, welche
bei den hohen Familienfesten der kaiserlichen Familie stattfanden.
Sie wurden immer in lateinischer Sprache gespielt Ein deutsches
Argumentum (Inhaltsbeschreibung) ging ihnen voraus. Mit der Auf-
lösung des Jesuitenordens 1778 gingen auch diese Spiele zu Ende.
8
— 18 --
das Drama in England in die Kämpfe der kirchlichen
Bewegung gerissen. Aber trotz der wiederholten Anfech-
tungen, ja Unterbrechungen, welche hier die Vorstellungen
der Theater erfuhren, entwickelte es sich bei den immer
stärker hervortretenden Talenten der Dichter und der
damit wachsenden Lust des Volks an theatralischen Auf-
führungen gerade Jetzt zu einer in keinem Lande wieder
erreichten Blüthe und Höhe. Und wenn es auch später
diesen Kämpfen erlag , so geschah es doch nur, weil
diejenige Partei^ auf die es sich stützte, ebenfalls unterging.
Gewiss hat es auch in Deutschland gleich bei Beginn
der Reformation nicht an Stimmen gefehlt, welche gegen
Schauspiel und theatralische Lustbarkeit eiferten. Doch
waren diese theils nicht verbreitet genug, um immer aufs
Neue den Angriff herauszufordern, theils fanden sie hier
in den, die lateinische Schulcomödie fördernden Huma-
nisten noch eine Stütze. Das Entscheidende war aber
doch, dass auch diejenige Stimme mit für sie eintrat,
die damals in geistigen Dingen für den grössten Theil
Deutschlands die höchste und maassgebende Autorität war.
Wie der Humanismus der bahnbrechende Vorkämpfer und
Bundesgenosse der Reformation, so war auch Luther
wieder der Förderer der humanistischen Bestrebungen —
ein Verhältniss, das in der Verbindung und Freundschaft
des Letzteren mit Melanchthon einen gleichsam sjonboli-
schen Ausdruck empfing. Auch er hielt die lateinische
Schulcomödie für ein vorzügliches Mittel, das Erlernen
der lateinischen Sprache und die allgemeine Weltbildung
der Schüler zu fördern. Es geht dies unter Anderem aus
dem Bescheide* hervor, den er dem D. Cellarius, der ihn
in dieser Sache um Ratb fragte, gab: „Gomödien zu
spielen soll man um der Knaben in der Schule willen
nicht wehren; erstlich, dass sie sich üben in der latd-
ni8<hen Sprache, zum andern, dass in Gomödien fein
künstlich erdichtet, abgemalt und fürgestellt werden
solche Personen, dadurch die Leut unterrichtet und ein
- 19 —
Jglicher seines Ampts und Standes erinnert und yermahnt
werde, was einem Knecht, Herrn, jungen Gesellen gebübre,
wobl anstebe und w^sls er thnn solle, ja es wird darinnen
fttrgebalten und fUr die Angen gestellet, wie sieb Jglicber
in seinem Stande balten soll in änsserlicbem Wandel,
wie in einem Spiegel.^ Selbst nocb die Ansscbweifnngen
dieser Spiele binderten ibn nicbt, sie za befürworten:
^Christen — beisst es ein ander Mal — sollen GomOdien
nicbt ganz und gar Sieben darnm, dass bisweilen grobe
Zoten und Bnblereien darin sein, da man docb nm derselben
willen ancb die Bibel nicbt lesen dürfte.^ Gewiss konnte
er biermit dem Missbrancbe der J^übne entfernt nicbt das
Wort reden wollen, denn wenn er ancb nicbt der Meinung
war, „dass durcbs Evangelion sollten alle Künste zu
Boden gescblagen werden und vergeben, wie etlicbe
Abergeistlicbe furgeben" — so wollte der bei aller
Frömmigkeit lebensfreudige Mann docb „alle Künste gern
seben im Dienste dess, der sie geben und gescbaffen bat^
Wenn Luther's Einfluss sieb überhaupt nur darauf
beschränkt hätte, die römischen Dramen und die latei-
nische Schulcomödie zu empfehlen, so würde er die Ent-
wicklung des nationalen Dramas gleichwohl nur unter-
bunden haben. Wie hätte dies aber yon dem Manne er-
wartet werden sollen, welcher Gott dafür dankt, „dass
er ihn in deutscher Zunge hören und finden'' könne, wie
man ihn Yorher nicht gefunden weder in lateinischer, grie-
chischer, noch hebräischer Zunge, von ihm, der den dichte-
rischen Geist seiner Muttersprache erst wieder aufs Neue
entband und der nationalen Dichtung im protestantischen
Kircbenliede eine ganz neue Bahn eröffnete? In der
That hören wir ihn denn auch dem Drama nicbt nur
die deutsche Sprache, sondern auch einen besonderen
Inhalt empfehlen, indem er anrieth, die Schüler das
Leben Christi sowohl in lateinischer, wie in deutscher
Sprache spielen zu lassen. Auch sonst weist er noch auf
brauchbare Stoffe dafür bin. Wie es denn in der Vor-
2»
— 20 —
rede zn Buch Judith heisst: ^^Und mag sein^ dass sie
solch Gedicht gespielet^ wie man bei uns die Passio spielt
und andre Heiligen Geschieht; damit sie ihr Volk und die
Jagend lehreten, als in einem gemeinen Bilde oder Spiele
Gott vertrauen, fromm sein und alle Hülfe und Trost
von Gott hoffen in allen Nöthen/* Und zu Tobias: „Und
ist zu vermutheU; dass solcher schöner Gedicht und Spiel
bei den Juden viel gewest sind, der sie sich auf ihre
Feste und Sabbath geübt und der Jugend also mit Lustt
Gottes Wort und Werke eingebildet haben.^ Ja, er lobt
die Griechen darum, falls sie, wie er glauben möchte^
ihre Tragödien diesen Spielen nachgeahmt haben sollten.
Dies iiessen sich nun, besonders in sächsischen
Landen, die Geistlichen, Rectoren und Schullehrer nicht
umsonst gesagt sein, wie sich uns den Vorreden der
meisten der biblischen Schauspiele ersehen lässt, die,
als eine besondere Abzweigung der lateinischen Schul-
comödie, jetzt in ungeheurer Menge in deutscher Sprache
entstanden. Fast alle berufen sie sich ausdrücklich auf
jene Zeugnisse des grossen Reformators. Dieser zwar
unmittelbar nur auf die Schulcomödie gerichtete Einfluss
desselben ist aber darum ein weittragender, weil (wie
sich zeigen wird) gerade aus dieser letzteren das neuere
Drama, sowie die eigentliche deutsche Schauspielkunst^
wennschon mit unter fremdem Einflüsse, hervorgehen sollte,
wobei nicht geleugnet werden kann, dass Luther durch die
Art seiner Befürwortung zugleich mit den Grund zu der
moralisirenden und lehrhaften NUtzlichkeitsrichtung des
deutschen Dramas legte, welche eine wahrhaft künstlerische
Entwicklung und Ausbildung desselben vielfach gehemmt hat.
Doch auch noch eines anderen, freilich weder beab-
sichtigten, noch bewussten Einflusses Luther's und der
Reformation auf die Entwicklung des Dramas in Deutsch-
land, haben wir hier zu gedenken. Er fällt mit dem*
jenigen zusammen, welchen sie beide auf die Musik
ausübten, fUr die die Verhältnisse freilich um Vieles
— 21 —
<r
lücklicher lagen. Seit die Melodie ans den Fesseln der
Prosodie befreit worden war^ hatte sich die Musik allmälig
zo einer selbstständigen^ ganz allgemeingttltigen Sprache
ansgebildet; deren Form und Ausdruck man unabhängig
von der Verschiedenheit der nationalen Wortsprachen
in sich aufnehmen und nachahmen ; denen man ganz
neue Texte unterlegen und anpassen konnte. Dass die
altitalienischen Kirchengesänge ihrer Natur nach nur
denjenigen Empfindungsinhalt zum Ausdrucke brachten^
welcher der ganzen christlichen Welt gemeinsam war,
musste ihrer Verbreitung ebenso förderlich werden, wie
der neuerdings herrschend gewordenen niederländischen
Schule, dass sie die musikalische Form mehr, als den
Empfindungsausdruck berücksichtigte. Dem National-
Individuellen, dem specifisch Volksthümlichen des Em-
pfindens stand ja das Volkslied noch offen. Auch in
Deutschland gewann es in diesem, trotz der Rohheit
und Ungelenkigheit der Sprache, eine Kraft und Tiefe
des Ausdrucks, dass Luther mit Recht sagen konnte:
^Die Noten machen den Text erst lebendig.^ Erklärt
sich schon hieraus die leichtere Aufnahme und unmit-
telbare Wirkungsfähigkeit, welche die fremde Musik
vor der fremden Dichtung in Deutschland yoraus hatte,
so liegt der Grund ihrer allgemeinen Verbreitung noch
überdies in ihrer innigen Verbindung mit dem Gottes-
dienste, welche ihr die Förderung der Geistlichkeit,
Fürsten und Höfe zu Theil werden liess. Fast alle be-
deutenderen Fürsten der Zeit hielten sich Kapellen oder,
weil die Vocalmusik darin Hauptsache war, Gantoreien.
Doch begann auch schon jetzt die Virtuosität der Instru-
mentisten Aufnahme zu finden. Gesang und Musik fehlten
bei keinem Feste.
Auch in Luther's Leben hatte dieselbe schon immer
eine bedeutende Rolle gespielt. Sie war es yorzüglich,
die ihm als Currentschüler die Theilnahme der Wittwe
Kotta gewonnen und es ihm möglich gemacht hatte, sich
— 22 —
den gelehrten Studien zu widmen. Sie bildete später
den Schmnck seines hänsliclien Lebens nnd wurde ihm
endlich zum Trost in Trübsal nnd Schmerz. Sie war ihm
die höchste Yon allen Künsten, „eine schöne, herrliche
Oabe Oottes nnd nahe der Theologie*^. Er wollte sich
„seiner geringen Musik nicht um was Grosses verzeihen**.
Ja, einen Schulmeister; welcher nicht singen konnte, sah
er nicht an. Er war mit den Werken der bedeutendsten
Meister der Zeit, eines Josquino de Pr^s und Pierre de
la RuCi Yöllig vertraut. Mit dem berühmten Kapellmeister
Sen£n, dessen Motetten damals an allen Höfen gespielt
wurden, stand er in Briefwechsel, und mit dem kurfürst-
lich sächsischen Kapellmeister Rupfif und dem kurfürstlich
sächsischen Sängermeister Johann Walther in innigstem
musikalischen Verkehr. Er spielte selber die Laute,
sang und componirte zugleich. Der neu entstandenen
Kirche einen entsprechenden Gultus zu geben, dem römi-
schen Gottesdienste, den er um seinen Gesang beneidete,
etwas Aehnliches gegenüberzustellen, war sein eifrigstes
Bemühen. Friedrich der Weise hatte ihm zu diesem
Zwecke seine Torgauer Gantorei zur Verfügung gestellt,
und in Gemeinschaft mit Rnpff und Walther suchte er
den Hymnenschatz des Antiphonars und das weltliche
Volkslied dafür fruchtbar zu machen. Er wurde der
Gründer des volksthümlichen evangelischen ELirchen-
gesanges.
Als aber nach Friedrich's Tode die kurfürstliche
Gantorei eingezogen wurde, an deren Spitze damals, nach
RupfTs Tode, Johann Walther stand, sprach er sich in
seiner energischen Weise hiergegen aus: „Etliche von
Adel und Scharrhansen meinen, sie haben meinem gnä-
digen Herrn 3000 Gulden an der Musica ersparet, indess
verthut man unnütz 30,000 Gulden. Könige, Fürsten und
Herren müssen die Musica erhalten, den grossen Poten-
taten und Herren gebührt solches, einzelne Privatleute
können es nicht thun.^ Da dies aber nichts fruchtete, rief
— 23 -
er unter Johann Walther's Leitung den ersten freiwilligen
Gesangverein, die Torgauer Cantoreigesellschaft, ins Leben,
welche das Vorbild für verschiedene andere Vereine wurde
die nun alsbald in sächsischen Städten entstanden.
Da Walther auf dem Titel seines „Teutsch Geistlichen
Gesangbüchleins'^ vom Jahre 1544 als »^Kurfürstlicher
von Sachsen Sängermeister'' bezeichnet wird und, wie
V. Langenn in seiner Geschichte des Kurfürsten Moritz
angiebt, Walther bei seiner Berufung nach Dresden die
Sänger und Singknaben sämmtlich von Torgau mitgebracht
haben soll, so scheint es fast, dass Kurfürst Johann
Friedrich den Gedanken Luther's noch selbst wieder auf-
genommen und die Gantorei wieder hergestellt habe.
Daher es zweifelhaft ist, ob Kurfürst Moritz bei Grün-
dung seiner kurfürstlichen Gantorei in Dresden (zwei
Jahre nach Luther's Tode), an deren Spitze er ebenfalls
wieder jenen vertrauten Freund und Mitarbeiter des
grossen Reformators, Johann Walther, als Kapellmeister
stellte, das Torgauer Institut nur umgestaltet oder aus
freier Initiative jenen Gedanken Luther's ergriffen und die
Gantorei neu wiederhergestellt hat. Jedenfalls stellt sich in
der Person Walther's eine Verbindung derselben mit jener
von Luther ins Leben gerufenen Torgauer Gantorei-
gesellschaft und ein Repräsentant der Lutherischen musi-
kalisch reformatorischen Ideen dar. Aus dieser 1548 ge-
gründeten kurfürstlichen Gantorei zu Dresden ging, wie
ich nun darzustellen habe, nicht nur die heutige Königlich
Sächsische Kapelle, sondern unter Hinzutritt der hierzu
nöthigen anderen Elemente das ganze heutige Königlich
Sächsische Hoftheater hervor.
Wie es keineswegs zufällig ist, dass sich in Deutsch-
land die Musik eher als die Dichtkunst entwickelte, so
wirkte auch Alles zusammen, dass die Oper hier früher,
als das recitirende Drama zur Blttthe kam, und ich werde
zunächst zu zeigen haben, welchen hervorragenden Antheil
jene Schöpfung des kursächsischen Hofes gehabt
Die erste deutsche Oper am Sächsischen Hofe.
Grttndnng der kurfürstlich sächs. Kapelle. — Kapellmeister
Heinrich Schütz. — Entstehan^ der Oper. — Die „Daftae^ des
Martin Opitz. — Erste Blflthe der Kapelle. — Terfall der-
selben Im drelssigjährl^en Krieg. — Entstehnng einer knrprlni-
Uchen neben der wiederhergestellten knrffirstllchen Kapelle.
Die vom Kurfürsten Moritz von Sachsen, dem ersten
der Albertinischen Linie, gegründete Cantorei, die sich
zur heutigen Königlich Sächsischen Kapelle entwickelt
hat; bildet zugleich das Stamminstitut, aus welchem das
ganze heutige Königlich Sächsische Hoftheater hervor-
ging. Der Tag, an welchem Kurfürst Moritz seine
Cantoreiordnung von Torgau erliess, der 22. September
1548, darf als ihr Stiftungstag angesehen werden. Gleich
dem übrigen Hofstaate war auch sie dem kurAirstlichen
Hofmarschallamte unterstellt — eine Einrichtung, welche
erst unter Friedrich August I. eine Aenderung erfuhr. Schon
der Name des Instituts lässt erkennen, dass es ursprünglich
(mit Ausnahme des Organisten) nur aus Sängern bestand,
und auch noch die später gebräuchlich werdende Be-
zeichnang ^Kapelle^ beweist, dass es hauptsächlich fllr
den Dienst der Kirche bestimmt war.
Das Institut bestand ursprünglich aus zehn erwach-
senen Sängern und neun Knaben, welche Discant sangen,
mit Johann Walther, dem Freunde Luther's, an der Spitze,
zusammen aus 21 Personen, lauter Deutschen, mit einem
Aufwände von nur 640 Gulden jährlich.
Die Instrumentalmusik hatte damals noch keine
selbstständige Bedeutung. Als Begleitung diente sie fast
— 25 — '
ansschliesslich der TonverstärkuDg der Stimmen; wo sie
allein wirkte ^ wurde der Gesang auf das Instrument
übertragen. In dieser Form war sie jedoch schon in
Änfnahme gekommen. Man hatte Saiten- und Blasinstru-
mente (HarpfeU; Psalter, Hackbretter, grosse und kleine
Geigen, Schalmeien, Pfeifen, Flöten, Oboen, Hörner und
Zinken). Die Laute war für die Hausmusik am belieb-
testen, das Glavier noch in den Anfängen seiner Entwick-
lung. Seit der Erfindung des Orgelpedals bediente man sich
ganz allgemein dieses Instrumentes zur Begleitung des
Kirehengesanges. Bei ausserordentlichen Gelegenheiten
traten Trompeten und Pauken hinzu. In Sachsen ge-
borten dieselben damals zum Heerdienste, und hätte man
andere Instrumente hier noch heranziehen wollen, so
würde man sie nur den Zünften der Thtirmer und Stadt-
pfeifer haben entnehmen können.
Diese Verhältnisse sollten jedoch bald eine Ver-
änderung erfahren. Obgleich mit grossen politischen Ent-
würfen beschäftigt, mit ernsten Regierungsarbeiten über-
häuft, behielt Kurfürst Moritz doch Sinn und Zeit ftlr
glänzende Lustbarkeiten und Feste. Was er an den
pracht- und kunstliebenden Höfen des Kaisers und des
Kurfürsten von Baiern gehört und gesehen, wünschte
er nun auch bei seiner Hofhaltung einzuführen. Es
fehlt nicht an einzelnen Nachrichten darüber. Für den
mir Yorliegenden Zweck am wichtigsten ist jedoch ein in
Langenn's Geschichte des Kurfürsten Moritz mitgetheilter
Bericht über die im Jahre 1553 zur Feier des Carnevals
abgehaltenen Festlichkeiten, welcher dem Archive des
Königlich Sächsischen Hofmarschallamtes entnommen ist.
Hier wird erwähnt, dass auch die kurfürstliche Cantorei
dabei thätig war „mit der welschen Musica und Instru-
menten^, welche letztere grosses Aufsehen erregten.
Es ist also sicher, dass schon unter Kurfürst Moritz
die Kapelle eine Erweiterung durch die Aufnahme von
Instrumentisten, und zwar yon italienischen, erhielt.
— 26 —
Möglich sogar; dass gerade hierdurch jene Unordnungen
entstanden^ auf welche sich kurz darauf die von Kur-
fürst August nach seinem Regierungsantritte (155Ö) er-
lassene neue Gantoreiordnung bezieht^ zumal der bereits
greise Johann Walther wohl überhaupt nicht mehr fähig
sein mochte^ die von der ersten Gantoreiordnung vorge-
schriebene streng -sittliche Zucht tiberall aufrecht zu er-
halten; die gleichzeitige Pensionirung desselben scheint
so etwas anzudeuten. Die Kapelle blieb zwar eine Depen-
denz des HofmarschallamteS; doch erhielt sie zur Vertretung
ihrer besonderen Interessen noch einen Gurator in der
Person des kurf. Leibarztes Dr. Joh. Neefe — ein Amt,
welches sehr bald auf den jeweiligen ersten Hofprediger,
zunächst auf M. Ghrist. Schütz übertragen wurde.
Hofmarschall war von 1560 an Heinr. von Star-
schädel, welchem schon 1566 Heinr. von Schön-
berg folgte. Nach einem Verzeichnisse vom Jahre 1555
bestand die Kapelle, an deren Spitze jetzt der verdienst-
volle Matthias de Maistre gestellt worden war, aus
20 Säugern (darunter 6 Niederländer), 13 Kapellknaben
und 3 Organisten mit einem Aufwände von 1663 Gulden
jährlich für Gehalte und 530 Gulden für allgemeine Aus-
gaben, sowie aus noch 7 welschen Instrumentisten mit
einem Gehaltsaufwande von zusammen 1428 Gulden — eine
beträchtliche Zunahme, die aber, nach dem Vorausgeschick-
ten, wohl schon von Kurfürst Moritz herrühren mochte. E^
ergiebt sich daraus, dass sich fast unmittelbar nach dem
Entstehen des Instituts die Keime für die Entwicklung einer
weltlichen Kunst neben der kirchlichen, so wie zu dem
Gegensatze von deutscher und italienischer Kunst an
dasselbe ansetzten. Es hing dies ohne Zweifel mit
dem ausserordentlichen Aufschwünge zusammen, welchen
die Musik, insbesondere die Instrumentalmusik, in der
letzten Zeit in Italien, das jetzt gewissermaassen der Sitz
der alten niederländischen Musik war, genommen hatte.
Dies spricht sich auch in der Werthschätzung aus, welche
— 27 —
niederländische und italienische Künstler genossen. Wäh-
rend Walther nur 74 Gulden bezogen hatte^ erhielt de
Haistre einen Gehalt von 240 Gulden, und« während der
eines deutschen Sängers noch jetzt zwischen nur 29 und
35 Gulden schwankte^ erhielten die Niederländer 101 — 120,
die welschen Instrumentisten aber sogar 132 — 246 Gulden.
Unter ihnen befanden sich auch die Maler Tola und der
als Zinkenbläser und Gomponist berühmte Antonius
Scandellus, ein Schüler Willaert'S; welcher nachmals
Kapellmeister wurde (1568—80).
Lange schon hatten die Niederländer sich Ansehen
and Ruhm in der Musik erworben. Ihre Kunst breitete
sich bald über Frankreich und von da über Italien
aus. Sie erreichte hier ihren Gipfel und Ausgang
in Orlando Lasso, welcher einige Zeit als Kapellmeister
am Lateran gewirkt hatte und nach mancherlei Schick-
salen 1562 eine Berufung von Albrecht von Baiern nach
München erhielt. Inzwischen hatte sich unter dem Ein-
flüsse dieser Kunst in Italien die sogenannte' yenetianische
and römische Schule gebildet. Die erste ging von
Hadrian Willaert (geb. 1489) aus, der 1515 aus den
Niederlanden nach Rom kam und 1527 die Kapell-
meisterstelle von San Marco empfing. — Der Schöpfer
der römischen Schule war Palästrina^ der seit 1551 in
Rom wirkte. Neben diesen beiden ganz kirchlichen
und unter fremdem Einflüsse entstandenen Schulen hatte
sich noch eine dritte, ganz nationale und weltliche aus
dem Volkslicde (den Frottole's und Villanella's) entwickelt,
welche zunächst das Madrigal pflegte und ihren Sitz in
dem heitern Neapel hatte, wo sie bereits unter Ferdinand
von Aragonien blühte. Sie war es hauptsächlich, welche
später den strengen Kirchenstyl in den Opemstyl auf-
lösen sollte.
Die sächsische Kapelle nahm unter Kurfürst August
einen erstaunenswürdigen Aufschwung, wofür, wie Für-
stenaa sagt, schon die einzige Thatsache spricht, dass man
— 28 —
daran denken konnte^ die nm 1580 wieder erledigte
Kapellmeisterstelle mit keinem Geringeren als jenem
Orlando Lasso zn besetzen^ der sieh jedoch von München
nicht trennen wollte und den Niederländer Jacobns
Beynart empfahl. Die Wahl fiel jeduch auf Giov. Batt
Pinelli aus Genua^ welcher sich der Empfehlung Kaiser
Budolph IL erfreute; zumal ihn die schon bei dieser
Gelegenheit ausbrechenden Beibungen zwischen Deut-
schen und Italienern unterstützten. Diese Empfehlung
bewähiie sich jedoch nicht; so dass Pinelli wegen übler
Aufführung schon 1586 wieder entlassen wurde. An
seine Stelle trat in Georg Förster aufs Neue ein
Deutscher. — Beim Begierungsantritt Christian L war
das Verbältniss zwischen Sängern und Instrumentisten ein
wesentlich anderes. Sie hielten sich beide jetzt völlig
die Waage. Ausser Michael Bogier, der inzwischen
Kapellmeister geworden war, bestand die Kapelle aus
15 Sängern und 8 Kapellknaben mit einem Aufwände
von 2622 Gulden gegen 19 Instrumentisten mit einem
Aufwände von 3071 Gulden. Unter den beiden Christia-
nen vermochte sich ein rechtes Kunstleben jedoch nicht
zu entwickeln. Während der Minderjährigkeit Chri-
stian IL führte der Administrator Friedrich Wilhelm
von Weimar sogar grosse Einschränkungen ein, und
obschon nach der Begierungsübemahme dieses Fürsten
die Zahlen der Kapellisten und des Budgets die höchsten
früheren Ziffern noch überstiegen, so wollte es doch zu
einem rechten Aufschwung nicht kommen. Es fehlte
hierzu an der geeigneten leitenden Kraft. An der Spitze
des Hofstaates stand unter Christian I. Hans Wolf von
Schönberg, unter Christian IL Christoph von Loss.
Curatoren der Kapelle waren von 1574 — 94 der Hof-
prediger Dr. Mart. Myrus, von 1594 — 1610 der Hof-
prediger Dr. Polyc. Leyser, welchem Oberhofprediger
Dr. Matthias Ho6 von Ho^negg folgte. Bemerkt mag
noch werden, dass aus dem Jahre 1586 ein Anstellongs-
— 29 —
decret von ftiiif englischen Instrumentisten ' vorliegt; auf
das ich an anderer Stelle zurückkomme^ und in einem
Verzeichnisse des Jahres 1606 zum ersten Male franzö-
sische Instrnmentisten aufgeführt werden.
Unter Johann Georg I., der 1611 an die Regierung
kam, sollte sich die Kapelle zu neuem Glänze entfalten.
An der Spitze des Hofes standen nacheinander Hans
Georg von Osterhausen, Dietrich von Taube
(1638) und Oberhoftnarschall Heinrich von Taube
(1640). Ho6 von Hoßnegg blieb bis 1645 Curator der
Kapelle, ihm folgte Oberhofprediger Dr. Jacob Weller
(1645 — 1664). Der Kurfürst, mehr vergnügungslustig als
kunstsinnig, hatte das Glück, in Heinrich Schütz
einen Mann zu gewinnen und an die Spitze seiner
Kapelle zu stellen, von welchem die ganze Entwicklung
der deutschen Musik ausgehen sollte. Derselbe hat uns in
einer kurzen Selbstbiographie, die er dem Kurfürsten bei
dieser Gelegenheit vorlegen musste, einen Einblick in
sein eben so anspruchsloses, wie von der echtesten Kunst-
begeisterung erfülltes Gemüth gestattet. Im Jahre 1585
am 5. October zu Köstritz im Voigtlande geboren, trat
Heinrich Schlitz mit 13 Jahren als Sänger in die Kapelle
des kunstsinnigen Landgrafen Moritz von Hessen ein,
wobei er jedoch eine gute Schulbildung genoss. Nach-
dem er seine schöne Discantstimme verloren, wandte er
sich ausschliesslich wieder den Studien zu und bezog die
Universität Marpurg „in willens — wie es bei ihm heisst
^- meine, ausser der music anderweit ziemlicher mahsen
' Englische Instrumentisten waren damals an deutschen Höfen
beliebt. Blähte um diese Zeit doch anch in England die Musik,
besonders das aus dem Yolksliede entwickelte reizende MadrigaL
Schon Richard m. liess, nach Tyrannenart, S&nger gewaltsam in
seinem Reiche ausheben. Seitdem fehlte es am englischen Hofe nie
an Musikern. Auch die grausame Marie hatte eine Vorliebe für
sanfte, schmelzende Töne und Elisabeth spielte selbst die Laute und
das Yirginal.
— 30 —
angefangene stndia daselbst fortzustellen ^ eine gewisse
profession mir dazu zu erwählen^ umb der mahl einst
einen ehrlichen gradum darinnen zu erlangen. Es wurde
aber solcher mein Vorsatz (sonder Zweifel aus Schickung
Gottes) mir bald verrücket; indem nämblich Herr Land-
graf Moritz einsten nach Marpurgk kam (welcher die
Zeit über; als an seinem Hofe ich für einen Kapeil
Knaben mich gebrauchen lassen^ vielleicht vermerket
haben mochte^ ob zu der music ich von Natur etwas
geschickt wäre) und nachfolgenden Vorschlag mir thun
liess^ — den Vorschlag nämlich^ auf seine Kosten zu
weiterer Ausbildung nach Venedig in die Lehre des be-
rühmten; aber bereits alten Meisters Gabrieli zu gehen,
den er bereitwilligst annahm, ;,ob zwar in meiner Dahin-
kunfl; (nachdem bei meinem Lehrherm ich mich in etwas
weniges aufgehalten) ich die Wichtigkeit und Schwere
des mir fürgenommenen Studio der Music und Composi-
tion und hierin auch noch einen wenig gegründeten
schlechten Anfang bald vermerket; undt ich mich daher
sehr geärgert gehabt; das von denen auf den deutschen
Universitäten gebräuchlichen und von mir allezeit ziem-
lich weit gebrachten studiis ich mich abgewendet; habe
ich mich nichtsdestoweniger zu gedult bequemen, und
denjenigen worumb ich dahin gekommen war, obliegen
müssen'^ — ;;da ich's denn mit göttlicher Hülfe sonder
Buhm so weit gebracht habe, das nach dreyen Jahren
ich mein erstes musikalisches Werklein; in italienischer
Sprache; mit sonderbarem LobC; der damals fümembsten
musicorum zu Venedig daselbst habe drucken lassen^'
(sein Buch über fünfstimmige Madrigale). ScbtttZ; von
Gabrieli und anderen Musikern ;;ennahnt und angeinscht";
blieb noch ein Jahr in Venedig, wo er noch seinem
Meister die Augen zudrücken konnte; um dann nach
Deutschland zurückzukehren (1613). Hier beschloss er
mit seinen ,,in der Musik nunmehr gelegten guten Funda-
menten noch etliche Jahre zurück und sich mit selbigen
— 31
et
leichsam verborgen zu halten^; bis er sie „noch etwas
weiter excoliret" habe. „Es schuf es aber Gott der
Allmächtige — fährt er hier fort — (der mich sonder
Zweifel zu der Profession der Music von Motterleibe an
abgesondert gehabt) dass Anno 1614 (weiss nicht, ob
yielleicht durch Herrn Ghristoph's von Loos angeben)
ich anhero nach Dresden zur Aufwartung bei den damals
beyorstehenden Kindtaufen Herzogen Augusti; itzigen
Administrators des Erzstifts Magdeburg beschrieben, und
nach meiner abgelegten Proben in Ew. Kurf. Durchl«
Namen des Direktoriums über Dero Music mir alsbald
gnädigst angeboten wurde. ^
Der in dieser Angelegenheit zynschen dem Kur-
fürsten und dem Landgrafen von Hessen geführte Brief-
wechsel beweist zur Genüge, wie richtig Beide den Werth
des bescheidenen jungen Mannes erkannten. Nachdem
der KurfOrst den Landgrafen um die zeitweilige Ueber-
lassung desselben gebeten; „bis wir derer Personen, die
wir diese Kunst zu erlernen nach Italien und andren
Orten geschickt, habhaft werden/ geht zwar der Land-
graf hierauf mit „der guten Zuversicht" ein, „es werde
E. L. ihn auch nicht länger aufhalten^ — scheint es
jedoch bald wieder bereut zu haben, da er ihn noch in
demselben Jahre wieder zurückfordert. Auf die eindring-
lichen Vorstellungen des wackeren, einsichtsvollen Hof-
marschalls Loss, welcher mit der Reorganisation der
Kapelle betraut worden war, bittet der Kurfürst aufs
Neue, ihm Schützen gänzlich zu überlassen. Nach
längeren Kämpfen giebt endlich der Landgraf nach, be-
sonders wohl deshalb^ weil Schütz des Kurfürsten Unter-
tban war, ftlgt aber hinzu: »und ob mir wohl etwas
schwer eingehet, dass ich ihn ganz quittiren, und zu der-
jenigen Intention, dazu ich seine Person auferziehen und
anführen lassen, entrathen soll, so ist und soll mich doch
lieber sein, E. L. guten beständigen Favor und Affection
durch diese Einwilligung mich zu versehen. Wtlnsche
— 32 —
£. lu.zvL dem nun überlassenen Diener von dem All-
mächtigen Glück und Segen und bitte Sie freunddienst-
lich daneben: Sie wollen gedachten Heinrich Schlitzen
auch um meinetwillen desto mehr gnädigst lassen be-
fohlen sein."
So trat denn Schütz im Jahre 1615 an die Spitze
der kurfürstlichen Kapelle, die er zu einer, die Auf-
merksamkeit aller Höfe und alier Musikfreunde auf sich
ziehenden Blüthe brachte. Er hatte unter Gabrieli das
Erhabene der älteren Musikart und zugleich die eigen-
thümiichen Verbesserungen und Vorzüge, die reicher und
gefalliger entwickelten Formen der einem freieren Em-
pfindungsausdrucke zustrebenden neuen Richtung so selbst-,
ständig in sich aufgenommen, dass man ihn den Vater
der deutschen Musik nennen durfte. — Er wendete seine
Aufmerksamkeit zunächst der Organisation der Kapelle
und des Kapellknabeninstituts, sowie der Ausbildung der
Instrumentation zu, indem er nicht nur neue, bedeutende
Instrumentisten heranzog, sondern auch die inzwischen
erlangten Vervollkommnungen der Instrumente einführte.
Obschon der Gebrauch der Orgel die Entwicklung der
Harmonie gefordert hatte und man den Reiz der Ver-
bindung verschiedener Klänge zu empfinden begann, so
waren diese Verbindungen doch noch immer sehr ein-
fache. Man verstand indess schon, die einzelnen Instru-
mente, den vier Singstimmen entsprechend, zu Chören zu
vereinigen. Die vierstimmige Trompetenmusik bildete
sich in Wien schon unter Carl V. aus, und bei jenen Hof-
festlichkeiten im Jahre 1614 wurde eine von dem braun-
schweigischen Kapellmeister Prätorius componirte Musik
auf sechs verschiedenen Chören mit Harfen, Lauten,
Geigen und Violen in Discant, Alt, Tenor und Bass ab-
wechselnd ausgeführt.
Die Hauptthätigkeit Schützes war noch immer der
Kirchenmusik zugewendet. Er führte das Recitativ mit
wechselndem Einzelgesang und das Kirchenconcert in
— 33 —
die Dresdner Hofkirche ein, von wo es sich über ganz
Deutschland verbreitete; and sah dabei in Tonart, Satz
nnd Motiven von dem Kirchenlied ab, indem er die mu-
sikalische Nachbildung der kirchlichen Texte ins Auge
fasste. Das Bedeutendste leistete er als Gomponist in
Psalmen und anderen kirchlichen Gesängen, doch widmete
er seine Thätigkeit zugleich den Concerten und ballet-
artigen Unterhaltungen, welche bei Hofe emgeftthrt wor-
den waren, da die Kapelle jetzt auch die Musik bei
Tafel und bei allen festlichen Gelegenheiten mit zu ver-
sehen hatte.
Die glückliche Lage, in welcher sich Sachsen wäh-
rend der ersten Hälfte des 30jährigen Krieges befand,
gestattete, dass trotz der störenden Einflüsse desselben
die Blttthezeit der Schützeschen Thätigkeit in die Jahre
1621 — 31 fällt, die eine Ruhmesepoche der kurfürstlichen
Kapelle umfassen. Hier begegnen wir auch jenem ersten,
epochemachenden Versuche, die zu dieser Zeit in Italien
erblühende Oper in Deutschland einzuführen. Man hat
die Erfindung derselben den Italienern, ja dem Geiste
nur eines einzigen Mannes, dem Jacopo Peri zuge-
schrieben. Indessen haben zu ihrem Entstehen nicht nur
verschiedene Musiker Italiens beigetragen, sondern es
lassen sich ihre Anfänge auch weit zurück bei anderen
Nationen verfolgen. Schon in den ältesten Zeiten sind
Hosik und Dichtung miteinander verbunden gewesen
und ursprünglich in dieser Verbindung auch immer von
Dur einem und demselben Geiste ausgegangen. Erst in
ihrer weiteren Entwicklung traten sowohl Dichter und
Musiker, wie Dichtung und Musik auseinander. Doch
wurde, wennschon in veränderter Weise, die Vereinigung
beider immer wieder aufs Neue gesucht und gefunden.
So waren die kirchlichen Spiele aus den Wechselgesängen
der Liturgie entstanden, wie sie ja anfänglich auch selbst
diesen Charakter bewahrten. Nur ganz allmählig wurden
darin die Gesänge und Wechselgesänge von der ge-
3
— 34 —
sprochenen Rede und von Wechselreden unterbrochen,
bis diese mehr und mehr in den Vordergrund traten und
zur Hauptsache wurden,- um später wieder gegen jene
zurückzutreten. Besonders in Italien nahmen die Mysterien-
spiele mit den allegorischen und weltlichen Bestandtheilen
auch immer mehr musikalische mit in sich auf. Den
Höhepunkt erreichte diese Richtung in dem Mysterium di
conservazione di S. Paolo des Cardinal Riario, in dem
Alles gesungen und welches 1480 in Rom in einem be-
sonders dazu erbauten und mit reichen Decorationen ver-
sehenen Theater aufgei ihrt wurde. — Doch auch die
weltlichen Spiele mögen theilweise schon immer musi-
kalische Bestandtheile enthalten haben. Die ältesten
Beispiele davon sind die Gieux (jeus) der Trouv^res und
Jongleurs. Adam de la Haie, geboren in Arras, der
um die Mitte des 13. Jahrhunderts zugleich dichtete und
componirte, hat uns einige der seinigen hinterlassen. Er
war missgestaltet und wurde deshalb der Bucklige von
Arras genannt. Dies und sein mönchisches Gelübde hin-
derten ihn jedoch nicht, eine glühende Liebe zu einem
der schönsten Mädchen zu fassen und dessen Gegenliebe
sich zu gewinnen. Er warf die Mönchskutte ab und
widmete sich dem freien Stande der Sänger. Der Besitz
seiner Schönen külilte wohl seine Leidenschaft zu dieser,
doch nicht zu den Frauen überhaupt ab. Treulos verlie83
er dieselbe, um mit dem Grafen von Artois nach Neapel
zu ziehen, wo seine Gieux zum grössten Theile entstanden
und bei Hofe aufgeiührt worden sein sollen. Die ein-
fachsten derselben werden wohl nur aus Wechselgesängen
bestanden haben. Doch besitzen wir von ihm auch ein
schon complicirteres, aus 11 Personen bestehendes Stück,
das ländliche Singspiel Robin et Marion. Es enthält
Lieder und kleine Duette, die sich besonders durch
rhythmische Gefälligkeit auszeichnen sollen. — Auch
einzelne der allegorischen Festspiele des 14 Jahrhunderts
näherten sich dem Singspiele, wenn sich dieselben anch
— So-
weit mehr an das AngC; als an das Ohr wendeten.
Desgleichen enthielten die italienischen und französischen
Färsen Gesangsstücke^ und in England kannte man schon
sehr früh singspielartige Possen (wie man denn deren
zu dieser Zeit auch vereinzelt in Deutschland begegnet),
welche nach einer immer wiederkehrenden Melodie
bänkelsängerarlig abgesungen wurden. Das Singetspiel
Ayrer'3 „Von dem Engelländischen Jann Posset, wie er
sich in Diensten verhalten. In dess Rolandts Thon** ist
ein Beispiel davon.
Diese musikalischen Bestrebungen hatten den Myste-
rienspielen in Italien einen oratoriumartigen Charakter
gegeben. Doch gewannen sie auch in den allegorischen
Festspielen der Höfe, in der Tragödie und dem Lustspiel
Raum, dort in den Chören, hier in den Zwischenacten.
Der in die Mode gekommenen Schäferspiele wus^ten sie
sich aber fast ganz zu bemächtigen. 1572 kam Tasso's
Amynt, 1585 Guarini's Pastor fido zur Aufführung; in
beiden wechselte der Dialog mit Gesängen. — Emilio
Cavalieri, Intendant des grossherzoglichen Hofes in
Florenz, zeichnete sich sowohl in ihnen, wie in den
allegorischen Mysterienspielen aus. Von seinen Schäfer-
spielen rühmt man ausdrücklich, dass sie neben vier- bis
fttnfstimmigen Gesäugen und Chören schon Recitative
enthalten hätten. Ihm wird gewöhnlich die Erfindung
der letzteren beigemessen. Von der ersten Aufführung
seines allegorischen Spieles: „DelF anima e del corpore^'
in dem Oratorio der Kirche della valicclla soll der Name
„Oratorium'* herkommen.
Die üntersuchuDg, von welcher Art die Musik der
Alten gewesen^ führte nun auch zu Versuchen, dieselbe
aufs Neue ins Leben zu rufen. Sie gingen von dem
Mnsikgelehrten und Componisten Vicenzo Gallilei
(dem Vater des berühmten Naturforschers) und von dem
Grafea Bardi aus, der eine aus Gelehrten, Dichtern und
Musikern bestehende Gesellschaft zu diesem Zwecke in
3*
— 36 -
seiDem Hause vereinigte. Die Aufgabe war: der Musik
eine solche Form und Behandlung zu geben^ welche
dem Sinne und der Bedeutung der Worte völlig ent-
sprach^ und dieselben nicht nur nicht unterdrückte^ son-
dern zu erhöhtem Ausdrucke brachte. Schon Palästrina
hatte erstrebt; die in der rein formalen^ contrapunkti«
stiscben Behandlung des Satzes (welcher die Melodie nur
ein Mittel war, das sie von aussen ergriff) verloren ge-
gangene Verbindung der Musik mit dem Texte wieder
herzustellen. Wenn aber bei ihm das melodiöse Element
auch diesem letzteren entsprach und die Behandlung des
polyphonen Satzes bestimmte, daher es sich nur um die
Darstellung eines allgemeineren Empfindungsinhaltes bei
ihm handeln konnte, so ging dieses melodiöse Element
doch mit dem Texte im Satze auf und in der Harmonie
wieder unter. Im Dramatischen, wo es individuelle Em-
pfindungen zum Ausdruck zu bringen galt, wusste man
sich dagegen nicht anders zu helfen, als dass man das
melodiöse Element den Worten ganz unterordnete und
die Harmonie zur blossen Begleiterin derselben herab-
setzte, die man hierbei nicht discret genug behandeln zu
sollen glaubte.
Diese Versuche wurden nun später im Hause des
Jacopo Cprsi fortgesetzt und hier entstand 1594 in
wechselseitigem Wetteifer jenes von Ottavio Rinuccini
gedichtete und von Jacopo Fori und dem Sänger Caccini
componirte Hirtendrama: Dafne — mit Recitativen,
Arien und Chören, welches allgemein als die erste Oper
bezeichnet ' wird und dem die Euridice desselben Dich-
ters und derselben Gomponisten als erste Opera seria
folgte.
Singballets, in denen mit den Tänzen Lieder, Duette,
Chöre und Recitative abwechselten, wurden schon 1581
am französischen Hofe, doch nur bei besonderer Gelegen-
heit aufgeführt. Sie waren ebenfalls italienischen Ur-
sprungs und kamen erst um 1600 in allgemeinere Auf-
~ 37 —
nähme. Zu dieser Zeit begegnen wir auch schon in
Darmstadt der Aufführung eines Inventionsballets (später
auch singendes Ballet genannt), welches jedoch in Dresden
entstanden und von dem hier am Hofe angestellten Archi-
tekten Nosseni entworfen war, woraus sich schliessen lässt,
dass dergleichen Spiele auch hier schon bekannt waren.
Sie kamen mit den Maskeraden, Königreichen, Wirth-
schaften an allen deutschen Höfen in Aufnahme. Wie
diese waren auch sie vor Allem auf die Befriedigung der
Schaulust und auf das Amüsement der daran Betheiligten
berechnet. Wie in diesen waren auch in ihnen die hohen
Herrschaften oder doch die Herren und Damen ihres
Hofstaats selber mit thätig, wennschon die Gesangspartien
meist in den Händen der Kapellisten gewesen sein mögen.
Gleich ihnen hatten sie fast immer den Charakter festlicher
Gelegenheitsspiele. '
Diese singenden Ballete, in welche der italienische
Decorationsprunk Eingang gefunden, mögen gegen 1620
am Dresdner Hofe besonders gepflegt und zu höherer
AusbUdung gebracht worden sein, da um diese Zeit der
Hoftanzmeister Gabriel Möhlich zu seiner weiteren
Ausbildung nach Paris geschickt wurde, wo diese Spiele
damals in Blüthe standen. David Schirmer schreibt noch
1655 über sie: „Die Ballete wirst Du Dir gefallen lassen,
sintemal ihre Erfindung von solchen Personen herrühret,
bey denen man ohne hohe Ungenade der Wahrheit nicht
leicht widersprechen kann.'' Sie wurden meist auf Be-
stellung nach den Angaben und zur Verherrlichung der
Besteller oder Derer verfasst, denen die Festlichkeit galt,
bei welcher sie dargestellt wurden. Ohne Zweifel hat
diesen Spielen auch Heinrich Schütz seine Thätigkeit
widmen müssen. 1627 sollte er aber zugleich noch Der-
* Fürstenaa (in : ,,Zar Geschichte der Masik und des Theaters etc."
l Theil, Seite 119 n. 133) theilt von ihrer Besetzung einige Bei-
spiele mit
— 38 -
jenige seiO; welcher die italienische Oper in Dentschland
einführte. Bei den freundschaftlichen Beziehungen, die
zwischen den Höfen von Florenz und Dresden damals
bestanden, mochte sich der Ruf derselben schon länger
hierher verbreitet haben, auch kannte sie Schütz
von Venedig. Vielleicht, dass er selbst erst den Kur-
fürsten auf den Gedanken gebracht, die Vermählungs-
feier seiner Tochter Sophie mit dem für gelehrt und
kunstsinnig geltenden Landgrafen von Hessen -Darm-
stadt durch die Darstellung einer solchen Oper verherr-
lichen zu lassen. — Man hatte dazu die Dafue des
Rinuccini gewählt, die man durch die Gelalligkeit des
Florentiner Eofeo erhielt. Es ist zweifelhaft, ob nur die
Dichtung oder auch die Composition des Peri, und wenn
auch noch diese, ob man dieselbe ursprünglich dazu mit
benutzen wollte oder gleich im Sinne hatte, die Dich-
tung nicht nur übersetzen, sondern neu componiren zu
lassen. Genug, dass das letztere geschah und die
üebersetzung des als Dichter bereits berühmten und ge-
krönten Martin Opitz, welcher damals gerade in
Diensten des Burggrafen von Dohna stand, nicht mehr
allenthalben der Musik des Peri entsprach. Möglich, dass
Schütz auch nur deshalb mit der Gomposition der Dich-
tung betraut wurde; was ich jedoch für unwahrschein-
licher halte, weil es ungleich leichter gewesen sein
würde, die bezüglichen Stellen der Dichtung zu ändern.
Diese Oper wurde nun also als „Pastoral -Tragödie" am
13. April 1627 auf dem Schlosse Hartenfels bei Torgau
zur Aufführung gebracht und wahrscheinlich in Dresden
dann wiederholt, ist aber, was die Musik betrifft, unserer
Beurtheilung völlig entzogen, da die PartUur, wahrschein-
lich bei dem Brande im siebenjährigen Kriege, verloren
gegangen ist. Gewiss wird sich diese sogenannte erste
deutsche Oper von den gewöhnlichen Singballets sehr
unterschieden haben und man darf der Annahme Fürstenan's
beistimmen, dass Schütz, die alte und neue Richtung der
— 39 —
Mnsik in sich vereinend und mit allen Hilfsmitteln seiner
Zeit vertraut, sicher etwas VortreflFliches hervorgebracht
haben werde. Es ist sogar anzunehmen, dass Schutz in
mancher Beziehung seinen Vorgänger Peri übertroflFen
haben wird, weil er bereits die Fortschritte kannte,
welche durch Monte verde auf diesem Gebiete gemacht
worden waren, der durch häufigere Anwendung der
Dissonanz die dramatische Ausdrucksfähigkeit zu steigern,
das Recitativ melodiös zu beleben und die Instrumentation
zu verstärken gesucht hatte. Bishci- war das Kecitativ,
welches den wesentlichen Bestandtheil der Opern bildete
und nur von ariosen Sätzen unterbrochen und von vier-
odei fUnfstimmigen kleinen Chören am Schluss der Acte
abgelöst wurde, nur von einem mit der Singstimme gehen-
den Bass oder einem ähnlichen Instrumente begleitet
worden, zu welchem bei den lebhafteren Accenten noch
einzelne Instrumente hinzutraten. So spricht sich z. B.
Caccini über die Begleitung seiner Euridice noch folgen-
dermaassen aus: „Die Harmonie der hier Recitirenden
Bttltzt sich auf einen continuirlichen Bass, bei dem ich
die Quarten, Sexten, Septimen, sowie die grossen und
kleinen Terzen bezeichnet habe, während ich sonst die
Anwendung der Mittelstimmen dem Urtheile und der
Kunst der Spielenden tiberlasse." Schon 1608 heiest es
aber in einer Anweisung zur Dafne des Gagliano:
„Die Harmonie solle weder zu stark, noch zu schwach
sein, sondern so, dass sie den Gesang leite, ohne das
Vcrständniss der Worte zu hindern. Die Art zu spielen,
sei ohne Ausschmückungen. Nicht die gesungenen Couso-
nanzen, sondern diejenigen seien anzugeben, welche ge-
eignet sind, jene zu unterstützen und hierdurch ununter-
brochen eine lebendige Harmonie zu unterhalten. Als Ein-
leitung solle man eine kurze Sinfonie auf verschiedenen
Instrumenten spielen (deren man sich auch sonst noch
zur Begleitung der Chöre und zu den Ritornellen bediente)»
nach 15 bis 20 Tactschlägen aber der Prolog in einem
— 40 —
dem Klange der Sinfonie angepasstcn Schritt anftreten
and seinen Gesang beginnen. Zu ÄpoIIo's Worten ge-
höre ein vollerer Klangt daher sich vier Violinspieler am
nächsten Ausgang der Scene aufstellen und, jenacbdem
er den Bogen auf die Lyra setze, die drei vorgeschriebe-
nen Noten zu spielen hätten, doch sO; als ob jede Note
nur ein Bogenstrich zu sein schiene/'
Das damals hinter der Scene befindliche Orchester
vrar dem Zuschauer unsichtbar, und erst Cavalli hat das
Verdienst, dasselbe systematisirt zu haben.
Selbst Monteverde wendete bei Sologesängen selten
mehr als 3 — 4 Instrumente und zwar von einerlei Gattung
an, wie diese dem Charakter der Rolle am besten entsprach.
Sein Orchester bestand zwar aus: 2 Clavicembali, 2 Contra-
bassi da Viola, 10 Viole da braccio, 2 Violini-piccoli alla
francese, 2 chitarone, 2 organi di legno, 3 bassi da gamba,
4 Tromboni, 1 Regal, 2 Cornetti, 1 Flautino alla vigesima
seconda, 1 Clarino, 3 Trombe sordine, 1 Arpa doppia —
allein sie wurden nur in der Toccata (der kurzen Intro*
duction) sämmtlich — in grösserem Umfange aber nur
zu deo Tänzen, den Zwischenspielen und vielleicht zu
den Chören angewendet. Wir werden daher auch Schützes
Musik uns noch sehr einfach und dürftig zu denken
haben, zumal er sich von den Fortschritten sehr über-
rascht zeigt, die er fast unmittelbar darauf in Venedig
vorfand. Ein Blick auf den Text seiner Oper wird
dies bestätigen, die bei der grössten Einfachheit der
Structur noch einen völligen Mangel wahrhaft drama-
tischen Lebens zeigt.
Opitz leitet seine Dichtung durch Ovid als Vorredner
ein. Er, der die Macht Amors lebend so oft besungen,
ist nun auch aus Elysium gekommen, um den von der
Liebe gestifteten Bund und den freundlichen Rautenkranz
Sachsens zu preisen:
— 41 —
«
Schaa aber zu, was für ein heller Schein
Umgiebt mich doch, und wessen werd' ich jnnen.
Was Majestät muss dieses sein,
Die mir bescheint Gesicht und Sinnen!
Was doch blicket für ein Liecht?
Ist es mein Augustus nicht?
Ich kenne dich, du Blume dieser Zeit,
Die Zier und Spiegel aller Jugend;
Der Rautenkrantz, die Freundligkeit
Verräthet dich, o Glai>tz der Tugend;
Alle Menschen loben dich.
Und die Elbe neiget sich.
Der erste Act besteht aus einem Wechselgesang
dreier Hirten, unterbrochen von der Stimme des Echo,
einer damals beliebten Spielerei. Sie klagen über einen
ihren Frieden bedrohenden Drachen, und Echo ist's,
welches sie tröstet; worauf Apollo in einer Aria die Er-
legung des Drachen verkündet:
So ist denn nun dem Drachen
Durch meines Bogen s Macht
Gestillt dor wilde Radien.
Die Wangen müssen nun auch nachmals nicht
verbleichen,
Sie sollen Lilien und roten Hosen gleichen.
Die Hirten danken in einem Chorgesang.
Der zweite Act beginnt mit einem Wechselgesange
zwischen Apollo, Venus und Cupido. Apollo verhöhnt den
Bogen des kleinen Liebesgottes, der keinen Drachen
erlegen könne. Venus vertheidigt ihn nicht ohne Heftig-
keit;
Im Fall du ja sollt wissen,
Apollo, was mein Sohn
Erwiesen hat im Schiessen,
So höre nur hiervon.
Was neben uns Neptun im Wasser sage
Und über uns der Jupiter:
Geh anter nns zum Pluto hin und frage,
Als dann komm wieder her.
— 42 —
Ein Chor von Hirten preist znm Schlüsse noch
Amors Macht.
Im nächsten Acte überrascht Apollo Dafhe allein im
Walde jagend und ist von ihrem Anblick bezwungen:
Gläntzt in der schönen Sterbligkeit
Dergleichen Liecht,
So frag ich nach dem Himmel nicht.
Dafne entflieht nnd der Gott folgt ihr nach. Der
Chor besingt jetzt das Glück der Liebe.
Der vierte Act beginnt mit einem Wechselgesange
zwischen Venus und Cupido. Er verkündet ihr froh-
lockend seinen Sieg über den Spötter Apollo. Venus
zeigt sich jedoch wenig verwundeit darob, da sie die
Macht ihres Sohnes aus eigener Erfahrung ja kennt:
Folgt doch deine Mutter dir,
Muss nach deinem Willen lieben
Götter oben, Menschen hier.
Cupido meint, dass sie dessen weit öfter fröhlich,
als traurig gewesen. Sie scheint ihm jedoch das Wort
hier entziehen zu sollen und singt:
Ach schweig! Doch weissest du, wie inir ent-
fiel der Muth
Und wie mein Antlitz ward als Blut.
Aber lass uns hier nicht stehen
Es ist Zeit
Heim zu gehen
In das Haus der Ewigkeit.
Die Wendung ist so überraschend, dass sich der
Chor gedrungen lühlt; die Macht der Liebe aufs Neue
zu besingen:
Kein schnelles Wild, das in den PQschen lebt.
Dem Gras die Nahrung giebt.
Kein Vogel auch, der amb die Wolken schwebt,
Kein Fisch bleibt anverliebt.
— 43 —
Apollo hat inzwischen, doch immer vergeblich, Dafne
Terfolgt Jetzt erreicht er sie endlich:
Bleib, Nymfe, bleib; ich bin dein Feind ja nicht —
Dass Du so läuffst, mein Liecht,
Als wenn ein armes Schaff vom Wolffe wird getrieben.
Mein Folgep kömpt von lieben.
Ach, ach, dass für die grosse Brunst
Kein Kraut wächst auff der Erden!
Was hilfft mich jetzo meine Kunst,
Darch welche sunst
Ein jeder heil kann werden?
Dafne bleibt aber ungerührt. Sie fleht zu ihrem
Vater Peneus, dem Flussgotte —
Im Fall ein Fiuss auch helfen kann —
sie gegen Gewalt zu schtltzen, und wird von ihm in einen
Loorbeerbaum verwandelt, zu ApoUo's Verzweiflung, die
sich in einer längeren Aria Luft macht. Nymphen und
Hirten umtanzen hierauf den Baum, indem sie einen
Schlussgesang von 10 sechszeiligen Strophen anstimmen,
die in einer dreisten Wendung von der Verherrlichung
des Loorbeers zu der der Raute abspringen :
Nun grüne fort und mit dir auch
Der überedle Rautenstrauch.
Nimb zu und wachse für und für
Und deine Zweige neben dir,
Die alle Schönheit zieret:
Von denen einer sich jetzt giebt
Dem Löwen, der ihn herzlich liebt
Und hin in Hessen führet
Der Festspielcharakter blieb also auch bei dieser
Oper gewahrt.
Es war vielleicht diese Gomposition, welche in
Seh fitz die Sehnsucht nach Venedig aufs Neue wach-
rief. Doch mochte es ihn wohl auch reizen, die Fort-
Bchritte, welche die italienische Musik seit seinem Dort-
- 44 —
sein gemacht^ näher kennen za lernen nnd für fdch nnd
die kurfürstliche Kapelle fruchtbar zu machen. Nur
musste er wiederholt um diese Vergünstigung ansochen,
da man seiner nicht gern entbehren wollte. Es geht
dies aus einem Schreiben Schützes an den Kurfürsten
hervor, einem „kleinen und furchtsamen Memorial", wie
er sich ausdrückt; in welchem es im Eingange heisst,
„wenn diejenigen, welche ihre zeitlichen Güter gern er-
weitem wollen, bei Ew. Kurf. Durchl. sich manchmal
fleissig bemühen thun, warum sollte nicht auch um das-
jenige, was zu Fortsetzung meiner erlernten Kunst und
anderen Tugenden mir dienlicher ist, ich mich mehr als
einmal untcrthäuigst bewerben." Sei er doch „nicht etwa
aus Leichtsinnigkeit, um einiger Lust oder Spatzieren-
gehens willen, sondern aus Antrieb verhoffentlich eines
besseren Geistes auf diese starken Gedanken gerathen".
In der That fand er in Venedig den Zustand der Musik
um Vieles verändert, insbesondere „diejenige, welche zu
fürstlichen Tafeln, Comödien, Balleten und dergleichen
dienlich sei*' — daher er am 3. November 1628 den
Kurfürsten um eine Verlängerung seines Urlaubs angeht.
Indessen sollte dem Meister es nicht vergönnt sein,
von diesen Studien zunächst eine umfassendere Anwen-
dung zu machen. Der Krieg war dem bis jetzt von
seinen Verheerungen verschonten Sachsen näher getreten.
Nach Veröffentlichung des Restitutionsedicts (1629; konnte
es sich der Theilnahme an demselben nicht mehr ent-
ziehen. Alle Geldkräfte des Landes wurden dafür in
Anspruch genommen. Zwar lesen wir noch von einzel-
nen Festlichkeiten bei Hofe, doch schon von 1630 an
stockten die Gehaltauszahlungen an die Mitglieder der
Kapelle, und aus dem Jahre 1632 finden sich ganze
Stösse von Bittschreiben voll Klagen und Jammer. 1631,
bei dem Leipziger Convente, wohin die Kapelle den
Kurfürsten begleitet hatte, erschien sie zum letzten Male
in ihrem vollen Glänze, um dann um so jählinger Ton
— 45 —
der errnDgeDen Höhe herabznsinkeD. Die Noth stieg
bald auf das Aensserste. Bereits 1632 hören wir den
Harfenisten Elias Pinkler klagen: dass ^^manchmal in
dreien Tagen nicht nur das trocken Brod, viel weniger
andere Bedürfiiisse" in seinem Hause vorhanden.
Gerade in dieser Zeit aber sollten sich die seltenen
Eigenschaften von Schützes Charakter bewähren, seine
Tüchtigkeit, Standhaftigkeit und Treue. Die Mächtigen
sacht er durch Bitten zu gewinnen, er tröstet die Ver-
zweifelnden, unterstützt aus seinen Mitteln die Noth-
leidenden, muss zwar selbst endlich vom Platze weichen,
aber nur „um für das unschätzbare Kleinod seines Genius
zum Heile seiner Kunst" ein neues Vaterland im Norden
zn suchen und aus dem Untergange der alten Herrlich-
keit die Keime für eine bessere Zukunft zu retten.
Erst nachdem Schütz eingesehen hatte, dasi^ sein
Bleiben nach keiner Seite mehr Vortheil zu bringen ver-
möge, gab er endlich mit Einwilligung seines Kurfürsten,
dessen Diensten er sich fort und fort zur Verfügung
Btellte, den Einladungen des Kronprinzen von Dänemark
nach und ging nach Kopenhagen. Gleich nach dem
Prager Frieden eilte er aber nach Dresden zurück; doch
wurden die Verhältnisse bald wieder so traurig, dass er
schon 1637 aufs Neue um Urlaub bat, freilich vergeblich,
da er 1638 bei den Vermählungsfeierlichkeiten des Kur-
prinzen thätig gewesen zu sein scheint Nicht nur bei
der Trauung im Riesensaale wurden mehrere Gompo-
sitionen von ihm vorgetragen, sondern auch am nächst-
folgenden Tage ein von ihm componirtes und ^von
Augusto Buchnern, Professore poeseos zu Wittenberg"^
(einem geborenen Dresdner und Freunde Opitzens) er-
fundenes, vom Tanzmeister Gabriel Möblich in zehn
Ballete gebrachtes Festspiel Orpheo und Euridice zur
Aufführung gebracht
Von dieser Zeit an verfiel das Institut völlig. 1640
klagt der Hofprediger und Curator der Kapelle, lio^ von
— 46 —
Hoßnegg: „die Musik io der Ho fka pelle sei in solches
Abnehmen gerathen, daßs man fast gar nichts figuraliter
musiciren könne^ sintemal nicht allein kein rechter Altist;
sondern auch nur ein einziger Discantist vorhanden".
Schlitz unterbreitete daher 1641 dem Kurfürsten den
Vorschlag zu einer Neubildung der Kapelle in der be-
scheidensten Form, durch welche „gleichsamb nur ein
Saame von der Musik" an dem Hole desselben erhalten
bleiben sollte. Er forderte nichts als Anstellung;
Unterhaltung und Ausbildung von vier Sänger- und vier
Instrumentiskcn - Knaben, als das füglichste Mittel, wo-
durch die kurfürstliche Kapelle „nicht alleine in etwas
erhalten, eine kleine Musik bei der kurfürstlichen Tafel^
erlangt, sondern auch „zu begebenden hoffe Gott baldt
bessern Zeiten das coUegium musicam gar baldt comple-
tirt und ergentzt" werden könne. — Diese zweck-
mässigen Vorschläge fanden nicht allein die volle kor-
fürstliche Genehmigung, sondern es wurde auch gleich
nach Abschluss des Waffenstillstands von Kötschenbroda
(1645) an der Wiederherstellung der Kapelle gearbeitet,
wozu das Interesse des Kurprinzen an den musikalischen
Angelegenheiten des Hofes wesentlich beitrug, zugleich
aber auch zu einer Spaltung in der weiteren Entwicklung
derselben hinführen sollte, die von der Bildung einer
eigenen kurprinzlichen Kapelle und der Vorliebe des
Prinzen für italienische Musik und Italiener ausging.
1647 bestand die kurfürstliche Kapelle bereits wieder
aus 21 Personen, die knrprinzliche aus 13 Musikern und
fünf Kapellknaben. Obschon vom Jahre 16cO an, in
welches auch die Anstellung David Schirmer's, ata
Bibliothekar und Hofpoet, fällt, die musikalischen Dar-
stellungen bei Hofe wieder in Aufnahme kamen, nament-
lich die Prunkballete, unter denen das von ^Paris nnd
Helena" besonders hervortrat — Gottsched bezeichnet es
als dasjenige, welches allen damaligen Opern zum
Muster diente, — so blieben doch die finanziellen Ver-
— 47 —
hältniase der Kapelle zanächst noch sehr traurig. Am
14. August 165 L findet sich Scbtltz wieder zu melden
gedrungen: ,,das Elend der Eapellisten sei so gross, dass
es auch einen Stein in der Erde erbarmen möchte''.
Schutz mochte durch diese Erfahrungen nieder-
gedrückt sein. Dazu sah er eine neue Zeit heranbrechen.
Die Vorliebe des Kurprinzen für die Italiener Hess ihn
erkennen; dass die seine vorüber sei. Er fühlte sich zu
alt; um mit der neuen Richtung den Kampf zu beginnen.
Er bittet daher wiederholt um die Befreiung vom Dienste,
damit nicht erst die Zeit einträte, wo ;;8eine jungen
Rathsherren mit seiner alten Manier der Musik nicht
zufrieden, seiner gern los wären''. Als er im Jahre
1653 noch einmal entschieden um seine Entlassung ein-
kam, hat er gewiss nicht gedacht, noch 19 Jahre in
seiner Stellung ausharren zu müssen. Den Hereinbruch
eines ganz neuen Geschmacks und Geistes konnte er
damit freilich nicht aufhalten.
Ich glaube die Betrachtung der vorliegenden Ent-
wicklungspbase nicht besser abschliessen zu können, als
mit den Worten, in die K. A. Müller (in seinen Forschungen
anf dem Gebiete der neueren Geschichte) sein Urtheil
über Schütz zusammenfasst :
,ySchütz ist eine der seltenen Persönlichkeiten, deren
Erscheinung überall wie die eines höheren, reineren
Geistes aus einer besseren Welt auf unser Gemüth wirkt.
Die Harmonie, der er all sein Sinnen und Dichten ge-
weihet, tönet in seinem ganzen Leben wieder; er war
nicht allein ein grosser Künstler, er war zugleich ein voll-
kommener Mensch, soweit es erlaubt ist, also zu sprechen.
Wo immer er sich zeigt, da finden wir Milde mit Kraft
gepaart, kindliche Demuth und männlichen unerschrocke-
nen Muth, Klarheit, Umsicht und hohe Begeisterung. Er
ist die grossartigste, innerlich wahrste, bedeutsamste und
liebenswürdigste Erscheinung an Georg's Hofe."
Anfänge des Schauspiels in Dresden.
Fahrende Levte. Zunftschauspleler. Englische ComödUinten»
Fahrende Sohfller. Schnl- nnd Stadentencomödlen.
Die Yelthen'sche Truppe.
Wandernde Schauspieler hat es .fast eben so lange^
als diese Erwerb suchten, gegeben. Schon im griechi-
schen AUerthumO; nachdem sie sich zu einem besonderen
Stande ausgebildet hatten, wurden sie von einer Stadt
zur anderen, von einem Hofe zum anderen berufen. Tns-
kische Histrionen sollen die ersten schauspielerischen
Uebungen nach Rom verpflanzt haben. Mimen- nnd
Atellanenspieler durchzogen später mit ihren Künsten
Italien. Sie folgten den Feldherren nach den zu er-
obernden Ländern, sei es, dass sie sich unter den Schutz
nnd in den Dienst der Grossen stellten, oder frei im
Lande umherschwärmten. Sie verbreiteten sich so auch
nach Deutschland.
Den Erwerbsschauspielem wurde fast zu allen Zeiten
theils bewundernde Vergötterung, theils Verachtung zn
Theil. Obschon Kaiser Justinian die Schauspieler fttr
ehrlos erklären lies», hob er doch eine der frechsten
nnd berüchtigtsten Pantomimentänzerinnen, Theodora, za
sich auf den Thron.
Die Lu8t an theatralischen Darstellungen war im Allge-
meinen so gross, dass die Ehrloserklärungen der Gesetz-
bücher und Concile die zur frechsten und raffinirtesten
Sinnlichkeit ausgearteten Spiele nicht zu unterdrücken
- 49 —
yermochten. Was aber sie nicht erreichten^ das vollzog sich
allmählig durch den mit der Abnahme an Talenten mehr
und mehr verblassenden Reiz dieser Spiele selbst. Das
Drama der Römer verschwindet aus der Geschichte der
Völker. Im neunten Jahrhundert werden die Wander-
baden der Atellanen zum letzten Male erwähnt. Nur
unter den fahrenden Leuten^ den Joculatoren und Gauk-
lern, die nun fast alle Länder des westUchen Europas
durchstreiften^ pflanzten sich Elemente ihrer dramatischen
Künste noch fort
Dem Gemüthe der Germanen wohnte ein Zug in die
Feme inne^ der sie nicht nur schaulustig in fremde
Länder und Gegenden^ nicht nur thatendurstig zum Auf-
suchen von allerlei Abenteuern, sondern auch wander-
froh vom heimischen Herde hinwegtrieb; Anderen das
eigene und fremde Erlebniss, die Thaten der Götter und
Helden im Lied zu verkünden. — Wie aber in den dra-
matischen Um- und Aufzügen, mit denen die Germanen
ihre religiösen Feste zu feiern pflegten, der Humor sich
mit einer wunderlichen Phantastik einmischte, mit allego-
rischen Gestalten von Sommer und Winter, mit Riesen
und Zwergen und allerlei anderen Vermummungen, so
mögen sich wohl auch schon von Alters her neben den
Barden wandernde Possenreisser gezeigt haben, welche
mit den fremden Gauklern, Gladiatoren, Histrionen und
Tänzern ihre Künste austauschten und endlich mit ihnen
verschmolzen.
Die Anziehungskraft, welche diese fahrenden Leute
ausübten, denen auch Weiber beigesellt waren, welche
sich üppig in losen Gewanden im Tanze schwangen und
die verflihrerischen Künste der römischen Pantomime an
die Höfe uod in die Lager, an die Edelsitze und in die
Klöster des Nordens trugen, mag daraus erhellen, dass
schon um 554 ein Frankenkönig gegen diesen Unfug
einschritt und noch um die Mitte des 9. Jahrhunderts
der Erzbischof Hinkmar von Rheips seine Geistlichen
4
— 50 —
ernstlich vor ihnen warnt. Sie waren den Vornehmen,
wie dem Volke sehr bald ein Bedürfhiss geworden, das
man zn schonen hatte. Sie gaben ihren Festen die
Würze, sie waren die Beförderer der Nenigkeiteo, die
Boten der Liebe, die Verbreiter von Mähren nnd Sagen,
die Erfinder und Träger des Volkslieds. Ihre Zahl war
zu Heinrich II. Zeit Legion, der sie (1044) von seinen
Festen fortweisen Hess.
Der Druck der Verachtung, zu der sie allmählig
herabsanken, wurde aber den besseren Elementen unter
ihnen zu gross. Sie suchten sich eine Sonderstellung,
indem sie in den Dienst oder Schutz eines Herrn traten
oder sich zu Vereinen und Zünften zusammenschlössen«
Die Rechtlosigkeit, in welcher sie lebten, bestimmte sie,
selbst eine geschlossene Rechtsgemeinschaft zu bilden.
Schon in den Kreuzzügen hatte ein fahrendes Sänger-
thum im Anschluss an eine glänzende, romantisch ge-
stimmte Ritterschaft einen überraschenden Aufschwung
genommen. Das Erfinden wurde als Vorrecht des adligen
Herrn erachtet. Der Spielmann führte nur das Erfundene
aus oder begleitete auch den Gesang seines Herrn auf
seinem Instrumente. Es bildete sich hierdurch jenes
Verhältniss der Jongleurs oder Joueurs und Istrumen-
teurs zu den Trouveres oder Troubadours aus. Trat ein
Joueur zugleich noch als Dichter in den Dienst eines
Herrn, so erhielt er den Namen eines M^nötrier oder
Älinstrel. Die Confrörie der M^n^triers mit ihrem Roi an
der Spitze ist wohl das älteste Beispiel einer Vereinigung
fahrender Leute, welche bald ähnliche Verbrüderungen
hervorrief, deren Vögte, Geigenkönige und Spielgraven
die Händel derselben auf dem Pfeifertag schlichteten.
Sie besassen Zunftg( setze und Zunftstrafen und schlössen
sich streng von den fahrenden Leuten, aus denen sie
seihst erst hervorgingen, ab, die hierdurch in noch grössere
Verachtung geriethen. Dass diese sich oft für sie aus-
gaben, geht aus einem an Älfons X. (von Castilien) ge-
— 61 —
richteten Bittschreiben des Minstrel Guirant Biquier
hervor, in welchem dieser gegen derartige Anmassungen
der Joculatoren Beschwerde führt.
Bildeten sich so unter dem Schutze der Städte die
Zünfte der Pfeifer, Thürmer, Pauker und Fechter aus,
so suchten sich andere der fahrenden Leute eine ähn-
liche Sonderstellung vereinzelt zu schaffen, indem sie
als Narren, Herolde, Pritschmeister, Ausrufer u. s. w. in
die Dienste von Fürsten und Herren traten.
Obschon es kaum zweifelhaft ist, dass sich auf diesem
Wege auch dramatische Volksspiele durch das ganze
Mittelalter hindurchzogen, so sind uns doch nur von
den Trouv6res oder Minstrels einige Versuche dieser
Art erhalten geblieben. Die früheste Erwähnung von
wandernden Schauspielern finden wir bei den Engländern;
sie fallt in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Etwas
später begegnen wir ihnen in Spanien. Die ersten be-
stimmteren Nachrichten, die wir von neueren Volks-
spielen aus Frankreich, Italien und Deutschland besitzen,
weisen auf die Pflege derselben durch Bürger und Hand-
werker hin. Doch lässt sich wohl kaum daran zweifeln,
dass auch hier Spiele wandernder Histrionen nebenher
liefen. Im 14. Jahrhundert wurde in Wien ein Ober-
Spiel-Grafenamt errichtet, unter dessen Gerichtsbarkeit
die Mimen, Histrionen und Musiker von ganz Oesterreich
standen und welches bis 1782 bestand.- In England tritt
uns wieder zuerst der Gegensatz von herrenlos herum-
ziehenden und von solchen wandernden Truppen ent-
gegen, die unter dem Schutz eines Herrn standen und
von den ausschliesslich im Dienst eines solclien thätigen
Schauspielern (damals noch players of interludes genannt)
unterschieden waren. Während die beiden letzten Klassen
sich eines grösseren Rechtsschutzes und einer gewissen
Achtung erfreuten, finden wir jene in den öffentlichen
Verordnungen mit den Landstreichern in eine und dieselbe
Klasse geworfen.
4»
— 52 —
Die Bürger und Handwerker, die sich in Deatsch-
land der volkstlittmlichen Spiele bemächtigt hatten^
schlössen sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts eben-
falls zu Zünften zusammen, welche in einzelnen Fällen
auch einen Erwerb daraus machen mochten. Jedenfalls
spielten sie an benachbarten Orten, möglich, dass ein-
zelne von ihnen sogar im Lande wandernd herumzogen.
Die Hauptsitze dieser Spiele waren Nürnberg und Augs-
burg. — Die erste bestimmtere Nachricht von wandernden
Schauspielern in Deutschland stammt aus dem Jahre
1529, in welchem, wie Wiener Magistratsberichte aus-
sagen, daselbst eine theatralische Vorstellung von Nieder-
ländern und anderen Fremden, sowie von den Schülern and
Singknaben von St. Stephan ausgeflihrt wurde. Es bleibt
jedoch fraglich, ob unter diesen Fremden nicht doch schon
vielleicht Deutsche gemeint sind. Erst mit Anfang des
17. Jahrhunderts finden wir aber sichere Nachrichten
von deutschen, nach den Namen ihrer Principale be-
nannten Wandertruppen reiner Erwerbs- und Berufsschau-
spielcr, so von der Sonnenhammer'schen, PauTschen
und Treu 'sehen Gesellschaft, welche letztere auch am
Dresdner Hofe gespielt haben soll. Es lässt sich nicht
sagen, ob sie auf frühere Truppen zurückweisen und in
Beziehung zu den fahrenden Leuten früherer Zeit stehen
oder sich erst neuerdings aus den Handwerkerzünften,
aus den Schüler- und Studentenspielen gebildet hatten.
Dass es auch in den unmittelbar vorausgehenden 2^iten
noch fahrende Leute in Deutschland gab, geht darans
hervor, dass unter Richard IIL eine Truppe österreichischer
und bairischer Sänger und Spielleute in England herum-
reiste und unter den Minstrels H* inrich VIII. acht
Deutsche waren.
Im 16. Jahrhundert wurde es in Deutschland Sitte,
die Söhne der Fürsten und Herren zu ihrer Bildung ins
Ausland zu schicken. Auch Elisal)eth's Hof übte hierbei
seine Anziehungskraft aus. Engli&^ci>c lustrumentisten
— 53 —
wurden an deutschen Höfen beliebt. Besonders am mark-
gräflichen, später kurfürstlichen Hofe von Brandenburg
linden wir deren seit 1556 ununterbrochen angestellt.
Albert Cohn, welcher, nächst Ftirstenau, zur Aufhellung
dieser Verhältnisse wesentlich beigetragen, theilt (in seinem
Shakespeare in Germanj) folgende Stelle aus Thomas
Heywood's ^-^pology for actors" mit : ^ur Unterhaltung
des Cardinais Alphonsus und des Infanten von Spanien
in d^n Niederlanden wurden in Antwerpen verschiedene
Spiele von engelländischen Schauspielern aufgeführt.
Auch unterhielt der Vater des jetzt regierenden Königs
von Dänemark eine Gesellschaft englischer Comödianten,
die ihm vom Grafen Leicester empfohlen worden waren,
und der Herzog (Julius) von Braunschweig, sowie der
Landgraf (Moritz) von Hessen haben gleichfalls deren
einige in Dienst genommen^' Actenstücke des Königl.
Archivs in Dresden beweisen, dass imOctober 1586 flinf
als Instrumentisten bezeichnete Engländer in kurf. sächs.
Dienste traten. Cohn glaubt nachweisen zu können, dass
einige derselben, nämlich Thomas Heywood, Thomas
Pope und George Bryan, zugleich Schauspieler waren,
insofern er sie, und wohl mit Recht, für identisch mit Schau-
spielern des gleichen Namens hält, denen man damals
auch auf der englischen Bühne, insbesondere auf der
Ton Blackfriars, begegnet. Der noch vorhandene Brief
eines Schauspielers Richard Jones an Eduard AUeyn,
den Gründer von Dullwich College, sowie verschiedene
andere Schriftstücke, setzen es ganz ausser Zweifel, dass
im Jahre 1591 Londoner Erwerbsschauspieler durch Noth
getrieben ins Ausland und zwar nach Deutschland
gingen, um dort Unterhalt und Nahrung zu suchen. Einen
von ihnen, Thomas Sackville, finden wir später im Dienste
des Herzogs Julias von Braunschweig, wo er lange ver-
blieb. Zwei andere gehörten früher zu der Truppe des
Grafen Worcester.
Es ist demnach sicher, dass die Truppen, die unter
— 54 —
dem Namen von englischen Springern ^ Instramentisten
und Comödianten um diese Zeit in Deutschland so grosses
Aufsehen erregten^ wennschon nicht immer durchgehend
aus Engländern bestanden ^ doch Engländer enthielten,
unter ihnen auch wirkliche Berufsschauspieler, und zwar
nicht bloss Schauspieler der herrenlos herumziehenden
Banden, sondern auch solche der privilegirten Truppen.
— Dass diese Schauspieler zum Theil gleichzeitig als
Instrumentisten, Sänger, Tänzer und Springer Dienste
leisteten, darf uns nicht überraschen. Zu dieser Zeit
mögen die theatralischen Künste noch ebenso miteinander
verbunden gewesen sein, wie die bildenden. Man stellte
sich fast allgemein die Aufgabe, das ganze Gebiet der
einen oder der anderen so viel wie möglich beherrschen
zu können. Wer in fremden Landen sein Brod erwerben
wollte, musste ebenso wie Der, welcher nicht ganz aus-
gezeichnet in einer einzelpen Kunstübung war, sich durch
Vielseitigkeit schätzenswerth «machen. Wir können dies
noch heute bei den herumziehenden Truppen der Seil-
tänzer, Kunstreiter etc. beobachten. Andererseits würde
freilich die Vielseitigkeit ihrer Leistungen eher darauf
schliessen lassen, dass diese Spieler nicht gerade aus-
gezeichnet in einer Specialität, besonders nicht in der
jede andere ihrer Kunstübungen so weit überragenden
Schauspielkunst gewesen sein mögen. Wie es denn über-
haupt nicht zu erwarten ist, dass zu einer Zeit, in welcher
diese letztere in so grosser Beliebtheit stand, wie damals
in London, Schauspieler von Bedeutung nöthig gehabt
haben sollten, ihren Unterhalt im Ausland zu suchen.
Dass einige derselben früher und später an bedeutenden
Londoner Bühnen thätig gewesen, ist noch kein Gegen-
beweis. Vielmehr mögen die meisten von ihnen der-
jenigen Klasse von Darstellern angehört haben, die
Shakespeare in seinem Hamlet gegeisselt hat, was keines-
wegs ausschliesst, dass sie die damaligen deutschen Schau-
spieler, die Handwerker sowohl, wie die Schüler, Sta-
— 55 —
denten und Erwerbsschauspieler, ausserordentlich in
Schatten stellten und berechtigtes Aufsehen erregten.
Ebensowenig ist ein Grund zu der Annahme, dass diese
englischen Darsteller die. Deutschen mit unmittelbaren
Uebertragungen der besseren Stücke oder gar der Meister-
werke der damaligen englischen Bühne bekannt machten«
— Abschriften von Manuscripten der noch ungedruckten
Stücke dieser Art haben sie gewiss nicht besessen, kaum
dass ihnen die späteren Drucke derselben bekannt worden
sein werden. Zwar finden wir unter den Stücken, die sie
zur Aufführung brachten, auch solche verzeichnet, denen
Dramen von Kyd, Decker, Marlow und Shakespeare zu
Grunde lagen. Die in den Jahren 1620, 1624 und 1630
erschienenen Sammlungen englischer Comödien und Tra-
gödien, wie sie an verschiedenen deutschen Höfen und
in verschiedenen deutschen Städten zur Aufführung ge-
bracht worden sind, lassen aber keinen Zweifel darüber,
dass es gewiss nicht directe Uebertragungen der eng-
lischen Stücke waren. Der Titus Andronikus dieser
Sammlung weicht nicht nur entschieden von den uns be-
kannten späteren Ausgaben der Shakespeare'schen Dich-
tung ab, sondern wird sicher fast ebenso verschieden von
der trüberen uns unbekannten Ausgabe derselben ge-
wesen sein. Von Wichtigkeit für die Erörterung der
hier vorliegenden Frage scheint ein altes, dem Shake-
speare'schen Hamlet nachgebildetes Stück: „Der be-
strafte Brudermord oder Prinz Hamlet von Dänemark",
das aus dem Jahre 1710 stammt und wahrscheinlich eine,
nur mit neueren Zusätzen versehene Copie eines früheren
Stückes ist. Es ward uns durch Eckhof erhalten, der es
1779 im Goth. Theaterkai. zum Abdruck bringen liess.
Neuerdings ist es von Alb. Cohn (i. o. a. W.) neu mit-
getheilt worden. Ein Stück dieses Namens wurde bereits
1626 von englischen Gomödianten am kurf. sächs. Hofe
in Dresden, sowie später von der Velthen'schen Truppe
zur Darstellung gebracht Ich glaube nicht zu irren,
•— 56 —
wenn ich die uns Yorliegende Bearbeitung für identisch
mit der der Velthen'schen Tmppe halte. Auch durfte
sie bis auf einige Zusätze ; besonders in den späteren
Acten; mit der früher in Dresden gespielten tiberein-
stimmen. Gewiss lag ihr aber diese; sowie ihr wieder
die früheste Shakespeare'sche Bearbeitung, die damals im
Originale wohl schwerlich in Deutschland bekannt war,
zu Grunde. Wie in letzterer heisst auch noch hier der
Polonius der späteren Bearbeitung Corambus.
Das uns vorliegende Stück stellt sich als eine ganz
freie ; überaus rohe und willkürliche Bearbeitung des
Shakespeare'schen dar^ wie sie etwa von Jemand kom-
men konnte, der es nur vom Anhören kannte, sich den
Gang und sogar einzelne Gedanken desselben aber gut
eingeprägt hatte ; dalier die Reihenfolge der Scenen und
Gedanken nicht immer festgehalten ist. So fordert z. B.
Hamlet den Corambus erst nach dem Schauspiele auf,
die Comödianten gut zu behandeln etc. Für die Art der
Ausfuhrung mag folgende zwischen Hamlet und Ophelia
handelnde Sccne sprechen, welcher der Monolog Hamlet's
ganz fehlt:
„Ophelia. Eure Durchlaucht nehmen doch das
Kleinod wieder, welches Sie mir geschenket?
Hamlet. Was, Mädchen, willst du gern einen Mann
haben? Gehe weg von mir — doch komm her. Höre
Mädchen, ihr Jungfern thut nichts anders, als die junge
Gesellen verführen, eure Schönheit kauft ihr bey den Apo-
thekern und Krämern. Höret, ich will euch eine Historie
erzählen. Es war ein Kavalier in Anion, der verliebte
sich in eine Dame, welche anzusehen war, wie die Göttin
Venus, wie sie nun sollten zusammen zu Bette gehen,
ging die Braut vor, und fing an, sich auszuziehen, nahm
erstlich das eine Aug aus, welches künstlicherweise
war eingesetzt, hernach die Vorderzähne, welche von
Elfenbein auch so künstlich waren eingemacht, dass
maus nicht sehen konnte, hernach wusch sie sich, da
— 57 —
ging die Schminke; womit sie sich angestrichen hatte,
anch fort. Der Bräutigam kam endlich^ gedachte seine
Brant zn umfangen, wie er sie aber ansichtig ward, er-
schrak er, und gedachte, es wäre ein Gespenst. Also
betrügt ihr die Junggesellen, darum höret mich auch.
Aber warte, Mädchen — doch gehe nur fort nach dem
Kloster, aber nicht nach einem Kloster, wo zwey Paar
Pantoffeln vor dem Bette stehen." (Ab.)
Die ausschweifendste Behandlung hat jedoch der
Wahnsinn Ophelia's erfahren. Der Hanswurst, als Hof-
narr PhantasmOy den sie mit ihrer Liebe verfolgt, hat
hierbei Eingang gefunden. Es ist dies jedoch wahr-
scheinlicherweise ein späterer Zusatz^ vielleicht aus der
Velthen'schen Zeit. Wie der ersten Bearbeitung des Shake-
speare'schen Hamlet fehlt auch dem deutschen Stücke
die Kirchhofsscene. Das Attentat des Königs auf Hamlet
und dessen Vereitelung wird hier aber nicht erzählt,
sondern unmittelbar dargestellt. Auch diese Scene hat
zum Theil eine burleske Behandlung erfahren.
Wenn die englischen Comödianten die Stücke der
englischen Bühne aber auch wirklich besessen hätten, so
würden sie dieselben anfangs dem deutschen Publicum doch
nicht so haben darbieten können, theils weil ihre Kenntniss
der Sprache nicht ausgereicht haben würde, sie ebenbilrtig
zu übersetzen, theils weil es ihnen an dem dazu nöthigen
Personal gefehlt hätte. Das Wahrscheinlichste ist, dass
einzelne Schauspieler von ihnen Aufzeichnungen aus dem
Gedächtniss machten, im Uebrigen aber dieselben aus
dem Stegreife spielten und sie hierbei dem eigenen, sowie
dem vermeintlichen Verständnisse und Geschmacke der
Zuhörer möglichst anzupassen strebten. Schauspieler
haben fast immer eine möglichst niedrige Vorstellung
von dem letzteren, daher es nicht fehlen konnte, dass
man dabei so derb, nüchtern und geschmacklos wie
möglich verfuhr. Auch konnten dann freilich die Stücke
zunächst nicht anders als in Prosa behandelt werden,
— 58 -
obschon man zur Zeit des ersten Auftretens dieser Schau-
spieler noch ganz an den Hans Sachsischen Reimvers
gewöhnt war^ weshalb die Dramen des Herzogs Julius
von Braunschweig; der ihnen hierin nachfolgte, anfangs
sogar in diese Versform zurück übertragen wurden. Die
in den Jahren 1620 und 30 im Druck erschienenen eng-
lischen „Comödien und Tragödien^ sind sämmtlich in Prosa
verfasst. Doch mögen nach einer Nachricht v. J. 1013
(von Joh. RhenaruS; Leibmedicus des Landgrafen Moritz
zu Cassel) von ihnen vereinzelt auch Stücke gegeben
worden sein, in denen Prosa und Jamben abwechselten.
Die Frage, ob diese Darsteller anfänglich nur in
englischer Sprache gespielt, lässt sich nicht sicher beant-
worten. Die Angabe, dass dies von ihnen sogar noch im
Jahre 1599 in Hildesheim geschehen, ist wenig wahr-
scheinlich, besonders, wenn es Darsteller vom Hofe des
Herzogs von Braunschweig gewesen sein sollten. Dass
es den englischen Schauspielern selbst in der englischen
Sprache noch möglich gewesen sein würde, Aufsehen zu
erregen, ist an sich nicht zu bezweifeln. Haben wir in
unseren Tagen doch etwas Aehnliches von italienischen
Schauspielern erlebt. Doch ist wohl anzunehmen, dass
Schauspieler, welche ihren Unterhalt in Iremden Ländern
suchten, vor Allem deren Sprache zu erlernen bestrebt
sein mussten. So konnten schon 1529 niederländische
Schauspieler .in Wien mit deutschen Darstellern zusammen-
spielen, und englische Schauspieler würden den Stamm
der Theater von Wolfenbüttel und Cassel nicht haben
bilden können, wenn sie der deutschen Sprache nicht
zureichend mächtig gewesen wären, zumal der Herzog
Julius von Braunschweig vor Allem wünschen musste, seine
eigenen Stücke von ihnen dargestellt zu sehen. Eine Stelle
seiner Tragödie von der Ehebrecherin (schon 1594 gedruckt)
kann darüber einige Aufklärung geben. Hier sagt
Gallichora: Ich hatte es Dir deutlich genug gesagt^
wenn Du es sonst vei^tehen wolltest.
— 69 —
Johan Boaset: Ick bin ein Englisch Mann, ick en
son dat dndsch spreken niet verstahn.
Gallichora: Ishonld have told you in piain enongh
Gennan; if you had been willing to understand
it.
Johan Bouset: I am an English man. I do not
will understand any one that speaks German.
Diese Stelle kann nur den Sinn haben^ entweder das
gebrochene Deutsch, welche^ der englische Darsteller
des Johan Bouset sprach, zu motiviren, oder — was
wahrscheinlicher ist — sich über das gebrochene Deutsch,
welches einzelne der englischen Schauspieler damals noch
sprachen, lustig zu machen.
Wird man sich diese Schauspieler aber auch keines-
wegs auf der Höhe derer zu denken haben, welche auf
der englischen Bühne damals Epoche machten, so be-
zeichnet ihr Auitreten immerhin einen Fortschritt in der
Entwicklung der deutschen Schauspielkunst und des
deutschen Theaters. Alle bedeutenderen dramatischen
Dichter der Zeit stehen unter dem Einflüsse ihrer Spiele:
Ayrer, welcher, obschon er die Hans Sachsische Versform
beibehält, es ausdrücklich zugiebt und bei einigen seiner
Spiele sogar die englische Quelle bezeichnet, der Herzog
Julius von Braunschweig, später selbst Gryphius und
noch später Christian Weise. ^
Diese Schauspieler, mit deren Erscheinen die Ent-
stehung des herzoglich braunschweigischen und des land-
gräflich hessenschen Hoftheaters nahezu zusammenfällt,
sind es nun also, denen wir zuerst an dem kurfürstlich
brandenburgischen und an dem kurfürstlich sächsischen
Hofe begegnen. In den dürftigen Nachrichten, die wir
aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts von drama-
tischen Aufführungen an dem letzteren haben, spielen
dieselben die hervortretendste Rolle. Wir finden sie hier
in den Jahren 1600, 1601, 1605, 1609, 1610 und 1617.
Besonders scheint sich die Kurtttrstin-Wittwe, Sophie
— 60 —
von Brandenburg, für sie interessirt zn haben^ yielleicht
aaf Anregung des brandenburger Hofes; wie sich denn
Yom Jahre 1605 ein Schreiben des Kurfürsten von
Brandenburg an den Kurfürsten Yon Sachsen vorfindet^
in welchem er diesem eine Bande englischer Comödianten
unter Johann Spenzer empfiehlt. Auch scheinen diese
Truppen fast immer nur vor dem „Kurfürstlichen Frauen-
zimmer^ gespielt zu haben. Die wichtigsten Nachrichten,
die wir überhaupt von ihten besitzen, stanmien aus den
Jahren 1626 und 27, in denen sich eine Truppe derselben
im Dienste des kurfürstlich sächsischen Hofes befand.
Fürstenau hat dieselben aus Notizen der damals üblichen
Schreibekalender von Bediensteten des königl. sächsischen
Hofoiarschallamtes entnommen und ein werthvolles Ver-
zeichniss der innerhalb dieser Zeit von ihnen aufgeführten
Stücke mitgetheilt. Wir finden darunter vier, die auch
schon in der Sammlung der englischen Comödien und
Tragödien vom Jahre 1620 enthalten sind: „Jemandt
und Niemandt, Hamann und Esther, Fortunato und Der
verlorene Sohn", sowie vier andere, denen unzweifelhaft
Stücke von Shakespeare zu Grunde lagen: „Julius Cäsar,
Hamlet, Lear, Romeo und Julie". Auch auf Kyd's Spa-
nische Tragödie, Marlow's Faust und Der Jude von
Malta, Shakespeare's Kaufmann von Venedig, weisen ein-
zelne Titel hin. Dramatische Aufführungen finden sich
ferner in den Jahren 1630—32 erwähnt. Es ist ungewiss,
ob englische Comödianten dabei thätig waren. Gewiss
aber waren es grösstentheils englische Comödien, welche
man darstellte. — Die Nachrichten über diese Spieler
werden von hier an auch in dem übrigen Deutschland
spärlicher und mit dem Jahre 1683 hören sie auf. Dies
erklärt sich theils aus den Wirkungen des dreissigjährigen
Krieges, theils aus der Concurrenz, welche ihnen von den
nun emporkommenden deutschen Truppen gemacht wurden«
Auch hatten inzwischen neue Bestrebungen eine
Veränderung des Geschmacks herbeigeführt Wie die
— 61 —
frühere humanistische Bewegung gingen auch sie von den
Gelehrten aus. Das Bedürfniss einer eigenen Bildung
und Literatur hatte sich um so fühlbarer gemacht; je
weiter die übrigen Nationen hierin vorgeschritten
waren. Die lateinische Sprache vermochte für diesen
Mangel einen Ersatz nicht mehr zu bieten. Die Dichtung
aus den Fesseln der letzteren zu befreien, die deutsclie
Sprache zu selbstständiger Entwicklung zu bringen
und von ihren fremden Bestandtheilen zu reinigen,
wurde zunächst ins Ange gefasst. Es war Martin
Opitz, der den Impuls hierzu gab. Sein Beispiel rief
eine eifrige Nachfolge hervor. Schlesien und die säch-
sischen Lande wurden der Sitz der Bewegung, die sich
den Beifall und Schutz des Adels, der Höfe gewann.
Sie fand ihren Mittelpunkt in der fruchtbringenden Gesell-
schaft, die, 1617 gegründet, rasche Ausbreitung fand und
eine Anzahl ähnlicher Institute ins Leben rief. Die Aus-
schliesslichkeit ihrer Verfassung konnte jedoch der Ent-
wicklung einer wahrhaften Dichtung ebenso wenig un-
mittelbar förderlich werden, als ihre rein formalen Ten-
denzen. War doch zu derselben nur zutrittsfähig, wer zu
den höheren Ständen oder zu den Gelehrten von Ansehen
und Ruf gehörte, was keineswegs immer ein sicherer
Beweis ftir wahre Intelligenz und Bedeutung war. Selbst
diese Letzteren blieben darin in der Minderheit. Unter
806 Mitgliedern gab es im Jahre 1668 1 König, 3 Kur-
fürsten, zu denen auch Johann Georg II. von Sachsen
gehörte, 49 Herzöge, 4 Markgrafen, 10 Landgrafen, 8
Pfalzgrafen, 19 Fürsten, 60 Grafen, 35 Freiherren und
600 Adlige und Gelehrte, von denen kaum 100 bürger-
lich und bis 1647 ausser Andrea und Rist keine Geist-
lichen waren. Kann man sich wundem,' wenn die von
hier ausgehende Dichtung, soweit sie nicht bloss auf die
Entwicklung der Sprache gerichtet war, nur der Unter-
haltung und der Verherrlichung der Höfe und Vornehmen
diente? In der That nahm die Dichtung der ersten
— 62 —
schlesischen Dichterscliule zunächst kaum einen höheren
Aufschwung; als zu einer höheren^ anspruchsvolleren
Pritschmeisterei. Gelegenheitsgedichte, allegorische Fest-
spiele, die Texte zu singenden Balleten und Inventionen
bilden ihren hauptsächlichsten Gegenstand. Hier war
dem Hange zur prunkenden Phrase, zur schmeichlerischen
Schönrednerei, zu Schwulst und Uebertreibung ein freier
Spielraum gegeben. In diesem Sinne sahen wir am
kurfürstlich sächsischen Hofe Martin Opitz und Buchner
schon thätig und 1650 wurde in Mag. David Schirmer
ein ständiger Hofpoet gewonnen, welcher seitdem ein
treuer Gehülfe Johann Georg II. bei Ausrichtung seiner
Feste blieb.* Neben ihm war auch der Kammerschreiber
und Inventionssecretär Ernst Geller, sowie später Christian
Dedekind hieran mit betheiligt.
Indessen fehlte es doch nicht an einzelnen höheren
poetischen Anläufen, obschon man selbst dann mehr nur
die Form ins Auge fasste und um den Inhalt wenig be-
kümmert war, so dass die Werke der Ausländer, die man
für jene zum Muster nahm, auch noch für diesen zur
Quelle wurden. Man schränkte sich hierbei aber nicht
bloss auf die Dichtung der Alten ein, sondern suchte
sich auch der Werke der Italiener, Spanier, Franzosen
und der von ihnen allen beeinflussten Niederländer zu
bemächtigen. Die Letzteren, welche schon früher den
Humanisten in Deutschland die erste Anregung gaben^
sollten neben den Italienera auch jetzt wieder den vor-
nehmsten Einfluss ausüben. Sie waren den Schriftstellern
der deutsehen protestantischen Lande nicht nur durch
Sprache und Geistesrichtung verwandt, sondern standen
denselben zugleich in Geschmack und Ausdrucksweise
damals noch ungleich näher, als jene.
Der Roman hatte zu dieser Zeit in der Dichtung fast
überall die Führung erhalten. Besonders dem Drama,
' Seine hierher gehörigen Dichtungen finden sich in seinen
«poetischen Rosen** und „Rauten-Gepüschen*.
— 63 -
soweit es nicht auf Nachahmung der Alten beruhte; wies
er Inhalt und Bichtnng an. Von den auf diese Weise
bestimmten Formen desselben kamen in Deutschland
zunächst zwei in Aufnahme: das Schäferdrama und das
politisch -historisch lehrhafte Drama. Beide Gattungen
schlössen sich den hier herrschenden allegorischen Fest-
spielen und Gelegenheitsstücken an und adoptirten deren
Charakter. Die ersteren wurden hauptsächlich von Italien^
die letzteren von den Niederlanden aus angeregt. Nieder-
ländische Schauspieler hatten sie vielleicht selbst mit
nach Deutschland gebracht. Rist schildert uns diese
nicht von der vortheilhaftesten Seite. Er selbst schrieb
in Prosa; nur weil er gefunden^ dass sie keine Verse aus-
wendig zu lernen vermöchten und sich überall nur durch
Improvisation zu helfen suchten. Das Schäferspiel; auch
Waldgedicht genannt (eine Uebersetzung des pastor Mo
[1619J leitete es ein) wurde besonders von der in Nürn-
berg entstandenen Gesellschaft der Pegnitzschäfer in
die Mode gebracht und verlor sich an den HOfen in die
singenden Ballete und Opern. Die historisch -politischen
DrameU; die später sowohl in das Lohenstein'sche Drama,
wie in das der englischen Comödianten eingingen und in
letzterem den Gründen den bekannten und verrufenen
Haupt- und Staatsactionen legten ; riefen aber eine
Art historisch-allegorischer Moralitäten und Gelegcnheits-
Festspiele hervor, von denen das älteste uns bekannt
gewordene, die 1630 in Hamburg zur Aufführung gelangte
Tragicomödie vom Frieden und Krieg von Ernst
Stapel in Lemgo ist. Sie kamen jedoch, wie es
scheint, erst in den vierziger Jahren in Aufnahme und ge-
legentlich der Friedensverhandlungen, sowie nach Ab-
»chluss des Frieöens zur vollen Blüthe. Das friede-
wttnschende Deutschland (1647) und das friedejauchzende
Deutschland (1653) von dem Hamburger Prediger J. Rist
(geb. 1607, gest. 1667) machten besonderes Aufseheu.
(Sie wurden noch von der Velthen'schen Truppe gespielt.)
— 64 —
Der bedeutendste Ja einzig bedeutende Dramatiker der
ersten scblesischen Scbule war Christian Gryphiüs
(geb. 1616; gest. 1664). Er hatte auf seinen langjährigen
Reisen dnrch die Niederlande^ Frankreich, Italien^ un-
mittelbare Eindrücke und Anregungen von der Bflhne
dieser Länder empfangen. Im Lustspiele strebte auch er,
im Gegensätze zur Tragödie, einem natürlichen Ausdrucke
zu, daher er sich hier au die Prosadramen des Herzogs
Julius von Braunschweig anschloss. Im Uebrigen würde
seine Dichtung in dem steifen Gange des Alexandriners,
in ihren einfachen scenischen Formen noch inuner zu
schwächlich gewesen sein, um die englischen Schauspieler
und deren Stücke mit ihrem zwar rohen, doch bunten sce-
nischen Leben verdrängen zu können. Selbst Caspar von
Lohenstein (geb. 1635, gest. 1683), welcher doch einen
reicheren Wechsel der Scene wieder aufnahm, vermochte das
nicht, obschon gerade das, was uns besonders verwerflich
an ihm erscheint, der Schwulst, die geschmacklose Bilder-
bäufung, die schamlose Rohheit und bluttriefende Grausam-
keit, jenen Spielen tbeils selbst schon entsprach, theils
in sie einging und zur Monstrosität der Haupt- und
Staatsactionen nicht unwesentlich beitrug. Ein viel ge-
fahrliclierer Gegner sollte den ei^lischen Comödianten
aber aus der mehr und mehr in den Hintergrund ge-
rathenen Schulcomödie entstehen, aus welcher gleichwohl
die deutsche Schauspielkunst und gleichzeitig der grösste
dramatische Dichter des letzten Viertels des Jahrhunderts,
Christian Weise, hervortreten sollte.
Neben den fahrenden Leuten der alten Z^^t war nämlich
zu Anfang des 16. Jahrhunderts eine ganz neue Bewegung
dieser Art in Deutschland entstanden. Der Kampf der
Humanisten gegen Alles, was das Leben des Volks be-
drückte, hatte diese von den tiefsten Schichten derselben
ausgehende Bewegung her>'orgerufen. Die Schule erschien
jetzt nicht nur als Mittel, sich an diesem Kampf mit be-
theiligen, sondern auch als dasjenige, um sich aus der
— 65 --
änssersten Niedrigkeit und Dürftigkeit zu den Höhen
des Lebens emporschwingen zu können. ^^Eander und
halbwüchsige Burschen liefen aus den entlegensten Thä-
lern hinein in die unbekannte Welt. Wo eine Schule war
bei einem Stifte oder im reichen Kirchspiel einer grossen
Stadt, dahin schlugen sich die Kinder des Volks oft
unter den grössten Leiden und Entbehrungen, verwildert
und entsittlicht durch das mühevolle Wandern auf der
Strasse, wie durch die Unsicherheit ihres Lebens in
dem Bereich der Schule.^ (G. Freitag.) Denn ausser,
dass sie selbst hier noch fast gänzlich auf fremde Mild-
thätigkeit angewiesen waren, hatte sich ein Penalismus
der schlimmsten Art herausgebildet, welcher die Schüler
der niederen Klassen (die Schützen) der Willkür der
höheren (der Bacchanten) ganz preisgab, für welche sie
betteln, betrügen, selbst stehlen mussten. Da geschah es
denn wohl, dass der Bacchante von dem fahrenden
Schfllerthum einen freien und speculativen Gebrauch
machte und mit dem ihm preisgegebenen Schützen, der
ihn von Schule zu Schule hindurchbetteln musste, ein wan-
demdes Leben voll Baub, Schmutz und Liederlichkeit
führte. Die uns erhaltene Selbstbiographie des späteren
Buchdruckers und Schulrectors Thomas Platter in Basel,
welcher von seinem 9. Jahre diesem wandernden Elend
preisgegeben war und sich noch mit 18 Jahren ganz un-
wissend auf der Schule zu Strassburg unter die kleinen
Kinder, „wie eine Glucke unter die Küchlein^, setzen musste,
gewährt uns erschreckende Einblicke in diese Zustände.
Zwar wurden mit der Reformation die Schulverhältnisse
besser, wodurch auch das fahrende Schülerthum an Roh-
heit, sowie an Ausdehnung verlor. Der in der akade-
mischen Jugend einmal erweckte abenteuerlustige
Wandertrieb konnte aber gewiss nicht gleich unterdrückt
werden, zumal er durch die Pflege der Schulcomödie
eine besondere Richtung, einen neuen Antrieb und Reiz
erhielt, welcher den fahrenden Schüler sicher nicht selten
— 66 -
in das Leben der wandernden Spielleute und Schauspieler
yerflochten haben mag und auch dem Studenten noch
anhaftete.
Man kann sich denken^ welchen Eindruck auf die
also gestimmte akademische Jugend die Erscheinung der
englischen Comödianten ausüben musste. Man ahmte ihre
Stücke und Spielweise nach; man begann sO; wie sie, in
Costümen zu spielen. Man schloss sich ihren Spielen
selbst an. Die ersten deutschen Wandertruppen^ von
denen wir überhaupt wissen , bestanden meist aus Stu-
denten^ sei es dass sie den Beruf des Schauspielers völlig
ergriffen, sei es dass sie sich dem verlockenden Leben
desselben nur vorübergehend anschlössen^ wie dies z. B.
von dem späteren dänischen Hofprediger Lassenius be-
hauptet worden ist. Von der Mitte des 17. Jahrhunderts
an gewinnen die Nachrichten hierüber an Bestimmtheit
1646 sah Pastor Rist in Hamburg unter Andreas
Gärtner eine aus feinen, gelehrten und wohlgeschickten
Studenten bestehende Truppe, welche den grössten Beifall
erwarb. Eine andere erschien unter Principal Schnei-
der, der sich „Magister Sartorius, Präses und Herzog
Thaliens'^ nannte, 1648 zu Mainz. Im Jahre 1660 taucht
eine dritte Gesellschaft dieser Art unter Principal Karl
von Zimmern auf. Auch spielten 1662 in Dresden Stu-
denten eine geistliche Comödie auf dem Gewandhanse,
die grossen Anstoss erregte. Neben diesen studentischen
Truppen scheint eine Zahl geringerer das Land durch-
zogen zu haben, wie wir z. B. einem Gomödiantenmeister
Hans Georg Eckher aus Dresden (1658) mit einer Com-
pagiiie hochdeutscher Comödianten in Wien begegnen.
Die Schulcomödie, in manchen Gegenden Deutsch-
lands völlig erstorben, stand damals in Sachsen in
voller Blüthe, besonders in Leipzig. Der Dichter Kor-
marteu, der 1669 Actor regens der Studentenschaft
war, Hess in diesem Jahre eine Bearbeitung des Racine-
schen Polyeuct von sich aufführen, in welcher der Stn-
— 67 —
dent Job. Velthen (oder Veltheim) aus Halle die Titel-
rolle mit 80 viel Beifall spielte, dass er die schauspiele-
rische Laufbahn zu ergreifen bescbloss. Schon hierbei
sollte sich aber die Festigkeit seines Charakters bewähren,
da er erst ruhig seine Studien beendete und den Magister-
titel erwarb, ehe er seinen Entschluss zur Ausfuhrung
brachte und sich an die Spitze einer Anzahl Gleich-
denkender stellte, was wahrscheinlich im folgenden Jahre
geschah. Die erste sichere Nachricht, die wir von dieser
Truppe besitzen, stammt wieder aus Dresden.
Mit Ausnahme der schon oben erwähnten englischen
Comödianten scheinen bis hierher Schauspieler an den
kurfürstlichen Hof immer nur ganz vorübergehend gezogen
worden zu sein. Schon 1601 zeigen sich ajber auch
hier deutsche Erwerbsschauspieler unter einem gevnssen
Christian Forchheim, der eine römische Tragödie
daselbst zur Aufführung brachte. 1613 werden vneder
Darstellungen erwähnt, welche der Hofbarbier Melchior
Meier mit mehreren Personen aus der Stadt im Schlosse
abgehalten hatte. 1626 erwarb der Freiberger Springer
HansB Schilling ein Patent mit seinem Schwiegersohne,
dem Pickelhering Lengsfeld, die freie Kunst des Springens
verbunden mit theatralischen Vorstellungen in den kur-
fürstlichen Landen auszuüben. Er gab auch Vorstellungen
bei Hofe und seine Gesellschaft bestand ausschliesslich
ans sächsischen Unterthanen. In demselben Jahre spielte
fem^f ein Franzose Rabel mit seinen Genossen Comödie.
Aus Notizen vom Jahre 1630 scheint hervorzugehen, dass
auch die kurfürstlichen Prinzen sich im Comödiespielen
versuchten. Die kurfürstlichen Enkelkinder, die Söhne der
Landgräfin Sophie Eleonore von Hessen, waren aber sicher
an dergleichen Spielen betheiligt, da sie 1643 ihren Neu-
jahrswunsch an die Grosseltem mit der Nachschrift
sehliessen : „Mögen Ew. G. gehorsamlich nicht verhalten,
dass wir dabevor Unsern gnädigen, hochgeehrten, herz-
liebsten fürstlichen Eltern eine Probe, wie wir mit Gottes
5»
-- 68 -
Hülfe in Unsren Studien fortgeschritten ; im Theater ge*
than und Unsers, leider so viele Jahre her von verzeh-
renden Eriegsflammen Uchterlohe brennenden lieben
deutschen Vaterlands unglückseligen Zustand in Gestalt
eines Comödienspiels repräsentiret^ welches nachmals
gedruckt worden.^ Also eine jener in Aufnahme gekom-
menen historischen Moralitäten. Bald darauf scheint der
sächsische Kurprinz ein Privattheater errichtet — der
Kurfürst, der ihn überhaupt immer von Zerstrennngea
abzulenken suchte, dies aber nicht gern gesehen zn haben^
^denn als in seiner Abwesenheit die Landgräfin von
Hessen eine Vorstellung auf diesem Theater zn sehen
wünscht; erkundigt sich der Kurprinz erst, ob er es thun
oder lassen solle?"
In den Jahren 1644 und 46 vergnügte man sich bei
Hofe mit den Springern von Freiberg, die auf dem obem
Schlosssaal abwechselnd mit Bären tanzten, auf dem Seil
voltigirtcn und auf dem Theater agirten. Es wird dabei
eines Tanzes gedacht, wie ihn die Engländer bei dem
reichen Juden von Malta getanzt. Das a\so hatte man
ihnen abgelernt und es galt als Empfehlung. Auch eine
Comödie, „wo vor jedem Actus der Inhalt mit stummen
Personen repräsentirt wird" — weist auf den Dnmb-show
der Engländer hin. Erfurter Springer spielten unter An-
derem eine Tragödie von Romeo und Julia. Englischer
Einfluss ward eben überall sichtbar. Im Jahre 1651
finden wir die erste Notiz von theatralischen AuffUhr^gen^
welche bei Tische stattfanden. 1659 traten, nach den
uns vorliegenden Nachrichten, seit lange zum ersten Hai
wieder englische ComOdianten und zwar zum Theil in
Bearbeitungen Shakespeare'scher Stücke auf, darunter:
„Der Mohr von Venedig" und „W^nn ich's sehe, so gefällt
mir's wohl" (vielleicht: Wie es Euch gefällt). In den
60er Jahren begegnen wir wiederholt Aufführungen von
Spielen, welche möglicherweise schon von fest angestellten
Schauspielern dargestellt wurden. Erst im Jahre 1666
— 69 —
werden diese aber ausdrücklich erwähnt. Sie spielten
die ^Böhmische Historia von der Libussa** und ^Der
«ebenjährige Weiberkrieg". Die erste urkundliche Nach-
rieht darüber fällt in das Jahr 1669 — das Anstellungs-
decrct eines gewissen Christian Starke^ als kurfürst-
licher Hofcomödiant. Es scheint; dass die damalige Truppe
Sns d Personen bestand^ da für kuifiirstliche Comödianten
so viele Essen berechnet werden. Im Jahre 1671 werden
als zu den ComödieU; Balleten und Exercitien gehörig be-
zeichnet: Gideon Gellius (Exercitienmeister); J. J. Mülder
(Herold); Charles du Mesniel (Tanzmeister); Joh. Tho-
riaU; Joh. Barth. Buhler, Christian Starke; Joh. Chr.
Dorsch; Gotlfr. PistoriuS; Siegmund Biehner; Joh. Georg
EnckC; Joh. Bapt. Waydt (Comödianten). Dazwischen
spielten auch fremde Truppen; so die des Pulcinello
Landolfi; welcher ein Patent erhielt; mit seiner Bande
in sächsischen Landen spielen zu dürfen. Dies war —
wie Fttrstenau sagt — vermuthlich die erste Gesellschaft,
welche in Norddeutschland die Aufmerksamkeit auf das
Stegreifspiel; die commoediadelV arte lenkte. Hamburgische
Schauspieler brachten zur selben Zeit Moliöre'sche Stücke
zur Darstellung; 1676 zeigen sich; vielleicht für lange
zum letzten Mal; noch Stücke von Hans SachS; und 1677
finden wir unter anderen eine Aufführung der Comödie
vom schleichenden Manisten Tartuffe erwähnt Im fol-
genden Jahre fanden gelegentlich der Zusammenkunft
des Hauses Sachsen in Dresden; die auf Befehl des Kur-
fürsten vom Bürgermeister Tschimmer in einem Pracht-
werke verherrlicht worden ist; eine Reihe glänzender
Feste statt. Wahrscheinlich erhielt Mag. Joh. VeltheU;
hierbei zugezogen; für seine Gesellschaft; die damals
bereits unter dem Namen der ^berühmten Bande^ in An-
' Vater des Joh. Ludw. Starke, der, selbst ein treflf licher Schau-
spieler, Doch besonders durch seine Frau in der Theatergeschichte
berühmt wurde.
— 70 —
sehen stand, bei dieser Gelegenheit das Prädicat der knr-
sUchsischen Comödiantenbande; auf das er sieh im Jahre
1683 in einer Eingabe an den Leipziger Magistrat bezieht
Die wirkliche Anstellung erfolgte jedoch erst unter Johann
Georg IIL im Jahre 1685. In dem vorausgehenden Jahre
spielte Velthen wieder vor dem kurfürstlichen' Hofe im
Taubc'schen Garten, unter anderen auch einige Stücke
von Moliere. Diese Vorstellungen scheinen zu seiner
festen Anstellung geführt zu haben. Er musste jedoch
die Direction mit den schon vorher angestellten Christ
Starke und Wolfg. Kiese theilen.* Von den früheren
kurfürstlichen Schauspielern blieben ausserdem noch
Christoph Paceli, der jedoch schon 1686 starb, und
Christian Dorsch. Von der Velthen'schen Truppe
traten ausser dessen Frau noch Gottfried Salzsieder^
Christ Janetzschky, Reinhard Richter, Bai*
thasar Baumbacher und Frau (Velthcn's Schwägerin)
ein. An sie schloss sich 1686 Sara von Boxberg. Es
ist wahrscheinlich; dass dies die ersten Frauen waren,
welche in Dresden, vielleicht ausser Wien selbst in
Deutschland, die Bühne betraten. Das Schauspiel erhielt
damit eine ganz neue Anziehungskraft.
Man hat von Velthen's Eintritt in die kurfürstlich
sächsischen Dienste gewöhnlich die Errichtung des ersten
Uoftheaters in Deutschland datirt. Dies ist jedoch un-
richtig. Die Höfe von Braunschweig-Wolfenbüttel und
Hessen-Cassel haben hierauf einen näheren Anspruch.
Hat doch Landgraf Moritz von Hessen sogar ein präch-
tiges Theater, dem er nach seinem Sohne den Namen
Ottonium gab, erbauen lassen. Doch auch als Grttn-
dungstag des Dresdner Hoftheaters kann Velthen's Eintritt
in die kurfürstlich sächsischen Dienste nicht angesehen
werden, da das Institut kurfürstlicher Hofcomödianten
* In einer Eingabe an den Oberhofmarschall von Hang^'itz
finden sich auch noch die Namen Christian Sander, Christoph Zeurisch
und Joh. Adam Scholtz als frühere Hofcomödianten verzeichnet.
- 71 -
zwar von diesem Zeitpunkte an wesentlich erweitert und
erhöht wurde, sonst aber schon vorher bestand. Tm Jahre
1688 betrug der Aufwand für dasselbe 1771 Gld., 1691
war er auf 2000 Thlr. gestiegen.* Die Gehalte der drei
Directoren betrugen anfangs je 200, die der übrigen
Darsteller bewegten sich zwischen 100 und 150 Thlr., nur
Velthen 8 Frau erhielt ebenfalls 200 Thlr. Die aus dieser
Zeit auf uns gekommenen Bestallungsdecrctc enthalten
unter anderen folgende Bestimmungen für die mit dem
Prädicato eines „Hoff-Bedientcn*^ Angestellten, welches
später in das eines „Cammer- Bedienten" verwandelt
wurde: „Insonderheit aber soll er schuldig seyn bei
Unsrer Residentz sich wesentlich aufzuhalten, auch im
Theatro beim agiren sich gebrauchen zu lassen und was
ihm zu lernen überreichet wird, dasselbe willigst an-
zunehmen und hierinnen sich nicht widerspUustig zu er-
weisen, sondern jederzeit seinem Vermögen nach williges
gehorsams zu verrichten, ohne Unsern und Unseres ge-
heimden Bathes und Ober-Cämmerers (an welchen zu-
gleich er hiermit gewiesen wird) Bewilligung und Urlaub
nicht zu verreisen, auch wass er bei dieser seiner Be-
stallung siehet, und in Erfahrling bringet, biss in sein
grab bei sich verschwiegen bleiben zu lassen und im
Übrigen sich sonsten allenthalben dermassen zu erzeigen,
wie einem getreuen Diener gegen seinen Kurfürsten und
Herren eignet und gebühret." Die Truppe hatte das Recht,
sobald man ihrer bei Hofe nicht bedurfte, in sächsischen
und deutschen Landen herumzureisen, und wir besitzen
vereinzelte Nachrichten von ihrem Auftreten und ihren
Erfolgen in Frankfurt a. M., Breslau, Nürnberg, an den
Braunschweiger Höfen, in Magdeburg und besonders in
' In diesem Jahre bestand die Truppe aus Velthen, dessen
Frau and Tochter, Starke, Riese, Salzsieder, Richter und
Frao, Benj. Pfennig, Elias Adler, David Bamberger,
Christian Malier and Frau.
- 72 —
Hamburg. — Das Emporblühen der Oper drängte^ wie
CS scheint^ am Dresdner Hofe das Interesse fbr das Schan*
spiel zurück. Es sind davon nur wenige Nachrichten
Huf uns gekommen. Die wichtigste datirt aus den ersten ^
Monaten des Jahres 1690; in denen die kurfürstlichen Hof-
comödianten bei dem Hoflager in Torgau thätig waren.
Die englischen Spiele sind hier bereits ganz vom Reper-
toire verschwunden^ an ibre Stelle besonders Moliöre^sche^
sowie spanische Stücke (Prinz Sigismund von Böhmen^ der
künstliche Lügner^ Don Juan)^ Hauptactionen und Hans-
wnrstiaden getreten. Auch ein Stück „Wallenstein^
findet sich darunter mit aufgeflihrt; welches dem Lausitzer
Dichter Adolph v. Haugwitz* (einem Verwandten des
Hofmarschalls) zugeschrieben wird; und ^Der grosse
Sechtsgelehrtc Papiniano^ dürfte wohl demGryphius an-
gehören.
Das abnehmende Interesse des Hofes am Schauspiel
sprach sich in entscheidender Weise bei der Thron-
besteigung Johann Georg IV. (1692) auS; der sämmt-
liche deutsche Comödianten wieder verabschiedete nnd
ihnen nur den Titel beliess und die Concession für das
Land. Die „sämmtliche Bande Comödianten nahm — wie
es in einer Eingabe derselben heisst — diesen Beschlags
des Kurfürsten mit höchster Gemüthsalteration auf ^ und
musste nun aufs Neue ihre Wanderzüge auf ungevrissen
Erwerb beginnen. Dies konnte der Entwicklung des
deutschen Dramas um so weniger zu Gute kommen, als
der Kampf mit der aufblühenden Oper ein immer
schwierigerer wurde. Gleichzeitig begannen die Frommen
ihre Angriffe auf die Schauspiele; auch Velthen mochte
noch unter ihnen zu leiden haben. Schon in Berlin soll
■ Er soll, wie Gervinus sagt, auch verschiedene Ballete fOr
die Dresdner Bühne zugerichtet und überhaupt auf das Theaterwesen
daselbst Einfluss gehabt haben. Er schrieb, in der Manier Lohen-
stein's, auch noch eine Maria Stuart und einen Soliman.
— 73 -
ihm das heilige Abendmahl verweigert worden sein und
Korfttrst Friedrich; der die Sache erfahren^ die Geistlich-
keit mit einem Verweise belegt und angewiesen habeU;
künftighin Niemandem ohne Anfrage hohen Orts das
Sacrament der Kirche zu versagen. Jetzt wurde von
Hamburg; wo der Kampf der Kirche und des Theaters
fast ein ganzes Jahrhundert andauern sollte; etwas Aehn-
liches von seinem Hanswurst Schemitzky (Stranitzky ?)
berichtet Kurze Zeit später scheint Yelthen gestorben zu
sein. Jahr und Tag seines Todes sind ungewiss. Doch
wurde 1696 das sächsische Gomödiantenprivilegium bereits
zu Gunsten seiner Wittwe auf Polen mit ausgedehnt.
Die Veröffentlichung der von Velthen veranstalteten
Uebersetzung des MoKöre fand 1694 nicht durch ihu;
sondern durch seine Truppe statt. Wahrscheinlich war
er also, wie Devrient richtig urtheilt; damals schon todt.
Velthen war unstreitig eine überaus glänzende;
charaktervolle Erscheinung; von dem Berufe, den er be-
geistert ergriffen; völlig erflillt; fest; freimüthig; mannhaft
in seinem Auftreten. Von letzterem giebt ein Brief den
BeweiS; der von dem submissen und verwickelten Tone,
der sonst in ähnlichen Schreiben der Zeit herrschte;
Yortheilhaft absticht. Veranlassung gab eine im Jahre
1687 eingetretene Hoftrauer. Der Brief lautet wie folgt:
,,Durchlauchtigster Kurfürst,
Gnädigster Herr!
Es ist zwar nicht ohnC; dass Ew. Kurftlrstl. Durch-
laucht durch deren Ober -Hof- Marschall die Aufnehmung
und Bestallung der Bande Comoedianten mit der aus-
drücklichen Condition geschehen lassen; das zu der Zeith;
wan hohe Trauer einfället; wir unsere Besoldung nur
zur Helfflte bekommen soUeU; dawider wir auch nichts
einzuwenden haben.
Weil aber, gnädigster Herr; vor Eines bei Hoch-
seeligen Absterben Dero Frau Mutter, Christmilden An-
— 74 —
denkenS; schon die Helffte des Qnartales Trinitatis ist
yerflossen gewesen, und ungeachtet alles angewandten
Fleisses nicht allein zu Berlin und an denen Braun-
Schweigischen Höfen wegen der daselbst gleichfallss ein-
gefallenen Hohen Trauer uns alle Hoffnung benommen,
sondern auch zu Bresslau und andren Orthen in Schlesien
wegen des Türken- Krieges abgeschlagen worden, einige
Comödien zu präsentiren; darbey wir doch schon in die
60Thlr. Reisekosten vergeblich anwenden müssen. Vors
ander auch wir sehr weiten Weg werden zu reisen
haben; ehe wir etwas verdienen können^ und grosse
Gefahr dabey, dass, wie uns vormals begegnet, viel mehr
darbey an Unkosten aufwenden, als verdienen möchten,
das ganze Quantum aber, so an der Helffte des halben
Quartahls Trinitatis abzuziehen währe, ungefähr 90 Thlr.
betraget:
Als gelanget an Ew. Kurfürst!. Durchlaucht unser
unterthänigstes Suchen und inständigstes Bitten, Sie ge-
ruhen gnädigst die Verordnung zu thun und zu befehlen,
damit uns das nunmehr zu Ende gehende Quartahl
Trinitatis völlig aus der Kurfürstl. Rentkammer vergnügt
werden möchte.
Bey künftigen Quartalen, so lange Ew. Kurftirstl.
Durchlaucht unsere Unterthänigste ^virkliche Aufwartung
nicht gnädigst verlangen, wollen wir gern und willig
mit dem halben Quartal unss vergnügen lassen. Wegen
Ausszahlung des gantzen Quartaalss Trinitatis machen
sich sichre und ungezweifelte Hofinung
Ew. Kurfürstl. Durchlaucht
unterthänigst gehorsame Diener
Sämmtliche Bande der Kurfürstlichen Comödianten.^
Für das Ansehen, welches Velthen mit seiner „be-
rühmten Bande^ genoss, mag die Thatsache sprechen«
dass er bei seiner Ankunft in Nürnberg sowohl, wie in
Breslau von einer Deputation des Rathes am Weichbilde
— 75 —
der Stadt begrüsst und bewirthet wurde, welche Ehre er
mit einer sogenannten Kathscomödie; d. i. mit einer Fest-
vorstellung er^viederte, bei welcher der Magistrat in
Corpore erschien und den Ehrenplatz zu beiden Seiten
des Prosceniums auf der Bühne erhielt (eine Auszeich-
nung, die ihren Entstehungsgrund in dem Bau der
früheren Theater hatte, bei denen nur die Bühne bedeckt
war und Schutz gegen Sonne und Regen bot).
Man würde jedoch einen sehr falschen und über-
triebenen Begriff von den Leistungen Velthen's und
seiner Gesellschaft gewinnen, wenn man sie einfach nach
derartigen Werthschätzungen oder nach den Titeln der
Stücke seines Reportoires beurtheilen wollte. Diese ge-
hören in der That den grössten neueren Dichtern, einem
Moliere, Corneille, Calderon, Alarcon etc. an. Ein Blick
auf den uns noch überlieferten Polyeucte des Kormarten,
der Velthen doch gerade zu dem Berufe des Schauspielers
begeistert hatte, genügt, um erkennen zu lassen, wie
unendlich verschieden wenigstens die Trauerspiele von
den ihnen zu Grunde liegenden Originalen meist sein
mochten. Sie wichen in ihrer äusseren Form und Be-
handlung wahrscheinlich nur soweit von den Spielen der
englischen Comödianten ab, als die Allegorien der
höfischen Festspiele und der geschichtlichen Moralitäten,
der Decorationsprunk und das Maschinenwesen der Oper
darin noch mit Eingang gefunden. So kommen z. B.
in Kormarten's Polyeuct die schwarzen Geister mit
brennenden Fackeln bei rührender Trommel zu dem in
Gewissensangst eingeschlafenen Felix, blasen ihm in die
Ohren, zausen ihn an den Haaren, während des Polyeuct's
weisser Geist, mit dem abgehauenen Kopf in der Hand
und mit entblösstem blutigen Störzel auftritt. „Polyeuctus
hat gegen den Felix seine Actiones als redete er mit
ihm, wobey man recht den blutigen Hals siebet sich
regen.* — Nur vereinzelt mag das regelmässige Drama
Aufnahme gefunden haben, und nur Moliere, doch auch
— 76 —
nur in Prosa, weil diese das Extemporiren gestattete^
yermochte sich neben den Hanswnrstiaden und Hanpt-
und Staatsactionen zn behaupten und dem regelmässigen
Drama die Bahn zu brechen. Um seine Einfühmng auf
der Bühne hat sich Velthen, der seine Stücke neu über-
setzte; unstreitig grosses Verdienst erworben. Im Uebiigen
aber war er, trotz all seiner Belesenheit; doch nur ein
Kind seiner Zeit und eine ächte Schauspielematur. Die
besten Anregungen waren ihm doch von den englischen
Gomödianten gekommen, und gleich diesen konnte anch
er den Greschmack seines Publicums sich nicht tief genug
denken.
Indessen hinderte das nicht, dass der Schüler seine
ohnedies schon im Ansehen gesunkenen Lebrer weit über-
flügelte und völlig verdrängte. Der handwerksmässigen
Boutine trat jugendliche Begeisterung, dem traditionellen
Schlendrian eine umsichtige Betriebsamkeit gegenüber,
die sich aller Wirkungen und Mittel der Bühne, wo sie
dieselben auch immer antreffen mochte, zu bemächtigen
und sie fUr sich dienstbar zu machen wusste. Wenn die
Velthen'schen Stücke in ihrer äusseren Form und Behand-
lung sich von. denen der englischen Comödianten auch
m( istentheils nur wenig unterschieden, so führten sie doch
dem schau- und veränderungslustigen Publicum einen nenen
Inhalt und neue Wirkungen zu. Und wenn seine Spiel-
wrise sich auch immer noch in den Geleisen seiner Vor-
gänger bewegte, so war sie doch jedenfalls frischer und
im Einzelnen erfinderischer. Welch neue Anziehungskraft
musste seinen Darstellungen nicht allein die Einführung
jugendlicher Mädchen und Frauen und die opernhafle
Ausstattung der Bühne geben ! Denn um diese Zeit hatte
man bereits der italienischen Oper die charakteristische
Decoration und den Vorhang entlehnt Zwar war die
Bühne noch immer mit Teppichen umhangen, doch
liessen sich diese im Hintergrunde nach Bedarf ausein-
ander- und wieder zuziehen, um einen bestimmten
- 77 —
cbAraktoriRtiBchen ScIiaDpIatz sichtbar zu machen oder
wieder verscliwindcn zu lassea. Diese Einrichtung ge-
etattete mannichfache Verwandinngen bei offener Scene
und Tereinigte ao die Vortbcile der alten decorationgloecn
nnd der neuen decorativen Bühne.
Ueber die Spielweise der Velthen'schen GesellBchal't
dürfte Tieileicht eine Scene ans dem Bchon oben an-
gezogeneo Hamlet einigen Aufschlnss geben, die gewiss
«cboa von ihr in dieser Form zur Darstellung gebracht
worden ist und eine Aiispielnag auf Dresdner Verhält-
msse enthält. Es ist die Scene zwischen Ilamlet Und
dem Schanspieler, der hier zu einem Principal Carl
uancirt ist Sie lantet wie folgt:
,' Hamlet: Seid ihr nicht vor wenig Jabren zu Witten-
berg auf der Universität gewesen, mich dUnkt
^^^H ich habe euch da sehn agiren.
^^^■parl: Ja, Ihro Hoheiten, wir sind von denselben
^^H ComSdianten.
^^^^Hamlet; Habt ihr dieselbe Compagnie noch ganz
bei euch?
. Carl: Wir sind zwar nicht so stark, weilen etliche
^^^B Studenten in Hamburg Condition genommen, doch
^^^B seind wir zu vielen lustigen Gomödien und TragO-
^^^H dien stark genug.
^^^H^mlet: Habt ihr noch alle drey Weibspersonen bey
^^^H encb, sie agirtei; sehr wohl.
^^^HOarl: Nein, nnr zwey, die eine ist mit ihrem Mann
^^^^ an dem Sächsischen Hof geblichen.
Hamlet: Wie ihr zu Wittenberg wäret, so agirtet
ihr daznmal gnte ComSdien. Allein ihr hattet
etliche Bursche bey euch, die hatten gute
Kleider an, aber schwarze Hemden, etliche batten
Stiefeln an, aber keine Sporen.
Carl: Ihro Hoheiten, man kann oft nicht alles haben,
Ttelleicfat haben sie gedacht, sie dürfen nicht
reiten.
4
Hamlet: Doch ist es besser, wenn alles accnrat ist;
doch höret noch mehr, und bitte zu verzeihen,
ihr höret oft nicht gleich, was die Zuschauer
urtheilen,- denn da waren auch etliche, die hatten
seidne Strümpfe und weisse Schuh an, aber auf
dem Haupte hatten sie schwarze Hüte, die waren
voll Federn, unten bald so voll, als oben, die
Plomaschen waren, ich glaube, sie mussten an-
statt der Schlafmützen damit in den Betten ge-
legen haben, das steht so schlimm und ist leicht
zu ändern. Auch könnt ihr wohl etlichen davon
sagen, wenn sie eine königliche Person agiren,
dass sie doch nicht so sehr gucken, wenn sie
ein Compliment gegen eine Dame machen, auch
nicht so viel spanische Pfauentritte und solche
Fechtermienen, denn ein Potentat lacht darüber,
fein naturell ist das beste: der einen König
spielt muss sich einbilden, dass er in dem Spiel
ein König sey und ein Bauer auch wie ein Bauer.
Wie niedrig erscheint in diesen Ermahnungen die
damalige Schauspielkunst gegen die, welche uns aus
Shakespeare's hier fast völlig verschwundenen goldenen
Eegeln entgegentritt. Shakespeare geisselte ohne Zweifel
die Spielweise nicht seines eigonon Theaters, sondern die
der Concurrenzschauspieler. Es scheint aber, dass hier
seine Rügen zu sehr auf die Darsteller selbst zu beziehen
gewesen sein würden, um angewendet werden zu können.
Welchen Eindruck hätte z. B. die auf den Narren be-
zügliche Stelle auf einem Theater ausüben müssen, an
welchem der Narr im Gegentheil das Privilegium hatte,
überall hineinsprechen zu dürfm, auf welchem er überall
den gestörten Zusammenhang wiederherstellen sollte.
Hatte doch Velthen sich nicht nur des Stegreifspiels der
Italiener bemächtigt, sondern dasselbe sogar auf die ernsten
Spiele, auf die Tragödie übertragen. So ist in einer uns
noch erhaltenen, doch späteren Haupt- und Staatsaction:
— 79 —
^Karl XIL vor Friedrichshall" von den eingeflochtenen
komischen Scenen, weil sie extemporirt werden sollten^
immer nnr flüchtig der Inhalt angegeben^ wie z. B.
Seene 4: Arleqnin und Plapperlieschen. Extemporirte
Scenen von wegen heyrathen, Arleqnin will hingehen und
sich annehmen lassen zu einem Soldaten; Plapperliese
will als Marckedähnerin mit in das Feld gehen^ es wird
unter sie beyde beschlossen^ Plapperliese ab.
Doch wurden auch ernste Scenen nur extemporirt^
wie man für folgende Scenen nur nachstehende dürftige
Angaben findet:
Scene 7.
Friedrich mit blossem Degen.
Scene 8.
6. Budde mit blossem Degen.
Scene 9.
Carl Friedrich mit blossem Degen.
Scene 10.
Der Commandänt mit blossem Degen.
Indem ich aber jene dem deutschen Hamlet ent-
nommene Stelle: ,;fein naturell ist das Beste'^ u. s. w.
auf die Spielweise der Velthen'schen Truppe beziehe,
behaupte ich freilich nichts Geringeres, als dass sie, wie
sehr sie auch selbst an einer übertreibenden^ bombastischen
Ansdrucksweise noch leiden mochte, doch im Ganzen
auf eine natürliche Darstellungsweise ausging. Yelthen
hätte hierzu schon durch sein Studium des Moli^re an-
geregt werden müssen, welcher gegen das falsche Pathos
der tragischen Darsteller seiner Zeit so oft in satyrischer
Weise das Wort erhob. Es regte sich damals aber auch
in Deutschland eine Opposition gegen die Unnatur der
schlesischen Dichter und der gespreizten Darstellungs-
weise der Schauspieler. Freilich stellte man dafUr kaum
etwas wesentlich Besseres an die Stelle. Man predigte
die Naturwahrheit, aber meinte nur die des gemeinen
Lebens damit. Der bedeutendste Vertreter dieser Richtung
— 80 —
ist jener schon oben erwähnte Schalrector ChriBtian
Weise in Zittau (geb. 1642, gest. 1708), welcher die
Schulcomödie zn neuer Blttthe brachte und gewiss zu
dieser Zeit das bedeutendste dramatische Talent war.
Auch er war der Ueberzeugung, dass auf der Btthne
der König oder der Bauer nicht anders wie im ge-
wöhnlichen Leben sprechen dUrfe, daher er auch den
Dialekt einführte. Wir können aber bei ihm auch lernen^
wie leicht diese platte Natürlichkeitsrichtung das Drama
ins Flache herabzieht; da er es fttr eine viel grössere
Aufgabe der Kunst hielt; solche Personen zur Dar-
stellung zu bringen, die jeder der Zuschauer schon
im Leben vielfach gesehen; als aussergewöhnliche Cha-
raktere. Gleich so vielen unserer heutigen Theatei^
dichter; schrieb auch schon er um dieser Natürlichkeit
willen seinen jungen Darstellern die Rollen auf den
Leib. Im Wesentlichen stand er dabei auf dem Stand-
punkt Luther s. Die Gomödie sollte bessern und lehren,
was Jedem nach seinem Amte und Stande zukommt — eine
Ansicht; die Luther als Theolog und Schulmann, doch
nicht als Künstler und Dichter ausgesprochen hatte, die
aber heute auch bei vielen der letzteren fortwirkt Die
beste Satyre darauf gab Weise selbst, indem er, um
diesem Zweck vollständig zu entsprechen, jedem Kinde
nach seinem Stande die Rolle schrieb oder gab, daher
es seinen Stücken nie an einer Anzahl fürstlicher Per-
sonen für die Kinder vornehmer Leute fehlen durfte.
Dem Lutherischen Ausspruch: ^Christen sollen Ciomödien
nicht ganz und gar fliehen, weil bisweilen Zoten und
Buhlereien dort seien^, gab er die praktische Auslegung,
dass diese darin vorkommen dürfen, ja vorkommen
müssen. Trotz der moralisirenden Tendenz seiner fttr
Schüler geschriebenen Dramen sind sie doch mehr als
billig hiervon erfüllt.
Es ist fraglich, ob Weise seine Spiele jemals selbst
vor dem kurfürstlich sächoschen Hofe oder überhaupt
- 81 —
in Dresden zur AufitihruDg brachte.^ Sie waren wohl
meist zu fignrenreieb, nm auf der Bühne in Aufnahme
kommen zu können. Da er sie aber fast sämmtlich
drucken liess und bei seiner ausserordentlichen publi-
cistischen Thätigkeit eines ausgebreiteten Bufes genoss,
so sind sie sicher nicht ohne Einflnss auf die damalige
Bühnendichtung gewesen (Job. Biemer, Chr. Fr. Henrici
werden als seine Nachahmer genannt); und auch Velthen
dürften seine Stücke nicht unbekannt geblieben sein.
Wie aber der Letztere als Derjenige bezeichnet wird,
welcher das italienische Stegreifspiel (nach den Entwürfen
des Gherardi) auf der deutschen Bühne einiührte; so wird
ihm auch ^e sogenannte Haupt- und Staatsaction zu-
geschrieben. Die Spiele^ die man mit diesem Namen be-
zeichnete^ sind aber ganz allmählig entstanden. Velthen
hat sie gewiss nur weiter ausgebildet^ d. h. die Bühnen-
cffecte^ auf die sie berechnet waren, gehäuft und ihnen
vielleicht noch den auf den Beiz der Neugier abzielen-
den Namen gegeben. Es liegen ihnen ohne Zweifel die
* 1714 wurde von Dresdner EreozschQlem unter dem Rector
Gelenios Christ Weise's „Jephtah*' und „Der Sturz des Marschall
BiroD^ zur AufHlhrung gebracht. 1732 fand am 26. Mai auf dem
Gewandhause von 25 angehenden Studenten die Aufftihrung einer
Tragicomödie statt, welche der Regens der Alumnen der Kreuz-
ichnle. Mag. Christ Kretschmer, in lateinischer Sprache nach der
Comödie vom Masaniello des Chr. Weise in lateinische Verse
gebracht hatte; am 29. folgte eine deutsche Comödie: ^Die ver-
theidigte Unschuld** (wahrscheinlich das unter dem Titel „Die be-
«i'hotzte Unschuld" von Weise herrührende Stück). — Die letzte Er-
wibnung einer Dresdner Schulcomödie stammt aus dem Jahre 1784,
in welchem die Neustftdter Schule auf dem Gewandhause unter
Direction ihres Rectors Mag. Kretschmer eine lateinische Co-
mödie spielte, welcher am nächsten Tage ein deutsches Schauspiel:
„Die zwar gedrückte, doch endlich erhöhte Tugend** folgte. — Weise
liess sogar drei, ja selbst vier Stücke hintereinander aufführen: am
ersten Tage ein biblisches, am zweiten ein historisches, am dritten
ein (wie er sich ausdrückt) freies Gedicht, welchem er zuweilen noch
ein Possenspiel anfügte.
6
— 82 —
Spiele der englischen Gomödianten zu Grunde, in welche
der Hanswurst schon frühzeitig Eingang gefunden zu haben
scheint^ und welche dann später noch Elemente der Tra-
gödien der schlesischen Dichter (Gryphius, Lohenstein
u. s. w.)^ sowie der historisch-politischen Schauspiele und
Moralitäten, und endlich der Oper und des Stegreifspiels
mit in sich aufnahmen. Zu Velthen's Zeit mochte diesen
Spielen ein politisch-geschichtlicher Stoff ganz wesentlich
seiU; der dann gewöhnlich im trockensten Zeitungstyle
behandelt wurde.
Yelthen hat das Verdienst; das ernste Drama, indem
er es Hauptaction nannte, zur Hauptsache der schau-
spielerischen Darstellungskunst erhoben zu haben; allein
die Mittel, welche er anwendete, um demselben eine
immer erweiterte Anziehungskraft zu geben, haben auf
die Entwicklung des Dramas in Deutschland einen um
so nachtheiligeren Einfluss ausgeübt, je grössere Erfolge
er damit erzielte, in je grösserem Ansehen er stand.
Wie hoch er sich aber auch mit seiner Truppe über
andere gleichzeitige deutsche Schauspieler erheben mochte,
so werden doch seine Spiele selbst wieder ausserordentlich
gegen diejenigen der Schauspieler von Venedig, Paris,
Madrid oder London zurückgestanden haben. Dies wird
wohl zu beachten sein, um die Entlassung der Velthen-
schen Truppe unter dem vielgereisten Joh. Georg IV.
richtig zu beurtheilen. Schien sie doch schon unter dessen
Vater an Beliebtheit verloren zu haben. Wie hätte sie
auch mit den Wirkungen der damaligen kursächsischen
Oper, eine Salicola an der Spitze, zu coneurriren ver-
mocht! Mit wie viel Geschmacklosem selbst sie noch
behaftet sein mochte, so hob sie den Hörer und Zu-
schauer doch immerhin in eine Art idealer Welt, während
die Velthen'schen Spiele ihn nur zu oft nicht tief genug
herabziehen mochten.
' Man findet ihn schon in einzelnen der 1680 gedruckten eng-
lischen Comödien und Tragödien.
— 83 —
Es hat nicht an Stimmen gefehlt^ die hierfür die
Dichter der Zeit verantwortlich machten^ nnd werthyoll
ist allerdings das damit ausgesprochene Zugeständniss,
dass ohne Dichtung an eine wahrhafte Entwicklung des
Theaters und der Schauspielkunst nicht wohl zu denken sei.
An guten dramatischen Dichtungen hat es aber Velthen
gewiss nicht gefehlt. Ihm st;anden die Spiele der grossen
Dichter der Engländer^ Italiener, Franzosen und Spanier
zn Gebote, die er nicht nur kannte, sondern deren er sich
auch in seiner Weise bemächtigte. In welcher Weise je-
doch; wenn wir etwa Moli6re ausnehmen I Doch hat er auch
dafür in Eduard Devrient noch einen beredten Verthei-
diger gefunden. ;^oli6re — heisst es bei diesem — war
fbr das grosse Publicum noch zu fein (!), Corneille und
Racine zu reizlos und überhaupt diese moderne und fremd-
ländische Tragödie dem Volksgeschmacke zuwider.^
Hatten jene grossen Dichter in ihren Ländern aber nicht
ebenfalls mit ähnlichen Zuständen zu kämpfen gehabt?
Shakespeare wusste recht gut, dass das Beste, was er
schrieb, für die Massen nur „Caviar^^ sei, und seine
Verachtung des grossen Haufens beruhte hauptsächlich
auf dem Bewusstsein der ihn davon trennenden Kluft.
Gleichwohl schrieb er seine Stücke in einer Weise, die
ne selbst heute, bei so vorgeschrittener Allgemeinheit der
Bildung, noch hoch über den eigentlichen Volksgeschmack
stellt Wirkten sie darum weniger in seiner Zeit? — Das
Genie ist fast immer nur phänomenartig in das Leben
der Völker getreten und von der Massenbildung durch
eine Kluft getrennt gewesen. Wo wäre ein Fortschritt
der Kunst, wenn der Künstler nur immer zu dieser
I^erniedersteigen, sie aber nie zu sich emporheben wollte?
^e Wahrheit ist: dass die Schauspielkunst in Deutsch-
land zu jener Zeit schon darum nicht von den deutschen
achtem im Stiche gelassen werden konnte, weil es an
fahren dramatischen Dichtem noch fehlte, sie selbst aber
^6 Dichtung, welche sie fand, ganz einseitig zu ihren
6*
— 84 —
yermeintlichen Zwecken ergriff, wie sie dies ja sogar
heute noch thut. Selbst wenn man die Dichtungen der
fremden Nationen schon ebenbürtig zu übersetzen und
darzustellen im Stande gewesen wäre, was gewiss nicht
der Fall war, würde man sie schon aus diesem Omnde
doch nicht so dargestellt haben. Wie die englische
Schauspieler die Shakespeare'schen Dramen , so glaubte
damals auch Velthen die Meisterwerke der franziysischeB
und spanischen Tragödie dem vermeintlichen Geschmacke
des Publicums^ d. L dem, was man damals den Btthnen-
effect nannte, anpassen zu sollen.
So hat sich denn der kurfürstlich sächsiche Hof das
Verdienst erworben, ebenso wie den ersten grossen deut-
schen Musiker, auch den ersten grossen deutschen Schau-
spieler zu sich herangezogen zu haben. Wir haben ge-
sehen, zu welcher Blüthe die Musik von Heinrich Schttti
hier entwickelt wurde. Dass Velthen diese Oelegenhdt
nicht in ähnlicher Weise zu benutzen vermochte, wird,
wie ich denke, hinreichend durch die hier dargelegten
Verbältnisse erklärt worden sein.
Die erste italienische Oper.
Die Bildu; einer Irarprinzlichen Kapelle neben der kur*
fBrstliehen. — Deren Yersehmelzang anter Johann Georg !!• —
Beibnngen der italleniselien and deatschen Elemente darin. —
üebergewiclit der ersteren. — Die erste italienische Oper anter
Bentempi. — Anflösang derselben. — Bildnn; einer nenen
Italienischen Oper nnter Pallaricini. — Die Salleola.
Johann Georg II. (geb. 1613) war nicht nur ein
prachtliebender, sondern auch ein kunstsinniger Ftlrst.
Nichts scheint in seiner Jagend einen so tiefen Eindruck
auf ihn ausgeübt zu haben, als die Festlichkeiten am
Hofe seines Vaters, weshalb ihn auch dieser immer wieder
an die Geschäfte yerwies. Selbst noch im Jahre 1653
war dies der Fall, wie aus einem Briefe des Kurprinzen
an Johann Georg I. hervorgeht, in welchem es heisst:
„Was Ew. Gnaden auch wegen Dero gnädigstem Befehl
erwähnet, der Canzlei halber, sollen Ew. Gnaden versichert
sein, dass ich selbigem gemäss jederzeit mich verhalten
werde, gehorsamst nachzukommen ; massen ich denn allezeit
um 8 Uhr bereit bin und mich allezeit bei den Herren
Häthen erkundigen lasse, ob ich hinüber soll kommen,
^ie denn ich heute an den geheimden Rath habe gehen
sollen, so ist aber ganz nichts einkommen.^ Besonders
scheint der Sinn für Musik schon früh in dem Prinzen
geweckt und wohl auch gepflegt worden zu sein. Viel-
leicht, dass Schütz, welcher demselben 1629 den ersten
Theil seiner „Sjmphoniae sacrae^ widmete, ihm selbst
— 86 —
darin Unterricht gab; da er sogar mit der CompositionB-
lehre vertraut war. Ist doch von seinen Compositionen
ein Psalm, der 117. ^Landate Dominum omnes gentes^
erhalten geblieben. An der erneuten Ausgabe der Psal-
men von Schutz (1661) war er ebenfalls thätig und be-
wahrte demselben bis zuletzt eine unveränderte Hoch-
achtung.
Und so war es auch wieder der Kurprinz, bei dem
die auf Wiederherstellung der ganz in Verfall gerathenen
kurfürstlichen Kapelle gerichteten Vorstellungen Schützes
die fbrdemdste Theilnahme fanden. 1641 betraute er
diesen sogar mit der Errichtung einer besonderen kur-
prinzlichen Kapelle, welche gleich anfangs auf grössere
Dimensionen berechnet schien, da sich unter den zu-
nächst dafür Angestellten ein Director der kurfbrst-
lichen Instrumentalmusik mit erwähnt findet. I^her
fast noch sehen wir aber die Neigung zu den theatra-
lischen Spielen der Zeit bei dem Prinzen hervortreten.
Selbst mitten im Kriege (1630 — 36) werden Comödien
erwähnt, in denen die kurfürstlichen Prinzen selber
„agiret^^, und welche theils im blauen Gemache und in
den brandenburgischen Gemächern, theils im steinernen
Saale und in der Thurmkammer stattfanden. In den
vierziger Jahren wird aber sogar eines besonderen kur-
prinzlichen Theaters gedacht. Von dieser Zeit an er-
scheint der Prinz überhaupt als der eigentliche Förderer
und Vertreter aller künstlerischen Bestrebungen am Hof
seines Vaters, oder, wie Weber (Forschungen u. s. w.) es
ausdrückt, als „General -Intendant der kurfllrstl. Schau-
spiele, Kapelle und Hofmaler und als Oborceremonien-
meister bei vorkommenden „Inventionen^^ und sonstigen
Belustigungen'^
Obschon Schütz dem Kurfllrsten in einem Schreiben
vom Jahre 1645 die Berufung von italienischen Sängern
empfahl, „im Fall nämlich Kurfürstliche Hoheit würdig-
lieh bedient werden sollte'^, so wurde von diesem doch
solcher Vorstellung keine BerUcbsichtignng gegeben, walir-
ftcbeinlich weil er einestbeils die Kosten scheuen, anderen-
tfaeils den Eintritt katliolischer Sänger in den protestan-
tiscben Gottesdienst fUt anstössig balten mochte. Nicht
60 der Kurprinz, der schon um 1547 Italiener in seiner
Kapelle hielt, nämlich Boutempi als Componisteo und
DiscantieteD; Sauli als Bassisten und Severo als Instrn-
naeotisten. — Möglich, dass der obengedacbte Hinweis
Schtltzes indirect mit von Einäuss auf diese Anstellungen
war; direct scheint derselbe, auf jene Ablehnung des Kur-
fBrsten und ihre Motive hin, aber keinen Antbeil daran
genommen zn haben. Gleichwohl wurde er dessen von
beiden Seiten verdächtigt. Dies geht aus einem Briefe
Schatzes an den Kurprinzen vom Jahre 1653 hervor, in
welchrm es heisst: Viele vornehme geistliehe und welt-
liche Personen klagten ihn an: er sei die Veranlassung,
dass der Kurprinz ans Italien verschriebene Musikanten
iD der Kapelle eingeführt, Er bittet, ehe vielleicht der
KarfHrst davon höre, diesen Argwohn von ihm zn wenden
pbevorab bei dem ehrwürdigen Ministerio der Hof kapelle,
Ijci welchem ich mich deswegen auch im widrigen Credit
befinde. Im Uebrigen so betheure ich mit Gott, dass mir
an meinem Orte solch von Ew. Hoch fürstlichen Durch-
laucht neu angeriehtetps Italienisches Directorium Musicum
(ob eB gleich mir und andren Deutschen allhier mehr
inr Verkleinerung als Erhöhung unserer Qualität ge-
reichet) niemals zuwider gewesen ist," Die Ucberlegen-
lieit der knrprinzhchen Kapelle über die kurfürstliche,
welche von .Schutz hier so ofTen eingeräumt wird, findet
durch eine nur wenige Wochen später an den Kurfürsten
gerichtete Vorstellung des Kurprinzen weitere Bestätigung,
in welcher Letzterer Vorschläge zur Hebung der knr-
ftlrstlichen Kapelle macht. Sie stellt den Zustand der-
Sfltwn als ausserordentlich gesanken dar, doch werden
Aufhnife weder Italiener, noch eine andere
in Aussicht genommen. Schutz soll vielmehr
— 88 -
Kapellmeister bleiben^ da^ „ob er gleich seines hohen
Alters halber nicht allezeit aufwarten könnte^ er selbiges
schon wirdt einem Andren anii^ntragen wissen^.
Die Beminng der Italiener in die knrprinzliche
Kapelle scheint mit zwei Reisen zusammenzuhängen,
welche der Kurfürst den seit 1648 als Altist angestellten
Christoph Bernhard zu seiner weiteren Ansbildnng
nach Italien machen liess. Das erste Mal soll dieser näm-
lich, wie es bei Mattheson heisst, 2 Castraten, das zweite Mal
1 Tenoristen und 2 Altisten, unter den Letzteren Perandi;
welcher jedoch sehr bald Vicekapellmeister geworden zn
sein scheint, aus Rom mitgebracht haben. Auch Schttti^
dessen Schüler er war und welcher denselben so hoch
schätzte^ dass er ihn schon 1651 zu seinem Substituten
vorschlagen konnte, spielt hierbei auf die erste dieser
beiden Reisen mit an, indem er sagt — „welchen unser
gnädiger Herr hiebevor ein Jahr bey den Italienern e^
halten haben wollte^. Christoph Bernhard, 1627 in Danzig
geboren, zeigte schon früh Neigung und Talent zur Musik.
Später aber zog ihn der Ruf des Kapellmeister Schütz vor
allem Anderen nach Dresden. Trotz der Theilnahme und
Förderung, die sein Fleiss und Talent in dem alten
Meister hier fand, erhielt er doch erst 1655 eine An-
stellung als Vicekapellmeister mit 350 Gulden Gehalt.
Die Vorliebe Jobann Georg II. für Italiener und
italienische Musik war schon um diese Zeit so gross,
dass er (1652) der Kurfürstin von Baiem sogar einige ihrer
italienischen Musikanten abspänstig machen liess, was
um so grösseren Anstoss bei dieser erregte, als damab
die Höfe in dergleichen Angelegenheiten eine grosse
Courtoisie gegen einander zu beobachten pflegten. Sie
beschwerte sich darüber nicht ohne Heftigkeit bei dem
KurfUrsten, der ihr auch volle G^nugthuung zusagte.
Wie sehr der Kurprinz sich aber auch jetzt noch für
die übrigen Lustbarkeiten interessirte, geht aus eineot
1651 an seinen Vater gerichteten Schreiben hervor, is^
- 89 -
welchem er sich erbietet, gegen eine Anweisung von
12,000 Thalern AlU-s, was etwa zu den Inventionen für
die bevorstehenden Festlichkeiten nothwendig sei, be-
schaffen zu wollen. In besonderer Gunst standen bei
ihm die an den deutschen Höfen in die Mode gekomme-
nen Ballete und Singbailote. Er hatte dazu in dem
französischen Tanzmeister Fran^ois d'Olivet, welcher
seit 1651; zugleich mit als Kammerdiener, in seine
Dienste getreten war, sowie in David Schirmer, ge-
boren 1623 in Pappendorf bei Freiberg, zwei tüchtige
Kräfte gewonnen. Als dieser Letztere, welcher seit 1650
als Poet, doch ohne feste Anstellung am Hofe seines
Vaters (der ihn in Wittenberg kennen gelernt hatte)
lebte, wegen der Unsicherheit seiner Stellung um seine
Entlassung gebeten, soll er denselben mit den Worten
zurückgehalten haben: ^Ich lasse Euch nicht, denn
ich kann Euch gebrauchen. Ich will Euch zu einem
Manne machen, dass Ihr es mir zeitlich Dank wissen
sollt." In der That wurde Schirmer, der nun sofort eine
Anstellung als Hofbibliothekar erhielt, nicht nur ein
treuer Gehtilfe des späteren Kurfürsten, sondern auch
ein angesehener Mann seines Hots. Doch fehlt es schon
jetzt nicht an Nachrichten von Festlichkeiten dieser Art,
welche der Kurprinz am Hof seines Vaters veranstaltete
und an welchen sich auch die Knrprinzessin zuweilen
betheiligte.* Sie sollten aber an Glanz von denjenigen
noch weit übertreffen werden, welche während seiner
eigenen Regierung stattfanden. Er wurde hierbei von
dem Baron Joh. Georg von Rechenberg unterstützt,
den er als Oberhofmarschall an die Spitze seines Hof-
haltes stellte. Ihm folgte (1664) Graf Gurt Reinike
von Gallenberg, 1672 Baron Ernst von der Kanne
* Es waren fast lauter Siiigballete, die von Sthirmer erfunden
und gedichtet worden waren, wie z. B. das Ballet der Glückseligkeit,
das Ballet des Atlas (1655) etc.
— 90 —
und 1677 Hermann von Wolframsdorf. Cnratoren
der Kapelle waren bis 1664 Oberhofprediger Dr. Jacob
Weller und von da bis 1680 Oberhofprediger Dr. Martin
Geier. 1664 wurde zur Erleichterung der Geschäfte die
Oberkämmerei vom Hofmarschallamte getrennt^ blieb aber
diesem untergeordnet. Die Kapelle, ttber deren derzeitige
Verfassung und Rangyerhältnisse Ftlrstenau (Zur Ge-
schichte der Musik etc. Th. I. S. 158 u. f.) ausführliche
Auskunft giebt, wurde an jene verwiesen.
Gleich nach dem Regierungsantritte Johann Georg IL
war die irtthere kurprinzliche Kapelle mit der kurfürst-
lichen zu einem Institute vereinigt worden. Schütz, ab
Oberkapellmrister^ sowie Bontempi und Albrici als Ka-
pellmeister und Bernhard als Vicekapellmeister worden an
ihre Spitze gestellt. Sie bestand aus 14 Sängern^ 6 Kapell-
knabeu; 17 Instrumentisten, 4 Organisten und dem Hof-
cantor. Obschon der Kurfürst eine entschiedene Vorliebe
für italienische Musik und Sänger bezeigte, erlaubte ihm
doch sein Gerechtigkeitssinn nicht, dem Verdienste der
Deutschen seine Anerkennung ganz zu versagen. Den
alten Kapellmeister Schütz hielt er bis zu seinem Tode
in Ehren. Doch auch Bernhard, der jetzt die Stütze der
Deutschen wurde, schätzte er hoch. Nichtsdestoweniger
erlangten die Italiener das Ueberge wicht. Unter den
wenigen deut^schen Sängern trat der berühmte Bassist
Job. Jäger, der seine italienischen Rivalen glücklich be-
siegt hatte, leuchtend hervor. Das Mitgliederverzeichniss
vom Jahre 1666 weist nicht nur eine mit dem Bau eines
besonderen Theaters zusammenhängende ausserordent-
liche Erweiterung auf, sondern es veranschaulicht auch
den wachsenden Einfluss der Ausländer. Die Zahl der
Kapellmeister und Vicekapellmeister ist auf 7, die der
Sänger auf 18, die der Instrumentisten auf 20, mit Aus-
schluss eines Concertmeisters, zweier Cantoren und dreier
Organisten, gewachsen. Der jährliche Aufwand hat die
Höhe von 25,800 Thlr. erreicht. Um wie viel höher im
— 91 -
Werthe das Talent der Italiener ^egen das der Deutscben
veranschlagt wurde, lässt sich aus einigen Zahlen er-
kennen. Während Schütz als OberkapellmeiBter nnr
800 Thlr. bezog, erhielten die italienischen £apellnieister
(zu denen seit 1663 anch Perandi gehörte) je 1200 Thlr-,
and während der Vicekapellmeister Bernhard auf 500 Thlr.
gestellt war, betrug der Gehalt seines italienischen Ämts-
genossen Novelli 800 Thlr. Die Sänger waren jetzt
fast dnrchgehend Italiener, und den beiden Deutschen,
äcbfltz nnd Bernhard, standen 5 italienische Kapellmeister
and Vicekapellmeister' gegenüber. — Noch überstiegen
' Du geoauü Verzeichnisa der Kspellmitglioder vom Jalire 1666
at folgendes;
SchüU, OberkapellmeiBter SOO Thlr.
^uiempi, Albrici, FBlluTictni □. Perandi, Kapellmeister, je ISÜO „
Bexnhard und Notelli, Vicekapellmeister und Tenoristen,
je . GOO and 800 ,
I>»»iil TBpfer, Hofcantor 300 „
Weber, Viteliofi:Bnlor SOO „
FoKhheim, Violinist und Oberinstrumentist 400 „
Daddiind, Concertmeister 400 ■
DoncnicD Melani, Bartolomeo Sorliei, Gabriel Battistiui,
Antoni de Uoran, Sopranisten, je 800 „
Antonio Buggieri, Antonio Fcdi, Altiaten, je SOO „
Paol Sepp», Altist 600 .
öMtfr. ürainos, Altist 400 ,
'ohano Muller, Altist 100 ,
■'■»ducci, Tenorist 800 .
*••»»« Merkel, Tenorist MO ,
^ Eaiser, Tenorist 100 „
"*trti Paolo ScaDdalibeni, Bassist 800 „
Joi. Jiger, Baisist 600 ,
*'*Ptuii Paul, Bassist 800 ,
Pmat Eössler, Bassist 100 „
"'•Itfcer, Mirziani, Volprecht, Violinisten, je .... 600 ,
£"*«»ek, Schmidt, Violinisten, je .400,,
r**«-, Violinist (auch Trompeter) 300 „
''^»»■Mht, Filo Msihes, Simon Leonhnrdl, Gottfried
- Kreische, Tromj eter, je 300 „
'"«■■im Biehner, Fagottigt , . 300 .
— 92 —
zwar die Gehalte der Säoger die der Kapellmeister nicht;
aber sie standen doch gegen früher schon in dem nm-
gekehrten Verhältnisse zn denen der Instmmentisten.
Die Bevorzugung der Italiener an den deutscbeB
Höfen konnte natttrlich der Entwicklung der nationalen
Musik nicht eben förderlich sein. Nichtsdestoweniger war
sie zunächst zu entschuldigen, denn während in Deutsch-
land der furchtbare Krieg die Pflege der Musik fast
ganz unterdrückt und auf Cantoren und Organisten ein-
geschränkt hattC; entfaltete sie sich dafür in Italien n
desto reicherer Blüthe, zu immer reizvolleren FormeB.
Die Oper hatte sich unter Monteverde mehr und mehr
zur Beherrscherin aufgeworfen. Ihm folgten Cavalli und
Cesti, welche das Recitativ melodisch zu beleben wnssten.
Zwischen 1637—1700 ist Venedig allein durch 40 Com-
ponisten mit 857 Opern vertreten. Die Kirchenmusik
gab ebenfalls diesem Einflüsse nach. Schon Viadana's
Kirchenconcert und die Kammercantate Carissimi's zeugen
dafür. Doch auch das Virtnosenthum begann sich zu
regen. Die Saiteninstrumente hatten in Innsbruck, Brescia
und Cremona eine bewnndemswerthe Vervollkommnung
erhalten. Corelli bildete etwas später das Violinenspiel
zu höchster Vollkommenheit aus. Die Gesangsschulen
von Venedig und Bologna wussten der menschlichen
Stimme eine bis dahin noch ungeahnte Oeschmeidigkeit
und Technik zu geben.
Doch nicht sowohl in den Vorzügen^ noch selbst in
der Einseitigkeit und Aeusserlichkeit der in Italien herr-
schend gewordenen Richtung der Musik lag die Gefahr
ihres dominirenden Einflusses, sondern in der Anmassnng,
Gottfried Jaiieschky und Krügner, Cometisten, je . . . 800 Hur*
Winkler, Westhof, Taschen berg, Tromponisten, je . . . 800 „
Kettel Ben 400 „
Kettel jun ^00 •
Johann, Theorbist 100 „
— 93 —
mit welcher die italienischen Künstler; berauscht von
ihren Erfolgen^ das Gebiet der Musik und des Theaters
überall als eine nur ihnen mit Fug und Recht zustehende
Domaine betrachteten^ sowie in der speculativen^ wohl-
organisirten und in der Wahl ihrer Mittel meist unbedenk-
lichen Betriebsamkeit; mit der sie das vermeintliche Vor-
recht ausbeuteten. Allerdings sollte dies erst in späterer
Zeit in grösserem Umfange hervortreten. Doch machten
sich auch schon jetzt bedenkliche Symptome dafür gel-
tend. Das abscheuliche Gewerbe der Castration, welches
darauf ausging; auf künstlichem Wege theuer bezahlte
Discant- und Altstimmen zu gewinnen; wurde aufs
Schamloseste und im grössten Umfange betrieben. Wo-
gegen etwas später neben den eigentlichen Gesangs-
schulen noch solche Anstalten entstanden; in denen junge
Mädchen nicht nur zu Sängerinnen ausgebildet; sondern
auch in die Geheimnisse des Courtisanenthums eingeweiht
und in dessen Künsten unterwiesen worden sein sollen.
(Barthold: Die geschichtlichen Persönlichkeiten in Jacob
Cassanova's Memoiren.)
In Dresden scheinen die Italiener sich anfänglich
ziemlich zurückhaltend benommen zu haben. Das Yer-
bältniss des Castraten Bontempi zu Schütz beruhte sogar
auf wechselseitiger Achtung. Schütz schlägt 1651 den
^nnuchus Andreas Buontempi^ zu seinem Stellvertreter
vor; da an seinen Fähigkeiten nicht wohl zu zweifeln; er
auch „in seinen andren Proceduren ein discreter höf-
licher und verträgliche^ feiner junger Mensch bishero
scheinet Schon 1653 spricht aber aus einem anderen
Schreiben eine gewisse Gereiztheit. „Wasmaassen — heisst
es darin — es mir fast verkleinerlich und schmerzlich
fttrfallen will; an solchen Sonntagen; an welchen hiebevor
nicht mir; sondern dem Vicekapellmeister das Directorium
obgelegen ist; ich mit des Herrn Kurprinzen DirectoreU;
als einen dreimahl jünger als ich und hierüber castrirten
Menschen ordentlich und stetig umbwexeln vndt unter
— 94 -
nngleichen vndt zam grossen Tlieil viiTerBtändigeii Zn-
hörern gleichsam disptitiren soll."
Um 1656 erhielt Übrigens Bontempi auch selbst wieder
einen Nebenbuhler in Vicenzo Älbrici aus Rom, den die
Königin CliriBtine von Schweden mit aus Italien gebraclit
hatte und welcher nun hier eine Anstellung als Kapell-
meister fand. Dies scheint Bontempi's Verhältniss zu
Schutz wieder gebeasert zu haben, welchem er 1660,
als seinem Herrn nnd Freund, eine Abhandlung widmete,
„venuittelflt welcher einer, so derMusic gantz unTorstand
ist, soll componiren können''. Auch zog er sich wohl
von dieser Zeit an mehr und mehr von den musikälisctii
Angelegenheiten zurück, um sich seinen wiaseoscbattlicl
Arbeiten zu widmen.
Giovanni Andrea Angelini Bontempi war 1620
Perngia geboren. Den Namen Buntempi nahm er
Wunsch seines Vormunds, Cäsare Bontempi, eines ai
seheuen Mannes seiner Vaterstadt, an. Er studirte
Rom bei Virgilio Mazzochi, Kapellmeister am St. Peter,
und trat 1643 als Sänger in die Capeila di Venezia ein.
Von da kam er 1650 in die Dienste des sächsisch*
Kurprinzen. Er war ein vielseitig gebildeter Mann
umfassender Sprachkcnntniss nnd that sich sowohl
trefflicher Sänger, Dirigent und Componist, wie
Oeschichtssehreiber, Architekt und Mechaniker bei
Kaum minder werden aber auch die Verdienste gertlbi
die er sich in ketzerischen Ländern um den katholischen
Glanben erworben habe. Im Jahre 1662 dichtete und
oomponirte er zur Vermählnngsfeier der einzigen Tochter
des Kurfürsten, Erdmuthe Sophie, mit dem Markgrafen
Ernst Christian von Brandenburg-Baireuth die Oper „D
Paride". Dieselbe machte scbna deshalb viel AnfseheiL^
weil sie im nilrdlichcn Deutschland die erste italienistAij
Oper war. Die Partitur liegt noch vor, und Fllrstenifl
glaubt ihr melodisches Verdienet nicht absprechen fl
sollen, besonders lobt er die Behandlung der Recitatiffl
(vohl
cht^H
e ial
'eter,
ein.
I
— 95 —
Doch lag die Stärke Bontempfs mehr in der Eirchenmusik. —
1664 wurde er noch zum Inspector des neuen Comödien«
hanses ernannt, doch wird er auch als Architekt und Maschi-
nenmeister desselben erwähnt. 1666 erschien das erste Buch
seiner „Historien des Durchlauchtigsten Hauses Sachsen*^
(welches erst 1697 vollendet wurde) und 1671 seine Ge-
schichte der Ungarischen Revolution. Nach Johann
Georg IL Tode kehrte er nach Italien zurück, wo er
1695 noch eine Geschichte der Musik verö£fentlichte.
Zu den besonderen Lieblingen des Kurfürsten ge-
hörte der Kapellmeister Albrici, ein Mann von Ruf und
Talent, der viele Schüler an sich heranzog^ aber zugleich
von einer ungewöhnlichen Unruhe besessen war, die ihn
nicht lange auf seinem Posten aushalten Hess. 1663 trat
er sogar ganz aus dem kurfürstlichen Dienste, um jedoch
1666 wieder in denselben zurückzukehren. Er scheint
dies Spiel noch einmal wiederholt zu haben, da er 1676
wieder als ^neu angestellter^ Kapellmeister erwähnt
wird.
Mit um so grösserer Beharrlichkeit benutzten die
Castraten Domenico Melani und Bartolomeo Sorlisi
die kurfbrstliche Gunst. Sie wurden sehr früh in den
nächsten Dienst ihres Herrn gezogen und als Geh.
Kämmeriere angestellt. Später schwangen sie sich sogar
zu Kammerjnnkern und Kammerherren empor. Besonders
einflussreieh war Sorlisi. Als Besitzer von Schmiedefeld
und Dippoldiswalde vermittelte ihm 1662 der Kurfürst
die Erwerbung des Reichsadels. Grösseres Aufsehen aber
machte in diesem Jahre noch seine Verheirathung, welcher
sich die Geistlichkeit längere Zeit, doch vergebens,
widersetzte und welcher der Volksmund den Spottnamen
der Kapaunenheirath gab. Sorlisi legte später auf dem
Terrain zwischen der Plauenschen Gasse und der
Pragerstrasse einen grossen Garten an, damals der
italienische Garten genannt, welchen der Kurfürst öfters
besuchte und in dem auch zuweilen Comödie gespielt
— 96 —
wnrde.^ Melani sowohl wie Sorlisi waren aber ancli in
der That zwei hochbewunderte Sänger. Bontempi feierte
sie noch 1666 in einem Sonnet, in welchem es heisst:
„Wenn ich Sorlisi hör\ und auch Melani singen,
Bild' ich mir ein, es sei ein englischer Gesang.
Wie Aeolus den Sturm, Orpheus die Hölle zwang,
Also kann ihre Stimm' auch Sturm und HöUe swingen.*
Einer ähnlichen Bevorzugung des Kurfürsten erfirea-
ten sich femer die Sänger Battistini und Donato
de' Amaducci, welche gleichfalls als Geh. Eämmerlere
aufgeführt werden.
Nach Albricfs erstem Abgang (1663) wnrde^ wie
schon gesagt; Perandi Kapellmeister^ welcher gleich
diesem der römischen Schule angehörte und sich in
Kirchen- und Kammermusik verdient gemacht hat. Mat-
theson hat ihn sogar ^den A£fectenzwinger^ genannt. Er
starb 1675; an seine Stelle trat Sebastiane Cherici, der
jedoch schon im folgenden Jahre Dresden wieder vc^
lassen zu haben scheint. Auch der spätere Kapellmeister
Carlo Pallavicini aus Broscia mag etwa um 1667 ab
Vicekapellmeister in die kurfürstliche Kapelle eingetreten
sein. Er gehörte zu den beliebtesten Componisten der
Zeit. Seine Opern wurden zwischen 1666 und 1687 in
Venedig mit grossem Erfolge gegeben.
Unter diesen Umständen konnten natürlich die deut-
schen Musiker nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Bernhard, der mit der Zeit der wachsenden Kämpfe
gegen die Intriguen und Anmassungen der Italiener müde
geworden, verlangte seine Entlassung, um einem Rufe nach
Hamburg zu folgen. Er erhielt sie zwar auch, 1667, aber
* 1668 ging er in kurfürstlichen Besitz über und wurde in-
nftchst mit dem Namen „der Hoheiten Garten*', sp&ter mit den:
nder türkische Garten'* bezeichnet, bis er zuletzt vom Grafen Biescb
ciworben wurde.
- 97 —
nur nofhgedrangen ^ und nnter dem ansdrücklichen Yor-
behalte, sobald der Enrf ttrst es wünsche, wieder zurück-
zukehren; was in der That im Jahre 1674 geschah, in
welchem er als Erzieher der Enkel des Kurfürsten,
Johann Georg und Friedrich August, sowie als Vice-
kapellmeister in den kurftlrstlichen Dienst wieder ein-
trat.*
Theils um den Frieden zwischen den deutschen und
italienischen Eapellisten zu erleichtern, theils um den
Eirchendienst, während der vielfältigen Keisen 4es Eur-
f&rsten, der dann den grössten Theil der Eäpelle mit
sich zu nehmen pflegte, sicherzustellen, wurde im Jahre
1666 auf Antrag des Bassisten Constantin Christian
Dedekind (geb. 1628 zu Reinsdorf in Anhalt -Köthen),
welcher sich schon als Dichter und Componist vielfach
hervorgethan hatte, eine ,,kleine deutsche Musik^ für
den Eirchendienst ausgesondert, er selbst aber an deren
Spitze gestellt, da damals ausser Schütz nur noch die
Italiener Bontempi und Perandi als Kapellmeister vor-
handen waren. Dies jfbhrte zu einer Theilung der
Sänger in zwei Chöre, von denen der erste fast nur
Italiener enthielt, während die Instrumentisten einen
dritten Chor bildeten.
In einem Verzeichnisse von 1680, dem Todesjahre
Johann Georg IL, findet sich demgemäss die Eapelle in
drei Abtheilungen getheilt Der italienische Sängerchor,
mit Albrici als Eapellmeister und Novelli als Vicekapell-
meister, bestand aus 8 Sängern, darunter ein Deutscher,
Johann Jäger, 2 Organisten und 1 Notist, bei einem
Gehaltaufwande von 9200 Thlr. Der deutsche Chor mit
' Bernhard, dem man (wie es scheint) die Entlassung anfangs
▼erweigerte, war ohne Rücksicht darauf nach Hamburg gegangen.
* Bis dahin hatte seit 1671 der berOhmte und abenteuerliche
Tiolinist Paul v.Westhof; der in diesem Jahre den kurfttrstl. sAchs.
Dienst Terliess, den jungen Prinzen Sprach-, vielleicht auch Musik-
Unterricht ertheilt
7
— 98 —
Ghjristoph Bernhard^ als Vicekapellmeister; und David
Töpfer^ als Hofcantor^ Job. Christian Böhm^ als Organist,
war ans nur noch 5 Sängern und einem Notisten zu-
sammengesetzt, bei einem Gebaltsaufwande von 2470 Thlr.
Der Chor der Instrumentisten^ ausser dem Concertmeister
Job. Wilh. Furchheim, aus 19 Instrumentisten be-
stehend, wies einen Gebaltsaufwand yon 5080 Thlr.
auf. £ine bedeutende Einschränkung gegen den Bestand
und Etat vom Jahre 1666 macht sich eben nach allen
Seiten hin sichtbar.
Bis zum Jahre 1667 fanden alle theatralischen Auf-
führungen in den Räumen des Schlosses, die grösseren
in dem vom Kurfürsten Moritz erbauten Riesensaale, die
kleineren in anderen Gemächern^ zuweilen auch in den
Pavillons der Lustgärten statt. Ausser der oben erwähn-
ten Oper n Paride und den schon früher besprochenen
Darstellungen von Comödien und Tragödien bestanden
sie wohl nur aus Singballeten, bei denen die Herren und
Damen vom Hof noch immer als Tänzer und Figurantenoder
als Sprechende mitwirken mochten, während die Sänger
der Kapelle die Gesangspartien vertraten. So prächtig
man dieselben auch zum Theij ausstattete, hielten sie
doch den Vergleich mit den Darstellungen der in Italien
entstandenen Häuser nicht aus. Es bedurfte daher keiner
besonderen Anstrengungen von Seiten der Italiener^ um
den prachtliebenden und baulustigen Kurfürsten (unter
seiner Regierung entstand ein herrliches Reithaus, ein
Schiesshaus, ein Ball- und ein Löwenhaus, das Schloss ward
erweitert, die Kapelle verschönt, der Schlossthurm erhöht
u. s. w.) zum Bau auch eines besonderen Comödien-
ha US es zu bestimmen.
Der Bau wurde dem Oberlandbaumeistcr und Obrist-
lieutenant von Klengel anvertraut und der Grundstein
dazu bereits im Jahre 1664 gelogt. Es ist dasselbe Ge-
bäude, in welchem sich heute das KönigL llauptstaats-
archiv befindet und welches später auch noch als katho-
— 99 —
lische Kirche (von 1708— 1751) nnd hierauf als Ballhans
benutzt worden ist. Es war mit den kurfürstlichen Ge-
mächern darch einen steinernen Säulengang verbanden
und soll an 2000 Menschen gefasst haben. Da die höchsten
Herrschaften gewöhnlich in vorderster Reihe des Parterre
Sassen^ so war eine vertiefte Anordnung des Orchesters
geboten, welches durch eine Balustrade von jenem ge-
trennt war und so angeordnet gewesen zu scheint, dass
es dem grössten Theile der Zuschauer unsichtbar blieb.
Stufen führten auf beiden Seiten zu ihm herab. Nur die
Trompeter und Pauker, die sich auf zwei dem Orchester
entsprechenden Seitentribünen befanden, zu denen Treppen
emporstiegen, boten einen prunkhaften Anblick dar. Der
Zuschauerraum bestand aus dem Parterre, dem Amphi-
theater und zwei Galerien. Der mittlere Theil dieser
letzteren bildete eine grosse Hofloge.
Erst mit der Eröffnung dieses Theaters beginnen die
theatralischen Vorstellungen am kursächsischen Hofe eine
allgemeinere Bedeutung für das geistige Leben der Resi-
denz zu gewinnen. Zwar behalten dieselben auch jetzt
noch überwiegend den Charakter von Hoffestlichkeiten.
Denn nur durch die Gunst des Hofmarschallamtes, welches
f&r gewisse Vorstellungen Plätze an die Bürgerschaft zu
vertheilen hatte, wurden sie auch dieser letzteren theil-
weise zugänglich. Immerhin übten sie aber nun ihre Wir-
kungen auf weitere Kreise aus, das Urtheil derselben
herausfordernd. Nächst der grösseren Kostspieligkeit
dieser Darstellungen war dies vielleicht gerade der
Grand, warum private Vorstellungen dieser Art immer
noch nebenherliefen. Doch war man auf sie auch schon
in den Fällen verwiesen, in denen die Hofgesellschaft
sich an ihnen betheiligeu wollte. Sie fanden dann immer
wie früher in den Bäumen des Schlosses u. s. w. statt.
Die erste, am 27. Januar 1667 im neuen Comödien-
hanse stattfindende Vorstellung bestand aus einem Pro-
loge und der Oper „U Teseo", wie es heisst, von Giovanni
1*
— 100 —
Andrea Moneglia aus Florenz componirt und gedichtet
Wir haben an den ausserordentlichen Erweiterungen,
welche die Kapelle erfahren, schon zu erkennen Ter-
mocht; mit welchem Glänze und in welcher Vorzttglichkeit
man sie in Scene zu setzen beabsichtigte. Es ist diese
Vorstellung; welche Bontempi in einem Sonette besang.
Sonst fanden in nächster Zeit hier nur noch AnffUh-
mngen von Comödien nnd Tragödien ^tatt. Erst im Jahre
1671 ist wieder von der Anfftthrung einer Oper die
Rede : ^^Apollo nnd Daphne^^ mit Musik von Perandi und
Bontempl Der Text war in deutscher Sprache und im
Geschmacke der Zeit yerfasst^ auch die Musik näherte
sich der deutschen Weise mehr an. Textbuch und Par*
titur sind noch (in der Königlichen Musikaliensammlnng)
vorhanden. Diese Oper wurde ausschliesslich von Kapel-
listen^ die Frauenrollen zum Theil von Kapellknaben
ausgeführt. Sie muss grossen Beifall gefunden haben^
da sie sowohl bei der im nächsten Jahre, wie bei der
1678 stattfindenden Zusammenkunft der Mitglieder dea
Hauses Sachsen und auch 1679 wieder aufgeführt wurde.
1672 beschloss der würdige Schütz nach 57jährigen
treuen Diensten sein ruhmreiches Leben im Alter von
87 Jahren. Er hatte seinen Lieblingsschüler Bernhard
mit der Bearbeitung seines Leichentextes: Gantabilis
mihi erant etc. nach dem pränestinischen Contrapunktstyl
ftlr 2 Gant. A. T. und B. beauftragt^ und dieser hatte
die Aufgabe so vollständig zu seiner Zufriedenheit ge-
löst, dass Schütz seinem Sohne schreiben konnte, er wttsste
keine Note daran zu verbessern. Der KurfUrst ordnete
selbst das Leichenbegängniss an. Oberhofprediger Geier^
der Curator der Kapelle, hielt die Gedächtnissrede. Sie
ist merkwürdig durch den freien Ton, den er darin gegen
die doch vom Hofe begünstigte neue italienische Rich-
tung des Geschmacks in der Kirchenmusik anschlug:
„Verzeihet mir, ihr Herrn Musici — heisst es darin —
jetzt herrschet in der Kirche gar eine schon neue Sing-
— 101 —
art, aber ansschweiffig; gebrochen^ täntzerlich nnd gar
im wenigsten andächtige mehr reimt sie sich znm theater
und tantzplatz als zur Kirche. Denn was ist diese neue
htlpfferliche manier zn singen anders als eine comoedia;
da die täntzer die agirenden Personen sein/^
Allein dieses harte, doch in gewissem Grade gerecht-
fertigte Urtheil hinderte nichts dass die Leistungen und
Anffiihmngen der kurfürstlich sächsischen Kapelle einen
Weltruf erlangt hatten. Den musikalischen Bedarf für
alle die vielen Festlichkeiten^ welche nun stattfinden
sollten; und die ihren Höhepunkt in den vom Bürger-
meister Zschimmer in seiner ^^Durchlauchtigsten Zusammen-
kunft*' beschriebenen, vom 3. bis 27. Februar 1678 un-
unterbrochen andauernden Lustbarkeiten fanden, würde
«ie gleichwohl nicht ausgereicht haben. Der Kurfürst ver-
fügte aber glücklicher Weise noch über eine Menge an-
dere musikalische Institute, wie die Hof- und Feld-
trompeter und Heerpauker, die Schallmeipfeifer^ das tür-
kische Päuklein mit den kleinen Schallmeyen (sämmtlich
zum Heerdienst gehörig); die sechs Wallachen oder Hei-
ducken mit dem Bock, die Jagdpfeifer, die französischen
Oeiger (erst vom Jahre 1675 an erwähnt und den petits
violons Lully's nachgebildet), die Bergsänger nnd die
Hackebrettierer. Am wichtigsten sind von ihnen die Hof-
nnd Feldtrompeter und Heerpauker, welche eine eigene
Zunft und ihre besonderen vom Kaiser gewährleisteten
Privilegien hatten (die ersten vom Jahre 1623). Sie
standen durch das ganze Reich unter dem Schutz und
onter der Gerichtspflege des Kurfürsten von Sachsen,
als Erzmarschall; und Johann Georg IL hatte bald nach
seinem Regierungsantritte die von seinem Vater ertheilte
Trompeter- und Heerpaukerordnung erneuert.
Schon im Jahre 1672 war ausser der Oper Dafne
noch ein vom Kurprinzen veranstaltetes Ballet, an dem
er sich selbst mit seiner Gemahlin betheiligte, im Riesen-
«aale zur Auf(Ührung gekommen. 1673 folgte die Oper
— 102 —
Jupiter and JO; mit deutschem Texte.' Die Musik wird
wieder Perandi und Bontempi zugeschrieben. Auch von
dieser Oper fanden 1678 und 79 Wiederholungen statt
Von 1673 bis 1678 fehlt es zur Zeit an allen Nachrichten
über derartige Festlichkeiten, in diesem' Jahre aber
fanden ausser den schon erwähnten Opemvorstellungen
auch noch verschiedene Aufführungen von Balleten statte
darunter das Ballet von Zusammenkunft und Wirkung
der VII Planeten, von dem sich die Partitur in der König-
lichen Musikaliensammlung befindet. Auch das Jahr 1679
ist wieder reich an Festen dieser Art. Der Tod des Kur-
fürsten im nächsten Jahre sollte dieselben aber auf län-
gere Zeit unterbrechen.
Der neue Kurfürst Johann Georg IIL, ein unruhiger^
kriegerischer Herr, war zwar den Freuden des Friedens,
daher auch künstlerischen Genüssen keineswegs abhold.
Lernten wir ihn doch sogar selbst als Veranstalter von Ballet-
Unterhaltungen kennen, ja schon als Kind, 1650, tanzte
er mit in dem Ballet: Des Mohren Geiängniss von
Schirun. Allein die grossen Bedürfnisse für seine ELriegs-
unternehmungen hielten ihn theils von seinem Hoflager
fem, theils legten sie ihm bierin grosse Beschränkungen
auf. Besonders die Kapelle wurde hart von ihnen be-
trofifen. Die Italiener wurden entlassen, Christoph Bernhard
ward an die Spitze derselben gestellt, der Etat auf 8000
Thaler herabgesetzt« Sänger und Instrumentisten in zwei
Chöre gethcilt, der Dieust fast ganz auf die Eärche be-
schränkt. Friedrich Adolph vonHaugwitz, ein fein ge-
bildeter Mann, war zum Oberhofmarschall ernannt worden»
Das Amt der Curatoren der Kapelle wurde aber nicht
wieder erneut.
Wer aus diesen Maassnahmen auf eine Vorliebe
des Kurfürsten für deutsche Musik geschlossen hätte^
würde sich gleichwohl geirrt haben. Möglich, dass
' Der Text befindet sich in der Königlichen Musikaliensanunlang»
— los-
er es als Bernf eines deutschen Fürsten erkannte,
deutsche Kunst zunächst zu begünstigen. Die im Jahre
1684 sich an seinen glänzendsten^ zum Entsätze Wiens
unternommenen Kriegszug gegen die Türken anschliessende
Heise desselben nach Venedig sollte aber solchen Vor-
sätzen, wenn sie überhaupt bestanden hatten^ wenigstens
eine andere Richtung geben. Der Cameval, welchen er
hier verlebte, verfehlte nicht, seinen Zauber auf ihn aus-
zuüben, und die italienische Oper, die eben in der Auf-
nahme weiblicher Mitglieder ein ganz neues, berauschen-
des Reizmittel gewonnen hatte, scheint seine Phantasie
völlig gefangen genommen zu haben. Unter den Sänge-
rinnen, die damals in Venedig glänzten, nahm Marghe-
rita Salicola die oberste Stelle ein. Sie wurde ganz
allgemein nur Margherita la bella genannt, und es scheint,
dass auch sie es war, welche bei dem Kurfürsten den
Gedanken entstehen liess, die italienische Oper aufs Neue
nach Dresden zu verpflanzen. Die Salicola zu gewinnen,
ist hierbei ohne Zweifel erste Bedingung gewesen, und
der frühere Kapellmeister Pallavicini, der sich gerade in
Venedig befand, mag den Vermittler hierbei gespielt
haben, da sich der Kurfürst bei Ausführung seines Pro-
jeetes einzig auf das Engagement dieser beiden Personen
beschränkte, das Uebrige aber Pallavicini ganz über-
lassen zu haben scheint. Sollte doch sogar, wie aus
einem späteren Schreiben des Kurfdrsten ersichtlich wird,
seiner besonderen Anordnung gemäss, die erste italienische
Opemaufftthrung in Dresden an seinem, die zweite an
dem Namenstage Margherita's stattfinden. Dem En-
gagement dieser Sängerin stellten sich jedoch erhebliche
Schwierigkeiten entgegen, deren üeberwindung dasselbe
zu einem kleinen romantischen Ereignisse gemacht haben,
dessen Aufhellung wir dem Geh. Ministerialrathe Dr. von
Weber, Director des geheimen Staatsarchivs in Dresden
(Beiträge zur Chronik Dresdens), verdanken. Margherita,
die damals nur besuchsweise am Theater San Giov. e
- 104 —
Chrisostomo zn Venedig spielte ^ stand nämlich im
Dienste des Herzogs Karl IV. von Mantna^ der einen
gleich hohen Werth auf ihren Besitz gelegt zn haben
scheint; da man nicht einmal den Versuch wagte^ ihn
nm Ueberlassang derselben anzugehen. Man hat zwar
später in Abrede gestellt^ um diese Verhältnisse gewnsBl
zu haben. Die Entführung Salicola's widerlegt dies jedoch
schon allein. Sie sowohl^ wie ihr im Dienste des Her-
zogs stehender Vater, wurden fUr die Pläne des Kurftamten
gewonnen, und wenige Tage nach dessen Abreise Toa
Venedig war auch die gefeierte Sängerin aus der Stadt
der Lagunen verschwunden, um unter dem Schutze ihres
Bruders und einiger vertrauter und verkleideter Diener
des Kurfürsten diesem auf anderem Wege nach Deutsch-
land zu folgen. Schon in Augsburg traf sie mit dem-
selben wieder zusammen, wo sie von ihm dem EorfÜrsten
von Baiem vorgestellt wurde, welcher an ihrem Talente
das lebhafteste Interesse nahm. Inzwischen fasste der
Herzog von Mantua die Sache als eine empfindliche Be-
leidigung auf. Er liess nicht nur die Sängerin durch
Banditen verfolgen und der Familie derselben seinen
Zorn und seine Strenge empfinden, sondern schickte auch
einen seiner Edelleute mit einer Herausforderung an den
Kurfürsten ab. Dieser, welcher hinreichende Proben
seines persönlichen Muthes gegeben zu haben glaubte^
zog es jedoch vor, die Angelegenheit auf diplomatiseheuE
Wege erledigen zu lassen, was ihm durch die Vermitt'
lung des Kurfürsten von Baiem auch in vollstem Maasse
gelang.
Margherita trat in Dresden vorerst nur in Hofcon-
certen und bei Tafelmusiken auf. Erst 1686, am 2. Febr.,
wurde die neue italienische Oper mit dem „Alarico^^ eröfihet*
Noch immer aber war man nicht vollzählig, so dasB der
Kurfürst sich vom Grafen Kolowrat den Tenoristen Har-
tini noch ausbitten musste. Die Salicola erzielte ato
Pulcheria einen grossen Erfolg und wurde in einem.
— 105 —
Sonette gefeiert Sie scheint immer noch mit grosser
Vorsicht am Hofe aufgetreten zu sein, da das nns erhal-
tene Textbach der Oper eine Dedication derselben an
die EnrfbrBtin von Sachsen enthält. Nur zu bald aber
mögen die Italiener ihre gewöhnliche Anmassnng wieder
offen haben hervortreten lassen, wie sich ans späteren
V^orkommnissen ergiebt
Am 2. Februar 1687 wurde eine Oper von Pallavi-
cini ^La Gerusalemme liberata*' gegeben. Das Textbuch
^x^thält eine Widmung seines Sohnes Stefano Palla-
^ icini, welcher, obschon erst 16jährig, doch schon seit
1686 als Poet angestellt worden war. Die Salicola als
A^xmide erregte allgemeine Bewunderung. Der Sopranist
S crgio della Donna, der Altist Antonio Giusta-
o liini und der Bassist Ruggiero Fedeli scheinen darin
KK^it th&tig gewesen zu sein. Sie wurden wenigstens
sobon am 1. Januar 1687 angesteUt. Pallavicini's Oper
ist uns verloren gegangen. Fürst enau sagt über ihn,
das8 er im Ganzen zwar noch auf Bontempi's Standpunkt
gestanden, von den instrumentalen Hülfsmitteln der Zeit
«itber schon einen freieren Gebrauch gemacht habe und
Vorgeschritten gewesen sei in Anwendung der Melodie
und des Rhythmus.
Auch in diesem Jahre erhielt die Oper eine neue
Snreitemng durch den Sopranisten Giuseppe Rossi,
^«n Altisten Luigi Pietro Grua (den späteren Vice-
^pellmeister) und den Theorbisten Girolamo Albini,
Welche von Pallavicini bei einem Besuche Venedigs en-
S^gitt worden waren.
Desgleichen sollte die Kapelle im^ nächsten Jahre wie-
^^r eine bedeutende Kraft in Nikolaus Adam Strungk
^^^^innen, einem wissenschaftlich gebildeten Manne und
JlJ^^trefflichen Ciavier- und Violinspieler, der durch seine
rt^nieompositionen schon damals eines weitverbreiteten
^^fes genoss. 1640 zu Celle geboren, hatte er von seinem
— 106 —
Vater, der daselbst Hoforganist war, den ersten mw-
kalischen Unterricht empfangen. Nachdem er abwech-
selnd im Dienste des Herzogs von Hannover und des
Enrflirsten von Brandenburg thätig gewesen, kam er 1678
als Mnsikdirector nach Hamburg, wo sich eben die ersteB
Ansätze zu einer nationalen Oper entwickelten. Nach
mehrjährigem Aufenthalte daselbst ging er nach Wien
und später auf einen Buf hin als Vicekapellmeister nach
Dresden. Nur wenige Wochen später starb PaUayicini,
und Strungk wurde beauftragt, eine von diesem begon-
nene Oper „Antiope^ zur Vollendung zu bringen. Gleich
bei seiner ersten Amtsausttbung sollte er jedoch mit den
Italienern in Gonflict gerathen. Sie weigerten sich, seme
Gomposition zu singen, weil sie dem Sänger nicht so
freien Spielraum gestattete, wie sie gewohnt waren. Se
erklärten sogar, wie es in der Berichterstattung des Obe^
hofmarschalls von Haugwitz heisst, nur unter Bemhard's
Direction und bloss im Falle dieser krank oder abwesend,
unter Strungk singen, keinesfalls aber in dessen Compo-
sitionen mitwirken zu wollen. Haugwitz fügt die Beme^
kung hinzu, wie er nicht finde, ^dass erwähnte Italienische
Musici durchgehends solche vortrefFliche Subjecte seyen,
und bei so hohem Tractement dergleichen ungereimte
exceptiones machen dttrfften, dergleichen bei des höchst
seeligen Kurfürsten Lebzeiten wider keinen Vicekapell-
meister auf die Bahn hätte gebracht werden dürfen*'. Der
Hauptaufwiegler war Buggiero Fedeli gewesen. Da aber
der Kurfürst diesen zu entlassen drohte, unterwarfen sich
die Italiener in Allem. Doch wurde Fedeli nichtsdesto-
weniger bald seines Dienstes enthoben, da es das An-
sehen gewann, ^als pflege er bisweilen die andren musi-
cis aufzuwiegeln^. Indess mag Strungk auch selbst
nicht der Verträglichste gewesen sein, da es zwischen
ihm und Bernhard ebenfalls zu Beibereien kam.
Im Februar 1686 kam die „Antiope*, gedichtet von
Carlo Pallavicini, die ersten zwei Acte von dessen Vater,
— 107 —
der dritte Yon Strnngk in Musik gesetzt,^ mit grossem
Erfolge zur Aafftihning. Neben der Salicola glänzte die
neugewonnene Sängerin Rosana Santinelli.
Im Jahre 1691 bereitete ein auf die Salicola er-
schienenes Pasquill dem Oberhofmarschall von Haugwitz
neue YerdriessUchkeiten. Der Kurfürst bemerkt zu der
Eingabe; dass dieses ^^Volck, dem Kessler Gesinde (soll
wohl heissen Kesselflicker-Gesindel) nicht ungleich; undt
sich sobald wieder versöhnt als ereyffert; desswegen aber
mit ihnen Geduld zu haben ist'^
Dieses Jahr ist auch noch bemerkenswerth durch ein
Ballet „n tempio d'amore^; welches, wie Fürstenau sagt;
eher den Namen der Oper verdient; da der Tanz darin
nicht überwiegend erscheine. Ausser vielen Herren und
Damen vom Hofe tanzten darin auch der Kurprinz und
dessen Bruder Friedrich August.
Am 12. September 1691 starb KurfUrst Johann
Georg ni. in Tübingen. Der Etat der Kapelle hatte zu
dieser Zeit wieder die Höhe von 18,700 Thlr. erreicht. Ka-
pellmeister war Bernhard; Vicekapellmeister Strungk.
Ausser den beiden Sängerinnen Margherita Salicola und
Bosana Santinelli (jede mit 1500 Thlr. angestellt) befanden
sich noch 5 italienische Sänger und der Theorbist Albini
dabei.
Johann Georg IV., geboren 1668, aufgewachsen
unter den musikalischen Eindrücken, die ihm der Hof
seines Vaters und Grossvaters gaben — er tanzte ebenfalls
schon als 5jähriger Knabe in einem Ballet — , hatte
wahrscheinlich auch eine musikalische Bildung genossen.
Ein längeref Aufenthalt in Italien; besonders in Venedig,
mochte die hierdurch geförderte Neigung zu Musik und
Theater genährt und entwickelt haben. Seine Vorliebe für
die Italiener lässt sich daraus erkennen; dass er nach dem
1692 erfolgten Tode Bernhard^ in dessen Stelle Strungk
' Partitur und Text in der K. M.-S.
— 108 -
einrückte, den bisherigen Altisten Carlo Ltdgi Pietro Gma
znm yicekapellmeistery mit einem weit höheren €tohak^
als ihn vorher Bernhard als Kapellmeister belöget
hatte, ernannte. Stmngk mochte fbhlen, dass nnter dioMB
Umständen an eine gedeihliche Entwicklung seines Ta-
lentes in Dresden nicht wohl gedacht werden kOme^
daher er bei dem Enrfttrsten nm die Erlanbniss einkan,
mit dessen Unterstützung ein selbstständiges Opeminfter-
nehmen in Leipzig zu grtlnden. Auch wurde ihm 1698^
am 13. Juni; durch Decret das Privilegium zu Theil, in
Leipzig während der Messen deutsches Singspiel zu gebellt
,,anerwogen wie dadurch das Studium musicum mehr
nnd mehr excolirt, fremde Liebhaber dieser Wissenschaft
herbeigebracht und kurfürstliche Durchlaucht 8olche^
gestalt ein Seminarium in Dero Landen haben und daraus
allenfalls die abgehenden Stellen bei Dero Kapelle osd
Kammermusicis ersetzen könnten^. Im Uebrigen behielt
er' aber seine Stellung und Functionen an der Dresdaer
Kapelle bei. >
So erhielt Leipzig ungleich früher als Dresden eil
stetiges und ganz öffentliches Opernuntemehmen. Die
Kraft, für die man hier keine Verwendung fand, sollte
wenigstens dort den Anfängen des deutschen musikali-
schen Dramas, wenn auch nur vorübergehend, eine Stätte
fordernder Ei^twicklung bereiten.
Im Jahre 1693, am 18. Mai, wohnte der Kurfttiet
einer Vorstellung der Strungk'schen Oper „Alceste" aaf
diesem Theater bei. Der Text war von Paul Thiemich,
College der Thomasschule, dessen Gattin darin ;,mit be-
wunderungswürdiger schöner Stimme und* Action ge>
sungen und gespielt^ haben soll.
Das Unternehmen gedieh' aber nicht. 1697 spricht
Strungk in einer Eingabe an den Kurfürsten als v<m
einem armen Diener von sich, der all das Seine bei der
Leipziger Oper zugesetzt habe. 1700 starb er bereits.
Inzwischen war auch in Dresden die Oper gepflegt
— 109 —
worden. Das Jahr 1691 hatte die Oper ^^Ifonso^; 1693
die Opern ^^Camillo generoso" und ^^l'Arsinoß^' gebrächt, in
welcher letzterer eine Sängerin des Bairenther HofeS;
Gianetta, mitwirkte.
1694 folgte die Oper ^^Alerano ed Adelaide'^, welche
einen grossen Erfolg erzielte und der . letzte Triumph
war^ welchen die damalige italienische Oper in Dresden
feierte. Schon am 27. April sollte der plötzliche Tod
des Kurftarsten ihrer Herrlichkeit hier für länger ein Ende
machen.
Kampf des französischen und italienischen Em
geschmacks unter Friedrich August L
FranzSsischer Geschmack Friedrich Augrnst L — FranzSsit
Schauspiel« — Auflösung und Neubildung der Kapeüei
Conimoedla delP arte unter Bistori. — Italienischer Mi
geschmack des Kurprinzen. — Italienische Oper unter L*
— Intermezzi — Das neue Opernhaus. — Auflösung
Italienischen Oper. — Erneute Herrschaft des franzSsl«
Oeschmacks« — AnflLnge einer neuen Italienischen Opa
Erstes Auftreten Hasse's« — Sieg des Italienischen Em
geschmacks.
•
Friedrich August I. (geboren 1670), welcher so
erwartet an die Regierung kam^ war eine überaus g
zende Ersebeinung, von der Natur mit körperlichen
geistigen Anlagen und Vorzügen freigebig ausgesta
Mit allen ritterlichen Künsten der Zeit vertraut, gewanc
den Formen der damaligen eleganten höfischen Unter
tung, übte er auf seine Umgebung eine grosse Anziehui
kraft aus. Der Binn für Kunst, Pracht und sinnlic
Lebensgenuss war in ihm früh am Hofe seines Gr
yaters und Vaters geweckt und genährt worden. \)
hof und Bernhard, die seine Lehrer waren, mögen ¥
auch um seine musikalische Ausbildung sich ben
baben. Am meisten zogen ihn aber die tbeatralisc
Lustbarkeiten an, an denen er sich früh schon
theiligte. Bereits 1677 wird eine Comödie: „Der Dui
lauchtigste Gärtner" erwähnt, in welcher er aufl
— 111 —
1691 finden wir ihn unter den Tänzern des Ballets: II
tempio d'Amore. Ein mehr als zweijähriger Aufenthalt
an den Höfen Frankreichs^ Spaniens^ Italiens hatte diese
Neigung weiter entwickelt. Er wurde hier um so leichter
von dem daselbst herrschenden Geiste der Galanterie und
eines durch Pracht und Kunst gesteigerten Lebens-
genusses ergriffen und in dessen Strudel gerissen^ als er
DEÜt einer überaus kraftvollen Constitution, einer starken,
leicht erregbaren und auf Befriedigung dringenden Sinn-
lichkeit und einem ungewöhnlichen Schwünge der Phan-
tasie begabt war.
Obschon nicht unempfänglich für die Vorzüge ita-
heuscher Kunst, sprachen ihn doch die beweglicheren^
gefiUligeren Formen des französischen Geistes ungleich
nnmittelbarer an — und sie waren es vorzugsweise,
welche er nun auf seinen Hof zu übertragen bemüht war.
Die Oper hatte in Italien durch die neapolitanische
Schule, an deren Spitze Scarlatti, ein Schüler Carissi-
lüi'S; stand, daher auch unter dessen mittelbarem Einflüsse,
einen bedeutenden Aufschwung genommen. Scarlatti's
Befonn musste um so entschiedener auf Deutschland ein-
wirken, als sie von hier gewissermaassen ausgegangen
war. Er schrieb seine ersten Opern in München, wo er
einige Zeit als Kapellmeister wirkte, und lernte, ehe er
i^h Italien zurückkehrte, auch noch Wien kennen, wo ita-
Üenische Musik vor allen anderen Städten Deutschlands
Sepflegt und besonders der instrumentale Theil derselben,
^ Harmonie, weiter entwickelt wurde. Scarlatti bildete
^en melodiösen Theil der Oper weiter aus, gab der Arie,
deiche schon die dreitheilige Form erhalten hatte, eine
vollendetere Abrundung und verlegte den Schwerpunkt
w Orchesterbegicitung in das Streichquartett, ohne von
^^Q übrigen Instrumenten dabei noch einen umfassen-
^^f^n Gebrauch zu machen.
Für das letztere wurde zuerst in Frankreich durch
''Ijr die Anregung gegeben. Jean Baptiste Lully,
— 112 —
Florentiner von Geburt; war 1646 als dreüähriger Knabe
anf eine abenteuerlich -romantische Weise nach Fniik-
reich in den Dienst der Herzogin Yon Montpensier ge-
kommen. Mit seinem überall vom Gltlck begtinstigteB
Talente und einer noch grösseren Betriebsamkeit hatte er
sich bereits mit 19 Jahren vom Küchenjungen zum Oeneral-
inspector des Instituts der 24 Violinen Ludwig XTV. em-
porgeschwungen. Einem ihm angeborenen musikalischen
Zuge folgend; hatte er die ViolinC; das Instrument der
fahrenden Leute ^ ergriffen und durch Selhatunterneht
eine erstaunliche Fertigkeit auf demselben erlangt Er
liess hierauf sein Talent zur Gomposition weiter aot-
bilden^ beschränkte sich jedoch bei der Ausübung dieser
Kunst lange Zeit auf die Instrumentalmusik. Hit rieh-
tigem Gefbhle suchte er sich die Motive zu seinen Cmr
Positionen in den nationalen Volksliedern Frankreichs^
und seine Stärke hat immer nur in der InstrumentatioD
und den rein instrumentalen Bestandtheilen seiner Opern
gelegen^ denen er darin einen weit grösseren Spielranm
als die Italiener gewährte^ indem er dieselben nicht nnr
mit Ouvertüren und längeren Vor- und Nachspielen vo^
sah^ sondern auch Märsche, Tänze etc. in sie einfllgte»
Was den eigentlich dramatischen Theil seiner Opern
betrifft; so legte Lully das Hauptgewicht auf den deda-
matorischen Ausdruck. Ueberhaupt sind die Urthefle
über den Werth derselben getheilt. Einige^ Boileau tt
der SpitzC; haben ihren Erfolg sogar nur den Texten des
Quinault und der geschickten mise en scönc; besondeit
den Balleten zugeschrieben^ bei denen er zuerst statt der
Knaben Mädchen eingeführt haben soll. So schleppend,
leer und ausdruckslos seine Musik auch heute erscheinen
mag; fUr seine Zeit war sie es nicht; und ein glückliches
Gefllhl für den Werth der Wortaccente der Rede ist ihr
auch jetzt noch nicht abzusprechen.
Dies war die Oper, die Friedrich August I. am Hofe
Ludwig XIV. neben der gerade in voller Blüthe stehen-
— 113 —
den französiflchen Tragödie nnd Comödie mit ihren Zanbem
ei^ff. Die Entlassung sämmtlicher Italiener^ welche zu
seinen ersten Regiemngsacten gehörte, liess daranf
sehliessen, dass ihre Zeit hier Yorbei sei; doch finden
wir schon 1697 deren wieder mit angestellt. Die Kapelle
wurde zunächst dem Oberhofmarschallamte unterstellt,
an dessen Spitze auch jetzt noch Haugwitz verblieb; nur
die drei Inspectoren der Schauspielhäuser etc. wurden
der Oberkämmerei tiberwiesen, während der Theater«-
architekt, die Theatermaler und Zimmerleute vom Ober-
iMuamte abhingen.
Trotz der ausserordentlichen Pracht, welche der
Kurfttrst gleich im Cameval des Jahres 1695 an seinem
Hofe entfaltete, sollte es hier zu einer wahrhaften Eunst-
entwicklung auf dem Gebiete des Theaters doch lange
nicht kommen. Während sich in der Architektur seine
Kunstliebe später in so hervorragender und glücklicher
Weise bethätigte, schienen die theatralischen Künste
ihm fast immer nur Dienerinnen des Genusses zu sein,
wobei er noch überdies seinem Hange zur Veränderung
tOzQ sehr nachgab. Bemerkenswerth aber ist, dass, wie
sehr auch französischer Geist und Geschmack an den
Höfen Deutschlands jetzt herrschend wurden, sich doch
itoch daneben der Sinn für die eigenen, überlieferten
derben, ja rohen Lustbarkeiten erhielt, so dass es gerade
jene Aufzüge, Maskeraden, Wirthschaften, Jägereien etc.
waren, welche man, besonders sobald sich der Hof selbst
daran mit bethätigen wollte, zur Verherrlichung der Feste
ergriff. An den Balleten und Opern waren fortan die
fttrstUchen Personen nur noch in seltenen Fällen betheiligt,
^bat die Cavaliere und Damen zogen sich mehr und
^^ von ihnen zurück.
Ein weiteres GUndemiss für die Entwicklung stetiger
Knnstzustände lag in den äusseren Umständen. Die
^t dem Religionswechsel verbundene Annahme der Krone
^^ Polen hätte allein schon nachtheilig genug hierauf
8
— 114 -
einwirken müssen^ weil sie den König zur abwechselnden
Residenz in Warschau und Dresden mit Vemachllisrigimg
des letzteren nöthigte. Der sogenannte nordische Krieg
aber^ den dieses Ereigniss zur weiteren Folge hatlie^
mnsste bei seinem nnglttcklichen Gange, wie er das
Land ins tiefste Elend stürzte^ auch Untemehmiuige&
dieser Art endlich ins Stocken^ ja ganz in Ver&U
bringen. Besonders geschah dies in Dresden^ dem sieh
der König inzwischen fast völlig entzog.
Die Darstellungen; welche eine französische, ▼<»
Kurfürsten von Hannover unterhaltene Schau8pide^
gesellschaft im Cameval 1696 zuerst im GomödienhauM^
dann auf einer im Biesensaale erbauten Btthne gab^
mochten erwiesen haben, dass beide Localitäten doi
Forderungen dieser Künstler nur wenig entsprachen.
Dies führte zur Erbauung eines neuen Comödiea*
hause 8; welches bereits zu Anfang des folgenden Jahres
fertig war und sich etwa auf der Stelle des Mittelbaues
des heutigen Museums befand.
Der im Jahre 1697 stattfindende Rcligionswechsd
hatte aber auch eine Theilung der Kapelle zur Folge. Die
protestantische Hofkirchenmusik; als der ursprünglichste
Bestandtheil des Instituts; wurde jetzt wieder aus-
geschieden. Er ist für die vorliegende Darstellung von
keiner weiteren Bedeutung. An der Spitze der kurfürst-
lich sächsischen und jetzt auch königlich polnischen
Kapelle (ich werde mich der Kürze halber fortan immer
nur der Bezeichnung: „königlich^ bedienen) standen
Ende 1697 die Kapellmeister Ruczisky und Job. Christoph
Schmidt; welcher 1696 als Vicekapellmeister eingetreten
und nach Hiller*s Urtbeil ^ein gründlicher Componisf'
war, der seinen Contrapunkt aus dem Fundamente kannte,
wenn ihm auch höheres künstlerisches Genie ermangeln
mochte. Sie bestand aus dem Concertmeister Qeorg
Gott fr. Backstroh; 2 Organisten, 8 Sängern (lauter
Italiener und Polen); 26 Instrumentisten (darunter eben*
- 115 —
ÜEdls wieder viele Ausländer^ Italiener^ Polen^ Franzosen),
welche incl. der Hoftrömpeter eine Besoldung von nnr
züsanimen 4457 Tbir. bezogen. Sie wurde jedocb im
oäcbsten Jabre beträcbtlicb erweitert und der Etat auf
12,000 Thlr. jäbrlicb erhöbt
In Dresden scheinen bis 1699 nur wenig Festlich-
keiten stattgefunden zu babeU; die sich ftlr uns zur
Uittbeilung eignen. In diesem Jahre aber wurde der
Italiener Angelo Constantini ans Verona (geb. 1653)
beauftragt, eine besondere kurfürstliche Gesellschaft von
französischen SängerU; Schauspielern und Tänzern zu
bilden. Er hatte als Arlechino und einer von ihm selbst
neugeschaffenen Maske, die er ^M^zätin'^ nannte und
gleich vortrefflich; sowohl in italienischer^ wie französi-
scher Sprache^ spielte, sich in Paris eine grosse Berühmt-
heit erworben. Friedrich August I.^ welcher ihn zuerst
bei der Gesellschaft des Kurfürsten von Hannover in
Warschau gesehen, hatte ihn seit 1697 in seine Dienste
genommen. Die von ihm angeworbene Truppe, bestehend
aus 13 Schauspielern und Sängern, 18 Schauspielerinnen und
Sängerinnen, 8 Tänzern und Tänzerinnen mit dem späte-
ren Balletmeister Louis de Poitier an der Spitze, traf
im Mai 1700 in Warschau ein und blieb bis 1705 im
Dienste des Königs. Es scheint, dass sich Mäz6tin bei
diesem Geschäfte grosse Unterschleife zu Schulden
kommen Hess; wenigstens wurde er dessen von den
Mitgliedern der Gesellschaft verdächtigt. Möglich jedoch,
dass zu der Ungnade, in welche er kurze Zeit später
fiel, auch noch andere, delicatere Ursachen mitwirkten.
So erzählt wenigstens die histoire universelle des Th^atres
de toutes les nations: „Der König August, sehr zufrieden
mit der Ausrichtung jener Aufträge, verlieh ihm 1699
den Adel mit der Stelle eines Geh. Kämmerers, eines
Schatzmeisters der menns plaisirs und eines Aufsehers
der Schmuckkammer. Solche Ehrenbezeigungen veran-
lassten ihn zu der Keckheit, einer vom König geliebten
8*
— 116 —
Dame Anträge zu machen^ wobei er über die Per
seines Wohltbäters spottete. Die Seböne war beleid
aber scbwieg. Als indess M^z^tin seine Werbungen 1
setzte^ benachrichtigte sie den König davon, welcher;
tlbennttthigen Aenssemngen seines Rivalen belansch(
mit gezücktem Degen hervorstürzte nnd ihn geop
haben würde, wenn er nicht rechtzeitig znr Besinn
gekommen wäre. Er liess ihn auf dem Eönigstein
sperren/' Jedenfalls wurde er mit einer Härte behan(
die einer Rache fast gleich sah. 1701 in Untersuch
gekommen, wurde er 1702 nach dem Eönigstein al
führt, wo er trotz der Verwendung des Grafen Wac!
barth und der Meldung des Festungscommandanten, ^<
Constantini krank sei, alle Arzenei verschmähe, stei
wolle und verlange, es solle dem König gemeldet i
den", noch bis 1708 verbleiben musste. Erst im
dieses Jahres wurde er vom König wieder in Gna
aufgenommen und in dessen Vertrauen gezogen,
werden ihm später noch öfter begegnen.*
Inzwischen war durch den unglücklichen Krieg
finanzielle Ruin über Sachsen in einem Umfange hei
gebrochen, dass alle Htilfsquellen erschöpft waren. A
die Kapelle und die Schauspieler hatten darunter
leiden. Das Elend des dreissigjährigen Kriegs sc!
sich wiederholen zu sollen. Die Auszahlung der Geli
stockte. Schon 1701 kamen die Schauspieler um
Entlassung ein. Erst 1703 aber erhielten sie die Erl
niss, an anderen Höfen und iu anderen Städten spielei
dürfen, um sich eine Erwerbsquelle zu eröflhen; mit
ausdrücklichen Bedingung jedoch, ohne königl. 6e:
migung weder ihre Mitglieder zu wechseln, noch
* Im folgenden Jahre verheirathete sich Constantini und 1
wie es scheint, seine junge Frau zur Sängerin ausbilden ; wenig
wurde sie sp&ter als solche bei der italienischen Oper engagirt,
aber wieder Terabschiedet
— 117 —
aa&nlöflen; woraus sich ergiebt, welchen Werth Friedrich
Aagost anf ihren Besitz legte. 1705 mnsste er sie nichts-
destoweniger entlassen. Ihre Forderungen^ die sich auf
62^68 Thlr. beliefen^ wurden auf die Hälfte herabgesetzt
lind nur erst allmählig; im Jahre 1709 völlig; beglichen*
Aoch die Kapelle traf 1707 ein ähnliches Schicksal.
Doch wurden Kapellmeister Schmidt und fast sämmtliche
In^mentisten wieder neu angestellt, ihre Forderungen
jedoch erst 1715 völlig getilgt.
Zu den Unglücksfällen, die in dieser Zeit Land und
Hof betrafen ; gehört auch noch der im Jahre 1701 statt-
^dende Brand, welcher einen grossen Theil des Dresdner
^blosses und mit diesem den berühmten Biesensaal in
^'ilUxmier legte. Wahrscheinlich gab dieses Ereigniss
später mit Anlass zu dem Plane, ein neues Schloss er-
I^Atien zu lassen, zu welchem das 1710 von Mathias
^xUel Pöpelmann begonnene hen*liche Zwingergebäude
^eu Yorhof bilden sollte; gleichwie die Benutzung des
^ten Comödienhauses zum katholischen Gottesdienste
(IT'OS) später den Bau eines Opernhauses ins Leben
riet
Trotz der Ungeheuern Opfer, welche der Krieg Ver-
eitlungen — hatte das unglückliche Land doch allein
^ Karl XII. eine Kriegscontribution von 23fiO0fiO0 Thlr.
'^ aahlen gehabt — . wurde unmittelbar nach Abschluss
^^^ Altranstädter Friedens doch wieder an Schauspiel und
^^^^barkeiten bei Hofe gedacht. In diese Zeit (1706)
Wl^ji aß^ji wichtige Veränderungen in der Regierung,
^^^h welohe der Einfluss des Oberhofmarschallamtes, an
^^^•en Spitze seit 1703 Graf Aug. Ferd. von Pflugk
^^^MmI, auf Kapelle und Theater ein sehr beschränkter
^^Tde. Er hörte 1709 aber ^anz auf durch die Er-
^'^^nung des Kammerherm Baron von Mordaxt zum
^tendanten der Musik und zum Directeur des plaisirs
^^t einem Gehalte von 1200 Thlr.
Schon 1708 hatte man eine neue Gesellschaft Iran-
— 118 —
^ösiscber Sänger^ Schauspieler und Tänzer gewonnei
Der König; welcher sich damals nach den Niederlande!
begeben hatte^ um dem Feldzuge des Prinzen Eugen m
Marlborough's gegen die Franzosen beizuwohnen^ lernt
bei dieser Gelegenheit die verführerische Tänzerin D
Bargues (oder Duparc) in Brüssel kennen. Um bv
dieselbe nach Dresden zu ziehen, wurde eine neue Trupp
unter dem Director de Villedieu geworben^ deren Coi
tract der König in der Abtei Loos bei Lille selbst unta
schrieb. Sie bestand ausser dem Director aus 7 Hern
und 6 DameU; die zumeist sowohl spielen^ tanzen, wi
singen konnten, aus 4 Violinisten, 1 Decorateur und da
Souffleur. Sie erhielt Alles in Allem 14,000 Thlr. jlbi
lieh nebst der Berechtigung, während der Messen i
Leipzig ftlr ihre Rechnung spielen zu dürfen, wogeg«
sie den ganzen Aufwand für Decorationen^ Gostttme et
zu bestreiten hatte. Die Duparc stellte sich 1709 m
ihrem Gatten vertragsmässig ein, welcher 1714 eine fesl
Anstellung als Balletmeister erhielt. Auch italieniflol
Schauspieler wurden damals, doch nur vorttbergehen
angestellt.
In2^wischen war die Kapelle ebenfalls yeryollständi^
worden. Eine der für die Hoffestlichkeiten wichtigste
Erwerbungen war die des Concertmeisters Volumie
(Woulmyer), der, 1667 in Spanien g^eboren und am fifti
zösischen Hofe erzogen, schon früh als Hoftanzmeisti
und Dirigent der k. Tanzmusik nach Berlin gekommc
war und hier im Arrangement der sogenannten Wiri'
Schäften eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte. Am
in Dresden machte er sich mehrfach um derartige Luf
barkeiten, sowie um die Ballete verdient, und wnn
noch überdies seines vorzüglichen Geigenspiels weg<
geschätzt, besonders im Vortrag französischer To:
stücke. Kaum minder werthvoU war der Erwerb des b
rühmten Violinisten Job. Georg Pisendel (geb. 1687 j
Karlsbad). Er war ein Schüler Pistochi's in der Comp
1
— 119 —
sition und Torelli's im ViolinspieL Auf Empfehlung
Volomier's trat er 1712 in die königliche Kapelle ein
und wurde eine Zierde derselben. „Pisendel — sagt
Ffirstenaa — war der erste Geiger, welcher die grosse
italienische Schale vollständig in sich aufnahm, ohne da-
durch die Vortheile der französischen Art aufzugeben.^
-loch die Anstellung des Flötisten Pierre Gabriel
Bnffardin, 1690 in der Provence geboren, aus dessen
Schule unter Anderen der berühmte Quanz hervorging,
wwie des als Oboisten berühmten Joh. Chr. Richter
(pb. 1689 in Dresden), des als Ciavierspieler ausgezeich-
neten Organisten Christian Petzold (geb. 1677 in
Köuigstein) und des durch seine Compositionen berühm-
^n Contrabassisten Job. Dismar Zelenka fällt in
diese Zeit.
Die Kapelle hatte allmählig eine Zusammensetzung
^''l^alten, welche den Fortschritten der Musik völlig ent-
^Pi^ch. Das Streichquartett bildete den Stamm derselben.
^^^ Verbesserung der Blasinstrumente war völlig Rech-
^^^g getragen. Auch der Flügel, der ebenso, wie die
*»^orbe (eine Art Basslaute), eine wichtige Rolle in den
*"^«tem jftzt spielte, war eingeführt.
Das Jahr 1712 ist femer durch die von den Kapell-
"^tgliedem ausgehende Stiftung einer Versor-
S^ngskasse für die Wittwen und Waisen
"^^Oerkenswerth, welche 1753 noch eine Verbesserung
^■^^hr. Auch trat in diesem Jahre der Freiherr von
'^ ^ w e n d a h 1 an die durch den Tod des Oberhof-
"»^^^haUs von Pflugk erledigte Stelle.
Unter den theatralischen Vorstellungen zeichneten
"^b besonders diejenigen aus, welche (1709) der Besuch
"^^ Königs von Dänemark in Dresden veranlasste, dar-
'^^^ter ein Divertissement: „le th^atre des Plaisirs",
^^*^angirt von Constantini, mit Musik vom Kapellmeister
T^^tmidt, sowie eine Oper des kaiserL Kapellmeisters
^rlo Badia: „Gli amori di Circe con Ulisse^, dirigirt
— 120 -
von dem Sänger Ballerini, welcher wahrsüheinlich bierza
eigens engagirt worden war.
Im Jahre 1715 sehen wir Gonstantini schon wieder
mit dem Engagement einer italienischen Schanspidar-'
gesellschaft betraut. An ihrer Spitze stand ein gewioer
Tomaso Bistori, der nach Fttrstenan schon uiier*
Johann Georg III. in sächsischen Diensten gestand«»
haben soll. Seine Truppe scheint hauptsächlicli in iec
Gommedia deir arte, dem improvisirten Possenspiel iniK:
Masken, getlbt gewesen zu sein.
Erst mit dem Jahre 1716, nach Abschluss des War-*
schauer Vergleichs, dem 1719 endlich der Friede' folffte^
beginnt für das musikalische Leben am Dresdner Bote
eine glänzendere Periode. Die nächste Veranlassongr
dazu gab der Kurprinz, dessen musikalische NeigungecM.
bei einem mehrjährigen, mit seinem Uebertritte zur katbo —
lischen Religion in Verbindung stehenden Aufenthalte i
Frankreich, Italien nnd Wien (von 1711—1719) die
deutendsten Anregungen empfangen hatten. Schon
Jahre 1714 liess er den Kapellmeister Schmidt^ sowi«
Pisendel, Volumier nnd Richter nach Paris kommen, Qi>^
bei seinen musikalischen Unterhaltungen mitzuwirken-
Dasselbe geschah, als er sich 1716 in Venedig aufhielt^
wo er im Hause seines Agenten, dos Kaufmanns Biancbi«
welcher eine berühmte Sängerin und Clavierspielerin %^^
Frau hatte, fast alle musikalischen Notabilitäten Venedil^
kennen zu lernen Gelegenheit fand. Die Vorliebe, ^^^
er in diesem Umgange für die italienische Oper gewaJ*^*»
bestimmte ihn, bei seinem Vater die Idee anzuregen, •.t*-*'
Neue an seinem Hofe eine italienische Oper zu erricht^^
Friedrich August I. ging nicht ohne einiges Widerstrel^^^
darauf ein. Er schien Gonfiicte bei der Kapelle zu
fürchten, die Zeichen der Eifersucht blicken liess.
leicht, dass er auch seine eigenen musikalischen
tionen davon bedroht sah. Genug, er war mit
abgeschlossenen Gontracten, die in der That über
— 121 —
IcQBtspielig waren^ nicht immer einverstanden. Mit Ans-
nahne des Kapellmeisters Joh. Dav. Heinichen, der
sich durch seine Compositionen bereits einen wohl-
begründeten Bof erworben hatte^ betrafen sie nnr
Italiener. Als die bedeutendste Erwerbung muss die des
bertihmten Kapellmeister Antonio Lotti und seiner
Gemahlin Santa Stella bezeichnet werden^ welche die
(^ die damalige Zeit ausserordentliche Summe von
10^500 Thlr. jährliches Gehalt bezogen. Kaum minder
^oltig war die des Sopranisten Francesco Bernardi^
^n«nnt SenesinO; und des Violinisten Veracini, vor
welchem selbst Tartini sich gebeugt haben soll Im
Uel>rigen bestand die Gesellschaft aus def Sopranistin
M&Tgherita Gaterina Zani, der Altistin Lucia
G&ggi; dem Sopranisten Matteo Berselli; dem Teno-
i^^nGuicciardi; dem Dichter Luchini und aus noch
^ ^jideren Sängern. Der ganze Etat der italienischen
Ol^er betrug im Jahre 1718 45,000 Thlr.
Antonio Lotti, 1665 in Venedig geboren und damals
ein^r der bedeutendsten Vertreter der venetianischen
S^liule, ein Schüler Legrenzi's und Lehrer Benedetto
J^^jrcello's, war seit 1692 Organist an San Marco. Er
^^T ausgezeichnet durch Einfachheit und Klarheit des
°^yls, Wahrheit der Empfindung und Kraft des Ausdrucks,
^ine Stärke lag in seinen Kirchencompositionen und
^^^rigalen. Fttr die Oper fehlte es ihm an Energie und
^^1)endigkeit, aber Niemand hat in neuerer Zeit besser,
^% er, die menschlisohe Stimme auf natürliche Weise zu
^^^iwenden verstanden. (Fötis.) In der Instrumentation
^^^r er vorgeschrittener, als die meisten seiner Landsleute,
^i« hierin gegen die Franzosen und später noch mehr
^^gen die Deutschen zurückblieben. Er bediente sich
^^rsclben schon, um den Gesang reizender und bedeut-
samer zu machen. Das Streichquartett bildete bei ihm
^te Grundlage der instrumentalen Begleitung, doch liess
^f in charakteristischer und mannichfaltiger Weise Blas-
— 122 —
I
instxumente hinzutreten. Fürstenan bemerkt, dass gerade
hierin seine Dresdner Opern sich aaszeichnen, was theib
auf den Einflnss der deutschen Musik, theils auf die
trefflichen Bläser der sächsischen Kapelle zurflokgefflhrt
werden darf. Es sind von ihm 19 Opern bekannt
Seine Gattin Santa Stella galt fttr eine der ersten
Sängerinnen der Zeit. Quanz sagt, dass sie eine volle
kräftige Sopranstimme besessen und sich durch gute
Intonation und guten ,;Trillo'^ ausgezeichnet habe, wo-
gegen ihr die hohen Töne einige Mtthe gemacht hätten.
„Das Adagio war ihre Stärke; das sogenannte Tempo
rubato habe ich von ihr zum ersten Male gehört —
Senesino zeichnete sich, nach Quanz' Urtheile, ebenfalls
durch reine Intonation und „trefflichen Trillo^^ aus. Er
hatte einen schönen Mezzo-Sopran und erstieg selten das
zweigestrichene F. Sein Vortrag galt für vollendet. Er
war voll Feuer und edler Natürlichkeit — doch eignete
er sich besser für Helden- als Liebhaberrollen.
Was Heinichen betrifft, welcher am 17. April 1683
zu Grossuln bei Weissenfeis geboren war, so erhielt er
seine Bildung und ersten musikalischen Anregungen aof
der Thomasschule in Leipzig. Auf seiner späteren
Studienreise in Italien machte er die Bekanntschaft des
Fürsten von Anhalt -Köthen, der ihn dem sächsischen
Kurprinzen in Venedig empfahl. Er hat sich besonders
durch seine Gantaten und seine theoretischen Arbeiten
Buf und Ansehen erworben. Man rühmte von ihm, dass
die Natur all seine Töne begleite, und Hiller sprach ihm
genaue Kenntniss des wahren Kirchen- und Opem-
styls zu.
Mit dem Engagement dieser ausgezeichneten, aber
auch sehr kostspieligen Gesellschaft hing der Bau eines
neuen Opernhauses zusammen. Die Architekten Ales-
sandro und Girolamo Marco waren zu diesem Zwecke
nebst 6 Malern, 5 Zimmerleuten und 2 DoUmetschem aus
Italien verschrieben worden. Am 9. September 1718
— 123 —
wurde der Grundstein zu diesem Gebäude gelegt^ welches
sich unmittelbar an den südwestlichen Pavillon des
Zwingers anschloss. — Inzwischen hatte man eine provi-
sorische Btthne im Bedoutensaale errichtet^ welche am
25. October 1717 mit der Oper „Giove in Argo", Melo-
drama pastorale in 3 Acten^ gedichtet von Luchini^ in
Musik gesetzt von Lotti, eröffnet wurde (Fttrstenau giebt
eine genauere Beschreibung derselben). Die Decorationen
und Maschinerien waren von Mauro^ die Tänze vom
Balletmeister Duparc. Zwischen den Acten sang die
Constantini (die, wie es scheint; erst in diesem Jahre
als Sängerin angestellt worden) mit dem Bassisten Bor-
sari italienische Intermezzi; eine Art burlesker Zwischen-
spielC; aus denen die Opera buffa und das deutsche Sing-
spiel entstanden.
Es wird vielleicht hier am Orte sein, ein paar Worte
Aber diese eigenthttmliche Gattung von Spielen und ihre
Entstehung zu sagen.
Bei dem antiken Drama^ welches aus dem Ghor-
gesange hervorging; blieb dieser auch ursprünglich die
Hauptsache; wie der Chor anfangs entweder der Held
oder der Gegenspieler des Dramas war. Aus ihm trat
die Rede und Wechselrede gewisserm'assen zwischen-
spielartig hervor. Bald aber kehrte sich das Verhältniss
uiD; der Chorgesang fiel allmählig zum Zwischenspiele
ierab; anfangs noch in innerer und äusserer Verbunden-
heit mit dem Drama; die jedoch immer loser wurdC; bis
^ zuletzt dem Drama; das er in eine bestimmte Zahl
^on Tbeilen zerlegte, als etwas ganz davon Unabhängiges;
^Ibstständiges gegenttbertrat* Indessen blieb er doch
^och in einem bestimmten Zusammenhange mit der Or-
%tinisation desselben; d. h« er durfte das Drama nicht
'Willktlrlich in einzelne Theile zerlegen; sondern diese
1?lieilung musste für die Entwicklung desselben eine be-
stimmte Bedeutung habeu; wodurch er auch selbst wieder;
%Ib Zwischenspiel; seine bestinmitere Bedeutung erhielt.
— 124 —
Mit der Aasbildimg der dramatischen Form miisste hmd
nämlich auf eine bedeutsamere Gliederung der einzelnen
Entwicklungsphasen der Handlung bedacht sein, und in-
dem man dieselben zu einer bestimmten Abmndung, sa
einem bestimmten Abschlüsse brachte, wurden auch ihnen
entsprechende Ruhepunkte gefordert, in denen nun eben
der Chor eintrat und die Ueberleitung zu dem nächsten
Theile vermittelte. Diese Suhepunkte wurden aber noek
aus anderen, in der menschlichen Organisation liegenden
Ursachen bedingt. Denn einerseits bedurften ihrer db
Darsteller, um die ermüdeten Organe ihre ursprüngliche
Frische und Spannkraft zurückgewinnen zu lassen, und
andererseits bedurfte der Zuschauer ebenfalls einer .ge-
wissen Erholung, damit seine Empfänglichkeit nicht all-
mählig erschöpft werde. Wohl könnte man glaubeot
dass eine völlige Ruhe, eine völlige Unterbrechung det
Anschauungsthätigkeit hierzu am geeignetsten wäre. Atteü^
die Erfahrung lehrte, dass die blosse Unterbrechung, äki^
leere Pause den Zuschauer nicht nur aus der küm^^
lerischen Illusion und Spannung völlig herausriss, sond^^
ihn auch zur Ungeduld reizte und durch Langew»^
ermüdete. Sobald aber einmal der Chor zum blosi^^
Zwischenspiel herabgesunken war, glaubte man ihn auc^^
wenn nicht völlig entbehren, so doch durch etwas Ander^^
ersetzen zu können. Dieser Ersatz musste ein versch^^^
dener sein. Je nachdem man bei der Ausfüllung d
Pausen mehr das Moment der Ueberleitung oder das
Erholung in Betracht zog. Denn jenes musste mej
dahin führen, dem Zwischenspiel einen Charakter
geben, der in einer sei es äusseren oder inneren Beziet^^*^
uog zum Drama oder doch zu der Grundstimmung
selben stand. Dieses musste dagegen mehr auf eine^
Oegensatz zu dem einen und anderen ausgehen. Häufi^*^
genug aber wirkten beide Momente zusammen, weil, wen^
auch nicht immer das erste, so doch das zweite dabei
berücksichtigt werden musste.
— 125 —
bot aber nicht nur das Medium
r »nderen Kunst — also für das reeitirendo Drama
die Mnsik, daher anch der Gpsang oder der Tani, die
Paotominie, in Epätcrer Zeit die Malerei, das Tablean,
Jm lebende Bild — , sondern hei Tm^ödien auch noch
das Komisciic Schon bei den Alten begegnen wir rein
mntnkiilischen nnd pantomimischen Zwischenspielen —
nnd anch das altenglische nnd altspanische Theater hat
wlir truL dergleichen Spiele gehabt, jene ihre Jigs nnd
Interludee, diese ihre Entremeses, Pasos und Saynetes.
Sie scheint-n mit den Entremeti} und Zwischenspielen in
Verbindung gestandi'n zu haben, welche bei den Gast-
mlhlem der Fürsten und Grossen zwischen den einzelnen
Uän^n zuerst von fahrenden Leuten, später von beson-
dereu im Dienste derselben siehenden Minstrels und players
"f interludes dargestellt wurden. Es kam dabei viel
decorntive Pracht und meehanisclie Kunst in Anwendung.
Aneh Tsbleaux nnd lebende Rüder kamen dabei vor, wie
»i^ wennschon von weit geringerpr Art, auch die Nieder-
länder nicht selten bei ihren Schauspielen anwendeten.
Das akademische Drama der Neueren nahm in Nach-
»hmung der Alten die Chöre (bei di'n Deutschen ,^eihen"
genannt) wieder auf. An ilire Stelle traten dann die
Ballete und bei den ernsten Opern die Intermezzi. Doch
scheint es schon früher Intermezzi gegeben zu haben, die
W den der Oper vorausgehenden Tragödien nnd Co-
RiMien angewendet wurden. So wird Bardi's: „11 cora-
HttimeLto d'Appnllino col serpente", componirt von
"accini, schon als Intermezzo bezeichnet. Spater, nach-
dem eich burleske Scenen in die ernste Oper eingedrängt
batten und man diese zu purificiren und jene wieder
davon auszuscheiden begann, verlegte man sie in die
^wischenacte. Ans diesen Zwischenspielen sind nun
die späteren Intermezzi entstanden, burleske Singspiele,
"iMbI zwischen nur zwei Personen und aus zwei Acten
•"«stehend. Das berühmteste war die „Serva padrona"
— 126 —
des Pergolese^ aas welcher sicli die Opera birffa entwickelt
haben soll. Doch hat es schon früher Ansätze znr ko-
mischen Oper gegeben. Als erster Versuch dieser Art
wird der ;;Anfipamasso'' des Orazio Vecchi genannt —
Mit der vorgeschrittenen Ansbildnng der instnunentaien
Mnsik wurden aber alle diese Spiele durch rein mu*
sikalische Zwischenspiele verdrängt; bei den Opern
aber meistentheils aufgehoben. Nur in seltenen Fällen
hat man jene Zwischenspiele in Verbindung oder auch
nur in Beziehung mit dem dramatischen Spiele gebrach^
zwischen dessen Acte sie eingelegt wurden. Dagegen
standen sie meist unter sich in einem bestimmten Zn-
sammenhang. Christian WeisC; welcher zu einigen seiner
Dramen Zwischenspiele gedichtet hat; bemerkt hieiza:
;;Weil etliche Leute gern Comödien sehen, die fein laikg
sind; überdies bei der heutigen Welt nichts mehr ästinnitt
wird; als wo vielfältige Auffzüge und Verändemngeo ix3it
unterlauffen^', so habe er zwischen die Acte Zwisch^i^'
spiele gelegt; womit er die üblichen Reihen der T^^
gödie ersetzen wolle. Diese Zwischenspiele waren b^^^^
einfach und wurden meist von nur wenigen Personen ^
bäurischem Dialekt gesprochen. Sie waren jedoch sc1b> ^^
damals keineswegs neu. Bereits 1610 hatte der R
tor Oerlach in Zittau seine biblischen Schnicomödien
ähnlichen Zwischenspielen versehen; die durch die nied. ^^
ländischen und englischen Comödianten nach DeutsC^b-
land gebracht worden sein mögen.
Die musikalischen Intermezzi; denen wir also
zum ersten Male in Dresden begegnen; sollten nun
längere Zeit regelmässig bei den Opemvorstellungen
gewendet werden. Doch wurden sie auch bald unabhän
von diesen gegeben und italienische Intermezzisten w
lange eine gefährliche Concnrrenz fUr die deutsche
Schauspielertruppen.
Der König; vielleicht befürchtend, seine eigenen
Liebhabereien durch die Italiener in Schatten gestellt zn
- 127 —
i^^en, liess jetzt anch das Ballet, sowie das französiBehe
und italieniwlie ScLaTiF^piel verstärken. Die Truppe des
Irtileren, bei welchem in dicBcm Jahre Gioyanni
Albprto Ristori, der Sohn des früheren Impresario,
aufstellt wnrde, tlihrte auch kleine Opern, Intermezzi
ood Serenaden auf, Ristori war zngleich Director der
i^leinea Eammermnsik", anch „polnische Kapelle" genannt,
weiche von der Kapelle abgezweigt worden war, um
fortan den König auf seinen Reisen zu begleiten.
Sie wurde zu einer Art Vorschule fUr das Stamminstitut
nod beetand ans einem Vorgeiger, 4 Violinisten, 2 Hor-
nisten, 1 Oboisten, 3 Fagottisten und 1 Contrabassisten.
Ristori war ein überaus fruchtbarer Komponist und seine
lutenDezz) und komischen Opern erlangten grosse Beliebtheit.
Der Carneval des Jahres 1718 brachte unter Anderem
fine neue Oper: „Aseanio ovvero gli odi delusi del sangne"
von Lotti mit Intermezzi von Frawesco Gasparini und
Giov, Buononcini, Die Balletmusik war von Volumier.
Bei den bekannten Festlichkeiten, welche im Monat
Augnet desselben Jahres in Moritzburg stattfanden,
wurde Ristori's Oper „La Cleonicc" gegeben, unmittelbar
darauf aber die Zani, die Lueia und Aogelo Gaggi ent-
lassen; die hierdurch entstandene Lücke jedoch bald
wieder ergänzt. Veracini, der damit beauftragt war,
^nano die Margherita Duraatanti (mit 522( Thlr.
Gehalt), die Maria Antonia Laurent! gon. Coralli,
nnd die Vittoria Tcsi, zu denen später noch die Sänge-
rinnen Made! eine de Snlvay und Joh. Eleonore
Hesse, die Gattin des berühmten Gamlienspielers Ernst
Christian Hesse, der ebenfalls (Beide jedoch nur auf
8 Monate) engagirt wurde, hinzutraten. An Luchini's
Stelle, der 1718 mit einem jungen Mädchen aus Dresden
verschwand, wurde der uns schon von trüber bekannte
iiofpoet Stefano Pallavicini wiedergewonnen. Der
grtisete Gewinn war die Tesi. Quanz sagt von ilir: „Die Tesi
war mit einer miinntich starken Contraaltstimme begabt.
— 128 —
Im Jahre 1719 zu Dresden sang sie meistentheils solclie
Arieü; als man fQr Bassisten zu setzen pfleget Jetzo
aber (1725) in Neapel hatte sie tlber das Präoli-
tige und Ernsthafte auch eine angenehme Schmeichelei
im Singen angenommen. Der Umfang ihrer Stimme
war ansserordentlich. Hoch oder tief zu singen machte
ihr beides keine Mtthe. Viele Passagen waren eben
nicht ihr Werk. Durch die Action aber die Znschaoer
einzunehmen, dazu schien sie geboren, absonderlich
Mannesrollen/'
Man verfügte jetzt über ein Ktlnstlerpersonal,
es nur wenige Höfe aufzuweisen hatten, und konnte den
grossen Festlichkeiten zur bevorstehenden Vermählung»-
feier des Kurprinzen, auf welche all' diese Anstel-
lungen wohl abzielten, mit völliger Zuversicht enl
sehen. *
* Ich theile (nach Fürsten au) das Verzeichniss der
liehen Mitglieder der Kapelle und des Theaters v. J. 1718 hier
Eapell- und Kammermusik. Kapellmeister Schmidt
Heinichen (jeder 1200 Thlr.), Concertmeister Volumier (1200 Thl«"-)»
Kammercomponist und Violinist Veracini (1200 Thlr.)i KamÄ»^^*"
componist und Organist Petzold (460 Thlr.), Organist Schmidt (800 Tbl^- ^
Pantaleonist Hebenstreit (1200 Thlr.), Theorbist Weiss (1000 Thl^-^
Francesco Arigoni (400 Thlr.), Violagambist Bentley (400 Thl^-^'
7 Violinisten (2930 Thlr.), G Bratschisten (1168 Thlr.), 6 Viol<^^^
Cellisten (1750 Thlr.), 3 Contrabassisten (1400 Thlr.), 2 Flötis'^^^
(900 Thlr.), 6 Oboisten (3080 Thlr.), 2 Waldhomisten (640 TLl^*^^
3 Fagottisten (940 Tblr.), 1 Instrnmenteninspector (140 Thlr.)^
Notist (80 Thlr.), 1 Ciavierstimmer (150 Thlr.), 1 Kapelldie^
(100 Thlr.), zusammen 21,820 Thlr.
Italienische Oper. Kapellmeister A. Lotti (9976 Thlr. i^*^^
semer Gattin), Poet Pallavicini (1333 Thlr.); Sängerinnen: Sta St^* -
Lotti, Margh. Durastanti (5525 Thlr.), die Coralli (2376 Thlr.), ^^
Tesi (2376 Thlr.), Mad. de Salvay (2000 Thlr.), Livia Consttn*^^
(1600 Thlr.); S&nger; il Senesino (6660 Thlr.), Berselü (4276 ThM^^ ^|*
Boschi (3325 Thlr.), Guicciardi (2850 Thlr.), Borsari (1838 Thl^^"*''
2 Souffleure (320 Thlr.), zusammen 43,636 Thlr.
Musiciens vocals frangais: Marg. Prache de TüL'
Dessus- Sopran (400 Thlr.), Fran^ois Godefroi Beauregard, Hai»
— 129 -
Inzwischen war auch der Bau des neuen Opern-
banges vollendet nnd damit zugleich die Vorbereitung
i^ dem musikalisch-theatralischen Theile dieser Festlich-
keiten beschlossen.
Dieses Gebäude war damals eines der grössten
Theater. Es nahm einen Flächenraum von ungefähr
24BO □Meter ein, bei einer Länge von circa 70 Meter,
auf 28 Vi Meter Breite. Die Bühne selbst umfasste
980 □Meter, sie war 43 Meter tief und 23 Meter breit.
Der etwas kleinere Zuschauerraum enthielt 2000 Plätze.
& bestand aus dem mählig aufsteigenden Parterre, an
d&8 sich zu beiden Seiten ein Amphitheater in drei Ab-
stufungen anschloss. Darüber erhoben sich drei Reihen
Logen, eine jede achtzehn derselben umfassend. Der der
^Uhne gegenüberliegende mittle Raum wurde ausschliess-
Hcli von der sich im ersten Range erhebenden grossen
königlichen Loge eingenommen. Etwas tiefer liegend
^aren noch überdies zwei königliche Logen im Prosce-
^ium angeordnet. Die Ausschmückung entsprach dem
^^uialigen italienischen Geschmacke. Die Decke war mit
^^mälden von Mauro geziert.
Nach achtjähriger Abwesenheit war am 23. März
^*^19 der sächsische Kurprinz endlich nach Dresden zu-
«5^»^trc-AU (400 Thlr.), Pierre Diar, Taille-Tenor (500 Thlr.), J. Dav.
^*"ot, Basse v600 Thlr), zusammen li)00 Thlr.
Comedieiran^aise: 10 Schauspieler, 11 Schauspielerinnen,
^ouffleuriii, zusammen 10,866 Thlr.
Dause: Balletmeister Duparc (1000 Thlr.), Unterballetmeister
^*C Corette (400 Thlr.), 10 TÄuzer und 10 Tänzerinnen (9433 Thlr.,
^^^^nter die Duparc, le Conte und Clement mit je 1000 Thlr.),
^mmen 10,833 Thlr.
Com^die italienne: 16 Schauspieler und Schauspielerinnen,
rammen 5333 Thlr.
Ranmeister, Maler, Zimmerleute: zusammen 10,418 Thlr.
Beamten, Officianten und Handwerkerpersonal: 1426 Thlr.
Total: 106,234 Thlr. (wobei die Gehalte des Ehepaar Hesse
^d das Ristoh's noch nicht mit einbegriffen sind).
rttckgekehrt und mit grosani Feieiiicbkeiten durf
empfangen worden, Öclion im Ängust reiste er wH
nacli Wien, um durch die Vermälilung mit der Eiri
zogin Maria Josepha, der ältesten Tocliter Kaiser Jose^
die Bande, welche das aäcbsische mit dem Kaiserhi
verknUpIlen, noch enger zu scbliesscn. Der Pflege
muBikatischen Künste am Dresdner Hole wurde tiierdi
eine neue Scbützerin gewonnen. Kam doch die ja
Knrprinzesein von einem der kunstainnigsten Höfe'
war sie docb selbst eine Scbtllerin deB berUbmten Kaj
meisters Porfile. Am 2. September erfolgte der te
liebe Einzug der Neuvermählten in Dresden, an welc
sieb in nnunterbiocbener Folge bis zum 3U, dessH
Monats die glänzendsten und zum Tbeil wunderlich
Festlichkeiten anschlössen, deren Bescbreibnng biet
tbeilweise berileksicbtigt werden kann.
Am 3. September fand die festüebe Erößiiung
neuen Opernhanses mit der schon früher gegebenen £
„Giove in Argo" von Lotti statt, in welcher diesmal
Laurent! und Tesi die Partien der Zani und Q)
übernommen hatten. Die Einladungen dazu wai
durch Fouriere angesagt. Zutrittsi^hig war Jeder, weti
den Rang eines Kammerjunkers oder Obristen
Die Platze wurden im Parterre durch Kammerhen
den Logen durch Kammerjunker angewiesen. Bei
opern sass die königlicbc Familie meist in dem dem'
ehester znnäcbst gelegenen Tbeile des Parterre, in wel
dann im Uebrigen nur hoffähige Damen in grosser Toi
zsgelasaen wurden. Bei gewöhnlichen Vorstellungeni
der König seinen Platz in der rechten, der Kroo]
in der linken Prosceniumsloge. Der übrige Hof
sammelte sich in der grossen Mittelloge; während
Damen das Amphitheater angewiesen, die Logen
ersten Ranges aber für die höchsten Würdenträger M
virt wurden. Am 7. September fand eine Wiederhol
der Oper „.\Bcania" von Lotti, am 13. die Aufftlbrung*
Oper „Teofaoa" von Pallavicmi und Lotti statt. Die
wareu von Dnparc, die Musik dazu von Volumier,
Secorationen von Mauro. Seneaino, Santa Stella,
^Mchi, Darastanti, Berselli, Tesi und Guieciardi waren
owin bescbäftigl. Statt der Zwischenspiele waren alle-
foriscbe Sccnen eingelegt, in denen die Coralli, welche
OBf liieren engagirt war, als Felicitä und Najade auftrat.
'0 dieser Oper kam neben neuen TiieaterelTecten zuerst
oer einer Uubnenmusik vor. Auch ist es vielleicht das
einzige MnsikslUek des Meisters, in dem er Trompeten
DinI Pauken angewendet hat, — Am 23. September bei
dem Venus- oder Uamenfest wurde anf dem im Grossen
Ö»rt«n eingerichteten freien Theater ein französisehes
Oirertissenient von 51 Personen aus den obersten Hof-
'■'Ciaeii aufgeführt. Den Text hatte der französische
^(^«aspteler Poisson, die Musik KapelhneiBter Schmidt,
^ BaÜets Dnparc dazu geliefert. — Ausser den Wieder-
'"■lungcn der oben genannten drei Opern fanden noch
"tte Reihe von Vorstellnngen der französischen und
'tilieniechen Schauspieler statt, Über weiche jedoch nähere
^ttkcilungen fehlen. Das Repertoire der franzöeischeu
^lianspieler soll damals, nach FUrstenau's Angabe, be-
^^ders ans folgenden Stucken bestanden haben:
^■■*g6diefl; Andromaqne, Bajazct, Alesandre, Phßdre
inci Berenice von Racine; Les Horaees, Le Cid, Poly-
«■Bctc und Cinna von P, Corneille; Ariadne von T. Corneille;
^^"Sctre und Radamiste von Crebillon d, Aelt. — Grandes
*-'öin*dicB: La Princesse d'Elide, Tartuffe und Le Mi-
"^thropc von Moli^re; L'inconnue von T. Corneille; La
"^■t^ capilaine von Montfleury; Le jaloux desabus^ von
^Hipistron; Les bourgeois Ä la mode von Sayntion und
^•■»conrt; Esope ä la Cour von Bonrsnult- — Petitea
^^m^dies: Les folies amonrenses von Regnard; Le
'^**4iii maillard von Dancourt, Musik von Gilles; L'Estä
^% coqnilles von Danconrt; La coupe i>nchant^e von La
'ÄJitaine nnd Champmeslä. — Gewiss haben sie aber auch
— 132 —
französische Operetten und darunter solche von Ltdl,
gegeben. Der Tourist Leen spricht sich über ihre Le
stungen folgendennassen aus: „Die zweierlei Bande
yon Gomödienspielem sind die ausgesuchtesten ihrer Ar
die eine besteht aus Italienern, die andere aus Franzose
Die Tänzer und Tänzerinnen, welche hierbei bald ;
Reihen, bald einzeln, bald paarweis ihre seltene Gescbicl
lichkeit zeigen, sind aus eben dem Land, wo die Leichtij
keit der Füsse und des Geblüts die Menschen am meist!
hüpfen und springen macht. Die berühmte Duparc h
ihres gleichen nicht in der Behendigkeit und in den g
schickten Wendungen; allein man ziehet ihr nun di
schlechte Tänzerin, nämlich die Clement vor, weil die
noch all ihre Jugendkräfte beisammen zeigt, welche jei
verschwendet hat.** Die französischen Sänger sollen 8i<
besonders im Komischen ausgezeichnet haben. Von d(
Schauspielern werden Grandval, Belletour und d'Err
mit ihren Frau<^n hervorgehoben.
Eingehender noch ist folgende Notiz, die ich d(
„Beyträgen zur Historie und Aufnahme des Theater
V. J. 1750 entnehme: ^Die trillcrgewohnten Kehlen d
Operisten zogen zwar viele Zuschauer und Liebhaber d
Musik, des Erstaunenden und Grossen dahin (in d
Opernhaus nämlich), doch durch die geschickten V(
Stellungen eines Belletour, Grandval, La Roque, Der?
und ihrer Weiber, auch eines niedlichen Tänzers Rottii
und Desnoyers, einer Duval, Rotti^re und Vaurinvi
wurde dieser Ort allezeit ein Sammelplatz der Leute v
gutem Geschmack. Die natürlichen Intermezzosäng
Beauregard und Drok, der erstere ein Tenorist und c
letztere ein Bassist, nebst der Jungfer Prache und Brun
erweckten mehr Gelächter und Vergnügen, als der bei
Harlekin . . .**
All diese dra^iatischen Spiele wechselten mit Fe
lichkeiten im Geschmacke der alten Inventionen, Wir
Schäften und Mummereyen, und der Ton scheint tn
— 133 —
des verfeinerten äusseren Ansehens zuweilen kaum minder
derb, als irttlier gewesen zu sein. Musik und dramatisch-
allegorische Elemente zogen sich auch durch diese Fest-
spiele. So kam bei dem Feste der 7 Planetenlustbarkeiten
am ersten Tage eine Cantate von Heinichen: La Gara
degli Dei, welche auf der Anhöhe des jetzigen japanischen,
damals holländischen Gartens aufgeführt wurde — ferner
am zweiten Tage, am Jupiterfeste, eine von Boschi (als Ju-
piter) gesungene Cantate von Lotti zur Aufführung, welcher
ein Caroussel folgte. Auch den dritten, der Diana gewid-
mete Festtag, welcher durch eine Jagd auf der alt-dresdner
^iese (an den Pontonschuppen) gefeiert wurde, eröflFnete
n^u mit einer Cantate von Heinichen. Dazwischen kamen
Feste von mehr volksthümlichem Charakter, wie die am
20. September im Zwinger abgehaltene Wirthschaft aller
Nationen, zu welcher der Schauspieler Jean Poisson
den Plan entworfen hatte und bei denen die französischen
'Jnd itah'enischen Schauspieler kleine improvisirte Scenen
ansftihrten. Schade nur, dass diese Volksth timlich keit
*^ theuer erkauft wurde. Sollen diese Festlichkeiten
(denen noch eine Reihe anderer in Moritzburg folgten)
doch an 4 Millionen Thaler verschlungen haben!
Lotti und Frau, sowie Bossari und dieConstantini wur-
^^^ Unmittelbar nach den Festlichkeiten wieder entlassen,
^^ Übrigen Künstler aber auf ein weiteres Jahr engagirt.
Wie viel sich auch heute, selbst nur vom Standpunkte
f^ Kunst, gegen diese musikalisch-theatralischen Hoffeste
^^^Wenden lässt, so ist es doch nicht weniger gewiss,
^^^ damals die achtbarsten Stimmen sich enthusiastisch
*^^r die Kunstverhältnisse am sächsischen Hofe geäussert
^^>Cn und einige der bedeutenderen Musiker der Zeit,
/^^ die beiden Graun, Hiller u. A., hier ihre ersten
^'^liötlerischen Anregungen empfingen. Selbst Telemann
?J^d Händel wurden von dem gewaltigen Rufe der
^'^sdner Kapelle und Oper im Auslande angezogen. Der
*^tztere, welcher damals (Herbst 1719) bei Hofe als
— 134 —
Clavierspieler auftrat, war allerdings noch aus dem be-
sonderen Gmnde nach Dresden gekommen^ fttr seine
Oper in London hier Sänger zu gewinnen, was seine
Stellung ziemlich peinlich gemacht haben mnss. Dies
lässt sich ans einem Briefe des Grafen Flemming an
Fräulein von Schulenburg erkennen, in welchem es beisst:
,;J'ai souhaitö de parier k Mr. Händel^ et lui ay vooln
faire quelques honnStetös k votre ögard; mais 11 n'y a
pas eu moyen; je me suis servi de votre nom ponr le
faire venir chez moy^ mais tantöt il n'ötait pas an legis,
tantöt il ^tait malade; il est un peu fou^ k ce qu'il me
semblc; ce que cependant il ne devrait 6tre k mon 6gard,
Yu que je suis musicien^ c. k, d. par inclination ete.^
Fürstenau hält es für möglich; dass die Uebergriffe, die
sich die Italiener kurze Zeit später erlaubten^ absichtlicb
einen Bruch mit dem Dresdner Hofe herbeiführen soUteB,
um freie Hand zu den von Händel eingeleiteten Ver-
handlungen zu gewinnen. In der That führte auch die
Anmassung; deren sie sich schuldig machten und die
bei Gelegenheit einer Probe zur Oper „Flavio Crispo"
von HeinicheU; in welcher Senesino es sich herausnahmi
dem Meister die ihm zugetheilte Rolle vor die Fttsse zu
werfen, zu einem völligen Bruch. Der König benutzte
nämlich diesen Vorfall, die ganze italienische Oper,
selbst die Maler, Baumeister und Zinimerleute, aus seinem
Dienst zu entlassen. Rücksicht auf nothwendig gewordene
Ersparungen mag mitgewirkt haben, vielleicht aber auch
eine gewisse Unzufriedenheit, den französischen Ge-
schmack durch den italienischen überflügelt zu sehen.
Der erstere wurde jetzt für einiu:e Zeit wieder herrschend.
Doch mochte der Kurprinz wohl bald auf Ersatz
dringen. Nur sollte derselbe diesmal mit massigeren
Opfern erkauft werden. Zu diesem Zwecke erhielt 1724
der sächsische Gesandte in Venedig, Graf Villio, den
Auftrag, drei junge gut beanlagte Sängerinnen und vier
junge Castraten ausfindig zu machen, um dieselben Dir
— 135 —
Rechnung des Königs weiter ausbilden zu lassen. Venedig
und Bologna waren seit längerer Zeit wegen ihrer Gesang-
schulen berühmt; und so empfingen die Schwestern Anna
und Maria Rosa Negri im Kloster alla pietä^ Maria
Catanea bei dem Kapellmeister Scarpari in Venedig und
▼ier Castraten abwechselnd hier und in Bologna Unter-
richt; einer von ihnen, Giov. Bindi, sogar bei Porpora.
Sie traten 1730 in die Dresdner Kapelle ein und namentlich
Bindi errang die allgemeinste Beliebtheit. Schon 1726
aber war man zum Engagement von neuen italienischen
Sängern und Sängerinnen yerschritteu; die man jedoch
zu wesentlich niedrigeren Bedingungen als früher erhalten
hatte. Erst im folgenden Jahre wurden jedoch die Opern-
vorstellungen mit der Oper ^^Calandro'^ von Pallayicini und
Ristori (die also nicht mit entlassen worden waren) er-
öffnet.
Bis dahin hatte man sich hauptsächlich an den
Divertiss^ ments vergntigt, welche der Schauspieler Poisson
entwarf und zu denen der seit 1720 als Kapellmeister
und Compositeur angestellte Louis Andr6 die Musik
lieferte. Sie waren auf flüchtige Unterhaltung berechnet
und auch meist in Eile entstanden. Ein für Duparc,
der 1722 gestorben war, neu angestellter Balletmeister,
Jean Fayier, zeigte darin seine Künste. Daneben wurde
besonders das französische Schauspiel gepflegt. An ihm
hat unter Anderen die Neuber ihre Studien gemacht, und
auch Gottsched rühmt die Darstellungen, welche er hier
zwischen 1725 — 33 von den Franzosen gesehen. Der
französische Geschmack war so herrschend geworden,
dass sich die Hofgesellschaft jetzt ebenso im französischen
Comödienspiel, wie früher in den singenden Balleten ver-
suchte.
Das Jahr 1727 brachte eine Veränderung in der
Leitung der königlichen Lustbarkeiten, insofern Geh.
Kri**gsrath Freiherr von Gaultier an die Stelle des
verstorix nen Mordaxt trat. In diesem Jahre machte eine
— 136 —
nene Oper Pallayicini's und Ristori'8: ^^Un pazzo fk cento
owero Don Cischiotte" berechtigtes Aufsehen, und schon
im folgenden Jahre fand Friedrich IL, welcher mit seinem
Vater den sächsischen Hof besuchte, die italienische
Oper wieder auf einer Höhe, dass er, berauscht yon den
hier empfangenen Eindrücken, den Vorsatz gefasst haben
soll, in Berlin eine ähnliche Kunstblüthe hervorznmfen.
Auch lernte er bei dieser Gelegenheit den bertibmten
Flötisten Quanz kennen, den er zunächst mit Bewilligung
des Königs von Sachsen zeitweilig, später (1741) aber
ganz in seine Dienste nach Berlin herüberzog.
Um diese Zeit hatte sich von Italien der Ruf eines
jungen Deutschen auch bis nach Dresden verbreitet,
welcher in Neapel und Venedig als Sänger, Ciavierspieler
und Componist die grössten Triumphe feierte: es war
Adolf Hasse, vom Volksmund, wie von den Lippen der
Schönen, il caro — ja il divino Sassone genannt Wegen
des Rufs, den Sachsen sich damals in der Musik erworben,
konnte, nach der Meinung der Italiener, jeder aus-
gezeichnete deutsche Musiker eben nur Sachse sein, wie
denn z. B. auch Händel von den italienischen Musikern
also genannt wurde. Der Ruf des noch jugendlichen
Hasse erhielt einen neuen Nimbus, als die gefeiertste
Sängerin der Zeit, die schöne, vielumworbene Faustina
Bordon e, ihn mit ihrer Hand und Liebe beglückte.
Faustina hatte nur eben in London, sowohl wegen ihrer
Kunst, lals wegen ihrer Schönheit, einen Wetteifer Aet
Begeisterung hervorgerufen und über eine kaum minder
gefeierte Sängerin, mit der sie sich früher schon in
Venedig gemessen, mit der Cuzzoni,' nach langen Kämpfen
* Die Cuzzoni, welche man ,,den EngeV* nannte, konnte aock
zuweilen ein kleiner Teufel sein. Es ist dieselbe, welche Händel
einmal, um sie gefügig zu machen, hoch in die Luft hielt, indem er
sagte: ,,Je sais bien que vous 6te8 nne veritable diablesse, mais je
Tous ferai savoir, moi! moi! — que je suis Beelzebub, le chof des
Diablest"
— 137 —
den Sieg davongetragen. Es berührte sie daher unan-
genehm, in Venedig einen neuen Rivalen in der Gunst
des Pnblicums und der Kenner, wennschon auf anderem
Gebiete, zu finden. Auch waren in der That Hasse's
Erfolge fast beispiellos. Die Frauen bekränzten ihn mit
Blumen, die Dichter feierten ihn in Sonetten, und wo er
sich sehen liess, empfingen ihn jubelnde Zurufe. Faustina,
die sich von ihren Anstrengungen hier nur zu erholen
gedachte, lebte zunächst ganz zurückgezogen, so dass
sich Beide noch niemals gesehen hatten. Eines Tags
konnte sie dem Verlangen, den Gegenstand der allgemeinen
Bewunderung zu sehen und zu hören, jedoch nicht länger
widerstehen. Sie soll, wie man sagt, in einer Gesellschaft,
in welcher er spielte, sich unbemerkt hinter seinen Stuhl
gestellt und sein Spiel und seinen Gesang mit steigender
Bewunderung verfolgt haben, um dann eben so unbe-
merkt von demselben den Saal wieder zu verlassen.
Allein ihr Herz blieb zurück. Sie konnte den Eindruck
nicht wieder los werden, und vom Glücke an die Er-
füllung jedes Wunsches gewöhnt, habe sie nun den Er-
wählten in ihre Nähe zu ziehen und ganz an sich zu
fesseln gewusst, so dass die vornehme Welt Venedigs
eines Morgens von der Nachricht der Vermählung Beider
ganz plötzlich überrascht worden sei. Die Lebens-
beschreiber berichten, dass Hasse fortan nur noch für
Faustina componirt, dass nur die Liebe zu ihr ihm noch
die Noten dictirt habe. Gewisser noch ist, dass seine
Fran keinen geringen Antheil an der dauernden Be-
festigung seines Ruhms hatte. Sein im Jahre 1730 ent-
standener „Artaserse*' war die erste Oper, die er unter
diesem Einflüsse schrieb. Zu dieser Zeit wurden sie
Beide von der Berufung an den königl. sächsischen Hof
überrascht, wo auch im folgenden Jahre „Cleofide, Drama
per Musica del famosissimo Signor Giov. Adolfe Hasse,
detto ü Sassone'^ unter seiner Leitung und unter der
— 138 —
Mitwirkung seiner Gattin mit ungewöhnlichem Erfolge
zur Aufführung kam.*
1731 yerliess aber Hasse schon wieder Dresden^ noch
ohne feste Anstellung, wie es scheint^ doch mit dea
Titel eines königlich polnischen und kurfürstlich sächii-
sehen Kapellmeisters. 1732 dirigirte er im Theater Grimani
zu Venedig seine Opern „Demetrio'' und ^»Euristeo^. la
ersterer sang die Cuzzoni, in letzterer Faustina die Haupte
rolle. Zwischen Beiden war demnach der Friede wieder
hergestellt. Auch hier also sollte der Ausspruch Johann
Georg's III. (s. S. 107) wieder zu Ehren kommen. Erst
Anfang 1734 kehrten Hasse's nach Dresden zurück, und
zwar^ wie ans einem königlichen Rescripte hervorgeht,
in Folge einer neuen Berufung und auf Grund einer
neuen Bestallung.
Aus diesen von Fürstenau ans Licht gezogenen
Thatsachen ergiebt sich die Hinfälligkeit jener noch
immer aufs Nene wiederholten Unterstellungen, nach
denen das Hasse'sche Ehepaar nicht nur seit 1731 in
sächsischen Diensten gestanden, Fanstina bis 1740 unun-
terbrochen in Dresden geblieben, ihr Mann aber in-
zwischen als unglücklicher und betrogener Gatte auf
Reisen geschickt worden sein sollte. Dass Faustina
gleich bei ihrem ersten Erscheinen die Leidenschaft des
Königs in einem Grade erweckt habe, der ihren Gatten
um den Alleinbesitz des geliebten Weibes gebracht,
würde in früherer Zeit an sich nicht so unwahrscheinlich
gewesen sein, weshalb das Gerücht wohl auch nur Glauben
gefunden hat. Wie die Thatsachen aber lagen, hätte
ein solches Verhältniss, wenn es überhaupt stattfand,
doch von nur kurzer Daner sein können. Allerdings
erwarben sich Hasse's vom Jahre 1734 an eine Stellung
' Faustina sang die Cleofide, die Catanea die Eressena, Cam-
pioli den Porns, Annibali den Alessaudro, Kochetti den Gandarte
und Pozzi den Timagene. Die Kosten beliefen sich auf 11,000 Thlr.
- 139 —
nnd einen Einflnss am Dresdner Hofe, wie er fast bei-
spiellos in der Geschichte des Theaters ist. Wer aber
die ausserordentlichen und rein künstlerischen Erfolge
ins Ange fasst^ die Hasse sowohl^ wie Faustina^ wo sie
nnr immer hinkamen, errangen, wer die weltmännische
Gewandtheit nnd Betriebsamkeit in Erwägung zieht; mit
welcher Hasse jene Stellung nnd jenen Einfluss auch
dann noch behauptete, als Faustina's Reize bereits ver-
blüht und der Zauber ihrer Stimme erloschen war, der
wird nicht weiter nach anderen Erklärungen zu suchen
brauchen. In jedem Falle soll Hasse, wie Fürstenau auf
das Bestimmteste behauptet, Dresden nie ohne seine
Gattin verlassen haben.
Mit dem plötzlich eintretenden Tode Friedrich
August I. (1733) sollten die französischen Einflüsse am
Dresdner Hofe ihre Endschaft erreichen. Der Directeur
des plaisirs von Gaultier wurde durch den Kammer-
herm Heinrich August von Breitenbauch ersetzt
und der Oberkämmerei unterstellt, eine Einrichtung, welche
bis zum Tode des neuen Königs bestehen blieb. Gleich-
zeitig wurde sowohl das französische, wie das italienische
Schauspiel aufgehoben. Einige der italienischen Schau-
spieler empfingen Pension. Nur Andrö (als Compositeur
de danse) wurde neu angestellt.^
Die Italiener waren nun auf dem Gebiete der Oper
die Alleinherrscher am Dresdner Hofe geworden.
■ Yolumier und Schmidt waren bereits seit 1728, Heinichen
seit 1729 todt Des Erstoren Stelle hatte Pisendel erhalten. Den
Dienst der Letzteren versahen inzwischen Ristori, Zelenke und Pezold.
Die Oper unter Hasse.
HasRe und Fanstlua. — Die Haftse'gche Oper. — Die HlngotU-
sche Entreprlse. — Der Kampf Hasse's mit Porpora und der
Mlofroltl. — Knrprinzessln Maria Antonia« — Rfiektritt der
Faustina« — Salinii»erl. — Die Opernj^eselischaft Locatelll's. —
Das Moretti'sche Theater« — lilOtlie der Kapelle« — AHfl5giiBg
der italienischen Oper.
Es war unstreitig für die Entwicklung der theatra-
lisch musikalischen Kunst am Hofe zu Dresden ein Glück,
dass die Masik in der Kirche hier ein Gebiet fand, wo
sie sich frei ihren edelsten Impulsen hingeben konnte^ und
wenn sie auch sonst mehr nur als Dienerin höfischen Glanzes
und fürstlicher Unterhaltung angesehen wurde und dem
wechselnden Zeitgeschmack dabei unterworfen war, bisher
immer nur Mannen an ihre Spitze gestellt erhielt, welche
wahren inneren Beruf dazu hatten und eine hervorragende
Stellung auf ihrem Gebiete einnahmen. So war durch
Führer wie Schütz, Bernhard, Bontempi, Strungk, Uei-
nichen, Lotti, sowie durch eine Reihe der ausgezeichnetsten
Sänger und Instrumentisten Dresden zu einem der vor-
ztlglichsten Mittelpunkte des musikalischen Lebens in
Deutschland geworden. Auch war es trotz aller Unter-
brechungen, welche diese Bestrebungen im Laufe der
Zrit durch Kriege und Regierungswechsel erfuhren, hier-
durch immer wieder leicht möglich gewesen, eine neue
Blüthe hervorzurufen. Ja diese Unterbrechungen waren
insofern noch wohlthätig, als sie verhinderten, dass eine
— 141 —
einseitige Richtung^ dass eine einzelne Persönlichkeit^ die^
wie begabt sie auch sein mochte, zuletzt doch immer nur
eine beschränkte blieb und sich endlich erschöpft haben
würde, zu ausschliesslicher Herrschaft gelangte. In dieser
Beziehung war selbst der doppelte Einflnss des fran-
zösischen und italienischen Kunstgeschmacks unter Fried-
rich August i: noch heilsam. Er rief in den höheren
Kreisen der Dresdner Gesellschaft eine gewisse Viel-
seitigkeit der Geschmacksbildung hervor, welche sie
damals auszeichnete. Freilich entbehrte sie noch des
eigenen nationalen Charakters. So lange ausländische
Bildung und Kunst der deutschen aber weit überlegen
waren, konnte die Pflege derselben auch dieser immer
noch forderlich sein.
In der Musik war es freilich inzwischen schon
anders geworden. Hier hatte der Genius des deutschen
Geistes sich zuerst selbst wieder erkannt und zu eigen-
Ihümlichem Leben emporgerungen. In Sebastian Bach
stand er sogar, wenn auch auf einem anderen Gebiete,
als dem der Oper, in voller Grösse schon da, und selbst
noch in dieser hatte der geniale, wenn auch leichtlebige
Keiser, hatte der tiefrre Telemann sich dem Gängel-
bande der Italiener zu entreissen gesucht, die eigen-
thilmliche Grösse Händers, wennschon noch unter ihrem
Einflüsse, sich aber wenigstens angekündigt. Und doch
hatte der sächsische Hof mit diesen nationalen Be-
strebungen, die wohl der fürstlichen Pflege würdig ge-
wesen wären, nur flüchtige Berührung gewonnen.
Indessen wird man, um völlig gerecht zu sein, anderer-
seits einräumen müssen, dass diese sogenannte deutsche
Oper sich mit den besseren Werken der Italiener ent-
weder nicht messen konnte, oder, wo sie es konnte,
doch diesen noch völlig verschuldet blieb. Ja, was man
damals im Gegensatze zur italienischen die deutsche
Oper nannte — das waren doch immer nur die in theils
eigenthümlicher Weise, theils unter französischem Einfluss
— 142 —
ergriffenen nnd beliandelten Formen der crsterrn.
Keiser, welcher anf das Volkslied zurückgriff",
hiervon eine AuBnahme. Im Uebrigen scheint die 1
lassung des Recitativs den Hauptuntcrachied Kwlt
deutscher and italienischer Oper damals gebildet ZD tuA
In jedem Falte aber fehlte es noch zu dieser 2
dentscben Sängern und Sängerinnen, die es mit denei
Italiener, Ja selbst der Franzosen hätten anfnehmen köl
sowie unter diesen an solchen, die sich der Aafii
einer wahrbait dentsehen Musik nicht widersetzt I
Auch sehen wir noch fast alle deutschen musikaltl
Talente nach Italien wallfahren, um von den Itali<|
zu lernen. Noch musste Händel, ebenso wie einst i
die Hülfe italienischer Sänger und Säugerinnen iai
Spruch nehmen, um eine Oper errichten zu kOn
welche sich auf die Höhe der Zeit erhob. i|
Auch Hasse war <liesem Zuge gefolgt, ja gelHJ
obscbon er ein Deutscher, seiner musikalischen I
achauung und Bildung nach, doch völlig ItalteiJ
Indem aber Friedrich August II. fast unmittelbar f
seinem Regierungsantritte gerade ihn an die Spitze arf
Kapelle und seiner Oper berief, blieb er zugleich jek
Principe seiner Vorgänger treu, nur eine Kraft <
Ranges daHir zu gewinnen. Auch diesmal sollte.|
dieses Princip zunächst auf das Glänzendete und 1
um 80 mehr bewähren, als Hasse in detu Institut,
er berufen ward, eine Vereinigung der ausgesuchte
seltensten Krätze und in dem sieb ihm darbiete
Wirkungskreise eine ebenso knnstliebende, wie elegj
nnd glänzende Gesellschaft vorfand. Zum ersten 1|
aber sollte die Ausschliesslichkeit, mit der mao |
dieser Erwerbung als einer besonderen Bevorzugnaj
erfreuen suchte, bei der langen Dauer des diesem Ktti
hierdurch eingeräumten und allzu sehr im perBöo)
intercsse von diesem verwendeten Einfiusseä, gegei
den vtlUig veränderten musikalischen TerhmtniBWBl
— 143 —
Zeit; auch seine nachtheilige Seite zeigen. Es wurde
Uerdorcb der Gmnd gelegt zn dem einseitigen Knnst-
Seschmack, welcher in Dresden nun herrschend wurde
Qod diese ausgezeichnete Pflegestätte der Musik für lange
^n der bald alle anderen Länder überflügelnden Ent-
wicklang der nationalen Musik in Deutschland abschnitt
^d isolirte. Während in England und später in Frank-
^ich, ja selbst in Italien die deutsche Musik die grössten
^'umphe feierte^ blieb Dresden noch lange Zeit in dem
Banne nicht nur der italienischen Oper überhaupt^ sondern
'ogar in dem der besonderen Richtung derselben; die
S^t'ade hier ihre Vertretung fand und bis zum Abgange
B^aoe's im Jahre 1763 eine überwiegend formalistische
^^T. Bis zum Jahre 1748 wurden im grossen Opem-
'^^«e, ausser von Hasse, überhaupt keine Opern gegeben
^d keine Sängerin von Bedeutung trat neben Faustina
^^ dahin auf.
Johann Adolph Hasse, 1699 zu Bergedorf bei
^mburg geboren, erhielt schon im Hause seines Vaters,
der daselbst Organist und Schullehrer war, die ersten
^^alkalischen Anregungen, den ersten musikalischen
Unterricht. Zu seiner weiteren Ausbildung kam er nach
Hamburg, wo sich zu dieser Zeit ein reiches und eigen-
tümliches musikalisches Leben entfaltet hatte. Wie bei
dei^ meisten grossen Musikern der Zeit bildete auch noch
^i ihm der Gesang die Grundlage der musikalischen
^Udung, Seine ausgezeichnete Tenorstimme verschaflFte
i'^m die Empfehlung des damals in Hamburg lebenden,
i^^hmaligen Dresdner Hofpoeten Ulrich König, an den
derzeitigen Director der dortigen Oper, den genialen
Keiser. Dieser Hess ihn nicht nur als Sänger auftreten,
londem bemühte sich auch um seine weitere musikalische
Ausbildung. Es fehlte der ernsten, auf hohe Ziele ge-
richteten Natur Hasse's aber an Leichtigkeit und wohl auch
an Kraft eigenartigen, inneren Lebens, um von der künst-
lerischen Persönlichkeit Keiser's genügend angezogen wer-
— 144 —
den und dessen Halm mit Glück verfolgen zu können. Eine
Empfehlung an den Herzog August Wilhelm von Braun-
schweig trug ihm nicht nur eine Anstellung an desseiB^
Tlieater (1722) ein^ an welchem er auch als GomponiB^
mit der Oper „Antigonus^ debtttirte; sondern sie legt^
zugleich den Grund zu seiner späteren glänzenden LanP—
bahn. War es doch dieser kunstliebende Fttrst, der ilum.
zur Vollendung seiner Studien nach Italien sandte ,
er zunächst in Neapel sich der Leitung Porpora's anrer-
traute^ bis ihm der Wunsch in Erfüllung ging, von di
berühmten^ doch bereits greisen Scarlatti selbst Leb
und Rath zu empfangen. Schon 1725 trat er unte 'M
dessen Schutze mit einer zweistimmigen Serenade öfien^—
lieh auf, welche von Künstlern, wie FarinoUi und der Tesm^
vorgetragen, das grösste Aufsehen erregte und ihm di«
Bestellung einer Oper „Sesostrate" fUr das königliche Theater
eintrug. Der Erfolg derselben entschied seine Laufbahn*
Hasse hatte sich die Technik der italienischen Schule
vollständig angeeignet und beherrschte all ihre Formell
mit der anmuthigsten Leichtigkeit. Er verband meister-
hafte Kenntniss und Behandlung der Stimme mit ange-
messenem und dabei melodischem Ausdruck der Worte.
Es fehlte ihm nicht an Würde und Ernst, wenn auch afl
Tiefe und Energie, sowie an Ursprünglichkeit der E^
findung und an eigentlich dramatischer Gestaltungskraft.
Seine Opern leiden an Eintönigkeit, nicht selten an
Leere. — Wie sehr er sich aber auch im Bau und in
der Form seiner Arien und in der Behandlung der
Instrumentation wiederholen mag, so darf nicht vergessen
werden, dass die damaligen Componisten den Sängern
und Instrumentisten noch einen grossen Spielraom
eigener Gestaltung überlassen mussten, wodurch ihre
ausserordentliche Fruchtbarkeit sich auch erst erklärt
Es zeigt sich hierin eine ähnliche nur beschränkter«
Forderung von Seiten des Sängers, wie die des Schau-
spielers im Stegreifspiel war. Der Gesang war noch
- 145 —
immer die EUiuptsache, ihm wurde die Instramentation
T5llig untergeordnet Selbst noch dem Sänger durfte
man wenig mehr als den allgemeinen Umriss der musi-
kalischen Form geben, die er erst selbst zu erfüllen
batte. „Das ganze Recitativ — sagt Riehl in seinen
musikalischen Charakterköpfen — war ursprünglich eine
Aufgabe der Improvisation, für deren Gang der Componist
im Gruodbass nur trockne melodische Andeutungen, nur
flüchtige Hauptzüge gab." Selbst die Adagio's wurden
- oft Dar in den melodischen Grundzügen niedergeschrieben,
^^ Figurirung aber dem Sänger anheimgestellt, so dass
schon Quanz bemerkt, es gehöre mehr Erfindungsgabe
^Q, dergleichen Musikstücke zu singen, als zu com-
Poniren. Nichtsdestoweniger sei Hasse — wie Riehl
'Weiterhin sagt — „in seinen Andeutungen und Winken
oft 80 genial, dass man behaupten könne, ein Theil
^iner Composition sei acht dramatisch, sobald sich nur
tin dramatischer Sänger dazu finde". — Es wird aber
todererseits auch nicht zu läugnen sein, dass Hasse den
andauernden Erfolg seiner Opern der Trefflichkeit seiner
Sänger und Instrumentisten , sowie den Vorzügen der
Texte mit zu verdanken hatte. Sie gehören zum grössten
Theile dem Metastasio an, dessen Dichtungen von fast allen
Opemcomponisten der Zeit ergriffen wurden. Metastasio
hatte die von Apostolo Zeno ausgehende Reform des
poetischen Theils der Oper mit noch glänzenderer Be-
gmbang aufgenommen und weiter entwickelt. Unmittelbar
nach seinen ersten Erfolgen erhielt er von Kaiser Karl VI.
eine Berufung nach Wien, wo er bis zu seinem Tode
(1782) lebte und wirkte. Seine Vorzüge beruhen in der
zweckmässigen Stoffwahl, in der Reinheit und Klarheit
der Form, in dem Schwünge, dem Wohllaut, der leichten
rliythmischen Beweglichkeit seines sprachlichen Aus-
drucks, in der den Einschnitten und Accenten der Sprache
nch geschickt anschmiegenden Vocalisaiion, in der phan-
UsievoUen Behandlung endlich des Scenischen. „Viel-
— 146 —
leicht — sagt A. W. Schlegel von ihm — hat nie
Dichter eine grössere Fähigkeit gehabt; als er, in der
Kunst, die wesentlichen Züge einer pathetischen Situation
in der Kürze zusammenzufassen.^
Doch auch noch andere Mittel glaubte Hasse heran-
ziehen zu sollen^ um seine Opern am Dresdner Hofe mit
voller Ausschliesslichkeit zur Herrschaft zn bringen imd
ihrem Rufe eine immer erneute Verbreitung zn gebeo-
Er steigerte die decorative Pracht ihrer Ausstattung aaf
das AeusserstC; worin er in Brühl, der^ selbst musikaliseb
gebildet; eine eigene Kapelle und eines der glänzendsten
Häuser in Europa besass und seit dem Sturze Sulkowskj^s
(1738) zur Alleinherrschaft gelangt war, den immer'
bereiten Förderer fand.
Hasse wird uns als eine einnehmende Persönlichkeil^,
massvoll und edel in seinen Umgangsformen , anregend
und geistvoll in seiner Unterhaltung geschildert. Er soll
nicht nur die Kreise des Hofs, sondern auch die Mit-
glieder der Kapelle und der Oper ganz flir sich eiiam-
nehmen verstanden haben. Und über welche Kräfte
verfügte er nicht I Künstler wie Ermini, Annibali; Bindi^
Pisendel; Zelenka, Cattanco, Hunt, Weiss, BuffardiOi
Quanz, Richter, Fran^ois de Riebe etc. machten die
Kapelle zu einer der ersten der Zeit'
Faustina sollte jetzt freilich Alles verdunkeln, obwohl
sie damals nach der niedrigsten Angabe schon 33 Jahre
alt war.* Noch 1742 entzückte sie Friedrich den Grossen
durch die Jugendlichkeit ihrer Erscheinung und die
* Sie bestand 3 733 ans 66 Personen mit einem GehaltseUt tob
28,615 Thlr., der jedoch bis zum Jahre 173G wieder auf 42,626 Thlr.
gestiegen war.
* £s existiren von ihr verschiedene Porträts, eines von Rosalba
Cariera (Nr. 1977 der Pastellbilder der Königl. Gemäldegalerie),
ein anderes vom Hofmaler Torelli, nach welchem ein Stich von
Lor. Zucchi im Kupferstichcabinet. Ein drittes von Felicita ilof-
mann (geb. Sartori) ist in der Miniatursammlung der Königl. Gem.-
Gnlerie.
— 147 —
Frische ihres Gesanges. „Envoyez moi — schrieb dieser
kurz darauf an Algarotti — s'il se peut par le sonple
tie Ziphire quelques boufiföes des roulements de la
Faustine." Sie hatte ihre musikalische Ausbildung von
Benedetto Marcello und Francesco Gasparini erhalten,
Btudirte aber auch später noch unker der Anleitung von
Bernäcchi. Gasparini, ein Schüler Lotti's und berühmter
Contraaltist, errichtete in Venedig eine vorzügliche Ge-
sangsschule. Bemacchi war dagegen einer der be-
deutendsten Vertreter der Bolognesischen Schule, welche
der Gesangskunst eine wissenschaftliche Grundlage zu
geben suchte. Händel nennt ihn den König der Sänger
^öd seine Methode liegt dem italienischen Gesangsunter-
richt auch noch heute zu Grunde. — Die Erfolge
Fanstinens waren fast beispiellos. In Florenz wurden
Münzen auf sie geprägt.' In London soll sich ein eng-
Jwcher Cavalier, als Verfechter ihrer Ueberlegenheit über
^ie Cuzzoni , mit einem Prinzen des Hauses Orleans ge-
schlagen und ihren Sieg auf diese Weise entschieden
haben. Quanz, der sie in ihrer Blüthezeit hörte, berichtet
^<>D ihr, dass sie eine nicht allzu helle, aber durch-
dringende Mezzosopranstimme hatte, deren Umfang sich
damals vom ungestrichenen b bis über das zweige-
sWchene g erstrekte. Ihre Geläufigkeit soll ausser-
ordentlich gewesen sein, so dass sie ihren vorzüglichen
^ller überall anbringen konnte. Sie war die Erste,
^^Iche die Wiederholung ein und desselben Tons mit
^'^gemeiner Schnelligkeit, Genauigkeit und Leichtigkeit
^osflihrte. Mit diesem Allen verband sie eine bewun-
derungswürdige AusJrucksfähigkeit im gefühlvoll pathe-
^^chen, sowie im heroischen Vortrage.
Im Wesentlichen ist die Geschichte der Dresdner
^r von 1733 — 47 wenig mehr als eine Geschichte der
H*88e'8chen Oper. Da dessen Opern sich aber sehr gleichen,
^ genügt es, sie einfach der Reihenfolge nach aufzu-
^hlen. In der Regel schrieb er deren alljährlich zwei
•10»
— 148 —
bis drei. 1734 gab man seinen „Gajo Fabrizio^, gedichM
von Apostolo Zeno, der^ noch für Italien geschrieben, sehr
einfach instrumentirt war, sowie das Intermezzo: „rArti-
giano gentilaomo^ — Der Hof ging noch in demselben
Jahre nach Warsclian und kehrte erst 1736 zurttck»
Hasse's waren ebenfalls abwesend^ daher auch inzwischen
zwei Opern von Pallavicini und Ristori: „Le Faie** und
„Arianna" gegeben werden konnten.* Nach ihrer Rttck-
kehr 1737 errang er mit seiner „Senocrita" und „Atalanta*^
neue Erfolge. Auch in Hubertusburg wurde von ihm
noch eine neue Oper „rArianna*^ gegeben. Die Ve^
mählung der ältesten Tochter des Königs mit dem
Könige Karl von Sicilien, welche im folgenden Jahr
verschwenderische Festlichkeiten veranlasste, wurde unter
Anderem auch durch die Uasse'schen Opern ^La Glemenza
di Tito" von Metastasio und „Irene** von Pallavicini ver^
herrlicht. Auch das Opernhaus hatte innerlich eine neue
Ausschmückung erhalten. Von jetzt an betrugen die
Ausstattungskosten der in einem Carneval aufgeführtea
Opern, Gomödicn, Ballets fast immer an 40,000 Thaler.
In das Jahr 1739, welches Hasse's wieder in Italies
verbrachten, fallt die Anstellung des durch die Schönheit
seines Tons und seinen geschmackvollen Vortrag darch
ganz Europa berühmten Oboisten Besozzi. Kurze Zeit
früher hatte man iu dem Bratschisten Johann Adam
noch einen verdienstvollen Componisten gewonnen, welcher
sich besonders durch die Tanzmusiken auszeichnete, die
er zu den Uasse'schen Opern lieferte. 1740 begegnen
wir einer neuen Oper ^Demetrio" von Metastasio und
Hasse, dazu als Zwischenspiel „La Serva padrona** von
Pergolese. Im folgenden Jahre finden wir den „Numa
Pompilio" mit dem Intermezzo „Pimpiuella c Marcantonio"
von Pallavicini und Hasse verzeichnet. Es ist die letzte
Oper des Dichters, welcher im folgenden Jahre starb.
^ Die erste im Jagdschlosse zu Habertosburg.
149 -
An seine Stelle trat der Legationsrath Claudio Paa-
quinj. — Das Jahr 1742 iat denkwürdig durch FriedricU
Afs Grossen HcBuch , welclier durch rfie Oper „Lucio
Papirio" von Zeno und Hasse verherrlicht wurde. Ihr
folgte noch in demselben Jahre „Didone abliaudonata"
TOD Metastasio und Hasse, 1743 die einactige Oper
f,)'A8tlo d'Amore" (beide in Hnbertusburg) und 1744
„Antigoufc" derselbi-n Autoren. In ihnen wirkte der 1742
^wonnene berllhnite Tenorist Amorcvoli mit, soivii; der
BaasiM Schuster, die Altistin Denner Und der Baesist
Campagnari, die schon etwas iruher in die Kapelle ge-
treten waren.
Nach längerer Abwesenheit Hasse's kam 174& eine
neue Oper desselben: „Arminio" von Pasquini zur Auf-
fübning. Sil? ging nninittelbar dem Ausbrach des Krieges
Torans, Friedrich der Grosse licss sich dieselbe, weil
«ie politische Anspielungen enthalten sollte, nach seinem
Einzage in Dresden wiederholen. Auch in Berlin kam
aie deahalb zur Aufführung, Uelierhaupt unterbrach der
Krieg die musikalis(;ben Neigungen des prenssiechen
Kflniga nicht. „Heute wird Arminius gespielt — sehrieb
er stn 19. December aus Dresden an Fredersdorf — und
ist alle tage Music oder Opera." Bei seinen hier täglich
stattfindenden Kammerconeerten spielte Hasse den Flttgel,
Kaustina und Bindi sangen.
Am Königlich sächs. Hofe aber dauerte die Unter-
tirecbong der musikalischen und theatralischen Lustbar-
keiten auch nach dem Kriege noch fort. Es wurde aus
diesem Grunde 1746 dem Theaterdircetor Pietro Min-
gotti, einem Bruder des Angelo Mingotti, der ebenfalls als
Opernunternehmer in Deutschland lieruiuzog (1732 finden
wir ihn unter Anderem in Leipzig, 1740 in Hamburg),
die Erlanbniss ertheilt, im Zwinger ein hölzernes Theater
zu erbauen und darin mit seiner Opern gesellschaft
während der Monate Jnli und August mit Königl. Unter-
stützung zu spielen. Dieses Theater, welches sich etwa
— 150 —
an der Stelle befand ^ die jetzt das Denkmal Könige
Friedrich August des Gerechten einnimmt und nur
20 Ellen breit und 60 Ellen lang war, wurde am 7. Juli
mit der Oper ^^Argenide^' von Metastasio und Vinci unt^
Direction des Paolo Scalabrini eröfiPhet Als Sänger
finden wir bei diesen Vorstellungen: Giuseppe Perini,
Settimo Canini, Margherita Giacomozzi, Adelaida Sega-
lini, Anna Mezzoni erwähnt.
Mingotti war schon 1743 von Prag aus nach Ham-
burg gekommen, wo er seitdem mit Unterbrechungen
und anfangs mit vorzüglichen Kräften gespielt hatte.
Besonders machten hier Rosa Costa und Giovanna Stella
grosses Aufsehen. Im Anfang des Jahre» 1746 schildert
Schütze (Hamb. Theatergesch.) die Verhältnisse derselben
aber als sehr heruntergekommen. Dies scheint sich auch
nicht gebessert zu haben, als er im October dieses Jahres
(also unmittelbar von Dresden) zurückkam, da er erst
Rosa Costa wieder gewinnen musste, um seine Oper zu
heben. Wie es sich aber auch mit dem damaligen Zu-
stande dieser Gesellschaft verhalten mag — und die
Thatsache, dass die Königl. Kapelle zur Aufführung des
„Artaserse^ den Bassisten Schuster hergeben musste,
spricht allerdings noch dafür, dass er kein zu glänzen-
der gewesen sein mag — , so waren diese Vorstellungen
für die Dresdner Musikzustände doch epochemachend,,
insofern das Publicum nun auch noch andere Opern als
die Hasse'schen hörte und für sein Geld sich eine freie
Meinungsäusserung darüber erlauben durfte.^
Nach dem Weggange der Mingotti'schen Gesellschaft
erhielt der Hofopemsänger Campagnaridie Erlaubnisse
' Man spielte 4 mal wöchcDtlicb (Montags, Dienstags, Donners^
tafrs und Sonnabends). Eine Loge der ersten beiden Ränge kostete^-
2 Ducaten fQr den Abend. Ein Billet darin 16 Groschen. Ein»'
Loge des dritten Ranges 1 Ducaten, ein Billet 12 Gr. Das Parten^
16 Groschen.
— 151 —
mit einer ausschliesslich aus seinen Schülern , die
lauter Deutsche waren, gebildeten Gesellschaft Opern
zur Aufführung zu bringen. Indessen finden wir auch
Mitglieder der Königlichen Oper dabei. So den Teno-
risten Ludw. Cornelius und den Bassisten Anton
Führich. Beide waren bereits 1745 engagirt. Wilhel-
mine Denner, eine Schwester der Hofopernsängerin
Sophie Denner^ erhielt im folgenden Jahre ebenfalls
Anstellung. Ausser ihnen wird noch Anna Haller und
Johann Hoflmann erwähnt. Sie Alle sangen in der Oper
«Astrea placata owero la felicitä della terra" von Meta-
stasio und Joh. Georg Schürer/ die am 7. October
zum ersten Male gegeben wurde. — Ihr folgte am 8. No-
vember „Galatea" von denselben Autoren.
Erst 1747 wurden die Opernvorstellungen bei Hof
wieder aufgenommen und mit Semiramide von Metastasio
und Hasse eröffnet, welcher Letztore inzwischen wieder
in Italien gewesen und auf dem Wege dahin einen
Besuch am Hofe zu München gemacht hatte, wo er von
dem kunstliebenden Eurfllrsten auf das f^reundlichste
aufgenommen worden war. Hier lernte ihn auch Maria
Antonia, die spätere Gemahlin des sächsischen Kurprinzen,
kennen. Er begleitete sie zum Gesänge und auch der
Kurfürst spielte ihm auf der Gambe vor.
Das Jahr 1747 bildet gewissermassen einen Abschnitt
in dem musikalischen Leben in Dresden, wozu ver-
schiedene Umstände mitwirkten. Zuerst die Ankunft der
dem Kurprinzen von Sachsen vermählten bayerischen
Prinzessin Maria Antonia am sächsischen Hofe. So-
dann die Ernennung des Geh. Raths C. Heinrich von
Diesskau zum Directeur des plaisirs an des verstorbenen
Breitenbauch Stelle und endlich die erneute Ankunft
■ Scharer wurde 174S als Kirchencomponist angestellt und ent-
faltete eine ungeheure Th&tigkeit. Noch jetzt werden 600 Partituren
Ton ihm aufbewahrt
- 152 —
Mingotti's mit einer Sängerin ersten Banges^ Segina
Mingotti; seiner Frau.
Regina Yalentini war 1728 in Neapel geboren. Sie
stammte von deutschen Eltern ab und kam auch; noch
ehe sie das erste Jahr erreicht hatte^ mit diesen nieli
Deutschland. Ihr Vater, als Offizier in österreichischeB
Diensten, erhielt den Befehl, sich nach Schlesien zu be-
geben^ und nach dessen schon früh erfolgendem Tode
wurde sie von ihrem Onkel einem Ursulinerkloster zur
Erziehung anvertraut, in dem sie die ersten musikalischen
Eindrücke empfing. Im Alter von 14 Jahren kehrte sie
zu ihrer Mutter zurück, konnte aber zu dieser kein
rechtes Verhältnies gewinnen. Um dem häuslichen Un-
trieden zu entgehen, willigte die schöne Regina in die
ihr vorgeschlagene Heirath mit dem schon bejahrten und
ungeliebten Mingotti, welcher die herrliche Stimme an
ihr entdeckt und als eine unschätzbare Mitgift erkannt
hatte.
Am 10. Juni, unmittelbar vor den Festlichkeiten xa
der Doppelvermählung des Kurfürsten von Bayern mit
der Prinzessin Maria Anna von Sachsen und des säch^
sischen Kurprinzen mit der Prinzessin Maria Antonia von
Bayern, eröfifnete Mingotti in Gegenwart des Hofs sein»
Vorstellungen mit der Oper ^Didone" von ScalabrinL
Ausser Regina Mingotti waren diesmal noch Giustin^
Tnccotti, Canini, Giacinta Forcellini, Ant. Casati,
Pelegrino, Gaggiati mit thätig. Dieser von grossem
Erfolge begleiteten Darstellung folgte am 25. im kleinen
Theater ^Demetrio^ von Scalabrini und am 28. auf einer
im Schlossgarten zu Pillnitz erbauten Bühne eine wahr-
scheinlich zu dies( r Veranlassung geschriebene Festoper:
^Le nozze d'Ercole e d'Ebe" von Gluck.
Dass Gluck bei dieser Gelegenheit in Dresden war,
ist durch ein von Fürstenau mitgetheiltes Actenstück er-
wiesen, in welchem ihm ^zur Abfertigung^ '400 Thaler
— 153
iet KammerkaBBe angewiesen wurden. MügUcb, daes
»k dieses Festspiel selbst dirigirte.'
Der Eindruck, weichen Regina bei diesen Spielen
Semacht, konnte durch die grosse, mit aller PracLt ans-
E^atlfle Oper: „La Spartana giMierosa ovvero Archi-
umia" von Pasqnini und Masse nicht in Schatten gestellt
"Cden, obsc^hon darin dir berUlimte, in diesem Jabr der
Mpelle gewonnene Ältist Gilt vanni Carestini, sowie
•«** damals darch seine Reform der Tanzkunst Epoche
"••eilende Jean Georg Novetre mitwirkten, der damals
^»ichlalla in Ansehen stehende, besonders dazu beruleDe
■'ler Giuseppe Galli, genannt Bibiena, aber die Deco-
'■tiooen daxu gclielert hatte.' Üie Folgen dieses Ein-
<lni<2ka sollten nicht ausbleiben; wiis mit dem Einfiuss
'"•»mmen hängt, welchen die Kurprinzessin fortan anf
oie mosikalischen Verbältnisse am Dresdner Hofe ge-
Maria Antonia Walpurgis (geboren \7'H), die
"'^»tc Tucbter des Kurfürsten von Bayern, nachmaligen
•^Äisera Karl VI L von Deutschland, hatte an dim kunst-
''^■^»«nden Hofe ihres Vaters eine ausgezeichnete Erziehung
K^öcgsen, eine Fülle musikaliseher Eindrücke in sich
■•^fgenommin- Sie brachte au den kunslsinnigen süch-
■»cilien Hof neue Auregungen und ein npues Kunst-
™t«re88e. Sie li< bte nicht nur die Musik, Poesie. Malerei,
"^ versuchte sieh auch selber in ihnen mit Glück. Sie
' Gluck scheint von dieeer Zeit au mit Mingotti in weiterer
'^»"liuKlung geblieben zu sein. Wenigstene lieisst es bei Schütze
t**^*»!». Theatergesch. 202): „Scalabrini war (1748) als Hofkapell-
'"^■Wer iu iliLniBt'lie Dieuste getret&n. Stine Stelle bei Miiigottl
•**Äi*te der berohmti! Uluck." — Wogegen ihn Ireilieh Anton Sclimid
•*^<» tH8 in Wien seio lisst.
* Er gab später ein grosses arcttitekioDlsches Werk bersug, in
Wirbeln sieb auth einige Abbüdungtn Ton Decoralioneu unter der
jl^^cidiDiing finden: .Seen« della Festa testrale, in OL-L-asione degli
**<*nsdi dellA Priocipessa Beile ili Foloida ed Eltorale di Sasaoni^"
— 154 —
wurde die Schützerin Hasse's, Porpora'S; Naamann's, eine
Förderin Scbnster's, der Mingotti, der Mara and des
Raphael Mengs. Sie legte den Grand zu der jetit so
bedeutenden Secnndogenitur- Bibliothek. Sie dichtete in
französischer und italienischer Sprache, wobei sie in dieser
sich ebenso Metastasio, wie in ihren Opemcompositioiien
(die in Marpnrg's kritischen Beiträgen nnd in HiUer'i
wöchentlichen Nachrichten Anerkennung fanden) Hasse
zum Vorbilde nahm. Die letzteren erwarben ihr anch
die Freundschaft Friedrich's d. Gr., der in andauerndem
Briefwechsel mit ihr stand. „Protögez-les toiyours, Ma-
dame — schreibt ihr dieser einmal in Bezug auf die Kfinste
(13. September 1767), — la gloire que ces arts donnent,
est pröförable k la plus illustre naissance, comme au pIns
haut d^grö d'ölövation oü les hommes puissent monter.
Les aimer, les protöger et les cultiver comme V. A. R. —
c'est avoir acquis un m^rite personel, le seul que Ton
estime et que Ton revere dans les princes." Obschoa
die Prinzessin der italienischen Musik mit einer Ans*
schliesslichkeit anhing, welche ihr die eigenthtlmliche
Schönheit der späteren Musik Glnck's verschloss, so untef
stützte sie doch gelegentlich dessen Bestrebungen, indeH^
sie z. B. die Schwierigkeiten beseitigte, welche dad
Theater- und Orchesterpersonal in München (die Menschet
sind eben immer dieselben gewesen!) gegen die Auf^
führung seines Orpheus erhoben. Und wie sehr sie aucl*
Hasse verehrte und zum Vorbilde nahm^ konnte sie die^
doch nicht blind gegen die Vorzüge Anderer machen.
Auch in Dresden setzte sie ihre musikalischen Stm^-^
dien, im Gesänge bei Porpora, in der Gomposition b^*
Hasse, noch fort.
Nicolo Porpora, 1685 in Neapel geboreui wm^
nicht nur einer der bedeutendsten Componisten, sonderO
auch der berühmteste Gesanglehrer der Zeit. Aus seiner
Schule gingen die grössten Sänger, ein Farinelli, ei«»
Cafarelli, Sambinelli, Salimbeni, Uberti u. A. henrar-
i
^^^PttDcheinlich batte er noch ron München aus die Be»-'
rufnng znm Gesangslehrer der Kurprinzessin erhalten,
vielleicht war er sogar schon in ihrem Dienste, als sie
nach Dresden kam, — gewiss aber ist, dass er jene Ue-
mfung wenigstens nicht der Empfehlung Ilasge's zu
(laDkco hatte, wek^her, obschon sein Schüler, doch in ein
ufcrsHchtiges, ja feindseliges Verh<niss zn ihm gerathen
war, da Beide sich längere Zeit einander die Suprematie
ia Venedig streitig machten. Wenn wir daher auch an-
nehmen mllssen, dass das Interesse, welches Porpora
sofort an der Stimme nnd Begabung der Regina Mingolti
aaluu, ein aulrichliges und künstlerisch berechtigtes war,
RAg es doch durcli diese Verhältnisse gesteigert und
{{achtheil Hasse's benutzt worden sein. Der alte,
oe Mingatti erkannte sogleich, welche Vortheile ihm
Beiner schönen Fran hieraus erwachsen konnten, und
theils um deren künstlerische Ausbildung wirklieh noch
weiter zu fördern, theils um dem schon alternden Heister
und Landsmann zu schmeicheln, empfahl er Kegina uiclit
nor Heiner Gunst, sondern liess sie auch von ihm
aaterrtchten. Nur kurze Zeit nach der ersten Änftuhrung
von „Le mme d'Ereole e d'Ebe" wurde dieseltie dnrcti
Rrscript vom 22, JqU 1747 an der Künigl Oper mit
2CO0 Thaler Gehalt engagirt. Es ist kaum zn bezweifeln,
dasji Porpora hier seine Hand mit im Spiele hatte und
BfineD Einäuss bei seiner fürstlichen Schülerin, noch mehr
vielleicht aber bei dem neuen Directeur des plaisirs,
Heinrich von Diesskau, henUtzte. Am 18. Juli, am Gc-
bnrtstage der Kurprinzessin, trat Regina Mingotti im
grossen Opernhause in der Oper „Fiiandro" von Nicolo
Porpora anf- „Ein Ereigniss — ruft Fürstenau aus —
znm ersten Male im grossen üpernhatise eine Oper, nicht
von Hasse componirt — zum ersten Male eine bedeutende
Sängerin neben der Fauatina!" Als Porpora aber auch
noch neben Hasse zum Kapellmeister ernannt worden
M^^ erschien es nicht mehr zweifelhaft, dass des Letz-
- 156 —
teren Stellung bedenklich erschüttert sein müsse. Indessen
war Hasse nicht der Mann, seinem Oegner unbestritten
zu weichen. Hatte die Mingotti gegen Faustina jngrad-
liche Schönheit; Frische der Stimme und den Beix der
Neuheit voraus^ so hatte er selbst gegen den alternden
Porpora die volle, rüstige Kraft des besten Mannesalter^
die grössere weltmännische Bildung und seine ansgebrd-
teten Dresdner Verbindungen in die Wagschale zn werfen.
Porpora hatte den Vortheil, bei all seinen etwa mit
gegen Hasse gerichteten Schritten den Schein persün-
lieber Feindseligkeit völlig vermeiden zu können, Hasse
besass aber Weltklugheit genug, auch seinerseits diesen
Schein zu vermeiden, insbesondere seine Gattin von dem
ofifenen Kampfe gegen die Mingotti möglichst zurück-
zuhalten. Um so wirksamer mögen dafür im Geheimen
die Intriguen gespielt haben. Wie gross die Parteinng
damals in Dresden gewesen, geht daraus hervor, daas
der mit Hasse's eng befreundete englische Gesandte Sr
Charles Hanburj Williams öfifentlich erklärte: „die Min-
gotti sei unfähig, eine langsame und pathetische Arie^ zu
singen, und zwar ohne sie noch darauf geprüft zu haben.
Denn als er dieselbe später gehört, soll er, nach der
Mingotti eigener Erzählung, einen öffentlichen Widerruf
erlassen und sich um ihre Freundschaft beworben haben.
Doch ebenso wenig wie diese Intriguen hinderten,
dass die Mingotti rasch einen Weltruf errang, sollte
es, wenn es überhaupt beabsichtigt war, Porpora gelingeo^
sich gegen Hasse dauernd in Dresden behaupten n
können. Schon 1750 hatte es dieser erreicht, znm Ober-
kapellmeister ernannt und hierdurch über Porpora gesetit
zu werden. 1751 aber sehen wir Letzteren und 1752 aueb
die Mingotti Dresden verlassen, obschon Fanstina bereitf
1752 ganz von der Bühne zurückgetreten war. *
' Die Mingotti ging zunächst nach Madrid, wo sie neben (ümM^
2wei Jahre an der Königl. Oper unter Farinelli sang und die tvaset'
- 157 —
Unter den Anffbbrnngen des Jahres 1747 finden wir
noch einige Opern von Scalabrini bei der Mingotti'schen
Gesellschaft^ die des ^Ercole sul Termodonte^^ Azzione
teatrale von Metastasio und Schürer^ ausgeführt von den
Schülern Gampagnari's im kleinen HansC; verschiedene
Intermezzi von Hasse^ sowie endlich die Oper ^Lencippo^
Yon Pasqnino und Hasse (in Hubertasburg) verzeichnet. ^
In den Intermezzi erlangten Pietro Mira^ Domenico
Cricchi nnd Rosina Ravinetti Bon grossen Beifall.
Letztere^ eine berühmte Soubrette, war seit November
1746 engagirt worden, ging aber schon 1748 mit ihrem
Manne, dem Architekten Bon, nach Berlin in den Dienst
Friedricb's des Grossen.
1748 erschien die neue Oper Demofoonte von Me-
tastasio und Hasse, mit Decorationen von Bibiena —
während unter Mingotti einige Vorstellungen im kleinen
Theater stattfanden, welches jedoch am 29. Januar,
unmittelbar nach beendigter Vorstellung, abbrannte. Im
folgenden Jahre machten die deutschen und italienischen
Pantomimen, Intermezzi, Burlesken und Kinderballets, mit
denen damals der Impresario N i c o 1 i n i Deutschland
darchzog, hier, wie überall, grosses Aufsehen.
Die Vorstellungen im grossen Opernhause hatten
dnrch den während der Abwesenheit des Königs unter-
nommenen Umbau eine Unterbrechung erfahren. Erst im
Januar 1750 wurde dasselbe, von Bibiena renovirt, mit
der Oper Attilio Regolo von Metastasio und Hasse wieder
eröffnet.
ordentlichsten Erfolge errang. Kach langen Konstreisen Hess sie
sich 1763 in Manchen nieder und stafb 1807 bei ihrem Sohne zu
Xenbarg an der Denan. Ihr Portr&t, gemalt von R. Mengs, befindet
sich in der Königl. Gemäldegalerie zn Dresden.
* Das Ballet, welches in allen diesen Vorstellungen eine grosse
Rolle spielte, war inzwischen (unter Du Mesniel) sehr vervollkomm-
net worden. Neben Antoine Pitrot, seit 1748 Unterballetmeister,
und seiner Fraa gl&nzten Catherine Andr^, sowie Dominique Leni
imd Frto, die Letzteren besonders in komischen Rollen.
— 158 —
lieber diese Renovation des Opernhauses spricht sich
ein in den Bejträgen zur Historie und Aufnahme des
Theaters enthaltener Bericht vom Jahre 1760 nicht eben
günstig aus. ^Auf inständiges Bitten des Italieners
Bibiena — heisst es darin — ward ihm die AnfRihrnng
dieses Baues aufgetragen; seine Veränderungen sind aber
so schlecht^ ja so elend gerathen^ dass er ganz und gar
keinen Beyfall erhalten, und der weltberühmte Herr Job,
Christoph Enöfel, königl. Oberlandbaumeister bereits
Befehl bekommen, durch deutschen Weg zu verbessern,
was der italienische verderbt hat." Aus diesem Berichte
ersehen wir zugleich, dass im „Attilio Regolo" die Min-
gotti wieder neben der Faustina spielte und zwar die
Rolle des jungen Regolo. Sie wäre bei dieser Gelegen-
heit beinahe ums Leben gekommen. „Die schöne Anstalt
des Bibiena — sagt der Bericht — hätte uns durch
Einfallung einiger Maschinen beinahe um eine beweinens-
werthe Sängerin gebracht, und gewiss er wäre durch
den Tod der Mademoiselle (?) Mingotti in Stücken zer-
rissen worden, wenn nicht ihr Casket ilir und sein LfCben
errettet hätte." Der Bericht enthält ferner eine Kritik
der Besetzung der Oper, die ich, weil sie von allge-
meinerem Interesse ist, hier im Auszuge mittheile. Den
Regolo spielte Domenico Annibali. ^Seine ansehnlich
untersetzte Gestalt macht ihn einigermassen ehrwürdig»
Er singt einen guten Alt und hat ein ganz feines Gesicht.
Seine Action ist natürlich; doch ist sein Körper etwas*
hölzern." Angelo Amorcvoli, „ein Mann von einemi
bürgermeisterlichen Ansehen, mittlerer Grösse, schwan-
bräunlichem Gesichte", spielte den Consul. „Seine treff-
liche Tenorstimme, seine gute Action, seine Miene, sein.
gesetzter Gang, alles dies macht ihn zu einem so guten.
Acteur, als er wirklich ein guter Sänger ist." Josepk
Schuster, „ein durchdringender Bassist", stellte den Tribua
Licinius vor. „Er weiss sich ein Ansehen zu geben, docbi
sind seine Actionen und sein Gang sehr gezwungen.^
~ 159 —
Bamilkar gab der Caatrat Ventura Rcechetti. Sein
IMtcftnt and Vortrag wird gelobt — „uur zeigt er zu
rtult die ell'enbeiaeiien Zälioe — er liat ein fein Gesicht
Md Bchalkbafle Angin. Seine Blicke könnten gefübrlicli
Käu." — Fanatina spielte die Tochter des Regolo. „Mau
W(ii8, dass sie vortrefflieli singen, aber auch nicht melir
jrag sein kann. Weder in der Action, noch im Gesänge
'omtal ihr jemand gleich, wenigstens auf dem dread-
"Bohen Theater." Von der Mingotti wird gesagt, sie
•"•he ihre Rolle so uatUrüch gegeben, dasa man im
^Woifel gewesen, ob sie ein Frauenzimmer sei. „Ihr
'*»»l»nd ist fein, ihr Witz lebhaft, ihr Geist aufgeweckt.
^ Gesteht ist rund, die Augen sind blau, die Ilaare
"'**lld, der Hals ist sehr schön, doch die tonerfUlIte Kehle
"•^ noch bewundernswürdiger. Die Brust ist völlig, die
'"tase einer Mannsperson könnten nicht schöner sein.
^t'e Vorstellnngen, ihre Actionen sind allezeit natürlich
""^^ wohl angebracht. Alles gefällt an ihr. Man sollte
■"oinen, nie würde sich ihren Reiz zu Nutzen machen,
'»er nichts weniger. Ihre Rolle würde gewiss der Gastrat
"■«ivanni Hindi erhalten haben, wenn ihn nicht der Tod
f^«M und gar unbrauchbar gemacht hätte. Er wird von
■^ll«n bedauert. Das freie Wesen im Singeu mussten
"*«»i Alle zugestehen." — Vim Maria Rosa Negri, welche
w«ae Gefangene des jüngeren Ri^golo sang, heisst es,
Q*»-»« ohne ihre Stimme ^ihr alterndes Gesicht und starker
l^'Öjper" schwerlich gefallen würden. Auch die beiden
•^«nner spielten mit, Sophia wird als eine Frau Pcstel
bezeichnet. Der Berichterstatter bedauert, sie so wenig
^enveodct zu sehen. Von Biaggio Campagnari, Salvatorc
l'*i«ifico, Nicolo Pozzi, Joseph Görgel nnd Ludovico
Cornelius wird gesagt, dass sie trotz ihrer guten Stimmen
ÄUt meist zur Verstärkung des Chores verwendet würden-
Derselbe Bericht giebt auch etwas nähere Aus-
^''lift über die schon im Jahre 1737 durch den Grafen
»ilUo ia Venedig angeworbene italienische Stegreifspiel-
— 160 —
gesellschaft, welche bis zum Tode des Königs miterhaltett
wurde. Dieselbe bestand ans 16 Personen nnd ftlbrte ansBer
derartigen Gomödien auch Singspiele und Ballete auf. Sie
begleitete den König auf seinen Reisen nach Warschai
und gab in Dresden ihre Vorstellungen abwechselnd mit
der Oper. Der Director dieser Gesellschaft war Antonio
Bertoldiy welcher schon bei der 1714 engagirten Ge-
sellschaft war. Der Bericht schildert ihn als einei
unterrichteten Mann^ der vieler Sprachen kundig gewesen
sei und viel Witz besessen habe. Er spielte die Rolle
des Harlekin und ^^war recht dazu bestellt und geboren^.
— Gamillo Gonzachi, ein kleiner untersetzter Mann, solli
obschon er auf einem Beine hinkte, ein yollkommener
Acteur gewesen sein. Er spielte den Taborino, doch
auch die Marquisrollen. Niclit minderes Lob wird deia.
Bernardo Vulcano ertheilt, welcher gesetzte Liebhaber
und ruhige Alte spielte und „an dem Alles — Augen,
Mienen, Hände und FUsse — geredet habe". — Frenoi^
aus Golinette gab Pantalonro)len ; die Natürlichkeit 8eine0^
Spiels wird gerühmt. Auch Toscani wird als Liebhaber
gelobt. Wogegen Pietro Moretti, dem wir noch spätes*
begegnen werden, als ein sehr schlechter Acteur bezeichne^
wird. — Enthusiastisches Lob wird der Marta Focari cr^
theilt. „Ihre Gestalt ist königlich. Sie ist nicht jüngste^
Man sollte aber schwören, sie sei es." Es werden noctB-
Isabella Vulcano, die Toscani und Giovanna Casanova
genannt. Von der Letzteren heisst es: „Ihr Gesicht i**
alt, trotz der theatralischen Magic! Eine böse Fraim-v
einen rechten Teufel von einer Frau würde sie
vorstellen als die Liebhaberin." *
* Der älteste Sohn der Casanova, Giovanni, wurde 1764 Galeri^^
director in Dresden; auch der jüngere, Giacomo, der berüchtigC^
Abenteurer, taucht hier zu verschiedenen Malen auf. Im Jahre 17l^^
war er beauftragt, das französische Zauberballet „Zoroastre** n>0
Gahusac und Hameau ins Italienische zu übersetzen. Es kam tncli
— 161 —
Eine Reise, die Hasse's in diesem Jahre naeh Paris
unternahmen; wo sie am Hofe die glänzendste Aufnahme
&nden (sie wohnten sogar im Königl. Schlosse), scheint
ihre Stellang in Dresden, soweit es überhaupt noch
nöthig war, vollständig wieder hergestellt zu haben.
Unter diesen Eindrücken und den Triumphen^ welche die
Faustina hier im nächsten Jahre neben Salimbeni erzielte,
nahm sie in der Oper ,,11 ciro riconosciuto'^ von Metastasio
«nd Hasse für immer von der Bühne Abschied.^
Feiice Salimbeni war 1712 in Mailand geboren
und von Porpora und Appiani zum Sänger ausgebildet
worden. Er hat überall, wo er hinkam, den grössten
Enthusiasmus hervorgerufen und zwar, weil sein Spiel
8teif und leblos war, nur durch den Adel seiner Per-
sönlichkeit und die Pracht, die Kunst und den Zauber
Beines Gesanges. Er sang vom ungestrichenen a bis ins
nreigestrichene c mit schärfster Reinheit und schönster
FtlUe des Tons. Seine Intonation, sein Portamento werden
*l8 tadellos bezeichnet. Seine Uebergänge von der lei-
sesten mezza di voce bis zur vollsten Kraftentfaltung
waren von der unerdenklichsten Feinheit.- Es mag ihm
*n Feuer und Energie des leidenschaftlichen Ausdrucks
Sefehlt haben, im Pathetischen jedoch soll er Meister, im
Adagio, im brillanto Andante unübertrefflich gewesen
Bein. Man sagt, dass ihn Metastasio, der ihn bewunderte,
^ folgenden Versen zu zeichnen versucht habe (Olimpiade
1- Act, 4. Scene):
JBit Tielem Glänze zur AufTührong. Bei dieser Gelegenheit war er
^ r)resden, Tielleicbt selbst vorübergehend in königlichem Dienste,
^ in Rechnungen vom Monat März d. J. von einer Gehaltszulage
^^•^Iben die Rede ist. Die Giovanna Casanova trat auch selbst
*^ I^ichterin auf. Ihr gehört die im Jahre 1748 zur Aufführung
gelangte Oper „Le contesi di Mestre e Malghera per il trono** an.
' Sie behielt jedoch ihren vollen Gehalt und ihren Titel als
^mersingerin.
11
- 162 —
Jo Fho presente. Avea
Bionde le chiome; oscnro il ciglio; il labbri
Vermigli si, ma tumidetti se forse
Oltre il dover; gli sguardi
Senti e piotosi; un arrosir frequente,
Un soave parlar '
Seit 1743 an der Oper Friedrich'ß des Grossen
gestellt, war es einzig durch List gelungen, ihn ftr dß^
sächsischen Hof zu gewinnin. Ein sich bei ihm a0>'
kündigendes Brustleiden bot dazu den äusseren Vorwan^
Die Berliner Oper ergriff Repressalien, indem sie daftt*
den Dresdner Altisten Carestini zu sich herüberzog, wel-
cher, obsclion er nach dem Urtheile von Quanz di^
schönste Altstimme besass, die dieser jemals gehört, SaUnB-
beni doch nicht vergessen machen konnte. In Dresden
sollte man sich dieses Gewinnes aber auch nur kurze Zeit
zu erfreuen haben. Er sang mit sensationellem Erfolgt
ausser in der schon früher gegebenen Oper Leueippo nur
noch in der schon oben erwähnten: „II ciro riconoscinto^
(welche letztere allerdings 14 mal wiederholt wurde) und
in dem Oratorium „I Pellegrini" von Hasse. Seine Krank-
heit hatte inzwischen bedenkliche Fortschritte gemacht, '
so dass er unmittelbar darauf nach Italien eilte, um ioti
Heilung zu suchen. Seine Leiden hielten ihn jedoch schon
in Laibach fest, wo er denselben im Monat August anch
erlag. Er erhielt am 31. Juli 1751 seine Entlassung mit
der Zusicherung von 4000 Thaler Pension auf Lebenszeit^
die man ihm ja gewähren konnte, ohne besondere Opfer
erwarten zu müssen.
' Ich seh ihn noch. Er war
Von Haaren blond, die Augenbrauen schwarz,
Die Lippe purpurn, doch etwas erhoben —
Vielleicht zu viel selbst — doch den Blick dagegen
Fast zögernd, sanft. — Ein häufiges Erröthen,
Ein sanfter Hauch der Stimme
dieses Jalir lallt aurh nocli die Einwpihnng der
shen katholischen Hofkirche, zu wclciicr bereits
I7S9 dpr Grundstein gelegt worden war. Hasse soll seine
NliOne D-moll Messe dazn geselirieben haben, die noch
jftzt am Ostersonnabende, am Frohnlcicbnamstestc und
•»fini Jahressch lasse darin aufgeführt wird. Der kirchlichen
ilii«ik war liier eine Stätte beveitet, welche nicht wenig
, tu dem Knfe mit beitragen sollte, welchen die Leistungen
«ler Königl. sächsischen Kapelle ununterbrochen im Ane-
'*'><3e genossen. 1754 erhielt sie noch in dem Meister-
werke des berillimten Orgelbaucra Gottfried Silber-
■DAiin eine kostbare Gabe.'
Es iolgicn Jetzt in langer Reihe wieder Opern von
lIa«M, 80 1752: Adriano von Siria von Metastasio,
l'&3: Süliinano von Migliavccca, einem Schüler Meta-
et^sio's, der I7n'2 an Pasqnini's Stelle getreten war. In
Ift^ierpi- wnrde ein bis dabin selbst hier noch nicht da-
SO\cegener Pomp entfaltet. Wirkliche Elephanten, Ka-
"ÄPele, Pferde betraten die Bithne. Der Zndrang
"Ir, wie es bei Filratenau heisst, ein so grosser, dass
*«h bei der zwölften Vorstellung Damen vom Hofe sich
WB Schweizergardisten Plätze besetzen Hessen, worüber
lidt dann die Stadtdamen nicht wenig aufhielten. Die
Uerbei Btattfindenden Unordnungen mochten Veranlassung
m einem neuen, strengeren Tbeaterreglement gegeben
baben. Auch wurde bei dieser Gelegenheit dem Direc-
teor des plaisirs der Legationsrath Friedrich .\ugn8t
Ton EOnig, ein Sohn des verstorbenen Hofpoeten, sowie
ein Departementssecretür. Karl 0 otllob Brückner, bei-
gegeben. Den Forderungen der Künstler an die Theater-
garderobe wurden ebenfalls Grenzen gesetzt, Jeder
■ Sie war<1e iinch dem Plane des GacUno Chiaveri aofftuge voii
diesem, dwin von Sebastian! und den OiicvlandlittuuieigterD Knöfel
noil Siliwane ausgufulirt. Die ßildsftnlen eind toh Loretixo Matielli
(d«m Verferliger des Brunnens im Garten des jetzigen Krantten-
hHNi) niicfa Zeictannngen des Stefsna ToreHi.
11*
— 164 —
Schauspieler and jeder Sänger erhielt zur Vorstellnng^
zwei Paar neue Handschuhe. Zu jeder ersten VorsteDniig^
eines Stücks erhielten die Damen ein Paar seidene
Strümpfe und ein Paar Schuhe. Ein erster T%nzer e^
hielt jeden Abend ein Paar Strümpfe und für je zwei
Abende ein Paar Schuhe u. s. w.
Die decorative Pracht des Soliman wurde auch in
späteren Hasse'schen Opern wiederholte In der Oper
Ezio (1755) erschienen bei dem Triumphzuge des Aetios
400 Menschen, 102 Pferde, 5 Wagen, 8 Maulthiere und
8 Dromedare.
Bei diesen verschiedenen Vorstellungen glänzten
einige neu erworbene Mitglieder, vor Allen Teresa
Albuzzi-Tode schini, welche, ebenso wie Sophie
Denner, eine der Geliebten des Grafen Brühl gewesen
sein soll (was hier nicht etwa als Auszeichnung, sondern
nur zur Gharakterisirung Erwähnung findet). Femer die
Sopianisten Giov. Belli und Bartolomeo Putini, sowie
die Caterina Pilaja, der Mezzosopranist Angelo Monti-
celli und der Altist Bruscolini.
Während der Abwesenheit des Hofes im Jahre 1754
spielte während der Sommermonate im Theater des Gra-
fen Brühl auf dem Walle die Opemgesellschaft des
Giovanni Battista Locatelli, welche der Residenz
neue musikalische Anregungen gab. Sein Repertoire bestand
aus den Bnffo-Opem: 11 mondo a rovescio, la Calamiti
de' cuori, il mondo della luna — sämmtlich von GaluppL ^
Le pescatrici von Ferdinande Bertoni. II ritomo di
■ Baldassare Gtliippi gehört zu den Torzüglicberen OpemGom-
poiiisten aus der Schule des Lotti, besonders zeichnete er sich in
der Opera-Buffa durch einfache und zum Herzen sprechende Melodik
und burleske Ausdrucksweise aus. II mondo a rovescio, von welcher
die Königl. Bibliothek zu Dresden das Manuscript besitzt (ein
Ciavierauszug ist in Leipzig 17;>2 erschienen), und II mondo della
luna wurden damals für unabertrefflich gebalten. — Auch Giuseppe
Scolari war ein angesehener und fruchtbarer Opcmcomponist
— 165 —
Londn von Dom^ Fischietti nnd la cascioa von Gius.
Scolari. Von Darstellero werden Agata Sani, Teresa
Alberio, Angelo Michael Potenza, Anastasio Masso^ Nicolo
Peretti; Caterina Masi und Gabrieli Messieri genannt.
Schütze in seiner Hamb. Theatergeseb. rühmt die Kräfte
dieser Gesellsehaft; die unmittelbar darauf in Hamburg
spielte. Sie gab hier ernste und komische Opern und
besoDders die letztern werden gelobt. Als die bedeutendste
Erscheinung wird hier Giovanna della Stella hervor-
gehoben, die wir im obigen Yerzeichniss freilich nicht
finden.
In diesem Jahre erhielt der italienische Schauspieler
und Impresario Pietro Moretti die Erlaubnisse ein
neues Theater unweit des Zwingers zu erbauen und darin
italienische Opern und deutsche Schauspiele aufführen
ni lassen. Fast durchgehends nur Holzbau, war es
im nächsten Frühjahr schon fertig. 1761 wurde es
oach dem Plane des Oberlandbaumeister Schwarze mit
«inem Kostenaufwand von 20,0C0 Thlr. für Moretti's Rech-
nnng steinern ausgebaut; wogegen er das Privilegium
erhielt, es 10 Jahre lang zu Theatervorstellungen und
B^oaten benutzen zu dürfen ^ worauf es ohne Entschä-
^ng an den Hof zurückfallen sollte. Kurfürst Fried-
rtch Christian kaufte es ihm jedoch 1763 für 20,000 Thlr.
^b, welche Summe der Prinz-Administrator 1765 noch
•Dl 2000 Thlr. erhöhte. Moretti wurde noch überdies als In-
^tor desselben angestellt Es scheint jedoch; als ob er
^ch Unregelmässigkeiten habe zu Schulden kommen las-
^^ weshalb er 1771 entlassen wurde. Das Haus fasste
^iHprünglich nur 350 Menschen, bestand aus 3 Reihen
^gen, Cercle und Parterre, wurde aber 1783 erweitert
^^ 1793 mit einer Vorhalle versehen, in welcher Gestalt
^ ohne wesentliche Veränderungen bis zum Jahre 1841
"^öntzt und erst durch das erste von Semper gebaute
^'osse Hoftheater verdrängt wurde.
In diesem Hanse eröffnete nun im Sommer 1755
— 166 —
Locatelli aafs Neue die Vorstellangen. Diesmal gab
Arcadia in Brenta^ II filosofo di campagna, H conte Cai
melk; I pastori per allegrezza impazziti — sämmili
von Galuppiy sowie Lo speciale von Vicenzo Pallaviei
Sein Personal hatte Veränderungen erfahren. ^
finden diesmal Angela Conti Giuliani, detta la Banden
Giusto Fcrdinando Tenducci, detto il Senesino^ Anasla
MassO; Teresa Alberio, Gabrieli Messieri^ Gaterina H
und Gaspero Barozzi. Tenducci machte später gi
ses Aufsehen in London.
Locatelli erschien 1756 noch ein drittes Mal in Di
deU; bei welcher Gelegenheit er ausser den frttbei
Opern noch I vaghi accidenti fra Amore e Gelosia i
Galuppi, sowie II pazzo glorioso und la maestra i
Giachino Cocchi zur Aufführung bringen Hess.*
Der Carneval des Jahres 1756 war ein sehr leb!
ter. Man berichtet von 22 Opernvorstellungen, unter dei
die Hasse'sche Oper Olimpiade neu war. Die Hasse'»
Aera war hiermit auf ihrem Höhepunkt angekommen. 1
nun ausbrechende Krieg sollte aber derselben
ungeahntes Ende bereiten.
Das Orchester der Dresdner Oper galt damals
das erste in Europa. Als Dirigent genoss Hasse ei
nirgend bestrittenen Rufes. Seine Einrichtungen war
massgebend für die meisten der ersten Theater. Folj
des ist die Anordnung, welche er den Instrumenten
seinem Orchester gegeben. Inmitten desselben stand
Flügel, von dem aus er selbst dirigirte. Links (vom Zuscha
aus) zur Seite befand sich ein zweiter, auf welcl
accompagnirt wurde (was meist von Ristori gescb
Dahinter (und ihnen entsprechend auf der anderen Sc
unterhalb der Tribünen für die Trompeten und Pau
Je ein Bass und ein VioloncelL Längs der BUhnenw:
' Ein Billet zu diesen Vorstellungen kostete im 1. Par<
1 Thlr., im 2. Parquet 12 Gr., im Parterre 8 Gr.
— 167 —
zw Linken 5 Oboisten, rechts 6 zweite Violinen, das
Gesicht gegen den Dirigenten gewendtet. Vor den ersten
ebenso 2 Flötisten nnd 2 Homer, rechts ihnen entsprechend
4 Bratschen. An der Orchesterwand, den Rücken gegen
die Znschaner, links 5 Fagotte, rechts 7 erste Violinen.
Zwischen ihnen noch ein dritter Bass und ein drittes
VioloncelJ.
Eine andere Einrichtung Hasse's, die auch Friedrich
d. Gr. in Berlin einführen Hess, bestand darin, dass die
Spieler ihre Instrumente in einem abgelegenen Zimmer
stimmen mussten, wodurch der Einsatz der Ouvertüre einen
ttm so mächtigeren Eindruck machte, weil er die Seele
des Hörers ohne jede Vorbereitung ganz plötzlich in die
der Musik eigenthtimliche, ideale Welt erhob.
Ein Blick auf das Mitgliederverzeichniss der Kapelle
ttnd des Theaters vom Jahre 1756 lehrt, über welche
ausserordentlichen Kräfte Hasse damals verfügte. Aller-
dings waren sie theuer erkauft. Der Aufwand dafür er-
f«iehte die Höhe von 101,039 Thlr., wovon 58,352 Thlr.
*af Kapelle und Kammermusik, 23,930 Thlr. auf das
• Ballot, 7975 Thlr. auf das italienische Schauspiel, 1500 Thlr.
*nf Pensionen und 3884 Thlr. auf das Beamtenpersonal
kamen.'
* Kapelle und Kammermusik: Poet: Migliavacca. Ober-
**pellmeister: Hasse. Kircheucomponisten : liutz, Schürer, Breunich.
^^Prani: Faustina, Todeschini, Caterina Pilaja, Rosa Negri, Wil-
^'Düne Denner, Maria Monticelli, Rocchetti, Belli, Putini, Pacifico,
^^' Spindler. Gontraalti: Wilhelmine Sophie Pestel, geb. Den-
*^ Annibali, BruscoUni, Pozzi. Tenori: Amorevoli, Ludw. Cor-
***U8, J. Jos. Götzel. bassi: Campagnari, Joseph Schuster, J. Dav.
^^^V Concertmeister : Francesco Maria Cattaneo, der an des 1766
*^^rbenen Pisendel Stelle getreten war, 17 Violinisten, 4 Bra-
^^isten, 3 Violoncellisten, 3 Flötisten, 6 Oboisten (darunter Carlo
^^ Anton Bestozzi), 2 Waldhornisten, 6 Fagottisten, 1 Pantaleonist,
'iolgambist, 1 Organist Ballet: Maitre des ballets: Ant. Pitrot,
•'^arier. Premier Danseur: Domenico Leni. Premiöres Danseuses:
^*Rliavini, Cath. Andre, Amanda RiTier, Manon Coudray. 10 Figu-
^^nt8, 12 Figurantes. Le pr^vot de la saUe.
- 168 —
Der Ausbrach des dritten sohle siseben Krieges, d(
gleich mit einer Niederlage begann, sollte in diese Yei
hältnisse eine grosse Verwirrung bringen/ Ein Theil di
Sänger nahm oder erhielt nach and nach seine Entlai
sang. Ein Theil der Oper, des Ballets and der Kapel
begleitete den König mit Herrn von Diesskan nach Wa
schaa, wo der Krieg die Festlichkeiten nicht anterbrae'
Ein dritter blieb anter Herrn von König, der deshalb zoi
Vicedirectear des plaisirs and Geh. Legationsrath emani
worden war, in Dresden. Im Jahre 1761 masste sogi
aach er mit einigen Sängern and Tänzern nach Warscha
kommen. Ein grosser Verlast betraf die Kapelle dore
die Beschiessang von Dresden, bei welcher das prinslid
Palais aaf der Pirnaischen Gasse (der jetzigen Landhasi
Strasse) niederbrannte and mit ihm die darin befindlicl
kostbare Sammlang masikalischer Instramente and Part
taren von Kircbenmasiken.
Aach Hasse verlor bei dieser Gelegenheit fast a
seine Habe and den grössten Theil seiner noch angedrac)
ten Manascripte. Er hatte bereits 1758 and 59 Erlaal
niss erhalten, einer Einladung des Königs von Neap<
Folge za leisten. Von da wendete er sich nach Veni
dig and 1761 auf einen Raf hin nach Wien.
Anfang 1762 kehrte zanächst der Karprinz mit m
ner Familie nach Dresden zartick. Moretti spielte danu
mit seiner italienischen Operngesellschaft im kleini
Zwingertheater. Sein Repertoire scheint hauptsächlich a
Intermezzi bestanden za haben, har eine zweiacti|
komische Oper: La cameriera sporsata per forza wi
noch erwähnt. Während der Fasten hatte er an
Abonnementsconcerte anter dem Namen: Masikalisc
Akademie oderCoUegiamMasicam dreimal wöchentlich ei
gerichtet. Nach Ostern begannen die Theateryorstellong
aafs Neue. Der Cameval von 1763 wurde auch dar
öffentliche Maskeraden in seinem Theater gefeiert D
— 169 -
Entrte dazu betmg 1 Thlr. Zuschauer auf der Galerie
zahlten 8 Groschen.
In diesem Jahre kehrte der König zurück. Neue
Engagements wurden abgeschlossen. Diesskau trat von
flebem Posten ; an seine Stelle kam Herr von König.
Die Vorstellungen im grossen Opernhause wurden selbst-
Tcretändlich mit einer neuen Oper von Hasse: ,;Siro6'',
ertlfhet
Das wichtigste musikalische Ereigniss des Jahres
aber war die Aufführung der Oper ^^Talestri, regina delle
amaztoni^^ von der Knrprinzessin componirt und gedichtet.
Schon im Jahre 1754 war eine Oper derselben: „11 trionfo
della fidelta*' im engen Hofkreise zur Aufführung ge-
kommen, in der sie die Rolle der Nice sang. Auch diese
Oper fand auf einer im kurprinzlichen Reithause errich-
teten Bühne vor dem engsten Hof kreise statt. Talestri
^^^de von der Kurprinzessin, Antiope von der Prinzessin
Kunigunde, Tomiris von der Prinzessin Elisabeth ge-
wngcn. Unter den stummen Personen wirkten Prinz
Anton und die Prinzessin Amalia' mit.
Bnmey, der englische Musikhistoriker, welcher die
J^rinzessin Maria Antonia freilich viel später (1772) eine
Scene aus dieser Oper vortragen hörte, urtheilt darüber
'rie folgt: „Sie sang in einem wirklich edlen Styl, ihre
Stimme war schwach , aber sie strengte dieselbe nicht
*B> sondern sang jede Melodie. Sie sprach das Recitativ
' Sonst waren an dieser Vorstellung die Kron-Hof-Marschallin
^'^^ Toa Meiszeck (Orontes), Kammerjunker Baron y. Rechberg
^*'**'ch), die Hofdamen Baronesse ▼. Rollingen, Fräul. v. Obym,
'^^^ T. Naandorf, Gräfin v. Schönburg und Fräul. v. Hirschberg,
***|e Grafin ▼. Zech, Geheimräthin v. BOnan, Frau v. Unruh, Gräfin
^■aikofcka und Frau Generalmajorin ▼. Baggen im Chore der Ama-
**^ — Kronfeldzeugmeister Graf v. Brühl, die Kammerj. Bar.
^' ^echenberg und ▼. Schönberg, Prinz Moritz v. Isenburg, v. Schau-
^«*» die Majore v. Obym und v. Unruh, Graf v. Zinzendorf,
^•öertlm. ▼. Baggen, Graf Karl v. Brühl, Mr. Odemsky, Mr. d'Alson
^ Chev. ▼. Berlepsch im Chore der Scythen betheiligt.
— 170 —
sehr gut; in der Weise der grossen alten Sänger dei
besten Zeiten. Die Arie (welche sie sang) war ein
Andante, reich in der Harmonie^ ein wenig in der Weise
der besten Opern HändeFs. Obgleich wenig Violinei
accompagnirten, waren sie in diesem Concerte doch n
stark für die Stimme, ein Fehler, über den gewöhnlid
alle Sänger zn klagen haben/^ Andererseits soll der Ein
flnss Metastasio's und Hasse's auf diese Arbeiten niek
zu verkennen sein, was in der Correspondenz de
Prinzessin mit Brühl auch hier und da angedeutet iS'
Nur kurze Zeit später wurde Friedrich August L
plötzlich vom Schlage getroffen. Sein Tod zog auch aa
dem Gebiete des musikalischen Lebens grosse Ye:
änderungen nach sich. Die italienische Oper nn
Comödie, sowie das Ballet wurden aufgelöst. Nur w€
l\lr den Kirchendienst nothwendig war, wurde beibehaltej
Auch Hasse's wurden zwei Tage nach des Königs ToJ
und ohne jede Pension verabschiedet, was fast eines
Acte der Ungnade gleich sah. Hasse selbst behielt ni
seinen Titel. Sie wendeten sich zunächst nach We:
wo sie bis 1773 verblieben, um dann nach Venedig Übe
zusiedeln. Hier wurde Hasse unter Anderem der Lehre
des späteren sächs. Kapellmeisters Naumann und blie
auch noch sonst in einiger Verbindung mit dem sächfl
sehen Hofe, indem er einzelne seiner Composltionen nac
Dresden sandte, um sie dem König ,.zur Erinnerung a
den treuesten seiner Diener^' (wie es scheint auch nicl
ohne Erfolg) überreichen zu lassen. 1783 starb er im Alti
von 82 Jahren. Bumey bezeichnet es auch als dl
Todesjahr der Faustina, welche dann 83 (wie Einig
wollen, sogar 90) Jahre alt geworden sein müsste.
Der Etat der Kapelle für 1764 war auf 32,232 Tbl
herabgesetzt worden, in welcher Summe allein 9942 Tbl
für Pensionen enthalten waren.
Das deutsche Schauspiel am Hofe zu Dresden
vom Tode Veltheu's bis zum Tode der Neuber^
IHeYelthen'sehe and die Elenson-HaaGke-Hofrknanii'sche Trappe.
^ ^enbers and die Gottsched'sche Btthnenreform. — Zerwttrf-
^ Gottsehed's mit Ulrich ron KOnig. — Yerdrängungr Xeabers
^■■^ die Müller'sehe Trappe« — Zerwttrftiiss Xeabers mit
^ttsehed. — Kampf der Xeuber'scben mit der Schöuemann'sebcn
Trappe. Die Tors teil angren in Dresden.
Die Nachrichten über die Leistungen der Velthen-
8cheu Truppe sind im Ganzen nur spärlich. Ihre volle
^dentung lässt sich erst aus der Thatsache ermessen,
"*88 fast alle besseren Truppen des nächstfolgenden
^i'i"aums, fast alle Principale derselben aus ihr erst
«eivorgingen. Gleich nach dem Tode Velthen's stellte
^^^ sein früherer Pantalon/ Julius Elenson, an die
^Pit^e einer neuen Gesellschaft. Ihm sollen sich nach
^' Devrient, Judenbart, Geissler und Huber, nach der
^''onologie des deutschen Theaters aber Salzsieder und
•'*>4enbart unmittelbar angeschlossen haben. Es sind
xuoi Theil Namen, die wir unter den Comödianten des
^*^Iä Bischen Hofs nicht mit angeführt finden. Die Velthen-
*che Truppe musste also inzwichen neue Veränderungen
^i^aliren haben. Elenson hatte sich in Hamburg mit der
*^*^Önen Tochter eines Bürstenbinders verehelicht, welche
.. * Die Schauspieler hatten damals ihre besonderen Fachnamen,
, ^ einen Ehrenpunkt für sie bildeten. Der eine hiess Courtisan^
^ andere Königsagent, Tyrannenagent, Pantalon u. s. f.
— 172 —
ans Liebe zu ihm sich zwar leicht zur Annahme der
katholischen Religion , dagegen sehr schwer zum Auf-
treten auf der Bühne entschloss. Nichtsdestowemgei
sollte sie in der Theatergeschichte noch eine hemm-
tretende Rolle spielen^ da sie nach Elenson's ' Tode seil
Geschäft weiter fortführte.
Aach Joseph Stranitzky (Devrient wirft mit
Recht die Frage auf; ob er nicht vielleicht eine Permi
sei mit dem gewöhnlich Schemitzkj genannten Yelthen-
sehen Courtisan?) scheint gleich nach des Letzteren Tode
die Truppe desi^lben verlassen zu haben. Er gründete
später das erste stabile deutsche Theater in Wien mi
behauptete sich dort gegen den Einfluss der Italiener
indem er die Formen ihres Stegreifspiels in volksthte
licher^ fireilich auch derber Weise zu nationalisiren verstand
Velthen's Wittwe übernahm die Leitung seine
eigenen Truppe. Wie schon erwähnt, wurde auf sie dti
sächsische Privilegium' übertragen. Dorseus (als Haoa
wurst), der später in Wien noch den Doctorhut erwarb
aber bis ans Ende bei ihr aushielt, der kleine und de
schwarze Müller , von denen jener in Riga Schulrecto
wurde, dieser aber bald zu Stranitzky ging, femer Sasse
der Grossvater der berühmten Schauspielerin Gründlei
Bastiani, welcher den italienischen Harlekin auf di
deutsche Bühne gebracht haben soll, sowie endlich di
Denner'sche und Spiegelberg'sche Familie, dene:
man zeitweilig auch bei Stranitzky begegnet und di
sich 1700 ebenfalls wieder als eine selbstständige GeseH
Schaft von der Velthen'schen abzweigten, zeichneten sie
besonders bei ihr aus.
Neben diesen Truppen liefen natürlich noch vid
andere her, die wir zum Theil noch flüchtig zu berühre
haben werden.
' Wahrscheinlich ist dieser Elonson derselbe, welchen der Km
fürst Ton Göln so schätzte, dass er ihm zu Schwalbach ein Grabni
Ton schwarzem Marmor errichten Hess.
— 173 —
Die wechselseitige Concarrenz und der Kampf mit
der anfbltthenden Oper forderte diese Truppen aber
keineswegs immer in ihren Bestrebungen; sondern Hess
sie bald mehr nnd mehr von der gewonnenen Höhe
herabgleiten. Es hängt dies zum Theil mit der auch
nocli jetzt zu beobachtenden Neigung der Schauspieler
zusammen; vorzugsweise dem Geschmack der tieferen^
doch zahlreicheren Klassen des Publicums Rechnung zu
tragen und den der höheren auf diese Weise allmählig
herabzuziehen. So wurde das regelmässige Drama^
welches zu Anfang der 1790er Jahre auf einzelnen
Bfihnen schon mehr in Aufnahme zu kommen schien/
^on den im Tone immer roher werdenden Harlekiniaden
^ Haupt- nnd Staatsactionen allmählig wieder völlig
verdrängt. Mit der Form und dem Inhalt der Stücke
Wnk auch die Spiel weise, die ohnedies zwischen einem
pittten Naturalismus und einer übertreibenden Gespreiztheit
geschwankt hatte, tiefer und tiefer. Kein Mittel wurde ver-
^hoi^])^ um d^ Publicum anzulocken, wie dies schon allein
y^ den marktschreierischen Ankündigungen tu erkennen
^ 'Welche auch Velthen zuletzt nicht mehr verschmähte.*
Schon zwischen 1791 — 94 waren verschiedene französische
*J*&ödien in besseren und reineren Uebersetzungen erschienen
(nodogtkne, Brutus, Alexander, Sertorius, Regulas etc. von Bressand)^
^elcl^^ besonders auf den Herzoglichen Theatern zu Wolfen büttel
'^ ^alzdalum zur Aufführung kamen.
* Ich will davon nur einige Proben geben: „Die Verfolgung
^ '^^iebe oder die grausame Königin der Tegeanten Atalanta mit
™n5 Wurscht, dem lächerlichen Liebs -Ambassadeur, betrogenen
^^^«itätenseher, Einfliltigen Meichlmörder, tnteressirten Kammer-
^^r, Uebel belonten beiden Achselträger, Unschuldigen Arrestan-
"» Interessirten Aufseher, Wohl exercirten Soldaten, und Inspector
r*"** die bei Hoff auf der Stiegen Essende Galantani". Und folgende
*' -Ankflndigung von „Olympia und Virenus oder Der trunkene
^^»^ entnommene Stelle: „Virenus, nachdem er öfters die vcr-
**^^%rten Pillen von seiner geliebten Olympia Rubinenlefzen gesogen,
ibm aber einmals diese ergetzende Unlust, weiss nicht warum,
^'^^et, iat gesonnen wegen der Verachtung, Olympia zu verlassen
^'^ sich mit der ewigen Freiheit wieder zu vermählen/'
— 174 —
Das wichtigste Anziebungsmittel war aber der Hu
warst, welcher daher mit zur Reclame benutzt wni
,;MeistentheiIs — heisst es in den ^^Denkwfirdigke
^ines beliebten Harlekins" — musste die Instige Pei
Vormittags zu Pferd die Ankündigung der Stücke
den Strassen machen, wo nicht in völliger Kleidung,
<ioch unter einer Schellenkappe und mit einer Brille auf
Nase. Wenn der Spassmacher bei guter Laune war, i
er wohl verkehrt auf dem Pferde und hielt den Sch^
in der Hand. Nach dreimaligem Trommelwirbel lai
die Anschlagszettel vor; er musste dabei schnarren,
peln oder durch die Nase reden, die Zettel verthei
auch an öffentlichen Plätzen oder den Haupteckeu
auf Wachstuch gemaltes Bild auseinander rollen, woi
all das Wunderbare des zu gebenden Schauspiels
lebhaften Farben aufgetragen war/'
Was man von ihm auf der Bühne zu erwarten h
Hess sich gleich aus seinem Auftreten erkennen,
ein paar Seitensprüngen blieb er vom in der Stell
des Pas de Basque in lächerlicher Haltung stehen, b
Hände affectirt auf die Pritsche gelegt, das Publicum c
folgendermassen anredend: „Ich hab Appetit, ver
teste Herrschaft. Der Tambour meines Magens seh
schon Rebell und Vergatterung, aber meine Occasi
lateme Colombine kommt noch nicht. Sie wird y
wieder im Finstern auf der Treppe an den gro
Heiducken gestossen sein, dass sie eine Geschwulst
kommt, die erst in neun Monaten vergeht." — Wie
man sich in den Anstössigkeiten hervorwagen koi
ohne im Publicum auf Widerstand zu stossen, geht
einem Berichte der Lady Montague hervor, welche !
in Wien einer Vorstellung des Amphytrion beiwohnt<
welcher die beiden Sosias unter dem Beifall der L<
ihre rohen Spässe so weit trieben — ihre Hosen hemi
zuziehen. Doch wird man sich über diesen auf
Volksbühnen verbreiteten Ton nicht sehr zu verwun
— 175 —
haben, wenn man einen Blick auf die Dichtungen wirft,
dürcb welche der Hofpoet und spätere Oberceremonien-
meister von Besser die hohen Herrschaften in den Wirth-
«chaften am Hofe Friedrich I. von Preussen belustigen
dürfte.
Ein anderes, noch ungleich bedenklicheres Reiz- und
Aöziehnngsmittel waren die Frauen geworden. Besonders
in der Oper, zu der man anfangs in Deutschland Alles
heranziehen musste, was irgend Talent dazu zeigte
Qnd die Bühne zu betreten nicht scheute, hatte ein
freies Benehmen um sich gegriffen. Man suchte das
Pnblicum durch ihre Reize blosstellende Trachten und
durch kecke, zweideutige, ja schamlose Bewegungen an-
zuziehen. Dies brachte den Stand der Schauspielerinnen
i'asch in Verruf, und wir haben den Widerwillen kennen
öClernt, welchen die schöne Hamburger Btirstenbinders-
^ochter zu überwinden hatte, ehe sie sich die Bühne zu
*^^eten entschloss. Es kann nicht geläugnet werden,
da«8 die Betheiligung der Frauen an den theatralischen
*Öö8ten vielfach ein ihnen, wie aller Kunst fremdes und
hörendes Interesse in sie hineingetragen hat, welches
^ens^lben einen schillernden^ zweideutigen Charakter giebt.
Anelx hat sie sicherlich mit darauf hingewirkt, das
inter^gge am Schauspiel fast ganz auf die zwischen den
^»esellechtem spielenden Verhältnisse einzuschränken.
^^ Liebe und die mit ihr zusammenhängenden Leiden-
^h äfften haben so überwiegend von der Bühne Besitz
f^'^Ommen, dass die Darstellung aller übrigen sich
'^^^igstons mit ihnen verbinden muss, um hier noch ein
^•^H^lndes Interesse erwecken zu können. Die Entwick-
'^S' des historischen Dramas hat hierdurch nicht wenig
^^itten. Doch muss andiTerseits wieder zugegeben
'^^^den, dass die Darstellung der Frauenrollen durch
^^^ben und Jünglinge nicht nur häufig etwas sehr
^^^ulängliches, sondern auch zuweilen etwas eben so
^^^ittliches hatte, ja selbst zu Unnatürlichkeiten Ver-
_ 176 —
anlassang gab^ wovod die Castration der Knaben für des
Kirchengesang nnd die Oper das abschreekendate Bei8[ttel
giebt. Daher die spanische Geistlichkeit, als sie !■
Jahre 1586 die Statthaftigkeit der dramatischen Speie
überhaupt und die des Auftretens von Frauen anf der
Bühne ins Besondere erwog, mit Recht das letitere ftr
minder anstössig, als die Darstellung von FranenroUen
durch Knaben erklärte. Und sicher machte sie sich um
das rasche Aufblühen der dramatischen Kunst in diesen
Lande hierdurch nicht wenig verdient. Denn es mvm
anerkannt werden^ dass die Frauen nicht nur ein der
Kunst fremdes und feindliches Element in die theatra-
lischen Künste hineintrugen^ sondern auch andererseiti
auf die Verfi'inerung und die Veredelung des Tons im
Drama wesentlich hinwirkten und diesen Künsten einei
ganz neuen tilanz und Zauber verliehen.
Wir werden diesen Zustand der damaligen Btthn^
wohl mit ins Auge zu fassen haben, um die Heftigkeit
der Angriffe riclitig beurtheilen zu können, zn welche^
sich jetzt in Deutschland die Geistlichkeit gegen dieselbe
liinreissen Hess, die Geistliclikeit, welche, wie wir gesehea^
so lange selbst tllr die Bühne gearbeitet hatte und zoi^
Theil noch jetzt für sie tbätig war und doch in ihrei^
strengen Eifer den entsittlichten Zustand derselben ml^
ihr, ja mit den theatralischen Künsten selber verwechseb''
konnte.
Auch die Yelthen hat mit solchen Angriffen 10^
kämpfen geliabt und sieh sogar durch eine Ver-
theidigungssclirift des Schauspiels gegen den Hagde^
burger Geistlichen Joseph Winkler einen literarischei^
Namen gemaelit. Sie erschien unter dem Titel: „Zeug—
niss der Wahrheit vor die Schauspiele oder Comödiera
aas vieler Theologen Zeugniss zusammengetragen und
anfiresotzt ete.*^ und wurde im Jahr 1711 und 1712 neu-
aufgelegt; das letzte Mal von dem Pseudonymus Nam — fola
(^dem Principal Hoffmann). Der Vorbehalt, unter welchen»-
- 177 —
ihr im Jahre 1704 in Berlin die Erlaubniss ertheilt wurde^
daselbst auf dem Bathhause zn spielen, mnss es aller-
dings zweifelhaft erscheinen lassen, ob sie nicht selbst
Anlass zn dergleichen Angriffen nnd' Ansstellnngen
gab. Es heisst nämlich darin, dass sie jedoch keine
scandalense, sondern lauter honette Gomödien repräsentiren
solle.
Ob die Velthen in Dresden gespielt — ist immerhin
fraglich. Wir finden sie abwechselnd in Hamburg,
Nürnberg nnd Wien, wo sie 1711 oder 12 ihre Truppe
aufgelöst haben nnd bald darauf gestorben sein soll.
Anch von Leipzig haben wir über sie keine sichere
Kachricht Doch heisst es in einer an den Leipziger
Magistrat von einer Wiener Truppe gerichteten Supplik
^om Jahre 1711, man komme um die Erlaubniss ein,
während der Michaelismesse daselbst spielen zu dürfen:
»weil die sächsischen Hoff-Gomödianten zu Frankfurt bei
dem dortigen Congresse wären**. Da Haacke erst am
^' Februar 1714 von Dresden aus um Ertheilung des
Ächsischen Privilegiums anhielt, „insofern er eine rühm-
liche Bande Gomoedianten beysammen habe, mit welcher
^ vielen hohen Potentaten, auch Gzarlicher Majestät
•elbsten zu etlichen mahlen angenehme Divertissements
gemacht" — so kann unter jenen „Hoff- Gomödianten"
Mr die Velthen'sche Gesellschaft gemeint sein. Aus der
^cke'schen Eingabe geht nur soviel mit einiger Wahr-
scheinlichkeit hervor, dass er selbst, wennschon in
^f'^en, so doch noch nicht vor dem königlich säch-
^hen Hofe gespielt hatte, denn darauf würde er sich
8^^ mit berufen haben.*
' FOrstenaa theilt den Wortlaut des Haacke ertheilten Privi-
l^^i^uns als des ältesten uns bis jetzt bekannt gewordenen mit. Es
r'^^et wie folgt: Wir Friedrich August von Gottes Gnaden König
2 ^olen etc. uhrkunden hiermit und bekennen, daes Wir Joh. Casp.
^cke zu Unsren Hoff- Gomoedianten auf- und angenommen, Thun
^^ solches hiermit and Krafit dieses offenen Briefes dergestalt
12
— 178 —
Johann Kaspar Haacke^ früher Barbiergeselle in
Dresden/ war zu der Elenson'schen Truppe getreteD,
welche; wie schon gesagt^ nach dessen 1709 erfolgtem
Tode auf die Wittwe desselhon, die schöne Blamburger
Bürstenbinderstochter; überging, die inzwischen auf den
Brettern heimisch geworden war und selbst grosso Sollen
mit Glück zur Darstellung brachte. Sie soll im Jahn
1711 bei der Kaiserkrönung Karl VI. in Frankfurt a.lL
die Velthen völlig in Schatten gestellt und 14,000 Thlr.
gewonnen haben. Uaacke, welcher bei ihr als HarlekiD
spielte und ein verständiger Mann war, wusste sich ihr
bald unentbelirlich zu machen und ihre Hand und ihr
Herz zu gewinnen. Es gelang ihm, die besten Krifie
der Velthen, wie überhaupt die vorzüglichsten Darsteller
und Darstellerinnen der Zeit an sich zu ziehen, so das»
die Truppe eine der besten wurde. Die bedeutendsten
Mitglieder derselben waren li offmann, die Ehepaire
Lorenz und Neuber, besonders aber Kohlhardt, ein
gebildeter Mann aus guter Familie, welcher ein idenks
Streben verfolgte und auf der Wiederaufnahme regel-
mässiger Stücke bestand, wie denn der Brutus und dtf
und also kund, dass derselbe uebst seiner Bande alsUnsren Hoff-Goso^
dianten von männijrlich gehalten und gepachtet werden, sie auchbe'
fugt seyn sollen, in Unsren Kur- und Erblandcn, bt^y unverbotb«'
ncr Zeit, aller Orthen, ingleichen in denen Leipziger Messen, OB'
gehindert zu agiren und zu spielen. Jedoch sollen sie die geir5l0*
liehen Abgaben zu erlegen und abzustatten haben, über die Gebtiir
aber nirht beschwert werden; Befehlen demnach jedes Orts ObnS'
keit, absonderlich den Käthen der Städte, sii'h hiemach gehorsamb^^
zu achten und besagte Haackin nebst ihrer Bande hierunter <^
schiitzen.** — Es ist bemerkonswerth, dass schon hier die HaacP^
als die eigentliche Principalin betrachtet zu werden scheint.
» Die Zunft der Barbierer in Dresden hat dem Theater ver-
schiedene Kräfte peliffert. So Siihon wir schon den Hofbarb**'
Melchior Me}er theatralische Ivüiiste ausüben, und die schöne Kf^'
ratline, welche die Zierde der Hamburger Oper war, von 1708 •**
als üofsäugeriu in Berlin hovhgefeiert wurde und endlich eU^*^^
Grafen Gouscewskv heirathete, war eine Barbierstochter aas Dresd**^
— 179 —
Kranke in der Einbildung schon damals zu seinen vor-
züglichsten Rollen gehörten.
Die Haacke sollte aber auch ihren zweiten Mann
überleben, der 1722, wie es heisst, „in Folge von häus-
lichem und Directorialverdruss** starb. Das Privilegium,
das ihr gewissermassen schon mit ertheilt worden war,
wurde nun förmlich auf sie übertragen. Es kann kaum
einen Zweifel erleiden, dass die Haacke'sche Truppe
öfter in Dresden spielte, doch findet sich erst aus dem
Jahre 1724 eine urkundliche Nachricht darüber. Es
keiast hier von ihr, dass sie die (schon oben erwähnte)
Hanpt- und Staatsaction „Karl XII. von Schweden",* „wo
Harlekin c in lustiger Kurassreuther nebst einer ge-
Mhwätzigen Marketenderin die S« riosität dieser Action
»doncirte", sowie später eine Tragödie: „Sokrates" und eine
dem Dresdner Leben entnommene satyrische Farce: „Der
Dresdner Schlendrian", beide vom Hofpoeten Ulrich von
König, aufgeführt habe, die auch vor dem Hof wieder-
Iwlt wurden. Der Generalfeldmarschall von Flemming
*088ert sich darüber: „La galanterie et les intrigues de
^ dames de Dresde continua jusqu'ä la fin de la pi^ce
^ la satisfaction de tous les spectateurs.^'
Die Haacke verheirathete sich auch noch zum dritten
^*Ie und zwar wieder mit einem Schauspieler ihrer
Trappe, mit Karl Ludwig Hoflmann — eine Ehe,
^ aber nur von kurzer Dauer sein sollte, da sie bereite
^725 starb. Das Privilegium ging nun auf Hoffmann
^her, der, obschon ein Mann von gelehrter Bildung, doch
^^ finanziellen Rücksichten am Stegreifspiel und an den
Banpt- und Staatsactionen festhielt. Er wies die Reform-
' Sie wird gewöhnlich dem Schauspieler Ludovici zugeschrieben,
Welcher sich bei der Förster'schen Truppe (einer Abzweigung der
^Piefelberg'schen) auszeichnete und sich in Wittenberg den Doctor-
^^l erwirb. Er gehörte allerdings zu den fruchtbarsten Verfertigern
sondergleichen Spielen, und Nicolai spricht ihm Sinn für das Röhrende
^ Pathetische «u.
12*
— 180 —
plane Gottsched's mit den Worten zurück; daas es mit
Stücken ohne Hanswurst eben nicht möglich sei aosso-
kommen, — eine von jenen Unmöglichkeiten^ mit deooi
man auch heute an der Bühne noch immer so rasch bei
der Hand ist. Der schlechte Geschmack des Publicum»
wird eben zum Deckmantel des eigenen gemacht
Joh. Gottfr. Gottsched, geb. 1700 zu Juditlieih
kirch bei Königsberg, ein Sohn des dortigen Pfarrefl^
kündigte schon früh eine ungewöhnliche Begabung an.
Mit 14 Jahren bezog er die Universität, vertauschte hier
aber bald das Studium der Theologie, zu dem ihn sein Vater
bestimmt hatte, mit dem der Philosophie, der Sprachen
und schönen Wissenschaften. Um der gewaltsamen Aus-
hebung zum Kriegsdienst zu entgehen, übersiedelte er
kurz nach seiner Habilitation an der Universität Könige
berg (1723) nach Leipzig. Angeregt von Burkhard Mencfe
und der deutschübenden poetischen Gesellschaft, in welche
er eintrat und deren Senior er bereits 1727 wurde, weiK
dete er sich nun fast ausschliesslich dem Studium der
Literatur zu, obschon er sich bisher hauptsächlich mit^
Philosophie beschäftigt hatte. Er nannte sich einen
Schüler und Nachfolger von Opitz, was er in der Haupt-
sache auch war, doch beschränkte er sich nicht so wie
-dieser auf die Poesie, sondern suchte die ganze Literatur
zu umfassen. Die Idee der deutschen Literatur in ihrer
Gesammtheit ist, wie Danzel es ausdrückt, ihm zuerst
aufgegangen. Er suchte aber dabei seine Doctrin Ton.
der Philosophie seiner Zeit mit voller Denknothwendig^
keit abzuleiten. Die Poesie der Franzosen, insbesondere
die dramatische Poesie, und hier wieder die Tragötoj^
welche diese sicli rülimten auf unumstössliche Regelet
und Gesetze zurückgeführt zu haben, würde ihn dabe"*"
selbst dann noch vor jeder anderen haben anziebe«»-
müssen, wenn sie auch nicht den Modegeschmack der
Zeit damals bestimmt hätte. Er machte sie also «tt**^
Mittel- und Ausgangspunkte seiner Reform.
— 181 —
•
Es lag ihm aber doch dabei feni; die deutsche
Literatur ganz in die Fesseln der französischen zu
twängen nnd die deutsche Poesie zu einer blossen
Nachäfferin der Franzosen herabzusetzen. Ein Brief
^Gottsched's an den früheren sächsischen^ damals aber in
Berlin lebenden Grafen Manteuffel über reimlose Verse,
die er gegen diesen vertheidigt, wird dies ganz ausser
Zweifel stellen. Er ist vom 31. Mai 1738 datirt und
lautet:
„Das vielgültige ürtbeil Ew. Hochrcichsgräf-
lichen Excellence von den reimlosen Versen ist
von so grossem Gewichte bei mir, als vielleicht
kein anderes sein würde. Allein dieselben werden
gnädigst erlauben, dass ich nicht ohne völlige
üeberzeugung die Parthey dieser Art von Versen
verlassen möge (er hatte sie nämlich in seiner
Dichtkunst ergriffen). — Eure Excellenz haben
vollkommen Recht, dass genannte Verse den
Ohren besser gefallen, als ungereimte. Aber ich
bin auch niemals der Meinung gewesen, dass
man im Deutschen alle Verse abschaffen solle.
Nur Uebersetzungen der alten und ausländischen
Poeten, worin ohnedies so viel Zwang ist, sollten
von Rechtswegen dieses Vorrecht haben, ohne
Reime zu erscheinen, bis etwa die Ohren der
Deutschen diese Art gewohnt würden, und irgend
einmal ein grosser Dichter aufstände, der Geschicke,
Feuer und Herz genug hätte, ein Heldengedichte
oder ein Trauerspiel ohne Reime zu machen.
Was die französische Sprache anlangt, so
scheinet dieselbe im Deutschen keinen festen
Beweis an die Hand zu geben. Das macht, die
Franzosen haben kein Sylbenmaass, wie die
Welschen, Engländer, Holländer und wir Deut-
schen. Ihre sogenannte Cadence ist selbst bei
ihren criticis ein je ne sais quoi, davon sie keinen
— 182 -
dentlichen Begriff liaben. Im Deutschen aber
sind wir yermögend, alle Vergärten der alten
Grioclien und Kömer nachznmachen und das
Gehöre durch das Sylbenmaass zu yergnttgeB,
welches der Franzose nicht kann oder wenigstem
nicht will. Warum sollten wir also nicht dem
Exempel der Italiener und Britten folgen, die
uns längst mit guten Exempeln vorangegangen
sind?«
Es lag ohne Zweifel schon immer etwas Pedantisches in
Gottsched's Natur und etwas einseitig Beschränktes in seinen
Anschauungen; allein ursprünglich war er keineswegs-
weder der beschränkte Pedant, der er allmählig wu-klicli
geworden, noch der, zu welcher ihn zum Theil erst die
Geschichte unter dem Einflüsse seiner Gegner gemacht-
Er wollte anfanglich von den Franzosen nichts Andere»
nachgeahmt wissen, als worin er sie wirklich, wenn anch
zum Thoil irrthtimlich, für mustergültig hielt, d. i. in der
Regelmässigkeit und der Correctlieit der FomL Nur
diese war es, die er der Willkür und AnarcLie des
deutschen Dramas entgegensetzte, ohne ihm doch seine
nationale Besonderheit damit rauben zu wollen. Er fing
in der That als ein freisinniger, wohlthätig wirkender
und epochemachender Reformator an, um, wie fast alle
Doctrinärs, die einen grossen Erfolg hatten und von
ihrer Zeit dann weit überflügelt wurden, als hoch-
müthiger, rechthaberischer und läclierlich gewordener
Pedant zu enden.
Sehen im Jahre 1724 begann Gottsched seine Lehr-
thätigkeit an der Leipziger Universität, und wir dürfen
von dem ehrgeizigen Manne wohl annehmen, dass er un-
gleich Alles in Bewegung setzte, die Professur zu er-
werben. In dieser Angelegenheit sehen wir nun ancH
den Dresdner Hofpoeton König eine Rolle spielen.
Job. Ulrich König, 1688 in Esslingen gebore
studirte in Tübingen und Heidelberg. Ein Anhänger i^^
— 183 "
Marini'schen Dichtnngsart^ wirkte er dann längere Zeit
als Opemdichter in Hamburg; stiftete dort mit Brockes
die dentschübende Gesellschaft; um endlich 1720 auf
Empfehlung des Kriegsraths und Ceremonienmeisters
Besser m Dresden ebenfalls in königl. sächsische Dienste
als Geh. Secretär und Hofpoet mit einem Gehalte von
1000 Thlr. zu treten (welcher schon 1723 auf 133373 Thlr.
erhöht wurde); doch musste er (wenn auch nicht im
Kleide des Pritschmeisters, so doch an dessen Stelle)
Mi Büchssen- und Schnepperschiessen in einem Ceremo-
Bien- oder Heroldskleyde aufwarten". Er verstand sich
jedoch sehr bald einen EinfluRS zu schaffen, so dass er
^729 (nach Besseres Tode) zum Ceremonienmeister ernannt
wjd später sogar geadelt wurde. *
Des Einflusses dieses Mannes hatte nun Gottsched
^'ch zu seinen Zwecken zu bedienen gesucht, war aber
»öfaugg nicht glücklich damit gewesen. Doch gelang es
^^ später, das Misstrauen desselben zu überwinden, und
^728 finden wir Beide im besten Einvernehmen. König
^rtheilt Gottsched in uneigennütziger Weise die zur Er-
'f^chung seiner Absichten zweckmässigsten ßathschläge
^^d lehnt insbesondere die Geldanerl)ietungen ab, zu
"CDen sich Gottsched hatte verleiten lassen. „Wie wenig
•^ öi-hreibt er an diesen (22. October 1729) — kennen
^^ Hiich noch, dass Sie mit dergleichen Offerten gegen
^"^ selber sich herauslassen. Ich habe, so* lange ich
"*^chem ehrlichen Mann mit allem Eifer .und vielen
Jlähen gedient, nie etwas angenommen, ob es gleich i)ft
*^itc^ waren, die ich kaum gekannt; wie weit weniger
^^Ue ich es von Ihnen annehmen. Wenn ich in diesen
**Uen ein wenig mehr auf mein Interesse sehen wollte,
^^^ würde meine Börse voller haben, als sie nicht ist."
' Ausser yerschiedenen Gelegenheits- Gedichten, Opern und
*^>*rs€tzungen von Trauerspielen schrieb er das Lustspiel „Die
^^^ebrte Welt*" and das bekannte Heldengedicht „August im Lager"*.
— 184 —
Um wie viel mebr musste es König daher yerletieii
auf dessen Rath und Empfehlungen Gottsched noch ii
demselben Jahre die Professur wirklich erhielt, Angriff
der geringschätzigsten Art; wenn auch nicht nnmittdlMU
auf sich selbst, so doch auf die besondere Art seiiiei
poetischen Thätigkeit in Gottsched's gleichzeitig yerMfent*
lichter „kritischer Dichtkunst** zu begegnen, die er nock
dazu an verschiedene hohe Herren zu dessen EmpfehloBf
überreicht hatte. Gottsched hatte ja Recht, die Dieb-
tereien eines Besser und Ganitz gering zu achten, aüein
er hätte bedenken sollen, dass, was er über diese hier
sagte, sich ebenso gut auf den ihnen aufs Engste ?er-
hündeten König anwenden Hess. Er hatte nicht minder
Recht, gegen die Geschmacklosigkeiten der damaligen
Oper zu eifern, nur war es im höchsten Grade nnkliigi
es in dem Moment zu tkun, wo er damit am Dresdner
Hofe, dessen Gunst er nur eben sollicitirt hatte, und bei
König, dessen poetische Tliätigkeit fast ganz auf diesen
Gebiete lag und der ihm nur eben ein dienstwilliger
Gönner gewesen war, den grössten Anstoss erregen
musste. Oder sollte er alles dies ganz übersehen haben?
Möglich, dass Gottsched bei der Niederschrift jener An-
griffe auf die Abneigung Friedrich August L gegen die
Italiener gerechnet hatte, wie ja die italienische Opei
von 1720—1727 hierdurch eine völlige Unterbrechung
erfuhr und eigentlich erst vom Jahre 1730 an, d. L abc
nach der Herausgabe seines Werkes, wieder in Anf
nähme kam.
Je mehr König durch seine Förderung des literarisel
bereits in hohem Ansehen stehenden Gottsched sich diese
hatte verbinden wollen, um so grösser musste jetzt sein
Enttäuschung, ja seine Empörung über diese, wie er i
beurtheilte, ebenso undankbare, wie hinterlistige Behaue
lung sein. Die nachtragende Kleinlichkeit des durc
seinen Einfluss in seiner Eitelkeit gesteigerten Manne
sollte aufs Rückhaltloseste hervortreten. „Er wundert
i
— 185 —
sieh sehr — heisst es in dem Fehde- und Absagebriet,
den er Gottsched durch seinen Bruder jetzt schreiben
lies» — , als er nicht nur hin und wieder verschiedene
Dinge, nebst einer Stelle wider Besser und sonderlich
wider Canitz darin antraf, die er sich von Ihnen nicht
vermnthet hätte, und die er gar nicht gegründet fand;
*l8 er in der Abhandlung von Sing -Spielen, die Oper
^iifdie allerschimpflichste Art heruntergemacht, folglich
rieh selbst auf eine empfindliche Art angegriffen sah etc.
Er möge bedenken, dass er ihm mittelst desselben Ein-
flusses, durch den er ihm die Professur verschafft, auch
^erde schaden können!" —
Gottsched, der es entweder versäumte, den Zorn des
beleidigten Mannes zu beschwichtigen, oder dem es doch
Bicht gelang, sollte den Ernst und das Gewicht dieser
Drohungen nur zu bald und zu lange empfinden. Doch
'öch die Verbündeten, die er sich für seine Reform des
deutschen Theaters gewonnen hatte, das Neuber'sche
*'"epaar, sollten darunter mit leiden.
Friederike Karoline Weissenborn,* am 9. März
^^7 in Reichenbach im Voigtlande geboren, die Tochter
"^ Gerichtsinspectors Daniel Weissenborn (der 1702,
^^Qh ein langjähriges gastrisches Leiden veranlasst
^^^ Amt niederzulegen, nach Zwickau übersiedelte und
^^ Bülfe des Amanuensis, Gottfried Zorn, sich dort durch
^^ttbung der advocatorischen Praxis ernährte), hatte das
^'^elück, schon früh (1705) ihre Mutter zu verlieren,
^^ man sagt in Folge der Temperamentsfehler ihres
^^tten, welcher als jähzornig und als ein Haustyrann
ß^^hildert wird. Diese Gemüthsart verleidete auch Frie-
^^rike allmählig den Aufenthalt im Hause ihres Vatere,
^^^ ihr zwar einen guten Schulunterricht zu Theil werden
' Ich folge in Bezug auf die ersten Lebensschicksale der Xeu-
^Tin der von Robert Waldmüller (Dulioc) auf Grund der Veröflfent-
ucoan^ii des Dr. E. Herzog in Zwickau in einem Artikel der Grenz-
^*«ii (1877) („Zur Biographie der Neuberin") gegebenen Darstellung.
— 186 —
liesS; sonst aber sich nicht weiter nm sie gekUmmot
haben soll, als dass er sie zum Abieiter seiner flblen Laune
zu machen pflegte. Schon im Jahre 1712 hatte sie, um
sich seinen Misshandlungen zu entziehen^ einen Flucht-
versucli gemacht; dem jedoch eine Aussöhnung folgte.
Ein Zorwürfniss des Vaters mit Zorn, zu dem das erst
löjäbrige Mädchen in ein zärtliches Yerhältniss getreten
war, obschon derselbe in einem noch, vorhandenen Sig-
nalement als „pockennarbig; blass, lang^ bezeichnet wird,
also sicher in seiner äusseren Erscheinung nichts eben
Anziehendes hatte, führte zu einer Wiederholung diese«
Versuchs. Die Liebenden wurden ergriffen und in Htfk
gebracht. Auch diesmal sollte es jedoch wieder gelingen,
Friederike, die um diese Zeit als ein „frühreifes, listigeSi.
energisches", doch unterrichtetes Mädchen geschildert wird,
mit ihrem Vater auszusöhnen. Das Verhältniss mit Zorn
muss später auseinander gegangen sein, obwohl sie damab
ein solches Ansinnen als „ihrem Gewissen und der Ge-
rechtigkeit zuwider*' bezeichnet hatte, da Karoline 1718
in ein neues zu dem 3 Jahre jüngeren Primaner Johftnn
Neuber aus Werdau getreten war und mit diesem zum
dritten Male dem väterlichen Hause entfloh. Da sie jetti
mündig geworden, hat es nicht an der äusseren Mög-
lichkeit einir kirchlichen Verbindung der jungen Lente
geiehlt. Doch wissen wir hierüber nichts Bestimmtes,
sondern nur soviel, dass sie sich bei der Spiegelbergischcn
Truppe in Weissenfeis als das Ehepaar Neuber vor-
stellten und, nachdem sie in dieselbe eingetreten waren,
fort und fort dafür galten.
Karolinc war von Beiden die ungleich Energischere,
Begabtere und Phantasievollere, was ihr natürlich sehr
bald ein Uebergewicht nicht nur in der öffentlichen Mei-
nung, sondern auch über ihren Gatten, der sie über Alle»
liebte, gab; wogegen sie dieser an weiser Mässigung,
besonnenem Urtheil übertraf und, hierdurch die ihr feh-
lenden Eigenschaften ergänzend, zu einem ihr allezeit
— 187 -
>en8o trenen^ wie nützlichen Gehülfen wurde. Sie hatten
ie Spiegelberg'sche Truppe sehr bald mit der damala
i höchster Blüthe stehenden Haacke'schen Truppe ver-
Mischt^ bei welcher sich das Talent Earolinens unter
em Einflüsse eines Mannes wie Kohlhardt und unter
ien Eindrücken der französischen Schauspieler^ die sie
in den Höfen von Braunschweig, Hannover und Dresden
Gelegenheit zu sehen und zu studiren hattC; in glänzender
(feise entwickelte. Besonders im regelmässigen Alexan-
Irinerdrama soll sie durch die feierliche Grazie ihres
Wrages alle ihre Vorgängerinnen übertrofFen haben,
anm minder ausgezeichnet war sie im Lustspiel durch
ie geistige Gewandtheit^ die Friscbe und den quellenden
ebennuth ihres Spiels, welcher von dem Ebenmass
»■er Gestalt und dem Anziehenden ihres Gesichts-
tsdrucks — sie wird als eine Blondini' mit feurigen
tigen geschildert — noch unterstützt wurde. Das letz-
^ mag sie wobl auch bestimmt haben, sich gern in
^nerrollen zu zeigen.
„Seltsamer Wechsel — ruft mit Recht Ed. Devrient
(18 — fünfzig Jahre früher sah man nur Knaben in
'taueurolLn, jetzt war es schon haut goüt geworden,
*ranen in Männerrollen zu sehen.''
Gottsched sah die Neuberin gleich im ersten Jahre
eines Leipziger Aufenthalts spielen. Auch waren es wohl
lese Vorstellungen, welche ihn vorzugsweise zu seinen
lefonnideeu der deutschen Bühne anregten. Er bemerkte
ie grosse Verwirrung, darin dieselbe steckte. „Lauter
:hwül8tig und mit Harlekinslustbarkeiten untermengte
[anpt- und Staatsactiouen, lauter unnatürliche Roman-
:reiche und Liebesverwirrungen, lauter pöbelhaile Fratzen
od Zoten waren dasjenige, was man daselbst zu sehen
ekam. Das einzige gute Stück, so man aufführete, war
er Streit zwischen „Ehre und Liebe oder Roderich und
hiniene'*, aber in ungebundener Rede übersetzt. Dieses
cfiel mir nun, wie leicht zu errathen ist, vor allen an-
— 188 —
dereO; and zeigte mir den grossen Unterschied zwischen
einem ordentlichen Schauspiele und einer regellosen
Vorstellung der seltsamsten Verwirrungen auf eine Beb
empfindliche Weise.'^ — Seine Anregungen^ welche Ton
Hofmann abgelehnt wurden, fanden bei Eohlhardt und
Neubers eine um so willigere Aufnahme. Die Aufinun-
terung, den diese weiterhin auch noch von Seiten des
herzogL braunschweigischen Hofes erhielten, führten sa
erweiterten Versuchen im regelmässigen Drama. BegalnB,
Brutus, Alexander und Cid (in einer neuen Bearbeitung
vom Kriegsrath Lange) kamen zur Darstellung. -=- Nach
dem Tode der Hofmann (1725) gerieth die Oesellscbaft
unter der schlafferen Führung ihres Gatten aber in Un-
ordnung. Im folgenden Jahre ging sie sogar auseinander.
Lorenz und Kohlhardt schlössen sich dem Neuber'schen
Ehepaar an, welches sich jetzt an die Spitze einer eigenen
Gesellschaft stellte und in Kurzem die Denner'sche und
Spiegelberg'sche Familie, sowie die Wittwe Grundier
mit ihrer Tochter gewann.
Neubers wendeten sich vor Allem nach DresdeUi
um sich (in einer Eingabe vom 15. Februar 1727) um das
Privileg als „Kurfürstliche HofT-comoedianten" zu bewerben,
da sie gewissermassen als Rest der vom Principal Hof-
mann aufgegebenen Truppe zu betrachten seien. Auch
versprachen sie noch: „durch Verschreibung der besten
Leute von andren Banden eine bessere Einrichtung des
deutschen Schauplatzes und der darauf vorzustellendoi
Stücke Lach des Geh. Secretär und Hofpoeten Joh. Ulrieh
König Anleitung dem Privilegium Ehre zu machen.''
Auch hier sehen wir also wieder Königes Einfluss thätig.
— Die Abwesenheit Friedrich August L verzögerte jedoch
die Beschlussfassung. Neubers spielten inzwischen (zur
Ostermesse) in Leipzig, wo das Verhältniss zu Gottsched
ein innigeres wurde. Mit Bereitwilligkeit gingen sie auf
seine Pläne ein, worin freilich zugleich der Keim zu einer
Spannung und einem ZerwUrfniss mit König liegen
— 189 —
konnte^ da sie sich ja eben erst schriftlich verpflichtet
hatten, sich dessen Anleitung in Allem unterwerfen zu
wollen.
Erst am 8. August erhielten sie auf ein zweites und
dringenderes Gesuch das erbetene Privileg. Man suchte
zwar anfangs der Eitelkeit König's zu schmeicheln^ wie
dies ja damals auch in Gottsched's Interesse noch lag.
Sie wc^ndeten sich Beide mit der Bitte an ihn, die Ueber-
setzang des Regulus von Bressand neu zu bearbeiten und
zn veredeln, was diesem nicht zweimal gesagt zu werden
brauchte. Er liess zu der Aufführung dieses Stitcks sogar
die Garderobe vom Dresdner Theater verabfolgen, was
allgemein den Glauben erzeugte, dass das Gottsched-
Nenber'sche Unternehmen unter dem besonderen Schutz
des königl. sächsischen Hofes stände. — Nach dem Zer-
wflrfniss Gottsched's mit König musste aber auch das
Verhältniss Neuber's zu diesem allmählig ein gespannteres
werden, da König nach seiner Art in ihrem Festhalten
an Gottsched nichts Anderes als eine Missachtung und
Undankbarkeit gegen sich selbst erblicken konnte.
Inzwischen war das Reformwerk, welches zum Zweck
hatte, die gelöste Verbindung zwischen der Dichtung und
der Schauspielkunst wieder herzustellen und das deutsche
Drama aus dem Zustande der Regellosigkeit zu Formen
va erheben, denen, wie in aller Kunst, bestimmte Gesetze zu
Grande lagen, mit Eifer in Angriff genommen und auch
gefördert worden, obschon es, wie sich aus den Briefen
Neuber's an Gottsched ergiebt, zunächst auf manchen
Widerstand stiess. Der Antheil, den Neuber selbst hieran
nahm, ist von verschiedenen Geschichtsschreibern unter-
schätzt worden. Er geht jedoch mit voller Evidepz aus
eben diesen Briefen hervor, von denen ich folgende im
Jahre 1731 von Nürnberg geschriebene Stelle ausbebe:
„Es hätte freilieh wohl eher als itzo geschehen
sollen^ dass ich berichtet, wie hier unsre Schau -Spiele
aufgenommen wurden; da wir aber hier die Woche nur
zwei Mahl agireu, so habe erst die Zeit erwarten müssen _^
bis ich erlalireu; ob es mö^^lich sei, den Hiesigen einen.
Geschmack davon bi izui)ringen. Das hat nun anfänglictx
bei den meisten gar nichts heissen wollen^ wie gesag*^
worden: eine Comödie von lauter Versen. Nun aber sind
doch die Vornehmen, wie ich glaube, gewonnen und be —
kommen viele Lust, etwas von den neuen Leipzige'K'
Büchern zu lesen." — ^Vielleicht, doch nicht
würden wir viele Thaler mehr erobert haben, wenn
lauter abgeschmackte hiesige bürgerliche mode Stücke'
aulTührten, da wir aber ein Mahl etwas Gutes angefangei
80 will ich nicht davon lassen, so lange ich noch 1 Glt
daran zu wenden habe. Denn gut muss doch gut bleibe:
und ich hoffe beständig, durch Ihre gute Beyhülfe noeli
durchzudringen, und sollte es auch noch länger als
Jahr anstehen.**
Wie sehr verdient doch der Mann so vielen d
heutigen Uühnendirectoren als beschämendes Muster
entgegengehalten zu werden!
Auch seine Gattin scheint trotz des aus der Energie
und Genialität ihrer Natur entspringenden Selbstgefilhl^
den Werth ihres Gatten zu Zeiten erkannt zu haben*
^Ich bin nichts — schreibt sie 1735 aus Braunschweig —
oder doch nicht viel nütz bey solchen Sachen. Ich bin
zu Huy und verderbe oft mit meiner Geschwindigkeit mehr,
als man hiernach gut machen kann. Mit einem Wort: zam
Handeln und Bauen liabe ich weder Verstand, noch Geduld.*^
Ein Hinderniss zu einem raschen Erfolge bot woU
noch immer die Spielweise. Denn wenn auch Gottsched
von der Neuberin sagt, dass sie in der Vorstellnngskunst
keiner Französin etwas nachgegeben, so gehörte sie hierin
doch eben noch zu den Ausnahmen. „Die Schauspieler
— sagt Ed. Devrient — glücklich genug, den Rhythmus
begriffen zu haben, wussten sich nun auch etwas^ die
Scansion recht hörbar zu machen, den Abschnitt inmitten
der Verse, das Reimgeklingel am Ende hervorzuheben,"
- 191 —
Schlimmer noch mag es zum Tbeil um die schauspielerische
ActioQ ausgesehen haben. „Die Grazie wellenförmiger
Bewegangen, Erhabenheit des ^^nstandes^ Grossartigkeit
der leidenschaftlichen Gesticulation lag in der Intention^
Aber es war Alles wie vom Balletmeister zugestutzt und
»üfii Acusserste übertrieben. Der Schritt war wie nach
dem Tacte bemessen. Nur ein Fuss trug die stehende
Gestalt, der andere war im coupe-pied mit der Spitze
Qor aufgestellt Arme und Hände machten keine anderen
*l8 gewundene Bewegungen und fuhren im Pathos völlig
ADS dem Geleise der Natur." — Einen grossen Antheil
Mcran hatte theils das Costüm; welches fast durchgehend
^'c französische Hoftracht, theils der Umstand, dass die
"^ittkmist damals gewissermassen die Grundlage der
^^lauspielkunst war. „Das Tänzerhafte galt für das
^^^al des Anstandes." Doch auch das Zunftmässige,
^^8 sich, wie Iffland aus einer noch unmittelbar mit dem
^^ben zusammenhängenden Tradition erzählt, im Anfang
^^ Jahrhunderts herausgebildet hatte und die Stellung
^Hd Unterordnung der einzelnen Darsteller zu- und
untereinander aufs Peinlichste regelte, wirkte noch fort
^nd bestimmte genau die Art ihres Auftretens, des Auf-
^teUens und Abgehens. Selbst im Geschmack der Costüme
^rd man mit den französischen Darstellern sich noch
nicht haben messen können. Obschon die NeubcT auch
diesem Punkte ilire Aufmerksamkeit zuwendete, konnte
ne hierin selbst Gottsched nicht hinreichend befriedigen.
Im Ganzen behielt das Costüm die früheren Normen.
Man kannte noch immer nur drei Arten desselben, die
römische, die türkische und moderne Tracht. Selbst
diese noch hatten manches Gemeinsame. Der Besitz einer
Sammethose bildete wohl noch immer einen der Gardinal-
pnnktc beim Engagement eines Scliauspielers. Sie fehlte
auch noch jetzt keinem männlichrn Anzüge, wie die ge-
puderte Frisur und der Reifrock keiner weiblichen Toilette.
Zu den Verbesserungen, welche die Neuber einführte,
— 192 —
gehörte die der Theatermnsik. Job. Rnd. Scbeibe
Hamburg (geb. 1708) gab hierzu die Anregung,
eomponirte zu den Tragödien Polyeuct und Mithri
Ouvertüren und Zwischenmusiken. -— Wichtiger a
waren die Einrichtungen^ welche die Neuber zur Hebung
inneren sittlichen und äusseren gesellschaftlichen 1
hältnisse ihrer Truppe traf. Sie betrachtete sich als
Oberhaupt einer grossen Familie. Die unverheirathi
Männer waren ihre Kostgänger. Die Mädchen wohi
bei ihr und wurden wie Kinder des Hauses behanc
Sie sah darauf^ dass sie sich auch im Hause fttr
Bühne noch nützlich machten. Sie überwachte ihren Umgs
und duldete keinerlei unsittliche Verhältnisse. Die Lieben
trieb sie in die Heirath hinein oder ganz auseinander.
Bei so viel Opferfreudigkeit, Energie und Anstrengt
war es Neubers, trotz aller sich ihnen entgegensetzen
Schwierigkeiten, doch möglich geworden, nicht nur
mählig die bedeutendsten schauspielerischen Kräfte,
(ausser den früher genannten) Philippine Tümmler, Schril
Weise, Winzinger, Jakoby, Meyer, Klotsch, Uhlich, Schab
Wolfram, Schönemann, Antusch, Suppig (Beide aus Dresc
und Koch an sich zu ziehen, sondern auch der 6
sched'schen Reform einen festen Boden und eine wi
sende Ausbreitung zu geben. In den dreissiger Jah
des Jahrhunderts war ihre Truppe die weitaus von
liebste in Deutschland und bildete den Ausgangspu
derer, die sie später zu überflügeln berufen waren. 1
1727 — 40 hatte sie ihr Repertoire regelmässiger Stil
bereits auf 27 erweitert. Man nennt uns den Regu
Brutus, Alexander von Bressand, den Cid von Lange, i
zweiten Theil desselben von Heynitz, die Liebe in (
Schäferhütten, Originalstück von Henrici, Sancio i
Senilde (nach einer Oper von König) in Alexandrin«
von Koch, den Titus Manlius und Cäsar's Tod, Origii
stücke, sowie Voltaire's Verschwenderischen Sohn t
demselben, Racine's Berenice von Pandtke, Ulysses f
— 193 —
Tthaka, OriginalBtflck tob Lndewig, die Horacier und den
Thnoleohy Originalstttcke von Behrmann^ Gorneille's
Honcier and Cajus Fabricius von Mag. Müller^ Voltaire's
Ahire, Racine's Britanniens^ Phädra und Essex von Stüven^
Mithridates von Witte, Polyeukt von Frau Dr. Link,
Cornelia von Frau Gottsehed, die Geschwister von Tannen
von El. Schlegel, Racine's Iphigenia in Aulis und der
sterbende Cato nach Addison und Deschamps von Gott-
sched, welcher letzte bei seinem Erscheinen 1731 (wohl
haQptsftchlich durch Kohlhardt's Spiel) Sensation machte
vnd in 25 Jahren 10 Auflagen erlebte. *
Mit dieser Truppe und diesem Repertoire spielten
Ifenbers also auch öfter in Dresden. Die Vernach-
Iteigung, welche hier das deutsche Schauspiel vom Hofe
^^MiT, und die Begünstigung der prunkvollen Opern und
i^J Ballets scheint hier auf den Geschmack des grösseren
Pablicums gleichfalls nicht eben gUnstig eingewirkt zu
fc*ben. Wenigstens klagt Nenber im Jahre 1730, in
Welchem die Truppe nach längerer Unterbrechung wieder
^ Wochen in Dresden spielte: „Es kommen zwar ziemlich
Wel Zuschauer, aber nach dortiger Art hören sie stets
^^ halb zu, und es gefällt ihnen daher auch nur halb."
^ ist nicht nachweisbar, dass ihre Truppe auch nur ein
^'^ges Hai vor Friedrich August I. gespielt hat; wo-
f^en sie sonst überall die grössten Erfolge erzielte, in
^Jtiburg, Kiel, Braunschwei^, Hannover und Nürnberg,
"^«onders aber in Leipzig, wo sie von 1727 — 1733 ganz
J^lmässig während der Messen erschien. Selbst in
*^^Msburg machte sie Aufsehen. Während die fran-
?^ifichen Gomödianten dort nur drei Darstellungen in einer
^^che geben konnten, spielte sie alle Tage. „Es kommen
■ Die Besetzung bei der ersten AuffQhrang in Leipzig war
^'^«nde: Cato — Kohlhardt; Portia — Fr. Neuberin; Portius —
^pigi Phenice — Jfer. Buchnerin; Phocas — Gottschalck; Pherna-
^^ — Neuber; Felix — Türpe; Cäsar — Koch; Domitiiis — Jacobi;
•^^t^banus — Schönemann.
\^
— 194 —
viele Franzosen — schreibt Neuber (1736) — > die keiB
Wort deutsch verstehen^ nnd sehen mit grosBer Aafmerk*
samkeit zu/'
Wie wenig das Neuber'sche Unternehmen aber udi
direct vom Dresdner Hof unterstützt wurde, so scheiit
Friedrich August I. demselben gleichwohl gewogen g^
wesen zu sein. Die ganze Richtung ihres Tbeatcn
musste ihm ja als eine Huldigung seines eigenen Ge-
schmackes erscheinen, daher auch bis zum Tode diese»
Fürsten die Feindseligkeit König's gegen Gtottscheä
und seine Anhänger sich nicht offen hervorwagte.
Sein Tod (1. Februar 1733) gab aber hierzu wilV-
kommene Gelegenheit. Obschon Neubers bereits iß^
Monat März um die Erneuerung ihres Privilegiums ein-
kamen und (weil es nicht sofort ausgefertigt werdeu
konnte) ihnen ein Interimsdecret des Oberhofinarschalto
ausgestellt wurde^ welches den Leipziger Magistrat an*
wieS; ;,den sächsischen Hofcomödianten Neuber in der
bevorstehenden Michaelismesse an dem gewöhnlichen
Platze spielen zu lassen'^, wurde das Privilegium doeb
an den Schauspieldirector J. Ferd. Müller^ welcher erst
unter dem 7. August 1733 darum eingekommen waT^
bereits am 8. September d. J. ertheilt.
Müller^ welcher eine Tochter der Haacke-HoffmaaB
zur Frau hatte und seit 1728 Schauspieldirector geworden
war^ beschuldigte Neubers in seiner Eingabe^ sich ihrer
Rechte auf die Hoffmann'sche Gomödiantcnbande dnrcli
List bemächtigt und ihrer Direction sich widerrechtlich
angemasst zu haben. Auch behauptete er, dass sie dfe
zwei jüngsten Stiefldnder Hoffmann's heimlich nach
Wcissenfels entführt und dort von der katholischen sor
protestantischen Religion abzuziehen versucht hätten
(ein Punkte welcher in den uns bekannten, hierher-
gehörigen Actenstückcn nirgends weiter berührt wird)»
£s lässt sich nicht beurtheilen^ in wie weit diese An-
klagen begründet waren. Fasst man aber alle hier ein-
— 195 —
seUagende VerhältniBse ins Auge: die Unbestimmtheit der
▼erapäteten Anklage — den gewählten Zeitpunkt — die
Feindschaft Eönig's zn dem Nenbers engverbttndeten Gott-
sched, welche in den Italienern natttrlich bereitwillige
Bundesgenossen finden musste — den Umstand^ dass die
auf Verwendung der Herzogin von Braunschweig bei der
Königin von Sachsen im Interesse Neubers eingeleitete
Untersuchung nichts weiter ergabt als dass Müller das
Privileg nur deshalb erhalten^ weil Neubers nicht darum
eingekommen seien, was thatsächlich falsch war —
sowie endlich die Ausflucht des Oberhofmarschallamtes,
welches zwar einräumte, dass Neubers zwei darauf ab-
nelende Eingaben gemacht: jedoch die erste nicht habe
berflcksichtigt werden können, weil damals Trauer ge-
wesen; die zweite, weil MttUer das Privilegium damals
bereits empfangen gehabt hätte, — so wird man sich der
Ueberzeugung gewiss nicht yerschliessen können, dass es
lieh hier um eine versteckte Intrigue handelte, deren
^en auf König und seine Feindschaft zu Gottsched
^wUckweisen.
Der Verlust des Privilegiums, die fruchtlosen Kämpfe,
^ Neubers um dessen Wiedererlangung anstrengten, hat-
^ ihren Wohlstand allmählig erschttttert. Ihr Anschluss
^ Gottsched wurde zunächst immer enger, so dass. 1737
&iif Bein Andringen die bekannte öffentliche Verbrennung
^ Hanswurstes, mit dem sie nun wieder schwerer zu
^pfen hatten, auf dem neuen Schauplatze Neubers, in
^^ Theaterbude vor Loose's Garten, stattfand. Um so
^^ffilliger erscheint der bis jetzt noch in keiner Weise
^^fgeklärte Umstand, dass es ihnen fast gleichzeitig ge-
'^y vor dem königl. sächsischen Hofe während der
^*gdfegte in Hubertusburg zu spielen, eine Ehre, welche
^^ jetzt nur der Mtlller'sehen Truppe einmal (1734) zu
*l^eil worden war. Neubers eröffneten diese Vorstellungen
*^ 5. November Abends 7 Uhr mit Graf Essex und der
lustigen Nachcomödie: Der dressdner Mägdeschlendrian,
— 196 -
dem 8ie (nach ihrer Gewohnheit) eine poetigche Anrede
an beide Majestäten nachfolgen Hessen. * An noch vier
* FQrstenau theilt den Wortlaut derselben vollatftiidig nit:
llerri Monarch! Du schenckest mir heat den Beichthum Deiner Gsiii
Und ich geh mit meiner Treu und mit meinem Fleisa m Bat^ , i
Frag die Ehrfurcht, das Vertrauen, ruff die Zuflucht eyfrigst an,
Ob ich Deine grosse Gnade tief genug verehren kann;)
Jeder Trieb verdoppelt sich, lässt mich meine Kraft recht spflhrei»
Jeder will der Erste sein, heisset keine Zeit verliehren, .
Jeder pr> durch meine Pflichten mir anch die Gredanken eil,
Dass ich als ein Staub zu wenig, Dir nicht gnug kann dankbar M(jik
Doch die Landes Kindes Pflicht heisst das kindliche Vertrauen
Auf Dein Landesvater Herz und auf Deine Grossmnth bauen.
Dieses öffnet mir die Lippen, macht das treue Herz geschickt,
Jeden Trieb bekannt zu machen, den die blöde Furcht erstickt
Durch die Zuflucht such ich Dich, Deine Gnade Iftsst sich findeip
Durch die Ehrfurcht krieg ich Herz, Deine Grossmuth zu ergrflido.
Durch die Treue werd' ich stärkend, Deine Huld recht einzusekSi
Durch die Demuth bitt' ich kindlich : Vater, lass mir nichts geschelo»
Was mir Angst und Schrecken bringt, wenn ich es nicht selbst ver-
diene.
Mach, dass unter Deinem Schutz unser deutscher Schanplaz gdbe»
Er soll rein und redlich bleiben, dass ihn nicht ein Wort be«chlrt>
Alle Laster sollen fliehen, darzu er sich sonst bequftmt.
Du sollst für uns allerseits kein Geseze nöthig haben,
Eh und indem Du befiehlst, sollen Künste, Fleiss und Gaben,
Ordnung, Redlichkeit und Stille auf den Wink gehorsam seyn,
Heiss uns nur durch Deine Gnade und durch Deinen Beyflül Dei>»
Königin aus Kayser Blut! sieh ich küss Dir Bock und Hände,
Ans der Würckung Deines Worts und zu keinem andern Ende,
Als allein Dir zu bezeugen, dass kein Tropfen Blut mich regt,
Der Dich nicht verehrt und liebet und die tiefste Ehrfurcht hegt
Nimm Dich doch auch meiner an ! Deine Krafft kann mich erhaltet
Und wenn mich der Neid verklagt, so lass Deine Gnade walten»
Du bist viel zu gross und zärtlich, als dass Du den Wurm verderbet
Der Dich niemals wird erzürnen, da Du Reich und Cronen erbst-
Da Dein Blut so rein entspringt, kann es gar nicht anders komm^^
Als dass Du auch meine Treu allergnädigst aufgenommen.
Die vor Deiner wahren Hoheit Dir gebückt zu Füssen liegt
Und mit einem Gnaden Blicke von Dir sich allein begnügt
— 1«7 —
folgeoden Tagen wurde Der verheirathete Philosoph^
Polyenoi, Der Gleizige and Iphigenia zur Darstellung ge-
bracht.
Die an diese Yorstellnngen von Nenbers nnd Gott-
Bcbed geknttpften Erwartungen sind indess nicht in Er-
ftUoBg gegangen. Friedrich August IL scheint nie wie-
der deutsche Erwerbsschauspieler an seinen Hof gezogen
n haben. Das Prädicat Königl. HofcomödianteU; sowie
die Erlaubnisse in Leipzig auch ausser der Messe in ihrer
Bude spielen zu dürfen^ ist AUes^ was Neubers und auch
erst in Folge einer Eingabe erlangten. Nichtsdestoweniger
wirden Tielleicht schon damals die Fäden geschlungen,
welche Neubers später mit König gegen Gottsched ver-
banden. Wenigstens werden seit dieser Zeit yerschiedene
Begünstigungen sichtbar^ die sie von dem Grafen Brühig
Einern Gegner Gottsched's^ erfuhren^ auf welchen König
^en gewissen Einfluss ausübte. Auch wirft Gottsched in
^em Briefe an Manteuffel einen verächtlichen Seitenblick
^f die von Neubers aufgefbhrten* König'schen Stücke,
n^re Bewerbungen um die Gunst des sächsischen Hofes
*^titen diese auch 1738 noch fort. Am 16. Januar d. J.,
^Vorabende des Jahrestags des polnischen Krönungsfestes^
8^ben sie in Dresden ein wahrscheinlich hierauf bezug-
B^hmendesStück unter dem Titel : „Augusti Gutigkeit", wor-
über der Berichterstatter der Gurios.Sax. sagt : ^so war dieses
S^iitze poetische aus der römischen Historie genommene
^hauspiel durch und durch auf das anmuthigste ein-
gerichtet, und die Acteurs bewiesen auch ihre Stellungen
^^gestalt, dass jedermann ein sattsames Vergnügen und
plandite an den Tag gegeben.'^ Es war wohl das letzte
"^1» dass sie bis zu ihrer Rückkehr aus Russland in
"'^^en gespielt
^iglich geseegnets Haass blühe 1 Gott spricht seinen Seegen,
^ kommt Dir mit seiner Bald nnd mit seiner Band entgegen,
^^DeinTrohn, Dein Land, die Treue sich fest gründet, h< and stflxt^
^^ liebt IHch als Yater s&rüieh, wie er Dich als Qott beschüst
Das bereits kUhler und loser gewordene VerhaltniM
Neubers zn Gottsched sollte im Jahre 1739 za eioem
völligen Bruche kommen. Neubers spielten in diesem Jahte i
hauptsächlich in Hamburg, sowie bei ihrem besonderes j
Gönner, dem Herzog von Holstein in Kiel, welcher ihnöi \
wohl auch den Ruf nach Petersburg an den Uof der '
Kaiserin Anna vermittelte. Dort hatten sie nnter Auderem
Voltaire's Alzire in der üebersetzung Sttiven's zur Anf-
führuQg gebracht, welche auch von Gottsched's Frau noch
Übersetzt worden war. Als daher Neubers später nacb
Leipzig kamen, trat dieser mit dem Verlangen hervor,
dass sie es hier in der Uebersetzang „seiner geschicklett
Freundin" darstellen sollten. Neubers wiesen dieses An-
sinnen unter dem Vorgeben zurliek, dass Koch und Sup-
pig sich weigerten, ihre Rollen neu einzustndiren. De«"
Bruch kann indess noch kein offener, selbst noch keixi
tiefgehender gewesen sein, da Gottsched nach ihrer Al>-
reise nach Rnssland an MantcufTel schreibt: „Von hie-
sigen Neuigkeiten kann ieU nichts merkwürdiges melden,
als dass die Neuberische Comödiantenbande in Russsicb
Kaiserliche Dienste geht und durch etliche 1000 Thlr.
Vorscbuss in den Stand gesetzt worden, nicht allein ihre
Schulden za bezahlen, die sie hier und in Hamburg ge-
habt, sondern anch ihre Reise zu thun. So verlieren wir
in Deutschland wiederum ein Mittel, den guten Geschmack
zu befördern, nämlich die einzige Gumüdie, die eine gt~
Bunde und vernünftige Schaubuhne gehabt." Neubers
sollten durch die Berufung nach Petersburg zwar aas
augenblicklicher Noth, doch anch um ihre dominireniie ,
Stellung in Deutschland kommen und zwar durch <
Schauspieler ihrer eigenen Truppe. Johann Fri(
rieh Schöne manu aus Krossen, der von der
ster'scben Gesellschaft 1730 zu Neubers gekommen wir
und sich hei ihnen zu einem tUchtigen Darsteller (OD
komischen Rollen ausgebildet (besonders war er i
Lustspielen des Destonehes als Bedienter vortrefflich), iit^
irende ^
eitMjl
rielfl
■ FTJp^
wir
r (OD
'4
— 199 —
»ch kons vor ihrer Reise nach Petersburg von ihnen ge-
trennt, Tielleieht weil er diesen Moment für den geeignet-
sten zu einem eigenen Unternehmen hielt. Er hatte sehr
bald eine Gesellschaft der auserlesensten Kräfte am sich
versammelt; neben seiner Fran, einem Sohn und einer
Tochter vereinigte sie zu Anfang des Jahres 1741 Talente^
^e das eines Eckhof; Ackermann^ einer Schröder^ der
Mntter und Tochter Spiegelberg; der Jungfer Rudolphi spä-
terenllhlichy der Frau und Jungfer Reimer undühlich's. Wie
tu Lope's und Shakespeare's Zeiten in Spanien und Eng-
land mit einem Male dichterische Talente in überraschen-
der Fülle hervortraten, so zeigte sich jetzt auch in Deutsch-
land eine ähnliche Erscheinung auf schauspielerischem
Gebiete. Schon am 20. September d. J. hatte sich Schöne-
nuum an Gottsched mit dem Erbieten gewendet^ in die
▼cn Nenbers aufgegebene Stellung treten und die von
ihnen begonnene Bühnenreform unter seinem Schutze
^^eiter fortsetzen zu wollen. Begierig ward dieser Vor-
schlag von Gottsched ergriflfen, und schon zur Ostermesse
1741 spielte Schönemann in diesem Sinne mit seiner
Gesellschaft in Leipzig. Als daher die Neuber'sche
*I^ppe, die auch in Petersburg ihre Erwartungen getäuscht
tah, im Jahre 1741 nach Deutschland zurückkehrte^ fand
^e nicht nur ihren Platz von Schönemann eingenommen,
•ondera sicli auch vo^ Gottsched durch Wort und Schrift
S^gen diesen herabgesetzt. Die Erbitterung; welche die
Neuber hierüber empfand; wurde noch durch eine Stelle
^^ Vorrede des II. Theils seiner Schaubühne gesteigert,
^ welcher derselbe auf eine sorgfältigere Beobachtung
des Costüms drang; die sie als gegen sich gerichtet an-
^hen zu sollen glaubte. Um nun das Pedantische die-
^ Forderung lächerlich zu machen; liess sie sich dazu
'^^i^fässen; als Nachspiel zu einer Burleske : das Schlaraffen-
^^ den dritten Act von Gottscheds „Sterbenden Cato"
^^ geben; indem sie denselben als „einen Versuch** an-
kündigte and in übertriebener Vt^eise in römischem Gostüme
— 200 —
darstellte. Diese Yorstellang hatte den erwünschten E^
folg, und da Gottsched es an einer Entgegnung sieht
fehlen liesS; so wagte die Neuberin, diesen nnn auch noch
selbst in einem von ihr gedichteten Vorspiele „Der kostbare
Schatz^ in der Person des Tadlers anf die Btthne zn bringen.*
Gottsched setzte beim Leipziger Magistrat zwar daaYe^
bot einer Wiederholung durch; allein die Nenber erreichte
bei Brtlhl; welcher sich damals gerade in Leipzig befand,
durch Gabinetsbefehl die Erlaubniss dazu. Dass es sieb
hier um eine wieder von Dresden ausgehende Intrigne
handelte^ bei welcher von König eine Rolle spielte, geht
daraus hervor, dass der als Secretär und Bibliothekar bei
dem Grafen Brühl angestellte Dichter J. Christoph Bolt,
obschon er ein Schüler Gottsched's und diesem sonst noek
zu Danke verpflichtet war, diese Begebenheit in einem
Spottgedicht und (wie es bei Fürstenau ansdrttcklieh
heisst) auf Wunsch seines Herm^ der Gräfin Moscineka
und des Herrn von König, darstellte. Zwar wurde dtf
Gedicht confiseirt, erlebte aber nichtsdestoweniger drei
Auflagen, die von den Schweizer Gegnern Gottsched'«
weidlich ausgebeutet wurden. Der Neuberin sollten diese
Vorgänge jedoch ebensowenig, wie Gottsched, zum Vor-
theil gereichen. Ihre Verhältnisse geriethen ins Stockeni
und nachdem sie auch Kohlhardt verloren hatte, welcher
wie Meliere auf der Bühne (in de^ Rolle des -Königs im
Schlaraffenland) starb, löste sie 1743 ihre Truppe auf
und zog sich, von dem einzigen Suppig begleitet, mit
ihrem Manne nach Oschatz zurück, wie es scheint, in
der Hoffnung, für Letzteren eine Anstellung zu erhaltea*
Auch diese zerschlug sich jedoch, was vielleicht mit
dem im nächsten Jahre erfolgenden Tode von König'B-
zusammenhing.
* Auf dem Theaterzettel heisst es: der Tadler, als die Nach^
in einem Sternenkleide mit Fledermausflügeln hat eine Blendlateria^
und eine Sonne von Flittergolde auf dem Kopfe.
^ ^1 —
•
iDzwiftchen hattea die Königlich sächsiscben Hof-
comiS^iftiiteii unter Müller^ dessen Harlekin Kirsch eine
Srowe Anaiehnnggkraft 'ausübte; vom Jahre 1734 an ziem-
lich regelmäsaig in Dresden gespielt. Aach sind uns youil
Jahre 1738 einige Angaben über diese Spiele erhalten
geblieben. Es waren theils Hauptactionen^ theils Harle-
hiaiaden, darunter : Die verstellte Narrheit oder Arlequin^
ein Postülon wider seinen Willen. — Die yon der Liebe
überwundene Sittenlehre. — Die lustige Schlüssel- und
Tagchenzanberei mit Arlequin^ einem durch viele Zufälle
ud lächerliche Begebenheiten krumm und grade gehezten
Amaaten. — Der durch einen vermeinten Traum zum
^[^Bielschläger gewordene Pantalon und dessen durch
Stormlaufen verlornes Podagra^ mit Arlequin^ einer
^riensen Köchin, einem Wirth in anderer Leute Hause
aad einem falschen Werber. — Die asiatische Banise oder
^tt wegen seiner Tyrannei vom Throne gestürzte Chau-
i>ugren mit Arlequin^ einem lustigen Tabuletkrämer^
aebst dessen schönem Galanteriehandel etc. Das Letzte^
^r eine der berühmtesten (oder berüchtigtsten) Haupt-
^d Staatsactionen.
Damals vermochten sich die einzelnen Truppen noch
^ht lange an einem und demselben Orte mit Vortheil
^* halten. Daher wir auch in Dresden einem mannich-
''^ben Wechsel derselben begegnen , wovon sich indes»
j^,^ dürftige Nachrichten erhalten haben. So traten
''^^ 1730 die HochfÜrstlichen Sachsen-Weissen-
f^^l tischen Comödianten; 1731 der berühmte starke
^t^n Eckenbergi der auch an den Hof gezogen
'^'^de; 1735 ein Principal Alten; 1739 die weimarischen
**^t>»omödianten und 1740 — 50 die Truppen von Döppe^
**chter, Hauptmann, Felix Kurz, Carl Friedr.
^^ibehand und Kirsch auf, welcher Letztere seit
*^'*1 längere Zeit ganz regelmässig Dresden besuchte
^'^^ bei Hof besonders in Gunst gestanden haben muss^
^^ wir ihn wiederholt zur Mitwirkung bei den Hoffest-
liclikeiten angezogen sehen.' Aach an Kindertheatei
fehlte es Dicht, ja, 1744 sollen sogar türkische Com
diantcD (oh sie wohl acht waren?) gespielt haben, ui
daneben fehlte es nicht an Marionetteuapielern, Sfl
tänzern und Lnftspringcrn, welche zum Theil wohl au
noch Comödien spielten.
In diesen) Jahre Hess auch die Koth and die id
Tbeaterlnst die bereits 50jährige Meuberin nicht län|
mehr ruhen. Sie ergriff aufs Nene den Dirigenteostl
und, angezogen von dem Glanz ihres Namens, sammeU
sich wirklich noch einmal vorzliglicbe Kräfte Un
früheren Truppe um sie. Koch, Heidrich, AnttiM
Wolfram, Lorenz kehrten znrtlck. Die als Frau Brtlckl
berühmt gewordene Kleefelder, der in Bedientenrolh
bt'Bonders im stummen Spiel, excclHrende Brück, soi
der verstundige Schubcrth schlössen eich an. Eine Ui
sam erwachende Dichtung, an deren Spitze Elias Schlej
stand, das Holherg'schc Lustspiel, die französischen RSl
Lustspiele des La Chaussee, Gresset, Destonches, i
wieder in die Mode gebrachte ScUÜferspiel eines MyS
und Rost, welches in Geliert das deutsche bUrgerlic
Rührstück einleitete, sie alle wurden willkommen T
ihr ergriffen. Im Jahre 1747 ftihrte sie auch den jung
Lpssing mit seinen Erstlings werken auf der BUbne fl
welcher von dem Glanz ihrer Truppe und selbst »
ihrem eigenen Spiele noch dichterisch angeregt wurdfc
Und doch sollte dieser Glanz schon im nächsten Jahre
wieder erbleichen. Viel trug dazu bei, das» Kocb,
Heydricb und Lorenz Neubers damals verliesaen, m
«inem Rufe nach Wien zu folgen, daes die Kleefelder
' Der lisuptaftehliulie KchaupliiU war d&s alte GewAcdliMii,
welches aich auf dem Keumsrkte zwischen ilem JildeiUiof und der
FrauengasfiD betaiid. In dem grosseo üiäie des eiEten Stockwutn
dieaes SOO Klleii langen Geb&udea, iii welchem bei Jahnnärkten i
Tuchmacher feil hielten, spielten besonders die SUchsischcD I
comOdianten. Er soll ca. 1000 Menschen gefasst haben.
hnnärkten I^H
:h3isch«D d^H
2
— 203 —
nch yerheirathete and abging nnd Suppig ihnen durch
den Tod entrissen wurde. Sie erhielten zwar durch
DObbeUns nnd Witthöfts einen Ersatz^ aber neue Unfälle
tnten hinzu. Im Jahre 1749 wurden sie durch Schöne-
miim aus ihrem Theater in Quandt's Hofe verdrängt
md ihr ehemaliger Freund Koch bewarb sich in diesem
Jthre sogar selbst um das sächische Privileg und wurde
bierdorch zu ihrem gefährlichsten Rivalen. Wohl trugen
ftneb noch sie sich mit umfassenderen Plänen. Schon
im Jahre 1744 hatte ihnen der König „die Seiten Gour-
tine bei der Herouris-Bastion^ zur Erbauung eines Comö-
dienbauses angewiesen. Aber obschon sie nicht nur in
diesem Jahre, sondern auch 1748 in Dresden spielten^
scheinen sie die Sache erst 1749 bei erneuertem Aufent-
luilte daselbst ernster in Angriff genommen zu haben,
^ie aber hätte an die Ausflihrung solcher Projecte ge-
dtcbt werden können^ da sie nicht einmal ihre Miethe
^ofrobringen vermochten und Koch schon in einer Ein-
gtbe vom 1. Mai d. J. sich darauf berufen konnte , die
^CQber'sche Bande ;^i in solche schlechten Umstände
gekommen, dass sie sich gar nicht mehr auf dem Theater
■^ben lassen könne''.
Ausser dem italienischen Schauspieler Francesco
^^J^aldi von Pellerotti (1747) hatte auch noch Job.
^i^ristoph Kirsch (1750) das Prädicat als Hofcomö-
^'^t erworben. Koch scheint mit diesem das Abkommen
^^t»ffen zu habeU; ausschliesslich in Leipzig zu spielen
^4 ihm Dresden dagegen ganz zu überlassen. Bei
^*^%ch debUtirte (nach der Chronologie des deutschen
'^ Katers) im April 1754 in Dresden die nachmalig ak
*^^ame Hensel so bertlhmt gewordene Schauspielerin
^^«dcrike Sophie Sparmann (geb. 1738). Ihr Vater war
^^tieralstabsarzt in Dresden. Durch Familienzerwürfnisse
^b in traurige Verhältnisse gekommen, hatte sie, um
^^h aus ihnen zu retten, die schauspielerische Laufbahn
^^griffjn.
- 204 —
Wenn einerseits die Harlekiniaden noch so wenig
Yon den regelmässigen Stücken hatten verdrängt werdei
können, dass Koch, um sich in Leipzig zn halten , den
kleinen Leppert, den früheren sächsischen Hof harren, in sei&e
Trappe mit aufnehmen mnsste; so hatten dieselben anderer«
seits doch auch wieder so an Terrain und Ansehen gewonnen,
dass der berühmte Hanswurst Franz Schuch im Jahre
1748 Gottsched ebenfalls seine Dienste antragen konnte^
insofern er ,>Tag und Nacht darauf bedacht sei, seine
Schaubühne nach dem jetzigen Geschmack einzurichten^.
Schuch, der mit seiner Frau als Colombine und dem
Komiker Stenzel im Stegreifspiel ganz unübertrefflieh
gewesen sein soll, gab im Jahre 1755 auch Vorstellungen
in Dresden und zwar nicht nur von Harlekiniaden und
Einderoperetten, sondern auch von regelmässigen Stücken.
£r begann mit Moli^re's Schule der Frauen.
1754 hatte auch Leppert eine eigene Truppe errichtet
und spielte, wie es heisst, auf Veranlassung des Kur*
prinzen und der Eurprinzessin abwechselnd mit der
Opern-Gesellschaft Locatelli's im Theater des Grafel^
Brühl auf dem Walle (dem Gebäude der heutigei^
Dreyssig'schen Singakademie auf der Terrasse). Die kur-*
prinzlichen Herrschaften hatten jetzt überhaupt mehrfacl''
Antheil am Schauspiele gezeigt. So war am 23. Janua^
1751 der Demetrius von Metastasio, welchen die Eur^
Prinzessin aus dem Italienischen ins Französische Ober''
setzt hatte, von der Dresdner Hofgesellschaft zur Auf^
fUhr'ung gebracht worden, welcher Vorstellung spätem
noch einige andere: Zaire, llmpertinent und der Avoeat^
Pathölin folgten. Auch das deutsche Lustspiel wnrd^
zeitweilig als Unterhaltungsmittel hervorgesncht. Au^
Wunsch der Eurprinzessin spielten die Eönigl. Pagtsc^
verschiedene Stücke dieser Art, wie: Don Ranndo d&
CoUibradas nach Holberg, die einigen Zänker,
Gespenst mit der Trommel. Auch auf dem Privattheate
des Grafen Brühl fanden derartige Vorstellungen
— 206 —
Der meTkwtt]iIig8te Beleg fOr diese Antherhiahme
tbtf ist ein Brief des Hofmarschalls 0. Th. Ton SchOn-
b^ an Oottsched; welcher Letztere sich schon seit 1747
(Ton König war seit 1744 todt) dem karprinzHchen Ehe-
ptar mit Erfolg genähert hatte. Derselbe ist vom 14 Jnli
datirt und lantet wie folgt:
,Jbro EOnigl. Hoheiten der Kurprinz nnd die Knr-
prinzessin haben sich entschlossen ; während der Ab-
wesenheit Ihro Miü^'3^^ d^'3 Königs ; sowohl sich selbst
iIb auch dem gemeinen Wesen eine Abwechslung
durch Schau-Spiele zu geben, Sie haben daher nicht nur
die sogenannte Prager Oesellschaft von Operisten (Loca-
teDi) hierher beruffen, sondern wollen auch hauptsächlich
doreb Ihre gnädige Unterstützung Denen Deutschen
Gelegenheit geben, ihre Geschicklichkeit auf der Schau-
btthne zu zeigen und zu yerbessem. Sie wissen, mein
Herr, wie sehr leider der Geschmack unserer deutschen
Mutter - Sprache verderbet, und wie viele von unseren
I^uidsleuten sich nicht finden, die wo sie nicht selbige
SVitx und gar zu unterdrtlcken vermögend sind, doch
**i^;e so zu verstümmeln suchen, dass es scheint, als
<^b sie sich schämeten Deutsche gebohren zu seyn. Es ist
^^iinenhero sehr preiss- und lobenswflrdig, wenn grosse
^^Ten dem Unrecht, so wir uns hierdurch selbst anzuthun
^hen, zuvorkommen, und selbige gegen den grössten
''^^il unserer lächerlichen Mittbtlrger in Schutz nehmen
'•4 vertheidigen. Dieso so gerechte als gnädige Ge-
^iiung nun von unserer Gnädigsten Herrschaft muntert
"^^h um so mehr auf, mich des Vertrauens würdig zu
^'^^hen, so Beyderseits Königl. Hoheiten in mich gesetze«;,
^^ versäume dannenhero nichts, was an mir ist, alles
^*^jenige zu erleichtem, was den gewünschten Zweck
^^^ Ihro Hoheiten befördern kann, und da ich unter der
-^^firicht des Königl. Hofcomödianten Herrn Lepperts
*^^ Gesellschaft von solchen Persohnen gefunden, denen
^ weder an guthen Willen noch Geschicklichkeit fehlet.
— 206 —
der WeiBung von meiner gnädigsten Herrschaft dt
Genüge zu leisten^ dieselben aber nicht mit solekt
Stücken von Lust- und Trauer-Spielen versehen sind, t»
ihren gnthen Absichten beykommen, so haben mir Jkn
Eönigl. Hoheiten befohlen Ihnen zu schreiben nnd S»
zu ersnchen, dass Sie die Gütigkeit haben nnd wk
sowohl von Ihren üebersetznngen ans dem Franstfsiflcbei
als anch andere Stücke, so Dero Hoheiten vorgelegt n
werden verdienen, zuschicken möchten.^
Es hing wohl anch mit diesen Plänen ein Besieh
der Frau Gottsched am Dresdner Hofe znsanunen, w^
sie anfs Freundlichste aufgenommen wurde. Leppert,
welcher die Narrenspässe etwas mehr in den Hintergnod
geschoben und regelmässige Stücke in sein Bepertoin
aufgenommen hatte (waren doch selbst Ackermanns ii
diesem Jahre eine kurze Zeit bei ihm in Warschsi]^
feierte ihre Anwesenheit mit der Darstellung einiger yob
ihr und ihrem Gatten übersetzten Stücke.^
Die hieran von Gottsched geknüpften Hoflhungei
sollten aber durch den Krieg unterbrochen werd^
Auch würden sie nur ein klägliches Ergebniss geliefat
haben. Was hätte wohl noch jetzt sein Einfluss bewirken
können, wo seine im hohlen Formalismus erstarrende
Einseitigkeit und Hartnäckigkeit schon durch gant
Deutschland verspottet wurde und ein neuer von Shake--
speare und^en Griechen geweckter Geist sich zu regen
begann, welcher Poesie und Darstellungskunst von der
akademischen Regel zu der lebendigen Quelle aller 6e*
setzgebung in der Kunst, zur Natur, zurückführte. Wie
anders, wenn man bei so wohlmeinenden Absichten naek
Beendigung des Krieges dasjenige ergriffen hätte, was
' Unter den Stücken seines damaligen Repertoires zeigen dck:
Zaire und Alzire von Voltaire, Der Spieler und Der verliebte Welt-
weise von Regnard, Die alte Jungfer von Lessing, Der Kranke in
der Einbildung und Der Geizige von Moli^re u. s. w. Die Plitie'
kosteten 12, 8 und 6 Gr. ; der Anfang war 5 Uhr, das Ende 8 Ukr»
— 207 —
dtnn 80 nahe lag: die Bernfung Lessing^B (eines gebornen
Sachsen) nnd Eckhofs an die Spitze einer Bühnenrefonn
und eines nen zu gründenden Hoftheaters.
Wie Gottsched's, so war auch der Nenberin Zeit
jetzt Yorttber^ welche, nachdem sie anch noch als Schau-
spielerin ihr Olück in Wien vergeblich versucht hatte^.
17&D noch einmal mit einer kleinen^ wie es scheint
elenden Truppe in Dresden erschien und sich mit dieser
in der Umgegend herumtrieb. Der 1756 ausbrechende
Krieg sollte ihr auch noch diesen kleinen Erwerb ent-
icissen. Sie erhielt jedoch mit ihrem kranken Manne, der
bald darauf starb, eine Zuflnchtstätte bei dem EönigL
Leibarzt Lober in Dresden. Nachdem dessen Haus 1760
eingeäschert worden, flüchtete sie mit einigen Gliedern
seiner Familie nach Laubegast, wo sie noch in demselben
Jtlire ihr vielbewegtes Leben beschloss , um endlich im
Grabe die ihr hier versagte Ruhe zu finden. Wie sehr
Aber auch Oottsched und sie durch neue, grössere Talente
jetzt überflügelt worden waren, so hatten sie doch den
&nmd zu der nun rasch vorschreitenden Entwicklung
des deutschen Theaters gelegt.
Während die neue Hamburger Schauspielschule,
^ekermann, Eckhof und Schröder an der Spitze, sowie
^eichzeitig Lessing mit seiner Sara Sampson und später
^ seiner Minna von Barnhelm und seiner Dramaturgie
eine neue Epoche des deutschen Dramas ankündigten
^d eröfineten, versclilossen sich die theils vom fran-
^Wachen, theils vom italienischen Eunstgeschmack be-
berrachten deutschen Höfe diesen Zeichen der Zeit fast
^b ganz. Die Pflege ausländischer Kunst, welche bis-
her noch eine Nothwendigkeit oder doch eine Wohlthat
gewesen war, lief jetzt Gefahr, sich auf nichts Anderes
^ anf das ^^car tel est notre plaisir^ berufen zu
können.
Zunächst war freilich in Dresden der 1756 aus-
brechende Krieg ein Hinderniss für jede neue Unter-
- 208 -
nehmnng. Bis zum J&hfe 1761 spielte Kirsch regelmlaig
auf dem kleinen Zwingertheater. In diesem Jahre wmde
ihm jedoch das Decret als Hofcomödiant entzogen vd
auf Moretti; der jetzt eine Gesellschaft deutscher GodS-
dianten engagirt hatte ^ tlbertragen^ und zwar auf Be-
schwerden des Letzteren hin^ in denen es heisst, im
Kirsch sich in politische Demonstrationen zn Gunsten der
Prenssen eingelassen^ „anch hierüber nicht nnr in seinen
Gomoedien alle Zncht und Ehrbarkeit ans den Angen
gesetzt and die schändlichsten nnd ärgerlichsten Zothen
gerissen^ sondern a^ch auf höchst verpönte Art zn Ver-
kuppelungen und Verführung der Jngend Gelegenhdt
und Anlass gegeben babe^.
Trotz dieser sittlichen Anwandlungen soll aack
Moretti, wie es in einem Berichte tlber ihn aus dem
Jahre 1763 (in der Chronologie des deutschen Theateri)
heisst, rieben Schauspielen ^ Pantomimen und Inter-
mezzi; ungesittete Burlesken gespielt haben. Seine Int^-
mezzi; in denen ein Herr Burgioni und eine Signcm
Rosa sangen^ werden am meisten gelobt. Sonst werdea
noch Berger als Harlekin ^ Merschy als Pierrot nndt
besonders Koppe und Loewe im Schauspiel gerQhmt.
Das Uebrige wnrde als elend bezeichnet. Am meiste
scheint er noch auf die Garderobe gehalten zu haben^
Auch eine französische Schauspielergesellschaft spidCe
1762 nach der Rückkehr des Königs im Zwinger. Dci
gesammte Hof wohnte der ersten Vorstellung bei, nril
Ausnahme des Königs, der seiner Abneigung gegen aDe*
Französische auch hier treu bleiben wollte.
Die ersten Massnahmen, welche der plötzliche Tod
Friedrich August II. (6. October 1763) zur Folge hatte
wiesen zwar auf eine Verbesserung auf allen Gebieten,
nnr nicht auf dem des vaterländischen Dramas hin. Di^
Italiener wurden wohl sämmtlich entlassen; aber cB^
Bildung eines französischen Schauspiels stellte eine er*
neute Begünstigung des französischen Dramas in Aussicht-
— 209 —
Friedrich Christian's Regierung war aber zu kurz,
am seine letzten Absichten nach dieser einzigen Mass-
regel beortheilen zu können^ und seine Absichten waren
im Allgemeinen so wohlwollende^ dass man auch noch
hier nur Gates zu erwarten berechtigt war.
14
Die italienische Oper unter den subventionirtaa
Theateruntemehmem Bustelli und den
Bertoldi.
Yerandernngen in der Kapelle. — Ernennung ^anmaiB's
Kirehencomponisten« — Engagement einer italienischen Opff**
gesellschaft unter Bustelli. — Elisabeth Schmehling. — ürtkDi
Über Bustelli's Gesellschaft. — Sein Kepertolre. — EngageMCil
der Italienischen Opemgesellschaft unter Bertoldi.— ZusaaMk
Setzung und Yerftnderungen derselben. — YerftnderuBgen ia itf
Kapelle. — Naumann, Oberkapellmeister. — Schuster und 8^jM
mann, Kapellmeister. — ürthell über die Kapelle. — TerlvU
und neue Erwerbungen derselben. — Ferdinand PaSr und uSn^
4xattin. — SassaroU. — Charlotte Häser. — Francesco Iir
lacchi. — Leistungen und llepertoirc der Bertoldi'schen OeMÜ
Schaft.
Der Regierungsantritt Friedrich Christian's (get
am 5. Sept. 1722) bezeichnet einen völligen Bmch mi
der Vergangenheit. Nicht mehr das blosse persönlich
Belieben und Wohlbehagen, sondern die Wiederherstelliuij
des tief geschädigten Staatswohls warde das Ziel nn
Princip der nenen Regierung. Brühl trat zurflck. D«
geheime Cabinet wurde aufgelöst. Die innere Verwaltim
zweckmässig zu ordnen, dem zerrütteten Staatshaushalt
wieder aufzuhelfen, stellte sich als nächste und wichtigsi
Auigabe dar. Wie hätten da wohl in den wenigen M^
naten, welche dem nenen Fürsten zur Ausführung seint
Pläne vergönnt waren, auf dem Gebiete der Ettna^
schon durchgreifendere Reiormen erwartet werden dürfcD
— 211 —
In Ao^ff genommen wurden sie gleichwohl Nur in
Bezug auf die bildenden Künste aber^ deren innigen
Zusammenhang mit der Entwicklung der Gewerbe man
IQ ahnen begann^ verhielten sie sich sofort yöllig positiv.
(Die Maler-Akademie in Dresden wurde zu einer Akademie
der bildenden Künste erweitert und auch für Leipzig
«twas Aehnliches in Aussiebt genommen.) Auf dem Ge-
biete der theatralischen Künste^ die man nun einmal £ast
nur als eine Sache des Vergnügens zu betrachten ge-
höhnt war^ sollten sie dagegen zunächst von einem nur
negativen Charakter sein. Es wurde eben nichts weniger
als Alles entlassen^ was nicht unbedingt zum Kirchen-
dienat nothwendig war. Dass es hierbei gewiss nicht
verbleiben sollte^ würde von einem so kunstliebenden
Ffirsten^ dem eine Gattin zur Seite stand, die mit den
Ktlnsten innigst vertraut war^ selbst dann nicht zu er-
warten gewesen sein^ wenn er auch innerhalb der kurzen
Frist, die ihm hierzu beschieden war^ keinen Schritt nach
dieser Richtung gethan hätte. Allerdings war dieser
^nte Schritt — die Anordnung zur Bildung eines neuen
französischen Schauspiels — für die Entwicklung des
nationalen. Dramas nicht eben ermuthigend. Doch wenn
Friedrich Christian, nach dem Vorurtheile und dem Ge-
scbmacke fast aller deutschen Fürsten seiner Zeit, fran-
><Mscbe und italienische Kunst und Bildung ohne Zweifel
^^«vorzugte, so würde er gleichwohl dem deutschen Schau-
^)iele die Theilnabme, die er demselben schon früher be-
wies, jetzt um so weniger entzogen haben. Der plötz-
^ch tiber diesen wohlmeinenden und zu so schönen Hoff-
nungen berechtigenden Fürsten hereinbrechende Tod sollte
^l>er solchen, wie so vielen anderen Plänen desselben ein
vorzeitiges Ziel setzen.
Der ftlr seinen noch minderjährigen ältesten Sohn,
Friedrich August III., die Regierung ergreifende Oheim
desselben, Prinz Xaver, war wohl im Ganzen gesonnen,
^e Bestrebungen und Absichten seines verstorbenen
14»
— 212 —
Braders anfzanehmen and fortznfähreii. Soweit dies d
theatralischen Künste betraf; geschah es jedcbßh^ wie
scheint; ganz nnter dem Einflasse seiner Schwägerin, d
yerwittweten Enrftlrstin Maria Antonia. Ich verweise
dieser Beziehung nur auf das Bescript (yom 9. Jan. 176^
welches die Stellung des Directeur des plaisirs regelt
in welcher F. A. von König mit einem Gehalte t<
1600 Thlr. verblieb. Derselbe sollte hiemach in all(
wichtigen Fällen Vortrag zu erstatten haben und nich
ohne Genehmigung des Administrators oder der ye
wittweten Kurfürstin beschliessen dürfen.
Nur wenige Tage früher war auch der Etat der K
pelle festgesetzt und auf 25,102 Thb-, für 63 Persow
herabgemindert worden.^
' Folgendes ist nach Fürstenau (Beiträge zur Geschichte d
K S. musikalischen Kapelle) das Mitgliedenrerzeichniss dieses Jibrc
Capellmeister vacat Thlr. 1000
Adam Schürer, Eirchencomponist ... « 700
Salvator Pacifico, Sopranist „ SOO
Nicolaus Spindler, do ^ 800
Domenico Annibali, do „ 1200
Giuseppe Perini, do. „ 600
Angelo Amorevoli, Altist „ 1000
Ludovicus Cornelius, do „ 600
Franz Ignaz Seydelmann, Altist .... ^ 29S
Joh. David Bahn, Bassist „ 500
Joseph Schuster, do „ 800
Joseph Brandler, do. n ^^00
Gabriel Joseph Führig, Bassist .... „ 120
Johann Ernst Tittel, do „ 120
Carl Mathäus Lehneist, Concertmeister . ^ 1000
Lorenzo Carazzi, Violinist „ 600
August Uhlich, do. „ 500
Joh. Georg Fickler, do. „ 400
Franz Zieh, do. „ 400
Fran^ois de Francini, Violinist .... „ 400
Franz Nicolaus Hunt, do. .... n 400
Johann Georg Neruda, do. .... « 800
Latus Thlr. 11,782
— 213 —
Einem schon lange gehegten Plane zu Folge traf
err von König die Einrichtung^ bei einzelnen ^Instru-
enten Snpernumerare anzustellen^ um sich auf diese
dse geschickte und billige Ersatzmänner heranzubilden.
Transport
Feiice Picinetti, Violinist . . .
Franz Fiedler, do. ...
Joh. Baptiste Hont jun., Violinist
Job. Eiselt, do.
Joseph Tietze, do.
Friedr. Gottlieb Haller, do.
Simon Uhlig jun., do.
Anton Lebneist jun., do.
Ludwig Neruda jun., do.
Franz Job. GöUel, Flötist . .
Ant Francis Derable, Flötist
Job. Adam Schmidt, do.
Antonio Besozzi, Oboist . . .
Carlo Besozzi jun., do. ...
Job. Christian Fischer, Oboist .
Job. Franz Zinke, do. .
Christ. Franz Mattstädt, Fagottist
C. Christ. Ritter, do.
Franz Cbristlieb, do.
Job. Gabriel Zeisig, do.
Carl Ilaudeck, Waldbomist . . .
Ant. Joseph Hempel, Waldbomist
Job. Adam, Balletcompositeur, Bratschist
Job. Huber, Bratschist . ...
Job. Gottfried Stöhr, Bratschist .
Job. David Lange, do.
Job. Zycha, Violoncellist ....
Job. Franz Hoffmann, Violoncellist
Ant. Feiice Picinetti, do.
Job. Georg Knecbtel, do.
Friedr. Joh. Zicha jun., do.
Job. Kaspar Hörn, Contrabassist
Georg Christ. Balch, do.
Anton Dietrich, do.
Joh. Adolph Weiss, Lautenist . .
Tblr. 11,7.32
300
300
300
300
120
120
120
120
120
600
400
300
600
600
400
300
400
300
300
2Ö0
400
300
400
300
300
260
ÖOO
400
300
250
120
500
350
300
390
1»
n
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n
»I
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n
n
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«
11
n
ff
n
n
f»
n
n
1»
n
I»
«
«
r
1»
n
Latus Tblr. 22,942
— 214 —
Dieselben mussten (Jen Dienst theils umsonst verrichten,
theils wurden sie dienstweise bezahlt; theils endlich be-
zogen sie einen jährlichen Grehalt von 120—200 Thlr.
Da durch Hasse's Verabschiedung die Eapellmei8te^
stelle unbesetzt war und die ganze Directionslast anf
SchUrer lag, der trotz der Einschränkung des Dienstes
sie nicht bewältigen konnte, so musste an eine neue Be-
setzung derselben gedacht werden. Die Wahl fiel asf
einen jungen Mann, der später die Zierde der Kapelle
werden sollte, auf Joh. Gottlieb Naumann (geb. 1741i&
Blasewitz bei Dresden). Trotz seiner Armuth und gegen
den Willen der Mutter hatte sein Vater ihn die Kreuzschole
besuchen und ihm von dem trefflichen Gantor Homilios
Ciavierunterricht erthoilen lassen. Dies und die Eindrücke^
die er von den MusikauffUhrungen in der katholischen
Kirche empfing, welche er niemals versäumte, hatten die
ihm von der Natur gegebenen musikalischen Anlagen
frühzeitig geweckt und entwickelt. Der Zufall machte
ihn später mit einem in Dresden lebenden schwedischen
Musiker, Weeström, bekannt, welcher, das Talent de»
Knaben erkennend, diesem den Vorschlag machte, ihn
auf einer Reise nach Italien zu begleiten. Freilich ver-
band er damit heimlich den Zwecke sich der Dienste des
armen Uurschen zugleich zu versichern, womit er in der
Folge den schnödesten Missbrauch trieb. Das Leben
erwies sich hierdurch für Naumann als eine harte Schule-
AUein er hatte andererseits wieder das Glück, in Italien
die Theilnahme zweier Männer zu gewinnen, welche ihn
Transport Thir. 22,942
Peter August^, Organist „ 700
Christ Gottliüb Bindos, Organist .... n 700
Joh. Daniel Silbcrmann, Orgelbauer . . « 400
Joh. Gottfr. Gräbner, Ciavierstimmer . . y, 135
Joh. Hcinr. Gräbner, do. . . „ 76
Joh. Gottlob TVemer, Kapelldiener. . . „ 160
Sa. 25,102
215 —
ia wini-ii .Stadien und soincr Laiil'balin ausseroidentlicli
fördern suUtcn: die Tbeilnahiof Tartini's und des Paters
Mirini. — Der Erfolg einer Oper, -welche er nach Verlauf
migi't JaUre illr das Theater S. Samuele in Venedig
gctKliricben, brachte ihn auf den Gi'dänken, eine seiner
CouipoBitiunen nach Hanse ia schicken, damit seine Jlut-
ter sie der Kurfllrstin Maria Antonia überreichen sollte,
welche, obschon Über diese von einer simplen Bäuerin
koDUuende Znmuthnng einigermassen beTremdet, doch in
bHldvollHter Weise darauf einging, die Arbeit zu prüfen.
Mehr noch wurde sie freilich durch letztere selbst Uber-
fwebi, Bii dass sie antangs einen Betrug dahinter ver-
Diillhete. Die eingezogenen Erkundig tingen ergaben frei-
lich duGegentbeil und hatten die Berufung des glUckliüben
Naumann nach Dresden zur Folge, wo er nach einer vor-
iwfflich gelungenen Prüfung eine Anstellung in der Ka-
pelle aU Kirchencouipouist neben Sc-iiUrcr erhielt Maria
Antonia liess es hierbei nicht bewenden. Bereits im fol-
Seaden Jahre (1765) wurde Naumann aula Neue zu wei-
''f^r Ausbildung nach Italien geschickt und der Bassist
Juaeph Schuster und der Altist Seydehnann, ' welche ihm
'"''Sfgfben wurden, zugleich seiner Leitung anvertraut,
''"'^h sie zeichneten sich später durch ihre Compositionen
^"^ und erbielteu 1772 ebenfalls Anstellungen aU Kir-
'^'Ulconiponisten in der karfUrstlich sächsischen Kapelle.
Inzwischen war zur Unterstützung Schürer's der Salz-
"•"■Äer Kapellmeister Domenico Fisch i et ti, geb. 1729
"> Xeapel, mit üOO Thlr. aügestellt worden. Es ist der-
*IUe, vou welchem die Bustelli'sche Gesellschaft, mit der
'' aacli Dresden kam, im Jahre 176li und 1768 zwei
■T'^rn gab. Die Wahl war jodocU keine gllickliche, so
••SB er, nafih Schuster's und Seydelmaun's Anstellung, 1772
*ii»e Entlassung wieder erhielt.
' Saide wireu niM gebor
•P»«iiien.
I und Söhne kiirforsilich siclisioher
HAI a.*/' i* f- T^ •■>•>• 1.1'. ▼!!» :ir liiiiimj
,•>«. .^-* AI." / .» /». ■.:ir"r* ti**»»^ Ziar lor **i>*j Thin jähr-
/^y*- i' 4 v>- 1.1 .ü- ■•• .•.^_ l'.r* EiiDfiÄöi ies »laden»!-
/.->« -.1.'. '.>r ,V-. > ::.i: V :TF*'-:-rrLrie. «owie »fieBfl^
iv. ix/'.'/- >• w:;*:*! Mrlr :i JLoffcni:! z*äiiiiii]iieiL
#:.'/ .;.(,'/• ';,*: i'xri^u *r*t <::L^:r:nn.iÄrii einanstadiiöB-
I, Ät u A •« /; . *;/r V. ;. 'J *rr '"1 *: n i»«; 1 r Dir-r»: :■: • 3. einem BrietC'
'AU SU'ftu >'//i K^/iii;' Msl'ja.: die Befiri-i-i^iii^ aib. ada«
r.Auy^t -fiy.ffU.u iU.Ui Hol freiii'.'h nich: s.t:: i«niig sOT*
')ah':f <f 'hi' Arjl/iinrrjfj^f von Op':reiten und Singspiek**
tU:iit Y*tuit*.^j'M 'W* H<:rrri liire^rteur de« plaisirs übertaB^-
In «l<r '\\\*4\ \i*AiU'M UuuM'.r nur weni/re dieser Sohanspft"*
l«-T lii< r/u 'li<; ;^Mi»li(^;»id*i rnUHikalische Bildong oder selbfr*
nur iVw \ri\u\\[r,*'iAt'.u Stiimninittol.
\}\i*. in l'#«?y.MK auf rniiHikttlische Genüsse so sehrver-'
wifitnti- iU'MM\Wi\\iit\i fIffM DrcHdncT Hofes mnsste sich onteC
ilii'Ni'.n li'niNUlnil« II fn^licli nach der italienischen OpeC"
wlcdir /iirUrkHilinin. Vielleicht, dass eine NeubildunS'
<lorMi*lhon yi;\vM'.\\ imfanKH beabsichtigt und nur an^
lliiiinyJfllrn (Jrllndcn vcrta^^t worden war. Schon sei*
Mllr/. ITllfiNliind man jimIocIi wieder mit dem Impresario
rtnrr italirniHrhon Opera buffa-Oesellschaft, mit Giuseppe
— 217 -
Bostelli in Prag, in Unterhandlang; welcher denn auch,
und zwar zunächst auf die Zeit vom September 1765 bis
Ostern 1766; engagirt wurde. Man gewährte ihm eine
Subvention von 100 Thlr. *ftlr jede Vorstellung, sowie die
Benutzung der knrftirstlichen EapellC; der Decorationen,
derCosttime und des Theaters, wogegen sich Bnstelli ver-
pflichtete, seine aus 5 Sängern und 3 Sängerinen bestehende
Geflellschaft fUr eigene Rechnung zu unterhalten, auch
allen übrigen Aufwand zu bestreiten, mit Ausnahme der
Zeiten im Advent und zu Ostern wöchentlich drei Vor-
Btellnngen zu geben und eine bestimmte Anzahl von Logen
und Plätzen zor freien Verfügung des Hofs zu halten.
Bustelli's Gesellschaft bestand damals aus Anna
Zanniniy Angiola Masi Tibaldi, Antonia Para-
dini, Michele Patrassi, genannt Gibelli, aus Rom
(Sopranist), Domenico Guardasoni aus Modena
(Tenorist), Giacomo Tibaldi (Bassist), Pasquale
Bondini aus Rom (BuflFo), zu denen 1766 noch Lucia
ond Clementina Moreschi aus Rom, sowie der Tenorist
Giovanni d' Alpini hinzutraten.* Als Operncomponisten
brachte Bnstelli jenen Doracnico Fischietti mit, welcher,
^e schon erwähnt, 1766 in die kurfürstliche Kapelle trat.
Als Chor wurden^ wie bei der früheren kurfürstlichen
ODd königl. Oper, die Sänger der Kreuzschule benutzt,
die damals unter dem schon erwähnten Cantor Homilins
•^den. In früherer Zeit mag derselbe nur ziemlich
•chwach besetzt worden sein, obwohl man auch die
''^^pellknaben dazu mit verwenden konnte. Später
scheint er nicht selten aus über 20, ja 30 Schülern be-
^üden zu haben. Doch wurde derselbe noch immer von
^'^Inen Sängern der Oper verstärkt. Die Schüler er-
Mten sowohl unter Bnstelli, wie unter den beiden Ber-
' In Textbüchern <ius dem Jahre 1767 finde ic& auch noch
r^** Bresdana und Vicenzo Moratti (in kleineren Rollen) und 1768
^^^ Zaccarina genannt.
— 218 —
toldi je 6 6r. flir eine Recitativprobe, je 12 Gr. für eine
Orchesterprobe, je 18 Gr. flir eine Aufführung. Der jähr-
liche Aufwand dafür betrug bei Bertoldi zwischen 250
und 500 Tblr.
Der Coutract mit Bastelli wurde nach Ablauf ton
Jahr zu Jahr bis 1769 erneuert. Von hier ab trat ein
dreijähriger Gontract mit veränderten Bedingungen ein.
Bustelli empfing eine jährliche Subvention von 11^000 Tblr.
und die übrigen früheren Begünstigungen, wofür er jedoch
ausser den bisherigen Leistungen, die Mitglieder seiner
Truppe bei Tafelmusiken und Uofconcerten mit zur
Verfügung zu stellen, auch zwei seiner Sänger bei
den gottesdienstlichen Aufführungen mitwirken zu lassea
hatte.
Anfänglich spielte das französische und deutsche
Schauspiel alternirend im kleinen (Moretti'schen) Theater.
Damit nun aber die italienische Oper darin Platz gewin-
nen konnte, musste man sich zur Aufgabe des einen oder
andern entschliessen, und die Wahl fiel nicht schwer.
Schon nach Ablauf des ersten Contractjahres (16. Juni
1765) wurde das deutsche Schauspiel wieder ganz tnf-
gegeben.
Das letzte Regierungsjahr des Administrators Prinzea
Xaver (1767) ist für die Geschichte des Theaters durcU
das erste Auftreten der später als Sgra. Mara so be-
rühmt gewordenen Sängerin Elisabeth Schmehling (gcb-
1749 in Cassel) bemerkenswerth. Die Tochter eines armea
Musikers, hatte sie das Unglück, ihre Mutter sehr ürflk
zu verlieren und hierdurch aller und jeder Pflege beraubt
zu werden, da ihr Vater, im Gedränge der Noth und der
Arbeit des Lebens, sie völlig verkümmern Hess, so dai»
sie in einen ganz elenden, rhachitischen Znstand verfiel-
Der ihr angeborene musikalische Sinn war aber so grossy
dass sie nichtsdestoweniger in ihrem 5. Jahre, auf den»
Wege heimlicher Versuche, die Tonleitern ganz richtig'
auf der Gkige zu spielen erlernte. Der Vater, welcher
i
- 219
sie eines Tags dabei überraschte; war im höchsten Grade
eretannt« Doch erregte der Fall auch allgemeineres Auf-
sehen und zog ihr die Theilnahme und Unterstützung
von Kunstfreunden zu^ welche sie ihrer jämmerlichen
Lage entrissen^ zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit
}^i\ beitragen und ihren Vater in den Stand setzten^ Eunst-
reisen mit ihr zu machen. Auf diese Weise kam sie nach
London^ wo man auch noch an ihr die schöne Stimme
entdeckte und sie von dem berühmten Sänger Paradisi
ausbilden Hess. Doch musste dieser Unterricht bald un-
terbrochen werden. Sie kehrte nach Deutschland zurück
f ^ und setzte hier ihre Studien in der von J. Adam Hiller
iu Leipzig errichteten Gesangschule fort, in welcher sie
5 Jahre (bis 1771) verblieb. Inzwischen sollte sie aber
^hon 1767 in Dresden einen Versuch als dramatische
Sängerin machen. Sie trat in der Titelrolle der uns
*<Jtoii bekannten Oper „Talestri" von der Kurfürstiu-
''^ittwe Maria Antonia, die sie in ihre Gunst genommen
'^^ttij^ und ihr diese Rolle selbst einstudirt haben soll, zum
^'^ten Mal auf. Die Vorstellung fand am 3. December
^ kurfürstlichen Theater statt. Die Billets dazu waren
^°^ch das Hofmarschallamt vertheilt worden. Sie selbst
*beip erhielt das für jene Zeit ansehnliche Honorar von
^^ Thlr. 12 Gr.
In welchem geringen Ansehen damals an deutschen
**^tVBn der deutsche Gesang noch stand, geht daraus
"^^vor, dass diese so grosses Aufsehen erregende Sän-
^^^ später doch nur mit Mühe das hier dagegen
^ stehende Misstrauen zu überwinden vermochte. Man
^'^^hlt, dass Friedrich der Grosse, dem sie als erste Sän-
8^'^*in vorgeschlagen worden war, unwillig entgegnet habe:
»»^i^ber möchte ich mir ja von einem Pferde eine Arie
^^^^ehem lassen, als eine Deutsche in meiner Oper zur
"^madonna haben.** Sie gab es ihm aber in diesem Falle
^^"rttck. Denn als sie es doch endlich erreicht hatte, vor
^^tn grossen Könige zur Probe singen zu dürfen, und er
— 220 —
anfangs nur widerwillig^ dann aber, hingerissen von ihrei
Vortrage; sie mit einem Brava nach dem andern belohnt
begann sie plötzlich bei einem Adagio, mit erzwungen
Bauhheit nnd ohne allen seelischen Ansdmck i
singen; so dass der König; hierdurch irre gemacht, n
unwillig von ihr abwendete. Die Sängerin ergriff dl
sen Moment; um ebenfalls abzubrechen; und sagt
„Verzeihen Ew. Majestät — es war mir etwas in d<
Hals gekommen. Ich glaube wahrhaftig; es kann kau
besser geklungen haben, als ob ein Pferd wieher
Haben aber Ew. Majestät nur die Gnade ; mir ein I
capo zu erlauben" — und ohne die Genehmigung hien
abzuwarten; wiederholte sie auch schon die Stelle m
dem bezauberndsten Ausdruck und der makelloseste
Beinheit des Tons. „Höre Sie mal;^ sagte Friedrie
der Grosse; nachdem sie aufgestanden war und sie
lächelnd vor ihm verbeugt hattC; ;;Sie kann wirklie
singen. Will Sie in Berlin bleiben; so kann Sie bei me
ner Oper angestellt werden.**
Im Jahre 1768 übernahm Friedrich August III. seih
die Begierung. Da sich der Etat der theatralischen Los
barkeiten und der Kapelle wieder auf 59,123 Thhr. g
hoben hatte, so beschloss er, das französische Schauspi
und das Ballet zu entlassen. Die Ansprüche auf Pe
sionen wurden hierbei ausnahmlos berücksichtigt und w
es scheint abgelöst; da die Abwicklung dieser gan»
Angelegenheit; nach Fürstenau, 33;038 Thlr. in Anspn»
genommen haben soll. Es waren vielleicht noch ande
BücksichteU; als solche der Sparsamkeit; welche den Ku
fUrsten zu diesen Entlassungen bestimmten; wie es wo
auch schon andere gewesen sein mögen, welche d<
Prinzen Xaver und jetzt wieder Friedrich August I
veranlassten; von der Bildung einer eigenen Oper a
zusehen und sich der Form der subven tionirte
Theatergesellschaften zu bedienen. Denn theils moch
sich das BedUrfhiss regelmässiger und dabei eine g
— 221 —
>nile Abwechselung bietender Voretellimgen eingestellt,
«ber auch die Einsicht aufgedrängt haben, dass
die Pflege and derGenusB der Kunst nicht bloss als eine
Prärogative der Hole autzufasBen, sondern zu einem Mit-
lelponkte, zu einer Quelle des geistigen Lebens, wenn
>nch nicht der ganzen Nation, so doch wenigstens der
BewdenB ihrer Füreten zu machen sei. Doch waren solche
Pllne jetzt, wo man Überall Ereparungen bfabsicli-
1^, nur durchzu fuhren, wenn man die theatralischen
^orBlelluugeD nicht bloss für Jedermann zugänglich machte,
•ondt'rn auch Jeden als Zahler seines Vergnügens dabei
•öil hfranzog. Ein Hofinstitut, zu dem man bisher immer
"T Einladungen erlassen oder doch Ireien Zutritt ge-
^'•tlet hatte, zu einer Art von erwerhlichen Unternehmen
" tuachen , mochte jedoch andererseits in einem zu
•cfiroffen Gegensatze zn dem damaligen Begriffe dernol-
'*'quette stehen. Da boten die suhventionirten Theater-
lltc-rnchmungen, deren man sich ja schon früher unter
^'ftiDgk, Locatelli, Moretti u. A., wenn auch immer nur
"toenhcr, bedirnt hatte, den willkommenen Answeg dar,
^'^Uigslena haben sie sicher der Form, in der jetzt die
™^*.tralischen Künste für längere Zeit am kurfürstlichen
^*e zu Dresden gepflegt werden sollten, zum Vorbilde,
""^^ie zum Ansgangspunkte gedient. Und trotz aller Ein-
**'**igkeit, mit der es geschah, gewann auch hierdurch
"*** Eunstbedürliiiss nnd das geistige Leben der Hanpt-
fla-Üt gegen IrBher nicht wenig. Zum ersten Male genoss
'*'**J den Vortheil eines stehenden, rcgelmiissigen und
™«Jitlichen Theaters mit reicherem, wechselnden Repcr-
""*•«, auf welches das Urtheil des Publicums einen, wenn
'^^ih noch so schwachen, Einfluss auszuüben vermochte.
'^**<3 andererseits durfte auch wieder der Hof hei dieser
"^»irichtung sowohl das geistige, wie das materielle In-
**«^8se, welches er an dem Bestände und der Entwieklnug
des Theaters nahm, fUr hinreichend gesichert halten, theils
äareh den Einfluss, den ersieh aut das Repertoire und dasEn-
— 222 —
gagement der Darsteller vorbehielt; theils dnrch das In-
teresse, welches der Impresario selbst an der Prospmtit
«eines Unternehmens nehmen musste nnd welches ibn
einerseits zu einer geordneten^ zweckmässigen Verwaltnog;
andererseits zu einer möglichst guten Besetzung und Aus-
führung der zu gebenden Stücke aufforderte.
Freilich; wie sehr man auch immer mit dieser Ein-
richtung die Entwicklung der theatralischen Künste md
die Verbreitung ihrer Wirkungen zu fördern gedacht haben
mag; so lag doch die Gefahr nahC; dass der Impresario
sein wahres Interesse nicht richtig beurtheileU; oder dass
man auch selbst das Interesse der Kunst mit dem Intereoe
des eigenen und vielleicht ganz einseitigen Geschmaeka
verwechseln konnte. Und gleichwohl hatte man jeii^
wo man das Theater zu einer öffentlichen Angelegenheit
machte und die Theilnehmer als Zahler ihres Yergnttgeü
heranzog, wenn nicht ausschliesslich; so doch vor Alkn^
auf jenes Interesse mit Rücksicht zu nehmen.
Friodrich August III., der sich in einer fast 60jähri-
gen Regierung den ehrenden Beinamen des Gerecht«
erwarb, zeichnete sich schon als 18 jähriger JüngÜBJ
durch diese Tugend, sowie durch weise Massigkeit atf.
In dem Bestreben, sich selbst immer treu zu bleiben, «A
selbst nach keiner Seite hin einen Uebergriff zu gestatten,
lag wohl hauptsächlich der Grund, dass er den Weg to !
Reform nur mit grosser Vorsicht betrat und alles ad
ankündigende Neue mit einem gewissen Misstrauen be-
trachtete, sei es, dass er darin dem Mangel an Pietl*
gegen das durch sein Alter Ehrwürdige und Bewährt^
sei es, dass er darin dem Hange einer aus einem vsr
zufriedenen Gemüthe entspringenden Neuerungssucht xi
begegnen fürchtete.
Wie jetzt fast alle Prinzen des kurfürstlich afich*
sischen Hauses hatte auch Friedrich August eine soig-
fältige musikalische Bildung genossen. Der OrganW
Peter August wird als sein erster Lehrer genannt, tsi
— 223 —
später Würde von ihm sogar die tbeoretische Seite der
Madk betrieben. Gerade sie sollte es sein^ welche ihm
bis fast unmittelbar zu seinem Tode znr Lieblings-
bescbäftignng in den Stunden der Müsse wurde. Be-
sooders waren es Partituren von Kirchenmusiken^ die er
mit Eifer stndirte und spielte. In frtlheren Tagen ver-
me&te er sich wohl auch in der Composition. Ein
von ihm componirtes „Salve Maria** wurde bei seiner
Bestattung und Beisetzung aufgeführt. In der Oper,
welche er liebte, war er freilich ganz einseitig von dem
tm sächsischen Hofe herrschend gewordenen italienischen
Oeschmacke beeinflusst. Wie er jedoch alles UebermasS;
daher auch die Darstellung des Leidenschaftlichen mied;
war es vorzugsweise die Opera buffa, wie später im rcci-
tirenden Drama das Lustspiel und das bürgerliche Schau-
^iel, welche ihn anzogen. Obschon er im Winter das
Theater ganz regelmässig besuchte, hinderte ihn doch be-
sonders in späterer Zeit sein Gerechtigkeitssinn, das
Trauerspiel ganz von der Bühne auszuschliessen^ wie
er auch trotz seiner Vorliebe für die italienische Musik
der deutschen Oper, wennschon erst spät und zögernd,
weil er an ihre Berechtigung neben der italienischen
hmge nicht glauben mochte, hier eine Stätte bereiten
Bess. — Früher waren Cimarosa und Paör seine Lieblings-
eomponisten, später schloss sich ihnen Morlacchi noch
an, — Die Freitags- und Sonntagsvorstellungen, welche
inzwischen nicht mehr beanstandet worden waren, wurden
▼on ihm wieder abgeschaflft, und nur die letzteren, und
weh diese erst 1815, sind unter ihm wieder hergestellt
worden.
Das Interesse für Musik und Theater zeichnete aber
nicht nur ihn, sondern die ganze kurfürstliche Familie
ans, besouders wie wir schon wissen die Kurfürstin Mutter,
Ton der er jedoch, trotz der ilir gezollten Ehrfurcht und
10 gern er ihren Wünschen überall Rechnung trug, kei-
nen eigenmächtigen Eingriff duldete.
- 224 -
I
Im Jahre 1769 wurde die Yermählnng des Knr-
fUrsten mit der Prinzessin Marie Amalie Angnste Ton
Zweibrttcken unter anderen Festlichkeiten auch mit einei
Überaus glänzenden Vorstellung im grossen OpemhisM
gefeiert. Seit dem Tode Friedrich August II. war ei
noch nicht wieder benutzt worden. Der damals noch ii
Italien weilende Naumann wurde mit der Compositioi
dieser Oper betraut, zu der man Metastasio's ^Titus** ge
wählt hatte. Naumann, der Ende September 1768 zurttek
berufen worden war, soll diese Oper, die unter den
Titel „La clemenza di Tito^ (am 1. Februar) zur kni
ftthrung kam, in nur drei Wochen componirt und deshil'
seine Kaffeeoper -genannt haben. (?) Ftlrstenau glinb
das erste bezweifeln zu sollen, besonders weil er eine vi«
längere Zeit dazu übrig hatte. Die Bescheidenheit, wdeb
Naumann sonst überall auszeichnet, lässt aber wenigsten
nicht zu, dass er sich dessen dann selber berühmt hitt
— Der Aufwand, mit welchem man diese Oper in Scev
setzte, soll sich auf 48,760 Thlr. belaufen haben. Sie ei
rang grossen Beifall. Die vierte, am 22. März 1769 stat«
findende Wiederholung derselben war zugleich die letrt
Opemvorstellung im grossen Opernhause.'
1770 hatte das Contractverhältniss mit Bustelli da
Abänderung erfahren. Bustelli verpflichtete sich in Fcdg
derselben, gegen eine Subvention von 14,000 Thlr. jährKc
und die ihm schon früher eingeräumten Vergünstigungei
die Opera buffa auf weitere 6 Jahre fär eigene RechnoD
bei halbjährlicher Kündigung zu Übernehmen. Der E<
erhielt 18 Logen zu seiner ausschliesslichen Benutzuu
das Sängerpersonal, welches jetzt auf 10 Mitglieder t
' Dasselbe wurde 1782 in einen Kedoutensaal Terwinde
welcher durch 50 zwölfarmigc Kronleuchter mit 4000 Lichtem c
hellt werden konnte. Der erste der grossartigen Redoutenb&lle, weld
hier stattfanden, wurde 1791 bei Gelegenheit der Pillnitzer Co(
ferenz abgehalten. Das Hofmarschallamt vertheilte dam ^
10,000 Billets.
— 225 —
erhöhen war, musstc sowohl bei Kirchen- und Tafel-
musiken, wie in den Hofconcerten mitwirken. 1775
ward noch ansserdem unter Moretti ein Ballet errichtet,
welches ans 10 Knaben und 10 Mädchen zusammen-
gesetzt war. — Auch 1776 wurde jener Contract wieder auf
Mue 6 Jahre verlängert und die Subvention auf 25,000
Thaler erhöht, der 1778 ausbrechende baiersche Erbfolge-
krieg bestimmte jedoch den Dresdner Hof, von seinem
Kündigungsrechte Gebrauch zu machen. Bustelli, der
1776 nach Italien gegangen war, wo er 1781 auch
starb, hatte inzwischen die Direction seiner Gesellschaft
sowohl in Dresden, wie in Prag, wo er ebenfalls immer
Mch spielte, auf seinen Buffo, Pasquale Bondini, ttber-
trtgen. Auch Gnardasoni hatte schon 1777 sein Dresdner
Engagement aufgegeben und war als Regisseur zu der
Prager Gesellschaft ttbergegangen.
Da die Italiener zum Dirigenten eines fertigen Clavier-
^»ielers bedurften, Fischietti und Schtirer sich hierzu aber
nicht vollkommen befähigt zeigten, so war bis zu Schuster's
nnd Seydelmann's Anstellung als Kirchencomponisten
&«t die ganze Last des Theaterdienstes auf Naumann
gefallen, dessen Gehalt mit diesen Leistungen in keinem
Verhältnisse stand. Er hatte daher um Zulage und um
t^rlaub gelieten, damit er sich in Italien etwas erwerben
könnte, was zur endlichen Erhöhung seines Gehaltes
Mf 600 Thlr. führte. Auch erhielt er nach der Austeilung
Si'kuster's und Seydelmann's den erbetenen Urlaub, zu-
"^'hst auf ein Jahr, dann auf noch weitt^re 6 Monate.
*^ benutzte denselben zur Gomposition mehrerer Opern,
^^'che ihm grosse Ehre brachten. Eine Berufung nach
f^J'Iin, welche ihm eine Kai)ellmcisterstelle mit 2()0U Tlilr.
J**^Micher Einkünfte zusicherte, glaubte er trotz seiner
J^^h immer sehr niedrig dotirton Stellung aus Dankbar-
1/^ gegen seinen Landesherrn ablehnen zu sollen. So ge-
"^im er dieses auch hielt, war es gleichwohl zur Sprache
^kommen und hatte nun endlich seine Ernennung zum
15
— 226 -
Kapellmeister (welcher Posten seit Fischietti nicht wied
besetzt worden war) mit 1200 Thlr. Gehalt zur Folf
was auch eine Erhöhung der Gehalte Schuster's u
Seydelmann's auf je 600 Thlr. jährlich nach.dch lOg.
Ueber die Wandlungen und Leistungen der Bu^
sehen Gesellschaft von 1765—78 haben sich bis je
nur wenige Mittheilungen auffinden lassen. Wälne
die fortgesetzten Erhöhungen der kurfbrstlichen 8i
vention dafür zu sprechen scheinen^ dass man von diM
Leistungen am doch so verwöhnten Hofe zu Dresden I
Medigt gewesen sei^ werden dieselben yon Schtttze (C
schichte des Hamburger Theaters), der die Gesellsdu
1770 in Hamburg spielen sah, im Ganzen als nur mitt
massige bezeichnet. Nur Guardasoni und die Dam
Calori; Moreschi und Lodi werden als tüchtige Gesanj
kräfte, der Erstere auch noch im Spiele belobt.' Del)
die Lodi ist uns ein Urtheil Burney's erhalten, welct
sie zwischen 1772—73 in München sah und sie weg
ihres hellen, runden Tons und ihrer eleganten Yortraj
weise rühmt. Dagegen spricht er ziemlich geringschäts
von einer Aufführung des Pastorais. ^L'amore innocen*
von Salieri in Dresden (welches liier 1772 zum enl
Male gegeben wurde). Nur die Calori hebt er h»f
die er von England her kannte, wo sie 10 — 14 Ja!
früher Triumphe gefeiert hatte. Jetzt fand er auch
schon zurückgegangen und gealtert. — Dieses Urtl
findet in J. Fr. Reichardfs „Briefen eines aufmerksan
Reisenden, die Musik betreffend^ weitere Bestfttiga
Nach ihm, der die Gesellschaft 1776 in Dresden sah, i
Tibaldi, wegen Verlust seiner Stimme, in das komis
Fach übergetreten. Da man in letzterem geringere .
' Die Calori und Lodi, die sich nicht in dem oben abgedrod
Verzeichnisse finden, mussten also inzwischen neu hinzugetr
sein. In dem Textbuch des Intermezzo: «Piramo e Tisbe*
nasse vom Jahre 1775 findet sich folgende Besetzung: PiranM
Signor Righetti; Tisbe — Signora Calori; ihr Vater — Sign. Guglie
— 227 -
foidernogen an die Stimme als an das Spiel zu stellen
fewohnt wäre, habe er hierin genttgt, da dieses wirk-
Heb Yortrefflich gewesen sei.
Ausser den schon erwähnten beiden Opern y,TaIestri^
und JLa Clemenza di Tito^ nnd dem Intermezzo „Piramo e
Tisbe^ Yon Hasse wnrden bis 1778 nur Buffo- Opern ge-
geben. Wir finden dabei folgende Namen yon Gompo-
lusten vertreten :
Piccini (mit 16 Werken), Galnppi (mit 8), On-
glielmi (mit 7), Salieri nnd Anfos8i](mit je 6), Boroni,
nach Fischietti's Abgang Musikdirector der Tmppe (mit 6),
0i88mann, Naumann/ Paisiello; Sacchini, Schu-
ster* (mit je 3), Fischietti, Gazzaniga, Ottani,
Bidicchi, Rutini, Scarlatti, Scolari), Traetto (mit
je 8), Alessandri, Astanitta, Borghi, Marcello di
Capna, Sarti, Seydelmann/ Zanetti (mit je 1) =s
nsammen 87 Opern (incl. der drei oben bezeichneten
wnstcn Opern) in 14 Jahren.
Obschon man auf diese Weise einen Theil des Besten
^f Darstellung brachte, was die italienische Opera buffa
bis dahin geschaffen, die sich seit Pergolese durch eine
FflUe ausgezeichneter Talente von fast unglaublicher
Fruchtbarkeit entwickelt hatte, so waren doch die Er-
sengnigge der italienischen Opera seria ebenso yon diesen
^ovstellnngen ausgeschlossen geblieben, wie dasjenige,
^^ inzwischen auf dem Gebiete der französischen und
^^Qtschen Oper entstanden war und wofür die schwachen
■^d vereinzelten Darbietungen der zu dieser Zeit in Dresden
'^henher spielenden Truppen (die ich an anderer Stelle
iioch zu berühren habe) einen Ersatz nicht darzubieten
^^nnochten.
' Die Opern: II villano geloso. Le nozze disturbate. LMpo-
* La fedeltä in amore. LMdolo cinese. La schiaya liberata.
* La serra scaltra.
16*
~ 22S —
Allerdings war die komische Oper diejenige Foi
in welcher die jetzt fast ausschliesslich auf melodiseh
ReiZ; zierliche Anmuth, leuchtende Färbung^ pikante i
wendnng der Gegensätze des forte and piano, des er
cendo und decrescendo ausgehende italicnisclie Hn
das weitaus Vorzüglichste leistete. Auch entwickdl
hier die Darsteller eine ungleich grossere Begabung i
Virtuosität. Hier hatte die Entfaltung einer in glän»
den Goloraturen und Trillerketten^ in rapiden Tonschi
len von verbundenen oder durchbrochenen Passegg
excellirenden Gesangstechnik den freiesten, weil nal
liebsten Spielraum. Wobei noch zu berücksichtigen ble
welche Fortschritte die Gomponisten gerade auf diei
Gebiete durch reichere Entwicklung der musikalisd
Formen; besonders in den Ensemblestücken und Firn!
gemacht, worin vor Allen Piccini bahnbrechend winrc
Indessen stand die Opera seria noch immer in solch
Ansehen daneben, dass in ihr vorzugsweise der Sehn
punkt der wechselseitigen Eifersucht, des wechselseitig
Wetteifers eines Jomelli, Sacchini, Galuppi, Cincio
Majo, Anfossi, Piccini und Paisiello lag — ja dass gen
nur auf diesem Gebiete Piccini den Kampf mit Gh
aufnehmen und den Sieg über ihn zu erringen hof
konnte.
Gluck hatto bereits die grossen Muster für die \
ihm seit lange vorbereitete Reform der Opera seria a
gestellt, durch welche dieselbe von den Missbräuchen
reinigt worden sollte, die siel) ,,durch eine übelverstand<
Eitelkeit der Sänger und durch eine zu grosse Na
giebigkeit der Tonsetzv-r*' in sie cin^cschliclien und 8
darin festgesetzt und ausgebreitet hatten. Schon V
war sein „Orfeo^^ 17b7 seine ^M^lceste", 1769 sein ,,Pj
und Helena", 1774 „Iphiirenia" und 1777 ,,Armi«
gegeben worden. Seine Erfolge hatten die musikali»
' Das erste Finale wird dem Nie. Lograscini zugescbriebci
— 229 —
Welt Yon Paris in zwei Heerlager getheilt. Es gab für
die dortigen Zeitungen jetzt keinen wichtigeren Gegen-
stand der Erörterung, als diesen Streit. Und anderer-
seits hatte anch Dittersdorf seine Operetten zum Theil
schon geschrieben und Mozart's Genie sich wenigstens
angekündigt Für Dresden aber war gleichwohl die
deutsche Oper so gut wie noch nicht in der Welt und
sollte dies auch für länger noch bleiben.
Wohl wurde sofort nach dem Friedensschlüsse zu
Teschen am kurfürstlich sächsischen Hofe an die Bildung
einer neuen Oper gedacht, auch jetzt aber fasste man
lediglich wieder die italienische ins Äuge, indem man
Dut dem Theaterunternehmer Antonio Bertoldi, welcher
tchon 1748 als Mitglied der dama^gen italienischen
Comödie in sächsischen Diensten gestanden, ein neues
ContractTcrhältniss einging. Nach den darin festgesetz-
ten Bestimmungen hatte Bertoldi gegen eine jährliche
Subvention von anfänglieh 19,275 Thlr., welche bei fort-
^»etzter Verlängerung des Contractes bis zum Jahre
1814 allmälig auf 30,000 Thlr. stieg, die Verpflichtung
übernommen, 12 Sänger und Sängerinnen, 1 Poeten,
1 Musikmeister, 1 Souffleur, 1 Theatermaler und 4 Theater-
bedienten (zum Honorar der Letzteren hatte später die
deutsche Schauspielertruppe mit beizutragen) für seine
«ecbnung zu halten und jährlich 8 noue enaste und
komig(.jjg Opern, überhaupt aber mindestens 60 Vorstel-
'^^een zu geben. Ueberschritt er diese, so erhielt er eine
"^^ndere Entschädigung. Auch war das Engagement
^^^ die Entlassung der Darsteller durcliaus an die Ge-
^'^Qiuigung des Dirocteur des plaisirs, welclicm Bertoldr
''^^ergtellt war, gebunden; wogegen der Hof überall, wo
^^ auf dem Engagement einer besonderen künstleri-
^*^en CapaWtät bestand, für die daboi etwa nötliig
^^Menden Gohaltsüberschreitungen auch aufzukommen
^^tto. Dieser Contract war zunächst auf 6 Jahre (vom
• ^ict. 1780— 1786) abgeschlossen worden, wurde sodann
— 230 —
auf weitere 6 Jahre mit einigen Modificationen enieaert
und ging nach Antonio Bertoldi's schon 1787 erfolgen-
dem Tode anf dessen Sohn Andrea über. Die Zahl dei
zu haltenden Sängerinnen war jetzt auf 15, die karittnt-
liche Subvention anf 22,000 Thlr. erhöht worden. Dei
Gehalt fttr den Gomponisten und die Unkosten ftlr dei
Theatermaler wurden gleichfalls yom Kurfürsten mit Aber
nommen.
Indessen scheinen es die Bertoldi, besonders Andre»
mit der Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingongei
nicht allzu ängstlich genommen zu haben. Innerhalb de:
Jahre 1780 — 92 wurden wiederholt nur 5 und 6 nea^
Opern gegeben. Später sank diese Zahl sogar bisweflei
auf nur 2 bis 4 ^pem herab. ^ Auch wurde von de
Ausdehnung des Repertoires auf die Opera seria eli
überaus sparsamer Gebrauch gemacht Nachdem 179
eine Opera eroica comica und eine als blosses Drama be
zeichnete Oper gegeben worden, begegnen wir erst IW
wieder einer Oper, welche, wenn auch nicht als Oper
seria, so doch als tragicomica bezeichnet wird, 1792 eine
Opera eroica, 1794 einer ebensolchen und einer bloM J
Drama bezeichneten Oper, 1795 einer Opera eroica, 175^
einer eroica comica und 1798, 1800 und 1801 je eine
eroica. Erst 1805 finden wir eine als seria bezeichnet
Oper. Erst von hier an beginnt die ernstere Gattung etw»
an Ausdehnung zu gewinnen. Das Jahr 1808 bringt sc
gar 3 ernste Opern.
Gegen die deutsche Oper verschloss man sich ac
fänglich um so mehr, als die inzwischen engagirte km
fürstliche deutsche Schauspielergeselischaft unter Bondir
bis 1781 auf die Darstellung derselben mit angewic
sen war. Dieselbe spielte jedoch meist nur französiscb
' Von 1780—92 gab man im Ganzen 87 neue Opern in 1
Jahren, von 1793—1814 aber 113 Opern in 22 Jahren, welches letstei
im Durchschnitt nur etwa 5 Opern j&hrlich ergiebt
231 ~
italienische Operetten. Erst im Jahre 1785 brachte
wieder einmal eine deutsehe Oper, nad zwar eine
von Mozart: „Die Eatf\lhrung aas dem Serail" zu
Gtlifir.
Dagegen beginnt 1791 in Dresden eine regelmässige
Wege der deutsehen Opci- diireh die GeaellBchaft des
Jwph Seconda, welche jedoch ohne kurfUrstüehe Sub-
ftittion, für eigene Reciinung auf dem kleinen Theater
•I«* Lincke'schen Bades spielte. In demselben Jahre
^orde Aach von den Italienern im kurfUrstliehen Theater
^e crsie Mozart'sche Oper „Cosi fan tutte" gegeben,
"elcher im nächsten Jahre „Orlando paladino" von Haydn,
17*4 Mozart's „II flanto magico", erat 1810 aber „Don
OlOTanni" folgten. Inzwischen waren auch Weigl ' und
^*ö(cr auf das Repertoire der Italiener gekommen. Ganz
*6reinzclt begegnen wir (1795) einer französischen Oper
ifon Isonard. Selbst von ihren Landsleuten vernaeh-
'issigten die Italiener diejenigen, welche anter dent-
«chen oder französischen Einflüssen schrieben. Von
ClierubiDi finden wir auch nicht eine Oper verzeichnet.
Voii Spontini kam 1805 die erste Oper „La finta filo-
wfa" zur Aufführung, welcher 1810 „La veatale", 1813
i,rcrdinando Cortez" folgten,
Die Gesellßchaft Bertoldi's bestand bei Eröffnung
der Vorstellungen in Dresden (1780) aus den Säugerin-
nen Maddalcna Lombardini Sermen (,mit 1700 Thhr.
j&tfiichem Gehalt), IJcItrani (766% Thlr.), Baglioni
(1233'/, Thlr.j, und aus den Sängern Caaelli (990 Thlr. |,
^eiQiani (1091% Thlr.), beide Sopran, Simon, welcher
^**i Deutscher und Schuler Nanmann's war (600 Thlr.),
Jeuedetti (991 Thlr.}, Martini (950 Thlr.), Paolo
^"onaveri (1233V, Thlr.), Giuseppe Paris (751 Thlr.),
' L(L couteBSB di Amslti (iT9i), La caffetiera bizzara (1796),
, *"HeiU Piceorotto (1796), L'amor marinaro (1798), L'uniforme (1805),
'«Jüiglia Sviziert (1610), H rivtle de se itesao (1811).
J
— 232 —
Scorolli (1091% Thlr.), Giacomo Tibaldi (950 TUr.),
welchem wir schon bei Bustelli begegneten, ferner den
Poeten Mazzola (700 Thlr.) nnd dem Theatermaler Or-
1 andi.
Das Amt des Chorrepetitors erhielt der damalige 0^
ganist der Frauenkirche, Christian Ehrengott Weinlig,
geb. 1743 zu Dresden, welcher später an des trefflich«
Homilius Stelle in das Gantorat der Krenzschnle einrttckte.
Als besonders bedeutend galt Maddalena Sermei, '
zugleich als Violinspielerin aus der Schule Tartini'8 be- •
rühmt. Sie wurde dem beston Schüler desselben, Ntf-
dini, in Bezug auf Grossartigkeit und Adel des VortragB
dicht an die Seite gestellt. Gegen 1784 kelirt« sie nack
Italien, zunächst nach Venedig zurück. — Auch der So-
pranist Caselli vordient mit Auszeichnung und insbesondere
auch deshalb genannt zu werden, weil der berühmte 6^
sangslohror Johannes Mi c k s c h ans seiner Schule he^
vorging. Er, sowie Benedotti und Martin erhielten schon
im näcliflton Jahre je 50 Ducaten Zulage. Paris soll weh
durch einen herrlichen Basso cantante, Buonavcri ah
Buffo hervorgethan haben.
Natürlich musste im Laufe der Zeit die Zusammen-
setzung der Truppe grosse Veränderungen erleiden. Schon
aus dem Jahre 1780 wird uns von dem Engagement eines
neuen Sängers Luigi Feodori berichtet. 1783 traten
Maddalena Allegranti und der Tenorist Vicenio
Costa hinzu.
Erstero, die bis 1784 800, dann aber 1000 Ducaten
jährliches Gehalt bezog, war lange eine Zierde der
Dresdner Bühne. Erst 1798, und auch da noch zum B^
dauern der Freunde der Kunst, verliess sie dieselbe, ^^
einem Rufe nach London zu folgen. Mozart, der sie i^
April 1789 in Dresden hörte und die Vorstellung, welcb^
er sah, als eine „überaus elende" bezeichnet, setzt z^^
hinzu: „Uebrigens ist die erste Sängerin, die Allegra^*^=
viel besser als die Ferrarese" — mit dem einschränkend^^
— 233 —
ichsatz jedoch : ^das will «war nicht viel gesagt haben.'^
€80Ddere8 Glttck machte sie 1791 in Naumann's ^La
ama soldata^. In seiner bescheidenen Weise schrieb
ieser ihr einen grossen Theil des Erfolgs zu. — Sie
^heint sich überhaupt erst später entwickelt zu haben,
^r Correspondent der Allg. Musik-Zeitung rühmt im
ihre 1798 ihr ^meisterhaftes Spiel und ihren klassischen
rettlDg^ Hier wird auch Buonaveri als kenntnissreicher
kgisBeur gelobt und Mazzola ein Dichter voll Geist und
^enntniss der Opembühne genannt. 1784 wurden der
•opranist Tomaso Folcarelli, 1785 der Sopranist
^ndrianiy der Altist Cavana^ der l^aritonist Gius.
'ioravanti und der Tenorist C arlo An giolini engagirt.
Kach dem Theaterkalonder vom Jahre 1787 bestand
786 (las Personal der Gesellschaft aus den Sängerinnen
^•legranti, Manserisi, Orsini und Xavieri und
w den Sängern: Caselli, Cavola, Sopranist, Carano
od Sciroli (Altisten), Fioravanti,* Angiolini, Tibaldi,
oonaveri und Paris. Poet: Mazzola. Chorrepetitor:
^efano Ghinasti; ein damals angesehener Componist,
>D dem auch verschiedene Opern aufgeführt wurden.*
In Rosa Manscrisi erkannte Mozart (1789) eine alte
f^kannte, vielleicht schon von der ersten Aufführung
*ö^r ^la finta giardiniera" her, in welcher sie 1774 in
•^öthen die liolle dtr Sandrina gab. Zu dieser Zeit
" sie Alles besessen haben, was man von einer guten
^gerin zu virlangen irgend berechtigt ist.
Schon 1787 traten wieder grosse Veränderungen ein.
*^' lesen von den Engagements der Gamilla Guidi, des
Pianisten Feiice Beretta, der beiden Altisten Nicolo
^ Vccchio und Francesco Bellaspica und des
Aoristen Pietro Guaviglia. Auch 1788 finden wir
* 1785 n governatore deir isole Canari. 1787 11 seraglio
^sniano. 1790 La stravagante inglese. Das Maimscript der erst-
'annten Oper betindct sich in der königl. Bibliothek zu Dresden,
«fahre 1790 ging Ghinasti nach Warschau.
— 234 —
einige neue Kräfte verzeichnet: Carmanini and Fna,
Toresa Cinti und Giacomo Cinti, 1789 den T^o-
risten Marroni und den BaBsisten Olivieri, 1791 den
Bassisten Verni.
Auch die Kapelle hatte inzwischen verschiedene
Wandlungen erfahren. In Gristofero Babbi, geb.
1748 zu Cesena, einem Schüler Alberghi's, war ihr 1781
eine vorzügliche Kraft als Concertmeister gewonnen wor-
den. 1783 war Carl Hunt (1766 zu Dresden geboroif
Sohn des berühmten Franz Hunt) als Violinist, und Jean
Trinklin^ der zu den besten Violoncellisten gehörte,
1788 der Bratschist Joseph Schubert, geb. 1757 in
Worms, sowie die beiden Contrabassisten Anton (geb.
1766) und Franz Anton Schubert (geb. 1768) aas
Dresden in die Kapelle eingetreten. 1783 erhielt Johan -
nesMicksch, geb. 1765 zu Georgen thal in Böhmen, der
seine vielseitige musikalische Bildung in Dresden erwor-
ben hatte, wo er sich seit 1778 aufhielt, darin eine An-
stellung als Assistent des Ceremoniensängers Stephan-
Seine Baritonstimme verwandelte sich allmählig in eineia
angenehmen Tenor, so dass er 1799 in die italienisclie
Oper mit eintrat, bei welcher er bis 1820 als Sänger rer-
blieb. Er wurde 1801 zum Lehrer der Kapellknabe ä»
und 183D zum Chordirector der italienischen und der ii»"
zwischen entstandenen deutschen Oper ernannt.
Nachdem Schtirer 1786 gestorben war, forderte NaH-^
mann, dessen Stellung man noch immer nicht seines'
Leistungen entsprechend verbessert hatte, seine Entlasson^'
Bei einem längeren Aufenthalte in Schweden (1782—1784=^
und in Dänemark (1785—1786) hatte er sich um die Re-
form der musikalischen Verhältnisse daselbst grosse VeC-*
dienste und durch die Opern Gustav Wasa, Amfio na»
Orfeo grossen Ruhm erworben, so dass man ihE**
die glänzendsten Anerbietungen machte. Dies fiihrt:^
auch endlich in Dresden zu der Erkenntniss seis^^
so lange nicht genügend gewürdigten Werths. Man h^'
— 235 -
willigte ihm ein Gehalt Yon 2000 Thlr. mit dem Titel
eines Oberkapellmeisters and manche Erleichterangen nnd
Vergünstigungen im Dienste. Dies hatte abermals zn-
gleich eine Yerbessernng der Stellangen Schaster's and
Seydelmann's znr Folge, welche nan (1787) zn Kapell-
meistern mit einem Jahresgehalte von anfänglich 800,
bald aber 1000 Thlr. ernannt wurden. — Bei den von
1780-^1792 von der Bertoldi'schen Gesellschaft aufgeführ-
ten neaen Opern ist Gimarosa vor allen Anderen mit 13
Werken vertreten, ihm folgen Paisiello mit 8, Salieri mit
7| Schuster mit 6, Guglielmi und Anfossi mit je 5, Seydel-
numn mit 4, Fabrizi, Gazzaniga, Ghinasti, Naumann, Sarti
nut je 3, Astaritta und Martini* mit je 2 und Amendola,
Bianchi, Garusio, Gestewitz^ Marcello di Capua, Monti^
Mozart, Piccini, Pittichio, Stabingher, Storace, Traetta,
^alentini und Zanetti mit je 1.^
Im Jahre 1781 wurde zur Vermählungsfeier des Prin-
s^ Anton mit der Prinzessin von Sardinien, Marie
Charlotte Antoinette, die Oper Osiride, 1787 am
^ Oetober zur zweiten Vermählung desselben mit der Erz-
herzogin von Oesterreich, Maria Theresa, die Festoper
^ reggia d'Imeneo und 1792 am 12. Mai zur Vermäh-
'oi^eier des Prinzen Maximilian mit der Prinzessin von
^^nua, Maria Garolina, die Festcantate L'Amore giusti-
"^to, alle drei von Naumann und bei freiem Einlass zur
^"ifftlhrung gebracht.
1792 starb Herr von König. Seine Functionen wur-
' 1787 wurde hier dessen berühmteste Oper gegeben: „La
^* ranf*, welcher anfangs in Wien Mozart's ^Figaro's Hoch-
^^** vorgezogen worden war. Mozart erkannte ihre Vorzüge an, sagte
f^ richtig TorauB, dass sie doch nur ein Kind des Zeitgeschmacks
. Gleichwohl setzte er ihr selbst ein Denkmal, indem er aus ihr
/^H kurzen Satz in das Finale des zweiten Actes seines Don Juan
* Die allgemeine musikalische Zeitung enth< in ihrem 1. Jahr-
^^(6 die Statistik der Dresdner italienischen Oper von 1780—98.
— 236 —
den zunächst anf den Hofmarschall Grafen von Böse
übertragen^ an dessen Stelle 1800 der zwar kanstliebende
und musikalisch gebildete^ aber (nach Kömer's Urtbdle)
schlaffe und ängstliche Freiherr Joseph von Back-
nitz trat.
Der 1792 abgelaufene Contract mir Andrea Bertoldi
wurde, und zwar zweimal auf 6 Jahre, von 1792—96
und 1798—1804 erneut. Die kurfürstliche Subventiatt
war bis dahin auf 28,500 Thlr. gestiegen. Von hier ab
wurden kürzere Verlängerungsfristen beliebt — znn&cIiBt
auf nur ein Jahr, dann dreimal (1805, 1808 und 1810)
auf drei Jahre. Im letzten Falle wurde der älteste Sohn
des Andrea Bertoldi, Friedrich, in den Contract mit auf-
genommen.
Für die Kap« lle waren bis zum Amtsantritte des Frei-
Lerm von Racknitz (IHOO) an neuen Kräften gewonnen
worden : die Violoncellisten Johannes E ise r t, gob, 1775
in Georgentlial, Heinrich Me«j:elin (f 1806) und
1800) Martin Culmus, geb. 1727 zu Zweibrticken,
t 1809 in Dresden, die ausgezeiebnoten Flötisten Frau*
Joseph Götzel und Johann Friedrich Printz, deJ*
Ol oist Franz Resozzi, Sohn des berüliniten Carlo Be-
pozzi \mi\ kaum minder vortrefflich nls dieser; die al*
riarinettisten berühmten Brüder Job. Traugott (geto-
176.^) und Gott loh Roth (geb. 1774) aus Zwickau, nmd
die Fagottisten Franz Schmidt und Carl Saloma^
Kummer, Beide geb. 1766 zu Dresden.
blinder glücklich fitl di«- 1795 auf Empfehlung de*
Cabinetsministers llarcolini erfolgende Anstellung Vi3^'
cenzo Rastr(^lli\s geb. 1760 zu Feno) als Kirchei»'
compositc ur aus. Indessen erwarb er sieli später einige*
Verdienst al« Gcsaiigslelirer und als Commissionär beii*
Engagement von Gesangskräften. Für den TheaterdienfirJ
wurde ihm 1799 Anton Gestewitz (geb. 1753) zm^
Seite gesetzt, welcher, nachdem er sieh eine musikaUsch ^
Bildung in Leipzig erworben hatte und dort Hillei^*
— 237 ^
Schwager geworden war^ bei Bondini die Stelle des Mnsik-
directors ttbemommen hatte. Wir haben ihn oben schon
unter den Opemcomponisten mit aufführen können nnd
werden bei der Besprechung der Bondini-Seconda'schen
Trnppe anf ihn noch zarückznkommen haben.
Aach jetzt stand die Kapelle wieder auf einer Höhe,
welche den Vergleich mit ihren besten Zeiten nicht zu scheuen
brauchte, obschon auch ihre Leistungen mit einer durch
die hier yorherrschende Richtung hinlänglich erklärten
Einseitigkeit behaftet gewesen sein mögen^ wenn wir näm-
üch einem Berichte der allgemeinen musikalischen Zei-
tig vom Jahre 1801 vertrauen dürfen, welcher, wie es
dort heisst, einen sehr „wohlunterrichteten und angesehe-
nen Mann" zum Verfasser haben soll. Nachdem derselbe
^on der Dresdner Kapelle gesagt, dass sie nicht nur eine
<Jer vorzüglichsten war, sondern dies auch noch unter
d^Ä Einschränkungen der jetzigen Regierung blieb —
fihrt er fort:
„Ja auch jetzt, da kein Aufrichtiger läugnen wird,
1^*88 80 Vieles in Schlummer gesunken sey und sich bloss
^ langgewohnten Laufe allmählig fortbewege, behauptet
*6 ihren Platz unter den vorzüglichen, verdient ganz
Ihren Ruf in Einem Fache — aber letzteres nur, wenn
^^ aufzählt, was anderswo da ist, nicht so ganz, wenn
^^n erwägt, was hier seyn könnte.
„Kirchenmusik ist dies eine Fach, und man weiss dies
*Uch recht gut. Die Dresdner Kapelle giebt mit einer
'Einheit, Accuratesse, Präcision — mit einer Kraft und,
^^\\ mehr, mit einer Anmuth wie jetzt nirgend eine an-
**^''e — ältere und leichte Sachen. Diese und nur diese,
^^^n das wenige, was die hiesigen Kapellmeister von
^>t zu Zeit neues schreiben, ist nicht selten vortrefiTlich,
*"^r, wovon hier allein die Rede ist, gleichfalls leicht
^^d iu der Weise, die hier herrscht. Compositionen z. B.
Von beydcn Haydn, von Mozart, von Jomelli, von den
Italienern der grossen Periode u. dergl. für die Kirche
— 238 —
bekommt man nie zu hören — ebensowenig als etwa
Opern von Olnck^ Chembini; Reichardt n. s. w. IIib
giebt in der Kirche nichtS; als CompositioDen hieager
Kapellmeister^ nnd zwar^ den einzigen Hasse ansgenon-
men^ nur der lebenden. Hier ist einer der Pnnkte^ wo
Jedermann Aenderung wünscht nnd sie so leicht zu tnifai
wäre. Es hat seit mehreren Jahren mit der EinrichtuBg
folgende Bewandtniss. An jedem der höchsten Feite
dirigirt den ersten nnd zweiten Feiertag Niyunann nä
ftthrt allezeit den ersten Compositionen von Hasse, den
zweiten von ihm selbst anf. So hat denn alles dabcy
seinen geregelten Gang. Erinnern Sie sich nnn, im
Naumann, Schuster und Seydelmann eigentlich doch n
Hasse's Schule gehören, obschon sie seine Schttler nieU
waren, und lassen Sie mich erwähnen, dass Rastrelli gai
keine Schule hat — er, von dem Sie vielleicht gar nichti
wissen, wie die Welt nichts von ihm weiss und von des
ich auch kein Wort weiter sagen will — so könnte ei
die Stufe der Gultur für Kirchenmusik, die man hier er
stiegen hat und allerdings anständig behauptet; so keD
neu Sie auch, was hier ganz vortrefflich executirt werdei
kann. Alles Spätere vermeidet man, mag es nicht tos
neu, oder thut als ob man es nicht kennete. Man wflid
z. B. die wahrhaft hohen Messen der Haydn, selbst nto
dem Geständniss der Aufrichtigeren und Einsichtsvollere
im hiesigen Orchester — wenn auch von Seiten d^
Orchesters, doch gewiss nicht von Seiten der italienische
Sänger wirklich gut zu geben im Stande sein."
Inzwischen hatte auch die Bertoldi'sche Truppe wi-
der einige Erwerbungen gemacht, von denen ich mic
jedoch nur auf die Hervorhebung der vorzüglicheren \ß
schränken will. So gewann man 1792 in der Tocht
des Concertmeisters Babbi, Giovanna, welche
Bologna ihre musikalische Bildung erbalten hatte, eiJ
gute Altistin, welche besonders in der Darstellung nähr
Rollen vortrefflich im Spiel gewesen sein soll. DerB
fetcnt der Alig, ransik. Zeitung lobt im „Sacrffizio interotto"
ik Hirs ihre starke, reine IntonatioD, ihr Geftibl im Vor-
tnge, ihre graziöse Mimik. Ihr prstes Auftreten als Con-
tfitt in ,^a donna di genio volubile" erregte allgemeine
SfDMtion. Sie hatte aber das UnglUek, ihre Stimme
darch Forciren 1801 ganz zu verlieren. — Noch be-
dentcnder fast war die I7d4 stattfindende Anstellung der
Teresa Poggi-Capelletti, geb. 1764 zu Mailand, welche
'ben nur erst in London grosse Triumphe gefeiert hatte,
inch noch um 1800 lobte man FllUe und Wohlklang
Ifw hie mm dreigestrichenen F völlig gleichmäasigen
Summe und höchste Reinheit ihres Vortrags, doch wollte
BiD ihr Wärme der Empfindung absprechen, und auch ihr
Spiel wird Öfter getadelt. — Der Tenorist Alberghi wird
gleichfallB lobend erwähnt. Seine Tochter Rosa, welche
'Ml später als Sängerin auszeichnete, betrat 1800 in PaGr's
iCunilla" zam ersten Male in einer Einderrolle die
I>nadiier Buhne mit Beifall.
Unter der nur kurzen Direction des Freiherrn von
Buknitz sollten grosse Veränderungen eintreten. Gleich
Bi eisten Jahre wurden G o r d i gian i und Frau,
frADcesco Ceccarelli und Antonio Ben eil i
"Stgirt, welche eich fast durchgehend als gute Acqui-
■itloQen erwiesen. Signora Gordigiani wird uns in einem
ßwicbte aber die Darstellung der Griselda in Paör's
gleichnamiger Oper folgendermassen gescliildert: „Sie ist
wn icbOner Gestalt, reizendem Wuchs nnd sehr inter-
"*Mtem Gesicht, hat eine von Natur sehr angenehme
"tiinoie von weitem Umfang {bis ins drei gestrichene G),
"titt diese aber und wird dadurch weit weniger an-
^tbni. Sie ist geschickt in Passagen und Rouladen,
•Wftreibt dieselben aber bis zu dem Grad, wo sie ihr
^tueinlicb nicht mehr ganz glücken. Auch Überhastet
*** nweilen das Tempo." — Cecearclli besass eine sphr
•^irangrciche Altstimme. Auch wird sein Vortrag gelobt,
**niger aber sein Spiel. — Ungleich bedeutender war
— 240 —
Antonio Benelli; geb. 1771 za Forli^ der allgemein ab
glänzender Tenorist und anch im Spiele gertthmt wird.
„Man erinnert sich hier nicht — heisst es in einem Beliebte
über sein erstes Auftreten in der Oper ^Q matrinuNÖo
segreto^ — einen Künstler wie er^ der zugleich so Sänger
und Schauspieler ist^ besessen zu haben.^ Er machte rieh
anch als Componist und Gesanglehrer bekannt Erstnaelt-
dem er die Stimme verloren, vcrliess er (1821) die Dresdner
Bühne.
Nachdem die italienische Oper im Jahre 1801 die
Gapelletti eingebüsst hatte, für die man in der Gtttitt
des Kapellmeister Andreozzi in Neapel einen vielleiebt
nicht hinreichenden, jedenfalls aber nur ganz vorftb^
gehenden Ersatz fand, da sie schon im nächsten Jahre
auf eine höchst traurige Weise das Leben verlor (rie
wurde von der Pillnitzer Fähre mit ihrem Wagen iv
Wasser gerissen und kam dabei um), sollte auch die
Kapelle ein zwar voraussichtlicher, immer aber noch
plötzlich genug hereinbrechender Verlust treffen. Kapell-
meister Naumann wurde am 21. October 1801 bda
Spazierengehen im Grossen Garten vom Schlage getroffin
und erst am nächsten Morgen erstarrt und bewusstloB iB
einer Sciteuallee desselben gefunden. Er starb in der
folgenden Nacht.
L. Rellstab (im Schilling'schen Universallexikon der
Tonkunst) fasst sein Urtheil über ihn in folgenden Worten
zusammen: ^Betrachtet man das ganze Wirken Naumann'*»
so wird man eingestehen müssen, dass in den seltensten
Fällen ein solcher Verein von Talent, Fleiss, Ausdan'T,
Bi.Kcheidenheit und edlem Sinn für die Kunst anzutreftn
sein wird. Hat es ihm der Himmel versagt, durch eine
einzelne Leistung bedeutend über die Mitwelt hinanssn*
gehen, so ist dagegen seine übereinstimmende Wirk"
samkeit als Menscli und Künstler höchst seltener, vielleiebt
einziger Art. Diese Eigc^nschaften werden um so uor
scliätzbarer, wenn wir den Blick auf unsere Zeit richten^
- 241 ~
iro ein uneigennttiziges Streben fllr die Kunst mit jedem
tig^ seltener wird.^
Man hatte übrigens schon an ein^ Ersatz Naamann's
^chty wie ans folgender Stelle eines Berichtes des
Dresdner Correspondenten der Allg. mos. Zeitnng vom Mo-
utAngnst dieses Jahres erhellt: „Herr Kapellmeister Pa^r
ind seine Gattin von Wien sind nun wirklich engagirt;
ne an die Stelle der Capelletti; er tun jährlich eine Oper
n schreiben.^ Das Engagement lautete auf drei Jahre,
legte ihm aber die Verpflichtung auf^ nicht eine, son-
lern zwei Opern jährlich zu componiren. PaSr erhielt
^ Thlr. jährlich; seine Gattin Francesca, geb. Riccardi,
welche am 6. Juni 1802 mit grossem Erfolge in seiner
Briseida debtttirte, ein Jahresgehalt von 2400 Thlr., wel-
shesindess bald auf 3300 Thlr. erhöht wurde. 1804 wurde
ferContract Pa^r's in einen lebenslänglichen mit 1200 Thlr.
Behalt verwandelt, nebst der Zusicherung von 300 Thlr.
Sritification ftir jede neue Oper. Auch seine Frau erhielt
^e Verlängerung ihres Contracts auf 6 Jahre.
Ferdinand Pa^r, 1771 in Parma geboren, erhielt
B^alischen Unterricht bei Ghizetti; einem Schüler des
^nservatoriums della Pietä in Neapel, welcher damals
Violinist des Herzogs von Parma war. Mit derselben
^chtigkeit, mit welcher er lernte, stürzte er sich auch
0 die Composition. Mit 17 Jahren hatte er bereits seine
"Bte Oper „La locanda de' Vagabondi" geschrieben und
*öiit in Venedig einen Erfolg erreicht. In Wien, wohin
^ sich 1795 gewendet, schrieb er mehrere Opern, die
^^ besonders Camilla, einen grösseren Ruf brachten.
Ehrend er selbst eine Anstellung als Gomponist am
^Uonaltheater erlangte, erhielt seine Gattin ein P^ngage-
^Ot als erste Sängerin an der dortigen italienischen
?er. Erst in Dresden aber sollte er das Work schreiben,
^ seinen Ruhm für längere Zeit begründete, den
»iirgino", welcher hier am 23. Mai 1803 zum ersten
Me zur Aaiftthrung kam. Durch zu rasche Production
— 242 —
schwächte er den Werth seiner Werke allmählig ab, »
dass er in der Folge nicht hielt, was er anfangs yei
sprach. Auch fehlte es ihm schon immer an dem Humoi
der Genialität, der ursprünglichen Frische^ welche di
Werke Paisiello'S; Gimarosa's und 6uglielmi% die mn
Vorbilder wareU; auszeichnete; obwohl die komische Op(
das Gebiet ist; auf welchem er noch am meisten b<
friedigte. Seine Melodien sind anmuthig; sein Vortrag u
elegant und für den Sänger schrieb er sehr dahkba
dagegei^ fehlt es seinen Werken an Tiefe und musikalisch«
Durchbildung. In Wien übten die Opern Mozart's eine
gewissen Einfluss auf ihn auS; welcher sich in den hii
und in Dresden geschriebenen Werken vortheilhaft b
merklich macht. Zu ihnen gehört auch eine ^Leonoi
ossia ramore conjugale", die freilich durch Beethoren
unsterbliches Werk ganz in Vergessenheit gerathen Vt
Seine Gattin, eine Sängerin von guter Schule w
zugleich eine höchst ansprecbende Darstellerin, wuw
bald ein Liebling des Publicums. Körner schreibt üb
sie an Schiller: „In der Oper liabon wir jetzt eine vc
ztigliche Schauspielerin an Mad. Pnör (geb. Kiccard
Schade, dass sie nicht bei einein eigentlichen Kunstwerl
gebraucht werden kann. Als Sängerin ist sie nie
schlecht, aber ihre hohen Töne sind erzwungen, und i
hat mehr Ilals- als Bruststimme. Aber ihr Spiel ist v(
Bedeutung und Grazie. Mollia brachia hat sie besondc
in hohem Grade. Auch ist ihr Mienenspiel geftthlTt
und fein." Körner lobt sie später noch besonders i
Orazia in Cimarosa's Horatier und Cnratier. Hier t
scheint folgende Stelle von Interesse: „Ihr Talent sieg
diesmal bei dem hiesigen Publicinn über eine Caba
durch die sie seit einigen Monaten v(»rfolgt wird. üeb<
haupt ist das Publicum der Oper hier im Ganzen t
bildeter, als das Publicum des deutschen Theaters.*'
Zu diesen bedeutenden Erwerbungen trat 18
noch die der Sopranisten Paolo Belli und Filipj
— 243 —
Sassaroli; 1803 die der Giuseppa Fantozzi^ Char-
lotte Häser und des Tenoristen Lnigi Riccardi,
einem Bruder der Francesca Paör, 1804 die der Marianna
Betelli, 1805 die der Teresa Toschi, GertrndaMana-
relli und Vincenzo Bnccolini; 1806 die des Tenoristen
Carlo Tibaldi und 1808 die von Luigia Sandrini-
Caravoglia hinzu. Sie waren zum Theil von grosser
Bedeutung.
Sassaroli war, besonders im Concert und der Kirche,
6in tadelloser Sänger. Auf der Bühne wurde die Vor-
trefflichkeit seines Gesangs und Vortrags, z. B. als Tancred,
dnrch das Ungünstige seiner Erscheinung beeinträchtigt.
Carl Maria von Weber urtheilte, nach den Mittheilungen
«eines Sohnes, folgendermassen über ihn:
„Als Künstler war Sassaroli in seiner Art un-
vergleichlich; sein Portamento, sein Vortrag der Canti-
lena ist nicht wieder erreicht worden, ebenso die Kunst
der Athemvertheilung. Er war im Stande, den Ton kraft-
Toll 25—30 Secunden auszuhalten. In einer Messe von
Naumann hatte er das f auf der fünften Linie 8 Tacte
^ halten, nach dem 4. verwandelte er ihn in einen
Triller, was von gewaltiger Wirkung war. Der Timbre
^iner Stimme hatte die Klangfarbe einer vollschwingenden
Clasglocke und flillte die Räume der katholischen Kirche
^<* mit Engelsstimmcn. Der Arme war ein leiden-
^l>at\licher Freund der Kinder, die er, wo er konnte, oft
"*it Thronen liebkoste. Sein edUs Herz hatte nur Raum
^^ den Hass ge^en einen einzigen Minschen, und dies
^'^^ sein grausamer Vater. Nichtsdestoweniger unter-
stützte er ihn grossmüthig."
Charlotte Häser (1784 in Leipzig geb.) gehörte zu
d^öjenigen Sängerinnen, welche das an den Höfen be-
^^♦'hende Vonirtheil gegen den deutschen Operngesang
^^i\k\\ besiegten. Sie erhielt ihren ersten musikalischen
Interricht von ihrem Vater, Johann G(M)rg Häser, dem
'^ögjährigen Vorspieler in den Gewandhausconcerten
KI*
— 244 —
unter Hiller und späteren Director des Theaterorchester
80 wie Mnsikdirector der Universität^ welcher das Hia{
einer bertlhmten Künstlerfamilie wurde. Von 1800 — 180
erregte Charlotte als Goncertsängerin Aufsehen. Zu diese
Zeit wurde sie auf Empfehlung des Kapellmeister Gest«
witz an der Dresdner italienischen Oper engagirt Si
bildete sich hier unter ihm und Geccarelli noch weite
aus. Auch Pa^r unterstützte sie mit seinem Rathe. Si
verliess jedoch schon 1806 wieder die Dresdner Btlhse
und trat einen wahren Trinmphzug durch Europa ai
welcher seinen Höhepunkt in Italien fand^ wo sie dm
wahren Sturm der Begeisterung erregte und als d
^divina Tedesca" gefeiert wurde. Sie war die erste Säi
gerin^ welche hier auch in MännirroUen auftrat und n
einem Crescentini und Veluti zu wetteifern wagte. Mf
rühmte ihre herrliche Stimme^ ihre Kunstfertigkeit, d
Gediegenheit ihrer musikalischen Bildnng und ihn
streng sittlichen Lebenswandel, welchem sie aber auc
ein seltenes häusliches Glück an der Seite des RecU
gelehrten und Archivars Giuseppe Vera in Rom verdankt
sollte. Sie zog sich 1812 ganz ins Privatleben zurttc
indem sie sich daran genügen liess,'der schönste Schmu«
ihres gastlichen Hauses zu sein.^ — Kaum minder b
rühmt war der Tenorist Carlo Tibaldi (1776 zu Bologi
geboren), welcher mit Unterbrechungen, die er zu Kuni
reisen benützte, bis 1830 in Dresden blieb. Er sta:
wenige Jahre später (1833) in seiner Vaterstadt. — Luig
' Die Allg. musik. Ztg bericlitot «laraber, nachdem sie ▼«
her wegen üeberfülhmg des Repertoires mit Paer'scher Musik (
klagt: Man sagt, unsere vortreft'liche Häser werde uns zu Michte
verlassen, weil .... (Die Redaction hält für besser, die vom Con
spondenten angeführten Gründe zu unterdrücken, weil sie geachti
Personen compromittirt haben würden und vielleicht doch nur i
einem Gerücht beruhen.)
* Spohr hörte sie hier 1817 und spricht noch mit Bewundenu
von ihrem Gesänge.
— 245 —
Sandrini-Carayoglia, 1782 im Haag; auf einer Kunst-
reise ihrer Eltern geboren, Gattin des gleichzeitig mit
iir in königl. sächsische Dienste getretenen Oboisten
Paolo Sandrini (f 1813); gehörte zu den beliebtesten
Darstellerinnen der Dresdner Btthne. Die Allgemeine
masikalische Zeitung ist in verschiedenen Berichten voll
ihres Lobes. Sie wurde 1831 pensionirt; starb aber erst
1869 in Dresden ; wo noch jetzt ihre älteste Tochter^
3faria; als geschätzte Gesanglehrerin lebt.
Auch in der Kapelle hatten wieder Veränderungen
^ttgefunden. Engagirt worden waren : der Cellist Gust.
Friedr. Dotzauer aus Hasselrieth (Hildburghausen);
geb. 1783; die Violinisten Carl Gottlieb Peschke und
Fr&nz Anton Morgenroth aus RamslaU; geb. 1780; der
Fagottist Gotth. Heinrich Kummer; Bruder des Oboisten;
iiQd der Bratschist Franz Po hl and aus Dresden;
geb. 1773.
Im Jahre 1803 wurde der Kammerherr und Major
Carl Alexander NicolauS; Graf Vitzthum von Eck-
städt Direeteur des plaisirs und Chef der Kapelle. Körner
schreibt über ihn am 9. Oct. 1803 an Schiller: „Du
kennst ihn selbst und wirst ihn ziemlich umgänglich
gefunden haben; aber er hat doch guten Willen und wie
<?B scheint, mehr Festigkeit, als sein Vorgänger, und er
^'rd es wenigstens an ernsthaften Gesichtern nicht fehlen
l*88eii. Bei Racknitz' schlaffem Charakter ging Alles
"^^^kwärts.** In der That lässt sich der wohlthätige Ein-
floss der neuen Leitung selbst im Repertoire der Oper
*^öierken. Nicht nur die Opera seria kommt nun in
^^^re Aufnahme, sondern auch Mozart und Spontiui
^'^^ darin mit ihren grössten Werken vertreten.
1802 war Rastrelli nach Moskau gegangen. An seine
^^^Ue trat 1804 F. Ant. Schubert. Schon 1807 aber
"^^^^tte er wieder zurück, wurde 1813 entlassen, um 1824
^^^*\i Schuberts Tode aufs Neue engagirt, 1831 aber end-
^c\i pensionirt zu werden. — 1805 starb Kapellmeister
- 246 —
Gestewitz. Gregorio Babbi, Sohn des Violinistei
erhielt seine Stelle^ konnte sieh aber nur bis 1808 im
halten. Er wurde durch den Contrabassisten Fnm
Schubert ersetzt. ^ Am 23. October 1806 starb der Eapd
meister Seydelmann. Nur kurze Zeit später sollte di
Kapelle von einem anderen^ doch noch schwerer wiegei
dem Verluste betrofifen werden. Im Jahre 1807, i
welchem der Theaterzettel am 1. Januar zum ersten Hai
die Aufschrift trug: Königliches Hoftheater^ yeranksst
der Besuch des Kaisers Napoleon in Dresden glänzend
Feste.
^ Die Allgemeine masikalische Zeitung giebt in ihre
7. Jahrgang das vollständige Verzeichniss der Kapellmitgliedi
vom Jahre 1805:
Generäldirector : Graf Carl Alexander Wilhelm von Eckst&dt
Director des Theaters: Bertoldi.
Secretär: Oberauditeur Hebenstreit
Kapellmeister: Joseph Schuster, Franz Seydelmann, Fernando Pti
Sängerinnen: Mad. Paer, Dem. Häser, Dem. Toschi, Dem. Bello!
Dem. Manerelli, Mad. Ginti.
Sopranist: Sassaroli.
Altisten: Belli und Ceccarelli.
Tenoristen: Benelli (erster), Cinti (Anstandsrollen) , Miecksch, Bi
ciardi (zweite).
Bassisten: Buonaveri (BufTo und Regisseur), Paris (seriöse RoUei
Perotti (Charakterrollen), Lobel (Kirchensänger), Cipria
(IL Buffo).
Violinisten: Christ. Babbi (Concertmeister), Uhlig, Kunze, Salomc
Dietzsch, Scholze, Uunt jun., Dunkel, Schmiedel, Lii
bergy Dietze, Wenzel, Camillo Babbi, Castelli, Kühn
von der Ah^e, Schmiedel.
Flötisten: Götzel, Prinz, Harn.
Lautenist: Weiss.
Hornisten: Haudeck, Listing, Miecksch, Gladewitz.
Oboisten: Besozzi, Dietze, Kummer.
Clarinettisten: Rot he sen. und jun.
Bratschisten: Frenzel, Jos. Schubert, Pohland, Rottmeyer.
Violoncellisten: Callmus, Höckner, Franz und Jos. Eisert.
Fagottisten: Nessel, Schmidt, Kummer, Heffen.
Contrabassisten: Franz und Ant. Schubert, Peschke, Petermann.
— 247 —
Am 19. Mai war Hofconcert, wobei sich der Tenorist
Benelli und der Flötenspieler Prinz hören liessen^ am
20. Mai die italienische Oper „Zaira« von Federici mit
einem von Benelli gesungenen Prologe.* Es ist zweifel-
haft, ob Napoleon erst bei dieser Gelegenheit Paßrs
kennen lernte^ da es nicht an Andeutungen fehlt; dass
dies schon im vorigen Jahre geschah. Jedenfalls aber
kamen erst jetzt die Verhandlungen zum Abschlüsse
welche, trotz seines lebenslänglichen Engagements; den
Uebertritt Paßr's in die Dienste des Kaisers mit der
gewiss nur nothgedrungenen Genehmigung des Königs
von Saclisen bewirkten — „denn auch Paer war auf
Lebenszeit angestellt (heisst es in einem Briefe des Uof-
marscballs Grafen Vitzthum von Eckstädt an Carl
Maria v. Weber), als der Kaiser Napoleon ihn förmlich
debauchirte".
Natürlich musste man an einen Ersatz denken. Auf
eine neue Empfehlung des Ministers Marcolini ward er
denn auch in Francesco Morlacchi gefunden, welcher
Drittelst Rescripts vom 7. September 1810 als Kapell-
meister mit 1300 Thaler Gehalt und 300 Tbaler Honorar
ftrjede neu zu componirende Oper angestellt wurde.
* Der Vorhang tiojr auf — heisst es in einer Beschreibung
«esselben, — man erblickte einen hohen Tempel mit langen Säulen-
^^en. Im Hintergrunde an einem grossen Altare stand der Genius
oi^hsens (Benelli), mit einem Sternenmantel bekleidet. Auf beiden
^Jten im Vordergrunde des Tempels sah man drei Altäre , in
Reichen die Namen einiger Helden der alten Zeit: Alessandro,
^^®» Miltiade, Achille, Scipio brannten. Der Genius beschrieb
^er Begleitung der Musik das noch unbeschriebene Monument mit
^ Xamen Napoleon. Jeder Zug seines Griffels wurde sogleich
*> Uno als der Name vollendet gl&nzte, flog ein Wolkenvorhang
„ ^ ^em Altare auf und eine grosse strahlende Sonne umleuchtete
**Poleoii's Altar, w&hrend in demselben Augenblicke die Namen
*^ten Helden an den übrigen Altären verschwanden. Darauf
Z BenelU die von dem Geh. Kämm. Orlandi gedichtete , von
^'U and dem Contrabagsisten Schubert componirte Cantate.
— 248 -
Francesco Morlaccfai aus Perugia (1786 geb.) war d
allmächtigen Minister durch seine Nichte, die bertdn
Sängerin Maria Marcolini^ für welche er eine lyiiai
Scene „Saffo^ geschrieben hatte ^ empfohlen wmd
Schon frühzeitig wurden seine musikalischen Anla(
durch tüchtige Lehrkräfte ausgebildet Caruso i
Mazzelli waren seine Lehrer im Gesänge. Zingarelli hi
ihn im Contrapunkt unterrichtet, Pater Mattei mit d
Ganzen der Compositionslehre vertraut gemacht. Er
langte zugleich ungewöhnliche Kenntniss der einzeb
Instrumente und spielte fertig auf Violine^ Piano, Cl
nette, Flöte, Fagott, Waldhorn und Cello. Als drai
tischer Componist trat er bereits 1807 mit seinem D po
in Campagna auf. Seine Opern: La principessa
ripiego und Le danaidi machten ihn zu einem Geg
Stande der allgemeinen Aufmerksamkeit. Er hatte 8
besonders Paisiello zum Vorbilde genommen, aber
fehlte ihm an Ursprünglichkeit der Erfindungskraft,
Kenntniss der eigentlichen Musikwissenschaft, um :
erreichen zu können. Er erwarb sich in Dre«
sehr rasch eine grosse Beliebtheit. Bereits am 6. J
1812 wurde seine Anstellung in eine lebenslängliche i
wandelt. Ohne Zweifel hat er sich innerhalb sei
langen Amtsthätigkeit manche Verdienste um das Insti
der Kapelle erworben, sie überwiegen indess jedenfi
diejenigen, welche ihm als Dirigenten und Componis
zugesprochen werden können.
Diesem Gewinn trat 1812 der Verlust des Kap
meisters Schuster gegenüber, welcher zu den beliebtes
musikalischen Persönlichkeiten Dresdens gehörte und
der That durch die gefällige, launige Munterkeit sei
Opcmcompositionen hierzu auch berechtigte. Um
weniger besass er die nothwendigen Eigenschaften ei
Kirchencomponisten.
Das Jahr 1812 ist wieder ausgezeichnet durch eil
Besuch Napoleon's in Dresden. Zu den dabei stattfind
— 249 —
den FeBtIichkeiten gehörte auch eine VorsteUung im
EönigL Hoftheater (20. Mai); bei welcher nach einer von
Morlacchi componirten Gantate: ^11 tempio della gloria^
ein Auszug ans PaSr's SarginO; der Lieblingsoper Fried-
rieh Aagust m., gegeben wurde. Am 24. Mai folgte ein
grosses Concert im Saale des grossen Opernhauses.
Der ungeheure Aufschwung, welchen die Opemmusik
m den letzten 20 Jahren in Frankreich und Deutschland
genommen hatte, konnte zuletzt auch an der Dresdner
italienischen Oper nicht ganz spurlos vorübergehen. Er
war indess nur ein sehr schwacher und widerwillig auf-
genommener, wie man aus folgendem Verzeichnisse der
in den Jahren 1792 — 1813 bei den Vorstellungen der
italienischen Oper in Dresden vertretenen Componisten
ersehen kann.
Von 103 neuen Opern, welche in 21 Jahren gegeben
wurden, kamen auf Paßr 19, Gimarosa 9, Mayr 8, Weigl 7,
^mter 6, Portogallo und Salieri je 5, Guglielmi 4, Mor-
lacchi, Mozart, Paisiello, Schuster, Spontini je 3, Fiora-
^^ti, Naumann, Nicolini, Pavesi, Rössler je 2, Anfossi,
^»rinelli, Federici, Gnecco, Generali, Haydn, Isouard,
^lATtin, Nasolini, Sarti, Storau, Sussmeyer, Traetto, Trento
wid Zingarelli je 1.
Keine Oper hatte in diesem Zeitraum grössere Er-
'^Ige, als: II matrimonio segreto' von Gimarosa, über
Reiche der Berichterstatter der Allg. musik. Zeitung
"ö Jahre 1812 schreibt, dass sie noch immer gefalle, ob-
*chon sie an 150 Mal wiederholt worden sei. In diesem
J*hre trat auch der Bassist Benincasa, geb. 1783 in
*emgia, zum ersten Male in Paßr's „Camilla" mit gros-
^^ Erfolge auf. Ursprünglich Schuster, hatte Morlacchi,
^^r ihn bei der Arbeit ein Liedchen trillern hörte^ die
herrliche Stimme an ihm entdeckt und ihn zum Sänger
•^gebildet. Seine Stimme hatte eine überraschende
' 179S zum ersten Male gegeben.
— 250 —
VolubilitUt. Seine Komik war liiureissend; voll AniiiutU
und Herzlichkeit.
Grossen Erfolg hatte die im Jahre 1810 zum ersten Male
gegebene Spontini'sche Vestalin. Ein Berieht vom Jahre
1812 lobt die Darstellung fast durchgehend. ^Signora
Sandrini — heisst es darin — rührt ungemein als Jolia,
Benelli (Licinio) flösst Bewunderung und Mitleiden ein.
Signora Belloli (oberste Vestalin) imponirt durch ihre
Stimme und spielt mit Würde. Tibaldi (Cinna) singt
sehr brav. Perotti (Pontifex) ist der Einzige^ welcher
nicht vollständig genügt. Die Chöre leisteten, was man
von ihnen verlangen kann.^ Nur diesem letzteren wird
in einem anderen Berichte widersprochen. „Die pracht-
vollen Chöre — lesen wir hier — werden wahrhaft miss-
handelt^ was bei dem Mangel eigener Choristen vielleicht
unvermeidlich sein mag."
Es kann nicht geläugnet werden, dass trotz der
Mittel, über die man zu dieser Zeit verfügte, die musi-
kalischen Verhältnisse Dresdens im übrigen Deutschlanö.
damals nicht in dem Ansehen standen, wie es seiner grossen
Vergangenheit auf diesem Gebiete entsprochen hätte. Sie
sollten jedoch durch die über dasselbe jetzt herein-
brechenden Kriegsdrangsale grosse und folgenreiche Ver-
änderungen erfahren.
lute Versuche, ein deutsches Schauspiel am
ürsüich sächsischen Hofe zu Dresden zu
bilden.
Isisches Schauspiel unter Fran^ois Farier. — Unterhand-
1 mit GottMed Ueinricli Koch. — Bildung eines neuen
then Schaosplels unter dem Letzteren. — Zustand der
and des Dramas in Franlireieh und llentschland. — Ge-
2 der formalistischen und naturalistischen Spielweise,
irtheilung der Darsteller, des Repertoires und der Lei-
m der Kooh'schen Gesellschaft. — Aufhebung des Itur-
eh deutschen und des französischen Schauspiels. — Der
Theateruntemehmer Wäser in Dresden.
Ichon im October 1763 war der Schauspieler FranQois
r vom Kurillrsten Christian Friedrich mit der Bil-
eines neuen französischen Schauspiels betraut wor-
Eb trat jedoch erst nach dem Tode des Letzteren
ins Leben und eröffnete seine Vorstellungen im klci-
Moretti'schen) kurfürstlichen Theater am 7. Mai die-
ihres. Es bestand aus 9 Schauspielern und 9 Schau-
rinnen, dem Souffleur und einem Balletmeister. Die
Uung dieses Letzteren wies zugleich auf die Bildung
Ballets hin, die^ wie wir gesehen, auch nicht auf
warten Hess. Der Gehaltsetat dieser französischen
)e war auf 18,500 Thlr. jährlich normirt; sie hatte
il Schauspiele, wie Operetten zu geben. Die Vorstel-
D, deren etwa 2 — 3 wöchentlich, im Ganzen aber
— 252 —
etwa 100 jährlich stattfinden sollten, nahmen regelmässig
Abends 7 Uhr ihren Anfang.
Doch auch wegen Bildung eines deutschen Sdum-
Spiels war man schon seit März 1764 in Unterhandlang.
Die Wahl war auf den Inhaber des kursächsischen Prin-
legiumS; den Principal Gottfried Heinrich Koch ge*
fallen. Sie war auch sonst eine gebotene, da er zu dieser
Zeit die vorzüglichsten und mannigfaltigsten schauspie'
lerischen Kräfte in seiner Truppe vereinigte.
Koch hatte sich schon als Schauspieler aUgemeine
Achtung und Gunst erworben. £r war ein Mann von
Bildung und Urtheil^ wohlmeinend, zuverlässig und, wenia
auch stets praktisch, doch ehrenhaft. Schon als er noch
im Verbände der Neuber'schen Truppe stand, war ihn
Lessing befreundet. Man sagt, dieser habe auf seine
Darstellung einen so grossen Werth gelegt, dass er es
aufgegeben, ein Trauerspiel fertig zu schreiben, als Koeh,
einem Rufe nach Wien folgend, Leipzig verliess. Kaum
dass sich Letzterer 1850 an die Spitze einer eigenen Ge-
sellschaft gestellt, als auch schon Gottsched ihn fbr seine
Bühnenreform zu gewinnen bemüht war. Zwar schien
sich anfänglich ein gutes Einvernehmen zwischen ihnen
herzustellen, insbesondere leistete Gottsched seinem neuen
Schützlinge bei der Errichtung eines neuen Theaters in
Quandt's Hofe zu Leipzig durch seine Rathschläge un-
zweifelhaft grosse Dienste. ' Indessen war Koch
wegs der Mann, sich wie die Neuber völlig von ihm
herrschen zu .lassen, noch seine Existenz ganz an einen
idealen Zweck und ein Princip zu setzen, welches er Ü^
solcher Ausschliesslichkeit nicht einmal theilte. Auch er
erstrebte eine Hebung des deutschen Theaters, bei d^
veränderten Richtung der Zeit verstand er aber dcK^
' Er gab ihm den Plan dazu an, den er nach dem Master def
alten Theater entwarf. Das Koch'sche Theater war in Deatschlao^
das erste, dessen Zuschauerraum im Halbkreise angeordnet war.
— 253 —
noch etwas Anderes daruDter^ als der ganz in Einseitig-
keit befangene Grottsched. Zudem war er ein viel zu
mnacbtiger Geschäftsmann^ als dass er den Umständen
nicht überall Rechnung getragen hätte. Ihm galt es vor
Allem, seiner Unternehmung eine möglichst feste und
. danerhafte Grundlage zu geben^ wobei er im Kampfe
mit der Concurrenz der übrigen Truppen in den Mitteln
nicht eben wählerisch war. So hatte er es gleich an-
ftnglieh nicht verschmäht, sich hierzu, wennschon nur vor-
flbergehend, der Possenreissereien des Harlekin Leppert
i&it zu bedienen. Die Begünstigung der eben auftreten-
den Natttrlichkeitsrichtung und der ihnen entsprechenden
englischen Stücke konnte Gottsched ebensowenig befrie-
digen. Der Versuch, auch noch das Singspiel für sein
Unternehmen fruchtbar zu machen, sollte aber 1752 der
Anlass zu einem völligen Bruche werden. Die literarischen
Sfreitschriften und Satyren, die Gottsched's hoffährtiges
-Auftreten auch diesmal wieder herausforderte, führten
^ diesen eine empfindliche Niederlage herbei.
Wie sehr Koch seine Gesellschaft bisher auch ge-
hoben hatte, so war ihm zur Zeit die Schönemann'sche
"^h weit überlegen. Es war daher für ihn ein doppelter
^Itlcksfall, dass unmittelbar nach dem Ausbruche des
^^beiyährigen Kriegs, der ihn von seiner Erwerbs-
quelle hin wegzudrängen drohte, Schönemaun seine Truppe
^*^llig vernachlässigte und endlich sogar verliess, so
^^ sie, nach einem missglückteu Versuche, sich unter
^^Ihofs Leitung zu stellen, ihn an ihre Spitze be-
'^^f. Koch zögerte nicht, diesem Rufe zu folgen, und ver-
^^^igte so die aus der Neuber'schen Schule hervorgegan-
S'^H'^n beiden Zweiggesellschaften, indem er zugleich
*ie besten Kräfte des eben in Auflösung begriffenen
^^eimarischen Hoftheators (unter Theophil Döbbelin) an
^^ch heranzog und nun in der That die erste Truppe in
^CDtschland unter sich vereinigte. Nichtsdestoweniger
"^ar auch noch er zu einem fortdauernden Ringen um
— 254 -^
seioe Existenz, zu einem ebenso nnsiclieren, wie lästi
Wanderleben verdammt, daher der Eifer erklärlieh
mit welchem er die nicht eben glänzenden Anerbietni
des karsächsischen Hofes ergriff, in der allerdings
illusorischen Hoffnung, seinem Unternehmen einen fc
Wirkungskreis und eine gesicherte Zukunft hierdurcl
gewinnen.
Die Unterhandlungen mit ihm wurden durch
Oberkämmerei - Secretär J. D. Müller geführt I
sagt in einer seiner Mittheilungen an diesen, ^daf
ohne die Nachcomödien über mehr als 100 Stücke
füge, nach allerlei Geschmack, so wie itzo das Deut
Publikum es verlangt, aus dem Französischen, Ital
sehen, Engländischen, Holländischen". Doch hofft
auch noch Stücke aus dem Spanischen zu erhalten,
italienischen Sachen seien meist von Goldoni und C
Desgleichen besitze er „etliche Singstücke nach Art
,Teufel — los', welche immer mehr Geschmack** fäi
Er verhehlt hierbei nicht, dass sie gleich den Ball
dem Dresdner Hof aber wohl nicht genügen wüi
„Junge Mädchen — hcisst es an anderer Stelle —
habe ich nicht, denn so wie ich sie brauche, kann
sie nicht bekommen, und die ich bekomme, kam
beim Theater nicht brauchen. Und zum Missbrauche
lange ich keine, wie andere Principals."
Die meiste Schwierigkeit machte die Einigung
die Dauer des abzuschliessenden Vertrags. Koch
auf die Möglichkeit einer baldigen Kündigung hin.
giebt zu bedenken, dass er, um seinen Dresdner
pflichtungen zu genügen, seine Hamburger Unternehn
aufgeben müsse, welche sehr einträglich sei. Auch t
schlügt er sehr kühl die Dresdner Verhältnisse, ir
er sclireibt: „Er kenne Dresden seit vielen Jahren
gut. Es sei nicht im Stande, eine Truppe, besonders
die seinige, zu ernähren." Gleichwohl entschloss er
endlich , einen Contract auf nur ein einziges •
— 255 —
bei halbjährlicher EündignDg abzuschliessen. Er verpflich-
tete sich darin^ mit Ausnahme der Zeit vom 1. Septem-
ber bis 31.* October und von Ostern bis Pfingsten (wäh-
rend welcher er fUr eigene Rechnung in Leipzig spielen
durfte) wöchentlich 2 — 3 Vorstellungen, im Oanzen etwa
jährlich 80 zu geben und für Zahlung der Gagen,
Garderobe und Decorationen etc. zu sorgen, wogegen ihm
das knrfUrstliche Theater sammt Garderobe und Decora-
tion zur Benutzung bewilligt, die Beleuchtung, sowie das
Orchester für kurfürstliche Rechnung beschafft und ein
Honorar von 9000 Thlr. gezahlt ' werden sollte. Auch
wurde für die Mitglieder der Truppe an den Comödien-
tagpn ein Friseur bestellt, sie selbst aber, gleich den Dar-
8tollem des französischen Schauspiels, nach und aus dem
Theater gefahren, wofUr von Seiten des Directenr des
plaisirs eine jährliche Entschädigung von 150 Thlr. an
^e kurfürstliche Stallkasse zu entrichten war. Koch
nnd seine Frau erhielten 2 Freibillets ins zweite
Parterre, die übrigen Mitglieder der Truppe 16 auf die
Galerie.
Koch hatte gewünscht, „die völlige Direction mit der
Bezahlung, mit Auswählung der Stücke, auch in An-
Dehmung und Abdankung der Personen etc." zu behal-
ten. Ej. ^ar jedoch hierin dem Directeur des plaisirs
^Dz untergeben. ^Ueberhaupt — lautet die hierauf be-
'^oHche Stelle des Contracts - ist unt(T der Kochen
Verbleibenden Direction keine gänzliche Unabhängigkeit,
^'^dem vornehmlich dieses zu verstehen, dass für alles
"^yenige, so seine Gesellschalt betrifft, der Directeur
"^* plaisirs sich lediglich an ihn hält, ihm allein die
^rfor<lerlichen Anordnungen ertheilt und ihm die Ver-
anstaltung des Angeordneten bei seiner Gesellschaft
tlberläsgt, auch ihn in der benötliigten Autorität über
, zu seiner Gesellschalt gehörigen Personen kräf-
*'8^t handhabt etc." Träten jedoch auf Wunsch des
"öfeg Entlassungen und neue Engagements ein, so
— 256 —
sollten die hierdnrch entstehenden Mehrausgaben to
diesem noeh besonders vergütet werden.
Die Vorstellungen der französischen, wie der dea
sehen kurfürstlichen Schauspieler waren fortan gu
öffentlich und der Zutritt zu ihnen Jedermann gegen d
Erlegung eines bestimmten Einlasspreises gestattet -
ein Fortschritt; auf dessen wohlthätige Einwirkungen u
bereits im vorigen Abschnitte hinweisen konnte. D
Einlasspreise waren aber für das französische Schanq»
fast durchgehend höher, als für das deutsche. Zu d(
Vorstellungen des ersteren kostete ein Billet in den Cerc
und in die Logen des ersten und zweiten Rangs 20 G
in das Parterre und in die Logen des dritten Ban,
8 Gr., auf die Galerie 4 Gr. Zu denen des deutsch
Schauspiels war dagegen der Preis einesBillets in den Cen
und in die Logen des ersten und zweiten Rangs a
12 Gr., in den dritten Rang auf 8 Gr., in das Partei
und die Galerie auf 4 Gr. festgesetzt. Für die 0£Bzk
der Garnison waren die Preise noch durchgängig ennl
sigt. Für die Logen war auch ein Jahresabonneme
eingerichtet.
Nach dem Vorgange verschiedener anderer Theal
hatte man leider die tadelnswerthe Einrichtung getroffi
in den Nebenzimmern des Theaters Fharaotische ai
stellen zu lassen und die Theilnahme am Spiel i
einer Steuer zu belegen. Jeder, Tisch zahlte, sobald i
Banquier daran Platz genommen liatte, 6 Ducaten, jcc
Spieler Doch ausserdem den Einlasspreis des erst
Platzes. Nur bekannten Personen war jedoch der Z
tritt gestattet.
Ehe ich micli der BetrachtUDg der Leistungen beit
Gesellschaften zuwende (soweit sie überhaupt mögli
ist), wird es nöthig sein, einen Blick auf die Verl
derungen zu werfen, welche in Frankreich und
Deutschland sowohl auf dem Gebiete der Oper, wie i
dem des Schauspiels inzwischen stattgefunden hatten.
r
i
— 257 —
Der von der Natur mehr und mehr abweichende
Formalismii8 der französischen Tragödie und der italieni-
schen Oper hatte seit längerer Zeit den Geschmack nicht
Dor der romanischen ^ sondern auch der germanischen
Völker beherrscht. Schon mit Anfang des 18. Jahr-
himdtrts machte sich aber dagegen^ wenn auch an-
tänglich nur leise^ eine Reaction zu Gunsten der Natur-
wahrheit und der individuellen Empfindung geltend^ welche
TOQ der sensualistischen Philosophie und den mit ihr in
Verbindung stehenden Freidenkern genährt wurde. Sie
trat zunächst in England und Frankreich hervor. Bei
der damaligen Abhängigkeit Deutschlands von der Gultur-
entwicklung dieser Länder konnte aber auch dieses nicht
unberührt davon bleiben. Hier, wo das Nationalgetlibl
in §0 tiefem Schlummer lag, musste sie besonders auf dieses
Webend einwirken , wodurch die Bestrebungen , ein
^nes nationales Drama, eine eigene nationale Oper zur
Entwicklung zu bringen, wieder neu angeregt wurden,
"ir haben gesehen, wie hier die ersten, auf eine der-
•föge Reform der Oper gerichteten und anfangs grossen
^olg versprechenden Versuche dem damit zusammen-
**"*^üden neuen Aufschwünge d(T italienischen Oper rasch
^terlagen, während die etwas früher in Frankreich
^^ doch nur massigen Talenten unternommenen ähn-
"<^öen Bestrebungen von dem vollständigsten Erfolge
S^krönt worden waren und die italienische Oper für
"^gere Zeit fast völlig verdrängt hatten.
Die italienische Oper hatte sich aus dem Recitativo
^^^ wenn auch nicht unmittelbar aus dem Volksliede,
^ ^üch aus dem hieraus entsprungenen Kunstgesange,
^^ Madrigale, entwickelt. In jenem sollte die musi-
J^^ache Form ganz nur im Dienste des Worts und der
^^Utung stehen, in diesem umgekehrt Wort und Dieh-
^&, obschon sie die musikalische Form, die hier ein
^*t>8t8tändigeres Leben beanspruchte, noch immer innor-
^^Ib gewisser Grenzen bestimmten, sich dieser doch unter-
17
— 258 —
ordnen und ganz in ihr aafgt-lun. Beide Elemente zeigen
sieb in der italienischen Oper aufs Engste mit einander
verbunden. Sie konnten in dieser yerji)indnng aber
eine verschiedene Stellung zu einander einnehmen. Du
Recitativ konnte entweder die Melodie ganz beherrBchen
und sich diese unterordnen, oder es konnte umgekehrt
von ihr beherrscht und ihr untergeordnet Ferden. El
scheint, dass jeder rationelle Versuch einer nationalen
Reform der Oper auf eines dieser beiden Grundelemente
der italienisehtn Oper, wenn nicht zugleich auf beide^
zurückgehen muss. Auch Lully hatte es gethan, indem er
einerseits das Recitativ im Geiste der französiscbei
Tragödie, d. i. also rhetorisch -pathetisch, zu behandeh
suchte, und andererseits auf das französische Volkslied
(chanson) zurückging. Er hat jedoch diese beiden
Elemente in seinen Gompositionen sehr auseinander g^
halten. Er schränkte das letztere fast ganz auf den
instrumentalen Theil seiner Opern (den er freilich erwei-
terte), auf Tänze, Märsche und (^twa noch auf die Chöre
ein — wogegen er den eigentlich dramatischen TheB
dersilben in dem angedeuteten Sinne fast ganz red-
tativisch behandelte. Er schloss sich dabei dem Bei-
spiel der älteren italienischen Operncomponisten an, indem
er da, wo die Empfindung sich steigert, das Recitatir
zu kurzen ariosen Sätzen sich emporringen liess. Docli
blieb bei ihm selbst noch dann die Melodiebildoog
beschränkt.
Rameau, welcher zwar anfangs als Neuerer vcr-
dächtigt wurde, that im Grunde nichts Anderes, als da»
er die Reform Lully's mit den erweiterten Hülfsmitteln
seiner Zeit und mit ungleich grösseier Einsicht in die
Gesetze der Harmonie weiter fortsetzte, was besonder«
dem orchestralen Theil seiner Opern zu Gute kam-
^Üer langsame, gleichmässige Schritt der LuUy'scben
Oper — sagt Otto Jahn (W. A. Mozart) — ist dnrcb
Rameau freier und bewegter, der dramatische Ausdruck
— 259 —
lebhafter und energischer geworden. Es wird ein
charakteristisches Colorit in der Musik sichtbar ^ allein
das Fundament ist geblieben.*^
Auch Gluck ging bei seiner Opemreform wieder
auf die Anfänge der Italiener zurück. Wie sie , wollte
auch er den Worten der Dichtung einen erhöhten Aus-
druck geben. Kommt bei diesem Principe überhaupt
schon sehr viel, ja Alles auf Natur und Charakter des
Textes an, so lässt sich dieser doch noch in yerschiedenem
Sinne auffassen^ insofern er der Betrachtung verschiedene
Seiten und verschiedene Momente darbietet. Die Reform
Lnlly's war hauptsächlich darauf ausgegangen^ das
dramatische Moment des Textes zu entschiedenerem Aus-
drick zu bringen. Indem er aber dabei vorzugsweise eine
rhetorische Behandlung des Pathos Ins Auge fasste^ drang
er nicht bis in die eigentliche Seele, bis in die Wurzel des-
•dben ein, welche erst in dem Individuellen der Natur
lind des Charakters gelegen ist, welche das Pathos ent-
^«keln. Er brachte vielmehr nur die allgemeine Seite
desselben zum Ausdruck.
Gluck trat diesem Momente des dramatisclien Lebens
i^ar näher, aber doch nur erst naher. Er fasste zuerst
^'as Cbarakteristische der dramatischen Situation ins Auge
önd brachte dieses in einem grossen, aber doch mehr
'^Brallgemrineren pathetischen Sinne zum Aasdruck. Auch
^^ine Charakteristik entbehrt, obgleich nicht des in-
dividaellen Lebens überhaupt, so doch des innersten
^dividuellen Lebens und stellt sich daher in zwar
•^^harfen, doch noch immer verallgemeinernden Linien
^'^r. Die musikalischen Schätze auch noch auf diesem
ß^biete zu heben, war erst dem Genie eines Mozart
^'^rbehalten.
Aus diesem Grunde tritt auch das der Glnck'schen
'^^form eigenthümliehe nationale Moment woniger scharf
"^rvor, als ein ihr inwohnender, mit den Hostrebungen
Lnlly'g und Rameau's verwandter Zug. Weshalb ihm der
4 »*
— 260 —
französiscbe Oesandtschaftsattachö de Rollet auc
rathen konnte, den Erfolg, den er in Deutschland
fand, in Paris zu suchen, da die von ihm eingescU
Richtung im Grunde nichts Anderes sei, als eine ^
entwicklung der französischen Oper. Wie richti
Franzose geurtheilt, geht nicht sowohl ans den nni
baren Erfolgen hervor, welche Gluck in Paris i
da hierzu noch manche Nebenumstände mitg*
haben, sondern mehr noch aus der Nachwirkung, i
er auf die Entwicklung der französischen ernsten
(Mehul, Isouard), ja selbst auf einzelne italienische
ponisten (Salieri, Spontini, Cherubini) ausübte. 'W
doch die Wirkungen, die er in Deutschland hatte
Theil erst durch diese (wie z. B. auf Winter durch J
vielleicht selbst auf Beethoven durch Gherubini
mittelt. Auch auf Mozart (Idomeneo) machte sich
Einwirkung, obschon sie hier wohl eine ganz nn
bare war, nur so lange geltend, als dieser noch
italienischem Einflüsse stand. Gluck's ganze 6
richtuDg neigte sich eben mehr dem romanischen 1
principe , als dem germanischen zu , seine Werke
einen mehr plastischen, als malerisch stimmungs
Charakter, sie haben mehr Zeichnung, als Farbe.
War diese ganze Richtung überwiegend das
künstlerischer Reflexion, befriedigte sie mehr den
als das Gemtith und die ästhetische Sinnlichke
sollte jetzt unter dem Einflüsse der aufNaturwa
und individuelle Empfindung dringenden Bestrebi
der Zeit und unter Anregung der eben in Italien e
blühenden Opera buffa in Frankreich eine Opei
stehen, welche dem französischen Charakter und Ni
diesem Gemisch von Esprit und Sentiment, ent»
und entsprach und, den sinnlichen Reiz der Melod
Auge behaltend, seine Anregungen in der Romanz<
chanson, in den volksthümliciien Licderchen der V
villes suchte und fand. Schon die Opera buffa wa
— 261 —
(iner Art Reaction gegen die Opera seria Lervorgegangen^
Sie entzog sich nicht nnr der Herrschaft ihrer Formen
Qod Regeln, sondern verspottete sogar diese nicht selten.
Die erkünstelten Stimmen der Gastraten ganz von sich aus-
scUiessend, machte sie nicht wie diese den Sopran oder
Alt zum Liebhaber oder wohl gar zum Helden der Hand-
lung; sondern erwählte hierzu den Tenor oder Bass (den
basso bnffo).
J. J. Roussean war der Erste, welcher in seinem
DeyiD da village ein Beispiel aufstellte, wie die Melodie
der Italiener für die Franzosen in nationalem Sinne
irnchtbar zu machen sei. Mit dem Gewicht seines Namens
bncb er der neuen Richtung die Bahn, welche dann
d'Auvergne, Duni (ein geborener Neapolitaner), Montigny,
Philidor mit Anmuth, Leichtigkeit und Heiterkeit weiter
Terfolgten, bis endlich E. Gretry der französischen Oper
diejenige Gestalt gab, welche dem Charakter des fran-
löwßchen Geistes völlig entsprach und sie durch eine
Hischnng von Scherz und Ernst zu einem pendant der
l^leichzeitig aufgekommenen ernsten oder rührenden
Comddie machte. Boieldieu brachte dieselbe, indem er
ihr noch eine romantische Färbung gab, später zur reiz-
vollsten Blüthe.
Der Gegensatz zwischen dieser neuen und der alten
Uassisclien Oper zeigte sich am entschiedensten darin,
dagg jene das Recitativ, welches die nothwcudige Grund-
'^ge von dieser war, fast völlig fallen Hess. Der
'^«cherc Pulsschlag, welcher ihr, den natürlichsten Aus-
druck des individuell charaktcristischon Lebens forderndes
Spiel bewegte, musste das Recitativ als eine hemmeüde
^^ol empfinden, welche man abstreifte, um sich die
Döthige Freiheit zur Führung eines leichten, geistreiche n
Dialogg zu gewinnen.
Gewissermassen in einem Gegensatze auch wieder
^i^nn hatte Rousseau in seinem Pygmalion die Musik
*n einer den Fluss des recitirenden Dramas verzögemdin
— 262 -
Bt^leiteriu desselbeu gemacht, übsclion diese Gattuu^;
nur eine kurze Blütlie gehabt, so ist sie doch charak-
teristisch für eine Zeit, in welcher die individuelle Em-
pfindung nach mögliebst bedeutendem, charakteristiscb-
stimmungsvollen Ausdrucke rang.
Der doppelte Einfluss der italienischen IntermezUp
aus denen sich die komische Oper entwickelt hatte, nni
der französischen Operetten konnte in Deutschland nia
so weniger wirkungslos bleiben, als man hier schon früher
den Versuch gemacht hatte, das Volkslied für die nationale
Oper zu benutzen und das Recitativ dabei auszuschliessen.
Es ist eine immer wieder aufs Neue zu machende Er-
fahrung, dass das deutsche Schauspiel im Kampfe mifc
anderen theatralischen Unternehmungen sich nicht sowohl
durch Anspannung seiner eigenen Kräfte durchzusetzen
sucht, sondern sein einziges Heil in dem Ergreifen der
Mittel finden zu sollen glaubt, mit welchen diese Unter-
nehmungen ihre Wirkungen erzielen, gleichviel ob die»e
Wirkungen überhaupt verwerflich oder ob die Benutzung'
jener Mittel für seine eigene Entwicklung wenigstens
schädlich sind. So hatte es sich im Kampfe mit der
italienischen commedia deir arte des Stegreifspiels und
der Masken derselben, im Kampfe mit der ersten ita-
lienischen und deutschen Oper ihres Decorationsprunkes
und ihrer Buhneneffecte bemächtigt, es hatte im Ringeu
mit dem französischen Ballete dieses selbst in sich aaf-
genommen und so verband es sich denn auch jetzt zunächst
wieder mit den italienischen Intcrmezzisten und de»
französischen Operettensängern, bis es endlich die An-
regung gal), derartige Spiele auch selbst zu erfinden.
Schon Schönemann hatte in den 40er Jahren de0
18. Jahrhunderts den Versuch hierzu mit einer englische»
Operette „the devil to pay" gemacht, die er ins Deutsch«
übersetzen Hess. Ohne eigentliche Sänger und ohne di«
Begleitung des Orchesters konnte sie freilich nicht an-
sprechen. Mit ungleich besserem Erfolge hatte Kocb
- 263 -
diegen Versuch wieder aufgenommen, indem er denselben
Stoff neu von Weisse behandeln und von seinem Musik-
director Standfnss eomponiren Hess. D( r Beifall, den er
mit diesem Experimente errangt muss wohl hauptsächlich
daraus erklärt werden, dass er in dem Schauspieler Brück
einen vorzüglichen Repräsentanten des Jobst Zechel, in
der St. inbrecher eine ebenso glückliche Darstellerin für
di<' Rolle des Lenchen besass. Von diesem Versuche
wird nun gewöhnlich die Entwicklung der neuen deutschen
Oper datirt. Erst in Joh. Adam Hiller in Leipzig sollte
«ch aber das Talent finden, welches die hierbei gestellte
Anf^'abe nicht nur in volksthümlicher, nationaler, sondern
AQch in einer dem Zustande des deutschen Tlieaters,
welches noch keine genügend ausgebildeten Sänger be-
»88, durchaus entsprechenden Weise ergriff. Das
Hiller'sche Liederspiel wurde dann später von Ditters-
dorf zu reicheren Formen entwickelt, die durch Mo zart' s
dio ^^anze musikalische Bildung der Zeit umfassenden,
nnivorsellen Geist zu einer Vollendung gebracht werden
sollten, die nach Seite dir individuell dramatischen
Charakteristik weder an Tiefe, noch auch an Reichthum
'rieder erreicht worden ist.
Um die Schauspieler seiner Truppe für die Aufnahme
^^T von ihm später so begünstigten Operette gefügig zu
"^hen, welche denselben ein ungleich zeitraubenderes
Stndinm als das recitirende Drama auferlegte, musste
Koch -zu sehr bedenklichen Reizmitteln greifen. Er be-
'^Uigt«» nämlich einem jeden Darsteller für jede Opern-
^or^tellung eine besondere Oratification, — ant^nglich
^ G^ilden für jede erste und 1 Gulden für jede folgende
^^tellung, welche jedoch für die Darsteller erster Rollen
^'cl bis auf 1 Louisd'or für die erste und bis auf 1 Du-
^^n für jede folgende Vorstellung gesteigert werden
'"^'^Bute ; was zu einer Zeit, in welcher Künstler, wie Schröder,
^'^^nahmsweise 5 Tlialer Wochengage erhielten, und in
^^Icher die ganze wöchentliche Theater-Einnahme in einer
— 264 —
Stadt wie Dresden durclischnittlieh nur 80 Thaler betrog
sicher sehr viel war. Es ist übrigens^ wie ich glaube,
das erste Beispiel der jetzt so allgemein in Anfiiabme
gekommenen Spielhonorare^ wenigstens in DentschlaDi
P'ntschiedener noch als in der Oper war aber die in
der Zeit liegende Richtung auf das Naturwahre nnd auf
die Auslebnng individnellen Empfindens im gesproebeDeo
Drama zur Erscheinung gekommen. In Frankreich, wo
das Lustspiel schon immer gegen den conventionelleD
Formalismus der Tragödie reagirt hatte^ ging auch diese
Richtung wieder vom Lustspiele aus. Es entstand das
sentimentale oder weinerliche Lustspiel, welches, indem
es sich hierbei in die Gemütlissphäre hinttberspielte, der
höchsten Autorität derselben, der Moral, dienstbar wnide
und unmittelbar auf Besserung und Abstellung sittlicher
Gebrechen ausging. Die Schwächlichkeit dieser Richtung
zeigte sich darin, dass es sich bei diesen Stücken,
wie beim Sentimentalen überliaupt, weniger um Da^
Stellung von Empfindung als von x\nempfindung handelte
und die darin golelirte Moral meist auf ziemlich flache
Gemeinplätze hinauslief.
In England führte dagegen diese Nattirlichkeitsrichtung
vorzugsweise dahin, dass die Handlung des Dramas in
Kreise verlegt wurde, welche zur Zeit noch mehr von
der natürlichen Empfindung, als von der couventionellcn
Sitte beherrscht wurden. Es entstand das bürgerliche
Familiendrama, dessen charakteristischer Grundzug eben-
falls das Sentimentale und Moralisirende ist. In Deutsch-
land trat diese Richtung zuerst im Schäferspiel auf.
Schon in dem Prolog, mit welchem Koch 1750
seine Vorstellungen in Leipzig eröffnete, wurde ge-
gen die Conventionelle Spielweise der Franzosen Ein-
spruch erhoben. Im Jahre 1754 aber wurde schon dar-
auf hingewiesen, dass auch „der Fleiss der munteren
Briten seit Kurzem die deutsche Bühne schmücke'' nnd
„ein Bamwell zur Besserung deutscher Sitten diene".
— 265 —
Gewiss würde aber diese Bichtung hier bald ganz ins
Platte herabgesunken» sein und sich in eine engherzige
Moral und eine hohle Empfindsamkeit verloren liaben,
wenn eine Anzahl genial beanlagter Männer der deutschen
Literatar ihr nicht theils durch eigene Werke , theils
dnrch den Hinweis auf Shakespeare einen höheren Auf-
schwnng und erhabene Merkziele und Muster gegeben
bitten. 1756 ftlhrte Koch in des Dichters Gegenwart
Lessing^s Sara Sampson in Leipzig auf der Bühne ein, in
welcher (wenn auch noch immer nach fremden Vorbildern)
zum ersten Male mit deutscher Zunge und aus deutschem
Herzen der Widerstreit tiefer Empfindung und mächtiger
Leidenschaften das Wort führte. 1767 sollte die Lessing-
^he Dramaturgie das Drama der Deutschen aus den
^^sseln der französischen Begeln befreien und in Minna
von Bamhelm das erste, noch immer massgebende Muster
<^üke9 yaterländischen Lustspiels aufgestellt und hier-
^^rch das nationale Drama der Deutschen wahrhaft be-
PHndet werden.
Natürlich konnten diese Verhältnisse auch auf die
^baaspielkunst nicht ohne Einfluss bleiben. Was aber das
damalige französische Schauspiel in Dresden betrifft; so
''^lihn uns freilich alle näheren Nachrichten darüber.
L^agcgen lässt dieser Einfluss sich au der Koch'schen
^^sellschaft um so sicherer verfolgen. Wir sahen, dass
L"^tzterer sich schon 1750 im Principe für die neue
^atürlichkeitsrichtung entschied. Theorie und Praxis
stehen freilich nicht nur überhaupt, sondern nur zu oft
•^Ibst noch bei einem und demselben Mensehen in Wider-
spruch miteinander. Nach allen Nachrichten gehört Koch's
^" ortrag und Spiel noch der alten französchen Schule an,
^•8 jedoch in den Stücken des höheren Stils ungleich
stärker als im Lustspiele hervortreten musste, in welchem
*^ine Meisterschaft lag. Doch auch die meisten der übrigen,
^^r ersten Periode seiner Principalschat\ angehörenden
^^^isteller werden noch mit einem ähnlichen Wider-
— :2Ü6 —
Spruche behaftet gewesen sein, trotz des längeren Ein-
flusseS; den Eckhof (von 1658 — ß4) auf sie mit aus-
geübt hat.
Eckhof wird gewöhnlich der Vater der deut-
schen Schauspielkunst genannt. Er stellte in der
That nicht nur der Nacheiferung ein überaus treffBches
Vorbild in sich auf, sondern wirkte auch mehr als irgend
ein anderer Schauspieler seiner Zeit durch Aufmuntemng;
Rath und Lehre auf seine Umgebungen ein. Als das
eigentliche Haupt der auf Naturwahrheit ausgehenden
Richtung; als ihr, freilich auf einem ungleich engeren
und weniger glänzenden Gebiete, reinster Repräsentant
muss aber nach Schröder's Urtheile, (Um wir wohl hierin
Vi rtraucn dürfen, dessen Stiefvater, Conrad Ackermann,
bezeichnet werden. Wohl wird auch Eckhof von Schröder
als der grösste Theaterredner, den je eine Nation gehabt
habe, gepriesen; gegen sein Spiel aber erhebt er nicht
unbeträchtliche Einwendungen. „Er wäre sicherlich —
heisst es bei ihm — hierin ebenso gross gewesen, hätte
ihm die Natur einen besseren Körper gegeben, hätte er
kein französisches Theater gesehen und nicht den
grösston Theil seiner Bildungsjalir(* in Hamburg und in
eint m beschränkten bürgerlichi^u Zirkel gelebt, der ihn
mit dem Tone der grossen Welt unbekannt liess." Nur
in einzelnen Rollen, welche der Eigenthümlichkeit seiner
Natur besonders günstig entgegenkamen, befriedigte er
auch hierin Schröder vollkommen, und dieser hat dann
nicht Worte des Lobes für ihn genug.
Kurz vor dem Abschlüsse mit dem Dresdner Hofe
hatte sich Koch mit Eckhof entzweit. Es scheint, ate
ob dieser, vielleicht noch mehr seine Frau, einen zu grossem
Einfluss auf die Wahl und Besetzung der Stücke gesucht,
und Koch, um ihnen entgegen zu wirken, das Lustspiel
gegen die ernsten Stücke (die Eckhofs eigenstes Feld
waren) bevorzugt hätte. Dieser verliess ihn bereits ii**
Frühjahr 1764. Nichtsdestoweniger war die Truppe da-
— 267 —
mals noch immer die erste. Sie bestand aus 29 Per-
soDcn and zwar aas folgenden Darstellern:
Heinrich Gottfried Koch and Frau, Johann Anton
Brock; Johann Gottfried^ gen. Johann Anton Brückner
mit Frau und Sohn, Johann Ludw. Starck and Frau^
Karoline Steinbrecher mit Matter, Joh. Göttlich Schabert,
Christian Witthüft und Frau, Lebrecht Martini, Franziska
Komtbal, die Wittwe Starcke, Karl Christian Starcke,
Joh, Christoph Walter, Joh. Gottlieb Schindler, Joh.
Christoph Hörlitz, Joh. Georg Kahlt mit Frau und Christian
Friedr. Wonne.
Koch galt damals für einen der ersten Darsteller im
Fach der komischen Alten. In ernsten Rollen war er
meist steif und sprach sie auch schlecht. Von seiner
Gesticulation hat man gesagt, dass er seine Hand nicht
in die offene Weste habe stecken können, ohne damit
einen Halbzirkel zu beschreiben. Mit derselben ge-
Bchwnngenen Bewegung habe die Hand ihren Rückzug
in die Rocktasche genommen.
Koch's Gattin, Christiane Henriette, geb.
^erleck aus Leipzig, war schon allein durch ihre Schön-
heit berühmt. (Graff hat sie als Pelopia in Atreus von
Geisse gemalt.) Sie glänzte früher in Soubrettin- und
Hosenrollen. Später hat sie in leidenschaftlichen Partien,
'ric Karwood, grosses Aufsehen erregt. Sie wurde be-
sonders wegen ihres Anstands gerühmt.
Brück (geb. 1711 bei Graupen in Böhmen) war
vortrefflich in niedrig komischen Rollen. Vor Allem wird
^ im stammen Spiele gerühmt. Auch war er eine der
^eBentlichsten Stützen der Operette. In dieser excellirte
'^ni, Steinbrecher, für welche Standfuss alle seine
Kompositionen einrichtete. Dem graziösen Uebermuth,
^^ sie dabei entwickelte, verdankte sie den Beinamen
^* deutschen Favart. * Ihre Mutter, eine Tochter des
' Die Favart, geb. DüroDcerey, 1727, war die Frau des Opern-
— 2G8 —
bekannten Principals Spiegclberg, war besonders in dem
Lustspiele „Die koketten Mütter^ berUhmt. Dem. Korn-
thal soll eine gute Sängerin, doch schwache Schauspie-
lerin gewesen sein.
Ludwig Starcke gehörte zu den DarsteUen,
welche sich schon damals durch Natürlichkeit des Vor-
trags und Spiels auszeichneten. Er war Yorzttglich ixu
treuherzigen Rollen. Seine Frau, Johanna Christiane
geb. Gebhardt aus Breslau, war frühzeitig in zärtlichen,
und naiven Bollen berühmt. Sie macht« als Zaire, Sar&y
Sophie (im Hausvater) Epoche. Später trat sie vA.'t
Glück in das Fach der Mütter ein. Schöne Natürlichkeit
und Feinheit des künstlerischen Urtheils werden an ihr
hervorgehoben.
Witthöft, geb. 1729 in Leipzig, war in komischen
Alten beliebt. Er besass viel komische Kraft und erregte
oft schon durch sein Auftreten, durch eine einzelne Be-
wegung die ausgelassenste Heiterkeit
Brückner, geb. 1730 zu Illmersdorf, war einer der
bedeutendsten und genialsten Schauspieler der Zeit Der
Sohn eines Predigers, hatte er eine gute Schulbildung genos-
sen, trat dann bei Rüdiger und hierauf bei Voss in BerUn in
den Buchhandel ein, wo er in vertrauteren Umgang mit dea
ersten der dortigen französischen Schauspieler, sowie mit
Lessing und Voltaire kam. Die hierdurch erweckte Litft
zum Theater wurde noch durch die Darstellungen der
Kocli'sclien Gesellschaft gesteigert, so dass er sich, nacli.
einem Versuche bei einer kleinen Gesellschaft in Dreßdea^
1793 der ersteren anschloss. Er spielte zunächst Bediea--
und Lustspieldichters Ch. Simon Favart. Sie war Sängerin an <^'^
komischen Oper, hatte auch selbst einige Stücke verfasst (darunter
die Operette Annette et Lubin, welche 1764 die französische Gewll*
Schaft in Dresden zur Aufführung brachte) und durch ihre nitftr*
liehe Anmuth einen grossen Ruf im Fach der Soubretten und Land'
mädchcn erworben, die sie zuerst im charakteristischen Costitf^
darstellte.
— 269 —
tenroUen. Sein Talent entwickelte sieb jedoch so rasch^
dass er noch in demselben Jahre erste Rollen erhielt.
Er zeichnete sich durch wunderbare ModnlationsfUhig-
keit der Sprache und seltene Ausdrucksfähigkeit der
Mimik aus. Seine Stärke lag in der Darstellung
grosser Charakterrollen von leidenschaftlichem Pathos.
Nach Eckhof's Abgang trat er in dessen Rollenfach
ein. Obschon er ihn nicht in allen Stücken ersetzen
konnte, soll er ihm doch von allen Schauspielern der Zeit
am nächsten gekommen sein. Auch seine Frau Mag-
dalena, geb. Kleefelder aus Königstein (1719), aus
der Schule der Neuber, war eine Darstellerin von grossem
Umfang des Talents. Sie war ebenso bedeutend im Lustspiel
wie im Trauerspiel, im regelmässigen Drama wie im Stegreif-
spiel Besonders bewunderte man aber ihr stummes Spiel.
Schubert (1717 zu Zittau geboren) hatte sich eben-
ÄIIs unter der Neu her gebildet. Man lobte ihn in der
^*rstellung der Biedermänner von altem Schrot, der
^ulierzigen oder auch zänkischen Alten, sowie der
^^cken und Landjunker.
Das Repertoire der Gesellschaft in Dresden liegt uns
^^^ unvollständig vor. Wir finden darin im Ganzen nur
'^ei Singspiele (von Standfuss) verzeichnet. Im Schau-
^*^le sind die Franzosen am meisten vertreten: Voltaire,
•^'^li^re, Destouches, Reynard, de Vissö, Mad. Graphigny.
^^*<loni erscheint darin mit 4 Stücken, Lillo (George
^*^nwel^, Otway und Colemann mit je einem, auch
"J^^berg mit einem. Von deutschen Dichtern begegnen
J!?^ darin drei Stücken von Geliert und je einem von
^^isse, Krüger, Romanus und Schlegel. Das Lustspiel
^^*^^'hte mit Entsdiiedenheit vor.
Was die Leistungen der Gesellschaft l)etriflFt, so ist
^^ — soviel mir bekannt — nur ein einziges ürtheil be^
^Vven (Schriften, 1766, IV. Theil 69) erhalten geblieben
^^^1 zwar üi)cr die Vorstellungen des „g( retteten Vene-
^^8** von Otway und der „zärtlichen Schwestern** von
— 270 -
Geliert. Es lautet wie folgt : „Unsre Starken hat sich,
ich mnss es zur Ehre der Kunst gestehen^ noch gebeMert
Sie hat von den Obersacbsen die Anmuth des Ausdnieb
angenommen; die uns in diesen Gegenden so schwer
wird; sie stehet gerade, sie spricht nicht zu fein. Die
Steinbrecherin giebt die beste Hoffnung; eine sehr gute
Actrice im Niedrigkomischen zu werden. Von Mad. Koch
sage ich nichts. Sie kennen mich, ich bin schwach; ieh
vergesse die Regeln drs Aubignac, sobald mich die Schön-
heit entzücket. Ich war eben im Begriff, meinem Nach-
bar mein Urtheil von ihr zu sagen, da sie mit einem
Blicke, dem nichts widersteht, mich bemerkte, mich mit
den grossen, schwarzen Augen, die in Sachsen noch
neue verführerische Künste angenommen hatten, ansah
und mir meinen Beifall auf die Weise entriss, mit welcher
Boiloau den Quinault im Tempel des Geschmacks nm-
arrate."
Obwohl diese Mittheilung geeignet ist, die gute
Meinung von dem Spiele der Koch'schen Gesellschaft
herabzustimmon, so muss doch nach allen Urtheilen, die
wir aus etwas späterer Zeit über die einzelnen Mitglieder
derselben von Augenzeugen besitzen, angenommen wer-
den, dass ihre Leistungen durchaus auf der Höhe dessea
standen, was mit nur einzelnen Ausnahmen die theatra-
lische Kunst in Deutschland damals überhaupt darbot.
Nichtsdestoweniger scheint die Theilnahme in Dresden
keine zu grosse gewesen zu sein. Die ganze JahreBcin-
nahme (für etwa 80 Vorstellungen) betrug incl. der Reotc,
welche die Pharaotische abwarfen (circa 1000 Thlr.), Bttt
6518 Thlr. und or^ab ein Deficit von 5036 Thlr.
Auch der Hol' schien noch w(niig Cefallen an diesen
Darstellungen finden zu können, wenigstens wurde Kocb,
im Hinblick auf das inzwischen geplante UntemeLmeD
cintr neuen italienischen Oper, schon nach 6 Monaten,
am 15. Deeenibcr 1764, wieder gekündigt. Seine Priri-
legi( n wurden ihm zwar am 10. Februar 1765 aufs Neue
— 271 —
l'cstätigt, ihm auch die Erlaubniss ertheilt^ für eigene
BecliDODg noch weiterhin auf dem kurftLrstlichen Theater
^nntcr einigen ihm sonst noch zugestandenen Vortheilen"
zu spielen , doch konnte er hiervon nur kurze Zeit Ge-
brauch machen^ weil er mit Beginn der Vorstellungen
der italienischen Oper die seinigen so einrichten sollte,
<ias8 sie schon spätestens Abends um 6 Uhr beendigt
wären« Koch konnte hierauf nicht eingehen und zog
Mch zunächst nach Leipzig zurück , wo sich ihm
durch den Bau eines besonderen Theaters günstige
Aussichten eröffneten. Hier sollte durch ihn im Verein
mit Hiller das deutsche Singspiel, freilich auf Kosten
der Tragödie, zur Entwicklung und Blüthe gelangen.
Dem deutschen Schauspiele war wieder für einige
Zeit kein Raum in Dresden vergönnt Italiener und
Franzosen hatten von den theatralischen Neigungen des
Hofe wieder völlig Besitz genommen. Das Repertoire
dieser Letzteren bestand, was das Schauspiel betrifft, aus
den damals beliebtesten Trauer- und Lustspielen. Nach
der schon öfter erwähnten Opernstatistik von M. Fürstenau
wurden in den Jahren 1764 — 66 von der französischen
Schauspic lertruppe 13 Operetten und Singspiele gegeben,
darunter 3 von Monsigny, 3 von Philidor und je 1 von
d'Auvergne, Duni und Blaise. Zu den der beiden
letzteren, Ninetto ä la cour und Annette et Lubin, ist der
Text von Mad. Favart.
Im Jahre 1769 hob , wie schon früher gedacht,
'ricdrich August L auch das französische Schauspiel und
^^ Ballet auf, theils um Ersparnisse zu machen, theils
^^lloicht auch, um dem deutschen Schauspiele wenigstens
'^^^durch gerecht zu werden. Ich schliesse dies daraus,
^^ während das französische Schauspiel nicht wieder
^itienert wurde, im Jahre 1770 der aus Dresden gebürtige
'^ndpal Johann Christian Wäser- die Erlaubniss
*^uieh, hierselbst wöchentlich dreimal an optni freien
^^§cn für eigene Rechnung zu spielen. Diese Erlaubniss
— 272 —
warde ibm zunächst auf ein Jahr vom Tage der Er-
öffnung seines Theaters (19. November 1770) ertheilt nnd
dann auf ein weiteres Jahr verlängert.^
Wäser hatte bei der Nenhoff'schen Oesellschaft sdae
schauspielerische Laufbahn begonnen. Im Jahre 1784
stellte er sich selbst an die Spitze einer Truppe, die ach
1769 wieder auflöste. Noch in demselben Jahre bildete er
jedoch eine neue. Mit dieser ging er nach Leipzig, wo
er mit Koch in Conflicte gcrieth, dem er 1770 weiche!
musste. In Dresden, wohin er sich hierauf wendete,
erhielt er zu seinen Vorstellungen das schon Ofier
erwähnte Theater auf dem Brtlhrschen Wall eingeräunl
Von den Schauspielern der Wäser'schen Trappe
erwähnt die Chronologie des deutschen Theaters in
Jahre 1769, ausser seiner Frau und einem Verwandtei
derselben, einen damals erst 16jährigen Burschen, NameBi
Pisting, welcher Talent fUr das niedrig Komische zeigte^
noch Wollandt und Estinger. WoUandt wird in spätertr
Zeit als brauchbarer Schauspieler vielfach belobt 1730
hatte Wäser das Glück, in dem Balletmcister Kummer eine
tüchtige Kraft für die Pantomime zu gewinnen. An
ihm selbst, „der im Nothfall Alles, am liebsten Chen-
liers spielte", soll die Figur das Koste gewesen sein. Mehr
Talent besass seine Frau, die nur zu wenig Schule hatte,
um nicht bloss eine brauchbare Schauspielerin, die »e
thatsächlich war, sondern auch eine vorzügliche zu sein.
In zweien an Herrn J. F. Löwen zu Rostock gerichteten
' M. Furstenaii thcilt von einem Theaterzettel der GesellschA
dem einzigen, den er gefunden, die Ankündigung mit: „Der Triuioph
der Freundschaft'*, eine Comödie in drei Acten aus dem FriW"*
sisdien des Herrn Marin. Zwischen den Acten der Comödie *irf
vorgestellt: II matte Don Narcisso. Der Xarr Narcias. Ein itaüf*
nisihes Intermezzo von 2 Acten. Die Musik von verschiedene^
Meisteni. Den lieschluss macht ein gr»»8ses pantomimisches Bilict*
Die Abendstunde. Bei Eröffnung des Vorhangs wird von der ^^
W{iser*«ine Anrede gehalten.
— 273 —
Briefeo: „Ueber die Leipziger Btthne^' vom Jahre 1770,
werden die Leistungen derselben im Vergleich mit den
gleichzeitigen Darstellungen der Eoch'schen anfs Tiefste
benbgesetzt In Dresden scheinen die Geschäfte der
Trappe schlecht gegangen zu sein; wenigstens war sie im
Jahre 1771 sehr heruntergekommen. Kessel und Frau
werden jetzt in einem ziemlich geringschätzigen Tone (von
der Chronologie des deutschen Theaters) als die ersten
Darsteller derselben bezeichnet Sie fristete sich noth-
dllrftig mit Pantomimen und Intermezzi hin. Doch brachte *
ae in diesem Jahre auch Minna von Bamhelm und Sara
Sampson, wahrscheinlich zum ersten Male in Dresden,
nr Anffllhrong; jene am 2. Januar , diese am 4. April.
Wie kläglich diese Darstellungen gewesen sein mögen, lässt
äek ans der obenerwähnten Schrift : ,,Ueber die Leipziger
Bdine^ erkennen, in welcher es S. 200 heisst: „Keine
Qmrschämtheit konnte grösser sein, als den 17. Mai
in Angesichte der Koch'schen Gesellschaft „Minna von
Bamhelm'^ zu geben. Koller sollte Schmelzer ersetzen.
fr soll selbst sein Unvermögen erkannt und die ToU-
kiten durchaus nicht ttbemehmen wollen, aber Wäser
An dazu gezwungen haben.'' Der Stil dieser Kritik
^^ritngt freilich kaum eine geringere Abfertigung, als
^ Spiele darin zu Theil wird.
Wäser's gingen später nach Breslau, erwarben sich
*wei preussische Privilegien und scheinen sich nach und
^h emporgearbeitet zu haben. Die Berliner „Ephe-
^Beriden der Literatur und des Theaters"^ brachten
''nederholt recht günstig lautejide Berichte über sie.
Bald nach Wäser's Weggange dachte man am
^adner Hofe wieder ernstlich an die Neubildung eines
^cotechen Schauspiels. 1774 war man zu diesem Zwecke
•owohl mit Abel Seyler, wie mit Theophilus Döbbelin
^ Unterhandlung getreten. Dieselben gelangten noch
^ demselben Jahre zu einem für Letzteren günstigen
Abechlnss.
18
Subventionirte, wandernde deutsche Schanspid-
gesellschafton im Dienste des kurfürstlidi
sächsischen Hofes zu Dresden;
Theophil Döbbelin. — Sein Tertrag mit dem kvrfllntlichM
Hofe« — Bestand seiner Trappe. — Leistnnsren derselbe! ii
Dresden. — Yertrag mit Abel Seyler. — Bestand seiner Tnpfi»
— Sein Bepertoire. — Yerhftltniss desselben ra Diehtuy öl
Leben. — Leistnngren der Seyler^schen Gesellschaft in Pratdw.
— Theilnahme am Theater daselfbst. — Yersnche, ein steheito
Theater hier zu errichten. — Yertrag mit Bondini.
Theophil Döbbelin, mit welchem der Dresdner
Hof 1774 einen Vertrag zum Zwecke der Uebemahme
der deutschen Vorstellungen am kurfürstlichen Theater
abgeschlossen hatte, war 1727 zu Königsberg in der Neu-
mark geboren, studirte in Halle, folgte jedoch sehr btM
der in ihm erweckten schauspielerischen Neigung nod
betrat 1750 bei der Neuber zum ersten Male die Bühne.
Er schloss sich hierauf der Ackermann'schen Truppe aDf
kam durch einen Glücksfall in den Besitz eines kleiaei
Vermögens und wurde von Gottsched, welcher hierdnrck
vielleicht dem mit ihm zerfallenen Theaterdirector Kocl
eine Concurrenz zu bereiten gedachte, zur Gründung ein^r
eigenen Principalschaft ermuntert. Döbbelin errichtete to
der That eine solche in Erfurt, gewann sich die Gnitf*
des Weimar'schen Hofs, doch nur um dieser fast eben w
schnell wieder verlustig zu gehen. Durch seine b*W
misslicher werdenden Verhältnisse zur Auflösung ü^
— 275 -
Unternehmiing genöthigt^ liess er doch hierdurch sich
keineswegs von weiteren Versuchen abschrecken. Er
bildete eine neue Gesellschaft^ scheiterte wieder und kehrte
endlich 1758; vom Schicksal nur wenig gewitzigt, zur
Ackermann'schen Truppe zurück. Döbbelin war eine
wilde ; excentrische, von kraftgenialischen Antrieben be-
seelte Natur. Obwohl nicht ohne schauspielerisches
Talent, forderte er doch schon zu dieser Zeit den Spott
seiner Bemfegenossen durch die Uebertriebenheit seiner
Spielweise heraus. Dies glitt an ihm ebenso wirkungslos
ab, wie die Pfeile des Unglücks. Ebensowenig vermochte
auch irgend eine Autorität etwas über sein Selbstgefühl.
Ais Eckhof an seine Stelle zur Ackermann'scben Gesell-
schaft kam und sich Richard lH. zu einer seiner An-
trittsrollen ausgebeten hatte, bestand er darauf, gerade
diese Rolle vorher noch selbst und in Gegenwart Eck-
hofs zu spielen, um diesen, wie er sich ausdrückte, damit
niederzuschmettern. In der That erzielte er auch einen
solchen Beifall damit, dass Eckhof, obschon von seiner
Darstellung gewiss nur wenig befriedigt, es gleichwohl
vorzog, an diesem Orte diese Rolle nun doch nicht zu
spielen. 1766 war Döbbelin zur Schuch'schen Gesellschaft
in Berlin getreten, wo er im Verein mit der Schauspielerin
Neuhof in der Spielweise der alten englischen Gomödian-
ten die Tragödie wieder in Flor brachte. „Er war der
rasende Oedip in allen Rollen — sagt Eduard Devrient
von ihm — , das Urbild der coulisseureisserischen Comü-
dianterei.^ Erst vor seinem „ertobten Ansehen" sollte
sich aber der Hanswurst von der Berliner Bühne fUr
immer zurückziehen. Dass Döbbelin dieser Spielweisse
bis in sein hohes Alter treu blieb und sie selbst auf das
Leben mit übertrug, beweist folgendes Gespräch mit
Friedrich Wilhelm II. aus dem Jahre 1786:
Döbbelin (mit Verbeugungen eintretend). „Die
deutsche Kunst in silbergrauen Haaren erkühnt sich , sich
Ew. Majestät heissen Strahlen zu nähern, um eine Erwär-
18*
— 276 —
mung, deren sie bedarf^ zn empfangen^ indem seit eiafl
Decenniom die heftigsten Nord¥nnde auf sie gesMn
haben I
König: Ich weiss schon , guter DObbelin, was ]
mit diesen Worte^ sagen will: der deutschen Thalia m
Melpomene soll Unterstützung widerfeJiren; wir su
Deutsche und wollen es bleiben.
Dobbelin. Ew. EönigL Majestät werden bemei
haben ^ wie vor einigen Jahren die deutsche Kunst n
der französischen in der heftigsten Fehde lag, wo gallise
Wellen um deutsche Gestade mit grässlichem Brüllen a
schlugen und wo Döbbelin dennoch unerschüttert wie <
Fels stehen blieb I
König. Es ist mir erinnerlich; wie vor etlicb
Jahren y da Er mich mit zwei Armleuchtern ans Seine
Tempel an die Thüre begleitete^ Ihm ein Wind die lic
ter auslöschte^ Er aber sehr decontenancirt zu sein schic
Döbbelin. Kleinigkeit, Ew. Majestät! Die Schlag
zischte oft um mich und um die grossen Glieder meii
Bühne! Sie wollte bersten , da aber erschien der Kön
Lear, der Geist Hamlet's und der alte Doria; sie »
sich in ungestüme Krümmungen, machte einen Satz, ^
mein Sohn Carl DöbbeUn über die Mauern der deutsch*
Königsstadt, und kam nicht wieder.
König. Alles Ungemach, so Er bisher grossmtttfa
ertragen hat , soll Ihm jetzt versüsst werden. Ich ge
Ihm das Gomödienhaus auf dem Gensdarmenplatz a
lasse Ihm durch Verona die nöthigen Decorationen s
fertigen. Was ich Ihm sonst noch zugedacht habe, wi
sich nach Seiner besseren Aufführung als bisher richte
Auf bessere Acteurs und Aetricen muss Er Sein Aug<
merk richten, auch gute Tänzer anschaffen.
Döbbelin. Huld und Gnade von Ew. Miges
verjüngen den eisgrauen Döbbelin, machen ihn zum kl
neu Jünglinge, damit Cäsar's Mutb die Höhen der Alf
überspringen wird. Meine Acteurs und Aetricen »i
— 277 ~
Irisher die glftiixeiidsten in Deutschland gewesen^ und was
^uieh immer Cabale von meinem Sohn Carl Giftiges
'^gesprengt, so bleibt er dennoch unter den Tänzern
£aropa8 der grösste Springer. In Ew. Majestät Schatz
soll meine Gesellschaft das non plus nltra erreichen. Ein
^brisder, ein Brockmann werden schleunigst herbeieilen,
den Olanz za vermehren und einem Monarchen zu hnldi-
S^^ 9 der der verwaisten Bühne wieder einen gnädigen
^Atex nnd Beschützer giebt
Xönig. Die Worte sind schön nnd das Versprechen
^^ > nur ftlrchte ich, dass Seine Freunde auf den Kaffee-
hict^em und Tabagien Ihn wieder in den Taumel des
^»"^enspiels ziehen werden, wodurch Er alle Vorsätze ver-
8**^cn wird.
D ö b b e 1 i n. Die Götter, die bisher, obschon im Ge-
heim, mir gewogen waren, werden diesen Rückfall nicht
▼erstatten. Die wenigen Jahre, die der alte Döbbelin
Mf dem irdischen Schauplätze noch zu leben hat, werden
S**Ä2 der deutschen Kunst gewidmet bleiben. — Ich
opfere Ew. K(fhigl. Majestät den letzten Blutstropfen
^^'T — und so wahr und so heilig soll auch mein Ver-
^v-^chen in Allem erfüllt werden. Heil dem Monarchen
— dessen Gnade — in mir — die Worte erstickt — (er
itt^^ht Miene umzufallen.)
König. „Geh Er geschwind nach Hause, denn in
n^^inem Schlosse will ich keine Ohnmächten haben." —
1797 hatte Döbbelin selbst wieder eine neue Gesell-
^haft errichtet Es gelang ihm zwar, eine Anzahl tüch-
^S^t Kräfte um sich zu sammeln, die sich jedoch rasch
^^er zersplitterten, und ohne die Beihülfe Lessing's,
^^Icher ihm seine Minna von Bamhelm zur erstmaligen
^ Führung (21. März) ttberliess, würde er wieder zu
j^^Hde gegangen sein. Das Stück hatte einen beispiel-
^^^11 Erfolg und musste in 22 Tagen 19 Mal gegeben
j^^^^en. Nach mehrjährigem unruhigen Wandern kam
^fc^belin 1771 nach Leipzig, wo er gegen Koch aber nicht
— 278 —
aufkominrn koiiute^ bis dieser ihm 1774 sein säcbsisches
Privileg verpachtete und sein Haus auf der Ranstädter
Bastei Uberliess. ' In diesem Jahre trat er in die
kurfürstlieh sächsischen Dienste.
Die Kürze des mit ihm abgeschlossenen Vertrags
(vom 2. Octoberl774 bis 14 Tage vor Ostern 1775) läastfiwt
darauf schliessen^ dass der kurfürstliche Hof nicht ohne
ein gewisses Misstrauen darauf einging. Döbbelin hatte
hiemach wöchentlich drei Mal für eigene Rechnung zu
spielen; dem Hof eine bestimmte Zahl von Plätzen zu über-
lassen und dem Directcur des Plaisirs sein Repertoire zur*
Auswahl der aufzuführenden Stücke einzureichen — wo-
gegen er ausser der freien Benutzung des Hauses un(
der vorhandenen Decorationen eine Subvention voi
2000 Thlr. jährlich empfing.
Die Gesellschaft bestand nach dem Goth. Theater-—
kalender von 1775 im Jahre 1774 aus folgenden Mitgliedera r
Principal: Döbbelin. Actricen: Mad. Christ, Ne-
benrollen. Mad. DöbbeliU; erste Liebhaberinnen im Schaia.-
und im Singspiel. Mams. Döbbelin^ zweite Liebhaberinne s&
und Soubretten; tanzt Solo und Pas de deux. Mad. Jacs-
quemaiu; komische Mütter, EoketteU; Kammermädchen uimd
figurirt. Mad. Lanz^ kleine RolleU; ist die erste Tänzcrl^^-
Mad. Murr, Nebenrollen. Mad. Reinwald, Mütter, Lial>-
haberinnen, zweite Rollen in der Operette und figurLx^-
Acteurs: Christ, ernste Rollen im Schauspiel, Chevalie
tanzt Solo und Pas de deux. Döbbelin, Helden und p-
ternde Alte. H. Döbbelin, Söhne, Kinderrollen, figuri-X^-
Hempcl, erste ernste Liebhaber. Klinge, ernste Liebhal^^*"»
erste Rollen in der Operette, figurirt. Lanz, komisch ^
Rollen, ist zweiter Balletmeister. Murr, Väter im Sch^"^'
spiel und Singspiel. Reinwald, zweite Liebhaber, sis^^^
und figurirt. Teller, zweite Rollen im Singspiel, Neb^**"
rollen im Schauspiel, figurirt. Thering, Bediente, Pedant^ ^
' Kneschke: Zur Geschichte des Theaters und der Musift^ ^
Leipzig.
— 279 —
figorirt Unzelmaniiy Nebenrollen^ figurirt. Balletmeister,
Jacqaemain.
Mad. Döbbelin, geb. Nenhof ans Brüssel, eine Pflege-
tochter Ackermann's, bei denen er sie kennen gelernt nnd
die er später geheirathet hatte, wird als branchbare
Schauspielerin nnd Sängerin bezeichnet. Sie war die
^nte fVanziska, wie Döbbelin der erste Paul Werner
^ar. Schon länger in unglücklicher Ehe lebend^ wurde sie
UD nächsten Jahre von ihrem Gatten geschieden. — Grossen
fiof eriangte später ihre Tochter Caroline Maximiliane
döbbelin, 1758 zu Cöln geboren. Doch wurde derselbe
auch mehrfach bestritten.' Jetzt stand sie noch in den
Anfängen ihrer Entwicklung. (Sie feierte 1812 in Berlin
^ Jubiläum nnd starb daselbst 1824 völlig erblindet.)
The ring galt in seinem Fach für einen vorzüglichen
^hanspieler. „Die Natur gab ihm zum Komischen eine
^^Äichtsbildung — heisst es von ihm — , die auf dem
-^^ater Alles bewirkte^ was man wünschen kann.'^
Ein grosser Liebling des Publicums war femer Gott-
^fe Ludwig Hempel, geb. 1746 zu Merseburg. Er ge-
^te den besseren Darstellern der Hamburger Entreprise
■^ter Seyler an. Doch wird ihm andererseits Einförmigkeit
^d Mangel an Beseelung vorgeworfen. Er, sowie Thering
lieben auch noch nach Döbbelin's Weggange in Dresden.
Dasselbe gilt für Mad. Jacquemain, welche sowohl
^ Tänzerin, als im Schauspiel gefiel. „Ihre Pantomime
^ vorzüglich gut, sowie ihre vernehmliche Aussprache
^^ Declamation.^ Sie heirathete später den Schauspieler
**^ndt und starb 1781 in Dresden. Ihre Tochter war
^ohmals hier Sängerin unter BondinL
Lanz; 1745 in Wien geboren, soll komische Alte,
^tiherzige Bürger und Bauern mit Laune, Wärme und
■ Besonders hart ist das Urtheil in einem 1783 in Wien unter
^^>> Titel: «Gralerie von teutschen Schauspielern und Schauspieler-
innen« erschienenen Buche. Auch Ed. Devrient wirft ihr Weiner-
— 280 —
scUiohter Natürliohkeit gespielt haben. Auch Harr win
gelobt. Wilhelm Ferdinand Unzelmann (geb. 175!
zn Braonschweig); der später berühmte Komiker m
Charakterspieler, war hier nooh ein AnflUiger.
Noch im Herbst 1774 gewann D5bbelin in I>aTi
Borchers, geb. 1744 zn Hamburg, eine ganz ansieigi
wöhnUche Kraft. In der Hamburger Schale gebflde
hatte er sich Eckhof zum Master genommen, ohne dalM
seine Selbstständigkeit aafzageben. Eine genial beanlag<
Kttnstlematur, war er ebenso aasgezeichnet im Btthrende:
wie im Tragischen, and zugleich von einer bewondenug
würdigen komischen Kraft. Er besass einen so reio'
strömenden Witz, dass er — wie es von ihm heisst -
„die Hälfte der Schauspieler des heiligen römischen Beiel
damit hätte versorgen können''. Seine Gewandtheit i
Extemporiren verleitete ihn leider, fast keine Bolle riebt
zu memoriren. Der Leichtsinn, mit welchem seine Ot
nialität verbunden war, riss ihn in den Strudel der Le
denschaften und Ausschweifungen. Der Dämon des Spiel
beherrschte ihn in einem Umfange, dass er in Hambo)
sogar die Ehre seiner jungen schönen Frau in eise
wüddurchlebten Nacht auf die Karte setzte. Er yerlo
und räumte dem Sieger den Platz, indem er am nächlto
Tage entwich. In Linz soll er 1782 eine aus lavte
jungen Frauenzimmern bestehende Truppe errichtet habet
Das Bepertoire der Döbbelin'schen Gesellschaft ii
Dresden ist schon von M. Fürstenau, soweit es ihm K
gänglich war, mitgetheilt worden. Es bestand hienüCi
aus 9 ernsten Dramen ^ und 30 Lustspielen.' Von Operette)
findet sich darin nur Hiller's ^Jagd*^ verzeichnet.
* Darunter: Clavigo von Goethe (Nov. 1774), Eogenie vonBeii
marchais, Eduard und Eleonore nach Thomson von Schlegel^ ^
Hausvater von Diderot
' Darunter: Minna von Bamhelm und Die Juden von Leoiai
Der Spieler von Regnard, Die IrrthOmer einer Nacht nach Goldsnitl
Charlotte oder Die Gräfin von Givry nach Voltaire, Der Lügner fo
•— 281 —
Seit 1774 war die Einrichtang getroffen; dass die
iUfieniaelie Oper rom October bis Mai wöchentlich 2 Mal,
Mittwochs und Sonnabends, die deutschen Schauspieler
dagegen, nnter dem Titel: Kurfürstlich sächsische privi-
legirte Schauspieler, 3 Mal wöchentlich, Montags, Dienstags,
und Donnerstags, spielten. Nur während des Camevals
wurde, weil dann Mittwochs Hofball war, die Oper vom
Kttwoeh auf den Dienstag verlegt. Von der 3. Advent-
woehe bis zum 2. (oder 3.) Januar fanden keinerlei thea-
tnSsche Aufführungen im kurftirstl. Theater statt, ebenso
wenig während der Osterzeit. Schon seit 1769 waren
die Sommervorstellungen wegen zu schwachen Besuchs
▼Ollig eingestellt worden. Es gab Tage, an denen die
I^ahme im französ. Schauspiel bloss 6 — 8 Thlr. betrug.
I^tgegen fanden zuweilen theatralische Aufführungen im
PQhiitzer Schlossgarten statt.
Die Vorstellungen der Döbbelin'schen Gesellschaft
Mheinen nach den Mittheilungen, die sich darüber wieder-
koU in den Dresdner Merkwürdigkeiten v. J. 1774—75
verfiuden, hierselbst sehr beifällig aufgenommen worden
^ «ein. Hervorgehoben werden darin : Borchers, Hempel,
gering und Mad. Cynas. * Singspiele und Ballete müssen
Uenutch ebenfalls öfter gegeben worden sein.
Döbbelin erwarb nach Koch's Tode im März 1775
^ preussische Privileg und begann bereits am 17. April
"• J. seine Vorstellungen in Berlin mit seiner inzwischen
^h verstärkten Truppe. Sein früherer Concurrent am
*'*rtbr8tlich sächsischen Hofe, der Theateruntemehmer
^'^^l Seyler, trat nun unter Abschliessung eines einjährigen
^^tractes (von Michaelis 1775 bis ebendahin 1776) unter
^<lom. Ausserdem begegnen vir Stücken von Stephanie d. J., Col-
?^t), Romaims, Destoaches, Engel, Weisse, AyrenhofT, Cumberländ,
**^ler, Breizner, Yoong und Mercier.
. ' D0 Ehepaar Cjnas masste inzwischen eingetreten sein. Es
/^^«t rieh in einem Mitglieder -Verzeichnisse der Gesellschaft vom
^Hl 1776 als eben hiningetreten aufgefohri.
— 282 —
ähnlichen Bedingungen in seine Stelle daselbst ein, wo-
bei er zugleich Erlaubniss erhielt, fttr seine Sechniuig
in und ausser den Messen in Leipzig zu spielen. Selioi
im December 1775 kam Seyler um Yerlängerang seinei
Contractes auf 6 — 8 Jahre ein. Er musste sich jedoek
mit nur noch einem Jahr und einer Erhöhung der Snb-
yention auf 3000 Thlr. jährlich begnügen.
Abel Seyler, geb. 1730 zu Basel, war ursprflnglick
Kaufmann und hatte eben den Rest seines VenDOgem
aus einem Bankerotte gerettet, als er, obwohl ein Ihan
von gutem Urtheil und gebildetem Geschmack, doch mit
mehr Enthusiasmus, als Sachkenntniss sich an die Spitie
der durch die Lessing'sche Dramaturgie so berühmt ge*
wordenen Hamburger Theaterentreprise stellte, welche da
wohlmeinenden Zweck hatte, das erste Beispiel eines fest*
stehenden Theaters aufzustellen und sich den etwas rnhin-
redigen Namen eines deutschen Nationaltheaters gtk
Nicht wenig hatte zu diesem Entschluss das Verhältitttf
beigetragen, in welchem er zu der berühmten Schauspielerii
Hensel stand. Es fesselte ihn auch nach dem Scheiten
jenes Unternehmens an die theatralische Laufbahn. Er
übernahm hintereinander die Leitung der Theater ii
Hannover, Weimar und Gotha. Erst 1772, nachdem ci
der Hensel endlich gelungen war, die Scheidung toi
ihrem Gatten durchzusetzen, wurde ihm aber die enelmte
eheliche Verbindung mit derselben zu TheiL
Die Seyler'sche Truppe vereinigte bei ihrem Erscta»'
neu in Dresden zum Theil sehr bedeutende Kräfte. Voi
der Döbbelin'schen Gesellschaft hatte sie, auf ausdrück-
lichen Wunsch des kurfürstlichen Hofes, noch überdiei
Borchers, Hempel, Thenng und Mad. Jacquemain as^
nehmen müssen.^
' Ihre Zusammensetzang war damals folgende: PriBcip&l*
Seyler. Correpetitor: Benda, der Sohn. Actricen: Mad. Bnsd^
erste Liebhaberin und erste Soubrette. Mams. Brandes, EindenoDe*
im Schauspiel und Singspiel. Mams. Courts, Kinderrollen. Hiai*
- 283 —
Mad. Seyler; verw. Hensel, die wir schon als Mam-
I Sophie Friederike Sparmann in Dresden kennen lern-
I (S. 203), hatte sich 1755 mit dem Schauspieler Hensel
'beirathet, dessen Namen sie hierdurch berühmt machte,
leh Lessing's Dramaturgie, die sie ftlr eine der besten
tricen erklärt; welche das deutsche Theater jemals
vorgebracht, ist sie unsterblich geworden. »Ihr beson-
w Vorzug — heisst es darin — ist eine sehr richtige
clamation; ein falscher Accent wird ihr schwerlich
iwischen; sie weiss den verworrensten, holprigsten,
nkelsten Vers mit einer Leichtigkeit, mit einer Präci-
n zu sagen, dass er durch ihre Stimme die deutlichste
klärung, den vollständigsten Commentar erhält. Sie
rbindet damit nicht selten ein Raffinement, welches ent-
der von einer sehr glücklichen Empfindung oder von
«r sehr richtigen Beurtheilung zeugt." Schröder hidt
, ihre Zittertöne abgerechnet, ftlr trefflich in sanften
Den, nur begriff er nicht, wie Lessing ihre Declamation
t Eckbofs gediegener Wahrheit vergleichen konnte.
rtminii) zweite Liebhaberiunen, figurirt Mad. Hellmuth, erste
Den im Singspiel Mad. Jacquemain, komische Mütter im Lust-
d ond der Operette, figurirt. Mams. Eirchhöffer, Kinderrollen.
i PdBchel, Mütter und zweite Rollen in der Operette und im
ttipiel, figurirt. Mad. Köder, Soubretten und zweite Liebhaberinnen,
it Mad. Seyler, Königinnen und zärtliche Mütter, auch hoch-
iische Charakterrollen. Acteurs: Borchers, zärtliche und komische
e and Charakterliebhaber. Borchers d. J., Nebenrollen, figurirt.
tfides, mürrische Alte und andere ernsthafte Charakterrollen.
ntBann, Chevaliers, Juden und die Trenk's, Freloiig's, Marinelli^s.
Über, einige Alte und die Bassstimme in der Operette, auch
iaere, Pedanten und Bediente im Lustspiel Hempel, erste Lieb-
er. Hensel, komische Alte, erste Bediente, singt dritten Tenor,
ckhöffer, Nebenrollen, figurirt und besorgt das Theater. Opitz,
tite Liebhaber. Pöschel, Nebenrollen, singt und figurirt. Köder,
ttie Bediente, Bauern, singt und tanzt Thering, Mantelrollen,
liaten. Toscani, enisthafte Rollen in der Operette. Ballet-
ister: Schulz und Jacquemain. Mad. Courts, erste Tänzerin,
obert, Souffleur.
— 284 —
«Nur ihre Jagend — sagt Schröder von ihr — ihre Leblit-
ligkeit, ihr Talent tHr Zofen nnd mnntre Bollen, ihr Tw
und ihre Mannichfaltigkeit, nnd der Vortheil, eine lA
lang keine gefährliche Nebenbuhlerin zu haben, konnlei '
ihr den Beifall erwerben, dessen sie (damals, beider Ackff*
mann*$i'hen Trappe i genoss.
In Dresden tand sie jedoch diese Rivalin in Chir-
lotto Brandes -Tochter des Amtmanns Koch a
Koeseuskv in Preuss. Linhauen. s:eb. 1742). Die Neient
ZU dem duroh seine dramatischen Schriften bekanntci
und Ivliebien Theaterdichter nnd Schauspieler Joh. Chnt
Hraudes hatte auch sie zum Theater getUhrt Sie tot
nach ihrtr Vorhcinuhnnc 17(>4 mit ihrem Gatten in &
Ttujw JvS Priuvijial Schuch in Breslau ein, bei wekkl
ein l^rud^r vv c ihr als Ballrimeister angestellt war. Ik
ra*:ir.; eut^i.kvlie sich in der üHerraschendsten WeiK^
s,^ da>> sie ^^ald :ur eine d-.r bost.n .SchaospieleriBiei
öo: 'A<\: ^■*'.:. .Sic r-esiti: ein;" s.>n«>re Stimme — \aM
is v.r. \:t - iir.e an^rtnvr-u:-: Bildung, srbr richtige
M -,-...*iv. :*. "V..: uz^xv-e:- \:-:: uiiierlsöbe Gesten." T(S
iUv. '.;'*.::■: Ti':. s.Lcir.: s:z e:r i tbinrirbenen GebniA
^i v.A, . ; :.. lÄ-::. d-Si -iu • :l :*ir sajen konnte, n**
^v^...v..i ^'.:.. :Niu: .r: Iv: L::: «zc or'rau^be die An»»
:.n:\::.l- 1*'.!::.:. i-.r :n:.er seir gtinstigfito
...: .*::. :uA.i; '."S? in -ii.cn von Uambog
:. VI.J V : * r.i-.iv • .:: ..*rj:r"-i" iz L >:'iTtCz-' Aber ä*"
. ) 1 i,.*i.».: ■,-. \.. ■;- i.r .».i!i;..i u-t rr-i^ki- 35 i..k nii Bote
»v»'*«jii N'. » . } i . . >i: >"..'i »■ 1 11 1 IT ai-ssir. S* IT W**
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. J, ...
— 286 —
TWDihr. Dagegen wurde cde zu der nns bier Torliegenden'
2A Yon anderer Seite als Meisterin in der Darstellnng des
Hiiren; z. B. als Gnrli gepriesen. Anch Lessing, der sie
a Bredan kennen lernte , sie zum Tranaltare begleitete
ttd qriUer Pathenstelle bei ihrer Tochter f'ranziska ttber-
iihm, hat günstig über sie geurtheilt. Wie sehr sie auch,
besonders später, an Uebertreibungen leiden mochte, so
nute sie doch jedenfalls sehr viel Anziehendes haben.
LisgeZeit gewann sie sich überall, wo sie hinkam, die
faien, wie sie sich denn auch in Dresden sehr bald
der ausgesprochenen Gnnst nicht nur des Publicums,
Mmdem des Hofes erfreute. Die zwischen ihr nnd Mad.
Sejler, der sie fast überall zn begegnen hatte, schon
ttigst bestehende Eifersncht wurde jetzt noch durch die
Beionugnng genährt, welche diese bei der Rollenyer-
ftohng durch ihren Oatten erfuhr. Die Spaltung Über-
trag sich zum Theil auf die Zuschauer, die in Parteien
toiden, und es entstand eine solche Gereiztheit zwischen
BcideD, dass, als die Brandes ihrer sie überallhin ver-
ttgaiden Rivalin 1785 auch in Hamburg wieder ganz
tt?ennuthet als solcher begegnete, sie erstarrt ausrief:
fisch Sie hier, Madame? Ha! nun glaube ich, wenn
^ auch vor Ihnen bis zur Hölle fliehen wtlrde, so fände
fck Skt auch dort wieder !"
Brandes hat alle diese Verhältnisse in seiner, für
^ Geschichte des deutschen Theaters sehr werthyollen,
^h bei aller Naivetät der Darstellung hier und da
Wohl etwas schöngefärbten Lebensbeschreibung in aus-
[ fthriioher und lebendiger Weise geschildert. 1738 zu
i otettin in ärmlichen Verhältnissen geboren und aufge-
wtch^n^ war er, nachdem er lange das Elend eines
'•jf^bondirenden Wanderlebens durchkostet hatte, 1757
°^^ der Schönemann'schen Truppe in Lübeck zum Theater
*^ten, von welcher er dann zu der Koch'schen Gesell-
^^'^ft überging. Ohne besonderes schauspielerisches
*^^nt , fiel er jedoch bald in sein früheres Abenteurer-
— 286 -
leben znrück^ um 1760 die theatralische Laufbahn ta
der SchncVschen Gesellschaft, wo es ihm besser glttekl
aufs Neue zn er^eifen. Die Verbindung mit wm
talentvollen Gattin wurde für seine, ganze Zukunft ei
scheidend. Obschon er sich als Schauspieler zu kein
besonderen Bedeutung emporschwang ^ nahm er doch j
den Theaterverhältnissen jener Zeit eine nicht uiIn
deutende Stellung ein, welche durch seine Beliebtheit «I
fruchtbarer Bühnenschriftsteller und seine literarisdiei
Verbindungen noch befestigt wurde. Zu seinen besseni
Arbeiten gehören : ,,Die Entführung", „Trau, schau, wem?**
„Der geadelte Kaufmann^ und „Graf Olsbach^. Besoodem
Glück machte sein Melodrama „ Ariadne auf Naxos^ Oft
grosse Erfolg, welchen seine Gattin in der Titelrolle im
selben errang (in welcher Graff sie gemalt hat), wflri^
ein neuer Anlass zur Eifersucht ihrer Rivalin gewoidfii
sein, wenn dieser in Gotter's „Medea** nicht ein eil
sprechender Ersatz geworden wäre.
Brandes' Tochter, Charlotte Wilhelmift
Franziska, 1765 geboren und nach ihres Pathe:
Lessing Beispiel gewöhnlich Minna genannt, war eift.
überaus liebenswürdige und reichbeanlagte Natur wt*
gewann als Ciavierspielerin und Sängerin einen ziemBe'
bedeutenden Ruf. Ihre musikalische Bildung hatte ü
in Dresden vom Kapellmeister Schuster, dem Clavierlebie
Trenschini und dem Opernsänger Mariottini erhalten; ane
die Mara, welche 1779 die Berliner Oper in contractbrttchigc
Weise verlassen und sich zunächst nach Dresden gewendi
hatte, nahm sich ihrer hier an. Sie spielte damals bloi
Kinder- und ganz junge Mädchenrollen, wotllr Seylc
indess keine Gage zahlte. Dies führte zu Zerwürfnisse
zwischen diesem und Brandes, welcher in Folge dava
sein Engagement kündigte. Die Beliebtheit des Brandes
sehen Ehepaars sollte bei dieser Gelegenheit in glänze^
der Weise hervortreten. „Die regierende Kurfiirstin -
lieisst es bei ihm — war so gnädig, meiner Frau ihr*
f
— 287 —
lind des Hofes Waosch, ans ii»ch ferner in Dresden zu
behalten, in den schmeichelhaftesten Ausdrücken persön-
I>eh SQ ftnssem. Dasselbe geschah von der yerwittweten
KvrflirBtin anch gegen mich; mehrere vom Adel gaben
bierza dem Kammerherm Baron v. Racknitz den Auftrag,
vnd ein Theil derselben nebst vielen angesehenen Per-
sonen ans dem Bürgerstande eröffneten unter sich eine
Snbscription, um mich für die von Seyler verweigerte
Verbesserung meines Gehalts vor's Erste zu entschä-
digen.«
Das Ehepaar Hellmuth war zwar nur fUr die
VP^i* brauchbar, in dieser aber besonders die Frau
•^br beliebt Im Besitz einer biegsamen, nach der Höhe
Qmfaiigreichen Stimme, gehörte sie zu den bedeutenderen
deat^chen Sängerinnen der Zeit. Ihr Gatte erhielt später
voixi Eurftirsten von Köln den Auftrag, eine Schau-
■P'^lcrgesoUschaft einzurichten. Hellmuth vereinigte sich
bier^n mit dem Schauspieler Gustav Friedrich Wilh.
ßroggmann (1744 in Stettin geboren), welcher jedoch
^^dankbar genug war, ihn hierbei zu verdrängen.
ß'OBsmann war ein vielseitig gebildeter Mann und
^^lil einer der ersten Schauspieler, die ihre Carrifere
nicli^ von unten auf anfingen. Er war preussischer
^S'stionssecretär, als ihn die Lust zur Bühne unwider-
•^lilich ergriff. Er wählte zu seinem ersten theatralischen
^^**«uche keine geringere Bolle als den Marinelli und
^'■^ug darin grossen Erfolg. Im Fache der Bösewichte
^^We er später eine Berühmtheit. Kaum minder beliebt
^^f er als dramatischer Schriftsteller, wie es denn
^^tiials kaum einen Schauspieler von Geist und einiger
ßildnng gab, der sich nicht in der Bühnenschriftstellerei
▼^i'^ncht hätte. Nur wenige aber hatten so weitreichende
Erfolge, wie er. Ich nenne nur seine „Adelheid von
'^Itheim", seine „Wilhelmine von Blondheim", „Henriette,
^^T: Sie ist schon verheirathet", sowie das unzählige
**' gespielte Familiengemälde: „Nicht mehr als sechs
— 288 —
Schüsseln". Auch W i 1 h# 0 p i t z , 1756 zu Berlin geboreik ^
weloher später unter Seconda noch eine so
Rolle in Dresden spielen sollte ^ trat am diese
Seyler'schen Truppe. Schon damals galt er flir
begabten Darsteller, welcher sich mit Enthnsu
in jeden Charakter zu versetzen sachte nnd der klcte->
sten, wie der grössten Rolle die gleiche AafinerkBamkek
schenkte.
Seyler eröffnete seine Vorstellungen in Dresden an
19. October 1775 mit dem Lustspiele: „Die eifersttchtilge
Frau^ welchem ein vom Bibliothekar Dassdorf gedichteter
Prolog vorausging. Er brachte während der beiden Jakre
seines Dresdner Engagements 17 Opern ^ und 4 BaDete,
7 Trauer- und Schauspiele,^ sowie 35 Lustspiele* nr
Aufführung.
Um dieses Repertoire richtig beurtheilen zu kOnseiy
wird man den Anfschwung zu berücksichtigen haben,
* Benda j. (Barbier von Seyilla) ; Benda 8. (Jahrmarkt, Medm
Ariadne, Walder, Romeo und Julia); Hiller (Jagd, EmtekziaSf
Lustiger Schuster); Schweitzer (Alceste, Dorfgala); Schubaoer (M
treuen Köhler); Duni (Milchmädchen)l; Oudinot (Fassbiiider) ; Mob*
signy (Deserteur); Philidor (Zauberer); Guglielmi (Robert oA
Callista).
' Voltaire (Merope, Semiramis); Graphigny (Genie); Brande*
(Medicäer); Müller (Graf Waldron); Dyk (Monrose); Geiimiiii|fl^
(Sidney und Silly).
' Darunter: Brandes (Geadelter Kaufmann, Trau, schau, weo?v
Graf Olsbach, Der Schein betrügt, Hochzeitsfeier); Lessing (Alt«
Jungfer); Engel (Der dankbare Sohn); Schlegel (Die stumme Schdo-
heit); Jünger (Die Badecur, Entführung); Stephanie d. J. (Die sei**
same Eifersucht, Die Wölfe in der Heerde); Bock, aus Dreidei»?
(Was sein soll, schickt sich wohl, Die Temperamente); Gxaasmt»^
(Die Irrungen, nach Shakespeare, Henriette) ; Goldoni (Das neugierig
Frauenzimmer, Der gutherzige Zänker, Die gute Frau); Mercier(DC
Essigkrämer); La Chaussee (Melanide); Sedaine (Der Philosoph?
ohne es zu wissen); Champfort (Die junge Indianerin); Le Grand (Dp'
sehende Blinde).
— 289 —
welche das Drama inzwischen genommen. Lessing hatte
leine Emilia Galotti geschrieben — Wieland Shakespeare
flbenetst — Goethe hatte seinen Clavigo^ Götz von
BeriichmgeD; seinen Werther veröfFentlicht — anch die
tinigeo Dichter der Sturm- und Drangperiode hatten sich
venehmen lassen. Klinger ^ welcher in dem Theater-
bdcnder von 1777 als Theaterdichter bei Seyler auf-
Ü^Ahrtwird, begann ebenfalls seine Dramen zu dichten^
^ denn Letzterer noch in demselben Jahre seine Vor-
^Hnngen zur Ostermesse in Leipzig mit dem Drama
flStonn and Drang'^ dieses Dichters eröffiiete. Die
^iuiften der französischen und englischen Freigeister
l^ttten in Deutschland die Jugend aufs Tiefste erregt
^ Beanmarchais hatte seine zündenden Lustspiele zum
^eil schon geschrieben — in allen Anschauungen der
^Ation sich ein gewaltiger Umschwung vollzogen: das
^'^rtoire der Sejler'schen Gesellschaft in Dresden erschien
•k^r von Alledem wie unberührt.
Um völlig gerecht zu sein^ werde ich freilich hin-
>nfiigen müssen, dass es auch an den meisten der übrigen
^Uen im Ganzen nur wenig besser war. Das Theater,
^cbes so gern vorgiebt, ein Spiegel des Lebens zu
^^ , zieht sich fast immer vor Allem ängstlich zurück,
^^ aus der Tiefe des Lebens kommt, dessen innerste
2>ftt£nde, dessen Gefühle und Leidenschaften, dessen
^tepfe und Gegensätze zu offenbaren trachtet und hier-
^ von den Traditionen der schon erprobten Formen
^^ Wirkungen der Bühne nur irgendwie abweicht oder
'w>eii wohl gar widerspricht. Die Welt der Bühnen-
^<^fne ist eben eine andere, als die der menschlichen
^^rbeit und Leidenschaft. — So waren denn auch die
•
^S^ntlichen Schriftsteller des damaligen Theaters, die
•^ri^nhoff, Bode, Bock, Brandes, Bretzner, Gebier, Gotter,
T^^Bsmann, Stephanie d. J. u. A. vom Geiste jener mäch-
^6^11 Erscheinungen in Leben und Dichtung nur wenig
'^^1' auch gar nicht berührt. Wie weit stehen selbst
1Q
- 290 —
noch Diejenigen, welche sich für Anhänger und Nacli.-
folger Lessing^s ausgaben^ hinter diesem hierin zurflck. *
Welchen Zuschnitt nnd welche Form and Gestalt glanbtesa
auch jetzt noch die damals f)ir die BUhne arbeitenden
Dichter nicht nnr den Shakespeare'schen, sondern ttberhanpt
allen Aber das gewöhnliche^ anf der Btthne herrscliaid
gewordene Maass hinausgehenden Dramen geben xu
sollen! In welchem Grade glaubten sie selbst noch die
Sprache eines Destouches, Moliöre, Beaumarchais ent-
geistigen zu müssen, um sie dem vermeintlichen Ge-
schmacke des deutschen Publicums und dem thatsSdh
liehen Geschmacke der deutschen Schauspieler mundrecbt
zu machen?
Ueber die Leistungen der Seyler^schen Gesellschaft
in Dresden liegen uns nur wenige Nachrichten Tor.
Obschon nach einer Notiz der Dresdner Merkwürdigkeiten
(1775) „zum Ruhme der yerdienstvoUen Gesellschaft
Seyler's und zur Rettung sowohl als Bildung des Dresdner
Geschmacks^ ein Wochenblatt unter dem Titel ^Briefe
von Herrn E. in L.'^ in der Gerlach'schen Buchhandlsng
erschienen sein soll, so hat sich bis jetzt doch noch
nichts davon auffinden lassen. Ich will kein besonderes
Gewicht darauf legen, dass der Bibliothekar Dassdorfi
der Verfasser des Epilogs, mit welchem Mad. Seyler am
13. März 1777 von Dresden Abschied nahm, die Mit-
theilnng desselben in den Mise. Sax. mit einem Znsatx
begleitete, in dem er „der aufrichtigen Trauer, welche
der Gesellschaft Seiten aller Freunde deutscher Kujat
nachfolge^ Ausdruck verlieh — oder dass Brandes von
ihr als einer „vortrefflichen Vireinigung von mchreH;
theils ächten Künstlern" spricht. Es liegen uns jedoch
über sie gleichzeitig ürtheilc aus anderen Städten vor»
insbesondere über die Vorstellungen, welche diese Gesell-
schaft in den Monaton Mai und Juni 1777 in Frank-
furt a. M. gab und die zur Herausgabe eines besonderem
Schriftchens: „Briefe, die Seyler'sche SchauspielergescD-
— 291 —
Schaft and ihre VorstellnDgen in Frankfurt a. M. be-
treffend/ führten. Hier werden nicht nur die Leist-
nigen im Schauspiele und Lustspiele, sondern selbst in
der Operette sehr hoch gestellt. In letzterer wird be-
sonders das Hellmuth'sche Ehepaar hervorgehoben. —
Ungünstiger lautet freilich ein Urtheil des Schauspielers
J« H. Friedrich Schröter, gen. Müller, welcher im Auf-
^{;e des Kaisers Joseph eine Rundreise durch Deutsch-
land machte, um bedeutendere Kräfte für die Wiener
Bühne zu gewinnen. „Da unter den Darstellern —
kfi«8t es bei ihm über die Vorstellung der Operette
,Die treuen Köhler' — nur zwei Personen musikalisch
v&ren, so kann man sich denken, wie diese Oper auf-
genommen worden." Obschon wir hierbei berücksich-
%n müssen, dass, wie Reichard bemerkt, nder Zu-
^d der Singetheater^ im Allgemeinen ein sehr elender
^»r, so werden wir doch von dem Lobe auch der
^Unspielerischen Leistungen Manches in Abzug zu
l^i'Uigen haben. Wie heute, war man schon damals in
Lesern Lobe sehr ttberschwänglich, was viel dazu bei-
getragen, dass man frühere Zustände der Bühne meist
^ einem zu günstigen Lichte sieht.
Ich verweise in dieser Beziehung nochmals auf
^^ oben erwähnten Bericht des Schauspielers Müller,
^ Welchem es heisst, er habe auf seiner Reise 311 schau-
^lerische Subjecte kennen gelernt, unter ihnen aber
^^^ 17, von denen man sagen könne, dass sie ihre
^^^m studirt hätten.
Jedenfalls aber hatte inzwischen der Geschmack am
*"Wer in Dresden sehr zugenommen, wie man aus einer
^om Mag. König 1777 in der Frauenkirche gehaltenen
*^digt ersehen kann, in welcher, wie es im ersten Stücke
^^ Theaterjoumals heisst, darüber geklagt wird: dass
^^ii^als das ganze Interesse des Tages sich fast nur um
^MComOdienspiel gedreht habe, so dass man in Gesellschaft^
— 292 —
auf der Gasse ^ oder wo nur Leute zasammeiiUiiM
nichts Anderes zn hören bekommen^ als: „Werdw i
hente in die Gomödie gehen? Was geben sie beute. I
ein Stück? Ist es hübsch? Haben Sie es gelesen?
es gut besetzt? Geben sie ein neues iBallet? Sipd i
gestern da gewesen? Spielte Borchers wieder so gl
Wer hat die nnd die Rolle gespielt? — Der? Ö pftii, <
hätte ich von dem sehen mögen. Ist Madame Bnni
applandirt worden?'^ und dergleichen unzählige Fng
mehr^ die ein Jeder zu beantworten wüsste. Alle ftt
würden verstummen, wenn man sie fragte: ^Wie bek
der und der Psalm? Haben Sie das Gapitel in d
Bibel gelesen? Wie lautet die Stelle im Evangelistei
Was sagt dort Paulus zu den Römern?'^
Seyler hat das Verdienst; während seines Dresdo
Aufenthaltes die Bildung einer Pensionscasse ins Leb
gerufen zu haben. Der Gedanke dazu gehört mögliciM
weise Eckhof , wenigstens wurde derselbe bereits
Gotha^ als Eckhof noch mit Sejler vereinigt war, in E
wägung gezogen, in Dresden aber doch erst in Aogi
genommen. Der dazu nöthige Fond sollte theils dar
monatliche Gagenabzüge der Mitglieder, theils diu
Benefizvorstellungen und durch Beiträge von Kunstfrei
den aufgebracht werden. Das Statut zu dieser Uni
nehmung ist vom 1. Mai 1775 uud aus Leipzig dati
Am 18. März fand in Dresden die erste BenefizcomO<
(Die Verführte und die Dorfgala) statt. Das Projectn
aber nicht durchführbar. Es setzte nämlich die Conm
dirung der Bühnenverhäitnisse, die es erstrebte, ben
voraus. An der fortwährenden Zersplitterung der 1
glieder musste es scheitern.
Wie Koch, war es auch Seyler bei dem I
gagement in Dresden wieder um eine solche Con«
dirung zu thun gewesen. Dem Theater eine feste, dan
hafte Grundlage zu geben, wurde jetzt überhaupt ga
Hll^mein alB Bedilrfniss empfunden. Man war des ruLe-
losen, unBicberen Wanderlebens endlich mtlde geworden.
Ein Brief Seyler's vom 11. November 177G, in dem er
um Verlängerung seines Contractes einkam , giebt dafUr
«pTtchendes Zeugniss: „Es ist unläugbar — Iieisst es
darin — ngd durch vielfältige Erfahmng bestätigt, dass
lur Vervollkommnung einer Schauspielergesellscbaft ein
"■Uerbafter Anl'entlialt bi» notbwendig, wie nützlich Bci.
Der Sclianspieler bat mehr Müsse, seiner Kunst obzn-
M*«!; man (Ibt eine grössere Anzahl Stücke ein, der
'"•chaner wird also durch Neuigkeit nnd Mannichfaltig-
«Hl onterhslten; man gewinnt dem Hof nnd dem Pnbli-
^^ endlich einen sicheren Geschmack ab, richtet sich
^ der Wahl seiner Stücke damacli und erreicht der-
^*''»lt um 80 eher den grossen Endpunkt des Scbau-
5^^ 'n unterrichten nnd zn ergfitzcn." (M. Fürstenau,
"e Theater in Dresden 1763—1777.)
Da Seyler eine Verlängerung des Contractes in dem
"lO&iige, wie er es wünschte, nicht erlangen konnte, so
"•Qin er einen inzwischen an ihn ergangenen Ruf nach
™*Onheim an. Schon 1776 war man von hier aus mit
'^'** in Utitcrhandlung getreten; da aber diese zunächst
•"Cht ginn, Xiele ftihrte, hatte man sich von dort auch
ooch an Brandes gewendet, was jedoch wieder fallen
S**Äa8en wurde, nachdem sich Seyler im folgenden
J«.hre bereitwilliger zeigte.
Inzwischen mochte man sicli jedoch am Dresdner Hofe
An das deutsche Scbanspiel gewöhnt bähen, dass man
"''Sar wieder an die Errichtung eines eigenen Theaters
^ denken begann, und bei der Gunst, in welcher das
'^Odes'sche Ehepaar daselbst stand, wurde hierbei zu-
"^chgt anf diesen das Ange geworfen.
Brandes erzählt, dass ihm durch den Oberkammer-
®*tti Grafen von Marcolini der Antrag gestellt worden
**^*» die Einrichtung und Direction dieses neuen Theaters
— 294 —
gegen ein Gehalt von 1300 Thaler jährlich zu Aber
nehmen, worauf er sein Yerhältniss zu Seyler gelte
habe. Nach einer Gorrespondenz ans Dresden yoc
12. April 1777 im Theaterjonmal wäre dieses Ami je
doch gemeinschaftlich auf Pasqaale Bondini, den Std]
Vertreter Bnstelli's bei der italienischen (^r, auf Brande
und den Theatercassirer Forchheim tlbertragen und to
der Seyler'schen Gesellschaft die Schauspieler Hempe
Günther; Thering; Klinge, sowie Madame Brandes nebi
Tochter und das Ehepaar Jacquemain fttr das mm
Theater engagirt worden. Eine etwas spätere NachrieU
aus demselben Jahre bringt ein vollständiges Yerzeichnise
der Mitglieder des letzteren , nach welchem das Diree-
torium ans dem Directeur des Plaisirs, Herrn von Eönigj
als dengenigen, welchem die Wahl der Stttcke und die
Schlichtung der Streitigkeiten oblag; aus Brandes ^ tic
demjenigen, welchem das Vorschlagen der Sttlcke, deiec
Besetzang und das Engagement der Schauspieler zqIuub
und aus Forchheim bestand^ der mit der Verwaltung da
Gasse beauftragt war. Auch eine Nachricht ausLeipflg
vom 7. Mai 1777 im Theaterjonmal lässt keinen Zweifei^
darüber; dass Brandes eine Zeit lang ohne Bondini ml'
der Leitung des kurflirstlichen Theaters betraut w»r
Doch mögen immer inzwischen Unterhandlungen mit die
sem gepflogen worden sein, bis man sich endlich si
dessen Gunsten entschied. Durch Bescript vom 11. Jal
1777 wurde mit ihm ein Contract auf die Dauer voi
ftlnf Jahren (von Mich. 1777 bis Mich. 1782) mit ein«
Subvention von 6000 Thaler, im Uehrigen aber ganz «
denselben Bedingungen wie mit Döbbelin und Seyler ab
geschlossen.
Nach Ausbruch des bairischen Erbfolgekrieges wurd<
dieser Contract am 14. Juni 1778 zwar gekflndigl
am 26. Juni 1779, unter Auszahlung der rflokständig«
Snbventionsgelder, aber wieder erneut.
Brandes giebt diesen Verhältnissen eine etwas ab
— 295 -
weichende Darstellnng. Er gesteht indess zn, dass er im
Jabre 1778 das Directorinm an Bondini hätte abgeben
und rieh mit der Stellung eines Regissears unter diesem
bcgoflgen mflssen. Da Bondini von dem deutschen
^eaterwesen aber nur sebr wenig verstanden habe, so
^en ihm fast alle Oeschäfte des Directoriums zugekommen,
^'e denn von ihm unter Herrn von König auch fast selbst-
stilodig verwaltet worden wären.
Die Bondini - Seoonda'sche OeseUschafk am kn^
forsüiohen Hofe zu Dresden.
Bestand der Bondlnl'sehen GeselUicluift — Brandet' Regle ni
Zerwflrfiilflse mit Relneoke« — Regle Ton Reineeke« — Rcfl^
tolre der Gesellschaft bis 1788. — Yerftndeningen derselben. -
Ihre Leistungen« — Seeenda, DIreetor. — Regle Ton Optti. -
5ene Yerändernngen. — Repertoire bis 1818. — Lelstnngen in
Gesellschaft nnd Urthelle über dieselbe«
Durch den Vertrag mit Bondini war die Bildung
eines eigenen kurfürstlichen deutschen Theaters zunJUhit
ganz wieder aufgegeben. Eine bloss subventionirte Theater
Unternehmung mit dem Titel einer kurfürstlich sächsischen
Schauspielergesellschaft war an die Stelle getreten. Bon-
dini hatte auf Wunsch des Hofes die von Brandes en-
gagirten Schauspieler der Seyler'schen Gesellschaft eben-
falls wieder Übernehmen müssen. Auch war eine Aniahl
neuer Erwerbungen gemacht worden. An Anerbietnngei
fehlte es nicht, da das Gerücht von der Bildung^ eines
kurfürstlichen Hoftheaters Schauspieler und Schauspiele-
rinnen aus allen Gegenden Deutschlands herbeigesogen
hatte.
Im Herbst 1777 war die Zusammensetzung der Bon-
dini'schen Gesellschaft nach einer Aufstellung des Theater
.kalenders folgende:
y,Pasquale Bondini, Unternehmer. Brandes, Regis-
seur. Hiller und in dessen Stellvertretung Gestewiti,
Musikdirector. Forchheim, Cassirer. Actricen: Madame
Brandes, erste Liebhaberin. Mamsell Brandes, junge
— 297 —
Hldchcn im Schau- and Singspiele. Mad. Henisch^ erste
Liebhaberin im Schau- und Singspiele. Harns. Henisch,
Kinderrollen. Mad. Haber; Mütter and andere Rollen im
Schau- and Singspiele. Mams. Haber^ erste mantere
KoUen im Schaa- and Singspiele. Mad. Jacqaemain, char-
girte Mtltter, singt. Mams. Jacqaemain; erste Einderrollen
im Schaa- and Singspiele. Mad. Koch; erste Liebhaberin
im Schaa- and Singspiele. Mams. Friederike Koch,
Kinderrollen. Mad. RMer, erste Soubretten, zuweilen
Liebhaberinnen. Mams. Seyfart; angehende Mädchen im
Schau- und Singspiele. Mad. Smitt; Sängerin. — Acteurs:
^086; zweiter Liebhaber; ernsthafte Rollen und Väter
^ Smgspiele. BrandeS; launige AltC; Charakterrollen,
S^daten, Raisonneurs. Fleck; zweite Liebhaber und
^^nroUen. GMnther, erste komische Rollen in der
^rettC; komische Alte, Bedienten. Hempel; erste Lich-
**ker, Offiziere; Bauern. Huber; JudeU; Bediente; singt.
^^faigc; zweite Alte, Offiziere, Bauern, singt. Koch,
'••*e Bediente. Röder, einfältige und andere Be-
*^te; singt. Reinecke, erste Väter, Charakterrollen, ahe
^'Ä^ere. Smitt; zweite Liebhaber; Stutzer, Deutschfran-
'^•^B, singt. Spengler, erste Liebhaber im Sing- und
'^^^uspiele. Thering, erste Bediente, Pedanten, chargirte
'^Hen. Wagner, Bediente, Bauern und Alte. Souffleur:
"^t^aberf
Von den neu hinzugetretenen Mitgliedern war Job.
•*iedr. Reinecke,, geb. 1745 zu Helmstädt, jeden-
^^ der liedeutendste. Er hatte eine gelehrte Bildung
-Bossen und trat 1765 als Student bei der Koch'schen
^^ellschaft ein. Seine schauspielerische Ausbildung er-
^^ er sowohl hier, wie (1770—77) bei Ackermann
*^ Schrikler in Hamburg. Meyer (in Schröder's Leben)
^%t Aber ihn: „Reinecken hatte die Natur Oefillligkeit
^^ äusseren Stolz in geringerem Maass, den Ausdruck
^lÄcrer Würde und Kraft, den Ton, der unmittelbar zum
•^^rzen dringt, aber verschwenderischer als Einem bei-
— 298 —
•
gelegt. Er beobachtete den Siegtrunkenen mit Angei
des Nebenbuhlers nnd horchte auf leise Stunmen, di
nicht Alles bewunderten. Bock's Umsicht, Boietoi
schneller Blick; Boden's derbes Wort, das Oeistnidi
seiner Gattin nnd; wenn er sonst Niemand gehabt Utti
Schröder's unbestechliches Urtheil vereinigten sieh a
seinem eigenen gesunden Sinn, um ihm anschaulick i
machen, was Brockmann tlbersah. Dadurch mu88te<
den Vorzügen seines Nebenbuhlers so nah, seinen Fehki
so fem bleiben; dass er im Ganzen der VoUkommeBhc
näher kam.* — Weniger günstig urtheilt der Sobil
steller Dyk tlber ihu; der ihn einen blossen Naturalish
nennt. Die Doppelströmung der naturalistischen u
formalistischen SpielweisC; welcher man damals bei da
meisten Truppen begegnete; macht sich auch in de
Widerspruche dieser Urtheile geltend. Die Berlin'sd
Theater- und Literaturzeitnng (I. Jahrg.; L Theil, S. U
sagt über ihn: «Reinecke ist ansehnlich und woUg
wachsen. Sein Gesicht; voll Ausdruck und Bedentu
verkündet den Mann von Talent und Geist. Zuweik
hat er eine etwas vornübergebogene Stellung; weiek
Fehler; wenn's einer ist; ihm vielleicht daher anklri
weil er sich in Hamburg ganz auf das Fach der Alh
legte. Seine Stimme ist deutlich; obwohl etwas tief«
von keinem ausserordentlichen Umfange; doch weiM
ihr so viele Modulation zu gebeu; sie so zu gebrauche
dass ich jedem angehenden Schauspieler rathen will;
der Declamation bei ihm in die Schule zu gehen; dal
hat er ein richtiges, heisses Gefühl fürs Schöne; tid
Eindringen in seine Bolle und mehr noch in die Nati
deren Schüler er ist; inniges, wahres Spiel, wobei m
Schauplatz und Werk des Dichters und Alles veigif
und die Scenen wirklich zu sehen wähnt; deren GernÜi
er uns darstellt." Gerühmt werden insbesondere se
OdoardO; Uartly, Freyhof; Gapulet; Bode, Holbeck; Hier
nymus Billenbeck; Essex und Olsbach.
— 299 —
Seine Gattin Sophie, geb. Benzig (1745) aus Hei-
delberg, besass eine schöne Figur, massvolle Lebhaftig-
keit and Feuer. Ihre Stellungen, Geberden, Bewegungen
waren immer natttrlich. Ihre Stimme hatte grossen Reiz.
Ihr Gesicht war redend. Zorn, Betrübniss, Stolz, Zärt-
fichkeit, Spott, Ernst, Mitleiden, Alles drückte es voll-
kommen aus. Sie wurde von Graff gemalt, wonach der
Theaterkalender von 1790 einen Kupferstich brachte.
Reineckes waren noch von Brandes engagirt worden.
Sie debtttirten am 12. Juni 1777 in Emilia Galotti. Er
spielte den Odoardo, sie die Claudia, Brandes den Mari-
nelU, Mad. Brandes die Orsina. (Die Lit.- u. Theaterzeit,
▼om Jahre 1778 brachte darüber eine eingehende Kritik.)
Eine weitere Zierde war der Gesellschaft in Franziska
Koch, geb. Gireneck aus Dresden (1748) gewonnen worden.
^ batte ihre theatralische Laufbahn 1765 bei der Koch-
loben Gesellschaft begonnen und sich hier mit dem
Balletmeister Fried. Karl Koch verheirathet, der sie theils
selbst unterrichtete, theils durch den Lexikographen
Gerber (im Clayierspiel) und durch den Kapellmeister
Scbweitzer (im Singen) weiter ausbilden liess. 1777 trat
^^ mit ihrem Gatten bei der Bondini'schen Gesellschaft
*
^« Auch in Dresden, wo sie sehr bald ein Liebling des
I^bHcums wurde, setzte sie ihre musikalischen Studien
'<^ Man rühmte ihren königlichen Wuchs, ihre voU-
^i^ende Stimme und die Grazie ihrer Bewegungen. Alceste,
'belebe Schweitzer ftlr sie componirte, wird als ihre vor-
'^licbste Leistung bezeichnet. Nur im heroischen und
sentimentalen Fache aber war sie bedeutend. Da Bondini
^'82 die Opernvorstellungen aufgab, so verliess sie Dresden
ftr einige Zeit, kehrte jedoch schon 1783 in die liebge-
^<Menen Verhältnisse zurück, um sich dem Schauspiel
8^1 zuzuwenden. — Ihr Gatte (geb. 1740), welcher sich
^^ter Noverre zum Tänzer ausgebildet hatte, war bereits
^ber als sie (1774) zum Schauspiele übergetreten. Er
^11 im Fache der komischen Bedienten recht Gutes ge-
— 300 —
leistet haben. Auch ihre Schwester Caroline Henisch,
die 1777 von der Wäser'schen Gesellschaft in die Bob-
dini'sche getreten war, wurde wegen ihrer Schönheit ge-
feiert. Man schildert sie „als eine der schönsten Figoraii
die je. das Theater betreten, ganz von der Liebe gebilddf.
Sie spielte besonders leidende nnd schmachtende BoUn
vortrefflich; „ein wenig mehr Feuer — setzt derBericU-
erstatter hinzu — wjirde sie zu einer der ersten Dtr-
stellerinnen im Fache der zärtlich liebenden Hftdcben
machen.^ In der Oper wird die Biegsamkeit ihrer Stimme
hervorgehoben. Für heitere Rollen war Sophie Huber
(geb. 1754) eine glückliche Acquisition. Sie heiratbete
1779 den beliebten Bassbuffo und Komiker Friedrieb
Günther. Auch Job. Fried. Ferd. Fleck, geb. 1^7
zu Breslau, Sohn eines Rathsherm, der, einem unbezwinj;-
lichen Hange zur BUhpe folgend, die gelehrten Studi»
(er sollte in Halle Theologie studiren) verlassen hatte,
gehörte damals vorübergehend der Dresdner Btthne ib.
Er soll hier unter dem Einflüsse Reinecke's den Gmnd
zu seiner späteren Berühmtheit gelegt haben. 1779 png
er zur Schröder'schen Gesellschaft nach Hamburg und
feierte später in Berlin seine höchsten Triumphe. Unter
seiner Einwirkung bildeten sich vornehmlich Tieck's drami-
turgischc Anschauungen, sowie dessen eigene Darstellungs-
kunst aus. Insofern ist er auch noch in späterer Zeit
einflussreich auf die Entwicklung des Dresdner Theaters ge-
worden. 1778 traten von Hamburg der Schauspieler Schütz
und der Theaterdichter Bock zur Bondini'schen Gesellschaft.
Schütz, geb. zu Strassburg, wird in Chevaliersrollen g^
lobt „Er spielte alle seine Betrüger — heisst es von
ihm — sie mochten Grafen oder Fürsten sein, mit einem
air de Crispin^ In Rollen mit starkem Auftrag war er
besonders gut. Doch lobt Schröder auch seine Darstellung
des MarinellL Joh. Cristian Bock, aus Dresden g^
bürtig, machte sich damals als üebersetzer und Be-
arbeiter ausländischer Bühnenstücke weithin bekannt.
- 301 —
KBondini aelbst mrd ale ein wohlwollender Mano go-
der seine Gesellscbafl auf einen hohen Stand
bringen wollte nsd keine Kosten dafür schonte, sein Un-
ternehmen aber doch nur als Oeschäl'tsniann betrieb. Ein
inneres Verhältniss konnte er schon deshalb kaum zu ihr
b&ben, weil er der deutschen Sprache nieht hinreichend
micbtjgwar. Gleichwohl würde man irren, wenn man sich
ihn als einen Mann ohne jedes künstlerische Urtheil denken
wollte. Man hat sich dalür zwar anl' einige Anekdoten be-
rufen, doch möchte ich ein zu grosses Gewicht nicht auf sie
legen. Bondiniwar wenigstens verständig genug, den kllnst-
lemohcn Thcil der Leitung seines Theaters einem hierzu
befiihigteren Manne anzurertranen, den er in Brandes schon
vorfand. Die Feindseligkeit und die Intriguen. welche
Jedoch bald zwischen diesem und Reiuecke ausbrachen
snd durch die Eifersüchteleien ihrer Franen genährt
worden, erreichte bald einen Grad, der Bondini in eine
noan^nehme Lage brachte. Ueinecke hatte zuletzt gegen
Brandes eine von verschiedenen Mitgliedern unterschriebene
Beschwerde über rücksichtslose Rollenvertheilnng mit der
Erkllrnng eingereicht, nicht eher wieder die Bühne be-
treten SU wollen, bis ein ans den einsichtsvollsten Mit-
gliedern der Gesellschaft erwählter Ausschuas Brandes zur
Säte gesetzt worden sei. Da diese Erklärung in die
Zeit des bairiBchen Erbfolgekriegcs fiel, während welcher
der Hof keinen Einfluss auf die Theaterangelcgenheiten
aosliben und- Brandes daher bei diesem keinen Schutz
finden konnte, so gab er wohl oder übel der Forderung
nach. Es war aber natürlich, dass hierdurch der Friede
nicht hergestellt wurde. Bnndiui glaubte, um beide Theile
zufrieden zu stellen, einen Ausweg darin zu finden, dass
er im Herbat 1779 seine Gesellschaft theilte und Brandes
ao der Spitze des Opernpersonals nach Leipzig sandte,
wahrend das Schauspiel unter seiner und Keinecke's
Leitnog b Dresden blieb. Brandes, welcher sich seiner
Frau wegen nicht auf die Operette beschränken wollte,
— 302 —
hatte schnell noch einige andere schauspielerische I
herangezogen und ein eigenes Schanspiel gegründet Bo
der sich fUr die deutsche Operette noch weniger intete
als ftlr das Schauspiel, mag vielleicht froh geweaeii
sich auf diese Weise der ersteren entledigt zu 1
In Dresden war man aber nicht damit einyerstandeii
da er contractlich zur Aufführung von Opern yerpfl
war; so sah er sich schon nach kurzer Zeit wied(
nöthigt; Brandes mit der Operette zurück zu bc
Möglich; dass dessen Einfluss hierbei sogar mitwi
war. Brandes erhielt zwar in Dresden aufs Nei
Regie über das ganze Theater; die rasch ausbreoh
Misshelligkeiten zwischen ihm und Reinecke bestii
ihn aber; einem eben an ihn ergangenen Rufe naeh ]
heim zu folgen. Das Glück; welches so lange all
Schritte begleitet hatte ; sollte* sich aber jetzt meh
mehr von ihm abwenden.
Reinecke hatte sein Ziel nun erreicht. Die
war jetzt sein. Die Schwierigkeiten dieses Amtes c
aber auch ihm nicht erspart bleiben. Er gerieth n
bald in ähnliche Zerwürfnisse mit seinen GoUegei
Brandes. Hatte er selbst doch das Beispiel dazi
gegeben. Schon gegen Ende des Jahres 1780 war B<
ihm die Regie zu entziehen genöthigt. Er übertn
auf Spengler, welcher sich der Aufgabe jedoch nicl
wachsen zeigte, so dass man nur zu bald sein Heil i
bei Reinecke suchen musste. Noch ehe ein Jahi
gangen war, wahrscheinlich im Zusammenhange m
gleichzeitig erwirkten Contractsverlängerung der (
Schaft (bis 1783), welche Bondini von den ihm Ift
Aufführungen der Operette völlig entband, war er i
im Besitz der Regie, die er nun unangefochten 1
seinem (1787) erfolgenden Tode behauptete. Uns
besass er auch einzelne der wichtigsten Eigenscl
dazu: Festigkeit des Charakters und Consequenz i
Durchführung eines bestimmten Princips. Dieses P
— 303 —
war im WeflentUchen das der von Hamburg ausgegangenen
Schale, die nrsprttnglieh die Natorwabrheit als die Grnnd-
lige und Qnelle der künstlerischen Schönheit ansah, all-
mlhlich aber dahin gelangte, die Schönheit der Natnrwahr-
heit unterzuordnen und diese vorzugsweise in der blossen
Aensserlichkeit und Zufälligkeit der Erscheinungen zu
mchen. Reinecke strebte yor Allem nach Einheit des
EoBembles, indem er auch noch die letzten Beste der
französischen Darstellungsweise zu unterdrücken bemüht
war. Gewiss ging auch er schon hierin zu weit, indem
er lB. das Versdrama so consequent von seinem Repertoire
aosaeUoss, dass er Schiller zur Uebertragung der Jamben
seines Don Carlos in die ungebundene Redeform bewog.
Aach Goethe's Mitschuldige^ wurden von ihm nur erst in
einer ?on Dr. Älbrecht unternommenen Bearbeitung des
Stückes in Prosa zur AuflFÜhrung gebracht. Reinecke
katte dabei vielleicht weniger im Auge, dem herrschenden
Zeitgeschmack Rechnung zu tragen, als die mühsam zur
Herrschaft gebrachte Natürlichkeitsrichtung nicht durch
^t Aufnahme des Versdramas aufs Neue zu gefährden.
Er verfolgte das Ziel auf dem leichtesten, weil sichersten,
>ber auch flachsten Wege. Vielleicht, dass das damals
S^boteu war. Hierbei stehen bleiben aber durfte man
nicht Eine höhere Entwicklung des dramatischen Vor-
^^H^ war nur dann zu erreichen, wenn man auch noch
^*8 Versdrama als eine höhere Aufgabe für den von der
^»tnrwahrheit ausgehenden Vortrag ergriff. Dies würde
wf die Entwicklung der nationalen dramatischen Dichtung
»^frnchtend zurückgewirkt und die dichterische Behandlung
^^ dramatischen Verses in die ihr angemessenen eigen-
thttmlichen Bahnen gelenkt, sie vor dem Rückfall in die
Wosse Nachahmung der von den romanischen Völkern
*5*%eitellten Muster bewahrt haben. — Man hat Reinecke
^*^kt selten Rollensucht, Arroganz und Eigenmächtigkeit
^^''geworfen, und er mag wohl nicht ganz frei von diesen
'^Mern gewesen sein. Sein Repertoire wird man aber
— 304 —
doch mit in Hinblick auf seine Abhängigkeit yon den
Entscheidungen des Directenr des Plaisirs zu benrthdoi
haben. Die Abneigung des Hoft gegen Trauerspiele kl
ihn gewiss in der Aufnahme dieser letzteren bttwdkn
gehemmt Er selbst begünstigte das durch den Goethe'seho
Götz in die Mode gekommene Ritterstllcky in welchem er
glänzte^ sowie das Gonversationsstttck, worin er sich il*
Meister ftthlen durfte.
Die Vorstellungen der Bondini'schen Geselbdiaft
wurden am 23. October 1777 mit Graf Essex in einer
neuen Bearbeitung von Dyk eröffnet.
Das Repertoire der Oper weist nach dem Verz^k'
nisse von Franz Seconda folgende Stücke auf:
1777: Zemire und Azor, von Gretry. — Die Freundschift aii
der Probe. — Der Krieg. — Das Bosenfest, Ton Wolf. — Ikm
Jahrmarkt — Robert und Galliste. — Elysium.
1778: Der Alchymist — Bassa und Tunis. — Badene, te
Deserteur. — Die Dorfdeputirten. — Ernst und Lucinde. — DerFw-
binder. — Der Kaufmann von Smyrna. — Die kleine Aehrenleserift-
"* Der Scheereuschleifer. — Ariadne.
1779: Adrass und Isidore. — Der verliebte Maler. — DiescbOtC
Arsene, von Moiisigny. — Die Bergknappen. — Der Barbier fO*
Sevilla. — Die verwandelten Weiber und das Grab der Muftii voK
Hiller. — Die Gouvernante. — Herbstabenteuer. — Die Jagd. -^
Das Wäschermädchen. — Das Milchmädchen. — Der prächtige Frei-
gebige. — Tom Jones. — Der Soldat als Zauberer. — Der Kapell-
meister von Lorazi. — Medea.
1780: Ino, von Reichardt — Das gute Mädchen, von Piecifti
— Armide. — Die drei Pächter. — Der Holzhauer. — Der ehrsOd*
tige Mann. — Der lahme Husar. — Der Meierhof, von Scolari —
Die wüste Insel, von Schuster. — Walder. — Das Wäschermädchess
von Zanetti.
1781 : Julie, von Deweder. — Die Liebe ist sinnreich, von Gesic
witz. — Kurze Thorheit ist die beste. — Alceste.
1783: Das wüthende Heer.
1783: Die Lügnerin aus Liebe.
Das Repertoire des Schauspiels stellt sich nach einen
uns erhalten gebliebenen Verzeichnisse von Franz Second
folgendermassen dar:
^^K^ 1171
1777: Egbcx, Tt. 5 A. von Dyk. — Geschwind eh' es Jemand
nfUvt, L. 3 A. nach Goldoni. — Jeanette, Seh. 3 A. von Gotter.
— \A\ spiel der Liebe nnd dos Zufalls, L. 3 A. von Marivanx.
— Kiotmanu uud Bettler, Seh. i A. — L)ie Eritgsgefangeuen,
Sri sA. Ton Stephanie d. J. — Die beiden Hüte, L. 1 A. aus dem
Rui— Engenie, Tr. 5 A. von BeaumsrchBis. — Emilia üalotti,
Tr. h A. von l,esaing, am 10. Nov. ' — Die Trauer, L. 1 A. von
HiBieroche. — Henriette, L. ß A. von A. v, Grossmann. — Neueste
fnuntchule, L. 6 A. von Stephanie d. J. — Der Fabrikant von
Sei. G A. von Falbaire. — Die WerLür, L. f. A. von
I d, J. — Grosse Batterie, L. I A. von Airenhofer. — Amalie,
on Weise- (4 Trauerspiele, 4 Schaasplele und 9 Lustspiele.)
ITTB: Albert L, Dr. 3 A, von Weise. — Atheisten, Tr. 3A.
Bech.— Die algedankteu Offiziere, L. 5 A. von Stephanie d. A.
~ I>er aufbrausende Liebhaber, L. 3 A. von Meissner. — Bestrafte
S«p«rde, L. 6 A. von Stephanie d. J. — Der Bettler, L. \ Ä. von
' Es wird vielleicht von Interesse sein, ein Urtheil zu hören,
nichts diese Diditong bei ihrem ersten Erscheinen in Berlin
Wi dem Heninegeber des „Magazin eur (ieschichte des deutschen
•Wtcr«", J. J. Anton von Hagen, erfuhr. Es lautet: „Was er-
Wrlei man von dem Verfasser einer Minna? üh aber Herr Lessiug
''wnul der Erwartung völlig Genüge geleistet, ob man den grossen
■fittatiiclieu Dichter ancb hier wiederfand, daran uweifla ich.
"dchei von Les&ing's Stüeken ausser seinen jugendlichen Arbeiten
'*'>fl dar Emilia nicht den Rang abV Der Dialog ist gut, wenn ich
""%• platte nnd noch mehr gekörzte Stellen streiche. Die Ge-
''^^'Mn und Sprache, der Ausdruck gross, erhaben und erschütternd,
'"^ alt gesucht, wo Natürlicheres der äauhe angemessener ge-
"^^ «&re. Die Charaktere sind nicht duruhgehends gut angelegt
"''' gut ausgeführt — Lessing begeLrt Unmögliches: ein Studium
?,**■ »eiblichen Si-iOuheit auf dem Thenterl In dieser Scene ist
"""lik ein gutes, frommes, katholisches Mädubeu. Am Eude des
^ttt)^ sieht man das Iromme Närrcben als eine rümieche, lugend-
"^Q Heldin, die mit dem Dolche wie mit einer Haarnadel spielt."
r~ ■ **'« Scene zwischen Clandia und Marinelli vurrälli Leasing'» Meister-
^"^^t aber sie ist unschicklich. Claudia beschäftigt sich mit dem
^^^len, ohne nm ihre Tochter sieh zu bekümmern. Die List, die
urKin^ dem Odoardo als Wahnsinnige anszageben, macht dem Er-
"^er Iceine Ehre- Wie lange konnte dieselbe Stich halten? Zwischen
^■^ i, nnd 6. Act sollte Odoardo nichts Anderes gelhan haben,
^ di« Arkade auf- und abgegangen seinV Seine Tochter in den
^'ttien des Prinzen gelassen haben?"
— 306 —
Bock. — Die Gomödie aus dem Stegreif, L. 1 A. yon jQnger. -
Das EaffeehauB, L. 5 A. — GlaTigo, Tr. 6 A. tod Goetk
(10. Deo.)> — Der dankbare Sohn, L. 1 A. Ton Engel. — Der Bim
zweier Herren, L. 8 A. nach Goldoni, yon Schröder. — Duf m
seine Frau lieben? L. 5 A. yon Niyelle de U Chtiuate. — D
Deserteur, Tr. 5 A. yon Mercier. — Der Diamant, L. 1 A k
Engel. — Das Duell, L. 1 A. yon Jester; — Die dOrftige fuät
L. 4 A. yon Mercier. — Der Edelknabe, Seh. 1 A. yon Efli|eL
Die englische Waise, Seh. 3 A. nach dem Franz. — Elyire, Tr. I
yon Bock. — Das Findelkind, L. 6 A. yon G. y. BrflhL — E
Faschingstreich, L. 4 A. von MontfleurL — Die falschen Eoldac
ungen, L. 3 A. von Gotter. — Die falsche Vergiftung, L. 1 A
Der Gasthof, L. 5 A. von Brandes. — Die Gläubiger, L. S A. f
G. V. Richter. — Hamlet, Tr. 5A. nach Shakespeare, von Sdirtri
(das Manuscript wurde mit 40 Thlr. bezahlt). — Die hehiUc
fieiratb, L. 6 A. von Schröder. — Der Holländer, L. 8 A. ▼«
y. Bock. — Die junge Indianerin, L. 1 A. von Ghampfoit
Jurist und Bauer, L. 2 A. von A. v. Bautenstrauch. — Der lii
reiche Ehemann, L. 6 A. von Brandes. — Das Landmidchen,
4 A. von d'Arien. — Medon, L. 3 A. von P. Clodios. — 1
Maskerade, L. 1 A. von Gk>tter. — Das Missyerstftndniss, L. I
von Yanbrugh. — Miss Sarah Sampson, Tr. 6 A. von Lesiing.
Die Mutterschule, L. 1 A. nach Marivaux. — Die Mftdchen im Ei
thale, läudl. L. 5 A. von Bock. — Minna von Barnheln,
5 A. von Lessing. — Die Nebenbuhler, L. 6 A. von Sheridan.
Olsbach, L. 5 A. von Brandes. — Paridom Wrentpot, L. S A
Der poetische DorQunker, L. 5 A. nach Destouches. — Bomeoi
Julie, Tr. von Weisse. — Der Spleen, L. 3 A. von Stephanie d
— Die Schule der Liebhaber, L. 5 A. nach dem EngL — !
schlaue Wittwe, L. 8 A. nach Goldoni. — Der unbegründete ^
dacht, L. 1 A. von Brahm. — ' Die ungleichen Freunde, L. S
von Thilo. — Die WiderSprecherin, L. 1 A. von A. y. Dofrf
— Waltron, Seh. 6 A. von Möller. — Der Wohlgebohme, L- 5
von Stephanie d. J. — Die zärtliche Zurückhaltung, L. 6 A. n
dem Engl. (Im Ganzen 7 Trauerspiele, 4 Schauspiele, 41 Lnztspif
1779: Der argwöhnische Ehemann, L. 5 A. nach dem Ei
von Gotter. — Der adlige Tagelöhner, Seh. 3 A. von Nesseln
— Die beiden Freunde, Seh. 5 A. von Bock. — Der beste Mi
Seh. 4 A. von Bock. — Brüder Beifiel d, L. 5 A. nach dem Ei
von Schröder. — Die Blindekuh, li. 1 A. — Cephalus, Melodri
1 A. — Die Drillinge, L. 4 A. nach dem Franz. von Bonin. —
eifersüchtige Frau, L. 5 A. nach dem Engl, von Bode. — Qni
West, Tr. 6 A. von Bock. — Gespenst mit der Trommel, L. 5
— 307 —
mch Addison. ~ Der Geizige, L. 6 A. nach Moli^e. — Der
Hosiroirtab, Seh. 6 A. Ton PlOmeke. — Die Irrthümer einer Nacht,
L 6 A. — Jalie und Belmont, Seh. 5 A. — Elementine, Seh. 5 A.
VM Gebier. — König Lear, Tr. 6 A. von Bock. — Der Lügner,
li. 5 A. nach Goldoni. — Der Mann nach der Uhr, L. 2 A. —
Hedet, Dr. 1 A. Ton Gotter. — Macbeth, Tr. 6 A. nach Shake-
speare. — Matteraöhnchen, L. 3 A. nach Goldoni. — Nicht alles ist
<^, was glftnxt, L. 6 A. — Der Pächter, L. 3 A. von Koch.
'^ PrlsentirlTs Gewehr, L. 8 A. von Maller. — Selimor und Hen-
nette, L 1 A. — Die Strafe im Abgrund, Tragic. 5 A. nach Gozzi.
^ StQtierlist, L. 6 A. nach Farghuar. ^ Die Schlittenfahrt, L. 2 A.
^ Die Schule der JOnglinge, L. 1 A. — Schwatzhafdgkeit und Ehr-
8«i«, Seh. 5 A. von Dyk. — Die sanfte Frau, L. 3 A. von Goldoni.
"~ Der Triumph der guten Frauen, L. 6 A. von Schlegel. — Der
Verschwender, L. 6 A. nach dem Franz. von Meissner. — Die
^^'''el»t«n Zftnker, L. 8 A. nach Goldoni. — Der verstellte Kranke,
-• * A. nach Goldoni. — Der vergrabene Schatz, L. 6 A. nach
^^••^J^ches« — Der Westindier, L. 6 A. nach Gumberland. — Zu
W ist nicht gut, L. 5 A. von A. v. Schmid. (Im Ganzen 8 Traner-
^^9 10 Schauspiele und 25 Lustspiele.
1780: Der A^utant, L. 3 A. von BrOmel. — Achmet, Seh. 3 A.
J**^ ^etastasio. — Bewerley, Seh. 6 A. nach Saurin. — Der Eheschwur,
i*' * A.. nach Dorat, von Gotter. — Ewald und seine Verwandte,
^ ^ A. — Die Freyer, L. 1 A. von Richard. — Die Frau ihres
**"^^« Vertraute, L. 6 A. — Die glücklichen Bettler , L. 8 A.
^^^ €ozzi (Manuscript «Ö Thlr.). — Der Gleichgültige , L. 6 A.
^^ ^^termann. — Der Hausvater, Seh. 6 A. nach Diderot, von
''•••^"•Äg. — Hanno, Seh. nach Metastasio, von Bock. — Die Juden,
"• ^ A.. von Lessing (4 December). — Kaufmann von Venedig,
^ ^ A.. nach Shakespeare (Manuscript 25 Thlr.). -^ Karl und Sophie,
^ ^ A. von Bretzner. — Lionel und Ciarisse, Seh. 3 A. aus dem
*°^?* Othello, Tr. oA.n ach Shakespeare. — Der Spieler, L. 5 A .
^^^ Regnard. — Seidne Schuhe, L. 2 A. von Kretschmann. —
°*^^% Schüsseln, Seh. 6 A. von Grossmann (Manuscript 40 Thlr.).
^ '^«r Schwätzer, L. 6 A. von Weidemann. — Der Schmuck, L. 5 A.
^^ ^prikmann. — Die unschuldige Frau, Seh. 1 A. von Schumel.
"" "^r Versehlag, L. 3 A. nach Calderon, von Bock. — Die ver-
**^^^>^ne Ehefrau, L. 5 A. von Bretzner. — Wenn man eine Hand
^^^lirt, L. B A. von Bock. — Der Zanksüchtige, L. 3 A. — Zeym,
^ A. nach Gozzi. (^ai Ganzen 1 Trauerspiel, 7 Schauspiele und
^^ Lustspiele.)
1781: Der Arrestant, Seh. 8 A. — Agnes Bernauerin, Tr. 5 A.
"" X>ie Brandschatzung, L. 6 A. von G. v, Brühl. — Der deutsche
20*
— 308 —
Hausvater, Seh. 5 A. von Freih. v. Gemmingen. — Der Mann, den wi
Frau nicht kennt, L. 2 A. nach Boissy. — Eduard Montroie, S<
5 A. Ton Dyk. ^ Er hat den Teufel im Leibe, L. 2 A. ^ Die fi
deckung, L. 6 A. von Mistress Sheridan« — Der ehrliche ATeatoi
L. a A. nach Goldoni. — Die gegenseitige Probe, L. 1 A. ai
Legrand, von Meissner. — Die Hochzeit nach dem Tode, L 8
von Anton Wall. — > Das Loch in der Thfire, L. 6 A. von Stephanie d
— Das öffentliche Geheimniss, L. 3 A. nach Goszi, von CM
(Manuscript 36 Thlr.). — Der Ostindien&hrer, L. 3 A. ^
Stephanie d. J. — Der Schubkarren des Essigkr&mers, Seh. 8
von Mercier. — Die unversehene Wette, L. 1 A. von Sedaine.
Die Verläumder, L. 5 A. nach dem Franz. von Romanni.
Wikinson und Wantroy, Seh. 5 A. von A. v. Möller. — T
sein soll, schickt sich, L. 6 A. nach dem Engl. — Wer hi
das gedacht, L. 3 A. von Nesselrode. — Die Zwillinge, TrJ&
von Klinger. (Im Ganzen 2 Trauerspiele, 6 Schauspiele \
14 Lustspiele.)
1782: Albert von Thurneiss, Tr. 4 A. von Iffland. — Der i
wöhnische Liebhaber, L. 5 A. von Bretzner. — Betrug ftlr Beb
L. 8 A. von Sehletter. — Die Badecur, L. 2 A. von jQnger.
Der Dienstfertige, L. 3 A. nach dem Franz. — Die Drossel, S
1 A. von Unzer. — Der englische Kaper, L. 1 A. — Ellriede,
3 A. — Die Erbschaft, Seh. 1 A. von Freih. v. Gemmingea.
Der Fähndrich, Seh. 3 A. von Schröder. — Freundschaft undA
wohn, L. 3 A. von Jünger (Manuscript 30 Thlr.). — Glack beii
Thorheit, L. 5 A. von Schröder (Manuscript 20 Thlr.). — Juliane
Lindorak, Seh. 5 A. von Gotter (Manuscript 24 Thlr.). — Karl
Freysteiu, Seh. nach Gotter, von Scbletter. — Oda, Tr. 6 A. 9
dem Engl. — Otto von Witteisbach, Tr. von Babo. —
Räuber, Tr. 6 A. von Schiller. — Der Referendar, L. 3 A.
Schadow. — Seltene Freyer, L. 3 A. nach dem Franz. von Schrö
— Das Testament , L. 4 A. von Schröder (Mannscript 40 Tb
— Der taube Liebhaber, L. 2 A. von Schröder. — Treue und
dank, L. l A. aus dem Franz. — Die ungleichen Schwesten
4 A. von Brandes. — Der verlogene Bediente, L. 2 A. nach (
Engl, von Gärisch. — Der Wankelmüthige, L. 3 A. nach dem £
von Schröder. — Wahrheit ist gut Ding, L. 6 A. nach GoldonL
Die Zwillingsbrüder, L. 6 A. aus dem Franz. von Schröder.
Ganzen 5 Trauerspiele, 6 Schauspiele und 17 Lustspiele.)
1783: Adelheid von Ponthicu, Sch.^ 3 A. — Der Deseri
aus Kindesliebe, Seh. 3 A. von Stephanie" d. J. — Die drei Töch
L. 3 A. von Spiess. — Die drei Brüder als Nebenbuhler, L. 1
— Graf von Sonnenthal, L. 2 A. — Die glückliche Entltihrung
— 309 —
^ ^' -^ Giston und Bayard, Dr. 5 A. — Joh&&tiA von Schwaben,
^* 4 A. ?on Meissner. — Der Liebhaber ohne Namen, L. 4 A.
**?A der Grifln Genlis, von Gotter. -^ Die Mediceer, Seh. 5 A.
^^ Brmndes. — Der Murrkopf, L, 8 A. von Schröder. — Monsieur
"P^ •^- 1 A. nach dem Franz. von Fresni. — Der Minister, Seh.
3 A. rom Gebier. — Natur und Liebe im Streit , Seh. 6 A. von
d'Arien. _ Der Oberamtmann, Seh. 6 A. von Stephanie d, J. —
Otto d^x Schatz, Bch. 4 A. von Schlicht — Der Philosoph, ohne
•• *^ '^riisen. Seh. 8 A. von Sedaine. — Die Rechnung ohne Wirth,
^ ^ A.. — Der Schnlgelehrte, L. 3 A. nach dem Engl, der Miss
^^^®y Der Strich durch die Rechnung, L. 4 A. von Jünger. — Der
Schaos^ielef^ L. 1 A. von Meissner. — Der Todte, ein Freyer, L.
t A. ^on Sedaine. — unterschied bei Dienstbewerbung, L. 6 A. von
otepn^x^e ^ j, — Die anmögliche Sache, L. 4 A. — Die Versuchung,
**• ^ ^» von Marivaux. — Väterliche Rache, L. 4 A. von Schröder.
<In <>^mxuen 10 Schauspiele und 16 Lustspiele.)
^T84: Die Abgabe, Seh. 2 A. — Codrus, Tr. 5 A. von
Chroa^^lj, _ Fanny, Seh. 1 A. — Gerechtigkeit und Rache, Seh.
* ^ Die glückliche Jagd, Seh. 2 A. — Der glückliche Geburts-
^ L« 8 A. von Schletter. — Liebe wirkt schnell, L. 1 A. — Der
niciit^^ , 8ch. 2 A. von Mercier. — Die vermachte Waise, L. 1 A. —
Verbr^^en ans Ehrsucht, Seh. von Iffland (Manuscript 36 Thlr.).
*".^^ verd&chtige Freundschaft, L. 4A. nach dem Engl. — Weder
^*tt^r^^ noch Jungfer, L. 1 A. — Wer wird sie kriegen? L. 1 A.
J^ ^^ckhard. — Der Zweikampf, L. 6 A. von Schlosser. — Zayre,
^'" *^ A. — Zwei Onkel für einen, L. 1 A. von Gotter. (Im Ganzen
^ ^^"^nerspiele, 6 Schauspiele und 8 Lustspiele.)
^786: Alzire, Tr. 5 A. — Armuth und Edelmuth, Seh. 5 A.
*" 1^^ beiden Billets, L. 1 A. nach Florian, von Ant. Wall. —
^^^*"*^lmn, Tt. 6 A. von Dyk. — Erziehung macht den Mensehen, L.
^ ^ von Airenhofer. — Der Fremdling, L. 6 A. nach dem Engl.
^ Cnmberland. — Die J&ger, Seh. 6 A. von Iffland (Manu-
■^"1^^ 86 Thlr.). — Jak Spleen, L. 1 A. von Dyk. — Kronau und
"^'*^e, Seh. 6 A. von Monvell. — Kabale und Liebe, Tr.
^^* yovL Schiller. — Der König, kein König, Seh. 3 A. nach dem
^^1. Ton Huber. — Lanassa, Seh. 5 A. von Plümeke. — Marianne
^^^'^thi, Seh. 8 A. —Der Mündel, Seh. von Iffland (Manuscript
*J *^hlr.). — Das R&uschchen, L. 4A. vonBretzner. — DasStecken-
^^^^^ L. 4 A. von Hempel. — Der Schlaftrunk, L. 3 A. — Wie
^*^llen sie's in der Comödie? L. 1 A. von Brömel. — Das Weiber-
^'^ptet, L. 5 A. von Jünger. (Im Ganzen 3 Tauerspiele, 7 Schau-
^^le nnd 8 Lustspiele.)
1786: Alte Liebe rostet nicht, L. 2 A. von Airenhofer. —
— 310 —
Das Blatt hat sich gewendet, L. 1 A. von Schröder. — Bäju^
Seh. 6 A. Ton Werthes. — Die Rache^ L. 1 A. — Der Ei£Biiaditige^
ohne es sein zu wollen, L. 8 A. nach dem Frans. — Fietcor
Tr. 6 A. Ton Schiller (Mannscript 60 Thlr.), am Ift. IUowmL
26. October (erst 1790 wiederholt). •— General Momer, Sek 5 A^..
— Die Heirath durch's Wochenblatt, L. 1 A. t(mi Sohrtder. —
Jeder reitet sein Steckenpferd, L. 5 A. toh G. ^ firflhL — Wa^
liehe liebe, L. 3 A. — Mann, .Frau, Wittwer, L. 8 A. nach dem
Franz. — Die Nachschrift, L. 1 A. von Arensteiner. — SliUft
Wasser sind tief, L. 4 A. nach Fletcher, Ton Schröder (MannaoEipt'
30 Thlr.). — Spielerglack, L. 6 A. Ton Regnard. — Der SoadeiliiK*^
L. 6 A. von Weidmann. — Um 6 Uhr ist Yerlobnng, L. 6 A. raa
Schröder. — Veit yon Solingen, L. 4 A. nach Barthe» Ton Götter.
— Verstand and Leichtsinn, Ehestandsgem. 5 A. Ton Jflnger. -*
Yictorine, L. 4 A. von Schröder. — Der Vetter in Lissabon, Sdu
3 A. yon Schröder. (Im Ganzen 1 Traaerspiel, 4 Schaospiele nafl-
16 Lostspiela)
1787: Der alte böse General, L. 3 A. yon Kretschmana. —
Brüder in allen Ecken, L. 6 A. yon Albrecht. — Bewusstsein, Seh.
6 A. yon Iffland. — Der doppelte Liebhaber, L. 8 A. von A. naeli
Jünger. — Doppelte Kindesliebe, Seh. 8 A. yon Nesselrode. — Dtr
Ehemann aas Irrthom, L. 6 A. — Die Entführung, L. 6 A ▼•■
Jünger. — Der Farchtsame, L. 8 A. von Hafiher. — Für seine Ge^
bieterin sterben, Tr. 6 A. von Seipp. — Gute Ehe, L. 1 A. fOD
Ant Wall. — Hass und Liebe, Seh. 6 A. von Bonin. — Die HeiraA
aus Irrthum, L. 1 A. nach dem Franz. von Schröder. — Die konuBclie
Familie, L. 6 A. von Wetzel. — Das Kleid aus Lyon, L. 4 A. tos
Jünger. — Der Landphilosoph, L. 8 A. — Der Magnetimüs, L. 1 A*
von Ifilaud. — Montesquieu, Seh. 4 A. — Offne Fehde, L. 8 A. tos
Huber. — Der Pilger von Carmel, Seh. 6 A. von A. y. Dalberg. —
Das 16 jährige Mfidehen, Seh. 8 A. — Der Theateruntemehmer, lu
1 A. — Die verliebte Unschuld, L. 1 A. von Marin. — Die Wil-
waise, Seh. 6 A. — Wind für Wind, L. 3 A. (Im Garnen 1 TmiO'
spiel, 7 Schauspiele und 16 Lustspiele.)
1788: Alles aufs Spiel um einen Mann, L. 6 A. — Autor noA
Diener aus Liebe, L. 1 A. von Blümner. — . Der Automat, Op. 1 A*
— Blindheit und Betrügerei, L. 4 A. — Die Maler, L. 1 A. **
Die Engländer in Amerika, Seh. 4 A. von Albreeht. — Das Frii*
Corps, L. 3 A. — Grosse Toilette, L. 6 A. von Schröder. — Die
Geschwister, Seh. 1 A. von Goethe. — Das Herz behält soat
Beehte, Seh. 6 A. von Bock. — Kaspar der Thoringer, Tr. 6 A. —
König und Abenteurer, Seh. 3 A. von Wetcel. — Der Liehhaber
als Autor, L. 1 A. nach dem Franz. — Die Nacht zu Abenteaein,
— 311 —
L 1 A. aach dfloa Fraius. von Stephanie d. J. — Das Pr&ferenz-
B«clit, L 8 A« — Der Revers, L. 6 A. von Jttnger. — Der stürmi-
sche Liebhaber, L. 8 A. — So zieht man dem Betrüger die Larve
ib, L 5 A. von G. v. Brühl — Das seltsame Testament, L. 4 A.
fOD 6. V. BrflhL — Die Vormünder, L. 5 A. nach Goldoni, von
Sekletter. — Wissenschaft geht vor Schönheit, L. 3 A. von Bock.
- Wtr den Schaden hat, braocht für den Spott nicht zu sorgen,
L 1 A (Im Ganzen 1 Trauerspiel, 4 Schauspiele und 16 Lustspiele.)
Es wurden demnach in diesem ganzen Zeiträume
% ernste gegen 145 heitere Stttcke gegeben. Wie sehr
luenaeh aaeh das Lustspiel gegen das Schauspiel^ beson-
^ gegen die TraglVdie bevorzugt wurde^ so sind doch
^ letzteren beiden nicht in dem Masse ausgeschlossen
gewesen, als es nach den Klagen der Zeitgenossen zu
erwarten stand.
Auch die Veränderungen des Geschmacks werden sicht-
^^ Das französische Rtlhrsttick hatte die sentimentalen
'amiii^Qgemälde; Lessing's Minna von Bamhelm die
^^tenstttcke, Goethe's Götz die Ritterstücke ins Leben
besondere Hervorhebung aber verdient der Fleiss,
^^lehen sowohl die Regie, als die Darsteller entwickelten.
P^i^u da der Hof fast täglich das Theater besuchte,
^'^rtlen Wiederholungen von Sttlcken nur selten vor-
^^Qiiiien. So behauptet z. B. der Reierent der deutschen
^^>ialen, dass im Winter 1792 im Ganzen nur 7 Wieder-
"^liUigen stattfanden.
Von den Personalveränderungen innerhalb des vor-
^S^^nden Zeitraumes seien hier nur die wichtigsten her-
^^%ehoben. An ihrer Spitze steht die im Jahre 1779
^***bl^e Erwerbung von Job. Ant. Christ, geb. 1744
Ou ^^^'^* ^^ ^^ damals bertthmt in den Rollen der
^^^^aliers, und sein Riccaut de la Marlini^re blieb lange ein
!^S^ii0tand der unbestrittenen Anerkennung, wie er denn
^^^l'banpt zu den vorzüglichsten Darstellern der Zeit ge-
^**^- Christ verliess zwar 1783 die Bondini'sche Gesell-
^^^ schon wieder, trat aber im Jahre 1793 in die aus
— 312 —
ihr hervorgegangene Seconda'sehe Gteselbchafk anft KecE^
ein. Seine Frau, Isabella Maria, spielte nnd nia^
damals zweite Liebhaberinnen.
1780 hatte Bondini in Friedrieh Brttckl eineXB
nenen Darsteller im Fache der Väter-, Liebhaber- und
Heldenrollen gewonnen. Er scheint in bürgerUehes»
Stücken tüchtig gewesen zn sein , wogegen es ihm fiLr
das ideale Schauspiel an Anstand, Adel nnd Würde ge-
brach. Seine Frau spielte nnd sang zweite Liebhaber—
rollen. Auch der Tenorist Pfeiffer nnd das Ehepur*
Henke traten um diese Zeit bei Bondini ein. Christian
Gottlieb Henke, geb. 1743 in Seelwits bei Dresdeia,
spielte Väter und komische Alte. Es war wohl nich'ft
seine Schuld, wenn er bisweilen an den falschen Plats
gestellt wurde. Das abfällige Urtheil des Appellation»-
rath Körner über seine Darstellung im Don Carlos (s.w.ii-^
wird reichlich aufgewogen von den günstigen UrtheiloD^
die uns über ihn im Lustspiele und bürgerlichen Schiv^—
spiele, in derben, naturwüchsigen Rollen erhalten ge^*
blieben sind. Auch Körner stimmt in sie ein. Sowohl
er, wie seine Frau, geb. Schick (1753), welche, frühe«"
eiue der ersten Soubretten, damals in Dresden das Facta
der komischen Mütter und alten Koketten mit Olflefc
vertrat, gehörten der Hamburger Schule an. Beide wer-
den wegen der Natürlichkeit ihres Vortrags und Spiele^
gerühmt. „In zärtlichen Vätern — heisst es unter An-
derem von ihm — ist sein Auge voll Gefühl und flcan
Ton glühend, im AffectvoUen malt er den inneren fort-
nagenden Schmerz in Augen, Mienen, Geberden bii
zur Täuschung. Er hat ein ganz eigenes Talent, Geist-
liche zu spielen , von was fUr Farbe und Zuschnitt sie
sein mögen.*
Wichtiger noch, weil ungleich folgenreicher fftr die
Geschichte des Dresdner Theaters, war das gleichzeitige
Engagement von Christian Wilhelm Opitz (1756 m
Berlin geboren). Er hatte sich bei der Seyler'schen 6c-
— 313 —
Bellfichaft Dach Borchers gebildet, den er zwar an Genia-
litftt nicht erreichte ; an Fleiss aber weit übertraf. Er
spielte schon damals junge Liebhaber und Chevaliers
mit Glttck. Auch er verliess 1785 auf kurze Zeit die
Bondini'sche Gesellschaft. Wir werden uns später aber
noch um so eingehender mit ihm zu beschäftigen haben.
1785 trat Johann Drewitz, geb. 1761 zu Berlin,
^b zweiter Liebhaber ein. Er war zwar kein bedeuten-
dcfy wohl aber ein brauchbarer Schauspieler. Doch war
^ vornehmlich seine Beliebtheit bei Hofe, welche seine
Stellang am Dresdner Theater befestigte. Er ver-
heirathete sich 1786 mit der Soubrette Altfilist aus Berlin
nnd nach dem Tode derselben (1813) mit Friederike
Jentzsch aus Leipzigs welche schon damals^ so jung sie
Äoch war, die Rollen komischer Alten spielte. Auch
^ewitz ging zu dieser Zeit in das ältere Fach über, in
welchem es ihm aber noch weniger glücken wollte.
1783 verliessen Spenglers und Hempel die Truppe,
welche dafür in Schouwärts und dem Tenoristen
flurke (geb. 23. Februar 1762 zu Merklin bei Prag)
oeueu Zuwachs erhielt. Ein Jahr früher war Andr.
*^*niel Schirmer als zweiter Liebhaber eingetreten.
^ stand in dem Rufe eines fleissigen Darstellers, der
*^cntender im Spiel als in der Behandlung der Rede
^•r. Seine Verheirathung mit Friederike Christ, einer
Tochter des obengedachten Joh. Ant. Christ, befestigte
^*ter noch seine Stellung und machte seinen Namen
^*^hmt. Als Ersatz für Sophie Reinecke, welche gleich-
^^ Frau Schouwärt tragische Liebhaberinnen mit viel
*^if^I spielte und 1785 die Bondini'sche Gesellschaft
^^^li^ss, trat in diesem Jahre Sophie Bäuner, verehel.
fj**>^echt (geb. 1757 in Erfurt) ein. Sie hatte sich in
r^^ kindlicher Jugend mit dem Hausarzte einer rus-
.r^^lien Familie, dem Dr. Albrecht verheirathet, welcher,
J^^^f Neigung zur Bühne nachgebend, mit ihr nach
^''^^kfurt a. M. übersiedelte, wo sie 1783 mit grossem
^ 314 —
Erfolge zum ersten Male auftrat. Schiller, der ae dort
kennen und lieben lernte, schreibt Aber sie aa seiaai
Freund und späteren Schwager Reinwald ia Mdnisgai:
^Ein Herz, ganz zur Theilnahme geschaffen, über des
Eleinigkeitsgeist der gewöhnlichen Zirkel erhaben, toD
edlen, reinen Gefühls für Wahrheit und Tugend ui
selbst da noch achtungswerth, wo man ihr Geschlecht
sonst nicht findet."* Reinwald schränkte dies Lob jedoch
wesentlich ein. Schiller fand sie später in Leipo;
und Dresden wieder und knüpfte die alten Be^ek-
ungen an. Sie wurde die Vertraute seiner Liebe nr
schönen Elisabeth von Arnim. — 1795 verliess sie 'die
Dresdner Bühne, um sich mit ihrem Manne in Altena sn
die Spitze einer eigenen Gesellschaft zu stellen. TSluk
mancherlei Schicksalen starb sie 1840 arm and yerUsMK
im Spitale zu Hamburg. Ohne Zweifel war sie eine be-
deutende Darstellerin, hatte jedoch die SchwankuBgaft
der sich damals bekämpfenden idealistischen and rat'
listischen Darsteilungsweise nicht überwunden. Graffhat
sie gemalt. Der Dresdner Referent der Ephemeridoft
vom Jahre 1786 berichtet über das Bild: „Es war be^
der diesjährigen Gemälde-Ausstellung zu sehen und enie
ihrer grössten Zierden."
In diesem Jahre verstärkte sich die Greselbchaft
noch durch den Eintritt des Komikers H einrieb
Bösenberg^ geb. 1745 in Hannover. Er wird als äs
vortrefflicher, leider aber zu Uebertreibungen geneigte^
Darsteller geschildert, welcher die Gunst des Pablicmia^
rasch zu gewinnen und festzuhalten verstand. Seiia^
Tochter Eleonora, geb. 1768 in Hannover, wird al^
tüchtige Altsängerin gerühmt. Später wurde sie aue^
als Schauspielerin, im Soubrettenfache, beliebt. 17^ *
heirathete sie den Schauspieler und Sänger Zucker. S'
starb 1796 in Leipzig. Ihre jüngste Tochter Julie wi
eine der grössten Zierden der späteren deutschen
in Dresden.
— 315 —
b fehlt moht ao Urtbeilen ttber die Leistuagen der
Bondinftehen GkeellBehaft Unter ihnen ist eines der
iatereasantesten der Bericht^ welchen der Appellations-
nth KiSmer an Schiller ttber die Anfftthning des Don
Girlo8 erstattet „Gestern wurde der Garlos aufgeführt
^ lieisst es darin — das Haus war sehr voll und nach
ituk Schlüsse des Stttcks wurde ungewöhnlich lange
(^klatscht Wie die Vorstellung war^ kannst Du Dir
^eaken, da Drewitz den Carlos und Schirmer den Marquis
outchte. Und Beide waren mir doch lieber als Brttckl.
Sehirmer gelangen einige Stellungen^ und bei der Oe-
^gennehmung des Garlos that sein Spiel und seine
StiiDnie eine überraschende Wirkung. Bei Drewitz muss
■'Ui Hitleid mit seinem gänzlichen Unvermögen haben.
^ hatte doch ziemlich gelernt Seine Monotonie war
^iofts Null und er verdarb wenigstens nichts durch widrige
^^G^nte. Aber Brttckl war oft unausstehlich. Seine
^ttrde that ihm gar zu gütlich, so dass er ttberall das
^i^ort königlich einflickte. Merkt euch das, war
Meli eine Lieblingsredensart von ihm. Denke Dir eine
^ luedle Gestalt wie Brttckl, die nur das Grasse,. nur
^n Tyrannen in Philipp heraushebt und für den alle
äderen Zttge verloren sind. Angenehme Empfindung
k%t mur eigentlich nur die Koch gemacht. Sie war sehr
pKt angezogen; ihre Gestalt und ihr Anstand war fttr
i^r« Rolle im Ganzen sehr passend, und in der Eifer-
*tt<2htaBoene mit dem König sprach sie auch ziemlich gut
nad QAch ihrer Art mit Wärme. In anderen Stellen war
ihre Kälte weniger widrig, weil man sie fttr Zwang ihres
^^^ades und ihrer Lage ansehen konnte. Von der
'abrecht habe ich mehr erwartet In der Scene mit
^^^>*ioa ist ihre Koketterie ohne alle Grazie. Anstatt des
*>oliteren Conversationstons declamirt sie bald, bald
'^'^^ttert sie mit unnatttrlicher Heftigkeit und renkt sich
—^t'liaQpt wie Hase, wenn er Eroberungen machen will.
^^<^h war sie nicht vortheilhaft angezogen, bis zur Carri-
— 316 —
catur bloss, und weite Aermel, die zn ihren dflrren Äimei
sehr schlecht sich ausnahmen. Im Monolog nnd in der
Scene mit Perez hat sie einige Sachen gnt gesagt Im
vierten Acte nach der Gefangennehmung spielte ae
äusserst kalt; vielleicht aus Missvergnttgen, weil sie niclit
zu gefallen schien. Schouwärt spielte mit Anstand,
sprach aber sehr kalt. Henke blieb der verkleidete
Sänftenträger. Bei einigen Stellen entstand beinahe m
allgemeines Gelächter, wo er nämlich sagt: „Alk
fUr Einen'' bei der Verschwörung und im vierten Acte,
wie Lerma und nicht Alba zum Könige gerufen wird,
und Perez zu Alba sagt: mit uns ist es ans. Noch ein
paar Schnurren: In der Eifersuchtsscene sagt Brttcklzinr
Königin: „Jetzt keine Winkelhaken, Madame, und kdne
Schrauben.^ Sein Anzug war bis zum Stutzerhaften pri*
tentionirt. Drewitz beliebte in der Scene mit der EboK
unter Anderem zu sagen: „Das ist kein Strich ftir solcbe
Blumen.^ Minna meint, Herr von König hätte vielleicht
den Himmel als anstössig weggestrichen.**
Es fehlte zu dieser Zeit nicht an Klagen über Bflck-
gang der Bondini'schen Gesellschaft, und man tadelte
wohl auch die willkürliche Behandlung der Stücke, wo-
für sich der Referent im Magazin der Sachs. Geschichte
(1786, S. 252) auf eine Aeusserung Schiller's bezieht
Dieser schrieb nämlich, nachdem er einer Vorstellung des
Fiesco in Leipzig beigewohnt hatte: »Im Ganzen brav;
aber dass man mir sieben Scenen castrirt, den Ausgang
eigenmächtig abändert, manche Acteurs ihre Rollen ganx
verfehlen, das war für mich kaum zum Aushalten.*
Im Jahre 1787 starb Reinecke im Alter von nur 48
Jahren. Die Theilnahme in der sächsischen Hauptstadt,
sowie in Leipzig und Prag war eine ganz allgemeine-
Alle deutschen Theaterjoumale widmeten ihm einen
schmerzlichen Nachruf. So heisst es unter Anderem in
den Annalen des deutschen Theaters: „Man sagt, die
Natur habe mehr an ihm gethan, als die Kunst, —
— 317 —
»Hein, 80 sehr ich auch soust den Werth der Reg^eln an-
erkenne, 80 glaube ich doch, dass gerade er die Theorien
am ehcBten entbehren konnte, gleich einem grossen Dich-
ter, welcher Meisterwerke schafft, ohne zu wissen, warum
sie es sind. Denn er besass zu ein leises, richtiges Ge-
fab\. so viel Keiztiarkeit und Empfänglichkeit, die ihn
richltger leiteten, als es Regeln hätten th]in kennen."
Was Oarrick in Bezug auf die Clairon gesagt : dass die
grOesten ZUge des Genies dem Schauspieler selbst unbe-
kannt wären, sondern fs die- Wurme der Situation sei,
welche gleichsam die Mine zu der Zuschauer wie zu sei-
nem eigenen Erstaunen sprenge, das gelte auch tllr
Beinecke. Oder wenn seine schönsten ZUge prämeditirt
»ein sollten, so schienen sie doch erst in dem Augen-
blicke, da man sie sehe, unwillkürlich aus seiner Lage
zu entspringen."
„Die Bondini'sche Gesellschaft — heisst es weiter-
hin — verdankt ihm unendlich viel. Er bat sie auf den
wahren natllrlichcn Ton gestimmt, der sie vor nocli
mancher ihrer Schwestern auszeichnet. Er war nicht
bloss ein trefflicher komischer oder tragischer Schau-
spieler, er war in beiden gleich gross. Unter seinen
lieldenrollen war Eesex unstreitig die stärkste. Nach
ihm waren Macbeth, Othello, Gnello, Otto von Wittels-
bach. Graf Athelwald und Palm in dieser Gattung die
schönsten, die ich von ihm gesehen, wozu ich noch den
Albrcchl in der Agnes Bemauerin rechne, in dem er den
Liebhaber und den Uelden so trefflich zu vereinigen
wosste. Ich mag nicht entsebeidcu, ob er als Held oder
als Alter grösser war. Seinen Odoardo dürften ausser
Eckbof und Schröder wohl hiichBt Wenige erreicht haben.
Als Hamlet dartte er sich mit berufenen Künstlern
messen. Sein Beaumarchais und Beverley allein machten
ihn de« Namens Schauspieler werth."
Die Regie ging zunächst in die Hände Schouwärt's
und Thering's Über, Sie vermochten den schon vor-
— 318 -
bereiteten Rückgang der Bondini'Bchen Greflellsebaft aWr
nicht aufzuhalten. Schon 1785 Uagt der Leipziger Be-
ferent der Berliner Ephemeriden , daas durch das Aw-
wandem der besten deutschen Schanspieler nach Bm-
land besonders diese Gesellschaft gelitten habe. Er klagt,
dass weder das Spengler'sche Ehepaar^ noch Madaae
Reinecke einen genügenden Ersatz gefunden.
1788 wurde der Vertrag mit Bondini anf weitere
sechs Jahre (von 1789 — 95) verlängert. Da dieser jedoch
kränklich geworden, machte er seinen Cassirer Fnai
Seconda zu seinem Compagnon, um ihn während eiaer
Reise, die er zur Herstellung seiner Gesundheit nach
Italien unternahm; die Leitung der Gesellschaft fiber-
geben zu können. Auf dieser Reise starb er jedoch
schon am 30. October 1789 zu Brauneck in T^rol an der
Auszehrung.
Franz Seconda^ geb. 1755 zu Dresden, Sohn des
hier lebenden italienischen Waaren- und Delicateseen-
händlers Franz Maria Seconda, stand bereits seit 1779
in Bondini's Diensten. Da er mit der Geschäftsflihnuig
desselben vollkommen vertraut war^ wurde nach dessen
Tode der Contract auf ihn übertragen. Durch seine
Hingabe, Treue und Zuverlässigkeit gewann er sich dts
Vertrauen und die Gunst des Dresdner Hofs in einen
Grade, dass ihm der Contract allmählich bis auf 25 Jahre
verlängert wurde. Er empfing anfänglich eine Subven-
tion von 6000 Thlr., welche man vom Jahre 1801 anf
7200 Thlr. erhöhte. Seconda wird als ein überaus wohl-
wollender, das Beste seiner Gesellschaft, wie der ein-
zelnen Mitglieder erstrebender Mann geschildert, welcher
jedoch von dem künstlerischen Theile seines TJnißt-
nehmens nur wenig verstand und es daher überwiegend
als industrielle Speculation betrieb. Der Cassenerfolg
war der wesentliche Gesichtspunkt, welcher ihn leitete,
daher seine Gesellschaft bei aller Tüchtigkeit der ein-
zelnen Leistungen sich im Ganzen keineswegs zu dem
— 819 —
AnfiBchwniige erheben konnte, welchen die theatralische
Ktunt gleichzeitig in Hamburg, Mannheim, Berlin, Wei-
mwk.'M theils schon genommen hatte, theils aber noch
lutbm. Er gewann zwar in dem 1789 zu seiner Gesell-
lelisft znrttckkehrenden Opitz einen Mann für die Lei-
tnig der geistigen Seite seines Unternehmens, welcher in
msksieher Beziehung die schätzenswerthesten Eigenschaften
dikzü mitbrachte, der aber in seiner flach-naturalistischen
K^nastrichtong die Einseitigkeit und Enge des in Dresden
herrschend gewordenen Geschmacks theilte und durch
die kleinliche Strenge einer ängstlichen Censur noch
Tielhch gehemmt wurde.
EOmer giebt in seinen Briefen an Schiller gelegent-
Bcli einige köstliche Proben davon. So durfte Johanna
d'Arc den Namen Gottes nicht aussprechen, sondern nur
Ton einem Genius reden, überhaupt auf der Bühne weder
eine kirchliche Person erscheinen, noch gebetet, oder
•elbst nur vom Beten gesprochen werden, daher Hamlet
^& statt: „ich meinestheils will beten gehen '^y sagen
^'WBtc : ^was mich betrifiPt, ich will das Meinige thun !" —
U^berall witterte man Anspielungen, so dass Kömer noch
J802 in Bezug auf die Aufftlhrbarkeit der Turandot auf
*^ Dresdner Theater an Schiller schreiben konnte:
ifii^ unglücklicher vertriebener König wird schon Contre-
"^de sein. Ein Kanzler - Pantalon ist nun gar ein
^*Oiel — um so mehr, als unglücklicherweise der jetzige
E*«Äaler gerade manches Lächerliche hat. — Habe Geduld
^^ der Dresdner Schwachheit.** Doch werde ich später
^ ^«igen haben, dass Kömer diese Verhältnisse doch
•ch^^j^jj^r gab, als sie thatsächlich waren, und der Direc-
^^^ und die Regie in der Aengstlichkeit ihres Amts-
^^^Tn oft weiter gingen, als es bei Hofe verlangt wurde.
Eine kleine 1799 erschienene Schrift: „Kritik des
•^»atlichen Personals der Kurf. Sachs. Hofschauspieler-
^^llachaft, vom Verfasser des klugen Mannes auf dem
^^^er**, spricht sich über Opitzens Regie folgender-
— 320 -
masseil aus: «Wie kommt es, dass wir die Meisterwerke
unserer dramatischen Dichtkunst entweder gar nicht oder
doch äusserst selten zu sehen bekommen? Iphigenia
von Goethe ist noch nie gegeben worden; von SchSkr^B
Piccolomini; den man schon ttberall gesehen hat» ii6sb
man hier noch nichts. Dass es einen WeiBse, Klioger^
Leisewitz gegeben habe, scheint man ganz vergesMiitt
haben. Emilia Galotti, Clavigo dienen gleichsam nur lU^
Nothbehelfe. Der Miss Sara Sampson wird nicht wAt^
gedacht, da hingegen viele unserer dramatiflcben
geburten bis zum Ekel abgedroschen werden. Es n
mir recht gut bekannt, wie man sich zu entschuldigeXB.
pflegt. Das Publicum will gern etwas Neues sebem^
sagt man, und auf ein volles Haus muss man bedick'^
sein. Aber das Publicum ist wirklich so tief noch dIcIb.'^
gesunken, dass es nicht das Gute, hauptsächlich imJ^
Vortreffliche, dem Neuen, wenn es keines von diesetf^
ist, vorziehen sollte. Auch machen viele (gute) Stücke 9
wie z. B. Don Garlos, Fiesco u. a. allemal ein yo110^
Haus. Jene Entschuldigungen sind also Ausfluchte ua^
der Grund muss in etwas Anderem liegen. Die Wahrheit
aber will ich Herrn Opitz an's Herz legen, dass derO^'
schmack des Publicums mehr und mehr verdorben werdet
müsse, wenn ihm ewig geschmackwidrige oder dool*
nur mittelmässige Productc vorgelegt werden. Der Scha'ö-
spieler soll aber nicht nur zum Vergnügen, sondern an^
zur Bildung des Publicums beitragen."
In der That begünstigte Opitz mehr als billig
Modegeschmack der Zeit und die flacheren, seichter^^
Bühnenproducte. Er ging mehr aut den Beifall A^*
Massen, als aut den der Gebildeten aus. Er sachte nio^'^
jene zu diesen zu erheben, sondern diese zu jenen
zuziehen. Auch ward ihm Parteilichkeit zur Last
Er soll die Rollen nach Gunst vertheilt, brillante Red^^"
von der einen Rolle auf die andere übertragen hato^"**
Das von ihm vertretene Kunstprincip war das e»"*^*'
— 321 —
flachen Natttrlicbkeit um jeden Preis. Deb Publicum
der di^i Städte, in denen die Seconda'sche Trappe ab-
wechselnd spielte, war ebenso von demselben beherrscht,
wie Seconda nnd der Directenr des plaisirs wieder von
Opitz. Erst unter Vitzthum sollte sich dieses etwas yer-
indem, obgleich es schon 1801 Seconda nicht gelingen
wollte, bei der Verlängerung seines Contractes die Zu-
ncherung der Uebertragung desselben auf Opitz für den
Fall seines Todes zu erlangen. Im Jahre 1805 finde ich
den Letzteren jedoch nicht mehr mit dem Prädicate
ijHerr" auf den Theaterzetteln verzeichnet, was wohl nur
^ an deuten ist, dass er von dieser Zeit einen bestimmten
^Whäftsantheil an dem Unternehmen Seconda's genoss.
^ itarb indess früher, als dieser. Wie gross die Schatten-
"^ten seiner Regie aber auch immer gewesen sein
inOgen, so wird man ihm eine ungeheure Rührigkeit
doch nicht absprechen können, und ebensowenig das
^beo, ausgezeichnete Kräfte zu einem guten Ensemble
^ vereinigen.
Von den unter seiner Regie gemachten Erwerbungen
Kien die folgenden herrorgehoben. 1793 kam Christ zur
^^^^Hda'schen Gesellschaft zurück, um lange eine Zierde
^'^elben zu bleiben. Ueber keines ihrer Mitglieder ver-
^'i'iScn sich die Stimmen so widerspruchslos zu rückhalt-
■^^^Äter Anerkennung, wie über ihn. Er debütirte im
^OTember d. J. als Graf von Frohburg im „Revers** von
^^^g^Ty feierte am 14. September 1815 sein SOjähriges Schau-
^lerjnbiläum als Kriegsrath Dallner in Iffland's „Dienst-
I*cbf und starb 1824 in seinem 80. Lebensjahre. 1797
^*^ii auch zwei seiner Kinder auf der Seconda'schen
'••hue auf, von denen seine Tochter Friederike, welche,
^^ schon erwähnt, den Schauspieler Schirmer heirathete,
'^•^^hnials eine so bedeutende Rolle spielte.
1795 wurde in Friedrich Wilh. Haffner, welcher
. I-i€ipzig als Oberförster in IflTland's Jägern debütirte,
^^ höchst schätzenswerthe Kraft für das Fach der zärt-
21
— 322 —
liehen Väter und launigen Alten gewonnen. Er war 1760
in Dresden geboren , hatte 1777 bei Bondini die Btthne
betreten, um sich sodann bei Döbbelin, Wäser, Schlich
n. A. zn der gegenwärtigen Tüchtigkeit emporzuarbeitfl&
„Ein wohlgebauter Körper — heisst es in einem Urthefle
über ihn — ein einnehmendes Oesioht, ein ehrliehei
AugC; ein geschmeidiges Sprechorgan and ein reiner,
heller Tenor — das Alles sind Eigenschaften, welche den
Zuschauer rasch fUr ihn einnehmen.^ Sie gaben aber
auch Veranlassung; dass man ihn zuweilen am fiüseben
Platze, zu noch jugendlichen Rollen verwendete. In seinem
ihm eigenthttmlichen Fache wird ihm Wärme, Treue und
Wahrheit nachgerühmt. Fleck war später sein Vorbild
geworden. Kömer sah ihn 1801 in Leipzig als Wacht-
meister in Wallenstein's Lager. Er fand seine Erwartungen
ttbertroffen. „So gut habe ich ihn noch in keiner Bolle
gesehen. Er hatte sie recht con amore studirt: das sali
man deutlich. Er traf den Ton immer glücklich, befaidt
einen gewissen Humor und hat mir wirklich Oennss
gegeben.^ Als Buttler fand er ihn dagegen nur leidlick
Er scheint in der Behandlung der Stimme nicht immer
glücklich gewesen zu sein und oft zu hoch eingesetzt n
haben. Auch macht ihm der Verfasser des »klugen
Mannes'^ den Vorwurf, dass er die Natur zu sehr ndt all
ihren Zufälligkeiten wiedergebe, nicht aber sie künstlerisch
zur Schönheit läutere. Er macht hierbei die allgememe,
doch charakteristische Anmerkung, dass man gegen das
formalistische Darstellungsprincip der Franzosen vielleicht
doch etwas zu sehr geeifert und das Kind mit dem Bade
verschüttet habe.
Eine Reaction gegen die immer flacher werdende
Natürlichkeitsrichtung machte sich jetzt naturgemSss
schon an verschiedenen Orten, wenn auch nur leise
geltend. Die in Weimar sich bildende idealistische Schule
verdankt daher nicht bloss der Laune eines Einzelnen
ihre Entstehung, sie war vielmehr nur der energische
— 323 —
Ansdrnck einer eich bald allerwUrte rogenden For-
demng.
Scbon Beit 1785 mnse die ältexte Tochter der Romaoa
Koch auf der BoDdini'scben Bflbae tliätig gewesen sein, da
der Bericht irstatter der Ephemeriden zu dieser Zeit darüber
kla^, daas sie so ziemlich die einzige hübsche jngend-
liche Erscheinnng an diesem Theater, aber noch zu sehr
AnfUngerin wnr. Vom Jahre 1790 an finden wir Sophie
reg«lmäsmger yerwcndet. Später trat auch noch die
jlln^rfl Tochter Marianne hinzu. Jene spielte damals
aweite Liebhaberinnen, diese Rinder- und kleine Soubret-
tenrollen. Sie traten bis 1796 noch zugleich mit ihrer Mutter
auf. In diesem Jahre wurde ibnen aber diese entrinsen
and Opitz ihnen zum Vormund gesetzt. Beide, hUbsch
ond talentvoll, wurden bald in Dresden, wie in Leipzig
beliebt. Goethe, welcher die Mutter schätzte und anf
sie aufmerksam gemacht worden war, suclite sie zu ge-
moDen. Es scheint, dass Opitz seine MUndel, besonders
gegen die von ihm favorisirte Schauspielerin Hartwig,
gefi issenttich zurückgesetzt habe und Goethe die daraus
entspringende Unzufriedenheit des Schwestern paars zu
benutzen suchte. „Für die* Schauspielerin Hartwig —
heiast es bei Pasqnä (Goethe's Tbeaterleitung] — scheint
Opitz eine kleine Schwäuhe gehabt zu haben, denn er
protegirie sie sehr. Ja er ging selbst so weit, anderen
Mitspielenden Reden zu nehmen, um solche der Rolle
der begünstigten Schauspielerin hinzuznfUgen, welches Ver-
fahren indessen zu jener Zeit nicht ganz isoliri; war.
I>Brch solche Neigung musstc der, Madame Hartwig und
ihr Talent hewuudemde Regisseur mit dem Vormunde
in Conflict kommen , wobei Ersterer natürlich den Sieg
behauptete , zum Schaden der beiden jungen , rollen-
bedUrftigen Mündel." Der Schauspieler Beck erhielt dem-
nach den Äulb-ag, das Engagement derselben zu rer-
nitMln, was zu einer sieb etwas peinlich zuspitzenden
Coirespondenz zwischen dem Hofkammerrath Kirmes nnd
— 324 —
Opitz fahrte, welcher Letztere seine Mttndel unter allerieä
Vorwänden zurückzuhalten suchte, nm sich, wie es sohemt^
hierdurch an dem Weimarischen Theater wegen eineT*
früheren Zurücksetzung .zu rächen. Das Wnnderliehste
an diesem mit so viel Empressement yon beiden Seiten,
geführten Handel ist, dass die beiden Schanspielerinnen
nicht von einer solchen Bedeutung gewesen sein kOnnen,
die wir ihnen darnach beimessen sollten — da sie spiler
fast in Vergessenheit geriethen. 1801 finde ich auf den
Dresdner Theaterzetteln nur noch die eine der beiden
Schwestern, 1802 auch diese nicht mehr. Im Jahre 1806
erscheint die jüngere Schwester, welche sich damals ii
Mannheim aufliielt, noch einmal als Gast der Seconds-
sehen Gesellschaft in Leipzig. Eine Besprechung der
Zeitung für die elegante Welt lobt sie in sentimenttleii
und pathetischen Rollen.
Die schon erwähnte Schauspielerin Friederike
Wilhelmine Hartwig, geb.Werthen aus Leipzig (1777)
debütirte bereits im Alter von 13 Jahren bei der Schnelh
sehen Gesellschaft in Rostock. Sie spielte hierauf io
Schwerin, Bremen, Hannover, heirathete 1792 den Schau-
spieler Hartwig und trat 1796 in die Stelle der Albrecht
bei der Seconda'schen Gesellschaft (in Leipzig als Lobe
in Kabale und Liebe) ein. Ihre Antrittsrolle in Dresden
war die Katinka im Mädchen von Marienburg, in welche
sie grossen Beifall erwarb. Der Verfasser der oben-
erwähnten „Kritik^ trägt kein Bedenken, sie unter die
Darstellerinnen ersten Ranges zu setzen. ^Nie habe ick
eine Luise in Kabale und Liebe mit mehr Wahrheit^
Innigkeit und Feinheit, nie eine Ariadne auf Naxos mit
mehr Vollendung, nie eine Friederike in Edelsinn Qod
Armuth mit mehr Naivetät geben sehen. (Schiller lobte
sie auch als Jungfrau von Orleans.) Ihr Mienenspiel ist
wahr und fein, ihre Gesticulation treu und natürlich,
ihre Haltung edel. Haupt8ächlich hat sie ihr schönes^
braunes Auge ganz in ihrer Gewalt und zaubert damit,
— 325 —
was sie nnr will. Man mnss in der Thai kein Herz
laben, nm es nicht im Innersten bewegt zu fühlen, wenn
dies Ange sich in sanftem Schmerze mit Thränen zu
ftilen scheint, oder wenn es sich in stiller Resignation
lom Himmel hebt oder im Wahnsinn vor sich hiastarrt.^
Kur gegen den Ton ihrer Stimme werden hier Ein-
wexidnngen erhoben. „Dieser ist etwas gedehnt und fallt
xniT^eüen ins Singende. Zndem will Mad. Hartwig jede
Sy^lbe deutlich nnd yemehmlich aussprechen, und dadurch
moas der Ton geziert werden. Stellen aber, die ich nie
von einer anderen Schauspielerin so schön gehört und
gesehen habe, als von ihr, sind die, wo die Seele in hohem
Enthusiasmus eben zu grossen Entschlüssen sich erhoben
hat imd wo sie in yoUer Würde und allem Selbstbewusst-
«ein der Tugend und Unschuld auftritt." Auch ihre
Neigung zu auffälligem Putz wird hier noch getadelt.
Aus dem Anfang des Jahres 1796, noch vor Engage-
""^Jit der Hartwig, stammt folgendes, von Seconda her-
^l^fendes Verzeichniss des Schauspieler-Personals, welches
*^rttx Fttrstenau aufgefunden und mir, wie so Vieles,
'^^ Itfittheilung freundlichst überlassen hat.
Opitz 1800 Thlr., Zuckers 1500 Thlr., Albrecht
^OO Thlr., Haffner 1040 Thlr., Schirmers 1000 Thlr.,
j^^lis 1000 Thh-., Thering 1000 Thlr., Schouwärt 800
^^U-,, Henkes 800 Thlr., Emmrich 800 Thlr., Bösenberg
^'OO Thh-., Drewitz 676 Thhr., Karlstein 400 Thlr., Seconda
^OO Thlr., Griesbach 312 Thlr., Le Roy 312 Thh-., KUnzel
^^ Thlr., Walter 260 Thh-., Wäser 208 Thlr., Souffleur
^J^rich 312 Thlr.
Die Gesammtausgaben beliefen sich damals auf
%,548 Thlr. Im Jahre 1800 waren sie durch Erhöhungen
4er Gagen auf 31,000 Thlr. gestiegen. Opitz erhielt zu
dieser Zeit bereits 3000 Thlr. jährliches Gehalt.
Vom Jahre 1796 an findet man in den Theaterzetteln
auch Mad. S c h m e 1 k a (bis 1800), das Ehepaar Q u a n d t
(bis 1798) und einen Herrn Nuth verzeichnet, welcher
— 326 —
Letztere wahrscheinlich ein Verwandter des gleichnamigen
Balletmeisters war. Er spielte zärtliche Väter undGreiM.
Wir werden ihm bei Joseph Seconda wieder begegnen.
Mad. Quandt wird auch in den oben bertihrten Koch»
sehen Händeln genannt. Mad. Schmelka spielte theik
heroische, theils zärtlich pathetische Rollen und wird
besonders in letzteren gelobt, an ihrer Ansspraohe jedoch
manche individuelle Angewöhnung getadelt. 1797 trat
das Ochsenheimer'sche Ehepaar von der Mannheim'schen
Gesellschaft zur Seconda'schen über, er an die Stelle
Schouwärt's.
Ferdinand Ochsenheimer, 1756 in Mainz geboren,
hatte seine schauspielerische Laufbahn bei derBösann'sohen
Gesellschaft begonnen. Er gehörte zu den bedeutenderen
Charakterdarstellern der Zeit, besonders im Fache der
Intriganten. Eine seiner Hauptrollen war der Secretär
Wurm in Kabale und Liebe. Auch sein Talbot wurde
gerahmt. Sein Spiel beruhte auf sorgfältiger Lebensbeob-
achtung und lebensvoller Erfindungskraft. Auf den jungen
Ludwig Devrient tlbte er die ersten tiefen Eindrücke aii&
„Audi ohne Hände und Fasse, urtheilt die Zeitung für
die elegante Welt über ihn, würde er ein grosser Schau-
spieler bleiben. Sein Mienenspiel und seine Betonoog
mochten wohl nur von Iffland übertroffen werden.** Für
die Höhenpunkte der Leidenschaft fehlte es ihm an
physischer Kraft, daher er in kalten Rollen am vortreff-
lichsten war. Seine Kälte konnte dann teuflisch sein.
Für ideale Rollen scheint es ihm jedoch an Vornehmheit
gefehlt zu haben, so dass er als Claudius oder Alba nur
wenig befriedigte. Seine Gattin war glücklich in naiven
und schnippischen Rollen, nur scheint sie die Ungezwungen-
heit in dem Masse übertrieben zu haben, dass es nicht
selten die Liebenswürdigkeit ihrer Darstellungen beein-
trächtigte. Zwischen den Jahren 1798 — 1802 finden wir
unter den Mitgliedern auch noch das Ehepaar Mayer,
Madame Häusser, Herrn Sommerfeld und Mad. Rein-
— 327 —
brd. Fttr Letitere^ die an Mad. Häasser's Stelle getreten
wiT; wurde 1802 Elise Marie Christiane Bürger,
geb. Hahn, die dritte geschiedene Fran des Dichters
^ogQst Bttrger, gewonnen. Sie war 1769 in Stuttgart
geboren, kam später nach Berlin nnd wurde hier von
den Molljgesängen Bttrger's in dem Masse ergrilfen, dass
^^ sich demselben brieflich als Gattin antrng. Sie sah
^b jedoch in dem, was ihre erregte Phantasie nnd Sinn-
fichkeit nach den hiervon ttberfluthenden Dichtungen
^•rger's erwartet hatte, völlig getäuscht, suchte nach Ent-
^hädigung dafür in anderen Verhältnissen und gerieth
«ierdureh auf Abwege, welche nach zweijähriger unglttck-
'i^ber Ehe eine Trennung fUr den getäuschten Dichter
^^ Kothwendigkeit machten. Sie wendete sich hierauf
^^^ fitthne, debtttirte in Altena, spielte längere Zeit nicht
ohne Erfolg in Hamburg und trat endlich in Dresden
^ das Fach der Heldinnen ein. „Mad. Bürger — schreibt
^«i-ner am 31. Oct. 1802 an Schiller — spielt jetzt auf
^^*ti. hiesigen Theater. Gestalt und Anstand sind nicht
,?^*^xigenehm. Auch hätte ich nichts gegen ihr Organ.
. '^^ ihre Declamation ist zuweilen unnatürlich und un-
r^^^tig. Ueberhaupt spricht sie zu laut. Besser als die
^^^^^ard scheint sie wohl zu sein.** Sie spielte Rollen
^^^ Elisabeth im Don Garlos, die Terzky im Wallenstein,
^*^i Elisabeth in Maria Stuart, die Lady Milford. Der
.^^"fferent der Zeitung fttr die elegante Welt sagt über
^^^^ Gräfin Terzky (1805): „Mad. Bürger weiss zu sprechen
^^^^ dringt in den Geist des Dichters ein." 1807 verliess
^•^ die Seconda'sche Gesellschaft und versuchte sich später
^ plastisch-mimische Darstellerin, ohne jedoch die Händel-
hütz erreichen zu können. An ihre Stelle trat Mad.
«czkowska.
1806 wurde in Lembert ein talentvoller jüngerer
arsteller gewonnen, welcher der Gesellschaft gefehlt hatte,
r verliess sie jedoch schon nach zwei Jahren und wurde
Vorübergehend durch einen gewissen Ringe Ihardt, 1809
I
>
— 328 —
"über durch L. E. Chr. Geyer (geb. 1780 in
ersetzt, welcher sich zugleich als Maler und Theaterdichl
bekannt gemacht hat. Um seine Mutter und Gescbi
unterstützen zu kilnnen, hatte er seine Studien aufgegd
und sieh dem Portraitiren zugewendet, später aber sieh ai
noch der Buhne gewidmet. Er heiratbete, um dessen HinI
lassene vor Noth zu schützen, die Wittwe seini a Freunde^
des Polizeiactuars Wagner in Leipzig, Vater des ComponisteB
Richard Wagner, auf dessen erste Eotwiuklong er nicbl
ohne Einfluss bheb. „Aus Dir hat er etwas machen w(
len," hatte dessen Mutter diesem nach dem 1836 erfolgeodf
Tode Geyers zugeflüstert. Auch für die Schwestern Wi
ner's war er, wie wir später noch sehen werden, sorgsam
bemüht. — Geyer war ein Schauspieler von gründlicher
Schule und wird von Zeitgenossen sowohl in den Rollen
der Intrigants, wieinhochknmischenund gemtitblichenCbi-
rakterrollen gerühmt. Nur wirl't mau ihm dann und wum
Uehertreibung vor. Als Mensch genuss er die allgemeinat&.
Achtung. Von seinen dramatischen Dichtungen machte
Bcthlemitische Kindennord Anfsehen. — Im Jahre li
folgte Ochsenheimer einem Rufe nach Wien an die Hofbi
Für ihn trat Julius Weidner ein, welcher sowohl
ernsten, wie komischen Charakterrollen ein auf gi
Studien und Weltbildung beruhendes DarstcUnogstal
entfaltete. In demselben Jahre machte die Gesellscl
in Mad. Brede, nach dem Urtheile des Referenten
Zeitung für die elegante Welt, seit lange eine der bei
Acquisitionen. Sie wurde besonders in muntern RoUei
wegen ihrer Gewandtheit und ihres gesunden Humon
gerühmt. — 1810 debutirte das Ehepaar Hellwig in dei
Johanna von Montfaucon; sie in der Titelrolle, er all
Philipp von Monteny. Friedrich Hellwig war eim
vielseitige Kraft, reich an Talent und Bildung. Er
wickelte sich zu einem der vorzüglichsten Heldenspiel
war aber nicht minder ausgezeichnet im Lustspiel. A
in der Oper wirkte er mit und versah viele Jahre
iciil
iniM
II Aw des Regisseurs mit grosser Gewissenliaftigkeit. Durch
I dn Adel seiner änsseren Eroeheinnng, die schwungvolle
I Otirtndtlieit seines Spiels und die Ausdrucksfäbigkeit
*^ H'oliiklingendcn Stimme liatte rr die Gunst des
hblicums in hohem Grade gewonnen. Auch ein jangcrer
Bddtsspieler wurde 18U engagirt: Friedrich Kanow,
Wloher nach den Urtheüen der Abendzeitung sich nach
»d aach zu einem in diesem Fache brauchhareu Schau-
9tel« aual'ildete. Friesen (in Ludwig Ticck) wirft ihm
J*loch vor, in den Momenten der Leidenschaft in einen
whlen, kreischenden Ton verfallen zu sein. Wichtiger
"ar da» gleichzeitige Engagement des Ehepaars Bur-
oeiaier. Friedrieh Burmeister, 1771 zu Schwerin
geboren, betrat 1794 zum ersten Male zu BUtzow in
^ßcklenlmrg die Buhne, kam später nach Schwerin, wo
CT bis 18U0 als Schauspieler, Sänger und Regisseur thäti;,-
***", und ging dann in gleicher Eigenschaft nach Schleswig
(1*3 ll?07). Nach einem mehrjährigen Aufenthalte in
Breanen folgte er einem ehrenvollen Rufe nach Dresden,
**> er mit seiner Frau in „Edelsinn und Armuth" von
So*iebtte debutirte — er als Peter Plum, sie als Josephine.
« vnrdo schon damals wegen der Einfachheit und NatUr-
ücbkeit seines Spiels gcrUhmt und später im Fache der
"TWBten Väter und in fr in komisehen Charakterrollen eines
icr beliebtesten Mitglieder der Dresdner Buhne. Er starb
IS&l als Pensionär derselben. Ticck sagt (1827) Über ihn:
■un Gebiete de» bUrgerlidien Schauspiels kann er oft ein-
Ärtnglich, auch rührend, selbst erschütternd werden. In
KoUen der vornehmen Stände täuscht er weniger, weilsein^
GeVrden, sowie dem Ausdruck seiner Stimme eine gewisse
Feinheit abgehl. Es fehlt ihm nicht an Anstand, selbst nicht
■Wtlrde, aber der Ton und das Spiel der Tragödie stehen
Siebt zu Gebot. Hier muas eine gewisse Natflr-
keit oft wieder unwahr werden, wenn sie
"«b Dicht eben so viel erheben, als senken kann."
*ich Julius Christian Koch, welcher vom Jahre 1S35
— 330 —
an dauernd ein Mitglied der Dresdner Btthne wi
sollte, wurde 1812 yorttbergehend ftbr komisohe I
und Naturburschen engagirt.
. Nach Opitzens Tode (1810) ttbemahm Seoonda \
die Regie. Das Jahr 1813 sollte jedoch in diese
hältnisse eine grosse Veränderung bringen. Ehe ich
aber darstelle, wird es zweckmässig sein, die Gesa
leistungen der Seconda'schen Gesellschaft in Dresden
etwas näher ins Auge zu fassen, zu welchem Z
ich einen [Ueberblick des Repertoires derselben in
uns hier vorliegenden Zeiträume yorausschicke:
1789: Die bez&hmte Widerbellerin , L. 4 A. von Schi
Die beiden Portraits, L. 1 A. — Don Gar los, Tr. 5 i
Schiller (Manoscr. 60 Thlr.). — Der Eilfertige, L. 3 A. von {
ter. — Dank und Undank, L. 3 A. nach dem Franz. von Junger. •
entschlossene M&dchen, ScL 2 A. von Brühl — Der Eint
Seh. 5 A. nach d'Arien von Emmricb. — Erst geprüft, L. 1
Die Erbschleicher, L. 5 A. von Gotter. — Der Eifersüchtij
4 A. nach dem Engl, von Schröder. — Inez de Castro, Tr.6^
Soden. — ^ Irrthum in allen Ecken, L. 5 A. nach Goldsmith. -
liuB von Tarent, Tr. 6 A. von Leisewitz. — Die Liebln
1 A. von Bösenberg. — Masaniello, Tr. 5 A. von Albred
Menschenhass und Reue, Seh. 5 A. von Kotzebae. —
versöhnt, Seh. 5 A. von Ififland. — So muss man die Ü
fangen, L. 5 A. — Sittenspiegel, Seh. 5 A. nach dem Fra
Stammbaum, L. 1 A. von Ant. Wall. — Die Schule der Dam
5 A. von Stephanie d. J. — Tancred, Tr. 5 A. nach Yoltai
Die überlisteten Betrüger, L. 5 A. — Verstftndniss und M
ständniss, L. 5 A. von Büschel. — Die Verlobung, L. 1 .
Brömel. — Wie der Herr, so der Diener, L. 6 A. — Der W
L. 4 A. von Jünger. — Warwick, Tr. 6 A. von Büschel. —
sammen: 6 Trauerspiele, 5 Schauspiele und 17 Lustspiele.)
1790: Der Advoeat, L. 5 A. — Alderson, Tr. 5 A. von
des. — Bruder Moritz, L. 3 A. von Kotzebue. — Das FriUdi
1 A. — Die Kolonie, L. 4 A. von Albrecht. — Edelmath a
als Liebe, L. 1 A. von Brühl. — Der Eremit zu Formentera
6 A. von Kotzebue. — Die Entführung, L. 3 A. von Jung
Die Feuersbrunst, Seh. 3 A. von Grossmann. — Die Indiai
England, L. 5 A. von Kotzebue (40 Thlr.). — Leidenschaf
Liebe, Tr. 6 A. von Vulpius. — Liebe und Grossmuth, Sek
— Die Macht der kindlichen Liebe, Seh. 5 A. von Seidel —
— 331 —
und Heodielei, Seh. 5 A. von Beck. — Oronoco, Tr. 5 A. Yon
Scboowirt — Point d'honneiir, L. 1 A. — Die Perücken, L. 1 A.
»w Spielt. — Das Portrait der Mutter, L. 4 A. von Schröder. —
^ pldlosophiBdie Dame, L. 6 A. nach Gozzi, von Schletter. —
KittMcliinir and Treue, Seh. 5 A. von Bösenberg. — Die Spieler
ins EhrgeiB, L. 6 A. — Skizzen der rauhen Sitten, Scb. 6 A. —
^ Strafsache, Seh. 2 A. von SeideL — Spass und Ernst, L. 2 A. —
Sckkrdt, der Unbesonnene, L. 6 A. nach dem Franz. — Die Ueber-
tilaif, L. 1 A. nach dem Engl, von Schröder. — Die unglückliche
^«» L 4 A. von Schröder. — Die würdige Mutter, Seh. 6 A. von
^^ ^ Wieder ein' neuer Auftritt, L. 4 A. von Hebenstreit. —
Woldtlnm macht glücklich. Seh. 5 A. von Senf. — Zieh' aus, Herr
^der, L. 8 A. von Albreeht* — (Zusammen: S Trauerspiele, 10
anspiele und 18 Lustspiele.)
1791: Belohnte Wohlthat, L. 8 A. von Brandes. — Die
Hagestolzen, L. 5 A. von Iffland (86 Thlr.). — Das Ehrenwort,
^ i A Yon Spiess. — Einer prellt den Andern, L. 1 A. — Das
f^iffur aus der Provinz, L. 4 A. von Jünger. -— Er mengt, sich
* Alles, L. von Jünger. — Freemann, Seh. 8 A. von Jester. —
^^drich von Oestreich, Seh. 5 A. von Iffland. — Frauenstand,
^ 5 A. von Iffland. — Der gutherzige Alte, L. 1 A. von Flo-
^^^ — Das grosse Loos, L. 1 A. von Hagemeister. — Der Herbst-
^ Seh. 6 A. von Iffland. — Klara von Hoheneichen, Rittersch. 4 A.
^ Sfiiess. — Liebhaber und Nebenbuhler, RitterL 4 A. von Zieg-
^' — Maske für Maske, L. 8 A. von Jünger. — Der Papftgei,
^ 3 A. von Kotzebue. — Stadt und Land, L. 8 A. von Spiess.
p ^e seltne Probe, L. 1 A. von Dahlberg. — Der seltne Onkel,
r* * A, von Ziegler. — Die verschlossene Thüre, L. 8 A. von
??***iberg. — Weiberlist geht über Alles, L. 8 A. — Was dem
^"^^ recht ist, ist dem Andern billig, L. 3 A. von Brandes. —
(^^X^inmen : 6 Schauspiele und 16 Lustspiele.)
. 1792: Alles aus Eigennutz, L. 5 A. von Beck. — Bürgerglüek,
f^ ^ A. von Baba — Das Donnerwetter, L. 8 A. von Albrecht —
1«^ Harfner, Ritterseh. 8 A. von Brühl. — Er^'in von Steinheim,
J^* & A. von Blumauer. — Ehrgeiz und Liebe, L. 2 A. von
*^öder. — Folgen einer Lüge, Seh. 4 A. von Spiess. — Die Ge-
* In diesem Jahre wurde Fieseo in folgender Besetzung ge-
•^^n : Andreas Doria — Emmrich. Gianettino — SchouwÄrt. Fieseo
*^ Opitz. Verina — Brück!. Bourgognino — Sehirmer. Kalkagno
r Henke. Saeco ^ Bösenberg. Lomellino -^ Drewitz. Muley
^•••n — Thering. Imperiali — Mams. Weinhold. Leonore —
\%. Koch. Bertha — Mad. Albreeht
schwister vom Lande, L. 5 A. von Brandes. — Gutherzigkeit und
Eitelkeit, L. 5 A. Ton Brandes. — Lohn und Strafe, Seh. 1 A. tod
Schletter. — Leichtsinn und gutes Herz, L. von Hagemann. — List
gegen Bosheit, L. 3 A. von Lambrecht — Mathilde von Giesibach»
Tr. 6 A. Yon Ziegler. — Otto der Schatz, Seh. 5 A., amgeaibeitei
von Bösenberg. — Die Becrutirung, Seh. 1 A. von SchildbidL • —
Die Sayoyarden, L. 1 A. — Die vier Vormflnder, L. 6 A. mn
Schröder. — Vomrtheile, Seh. 5 A. von Iffland. — Incogiiit<s Im
4 A. von Ziegler. — (Zusammen: 2 Tranerspiele, 6 Schansj^ele and
11 Lustspiele.)
1793: Gora, Seh. 5 A. von Eotzebue. — Die Qn&lgeister, D-
6 A. nach Shakespeare, von Beck. — Der Weg zum Yerderbeo, Sdft'
5 A. von Brandes. — Die Ehrenerkl&rung, Seh. 1 A. Ton £rpal-
— Jeder fege vor seiner Thür, L. 1 A. — Incognito, L. 4 A. to«»
Ziegler. — Liebe und Muth macht Alles gut, L. 8 A. von Spieas-
— Die Lftsterschule, L. 6 A. nach Sheridan, von Leonhardl — De^
Maitag, ländl. Gem. 4 A. von Hagemann. — Die neogierigecB^
Frauenzimmer, L. 8 A. nach Goldoni, von Brandes. — Der PQge^«
Seh. 5 A. von Ziegler. — Die Reise nach der Stadt, L. 6 A vp^^
Iffland. — Das Scheinverdienst, Seh. 6 A. von Iffland. — Schade^*'*
freude, L. 1 A. — Die unvermuthete Wendung, L. 4 A. von Jtoge^-
Weiberlaune und M&nnerschwaehheit, L. 5 A. von Ziegler. — (Z^
sammen: 5 Schauspiele und 11 Lustspiele.)
1794: Die Aussteuer, Seh. 5 A. von Iffland. — Barbarei
Grösse, Tr. 5 A. von Ziegler. — Dienstpflicht, Seh. 6 A. vonl'
land. — Edelsinn und Armuth, L. 8 A. von Eotzebue (40Thlr.).
Der Vormund, Seh. 5 A. von Iffland. — Der Krug geht so lani
zu Wasser, bis er bricht, L. 3 A. von Jünger. — Luise, Seh. 4 ^
von Schwarz. — Die Meierei, L. 6 A. von Brandes. — Das
eben von Marienburg, Fam.-Gem. 5 A. von Kratter. — Miss
Salisbury, Seh. 4 A. von Brandes. — Die Prüfung, L 1 A.
Meyer. — Der redliche Landmann, Fam.-Gem. 6 A. von Schuck'
neder. — Der Ton unserer Zeiten, L. 1 A. von Jünger. — I>»*
Tochter der Natur, L. 8 A. von Lafontaine. — Der weibliche Nebelt-
buhler, L. 3 A. — Der wiedergefundene Sohn, L. 3 A. von Schinlc«
— Weltton und Herzensgüte, Fam.-Gem. 4 A. von Ziegler. — W#*
sein soll, schickt sich wohl, L. 3 A. von Jünger. — Zufall 00^
Laune, L. 1 A. — (Zusammen : 1 Trauerspiel, 8 Schauspiele und l ^
Lustspiele.)
1795: Die Advocaten, Seh. 6 A. von Iffland. — Der Bliwl*
und der Taube, L. 1 A. von d'Arien. — Barbarossa, Seh. 6 A T»t*
Jünger. — Die Dichterfamilie, Seh. 5 A. von Max Boller. — ^^
Universalfreund, L. 5 A. von Rebmann. — Der edle Egoist, Sd^*
— 333 —
SA. TOD KaanuLnD. — Die Spieler, Seh. 5 A. von Iffland. — Die
^nkM Guisctrdi, Tr. 6 A. — Das Manuscript, Seh. 1 A. von
^^chaenbeimer. — Das Scheinverbreehen, Seh. 6 A. — Der Sklaven-
liaiidel, hiat Seh. 6 A. yon Kotzebue. — Die Sehaehmaschine, L.
4 A. Ton Beck. — Das Yerm&ehtniss, Seb. 6 A. von Iffland. —
(Zmimmen : 1 Trauerspiel, 9 Schauspiele and 3 Lustspiele.)
1796: Abellino, Tr. 6 A. von Zschokke. — Die beiden Figaro's,
^ & A nach Martelli, von jQnger. — Die Freunde, Seh. 4 A. von
2i«gler. — Die Charlatans, L. S A. yon Jünger. — Falsches £hr-
|9fll]ü, L. 4 A. Ton Kotzebue. — Flucht aus Liebe, L. 6 A. von
Jtoger. — Graf von Burgund, Seh. 5 A. von Kotzebue. — Der
^^^nn von vierzig Jahren, L. 1 A. von Kotzebue. — Die Spanier in
^ru, Tr. 6 A. von Kotzebue. — Die Strelitzen, Seh. 6 A. von
Baba — Die unglücklichen, Tr. 1 A. von Kotzebue. — Die Versöh-
^^"^St Seh. 5 A. von Kotzebue. — (Zusammen: 2 Trauerspiele,
4 Schaa^iele und 6 Lustspiele.)
1797: Achmet und Zenide, Seh. 5 A. von Iffland. — Der Ge-
bortatag, llndl. Gem. 1 A. von Engel. — Der Hausfriede, L. 6 A.
^QQ Uritnd. ^ Die Corsen, Seh. 4 A. von Kotzebue. — Die Freunde
^^ der Probe, L. 1 A. von Beaunoir. — Das Mutterpferd, L. 2 A.
7*a Profes. — Der Tabuletkrämer, L. 1 A. von Brömel. — Er soll
^^ schlagen. Seh. 1 A. von Ochsenheimer. — Die Erinnerung,
~?^ 6 A. von Iffland. — Die Familie Klinger, Seh. 5 A. von
**^tter. — Das Gewissen, Seh. 6 A. von Iffland. — Leichter Sinn,
^ A. von Iffland. — Die Stiefmutter, Seh. 6 A. von Kiesheim.
p" tieble Laune, L. 4 A. von Kotzebue. — Die Verwandtschaften,
"^ & A. von Kotzebue. — Die Wittwe und das Reitpferd, L. 1 A.
^^ Kotzebue. — (Zusammen: 8 Schauspiele und 8 Lustspiele.)
^ 1798: Das Schreibepult, L. 4 A. von Kotzebue. — Doetor
r^^^Uccio, L. 6 A. von Jester. — Der Amerikaner, L. 5 A. von
7^5^^ — I^er Fremde, L. 6 A. von Iffland. — Die Erbschaft aus
y^Hdien, L. 4 A. von Bretzner. — Ein seltner Fall, L. 3 A. von
'^Eer. — Das Epigramm, L. 4 A. von Kotzebue. — Der Friede
**"* Pmth, hist Seh. 5 A. von Kratter. — Der Kornwucherer, Seh.
-^ von Kiesheim. — Der Lorbeerkranz, Seh. 6 A. von Ziegler.
"^ l>er Mann von Wort, Seh. 6 A. von Iffland. — Die Martins-
^7***€, L. 1 A. von Hagemann. — Sitah Mani, Sjh. 5 A. von Vul-
J****- — Der Verstossene, ScL 5 A. von Rambaeh. — Der Wild-
^^9 L 8 A. von Kotzebue. — (Zusammen: 6 Schauspiele und
•L.nsupiele.)
1799: Die Aehnliehkeit, L. 3 A. von Vogel. — Die beiden
*'»g8berg, L. 4 A. von Kotzebue. — Der Comet, Posse 1 A.
^ön Iffland* — Der Weihnachtsabend, Seh. 6 A. von Hagemann. —
— 334 —
Der Gefangene, L. 1 A. von Kotieboe. — Der Jade, Seh. 6 .
nach Gumberland. •— Der hagestolse Liebhaber, L. 8 A. tob fit
nens. — Die Haasehre, Seh. 8 A. von Haimamann. — Jokaai
▼on Montfaucon, Seh. 6 A. Ton Eotiebue. — Die UaiB Itei
Walde, Zanbersp. 5 A. von Kotzeboe. — Der Lohn der WiiUa
Seh. 6 A. von Kotzebae. — Das Petschaft, Seh. 6 A. fon Zii
1er. — Rettung für Rettang, Seh. 6 A. von Beck. — SelbstfaehflRN
ong. Seh. 6 A. von Iffland. — Die Scheidang, Seh. 6 A. fon B«
noir. — Der Schiffbruch, L. 1 A. von Steigentesch. « Stob «
Liebe, L. 5 A. von Jünger. — Der verliebte firiefvrechsel, L I
von Huber. — Die Verschleierte, L. 4 A. von Vogel. — (ZtfK
men: 9 Schauspiele und 10 Lustspiele.)
1800: Adolph und Clara, L. 1 A. — Die Barmeeiden, Sc
5 A. von Weissenbach. — Bayard, Seh. 5 A. von fiotieboe. ^ D
neue Jahrhundert, L. 1 A. von Kotzeboe. — Die Entdeckoag;
2 A. von Steigentesch. — Das Oastreeht, Sittengem. 4 A. von 2k
1er. — Gustav Wasa, Seh. 6 A. von Kotzebae. — Die Hofineiit
Seh. 3 A. von Frau v. Kotzebue. — Die Künstler, Seh. 6 A. f
Iffland. — Octavia, Seh. 6 A. von Kotzebue. — Das rftchtnde C
wissen, Seh. 4 A. von Kotzebue. — Sophie van der Daikn,
5 A. von Dalimann. — Der Vater von üngefthr, L. 1 A. von Ket
bue. — (Zusammen: 8 Schauspiele und 5 Lustspiele.)
1801 : Der Besuch, L. 4 A. von Kotzebue. — Die beiden Offiik
L. 1 A. — Beschämte Eifersucht, L. 2 A. von Frau ▼. WaiM
thum. — Der Bräutigam in der Irre, L. 8 A. von VogeL — 1
drei Körbchen, L. 8 A. von Hannamann. — Entsagung, Seh. 8
von Frau v. Weissenthum. — Das Kamäleon, L. 6 A. von Book.
Karl der Kühne, Seh. 5 A. von Sannens. — Die silberne Hochi
Seh. 6 A. von Kotzebue. — Der Taubstumme, Seh. 6 A. von Kotiek
— Der üeberfall, Seh. 2 A. — Der Wirrwarr, L. 6 A. von Kotiel
— (Zusammen: 5 Schauspiele und 7 Lustspiele.)
1802: Das Gomplot, L. 4 A. von Lippert. — Es ist die nt
nicht, L. 2 A^ von Rochlitz. — Ein Haus zu verkaufen, L. 2
von Frau v. Weissenthum. — Die Familie Lonau, L. 6 A. *
Iffland. — Johanna d^Arc, Tr. von Schiller (Man. 60 TUr.).'
' Besetzung: Karl VII. — Opitz. Isabella — Mad. Sehim
Sorel — Mad. Reinhard. Philipp von Burgund — Herr HiiM
Dunois — Schirmer. La Hire — Möller. Du Ghatel — Somneild
Der Seneschall von Rbeims — Ilenke. Chatillon — Böseobfi
Raoul — Zucker. Talbot — Ochsenheimer. Lionel — Dw*^
Thibaud — Christ. Margot — M"« Koch. Louison — Mad. Ocki^
heimer. Johanna — M^e Garten.'
— 335 —
Xmdliche Liebe, Seh. 6 A. von Frau y. Weissenthorn. — Die
deatschen Kleinstädter, L. 4 A. von Eotzebue. — Die Martins-
giose, L 1 A. von Hagemann. — Pflicht und Liebe, Seh. 5 A. von
Vogel. — Repressalien, Seh. 4 A. von Ziegler. — Tarandot, tragik.
Mircken von Schiller (60 Thlr.). ~ (Zusammen: 1 Trauerspiel, 8 Schau-
spiele ond 6 Lustspiele.)
180S: Cerrantes Portrait, L. 3 A. — Der Puls, L. 2 A. von
Bibo. — Die deutsche Familie, Seh. 6 A. von Schmidt. — Eduard
is Sehottland, Seh. 8 A. von Eotzebue. — Die Erben, L. 4 A.
'«n Frau v. Weissenthum. — Chraf Benjowsky, Seh. 6 A. von
Kotsebae. — Der Hahnenschlag, Seh. 1 A. von Eotzebue. — Die
flossiteD vor Naumburg, Seh. 6 A. von Eotzebue. — Margot, L.
1 A. von Rambach. — Pagenstreiche, L. 6 A. von Eotzebue. — Die
Soldaten, Seh. 6 A. von Arresto. — Unser Fritz, L. — Wallen-
•*«in, Tr. 6 A. von Schiller.* — (Zusammen: 1 Trauerspiel, 6
Sckaiispiele und 6 Lustspiele.)
1804: Angeführt, L. 8 A. nach dem Franz. — Der beste Wucher,
^ 8 A. von Delamotte. — Die drei (^efanffenen, L. 6 A. von
Wo]£ _ j)ie französischen Eleinst&dter, L. 5 A. nach Pieard, von
^^^'^ssbne. — Gegenlist, L. 3 A. nach Duval, von Vogel. — Eeine
^''^f^Uumng, L. 4 A. nach dem Franz. — List über List, L. 3 A.
"^ dem Franz. — Maria Stuart, Tr. 5 A. von Schiller (Man.
^ Thlr.).« — Die Nachtwandlerin, L. 1 A. — Der Perückenstock,
^* 1 A. — Die Revanche, L. 2 A. von Roehlitz. — Scherz und
f^^ L. 1 A. von StolL — Die Sparbüchse, L. 1 A. von Eotzebue.
^« Stricknadeln, Seh. 4 A. von Eotzebue (Man. 60 Thlr.). — Der
^^ Neife, L. 1 A. von Eotzebue. — Tellmar und seine Familie,
2^ 8 A. von Rüdiger. — Tancred, Tr. 5 A. nach Voltaire, von
^^^the. — (Znsammen: 2 Trauerspiele, 3 Schauspiele und 12 Lust-
1806: Der Eorb, Seh. 1 A. von Dilg. — Der Geizige, L. 6. A. von
*>li^^ _ Hab' ich nicht Recht? L. 3 A. von Huth. — Herr
*^%lingJL. 1 A. von Herklotz. — Die Hausfreunde, Seh. 6 A. von
*«l^nd. — Liebe und Freundschaft, Seh. 4 A. von Lambrecht —
' Wallenstein — Opitz. Herzogin — Mad. Bürger. Thekla —
j*^ Hartwig. Octavio — Christ. Max — Schinner. Rio — Ochsen-
^^er. Issolani — Henke. Buttler — Haffner. Gordon — Blumauer.
^^stenberg — Sommerfeld. Wrangel — Bösenberg.
* Besetzung am 8 Nov. 1804. Elisabeth — Mad. Bürger.
* *Ha Stuart — Mad. Hartwig. Leioester — Schirmer. Shrewsbury
^ fiaffher. Burleigh — Ochsenheimer. Paulet — Blumauer. Eennedy
"^ Mad. Schirmer. Melwil — Christ
- 336 —
Das Missverständniss, L. i A. von Frau v. Weissenthuni. — Der
Neffe auf hohen Schulen, L. 1 A. — Die neue Gurli, L. 1 A. tob
Mahlmann. — Die Organe des Gehirns, L. 3 A. von Kotieboe. — -
Die Putzmacherin, L. 1 A. von Kotzebue. — Regulas, Tr. 6 A. tod
Colün. — Strudelköpfchen, L. 1 A. nach dem Franz. Ton Tk B«U-
— Die stolze Spröde, L. i A. nach dem Franz. von Lambre^ — '
Totila, Seh. 5 A. von Frau ▼. Weissenthnm. — Die Oeberraactogy
L. 8 A. von Wieland. — Die vergebliche Reise, L. 2 A. nach da^
Franz.— Wilhelm Teil, Seh. 5 A. von Schiller.' — (Znsamm:
1 Trauerspiel, 5 Schauspiele und 12 Lustspiele.)
1806: Blinde Liebe, L. 8 A. von Eotzebue (Man. 60 Thlr.). - —
Die Brandschatzung, L. 1 A. von Kotzebue. — Die Braut t<»0
Messina, Tr. 4 A. von Schiller.' — Bianca von Toredo, I>r-
6 A. von Th. Hell. — Der Empfindliche, L. 1 A. von Lamhrecht —
Fridolin, Seh. 5 A. von Holbein. — Geisterscenen, Ll 4 A. von
Th. Hell. — Mathilde von Ortheim, Seh. 5 A. von MonveL —
Nur er will sprechen, L. 1 A. von Th. Hell. — Der Ohein, L. 4
A. von Iffland. — Pauline, Seh. 3 A. von Schildbach. — PhidrSi
Tr. 5 A. nach RaCine, von Schiller. — Reue und Yersöhnong, Scb»
3 A. von Frau v. Weissenthum. — So geht's, L. 1 A. von BocUits.
— Strandrecht, Seh. 1 A. von Kotzebue. — Die Theaterprobe, 1*
1 A. von Saldo w. — Das verlorene Kind, Seh. 1 A. von Kolseb«i«>
— Die Verläumder, Seh. 5 A. von Kotzebue. — Die Wette, L. t A.
— (Zusammen: 2 Trauerspiele, 8 Schauspiele und 9 Lustspiele.)
1807: Adelheid von Burgau, Seh. 4 A. von Frau v. WeiiMB*
thurn. — Angeliea, Dr. 5 A. von Winkler. — Der Beml^ L, ^ ^
von Th. Hell — Die Erbschaft, Seh. 1 A. von Kotzebue. — Vü»
Gelübde, L. 2 A. von Th. Hell — Das Gartenhaus, L. 4 A. tob
Sehemenauer. — Ida Münster, Seh. 5 A. nach Delamotte. — Du
Morgenständehen, L. 1 A, von Kind. — Der Machtsprach, TV. 5 ^'
von Ziegler. — Die Prüfung der Treue, L. 3 A. von Lafontaine. ^
Die Kadicaleur, L. 3 A. von Frau v. Weissenthum. — Die üb»«''
mahlte, L. 3 A. von Wieland. — Der Vergleich, L. 2 A. von Streck"
• Am 18. November 1805. Besetzung: Gessler — Ochsenhciiißf-
Werner — Christ. Rudenz — Drewit^s. Stauifacher — Haft^-
Arnold — Schirmer. Teil — Opitz. Parricida — Schröder. Berth»-^
M"e Christ. Anngart — Mad. Bürger. Gertrud — Mad. Schime^-
Gessler'sche Reissige — Herr Henke, Herr Thering.
> Am 24. Februar 1806. Isabclla — Mad. Bürger. Don M»n*^^
— Lenibert. Cesar — Opitz. Beatriee — Hartwig. Ciyetin —
Blumauer, Haffiier, Oirhscnbeimer. Bobemund — ScbrOder, Dre*i*^
Bösenberg.
— 337 -
foM. — Virginia, Tr. 5 A. von Soden. — Der Wald bei Hermann*
ctidt, SdL 4 A. Ton Fran t. Weissenthum. — (Zusammen : 2 Trater-
ipiele^ I Schauspiele and 8 Lustspiele.)*
1806: Antonie, Seh. 8 A. von 6. Sommer. — Der Botaiiiker,
L I 1. Ton Sonnenleitner. — Der Braatschmuck, Seh. 5 A. von
Holbein. — Die Neugierigen, L. 8 A. von Schmidt. — Das liebe
IMehen, dram. Idylle von Kotzebue. — Die erste Liebe, L. 8 A. von
fnuBL T. Weissenthum. — Der Eisgang, Seh. 2 A. von Richter.
— Die Journalisten, L. 1 A. von Schütze. — Das Intermezzo, L.
^ A. TOD Kotzebue. — Die Kleinigkeiten, L. 1 A. von Steigentesch.
^ Der Leineweber, Seh. 1 A. von Kotzebue. — Der neue Proteus,
li» 4 A. von Linden. — Die Postkutsche zu Bocksdorf, L. 6 A. von
Beinhold. — Das Räthsel, L. 1 A. von Gontessa. — Der Schein
i^trflgt, L. 1 A. von Steigentesch. — Das Testament des Onkels,
^'k. S A. von Römer. — (Zusammen: 6 Schauspiele und 10 Lustspiele.)
1809: Ariodante, Tr. 6 A. von Laube» — Arete, Seh. 6 A. von
I'^Bbert — Die Bundesgenossen, L. 4 A. von Linden. — Die Be-
i^irBimg von Smolensk, Seh. 4 A. von Frau v. Weissenthum. —
^ Briefwechsel durch die Luft, L. 3 A. von Steigentesch. — Die
^^idan Grenadiere, L. 8 A. aus dem Franz. ~ Der rechte Arzt,
^ 4 A. von Schmidt. — Die Entdeckung- der neuen Welt, L. 1 A.
y<Mi Klingemann. — Der ersto April, L. 3 A. von Gerlach. — Die
jongen Ehestandsfeinde, L. 1 A. von Frau v. Weissenthum. — Das
^'^Ddhaus an der Heerstrasse, P. 1 A. von Kotzebue. — Der Lohn
^ BankSarkeit, Seh. 1 A. von Lambreeht — Lasarilla, Seh. 5 A.
'^ Kotzebue. — Nadir Amida, Tr. 6 A. von Siegfried. — Der
^Ahaman, L. l A. von Gontessa. — Der verbannte Amor, L. 4 A.
^ KoUebue. — Das Wiedersehen, Seh. 1 A. von Holbein. — Die
^^^atrenten, L. 1 A. von Kotzebue. — (Zusammen: 2 Trauerspiele,
^ Schauspiele und U Lustspiele.)
1810: Blind geladen, L. 1 A. von Kotzebue. — Golumbus, Seh.
* A. von Klingemann. — Die Ehestandscandidaten, L. 2 A. von
^^rotamtnn. — GusUv in Dalekarlien, Seh. 6 A. nach dem Franz.
^ CutellL — Die Grossmama, L. 4 A. von Ziegler. — Der haus-
te Zwist, L. 1 A. von Kotzebue. — Der Habsüchtige, L. 8 A.
^ Sommer. — Hass den Frauen! L. 1 A. nach dem Franz. —
^ Jawort, L. 5 A. von Walter. — Der kurze Roman, L. 1 A. von
* In diesem Jahre gab während der Anwesenheit des Kaisers
^^Poleon eine französische Schauspielergeselisehaft aus Warschau
•'•> Opemvorstellungen in französischer Sprache: La maison k vendre
»oo d'Alayrae, Les amans proth^s von Patrat und Ma tante Aurore
— 338 —
Hasgaureck. — Der leichtsinnige Lflgner, L. 3 A. tob Sohittdt. -
Die Lotterielisten, L. 2 A. tob F«ro. — Der lieidftndifche TlioUVi
L. 3 A. nach Dnval. — List and Liebe, L. 3 A. nack dea ta^
▼on Lembert — Der rechte Mann, L. 3 A. Ton Linden. — Bote
Pumpernickel, musik. Quodlibet von Stegmayer. -*- Der Schinipiikf
wider Willen, L. 1 A. von Eotzebue. — Sorgen ohne Notk und Rill
ohne Sorgen, L. 5 A. Yon Eotsebue. — Die Scheinehre, L. 1 A.
▼on Sonnenleitner. — ünyerhofft kommt oft, L. 6 A. tob Steiitef
— Zuleima, Tr. 4 A. von Voltaire, übersetst yon Hu HelL — Dm
zugemauerte Fenäter, L. 1 A. von Kotaebue. — (ZuMumm: 1 Tnaer
Bpiel, 2 Schauspiele und 18 Lustspiele.)
1811 : BQrgerstols, Fam.-Oem. 4 A. von Peter Blau. — Die Be-
lagerung Yon Saragossa, L. 4 A. von Kotieboe. — Der Biief ni
Gadiz, Seh. 3 A. von Eotzebue. — Er geht in die Falle, L li.
— Das Gespenst, Seh. 4 A. Ton Eotzebue. *- Genieatreidi ftr €mi^
streich, L. 1 A. von Bedcer. — Johanna Yasmer, Tr. ft A. fos
Sehmid. — Irza, Seh. 3 A. n. d. Franz. — Die Missventlidsiwt^
L. 1 A. von Steigentesch. — Max Helfenstein, L. 9 A. von KolMtaa
— Das Nachspiel, L. 1 A. von Frau v. Weissenthum. — Der KacM-
wftchter, Intermezzo 1 A. von Bfirde. — Pachter Feldkflmaiel, M-
nachtspiel 6 A. von Eotzebue. — Die Prüfung, L. von Steigeatuck
— - Papa und sein Söhnchen , P. 3 A. von Lembert — So sind ik
gewesen. — So waren sie. — So sind sie, 8 L. jedee in 1 A. -
Sie sind zu Hause, L. 1 A. von Reinhold. ^ TVennung and VMtt
sehen, Seh. 6 A. — Die ungleichen Brüder, L. 3 A. von ScWä
— (Zusammen: 1 Trauerspiel, 5 Schauspiele und 16 Lustspiele.)
1812: Der arme Poet, L. 1 A. ron Eotzebue. — Die Bnitf
L. 1 A. von Eömer. — Bela's Flucht, Seh. 2 A. von Eoliehee^
— Deutsche Treue, Seh. 6 A. von Elingemann. — Dichter w^
Schauspieler, L. 3 A. von Lembert. — Der Hungertkurm, Seh. t A
von Gleich. — Johann von Calais, Seh. 6 A. von Haselsteiser. "
Die Masken, Seh. 1 A. von Eotzebue. — Neue Frauenscholei h*
2 A. nach dem Franz. von Eotzubue. — Der Orangenbaum, L 1 A.
von Eind. — Pedro der Gerechte, Seh. 4 A. von Stegmayer. —
Pumpemickel's Hochzeitstag, musik. Quodlibet von Stegmayer. -^
Preciosa, Seh. 6 A. von Wolf. — Ränke und Schw&nke, L. 8 A vo»
Lembert. — Sehein und Wirklichkeit, L. 4 A. von Stegmayer.—
Der Trauringt Beb. 3 A. von Lembert. — Das Wechselrecht, !>•
6 Ai von Fero. — (Zusammen: 8 Schauspiele und 9 Lustspiele.)
1813: Attila, Dr. ö A. — Alfonso der Grosse, Seh. SA.»"«
Elingemann.— Die beiden kleinen Auvergnaten, Seh 1 A. von Eotsaini^
— Die Brautkrone, Seh. 6 A. von Cuuo. — Die BildsAule Pe*«''*
des Grossen, Seh. 1 A. — Elise von Valberg, Seh. 6 A. von Ifk»^
— 339 —
— Ein Tag ans dem Jugendleben Heinrich Y., L. 3 A. nach dem
Fnu. TOD TL Hell. — Getheiltes Herz, L. 1 A. f on Eotzebne. —
Der grflne Domino, L. 1 A. Ton Th. Körner. — Gleiches mit Gleichem,
L 6 A. TOD YogeL — Iphigenia in Aulis, Tr. 6 A. Lewezow. — Mar-
gueüie Ton Thüringen, Seh. 6 A. — Radegonde Ton Thüringen,
Tr. I A. — Rodrigo nnd Chimene, Tr. 5 A. von Klingemann. — Die
SoNa ies Herrn von Malesherbes, Seh. 1 A. Ton Kotzebne. — Der
Bnaie in Deutschland, Seh. 4 A. von Kotzebue. — Mahomed H.,
Tr. 6 A. Ton Th. Hell. — übaldo, Tr. 6 A. von Kotzebue. — Will
Koiiand Schauspieler werden? L. 3 A. von Wieland. — (Zusammen:
& Tnnerspiele, 9 Schauspiele und 5 Lustspiele.)
A«ch bei dietem Verzeiehnise tritt kein zu grosses
IGsBverhftltniss zwischen ernsten nnd heiteren Stücken
krror. In einzelnen Jahren haben erstere sogar die
UdierzaU. Nur ist anf Seiten der ernsten Stücke
tei ichwächlieberen Schauspiel vor dem Trauspiele
walauB der Vorzug gegeben. Im Ganzen wurden von
17tt— 1813 33 Trauerspiele und 156 Schauspiele gegen
XB Lustspiele neu zur Aufführung gebracht, wobei zu
Wtfleksichtigen ist, dass unter den Lustspielen ungleich
Beb 1 und 2 actige Stücke, als unter den ernsten
Sfiekn vorkommen. Die Mittelmässigkeit ist freilich
^er mehr ak billig vertreten. Eine grosse Zahl
^Kser Darbietungen hat Schauspieler der Dresdner Btthne
^ DOettanten zu Verfassern. Kotzebue und Iffland
^ren vor allen Anderen begünstigt Sie sind als die
<%^diche Seele, als die Herren dieses Repertoires
^ betrachten. Wie Reinecke lehnte auch Opitz noch
^^^^ beharrlich das Versdrama ab. Der Aufnahme
^ehiller'g konnte man sich freilich nicht anf die Dauer
etlichen. Die Schlegerschen Uebersetzungen Shake-
*P^tre'scher Dramen finden wir dagegen gar nicht ver-
^^; ebensowenig Klinger, obschon er der Gesellschaft
^he stand, noch üeinrich von Kleist, welcher doch einige
^it (1808 und 9) in Dresden gelebt, hier sein Käthchen
»^^chtet und eine Zeitschrift (Phübus) herausgegeben
^\ noch Zacharias Werner, der damals schon Aufsehen
— 340 —
erregte. Goethe ist nur mit einer einzigen Moyit&t ver-
treten y Jünger dagegen mit 16; Fran von Weissenthnn
(von 1800 an) mit 14; Theodor Hell (von 1805 an) schon
mit 9; Iflfland mit 25; Eotzebne mit 79. Von 442 Novi-
täten gehören Iffland nnd Eotzebne allein 104 Stflcke
oder 23 % an. — Dieses Verhältniss wird anch nicht
günstiger; wenn wir die Zahl der einzelnen VoTStellangat
dieses Zeitraums in Betracht ziehen. Gegen 753 Vor-
stellungen von Lustspielen finden wir 134 Vorstellungen
von Trauerspielen; 718 Vorstellungen von Schanspideo
verzeichnet. Die Bevorzugung Iffland's nnd Kotzebne's
springt hier noch mehr in die Augen. Von 1471 Vor*
Stellungen gehören nämlich Iffland allein 143 (also ca.
10%), Kotzebne aber 334 (also ca. 2.2Vs%) an. Beide
repräsentiren mithin nahezu V« ^^^^ sämmtlichen Yo^
Stellungen eines Zeitraums von 24 Jahren: während
innerhalb dieser Zeit nur 6 Vorstellungen auf Ooetlie
(3 auf GlavigO; 1 auf die Geschwister nnd 2 auf Tancred);
6 auf Lessing (1 auf Minna von Barnhelm; 5 auf Emilit
Galotti); 46 auf Schiller (4 auf Don GarloS; 4 auf Fieseo,
4 auf Kabale nnd Liebe, 10 auf die Jungfrau von OrleaiUy
6 auf Maria Stuart; 4 auf die Braut von Messina; 5 uf
Wallenstein ;> 2 auf Teil; 3 auf Phädra, 3 anf Macbeth;
1 auf Turandot) kommen. (Alle diese Zahlen beruhen tif
den Angaben Seconda's.)
Wie gross aber anch die Abneigung des Hofs gegen
die Tragödie und das ideale Drama gewesen sein möchte;
so scheint doch die Vorstellung davon nnd das danof
gegründete Vorurtheil noch grösser gewesen zu sein.
So muss z. B. Körner; der an Schiller über einige Aen-
derungen in der Jungfrau von Orleans berichtet hatte,
nachträglich bekennen; dass er im Irrthum gewesen sei,
als er glaubte, dieselben seien wegen der Prinzessin
* Walleiistein gab man in einer Ziisammenziehang des letiteo
Tlieils der Piocolomini mit Wallenstein's Tod.
- 341 —
Aoguite gemacht worden. ^Uebrigens — setzt er hinzu
— kam Racknitz den andern Tag und rühmte sehr,
wie d«8 Stttck den hohen Herrschaften gefallen. Er sprach
Ngtr Ton Anffitbrnng der Maria Stuart, die ich ihm ganz
widemeth.^ Auch hier hatte Kömer aber vorschnell ge-
vtheilL Die Maria Stuart wurde gleichwohl, wennschon
^as später, mit Beifall gegeben. Daher auch des Kur-
Anten Aeosserung ttber die Jungfrau von Orleans: ^es
bitte noch kein Stttck une Sensation aussi profonde auf
ihn gemacht^, Körner so sehr in Verwunderang setzen
Boaste. „Selbst die Hofdamen — muss er gestehen —
<ind ganz verliebt in die Jungfrau.^ — Allerdings machte
flum dagegen bei Annahme der Turandot grosse Seh wie-
ngkeiten. Gtanz so schlimm, wie Körner sich, den Wider-
stand dachte, war aber derselbe auch hier nicht, und die
^Ängstlichkeit von Racknitz und Opitz war wohl noch
Srtaer, als nöthig. Dabei überwogen die Sparsamkeits-
fttekflichten, von denen Kömer bemerkt, ^dass sie unter
den hiesigen Rttcksichten noch die vemünftigsten seien^.
Turandot wurde, um Decorationen nnd Gostttme zu
*tMtreo, zu einer Prinzessin von Schiras gemacht, und die
^ken mussten, doch nur aus Rücksicht für die Dar-
*^ner, fallen 9 welche hierin die Concurrenz mit den
'Wienern nicht aufnehmen wollten.
Allerdings scheint die Thatsache, dass die Seconda-
^^t Gesellschaft die Schiller'schen Stücke in Leipzig
^cist früher als in Dresden gab, und dort überhaupt
^^rschiedene Dramen zur AuffÜhrang brachte, die wir in
I>re8den vermissen, gegen die von mir hier vertretene
Aoffiggung zu sprechen; indessen beweist es noch nicht,
^^^ diese Stücke in Leipzig, wo man entschiedener
^^ dem Geschmacke und den Fordemngen des Publicums
^ rechnen hatte, nicht zum Theil von Opitz nur noth-
S^mngen gegeben wurden, oder dass die Ablehnung
^^i^Belben in Dresden immer ganz in den Forderungen
^^^ Wünschen des Hofes lag. Waram auch hätte man
— 342 —
8on8t nachträglich noch fast alle Schilier'schen Stllcke,
mit Ansnahme von Wallenstein's Lager, im Dretdfiff
Hoftheater gegeben?
Auch mögen in Leipzig, wo man in einer angttnstigcni
Jahreszeit spielte und daher immer neuer Anuefamp-
mittel bedurfte, die vielen hierselbst stattfindenden Ont-
spiele zur Aufnahme mancher Novitäten geftthrt habca
In Dresden waren damals Gastspiele verhttitnisamiflv
selten. So begegnen wir hier erst 1805 einem längeni
Gastspiele Ififland's.^
Die geringen Veränderungen in der Zasammensetrai;
der Mitglieder der Seconda'schen Gesellschaft mögen nieU
wenig dazu beigetragen haben, dass die hier herrscbesde
Spielweise einen traditionellen Charakter bekam joi
mehr und mehr in Verflachuug gerieth, womit tuek
zusammenhing, dass die Darsteller zu lange in ihres
ursprünglichen Rollenftlchern blieben. Opitz, welcher
schon 1790 nicht das als Hamlet war, was früher Bdft-
ecke gewesen, konnte es 1806 natürlich noch um Vieles
weniger sein. Die Klage über den Mangel an jugend-
lichen Darstellern und Darstellerinnen ftlr die jugesd-
lieberen Fächer war in den damaligen Besprechungen
der Gesellschaft eine immer wiederkehrende. Zn Ganstei
der alt gewordenen Darsteller wurden wohl auch die nei
zu besetzenden Fächer immer schwächer besetzt. Es fehlte
daher nicht au Klagen über den Rückgang der Second»-
schen Gesellschaft ^ wie über den Verfall des deutschen
Theaters im Allgemeinen. Das erstere findet in einem
Referate der Zeitung ttir die elegante Welt vom Jthre
' £s begann am 11. Februar and er trat dabei auf alsLangiiI>
im Wirrwarr, als Abbä de TEp^e im Taabstommen, als Baroi
Ilening in den Erben der Weissenthurn , als Wemau im Pols ^
Babo, als Treumund in der seltsamen Probe von Dalberg, als Stnn
in beschämte Eifersucht von Frau v. Weissenthurn, als ßerghei»
im Gutherzigen von Florian und als Lorenz Stark in der denfsche»
Familie nach Engel von Schmidt.
— 348 —
1^ entocUedeiieii Aosdnick, in welchem wir lesen:
vS^oonda ist ein trefflicher Mann. Nnr ist ihm die Ein-
übt iH wünschen, dass die artistische Leitung der Oe-
^Usehaft anderen Händen anvertraut werden möchte^
^^im sie nicht in ein trauriges Invalidenwesen , sich
^\h$i und dem Pnbliciim zmn Verdmss immer titfer
^hen soll.^ Das letztere tritt am bedeutsamsten ans
^itkem Aufsatze von August Mahlmann, „Vorschläge zur
^^porbringung des deutschen Theaters^ hervor: „Das
^^Htsche Theater (heisst es darin) hat nie eine bedeutende
Q^he erreicht gehabt und ist jetzt unverkennbar in einem
kläglichen Zustande. Die Ursachen dieses Verfalls liegen
^^ den Verhältnissen des Staats zum Theater, in den
^^hlerhaften Einrichtungen der Gesellschaften, in der
Mangelhaften Bildung der Schauspieler und der schlechten
t^elohnung der Dichter,"
Diejenigen, welche sich gegen den Verfall des
llieaters in unserer Zeit gern verschliessen möchten,
leisen auf diese und ähnliche Auslassungen hin, um den
Tmgschluss daraus zu ziehen: die Klagen über Verfall
der Schauspielkuni^t seien eben so alt, als diese selbst,
daher auch ein früherer besserer Zustand derselben eben-
sowenig jemals gewesen sein werde, als ein späteres
Sinken. Man kann sich jedoch in keine gefährlichere
Täuschung hineinreden. Die Schauspielkunst müsste
die einzige Erscheinung im Leben der Völker sein, welche
derartigen Schwankungen nicht unterworfen wäre. BlUthe-
zeiten und Zeiten des Verfalls wiederholen sich und
wechseln mit einander auf allen Gebieten der Kunst.
Keine Kunst aber ist durch die Unmittelbarkeit des Bei-
falls, der ihren Leistungen gezollt wird, so in Gefahr
wie die Schauspielkunst, sich in die Extreme der aller
Kunstttbung innewohnenden beiden Momente, des rea-
listischen und des idealistischen, d. i. sich in flachen, über-
treibenden Formalismus oder in Naturalismus zu verlieren.
Die Rückkehr zur Naturwahrheit in den Darstellungen
— 344 —
eines Ackermann, Eckhof, Schröder war nm so mehr all
ein Fortschritt gegen den ganz hohl nnd traditionell
gewordenen Idealismus der französischen DarsteUmgi-
weise zu begrilssen, als diese Schaospieler die Verbindiaip
mit der Schönheit der Form dabei keineswegs aufgegeben
hatten. Der Abfall von ihnen zn Opitz nnd seiner Sehale
lässt sich am besten daraus erkennen, dass jene sich in
der Beobachtung der Natur unmittelbar selbst sowie in
den Werken eines Moli6re, eines Lessing, eines Sbike
speare bildeten und schulten, diese aber in IflTland nnd
Eotzebue ihre Ideale erblickten, welche weit weniger
der Natur und dem Leben den Spiegel Torbielten, all
auf die Wirkungen der sogenannten Natttrlicbkeit speci-
lirten , diese daher mehr und mehr übertrieben und die
Erscheinungsformen derselben nicht selten losgelöst ?on
ihren Motiven behandelten.
Die Widersprüche, welchen wir in den Beurtbeilongen •
der Seconda'schen Gesellschaft , sowie in denen der
schauspielerischen Leistungen der Zeit begegnen, lasflen
sich theils aus der Verschiedenheit dps kritischen Stand-
punktes erklären, weichet hier auf Naturwahrheit, wenn
es auch nur eine ganz äusserliche war, dort auf stjl-
volle Behandlung und Herausbildung künstlerischer Dar-
stellungsformen drang, theils aber auch daraus, dass die
Darsteller, wenngleich selten fähig , sich zu der stTl-
volleren Behandlung des historischen und idealen Dramas
zu erheben, in den dem gewöhnlichen Leben des Tages
entnommenen bürgerlichen Stücken mitunter höchst Vor-
zügliches leisteten.
Wenn wir die Darstellungen der Seconda'schen Geßell-
Schaft im bürgerlichen Drama meist sehr gelobt finden,
so konnte dagegen Schiller am 3. Juli 1800 an Kömer
schreiben: „Ich kann Euch nicht rathen, die Maria ani
dem Theater zu Leipzig vorstellen zu sehen, weil dif**
Truppe gar zu erbärmlich sein soll, wie mir Goethe, dir
— 345 —
Leipzig war,
DicLt
wübrcnd der Messe
Khreiben kann."
Küraer, welcler die GeselUcIiaft vertbcidigen wollte,
Tennochte es doch nur in eingescLränktester Weise.
»Die Leipziger Gesellst- liafl — »clireibt er an SeliilUr —
whciot Goethe docb fast zu streng zu rit:bten: Christ
nnd Ocliaenheimer, auch Bösenberg, Sehinner nnd Opitz
m einigen Rollen, and die Hart^rig und Schmetka sind
Dicht nhne Talent. U.ts8 oft Misstöne vorkumuien und
im es dem ganzen Spiele an lihytbnius fehlt, gelte
icii lu. Vielleicht ist es bei der Gesellschaft in Weimar
Min gebracht worden, dass man weniger Störungen zw
l>nar^n bat, die in einem solchen Werke (Maria Stuart)
' n peinlich sein milSBen. Auch begreife ich, wie
die Haltung des Ganzen gewonnen haben muss,
die Gesellscbnft von Einem Geiste geKitet wiü!.
Die Leipziger Gesellschaft dagegt-n ist in einem anarchi-
*cLea Zustande; Jeder spielt, nie es ihm gut dllnkt.
Abo das freie Spiel der Einzelnen, besonders Chrisfs
BiMlDeLscDheimer's, giebt mir einen eigmen Genuss, bei
äeni ich manche Fehler llbcrsehe.^
Goethe hatte ohne Zweifel von seinem Standpunkte
Über die Darstellangen der Seconda'scben Gesell-
besonders in Stücken des liöberen Styls, sehr
1^ zu nrtheilen. Sah er doch in dem letzten Falle
■*bt fumohl ein von dem seinen ^anz abweichendes Kiinst-
pfineip, als vielmehr nur die Karikatur seines eigenen,
inÜe alten Schauspieler — erzählt der altere Genast —
Wanten im Versdrama durchaus keine Hiessende Reei-
'»tion zu Stande bringen. Die langen Sylben dehnten
<ie BD uDgebahrlich , dass man glaubte, eine Sagemühle
*" bfiren. War es doch sogar anerkannten Schauspielern,
"ie Opitz, Reioecke, Schirmer, nicht möglich, eine rhyth-
"■••ch geechriebene Rolle auswendig zu lernen, diese
"■Unten immer erst in Prosa geschrieben sein und hinter
i^itm, Vera ein dicker Strich gemacht werden." Noch
- 346 —
1817 fand der jttngere Oenast also geschriebene Rollfli-
hefte in Dresden vor. — Schiller, welcher die Jnngfru
Yon Orleans in Leipzig sah, sprach sich in einer Cob-
ferenz sehr missbilligend über die Aafflihmng ans. Nit
Ochsenheimer als Talbot sei recht bray in der Cbank-
teristik gewesen, aber selbst dieser hfttte seine Jambes
grässlich maltraitirt. Den auswärtigen Theatern gegen-
über ftihle er sich fast veranlasst, seine Tragödien in
Prosa umzuschreiben.
Es ist gewiss zu bedauern, dass die Weimar'sclte
Reform der Schauspielkunst allmählich selbst wieder in
eine einseitige Richtung verfiel. Wie sehr sie aber in
ihrem Entstehen berechtigt und gefordert war, geht ans
dem einmüthigen Beifall hervor, welchen das Oestnunt-
gastspiel der Weimar'schen Hofschauspieler-Gesellschtit
noch 1805 in Leipzig errang. Wir können aus einer Bea^
theilung Mahlmann's entnehmen, dass, wie dies von einen
Dichter wie Goethe überhaupt nicht wohl anders erwartet
werden konnte, die Welmar'sche Schule ursprttnglieb
weit entfernt davon war, von der Naturwahrheit abm-
lenken, da sie vielmehr gerade nach dem reinsten, un-
verfälschtesten, aber dabei freilich auch schönsten nnd
höchsten Ausdrucke derselben strebte.
So heisst es hier unter Anderem: „unter den Dar-
stellungen, die sie uns gegeben haben, haben die von
Goethe vorzüglich gefallen, und man kann dreist l)^
haupten, kein anderes Theater kann diese Stücke im
Ganzen in dieser Vollendung geben, wenn^ auch bd
einigen einzelne Rollen ebenso gut oder vielleicht besser
besetzt werden könnten. Denn was entzückt an GoetWi
dramatischen Arbeiten? Das Herz, die reine, edle Natnr,
die aus jeder Sylbe spricht! Goethe's Dichtungen sind
frei von aller Manier; sie mit Manier und Affeetation vor
tragen, heisst ihren Charakter vernichten. Frei, gross,
anspruchslos, wie der Genius sie empfangen hat, wollen
sie wiedergegeben sein; nur das Herz kann aussprechen,
-. 347 —
was dan Htrz gedichtet hat, kleine KttnsteleieD stören
dm §rros6en, freien Gang der Kunst, die Einfachheit
ihrer Wirkung, nnd welches Theater ist von herrschender
Manier nnd kltnstlicher AlTectation bo frei, wie dieeer in
sdnen Arbeiten ist? Schwerlich ein anderes, als die Gc-
wUH«haf(, die er pfleg:t nnd leitet; und man darf in die-
ser Rücksicht wohl sagten, daBS Goethe'a Geist anf ihr
mbt*
Die Gewohnheit dcB Extemporirens, der freien, will-
kltrlichen Behandlung der Texte bot der Anfnahme der
hedenlenderen Dichtungen, besonders der metrisch behan-
delten , groesc Bindernisse dar. Genast erzählt uns ein
erj^Otztiches Iteispiel davon. Der talentvolle Schauspieler
Voha sollte in Weimar den Macbeth darstellen. Es zeigte
«ich in der Generalprobe, liafls er, sich auf seine Fertig-
keit im Extemporiren verlassend, nicht gcnllgend gelernt
liAtte. Goethe war ausser sich nnd wollte die angekün-
digte Vorstellung absetzen. Schiller und Genast schlugen
neli ins Mittel, indem sie anf die Tüchtigkeit des empfind-
lichen Darstellers hinwiesen. Macbeth wnrde gegeben,
nnd Vohß, obschon er von der Improvisation den um-
faBBCndsten Gebrauch machte, riss das Publicum hin.
Xach dem zweiten Acte kam Schiller anf die Bühne und
Jragte in seinem herzigen Dialekt: „Wo ischt der Vohs?"
Dieser trat ihm mit etwas verlegener Miene und gesenk-
lem Kopfe entgegen ; Schiller umarmte ihn aber und
sagte: „Nein, V'ohs, ich muss Ihnc sage, meischterhart,
mtüehterbaft I Aber nun ziehe Sie sich znm dritten
Acte nm.^ Dann wandte er sich mit den Worten zu
Gfnust; „Sehe Sie, Genascht, wir habbe Recht gehabt.
Er hat zwar ganz andere Verseh geschproche, als ich sie
^schriebe hab, aber er ischt trefllich." ^ Nur wenige
Darsteller würden sich bei solcher Freiheit in so glün-
zeader Weise aus der Sache zn ziehen vermocht, kaum
noch ein anderer Dichter dies in so liebenswürdiger
Weise ftnfgen<Hnmen haben.
— 348 —
Welch wunderliche Begriffe man damals ttberhaspt
hei den Theatern von dem geistigen Eigenthamsreckt
hatte, haben wir schon oben ans den Beschwerden Schil-
ler's ersehen. Folgende Bittschrift, welche der Componiit
Gretry im Jahre 1807 an die Theater- nnd Mnsikdire^
toren in Deutschland erliess, bildet dazn ein Pendant:
^Mit herzlichem Danke erkenne ich Ihre Gfite fflr mieb
nnd freue mich jedes Mal, wenn ich höre, dass eine mei-
ner Opern auch auf den deutschen Bühnen erscheint
Ich schätze den Kunst- und Tonsinn dieser Nation sehr
hoch und fühle mich geehrt, bei ihr eine günstige Auf-
nahme gefunden zu haben. Allein, meine werthgeschiti-
testen Herren, dann müssen Sie Ihren Landsleuten aneh
wirklich meine Musik und nicht die anderer Gompod-
teurs für die meinige geben. Ich habe nämlich unlängst
erfahren, dass man auf den Theatern von W., B. und P.
die Oper „Richard Löwenherz" mit vieler Pracht und vie-
lem Fleisse aufgeführt hat; jedoch die Directionen thaten
Unrecht, mich auf dem Zettel zu nennen, da doch bd-
nahe die Hälfte der darin aufgeführten Musik nicht Ton
mir, sondern von anderen Meistern war. In P. wurden
z. B. unlängst in dieser Oper nur 15 Musikstücke Ton
mir, 11 von anderen Musikern aufgeführt."
Das Jahr 1813 sollte, wie Sachsen überhaupt, so
auch Dresden, zum Schauplatze blutiger Kämpfe nnd
Ereignisse machen. Schon im Februar verliess Friedrich
August, nachdem er eine Regierungscommission eingesetzt
Iiatte, seine Residenz und sein Land. Am 22. März rück-
ten die Russen in die Neustadt, am 27. in die Altstadt
ein — die Vorstellungen des königl. Hoftheaters wurden
jedoch nicht unterbrochen. Am Tage der Ankunft des
Kaisers von Russland und des Königs von Preussen, am
26. April, wurde Lessing's „Minna von Barnhelm oder Sol-
datenglück" gegeben. Dieses Glück sollte sich aber
schon am 2. Mai wieder wenden. Die Schlacht bei
Lützen machte Napoleon wieder zum Herrn von Sachsen.
— 349 -
Die VerbüDdeten mnssten Dresden yerlassen; und am
12. Msi kehrte Friedrich Angnst dahin znrttck. Schon
von dem 17. Hai an wurden die Theaterzettel der Se-
C0Ddsi.'8chen Gesellschaft, die diesmal erst am 27. Mai
ihre ATorstellnngen in Dresden schloss, in deutscher und
franst^sischer Sprache gedruckt.
^ach dem am 4. Juni abgeschlossenen Waffenstill-
stände nahm Napoleon seinen Wohnsitz im Palais des
Grafen Marcolini (dem jetzigen Erankenhause). Hier
wurden die Unterhandlungen gepflogen, welche Dresden
eine 2eit lang zum Mittelpunkte des allgemeinen Inter-
<Me« und des höchsten Glanzes^ machten. Neben der
Joseph Seconda'schen Gesellschaft, welche gewöhnlich
auf dem Theater des Lincke'schen Bades spielte, diesmal
aber das Hoftheater zu ihren Vorstellungen eingeräumt
erhielt^ spielten seit Ende Jimi wöchentlich einmal die
Schauspieler des Thöätre fran^ais, die Napoleon zum
Tlieil nach Dresden befohlen hatte. Letztere spielten
•her noch ttberdies vor dem engeren Hof kreise auf einer
^ der Orangerie des Marcolini'schen Palais provisorisch
f^chteten Btthne, auf welcher schon vor ihnen die
^enigche Oper drei Vorstellungen gegeben hatte. Die
*Het8 zu den Vorstellungen im Hoftheater wurden gratia
^'^'^h den kaiserlichen Kammerherrn Grafen Turenne
^^^^T Mitwirkung des Directeur des plaisirs vertheilt.
*^^ Vorstellungen wurden mit Tartuffe von Molifere
j^'Öffnet. Fleury spielte den Tartuffe, Dem. Mars die
"^hter Orgon's. Am 1. Juli folgte die Phädra mit Mar-
^«the St. Georges in der Titelrolle, am 8. Juli ,J^e
^''^ier de S^ville^' von Beaumarchais, in welchem Thö-
"^d als Figaro glänzte. Am 23. Juli trat Talma zum
ersten Male in Dresden als Oedipe und später in Vol-
r^^'B Semiramis auf. Die Vorstellungen der Franzosen
^^erten bis in die Mitte des August an und machten
^Sonders im Lustspiel ungewöhnliches Aufsehen. Die
"^^ösischen Schauspieler erhielten hierfür von Napoleon
— 350 —
ausser dea Reiaespesen docIi Gratificationeo im GesBiuml
betrage von lU^öOO Frcs.,' sowie 30,000 Frca.
ten des säcbsiscbeD Königs.
J. Seconda eetzte seine VorBteltDogen im Hoftbei
auch nacb Aal bruch des Heeres und nach Ablnuf d
Waffenstillstaudes (15. August) fort. Während der ersten
AafUlhruag der Gluck'Bchen Iphigenia (22. Aug.)* ver-
kündeten TOD den Wällen KaDonenBcbtlsse den Si^
Napoleon's bei Löwenberg. Gleichzeitig überbrachte »b«
auch ein Dragoner die Nachricht Ton der Schlappe der
Franzosen bei GieashUbel. Dresdfn wurde .hierdoreh srnn
AngrifFeobjecte der Verbündeten. Uie hier stattfindenden
blutigen Seblachlen unterbrachen zwar alle VergDflgungen,
doch nahm Seconda die Vorstellungen schon am 12. Sept
wieder auf. Am 7. October reiste Friedrich August nac^n
Leipzig. Ad Stelle des ihn begleitenden Vitztbam voi^
Eckstädt wurde Inzwischen der Freiherr von Racknit^a
mit der Direction der Theater und der mnaikalische^E
Kapelle betraut. Die Schlacht bei Leipzig Uberlieferfc:«
das Land den yerbUndeten Siegern. Mit der Verwaltn&^
desselben bis zur Entscheidung seines endlichen Schicke-
sals wurde zunächst Russland beauftragt. Nach d.^»
Capitulation der französischen Besatzung am 13. Morli«:
zogen die verbündeten Truppen am 17. d. Uta. in Dres-
den ein. Am 19. verüessen die prinzlichen HerrHcbafMa^
die Residenz, die nun der Sitz den rnssiscben Genen
' Sie vertbeilten sich foleenilerrnnsscii : Pesprez äOOO F
St Pris flOOO Frts., Talma 8000 Fri'S., M"" lieorges 9000 F
Fleury iO,000 Frcs., St Fsl 6000 Frcs., Micliot 4000 Frc»., B«p(l
»d. eooo Frcs., Ann&tid liOOO Frcs., Thäiiard HOOO Fr««.,
iOOO Frca., Miühalot 4000 FrcB., Barbier 3000 Frc*.. MH» Thitn
4000 Frcs., M'i« Einilie Coutat flOOO Frca., M"!» MeieTnj 4000 Frs-
M"» Mars 10,000 Frcs-, M"« Bourüoing 6000 Frcs. etc. etc.
' Die Besetguiig war folgende: Iphigenin — Had. Knaefi^
Orest — J. Miller, Fflades — Gerst&cker, Thoaa — Pillai», D
— Med. Neubof
Had. KnoBK^
Pill«i», Dttf^l
— 851 —
QooTernears, Fürsten yonRepmn wurde, der am 9. Dec.
bier eintraf.
Schon am 7. d. Mts. hatte Joseph Seconda seine
Vonteilungen in Dresden geschlossen, nachdem er am
2. Decbr. eine Vorstellung zum Besten der sächsischen
Uadwehr gegeben hatte. Am 12. wurde das Theater von
deses Bruder mit dem Kotsebue'schen Schauspiel „Der
BMe in Deutschland^ wieder eröfihet, am 14. Backnitz
^^ Forsten Bepnin in seiner Stellung als Director
der Kapelle und der Theater bestätigt
Die Vorstellnngen auf dem Theater des Linelie
sehen Bades his zur Auflösung der Josq^
Seconda'sohen GesellsohafL
Es ist schon vielfach darauf hlDgewiesen worde
dass sich neben den theatralischen VorstellaDg^, weid
am kurfttrstlichen Hofe in Dresden stattfanden oder i
diesem in einer directen Beziehung standen, noch ando
Theaternntemehmungen nebenherliefen. Von ihnen ü
in dem Zeitraum von 1763 — 1817 die wichtigsten d&
jenigen; welche auf dem Theater des Lincke'schea Bade
stattfanden, sowohl deshalb; weil sie allmählich unter «d
einen geschlosseneren Zusammenhang gewannen; tli
weil sie in einer gewissen Verbindung mit den Vor-
stellungen standen, welche von da ab das Königliehi
Hoftheater fttr längere Zeit hier geben sollte.
Nachdem der Theaterdirector Fran^ois MerschS
im Jahre 1774 die Erlaubniss erhalten hatte, mit seine'
aus Kindern bestehenden Truppe Vorstellungen in den
vor dem ehemaligen schwarzen Thore an der KöDigv
brticker Strasse gelegenen Gasthofe zum Schönbrnnn^
auch Kammerdiener genannt, zu geben ; setzte er 1772
diese Vorstellungen mit einer aus erwachsenen Darstellen
bestehenden Gesellschaft in einer auf seine Kosten 9M
dem Grundstücke des Lincke*schen, vormals Lehmann'schei
Bades, einem beliebten Vergnügungsorte der Dresdnei
erbauten Bude fort. Merschy, welcher 1767 bei de
Seyler'schen Truppe in Hamburg engagirt gewesen un*
I Km Lcgging geeelien und in Bedientenrollen gelobt
ten war, hatte jedoch hei diesen Unternehmnngen
kein (ilUck. ÜeBto luelir reUasirte «ein Naclifolger :
Friedrich Simon Koberwein, welcher mit seinen Vor-
"•cliongeD Bolchee Anffichen erregte, dass er aogar an
den Hol' nnch Pilloitz entboten wnrde. Dieser Erfolg
wljeint den donialigeu Besitaer des GrundetückB, den
^ccisrath Lincke, bestimmt zn haben, mit landesherrlicher
G*nehmignng ein gut eingerichtetes Schauspielhane zu
erbauen. Eb war dasselbe, welches noch Vielen von uns
aas ^ea VorstcUnngen des Königlichen Iloftheaters be-
kannt worden ist. Die Vorstellnngen darin worden am
22. Mai 177G von der Seyler'schen GeBellsebaft. an welche
Unclse es zonächst verpachtet hatte, mit einem vom
Hibljothekar Dassdorl' gedichteten und von Mad, Seyler
gesprochenen Prologe eröffnet, dem eine von der da-
mals berühmten SHageria Hellmuth gesungene Arie
nnd das Lastspiel: „Der Tadler nach der Mode" von
Steplianie d. J. folgten. Der SchlnsH dieser nur anf den
Sommer berechneten Voratellnngen fand am 26. Anguüt
d- J. statt, '
Von nun an wurde das Hans alljährlich in ähnlicher
^'eisp an verschiedene Theatemntemehmer för die Som-
""PiTMonate verpachtet; 1777 an Branian, 1778 an
'''"Äffe, welcher fUr Rechnung Bondini's spielte, 1780
" Franz Anton Gatto, welcher als Basso buffo ge-
rthmt wird nnd 1779 bei der Bondini'schen Gesellschaft
"^r. 1781 spielten liier nach einander die Principale
"^ ber, Knpp und Malcolmi, 1782 die Directoren
"•^ <iox und Fachet, welcher Letztere an der Spitze
ein^j zm- Theatersehnle der iCaiserin von Kussland ge-
, '**Sen Gesellschaft von Kindern stand und mit diesen
* »«Stellungen in französischer Sprache gab. 1783 be-
S^&nen wir hier dem Director Bellomo, welcher eben-
Wl« mehrere Jahre zur Bondini'schen Gesellschaft gehört
' l'iolog und Epilog ätehen im Theaterjourngl »oo 1777.
— 354 —
hatte; 1785 den Principalen Schläger, ToBcani, Schmi
und Lazari; 1786 Lanbert und Gonstantini, Bddenn
EindergesellBchaften ; 1787 Joseph Seconda, demBnJ
von Franz, welcher sowohl Schauspiel wie Oper gt
1786 der Principalin Maria Barbara Wäser/ welche ^
schon kennen zu lernen Gelegenheit hatten. Sie erfi
damals durch die Auffbhrung von Weisse's Richard ]
mancherlei Angriffe. So heisst es z. B. bei Hasche: ,1
wünschte, dass eine wohlthätige Hand die hässUd
Schandflecke des Stils verwischte. Man will uns Deutscl
mit Gewalt den brausenden Shakespeare aufdrängen,
Hässlichkeit des Lasters so abscheulich malen, d
sie schauerlich wird und delicate Herzen ihren BI
schlechterdings abwenden müssen. Welcher Christ ki
ein solches Gebet ausstehen: ,Will mir kein Gott hell
so werfe ich mich in Deine Arme, Teufel, Erstgeburt i
Hölle!' oder den Segen der Mutter, den sie dem Bn
paare giebt. Grässlich und ungeheuer 1 Auch bloss ni
dramatischen Eunstregeln bearbeitet zu lang und
wiederholt.'^ Man sieht, der gute Hasche wusste i
Shakespeare selbst eben nichts. Aber auch Mahhnai
welcher ihn doch gekannt haben sollte, konnte von ii
noch 1804 als von „einem gigantischen AbenteoR
sprechen. — In der Wäser'schen Gesellschaft, wck
sowohl Schauspiel, als Oper darstellte, finden wir c
Namen: Pauly, Hilscber, Haffner, Koffka vertreten.
Vom Jahre 1790 an bildeten sich am Lincke'scb
Theater stetigere Kunstzustände unter dem Dired
Joseph Seconda aus. Da sein Bruder Franz ai
gehört hatte, in Dresden deutsche Opern zu spielen,
wurden besonders seine Opernvorstellungen, welche eu
grossen Lücke im Kunstleben der Hauptstadt, wenn aucli i
notbdürftig Abhülfe schafften, freudig begrüsst und dan
' Das Gothaische TascheDbuch für die Schaabühne tos 1'
giebt ein Verzeichniss dieser verschiedenen Truppen.
355 —
n
ani'h anfangs hauptaäcblidi von ihm g(!päegt. Zugleich
l»l er den Bewohnern der Resident Gelegenheit, aneh
vährend der Sommermonate ein leidliches Schauspiel
ond Lustspiel zn seilen^ wobei Vieles dargeboten wurde»
wag dii' Hofbühne eben nicht zur Darstellnng brachte.
Freilich gehörte das Meiste den bedenklicheren Richtungen
des Zeitgeschmacks an, wie sieh tllierhaupt sein Repertoire
keineswegs immer anf gleicher Höiie zeigt, sondern in
einzelnen Jahren ziemlich herabsinkt. Immerhin aber
hat Joseph Seconda das Verdienst, während eines grossen
ZeitranniB (von 1790—1817) in Dresden fast ausscblieBB-
licli die Kenntniss der deutschen und französischen
Opfr vermittelt zn haben. Er spielte hier, mit Ausnahme
nw ejiies einzigen Jahres, regelmässig von Ostern bis
Jnm Kovembcr, vom November bis Fastnacht in Leipzig,
and ansserdem abwechselnd in Bautzen, Zittau, Freiberg,
Cliemnitz und Naumburg.'
' Ini J&hre 1792 hatte die Joseph Seconda'suhe Geaellst^haft
<°vmde Ziigammensetziing :
Directeun Joseph Secondn. Musikdirector: Pitterlin.
^offlsar; Lorsch. Garderobier; Nidas.
Actricen: Mad. Freuen, tragische unil homi nebe Mutter. Mad.
''THinuiii, erste LiebhHberlDDen im Sdiauspiele. Mad. Laiigenthal,
'''lel.iebbaheriiincn im Singspiele, junge Weiber, Soubretten im
anspiele , tanzt Mad. Lehmann , zweite Liebhaberinnen im
^(Dtpiele, naive M&dchen, dritte Kollen im Singspiele, tanzt. Mad.
^cbirl, joDge Weiber im Schauspiele, Mütipr im Singspiele. Mad.
Alliier, Halfsrolleu. Dem. Bnchard und Firuen, Kinderrollen.
Aetcnrs: Langenthai, junge Männer, einige Helden, zweite
"«''Ii»|>er in Singspiele. PfoilTer, erste Liebhaber im Singspiele,
lonte M&niier nnd BQsevicbter im Schauspiele. Ftuchard, LiehbaboT
^ CbeTaliers. Falke, junge Liebhaber. Cordemnnn, junge Helden,
"(U(b«r, flingt. Malier, Btiffbim Im Singspiele, Karikaturrollen im
*<^fpii!le. Freuen, edle und launige Väter, zweiler Baflbn im
^■Kipiek. Wacbsmutb, Bedienten- und Kariknlnrrollen, singt Bflss.
btOSiBttin , niedrig - komische Hollen , dumme Jungen , Pedanten,
Wiifhii Bedienten. Opitz, Biirtienten, singt Boss.
— 356 —
Den Stamm des Orchesters bildeten die knrftnt-
liehen Jagdpfeifer, ein zu jener Zeit in Dresdra beUektoi
Corps.
Joseph Seconda besass anzweifelhaft einzelne lügen-
schaften eines guten Directors. Vor Allem zeichnete er
sich durch musterhafte Ordnung aus. Daftlr ist folgende
Bemerkung charakteristisch,, die ich seinen Theaterzetteh
vom Jahre 1791 entnehme: „Da bei manchen Gesell-
schaften das Creditiren an Schauspieler oft Anläse n
Verdrüsslichkeiten giebt, so wird jedermann höflich g^
beten , sich bestens dabey vorzusehen , wenn der FiD
hier eintreten sollte, weil die Direction schlechterdinj»
bei der Abreise von hier ftlr kein Mitglied zahlt, noelt
Bürgschaft leistet^ Seconda trat wohl auch selbst als-
Schauspieler, doch nur im Nothfall und in onbedeutendeB.
Rollen auf. Seine Frau, eine geb. Cordemann, galt flc"
ein brauchbares Mitglied. Sie starb jedoch schon 179^
im Alter von nur erst 23 Jahren.
Friedr. Aug. Pitterlin, aus Bautzen gebtirtigv
sollte Theologie studiren, wendete sich aber bald
der Musik zu. 1789 trat er mit einer Oper: ,|IN^
Zigeuner^ hervor und bei Seconda als Musikdireotor ein^
von dem er 1795 in gleicher Eigenschaft zu DObbdia
nach Berlin ging. An seine Stelle trat Gottlieb Bene-
dict Biercy, geb. 1772 zu Dresden. Er hatte unter
Weinlig studirt und war 1790 zum Theater gegangen;
wo er sich als fruchtbarer Gomponist bethätigte, doch
ohne jede tiefere Bedeutung blieb. 1806 verliess ^ die
Seconda'sche Gesellschaft. 1810 trat der später ab
Kirchencomponist berühmte J. Chr. Fr. Schneider ab
Musikdirector ein, der jedoch 1813 als Organist d^
Thomaskirche nach Leipzig berufen wurde. An e^
Stelle kam der durch seine Dichtungen ausgezeichnete
Ernst Theod. Amad. Hoffmann, welcher bis 1815 bei
der Gesellschaft verblieb.
\
— 367 -•
Im Jahre 1792 finden wir unter den DarsteUem eine
Ihd. Wagner, eine Mamsell Petrivi, die Schauspieler
Geiling und Friedrich Mttller mit aufgeführt, 1794 das
Ehepaar Assmann, Reyberg und Beinecke jun. (als
Hamlet). 1795 trat der auch als Opemcomponist und
Scliriflsteller bekannte Joh. Christ. KafiTka hinzu. ^
Zu der am 26. Mai 1796 stattfindenden ersten Vor-
BteUang von Mozart's Titus enthielt der Extrazettel
fegende Bemerkung : „Wie sehr allhier allgemein Mozart's
^eistmrwerke geschätzt und geUebt werden, ist hinläng-
Iteli bekannt. Der Wunsch von einem werthgeschätzten
'vblico, diese Oper auf den deutschen Bühnen aufgeführt
^ sehen, war der Sporn, dieses italienische Werk zu
'l^rEetsen und für unsere Bühne einrichten zu lassen,
^ ^n yerehrungswürdiges Publicum zu überzeugen, wie
^^1 mir daran liegt, seine Wtlnsche zu befriedigen. Auch
''^^^ ich keine Kosten gescheut, sowohl in Ansehung
™^ hierzu erforderlichen neuen Decorationen, wie auch
^^^ prachtvollen neuen römischen Garderobe, um ver-
B^t^^m zu können, dass Alles ein schönes Ganze aus-
■^^^hen wird.**
1796 finden wir Mad de Roche,^ 1797 Dem. Cölestini
^^'^ Herrn Schwarz, some das Ehepaar Krebs mit ihren
^^^dem zur Gesellschaft getreten. Krebs spielte unter
^^erem den Don Juan und Belmoni 1798 begegnen
' Ich gebe von diesem Jahre folgende Besetzungen :
Figaro's Hochzeit (80. April 1795): Almaviva — Fr. Müller.
€flfin — Mad. Seconda. Susanne — Mad. Wagner. Figaro — *
Kiffka. Chembin — Mii« Brand. Bartolo — Tuch. Marzelline —
Jlad. Assmann. Basilio — Siegberg.
Don Juan (z. 1. M. 16. Sept 1795): Kommandant — Siegberg.
Donna Anna — Mad. Wagner. Don Gonsalvo — Assmann. Donna
Laura — Mad. Assmann. Don Juan — Kaffka. Franz, Don Juan's
Bedienter — Müller. Peter ^ Tuch. KULrchen — Mii« Brand.
* Das Qothaische Taschenbuch für die Schaubühne auf die Jahre
17M und 1799 giebt ein Mitglieder- Yeneichnisa dieses Theaters.
— 358 —
wir den Namen des Hofimann'scben Ehepaars und eirn
Herrn Kermair; 1800 denen von Nefber, Schmelk
Hacker nnd der Damen Spengler nnd Hemnann.
Die Allgemeine musikalische Zeitung rom Jahre 181
enthält folgendes Referat über die Joseph SecondaW
Gesellschaft: ^ Dieselbe besteht ans einer zahlreichen od
vielmehr überreichlichen Schaar Herren nnd Damen, T(
denen jedoch nur folgende (in Bezug auf die Oper) a
geführt zu werden verdienen : Mad. Herrmann, deren G
sang und Spiel sich verbessert hat und die sich meiste
viel Mühe giebt. Mad. Wagner, deren Gesang undSp
sich sehr verschlimmert hat und die sich meistens nie
viel Mühe giebt, dafür aber desto mehr Prätension
macht. Mad. Spengler, die eine recht gute Stimme me
hatte, als hat, und nicht fest genug ist. Dem. Gflnih*
welche kleine, aber nicht eben feine Soubretten leidli
spielt, aber gar keine Stimme für den Gesang hat H<
Neffzer, der eine nicht zu verachtende Tenorstimme m
in derselben nicht gemeine Fertigkeit besitzt, verbind
damit leider eine vollkommene Geschmacklosigkdt. H<
Krebs, zweiter Tenorist, hat weniger Stimme und Ferti
keit, aber schätzbare musikalische Kenntnisse. H<
Geiling hat eine starke, besonders im Ensemble schäl
bare, aber etwas unbeholfene Bassstimme, spielt niedr
komische und KarikaturroIIeu gut, fühlt das aber b
Weitem zu stark und erlaubt sich daher zuweilen Unartii
keiten. Herr Heinrich Müller hat eine ganz unbedeutem
Bassstimme, ist aber als Schauspieler seines muntere
von Talent, gesellschaftlicher Bildung und Fleiss zeug«
den Spiels wegen schätzbar.^
Im Jahre 1802 wurde das Lanius'sche Ehepaar m
der nachmals berühmte Bassist Christian Wilh. Hia
engagirt. Letzterer verliess jedoch schon 1804 i
Gesellschaft, bei welcher zu dieser Zeit Mad. Tosca
als Röschen in der schönen Müllerin debütirte und si
zugleich als Glaviervirtuosin zeigte. In demselben Jal
— 359 —
finden wir auf den Theaterzetteln anch noch Dem. Matig-
xeck und die Namen Schultz, Heldenmnth, Uhick, Nea-
baner, Brand. 1807 trat Mad. Paczkowska als Gräfin
Onina auf nnd 1810 eröffnete der spätere Eönigl. Hof-
opernsänger und Ghordirector Chr. Wilh. Fischer, geb.
1789 zu Freiberg, hier seine theatralische Lanfbahn.
£f war im Besitz einer schönen, doch nicht ausreichenden
^Mstimme, weshalb er sich bald dem komischen Fach
zuwendete. Veranlassung gab der Erfolg, den er in der
nor zur Aushülfe übernommenen Bolle des Caspar Larifari
^ Donauweibchen erzielte. — 1811 finden wir wieder
S^Mae Veränderungen im Personal, wie die neu erschei-
>^i^den Namen: BoUberg, Gorradini, Krämer, La Boche,
Siebert etc. beweisen. 1812 trat das Keller'sche Ehepaar
nnd IP« Herz hinzu ; 1814 das Gerstäcker'sche Ehepaar,
1815 Herr Hoppe. Gerstäcker gehörte zu den bedeu-
teadsten Gesangstalenten der Zeit; wir werden ihm aber
^ter noch zu begegnen haben.
Ein Blick auf das Bepertoire lässt uns auch manche
^^ndlung in den leitenden Grundsätzen erkennen. Bis
wm Jahre 1797 wurde besonders die Oper gepflegt.
*^^* Jahr 1790 war ausgezeichnet durch die erste Auf-
"Ihiimg von Lilla oder die seltene Treue (Una cosa rara)
^^^ Martin, 1791 durch Mozarfs Entführung* und Ditters-
^^r^ Doctor und Apotheker, 1792 durch des Letzteren
*^theg Käppchen, 1793 (am 7. August) durch Mozart's
f[^^berflöte, welche — ein damals ganz ausserordentlicher
. ^1 — 5 Mal hintereinander und während des ganzen
^«^res 14 Mal aufgeführt werden konnte. Freilich er-
^He im nächsten Jahre die nun schon seit lange ver-
^^^%ene ^auberzither'^ von Wenzel Müller einen fast
"^^^h grösseren Erfolg. 1795 hatten Mozarts Figaro's
* Besetzung: Selim — Borchard. ConsUDze — Mad. Burchard.
^Oi^da ^ Dem. Langenthal. Belmont — Pfeifer. FedriUo ^ Langen-
^^^^ Osmin — Müller.
— 360 —
Hochzeit ^ und Don Juan '^ ihre Erfolge mit dem Spiegel
von Arcadien von Sehikaneder und Sos&meyer getheilt
1796 brachte Mozart's Titos, Salieri's Axur^ den De•6^
teur von Gretry und überhaupt 12 neue Opern/ sowie
drei italienische Intermezzi^ in denen Bianchi, der ente
komische Opernsänger des Königs von Preossen^ anftrat
Im nächsten Jahre hatte Seconda „die italienische pan-
tomimische Gesellschaft des Giuseppe Casorti'^ «igagiil
Auch gastirte Teresa Bianchi in dem Melodrama Pygma-
lion des Grafen Gimadoro. 1798 ist durch das Aofiie-
ten von Herrn und Madame Lombardi^ geb. Bianchi be-
merkenswerth^ sowie durch eine am 22. April zu Ehrem.
Mozart's abgehaltene Gedächtnissfeier. Vom Jahre 1799
an treten die Possen in den Vordergrund. (Der 2aaber^
hain, von Bierey; der travestirte Hamlet, vonGiesekeui
Tuczck; Don Quixote^ von Dunkel. Der erste Theil d<
Donauweibchens von Hensler und Eauer, welcher in knnen-
Zeit 10 Aufftilirungen erlebte. Der zweite Theil erschieiB
im folgenden Jahr, ein dritter 1804.) Auch eine Schau-
spieler- und Tänzorgeseilschaft unter L. Nuth wurde eq
Hilfe gerufen. Im Jahre 1801 wurde die ernste Oper,
welche fast ganz zurückgetreten war^ wieder aufgenom-
men. Lodoiska von Cherubini erscheint neben den
Schwestern von Prag, dem Tyroler Wastel und Rinaldo
Rinaldini von Zschokke. Mit diesem wurden die Schauer-
dramen eingeleitet; welche für einige Zeit eine hervor-
tretende Rolle spielten; 'so im folgenden Jahre: Garolo
Carolini von Meisl als Gegenstück zu Rinaldo Rinaldini ;
» Besetzung: Graf — Müller. GrÄfin — Mad. Seconda.
Susanne — Mad. Wagner. Figaro — Kaffka. Cherubin — De»-
Brand. Bartolo — Tuch. Marzelline — Mad. Assmann. BtsiUo
— Siegberg.
'Besetzung: Don Juan — Kaflfka. Kommandant — Siegberg.
Donna Anna — Mad. Wagner. Don Gonsalvo — Assmann. «Doddi
Laura — Mad. Assmann. Franz— Müller. Peter— Tuch. ClÄiili«»
— Dem. Brand.
— 361 —
r
^ Kopf ohne Mann , nach einer Geistergeschichte von
Periaet nad Wölfl ; die Teufelsmflhle am Wiener Berge,
yon Hensler nnd Wenzel Müller. Daneben der Blaubart
Ton Oretry and der Wasserträger von Chernbini.^ Daa
«Uir 1803 weirt neben Opern von Alayrac, Möhul^ Che-
ntbiiii^ Oaveaux, Soliö und Winter — die Hussiten vor
Ilaoaibiirg und Herodes vor Bethlehem „als Pendant zu
^ Tielbeweinten Hussiten vor Naumburg", und Stücke
wie die 12 schlafenden Jungfrauen auf. Diesen Gharak-
^^f bewahrt das Repertoire bis zum Jahre 1807. In der
Oper treten Cherubini ^ Gretry, Boieldieu und Weigl
hervor. Fancbon, das Leiermädchen von Kotzebue und
Huauiel, Aline von Favier nnd Berton haben grosse Er-
'^'Se. Daa Schauerdrama erreicht seinen Höhepunkt
*^^ rächende Gespenst^ die Maske oder der Todtenkopf,
^ eiserne Larve — sämmtlich von Zschokke; Hans
^Uinger oder das heimliche Blutgericht von Schikaneder,
^^^graf Bösenburg von Hagemann erscheinen als Günst-
'^^Sc der Darsteller und des Publicums. Im Jahre 1807
'Vielten vom 15. Mai bis August ausnahmsweise die
^^^glicben Hoischauspieler für alleinige Rechnung Franz
^^onda's auf dem Theater des Lincke'schen Bades. Auch
^ ttcblossen sich dem hier herrschenden Geschmacke an.
^>^ter den Stücken, welche sie auf der Königl. Bühne
^'^ht gaben, nimmt „Wallenstein's Lager" (21. Juni) den
^**^r«tcn Platz ein. 1808 bis 10 hatte Seconda die Ballet-
Jl'l^^ergesellschaft unter Nuth aufs Neue gewonnen.
^^ Oper trat wieder mehr in den Hintergrund.
Erst 1811 erscheint sie unter Schneider's Einfluss
^^der aufs Neue begünstigt. Die Schweizerfamilie von
j^^igl, Aschenbrödel von Isouard, Jacob und seine Söhne von
^^liul — diese mit grossem Erfolge — erschienen als Novi-
_ ' Betetzang der ersten AuflÜhrung am 23. April: Armand —
**^tl2er. Constanze — Mad. Spengler. Micheli — Wagner.
"Äuiel — HIcker. Anton — Krebs. Marxellinc — Mad. Herr-
'***^n. Rosette — Mad. Lanius.
— 362 —
täten. 1813 brachte die Joseph Seconda'scbe
Schaft Gluck's Iphigenia in Tauris^ znr Anffl
und zwar in dem EönigL Theater, welches ihr ans
weise in Bttcksicht auf die damals während der An
heit Napoleon's in Dresden weilenden Truppen nnd
den eingeräumt worden war. Das Jahr 1814 ist
die Darstellung von Boieldieu's Johann von Pai
welchem das Gerstäcker'sche Ehepaar auftrat^ unc
Carl Maria y. Weber's Abu Hassan, 1815 durch I
yen's FideliO;* sowie durch die Festvorstellung zui
der Bttckkehr des Königs ausgezeichnet. Die dal
getragenen Festgesänge waren von Ebers. Dai
1816; das letzte, in welchem die Seconda'sche
Schaft; die sich im folgenden Jahre auflöste, in I
spielte, brachte unter Anderem auch G. M. y. 1
Silyana. Aufsehen machte in diesem Jahre der 1
tigt gewordene ^Hund des Aubri^. Schon der T
Zettel yer dient Erwähnung durch die Bemerkung:
yerehrungswttrdiges Publicum wird höflichst ersucl
beim Erscheinen des Hundes gefälligst ruhig z
halten, um eine mögliche Störung seines eigene
gntlgens zu yerhttten.'^
Am 21. October dieses Jahres wurden die \
lungen der J. Seconda'schen Gesellschaft mit Y
Silyana fUr immer geschlossen.
' Iphigenia — Mad. Kramer. Orest — J. Miller.
— Gerst&cker. Thoas — Pillwitz. Diana — Mad. N<
— Klyt&mnestra — Mad. Corrodini.
' £r8te AufHlhrung am 12. ApriL Besetzung: Fernando -
dini. Pizzaro — Pillwitz. Florestan — Hoppe. Leonore
Kramer. Rocco — Fischer. MarzelUne — M"« Herz.
r
Die Umwandlnng der subventionirten Theater-
gesellsohaft am Dresdner Hofe in ein zu einem
Ganzen verbundenes Hoffheater.
^'Muf eines Staats -Theaters in Dresden nnter Direetion
^ Hefrath Theodor Winkler. — üebemalinie desselben Ton
^^ita ies Hofe nnter der Generaldireetion des Grafen Carl
WUMm Tliithnm Ton Eekstidt. — Hnsikalisehes Leben am
^^ — Bepertoire Ton 1814—16. — Yerftndemnir«n im Personal.
Die finaDzielle Erschöpfang des Landes machte es
^ russischen GonyerDement znr Pflicht, wo es nur immer
^gUch^Erapamngen eintreten zn lassen. Natürlich wnrden
^i^i Theater nnd Kapelle mit in Betracht gezogen,
^ dass selbst deren völlige Auflösung discatirt wurde.
^knitz und Morlacchi traten aber als beredte Vertheidiger
"^ 8ie eiU; und da Fürst Repnin ein Mann von Bildung
^ Knnstliebe war, so gelang es ihren Anstrengungen,
^Bestand dieser Institute zu retten und die Mitglieder
"^r^clben vor drohenden Verlusten zu schützen. Die
°^ber gepflogenen Unterhandlungen nahmen sogar eine
l^cudung, die für die weitere Entwicklung beider von
"^^Bter Bedeutung wurde. In Folge davon erhielt
*«^Bcli Racknitz den Auftrag, ein Gutachten darüber
•J>tugeben, ob es nicht vortheilhafter sei, wenn der Staat
^ Verwaltung dieser Institute übernehme und ein Inten-
^t daftlr angestellt werde. Es wurde zu diesem Zwecke
^^ Commission niedergesetzt, welche zunächst aus dem
^^eralmajor von Vieth (dem Director der Polizei) und
— 364 —
dem Oberappellationsrathe Körner unter Vorsitz des
Directeur des plaisirs von Racknitz bestand, zn welcher
jedoch sehr bald der Kammerherr Carl Borromäns ?on
Miltitz und der Geh. Archiv -Secretär Theodor Winkler
(Theodor He 11)^ der auch die Protokolle führte, sowie to
Kapellmeister Francesco Morlacchi zugezogen wurden.
Carl Borromäus Alex. Steph. von Miltitz, 1781
zu Dresden geboren, war 1798 in sächsische Kriegsdienste
getreten, hatte 1811 seinen Abschied genommen, hienif
in österreichischen Diensten den Freiheitskrieg mitgemacH
im Uebrigen aber in der Stille des ihm gehörigen Schlosses
Scharlenberg bei Meissen Müsse zum Studium der Literatur
und Musik gesucht und gelunden. Er war selbst Diebter
und Componist und hatte als letzterer von Weinlig und
Roclilitz Anregung und Anleitung erhalten.
Christ. Gott fr. Körner, geb. 1756 zu Leipzig, nshm
bereits längere Zeit durch die Vielseitigkeit seiner Bildong,
durch seiue Liebe zu Kunst und Wissenschaft in Dresden
eine hervorragende gesellschaftliche Stellung ein. „Sein
Enthusiasmus, seine stets rege Empfänglichkeit — sagt
von ihm A. Stern (in einem Aufsatz des Dresdner
Journals: Ludwig Tieck in Dresden) — belebten, weckten,
vereinigten viele Jahre alle besseren Elemente; um ihn
hatten sich bis 1815 alle die geschaart, denen es Enurt
war mit den höchsten Culturaufgaben.^ Sein Urtheil ward
eben so sehr geschätzt, wie geftlrchtet. Sowohl Rackniti,
als Vitzthum waren durch seine Beziehungen zn Schiller
amtlich in näheren Verkehr mit ihm getreten. Als Xit-
begründer der Dreissig'schen Singakademie übte er aach
auf die musikalischen Verhältnisse eineii nicht zu unter-
schätzenden Einfluss aus. Dazu hatte ihn der Heldentod
seines als Sänger der nationalen Freiheit gefeierten
Sohnes zu einer ebenso populären, als den eben her^
sehenden Verhältnissen entsprechenden Persönlichkeit ge-
macht, was ihm freilich andererseits, nach der erwartetes
Rückkehr des Königs, seine Stellung als eine sehr peialiclie
erscheineD lassen mochte. Da ilitn nnn llberdicB der Tod
»«iner Kinder (im März 1815 verlor er auch noch seine
eiDZige Tochter) liier Itbersll die Bclimerzlicheten Erinne-
rnng*n erwecken mnsete. bo folgte er in demRelben Jahre
eiaem an ihn ergangenen Rufe nach Berlin, wo er 1831 starb.
Einen ungleich eingreifenderen, andauernderen, wenn
«ach nicht immer wohlthätigcn EintluRs sollte Theodor
Wiokler (geb. 1775 in Waldenbiirg) anf diu Dresdner
Theaterverhältnisse ansUben. Er war mit seinem Vater,
einem vielseitig gebildeten Geistlichen, welcher sein Amt
anfgegeben hatte, sehr früh nach Dresden gekommen,
ttadirte später in Wittenberg Rechtswissenschalt uod Ge-
schichte, beschäftigte sich aber schon damals mit allerlei
dichterisclien Versnchen. Anch neben seiner Amtethätig-
keit in Dresden, wo er 1796 zunächst beim Stadtgerichte
Anstellnng fand, gab er diesen Neigungen nach. Schon
im Jahre IHOö finden wir ilin anf dem Repertoire des
Dresdner Theaters unter dem Pseudomyn Theodor Hell,
und von dieser Zeit an snclite und gewann der vielge-
schäflige nnd gewandle Mann einen immer wachsenden
Einflnss auf dessen Verhältnisse.' Ohne tiefere wissen-
schaftliche Bildung, hatte er sich einen Schatz nutzbarer
Kenntnisse erworben. Er war der französischen, englischen,
italienischen, spanischen, ja portagisiscbenSprache mächtig,
waa ihn befShigte, die Bühne mit einer Menge Ueber-
actznngvn von nicht selten nnr zweifelhaftem Werthe zu
' Von Eeiner Vielgeethiftigkeit piebt eine sityrische Schrift
■na dem Jabre 1830: ..Dresden, wie es igt", von Ernst Scherzlicb,
tüUgtuAes Bild: „Ihr wurdet iitsuncn, kenntet ihr alle die Functionen,
denen (tieser Mann Torsteht. Er ist l;risc:her DiL'hter, Dramatiker,
reich »n EKeugniaaen wie Wenige, ßllhiiendirector, Rofereot in
Tbestersachen. Regisseur (der ital. Oper), Cassirer, Redscteur einer
gelesenen Zeitschrift, Herausgetier vieler Werke, Uebersetzer, Kritiker,
Torredner, Mäcen und Eathgebereiner grossen Menge kleiner Geister,
Flettcb-Accisen-Reiidani, Secretar und Ordner mekrer literarischer
Gesellschaften, der leitende t-'eist einer grossen Verl ngsbutliliand lue g
nnd du Factotnm rerschiedener Zirkel und Vereine.
— 366 —
versorgen. Den Mangel an wahrer Begeistenmg ond an
tieferer Einsicht in das Wesen der Kunst wusste er dveh
praktische Betriebsamkeit und Oeschäftsgewandtheit n
ersetzen. Doch sind ihm auch mancherlei Verdienste n-
zuerkenneu; wie er z. B. durch seine Abendzeitung, beiaDer
Schwächlichkeit der darin vorherrschenden Richtung, dem
literarisch -poetischen Leben Dresdens einen Mittelpunkt
schaffte' und eine erweiterte Ausbreitung gab. Dato
denn auch er es vorzugsweise war, um den sich die da-
mals in Dresden lebenden Schriftsteller gruppirten.
Die zur Begutachtung der Theaterreformfrage nieder-
gesetzte Gommission begann ihre Sitzungen am 8. Kai
1814 und wurde nach Beendigung ihrer Geschäfte ent
im folgenden Jahre^ unter dem inzwischen eingetretenen
preussischen Gouvernement, wieder aufgelöst. In Folge
der von ihr ausgehenden Vorschläge wurde die italieniselie
Oper und das deutsche Schauspiel zu einer gemeinsimen
Staatsanstalt umgestaltet und der Beschluss hiervon in
einer vom 26. Sept. 1814 datirten Bekanntmachung n
allgemeiner Eenntniss gebracht.'
' Dieselbe lautet: „Ein hohes General •Gk)avernemeiit toa
Sachsen hat es für zweckmässig erachtet, sowohl bei der itaUenisdien
Oper, als dem deutschen Schauspiel allhier, die bisherigen Unter-
nehmungen von Privatpersonen aufzuheben und beide Theater fO^
Staatsadministration zu nehmen, damit auf das Wirksamste die Ver-
besserung derselben befördert und dem Publicum auf jede Art der
Genuss wahrer Kunst verschafft und erleichtert werde. Man enrirtet
daher auch von demselben theilnehmende Unterstützung und Afle^
kennuiig. Es werden jetzt die Preise bei der am 4. Oct. d. J. w
fangenden italienischer Oper sowohl, als dem am 20. Oct beginoendes
deutschen Schauspiele bekannt gemacht Es soll zweimal in ^
Woche italienische Oper gegeben werden, nämlich : Dienstags vs^
Freitags, und viermal deutsche Vorstellung sein, nämlich: Sonntage
Montags, Mittwochs und Donnerstags. (Folgen die Preise.) Vo«
Monat October an erscheint eine Wochenschrift unter dem Titd'-
•
Theatralische Mittheilnngcn, wöchentlich zu einem halben Bogen a
Quart, worüber das Nähere noch wird bekannt gemacht werden, w»
die jedesmal das Repertoire der nächsten Woche enthält Wer sc'*
367
Die Oberaufsicht Über die beiden also vereinigten
KaoetasstiilteD, welche auf dem Theaterzettel den Namen
,KOiugl. SchauBpif-le" führten, blieb noch immer der
ComtnissioD UbtTtragen. Winkler wnrde zum Intendanten
mit dem Titel und Rang eines rnssiscLen Holraths er-
Dinnl; der frühere Unternehmer des dentschen Theaters,
FtiM Scconda, der nur wie durch ein Wunder dem Er-
mliiusen entgangen war, da ihn die Russen alä vermelnt-
Kcbeo Spion ergriffen, glücklicherweise aber nach Dresden
{whleppt hatten, erhielt eine Anstellung als Oeconomie-
rüh. Weber und Genast schildern ihn im Jahre 1817
>l* ein Bild ans verklungener Zeit, mit Zopf und gepuderter
PcrrUcke, Schnallenschnhen. Kuieliosen. „Bekannt und
iaäm mit Kammerfrauen und Kammerdienern, servil und
^b, je nachdem das Gnadenlicht Diejenigen umscliim-
Bierte, mit denen er verkehrte, zum Typus eines sächs.
Subaltern t>eamten damaliger Zeit geworden, galt er für
•ioea eintluBsreichen, wohlgelittenen Mann.''
Von dieser Zeit fiel, wie wir ans einer Bemerkung
ätr Theateraettel erseien,' die Gewohnheit hinweg, das
Stack des folgenden Abends durcb einen der Schauspieler
"ikllDdigen zu lassen-
M du Winlerliallijahr im Theater, abbonirt hat, erbalt jene Wochen-
*^ritl laf diesä Zeit far 16 Gr. PrÜDumeration bei dem Theater-
'^iuircr oder in der Arnold'achen Buciihandliing allhier.
Dresden, am 2G. September 1B14.
Die lotendanE beider Künigl. Siklis. Theater za Dresden."
' Diese Bemerkung lautet: , Da jede Darstellung auf der Bühne
*'* Biae in Bii^h geschlossene Künstle istniig angesehen vcrduii muss,
* '«on e» fftr diese Ansicht nnr störend sein, wenn, wie bisher,
'^ dun gehörige Person gleichsam wieder aus derselben heraus-
l™^ imd die Ankündigung der Vorstellung des nftohsten Schauspiele
^'^'r^ Uro diofie Störunj; zu TermeldeD, ist die Einrichtntig ge-
ilT "' ^'^^ ^'^ DUcbüte Vorstellung: auf der Schauspiel an zeige
(''"Oiodienzeitel) jedf^smal mit benannt , auch beim Ausgange des
f'^tars der Käme des künftigen Stilcks auf eine daiu bestimmte
^''=1 geschrieben werden wird. Die mUudlichen Ankündigungen
^"'^ dtriJbhne foUeu daher kuuftig weg.' Auch noch fulgetidc Be-
— 368 —
König Friedrich Angust, welcher Alles von sich
hielt; w«8 mit der Erinnernng an die über sein Lud
httn^ Fremdherrschaft in Beziehung stand, wllidi
neuen Theatereinrichtnngen wohl am liebstMi m
aufgehoben haben. Der Gedanke wurde wenigstei
wogen. Sein Billigkeitsgeftthl und seine Oerechtigi
liebe hielten ihn aber davon zurück. Er Hess sie <
in der Hauptsache bestehen und beschränkte sich (
darauf, nach Racknitzens Rücktritte die Oeneraldin
des nunmehrigen Hoftheatcrs und der musikalischen Ki
durch Rescript vom 2. Aug. 1815 auf den Kammei
und Geh. Finanzrath Carl Wilhelm Grafen Vitzl
von Eck Stadt zu übertragen und den Hofratb Wii
zum Secretär zu ernennen.^
Indessen sollten diese Verhältnisse bald eine w
Umgestaltung erfahren. Bisher hatten die K5nigl
Hofschfluspieler immer noch, auf Grund des Fran
kanntmachung gehört dieser Zeit an: „Der General -Poliseid
von Sachsen sieht sich veranlasst, das hiesige Poblicum bei di
suche des Theaters hierdurch auf folgende, zur Anfrechthalto]
Ordnung und des Anstands nöthigen Dinge, welche in a
grossen Städten bei einem gebildeten Publicum üblich aind^anfiM
zu machen: 1) darf keine Mannsperson künftig im Theater i
decktem Haupte erscheinen und der Vorstellung beiwohnen;
sich Jeder alles störenden Geräusches, besonders aber des iinb<
Gebietens des SfiUschweigens, und 3) des geräuschvollen Herum
auf den Gängen während der Darstellung zu enthalten.
^ Eine am 27. Sept. 1815 erlassene Bekanntmachung set
Publicum von diesen Entschlüssen in Kenntniss. Sie lautet: „Ni
Se. Königl. Majestät allergnädigst beschlossen haben, die
für Rechnung des Staats bestandene Verwaltung der italiei
Oper sowohl, als des deutschen Schauspiels fortstellen, auc
4. Oct. d. J. an wöchentlich zweimal, nämlich Mittwochs und
abends, italienische Oper, und vom 19. Oct. an wöchentlich d
nämlich Montags, Dienstags und Donnerstags, deutsches Seh:
aufftlhren zu lassen, so wird solches dem Publicum bekan
macht." — Die Aufführungen an Sonn- und Freitagen ^
hierdurch wieder aufgehoben, die ersteren aber schon am 23. Oi
neuerdings eingefübrt.
— 369 —
eonda'scben PrivflegS; während der Messen in Leipzig
giq^ielt Dieses Privileg war jetzt im Ablaufen und die^
Stedi Leipzig, seit lange tonangebend auf dem Gebiete
d« Theaters und anch im übrigen Deutschland als einer der
wesentlichen Ausgangs- und Mittelpunkte der Entwicklung
diewB letzteren anerkannt, so dass man die Seconda'sche
Oeiellschaft^ trotz ihres Verhältnisses zum Dresdner Hofe
nd trotz des Prädicats von Königl. Sachs, privilegirten
dsitschen Hofschauspielem^ ausserhalb Dresden fast nur
Bit dem Namen der Leipziger Schauspieler bezeichnete
ttd Dyk in einem Aufsatze der Neuen deutschen Biblio-
thek schreiben konnte: ^Es existirt keine Dresdner
deutsche Hofschauspielergesellschaft; welche nach Leip-
zig tuf die Messe zieht^ sondern die Leipziger privilegirte
deutsche Schauspielergesellschaft geht im Winter nach
Dresden^ — die Stadt Leipzig also mochte sich schwer
in Verhältnisse fügen , die sie um jenes Vorrecht ge-
bracht haben würden. Der hier schon öfter erwogene
^anke, ein eigenes, unabhängiges; feststehendes Thea-
ter SU begründen ; fand neue Nahrung. In einem von
150 der angesehensten Bürger der Stadt unterzeichneten
Kttschreiben wurde der Magistrat um die Erftlllung die-
IM Wunsches und um Vortrag desselben bei Sr. Majestät
don Könige angegangen. Dieser Wunsch fand dort wie
Uer eine beifällige Aufnahme; und schon am 25. April
1816 erging ein Rescript aus der königl. Landesregierung;
iö welchem der Stadt Leipzig die erwünschte Erlaubnis?*
<V Errichtung eines eigenen stehenden Theaters auf
»hn Jahre gegen ein jährliches Concessionsgeld von
500 Thlr. ertheilt wurde.
Ich wage nicht zu bestimmen; ob diesem« Gesuch so
l^reitwillige Aufnahme fand; weil man sich schon ftir
^ Umänderung des Staatstheaters in ein königliches
entschieden hattC; oder ob man orst durch das Leipziger
''Csoch hierzu angeregt worden war; gewiss aber ist,
^ vom 1. Januar 1S17 an die Verwaltung des könig-
— 370 —
liehen Hoftheaters nicht mehr fUr Rechnung des Staats,
sondern für königliche Rechnung fortgeführt wurde. Da-
gegen glaube ich kaum zu irren, wenn ich yennuthe, dui
diese EntSchliessung des Königs eine Stütze und FOrdenng
in den musikalischen und theatralischen Neigungen der
übrigen Glieder der königL Familie^ besonders derjttngerei,
fand. Oleich ihrem königliehen Bruder gaben sich avek
die Prinzen Anton und Max in ihren Mussestnnden mit
Eifer und Talent dem Studium und der Ausübung der
Musik hin. So besitzt die königl. Musikaliensammlug
(wie Fürstenau: ^Die musikalischen Beschäftigungen der
Prinzessin Amalia^ mittheilt) mehr als 50 Bände C!oiDpo-
sitionen vom Prinzen Anton, und auch vom Prinzen Ibx
finden sich dort verschiedene musikalische Werke tot
(Cantaten und Opern), die wohl mchrentheift im enges
Familienkreise aufgeilihrt wurden. König Johann erinnerte
sieh z. B. noch mit Vergnügen der Darstellung einer
solchen Oper: „La famiglia feliee, opera buffa in doe
atti^; welche sein Vater 1812 von seiner Familie nnf-
führen liess. Dieser lieferte auch meist zu den Compo-
sitionen seines Bruders Anton die (italienischen) Texte.
Beide waren, wie ihre jüngste Schwester Maria Anna,
im Gla vierspiel und auch im Oesange geschickt. Musi-
kalische Unterhaltungen und Aufführungen schmückten
fast alle ihre Feste und machten ihr Familienleben z&
einem überaus genussreiehen. Die Kinder des Prinien
Max, die Prinzen Friedrich August, Clemens, Jo-
hann und die Prinzessin Amalia, wurden, heranbltthend,
mehr und mehr an denselben betheiligt. Sie erhielten
Oesangsnnterricht von Rastrelli und Mieksch, und Jofiepli
Schuster nnterriehtete die Prinzessin Amalia, Kammer-
musikus Schmiedel die Prinzen im Glavierspiel. Aneh
pflegte Prinz Max seinen Kindern öfter Gelegenheit rt
versehaflfen, sich in dramatischen Spielen zu üben. Schon
seit 1808 wurden von ihnen Opern, Ballete und firani^'
sische Lustspiele zur Aufführung gebracht. So gemessen,
— 371 —
ulich und ceremoniell sich Alles in der anmittelbaren
16 des Königs, besonders in den Beziehungen nach
leo, bewegte, so heiter, ungezwungen, anspruchslos
geistig angeregt war das Familienleben der Prinzen.^
Einen Einblick in dieses Leben gewährt unter «An-
m ein Brief TVeber's an seine Braut, in welchem er
r die Aufführung einer Cantate berichtet, die er zum
nenstage der mit dem Erbgrossherzoge ^on Toscana
obten Tochter des Prinzen Max componirt hatte.
II 26. Juli 1817 stand ich um 4 Uhr früh auf, zog
h an; die Herren Micksch, Schmiedel, Wilhelmi und
gmann frühstückten bei mir, und nun ging's nach
nitz. Wie die Prinzen beim Frühstück sassen, trug
miedel die Texte an den Tisch, die Thüren gingen
und unsere Musik begann. — Du kannst niclit
aben, welche Freude, Rührung und Ueberraschung
I herrorbrachte und mit welcher unbeschreiblichen
' Folgender von FQrstenau mitgetheilte Theaterzettel spricht
dtn harmlos-hamoristischen Ton, der ihren geselligen Verkehr
Michnete:
Mit allerhöchster Erlaubniss
1 heute, Donnerstags den 12. October 1815, von der bekannten
Schanspielergesellschaft anfgeftihrt werden:
Die Unglücklichen.
Lnstspiel in einem Acte von Kotzebne.
»Falk ♦ » ♦
Diiska Falk Demoiselle Schüchtern (Fr&ul. O'Bym)^
liT Falk, ein J&ger n Sa pientia (Prinzessin Maria).
nrd Tanbe, ein Dichter „ Paiiline(Prinze88inJosepha).
L Herbst, geb. Falk • Niedlich (Prinzessin Maria
Anna).
L Freude^ geb. Falk ,. Schneckenbach (Prinzessin
Amalia).
ries Valcau, Tanzmeister Herr Paffier (von Pnttiani).
iUe Falk Demoiselle Frost (Gr&fin Lamberg).
tf Peter Falk's Diener Herr Hüpfersdorf (Prinz Johann).
• ^ ♦ Herr Jftger (Prinz Ai ton) wird den Peter Falk als
Gastrolle geben.
^4*
- 372 —
Liebenswürdigkeit und Artigkeit aämmiliclie Hoheiten
sich benahmen. Der Gesang musste natürlich wiedednit
werden, und es fehlte nicht yiel, das9 meine.Sftpger ut
geweint hätten. Darauf, sangei^ wir noch dnige andere
Sachen, von denen mein Tanzlied „Geiger und. Pfeifer^
Alle zur Lustigkeit hinriss. Man rergass wirklich gm
unter Prinzen zu' sein und des Dankens war l^ein Ende.
Dio Prinzessinnen baten um die Musik, und die jungt
Braut sagte, dass sie diesen Morgen nie vergessen werde
und dass er einer der schönsten und fröhlichsten Du«
Lebens sei."
Obschon die übrigen Herrschaften gleich dem VJSmgt
bisher fast ganz unter dem Einflüsse italienischer Mnnk
gestanden, so beweisen doch die Beziehungen, wekbe
Weber trotz aller störenden Einflüsse zu ihnen gewinn,
dass dies bei ihnen nicht grundsätzlich jedes lateieHe
far deutsche Musik ausschloss. Bereits 1807 wnr in
Berlin die italienische Oper dem nationalen AufiM^hwnnge
erlegen. Zwar versuchte Graf Brühl sie 1809 wieder-
herzustellen. Durch seinen Hass gegen Napoleon nnd
Frankreich aber allmählich zum entschiedensten Gegner
alles Ausländischen gemacht, wurde er später gerade znin
begeistertsten Förderer und Anhänger der deutschen
Musik. Bei wesentlich anderen Traditionen und Vonns-
Setzungen konnte sich freilich in Dresden der UmschwoD^
80 rasch nicht vollziehen. Die entschiedene Vorliek
nicht nur des Hofs, sondern des bei Weitem grMten
Theils der Gebildeten für die italienische Oper Be»
hier an eine AbschaflFung der letzteren vorerst nicht
denken, die Aufnahme der deutschen Oper in das Reper-
toire dos königlichen Theaters konnte aber doch kanm
mehr abgewiesen werden. Wenn hierzu die Idee ancli
schwerlich erst von dem neuen Generaldirector desselben
herrührt, so hat sie in ihm doch einen ebenso bereduo
wie erfolgreiehen Vertreter gefunden. Das Verdienst,
welches er sich um die Bildung einer deutschen (V^
iu Dresden gewann, wiegt um so schwerer, als er in
dfm ftllmäclitigcD Grafen Einsiedel einen zwar stillen,
»btr harlnäckigen Widerstand fand. Heinrich von Vitz-
ihnin war, nach Max Maria von Wcber's Schildemug,
Moer der klUgsten, wcitachauendsten und von Engherzig-
keit freieaten Beamten des Bächsischen Staats.
Dir mit der Erritlitting eines eigenen Theaters in
Uipiig nnd mit dem Erlöaclieu des Privilegs seines
Bruders zusammenhängende Anflüeung der Joseph Se-
«odH'schen Gescilseliatt lionote dem Vitzthum'schen
Projeete nur förderlich sein. Denn wie unznlSoglieh
Heb immer die Opcrnvorstellungen der letzteren gewesen
KtD mochten, so hatten sie doch das Interesse fitr
"Kr tranzUsische und deutsche Oper hier erat geweckt
"Dd last ansschliesslich unterhalten. j:i demselben so-
ff"' bis zu einrni gewissen Grade entsprochen. Beaon-
oerB aaf die Aufführungin der zwei letzten Jahre blicken
'«fBchicdene Berichterstatter der folgenden Zeit noch an-
"^ennend zartick. Mit ihrem Wegfalle ninsste daher
•"• BedOrfniss hervortreten, das anf Befriedigung drang,
^^ anf welches man sich bei der Befllrwortnng des hier
'" Rede stehenden Unternehmens berufen und stützen
*Oöijte. Es stand hiermit vielleicht im Zusammenhang,
«»ss die Generaldirection der königlichen Schauspiele,
■"* jeder Concnrrenz daselbst vorzubeugen, das Theater
''^*» Lincke'schen Bades jetzt selber in Pacht nahm.
Ein Blick auf die in dem jltngstverflossenen Zeit-
'**iine neu aufgeführten Stücke wird erkennen lassen,
''**« uutD in der That ernstlich bemüht war, dem Theater
"•^H in .Aussicht gestellten Aufschwung zu geben.' Beson-
' Vnn teu liis S4. Üctober ISIG wurden im Dresdner Hof-
">«at«r folgende Stacke tum ersten Male »nfgeflüirti
18H, Opern: .Ai'hilles von Paer. — Cosi f»n totte von Mozart.
— li ttelta dello Spoao von Üuglielmi. — CRmilla von Paar. —
Pfti'diBmd Cortez von Spantdni, — Le canUtrice villane «in Fiora-
'^otL _ n mitrimonio segreto von Cimaroaa. — 11 morto vivo von
— 374 —
ders fing man im Schauspiel nan die Dichtung
seren Umfange zu beachten an. Gleich in der
Stttckes (Hermann, der Cherusker) , mit d&a
21. October 1814 unter der neuen Verwaltung d
lungen wieder eröffnet hatte, tritt uns ein neu<
Geist entgegen. Ihm folgte am 15. December
Jahres Egmont von Goethe. Im folgenden «
selben Dichters Götz von Berlichingen (Kaiser
Götz — Hellwig, Elisabeth — Idad. Burmeister
Mad. Schirmer, Adelheid — Mad. Hartwig, Wei
Schirmer, Sickingen — Drewitz, Selbitz — I
Paer. — Don Giovanni von Mozart (27). — La vestal
üni (28). — La clemenza di Tito von Mozart (2).
Schauspiele: Braut und Br&utigam in einer Pa
von Eotzebue. — Die Brautnacht im Norden, Tr. 6 A.
mann. — Dankbarkeit, Seh. 5 A. von Kuno. — Egmoi
von Goethe (58). — Die Feindet Seh. 4 A. von Lernt
Findling, L. 2 A. von Gontessa. — Finden und Wiedi
2 A. von Willmar. — Das Gest&ndniss, L. 1 A. von 1
Heinrich Reuss von Plauen, Tr. 6A. von Eotzebue. —
der Cherusker, Seh. 6 A. — Iphigenia in Aulia, 1
Levezow. — Das Kind der Liebe, Seh. 6 A. von Eotzc
Kreuzfahrer, Seh. 6 A. von Kotzebue. — Oedipus und
5 A. von Elingemann. — Raphael, Seh. 1 A. von <
Die Sklavin in Surinam, Seh. 5 A. von Kratter. — Der
Seh. 6 A. von Eotzebue. — Die Schuld, Tr. 4 A. voni
Tony, Seh. 3 A. von Kömer. — Das Yehmgericht, 1
Klingemann. — Die Vermählte, Seh. 3 A. von Küstu^
und Sohn, Seh. 5 A. von Vogel. — Die Vertrauten,
Müllner. -- Zwei Nichten für Eine, L. 2 A. von Kotzeb
Tr. 6 A. von Körner (14).
1816. Opern: La famiglia Svizzera von Weigl
testa riscoldata von Paer. — Le nozze di Figaro von ]
— n matrimonio per sussuro von Salieri. — La prova
seria von Gneeco. — Adelasia ed Aleramo. — L^amor i
Weigl. — Axur, re d'Ormus, von Salieri. — Corradino v(
— Griselda von Paer.
Schauspiele: Albreeht, Landgraf von Thüringe:
von Stegmayer. — Die barmherzigen Brüder, Seh. 1 A
bue. — Der Brauttanz, L. 5 A. von Clauren. — Göt
— 375 —
Franz — Eanow^ Georg — Müller). Daneben zeigen
sieh Namen wie Müllner ^ Kömer, Klingemann; Oehlen-
flchllger und Werner.
Am 20. October 1816 hatten die königlich sächsischen
SehiQgpieler ihre Vorstellnngen in Leipzig mit Emilia
Gtlotti ftir immer beschlossen. Am 24. October d. J. er-
öffneten sie dieselben in Dresden.
Die von Theodor Hell herausgegebene Abendzeitung,
welehe in ihrer ersten Nummer (vom 1. Januar 1817)
einen stehenden Artikel unter dem Titel ,,Chronik der
königlichen Schaubühne*' eröffnete ^ in dem sie sich fort-
iicliingen. Seh. 5 A. von Goethe (18). — Hedwig, Seh.. .^ A. von
l^^rner. — Des Hasses und der Liebe Rache, Seh. 5 A. von Kotze-
^e. _ Moses, Seh. 6 A. von Klingemann. — Der Neffe als Oheim,
^ 3 A. nach dem Franz. von Schiller. — Rosamunde, Tr. 6 A. von
*ftrner. — Rudolph von Habsburg, Seh. 6 A. von Kotzebue. —
^oiBon's Urtheil, Melodr. 3 A. — Theatersucht, L. 3 A. von Schall.
"^ Die unterbrochene Whistpartie, L. 2 A. von Schall. — Der Vetter
*■• Bremen, L. 1 A. von Kömer. — Vergebliche Mflhe, L. 8. A.
'•^Ä Lembert — Der vierundzwanzigste Februar, Tr. 1 A. von Wer-
"•*"• — Welches ist die Braut, L. 6 A. von Weissenthum.
1816. Opern: La capricciosa pentita, von Morlacchi. — I
^^^osciti, von Paer. — n re Teodoro, von Paisiello. — 11 barbiere
* ^viglia, von Morlacchi (20). — L'avaro, von F. Orlandi. — I fra-
^^li rivali, von Winter. — 11 portatore d*acqua, von Mayer.
Schauspiele: Der Abend im Rathhause, L. 5 A. von Clau-
J^^. — Adrian von Ostade, Singsp. 1 A. von Weigl. — Clarissa,
^- 4 A. von Rubelack. — Das Doppelduell, L. 5 A. von Clauren.
""*^ Die Elster, Seh. 3 A. von Th. Hell. — Die grossen Kinder, L.
^. Mollner. — Die Grossmama, L. 1 A. von Kotzebue. — Die
^^^^ÜUirliche Nachbarschaft, L. 1 A. von Kotzebue. — Die Huldigung,
^^1l 1 A. von Bach. Hakon Jarl, Tr. 6 A. von Oehlenschläger —
^^e Kunst, wohlfeil zu leben, L. 5 A. — Künstlers Erdenwallen,
*^^ 6 A. von Voss. — Der Pflegesohn, Tr. 5 A. von Kratter. — Der
^^^wl, L 1 A. von Kotzebue. — Der Sammtrock, L. 1 A. von
kotzebue. — Der Geisterseher, Singsp. von W. Müller.
Anmerkung. Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen die
Anzahl der Wiederholungen, welche das Stück bis 1862 erlebt.
- 376 —
laufend mit den Leistangen derselben sm beechtAigen
yerspracb, war der Ueberzengnngy dass mit jenem Tige
„eine neue Aera für das deutsche Sohanspiel begmndef*
sein werde.
Von dieser Zeit an glaubte daher auch ich, nidnei
Lesern eine vollständige chronologisch geordnete lieber-
sieht der Leistungen dieses Theaters , tot Allem aiber
eine Statistik der auf demselben neu aufgefflhrten Open
und Schauspiele geben zu sollen, welche ich jedoch, im
den Gang der DarstelluDg nicht zu oft unterbrechen n
müssen, in einem besonderen Anhange mittheOe. Troti
der jetzt eingetretenen Vereinigung von Oper und Scbao-
spiel wird auch noch weiterhin die gesonderte Darstel-
lung beider am zweckmässigsten sein.
Das Personal hatte inzwischen manche VeräuderaDg
und insbesondere die Kapelle eine Erweiterung erfahren^'
' Den Personal- and Besoldnngsetat der königl. masikalischeii
Kapelle and des Orchesters za Anfang des Jahres ISlTtheih MaxMtiia
von Weber (in Carl Maria von Weber) in Folgendem mit:
Kapellmeister Franz Morlacchi Thlr. 150O-
Masikdirector Karl Maria von Weber „ löOO-
Kirchencompositeur Franz Anton Schubert „ lOOO-
Concertmeister Giov. Batt Polledro „ IMK'
Kammermasici:
Violinisten Carl Gottfr. Dietsch, Ludw. Tietz .... , 12(K>-
» J. G. Scholz und Franz K. Hunt 1 lOOO-
„ Franz Dunkel, Ant. Schmiedel, J. G. Limburg « 135^^-
Aug. Wenzel, J. F. Castelli r W^'
ft K. G. V. Ahee, K. Kühnel, K. Sedelmeyer,
K. Schmidt, K. Peschke, K. G. Taschenberg,
Fr. Morgenroth „ «lOO-
„ Ant. Hansel „ 20Ä>-
w Mor. Hauptmann, Aug. Lind, M. Salomo . „ 46^^
Bratschisten Chr. B. Frenzel, Jos. Schubert, J. G. Listing,
Ant. Rottmeyer „ 140C^*
„ Franz Pohlandt i, iO^^
Violoncellisten K. W. Höckner , 46-^^
„ J. Eissert und J. Fr. Dotzauer . . . . „ 10(»^
LatoB Thlr. 1W*<3
— 377 —
wdciie Vitzthnm darch einen Vortrag vom 11. November
1816 erwirkt und durch die bevorstehende Mitwirkung
dmelben bei den deutschen Schauspielen und der neu
XQ errichtenden deutschen Oper motivirt hatte. Der
König gab diesen Vorschlägen seine Zustimmung, nach-
dem die Kapelle zur freiwilligen Uebemahme des Comö-
diendienstes aufgefordert worden war und sich mit Aus-
uihme einiger älteren Mitglieder, die davon auch befreit
Weboi, dazu bereit erklärt hatte.
Transport Thlr. 16960.
VioloDceUisten Xarer Pischel, Fr. Aug. Kammer d. J. ,, 600.
CoDtnlMissi^ten Ant Schubert „ 600.
« K. G. Kummer, J. G. Peschke .... ,. 800.
« Heinr. Salomon „ 800.
„ Jos. Besozzi ,, 160.
RWsten Friedr. Götzel « 60^>.
J. F. Prinz n 800.
n G. Steudel » 300.
» Chr. Fr. Gerhardt « 200.
• Tacat n 150.
Listen Fr. A. Kummer d. Aelt „ .600.
• K. Gustav Dietze » 800.
*» Chr. Ludw. Taschenberg, K. H. Scheibe! . . „ 400.
• K. G. Kummer „ löO.
^rfnetUsten J T. Rothe , 600.
n Gottl. Rothe „ 460.
n Christoph 6&bler ^ 860.
91 J. G. Lauterbach ,, 200.
^ • GotU. CotU , 160.
*^**^^orni8ten K. Haudeck 600.
t* Chr. Gottlob Fischer, Aug. Haase ... „ 300.
«• KG. Kretschmar, K. G. Listing d. J. . ^ 400.
„ «> Ludwig Haase „ 160.
•*^*^Utaii Franz Schmidt „ 600.
«» H. A. Kummer, Gottlob Peschel ,, 800.
^ «» A. W. Bergk, Sebast. Böhmer , 400.
*"*'*^Peter J. G. Klemm 260.
^_ ^ Karl Friedrich Grimm „ 160.
"•^^ das übrige Personal . . i, .3648.
Sa. fhlr. 30548.
- 378 —
Der bedeutendste Erwerb, welcher fttr das Schanqnel
gemacht worden, war das Engagement des Scbaaspielen
Friedrich Julius, welcher am 21. Juli d. J. in Leip-
zig als Beaumarchais debtttirt hatte. Fttr die müitliisehe
Laufbahn erzogen, hatte er mit Auszeichnung als OiSuer
in der preussischen Armee gedient, folgte aber dum
seiner Neigung zur Bühne, auf welcher er in der Thit
eine noch glänzendere Rolle spielte. Er vereinigte mit
einer edlen Haltung, mit der Tournüre eines Hannes der
feinsten Bildung eine grosse Ausdrucksf&higkeit, obscbon
seiner Stimme eine reichere Modulation versagt wv.
Eine einfache, aber dabei tiefe Wahrheit der Charakte-
ristik zeichnete jede seiner Darstellungen ans. Er wir
ein Feind alles Blendenden, alles Leeren, gleich an8g^
zeichnet in Liebhaber-, wie Heldenrollen. Tieck (Das Dresd-
ner Hoftheater im Januar 1827) urtheilt noch ttber ihn: J^
wahrer Künstler, der uns in den feinen Rollen der Welt-
leute den feinsten Anstand, ein gewogenes, anmuthiges
Betragen und in der Emilia Galotti das Muster eines
wohlerzogenen Marinelli aufstellt. Physiognomie and
Wuchs sind noch immer jugendlich, und es ist zn b^
dauern, dass er Jetzt viele jener Rollen abgegeben bat,
die frische Jugend zu erfordern scheinen, denn der Prinx
von Homburg, der Herrn Julius grossentheils denBei&O
auf hiesiger Bühne verdankte, hat seitdem verloren.
Gelang auch der Ausdruck der höchsten Leidenschift
und Verzweiflung nicht ganz, so erschien dieser wunder-
bare Jüngling doch so schwärmerisch, innig und heroiseli)
dass der Zuschauer die Absicht des Dichters verstand
und hingerissen wurde. Diese zurückgehaltene Leiden-
schaft des Don Cäsar in Donna Diana ist von Herrn
Julius immer so meisterhaft gezeichnet worden, dais
jeder seiner Nachfolger in dieser schwierigen Rolle nn«
schwerlich so befriedigen wird. Sein Teilheim ist trefilicb,
und Vieles im Romeo war sehr zu loben. Im Zurück-
drängen, Verschliessen der Leidenschaft, die nur wie in
— 379 —
allen diesen angedeuteten Darstellungen sich grossartig
und mächtig andeutet^ liegt die Kunst dieses Künstlers.^
Tieck lobt femer noch seinen Eent und BassaniO; sowie
seine Meisterschaft in feineren Rollen des Lustspiels.
Die Schwestern Zucker waren zwar schon früher
bei der Bühne eingetreten^ besonders Julie, die jüngere,
sollte sich aber erst in dieser Zeit zu einer höchst talent-
vollen Schauspielerin und Sängerin entwickeln. Sie wurde
als Mad. Haase (sie vgrheirathete sich an den Kammer-
musiker August Haase) im Fach der Soubretten eine
Zierde der deutschen Oper.
Luigi Bassi, geb. 1766 zu Pesaro, spielte schon
in seinem 13. Jahre Frauenzimmerrollen auf Privatbtth-
nen. Im 17. Jahre trat er auf dem Theater della Per-
gola in Florenz mit Beifall auf, so dass ihn schon im
folgenden Jahre (1784) Guardasoni nach «Prag berief.
Er wurde hier bald einer der bedeutendsten Sänger, und
man sagt, dass Mozart für ihn den Don Juan componirt
habe. Gewiss sang er ihn 1787 zum ersten Male. Selt-
samerweise wollte er sich anfangs nicht zum Singen des
Cbampagnerliedes verstehen, mit dem er dann so grosses
Furore machte. Morlacchi berief ihn 1815 an die italie-
nische Oper nach Dresden. Obschon der berühmte Sänger
damals die Stimme schon sehr verloren hatte, sollte er
nicht nur durch seinen meisterhaften Vortrag, besonders
in komischen Rollen (z. B. als Bariolo), sondern weit
mehr noch durch seine Thätigkeit als Regisseur, welche
Stellung er 1816 übernahm, derselben die grössten Dienste
leisten. Genast nennt ihn einen der schönsten alten
Männer, die er jemals gesehen. (Er war damals freilich
nur erst 51 Jahre alt und starb 1825.)
Von den Veränderungen in der Kapelle ist die durch
Bescript vom 20. April 1816 bestätigte Anstellung des
Giov. Battista Pollcdro (geb. 1776 zu la Pivra bei
Turin) als Goncertmeister an des 1814 pensionirten Babbi
Stelle die weitaus bedeutendste. PoUedro war einer
— 380 —
der grössten Violin-VirtHoscin der Zeit. Er verband nd
einer aller Schwierigkeit spottendeii Tecb^mk ii*
höchste Anmnth und Lieblichkeit des Vortrags undTo:
Beethoven; der ihn in Carlsbad hörte, stamite ttbte seiik^
selbst ihm fast nnfassliche Fert^keit, besonders in Doppel. •
griffen. Polledro hat an dem Ruhme, den sieh di.«
Dresdner Kapelle im folgenden Zeiträume erwarb, eine«
hervorragenden AntheiL Weber ist fttr ihn gans B^-
Wanderung und Anerkennung.
August Haase (geb. 1792 in Goswig bei Witten-
berg) hatte 1813 Anstellung in der Kapelle geAmden und
bildete sich zu einem der besten Waldhomisten aus. —
Joh. Heinrich Steudel (geb. 1787 sli Zwiokii),
welcher schon früher beim Jagdpfeiferohor als FagotM
mitgewirkt hatte, trat hier als Flötist ein und erlangte
später gerechte Berühmtheit. Joh. Gottl. Kotte (geb.
1797 zu Sathmannsdorf bei Schandan) genoss als (9iri-
nettenbläser weitverbreiteten Ruf. Oleiches erreichte iwh
Friedr. Aug. Kummer, Sohn des Oboisten KnmMr,
geb. 1797 zu Meiningen und seit 1814 hier angeitoHt.
Er galt lllr einen der vorzüglichsten Violoncellisten.
Als Curiosität mag schliesslich hier noch erwilnit
werden, dass im Nov. 1814 das kleine Theater in dem
ehem. Gräfl. Brührschen Garten zum letzten Male, ge-
legentlich eines Gastspieles von Friedrich und Bettf
Moritz vom Theater zu Hannover, benutzt wurde.
Kampf der deutschen und italienischen Oper.
tirfgjag^ iler d«utsc]ifn Oper. — YerliHndlnugen Vllztham'x
*^ C H. T. Weber. — Selue ErneDnun^ zum Kapell-
■elit«r. ~ Cbarahterlstlk desselbeo. — YerhäUnlüs (leBselben
*" XorlBccbl. — Erste Sümpre. — GrUniluDK eines Theater-
ebow. _ rerSnilerniigen Im OrcheRter. — Vitxthnm's RBck-
*r<(t- — Helnrleh ron Ktfnneritz. — Mtekticii, Cbordirector. —
Iler PvetscbOtx und PreoIoRa — Verhaitnlsfi Weber's m üpokr
»■* VarHcbner. — Wllhelmine Schröder. — MarecfaDer, MuRik-
Alrret^kr, _ i^urfanlhe. — Anton KoUa. — Oberon. — Adolph
*« l^Ultichao. - Die PalazzesL. - Iler Tod Hell«Ig's and
■•••t*», — Der Tod Weber'». — C. U. Reinsiger. — Anton
'■b*l^f, — AnnSiinne' der Itallenliarhen Uper. — Bestand und
Verindernn^D der KSnisl- Kapell«.
Scholl im Monat Juli 1816, bei einer zutälligen Be-
W^Ung in Carlsbad, liatte der Detie Generaldirector
"^"»«nch Graf von Vitztlium mit sicherem Blicke in Carl
■'rt^ V. Weber den geeigneten Manu fiir die projectirte
Suduiig einer deutschen Oper in Dresden erkannt.
^"Oiitielbar unter* dem Eindrucke jener Begegnung
"'orieb derselbe nämÜeh an seinen, ihn inzwiscben bei
de» Theatervorwaltuug vertretenden Bruder Alexander:
'y^T Werib dieses Mannes ale Compositeur und Musik-
"""^tor ist zu allgemein anerkannt, als dasa ich hätte
^*'ftnken tragen sollen, die sich darbietende Gelegenheit
**enUtzen, um mit ihm vorläufige Unterhandlungen
Jr*** knüpfen, besondere da die Anstellung eines dentscben
^tK:lliueüt«rft vou der Errichtung ebfir deutacUeu Üpor
- 382 ~
beinahe unzertrennlich ist. Webern habe ich vorläufi^^'
Hoffnung zu einem Gebalt von 1500 Thlr. gemacht. Er
verlangte 2000 Thlr. und jährlich oder doch aller zwei
Jahre 2 Monate Urlaub zu einer Kunstreise. — Zur Er-
leichterung und Abkürzung des Geschäfts wtirde es aehr*
gereichen, wenn Du sofort mit dem Minister (Einsiedel)
oder vielleicht lieber gleich mit dem Könige sprechen,
die Nothwendigkeit; einen aasgezeichneten Künstler dieser
Art anzustellen, kräftigst auseinandersetzen und eine
Autorisation für micli auswirken wolltest, mit dem Manne
von Monat September d. J. an abzuschliessen. — Do
fühlst selbst, dass man einem solchen Manne einen solchen
Anstand nur auf kurze Frist ansinnen kann ; et pnis 3
faut forger le fer, pendant qu'il est chaud. Ich län^e
nicht, dass ich die Anstellung desselben sehr wünsche,
da seine grosse Bekanntschaft mit der deutschen Mosik
und mit fast allen deutschen Bühnen und mit dem
eigentlichen Theaterwesen mir die Organisation der
deutschen Oper und die künftige Erhaltung derselben
in hohem Ansehen und daher auch in grossem Nutirn
für die Gasse, fast in demselben Masse erleichtem wird,
wie mir solches durch Polledro's Anstellung ftlr die
italienische Oper und die Kirchenmusik gelungen, lieber
letzteres ist unter den vielen hier zusammentreffenden
Musikkennem und Fremden nur ein Rühmens und zu-
gleich allgemeine Stimme: dass Sachsen jetzt mehr
als je die vielen ihm zu Gebote stehenden HttIfB-
mittel benutzen sollte, um sich irtimer mehr dnrch
Ausbildung der Künste und Wissenschaften ans-
zuzeichnen, da jede andere Art, sich Ruhm nnd
Ansehen zu verschaffen, verloren für uns ist"
Die Sache stiess jedoch bei dem Minister Einsiedel
auf Widerstand, nach dessen in einem Handbillet vom
10. Juli ausgesprochener Meinung „die ganze Angelegen-
heit der deutschen Oper noch zu unreif wäre, als da»
man schon an solche Anstellungen denken könne".
— 383 —
Die Unterhandlungen wurden deshalb zwar keines-
wegs abgebrochen, die Bedingungen aber modificirt.
Vitxthnm bot Webern unter dem 8. August die Stelle
eines Königl. Kapellmeisters bei einjährigem Contract
nnd mit 1500 Thir. Gehalt an, bemerkte aber dabei; dass
>Qch PaSr nnd Morlacchi, sowie Babbi und PoUedro zu-
nächst einen längeren Contract nicht erreicht hätten,
fftllein kein Beyspiel vorhanden sey, wo dieses einjährige
Engagement nicht eine Anstellung auf Lebenszeit zur
Folge gehabt habe". — Weber, obschon er in diesem
Vorgänge noch keine genügende Sicherheit tlQr sich
erblicken konnte, „da es fast unmöglich sei, in Jahres-
^t etwas Ausgezeichnetes in einem ganz neu zu be-
Stundenden Unternehmen zu leisten*', nahm doch das
Anerbieten an, um das unbegrenzte Vertrauen zu be-
zeigen, welches er sowohl in seinen neuen Chef, wie
if^ die allbekannte Gnade und Gerechtigkeitsliebe Sr.
^jestät des Königs*" setzte. Am 21. December 1816
^ig^e ihm Vitzthum seine definitive Anstellung als Kapell-
meister unter der Versicherung an, „dass er das Gelingen
^iner Bestrebungen, ihn dem königlichen Dienste zu
C^winnen, unter die wichtigsten und angenehmsten Er-
'^Is^ in seinem neuen Wirkungskreise rechne^.
Carl Maria y. Weber enstammt einem alten Ge-
^lilechte Oberösterreichs, das seinen Adel im Jahre 1568
^''Warb. Doch auch das musikalische Talent der Familie
'^Bst sich ebensoweit zurück verfolgen. Bedeutender trat
^ aber erst bei Carl Maria's Grossvater und dessen
lindem und Enkeln hervor. Der Amtmann Fridolin
^On Weber zu Zell binterliess zwei Söhne, von denen
*^r ältere, Fridolin IL, der Vater von Mozart's Mutter
^^d von noch drei, sämmtlich als Sängerinnen mehr
^er weniger ausgezeichneten Töchtern wat — während
^^T jüngere, Franz Anton, der, wie sein Bruder, den
Musikunterricht seines tUr die Tonkunst leidenschaftlich
glühenden Vaters genossen, sich dieser Neigung ganz
— 384 —
auBscbliesslich ergab, nachdem er vorher seinen eigen
liehen Beruf als Offizier mit der Stellang eines An
manns vertanscht hatte. Es gehörte za den ehaiai
teristtschen Zttgen des wunderlichen Mannes, daas ih
der Besitz eines musikalischen Wunderkindes, wie et«
Wolfgang Mozart, über alle anderen Wünsche ging. D
Folge war, dass er all seinen Kindern eine musikalisel
Erziehung geben liess, wie denn seine Söhne ans ent
Ehe, Fritz und Ektmund, von denen der eine ein gut
Musiker in der Esterhazy'schen Kapelle, der andere e
befUhigter Componist und guter Dirigent wnrde, dop
von Haydn Unterricht erhalten hatten. Selbst noch h
dem kränklichen, n)it einem örtlichen, die partiell
Lähmung des einen Beines zur Folge habenden Lddei
behafteten Carl Maria, der ihm in zweiter Ehe u
18. December 1786 zu Eutin geboren worden war, gsl
der seltsame Mann anfänglich diese Hoffnung nicht ui
Das musikalische Talent des Knaben kam aber n i
später Entwicklung, dass ihn der Vater bereits m
Studium der bildenden Künste bestimmt hatte, als M
ein junger Musiker, Namens Henschkel, sein^ auf
Thätigste annahm und den Grund zu dem späteren Tii
tuosen Ciavierspiel desselben legte. Auch gelang e
1798 dem von einem wunderlichen Kunsttriebe in ei
abenteuerliches Wanderleben gerissenen Vater, der jefa
mit seinen musikalischen Kindern sogar eine Schauspiele
truppe errichtet hatte ^ die das südliche Dentschlaa
durchstreifte ; l\ir ihn eine Stelle im fürstbischöflichc
Kapellknaben-Institnte zu Salzburg zu erlangen, welchei
ein Bruder Joseph Haydn^s vorstand. Obschon dieser di
Talent des Knaben erkannte, welches unter Nepomv
Kalcker's Leitung noch weitere Ausbildung empfing, i
hielt es jetzt der alte Weber doch nicht für bedeuten
genug; um den Beruf des ganzen Lebens darauf s
gründen, sondern hatte vielmehr für Carl Maria die damal
neue Erfindung der Lithograpliie ins Auge gefasst. Mittel
— 385 —
ODter den Arbeiten, die diesem hierdurch auferlegt wurden,
% 8ich aber der musikaÜBche Genius des Knaben zu
regen an, und schon 1800 begegnen wir wieder Vater
nnd Sohn in musikalischer Thätigkcit bei der Bitter
SWngberg'schen Schauspieler - Gesellschaft in Freiberg,
während gleichzeitig von einer anderen Gesellschaft in
Chemnitz: „Das stumme Waldmädchen. Grosse romantische
Oper, in älusik gesetzt von C. M. v. Weber, 13 Jahre
^t, einem Zöglinge Haydn's^, also mit aller nöthigen
^lame, zur Aufführung kam. Die Wiederholung dieser
Oper in Freiberg riss den jungen Componisten, vielleicht
wf Drängen des Vaters, in seinen ersten Kampf mit der
^was absprechenden Kritik. Das fortgesetzte rastlose
Wanderleben erweiterte dann aber rasch seine Welt- und
V^üBchenkenntnisse und trug ihm eine Menge von Be-
»^hnngen und Verbindungen ein, die ihm in der Folge
'AtKlieh und förderlich wurden. Die wichtigste war die
^t Abt Vogler in Wien.
Mit diesem traf er auch später wieder in Darmstadt
'^^mmen, wo er in Gemeinschaft mit Meyerbeer und
^usbacher glückliche Tage verlebte, den Abu Hassan
^tUponirte und Sylvana (mit seiner späteren Frau, Caro-
•^^ Brandt, in der Titelrolle) zu erfolgreicher Aufführung
^^chte, worauf er auf längeren Kunstreisen seinem wach-
'^tiden Rufe als Componist und Claviervirtuos weitere Aus-
■•^tung gab. In München, wo er 1811 länger verweilte,
erlangte sein Abu Hassan zur ersten Aufführung. In
**^«em Jahre, wie auch X812, berührte er auf seinen
^tinstreisen Dresden, das ihm jedoch eine kühle Auf-
"^^hme bereitete. Ein Concert, das er mit seinem Freunde
^Unnann hier gab, lieferte jedem von ihnen ein Erträgniss
^On nur 28 Thlr. ifachdem er unter Liebig in Prag die
^^pellmeisterstelle des dortigen Theaters eine Zeit lang
^^kleidet hatte, kehrte er 1814 nach Berlin zurück, das da-
mals den Charakter eines siegreichen Heerlagers hatte und
"^on patriotischen Liedern wiedertönte. Hier wurde Weber,
25
— 386 -
so fern er bisher allen politischen Bestrebnngen gestanden
hatte, ebenfalls mit in diese gerissen. Er empfing die An-
regungen zu den Liedern, die seine Popularität und Beinen
Ruhm ftlr immer begründen sollten und anter dem Titel
„Leyer und Schwert** später^ gesammelt hervortraten.
Nach langem unruhigen Wanderleben lief er sodann
in den Port seiner Dresdner Anstellung ein.
Es war nur zu natürlich, dass Morlacchi, welcher
die Dresdner Kapelle seit vier Jahren so unumschränkt
beherrscht hatte, dass ihm sogar schon PoUedro's Anstel-
lung eine Beeinträchtigung schien, sich der Bildung einer
deutschen Oper mit allen Mitteln widersetzen mneste.
Da dies aber Dank der Festigkeit Vitzthum's doek
nicht gelang, so war der kluge und gewandte Italiener
jetzt ebenso sehr bemüht, den neuen Amtsgenossen dnreh
persönliche Liebenswürdigkeit zu ge^nnen, als Alles
aufzubieten, um sich und seiner Stellung wenigstens
überall den Vorrang zu sichern. So kam er denn Webern
auch jetzt mit seinem Besuche zuvor, obschon er ohne
Zweifel zugleich die Ursache war, dass dieser zu seiner
grossen Enttäuschung, nicht wie es ihm doch von Vitt
thum zugesichert worden, in den Rang eines Kapell-
meisters ; sondern nur in den eines Musikdirectors ein*
treten sollte. Nur den eifrigen Vorstellungen Vitzthum'^
SchmicdeFs und Bassins gelang es , ihn zum Bleiben xn
bestimmen , bis entweder ein anderer Musikdirector ge-
funden oder seine Stellung derjenigen Morlacchi's völlig
gleichgestellt worden sei. Man muss, um diese Ve^
hältnisse richtig zu beurtheilen, in Betracht ziehen, da»
damals der bei Weitem grösste Tlieil der Gebildeten
Dresdens noch auf Seiten der italienischen Oper stand
und Weber's Ruhm und Popularität nicht sowohl anf
dem Gebiete der Oper, als in seinen Freiheitsliedern lagi
welche damals in Dresden, besonders am Königlichen
Hofe, die Anerkennung wie im übrigen Deutschlani
nicht zu erwarten hatten. Konnte doch noch 1825 nach
— 387 —
den Erfolgen des Freiscbütz der spätere Intendant des
K. S. Hoftheaters, als er mit Weber in Berlin zusammen-
traf und Zeuge von der Verehrung wurde, die man
diesem dort überall entgegenbrachte, in die naive Frage
ausbrechen: „Weber, sind Sie denn wirklich ein berühmter
Mann?*"
Es ist daher ganz begreiflich, dass König Friedrich
A.ugust bei seinem empfindlichen Gerechtigkeitssinne in
der völligen Gleichstellung der deutschen, von ihm unter-
schätzten, und der von ihm so hoch gewürdigten italienischen
Oper, sowie des ihm noch so gut wie unbekannten
and wenig sympathischen Weber mit dem bei ihm in
hohen Ehren stehenden Morlacchi eine gewisse Ungerech-
tigkeit sehen musste. Wie es denn andererseits von den
unbedingten Anhängern der italienischen Oper gerade er
wieder war, welcher vielleicht mehr als irgend ein Anderer
den Schwierigkeiten, mit denen Weber zu kämpfen hatte,
Rechnung trug und die Verdienste, die sich dieser in
ihrer Ueberwindung erwarb, rückhaltlos anerkannte. Denn
dkse Schwierigkeiten waren allerdings ausserordentlich.
Es ist nur nöthig^ das Material der Sänger, über das er
nn ersten Jahre zu verfügen hatte, mit demjenigen zu
vergleichen, welches Morlacchi besass. ^Is Sopran und
Alt standen ihm — wie es bei Max Maria v. Weber (a. a.
0. 2. Th. S. 36) heisst — • Frau v. Biedenfeld, eine etwas
abgesungene vormals brave Künstlerin, Fräul. Hunt, eine
Dame von rein italienischer Schule, Madame Micksch, eine
durchaus ungefällige Sängerin, zwei sehr junge, wenn
auch talentvolle Schwestern Emilie und Julie Zucker,
und die üppige Wilhelmine Schubert (spätere Müller-
Bachmann) zu Gebot, von denen ausser Frau v. Bieden-
feld und Fräul. Hunt noch keine eine eigentliche Opem-
partie gesungen hatte. Ungern trat, wenigstens anfangs,
tm Aushülfe die treffliche, mit lieblicher, guter Stimme
begabte, aber sehr unrein deutsch sprechende Sandrini
fllr Sopranpartien ein; .Caroline Benelli entwickelte sich
— 388 —
eben zur anziehenden Sängerin. Als Tenoristen hatte
den mit schöner^ sympathischer Stimme begabten, abe-^
als Schauspieler fast unbrauchbaren Bergmann, de^
schreienden, detonirenden , aber gut spielenden Wilbelno
und den kaum singenden, aber um das Institut sehr t^^
dienten Regisseur bei der deutschen Oper, Hellwig; t^%
Bassisten Geiling und Toussaint, die auch kaum jem&Is
in wirklichen Opern mitgewirkt hatten. Der alternde
Job. Alois Micksch sang mit gebrochener Stimme und,
wenn auch mit grosser technischer Meisterschaft, so doci
ohne jegliches dramatische Talent bald Tenor-, btld
Baritonpartien." Was wollten diese Kräfte, die er thei^
weise im Laufe des Jahres erst noch zu gewinnen hatte^
gegen einen Sassaroli, Decavanti, Benincasa, Tibaldi, die
Sandrini und Funk bedeuten, welche die itaUeniflche
Oper unter der ausgezeichneten Regie des einst auch ab
Sänger berühmten Bassi vereinigte?
Als daher Weber am 30. Januar 1817 mit der entea
von ihm einstudirten Oper „Joseph in Aegypten** hcrror
trat, erschien der König mit der Bemerkung in der Loge:
„Wenn die heutige Vorstellung gut abläuft, hat Weber
schon viel geleistet.** Und sie lief so über alle Erwartung
gut ab, dass der König, „der ein sehr gutes musikaliscbes
Ohr hatte und verdrüsslich zu husten pflegte, wenn dicw»
verletzt wurde, nicht ein einziges Mal dieses Zeichen des
Missfallens hören liess^.
Es ist wahr, Weber erhielt keine Beförderung oder
Auszeichnung ohne besonderen dringlichen Antrag Vit*"
thum's, und verschiedene dieser Anträge wurden sogtf
zurückgewiesen, so dass Letzterer in dessen Folge wieder-
holt um seine Entlassung einkam. Inzwischen darf uieli^
übersehen werden, dass, wie aus einem von Max Mari»
V. Weber (im o. ang. W. S. 110) erzählten Vorgänge er-
hellt, dies seinen Grund nur zu häufig in der Eigen-
mächtigkeit des Grafen Einsiedel hatte. Doch wnrde
Webern nicht nur am 10. Febr. 1807 der Titel eine»
— 389 —
Kcipellmeisters, sondern auch durch Decretv. 13. Sept. d% J,,
^'^ilich unter dem Druck von Berliner Anerbietungen,
^benslängliche Anstellung als Eönigl. Kapellmeister unter
[Bewährung eines jährlichen Urlaubs von zwei Monaten
ßu Theil.
Sympathisch freilich konnte Weber's, die Geleise der
gewohnten Ordnung so vielfach überschreitendes Auf-
treten dem König nicht sein. Dass ein Beamter des Hofs
eine Ansprache an die Bevölkerung Dresdens in der Abend-
zeitung veröffentlichen Hess, Dresdens^ welches bisher nicht
einmal ein derartiges Organ gekannt hatte; dass er in
derselben Zeitung unter dem Titel ^Dramatisch-musikalische
Notizen" den zu erwartenden Opern-Novitäten einleitende
und verständigende Bemerkungen vorausschickte/ stiess in
den weitesten Kreisen auf Widerspruch. Auch die Art,
wie Weber gegen seine Untergebenen auftrat, mochte nicht
nnr bei diesen, sondern auch bei Hofe Anstoss erregen.
Wie er z. B. gleich bei Einführung in die Kapelle seine An-
rede mit den Worten schloss : ^Dagegen erwarte ich aber
anch, als Ihr Vorgesetzter, Ihren unbedingten Gehorsam.
Ich werde gerecht, aber auch ohne Ansehen der Person
gegen Jeden, am meisten gegen mich selbst, unerbittlich
sein." Und wie manche Bemerkung, die der spitzen Zunge
des geistvollen, an arglose süddeutsche Ungezwungenheit
gewöhnten Mannes entschlüpfte, wird übertrieben und ent-
stellt in die höchsten Kreise getragen worden sein.
Gewiss mag Weber, bei der ausserordentlichen Reiz-
barkeit seiner überaus fein organisirten Natur, Manches
mit zu empfindlichem Argwohn, mit zu empfindlicher Eifer-
sucht angesehen und aufgefasst haben, und gewiss würde
hier und da ein milderes Auftreten, wenn nicht schick-
licher, so doch vielleicht praktischer gewesen sein. In-
dessen darf nicht vergessen werden, dass er in einer
Sache, die nicht nur die seine, sondern die der ganzen
deutschen Musik überhaupt war, vor Allem auf Klar-
* Bei Maz Maria von Webw im a. W. Thl. III abgedruckt.
— 390 —
Stellung der Verhältnisse dringen nnd sich nnd ihr die
Achtung sichern musste, ohne welche bei den gegen sie
bestehenden Vornrtheilen und den gegen sie offen nnd
heimlich gerichteten Angriffen eine gedeihliche Entwicklnng
nicht zu erwarten war/
Weber führte in den Proben eine musterhafte Ordnang
ein. Er hatte Ohr und Auge für Alles. GostttmC; De*
corationen; Gruppirungen wurden von ihm auf das Sorg-
fältigste in Betracht gezogen. Er^ der im Privatleben so
joviale, freundliche Mann, war hier von eiserner Strenge.
Er duldete keine Vernachlässigung; noch irgend eine
willkürliche Behandlung. Als einst bei der nach 11 Proben
folgenden Generalprobe eines nur mittelmässigen Werkes
ein Kapellmitglied verdrossen etwas über ^die Plage mit
dem Zeug^ murmelte; stand [er auf; reckte die Brille^
' Dies spricht sich bei fast jeder Gelegenheit, am entschiedensten
aber in folgendem Briefe aus, welchen Weber am 13. Jan. 1817 ia
Bezug auf die Gleichstellung beider Opern an seinen Chef richtet»
und von dem ich hier die wichtigsten Stellen aushebe:
„Ich hofie ganz im Geiste der anerkannten Huld, Güte, Gerecht
tigkeit und Kunstliebe unsres allergn&digsten Monarchen zu fühlen,
wenn ich mich zu glauben unterstehe, dass bei einer neu zu gründenden
Kunstanstalt es hauptsächlich auch darauf ankommt, ihr die Achtung
der öffentlichen Meinimg zu sichern, indem durch das ehrende Bei-
spiel von oben jener Versuch auf den ehrenvollen Gesichtspunkt
gehoben wird, der allein ein Streben und künstlerisches Vorwärts-
schreiten möglich macht. Die Öffentliche Meinung hat darin nur
den Massstab der Vergleichung. Sie misst nach dem, was für andre
Kunstanstalten geschehen, den Werth der neuen.**
„Aus dieser einfachen Ansicht geht hervor, dass die Art und
Weise, in der der Repräsentant des Ganzen, der jeweilige Leiter
der Oper, im Verhältniss zu seinem Collegen steht, auch die Ehren-
stufe bestimmt, die er durch die Anstalt und die Anstalt durch ihn
erhält. Von dieser Ansicht von jeher erfüllt, ging meine Ho£fnang
dahin, als Königl. Kapellmeister die Leitung der deutschen Oper
zu übernehmen. Ohne dieses tritt bloss ein subordinirtes Substitutum
ein, welches dem Beispiel aller Hofkapellen entgegen ist and nach
den Begriffen der Künstlerehre, die in der Welt festgestellt, jedem
Künstler heilig sein müssen, mir durchaus unannehmbar sein moss.*^
— 391 -
fixirte den Kammermusiker und rief in scharfem Tone :
»Beruhigen Sie sieh! - So lange ich nicht zu gut bin,
/las Zeug' zu dirigiren, sind Sie auch nicht zu gut, es
*ö spielen.^ Bisweilen ging er auch freilich zu weit.
-A^I« beim Einstudiren der durch ein Militairmanöver ge-
achtete Chor einst sehr Ungenügendes leistete, donnerte
y^eber hinauf: „Nehmen Sie sich zusammen, Sie singen
J^ beut wie die Schweine!" Da nun am folgenden Tage
^ine Deputation von vier Chormitgliedem bei Weber er-
®^bien, die ihn achtungsvoll, aber dringend ersuchte, das
"^leidigte Personal auf irgend eine Weise zu befriedigen,
f^gte er es wirklich auch zu. Er hielt die nächste Probe
Jedoch ganz wie gewöhnlich; erst am Schlüsse derselben
lef er aus: „Meine Damen und Herren vom Chor, auf
^iu Wort. Ich habe Sie neulich durch die Art meines
Tadels verletzt und frage Sie heut, ob ich Recht hatte,
*tre Leistung zu tadeln? Seien Sie offen." Ein „Ja" war
^ie Antwort. ' „Nun," sagte er, sein Käppchen abnehmend,
9)Bo gestehe auch ich Ihnen, dass es mir von Herzen leid
^hnt, Sie beleidigt zu haben." Der befriedigte Chor brach
^ ein schallendes Hoch hierauf aus.
In der That hatte der Chor auch Ursache, Weber
^nkbar zu sein. Bisher war derselbe, was die Bass- und
li^enorstimmen betraf, von einer Anzahl hierzu befähigter
Statisten unter Führung von einigen untergeordneten
Gängern, — Alt und Sopran aber von den Sängern der
^reuzschule ausgeführt worden, welche den weiblichen
^heil desselben zu vertreten hatten und bisweilen in
^inem halb lächerlichen, halb kläglichen Aufzuge kamen.
^eber drang auf die Errichtung eines eigenen Singchors,
und schon Ende 1817 war derselbe 38 Stimmen stark
(8 Sopran, 11 Alt, 9 Tenor, 10 Bass). Ein tüchtiger
Husiker, Moritz Metzner, der auch in der Oper mitwirkte
und schon seit Nov. 1816 engagirt worden war,* wurde
■ Er debQtirte am 4. Nov. als Kapellmeister in dem gleich-
Damigen Intermezzo von Cimarosa.
— 892 —
als Director desselben angestellt. ^ Ein Tanzmeister ttbte
dies Personal im angemessenen Gebrauch der körperliehen
Bewegungen ein^ und schon bei der zweiten Oper, die
Weber aufführte (dem „Hausgesinde" von Fischer), wirkte
der kaum 14 Tage lang eingeübte Chor zur Verwunderung
der Kenner.
lieber die Thätigkeit Weber's auf dem Gebiete der
Oper giebt die Statistik der Novitäten Auskunft. — Die
erste Aufführung des Johann von Paris fiel mit dem
Gastspiel der berühmten Sängerin Grünbaum (vom stän-
dischen Theater in Prag) zusammen, welches Weber vc^
mittelt hatte, um eine Kraft zu gewinnen, die sich mit
der der italienischen Oper messen könnte. Es wurde
ihretwegen auch noch das Lotterieloos von Isouard nnd
der Blaubart von Gretry zur Aufführung gebracht. Wie sehr
sie aber auch gefiel, so zerschlug sich doch jetzt noch das
Engagement derselben. Dagegen wurden in diesem Jahre
engagirt: Wilhelmi vom Cassler Theater, welcher am
20. Januar ein Gastspiel eröffnete und der, obschon seine
Stärke im Schauspiel lag, auch in der Oper mitwirken
musste; Genast aus Weimar, welcher am 13. April in
MöhuFs Jacob und seine Söhne als Jacob deblitirte;
Geiling, welcher am 10. Juli als Thomas in Soliö's 6c-
heimniss auftrat. — Als bedeutende Gastspiele des Jahre«
auf dem Gebiete der Oper mögen noch die von Franx
Wild und Mad. Neumann-Sessi, Beide in nur einer Vor-
stellung, hervorgehoben werden. In diesem Jahre e^mi"
ponirte Weber, ausser der Musik zu Müller's „Yngurd", eine
Cantate zum Namenstage der Tochter des Prinzen Max
und die Cantate „FAccoglienza" zur Vermählung der
' Doch bezeicliiiete Weber schon damals den trefflichen ^ng-
meister Johannes Micksch, welcher nach seiner Meinung gross iä
systematischen Gesangunterrichte, im Geschmack, edlen VortxiS
und in der Bildung des musikalischen Gehörs, nicht aber filr «lie
Kunst der seelischen Begeisterung des Gesanges war, die geeignetste
Persönlichkeit zur Schöpfung eines Theaterchors.
— 393 —
izessin Maria Anna Carolina^ welche am 29. Oct. zur
ffllhrang kam. Schon 1810 hatte Weber das Sujet
) Freischütz zu einer Oper ins Auge gefasst. Bei Ge-
"enbeit einer Begegnung mit Kind^ bei der ihm das
ersehe Gespensterbnch in die Hände kam^ fragte er
sen^ ob er es kenne. Dichter und Musiker begeisterten
b im weiteren Gespräche für die Aufgabe, und schon
nächsten Tage hatte Kind mit dem Texte begonnen,
Icher in kaum 14 Tagen zu Stande kam.^
Inzwischen war auch Morlacchi nicht müssig gewesen.
hatte verschiedene Opern mit Erfolg zur Aufführung
»rächt und hoffte mit einem Oratorium Isacco, welches
den Ostcrheiligenabend bestimmt war, seinem Neben-
iler Achtung einzuflössen. Dass ihm an dieser gelegen
', dass er auch vor diesem selbst Achtung — oder doch
dgstens die Klugheit hatte, das Ansehen von beiden zu
innen, geht daraus hervor, dass er wenige Tage vor
führung seines „11 barbiere di Seviglia" zu Weber
I, um ihn zu bitten, der Probe beizuwohnen und ihm
Urtheil darüber zu sagen, und, da dies günstig aus-
^ ihm sogar seinen Isacco zur Durchsicht gab und
zn einer Besprechung desselben veranlasste.*
•
* Weber's Braut erwarb sich damals wesentliche Verdienste
die Gestalt dieses Textes, der anfänglich den Titel „Die
rsbraut*' trug. Er begann ursprünglich mit einer Scene zwi-
1 Agathe, Aennchen und dem Eremiten, was allerdings insofern
B für sich hatte, als jetzt der Eremit ganz unvorbereitet
khlusse erscheint; allein die Exposition war matt. Caroline
eb daher ihrem Bräutigam: „Weg mit dieser Scene, mitten
as ins Volksleben mit dem Beginne der Yolksoper; lass sie mit
Scene vor der Waldschenke beginnen l*
* ^Yeber sehreibt darüber an seine Braut, dass er darin wirk-
viel Schönes und Lobenswerthes fand. „Der Mensch hat wirk-
riel Talent, aber wenig Oekonomie, weil er zu wenig grünliche
itnisse besitzt. Aber viel Ideen und besonders gut charakterisirte
iche Sachen. ** Auch die Allgemeine Mnsikzeitung, die sonst
icchi vielfiBu^h angriff, lobt diese Oper.
* Dieses Werk wurde von Weber nngleicb schwächer befunden.
- 394 -
Obschon Morlaccbi die Gleichstellung Weber's nicht
hatte hindern können, so nahm er doch jede einsehe
Gelegenheit wahr, um seinen Vorrang nnd den der itaUeni-
schen Oper geltend zu machen. Gleich die Eröffnung der
Vorstellungen auf dem Theater des Lincke'schen Bades bot
hierzu willkommenen Anlass. ' Weber bekam Auftrag, di-
selbst zu spielen. Wurde die italienische Oper dessen eo^
hoben, so war die deutsche in den Augen des Publicums im
Range herabgesetzt. Morlacchi bot Alles auf, dies zu e^
reichen; Weber, es zu verhindern. „Bei Vitzthnm wechselte
der Besuch der Kapelhneister unaufhörlieh. Weber kiiD|
wenn Morlacchi ging.^ Das Unwohlsein des Ministen
Einsiedel war der Sache der Deutschen gtlnstig. Vitz-
thum konnte in dessen Folge beim Könige selbst Vortrag
erstatten, und dieser entschied: „Die Italiener sollen eben-
falls auf dem Bade singen.^ Auch nachPillnitz wurden die
Deutschen zuerst gerufen und der König und die Primen
unterhielten sich auf das Schmeichelhafteste mit Weber,
Natürlich hatten diese Niederlagen, die Morlacchi hanpt*
sächlich Vitzthum zuschreiben mochte, denselben höchlichit
verdrossen, und da er kurze Zeit später den Auftrag erhielt,
eine Oper für San Carlo in Neapel zu sehreiben und dort
zur Aufführung zu bringen, so kam er um einen acb^
monatlichen Urlaub ein. Vitzthum bewilligte ihm jedoch
nur einen dreimonatlichen, den Morlaccbi nach heftiger
Gegenrede nicht annahm. Da aber unmittelbar darauf
Vitzthum ins Bad reiste, so wandte sich jetzt MorlaeeU
an Einsiedel und erlangte nicht nur den erbetenen acU-
monatlichen Urlaub mit Königlicher Sanction, sonden
auch die Genugthuung, dass Vitzthum bei seiner Rflck-
kehr vom König ziemlich kühl, von seinem Chef aber aofi
Er schrieb aber doch die Besprechang (in No. 78 der Abendieitiaf)i
die, wie sein Sohn sich ausdrückt, ein wahres kleines Master diplo-
matisch-künstlerischer Kritik ist
■ Sie wurden am 17. Mai 1817 mit «Das Gut Sternberg,"
Lustspiel von Frau v. Weissenthum, eröffnet.
— 395 —
Jognädigste empfangen wurde. Vitzthum erbat in einem
/ortrage die Anordnung einer genauen Untersucliung;
Sinnedel wusste das aber zu vereiteln, so dass Vitztbum
deh nach manchen Verdrttsslichkeiten mit der Erklärung
»egnttgen musste, wie ja Se. Majestät vollkommen zufrieden
nit seiner Amtsftihrung sei. — Morlacchi verliess Dresden im
Jcptember 1817 — was zwar zu einer freieren Thätigkeit
IFeber'g; aber auch zu einer Ueberbürdung desselben führte.
Weber glaubte die Gunst dieser Umstände benutzen
Ri können, dem Orchester eine bessere Einrichtung zu
^eben. Besonders unzweckmässig war die Anordnung
ler Pauken und Trompeten unterhalb der Königlichen
iOge, von wo aus sie nicht zu genügender Geltung kamen
iBd die Spieler vom Dirigenten nicht gesehen werden
konnten. Für die italienische Oper mit ihrem schwachen
)rche8ter nnd Personal, ihren einfacheren musikalischen
Wen hatte dies wenig bedeutet; anders bei Weber,
ler die gesammte dramatische Action, die scenischc wie
ie musikalische, in Betracht zog, sowie bei Werken mit
trkerem Orchester, mit complicirteren Chören und En-
mblestttcken. Während also bisher vor und hinter dem
irigenten je ein Contrabassist und ein Cellist sassen,
e sieb wechselseitig in ihrer Thätigkeit hinderten, ein
itter Contrabass in einer Ecke des Orchesters bei der
Bnigsloge postirt war, ein vierter, falls es nöthig wurde,
D Stückchen vom Parquet eingeräumt erhielt; während
rner rechts vom Dirigenten der erste und zweite
ioKnist am selben Pulte, vor demselben zwei Bratschisten
id links von diesen wieder vier erste und vier zweite
ioHnen und mitten in dem Streichquartett vom an der
ttne je ein Alt-, Tenor- und Bassposaunist sassen, welche
cb wechselseitig belästigten und die Klangwirkung ihrer
Bstromente beeinträchtigten, links vom Dirigenten aber
ie übrigen Blasinstrumente angeordnet waren, — hatte
^«ber,nnd zwar zunächst bei der AufifUhrung derFestcantate
^Accoglienza^ dem Orchester folgende Einrichtung ge-
— 396 —
geben : Unmittelbar hinter dem Souffleurkasten der S
des Dirigenten. Reclits die Streichinstrumente, Ton den
die Bratschen^ Gello's und Contrabässe an die Wand i
Parqucts kamen^ links die Blasinstrumente, die Posani
im Centrum. Erst bei der Auiftthrung von Spontii
Vestalin hatte der König die veränderte Au&tellniig 1
merkt, weil er durch die jetzt in der Nähe seiner Lo
placirten Posaunen unangenehm berührt worden w
£ine angreifende Kritik in der Abendzeitung und ei
heftige Entgegnung Wcber's, in welcher die italien9<
Oper in geringschätziger Weise besprochen wurde, thil
das Uebrige. Graf Einsiedel erliess die kurz angebundc
Ordre: „Das Orchester hat künftig auf alle Fälle wi»
die Stellung zu erhalten, wie solche bisher gewöhn!
gewesen.^ Auch vermochten zunächst alle Anstrengan(
Yitzthuui's und Weber's nichts an diesem Bescblaase
ändern. Max Maria von Weber meint, dass erst •
üble Eindruck, den er auf das Publicum ausgeübt^ <
Minister bestimmt habe, Weber zu begütigen und et i
nahe zu legen, einzelne seiner Anordnungen bei '
Direction der deutschen Oper wieder aufzunehmen.
In das Jahr 1818 fällt Weber's Composition
Krönungsmarsches zu Gehe's Heinrich IV., der späten
Oberon verwendet wurde, sowie die Jubelcantate i
50jährigen Regierungsjubiläum des Königs, von der jcd(
nur die Ouvertüre (die Jubelouvcrture), welche gewte
massen auch die Ouvertüre zu Weber's glänzender ne
Aera ist, am Festtage (20. September), die Cantate sei
aber erst in einem Concerte gelegentlich einer Nacbfi
des hohen Festes in der Neustädter Kirche zur A
führung kam. Ferner eine Jubelmesse zur goldei
Hochzeit des Königspaares (17. Februar 1819) und J
fange zum Freischütz. Weber's Jubelouverture hi
einen ausserordentlichen Erfolg; Morlacchi's Offertorif
welches das seine verdrängt hatte, aber kaum weoif
Er verdankte das hauptsächlich einem Sänger, mit d
— 397 —
er sich bei seiner Bfickkehr ans Italien wieder eingeführt
btte, dem jungen Giovanni Cantü^ geb. 1798 in Mailand^
welcher, ein Schtller Gentili's, mit einer trefflichen Technik
«Alles verband, was die Natur einem Sänger gewähren
bim^. Leider starb er bereits drei Jahre später.
Das Jahr 1818 erbrachte der deutschen Oper nur
dt8 Engagement Toussaint's, wogegen Mad. Biedenfeld
amehied/ Der Auftrag, den Weber im folgenden Jahre
iof eine Festoper zur Vermählung des Prinzen Friedrich
Aignst mit der Erzherzogin Caroline von Oesterreich
«kielt, zu welcher der Text „Alcidor" von Kind bereits
fertig war, führte zu Verhandlungen mit Gerstäcker.
Das Project wurde jedoch, angeblich der grossen Kosten
wegen, wieder zurückgezogen und Morlacchi mit einem
Festspiele ^11 Albino e il Tajo^ beauftragt, welches dann
tneh am 9. October 1819 zur Aufführung kam. Dies
ward die Veranlassung , dass Vitzthum neuerdings seine
Entlassung verlangte. Sie wurde aber auch jetzt nicht
SAgenrnnmen, weU der König nach wie vor mit seiner
Aaitsfbhrung völlig zufrieden sei. Doch wurde er zu
Vorschlägen aufgefordert, welche den Umfang seiner
Aatsgewalt bestimmter kennzeichnen sollten. Auf den
Iderflber erstatteten Vortrag erfolgte ein königliches
fie«cript, durch welches die Thätigkeit Vitzthum's in
empfindlicher Weise eingeschränkt wurde, worauf der-
lelbe nun in bestimmtem Tone um seine Entlassung
■scbsnchte, dieselbe erhielt, aber mit seinem vollen
Gehmlte im Königlichen Dienste verblieb. An seine Stelle
tvmt im September 1820 der Geheimrath Hans Heinrich
Ton Könneritz, ein gebildeter Mann, welcher das
"««116 Amt, das er als einen blossen Uebergangsposten
' An Gastspielen finden sich in diesem Jahre im Ganzen folgende
▼erzeichnet: Deicher ans Darmstadt, Gerst&cker ans Cassel, Schwarz
md Klengel ans Wien, Dem. Schwarz aus Prag, Dem. Voss aus
Angsbnrg , Wurm , die Schwestern Radicke ans Lemberg , Signora
Ctmpi ans Wien, Signora Gregori ans Paris.
— 398 —
betrachtete^ jedoch ohne besondere Neigung, daher
ohne Begeisterung, wohl aber mit Gewissenhaft
verwaltete und daher um die Hebung des InstitutB
ernstlich bemüht war. Eine seiner ersten Anordm
betraf die Regie des deutschen Theaters, die er
dem Vorsitze Hellwig's einem aus diesem und den £
Spielern Werdy und Julius bestehenden Comit^ übe
Augenscheinlich suchte Könneritz sie hierdurch zu sti
Inzwischen war trotz sich ankündigender Ejrän
keit Weber's sein Freischütz tüchtig vorgeschritte
neben verschiedenen anderen Arbeiten auch seine
forderung zum Tanze" entstanden, ein Werk, w
auf dem Gebiete der Salon- und Tanzmusik £ut
so epochemachend war, wie seine Freiheitsgesäng
dem des Liedes und später sein Freischütz auf de
Oper. Hierher gehört ein Besuch L. Spohr^s, w
am 24. October mit seiner Gattin, einer berühmten B
Spielerin, ein Concert im Theater gab, sowie der He
Marschner's. Marschner, der damalq in Pressbur
Gastfreundschaft eines Jugendfreundes, des Grafen '
däus von Amad^e genoss, kam, sich nach dem S
sale seiner Oper „Heinrich IV. und d'Aubignö" zu i
digen, die er bereits im vorigen Jahre zur Begutac
eingesendet hatte. Mehr, als durch die zwaU;
Formen des untersetzten jungen Mannes und sein
plumpe Ausdrucksweise, wurde Weber durch «
Talent und durch ein wunderbares Ereigniss ange
welches mit der Aufführung jener Oper im folg
Jahre zusammenhing. Marschner, welcher damal
Sache wieder ganz aus den Gedanken verloren
wohnte nämlich am 13. Juli 1820 zu Pressburg im'
der Aufführung seiner Oper im Dresdner Theate
ständig bei. Der Traum war so lebhaft und zusai
hängend, dass Marsebner am anderen Morgen siel
deutlich jedes Musikstücks zu erinnern wusste
applaudirt worden war, worauf es der Graf und <
— 399 —
Mntter Dotirten. Einige Tage darauf erhielt er von
Weber einen Brief mit der Schilderung der Aufführung
am li, Juli^ welche in allen Einzelheiten denen seines
Traomes entsprach.
Von den in dieses Jahr fallenden Veränderungen
im Personal des deutschen Theaters ist hier nur das
Engagement des Sängers und Schauspielers Aug. Mayer
herrorzuhcben, dem es nur bisweilen an Feinheit ge-
brach; um «Tttchtiges zu leisten. Er blieb bis zu seinem
Tode (1829) am Dresdner Theater.*
Im Jahre 1820 trat auf Weber's Betrieb der grosse
Gesangslehrer Micksch an Metzner's Stelle, als Chor-
director der deutschen Oper. Beide schätzten sich hoch,
obachon es nicht an Reibungen zwischen ihnen fehlte
und Weber von Micksch zu sagen pflegte, dass er zwar
unter Aufsicht der grösste Chorlehrmeister der Welt, sich
selbst überlassen aber der Ruin aller Stimmen sei; wogegen
Micksch Webern beschuldigte, die Singstimmen nur wie
Blasinstrumente zu behandeln und die Fähigkeiten der-
selben nicht ausreichend zu kennen.
Gleichzeitig wurde der deutschen Oper das Ehe-
paar Oerstäcker, die Sängerin Willmann und der
Komiker Keller gewonnen. Friedrich Gerstäcker, geb.
1788 zu Schmiedeberg in Sachsen, wirkte schon als
Krcuzschtiler an der Dresdner italienischen Oper mit.
Erdebtttirte in Chemnitz, wurde 1810 Mitglied der Joseph
Seconda'schen Gesellschaft und gewann schon damals
*uf seinen Kunstreisen einen bedeutenden Ruf. Seine
J>ei aller Kraft sehr liebliche Stimme war von seltenem
Umfange, sein Vortrag, besonders im Recitativ, höchst
edel und anmuthig. Leider blieb er der Dresdner
» Gastrollen gaben 1810 Pauli aus Magdeburg, Dem. Schaffner
*!is Berlin, Si^nor und Signora Spada au3 München, Klengel ans
lieipzig, Signora Campi, Gern aus Berlin, Mad. Beutlor aus München,
Sophie Schröder aus Wien, Finke aus Stuttgart, Mad. Strauss aus
l^raga Häser aus Stuttgart, Becker aus Frankfurt a. M.
— 400
Btthne nur kurze Zeit erkalten. Schon 1821 kehrte er
wieder nach Cassel zurück, wo er bereits 1825 starb.'
Audi Uherraschte um diese Zeit der Generaldirectoi
V. Könneritz Webern mit der Anzeige^ dass auf besonderen
Wunsch der Königin die Blasinstrumente in Zukunft a
der von ihm angeordneten Weise aufzustellen seifiii-
Schon vorher hatte im fiinverständniss mit Morlacehi i»
Quartett eine entsprechende Aufstellung erhalten. Aid
war das Pult des Dirigenten bis an den Soii£Benrkaflten
vorgeschoben worden, so dass Weber auf diesem Gebiete
noch einen vollständigen Sieg errang.
Schon am 13. Mai d. J. hatte derselbe die letzte
Iland an die Partitur seines ,,Freischütz^ gelegt
Obschon es für den Intendanten der Berliner Oper, den
Grafen Brühl, sehr nahe lag, sich um das Becht der
ersten Autlftlhrung dieses Werks zu bewerben, da der
Componist von „Leycr und Schwert" kaum in einer
anderen grösseren »Stadt Deutschlands auf stärkere und
ausgebreit vtero Sympathien rechnen konnte, als in Berlin,
so ist deshall) die Thatsaclie, dass sich Dresden dieses
Vorrecht entreissen liess, doch kaum minder beschämend
Brühl war es auch, welcher dem Componisten emp&U»
den ursprünglichen, sentimentalen Titel: ^Die iHiffS^
braut" mit dem kräftigeren: „Der Freischütz" zu Te^
tauschen. Noch ehe das Werk ihm ganz überlirfßrt
werden konnte, erhielt Weber aber einen neuen AnftiiS
von ihm. Es galt das Wolifsche Drama: Preciosamit
der nöthigen Musik auszustatten. Obschon Weber diese
' Gastrollen gaben in diesem Jahre : das Ehepaar Senk, Beckff
aus Frankfurt a. M., Stein aus Leipzig, Löwe aus Prag, Q&ÜH
Sohn aus Leipzig, Wagner aus Dresden, Dem. Willmann aus ^^
Baudius aus Stettin, Kirchner und Carli aus Dresden, Costenoble V
Wien, Mad. Brede aus Stuttgart, Hillebrand aus Wien, Had. Beo^
aus Petersburg , Holtei aus Breslau , Dem. Pistor und Man w*
Hannover, Ciausius aus Hamburg, Signora Borgondio und MarittD*
Sessi.
— 401 —
Arbeit nur ungern ttbernahm, so sollte dieselbe doch noch
frflher als der Freischütz und zwar schon am 15. März
1821 zur Anfftthmng gelangen, weil man sich letzteren
ftr das nnn bald zu eröffnende nene Schanspielhans
aufbewahren wollte. Die Kritik verhielt sich gegen die
Musik der Preciosa fast ktthl. In der Gunst des Pnbli-
C1UD8 aber fasste sie mit jeder Darstellung tiefere Wurzeln.
Mit dem Erfolge des Freischütz, welcher am 18. Juni d. J.
in Scene ging und innerhalb der ersten 6 Monate 16, bis
mm Schlüsse des folgenden Jahres aber 61 Wieder-
bolangen mit einer Einnahme von 23,482 Thlr/ erlebte,
liesg sich jedoch jener entfernt nicht vergleichen. Letzterer
errang in Berlin der deutschen Oper für immer den Sieg
über die unter Spontini's Leitung wieder mächtiger
das Haupt erhebende italienische Oper.
In Dresden war es dem Componisten wenigstens
möglich geworden, in einem Concerte seines Freundes Bär-
laann, welchem auch Meyerbeer beiwohnte, die Ouvertüre des
frischen, herrlichen Werkes zur Aufführung zu bringen.
In dieser Oper hatte sic]^ Weber in überraschendster
Weise zu der vollen Höhe seines Talentes emporge-
tchwungen. Er hatte die in der Zeit liegende Be-
geisterung, der Schiller einen so erhabenen dichterischen
Ausdruck zu geben wusste, mit der romantischen, auf die
Aoslebung der individuellen Empfindung gerichteten Stim-
mung derselben zu einem gemeinsamen, ebenso volksthüm-
lichen, wie theatralisch wirksamen musikalischen Ausdruck
gebracht. Dabei fasste er das dramatisch - musikalische
Kunstwerk in seiner Gesammtwirkung und von allen Seiten
ÖI8 Auge, weshalb es ihm aber auch nicht an Angriffen
fehlte. So schrieb Spohr noch ein Jahr nach Erscheinen
^es Freischütz: „Da ich das Compositionstalent Weber's
"is dahin nicht sehr hoch stellen konnte, so war ich
' Die Seidler- Wranitzky sang die Agathe, die graziöse Johanna
^imicke das Acnnchen, StUver den Max, Heinrich Blume den Kaspar.
€%t!
— 402 —
begreiflicherweise nicht wenig gespannt, diese Oper keiineB
zu lernen, um zn ergründen, wodurch sie in den beidoi
Hauptstädten Deutschlands einen so enthusiastischen Bei-
fall gefunden habe. Die nähere Bekanntschaft mit ihr
löste das Räthsel des Erfolgs freilich nicht, es m denst
dass ich ihn durch die Gabe Weber's, fttr den gronen
Haufen schreiben zu können, erklärt finden wollte.'^
Andere behaupteten, dass die Oper einen grossen Theil
ihres Erfolgs dem Teufelsspuk und Feuerwerk verduike.
Und es war auch etwas Wahres daran, so dass Weber
selbst einmal schrieb : „Der Teufelsspuk macht mich oft
selbst irre, und wenn nicht chrenwerthe Männer mir mit
Zufriedenheit die Hand drückten, so dächte ich seltoty
Musje Samiel mache die Sache allein.^
Weber erhielt um diese Zeit einen Ruf nach Canel
mit 2500 Thlr. Gehalt. Er theilte seinem Chef diese
Berufung mit, indem er die Entscheidung darüber der
Gnade und Gerechtigkeit des Königs anheimstellte, wobd
er darauf hinwies, dass seine Stellung in Dresden fiel
Drückendes mit sich führe, ^eil er das „aus eigener Erfah-
rung entsprungene Gefühl nicht verscheuchen könne, da0
die deutsche Oper allerhöchsten Orts nur geduldet werde*
Könneritz schlug eine Gehaltserhöhung von 500 Tblr.
vor. Einsiedel setzte sie auf 300 Thlr. herunter, wcä
Morlacchi; als der ältere der beiden Kapellmeister und
als Leiter der italienischen Oper, die noch immer ib
erste betrachtet wurde, unmöglich schlechter als Weber
dotirt werden könne. Weber, der eine grosse Anhäop-
lichkcit an Dresden hatte, nahm dieses Anerbieten ^
und schlug für die ihm zugedachte Stelle in Ca«!
Spolir vor, der damals gerade in Dresden verweilte '
und auch dieselbe erhielt.
Seltsamerweise sollte es gerade der Erfolg des Frei-
schütz sein, der Kind und Weber entzweite. Kind hatte
• Spohr vereinbarte damals mit dem Dichter Gehe den Teart
zu seiner Jcssonda.
— 403 —
q)rfiiiglich einen bestimmten Antheil an den Honorar-
^bnissen beansprucht, Weber ihm aber, nm späteren
Bshelligkeiten yorzubengen, ein- tlUr allemal die Summe
1 30 Ducaten geboten, worauf Kind auch eingegangen
r. Da aber Weber bis Ende 1821 bereits 1633
Ir. für diese Oper bezogen hatte , so schien ihm jetzt
id doch benachtheiligt zu sein, daher er sich ver-
asst fühlte, demselben mit einem herzlichen Briefe noch
mal eine gleiche Summe zu senden. Weber, welcher
Lter selbst ein ähnliches Ansinnen des Berliner Theaters
. grosser Empfindlichkeit ablehnte,^ hätte sich sagen
inen, dass Kind, ohnedies schon gereizt, weil aller
hm dis gemeinschaftlichen Werks auf die Seite des
{nponisten gefallen war, diese Gabe zurückweisen
rde, was in der That mit einem höchst anzüglichen
iefe geschah.*
Dies war der Grund, weshalb Weber für den Text
ler ihm in diesem Jahre von dem Impresario des
Umthnerthor - Theaters in Wien, Domenico Barbajo,
stellten Oper sich nicht wieder an Kind, sondern an
5 Dichterin Helmine von Chezy, eine Enkelin der
^fschin, wendete, die sich damals in Dresden aufhielt.
5 Wahl der Dichterin war aber eine ebenso wenig
ckliche, wie die Wahl des Stoffs, die auf die Geschichte
Girard de Nevers gefallen war.
Ton den Engagements des Jahres 1821 kam nur
des Ehepaars Unzelmann der Oper zu Gute, da
' Man schickte ihm ii&mlich nach der 50. Vorstellung als
tiT&gliches Honorar 100 Thlr. Weber sandte es aber mit einem
geistvoll, aber energisch geschriebenen Proteste an seinen
^cr, den Grafen Brühl, zurück.
* Kind spricht darin bitter von CompODisten, die ein Libretto
einem Mindestfordcmden kaufen und sich bei ihren Erfolgen
l^rima donna, primo uomo, Intendanz, Maschinisten, Choristen,
^Tun Lampenpatzer herab, niur nicht beim Dichter des Textes
unkten.
26»
- 404 - I ^^
sie eine brauchbare Coloratnrsängerin mit etwas spiti^ V^^
Stimme, er ein leidlicher Heszotenor war, welcher jedocV^ \^^
auch Rollen wie Don Juan sang. Die Stärke diesem
Künstlers lag aber im Lustspiel^
Das wichtigste Ereigniss des folgenden Jahres w^^
die Aufführung des Weber'schen „Freischütz". Die Bott«
der Agathe war in den Händen von Friederike FnnK^r-
die, ganz in italienischer Schule erzogen, mit groase^^
musikalischer Begabung eine edle Erscheinung , ye^^
ständiges Spiel und Bühnenroutine verband, aber nicta-*'
frei von einer gewissen Kühle war, die sich dem Publicnc*^-
leicht mittheilte. Aennchen fand in Frau Julie Haas^^
geb. Zucker,^ in Gesang, Erscheinung und Spiel
vortreffliche Darstellerin. Max war durch Bergmaia
vertreten, der wenigstens nach Seiten des Gesanges Yos: —
treffliches leisten konnte. Kaspar fand in August May^^K"
einen gewandten Darsteller, bei dem man aber Gefab'
lief, dass er den Charakter herabziehen werde. I>i^
AufiUhrung, welche am 26. Januar stattfand, ging ab'
vortrefflich und feierte einen ganz ausserordentlich!
Erfolg.
Schon am 27. Juni folgte nun auch in Dresden
Aufführung der Preciosa, welche hier indess nicht d
Eindruck wie in Berlin machte. Frau von derKlog^»^ ^
(seit 1822 Mitglied der Bühne), welche die Titelro"Ue
darstellte, errang zwar durch die schauspielerische S^i- ^^
ihrer Leistung grossen Beifall, reichte aber mit ih«"^^^
Stimmmitteln nicht aus.
' Gastspiele gaben: Staudacher aus München, Dem. Hufel^»- ^*^ j
Röckel aus Prag, ürban^ aus München, WaUbach aus Breslau, ^^^7
Reinholil aus Hamburg, Maurer aus Stuttgart, Dem. Kainz aus "^^»^ ^ ^
Frau V. d. Klogen aus Hamburg, Dement aus Brauuschweig, I— ^^^'
Canzi aus Wien.
• Ihre Schwester hatte die Bühne bereits vor zwei J^"*^»-''^"
verlassen.
— 405 —
Zu der am 25. November stattfindenden Vermäh-
longsfeier des Prinzen Johann mit der Prinzessin Amalie
Ton Bayern war Morlacchi mit der Composition einer
Cantate, Weber mit der eines von Robert gedichteten
Festspiels beauftragt worden.
Von den in dieses Jahr fallenden Engagements seien
Wer folgende hervorgehoben: Demoiselle Veitheim, Herr
'^oarny, Signor Gentili, Signora Tibaldi, Signora
Zanetti, Signor Zezi. Fräulein Veitheim zeichnete
^'ch durch eine angenehme Stimme, reine Intonation und
'eicht ansprechende Höhe aus. Tourny besass eine
^a8 bedeckte, doch angenehme Tenorstimme. Sein
Eracheinen war ansprechend, sein Spiel aber unbeholfen.
^i*Xoiselle Tibaldi, die Tochter des Sängers, sang einen
*^ff^iiehmen und dabei kräftigen Mezzo-Sopran von nur
W^^iger Höhe. Gute Methode und natürliche Grazie
^^^Oen an ihr gertthmt. Signora Zanetti hatte ihre
^'^ ^ikalische Ausbildung von Polledro erhalten und gefiel
^^ ^*, verliess aber schon 1824 wieder die Dresdner Bühne.
"^^*^ Zezi, der ihr dagegen noch so lange erhalten
wi^3^jj sollte, zeichnete sich schon damals durch eine
^^i Bassstimme aus.
Von Gastspielen möchte ich zunächst desjenigen
^^^^ Mad. Seidler aus Berlin gedenken, welche durch
^^ Frische ihrer jugendlichen, wohlklingenden Stimme
^Afvunderung erregte. Wichtiger aber noch war, dass
"^ berühmte Schauspielerin Sophie Schröder, diesmal
"^^'^ ihren beiden Töchtern Betty und Wilhelmine, cr-
*^ »^ien. Letztere betrat am 21. Juni als Emmeliue in
^^^igl's Scliweizerfamilie zum ersten Male die Bühne,
^^f welcher sie noch so grosse Triumphe feiern sollte,
^^d entzückte durch den jungfräulichen Reiz ihrer Er-
^heinung und den Schmelz ihr^er schönen, kräftigen
Stimme.
1
' Ausser den Genannten traten in diesem Jahre noch auf:
I>eiiL Maas, Begisseur Wolf nebst Gattin aus Berlin, Dem. Lindner
— 406 —
Die Erkrankung Morlacchi'8 und Schuberts hatte
schon seit Monaten den ganzen Dienst auf Weber ge-
häuft; welcher, selbst leidend, anfangs 1823 auf Anstd-
lung eines Musikdirectors drang und seinen Freund
Gänsbacher hierzu empfahl. Dies wurde jedocli so lange
verzögert, dass dieser inzwischen eine andere Stelle ao-
genommen hatte, worauf Heinrich Harschner, mit dem
man, wie es scheint, auch schon verhandelt hatte, die
Stelle erhielt. Allerdings würde derselbe auch, wiekcii^
Anderer, fähig gewesen sein, für Weber später Ersatz
zu bieten. Man konnte. aber damals noch nicht wissen^
was man an ihm besass.
Marschner^ 1795 in Zittau geboren, zeigte seboa
sehr früh musikalische Anlagen. Mit sechs Jahren e^
hielt er Ciavierunterricht und war nach sechs Monaten
bereits geschickter, als sein damaliger Lehrer; dies war
auch mit einem zweiten und dritten der Fall. Auf dem
Zittauer Gymnasium erhielt er von dem später berühm-
ten Fr. Schneider Gesangunterricht. Zu arm, um sich
weiter ausbilden lassen zu können, wurde er sein eigener^
Lehrer, bis er endlich in Leipzig, wohin er Eechtswissen —
Schaft zu Studiren kam, in Schicht einen Führer fand. EiiiH
Concert, welches er 1815 in Carlsbad gab, vermittelte
ihm die Freundschaft des Grafen Thaddäus von Amad^^
Auch die Bekanntschaft mit Beethoven wurde ihm fbrdi
lieh. Er schrieb 1816 eine kleine Oper: „Der Kyffhäi
Berg^ 1817: „Heinrich IV. und d'Aubigny", hierai
„Saidar". 1821 lernte er in Dresden Tieck kennen uim.<
wurde mit der Musik zu dem „Prinzen von Homburigr
beauftragt. Im folgenden Jahre schrieb er eine Op^J
Lucrezia, hierauf die schöne Ella und Ali Baba — aber
er hatte mit air diesen Arbeiten kein Glück« 1823 er-
hielt er die Anstellung in Dresden, wo er sich 1826 mit
aus Frankfurt a. M., Ed. Devrient aus Berlin (als Jacob und Le|KK
rello), Mad. Kraus, geb. Wranitzky, Hake aus Braunscbweig, Begu-
seur Brandt aus Mannheim, Billwitz aus Frankfurt a. M.
— 407 —
der SiDgerin WohlbrOck verheirathete, in demselben
Jahre aber noch seine Stellung yerliess^ weil er nichts
wie er hoflfte; zum Nachfolger Weber's erwählt wurde.
Bereits am 29. August 1823 hatte dieser die Euryanthe
beendet und- sich nur kurze Zeit später zur Leitung der
Proben nach Wien begeben. Am 25. October wurde sie
dort zum ersten Mal aufgeführt. Der erste Act hatte einen
^nz ausserordentlichen Erfolg, der sich aber durch die
^nge der Oper und der Zwischenacte allmählich ah-
»chwächte.
Das wichtigste Ereigniss dieses Jahres auf dem Ge-
biete der Oper in Dresden war die AulfUhrung des
-Rdelio mit Wilhelmine Schröder, als neu gewonnenes
^^^glied der Btihne. Grossen Erfolg halten auch Mor-
■acchi's „Gioventü di Enrico V.'^ (welche, besonders in
^^n komischen Partien, zu seinen besten Arbeiten ge-
hörte), sowie Mose von Rossini, in welcher die Funk ex-
^^UiTte.
Ausserdem wurden der Oper in diesem Jahre der
'"^^^ einer schönen Bassstimme begabte Risse und Fräul.
^^Utili, die Tochter des königl. Opernsängers, gewonnen,
^^Iche an die Stelle von Fräul. Zanetti trat und eine
^6'enehme, irische Mezzo- Sopranstimme besass. Die
^^pelle erlitt einen grossen Verlust durch den Abgang
^^^Hedro's. Er wurde durch Anton Rolla ersetzt, geb.
^^ in Parma, Sohn und Schüler des berühmten Ales-
^^dro Rolla, Kapellmeisters der Scala in Mailand. Der
^^neral von Watzdorf, Begleiter der sächsischen Prinzen
^^f einer Reise nach Italien, der ihn dort kennen lernte,
^^rmittelte seine Anstellung. RoUa's Styl war grandios,
^in Ton kräftig, voll und zum Herzen sprechend. Als
▼ orspieler wirkte er durch die Energie seines Vortrags
klebend.
Von den Gastspielen des Jahres (1823) sei hier nur
das von Emil Devrient aus Braunschweig hervorgehoben,
insofern er in Weber's Freischütz als Ktfspar auftrat.
— 40S —
Nach dem Urtheil des Componisten spielte er „am das
Dreifache zu viel und malte das ganze Bild allzu sebr
mit dem Borstenpinsel''. Seine Stimme war mittelndnig
und wenig geschult. Doch setzte Weber zu seinem: jiat
schlecht gesungen"^ hinzu : „kann aber ein grosser Sebui-
spieler werden."*
Im folgenden Jahre brachte Weber ein Werk des
jungen Reissiger zur Aufführung; die italienische Oper
„Dido abbandonata^ die es aber über einen Achtungs-
erfolg nicht hinausbringen konnte. Um so mehr gA&\
Meyerbeer's ganz im italienischen Style gehaltene „!
garethe von Anjou". Am 31. März folgte die erste
fuhrung der Euryanthe mit der früheren Dem. Schröd^ "»»
welche inzwischen (bei einem Gastspiel in Hamburg) d 5Lc
Gattin des königl. Hofschauspielers Carl Deyrient g^^
worden war, als Euryanthe, Mayer als Lysiart, Bergmar^BJi
als Adolar, Fräul. Funk als Eglantine. Hier wurde vc^d
den Musikverständigen diese Oper weit über den Frei-
schütz gestellt.*
Auch in Berlin sollte die Euryanthe zur Aufftthmis g
kommen. Die Unterhandlungen, von Spontini hinten x-
* Ausserdem gastirten: Kühn aus Mannheim, Mad. Men^l^r
Dem. Pfeiffer (spätere Birch-Pfeiffer), Esslair aus München, Dem. Meyer
aus Bremen, Fischer aus München, Rottmeyer aus Frankfurt a. M^
Wagner aus Breslau, Mad. Schönherger, Mad. Yespermann aus
München, Horina aus Bremen.
* In diesem Sinne äussert sich auch der Referent der All;.
Musikzeitung: „Mit dem Texte kann freilich Niemand zufriedeo
sein, wenn man ihn auch bis jetzt, wie es scheint aus Rücksicht,
in den öffentlichen Blättern nicht angegriffen hat. Der Componot
aber hat eine wahrhaft kraft- und ausdrucksvolle Musik geliefert,
die zu den schönsten Erzeugnissen der deutschen Oper gehört I^
Publicum nahm sie mit lebhaftem Enthusiasmus auf, der sich bis
jetzt erhalten hat, ein Beweis, dass nicht immer Teufelsbeschw**
rungen und Wolfsschluchten nöthig sind, um eine gute Musik ;*•
fallen zu machen.** Sehr gelobt wird die Devrient, doch wird ihr
Tremoliren vorgeworfen. Die Eglantine wird als die vollendetste
Leistung der Dem. Funke bezeichnet.
— 409 —
ebeO; schwebten schon seit Ende vorigen Jahres. Mit-
1 in den hieraus entstehenden Misshelligkeiten; welche
Verein mit den Fortsehritten seiner Krankheit das
beD Weber's mehr und mehr verdüsterten, fiel wie ein
htblick der Auftrag auf eine neue Oper für das Con-
itgarden-Theater in London, mit dem er Mitte Juni
i dem Theateruulernehmer Charles Kemble überrascht
rde. Die Wahl des Stoffes schwankte anfänglich
ischen Faust und Oberen, wurde aber bald zu Gunsten
letzteren entschieden. Schon am 30. December d. J.
idt er den von dem englischen Dichter R. Planche
jbeiteten Text.
Die immer wiederkehrenden Krankheiten Morlacchi's
l seine damit zusammenhängenden Reisen nach Italien,
m die Kränklichkeit Weber's hatten in den Kampf
ischen der italienischen und deutschen Oper einen
llstand gebracht. Im März d. J. war auch noch der
tshencompositeur Schubert gestorben, Weber hatte den
ter von Seyfried in Wien für die erledigte Stelle in
rechlag gebracht, die Wahl, fiel jedoch durch Einfluss
• Italiener auf den alten, untauglichen Vicenzo Rastrelli,
Icher, wie zu erwarten war, dem Operndienste nicht
i&al vorstehen konnte.
Die Ernennung des Generaldirectors von Könneritz
i Gesandten in Madrid hatte in diesem Jahre auch
-n Wechsel in der obersten Leitung des Theaters
Folge. Durch Rescript vom 4. September 1824 wurde
seinem Nachfolger der frühere Oberforstmeister
iimerherr Wolf Adolph von Lüttichau ernannt.
Kihon diese Ernennung vielfach bekrittelt wurde, sollte
h die langjährige Amtsverwaltnng dieses Mannes die
the des ihm anvertrauten Kunstinstituts umschliessen.
Erdings scheint die Wahl hauptsächlich nur auf der
tist beruht zu haben, deren sich dieser Cavalier, wel-
f bisher der Kunst und dem Theater ganz fern stand,
''ohl bei dem König, wie bei dem Minister Einsiedel
— 410 -
zu erfreuen hatte. Die Charaktereigenschaften, welelie
i^in auszeichneten; waren aber doch wohl mit maai-
gebend, sowie der Einfluss seiner hochgebildeten, sich fllr
Kunst und Wissenschaft lebhaft interessirenden 6itti%
einer geborenen von Knobeisdorf, die hierdurch Tielleiekt
einen fördernden Antheil an den theatralischen Kttnstei
zu gewinnen hoffte. Gewiss wenigstens hat sie die«a
Antheil, der ein sehr wohlthätiger war, später genomma
und das Interesse, das sie beseelte, auch auf ihren Gattes
zu übertragen verstanden, dessen im Ganzen mehr anf
das Praktische gerichteter und dabei klarer und wohl-
wollender Geist eines idealen Zugs nicht entbehrte.
Unter den Erwerbungen dieses Jahres müssen te-
sonders die des Tenoristen Bonfigli und der Signort
Palazzesi hervorgehoben werden, durch welche der
glückliche Stimmenentdecker Morlacchi bei seiner Bück-
kphr die Gunst des Publicums aufs Neue gewann.—
Anton Bonfigli, 1794 in Lucca geboren, hatte mit dei
Erinnerungen an Cantü zu kämpfen, debütirte aber
nichtsdestoweniger als Don Ramiro in „La Cenerentola"
mit ausserordentlichem Erfolge. Er war im Besitz einff
herrlichen Stimme und guten Metliode. Besonders woffte
er vom Falset den wunderbarsten Gebrauch zu machen.
Die Palazzesi zeichnete sich durch eine der schönsten
Sopranstimmen, durch leichte und sichere Intonation, dorch
eine glänzende, mit tiefem Empfindungsausdrnck Te^
bundene Fertigkeit aus. Sie trat jedoch erst im folgcß-
den Jahre in Kossini's „Zelmira^ auf, die grossen BeiäH
errang. Bei solcher Besetzung konnte es auch i^
neuesten Oper Morlacchi's: „Teobaldo und Isolina'^ ö*
diesem um so weniger fehlen, als sie zu seinen bestefi
Arbeiten gehörte. Morlacchi trat darin, trotz der unve^
kennbaren Anlehnung an Rossini, der deutschen Mneik
etwas näher. ^
' Gastrollen gaben 1824: Signora Gentili, Rösicke, Sigoo^
Clara Wagner, das Ehepaar Genast und Dem. Böhler aus h^^
— 411 -
Die deutsche Oper brachte unter Anderem Faniska
TOD Chembini; Jessonda von Spohr und mit ungeheurem
Erfolge Rosflini's Barbier von Sevilla^ da Morlacchi diesem
ktiteren wegen seiner gleichnamigen Oper die Aufnahme
beharrlich verweigert hatte. Weber bekämpfte auf diese
Weise die italienische Oper mit ihren eigenen Waffen.
Aneh besass er die Klugheit, im nächsten Jahre (1825)
Spontini's „Olympia'' als Festoper bei der Vermählung
des Prinzen Max zur Aufführung zu bringen, ein Schritt,
welcher, wie es scheint, die Wiederauftiahme der Ver-
htodlangen mit Berlin wegen der Aufführung seiner
Eiuyanthe und endlich auch diese selber zur Folge
httte.»
Am dritten Abende nach der Vermählungsfeier kam
llorlacchi's Festcantate „La Ute sopita" im festlich er-
feochteten grossen Opemhause zur Aufführung. Blinder
Fenerlärm brachte gleich zu Anfang der Vorstellung das
Pnblicum in furchtbare Aufregung, deren drohende Folgen
■or durch die Geistesgegenwart des Königs abgewendet
^rden, welcher mit seiner Familie ruhig in seiner Loge
'^''blieb. Der Zwischenfall veranlasste jedoch die Weg-
•••Ong einer Arie, da der Sänger Bonfigli, der sich ge-
'^btet und versteckt hatte, nicht aufzufinden war.
In diesem Jahre (1825) sollte sowohl die deutsche
^ die italienische Oper durch den fast gleichzeitigen
^ der beiden Regisseure Hellwig und Bassi ein grosser
•'"inst treffen. Letzterer wurde in dieser Eigenschaft
''^h den unermüdlichen Theatersecretär Th. Winkler
•^tzt. An Hellwig's Stelle, der, vrie ich weiterhin noch
*^^r ausführen werde, schon längere Zeit dienstuntüch-
^^:]iow, Schwarz, Signora Maria Sandrini, Waltjen, M&rr aas
^tiover, Coniet aus Braanschweig.
' Am 28. December 1826 fand sie in Abwesenheit Spontini^g
^ groBsem Erfolge statt Die Seidler sang die Titelrolle, die
^^Iz die Eglantine, Bader den Adolar, Blume den Lysiart und
^'^rient den König
- 412 —
tig und durch Burmeister und Pauli in der Regie zeither
vertreten worden war, trat am 1. Januar 1826 der Schis-
Spieler Clemens Remie^ yon welchem Tieck 1827 schreibt:
,,Was ein Regisseur leisten kann, um der Directionia
helfen ; geschieht durch Herrn Remie mit unendlichem
Pleiss, musterhafter Pünktlichkeit and künstlerischer Ein-
sicht.'^ £r verliess diese Stellung am 1. Juli 1829, nm
als Geschäftsführer und Oberregisseur an die Spitze
des neuen Leipziger königl. Hoftheaters zu treten, von
welchem noch später die Rede sein wird.*
Grössere Verluste sollten aber die deutsche Oper
im folgenden Jahre noch treffen. Schon längere Zeit
war sie durch Indisposition der Mad. Devrient, durch die
Krankheit von Mad. Haase, sowie endlich durch längere
Abwesenheit Weber's in ihrer Thätigkeit gehemmt wor-
den. Der Letztere^ den Tod schon im Herzen,, hatte üeh,
von seinem treuen Freunde Fürstenau begleitet, nach
London zur Aufführung seines Oberon begeben« Nach
einer Reihe glänzender Triumphe, zu denen er sich zu*
letzt nur noch mühevoll aufraffen konnte, die Brust JOU
unauslöschlichem Heimweh erfüllt, machte in der Nacht
des 22. Mai der Tod seinem ruhmvollen Leben, wie es
scheint, schmerzlos ein Ende. Am 26. Juli war ihm die
anmuthige Darstellerin seines Aennchen, Julie Hatte,
ihren Leiden erliegend, vorausgegangen, ein Verlust, der
ebenfalls so bald nicht ersetzt werden sollte. Dem. Mil*
1er, die sie während ihrer Krankheit vertreten hatte und
durch eine frisclie, wohlklingende Stimme erfreute, Tcr-
Hess , um sich zu verheirathen , damals gleichfalls di«
Bühne. Auch Tibaldi mit seiner Tochter trat vom Dresdner
Theater zurück.
Die italienische Oper fand Ersatz in den Engag«*
• Gastrollen gaben im Jahre 1826: Forti aus Wien, Koch
aus Leipzig, Zahlhaas, Haberkom, Kindler, Becker, Dem. Secottdiy
Blumauer, Stein aus Leipzig, Seuger, Meaubert aus Streliti, IJ^^
Ruppert, Maas, Mad. Grünbaum aus Wien.
413
meiKs TOD Signora Suhiasetti und von Rubini. Die
«rate wnrt\p ihrer schönen Altstimme wegen, die aifb
dnrcb eine seltene Höhe auszeiclinete, geschätzt. Sie be-
Basa alle Vorzüge der italienischen Schule; Reinheit der
Intonation, Bchtioesportamento, auagezeiclinete mezza voce.-
Anch Rnbini fand seines geschmackvollen Vortrags wegen,
viel Anerkennung.
Schwieriger lagen die Verhältnisse tiir die deutsche
Oper. Weber's Verlust war nicht zu ersetzen. Er musste
um so lUliIbarer werden, da man sich Marschner's Kraft
mcht zu erhalten verstanden. In der That begegnen wir
in dieser Zeit manchen Klagen über Rückgang der
dentsi'hen Oper, die freilich schon, aua den oben snge-
fttlirten Gründen, bis in die letzte Zeit Weber's zurllck-
rtichen. Eh war unter diesen Umständen immer eia
QlUuk, dasB man bei der zwischen dem TOplitzer Musik-
director Wolfram und dem noch jungen, aber talentvollen,
masikalisch gebildeten Reissiger stattfindenden Wahl sich
fär Letzleren entschied, der nun an Marschner's Stelle
iw, während diejenige Weber's noch unbesetzt blieb.'
Schon im folgenden Jahre, nachdem dafür Hummel in
Weimar ins Ange gefasst worden war, wurde Reissiger,
"elcher sich in der That sehr bewährt halte, auf Lebens-
**'t mm Kapellmeister der Königl. deutschen Oper in-
Dfcsden ernannt.
Carl Gottlob Itcissiger, 179« in Beizig bei
"iHenberg geboren, war von seinem Vater, der daselbst
Cintvr war, frUh in der Musik unterwiesen worden. 1811
*^f die Thomasschule in Leipzig gekommen, erregten
'^'le musikalischen Anlagen und Kenntnisse die Äuf-
""^ksamkeit des Cantor Schicht. Zwar bezog Reissiger
' Uaitrolleii gaben ISSC: Mail. Rochon ans C&ln , Detroit,
'^0, (ilcy, Veltlieim, Clauaius, Den.WobibrQek (die sich mit Matach-
*f *erheirathete), Barlow, Haas, Taiith, Peir. Laiirenl, SthwarE aus
|^»i ßosenfeld, Mad. Uanhnocb, Dem. Sntorius, Dem. MOller ans
'*», Devrient aus Berlin, Dem. Bochcrs.
414 —
später die Universität, widmete sieh aber sehr bald aus-
schliesslich den musikalischen Studien. Auf Schiebt's
Empfehlung erhielt er die Mittel; dieselben in Wien and
München fortsetzen zu können ^ wo Salieri nnd Winter
ihm Vorbilder wurden. Mit Letzterem ward er penta*
lieh befreundet und erhielt auch durch ihn vom kOnigL
Theater in München den Auftrag , die Musik zu einem
Trauerspiele „Nero^ zu schreiben , deren Erfolg Oin in
weiteren Kreisen bekannt machte. Er componirte hier*
auf verschiedene Opern, von denen, wie wir gesehen, die
^Dido abbandonata^ in Dresden zur Anfftthrung kaio-
Im Jahre 1823 erhielt er durch den Einflnss seiner
Gönner von dem Könige von Preussen die Mittel zn einer
Studienreise nach Frankreich und Italien, um über die
Fortschritte der Musik in diesen Ländern Bericht zn er-
statten, und nach seiner Rückkehr auch Anstellung in
Berlin, von wo er dann nach Dresden berufen wurde. —
Reissiger besass nicht die genialen Eigenschaften seines
grossen Vorgängers, allein er war ein vielseitig begabter,
höchst Schätzenswerther, nach den mannicfafaltigsteB
Richtungen hin fruchtbarer Gomponist. Vor Allem aber
besass er die nothwendigcn Eigenschaften, nicht um, wie
Weber, im Kampf mit so viel Schwierigkeiten ein pst
neues Werk, wie die deutsche Oper, ins Leben zn rufen
und zu der Höhe zu entwickeln, in welcher er jetzt ao
empfing, wohl aber, um sie auf dieser Höhe zu erhaltea
und weiter fortzubilden. Kaum minder eifersüchtig und
empfindlich wie dieser, besass er mehr Welt*klugheit und
Mässigung, um seine Zwecke durchzuführen und zn er-
reichen.
In Anton Bahnigg (geb. 1795 in Wien) wurde
der deutschen Oper ein Tenorist gewonnen, welcher der
Devrient würdig zur Seite stehen konnte. Er hatte l?!^
in Temesvar die Bühne betreten, war dann vier Jabi*
in Pesth der Liebling des Publicums, kürzere Zeit in
Wien, um dann wieder nach Pesth zurückzukehren und
— 415 —
legie nnd Direction daselbst za übernelimeD. Eine 1826
internommene Ennstreise machte seinen Namen fast durch
ptnz Deutschland berühmt. Sein Ton war kräftig und
loch dabei seelenvoll^ seine Coloratur glänzend und feurig,
leine Declamation voll natürlichem Ausdruck, innig und
Ibeneugend. Dabei war er eine poetisch gestimmte
hinty besonders geeignet für Rollen romantischen
JchwungS; — sein Fra Diavolo, sein Masaniello, sein
lüoDy George Brown und Cortez waren wahrhaft herrliche
"Zungen, die allen Denen, die ihn darin in seiner
Uüthezeit sahen, gewiss unvergesslich geblieben sind,
«ider verlor er zu früh die Stimme und gleichzeitig den
igendlichen Glanz der äusseren Erscheinung. — Auch
tt Ehepaar Wächter war eine glückliche Acquisition.
'chael Wächter, geb. 1794 zu Nappersdorf in Unter-
teiTeich, Sohn bemittelter Landleute, studirte in Wien
' Rechte, ging aber seiner schönen und metallreichen
rttonstimme wegen 1819 zum Theater über. Er debü-
^ in Graz und errang sich sowohl hier, wie später in
^h (1821), Wien und Berlin, am Königstädtischen
^^ter, wo er (1825 — 27) neben Henriette Sonntag,
'^T, Spitzeder wirkte, die grösste Anerkennung. Von
f wurde er auf Anregung seines langjährigen Freundes,
' Regisseurs Remie, nach Dresden berufen. Obschon
^ Spiel nie von grosser Bedeutung war, soll er früher
li ungleich gewandter gewesen sein. Sein Templer,
H8C0, Figaro, Seneschall, Leporello waren Leistungen
^ ungewöhnlichem Werth. Er blieb bis zu seinem
ie 18ö3 der Dresdner Bühne erhalten. Seine Gattin
^rese war damals in Soubrettenrollen beliebt, wenn sie
^li einen vollen Ersatz für die liebliche Uaase nicht
'ten konnte. Später trat sie mit Glück in das Fach
^ komischen Alten ein.'
* In diesem Jahre verlicss Fränl. Funk die Dresdner Bohne.
Oastrolien gaben daran : Henriette Sonntag aus Berlin, Boucher von
ndershausen, Dem. Huber aus Mainz, Mad. Mevius ans Hamburg.
— 410 -
Von den in diesem Jahre gegebenen VorBtelliiDgeD
zeichnete sich besonders die des Don Giovanni (1^ Febr.
1827) in neuer Besetzung aus: Salvatori (Don Giovasni),
Veltheim (Donna Anna), Bubini (Ottavio), Zezi (Gommui-
datore), Palazzesi (Elvira)^ Benincasa (Leporello), Boebme
(Mazetto); die Schiavetti (Zerline). Auch Bossini's „Donn»
del lago^ mit der Palazzesi übte grosse AnziehimgB''
kraft aus. •>
Bereits am 5. Mai d. J. war König Friedrich August !•
nach einer 54jährigen ereignissvollen Regierung gestorbex^
Nur mit Widerstreben vertauschte dessen Bruder Aiito»0
die seinen künstlerischen Neigungen gewidmete Mii89^
mit dem an ihn herantretenden schweren und verantwoP-
tnngsreichen Beruf.
Als eine Blüthe und Frucht der ersteren sollte ina
folgenden Jahre (1827) zur Feier des Kirchganges der
Prinzessin Amalia nach erfolgter Geburt des jetzig^D
Königs Albert eine von ihm verfasste Cantate: „La na«-
cita del sole^ zu öffentlicher Aufführung gelangen. In
diesem Jahre kam auch das letzte Werk C. M. v. Webei'«,
sein „Oberen'', welcher bis zum Schlüsse desselben 25
Vorstellungen erlebte, zu vorzüglicher Darstellung. (Oberen
— Bergmann. HUon — Babnigg. Scherasmin — Wäch-
ter. Rezia — Devrient.) Eine überaus günstige Auf-
nahme fand auch Auber's liebliche Oper: „Der Maurer
und der Schlosser", sowie Reissiger's Musik zu „YelT»".*
In diesem Jahre hatten bei der italienischen Oper
Mad. Devrient und Wächter die Rollen der Donna Anna
und des Don Giovanni übernommen.
Von den in diesem Jahre gemachten Engagementfif
soll hier nur das von Dem. Agnes Seh ehest (geb. ISlö
in Wien) hervorgehoben werden, welche schon seit län-
gerer Zeit im Singchore der deutschen Oper in Dresden
mit thätig war und hier ihre musikalische Ausbildung
• Dem. Fournier gab damals die Tittelrolle.
— 417 —
erbalten liatte. Sie bräH» eine schöne; ansserordentiüeh
krlftige Mezsoiopraiistimme und erreichte . dnrch seltene
Belierrsohnng ihrer Ifittel eine grosse Bravour. Sie
hatte mit Erfolg die Deyrient zum Vorbild genommen
und gehörte zn den wenigen Sängerinnen, die eines wahr-
haft dramatischen y leidenschaftlichen Ansdrucks fähig
waren,*
Das Jahr 1829 brachte im Wetteifer der beiden
Kapellmeister die erste Aufftthmng der Oper ,^Libella''
^on Beissiger nnd die des Melodramas ,;Colombo'' von
Horlacchi. Beide wurden mit Beifall aufgenommen^ ohne
*>ch länger halten zn können. Dagegen errangen unter
^cn Neuheiten: Auber's ^^ Stumme von Portici**, die
deutsche Bearbeitung der „Vestalin** und die Wiederauf-
Uhme von Bossinfs ^^Otello^' in italienischer Sprache,
^t Babnigg in der Titelrolle, ungewöhnliche Erfolge.
Babnjgg wurde, das erste Beispiel hiervon in Dresden,
"^iiu Auftreten mit Beifall empfangen.*
Auf Antrag des Leipziger Stadtraths hatte sich der
KöiUgliehe Hof in Dresden bereit gefunden^ nach Auf-
'^^^n der Eflstner'schen Entreprise, aufs Neue die Leitung
*^ Leipziger Theaters, doch vorläufig nur auf drei Jahre,
^ Übernehmen. Durch Eönigl. Rescript wurde Herr
^•^-•tlttichau auch damit beauftragt, welcher, wie icTi bereits
^'^n andeutete, als Geschäftsftlhrer und Oberregisseur den
^^suspieler Remie ernannte und ihm als Hilfsregisseure
*^ Schauspieler Moritz Rott und Nabel zur Seite stellte.
*^%ikdirector war Dom. Die Vorstellungen wurden am
^' August 1829 mit einem Prologe Theodor Heirs und
''^U Julius Caesar eröffnet. Nach Remie's Abgange in
* Gastrollen gaben: Meser aas Frankfurt a. M., Yolkmar und
^hd. Schmid aus Hannover, Spielberger aus München, Stölzel aus
Berlin, Herzfeld aus Hamburg, H. Kirchner aus Wien, Fürst aus
Ibgdeburg.
* Gastrollen gaben 1829: Dem. Hennsdorf, Pillwitz, Krüger aus
Berlin.
27
- 418 —
Dresden wurde hier die Kegie der deutschen Oper sum
ersten Male von der des Schauspiels getrennt ; jene über-
nahm der Schauspieler Friedrich Wagner, die des letztaa,
das Singspiel mit eingeschlossen, Pauli.
Ein grosser Verlust sollte die deutsche Oper in
Jahre 1830 trefFen: Mad. SchrOder-Devrient, welche ent
im Herbst des vergangenen Jahres einen neuen Gontrtct
auf vier Jahre zu bisher noch nicht gewährten Beding-
ungen abgeschlossen hatte (4000 Thlr. Gehalt, 2—3 Mo-
nate Urlaub; ein mit 500 Thlr. garantirtes Benefiz, SOOThir.
Pension), benutzte gleich den ersten, kurz nach Begini
des neuen Contracts, im April 1830 angetretenen Urlaob,
um contractbrüchig zu werden.*
' Lüttichau, durch einen ähnlichen YorfaU gewitzigt (imJihn
1827 hatten sich die als Sängerinnen angestellten Geschwister Bi»*
berger heimlich von Dresden entfernt), hatte in diesem Gontract dii
Clausel aufgenommen, dass die Devrient, falls sie durch widerrecht-
liche Entfernung contractbrüchig würde, eine Conventionalstnia v«
4000 Thlr. an die Generaldirection zu zahlen verpflichtet sei Dil
Devrient, damals in Paris, wo sie ihren Urlaub verbrachte, sehr ge-
feiert, war gleichwohl, wie der sächs. Gesandte daselbst nach Drefdo
berichtete, wegen eines Engagements mit der grossen Oper in Untff'
handlung getreten. Lüttichau, welcher auf den Besitz dieser Siogen*
einen grossen Werth legte, richtete einen sehr freundscbafUicb fc*
haltenen Brief au dieselbe, in welchem er sie an ihre Pflicbt ^
innerte und ihr die Yortheile des Dresdner Engagements au*
einandersetzte. Die Devrient zögerte aber über einen Monat, bis fit
sich am 19. Juli, d. i. also fast 3 Wocheu nach Ablauf ihres UrUnlVi
zu einer Antwort bequemte, in der sie unter Anerkennung der
wohlwollenden Gesinnungen ihres Chefs denselben bat, sie üu^
Verpflichtungen zu entbinden, damit sie an einem ihr toh ^
grossen Oper angebotenen Engagement (40,000 Frcs. GehA
15,000 Frcs. Benefiz und 3 Monate Urlaub), sowie überhaupt u
dem Verfolge der sich ihr eröffnenden glänzenden Laufbahn nic^
gehindert werde. Lüttichau erwiderte darauf:
„Ihr Schreiben von Boulogne sur Mer vom 19. dieses habe ic"
soeben bei meiner Anherkunft von Pillnitz erhalten, und beeilfi ffli^
Ihnen in der Kürze darauf zu antworten, zugleich aber ancb ^
Versicherung zu geben, dass Se. Majestät der König in keinen T*^
— 419 —
Im Jahre 1830 traten beide Opern wieder wetteifernd
mit einem neuen Componisten anf. Die deutsche mit
Lindpaintner G^Vampyr'') , die italienische mit Bellini
[x^traniera'')* ^^ Olück war anf Seiten der letzteren.
Bellini hatte einen Erfolg, der Bossini's Herrschaft ernst-
lich bedrohte nnd auch endlich erschtltterte.
Unter den Gastspielen trat das von Dem. Heine -
Dv ADstreten aus dem Gontract genehmigen wird ; vielmehr hat er
■ir mit allem Ernst schon anbefohlen, die der Eönigl. General-
firection zustehenden Rechte streng zu verfolgen. An einen Erlass
^ Ermissigung der im Gontract stipolirten 4000 Thlr. ist also
lidit zu denken. 1000 Thlr. Yorschuss ist anch zurückzuzahlen,
nd die w&hrend Ihrer Abwesenheit hier ausgezahlten Monatsgehalte,
K> auf drei Monate 1000 Thlr. betragen, muss die Generaldirection
iWnfalls in Anspruch nehmen. Herr von Könneritz wird officiellen
Mehl erhalten, Ihr Engagement in Paris, da es EönigL Entreprise
it, lu hindern, und Graf Garamon, der firanzösische Gesandte hier,
iflnte ebenfalls seinen Einfluss dort geltend machen, wie er mir
hker bereits versprochen. Ein Gontractbruch Ihrerseits würde da-
Mr Öffentlich bekannt werden und ftlr Sie selbst die unangenehmste
Itoation herbeiführen, abgerechnet, dass Sie durch solchen Schritt
^ Ihrer Ehre verlustig machen und sich die Verachtung jedes
«chüich Denkenden zuziehen werden. Ueberlegen Sie dies Alles
fdtif, Sie werden finden, dass ich nur zu Ihrem Besten spreche;
Heiben Sie Ihrer Pflicht getreu und kommen Sie in jedem Falle
ioUld als möglich hierher zurück, vielleicht kann ich später zur
hdisirung Ihrer Wünsche beitragen. Sie stehen jetzt allein, haben
hben einzigen Freund, der Ihnen ehrlich mit vernünftigem Rathe
A die Hand geht Die Versuchung ist gross, leicht ist der falsche
^^ eingeschlagen, der Ihnen nur Reue und Unglück, trotz des
luierlichen Glanzes, einbringen kann. Folgen Sie mir. Nicht als
'^''tctor in amtlicher Beziehung sprecliO ich jetzt mit Ihnen. Nur
^ Interesse, das ich persönlich an Ihn^n und Ihrem künftigen
^^'chicke nehme, spricht in mir zu Ihnen. Sie handeln gegen sich
'^^ wenn Sie verabsäumen, oder gar durch einen unzeitigen Ge-
*^^hritt es unmöglich machen, mündlich mit mir über Ihre für
^ so unendlich wichtige Lage zu sprechen. Ich sehe wenigstens
"^ Höglichkeit, dass vielleicht etwas sich ausmitteln lässt, wie Sie
^ Ehren und an der Hand der Pflicht die Laufbahn, die sich jetzt
^^ so viel Ruhm und Beifall Ihnen eröffnet hat, künftig einmal
^""^^etien und ungeachtet Ihrer jetzt noch langen Gontractverhält-
27*
— 420 —
fetter (als Rosine, Semiramide and als Prinzessin in
Jobans von Paris) besonders hervor.' Ihre Stimme, in
sich herrlich, von bedentendem Umfange, voll Metall usd
von bewundernswürdiger Gleichheit, war mit dem aos-
dmokevollsten Vortrag verbnnden.
Bemerkt mag hier werden, dass nm diese Zeit Dm.
Sohebest als Emmeline die Anibierksamkeit in stärkerem
niase hier dae TorgesteckI« Ziel eher erreichen kOnneu, »h ditKV
eigeiitlii:h bedingen. Kehren Sie also Jetzt fürs Erst« ta Ibn
Verbindlichkeit«u zurück, dies wird Ihneo alle Berzen, sovohl te
wie im Auilande, wieder znvendeo, und dann hoffe ich Ihnen idta
nützlich zu sein, w&hrend ich sonst den ernsten Uang des FroMHa
geigen Sie mit aller Kraft geltend machen mOsste. FolfW 9»
meinem Rathe. Sie wissen, ich bin Ihnen stets freundlich ngflta
gewesen, ich spreche aus vollem Herzen zu Ihnen, und geiri«^
mand auf der gansten Welt kann und wird tbaen besser nthti,
al« ich."
Dieser eindringliche und wohlwollende Brief hatte jcdooh (Mi
Jen erwünschten Erfolg. Alles, was die Pavrient Engestaiid,n
unter ganz neuen Bedingungen zurückkehreB zn wollen. Sit W-
longte einen Contract auf 10 Jahre mit 6000 Thlr. Gehatl, eil W
1000 Thlr. garantlrtes Benotiz , ä Monate Urlaub und
einer Pension von 1000 Thb.
Lüttichau, welcher diese Bedingungen ganz
nnd daher in ihrem Vorschlage nur eine Falle erblickt«, gingi»
sich nicht EU pr^udiciien, in keiner Weise auf eine UutechuiUBl
ein, sondern blieb fest Lei seiner ersten Forderung stehen. Kt
Devrient bebarrte eben&Us auf ihrer WtiigeiuDg, Dahm tbff dM
Wohlwollen ihres Cbeft, sowie auch pnz unmittelbar di« Qm*
des Königs in Ansprach, um sich der Zahlung der Coanoliail-
strafe enthoben zu sehen, scheiterte jedoch hier sowie dort o 4*
ihrer Forderung entgegenstehenden Festigkeit. Mao gltnbu ■'
Recht, durch eine derartige Schonung des KflnstlerUbenaothi im
der Undankbarkeit ein gefährliches Beispiel for Andere in gebo.
Alles, was die Devrient damals erwirken konnte, waren n*^'
sichtige RQckzahlungstermine.
' Sonst gaben novb QaBtroUen: Rott ans Leipag, DeaLBÜi*
aus Braunschweig, Morita aus Prag, Dem. Senger tos BT
Höffert aus Brannschweig, Frl. Benelti.
— 421 -
hrade auf sich zog, so dass sie nach Abgang der
>enient in bedentsamer Weise in den Voidergrand des
ipermnteresaes trat
In das folgende Jahr (1881) fällt das Engagement
M Tenoristen Matthias Sc hast er, geb. 1804 zn Nieder-
ja in Oesterreich. Er erhielt seine musikalische Ans-
Idong im Kloster Heiligenkrenz, im Schnllehrer-Seminar
I Kronnenborg and endlich im Consenratorinm zu Wien
d BenellL Er trat an Bonfigli's Stelle , der in diesem
dire hier abging.^
Die Anstellung eines deutschen Sängers für den
rtsn Platz der italiemsohen Oper war schon ein
mptom, dafls auch hier ihre Zeit nun vortlber sei.
)eh feierte sie selbst jetzt noch grosse Triumphe. Das
hr 1831 brachte den Bossini'schen y,Tell^, der damals
zwei Abtheilungen und an zwei Abenden gegeben
irde. Ihm wurde von deutscher Seite Spohr's Faust
bdig entgegengestellt. Hatte Bossini im Teil mit
isterem Streben als sonst und in Anlehnung an die
Btsche und französische Oper sein bedeutendstes Werk
ohst dem Barbier von Sevilla geschaffen, so stand ihm
Faust auch wieder das deutscheste der Werke Spohr's,
Hen rotaiantische Neigungen ihn sonst gern in die
tme trieben^ gegentlber. Ihm folgte ^^Die FelsenmtLhle^
B Beissiger, die sich durch eine gewisse Frische der
lankteristik auszeichnete. Durchgreifenden Erfolg aber
tten BelUni's „I Capuletti e Montecchi^' und Marsch-
r's ^Templer und Jttdin'^
Noch einmal hatten beide Opern sich wetteifernd
if ihrer Höhe zu zeigen gesucht. Schon aber waren
r Gegner der deutschen weniger geworden. Auch
* Gastrollen gaben 1831: Fr&ol. ron Hayn, Dem. Lauber, das
epaar Walter, Wazinger aus Braunschweig, Albert aus Hamburg,
dk aus Leipzig, Biad. und Dem. Berger aus Braunschweig, Eicke
I Brannschwdg, Dobrits aus Stattgart, Den. Huschmami, Portht
d. Pirscher.
bei Hofe konnte man sich ihrer Bedeatiing nicht metr
verschliessen, zumal seit dem Tode des Königs Friedrich
August (1827), anf dessen persönliche Neigung nicht mehr
Rücksicht za nehmen war. Zwar hatte König Anton
mit gleichem Wohlwollen beide Instünte neben einander
besteben lassen, wie er ja Alles im Sinne nnd Geiele
seines verstorbenen, von ihm hochgeschätzten Bmderä
fortfuhren liess und die Regierung überhaupt nur nngcra
Übernommen hatte. Die neue Zeit forderte aber andere
Rttcksicbten. Die Erregung des Jahres 1830 hatte be-
wiesen, daSB nicht mehr Alles denselben entsprach. Dun
war die italienische Oper zu sehr mit dem alten Regime
verwachsen, als dass sie nicht jetzt von Vielen mit euicm
gewiesen Misstranen betrachtet werden sollte. Mit dem
Minister Einsiede! hatte sie ihren wärmsten, ihren mäch-
tigsten Verth eidiger verloren. Dazu nöthigte die nene
Verfassung auch zu Erspamissen. Gründe genug, ilcn
zur Mitregentschaft berufenen Friedrich August, einen
der liebenswürdigsten, wohlwollendsten Fürsten der Zeit.
der das Vertrauen fitr die unerlässliche Grundlage einer
segensreichen Regierung ansah und sich Über Vorofthefle
nnd private Neigungen und Interessen hochherzig m
erheben wusste, zur Auflüsung eines Instituts zu be-
stimmen, welches in die neue Zeit nicht mehr passte.
„II Renegato" von Morlacchi war die letzte Norität,
welche die italienische Oper in Dresden gebracht, nnd
mit „Don Giovanni" von Mozart wurden ihre Vorstellungtn
am 31. März 1832 fUr immer geschlossen.* — Morlatclii
blieb auch noch femer Kapellmeister.
Von den Sängern wurden aber nur Zezi nnd Vcrtri
beibehalten, welche nun auch in der deutschen Oper
mitwirken mussten.
■ In die Zeit vom 1. Juiniu; bis 1. April ISSS follQQ tm Qu^
■pielen nor du von Mad. Erans-Wrasiuky lUE Wien und du K
Schrtder sne Leipzig.
— 423 —
Naturlich hatte in dem Zeitranm von 1817 — 32 die
Kapelle, aiiseer den schon verzeichneten, noch manche
• Veränderungen erfahren. Ich muss mich aber be-
I, in dem unten folgenden Verzeichnisse den Bestand
ielben am 1. Jan. 1832 ani^ngeben und mich im Uebrigen
«of folgende Notizen beschränken.' Der als Flötist und
darcb seine Freundschaft mit Weber berühmt gewordene
Kimmermusikus A. B. FUrstenau, geb. 1792 zu Münster,
der Vater des jetzt in gleicher Stellung durch seine
kHastleriBchen Leistungen sowohl, wie dnrch seine musik.-
' Ki)ieUnieiater: Frani Morlauchi. — C- ti. Reissiger,
MuaikdirecUr : Joseph Bnsttelli.
Concertmeister: Äuton Bolk.
VicecoDcertmeiater: Franz Morgenroth.
Viölinigten;
fnat Dniikel , J. C. Fr. Uaatelli, C. Tr. Schmiedel, C. G. Peachke,
Ant. BbiBtil, Aug. Lind, Fri«dr. Franz, C. 0. Kopraach,
F. Fr. Richter, J. Tr. MiUcherling, Antoo Seiia, F. Schobert,
Sim. Winteratein, Pfeifer.
Uratachisten:
I Rtu Fohlud, Uorack, Ch- Alb. Beyer.
VioloDcellisten:
Ml Kaert, J. Just, Fr Dotzauer, Schlick, F, A, Ktumner,
Kummer.
Cont
I, Jos. BeBOzii, C. Tietz.
Flötisten:
I fi- St«adel, A. B. Fursteiuu, Aug. Pauly, aaacke, Uebohl.
Oboiaten:
|C, G. Kummer, C. G. Dietze, C. L. Tafiehenberg, Ch, G. Wustbch.
CUrinetliaten:
I J- Q. Liuteitich, Fr. W. Lauterbaib, G. Kolte, F. A. Domioick.
„ tisteu:
\tt. Schmidt, ti. A. Kummer, Lorenz, ü. Peschel, Feschel Jun.
Waldboruisten:
-^og- Basse, C. G. Kretacbmar. C. G. Listing jun., L. Baase, Adam.
J
!. F. A. Schwarz, Zilhuani:.
«"»^ke, i: G. Herfart
npeter
i
— 424 -
geschichtlichen Forschungen ausgezeichneten Moritz
Fttrstenau; trat 1820 als erster Flötist in die KOnigL
Sachs. Kapelle. Er gehörte einem bertthmten KQlike^
geschlechte an, dessen henrorragendste Mit^eder tfiiat-
lich Flötenvirtuosen und zwar ersten Ranges wana
Von ihnen aber ist er der bedeutendste. — Ludwig
TietZ; schon länger Mtglied der KönigL ELapelkt wurde
1818 zum Viceconcertmeister derselben ernannt, dieser
Stellung aber schon 1828 durch den Tod wieder entrisseiit
in die nun Franz Morgenroth eintrat.
Die Königl. Sachs. Kapelle hatte sich nicht nur
ihren Weltruhm bewahrt, sondern unter Polledro's Ftli-
rnng noch an Feinheit der Schattirung im ZusammenspM
und unter der Direction Weber's an Energie, Schwung
und charakteristischer Kraft des Gesammtausdrucks ge-
wonnen, während Beissiger mit Erfolg bemüht war, sie
auf dieser allgemein bewunderten Höhe zu erhalten.
Schon 1826 hatte eine Deputation der Kapelle der
KönigL Generaldirection einen vorläufigen Entwurf sor
Bildung eines Unterstützungsfonds für Wittwen und
Waisen der Kapellmitglieder nebst dazugehörigem Bego-
lativ mit der Bitte unterbreitet, demselben die Geneh-
migung des Königs zu vermitteln. Der Fond sollte am
der Einnahme eines alle Palmsonntage im Saale des
grossen Opernhauses zu gebenden Concerts gebildet and
die Verwaltung einem aus der Kapelle zu wählendea
Vorstande übertragen werden. Der König genehmigte
diesen Plan; und bereits am 29. December dieses Jahres
durfte, um auch schon in diesem Jahre dem neaea
Institute, um das sich Morlacchi durch die Anregnogy
die er dazu gab; wieder entschiedenes Verdienst erworbeit
eine entsprechende Einnahme zuzuwenden , das erste
Goneert dieser Art stattfinden.
hi Schauspiel am Dresdner Hoftheater unter
dem Einflüsse Tieok's.
Itmurlseher Zagtand der Zelt — Wirksamkeit Titzthiim's und
Mwig^s. — Erwerbungen, Repertoire nnd CNistspiele bis 1820.—
laliM Tieek'8 unter KOnnerits. — Erwerbuigen, Repertoire
ü Gastspiele bis 1824. — Herr y. Lflttietaan. — AnsteUnng
leek's. — Anirriire anf diesen. — Erwerbungen, Repertoire und
astspiele bis 1883. — UmseliwQng in der Darstellnngsweise. —
^sehwang der Zeit. — EInflnss Tieek^s ron 1882 bis 1841. —
Repertoire, Erwerbungen und Gastspiele.
Der General - Director ^ Graf Vitztham y. EckBtädt,
^ wie wir bei der Entwicklung der Oper gesehen, die
n durch seine Stellung auferlegte Aufgabe hier in dnem
(Msen und freien Sinne ergriflfen. Wer könnte wohl
reifeln, dass er nicht auch die Entwicklung des Schau-
iels also ins Auge gefasst haben sollte? Die Schwierig-
iten waren aber hier fast noch grössere. Hatte das
bauspiel doch nicht nur mit dem Ansehen und Ein-
806 der italienischen Oper zu kämpfen, sondern es fand,
(tx seiner innigen Verbindung mit der deutschen Oper,
bet noch in ihr ein Hindemiss und eine Rivalin. Ja
r«de die Innigkeit dieser Verbindung musste dem einen
er der anderen zum Nachtheile ausschlagen. Waren
doch zum grössten Theile dieselben Darsteller, welche
wohl hier, wie dort Verwendung fanden und fast
rebgehend nur auf dem einen dieser beiden Gebiete
W9LB Vorzügliches oder auch nur Verdienstliches leisteten
ischet"
^
^p — 426 — ■
— Verhältnisse, welche sogar zu einer gemeinsamen Rtpo
dieser beiden ganz verschiedenen Zweige des dentscheD
Theaters nötbigen rnuasten. Wohl hatte Vitzthmn in
Friedrich HcUwig einen Mann von der dasn nÜthigcD
Bildung gefunden. Aber das Uebergewicht, welche» die
Leitung [der deutschen Oper durch die Bemfnng einer
Capacität von der Bedeutung und Energie C. M. v, Webers
erhielt, mussto aach seine Thätigkeit vorzugsweise n»i;li
dieser einen Seite herüberziehen.
Was man bisher der Führung des Scbanspiela
Dresden besonders zum Vorwurf gemacht, war der Mi
eines inneren Znsammenhangs mit der dramatische!
Dichtung , war die daraus entspringende Unfähigkeit,
Werke von einem tieferen poetischen Lebensgehalte,
Werke eines höheren Styls za einer angemesseaen nnd
harmonischen Darstellaog zu bringen. Und doch vu
die hier zu lösende Aufgabe inzwischen noch eine «nt
schwierigere geworden. Die beiden Schauspielerschnlen,
die sich in Deutschland herausgebildet hatten, die ältere
Hamburger auf Natnrwabrheit und die jüngere Weictff-
sehe auf stylvoUe Schönheit ausgehende, würden in ihren
Anfangen leicht ihre Berührungs-, ihre Vereinigungspnnkte
haben finden können.
Anstatt aber eine Versöhnung mit einander aoiB-
Btrebeo, waren diese beiden Schnlen allmählich in inuDer
einseitigere Richtungen und zugleich immer mehr in>
Oberflächliche gerathen. Jene beschränkte sich mehr
und mehr auf die blosse Nachahmung des Wirkliches,
indem sie dabei das Einzelne, Nebensächliche, Zufällige
besonders betonte, wogegen bei dieser, welche mehr nur
die Wirkungsweise der Natur im Allgemeinen in Betnubl
zog, das formelle Interesse bald überwog. Die erstere
hatte sich vorzugsweise auf das Conversationsstück, anf
das bürgerliche rührende Drama in Prosa geworfen, die
letztere auf das Versdrama nnd auf die Werke des soge-
nannten höheren Styls.
- 427 —
Als Goethe der Gründer der WeimarVhen Schule
wurde, hatte er in einem bestimmteD Umfange mit Beinen
fintlieren Anschanungen gebrochen. Wenn ihm aber auch
nicht mehr, wie einBt, znm Dichter schon ein von einer
Empfindung volles Herz genligte, so gehörte ihm dieses
doch noch immer dazu. Auch würde es Unrecht sein,
dw, was er 1791 erstrebte, nur nach dem beurtheilen zu
wollen, was er später (1803) in seinen Regeln für Schau-
«pieler zosammengefasst hat , oder was die einzelnen
D«nteller seiner Schule, selbst noch die besten, im
Kanpre mit der naturaÜBtiBchen Richtung der Zeit und
in der Nachgiebigkeit gegen den Beifall der Massen,
*pSter geworden waren. Der Dichter der naturlichen
Tochter (begonnen 1801) war ebenso wenig noch der
achter der Ipbigenia (von 1788), wie dieser der Dichter
Ott Götz (von 1772), Jede dieser Arbeiten bezeichnet
Wie andere Phase geistiger Entwicklung und einen
"■deren Standpunkt künstlerischer AnBchauung.
Inzwischen war aber die Dichtung nicht nur von
tmer bestimmten Richtung der Schauspielkunst mit
offenen Armen, sondern selbst noch von derjenigen,
"fiiche sie früher ganz abgelehnt hatte, wenn auch nur
widerwillig, aufgenommen worden. Den Wirkungen selbst,
welche sie auf die Nation ausübte, hatte man sich am
■'^©ater überhaupt niemals widersetzen wollen. Wenn man
«cb diese Dichtungen selbst ablehnte, so suchte man
^clniehr gerade ihrer Wirkungen sich zu bemächtigen.
Dar Erfolg ist leider nun einmal der einzige Massstab, zu
»^xxi sich die Bübne bekennt, wie sie auch meist und mit
^11 cn Mitteln kein anderes Ziel, als dieses, ins Ange
fssst. Spielte daher auf den dentschen Theatern damals
wr Göt2 nur eine geduldete Bolle, so öffneten sich
"i^«« dafür nm so bereitwilliger der Flutb der nur auf
«en gcenischen Effect berechneten Ritterstücke, die er
■"^ Leben gerufen hatte. Eine gleiche Flntb von Nach-
ahmangen rief der Erfolg der Schiller'schen Räuber und
I
der seines GeisterseherB in den unzähligen Spnk-, Sch*lB^ 1
und Räuberdramen der Zeit, rief später der Erfolg 8
Wallenstein in den Schicisaaletragödjon ins Leben. Sobali
nian aber auch noch erkannt hatte, welche nene WitbJ
ungen die Reeitation des Schauspielers dem Versdra
abzugewinnen vermochte, welche Quelle neuer tbet-
tralischer Reizmittel auch hier noch verborgen lag, zügerte
man nicht länger, das Versdrama selbst und ala eolches
zu einem Gegenafande der schrifutellerischen und schu-
spielerischen Speculation zu machen. Von allen Seita
wurde die Bühne mit Versdramen der seltsamsten, wia
derlichsten Formen überschwemmt. Wie einst zu Gi>th
sched's Zeit die Extemporisten, die Anhänger der Hm
wurstiaden und Staatsactionen sich den Erfolgen <
regelmässigen Dramas nicht mehr zu widersetzen \
mochten, wie wir selbst einen Schuch damals nm Golfr
sched's Schulz bitten sahen, so wurden jetzt von denr
selben Theatern, die bisher nur der NatUrlichkeitsricbtonf
gehnldigt hatten, die jüngst noch verfehmten Ve»*
dramen mit Begierde ergriffen. Wir können uns <
diesen Verhältnissen am besten eine Vorstellung maohi
wenn wir die Werke eines Scbril'tstellers wie KotzetA
in Betracht ziehen , welcher dem Zeitgeschmäcke
sicherer Witterung überall nachging und daher
puetisirendeu Richtnng ebenso huldigte, wie der bat
Nat llrlichkeitsrichtnng.
Man hat die hieraus entstehende Verwirrung, welcbt
der Ausbildung eines einheitlichen nationalen ÜtyU in
Drama und in der Schauspielkunst allerdings nicht wettis
hinderlich war, hauptsächlich der sogen, roinantisc
Schule zur Last gelegt, und gewiss hat sie oiebt i
mit dazu beigetragen. Wie sie aber den rom&ntischl
Zug der Zeit nicht erst erfand, so ist sie es ancb nicht
erst gewesen, welche die dichteiischen Formen anderer
Nationen und Zeiten hervorzog und neu zu beleben TW
suchte- Und wie sehr sie auch mit der platten NaI
ut wemg
LQtisclMlt^
]t wedifl
nliii liM^
— 429 —
lichkeitflriehtimg im Kampfe lag, so war sie es *doeh
gerade^ welche vorzugsweise fttr Natur und Natnrwahr-
keit eintrat. War doch der ganze romantische Zng der
Zeit im Grunde nichts Anderes^ als ein Protest der Natur
gegen den Zwang ttberlieferter Formen und Begeln^ die
das Eigenste, Heiligste des individuellen Lebens, Gemttth
und Empfindung, entweder ganz unterdrückten oder doch
in einen Ittgnerischen Schein httllten. Es konnte nicht
fehlen, dass dieser so lange niedergehaltene Drang, der
eben darum jetzt nur bei Naturen von einer besonders
starken Eigenthllmlichkeit hervortreten konnte, zu einer
oft masslosen, ttberschwänglichen und willkürlichen
Aeusserung des mdividuellen Empfindens führte, dass
man das Verlangen hiemach nicht bloss zu beMedigen,
sondern bis ins Krankhafte zu steigern suchte. Man
griff hierbei in die Vergangenheit des eigenen natio-
nalen Lebens, wie in die der anderen Nationen zurück,
man ging den dunkelsten Beziehungen der Natur und
des Geistes, ihren geheimnissvollsten Widersprüchen
und Conflicten nach — man stellte der platten, ver-
standesmässigen Auffassung und Erklärung der Erschei-
nungen des Lebens eine Auffassung und Darstellung gegen-
über, die sich vorzugsweise an das Unerklärbare, Mystische
und Wunderbare desselben hielt. Um aber zu einem
reinen Begriffe des Romantischen zu kommen, müssten
wir dieses all seiner nicht selten krankhaften individuellen
Besonderheiten entkleiden, obschon es doch gerade seiner
eigenthtUnlichen Natur nach ein starkes individuelles
Leben voraussetzt. Wollten wir diesen Begriff aus den
Lebensäusserungen und Werken nur eines einzelnen
Menschen gewinnen, so müsste das individuelle Gemüths-
leben desselben nicht nur von einer sehr hohen, sondern
auch von ganz universaler Bedeutung und dabei durch
und durch gesund und harmonisch sein — wie es
etwa das Goethe's gewesen sein mag, den man ja als
Normalmenschen bezeichnet hat und der in der That in
— 430 —
derf Werken seiner ersten grossen Dichtnngsperiode
romantische Stimmnng der Zeit zu dem weitauB voll
bedeutendsten, herrlicfaeten Ausdruck gebracht hat Äi
anf ihn wirkten die Einflüsse ferner und fremder VoTj
bilder ein, doch haben sie nicht verhindert, dass dii
Werke durchaus original, volkstfatimlich und acht dentsclL
sind. Auch er ging darin zum Theil den dunkelsten, ge—
heimnissvollsten Widersprüchen und Räthseln des mensch-
lichen Lebens nach, doch hat dies weder ihrer gcietigeta
Gesundheit, noch dem anmuthigen Reiz ihrer Erscheinung-
Abbruch gethan. Wer die Romantik anklagt, die neuer«
Dichtung ihren natürlichsten Aufgaben entfremdet
haben , dem werden wir zwar zugestehen milssen , d
dies in der That vielfach geschehen, ihm aber zngle
entgegenzuhalten haben, dass wir ihr andererseits ai
das Höchste verdanken, was der dichterische Geist i
deutschen Volks, ja der neueren Völker überhaupt hv^
vorgebracht hat. Der Goethe'sche Faust, ein ganz
romantischen Geiste empfangenes, geborenes und erßlUM
Werk, ist zugleicli das grösste Dichtungswerk, welch«
seit Shakespeare entstanden, und auch von keinem M
einzelnen Werke dieses grössten Dichters der NeüO*
übertroffen worden ist.
Lag es nun schon in der Natur de« romantischen
Geistes, der auf Auslebung der individuellen EmpfindoDg
drang, dase er zu einer möglichst grossen Mannichfaltig-
keit der Form und Gestaltung hinführen musste, ho «tt
doch der wieder auflebende Classicismus und RomanifloK
der Ausbildung eines einheitlichen nationalen Slyls ■
Drama kaum minder verhänguissvoll. Dem Gütz tM
die Ipbigenia, dem Faust der Taseo, dem Walleiutn
die Braut von Messina, den Uebersetzungen Shakespeain
die Uebersetzungen Voltaire's, den Dramen Klinger's Sm
jenigen Collln's gegenüber, und daneben beherrsctiM
Iffland und Rotzebue, der letztere sich allen Wendnngiq
des Zeitgeschmacks fügend, beherrschten die de la Motll
— 431 —
Fooqni^ Zacharias Werner ; Houwald; Holbein und die
Uebenetzer französischer Lastspiele und Melodramen
die Btthne.
Mit all diesen Erscheinungen hatte Graf Vitzthum/hatte
die Begie des Dresdner Theaters zu rechnen^ und gewiss
war es keine geringe Aufgabe^ dieselben unter ein grosses
einheitliches Darstellungsprincip zu stellen. Es gereichte
ihnen aber zum Vortheil^ dass die Licitungen des Dresdner
Theaters seit lange erstrebt hatten, eine gewisse Ueber-
einstimmung in ihre, dem Princip einer nicht gerade
tie%ehenden Naturwahrheit huldigenden Darstellungen
zu bringen, die etwa ihren Höhepunkt in den bürger-
lichen Schauspielen Iffland's fanden, und dass eine Reihe
i^^erer ESngagements, wie das von Mad. Hartwig, Hellwig,
fiurmeister, Geyer und Julius sehr wohl geeignet waren,
dieselben, ohne der Nattlrlichkeit Abbruch zu thun, in
^ine höhere Sphäre zu heben. Die bevorstehende Pen-
^onirung Christas und Haffner's legte aber gleichwohl
Hoch einige Ergänzungen nahe.
Von den in die Verwaltung des Grafen Vitzthum
fallenden Engagements, bei denen, wie wir sahen, die
{Entwicklung der deutschen Oper besonders zu berttck-
aichtigen war, verdient hier vor Allem das Ehepaar
Werdy eine besondere Hervorhebung.
Friedrich August Werdy, 1770 in Dresden geboren,
von wo er bereits im 13. Jahre mit seinen Eltern nach
Mannheim übersiedelte, trat als Volontär in das dortige
Tbeaterorchester, aus dem er sich jedoch 1789 zur
Btthne emporschwang, deren Anziehungskraft er nicht
in widerstehen vermochte. Schon im folgenden Jahre
ging er zu seiner weiteren Ausbildung zu Schröder nach
Hamburg, das er erst 1798 wieder verliess und mit
Frankfurt a. M. vertauschte. Ein Gastspiel in Dresden'
* Er trat hier am 9. November mit Frau Vohs zum ersten
Male in Kotzeboe's Octavia auf.
— 432 —
f tthrte sowohl zu Beineni; wie zu dem Eogagement aeioer
zugleich mit ihm auftretooden Braut, der Wittire dv
früheren Weimar'schen Schauspielers Vobs. ffier toDle
er (flme Unterbrechung bis m seiner Peosioniniiig (18tl)
in Wirksamkeit bleiben. Er starb 1847. — Werdj wU
wegen der einfachen Wahrheit , der WIhrme mid Wirde
seines Spiels von den competentesten Benrtbeikm sehr
hoch gestellt. Nnr einzelne sprechen ihm Schwung der
Begeisterang ab nnd rttgen eine gewisse Eintönigkeit
seines Vortrags. Tieck rtthmt ihn besonders als Sb^k,
Eottwitz, Buttler^ als Oberförster und als Bmder Loreno.
Eanm minder wichtig war der Erwerb seiner OtttiD,
Friederike, verwittwete Vohs, Tochter des Scbw-
Spielers Porth^ geb. 1777 zn Halberstadt Sie begm
ihre theatralische Lanf bahn mit Sonbrettenrollen (Goette
rühmte sie besonders als Gnrli, flir die sie wie geschafti
gewesen sei); trat dann in das Fach der jngendlidieB
Liebhaberinnen nnd Heldinnen ein (sie war die ente
Darstellerin von Schiller*s Maria Stnart), in welchem lie
grosse Triumphe feierte/ um endlich auch noch ia
Fache der Mütter die ungetheilteste Anerkennung n
finden (z. B. als Oberförsterin, als Eurf ttrstin im Prmiei
von Homburg; als Amme in Romeo und Julia). Sie hatte
die Weimar'sche Schule durchlaufen ^ ohne an Wahrheit
und Natürlichkeit irgend verloren zu haben. In einen
Briefe an Eirmes in Weimar äussert sie sich sehr b^
glückt über ihre Dresdner Verhältnisse. Auch sie Hiet»
der Eönigl. Bühne bis zu ihrer im Jahre 1843 erfolgen-
den Pensionirung erhalten und starb 1860.
Dan in dasselbe Jahr fallende Engagement rofl
Eduard Genast aus Weimar war zu vorübergehend,
um für das Dresdner Theater recht nutzbar werden n
können^ doch blieb er ein häufiger und gern gesehener
Gast an demselben.
' In Dresden ward sie besonders als Sappho gerühmt.
— 433 —
Wie Werdy hatte anoh F erd» Heine wb Dresden seine
iMitnüische Lauf babn a^Ia Matiker im Orchester begon-
m. 1818 b^rat er zum ersten Male die Btthne^ d^ er
ovch die Vielseitigkeit seiner Bildung in mannichfEiltiger
Teiae, als Darstelle, Zeichner^ Costttmier und Uebersetzer
Uriich werden sollte. Ein feines^ hochliegendes Organ
ld eine kleine Fignr schränkten ihn zwar als Darsteller
if ein ziemlich enges Gebiet ein, doch zeichnete er sich
if demselben durch Gewandtheit und tüchtige Schule
irtheilhaft aus. Die glückliche Durchfilhrung einzelner
ollen hatte ihm in Dresden eine grosse Beliebtheit er-
erben.
In demselben Jahre trat in Fräul. Aug. Tilly aus
agdebnrg eine angenehme Begabung fttr das Lustspiel
iiao. Mit diesem Engagement hing ohne Zweifel auch
!• im nächsten Jahre erfolgende von Louis Ferdinand
amly (geb. 1797 in Berlin) zusammen. Sohn eines
BchdruekerSy hatte er ursprünglich das (Geschäft seines
sters erlernt, ging jedoch, einem unwiderstehlichen
imnge folgend, schon 1812 zur Bühne, der er mit einer
Ineren Unterbrechung im Jahre 1815, während welcher
sich als Freiwilliger dem Kriegszuge nach Frankreich
isehloss, unausgesetzt treu blieb. Nach seiner Rttck-
)hr nahm er seine schauspielerische Thätigkeit und zwar
Magdeburg wieder anf, wo er die Schauspielerin Tilly
,'nnen lernte. Er folgte derselben nach Dresden, um
)h mit ihr sofort zu vermählen, nachdem es ihm ge-
Dgen war, ebenfalls hier ein Engagement zu erhalten.
Obschon man an ihm anfönglich einen gewissen
sngel an Humor bemerken wollte, wurde er später doch
rade in den Rollen der humoristischen, gutherzigen
id polternden Alten zu einem der vorzüglichsten Dar-
iller. Er war von einer ganz unwiderstehlichen und
kbei höchst behaglichen Wirkung darin, kaum minder
isgezeichnet aber auch im Fache der Intrigants und
^wichter, so lange dieselben blosse Naturmenschen
28
— 434 -
waren oder doch nicht ttber die Sphäre des bUrgerlicheo
Lebens hinausgingen. Ossyp^ Jago , Pfeffer etc. waien
ganz unübertroffene Leistungen. Weniger beMedigteer
in Rollen , die Yomehme Haltung yerlangten. Es feUte
ihm hierzu an Eleganz und weltmännischer Toumtb:ey so-
wie an Fttlle und Glanz des Organs. , Auf Ukam
eigensten Gebiete ist er aber an der Dresdner Btthne nie
wieder völlig ersetzt worden.
Von ebenso grosser Bedeutung ^war das fast gleich-
zeitige Engagement von Friederike Schirmer^ geb.
Christ; welcher wir schon früher bei der Seconda'sch«
Gesellschaft in Dresden begegneten. Tieck sagt noch im
Jahre 1827 von ihr: ^^Von Natur mit Grazie und eines
wohllautenden Organ begabt^ durch Studium und FleiM
von geistreichem und gebildetem Anstand und Ausdmek,
ist ihre Lebhaftigkeit und Charakterzeichnung imner
liebenswtlrdig und edel ^ eine wahre Kttnstlerin Ar du
Lustspiel; vorzüglich das feinere, welches auf nnseran
Theater immer mehr zurückgestellt wird. Ihr gelingt der
Ausdruck des Muthwillens, des Leichtsinns^ der Feinheit,
und Alles ; was sie im Lustspiel wagt und versucht, iä
trefflich. Dieser runde^ edle Ton, diese Fähigkeit, ach
in Formen und Ausdruck zu schmiegen, kommt der
Künstlerin auch in ernsten Rollen zu statten, die sie oft
mit Feuer und Anmuth giebt.'^ Tieck lobt dann in
Einzelnen ihre Julia, ihre Portia, ihre Natalie (Prinz tos
Homburg). „Im Trauerspiel hat sie, vielleicht dnrch
falsches Studium verleitet, einen feierlichen, einförmigen
Ton, welcher ermüdet. Dennoch werden sie nicht viele
Schauspielerinnen in Deutschland auch hier übertreffen.^
Es sind vorzugsweise die schon jetzt hier vereinigten
Kräfte gewesen, welche in ihrer weiteren Entwicklung
die erste BlUthezeit des Schauspiels in Dresden hei-
beiführten. Noch kam hier der Zwiespalt der Hamburger
und Weimar'schen Schule nur wenig zu Tage. Die etwa
bestehende Verschiedenheit der Richtungen gUch sich
mehr nnd mebr aus. Eine auf schfine Naturwahrheit
aosgehende Spielweise wurde fast allen von ihneD ge-
meiD. Nicht nur das Lustspiel und bürgerliche Schau-
spiel, soadem auch das höliere Drama kam jetzt zu
einer meist angemessenen, oft selbst glänzenden Dar-
BtellODg.
Auch das Repertoire machte Fortschritte. Zu den
bereits darin aufgenommenen classischen Stücken waren
noch Lesstng's ^athan", Schiller's „Wallenstein's Lager"
ond „Die Pitcolomini", Calderon's „Das Leben ein Traum"
Dnd . Don Gutierre " , Shakespeare 's „ Hamlet " (nach
Schlegel), Moreto's „Donna Diana" und von den Neueren
Sltlcke von Mllllner, Grillparzer (Abnfrau und Sappbo),
Klioger, Ranpacb, OehlenscblSgerj KleiKt (Käthcheu) ge-
treten, so wie auch die Dresdner Dichter nicht Übersehen
wurden. Wobei freilich zu berücksichtigen bleibt, dass
die Aufnahme einzelner dieser Dramen wobl nur durch
Gaittspiele angeregt und veranlasst worden ist.
Von den in diesen Zeitabschnitt fallenden Gast-
Bpiefen, welche der Leser in den Anmerkungen des
Torigen Capitels in clironologischer Fulge verzeichnet
findet, habe ich hier nur die von Wohlbrück aus München
(1817), von Sophie Schröder ( 1817 und 1819), von Becker
ans Frankfurt a. M. (1819 und 1820), von Costenoble ans
Wien, von Mad. Brede ans Stuttgart (früher bei der
Seconda'scheu Gesellschaft), von Holtei ans Breslau und
▼OD Marr ans Hannover isKmmtlicb 1Ö20) hervorzuheben.
BeHonders Sophie Schröder tlbte, wie überall, so auch
hier durch ihre geniale und dabei massvoll - classische
Danttellungs- nnd Vortragsweise den tiefsten, nachhaltig'
Bten Eindruck aus.'
Efl lAsst sich Bcboo hiernach gewiss nicht bezweifeln,
' Sie spielte du erste Hah Johannji d'Arc, Rodogiine, Lailv
Macbeth, Hap[ilio. das zweitu Mal: l'liidra, Msiia Stuart, IsabetU
iBrant ron MessioB), Sappbo, Ifniuhilde (König Yngard), Johaae»
TOD HontfancoD, Orsina.
N
dass nater Vitzthom's fernerer Leitan^ auch du Scbin-
spiel BJch ia der Tortheilhaflesten Weise weiter entwickelt
haben wflrde- Wir sahen aber, welchem Einflösse der-
selbe erlag. Der 1820 an seine Stelle tretende Geheim-
rath von Könneritz glaubte demselben nicht besser ntltieii
zn können, als indem er sich des Rathes eines Mumt?
bediente, der nicht nur eines ansgebreitcten ßiid'^
als geistvoller Scbriftateller und Dichter und ausge-
zeichneter Kenner der Literatar, sondern auch insbf-
sondere als einsichtiger Kenner der Bahne und (dnrth
seine nie wieder erreichte Vorleseknnst) in gewi^aeui
Umfange selbst als dramatischer Darsteller genoss, — dn
Rathes Lodwig Tieck's, der sich seit Kurzem in Dm-
den niedergelassen hatte. Es ist Übrigens zweifelhaft,
ob Tieck's Einfluss auf das Dresdner Theater wirklicb
erst von dem Eintritte des Geheimraths Künn^ritz in die
General-Direction desselben datirt. Denn wenn es m-
treffend wäre, dass, wie Herrn, von Friesen von Tieck
glanbt gehört zu haben, Pauli wirklich auf dessen lUth
engagirt worden ist, so mtlsste er schon mit VitEthnni
oder doch mit Hellwig in näherer Verbindong geBtanden
haben.
Ludwig Tieck, 1773 zu Berlin geboren, Sobo de«
Bftrgers und äeilermeisters Johann Ludwig Tieck, hattt
von seiner Mutter, einer stillen, in sich gekehrten, sanften
und glänbigen Frau, das tiefe Gemllth geerbt, das aicli
in ihm zu einer fast krankhaften Ueberreizung cdI-
wickelte, während sein Vater, ein Mann von selteoer
Tüchtigkeit des Charakters und von einem, bei ntlchtcnier
Verständigkeit, doch über die Enge des ihm von seinem
Berufe gezogenen Gesichtskreises weit hinausgehfodeii.
gesunden Urtheile, ihn von früh an zu einer besonnenen.
praktisch - kühlen Aulfaesiing des Lebens anhielt ntid den
Ausbrüchen seiner Empfindsamkeit nnd seines Enthnsiss-
mns fast immer Verspottung entgegensetzte, tttii sein aaf
loderndes ScIbstgefUht durch Beschämung znr ßewheiden-
hrit berabeQstinuuen. Kamen auf dieee Weise io seioea
£lleni die in der Zeit liegenden beideo Richtungeo zu
eiorm wenn aucli nur bescbrSnkten Ausdrucke, so war
^ docb binrciulieDd , damit sieb in ihm unter dieBem
widemprecbendeii EiDäusse ein Gegensatz herausbildete,
ID welchem sdnem Datllrlichrn Hange zur Phantasterei
und an schwärmeriscber Euipfindsamboit ein wohltbäliges
Geg-engemobt geboten war, — ein Gegensatz, dor sich
darcb Tie«k'B ganzes Leben nnd durch sein ganzes dich-
(srischee und schriftBtelleriHches Schaffen hindurchzieht'
Zu Zeiten scbwärmeriscb bis zur Exaltation ~ seine
ente nnerwiderte JugendfreandBchat\ ergriS' ihn mit
einer Heftigkeit, die fast in Raserei ausartete und ihn bis
lUT Schwelle des Selhstmordes trieb — konnte er doch
nur kurze Zeit später auf diese Zustände des Gemtttbs
wie auf ein Räthsel zurücksehen. Er stand sich nicht
8e\ten fremd, unkenntlich, ein völlig Anderer gegenüber.
Derselbe Mensch, welcher diese und ähnliche Beängsti-
gungen eines bis ins Krankhafte gesteigerten Gemtlths- und
Phaatasielcbene in seinem ^Abdallah" niedergelegt hat.
TOnoehte Jahre lang, Wenn auch nnr Bcheinbar, so doch
lUnerhin täuacbend, im Sinne und Geiste und zur Be-
friedigung eines der von ihm so vielfach verspotteten
SUnpter des plattesten, nllcbtemeu Rationalismus — flir
Nicolai — lEu schreiben und seinrn Peter Leberecht gnnz
inr fbr das Mittelmass des Verständnisses zu berechneu,
&lit denen die Aufklärer sich zu begnügen p&egten.
tloch nicht nur, dase einzelne seiner Werke vorbedacht
■o einem solchen Gegensatze zu anderen stehen, nicht
tttu, dass er in seiner Kritik oft ein ganz Anderer als
iQ Beinen Dichtungen erscheint, — wir begegnen auch
Lesern Gegensatz, diesem Widerspruch otl in einem oud
demseLbeu seiner Werke. In seinen Eutwilrfen meist
kubn, phantastisch, befremdend und Übergreifend, sind
wir nicht Aclten von der fast nüchternen Kuhle der Aas-
fabrnug und der Behandlung des Einzeluen betroffen.
'Wenn ihm ancb einerseits das Ursprüngliche für m
Merkmal alles Aechten und Grossen galt, so war ihm
doch schlichte , einfache Wahrheit wieder eine eben»
nnerlässliche Forderang. Das Streben nach beiden fnhi
ihn aber nach ganz versehiedenen Richtnngcn hin.
erscheint wie Einer, welcher zugleich in die Wolke»'
fliegen nnd doch mit den Füssen den festen Boden der
Wirklichkeit niemals verlieren möchte. Und djmiin
konnte er auf der einen Seite jene ntichtonie Verslftndig-
keit, die sich Alles erklären zu können glaubte, fUr ilie
es kein Wunder gab und keine Tiefe, aufs Schonongs-
loseete verspotten, auf der anderen dagegen die nuwalire
Empfindsamkeit, „die Starkgeieterei der Kraftmenschen,
die in Räuber- nnd Spukgeschichten ihr Wesen trifh,
nnd das nnaufhSrliche Selbstbespiegeln, das Studiren der
Seele" aufs Heftigste geissein, um die Nothwendigkeit einer
nüchternen SelbstbeschFänknng anschaulich zu machen.
Es konnte nicht fehlen, dass Tieck bei diesem Widi
sprach seines Wesens überall anstossen mnsste.
Ich will hier nur seines Verhältnisses zu Iffland
Kotzebue gedenken, weil dieses anf seine Dresdner Stel-
lung nicht ohne Etnfluss geblieben sein wird , wohin er
sich 1819 kränklich nnd der Buhe bedürftig zurück-
gezogen hutte. Denn wenn sie es auch verschmilhl
haben sollten, ihre Dresdner Verbindungen gegen ihn in
Bewegung zu setzen, so lag doch schon in dem Verbilt-
nisse zu ihnen ein hinreichender Gnind, dass er hier
verschiedenen Seiten mit einer gewissen Voreingen<
heit angesehen werden musste.
Selbst ohne diese Voraussetzungen aber wtirde
in Dresden sehr bald ein Missverhältniss zwischen il
und den hier tonangebenden literarischen Peraöiili(
keiten herausgebildet haben mUssen. Es lag zwiscl
ihm und den meisten von ihnen eine unftbersteiglit
Kluft, die nicht durch den blossen Abstand des Oi
nnd die verschiedene Richtung ihrer Talente, soad«
hm
OK J
- 439 -
irch den yOlligen Gegensatz ihrer Naturen nnd ihrer
mchaanngen yon Kunst und Leben bedingt war. Anch
tte er einzelne von ihnen^ wie den eitlen Böttiger^ schon
Iher persönlich beleidigt^ und Andere^ wenn anch nicht
mittelbar nnd persönlich, so doch in den literarischen
dien angegriffen, die sie verfolgten.
Eün Mann von dem Umfange nnd der Tiefe des
dstes nnd von der weitreichenden Anerkennung, wie
eck, konnte freilich, selbst wenn er gewollt hätte, in
ler Stadt wie Dresden nicht ganz isolirt bleiben. Es
ilte anch hier nicht an romantisch gestimmten Elemen-
1. Männer wie Malsburg, Loben, Förster, Ealkreuth
id Schutz, zum Theil aus den Reihen des ihm im
inzen nicht eben wohlwollenden Liederkreises, suchten
d fanden in ihm ihren Mittelpunkt. Grade die Stinmi-
lu^r dieses Kreises aber hatten dagegen ein sicheres
iflihl, dass Tieck ihre literarische Thätigkeit völlig
ringschätzen und hierdurch ihren Einfluss bedrohen
isste. Sie fühlten sich in der behaglichen Sicherheit
«8 Ansehens gestört, in der Ausübung und Ausbeutung
«r literarischen Betriebsamkeit gefährdet Am schroff-
n standen sich in diesen Beziehungen unstreitig Tieck
d Theodor Hell gegenüber. War jenem die Kunst
ras Heiliges, eine Gottheit, zu welcher er nur in selbst-
er Begeisterung aufzublicken wagte, so war sie diesem
am mehr als eine Spenderin flüchtiger Unterhaltung
d — eine melkende Kuh.
Es entspann sich ein Kampf der betriebsamen Mittel-
kssigkeit gegen den Adel und die Vornehmheit einer
beren Natur, gegen die Autorität des ächten Talents,
d dieser Kampf wurde dem entsprechend geführt.
shts schien geeigneter, den Gegner in der öffentlichen
iinnng herabzusetzen, als ihn als Verächter der letz-
en darzustellen. Die Geringschätzung, welche Tieck
legentlich für Kotzebue und Iffland und deren litera-
che Parteigänger an den Tag legte, wurde für Ge-
HH^v _ 440 ^ a^^^m
riogsclifitzmig d«B GeBchmacks nnd UrtbeiU des DresfllH
Pnblicums aasgegeben. Es wurde zam StichwoH, dlM
Tieck dieBOB terrorisireii wolle. Den ersten AdIh» ^»tU
bot, wie es scheint, eine öffentlicbe Enndgebnng Tiedfl
tUT Befürwortung dee Kleiafschen „Prinzen von Ha^[
bürg", dessen Auffuhrang er trotz der AoBtrengnogfl
seiner Gegner durcbgesetzt hatte. Tieck, von Kännelfl
aufgefordert, die neuen Erscbetnnngen des TbesMH
kritiscb zu beleuchten, eröfifnete damit eine Reihe driin^
torgischer Aufsätze, denen Theodor Hell in RUcksiciil
auf seinen Chef die Aufnahme nicht wohl versage;;
konnte. Auch war diese Befürwortung keineBwegs eine
aufdringliche, sie war vielmehr durch das ungünstise
Vorurtheil herausgefordert worden, welches man gegen
das Stück im Publicum zu verbreiten gewusst hatte, wie
C9 denn bei all' seinen Vorzügen und Schönheiten ancb
schwache Angriffsstellen darbol.
Natürlieli sahen sich die bisherigen kritischen Stinun-
fuhrer der Abendzeitung hierdurch in ihren Rechten ge-
kränkt und zur Seite geschoben, ja, was das Schlimmirti'
war, durch den kritischen Gehalt und den Geist diweE
Aufsätze auch völlig in Schatten gestellt. Was rie hi*
her mit Fug und Recht selbst glaubten ansttben M
dürfen, wurde an Tieck als unerhilrle Änmaasunj w-
gegriffen, und dieser gab ihnen selbst die Waffen di«
in die Hand. Nichts wurde ihm nachtheiliger, als nitc
Verspottungen Houwald's und seine Einwürfe gtga
Schiller. Houwald, dessen ehrenvolle, aufopfernde palnfr
tische Thätigkeit in den Jahren 180(i— 13 in dankbarer
Erinnerung stand, war eine der populärsten Persnnhfli*
keiten in IJresden, wo er nahe Verwandte besaas. Schill'f
aber — war der gefeiertste Dichter und der popolIrW
Mann in ganz Deutschland. Wohl hatte Tieek io
Ganzen mit jenen Verspottungen und Einwürfen Recht, i"
Einzelnen aber ging er zu weit und bot hierdtircb aeü
Gegnern selbst wieder willkommene Angri6bobj«ete.
— 441 —
Wie ttbertriebea und fiftbch jedoch andecerBeits die
^huldignngen waren^ die man ttber das Verderbliche
m EinfliUBeB Tmck's avf die Emtwieklnng des Theaters
i Uflüairf Bu setxen sich nicht entbkkiele, lässt sich am
Men erkennen ; wenn man die Thätigkeit in Betracht
ekt, welche dasselbe während der Amtsfbhrung des
ebeimraths Könaeritz^ d. i. also unter Tieck's Einflösse,
itfütete.
Von Stücken; deren Aufibahme sich inuthmasslich anf
ieck's poetische Liebhabereien zurückfuhren lassen dürften,
iden sich unter den Trauerspielen: „Romeo und Julie^
id „Lear^ in den neuen Uebersetzungen von Sohlegel
id Voss, unter den Schauspielen ausser dem schon er-
Ihnten Prinzen von Homburg noch: „Die (Geschwister^
id ^Iphigenia'* von Goethe, unter den Lustspielen viel-
Lcht: ^Das öffentliche Oeheimniss^ nach Galderon, „Die
rüder" nach Terenz und „Der Zinngiesser" nach Holberg,
- welche mit Ausnahme des Terenz'schen Lustspiels,
r dessen Wahl wenigstens keine romantischen Anwand-
ngen massgebend gewesen sein konnten, auch auf den
mgen bedeutenderen Bühnen Deutschlands zur Zeit ge-
lben wurden und sich mit nur wenigen Ausnahmen
inemd auf dem Repertoire derselben erhielten.
Welchen Einfluss Tieck auf die in diese Zeit fallenden
Dgagements genommen, lässt sich noch weniger be-
inunen. Ich hebe von ihntn hier nur die bedeutenden
arvor.
Im Jahre 1821 trat für kurze Zeit der Schauspieler
irlUnzelmann (geb. 1790 zu Berlin) mit seiner Gattin,
ner Tochter des Weimar'schen Genast, in den Verband
nr Dresdner Bühne ein. Er hatte von seinem berühm-
ren Vater den grossen Umfang schauspielerischer Be-
ibnng geerbt, der ihn sowohl ftlr ernste wie komische
bamkterroUen befähigte. Er spielte den Franz Moor
id den Roohns Pumpernickel. DicLeichtbltttigkeit seines
— 442 —
Natureis verleitete ihn aber zu Uebertreibmigen und
Aeusserlichkeiten.
Ungleich wichtiger war das in dasselbe Jahr faUende
Engagement Carl Devrient's (geb. 1799), des Sltestet
von drei Brüdern^ welche^ yielleieht angeregt yon den
Ruhme ihres Oheims, sämmüich gegen den Wonach
ihres Vaters, eines angesehenen Kaufmanns in BerÜBi
welcher sie nacheinander für den Handel bestimmt hatte,*
die schauspielerische Laufbahn und mit Erfolg betraten.
Carl war bereits in das Geschäft des Vaters eingetreten,
als ihn das Jahr 1815 zu den Waffen rief. Auch nack
beendigtem Feldzug kehrte er in seine frühere SteUnn;
zurück. Dem Zug zur Bühne war aber bald nicht läng»
zuf widerstehen und 1819 trat er mit endlich erlangter
Genehmigung seines Vaters zum ersten Male in Braunschweig
auf. Carl war von der Natur mit den aussergewOhn-
liebsten Anlagen und Mitteln für seine Kunst begabt
Man hat ihn sogar den genialsten der drei Brüder g^
nannt. War es wirklich der Fall; so hat er sein Talent
doch bei Weitem nicht in gleichem Masse aus- und durch-
gebildet und von seiner Genialität einen nicht selten ans
Leichtfertige streifenden Gebrauch gemacht^ daher wir den
widersprechendsten Urtheilen über seine Leistungen be-
gegnen^ die nicht selten etwas Zerrissenes^ Fragmentarisches
hatten und hierdurch die Harmonie des Zusammenspieb
störten. Das Vortreffliche und Glänzende lag bei ihm
oft dicht bei dem Unzulänglichen oder gänzlich Verfehlten.
Seiner Begabung und den Eingebungen seiner Phantasie
und Stimmung vertrauend^ hatte seine Auffassung oft etwas
Willkürliches^ Launenhaftes. Seine mit den Jahren bis
ins Masslose wachsende Eitelkeit verleitete ihn später
zu einem Spiel mit seinen Mitteln^ zu einer koketten, mani^
rirten und übertreibenden Darstellungsweise. 1823 ve^
heirathete er sich mit Wilhelmine Schröder — eine Ehe,
die jedoch sehr bald (1828) einen unglücklichen Ausgang
nahm. — Das in dieses Jahr lallende Engagement von
— 448 —
uäe Wagner^ der Schwester Richard Wagner's^ die
tter die Gattin Oswald Marbach's wurde, sollte fUr
Biden nicht von der Bedeutung werden^ die es wohl
te gewinnen können. Der Mangel an genügender
leh&ftigung bestimmte sie 1826 ihre Entlassung zu
lern. Sie entwickelte sich später zu einer bedeutenden
nteUerin und trat 1830 bei dem Eönigl. Theater in
pog ein.
Von den Gastspielen dieser Zeit muss hier zunächst
jenige des Wolf sehen Ehepaars aus Berlin (1822) her-
gehoben werden^ welches jedoch nicht die ungetbeilte
Erkennung fand; die der Ruf Beider erwarten liess.
onders rügten an ihr einzelne Kritiker eine gewisse
tOnigkeit des Pathos, singenden Tonfall und unzu-
(liche Modulation.'
Das Jahr 1823 war ausgezeichnet durch die Cast-
le Esslair's und Emil Devrienfs. lieber das erstere
Tieck ausflihrlich berichtet.
EmilDevrienty von dem schon als Sänger die Rede^
damals als Schauspieler noch nicht der glänzende
toriker, als den wir ihn heute in Erinnerung haben.
b zeigte der zwanzigjährige^ bildschöne Jttngling
n jetzt ein Talent^ das zu den grössten Erwartungen
chtigte. Sein Organ hatte^ wie Oenast sagt; in den
' Anders freilich lautet das Urtheil des nur in Molltönen
henden Böttiger: „Nie haben wir ein durchdachteres und be-
res Spiel mit mehr Anschein von Genialität gesehen. Nichts
t erk<end, und doch ists eigentlich nur Kunstspiel. Alles,
D dieser Rücksicht über Eurythmie, Rundung, Zusammenklang
t worden, ist nun durch eigene Anschauung auch unsre Ueber-
Dg geworden. Das heisst Worte sprechen und den Accent mit
(ylbenmass und den rhetorischen Vortrag mit dem poetischen
uck yerm&hlen, dabei ein unglaublicher Haushalt mit einem
-Ankten, vielleicht durch Ueberreiz geschwächten Tonumfang.''
1 gewisser Tadel klingt freilich auch durch dieses Lob noch
roh. Jedenfalls sind die früheren Leistungen dieser bedeu-
I Künstlerin nicht nach ihren dermaligen lu benrtheilen.
tieferen Lagen einen sonoren Klang, nnr in den mittlem
nnd oamentlicli in den oberen Tönen war etwas SprCd«
80 das8 er sie, ohne heiser zn werden, nar mit gtomt
Vorsicht gebrauchen konnte. Sein unermUdlicber Fleiii
überwand aber diesen Uebelstand vollständig. — In
nächsten Jahr gab Genast, der damals in Leipzig tagt-
ateUt war, mit seiner Frau und seiner Schwägerin, Dom
Böhlert, der späteren Frau Emil Devrient's, einige Gut-
rollen mit grossem Erfolg.'
Je weniger der 1834 an KOnneritz' Stelle treWnd*
Kammerherr Angust Ton Lutticbaa mit dem Geitchini-
kreise, welchem er vorstehen sollte, vertraut war, ntn w
mehr war es nötbig, Männer zn sich heranzaziehen, deren
Rath ihm hierbei förderlicij werden konnte. Der Verlail,
den das deutsche Theater durch den Tod des verdienstvoM
Hellwig erlitten, musste ihm dieses noch näher legen.
Schon im Herbste des vorigen Jahres war dieser jilöti-
lich von einer Gemülbskrankheit betallen worden,' ä»
ihn der Bühne mit nur kurzen Unterbrecbungeu entiog.'
' Wir verdanken diesem Aufenthalle eine ScbildeniDg Hede*!,
ao «eichen Genast eine Empfelilurg Goetbe's mitbracbte: „Obglaiä
ich vorbereitet war — heisat es in den Erinner itngen einei ilt«»
ävhauapielers — einen Maun zu sehen, deu die Oicbt uifh der
rechten Seite gekrUmmt hatte, so überraschte mich doch eeia i»
blick. Der Rücken war gtinz gebogen und die herabhängende redilc
Uand berührte das Knie, sein Kopf ruhte bemah auf der ScbnHet
Aber welch ein Kopf var dasl Die hnfae Stiru, dag feurige, \taA-
tende Auge, die schön geformte Nase, der etwas aufgeworfene Utti
— Alles dai bildete ein Ganzes von impomreDd&r SchOnheiL Sä*
Organ kam mir noch scbOner vor, als das Uoethe's, bei dem 4^
ztiweilen eine gewisse Uärte fühlbar wurde, wäbreod hier Allee*
wohltOnend und weich, wie kräftig und UangroU wai.'
> Wie man sagt in Folge des Seibetmordes eines Tbeittttr
amtec, welchen er kurz zuvor hart ongeUssen hatte, was aber 4
leicht schon ein Symptom eeiner Krankbeit war.
■ So trut er am 2. Mai iSSi nach langer UDterbnsdiang a
ersten Mal wieder als Lear, am 90. Juli in den beiden SergMaWk'
am n. Februar 1825 »U Teil auf.
- 445 —
8«iiie letite Bolle war Otto von Wittelsbaeh (8. Mai
1886), wobei mh, wie Fraa Bömer-Sandrini in ihren
Erimienmgen erzählt, schon anfikHige Merkmale der Zer-
streutheit seigten (er gähnte beispielsweise ganz lant ror
dem Pnblicnm). unmittelbar darauf brach Tobsncht ans
mkLmachte seinem Leben noch in demselben Jahre dn Ende.
Es ist jedoch wahrscheinlich, dass anch ohne dieses
Ereigniss die Bemftmg Heckes zum Dramaturgen statt-
gefiinden haben wflrde. Tieck gehörte schon seit längerer
Zeit sn den hervorragendsten Mitgliedern des engeren
Kreises» welchen die hochgebildete Gattin des neuen
Geaeral^Directors in ihrem Hanse za versammeln pflegte
imd wdcher auf die Leitang des Dresdner Hoftheaters
sehen dadurch einen bedeutenden, wenn auch nur mittel-
baren Einfluss ausgeübt hat, dass Herr von Lttttichau sich
hierdurch an den Verkehr mit bedeutenden Männern ge-
wohnte und die in solchen Stellungen nicht selten da-
gegen herrschende Scheu ganz ttberwand. Denn in
der That hängt die unter seiner Verwaltung sich ent-
wickelnde Blttthe des Dresdner Theaters wesentlich damit
zusammen, dass er für fast alle wichtigen Stellen Kräfte
ersten Banges heranzuziehen bemüht war. Die freilich
ungleich bequemere Begünstigung der Mittehnässigkeit
war Lttttichau fremd.
Der Vortrag, durch welchen er fttr die Anstellung
Ludwig Tieck's als Dramaturgen die Königliche Ge-
nehmigung nachsuchte, beweist hinlänglich, wie klar der
neue Director die Pflichten seines Berufs erkannte und
mit welchem freien Sinn er dieselben erfasste. Auch ist
derselbe noch sonst bezeichnend ftir die damaligen Ver-
hältnisse des Dresdner Hoftheaters, so dass ich ihn meinen
Lesern nicht glaube vorenthalten zu sollen. Er lautet,
wie folgt:
„An Sc. Königliilie Majestät von Sachsen.
Von dem lebhaftesten Eifer beseelt, den von Ew. Königl. Majestät
nur allergnädigst anvertrauten Wirkungskreis nach Kräften auszu-
fflllen nnd die mir übertragenen Aemter moglichäC zweckmiuig nt
leiten, niuas es mein eitrigster Wunsch Bein, das hiesige TLeUer
auf einen Standpunkt erheben zu können, welcher mir die Znfriedtn-
faeit TOn Ew. Künigl. Majestät und der Anstalt den R&ng neben itt
ersten und ausgezeichnetsten Bühnen sichern muss. DieStÖmng.welfk
bei dem jedesmaligen Wechsel der Generaldirection in dem FoB-
gange des Unternehmens eiutritt, da der Geachi(tskrü« desselben
EU «eitumfsäseud nnd zu maunichfaltig ist, um sogleich ist Deuü
aller einzelnen Zweige der ihr untergeordneten Verwaltung sndriigEt
zu kBonen, bat besonders bei meinem Antritt um so fahlbarer weriet
müssen, da nicht allein durch die Krankheit von Hellwig une hiiif
entstanden, welche, doppelt stürend, auch für da« Uepertoire tob den
nngQnstigteu Folgen ist, sondern die OeschJUtsfiihrnng anch du m
schwieriger wird, je weniger Lehen in den Anstrengungen der üb-
zelnen Individneu, sowie in dem Kreislauf der täglichen Gescilfi«
za bemerken ist. Hierzu kommt, dass die Literatur der nencni
Zeit so sehr gesunken, dass Ton den vielen Manu Scripten, wobs
man überhäuft wird, fast nichts fDr die Bühne brauchbar nnd diese:
Zweig der Anstalt überhaupt gar nicht gehörig berüel-
sichtigt ist, welches um so uacbtheiliger für das Game wirket
muss, da_ die Bedürfnisse und Literatur des Theaters sowie üt
Fähigkeilen imd Talente der Schauspieler nicht mit einem BUck »
genau erkannt nnd beurtheilt werden können, als es für die Sid>
selbst erforderlich ist. Um diesem üebelstande zn b^egnen o'
zu verhindern, dass, was sehr häufig der Fall ist, iJchsnspieleri fi>
die Begie übernehmet) müssen und welche, um ihrem Talente 1)^
sUge zu tbun, immer nur einseitig gebildet sein können. eiiMO
grossen Einfluss auf die Leitung der Theater und durch dicM irf
den Sinn und Geschmack des Publicnms erhalten, ist die SteUof
eines kundigen Literators und Dramaturgen nnamgiugUeb BoA-
wendig und kann nur hierdurch der Grad von Votlktmiitiealiat er-
reicht werden, welcher im Allgemeinen so sehr zu wOivkIin lA
Sein Geschäft würde sich hauptsächlich dahin verbreiten, den eijcco^
lieben literarischen Theil der Anstalt zn leiten nnd dem Gencnl-
director bierin berathend zur Seite zu stehen; er benrtbeUt
eingesandten Maouscripte, Obertiimmt die Correctur derjeDigeiii '
sich zur Aufführung eignen, und sagt seine Meinung, wie die ~ '
zu besetzen sindj .er ist bei der Lese- und ersten Probe
um die Schauspieler auf den Sinn des StOtks und die Bei
der Charaktere aufmerksam zu machen; bedeutende StScke
vor, nra den Schauspielern, die sieh meist nur eiosettig nll
Bollen beschäftigen, dadurch Ueberblick nnd Sino für
b eizo bringen , aus welchem Verständniss eigentlich nur
— 447 —
imd richtige Dantellang herrorgehen kann; vonüglich muss er
jüngeren SchaoBpielem nachzuhelfen suchen, ihnen die Aufgabe
ihrer Kunst, sowie die Kenntnisse, die ihnen nothwendig sind, an-
deuten; in Ansehung der Costüme und der Decoration ertheilt er
ebeofaUs seinen Bath und muss sich wöchentlich unter dem Vorsitze
des Generaldirectors mit den Regisseurs versammeln, um Aber die
Bedfirfisisse des Theaters, über GostOme, neue Stficke, über <ere,
welche wieder gegeben werden können, über Declamation, Spiel,
Besetzung der Rollen und Alles, was zum literarischen Theil der
OeschAftsAihrung gehört, sich zu berathen und zu yereinigen. Das
angeUhr deutet die Aufgabe an, was 'derselbe zu leisten hat; die
AnilÜhrung wird alles Einzelne deutlicher und namhaft machen und
sich gewiss bew&hren, besonders, da wir in der Person des Doctor
Tieck einen der ausgezeichnetsten deutschen Schriftsteller hier
bentzen, welcher aus Neigung far die Sache schon zeither natzUch
und Ton Einfluss gewesen, es sich auch zur grössten Ehre rechnen,
ja sich glücklich sch&tzen wird, Ew. Königl. Majest&t seine treuen
Dienste widmen zu können. Durchdrungen tou der Zweckmässigkeit
daron, wage ich es daher ehrfurchtsvoll in allerunterthAnigsten
Vortrag zu bringen, Ew. Königl. Majestät woUen allergnädigst ge-
ruhen, den Doctor Tieck mit einem jlJirlichen Gehalte von 600 Thlr.
ond, um seiner Stellung das nöthige Ansehen zu geben, mit dem
Charakter als Hofrath IV. Classe bei dem hiesigen KönigL Theater
anzustellen. Der Vortheil, welcher hiervon zu erwarten, steht mit
dem Aufwand von 600 Thlr. in keinem Verhäitniss; die reichsten
Folgen für die Kunst und die ganze Anstalt würden sich zur Zufrieden-
keit Ew. Königl. Mi^estät sehr bald entwickeln, aach dabei noch
der Gewinn erlangt werden, dass künftig die besten Schauspieler
hier selbst gezogen, nicht mehr von auswärtigen Bühnen um so
hohen Preis, wie zeither, erlangt werden müssen.
6. December 1824."
Bereits am 18. Dec. d. J. erfolgte nachstehende Königl.
Resolution :
,,Von Gottes Gnaden Friedrich August, König von Sachsen.
Fester, lieber getreuer. Wir sind auf Euren unterthänigsten Vortrag
vom 8. d. M. nicht abgeneigt, den hiesigen Privatgelehrten Dr. Tieck
hauptsächlich zu Berathung und Aushülfe in dem literarischen Theil
der bei der Generaldirettion Unsres Hoftheaters vorkommenden Ge-
schäfte, desgleichen zur Ausbildung der jüngeren und ungeübteren
Schauspieler mit einem jährlichen Gehalte von 600 Thlr. und mit
dem Charakter eines llofraths in der IV. Classe anstellen zu lassen,
halten jedoch aber für nöthig, dass zuvor sein Wirkungskreis und
— 448 —
sein Dieustverh<niss zur Generaldireckion niid zu den fllirigen bei
dem Hoftheater angestellten Penonen niher hnntiiiit nerde ni
begehren daher gnftdigtt, Ihr wollet nni emen Enlwiirf sa der ta
Dr. Tieek zu ertheilenden Instmcticn Torlegen."
Es geht anB diesem Rescripte dentlicli genug herror»
dafls die Wahl des neaen Dramatnrgeii mit einigen Be-
denken angesehen wurde, die ohne Zweifel Ton einer
Seite angeregt worden sein moehten, anf der min lieh
dnreh diese Wahl bedroht oder doch beengt sah. Wie
früher die Böttiger, Therese ans dem Winkel n. A. seh
durch die kritischen BeitiiLge Tieck's in der AbendzeitiDig
in ihrem Ansehen verletzt fanden, so mag jetit BxdnA
Winkler eine ähnliche Empfindlichkeit nicht zu 1l■te^
drücken vermocht haben. Für das bei Hofe gegen TkA
erregte Misstrauen flihrt Herm. v. Friesen (Ludwig 'neek)
mit Recht als Beweis eine Aeusserung des lüoisters Eil-
siedel an, welcher den neuen Dramaturgen nach mux
Vorstellung mit dem Bemerken entliess, „sich der TyiaiuH-
sirung des Publicums durch einen zu einseitigen Gteschmaefc
zu enthalten". Wir haben bei der Betrachtung des B^
pertoires der letzten Jahre gesehen, wie wenig ein solcher
Vorwurf gerechtfertigt war. Noch mehr kann die That-
sache dafür Zeugniss ablegen, dass Tieck seine Stellnn;
und seinen Einfluss in dem langen Zeitraum von 20 Jahren
auch nicht einmal dazu benutzte^ dem Publicum eise
seiner eigenen Dichtungen aufzudrängen. Wie grfU
sticht diese vornehme Selbstlosigkeit und Enthaltsamkeit
gegen die betriebsame Ausbeutung ab, die Theodor
Winkler von seiner Stellung und seinem Talente glaubte
machen zu dürfen, der in derselben Zeit 39 seiner dram«-
tischen Ucarboitungen zur Aufführung bringen Hess and in
den meisten Jahren ungefähr den 7. Theil aller Vor-
Rtellungen in Anspruch nahm, im Jahre 1828 aber »«gar
46 von nur 140 Vorstellungen!
Die Instruction, welche Tieck bei seiner Anstellung
empfing und welche Ltittichau wahrscheinlich im Ein-
TCrslämlnisBe mit diesem nnter üeriicksicbtigune der ihm
feiniUicLen Verhältnisse entworfen Iiatte, erhielt übrigens
nnbeaDetiindet, mit nur geringfügigen formellen Vcr-
lodernDgeD, die Künigliche Gcnchmignng. Sie unterband
»b«r freilich gleich von vorn herein eine gedeihliche
ffirkiamkeit deßselben. Dies geschah hanptsüchlicli
durch die Bestimmung, dass ebenso wie Tieek keinem
Anderen als nur dem Generaldirector unmittelbar unter-
geordnet sein sollte und von keiuem Anderen unmittelbar
■inftrUge ia Empfang zu nehmen branclite, auch ihm
"iwler Niemand unmittelbar untergeordnet war, anch von
'tun }Iiemaod unmittelbar Aufträge zu empfangen, ^sondern
''Ci allen bestimmenden Beitiehuiigen derselbe nur durch
die Oeseraldirectiou zu wirken und derselben Vortrag zu
"»chen hatte'*.
£b liegt auf der Hand, dass hierdiuch in allen
■treitigen Fällen — ond wie viele würden selbst bei dem
■^sten Einvernehmen noch vorgekommen sein — der
''^ScliUftsgang ein schleppender zu werden, dass er für
»Ue Theile unerträglich zu werden drohte. Und wie
•*'*•■ mau bemüht war, von dieser Handhabe Gebrauch
*" machen, dafür lieferten schon die in den ersten
■•Mir^n der Anstellung Tieck's stattfindenden skanda-
f'**^!) Theatervorgänge den Beweis, welche gelegentlich
P**" von ihm veranlassten Auffuhrung von Calderon's:
ir'Ä.ine Kobold" stattfanden. Dieses Stück, dessen Wahl
f^** Übrigens für keine besonders gltlckÜcbe erachte, Weil
**> trotz einer poe lisch angehauchten Behandlung der
(■**in vorgefahrten komischen ColUsiouen, doch ohne
[•'©entliehe Tiefe ist, hat gleichwohl bei einer mehr
[proaaigchen Ausführung, auf moderne Verhältnisse über-
*'^^n, unter dem Titel: „Die Liebe im Eckhanse" — auf
"leu deutschen Bohnen eine Menge von Wiederholungen
"Veht — Beweis genug, dass es eine su unwürdige Be-
j ^egnang nicht verdiente. Es wurde am 2, Januar 1826
>iiim ersten Male nicht ohne Zeichen des Missfallcns von
L 29
— 450 —
Seiten des freilich beeinflnssten Pnblicums gegebea. Die
Generaldirection , welche darin ein unbefangenes UitheO
nicht Bah nnd von dem Werthe des Stflcks llbenevgt
WKT, ordnete gleichwohl ^ nnd zwar mit vollem Baeh^
nnr wenige Tage später^ am 8. Jannar^ eine linederholng
desselben an. Obschon Tieck in der hierüber bendM-
den Gomitäsitzung der Einzige war^ der sich lebkaft
gegen die Wiederholung des Stttckes erUärt hatte, war dodi
im Publicom verbreitet worden^ dass er nur allein d]^
selbe der ausgesprochenen öffentlichen Meinung zu
Trotz durchgesetzt habe. Es entstand hierdurch eine
Aufregung; welche sich bei der Wiederholung in eimr
Weise entlud ^ die weithin von sich reden gemacht hit*
So heftig der Schlag auch geführt wurde, so wir
' Herr v. Friesen theilt über diese Vorgftnge folgende nnaittcl-
bar nach dem Erlebniss verfasste Niederschrift eines daraa Be-
theiligten mit, dessen Name ihm jedoch unbekannt:
8. Januar. Die Dame Kobold!!!
Tieck hatte, ungeachtet sich das Publicum neulich so isin-
fallig ausgesprochen hatte, die EfTronterie und Unverschlmtheit be-
gangen, das Stück wieder anzusetzen , und seine Tochter hatte iif
dem Gasino sich gegen einen Major N. N. geäussert, man woUe dii
Publicum erziehen. Hieraus folgte heute ein Ereigniss, was ick
noch nicht erlebt habe: Nach dem Aufziehen des Vorhangs, ib
Julius und Pauli heraustraten, pochte das ganze Haus Secnndei
lang. Die Schauspieler verneigen sich und gehen ab. Applad^
Der Vorhang föllt. Applaudissement. Nach einer Weile ordnet
Herr von Lüttichau an, den Vorhang, da das Publicum nun nlü|
sei, wieder aufzuziehen. Julius will nicht auftreten, Pauli referirt
das an Lüttichau ; Unterredung zwischen diesem und Julius, Wied«^
aufziehen des Vorhangs; Julius spricht die ersten Worte; stärker«
Pochen, von geringem Pfeifen begleitet Die Schauspieler gehen
ab, Applaus. Nach wenigen Minuten tritt Pauli heraus und erklärt,
wie er im Auftrage der Generaldirection dem Publicum bekannt zo
machen habe, dass leider unter solchen Umständen heute keine
Vorstellung sein könne. Bravorufen, Applaus. Das Theater ist tos:
die Besucher erhalten das Entrce zurück. Die Casse verliert eine
Tages - Einnahme und die Tieck'sche Geschmacksdespotie ward ge-
brochen.
— 451 —
er laoächst doch ganz wirkungslos. Der Einfloss Tieck's
tritt in den nächsten Jahren nm Vieles stärker hervor.
Von 1826 — 32 finden sich von neuen Stttcken:
Ooethe's Torquato Tasso' und Faust; Shakespeare's Hein^
lieh IV. 1. u. 2. Th., Julius Cäsar, Othello und Viel
Linnen um Nichts; Lope's Stern von Sevilla; GriU-
puier's Ein Diener seines Herrn; Uechtritz' Alexan-
der und Darius und Rosamunde; Eleist's Der zer-
brochene Krug, neben verschiedenen Stttcken von
Binpach, Gollin, Auflenberg, Deinhardstein u. A. Sonst
waren im Repertoire noch Schenk, Gehe, Elingemann, Dein-
hardstein, Töpfer vertreten. Auch die Birch-Pfei£fer er-
teheint und erlangt mit ihrem „Pfeffer-RöseP, welches vor-
iHglich gespielt wurde, einen grossen und entscheidenden
Erfolg. Unser besonderes Interesse verdienen aber die zu
dieser Zeit der Oeffentlichkeit ttbergebenen Stttcke der
Priniessin Amalia von Sachsen, die sie bisher gleich
ihren Opern fast nur im engeren Familienkreise zur Dar-
Ktollang hatte bringen lassen. Schon 1817 war von ihr ein
Behauspiel: »Die Abenteuer der Thorenburg^ unter dem
Bchriftstellemamen A. Heiter ohne besonderen Beifall zur
i^Qfftthrung gekommen. Jetzt (1829) trat sie mit dem
Sehauspiele: y^Der Krönungstag^ , welches sehr ansprach,
BQter demselben Automamen hervor. Wie ihre anderen
lieser Dichtungsperiode angehörenden Stücke,' stehen
^Qeh sie unter dem Einflüsse romanischer Vorbilder.
b dieses Jahr föUt die Entstehung einer vom Prinzen
Johann gedichteten, von der Prinzessin Amalia compo-
^n Local- Posse: „Der Eanonenschnss^, welche am
^* Jnni 1829 im Prinzlichen Gartenpalais auf der Langen-
* Besetzung: Alphons — Julias. Leonore — Mad. Schinner.
It&Yitale — FrL Glev. Tasso — Becker. Antonio — Zahlhaas.
* Elrira; Graf von Toulouse; zwei N&chte auf dem Schlosse
''tttel Franco; Zuleika; Elisabeth; die Wittwe und Mesru (in 2
^Mieilungen).
29»
— 452 -
gasse zur Anfführnng kam. Auch schrieb dieser Prinz,
der sich dnrch seine Dante - Uebersetznng so grosse Be-
rühmtheit erworben^ mehrere Opemtexte^ von denen «Siiil',
in Musik gesetzt von Carl Borromäas y. Miltits, im
16. März 1833 öffentlich aufgeführt wurde.
Das Lustspiel scheint Tieck Winklem mehr tiber-
lassen zu haben. Uebersetzungen aus dem FranzOsiflclieii
lierrschen hier vor. Unter den deutschen dramatiscbeD
Lustspieldichtem ist Bauemfeld die bedeutendste nene
Erscheinung. Wir finden bei ihm einen frischeren Tob
angeschlagen^ indem er^ auf unmittelbare Beobachtung des
Lebens ausgehend^ die gesellschaftlichen Zustände der
gebildeten Kreise der Grossstadt zum Oegenstande seiner
Darstellung machte.
Von den inzwischen eingetretenen VerändemngeB
im Personale Tcrdienen folgende eine nähere Betracbtim;-
Zum Ersatz für Hellwig war die «Wahl auf den Scbts-
spieler Becker aus Darmstadt gefallen ^ welcher seboi
wiederholt (1819 und 1820) mit Erfolg in Oastspieki
aufgetreten war. Franz Joseph Becker war 1794 n
Mainz geboren^ debütirte in Hamburg^ kam 1821 an dtf
Theater zu Darmstadt; wohin er auch später wieder
zurückkehrte und bis zu seinem 1848 erfolgenden Tode
verblieb. In Dresden trat er 1825 ein. „Eine schOoe
Stimme — sagt Tieck von ihm, — ein anmutbiges
AeusserC; ein sicheres, feines Betragen charakterisiren ibs,
so dass er die Manieren der vornehmen Welt liebenswtbdi;
und wahr hinstellt, Witz und Humor sichtbar macht nod
niemals jene Linie verlässt, die auch im Scherz nod
Spass gehalten werden muss. Seine Geberden sind nocli
zu rund und elegant, grenzen zuweilen an das Tänier-
massige, und was man an diesem jungen Schauspieler
(der einer jeden anderen Bühne zur Zierde gereicbei
würde) tadeln kann, ist ein zu hastiger Aufschrei in der
Empfindung, wodurch der Ton oft undeutlich und selbst
unedel wird.*^ Tieck rechnet seinen Don Manuel zu deo
453 —
iofaönBten, was ein Redner liefern kann, und zählt im
ErBBten diejenigen Rollen zu seinen besten, die Geillbl und
Innigkeit fordern.
Ein ganz ausserordentlicher Gewinn wurde die unter
dem Ouflasse Tieck's stattAndende Erwerbung von Julie
Gley (1810 geb.), der Tochter des Hamburger Schau-
i^elers Gley, der noch zu den Darstellern der letzten
Diitction Schröder's gehörte. 8ie begann ihre theatralische
LtBfbahn in Dresden, wo sie am 2. September 1825 als
Uirgarctbe m Iffland's Hagestolzen zum ersten Male die
Bohne betrat. Niemand ahnte zwar damals ihre spätere
BdeDtung, doch entwickelte sieb unter Tieck's Leitung
ikr tcbOoes Talent in Uberrascbender Weise.' Schon
1827 entzückte sie als Luise in Schiller's Kabale und
Liebe die Kenner durch eine Ursprilnglicbkeit und Kraft
ia dramatischen .Ausdrucks, die von ihr Grosses erwarten
Ueaeu. Eine solche Unmittelbarkeit des Erlebens glaubte
lun noch niemals von der Bühne aus an sich empfunden
M haben. „Ihr Ton ist der Ton der Natur — sagt
T^cck Bi'hon damals von ihr, — rein und voll, ganz
^"«tor.'■ Ihren höchsten Triumph feierte sie als Gretehen
in Goethe's Faust, welcher am 27. August 1839 zur
**Ojj|hrigen Geburtstagsfeier des grossen Dichters gegeben
■wl durch einen Prolog von Tieck festlieh eingeleitet
Wurde. Fräulein Gley verlieas bereits im Herbst 1830,
^em Rufe nach Wien folgend, die Dresdner Bühne,
*ider für diese, wie lllr sie selbst viel zu früh. Sie
""•U-de derselben zwar 1833 als Madame Rettich aufs
'«tte fhr einige Zeit gewonnen, doch hatte sie, wie man
^haupt«te . schon damals unter dem Einflüsse der
' In emem Briefe C, Gniner's (Mitglied der Leipziger Concert-
**"ection) an Uerrn v. Liittichau ¥oin 37. August 1830 heisst es:
^^diure sehr, dass Sie die Gier verlieren, sie wird schwer zu
[^euen sein, Herr Ho&atb Tieck hat sich durch deren Bildung
** Ttrst&adiger Meister gezeigt, für den man den höchsten Respect
— 454 —
rhetorischen Wiener Schale von der ihr eigenen reisrolleD
Innigkeit nnd Unmittelbarkeit etwas verloren, wenn ueh
gewiss noch an Kraft nnd Umfang des dramatiseki
Ausdrucks gewonnen. Später sollte sie sogar in die
Manier einer malenden Behandlung des Tons ver&Ikii,
die ihre sonst grossen, herrlichen Leistungen nicht wenig
trttbte.
Die Anstellung des durch eine Reihe dramatiieher
Arbeiten bekannt gewordenen Schauspielers v. Zahlbu
für das Fach der Intrigants und Charakterrollen ent:
sprach dagegen den gehegten Erwartungen nicht idür
ständig.
Für die 1826 ausgeschiedenen Dem. Miller und Boea&
Wagner war 1827 Dem. Antoinette Fournier aiis Maiu
(geb. 1809) gewonnen worden, welche sich raseb m
sentimentalen jugendlichen Bollen zu grösserer Bedeoting
entwickelte. Leider sollte sie bald die Dresdner BlUise
wieder verlassen.
Auch das folgende Jahr ist durch zwei gute AcquiedtioiNi
ausgezeichnet. In Mad. Mevius war ein höchst schätzeai-
werther Ersatz ftir Mad. Schirmer gefunden, die nu»
vielleicht etwas spät, in das ältere Fach ttbergetreten
war, sowie in Meaubert ein zwar zu Uebertreibangee
geneigter ; aber gewandter , an glflcklichen Einfälka
reicher Darsteller für das Fach der niedrig komisebei
und burlesken Bollen. Er errang sich auf einem etwii
engen Gebiete grosse Beliebtheit. — Wenn man in da
nächsten beiden Jahren minder glücklich war — mr
das Engagement von Fräul. He'rold, der späteren Gattii
des Baritonisten Mitterwurzer, ausgezeichnet durch ibie
schöne Gestalt, verdient hier Hervorhebung^ — so waren
dagegen die des Jahres 1831 von um so grösserer 6e
deutung. Es führte der Dresdner Bühne das Ehepttf
Emil Devrient und Franziska Berg zu.
Die Vorzüge Emil Devrient's (geb. 1803), des jüngsten
der uns schon bekannten drei Brüder, wurzelten w-
— 455 —
nehmlicli in den Gaben, mit denen ihn die Natur ver-
aehwenderiach aasgestattet and die er mit eisernem Fleiss
«nd ehrgeizigem Streben aafs Sorgfältigste gepflegt and
entwickelt hatte. Er vereinigte mit einer edlen, schlanken,
elastischen Gestalt, die sich schwangyoU, vornehm and
harmonisch zn bewegen wasste, ein wanderbares Organ,
das er in allen Registern zar klangvollsten Schönheit
iOflgebildet hatte, sowie eine überaas feine Empfindangs-
flhigkeit, die sich zam Elegischen neigte and die er in
den feinsten Schattirangen za hinreissendem, begeister-
tem Ansdrack za bringen verstand. Dagegen fehlte es
ihm an der Kraft charakteristischer Individaalisirang.
Er wasste sich leicht in die Sitaation eines anderen
Charakters, nicht aber in dessen Eigenthümlichkeit selbst
in versetzen. Es war fast immer nar er, den man in
den verschiedensten Rollen za sehen bekam; wo dies
aber dem Charakter, der Natar der Rolle entsprach, hatte
seine Darstellang etwas ttberaas Glanzvolles, Bestricken-
des, wie das z.B. als Harqais Posa, Max Piccolomini,
CiMr (Brant von Messina), selbst noch als Egmont,
Tasso and Goriolan der Fall war. Die ziemlich rhetorisch
gewordene Weimar'sche Schale masste seiner Begabang
nngleich näher liegen als die alte SchrOder'sche oder die
nenere Iffland'sche Darstellangsweise, welche letztere die
Natnrwahrheit mehr in der Brillance des Einzelnen sachte.
Sein Eintritt in den Verband des noch immer überwie-
gend der alten Hambnrger Schale zaneigenden Dresdner
Theaters warde bei dem Zaaber and der Herrschaft,
welche seine Persönlichkeit hier bald aasüben sollte,
nicht wenig fttr einen Umsohwnng entscheidend.
Lag die Stärke seines Talents mehr anf dem Gte*
biete des Schaaspiels, als aaf dem des Lastspiels (sein
Homer hatte meist etwas Gezwnngenes) , so war seine
Gattin Dorothea, geb. Böhler, gerade aaf diesem
Gebiete, im Fach der Soabretten and heiteren Lieb-
haberinnen, eine Kraft ersten Ranges. 1805 in Cassel
- 456 —
geboren; war sie von ihren Eltern sehr früh fllr die
Bühne bestimmt worden. Mit einer angenehmen Stimme
begabt; fand sie sowohl im Schauspiel wie in der Oper
Verwendung. Ihr Talent entwickelte sich rasch zn les-
ToUer BlUthe. In Leipzig^ wo sie sich ansserordenüicker
Beliebtheit erfreute, Terheirathete sie sich 1825 mit den
schon damals glänzenden Emil Devrient. Er selbst hal
niemals verkannt; dass er ihrem Einflüsse viel zu Ter*
danken hatte. Sie zeichnete sich in ihrem Vortrag roA
Spiele durch Wahrheit und Anmuth ausdrucksvoller Na-
türlichkeit aus.
Franziska Berg; geb. 1815 zu Mannheim; trat id
Dresden in eine sehr schwierige Stellung ein. Noefe
überaus jung und noch in den Anfängen ihrer Entwiek^'
lung; sollte sie hier theils für Dem. G\ej, theils flür Deflcm
Foumicr Ersatz bieten.
Unter Tieck's Anleitung bildete sie die ihr von de^
Natur gewordenen Anlagen mit unermüdlichem FleisM
zu einem hohen Grade der Vollkommenheit aus. Si^
hatte sich aus der Enge kleinbürgerlicher Verhältnis»^
emporarbeiten müssen; und eine gewisse BefangenheS
ist ihr in ihren Bewegungen von daher immer gebliebeic
Obschon sie im Fache der jugendlichen Liebhaberinnen '■
Treffliches leistete; lag ihre eigentliche Kraft doch er*
auf einem anderen Gebiete. Für jene fehlt« es ihr zw«i
nicht an Seele und Innigkeit, wohl aber an jenem sam.
ten, sinnlichen Reize beider; den wir hier nicht gern T&i
missen mögen. Ihr überaus voll- und wohlklingende
aber etwas tiefliegendes Organ sollte erst in dem Fach
der sogenannten Charakterrollen; sowie später in dem de:
edlen und gemüthlichen Mütter zu voller Geltung kommen.
Hier leistete sie denn auch wahrhaft Vorzügliches.
Zu ihren vielen künstlerischen Vorzügen gehörte eine
edle Bescheidenheit und eine seltene Pflicht- und Beroft-
treuC; worin sie allen Mitgliedern der Bühne ab eis
leuchtendes Muster vorausging.
— 457 —
Ohne Einflass konnte es freilich nicht bleiben, dass
unter den gewonnenen Talenten schon verschiedene
waren, welche durch eine abweichende Spielweise die
Harmonie des Znsammenspiels zu gefährden anfingen.
Noch 1837 konnte Tieck hierüber schreiben: „Man sieht
Uer vorzüglich in den Lastspielen, Familiengemälden und
Dramen mehr ein Ganzes, ein Zasammenspiel, als auf
den meisten deutschen Bühnen, wenn ich das Wiener
finrgtheater und vielleicht das Hamburg'sche ausnehme.
Vom Trauerspiel lässt sich nicht das Nämliche behaupten,
doch geschieht, wenn auch einzelne Virtuosen vielleicht
Anderswo im Ganzen höher zu stellen sind, auch hier
^^hr für richtige Anordnung und Zusammenspiel, als in
"^ien oder England, wo sich, wie in Berlin, Alles ver-
^'«>2elt hat."
£in Schauspieler wie Becker, dem doch von anderer
^ite der Vorwurf gemacht wurde, nicht frei von den
•"^J^ieren der Weimar'schen Schule zu sein, musste sich
dennoeh so in das Zusammenspiel eingefügt haben, dass
■^©ck nur ganz leise in Bezug auf die Geberdensprache
^'^nf Anspielung macht. Auf mich selbst, der ich ihn
>*oc|i in ganz jungen Jahren gesehen, übte er stets einen
. ^i^us glänzenden, harmonischen Eindruck aus, obwohl
1^^^^ schon damals die Ungleichheiten und das Eitle im
spiele Carl Devrient's sehr wohl zu empfinden im Stande
^^^. Es darf wohl behauptet werden, dass die hier
^^Onten Vorzüge des damaligen Dresdner Theaters durch
^^^ glänzende Entwicklung, welche das Talent von Julie
^ley nahm, in den nächstfolgenden Jahren noch beträcht-
Ue\i gehoben wurden.
Das Jahr 1832 bietet für die Geschichte des Schau-
spiels zwar nicht ganz den bedeutungsvollen Abschnitt,
^ie für die der Oper dar, doch konnten schon allein die
bei dieser stattfindenden Veränderungen nicht ganz
wirkungslos darauf bleiben. Wenn man mit der Auf-
hebung der italienischen Oper nicht nur der öffentlichen
— 458 —
Meinung eine Concession^ sondern zugleich gröSBere, durch,
die Verhältnisse gebotene Erspamngen machen wollte ^
so erlangte die Verwaltung gleichwohl hierdurch reicher^
MitteJi znr Verwendung ftlr Schauspiel und dentsche Ope^.
Dies gestattete, worauf man ttbrigens schon Torhermehr
Rücksicht genommen, nun fast durchgehend ein gesan-
dertes Personal für beide zu bilden.
Noch mehr aber war es die veränderte Bichtoi^
und Stimmung der Zeit^ welche dieses Jahr zu einen
Wendepunkt in der Entwicklung des Schauspiels machte.
Während in Frankreich dieser neue Gteist Ton der roman-
tischen Schule ausging; welche sich mit Victor Hugo id
der Spitze gebildet hatte^ und hier der unter dem Scbotie
des Eaiserthums erblühten höfisch-conventionellen Poene
in genialem Aufschwünge den Krieg erklärte, trat er
in Deutschland umgekehrt dem jetzt hier noch heirschen-
den Romanticismus entgegen ^ welcher^ wie man be-
hauptete, die Nation von ihren nächsten und wieh-
tigsten Aufgaben ablenkte, sie in phantastische Regionen
hebe oder sie zu den Uebeln einer schöngefärbten Voneit
zurückzuführen und dem Absolutismus in Kirche nnd
Staat in die Hände zu arbeiten drohte. Allerdings war
ein tiefgreifender Unterschied zwischen dem Roman-
ticismus beider Länder; denn während jener in Sliake-
speare, besonders aber in Byron seine Anregung suchte
und fand, ging dieser jetzt vorzugsweise gern auf die mittel-
alterliche Dichtung, besonders der Spanier zurttek. Und
während jener gerade die brennendsten Fragen des Tages
ergriff, beschäftigte sich dieser, wenn überhaupt noch
mit tieferen Problemen, doch meist nur mit solche
welche den Interessen des Tages fem lagen, indem man
sie sich mit derselben subjectiven Willkür stellte, mit
der man sie dann auch behandelte.
So gerecht aber auch die Vorwürfe sein mochten,
welche die Jungdeutschen den deutschen Romantikem
machten, so beruhten doch ihre Angriffe auf das Boman-
— 459 —
tische überhaupt und auf Tieck insbesondere, den man
gewohnt war, als ihren Führer zn betrachten, weit mehr
auf Vomrtheil, als auf einem richtigen Verständniss von Ver-
hältnissen nnd Personen; da Tieck nicht nur selbst viel-
fach in Widerspruch mit den Romantikern stand, sondern
anch in der Dichtung überall, wenngleich oft in schrullen-
hafter Weise, die Verbindung mit dem Leben suchte — in
seiner Stellung zum Theater aber einen von jeder sub-
jectiyen Willkür so freien Standpunkt einnahm, dass wir
Boch heute mit Vortheil auf seine hierüber ausgesproche-
nen Urtheile und Lehren zurückgehen können.
Zu den fortgesetzten Angriffen und Verdächtigungen
seiner nächsten Umgebungen traten also auch noch
die aus der Feme hinzu, und es ist nur natürlich, dass
dies im Verein mit den schmerzlichen Verlusten, die ihm
die ^nächsten Jahre brachten, sein Interesse an der
Literatur überhaupt, sowie an den Verhältnissen des
Dresdner Theaters allmählich herabstimmen musste.
Schon Goethe's Tod hatte ihn niedergebeugt. Kurze
Zeit später wurde ihm auch seine Schwester entrissen.
1836 erkrankte seine Gattin, und ihr 1837 erfolgender
Tod sollte noch einen viel schmerzlicheren Verlust im
Gefolge haben, den seiner geliebten Tochter Dorothea,
die sich von diesem Schlage diemals erholen konnte.
Ihr Gemüth wurde davon aufs Tiefste ergriffen. Sie ver-
mochte den Gedanken des Todes nicht mehr aus ihrer
Seele zu verscheuchen. Ihr Leben war nur noch eine
Vorbereitung auf das Ende, welches im Jahre 1841 plötzlich
hereinbrach, während inzwischen der Tod auch noch
die vertrautesten Freunde des Hauses dahingerissen hatte :
die Dichterin Adelheid Reinhold, Immermann, die Gräfin
V. Finkenstein.
Gleichwohl ist es ein Irrthum, wenn man glaubt,
dass Tieck schon seit Beginn der dreissiger Jahre sich
vom Dresdner Theater so gut wie völlig zurückgezogen
habe. Die Mittheilungen von Caroline Bauer (Aus mei-
' — 460 —
nem Bühnenleben); denen wir hierin vertrauen dttrfen,
stellen es ganz ausser Zweifel^ dass Tieck noch im JiAie
1837 eine Stellung am Dresdner Theater einnahm, die bei
keiner Frage von nur einiger Wichtigkeit zu umgehen wtr,
dass er einen ununterbrochenen Einfluss auf die Entwiek-
lung desselben ausübte und überhaupt eine massgebende
Stimme bei allen zu treffenden Entscheidungen besass.
Wie wenig Tieck diesen Einfluss im Sinne der so-
genannten romantischen Schule auch in diesem Zeiträume
geltend machte ^ ergiebt ein Blick auf die Statistik der
Novitäten. Von Shakespeare finden wir nur ein einziges
Stück neu in Scene gesetzt: „Macbeth^ nach Schlegd's
Uebersetzung und in seiner Bearbeitung. Von Moreto
gleichfalls nur eins: „Die Macht des Blutes^. Von Grill-
parzer „Der Traum, ein Leben^ und „Medea^ Dagegen
nimmt Raupach, und zwar auf Tieck's Einfluss, eine be-
vorzugte Stellung ein. Vom November 1833 bis Hin
1836 wurden mit einer einzigen Ausnahme nur von die-
sem Dichter neue Trauerspiele (im Ganzen acht) gegeben^
was jedoch keineswegs auf einer besonderen Vorliebe
Tieck's beruhen konnte, da er Raupach den „Fortsinger
der Unmelodie'^ nennt und von ihm behauptet, dass er
kälter als alle Anderen, seine Compositionen aus Ver-
standesbegriffen herausklügle und rechne. Auch die Stttcke
der „Birch- Pfeiffer" lehnte er nicht vollständig ab. &
wollte einer jeden Zeit ihr Recht lassen.
Im Jahre 1834 eröffnete die Prinzessin Amalia von
Sachsen ihre dem modemeti gesellschaftlichen Leben ent^
nommenen, durch schlichte Wahrheit der Charakteristik
und glückliche Erfindung ausgezeichneten Stücke mit
dem Lustspiel ^Lüge und Wahrheit^, das einen glänzen-
den Erfolg hatte. * Das Jahr 1836 brachte das eiste
Stück von Halm: „Griseldis«. 1839 debütirte J. Mosen
' Es war mit gleichem Erfolge am 27. Februar zuerst in Beriis,
am 16. August dann aber auch in Dresden gegeben worden. Nock
— 461 —
mit „Otto ni.". 1840 leitete Gutzkow's „Richard Savage"
eine Reihe glänzender Btthnentrinmphe dieses Autors ein.
Von nenen dramatischen Autoren erschienen noch Maltitz
und Edaard Devrient. Im Lustspiele steht Bauemfeld
obenan. Daneben herrschte der französische 'Geschmack^
durch die Scribe'sche Schule vertreten. Die deutschen
Uebersetzer arbeiteten hierf tir mit ungeschwächten Kräf-
ten fort. Der Einfluss der Jungdeutschen, von Gutzkow's
Erfolgen angezogen ; suchte sich auch auf der Bühne
geltend zu machen. Die sociale und politische Tendenz
drang in das Schauspiel ein, mit ihr die Phrase, welche
einem rhetorischen Pathos, dem es jedoch noch nicht an
Feuer und an Zusammenhang mit dem Leben fehlte,
Vorschub leisteten. Schüler trat in den vierziger Jahren
wieder an die Spitze des Repertoires.
Erst in dem Jahre 1838 scheint Tieck sich mehr
und mehr von der Bühne zurückgezogen zu haben, ob-
schon er gerade in diesem Jahre auf Vortrag Lttttichau's
eine Erhöhung seines Gehaltes von 600 auf 800 Thlr.
bewilligt erhielt. Dies hängt mit dem Froject eines neuen
Theatergebäudes zusammen, gegen welches im Lttttichau-
achen Hause, von wo Tieck bisher wohl immer aufs
Nene die Anregung empfangen hatte, sich an den »An-
gelegenheiten des Theaters zu betheiligen, jedes andere
Interesse zeitweilig völlig zurücktreten mochte. Wenig-
stens ist nicht anzunehmen, dass Tieck sich der Vice-
direction des Hofrath Winkler während der hierdurch
veranlassten Abwesenheit Lüttichau's werde untergeord-
in demselben Jahre entstand: „Die Braut ans der Residenz". 1835:
»Der Verlobungsring«* und „Der Oheim*. 1836: „Die Fttrstenbraut",
^Der Landwirth*', „Der Zögling", »Das Fr&ulein vom Lande'*. 1837 :
„Der Unentschlossene", „Vetter Heinrich'*, „Der Pflegevater**. 1838 :
„Die (Jnbelesene**, „Der Majoratserbe ". 1839: „Die Stieftochter**.
1840: „Capit&n Fimewald'*. 1841: „Die Heimkehr des Sohnes**,
„Der alte Herr". 1843: „Der Siegelring**, „Regine". 1846: „Der
Brief ans der Schweiz*.
— 462 —
net liaben, und da diese Stellung; wenn auch vielleicht
nur nominell, am 1. Juli 1841 zu einer lebenslänglicheik
gemacht wnrde/ so ist es mehr als wahrsoheinlich, daas
Winkler auch in der Zwischenzeit einen gröeseien Eift-
flnss auf die Geschäfte gewann nnd Tieck seine TUttig^
kdt nur noch auf Bathschläge beschrSnkt haben wirS,
die ihm entweder selbst am Herzen lagen oder m deneM
er aufgefordert wurde.
Am Schiasse des Jahres 1832 waren Panli ind
Werdy des Amtes von Regisseuren enthoben nnd gkiok-
zeitig Carl Dittmarsch aus Riga (geb. 1790), Sota
eines beliebten Schauspielers daselbst/ mit dieser Std-
lang betraut worden^ in der er sich ununterbrochen bis im
Jahre 1864 erhielt. Gutzkow hat in seinen ^Rttckblicken*
Yon der Veranlassung zu diesen Veränderungen dse
wahre Mordgeschichte erzählt »Der KtlnsÜerkrek (des
Dresdner* Theaters) — heisst es darin — sah die Neue-
rungen (welche den Regierungsantritt des Herrn von
Lüttichau begleiteten) fOr eine Kränkung seiner Rechte
an und trat^ so erzählt man^ zu einer yVerschwOroBg'
zusammen. Es sollten nach und nach sich die Mitglieder in
einem solchen Grade krank oder derartig verhindert
stellen y dass der Intendant alle Augenblicke auf dem
Trocknen sitzen und der Königliche Hof immer von Au*
Schlagszetteln überrascht werden musste: ^Wegen einge —
tretener Hindemisse bleibt heute das Königliche Theatern
geschlossen/ Ein solches Ereigniss^ zwei- oder dreimaJi
nacheinander in Scene gesetzt; und der beliebteste Ofins^-
ling des Königs würde in eine andere Stelle versetast
worden sein." — „Der Isolani in dieser Verschwörung war
ein neu engagirter Schauspieler^ der aus dem rusnischeo
Deutschland gekommene Carl Dittmarsch.^ — „Die
■ Er betrat. 1806 im Alter von erst 16 Jahren die Bflhne muf
scheint anfangs zu Erwartungen berechtigt zu haben, die er später
nicht recht erfüllte.
— 463 —
BegiMenre wurden sofort vom wnthentbraimten Chef sus-
pcodirty einige Mitglieder ganz entlassen. Andere wurden
gektlodigt; Dittmarsch zum Regisseur erhoben.^ Schade
Bor, dass diese Verschwörung, wenn überhaupt, doch
onr im An&nge der Lttttichau'schen Verwaltung (wohin
^ GFutzkow in der That auch verlegt) einige Aussicht
anf £rfolg hätte haben können, und dass Dittmarsch erst
^^ l. August 1832, also acht Jahre später, in Dresden
^ Scliauspieler eintrat und wahrscheinlich ebenso wie
frflher Remie, nur in Rücksicht auf die Regie engagirt
^'^e, da ihm hierin eine langjährige Praxis zur Seite
>tend. Er begleitete vier Jahre in Augsburg und ebenso
^S^ in Magdeburg das Amt eines Oberregisseurs. Aus
^'^^ Bluter mitzutheilenden Stelle einer an Dawison ge-
richteten Rede Lttttichau's ergiebt sich, dass Uebergriffe
Pauli'« Veranlassung zu dieser Anstellung gaben. Lag
ihr aber wirklich, wie Gutzkow erzählt, eine Verschwörung
'^ Grunde, und hatte Dittmarsch den Isolani dabei gespielt,
■^^ Würde dieselbe doch nur gegen Tieck haben gerichtet
*^iii können. Doch lässt sich ein solches Verfahren kaum
^on Dittmarsch erwarten, der, wie selbst Gutzkow be-
^^lanen muss, ein Muster von Collegialität war.
Ohne Zweifel stand Dittmarsch bei Lüttichau in
*^*^iier Gunst; aber auch Tieck schenkte, wie es in dem
^^krologe des Erdteren (im Tagebuche des Königl. Sachs.
^ftlieaters) heisst, demselben besondere Beachtung. Dies
T^t sich ganz einfach daraus erklären, dass Dittmarsch
^^ gewissenhafter, emsig thätiger, leutseliger und dabei
^^^^ gefbgiger Beamter war, der keinen höheren Ehrgeiz
r^^Uite, als die Befehle und Anordnungen seines Chefs
der pünktlichsten Weise zu vollziehen. Für eine Ca-
P^Qität, welcher die geistige nnd ästhetische Leitung
f ^ Theaters anzuvertrauen sei, hat Lüttichau denselben
^^^Uials augesehen, wie dies sogar in einem, gelegentlich
^t" Anstellung Eduard Devrient's als Oberregisseur, dem
Könige unterbreiteten Vortrage geradezu ausgesprochen ist
— 464 —
Auch Dittmarsch selbst hat solche Prätensionen nienuds
gehabt.' So lange er aber einen geistigen Leiter noek
über sich hatte^ war er wirklich völlig am Platse. Seine
Unzulänglichkeit trat erst dann heryori wenn ihm die
ganze Leitung in die Hände gefallen war; doch bemerken
wjr nirgends von seiner Seite den Ehrgeiz, sich in solcher
Stellung behaupten zu wollen.
Im Jahre 1833 trat der Schauspieler Julias in Pension.
Er hatte das Unglück, zu rasch über den blendenderen
Erfolgen Becker's und Emil Devrient's vergessen la
werden. Der Letztere hatte sich bald durch den Zanber
seiner Persönlichkeit, durch massvolle Klugheit und ge-
legentliche Arroganz eine Stellung und einen Einfluss ixa
Dresdner Theater erworben, mit dem sein nicht minder
ehrgeiziger, aber dabei eitler und aufbrausender Brnder
zuerst in Gonflict gerieth. Tieck wollte das Talent d^*
selben in der Weise benützen, dass Carl in das Fach der
sogenannten HeldeDväter übergehen und seinem Broder
die jugendlichen Liebhaber und Helden ganz ttberlissefi
sollte. Auch zeigte sich Carl dazu anfangs geneigt, docl*
kam CS zu keinem vollen Entschlüsse. Was mau zu yer«-
hindern gesucht hatte, den Ausbruch feindseliger Eifer*
sucht, das sollte nun um so schärfer hervortreten. Di^
Einflüsterungen Dritter, zu denen, nach Herm. v. Friesen^
besonders Pauli gehörte, schürten das Feuer noch heftiger
an. Herrn, v. Friesen geht in seiner Darstellung so weit,
zu behaupten y dass Emil Devrient Lüttichau gewisser-
massen die Alternative gestellt habe, sich zwischen ihm
und seinem Bruder zu entscheiden, worauf dieser dann
seine Entlassung erhielt In den Acten stellen sich diese
Verhältnisse aber ganz anders dar. Carl Devrient hatte
schon immer vielfache Einwendungen gegen die Bollen
» „Dittmarsch selbst — sagt Gutzkow S. 801 — wtr als Leiter
des Ganzen an sich ohne Ehrgeiz." Dann S. 299: „Wenn gel^^
Männer sprachen, trat er noch mehr, als nöthig, surfick. £r be-
gnügte sich mit kleinen, wirksamen Rollen, Episoden.*
— 465 —
erhoben, welche die General-Direction ihm Übertrag, und
gewiss ist, dass auch Lüttichau ihn zu bestimmen suchte,
in das Fach der älteren Helden und Charakterrollen ttber-
Ntreten. Im Jahre 1833 schickte nun Devrient die ihm
Udier zugesandten älteren Rollen zurück und drohte, wie
lebon öfter geschah, mit seinem Weggange. Bald darauf
hQien wir ihn aber wieder einen einlenkendcren Ton
UMchlagen. Er bittet jetzt Lüttichau sogar selbst um
lie Rolle des Witteisbach, als um eine besondere Ver-
^ustigung, die ihm dieser auch umgehend zusendet,
gespielt hat er sie gleichwohl dann nicht Im Jahre
^834 sind Unterhandlungen wegen eines neuen Engage-
Mnts im Zuge. Devrient erhebt verschiedene Ford«, rungen,
toter Anderem ein Spielhonorar von 10 Thlr. für jede
iltere Rolle. Lüttichau bewilligt fast Alles, nur das Spiel-
lOBorar schlägt er aus ; besteht aber darauf, dass Deyrient
1^ der Folge jede Rolle, welche ihm übertragen werde,
öiweigerlich spiele. Devrient fügt sich auch hierein, und
^^ auf lOjährigos Engagement und eine Pension von
^Thlr. lautende Gontract ist bereits von ihm unter-
^hrieben. Es bedarf nur noch der Eönigl. Genehmigung,
^ aber in allen wesentlichen Punkten auch schon ge-
*krt worden war. Von einer Verdrängung Carl's durch
"^ ist also bei diesem Allen entfernt nicht die Rede.
^^ hätte die General-Direction Jenem wohl sonst einen
^ Weitsichtigen Gontract bewilligen können? Da trat
*^ im Momente des Abschlusses ein ganz neues Bedenken
^U, welches aus dem eben wieder zu hoher Spannung
•kommenen Verhältnisse Carl Devricnt's zu seiner ge-
■^edenen Frau, der Sängerin Sohföder- Devrient, ent-
^tliiig, einem Verhältnisse, welclies bisher weder ihn,
^h sie in den Beziehungen zu dem Königl. Theater ge-
*rt hatte. Die Schröder- Devrient, welcher durch
^^bterliche Entscheidung das Rocht auf die Kinder ent-
^gen worden war, bezeigte plötzlich ein so heftiges
^erlangen nach ihnen, dass sie die Weigerung ihres ge-
80
- 4m —
scliicdeiien Gattdi, ihr dieselben auoli nur bcsiiclisweis?
zu überlassen, in die heftigste Aufregung versetzte, was
unter Anderem zur Folge hatte, dass eine Probe zur Oper
^Anna Bolena^ ganz gestört wurde und Morlacchi emsttiche
Vorstellungen bei der General -Direction 4im Abstellimg
dieser den Gesundheitszustand der ersten Sängerin des
Theaters gefährdenden Verhältnisse erhob. Lflttichausebrieb
in seiner gewohnten humanen Weise sofort an den Sieh-
walter Carl Devrienf s und empfahl diesem ein CompromisB,
welches tUr beide Theile annehmbar schien. Devriea^
sollte der Mutter alle Sonntage ihre Kinder auf ein ^ult
Stunden ins Haus senden und diese sich in einer si^
nicht compromittirenden Form verpflichten, innerhalb diesev
Zeit niemals andere Besuche zu empfangen. — Die di^"
über eine kurze Zeit schwebenden Verhandlungen schei-
terten an Devrient's Hartnäckigkeit, und Ltittichaa glaub^^
sich nun nicht anders helfen zu können, als indem er
den von ihm noch nicht unterschriebenen Contract
Clausel aufnahm, welche ihn gegen derartige Störong^o
sichern sollte. Devrient wies dieses Ansinnen, welche^»
in seine bürgerliche Freiheit eingreifend, ganz neue
dingungen in eine, wie er es auffasste, fest abgeschlossei
Uebereinkunft brachte, mit Heftigkeit, ja mit £ntrttstaii£r
zurück und bestand auf seinem früheren Contract, dessexB
Vollziehung, wie er behauptete, mündlich zugesichert
worden sei. Der Fall lag allerdings kritisch. FormelJ
war die Gcneral-Direction wohl im Rechte, dem Sinn^
der früheren Verabredung nach vielleicht nicht. Ein
Königliches Rescript, welches die Lüttichau'sche Clansei
verwarf, entschied sich für ein einjähriges Engagement.
Die hierüber gepflogenen Unterhandlungen reizten aber
Devrient so zur Ungeduld, dass er nur noch um die Bann-
herzigkeit l)at, ihn mit allen ferneren Weitläufigkeiten
zu verschonen und als Beweis, dass alle seine Verbindlich-
keiten gelöst seien, ihm den Schein ftir das Passbllrean
zuzusenden , „damit er in zwei Tagen abreisen könne'
In der Tbst erhi«U er onn ftn«li, nod wie <
seiner Eattänschnng, die gewBoschte sofortige Entlassung.
So QD^ättliD aofbraasead wie C&rl Derrient aber war,
ebenso rascb kam er ancli meist wieder zitr BesinnuDg.'
Nor kurze Zeit später sali er die Sache, wie er aa
Lsttichan schreibt, ans einem rnliigeren Geskbtspiinkle
an. Er begreift, dass dieser sich nicht anders hier habe
entscheidet] können, wo es sich nm die Wahl zwischen
ilim nnd einer Kraft wie die seiner geschiedenen Frau
gehtindeU habe. Auch habe es ihm fern gelegen, diese
tu ihrer Stellang yerdrängen zo wollen, vielmehr sei
M ihm gerade ein Trost, dass selbst sein Ausscheiden
dem Institntc, dem er so lange gedient, durch die Er-
hallnng eiües solchen Talents noch nützlich werde. Er
Wttet hierauf um die zeitweilige Ueberlassung einiger
Tleatcrcostöme, deren er zu seinen Gastspielet) bedürfe.
nnd empfiehlt sich der Fortdauer des Wohlwollens seines
frlllierea Chefs, von dem er so viele Beweise besitze.
I^ltichan bewilligt ihm sofort die CoslUme, und obschon
»pätere Versuche der Familie, welche die BUekkehr Carl
DevrienfB in seine Dresdner Stellnug zum Zwecke hatten,
frnchllos blieben, so erhielt sich doch fort und fort ein
wohlwollendes Verhältniss zwischen diesem und LUttichau,
''iesich ans den wiederholten Gastspielen dieses Künstlers
in Dresden ergiebt.
Wenn sich nun hiemach genügend herausstellt, dass
Cwl Devrient's Abgang nicht nnmittelbar dnrch das Ver-
hSItniia zn seinem Bruder Emil bedingt war, so ergiebt
' Hierihr möge ein Vorfall aus den 20er Jahren als Beleg
^ea. Devrieiit Ustte sitli bei einer Vorätellimg dazu hiureissüii
■"sen, im Zwiscbentu:!« heran siutrelen udJ das Publicum in nii-
"•mlicher Weise mauredeo. Die Folge war. dias et das nftchate
M"l bei seinem Auftreten mit Pochen und Zisohen empfangen wurde,
Er forderte sofort seine Entlaaaung; diese wurde ihm jedoch uitht
"Of Ttnreigert, sondern sogar angeordnet, dass er vor seinem n.
Auftreten das Publicnm um Entschuldigung bu bitten habe, '
'^ Jenn auch wirlilich ebenso rascb wieder herbeiliess.
30'
— 468 -
sich ans folgendem Vorfall, dass Letzterer um diese Zeü
den weitreichenden EinflnsS; welcher ihm hiema/eh sekoi
beigemessen werden mttsste^ zn dieser Zeit ttberhanpt
noch nicht besascf, sondern sich ihn nnd zwar in ziesdieh
gewaltsamer Weise erst zn erkämpfen suchen mnssta
Nachdem Emil Devrient sich im Jahre 1836 tber
Zurücksetzung bei Vertheilung der Bollen beklagt und
unter Anderem darum nachgesucht hatte, ihn tod.
einer neuerlich erhaltenen Bolle zu entbinden, was ilua
auch gewährt worden war^ richtete derselbe kune Zdt^
später in ähnlicher Angelegenheit einen entschiedenen.
Beschwerdebrief an Herrn y. Lüttichau, worin er erkllrte,
eine ihm neuerdings zugesandte Bolle (den König in deiD^
Berger'schen Lustspiel »Die Bastille^) als seinem kinit—
Icrischen Wirken unangemessen und als dritte R<dL^
seines Faches im Stttcke — auf keinen Fall spielen zi*
wollen; daher er auch bei keiner Probe desselben e^-
scheinen werde. Der Brief schloss: „Dass dies die FrQclit^
meiner gerechten Klagen über jahrelange nnangemessexme
Beschäftigung sein würden^ konnte ich so wenig denken^
als die mir noch nicht widerfahrene Art der Nichtachtiuȣr
empfindlich sein musS; mit der sich Ew. Excellenz in dieser
Sache gegen mich benehmen. (Lütticbau sollte ihm nämlicb
bei mündlicher Anfrage in dieser Angelegenheit zweimal ein^
ausweichende Antwort gegeben haben.) Lüttichau liess sieb
in Folge hiervon von Pauli, Werdy und Bnrmeister, ohne
sie vorher von dem Vorfall zu verständigen, Besetzung»-
listen des betroffenden Stücks ausfertigen. Burmeister
und Werdy theilten dabei Devrient die Bolle des König»*
Pauli dagegen die des Beaufort zu. Auch wurden hieroaf
die drei genannten Schauspieler befragt, ob die Roll**
des Königs lür Herrn Devri.^nt eine unangemessene Be-
schäftigung st'i, was sie sämmtlich verneinten. Lttttich&i»
sclirleb nun an Devrient: „OhneraeUtet Gesetz und Coa*
tract Sic verpflichten, die Ihnen ertheilten Bollen dD'
weigerlich zu spielen, so will ich dennoch in Betracht
- 469 -
Ibrer in Ihrem letzten Schreiben za erkennen gegebenen
mondischen Aufregung von dem Rechte der Generaldirection
Air diesmal keinen Gebrauch machen^ in der Ueberzeugung,
dass Sie künftig ähnliche Schritte ernstlichst vermeiden
und selbst fllhlen werden ^ wie wenig die von Ihnen ge-
zeigte Denkungsweise meine Zufriedenheit erreichen kann
vnd dem Gedeihen des hiesigen Ettnstlervereins ange-
messen ist." Worauf er ihm noch das Resultat der an
Pauli, Burmeister und Werdy ergangenen Fragen mit-
theilte. — Deyrient >vies aber in einer brüsken Erwiderung
^6 ihm zu Theil gewordene „Gnadengewährung^ zurück.
— & verlangte es durchaus nur als Recht, ausschliesslich
^i*8te Rollen zugetheilt zu erhalten, und forderte dafür
S^radezu eine Sicherstellung, wenn er noch länger Mit-
glied der Bühne bleiben solle. Am 4. März 1839 traf
^ine neue Klage Devrient's über Mangel an angemessener
Beschäftigung bei der General -Direction ein, in der er
l^^bauptete, in dem neuen Jahre erst eine einzige neue
and zwar kleine Rolle erhalten zu haben. Er fordert
i^tet» seinem Anstellungsdecrete einen Paragraphen zuzu-
^gen, der ihm die eines Schauspielers erster Rollen
^"^i^ige Beschäftigung sichere, und ihn zugleich von einer
^zahl unbedeutender Rollen zu entbinden ^ wenn aber
^<^ht, „ihm die Entlassung aus dem Dienste seiues aller-
Siiftdigsten Königs (er war lebenslänglich engagirt) zu er-
®*^irken" Schon am 9. März war LUttichau auf diese
'Orderung im Principe eingegangen. Dem darüber am
*• April gemachten Vortrage fügte er aber, ausser dem
^on Devrient selbst verfassten Zusatzparagraphen, zu
*^ioer Rechtfertigung auch noch ein Verzeichniss aller
^^Denigen Rollen bei, welche Devrient sowohl während
^ioes Engagements neu zuertheilt erhalten, als welche
^'^ Überhaupt innerhalb desselben gespielt hatte, und be-
'"^^i'kte dazu, „dass er sich mit dem ruhigen Bewusstsein
^*rauf beziehen könne, redlich Alles gethan zu haben,
^M in seinen Kräften stand, um diesen Künstler nicht
_ 470 —
nur in der Gunst des Publicums zu erhalten^ sondern ihn
auch noch durch Ertheilung ausgezeichneter Bollen höher
darin zu stellen ^ und vielfache Beweise gegeben^ wie er
bei jeder Gelegenheit gern bereit gewesen sei^ seine billigen
Wünsche zu erfüllen, ja selbst seinen Künstlerlaunen inBe*
rücksichtigung seiner reizbaren Gesundheit nachzugeben** -
Der von Deyrient formulirte Zusatz-Paragraph aber
lautete:
»Von der General-Direction wird Herrn Devrient die
Zusicherung ertheilt, dass ihm; so lange er durch phynBcbe
wie geistige Mittel noch hinreichend befähigt ist^ nur solche
Rollen im Trauer- ^ Schau- und Lustspiele ttbertngeo
werden sollen, welche sich in ihrem an sich betrachtetest
Werthe als erste und bedeutende Rollen herausstellen. AJ^
Masstab desfallsigor Erörterung werden von der General-
Direction dabei folgende Rollen, wie:
im Trauerspiele: Hamlet, Orest, Tasso, Enzio, Etbel-
wood, Posa;
im Schauspiele: Bar. Wallenfold, Harleigh, Landwirtb^
Felix in den Sergeanten, Philipp Brock, Sancho Pere« ;
im Lustspiele: Richard Wanderer, Gluthen, Aubry i^
der Scheidung, Baron von Ellerbrunn
angenommen, und wo diese kein sicheres Resultat ge-
währen sollten, würde die General-Direction durch gegen-
seitiges Uebereinkommen die freiwillige Uebemahme solcher
Rollen zu bewirken suchen." — Das Verzeichniss der
Rollen, von denen Devrient dispensirt sein wollte, bestand
aus folgenden:
Robert in Die Gebrüder Forster.
Waldberg „ Welche ist die Braut.
Adolph „ Die Männerschule.
Arthur „ Die Vorleserin.
Arbel ,, Marie.
Robert ^ König Konradin.
Junker „ PfeflFerrösel.
Bemard „ Michel Perrin.
— 471 —
obwohl ans diesem Verzeichnisse allein schon das
; Unberechtigte der Devrient'schen Beschwerden
irging, wurde dem Künstler durch die Königliche
ation doch fast Alles zu Theil, was er forderte, unter
einzigen Einschränkung , dass die Entscheidung, ob
Rolle in die im Contract stipulirten Kategorien ge-
lediglich der General -Direction zustehen solle.
Ss war hierdurch eine Ausnahmestellung geschaffen,
le es allein schon hindern musste, dass ftlr das Fach
zweiten Liebhabers und jugendlichen Heldenspielers
bedeutendere Kraft zu gewinnen war, wobei noch
iklich blieb y dass der erste Darsteller der Bühne
Rolle nicht mehr nach der Bedeutung, die sie im
e hatte, sondern nur nach dem, was sie an sich war,
also nach der Bedeutung würdigte, die sie für die
ispielerische Virtuosität hatte,
^on diesem Momente an datirt mithin der Anfang
ominirenden Einflusses, welchen dieser Künstler au-
ch am Dresdner Uoftheater gewann, sowie auch der
lg des Virtuoseuthums, welches sich hier in der Folge
sbilden sollte.
r^on den Erwerbungen an Darstellnngskräften in
Zeitraum von 1832 bis zur Eröffnung des neuen
ers (1841) hebe ich folgende hervor. 1833: das
tar Rettich aus Wien und den Schauspieler Porth.
'riedrieh Wilhelm Porth^ geb. 1800 zu Stettin, von
atur nicht eben mit glänzenden Mitteln ausgestattet,
ukte das, was er geworden, der Begeisterung, mit
T seinen Beruf ergriff, dem unermüdlichen Fleiss
1er Energie, mit welcher er jene Mittel zu steigern
iuszubilden strebte. Sein Organ war weder wohl-
ind, noch umfangreich, seine äussere Erscheinung,
an wohlgebildet, doch nicht gerade bestechend. Gleich-
urthciltc schon Tieck, dass er, an die rechte Stelle
;t, in seiner Kunst etwas Vortreffliches leisten könne,
eser Stelle stand er nicht immer — wo es aber der
472 -
Fall war, brachte er auch diesen Aussprach za Ehren.
Er war vorzüglich als Verrina; Alba (Egmont), Tartnffe,
Ben Akiba; Claudius und ähnlichen Bollen. Im Lnstqriel
fehlte es ihm an Herzlichkeit und wahrem Hnmor, in
grossen leidenschaftlichen Rollen am ächten Pathos. Kate,
schleichende Charaktere konnte er meisterhaft daisteUea-
Im folgenden Jahre (1834) trat noch FerdiBUid.
Heckscher (geb. 1806 in Berlin) hinzu, ein Schauspieler,
dessen Rollenkreis ganz durch seine individuelle PersGDlkb'
keit bestimmt und hierdurch beschränkt war^ doch glanbe
ich, dass er sich durch Fleiss wohl hätte erweitem laaseo-
Er war ohne Zweifel ein brauchbarer Schauspieler; d»8
Lob und der Beifall; den man ihm aber von verschiedenen
Seiten gezollt , ist mir immer etwas ttberschwängUch er-
schienen.
Eine überaus liebenswürdige; gewinnende Erschemmig
war Caroline Bauer (geb. 1808 zu Heidelberg). Die
Tochter eines badischen Rittmeisters, der bei Aspem ge-
fallen war, hatte sie eine sorgl'ältige Erziehung genofisco.
Einem unbesieglichen Drange folgend; bestieg siC; den Wi-
derstand ihrer Familie überwindend; schon mit 14 Jaliren f/j
die Btilme. Ihre erste Rolle war die Margarethe in Iffland's
Hagestolzen. Mit reichen Anlagen des Geistes und Henens
ausgestattet; mit einer anmutliig edlen Erscheinung bc^M,
gewann sie sich überall, wo sie hinkam, die Herzen and
gcnoss durch eine Reihe glänzender Gastspiele schon eimi
weithin verbreiteten RufS; als sie 1835 in den Verband
des Dresdner Hoftheaters trat. Sie zeichnete sich ebenso
sehr in munteren, «clialkhai'ten, wie in sentimentalen und
Anstandsrollen aus. Ihr eigentliches Gebiet war das
Lustspiel und das feinere Conversationsstück. Ihr Spid
hatte bei grosser Einfachheit etwas Glänzendes und dareb
Anmutb Gewinnendes. Sie beherrschte vollkomuK-n den
Ton und die Formen der vornehmen Welt und verstand
Eleganz mit ächter AVeiblichkeit zu verbinden, so dass sie
sich überall als das Muster eines feinen Geschmacks zeigte.
- 473 —
Auch Carl Theodor Weymar (geb. 1803 zu Magde-
burg), der Sohn eines Kaufmanns, folgte gegen den
Willen der Eltern seinem leidenschaftlichen Triebe zur
Btthne. Er debtitirte 1820 in Altona, kam später nach
GmicI und folgte 1835 einer Berufung nach Dresden.
£r hatte das jüngere Heldenfach zu vertreten, und so
I^oge es sich dabei nicht um schärfer ausgeprägte Charak-
^ristik; um den Ausdruck dämonischer Leidenschaft
^ndelte, sondern die Gestalt eine Zeichnung von all-
ff^oieineren Linien vertrug, war er sehr lobenswerth.
**eider wurde er seinem Wirkungskreise schon Ende 1839
^^Uth einen Schlaganfall plötzlich entrissen, nachdem er
^^ir eben fUr die Regie des Schauspiels in Aussicht ge-
kommen worden war.
Das Jahr 1837 brachte in Fräulein Anschütz, der
••^Ochter des berühmten Anschütz in Wien, eine überaus
^^dehende Bühnenerscheinung. Ihr anmuthiges Talent
Sollte jedoch hier nicht zu voller Entwicklung kommen,
^la sie schon 1841 Dresden wieder verliess.
Von grosser Wichtigkeit für die Bühne wurde da-
S'egen 1839 das Engagement des Komikers Räder, der
^H der Folge einen bedeutenden, doch nicht immer glück-
Uehen Einfiuss gewinnen sollte. Oustav Rüder, 1811 zu
Breslau geboren, war ohne Zweifel eine ganz ausserge-
Wöhnliche komische Kraft. Leider hatte sich derselbe
aber last nur auf das Aeusserliche der Erscheinungen
geworfen. Wo dies genügte, war er vortrefflich. Einer
tieferen Auffassung, einer sorgfältig motivirten Entwicklung
der Charaktere war er, wenn auch vielleicht fähig, so
doch nicht geneigt, daher seine Charakteristik nicht selten
schon in den ersten Seenon erschöpft war. Manche Rollen,
die er anfänglich sehr glücklich spielte, litten später durch
immer gesteigerte Uebi rtreibung. So erinnere ich mich
mit grossem Vergnügen seiner frühesten Darstellungen des
Bürgermeisters in Lortziug's Czar und Zimmermann, des
Bartolo im Barbier von Sevilla, des Peter in Soliö's Gc-
-. 474 —
heimniss, des Mengler in Endlich hat er es doch gut ge-
macht etc. Er gehörte ohne Zweifel zu den beliebtesten
]ffitgliedern der Bühne und übte lange eine grosse An-
ziehungskraft aas. — Das Jahr 1840 brachte dem Theater
in dem Schaaspieler Schöpe einen freilich nicht yollwiegen-
den Ersatz für den verstorbenen Weymar.
Von Gastspielen seien hervorgehoben : die des Schao-
Spielers Anschütz (1833, 37 u, 38) nnd von Sophie
Schröder aus Wien (1839/40), von Mad. Brede ans
Stuttgart (1833/34), von Jost aus Hamburg (1833), von
dem Ehepaar H o 1 1 e i aus Breslau (1836) und von Lebrnn
aus Hannover (1837). Auch «gaben französische Scban-
spielergesellschaften Gastspiele, so 1832 die Berliner Ge-
sellschaft, 1833 eine Pariser Gesellschaft unter Alexandre^
1837 die Berliner Gesellschaft unter Deligny und 1840
unter Delcour.
Ueberblicken wir die Leistungen des eben durch-
schrittenen Zeitabschnitts, so fällt zunächst in die Aagen,
dass man sich die Aufgaben allmählich etwas niedriger
stellte, dass man die Darstellung grosser Gonfliete und
Leidenschaften mehr und mehr wieder mied, dass die
alte, auf Naturwahrheit und darum auf individuelle Cba-
rakterisirung ausgehende Spielweise der sogenannten
idealistischen das Feld räumte, dass es dieser aber nocb
keineswegs an innerem Leben, am Schwünge achter Be-
geisterung gebrach, und dass endlich in den letzten Jabren
auch schon einzelne frei gewordene Fächer eine schwächer
werdende Besetzung fanden.
Die Oper unter Reissiger.
Terindenugen im Gesehmaeke. — Wilhelmine Sehröder-
DeiTlent« — !¥eiie Erwerbongen. — Joseph Tiehatseheek. ~ Re-
pertoire« — Terftnderangen in der Kapelle. — Bildnng eines
Ballet«. — Ber Bau des nenen Theaters« — Absehied Tom
alten Hanse«
Der endliche Sieg der deutschen Oper über die
italienische hatte, wie ich schon sagte , nicht die Be-
dentnng; dass fortan nur deutsche Opern, noch dass anch
nnr Opern in deutscher Sprache gegeben werden sollten.
Die deutsche Oper ttbemahm vielmehr jetzt selber die Pflege
der italienischen, wie sie dies schon vorher mit der fran-
«(ysischen gethan — auch wurden bis zum Jahre 1847
noch einzelne Opern m italienischer Sprache gegeben.
Wie die deutsche Oper, war auch die französische
und die italienische nicht ganz unberührt von dem roman-
tischen Zuge der Zeit geblieben. Er übte aber hier und
dort sehr verschiedene Wirkungen aus. Während es in
Italien hauptsächlich die ernste Oper war, welche unter
dem Einfluss der französischen Romantik einen neuen
Aufschwung nahm, der hauptsächlich durch Bellini re-
präsentirt wird, behielt die französische Oper zwar im
Wesentlichen die von Boieldieu vorgezeichnete Richtung
bei, indem sie den von der Scribe'schen Schule aus-
gehenden Einflüssen nachgab, die selbst von der Oberfläche
jener romantischen Strömung nur leicht berührt worden
war. Sie fand den glänzendsten ihrer Vertreter in Auber. —
Der romantische Einfluss der iZeit war mithin auf die
- 476 —
italienische Oper ein ungleich stärkerer als auf die franzö-
sische. Indem Bellini den Empfindungsaasdrack m
Aufgabe der Melodie machte, gelang es ihm, Rossini theib
zu verdrängen^ welcher nur sinnlichen Reiz darin gesucht
hatte^ theils zu bestimmen, ähnliche Wege zu gehen. Zwar
war die Empfindung der Bellini'schen Musik, wie sehr
sie auch nach leidenschaftlichem Ausdrucke rang, docb
keine tiefe. Sie war von einem nur weichen, weichlichen,
sich selbst geniessenden, ja in sich schwelgenden Charakteri
und der heroische Aufschwung, den sie dazwischen fi
nehmen suchte, war meist nur bombastiscb. Die Bellim'iehe
Musik übte daher zwar eine überaus glänzende, doch
nur kurze Herrschaft aus. Donizetti führte die von Bellini
gegründete Schule mit etwas freierem, kräftigerem nnd
heitrerem Geiste weiter fort.
Auch Auber hat keine Tiefe — er ist sogar nicht
völlig frei von Frivolität. Doch ist diese dann immtr
durch Geist und durch Grazie gemildert. Seine Mnsk
ist sehr ungleich, mehr naiv als sentimental, fast inuner
gesund und voll ächter Heiterheit, zuweilen selbst innij.
Eine von der Victor Hugo'schcn Romantik beeinfluatc
oder doch ihr verwandte Richtung wurde gleichzeitig von
Herold und Halevy anzubahnen versucht. Rossini ßchnf
unter diesen französischen Einflüssen , und zwar nur ein
Jahr nach Auber's „Stumme von Portici", seinen „Wilhehn
Teil". In beiden Werken warfen die kommenden politischen
Ereignisse ihren Scliatten voraus, da sie gleichsam vom
Zeitgeist inspirirt waren.
In Deutschland blieben Weber und Spohr noch fllr
länger massgebend auf drm Gebiete der Oper. Die Nach-
folger waren aber meist schwächlich, odir doch ohne
genügende Erfindungskraft und frischen sinnlichen Reix.
Marse hner war nicht nur weitaus der bedeutendste,
sondern auch eine wahrhaft bedeutende Kraft. Seine
Musik ist in seinen besten Werken von einer Ursprttng-
lichkeit und Eigenartigkeit, dass man fast glauben könnte,
— 477 -
er mtlMtc seinen Weg auch obne seine Vorbilder gefunden
haben. Sein Golorit ist ihm ganz eigenthtlmlich. Aneh
ist es hier und da historiseher als das seiner Vorgänger^
«eine Charakteristik fast tiefer ^ seine Melodie ebenso
Tolksthtimlich und doch dabei ganz sein (feigen. Er hatte
weder den Glanz und die Heiterkeit der Weber'schen
Begeisterung; noch den Umfang von dessen Talent und
Geist Sein Gebiet war ein ungleich engeres und darum
auch leichter erschöpft. Von seinen vielen Opern haben
sich heute nur noch zwei erhalten^ zwei Werke allerdings
Ton anscheinend bleibendem Werthe.
Wohl würde die deutsche Oper dieser Periode ein
Tiel reicheres Bild darbieten, wenn nicht gerade einige der
grOsstai musikalischen Talente der Zeit ihr so gut wie
völlig verloren gegangen wären. Mendelssohn^ Schubert,
Schumann — weil sie den Schwerpunkt ihres Talents nicht
auf die Btthne verlegten ; Meyerbeer, weil er, obschon er dies
that^ doch mit bewusster Wahl sich abwechselnd unter den
Einfluss und die Vorbilder von Italienern und Franzosen stellte
und mehr darauf ausging, an der Spitze der musikalischen
Bewegung der ganzen Zeit, als an der des deutschen
Geistes zu stehen. Wir wissen, dass es ihm schliesslich
gelang, fUr länger der Beherrscher der Pariser grossen
Oper zu werden. In ihm kam der Geist französischer
Romantik und Modernität in der Musik zu bedeutendstem
Ausdruck. Seine Musik ist nicht ohne deutsches Leben
und deutsche Empfindung, aber in seinen besten Werken
scheint er doch mehr Franzose als Deutscher zu sein,
und wollte dies sicher auch scheinen.
Die Zeitumstände, welche in Dresden den Sieg der
deutschen Oper hauptsächlich herbeigeführt hatten, be-
günstigten auch zunächst noch ihren weiteren Aufschwung.
Fast einen grösseren Antheil aber hatte hieran die
Sängerin, die mau wieder zu gewinnen das Glück hatte,
nachdem sie in den letzten zwei Jahren in den beiden
Weltstädten Paris und London, im Kampf mit der Blüthe
^ 478 —
und dem Stolze der italienischen Oper^ dem Geniufl der
deutschen Musik zum Siege verholfen hatte — Wilhehnme
Schröder-Devrient. „Seht diese Frau — hatte ein Pariser
Berichtstatter damals geschrieben, — die der Hinund
eigens dazu gemacht zu haben scheint, Beethoven's FideUo
zu yerwirklichen. Sie singt nicht, wie andere Kttnefler
singen, sie spricht nicht, wie wir es gewöhnt sind, ihr
Spiel ist den Regeln der Kunst durchaus nicht angemessen;
es ist, als wttsste sie gar nicht, dass sie auf der Bfllme
steht. Sie singt mehr mit der Seele als mit der Stimme;
ihre Töne kommen mehr aus dem Herzen als aus der
Kehle, sie vergisst das Publicum, sie yergisst sich selbst,
um ganz in dem Wesen aufisugehen, welches sie dar-
stellt.^ '• Mit dem Besitze dieser Sängerin war die Dresdner
•
* Die Schröder -Dement hatte im Februar 1S81 die Zahlong
des ersten fällig gewordenen Termins an die Gasse des Ktai^
Hoftheaters in Dresden bewirkt, welche aber znn&chat nur die ikr
gewordenen Vorschüsse aasglich. Lüttichau drückt ihr im Mftn leiae
Freude darüber aus ; ,,doch bekenne ich offen — ftigt er hiniO) —
dass es mir den persönlichen Verlust leider nicht ersetzen km,
wie überhaupt, wenn auch Ihr Fach hier bereits wieder besetit iit,
ich Sie doch für die Person hier stets vermissen werde.* Schon
vor Juni d. J., in welchem eine weitere Zahlung von 2000 Thlr. flllig
wurde, hatte die Devrient, welche die Träume von einem Engagement
in Paris angesichts der sie hier erwartenden Schwierigkeiten vokl
aufgegeben haben mochte, Lüttichau ihre Geneigtheit zu nenen Unter-
handlungen zu erkennen gegeben. Dieser ging sofort darauf ön.
Die Devrient forderte einen 10jährigen Contract mit 5000 Thlr.
jährlichem Gehalt, 1000 Thlr. Benefiz und 3 Monate Urlaub. Lfittidiis
vermochte ihr jedoch keinen höheren Gehalt als 4000 Thlr. zn er-
wirken. Nach wenigen Verhandlungen ging auch die Schröder-Deviient
auf diese Bedingungen ein, und wie es scheint, mag die Sehnsocht
nach ihren Kindern nicht wenig hierzu mit beigetragen haben. —
Bis dahin war die Rückzahlung der Conventionalstrafe gar nickt be-
rührt worden. Die Königliche Genehmigimg des neuen Contractu
wurde aber ausdrücklich hieran gebunden. Obschon sie directe
Gnadengesuche machte und diese von Lüttichau sehr warm nnte^
stützt wurden, blieb es doch bei der ersten König! Entscheidoof.
Die Contractbrüchigkeit der bis dahin mit so vielen Beweisen der
— 479 -
»er bei ihren Ubrig'en Mitlein mit einmal auf die Höbe
r ersten Opern Enropas gehobea. Ohne Zweifel hatte
die Devrient scbon damala ein bohea liewnsBteein ihres
Werthe, and machte denselben auch geltend, allein sie
war wenigstens irti von der klcinlicben Fureht vor dem
Erfolge eines anderen bedeutenden Talents. Sic besass
noch jene höcbste Besebeidenbeit, nicbt zu vergessen, dass
nie im Dienste der Kunst tind des Kunstwerks stand.
Daber ihr nicbt bloss der eigene, sondern der Erfolg des
Ganzen am Herzen lag. FUr diese freie Grösse, welche
die Scbröder-De\Tient wenigstens in dieser Epoche noch
auszeichnete, legt die Liebe nnd Verehrung vollgültiges
Zengniss ab, die ihr von ihren Collegen entgegengebracht
wurde- Als nach der ersten AufTUbrung von Meycrbeer's
KOnigiUchcD Unnst ansgezeichneten Sängerin mochte zn tief rertetit
titben, ja es scheint, das« der Ksnig nur ungern di? erneute An-
MelloDg derselben saii, da die Verhandlnngeo darUber auf Künigl.
Befehl eine Zeit lang gaoi: nuterbrochen worden. Die Schröder-
I<«ment frigte 3ii:b auch diesen Bedingungen. Ein Beweis, was von
il«R nirectionen der grossen Theater den sich ins Masslose steigernden
Fordemngen der verwöhnten Künstler gegenüber mit Festigkeit hätte
«fwichi werden können!
^b^^^ Andererseits muss aber beunt «erden, dass die Devrieut das
^^■^^bbrollen , welches ihr Lüttichau bewiesen hatte und noch femer
^^^^Pfes, nicht immer dankbar vergalt, daas sie die von von ihr Uber-
^^^HBttaenen Verp&ii^l>tungen wiederholt aus den Angeu setzte und
^BB Qhrigen Mitgliedern des Theaters hierdurch ein verderbliches
.f**I»iel gab. Schon im März 1S3R, das ist also nur 6 Monate nach
"V**»* ersten Wiederauftreten, gab gie Lottichau xn folgender Zu-
lÜ^^Xt Veranlassung: „Ihre soeben erhaltenen Zeilen rechtfertigen
^^ A-nf keine Weise, denn Sie missbrauchen meine Qaie und die
^ie bisher genommenen Bücksichten auf eine Weise, die ich
Z^^*» nicht zugetraut halte. Ich habe Ihren Vorstellungen, dass
^^^■«r versprochenen Zeit in London eintreffen müssten, ausserdem
~| ^^^nen Strafe kostete, und Ihren dringenden Bitten nachgegeben,
™^^»ttlier als vor Ablauf dieses Monats von hier abreisen zu lassen,
™* nmi benutzen Sie dies, um in Leipzig dreimal in der Woche
fingen, nachdem Sie vor Kurzem meine Unzufriedenheit darüber
''»Od eititnal versucht; bitten sich auch noch die Garderohe von
-- 480 -
Hugenotten der anwesende Gomponist mit den Darstellen
gerufen und bei seinem Erscheinen von der Schröder*
Devrient mit Lorbeer bekränzt wnrde, trat Tichatseheek,
welcher bekanntlich in dieser Oper an Trinmph mit ihr
wetteiferte^ mit einem zweiten Lorbeerkränze hervor, dei
er der als Valentine allerdings hinreissenden KfinstleriB
ttberreichte.
Das Engagement der Schröder-Devrient scheint m^
mand so empfindlich berührt zu haben, als Agnes Schebest,
welche inzwischen verschiedene ihre Rollen mit Oltiek dar-
gestellt hatte. Obschon dieselbe noch im Jahre 1828 den
geringen GKehalt einer Chorsängerin bezog, glanbte ne
doch schon die Prätensionen einer Prima donna erheben n
dürfen. Als sie mit der Schröder-Devrient in der Enryanthe
die Rolle der Eglantine singen sollte^ sachte sie die Vor-
stellung unter dem Verwände zu hintertreiben, diss sie
diese Parthie jetzt nicht ohne Nachtheil ihrer Stimme
tibernehmen könne, weil sie eben die tiefer liegende
Parthie des Tancred studirt habe. Lüttichau, welcto
das Spiel durchschaute^ holte das Outachten der Kapell-
meister eiu; und, da dies gegen sie ausfiel, zeigte derselbe
mir dazu aus, was ich genehmigt, indem ich glaubte, Sie braachteo
sie in London. Reisen Sie nun morgen in Gottes Namen, ich neboe
mein Wort nicht wieder zurück, auch zur Garderobe habe ich BefeU
gegeben, allein meine Pflicht ist es, vor Ihrer Abreise Ihnen sü'
destens durch diese Zeilen fest und bestimmt zu erklären, dtss mdse
Nachsicht und Güte gegen Sie aufgehört hat und dass Sie auf ^
freundlichen Rücksichten, die ich bisher gern für Sie gemma^
künftig nicht mehr zu rechnen haben, was auch in Bezug anf 4^
von Ihnen noch restirende Strafe jedenfalls ausgeülit werden viH,
wie auf alle in Ihrem Contract enthaltenen Bestimmungen, und rttk
ich Ihnen, dass Sie mit dem letzten Tage Ihres Urlaubs hier aBb^
dingt eintreffen, widrigenfalls Ihnen die nach dem Gesetz § 79 tigl«*
mit 30 Thlr. verwirkte Strafe etc. zuerkannt werden wird.** Dw*
geschah z. D. 1810, als sie gegen den ausgesprochenen "Willen ^^
General - Direction zu einem Gastspiel nach Leipzig ging and eise
Aufführung der Oper Guido und Ginevra verhinderte. Sie ^vtit
deshalb in eine Strafe von 300 Thlr. verurtheilt.
- 481 —
dasS; um der Schonang ihrer Stimme nichts in den
a legen, er von der (eben bevorstehenden) Ver-
ing ihres Gontracts nun vollständig absehe.^
nriette Wttst, geb. 1816 in Berlin, welche sich später
1 seit 1827 in den Verband des Dresdner Hoftheaters
3tenen Schanspieler Hans E riete verheirathete,
1834 ebenfalls fUr dasselbe gewonnen, nachdem sie
lon vorher in Leipzig and Breslau als Sängerin be-
latte. Ihre volle, kräftige und umfangreiche Stimme
e unter der Anleitung von Micksch eine ausserge-
^he Ausbildung. Sie sang mit Feuer und Bravour,
iter dem Vorbilde einer Schröder-Devrient vervoU-
ete sich die fleissige, strebsame Künstlerin auch noch
1, so dass sie von letzterer als beste Darstellerin der
ne bezeichnet werden konnte. — Auch des Te-
i Derska Anstellung fiel in dieses Jahr. Obschon
1, wurde er doch, seiner hohen Forderungen wegen,
nach zwei Jahren wieder entlassen,
schinka Schneider, geb. 1815 in Reval, war die
' des preuss. Kapellmeisters G. A. Schneider. Schon
1 betrat sie an der Hand der berühmten Sängerin Mil-
Bühne. Ihren ersten musikalischen Unterricht erhielt
idessen h&tte die Künstlerin beinahe wieder ein neues
lent in Dresden erreicht. Im Jahre 1SS5 ging der Contract
li zu £nde, der damals die Schobest zu heirathen be-
te und nun die Verlängerung seines Gontracts von dem
lent seiner Braut abhängig machte. Es kommt mir fast vor,
ittichau nur deshalb auf eine solche Bedingung eingegangen
il er an dem Zustandekommen dieser Ehe schon zweifelte,
IS knüpfte er seinerseits wieder das Engagement von Fräul.
an die Bedingung, dass es für die Direction nur bindend sei,
e Ueirath im Laufe des Jahres 1836 zu Stande käme. Pauli
\er sich und wollte von einem solchen Contracte nichts
Nach wenigen Wotht»n sollte er aber schon mit der Er-
iervortreten, dass nach einer ihm eben von Pesth, wo seine
mals war, zngesandten Nachricht sein Yerhältniss mit FräuL
vollständig aufgelöst sei und er sein Engagement nicht
längig von dem ihrigeu mache.
31
— 482 -•
sie von ihrem Vater^ ihre weitere AasbilduDg von Bordogni
in Paris. Sie debtttirte in London. Nach Dentschhuid
zurückgekehrt; wurde sie 1833 in Dresden engagirt, wo
sie sich 1838 mit dem späteren Goncertmeister Frau
Schubert verheirathete. Sie vertrat in der Oper sowohl
das Fach der tragischen Liebhaberinnen ^ wie das der
Soubretten ; und übernahm zuletzt noch mit Olflck iu
der komischen Alten. Zu jener Zeit zeichnete sie sich
durch eine wohlklingende; umfangreiche Stimme und
treffliche Gesangsbildung aus. Sie gehörte lange za dco
beliebtesten Mitgliedern der Bühne.
Caroline Botgorscheck, geb. 1816 in Wien, be-
sass eine der schönsten Altstimmen, voll, geschmeidig;
glockenrein. Dieselbe reichte vom tiefen F bis Jtnm
hohen A. Mit diesen Vorzügen verband sich der einer
reizvollen Persönlichkeit und eines lebendigen, des leiden-
schaftlichen Ausdrucks mächtigen Spiels. Ihre Aasbil-
düng ha^te sie dem Wiener Gonservatorium und den
Gcsanglchrcrn Mozatti und Cicimara zu danken. 1835
debUtirte sie am Kämthnerthortheater zu Wien. 1836
erhielt sie ein Engagement an dor Dresdner Oper. Sie
wurde nach ihrer ersten Gastrolle in Tancred sofort engagirt
RomeO; Sextus, die Oberpriesterin in der Vestalin waren
hier ihre Hauptrollen. Aus Maugel an Beschäftigung
verliess sie jedoch Dresden 1840 leider schon wieder.
Sollte sich hier in der Deraent doch der Dämon dff
Eifersucht geregt Iiaben?
Die weitaus wichtigste der genannten Erwerbungen
aber war die des Tenoristen Joseph Tichatscheck,
Sohn des Webers Wenzel Tichatschke (er veränderte
Tür die Bühne den Namen) zu Ober - Weckelsdorf i»
Böhmen. Seinen ersten musikalischen Unterricht empfing
er von dem Schullehrer des Orts (Namens Wittig)
sowohl im Gesang, wie im Ciavier- und Vioünen-
spiel. Als Altist bei Kirche nmusiken thätig, erregte er
die Aufmerksamkeit und Thoilnahme des Pfarrers Herr-
— 483 —
mnn, der seine Aufnahme in das Braunaucr Oymna-
inm vennittelte; welches eine Dependenz der dortigen
»enedictinerablei war. Er zeichnete sich bald im Sänger-
iior ans, besonders als seine Stimme^ in seinem 17.
ahrcy sich in einen überaus herrlichen Tenor verwan-
elte- In Wien, wo er die Universität bezog, um Me-
iern, zu Studiren, erregte er hierdurch die Aufmerksam-
eit des Chordirectors Weinkopf vom Kämthnerthorthea-
*T, der ihn zum Eintritt in den Chor desselben über-
edete. Seine Stellung verbesserte sich jedoch bald,
lachdem er im Verein mit Clara Heinefetter und Staudigl
ine weitere musikalische Ausbildung durch den schon
iben erwähnten Cicimara erhalten hatte. Er trat zu-
lachst in kleineren Rollen auf, erregte aber so grosse
Erwartungen, dass der Director Duport einen 5 jährigen
Contract mit ihm abschloss, ihm zugleich einen längeren
Urlaub gewährend, um sich in der Zwischenzeit in einem
grosseren Wirkungskreise zu versuchen und weiter aus-
nbilden. Er ging zu diesem Zwecke nach Gratz und
Ward hier in Kurzem der gefeierte Liebling des Publi-
ciims. Der Abgang Duport's vom Kämthnerthortheater
Ifcte indess seine Verpflichtungen. Morlacchi, der Ent-
leeker so mancher schönen Stimme, vermittelte auch
lieses Engagement, zu welchem Caroline Bauer, Weymar
Ukd Pauli ebenfalls Anregung gegeben zu haben scheinen,
^n Gastspiel (Aug. 1837), das einen enthusiastischen Erfolg
^tte, bewirkte in Dresden sofort seine Anstellung auf
' Jahre (v. 1. Jan. 1838—45). Hier entwickelte er sich
tUter dem anregenden und mit sich fortreissenden Ein-
tosse der Schröder-Devrient zu einem der ersten drama-
itehen Sänger. Im Ausdruck des Dramatisch-Heroischen
^t er vielleicht nicht seines Gleichen gehabt Doch
^Uch dem Innigen wusste er einen bezaubernden Ausdruck
U geben. Leider war er nicht immer genügend durch
(in Spiel unterstutzt. Tichatscheck gehörte zu den
iebenswUrdigsten Künstlernaturen. Seine Erfolge konn-
81»
- 484 —
ten in seinem Herzen die Empfindungen der Dankbarkeit
niemals ersticken. Er hat zwar der Versnchnng nicht
zu widerstehen yermocht^ sich eine herrschende SieUuf
am Dresdner Theater zu schaflfen^ aber er ist demaelbei
nicht nnr unwandelbar treu geblieben; sondern hat auch
stets einen tieferen Antheil an dem Gedeihen desselbea
genommen. Er war ein trefflicher College nnd tls
solcher aach anerkannt und geschätzt Als die SchrOd€^
Deyrient im Jahre 1860 in Coburg gestorben war, er-
richtete er an dem Hanse^ in dem sie verschied, eine Er-
innerungstafel als Zeichen seiner Liebe und Verehnu;.
Er hatte in seiner späteren Zeit eine Manier angenom-
men, die seine schönsten Leistungen trübte; der Enthu-
siasmus für alles Grosse und Schöne ist aber immer
ganz rein und unberührt in ihm lebendig gebliebei.
Er war der hauptsächlichste Förderer, der stets opferwillige,
begeisterte Freund Richard Wagner's. Er hat dessen Werke
zu einer Zeit , wo sie noch fast überall Anfechtung e^
fuhren, zu siegreicher Anerkennung gebracht, allerdings
auch wieder durch sie eine Reihe der glänzendsten
Triumphe errungen. Bis zum Jahr 1862, dem Todesjahr
Lüttichau's, blieb er unausgesetzt ein Mitglied des Dresd-
ner Theaters, dem er selbst da noch zur Zierde ge-
reichte. Auch später trat er wieder bei einer Ausnahme-
stellung in ein festes contractliches Verhältniss zn ihr
ein, welches bis zum Jahre 1870 fortgesetzt wurde.'
Von grosser Bedeutung wurde auch das in das Jahr
' Tn einer bis zum Jahre 18B3 reichenden Statistik giebt
M. Fürstenau (Joseph Tichatscheck) die Zahl der von ihm ge-
sungenen und dargestellten Rollen auf 1126 an. Sie umfassen Werke
von 34 Componisten, zusammen 08 Opern und reprftsentiren die Te^
Sv-hii'dcnstcn Zeiten und Schulen der Deutschen und Franzosen, weniger
der Italiener. Er sang bis dahin Masaniello 92, Roger (Maurer) ?<t
Stradella «2, Ivanhoe 52, Raonl 107, Robert 73, Rienzi 65, Tiim-
häuser 50, Max 10«, Hüon 77, Adolar 50, Ferdinand Cortei M,
Joseph 25, Tamiiio 19, Idomeneus 18, George Brown 36, Serer 4?,
Armand (Wasserträger) 17 Mal.
— 485 —
1839 fallende Engagement von Anton Mitterwarzer.
Deboren 1818 zn Sterzing in TjtoI, machte sich schon
£'tth seine schöne Stimme im dortigen Eirchenchore be-
merkbar. Bei seinem Onkel^ dem Domkapellmeister Gäns-
bacher in Wien, erhielt er seine musikalische Ausbildung.
In Innsbruck^ als Jäger im Nachtlager von Oranada^
betrat er znm ersten Male die Bühne. Auf diese Rolle
hin wurde er auch später in Dresden engagirt. Die
Bolle des Gzar in „Gzar und Zimmermann^ von Lortzing
lenkte zuerst die allgemeinere Aufmerksamkeit auf ihn
hin. Von hier an entwickelte er sieh rasch zu einem
der bedeutendsten Sänger des Dresdner Theaters. In
Marschner'schen und Wagnerischen Opern sollte sich
die Eigenthttmlichkeit seiner kttnstlerisehen Begabung
MXP vollsten ausleben.
Fast gleichzeitig war auch noch eine andere jugend-
liche Kraft gewonnen worden, an deren Besitz man die
grössten Hoffnungen knüpfte. Bei seinem Aufenthalte
in Paris lernte Lüttichau im Conseryatorium des be-
rühmten Oesanglehrers Bordogni eine junge Sängerin,
Panline Marx aus Garlsruhe, kennen, auf welche ihn
Mejerbeer aufmerksam gemacht hatte, der in ihr das
Talent einer zweiten Schröder - Devrient zu erkennen
meinte. Wenn dies auch gewiss nicht der Fall war,
80 gab sie in Dresden doch bald Veranlassung zu
Parteinngen, welche ein so gereiztes Verhältniss zwischen
diesen beiden Künstlerinnen herbeiftlhrten, dass es selbst
in Gegenwart des Hofes zu offenen Ausbrüchen kam.
Dies fand unter Anderem am 4. Dec. 1840 in einer Vor-
stellung des Macbeth statt, wo sich die Schröder-Deyrient
80 hinreissen liess, dass Lüttichau sie in den Verlust
einer Wochengage vemrtheilte. Pauline Marx war auf
3 Jahre vom 1. Juni 1839 bis ebendahin 1841 engagirt
worden, mit der Vergünstigung, die ersten drei Monate
zn ihrer weiteren Ausbildung noch in Paris bleiben zu
dürfen. Lüttichau nahm die gesteigerten Forderungen
— 486 -•
der sehr bald Ubermttthig gewordenen Künstlerin ivm
Anlass^ am sie nach Ablauf ihres Contracts wieder m
kündigen.
Die Dresdner Oper besass damals einen Weltrttil
Sie übte nach allen Richtungen hin eine ungehcme
Anziehungskraft aus und hatte die italienische Oper,
selbst auf ihrem eigenen (Gebiete, bald völlig yergesflen
gemacht. Nicht nur die Darstellungen der Euiyanthe
und der Hugenotten; auch die der Norma und der Capn-
letti hatten etwas geradezu Berauschendes. Wie hätte
sie da Ursache gehabt^ den Vergleich mit anderen Thea-
tern zu scheuen ? Wir finden daher in dieser Zeit eine
glänzende Reihe von Gastspielen verzeichnet.' Ich hebe
' Hier folgt ein vollständiges Yerzeichniss aller Gastspiele des
Zeitabschnittes.
1832: Dessoir, Dittmarsch, Dem. Dittmarsch, Stölzel, Henkelt
Dem. Hill, Mad. Kraus- Wranitzky, Lenz, Dem. Pistor, Poisl, PusA
Schäffer, Dem. Schindler, Dem. Schneider, Dem. Bettj Schröder,
Dem. Siccard.
1833: Dem. Beraneck, Anschütz, Dem. Anschütz, Birnbton,
Roucher, Mad. Brede, Mad. Crelinger, Dallery, Daum, französ. Ge-
sellschaft unter Alexandre, Hock, Hoppe, Jost, Knanst, Lipphtrdt,
Mad. Schechner-Wagner, Schunk.
1834: Braunhofer, Mad. Brede, Derska, Gerlach, Gloy, H»»3S,
Mad. Schultze, Heckscher, Dem. Herbst, Dem. Hofmann, Löflfler,
Dem. Reimaun, Dem. Stettner, Thiel, Riese, Werner, Wurda.
1835 : Dem. Bauer, Jerrmann, Rossler, Dem. Schebest, Weyinar,
Kronfeld und Frau, Schöpe, Görner und Frau, Peters, Dem. Pili*»
Dem. Miller, Mad. Hurey, Dem. Heinefetter, Mad. Lange, ^iM,
Dem. Lehmann.
1836: Dem. Heinefetter, DeuL Kohlmetz, Meder, FreynüUer,
Discant, Haizinger und Frau, Ronninger, Köhn, Löwe, Pohl-Beisteiner,
Fischer, Dem. Fassmann, Holtei und Frau, Dem. Fekhenheim, Freuni
1837: Hessen, Baison, Lebrün, Mad. Fischer, Mad. Baison,
Kunst, Dem. Weixelbaum, Schunke, Clauer, Boltznuinn, Wnrdi,
Cramolini, Tichatscheck, Anschütz, Bohrend, Gomansky, Richter,
Carl Devrient
1838: Mad. Haizinger - Neiunann, Dem. Neumann, Remmarkf
Ballmaun, Hellwig, Anschütz, Röder, Dem. Grosser, Drazler, htbr
mann, Otto, Gerlach.
— 487 -
davon das von Frl. Heinefetter hervor (welche 1835/36
während einer Urlaubsreise der Schröder-Devrient 30 Vor-
eitellangen gab), Fräul. Pixis aas Paris (1835 und 42),
Dom. Fassmann aus München (1836), Dem. Schlegel aus
Leipzig (1835), Dem. Schobest aus Pesth (1835), August
Fischer aus Berlin (1834), Wurda aus Hamburg (1834
nnd 37), Wild aus Wien (1835), Frau Fischer aus Carls-
ruhe (1837), Dem. Ungher (1839 und 41), Moriani (1846).
Ueberblicken wir die Gesammtleistungen innerhalb
des uns vorli< g^uden Zeitraumes, so sind sie jedenfalls
achtunggebietende. Die Statistik der Novitäten weist
innerhalb dieser neun Jahre ausser vielen Gesangs possen
und Liederspielen 52 neue Opern, also iast sechs jähr-
lich, auf. Wir finden darunter die Namen Marschner,
Meyerbeer, Onslow, Wollram, Kreutzer, Clielard, Lortzing,
Rossini, Bellini, Donizetti, Auber, Adam, Herold, Halevy.
Auber, Meyerbeer, Bellini, Donizetti, Marschner wer-
den von den Neueren jetzt herrschend, daneben bleiben
Mozart, Beethoven, Weber in alter Kraft. — Trotz
seiner Eifersüchteleien gegen einzelne mitstrebende Talente
kann man Reissiger doch nicht die Anerkennung ver-
sagen, dass er das Publicum im Ganzen mit den wichtig-
sten Erscheinungen bekannt machte.
Nach dem Abgange des Dr. Wagner, Ende December
1831, war die Regie an den Schauspieler und Sänger
Wilhelm Fischer übergegangen, den wir schon bei der
1839: Kaiser, Mail. Räder, Mad. Ahrens, Mad. Dessoir, Hen-
drichs, I>em. Ungher, Reichel und Frau, Dem. Bayer, Mad. Ilysel,
Baumeister, Schreiber, Burmeister Sohn, Meyer, Dem. Schlegel,
Schöpe, Mad. Schröder.
1840: Mad. Schröder, Götz, ülram, Mad. Clauer, Berger,
Franke, Lu89l»€rger, Dem. iTck, Lippe, Genast und Frau, Abresch,
Dem. Bayer, Dem. Sontag, Krieg, Ascher, Baudisch, Bielczizki.
1S41 : Bartl^ Bartsch, Herel (französ. Gesellsch.), Gerstorfer, Heu-
ser, Dem. Lehn n, Mad. Meyer, Moriani, Mad. Ungher, Dem. Mngge,
Dem. Müller, Otto, Pantaleoni, Fohle, Poliert, Quanter, Ricciardi,
Setti, Stell«, Wagner.
äecuuda'acLen Geaellaebatl kennen lernten und der eiNI
jetzt in den Verband dea Dresdner Hoftlieatcrs trat, i
er 80 lange ein treues und verdienslTOlIeB Mitglied bleibt
sollte. Am 1. Juli desselben Jahres Ubernabin er »
noch für den augscbeidrnden Mickach das Amt eines Chnr-
directors, dem er bis Ende 1^56 ununterbrochen vorstand,
wogegen seine Regie am 1. Jnli 1B48 eine Unterbrecbii
erlitt.
Im Jahre 1830 war der schon im vorigen Jabtfi 4
Correpetitor eingetretene Joseph Rastrelli (geb. 17^
Sohn des Kirchen- Compoaiteur Rastrelli, der in diM
Jahre ausachied, zum Musikdirector befördert word
Er war ein sehr trflh entwickeltes Talent, Schon fl
sechs i[ahren spielte er in Uffentlichen Conccrten. Ao(|
in Dresden liesa er sich schon mit zehn Jahren hOril
Seine Zukunft entsprach aber nicht ganz den hi«
geknüpften Erwartungen; wie er denn auch als Compc
mit seinen ersten Werken den grösseren Erfolg hatte,
meisten gefiel seine Oper: La Schiava CircASSa. E-tfH
1841. — 1837 rückte in des in diesem Jalirc verstorb«
Concertmeister Rolls Stelle der bisherige Viceconcei
meister Franz Morgenroth ein, während Franz StliolKif
zum Viceconcerlmeister ernannt wurde. Im Jahre ltÖ9
erwarb die Kapelle wieder eine Kraft ersten Rangi'B i"
dem berühmten Violinvirtuosen Lipineki als enim
Concertmeister.
Carl Lipinaki war 1790 zu Radzyn in Polen gt-
boren. Schon mit sechs Jahren erhielt er seinen ersten
Unterricht von seinem Vater. Seine Fortschrille waren
erstaunlich, doch wurden sie von literarischen Studien,
denen er sich widmen sollte, unterbrochen. Das erste
Instrument, welches er lernte, war das Violoncello. &^-
ter TOrtftusi'hte er es mit der Violine, auf der er im^
Selbstunterricht die grösatniöglicbe Vollkommenheit m
' erwerben suchte. Dies gelang ihm in einem Grade, d«<
er mit 20 Jahren zum Musikdirector des Theaters U
— 489 -
Lemberg ernannt wnrdc; in welcher Steiiang er yier
Jabre yerblieb, worauf er sieb viele Jahre masikalischen
Kunst- und Stadienreisen widmete , die er wohl eigent-
lich erst mll seinem Engagement in Dresden bescbloss.
Er gehörte zn den aasgezeichnetsten Violinvirtuosen seiner
Zeit Seine Stärke lag in der ausserordentlichen Intensität
seines Tones ^ in der geistigen Durchdringung seines
Spiels, in der charakteristischen Kraft und Beseelung
seines Ausdrucks. Er war eine Zierde der Dresdner
Kapelle, berühmt noch überdies durch seine Quartett-
concerte, welche wohl Dresden zuerst in solchem Um-
hjkge und in so vollendeter Ausführung mit diesem
Theile der Kammermusik bekannt machten.
Für die übrigen Veränderungen, welche die Kapelle
inzwischen erfahren, verweise ich auf das unten gegebene
Verzeichniss ihrer Mitglieder' vom I.Januar 1842.
■ Ktpellmeister Reissiger. •
Concertmeister Lipinski.
« Franz Morgenroth.
Yiceconcertmeister Franz Schubert.
Violinisten:
Castelli, Schmiedel, Peschke, Franz, EOhn, Lindt, Pohland, Koprasch,
Richter, Mitscherling, Seisa, Winterstein, Pfeiffer, Müller.
Bratschisten:
Pohland, Horack, Beyer, Heibig.
Violoncellisten: •
Dotzaner, Kummer, Schlick, F. Schubert.
Contrabassisten:
Schubert, Besozzi, Schmerbitz, Tietz.
Flötisten:
Steadel, Fürsten au, Pauli, Löwe.
Oboisten:
Kummer, Edel, Hiebendahl, Kr&tzschmar.
Clarinettisten:
Kette, Lauterbach sen., Dominik, Lauterbach jun.
Fagottisten:
Peschel, Suchanek, Kabisius.
— 490 —
In dieses Zeitabschnitt fallt auch die Grttndmig eines
allgemeinen Pensionsfonds für die Mitglieder des Hof-
theaterS; durch welche sich Lüttichan ein neues VeidieBit
um das ihm anvertraute Institut erwarb.
Inzwischen hatte die Aufnahme der franzOsiBcben
grossen Oper auch wieder an eine massige Ausbildong
des Ballets denken lassen. Bis zum Jahre 1825 hatte
man kein eigentliches Ballet in Dresden. Die bei den
etwa nöthigen Tänzen verwendeten Personen erhielten
nur dirnstweise Bezahlung. Erst vom 1. August 1825 an
zeigen sich feste Anstellungen für ein Balletcorps. Die
Schwestern Bohlan und Mathilde Fttssel sind als die
ersten Tänzerinnen genannt, die ein festes Honorar
(von je 100 Thlr.) bezogen. Von 1820-21 warSimoni,
von da bis 1832 ' Gärtner, bis 1833 Weidner als Tarn-
lehrer angestellt, an dessen Stelle dann Wenzel trat
Von 1834 gewann das Ballet an Umfang und An«-
bildung. Lepitre wurde als Balletmeister und Solotanz« r
gewonnen. Erst 1836 findet sich daneben auch eine
Solotäuzerin, Auguste Koch, verzeichnet, nach deren Tode
(1838) Fräul. Pecci aus Neapel als solche engagirt
wurde. Dieselbe verheirathete sich später mit dem im
Jahre 1841 als Solotänzer eintretenden Ambrogio nnd
darauf in zweiter Ehe mit dem Schauspieler und Schrift-
steller Wilhelmi. 1841 avancirten auch noch die
ISchwestern Bohlan zu Solotänzerinnen.
Waldhomisten:
Haase, Kretzschinar, Adam, Lewy, Muschke.
Trompeter:
Kunze, Schrader, Schwarz, W. Queiser.
Posaunisten:
Gottschalk, Rühlmann, Queisert.
Pauker:
Herfort.
Harfe:
Richter.
— 491 —
Der uns vorliegende Zeitabschnitt erhält seinen Ab-
schlnss durch die Uebcrsiedlung in das inzwischen ent-
standene neue Theatergebäudc; das in der That für die
Weiterentwicklung des Instituts nicht ohne Folgen sein
konnte.
Schon um die Wende des Jahrhunderts waren Klagen
erhoben worden, dass das Moretti'sche Haus den Bedürf-
nissen der Residenz nicht mehr entspreche. Jetzt, wo
das lang zurückgebliebene Wachsthum der Stadt ebenso
wie die Theilnahme am Theater unter dem Einflüsse des
zunehmenden Verkehrs einen überraschenden Aufschwung
genommen, war die Errichtung eines der Vervoll-
kommnung der sccnischen Mittel entsprechenden, den
höheren Zielen der Bühne würdigen grösseren Theator-
gebäudes zur dringenden Nothwendigkeit geworden.
Bereits im Jahre 1835 hatten diese Pläne eine festere
Gestalt gewonnen. Man schwankte aber damals zwischen
zwei verschiedenen Vorschlägen. Der eine, welcher aus
Gründen der Sparsamkeit zunächst eine willigere Auf-
nahme an den massgebenden Stellen fand, fasste den
Umbau des schon vorhandenen grossen Opernhauses ins
Auge, der andere dagegen einen völligen und zugleich
grossartigen Neubau. In Bezug auf den «^rsten waren
sogar schon der Oberbaurath Langhanns in Berlin und
der Hofbiiumeister Thormeyer mit dem Entwurf von
Plänen und Rissen beautTtragt worden ; »wogegen Professor
Sem per in Dresden aus eigener Initiative die Pläne zu
einem ganz neuen Theatergebäude entworfen hatte. Er
war hierbei von dem Wunsche geleitet worden, die
nächsten Umgebungen des Königlichen Schlosses und die
kostbarsten Baumonumente der Stadt von dem ent-
stellenden Gewirre von Baulichkeiten zu befreien, welche
in dem Namen des italienischen Dörfchens zusammen-
gefasst wurden. Er hatte zu diesem Zwecke den Bau
des Theaters noch mit einigen anderen damals in der
Luft schwebenden Bauprojecten, dem Bau einer neuen
- 492 -
Bildergalerie und eines Orangeriehanses, sowie mit der
Errichtung des Friedricli-August-Denkmals zu einem g^
meinsamen Plane in Verbindung gebracht, nach welehem
der zwischen dem Zwinger und der Elbe liegende PUti
in eine Art Forum verwandelt und mit prächtigen Ge-
bäuden umstellt werden sollte. Während nach diesem
Projecte das neue Theatergebäude durch das Orangerie-
gebände mit dem nordwestlich gelegenen Flflgel des
Zwingers in Verbindung gebracht worden sein wttrde^
war diesen Gebäuden gegenüber, im Anschluss an den
dort liegenden Flügel desselben; der Bau eines nenra
Galeriegebäudes in Aussicht genommen.
Professor Schinkel in Berlin, dem man dieses Projeet
nur in seinen allgemeinsten Zügen mitgetheilt und die
Entwürfe ftir den Umbau des alten Opernhauses nr
Begutachtung eingesandt hatte, entschied sich anfangs
für diese. Als er jedoch zur völligen Entscheidung der
Frage nach' Dresden gekommen war, sich hier von
der Sachlage selbst überzeugt und die Semper'schen
Pläne und ihre Motive eingesehen hatte, war er sofort
ganz für dieselben gewonnen. Seine Meinung entschied
nun auch bei dem Generaldirector des Eönigl. Theaters
zu Gunsten des Letzteren, und es ist jedenfalls der
Wärme und der Energie, mit welcher Herr von Lütticbu
von dieser Zeit an die Ausführung des Semper'schen
Thoaterplanes betfieb, zu danken gewesen, dass alle sich
dagegen erhebenden Bedenken so rasch und völlig besiegt
wurden.
Von grosser Wichtigkeit für die Förderung dieses
Unternehmens war es wohl auch, dass durch den 1836
erfolgten Tod des Königs Anton der zeitherige Mitregent
Friedrich August zur alleinigen Regierung kam. Denn
wenn er sie auch bisher schon so gut wie allein geleitet
hatte, so mochte er doch wohl noch manche nicht ge-
radezu dringliche Neuerungen aus Rücksicht auf seinen
Königlichen Oheim abgelehnt haben.
~ 493 —
Obsclion aich nun dieser auch jetzt noch für das
ganze Sempcr'ecbe Bauproject nicht za entacbeiden v< r-
mocbte, sondern zunitchat nur den Theaterbau anordnete,
Bo wurde derselbe doch g:anz in der Stellung und Form
aDgenotnmen , die ihm in jenem Projecte gegeben war.
Dnrch Reskript vom 26. April 1838 fanden die hierauf
bezüglichen Entwürfe und Voranschläge Semperas die
volle Königliche Genehmignng. Semper wurde mit der
künstleriBchen Leitung des Bauea betrant, wofür er, die
Pläne mit eingerechnet, 3000 Thaler erhielt; Hofhau-
meister von Wolframsdorf aber mit der technischen
Leitung des Baues beauftragt.
Ich hebe aus den Motiven, mit denen Llittichau den
Semper'schen Plan in seinem Vortrage an den Kbnig
beftlrwortele, Folgendes ans:
.Ti>T &Ueii Dingen vrAT es ein HniipterfordenLias eines neuen
Theftterbnuee, nicht nur beträcbtiicb mebr Plätze für >lie Zuschauer
nnd diese beqnemer und ger&nmiger als biafaer 2U erhallen, sondern
Mch möglichst viele Plätze zu geringerem Preise, damit dem minder
bemittelten Pnblico mehr ah bisher der t:iutrin ins Thenter
vergönnt »ei. Fftr alle diese Büziehungen ist dnrch den Plan nnn
gesorgt worden, denn weon im jetzigen Schauspielhause die gtöast-
mSgliche Znhl der Znachaner sich nur bis 8U erstrecken kann, so
fasBt das neue ScbnuspielhauB deren IT13 nuf weit beijnemeren,
besser eingerichteten Plfttzen. Ebenso ist anch in nngerährer An-
nahme des Preises der PUtze' Vorsorge getroBen, dass eine sehr
gmsBe Anzahl derselben sich zu dem Freiie von IS, 6 und 4 (alten)
■ Erster Rang i. 1 Thlr. 134 Personen =
Zweiter „ k 18 Gr. 190 ,
131 Thlr.
Zw(
Drii
ViC!
üen
■ ^ Pari
^^Bpan
^^^^H^ Zusammen
^^^^HNese Preise erhielten zvg.T in Ansehnug des ausserordenl-
^^Rnt Mehraafwandes, welchen der Bau gegen den Voranschlag in
Anspruch nahm, zani TbinI eine massige Erhöbunp. Der KQnig gina
Jedoch nur miEeni liaranf ein und genehmigte nnter Aodereui ilie
Dritter „ i 8
Vierter , ä 4
üerde fk Iß
Parteire i 8
ipirterrologe k I2
Mese Preise erhielten ;
äST Thlr. ifl (.
— 494 —
Groseben vorfinden, so dass bei ausreichendem Baume jeder Klasse
der Gebildeten der Zutritt zu den theatralischen Yorstellnngen mög-
lich gemacht worden ist. Nichtsdestoweniger würde die höekste
Einnahme des Hauses 657 Thlr. 16 Gr. ge^en 444 Thlr. 18 Gr. dei
alten Hauses ergeben.**
,,Was die Bühne betrifft — heisst es an einer anderen SteUe
des Vortrags, — so hat diese im Prosceninm die bedeutende Breita
von 28V« Ellen, statt dass die des gegenwärtigen nur ISVia ^^
beträgt. So zweckmässig dieses nun auch ftkr Darstellong ton
Opern und grösseren, wie Spektakelstücken ist, so dürfte doch n
befürchten sein, dass der allzubreite Raum bei ConyersationsstaekeD
dem Erfolge schaden könnte. Es ist aber, um dem zu begegnea,
die Einrichtung getroffen worden, dass bei dergleichen, wenige
Darsteller beschäftigenden Stücken die Coulissen auf der Bfllme
näher zusammengeschoben und diese hierdurch wesentlich verkleineit
werden kann.** (Die Breite der Büfine wurde später auf 22 Ellen e^
mässigt)
Semper selbst motivirte seinen Entwurf folgender-
massen :
,,Bei der Wahl der Grundformen des Zuschauersaales leitete
ihn (den Architekten) das Bestreben, so wenig als möglich vondea
Halbkreise abzuweichen, weil derselbe sowohl der ZweckmässigiKtt
wie der Schönheit am meisten entspricht, weshalb er auch von den
Alten bei Anlegimg ihrer Theater gewählt wurde. — Aber diese
Form rein zu behaupten, und zwar so, dass ihr Vortheil ganz he^
austritt, ist nur bei kleinen Theatern möglich. Bei grösseren di-
gegen nimmt die Breite der Bühne nicht im Verhältniss der Grösse
des Theaterdurchmessers zu, sondern die Convention setzt gewisse
Schranken fest, deren strenge Beobachtung die Anlage eines zweck-
mässig geformten Auditoriums sehr erschwert. Dasselbe erscheiBt
vorgeschlagene Erhöhung des Parterrepreises nicht. Ebenso woDte
derselbe die vorgeschlagene Erhöhung der Preise bei ^ausserordent-
lichen Gelegenheiten nur selten in Anwendung gebracht sehen.
„AVir halten — heisst es in dem diese Angelegenheit behandelnden
Reskripte vom 6. April 1841 — wir halten jedoch selbst im Inte^
esse der Theatercasse für rathsam, dass eine Preiserhöhung fibe^
haupt nur in seltenen Fällen eintrete, wie sie denn auch, was die
ersten Vorstellungen im neuen Schauspielhause betrifft, nur am
Tage der Eröffnung selbst eintreten mag, insofern sie auch an die-
sem Tage nöthig erscheint, um den Andrang einigermassen zn Te^
mindern."
- 495 --
sdann als ein weiter Schlauch mit enger Mündung der Ellipse,
ild in Ballonform, bald im Dreiyiertelkreise , wobei natürlich ein
heil der Logen unbrauchbar wird. Vieles liesse sich hier yer-
»sem, sobald die Ueberzeugung Eingang fände, dass die natür-
;he Grenze der Bühnenkunst zu ihrem grössten Nachtheile über-
hritten worden, seitdem man anfing, die breiten Bühnen der Alten,
»wie der romantischen S(;hule zu verlassen, bei Darstellungen nach
alerischen Wirkungen zu streben, eine tiefe Bühne zu bauen, auf
r Scenerien und Gruppen hintereinander aufzuthürmen und Chöre
id AuÜEÜge aus dem fernsten Hintergrunde in FroTit hervorrücken
i lassen. Selbst der Effect, dem alles Andere aufgeopfert wird,
itspricht selten dem Aufwände an Coulissen, Gerüsten und Leuten,
»e nöthig sind, um die Tiefe zu füllen; indess auf flachen Bühnen,
iliefartig, dem Style der Bühnenkunst angemessen, die ähnlichen
eschränkungen wie die Plastik unterworfen ist, mit weit geringeren
ütteln dasselbe und schicklicher erreicht werden könnte. Daher
ich ein Theil der Schwierigkeiten bei der Errichtung eines mo-
imen Theaters.
„Eine zweite Aufgabe war gestellt, den Saal so einzurichten,
,88 er nicht allein allen Zuschauern den Genuss der Darstellung
leichtert, sondern dass die Zuschauer selbst sich darin so vor-
eilhaft wie möglich darstellen und recht eigentlich den schönsten
hmuck des Saales selbst bilden. Bei den Alten war bloss das
oscenium verziert. — Auch darin haben nicht alle modernen
ie»ter ihren Zweck erfüllt. Man schmückte den Saal mit hoch-
-ebenden Säulen und prachtvollen Gebälken, zwischen welchen die
Igen wie Schwalbennester eingebaut waren. Andererseits verfiel
in darauf, vor den Logen Galerien herumzuführen, wodurch die
ihe der Architektur gestört wird, weil diese die architektonischen
»rmen der Logen unangenehm durchschneiden. Auch bieten sie
i\ Gelass für ein zahlreiches Publicum dar, das sich nicht
tmer einfindet, wodurch sich das Gefühl eines leeren Hauses
fdrängt.
„Von wesentlichem Einfluss bei der dem Saal zu ertheilenden
>nn war endlich das Bestreben, die Logen des Hofes so vortheil-
ift wie möglich zu placiren und ihnen die ihrer hohen Bestimmung
[gemessene Auszeichnung zu geben. Wenig Schwierigkeit macht
e Anordnung der grossen Galeiielogen im Fond des Saales, aber
e Seitenlogen ganz in der Xähe des Prosceniums liegen an der
tgünstigsten Stelle. Ihnen die vermöge ihrer Lage so schwierige
übersieht der Bühne zu verschaffen, ohne sie über die Sehlinie
tr Logen hinaustreten zu lasaen, war das Bestreben, was Unter-
ichneten bei der Einrichtung derselben leitete; diese Logen bilden
— 496 —
einen Balcon, der mit dem dahinter befindlichen Salon em Gtues
bildet.
„Die gei^enseitige Abwägung aller dieser Bedingungen fthrte
den Unterzeichneten auf die Wahl der Glockenform, die foa I«
häufig Torkommenden Form der Lyra durch geringere Liageia
YerhältnisB zur Breite und schnelleres Umbiegen der FlOgel nek
unterscheidet."
Der Semper'sche Voranschlag war auf die Hohe von
199;800 Thlr. berechnet, wozu dann die innere Einriehtong,
die von der Generaldirection auf 50,000 Thlr. yeranflchlagt
wurde, und die zu erwerbenden Baulichkeiten kamen,
die man auf 12,000 Thlr. schätzte. „Es ist jedoch -
fügt Herr von Lttttichau hinzu — keinem Zweifel ante^
werfen und bereits von meinem Vorgänger in der General-
direction und von mir in mehreren Vorträgen auseinander
gesetzt, dass durch die grösseren Räumlichkeiten und die
hierdurch gewonnene Möglichkeit, noch einmal so viel
Zuschauern als bisher den Theaterbesuch möglich n
machen, die Einnahme sich um ein Beträchtliches m-
mehren muss, wie denn überhaupt zu erwarten steht,
dass bei gehöriger Thätigkeit überdies noch von den
Königl. Zuschüssen jährlich ein ansehnlicher Theil erspart
werden wird.**
Diese Erwartungen sollten sich jedoch nicht erfüllen
Insbesondere stellte sich sehr bald heraus, dass die An-
schläge sämmtlich zu niedrig waren. Durch Rescript Tom
4. Juni 1840 erhielt eine Nachforderung von 110,000 Thlr.
über die von den Ständen zum Bau bewilligten 260,000
Thlr. die Königl. Genehmigung, mit dem ausdrückUchen
Zusatz: „Wir erwarten jedoch, dass wenigstens eine
weitere Ueberschreitung dieser Summe nicht stattfinden
werde, weshalb eurerseits namentlich auf Vermeidung
alles unnöthigen und übermässigen Luxus bei der inneren
Ausschmückung zu sehen ist.^ Ganz konnte aber auch
dieser Erwartung noch nicht entsprochen werden, zu-
mal an dem rein künstlerischen Schmucke des Gebäudes
nichts eingeschränkt werden sollte. Vielmehr scheint
gerade die Erwägung, dass die HeretpUung eines so
groBsartigen, kostbaren Bauwerks nicht nur dem der-
maligen Stande der dramatischen Künste angenieesou,
»ndcm ancb geeignet sei, von demjenigen der bildenden
KOnste, die zu dieser Zeit in Dresden ebenfalle eine
würdige Vertrelnng fanden, ein weithin wirkendes Zeug-
tias abzulegen, die Künigliclie Genehmigung desselben
mit bestimmt zu haben.
Nicbt volle drei Jahre nach der Inangriffnahme des
Baues, welcher sich trotz verBchiedener kleiner Mängel im
Ganzen als ein Meisterwerk der modernen Architektor nnd
»l8 eine ganz originale Lösung der hier vorliegenden schwie-
rigen und complicirten Aufgabe darstellte, indem er den
Zweck, sowie die innere Gliederung des Baues nach
■nssen hin in cbarakteristisuber und dabei idealer Weise
nr Anschauung brachte, war es, wie Gottfried Semper
(in seinem Werke : Das Dresdner Hoftheater) sich selbst
besclieidend ausdrückt: „dem unermüdlichen Eifer des
Herrn von LUttieliau bei der Vorbereitung und seiner
eiaäcbtsrollen, besonnenen Thätigkeit bei der oberen
Leitung des Werkes gelangen, dasselbe vollendet dem
Publicum eröffnen zu können." Die Acten über diesen
Oegeostand beweisen auf das Ueberzengendste, dass er
•lieiin kein Wort über die Wahrheit gesagt. LUttichau
liat die Pläne und Wunsche Semper's in jeder Weise
geflJrdert, flJr ihre Ausführung von allen Seiten her die
erforderlichen Mittel herbeigeschafft, er bereiste selbst mit
ibm Erankreich nnd Italien, um jede Verbesserung im
Theaterbau in Betracht zu ziehen.*
Die Ausführung der Maschinerie war dem in diesem
Fache berühmten Maschinisten des GrossherzogL Mann-
' Wahrend geiner Abwesenheit (vom 1. December I83B bis
I. ApiU 1839) wurde auf Königlithen Befehl die Oberleitung des
'Vettere iam UberkolmBracliall von Reitzenätein, die Leitung der
Adnütiieirstioii aber ohne Concurrenz des Hufmaricliallamtcs dem
fl»h»lh Theodor Winkler nliertragen.
3S
— 498 —
heimer Theaters Mtthldörfer und die Einrichtung der
Gasbeleuchtung dem bewährten Inspector Rudolf Bloch •
mann anvertraut worden^ der auch den Kronleuchter
nach speciellen Zeichnungen Semperas ausftlhrte. Die
Decorationen wurden theils von den Decorationsmalen
Söchan, Feuchöre jun. und Desplechin in PariB,theib
von Gropius in Berlin und von dem EönigL Hoftheater-
maier Arragoni geliefert. Desplechin und Dieterle
(in Paris) wurden auch mit der Anfertigung desZwischen-
YorhangSy mit der Decoration der Decke und des Pro-
sceniums beauftragt^ Prof. Jul. Httbner in Dresden mit
der Ausführung der Hanptgardine. Der Hauptgegenstand
dieser letzteren war dem Prologe von Tieck's Küaer
Octavianus entnommen. Unten war er mit einem Fiieee
verziert; auf weichem Figuren der berühmtesten classischen
Stücke in fortlaufender Beihe angebracht waren.' Mit
den Malereien der Königl. Logen und des Foyers waren
die Professoren Peschel und Richter, der Hofinaler
Oehme und der Maler Bolle betraut, die übrige Deco-
rationsmalerei des Hauses aber den Decorationsmalem
Fr eye und Reisner übertragen worden.
Der äussere plastische Schmuck des Hauses sollte deo
Bildhauern und Professoren Hänel und Rietschel Gele-
genheit bieten, ihren künstlerischen Ruf zu vermehren. Der
Erstgenannte war mit der Anfertigung eines grossen, die
Rückseite des Gebäudes zierenden Frieses beauftragt worden;
welcher in einem Bacchantenzug das kräftige thätige Leben
mit der Tendenz der Heiterkeit und des Vergnügens dir-
stellte. In der Mitte Herkules auf einem von Panthern
gezogenen Wagen, begleitet von Eros und Phantasus, um-
geben von Grazien und Musen. Rechts und links Gmppen
' Die gelieferten Arbeiten der französischen Maler beliefen
sieb auf 20,819 Tblr. 23 Gr., die von Gropius auf 5306 Thlr. 17 Gr.
die von ArrajL'oni auf 22 U Tblr. 14 Gr., die des Prof. Hübner laf
2798 Tblr. 17 Gr.
- 499 —
von CentaureD; hier einen mit seinem Ziegenbock scherzen-
den SatyT; dort Sjlen auf dem Esel umspringend.^
Rietschel erhielt den Auftrag, die zu beiden Seiten
des Gebäudes befindlichen, den Einfahrten zu den Eönig-
ticben Logen entsprechenden Giebelfelder mit plastischem
Schmuck zu versehen. In dem einen stellte er von einem
Adler getragen die Musik auf den Schwingen der Be-
geisterung emporschwebend dar. Ihr zur Seite links die
idyllisch heitere, rechts die kriegerische Musik, jene durch
ein, ihren jugendlichen Phantasien nachhängendes Mädchen,
diese durch einen jungen Krieger versinnlicht, dem die
Geliebte das Schwert umgürtete. In dem anderen erblickte
man die tragische Muse, umgeben von Gruppen aus der
Mythe des Orest. Rechts drei Furien, von denen die eine
aufgeschreckt wird, die andere sich schon zur Verfolgung
emporrafft, die dritte den Dolch hebt — dann Leidtragende,
Klytemnestra und Aegisth erschlagen. Links Orest, der
sich zu Apollo und Minerva geflüchtet, sowie die Aeropagen.*
Auch von den für die Nischen des unteren Rundbaues,
in welchem die vordere Seite des TLeatergebäudes der An-
ordnung des inneren Zuschauerraumes entsprechend äusser-
lich abschloss, bestimmten 8 Standbildern der berühmtesten
dramatischen Dicliter und Musiker (Goethe, Schiller, Shake-
speare, Moliere, Sophokles, Aristophanes, Mozart und Gluck)
wurden je vier an diese beiden Künstler vergeben, wo-
gegen die 4 allegorischen Figuren, welche die Nischen
der hinteren Seite des Gebäudes schmücken sollten, dem
Bildhauer Selig anvertraut worden waren.
Was die Decoration des Zuschauerraumes betrifflt, so
war die vorherrschende Farbe der Constructionstheile weiss
mit Goldgliederungen, die Füllungsverzierungen der Brust-
lehnen aber in einem sanften Blau auf grauweissem Grunde
gehalten. Die Hintergründe und Draperien der Logen und
" Der dem Künstler dafür gewährte Preis betru«» 6000 Thaler.
• Der Preis für diese beiden Werke war auf 12,000 Thaler fest-
gestellt worden.
— 500 —
des ProBceniams sowie die Pltischpolster der BrnstlehiieB
und Bänke waren purpnrroth.
Der Ban stellte sieh naeh allen Seiten als ein Werk
von monumentaler Bedeutung dar, das seinem Gründer
und Erbauer; dem König Friedrich August^ das sdnei
Förderern, den daran thätig gewesenen Ettnstlem, sowie
dem sächsischen Lande und seiner Hauptstadt xu Rului
und zu Ehre gereichte.
Am 31. März war die letzte Vorstellung im alten kleinen
Theater. Es war kein schönes Gebäude. „Ich wttsifte
kaum — sagt Caroline Bauer (Aus meinen Btthnenerieb-
nissen) dass ich jemals ein hässlicheres altes Komödiei-
haus gesehen hätte. — Aber wie spielte es sich in diese«
kleinen ; engen , schmucklosen Hausei So tranlich, »
natürlich, so ungeschminkt ! Wir waren da mit dem nn-
geputzten Publicum, gleichsam unter uns, im Hauskleid nnd
wie zu Hause. Jede Unnatur, jedes manierirte Pathos, jede
Effecthascherei wären in diesem Hause geradezu Iäche^
lieh geworden." — Man fühlte es wohl — die neuen, e^
weiterten, glänzenden Verhältnisse hatten auch ihr Ge-
fährliches — besonders fär denjenigen Theil der Schaa-
Spielkunst, den man in letzter Zeit hier zu so hoher
Blüthe gebracht, für das Lustspiel und Gonversationsstück
Man fühlte, dass man verändert einem veränderten Publicom
gegenübertreten würde, dass selbst die gleichen LeiBtongefi
durch den veränderten Rahmen eine andere Wirkoog
ausüben müssten. Musste sie aber darum unter allen
Umständen eine tiefere sein? Man blickte auf eine schöne,
reiche y in vieler Hinsicht grosse Vergangenheit zorttck,
und man frug sich wohl heimlich, ob auch die Zukunft
den durch den neuen künstlerischen Apparat gesteigerten
Erwartungen durchaus entsprechen könne und werde?
Ein neuer Geist, das fühlte man wohl, ging durch die Zeit
Er hatte schon in den letzten Jahren sich zu regen be-
gonnen — fühlte man etwa auch, dass dieser Geist dem 6^
deihen der Kunst mehr feindlich als förderlich werdenkönnte?
— 501 —
Am 31. März warde das alte Theater mit Lessing's
^Minna von Bamhelm^ und einem tod dem greisen Bar-
meister ergreifend gesprochenen Epiloge geschlossen , am
12. April das neue Hans^ mit ansdrttcklicher Königlicher
Genehmigung; mit einem Prologe nnd Goethe's „Tasso'^ er-
öffnet Die erste Errungenschaft der Uebersiedelang war
also das öffentliche, auch in dem Schmucke des neuen Ge-
bäudes sich anssprechende Anerkenntnisse dass hier der
dramatischen Dichtkunst als der Grundlage der ganzen
dramatischen Kunst der Vortritt gebtthre. Dieses Aner-
kenntniss wog hier um so schwerer, wo so lange die Oper
ausschliesslich geherrscht oder doch noch den Vorrang
behauptet hatte. Es erschien als eine glückliche Vorbe-
deutung fUr die Entwicklung der dramatischen Kunst im
neuen Gebäude.
Das Schauspiel unter Eduard Devrient und
Karl Gutzkow.
Eröffnimg des neuen Theaters. — AnsteUung Eduard Defrienfs. -
Dessen Regle. — Zerwfirfnisse mit Emil Deyrient. — Nene E^
Werbungen und Repertoire. ~ Anstellung Gutzkow's. — Ter-
hältnlss zu Eduard Deyrient. ~ Dessen Regie. — 5eie fi^
Werbungen und Repertoire. — Kttndigung^Gutzkow's. — Festfeicr
des hundertjährigen Geburtstages Goethe's.
Die Festvorstellung, mit welcher das neue Theater
am 12. April 1841 eröffnet wurde, hatte fast Alles, was die
Residenz an hervorragenden Persönlichkeiten, an glänzen-
den Namen besass, in seinen Räumen vereinigt. Die Vor-
stellung wurde mit einem von Theodor Hell gedichteten
Prologe, in welchem Personen des Tieck'sch^n Prologs zu
Kaiser Octavianus aufgenommen worden waren, eröflnet.*
Er schloss mit einem Zuge von Hauptgestalten der grössten
dramatischen Dichter undOpemcomponisten.* Nach dem
' Personen waren: Der Baumeister — Pauli, die Liebs — Den»-
Bauer, der Glaube — Schöpe, die Tapferkeit — Dem. Berg, der Sehen
— Franziska Schöler, ein Hirtenmädchen — Dem. Anschüti, die
Romanze — Mad. Schröder-Devrient, der Dichter — Emil Devrient.
' Mephistopheles und Martha — Koch und Mad. Drewitz, Teil
und Frau — Dittmarsch und Mad. E. Devrient, Fallstaff und Prim
Heinrich — Keller und Böhme, Nathan und Tempelherr — Porth
und Ilellwig, Oberförster und Frau — Werdy und Frau, Bürgermeister
Staar mit Mutter — Burmeister und Mad. Hartwig, Iphigenie and
Orcst — Mad. Wächter und Mitterwurzer, Fidelio und Fiorestin —
Dem. Wüst und Ascher, Don Juan und Zerline — Wichter
— 503 —
Fallen der von Httbner gemalten Hanptgardine leitete die
Jubelouvertüre von C. M. v. Weber die Darstellung von
Goethe's „Tasso^ ein^ dessen Besetzung folgende war:
Alphons — Heckscher, Leonore — Dem. Bauer, Leonore
Sanvitale — Dem. Berg, Tasso — Emil Devrient, Antonio
— Porth. Am nächsten Tage wurde „Euryanthe" gegeben.
Nach dem, was die Generaldirection für die festliche Er-
öffnung des neuen Gebäudes gcthan, muss es billig be-
fremden, dass sie nicht im Mindesten dafür gesorgt hatte,
zur Nachfeier dieses Ereignisses Dichtung und Musik der
eigenen Zeit mit heranzuziehen. Weder an die Darstellung
eines neuen deutschen Dichtungswerkes, noch einer neuen
deutschen Oper war gedacht worden. Die erste Novität,
welcher wir auf dem Gebiete des Trauerspiels im neuen
Hause begegnen, ist: „Der Ritter von Rhodus" vom Fürsten
Lynar, einer wohl gut gemeinten, aber sehr dilettantischen
Arbeit. Das erste Schauspiel: Jarvis, war von Lafont
(einem Franzosen), das erste Lustspiel: Bob oder die Pulver-
versphwörung, ebenfalls aus dem Französischen, die erste
Ope. : Ilgiuramento vonMercadante, also von einem Italiener.
Ueberhaupt entwickelte die Regie nach dieser Seite hin
einen fast noch nicht dagewesenen Mangel an Thätigkeit,
wofür ich auf die Statistik der Novitäten hinweise. Eine
äussere Ursache dazu lag, was die Oper betrifft, in den
Verlusten, welchen dieselbe in diesem Jahre durch den
Tod Morlacehi's und Rastrelli's zu erleiden hatte, wogegen
das ebenfalls in dieses Jahr fallende Ausscheiden Tieck's
wohl weniger in Anschlag zu bringen ist, da dieser sich
schon seit länger fast ganz von den Angelegenheiten des
Theaters zurückgezogen hatte.
Tieck sollte in diesem Jahre den schwersten Verlust
seines Lebens, den Verlust seiner geliebten Tochter Dorothea
Mad. Schubert, Oberon und Puck — Schuster und Dem. Pecci, iTanhoe
und Rebekka — Tichatscheck und Mad. Mitterwurzer, Cortez und
Amaaili — Babnigg und Dem. Marx.
— 504 —
erleiden. Der Eindruck war pin ganz t'nrclitbtirer.
Btarr, thränenlos — sagt Köpke, — oline ein Wort odfr
irgend einen Laut zn finden, verbarg er sich in dem enl-
legensten Zimmer. Keinen Menschen wollte er sehen,
keinen Zuspruch hören; die Stunden, Tng und Nscht,
gingen gleichgültig nnd unbemerkt an ihm vorüber. Für
seine Umgebung hatte dieses etumpfe HinmtarreD etwas
SehreckenerregendeB, — Am Tage der Beerdignng Über
sandte die Königin einen reifhen Blnmeakranz. Als man
ihm davon Nachricht gab, fand er die erstpu Tbränen."
Wenige Tage nach dem Tode ertbigte eine £inladaiig
seines Königlichen Freundes aus Berlin, den Sommer in
Potsdam zuzubringen. Später ward ihm auch noch die
Aufforderung zu einer völligen Ueheraiedelnng. Tieck
erbat und erhielt seine Entlassung (1 Oct. 1843). Was hUte
ihn wohl in Dresden noch halten können?
Fast unmittelbar nach diesem Ereignisse wurde aHcb
schon an die Wiederbesetzung seiner Stelle gedacht.
Man hatte die Noth wendigkeit einer Vertretung der
literariBch-ästhctiscben Interessen wahrscheinlich schon
frflher gefühlt, dem aber aus Rücksicht auf Tieck keine Fol^
gegeben. Dittmarsch, wie nützlich auch immer in Dingen der
blossen Verwaltung, war derartigen Forderungen in kemrr
Weise gewachsen. Hofrath Winkler, in dessen ObliegCDhcit
es nach seiner Instruction zwar gelegen hätte, würde, selbst
wenn er dafUr hinreichend fähig gewesen wäre, die dain
nöthige Zeit nicht gefunden haben. Der Blick fiel anf
Eduard Devrient, der damals, und zwar ohne irgend
eine Aussicht auf Erfolg, eine ähnliche Stellung in Berlio
erstrebte. Es scheint, dass sein Bruder Emil um die mil
ihm eingeleiteten Unterhandlungen gar nicht gewnsH,
sondern erst später davon ertulir. Schon am 6. Juli 184S
kam er in Folge derselben zu einem Gastepiole na^
Dresden, welches sein lebenslängliches Engagement i
1. Januar 1844 an zur Folge hatte; es verpHiehtete ilU
gegen ein jährliches Gehalt von 2600 Thaler, snawr 1
— 505 —
semer schauspieleriachen Thätigkeit aach noch zar lieber-
nähme der Oberregie. Liess der Gontract in Bezug anf
letztere anch beiderseits Kündigung zu, so schützte er
Deyrient doch vor jeder Kflrznng jenes Gehalts.
Eduard war der mittlere der uns bekannten dreiBrttder,
nicht so reich wie Karl und Emil von der Natur mit schau-
spielerischen Mitteln und Anlagen begabt^ aber von einer
umfassenden Bildung; die ihn zu einer fast gleichmässig
bedeutenden Stellung als Schauspieler, Sänger wie als
Schriftsteller befähigte. Im Besitz einer angenehmen Bari-
tonstimme; bildete er sich unter Zelter zum Sänger aus,
betrat 1819 in Gluck's Alceste am Berliner Hoftheater zum
ersten Male die Bühne , errang sich dort eine heryorragende
SteUung als Sänger, bis ihn ein Halsleiden nöthigte, sich
dem Schauspiele zuzuwenden. Das Fach der Liebhaber
und jugendlichen Helden , welches er wählte, eignete sich
aber wenig fUr ihn. Es fehlte dazu seiner Sprache an
seelischem Ausdruck, seiner Erscheinung und seinem Vor-
trag an Schwung und an Glanz. Der Uebertritt in das Fach
der Charakterrollen, obgleich bloss ein nothgedrungener,
wmr aber nicht nur ein angemessener, sondern ermöglichte
eist seine Berufting nach Dresden, wo er nach Lüttichau's
Meinung in verschiedenen, seit Karl Deyrient's und PauH's
AngBcheiden noch nicht wieder glücklich besetzten Rollen
Ersatz bieten sollte, was bei aller Tüchtigkeit dieses schon
dwch seine Bildung interessirenden Darstellers übrigens
nicht ganz in dem erwarteten Masse der Fall war. Er
besass hierzu weder die Genialität des ersten, noch die
nmtnrwttchsige Kraft, den behaglichen Humor des zweiten.
In ihm war der künstlerische Verstand, die künstlerische
Reflexion, als Ersatz für den Mangel einer bedeutenderen,
unmittelbar schaffenden Gestaltungskraft, in einem Masse
entwickelt» dass selbst noch in seinen besten Leistungen
ein Rest yon künstlerischer Absichtlichkeit fühlbar wurde,
welcher erkältete und störte. Einem so scharf beobach-
tenden Geiste konnte dies selbst nicht verborgen bleiben.
— 506 —
Er wQsste sich aber damit abzufinden^ indem er die Ge-
nialität^ die er schlechthin mit ihren Ausschreitongen
verwechselte; als die Qaelle alles Unheils tfüi die Ent-
wicklung der Schauspielkunst ansah und das wahre
Gedeihen derselben einzig und allein von dem gewissen-
haften Fleisse des mittleren schauspielerischen Talents ab-
hängig machte. Dies führte zu der principiellen Begünsti-
gung der Mittelmässigkeit; an welcher jetzt so viele Thet-
ter leiden^ weil sie allerdings das ungleich Bequemere ist
Die Instruction des neuen Oberregisseurs unterschied
sich nur wenig von derjenigen Tieck's. Doch war seine
Autorität eine grössere^ weil sie Schauspieler und Beamte
des Theaters seinen Anordnungen unmittelbar unterstellte.
Auch legte sie ihm in Bezug auf die äussere Einrich-
tung der Stücke und die Abhaltung der Proben noch
grössere Verpflichtungen auf. Schon nach zwei Jahren
trat aber Eduard Devrient von dieser Stellung wieder
zurück, die er mit allgemeiner Anerkennung vertreten
hatte. Der Grund war der Widerwille, welchen sein
Bruder Emil seiner Amtsthätigkeit entgegensetzte. Viel-
leicht wurde dieser genährt durch ein etwas pedantisches
Verfahren in Nebendingen, sowie durch ein zu starres Fest-
halten an individuellen Auflassungen, die denen seines
Bruders widersprachen. Indess würde wohl auch eine
grössere Nachgiebigkeit nichts genützt haben, da Emü
überhaupt keine Autorität über sich dulden wollte, am
wenigsten die eines Bruders, dem er sich noch dazo ab
Darsteller weit überlegen glaubte. Ganz ohne Schuld war
bei diesem Rücktritte Eduard aber auch nicht. In seiner
übergrossen Empfindlichkeit machte sich ebenfalls etwas
von dem Geiste des Virtuosenthums geltend, das er in
seinem Bruder bekämpfte, und eine gewisse Rücksichts-
losigkeit gegen die von ihm übernommenen Verpflichtungen.
Ed. Devrient selbst äussert sich über diese Verhältnisse in
folgender Weise: ^Bald wuchsen die Differenzen zwischen
beiden Brüdern Devrient. Eduard war verpflichtet, das G^
— 507 —
sammtinteresse zn wahren^ Emil vertrat unverhohlen das
moderne, virtuose Sonderinteresse. Die Principien der alten
und der neuen Kuust stellten sich hier, in zwei Brüdern
persönlich geworden, feindlich gegenüber. — Der Kampf
brauchte nicht völlig zwei Jahre, um entschieden zu sein.
Einen Compromiss mit den persönlichen Interessen eines
einzelnen Mitgliedes — und wären es auch die des Ge-
feiertsten und die eines Bruders — durfte Eduard nicht
eingehen, ebenso wenig durfte er den Aufforderungen seiner
Freunde folgen und den gerechten Kampf gegen den, alle
Rücksicht verschlingenden Dämon der KUnstlerselbstsucht
durchführen, weil der, den dieser Dämon ergriffen hatte,
der Bruder war." — Alle Ausgleichsbemühungen Lüt-
tichau's waren vergeblich; Eduard Devrient legte im
Februar 1846 die Oberregie nieder und zog sich auf seine
Schauspielerthätigkeit und das ihm aufgedrungene Amt
eines dramaturgischen Beiraths zurück.
Emil Devrient hatte allerdings seine Stellung am
Dresdner Theater inzwischen zu einer ganz dominiren-
den gemacht. Es scheint seine Schauspielerpolitik ge-
wesen zu sein, kleine Forderungen zu vermeiden, lange
ein vornehm höfliches, zuweilen selbst liebenswürdiges Be-
tragen einzuhalten, um seinen Chef dann plötzlich in
herausfordernder, ja selbst unehrerbietiger Weise mit
grossen Forderungen und Beschwerden zu überfallen und
einzuschüchtern. Das geschah denn auch wieder ge-
legentlich einer Urlaubsreise nach St. Petersburg im Jahre
1842, zu welcher ihm Lüttichau noch 14 Tage ausser
dem ihm contractlich zugesicherten Urlaub von 3 Monaten
ertheilt hatte. In einer mit mannichfachen Klagen üVer
zu geringe Anerkennung, über Ausnutzung seines Talents,
über die Gesunkenheit des Dresdner Theaters und die
Ungesundheit des Dresdner Theatergebäudes erfüllten
Briefe bat er um eine Verlängerung des Urlaubs um
noch weitere 6 Monate, allerdings mit entsprechender
Verzichtleistung auf seinen Gehalt. Der ganze Brief,
— 508 —
noch mehr alier die folgende Cnrrespondenz scliii-n I
darauf angelegt, LUtticlia« zü reizen, um denselben hier-
durch in eine Art von Unreclit zu vcraeUen und einen
Anlass zn seiner Entlassung aus seinem auf LfbengEeil
lautenden Gontracte gewinnen zu können.
Es ist liier nicht Raum, diese lUr die Theaterge-
flchichte sehr interessanten Briefe mitzatheileu; ii-b mna
mich vielmehr nur auf die Mittheilung beschranken, difl
Luttichau dem aggressiven Benehmen Dement's, welchH
auf nichts Anderes hinauslief, als neue, vortlieilhafte B^
dingungen zu ertrotzen, Langmuth und Festigkeit ent-
gegenstellte, dass er seine persönliche Gereiztheit gant
untcrdrilekte, um dem Theater einen von ihm hoch ge-
schätzten Künstler zü erhalten und andererseits doch aocli
dem Könige zu grosse Opfer nicht aufzuerlegen, hewn-
ders aber Bedingungen zu vermeiden, welche dem Ge-
deihen des Ganzen zuwiderliefen, Devrient forderte di*
Erhöhung seines damals freilich noch massigen Gebih*
von 2200 Thlr. auf 3000 Thlr. und das Recht, sdaai
Urlaub von 3 Monaten auf 5 Monate ausdehnen zn dflt-
fen, mit Verzichlleistung jedoch des Gehalts ftlr die leg-
ten zwei Monate. Luttichau strUubte sich eigentlich Dor
gegen die zweite Bedingung. Er sah das Verderblich*
dieser langen Urlaube vollkommen ein, Aber wie luigt
er sich dagegen auch wehrte, so hatte er doch nicht dfl
Muth, es auf den Bruch mit dem bei Hofe wie bti
dem Publicum so beliebten und auch von ihm selhot für
unentbehrlich erachteten Darsteller ankommen zn tasws,
nnd Alles, was er nach langen Kämitfen erreichte,
war nur, dass Devrient jene 2 Monate nicht unter aDfn
Umständen, sondern bloss bei Reisen nach enttenilere>
Gegenden in Anspruch nehmen durfte.
So geringschätzig Emil Devrient auch ober den d«-
maligen Zustand des Dresdner Theaters in seinen Briefe»
nrtheiltc, mit welcher Verächtlich keit er darin von Dl^
fltellern wie Wejmar und Ueckscher sprach, bo hatte n>k
— 509 —
doch gerade damals die idealistische Bichtnng an einer
neuen BIttthe in Dresden entfaltet, die sich unter der
Regie Eduard Devricnt's noch weiter entwickelte. Letzterer
hat um das harmonische Zusammenspiel, welches sich im
ConversationsstttckC; im Lustspiele; ja selbst im Drama
des hohen Styls lierausbildete, so lange dieses nicht eine
zu grosse Vertiefung der Charakteristik; einen gewaltigeren
Ausdruck der Leidenschaft forderte, sich ohne Zweifel
grosse Verdienste erworben.
Einen wesentlichen Antheil daran hatte Marie Bayer,
Tochter des beliebten Schauspielers Bayer in Prag,
welche bereits 1839 und 1840 mit grossem Beifall in
Gastrollen aufgetreten und seit 1. August 1841, von
Hannover kommend, engagirt worden war. Ihr noch in
der Entfaltung begriffenes Talent (sie war erst 19 Jahr
alt) sollte sich rasch zu einer Schönheit entwickeln, welche
ne lange zu einem Vorbilde jugendlicher Darstellerinnen
nachte. Sie bot das nur noch vollendetere Seitenstttck
zn Emil Devrient dar. Sie besass all seine Vorzüge,
ohne doch seine späteren Schwächen zu theilen. Wie
ihm, war zwar auch ihr die Kraft genialer charak-
teristischer Gestaltung, der Ausdruck gewaltiger Leiden-
schaften versagt, sie besass aber eine noch grössere
Innigkeit und Wärme der Empfindung. Ihre Vortrags-
weise neigte sich ebenfalls etwas einem rhetorischen
Pathos und musikalischen Wirkungen zu, sie liess sich
aber niemals dazu verleiten, mit diesen zu spielen. ILr
ganzes Wesen war eben Wohllaut und Harmonie, das
Ideal deutscher Jungfräulichkeit. Ihre Cordelia, Marie
Beaumarchais, Ophelia, Judith (üriel Acosta), Thekla,
Viola, Leonorc waren entzückende Gebilde. In den
Stücken der Prinzessin Amalia, in den gesellschaftlichen
Dramen Gutzkow's, in vielen Stücken der Birch-Pfeiffer,
die hier überliaupt sämmtlich eine vorzügliche Darstellung
ianden, war sie vortrefflich. — Als sie im Jahre 1848
auf die Anerbietnngen hin, die ihr von Berlin gemacht
— 510 —
wurden^ eine Erhöhung ihres Gontractes auf 3000 TUr.
forderte (sie hatte bisher nur 2200 Thlr.), befürwortete
dies Lttttiehau bei dem Könige mit der Bemerkung, da»
Fräul. Bayer sich jetzt allerdings auf einer Höhe befinde,
die sie in ihrem Fache zur ersten Darstellerin Dentscb-
lands mache^ und er nicht bezweifle^ dass sie von anderen
Theatern leicht noch glänzendere Bedingungen erreichen
könnC; daher er im Allgemeinen ihre Forderungen nur zn
unterstützen vermöge.*
Auch die tiefe Lücke, die fast gleichzeitig Panli's
Tod in das Ensemble gerissen hatte und die nie wieder
völlig ausgefüllt worden ist, wurde 1842, nachdem ein
Versuch, Theodor Döring in Stuttgart zu gewinnen, ge-
scheitert war, durch Aug. Ludw. Quant er, geb. 1805
zu Berlin, einen Schauspieler von Bildung und trefflicher
Schule, wenigstens theilweise und annähernd ergänzt,*
während durch Eduard Devrient diejenigen Rollen, die
Repräsentation forderten und von Pauli meist ungenügend
vertreten worden waren, sogar noch gewonnen hatten.
Einen noch schwierigeren Stand sollte dagegen
das jugendliche Talent Gabriele Allram's finden, welche
die mit Ende 1842 ausscheidende Doris Devrient mit zu
ersetzen hatte. Sie begann ihre theatralische Laufbahn
' In der Tiiat ist es nicht sowolil die Anmassung der Künstler,
als der Ehrgeiz der Theaterdirectoren gewesen , was zu jener Zeit
die Gehalte so sehr in die Höhe schraubte. Fräul. Üayer konnte?
damals Lüttichau einen Berliner Brief zeigen, in welchem ihr ge
schrieben wurde, sie solle fordern, was sie nur wolle, sie dürfe «i
Annahme rechnen, und Tichatscheck behauptet in einem Briefe an
Lüttichau v. J. 1819, dass ihm von Berlin aus nach Sjähriger Dienst-
zeit ausser seinem inzwischen zu beziehenden Gehalte die Auszah-
lung einer Summe von 36,000 Thlr. zugesichert werde.
* Lüttichau hatte gehört, dass Döring abgehe, und wendete
sich daher mit einem Antrag an ihn. Döring schrieb, dass er nodi
auf einige Jahre engagirt sei, aber den Contract zu lösen hoffe,
worauf Lüttichau kurz abbrach, weil er nicht zu einer Contrtct-
lösung Anlass geben wolle; ,,Contracte seien ihm heilig."
— 511 —
Prager BUline, an welcher ibre Mutter seit lange
leliehtes Mitglied war. Sic konnte jedocb nur in
Bollen eines etwas derberen GenrcB vollkomnien befrie-
digen, weil es ihrem Organe nnd Spiele für höhere Auf-
gaben an natürlichem Adel gelirach. Fleiss und Ge-
wiRBenhaftigkeit machten sowohl sie, wie den in demselben
Jfthre eintretenden Schauspieler Ferdinand Kramer
ans Magdeburg, welcher besonders im Fach der Natur-
burschen Beliebtheit errang, zu einem verdienstvollen
Mitgliede des Dresdner Theaters. Wichtiger noch aber
waren die in das folgende Jahr (1843) fallenden Engage-
lacnts von Heese und Winger.
Rn,dolph Ueese war durch seine natürlichen
Anlagen zwar nur auf ein enges Gebiet beschränkt, be-
wegte sich aber auf diesem mit Glück- Er war dnrch
I Bein Organ, noch mehr durch dessen Behandlung auf
^M Lustspiel und auch hier nur auf das Fach der ge-
mnthlieben , hnmoristischen Lebemänner, sowie auf die
iHrrtellung pfiffiger Beschranktheit verwiesen. Er ver-
b«id naturwüchsigen Humor mit Noblesse und bewahrte
sich auch Im Niedrig -Knmischeu noch Anmuth und Lie-
benswürdigkeit. Er war vortrefflich als Ludwig XIV,
itn „Urbild des Tartüffe", als Hotham in „'^'^P'^ <">''
Schwert", als StiUfried in „Ich gehe aufs Land", und
ftlislitihen Hollen.
Eduard Winger, geb. 1812 ia Berlin, trat in das
seit Weymar's Tode nicht wieder genügend besetzte Fach
^er Helden ein. Obschon er, mit einem sehr wohlklingend
IjiegBamen Organe begabt, auch hierin sehr Anerkenucns-
'Werthef- leistete, fehlte es ihm doch fUr die hiiheren Auf-
^ben dieser Art an Tiefe dor Charakteristik und Gewalt
des leidenschaftlichen Ausdrucks. Erst in dem Fach der
Holdenväter, der gemüthlichen und der polternden Alten
sollte sich die volle Krat^ seines reichen Talents ent-
ölten. Gelegenheit dazu gab die am 1. Jan. 1841 statt-
findende erste Vorstcllnng von Gutzkow's „Zopf und
— 512 —
Schwert", worin er die Rolle König Friedricli Wilhelm L
mit ausserordentlichem Erfolge gab. Winger gehörte der
idealistischen Bichtung an, ohne ihre Verimingen zu
theilen und ohne dabei die Natur aus den Augen verloren
zu haben. Eine durch und durch deutsche Natur, hat er
auch vorzugsweise gewisse Seiten des deutschen WeseiiB
zu eben so vollendetem, wie anheimelndem Ansdnck
gebracht.
Von den bis zum Ende der Devrient'schen Regie nr
Aufführung gekommenen Novitäten nahmen die von Karl
Gutzkow den ersten Rang ein. Der Erfolg seines ^UrbSd
des Tartüffe" (am 1. Januar 1845) war ein geradezu bei-
spielloser. Dichter und Darsteller waren sich gegenseitig
Dank schuldig. Gutzkow war plötzlich zu einer AutoritiU,
zu einem Manne geworden, an dessen Erfolge mas
glaubte.
Was lag da näher, als dass Lüttichau, welcher den
Gedanken nicht fallen Hess, dass die Bühne eines
literarisch gebildeten, mit ästhetischen Dingen vertrauten
Führers bedürfe, gerade diese Persönlichkeit trotz der
Bedenken ins Auge fasste, die sich gegen ihre Wahl etwa
regen mochten. Der Erfolg gilt am Theater nun ein-
mal Alles. Daher der mit den Dresdner Theaterver-
hältnissen vertraute Schriftsteller Dr. August Bttrck, der
spätere Gatte der Schauspielerin Bayer, dem ihm befreon-
deten Gutzkow unmittelbar nach dem Rücktritte Eduard
Devrient's schreiben konnte: ^ilen Sie sich! Hier ist
eine Revolution ausgebrochen. Eduard Devrient hat die
Oberregie niedergelegt. Emil Devrient droht mit Abgang.
Die Tieck'sche Dramaturgenstelle soll wieder cment
werden. Verlieren Sie keinen Augenblick 1 Theodor
Hell schiebt sonst einen Riegel vor!" Dittmarsch, der
selbst ohne Ehrgeiz, stimmte dem Wunsch seines Gheis
bereitwillig zu. Emil Devrient aber, dessen Freund-
schaft, wie Gutzkow weiterhin sagt, sich für ihn hätte
regen sollen, habe gerufen: „Excellenz, ein Dramaturg!
— 513 -
Wie werden wir einen solchen Mann wieder los?^ Eine
Aenssemng; die er von Lttttichan selbst haben wollte.
Gutzkow verlor in der That keine Zeit. Er kam,
„und schon ifach dem ersten Besuch bei Sr. Excellenz
war — wie er selber erzählt — das (Geschäft erörtert
und nach einem Diner beim Kaffee in einer Seitenlaube
des Esssaals abgemacht^. Ganz so rasch aber ging es in
Wirklichkeit nicht, und wäre Heinrich Laube nicht ein so
praktischer Kopf gewesen, wie er thatsächlich war und
ist, so würde Gutzkow doch noch umsonst gekommen
aeiiL Auch mit ihm wurde erst unterhandelt. Nicht
Lttttichau, sondern er selbst schlug die Bedingungen vor.
Er sagt in einem darauf bezüglichen Briefe, dass er
2400 Thh*. verdienen müsse, um in Dresden leben zu
können, und glaubt die Hälfte der Summe fllr das ihm
angetragene Amt berechnen zu sollen, was auch gewiss
nicht zu viel war. Er sähe aber ein, dass diese For-
derung gleichwolil zu gross erscheinen und es daher noch
einer besonderen Gegenleistung bedürfen würde. Daher
er vorschlage , ihm jährlich 800 Thlr. festes Gehalt zu
bewilligen mit der bindenden Zusage der Annahme und
Aufführung von jährlich zwei seiner Stücke, die man
ihm ein - für allemal mit 40 Thlr. per Act zu honoriren
habe. Lüttichau ging mit nur unwesentlichen Aenderungen
auf diese Bedingungen ein. Gewiss hatte bei dem Ab-
schlüsse auch dieses Verhältnisses die geistvolle Gattin
des General-Directors einen fördernden Einfluss ausgeübt.
Kiehtsdestoweniger muss Gutzkow's Austeilung, so wenig
der Erfolg den gehegten Erwartungen entsprach, auch
diesem selbst zu besonderem Verdienste angerechnet
werdeu.
Es gehörte immerhin eine gewisse Freiheit des Cha-
rakters dazu, die Anstellung eines Mannes zu empfehlen,
der nach seiner Vergangenheit von den höheren Kreisen
nor mit Misstrauen betrachtet werden konnte. Auch
befürwortete Lüttichau dessen Anstellung nicht ohne
as
— nu —
Wärme. Nacliilem er in seinem Vortrage entwicWlT
batte , wie unzulänglicli die dcrmalige Leitung du
ästhetischen Theils des UntemehmenB sei, so dase „die
Ton einem Principe ausgehende draiuatui^ische Lcilniig
sich noch immer als das Angeraesseiiste und Wllnsckn»-
wertheste empfehle, wie denn überhaupt die uiöghtiirte
Vollkommen lieit zu erreichen in allen Dingen das Ziel
sein mlisBe, wornach mau strebt" — beuaehricbtigte r
den König, das» er hierzu „mit Vorbehalt allerhöchster
Genehmigung den Dr. Karl Gutzkow gewonnen hkbe,
dessen mit gröeetem Erfolge gegebene Arbeiten seine
Sacbkenntniss ganz ausser Zweifel stellten". Dazu stehe
er „mit 34 Jahren in der vollsten dichterisebeu SchSpfnngs-
kraft und sein Fener werde durch männliche Besonnen-
heit gemildert, so dass von seinem Einfluss auf äai
Ganze, wie auf die einzelnen Individuen eine Buhne die
besten Aussiebten und Hoffnungen zu erwarten habe",
Worauf er noch in einem längeren Satze ausfuhrt, in»
Gutzkow vou früheren Ansiebten, welche etwa Bedenken
erregen könnten, völlig zuritckgekommen sei. — Die
KUnigliebe Genehmigung erfolgte ohne jede Beanstandmif-
nnd die luBtruction des neuen Dramaturgen war im
Wesentlichen dieselbe, welche Tieck einst erbalteu batte.
nur dass sein Verbältniss zu den Schauspielern darin eis
anderes geworden, aber noch immer schwankend geU
geblieben war. Der darauf bezügliche Paragraph laal
wie folgt:
„Der Dramaturg ist verpäichtet, auch den t
Talenten seine Aussti' Hu n gen nicht zu verschweigen,
sie nach seiner Meinung das Interesse des Dicbtera i
genau treffen und dadurch die Harmonie des Ensonlj
benachtbciligen. Er hat die untergeordneten Diu
anzuweisen , in welcher Art sie den Totaleindmck j
fördern haben; er hat zu solchem Zweck mit jungen I
ungeübten Mitgliedern besondere vorbereitende Uebu
vorzunehmen und ihre künstlerische Ausbildan; tu I
— 515 —
fbrdern und yollkommen gerundete Dantellangen hervor-
zabriDgen."
Es fehlte ttbrigens wenig, dass sich die Anstellung
Gntzkow's doch noch im letzten Momente zerschlug.
Anlass dazu gab der ungeheure Erfolg; welchen die erste
Vorstellung von seinem Uriel Acosta am 13. December
1846 erzielte, worin man bei den gespannten Zuständen
der Zeit eine politische Demonstration sehen mochte.
Oatzkow erzählt, dass der König ein Schreiben an den
Intendanten erlassen habe, worin er gedroht, demselben
ktinftig einen Censor setzen zu lassen, wenn Stücke
so aufregender Art, wie die Earlsschüler *und Uriel
Acosta, wieder gegeben wfirden. Als Gutzkow hierauf
seine Entlassung erbeten, habe Frau von Lüttichau nach
beiden Seiten zu vermitteln gesucht, Prinz Johann in
dessen Folge sich aber selbst des Auftrags unterzogen,
das Stück im Texte zu lesen, worauf es mit der ein-
zigen Einschränkung: statt des Wortes Priester ^Rabbiner^
zo setzen, wieder freigegeben und die Sache beigelegt
worden sei.
Indessen blieb es für Gutzkow doch eine Niederlage.
Die Thatsache, dass er bei Hofe mit Misstrauen betrachtet
wurde, entzog ihm in den Augen so Mancher die nöthige
Autorität. Dazu war seine Stellung eine noch schwie-
rigere, als die Eduard Devrient's, da sie auch von diesem
nicht ohne Eifersucht angesehen wurde, um so mehr, als er
zu demselben durch sein freundschaftliches Verhältniss
zo Emil Devrient in eine schiefe Stellung gerathen war.
Der grösste Gegner Gutzkow's war aber immer er selbst:
seine Neigung zu sarkastischen Ausfällen, die ihn bald
nach allen Seiten in gereizte Verhältnisse brachte. Im
Anfang gelang es ihm jedoch, sich mit Emil Devrient
und Frau Bayer in gutem Einvernehmen zu erhalten.
Dittmarsch hielt, wie mit allen seinen Gollegen, ein freund-
liches, zuvorkommendes Benehmen gegen ihn ein. Von
Winger, welcher nach Eduard Devrient's Rücktritt als
— 516 —
Httifsregisseur angestellt worden war, sagt Gutzkow
nichts, und in den Motiven, die jener (1848) sn seiner
Bitte am Enthebung von diesem Posten angiebt (wekhe
erst im August 1849 erfolgte), finde ich nur geltend ge-
macht, dass sich derselbe durch seine Regiethätigkeit in der
freien Entwicklung seines Talentes behindert ftthle. Aoch
Eduard Devrient, welcher sich grollend nnd schmollend
zurückgezogen , beschränkte sich anfangs nur auf eine
zwar ablehnende, doch zurückhaltende Kritik. Wie aber
dieser über ihn urtheilte, geht aus dem 5. Bande von
dessen Geschichte der deutschen Schauspielkunst hervor,
in welcher 'es (S. 118) heisst: „Wenn Gutzkow länger im
Amte geblieben und zu mehr Autorität gelangt wire,
würde er, trotz der anregenden Bewegung, welche er in
die künstlerische Thätigkeit brachte, doch dahin gewirkt
haben, die Natur in den Darstellungen der Dresdner
Kunstgenossenschaft, auf welche IHeck und dessen An-
liänger Eduard Devrient so dringend gehalten, zu ver-
fälschen und so der Kunstanstalt schädlich zu werden.
Er gewann darüber zunächst keinen rechten Boden im
Vertrauen der Kunstgenossenschaft und verlor den wenigen,
als er sich nicht enthalten konnte, auch den alten Fehler
zu begehen : Zeitungsartikel über das Theater, das er ver-
trat, zu schreiben." Gutzkow hat in seinem „Rückbücke
auf mein Leben" dem Thatsächlichen in diesen Behaup-
tungen theils widersprochen, theils es zu entkräften gesucht
und diesen AngriflFen zugleich ungleich stärkere, masslosere
;;egentiber gestellt. — Da es nun am Theater an Zwischen-
trägern gewiss nie gefehlt hat, so wird man begreifen,
<lass schon damals das Verhältniss Beider ein sehr ge-
reiztes werden musste und Gutzkow der Geringschätzung
seines Gegners in ähnlicher Weise zu begegnen verstand.
In der That fehlt es gleich in der ersten Zeit von
Gutzkow's Regie nicht an Klagen Ed. Devrient's über
geringschätzige Behandlung bei der Besetzung der Stücke.
So bat Ed. Devrient Lüttichau unter Anderem, ihn von
— 517 —
einer ihm übertragenen Rolle in Beerte ^StruenBee^
entheben zn wollen. Lttttichan, der einmal getroffene
Anordnungen überhaupt nur sehr ungern. wieder zurück-
nahm und dem gerade abwesenden Gutzkow nicht ent-
gegen handeln- wollte y wies auf verschiedene ähnliche
Rollen hin, die Devrient Irüher gespielt , und bat ihn,
sich deshalb auch hier im Interesse des Stücks der
getroffenen Anordnung fügen oder sich mit Gutzkow
selbst darüber verständigen zu wollen. Inzwischen hatte
er Letzterem aber doch Devrient's Brief zugesandt und
dieser darauf ablehnend und in einer zwar verdeckten;
aber Devrient aufs Empfindlichste blosstellenden Weise
geantwortet. Er sei, bemerkt er darin, über die Auf-
fassung, welche Devrient dem ihm zuertheilten Cha-
rakter im Stücke gegeben, völlig erschrocken. Er nenne
ihn einen schleichenden Intriganten — allein diese Auf-
fassung sei nicht nur gewöhnlich, sondern auch geradezu
falsch, da nach der Ansicht des Dichters dieser Charakter
die komische Person, den Narren des Stücks, wie etwa
Polonius im Hamlet zu vertreten habe - daher er
Devrient von dieser Rolle nicht zu dispensiren und nicht
einzusehen vermöge, wie sie nicht gerade für ihn völlig
passe. — Lüttichau hatte den langen und flüchtig ge-
schriebenen Brief Gutzkows wahrscheinlich ebenso flüchtig
gelesen, da er ihn Devrient zur Kenntnissnahme zuschickte,
ihm die Uebemahme der Rolle noch dringender empfahl
und schliesslich sogar als eine persönliche Gefälligkeit
von ihm erbat. — Devrient, der jeden Stich in Gutzkow's
Briefe geftlhlt, beruhigte sich hierbei aber nicht; er
setzte vielmehr Lüttichau auseinander, wie die ganze
Gutzkow'schc Auffassung durch nichts im Stücke be-
gründet, wahrscheinlich ein Verwand sei, ihn in empfind-
licher Weise herabzusetzen, daher er nun um so weniger
die ihm übertragene Rolle zu spielen vermöge. Lüttichau
gestand, das Beer'sche Stück neuerdings nur flüchtig
gelesen zu haben, daher ihm die Gutzkow'ache AufEassung
— 518 —
vfolil befremdend, aber pikant und wirkungsvoll erscMen«!
eei. Nacli Devrient's ansfülirlicher Darlegung jeiioekl
enthebe er diesen hierdurch der Verbindlichkeit, die RoDbI
zn spielen,'
Gutzkow's Polemik gegen Eduard Devrient eolhll
gewiss manches Wahre, Wenn aber Devrient in die E
seitigkeit verfällt, das grosse Talent, die Genialit&t tob '
der Schauspielkunst und vom Theater ansznschliesfieii
nnd hierdurch zum Anwalt der Mittelmässigkeit wird, so
verblendet sich dagegen Gutzkow in dem Masse geg»' ■
die Thatsachen, dass er das Virtuoscnthum und des
Einseitigkeiten, dessen Ausschreitungen für blosse l
gespinnste erklärt, obschon er sich doch anderen
selbst llber sie nicht wenig beklagt.
Wenn Gutzkow von den Matadoren der Dre
Btlhne spricht, so giebt er das Virtuosenthnm , welch«
er läugnet, unter anderem Namen doch wieder zn. NmIi
ihm soll nämlich der Grundsatz des Herrn von LUttich«
schon damals nur dieser gewesen sein: n^^ ^i"*
Theater zu erzielen ist, mass ans dem guten Willen der
Matadore (Emil Devrient , Schröder - Devrient , Ridet.
Tichatscheck) gewonnen werden." — „Dies Axiom ver-
banden mit dem Spielhonorar tuhrte aber nur Eur
Kassenleere, denn wenn Repertoire gemacht wurde, m
hatte wohl der Chef den Ehrgeiz, es dem Hofe, dem
König, den Prinzessinen , dem Publicum als ein wOrdi^
vorzulegen. Mit Wohlgefallen betrachtete er eich i
Signaturen: Bamlet, Euryanthe, Oheim, Gottsched i
Geliert, Freischütz, die Braut aus der Residenz, der V~
' Ich «Urde diesen kleinen TorfiTI nicht mitgetfaeilt 1
weoD nicht sowohl Gutzkow, wie Devrient selbst, die hier gpielea
Verhältnisse in polemischer Weise zur Sprache gebracht 1
wobei Niemand schlechter wegkam, »la die ZwischeDperEoneii,'
ohne Zweifel geeignet, dieselben auch anter einem anderes I
encheinen so loBsen.
- 519 —
nmsegler n. s. w. Jeder bekam da etwas fttr Beinen Ge-
schmack. Und alle diese Ansätze fanden sogar statt
nach vorausgegangener Rttcksprache mit den Matadoren.
Diese hatten zugesagt, die betre£fenden Rollen spielen zu
wollen. Rttckte dann aber der Tag heran, sollte za
Hamlet, der lange nicht gewesen, eine Probe stattfinden,
so wurde sie abgesagt Emil Devrient meldete einfach:
Nicht Hamlet, sondern — Memoiren des Tenfels 1 Ticha-
tscheck : nicht Enry anthe -^ aber Stradella ! Mit anderen
Worten: die Kasse nahm statt 800, nur 200Thlr. und
weniger ein. Nun hätte ich gern gesagt: ,Wenn Emil
Devrient erklärt — aber Memoiren des Teufels!' so
erwidere der Intendant : ,Qnod non !' nnd setze dafür mit
einem zweiten interessanten (?) Darsteiler, den ich wirk-
lich endlich in Liedtke gefunden hatte, eine Vorstellung
an, die vielleicht etwas mehr einbringt, als jene 200 Thlr.
Neben der so ausgezeichneten nnd nie störenden Marie
Bayer bot Antonia Wilhelmi einige Hoffnung, sich be-
haupten zu können. Dittmarsch aber begünstigte das
Ansetzen von Lückenbüssem. Ihm war die CoUegen-
schaft das erste Princip. Den Gollegen musste das Spiel-
honorar gesichert bleiben. Das Spielhonorar war der
geheime Apparat, der den höheren AuflQug immer wieder
in den Strich der Gewöhnlichkeit zog.^
Diese Darstellung enthält ohne Zweifel manches
Thatsächliche. Die Einführung der Spielhonorare beweist
68 allein. Das Spielhonorar war aber keineswegs eine
Erfindung des Herrn v. Lüttichau. Er hat es allerdings
an dem Dresdner Theater zuerst eingeführt , aber doch
nur ganz ausnahmsweise,^ zugleich aber auch ein Palliativ
' 1849 bezogen nar Tichatscheck, Emil Devrient und die Bayer
Spielhonorare in dem hier gemeinten Sinne. Die Spielhonorare,
welche ein paar untergeordnetere Darsteller wie z. B. Abiger (von
nur 2 Thlr.) bezogen, hatten lediglich die Bedeatung einer Grati-
fication fQr die hftofige Uebemahme unbedeatender RoUen.
— 520 —
dagegen gesucht nnd gefunden; insofern er später die
Auszahlung des vollen Spielhonorars an die Darstellnng
der angesetzten Rolle knüpfte, die Darstellnng einer
anderen aber auf die Hälfte desselben herabsetzte. Wie
schwer Lüttichau überhaupt daran ging, Madatore n
schaffen, geht aus meiner Darstellung genügend hervor.
Allein seine Schätzung des Talentes war bisweilen zur
Ueberschätznng geworden. Sein Glaube an die Unent-
behrlichkeit einzelner Darsteller machte ihn bisweilen
nachgiebig gegen ihre Anmassungen. Doch sehe ich ihn
fort und fort auch wieder Anstrengungen gegen dieselben
machen, und es fehlt in den Gorrespondenzen durcfasifl
nicht an Beispielen, dass auch die Matadore ihren Willen
selbst in geringfUgigen Sachen nicht immer erreichten,
— weder die Schröder- De vrient, die er im Anfang des
Jahres 1846 lieber nicht spielen, als sich vorschreiben
Hess,- in welchen Rollen sie spielte, noch Räder, dem er
zwar wegen seiner Beliebtheit schon zu dieser Zeit einen
zu grossen und verderblichen Einfluss gestattete, dessen
Prätensionen er aber meist mit Entschiedenheit zurück-
wies, so z. B. 1849, wo sie allerdings so weit gingeu, das»
er mit seinem Abschied drohte, wenn Gerstorfer und
dessen Nichte Elise Schmidt, mit denen er im Streite
lag, nicht ihre Entlassung erhielten.*
Dagegen würde Gutzkow noch den verderhUcheD
Einfluss zu betonen gehabt liaben, welchen einzelne dieser
Matadore schon damals auf die Besetzung der Rollenfächer
und auf die Wahl der StUcke auszuüben verstanden. Id
den Acten findiit sich freilich kein Anhalt daftir. Aber sollte
es wirklich nur zufällig sein, dass seit Carl Devrienf«
Abgang das Fach eines zweiten Liebhabers und jugend-
lichen Helden nicht wieder eine bedeutendere Vertretnng
gefunden hatte? Schon Heckscher war kein voller Ersati
' Elise Schmidt blieb noch bis 1. April 1863 am Dresdner
Theater, Gerstorfer bis zu seinem 1871 erfolgenden Tode.
Wie h&ttea es du wolil Lindon-Rekowsky, der Bogar
zweimal angestellt wnrde, Ascher, Gcrstorfer gewesen
Mtn köuuen? Gutzkow sagt aelbet, da&s er €8 erst war,
der einen interesBauteren Darsteller für dieees Fach —
nnd zwar knrz vor aeiuem Al)ji;range — gefunden habe. Zu
findpD wann sie llbrigens schon, aber anzustellen waren
«e schwer. Und auch Liedtke, den ich Übrigens für
M interessant nicht habe haiton können, blieb nur vom
1. Juli 1849 bis 1. Mai 1850 iu Üresdeu.
Gutzkow hatte sich allmählich seine Stellung; immer
achwieriger gemacht. Zu dem gespannten VerhiHtnisse
mit Eduard Devrient, welcher sit-h aueli im Jahre 1848
wieder mehrlacli Über geringschätzige BEhaEidlung be-
schwerte, war ein Zerwürfuiss mit BUrck und Frau liayer
gi^treteu. Er liatte Dittmarsch lieleidigt und auch mit
Emil Devrient manoUe unliebsame IScgegnung gehabt. '
Dazu waren seit Uriel Acosfa seine Bühnenstücke von
keinem (Inrchschlagcnden Erfolge begleitet gewesen.
Selbst sein Königelieuteuant, welcher Überhaupt erst am
Scblnsse seiner Dramaturgie znr Aufführung kam, hat
in der damaligen Besetzung keine besondere Wirkung
gebabt. Ancb von den ilbrigeo unter seinem EiiitluBse
gegebenen Novitäten haben verhUltnissiuäEsig nur wenige
bleibende Geltung erhalten. Am meisten noch Frellag's
Valentine nnd Moeentbal's üeliorah und einige Lustspiele
von Itanernfeld, sowie von Putlitz und lienedi\, deren
Namen jetzt auf dem Repertoire erscheinen. Neu eingeführt
frorden Uberdii-s: Werder, Alex, Rost, d'Almeida-Garrett,
KU|. Sangelli, Zwengsohn. Hartniann, Fcodor VVehl. Das
claaaisclie Repertoire wurde durch die Anfnahme von
Shakespeare 's Coriolan und König Johann verstärkt Von
diesem AJKu hatte aber fast niebts einen hedeutcudcren
Erfolg erzielt- Dazu war die Zeit politisch erregter
geworden. Schon seit 1848 trat das Interesse fltr das
Tbeater mehr und mehr in den üintcrgruDd.
Die EinmisL-hung Outzkow's in die politisclieu Vor-
522
zn fällig atP^
gäoge des März 1848 zu Berlin, wo er aii.'h zufs
hielt, wurde ihm zwar in Uresden nicht naehgelragra,
was Llittiühau ntn eo höher anzurechneDist, alsGnUkow
ßich kurz vorher mit ihm überworfen hatte. Beliebte;
hat sie ihn hier aber gewiss auch nicht gemacht.
Wie in dieser Zeit Alles reformirt werden Bollte,
80 war auch die Reform des Theaters in das Bereicli
der journalistiBchen Debatte gezogen worden. In Dresden
hatte schon Ed. Devrient diese Frage zu lösen gesacht.
Bei einem Gespräch des Ministers von der Pfordlen mit
Gutzkow war nun auch dieser von Krsterem aul'gefordeil
worden, ein Memoire Über die Mängel des Königl. Theaten
zu schreiben. Seine Reformpläne {s. Vor- und Nach-Mkn-
liches von K. Gutzkow) gingen wesentlich darauf liinfuus
die General-Direction dem Theater gegenüber ^n einet
blossen Hofcharge, den Dramaturgen aber zum eigentlichen
Direetor des Theaters zu machen. Da er zum General-
Direetor keinen Besseren vorzuschlagen wusstf, als den
hier sieh auch nach ihm in dieser Stellung schon tu
lange bewährt habenden Herrn v, LUttichaa, so wir
die Wahl des Dramaturgen natürlich eben so nahe gelegt
Gutzkow selbst drückt dies in seinen „RllckblickeD" gwu
harmlos folgendermassen aus: „Meine Vorschläge gingen
auf eine Trennung des katholischen KirehendiensK»
vom Theaterdienst, auf die Wahl der Regissenre au
dem Schoosse der Schauspieler, auf grössere Machl
Vollkommenheit des Dramaturgen ans.*' Herr
von der Pfordten hat, nach Gutzkow, bei Rücksendiug
des Entwurfs diesem geschrieben, dass er denselben
zur Ausführung gebracht haben würde, falls er im Ante
geblieben wäre. Bekanntlich soll Oberländer Richard
Wagner etwas Aehnliches versichert haben. Ich möckK
jedoch daran zweifeln, dass Gutzkow, selbst wenn ikm
die erstrebte „grössere Machtvollkommenheit" wirküeli
geworden wäre, die Erwartungen, die man an ein solehe*
£reignis8 zu knüpfen berechtigt schien, wirklich ert^
— 523 —
hätte. Gutzkow litt selbst etwas an dem Virtuosenthume
der Zeit, weshalb er es wohl auch yerläugnete. Er war
eifersüchtig auf jeden fremden Erfolg , wenigstens auf
seinem Gebiete. Er konnte zwar weder Laube, Freitag,
noch Dingelstedt ignoriren . und unterdrücken, weil diese
sich bereits einen zu grossen Einfluss geschaffen hatten.
Was aber that er für einen Dichter wie Hebbel? Man
mag von HebbeFs Dramen denken, was man will: Talent,
grosses und wahrhaft dramatisches Talent wird man
ihnen nicht absprechen können, und Niemand wusste das
besser als Gutzkow. Nichts aber ist Hebbel im Leben
gerade so hinderlich gewesen, als nur sein Talent, welches,
wenn man es vielleicht auch nicht fOrchtete, wenigstens
unbequem war. Seine Fehler, Schroffheiten, Extrava-
ganzen hätte man ihm zur Noth noch verziehen.
An Einsicht, an gutem Willen selbst hat es Gutzkow
niemals gefehlt, aber die ausserordentliche Empfindlichkeit
seiner schriftstellerischen Natur hat ihn vielfach gehindert.
Inzwischen sollten die Dresdner Maitage 1849, wie
sie so Vieles am Königl. Hof-Theater veränderten, auch
das Schicksal seines Dramaturgen in ganz anderer Weise
entscheiden.
Die General-Direction hatte das Theater geschlossen,
indem sie im Drange der Umstände von einem Paragraphen
der Theatercontracte Gebrauch machte. Alle Mitglieder
desselben, soweit sie nicht lebenslänglich angestellt waren,
wurden gekündigt. Auch Gutzkow hatte dies Schicksal er-
fahren und war einer der Wenigen, mit denen man einen
CSontract auf neuer Grundlage nicht wieder versuchte.
Gutzkow hatte nach erfolgter Kündigung unmittelbar seine
Entlassung gefordert Lüttichau, welcher, in seinem Vor-
trag darüber, die Kündigung Gutzkow's dadurch motivirte,
dass dieser den an seine Wirksamkeit geknüpften Erwar-
tungen nicht völlig entsprochen habe, befürwortete jetzt
bei dem König dessen Gesuch, weil in der That seine
Stellang am Dresdner Theater nnn manches Missliche haben
— 524 -
werde; bat jedoch^ wie dies der Würde des lostitQts ge
mäss scheine, ihm den Gehalt bis Ende des Jahres fort-
bezahlen zu lassen. Um jedoch eine schickliche Fonn
daftir zu gewinnen , schlug er vor, dass Gutzkow ab
Gegenleistung das von ihm . zur Feier des lOOjährigeD
Geburtsfestes Goethe's eingereichte Programm herstellea,
einrichten und leiten solle. In diesem Sinne schrieb er
später an Gutzkow ^ welcher sich hierzu bereit erklärte
und von dieser Festfeier folgende Beschreibung giebt:
„Zum Vorabend, 27. Aug. 1849: ^Torquato Tasso", in
welchem die beiden Brüder Emil und Eduard Devrient
den besonderen Genuss boten, die PrivatempfindungeD
derselben^ den gegenseitigen Hass in den leidenschaftlichen
Scenen mit unverstellter Natürlichkeit ausbrechen zu Us-
sen. * Den Abend des 28. leitete ein Gedicht von TL HeD
ein, von Frau Bayer-Bürck mit gewohnter Innigkeit ge
sprochen. Dann folgte das Schäferspiel: „Die Laune des
Verliebten", hierauf eine Anzahl von mir ausgesuchter
lebender Bilder nach bedeutenden Meistern und zum
Schluss der Versuch, theatralisch Brauchbares aus dem
zweiten Theile des Faust festzuhalten und wiedenu-
geben. Es passte für das zweiactige Ganze, das ohne
besonderen Zwang entstand, der Titel: „Der Raub der
Helena." C. G. ßeissiger, welcher die Musik dazu ge-
macht, leistete mit seiner Composition so WerthYoUe«,
dass man beklagen muss, wie die Sitte der grossen Bühnen,
nichts von einander anzunehmen (?), eine vollständige
Nichtberücksichtigung meines Versuchs im Gefolge hatte.
Leider blieb Liedtke (Faust) bei der dritten Vorstellung
auf seiner Luftfahrt, die er aus den Armen der sich in
Wolken auflösenden Helena machte, in dem Tauwerk der
* Dies würde allerdings eine sehr würdige Festfeier gewesen
sein! Zur Ehre der Betheiligten nehme ich jedoch an, dass diese
Motive nur erst von Anderen in ihr Spiel hineingelegt wurden,
zumal Karl Sontag bei einer späteren Gelegenheit ganz dasselbe
von £mil Devrient und Dawison zu erzählen weiss.
— 525 —
Maschinerie hängen und glaubte so sehr sein Leben in
Gefahr, dass er mit den Schntlrbodenarbeitern vor allem
Pnblicnm zn zetern anfing. Seitdem war die Wieder-
holung unmöglich. Für den 3. Tag hatte ich ein drama-
tisches Bild aus Goethe's Jugendleben: ^Der Königs-
Keutenant^ versprochen, das denn auch unter erschweren-
den Umständen gegeben wurde. Denn die Darstellerin
des Wolfgang konnte zu wenig französisch, und Ed. Devrient,
der den Thorane spielte und sich als Refugi6 gewisser-
massen in seiner Familiensphäre bewegte, war entweder
vor lauter Bestreben, „das Ensemble zu fördern und nicht
ans dem Rahmen zu fallen^, oder in Folge der ihm an-
gebomen absoluten Uninteressantheit seiner Erscheinung
auf der Btlhne so langweilig, dass genanntes, bekannt-
lich noch heute lebende Gelegenheitsstück für immer
begraben gewesen wäre.'' Dieses Urtheil beweist, wie
gern Gutzkow den einzelnen Fall, wo es ihm passt,
generalisirt. Die Walirheit aber ist, dass dieses Stück nur
kurze Zeit später mit Da wison allerdings Zugkraft bewährte.
Es lässt sich nicht genau sagen, in wie weit Gutzkow
an den Engagements, die inzwischen stattgefunden, be-
theiligt war; jedenfalls aber waren sie bei Weitem nicht
so bedeutend, als zahlreich. Fast alle in dieser Zeit
gewonnenen Darsteller sind nur vorübergehend Mitglieder
des Theaters geworden. Von Theodor Lied tke, welcher
mit einer wohlgefälligen Erscheinung Gewandtheit des
Spiels und einen ausgebildeten Vortrag verband, ist das
schon oben gesagt. Mathilde Schlegel, geb. Brandes
(1825 in Hannover), „deren Talent — wie das Dresdner
Tageblatt in ihrem Nekrolog sagt — sich in den be-
scheidenen Grenzen anmuthiger Weiblichkeit hielt", trat
am 1. Juli 1847 in Dresden ein und starb hier bereits
im Februar des folgenden Jahres.^
' Gutzkow hat ihr einen poetischen Nachruf gewidmet, welchex>
im Tagebache des Königl. Sachs. Hoftheaters v. J. 1848 aafge-
Bomnien ist.
e er«
Ebenso kurz war die WirkBamkeit von Sidi
Senger und Helma Hejue. — Karl Soutag (gen. Hi
Bruder der berühmten Sängerin Henriette Sontag,
hier im Jalire 1848 seine schauspielerische Laufbahn
schied zunächst l!^öl wieder aus. Die Entwicklnnj:
seines Talentes gehört jedoch einer späteren Periode er«
an. Caroline Herbst aus Brlinn, bestimmt für das Fl
manterer Liebhaberinnen, konnte hier auch nicht
Wurzel fassen. Sie trat 184h ein, um nach 15 Moi
schon wieder auszuscheiden.
Von wenig besserem Erfolge war das Engagement
vonMad. PauUne Stolte aus Strelitz (1849—51) für d«
Fach erster Liebhaberinnen begleitet. Die gleiehieili?
gewonnene talentvollere und durch Eleganz der Er-
scheinung ausgezeichnete Antonie Wilhelmi, welche bis
1854 in dieser Steilnng yerblieb, war wohl ein Ei
für die 1847 wieder ausgcsehiedene Antonie Lebi
keineswegs aber tlir die noch immer nicht allseitig
setzte Caroline Bauer. Ihr Spiel und Vortrag entl
zu sehr der tieferen Innigkeit uud WUnue. Von ISi
Dauer waren einzig die Engagements der SchauBi
Meister, Walther und Wilhelrai. Carl Meister war«
im Jahre 1839 zur Aushülfe engagirt, 1844 aber wii
entlassen worden. Seine Vcrbeirathung mit di
des Schauspielers Pauli, welcher sieh seiner Ausbildi
angenommen hatte, war wohl hauptsächlich die Üi
seines erneuten Engagements 1847. Er befestigte flieh dl
unermüdlichen Fleisß allmählich so in der auch jetzt
untergeordneten Stellung, dass er sogar später auf ll
Zeit das cinftussreiclie Amt eines RegisseutB ilberti
erhielt und kleinere Charakterrollen im Lustspiel
selten mit entschiedenem Gelingen gab. Emil Rum]
gen. Walther aus Dresden war, nachdem er eine
faltige akademische Bildung genossen, einem unwider-
Rtehlichen Drange zur Biihne gefolgt. 1847 wurde «.
von Königsberg kommend, dem Dresdner Theater flli
Fach der Liebhaber HDd jogendlichea Helden gewonnen.
Der Hangel eines omfangreichen , voUklingenden Organa
konnte ihn neben einem su gottbi^gnadeten Darsteller
wie Emil Devrient zu Rollen dieser Art nicht recht ge-
eignet erscheinen lassen. An seinen Platz gestellt, was
freilich nicht immer geschehen, in Anstandsrolleu, hat er
durch Vornehmheit und Würde der Erscheinung nnd
Haltnng, durch die vollständige Beherrschung der Um-
gangsformen immer sehr Ansprechendes und Verdienst-
liches geleistet. In treuer Pflichterfüllung und echter
CoOegialilät ging er Allen als Muster voraus.
Auch Alexander Wilhelmi, welcher im Jahre 1849
TOD Casscl kommend zur BUhue trat, hat sieb noch mehr
dorch die Vorzüge, die wir an den Charakter des Scbau-
itpielers stellen, als durch glänzendes Talent hervorge-
tban. Er ist aber der Bflhne nicht nur als Darsteller,
aoDdem auch als dramaiischor Schrillsteller nützlich ge-
worden. Von seinen kleineren Lustspielen haben einige
TOD Dresden aus den Weg Über fast alle deutschen UUhnen
gemacht; ich erinnere nur an das su glücklich ergriffene:
.Einer muss hcirathenl"
Einen ganz ausserordentlichen Ellolg hatten in diesem
Jahre die Gastspiele der Kachel, Charl, v. Hagn's und
Dfiring's,' bei welchem letzteren es sich zugleich um ein
* Bkr folgt das volUtäadige Verzeichniäs der Gastspiele
na lUS-49,
1842: Andree von Wien, QiiauteT v. Cassel. Allram v. Prag,
SifDon Pills V. Paris, Si^nora Shav, Steiner v. Mninz, Hegel v. Det-
mold, Krnmer v. Magdeburg, Mad. Spfttzer-GentUaoiDO, Löwe
r. IitiiK, Dem. Schlegel t. Leipzig, Theob. Bunoeister v. OldeDlinrg,
SiiMo V. Coburg, Fr. Leileru v. Fraukfurt a. M., Carl DerrieDt und
Bendricbs t. Bannover, Thepaar Rettig v. Wien, Kökert v. Klsgen-
Avt, POriDg von StnltgaTt, SchrMer v. Wien, Heese v, Leipzig, Dem.
Benoni (Tftnzeriu) v. Hamliurger Stadlchcater.
1S4S: Mad. Scliodel v. Wien, Mod Bielczixky », Wien, Winger
T. Strclitz, Dem. Babnigg v- Dreadeo, Dem. Baaie (.erster Versuch)
t. Dresden, Fr&uL Cliarl. r. Uagu v. Berlin, Mad. Dreesler-PoUert
- 52S —
Engagement liandelte. Obgleicli Döring den C^Dtract
schon imterzeiclinet nnd das am Dresdner Theater k
Schauspiel bis dabin unerhörte Honorar von 2600 Th!r.
jährlich vereinbart hatte, kam das Engagement docli
nicht zu Stande, weil es ansdrüoklich unter der Vorans-
Bctzang abgeschlossen worden war, daes Döring ein ehrfn-
volles Abgangszeuguiss von Stuttgart beibringen werdi*,
welches er nur in seiuer Wohnung liegen gelassen habe.
Dieses Abgangazengniss lautete aber dahin, dass Dürin^
seine Entlassung erhalten, weil er in jeder Weise an den
Tag gelegt, wie ungern er bleibe, der König- aWr io
V. Breslau, Weinkopf v. Wien, Dem. DielitE v. Amsterdam, Heew >.
Leipaig, Dem. WerllunüUer (wsler Versueh), Sigiiur Maritni '
Wien, Eduard Devrient v. Berlin, Signora GiabatU r- Kom, Il«a-
Walther v. BrUno, Signora Zucconi t. Berlin, Dem- Luwe r. Peltrt-
burg. Dem. Wächter v, h^ Dem. Corredi, Kahn t. CaEsel, dsi Eb«p
Behringer, Reger v. Leipzig, Charl. Ilircb-Pr<;ilTer v. Berlin, Horiuu.
Dem, Aug. Nielsen und F. Lefebvre aus Kopenhugvo ^Tinxcr,;. lol»
Montez v. London.
1841: Greenberg r. Mannheim, Stoftregen v. Wiesbaden, Ueakii
V. Beni, Ant. Lebrün t. Hamburg, Dem. Jub. Wagner t. B«nbvt
Dem. Porth v. Dresden, Dem. Fioliler v. Mannheim, Mad. t. HukU-
Barth V. Wien, Dem. ünzelmanu t. Neu-StreUtz, fr. Nii*«n r. lira.
Günther V. Riga, IIopp^ t. Braunsthweig, Mad. Röckel r. Weinit
1815: Paetscli v, namliiirg, Simon v. Altenhurg, Dem. KnsÜ
T. Sarlaruhe, Perlgrund t. Hamburg, Meiiner v. Leipzig, Gertwl '
UoiQbnrg, Wisthaler r. Darmstadt, Scblogs v. Detmold, Signon A
Marra v. Wien, Dem. Heriiold v. Cassel, Dem. Edt^r *. M«nnho".
Dem. Schwarz r. Prag, Dem. Hetzenecker r. MUndien, Forst '.
Wien, Dem. ICieth v. Königsberg, de Marcheon v. Wien, Si4oli •
Coburg, Carl Devrient v. Hannover, Dem. Viereck v. Wi«a.
1816: Damcke v. Prag, Dem. Hellvig r. Wien, Dem. Taat\
T. Berlin, Dem. Kerner ». Schwerin, Dem, Beutler v. Wien, l"»
Marie Devrient, Mad. Scbumann r. Wiesbaden, Mad. JaUa Besrti
V. London, Martens v. Wien, Mad. Ernst-Kaiser *. Wien, M*''
Schmel/er t. Prag, Fr. v. Treffz y. Wien, Orlowsky », äondanluBiff.
Bachmann v. Stettin, Dem. Eppert t. DarmaUdt, Cxennak v. FnC
Rathmann t. Zürich, Flinzer v. Königsberg, Kaps r. Hambtuf, Ufi»
V. Stettin, iwei Dem. Marpurg t. Kfinigaberg, Dem. Frei *. Pnt
— 529 —
diesem Falle Niemand in seinem Dienste behalten möge.
Lüttichan erklärte den Contraet hierauf für ungültige weil
Jeder; der so wie er denke; dieses Zengniss nicht für ein
ehrenvolles ansehen könne. Im Znsammenhang mit den
Vorgängen des vorigen Jahres würde allerdings ein falscher
Schein auf Lüttichan habe fallen können, wenn er unter
diesen Umständen Döring engagirt hätte. Dieser be-
anspruchte zwar nicht die Contracterfüllung, verklagte
aber Lüttichau wegen Beleidigung; freilich ohne Erfolg.
Dieser Contraet sollte gleichwohl für Lüttichau noch
fatal werden. Sowohl Eduard wie Emil Devrient gründeten
Dem. Kosahl-Cohnfeld v. Berlin, St Leon und Mad. Cerrito-St. Leon
tos Paris.
1S47: Hasel v. Rostock, Othegravcn v. Magdeburg, Hesse v.
Hambnrg, Damaat v. Wien, Dem. Deny y. Dessau, Schiele v. Wien,
Schmale y. Dessau, Fr. v. Riese y. Lemberg, Dem. Wiedemann y.
Königsberg, Procop v. Carlsruhe, Walther y. Königsberg, Eberiuö
y. Wiesbaden, Ander y. Wien, Grans y. Breslau, Lindemann (theatr.
Versuch), Heymann y. Braunschweig, Malwina Erck y. Hamburg,
Mad. Yiardot-Garcia, Dem. Thiele y. Dessau, Dem. Senger y. Olden-
burg, Hofer y. Koburg, Anna Zerr y. Wien, Findeisen y. Wien, Mad.
Schlegel y. Detmold, Dem. Turba y. Hannoyer, Mad. Küchenmeister-
Rudersdorf y. Breslau, Kaiser y. Hannoyer, Dem. Heyne y. Hamburg:
1848: Yiardot-Garcia, Dem. Elise Schmidt (theatr. Versuch),
Jenny Lutzer y. Wien, Genast y. Weimar, Julie Herman y. Hamburg,
Wohlbrück v. Breslau, Wallner y. Petersburg, Brünner y. Lübeck,
Fr. Herbst y. Brunn, Mad. Denemy y. Wien, Carl Devrient y. Han-
noyer, Fr. Deyrient v. Bremen, Frl. Schwarzbach y. Leipzig, Salomon
y. W^ien, Düflfke v. Bremen, Henry v. Leipzig, C. Formes y. Wien,
Fr. Brüning, Wohlbrück, Wichmann y. Meiningen, FrL Garrigues y.
Breslau, de Marchion y. Wien, Emest y. Wien, Paetsch y. Breslau,
Sieber v. Detmold.
1849: Frl. L. Grahn y. London, Frl. Schütz y. Dessau, Frl.
Schulz V. Hamburg, Starke y. Hamburg, Fr. Stolte y. Strelitz, Jerr-
mann v. Wien, dallo Aste y. Hamburg, Frl. Wilhelmi y. Hamburg,
Liedtke y. Weimar, Widemann y. Leipzig, Mad. Palm -Spatzer y.
Stuttgart, Frl. Michalesi v. Hamburg, Scholz y. Wien, Grois v. Wien,
Frl. Ant. Härting y. Danzig, Himmer y. Wien, Turwald y. Wien,
Frl. Dingelstedt v. Amsterdam, Kühn y. Würzburg.
— 630 -
ihre hohen Gehaltsansprüche anf die Döring zugestandene
Summe.
Eine rege Thäigkeit läset sich auch dieser Periode
nicht absprechen. Obschon das Schauspiel nicht mehr
ein so reiches Ensemble darbot, wie in den 20 er und 30er
Jahren, so war es noch immer durch eine Anzahl tüchtiger;
zum Theil vorzüglicher Kräfte vertreten, die seinen Ruf
weithin verbreiteten. Indess machte sich doch schon ein
Rückgang fühlbar, der mit den Jahren stärker hervor-
zutreten drohte, wenn man nicht bei Zeiten eine Heban;
verschiedener unzulänglich besetzter Fächer ins Auge
fasste.
Nach Gutzkow's Abgange wurde Eduard Devrienfi
Bath in ästhetischen Fragen wieder mehr in Anspradi
genommen. Dagegen trat Winger am 16. Juli 1849 tos
der Regie des Schauspiels zurück, weil Lüttichau ihm in
wenig zu rechtfertigender Weise bei Erneuerung seines
Contracts die Begünstigung eines jährlichen Urlaubs ent-
zogen hatte. An seine Stelle trat Quanter.
Die Oper unter Richard Wagner.
ftlchard Wagner. — Seine Angtellnng als Kapellmeister« — Nene
SrwerbnDgen. — Ansseheiden der SchrSder-Derrient. — Reper^
Wlre. — Uebergiedelnng der üeberreste C. M. r. Webei^. —
SerwirfnlMe mit Wagner. — IMe Haiereignigse« — AitSsnng
des Theaters. — Reorganisation.
Der Verlust sowohl des Kapellmeister Morlacchi,
wplehor auf einer Urlaubsreise nach Italien in Innsbruck
•Urb, und des Musikdireetor Rastrelli, welcher fast gleich-
zeitig einem lUngoron Leiden erlag, hemmte die Oper
gerade in dem Momente, in welchem von ihr (nach Er-
!^Tnung des neuen Theatergebäudes) ein erhöhter Auf-
•^hwung erwartet wurde. Natürlich musste man bald an
'ie Wiederbesetzung der erh^digten Stellen denken, um
^^lehe im Laufe des nächsten Jahres eine ganze Reihe von
*^^erbungen eingingen; zu ihnen gehörten die des Musik-
it'ector Röckol in Weimar, des Musikdireetor Stein in
^'ciberg, des Kapellmeister Reuling in Wim, des Musik-
i Factor Schubert in Hamburg, der Gebrüder Ricci in
enedig, des Kapellmeister Gläser in Kopenhagen, Kraux
^ Prag und Schindel, der Musikdirectorcn Eberwein in
^''eimar und Richard Wagner aus Leipzig.
Schon im Monat December 1840 war von diesem
Letzteren, einem damals in Paris lebenden jungen Compo-
iiisten, die Oper Rienzi bei der Generaldirection eingereicht
tmd mit warmen Worten zur Annahme und Aufführung em-
pfohlen worden. Derselbe hatte sich, um seiner Bitte
grösseren Nachdruck zu geben, BOgar ganz unmittelbar
84»
— 532 —
an die Gnade des Königs gewendet. Der Inhalt dieses
Schreibens ist folgender:
^Ailerdarchlanchtigster Herr!
AUergnädigster Herr und König!
Wenn ich es wage, ans Frankreichs Hauptstadt mich
nnmittelbar an Ew. Majestät mit einem nnterthänigsten
Gesuch ehrfurchtsvoll zu wenden ^ so möge vor Allem
meine Ktlhnheit darinnen eine Entschuldigung finden^ im
ich als Sachse und Ew. Majestät treuergebenster Unter-
than es unmöglicli über mich gewinnen konnte , tine
wenigstens für mich so ausserordentlich wichtige Geiern-
heit vorübergehen zu lassen^ ohne mein in fremden
Landen immer steigendes und dringenderes Verlangen zu
stillen, gegen meinen Allergnädigsten Herren und Eönip
unmittelbar meine tiefste und feurigste Verehrung ans-
zusprechen.
In Leipzig geboren,' bezog ich noch als Kind mit
meiner Familie Ew. Majestät Residenz Dresden, wo mein
Stiefvater, Ludwig Geyer, als Hofschauspieler bei Ew.
Majestät Hoftheater angestellt, das unschätzbare Glück
hatte, durch die huldreichste Gunst des Allerhöchsten Hofes
in dem Grade ausgezeichnet zu werden, dass, da er zn-
gleich Portraitmaler war, er mit dem AUerhöchsten Auf-
trage beehrt wurde, die AUerdurchlauchtigste Familie zn
portraitiren.
Ich selbst habe mich der musikalischen Composition
gewidmet^ und hatte bereits vor 10 Jahren das Glück,
einige meiner Instrumental- Compositionen mit Beifall in
meiner Vaterstadt aufführen zu sehen. ^ Seitdem habe ich
in mehreren Städten Deutschlands das Amt eines Mnsik-
' 22. Mai 1813, Sohn eines städtischen Beamten.
* Wagner ist in der Hauptsache Autodidact Nur eine kurze
Zeit arbeitete er anter der Leitung des verdienstvoUen Theodor
Weinlig, der damals Kantor der Thomasschule in Leipzig war.
' In einem Gewandhausconcerte.
— 533 —
directore verwaltet ; ' da micli ab«r namentlich der Drang
hcseelte, micb durch dramatisclie CompoBitiosen ansza-
zcicbneu, ich aber die kleineren Proviuz-Buhneu Deutach-
Uodfi keineswegs t'llr geeignet halten dnrfte, vermöge
«rster Aufführungen auf ihnen den nüthigen Knf zu be-
gründen, ich leider damals nocli nicht den Muth besass,
mich wie Jetzt mit ehrl'Qrchtsvultem Vertrauen au Ew.
Majestät selbst zu wenden, so eDtschloBs ich mich endlich,
dem Heispiel so vieler Dentschcn zu folgen nnd mich in
der erwähnten Absicht nach Piiris zu wenden.
Hier wurde die Aussicht auf ein Gelingen meines
Plaoes zunächst duroh den glücklichen Umstand fester
gegründet, dass es mir gelang, die Freundschaft des
rühmlich bekannten Herrn Mejerbeer zu gewinnen, durch
deeacD thätigste Theilnahme ich auch bereits dahin gelangt,
dass ich jetzt mit der Administration der Acad^mie Royale
de mnsique in den freundschaftlichsten Unterhandinngen
über eine für dieses Theater eigens zu componirende
Oper stehe.
Nichtsdestoweniger aber ist in mir der feurige Wunsch
immer lebendig gebliehen, meine besten künstlerischen
Klüfte meinem deutschen Vaterlande zn widmen. Von
diesem Verlangen getrieben, habe ich hier in Paris eine
grosHe Oper unter dem Titel Rienzi vollendet, und zwar
in der besonderen Absicht, sie dem Uoftheater Ew. Majestät
tat ersten Aufführung anzubieten, weshalb ich denn na-
mentlich auch einige vricbtige Partien derselben bereits
im Voraus für mehrere ausgezeichnete Künstler berechnete,
die das unschätzbare GlUck gemessen, Mitglieder des Hof-
iheaters Kw. Majestät zu sein.
Dies, mein Allergnädigster Herr ond König, ist die
Angelegenheit, wegen deren haldvoUen Entscheidung ich
' Zuerst am Magdeburger Theatet, wo seine Oper „Das Liebes-
Terbot' znr Aufführung kam; hierauf in Königsberg, vo er fich ver-
h^atbete, und zuletit an der Haltei'schen Bfibne in Kiga.
— 534 —
mich erkühnt habe^ mich nmnittelbar an Ew. Miyestät^
den grossmüthigen Schützer und Beförderer vaterlttndiwher
Knnst^ zu wenden. Von dem jedem Sachsen angeborenen
innigen und anbedingten Vertrauen zu seinem angebeteten
Landesvater beseelt, fasse ich den Mnth^ mein nnter-
thänigstes Gesuch in tiefster Ehrfurcht vorzutragen:
ich ersuche Ew. Majestät^ dass Allerhöchstdieselbe
geruhen wolle, eine erste AufiFUbrung meiner Oper
Rienzi^ deren Partitur ich zugleich Ew. Miyestftt Hof-
marschall und Hoftheater-Intendanten Sr. Exelienz
Freiherm von Lttttichau zusende, auf Ew. Majestät
Bühne zu Dresden Allergnädigst zu gestatten.
Würde mir mit der huldreichen Genehmigung dieses
Gesuchs noch das unaussprechliche Glück zu Theil, dass
Ew. Majestät geruhen wollte, mir zu gestatten, Aller-
höchstderselben mein Werk in tiefster Ehrfurcht widmen
zu dürfen, so würden die glänzendsten Erfolge vor
dem Publicum mir matt und nichtig scheinen gegen das
erhebende Gefühl, mein erstes grösseres Produet unter
der besonderen huldreichen Protection meines Allerjcnä-
digsten Herrn und Königs auf dem Boden meines Vater-
lands in das Leben treten zu sehen.*'
Nach dem üblichen Geschäftsgange wurde dieses
Sehreiben ^zu Erstattung gutachtlicher Anzeige^ an die
Königl. General -Direction überwiesen, welche freilich zu
dieser Zeit ganz von den Vorbereitungen für die bevur-
stehende Eröffnung des neuen Schauspielhauses ertlillt
war. Die Beschlussfassung zog sich um so mehr in die
Länge, als anfänglich der Text vermisst wurde, später
aber auch dieser selbst noch einige Bedenken erregte
Ein Empfehlungsbrief Meyerbeer's vom 18. März lJ?4l
scheint nicht ohne Einfluss geblieben zu sein. Schon im
Mai drückte Reissiger seine Zufriedenheit mit der Partitur
Wagner ^ebenso schmeichelhaft, als bieder^ aus. tnii-
lich am 29. Juni 1841 wurde dem Gomponisten anch
officiell die Annahme der Oper zugesichert, um ^sobald als
- 535 —
tliunlich, hoffentlich im Laufe di'B Winters" znr Aufführung
in kommen. Ganz so scttnell ging es aber ilocb nicht
damit. Kar den Anstrengungen seiner Freunde, anter
denen der Chordirector Fischer besonders hervorzuhebeii
ist, sollte es gelingen, dass sie am 20. Oct 1842 unter des
Coiuponisten eigener Leitung in vorzüglicher Ansetattnug
nnd trotz ihrer abi^pannendfo Daner (bis '/* 1- ^^^) ^^^
ihren nicht selten betäubenden Wirkungen, mit grossem
Erfolge zur Aufführung kam.
Unstreitig hatte der Componist hieran das grüsste
Verdienet. Ans seinem Werke sprach eine Begabung,
welche nicht nur Fürderung verdiente, sondern diese
geradezu forderte. Wie aber nun einmal die Verbältnit-se
ttegen, mit welchen Schwierigkeiten der noch unbekannte
Antor an unseren Theatern nun einmal zu kämpfen hat,
verdient die Bereitwilligkeit, mit der man in Dresden dem
Talente Kichard Wagner's entgegenkam, gleichwohl eine
besondere Würdigung. Wurde er doch hierdurch mit
eänmal einer, wie er sie selbst ans geschildert hat, höchst
roisblichen Lage entrissen. Waren doch in Paris trotz der
Verinittclungen Meyerbeer's bisher all seine Versuche gc-
Bcbeitert, 8o dass er, nm nur sein Dasein zu fristen, sich zu
mnBikalischen Lohnarbeiten' hatte herabwürdigen mSssen.
Anch sein „Fliegender Holländer", den er inzwischen ge-
«chrieben nnd nach München nnd Leipzig gesendet hatte,
war von beiden Orten mit abschläglichen Antworten zn-
rttvkge kommen. In Berlin hatte Meyerbeer zwar die
Annahme dessclbuu renuittelt, was aber, wie Wagner
Mch ansdrlickl, nichts weiter ,,a\s eine künstlich veran-
laMte, wohlfeile und durchaus erfolglose Gefälligkeits-
bezeugnng" war.
Und nun war in Dresden, was bei der Uml^nglich-
keit nnd bei der ganzen Tendenz seines Werks schon
allein ins Gewicht fiel, nicht nnr sein Rienzi gegeben,
' Er schrieb MelodknarranKemi^nU für <las Con^et h piatons.
nicht nur wenige Monate später aucli sein Hollända
in Scene gesetzt worden, sondern, obwohl dieser letiter^
vielleicht eben weil sich darin die EigenthUmliuhkeit ät»
Künstlers ungleich selbstständiger, freier und hestiiiimler
entfaltete, zunächst nicht von einem za grossen Erfolge
begleitet gewesen war, wurde ihm auch noch fast un-
mittelbar darauf bei der Besetzung der erledigten Kapeli-
meiaterstelle der Vorzug gegeben. Der diesen Gegenslaud
behandelnde Vortrag LUttichau's fasste Überhaupt mir lim
und Gläser ins Auge. Da aber Letzterer eine rüili^
Gleichstellung mit Iteissiger zur Bedingung gemacht, wu
dieser nach bereits 15jäliriger Dienstzeit leicht als ein«
Kränkung anfnchmen konnte, Wagner dagegen sich schon
fUr sehr geehrt erklärt hatte, wenn man ihn mit 12O0 Thli,
Gehalt als Musikdirector anstellen würde, so war es aacL
eigentlich nur der Letztere, welchen LUttichau empfaU
Zwar hatte Wagner bereits am nächsten dieser Erklkruo^
folgenden Tage in einem längeren Briefe die Grönilp
entwickelt, die ihn veranlassten, von ihr insofern wiedn
zurücktreten, als er nach reiflicher Erwägung „eine provi-
sorische Anstellung als Musikdirector auf Probe" nicht u-
nehmen könne. Nichtsdestoweniger heisst es bei LUttichsn:
„Ich bin daher auf den Gedanken gekommen, dt»
der Musikdirector Wagner, der durch seine beiden Opera
^enzi" und „Der fliegende Holländer" eich bereits k
ein so vorzüglicher Componist gezeigt und auch I
Einstudiren nnd Dirigiren derselben sich ToUkommen k
währt hat, am geeignetsten ftlr diese Stelle sein <ltti
Schon vor einiger Zeit wurde er mir vom Kapel*
Meyerbeer, der während seines Aufenthalts in Pari« i
ihm zusammenlebte, aufs Angelegentlichste empfohlen, ■
seine hiesigen Leistungen, wie sein Benehmen haben i
überzeugt, dasB durch ihn der vorerwähnte Zweck l
sichersten erreicht werden dürfte." Aaeh empfahl Lllttichl
Ihn, in Berücksichtigung der bisher geleisteten DicM
gleich vom 1. Febraar in die Stellang eines EapeUmcii
— 537 —
eintreten zulassen, obwohl das Gnadengehalt der Wittwe
Rastrelli's noch bis 1. Mai ausgezahlt werden musste.
Gleichzeitig wurde nun aber auch zur Besetzung der
erledigten Mnsikdirectorstelle geschritten, zu welcher
Lttttichau den schon obengenannten Musikdirector August
Röckel (geb. 1815), Sohn des Schauspieldirectors Röckel,
empfahl, welcher zuerst die deutsche Oper in Paris und
London eingeführt hatte, wobei ersterer mit der Leitung
der Chöre und Ciavierproben betraut worden war. Seine
weitere Ausbildung hatte derselbe dann unter Hummel
in Weimar und seine erste Anstellung als Musikdirector
in Bamberg erhalten. Er war ein begabter und thätiger
Mann, welcher dem Institute in den ersten Jahren recht
nützlich wurde, leider aber von einem zu unruhigen
Geiste, um den Erregungen der Zeit widerstehen zu
können, welche bekanntlich fUr ihn so yerhängnissvoU
wurden.
Es schien, als ob durch diese Erwerbungen die Oper
in Dresden einem ganz neuen Aufschwünge entgegen-
gehen sollte. Das phantasievolle, auf hohe Ziele ge-
richtete, nur allzu unruhige Streben Richard Wagner's
musste sich besonders den jüngeren Mitgliedern mittheilen
and mehrentheils einen wohlthätigen Einfluss ausüben.
Das Princip der charakteristischen Eigenthümlichkeit
wurde dem traditionellen Formalismus entgegengestellt.
Man suchte die Aufgaben tiefer zu fassen und bis in ihre
feinsten und letzten Züge zu verfolgen. Freilich fehlte
es den damit verbundenen Neuerungen auch nicht an
Gegnern, sowohl in der Kapelle, wie in der Kritik; im
Ganzen aber würde hierin kein wesentliches Uindemiss
für eine gedeihliche Entwicklung gelegen haben, obschon
Richard Wagner mit derselben leicht reizbaren Enpfindlich-
keit, wie einst Weber, sieh zu öffentlichen Entgegnungen
aaf dieihm gemachten Einwürfe hinreissen Hess (l.Aug.
1846 im Dresdner Anzeiger). Grössere Schwierigkeiten
boten anfangs die Personalverhältnisse der Oper, und
— 538 —
geradezu yerhängnissvoU wurde die Erregung und B^
wegung der Zeit.
Bei der Eröffnung des neuen TheatergebSudes stand
die Schröder- De vrient zwar noch auf der Höhe ihres
Talentes und Ruhms^ doch schon auf jener bedenklichen
Höhe ; dass eine Partei im Publicum ihr mit einer Art
von Erfolg eine junge, zwar viel versprechende, ihr aber
weder zur Zeit irgend zu vergleichende, noch später
sie jemals entfernt erreichende Sängerin wie Panline
Marx gegenüber zu stellen vermochte. Andere MitgUeder
hatten dem Einfluss der Zeit schon grösseren Tribnt zn
zahlen gehabt.
Einzelne der neuen Erwerbungen, wie z. B. die des
Tenoristen Bielcziczky, erwiesen sich als nicht gerade
glücklich. Das schöne Talent Anton Mitterwurzer's, das
sich zwar unter der Anleitung, die er von Morlacchi und
Mickseh erhalten, schon weiter entwickelt hatte, war
damals noch nicht zu voller Entfaltung gekommen, and
1843 sollte die Schröder -Devrient sogar auf ein Jahr
die Dresdner Bühne wieder verlassen — ein Verlust, der
durch das Engagement von Frau Spatzer-Genti-
luomo weder aufgewogen werden sollte, noch konnte.
Ein anmuthiges, aber nur massiges Talent war in Anna
Thiele gewonnen worden, deren erster theatralischer
Versuch (1841) eine sehr zustimmende Aufnahme fand.
Sie erwarb sich durch ihre liebliche Darstellung des
Friedensboten im „Rienzi^ eine andauernde Beliebtheit.
In Georg Wilh. Dettmer, geb. 1808 zu Breinum bei
Hannover, war 1842 ein mit einer kräftigen Bassstimme
begabter, höcht schätzenswerther dramatischer Dar*
steller eingetreten, der in Rollen wie Kaspar, Marcel ,
Figaro Vortreffliches leistete. 1844 trat die Schröder-
Devricnt wieder ein, und gleichzeitig wurde in Johanna
Wagner, einer Nichte des Kapellmeisters, eine Sängerin
von grosser dramatischer Begabung gewonnen, die sich
zwar hier bereits entfaltete, besonders in der Rolle der
— 539 —
Elisabeth im ^Tannhäuser^ aber erst später (in Berlin) zu
ihrer vollen Entwicklung kam. Die Engagements der Teno-
risten Schloss (1845) und Weixelsdorfer (1847) waren
damals nur kurz vorübergehende. Dasselbe gilt von dem
mit einer frischen Baritonstimme begabten Lindemann.
Wogegen die Erwerbungen von Fräul. Schwarzbach und
Elise Schmidt (1848), von welcher schon beim Schau-
spiel die Rede war^ des trefflichen dallc Äste und des
Tenoristen Himmer zu etwas bleibenderem Gewinn
wurden. Dauernd wurde der mit einer angenehmen Tenor-
stimme begabte Eduard Rudolph (1849) durch seine
Verheirathung mit Tichatscheck's Tochter an Dresden ge-
fesselt. Das wichtigste; doch eigentlich schon dem folgen-
den Zeitabschnitte angehörende Engagement ist aber das
von Aloyse Michalesi.
Aloyse Michalesi, 1826 in Prag geboren, die Tochter des
Opernsängers Wenzel Michalesi, welcher schon i. J. 1836
starb, erhielt ihren ersten musikalischen Unterricht von ihrer
Mutter^ welche ebenfalls Sängerin war, betrat 1843 in Brunn
als Elvira zum ersten Male und mit grossem Erfolge die
Buhne, wurde daselbst engagirt und folgte nach dem Tode
ihrer Mutter einem Rufe nach Hamburg. Meyerbeer, der im
Jahre 1849 wegen seines Propheten mit der Generaldirection
des Dresdner lloftheaters unterhandelte, zur Darstellung
der Fides aber hier eine passende Sängerin damals nicht vor-
fand, empfahl hierzu die Michalesi in so dringlicher Weise,
dass sie nach einem kurzen Gastspiele sofort engagirt wurde.
Sie besass damals eine schöne, sympathisch ergreifende
Stimme, und verband eine sorgfältig ausgebildete Technik
mit wahrhaft dramatischem Ausdruck. Ihre Stärke lag
in der Darstellung von Rollen des grossen Styls (Ida-
mantes, Klytemnestra , Fides, Eglantine, Ortrud etc.).
Schon seit 1. Juni 1847 war der mit diesem Tage
eintretende Sänger Maria Heinrich Schmidt neben Fischer
mit der Regie betraut worden, welcher letztere am
1. Juli 1848 dieser Stelle enthoben ward.
- 540 -
Das Verhältniss zwischen der Schröder-Devrient und
der General-Direction hatte in den letzten Jahren sehr
an Herzlichkeit verloren. Schon in einem Vortrage yom
Jahre 1846 macht Lüttiehan darauf anfinerksam, dass
die Devrient bei einer Yerlängernng des Gontracts mit
jedem Jahre 100 Thlr. mehr Pension zu beanspruchen
habC; und da sie in den letzten Jahren nicht mehr als
durchschnittlich 30 Mal gesungeU; wegen der wachsenden
Beschränktheit ihres Repertoires, so koste sie jedes Mal etwa
150 Thlr. Es sei daher die Frage, ob es nicht zweck-
mässiger sei, sie auf eine bestimmte Anzahl von Rollen
jährlich zu engaghren. Ein Königliches Rescript lehnt
dies jedoch ab, wünscht aber zugleich die Schröder-
Devrient noch länger, doch ohne neue Opfer, der Bühne
erhalten zu sehen, worauf Lüttichau mit ihr in neae
Unterhandlungen trat. Die Devrient leitete damals ihre
Forderungen mit den Worten ein: ^Dass sie nicht nur
langjährige Gewohnheit, sondern die innigste Dankbar-
keit für Se. Majestät den König, dem sie ihre ganze
Existenz zu danken habe, an einen Ort fessle, der ihr
zur Heimath geworden''; nichtsdestoweniger stellte sie
doch wieder höhere Forderungen, um sich freilich zuletit
mit den früheren begnügen zu müssen. Schon am 23. Man
des folgenden Jahres aber bittet sie wieder, wegen grosser
körperlicher und geistiger Aufregung, um einen sechs-
monatlichen Urlaub oder um ihre Entlassung. Die letztere
ward ihr denn diesmal auch kurzweg für den 1. Juli
gewährt. Ihre hierauf folgende Bitte, sie als letzte Rolle
die Valentine spielen zu lassen, ist nicht ohne einige
Bitterkeit; sie mochte erkennen, dass auch ihre Zeit nun
vorüber war. „Da Fräul. Wagner krank ist — heisst
es in diesem Schreiben, — so wird der Aufführung wohl
kein Hindern iss im Wege stehen, als die Laune von
Herrn Tichatscheck, die vielleicht für diesen Fall eine
günstige sein könnte."
Von den in diese Zeit fallenden Gastspielen be-
— 541 —
haupteten die von Mad. Ungher-Sabatier^ von Moriani und
von Carl Formes den bedeutendsten Platz. Ihnen schlössen
sich Fränl. Tuczek aus Berlin (1846) und Mad. Viardot-
Garcia (1847) an.
Die Novitätenstatistik giebt schon allein ein reiches
Bild von der Thätigkeit und den dieser Periode ange-
hörenden Leistungen. Wir finden Reissiger vertreten
durch Ad61e de Foix und den Schiffbruch der Medusa;
Wagner^ ausser durch die schon genannten beiden Opern,
durch seinen Tannhäuser; Gluck durch Armide, Alceste
und Iphigenia in Aulis; Marschner (vielleicht auf Eduard
Devrient's Einfluss) durch Hans Heiling und Adolph von
Nassau; Mendelssohn durch die Musik zum Sommer-
nachtstraum und zu Antigone; Gimarosa durch Die heim-
liche Ehe; Fioravanti durch Die Dorf Sängerinnen; Doni-
zetti durch Der Liebestrank, Lucia di Lammermoor,
Belisario, Linda, Don Pasquale, Dom Sebastian, Re-
gimentstochter, Favoritin; Verdi durch Hemani; Auber
durch Der schwarze Domino und Der Gott und die Ba-
jadere ; Halevy durch Der Guitarrenspieler und Die Mus-
ketiere der Königin; Hiller durch Die Christnacht
und Gonradin; Lortzing durch Casanova, Wildschütz und
Waffenschmied; Flotow durch Stradella und Martha; Balfe
durch Die vier Haimonskinder; Schmidt durch Prinz
Eugen etc.
Ueberhaupt weist das Repertoire von 1841 bis mit
1849, ausser einer Menge neueinstudirter Werke und
abgesehen von den Possen und Liederspielen, unter
denen G. Räder allerdings in ganz unmässiger und ver-
derblicher Weise (durch 12 Stücke) vertreten war, 46
neue Opern auf, das ist also durchschnittlich fünf neue
Opern jährlich, wobei die grösste Vielseitigkeit gewahrt
worden und dem Grossen und Bedeutenden ebenso wie
dem nur Gefälligen und Modernen Rechnung getragen
war, während man gleichzeitig das alte classische Re-
pertoire in möglichst grösstem Umfange pflegte.
— 542 —
Die bedeutendBten Erscheinungen waren unstreitig
die Opern Oluck'S; in denen das Directionstalent Wag-
ner's, die Kraft der Kapelle und das dramatische 6e-
staltnngstalent der Schröder- Devrient gemeinsam grosse
Triumphe feierten, während der Tannhänser den Grund
zu der Herrschaft eines, im Holländer bereits angekün-
digten, ganz neuen musikalisch - dramatischen Prineips
legte.
Ich habe hier zweier Ereignisse noch zu gedenken;
welche zwar nur mittelbar mit der Geschichte des
Theaters zusammenhängen, aber zu viel von sich reden
gemacht haben, um ganz übergangen werden zu können.
Es ist die Heimbringung der sterblichen Ueberreste E.
M. V. Weber's (1846) und die Aufführung der neunten
Symphonie von Beethoven am Palmsonntagconcerte von
der Königl. Kapelle im Jahre 1846.
Das erste dieser beiden Ereignisse liat nämlich dazu
gefuhrt, dass man von dem Verlialten des Herrn von
Lüttichau zu demselben eine nicht ganz richtige Darstel-
lung gegeben hat. Die Wahrheit, wie sie sich aus den
Act?n des Theaterarchivs ergiebt, aber ist, dass Herr
von Lüttichau fast unmittelbar nach der Anregung der
Frage, d. i. bereits am 3. März 1841, die nöthigen Schritte
einleitete, um sich von dem wahren Stande der Sache
zu überzeugen. Dies geschah, weil, wie es in einem
Königl. Rescripte desselben Jahres heisst: „wir es für
eine theure Pflicht unserer musikalischen Kapelle halten,
an deren Spitze Weber gestanden, dass dessen irdische
Ruliestätte möglichst dauernd erhalten und auf würdige
W( ise bezeichnet werde, um hierdurch einen Beweis des
dankbaren Andenkens an ihren verewigten Meister zn
geben." Nachdem sich aber Herr von Lüttichau ver-
sichert hatte, dass die Ruhestätte Weber's nicht, wie man
irrthümlich verbreitete, durch die Baufälligkeit der
Morfields- Kapelle irgend bedroht sei, sowie dass die
räumlichen Verhältnisse dieser letzteren die Errichtung
— 543 —
eines massigen Denkmals gestatteten, erschien ihm aller-
dings die Translocation der Leiche nicht mehr dringlich
geboten ; sondern er hielt es für ausreichend ^ der Dank-
barkeit and der Verehrung für den grossen Meister durch
die Errichtung eines Denkmals in London und eines
zweiten in Dresden Ausdruck zu geben. Hierfür holte
er noch in demselben Jahre (1841)^ also lange vor der
Wagnerischen Theilnahme an dieser Angelegenheit, die
Eönigl. Glenehmigung ein, welche ihm auch gewährt
wurde, indem er zugleich den Auftrag erhielt, sich hier-
über mit dem inzwischen gebildeten Comitä ins Ver-
nehmen zu setzen und sich mit ihm zu verständigen.
Dass er hierbei seine eigene Auffassung vertrat, ihr Gel-
tung zu verschaffen suchte und hierdurch im Widerspruch
mit dem Vertreter der Wittwe stand, ist allerdings richtig ;
doch ist das noch himmelweit davon unterschieden, dass
er gegen die ganze Sache und gegen Weber überhaupt
sich feindselig verhalten oder wohl gar die Bornirtheit
gehabt habe, die Wagner ihm ansinnt, Weber mit Mor-
lacchi und Reissiger auf eine Rangstufe zu stellen. Lüt-
tichau sprach lediglich von Verdiensten um die Kapelle,
und diese hatte Morlacchi allerdings, wenn sie auch von
einer ganz anderen Art als diejenigen Wober's waren,
sowie von der Rücksicht auf die Empfindungen der
Wittwe. Nur diese zog er in Parallele. Hätte er aber
Morlacchi wirklich Weber seiner ganzen künstlerischen
Bedeutung nach haben gleichstellen wollen, so würde er,
wie einst Graf Einsiedel, als er das Gehalt von Weber
zu erhöhen genüthigt war, auch eine entsprechende Er-
höhung des Morlacchi'schen Gehaltes beantragte, unmög-
lich zwei Denkmäler fUr Weber haben beantragen können,
ohne auch tllr Morlacchi etwas Aehnliches zu bean-
spruchen. An so etwas Ungereimtes aber dachte er
nicht.
Was die Aufführung der neunten Symphonie von
Beethoven betrifft, so hat Richard Wagner ausführlich
— 544 —
darüber berichtet. „Als die Orchestervorsteher, welche
die Gonservirung nnd Mehrung des Pensionsfonds za
tiberwachen hatten , hiervon erfuhren ^ ergriff sie ein
solcher Schreck , dass sie in einer Audienz an nnsereo
Generaldirector von Lüttichau sich wandten, um diesen za
ersuchen^ dass er mich kraft seiner höchsten Autorit&t
von meinem Vorhaben abbringen möge. Vor iSngeren
Jahren war nämlich auch die neunte Sjrmphonie in einem
Armen-Concerte von Reissiger aufgeführt worden nnd
nach aufrichtiger Zustimmung des Dirigenten vollkommen
durchgefallen. In der That bedurfte es nun memes
ganzen Feuers und aller erdenklichen Beredtsamkeit, nm
zunächst die Bedenken unseres Chefs zu überwinden.
Mit den Orchestervorstehem konnte ich aber nicht anders,
als mich vorläufig vollständig überwerfen, da ich hörte,
dass sie die Stadt mit ihren Wehklagen über memen
Leichtsinn erfüllten.'* Das glänzende Gelingen des Unter-
nehmens ist genügend bekannt.
Das Jahr 1848 konnte um so weniger ohne tiefe Ein-
drücke auf eine so erregbare, phantasievolle Natur wie
Richard Wagner vorübergehen.
Die Missstimmung, in die er über das Ausbleiben er-
warteter Erfolge, über das Drückende, Sorgenvolle, ja fast
Unlialtbare seiner äusseren Lage gerieth, übertrug sich
ohne Zweifel auf seine amtliche Stellung, die er allmählich
vernachlässigte. Er selbst räumt in seiner Schrift ^Eine
Mittheilung an meine Freunde^ ein : dass er schon damab
sich in einer hoffnungslosen Gleichgültigkeit gegen dieselbe
befunden habe.
In einem von Lüttichau am 8. Febr. 1848 einge-
reichten Vortrage, welcher bei Sr. Majestät die nochmalige
Ordnung von Wagner's Schuldenwesen durch die Ge-
währung einer jährlichen Gratification von 300 Thlr. und
von noch 200 Thlr. aus dem jährlichen Ertrage der
Abonnemcntconcerte an Wagner befürwortet, wurde be-
- 54Ö —
reita in Erwägung gezogen, ob seine Erhaltung überhaupt
von so grosBom Wcrth sei, am ihm einen so ausser-
ordentlichen Zusehusszuälessen zn lassen. „Ich massaller'
tliogs gestehen — lieisst es darin, — dass dies mit dem,
was er bisher im Allgemeinen geleistet hat, wohl nicht
im Verhältniss zti stehen )<cheint, jedoch ist ihm nicht
abrnsprechon, dass in besotidcren Fällen, wo es gilt, wie
z. B, im Toiigen Jahre die Aufführung der Oper Iphi-
genia in Änlis und die jetzigen Abonnementconcerte, er
all seine Kräfte anstrengt und einen Eifer an den Tug
legt, der ihm nur zum Lobe gereichen kann und seinen
Verlast beklagen liesse." In der Königl. Resolntiou aber
heisst es: pWir sind aoeh nicht abgeneigt, ihm ttir den
Fall, dass ein gründliches Arrangement seines Schulden-
wesens zu Stande kommt und er sich nicht wieder iu neue
Schulden verwickelt, auch seine Stelle fortwährend mit
Fleiss und Thärigkeit zurZufriediuheit der Geucraldirec-
tion viTWalt^t, eine jährliche dergleichen Gratification zu
gewähren, wogegen Wir Uns tlir den entgegengesetzten
Fall, dass ein Schnldarrangement nicht zu Stande kommt,
wegen der aodanu nülhigen Dienstentlassung weitere
Entschliessung vorbehalten."
I Trotz dieser Lage und der iu dieser Angelegenheit
[ ichweljendeu Verhandinngen harte Wagner die Unklug-
! liüt, am 14. Juni 1848 eineimVaterlandsvcrein gehaltene
I Bede dnrcii ein Extrablatt des Dresdner Anzeigers ver-
öffentlichen zu lassen, welche zwar eine Art von Com-
I promiss zwischeu dem Bestand des sächsischen Kitnigs-
bauses und der liepublik sucht, aber gleichwohl in Hol-
kreistn den grössten Anstoss erregen musste. Die Rede ist
fiberschrieben: „Wie verhalten sich republikanische Üe-
strebnngen dem Königthume gegenüber?'' und „Ein Mit-
glied des Vaterlandsvereins" unterzeichnet. In dem den
Acten beigehefteten Exemplar ist der Name „Hicbard
Wagner" mit Bleistift daneben gesclirieben, und in einem
igeren Reebtfertigungsbricfe Wagner's vom 18. Juni be-
— 546 —
kennt sich derselbe ausdrücklich zu dessen Verfasser.
Diese Rede gipfelt in folgenden Sätzen :
„Der König selbst spreche es ans:
Ich erkläre Sachsen zn einem Freistaate. Das erste
Gesetz dieses Freistaats^ das ihm die schönste Sicbemng
seines Bestehens gebe^ sei:
Die höchste vollziehende Gewalt ruht in dem Königs-
liause Wettin und geht in ihm von Geschlecht zu Ge-
schlecht nach dem Rechte der Erstgeburt fort.
Der Eid , den wir diesem Staate schwören , er wird
nie gebrochen werden, nicht weil wir ihn schwören (deim
wie viele Eide werden nicht in gedankenloser Anstellnngs-
freudc geschworen), sondern weil wir ihn mit der lieber-
Zeugung geschworen, dass durch jene Erklärung, jenes
Gesetz eine Zeit unvergänglichen Glücks begründet
wurde, das nicht allein auf Sachsen, nein ! auf Deutsch-
land, auf Europa die wohlthätigsten , entscheidensten
Wirkungen auszuüben vermag."
Damit im Zusammenhange steht ein anderer Brief
Richard Wagner's, der, zwar nicht mit einem Datum
versehen, sich augenscheinlieh auf die Erwiderung Liit-
tichau's* auf jenen ersten Brief Wagner's und auf die
Schlussstelle dieses letzteren bezieht. Er lautet wie folgt:
„Vortreflf lieber Mann!
In meiner guten Absicht wenigstens lag Versöhnung,
und ich glaubte deshalb links und rechts ausschlagen
zu dürfen : nun zeigen Sie mir, wo die rechte Versöhnung
liegt — sie liegt da, wo nirgends hin beleidigt wird!
Konnte ich auch voraussetzen, dass ein wahrhaft
edler, seiner Tugend sieh bewusster Mann iu Wahrheit
durch mich und meine Absicht sich beleidigt ftlüen
konnte, — durfte ich auch nur in dieser Voraussetzung
es für schicklich halten, mich an Sie zu wenden, wie ich
es kürzlich mit meinem Briefe gethan habe, so bin ich
* Diese fehlt, wie so Vieles, in den zum Theil lückenhaften
nml auch verloren gegangenen Acten.
— 547 —
doch 80 schwach zn bekennen^ dass ich durch die Ver-
Sicherungen, die mir soeben Eduard Devrient brachte,
erst recht befähigt worden bin, Sie ganz und nach
Würden zu erkennen. Es bleibt mir aus tiefster Seele
nur eben der Wunsch übrig: wären Alle so wie Sie!
Mögen diese hastigen Ausrufe Ihnen die Stimmung
schildern, in die mich die Nachrichten von Ihnen ver-
setzt haben!
Nun aber komme ich sogleich mit einer grossen
Bitte: prüfen Sie gütigst das hier beiliegende Schreiben
an Se. Majestät. Dünkt es Ihnen entsprechend und den
Umständen angemessen, so ersuche ich Sie, es dem Könige
übergeben zu wollen.
N. S. Diesmal habe ich „Excellenz" und Alles ver-
gessen! Verzeihung! Es ging nicht anders."
Dieser zwar etwas dunkle Brief lässt erkennen, wie tief
Wagner's Stellung plötzlich erschüttert war, wie sehr Lüt-
tichau sich bemühte, denselben zu halten, und in welche
Gemüthsaufregung dieser hierdurch versetzt wurde.
Indessen scheinen die Schritte, die in dieser Rück-
sicht geschehen, von keinem besonderen Erfolge gewesen
zu sein, da Wagner unter dem 2. Juli einen Stadturlaub
erbittet, „um sich an Leib und Seele zu stärken **. „Unser
eins — fährt er fort — ist nun einmal ein schwer zu er-
ziehender Mensch. Bis dahin werden ja wohl auch Sie,
Excellenz, sowie ich darin klarer sehen, ob mir überhaupt
in Dresden noch eine Zukunft blühen kann; ich werde mir
dann in Ruhe Ihren gütigen Rath erholen, und Ihrem Er-
messen des Nothwendigen und Schicklichen werde ich mit
meiner Ueberzeugnng gern und willig mich anschliessen.^
Diese Bitte sticss auf Schwierigkeiten, da Reissiger
schon früher einen Urlaub nachgesucht und bewilligt
erhalten hatte. Wagner erwidert auf die ihm hierüber
gemachte Mittheilung: „Ew. Exe. gütiges Schreiben mit
grösstem Danke fUr die darin ausgesprochene freundliche
Gesinnung erwidernd, erlaube ich mir zunächst Ihneu
35*
— 548 -
anzuzeigen, dass ich sogleich nacli Empfang dessell
mich mit der faerxlii'bBten und dringendsten Bitte
Kapellmeister Reissiger gewandt habe, tlir mich das uni
Umständen vielleicht grosse Opfer bringen zn wol
das eine. Verlängerung meines Urlaubs allein mögli
macht. Ich erkenne seine Mchrbeschäftiguug an, glanl
ihm auch herzlich gern, daes es ihm gerade schwer wird,
ihr zn genügen, weshalb ich mich ihm denn anch jeden-
falls unbedingt bereit erkläre, nach meinem Rücktritt in
den Dienst — wenn dieser mir wieder möglich geworden
sein wird — zu einer neuen Gcschäftstheilnng die Hand
zu bieten, nach welcber ibm grundsätzlich der DienA
erleichtert wenlen soll, ausserdem aber dann so 1;
für ihn gänzlich einzutreten, als er es irgend verlan-
mag: nur möge er dagegen anerkennen, dass es sicbj<
bei mir um eine moralische Lebensfrage bandle
meine Hitle um Verlängerung meiner Torläufigeu Dil
lUspensation nicht nnf Eigensinn, sondern anf einem
menscbliclien Gefühle der peinlichsten Natur begründet
sei, welches mir gebieteriscb hierin das Schickliche vor-
Bühreibt. Gewiss habe ich nicht nöthig, Ew. Exe. meim'
Stimmung näher zu brzeichnen, Liegt hier nur meiw
■Schuld zu Grundi', so bin ich auf jede Suhnnng gefaist-
Die Zeit vermag jedoch viel; gönnen wir ihr Itaum,
iieilende Kraft auszuüben!
„Erklärt sich nun Reissiger bereit, mir den erbetei
von mir sehr hoch angeschlagenen Dienst kq leii
würden Ew. Exeellenz demnach aber den UDgeatörtm
Fortgang der Geschäfte beruhigt sein können, und würde
mir daher mein inständiges Gesuch nicht abgcBckla^
werden, so behielt ich mir dann vor, bei meiner Rück-
kehr von einer zu unternehmenden Reise mich per^öolicli
I'ei meinem hochverehrten Wohlthäter zu melden, niai
mit wannen Worten zu sagen, wie hoch und innig
mich ihm fllr mein ganzes Leben verpflichtet fUhlc.
Gott mache es gnädig nnrt helfe mirl'
tu».
ihr« J
— 549 —
AqcL von Reissigcr liegt in dieser Sache ein Brief vor.
Der ^ebenso schmeichelhafte; wie biedere"* Beurtheiler des
Kienzi schreibt nämlich:
„E. E. Mein College, Herr Wagner, hat mir in einem
langen Briefe auseinandergesetzt, dass es ihm jetzt un-
möglich sey, schon in sein Amt einzutreten. Zugleich
bittet er mich, bei Ew. Excellenz die Entschuldignag
seines Ausbleibens zu übernehmen und in der Urlaubs-
angelegenheit um einen entscheidenden, aufopferungsvollen
Entschlnss und um günstige Bevorwortung bei Ew.
Excellenz. Er schreibt mir, dass er in jeder Hinsicht
noch als todtkrank und wund zu betrachten sei und
erst, wenn er in vielem und manchem beruhigter seyn
werde, mit E. E. sprechen könne.
^Wenn nun mein Kollege, wie er sich ausdrückt,
nur in Gottes freier, schöner Natur, fem vom Weltgewtihle
geistig und körperlich gesunden kann und nur durch die
Verlängerung des Urlaubs Heilung möglich ist, so
darf ich Ew. Excellenx nicht länger um Vorenthal-
tung seines erbetenen Urlaubs angehen.
„Möge er in zwiefacher Hinsicht gesunden. Da ich min-
der krank als W. bin, so ist es meine Pflicht, unter diesen
Umständen von meiner eigenen Cur abzustehen und eine
Besserung meiner Lage einer günstigen Zeit zu überlassen.
^Wenn daher Herr Musikdirector Röckel von Ew. Exe.
angewiesen wird, mich namentlich bei den vielen Klavier-
proben zu alten und neu einznstudirenden Opern, die jetzt
vorkommen, kräftig zu unterstützen, so dass ich diese
Dienste nicht als ein Don gratuit von ihm anzunehmen
habe, so hoffe ich mit Gott durchzukommen. Die oft vor-
kommende Unzufriedenheit der Sänger bei Uebemahme
von Proben Seiten Röckel's würde wohl durch die Um-
stände und vielleicht noch mehr durch eine Ueberwach-
ung der Proben Seitens der Regie aufzuheben sein.**
Die Vorsätze, die Wagner an die Bewilligung dieses
Urlaubs geknüpft hatte, scheinen jedoch nicht alle von
N
N
— 550 —
ibm erfllllt worden zd sein. Da er laut einer von Lfltticlil
gegen ilm selbst anegenprochonen Beschuldigung,
Februar d, folg. JalirfR, seinen „Entwurf zur Organif
tion eines deutschen Natioualtbcaters fUr das Eünigrät
Sachsen" bereits im Sommer 1848, d. i. also gerade um'
diese Zeit, an Oberländer Uhergehen haben musBte. in
welchem er bekanntlich die damals mit Lebhaftigkeit
discutirte Frage einer Thealerreform in einem Sinne he-
handelt, welche Über dns Institut des gegenwärtigen
Hottbeaters und dessen Organisation, daher auch Itber
die General-Direetion völlig hinwegsah.
Es ist unter diesen Umständen erklärlich, dass,
R. Wagner im Monat September die Ansl'ühning
ihm in Aussiebt gestellten Königlichen Unterstützung est
Ordnung seines Schulden wesens wieder in Anregung
brachte, dies um so weniger Zustimmung fand, als die tod
ihm damals gemachten Angaben, welche die Gruni
und die Voraussetzang derselben bildeten, sich als
ganz zutreffend erwiesen. Obachon das Königl. Rescri]
sich einzig auf das letztere hierbei beruft, so geht dt>c%
aus dem Vortrage Luttichau's aufs Unwiderleglichsle
herror, dass das MisstraneD und die Unzufriedenheit, die
sein dienstliches Verbalten berrorrief, nicht wenig mit
dazu beigetragen hat. Lutticbaa weist nämlich dansf
hin, dass Se. M^estät „die Bewilligung jener GratificatioB
nicht allein von Wagncr's gründlichem SchuldeDar^Ulg^
ment, sondern auch davon ausdrücklich abh&ngig n
machen geruht hätten, dass Wagner fortwährend
Stelle mit Fleiss und Thätigkeit znr Zufriedenheit
Generaldirection verwalte, eine Üedingnug, wegen
ausreichender Erfflllung nach den neuesten Vorg&ni
leider keine Gewährleistung im Voraus gegeben wei
könne, er auch weder das eine, noch das andere zu
flirworten vermöge". Selbst die Dienstentlassung Wa(
wird hier schon l)erllhrt und zu diesem Zwecke auf
Stelle seines Briefes vom 5. Jan. 1H43 (welcher
dEi|
- 551 —
seiner Anstellung als Kapellmeister handelt) hingewiesen,
da sie es sei, auf welche aasdrttcklich bei Ertheilung
der lebenslänglichen Anstellung Bezug genommen worden
wäre. Diese Stelle lautet: ^Ich erlaube mir noch dies
Einzige Dero geneigter Beachtung zu empfehlen, dass es
mir nämlich, falls Ew. Exe. mich mit dem ausserordent-
liebsten Vertrauen beehren wollten, unmöglich sein wUrde^
auf der weiteren Erfüllung contractlicher Zusagen zu be-
stehen, sobald ich inue würde oder Ew. Excellenz sich
zu der Erklärung genöthigt sehen wtlrden, dass ich ein so
grosses Vertrauen nicht zu rechtfertigen im Stande wäre.^
Obwohl dieser Punkt gegen Wagner jetzt noch gar
nicht zur Sprache gekommen zu sein scheint, während
fast gleichzeitig die Kündigung des Musikdirector Röckel
aus ähnlichen Gründen erfolgte, so darf doch gesagt
werden, dass auch seine Entlassung schon damals
nur noch eine Frage der Zeit war und nur durch ein
völlig verändertes Benehmen aufgehalten werden konnte.
Wagner selbst gab sich hierüber keinen Illusionen hin, eben
deshalb aber wurde er auch mehr und mehr zum Bruche
mit den bestehenden Verhältnissen getrieben. Es scheint,
dass er auf die Ausführung seines „Entwurfs zur Organi-
sation eines deutschen Nationaltheaters^ die weitgehendsten
Hoffnungen setzte, woraus es sich wohl nur erklärt, dass
er z. B., wie aus dem Protokolle einer Conferenz Lüttichau's
mit Wagner in Gegenwart Theod. Winkler's erhellt, sich
dazu hinreissen liess, am 12. Februar 1849 sämmtliche
Mitglieder der Königl. Kapelle im Saale des Gasthauses
zum Lämmchen zu versammeln, wobei er „den dabei
Anwesenden künftige bessere Zeiten versprochen haben
soll, wo er ihnen mehr als jetzt würde nützen können,
indem seine Pläne und Ideen zu ihrem Besten unter
den gegenwärtigen Verbältnissen nicht realisirt werden
könnten, auch möchten sie sänmitlich sich des Schauspiel-
orchesterdienstes (in welcher Angelegenheit Lttttichan nur
eben eine abweichende Anordnung getroffen hatte) wieder
— 552 -
unterziehen^ um das gegenwärtige MiBSverhältniss anssn-
gleichen. Die Zeit werde kommen, wo sie alle dayon
befreit sein würden.*^
Bei dieser Gelegenheit sprach Lüttichan nnamwon-
den seine Unzufriedenheit mit Wagner's biBherigem
Dienstbenehmen ans, da er in keiner Art ^ausser d^n
Dirigiren im Orchester bei dem ihm zugefallenen Openi-
und Eirchendienst sich des Instituts mit liebe und dem-
jenigen Eifer angenommen habe, den man nach so vielen
Beweisen allerhöchster Gnade von ihm erwarten sollte*.
Unstreitig ging hier LUttichau in seinen Anschuldigungen
weiter, als es den Thatsachen entsprach. Es war dies
überhaupt ein Fehler dieses sonst gerechten und wohl-
wollenden Mannes, dass er, sobald er seine amtliche
Autorität oder hohe Rangstufe geltend machen wollte
(was übrigens selten geschah), leicht in einen heftigeo,
verletzenden Ton und in ein ungerechtes Urtheil verfiel.
Indessen ohne allen Grund waren in diesem Falle
seine Anschuldigungen nicht.
„In seiner Erwiderung — heisst es im Protokolle —
gestand Wagner ein, wie wenig er überhaupt mit der
bisherigen und jetzigen DirectorialfQhrung zufrieden uud
einverstanden sei, indem nach seiner Ansicht die Richtung
iiner solchen nur auf classische (soll wohl heissen „be-
deutende") Musik gehen müsse und Opern wie z. B.
Martha (die gerade gegeben wurde) gar nicht auf dem
Repertoire erscheinen sollten. Auch habe ja der Regi»-
seur Schmidt den Betrieb der Oper übernommen und er
selbst habe sich daher für unnöthig erachtet." Schlüas-
lich erklärte er noch, rdass er selbst fühle, wie er in
sein dienstliches Verhältniss nicht passe, und gern daTon
zurücktreten würde, wenn ihn nicht Sorge flir seine Frau
und seine häusliche Lage daran hinderte". Dass er in
sein dienstliches Verhältniss nicht passe, wurde ihm zuge-
standen, und „darüber unterthänigst Anzeige an Se. Maje-
stät zu erstatten nach Befinden sich vorbehalten'*.
— 553 —
Es ist fraglich, ob dies gleichwohl geschehen sein
würde, weil Lttttichau immer wieder Rücksicht auf
Wagner's Lage zn nehmen schien und von der Zeit eine
Aendemng dieser Verhältnisse erwarten mochte. Lttttichau
gab überhaupt nur höchst ungern wahrhaft grosse, be-
deutende Talente auf, und dass er Wagner, trotz aller
ihm gemachten Vorwurfe, dafür ansah, unterliegt keinem
Zweifel. Die Maitage und die, wie ich urtheile, voreilige
Flucht Richard Wagner's machten eine Lösung dieser
Verhältnisse aber zur Nothwendigkeit.
Lütticbau hatte es mit Wagner sicher nur gut ge-
meint; aber ein dämonischer, mit seiner Genialität eng
zusammenhängender Zug in dessen Natur, der ihn immer
mit blendenden Illusionen täuschte, war stärker als die
wohlgemeinten, nüchternen Rathschläge seines Chefs.
Jedenfalls war er aber auch selbst weit mehr ein Opfer
dieses Zugs und der äusseren Verhältnisse. Die Zeit
lässt uns dies heute in eiuem ruhigen Lichte betrachten.
Was Wagner auf einem anderen Wege hätte werden
können — wer will es sagen? Wir wissen nur, dass er
auf dem seinen nicht nur das erste musikalisch- dra-
matische Genie des heutigen Deutschlands, sondern der
Gegenwart, dass er es aber auf einem langen Wege von
Entbehrungen, Irrungen, Illusionen, Enttäuschungen und
Kämpfen geworden.
Die Unterbrechung, welche die Vorstellungen des
Dresdner Theaters durch den Maiaufstand d. J. 1849,
besonders durch die Brandlegung des alten grossen Opern-
hauses und die hierdurch h( rbeigefUhrte Vernichtung der
Theatergarderobe erlitt, gestattete der General-Direction,
von einem Paragra])hen der nicht auf Lebenszeit lauten-
den Conti acte Gebrauch zu machen und letztere sämmt-
lich zu kündigen.'
' Der betreffeudo, vom 11. Mai 1S49 datirte Erlts« der Geoeral-
direction lautet: ,,Die BchreckeosToUen kriegerischen und politischen
— 554 —
Auf Lüttichau's befürwortenden Vortrag entachied
sich später der König durch Rescript vom 18. Mai 1849
für das Fortbestehen des Theaters.*
Gekündigt wurden ausser Gutzkow nur Fischer
(welcher jedoch als Chordirector in seiner Stelle ver-
blieb); Heine, Frl. Heyne, Laddey, Lindemann, Schiele,
Mad. Schubert, Schulz, Frl. Thiele und Vestri, sowie der
Regisseur Schmidt, an dessen Stelle der am 17. April
d. J. eingetretene Schauspieler Rottmeyer trat. Die für
ihre Leistungen massig dotirten Darsteller wurden zum
grossen Theil gar nicht, zum Theil nur in geringem
Masse von der Reduction der Gehalte betroffen. Nnr
wenige der Uebrigen erhoben wesentliche Einwendungen.
Ereignisse, welche im Anfange dieses Monats Dresden betroffen
haben, und das gänzliche Abbrennen des gössen Opemhiuseä,
wodurch die sämmtliche Garderobe des K. Hoftheaters ein lUab der
Flammen geworden, nöthigen die K. General-Direction , im Auftrag
des Königl. Hausministeriums, unter Beziehung auf die in § 4 Ihrer
Contracte ausdrücklich festgesetzten Bedingungen, unter einviertel-
jähriger Aufkündigung und folglich, da der laufende Monat bereits
fast bis zur Hälfte vorüber, mit Ende des Monats August d. J. diese
Contracte aufzulösen und Sie Ihrer hiesigen Verpflichtungen za
entbinden« Es ist dies eine eventuelle Massregel, welche um &o
dringender uothwendig, als Se. Majestät sich noch nicht aller-
gnädigst entschieden haben, ob das hiesige Hoftheater unter KönigL
Administration fortbestehen oder gänzlich aufhören soll.
„In letzterem Fall bleibt die jetzt geschehene Aufkündigung
vollkommen in ihrer Kraft und Wirksamkeit, jeden Falles aber, wie
überhaupt, werde ich, sobald mir die allerhöchste Resolution Sr.
Majestät des Königs zugekommen, Sie davon unverzüglich in Eenst-
niss setzen. Es würde mir aber wünschenswerth sein, und erwarte
ich von Ihrer bisher so oft bewiesenen Anhänglichkeit an dieiem
Institute, dass Sie vor etwaiger Abschliessung anderweiter Contracte
mich davon benachrichtigen, und mir dadurch fortgesetzte Beweise
Ihres Vertrauens im Interesse des Königl. Instituts zu erkennen
geben."
* „In Erwägung** — heisst es darin, — „dass die Auflösung
dieses in blühendem Stande sich befindenden, unstreitig einen der
ersten Plätze unter den deutschen Bühnen einnehmenden Theaters
— 555 —
Die meisten nahmen bereitwillig die gemachten Aner-
bietnngen an. Am entgegenkommendsten zeigte sich
Frau Bayer, welcher ein Abzug von 600 Thlr. angesonnen
wurde, auf welchen sie widerspruchslos einging, obschon
ihr neuerdings von Berlin wieder die glänzendsten An-
erbietungen gemacht worden waren. Am schwierigsten
zeigten sich Räder (der jedoch nachgiebig war), Ticha-
tscheck (dem fast Alles aus Rücksicht auf die ihm von
Berlin aus gemachten, alles Mass ttbersteigenden Aner-
bietungen gewährt wurde) und Johanna Wagner, mit
welcher die Verhandlungen unter dem Einfluss ihres
Vaters sich völlig zerschlugen, obschon sie es an
Empressement, sich ihre Stellung zu sichern, nicht hatte
fehlen lassen. In einem Briefe aus Hamburg vom 20. Mai,
wo sie sich während der Katastrophe zum Gastspiel
befand, lesen wir nämlich: „Ohne mich über den Jammer
meines Herzens auszusprechen, über das Unglück, das
über unser geliebtes, sonst so friedliches Dresden herein-
gebrochen, ohne die Entrüstung darzulegen, welche sich
unsrer bemeistert hat über die wahnsinnige Undankbarkeit
nicht allein im Interesse der Kunst sehr zu beklagen, sondern auch
fOr die Stadt Dresden, ja für das ganze Land von wesentlichem
materiellen Nachtheil sein und überdies einen grossen Theil des
dabei angestellten Personals in eine bedr&ugte Lage versetzen würde,
haben Wir beschlossen, das gedachte Kunstinstitut, wenn auch wie
bisher mit Opfern von Seiten unserer Civilliste, fortbestehen zu
lassen, dafem nur eine derartige Beschränkung der Ausgaben,
namentlich auch durch einige Reduction im Personal herbeigefiXhrt
werden kann, dass dieselben nicht in zu grossem Missverh<nisse
mit den in Folge der Zeitumst&nde beträchtlich verminderten Ein-
nahmen stehen und zumal in Verbindung mit den Kosten, welche die
WiederanschaiTung der Garderobe verursacht, nicht zu bedeutende,
die Kräfte Unserer Civilliste übersteigende Zuschüsse erfordern.
Wir sind daher hierüber eures baldigen weiteren Vortrags gewärtig,
setzen jedoch dabei voraus, dass jedenfalls die vorzügUchen Talente
und Kräfte des Listituts erhalten werden, behalten Uns auch über-
haupt über die definitive Entlassung von Sängern und Schauspielern
die eigene Entschliessung vor.**
— 556 —
lier von Sr. Majestät gerade vorzugsweise be^llustigten
MenscUen, davon einer leider anch mir Belr nahe steLl.
wende ich micli etc." Diese Entrlistang; wich sofort eiiicr
anderen, als ihr ein Abzug aiigesonnen wurde. Der ge-
schäftsgewaudte Vater hatte jetzt kein näheres Interesse,
als dasB er aus der Kündigung des Conlracts das Er-
löschen jeder Verbindlichkeit ableitete, einen sich aol'
ca, 1000 Thlr. belaufenden Vorscbusa zurückzuzahlen.
Damit es auch an einer komischen Episode bei diesen
Verhandlungen nicht fehlen sollte, wnrde der Schauspieler
Holm (Sontag), wie er uns selbst in seinen „Erlebnissen"
in drastischer Weise erzählt, bei dieser Gelegenheit die
Treppe heraufgeworfen ; er erlangte und erhielt sW«
eines Abzugs, der freilich bei seinem niedrigen Gehil«
von 300 Thlr. nicht mjiglich war, eine Erhilhung im
540 Thlr.'
' leb glaube jedodi eisige Be<1enken gegen die Rnnta^'K^F
nsrstelliing nicht unterdrücken nn sollen. „Als ich bei nimmt
Rückkehr — heisst es bei diesem — mich dem Intendanten meHHc.
empfing er mich freundlich mit den Worten: ,Sie behalten Ihn
Gage, Ihnen wird nichis abgezogen.' Ich erwiderte bescheiden; ,Vu[
300 Thaleni uVwas abzuziehen, wäre wohl kaum m&gUch geiresen; »i
ktnn jtt mit iler kleinen Summe kaum auskommen und bitif nn
eine Zulage von 100 Thlr.' Keine Antwort. PletEÜch eine Kbtk
von Grobheiten, alle in dem halblaut vornehmen, j» (»st rerbindfick
klingenden Ton, der Herrn von Lfltiichau eigen war, die eine BwhI
in derDruät, ohne seinen Körper zu bewegen. — Na<.bdeni er üch d<^
lungeren ausgeäthimpfi , liess er sich zu den Worten hinteiiMo:
,\nf dem .imphithenter tPlalz vis-Ä-via der Billme) hingt ko«
i^piegel — ich bin Ihr Spiegel-, ich sage Ihnen, Sie sind nicht (U
Anaeben. Banck mag Sie auch nicht, und Oberhaupt, Sie mtwa
bedenken, daes Ihr Name auf dem Theaterzettel Sriitde flkr &
Kasse ist — Sie trtriben wer de Leite nansl' Im Aerger hutc «
allmählich sein an und fUr sich zweifelhaftes Hochdeutsch gui n^
loren. Ich verbeugte mich sehr aufgeregt; ,Wenn die „Leit** (OW
nichts naustreibt, dann stehta gut um Ihr Theat«r, dem C«Uk
leicht abzubeUen — Contract habe ich nicht, ich wtirda alMf
Excellenz und das Publii.'um am ersten des nftcLsteD Jlmau.j
seiner gtössteu Qual befreien.' Damit schob ich wQtheikl t
— 557 —
Die vom 2. Mai bis 2. Juni auterbrochen gewesenen
Vorstellungen im Eönigl. Theater wurden am letztge-
nannten Tage mit Goethe's „Torquato Tasso** wieder
eröffnet, dem am nächsten Tage die Vorstellung von
^Alessandro Stradella^ folgte.
Die Kapelle war von der Reorganisation des Theaters
in keiner Weise berührt worden. Von den inzwischen
darin stattgefundenen Veränderungen giebt das unten
mitgetheilte Mitgliederverzeichniss' nähere Auskunft. Nur
hinaus. Am andern Tage wurde ich gerufen. Als ob nichts vor-
gefallen, rief er mir lachend entgegen : ,Ich gebe Ihnen die hundert
Thaler Zulage!* Ich legte meine Stirn in Falten und redete die
▼orher überlegte Rede: ,£zcellenz! In früheren Zeiten herrschte
die Sitte, dass man für Misshandlungen auf der Bühne, welche zum
Stück gehörten, entschädigt ward. Maria Theresia zahlte ihren
Mitgliedern z. B. für eine Ohrfeige sieben Gulden etc. Wie hoch
würden die Misshandlungen hinter den Goulissen, die der Person
gelten, taxirt worden sein ! Ich taxire £w. Ezc. beleidigende Aeusse-
mngen auf 140 Thlr. , verlange also statt' der gestern geforderten
400 Thlr. nun 540 Thlr.^ Abermaliger Wortwechsel, dann milde
Rohe, Umänderung des Gontracts auf 5t0 Thlr. Handgebeii,
Schmunzeln des Intendanten und die Aeusserung gegen Hofrath
Winkler: ^Ev war dumm.*
,Wie so war ich dumm, Excellenz?'
,Ich hätte Ihnen noch mehr gegeben; ich brauche Sie zum —
Einspringen,***
An und für sich würde ich gegen die Wahrscheinlichkeit des
Vorgangs nichts einzuwenden haben. Nach den mir vorliegenden
Thatsachen kann es aber nicht ganz so verlaufen sein. Nach
Sontag^s Darstellung müsste dieser neuere Coutract bereits im Mai
zum Abschluss gekommen sein. In den die Reorganisation des Hot-
theaters betreffenden Acten ist aber von dieser Angelegenheit nirgends
die Rede, vielmehr findet sich in einem Vortrage Lüttichau's vom
29. Mai Sontag (Holm) als wieder, wie früher, mit 300 Thlr. neu enga-
girt verzeichnet, wogegen der auf 540 Thlr. lautende Gontract erst
am 1. October 1849 ausgestellt ist, nachdem nur erst wenige Tage
früher Lüttichau darauf angetragen hatte.
' Mitgliederverzeichniss der Königl. Kapelle vom 1. Jan. 1850:
Kapellmeister: G. G. Reissiger.
Mnsikdirector : Garl Barbieri.
— 558 —
über die Besetzung der durch den Abgang RSekel's l
Wagner's erledigten Stellen mögen einige Worte
Platz finden. Laut Vortrag LUtticliau's vom 12. Sept IW
waren sofort für die erledigte Musikdirectorstelle ^e
Kapellmeister Rietz in Leipzig und SdiindelmeiBeer in
Hamburg in Aussiebt genommen und besonders mit letzterem
die Verhandlungen lebliaft betrieben worden, bis dieaer,
ungeduldig, eine Stelle in Frankfurt a. M, angenommeo
hatte, in dessen Folge die Verhandlungen zum Abbrncii
kamen. In einer am 27. Nov. 1848 abgehaltenen Con-
ferenz mit den Concert- und Kapellmeistern wurde die
TViederbe Setzung jener Stelle nun überhaupt ganz aufge-
geben, die Anstellung eines Correpetitors in Aussteht ge-
nommen und die Musikdirectoren Fischer in Cassel, Leos-
hard in Leipzig und Kammermusikus Üblich in Dresden
dafür in Vorschlag gebracht. — Wie es scheJut aus Spar-
samkeitsrlicksichten wurde aber dieee Stelle ohne Bena-
iiieration auf den Openucgisseur Schmidt übertragen nrn!
dieser dafür der Mitwirkung in der Oper und im Scljin-
Coi'iL'Ortmeigter: Carl Lipinski, Franz Schubert.
Violinisten: Damme, Basier, RüUweck, Otto Kummer, Liuitt, 1E<-
scherliug, Müller, Veschke, Pfeiffer, PolanJ, Seiai, ScMp-
penthau. Thiele, Tröstler, Xlhlig, Voeel.
Bratsohisten : Bajr, Dominik jun., Hclwtg, Horack, Listing.
Violoncellisten: Dotznuer. Hansel, Enmmer, Scbliik, F. Schnb
Contrabasaisteu: Heise, Hinke, Künste, Svhmerbit/., TieU.
Fkutisteii : FQrateiiBii seii., Fürstenau jun., LOve, SteudeL
Oboiaten: EJel, Hiebentlial, KretBchmar, Kummer.
Clftrinettisten : Dominik, ForVert. Kotte, LanferbBtli,
Fagottisten: Knlii^ins, Moscbke, Pesi^hel, Suchuiek.
Walilliomisteu: Adam, Uaaec, Ijcw^r, Lorenz, Moschfce.
Trompeter : Dietrich, Kunze, B. Queisser, Schröter.
l'oB.iunisten : Gottsulialk, RQhtmaun, G. Queisser.
Pauker: Herfurtb.
Ilnrfenist: Richter.
Aspiranten: GFiring, llatamer, Unhler, E. Kotte, K. Knnuner. SJ-
Kummer, Leiten, Feschcl, Kiccius, Seelmum, SchlitteriM
S.liink, Scliniidtlien, Wuhnor, Ziwjld.
— 559 —
spiel entbunden^ mit der Orcbesterdirection der Vaude-
villes und Possen dagegen der Concertmeister Schubert
beauftragt
Wie wir gesehen, gehörte der Opemregisseur Schmidt
mit zu den in Folge der Maiereignisse Gekündigten.
Die Opemregie erhielt der bereits am 17. April dafür mit
eingetretene Schauspieler Friedrich Sottmejer. Correpe-
titor wurde der Eammermusikus Aug. Richter. Nach
Wagner's Abgang wurde «zunächst von der Besetzung
der zweiten Eapellmeisterstelle abgesehen, dafür aber nun
die Musikdirectorstelle wieder durch Carl Barbieri (1. Oct.
1849) besetzt, welcher jedoch nach einem Jahr die Bühne
schon wieder verliess. Ein wichtiges, die Kapelle be-
treffendes Ereigniss war die am 22. Sept. 1848 statt-
findende musikalische Festfeier des SOOjährigen Bestehens
derselben. Sie wurde durch einen Ton Gutzkow gedichteten
Prolog eröffnet (mitgetheilt im Tagebuch des K. Hof-
tbc aters d. J.), welchem ein chronologisches Concert
folgte. Einen Ausdruck der Eönigl. Theilnahme erhielt
die Kapelle durch die an diesem Tage stattfindende Ver-
leihung des Civil -Verdienstordens an ihren (derzeitigen
ersten Kapellmeister Seissiger.
Im Jahre 1847 hatte Lüttichau einen Begräbniss-
unterstützungsfond fiir die Beamten etc. deä K. Hof-
tkeaters und einen zweiten für die Mitglieder des Sing-
chors begründet.
Bemerkt mag hier schlüsslich noch werden, dass am
15. Juni 1841 die Besitzerinnen des Lincke'schen Bades
bei Lüttichau mit Vorschlägen zu einem den Zeitverhält-
nissen entsprechenden Umbau ihres Theaters einkamen,
der aber erst im Jahre 1845 zur Ausführung kam.
Kampf der idealistischen und realistischen
Darstellungsweise am Dresdner Theater
(1850-1862).
Teraudeter Llteraturzn stand. — Friedrich Hebbel und Otta
Ludtvtg'. — Eduard I)eTrieut'»i Abgaug- — ^eav ICvgrie'EnMrncttDD.
— Sene Verhaudlnni^eu mit Eml! DeTrlent. — ttogamll ItantHi.
— ZerwIlrfDiMRe mit Emil Devrient. — Dawison*)! Cebrrfriffe. -
Sene Scltn-ierlKkeltea mit Emll Derrient. — Verändemits«!) 1>
der B«^e. — Tod Könl^ Frledricb Aui;a«t t. — ESnig JohUB'
— Dr. Jal. Pabst. — Veriln de runden im Personal. — ßul-
spiele. — Kepert«lre. — TheaterreierliL-lib eilen. ■
In der vorausge^angeDen Periode liatte das Stha^B
spiel, soweit es uielit bloss auf Unterlialtung ausging, anWl
dem EiDÜnsse socialer ttnd politischer Tendenzen geslanüen
Eb machte sieh darin zugleich eine Keaetion gegen die
gemeine BUhnentradition nnd Rontine geltend, welehf
die Verliindung des Theaters mit Dichtung und Leben.
freilich in einer Weise wieder herzustellen snehle, dereo
Zwecke and Ziele nicht allein und vornehmlich anf it^
(rebiete der Kunst nnd des Dramas lagen. InEwiwI
hatte sich aber noch eine andere Keaetion dieser Art
zeigt, welche dem Drama einen ganz nur dnrvh kl
lerisclie Zwecke bestimmten Inhalt, eine durch sie nnr
bestimmte Richtung zu gei)en strebte und der es dsbfi
liauptsäciilich um die Auslebung der diehterischen Eigen-
thUmliehkeit zu thun war. Der Unterschied beider Be-
strebungen zeigte eich unter Anderem auch darin, dt*
die socialen und politischen Tendenzdramen, die sieb
HWF*
1
— 561 —
Bühne nur als eines Mittels bedienten^ gewissen auf das
Allgemeine gerichteten Ideen eine grössere Wirkung und
Ausbreitung zu verschaffen^ sich der sogenannten ideali-
stiseheU; jetzt aber schon sehr conventionell und declama-
torisch gewordenen Darstellungsweise besonders günstig
erwiesen. Wogegen die Dramen jener neuen Sichtung^
au deren Spitze im Schauspiel Friedrich Hebbel, in der
< )per Richard Wagner stand, zu einer aus der Natur der
darzustellenden Charaktere schöpfenden Darstellungsweise
hindrängten, ja diese sogar gebieterisch forderten. Es
würde jedoch unrichtig sein, deshalb den Gegensatz dieser
beiden Richtungen selbst als idealistisch und realistisch
zu bezeichnen, da, ob sich auch jene meist mit einer
stylisirten Ausführung in allgemeineren Linien begnügte,
diese dagegen zu einer individualisirenden Darstellung
nöthigt«, doch keines von ihnen deshalb das eine oder
andere ausschloss. Beides war aber freilich dann hier
und dort von einer anderen Bedeutung. Denn wenn das
ideale Moment bei dem Tendenzdrama über das Gebiet der
Kunst hinausgreift, strebt es bei dieser anderen Richtung
umgekehrt nach Vertiefung, und während dort die realistische
Darstellungsweise nur zugelassen und als ein Mittel der
grösseren theatralischen Wirkung benützt wird, ist sie
hier durch die Natur der ganzen Dichtungsweise und
ohne jede Nebenabsicht gefordert. Es ist ftlr beide
Kicbtungen charakteristisch, dass die neue, realistischere,
naeh einem ihr eigenthümlichen romantischen Zug, ihre
Anregungen bei Shakespeare und bei der alten nationalen
Dichtung suchte, während die Vertreter der socialen und
politischen Tendenz im Drama, gerade wenn sie die
Wirkungen einer mehr realistischen Darstellungsweise er-
strebten, ihre Anregungen und Muster vorzugsweise bei
den der Bühnenwirkung kundigen Franzosen fanden und
hierbei höchstens bis auf Moli^re zurückgingen. Wo-
raus sich ergicbt, dass die letzteren, wenn dies geschah,
der Bühnenpraxis ungleich näher stehen mussten als jene,
30
— 562 —
die sich nicht selten im bewnsstesten Widerspruche mit
dieser befanden, daher sie denn auch in dem Kampfe
mit ihnen zuletzt obsiegen mussten.
Es war aber natürlich, dass jetzt, wo nach der Be-
siegung der Revolution den Vertretern des Tendenz-
dramas mit der Freiheit der Rede das wirksamste Beiz-
mittel entzogen worden war, die neue Richtung mehr
Boden gewann. Was aber ihren Erfolg auch jetzt noch
erschwerte, war, dass hier der Glanz einer nur mittleren
Begabung zu einem grösseren Erfolge nicht ausreichte.
Es ist gewiss nur der Mangel an wahrhaft genialen und
dabei ganz künstlerisch gestimmten Talenten und die
starre Eigenthümlichkeit der wenigen, welche sich zeigten,
gewesen, was damals den Aufschwung des Dramas ge-
hindert hat. So aber blieb Hebbel auch jetzt noch fast
ganz isolirt und sein Einfluss war mehr nur ein mittel-
barer, insofern er einzelne Schauspieler zu einer ganz
neuen eigenartigen Au£Fassung ihrer Aufgaben und hier-
durch zur Wiederaufnahme der in den Hintergrund ge-
tretenen Shakespeare'schen und Goethe'schen Dramen in
einem Sinne anregte, der mit der gewöhnlichen Btihneu-
tradition entfernt nichts gemein hatte, was dann auch den
übrigen Dichtem zu Gute kam.
Auf die Entwicklung des Dresdner Theaters hat
Hebbel unmittelbar so gut wie keinen Einfluss ausgeübt
Erst 1854 wurde durch Dawison dessen Judith hier auf
die Bühne gebracht. Es war das einzige Stück, das inner-
halb der vorliegenden Periode von ihm hier zur Aufführung
kam und damals nur zwei Wiederholungen erlebte. Da-
gegen sollte ein anderer Dichter, der, wenn er auch diesen
gewiss nicht an Umfang, noch an Kraft des Talents
erreichte, ihm doch einzig und allein zu vergleichen ist,
sollte Otto Ludwig gerade von hier aus seine Verbreitung
über die deutschen Bühnen findeu. Bereits im März 1850
wurde sein Erbförster, obgleich nicht mit grossem Erfolge,
doch mit um so tit^fercr Wirkung gegeben, dem 1852 die
— 583 —
Aufführung seiner ^Maceabäer^ folgte. Entscheidend für
die neue Richtung in der dramatischen Darstellungskunst
wurde aber doch erst das Gastspiel des Schauspielers
Dawison (1852); durch welches der Kampf zwischen ihr
und der alten idealistischen Schule ; welcher der ganzen
uns jetzt Torliegenden Entwicklungsperiode des Dresdner
Uoflheaters ihren bestimmten Charakter gab, eröffnet
wurde. Die Darstellung desselben nöthigt mich aber,
noch einige andere Verhältnisse und Veränderungen vorher
zu berühren.
Durch Königl. Rescript vom 22. Juni 1849 war Lüttichau
angewiesen worden, nach Abgang des Dramaturgen
<jutzkow den Hofschauspieler Eduard Devrient, in Gemäss-
heit seiner desfallsigen Verpflichtung, in Allem, was die
ästhetische Bühnenleitung betraf, zu Rathe zu ziehen.
Wiewohl sich aus einem späteren Vortrage Lüttichau's
(v. 12. Sept 1852) ergiebt, dass Ed. Devrienfs Theilnahme
selbst jetzt noch eine beschränkte blieb, so hat er sich
doch gerade um die Aufführung der Ludwig'scben Dramen
grosse Verdienste erworben. Auch mögen die Aufführungen
des Fr. Dingelstedt'schen ^Haus des Barneveldt^, welches
in demselben Jahre zur Darstellung kam, sowie des
Shakespeare'schen Macbeth in einer Bearbeitung Ed.
DeTrient's, der Advocaten und der Hagestolzen von Iffland,
das erste in einer Bearbeitung Immermann's, das letzte in
einer solchen von Ed. Devrient, sowie vielleicht endlich
die Darstellung des Shakespeare'schen Sommernachts-
traums auf dessen Theilnahme hinweisen.
Inzwischen hatte Eduard Devrient Schritte wegen
Uebernahme der Leitung des Grossherzogl. Theaters zu
Carlsruhe gethun, welche zu einem günstigen Abschlüsse
mit Vorbehalt der ehrenvollen Entlassung aus seinem
lebenslänglichen Engagement in Dresden geilihrt hatten.
Lüttichau befürwortete das zu diesem Zwecke an ihn ge-
richtete Gesuch Eduard Devrient's in einem Vortrage vom
12. Sept. 1852, in welchem es heisst: ^Die Zerwürfnisse
36*
- 564 —
mit seitiem Bruder Emil führten schon nach dem ersten
Jahre zu einer ihm (Eduard) contractlich freistehenden
Kündigung der Oberregie, was trotz aller Bemühungen
zwischen beiden Brüdern nicht auszugleichen war. Doch
hatte sich während dieser Zeit; nächst dem nnläugbaren
Vortheile der durch seinen Einfluss und seine Anordnungen
in scenischer Hinsicht gewonnenen Abmndung einzehiei
Schauspielvorstellungen; demohnerachtet einiger Nachtheil
für das nothwendige rege Leben im Repertoire im All-
gemeinen gezeigt; da bei einem und demselben Theater-
local zu den verschiedenen Proben ^ wo an demselben
Vormittag oft Schauspiel und Oper probirt werden rnnsB,
sein überwiegender Hang zum Uebermass von geregelten
Formen (was wohl seinen Bruder Emil auch abgeschreckt
hatte) eine Einseitigkeit im Geschäftsbetrieb sich knnd
gab, die schwer zu bekämpfen und für die Dauer lästig
war und seinen Abgang von der Oberregie daher minder
fühlbar machte.'^' Auch jetzt, wo er nach Gutzkow's Ab-
gang seinen Rath wieder in Anspruch genommen, habe
sich Devrient sehr zurückgehalten, so dass er ihm nur
in einzelnen Fällen, wo es ihm wichtig schien, ein neue»
Stück zur Begutachtung zuertheilt und Besetzungsvor-
schläge von ihm verlangt habe, ebenso in letzter Zeit
• Wie sehr Lüttichau aber anfänglich von Devrient's Eifer und
Leistungen befriedigt gewesen war, beweist die Art und Weise, nut
welcher er dessen gleich im ersten Jahre seines Engagements ge-
stelltes Gesuch um Abmndung seines Gehalts auf die Summe tod
3000 Thlr. — die damals in Dresden etwas noch unerhörtes war —
sich zu erfüllen beeilte. Devrient fühlte sich nämlich hierdurch w
folgender Antwort gedrängt : „Dresden, am 18. Aug. 1W8.
Es ist unmöglich, eine peinliche Eröffnung auf eine liebens*
würdigere und edlere Weise zu erwiedem. Ich fühle bierdorch
das Band persönlicher Achtung und Vertrauens immer fester f^
zogen, und nichts kann mir grössere Freudigkeit, nichts mehr Gleich-
gewicht und ruhige Kraft geben für mein Wirken, als diese verstärkte
üeberzeugung."
Auch die überaus ehrenvolle Entlassung Ed. Devrient's von tler
Oberrpgie spricht noch dafür.
— 565 —
hinsichtlich einiger alten Stücke^ wie z. B. des Eäthchen
von Heilbronn; das diesen Winter nach seiner Bearbeitung
gegeben werden solle. Was nun seine Leistungen als
Schauspieler angehe ; so sei zwar sein Abgang fUr ein-
zelne Rollen^ wie Oranien^ Menenius etc. ein Verlust; in allen
übrigen Rollen sei er dagegen wohl leicht zu ersetzen^
da er^ wenn auch stets ein verständiger Schauspieler und
im Zusammenspiel mit seinem Bruder Emil von Interesse,
doch zu Heldenrollen unbefähigt und auf zweite Charakter-
rollen beschränkt sei.
Es ist anzunehmen; dass LttttichaU; indem er dies
schrieb; den Ersatz durch Dawison bereits ins Auge ge-
faast hattC; gegen dessen fascinircnde Erscheinung Eduard
Devrient; als Darsteller; allerdings sehr in den Hinter-
grund treten musste. Seit lange nicht; vielleicht selbst
noch nie hatte Dresden einen Darsteller von dieser Kühn-
heit der schauspielerischen Intuition, von dieser dämoni-
schen Gewalt des dramatischen Ausdrucks gesehen. Er
besass vielleicht wenig von dem; was die vorzüglichsten der
hiesigen Darsteller damals auszeichnete; aber Alles, was
ihnen fehlte; um den höchsten Aufgaben der Kunst völlig
gerecht werden zu können. Sein Gesicht war nicht schön,
ja nicht einmal edel, seine Gestalt, sein Gang hoben ihn
für gewöhnlich kaum über das Gewöhnliche hinaus —
allein was vermochte er in der Fülle seiner Gestal-
tungskraft ans diesem widerstrebenden Material nicht
zu machen ! Seine Sprache war nicht ganz frei von
fremden; slavischen Anklängen, der Ton seiner Stimme
hatte zunächst kaum etwas Anziehendes, aber welchen
Reiohthum der Farbe vermochte er darin zu entfal-
ten, wie unwiderstehlich durch den Zauber, durch
die Energie, durch die dialektische Kraft der Beredt-
mmkeit und des dramatischen Ausdrucks zu fesseln und
binzureissen ! Und dann diese mit einer unerhörten
Kühnheit aller Bühnentradition spottende Ursprüngiich-
keit seiner Auffassung und seinrr Gestaltung, die trotz
— 566 —
ihrer Neuheit nichts BefremdeDdes« sondern meist etwas
Zwingendes hatte^ weil sie bei aller Eigenthttmlichkeit
doch ans der Natur des darzustellenden Charakters, ans
dem Geiste der Dichtung geboren schien! Selbst wo ea
zweifelhaft war, ob der Dichter sich die Gestalt so ge-
dacht haben könnte, wie dieser Ktlnstler sie vorflihrtc,
z. B. den Franz in den Räubern, wurde man, wenn Dicht
überzeugt, so doch meist überredet, dass er dieselbe sich
so hätte denken sollen. Und das Alles war so verschieden
von dem, was man bisher für schön und gross hier ge-
halten hatte, dass man erstaunt die Frage aufwerfen
musste, welches von beiden nun wohl das Richtige sei?
und sich, wenn auch mit innerem Widerstreben, zuletzt
doch der Dämonie der neuen Erscheinung gefangen gab.
Wie sollte es da wohl Wunder nehmen, dass Lüttichan,
für welchen ein grosses Talent immer etwas Anziehen-
des hatte, die Gefahren ganz übersah, welche durch da»
Engagement dieses Künstlers, der gerade seiner Be-
deutendheit wegen so wenig in das Ensemble des Dresd-
ner Theaters passte, heraufbeschworen werden mussten,
sondern denselben um jeden Preis zu gewinnen suchte,
obsehon er zur Zeit noch in einem contractlichen Ver-
hältnisse zu einer andern ihm befreundeten Bühne stand.
Zwar fasste er auch dieses Engagement nur insofern ins
Auge, als es Dawison wirklich gelingen sollte, sich auf
eine ehrenhafte Weise von seinen Wiener Verbindlichkeiten
zu befreien. Immerhin aber weicht dieses Verhalten von
dem früher gegen Döring beobachteten merklich ab»
Doch wurde er stärker wie damals durch die eigene Lage
zu diesem Entschlüsse gedrängt. — Vermuthlich waren
es die Verhandlungen Eduard Devrient's mit Carlsmbe,
welche seinen Bruder Emil im Februar 1852 plötzlich
zu einem Versuche bestimmten, sich von den ihm durch
seinen lebenslänglichen Gontract mit dem Königl. Hof-
theater auferlegten Verbindlichkeiten zu befreien. Schon
anfangs der dreissiger Jahre schreibt Carl Devrient —
— 567 —
gelegentlich einer neuen contractlichen Vereinbarung — an
LttttichaU; dass sein Bruder Emil; sobald er davon hören
werde; unfehlbar eine gleiche Verbesserung beanspruchen
würde; daher ich auch glaube, dass es wesentlich die
für Emil Devrient unerträgliche Vorstellung war, seinen
Bruder Eduard in eine selbstständige Stellung eintreten
zu sehen ; während er selbst in einem , wenn auch noch
so glänzenden Dienstverhältnisse blieb; was ihn veran-
lasste, gerade jetzt mit jenem Versuche hervorzutreten.
Der Ton war diesmal ein massvoller. Es sind nicht
Klagen; Beschwerden; Drohungen; mit einem Worte keine
Einschüchterungsversuche; es sind ruhige Vorstellungen
und scheinbare Gründe; mit denen er sein Verlangen zu
motiviren sucht. Nur seiner geschwächten Gesundheit
wegen und weil er in ein anderes Rollenfach eintreten
wolle^ was ihm hier ganz unmöglich sei, wo schon sechs
Darsteller sich in das Fach der älteren Charakterrollen
zu theilen hätten — Darsteller wie Winger, Quanter; Porth,
Walther; Heese und vollends sein Bruder; die er wohl
schwer in denselben zu erreichen vermöchte — (die Be-
scheidenheit klingt fast wie Hohnl) bitte er um die Auf-
hebung seines Contracts. Da aber Lüttichau in der ver-
bindlichsten Form eine ablehnende Antwort ertheilt,
schlägt Devrient, dem es hauptsächlich um die Enthebung
vom Dienste zu thun war; ein contractlich geregeltes und
auf 4 Monate des Jahres beschränktes Gastspiel von
30 Rollen in zwei Abtheilungen vor; deren Zahl durch
freie Uebereinkunft später erweitert werden könne;
Bedingungen; die er noch ausserdem an die Erhöhung
seiner Pension auf 1000 Thlr. knüpfte. Lüttichau glaubte
dieselben aber nicht empfehlen zu können und machte
in dem darauf bezüglichen Vortrag auf die Nachtheile
einer ,;Solchen Zersplitterung von Darstellungsperioden^
aufmerksam; die er wohl schon aus einem ähnlichen Ver-
hältnisse Tichatscheck's kannte; das er einst selbst in
Vorschlag gebracht und welches Devrient vielleicht hier-
— r)68 ~
bei vorgeschwebt hatte. Er wies zugleich anf die da-
raus entspringende Nothwendigkeit der Anatellnng eines
zweiten bedeutenden Künstlers ftlr Devrient^s Fach hin, wo-
durch der Keim zu einer höchst nachtheiiigen Bflhnenrin-
lität gelegt werden würde^ und enthüllte auf diese Weite
wohl auch das Motiv^ das ihn schon seit so lange bestimmte,
das Fach des zweiten Liebhabers mit nur schwachen
Kräften zu besetzen. Er schlägt daher ; um Devrient
einigermassen zufrieden zu stellen^ die Gewährung eines
Gehaltes von 3000 Thlr., einer Pension von 1000 Thir.
und einen regelmässigen Urlaub von 5 Monaten yor,
von dem jedoch die letzten zwei; falls sie benutzt wor-
den; ohne Gehalt sein sollten. Emil Devrient erwidert
hierauf unter Anderem : ^^Als ich vor Jahren mein Anstel-
lungsdecret hier unterzeichnete^ habe ich freilich nicht
geglaubt; in ein Verhältniss der Leibeigenschaft zu treten,
aus dem nur der Tod befreit. Wenn nun Ew. Exoellmix
jüngst schrieben, dass ich vom hiesigen Institute meine
Pflege empfangen; so erlaube ich mir dies zu verneinen:
ich trat als ein erster Darsteller hier ein; unermtldlicher
Eifer; mein Streben; mein Beispiel hat fördernd gewirkt;
und den Ruhm; den ich dem Auslande verdankte; brachte
ich stets erneut und freudig der Dresdner Bühne xa-
rück.' Ich bin wahrlich weit entfernt von der Eitel-
keit (?); der öffentlichen Stimme zu glauben; die mich
als ersten Schauspieler der Gegenwart bezeichnet; doch
das Mass habe ich nicht verdient; nach welchem ich mich
hier gemessen iinde/^ Die Verhandlungen zogen sich
nun bis in den Monat April hiU; in welchem endlich vor-
geschlagen wurde ; dass Devrient ausser den früher ge-
nannten Bedingungen 6 Monate Urlaub erhalten; in den
andern 6 Monaten aber je 10 Mal auftreten solle. Devrient
*) Dement wurde nämlich von der fixen Idee beherrscht, in
Dresden nicht anerkannt worden zu sein, sondern seinen Ruf meist
auf Gastspielen erlangt zu haben, während er diese doch nur darch
den Ruf erlangte, den er sich erst in Dresden erworben hatte.
— 569 —
replicirte, daas sich das schon deshalb nicht empfehle^
wdl ihm dann die Bestimmung der Rollen überlassen
bleiben mfisste; denn unmöglich werde man unter diesen
Umständen neue Rollen von ihm verlangen können. Eine
solche Abhängigkeit des Repertoires von einem Einzelnen
könne aber unmöglich zum Gredeihen des Instituts ge-
reichen : eine Wahrheit^ die so wenig ernst gemeint war,
dass Deyrient nur kurze Zeit später die ihr wider-
sprechendsten Forderungen stellt. Lüttichau wendet
dagegen ein^ dass eben deshalb die Bestimmung der
Rollen von der Direction ausgehen mtLsse, wobei billige
Wünsche Devrient's wohl Berücksichtigung finden könnten.
Auf dieser Grundlage kam dann der neue Vertrag end-
lich wirklich zu Stande.
Lüttichau^ welcher auf diese Weise trotz aller bin-
denden Verträge seinen ersten Schauspieler auf 6 Monate,
seinen zweiten (Eduard Deyrient) aber kurze Zeit später
völlig verlor, musste nun allerdings an einen Ersatz, an
ein neues Anziehungsmittel für sein Theater denken.
Können wir uns verwundem, dass er, der bisher Contracte
für ^unantastbar^ gehalten hatte, während man gegen
ihn sich jeder Verbindlichkeit glaubte entschlagen zu
dürfen, endlich auch selbst kein unlösbares Hindemiss
mehr darin sah, wo es sich um den Besitz eines Talentes
wie Dawison handelte?
Eduard Devrient schied Mitte October unter Beweisen
der allgemeinsten Theilnahme und Anerkennung von der
Dresdner Bühne. Er trat am 14. October zum letzten Mal
in der Rolle des Nathan auf. Schon am 1. Febr. 1852 war
eine neue Regie- Instruction erschienen, nach welcher ein
Regisseur für Büreaugeschäfte und Stellvertretung in Ditt-
marschy ein besonderer Regisseur iür das Schauspiel in
Winger, ein dritter für Posse und Lustspiel in Quanter er-
nannt worden war. Die eingereichten neuen Stücke sollten
nach ihr zuerst der Secrctär, dann nach der Gattung der
betreffende Regisseur, endlich aber auch noch die beiden
anderen RegiBseare darcUesen, worauf dano in gemeio
gamer Session unter Vorsitz des Generaldireetors, der sich
ein unbedingtes Annahmeretht vorbehielt, Vortrag darüber
zu erstatten und zuletzt nach Stimmenmehrheit zn ent-
Bclieiden war. Erst im Februar 1854 aber wurde über die
inzwischen zum Abacbluss gekommenen Verhandlangen mit
Dawison von Luttichau Vortrag an Se. Majestät erstattet
„Bei dem wiederholt stattgel'undenen Gastspiele des
K. K. HofaeUauspielers Dawison in Wien im Jahre liö2
hatte sich derselbe so selir durch sein grosses Talent
ausgezeichnet, dass der Wunsch entstehen musste, ihn für
ein hiesiges Engagement zu gewinnen. Ich blieb daber
seitdem mit ihm fortwährend in Verbindung, und diese
führte im vergangenen Jahr zu dem von ihm selbst aa»*
gegangenen Anerbieten, sein bisheriges Engagement dnrth
loyale Enthebung von seinen bislierigen Verbindhchkeiieo
zu verlassen. Nachdem nun nach meiner desfallsigtii
Eröffnung dieses Anerhietens bei dem Ministerio d«
Königl. Hauses mir von diesem die Anknüpfung weiterer
Unterhandlungen verstattet wurde, so biu ich endlich i)
Monat September v. J. über folgende Bedingungea i
' ihm Uberein gekommen."
Sie bestanden in 3000 Thlr. Gelialt, 1000 Thlr, 1
nefiz, 3 Älonate Urlaub und 600 Thlr. Pension. Die .(
Stellung eiiUte auf den 1. April 1854 lauten. — Durch Kfinig!
Rescript wurden diese Bedingungen angenommen, nnrdus
Dawison'a Antritt auf den 1. Mai 1854 verlegt wurde.
Bognmil Dawison, d. 15. Mai 1818 in Warschau ge-
boren, war der Sohn armer Eltern, die ihn nur nolhdOrltig
ersiehen konnten, so dass er sich schon von seinem 13-
Jahr an sein Brod selbst verdienen musste. Als Schrdber
in der Redaction der Warschauer Gazeta lernte er sowohl
die deutsche, wie die französische Sprache. Später trat
er als Theatcrrecensent auf, bildete sich dann unter dem
Schanspieler Kudlicz fllr die Buhne aus, dcbUrirte 1837
mit Reitall, spielte in Wllna und Warschau in polnischet
— 571 —
Sprache, bis er endlich an der Lemberger Bühne ein
danernderes Engagement fand. Hier weckten die Gast-
spiele von Löwe und Mad.Rettich den in ihm schlammernden
dramatischen Genius, und er entschloss sich, deutscher
Schauspieler zu werden. Im Jahre 1846 trat er beherzt
die neue schwierige Laufbahn an. In Hamburg, am
Thaliatheater, gelang es ihm, die Aufmerksamkeit in
stärkerem Grade auf sich zu ziehen. Sein Ruf verbrei-
tete sich in dem Masse, dass er schon 1849 eine Beru-
fung an das Burgtheater in Wien erhielt, von wo er nun
eben nach Dresden kam. Hier wurde vielleicht seine
Bedeutung zum ersten Male in ihrem ganzen Umfange
nicht nur erkannt, sondern auch anerkannt.
Dawison stand, als er nach Dresden kam, auf der
vollen Höhe, ich will nicht sagen seines Talents, das
sich nach einzelnen Richtungen hin wohl noch weiter
entwickelte, wohl aber seines künstlerischen Berufs.
Er fasste damals vorzugsweise nur grosse, wahrhaft be-
deutende Aufgaben ins Auge und hat unstreitig das
Verdienst, das classische Repertoire des Theaters bedeu-
tend gehoben und erweitert zu haben. Er fasste aber
auch diese Aufgaben selbst noch in einem grossen, d. i.
auf das Ganze gerichteten Sinne auf Das, was er da-
mals als Franz Moor, Carlos (Clavigo), Richard IIL,
Mephistopheles, Marinelli, Michonet leistete, ist von ihm
nur in einzelnen Rollen, wie Narciss, Bonjonr, Hans Jttrge,
Thorane^ erreicht, doch nicht übertroffen worden.
Trotz der genialen Begabung dieses Künstlers war
nicht nur er ein gefährlicher Gewinn für die Dresdner
Bühne, sondern er fand auch für sich selbst hier einen
gefährlichen Boden. Seinem Talent stand hier nicht
das entsprechende Gegengewicht gegenüber, welches
noth wendig schien, um seine leicht übergreifende Natur
in die durch die Totalität eines Kunstwerks geforderten
Grenzen zu bannen. Der Einzige, welcher hierzu fähig ge-
wesen sein würde — Emil Devrient, — zog sich nach weni-
— 572 —
gen Wochen schon grollend von allen Stttcken zorttck, in
denen Dawison wirkte. Doch anch von den meisten der
Anderen wurde er bald mit Eifersucht angesehen — nicht
nur wegen des Beifalls^ den er fast ganz allein an sich
zu rcissen drohte, nicht nur weil er die besten Rollen
fast aller Fächer sich aneignete, ' sondern auch weil er
durch seine Spielweise die ihrige überhaupt in Frage
stellte : zwei völlig verschiedene , Eunstprincipe stiessen
hier aufeinander. Schon am 16. Juli 1854 brach ge-
legentlich einer Probe zu Hamlet eine Differenz zwischen
Winger und Dawison aus, die bei der Heftigkeit des
Letzteren zu Weiterungen jftthrte. Sie hatte wesentUch
ihren Grund in der Verschiedenheit der einander ent-
gegenstehenden Eunstprincipe. Dawison hatte im Wider-
spruch zur Regie die nochmalige Wiederholung einer Stelle
gefordert, die schon mehrere Male probirt worden war.
^Es geht nicht — es geht nicht — und ist schlaffi" hatte
er immer wieder gerufen, während Winger das Gegen-
theil behauptete. — Gewiss, wenn es Dawison nicht
gelang, die Uebrigen zu seiner auf den energischen und
individualisirenden Ausdruck des Leidenschaftlichen ge-
richteten Spiel weise mit sich fortzureissen, so lief er
selbst Gefahr, aus dem Ensemble in einer Weise heraus-
zutreten, die entweder als Störung desselben betrachtet
werden oder ganz und für sich nur allein zur Anerken-
nung gelangen musste.
* Karl Sontag erzählt davon folgende Anekdote: Es war bei
einem Dioer bei Dawison von einer RoUe die Rede, die Sontag in
Töpfer's „Carl XII. auf der Heimkehr'* spielen sollte. ,,Den spiele
ich !** rief Dawison von der anderen Ecke und erledigte die Frage.
Zufällig kam dann das Gespräch auf Correggio; ich erzählte von
Lowe's Declamation. „Wenn das Stück noch geht, würde ich die
Rolle spielen", rieth Dawison's Frau. «Aber Wanda, Du weisst,
dass ich schon lange mit der Idee umgehe, Correggio meinem Gas(-
repertoire einzuverleiben." — „Er spielt alle diese Rollen nie!"
flüsterte sie mir zu. So war es. Er hat keine von allen gespielt,
al>6r er sass förmlich auf allen und verthoidigte sie. „Ich habe,
sprach der Rabe, damit ich's habe!"
- 573 —
Die blosse Thatsache, dass ein neuer Darsteller so-
fort in dieselbe Stellung eintreten konnte, die er sich
selbst erst nach 23jährigen Mtlhen erkämpft hatte^ würde
allein schon hingereicht haben ^ Devrient unerträglich
zu erscheinen; nun aber kam noch der Beifall^ welchen
man Dawison spendete^ das anmassendc; herausfordernde
Auftreten desselben, die Eingriffe, welche sich dieser in das
ihm zustehende Rollenfach erlaubte, hinzu, um den Bruch
zwischen ihnen zu einem unheilbaren zu machen. Eine
Neubesetzung des Julius Caesar scheint die erste Ver-
anlassung zu einem offenen Zerwürfniss gegeben zu haben.
Devrient, welcher im Besitz der Roll e des Antonius war,
sollte nun plötzlich den Brutus spielen, der wohl kaum
flir ihn passte. Er schreibt am 20. Juli 1854 darüber
an Winger aus München, wo er sich eben zu den be-
kannten Gesammtgastspielen befand:
«Auf Ihre gef&llige Zuschrift erwidere ich, dass meine Be-
schäftigung in Julius Caesar sich erst nach der übrigen Besetzung
richten kann. Der Antonius war mir bisher zugetheilt, doch habe
ich ihn auch nicht so studirt und würde natürlich bis Ende Septem-
ber keine Rolle in dem Stück liefern können, da ich erst am
16. Sept. nach Dresden zurückkehre und jede Thätigkeit für die dortige
Bühne erst dann einträte, da ich bis dahin vollauf beschäftigt bin.
Daher würde es wohl das Beste sein, ich bliebe in dem Stücke frei,
denn der Brutus ist eine Bolle, zu der ich schon des Umfangs halber
eine sehr grosse Zeit nöthig habe ; ich werde deren künftig bei jeder
neuen Rolle bedürfen, indem meine Zeit der Aufopferungen vorüber
ist und jetzt einmal andere Kräfte erst so viel leisten mögen, als
ich 23 Jahre dort leistete.
„Unsere Gesanunt-Gastspiel-Yorstellungen sind mit einem Glanz
ins Leben getreten, der die kühnsten Erwartungen übertraf: der
Antheil ist so enorm, dass heut in der 6. Vorstellung noch Tausende
keine Plätze finden können in dem ungeheuren Hause. Der Enthu-
siasmus des versammelten deutschen Publicum s ist so gross, dass
auch die untergeordnetste Beschäftigung in den Vorstellungen ihre
Rechnung findet; so habe ich z. B. noch keine grosse Rolle gespielt,
and jeder Abend bringt uns gleich grosse Erfolge."
LUttichau schreibt hierauf am 26. Jnli an Devrient von
Töplitz :
„Sie werden nicht erwarten, werther llerr Devrient, dass ich
- 574 —
Dmen von hier aus sclireibe, wo ich getrennt von meinen Geschiften
bloss meiner Gesundheit und Cur lebe. Die YeranUssong disn gieU
mir aber die ablehnende Antwort, welche Sie am 20. d. Hern Re-
gisseur Winger auf seine im Auftrag meiner Ihnen gescheheneo
Mittheilung gegeben, wie ich nämlich wünsche, dass Sie in Julius Caesar
die Rolle des Brutus nach Ihrer ZurQckkunft übernehmen m6chteo,
worauf Herr Hofrath Winkler mir berichtet, dass Sie wegen Um-
fang der Bolle eine sehr grosse Zeit zu Erlernung derselben bedärften,
die Sie aber auch künftig zu jeder neuen Bolle bedürfen würden, di
die Zeit Ihrer Aufopferung vorüber und jetzt einmal andere Er&fte ent
soviel leisten möchten, als Sie 23 Jahre geleistet Diese Aeusserong
kann doch nur Scherz sein, da es Ihnen ja vielmehr Freude machen
muss, dem E. Institute, für das Sie eben 23 Jahre lang so ehren-
voll gewirkt, jetzt, wo durch Dawison und die Wilhelmi nebst den
übrigen tüchtigen Kr&ften gerade die höchste Stufe erreicht wiri
durch Ihre th&tige Mitwirkung zu nützen, und müssen Sie doch selbst
gesteheu, dass nur die Stücke, worin Sie besch&ftigt sind, den grössten
Genuss für den AllerL Hof und das Publicum gewähren, und diss
es also mein Wunscb sein muss, Sie mit den Beiden, dem Dawison
und der Wilhelmi, als unsren besten Kräften, die kein andres Theater
in Deutschland besitzt, in den grosseren Stücken beschäftigt zu sehen.
Ich habe das Vertrauen zu Ihnen, dass Sie diesem meinem Wunsche,
der nur das Beste der Königl. Anstalt bezweckt, gern entgegen-
kommen werden.**
Devrient erwidert hierauf unter dem 30. Juli:
„Obwohl ich von überfluthenden Geschäften in Anspruch ge-
nommen bin, so beeile ich mich doch, £. £. geehrtes Schreiben
vom 26. d. sogleich zu beantworten. Meine Mittheilung an Herrn
Winger war zwar nicht wörtlich geschäftlich für die Intendanz ge
meint, doch entspricht sie vollständig meinen Ansichten und ist am
allerwenigsten ein Scherz!
„Wenn ich im 10. Jahre meiner Laufbahn nach Dresden kommend
dort nun im 24. Jahre meines Berufs mit Aufopferung arbeite, so
ist es wohl, da Alles seine Zeit hat, kein Scherz, sondern eine
natürliche Folge, dass ich meine Studien nur mit Auswahl and
in bedingter Zeit unternehmen kann, und dass ich die Aufopfe-
rungen für das Institut jetzt neuen Kräften überlassen muss. Sollte
£. E. eine solche Stellung am Dresdner Theater für ungeeignet
halten, so bitte ich um Pensionirung, denn es ist Ihnen gewiss er-
innerlich, dass ich schon vor 2 Jaliren aus gleichen Gründen um
meine völlige Entlassung nachgesucht habe. — Was die gesch&ft-
liehen Besprechungen des Repertoire betrifft, so muss ich gestehen,
dass ich hier sowohl, wie auch in nächster Zeit in Breslau, zu sehr
— 575 —
in Ansprach genommen bin, um diese Erwägungen und Erörterungen
Tor meinem Eintritt in den Dienst — 16. Sept. — genügend beant-
worten zu können ; doch muss ich in Betreff des Julius Caesar be-
merken, dass die Rolle des Antonius in meinem Besitz ist und, wenn
auch Herr Dawison zu derselben jetzt Verlangen trägt, ich sie ihm,
wie jede meiner Rollen, gern überlassen werde, aber keine andere
Rolle in dem Stück übernehme."
Man wird hier wohl za beachten haben^ dass Devrient
auf dem von ihm beschrittenen Wege wirklich in eine
Üble Lage gerathen war. Er hatte Versuche gemacht,
sich in ein anderes Fach hineinzuarbeiten, um sein Reper-
toire zu vergrössern ; dieselben waren aber eben so wenig
ermuthigend ausgefallen, wie die Aufnahme verschiedener
neuer Rollen seines eigenen Faches in Stücken, die wie
die Maccabäer von Otto Ludwig eine individualisirende
Durchbildung der Charakteristik verlangten. Die Klug-
heit rieth ihm, bei der veränderten Richtung des Zeitge-
schmacks sich auf diejenigen Rollen einzuschränken, über
welche dasUrtheil bereits in einem ihm günstigen Sinne
entschieden hatte, und nun fing Dawison an, ihm selbst
noch diese streitig zu machen. Gewiss, er hatte die
General-Direction durch seine nie zu befriedigenden An-
massungen endlich dahin gebracht, ihm in diesem Dar-
steller ein wirksames Gegengewicht zu bieten. Es wurde
ihm hierdurch nur heimgezahlt, was er selbst so oft aus-
gespielt hatte. Die sich hieraus am Dresdner Hoftheater
herausbildenden Zustände wurden aber darum nicht weni-
ger verhängnissvoll für dessen weitere Entwicklung, und
doch gab sich Lüttichau gerade jetzt dem Traum' eines
ganz neuen Aufschwungs, einer ganz neuen Aera des-
selben hin. Ich theile dafür als Beleg noch folgenden
Brief desselben an Devrient mit.
„Dresden, am 4. Aug. 18'>4.
Werther Herr De>Tient. Von Töplitz zurückgekommen,
trifft mich Ihr Schreiben vom 30. vor. Monats hier, und
es freut mich, mit Ihren Schriflzügen, die mir immer
— 576 —
sehr werth sind^ hier zuerst begrttSBt zu werden. Wenn
auch der Inhalt Ihres Briefes zum Theil meinen Wünschen
nicht ganz entspricht^ so baue ich auf Ihre mir stets
bewiesene freundliche Gesinnung; dass Sie mein ohnedies
schwieriges und undankbares Geschäft durch Ihre thätige
Mitwirkung mir lieber erleichtern als erschweren wollen
und mir die Freude nicht versagen, durch Ihre Mithülfe
unser schönes Institut zu dem ersten Deutschlands empor-
blühen zu sehen, was nur zu erreichen, wenn Sie das
Interesse an demselben nicht erkalten lassen, sondern
mit Lust und Theilnahme nach der langjährigen Thätig-
keit zu unserer aller Lust und Ehre noch femer die eiste
Stütze bleiben. Gern will ich mit Ihnen mich berathen
über Alles, was Sie in Bezug auf Ihre Beschäftignn;
betriflft, da Sie ja überzeugt sein können, welchen Werth
Ihre Zufriedenheit für mich hat."
Die schriftlichen Verhandlungen über diesen Gegen-
stand brechen hier ab. Es ist aber kein Zweifel, dass
sie mündlich fortgesetzt wurden. In einer Eingabe vom
26. April 1856 reicht Devrient ein neues Pensionimngs-
gesuch ein, welches die Enthebung vom Dienst als Haupt-
sache bezeichnet. Auch dieses wurde wieder in höflichster
Weise abgelehnt. Devrient antwortet hierauf unter An-
derem:
„Am Schlüsse Ihrer geehrten Zuschrift sagen Ew. Ex-
cellenz, ich bilde den Glanzpunkt der K. Anstalt und
könne' schon um deswillen nicht die Befreiung von meinen
Verpflichtungen erhalten. Wenn dies nun schon an und
für sich ein trauriger Fluch erhöhter Künstlerschaft wäre,
so schien doch diese Ansicht in den letzten Jahren keines-
wegs vorzuhcrrschen, denn ich wurde in diesem Zeitranm
nicht nur wenig beschäftigt, sondern hatte auch Zurück-
setzungen und auffallende Eingriffe in meine künstlerische
Stellung durch einen Künstler zu erleiden, dem man den
Vorrang zuerkannte, wie er ihn auch darin besitzt, dass
er nach einem kurzen Zeitraum von Jahren mit seiner
— 577 —
Pension abtreten kann^ während ich nach 25 Jahren ohne
Rücksicht zum Dienst gezwungen werde.^
Mündlich gab Emil Devrient später, nach einem Pro-
tokoll vom 11. Juli 1856^ als Hauptmotiv seines begehrten
Austritts nächst seiner geschwächten Gesundheit die
Bevorzugung Dawison's, „dessen brutales Verhalten gegen
ihn^ an^ sowie „den seit Autritt desselben auf der Bühne
bei Proben und Vorstellungen um sich greifenden Ton
der Unterhaltung".
Devrient scheint schon um diese Zeit grundsätzlich
nicht mehr mit Dawison aufgetreten zu sein, da es in
einer Zuschrift vom 3. August 1856 heisst: „Meiner
gestern gegebenen Bereitwilligkeit, in einer von Sr. Ma-
jestät verlangten Tasso- Vorstellung aufzutreten, muss ich
nach reiflicher Ueberlegung die Bedingung anknüpfen,
dass auf dem Theaterzettel: „Auf höchstes Verlangen"
oder „auf Allerhöchsten Befehl" bemerkt werde, indem
bei den schwebenden Verhältnissen meiner Stellung zum
Dresdner Theater und deutschen Publicum dies als ein-
tige Erläuterung meines Auftretens nothwendig ist." ' Die
Verhandlungen selbst waren endlich gegen Ausgang des
Jahres zu folgendem Abschluss gekommen: Devrient
erhielt seine Pensionirung unter der ausdrücklichen Be-
dingung, kein Engagement an einer andern Bühne ein-
gehen zu dürfin, dagegen sich contractlich zur Darstel-
lung von 24—30 Rollen in 3 — 4 Monaten zu verpflichten,
deren Wahl und Anordnung der General -üirection vor-
behalten war, wobei billige Wünsche Devricnt's aber
Berücksichtigung finden sollten. Um dem Zusammenhang
Devrient's mit dem Königl. Theater einen äusseren Aus-
druck zu geben, wurde ihm der Titel eines Ehren-
mitgliedes desselben verliehen, wie er denn auch nur in
dem Falle dieses eontractlichc Verhältniss aufkündigen
* Diese Vorstellung fand damals nicht statt, sondern erst am
tO. Jan. 1S57, dann aber ohne die yon DeTrient auf dem Theater-
iett«l verlangte Bemerkang.
37
— 578 —
durfte, wenn er zugleich gänzlich von der Wirksamkeit
an der deutschen Bühne zurücktrat.
Nach yierjährigem Kampfe hatte Emil Devrient end-
lich die Ausnahmestellung am Dresdner Hoftheater e^
reicht; welche ihm, wie er sie ansah, die ersehnte
Unabhängigkeit gab und ihn über den ihm verhassten
Nebenbuhler Dawison stellte. Aus der Empfindung dieses
errungenen Siegs schrieb er damals an Lüttichau:
„Wenn ich im Laufe der Jahre schon öfter Gelegen-
heit hatte, Ihnen die Gewährung mancher Anliegen an
höchster Stelle zu verdanken, so empfinde ich jetzt ein
erhöhtes Dankgefühl, da es wohl den letzten wichtigen
Schritt betraf, den ich im Leben noch gehen werde.
Scheint es nun auch, als ob meine neue Yerpflichtong
mich nur wenig Monate unter Ihre Fürsorge, als Chef
des Eönigl. Instituts, stellt, so vnrd es mich doch glücklich
machen, wenn Sie mir gestatten, mich immer als Ihnen
zugehörig zu betrachten und Sie mir das 25jährige Wohl-
wollen auch ferner bewahren."
Mit diesem Siege hatte Devrient aber freilich dem
Einflüsse seines Gegners das Dresdner Hoftheater so gnt
wie ganz überliefert. Es ist zwar nicht zu bezweifek,
dass auch er früher schon einen grossen Einfluss auf die
Besetzung der Rollenfächer und Stücke, sowie auf die
Annahme der letzteren ausgeübt hat, obwohl sich in den
Acten kaum Spuren davon auffinden lassen; doch ist
ihm Dawison hierin gewiss nicht nur weit überlegen
gewesen, sondern es lässt sich bei ihm dieser Einflnss
auch aus einer Menge von Briefen thatsächlich nach-
weisen. Er übte denselben freilich auf eine Weise an«,
welche Lüttichau kaum fühlbar wurde. Ich gebe als
Beleg dafür folgendes kleine Billet Dawison's an Lüt-
tichau vom 29. Juli 1858: 9,Ew. Excellenz habe ich
hiermit die Ehre, Frau v. Bu^owsky vorzuführen, erste
Tragödin des ungarischen Nationaltheaters, eine Frau
ebenso ausgezeichnet durch Schönheit, wie durch Geist
— 579 —
und Talent Frau y. B. hat die Idee^ sich der deutschen
Bühne zu widmen^ und reist nach Berlin^ um sich dort
in der deutschen Sprache zu yeryollkommnen. Sollte die
schöne Frau ihr Vorhaben ausfahren; so wäre der
deutschen Bühne Glück zu diesem Gewinn zu wtlnschen.
Ich habe nie eine süssere Julia^ eine ergreifendere
Adrienne Lecouvreur gesehen.*^ In der That wurde Frau
T. Buljowsky für das folgende Jahr engagirt, scheint
sich aber nicht ganz in dem Masse bewährt zu haben,
wie diese Anpreisung erwarten liess, obwohl sie wirklich
eine sehr distinguirte Bühnenerscheinung war und sich
in ihrem Spiele ebenso geist- wie temperamentvoll zeigte.
Doch würde es Dawison mit derselben Leichtigkeit hin-
genommen haben ; wenn seine Empfehlung nicht be-
rücksichtigt worden wäre. Beruhte sein Einfluss auf
Lttttichau doch wesentlich darauf, dass er in jedem Falle,
wo dieser sich nicht nach seinem Wunsche entschied,
dies ohne Empfindlichkeit hinnahm. Lüttichau legte ein
grosses, ja ein zu grosses Gewicht auf Dawison's Urtheil ;
wo er davon aber abwich, erreichte dieser auch nichts.
So schlug er als Regisseur einmal eindringlich vor,
zwei der jüngeren Darsteller in den Liebhaberrollen
altemiren zu lassen. Unmittelbar darauf erhielt er aber
ein Schreiben Lüttichau s, in welchem dieser den Vor-
schlag auf das Bestimmteste abwies, weil das Alterniren
Rivalität und Parteiung erzeuge. Die Behauptung, dass
es Lüttichau an Entschluss und Energie gefehlt habe, ist
überhaupt eine irrthümliche. Wie dieser fast alle Ote-
Schäfte selbst und sofort erledigte, fast alle Entscheidungen
selbst traf, fast alle Vorträge mit eigener Hand entwarf,
die Beantwortung fast aller Briefe unmittelbar nach
Empfang derselben mit eigener Hand niederschrieb, so
ist es auch wohl nur selten vorgekommen, dass irgend
eine Beschwerde, irgend ein ihm berichteter Verstoss
gegen die Diseiplin und die Theatergesetze von ihm un-
gerügt geblieben wäre. Allerdings aber mögen nicht
37*
— 580 —
alle Fälle dieser Art ihm zur Anzeige gebracht worden
sein. Wenn es aber geschah^ suchte er dem Gesetze
sein Recht auch zu schaffen. Den meisten Anlass gaben,
nach den Acten des Theaterarchivs^ Räder und Dawison.
Ersterer durch seine Extempore's, letzterer durch seine
masslose Heftigkeit, die kurz nach einander zu Zerwürf-
nissen mit Winger, Gerstorf er, Dittmarsch führte. Trote
seiner bevorzugten Stellung schonte ihn Lüttichau nicht
Ein Beispiel mag hier für verschiedene gelten. Dawison
hatte in einer Probe, in welcher nach seiner Meinung
Jauner nicht Alles so machte, wie er es wünschte, ge-
sagt : ^dass Herr Jauner für ihn nicht existire^ und diesem
die Worte zugedonnert: „Vergessen Sie nicht, mein Herr,
dass ich im Stande bin, Sie zu ecrasiren!^
Lüttichau berief noch denselben Morgen, an dem er
die Beschwerde darüber empfing, sowohl Dawison, wie
Jauner zu einer Conferenz mit den übrigen Regisseuren. —
Nachdem er Dawison wegen der vorzüglichen Insce-
iiirung des betreffenden Stücks belobt, sprach er seinen
entschiedenen Tadel über den Vorgang mit Janner aus
und fügte nach dem darüber aufgenommenen Protokolle
hinzu: „Obwohl ich sehr den Werth zu schätzen weiss,
Stücke von Ihnen so vortrefflich in Scene gesetzt zu
sehen, würde ich doch eher darauf verzichten, als die
Mitglieder Ihrer Willkür und nicht angemessenen Be-
handlung ferner ausgesetzt zu wissen, da nur Unfriede,
Hass und Zwietracht dadurch erzeugt, Ruhe, Sicherheit,
Ordnung gefährdet wird. Dem früheren Regisseur Pauli,
der Ihnen in seinen Leistungen mindestens ebenbürtig*
durch Herrn Quanter nicht ersetzt ist, habe ich dreimal
die Regie genommen, weil er nicht gegen die Mitglieder —
was er sich nicht erlaubte — aber gegen das Hülfspersonal
zu despotisch hart verfuhr.'^ Da nun solche Zustände,
wie Lüttichau weiterhin sagt, nicht femer zu dulden^
so verlange er deren Abstellung und im vorliegenden
Falle, dass er Herrn Jauner hier sein Bedauern über dis
— 581 —
Vorgefallene ausdrucke und ihm die Hand zur Versöh-
Dung reiche; worauf Dawison auch wirklich erklärte^
dass es ihm leid sei; sich übereilt zu haben^ er jedoch
in keiner Weise Jauner habe beleidigen wollen. Jauner
setzte jedoch noch zur Bedingung^ dass Dawison ihm in
der nächsten Probe vor den übrigen Darstellern die Hand
bieten solle, was dieser ihm ebenfalls zusicherte. Nicht
minder bemerkenswerth ist in dieser Beziehung ein
Sehreiben Lüttichau's an Dawison vom 11. Jan. 1860.
,,Die Bemerkung, Herr Dawison (sie war in einem
an Hofrath Pabst gerichteten Briefe des letzteren ent-
halten), dass ich noch öfters Gelegenheit haben wtlrde,
zu bedauern, bittende Briefe (an Mitglieder) geschrieben
zu haben, wo ich einfach yerlangen könnte, kann ich
nicht ungerügt lassen, da, wer mich näher kennt, recht
gut weiss, dass ich nicht gewohnt bin, zu bitten, wo ich
nur zu befehlen habe, und das Princip, das ich während
meiner 35jährigen Verwaltung stets beobachtet, die mir
Untergebenen nicht als Sklaven, sondern als Menschen
zu behandeln, dürfte doch wohl angemessener sein, als
mit dem Corporalstock zu dirigiren. Wo man aber mit
Güte den Zweck nicht erreicht, muss Strenge eintreten,
und an der hat es bei mir, wo es nöthig, nie gefehlt.
Ich gestehe allerdings, dass ich zu nachsichtig gegen
Sie gewesen, daher mag Sie dies zu der falschen An-
sicht veranlasst haben. Ich mache mir deshalb jedoch
keinen Vorwurf, da es in der guten Absicht geschehen,
Ihren Wünschen stets thunlichst zu entsprechen, wovon
Sie die Beweise vielfach haben."
Allerdings pflegte Lüttichau, wo es nach seiner
Meinung das Interesse des Instituts zu fordern schien,
über persönliche Kränkungen hinwegzusehen und seine
Empfindlichkeit za unterdrücken. Ich habe schon früher
Gelegenheit gehabt, hierauf bei seinen Händeln mit
Devrient hinzuweisen. Auch Räder, den er sehr hoch
schätzte, sah er darin Vieles nach. Zuweilen war er
— 582 —
aber anch nur zu Yornehm; um Empfindlichkeit blicken
zu lassen.
Am 8. Januar 1858 kam Winger, wahrscbeinlich um
den Uebergriffen Dawison's in die Regie zu begegnen^
um eine neue Regie -Instruction und um eine Erhöhung
seines Regisseurgehalts ein. Die Verhandlangen darüber
führten aber zum Rücktritt desselben yon diesem Posten,
den nun Dawison selbst übernahm^ während an des
bereits 1855 von der Regie zurückgetretenen Quanter
Stelle am 1. Februar d. J. der Schauspieler Gerstorfer
trat. Es scheint, dass die Animosität zwischen Dawison
und Devrient in dieser Zeit noch gewachsen war. In einem
Billet Dawison's vom 21. Juli 1858 heisst es z. B. : ^Herr
Emil Devrient, Ehrenmitglied unserer Bühne, hat nnn
wiederum seit vorigem Jahre zum 5. Male die Darstellnn^
des Fiesco zurückgewiesen. Als Schauspieler könnte ich
mich freuen, dies sprechende Zugeständniss eines be-
rühmten Mitschauspielers erlangt zu haben, der sich
offenbar vor einer ebenbürtigen Kraft fürchtet; als an-
ständiger Mensch aber t^hle ich mich von solchem
Mangel an aller Lebensart ernstlich verletzt. So ungern
ich nun meiner Direction, die ohnedies genug zu sorgen
hat, Schwierigkeiten in den Weg lege, so sehe ich mich
doch veranlasst zu erklären, dass ich, so lange Heir
Devrient bei uns als Gast weilt, nicht eher etwas Anderes
als den Mohren im Fiesco spiele." — Ich weiss nicht, anf
welche Weise es Lüttichau gelungen, Deviient hierzu zu
bestimmen. Gewiss aber ist, dass bereits am 27. des-
selben Monats Fiesco mit Dawison und Devrient in
Scene ging.
Im Jahre 1859 war die Gereiztheit Devrient's wieder
so gross, dass eine Rüge, die Lüttichau gelegentlich ebes
seiner Uebergriffe aussprach, einen neuen Sturm heranf-
beschwor. Er verlangte jetzt nichts Geringeres, als von
der Abhängigkeit der Generaldirection völlig entbunden
zu werden und sein Yerhältniss als ein ganz freies
— 583 —
anerkannt zu sehen, in dem es ihm zustehe, die Stttcke
und Rollen ; die er zn spielen gedenke ; selbst zu be-
stimmen. Noch einmal nahm Lüttichau den Kampf mit
diesem Darsteller auf; der ihm^ wie keiner, sein Amt
erschwert nnd verleidet hatte nnd an dessen Talent er
doch wie durch einen Zauber gebannt blieb. Dies Mal
wurde aber auch seine* Geduld fast erschöpft
^Da nun — heisst es in einem Vortrage vom 11. Juni
1859 — Devrient's scheinbar nie zu befnedigenden An-
forderungen endlich einmal ein Ziel zu setzen sein dürfte,
wenn nicht aus stets neuer Nachgiebigkeit gegen dieselben
Gefahr fürs Ganze entstehen soll, so habe ich^ um so mehr
als während des ganzen verwichenen Jahres mit Devrient^
der bei seinem alten Repertoire beharren zu wollen
scheint^ geringere Einnahmen erzielt worden, als ohne
denselben, und die Zeit seiner Anwesenheit, wenn sie nicht
in die daftlr günstigen Monate fällt, sogar als ein Hemm-
niss für den Gesammtfortschritt des Repertoires zu be-
trachten ist, dem Allerhöchsten Ermessen anheim zu
geben, ob Devrient's unberechtigtem Wunsch nach hin-
reichender Unabhängigkeit eines Gastes mit Beseitigung
des derzeit bestehenden Gontractes willfahrdet oder, was
jedenfalls räthlicher und zweckmässiger ist, auf diesen
letzteren auch femer verwiesen werden soll, dessen Er-
ftlllung er nur durch seinen gänzlichen Rücktritt von der
deutschen Bühne vermeiden kann.^
Der Streit, von Devrient wieder mit der ihm eigenen
Zähigkeit geführt, dauerte ziemlich lang, ohne doch den
von ihm erhofften Erfolg, wohl aber noch einige neue
Vortheile zu erbringen.
Am 7. Juli 1860 kam Dawison, wiederkehrendes
Unwohlsein vorschützend, um die Enthebung von der
Regie ein, die ihm gewährt wurde. Seine Stelle ward
unter Lüttichau nicht wieder besetzt, so dass bis zu des
letzteren Abgange die Regie des Schauspiels in den Hän-
den von Dittmarsch und Gerstorfer, also zum ersten Male
~ 584 —
längere Zeit in angenügender Weise vertreten bliebe was
wohl ans der zanebmenden Kränklichkeit Lüttichan's zu
erklären ist. —
Die hier geschilderten Vorfälle vollzogen sich nar
zum kleineren Theile nnter der Regierung des am die
Entwicklung des Theaters so hochverdienten Königs
Friedrich August, welcher dem Lande ganz plötzlich am
9. Aug. 1854 entrissen wurde. Ihm folgte sein durch hohe
Bildung, staatsmännische Weisheit, milden Gerechtigkeits-
sinn und Liebe zu Wissenschaft und Künsten gleich aus-
gezeichneter Bruder Johann. Auch das Theater fand
unter ihm fortgesetzt dieselbe grossmüthige Unterstützung,
die ihm bisher zu Theil worden war.
Von den Veränderungen, welche innerhalb dieses
Zeitraums das Personal des Schauspiels noch trafen, muss
hier zunächst der Anstellung des Dr. Julius Pabst ab
Dramaturg (1. Jan. 1856) gedacht werden. Wenn sie
auch wesentlich auf dem Vertrauen beruhte, das sich
derselbe als Erzieher im Hause des Herrn von Lüttichau
erworben hatte, so fiel doch seine literarische Bildung,
seine Neigung zur Bühne und seine erprobte Fälligkeit
auf dramaturgischem Gebiete dabei ohne Zweifel mit ins
Gewicht. Julius Pabst, geb. 18. Oct. 1817 zu Wilhelms-
ruhe bei Eitorf, Sohn des Inspectors des Schullehrer-
Seminars und Directors der Gewerbschule in Erfurt,
Karl Leopold Pabst, empfing seine akademische Bildung
auf dem Erfurter Gymnasium, studirte von 1838 — 42
Theologie in Breslau und Halle, wirkte später als Er-
zieher, zuletzt im Hause des Herrn von Lüttichau, von
wo er 1852 sich nach Berlin wendete und seinen
literarischen Studien lebte. Schon als Gymnasiast be-
schäftigte er sich nebenbei mit poetischen Arbeiten, und
noch vor seiner Ankunft in Dresden, wo seine Neigung
zur Bühne die reichste Nahrung empfing, hatte er mehrere
dramatische Dichtungen geschrieben. 1851 kam eine
von ihm gedichtete, von seinem Bruder componirte Oper:
— 585 —
„Die letzten Tage Pompeji's" in Dresden zur Aufführung,
die eine ireundliebe Aufnahme fand, und am 1. Jan. 1852
wurde hier Shakespeare's „Antonius und Cleopatra" in
seiner Bearbeitung, mit freier Benutzung der Uebersetzung
des Grafen Baudissin, gegeben. Unmittelbar nach seiner
Anstellung am Dresdner Theater sollte er reiche Ge-
legenheit zur Ausübung seiner dramaturgischen Thätig-
keit finden. Der am 24. Sept. 1856 eintretende Tod des
greisen Theodor Winkler hatte aber auch noch seine
Ernennung zum Secretär des Theaters zur Folge. Seiner
verschiedenen poetischen Arbeiten, welche ihm 1859 die
Ernennung zum Hofrathe eintrugen, werde ich aber an
anderer Stelle noch zu gedenken haben.
Von den ttbrigon hierher gehörenden Erwerbungen
seien hervorgehoben die Engagements von Alexander
Liebe (1P50), Reese und Frau (1851), Emil Bürde (1853),
Elise Schönhoff (1855), Friedrich Dettmer (1856), Valesca
Guinand, Franz Jauuer, Pauline Ulrich (1858), Karl
Sontag (1859) und Frl. Janauscheck (1861).
Alexander Liebe trat in das Fach der ersten Lieb-
haber für diejenigen jugendlichen Rollen ein, die Emil
Devrient aufgegeben hatte. Er besass hierzu sehr an-
sprechende Mittel, und wenn er auch ohne besondere
Tiefe war, so sprach er doch durch eine gefUllige
Leichtigkeit und eine temperamentvolle Behandlung an,
die eines idealen Schwungs nicht entbehrten. Durch
Heese wurde, wie wir schon wissen, eine angenehme
Kraft für das Lustspiel zurückgewonnen, die sich be-
sonders im Zusammenspiel mit seiner Gattin Marie, geb.
Herbold, aufs Neue empfahl und bewährte. Leider
sollte diese vortreffliche Darstellerin, deren Engagement
sich das Dresdner Theater im Jahre 1846 hatte entgehen
lassen, demselben auch jetzt nur zu rasch wieder ent-
rissen werden. Sie starb 1853 in der Blüthe ihrer Jahre
und ihres Talents, das zwar nicht sehr umfassend war,
dem aber der Ton und Ausdruck ungekünstelter Natur-
— 586 —
liebkeit und anmntfaiger Schalkhaftigkeit ganz zn Gebote
stand. Eine ihrer vorzttglicbsten Lieistangen war Prinx
Lieschen in Heidrich's gleichnamigem Lustspiele.
In Emil Bttrde^ geb. in Berlin^ Sohn des Banraths
Bürde, war ein Stellvertreter fttr Emil Devrient, bei
dessen vielfacher Abwesenheit, gewonnen worden. Er ge-
hörte ursprünglich der idealistischen Sichtung an. Wie
fast alle jüngeren Darsteller in Dresden, wurde auch er
bald für die auf Naturwahrheit und charakteristische In-
dividualisirung dringende Darstellungsweise Dawison's ge-
wonnen. Er vermochte aber damals bei aller Begeisterung,
mit der er die neue Richtung ergriff, ein gewisses
Schwanken nicht ganz zu überwinden. Um so mehr
sollte es ihm bei seiner reichen Begabung und umfassen-
den Bildung gelingen, sich später durch Kritik und
praktische Lehre rühmlichst auf dem Grcbiete seiner Kunst
hervorzuthun , auf welchem er jetzt eine bedeutendere
Stellung einnimmt. — Friedrich Dettmer, dessen Vater
wir schon am Dresdner Theater zu begegnen hatten,
sollte sich erst in der nächsten Periode zu der Bedeutung
entwickeln, die er nun schon seit lange im Fache und
als Nachfolger Emil Devrient's behauptet, was schon
allein für seine grosse Begabung spricht. Eine ein-
gehendere Würdigung seiner Leistungen gehört mithin
nicht hierher. Valesca Guinand trat noch sehr jung
an Elise Seh ön ho ff's Stelle. Obschon sie deren frisches,
oft keckes Talent nicht ganz erreichte, errang sie sich
doch mit Recht eine grosse Beliebtheit. Wegen des
Engagements von Franz Jaun er, welcher 1858 an Liebe's
Stelle trat, wurden längere Verhandlungen geführt, wenn-
gleich er bei seinem Gastspiel gefallen hatte und ihm
werthvolle Empfehlungen zur Seite standen, weshalb ich
fast glaube, dass sich in Dresden ein feindlicher Einflnss
gegen ihn geltend machte, worauf das oben erwähnte
Zerwürfniss mit Dawison vielleicht ein Schlaglicht wirft.
Endlich brachte aber doch das folgende, auch sonst
— 587 —
interessante; an Lüttichau gerichtete Schreiben des Grafen
Moritz von Dietrichstein in Wien^ von welchem mehrere
Briefe in dieser Angelegenheit vorliegen, diese Frage zu
einer flir ihn günstigen Entscheidung.
,,Wien, den 2. April 1858.
Du nimmst noch Anstand, Jaoner za engagiren, nachdem er
in den zwei Lastspielen: „Am Glavier*' und ,,Rose und Röschen^'
Tielen Beifall gehabt hat, weil er noch nicht alle Deine Erwartungen
befriedigt, was er sollte, wenn er in Dresden auf ein erstes Rollen-
fach Anspruch machen will, mit dem (behalte von 2000 Thlr. (die er
doch bei dem bekanntlich guten Stadttheater in Hamburg hatte). —
Erlaube mir nur zu bemerken, dass Du nur zwei (nicht mehr junge)
erste Schauspieler in Emil Devrient und Dawison besitzest, weil
Liebe abgegangen ist Devrient ist zwar ein ausgezeichneter Künstler
für die Tragödie und das höhere Lustspiel Er war es und ist es
zum Theil noch, weil er durch Jugend - Schönheit und ein sonores
Organ seine gewohnten Zuhörer gewann und diese lange Erinnerung
noch Werth behielt, während er an anderen Orten bei allem Ver-
dienste für manierirt gilt; zudem ist er pensionirt, sechs Monate
j&hrlich abwesend und spielt sodann nach Gefallen gegen ein be-
deutendes Honorar. — Dawison, der jetzt Helden, Könige, Greise,
Liebhaber, komische KoUen spielt, auch mitunter singt, durfte durch
diese Mischung in nicht zu femer Zeit bei zunehmenden Jahren in
ein bestimmtes, nicht junges Fach einlenken und hierbei besser
fahren als jetzt, wo er sich fähig glaubt, Alles zu unternehmen.
Auch hat er, glaube ich, immer langen Urlaub.
Ich habe Jauner geschildert, wie ich ihn finde und wie er in
Hamburg gefiel. Die höchsten Forderungen an ihn zu stellen bei
so ehrenvoller Umgebung, w&re noch zu frOh; aber stufenweise in
die ersten F&cher des Lustspiels und der Tragödie einzutreten,
dünkt mich kein Wagniss und deshalb vor der Hand ein Gehalt
von 2000 Thlr. ganz angemessen. Jauner besitzt keinen Eigendünkel,
aber er fühlt seinen Werth. Ich glaube daher nicht, dass 1200 bis
1500 Thlr. genügen werden, und dass Du bei dem Mangel an wohl-
erzogenen, bescheidenen, höherer Ausbildung fiüiigen und vom reinsten
Kunsttriebe beseelten jungen M&nnern vergebens suchen dürflest.
Hier, in seiner Vaterstadt, und bei dem Vortheile, im Kreise seiner
allgemein geschätzten Familie zu wirken, würde er, wenn er Deinen
Ansprüchen nicht gentigen sollte, am Hofburgtheater mit Vergnügen
wieder aufgenommen/'
Der Spiegel, welcher dem damaligen Zustande des
Schauspiels am Dresdner Theater hier vorgehalten wird,
— 588 —
mochte Herrn von Lüttichan, der noch wenige Jahre zo-
vor gewähnt hatte^ das erste deutsche Schauspiel zu be-
sitzen, freilich nicht angenehm sein. Der Contract mit
Jauner ward aber nichtsdestoweniger (am 7. April 1858)
abgeschlossen. Ganz freilich sollten sich die Verheissungen
des Grafen Dietrichstein doch nicht erfüllen. Zu einem
jugendlichen Helden im idealen Drama fehlten seinem
Empfohlenen schon die äusseren Mittel. Allein er war
ein Darsteller von aussergewöhnlicher Intelligenz und
hierdurch von einer gewissen Vielseitigkeit, welcher durch
die Natürlichkeit und durch die geistige Frische und
Gewandtheit seines Spiels sich rasch in der Gunst des
Puhlicums befestigte und den Beifall der Kenner erwarb.—
Pauline Ulrich sprach schon damals durch die
Eigenschaften an, welche sie in ihrer weiteren Entwicklung
zu einer der bedeutendsten Darstellerinnen im modernen
Conversationsstück gemacht haben. Sie brachte ein ganz
neues Element in die Darstellungen des Dresdner Hof-
theaters, den Geist der Modernität, das Pikante, jene mit
Grazie verbundene leichte Beweglichkeit des Geistes, durch
die sich das Licht wie in hundert Facetten bricht. Im
Uebrigen gehört auch diese Darstellerin und ihre Ent-
wicklung der folgenden Periode erst an.
Auch an Gastvorstellungen fehlte es in diesem Zeit-
abschnitte nicht. Ich hebe von ihnen folgende hervor:'
* Hier ist das vollständige Verzeichniss der Gastspiele ron
1860—1861.
1860: FrL Dingelstedt, Frl. Grahn, Kühn, Frl. Bursche, Jenny
Lind, Frl. Huber, Grübel, Gems, Ander, Grobecker, ital. Oper ans
Berlin, Rottmeyer, FrL Löhn, Christi, Wohlbrück, Abiger, La(reni,
Peretti, Kaier, Liebe, Nesmüller, Liebhardt, Hock, FrL Rubini,
Dem. Rachel, Frl. Bunke, Frl. Schefer, Frl. Bredo.
1851 : Frl. Genast, Frl. Emmy la Grua, FrL Bredo, Kremenz,
Mad. de la Grange, Ditt, Grobecker, FrL Bürg, Carl Becker, Damcke,
Butterweck, Draxler, Künzel, Quint, Standigl, Schloss, Reichart,
Genast, Dem. Rachel, Frl. Fuhr, Bertha Bnnke, Frl. r. Dreger,
Roger.
— 589 -
!!•"• Rachel mit ihrer Gesellschaft aus Paris,* Frl. Wiidauer,
Frl. Damböck, Signora Ristori, Marie Seebach, Frl.
1852: Henriette Sontag, Fasslinger, ital. Operagesellschaft
aos Petersburg, Erl, Jenny Ney, Frl. Herbold, Dawison, Conradi,
Schalz, Röderi v. Romani, Fr. Don-Lebrun, Frl. Vibras, Fr. Howitz-
Steinan, Weix eis torfer, König, Frl. Böse.
1863: Frl. Findeisen, Frl. Meyer, Bürde, Pepita de Oliva,
Kreuzer, Damböck, Ellinger, Frl. Würzburg, Haase, Annan d'sche
Gesellschaft, Ira Aldridge, Fr. Dietz, Bercht, Pohl, Frl. Wildauer,
FrL Gerber, Grunert, Lussberger, Ulram, Frl. Schneider.
1854: Fr. Denemy-Ney, Nolden, Meyer, Frl. Rudlof!^ Meinhold,
FrLWölfel, Emmy la Grua, Eppich, Frl. Hillig, Frl. Hintz, Frl. Porth,
Fr. Brauuecker-Schäfer, Frl. Turba, Frl. Lafleur, Hector Berlioz.
1855 : Liebisch, Frl. Rudioff, Fr. Braunecker-Schäfer, Frl. Weber,
Knauth, Frl. Vestri, Frl. Agnes Schmidt, Sennora Pepita, Frl.
Schönhofi, Frl. Masius, Frl. Marie Stern, Bethge, Frl. Jenny Kreisel,
FrL Strohmeyer, Ballet von Don Antonio Rniz, Frl. Anna Koch,
Sir W. Don, Fr. Palm-Spatzer, Frl. Em. Krall, Colbruu, Frl. Quanter,
Signora Ristori, Haw, Lydia Thompson.
1856: Strobel, Frl. Michel, Ascher, Fr. Dziuba, FrLDelmont,
Frl. Anschütz, Frl. Kreutzer, Frl. Hftrting, Weiss, Allfeld, Dettmer,
Sennora di Fortuni, Simon, Fr. Devrient, Frl. Vanini, Bergmann,
Lussberger, Frl. Lieven, Frl. Ehrenbaum, Frl. Seebach, Frl. Brenner,
FrL WoUenbetg, Signora Ristori, Sennora Pepita.
1857: Krüger, Sommer, FrL Francke, Müller, Marie Quanter,
Wentzel, Eichberger, Fr.Bärndorf, Auerbach, Dettmer, Auerbach, Frl.
Hesse, Seifert, FrLTietjens, Walther, Mertens, Frl.Steeger, Hermann,
Fr. Marlow, Frl. Dettmer, Frl. Wulff, Wild, Frl. Bucher, Brunner, Fr.
Wölfle, Frl. Pellet, Kaufhold, Brandes, FrL Hock, Fritzsche, Signora
Piccolomini, Lemaistre, Köckert, Laura Schubert, Frl. Guinand.
1858 : Levassor, Günther, Sign. Ristori, franz. Gesellschaft Ton Briol
und Chapiseau, Jauner, Freny, Simon, Tonner, Fr. Viardot-Garcia, Frl.
Bach, Frida v. Schütz, FrL Porth, Johanna Wagner, FrL Pranse,
Wild, St Leon, Frieb-Blumauer , FrL Veneta, Sontag, Frl. Ulrich.
1859: FrL Litä, Hardtmuth, Frl. v. Schulzendorf, St Leon,
Scheibe, Emil und Heinrich Schneider, Fr. Rettich, Frl. Reschauer,
FrL Schönholf, Jeudersky, Hahnemann, FrL Delia.
1860: FrL Baudius, FrL Voll, FrL Goethe, FrL Räder, FrL
Alvslebeu, FrL Ali seh, Fr. v. Buljowsky, Fr. Dnstmann-Meyer, Schnorr
* lieber w(*1ches man eine höchst interessante Würdigung des
geistvollen Kritikers Otto Banck in dessen „Kritischen Wanderungen
auf drei Kunstgebieten*' findet
— 590 —
Bärndorf; Frau Frieb-Blnmaaer; Friederike Gosmiaimy
UaasC; Ornnert^ Frau Bettich and Fri. Jananflclieck.
Marie See b ach entzückte dnrch die tiefe Innerlich-
keit ^ die durchgebildete Individualianing ihres Spiels.
Die Vorzüge der neuen Bichtung verbanden sich gewisser-
massen in ihr mit denen der älteren idealistischen Schule,
weil bei ihr die charakteristische Ausführung im Dienste
ebenmässiger Schönheit stand. Noch ganz in der Blüthe
ihres reichen Talentes, würde sie ein um so gHtoseier
Gewinn gewesen sein^ als sie nicht nur vortrefflich in das
Zusammenspiel mit Dawison passte, sondern seiner sieh
jetzt mehr und mehr geltend machenden Neigung zu einer
virtuosen^ aus dem Bahmen des Ganzen heraustretenden,
sich zersplitternden Spielweise ein glückliches Gegen-
gewicht geboten haben würde. Gleichwohl ist es nur
zu achten, dass Lüttichau einen solchen Gedanken, der
ihm sehr nahe liegen musste^ aus Bücksicht auf Frau
Bayer-Bürck von sich abwies. Ein äusserer Einfluss hierauf
ist übrigens nirgend bemerkbar.
Auch das Bepertoire nimmt sich in diesem Zeitraum
sehr stattlich aus. Das Dresdner Hoftheater suchte noch
einen Buhm darin, die Führung im Bepertoire zu über-
nehmen. Ausser den schon oben erwähnten Dramen von
Otto Ludwig und Dingelstedt begegnen wir Arbeiten von
Mosenthal, Grillparzer, Hebbel, Gustav Freitag, Gutzkow,
Wolfsohn, Gottsehall, Halm, Paul Heyse, Griepenkerl,
Jleyern, Putlitz, Hammer, G. Kühne, Tempeltey, Laube,
Weilen, Bedwitz, Hersch, Nissel, Arnold Hirsch, Charl.
Birch-Pfeiffer, jBauemfeld, Benedix, Wilhelmi, Heidrich,
Otto Boquette.
V. Carolsfeld, Georgine Schubert, Hahnemann , Frl. Fr. Gossmaniu
Zottmeyer, Dettraer, FrL Baldamus, Frl. Pressburg, Osten« Bartsrb.
18G1: Frl. Stein, Bergmann, Georgine Schubert, Jachm&nn-
Wagner, Frl. Brauny, Frl. Schmidt, Frl. Janauscheck, Pichler, Emmj
la Grua, Frl. Gallmeyer, Degele, Frl. Grösser, Frl. Eichberger,
Jvoberstein, Hablawetz, Frl. Frohn, Lipp, Degele, Frl. Denker, Scharfe.
— 591 —
Von Shakespeare wurden nen auf die Bühne ge-
bracht: ^Was ihr wollt" in einer Bearbeitung von Quanter^
^Antonius und Cleopatra'* in einer solchen von Dr. Pabst, '
„Cymbeline" in der von Bürck und „Das Wintermärchen"
übersetzt und bearbeitet von Dingelstedt. — Wenn auch
so Manches nur aus persönlichen Rücksichten zur Auf-
nahme kam, was vielleicht durch Besseres hätte ersetzt
werden können ^ so ist doch von den bedeutenderen
neuen Erscheinungen, mit Ausnahme Hebbers^ so ziemlich
Alles herangezogen worden. Obschon also der Einfluss
Dawison's sich hierauf im Ganzen nicht als ein nach-
theiliger zeigt, so ist es gleichwohl zu tadeln, dass er
ihm eingeräumt wurde. Wie gross er war, zeigt sich darin,
dass gerade die Stücke der einflussreichsten Dichter fast
alle durch ihn bei der General-Direction eingereicht und
beflirwortet worden sind.
Von den in diese Periode fallenden theatralischen
Ereignissen ist zunächst der Feierlichkeiten zu gedenken,
welche die Yermählungsfeste des Prinzen Albert mit der
Prinzessin Carolina von Wasa ^19. Juni 1853); der Prinzessin
Anna, Herzogin von Sachsen, mit dem Erbgrossherzog
Ferdinand von Toscana (25. Nov. 1856), und des Prinzen
Georg von Sachsen mit der Prinzessin Dona Maria Anna
von Portugal herbeiführten. Zu der ersten hatte Dr. Pabst
den Prolog gedichtet und Beissiger eine Festouvertüre
componirt. Die zweite Festlichkeit wurde durch das Fest-
spiel »Amus und Albina* von Dr. Pabst und Beissiger,
die dritte durch das Festspiel »Blüh ewig fort du Haus
Wettin^ von demselben Dichter und demselben Componisten
unter Benutzung der von König Pedro IV. componirten
portugiesischen Hymne eingeleitet. Zum Besten des
Lessingdenkmals zu Braunschweig fand am 16. März 1850
eine Festvorstellung statt, welche mit einem von B. Auer-
bach gedichteten, von E. Devrient gesprochenen Prolog
eröffnet wurde. 1851 brachte das goldne Jubelfest Theod.
Winkler's dem Jubilar ausser einer Menge anderer Aus-
- 592 —
Zeichnungen das Ritterkreuz des Civilverdienstordens und
das Ehrenbürgerdiplom der Stadt Dresden. Am 17. Sept.
1852 feierten die Mitglieder des Hoftheaters die festliche
Enthüllung des der berühmten Schauspielerin Friederike
Caroline Neuber, geb. Weissenborn, in Laubegast gestifteten
Denkmals, um dessen Erneuerung sich die damaligen
Dresdner Hofschauspieler Eduard Devrient, Winger und
Gerstorfer besonders verdient gemacht haben. Am 9, Mai
1855 wurde der 50. Todestag, am 9. und 10. Nov. 1859
der 100. Geburtstag Schiller's festlich begangen. Die Vor-
feier des letzteren bestand aus einem Prolog von Dr.
Pabst, der Auflführung von Schiller's Glocke und von
Wallenstein's Lager. Der Festtag selbst war durch die
Vorstellung der Braut von Messina ausgezeichnet. Znr
Nachfeier wurde am 11. Nov. Schiller's Teil gegeben.
Mit dem 24 Sept. 1858 wurden die Vorstellungen auf
dem Theater des Lincke'schen Bades mit den drei Lust-
spielen: Der Copist, Durch's Fernrohr und Wenn Frauen
weinen — zum Besten der Wittwen und Waisen der Mit-
glieder des König!. Hoftheaters — für immer geschlossen.
Schon 1839 war die Bildung eines diesem Zwecke
gewidmeten Fonds von dem Hol'theatercassirer Schlurick
und dem Holschauspieler Pauli angeregt, das Project aber
dann wieder lallen gelassen worden. Wie es scheint hie^
von unabhängig wurde es 1850 von Winger neu aufge-
nommen, von Lüttichau gefördert und von Sr. Majestät
dem König noch in demselben Jahre (25. Juli) genehmigt
Noch ist ein Festact der Dankbarkeit zu verzeichnen,
welchen die Mitglieder und Beamten der Königl. Kapelle
und des Theaters ihrem Chef, dem General -Director von
Lüttichau, bei seiner Rückkehr aus dem Bade Gastein
am 13. Sept. 1861 darbrachten. Veranlassung gab der,
während seiner Abwesenheit vollzogene und sehr dring-
lich gewordene Umbau der Räume der Königlichen Hof-
theaterexpedition.
Die Oper am Dresdner Theater unter dem Ein-
flnsse gegensätzlicher musikalischer Principien
in der Periode von 1850—1862.
BedentiiDg der Wasrner'schen Oper. — K&mpfe bei Wiederein-
lühmiig derselben aaf das deatsehe Theater. — Die Wiederanf-
iiahme des Tannh&aser in Dresden. — Neues Yerbot. — Yer-
bandlungen mit Johanna Wagrner. ~ Meyerbeer's Einflnss. —
Sieg der Wagner'seheu Oper. -> Repertoire. — Einflass Räder's.
Yerftndemn^n in der Regrie und Kapelle. — Jnllns Kieti und
J. Clir. Lanterbaeh. — YerftndeniDgen im Personal. ~ Jenny
Xey. — RttelLtrltt des Oeneral-Direotors von Lttttichau. — Zar
Charakteristik desselben. — 8ehluss.
So geringe Verbreitung die Opern Wagnor's bis zum
Jahre 1850 auch gefunden hatten und obgleich es schien,
als ob sie zu dieser Zeit ganz von dem Repertoire der
Theater verschwinden sollten, so haben doch gerade we-
sentlich sie den Charakter der uns nun vorliegenden
Entwicklnngsperiode der Dresdner, ja der deutschen
Oper überhaupt mit bestimmt, bis sie zuletzt siegreich und
herrschend aus den hierdurch veranlassten Kämpfen
hervorgingen. Es sind verschiedene Umstände und Ver-
hältnisse, welche zu diesem Erfolge beigetragen haben.
Unter ihnen spielt der tendenziös politische Ausschlass
der Wagnerischen Opern vom Repertoire der deutschen
Theater, spielen die gehässigen Angriffe, welche dieselben
ans Partei- und Eifersuchtsmotiven erfuhren, eine be-
deutende Rolle. Wie man auch immer die Handlangs-
weise Richard Wagner's als Mensch und Beamter in der
3S
— 594 —
bewegten Zeit von 1848 und 1849 beurtheflen mochte,
so hätte dieselbe doch niemals auf die Wertbschätzang
seines Talents und seiner Werke einen Einflnss ausüben
sollen. Die Vermischung dieser beiden Gesichtspunkte
würde jedes freie Kunsturtheil aufheben. So wenig das
grösste Kunstwerk von irgend einer strafbaren Handlung
seines Schöpfers etwas hinwegzunehmen im Stande ist,
so wenig kann auch dieses Werk an seiner Schönheit
und Bedeutung dadurch etwas verlieren, dass Derjenige,
der es hervorgebracht hat, irgend einer strafbaren oder
gemeingefährlichen Handlung fähig war. Diejenigen,
welche die Wagnerischen Werke auf diese Weise bc-
urtheilten, haben ihn nur mit einem politischen Mär-
tyrerschein umgeben, welchen er gar nicht verdiente
und wohl auch gar nicht beanspruchte.
Wagner — ich brauche mich nur auf ihn selbst zu
berufen — Latte kein inneres Verhältniss zu der poh-
tischen Seite der Revolution. Er ergriff sie nur als
das Mittel, sein musikalisches Princip zur Durchführung
zu bringen. Und dieses Princip war für ihn von
seiner Person nicht zu trennen. Er hatte durchaus nichts
Demokratisches, wie seine Musik nichts überwiegend
Volksthümliches hat. Er ist revolutionär, aber dabei
ganz exclusiv. Er weiss nichts von dem Uhland'schen:
„Das ist Wonne, das ist Leben, wenn's von allen Zweigen
schallt", womit dieser gewiss nicht den Zudringlichkeiten
des Dilettantismus das Wort reden, sondern einfach aus-
drücken wollte, dass das Individuelle ein nothwendiges
Moment in aller Kunst sei und diese erst in der unend-
lichen Fülle ihrer Erscheinungen zur Verwirklichung ge-
langen könne I
Wagner erkennt vielmehr kein anderes Princip als
das seinige an, und sein Princip in der Gegenwart keinin
anderen Künstler als sich, in der Vergangenheit nur
sehr wenige und eigentlich doch nur insofern an, als sie
auf den neuen Messias hinweisen. Aber alles dies, wie
— 595 —
wichtig auch immer zu seiner persönlichen Benrtheilung,
hätte auf die seiner Werke keinen Einfinss ausüben dürfen.
Wagner ist revolutionär — aber nur im Bereiche der
Empfindung. Er hat das Empfindungsleben seiner Zeit
auf eine ganz ungeheure Weise afficirt und revolutioni-
sirt; aber wie die Freigeister des vorigen Jahrhunderts,
welche der französischen Revolution vorausgingen , hat
auch er, wenn wir von den eigentlichen Musikern ab-
sehen; seine Wirkungen zunächst und vorzugsweise auf
gewisse, der Demokratie ganz entlegene Kreise der vor-
nehmen Gesellschaft und der Gesellschaft der Parvenüs
ausgeübt; er ist das Schoosskind dieser schöngeistigen,
oder doch nach Schöngeisterei lüsternen Kreise geworden.
Es war das Unglück Wagner's, dass er sich zwischen eine
solche Vergötterung und eine oft ebenso geschmacklose
Verneinung seines Talents gestellt sah. Natürlich konnte
ihm bei seinem Felsen versetzenden Glauben an sich selbst
die Wahl da nicht schwer werden. Er gefiel sich in der
Rolle des Gottes und schleuderte gelegentlich Blitze und
Bannbullen auf seine Gegner. Nur manchmal wurde er,
wie der Geisterkönig Raimund's, welchem man gelegent-
lich nasse Wolken als Pfllhl unterschob, an seine Mensch-
lichkeit dadurch erinnert, dass er sich umgekehrt auf das
Trockne gesetzt sah; aber es hat ihm, ohne Dana^ zu
sein, nie an einem fruchtbaren Goldregen gefehlt, der
ihm seinen göttlichen Glauben zurückbrachte. Doch
wenn auch gewiss nicht ein Gott, so ist doch Wagner
unzweifelhaft ein grosses Genie, er ist es gewissermassen
seiner selbst und trotz seiner Theorie und Doctrin. So
verkehrt ich dieselbe in ihren wesentlichsten Punkten
auch halte, die wohl nur von den Fanatikern unter sei-
nen Anhängern gotheilt werden können, so waren seine
damals erscheinenden theoretischen Schriften für die
Verbreitung seiner musikalischen Werke doch von der
allergrössten Bedeutung. Sie forderten gleichmässig zum
Widerspruch und zur Vcrtheidigung auf, und zwar nicht
— 596 —
nur upter den Leuten von Fach — die Nation, eben nur
noch in zwei Heerlager getheilt, welche politische Doc-
trinen und Principien mit Leidenschaftlichkeit yerfochten
hatten und nun auf diesem Gebiete plötzlich zum
Schweigen verurtheilt waren^ nahm mit Begierde diesen
Streit auf einem anderen Gebiete wieder auf^ und die
Partei, welche sich Wagner auf diesem Wege gebildet hat,
war um so wirksamer , als fast die ganze musikalische
Jugend ihr angehörte und sich an ihre Spitze ein Mann
von Genie gestellt hatte, welcher über die einfiussreichsten
Beziehungen verfügte und, da man ihm Vieles nachsah,
sich auch Vieles erlauben durfte. Jedenfalls muss es
Franz Liszt aber zu hohem Verdienste angerechnet wer-
den, trotz der damals dagegen ankämpfenden Strömung
der Zeit, Wagner zuerst wieder auf die deutsche Bühne
zurückgeführt zu haben und für die weitere Ausbreitung
seiner Werke unermüdlich thätig gewesen zu sein. Denn
in welch schwächlichen Eklekticismus, in welch triviale
Flachheit würde die deutsche Oper ohne die Impulse
geratlien sein, die sie von Wagner empfing. Und das
ist ein drittes Moment, welches die Verbreitung seiner
Werke begünstigte: die Production auf dem Gebiete der
Oper, welche in den 30er und 40er Jahren noch eine so
reiche Nachbltithc entwickelt hatte, starb mehr und mehr
ab. Meyerbeer war von den früheren Meistern fast noch
der Einzige, welcher der Bühne neue bedeutendere Werke
gab. Sie kränkelten aber ebenfalls, soweit ihre Ent-
siehung nicht noch in eine frühere Periode hinabreichte,
an den Symptomen der Altersschwäche. An die Stelle
der reich quellenden Erfindungskraft war eine pretiöee,
klügelnde, reflectirte Manier getreten, und nur hier und
da blitzte der alte Geist in der früheren MelodienfttUe,
in dem früheren Feuer des dramatischen Ausdrucks auf.
Wagner, gross genug, um aus vielen glänzenden Er-
scheinungen noch bedeutend hervorzutreten, musste in
diesem schwächlichen . Wettkampfe, in welchem er nur
— 597 —
zu bald, über alle der Einzige, unendlich hervorragte,
allerdings als ein Heros, ein Herrscher erscheinen. Was
half es, gegen ihn geltend zu machen, dass seine
Musik überwiegend das Werk künstlerischer Reflection,
dass er mehr Dichter als Musiker sei und mehr mit dem
Verstand und mit den Sinnen, als mit dem Herzen dichte.
— Mit Recht konnte er sich darauf berufen, dass auch
Haydn, Mozart, Beethoven und Weber heute nicht mehr
dieselben sein würden, wie früher, oder wenn sie es wären,
heute dann nicht mehr die Bedeutung erlangen könnten,
die ihnen damals zu Theil worden war, wo sie damit einen
bestimmten Empfindungsinhalt ihrer Zeit zum bedeut-
samen und dabei ursprünglichen musikalischen Ausdruck
brachten. Wagner's Erfolg und Bedeutung liegt wesent-
lich darin, dass er ein Kind seiner Zeit und dabei ein
Genie, gleichfalls einem bestimmten Theile des in ihr nach
Ausdruck ringenden Empfindungsinhalts zu einem ebenso
originellen, wie bedeutenden Ausdrucke vorhalf. Es ist
nicht seine Schuld, dass er die Einfachheit und die Nai-
vetät der Anschauungs- und Empfindungsweise eines
Haydn und Mozart, dass er die reine ideelle Begeisterung
eines Beethoven und Weber nicht hat. Und es ist un-
gerecht, ihn, dessen Stärke nicht sowohl in der Melodie-
bildung, in der musikalischen Zeichnung der Charaktere,
als in der Führung der Harmonie, in dem Colorit der
charakteristischen Situation und Stimmung liegt, nicht
nach dem hierdurch geforderten Masstab zu messen.
Es war vielleicht Niemand am Dresdner Theater,
der, obschon er Wagner's Handlungsweise sicher ver-
urtheilte, die Wiederaufnahme seiner Werke hier so früh
in Erwägung zog, als der Gene raldirector desselben,
Herr von Lüttiehau. Ich habe schon vielfach darauf hin-
weisen können, wie schwer er das, was er einmal als
grosses Talent au( rkannt hatte, wieder aufgab, und wie
geneigt er war, grossen Talenten Vieles nachzusehen.
Auf Dankbarkeit am Theater zu rechneu, hatte er seit
— 598 —
lange verlernt; und es galt ihm als eine Art von Axiom^
dass die ausserordentliche Reizbarkeit; daas das oft bi»
ins Krankhafte gesteigerte künstlerische Selbstgefühl;
welches auch in der That eine bestimmte Seite des kflnst-
lerischen Naturells zu bilden scheint; eine berücksich-
tigende Beurtheilung fordere. Kaum dass also Liszt mit
grossem Erfolge Wagner auf der deutschen Bühne reha-
bilitirt hatte; als LüttichaU; von dem Gedanken erfüllt;
dass er; welcher der Wagnerischen Musik überhaupt erst
die Bühne eröffnet habC; sich dieses Verdienst nicht dürfe
streitig machen lassen; auch schon die ersten Schritte
that; um ihr die Dresdner Bühne wieder zu öffnen. Der
Kampf war kein leichter. Denn wenn er sich auch auf
die Stimmung eines grossen Theils der Kapelle und der
Sänger, sowie der öffentlichen Meinung stützen konnte;
so stand ihm doch bei Hofe hierein eine mächtige und
einilussreiche Partei entgegen. Lüttichau besass aber zu
sehr (las Vertrauen seines Monarchen; und dieser war in
dem Adel seiner Natur zu leicht geneigt, sich über Vor-
urtheile zu erheben; als dass es ihm nicht hätte gelingen
soUeU; denselben zu überzeugen; wie selbst noch hier
das Kunstwerk vom Menschen zu trennen sei. So wurdi^
denn bereits 1852 am 26. October der Tannhäuser wieder
mit grossem Erfolge in Dresden zur Aufführung gebracht. *
* Ich füge das Urtheil ein, welches diese Oper damals hier
von Seiten des ausgezeichneten Musikkenners und Kritikers Carl
Banck erfuhr:
nR. Wagner ist mehr musikalischer Poet, als dichtender Mu-
siker. Er empfängt sein Werk zuerst poetisirend und setzt dann
als Musiker die Musik hinzu. Es fehlt ihm jene ursprüngliche
geniale Fülle und Klarheit des Tongedankens, welche ihr Gebilde
unmittelbar in Tönen erklingen lässt und ihre eigene wahre und
vollkommene Form gleich mit auf die Welt bringt. Statt dessen
ging der Dichter mit speculativem Geiste ans Werk, und das Be-
streben , uns seine poetische Idee nun auch im Tonbilde zur
Anschauung zu bringen , kämpft mit dem Mangel an musika-
lischer Erfindung; der Drang, zugleich neue musikalische For-
— 599 —
Der Sieg war zunächst nur ein kurzer. Schon nach
der fünften Wiederholung musste die Oper wieder ab-
gesetzt werden, weil sich inzwischen die entgegengesetzte
Ansicht Geltung verschafft hatte. Lüttichau gab aber
deshalb die Sache nicht auf, und ich glaube, dass die
schon im Jahre 1851 aufgenommenen und von seiner Seite
höchst dringlich fortgeführten Unterhandlungen mit Jo-
hanna Wagner wegen eines Gastspiels in Dresden, ob-
schon dasselbe ausgesprochenermassen nur den Zweck
haben sollte, einen Modus zu finden, um die noch
schwebende Differenz bezüglich des ihr geleisteten Vor-
schusses begleichen zu können, doch noch mit in der
Absicht von ihm betrieben wurde, hierin zugleich einen
Vorwand für die Wiederaufnahme der Wagnerischen
Opern zu finden. Wenigstens fand die letztere thatsäch-
lich bei diesem sich bis zum Jahre 1858 verzögernden
Gastspiele statt, obschon Johanna Wagner dasselbe ur-
sprünglich keineswegs von der Darstellung der Elisabeth
im Tannhäuser, welche sie damals von zehn Rollen allein
fünf Mal spielte, abhängig gemacht hatte. Von dieser
Zeit an beherrschte die Wagnerische Oper das Reper-
toire des Dresdner Theaters, und schon im nächsten Jahre
wurde sein Lohengrin erworben und zur Aufführung ge-
bracht. Ein Erfolg, welcher bewies, wie richtig Lüttichau
geurtheilt, als er seinem Königlichen Herrn die Wieder-
aufnahme der Werke dieses Componisten empfahl.
Es würde sehr ungerecht sein, zu glauben, dass, wie
men und Gliederungen für die Oper aufzubauen, ündet eine zu
schwache Stütze an dem künstlerisch unzureichend durchbildeten
Vermögen, den andringenden Keichthum widerspenstig origineller
Gedanken immer harmonisch zu ordnen und verarbeitend zu er-
gänzen. Und das Talent des Componisten wäre vielleicht seiner
phantastisch gross gestellten Aufgabe erlegen, wenn nicht die poe-
tische Conception seiner Ideen so innerlich fest und elastisch, die
Kiihnheit ihrer Uinstellung so dreist sich bewiesen, um uns sowohl
im Ganzen, wie im Einzelnen überall die Intentionen trotz eines
Mangels vollkommener Gestaltung deutlich durchfühlen zu lassen.
— 600 —
dies von Wagner betont worden iBt, es Lttttichan bei
der Wiederaufnahme dieser Opern lediglich um Casaen-
erfolge zu thnn gewesen sei, obschon er in seiner Stellmig
als Director des Theaters diese mit ins Auge zu fassen
verpflichtet war. Wie ich auch nicht zugeben kann^ dass
Wagner aus diesen Erfolgen einen finanziellen Anspmcli
für sich abzuleiten das Recht hatte; nicht nur weil er
nun einmal das Aufführungsrecht seiner Opern an das
Dresdner Hoftheater für einen bestimmten Preis über-
lassen hatte; sondern auch weil dies, wie seine eigenen
Briefe ans jener Zeit erweisen^ unter Umständen geschah,
die ihn dies als eine grosse Wohlthat betrachten lassen
mussten. Gewiss war für das, was Wagner heute gilt
und ist; sein Talent das in erster Reihe entscheidende;
allein bei all seinem Talent bedurfte er, um dasselbe znr
Anerkennung zu bringen ^ der äusseren begünstigenden
Umstände. Niemand kann sagen, was Wagner ohne
seine Dresdner Vergangenheit geworden sein würde, wo-
gegen es aber völlig sicher ist, dass er das, was er that-
sächlich ward, nur auf der Basis seiner Dresdner Stellung
und seiner Dresdner Erfolge geworden.
Dresden war, wie ich darstellte, das einzige Theater,
welches seine Opern zu erster Aufführung brachte,
und selbst noch seine Dresdner Eriolge vermochten bis
zum Jalire 1850 nur wenige andere Bühnen zur NacL-
eiferung zu bestimmen. Auf keiner anderen hatte er bis
dahin gleich grosse künstlerische Erfolge. Nur auf dem
Hintergrund dieser h tzteren konnten aber seine polemisch-
theoretischen Schriften die oben angedeutete Wirkung
ausüben und ihm eine Partei in Deutschland schaffen —
und nur die Darstellung des Tannbäuser in Dresden war
es gewesen, die ihm die enthusiastische Thcilnahme und
Förderung Franz Liszt's gewonnen hatte.
Gewiss liegen die Honorarverhältnisse der Dichter
und Componiston sehr im Argen, und auch Herr von
Lüttichau hatte nach dieser Richtung hin nur wenig
-- 601 -
oder gar nichts gethan. Aber die Hauptsache flir ein
junges Talent bleibt doch immer die Förderung seines
Werks überhaupt^ abgesehen noch von den unmittelbaren
pecuniären Vortheilen. Auch ist eine angemessene Rege-
lung dieser Verhältnisse, wie die zwar wohlgemeinte, aber
nichts weniger als nützliche Einrichtung der Tantiemen
beweist, eine der schwierigsten Aufgaben der Theater-
leitnng. Wagner ist formell im Recht, flir seine späteren
Werke so weitgehende Forderungen als möglich zu
stellen. Wer sie zu hoch findet, braucht sie nicht ein-
zugehen, und wer sie eingeht, muss sich doch noch einen
Vortheil davon versprechen. Bei diesem ganz merkantilen
und juristischen Standpunkt hätte Wagner jedoch aus
den Erfolgen seiner vom Dresdner Hoftheater recht-
mässig erworbenen Opern einen Rechtsanspruch abzu-
leiten gar nicht versuchen sollen. Wurden diese Erfolge
ihm doch noch indirect fruchtbar genug, da Dresden
noch lange Zeit einer der wenigen Mittelpunkte blieb,
von denen aus die Anerkennung und der Ruhm der
Wagnerischen Muse weitere Ausbreitung fand.
Wie sehr Herr von Ltittichau die Wagnerischen Opern
aber auch schätzte, so geschah dies doch nicht in ein-
seitiger Weise. Vielmehr ist die hier vorliegende Periode
der Dresdner Oper zum grössten Theile von demjenigen
Componisten beherrscht, gegen welche die Wagnerische
Polemik vorzugsweise gerichtet war, nämlich von Meyer-
beer. Mit der ihm eigenen Rührigkeit war es Lüt-
tichau gelungen, von dem ihm befreundeten Meister
das Rieht der ersten Aufführung des Propheten in
Deutschland und unter dessen eigener Leitung zu er-
langen, welche am 30. Januar 1850 mit grösstem Erfolge
stattfand. Dieses Werk, das noch getheilt ist in die
Vorzüge der besten Zeit dieses Meisters und in die oben
berührten Schwächen seiner letzten Periode, kam hier zu
trefflichster Aufführung und erzielte einen ganz ungewöhn-
lichen Erfolg, insofern es allein bis Ende 1861 80 Wieder-
— 602 —
holungen erlebte. Meyerbeer beherrschte tlberhaapt bi«
zum Jahre 1858 das Repertoire der Dresdner Oper voll-
ständig; 1856 gelangte sein Nordstern, 1860 seine Dinorah
zur Aufführung. Von 1858 an hatte er aber mit Wagner
um den Vorrang zu kämpfen, den er demselben auch
endlich abtreten musste.
Von den übrigen massgebenden üomponisten der
vorausgegangenen Periode gelangten nur Auber, Adam,
FlotoW; Lortzing, Marschner, Verdi mit meist sebwäeli-
liehen Producten zur Vertretung. Von den älteren
Meistern wurde Mozart's Idomeneus, Cosi fan tutte ond
Schauspieldirector; und Carl Maria von Weber's Sil-
vana neu in Seene gesetzt. Von neuen deutschen
Componisten erscheinen Aug. Pabst, Hoven, Nicolai,
Herzog Ernst zu Sachsen, Krebs, Eberwein, E. Nau-
mann, von denen nur Nicolai's: „Die lustigen Weiber
von Windsor", theils durch die Frische ihres melodischtn
Reizes, theils durch die vollendete Darstellung der Damen
Krebs-Michalesi und Jenny Ney, einen durchschlagenden
Erfolg hatten. Von ausländischen Componisten wur-
den neu eingeführt Gounod und J. Offenbach, iless:n
erste, espritvolle Grazie mit Innigkeit des GefUhlsans-
drncks veri)indende musikalische Blilctten grosse Hoff-
nungen erregten und sich daher wohl der Aufnahme
empfahlen, wogegen die seines „Orpheus in der Unter-
welt^ schon Bedenken erregen musste und wohl nur ans
(lern Einttuss erklärt werden kann, welchen Bäder damals
aut das Repertoire mit ausübte, gegen dessen meist
seichte und witzlose Possen der Offenbach sehe Ueber-
mutli natürlich noch als hoh^ Poesie gelten musste.
Um den Einfluss Räder's, der doch immer tiiier
Zurücksetzung klagte und sich bei jeder Gelegenheit in
den Schmollwinkel zurückzog, zu charakterisiren, ma^; es
genügen, darauf hinzuweisen, dass in dem Zeitraum Ton
1841—1862 von ihm zusammen 21 Stücke zur Anf-
itlhrung kamen, von denen nur fünf einen wirklicbon
- 603 —
Erfolg hatten. (Weltumsegler wider Willen [bis 1862
>3 Mal], Der artesische Brunnen [54], Purzel in Spanien
27], Aladin [35], Robert und Bertram [30].) Von den
ihrigen erlebten einige nur eine einzige Aufführung, an-
iere nur 2, 3—6 Wiederholungen.
Entschiedener noch zeigte sich die PÜege der Oper
n den durch verschiedene Verluste und Veränderungen
löthig gewordenen Ergänzungen des Personals.
Herr von LUttichan glaubte bei der Reorganisation
ies Theaters im Sommer 1849 durchzukommen, wenn er
len Verlust, welchen die Kapelle durch den Abgang des
Kapellmeisters Wagner und des Musikdirectors Röckel
erlitten hatte, einfach durch die Besetzung der Stelle des
letzteren ausglich.
Das Engagement der Säugerin Michalesi, welche die
Anstellung ihres Bräutigams, des derzeitigen Dirigenten
am Hamburger Stadttheater, Carl August Krebs, als
Kapellmeister der Königl. Sachs. Kapelle zur Bedingung
machte, veränderte^ jedoch jene Dispositionen. Krebs trat
am 1. Januar 1850 als Kapellmeister ein, wogegen
Barbieri (l. Oct. d. J.) wieder entlassen wurde.
Carl August Krebs, 1804 in Nürnberg geboren, der
Adoptivsohn des württembergischen Hofsängers Joh. Baptist
Krel)8 (der Name seines leiblichen Vaters ist Miedke),
gehörte zu den musikalischen Wunderkindern, da er
jchon mit vier Jahren die Technik des Klavierspiels inne
liatte und mit sechs Jahren bereits componirte. Nach-
iem er längere Zeit als Musiklehrer thätig gewesen,
gelang es ihm 1825 an der K. K. Hofbühne in Wien
neben Weigl und Gyrowetz als Kapellmeister angestellt
KU werden. Von hier folgte er 1827 einem Rufe an das
tiamburger Stadttheater, wo er sich eine grosse Beliebt-
lieit erwarb. Als Componist hat Krebs grosse Erfolge
dicht zu verzeichnen. Die im Jahre 1858 in Dresden
cum ersten Male aufget\ihrte Oper ^Agnes"* datirt aus
lern Jahre 1833, in welchem er sie dem König von
— 604 —
Sachsen schon widmete. — In demselben Jahre wnrde an
Stelle des am 1. Juni ausscheidenden Maria Heinrieh
Schmidt; Friedrich Rottmeyer als Regisseor der Oper an-
gestellt. Im Widersprach mit Carl Sontag, welcher Rott-
meyer's Strenge und Autorität im Gegensatz zu den ttbrigfn
damaligen Regisseuren des Eönigl. Hoftheaters betont, was
freilich schon an sich etwas fraglich ist^ weil damab,
abgesehen von Dittmarsch, doch auch der straffere
Quanter die Regie mit vertrat , beisst es in einem Briefe
des Herrn von Lüttichau an den Reichsgrafen von Phten,
damaligen Intendanten des EOnigLHoftheaters in Hannover,
der sich nach Rottmejer erkundigt hatte: „Er ist mir
während seiner hiesigen Amtirung als ein sehr redlicher
und pflichtgetrouer Mann, von vieler, ja fast allzu vieler
Thätigkeit erschienen. Ob derselbe jedoch die SteDc
eines technischen Directors würde ausfüllen können, ist
schwer zu bestimmen. Hier war er nur als Regisseur
der Oper angestellt; als dieser mangelte es ihm für
die hiesigen Verhältnisse an Autorität.*
Im Jahre 1853 (1. Juli) trat Wilhelm Fischer senior
an des mit 1. October d. J. ausscheidenden Rottmeyer
Stelle, die er bis Ende 1858 bekleidete. Schon am 1. Oc-
tober 1857 wurde ihm Gustav Räder (für die Posse und
die komische Oper) mit zur Seite gesetzt, am 1. Mai
1858 aber 3Iax Schloss mit seiner Stelle betraut.
Als Chordirector war Wilhelm Fischer sen. bi«
30. Juni 1856 in Thätigkeit geblieben, zu welcher Zeit
er durch seinen Sohn Wilhelm Fischer jun. ersetzt wurde»
welcher zugleich noch die Stellung eines Musikdirectors
erhielt und sich durch mehrere Compositionen bekannt
gemacht hat, in denen sich ein gefalliges Talent zeigte.
Das Jahr 1859, in welchem der greise, wohlverdiente
und mit diesem Jahre pensionirte ehemal. Chordirector
und Regisseur Wilhelm Fischer sen. verschied, raubte der
Königlichen Kapelle auch ihren langjährigen Führer, den
Kapellmeister Reissiger, und nur ein Jahr später sollte
— 605 —
ihr auch noch der geniale Lipinskj entrissen werden. Für
beide Verluste wurde aber in vorzuglicher Weise Ersatz
gefunden, insofern an Reissiger's Stelle Julius Rietz^ an
Stelle Lipinsky's J. Gh. Lauterbach trat.
Julius RietZ; am 28. December 1812 geboren, Sohn
des Königl preuss. Kammermusikus Joh. Fr. Rietz in
Berlin, galt als ein Mann nicht nur von der ausgezeich-
netsten musikalischen, sondern von der umfassendsten
Bildung überhaupt. Er hatte unter Zelter Theorie der
Musik studirt, sich unter Bernhard Romberg und Moritz
Gans im Violoncellspiel ausgebildet, so dass er schon
mit 16 Jahren als Violoncellist bei dem Königl. Theater
in Berlin eintreten konnte und nur kurze Zeit später
durch seine Compositionen zu Uoltei's Lorbeerbaum
und Bett('lstab Aufmerksamkeit erregte. Durch seinen
Bruder Edmund in ein freundschaftliches Verhältniss zu
Ml ndelssohn-BarthoIdy getreten, nahm er dessen Richtung
in selbstständiger Weise auf und wurde von diesem im
Jahn* 1854 zu seiner Unterstützung als Musikdirector an
das unter Immermann's Leitung stehende Düsseldorfer
Theater berufen, was nach Mendelssohn's Abgang seine
Ernennung zum städtischen Musikdirector zur Folge hatte.
Von seinen in diese Zeit fallenden Compositionen zeich-
nete sich besonders eine Ouvertüre zu „Hero und Leander*^
aus. Das Jahr 1847 brachte ihm eine Berufung als
Kapellmeister an das Stadttheatir in Leipzig, welche
sehr folgenreich für ihn ward, da sie nach Mendelssohn's
Tod die Ernennung zum Dirigenten der Gewandhaus-
eoncerte und zum Director der Singakademie, sowie zum
Professor der Compositionslehre am dortigen Conserva-
torium nach sich zog. Rietz erwarb sich in dieser durch
die Bedeutung und Beliebtheit seines Vorgängers höchst
schwierigen Stellung einen weithin verbreiteten Ruf und
bewährte sich auch in seinen mannichfaltigen Compo-
sitionen als ein ebenso gediegener, wie geistvoller Musiker.
Ausser einer Reihe von Ouvertüren, ConcertstUcken und
— 606 -
Sinfonien entstanden hier anch die beiden Operetten:
„Der Eorsar'^ und „Georg Nenmark"; von denen dk
erste 1850 in Leipzig; die zweite 1859 in Weimar zn
beifälliger Anfilibmng kam. 1860 trat er in Dresden ein.
Job. Christ. Lanterbach^ 1882 zn Cnlmbacb ge
boren; erlangte anf dem Würzburger Gymnasium aki-
demische Bildung; empfing seinen ersten musikalischen
Unterricht von F. Bratsch und Prof. Fröhlich und wen-
dete sich zu seiner weiteren musikalischen Ausbildnng
1850 nach Brüssel; wo er als Schüler B6riot's sich im
Violinspiel vervollkommnete und unter Fitis Theorie der
Musik studirte. Schon damals erwarb er bei dem Con-
curs des dortigen Gonservatoriums die goldene Medaille.
Nach mehreren Goncertreisen; die seinen Ruf begründeten,
erhielt er eine Anstellung als dirigirendes Mitglied an
der Eönigl. Kapelle zu München und als Lehrer am dor-
tigen Conservatorium; von wo er 1861 seiner Berufung
nach Dresden folgte. Sein Ton ist ebenmässig ausge-
bildet und von einer vollendeten Abrundung; sein Vor-
trag zeichnet sich durch Adel und Innigkeit; durch
Feinheit der Ntiancirung und Durchgeistigung aus. Sobe
Stärke liegt auf dem Gebiete des Anmuthigen, Eleganten
und Elegischen-
Von den in diesem Zeitraum gewonnenen Gesangs-
kräften müssen in erster Reihe Jenny Ney (später Fran
Bürde-Ney); Emilie Krall (später Frau Jauner-Krall) und
Ludwig Schnorr ^on Carolsfeld genannt werden; denen
sich Namen wie Agnes Bunke, Susanne Bredow, Carl
B(»cker; Job. Conradi, Weixelsdorfer; Eduard Lindemann.
Bertha Weber, Heinrich MarchioU; Friedrich Weiss, Bodo
Borchers, Rudolph Freny, Frida von Schütz, Max Schloss,
Willi. Eichberger; die Fräul. Alvsleben und Baldamu»
und Eugen Degele anschlössen; von denen die Bedeutung'
der drei letztgenannten erst der folgenden Periode an-
gehört.
In Jenny Ney hatte Lüttichau der Oper wieder
- 607 -
eine Kraft ersten Ranges^ wenn auch nicht ohne ent-
sprechende Opfer erworben ; die sich aber allein schon
durch ihjre bisherige Stellung an der E. K. Oper in Wien
rechtfertigten. Sie trat am 1. April 1853 auf sechs Jahre
mit einem Jahresgehalt ?on 5000 Thir. und zweimonat-
lichem Urlaub ein. Der mit ihr abgeschlossene Contract
erhielt jedoch schon am 26. September 1853 eine Ver-
längerung bis 1860; nebst einer Urlaubserweiterung auf
drei Monate^ im Jahre 1855 unter dem Drucke des Bei-
falls, welchen dieselbe allenthalben erzielte , und der
Änerbietungen^ die ihr zu Theil wurden^ aber auch einen
ZusatZ; durch den ihr 20 Thlr. Spielhonorar und eine nach
zehnjähriger Dienstzeit eintretende Königliche Pension
von 500 Thlr. zugesichert wurden. Im Jahre 1859 wurde
dieser Contract vom 1. April 1860 an auf weitere fünf
Jahre verlängert, bei einer Gehaltserhöhung auf 6000 Thlr.
„An strahlendem Glänze — sagt der Berichterstatter
der Nationalzeitung gelegentlich ihrer Darstellung der
Norma (12. März 1856) in Berlin — an fern hintreflFender
Gewalt und Grösse des Umfangs ist ihre Stimme jeder
andern uns bekannten überlegen: ihr Klang theilt dem
Hörer ein unbeschreibliches Behagen mit, und 1)ei der
tippigen Flut des Wohllautes, welche diesem Munde ent-
strömt, dünken wir uns wie in einem erfrischenden Bade.
Das herrliche Organ erscheint in der Fülle der Kraft
und seine blühende Gesundheit widerstand bisher jedem
verderblichen Einflüsse. Es trotzte siegreich den ver-
heerendsten OrchesterstUrmen, die unsere Bühnen immer
mehr entvölkern, und ist unverwundet aus allen Kämpfen
hervorgegangen; in denen andere Stimmen zum Ruhme
unserer modernen Componisten verbluten mussten. Die
Scala der Säugerin reicht bis in die dreigestrichene Oc-
tave und besteht aus lauter blanken Metallstufon von
tadelloser Gediegenheit und Symmetrie. Jeder einzelne
Ton drang bis in die entferntesten Räume des Hauses
und das Publicum jauchzte bei jedem mit frohlockender
— 608 —
Sicherheit heraasgeschlenderten hohen C und D; wie
über eine goldene Saat, von freigebiger Hand anter die
Menge nmhergestreut Alle diese Yorzüge wnrden noch
gehoben durch eine musterhaft reine Intonation and eine
sehr deutliche und correete Aussprache.*^ Nicht auf gleiche
Höhe aber wird hier die Sängerin in Bezug auf dramatische
, Charakteristik gestellt. ^Dass den Glanz dieser Stimme
nichts zu umschleiern vermag; ist freilich zugleich ein
Hinderniss für die dramatische Charakteristik. Bei der
kecken, entschiedenen Haltung, welche der Gesang der
Frau Bürde -Ney keinen Augenblick verläugnet, eignet
sie sich besonders fQr die Repräsentation glänzender,
heroischer Hollen: ihr Ton hat etwas Gebietendes nnd
schliesst den höchsten Grad der Hingebung oder leiden
schaftlichen Unruhe aus." Derselbe Beurthoiler konnte
aber schon 1858 von ihr sagen, dass der Vortrag an
Wärme und Innerlichkeit unendlich gewonnen habe nml
man nirgends einen Ueberschuss des rein Sinnlichen und
Materiellen mehr finde. Ihre Charakteristik zeige sich
einfach und besonnen^ frei von Künstelei und Raffinement.
Und sie sei hierbei „gleichmässig heimisch in der ela*-
sischen und modernen, in der deutschen und italienisclieo
Oper; die ernste Gattung und der sogenannte dramatische
Styl seien ihr nicht minder geläufig, als das musikalische
Lustspiel und der Coloraturgesang'*.
Es konnte nicht fehlen, dass einer derartigen Künst-
lerin die glänzendsten Anerbietungen von allen Seiten,
von London, Newyork, Mailand und Paris gemacht wur-
den und ihnen gegenüber die Dresdner Verbindlichkeit»*n
ziemlich drückend erscheinen mussten. Unter ihnen ist
eine der interessantesten die Aufforderung Wagner's, sich
an einer ftir das Frühjahr des Jahres 1860 in Paris pro-
jectirten Reihe von Vorstellungen zu betheiligen, in denen
er einen Tlieil seiner Opern, insbesondere seinen ^Tristan
und Isolde^ zur Aufführung zu bringen gedachte. Von
Dresden hatte er ausser Tichatscheck, welcher Schwierig-
— 609 -
keiten erhob; noch Anton Mitterwnrzer in Aussicht ge-
nommen^ der damals in der vollen Kraft seines Talents
stand. Die hierauf bezügliche Stelle eines Briefes an
Bürde ist so ehrend flir diesen, dass ich sie nicht unter-
drücken mag: ^Haben Sie die Güte — heisst es darin —
und theilen Sie nun auch Mitterwnrzer genau mein Vor-
haben mit. Von ihm verlange ich viel Selbstverläugnung ;
aber ich kenne ihn als eine ächte Künstlernatur und
hoffe seiner gewiss sein zu dürfen. Er muss mit dabei
sein!"
Emilie Krall trat von Darmstadt kommend nach
einem kurzen Gastspiel am 20. October 1856 bei der Dresd-
ner Bühne ein. Ihr sehr angenehmes ; irisches und ent-
wicklungsfähiges Talent nahm bei fortgesetzten Studien
einen überraschenden Aufschwung, welcher zwar erst in
der nächsten Periode zu voller Bedeutung kam — sie
aber schon in den letzten Jahren des vorliegenden Zeit-
raums eine hcrvortretendere Stellung an der Dresdner
Oper gewinnen Hess.
Ein höchst anmuthiges Talent war femer am 1. Mai
1858 in der Soubrette Frida von Schütz (geb. 1837 zu
Agram) in Folge eines Gastspiels auf der Sommerbühne
des NesmüUer' sehen Theaters gewonnen worden. Sie
war in ihrem Fache eine wahrhaft poetische Erscheinung
und adelte das8ell)e durch die tiefe Innigkeit und ächte
Jungfräulichkeit ihres Ausdrucks. Besonders für gemüth-
voUe österreichische Genrebilder, sowie in Stücken wie
„Die Verlobung bei der Laterne** und „Hans und Hanne**
war sie durch die tiefe und ungeschminkte Wahrheit
und Herzlichkeit ihrer Darstellungsweise von einem un-
widerstehlichen Reiz. Leider wurde sie bereits gegen
Ende des folgenden Jahres ihrer vielversprechenden Lauf-
bahn entrissen.
Eine noch ungleich wichtigere Erwerbung war die
des Tenoristen Ludwig Schnorr von Carolsfeld (geb.
1836 zu München), Sohn des berühmten Malers, welcher
^9
— 610 —
seine rnnsikalische Aosbildang auf dem Leipziger Gon-
seryatorinm empfangen und seine theatralische Laufbahn
unter Ed. Devrienfs Leitung in Carlsruhe begonnen halte,
von wo er am 1. Mai 1860 beim Dresdner Hoftheater ab
erster jugendlicher Heldentenor eintrat; nachdem er schon
im vorigen Jahre hier gastirt und dabei den Lohengrin
zum ersten Male gegeben hatte. Ein wunderbar elegischer;
etwas verschleierter Ton, der aber siegreich wie die Sonne^
flüchtiges Gewölk zertheilend; daraus hervortrat, ein schönes
PortamentO; eine herrliche Cantilene, verbunden mit yot-
uehmer Haltung und einem ausdrucksvollen Spiel, eig-
neten ihn vorzugsweise fUr die Helden der modernen
italienischen, sowie für die romantischen Gestalten der
Wagnerischen Opern. Er hat wohl auch in ihnen seine
schönsten Triumphe gefeiert. Doch gehört seine weitere
Entwicklung, wie sein leider nur zu früher Tod (1865),
der folgenden Periode erst an.
Von den in diese Zeit fallenden und hierhergehörigen
Gastspielen (s. S. 588) hebe ich nur noch besonders her
vor die von Staudigl und Reichart aus Wien, Roger ans
Paris, Henriette Sontag (Nachtwandlerin, Regimentß-
tochter, Martha, Figaro's Hochzeit, Barbier von Sevilla),
Fräul. Tietjens, Frau Viardot-Garcia und Emniy La Grna.
Am 1. April 1862 zog sich Herr von Lüttichau in
den Ruhestand zurück, der leider ein Kraukenlager war,
von dem ihn der Tod am 16. Februar des folgenden
Jahres erlöste. Er hatte am 18. September 1859 sein
50 jähriges Jubiläum im Staats- und Königlichen Dienste
begangen und konnte bei seiner Amtsniederlegung anf
eine 37 jährige redliche Wirksamkeit voll Arbeit, aber
auch reich an Glanz und Verdiensten zurückblicken, der
er sieh bis zuletzt mit derselben Hingabe, mit fast an-
geschwächter geistiger Frische gewidmet hatte.
Der Werth dieses Mannes ist nur in seltenen Fällen
nach Verdienst gewürdigt worden. Man hat sich darin
gefallen, alle Schattenseiten seiner im Ganzen doch glän*
— Oll -
zenden Verwaltung nur ihm zur Last zu legen, alle Vor-
züge derselben dagegen Anderen beizumessen; und selbst
SolcbC; die ihm vielfach zu Danke verpflichtet waren
und ihn in ihren Briefen ganz anders schätzten und zu
schätzen Ursache hatten, haben sein Andenken nur wenig
geachtet und ein falsches Bild von ihm entworfen und
verbreitet. Dasselbe in unverfälschter Reinheit so zur
Darstellung zu bringen; wie es sich aus einer unzähligen
Menge von Briefen, Erlassen^ Vorträgen, Entscheidungen
ergiebt, war eine Pflicht, die zu erfüllen mit zu den an-
genehmsten Seiten der mir vorliegenden Aufgabe gehörte.
Ich habe nur wenige Worte zur Vervollständigung des
Bildes hinzuzufügen.
Herr von Luttichau gehörte nicht zu den tiefen, eines
grossen, mit sich fortreissenden Aufschwungs fähigen Na-
turen, allein er war ein Mann von einem klaren, ruhigen
Verstand, frei von Vorurtheilen, rasch und fest im Ent-
schluss, beharrlich, ohne doch eigensinnig zu sein, von
tiefem Pflichtgefühl und von wohlwollendem Geiste. Zwei
Oesichtspunkte waren für ihn die massgebenden: der Glanz
und die Ehre des ihm anvertrauten Instituts und das In-
teresse seines Königlichen Herrn. Ein ihm innewohnender
idealer Zug trieb ihn zu einer hohen Auffassung der
ersteren an, — der Gerechtigkeitssinn und das Wohlwollen
seiner Fürsten, sowie seiner eigenen Natur aber bewahrte
ihn im Ganzen, wenn auch nicht in jedem einzelnen
Falle, vor einer kleinlichen Behandlung des letzteren.
Es war sein Grundsatz, dass das Interesse des Einzelnen
dem Interesse des Ganzen nachzustehen habe, und er
stellte hierin an sich selber die grösston Forderungen.
Dem Gefühle des Wohlwollens und der Billigkeit ver-
schloss er sich selten und niemals mit bewusster AbBioht.
Selbst unberechtigte Forderungen behandelte er mit Nach-
sicht, besonders wenn sie von der bedeutenden Leistung
ausgingen. Was aber hält sich nicht Alles am Theater
für bedeutend und welche Anmassung gäbe es hier, dio
— 612 —
sich nicht für gerecht und billig erachtete ! Ich habe an
einzelnen Beispielen gezeigt und hätte sie leicht darch
noch viele andere yermehren können, dass in den Augen
der bevorzugten Darsteller der Contract immer nur bindend
für die Direction, nicht aber für sie selbst war. Man
suchte mit Eifer einen langjährigen oder lebenslänglichen
Contractu um sich später darüber als einer Unmenschlich-
keit zu beklagen. Man schloss einen Contract auf eine
bestimmte Reihe von Jahren ab und trat doch schon hmge
vorher mit neuen Forderungen und Prätensionen hervor.
Nicht selten hat man über den zum Intendanten be-
rufenen ehemaligen „Jagdjunker" gespöttelt. Die Wahrheit
aber ist; dass er weit öfter ins Schwarze, als Böcke ge-
schossen hat. Es will etwas sagen, durch 37 Jahre ein
dem Andränge der Zeit und Vergänglichheit so unter-
worfenes Unternehmen wie das Theater, welches ein so
fruchtbarer Boden für Chicane und Undank ist, ich sage
nicht gleichmässig, aber doch immerhin auf einer ähnlichen
Höhe zu erhalten und eine Epoche des Glanzes an die
andere zu reihen. Freilich muss andererseits zugestaudeo
werden, dass, so glänzend auch noch in der letzten Periode
seiner Verwaltung der Zustand des Theaters dem flüchtigen
Auge erschien, doch der Geist gegen früher ein gesunkener
war. Ein Ensemble wie in den 30er und 40er Jahren
war jetzt besonders im Schauspiel nicht mehr vorhanden.
Lüttichau hatte sich lange mit Erfolg gegen die wachsen-
den Ansprüche der einzelnen Darstdler gesträubt, um zu-
letzt aber doch mehr und mehr nachzugeben. Es geschahen
hier MissgriflFe, welche zu Ausnahmestellungen führten, die
der Entwicklung des Ganzen nachtheilig wurden. Sie
entsprangen aber keineswegs immer aus Mangel an Ein-
sicht, denn meist hatte Lüttichau die üblen Folgen der ge-
machten Concessionen vorausgesagt Allein seine Vorliebe
1 ilr das einzelne, unter dem Druck der öffentlichen Meinung
lUr unentbehrlich gehaltene Talent hiess ihn zuletzt immer,
wenn auch nicht vollständig, doch allzu sehr nachgeben.
— 613 —
Man hat Herrn von Lüttichan insbesondere noch Selbst-
ständigkeit abgesprochen. Bald soll er ganz nnr unter
dem Eünflasse seiner Gattin und ihres geistreichen Kreises,
bald unter dem der Matadore seines Theaters^ oder wohl
gar unter dem des dienstbeflissenen und bescheidenen
Regisseur Dittmarsch gestanden haben. Die Wahrheit
ist, dass derselbe weder den Ehrgeiz, noch die Eitelkeit
besass, in einem ihm noch unbekannten Fache überhaupt
Alles oder wohl gar Alles besser wissen und verstehen
zu wollen.
Ich habe schon früher gesagt, wie ich es für eine
seiner glücklichsten Eigenschaften halte, auf welche der
Kreis von geistvollen und bedeutenden Männern, die Frau
von LUttichau in ihrem Haus zu versammeln pflegte, aller-
dings sehr vort heilhaft 'eingewirkt haben mag, dass er
den Umgang und das freie ürtheil hervorragender Geister
nicht scheute, sondern gern in sich aufnahm und von
ihnen lernte. Aber ebenso weit entfernt wie dies von einer
Schwäche ist, war er auch selbst davon, seine Selbstständig-
keit hierbei aufzugeben, vielmehr war es für ihn der
Weg und das Mittel, auf einem ihn noch unbekannten Ge-
biete heimischer und selbstständiger zu werden. Wer in
den Acten beobachtet hat, wie er fast alle Vorträge selbst
mit raschen, aber sicheren Schriftzügen entwarf, wie er
last alle Briefe unmittelbar nach Empfang mit eigener
Hand ebenso beantwortete und dabei oft wichtige Ent-
scheidungen traf, wie er Beschwerden oft peinlicher Art so-
fort nach Empfang in meist treffender Weise zur Ent-
scheidung brachte, wer dies an ihm bis in das letzte Jahr sei-
ner Amtsthätigkeit bei noch fast gleichmässiger Frische und
Kraft verfolgt, der wird unmöglich der Darstellung Glauben
zu schenken vermögen, welche Gutzkow, um seinen Gegen-
stand pikanter zu machen, von ihm gegeben hat. Viel-
mehr erscheint Lüttichau durchaus als ein Mann, der je-
derzeit wusste, was er wollte, meist, wenn auch nicht immer,
im ersten raschen Entschlüsse das Richtige traf, und nur
— 614 —
erst später nach langen Yerhandlongen sich zu Couceflsionen
nnd hierdurch zu Fehlern verleiten liess. Bis zn der Zeit
von Dawison ist überhaupt ans den Acten ein bestimmter
Einfluss nicht nachweisbar. Und gerade noch bei diesem
lässt sich darthun; dass er nur ein beschränkter war, dass
sich Lüttichau seine Selbstständigkeit niemals völlig ent-
reissen liess. Es sind unzweifelhaft manche Stücke gewählt
worden, die Dawison vorgeschlagen, wie dies früher auch
bei Emil üevrient der Fall gewesen sein wird; manche
sind abgewiesen worden, weil Beide nicht darin spielen
wollten, und ebenso wurden auch Schauspieler, je nachdem
sie dem einen passend oder unpassend waren, engagirt oder
abgewiesen — aber dies Alles ging doch nur so lange, als
sie Lüttichau zu überzeugen vermochten; wo dies der Fall
aber nicht war, reichte ihr Einfluss nicht aus, und es ist
nachweislich, dass manche der von Dawison empfohlenen
Darsteller von Lüttichau, sobald er nur zu einem andern
Urtheil über dieselben gelangt war, ebenso rasch wieder
aufgegeben wurden. Ueberhaupt wird man sich zu hüten
haben, diesen Einfluss zu überschätzen. Lüttichau befolgt-
schon aus eigenem Antriebe die Politik, den vorzüg-
licheren Darstellern an seinem Theater eine Conciirren/
nicht zu schaffen. Es war eine seiner fehlerhaften An-
sichten, unter der das Ensemble nicht wenig litt, das<
es zweckmässig sei, die dritten, ja hier und da sclu»u die
zweiten Fächer mit schwachen, dafür aber gefü^ngen
Kräften zu besetzen, die sich mitunter fast ebenso an-
spruchsvoll zeigten wie der primo uoiiio.
Es war also kein Zufall, es war nicht bloss äusserer
Einfluss, dass die lange Lüttichau'sche Verwaltung des
Dresdner Hoftheaters im Ganzen eine so glanzvolle war,
es beruhte vielmehr zum grossen Theil mit auf höchst
schätzenswerthen Eigenschaften dieses nicht in genügender
Weise anerkannten Mannes.
Aber andererseits waren ihm auch die Verhältnisse
wieder günstig. Er hatte noch die Wahl unter thefls
— 615 —
grossen^ theils ansehnlichen Talenten. Der an den Theatern
herrschende Geist war noch ein mehr auf das Interesse
des Ganzen gerichteter. Die Ansprüche der Künstler
waren noch immer bescheidnere. Die Specnlation hatt(*
sich noch nicht des Theaters wie heute bemächtigt. Sie
regte sich in den 40er Jahren nur vereinzelt in stärkerem
MassC; sie bildete zwar schon in den 50er Jahren das
Virtuosenthum aus. Völlig entfesselt wurde sie aber doch
erst nach Lüttich au's Tode.
Dies werden Diejenigen zu beachten haben, welche
die folgende Periode zu schildern beabsichtigen; für die
mir das genügende Material noch nicht vorliegt.
Verzeichniss
der
vom L Okt. 1816 bis L Jan. 1862 auf dem EönigL Sachs. Hofthettter
zu Dresden neu aufgefahrten Stücke«
1. Tranerspiele.
der 1. Auf-
führung,
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18
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^510'27
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110 31
27 4 19
Name des ^
Verfassers n. Bearbeitet». ^
Rabale uud Liebe . . .
Fiesco
Clavigo
Heinrich von Anjou ....
Gordon und Montrose . . .
König Yngnrd
Agnes Bernauerin ....
X: anst .••......
Apel und Walpurg ....
Die Abnfrau
Heinrich IV. von Frankreich *
Sapplio
Don C arlos
Die Zwillinge
Die Heimkehr *
Wallenstein's Tod . . .
Don Gutierre
Die P^eistatt
Die Braut von Messina
Das Bild
Hamlet
Die Fürsten Chawansky . . .
Peter der Grosse und Alexis *
Anna Boleyn *
Die Flucht nach Kenilworth
Romeo undJulia. . . .
Koni g Lear
Die Feinde
Isidor und Olga
Alexander und Darius * . . .
Julius Cäsar
Othello ........
6 Schiller 10
5 Schiller 29
6 Goethe 11
5 Job. Bapt. V. Zahlhas . . 7
6 Prof. Reinbeck . ... 3
5'A. Müllner 6
5,Törring .1
5|A. Klingemann .... 2
6|0ehlenschläger .... 2
5 Grillparzer
öjEd. Gehe
öj Grillparzer
6'Schiller
ojKlinger
4'Frhr. V. Houwald . . .
llScbiller .......
6 Caldcron, flbcrs. v. West .
5 Frhr. v. Houwald . . .
1 Frhr. v. Houwald . . .
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5 'Shakespeare, nach Schleg«!
öIe. Raupach . . ... 2
5E. Gehe 2
4;E. Gehe 2
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5| Shakespeare, nach Schlegel 15
5 1 Shakespeare, nach H. Vow' IS
5 Frhr. v. Honwald ... 1
3iE. Raupach 28
6 vUechtritZjMus.TMarschner 6
5 Shakespeare, nach Schlegel. 13
6 Shakespeare, nach Voss . 1$
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*) Bis 1. Januar 1862.
lathii
r Woi
Coneg^o und Michel Angelo
Lieba lun Liebe
Üb bShmUeheu AniAzoaen . .
Die ErdflnDnng vnu titnolenak
Da« Lohen ein Traum . .
Der giiiuc Mnnn
Der Abend am Waldbruunen .
Der Kicchhof von Sftvelthem • .
Die AuHsIcner
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Vetter Benjnmin ans Polan . . . .
Agnes von der Lille
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Der Haustyrann
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Uas KäthehoD von HeH'bToDn
Ua£ Alpi?urS«leiii,d. Patent n. d. Shawl
Die Zweifleii»
Die Familie Bosenttein
Die Betagorung von äolotbnm . .
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Der Lonchtlhiirm
Dur Tngahefehl
Rettung für RettuDg .
EÜw von Vnlberg
MeiisuLenhasB und Ueac, n. bearb. .
Dcodata
Fluch und öeguit
IphiKonia . .
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Die Truhe .
Johann, Hersag von Fionluid ,
Das Feuer im Walde
Die Waise aus Genf
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Die beiden Duennen
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Die beiden G.ileerenskkven . .
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Antonius und Cleopatra*
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Die Makkabäer
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3. Schanspiele.
Van Dyk's Landleben * . . . .
Die Waise und der Mörder . .
Pflicht um Pflicht
Renata
Die Abenteuer der Thorenburg.
Graf Benjowskv
Phädra . . ."
Die Vorposten
Das Taschenbuch
Das Nachtlager in Granada * .
Das Erntefest
Die Familie Anglade
Der ewige Jude
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3 n. d. Französ. v. Castdli . 1"
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Verfassers u. Bearbeiters, i ^
Nathan der Weise
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Liebe um Liebe
Die böhmischen Amazonen • . . .
Die Erstürmung von ämolensk . .
Das Leben ein Traum . . . .
Der graue Mann
Der Abend am Waldbrunnen . . .
Der Kirchhof von äavelthem * . . .
Die Aussteuer
Die Piccolo mini
Vetter Benjamin aus Polen . . . .
Agnes von der Lille
Marie
Simson
C'zar Iwan
Die Selbstmörder
Der Ilaustyranu
Wal leuHtein's Lager
Cervantes in Algier
Das Käthchcn von Heilbronn
Das .\lpenröslcin,d. Patent u. d. Shawl
Die Zweiflerin
Die Familie Rosenstein
Die Belagerung von Solothum . .
Petrus Appianus
Der Leuchtthurm
Der Tagsbefehl
Rettung für Rettung
Elise von Valberg
Menschenhass und Reue, n. bearb. .
Deodata
Fluch und Segen
Iphigenia
Die Geschwister
Die Truhe
Johann, Herzog von Finnland . . .
Das Feuer im Walde
Die Waise aus Genf
Prinz Friedrich von Homburg*
Die beiden Duennen
Preciosa
Die alten Spielkameraden
Die beiden Galeerensklaven . . . .
Clementinc
5 G. E. Lessing
2 Oehlcnschläger
iJAug. Rublack
fi'v. d. Veldc
4;Frau v. Weissenthurn . .
4iCa]lderon, übers, v. Gries
3 n. d. Französ. v. Th. Hell
l'iFr. Kind
llFr. Kind .
6|lffland
6iFr. Schiller
oJH. Cuno
51 Fr. V. Weissenthum . . .
1;A. V. Kotzebue
5|Dr. Blumenhageu . . . .
2 Castelli
1
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1
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6lH. V. Kleist, bearb.v. Hol bein
3' Holbein
1;A. Müllner
3.n.d.Fz.d.Duval,v.KurlXnder
2 Weidmann
l.Fr. Kind
2 Frhr. v. Houwald . . .
2K. Töpfer
5 Beck
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6,A. V. Kotzebue ' 13
4|A. V. Kotzebue ' 2
2 Frhr. v. Houwald . . . .! 10
6 Goethe 16
llGoethe ' 81
l|Fr. Kind 2
5! Fr. V. Weissenthum ... 7
l'Fr. V. Heiden .1 1
3 n. d. Französ. v. Castelli . I 7
6. H.V.Kleist, Mas.vMar8chucr! 31
llnach Brazier, t. Castelli .| 6
4 Wolff u. C. M. V. Wober .,106
2|Frhr. v. Houwald . . . .j 1
sin. d. Frantös. v. Th. Hell '
I Mus. V. Schubert . . .17
1
n. d. Fr», v. Th. Hell
16
Ali Baba ■
Fürst und Bürger •
HeinnRnii und Dorothe» , . . .
Der NachscIilriBsel
Die JEteiite nncli Amerika ....
Dio beiden äergesuten
MiltemacLt oder <lle £iitbOUaiig .
Die Si'tinle der Alten
Die Advocaten
Der Korb
Der Halthexer
Ein Tag Kar!'« V. , . . .
Der ErbvcTtrae
Die Stimme der Natur . .
Der I-Dwe von Kurdistan .
Torquato TasBo . . . .
Bcliiu
Haus Ijauiia
DroiTageaua dem Leben dnes Spielers
Der Zweikampf
Die Königin von IS Jaluen • ■
Die Braut von Kynaet ....
Vulva*
Adelmn
Der Krönungalag •
Kin Tag vor Weibnachten. . .
llearu. Kfinig von Ilactriana* .
K»nig Heinrieb ]V.
Dei ■■■
illa.
ScblosB Greifen Bti-in .
Der alte JutiggeEetle
Der Enkel
Künig Heinricli IV., 11. Tbl.
Der Bettler
Pfüffer-IMBel
Das Blllmeben Wniiderhold . . ,
Die BeynliHteD
Philipp
Das Duell-Mandat
Die Gebriider Förster
Sauer iat hUss
Maxiinilimia Brantiug . . . . .
8». d.FT«.T.Th. Hell,
I T. Uancbner ....
8 Prhr. t. Honwald . , .
in. Goethe, ». C. Töpfer
3'n. d. Vn. v. Vogel . .
llFr. T. "Weiaaentborn . .
3 u. Aubigny, v. Th. Hell
3 n. FrWMc u. Croni« .
S'n. Cas. Delavigiie, t. Ho*
ailffland
a'n. d. Fr«. V. Th. Hell .
2|P. M. Dilg
5 E. Gehe
SCastelli. ...
2 Vogel
iSchrfider
ö|v, Frlir. v_ Anffenberg .
6 Goethe I
öEd. v. Schenk '
4 Dc'inhardstcin |
3 n. d. Fn. V. Th. Hell .
5 n. d. Engl. v. Kotlindct .
2 n. d. Fr», v. Th. Hell .
i Klingeniann
5 n. d. Fra. t. Th. Hell, Mm-!
V. Rcieaiger J
fi n. d. Engl. r. \'ogel . . I
6A. Heiter !
2U. Töpfer I
SA, Heiler
6 Shakespeare, u. bchlegel -
6 n. Lopc, V. Zedlitx. .
6]Ch. Bircli-Pfeiffer . .
b'.u. Cooper
ijn. d. Frz. v. Th. Hell .
6 ShakcBpcAre. n. Sehlegfl
i'e. Ranpach
BCh. Bireb-Pfeiffer . .
ttpindlcr, v. Li«mberl -
i E. Raupach
- d. Fn. V. Th. HeU . .
d. Engl. V, C, Töpfer . Ü
DeiuhArdsli'iuJkl.r BwDtlli i
— 621 —
§ SP
1. Anf-I
Name des Stücks.
1| 7
3:23
4|11
4 27
5161
19
13
6
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10 6
10 22
10 29
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8 2
3 27
4 6
9 7
930
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1 1
121
1
Malwine
Das Mährcheu im Traum
Herr und Sklave
Der Erde reinstes Glück. Festspiel. *
Das Irrenhaus von Dijon
Leonore
Haos Luft
Das gi*aue Männlein
Die Macht des Blutes
Des Goldschmieds Töchterlein .
Die Familie Rickeburg . . . .
Die Puritanerinnen
Die Liebe auf der Alm . . . .
Der Bandit
Crom well Protector
Der Hirsch
Der Schuldbrief
Caravaggto
Der Traum ein Leben . . . .
Die Fürstenbraut
Joko, der brasil. Affe
Der alte Student
Die Vorleserin
Sie ist wahnsinnig
Johannes Guttenberg
Die Tochter des Geizigen . . .
Gunst und Liebe
Der Landwirth *
Folgen einer Misshcirath . . .
Der Keisewagen
Lanrctte
Hans Jürge
Das Gastmahl zu Rudolstadt *.
Shakespeare in der Heimath . .
Markgraf Friedrich ♦
Der Landwirth
Marie oder ZeitrSume
Die Schule des Lebens ....
Die Tochter CromwelFs ....
Vetter Heinrich
Rubens in Madrid . . . ,
Kean
Mariana
Lorbeerbaum u. Bettelstab
S
o
<
Name des
Verfassers ii. Bearbeiters.
2jn. Scribe, v. Hell
3 E.Raupach, Mus. y. Rastrelli
2 Zedlitz
2|Th. Hell, Mus. v. Reissiger
3 n. d. Frz. v. Meyer, Mus. v.
Baldenecker ....
3 Holtei, Mus. v. Eberwein
3 n. d. Frz. v. C. Lebrun
Ed. Devrient, Ms. V. Taubert
I
3 Moreto, übers, v. Jeiteles .
2 C. Blum
Ijn. Scribe, v. Castelli. . .
2 n. d. Frz. v. Lebrun . . .
3|a. Schmidt
2!n. d. Engl. y. Both .
6lEd. Raupach ....
2C. Blum
liFrhr. v. Houwald . .
3'n. d. Frz. t. Th. Hell
4 Grillparzer 2
5 Prinz. Amalia t. Sachsen.) 6
3jn. Gabriel, v. Eisner ... 2
2!v. Maltitz ; 26
2in. Bayard, v. W. Koch. .< 16
2jn. Melesville, v. Th. Hell. 17
6jCh Birch-Pfeiffer .... j 19
2'n. Bayard, v. Th. Hell. .< 6
5
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10
1
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5
6
6
4
Ch. Birch-Pfeiffer . . . .; 9
Prinz. Amalia v. Sachsen.- 33
2
17
8
16
8
n. Ancelot, v. Castelli .
n. Melesville, v. Th. Hell
n. d. Frz. v. Th. Hell .
V. Holtei
E. Gehe
V. Holtei ; 2
M. Döring, Mus. v. Anacker > 2
Prinz. Amalia v. Sachsen.*
n. d. Frz. v. Th. Hell . . 8
E. Raupadi 19
n. Rochemont, von Alex.
Cosmar .4
6
Ch. Birch-Pfeiffer .... 31
n. d. Fr«, v. Wollheim . . 5
n. Sheridan, v. Treitschke | 1
v. Holtei 9
— 622 —
1
9i
derl. Auf-
fflhmng.
Name des Stücks.
S
98
o
39
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3
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12
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11 2
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10 22
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12 18
1 27
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i 8 21)
' 8 30
llO 2
'10 -21
10 -28
11; (
Der Pflegevater ,
Corona von Saluzzo . .
Andrea
Verimingen
Der Maler
Ein Duell unter Richelieu
Vater und Vormund . .
Luise von Lignerolles . . ,
Zurücksetzung
Die Geschwister ....
Wilhelm Kollmann ...
Des Stranders Tochter .
Der
Der
Der
Der
Pflicht und Liebe
Geliebte und Braut
Noch ist es Zeit
Der Dorfarzt
beste Arzt
Fabrikant
Staatsminister
Fremde
Sclieiben-Toni
Die Sklaven
Werner oder Herz und Welt .
Schwärmerei nach der Mode ,
Marie
Jarvis
Heimkehr des Sohnes ....
Ideal und Leben
Elisabeth
Der Sohn der Wellen ....
Bruder Kain
Muttersegen
Der Sohn der Wildniss . . .
Die Tante in Corsica ....
Die Krone von Cj'pern . . .
Ein weisses Blatt
Der Siegelring
Nacht und Morgen
Canioens
Ein Gelieimniss
Der Königslieutonant . . . .
Ein Brief
Treue Liebe
Vater Hiob
Shakespeare
Name des \x
Verfassers u. Bearbeiten. > ^
j^
1
10
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*•
2
S
5
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5 E. Raupach 4
4 Dr. A. E. Wollheim . . .
6 Ed. Devrient
8 n. Scribe, y. A. Herrmann
3n. Lafroy, t. Grohmann .
3 n. Souvestre, Y. A. Herrmann
6n. LegouvÄ, v. Th. HeU
4 0. Töpfer 1$
3 E. Raupach 18
4 1
5'n. Sheridan Knowles, v.
Treitachke 3
2 Prinz. Amalia y. Sachsen. S
2 n. Souvestre, y. Schuater.* 1
3A. P 8
2in. Melesville 2
4!Fr. Fels 5
3;n. Souvestre, V. Ed. Devrient 11
5 n. Bulwer, v. Dr. Bärmann , 3
5 Fr. V. Weissenthum ... 5
5Ch. Birch-Pfeiffer .... 9
3 n. Foucher, v. A. Herrmann 1
5 C. Gutzkow 19
4 C. Blum 3
4A. P 2
2 Lafont 6
I Prinz. Amalia v. Sachsen. 1
5 E. Raupach 2
6JCh. Birch-Pfeiffer .... 3
5!Dr. Bärmann 5
4'H. Schmidt 2
6 n. d. Frz. v. Friedrich . 17
5|Halm 17
3' 1
.5|Ed. V. Schenk .'2
5;K. Gutzkow 9
4 Prinz. Amalia v. Sachsen . 3
5 Ch, Birch-Pfeiffer .... 14
1 Fr. Halm 1
3ii. d. Frz. v. Kettel ... 3
5 K. Gutzkow IT
5|Ch. Birch-Pfeiffer .... 8
5 Ed. Devrient ....... 13
2 n. d. Französ. v. Bamstein 1
3 Braunthal 2
— 623 —
-l.Aaf-
Name des Stücks.
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Mutter und äohn
Fräulein v. Belle-Isle . . .
Estella
Christoph und Renata. . .
Thomas Thymau
Die Marquise v. Vilette . .
Ein Soldatenherz
Der Brief aus der Schweiz
Der dreizehnte November .
Die Dame von St. Tropez .
Der alte Magister
Graf Waltron
Don Cäsar von Iran . . .
Ein deutscher Krieger. . .
Ahasvcr
Ein Weib aus dem Volke . . .
Der Meister und seine Qesellen
Anna von Oesterreich
Die Karlsschttler
Eine Familie
Köuiii: Ren^'s Tochter
Hausmütterchen
(Jeorg Washington*
Der Hankerottirer
Donna Maria de Molina. . . .
Ein Hillet
Das Versprechen
Wullenwel)er*
Dorf und Stadt
Ottfeld's Erben*
Die Valentine
Luiz de Sousa ........
Der l*farrherr
Christoph Columbus
Land^rraf Friedrich*
Die Macht der Vorurtheile . .
Raphael Sanzio
Der Kf^nigpHeutenant* ....
Dcborah
Im Walde
(iraf Waldemar
Adriciine
Mazarin
Der Kaufmann
Der («enius und die Gesellschaft
<
Name des
Verfasserg lu Bearbeiters.
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Ch. Birch-Pfeiffer . . . .
n. Dumas, v. Holbein . .
n. Scribe
n. Auvrey, v. C. Blum . .
Ch. Birch-Pfeiffer . . . .
Ch. Birch-Pfeiffer . . . .
n. d. Frz. v. F. Heine . .
Prinz. Amalia v. Sachsen.
K. Gutzkow
n. Bourgeois u. Denery .
R. Benedix
Ch. Birch-Pfeiffer . . . .
n. Dumanoir, v. Friedrich
Bauemfeld
n. d. Frz, v. C. Schmidt,
Mus. V. W. Fischer . .
n. Dcnnery u. Mellian . .
Heyne
Ch. Birch-Pfeiffer . . . .
20
1
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5 H. Laube 17
fiCh. Birch-Pfeiffer .... 8
1 n. Henrik Herz, v. Leo .18
1 n. d. Frz. v. F. Heine . . 9
6J. Dornau j 3
2 Aug. Haakc 3
5,F. Halm 1
5 Ch. Birch-Pfeiffer .... 8
11 Bauernfeld 3
51k. Gutzkow 3
5Ch. Birch-Pfeiffer .... 39
5 Prinz. Amalia v. Sachsen . 2
6G. Freitag 20
3'd'AlmeIda-Garrett .... 2
5Ch. Birch-Pfeirter .... 12
3 Werder 3
5 Alex. Rost 2
4 Elis. Sangalli 2
5A. V. Wollheini 3
5K. Gutzkow 17
4iS. Mosenthal 22
4 Ch. Birch.I*feiffer .... 6
oG. Freitag 5
5 0. PriH-htler '2
4 CiL Birch-Pfeiffer .... 8
T) R. Beneuix * 5
6 KlUe Schmidt II
Hölaerlin's Liobe'
Die BuSB -v, Avignon . . , .
Ein deutacliöB Dichteriebon ,
Bojttizo und seine Familie
i Cymbelino»
Das Forsibnug
a ist Bcbuldijf
0 Kill Ring
■ ■"■ la von Minnandfl . . . ,
9 Hie AdaptiTSchwastBi . . . ,
f'aolo Bocca
Nälikflthcheu*
Kill nltor Musikant
4 Bullivftn
Wie man HSusor baut . . .
1 Domen und I.urbcer . . . .
3 i'rau
] Die Tocli
Mathilda
Küse und RKaclicn . .
Die Waise aus Lowood
1 Znr und Bürger * . .
Der Sonnwondliof . . .
Der Spiel woarenhSndlor
Die alte Jungfer . . ,
Ella Rose»
1 Brüder*
Anton und Cordelia* . , . .
e Lady von Womley Hall .
Uelior"» Meer.
cfangcDca .
Nur
3celo»
e Grille .
Die OatemscUt *
1 Der Copist
1 Hemricli von Schwerin
i BaaTGBtainünt dcn^oasonKurfUreten
1 Uahomed und Irene*
Heinrich der Löwe
5 Ifflanrl
Pliilippine Welse
Name du
Verfassers u.
l Feodor Welil
tCh. ffirch'Pfeiffer ....
b S. Moacnthal
6 n. d. Fr«. ». Man- ....
6 bhakeapoare, oing, t. BÜrck
■ICh. Birch-Pfeiffer ....
1. Maresu n. DelcMW .
aCh. Birebrteiffer ....
5 n. Emil Jlogier
' I. ä. Fra. v. Heiner
). Prechtler
3Th, Apel I
1 Ch. Birah-PfeilTer ....:■
,. MelMville
ijCli. Bifcli-Pfeifier ...,'■
2n. C. Leforl '
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' L, d. Fn -
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3Ch. Birch-Pfeiffer . . , . li
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I, d. Fri. V. Krllch . . . ■
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11
15^
Heinrich IV. (Beide Theile) . . . .
Der Leiermann und sein Pflegekind
Die Tonkunst und deutsche Meister*
Elisabeth Charlotte
Freund Grandet
Ein Kind des Glücks
Mit der Feder
Die Stiefmutter
Theodor Körner
Die Herrmannsschlacht . . .
Ein WintermShrchen . . .
Der Goldbauer
Kuss und Gelübde*
Der Zunftmeister von Nürnberg
Das erste weisse Haar* . . . .
I
5 n. Shakespeare, v. Laube .
4Ch. Birch-Pfeiffer . . . .
1 Dr. Jnl. Pabst
5 Paul Heyse
3 M. V. W
5 Ch. Birch-Pfeiflfer . . . .
1 S. Schlesinger
3R. Benedix
1|H. Dreher
5 H. V. Kleist, bearb. v. Feod.
Wehl
4 Shakespeare
4Ch. Birch-Pfeiflfer . . . .
5 G. Kühne
5:0. V. Redwitz
1 n. Oot. Feuillet, v.R. Wald-
müller (E. Duboc) . . .
3. Lustspiele und Possen.
Der Vielwisser
Der Verschwiegene wider Willen.
Der Schneider und sein Sohn . .
Die beiden Klingsberge
Welcher ist der Bräutigam . . .
Der Jurist und der Bauer ....
Das* LiebcspÄrchen
Der Diener zweier Herren ....
Consequent
Das Gut Sternberg
Der Blitz
Er mengt sich in Alles
Der Geizige
Das Mädchen aus der (Vemde. .
Die kluge Frau im Walde . . .
Peter und Paul
Der erste April
Standesproben
Die Onkelei
Shakespeare als Liebhaber. . . .
Das Wachscabinet
Der verbannte Amor
Donna Diana
Der Weinberg an der F21be*. . .
6 Kotzebue
llKotzebue
ö'n, Morton, v. Schröder
4 Kotzebue
4 Frau v. Weissenthum
2 Kautenstraueh ....
2 Fr. (Jeorgi
2Goldoni
4, Fr. (ieorgi
4Trau V. Weissenthum
Va. Müllner
4
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5, Jünger
6 Meliere
2.E. Willig
5 Kotzebue
3Castelli
1 E. Lebrun
3 Babo
1 A. Müllner
1 n. Duval, v. Kurländer.
2KlJihr
I Kotzebue
ö n. Moreto, v. C. A. West.
II Fr. Kind, Musik ▼. Weber
8
16
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— 626
der I.Auf*
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18
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10il9
U. A. w. g. oder die Einladungskarte
Trau, schau, iveml
Das wilde Heer
Der Citherschläger und dasGaugericht
Der Freimaurer
Die drei Wahrzeichen
Die Brüder Philibert
Der Schiffscapitän
Der Hund des Aubri
Der Schatz
Die Drillinge
Der Doppelpapa
Die vier Jahreszeiten
Der Bettelstudent
Die Abenteuer im Gasthofe . .
Der Verräther
Der unterbrochene Schwätzer .
Der Rasttag
Die Flitterwochen
Das Landleben
Die Charade
Die armen Maler
Die Laune des Verliebten.
Das Vogelschicssen
Der Liebe Zauberkünste. . . .
Die Entführung
Der Mann im Feuer
f^nlly und Quiuault
Der Hausdoctor
Die vier Temperamente . . , .
Vierzehn Tage nach Sicht . . .
Ein Besuch im Narrenliause. .
Das Loch in der Thüre . . . .
Carolus Magnus . . . .
Die eifersüchtige Frau .
Verlegenheit und Li.st
Die seltsame Wette. . .
Die Gunst der Kleinen .
Das letzte Mittel , .
Capitän Belronde ....
Die seltsame Entfilhrung
Beruf zur Kunst ....
Das war ich
Die beiden Gutsherren .
Name des a
Verfassers u. Bearbeiten, s
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A. V. Kotzebue
K. Schall . . .
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2A. V. Kotzebue
1 A. V. Kotzebue
6 Fr. V. Holbein
3n. Picard, y. C. Blume. .|
1 n. Th^aulon, v. Frhr. ▼.Bie-
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IP. A. Wolff
1 Contessa
4 Bonin
3G. Hagemann
2.Charron
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Fr. llolbcin .
Ij Contessa . .
1 n. d Franzis,
li Schilling . .
3 Steigcntesch .
2|Kurländer. .
1 Karl Jent6 .
1 Goethe . . .
5 H. Clauren .
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3 Jünger . . .
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Poinniersebc Intriguen
Der Kaufmann von Venedig .
Der Hetblehemitische Kindermord
Da« öiTentliche Geheimniss . . . .
Nein!
Der Edueationsrath
Ich bin mein Bmder!
Das Posthaiis in Treuenbrietzen . .
Es ppnkt
Der Nao'itwächter
Der Wihlfang
Der Oberst
Der SecrctJir uod der Koch . . . .
Lehrer, »Schüler und Corrector . . .
Des Herzogs Befehl
Der Ih'irgermeister von Sciardam . .
Die Reise zur Hochzeit
Der Zinngiesscr
Die Bnlder
Die Taleutprobc
Proherollen
Der Alte mujs!
Wohlfeil leben
Die beiden Hillets
Nr. 777
DtT bucklige Liebhaber
Dif Heise na<'h Dieppe
Der Wuuderwhrank
Der Weibertauseh
Die Pilgerin
Cervantes Porträt
Der Uuschu'ldige muss viel leiden .
Der Bräutigam aus Me.\ieo . . . .
Die heimlich Vermählten
Sympathie
Ich irre mich nie!
Die bucliMtäbliehe Auslegung d.Gesetse
2
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2
Junggeselle und Kiiemann
Marie und Marlise
Der Hofmeister in tausend Aengsten .
Der Empfehlungsbrief
Der Wollniarkt
Die Engländerin
3 C. Lebrun
5 Shakespeare, übersetzt von
Schlegel
2 Schauspieler Geyer. . . .
3 n. Calderon u. Gozzi, von
Lembcrt
1 Frhr. v. Mßser ' 7
1 A. V. Kotzebue 5
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IjA. V. Kotzebne "3
2 Frau v. Weissenthum . . 10
2 Th. Kömer i 14
3 A. V. Kotzebue 6
1 n. d. Französ. v. Walldorf ! 12
1 n. d. Französ. v. Scribe .1 11
1 n. d. Französ 3
4 C. Töpfer 19
3,G. Römer 7
31 n. d. Französ. v. Lembert ßO
2'n. Holberg, v. Treitschke. 7
5 n. Tercnz 3
llGubitz 1
1 : Breitenstein '2
2C. L. Costenoble 3
5 n. Schröder, v. Costenoble 2
1 Ant. Wall . 9
1 C. Lebnin 65
1 n. d. Französ. v. Castelli . • 1
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4 Holbein 3
1 n. d. Französ. ▼. Castelli . 2
4 Frau v. Weissenthum . , 4
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3 n. d. Französ. v. Th. Hell 18
5 H. Clauren 13
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2|n. d. Französ. ▼. C. Lebrun 20
3 n. Vafflard u. Fnlg^me, v.
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Der Herr Gevatter
Die Schule der Eheschenen . . . .
Der Traum
£iu Hans zu verkaufen
Der Prinz und der Kammerpäohter .
Die lachenden Erben
Der Kuss nach Sicht
Der wahrhafte Lügner
Die beiden Figaro ,
Flinte und Pinsel ,
Die eheliche Probe
Der Parasit ,
Die Steckenpferde ,
Sechzehn Jahr und schon so alt!
Die beiden Briten
Die Unzertrennlichen ,
Ahnenstolz in der Kirche . . . ,
Schein und Sein
Die Dame Kobold*
Krziehung macht den Menschen
Zwei sind fünf
Komm' her!
Pferde und Wagen
Die falschen Vertraulichkeiten .
Erste Liebe
Zu zahm und zu wild
Der letzte Tag der Herrlichkeit
Die Komödie aus dem Stegreif.
Liebeszunder
Das ändert die Sache . . .
Flatt ersinn und Liebe . . .
Die Erbschaft
Röschens Aussteuer ....
Kunst und Natur
Er weiss Alles
Ein Mann hilft dem andern
Lasst die Todten ruhen . .
Die MMntel
Dichter und Schauspieler .
Schlafrock und Uniform. .
Die Flitterwochen ....
Die Benefizvorstellung. , .
Das Manuscript
1 n. d. FranxOs. v. Th. Hell
3
Frau V. Weissenthnm . .
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n. d. Fransös. ▼. Th. Hell
Dalberg
n. d. FranzOfl. v. ScMller.
P. A. Wolf '
n. d. FransöB. v. Th, Hell
3'n. d. Französ. v. C. Blum
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n. Seribe u. Maz^res , von
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n. Miravaux
n. d. Französ. v. Th. Hell
A. Albini
1 J. F. Jünger
l!n. Seribe u. Delavigne, von
Castelli
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4'n. d. Französ. v. Kurlünder
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S'n.d. Franz.v.Fr.Elmenreich
4|A. Albini
4 In. Picard, v. Dr. Birch. .
l'Fran v. Weissenthum . .
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E. Raupach
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n. d. Französ. v. L. Augtly
n. d. Französ. v. Th. Hell
n. d. Französ. v. Th. Hell
Frau V. Weissenthum . .
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Die Veniunftlieirath
Der Manu von fUnfsig Jahren
Der Diplomat
Mirandolina
Der zerbrochene Krug .
Glück durch Unglück ....
Der K<1nig von gestern . . .
Man k<inn sich irren ....
Nelimt ein Kxenipel daran . .
Die Öchloichh.Hndier
Das Quartettchen im Hause .
Spiele des Zufalls
Der geraubte Kuss
Der beste Ton
Das Haus am Walle ....
Der versiegelte J^ürgcrmeister
Familienleben Heinrich IV. .
Die Zeichen der Khe ....
Humoristische Studien . . .
Die feindlichen Brüder . . .
Die seltsame Audienz ....
Albrecht Dürer
Aurelia
Der Hochzeitstag
Der Stiefvater
Viel Lärmen um Nichts*
Zwei Jahr verheirathet . . .
Offne Fehde
Schüchtern und dreist. . . .
Die Kitersüchtigen
Kuss und <^hrfeige
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Der aufrichtige Freund . . .
Männerfreundschaft
Die Helden
Die l'cberbildeten
Der schelmische Freier . . .
Der Zeitgeist
Kin Stündchen incog^ito . .
Die junge Pathe
(;iück und Ungrlück . . . .
Des Malers Meisterstück . .
Der Khestifter
Freien nach Vorschrift . . .
Die Damen unter sich . . .
2 n. d. Franzfts. v. Th. Hell 4
2 P. A. Wolf '4
2 n. Scribe u. Delavigne, v.
Th. Hell 12
3 n. (ioldoni, v. C. Blum. , 35
1 H. v Kleist 12
1 Schildbach 1
1 St. Schütze 1
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F. K. Lippert 2
Ed. v. Schenk 3
n. Delavigne, v. Castelli . 8
F. A. KurlÄnder . . . . 1
E. Raupach 4
Shakespeare,übcrs. v.Tieck 15
n. Scribe, v. Th. Hell . . 3
Huber 2
1 F. A. Kurländcr 3
4 Schröder 1
1 C. Schall 2
2n. d. Eujrl. v. Th. Hell .; 2
1 F. A. Kurländcr .5
4Ju.d.Engl.v.GrammetstKtter t 2
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2 Frau v. Wcissonthum . .
2 n. Goldoni
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1 n. Dupaty. v. Tenclti . . .
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Ricliard*8 Wanderleben
Demoiselle Bock
Die Scheidung
Das Sonnet
Onkel Brand
Dominique
Das Liebesprotokoll
Der Kammerdiener
Der Gutmacher
Der Schlechtmachcr
Die un versehene Wette
Der Elironhüter
Der Papa und sein Söhnchen . .
Leichtsinn und Liebe
Die Mitgift
Der Staatsgefangene
Der Gelehrte
Der räthselhafte Kranke. . . .
Garriek in Bristol
Das letzte Abenteuer
Malwine
Der Gang ins Irrenhaus
Die Schule für erwachsene Kinder
Der erste Eindruck
Der Doppelgänger
Das Anekdotenbüchlein
Der Brautschleier
Der Nasenstüber
Der Quäker und die Tänzerin . .
Der (irosspapa
Camilla
I
Liebe und Liebelei
Nach Sonnenuntergang
Die Geprüften
Bube und Dame
Nur er will sprechen
Der erste Schritt
Warum?
Blind geladen
Der Platzregen als Kheprocurator
Brief und Antwort
Unser Verkehr
Aline, Königin von Golconda . .
Die Bekenntnisse
n. Meliere, v. Holbein . .
n. d. Engt von Kettel . .
J. E. Mand
n. d. Franzög. v. Kettel .
E. Raupach
n. d. Französ. v. Angelv .
n. Epagny, v. Th. Helf .
E. Banernfeld
n. d. Französ. v. Krickeberg
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n. Giraud
n. Sedaine, v. Gotter. . .
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1 n. Goldoni, v. J. Mrcksch
n. d. Französ. v. Th. Hell
2,n. Scribe
2'n. Goldoni, v. J. L. Schmidt
4 Deinhardstein
5;E. Bauernfeld
2|n. Scribe, v. Th. Hell . .
1 n. Scribe, v. Herzenskron.
5 n. Thomas Norton . . . .
In. Scribe, v. Both . . . .
4 F. v. Holbein
1 n. d. Französ. v. Castelli.
1 Frau V. Wcissenthum . .
3 £. Raupach
l-n. d. Französ. v. Stawin.«ky
In. d Französ. v. Elmenreich
2 n. Scribe u. Bayard , von
Th. Hell
Dr. Römer
2 n. d. Französ. v. Lotz . .
5 Frau v. Weissentlium . .
3 C. Töpfer
1 n.d. Französ. v.F.C.Schmid
4 Frau v. Weissen thnrn . .
In. d. Französ. v. W.Koch
1 Kotzebue
2 E. Raupach
1 C. Lebrun
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Lüge und Wahrheit
Die Reise auf gemeinschaftliche Kosten
Michel Perriu
Von Sieben die Hftsslichste . . . .
Gleiche Schuld, gleiche Strafe . . .
Er befahlt Alle
Die Braut ans der Residenz* . . .
Eine Freundschaft der andern werth
Die weisse Pikesche
Capricciosa
Die Einfalt vom Lande
Acht vernünftige Tage
Vier Schild wachen
Frack und Livree
Trübsale einer Postwagenreise . . .
Die Gunst der Kleinen
Das Gespenst auf der Terrasse. . .
Der Freund in der Noth
Fehlgeschossen
Endlich hat er es doch g^t gemacht
Drei Frauen auf einmal
Die Letbroiite . .
Der Stellvertreter .
Sohn oder Braut .
Das goldne Kreuz
Der Oheim. . . .
Geliebt oder todt .
<
Name des
Verfassers u. Bearbeiters.
I
Die Schwestern
Der Ball zu Eller brunn
Die Ehrendame
Die Heirath durch Zwiebeln. . . ,
Der Verlobungsring
Guten Morgen, Vielliebchen . . , .
Der Kammerdiener
ABC
Die Zwillingsbrttder
Der Zweikampf im 3. Stocke . . .
Die beiden Cousinen
Dreiuuddreissig Minuten inGrüneberg
Der Unentschlossene
Der Theatenliencr
Der Berliner Droschkenkutscher . .
4 Prinz. Amalia von Sachsen
6,n. d. Franz. v. Angely . .
2n. d. Frz. d. Melesville, v.l
Th. Hell
4 Angely
3'n. d. Franz. v. F. E. Schmidt
l|n. d. Französ. v. W.Koch
2, Prinz. Amalia von Sachsen
3,C. Lebmn
IjTöpfer
3n. Federici, v. C. Blum.
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C. Töpfer
n. Castelli, v. Herzenskron
Vogel
n. d. Französ. d. Scribe, v.
Lembert
n. d Französ. v. Angely .
n. d. Französ. v. Rosenau
Bftuerle
Costenoble
n. d. Engl. v. Albini. . .
n. d. Franz. des Scribe, v.
Cosmar
V. Maltitz
n. Scribe, v. Angely . . .
Georg Harrys
n. d. Franz. v. Georg Harrys
Prinz. Amalia von Sachsen
n. d. FranzÖ8. d. Scribe, v.
Th. Hell
n. Varin, v. Angely . . .
C. Blum
n. Dupin, v. Cosmar . . .
4 Prinz. Amalia von Sachsen
1 Adalb. vom Thale . . . .
4P. A. Wolf
2 n. Colman, v. Kettel . . .
2 n. d. Französ. v. Angely .
In. d. Französ. v. Angely .
d. Französ. v. Parowal
Holtei
2n.
Iv.
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N .1 m e des Stücks.
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Bürgerlich und romantisch. . .
Der Pariser Taugenichts. . . .
Die Gunst des Augenblicks . .
Onkel und Nichte
Das Fräulein vom Lande*. . .
Der Verlobungsring*
Das Schreckensgewebo . . . .
Die gefahrliche Tante
Tartuffe
Die Liebe im Eckhause . . . .
Das Frühstück
Die. Bastille
Der Vater
Die Herrin von der Else . . .
Maria von Medicis
Der Wetterableiter
Da.s Tagebuch
Das Chamäleon
Die Vetter- und (Gevatterschaft
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16
18
1 18
3-28
4, 9
Der Mentor
Der junge Ehemann . . .
Der Zögling*
Onkel und Neffe
Der Dachdecker
Das erste Debüt
Die Schwäbin
Die Jugendfreundin ....
Der König wider Willen
Löwenberg & Comp. . . .
Der Majoratserbe* ....
Nichte und Tante ....
Bruno und Balthasar . . .
Was den Einen tödtet etc.
Die Unbelesene*
Die Vormundschaft ....
Die Lästerachule
Die Lebensmüden
Drei Frauen und keine . .
Der Jugendfreund ....
Hampelmann im Eilwagen
Der liückenbüaser . .
Der reiche Mann
Die Stieftochter
Ein Tag Carl Stuarts H. .
Ich bleibe ledig
4
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1
Bauernfeld
n. d. Französ. v. C. Töpfer
Ed. Devrient
Ch. Birch-Pfeiffer . . . .
Prinz. Amalia von Sachsen i
Prinz. Amalia von Sachsen ;
n. d. Französ. v. Herrmano '
Albini
MolitVre
Alex. Cosmar
Frau V. Weissenthum . .
Berger
E. Bauernfeld
C. Blum
Berger
D. d. Französ. v. C. Lebran
Ed. Bauernfeld
H. Beck
n. dem Französ. d. Scribe,
V. Alvensleben
n. d. Französ. v. Lcrabert
n. Maz^res, v. A. Preuss .
Prinz. Amalia v. Sachjen
n. d. Französ. v. A. Cosmar
Angely
n. Bayard, v. Tb. Hell . .
J. F. Castclli
2 n. Ancelot, v. W. Koch .
2]n. d. Französ. v. Herrmann
In. Bayard, v. G. Harrys .
4! Prinz. Amalia von Sachsen
l;A. Görner
3n. Sograsi, v. C. Blum .
1' Albini
4|Prinz. Amalia von Sachsen
2'v. Gerle u. Uffo Honi . .
5 n. Sheridan, v. Schn'kier .
6jE. Raupach
iKettel
3!n. Ancelot, v. Holbein . .
3
2ln. d. Französ. v. Lebmn
4|Töpfer
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4 J. B. Zahlhas
3'n Nota, v. C. Blum . .
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22
Name des Stücks.
Name des
"5 : Verfassers u.
g
Bearbeiter». ■ ^
Der gutherzige Poltrrer . . . .
Wobiiungen zu vermietheii. . .
24 Stunden Königin
Der verwünschte Brief ....
Der Chevalier von St. Georges.
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Vor 100 .Jahren
Capitäu Firne wald*
Temi)ora niutantur
Krziehungsresuitate
Der Degen
Don Aurelio
Engel und Dämon
Ein iilas Wassei*
Bob oder die Pulververschwörung
Frage und Antwort
Der S<jhn aiif Reisen
Die Widerspenstige
Cioldoni 4
L. Angely 2
W. Koch* 1
F. Sehodler ,1
n. Melesville, v. Th. Hell, \
Mus. V. Rastrelli . . .1 12
E. Raupach | 4
4iPriiiz. Amalia v. Sachsen
3 C. Blum
2
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2,C. Blum ,39
2jE. Raupach j 3
4;n. 1.18 lluestas, v. Vogel
n. Courcy, v. Lcutner .
n. Scribe, v. Th. Hell .
n. Duport u. de Forges
3
5
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1
Der Heirathsantrag auf Helgoland
Die Findlinge
Die Engländer am Rhein ....
Roi'oc.co
Steffen T^anger
Jadcst
Der alte Herr*
Van Brück
Ein Handbilht Friedrich's H. . .
Dootor Wespe
Onkel Baptistc
O, Oskar!
MeDioiren des Teufels
3 "221 Der erste Waffengang
4;22| Voltaire's Ferien
Das Sololustspiul
Das Porträt der (teliebten ....
Die Mode *
Witzignngen
Rigine*
Dichter und Roman
Aspasia
Ein Herr und eine Dame . . . .
Hi»h«' Brücke und tiefer (wraben .
Zopf und Seil wert
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2 *.* Sonimi^rnacbtstraum
2 L. Feldmann
4'n. Shakespeare, v. Baudis-
sin u Deinhardatein . . 32
2 L. Schneider 28
2 n. ScrÜHi u. Vanderbruch . 1
4 v. Braunthal 1
5,H. Laube 1
5Ch. Birch-Pfeitfer .... 6
liBraunau 1
2iPrinz. Amalia von Sachsen 6
2 n. d. Kranzös. v. C. Lebrun 1
3'W. Vogel 1
5'Ro<l. Benedix 28
2 n. Souvestre 2
3 n. d. Französ. v. Th. Hell 10
3 u. d. Franwis. v. Th. Hell 33
2 n. d. Frnnzös. v, F. Heine 9
2 n. d.Franzr>s. v.A. Herrmann 2
3 Saphir 6
3 L. Feldmann 12
:\ R. Btrnedix 2
3 n. d. Engl. v. W. Vogel . I 8
ö Prinz. Amalia von Sachsen . 6
2 (i. Nybuhr 1
6 n. Meli'sville 4
1 n. d. Franxii». v. C. Blum 12
1 n. d. Fran»'^s. v. Bömstein ' 1
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3 Shakespeare übers. vSchlcgelj
Musik von Mendelssohn 1 38
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13
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19
30
29
17
17
24
Name des Stücks.
Die Fräulein von St. Cyr .
Jeder fege vor seiner Thür
Pigault Lebrun
Der Mörder*
Der verwunschene Prinz. .
Das zugemauerte Fenster .
Der Empfindliche
Das Urbild des Tartüffe. .
Der Sylphe
Ich gehe aufs Land . . .
Ein g^ter Ruf
Modestus
Der Confusionsrath ....
Ihr Bild
Die Schule der Verliebten .
Gottsched und Gellort
Anonym
Jeanne und Jeanneton
Doctor Robin
Ein Zaubermärchen
Der Maronenverkäufer
Zwei Tage ans dem Leben eines Fürsten
Halifax
Der grüne Mann
Die Schule der Kleinen
Der Hauptmann von der Runde . .
Der Vetter
Major Haiulegen
Jean Bart am Hofe
Carl Xn. auf der Heimkehr . . . .
Das Sonntagsräuschchen
Grossjährig .
Der Kurmärker und die Picarde . .
Ein Arzt
Die rothe Schleife
Der Weiberfeind
Fiäulein Sibylle
Die Banditen
Eine Frau, die sich aus dem Fenster
stürzt
Breite Strasse und schmale Gasse
Jugend muss austoben
Das Salz der Ehe
Geistige Liebe
Ein Hausmittel
Name des
Verfassers u. Bemrbeiters.
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5'n. Dumas, v. Birch-Pfeiffer{ II
1 . n. d. Franzis. ▼. L. Schneidoj 1
ÖJDeinhardBtein '5
4 {Prinz. Amalia von Sachsen !
3 J. V. Plötz »
1 |Kotzebue 13
1;C. Lebrun 4
6K. Gutzkow ,M
1 C. Carl
3n. Bayard u. Vailly . . .
l|n. Arnould
4|Deinhard8teiii 1
3 n. Bayard, v. Friedrich. . !
l|n. Scribe u. Sau vage . . 1
4 n. Sheridan Knowles, ton
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2 n. Scribe u. Bamer . . .
In. d. Franzis, v. Friedrich
3 n. d. Französ. v. Ballu.Blnm
2 n. d. Französ. v. F. Heine
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4|Kettel •
4W. Floto
1 Vanderhorst
2 n. d. Französ
3 R. Benedix
1 n. d. Französ. v. Friedrich
4C. P. Berger
Hin. Planche, v. Töpfer . . i
liW. Floto i
2 1 Bauernfeld 1^
iL. Schneider ^
l'n. d. Französ. v. Wages . S
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Prinz. Amalia von Sachsen 4
Rod. Benedix •
n. Scribe, v. Schneider. . 1^
n. Overskod, v. Pallesen . 5
Angely 1
Görner 5
Dr. Lederer 3?
G. zu Putlitz S
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Verfassers u. Bearbeiters. ^
Die schöne Müllerin ,
£in Mädchen, nicht ein Knabe . ,
Die Universalerben ,
Eigensinn ,
Sohn und Enkel
Irren ist menschlich
Die Volksadvocaten*
Badeciiren
Alles für Andere
Familienzwist
Der Procesfl
Der Marquis von Lauzun
Der Steckbrief
Die Testamcntsclausel
Peter im Frack
Der Pardon
Die Schauspielerin
Mitten in der Nacht
Caprice aus Liebe
Der politische Koch
Rosenmüller und Finke
Besser früher, als später
Was ihr wollt
Eine Frau, welche die Zeitong liest
Vicomte von Letorriires
Die serbrochene Tasse
Die Tante aus Schwaben* . . . .
Ein weisser Othello
Die Hochzeitsreise
Der Kaiser und die Müllerin . . .
Der Vierzehnte*
Fuchs und Luchs*
Eine Rente
Das Herz vergessen
Ein höflicher Mann
Einer muss heirathen'^
Qui pro quo
Die Probepredigt*
Der Wittwor
Das lebende Bild
Der Student und die Dame . . . .
Seine Frau
Si*hach und matt
Fest im Entschlüsse
T. F
Alte Sünden
1 n. Melesville, v. L. Schneider
1 L. Angely
4 Gottwald
1 R. Benedix
l|n. d. Französ. v. Mack. .
1 n. d. Engl. v. Brenden . .
2 F. Lubojatzky
IJG. zu Putlitz
1 Ch. Birch-Pfeiffer . . . .
i!g. zu Putlitz
l]R. Benedix
l^n.d. Französ. V.K.Auerbach
31R. Benedix
l'J. £. Hartmann
4|C. Zwengsohn
2;
In. Füurnier, v. Friedrich .
l'n. d. Franzö»
1 Feodor Wehl
1 n. d. Französ. v. F. Heine
6 C. Töpfer
3,n. d. Französ. v. F. Heine
6 Shakespeare
1 Feodor Wehl
3 Bajard, v. C. Blum . . .
1 n. d. Frauzög. v. Veldem .
1 Feodor Wehl
1 n. d. Französ. v. Friedrich
2 R. Benedix
1 F. W. Gubitz
3Lubojatzky
1 G. Räder
3 V. Guttmann
1 G. zu Putlitz
3 Feldmann
1 Alex. Wilhelmi
3 Ed. Franke
2 Otto Roquette
1 Deinhardstein
3 n. Melesville, v. Kettel . .
2 J. F. Castelii
l'G. zu Putlitz
6V. Elton
IjAl. Wilhelmi
IjL. M. Erich
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Name des Stücks.
Name des
Verfassers u. Bearbeltets. ; ^
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X
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Waldcinsamkoit
Sie will sich trennen
Der geheime Agent
Die Gefangenen der Czarin . . . .
Der Rechnungsrath und seine Töchter
Das Versorgungsbureau
Häusliche Wirren
Die Erzählungen der Königin von
Navarra
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2
Onkel Quäker
Der Liebesbrief
Die Kifersüchtigen
Die Komödie der Irrungen
Nicht jede Liebe ist Liebe* . ,
Schwarzer Peter
Das Gefängniss
Alte Liebj rostet doch* ....
Die Frau im Hause
Gaukeleien der Liebe
Frauenkampf
Er ist nicht eifersüchtig ....
Eine Liebschaft in Briefen . .
Zu Hause!
Sein guter Freund
Englisch
Buch III, Kapitel I
Der Herzensschliissel*
Eine schöne Schwester* ....
Prinz Lieschen*
Das Lügen
Die Journalisten
Ein seltsamer Richter
Wie man Häuser baut . . . .
Durch
Fremdes Glück«
Hempel, Krempel und Stempel .
Abwarten!
Der Philosoph
Ein Lustspiel
Er sucht seine Braut
Am Ciavier
Die verzauberte Rose
Immer zu Hause
Liebe im Arrest
Man sucht einen Erzieher . . .
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Fr. Schuselka-Brüning .
F. W. Hackländer . . .
Friedrich
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Mazarin's Pathe
Magnetische Curen » .
Eine tibereilte Ehe*
Auch eine Mutter*
Eine Anzeige*
Cato von Eisen
Drei Candidaten
Der Maler
Brutus, den Cäsar los . . . ^ . .
Die Brautschau Friedrich's d. Gr.
Sie schreibt an sich selsbt ....
Der Familiendiplomat
Ein schöner Traum
Ich werde mir den Major einladen
Die Gustel von ßlasewitz ....
Zurück!
Welche Lust SoMat zu sein ! . .
Der Präsident .
Moritz Schnörche
Feenhände
In der Theaterloge
Der Störenfried
Dir wie mir
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Am. Hirsch I 1
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Jacob und seine Söhne . . . ,
Das Hausgesinde
Fanchon, das lieycrmädchen . . . ,
Tancredi
Adelina
Helene
Le donne cainl)iate
Johann von Paris
Das Lotterieloos
Kaoul, der Blaubart
Das Waisenbaus
Lodoiska
Zwei Worte oder die Nacht im Walde
1 1
; 3
I ^
' o
3
9
4
26
61
6
2
2
1
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Ol
1
Mus. v. Rossini
IMus. V, d'Alayrac ....
Mus. V. Winter
Mus. V. Soli^
n. Duval, Mus. v. Mehnl .
Kotzebue, Mus. v. Hiamel
A.v.Kotzebue, Ms. v. Himmel
Mus. V. Rossini 4^
Mus. V. (tenerali .... 7
n. Bouilly, Mus. v. Mehul «
Mus. V. i*aer y
n. d. Frz. v. Sevfried, Mo«.
v. Boieldieu 4?
Mus. v. Isouard .1
n. d. Frz., Mus. v. (.Ireirr. l«i
Mus. v. Wcigl .4
Mus. v. Chernbini .... 4
n.Marsalino, Ms.v. d'AlavrÄc 12
— 639 —
S
Amf
Bog.
Name des Stücks.
I Njime des
-§ ' Verfassers u. Bearbeiters.
3
5
9 9
9 25
0 4
0 20
2 2
124
2
3'
3 25
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2
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5
6
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7
9
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1
1
La semplieetta di Pirna*
Die vornehmen Wirthe
Le lacrime d^una vedova
San Marcantonio
Der Schatzgräber
Eliaabeta
ringanno felicc
Das Dorf im Gebirge
La testa di Bronzo
Paolo e Virginia
Die beiden Blinden zu Toledo . . .
Die Schweizerfamilie
Sargino
Die Entführung ans dem Serail
Der Sänger nnd der Schneider . . .
Der Tenfclsstcin in Mödlingen . . .
Maometto
Joconde
2iMu8. V. Morlacchi
S'n. Joaj v.Seyfried^s.v Catel
2|Mu8.
2, Mus.
lln. d.
2|Mub.
1 iMus.
V. Generali. .
V. Pavesi . .
Frz., Mus. V.
V. Rossini . ,
V. Rossini . .
M^hul
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7
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5
6
6
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15
47
17
14
Die Zauberflötü . , . .
Das Fischermädchen . . .
Aschenbrödel
Der Apotheker und Doctor,
13
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17
6
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14
25
5
129
2122
2'24
2:26
3il6
4! 6
415
42
514
i; 6
La gazza ladra
Die Schwestern von Prag
Gianni di Parigi *
Die Junggcsellenwirthschaft . . . .
Nachtigall und Rabe
Der Wasserträger
Der kleine Matrose
Die Teufelsmühle am Wienerberge .
LHtaliana in Algeri
Carlo Fioras
Das unterbrochene Opferfost (deutsch)
L'eroismo in Aniore
Kmnia di Risbtirgo
Abiniclek
Die Zweiflerin
La schiava Cirrassa*
Der Wett kämpf zu Olympia . .
Die Missvcrständnisse .,,....
I virtuosi ainbulanti
Die Bergknnp|H.>n
Di«' falsche Catalani
Richard Löwenhorz
2<Kotzebae, Mus. v. Weigl
2 Mus. v. C. Soliva . . .
3 Mus. V. Guglielmi . . . . •
n. d. Frz, Mus. v. M^hul.j
3 Castelli, Mus. v. Weigl
2IMU8. V. Paer
3 Mus. V. Mozart
1 Mus. V. Drieberg ....
3 Hensler, Mus. v. W. Müller
2IMUS. V. Winter I 18
3|a. d. Frz. v. Seyfried, Mus. '■
I V. Isouard 11
2 v.Schikanedor, Ms. V.Mozart \ 98
5 Th. Kömer, Mus. V. Schmidt! 1
3 n. Etienne, Mus. v. Isouard I 27
2 V. Stephanie d. J., Mus. 1
! V. Dittersdorf 15
4 Mus. V. Rossini 52
2 Mus. V. W. Müller . . .
2 Mus. V. Morlacchi ....
1 Mus. V. (»irowetz . . . .
1 Treitschke u. Weigl . . .
',\ Mus. V. Cherubiui ....
1 Mus. V. Gaveaux . . . .
4 Hensler, Mus. v. W. Müller
2 Mus. v. Rossini
:i n.d.Fr.v.Vogel,Ms.vFränzel
15
7
i
5
39
4
O
33
5
2 Mus. V. Winter ! 39
2 Mus. V. FerJ. Paer . .
2 Mus. V. (üüv. Meyorl>eer
2 Wohll)rüfk, Ms.v.Meyerbeer"
1 A. Müller 2
2 Mus. V. Rastrelli .... 3
3 Metastisio, .Mus. v. Poisl . 2
3 Ca.<*toUi, Mus. v. Isuuanl. . 2
2 Mus. V. Fioravanti ... 11
2 Th. Körntr, Mtis. v. Hellwig 3
2 BäuerhsMus. V.J.Schuster 18
3 n. Sedaine v. Andree, Mus.
V. Gretrv 1
4
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— 640 —
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der 1. Auf
fübrung.
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10
12
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9 12
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10 22
Name des Stücks.
Name des
Verfassers a. Bearbdten.
w
Heinrich IV. und d^Aubign^ * . .
Die Bürf^er in Wien
Apollo*s Wettgesang
Der Schiffscapitän
Otello
Alino, Königin von Golconda . .
Pimmalione
Medea in Corinto
Je toller, je besser
Marie von Montalban
Die Wahl
Leonora ossia Tamor conjugale
Le donne curiose*
I predentendi delasi
Das Donauweibchen I. Theil . .
Tl principe di Tarento
Das Donauweibchen II. Theil . .
Adolph und Clara
Don .1 u a n (deutscli)
T^a donna del lago
Gulistan
La rcprcssaglia
Der neue Gutsherr
Clotilde
Der Freischütz
3 V. Alberti, Mn s.v. Marschner '< Z
4Bäuerle 17
3 Mus. V. Sutor 4
l|C. Blum 2
2!Mus. V. Rossini 38
3
2
2
2
4
1
2
3
2
3
Treitschke, Mus. v. Berten 1
1
Ö. Mayr 4
M^hul 10
Winter 6
A, Mayer .... 2
Mus.
Mus.
Mus.
Mus.
Mus.
V.
V.
V.
V.
V. Paer
Der Dorfbarbier
Die Waldburg*
Bär und Bassa
Giro in Babilonia
La cenerentola
RothkKppchen
Vell(Kla*
.Jery und Bätely
Die JMlrgschaft
Alm Hassan
Ricciardo e Zoraide ....
Fidelio
Cordelia
Der Unsichtbare
Das ledige Ehepaar. . . .
La giovcntA di Enrico V. *
Mose in Egitto
2
2
3
o
1
2
... 6
Mus. V. J. Rastrelli ... 5
Mus. V. Mosca 5
Hensler, Mus. v. F. Kaner, 21
2!Mus. V. Paer ' 1
3 'Hensler, Mus. v. F. Kauer 16
1 Mus. V. d'Alayrac ..." 1
Mus. V. Mozart 86
Mus. V. Rossini 28
n. Etienno, Mus. v. d'Alavrac 3
Frhr. v. Poisl ....*.. S
Mus. V. Boieldieu .... 14
Mus. V. Coccia 3
3;v. Friedr. Kind, Musik vou
I C. M. V. Weber . ... 262
2 Mus. V. Schenk . . . . 9
2:Freih. v. Lichtenstein . . 1
IJC. Blum 8
2jMn8. V. Rossini 4
2jMu8. V. Rossini ^>6
3|Thiolon, Mus. v. Boieidieu h
4 Mus. V. J. Rastrelli . . .
1 V. Goethe, Mus- v. Reichard
2 n. Schiller's Ballade, Mus. v.
A. Mayer
v.Himmer,Mus. v. Carl Maria
I V. Weber 6
2 Mus. V. Rossini ^
2 n. d. Frz. v. TreitschkcMus.
V. Beethoven 62
•1 V.A.Wolf, Mus. V.C.Kreutzer 4
Iv. Costenoble, Mus. v. Eule '»2
2 n. d. Engl v. Malsburg . 2
2 Mus. V. Morlacchi .... 12
3 Mus. V. Rossini 13
1
— 641 —
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der 1. Anf-
filhrnng.
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Name des Stücks.
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Name des
Verfaasers a. Bearbeiters.
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Libussa
Didone abbandonata*
Ahasverus
Margherita d^Anjou .
Euryanthe. . . .
Wie gerufen ....
Kochus Piimperuickel
La donna Colonello.
Die rothe Kappe . .
Der Schnee ....
Zelmira . .
Jessonda*
Fanisca . .
(3
15
19
21
:)3
Klisa e Claudio
StaberFs Vei lobung
Der Holzdieb *
Tebaldo e Isolina*
Ein Abend in Madrid
Die Wiener in Berlin
Der l^arbier von Sevilla .
^Sieben MHJchi-n in Uniform . .
Olympia •.
Semiramidc
Matilde di ^^habrau
La pastorella feudataria . . .
Das Ochsennienuet
Maja und Alpiuo
Schülerschwänke
II crociato in Kgitto
Pietro il graude
Die schöne Müllerin
Das Ehepaar aus der alten Zeit
Die weisse Dame
Der deutscbe Grenadier ....
DerMaurer
Oberon
II governo della casa . .
Der Normann auf Sicilien
Das Coucert bei Uofe. .
Der Tiroler Wastel . .
Das Landhaus am Walde
3'J. B. Bemard, Mus. v. C. '
Kreutzer 4
2, Mus. V. Reissiger .... 3
3 Mus. n. Mozart, v. Seyfried 4
2 Mus. V. Meyerbeer .... 12
8 Helm. v.Che»y,Mu8. v. C, M.
I V. Weber ,80
2n, Duval, Mus. v. Paer. .1 3
3 Stegmayer i 12
2, Mus. v. Kaimondi ....
2|V''ulpiu8, Mus.v. Dittersdorf
4 n. Scribe u. Delavigne,Mu8.
V. Auber
2, Mus. V. Rossini
8 E. Gehe, Mus. v. L. Spolir
3 Sonnenleithner|Mu8. v.Che-
I rubini I 3
2 Mus. V. Mcrcadante ... 3
4I 8
1 Fr.Kind,Murt.v.ü.Mar8chner| 1
2 Mus, V. Morlaccbi . . . .1 19
3 v.Tonelli, Ms.v.G.P.Schmidt 1
1 V. Holtet, Mus. v.Marschuer 47
2 n.d.Ital.v.Kollmann,MuH.v.
! Kosöini 110
1 n. d. Französ. v. Angely . 20
3 Mus. V. Spontini 3
2 Mus. V. Rossini 33
2 Mus. V. Rossini SO
2 Mus. V. Vaccai 9
4 Hoflfmann, Mus. v. Seyfried | 6
3 Gehe, Mus. v. Wolfram. .'10
iL. Angely j 11
2 Mu.«. V. MeyeilK'er . , . .-26
2.Mus. V. Vaccai { 3
2 n. d. Ital., Mus. v. Paisielk 12
1 L. Angely 16
3 n. Scribe, Mus. v. Boiclditu ' 79
1 Meisl, Mus. v. W. Müller. 5
3 n. Scribe, Mus. v. Auber . 69
3 n. Plauchie, Mus. v. C. M, v.
! Weber 134
2
2
6
4
1
2 Mus. V. Donizetti . . . .
3 Gehe, Mus. v. J, Wolfram
l,v. Scribe, Mus. v, Auber
3 Sehikaneder, Mus. v.Gaibel
l,Mus. v. Isouard
41
— 648 —
•S
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den. Auf-
führung
Name des
Verfassers a. Bearbeiten.
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28
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31
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8 16
6 26
9 21
1010
12 7
Das Rosenfest . . ,
TAssedio dl Corinto.
Libella»
II montanaro . .
Die Vestalin
Colombo*
Marie
Hieronimus Knicker
Der Ber^g^eist
II pirata
Iphigenie in Tauris
Die Stumme von Portici . . .
Gli arabi neue gallio
Der Vampyr
Der Bergmönch*
Der rosenfarbene Geist
Der Alpenkönig u. d. Menschenfeind
Die Braut
Fra Diavolo
La Ötraniera . .
Teil I. Abth./ ,. , ,,, , x
Teil II Abth [ (^"cl.l Mal zusammen)
Faust
Die Felscnmühle*
Das Mädchen aus der Feenwelt . .
Das Gastbaus zum goldenen Löwen
Der glückliche Zufall
I capuletti ed i Montecchi . .
Der Templer und die Jüdin. .
Der türkische Arzt
Der hundertjährige Greis
Der lustige Schuster
II Rinegato*
Das Fest der Handwerker
Doctor Faust's Mantel
Salvator Rosa*
Zampa
Das Schloss Candra
Der Hausirer
Des Falkners Braut
Saul*
Der Tambour Rataplan
Des Adlers Horst
Der Kalif von Bagdad
Ferdinand Cortez
3
2
2
8
2
3
2
3
2
4
5
2
3
3
Mus. arrang. y. Mayer . . 1
Mus. V. Rossini j 10
Theophania, Ms. v.Reissiger 9
Mus. V. Mercadaote , . .\ %
n. d. Franc, v. Seyfried, Mm.
V. Spontini j 39
Mus. V. Morlacchi .... 6
n. Plenard, Mas. v. Herold S
Mus. V. Dittersdorf. . . .| 4
Mus. V. Drechsler . . . .11
Vic. Bellini | 7
Mus V. Gluck I 18
n. Scribe, Mns. y. Aaber . 146
S
a
Mus. V. Paccini ;
Heigel, M us. y.Lindpaintncr
Miltitz, Mus. V. Wolfram . 3
2iMeisl, Mus. v. W. Müller . 18
3F.Raimuud,Ms.v.W.MäUor 12
.sin. Öcribe, Mu.s. v. Auber 3
3|n. Öcribe, Mus. v. Auber . 72
2 Mus. V. Vic. Bellini ... 14
2|Mus. V. Rossini '17
2iMu8. V. Rossini 17
Bernard, Mus. v. Spohr i 4
V. Miltitz, Mus. V. Reissiger 5
ö F.RaimundjMus.v.Drechsler 29
1 Mus. V. S<\vfried 1
1 n. d. Franz., Mus. y. Kummer 1
4! Mus. V. Vic. Bellini ... 61
3 Wohlbiück,M8.v.Marscbner 68
1 In. d. Frz., Mus. v. B.v.Miltit? S
1 L. Angely 11
2 Mus. V. Paer 4
4 Mus. V. Morlacchi .... 4
1 Angely 18
2lBäuerle, Mus. y. W. Müller 4
2 Burmeister Lyser, Mus. v.
Rastrelli 6
3 n. Melesville, Mus. v. Herold 19
3 Mus. V. Wolfram .... 5
3 In. d. Frans., Mus. y. Onslow 4
3 Wohlbrück, Ms.v.Marschner 7
3'Mus.v. Borrom aus V. Miltitz 4
In. d. Franz. v. Pillwitz . 14
3 Holtei, Muf». v. Glilser . . «'•
1 n. d.Franz., Mtis. y.Boieldiea 3
3 n. d. Frans., Mus. y. Spontini 5T
— 643 —
r 1. Aaf-
ihmiif.
Name des Stttcks.
Name des
Verfassers u. Bearbeiters.
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6
27
8
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14
22
20
6
24
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r 3 8
4>16
5ll5
8' 6
9 3
910
9,20
RobertderTeufel (incl.2 it. Vorst)
Anna Bolena
Das Nachtlager von Oranada . . .
Lompaci Vagabundas
Aline, Königin von Oolconda . . .
liUdovico
La donnambnia
Die Siegesfahne
Ali Baba
Aloise
Tnrandot*
Norma (iUl.)
Lestocq
List and Phlegma
Die beiden Hofmeister . . .
Der reisende Student ....
Das Königreich der Weiber .
StaberFs Reiseabentener* . .
Bertha v. Bretagne
Das eherne Pferd
Titas
Die Belagerang von Corinth .
rElisir d'amore
Der Condottiere*
Zu ebner Krde und erster Stock
Die Braut aus Pommern . . .
Der alte Feldherr
Der Pantoffelmacher etc. . . .
Die Versuche
Die Ballnacht
Des Schtusplelers Morgenstunde .
Die weiblichen Drillinge . . . .
Herr Hector
Das Liederspiel
Ein Achtel vom gössen Loose. .
Der Zweikampf
Figaro's Hochscit
Die Jüdin
Der Verschwender
Die beiden Schützen
Die beiden Nachtwandler ....
Der Pole und sein Kind ....
Fröhlich
5 n. Scribe u. Delavigne, Mus.
V. Meyerbeer
2 Mus. V. G. Donizetti . .
2 Fr. Kind, Mus. v. Kreutzer
3 Nestroy, Mus. v. W. Müller
SBKuerle
2 n. St Georges , Mus. v.
Herold u. Halevy . . .
2 Vic BelUni
1 Ms. V. Prinz. Amalia V.Sachs.
4 n.Scribeetc. Ms. v.Cherubini
2 Holbein, Mus. v. L. Maurer
2 Mus. V. Reissiger ....
2Bollini
4.n. Scribe, Mus. v. Anbor .
1 Angely
1 Angely
2|L. Schneider
2: F. Gen^e, Mus. v. Kugler .
3 C. Leonhardt, Ms. v.RastrelU
3 n. Scribe, Mus. v. Aub<>r .
2 Mus. V. Mozart
3 Mus. V. Rossini
2 Mus. V. G Donizetti . .
2 Prinz. Amalia v. Sachsen,
Mus. V. Borr. v. Miltitz
3 Nestroy, Mus. v. W. Müller
1 n. Kotzebue, v. Angely . .
1 V. Holtei
2L. Both, Mus. V. Kugler .
1;L. Barth
5 n. d. FranzÖK. v. Seyfri<»d,
I Mus. V. Auber ....
l|v. Holtei
1 V.
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9
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16
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1
2
3
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V.
17
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Holtei
Holtei
liv. Holtei
l'v. Holtei
8 n. d. Französ. v. Herold .
4 Mus. V. Mozart 51
5n. Scribe, Mus. v. Halevy 28
3 Raimund, Mus. v. Kreutzer 27
3, Mus. V. Albert Lortzing . 17
2 Nestroy, Mus. ▼. W. Müller 2
r Albert Lortzimr
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führung.
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Beatrice
Der Postillon v. Lonjameau
J. Puritani
Die Jagd
Der Vampyr
Die Hugenotten. . .....
Orpheus und Eurydicee
Ein Besuch in St. Cyr
Der Affe und der Bräutigam . .
Glück, Missbrauch und Rückkehr
Julerl, die Putzmacherin ....
Tancred (deutsch)
Das Schloss am Rhein*
Zum treuen Schäfer
Czemy-Georg*
Die Neuvermählte*
Der Diamant des Geisterkönigs ,
Parisina
Die Seeräuber
Der Brauer von Breslon ....
Der Schwur oder die Falschmünzer
Macbeth
Czar und Zimmermann
Guido und Ginevra
Das Testament eines Schauspielers.
Die verhängiiiss volle Faschingsnacht
Die Sängerin und die Näherin . . .
Die Puritaner (deutsch)
Graziosa
Mittemacht
Der Schatten des Ehemannes . . .
LucreziaBorgia
Vorurtheil und Last
Der Talisman
II giuramento
Dienstbotenwirtbschaft
Der Liebestrank (deutsch) ....
Ijuciadi Lammermoor . . .
Schreckensnacht auf Falkenstein .
Belisario
Das Marmorherz
Die Rückkehr ins Dörfchen . . .
xVdelo de Foix*
Der Guitarrenspieler ......
Die Auswanderer nach Paris . .
Gabriele di Vergy (ital.)
Norma (deutsch)
Name des
Verfassers n. Bearbeiten.
2
o
3
5
2
2
3
3
o
2
8 Mus. V. Wolfram ....
3 n d. Franz., Mus. t. Ad. Adam
3 Mus. Y. Bellini
3 Weisse, Mus. t. UiUer . .
Wohlbrück,Ms.T.Marschner
n. Scribe, Mus. t. Meyerbeer
Mus. V. Gluck
SiBauemfeld, Ms. v. Deasauer
3 Nestroy, Mus. v. G Ott .
F. Nestroy
Meisl, Mus. v. A. Müller .
Mus. ▼. Bossini t
Jul. Otto !
n. Scribe, Mus. t. Adam .'
C. V. Miltitz
n. d. Franz. , Mus. v. Rastrelli
2 F. Raimund
3 Mus. V. Donizetti ....
2 Cosmar
3 n. d. Franz., Mus. v. A.Adam
3 n. Scribe, Mus. v. Auber .
4 n. d. Frz., Mus. v. H.Chelard
3|Alb. Lortzing
5 n. Scribe, v. Halevy . . .
1 Hilarius
3 J. Nestroy, Mus. v. A. Müller
3 Angely
Bellini
Dotzauer . . .
IL Chelard . .
Cantal ....
G. Donizetti
3
3
V.
V.
V.
V.
V.
Mus.
Mus.
3 Mus.
llMus.
2 Mus.
i!
3 J. Nestroy, Mus. v. A. Müller
3; Mus. V. Meicadante . . .
2. Kaiser, Mus. v. ilebenstrelt
2 Mus. V. G. Donizetti . . .
3! Mus. ▼. G. Donizetti . . .
2 nÄngely,vW.Emden(Räder)
3|Mus. V. G. Donizetti . . .
3, Haffner, Mus. v. A. Müller
I.C.Blum, Mus. V. Weber .
4|R. Blum, Mus. v. Reist^iger
3 n. Scribe, Mus. v. llalevy
S^Bäuerle
3 Mus. Y. Mereadante . . .
2'Mus. y. Bellini
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4
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der 1. Aaf-
fflhrarg.
Name des Stücks.
<
Name des
Verfassers u. Bearbeiters.
42
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16
17
24
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1
o
. 2
Sylphide
Casanova
Riensi* (ine), der Theil Vorstellungen)
Einen Jux will er sich machen . .
Der fliegende Holländer* .
Der Gemahl pro forma
Der Weltumsegier wider Willen .
Armide
Dr. Fan8t*s PlanskXppchen . . .
Linda di Chamounv {ital.) ....
Luigi Rolla
Wilhelm Teil (deutsch)
Othello (deutsch)
Der Wildschütz
Hans Heiling
b
6
24
21
Regimentstochter
Don Quixote
Die Verlobung vor der Trommel .
Die yerhängnissvoUe Omelette . .
Lorenz und seine Schwester . . .
Der Zerrissene
Der schwarze Domino
Köck und Guste
Don Pasquale
Bianca und Gualtiero
Des Schauspielern letzte Rolle . .
I>ie Geheimnisse von Krähwinkel*
Kaiser Adolph von Nassau . . .
Lucrczia Borgia (deutsch) ....
Johanna d*Arc
Ein Traum in der Christnacht* .
Der artesische Brunnen* ....
Die Favoritin
Alessandro Stradella
I>octor und Friseur
Unverhofft
Der Zauberschleier
Tannhäuser*
Die vier Haimonskinder ....
Die Erlenmühle
Jery und Bätely*
Alceste
Die verwunschene Prinzessin . .
Capuletti und MonUscchi (deutsch)
Die Nachtwandlerin (deutsch) . .
Johann, der muntere Seifenaieder
2 Th. Krones 2
3 Alb. Lortzing 4
5 Richard Wagner .... 60
4 Nestroy 8
3 Richard Wagner .... 4
2| 1
4 V. W Emden (G. Räder) . 63
5jGluck 22
3 Fr. Hopp, Mus. v.Hebenstreit 18
S'Mus. V. G. Donizetti ... 4
3'Federigo Ricci 2
4 Mus. V. Rossini 19
3 Mus. V. Rossini 1
3 Mus. V. Alb. Lortzing . . 36
4;E. Devrient, Mus. v. H.
I Marschner 12
2 Mus. V. G. Donizetti ... 72
4G. Räder 7
3n. d. Französ. v. Told . .1 2
1 Beckmann, Ms. V.H.Schmidt 4
1 n. d. Franz. v. Friedrich . 16
3,J. Nestroy 8
3 Scribe, Mus. v. Anber . , | 8
1 n. d. Franz. v. Friedrich . 2
3 Proch, Mus. v. Donizetti . { 2
2 Grünbaum, Mus. v. Swoff 8
3:Kaiser ■ 2
4 G. Räder i l
4, Mus. V. Marschner. . . .' 4
3 Mus. V. Donizetti . . . .< 38
6 Prechtler, Mus. v. Hoven 8
4 Mus. V. F. Hiller .... 4
4G. Räder '64
4'Scribe| Mus. v. Donizetti.) 9
s'Mus. V. Flotow I 69
2 Kaiser '22
3' Nestroy, Mus. v. A. Müller' 4
Told, Mus. V. E. Titl . .! 37
Richard Wagner I 48
3
3
3!Mus. V. Balfe I 6
1
1
8
12
25
16
1
1 Berger, Mus. v. Philipp
1! Goethe, Mus v. Lecerf
8 Gluck
o. d. Franz. v. G. Räder
Mus. V. Bellini ....
3 Mus. V. Bellini ....
2! Freimund Volkmar. . .
4
4
— 646 —
e6 I
G ■■ tu
S *
der I.Auf-
Ahrung.
Name des Stücks.
S
<
Name des
Verfassers a. Bearbeiters.
1
47
48
46 7
8
8
9
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6
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3
6
6
10
11
16
16
7
14
8
30
7
18
h
Perrticke und Musik ....
Der Schiffbruch der Medusa*
Der verkaufte Schlaf ....
Graf ßuckskin
Der Waffenschmied
Die Musketiere der Königin .
Jupiters Reiseabenteuer . . .
Iphigenia in Aulis . . .
Dichter und Bauer
Wer isst mit?
Herr Purzel in Spanien
Ein Stündchen in der Schule . . .
Mary, Max und Michel
Die Reise nach der Bastei
Baron Beisele und Dr. Eisele . . .
Der Knrmärker und die Picarde . .
Conradin*
Der versiegelte Bürgermeister . . .
Dom Sebastian
Kiselack*
Martha
Die weibliche Schildwache . . . ,
Emiliens Herzklopfen
Stadt und Land
Prinz Eugen
Einmalhunderttausend Thaler . . .
Guttenberg
Die Schule der Armen
Die Engländer auf Reisen
Die Weiber im Harnisch
Indienne und Zephirien
Die Königin von Leon
Unter der Erde
Der Gott und die Bajadere . . . .
Hernani
Die heimliche Ehe (deutsch) . . . ,
Der Alexandriner
Der Zigeuner
's letzti Fensterli
Gibby
Eisele's u. Beisele's Errungenschaften*
Die Rückkehr des Landwehrmanns .
Der Prophet
Paris in Pommern
Mönch und Soldat
Eulenspiegel
1
4
3
3
8
3
4
8
8
1
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1
3
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1
5
1
3
4
J. Müller 2
Mus. y. Reisüger .... 9
C.HaffheryMas.vHebenstreit 6
G. Räder . 11
Alb. Lortzing 20
Mos. V. Halevy .... 4
G. Räder 5
Glack |U
Elmar, Mos. v. 8upp6 . . ^
n. d. Franzöz. d. DesaagierJ
von W. Friedrich . . .|25
G. Räder |27
n. Locroy 5
C. Blum S
G. Räder ; S
n. Feldmann ' l2
Schneider '53
Reinick, Mus. v. F. Hiller. *
Bürkner, Mus. v. H. Schmidt 1
Mus. v. G. Donizetti . . . ^
G. Räder i 7
F. v. Flotow 73
n. Lemoine, v. Friedrich .| 7
I
F. Kaiser '5
G. Schmidt 8
Dr. Kaiisch, Mus. v. Göhrig 3
Prechtler, Mus. v. Fuchs . 3
F. Kaiser l3
Elmenreich ^
C. Töpfer 4
n. d. Franzöz 13
n. Scribe, Mus. v. Boisselot '^
Elmar, Mus. v. SuppS . .
n. Scribe, Mus. v. Auber .
Mus. V. J. Verdi ....
Mus. V. Cimaroea ....
Genrebild, 1 Act
Fr. Kaiser ,
J. G. Seidl 1»
n. d. Frz., Mus. v. Clapiston *
G. Räder 6
A. Cohnfeld 3
Mus. V. Meyerbeer. . . . S7
L. Angely 2
F. Kaiser 3
J. Nestroy 10
14
1
9
U
— 647 —
dar 1. Anf-
Whranf.
Name dos Stücks.
S
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Name des
Verfassers u. Bearbeiters.
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7
Die ZiUertkaler
Zfirei Herren und ein Diener. . . .
Das Versprechen hiuterm Heerd . .
Der Dumme hat^s Glück
Nabucodonosor
Beppo und Gaste
Lucia di Lammermoor (deutsch) . .
Wenn Leute Geld haben
Wer zuletzt lacht etc
Die Grossfürstin
Gervinus
Mein Freund
Die letzten Tage Pompeji's*. . . .
Wie bezahlt man die Miethe? . . .
Eine Berliner Grisette
Des Teufeh) Antheil
Ein Abenteuer Carl's 11
*s Lorle
Gute Nacht, Herr Pantalon . . . .
Die Jagd nach dem Strohhut . . .
List und Dummheit
Der Reichthum des Arbeiters . . .
Hinüber, herüber
Peter'» Brautfahrt
Auginctta
Linda von Chamounix (deutsch) . .
Drei Jahre nach dem letzten Fensterl*
Nur Wahrheit
Das erste Busserl
Der Freiherr als Wildschütz . . . .
Die Nürnberger Puppe
Die Opemprobe
Die lustigen Weiber von Windsor .
Jeanette *8 Hochzeit
Idomeneus
Ein Hauit von vier Stock* . . . .
Die Wiener in Paris
Signor Pescatore
Die Kruudiamauten
Sennora Pepita etc.
Der Nordstern
Aladin oder die WunderUmpe* . .
Abenteuer Pepita *8
Vetter Flausing
Silvana
Das Lager von Mazlak
Eine Posse als Medicin
NesmUllcr
Friedrich,Mus.v.Stiegmann
Alex. Baumann
Alois Berla
Proch, Mus. V. Verdi . . .
C. Strauiero (G. Bäder). .
Mus, V. Donizetti . . , .
Weihrauch, Ms.v. Hauptner
Fr. Kaiser
Birchpfeiffer, Ms. v. Flotow
Alois Berla
Nestroy
Dr. J. Pabst, Ms. v. A. Pabst
O. Guttmann
O. Stola
Scribe, Mus. v. Auber . .
Mosenthal, Mus. ▼. Hoven
J. Ch/ Wages
o. Locroy und de Morvan
n. d. Frz. v. C. Juin. . .
FeldmamifMus. ▼.A.Müller
n. d. Fr». ▼. J. Schuselka .
Nestroy
L. Günther
G. Räder
Donizetti
Seidl und Stein
G. Rüder
Holtei
2 Wulfes und RXder ....
3, Scribe, Miw. ▼. Auber . .
1 R. Hahn
3 Scribe, Mus. v. Meyerbeer.
3 G. RÄder
1 A. Bahn, Mus. v. Conradi .
3 A.Weihrauch,M.Stiegmann
3 Mus. ▼. C. M. V. Weber . .
3 G. Räder und Gottwald . .
3iF. Kaiser, Ms.t. Hebenstreit
15
1
26
3
4
1
19
11
3
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fELhrong.
Name des Stücks.
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Name des _
Verfassers u. Bearbeiters. %
66
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11 20
11 27
1
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1
12
3
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6 24
7 24
8 31
9
14
Der Goldschmied Ton Ulm. . .
Santa Chiara
Robert und Bertram*
Die Frau Wirthin
Ein modemer Fanst
Cosi fan tntte (deutsch) . .
Der Actienbudiker
Er macht sich unangenehm . .
Prinz Honigscbnabel
Der Schmied von Gretna-Greon
Dr. Peschke
Agnes
Das Stelldichein*
Drei Schwestern*
Ein gebildeter Hausknecht . .
Hans und Hanne
List um List.
Judith
Berlin, wie es weint und lacht.
Die schöne Ruhlaerin
Diana \ni Solange .
Die Verlobung bei der Laterne. . .
D. Barometermacher auf d. Zauberinsel
Ein ungcschliftener Diamant. . . .
Lohcngrin ,
Das Mädchen von Elizonda . . . .
Der Maschinenbauer
Dinorah
Einer von unsre Leut'
Der Troubadour
Orpheus in der Unterwelt
Die Dorfsängerinnen (deutsch) . . .
Der Schauspicidirector
Der Gemahl vor der Thüre ....
Margarethe
Die Lieder des Musikanten . . . .
3 Mosenthal, Ms.Y.Marschner ' 12
8 Ch. Birch-Pfeiffer .... 4
4 G. RÄder 30
3 Kaiser, Mus. y. Binder . . 6
4 Trautmann und Gen^e . . 5
2 Mus. Y. Mozart 10
3 Kaiisch u. Conradi. ... 3
3Jnin, Mus. y. Stolz ... 3
3 C. A. Görner 13
2 Alb. Elmenreich '4
1 Kaiisch, Mus. y. Conradi . 10
4 C. Krebs . .• '7
lO G.Räder, Mus. y.W. Fischer 12
3 G. R&der 6
1 D. Kaiisch 17
1 n. Lopez, Mus v.Stiegmann 15
1 n.d.Franz.,Ma8. Y.Schimon 3
3 E. Naumann 4
3 O. Berg u. Kalisch, Mus. v.
Conradi lö
1 Jul. u. C. Eberwein ... 2
Prechtler, Ms. v. Herz. Em*t
zu Sachsen 5
1 a. d.Fr., Mu«. v. J. Offeubach 13
4 F. Raimund 5
ijn. d. Engl 3
3R. Wagner 19
1 n. d.Fr., Mus. v. J. Offenbacli 3
3 A. Weirauch, Mus. v. Lang 14
3iMu8. Y. Meyerbeer .... 20
3 Kaiisch, Mus. v. Conradi . 15
4 Proch, Mu8. v. Venu. . . 5
4 Cremieux,Mu8. v.Oflfcnbacli 2ö
2 Mus. v. Fioravanti. . . .
1 Mus. V. Mozart
l|Mus. Y. Offenbach ...
4; Mus. V. Gounod .....
5 Rud.Knei8el,M8.v.Gumbert
a
3
9
3
Anmerkung. Die hier zuerit cur AuffDbninfr gelanfrtcn ßtOcke »ind, toweit licb
cllesell'cn (iberbaupt ermitteln Hessen, mit einem * bezeichnet wordeu.
Znsaminenstellung.
1) Trauerspiele 7 ... 103
2) Schauspiele 29t5
3) Lustspiele und Possen 574
4) Opern 4S9
Zusammen 1412.
Yerzeichniss
des Personals der Oper und des Schauspiels des KOnIgl.
Hoftheaters zu Dresden
vom 1. October 1816 bis 1. Januar 1862.
L Deutsches Theater,
a. Regie.
entb. s= enthoben ; entl. = entlassen ; entw. sr; entwichen ; gett.
pen«. = penslonirt.
gestorben ;
Ernannt: i
1815 Oct. 1.1
1824 Dec. 10. i
„ 18.
1826 Jan. 1.
1829 „ 1.
Juli 1.
1^<31 Aug. 16.
I
1832 Juni 1.
1833 Jan. 1.
1844 Juni 1.
1846 MKrz 1.
1847 Juni 1.
lS49Aug. 1.
1850 April 17.
l8:»2Febr. 1.
]8:>r>.luli 1.
lH57 0tt. 1.
: 858 Jan. 1.
Febr. 1.
Mai 1.
Friedrich Hellwig, 8ch. u. 8. . .
Friedrich Buimeister, Seh. . . .
Louis Pauli, Seh
Clemens Remie. Seh
Louis Pauli, Seh., vom 1. Juli 1829
nur für das Schauspiel, vom 16.
August 1831 auch fUr das Sing-
spiel, vom 1. Jan. bis I.Juni 1832
auch noch für die Oper ....
Dr. Wagner, Seh., für die Oper .
Friedrich Werdy, ScK, für Schau-
spiel u. Singspiel
Wilhelm Fischer, Seh. ü. S., für
die Oper
Carl Dittmarsch, Seh., f. d. Schausp.
Eduard Devrient, Seh., Oberregis-
scur
Kduard Winger, Seh., f. d. Schausp.
M. H. Schmidt, für die Oper . .
Carl Quantor, für das Schausp .
Friodr. Rottmeyer, Seh., f. d. Schau-
spiel
Kduard Winger
Wilhelm Fischer, Chordir. f.d. Oper
Gustav Räder, Seh. n. S., f. Posse,
Vaudevillc u. komische Oper
Pogumill>nwiHon,Sch.,f.d.8chauMp.
Aug. Gerstorfer, Seh., f. d. Schausp.
Max Schloss, S., für die Oper . .
pens 31. Oct.
1826.
j enth. 31. Dec.
1826.
; entl. I.Juli
1829.
enth. 31. Dec.
j» 31. „
1832.
1881.
»» 31. ,,
1832.
„ I.Juli
1848.
„ 31. Dec.
entl. l.Ang.
„ I.Juni
1 „ 31. Dec.
1846.
1849.
1860.
1856.
entl. l.Oct.
enth. 31. Dec.
1 ,, 81. „
1853.
1857.
1858.
. entl. 7. Juli
1860.
b, Schangpi«! ud Oper.
BSKuberg
8ch.
pens. I.April 1819
J. 0. B8TCm«nii . . .
VtAxt V. Biedenfeld .
a.
gett 8. Juli 18S1
entl. l.Hai 181^
Bruno
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„ I.8ept.l81B
Ytitäi. BurmeUtet . .
geat. 13.Ang. 1851
Chrüt
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„ I.Juni 1827
Drewits
Beb.
„ 1. Febr. 1821
Friederike Drewite. .
,, l.Juni 1855
Frttul. Funk ....
B.
entl. l.JuU 18!7
Geyer
Seh.
geat. 3a Sept. 1811
Baffaer
„ 28. Febr. 181t
Antonio Hnnt (BpSter
Frau Dr. Horack) .
S.
Wtlbelnine Hartwig .
Seh.
pens. l.Jnli ISS*
spielte noch bi>
1. Jnni 18*1.
Hicker
entL S9. Hin 1S17
B«iUiid
Friedr. Hellwig . . .
Sel.!'a. 8.
pena. I.Not. 1Ö5J
Henke
8cb.
„ 81. Dec. 1819
JoL HcrrDi,iui. . . .
entl. 12. „ 1><IT
1. October
Friedr, Kaiiow «eo. .
peM.Sl. ,. 1827
Carl Kanow jnn. . .
entl. 16. Oct. lei'--
KUnzel
ge»t. 17. Mai 18!5
Fra« Lfich
entl. 31. Dec 1819
JoL Miksuh ....
B.
., 3. ., 182>'
blieb Chordirectoi
Mad. Mikuch ....
gest. Juni 1834
Milller
Seil. n. S.
eutl. lU. Mai 1817
Andr. Üchinner .
Beb.
pens. I.Juni 182-^
Schröder
gest. 7. FebMSlT
Scbwartz
eutl 6. Sept. 1817
Schiibort (später MUIler-
Ilaclimann) ....
Seh. u. S.
gest. 3. Mai 181»
Sommerfeld ....
Beb.
peng. l.Juni 1834
spieltebis Mai 1823
Emilie Zucker. . . .
S«b. u. B.
entL l-Juni 18?'
Julie Zocker (spStere
Mad. Baase) . . .
8.
gest. 1. „ ifise
Zwick
8cb. u. 8.
eutl I. „ 161»
Friedrich JnUns . . .
Beb.
pens. 1. „ 1833
FrKuL Krickebe^ . .
entl. 1. „ 1817
Seh. u. S.
„ 1. JnU lÖSll
Blntitraun:
1816 Dec. 7
Frau Kupfer ....
Seh.
„ 31. Dec 1817
1917 Fobr. <J
Wilhelmi
8ch. n. 8.
pena. l.Juni 18»
„ 20
Ziügler
Bch.
enU. 10. April 1X18
r s
Heuser
„ maapt. 1817
Eduard Genast . . .
8ch!'u.ö.
„ 26. Oct 1817
„ 10
Simon!
Bch.
„ 31. Dec. 1819
daDD-Tuumeimr
1817 ä«pt l.,C. L. OeiliQ^HQ. . .
ach. Q. b.
peDs.31. Dec. 1826.
Oct 1. Frau Kupfer ....
geh.
BDtl. 16. Oct 181T.
]818J»n. 1. FmlLu. Heine. . . .
pens. l.Sepl. 1849.
„ 1. F.io.lrl>:h Wordy. . .
„ i. FriwIftikG Werdy . .
;;
„ 31. Dec 184».
Apiil IB. Bd. Schal«
S6a 16. BersI
entl. 36. „ 1818.
„ 8. Aug. 1818.
„ 1«. Aii^Tigto Tilly (Bpiter
1 MaJ, P«iili) ....
gest. 31. Oct. 1828.
„ St. TousEBint
Seh. u. B.
entl. 24. Mai 1821.
1819 J&n. 1. FriedBrike Schiimer .
ach.
geet. 31. Mära 1833.
„ Se. Eduard »i-hiila . . .
enü. 16. Oct. 1819.
April 1. Aug. Msyer
„ 1. April lö23.
„ 1. Sophie M«yer ...
Jonl 1. I.oui* Pnuli
gCHt. 18. Aug. 1830.
„ 28. Nov. 18*1.
Sept. I.Pellet
„ 1. Fmu Pellet
;|
entl. I. „ 1819.
Dec 1. Book
„ l.Juui 1820.
leSOApril 1. Eduard Geillng jim. .
peo». I.Juli ISas.
„ 1. Friedr. Gemttcker. .
., 1.' M»d. OorsUcker . . .
s.
entl. I.April 1821.
„ SO. C. F. BaudiuB . . .
8d>.
„ l.Oct. 1820.
b.
„ I.Juli 18-21.
„ I. RjB»Uc Wagner . . .
ach.
„ l.Sept. 1826.
1. CaroUiii: Willmauii. .
b.
„ l.UKrz 1823.
Oct. I. F O. Killer . .
Seil. u. a.
peii3. 81. Dec. 1841.
., 16. Kdiiar,l tl.i.iMus . .
Sob.
entl. l.Oct. 1821.
1821 April 1. Cari Unzelmaon . . .
Seh, u. S.
„ 1. Nov. 1823.
„ 1. Fraa Untelmano . .
Jnli 1. Oirtner, T«n»mel«tet u
1
bUh.
„ 1828, aUTauE-
meiiter aber noch
beLbohalteu.
„ 1 [i.niii
Seh. u. S.
gut. 1821.
äcpt. 20.1 Carl Haaa
Seh.
entl. 1. Sept. 1823.
Dec. 1. Carl Dovrieiit . . . .
Scb u.a.
„ I.April 18S4.
1821 Mai 1. Krau v. d. Klogeo . .
„ 1. Nov. 1624.
».
peil». I.Mal 1837,
itangnochl>iilS48.
ach.
enU l.Oct. 1883.
1. Frani Siebert ....
ach H.a
„ 30. Sept. 1853.
Not. 1. Looi» Toumy ....
s.
„ 31. Dec. 1824.
lS2SU>ra 1. Carl Biwe
Sch. u. S.
„ l.ücl, 1828.
April 1. Withelmine SchrOdw
i (»püter Mad. SohrOder
1 Devrient)
a.
entl. I.Jan. IB.SO.
Oct. l.lAugoat Miiyer. . . .
äch.
g»t. 31. mn 1829.
Dec. l.jJob. Htmnluiti . . .
entl. I.Mai 1824.
18UJ*n. l.iUinricIi iltrohmeyer .
Sch. u. a.
„ l.Nov. 1824.
April 1.: ^-ranciaka MilloT . .
Scb.
„ 1. Dec 1826.
Aug. ]. Gu«Uv llcui'o .
„ 1. Aug. l8Sr,.
Oet 1.1 W Vogel . . .
„ 1. Not. 1824.
18S5IUn 1. J. ü. 7. ZMhis. . .
i
„ 1. Mai 1S2S.
Juni 1. Friedrich Batuw . .
„ ß.Auf. 185«.
1836 Oct. 1.
ISEÖ Jan.
Febr.
Ang.
Albert v. BSlime
,. JiJÜe Gl*r , .
.. Ernst Pollack .
. Carl Becker, .
.. Minna Kuppert
. Carl Uernnana
.. Clemena Remie
.. Ed, Detroit . .
. Carl HaAa. . .
. Friedrich GenSe
. Vinceiu Rosenfeld
1897 Jan, 1. Sabice Bamberger
„ 1. Eva Bamberger .
April ]. Antoinette Fournie
Mai 1. Ed. ClausiuR . .
„ 1. Ed. Pabk« . . .
Juni ]. Michael Wflcht«T
„ 1. Therese Wäohtor
Oct. 1. Anton Babnlgg .
Nov. ]. HitnB Kristfl . .
leseJan. 1. Julie CtauBins. .
April 1. Marianne Müller .
Mai 1. Elise MevLiis .
„ 1. Ed. Menilbert . .
„ 1. Mannstedt (eißentl.
inJinn) ....
„ 1. Max KapoB . . .
Oct. ]. Ag^nea SchebeHt .
1829 Jan. l.| Dr. Wngner. . ,
April 1.1 Emilie Huber . .
Hai l.|CnTl R<snc . . .
Juli l.iFerdin. PiHwit» .
Sept. IS. Nanny Herold (Bpüter
Mad. MitlenrarKer)
Oct, I.'C. F. Baudiuii. .
1830 Febr. J.l Sutorins ....
Blai I.!Willielm Grohmai
Oct. ]. fioptiie Lempko .
Dcc. I. Karoliue Rappolt
la:]] Jan. I.j Kerd, titein . . .
Febr. IT.i Walker
„ 17.' Frau Walker . .
April 1.; Emil Devrient .
Beb. u. 8.
1.' Mathiaa Sclintiter
l.l Clara HiTBcbniailn
I. Frsneiaka Berg .
1.1 Marie Hotmann .
l.'Wilh. SchrHder-DeTTient
Alfonso ZeKi, Ei, . . t vorb. beider
8. t 11
Sept.
1832 Jan.
1. Giovanni Veatri, G
ital. Oper.
entl. l.Oct. mo.
„ 1. „ 18*<h
„ l.Sept 183L
„ l.Jani 183«.
„ 1. Juli isse.
„ 1. Juli lei».
„ 1. Hai im.
„ l.Jnni 183T.
„ I.Hai 1838.
„ 1. „ 183*.
j entw. 26. Jnli 18».
entl. Sl. Dec. 1839.
„ l.Jnii 182fl.
„ l.Oct. 1S21.
gest. S6, Hai 1853.
peoB. 1. Jani 1861.
entL ], April 1811.
pena. 1. Hai IStT,
entl 1. Ang. ISSÄ
„ I.Oel. IMS,
„ 1. Dee, 1833,
„ I.Juni IS.'»,
„ 16. Oct 1838
„ I.Mai lanO.
„ 1. April I8S3.
,. 31. Dec. IMl.
„ 31. ,. 18N,
pen«. l.Juni l^Sö.
entl. 31.1iec, 1829,
l.Apiil 18S>1.
1. Scpt ItSl
.■il.Aog, IMS.
I.April 1831.
1. .. 18»! .
1. Oct. less.
1. Dec- 1b31.
Sept. ISSiS
spielte noch fürt
entl, 1. Dec. 18«.
„ 1. Oct 1?31.
„ 1. Ang. 1817.
„ 1. AprU 18U.
„ l.Oct. 183S.
„ 1. April 1813.
peoB. I.April 1814.
„ 1. Sept. 181&
Aug. I,
« I'
Sept 16.
Sov. 1,
D«c 12.
1833 Febr. 1.
Mlix SS.
Wilhelm Fiuchei len., Seb., S. i
Chordireutor
IgDai PilBcb . .
Harte Pistor . .
Albert StOlsel . .
Emilie Schneider
Theob. BarmeiBter
&[ii^thiiika^cbui;iiler(spS-
ttr Mad. ächatierl)
üaute
Emilie WOit (a^tor F
V. Dshme). . . .
Henrietta W(i8t (rpStei
Mad. Kriet«) . .
. Sanuzio PeuadoTi
..! Lüni:! Li[>]>hardt. . .
I.j HcUiob . . .
I.' Julie Uettiob ....
.. Kd. Hoppe ....
.'Giiivanui Beiiiucasa ,
I. Friedrich Porth . . ,
.. FrSiil. r>itti>tar:<ch . ,
1
LnCFIer
I '11
h\
Uai
jüli
Oct.
leac April
Aug. 1
1. I
Sp|'t- 1
Oct. 1,
Xov, I
II April I,
Juli 7,
Jol,ai„. Dt-r-ka . . .
Ferd. Uccksclicr . . .
Xiiia Herbst ....
KroiifL-ld
t'rati Kroiif»M. . . .
AllHTt Ötöliel ....
Juliiix Koch
C.ir-jlii"' i!;iiKr . . .
Carl Woymar ....
Ferd. lUtuick.' .
Carl llrlliiirig . . .
Ileiir. DrUiitiig. . . .
Caroline B-itgurecbcek
Wilh. Prc>ck»cb (spSt«
.Mad. ll>'ll»ig).
Ed. .\Uer. . .
CitroÜDe Ilüfinanu
Friedr. !^ul initt .
Charlolte FeUnnbeim
Frifdr, Ott«
VVilhrlm Klaiirr. .
Mathilde Lubtck .
Wilhelm Qrolimann
Aiigiide AnfcbOl* .
Fcrdin. Riebter . .
1. Mai 1S33.
l«.Sept. 183H.
l..\pril 183.1.
Seh. u. a.
pena
1. Sipt. 186«.
Suh.
gest.
MSn 1831.
,,
entl.
l.Aptil 1838.
ä.
l.Juui 183».
™ti.
1. April 183i.
Seh.
1-
1. „ 1831.
IC Juni )ä3.'i.
a.
1. ., 1831.
gCBt
6.Jau, 188:..
:;
1. Aug. ie3J.
I.Ott. 183(.
l.F«hr. 1837.
]. Mai 1H3:>.
).Jui>i 183i>.
':"■
I"
l.Aug. 18*1.
1. Mai 18SI1.
1. Oct. 183:i.
13. April 1837.
18. I>tc. ISti».
mil.
l..\pril 1841.
«est
HO. Out 1839.
;;
..
l.Dtt 1835.
31. IW 183.1.
I.April 181I).
l.Nov. 1841
ÜU. April I8SS.
1. Sepl. I8;i7.
l.Aiiril 1837.
Sch.
l
l
16. Juli 1837.
1». Oct 183'.'.
1. Ang. 18111.
l.Oct. 183;.
l.Aug. 183M.
I.Sept 1811.
1. April 1838.
leseJan. 1.
April 16.
Joli 1.
Oct. 1.
iaS9 April 1.
Oct, 1.
Nov, 16.
1B40 Jiin.
Febr.
Doc
194° Jan.
Joseph Tichstscheck .
J. B. Baison ....
C. Baisoii
Carl Ang. Fröhlich .
Wilhelm Hellwig . ,
Henriette Treffs . . .
GnstBV KBder ....
Carl Meister ....
CKcilie Kanow . , .
Anton MitterwiiTEer .
Panline Marx ....
Weitgasa
Jnlius Beer
Elise Beiubeck . , .
SesBelmaim
Caroline BSder . . .
Aurora I^suer ....
AlphoDs Linden -BekoTTsky „
Ed. Ehode „
Tony MüIIbt
Thcpcce \'oIl 8.
Ed. Beliöpe Seh.
Ciirl Kranke Seh. il ]
Jerome Krieft S.
Josephine Cordin .
Anton Ascher . . .
Weuiel BielusiiEkj
Ludwig Heuser . .
Anna Thiele ....
Marie Bayer (später Fran
Bayar-BQrck) . ,
Carl Schmidt . . .
Poltert
Frau Poliert . . .
J. C. Barth ....
.\ilgiut GerHtorfer .
ClemeTitine Malier . . . Seh.
S. Heinhold 6,
Carl Quanler Seh.
Gabriele Allram .... „
Ferdin. üramer .... „
Wilhelm Dettmer sen. . Ü.
Frau Spatzer-Gentilnomo „
AIcKander KSchert. . . Seh,
Emma Babnigg .... S.
Anton Curti „
l.eopold Kockc .... „
Seh.
Seh.
Seh.
Seh.
entl. l6.HSn iStS.
]. „ ISIO.
peiw.Sl.Dec. 1861.
ingt noch.
t entL 1. Marx 1639.
„ ll.KoY. 1838.
gest. 11. SepL 1U3.
CDIL l.Oct 1830.
t.Sept. 181!.
l.Oct. 1839.
l.Nov. 183».
l.Oct. 1812.
16. Dcc 1S39.
IS. I. Joni 1860.
I. I.Jan. 18«,
1. Dec. 1810.
ai.Fehr. 18*).
SI.Dei'. ISiO.
1. April 1813.
l.Juli IBIS.
CAug: iBll.
l.Nov. 18411,
I.Mai 1841.
9. Febr. 1811
1. Mai 1819.
l.KoT. 1843.
16. Dee. 184.1.
l.Febr. 1846.
1. April ISIT.
1. „ 1841.
1>^43U^ 1.
Fran Spalzer-Gentllnom
S.
entl. l.Dec. 184«.
., 22.
Budolph He«ee . . .
Seh.
„ 1. Uai 184T.
JanI 1.
Edaanl Winper . . .
., 1.
Elise Wfrrthmflller . .
3.
„ l.Jnni 1844.
Jnli 1.
M.gdi.tene WSchler .
„ l.JnU 1847.
Sept. 16,
LouUe Cormdi . . .
„ 16. Sept. 1844.
,. 23.
Johminei. Beliringet .
„ M.
Jnlie BchriDgei . . .
Seh.
1 344 April 1.
Wilin.lm.8chrHder.DeTrient S.
„ 1. April 1846.
Joni 1.
Edaaid Devrient . .
Scb,
„ l.Nov. 1862.
1
Fricdriuh Fritwel) . .
g.
„ l.Sept 1844.
I
JodünnB Wa«n«r . ■
„ 1. „ 1846.
Sept. 1.
l.<mi« Sei«.? ....
Seh.
„ 36
CmI Schmidt ....
„ !6.0ct. 1844.
1946 Jan. 1
Pftiil FauU
„ 28. Mai 1846.
April 1
FrMziBk« Schreck . .
„ 1. April 1848.
)
Antmnelte Lebrfln. .
„ l.JuDi 1847.
„ 8».
Jnl. Kd. Simon . . .
„ 28. Mai 1846.
Bept. ].
Mai SvhlOM ....
S.
„ l.Sept. 1846.
Nov. ]
Friedrid. SchoU . . .
Seh.
„ I.Mai 1S46.
Dec. I.
Alphon» Linden- Kekowiky „
„ 1. Sept: 1846.
]B4eJi>iii 1.
Antonie Schumann .
Seh. n. S.
,. 31. Aug. 1816.
„ 15.
Friedrich Woltercck .
Seh.
., 15. Sept 1816.
Jnii 1.
Marie Divrie.it . . .
„ l.JnH 1847.
Sept. 16.
1.01118 H«nd« ....
Sch!'a. S.
„ 16. Sept 1848.
Oct. 1.
AiipiiMp M«rpiirg . -
„ 1. Oct 1948.
1.
Will., Schrfider-Uevrient 8.
„ l.Jnni 1847.
Not. 1.
Friedrich CUna . . .
Seh. 11. S.
,. l.Sept 1848.
Dei-. lt.
Minna v. Piitricb . .
Seh.
,, 10. Min 1817.
I84TJAD. 1.
<.1.l Ü.UtOT . .
„
April 1
I'.11I1L> l'iir. K'llf.^ . .
.. l.Juol 184».
„ 18
s.
.. 1. Ang. 1849.
Moi 1
Seh.
., »I.Mki 1847.
Juni 1. Mona Urhxrh-h Schmidt „
„ l.Jnni 1860.
llcrtliB SrhrnidiEen. .
Reh. 1.. S.
„ l.Nov. 1848.
» 1-
y.r.,>\ l'.ii.lilrv ^' . '. '.
Seh.
goot 7. Febr. 1848.
entl. l.Sept 1849.
„ 1«.
Sidonie Senior . . .
„ 16. „ 1848.
AnR. I.
Uniitav F«ppi>l . . .
Sch."n. S.
„ l.Ang. 1849.
,. 1.
Wilhelm Rodewald .
., 16. JnU 1848.
1
Pxillne ThUle . . .
„ l.Ang. 1818.
Ort. 1.
(Jn^t, Ad. Simon . .
Fcanziska JUirkel (Had
S.
Pereoi)
Seh.
,. I. l*««lii.e V. Stnuliot .
Seh. a. S.
„ 21. Sept 1849.
S.
.. 1. 0.:t. 1849.
fi.l Ew«ld lirobecker . .
Seh.
., 30. ,. 18*7.
N..V. le.' lldni« Hejii« ....
„ l.Sept 1819.
1848 .Un. l.jenrl Soiitng (ecu. Holm
r.
., l.Oct 1851.
,. 16. Knut WickeulLHMF .
Sch. D. S.
„ 18.Aog. 1849.
Febr. 1. KliM Schmidt ....
„ l.AprU IStS.
Juni 1.
Cuoline Ileibrt . . .
6kh.
„ 16. Ang. 184».
1848 JuU 1.
Franziska Schwarxbach S.
entL l.Oet 1851.
OcL 1.
Ludwig Emest . . .
Seh.
„ 1. Mir« 181!t.
lUeJan. 28.
Ed. Kadolph . .
8.
Febr. 8.
Auguato SuhulB .
Seh.
„ 8.Sept 18i!i.
Appl 1.
Paiilino Stülta .
„ I.Juoi 1651.
„ Ift,
Fran« Dalla Aste
8.
vomUrl*nb,19.Juni
1852,lüchtBur0cl.-
gekommen.
Hai 1.
Antonie Wilbelmi . .
Seh.
entl. I.Mai löS'.
Juli 1.
Theodor Liodtk« . .
„ 1. ., 185"
Oottlieb Roeenrlial . .
§.
„ 16. Sov. I8i;i
Aug. 1.
Friodricli Wfiää . .
Seh. U.8.
„ 1. „ IBM
.Vkxi-iidcr Williclmi .
Seh.
„ l.Mai 1851.
)" '■
Autonie Palm-I^Tiatier
S.
„ I.Juli 1850.
„ 15.
WilbBlm WMchtM . .
Scb.
SepL 1.
Sophie Bnuhenan . .
l
„ I.April 185<i
Oct 1.
Fnioi Himmer . . .
„ IQ.Sept 185?.
Nov. 11.
AloiM Mictialesi (apSt. Fi
Ksp=lln.eislerSreba)
lB60Febi.20.
JolifliLiia IturBclie . .
sJJh.
,, I. „ iwi.
MSte ].
Hertha Huber ....
April 1.
Heiur. liraiis ....
„ 1. D.-C. l»5ii.
„ 17.
Friedr. Bottmoer .
„ l.Oct. 1S5".
iS*i 1.
Ann» Löhn ....
„ l.Nov. 18.-.iV
Juni ].
Friedr. Abigar. . . .
Seh. u. S.
„ l.Oirt. 1857.
Juli I.
idarie WobIVrauk . .
Seh.
; „ I.Juni 1B51.
» 1-
Friedrich Wohlbrütk
1-
Alexander Liebe. . .
„ 27. MüT. 1857.
Oct 1.
Agnes Hunke ....
3.
„ 16. Febr. 185^.
Nov. 1.
Fmtiiy La Gnia . . .
„ l.Nov. lail.
Susanne Bre<low . .
Seh. ü. S.
„ 1. „ 18.V-..
1 SSI Jan. 1,
M,i[il.p Krem.1.1. . .
„ 1. S*pt. 1851.
Mti 1.
[S.idolplj Uoe^i. . . .
Seh.
n 1-
.MiirLo Utesi: ....
gest. 29. Oct ia.<r
Juni 1.
Carl ß,<:k..r ....
s.
tntL l.Juni 185ri,
.1 !■
Alesander Wilhelmi .
Seh.
« 1-
AgiiEB Itary (Btthriug)
Seh. u. S.
„ I. ,, 1853.
Juli 1.
llutm. ßnttcTweck
Seh.
„ 1. S^t 1853.
Aug. 1.
Doris GeuHst ....
„ 1. Aug. IsjJ.
Sept. 1.
Alfx. Keichardi ,
S.
„ 1. Febr. 185L'.
„ 1.
BortliH »unke . .
Seh.
„ l.Sept. inbj.
Oct 1.
Carl Si'licibe . .
„ l.Nov. 1851.
•< 1-
Henriette Grosser
l
„ I.April 18:<3.
Nov. 1.
Mathilde Vibrao»
geatl3.Nov. 1853.
1852 April 1.
Made Miehalt-si .
S«h.
entl, l.Juni lB5;.
Mai 1.
Ki. Hiiiting
Anglist l''Ls«Ucr .
Autvn ProlingET .
.1
„ 1. April I85:i
jÜli l!
Scbl'n. S.
heimlich entftnit:
31. Jan. 185:1.
Aug. 1,
Johann Conrad i . . .
S.
gest. 18. Sept. 135.'.
„ 22.
Öusl. Emil Schajflchmid
Seh.
eniL l.Juni 185n.
S«pt 20.
Frau Hüwili-Steinau
S.
„ 20. Min 1853.
0.1 I.
Weiielsdorfer . .
,1
„ l.Oct 1856.
Jimi
Aug.
1861Jan.
Itt55 Jiin.
MXn :
Louise Meyor . .
CNfoline Kindeisen
Kd. TliflinnHil
JtMi7 Nuy («pStur Fnu
Hllrdp-Ney) . .
MAriR ilofmeiater
Otto Petteakofw
Kmil ItUrda . . .
Frau ävhuBelka-BraiiiDg
Kmmft Aug. HeiDBTt . .
J'enihnrd PoTth (gen.
Bctnlinitlt) , ,
llopimil Urwihou .
Antun iUlnhold . .
Wilhelm Thiel . .
i Um
Portb . .
IKrmann I.tebioh
W Ibc m bchiuiaia
Jul. t^uBtd Lindemann
Call Knaiith . . ,
Carl liohrrr . . .
lltrlha W Ter . .
iluinnch yarchion
Elinc SchhDboff . .
. Ru.ff . . .
.j Kmilie Krall
. Uichard Calbrun
. Kma de Ahna (Dalmont)
io Krall ispKteif'rai
uncr-Krallj . . .
\ Teile
l&57.l»u. 1, lli
nn. DvabDCT (Werner)
ae WolleDnteber
fo Krilfier . .
, eatl. S.Jan. IBM.
l.OcI. 1863.
6. M*i I8Ö4.
31. Dec. lSft9.
l.Febr. 1654.
1. „ 1S&4.
»atl. ]. Nov. 1864.
1.
1866.
1. M&i 1866.
16. rfov. 1854.
1. „ 1864.
l.Aog. 1856.
1. Oct 1866.
31. Jan. 1856.
1. Apiil IB&ft.
16. Uln >8A6.
l.Oct. (866.
1. „ 18S1.
l.Jani 18ST.
l.D«o. 1866.
21 . April 1B66.
4. Hai 1857.
I.Jnli 18.>6.
l.JuDi 1856.
l.Oct. 1867.
I. Mai 186».
l.äcpt 1867.
l.Juni 1857.
J. ., 1857,
1. April 1837.
»l.Deu. 1866.
1«. Sept. ie;.7.
l.Oct. ISO 7.
31. Dec, 1657.
1. Kebr. 1857.
26. Juli 1860.
ElDgMnMn:
1857 Jali 1
Valesca Gninand . ,
ach.
1
Seh. 11.8.
entL l.Jiüi
18&T.
T. 1
Lanra Schaben . . .
8.
„ 10. Hai
1868.
ADg. 1
HaxinüUao (Lemaltre)
Seh.
» 1
HathUde Steeger . .
S.
„ 1. FsbT
185».
'> 1
Frirfiich Dettmfflf . .
Seh.
ISfiS.
Emilie Krall (spStetFn
JanneT-ETall) , . ,
s.
.. )■
Seh. n. S.
Nov. 1
Heinrich Kaafhold. .
.. 1. n
1858.
Dec. 1.
Anna Lahn
Seh.
1858 Jan. 1
Bodo Uorcbon . . .
„ 1. Nov.
1860.
1. 1
Elisabeth UOck . . .
„ 20. Jali
1859.
April 1.
Bndolph Frenj . . .
„ 16.
Fran< Jauner ....
Seh.
Hai 1
1
Frida V. Schütz . . .
Max ScbloM ....
Seh. u. a.
8.
geet.S6. Nov.
1859.
" 1
Ludwig Qnlnand . .
ADDa Bach
Seh.
enlL I.OcI.
1869.
„ 16
„ 16. Hai
1859.
Juni 1
Anna Porth
„ 1. Juni
1860.
Juli 1
Karl Wild
8.
„ 1 Aug.
1858.
Sept. 1
Wilh. Eichberger . .
Seh. u, 8.
1869 April 1
Karl Sontsg ....
8ch,
Marie Lita
Seh. 11. S.
,, l.JuU
1860.
Mai ig!
Panline Ulrich , . .
Seh.
Juli 1.
Hermioc Beschauer .
I8S9.
Sept. 1.
Ed. Hardtmatb . . .
s.
'.'. l.sä'pt
1860-
1860 MS» 1.
Harie Rüder ....
8eh, u. S.
,. 1. April
1861.
April 1.
Uelila AlvBleben . .
Lina Conradi ....
S.
Seh.
Mai 1.
Ludwig Schnorr v. Ca
roUfeld
Friedr. Dettmer . . .
8.
8cl..
„ 11-
ij.
„ 7. Dec.
1S61.
8ept. 1-
Lilla BuljowBky . . .
Seh.
„ 1. Sept.
ISfil.
Oct 1-
S.
1861 F«br. 1.
Melanie Stein . . .
Seh.
,, 1. >■
1861.
Hai 1
Harie Schmidt . . .
Seh. It. S.
„ 1. Juni
18<il.
Juni 1-
Josephine Gallnieyer .
., 16.Ji.a
isfil.
JnU 1-
Marie GrSaaer. . . .
Seh.
Aug. 1-
Exgen Degele ....
S.
Oct. 1.
C. Guatnv Scharfe . .
8ch. 11. S.
Nov. 15.
Fanny JanauBchek. .
Seh
— 659 -^
n. Italienisohe Oper.
a. Regie«
1816 0ct.
1825
i>
1., Luigi BasBi . .
1.' Theodor Winkler
gestlS. Sept. 1826.
entl. 1. April 18S2.
b. SängerpersonaL
Uestand
am
1. October
1816.
Luigi Baflsi . . . .
Antonio Bonelli. . .
Gioachino Benincasa
(■iuseppe Decayanti.
Eiofetreten :
1817 Jan. ].; Ricci
1818 „
Dec.
1822 März
gest. 13. Sept. 1825.
entl I.Mai 1820.
„ 1. „ 1825,
blieb al8 Kirchen-
sänger.
Gnilici entl. I.April 1816.
Lni(rgia Sandrini ! pen8.31. Dec. 1831.
Felippo SaABaroli entl. 30. Sept. 1828.
Carlo Tibaldi „ 22. April 182«.
?»
7»
I.Mai
1.
11
1818.
1819.
1822.
1832
Srpt.
1823 Jan.
1. Cand. Benelli
l.j (fiov. Cantii geat.
1.! Altonso Zezi entl. I.April
zur deutsch. Oper.
1.. Frl. (.'o'*tanza Tibaldi ontl. 22. April 1820.
IG.lGfntili , KJ. März 1^24.
1.1 Frl. Zanetti „ 1. Sept. 182.3.
März 15.! Koicaccini - 15. März 1824.
Dec. 23.1 GiuHcpiM! Fink I.Mai 1825.
1824 Juli ijAnt Buoniigli , l.Jiili 1831.
Sept. 7.jM<*tilda Palaxzesi I.Juni 1829.
1 825 März 27.1 Rtdandini 27. März 1826.
Mai l.:raolü Moriani l.Jnli 1825.
Aujr. 23.|IV8adori ,, I.April 1832.
< KAug noch bi.*« 23.
August.
Kubiui entl. I.April 1832.
Salvatore 23. Mnrz 1827.
Sophie Seconda I.Juli 1827.
Frl. Sohiasetti I.April 1832.
Maria Sandrini I.Mai 1829.
l»2GJan. C5.
März 23.
Juli 1.
AufT. 1.
Oct. 1.
42»
660 —
Eingetreten :
1828 Aug. 1.
1829 April 16.
äfcpt. 1.
„ 16.
Oct. 1.
1830 März Iß.
183lJan. 1.
April 14.
Qioachino Vestri . .
Giulia MicciürelU . .
Carolina Benelli . .
Frl. Emmering . . .
Fran Pohl-Beisteiner
Metilda Palaziesi
Fürat
Nicolo MoUo . . . .
entl.
I.April 1832
ZUI
■ deutsch. Oper.
entl.
16. April 1880.
16. Dec. 1830.
16. 8ept 1830.
I.April 1K30.
1. „ 1832.
1. „ 18H2,
1. „ 1832.
Anmerkung. Auch von den deutschen 8Xngem und Sänger-
innen wurden yerschiedene bei der italienischen Oper verwendet.
Frl. Huut, Joh. Miksch,* dessen Frau, Frl. Funk, Frau ▼. Bieden-
feld waren ursprünglich nur fUr letztere engagirt worden. Dagegen
sangen auch einzelne Mitglieder der italienischen Oper zuweilen mit
in der deutschen Oper, wie Signora Sandrini und Fil. Benelli.
^ Der Name Mikfch Ist lowobl in den Theateraeten, all auch in Dmek-
werken, sogar auf Theaterzetteln lehr veraobieden c^eschrleben. In den Theater-
acten meist MIckscb, daber leb micb aneb fflr diese Schreibweise entached.
Neuerdingi ist mir aber eine eigenblndige Unterschrift des bcrfihmten Qesang»-
lebrcrs vorgelegt worden, in der er lich Joannes Miksob schreibt.
Bcsoldiings-Etat
von Schauspiel und Oper
hl (icn Jahnn 1817, 1826, 1831, 1850 nnd 1&56.
a. Deutsohes Theater
n Abu .Uhren 1817, 182n and 1431
BergmADD. . . .
Bßsenberg. . . .
BurmeisloT.dcr
VHter
Christ
Dcm.Chrint, (ip.
Hd. Bergmann
Mkil. DrcnitE.
Oejer
Oanut
H«ffn«r
Mwl. Hartwig.
Harckcr
Ilellwig
HcmnanD . . .
KHnict .'.'.'.'.
Hd Kriekeberg
Metincr
HUlk-i
ScUrniara. Fr.
Schwan
BommeTfcld .
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Dem. tk-hubcrt,
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liachniaiin . .
Bimiini
1H17.
Ur.ibAnoiküi
18J6.
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1831.
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Name.
1817.
1836
1831.
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1817.
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Dem. Klink
1000,-
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Deutohea Theater
n den Jahren 1860 nod IHSß.
FiRiiL AlIrBm
Fran Bajei^Barak
FrSul. Berg
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Emil Devrient
DittmATBch . . .
Mad. Drewitx .
Geiling
Oerstorfer ....
Dem. Jäckel . .
Kooli
Kramer
Mad. Knete . . .
Liedtke
Meister
Mad. Mayer . .
Mitterwuricr . .
Mad. Milterwui
Quantei .
Budolph
MHd. Palm-Spati
FrUul. Schmidt .
Scbmidt
SoDtag
M»d. tjcbubert .
FrSut. Schwarabacb
Mad. ätolte
FrJiul. Thiele , . .
Tichatsehcck . . . .
Wächter
Mad. Wächter . . .
»Kill. WÄchter .
Wslther
id «00 Thli
laOOThlr. Beiiefi*
flöOThlr. 6
Honorar
lind 200 Tlilr. als
[BegisBcuT
• 200 Thlr. aU Re-
giBseiir
16 Thlr. SO Gr.
[Oratificatlon,
(800 Thlr. ftlt
[RegisBenr
1000 Thlr. Grati
[ficatloQ, 128)
[Tbaler Spiel
[honorar
»OOThlr.Graltfie.,
[5 und lOThlr.
[äpielbonoriT
SpielboniHrai
-ISOO Thlr. BegiM.
SOOThlr.Gratifia.
lOOTbli. Regim
SOOThtr. Onitifle.
-lOOOTiilr.Grttlf..
[aOThlr. Spiel-
[b onorar
FrSnl. Wühelmi . , .
'Wilhelmi
■WiDgor
Frlul. Michkicsi, sp.
Ft. Eapellm. Kreba
Himmer
FtÜdL LShn
Wohlbrück
FriuL WahlbiUck
FrSal, Ilurache . . .
Mftd. Huber
Wuthtpl
Apie» Bunke
FiRul. llredow
Frlnl. I-» Gruft . .
Bflrde
Beiiha Bunke
CoaiAdi
ELler» . ..\\'.'.'.'.'.\
Trinl. FlndelHD..
Fucher jan
Beew
Herbold
FrHnl. HiatiB ....
UcinboM .
FtiuL HichAle«! . .
Frlul. Jeimy Nay
«ad. r«r<.-ii>
Friul. Porth
Rudolph
Wcixelidoifer ....
FrSiil. ZeagTtt ...
1700 —;a00 Thlr, ]
Tom 1. Mai
Tom 1. Juli
Tom 1. Juni
Vom 20. Febniar
«om 1. Min
v.l.JoUb.l.Scpt,
Tom 1. October
vom 1. NoveiDb«r I2(
i . Kovembei
lODThlr.Gralifii;,,
S Thlr. tipjclh.
pr. Abend
SOOTblr.Oraiitic.
*00 —
IMO —
«oo!—
Znsätze nnd Berichtigungen.
Zu Seite 1S6. Von Seite 136—209 ist durchgehend statt:
„königlich sächsische'* und statt „König* oder „ Königin von Sachsen*'
zu lesen: ^^königlich** und »König*' oder y^Königin**. "!
Zu Seite 160. Dass A. Bertoldi schon 1714 in Dresden engagirt
gewesen sei, ist, obschon ich die Nachricht so vorfand, sehr unwahr-
scheinlich. Er war damals wohl noch ein Kind, da er (s. S. 230)
erst 1787 starb.
Zu Seite 186. Es ist jetzt durch die Erhebungen Eduard
Duboc's (R. Waldmüller) und Hermann ühde's vollkommen sicher
gestellt, dass Neubers am 5. Februar 1718, und zwar als „Königlich
Grossbritannische und Churfürstlich Braunschw.-Lüneb. Hoffcomme-
dianten" zu Braunschweig in der St. Blasii-Kirche copulirt worden
sind. Ob Neubers schon vorher bei der Spiegelbergischen Gesell-
schaft in Weissenfeis gewesen oder erst nach dieser Zeit in dieselbe
eingetreten sind, ist hierdurch zweifelhaft geworden, das letztere
aber das Wahrscheinlichere.
Zu Seite 340. Bei der Zusammenziehung der Vorstellungen
sind die der Trauerspiele unberücksichtigt geblieben. Die Zahl der-
selben erhöht sich unter Zuziehung der letzteren auf 1605, von denen
dann auf Iffland nur etwa 97o, auf Kotzebue 20%% entfallen.
Zu Seite 367. Ueber die Gefangennahme F. Seconda's fand
ich nachträglich noch folgende, von ihm eigenhändig unterschriebene
Notiz, welche von meiner, auf anderer Quelle beruhenden Darstellung
etwas abweicht: „Den 14. Juli ward ich früh um 11 Uhr zu dem
Fürsten Repnin (wie es scheint in Leipzig) gefordert, gleich beim
Eintritt in sein Zimmer auf das grausamste als Spion mit Drohung
des Erschiessens behandelt und ohne Vertheidigung auf der Stelle
als militärischer Arrestant nach Dresden in das Polizeihaus trans-
portirt Nach zweimaligem Verhöre erhielt ich den fünften Tag
meine Freiheit, musste aber auf meine Kosten nach Leipzig reisen.**
Zu Seite 383. Wie sehr es dem Grafen Vitzthum am Herzen
lag, C. M. V. Weber für das Königl. Theater zu gewinnen, geht aus
— 667 —
mehreren Vorträgen desselben genügend hervor. Daher er dem
Widerstände des Ministers von Einsiedel auch mancherlei Concessionen
machte und sich unter Anderem am 16. December 1816 schon fQr
befriedigt erklärte, wenn „Se. Königliche Majestät nur die Absicht
C. M. V. Weber als Director des Orchesters im deutschen Schau-
spiele und Oper oder noch lieber als Kapellmeister sofort bleibend
anzustellen im allgemeinen auszusprechen geruhen wollten**. Schon
am 14. December erfolgte hierauf die Ernennung Weheres als »Musik-
director, vor der Hand auf ein Jahr". Es ist daher befremdend,
dass, als Vitzthum Weber von seiner Anstellung ohne jede nähere
Angabe benachrichtigte, er, in Widerspruch mit diesem Rescripte,
seinen Brief an „Sr. Hochwohlgeboren den Herrn Kapellmeister
Carl Maria v. Weber** richtete. Er musste demnach gehofft haben,
nachträglich diesen Titel ftlr Weber doch noch mit Leichtigkeit er-
langen zu können. Erst am 29. Januar, auf Weber's dringendos
Verlangen, erfolgte aber eine schriftliche Eingabe Vitzthum^s, in
welcher die Gleichstellung Weber's mit Morlacchi beantragt wurde.
W^enn Weber diese zunächst auch nicht vollständig erlangte, so wurde
demselben doch schon mit Kescript vom 8. Februar der Titel eines
Königl. Kapellmeisters zu Theil, wovon die Mitglieder des Theaters
und der Kapelle durch Circular vom 10. Februar verständigt wurden.
/u Seite 412. Es ist übersehen worden, dass eine unrichtige
Angabe vom Todestag C M. v. Weber's im Texte Eingang gefunden.
Derselbe starb in der Nacht vom 4. bis 6. Juni 1826. Selbstver-
stiindlich mnss es in dem darauf folgenden Satze in Bezug auf Julie
Haase statt „ voraus gegangen** „nachfolgte** heissen.
Zu Seite 434 und 651. Friederike Schirmer, Tochter des
Scbauspielers Christ, geb. 1787, hat seit ihrem ersten Auftreten,
1797, bis zu ibrcm 1833 erfolgten Tode der Dresdner Bühne un-
unterbrochen angehört. Sie erscheint bis 1807 als Fräul. Christ,
von da an als Mail Schinner auf den Theaterzetteln derselben.
Die Angabe, dass sie 1819 wieder neu bei derselben eingetreten
sei, welche auf einem nach den TheatcrbQchern entworfenen Ver-
zeichnis>^e beruht, wird hierdurch berichtigt.
Zu Seite 453. Der Verlust von Julie Gley wurde in Dresden,
wo man ihr früher gewissermassen Dem. Fournier geopfert hatte,
sehr schwer empfunden, weshalb denn auch unter der Hand Unter-
handlungen gepflogen wurden, die ihre Rückkehr bezweckten. Die-
selben nahmen durch die Vermittelung ihres damaligen Bräutigams,
des Dr. W. Härintr, eine festere Form an, da Juliens Vater nicht
eher in eine eheliche Verbindung mit diesem willigen wollte, bis sie
eine lebenslängliche Anstellung gefunden hatte. Sie zogen sich aber
durch die hohen Forderungen des alten Gley in die Länge. Der
— 608 —
plötzliche Tod des letzteren (Sept. 1832) unterbrach sie dann toU-
st&ndig. Inzwischen muss das Verhältniss der Oley an Dr. Hftring
eben so plötzlich aufgelöst worden sein, da Lüttichau schon unter
dem 15. Pecember 1832 sowohl auf ihr Engagement, als das ihres
neuen Verlobten, dos Hofschauspielers Rettich, antrug. Kettich gefiel
aber neben Emil Devrient so wenig in Dresden, dass dies der haupt-
sächlichste Grund der frahen Lösung dieses mit so viel Eifer ge-
suchten Engagements war.
Zu Seite 464. In einem Vortrage Lüttichau's vom 5. Februar
1833 heisst es in Bezug auf die EntlassuYig des Hofsohauspielers
Julius, dass „sein Eifer sehr nachgelassen habe, sein Gedächtniss
schwächer geworden sei^ und „das Studium seiner Rollen mit bei
weitem minderem Fleisse** von ihm betrieben werde. Auch sei „nicht
selten ein Mangel an Bereitwilligkeit an ihm zu bemerken gewesen,
welcher oft schon zum Nachtheile der Gasse und zur Unzufriedenheit
des Tublicums die unangenehmsten Schwierigkeiten für die Regie
und ein übles Beispiel für andere Mitglieder der Eönigl. Bühne
veranlasst" habe.
Zu Seite 481. In einem Vortrage vom 31. December 1835
spricht, wie ich nachträglich gefunden, Lüttichau es geradezu aus,
dass er die Auflösung der Verlobung Pauli's vermuthet und eben
deshalb das Zustandekommen der Ehe zu einer contractlichen Be-
dingung für das Engagement von Frl. Schobest gemacht; wie er es
denn nun auch als ein Glück erachte, dass diese Angelegenheit sich
jetzt bereits aufgeklärt habe.
Zu Seite 519. Im Jahre 1838 finde ich das erste Beispiel
eines Spielhonorars am Königl. sächs. Hoftheater. Veranlassung gab
ein Gesuch Tichatscheck's um Gehaltserhöhung. Lüttichau befür-
wortete dasselbe: weil es nicht zu verkennen sei, „dass der Gehalt
von 2600 Thlr. nach den Gagen, welche andere Bühnei^ für einen
ersten Tenoristen von solcher Auszeichnung zu zahlen pflegen, nicht
ganz im Verhältniss stehe. Die Erhöhung seines Gehalts im Laufe
uler Contractzeit selbst würde jedoch um der Consequenz willen in
keiner Maasse anzurathen seyn; dagegen scheine die Bewilligung
eines sogen. Spielhonorars, wie es an vielen Orten üblich, für jede
einzelne Darstellung das beste Auskunftsmittel dafür zu bieten.
Durch ein solches Spielhonorar werde der Künstler nur in dem
Maasse höher gestellt, als er sich thätiger und brauchbarer für die
Anstalt selbst zeigt, und es sei dasselbe sonach ein Gewinn ebenso-
wohl für die Theaterverwaltung selbst, als für den betrefieuden Dar-
steller oder Sänger." Lüttichau, der vor noch nicht langer Zeit das
Spielhonorar ganz verworfen hatte (s. S. 465), ist von jetzt an für
__ (Ujo —
diese Eiorichtung sehr eingenommen, wie er denn in demselben Jahre
das der Schröder- De vrient eingeräumte und mit 1000 Thlr. garantirte
Benefiz mit einem Spielhonorar von 20 Thlr. abzulösen suchte, um
sie hierdurch zu öfterem Auftreten zu veranlassen. Noch im Jahre
1842 wurde aber durch KönigL Rescript vom 7. October ein für die
Hofschanspielerin Bauer von Lüttichau in Vorschlag gebrachtes
Spielhonorar von 3 Thlr. rundweg abgeleimt.
Zu Seite 544. In den Acten des Theaterarchivs habe ich nichts
gefunden, was über die hier von Wagner geschilderten Vorgänge
Licht verbreiten könnte. Doch haben Persönlichkeiten, die den-
selben nahe gestanden, mir versichert, dass Wagner sich dabei zu
greller Farben bedient habe. Besonders wissen sie sich der von
diesem behaupteten Zerwürfnisse mit den Orchestervorständen nicht
zu erinnern, so wie sie auch den Misserfolg der Becthoven^schen
Symphonie unter Reissiger in Abrede stellen.
Zu Seite 584. Nach den Personalacten , die mir erst nach-
träglich vorgelegt wurden, wendete sich Dr. Pabst nach seinem Ab-
gange von Lüttichau nach Berlin, um in Königl. Preuss. Dienste zu
treten. Von hier erhielt er die Berufung nach Dresden. In dem
von dem damaligen Minister Mantenffel unterzeichneten Entlassungs-
decrete aber heisst es: dass, obschon ihn derselbe nur ungern ent-
behre, es ihm wenigstens «zur Genugthuung gereiche, ihm für den
Diensteifer, das lebendige Interesse und die Thätigkeit, mit welcher
er sich seinem Berufe gewidmet, seine volle Anerkennung auszu-
sprechen*'. Dr. Pabst trat in Dresden nicht als Dramaturg, sondern
bis zu Winkler's Tode als zweiter Theatersecretär ein, mit welcher
Stellung die Thätigkeit des Dramaturgen ohnehin schon verbunden
war. Ueberhaupt wurden ihm gleich damals die Geschäfte des
Secretariats in ihrem ganzen Umfange anvertraut, wie sich dies aus
einer Stelle des an die Mitglieder des Theaters in Bezug auf seine
Anstellung erlassenen Girculars ergiebt, in welcher er als das
„Organ der Gcneral-Direction** bezeichnet wird, ,,dem die gebührende
Achtung und Folgsamkeit" allseitig zu erweisen sei.
Zu Seite 597. Das Verdienst, das sich Lüttichau um die
Wiederaufnahme der Wagner'schen Opern lb62 erwarb, findet in fol-
gender Stelle eines Briefes von Johanna Wagner an denselben vom
27. Januar 185.S eine Best&tigung: „Tannhäuser ist von meinem
Onkel (in Berlin) zurückgefordert worden, weil er zu weit in den
Sommer hinausgeschoben wurde. Was den Leuten in Dresden nicht
möglich war, weil die Oper in E. ¥1. einen wirklich so kühnen und
edlen Kitter zur Seite hatte, das haben vielleicht durch vierte und
fünfte Hand dieselben Leute hier durchgesetzt, die Oper zu Ter-
— 670 —
hindern ; denn jetzt merken wir ganz deutlich, dass Tannh&aser docl
nicht dran gekommen wäre, wenn ihn mein Onkel auch nicht zurück
gefordert hätte. Wie traurig fttr solch ein Talent, leider durcl
eigne schwere Schuld sein schönes Kttnstlerleben zerstört zu haben/
Am 1. Mai d. J. wurde übrigens der Johanna Wagner durcl
Rescript des Königlichen Hauses der strittige Vorschuss noch Töllif
erlassen.
Zu Seite 610. Es ist hier vergessen worden, der Entwicklunf
zu gedenken, die das Ballet seit 1841 genommen. Im Jahre 184S
und 43 waren neben Fräul. Pecci noch die Fränl. Benoni und Stark«
als Solotänzerinnen eiigagirt, 1847 aber durch FräuL Döring wiedei
ersetzt worden. 1850 war an die Stelle Ambrogio's der Solotänzei
Plagge getreten. 1862 trat Pohl (bis 1856), 1852 Fräul. v. Hose
1857 FräuL Stüssi, 1858 die Fräul. Müller und Buchey hinzu,
nachdem 1855 Frau Pecci -Wilhelmi pensionirt worden war. 185S
wurde Jerwitz und 1861 Pohl aufs Neue gewonnen. Obschon das
Ballet hauptsächtlich dem Schmucke der Oper diente, so wurden
doch auch bisweilen selbstständige Tanzdivertissements und Ballete
zur Aufifülirung gebracht. Ich finde deren von 1816 — 62 überhaupt
66 verzeichnet, von denen jedoch eine grössere Zahl durch Gastspiele
veranlasst wurde.
Zu Seite 616. Hier hat eine Zahlenverschiebung stattgefunden.
Die richtige Lesung ist:
19\ 6
^0
24 Die Freistatt | 1 Frhr. v. Houwald .... 2
7 13 Die Braut von Messina .! 4iSchiller 28
1 3 Das Bild | ölFrhr. v. Houwald 15
Zu Seite 617. Hier, wo dasselbe der Fall^ muss es heissen:
bei Macbeth 11 Aufführungen,
„ Correggio 14 „
Zu Seite 621. Hier muss ausfallen: *
37. 1. 22. Der Landwirth.
Zu Seite 622. 45. 8. 30. Der Königslieutenant.
Zu Seite 627. Hier hat ebenfalls eine Zahlenverscbiel»ni';r
stattgefunden. Es muss nämlich heissen:
23 3:29
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Die buchstäbl. Auslegung \
der Gesetze ijv. Brainel 1
Junggeselle und Ehemann 3n. Vaftlard und Fulgeuco . &
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